Die Theologie des Markeil von Ankyra

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Die Theologie des Markeil von Ankyra

Table of contents :
Frontmatter......Page 1
Vorwort......Page 5
Inhalt......Page 7
Abkürzungen und Zitierweisen......Page 13
I. Skizze der wichtigsten bisher der Theologie Markells entgegengebrachten Interessen......Page 15
II. Probleme der berlieferung der Schriften Markells und des Zuganges zu seiner Theologie......Page 19
III. Die These und die Gliederung der vorliegenden Arbeit......Page 22
IV. Chronologische Tabelle zu Leben und Schriften Markells und seiner Gemeinde......Page 24
I. Die Anfnge Richard Montagu Denis Petau Bernard de Montfaucon......Page 29
II. Die klassische Markellforschung von Rettberg bis Loofs......Page 31
III. Die Edition der antimarkellischen Schriften Eusebs von Caesarea im Berliner Corpus Erich Klostermann Paul Koetschau Felix Scheidweiler Gnther Christian H......Page 68
IV. Die Arbeiten seit Loofs und vor der Zuschreibung neuer Schriften an Markell......Page 70
V. Die Identifikation und Interpretation neuer Schriften Markells und die Auseinandersetzungen um ihre Authentizitt......Page 78
VI. Arbeiten zur Lehre von der Knigsherrschaft Christi und zur Eschatologie (G. W. H. Lampe Per Beskow Marie-Josephe Rondeau Einar Molland Eckard Schendel Jos......Page 130
VII. Arbeiten zur Auslegung von Prov 8,22ff (Anton Weber Manlio Simonetti)......Page 137
VIII. Markell im Rahmen der altkirchlichen Johannesexegese (T. E. Pollard)......Page 138
IX. Weitere Arbeiten von Martin Tetz......Page 140
X. Markell als Tradent einer orthodox umgestalteten gnostiscben physischen Erlsungslehre und Ekklesiologie (Reinhard M. Hbner)......Page 158
XI. Markell als Katalysator der Christologie des Apolinarius von Laodiza (Reinhard M. Hbner)......Page 176
XII. Markell im Rahmen neuerer Dogmengeschichten und dogmengeschichtlicher Monographien......Page 182
XIII. Der Streit der Dionyse als Teil der Wirkungsgeschichte Markells (Luise Abramowski)......Page 190
XIV. Kleinere neuere Arbeiten sowie Bemerkungen zu Markell (Leslie W. Barnard C. Riggi Maurice Wiles Georg Kretschmar)......Page 191
XV. Die Theologie Markells im Spiegel seiner Gegner......Page 194
XVI. Ergebnisse......Page 209
I. Rekonstruktion......Page 217
II. Inhaltsübersicht......Page 258
III. Textkritik, Übersetzung und Kommentar......Page 263
I. Argumenta ad Constantinum......Page 474
II. Konstantinisches Zeitgefühl und Weltverständnis......Page 503
III. Markell von Ankyra als Theologe der Konstantinischen Wende......Page 517
IV. Die Konstantinische Couleur der Theologie Markells als eine der Ursachen seiner Logos-Anthropos-Christologie und einer der Grnde der Entstehung der Antioc......Page 522
V. Die Einheit des Schrifttums Markells......Page 534
Bibliographie......Page 537

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Klaus Seibt Die Theologie des Markeil von Ankyra

w DE

G

Arbeiten zur Kirchengeschichte Begründet von

Karl Holl-}· und Hans Lietzmann-j· Herausgegeben von

Kurt Aland, Joachim Mehlhausen und Gerhard Müller Band 59

Walter de G r u y t e r · Berlin · N e w Y o r k

1994

Klaus Seibt

Die Theologie des Markeil von Ankyra

Walter de Gruyter · Berlin · New York 1994

© Gedruckt auf säurefreiem Papier, das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt.

Die Deutsche Bibliothek —

CIP-Einheitsaufnahme

Seibt, Klaus: Die Theologie des Markeil von Ankyra / Klaus Seibt. — Berlin ; New York : de Gruyter, 1994 (Arbeiten zur Kirchengeschichte ; Bd. 59) Zugl.: Tübingen, Univ., Diss., 1992 ISBN 3-11-014027-6 NE: G T

© Copyright 1994 by Walter de Gruyter & Co., D-10785 Berlin Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Diskettenkonvertierung: Lewis & Leins, Berlin Druck: Gerike, Berlin Buchbinderische Verarbeitung: Lüderitz & Bauer-GmbH, Berlin

Vorwort Die vorliegende Untersuchung ist die leicht überarbeitete Fassung meiner Dissertation „Markell von Ankyra als Reichstheologe", die von der Evangelisch-theologischen Fakultät der Eberhard-KarlsUniversität Tübingen im WS 91/92 angenommen wurde. Geschrieben wurde die Arbeit während einer Assistenzzeit in Bochum und einer Repetentur am Tübinger Stift. Mein besonderer, herzlicher Dank gilt Frau Prof. Luise Abramowski. Sie hat mich und meine patristischen Studien immer mit großem Interesse begleitet und in jeder Hinsicht gefördert. Herrn Prof. Martin Tetz, der die Arbeit in der Anfangsphase betreute, danke ich für alle Anregungen, insbesondere im Rahmen des Bochumer AthanasiusProjektes. Freundliche Unterstützung erfuhr ich ferner von Herrn Prof. Walter Thiele/Beuron, Prof. Samuel Vollenweider/Bern und Prof. Michael Job/Augsburg. Prof. Siegfried Raeder/Tübingen fertigte das Zweitgutachten an. Bei der Literaturbeschaffung halfen mir Herr Generalvikar Edouard Goffinet/Mechelen und Herr Prof. Jean-Daniel Dubois/Paris. Frau Margot Loesch/Bochum schrieb die angefertigte Übersetzung der antimarkellischen Schriften Eusebs von Caesarea. Ihnen allen danke ich sehr. Ich denke in diesem Augenblick auch an all die anderen lieben Menschen, die mir in Gemeinde, Kirche und Universität freundschaftlich zugewandt waren und sind. Sie alle - sollten sie einmal dieses Buch aufschlagen - grüße ich in Verbundenheit und Dankbarkeit. Gegenüber der Diss.-Fassung wurden einzelne Stellen der Seiten 8f, 460, 496 Anm. 50, 503, 508 und 515-520 umformuliert (im Wesentlichen wurde der Begriff „Reichstheologe" in der Regel durch die Bezeichnung „Theologe der Konstantinischen Wende" ersetzt). Im Forschungsbericht sind Anhänge gestrichen, die Detailfragen behandeln und Schreibversehen notieren. Abgesehen von diesen Veränderungen wurde das Manuskript im Frühjahr 1990 abgeschlossen. Einzelne wichtige seitdem erschienene Titel wurden eingearbeitet. Bei der bis 1990 erreichbaren Literatur ist Vollständigkeit beabsichtigt (die Dissertation von Maurice Dowling wurde mir erst nachträglich bekannt; sie beeinflußt das Gesamtbild der Forschung nicht und ist im TRE-Artikel berücksichtigt).

VI

Vorwort

Schließlich danke ich den Herren Herausgebern für die Aufnahme der Studie in die „Arbeiten zur Kirchengeschichte" und den Ansprechpartnerinnen beim Verlag für die gute Zusammenarbeit. Leonberg-Gartenstadt, im Advent 1993

Klaus Seibt

Inhalt Vorwort

V

Abkürzungen und Zitierweisen A. Einführung I. II. III. IV.

Skizze der wichtigsten bisher der Theologie Markells entgegengebrachten Interessen Probleme der Uberlieferung der Schriften Markells und des Zuganges zu seiner Theologie Die These und die Gliederung der vorliegenden Arbeit Chronologische Tabelle zu Leben und Schriften Markells und seiner Gemeinde

B. Geschichte und Kritik der Markellforschung I. II.

Die Anfänge: Richard Montagu, Denis Petau, Bernard de Montfaucon Die „klassische" Markellforschung: von Rettberg bis Loofs a) b) c) d) e) f) g) h) i) j) k)

III.

IV.

Christian Heinrich Georg Rettberg Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher Johann Adam Möhler Carl Rudolf Wilhelm Klose Ferdinand Christian Baur Isaak August Dorner Thomas Gaisford, (Theodor Heyse), Johann Heinrich Nolte Franz August Willenborg Theodor Zahn Wilhelm Möller Friedrich Loofs

Die Edition der antimarkellischen Schriften Eusebs von Caesarea im Berliner Corpus: Erich Klostermann, Paul Koetschau, Felix Scheidweiler, Günther Christian Hansen Die Arbeiten seit Loofs und vor der Zuschreibung neuer Schriften an Markeil

XIII 1 1 5 8 10 15 15 17 17 24 28 28 29 32 33 34 35 42 43

54 56

VIII

V.

VI.

Inhalt

a) b) c) d)

Maurice Pourchet Hendrik Berkhof Wolfgang Gericke J o s e M. Fondevila

Die Identifikation und Interpretation neuer Schriften Markells und die Auseinandersetzungen um ihre Authentizität

a) D e sancta ecclesia: Giovanni Mercati, Marcel Richard, R.C.P. Hanson, A . H . B . Logan b) Die Epistula ad Liberium (= Contra Theopaschitas): Hans-Georg Opitz, Marcel Richard, Felix Scheidweiler, Martin Tetz c) Die Epistula ad Antiochenos (= Sermo maior de fide): Eduard Schwarz, Robert P. Casey, Felix Scheidweiler, Manlio Simonetti, Henrik Nordberg, Martin Tetz, Alois Grillmeier u.a d) D e incarnatione et contra Arianos: Martin Tetz, Manlio Simonetti, Alasdair L . C . Heron, Giuseppe M. Rapisarda, Adolf Laminski u.a

Arbeiten zur Lehre von der Königsherrschaft Christi und zur Eschatologie (G.W.H. Lampe, Per Beskow, Marie-Josephe Rondeau, Einar Molland, Eckard Schendel, Joseph Lienhard, Christoph von Schönborn, Brian Daley) VII. Arbeiten zur Auslegung von Prov 8,22ff (Anton Weber, Manlio Simonetti) VIII. Markeil im Rahmen der altkirchlichen Johannesexegese (T.E. Pollard) IX. Weitere Arbeiten von Martin Tetz X. Markell als Tradent einer orthodox umgestalteten gnostischen „physischen Erlösungslehre" und Ekklesiologie (Reinhard M. Hübner) XI. Markell als Katalysator der Christologie des Apolinarius von Laodizäa (Reinhard M. Hübner) XII. Markell im Rahmen neuerer Dogmengeschichten und dogmengeschichtlicher Monographien a) Manlio Simonetti b) Alois Grillmeier c) Karlmann Beyschlag und Adolf Martin Ritter

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XIII. Der „Streit der Dionyse" als Teil der Wirkungsgeschichte Markells (Luise Abramowski) 176 XIV. Kleinere neuere Arbeiten sowie Bemerkungen zu Markell (Leslie W. Barnard, C. Riggi, Maurice Wiles, Georg Kretschmar) 177 XV. Die Theologie Markells im Spiegel seiner Gegner . . . 180

XVI.

Inhalt

IX

a) Gerhard Feige b) Joseph Thomas Lienhard Ergebnisse

180 189 195

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem I.

II. III.

..

Rekonstruktion a) Abgrenzung von thematisch gebundenen Fragmentenreihen in CM und ET b) Ermittlung der dem Buche Markells entsprechenden Abfolge der Fragmente 1. Fragmente 51-60 2. Fragmente 23-46 3. Fragmente 47-50 4. Fragmente 1-22 5. Fragmente 113-128 6. Fragmente 61-112 c) Zwei Beobachtungen zur literarischen Kompositionstechnik Markells d) Zwei Hauptergebnisse der Rekonstruktion für die Interpretation e) Synopse des Vorkommens der Fragmente und ihrer verschiedenen Zählungen Frgg 1-22 Frgg 23-50 Frgg 51-75 Frgg 76-112 Frgg 113-128 f) Charakter und Abfassungszeit der Schrift Markells . . . Inhaltsübersicht Textkritik, Ubersetzung und Kommentar a) Frgg 1-114: Polemik gegen Asterius den Sophisten . . . . 1. Frgg 1-50: Uber die christliche Unterscheidung der Άρχαί Frgg 1-2: Der Sohn ist „wahrhaftig" und nicht auf „allzu menschliche Weise" Sohn Frgg 3-8: Die „neue und junge Ökonomie" nach dem Fleisch und die Hineinführung des Volkes in das „Große Jerusalem" als Kriterium für die Unterscheidung der christologischen Titel Frgg 9-16: Die Unterscheidung zwischen dem einziggeborenen Logos und dem im Logos zum Erstgeborenen der ganzen Schöpfung und zur αρχή απάντων geschaffenen „Menschen" (Kol 1, 15-18) Frgg 17-22: Polemik gegen die „platonisch"-origeneische Unterscheidung der άρχαί und gegen eine menschliche Vorstellung vom Vaterwerden Gottes

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Inhalt

Frgg 23-46: Die Vorherbestimmung und die Verwirklichung der „zweiten Ökonomie nach dem Fleisch" und der Kirche (Prov 8, 22-25) Exkurs I: Der Begriff „Ökonomie" in den Fragmenten, in De incarnatione et contra Arianos und in der Epistula ad Antiochenos Exkurs II: Die Exegese von Prov 8,22-25 in der Epistula ad Antiochenos und in De incarnatione et contra Arianos Frgg 47-50: Die Trias hat ihre αρχή aus der Monas . 2. Frgg 51-114: Gottes Einheit und sein schöpfungsbezogener, inkarnatorischer und heiligender Hervorgang bzw. seine „Selbstverbreiterung" Frgg 51-56: Der nach dem Bild und Gleichnis geschaffene „Mensch" (Gen 1, 26) als sichtbares Bild des einen unsichtbaren Gottes (Kol 1,15) Exkurs III: Die christologische und anthropologische Vorstellung vom Bild Gottes bei Irenaus und Tertullian und ihre Unterschiede zu Markell Frgg 57-60: „Aus dem Leibe vor dem Morgenstern habe ich dich gezeugt" (Ps 109,3 LXX) als Prophetie auf den durch die Jungfrau mit dem menschlichen Fleisch gezeugten Logos Frgg 61-65: Das zur Menschwerdung Herabkommende als Geist (Lk 1, 35) und Gott (Joh 4, 24): der wahrhaft seiende Logos als der Logos Gottes ist gekommen . . Frgg 66-73: Die Zeugung des Logos vor den Äonen als Hervorgang des δυνάμει im Vater bleibenden zum ενεργεία bei Gott seienden Logos (Joh 1,1) Frgg 74-75 und 125: Die Einheit von Vater und Sohn und ihre zeitweilige inkarnatorische Nichtübereinstimmung Exkurs IV: Göttliche und menschliche Einheit nach Joh 17,21f bei Euseb von Caesarea (ET 111,18-20), Athanasius von Alexandrien (Oratio III c. Ar., Kapp. 1-25) und dem westlichen Serdicense §§ 9f.l2) Frgg 76-84: Die Bevollmächtigung und erste Verherrlichung des „Menschen" als Werk des Vaters durch den Logos Exkurs V: Die Herkunft der Vorstellung von der „Ruhe" (ήσυχία) vor der Schöpfung (Frg 76[103,92]) 387 Frgg 85-98: Der είς θεός ist nicht nur der Gott des Alten Bundes, sondern auch der für den Neuen Bund prophezeite Gott

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Inhalt

XI

Frgg 99-112: Die Inthronisation des „Menschen" zur Königsherrschaft für eine „kurze Frist" bis zum Zeitpunkt der „vollkommenen Wiederherstellung" (I Kor 15,24-28) Exkurs VI: Die Exegese von I Kor 15,24-28 sowie die Konzeption der doppelten Königsherrschaft und der eschatologischen Ereignisse insbesondere in der Epistula ad Iulium, in De incarnatione et contra Arianos und in der Epistula ad Antiochenos Frgg 113-114: Abschließende Konfrontation des Ausgeführten mit der Auffassung des Asterius b) Frgg 115-128: Polemik gegen die kirchlichen Amtsträger (Narziß von Neronias, Euseb von Caesarea, Paulinus von Tyrus) D. Markeil von Ankyra als Theologe der Wende I.

II.

III. IV.

V.

409

429 441 444

Konstantinischen

Argumenta ad Constantinum a) Das von Konstantin in Nizäa gebrauchte Begriffspaar δυνάμει-ένεργεία und die neupythagoreische arithmetischgeometrische Vorstellung von der μονάς πλατυνομένη είς τριάδα b) Der Vergleich des Schöpfergottes mit einem Statuengießer c) Der Vergleich der Inkarnation mit der Aussendung des Kaiserbildes; - zwei Kaiservergleiche in der Epistula ad Antiochenos d) Die Bekränzung des leeren Thrones als Vergleich für die Inthronisation des unsterblich gewordenen menschlichen Fleisches; - die Betrachtungen über den Thron in der Epistula ad Antiochenos, Kapp. 12-17 e) Die Titel βασιλεύς (βασιλεία, βασιλεύει ν) und δεσπότης . . „Konstantinisches" Zeitgefühl und Weltverständnis . a) Das Hingeordnetsein der Weltgeschichte auf die gegenwärtigen „letzten Zeiten" und auf das „Ende" . . . . b) Die anthropologisch-ekklesiologische Vereinnahmung von Christologie und Kosmologie c) Die Gegenwart als qualifizierte Heilszeit in Naherwartung der „vollkommenen Wiederherstellung von allem" . . . . Markell von Ankyra als Theologe der Konstantinischen Wende Die „Konstantinische" Couleur der Theologie Markells als eine der Ursachen seiner Logos-AnthroposChristologie und einer der Gründe der Entstehung der „Antiochenischen Christologie" Die Einheit des Schrifttums Markells

460 460

460 476 480

484 488 489 489 493 496 503

508 520

XII

Inhalt

Ε. Bibliographie I. Quellen und Ubersetzungen a) Markeil b) Markellianer c) Sonstige pagane und christliche Quellen II. Literatur

523 523 523 524 525 536

Abkürzungen

und Zitierweisen

Abkürzungen nach Siegfried Schwertner, Internationales Abkürzungsverzeichnis für Theologie und Grenzgebiete, Berlin/New York, 1974 mit den Zusätzen dazu für die TRE von 1976. Zusätzliche Abkürzungen: BSGRT = Bibliotheca Scriptorum Graecorum et Romanorum Teubneriana. OCT

= Scriptorum Classicorum Bibliotheca Oxoniensis.

Ferner werden folgende Schriften Eusebs von Caesarea abgekürzt zitiert: CM DE EP ET HE ΡΕ I ΡΕ II Th VC

= = = = = = = = =

Contra Marcellum. Demonstratio evangelica. Eclogae propheticae. De ecclesiastica theologia. Historia ecclesiastica (Kirchengeschichte). Praeparatio evangelica Libri I-X. Praeparatio evangelica Libri XI-XV. Theophania. Vita Constantini.

Die Fragmente aus dem Opus ad Constantinum (= MarkellFragmente) werden nach der neuen Zählung (siehe unten 197-201 und die Synopse Klostermann/Seibt in der Umschlagtasche) und den Zählungen Klostermanns und Rettbergs in Klammern zitiert (bei mehrmaligem aufeinanderfolgendem Zitieren steht nur die neue Nummer). In der Regel (Ausnahmen: Verwechslungsgefahr) wird zusätzlich nur Seite und Zeile der Ausgabe Klostermann/Hansen (Gegen Marcell. Uber die kirchliche Theologie. Die Fragmente Marcells, Eusebius Werke Bd. IV, GCS 14, Berlin 19913) angegeben. Die Epistula ad Iulium wird nur mit Seite und Zeile der Ausgabe Klostermann/Hansen zitiert. Die Fragmente aus der Epistula ad Antiochenos (= Sermo maior de fide) werden nach der neuen Zählung (siehe unten 61) mit den Zählungen von Casey (The Armenian Version of the Pseudo-Athanasian Letter to the Antiochenes and of the Expositio fidei, Part I, StD Vol. 15, London/Philadelphia 1947) und Schwartz (Der s. g. Sermo maior de

XIV

Abkürzungen und Zitierweisen

fide des Athanasius. SBAW.PPH 1924.6) in runden Klammern zitiert, wobei bei Schwartz noch die Zeilen in eckigen Klammern angegeben werden.

Α.

Einführung

I. Skizze der wichtigsten bisher der Theologie Markells entgegengebrachten Interessen Auch wenn ein Urteil wie dasjenige Felix Scheidweilers, der Markell für den „interessantesten Theologen des 4. Jhs." hielt,1 manch einem zu hoch gegriffen erscheinen mag, zeigt doch die Beachtung, die Markeil im zweiten Drittel des vierten und dann insbesondere wieder im 19. und 20. Jahrhundert fand, daß er zu den bedeutenderen Theologen dieses für die Trinitätslehre, Christologie sowie für die „politische Theologie" so wichtigen Zeitabschnittes der Kirchenund Theologiegeschichte gehört. Die Rezeption der Theologie Markells war wahrscheinlich schon seit seinem Auftreten in Nizäa 325, mindestens aber seit der Abfassung seines Opus ad Constantinum Imperatorem (336) kontrovers mit der Eigentümlichkeit, daß auch die ihm freundlich Gesonnenen seine Theologie in einer gewissen Zurückhaltung aufnahmen. Positiv und direkt hat der Bischof von Ankyra in Galatien zumindest auf Athanasius von Alexandrien (Theodor Zahn, Martin Tetz, Manlio Simonetti, Michel van Parys, Reinhard Hübner, Anthony Meredith), 2 den Verfasser des Schriftenkomplexes der beiden Dionyse (Luise Abramowski) 3 und auf Gregor von Nyssa (Reinhard Hübner) 4 gewirkt. Einen allgemeinen unmittelbaren Ein1 2

3

4

Marceil von Ancyra, Z N W 46(1955) 214. Zahn, Marcellus von Ancyra. Ein Beitrag zur Geschichte der Theologie, Gotha 1867, 118. - Tetz, Zur Theologie des Markeil von Ankyra I. Eine Markellische Schrift „De incarnatione et contra Arianos", Z K G 75(1964) 236, vgl. 238. - Simonetti, Sull'interpretazione patristica di Proverbi 8,22, in: Studi suirArianesimo, VSen N.S. 5, Rom 1965, 57-59 mit Anm. 205, 62 Anm. 218, 218a, 63, 66 Anm. 234, 67 Anm. 236. - van Parys, Exegese et theologie trinitaire. Prov. 8,22 chez les Peres Cappadociens, Iren. 43(1970) 371f. - Hübner, Die Einheit des Leibes Christi bei Gregor von Nyssa. Untersuchungen zum Ursprung der ,Physischen Erlösungslehre', PP Bd. II, Leiden 1974, 172 Anm. 172, 234. - Meredith, Proverbes VIII,22 chez Origene, Athanase, Basile et Gregoire de Nysse, in: Politique et theologie chez Athanase d'Alexandrie, hrsg. von Charles Kannengiesser, T h H 27, Paris 1974, 352f. Dionys von Rom (f268) und Dionys von Alexandrien (f264/5) in den arianischen Streitigkeiten des 4. Jahrhunderts, Z K G 93(1982) 240-272. Die Einheit des Leibes Christi bei Gregor von Nyssa. - Ders., Gregor von Nyssa und Markell von Ankyra, in: Ecriture et culture philosophique dans la pensee de Gregoire de Nysse. Actes du colloque de Chevetogne (22-26 Septembre 1969), organise par

2

Α. Einführung

fluß - wie ζ. Β. Athanasius - konnte Markell jedoch schon deswegen nicht ausüben, weil er nicht wie die Mehrheit der östlichen Theologen des 4. Jahrhunderts die origenistische Theologie als selbstverständliche Gesprächsgrundlage akzeptierte und er daher der allmählichen Uberführung der „altnizänischen" in die „jungnizänische Orthodoxie" nicht zustimmen konnte. Für Markells „indirekt-positive" Wirkung ist das beste Beispiel Basilius von Caesarea, der zwar einerseits Markell immer ablehnend gegenüberstand,5 andererseits aber in der antiarianischen Argumentation, wie Karl Holl herausstellte, gar nicht anders konnte, als in den Spuren Markells zu wandeln. Es handelt sich dabei um das Argument, dem Subordinatianismus der Arianer dadurch entgegenzutreten, daß christologische Niedrigkeitsaussagen nicht auf den Präexistenten, sondern auf den Menschgewordenen, bzw. auf den vom Logos angenommenen Menschen bezogen werden. „Es lässt sich bei allen Theologen der Zeit studieren, wie sie, ohne es zu wissen und zu wollen, in der Polemik gegen die Arianer auf die Sprünge des Marcellus von Ancyra geraten, - ein glänzender Beweis dafür, wie klar der Vielgeschmähte die exegetische Situation beurteilt hat." 6 Es wird ein Ziel der vorliegenden Arbeit sein, herauszuarbeiten, daß dies bei Markell in einer spezifischen Weise nicht nur für Niedrigkeitsaussagen, sondern auch für Hoheitsaussagen gilt. Neben solcher direkter und indirekter positiver Wirkung ist noch eine weitere zu beachten. Zwar distanzierten sich die meisten origenistisch geprägten Theologen von Markell, waren aber gleichzeitig durch ihn angehalten, wie jüngst Joseph Th. Lienhard und Gerhard Feige hervorhoben, 7 sich selbst von allem Ditheismus oder Tritheismus abzugrenzen. Vergleichbares wurde nicht nur im Blick auf die Entwicklung der Trinitätslehre, sondern auch der Christologie beobachtet: auch hier kann Markell nicht nur mit Günther Christian Hansen den Titel eines „Katalysators" 8 beanspruchen, sondern präziser noch neben Markells Schüler Photin von Sirmium mit Martin

5 6

7

8

le Centre de Recherche sur l'Hellenisme tardif de la Sorbonne, ed. Marguerite Harl, Leiden 1971, 198-229. - Vgl. auch van Parys , Exegese et theologie trinitaire, 371f. Siehe unten 14. Amphilochius von Ikonium in seinem Verhältnis zu den großen Kappadoziern, Leipzig 1904 (Darmstadt 1969) 156f; wie die Anmerkung auf S. 157 zeigt, denkt Holl an einen ,,positive[n] Einfluss". Feige, Die Lehre Markells von Ankyra in der Darstellung seiner Gegner, EthSt 58, Erfurt 1991. - Lienhard, Contra Marcellum: The Influence of Marcellus of Ancyra on Fourth-Century Greek Theology, 3 Teile, Kath.-Theol. Habil. Schrift Freiburg/Breisgau, 1986. Eusebius von Caesarea, Gegen Markell. Uber die kirchliche Theologie. Die Fragmente Marcells, edd. Erich Klostermann/G. Chr. Hansen, GCS 14, Berlin 1 9 9 1 , 255.

I. Das Interesse an der Theologie Markells

3

Tetz 9 und Reinhard M. Hübner 1 0 als der Provokateur der Christologie des Apolinarius von Laodizäa gelten. Denn der in Markells Theologie gegenüber den Arianern sichtbar werdende „ . . . neue[r] Zug in der christologischen Anthropologie . . . wie Alois Grillmeier schreibt, nämlich „die Anfänge einer Wort-Mensch-Christologie", 11 riefen den Widerspruch des Apolinarius auf den Plan, der seinerseits wiederum durch die Reaktionen, die seine These von der μία φύσις τοϋ θεοϋ λόγου σεσοφκωμένη erfuhr, die christologische Lehrbildung in „Markellischer Richtung" vorantrieb. Markells Ablehnung der „jungnizänischen Orthodoxie", d. h. seine besondere miahypostatische und henprosopische Fassung des Monotheismus, sind dafür verantwortlich, daß eine der Blickrichtungen auf die Theologie Markells - vor allem von katholischer Seite - bis heute diejenige geblieben ist, ob seine Gotteslehre der „orthodoxen" Trinitätslehre genüge oder nicht. Dasselbe Charakteristikum der Theologie Markells entfaltete jedoch im Protestantismus des 19. und 20. Jahrhunderts eine entgegengesetzte Wirkung. Zunächst ließ sich Friedrich Schleiermacher in seiner Abhandlung „Ueber den Gegensatz zwischen der Sabellianischen und der Athanasianischen Vorstellung von der Trinität" vermittels der gegen Markell gerichteten pseud-athanasianischen „Vierten Rede gegen die Arianer" in seinen Ansätzen zu einer Neuformulierung der „Trinitätslehre" wiederum indirekt und unwissentlich von Markell inspirieren. Wenn sich auch Schleiermachers eigene Anschauungen von Markell entfernen, so traf er doch im Blick auf das Markellische Spezifikum der „unzertrennten Verbreiterung der Monas zur Trias" kongenial die Konzeption des Bischofs von Ankyra. 12 Auch Theodor Zahns Dissertation über Markell setzte an dieser Stelle an. Zahn stellte in ihr die - später Zahn-Harnack'sche genannte These auf, nach der das „altnizänische" ομοούσιος die Wesenseinheit von Vater, Sohn und Geist meine, das „jungnizänische" dagegen die Wesensgleichheit derselben. Für die altnizänische Bedeutung galt ihm Markell als Kronzeuge und da sie für Zahn die rechtgläubige war, wurde aus dem Ketzer Markell der Orthodoxe und sogar noch mehr, 9

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11

12

Zur Theologie des Markell von Ankyra II. Markells Lehre von der Adamssohnschaft Christi und eine pseudoklementinische Tradition über die wahren Lehrer und Propheten, Z K G 79(1968) 40f. Insbesondere: Soteriologie, Trinität, Christologie. Von Markell von Ankyra zu Apollinaris von Laodicea, in: Im Gespräch mit dem dreieinen Gott. Elemente einer trinitarischen Theologie. Festschrift zum 65. Geburtstag von Wilhelm Breuning, hrsgg. von Michael Böhnke und Hanspeter Heinz, Düsseldorf 1985, 175-196. Jesus der Christus im Glauben der Kirche, Bd. I: Von der Apostolischen Zeit bis zum Konzil von Chalcedon (451), Freiburg-Basel-Wien, 1982 2 , 427. Theologische Zeitschrift 3(Berlin 1822) 295-408; siehe unten 24f.

4

Α. Einführung

nämlich der Bibeltheologe seiner Zeit. Markell repräsentierte für Zahn im 4. Jahrhundert eine Theologie, die er als einen in sich identischen Gesamtkomplex aus „biblischen Normen", „kirchlichem Bekenntnis", „ältesten Formen der Christologie im nachapostolischen Zeitalter", den „vollkommeneren Formen der Logoslehre bei den Apologeten des zweiten Jahrhunderts" und schließlich der Theologie des Irenäus beschrieb. Zahn reprojizierte damit sowohl die politische als auch die theologische Konstellation seiner Gegenwart auf Markell: Markell ist ihm „eine mehr reactionäre als revolutionäre Erscheinung", aller Philosophie und „spekulativen Theologie" abgeneigt.13 Friedrich Loofs nahm den von Zahn gespielten Ball wiederum seiner Zeitsituation gemäß auf. Nicht mehr die Hegel-Schule, sondern die religionsgeschichtliche wird von Loofs durch das Medium Markell gemeint. An ihm versucht er zu beweisen, daß neben der akuten und der chronischen Hellenisierung des Christentums seit Paulus und Johannes eine „kleinasiatische" und genuin biblische Traditionslinie bis zur antiochenischen Theologie reichte. Mit solchem Nachweis einer nichthellenisierten Christologie in der Alten Kirche, die rückwärts auch für das Neue Testament gelten sollte, wollte Loofs die religionsgeschichtliche Erklärung des Neuen Testamentes überwinden. Loofs nennt die Theologie Markells daher „archaistisch".14 Mit den Arbeiten von Martin Tetz15 und Reinhard Hübner 16 werden weitere Themenkreise (Loofs hatte schon die Pneumatologie eigens thematisiert) 17 zu den herkömmlichen der Gotteslehre und der Christologie in die Markell-Diskussion eingeführt, nämlich Soteriologie, Ekklesiologie und Eschatologie. Zum einen dadurch, daß Tetz die schon länger als Pseud-Athanasianum erkannte Schrift „De incarnatione et contra Arianos", die eine profilierte Ekklesiologie und Eschatologie vorträgt, als Werk Markells erwies. Zum anderen dadurch, daß Reinhard Hübner bei der Bestimmung der Traditionen - darunter Markell - , die Gregor von Nyssa rezipierte, folgende These aufstellte: Markell stehe in der Tradition einer orthodoxen Gegeninterpretation gegen die gnostisch-doketische Soteriologie und Ekklesiologie, d.h. die sogenannte „physischen Erlösungslehre", indem er die individuelle Menschheit Christi mit der Gesamtmenschheit identifiziere. Formal gesehen schließt sich Hübner darin an die „klassische" Forschung

13 14

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Siehe unten 35-38. Die Trinitätslehre Marcell's von Ancyra und ihr Verhältnis zur älteren Tradition., SPAW.PH 1902, 765. Siehe unten 67-70.77-82.84-115.126-143. Siehe unten 144-168. Siehe unten 44-46.

II. Die Überlieferung der Schriften Markells

5

an, indem er ebenso wie Zahn und Loofs die Überlieferung als das die Theologie Markells prägende Element benennt. Hiermit sind die wichtigsten theologisch-inhaltlichen Perspektiven benannt - die freilich, wie der ausführliche Forschungsbericht belegen wird, noch in vielen weiteren Nuancierungen vorgetragen wurden - , in denen Markeil von Ankyra und seine Theologie bisher zum Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchung geworden ist: zum einen im Blick auf seine mangelhafte „jungnizänische Orthodoxie", zum andern hinsichtlich der Wirkungsgeschichte seiner antiarianischen Polemik, ferner im Blick auf den systematisch-theologischen Gehalt seines Monotheismus und weiter hinsichtlich seiner Soteriologie, Pneumatologie, Ekklesiologie und Eschatologie. Sowohl Gotteslehre und Christologie als auch Soteriologie und Ekklesiologie wurden dabei mit dem Ergebnis untersucht, daß Markells Theologie im Wesentlichen von den von ihm aufgenommenen Traditionen bestimmt ist. Neben diesen theologisch-inhaltlichen Fragehinsichten, an die sich das Interesse an Markeil von Ankyra knüpfte und weiterhin knüpft, wurden und werden der Forschung durch die Textüberlieferung der Schriften Markells weitere Aufgaben gestellt.

II. Probleme der Uberlieferung der Schriften Markells und des Zuganges zu seiner Theologie Markells Erstlingsschrift aus dem Jahre 336,1 die er an Konstantin I. adressierte und in der er den Sophisten Asterius aus Kappadozien, die beiden Eusebe, Paulin von Tyrus, Narziß von Neronias und - auf allerdings differenzierte Weise - Origenes selbst angriff, ist nur in den Antilogien Eusebs von Caesarea („Gegen Markell" und „Uber die kirchliche Theologie" [337]) und Acacius' von Caesarea, fragmentarisch und daher nur in der Präsentation und Interpretation seiner Gegner erhalten. Die 128 Fragmente dieses Werkes sind zusammen mit der Epistula ad Iulium, einem Brief, den Markell wahrscheinlich kurz vor der Synode von Rom (341) als schriftliche Niederlegung seines Glaubens an den Bischof von Rom sandte, die beiden einzigen unter dem Namen Markells überlieferten Texte. Martin Tetz hat angesichts dieser Sachlage darauf hingewiesen, daß jede Beschäftigung mit Markell daher von der Epistula ad Iulium, dem allein authentisch und integer überlieferten Text, ausgehen müßte.2 Wenn die vorliegende Studie sich diese Maxime nicht zu eigen macht, dann nicht deswegen, 1 2

Zur Datierung siehe unten 241-244. Zum altrömischen Bekenntnis. Ein Beitrag des Marcellus von Ancyra, Z N W 75 (1985) 111.

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Α. Einführung

weil sie für sich gesehen von der Hand zu weisen wäre, sondern deswegen, weil beinahe die gesamte Forschung3 einen Bruch oder zumindest eine wesentliche Veränderung in der Theologie Markells zwischen seiner ersten großen Arbeit und der Epistula ad Iulium und eventuellen weiteren späteren Schriften feststellen zu können glaubt. Während die verbreitetere Meinung der an der Frage nach Markells Orthodoxie interessierten Forschung diejenige ist, die schon Epiphanius von Salamis vortrug,4 nämlich, daß Markeil ab den Synoden von Rom und Serdika (342) unter dem Druck des erfahrenen Widerstandes und um dem Wortlaut des Nizänum genüge zu tun seine häretischen Ansichten aufgab oder zumindest modifizierte - was meistens mit einem ethischen Defizit Markells (Täuschung der Leser bzw. Gegner; Vertuschung seiner eigentlichen Meinung) begründet wird läßt der zweite neuzeitliche Markellinterpret, Bernard de Montfaucon, - Andeutungen des Hilarius von Poitiers folgend - umgekehrt nur den frühen Markeil „orthodox" sein.5 Die jüngste Forschung - Martin Tetz6 und Alois Grillmeier7 - vermeidet moralische Kategorien und spricht lieber von einer Entwicklung der Theologie Markells. Hieraus ergibt sich, daß eine Erfassung des Denken Markells, die von der Epistula ad Iulium ausginge, von vielen deswegen nicht als qualifiziert erachtet würde, weil sie nicht beim angeblich „authentischen und ursprünglichen", sondern beim angeblich schon „angepaßten" Markeil einsetzte. Muß daher gegenwärtig jede Untersuchung Markells, die sich nicht traditionellen Vorbehalten aussetzen will, bei den Fragmenten beginnen, dann erfordert der Tatbestand der Bruchstückhaftigkeit der Texte vom Interpreten und von den Leserinnen und Lesern seiner Interpretation eine besondere Bemühung um ihr Verständnis. Der Textlage angemessen erscheint der Weg, den als erster und einziger vor knapp 200 Jahren Christian Heinrich Georg Rettberg in seinen „Marcelliana" beschritt: Herstellung des Textes der Fragmente, Ubersetzung und Kommentar. 8 Erich Klostermanns Edition der Fragmente im Berliner Corpus hat Rettbergs Textqualität freilich weit übertroffen, zumal Rettberg überhaupt keine Handschriften, also auch nicht den Codex Venetus Marcianus graecus 496, d. h. die älteste Handschrift der einzig erhaltenen Textrezension, heranzog. Doch auch Klostermann gelang trotz des Einsatzes von viel Zeit kein Fortschritt gegenüber Rettberg auf dem Gebiet der Rekonstruktion des Buches Markells. 9 Zusammen mit der Abgrenzung eines neuen Fragmentes, der Zurücknahme fast 3 4

Siehe die Seitenverweise unten 196 Anm. 22. Siehe unten 16. Ebd. Siehe unten 142. Siehe unten 174. Marcelliana. Accedit Eunomii Ε Κ Θ Ε Σ Ι Σ ΠΙΣΤΕΩΣ emendatior. Edidit et animadversionibus instruxit, Göttingen 1794. Siehe unten 54f.

II. Die Überlieferung der Schriften Markells

7

aller „Emendationen" Scheidweilers10 und der meisten Klostermanns, sowie der Ablösung der allgemein als nicht sehr geglückt angesehenen Ubersetzung Wolfgang Gerickes11 geht die vorliegende Arbeit auf diesem Felde neue Wege. Neben die Schwierigkeit des Verständnisses von Fragmenten und neben die scheinbare Disparatheit zwischen den Aussagen der Fragmente und derjenigen der Epistula ad Iulium tritt seit der Zuschreibung unter fremden Namen überlieferter Texte an Markell12 der Streit um die Authentizität dieser Schriften, insbesondere der beiden „großen", d.h. des Werkes „De incarnatione et contra Arianos" 13 und der „Epistula ad Antiochenos".14 Hier überlagern sich zwei Interpretationsspielräume: einmal derjenige, in dem sich die Exegese der Fragmente selbst bewegt, zum anderen derjenige, den die Abwägung der Argumente für oder gegen die Zueignung von bisher nichtmarkellischen Schriften an den Bischof von Ankyra eröffnet. Diese Spielräume können jedoch einerseits durch den Aufweis minimiert werden, daß und wie die Korrektur von Fehlinterpretationen der Fragmente (Alasdair Heron)15 Argumente gegen die Zuweisung der neuen Texte beseitigt. Zusätzlich werden sie dadurch eingeschränkt, daß eine Uberprüfung der für das Verständnis kritischen Stellen an den Handschriften und alten Ubersetzungen in den noch nicht kritisch oder editionstechnisch befriedigend edierten neuen Texten (De incarnatione et contra Arianos; Epistula ad Antiochenos) „Markellische" Lesarten als die authentischen zu Tage fördert. Es ist eines der interpretatorischen Ziele dieser Arbeit, die restlichen geäußerten Be10 11

Marcellus von Ancyra, Z N W 46(1955) 202-214. Marceil von Ancyra. Der Logos-Christologe und Biblizist. Sein Verhältnis zur antiochenischen Theologie und zum Neuen Testament, TABG 10, Halle 1940, 192-244. Hansen schreibt auf S. 255 seiner Bearbeitung der Edition Klostermanns (GCS 14, 1991 3 ): „Die von Gericke (S. 192-247) gelieferte Ubersetzung der Markellosfragmente ist allerdings von Irrtümern und Ungeschicklichkeiten nicht frei und bedeutet keine Förderung." - Vgl. Scheidweiler, Marcellus von Ancyra, Z N W 46(1955) 202-214.

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Hieronymus (Liber de viris inlustribus: 44, 18-20 Richardson, T U 14,1, Leipzig 1896) ermuntert dazu: „Marcellus, Ancyranus episcopus, sub Constantino et Constantio principibus floruit multaque diversarum υποθέσεων scripsit Volumina et maxime Adversus Arianos."

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Siehe unten 84-115. Siehe unten 70-84. Studies in the Trinitarian Writings of Didymus the Blind: His Authorship of the Adversus Eunomium IV-V and the de Trinitate, Diss. Theol., Tübingen 1972. - Teilweise (siehe unten 85, Anm. 143) wiederabgedruckt: ders., The Pseudo-Athanasian Works de Trinitate et Spiritu Sancto and De incarnatione et contra Arianos: a Comparison, in: Aksum/Thyateira. Α Festschrift for Archbishop Methodios of Thyateira and Great Britain, hrsg. von George Dion. Dragas, London 1985, 281-298.

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Α. Einführung

denken gegen die Echtheit der Markell neu zugewiesenen Schriften zu zerstreuen. Aus der geschilderten Sachlage folgt, daß eine Interpretation Markells zum gegenwärtigen Zeitpunkt immer noch bei den Fragmenten ihren Schwerpunkt zu bilden und von ihnen auszugehen, dann aber die hier gewonnenen Ergebnisse an den übrigen Texten zu bewähren hat. Als solche kommen neben der schon genannten „Epistula ad Iulium", der Schrift „De incarnatione et contra Arianos" und der „Epistula ad Antiochenos" folgende weitere Schriftstücke in Frage: das sogenannte Bekenntnis der westlichen Synode von Serdika,16 ferner ein pseudonymer Text mit dem Titel „De sancta ecclesia"17 und die „Epistula ad Liberium".18 Als Quellen für die Theologie Markells werden nicht herangezogen: die Expositio fidei des Ankyraner Diakons Eugenius,19 das Bekenntnis des Klerus von Ankyra an elf nach Diocaesarea verbannte ägyptische Bischöfe20 und eine pseud-athanasianische Expositio fidei.

III. Die These und die Gliederung der vorliegenden

Arbeit

In dieser Untersuchung wird eine Markellinterpretation vorgelegt, die die Theologie Markells als eine Einheit zu verstehen sucht. Die Kontinuität zwischen dem „frühen" und dem „späten" Markell und die Zusammengehörigkeit der unter dem Namen Markells tradierten mit den ihm neu zugeschriebenen Texten soll erhärtet werden. Ferner soll das Verhältnis der in der Markellforschung überwiegend vertretenen These von der Traditionsbestimmtheit Markells zu seiner theologischen Kreativität in der antiarianischen Argumentation zugunsten des schöpferischen Theologen Markell von Ankyra neu bestimmt werden. Letzteres gelingt dann, wenn man mit Jean Danielou1 und Hendrik 16 17 18 19 20

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Siehe unten 143, Anm. 133. Siehe unten 64-66. Siehe unten 67-70. Siehe unten 126-132. edd. Holl/Dummer, Epiphanius von Salamis, Pan. haer. 72,11,1-12,5: 265,6-267,12 Bd. III, GCS 37, Berlin 1985 2 . ed. Nordberg, Athanasiana Part I: The Texts: Five Homilies, Expositio fidei, Sermo maior, Societas Scientiarum Fennica. Commentationes Humanarum Litterarum X X X . 2 , 1962, 49-56; vgl. Tetz, Zur Theologie des Markell von Ankyra III. Die pseudathanasianische Epistula ad Liberium, ein Markellisches Bekenntnis, Z K G 83(1972) 154 Anm. 44. Patristic Literature, in: The Pelican Guide to Modem Theology, Vol. II, Historical Theology, ed. R.P.C. Hanson, Middlesex/Baltimore (Maryland)/Victoria (Australien)1969, 83-85.

III. Die These und die Gliederung der vorliegenden Arbeit

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Berkhof2 gegen Theodor Zahn Markeil nicht als eine „reactionäre", sondern als „revolutionäre" und innovative Erscheinung verstehen lernt.3 Während Berkhof den „exegetischen Entdecker"4 Markell unvermittelt neben den „Traditionalisten" Markell stellte, der vororigeneische Theologumena wieder reaktivierte,5 begründeten Danielou6 und Holl 7 die neue Bibelauslegung Markells allein mit einer Reaktion auf die Herausforderung des Arianismus. Die vorliegende Arbeit bestreitet weder den Einfluß von Traditionen auf Markell (extremer Monotheismus; Betonung der Inkarnation) noch den Einfluß der antiarianisch-antiapolinaristischen Frontstellung auf seine Theologie. Sie ist jedoch der Meinung, daß sich noch ein drittes zentrales Strukturelement in der Theologie Markells freilegen läßt, das bisher weder gesehen noch gewürdigt wurde. Um dieses in den Blick zu bekommen, muß die diachrone dogmengeschichtliche Betrachtungsweise in Beziehung gesetzt werden zur synchronen kirchengeschichtlichen Perspektive, eine Öffnung des Horizontes, die - soweit ich sehe - bisher nur Martin Tetz8 vollzogen hat. Wird dieser Schritt getan, kann gezeigt werden, daß Markells Ausformung der von ihm aufgenommenen Traditionen und die Gestalt seiner theologischen Polemik wesentlich von seiner Beziehung zu Konstantin und seiner theologischen Verarbeitung des kirchlichen Selbstbewußtseins und Weltempfindens zur Zeit der Konstantinischen Wende mitbestimmt sind. Im Werk Markells liegt demnach neben demjenigen Eusebs von Caesarea ein zweiter und eigenständiger Entwurf einer Theologie vor, in der die Erfahrung der „ecclesia triumphans" eine entscheidende Rolle spielt. Trifft diese „konstantinische" Prägung des Denkens Markells zu, lassen sich umgekehrt aus der kirchengeschichtlichen Betrachtungsweise neue Erkenntnisse für die Dogmengeschichte gewinnen, so daß die These folgendermaßen fortgeführt werden kann: An der Theologie Markells läßt sich ein Zusammenhang zwischen der kirchengeschichtlichen Konstantinischen Wende und der dogmengeschichtlichen 2 3

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Die Theologie des Eusebius von Caesarea, Amsterdam 1937, 197f. Indem Adolf von Harnack (Dogmengeschichte, GThW IV,3, Tübingen 1905[4], 204, Anm. 1) Markells Theologie in der Sicht von Loofs (Markell in der Linie des Johannes, Ignatius, Melito und Irenaus) als „kühne Neuerung" bezeichnete, meinte er jedoch damit nichts anderer als den Rückgriff auf vorapologetische, d.h. biblische Traditionen. Auch bei Martin Tetz, bei dem zwar der Traditionalist Markell im Vordergrund steht, fehlt der in der theologischen Auseinandersetzung entdeckende Theologe Markell nicht; siehe unten 133-138. Die Theologie des Eusebius von Caesarea, 1937, 194-197. Rezension von Anton Weber, ΑΡΧΗ. Ein Beitrag zur Christologie des Eusebius von Cäsarea, Rom 1965, in: RSR 54(1966) 309. Siehe oben 2. Siehe unten 139f.

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Α. Einführung

Wende von der trinitarischen zur christologischen Fragestellung aufweisen. Er besteht allgemein in einer „ekklesiologischen Fassung" der christologischen Anthropologie und insbesondere in der Rückwirkung einer kirchlich-triumphalistischen Deutung der „zweiten Ökonomie" auf das individuelle Menschsein Christi, durch die - mit den Worten der antimarkellischen Polemik Eusebs von Caesarea - eine „ Vergottung des Fleisches"? d. h. eine Verselbständigung und Aufwertung des vom Logos angenommenen Menschen bewirkt wurde. Damit ist im Zusammenspiel mit der antiarianisch-antiapolinaristischen Polemik Markells eine Begründung für die bei ihm zu beobachtenden „Anfänge einer Wort-Mensch-Christologie" gefunden und zumindest eine der Ursachen für die Entstehung der sogenannten „antiochenischen Christologie" benannt. Der Beweis für diese Doppelthese soll in der vorliegenden Arbeit erbracht werden. Die detaillierte Forschungsgeschichte (B.) wird neben der Darstellung der Forschung vor allem die verschiedentlich vorgebrachten Thesen von der wesentlichen Traditionsbestimmtheit Markells und von der Uneinheitlichkeit seiner Schriften kritisch behandeln. In der sich anschließenden Untersuchung der Fragmente des Opus ad Constantinum (C.) kann die Rekonstruktion neue Ergebnisse für den Gedankengang und die Interpretation des Textes gewinnen. Der Kommentar wird die Argumente für den „konstantinischen Theologen" Markeil herausarbeiten. Im abschließenden Teil (D.) werden diese ergänzt und im Zusammenhang dargestellt. Zunächst sei jedoch zur chronologischen Orientierung noch folgende Aufstellung geboten.

IV. Chronologische Tabelle zu Leben und Schriften Markells und seiner Gemeinde circa 280: Geburt Markells;1 314: Vorsitzender eines Generalkonzils (Asien und Syrien) in Ankyra, das Kanones2 über die Buße und Wiederaufnahme der Lapsi erläßt;3

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Siehe unten 205f mit Anm. 13-15. Markell ist 314 Bischof und Vorsitzender einer Generalsynode. Athanasius nennt ihn inbezug auf seine erste oder zweite Verbannung (längstens also zwischen 336 und 340) einen Greis (Historia Arianorum ad Monachos, Kap. 6,1: 186,3 Opitz, Athanasius Werke II/l, Die Apologien, Berlin 1935/41). Nach Euseb von Caesarea ist er 337 im Bischofsamt der Kirche Christi alt geworden (ET 11,22,4: 132,31f).

IV. Die Chronologie

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vor 325: Zuhörer einer Predigt des Paulinus von Tyrus in Ankyra; 4 Kontakte mit Konstantin I., der das nachmalige Konzil von Nizäa ursprünglich nach Ankyra einberufen wollte;5 325: Debattenredner gegen die Eusebianer auf dem Konzil von Nizäa; 6 335 (August und September): Teilnahme an den Synoden von Tyrus und Jerusalem;7 336: Abfassung des Opus ad Constantinum und persönliche Ubergabe des Werkes an Konstantin;8 336/37: Verurteilung des Buches und Verbannung Markells auf einer Synode von Konstantinopel;9 Nach dem Tode Konstantins (22. Mai 337): 10 Euseb von Caesarea schreibt seine Antilogien gegen Markell: „Contra Marcellum" und „De ecclesiastica theologia , Rückkehr Markells unter Tumulten nach Ankyra aufgrund der von den

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ed. E.J. Jonkers, Acta et symbola conciliorum quae saeculo quarto habita sunt, Textus Minores Vol. 19, 1974 2 , 28-35.

3

Die Uberlieferung der Teilnehmerliste ist nicht einheitlich (Vgl. Mansi, Sacrorum Conciliorum Nova et Amplissima Collectio, Vol. II, Ab anno C C C V . and annum C C C X L V I , Graz I960 3 , 527 Anm. 1, 533 Anm. e, 534; und: Hefele/Leclercq, Histoire des Conciles d'apres les documents originaux. Nouvelle traduction frangaise corrigee et augmentee, Vol. I/Pars I, Paris 1907 [Hildesheim/New York 1973] 300f), immer ist aber entweder Vitalis von Antiochien oder Markeil an erster Stelle genannt. Eduard Schwartz (Zur Kirchengeschichte des vierten Jahrhunderts, Z N W 34[1935] 158 = Gesammelte Schriften Bd. IV, Berlin 1960, 39) folgt derjenigen Uberlieferung, die Vitalis von Antiochien den Vorsitz einräumt.

4

Frg 121(40,33): 191,32f; siehe unten 448.453. Urk. 20,16: 42,3 Opitz, Athanasius Werke I I I / l , Urkunden zur Geschichte des arianischen Streites, 318-328, Berlin und Leipzig 1934-35; siehe unten 461. Epistula ad Iulium: 214,13f. Ich schließe mich der Interpretation der Berichte des Socrates (Kirchengeschichte 1,36: 165f Hussey, Oxford 1853) und Sozomenus (Kirchengeschichte II,33,2f: 98,24f99,2 Bidez/Hansen, G C S 50, Berlin I960 2 ) über das Verhalten Markells in Tyrus und Jerusalem durch Eduard Schwartz (Zur Geschichte des Athanasius VIII: Von Nicaea bis zu Konstantins Tod, N G W G . P H 1911, 405f = ders., Gesammelte Schriften Bd. III, Berlin 1959, 236f) an.

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II

Siehe unten 241 mit Anm. 238. Siehe unten 241-244. und das Schreiben der östlichen Synode von Serdika bei Hilarius, Collectanea Antiariana Parisina, Series A IV, 1,3: 50,19-24 Feder, C S E L 65,4, Wien/Leipzig 1916. Otto Seeck, Regesten der Kaiser und Päpste für die Jahre 311 bis 476 n. Chr., Stuttgart 1919 (Frankfurtl964) 184. Siehe unten 243.

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Α. Einführung

Söhnen Konstantins gewährten Anmnestie; 1 2 In den folgenden Jahren verfaßt Markell das Stück „ D e sancta ecclesia"; 13 Zwischen Sommer 337 und Sommer 339: erneute Verurteilung und Verbannung Markells; 1 4 339-340: 1 1/4-jähriger Aufenthalt 1 5 Markells in R o m (auch Athanasius und weitere verbannte östliche Bischöfe sind dort) in Erwartung der Eusebianer zu der von Iulius von R o m wiederholt einberufenen Synode; bei seiner Ankunft liegen schon Briefe der Eusebianer über ihn an Iulius vor; da die Eusebianer nicht erscheinen: 340 (Herbst): Abfassung der Epistula ad Iulium vor seiner Abreise aus R o m mit der Bitte an Iulius, sie dem offiziellen Synodalschreiben der zu erwartenden Synode in R o m beilzulegen; 16 341 (6. Jan.): 1 7 Enkäniensynode in Antiochien: Distanzierung des Theophronius von Tyana von Markell; 1 8 alle im Zusammenhang mit dieser Synode formulierten Bekenntnisse enthalten antimarkellische Theologie (die sog. „4. Formel" wurde 341 Konstans nach Trier überbracht); 1 9 seitdem regelmäßige Verurteilungen Markells im Osten; 2 0 12

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Schreiben der östlichen Synode von Serdika bei Hilarius, Collectanea Antiariana Parisina, Series A IV, 1,9: 55,10-19 Feder, C S E L 65,4. Siehe unten 64-66. Schreiben der östlichen Synode von Serdika bei Hilarius, Collectanea Antiariana Parisina, Series A IV, 1,11: 56,16 - 57,7 Feder, C S E L 65,4. - Zahn, Marcellus von Ancyra, 66-68, versucht m. E. erfolglos aus § 3 (51f Feder) eine zweite Synode in Konstantinopel herauszulesen. Gericke, Marceil von Ancyra, 6.13, folgt ihm. Nach Charles Pietri (Roma Christiana. Recherches sur l'Eglise de Rome, son organisation, sa politique, son ideologie de Miltiade ä Sixte III [311-440], Vol. I, BEFAR, Fase. 224, 1976, 196 Anm. 5) 13 Monate. Epistula ad Iulium: 214,12-28 und 215,36f. - Brief des Iulius an die Eusebianer nach der Synode bei Athanasius, Apologia secunda 33,4: 111,30 - 112,2 Opitz, Athanasius Werke II/l. - Vgl. weitere Belege und die Darstellung bei Schwartz, Zur Geschichte des Athanasius IX: Von Konstantins Tod bis Sardika 342, N G W G . P H 1911, 491-501 = ders., Gesammelte Schriften Bd. III, Berlin 1959, 294-307. Das Datum nach dem Chronicon miscellaneum (Philostorgius, Kirchengeschichte, Anhang VII,16a: 212,19-22 Bidez/Winkelmann, G C S 52, Berlin 1981 3 ). - Vgl. Walther Eltester, Die Kirchen Antiochiens im IV. Jahrhundert, ZNW 36(1937) 255. Bei Athanasius, De synodis 24,5: 250,19-21 Opitz, Athanasius Werke II/l. Zur Neubestimmung des Verhältnisses des Theophronius zu Markell aufgrund einer Textemendation siehe Tetz, Die Kirchweihsynode von Antiochien (341) und Marcellus von Ancyra. Zu der Glaubenserklärung des Theophronius von Tyana und ihren Folgen, in: Oecumenica et Patristica, Festschrift für Wilhelm Schneemelcher zum 75. Geburtstag, hrsgg. von D. Papandreou, W.A. Bienert, K. Schäferdiek, Chambesy/Genf 1989, 199-205.

IV. Die Chronologie

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341 (Frühjahr): Rehabilitation Markells (und des Athanasius) durch eine römische Synode von mehr als 50 Bischöfen in der Kirche des Presbyters Vito; 21 342 (Herbst): 2 2 Synode von Serdika; Rehabilitation Markells durch die westliche Teilsynode unter zusammenhängender Lektüre seines Opus ad Constantinum; 2 3 Markeil verfaßt das sogenannte westliche Symbol von Serdika als Verteidigungsschrift gegen erneute gegnerische Dokumente; 2 4 vermutungsweise ist die Antilogie des Acacius von Caesarea nach Serdika anzusetzen; 25 vor 345: Nach dem Zeugnis des Hilarius distanziert sich Athanasius von Markeil vor der Synode von Mailand 345; 26 circa 360: Abfassung der Schrift „De incarnatione et contra Arianos"; 2 7 die Datierung der „Epistula ad Antiochenos" ist noch nicht gelungen: sie könnte sowohl antiarianisch als auch antiapolinaristisch motiviert sein; 362-366: In diesem Zeitrahmen ist die Abfassung der „Epistula

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De synodis 22,3-7 (248,29-249,8 Opitz, Athanasius Werke II/l); 23,2-10 (249,11250,4 Opitz); 25,2-5(251,1-16 Opitz). Vgl. die Neuordnung der Formeln bei Tetz, Die Kirchweihsynode von Antiochien (341) und Marcellus von Ancyra, 205-209. Siehe hierzu Feige, Die Lehre Markells von Ankyra, 133-153. 214f und Lienhard, Contra Marcellum, 184-206. Athanasius, Apologia secunda 20,3: 102,7-9 Opitz, Athanasius Werke II/l. - Siehe weitere Belege bei Schwartz, Zur Geschichte des Athanasius IX, 497 Anm. 1-3 = Ges. Sehr. Bd. III, 301 Anm. 1-3. - Wilhelm Schneemelcher (Die Kirchweihsynode von Antiochien 341, in: Bonner Festgabe Johannes Straub, BoJ.B 39[1977], 330 mit Anm. 44), dem Hanns-Christof Brennecke (Hilarius von Poitiers und die Bischofsopposition gegen Konstantius II, PTS 26, Berlin-New York 1984, 8) und Martin Tetz (Die Kirchweihsynode [341] und Marcellus von Ancyra, 209) folgen, setzt die Kirchweihsynode aufgrund einer Verwechslung des von Iulius von Rom erwähnten Schreibens derjenigen antiochenischen Synode von 338/9, die Gregor zum Bischof von Alexandrien wählte (Athanasius, Apologia secunda 27,1: 107,4 Opitz, Athanasius Werke II/l; vgl. Schwartz, Zur Geschichte des Athanasius IX, 486f = Ges. Sehr. Bd. III, 287-289), mit einem Schreiben der Kirchweihsynode vor der Synode in Rom an. Zum Datum vgl. Brennecke, Hilarius von Poitiers, 25-29. Theodoret, Kirchengeschichte II,8,24f: 108,7-14 Parmentier/Scheidweiler, G C S 19, Berlin 1954 2 . Siehe unten 143 Anm. 133. Epiphanius, Pan. haer. 72,6-10: 260,5-264,33 Bd. III Holl/Dummer, G C S 37. Collectanea Antiariana Parisina, Series Β 11,9,1-3: 146,8-18; 147,10-16 Feder, C S E L 65,4. - Vgl. Brennecke, Hilarius von Poitiers, 57-61, insbesondere Anm. 191 und 198. Tetz, Markeil I, 270 Anm. 194.

14

Α. Einführung

ad Liberium" durch den im Osten isolierten Markeil anzusetzen;28 362: Synode von Alexandrien; Athanasius distanziert sich von dem πιττάκιον von Serdika (d. h. vom sog. westlichen Symbol); 29 371 (vor dem Herbst): den Bemühungen des Basilius von Caesarea,30 die Nizäner im Osten unter Ausschluß der Markellianer zu einigen, zuvorkommend schicken diese ihren Diakon Eugenius mit einem Glaubensbekenntnis über Mazedonien und Achaia (Korinth), wo sie Empfehlungsschreiben erhalten, nach Alexandrien. Dort bestätigt ihnen eine ägyptische Synode unter Athanasius die Kirchengemeinschaft; 31 Markeil selbst lebt in Ankyra; 32 374: Tod Markells; 33 375: Bekenntnis des Ankyraner Klerus an die Adresse von elf ägyptischen Bischöfen, die als Bekenner nach dem Tode des Athanasius durch Valens nach Diocaesarea in Palestina verbannt wurden; 34 376: Epiphanius schreibt Pan. haer. 72 über Markell; einige Zeit davor das berühmte Lächeln des Athanasius als sein Urteil über Markell. 35 379 (Herbst): Gregor von Nyssa tritt auf der antiochenischen Synode des Meletius in Gemeinschaft mit Markellianern. 36 28

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Tetz, Markell III, 188 Anm. 212, datiert zwischen Serdika und De incarnatione et contra Arianos. Tomus ad Antiochenos, Kap. 5: PG 26, 800 C 1-801 A 1. - Zu Athanasius' Stellung zum Serdicense siehe Tetz, Ante omnia de sancta fide et de integritate veritatis. Glaubensfragen auf der Synode von Serdika (342), ZNW 76 (1985) 251.268f, in welchem Aufsatz Tetz seine Ausführungen von 1975 (Uber nikäische Orthodoxie. Der sog. Tomus ad Antiochenos des Athanasius von Alexandrien, ZNW 66[1975] 203-205) modifiziert. Vgl. Ep. 69,2: 163 Tom. I Courtonne, CUFr Paris 1957; Ep. 125: 30-34, Tom. II Courtonne, CUFr Paris 1961; Ep. 265,3: 131-133 Tom. III Courtonne, CUFr, Paris 1966. Tetz, Markellianer und Athanasios von Alexandrien. Die markellianische Expositio fidei ad Athanasium des Diakons Eugenios von Ankyra, ZNW 64(1973) 75-121. Expositio fidei § 1: 78,4f Tetz, Markellianer, ZNW 64(1973); anders Zahn, Marcellus von Ancyra, 83. Epiphanius, Pan. haer. 72,1,1: 255,7-9 mit Apparat Bd. III Holl/Dummer, GCS 37. Epiphanius, Pan. haer. 72,11,1-12,5: 265,6-267,12 Holl/Dummer. - Vgl. Schwanz, Zur Geschichte des Athanasius V, Die Quellen über den melitianischen Streit, NGWG.PH 1905, 165 = ders., Gesammelte Schriften Bd. III, Berlin 1959, 87f. Epiphanius, Pan. haer. 72,4,4: 259,18-22 Bd. III Holl/Dummer. Gregor von Nyssa, Epistula V,lf: 31,12-32,3 = 92,15-93,7 Pasquali, Gregorii Nysseni Opera VIII/2, Leiden 1959 2 . - Vgl. Gerhard May, Gregor von Nyssa in der Kirchenpolitik seiner Zeit, JÖBG 15(1966) 107-113 und Reinhard Hübner, Gregor von Nyssa und Markell von Ankyra, 201-209.

Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung1 I. Die Anfänge: Richard Montagu, Denis Petau, Bernard de Montfaucon D i e m o d e r n e Markellforschung beginnt mit der Editio princeps der antimarkellischen Schriften des Euseb v o n Caesarea durch Richard M o n t a g u i m Jahre 1628. 2 Mit dieser Edition vergrößerte sich der bis dahin bekannte U m fang authentischer Markell-Quellen (Epistula ad Iulium; Frgg 113[96,85] u n d 114]97,86]) 3 u m ein Dreißigfaches. U n t e r den Handschriften, die M o n t a g u für seine Ausgabe heranzog, war j e d o c h n o c h nicht die beste. 4 Schwerer w o g , daß er manches als Worte Markells faßte, was seinen Gegnern angehört, u n d umgekehrt. M o n t a g u fügte auf den Seiten 5 - 2 4 des A n h a n g e s philologischhistorische Erklärungen u n d Emendationen 5 z u m Text an, die auch heute n o c h lehrreich z u lesen sind. 6 Zur T h e o l o g i e Markells äußerte er sich nicht zusammenfassend u n d hielt die Rechtmäßigkeit der Verurteilung Markells für unüberprüfbar. 7 Vorwärtsweisend auf die k o m m e n d e Forschung war die v o n D e n i s Petau w e n n auch nur beiläufig - gestellte Frage nach der H e r k u n f t der T h e o l o g i e Markells. Petau schreibt, daß die Lehre Markells übereinstimme mit A t h e n a 1

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Ältere Forschungsberichte: Zahn, Marcellus von Ancyra, 1-6. - Gericke, Marcell von Ancyra, 28-70. Tetz, Markeil I, 217-223. - Lienhard, Marcellus of Ancyra in Modern Research, TS 43(1982) 486-503. Eusebii Pamphili episcopi Cesareae Palestinae de demonstratione, libri decern, Quibus accessere nondum hactenus editi nec visi contra Marceilum Ancyrae Episcopum libri duo: De Ecclesiastica Theologia tres. omnia studio R.M. (Richard Montagu) Latine facta, Notis illustrata: et indicibus loco suo necessarys locupletata, Parisiis M D C X X V I I I [Exemplar der Leopold-Sophien-Bibliothek Uberlingen, Signatur BC 81] (Köln 1688 2 ). Bei Epiphanius, Pan. haer. 72,2f: 256,11-259,3 Bd. III Holl/Dummer, GCS 37; Pan. haer. 72,6-10: 260,10-14 und 260,19 - 261,6 (passim). Gericke (Marcell von Ancyra, 30) wiederholt trotz Klostermann (Gegen Marcell, GCS 14, XXIII) die Meinung Zahns (Marcellus von Ancyra, 5 Anm. 3), daß Montagu der Codex Venetus Marcianus graecus 496 vorlag. Wiederabgedruckt bei Gaisford, Eusebii Pamphili contra Hieroclem et Marceilum libri, Oxford 1852, 373-412 und Nolte, PG 24, 707-1046. Die Anmerkung Klostermanns (Gegen Marcell, GCS 14, XXIII Anm. 1) „Die Gelehrsamkeit M.'s versagt selten, wie in der N o t e zu p. 37 c 7 ,έγώ έκ τοϋ πατρός έξήλθον και ήκω, hoc ubi dictum sit a servatore, nescio etc'" erweist sich bei einem um Genauigkeit bemühten Blick ins Neue Testament als ungerechtfertigt. Pag. 1,2 = Gaisford, Eusebii Pamphili contra Hieroclem et Marcellum libri, 375 = Nolte, P G 24, 711 B.

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Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

goras, Tatian, Theophilus „qui Verbum ipsum esse putarent ένδιάθετον λόγον, quo Pater λογικός dicitur, & sapientiam, qua sapiens est, ut loqui solent, formaliter: atque istum λόγον & σοφίαν, prout Patri visum est, mitti, & extensione quadam velut foras erumpere, itaque distingui." 8 Bernard de Montfaucons Ergebnisse aus seiner „Diatriba de causa Marcelli Ancyrani" 9 wurden von den folgenden Forschern, insbesondere von Rettberg und Zahn, unterdrückt. 10 Dies rührt zum einen daher, daß Montfaucon eine von Rettberg und Zahn abweichende Theologie aus den Texten erhebt; zum anderen daher, daß seine Fragestellung nach der „Orthodoxie" des Markeil im Rahmen derjenigen Kriterien bleibt, die seit dem 4. Jahrhundert wirksam sind: nämlich die Synodalurteile und ein je und je wechselnder, mehr oder minder an der jungnizänischen Trinitätslehre und der chalkedonensischen Christologie orientierter Begriff von „Orthodoxie". Montfaucon läßt Markeil mit Hilarius von Poitiers 1 und den Magdeburger Centuriatoren 12 gerade im Gegensatz zu Epiphanius 13 bis zu den Synoden von Rom (341) und Serdika (342) rechtgläubig sein, höchstens habe er „in familiaribus colloquiis" Unorthodoxes gesagt. 1 Als diese Reden bekannt geworden und ihm außerdem die Ansichten seines Schülers Photin angelastet worden seien, sei der Verdacht des Athanasius und die Feindschaft des Basilius von Cäsarea gegen ihn entstanden; Athanasius habe aber nie die Gemeinschaft mit ihm aufgehoben, 15 was insbesondere die von Montfaucon entdeckte und erstmals edierte 16 „Legatio Eugenii Diaconi ad Athanasium" belege, mit der sich die Kirche von Ankyra der Gemeinschaft des Athanasius versichert habe. Hinsichtlich der Theologie Markells stellt Montfaucon fest, daß die Bedeutungen von υπόσχασις und ούσία noch nicht definiert waren. Wer von den Katholischen nur eine H y postase der Gottheit bekannte, meinte dies im Sinne von „substantia", so daß die Ein- und Zweihypostasentheologen unter ihnen „non re, sed nomine tantum" differierten. Der Benediktiner verweist dafür auf den Tomus ad Antiochenos des Athanasius. 17 Auch wenn Montfaucon völlig richtig sagt, daß Markeil zwischen Vater und Logos unterschied und die Speerspitze dagegen richtete, den Logos als einen anderen Gott aufzufassen, ist seine Behauptung 8

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Dionysii Patavii Aurelianensis opus de Theologicis Dogmatibus, auctius in hoc nova editione, Tom. II. In quo de Sanctissima Trinitate agitur., Antwerpen 1700, 57. in: Ders., Collectio Nova patrum et scriptorum Graecorum, Eusebii Caesareensis, Athanasii, & Cosmae Aegyptii., Tom. II, Paris 1706, LI-LXVII. Rettberg, Marcelliana, IVf. - Zahn, Marcellus von Ancyra, 3f. Collectanea Antiariana Parisina, Series Β II, 9,1: 146,1 If Feder, CSEL 65,4. Quartae Centuriae ecclesiastica historia, continens descriptionem amplissimarum rerum in regno Christi . . . : per aliquot studiosos & pios viros in urbe Magdeburgica, Basel 1560, 368. Nach Epiphanius (Pan. haer. 72,4,2f: 259,8-17 Bd. III Holl/Dummer, GCS 37) habe Markeil mit der Epistula ad Iulium vorherige Irrtümer korrigiert oder durch „Verbalkosmetik" (έκόσμησεν αύτοϋ τους λόγους) kaschiert, zwei Behauptungen, die seit ihrer Formulierung zum festen Repertoire der Markell-Beurteilung gehören. Diatriba LX-LXII. A.a.O. LXI-LXIII. Collectio Nova patrum et scriptorum Graecorum, Tom. II, 1706, 1-4. Diatriba LIV. LVII.LXV.

II. Die „klassische" Markellforschung: von Rettberg bis Loofs

17

doch problematisch, Markell habe Vater und Logos als „alium & alium" unterschieden.18 Denn Montfaucon will damit nicht bloß die Nichtidentifizierbarkeit von Vater und Logos aussagen, sondern eine solche Unterscheidung, die derjenigen damaliger „orthodoxer" Dreihypostasentheologie gleichkäme. Montfaucon interpretiert dabei Markells eigene Gotteslehre zu stark von derjenigen der Expositio fidei des Eugenius aus,19 eine Perspektive, die Martin Tetz später mutatis mutandis wieder aufnehmen wird. 20 Was die Christologie angeht, sieht Montfaucon allerdings klar, daß Markell auch den Präexistenten „Sohn" nennt und von einer vorinkarnatorischen Zeugung spricht.21 Hiermit bezieht er gegen die zukünftige communis opinio des 18. und 19. Jahrhunderts (mit Ausnahme von Möhler) Position.

II. Die „klassische"

Markellforschung:

von Rettberg

bis Loofs

a) Christian Heinrich Georg Rettberg Die 1794 erschienenen „Marcelliana"1 Rettbergs bilden eine Zäsur in der Erforschung Markells, da sie die Grundlagen für die Markellsicht des 19. und auch noch weitgehend des 20. Jahrhunderts legten. Die Ergebnisse des schmalen Bandes wurden vor Theodor Zahn kaum rezipiert, so daß Zahn reichlich daraus schöpfen konnte. Rettberg stellte alle ihm für die Erhebung der Theologie Markells bekannten und relevanten Markell-Texte zusammen und druckte sie mit Textemendationen und Kommentaren ab. Dabei verwendete er selbst keine Handschriften. An der Spitze stehen die nun erstmals aus den polemischen Schriften Eusebs und Acacius' - und zwar aus der Ausgabe Montagus von 1628 2 - herausgetrennten Markell-Fragmente, wobei er fast3 alle Irrtümer in der Textverteilung Montagus korrigierte. Im Anschluß an Frg 113(96,85), das zum größten Teil in den von Epiphanius wiedergegebenen Stücken der Antilogie des Acacius von Caesarea gegen Markell zitiert ist,4 fügte Rettberg das nur durch Acacius bewahrte Frg 114(97,86) an.5 Allerdings übersah er zwei Bruchstücke 18 19 20 21 12 1 1 3

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A.a.O. LVIIf. A.a.O. LXV. Markellianer, Z N W 64(1973) 75-121; siehe unten 129f. Diatriba LVIIIf. Siehe unten 28. Marcelliana. Accedit Eunomii Ε Κ Θ Ε Σ Ι Σ ΠΙΣΤΕΩΣ emendatior, Göttingen 1794. Siehe Marcelliana, Index (post p. XI). Frg 127(101,90) wurde erst von Klostermann richtig abgegrenzt. Gericke (Marceil von Ancyra,157) geht wieder dahinter zurück. Bei Frg 32(15,13) läßt Rettberg (Marcelliana,13) den Anfang (187,23 Klostermann) weg. Pan. haer. 72,6,lf: 260,10-14.18-24 Bd. III Holl/Dummer, GCS 37 und 72,8,2: 263,lf. Pan. haer. 72,6,5: 260,24-261,6 Bd. III Holl/Dummer und 72,9,1.8: 263,6-12; 264,8f.

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Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

bei Euseb, 6 bot andere nicht dar, obwohl er sich der Zugehörigkeit zum Buche Markells bewußt 7 war und kombinierte vermutungsweise bei Euseb separat zitierte Fragmente zu größeren Einheiten. 8 Im Anschluß an die Fragmente aus dem ersten Buche Markells, das er treffend für den „fundus quasi ac sedis totius caussae (sie)" ansah,9 druckte er die Epistula ad Iulium und die Legatio Eugeni ab, auch hier ohne eigene handschriftliche Grundlage. Das von Epiphanius 10 überlieferte Bekenntnis des Klerus von Ankyra an die elf nach Diocäsarea verbannten ägyptischen Bischöfe zählt Rettberg nicht mehr zu denjenigen Dokumenten, die für die Theologie Markells herangezogen werden dürfen: es ist für ihn ein Erzeugnis der „Tritheisten unter den Athanasianern". 11 Rettberg ordnete die Fragmente thematisch. Diese Anordnung ist freilich in den Fällen, in denen Euseb mehrere Markell-Fragmente hintereinander zu einer Thematik mitteilte, 12 identisch mit der Aneinanderreihung der Fragmente in der Abfolge Eusebs. Uberschaut man jedoch sowohl die Prinzipien dieser Anordnung als auch die Übernahme falscher Lesarten aus der Edition Montagus samt Rettbergs eigenen, an entscheidenen Stellen vorgenommenen Eingriffen in den Text, ergibt sich eine geschlossene Gesamtinterpretation, die aber aufgrund der von uns vorgenommenen Rekonstruktion der authentischen Fragmentenabfolge und des handschriftlichen Befundes in keiner Weise mehr haltbar ist. Folgende - thematisch gebundene Fragmentenreihen lassen sich bei Rettberg unterscheiden: Frgg 1-22 Rettberg betreffen die menschliche Natur des Heilandes, wobei Frg 1 diese im Blick auf den Namen Jesus behandelt, Frgg 2-8 dies bezüglich des „Locus Col. 1,15" tun und Frgg 9-22 hinsichtlich des „Locus Prov. 8,2225". Frg 22, in dem Markell Prov. 8,25 zitiert, bildet die Überleitung zu den 6 7

8

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Frgg 112(122) und 34(126). Frgg 23-25(Frgg 125,123,124 Klostermann): vgl. Marcelliana, lOf; Frg 108(127): vgl. Marcelliana, 87; Frg 62(Seite 99,32f Klostermann). - Vgl. Marcelliana, 41 zu Frg 50 Rettberg. Frgg 19-21 (Frgg 37-39 Klostermann) = Frg 32 Rettberg; Frgg 26f(9f) = Frg 9 Rettberg; Frg 30f(13f) = 12; Frgg 32f(15f) = 13; Frgg 41-44(23-26) = 20f; Frgg 47-50(6669) = 60; Frgg 53f (92f) = 82; Frgg 63f(56f) = 51; Frg 91f (77f) = 68; Frgg lOOf (112f) = 100. - Frg 43 Rettberg ist in Frg 81 Rettberg (= 52[91]) enthalten. In Frg 113(96,85) fügt Rettberg (Marcelliana, 80) an das darin enthaltene Asteriuszitat die in Frg 51(90,80): 204,28f Klostermann von Markell zitierten Worte des Asterius an. Marcelliana, VIII. Pan. haer. 72,11: 260,6-267,12 Bd. III Holl/Dummer, GCS 37. Marcelliana, V. - Unter „Athanasianern", die Rettberg scharf von Athanasius selbst abgrenzt, versteht er die Jungnizäner, wie aus 108 Anm. 5 hervorgeht. z.B. CM II,3,6f: 45,11-17 = Frgg 13-16(4-7); E T 111,2,33-3,7: 145,20-28 und 146,2533 = Frgg 30-33(13-16,12f).

II. Die „klassische" Markellforschung: von Rettberg bis Loofs

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Frgg 23-35, in denen Markell ausgehend von Ps 109,3 von der fleischlichen Zeugung des Sohnes handelt, welche Vorstellung er nach Rettberg nur im übertragenen Sinne auf den Präexistenten anwende. Frgg 36-58 entfalten die Lehre Markells vom Logos, dessen Name der eigenen göttlichen Natur des Erlösers zukomme und seiner Ewigkeit entspreche. Ferner wird die Einheit von Vater(Gott) und Logos thematisiert. Frgg 59-79 enthalten die Trinitätslehre in ihrem Verhältnis zur Einheit Gottes. Frgg 80-91 fassen die Auslegung des Titels „Bild des unsichtbaren Gottes", Polemik Markells und seine Behauptung, Euseb von Caesarea lasse den Retter einen bloßen Menschen sein, zusammen. Frgg 92-108 beziehen diejenigen Bibelstellen, die von einer Verleihung von Herrlichkeit, Vollmacht und Königsherrschaft an den Sohn handeln, auf den angenommenen Menschen.

Schon die Belassung von Frg 1(65,59) an O r t und Stelle hätte die Perspektive im Blick auf den Sohnesbegriff umgekehrt. Rettberg stellt es thematisch zu den „Trinitäts"-Fragmenten und interpretiert die aus Frg 1(65,59) stammende Wendung αληθώς υιός θεοϋ von den von ihm nach vorne gezogenen, allerdings zusätzlich durch inkorrekten Text noch inkorrekt ausgelegten, Fragmenten her. Wenn er demnach sein Frg 59 so versteht, daß Markell mit „jenem Menschen, den der Logos anzog" 13 den „wahrhaftigen Sohn Gottes" meinte, dann steht dies nicht in Frg 1(65,59),14 sondern muß von Rettberg gegen dieses aufgrund früherer „Resultate" behauptet werden. Von diesen gewinnt er das erste durch einen fehlerhaften Text, den er selbst verantworten muß, da Montagu das Richtige liest. In Frg 10(3,3) übersieht (streicht?) er nämlich im Asteriuszitat das entscheidende Wort λόγον, womit der Textsinn vollkommen verkehrt wird. Markell zitiert dort den Asterius folgendermaßen: „άλλος μεν γάρ έστιν ό πατήρ, ό γεννήσας εξ αύτοϋ τον μονογενή λόγον και πρωτότοκον πάσης κτίσεως . . . " 1 5 Indem Rettberg trotz eines zweiten korrekten Vorkommens dieses Asteriusfragmentes innerhalb der Markell-Fragmente 16 λόγον nicht liest, gewinnt er die ihm sonst verwehrte Möglichkeit, Markell diese Asteriusworte so verstehen zu lassen, daß Markell selbst beide Attribute, πρωτότοκος wie auch μονογενής auf die menschliche Natur Christi bezöge. Damit ist zugleich mitgesetzt, daß γεννάω hier - in der Auffassung Markells die Zeugung des vom Logos angezogenen Menschen meint. Diese, bestenfalls auf einen Lesesfehler zurückgehende Interpretation wird dann schließlich auch für die Worte μονογενής υίός λόγος 17 der Epi13 14 15 16 17

Marcelliana, 52. Siehe unten 257f. 186,5f Klostermann Frg 113(96,85): 205,27f. - Vgl. Marcelliana, 80 Anm. 1. 215,4f Klostermann

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Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

stula ad Iulium zum Deutekriterium. Im Anschluß an diese Deutung wiederholt Rettberg, daß er μονογενή υίόν θεοϋ deswegen von Markeil ausgesagt glaube, „weil jener Mensch, den der Heiland anzog, auf ganz einzigartige und individuelle Weise von Gott hervorgebracht worden sei." Die derart in der Umstellung von Frg 1(65,59) und am falschen Text von Frg 10(3,3) grundgelegte Mißinterpretation wird durch eine Konjektur an Frg 38(20,17), die λόγον in λόγου verändert, festgeschrieben. Heißt es nach der Handschrift, daß „das, was dem Fleisch gemäß ist", „wegen der Gemeinschaft (seil, des Fleisches) mit seinem wahrhaftigen Sohn, dem Logos", „zu den letzten Zeiten als neues Mysterium erschien", so verschiebt Rettberg den Sinn durch die Konjektur dahingehend, daß sich dies „wegen der Gemeinschaft zu dem wahrhaftigen Sohn seines Logos" ereignete.19 Bei den folgenden Frgg 23-35 Rettberg, die von der Zeugung handeln, schreitet Rettberg auf der bisher gezogenen Linie der Interpretation fort. Auch in Frg 57(28,23) ändert er den Text gegenüber Montagu und schließt bei zwar korrektem Bezug von Ps 109,3 auf die Inkarnation jedoch fälschlicherweise, daß Markell in diesem Fragment nicht positiv über eine „ursprüngliche obere Zeugung" rede.20 In Frg 60(29,24) liest er bei Montagu die Lesart κατά σάρκα γεννήσεως, die nicht dem handschriftlichen Befund entspricht. 21 Auch bei Frg 71(33,28) ist er auf den falschen Text Montagus (ebenfalls γεννήσεως statt γενέσεως angewiesen).22 Insgesamt kommt er zu dem Schluß, daß Markell eine „ewige" oder „vorweltliche Zeugung" des Logos leugne23 und eine Beziehung der Worte υίός und γενναν auf den Präexistenten nur als Metapher im übertragenen Sinn zulasse.24 Dies muß Rettberg trotz der Fülle von inkorrekten Texten, die seine eigentliche Deutung stützen, aufgrund des dieser widerstrebenden Fragmentes 66(36,31) einräumen. Wenn Markell in diesem Text eine präzis definierte Zeugung des Logos vor den Äonen nicht ausschließt, dann begründet Rettberg diesen Widerspruch Markells zu seinen angeblichen sonstigen Aussagen entweder mit der Hitze des Gefechtes oder mit dem Verzicht Markells auf die Entscheidung solcher Feinheiten oder aber schließlich mit dem seit Euseb von Caesarea und Epipha18 19

20 21 22

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Marcelliana, 104f. 188,19f Klostermann. Vgl. dazu unten 267f.363. und Rettberg, Marcelliana, 15 Anm. 1. Marcelliana, 17f. A.a.O. 18; vgl. 189,24 Klostermann. Marcelliana, 20f; vgl.190,12 Klostermann. Ähnliches war schon bei Frg 36(18,15) der Fall, bei dem Rettberg mit Montagu dreimal γεγεννήσθαι statt γεγενήσθαι liest (Marcelliana, 14; vgl. 188,5-10 Klostermann). Marcelliana, 14.18.23. A.a.O. 19f.23f.

II. Die „klassische" Markellforschung: von Rettberg bis Loofs

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nius von Salamis gebräuchlichen Auskunftsmittel: daß er einen Verdacht von sich wälzen wollte, d. h. hier den Verdacht, nicht mit dem Nizänum übereinzustimmen. 25 Für die sich anschließende Reihe der Logos-Fragmente 36-58 Rettberg genügt jetzt im Blick auf den Logosnamen die Bemerkung, daß Rettberg in Frg 7(42,36) gegen das zweimalige handschriftliche Vorkommen statt Ίησοϋ: Υίοϋ konjiziert. 26 Während der Name „Jesus" zweifellos nach Markell nur dem Menschgewordenen zukommt, verstärkt die Textabänderung Rettbergs nochmals, daß dies ebenfalls für den Sohnestitel gelte. Rettberg konstruiert auf dem Wege einer suggestiven Anordnung der Markell-Fragmente, aufgrund der Übernahme inkorrekter Lesarten Montagus und durch eine Fülle von Konjekturen folgende Christologie Markells: „Logos" ist der Eigenname der göttlichen Natur des Heilandes;27 nicht nur der Menschensohntitel, sondern auch die Namen „Einziggeborener" und „Gottessohn" kommen ausschließlich dem auf einzigartige Weise von Gott hervorgebrachten Menschen zu, den der Logos anzog. Daher kann von „Zeugung des Sohnes" im eigentlichen Sinn nur inkarnatorisch die Rede sein. Die Beziehung der Vokabeln γεννάν und υιός auf den Retter in seiner göttlichen Natur (bzw. auf den Präexistenten) ist eine sprachliche Übertragung. 28 Diese, in zahlreichen Variationen, aber im Wesentlichen mit wenigen Ausnahmen bis heute weiterwirkenden Ergebnisse Rettbergs, müssen insgesamt aufgegeben werden. Anders steht es sowohl mit einigen Beobachtungen zum Logosbegriff im Rahmen der Gotteslehre, als auch zum Verhältnis von Inkarnationslehre und Ekklesiologie, sowie zur theologiegeschichtlichen Einordnung Markells. Denn schon Rettberg sieht, daß der ένεργεία von Gott getrennt handelnde Logos ihm gleichzeitig δυνάμει geeint bleibt.29 Als Hauptbestimmung verwendet er für den Logos die Bezeichnungen „Kraft" und „Fähigkeit" Gottes, wobei er den Unterschied Markells zu Sabellius (bzw. von denjenigen Konzeptionen, die er sabellianisch nennt) darin sieht, daß Markell dem Logos eine υπαρξις zuschreibe, und ihn nicht als bloßen Namen, als „Rolle oder Maske" oder als bloße Beziehung auffasse.30 Auch Rettberg deutet an, daß Markell mit „Logos" doch noch mehr gemeint haben muß, als eine Kraft Gottes. Er fragt, ob Markell nicht alle Bestimmungen, die „in 25 26 27 28 29 30

A.a.O. 23f. A.a.O. 31; vgl. 192,10 Klostermann und unten 261.266f. Marcelliana, 31. A.a.O. 36; vgl. 19f.23f. A.a.O. 39.96. A.a.O. 55; vgl. 39. Auch S. 34f grenzt Rettberg Markells Lehre von „Sabellius" ab; ebenso vom Ebionitismus und Samosatenismus.

22

Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

hoc quidem negotio" zur Bezeichnung „Hypostase" notwendig sind, beigebracht hätte. 31 Außerdem spricht er von einer „Trinität" bei Markeil. 32 Letztlich überwiegt aber diejenige Interpretation, nach der Markeil sich die Einheit Gottes als eine „Summa Mens" vorstelle, 33 in der jedoch eine „interna relatio" zwischen Vater, Sohn und Geist bestehe. In der Beschreibung dieses innergöttlichen Verältnisses käme - abgesehen von kleineren Unterschieden - Markells Meinung entweder so nahe wie nur möglich besonders an Irenäus, Dionys von Rom und Athanasius heran, daß Rettberg die mittlere Grenze der ineinanderfließenden und divergierenden Farben nicht präziser als in einem Regenbogen definieren wolle, oder sei jene schlicht dieselbe wie diejenige der genannten Theologen. 34 Ohne das Hauptgewicht darauf zu legen, gelingen Rettberg eine Vielzahl von treffenden Beobachtungen zur theologiegeschichtlichen Stellung Markells, von denen einige durch die Forschung der Gegenwart - allerdings bei neuer Sicht der historischen Zusammenhänge bestätigt wurden. Im Blick auf Irenäus gilt dies sowohl für die Logos- 3 5 als auch für die Inkarnationslehre. 36 Bezüglich des Athanasius schärft er allerorten theologische Differenzen zu den „Athanasianern" (= Jungnizänern) ein und nimmt damit die Zahn-Harnack'sche These vorweg. 37 Bei den Frgg 85(63,57) und 47-50(66-69,60) stellt er die Nähe zur Polemik der „beiden Dionyse" fest, deren Abhängigkeit vom Streit zwischen Euseb und Markell von Luise Abramowski jüngst erwiesen wurde. 38 Die Möglichkeit, Markell sei Patripassianer gewesen, weist er mit dem Hinweis ab, daß Markell hierin mit Athanasius nach der Epistula ad Liberium übereinstimme, eine Schrift, die heute ja Markell selbst zugewiesen wird. 39 Trotz seiner falschen Interpretation des Sohnestitels ist er der Ansicht, daß das westliche Bekenntnis von Serdika „ab ipso Marcello in calamum dictata videri possit". 4 0 Als erster erkennt Rettberg, daß in der Vierten Arianerrede nicht gegen „Sabellius", sondern gegen Markell polemisiert wird - eine Erkenntnis, die selbst Schleiermacher entging - und stellt daher die Verfasserschaft

1 2

3 4 5 6 7 8 9 0

A.a.O. 56. A.a.O. 48. Die Identifizierung von Logos und Geist, die Rettberg (a.a.O. 96) ausspricht, ist freilich unhaltbar. A.a.O. 56. A.a.O. VHIf. A.a.O. 44-46. A.a.O. 30. A.a.O., besonders IXf. A.a.O. 48 und 56; siehe unten 176f; 184 mit Anm. 38. A.a.O. 64; siehe unten 67-70. A.a.O. 105.

II. Die „klassische" Markellforschung: von Rettberg bis Loofs

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des Athanasius in Abrede. 41 Im Blick auf Markells Ansicht von der Ausdehnung der Gottheit weist er schon auf die Gegner Justins hin, die dieser in seinem Dialog mit Tryphon Kap. 128 bekämpft. 42 Schließlich war es Rettberg, der erste Beobachtungen hinsichtlich der in der vorliegenden Arbeit vertretenen These anstellte, wenn auch mit Verwunderung und Verlegenheit: nämlich, daß Markeil den Aon von Prov 8,23 „de temporibus Messiae sive ecclesia Christiana intellexisse" und der Ansicht sei, „Col. 1,13-23 de initiis et constitutione ecclesiae Christianae esse interpretanda". 43 Ferner bemerkte Rettberg, daß Markell mit άνθρωπος und σάρξ sowohl die menschliche Natur des Retters, als auch die Glaubenden, als auch das ganze Menschengeschlecht bezeichnen könne, wenn Markell auch diese drei Bedeutungen unterscheide. 44 Schließlich ist noch ein Blick auf sein Verständnis der Epistula ad Iulium und der Legatio Eugenii zu werfen. An beiden Texten sei abzulesen, wie Markell gleichsam stufenweise zu solchen Worten herabgestiegen sei, die er auch für die ein wenig flexibleren Athanasianer einleutend machen konnte. 45 Dennoch habe Markell in der Epistula ad Iulium an seiner Gottes- und Logoslehre gegenüber den Fragmenten nichts geändert. Vielmehr sei an der Epistula ad Iulium abzulesen, daß Markell auch in den Fragmenten gegen die Zwei-Logoi-Lehre (bzw. Zwei-Kräfte-Lehre) des Asterius gekämpft habe, wozu Rettberg Frg I Bardy 4 6 des Asterius teilweise zitiert. Die Erkenntnis, daß Markell aufgrund dieser Konstellation „am Logosnamen wie an einem Felsen festhielt", wird aber nicht weiter ausgewertet. Daß Markell sich nicht auf das Nizänum, sondern das Symbolum Apostolorum (purius aliquanto, quam nunc est) beruft, versucht Rettberg mit Markells Abscheu vor Menschenmeinung, die er im unterschiedlich deutbaren Nizänum vermuten konnte, und seiner Vorliebe für die „traditio fidei" zu begründen. 47 Die Legatio Eugenii stamme aufgrund ihres Stiles nicht von Markell, außerdem verhülle sie die wahre Ansicht Markells

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47

A.a.O. VIII und 30. A.a.O. 57. Vgl. Abramowski, Dionys von Rom (+268), 240 Anm. 2 und dies., Der Logos in der altchristlichen Theologie, in: Spätantike und Christentum. Beiträge zur Religions- und Geistesgeschichte der griechisch-römischen Kultur und Zivilisation der Kaiserzeit, hrsgg. von Carsten Colpe, Ludger Honnefelder und Matthias LutzBachmann, Berlin 1992, 196-198. Marcelliana, 10.86. A.a.O. 10.86.97f. A.a.O. V. Asterius le Sophiste, RHE 22(1926) 242 = ders., Recherches sur Saint Lucien d'Antioche et son ecole, ΕΤΗ, Paris 1936, 341 f. Marcelliana, 102-104.

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Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

und erlaube Athanasius und den „Athanasianern" deren eigene Theologie aus ihr zu entnehmen. 48 Rettbergs textliche, interpretatorische und theologiegeschichtliche Bemühungen um Markell bewegen sich auf hohem Niveau. Wie vor ihm schon Montfaucon will auch er sich von derjenigen Sicht auf Markell lösen, die durch die altkirchliche Polemik geprägt wurde. Im Blick auf Markells Logos-, Sohnes- und Zeugungslehre gelingt ihm das jedoch nicht. b) Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher Ohne Kenntnis der Monographie Rettbergs bezog sich Schleiermacher in seiner Arbeit „Ueber den Gegensatz zwischen der Sabellianischen und der Athanasianischen Vorstellung von der Trinität" 49 unwissend und indirekt auf Markell, indem er - neben Praxeas, Noet, Beryll von Bostra und anderen Nachrichten über „Sabellius" - die unter dem Namen des Athanasius gegen „Sabellius" gerichtete Polemik der Vierten Arianerrede für seine Darstellung der „Sabellianischen Trinitätslehre" auswertete.50 In Wahrheit polemisiert in dieser Schrift ein unbekannter Markell-Gegner 51 gegen den Bischof von Ankyra. Es ist jetzt nicht unsere Aufgabe, Schleiermachers Sicht des „Sabellianismus" bzw. seine eigene Trinitätslehre insgesamt nachzuzeichnen. Hinzuweisen ist jedoch auf zwei Tatbestände: zum einen auf Interpretationen solcher Begriffe und Texte aus der Oratio IV contra Arianos, die die Theologie Markells tatsächlich richtig wiedergeben und zum anderen auf diejenigen Sabellius-Auslegungen Schleiermachers, die sich zwar nicht bei Markell selbst finden, aber wegen ihres repräsentativen Charakters für die Theologie des 19. Jahrhunderts die schon von Rettberg eröffnete Linie der Markellinterpretation fortsetzen und verstärken. Schleiermacher erkannte, daß Markell („Sabellius") dem Vorwurf der Teilung Gottes mit der Theorie von der Erweiterung der Gottheit (πλατύνεσθαι) begegnete.52 Er erläuterte das durch dieses Verb vermittelte Verhältnis der μονάς zur χριάς am Bild von Punkt und Oberfläche: „Dieses Verhältnis wird ausgedrükt auch durch das πλατύνεσθαι. Denn 48 49

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A.a.O. 111. Theologische Zeitschrift 3(Berlin 1822) 295-408. Ich zitiere nach der Edition von Martin Tetz, in: Friedrich Schleiermacher und die Trinitätslehre, TKTG Heft 11(1969) 37-94. Darauf machte Tetz (Markell I, 218) als erster aufmerksam. Von Stegmann (Die pseudoathanasianische „IVte Rede gegen die Arianer" als ,κατα Άρειανών λόγος' ein Apollinarisgut, Tübingen 1917) mit Apolinarius von Laodizäa identifiziert. Uber den Gegensatz, 73.

II. Die „klassische" Markellforschung: von Rettberg bis Loofs

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für die Gottheit als simplex natura giebt es kein anderes räumliches Bild als den Punkt. Soll aber dieser kund werden, so kann das nur geschehen indem Inhalt oder Oberfläche entsteht, . . . " 5 3 Nach der neupythagoreischen Mathematik entspricht die μονάς dem Punkt und das „Wachstum" είς πλάτος der τριάς und der Oberfläche. Und in der Tat steht diese Begrifflichkeit, wie unten 5 4 gezeigt werden wird, hinter den Ausführungen Markells. Im Blick auf die in der Oratio IV contra Arianos, Kap. 12 ausgesprochene „Rückkehr" des Logos in den Vater (δι'ημάς γεγέννηται και μεθ' ημάς ανατρέχει, ίνα ή ώσπερ ήν)55 kommt Schleiermacher zu einem Ergebnis, das ziemlich genau für Markeil zutrifft: „denn eigentlich konnte er (seil. „Sabellius") das Aufgenommenwerden Christi in den Himmel nur als eine Veränderung für das menschliche in Christo ansehen, nicht aber als ob das Verhältniß des göttlichen in ihm zur der Gottheit an sich dadurch verändert würde." 5 6 Auch bei denjenigen Stücken, bei denen Schleiermacher eher seine eigene Theologie in Markeil hineinliest, zeigt sich dennoch eine Geistesverwandtschaft mit Markeil. Anders als Markeil gebraucht der Herrenhuter höherer Ordnung jedoch nicht nur den „Ausdruck Jesus Christus" für den menschgewordenen Logos (bzw. in der Sprache Schleiermachers: „das Subjekt der Vereinigung beider Naturen"), sonnur von dem Subjekt dieser dern „auch den Ausdruck Sohn Gottes... Vereinigung und nicht von dem Göttlichen darin vor derselben." 57 Für „Sabellius" kann er das mit Kap. 22 belegen ( . . . τον λόγον έν αρχή μεν είναι, λόγον απλώς· δτε δέ ένηνθρώησεν, τότε ώνόμασθαι υίόν· προ γαρ της επιφανείας μη είναι υίόν άλλα λόγον μόνον-),58 wozu er allerdings einschränkend bemerkt, „daß in des Sabellius eigener Theorie der Ausdruck sehr zurücktrat, und daß jene Äußerungen nur im Streit mit der andern Parthei vorkommen." 5 9 Wenn es auch für Markeil nicht zutrifft, was Schleiermacher hier dem Sabellius zudenkt, dann bleibt dennoch die theologische Motivation bei Markeil und Schleiermacher dieselbe. Nach Schleiermacher drückt nämlich der Titel „Sohn Gottes" eine „damit unvermeidlich verbundene Abhängigkeit" vom Vater aus, 53 54 55 56 57

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A.a.O. 85. 464-469. 55,22f Stegmann, 1917. Uber den Gegensatz, 76. Der christliche Glaube nach den Grundsätzen der evangelischen Kirche im Zusammenhange dargestellt §§ 117-119, ed. Hans-Joachim Birkner, Kritische Gesamtausgabe I. 7,2, 1821/22 (Berlin/New York 1980 2 ) 31-64. - Der christliche Glaube nach den Grundsätzen der evangelischen Kirche im Zusammenhange dargestellt § 96, ed. Martin Redeker, Bd. 2, 1830 (Berlin I960 7 ) 51. 69,14-16 Stegmann. Uber den Gegensatz, 73 mit Anm. 96. Vgl. jedoch: Der christliche Glaube § 190, 1821/22 (1980 2 ), Bd. 2, 371 und Über den Gegensatz, 43.52.59.64.66f.71 und 79.

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die aber das rein innere Verhältnis in dem göttlichen Wesen nicht tangieren darf, „sondern nur das Verhältniß desselben zu seiner Vereinigung mit der menschlichen Natur." 60 Markell kann wohl den Logos als den „wahrhaftigen Sohn" bezeichnen, bezieht aber sachlich gleichermaßen alle Schriftstellen und Verhältnisse, die eine Abhängigkeit des Sohnes vom Vater beinhalten, auf den Menschgewordenen oder gar nur den angenommenen Menschen. Die Vermeidung einer Abhängigkeit im inneren Verhältnis des göttlichen Wesens nimmt Schleiermacher im Anschluß an „Sabellius" so vor, daß er die immanente Trinität in dem Sinne überhaupt überwinden will, nach dem „vor der Erlösung und der Stiftung der Kirche" in dem höchsten Wesen eine Mehrheit gesetzt wäre:61 „so daß man sagen kann der Gegensaz zwischen dem verborgenen Gott und dem offenbaren sei in Verbindung mit einer Trinitätsvorstellung nicht vollständiger und schärfer durchzuführen als mit der des Sabellius, nach welcher nämlich beides so zusammen fällt, daß die ganze Dreiheit der offenbare Gott ist, das göttliche Wesen aber an und für sich in seiner Einheit ist der verborgene Gott." 62 Für Markell dagegen wird sich ergeben, daß auch die innere Einheit eine in Vater, Sohn (Logos) und Geist differenzierte ist. Wenn Markell von der Erweiterung der μονάς zur τριάς spricht, dann entstehen hierdurch nicht erst Vater, Sohn und Geist; vielmehr soll diese Rede ein solches Auseinandertreten von Vater, Sohn und Geist erklären, das wie eine Zertrennung erscheinen könnte. 63 Schleiermacher schreibt ferner: „ . . . Sabellius behauptet, die Dreiheit sei nur etwas in Bezug auf verschiedene Wirkungsarten und Wirkungskreise der Gottheit, indem sie als weltregierend in ihrer allgemeinen Wirkung auf alles endliche Sein Vater sei, als erlösend aber in ihrer besonderen Wirkung in der Person Christi und durch sie sei sie Sohn, als heiligend aber in ihrer gleichfalls besonderen Wirkung in der Gesamtheit der Gläubigen und als Einheit derselben sei sie Geist." 64 Schleiermacher legt demnach die Besonderung der „Eine(n) selbige(n) Gottheit" in Vater, Sohn und Geist ganz in die jeweilige Vereinigung: wenn sie „sich mit der Welt einigt, wird sie Vater, das erste πρόσωπον, . . . "; indem sie sich mit der Person des Erlösers einiget und sich durch denselben kund giebt, wird und ist sie das zweite πρόσωπον, . . . " „Eben so, indem die Eine und selbige Gottheit sich mit der Kirche einiget, 60

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Uber den Gegensatz, 23 und 79; an letzterer Stelle räumt Schleiermacher (wie Rettberg ) ein, daß „wenn nun im Allgemeinen feststand, daß Sohn Gottes eigentlich der Gottmensch sei: so konnte uneigentlich und der Accomodation wegen Sabellius auch von der Gottheit in dem Erlöser den Ausdruck Sohn gebrauchen . . . " Der christliche Glaube §§ 188 und 190, 1821/22 (1980 2 ), Bd. 2, 363 und 370f. Über den Gegensatz, 82; vgl. 88. Siehe unten 332f.366f.464.468f.506. Über den Gegensatz, 88.

II. Die „klassische" Markellforschung: von Rettberg bis Loofs

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wird sie das dritte πρόσωπον, der Geist,... " 6 5 Markeil und Schleiermachers Sabellius stimmen sowohl in der Herausstellung der Selbigkeit der Gottheit von Vater, Sohn und Geist überein, als auch im Bezug der τριάς auf die „verschiedenen Wirkungsarten und Wirkungskreise der Gottheit." Die Vorstellung Schleiermachers jedoch, nach der Vater, Sohn und Geist in ihren jeweiligen Beziehungen zur Schöpfung als verschiedene πρόσωπα entstehen, unterscheidet sich grundlegend von Markeil: Weder entstehen Vater, Sohn und Geist bei Markell erst aus den jeweiligen Vereinigungen, noch besitzt die Trias τρία πρόσωπα. Von daher stellt sich auch das Problem der Beziehung von μονάς und πατήρ bei Markell anders dar als bei Schleiermacher. Während es nach der Konzeption Schleiermachers gefordert ist, daß auch der Vater aus der μόνας hervorgeht,66 nimmt nach Markell das die Schöpfung, Erlösung und Heiligung begleitende Auseinandertreten der Monas seinen Anfang beim Vater (bzw. im Blick auf den Geist zugleich beim Vater und Sohn), ohne daß dadurch ein Abhängigkeitsverhältnis des Geistes vom Sohne und beider vom Vater indiziert wäre. Dies ist deswegen nicht der Fall, weil Markell die zeitlich hintereinanderabfolgenden Heilswerke im vorgängigen Heilsratschluß des einen, Vater, Sohn (und Geist) umfassenden Gottes, begründet. Obwohl Schleiermacher „die eine selbige Gottheit" keineswegs im Sinne der Gattung als ein „Viertes" den τρία πρόσωπα vorordnen will,67 vielmehr diese in Vater, Sohn und Geist als dieselbe anwesend denkt, ruht das Schwergewicht seines Interesses auf der eher „vertikalen" Unterscheidung und dem Verhältnis von Gottes Sein „an und für sich" und „dem Sein desselben in Beziehung auf die Welt überhaupt", auf die Person Jesu Christi und auf die christliche Kirche.68 Markell dagegen geht von Vater, Sohn und Geist als Voraussetzung aus, wobei er unter ihnen die μονάς oder den είς καν μόνος θεός versteht, und handelt mehr „horizontal" von ihren heilsgeschichtlichen Relationen. Trotz der dargestellten Differenzen zwischen Schleiermachers „Sabellius" und Markell, zeigt dieser kurze Vergleich eine Grundverwandtschaft im streng monotheistischen Denken. Im Rückblick auf Rettberg und im Vorblick auf Zahn und dessen Lehrer von Hofmann69 wird ferner die gegenseitige Nähe in der Fassung des Titels „Sohn Gottes" deutlich.

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A.a.O. 80f.

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A.a.O. 72; vgl. 71. Der christliche Glaube § 189, 1821/22, (1980 2 ) Bd. 2, 364f; § 171, 1830 (I960 7 ), Bd. 2, 583f. Der christliche Glaube § 188, 1821/22, (1980 2 ) Bd. 2, 361; § 172, 1830 (I960 7 ), Bd. 2, 589. 35-42.

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Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

c) Johann Adam Möhler Möhler 70 maß die Theologie Markells an denjenigen trinitarischen Kriterien, die er in der Sprache des frühen 19. Jahrhunderts als die katholischen benannte. Im Vordergrund stand dabei natürlich der Maßstab „Athanasius", bzw. das aus bestimmten Athanasiana und Pseudathanasiana eruierte Athanasius-Bild Möhlers. Möhler hat einige Ergebnisse mit Montfaucon gemeinsam. Seine Beurteilung Markells lautet: „Man würde sich vielleicht nicht allzu weit von der Wahrheit entfernen, wenn man sagte, Eusebius verhalte sich zum Arianismus, wie Marcellus zum Sabellianismus; beide waren dem Katholicismus nahe, nur war jener etwas hinter demselben zurueckgeblieben, dieser etwas ueberhin hinausgegegangen." 71 Möhler erkennt an den Frgg 113(96,85) und 123(32,27), daß Markeil von einer „ewigen Zeugung" (korrekter: vorinkarnatorischen Zeugung des ewigen Logos) spricht. 2 Diese Tatsache nimmt Möhler jedoch unhaltbar für „das unzweideutigste Zeugniß von der Persoenlichkeit des Logos". 73 Obwohl Möhler an der Exklusivität des Logosnamens für den Präexistenten bei Markeil festhält, bedeutet das für ihn allerdings nur, daß Markeil „einen neuen Sprachgebrauch einfuehrte", 74 ansonsten aber, „daß er unter dem Logos ganz dasselbe verstand, was die uebrigen katholischen Kirchenlehrer Sohn nannten." 75 Möhler lehnt zwar eine Trinitätsinterpretation für Markell ab, die er aufgrund falsch abgegrenztem und unverbessertem Text dem Euseb zuschreibt (was sachlich auch von Schleiermacher für „Sabellius" ausgeschlossen wurde), nämlich, „daß ueber Vater, Sohn und Geist, ein die Einheit dieser Dreiheit vermittelndes Wesen (d. h. die Monas) stehe, daß der Vater, Sohn und Geist einander in Bezug auf ihren Ursprung coordinirt waeren, . . . " 76 Hinsichtlich des auf den Logos angewendeten Begriffes der „Persoenlichkeit", trifft jedoch Möhlers eigene abschliessende Formulierung das von Markell Gemeinte nicht: „Marcellus selbst nun drueckt sich also aus: es sei eine dreipersoenliche, (dreifaltige) Hypostasis; . . . " 77 d) Carl Rudolf Wilhelm Klose Klose zog zu seiner monographischen Darstellung der „Geschichte und Lehre des Marcellus und Photinus" aus dem Jahre 1837 ebensowenig wie Möhler die Arbeit Rettbergs heran.78 Abgesehen von Möhler zitiert er keine Sekundärliteratur zu Markell. 79 Als Quellen läßt er nur die Fragmente gelten. 70

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Athanasius der Große und die Kirche seiner Zeit, besonders im Kampfe mit dem Arianismus, 2 Bde., Mainz 1827 (1844 2 ). Ich zitiere nach der 1. Auflage. Athanasius der Große, Bd. 2, 37. A.a.O. 28f. A.a.O. 29; vgl. 27. A.a.O. 27. A.a.O. 33. A.a.O. 31 und 30 Anm. 38. - Vgl. ET 111,4,1: 157,29-33 und unten S 327-333 zu Frg 47(66,60). Athanasius der Große, Bd. 2, 32. Geschichte und Lehre des Marcellus und Photinus, Hamburg 1837, 1. Geschichte und Lehre, 29 Anm. 9 und 31 Anm. 6.

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Die Epistula ad Iulium sowie die Darlegung von Markells Lehre in Serdika sei eine „Accomodation" an die Okzidentalen gewesen.80 Die Legatio Eugenii sei unecht. „Aber gesetzt auch, das Schreiben sey acht, so dient es doch zur Aufhellung der Geschichte des Marcellus eben so wenig, als zur Erkenntniß seiner Lehre". 81 Gegen Möhler erkennt er keine Lehre von der Zeugung des Logos bei Markell. Ohne tieferes Durchdenken stellt er die Meinung, Markell habe „das Dogma von den Personen der Gottheit" 83 vernachlässigt, neben folgende Aussage: „Marcellus bezeichnete wahrscheinlich die drei Personen gar nicht mit einem allgemeinen Namen, wie Person oder Hypostase; mir scheint das seine eigenthümliche Redeweise gewesen zu seyn, wenn er dem Eusebius zufolge sagt, die drei seyen: der Vater, der Sohn und der Heilige Geist, so daß drei einander durchaus coordinirte Personen oder Hypostasen die Monas ausmachen" 84 Klose glaubt hier, gegen Möhler zu polemisieren, obwohl dieser ja gerade die „Persönlichkeit" des Logos hervorhebt. Zugleich hat Klose nicht verstanden, in welchem Sinne Möhler die „Coordinirung" von Vater, Sohn und Geist ablehnt.85 Klose übernimmt die Interpretation Eusebs, daß der Logos nach Markell zuweilen ruhe, zuweilen durch seine Tätigkeit hervortrete.86 Richtig sieht er, daß Markell „an keine persönliche Vereinigung des Logos mit dem Fleische" 87 denkt, schließt jedoch daraus falsch, daß die Inkarnation für Markell nichts weiter als eine Einwirkung oder ein Einfluß der Gottheit auf das Fleisch sei.88 e) Ferdinand Christian Baur Baur 89 ist bei seiner Markell-Darstellung sowohl in der Stoffauswahl als auch -anordnung von Klose 90 abhängig, in der Deutung freilich nur von seinem Interesse am „speculative(n) Moment der Lehre des Marcellus . . . Denn 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89

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A.a.O. 11.15.19. A.a.O. 20. A.a.O. 31f. A.a.O. 26. A.a.O. 29f; vgl. 33 mit Anm. 20 Siehe oben 28. Geschichte und Lehre, 35. A.a.O. 38.42. A.a.O. 38. Die christliche Lehre von der Dreieinigkeit und Menschwerdung Gottes in ihrer geschichtlichen Entwicklung, Erster Theil: D a s D o g m a der alten Kirche bis zur Synode von Chalcedon, Tübingen 1841; vgl. ders., Vorlesungen über die christliche Dogmengeschichte. Das D o g m a der alten Kirche. Zweiter Abschnitt (Bd. 1/2). Von der Synode in Nicäa bis zum Ende des sechsten Jahrhunderts, hrsg. von Ferd. Fr. Baur, Leipzig 1866, 182-185. Vgl. Klose (Geschichte und Lehre, 27 [Absatz]) mit Baur (Die christliche Lehre, 526 [Absatz]); Klose a.a.O. 35 (oben) mit Baur a.a.O. 530 (oben); Klose a.a.O. 43 (oben) mit Baur a.a.O. 535 (oben) und Klose a.a.O. 46 (Absatz) mit Baur a.a.O. 539 (Absatz). Mit Klose (a.a.O. 11) hält Baur (a.a.O. 539) die Epistula ad Iulium für „eine absichtliche Accomodation" ; verbessere a.a.O. 538 dritte Zeile von oben „dieser Mensch" in „diese Macht" (= Epistula ad Iulium: 215,8 Klostermann).

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Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

was ist eigentlich die speculative Tendenz der Lehre des Marcellus? Unläugbar dieselbe Trennung Gottes und der Welt, derselbe abstracte Gegensaz des Endlichen und Unendlichen, worin wir das Characteristische des Arianismus finden müssen." 9 1 Die Lehre des Markell steht für Baur allerdings noch unter dem Arianismus, da dieser immerhin einen Ansatz zur Uberwindung des „abstracte(n) Gegensazes des Endlichen und Unendlichen" besitzt. Denn auch wenn der arianische Logos „von dem absoluten Gott schlechthin getrennt ist", „ist freilich der als persönliches Wesen ausser Gott gedachte göttliche Logos schon der Anfangspunct, um die Idee der Einheit des Endlichen und Unendlichen vom Endlichen aus, d. h. auf dem Wege des sittlichen Strebens zu realisiren." 9 2 Mit dieser Trennung Gottes und der Welt stünde „Marcellus" ferner „auf der Seite der sabellianischen Theorie . . . , nur ist seine Trinitätslehre jene schlechte Form des Sabellianismus, bei welcher die Monas nicht, wie von Sabellius selbst geschah, vom Vater unterschieden, sondern mit dem Vater identificirt wird." 3 Die Entfaltung der Monas zur Trias bei „Sabellius" versteht Baur nicht nur als Ineinandersein dreier πρόσωπα, sondern auch als „drei der Zeit nach verschiedene Momente. Jedes der drei πρόσωπα hat seine bestimmte Zeit," 9 4 nämlich die Perioden des AT(Vater), des NT(Sohn) und der christlichen Kirche(Geist). 95 Der auf der Unterscheidung zwischen der Monas und den drei πρόσωπα samt ihren Zeiten beruhende „göttlich geordnete(n) Gang(e) der Weltentwicklung" läßt nach Baur für Sabellius die „göttliche Substanz . . . sich in diesen verschiedenen, aber organisch zusammenhängenden, Phasen ihres Wesens der Welt und der Menschheit" gegenüberstellen, „um durch den geistigen Proceß, dessen Momente und Principien diese drei πρόσωπα sind, die Einigung des Menschen mit Gott zu bewirken." 9 6 Auch wenn der Arianismus und der Sabellianismus freilich nicht die „Einheit des Endlichen und Unendlichen" erreichen, „welche das Wesentliche der athanasianischen Lehre" sei, 97 dann stünden sie dennoch auf einer höheren Stufe der Entwicklung des Dogmas als der „schlechte Sabellianismus" Markells. Die These Baurs vom „abstracte(n) Gegensaz des Endlichen und Unendlichen" bei Markell enthält Richtiges und Falsches. Richtig ist es sicher, zu sagen, daß Markell zwischen Endlichem und Unendlichem immer präzis unterscheidet, sowohl zwischen dem Logos und der werdenden Schöpfung, als auch zwischen dem Logos und dem von ihm angenommenen Menschen, als auch schließlich zwischen Gott und „allen(-m)", in denen (dem) er „alles" sein wird. Falsch ist es aber, zu behaupten, Markell kenne keine Vermittlung, Vereinigung und kein schließliches eschatologisches Ineinandersein von Gott und Menschheit bzw. Welt.

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Die christliche Lehre, 555. A.a.O. 557; vgl. 556. Die christliche Lehre, 555; vgl. 525. Bei dieser Interpretation des „Sabellianismus" ist Baur von Scheiermacher abhängig. Die christliche Lehre, 261.

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A.a.O. 267.

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A.a.O. 273. A.a.O. 557. Baur entfaltet diese Athanasiusinterpretation a.a.O. 416-425.

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Baur beschreibt seine Auffassung dessen, was er für die „eigentliche Tendenz" der Lehre Markells hält, nämlich „das Streben, Gott und Welt so sehr als möglich auseinander zu halten und in ihrem reinen Fürsichsein einander gegenüber zu stellen," 98 folgendermaßen näher: „Um den Vater, als den absoluten Gott, rein in sich abzuschließen und in seiner reinen Identität mit sich selbst festzuhalten, darf der mit dem absoluten Gott gleich ewige und mit ihm identische Logos nicht als der vom Vater gezeugte Sohn betrachtet werden, sondern alles, was sich auf das Verhältniß des Sohns zum Vater und auf den Begriff der Zeugung bezieht, gehört einer ganz andern Sphäre an, es fällt nur auf die Seite der endlichen Welt. Der Sohn, wie die Welt, ist nur ausserhalb Gottes, weil zwischen dem Endlichen und Unendlichen kein wesentliches Band der Einheit bestehen kann, und wie beide, Gott und Welt, Vater und Sohn nur äusserlich zusammenhängen, das Vermittelnde zwischen ihnen nur die nach aussen gehende Thätigkeit des Logos ist, durch welche ebendeswegen auch nur eine äussere Gemeinschaft angeknüpft werden kann, so ist diese äussere Gemeinschaft auch nur eine zeitliche und vorübergehende. Denn sobald die ένέργεια δραστική, durch welche der Logos die Welt und den Menschen zum Gegenstand seiner Thätigkeit macht, in den an sich seyenden Logos und das mit ihm identische Wesen Gottes wieder zurückgeht, bleibt auch wieder beides reell für sich, wie es von Anfang an war, Gott und die Welt, der Logos und das mit ihm auf kurze Zeit verbundene Fleisch, und es ist schwer zu sagen, welches bleibende Resultat durch diese momentane Vereinigung des Göttlichen und Menschlichen bewirkt werden soll." 99 Zu diesen Aufstellungen kommt Baur durch folgende Mißinterpretationen: Markeil habe die Begriffe Sohn und Logos für völlig verschieden erklärt. 100 Nur der vom Logos angenommene Mensch bzw. der menschgewordene Logos sei der Sohn Gottes. 1 Der Logos „sey an sich" 102 nur Logos. Von einer Zeugung des Logos sei „daher auf keine Weise die Rede, sondern nur von einem Hervorgehen, und auch dieses bezieht sich nicht auf das Verhältniß des Logos zum Vater, sondern nur auf das Verhältniß des Logos zur Welt." So korrekt Baur ausführt, daß nach Markell der Sohn nicht in ein „secundäres Verhältniß" zum Vater gesetzt wird, so inkorrekt ist es, zu übersehen, daß mit der Zeugung (bzw. dem Hervorgang) des Sohnes und Logos zur Schöpfung der Welt nicht nur ein Verhältnis zur Welt, sondern auch ein Verhältnis zwischen Vater und Sohn entsteht. Baur versteht das ewige „Zusammen- und Ineinanderseyn Gottes und des Logos" als Bleiben des Logos in der „Immanenz" des Göttlichen. 103 Daraus folgt das entscheidende Mißverständnis, daß „der Logos nicht an sich, sondern nur seiner Thätigkeit nach Princip der Weltschöpfung sey, demnach auch an ein Herausgehen des Logos aus sich selbst nicht gedacht 98 99 100 101 102 103

A.a.O. 557. A.a.O. 555f. A.a.O. 526. A.a.O. 527.532-534. A.a.O. 526-528.530. A.a.O. 529. Baur unterscheidet hier bei Markell „Gott und den Logos wie Seyn und Denken, oder wie Seyn und Bewußtseyn . . . Der Logos ist demnach eigentlich das Selbstbewußtseyn Gottes . . . "

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Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

werden könne." 104 Ein Ένεργεία-Selbstsein des Logos gibt es demnach nach Baur nicht. „Das Seyn des Logos ausserhalb der Gottheit" ist seine heraustretende Tätigkeit. Ebensowenig besitze der vom Vater und Logos ausgehende heilige Geist eine selbständige Realität, da er nur eine Modifikation derselben ένέργεια δραστική sei. 105 Demnach ist es folgerichtig, aber ganz gegen Markeil, wenn Baur die ενέργεια δραστική zum Mittler (das Vermittelnde) zwischen Gott und Mensch (bzw. Welt) erklärt. 106 Auf diese Weise wäre die Wirksamkeit des Logos das einzige Band zwischen Gott und Welt. Nach Markell ist dagegen gerade der ganze Menschgewordene, d.h. der mit dem Fleisch vereinte Logos selbst, der Mittler zwischen Gott und den Menschen. 107 Wie die inkarnatorische Vereinigung des Logos und des Fleisches so innig war, daß der Logos dem Fleisch „das Seine zueinte", 108 so wird auch - unsrer Interpretation nach - Gott dergestalt „alles in allen(-m)" sein, daß ein „bleibendes Resultat" und eine ewige Vereinigung des Göttlichen und des Menschlichen bewirkt werden wird. Nach Markell endet die „vorübergehende(n) Erscheinung" der „menschlichen Ökonomie des Sohns" 109 nicht im „abstracte(n) Gegensaz des Endlichen und Unendlichen", sondern im unmittellbaren Ineinandersein 110 Gottes und seiner Schöpfung bzw. in der άνακεφαλαίωσις des Alls unter die Einheit Gottes. 111 f ) Isaak A u g u s t D o r n e r Dorner hängt stark von der Darstellung und Beurteilung Markells durch Baur ab, überzeichnet jedoch dessen Ausführungen im Blick auf den heuristischen Grundgedanken, nämlich die „abstracte Trennung des Göttlichen und Menschlichen". 112 Denn Dorner interpretiert Markells Gottesbegriff sogar dahingehend, „daß das innerste göttliche Wesen ihm ein abstract einfacher Punkt, schweigende Monas bleibt." Dies „Innerste und Höchste in Gott . . . wird auch nie offenbar." 113 Logos und Pneuma seien identisch. 104 105

106 107 108 109 110 111 112

113

Die christliche Lehre, 531. Die christliche Lehre, 540. Baur interpetiert Frg 70(52,47) folgendermaßen: „Also der Logos als immanentes, als wirkendes, und insofern von Gott unterschiedenes und in diesem Unterschied mit Gott wieder identisches Princip." Daß der Logos mit Gott (nicht mit dem Vater) identisch ist, entspricht der Meinung Markells. Allerdings ist er auch als immanenter schon vom Vater unterschieden; durch sein Hervortreten wird er scheinbar von Gott getrennt. Entscheidend ist, daß Baur dem Logos als wirkendem Prinzip keine Existenz zuschreibt; vgl. Die christliche Lehre, 531 Anm. 15. Die christliche Lehre, 532.537f.544.548 und 555f. Frgg 78(105,94); 79(106,95) passim; vgl. unten 381.386. Frg 11(8,8): 186,27. Die christliche Lehre, 537. Frg 111(41,34): 192,5f; vgl. unten 426f.502f. Frg 47(66,60). Die Lehre von der Person Christi geschichtlich und biblisch-dogmatisch dargestellt. Erster Theil: Entwicklungsgeschichte der Lehre von der Person Christi in den ersten vier Jahrhunderten, Stuttgart 1845 2 . Die Lehre von der Person Christi, 878.

II. Die „klassische" Markellforschung: von Rettberg bis Loofs

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Der Logos sei nicht vom Vater unterschieden, sondern mit ihm „schlechthin Eins".114 Alles außerhalb Gottes kann nur seiner Tätigkeit zugewiesen werden. „Diese Thätigkeit berührt und bewegt das göttliche Wesen in seiner Einfachheit nicht"; . . . „so kann die ένέργεια δραστική oder der actuelle Wille Gottes nur an die Oberfläche seines Wesen heranspielen; . . . "115 Daher ist die Menschwerdung nur „gleichsam eine festgehaltene Action Gottes, in demselben (seil, dem angenommenen Menschen) fixirt, so lange der Zweck es verlangt."116 Dennoch trat „durch die Menschheit", die er (seil, der Logos) annahm, „der Unterschied zwischen Gott und ihm . . . bis auf einen gewissen Grad in Wirklichkeit." 117 Da nun Dorner einerseits das Ziel der Menschwerdung bei Markeil in der „vollkommenen Einigung" des Menschen mit Gott zu erkennen meint, andererseits aber sieht, daß die Menschheit nach Markell der vollen Einigung mit Gott widerspreche, da sie „wesentlich etwas Gott Inadäquates" hat, „was, solange sie besteht, nie kann aufgehoben werden," interpretiert er Markells Apokatastasislehre so, daß nicht nur der Logos aufhört, Mensch zu sein, und aus dem Andersein in die Identität mit Gott zurückkehrt, sondern daß dasselbe auch für die Menschheit insgesamt gelte, die aufhört, damit nur Gott sei, bzw. aufgehoben und ins göttliche Wesen gerückt und verwandelt wird.m Die Vollendung der Welt ist demnach ihr Ende als Welt. Die „abstracte Trennung des Göttlichen und Menschlichen" ist daher nicht wie bei Baur der Endzustand, auch nicht eine neue Qualität des Ineinanderseins („alles in allen[-m]), wie es unseres Erachtens dem authentischen Markell entspräche, sondern das einsame Übrigbleiben Gottes. Der Unterschied ist nicht mehr, „und Gott setzt sich, damit der Mensch vollendet werde, an die Stelle des Menschen . . . "119 Abgesehen von der Relativität der spekulativ-idealistischen Kriterien trifft auch im Rahmen derselben nicht zu, was Dorner abschließend von Markell behauptet, nämlich, daß er „blos bei dem Verhältniß Gottes zur Welt stehen geblieben" wäre „und nicht dahin fortgeschritten" sei, „vor Allem das göttliche Eins selbst mit dem Unterschiede zu vermitteln."120 g) Thomas Gaisford, (Theodor Heyse), Johann Heinrich Nolte 1852 und 1857 erschienen die Editionen der antimarkellischen Schriften Eusebs von Gaisford (bzw. Heyse) 121 und Nolte. 122 Die 114

115 116 117 118 119 120 121 122

A.a.O. 867, 868 Anm. 6, 869f und 880. Dorner polemisiert a.a.O. 870f unberechtigterweise gegen Baur, indem er behauptet, Baur hätte geschrieben, Markell wolle Vater und Sohn (sie) unterscheiden wie Sein und Denken, bzw. wie Sein und Selbstbewußtsein. A.a.O. 878f. A.a.O. 873f.879. A.a.O. 875. A.a.O. 876f; vgl. 880. A.a.O. 877. A.a.O. 879. Eusebii Pamphili contra Hieroclem et Marcellum Libri, Oxford 1852. in: PG 24, 707-1046. Nolte kennt die Edition Gaisfords nicht (vgl. a.a.O. 706).

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Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

Edition Gaisfords, für die Heyse - wie aus dem Apparat hervorgeht den C o d e x Venetus Marcianus 496 kollationierte, bietet als erste (trotz gewisser Mängel) 1 2 3 den Text nach der besten Handschrift. Dasselbe dürfte, wie aus der Textgestalt zu schließen ist, nicht für die Ausgabe Noltes zutreffen, obwohl dieser vier nicht weiter gekennzeichnete Manuskripte herangezogen haben will. 1 2 4 Beide Editionen drucken noch die Anmerkungen Montagus mit ab. h) Franz August Willenborg Willenborg schreibt seine 1857 in Münster erschienene Monographie „lieber die Orthodoxie des Marcellus von Ancyra" ohne Kenntnis der neuen Ausgabe Gaisfords. Vor das Hauptkapitel III seiner Arbeit („Entwicklung der Lehre des Marcellus aus seiner Schrift gegen Asterius") stellt er hinter Kapitel I („Geschichte des Marcellus") ein Kapitel II mit der Uberschrift „Urtheil der Kirchenväter und Kirchenschriftsteller über Marcellus", um wie er sagt - „nachher in der Darstellung seiner Lehre aus seiner Schrift desto sicherer zu Werke zu gehen." 125 Die Testimonia stimmen „wenigstens dem Wesen nach" 126 mit dem Urteil Eusebs von Cäsarea überein, dem nach Willenborg „im Ganzen" beizustimmen ist, wenn es auch „im Einzelnen mit Vorsicht" aufzufassen sei. 127 Im Kapitel IV. „Ueber das Urtheil der Synoden zu Rom und Sardika" versucht er zum Teil mit psychologischen und historisch fragwürdigen Konstruktionen nachzuweisen, daß sich aus deren Beschlüssen nichts für die „Rechtgläubigkeit" Markells folgern läßt. 128 Die Epistula ad Iulium sei nicht aufrichtig gemeint und täuschte den Papst. 129 Die Legatio Eugenii enthalte nicht mehr Markells eigene Meinung, 130 worin Willenborg recht hat. Die Absicht Willenborgs ist also die, die Testimonia, die Beurteilung Eusebs von Cäsarea und die promarkellischen Synoden miteinander zu harmonisieren. Darüber versäumt er es, die Kriterien, nach denen Markells „Orthodoxie" zu bestimmen sei, zu kennzeichnen. Obwohl als Ergebnis zweifellos ein „heterodoxer Markell" herauskommen soll, findet sich auf S. 39 folgender Satz: „Wenn daher auch in seiner Schrift gegen Asterius die meisten Stellen an sich einen orthodoxen Sinn zulassen, so verbietet doch, wie mir scheint, jener Zusammenhang des Ganzen, der Gedankengang des Marcellus, den einzelnen Stellen auf gezwungene Weise einen solchen, d.h. rechtgläubigen Sinn unterzulegen". Der Hauptgedanke Willenborgs ist folgender. Markell hebe jeden persönlichen Unterschied in Gott auf und leugne

123 124 125 126 127 128 129 130

Siehe Klostermann, Gegen Marcell, GCS 14,1991 3 , X X I V . PG 24, 706. Ueber die Orthodoxie, 18. A.a.O. 31. A.a.O. 34. A.a.O. 66-70.73-77. A.a.O. 70-73. A.a.O. 77f.

II. Die „klassische" Markellforschung: von Rettberg bis Loofs

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die drei Personen der Gottheit. 131 Daher „wohnte" der Logos „auch nicht persönlich im Menschen." 132 Daß die Rede von „drei Personen der Gottheit" nicht der Ansicht Markells entspricht, ist exakt. Ob der Logos deswegen aber mit den Begriffen „Eigenschaft, Kraft, Vermögen" hinreichend beschrieben ist, bleibt problematisch. 3 Unrichtig ist es, wenn Willenborg den Logos auch als göttlichen Verstand134 bezeichnet, da Markell dafür das Wort διάνοια verwendet. i) Theodor Zahn In der Markellinterpretation Zahns 135 erhielt die Theologie Markells eine zweifache aktuelle Bedeutung. Zum einen entsprach sowohl das geschichtstheologische Denken Markells als auch dessen Gotteslehre und Christologie Zahns eigener Theologie, die durch seinen Erlanger Lehrer Johann Christian Konrad von Hofmann und dessen Werke „Weissagung und Erfüllung" 136 und „Der Schriftbeweis" 137 geprägt worden war. Zum anderen übertrug Zahn kurzerhand das Verhältnis Markells zur origenistischen Theologie und zu Origenes selbst, auf sein (und der konservativ-konfessionellen Theologie des 19. Jhs.) eigenes Verhältnis zur „spekulativen Theologie", d. h. hauptsächlich zu F. C. Baur, sowie abgeschwächt zu I. A. Dorner, an deren Markellverständnis Zahn daher auch kein gutes Haar lassen konnte. Letztere theologiegeschichtliche Parallele wurde wohl von August Neander angeregt, der die griechische Kirche im allgemeinen sich mit den „speculativen Religionslehren" beschäftigen und Origenes im besonderen einen „religiösen Idealismus" treiben sah, w o gegen Markell, ein „gebildeter Gegner", „ein Mann von mehr biblischer Richtung" Stellung bezogen habe. 138 Trotz seiner Abgrenzung von Baur und Dorner formuliert Zahn sein Markellverständnis doch in deren Vokabular, besonders, wenn er das Hervorgehen oder Herab-

131 132 133 134 135

136 137 138

A.a.O. 35.40.46f und 59f. A.a.O. 61; vgl. 37f. A.a.O. 40.43-45.48. A.a.O. 40.42.50. Marcellus von Ancyra. Ein Beitrag zur Geschichte der Theologie, Gotha 1867. Uber die Entstehung der Arbeit berichtet Zahn in: R W G S Bd. I, hrsg. von Erich Stange, Leipzig 1925, 11. Zwei Hälften, Nördlingen 1841/1844. Zwei Hälften, Nördlingen 1852/1856 (1859/60 [3 Bde] 2 ). Die christliche Dogmengeschichte, Erster Theil, hrsg. von Justus Ludwig Jacobi, Berlin 1857, 273.275. - Ein Vergleich des 3. Kap. („Das Werk und der Standpunkt des Marcellus") des 1. Abschnittes des Buches Zahns (Marcellus von Ancyra, 49-64) mit der Vorrede Baurs (Die christliche Lehre) läßt vermuten, daß bei Zahn Plato für Hegel und Origenes für Baur stehen.

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Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

kommen des Logos eine „Spannung des Gegensatzes" (oder ähnlich) in Gott nennt,139 den der Logos „vermittelt".140 Durch seine Polemik gegen die Philosophie und die alexandrinische Theologie141 halte Markell nach Zahn einen von der kirchlichen Lehrentwicklung überwundenen Standpunkt fest oder erneuere ihn:142 nämlich eine Theologie, die Zahn - wie eingangs schon bemerkt - als einen in sich identischen Gesamtkomplex aus „biblischen Normen", 143 „kirchlichem Bekenntnis", „ältesten Formen der Christologie im nachapostolischen Zeitalter", den „vollkommeneren Formen der Logoslehre bei den Apologeten des zweiten Jahrhunderts" und schließlich der Theologie des Irenäus bestimmt.144 Damit nimmt Zahn die theologiegeschichtliche Einordnung Markells von Rettberg (Irenäus) auf, weitet sie jedoch ins Uferlose aus. Denn die These von der Einheit der gesamten theologischen Produktion innerhalb des Rahmens des Kanons und Irenäus' (ausgenommen natürlich der gnostischen und alexandrinischen Theologie) nivelliert tatsächlich vorhandene Differenzen. So sieht Zahn auch die Christologie der beiden Clementinen, des Barnabasbriefes, des Polycarpbriefes und des Diognetbriefes und diejenige Hegesipps und des Hirten des Hermas im Einklang mit Markell.145 Das Kriterium, das Zahn zu solcher „Vereinerleiung" veranlaßt, ist denn auch nur die Negation aller philosophischen, alexandrinischen, spekulativ-apologetischen Theologie, d. h. aller Theologie, die eine vorweltliche ober überzeitliche Zeugung des Sohnes Gottes kennt. Dagegen sei alle Theologie, die nach Zahns Ermessen offenbarungsgeschichtlich orientiert sei und an dieser Orientierung die Zeugung des Gottessohnes und dessen Namen ausrichte, grundsätzliche eine einheitliche Größe und als solche in Ubereinstimmung mit der Schrift.146 Dieser Ansatz Zahns wird besonders gut auf denjenigen Seiten seines Werkes deutlich, auf denen er Markell als „ den Schrifttheologen seiner Zeit" ausweisen will.147 Zahn räumt ein, daß auch Zeitgenossen Markells sich auf die Schrift berufen hätten und daß auch Markells „Auslegung nicht selten den rechten Sinn verfehlt". Wenn Zahn nun dennoch fortfährt, daß Markells Zeitgenossen trotz der Anerkennung der Schrift als „Quelle der dogmatischen Erkenntnis" die „wesentlich biblische Denkweise" verleugneten und die Schrift „nicht einmal ernstlich 139 140 141 142 143 144 145 146 147

Marcellus von Ancyra, 133-143.148f.165; vgl. 152. A.a.O. 136.138. A.a.O. 52-62. A.a.O. 4. A.a.O. 7. A.a.O. 216; vgl. 135-245. A.a.O. 218-227. A.a.O. 62; 227-332. A.a.O. 52ff.

II. Die „klassische" Markellforschung: von Rettberg bis Loofs

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Norm" sein ließen, dann begründet er es mit Markells Kritik am Begriff „δόγμα" und seiner Polemik gegen die „weisesten der Väter", auf die sich seine Gegner berufen hätten.148 Unten 149 wird gezeigt werden, daß Markells Dogmenkritik von einer Dogmendefinition ausgeht, die den Begriff Dogma auf „menschliche Meinung" festlegt, und von der Voraussetzung, daß die Theologumena der Gegner eben menschliche Meinung sind. Zum andern ist es ja Zahns eigene Anschauung, daß Markells Väterkritik nicht so zu verstehen ist, daß er damit alle kirchliche Tradition abschaffen, sondern nur zwischen rechter und falscher Tradition unterscheiden will. An dieser Stelle benennt Zahn jedoch kein Kriterium (es sei denn die theologische Stimmung in der Mitte des 19. Jhs.), indem er fortfährt, daß Markell dagegen Protest erheben wolle, „daß der Kampf gleichsam in Verzweiflung an der Macht der in der Schrift vollgültig offenbarten Wahrheit auf das Gebiet zweifelhafter Autoritäten hinübergespielt werde . . . " 1 5 0 Schließlich zeigen folgende Sätze Zahns, wie - abgesehen vom Hofmannschen Schema von Weissagung und Erfüllung - alle Hermeneutik reduziert wird auf die sich selbst genügende Glaubenseinsicht Markells, nach der eben seine Auslegung und nicht die apologetisch-alexandrinische von der Schrift selbst intendiert sei: „Er (seil. Markell) glaubt nicht bloß an das in der Schrift verkündigte Heil, sondern auch, wie er oft sich ausdrückt, der Schrift, glaubt, daß sie die vollgenügenden Mittel biete, die Irrlehre zurückzuweisen, wenn man sich ihr mit Hintansetzung aller fremdartigen Gedanken hingebe und, statt einzelne Aussagen herauszugreifen und je nach dem dogmatischen Bedürfnis bald eigentlich, bald uneigentlich zu nehmen, aus dem Ganzen der Schrift, wozu er das Alte Testament als vollberechtigten Theil rechnet, mit Berücksichtigung der Zeiten und Zwecke der einzelnen Schriften eine Lehre von Gott und Christus zu schöpfen suche."151 Es ist Zahn vorbehaltlos zuzustimmen, daß Markell mit einem ausgeprägt prophetisch-inkarnationstheologischen Schriftverständnis gegen die origenistische Theologie und deren Hermeneutik ankämpft. Daß er damit in vielem den biblischen Inhalten näher steht als die alexandrinische Theologie wird auch von uns ausdrücklich bejaht. Unhaltbar ist es aber, ihn als „den Schrifttheologen seiner Zeit" hinzustellen, der allein die Schrift authentisch auslegte und die „hellenische Bildung" nur formal verwendete.152 Selbst von Irenäus trennen ihn 148 149 150 151 152

A.a.O. 52-54.61. 285f. Marcellus von Ancyra, 54. A.a.O. 61. A.a.O. 69; vgl. 62.187f. Siehe unten 302f. zu Markells Umgang mit der rhetorischen Definition des Sprichwortes.

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Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

nicht nur oberflächliche Lehrunterschiede.153 Ferner ist die Behauptung nicht aufrechtzuerhalten, Markeil hänge in dem von Zahn dargestellten Umfang und Gehalt von der sogenannten „kleinasiatischen Theologie" 154 ab. Auch Zahn erkannte allerdings, daß Markeil theologische Aussagen macht, die in der Tradition vor ihm nicht nachgewiesen werden können. In diesen sah er aber Resultate, die Markell durch erneute Prüfung von Schriftaussagen gewonnen habe.155 Solche Schriftprüfung soll gar nicht in Abrede gestellt werden. Wohl aber die These, daß Bibelglaube und kirchliche Traditionsbestimmtheit die Eigenart der Theologie Markells erfassen könnten. Ferner greift auch Markell „philosophische", „populärwissenschaftliche", bzw. vom Zeitgeist gebotene und auf seinen Adressaten hin ausgerichtete Argumente positiv auf, z.B. die neupythagoreische Arithmetik und Geometrie. Die Verwendung des Begriffspaares δυνάμει / ενεργεία etwa dadurch als schriftgemäß ausweisen zu wollen, daß dem Markell wie Zahn allgemein formuliert - in „unverkennbarer Weise der Unterschied zwischen Glauben und Glaubenserkenntnis einerseits und den Mitteln wissenschaftlicher Rechtfertigung andererseits aufgegangen" sei,157 wäre genauso unbefriedigend, wie die besondere Auskunft, daß diese Unterscheidung längst in den allgemeinen Sprachgebrauch übergegangen sei.158 Und was trägt es schließlich für eine heutige Beurteilung Markells als eines „Schrifttheologen" aus, falls er sich selbst dieser „Berührung mit philosophischen Theorien" nicht bewußt gewesen wäre, wie Zahn vermutet?159 Der Aufriß des Hauptteiles „Lehre des Marcellus" folgt der Rettbergschen Anordnung der Fragmente. Im 1. Kapitel „Kritik der von der Heilsökonomie entlehnten Namen Christi" führt Zahn gegen Rettberg richtig aus, daß die inkarnatorischen Namen nicht nur der menschlichen Natur Christi allein angehören, sondern (auch) dem mit der menschlichen Natur geeinten Logos. 160 Ohne ganz zu bestreiten, daß für Markell „schon jenes erste Hervorgehen des Logos eine γέννησις" heißen konnte, der Logos selbst ein γέννημα,"161 gelte dies 153 154 155 156

157 158 159 160 161

Von Zahn a.a.O. 240f selbst eingeräumt; vgl. hierzu unten 510-513. A.a.O. 188.234. A.a.O. 63. Die Einsicht Zahns, daß der „polemische Charakter" des Werkes Markells die richtige Behandlung desselben an die Hand gebe (a.a.O. 99) kommt in der Interpretation Zahns nicht zum Tragen. A.a.O. 62. A.a.O. 123. A.a.O. 128. A.a.O. 102f. A.a.O. 158.

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doch nur im uneigentlichen Sinne, „weil er (seil. Markeil) auch die Begriffe Zeugung und Sohn durch ihre Beschränkung auf den Menschgewordenen eigentlicher nahm, als sie (seil, andere)." 162 Aus „der ausführlichen Bestreitung des Begriffs der vorzeitlichen Erzeugung folgt von selbst, daß er Christum nur deshalb so (seil. „Sohn Gottes") genannt wissen wollte, weil der Logos mit einer durch göttliche Wirkung erzeugten Menschennatur sich vereinigt habe." 163 Gottessohn und Menschensohn sind Namen „von gleichem Umfang" aber von „verschiedener Beziehung". 164 Hier „zeigt sich, daß Marcell unter μονογενής . . . das einzigartige Verhältnis Christi . . . des Menschgewordenen zu Gott, durch πρωτότοκος πάσης κτίσεως nur ein Verhältnis Christi zur Welt ausgedrückt sieht." 165 Auch die Titel δύναμις und σοφία seien uneigentliche Bezeichnungen und kämen nur dem Menschgewordenen, dem Sohn Gottes und Christus zu. 166 Bis auf die Einsicht, daß Markell die vorinkarnatorische Zeugung nicht als Entstehung und auch nicht als „ewige Zeugung" im Sinne des Origenes faßt, treffen die genannten Aufstellungen zwar nicht für Markell, wohl aber zum Teil für die Dogmatik J. C. K. v. Hofmanns zu. 167 Diese Resultate gewinnt Zahn einmal durch unkritische Rezeption der Polemik Eusebs.168 Zum andern übernimmt er in drei wichtigen Frgg (7[42,36]; 10[3,3] und 76[103,92]) die falschen Lesarten Rettbergs, wobei er entgegen seinen eigenen Angaben 169 zumindest im Falle von 10(3,3) die Ausgabe Gaisfords nicht zu Rate zog.170 Schließlich erklärte er die für den Sohnesbegriff entscheidende Stelle in Frg 38(20,17) schlankweg für eine sinnlose Lesart.171 Im übrigen hebt er unter dem Stichwort der „Weissagung" die prophetisch-inkarnatorische Schriftauslegung Markells sachgemäß hervor. Die Grunderkenntnisse des 2. Kapitels „Die Logos- und Trinitätslehre" sind folgende: zunächst führt Zahn gegen Klose, Baur, Dorner und Willenborg 172 zutreffend aus, daß das Ένεργεία-Sein des Logos als des Schöpfers und des Incarnatus keine bloße Tätigkeit oder ein bloßes Wirken sei, das den Logos von sich selbst ausschlösse. Vielmehr sei 162 163 164 165 166 167 168 169 170

171 172

A.a.O. 120.133-136. A.a.O. 103. A.a.O. 104. A.a.O. 105. A.a.O. 120. Weissagung und Erfüllung, Erste Hälfte, 1841, 55; Zweite Hälfte, 1844, 5. Marcellus von Ancyra, 103 Anm. 2 und 158, Anm. 1. A.a.O. 5 Anm. 3. A.a.O. 104f und 112 Anm. 1. - Vgl. Rettberg (Marcelliana, 8) und Gaisford (Eusebii Pamphili contra Hieroclem et Marceilum libri, 42). Marcellus von Ancyra, 116 Anm. 1. A.a.O. 124 Anm. 7 und 128 Anm. 2 und 3.

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es„ein concretes Etwas", „eben . . . der hervortretende Logos selbst", so daß dieser zwischen den Polen des Hervorganges zur Schöpfung und der eschatologischen Rückkehr in Gott und den Vater gleichzeitig „in doppelter Seinsweise", nämlich δυνάμει in Gott und ενεργεία bei Gott (bzw. inkarniert), existiere.173 Somit zeigt δυνάμει (bzw. δύναμις) nicht eine Potenz oder eine Möglichkeit an, die auf die Uberführung in die Wirklichkeit wartet, sondern „die in Gott ruhende Kraft", „das Vermögen zu der Wirkung, welche er als ενέργεια δραστική wirkt." 174 In der eigentlichen Trinitätslehre geht Zahn von dem Gedanken eines doppelten Verhältnisses oder einer zwiefachen Bewegung aus, die mit dem schöpferischen Hervorgang des Logos beginnt: nämlich einmal die innergöttliche Bewegung, die eine Veränderung des Verhältnisses zwischen Gott und Logos (und Geist) erzeugt, und zum anderen die diese Selbstbewegung oder Selbstanordnung sowohl erfordernde als auch darstellende Beziehung Gottes zur Welt, zum angenommenen Menschen und zur ganzen zu erlösenden Menschheit. 175 Beide Verhältnisse sind als Aspekte zu unterscheiden, die sich jedoch in Schöpfung, Erlösung und Vollendung als einheitliche Wirklichkeit realisieren.17 Durch diesen Prozeß der Welterlösung entsteht ein „Sichausbreiten der Gottheit" 177 und eine Spannung in Gott, die den Logos in der Menschwerdung „in bestimmten Gegensatz" 178 zum Vater bringt. Die für alle Markellinterpreten schwierige Frage ist nun, welchen Ort nach Markeil Einheit und Dreiheit Gottes in diesem Vorgang haben. Zahn bleibt hier widersprüchlich. Zum einen behält er die Dreizahl nur der ausgebreiteten Gottheit vor, 179 zum anderen spricht er von einer „vorschöpferischen Mannigfaltigkeit" in Gott. 180 Einerseits legt er alles Gewicht auf die Einheit der „Person" in Gott 181 als sein „alle Gegensätze der Geschichte . . . überdauernde(s) und einschließende^) göttliche(s) Wesen",182 andererseits entfalte sich aber die Gottheit in „drei Subjekte". 183 Gott sei ein „Ich"; und dennoch könnten sich Vater und Logos wie „Ich" und „Ich" gegenüberstehen.184 Was ist „Eine Person" mit „drei Subjekten"

73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83

A.a.O. A.a.O. A.a.O. A.a.O. A.a.O. A.a.O. A.a.O. A.a.O. A.a.O. A.a.O. A.a.O.

123-125.127-129. 126f. 127.131-133.137f. 154. 145. 196; vgl. 129.133.148f.165.180. 146.149. 149.154. 137-146. 145. 152.233.244; vgl. 125.

II. Die „klassische" Markellforschung: von Rettberg bis Loofs

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Zwei kleinere Inkorrektheiten sind noch für dieses Kapitel anzumerken. Zahn nimmt für Markell in Anspruch, daß dieser den von ihm tatsächlich nur schöpfungs- und inkarnationstheologisch verwendeten Begriff οικονομία auch auf die „Selbstanordnung Gottes" übertragen habe, und spricht „von den drei Perioden, in welchen die zwischen Gott und der Welt sich begebende Geschichte verläuft". Bezeichnenderweise beschreibt er die dritte Periode nicht. 186 Ferner trifft es für Markell nicht zu, daß Gott erst „durch jene Bewegung in Gott, welche ein Entsenden und Hervorgehen ist," zum Vater wurde. Zu dieser Folgerung kommt Zahn aufgrund eines inkarnatorisch gefaßten Sohnesbegriffs.187 Die Inkarnationslehre und die Soteriologie gibt Zahn in den Kapiteln 3 („Der menschgewordene Logos") und 4 („Das Werk und das doppelte Reich Christi") im großen und ganzen authentisch wieder. Etwas unklar ist der Mittlerbegriff, den Zahn zum einen dem ενεργεία zur Schöpfung hervorgegangenen Logos,188 zum anderen der menschlichen Natur Christi allein beilegen kann. 189 Präzisiert werden muß die Ansicht, Markell lege Lk 1,35 und Joh 4,24 nicht auf den Heiligen Geist, sondern auf die „reine Geistigkeit des Logos" aus, d. h., um ihn stofflich zu bezeichnen. 190 Oft verwendet er den Begriff der „Repräsentation", um das Verhältnis des Menschgewordenen zur Menschheit auszusagen.191 Die Eschatologie Markells nennt er einen Trugschluß, nämlich den, „daß die ganze göttliche Lebensbewegung um unsretwillen", wenn „ans Ziel gelangt, nur noch fortleben kann in ihrer Wirkung", aber nicht mehr in ihrer Wirklichkeit der Menschwerdung. 192 Nach Zahn hätte die Pneumatologie eine Folge für den Abschluß des „Systems" Markells haben müssen.193 Zahn schließt die Darstellung der „Lehre des Marcellus" ab mit einem Blick auf die übrigen Quellen für Markells Theologie. Von diesen enthalten die Epistula ad Iulium und die Legatio Eugenii die echte Theologie Markells.194 Zahn ist ferner der Meinung, daß „sich das sardicensische Synodalschreiben . . . sorgfältig . . . seiner Lehrweise an184 185 186 187 188 189

190 191 192 193 194

A.a.O. A.a.O. A.a.O. A.a.O. A.a.O. A.a.O. (a.a.O. A.a.O. A.a.O. A.a.O. A.a.O. A.a.O.

146.165. 140. 137. 143. 136.138; richtig 170f. 157. Die Bezeichnung „Organ" für die menschliche Natur ist zu schwach 160.164.177). 159f; vgl. unten 305. 159.167-170. 175.180. 179. 181.184.

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Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

bequemte." 195 Im Blick auf die Epistula ad Iulium erklärt er die Zeilen 6-8 von Seite 215 Kostermann richtig: Markell spielt hier auf I Kor 15,24-28 an und bezieht das ου auf den θεός και πατήρ und nicht auf den Logos allein. Demgegenüber verkennt Zahn, daß Joh 8,42 der Herabkunft zur Menschwerdung (und nicht dem Hervorgehen des Logos zur Weltschöpfung) 196 gilt und Zeile 8 (215 Klostermann): ούτος υιός, ούτος δύναμις, ούτος σοφία umgekehrt dem Incarnandus und nicht dem Incarnatus. 197 Aus dem ersten Abschnitt „Marcellus und seine Zeit" ist noch nachzutragen, daß Zahn im Kapitel 1 („Marcellus und das nicänische Bekenntnis") diejenigen Ausführungen macht, die dann als ZahnHarnack'sche These weitere Verbreitung fanden. 198 Zahn geht dabei von mindestens drei heute nicht mehr haltbaren Voraussetzungen aus: (1) Die Minderheit, die das „Nizänum" durchsetzte, habe 325 einen einheitlichen Sinn mit dem ομοούσιος verbunden; (2) dieser „ursprüngliche" nizänische Sinn sei im späteren Schrifttum des Athanasius erkennbar; (3) der Begriff ομοούσιος habe schon in den ersten Jahrzehnten nach Nizäa diejenige Rolle gespielt, die er korrekterweise erst ab den 50ziger Jahren des 4. Jhs. erlangte. Theodor Zahn legte eine geschlossene Gesamtinterpretation Markells vor, die material und interpretatorisch zwar vieles der Arbeit Rettbergs verdankte, aber durch die neue These vom Bibeltheologen und einsamen 199 Kämpfer gegen alle philosophisch-spekulative Verfälschung des Christentums die Sicht auf Markell als auf einen Häretiker, wie oben schon angedeutet, ins genaue Gegenteil verkehrte und Markell plötzlich als bedeutende Figur der Theologiegeschichte erscheinen ließ. Bleibende Verdienste sind insbesondere seine Erörterung über das Begriffspaar δύναμις / ενέργεια und seine Unterstreichung des prophetisch-geschichtstheologischen Charakters der Theologie Markells. Letzterer entwickelte, vereint mit einer weiteren Vertiefung der These von der Traditionsbestimmtheit Markells, unter dem Etikett eines „ökonomisch-trinitarischen Monotheismus" eine bis heute andauernde Wirkungsgeschichte. j) Wilhelm Möller Möller rezensierte die Monographie Zahns und kritisierte zurecht sowohl Zahns These von der weitgehenden Ubereinstimmung von Irenaus und Mar-

195 196 197 198 199

A.a.O. A.a.O. A.a.O. A.a.O. A.a.O.

180. 182. 120 mit Anm. 1. 9-32. 43.92.187.

II. Die „klassische" Markellforschung: von Rettberg bis Loofs

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kell200 als auch die Ansicht des Erlangers von Markells „methodischer Schrifttheologie". Insbesondere zeigte Möller auf, daß es unhaltbar ist, den Vergleich Markells zwischen dem planenden und ausführenden Künstler mit Gottes Schöpfungsvorbereitung und -ausführung als durch Bibelexegese gewonnen zu betrachten, wohingegen die Apologeten von einem spekulativen Logosbegriff ausgegangen seien. 01 Ferner erkannte Möller den Selbstwiderspruch, in den Zahn gerät, wenn er Vater und Logos in zwei Subjekte auseinandertreten läßt.202

k) Friedrich Loofs Loofs nimmt sowohl bei der eigentlichen Markellinterpretation als auch bei der Bestimmung der theologischen Tradition, in der Markell stehe, - wie eingangs schon erwähnt - die Ergebnisse Zahns auf und führt sie verfeinernd, verändernd, schließlich aber desavouierend fort. Noch stärker als Zahn geht Loofs von dem Vorverständnis aus, daß das „traditionelle Element . . . in der älteren Dogmengeschichte von sehr viel größerem Einfluß gewesen" ist, „als vielfach gemeint wird." 2 0 3 Mit diesem methodischen Ansatz verfolgte Loofs in denjenigen Arbeiten, die ihm selbst die wichtigsten waren (unter welchen er wiederum den Sitzungsbericht der preußischen Akademie der Wissenschaften „Die Trinitätslehre Marcell's von Ancyra und ihr Verhältnis zur älteren Tradition" von 1902 als grundlegend bezeichnete), das Ziel, eine „kleinasiatische theologische Tradition" nachzuweisen, 204 die nicht nur neben der „akuten", sondern auch neben der „chronischen Hellenisierung des Christentums" 205 von den Tagen des Paulus und des Johannes mit gewissen Weiterbildungen bis zur späteren antiochenischen Theologie wirksam war, und es daher nie zu einem völligen Versiegen genuin biblischer Uberlieferung in der Alten Kirche gekommen sei. Umgekehrt - und das war ein Fernziel, zu dessen angemessener Ausarbeitung Loofs die Zeit nicht mehr vergönnt war 200 201 202 203

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206

ThStKr 42(1869) 173-175. ThStKr 42(1869) 154-156; vgl. Zahn, Marcellus von Ancyra, 129f.232f. ThStKr 42(1869) 169. Art. Christologie. Kirchenlehre, R E 3 , Bd. 4, 1898, 33.36-38. Vgl. ders., Nestorius and his Place in the History of Christian Doctrine, Cambridge 1914 (New York 1975) 115 und ders., Paulus von Samosata. Eine Untersuchung zur altkirchlichen Literatur- und Dogmengeschichte, T U 44,5, Leipzig 1924, 295. RWGS Bd. II, hrsg. von Erich Stange, Leipzig 1926, 30-32. Paulus von Samosata, 314. Vgl. die Polemik Harnacks (Lehrbuch der Dogmengeschichte, Bd. I, Freiburg/Breisgau 1888 2 , 471 Anm. 1 und Darmstadt 1980 4 , 515 Anm. 1) und die Antwort von Loofs (Der Grundgedanke von Harnacks Dogmengeschichte, in: Die Christenwelt 13[1899] 1000). Die Trinitätslehre Marcell's, 781; ders., Art. Christologie, 29,3-33,44 (besonders 32,36-41 und 48,60-49,1 [und Nachträge: R E 3 , Bd. 23, 1913, 307,13-21]); ders., Nestorius and his Place, 108-126; ders., Wer war Jesus Christus? Für Theologen und den

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Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

wollte er mit dem Aufweis dieser Traditionslinie das Verständnis des Neuen Testaments selbst fördern und speziell die religionsgeschichtliche Erklärung der neutestamentlichen Christologie überwinden. 207 An dieser Stelle kann und muß nicht diese durch Markell inspirierte These Loofs' insgesamt gewürdigt werden. Einzugehen ist auf seine Markelldeutung und auf die von Loofs gesehene Beziehung Markells zur „kleinasiatischen Theologie" (bzw. „Geistchristologie" und „antiochenischen Theologie"). In seiner - wie erwähnt - für ihn grundlegenden Arbeit („Die Trinitätslehre Marcell's . . . ) geht Loofs zunächst auf den Seiten 765-771 von „Bekanntem" aus. Insbesondere bei der Darstellung der Logoslehre weiche er, Loofs, „von der durch Hrn. Zahn vertretenen Auffassung in keinem wesentlichen Punkte ab."208 „Wesentlich andere Wege aber, als Hr. Zahn sie geht, sind bei der Pneumatologie Marcell's einzuschlagen." 209 Diese „Wege" führen Loofs zu seiner Auffassung der „ökonomischen" Trinität Markells in dem Sinne, „dass er (seil. Markell) eine successiv im Lauf der Heilsgeschichte erfolgende Erweiterung der Monas zur Trias annahm." 210 Im Blick auf den Heiligen Geist sagt Loofs: „Sein προελθεϊν in der Joh. 20,22 geschilderten Scene eröffnet die dritte Periode der Heilsgeschichte, die τρίτη οικονομία, wie das προελθεϊν des Logos die erste, und die Menschwerdung die zweite." 2 Die vorliegende Markellinterpretation wird ergeben, daß die Rede von einer τρίτη οίκονομία für Markell unhaltbar ist, weil die

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weiteren Kreis gebildeter Christen erörtert, Halle 1922 2 , 242f; ders., Das Nicänum, in: Festgabe von Fachgenossen und Freunden Karl Müller zum siebzigsten Geburtstag dargebracht, Tübingen 1922, 75-78; ders., Paulus von Samosata, 283.293-322; ders., Theophilus von Antiochien adversus Marcionem und die anderen Quellen bei Irenaus, T U 46,2, Leipzig 1930, 94f.445. Art. Marcellus von Ancyra, RE 3 Bd. 12, 1903, 265,25-29; Wer war Jesus Christus?, 237-243; Paulus von Samosata, 241.312.314-316.319; RWGS Bd. II, hrsg. von Erich Stange, 1926, 32f; ders., Das altkirchliche Zeugnis gegen die herrschende Auffassung der Kenosisstelle (Phil 2,5-11), ThStKr 100 (1927/28) lf.6-8.76-102; Theophilus von Antiochien, 205 und 44 mit Anm. 2. Die Trinitätslehre Marcell's, 771. Folgende, a.a.O. auf den Seiten 765-771 gemachte Aussagen entsprechen damit nicht unserer Markelldeutung: die Ablehnung einer αρχαία γέννησις des Logos (768; vgl. dazu unten 347-352); die Beschränkung der N a men des Präexistenten auf den Logosbegriff (768; vgl. dazu unten 267 mit Anm. 89); die Rede vom „Bestehen" des Logos erst seit seinem Hervorgang zur Schöpfung (769); die Beschränkung der πρώτη οίκονομία auf die Zeit „zwischen Weltschöpfung und Menschwerdung" (769; vgl. dazu unten 314f); Gegen Zahn und auch gegen unser Markellverständnis schreibt Loofs a.a.O. 771 Anm. 1: „ . . . Gott mit seinem Logos ist der eine θεός, πατήρ ήμών." - Verbessere a.a.O. 769, Zeile 5 „όνομάζων" in ,,έτοιμάζων", vgl. Frg 110(60,54). Die Trinitätslehre Marcell's, 771. A.a.O. 773; siehe zur Bedeutung von οίκονομία bei Markell unten 312-317. A.a.O. 772.

II. Die „klassische" Markellforschung: von Rettberg bis Loofs

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δευτέρα οικονομία als die κατά άνθρωπον (bzw. σάρκα) οικονομία bis zum Eschaton andauert und während ihres Bestehens der Geist seinen Ausgang nimmt. Ferner wird sich zeigen, daß „Ökonomie" in der bei Markell technischen Verwendung überhaupt nur ein „christologischer" und kein „trinitarischer" Terminus ist und daher die πρώτη οικονομία das Sein und Wirken des Sohnes gemäß seiner Gottheit und Ewigkeit meint und δευτέρα οικονομία das Sein und Wirken des inkarnierten Gottessohnes. Zusätzlich zu diesen Korrigenda enthält die Loofs'sche Konstruktion die Inkonzinnität, daß zwar die Menschwerdung eine neue, nämlich die zweite Periode der Heilsgeschichte eröffnet, ihr aber im Gegensatz zur πρώτη und τρίτη οικονομία keine zweite Entfaltungsstufe der Gottheit zukäme. 212 Das entscheidende Mißverständnis Loofs' liegt jedoch in der Annahme, daß nach Markell der Sohn (Logos) und der Geist als unterscheidbare Größen erst durch das πλατύνεσθαι der Gottheit entstünden. 213 Als solche existieren Vater, Sohn und Geist unserer Interpretation nach von Ewigkeit zu Ewigkeit. Was der Hervorgang des Logos, sein Wirken und Sprechen, seine Menschwerdung, und was der Ausgang des Geistes von Vater und Logos vielmehr bewirken, ist ein scheinbares Zertrenntwerden der Gottheit, das freilich in Wirklichkeit nur eine Erweiterung oder Ausdehnung ist. Alle Rede Markells von der Trennung des Logos in tätiger Wirksamkeit von Gott und dem Vater, bzw. von der Ausdehnung der Gottheit, zielt daher nicht auf eine heilsgeschichtliche („ökonomische") Realisierung einer Dyas oder Trias. Die Aussageabsicht ist vielmehr die, zu erklären, warum der als Vater, Sohn und Geist schon immer realisierte εις θεός in Schöpfung, Erlösung und Heiligung in einer gewissen Selbstentfernung und -entfaltung tätig ist und erscheint. Loofs beginnt seine Argumentation für die These der drei aufeinanderfolgenden Ökonomien der Heilsgeschichte mit der Behauptung: „Neben dem präexistenten Logos ist bei Marcell für den Geist gar kein Platz . . . " 214 Und er fährt fort: „Dem entspricht es, dass Marcell, in dem alten christologischen Schema des κατά σάρκα und κατά πνεϋμα denkend, das πνεϋμα in Christo (fr.61p.37C; fr.62p.79A) oder das πνεϋμα αγιον in ihm (fr. 49 p. 104A) mit dem Logos identificirt." 215 Auch der dritte Schritt Loofs' ist nicht stichhaltig: „die Argumentation für die Identität der ύπόστασις des Vaters und des Sohnes 212

213 214

215

An anderer Stelle kann Loofs auch umgekehrt erst bei der Menschwerdung die erste Entfaltungsstufe der Gottheit ansetzen: Theophilus von Antiochien, 278 Anm. 4. Die Trinitätslehre Marcell's, 773; Paulus von Samosata, 218. Die Trinitätslehre Marcell's, 771 f. Die herangezogenen Frgg 74(73,64), 114(97,86) und 98(58,52) können das nicht belegen. A.a.O. 772; vgl. 779. Frgg 61(54,49), 72(70,61) und 73(71,62) können diese Aufstellungen nicht belegen.

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Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

in Fragment 60 (p. 167D-168D; cf. Zahn p. 150f) fällt in sich zusammen, wenn das προελθεϊν des Geistes aus dem Vater und zugleich aus dem Sohne, von dem Joh. 15,16 und 16,13.14 geredet und Joh. 20,22 erzählt wird, nicht ,das' προελθεϊν des Geistes ist. Vorher kann Markeil den Geist nur δυνάμει εν θεω, d.h. in Gott und seinem Logos gedacht haben." 216 In Frg 48(67,60) gebraucht Markell tatsächlich den gleichzeitigen Ausgang des Geistes von Vater und Sohn als Argument für die Einheit (μονάς) von Vater und Sohn. Es ist aber nicht ersichtlich, warum der Geist für Markell nicht schon vor der „in Joh. 20,22 geschilderten Scene" als unterscheidbarer Namen und als unterscheidbare Größe der Gottheit existiert habe. Daß der Geist jemals δυνάμει εν θεω oder gar im Logos war: dafür gibt es keinerlei Anhaltspunkte an den Texten Markells. Loofs möchte im Anschluß hieran (S. 773f) seine These von der τρίτη ο'ικονομία κατά πνεϋμα an Markells Auslegung von Prov 8,22ff weiter belegen, wobei er Richtiges über die Geistgabe an die Jünger und ihre Aussendung als Quellen des Geistes ausführt und Vermutungen hinsichtlich des Gebrauchs von Joh 7,38 anstellt, die durch die von Martin Tetz Markell zugewiesene Schrift „De incarnatione et contra Arianos" schön bestätigt wurden. 217 Dies liefert aber keine neuen Belege für die über Zahn hinausgehende Anschauung Loofs' von der Pneumatologie und dem „ökonomischmonotheistischen Charakter . . . der marcellischen Trinitätslehre", 218 nach dem der Heilige Geist bis zu seiner Ausgießung als identisch mit dem Logos in Gott sei und erst seit Beginn der postulierten τρίτη οικονομία als neben Vater und Logos unterscheidbare Größe bestünde. In seinem ein Jahr später (1903) erschienenen RE-Artikel „Marcellus von Ancyra" schreibt Loofs: „Für die Zeit bis zur Ausgießung des Geistes ist Marcells Denken also ,binitarisch' (vgl. Bd IV,26,35ff). Aber seit Joh 20,22 ist eine τριάς da: . . . " 219 Durch den Verweis auf Bd. IV wird deutlich, daß Loofs hier Verbindungen zur „Geistchristologie" sieht,220 worüber sogleich zu handeln ist. Während er in den beiden RE-Artikeln Markell zum „Binitaristen" erklärt, nimmt er diesen Begriff für Markell in den beiden Akademieabhandlungen221 wieder zurück mit der Begründung, daß Markell ja Monotheist bleibe, d.h. keine zweifache Gottheit einführen wolle. Sachlich unterstreicht jedoch der einerseits positiv geprägte, andererseits nur gegenüber der Wahrung des Monotheismus' von Loofs eingeschränkte 216 217 218 219 220 221

A.a.O. 772; vgl. 773f. Siehe unten 112 mit Anm. 262. A.a.O. 774. Art. Marcellus von Ancyra, 261,14-16. Art. Christologie, 26,35ff. Die Trinitätlehre Marcell's, 772 mit Anm. 2; ders., Das Glaubensbekenntnis der Homousianer von Sardica, APAW.PH 1909, 31 f.

II. Die „klassische" Markellforschung: von Rettberg bis Loofs

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Begriff Bmitarismus" die bisher erhobene Vorstellung Loofs' von einem „Ökonomisch-trinitarischen Monotheismus": demnach entsteht sukzessiv zunächst eine Zweiheit von Vater und Logos-Geist, 222 danach schließlich eine Trias von Vater, Sohn und Geist. Bei dem Versuch, den Ort der so von Loofs beschriebenen Lehre Markells im Traditionszusammenhang seiner These von der „kleinasiatischen Theologie" (bzw. der „Geistchristologie" und „antiochenischen Theologie") zu bestimmen, fällt zunächst auf, daß Loofs ungemein hypothesenfreudig arbeitet und immer wieder neue Umordnungen und Umbenennungen des Stoffes und der Ergebnisse vornimmt. Oft hat man den Eindruck, als dienten die Textbelege nur der Beleuchtung eines schon vorgefertigten Gedankenkomplexes, der sich zusätzlich laufend selbst wandelt. Dies zeigt sich insbesondere bei der Bedeutung Markells in diesen von Loofs behaupteten Traditionszusammenhängen. Die Einschätzung der Theologie Markells wandelt sich nämlich in der theologischen Arbeit von Loofs zwischen 1902-1928 vom Kriterium, mit Hilfe dessen bei anderen Theologen „Kreuzungen" der älteren kleinasiatischen Traditionen mit fremdartigen Einflüssen überhaupt erst erkannt werden können,223 zu einer ebensolchen „Kreuzung" von Traditionen (antiochenischen und alexandrinischen), die Markeil nicht einmal mehr selbst richtig verstanden habe.224 An Markeil wird exemplarisch deutlich, wie diese Traditionen eher vor dem geistigen Auge des Hallenser Dogmenhistorikers als in den Quellen stehen. Vor der „Wende" in der Beurteilung Markells vertritt dieser für Loofs eine „archaistische" Theologie,22 die auf vororigenistische,226 ja sogar vorapologetische Traditionen227 zurückgreift. Das Charakteristische an Markeil sei der (schon in der Loofs'schen Sicht geschilderte) „ökonomisch-monotheistische Charakter" 228 der Trinitätslehre Markells, bzw. sein „ökonomisch-trinitarische(r) Monotheismus". 229 In seinem RE-Artikel „Christologie" von 1898 unterscheidet Loofs 222

223 224

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Die Identität von Logos und Geist vor der Ausgießung des Geistes wird von Loofs immer wieder hervorgehoben: Die Trinitätslehre Marcell's, 780; Art. Marcellus von Ancyra, 261,5f.263,44-58; Das Glaubensbekenntnis der Homousianer, 15.30-32.34, vgl. 20; Paulus von Samosata, 218.222-224.310f; Theophilus von Antiochien, 210 und 278 Anm. 4. Die Trinitätslehre Marcell's, 775-777.780f. Das altkirchliche Zeugnis, 60. - Gericke (Marceil von Ancyra, 65-69) zeichnet diese Wandlung Loofs' gut nach, zieht daraus aber keine Konsequenzen für die Stichhaltigkeit der Loofs'schen Thesen. Die Trinitätslehre Marcell's, 763. A.a.O. 764. A.a.O. 781; Art. Marcellus von Ancyra, 264,48f.59f. Die Trinitätslehre Marcell's, 774. Art. Marcellus von Ancyra, 261,36f.

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Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

für die vorapologetische 230 Entstehung der „kleinasiatischen Theologie" zwei Stufen: einmal diejenige des Johannesevangeliums (und teilweise des Ignatius), zum anderen die des Ignatius, der Presbyter bei Irenäus, des Irenäus selbst und von Traditionen, die erst bei Tertullian, Novatian und Markell auftauchen. Wiederum sind es zwei Gedankenreihen, die jeweils das Wesentliche enthalten. Auf der Stufe des Johannesevangeliums: a) der Monotheismus und eine Christologie mit naiv-modalistischer Farbe; b) Christus als Mensch. Auf der späteren, zumindest „sachlich", 231 vorapologetischen Stufe: a) wirklicher, wenn auch bei der dritten Gruppe triadisch modifizierter, Monotheismus; b) die Beschränkung des Sohnesbegriffs auf den geschichtlichen Christus. 232 Die Erwähnung einer „dritten Gruppe" zeigt an, daß Loofs diese zweite, weiterentwickelte Stufe, noch einmal dreifach unterteilt ([1] modalistisch, [2] vorübergehende Entfaltung Gottes, wozu Markell zu rechnen wäre, [3] triadisch differenziert). 233 In seinem RE-Artikel „Marcellus von Ancyra" zählt Loofs auch den „Binitarismus" des Hermas, des 2. Klemensbriefes und des Barnabasbriefes mit zu den vorapologetischen Traditionen, deren „genuine(n) Gestalt" er in Kleinasien lokalisiert. 234 Im II. Kapitel des Spätwerkes „Theophilus von Antiochien" untersucht er auf den Seiten 101-210 ausgehend von der Christologie des Presbytervortrages in Adv. haer. IV,27,1- IV,32,1 (Quelle I Q P ) in umfassender Weise das Vorkommen dieser jetzt „Geistchristologie" genannten binitarischen Gottesvorstellung. Markell kommt als Vertreter der Geistchristologie nicht (mehr) vor, was aus unserer Sicht auch allein den Quellen entspricht. Angesichts des Vorherrschens des Logos(Sohnes-)begriffes für den Präexistenten, könnten Frgg 61(54,59); 62; 63(56,51) und 64(57,51) auch keine Geistchristologie begründen. Loofs selbst nennt überdies als Kennzeichen der Geistchristologie einen Logosbegriff, der „auf den geschichtlichen Christus als den Offenbarer Gottes, als ein

230

„Apologetisch" (besonders an Justin aufgezeigt) heißt für Loofs: „Pluralismus" der Gotteslehre (philonisch-philosophischer Logos als „zweiter Gott"), „Kausiertsein" und Inferiorismus des Logos und als das „Verhängnisvollste": die Beziehung des Sohnesbegriffs auf den Präexistenten durch die Kombination des Sohnesbegriffs mit dem Logosbegriff (Art. Christologie, 33,45-35,54).

231

Art. Christologie, 3 0 , 5 7 - 5 9 und 33,3-5.

232

A.a.O. 29,18-20.33f und 33,24-26. Mit diesem auf den geschichtlichen Christus beschränkten Sohnesbegriff unterscheidet sich diese Charakterisierung der „kleinasiatischen Theologie" von Markell. Da es diese Beschränkung nach unserer Auffassung weder bei Markell noch bei irgendeinem anderen altkirchlichen Theologen gibt, braucht dieses Detail bei der Frage nach den Traditionen Markells nicht weiter berücksichtigt werden.

233

Art. Christologie, 33,5-23.

234

Art. Marcellus von Ancyra, 265,1-10; vgl. Art. Christologie, 26,35-27,7.

II. Die „klassische" Markellforschung: v o n Rettberg bis Loofs

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verkörpertes ,Wort', angewandt wurde," 235 womit Loofs den Inkarnierten meint, für den Markeil gerade den bloßen Logosnamen ausschließt. 236 Nach dem von Loofs selbst unwidersprochenen Ausscheiden der Geistchristologie zur Traditionsbestimmung Markells ist die Darstellung von Loofs hinsichtlich des Verhältnisses Markells zur sogenannten antiochenischen Theologie zu prüfen, wie sie in Loofs' „Paulus von Samosata", „Nestorius and his Place . . . " und teilweise auch „Theophilus von Antiochien . . . " vorliegt. Dabei muß heute von der Verwendung der Nachrichten über Paulus von Samosata zur Begründung einer „antiochenischen Theologie" im Sinne Loofs' nach den Arbeiten von Richard, 237 Hübner 238 und Brennecke 239 mit Grillmeier 240 Abstand 241 genommen werden, denn: „was wir über ihn wirklich wissen . . . ist nämlich so gut wie nichts!" 242 Daher kann hier auf die Uberprüfung der Ausführungen Loofs' über Paul von Samosata verzichtet werden. Loofs verknüpft diese neue Ausarbeitung einer Traditionslinie ausdrücklich mit der vorapologetisch-kleinasiatischen Tradition, 243 als deren Hauptvertreter er bisher Markeil, Ignatius, Irenäus, Tertul235 236

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Theophilus von Antiochien, 206. Willy Rordorf („ . . . Qui natus est de Spiritu sancto et Maria virgine", Augustinianura 20[1980] 547-552) bestreitet die Existenz einer Logos und Geist identifizierenden Geistchristologie bei Justin, Irenäus, Tertullian und Hippolyt. Malchion et Paul de Samosate. Le temoignage d'Eusebe de Cesaree, EThL 35(1959) 325-338 = Opera Minora Bd. II, 1977, Nr. 25 (vgl. Opera Minora Bd. I, 1976, 17 Introduction): Euseb von Caesarea gibt keinerlei Anhaltspunkte für die Existenz eines „Dialoges zwischen Malchion und Paul von Samosata". Die Hauptquelle des Epiphanius (Panarion haer. 65) über Paulus von Samosata: PsAthanasius, Contra Sabellianos, ZKG 90(1979) 55-74: Der Bericht des Epiphanius beruht nicht auf Urkundenmaterial, sondern hat das von Hübner (siehe unten 162 Anm. 1) dem Apolinarius von Laodizäa zugeschriebene Pseud-Athanasianum aus PG 28, 96-121 zur Vorlage. Zum Prozeß gegen Paul von Samosata: Die Frage nach der Verurteilung des ,Homousios', ZNW 75(1984) 270-290: Die in der sogenannten Epistula Sirmiensis (siehe bei Hilarius, De syn. 79-91, PL 10, 531-545) behauptete Verurteilung des ομοούσιος durch die antiochenische Synode von 268/9 ist eine polemische Schlußfolgerung der Homöusianer aufgrund des im Laufe des 4. Jhs. angesammelten, antimarkellisch gemeinten Paulus-Stoffes angesichts der durch die zweite Sirmische Formel (357) entstandenen Kontroverse um das ομοούσιος. Jesus der Christus, Bd. I, 297 mit Anm. 43. Joseph Anton Fischer (Die antiochenischen Synoden gegen Paul von Samosata, A H C 19[1986] 26 Anm. 172) hält die Echtheit der von Jose H. Declerck (Deux nouveaux fragments attribues ä Paul de Samosate, Byz. 54[1984] 116-140) Paul von Samosata neu zugeschriebenen zwei Fragmente für unerwiesen. Zum Prozeß gegen Paul von Samosata, 270. Paulus von Samosata, 294.

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Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

lian und Novatian benannte.244 Schon damals hatte er jedoch für Irenaus, Tertullian und Novatian geltend gemacht, daß sie von apologetischem Gedankengut beeinflußt seien, wobei dieses bei Tertullian und Novatian die „Gesamtanschauung des Christentums" 245 betreffe, bei Irenaus dagegen Einflüsse, die die Klarheit des Gedankens in störender Weise durchkreuzten.246 Diese nur „halbwegs" kleinasiatische Beurteilung Tertullians nimmt Loofs nun so auf, daß er die vormals „kleinasiatische" Gedankenreihe bei Tertullian in Verbindung bringt mit einer „antiochenischen Theologie", deren wichtigste Zeugen Theophilus von Antiochien, Paulus von Samosata, Markeil von Ankyra, Eustathius von Antiochien und die späteren Antiochener seien.247 Mit dieser Verschiebung der Perspektive ändert Loofs auch die Terminologie: „apologetisch" heißt nun „pluralistisch-monophysitisch" und „kleinasiatisch" „monotheistischdyophysitisch". 248 Zugleich verlagert sich auch die Position Markells in diesem ganzen Gefüge. Indem Loofs „kleinasiatisch" in „monotheistisch-dyophysitisch" verwandelt, tritt nun stärker die Problematik der „zwei Naturen" bzw. der vollen Menschheit Christi in den Vordergrund. Wie lassen sich dann aber das σάρκα άνειληφένοα seitens des Logos und der (von Loofs jetzt betonte) bei Markeil vorhandene Sohnes- und Zeugungsbegriff hinsichtlich des Präexistenten erklären, was alles eher zur pluralistisch-monophysitischen Gedankenreihe passen müßte?249 Loofs schreibt diese Einflüsse auf Markeil ohne Argumente (!) einer Gemeindeorthodoxie bzw. Volksfrömmigkeit250 zu, d.h. einem „religiös-modalistischen Denken", 251 wobei er einräumt, daß es sich damit um „eine Einwirkung der in diesem Punkte mit der pluralistisch-monophysitischen Anschauung zusammengehenden Gemeinde-Orthodoxie" 252 handele. Hier springt die Fragwürdigkeit einer Unterscheidung von theologischen Traditionslinien in die Augen, wenn beide (Modalismus und „Pluralismus") zu derselben Inkarnationsvorstellung führen können. Es ist nur folgerichtig, wenn 244

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248 249 250 251 252

Art. Christologie, 30,56-33,44; Die Trinitätslehre Marcell's, 774-781; Art. Marcellus von Ancyra, 261,37-262,5 und 263,54-265,25. U b e r die Einbeziehung der späteren abendländischen Theologie siehe sogleich. Die Trinitätslehre Marcell's, 781; Art. Marcellus von Ancyra, 264,45f; Art. Christologie, 40,10-12; 41,5-7; 56-60. Die Trinitätslehre Marcell's, 775.777.781; vgl. Art. Marcellus von Ancyra, 264,49-60; Art. Christologie, 39,20-23; 41-44. Paulus von Samosata, 293-322, besonders 293-295. 309f.317. Irenäus habe diese Traditionslinie nurmehr „verbogen" erreicht (a.a.O. 310; vgl. 316). Paulus von Samosata, 212f.302.317.320. A.a.O. 237-239. A.a.O. 239f.303.318. A.a.O. 240. A.a.O. 302f.

II. Die „klassische" Markellforschung: von Rettberg bis Loofs

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Loofs die monotheistisch-dyophysitische Anschauung zu einer Idee erhebt, indem er schreibt, daß „hinter all den getrübten Formen (wozu Markeil zu zählen ist) 253 eine reinere Gestalt derselben gestanden hat." 254 Entsprechend der Neubewertung der Christologie Markells unterscheidet Loofs nun auch stärker zwischen der „Färbung", in der die „metaphysisch-ökonomische Trinitätslehre"255 bei Tertullian, und derjenigen, in der sie bei Markell vorkommt: „Bei Tertullian trägt die ökonomisch-trinitarische Anschauung eine pluralistische, bei Marceil eine modalistisch-monarchianische Färbung." 256 Ihre „reinliche" Durchführung kommt also tatsächlich in den Quellen nicht vor, da diese „mitten inne zwischen dem Monarchianismus und der pluralistischen Gotteslehre" stehe 2 5 7 Während die Markell-Form sich als ganze gegenüber Tertullian primär erweise,258 sei sie in ihrem Charakteristikum der „Zurückbildung" der τριάς zur μονάς sekundär.259 Beides schließlich, ihre „modalistisch-monarchianische Färbung" und ihre Eschatologie (wie auch immer historisch entstanden) seien eine Schädigung der „(metaphysisch-) ökonomisch-trinitarischen Anschauung" bzw. „die üblen Folgen des Nicbtverstehens des religiösen Grundgedankens der heilsgeschichtlich ökonomisch-trinitarischen Anschauung . . . " 2 6 0 Aus dem Maßstab Markell, der „Kleinasiatisches" und „Apologetisches" bei Irenäus, Tertullian und Novatian zu trennen lehrte, ist der ignorante Kolporteur Markell geworden, dessen Texte nun selbst eines außenstehenden Kriteriums bedürfen, um in ihnen Tradition und Gemeindeorthodoxie unterscheiden zu können. Die „Umwertung" Markells wird vollends in Loofs Abhandlung über Philipper 2 deutlich, die ja eine Vorarbeit zu einer „traditionsgeschichtlichen" (im Sinne Loofs: von der Dogmengeschichte rückwärts vorgenommenen)261 Erklärung der neutestamentlichen Christologie darstellt. Zugleich offenbart sich hier der theoretisch-konstruierende Cha253 254 255

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A.a.O. 318. A.a.O. 303. „Metaphysisch" erklärt Loofs folgendermaßen: „eine Wesens-Entfaltung des einen Gottes" (a.a.O. 236). Gerade dafür kommt aber der Begriff „Oikonomia" bei Markell nicht in Frage. Die „metaphysische Form" des ökonomisch-trinitarischen Monotheismus dürfte der oben (47f) angegebenen zweiten Stufe der kleinasiatischen Theologie entsprechen (vgl. a.a.O. 320). A.a.O. 240; vgl. 257. Paul von Samosata habe eine dritte Färbung der ökonomischtrinitarischen Anschauung, nämlich eine „dynamisch-monarchianische". A.a.O. 236. A.a.O. 321. A.a.O. 229.257. A.a.O. 257. Hervorhebungen von Loofs sind getilgt und durch eigene ersetzt; vgl. auch Paulus von Samosata, 240 Anm. 3 zur neuen Negativbewertung Markells. Das altkirchliche Zeugnis, 8f.

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Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

rakter seiner Traditionslinien endgültig. Markell fügt sich nicht der These Loofs, daß diejenige Traditionslinie, die mehr oder minder mit der kleinasiatisch-antiochenisch-abendländischen übereinstimmt, die ganze Stelle Phil 2 (insbesondere W 6-7a: δς έν μορφή θεοϋ υπάρχων ούχ άρπαγμον ήγήσατο το είναι ίσα θεώ, άλλα εαυτόν έκένωσεν) „von der einheitlichen Person des geschichtlichen Jesus Christus aus versteht (ich [seil. Loofs] nenne sie Auffassung A)." 262 An dieser christologischen Hauptstelle hängt für Loofs das, was ihm an der „kleinasiatischen Theologie" so wichtig ist, nämlich „die enge Beziehung, in welcher der Glaube an den „Sohn Gottes", zu dem geschichtlichen Christus steht, . . . " 263 Sachlich gilt letzteres auch für Markell, wenn in seiner Theologie natürlich auch der weltschöpferische, noch nicht inkarnierte Logos nicht fehlt. Dieser ist aber nach Markell in Phil 2,6-7α gemeint. Wenn Loofs behauptet, daß die μορφή θεοϋ für diese Tradition Α (genauer: „Imago-Form der Auffassung A") identisch mit der είκών θεοϋ war, dann trifft gerade dies für Markell nicht zu.2M Außer Diskussion steht es, daß Loofs Frg 56(95,84) kurzerhand für ,unmögliche Gedanken' erklärt. Markell habe nun nicht nur nicht verstanden, was er überkommen habe, sondern dies dazu noch entstellt wiedergegeben:265 „Denn, einander entgegenstehend, laufen bei Marcell antiochenische oder noch ältere Traditionen neben alexandrinischen her, Eigenes hat er sehr wenig, und mehrfach ist sein Eigenstes - z.B. seine unter Zurückhaltung geäußerte Ansicht, daß der Logos nach dem Ablauf dieser Weltzeit (1 Kor 15,28) nicht mehr mit dem Fleische verbunden gedacht werden könne - nur ein Beweis dafür, daß er die Traditionen, die er benutzte, nicht wirklich verstanden hatte." 266 Fazit: Auch Markells Zugehörigkeit zur „antiochenischen Tradition" wird von Loofs selbst im Wesentlichen (Gemeindeorthodoxie, die dieselben Auswirkungen wie die pluralistisch-monophysitische Anschauung habe; alexandrinische Theologie) wieder zurückgenommen. Somit gliedert der späte Loofs Markell nicht nur aus der „Geistchristologie", sondern weitgehend auch aus der „antiochenischen Tradition" wieder aus. Hiermit ist auch für uns die Frage nach der Stichhaltigkeit der Einordnung Markells in die von Loofs behaupteten Traditionslinien267 erledigt. 262 263 264 265 266 267

A.a.O. 31. Art. Christologie, 35.54f. Das altkirchliche Zeugnis, 62f. A.a.O. 61. A.a.O. 60. Loofs ändert im Spätwerk Theophilus von Antiochien (83 Anm. 5; 94 Anm. 3; 136.450) die Terminologie noch einmal: statt „monophysitisch" heißt es jetzt „henprosopisch" und statt „dyophysitisch" „dyoprosopisch"; vgl. auch die Darstellung der antiochenischen Tradition in: Nestorius and his Place, 108-130.

II. Die „klassische" Markellforschung: von Rettberg bis Loofs

53

Nicht erledigt ist für uns allerdings die Frage, ob Markeil - ganz unabhängig von den Traditionskonstruktionen Loofs' - Gemeinsamkeiten mit dem vom frühen Loofs als seine Vorläufer benannten Theologen besitzt und ob er möglicherweise einer der Initiatoren der späteren antiochenischen Theologie ist. Diese Fragen sind aber fruchtbarer unten 268 im Rahmen der Gesamtbetrachtung der Theologie Markells zu behandeln. Zum Abschluß ist noch die spätere abendländische Tradition anzusprechen, die Loofs „über die Brücke des Sardicense" heranzog und die er ab Tertullian als einen „Nebenarm desselben Uberlieferungsstromes (seil, der kleinasiatisch-antiochenischen Traditionslinie) nachzuweisen versucht(e)". 269 Zunächst ist festzustellen, daß in der Edition und dogmengeschichtlichen Auswertung eben dieses soeenannten „Glaubensbekenntnisses der Homousianer von Sardica" ein - von Hypothesen unbelastetes - bleibendes Verdienst Loofs' vorliegt. Loofs hat auch die Verwandtschaft dieses Textes mit der Theologie Markells herausgearbeitet, diese jedoch nicht in vollem Maße erkannt, da er z.B. die fälschlich für Markeil angenommene ausschließliche Beziehung des γεννηθήναι und des Sohn-Gottes-Namens auf die Geburt des „Sohnes (Logos)" ins Fleisch271 im Serdicense nicht vorfand. Loofs möchte ferner seine Konzeption eines „ökonomisch-trinitarischen Monotheismus" im „Symbol" von Serdica nachweisen, was in unseren Augen ebenfalls unhaltbar ist.272 Da unsere Analyse ergeben wird, daß Markeil selbst auch keine solche Konzeption kannte, ergeben beide Erkenntnisse über das Serdicense ein Resultat, das nicht den Ergebnissen aber der Intention Loofs' voll entspricht: das Serdicense rückt noch näher an Markell heran und es ist, wie ich glaube, von keinem anderen als Markell selbst verfaßt. Markells Glaubenserklärungen an die Adresse der beiden römischen Bischöfe Iulius und Liberius und die Markell rehabilitierenden Synoden von Rom (341) und Serdika (342) beweisen, daß nicht nur eine kirchenpolitische, sondern zweifellos auch eine theologische Beziehung zwischen Markell und der „abendländischen" Theologie bestanden haben muß. Das Charakteristische Markells aber aus der westlichen Theologie vor Markell erklären und verstehen zu wollen, ist m. E. jedoch unmöglich. Dazu geben Tertullian und Novatian nicht das

268 269 270 271 272

5 08-520. Paulus von Samosata, 294. APAW.PH 1909, 1-39. Das Glaubensbekenntnis der Homousianer, 23; Die Trinitätslehre Marcell's, 778. Der Begriff οικονομία kommt im Text gar nicht vor.

54

Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

R e c h t , z u m a l auch „ D i o n y s v o n R o m " inzwischen als abendländischer Vorläufer Markells ausgeschieden ist. 2 7 3 D a s Verhältnis Markells z u den gleichzeitigen u n d späteren westlichen T h e o l o g e n (Hilarius v o n Poitiers, Marius V i c t o r i n u s , 2 7 4 P h ö b a dius v o n A g i n n u m , G r e g o r v o n Elvira, Z e n o v o n V e r o n a und Aurelius Prudentius C l e m e n s 2 7 5 ) bedürfte einer ausgedehnteren U n t e r s u c h u n g , als sie hier gegeben w e r d e n k ö n n t e . 2 7 6

III. Die Edition der antimarkellischen Schriften Eusebs von Caesarea im Berliner Corpus: Erich Klostermann, Paul Koetschau, Felix Scheidweiler, Günther Christian Hansen 1 9 0 6 erschienen die antimarkellischen Schriften als IV. B a n d der W e r k e E u s e b s v o n C a e s a r e a und als B d . 14 der Griechischen Christlichen Schriftsteller der ersten drei Jahrhunderte ediert v o n E r i c h K l o s t e r m a n n . N e b e n einer erschöpfenden B e h a n d l u n g der Einleitungsfragen bietet diese A u s g a b e einen textkritisch vorbildlich durchgearbeiteten T e x t v o n C M u n d E T und v o n den separat abgedruckten F r a g m e n t e n auf der Basis des C o d e x Venetus Marcianus graecus 4 9 6 . F e r ner ist die Epistula ad Iulium beigegeben. Ausführliche Register und eine Tabelle des V o r k o m m e n s der F r a g m e n t e i m E u s e b t e x t r u n d e n das W e r k ab. I m Blick auf die D a r b i e t u n g u n d den T e x t der F r a g m e n t e ist anzumerken: (1) Klostermann ist keine dem Gedankengang Markells oder doch zumindest der authentischen Reihenfolge der Fragmente entsprechende Neuanordnung gelungen.

273 274

275

276

Siehe dazu unten 176f. Loofs (Das Glaubensbekenntnis der Homousianer, 33f; Nestorius and his Place, 122 Anm. 1) versucht anhand eines inkorrekten Textes von Adv. Arium 1,39,26-34 für einen Teil der abendländischen Theologen die Lehre vom Wiederaufgehen der Trias in der Monas Gottes zu belegen: „Evacuatis enim omnibus, requiescit activa potentia, et erit in ipso deus (Loofs: deo), secundum quod est esse et secundum quod est quiescere, in aliis autem omnibus (von Loofs ausgelassen) spiritualiter secundum suam et potentiam et substantiam. Et hoc est: ut sit deus omnia in omnibus. Non enim omnia in unoquoque, sed omnia in omnibus. Manebunt igitur, omnia, sed (von Loofs ausgelassen) deo existente in omnibus, et ideo omnia erit deus, quod omnia erunt deo plena (304 Hadot, SC 68, Paris 1960). Macholz (Der Dichter Prudentius in den Spuren Marcells von Ancyra, ThStKr 82[1909] 577-592) möchte bei Prudentius - m. E. vergeblich - einen ökonomischtrinitarischen Monotheismus nachweisen. Siehe zum Ganzen auch Loofs, Leitfaden zum Studium der Dogmengeschichte, Halle 19064 (passim): §§ 15; 18,5b; 21; 22,4 u. 5; 33.

III. Die Edition im Berliner Corpus

55

(2) Klostermann druckte daher die Frgg im Wesentlichen in der Reihenfolge Rettbergs ab, wobei er jedoch von Rettberg zusammengezogene, ungezählte,1 bzw. doppelt gezählte2 Frgg mit einzelnen Nummern versah und absichtlich ausgelassene3 oder übersehene4 Frgg am Schluß hinzufügte. Auch Klostermann übergeht jedoch das neue kurze Frg 625 und erklärt ein Urteil Eusebs über die Theologie Markells im Widmungsbrief an Flakill zum Frg 128.6 Im übrigen kann die Epistula ad Iulium nicht als Fragment bezeichnet werden. (3) Die von Markell angeführten Aussagen und Anschauungen seiner Gegner sind nach dem - im Detail abweichenden Vorgange Rettbergs - bei Klostermann gesperrt gedruckt. Hier muß deutlich gemacht werden, ob es sich jeweils um eine Zitat oder ein Referat handelt. (4) Eine Uberprüfung der für das Verständnis Markells kritischen Textstellen an einer Kopie des Codex Marcianus 496 ergab, daß Klostermann mit größter Präzision gearbeitet hat. Daher waren nur zwei Stellen zu verbessern.7 (5) An zahlreichen Stellen können die „energischen Emendationen" 8 Klostermanns zugunsten des Wortlautes der Handschrift zurückgenommen werden. (6) Ferner waren an den für das Verständnis kritischen Stellen die jeweiligen Lesarten der älteren Ausgaben und der Sekundärliteratur zu verzeichnen. (7) Schließlich - darauf kann nur mit Beispielen hingewiesen werden können trotz der Hinzufügungen Hansens die Register weiter vervollständigt werden (es fehlen z.B. bei Markell Angaben zu: αεί, άπεργάζεσθαι, διάνοια, παρασκευάζειν, ύπομιμνήσκομαι; bei Euseb zu αεί, δεσπότης, διπλής, εκτείνω, έπιστήμη, επιστήμων, νόημα, δμοιος, πόνος). 1972 wurde die Edition Klostermanns von Hansen neu herausgegeben. 9 Hansen hat auf den Seiten 255-262 „Nachträge und Berichtigungen" angefügt, auf die der Leser durch Asterisci im Text hingewiesen wird. Sie bestehen aus einer Orientierung über die Markellforschung seit der Monographie Gerickes, aus Klostermanns eigenen Berichtigungen von 1906 (dort Seite 255f), den Bemerkungen von Paul Koetschau (Anzeige und Rezension der Ausgabe Klostermanns), 10 den textkritischen Vorschlägen Scheidweilers, 11 sowie aus weiteren eigenen und aus anderen Arbeiten übernommenen Anmer1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

11

Frg 84(127); Rettberg, Marcelliana, 87 Anm. Frg 52(91, 81=43). Frgg 23(125), 24(123), 25(124), 34(126); vgl. Marcelliana, 11. Frg 112(122,109). 99,32-24 Klostermann. 60,12 Klostermann. Frg 26(9,9): 46,14 und Frg 51(90,80): 35,16. S. XXV. Auch von Paul Wendland rühren Emendationen her. Die dritte Auflage von 1991 wurde um eine halbe Seite Literaturnachträge ergänzt. ThLZ 31(1906) 597-60. Hier auch Ergänzungen zu den Registern; von Hansen (262f) der Ausgabe hinzugefügt. Marcell von Ancyra, Z N W 46(1955) 202-214.

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Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

kungen und Verbesserungen. Während Koetschaus textkritische Arbeit fast ausschließlich Euseb galt,12 widmet sich Scheidweiler in Konjektur und Emendation nur dem Text der Markell-Fragmente. Hansen diskutiert die Textabänderungen Scheidweilers nur teilweise kritisch. Μ. E. können von allen Textoperationen Scheidweilers an insgesamt 15 Fragmenten nur drei aufrechterhalten bleiben, von denen die eine13 eine Konjektur Montagus gegen Klostermann wieder in ihr Recht setzt. Unglücklicherweise wurde gerade diese von Hansen übersehen, jedoch von Grillmeier wieder korrigiert. 14

IV. Die Arbeiten seit Loofs und vor der Zuschreibung neuer Schriften an Markeil a) Maurice Pourchet Die 1935 vollendete Dissertation von Maurice Pourchet nimmt die Zugänge Zahns und Loofs' zum Werk Markells mit der Absicht auf, diese zu präzisieren, zu nuancieren, abzugrenzen und weiter voranzutreiben. 1 Dies zeigt sich in der Gliederung daran, daß sich Pourchet im 2. Teil der Arbeit mit der Frage nach den Quellen der Theologie Markells beschäftigt, nachdem er im 1. Teil Leben und Lehre Markells dargestellt hat. Die Zahn'sche Charakterisierung Markells als eines „Reaktionärs" rezipiert Pourchet nicht nur im Sinne einer konservativen theologischen Haltung, sondern darüberhinaus im Sinne eines polemischen Reagierens auf die arianische Theologie. 2 Diese Verlagerung des Ansatzes Zahns dient Pourchet jedoch nicht zu einer positiven Neueinschätzung Markells. Vielmehr will er mit der zu extre12 13

14

1 2

Zwei Ausnahmen siehe Anmerkungen zu 211,12.21 (Hansen). Zu Frg 20(38,32): 191,15. - Siehe Scheidweiler, Marceil von Ancyra, Z N W 46(1955) 207 und Grillmeier, Jesus der Christus, Bd. 1, 420 Anm. 34. Aus einer Fülle kleiner Berichtigungen, Ergänzungen und Verweise zur Ausgabe von Klostermann-Hansen seien hier nur die wichtigsten angemerkt: 6,25 füge in den Apparat ein: Gal 1,1; 41,25 füge in den Apparat ein: Prov 8,27.30; 78,14f die Worte αγε ποιήσωμεν, αγε πλάσωμεν άνδρίαντα sind Teil von Frg 97(58,52); 159,9f füge in d. App. ein: Prov 8,27.30; 159, 12f füge in d. App. ein: Joh 8,42; 179,28 füge in d. App. ein: Gal 3,27; 180,21 korrigiere im App. Joh 7,21.22 in Joh 17,21.22; 186,29 füge in d. App. ein: Kol 1,18; 194,26 füge in d. App. ein: Joh 10,30; 195,11 füge in d. App. ein: Prov 8,27.30; 195,27 füge in d. App. ein: Gen 1,26; 198,lfüge in d. App. ein: Kol 1,26; 203,19 füge in d. App. ein: Joh 17,3; 207,32f füge in d. App. ein: Joh 17,5; 208,1 füge in d. App. ein: Joh 17,2; 208,4-8 füge in d. App. ein: Mt 28,18; 208,5f füge in d. App. ein: Joh 1,14; 208,12f füge in d. App. ein: Joh 17,22; 209,13 füge in d. App. ein: I Kor 15,27; 212,16 füge in d. App. ein: Prov 1,6. Marcel d'Ancyre et ses sources theologiques, Rom, 10; vgl. 4f.9. Marcel d'Ancyre, lf.4f.55.65.172.193.198; vgl. unten 58.

IV. Die Arbeiten vor der Zuschreibung der neuen Schriften

57

men Positionen zwingenden Kampfsituation sogenannte „Übertreibungen", „Maßlosigkeiten", „Einseitigkeiten", „sprachliche Unvorsichtigkeiten", „abenteuerliche Ansichten" etc. der Fragmente 3 psychologisch4 erklären und sie von den „Grundgedanken" Markells unterscheiden. Auf diese „idees de base" 5 habe Markeil seine Theologie in der Epistula ad Iulium zurückgeführt 6 und so vom Zufälligen („elements adventices") gereinigt.7 Die Differenzierung zwischen Grundgedanken und übertreibender Zuspitzung bildet auch den Ausgangspunkt für die Bestimmung der theologischen Quellen Markells. Obwohl Markeil sabellianischem oder monarchianisch-modalistischem Denken im Blick auf seine Hervorhebung des Monotheismus sehr nahe komme, stamme diese „teinte de Sabellianisme"8 nicht aus der Tradition, sondern rühre von Markells Radikalisierung seiner eigenen antiarianischen Einstellung her. 9 Auch Markells Verzicht auf die Vokabel ομοούσιος10 und die Verwendung von ,,αύτοούσιος"11 sei in einer Ubersteigerung der sonstigen „westlichen Tradition" begründet, in der Markeil stehe. Neben der „westlichen Tradition" gehören noch als dritte Komponente gewisse „Archaismen" zu den Quellen der Theologie Markells. Beide Größen zusammen entsprechen den „Grundgedanken". Von Loofs weicht diese Sicht der Dinge nicht nur darin ab, daß der extreme Monotheismus Markells nicht traditionell sein soll, sondern auch insbesondere in Pourchets Definition von „westlicher Theologie". Hatte Loofs die ältere westliche Theologie „über die Brücke" des Serdicense an die kleinasiatische und antiochenische Theologie angebunden, 12 so stehen für Pourchet die Namen Tertullian, Hippolyt und Novatian 13 für den Grundstock dieser westlichen Theologie gerade und zwar paradoxerweise in ihrer Eigenschaft als „apologetischer" 14 Logostheologen,15 die Pourchet in eine Linie mit der Lehre von der „Trinite 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12

13 14 15

A.a.O. 3.37.41.49.57f.78.80.82.108f.130f.141f.197.219. A.a.O. 3. A.a.O. 65. A.a.O. 15; 41 mit Anm. 1; 65f.77f; 95 mit Anm. 2; 99.108f.130f.212f. A.a.O. 65. A.a.O. 11. A.a.O. 4.62.83.85.162-170.187-190. A.a.O. 64.181-190. A.a.O. 187 nach Frg 114(97,86): 206,6. Pourchet (A.a.O. 43 Anm. 1) bestreitet den Einfluß Markells auf das Serdicense (A.a.O. 110 Anm. 1), sieht aber zu Recht die Differenzen zwischen Markell und Eustathius von Antiochien (A.a.O. 35 Anm. 4 und 173). A.a.O. 4.76.161.170.172.174.188. A.a.O. 4.161.180. Pourchet (a.a.O. 181 Anm.) sieht allerdings auch Unterschiede (Subordination; Trennung von Vater und Sohn), hält sie aber nicht für wesentlich.

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Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

economico-dynamique" stellt.16 Nach unserer Ansicht besitzt umgekehrt der strenge Monotheismus Markells Anklänge an die ältere Tradition (Praxeas) und die Logoslehre Tertullians und Novatians steht den Gegnern näher als diesem selbst.17 Richtig dagegen weist Pourchet mit Loofs unter dem Stichwort „Archaismen" auf die Verwandtschaft der Theologie Markells mit derjenigen des Irenäus im Grundsätzlichen hin.18 Insgesamt bleibt die Arbeit Pourchets bestimmt durch die Frage nach den Quellen Markells 19 und der Fragen nach seiner Orthodoxie. Bedauerlicherweise wird der formal richtige Ansatz bei der antiarianischen Polemik für das Markellverständnis nicht fruchtbar gemacht, da er keine andere Funktion hat, als „Auswüchse" (= sabellianische Färbung) von den Grundgedanken (westliche Theologie; Archaismen) zu unterscheiden, um damit den geläuterten Markell und seine Traditionen für die „Orthodoxie" zu retten. b) Hendrik Berkhof In seiner Arbeit über Euseb von Caesarea20 geht Berkhof auf den Seiten 192-204 auf den Streit zwischen Euseb und Markell ein. Berkhof sieht richtig das Wesentliche der Theologie Markells in ihrem heilsgeschichtlichen Charakter. Wenn Berkhof auch nach Loofs'schem Vorbild drei Ökonomien bei Markell unterscheiden will, so trifft doch auf Markell zu, was er mit „ökonomisch" meint: „Marcellus sieht sie (seil, die Wahrheit) als eine geschichtliche Bewegung,"21 und: Markells Theologie gründet sich „auf die Notwendigkeit und Wirklichkeit der Tatsache, daß Gott in der Geschichte den Menschen durch sich selbst erlöst."22 Folgerichtig hebt Berkhof auch die soteriologische Spitze der Inkarnations- und Geschichtstheologie Markells hervor. 23 Markells Beziehung der meisten christologischen Titel auf den Menschgewordenen sowie seine Auslegung von Prov 8 nennt Berkhof eine „exegetische Entdeckung". 16

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A.a.O. 170; vgl. 4.9.166. Pourchet (117.174.195f) parallelisiert wie Loofs Tertullians und Markells Verwendung von οικονομία. Allerdings gibt es auch echte Verwandtschaft zwischen Tertullian und Markell. Pourchet (a.a.O. 174-177) zeigt die Verbindungen zwischen Adv. Prax. 5-7 und Markell auf. A.a.O. 193-199. Die Thesen von Loofs von der Geistchristologie und vom „Binitarismus" modifiziert Pourchet (a.a.O. 109.200-204.21 Of) dergestalt, daß Markell nur in einer allgemeiner gefaßten ursprünglichen christlichen Lehrtradition stand, die aber nicht als Schulwissen weitergeben wurde. Die Theologie des Eusebius von Caesarea, Amsterdam 1939. Dieses vorzügliche Buch sollte neu gedruckt werden. Die Theologie des Eusebius von Caesarea, 197; vgl. 200-204. A.a.O. 204. Euseb denke platonisch-statisch, Markell dagegen historisch-dynamisch; vgl. 203. A.a.O. 202.

IV. Die Arbeiten vor der Zuschreibung der neuen Schriften

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Nicht exakt sind folgende Ausführungen: „Logos" meine bei Markeil nur im buchstäblichen Sinne „Wort", der Logos sei vor der Schöpfung δυνάμει in Gott eine „Möglichkeit" gewesen,24 „In Christus ist mithin der Logos Person und Sohn Gottes geworden (Harnack)." 25 Schließlich weitet Berkhof die Verwendung des Begriffspaares δυνάμει / ενεργεία auf die angeblich „dreifache Wirksamkeit" Gottes aus.26 c) Wolfgang Gericke Gerickes Arbeit wurde noch 1984 von Andre de Halleux 27 als die beste Synthese der Theologie Markells angesprochen.28 Ihr Aufbau ist folgender: nach einem I. Teil „Das Leben und Wirken des Marcell von Ancyra in der Kirchen- und Dogmengeschichte des 4. Jahrhunderts" folgt als Teil II unter der Uberschrift „Die Entwicklungsgeschichte der Marcell-Forschung von Rettberg bis zur Gegenwart (1794-1930)" die bisher einzige ausführliche Forschungsgeschichte zu Markeil von Ankyra bis zu den Arbeiten von Loofs. Teile III („Die vormarcellische antiochenische Theologie . . . ") und IV („Die vulgär-alexandrinische Theologie zur Zeit Marcells") zeigen die theologischen Optionen an, auf die Gericke Markells eigene Theologie bezieht. Teile V („Die Theologie des Marcell von Ancyra") und VI („Marcell und die Bibel") bilden die interpretatorischen und darstellerischen Schwerpunkte der Arbeit. Als VII. Teil fügt Gericke die erste vollständige deutsche Ubersetzung der Markell-Fragmente und der Epistula ad Iulium an, über deren Qualität schon oben auf das Urteil Scheidweilers und Hansens hingewiesen wurde. Im großen und ganzen nimmt Gericke die Thesen von Loofs auf, weicht aber auch charakteristisch von ihnen ab. Gericke bekennt, daß ihm Loofs „geradezu ein Führer durch das frühchristliche vorapologetische und altkirchliche apologetische Schrifttum geworden" ist. Auch in Bezug auf Markell von Ankyra folge er Loofs „im Prinzip". 29 Konkret heißt das, daß er mit Loofs „vor allem in der Ableitung von Marcells Gedankengut aus antiochenischen und alexandrinischen Traditionsstücken einig" ist.30 Gericke teilt somit Loofs' Thesen sowohl von der Existenz einer (im Wesentlichen schon vormarkellischen) antiochenischen Tradition (IQTU, Theophilus von Antiochien, Paulus von Samosata, Eustathius von Antiochien) 31 und einer „Geistchristologie", 32 24 25 26 27

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A.a.O. 195. A.a.O. 200; 202 nennt er solches „hypostatische Einheit". A.a.O. 202. „Hypostase" et „Personne" dans la formation du dogme trinitaire (ca 375-381), RHE 79(1984) 360 Anm. 1. 1940 als 10. Band der „Theologischen Arbeiten zur Bibel-, Kirchen- und Geistesgeschichte" in Halle erschienen mit dem Titel: „Marcell von Ancyra. Der LogosChristologe und Biblizist. Sein Verhältnis zur antiochenischen Theologie und zum Neuen Testament". Marcell von Ancyra, 183; vgl. 61.69. A.a.O. 183 Anm. 13; vgl. 69.71.169. A.a.O. 130. A.a.O. 181-188.

60

Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

als auch von deren Einfluß auf das Denken Markells. 33 Ebenso rezipiert Gericke die alexandrinische Herleitung der Theologie Markells, wie sie vom späten Loofs ausgesprochen wurde, akzentuiert sie jedoch anders und stärker. Denn hier hätten Markell nicht alle alexandrinischen Traditionen erreicht, in deren Linie oder Strom er stünde; vielmehr unterliege Markell - hauptsächlich in der Christologie - den Einflüssen der Theologie seiner unmittelbaren Gegner. Obwohl Markell erbittert gegen den apologetisch-alexandrinischen Hellenismus 34 ankämpfe, 35 rühre seine „henprosopische Christologie" von diesem her. 36 Während nun der späte Loofs mit der Mischung von antiochenischen, alexandrinischen (und volkstümlichen) 37 Traditionen angebliche Ungereimtheiten in der Theologie Markells erklären und diesen als gedankenlosen Tradenten hinstellen wollte, erkennt zwar auch Gericke „innere Widersprüche" 38 in der Theologie Markells und „Risse" im Gebäude, 39 möchte aber Markell dennoch als eigenständigen „Theologe(n) von nicht unbedeutender systematischer Kraft" 4 präsentieren. An dieser Stelle zeigen sich nicht innere Widersprüche im Denken Markells, sondern eine Unklarheit im Ansatz Gerickes: nämlich Markell sowohl als Traditionalisten, der die eigenen Traditionsstücke nicht mehr verbinden kann, als auch als innovativen systematischen Theologen verstehen zu wollen. Einerseits habe er nur „äußerlich den Schein eines einheitlichen Systems herzustellen" 41 vermocht. Andererseits sei die „konsequente . . . und in ihrer Geschlossenheit imponierende Durchführung der von der antiochenischen Tradition übernommenen homousianisch-ökonomischtrinitarischen Anschauungen . . . in der Tat etwas einmaliges, sie" sei „ganz sein eigenes Werk;" 42 und: „Wie die Trinitätslehre trotz aller antiochenischen Einflüsse ein Neues ist, so ist auch die Christologie trotz aller sich darin vorfindenden, einander widersprechenden Traditionen ein eigenes, neues, der Trinitätslehre angepaßtes und selbst in ihrer henprosopischen Färbung sich aus dieser Trinitätslehre konsequent ergebendes Gebilde." 43 Ganz abgesehen davon, worin Gericke das „Alexandrinische" oder das „Neue" Markells erblickt: Gericke hält lieber an einem von Tradition und Innovation 44 sowie

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A.a.O. 7-9; 15 Anm. 38; 19.60-69.71-87.112.130.133.137-142.145-147.153f.161.167. 186f. Gericke bezeichnet a.a.O. 3f.l9 die Folgen der Konstantinitschen Wende mit dem Begriff „akute Hellenisierung", ohne diesen von seiner ursprünglichen Prägung durch Harnack abzugrenzen. A.a.O. 4.103.112. A.a.O. 4; 15 Anm. 38; 87.152f; vgl. 155-169 und 186. Auf S. 160 rechnet Gericke mit dem „Volksmodalismus" als theologischer Quelle für Markell; S. 183 Anm. 13 schränkt er jedoch seinen Einfluß gegen Loofs ein. A.a.O. 167. A.a.O. 183 Anm. 13. A.a.O. 141. A.a.O. 183 Anm. 13; vgl. 153.169. A.a.O. 141; vgl. 142. A.a.O. 167. A.a.O. 4.9.133.

IV. Die Arbeiten vor der Zuschreibung der neuen Schriften

61

deren „inneren Widersprüchen" geprägten unklaren Markell-Bild fest, als den „traditionsgeschichtlichen" Ansatz Loofs* in Frage zu stellen. Weitere Unklarheiten der Arbeit Gerickes, die mit seiner Wertung Markells als eines „Systematikers" zusammenhängen, zeigen sich beim Titel „Biblizist" für Markell. War bisher der Systematiker Markeil von Gericke eher positiv gesehen, da er die scheinbar disparaten Gedanken der Tradition neu zusammenzufügen vermochte, bekommt der Systembegriff jetzt eine negative Konnotation. Gericke kritisiert zurecht die Konstruktion Zahns, als habe Markell die biblische Offenbarung identisch bewahrt. Das „System Marcells" entspreche auch nicht der Theologie des Irenäus, die ihrerseits wiederum nicht „qualitativ in allen Punkten der Offenbarung" entspreche.45 Anhand der Interpretation von Markells Auslegung von I Kor 15,24ff (wobei Gericke fälschlich eine doppelte Exegese unterscheiden will: zum einen bezogen auf den erhöhten Menschen Jesus, zum anderen auf den präexistenten Logos)46 wird deutlich, daß Gericke Markell nicht als einen „Biblizisten" charakterisieren will: Die Logos-Exegese von I Kor 15,24ff verdanke Markell seinem „System", bzw. „seinem deduktiv-systematischen Denken" und nicht der Bibel.47 Markell habe durch diese Auslegung „den Sinn der Stelle völlig verkehrt(e)" und „sein System biblisch maskiert".48 Gleichzeitig führt Gericke auch diese Logos-Deutung auf die antiochenische Tradition zurück und schreibt: „Es war Marcells Verdienst, diese Reste theologisch-systematisch verwertet und, durch die kirchlichen Kämpfe seiner Zeit veranlaßt, gegenüber dem Pluralismus seiner Gegner die Anschauung von der Homousie des Logos mit Gott immer mehr durch die Verwendung der Logosdeutung von I Kor 15,24ff verstärkt zu haben." 49 Abgesehen von der Tatsache, daß Gericke Markell jetzt die Verkehrung des Schriftsinnes als Verdienst anrechnet, entfernt er sich entscheidend von Loofs, für den die antiochenische Tradition immer gleichbedeutend mit biblisch oder doch zumindest mit bibelnah ist. Auch die Unterscheidung der beiden Seinsweisen des Logos δυνάμει im Vater und ενεργεία bei Gott mittels der Auslegung von Joh 1,1 bezeichnet Gericke als biblische Maskierung und Hineinlesen des Systems in die Bibelstelle.50 Zugleich verbucht er diese Ausführungen als einen selbständigen Ausbau der ökonomisch-trinitarischen Auffassung der Antiochener. 51 Auf Seite 165 seiner Arbeit kann Gericke sogar sowohl Markells christologischen Ansatz, als auch seine Soteriologie und Eschatologie als unbiblisch qualifizieren. Seite 189 schreibt er: „ . . . ein menschliches theologisches System spielte auch bei ihm (seil. Markell) die Hauptrolle und benutzte die Bibelstellen nur als eine nach Wunsch geformte und willkommene Begründung seiner selbst." Nach diesen Sätzen52 könnte man annehmen, daß Gericke zur „Ketzerdeutung" Markells neige, deren Vertre45 46 47 48 49 50 51 52

A.a.O. 56f; vgl. 181. Siehe dazu unten 362. Marcell von Ancyra, 143; vgl. 187. A.a.O. 144. A.a.O. 147. A.a.O. 148 Anm. 71; vgl.124. A.a.O. 187; vgl. 142. A.a.O. 153; vgl. 170.181.

62

Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

ter er im II. Teil seiner Arbeit vorstellte.53 Anscheinend unbeschadet dieser vernichtenden Urteile kann Gericke wiederum einen Nachhall eines alten, genuin biblischen Gedankens 54 bei Markell finden und die Nähe vieler Momente seiner Trinitätslehre zur urchristlichen Uberlieferung. 55 Markell knüpfe mit der Betonung von I Kor 15,24ff „an Paulus selbst an" und stehe aber insbesondere deswegen „sachlich der Bibel wirklich näher als fast alle seiner Zeitgenossen", weil er sich „an ältere und zum Teil älteste Traditionen" anschließe.56 Abgesehen davon, daß schon diese Sätze ein Widerspruch zu den zitierten Negativurteilen sind, verwickelt sich Gericke schließlich in den weiteren Widerspruch, daß dieser „trübe gewordene(n) Fluss(e) der ihm (seil. Markell) erreichenden Traditionen", den Markell (fälschlich) mit der Offenbarung identifizierte, Markell „an eine(r) echte(n) Begegnung mit der in der Bibel sich uns erschließenden Offenbarungswirklichkeit" verhinderte. 57 Auch hier setzt sich Gericke nicht nur von Zahn, sondern auch von Loofs ab, für den nicht der Fluß der Traditionen, sondern die Rezeptionsfähigkeit Markells trübe geworden war. Das Markell-Bild Gerickes ist in sich widersprüchlich. Er will sich bewußt an Loofs anschließen. Dennoch steht der „Traditionalist" Markell (nach Loofs) dem „innovativen Systematiker" (nach Gericke) unausgeglichen gegenüber. Beide sollen sich vom „Biblizisten" distanzieren (gegen Zahn) und geraten so in die Nähe des „Häretikers". Die Distanzierung gelingt dem Traditionalisten nur unter Lockerung des Zusammenhanges von Schrift und Tradition (gegen Loofs) und dem „Systematiker" nur unter Abweichung von beiden (gegen Loofs). Im Blick auf die These der vorliegenden Arbeit muß festgestellt werden, daß Gericke zu keiner Klarheit über den „Innovatoren" Markell gelangt ist: das Neue ist für Gericke einmal einfach die „systematische Kraft" Markells, zum andern die Fähigkeit Markells, die ihm überkommenen Traditionen in „imponierender Geschlossenheit" darzubieten, und schließlich die polemische Situation in dem Sinne, daß er gegnerische Theologumena (die „henprosopische Christologie") rezipiert habe.

53 54 55 56 57

A.a.O. 35-47. A.a.O. 130. A.a.O. 187; vgl. 178. A.a.O. 188. A.a.O. 189f. Einen gewissen Ausgleich zwischen dem unbiblischen, systematischen und „bibelnahen" Markell erreicht Gericke dadurch, daß er Markells Dogmenkritik als ein Programm („Rückgang auf die Schrift") darstellt, das Markell selbst nicht erfüllen konnte (188f; vgl. 4.112). Allerdings ist es unhaltbar, wenn Gericke schreibt: „Er (seil. Markell) war sich mit einer Klarheit, die ihn weit über seine Zeitgenossen erhob, der menschlichen Relativität aller theologischen Erzeugnisse bewußt (188)." Markells Dogmenkritik schließt nicht eine authentische und gültige Formulierung von christlichen Glaubensätzen aus; solche Glaubensätze sind im Bewußtsein Markells identisch mit der Schrift (siehe unten 290f).

IV. Die Arbeiten vor der Zuschreibung der neuen Schriften

63

d) Jose M. Fondevila Der Aufsatz Fondevilas beschränkt sich auf die Christologie Markells. 58 Die Arbeit enthält richtige Erkenntnisse; 59 im Wesentlichen wird sie der „Christologie" Markells jedoch nicht gerecht, weil Fondevila zum einen durch die Aussparung der Gotteslehre gewisse Probleme gar nicht in den Blick bekommt und zum andern Markells Christologie in unangemessener Weise nach einer vorgefaßten „Orthodoxie" stilisiert. Wenn Fondevila den menschgewordenen Logos zwar als „persona distinta" aber nicht „substantia distinta" 60 vom Vater beschreibt, dann spielt hier jungnizänisches Denken herein. So sehr Markeil an einen „seinsmäßigen Bezug" zwischen Gottheit und Menschheit im Menschgewordenen denkt (anders Hübner; siehe unten 162-168), so wenig Anhalt besitzt diejenige Deutung an den Texten, die Fondevila dieser inkarnatorischen Einheit gibt: „un solo ser", 61 und: „una verdadera union substancial". 62 Ja er geht sogar so weit, unter solcher „Wesenseinheit" des inkarnierten Logos dasselbe zu fassen, was dann später „hypostatische Einheit" 6 3 genannt werden wird. Hier hätte eine Einbeziehung der gesamten Gotteslehre Markells der Interpretation andere Konturen geben müssen. Zwar ist es zutreffend, daß in den Fragmenten der angenommene Mensch nie als zweites Subjekt neben den Logos tritt; 64 dennoch scheint mir Fondevila weder die Verschiedenheit der Aspekte, mit denen Markell den Menschgewordenen betrachtet, noch die Ansätze Markells zu einer Selbständigkeit des in der Kraft des Logos zu handeln beginnenden Menschen voll gewürdigt zu haben.

58

Ideas cristologicas de Marcelo de Ancyra, E E 2 7 ( 1 9 5 3 ) 2 1 - 6 4 ; vgl. 21.24.26.

59

Solche sind: Markell lehre keinen Patripassianismus (29.31); der angenommene Mensch ist sowohl individuell als auch allgemein verstanden (32); Markells prädestinatianistisches Verständnis von Prov 8,22f (35-39); der Erlöser ist nach Markell kein bloßer Mensch (47); Markell lehre keine bloß „dynamische" Einheit von Logos und Fleisch (50-56); Markells Christologie unterscheidet sich von der des Paulus von Samosata, bzw. von dem, was man dafür hält (28-33.41f.44.46.49f.55); etc. Ideas cristologicas, 29f; vgl. 49.

60 61

A.a.O. 34f.40-43.47.49.56.

62

A . a . O . 40.42.56.

63

A . a . O . 49.

64

A.a.O. 31.39.41f.49.

64

Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

V. Die Identifikation und Interpretation neuer Schriften Markells und die Auseinandersetzungen um ihre Authentizität a) De sancta ecclesia: Giovanni Mercati, Marcel Richard, R. C. P. Hanson, Α. Η. Β. Logan Mit der Zuschreibung der kleinen von Mercati 1901 edierten Schrift 'Ανθίμου επισκόπου Νικομηδίας και μάρτυρος έκ των προς Θεόδωρον περί της αγίας εκκλησίας1 an Markell eröffnete Richard 19492 eine neue und noch nicht abgeschlossene Phase der Markellforschung, die durch Erweiterung und Sicherung der Markell-Quellen gekennzeichnet ist. In diesem Brieffragment3 versucht Pseud-Anthimus nach einer grundsätzlichen Definiton von Kirche und Häresie die „Ariomaniten", von denen er Asterius und Euseb von Caesarea namentlich nennt, mit Hilfe von Zitaten als von Valentin, Hermes Trismegistos, Plato, Apelles und Dositheos abhängig zu erweisen. Außer von R. C. P. Hanson, der aber in einem Oxforder Beitrag von 1987 von A . H . B . Logan widerlegt wird, 4 fand die Zuschreibung dieses Textes an Markell allgemeinen Beifall. Die negativen Argumente Hansons sollen im folgenden behandelt werden, von den positiven Richards wegen der sonstigen Unbestrittenheit der Authentizität der Kürze halber aber nur diejenigen, die korrigiert werden müssen, zumal

1 2

3

4

in: Note di letteratura biblica e cristiana antica, StT 5(1901) 87-98. Un opuscule meconnu de Marcel eveque d'Ancyre, MSR 6(1949) 4-28 = Opera minora Bd. II, Turnhout/Löwen 1977, Nr. 33. Der Text ist an einen bestimmten Adressaten (Theodorus?: vgl. ,,ΐν'είδέναι εχοις on . . . " [§ 8, Zeile 44f Mercati, StT 5, 1901]) gerichtet (Harnack, Geschichte der altchristlichen Litteratur bis Eusebius, Bd. II/2, Leipzig 19582, 159 Anm. 3). - Ist der Text ein Brief, dann muß er ein Fragment sein. Dessen Einheitlichkeit wurde von Mercati (90 Anm. 3 [StT 5,1901]), Otto Bardenhewer (Geschichte der altkirchlichen Literatur, Bd. 2, Darmstadt 19623, 334) und Walter Scott (Hermetica Vol. IV, Testimonia, Oxford 1936 [London 19682] 155 Anm. 2) in Frage gestellt: ein §§ 1-7 und § 19 enthaltender Rahmen, der eventuell tatsächlich einer Schrift ad Theodorum de sancta ecclesia des Anthimus von Nikomedien (f302) entnommen wäre, umspanne die §§ 8-18 als eine circa 350 n.Chr. eingeschobene Interpolation. Dagegen sprechen (1) der sinnvolle Gesamttext, (2) die Nennung der Manichäer (Chronologie; allerdings nur im Codex Scorialensis) in § 7; (3) die Definition der Kirche (Einheit, Apostolizität, Katholizität im Sinne kosmischer Unversalität; solche Definition fände Harnack [Geschichte der altkirchlichen Litteratur, II/2, 159] „bei einem Morgenländer um 300 unerhört"); (4) die Zusammenstellung von Hermes, Plato und Aristoteles sowohl in § 7 als auch in § 16 und (5) die Nennung der Sadduzäer sowohl in § 5 als auch in § 18 (Vgl. Richard, Un opuscule meconnu, 23-27). R.C.P Hanson, The Date and Authorship of Pseudo-Anthimus De sancta ecclesia, PIA 83, C, 9(1983) 251-254. - A.H.B. Logan, Marcellus of Ancyra and anti-Arian Polemics: StPatr 19, Löwen 1989, 189-197.

V. Die neuen Markell-Schriften

65

die wichtigsten von ihnen im Kommentar zu den korrespondierenden Frgg benannt werden. 5 Beginnen wir mit letzteren: (1) Richard vergleicht § 10, Zeile 50f Mercati, StT 5(1901) von De sancta ecclesia (διό και πάλιν προ αιώνων άναπλάττουσιν δεύτερον θεόν υπό πατρός γεγενήσθαι, ... ) ganz korrekt mit den Frgg 36(18,15) und 66(36,31),6 beachtet aber nicht, daß Markell genau dem Wortlaut von De sancta ecclesia § 10 entsprechend zwischen einer Zeugung des Logos vor den Äonen, die Markell in bestimmter Fassung bejaht, und einer Entstehung des Logos vor den Äonen, die er verwirft, unterscheidet. Ferner interpretiert Richard auch Markells Ablehnung eines Werdens des Logos in Frg 71(33,28)7 und seine Kritik am Zeugungsbegriff Eusebs von Caesarea in De sancta ecclesia § 12, Zeile 58f Mercati: δια τοϋτο και άγέννητον [και γεννητόν]8 Έυσέβιος ό της Καισαρείας γέγραφεν und Frg 123(32,27)9 nicht exakt als ein Ausschluß jeglicher Vorstellung einer Zeugung des Logos vonseiten Markells. (2) Neben die unhaltbare Meinung, Markell schlösse in De sancta ecclesia und überhaupt den Bezug des Sohnes- und des Zeugungsbegriffes auf den Präexistenten aus,10 tritt in der Interpretation dieses Textes durch Richard eine zweite Fehldeutung Markells: Markell habe nicht auch gegen die Geschöpflichkeit und Subordination des Logos polemisiert, sondern nur gegen den Ditheismus und die persönliche Trennung von Vater und Logos.1 (3) Aus diesen unpräzisen Interpretationen folgert Richard konsequent, aber natürlich auch unrichtig, daß Euseb von Caesarea Markell in seinen Schriften nicht verleumdet habe12 und daß die Epistula ad Iulium kein wahrhaftiger Ausdruck des Glaubens des Galaters sei.13

5

6 7 8 9 10

11

12 13

Es lassen sich über Richard hinaus noch zwei weitere Argumente für die Verfasserschaft Markells anführen: (1) Auch Pseud-Anthimus gebraucht wie Markell den Begriff δόγμα nur negativ für Aufstellungen der Häretiker (§ 8, Zeile 45 und § 18, Zeile 93 Mercati), die nicht der apostolischen Tradition, sondern deren eigener Willkür entstammten (§ 3, Zeilen 18-22 Mercati). Vgl. dazu unten 286. (2) Pseud-Anthimus erwähnt die galatischen (Filastrius, Diversarum Haereseon liber 55: 240 Heylen, CChr.SL Bd. IX, 1957) Ketzer Hermes und Seleucus (§ 6: Zeile 38 Mercati). U n opuscule meconnu, 7 Anm. 3; 12 mit Anm. 4; 13; 15 mit Anm. 4. A.a.O. 13 mit Anm. 3. Vgl. unten 458 mit Anm. 876. Un opuscule meconnu, 18; vgl. unten 455f mit Anm. 859. Un opuscule meconnu . . . 9.11.13-16.18f.21. Die Ubersetzung Richards (7) von § 10, Zeile 51Mercati „a ete engendre" ist in „est devenu" zu verbessern. Un opuscule meconnu, 10-14.16.19. Richard spricht an diesen Stellen unpräzise davon, daß Markell die Personen von Vater und Sohn nicht unterscheide. Es ist zwar korrekt, daß Markell keine „Personen" lehrt, inkorrekt aber, daß er Vater und Sohn nicht unterscheide, „δύο διαιρούμενα πρόσωπα" (Frg 48[67,60]: 198,7 Klostermann; Richard, Un opuscule meconnu, 15) sollte nicht mit „deux personnes distinctes", sondern „d. p. separees" wiedergegeben werden. Un opuscule meconnu, 27f. A.a.O. 10 Anm. 1; 27 Anm. 1; 28.

66

Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

Hanson hat die Zuweisung des Fragments an Markell aus Datierungsgründen bestritten und sieht den Ursprung der Schrift in Eustathianischen oder Markellischen Kreisen der siebziger oder achziger Jahre des 4. Jahrhunderts. Er nennt folgende drei Gründe: (1) erst der Neoarianismus hätte die Entstehung des Sohnes aus dem Willen des Vaters in den Mittelpunkt gerückt. Dies ist nicht haltbar, wie die Kontroverse zwischen Markell und seinen Gegner sowie die frühen arianischen Urkunden belegen.14 (2) Pseud-Anthimus führe ferner auch Aristoteles als Lehrer der „Ariomaniten" an. Hanson hält solches ebenso erst nach dem Auftreten des Aetius und Eunomius für möglich. Dieses Argument ist sowohl grundsätzlich nicht stichhaltig als auch ganz besonders deshalb, weil „Markell" den Namen Aristoteles nur nennt15 und somit in keiner Weise gegen ihn polemisiert, wie es die positive Aristotelesreferenz der Jungarianer erforderte. (3) Allein der dritte Grund Hansons ist tatsächlich gewichtig. Dieser bewog schon Richard zu einer Datierung des Stückes ins 3. Viertel des 4. Jhs, 16 nämlich der Vorwurf des Pseud-Anthimus, die Ariomaniten behaupteten, daß der Heilige Geist nicht anzubeten und zu verehren und daß er ein δοϋλος und υπηρέτης sei.17 Obwohl diese Stelle freilich gegen Eunomius 18 oder die Makedonianer 19 gerichtet sein könnte (und gegen die Anfänge letzterer chronologisch auch sein kann), spricht doch folgendes gegen eine späte und für eine Datierung circa zwischen 340 und 350: 1. Markell spricht von Euseb von Caesarea wie von einem noch Lebenden oder erst kürzlich Verstorbenen;20 2. das Thema der Stellung des Heiligen Geistes ist im Gesichtskreis von Markell schon durch ET 111,4,5-6,6 (159,1-164,28) angeschlagen; 3. vonseiten der Eusebianer muß es in den Dokumenten, 21 auf die Markell mit dem sogenannten westlichen Bekenntnis von Serdika antwortet (Loofs, Das Glaubensbekenntnis der Homousianer, § 3f, Zeilen 7-13 und § l l f , Zeilen 51-62; Tetz, Ante omnia de sancta fide, 252-254) weiter verfolgt worden sein. Auch wenn man eher mit Richard und Hanson zu einer Spätdatierung geneigt wäre, würde auch diese Haltung die Autorschaft Markells nicht ausschließen.

14 15 16 17 18 19 20 21

Vgl. unten 257 mit Anm. 59. § 7, Zeile 41 und § 16, Z. 84f Mercati. U n opuscule meconnu, 22. § 18, Zeilen 90-93 Mercati. Eunomius, Apologie 27: Zeile 5f (S. 70) Vaggione, OECT, O x f o r d 1987. Dialoghi contro i Macedoniani: 90,19f Cavalcanti, CPS.G, Turin 1983. § 12, Zeilen 62-64 Mercati. Vgl. dazu 143 Anm. 133.

V. Die neuen Markell-Schriften

67

b) Die Epistula ad Liberium (= Contra Theopaschitas): Hans-Georg Opitz, Marcel Richard, Felix Scheidweiler, Martin Tetz Ebenfalls im Jahre 1949 stellte Richard die These auf, daß das von Opitz 1935 edierte und von diesem dem Nestorius oder Eutherius von Tyana (oder einem anderen Nestorianer) zugeschriebene Pseudathanasianum „Gegen die Theopaschiten" 22 wegen seiner Einhypostasentheologie aus dem 4. Jh. und dem Umkreis des Athanasius, genauer noch aus der „Eglise niceenne dissidente d'Ancyre" 23 stammen muß. Unabhängig von Richard, aber auch ausgehend von der „altnicänischen Verwendung" der Termini ουσία und ύπόστασις, weist Scheidweiler die Glaubensformel „Gegen die Theopaschiten" dem Eustathius von Antiochien zu, nachdem er die Verfasserschaft Markells von Ankyra ernstlich erwogen, aber wegen des Logos-Prädikates υίός πρωτότοκος24 und der „Logos-Sarx-Theologie" wieder verworfen hatte. Nach einem Briefkontakt mit Richard, der Scheidweiler darauf hinwies, daß die Wendung „o . . . λόγος . . . καλείται υίός πρωτότοκος" nicht unmarkellisch ist, und aufgrund von Parallelen zum Serdicense25 erkennt letzterer Markell als Autor des kurzen Textes an.26 Tetz machte es sich schließlich in seinem „Markell III" zur Aufgabe, die Glaubensformel kritisch zu edieren und die Thesen Richards und Scheidweilers durch einen genauen Vergleich mit der Theologie Markells zu überprüfen. Ein neue kritische Edition wurde durch die Entdeckung Tetzens27 notwendig, daß der von Codex D gebotene Text identisch ist mit der in großer handschriftlicher Breite überlieferten pseudathanasianischen „Epistula ad Liberium", die in den Manuskripten und Athanasiuseditionen mit einer „Epistula Liberii ad Athanasium" gekoppelt erscheint.28 Im Anschluß an die Vorstellung und Beurteilung der handschriftlichen Überlieferung und die Darbietung des Textes (Markell III, 150-154) liefert Tetz auf den Seiten 154-198 seines 22

23 24 25 26 27

28

Untersuchungen zur Überlieferung der Schriften des Athanasius, AKG 23(1935) 210-212. Opitz gab den Text nach dem Codex Ambrosianus D 51 (235) ff 221v 222b r heraus. Robert P. Casey (The De incarnatione of Athanasius, Part 2: The Short Recension, StD 14, London/Philadelphia, 1946, XHIf) bestritt gegen Opitz (Untersuchungen, 190-203.210f) die antiochenische, geschweige denn nestorianische Herkunft der Sammlung des Codex D, hält aber die Theologie von „Contra Theopaschitas" durchaus für antiochenisch (a.a. O., XIII-XV). Bulletin de Patrologie, in: MSR 6(1949) 129. § 2, Zeilen 7f Tetz, Markell III, 152. Ein Glaubensbekenntnis des Eustathius von Antiochien? ZNW 44(1952) 240f. Wer ist der Verfasser des sog. Sermo Maior de Fide, ByZ 47(1954) 353f. Zur Edition der dogmatischen Schriften des Athanasius von Alexandrien, ZKG 67(1955/56) 6 Anm. 15; Markell I, 221 mit Anm. 22-25; Markell III, 148. - Auch Scheidweiler (Ein Glaubensbekenntnis, 237f) hatte den Text ediert. Als Anhang von Tetz (Markell III, 192f) ebenfalls ediert.

68

Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

Aufsatzes eine an Minutiosität wohl kaum zu übertreffende Bestätigung der Verfasserschaft Markells. Auf den Seiten 188-191 folgen die sich daraus ergebenden neuen Erkenntnisse für das Gesamtverständnis der Theologie Markells. Zu Uberschrift, Form und Datierung bemerkt Tetz: keine der bezeugten Uberschriften ist ursprünglich; der Form nach ist die Schrift kein Brief, kann aber einem Brief entnommen sein, der als Kontaktaufnahme des im Osten isolierten Markell in der Anfangszeit des Pontifikates des Liberius (352-366) mit demselben durchaus verständlich wird. 29 Die Präzisierung der Datierung kann nach Tetz erst im Anschluß an die Klärung des Verhältnisses der beiden „Episteln" geklärt werden. „Vermutlich hat das Bekenntnis seinen Ort zwischen Serdika 342/343 und De incarnatione et contra Arianos." 30 Die „Glaubensformel" gibt einen Abriß der Gottes, Logos- und Geistlehre im heilsgeschichtlichen Rahmen von der Schöpfung des Menschen , über die alttestamentlichen Werke des Logos, seine Menschwerdung, Kreuzigung, Grablegung, seinen Teufelssieg, die Auferweckung und Befreiung des Begrabenen (seil, des Fleisches) vom Tode, die Darbringung zum Vater, bis hin zu unserer Verwandlung zur Unverweslichkeit und Unsterblichkeit durch Gott. Da auch die Zuschreibung der „Epistula ad Liberium" an Markell bisher noch nicht argumentativ bestritten wurde, 31 muß hier nur auf die von Tetz abschließend als ein für das Gesamtverständnis Markells neues Problem verhandelte Frage nach Markells Stellung zur Regula fidei eingegangen werden. Tetz nimmt damit „die alte Frage nach den Traditionen Markells" 32 auf, wobei er diese nicht gegen Markells Schriftbezogenheit („Biblizismus")33 oder theologische Selbständigkeit ausspielen will. Tetz weist Parallelen zwischen Tertullian und Markell im Bereich der Regula fidei nach. Eine literarische Abhängigkeit schließt Tetz aus und formuliert auch Möglichkeiten einer Rezeption aus zweiter/dritter Hand oder von „kleinasiatischer" Tradition nur als Fragen.34 Das methodische Problem macht Tetz selbst deutlich: wie verhalten sich Markells (und mutatis mutandis Tertullians) Relationen der regula fidei, die natürlich je nach der polemischen Situation anders ausgestaltet sind, zu traditionellen Elementen. 35 Als erstes Argument (1) stellt Tetz nebeneinander: 29 30 31 32 33 34 35

Markell III, 155.194. A.a.O. 188 Anm. 212. Dies unterläßt auch Lienhard (Contra Marceilum, 179). Markell III, 191; vgl. 189. A.a.O. 189; vgl. 188 und 172. A.a.O. 190. A.a.O. 190f.

V. Die neuen Markell-Schriften

Frg 109(121,108): 212,5f

69

Adv. Prax. 2,1: Zeilen 4-8 Kroymann/Evans, CChr.SLII, S.l 160

„ . . . είς θεός, και ό τούτου λόγος „ . . . unicum quidem Deum crediπ ρ ο η λ θ ε ν μεν τοϋ πατρός, Ινα πάντα mus, sub hac tamen dispensatione quam oikonomiam dicimus, et unici δι' αύτοΰ γενηται ..." Dei sit et Filius, sermo ipsius, qui ex ipso processerit, per quem omnia facta sunt et sine quo factum est nihil." Sodann (2) argumentiert Tetz mit der strukturellen Ähnlichkeit zwischen dem Bekenntnis der Epistula ad Iulium und den Tertullianischen Bekenntnissen (Adv. Prax. 2,1; De praescriptione haereticorum 13,2f und De virginibus velandis 1,3). Wie in der Epistula ad Iulium eine zweigliedrige Formel (1. Der eine Gott und die Kosmologie; 2. Symbolum Romanum) vorliege, so auch bei Tertullian, dessen Regulae im zweiten christologischen Teil dem Romanum sehr ähnlich seien.36 Tetz fährt fort (3a): „Zugleich gewinnt man aber auch den Eindruck, daß in diesem neu gewonnenen Bekenntnis Markells (seil, in der Epistula ad Liberium) noch die ursprüngliche Fortsetzung der zugrunde liegenden Regula durchschimmert, deren Anfang uns als solcher durch die auffallend ähnlichen Formeln in Markell-Fragm. 121 bzw. in Epistula ad Iulium (1. Bek.) und in Tertullians Relationen der Regula (Adversus Praxean cap. 2,1; vgl. De praescriptione haereticorum cap. 13,2-3) erkennbar wird. In Betracht kommen dabei besonders Epistula ad Liberium §§ 1-6 und 13. Denn auch darin" (3b) „stimmen der Verfasser der Epistula ad Liberium und Tertullian (in De praescriptione haereticorum [cap. 13], cap. 23,11, cap. 36,5 und in De virginibus velandis cap. 1,3) überein, daß ,die Auferstehung des Fleisches' das entscheidende und - im Gegensatz zu Romanum - alleinige Moment am Schluß der Regula ist. Für Epistula ad Liberium §11 ist" (3c) „natürlich nicht ganz ohne Bedeutung, daß Tertullian in Adversus Praxean cap. 2,1 zwar in anderer Verbindung, aber doch an ähnlicher Stelle die Trias (,qui credunt in Patrem et Filium et Spiritum sanctum') als Schluß nennt." 37 Schließlich sieht Tetz in folgenden (4a,b) Gegenüberstellungen Uberlieferungen, die zur Regula gehören, und so Markell erreicht hätten:

36 37

A.a.O. 189f. A.a.O. 190f.

70 a)

Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

Ep. ad Liberium § 2(7f)

,τούτου καλείται υίός πρωτότοκος'

De praescriptione haer. 13,2f: 2-5 Refoule CChr.SL I, 1954, S. 197 „Unum omnino Deum esse nec alium » praeter mundum conditorem, qui universa de nihilo produxerit per verbum suum primo omnium emissum: id verbum Filium eius appelatum . . . " (vgl. Adv. Prax 2,1 [siehe oben] »„ . . . unici Dei sit et Filius sermo ipsius . . . ) Adv. Prax. 2,1(10) „ . . . «-•Jgu cognominatum Iesum Christum . . .

Argumente (2) und (3a,b,c) scheinen mir nicht stichhaltig für die B e g r ü n d u n g eines an der Uberlieferung

der Regula

fidei

haftenden

Traditionszusammenhangs Tertullian-Markell zu sein, von dessen Existenz auch ich grundsätzlich überzeugt bin.39 Denn (zu 2) die Zusammenfügung des Bekenntnisses Markells in Epistula ad Iulium aus einem Präexistenz- (215,4-17 Klostermann) und einem Inkarnationsteil (215,17-24), welcher letzterer mit dem Romanum identisch ist, ist ein singulärer Vorgang, der mit keiner der Regulae Tertullians vergleichbar ist. Ferner scheint mir Punkt (3a) zu spekulativ, (3b) zu unbestimmt in seiner Unterschiedenheit von anderen nichttertullianischen und nichtmarkellischen Bekenntnisschlüssen und (3c) schon bei Tertullian nicht traditionell, sondern allen durch die Polemik gegen Praxeas motiviert. Wirklich stichhaltig sind m. E. Argumente (1) und (4a,b) insofern, als beide (Markeil und Tertullian) bestimmte christologische Titel nicht dem Präexistenten beilegen, sondern auf eine (spätere) Benennung zurückführen. Doch scheint es mir auch hier nicht eindeutig zu sein, daß diese Gemeinsamkeit an der Uberlieferung speziell der Regula fidei hängt und nicht vielmehr an einer gemeinsamen theologischen Tradition überhaupt. c) Die Epistula ad Antiochenos (= Sermo maior de fide): Eduard Schwartz, Robert P. Casey, Felix Scheidweiler, Manlio Simonetti, Henrik Nordberg, Martin Tetz, Alois Grillmeier u. a. Mit der Besprechung der Epistula ad Antiochenos kommen wir zu den Markellischen „Antilegomena" (insbesondere bestritt Simonetti Markells Verfasserschaft). Tetz und Grillmeier unterzogen den Text thematisch speziell ausgerichteter Untersuchungen. 38 39

A.a.O. 191. Siehe unten 514f.

71

V. Die neuen Markell-Schriften

1954 w i e s Scheidweiler die A u t o r s c h a f t Markells an d e m s o g e n a n n ten „Sermo maior de

fide"40

nach, der ( o d e r z u m i n d e s t Teile dessel-

b e n ) n a c h f o l . 3 1 1 d e s F l o r i l e g i u m s d e s C o d e x Vat. 1 4 3 1 , 4 1

einem

Exzerpt des Facundus v o n H e r m i a n e 4 2 u n d insbesondere nach der a r m e n i s c h e n U b e r s e t z u n g 4 3 richtiger „Epistula ad A n t i o c h e n o s "

be-

titelt w i r d . 4 4 W i e K a r l H o s s b e m e r k t e , n e n n t d e r V e r f a s s e r a n e i n e r Stelle selbst seine Schrift επιστολή.45 V o r der E n t d e c k u n g u n d E d i t i o n der armenischen U b e r s e t z u n g durch C a s e y w a r e n nur Fragmente des Briefes bekannt. Z u g r u n d e lagen, w i e Stülcken vermutete u n d Pasquali bestätigte, die ff. 9 8 r - 1 2 4 r der C a t e n e des C o d e x plut. I V , 2 3 der L a u rentiana.46 A u s dieser f l ö ß auch die E d i t i o n v o n Schwartz, der unter d e n F r a g m e n t e n v i e l e als v o n b e k a n n t e n a n d e r e n P s e u d - A t h a n a s i a n a herstammend erwies,47 jedoch auch einige - w i e die armenische U b e r s e t z u n g zeigte - u n b e r e c h t i g t e r w e i s e für a u t h e n t i s c h erklärte.48 D i e Catene besteht nur aus Athanasiusexzerpten, die z u m Teil mehrfach in unterschiedlicher Länge v o r k o m m e n . D i e sachlichen Rubriken sind nur n o c h sporadisch vorhanden. Es fehlt außerdem der bei einer dogmatischen Catene unentbehrliche Anfang, der die Sätze angibt, die durch die aufgereihten χρήσεις b e w i e s e n w e r d e n sollen. „Das spricht alles vornehmlich dafür, 40

41

42

43

44

45

46

47

48

Wer ist der Verfasser, 333-357; vgl. ders., ΚΑΙΠΕΡ nebst einem Exkurs zum Hebräerbrief, Hermes 83(1955) 220-222. ed. Eduard Schwartz, Codex Vaticanus gr. 1431. Eine antichalkedonische Sammlung aus der Zeit Kaiser Zenos, ABAW.PPH 32,6(1927) 36. Pro defensione trium capitulorum XI,11,1: Zeile 6f Clement/vander Plaetse, CChr.SL 90 A, Turnhout 1974. Robert P. Casey, The Pseudo-Athanasian Sermo Maior De Fide, JThS 35(1934) 394f; ders., The Armenian Version of the Pseudo-Athanasian Letter to the Antiochenes and of the Expositio fidei, Part I, StD Vol. 15 London/Philadelphia 1947, 4-6. - Das Lemma έκ της προς ΆντιοχεΙς δογματικής επιστολής einer Testimoniensammlung des lateranischen Konzils von 649 „ist" allerdings „verkehrt" (Schwartz, Der s. g. Sermo maior de fide des Athanasius, SBAW.PPH 1924,6; 54). Alfred Stülcken (Athanasiana. Litterar- und dogmengeschichtliche Untersuchungen, T U IV,4[1899] 29); Schwanz (Der s. g. Sermo maior, 12.54); Casey (The Armenian Version, 72, Zeile 2); Scheidweiler (Wer ist der Verfasser, 333); Manlio Simonetti (Ancora sulla paternitä dello ps. atanasiano „Sermo maior de fide", VetChr 11 [1974] 334). Frg 7(7,60). Ein Vergleich mit Jud 3 zeigt, daß hier mit έπιστολής nicht der Judasbrief gemeint sein kann (Karl Hoss, Studien über das Schrifttum und die Theologie des Athanasius auf Grund einer Echtheitsuntersuchung von Athanasius contra gentes und de incarnatione, 1899, 107f). Stülcken, Athanasiana, 28; Schwartz, Der s. g. Sermo maior, 3f. - Von Henric N o r d berg (Athanasiana Part I, The Texts: Five Homilies, Expositio fidei, Sermo maior, Societas Scientiarum Fennica. Commentationes Humanarum Litterarum XXX.2, Helsinki - Helsingfors 1962, 59-71) mit Emendationen neu kollationiert. Frgg 5-9; 11-18; 22; 30f; 35f; 48-53; 79; 81-85; 87-103 Schwartz; vgl. schon Stülcken, Athanasiana, 105 und Hoss, Studien, 32. Frgg 1-4; 10; 22; 48f; 80; 86 Schwartz.

72

Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

daß eine umfangreichere, auf eine bestimmte christologische Dogmatik eingestellte Testimoniensammlung überarbeitet ist von einem Redaktor, der nicht in erster Linie ein dogmatisches, sondern durch ein litterarisches Interesse an den athanasianischen Schriften geleitet war." 4 9 Schwartz erkannte, daß sich der Schlußteil (= Frgg 79-103 Schwartz) durch eine andere Form der Lemmata abhebt ( . . . sie geben regelmäßig, wenn eine Schrift zum ersten Male zitiert wird, die Anfangsworte an . . . "). 5 0 Im vollständigen armenischen Text der Epistula ad Antiochenos konnte kein Fragment dieses Schlußteiles nachgewiesen werden; dafür erwies sich, daß die Frgg 54-74 (und evtl. 75-78) kontinuierlich der Epistula ad Antiochenos entnommen sind. Die Frgg 1-53 schließlich entstammen verschiedenen Quellen - auch der Epistula ad Antiochenos. Daraus ergibt sich, daß in der vorliegenden Catene auf verschiedenen Stufen der Uberlieferung (!) - Athanasiusexzerpte aus mindestens drei unterschiedlichen Vorlagen zusammengeflossen sind. An Hoss' These, der Sermo maior sei aus verschiedenen Athanasiusschriften, darunter die Epistula ad Antiochenos, kompiliert, 52 bleibt zumindest durch den Vergleich der armenischen Version mit dem Codex plut. IV,23 dies richtig, daß sich die Epistula ad Antiochenos als ursprünglich selbständiger Komplex innerhalb des Florilegiums, das als „Sermo maior" überliefert ist, konturiert. 53

Richard 5 4 und Scheidweiler 5 5 haben unter Kritik der editionstechnischen Mängel der Ausgabe Caseys den U m f a n g des Textes und die Abfolge der Fragmente neu bestimmt. D o c h müssen auch n o c h diese Ergebnisse korrigiert werden. Ich notiere die Zählung der Fragmente nach ihrem O r t in den Kapiteln mit den Nummerierungen von C a s e y und Schwartz in den Klammern:

49 50 51

52 53

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55

Schwartz, Der s. g. Sermo maior, 37f. A.a.O. 39. Schwartz (a.a.O. 39), der die armenische Ubersetzung ja noch nicht kannte, nahm an, „daß schon die ursprüngliche Catene aus zwei verschiedenen Stücken zusammengesetzt war." Studien, 107f. Damit erweist sich die Ansicht Schwartzens (Der s. g. Sermo maior, 16.48) als falsch, nach der „die expositio fidei in den Brief an die Antiochener eingeschaltet war." Nach Hoss (Studien, 120), Stülcken (Athanasiana, 39) und Simonetti (Ancora sulla paternitä, 334f.337) sollen die Verfasser der Epistula ad Antiochenos und der Expositio fidei identisch sein. Bulletin de Patrologie, MSR 6(1949) 130-133. Siehe S. 131: „Mais M. Casey a manque a certaines regies traditionnelles en matiere d'edition des textes patristiques . . . " Zu den von Richard festgestellten Mängeln ist hinzuzufügen, daß je die erste Seite der Epistula ad Antiochenos und der Expositio fidei im armenischen Text miteinander vertauscht worden sind. Wer ist der Verfasser, 336-348.

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V. Die neuen Markell-Schriften Kap. lf: 1(1,54) Kap. 2: 2(2,55) Kap. 3: 3(3,56) Kap. 5: 4(4,57) Kap. 6: 5(5,58) Kap. 6: 6(6,59) Kap. 7f: 7(7,60) Kap. 8: 8(8,19) Kap. 8: 9(9,61) Kap. 9: 10(10,62) Kap. 10: 11(11,63) Kap. 11: 12(12,64) Kap. 11: 13(13,28),

Kap. 12: 14(34,29) Kap. 13f: 15(14,65) Kap.l6f: 16(15,66) Kap. 18: 17(16,67) Kap.20f: 18( ,40), das wiederum von Facundus vollständiger zitiert wird. 56 Kap. 22: 19(18,68) Kap. 23: 20(19,69) Kap. 25: 21(20,70) Kap. 25: 22(21,71)

Kap. Kap. Kap. Kap. Kap. Kap. Kap. Kap. Kap. Kap. Kap.

25: 26: 27: 28: 31: 32f: 32f: 32f: 37: 39: 39(19):

23(22,42) 24(23,43) 25(24,44) 26(25,72) 27(27,73) 28(28,74) 29(36,75) 30(37,76) 31(33,21) 32(29,77) 33(17+26,78)

das von Facundus, Pro defensione . . . 11,2 ausführlicher zitiert wird. 5 8

Alle übrigen, sonst noch von Schwartz der Epistula ad Antiochenos zugeschriebenen Texte gehören ihr definitiv nicht an.59 Stülcken 60 und Hoss 61 urteilten, daß der Sermo maior bzw. die Epistula ad Antiochenos eine antiochenische Theologie vertritt, wobei letzterer besonders ihre antiapolinaristische Tendenz hervorhob. Als Abfassungszeit gaben sie die Mitte des 4. Jhs., bzw. 380-2 n. Chr., an. Schwartz spitzte die Verfasserfrage auf Eustathius von Antiochien zu, 62 der aber, wie Scheidweiler feststellte,63 wegen seiner stilistischen Eigenart der Hiatvermeidung, die in der Epistula nicht beobachtet wird, aus dem Kreis der möglichen Autoren ausscheiden muß. Scheidweiler bestimmte aufgrund folgender Ubereinstimmungen zwischen den Marcelliana und der Epistula ad Antiochenos Markeil als den Verfasser: (1) Auslegung von Prov. 8; (2) Biblizismus; (3) Stilistische 56

57

58

59 60 61 62 63

Pro defensione trium capitulorum XI,II,7f, Zeilen 57-73 Clement/vander Plaetse, CChr.SL. 90 A, 1974. Bei den Frgg 75-78 Schwartz = 36,37,29,17/26 Casey treten Unregelmäßigkeiten auf. Frgg 36f Casey (= 75f Schwartz) sind nicht im armenischen Text nachweisbar. Da Frg 29 Casey (77 Schwanz) wieder im Kap. 39 erscheint und da sonst alle vorangegangenen Frgg in der tatsächlichen Reihenfolge stehen, nehmen Richard (Bulletin de Patrologie, MSR 6[1949] 132) und Scheidweiler (Wer ist der Verfasser, 347f) eine Lacune im armenischen Text zwischen den Kapp. 34-38 inklusive an. Frg 78 Schwartz wurde von Casey in zwei geteilt. Der erste Teil (Frg 17 Casey) bildet den Schluß von Kap. 19; der zweite Teil (Frg 26 Casey) hat keinen Ort im armenischen Text (Casey [S. 63] wollte ihn in Kap. 30 unterbringen). Hier liegt sicher ein Versehen des Kopisten vor. Pro defensione trium capitulorum XI,II,4: Zeilen 34-42 Clement/vander Plaetse, CChr.SL. 90 A, 1974. Frgg 2-4.47 und S. 52f Schwartz; Frgg 30-32.35.38-40 Casey. Athanasiana, 50. Studien, 115-122. Der s. g. Sermo maior, 57-63. Wer ist der Verfasser, 333f.

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Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

Parallelen; (4) Auslegung von I Kor. 15; (5) Inkarnationstheologie; (6) Die Behandlung der christologischen Titel. Im Grundsätzlichen ist diesem Befund zuzustimmen. Da die Argumente (2) und (3) nicht die ausschlaggebenden sind, bleiben sie hier aus Platzgründen unerörtert. Die übrigen Ergebnisse referiere ich stichwortartig; sie müssen teilweise korrigiert werden. Unten 64 werden entsprechend der These der vorliegenden Arbeit neue Argumente für die Autorschaft Markells benannt werden. Zu (1): Die inkarnatorisch-ekklesiologische Auslegung von Prov 8,22-25; der Bezug von Prov 8,30 auf den ewigen Sohn (Logos);6 der Menschgewordene, bzw. der κυριακός άνθρωπος ist der rangmäßige, nicht chronologische „Anfang der Wege", die Propheten und alle Heiligen sind die übrigen Wege; die Bestimmung der Inkarnationszeit mit „weniger als 400 Jahre"; die prädestinatianistische, inkarnatorische und ekklesiologische Exegese von Prov 8,22-25 (Verbindung von Vers 23 mit I Kor. 3,11[!]). Zu (4): Das Interesse an und die Auslegung von I Kor 15,24ff entsprechen dem Markeil der Fragmente und der Epistula ad Iulium. Scheidweiler übernimmt die These von der „doppelten (christologischen) Exegese" Gerickes.66 Meinem Verständnis der Fragmente nach bezieht Markell aber die Unterwerfung durchgängig auf den Menschgewordenen oder den „Menschen" in ekklesiologisch-kosmologischer Perspektive und faßt die Vorstellung der eschatologischen Einheit Gottes als Folge solcher Unterwerfung. In diesem Sinne legt auch der Verfasser der Epistula ad Antiochenos 24-26 diese Paulusverse aus.67 Scheidweiler schließt aus dem vermeintlichen Fehlen der Logosexegese der Unterwerfung, daß Markell diese seit der Epistula ad Iulium aufgegeben habe. Kennzeichnend für den jungen Markell sei vor allem sein ökonomisch-trinitarischer Monotheismus, eine Terminologie, die wir schon oben bei Loofs und Gericke für unhaltbar betrachteten.68 Zu (5): Scheidweiler kommt zu dem den Texten nicht gerecht werdenden Schluß, daß die Epistula ad Antiochenos eine Logos-Sarx-Christologie vertrete.69 Tatsache vielmehr ist, daß sie, ohne die Seele Christi zu thematisieren, die Annahme der vollen Menschheit (insbesondere deutlich an den Wendungen κυριακός άνθρωπος und ό κατα τον σωτήρα νοούμενος άνθρωπος) bei gleichzeitigem Gebrauch von σάρξ und σώμα lehrt. Dies entspricht genau der Haltung Markells. Zu (6): Der Verfasser der Epistula ad Antiochenos bezieht wie Markell (neben Niedrigkeitstiteln) solche christologische Namen auf den Menschge64

317-321; 341 mit Anm. 389; 436.

65

Scheidweiler (Wer ist der Verfasser, 343.356) ist unsicher, ob Prov 8,25 von der Epistula ad Antiochenos auf den Logos bezogen wird, oder nicht. Die armenischen Ubersetzungen (siehe unten 320) bestätigen die inkarnatorisch-ekklesiologische Auslegung. Siehe oben 61f und unten 440f. Siehe unten 437f.

66 67 68

Wer ist der Verfasser, 353; vgl. oben 4 4 - 4 6 und 59-62.

69

Wer ist der Verfasser, 334f.337f.342-345.348-357.

V. Die neuen Markell-Schriften

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wordenen oder den angenommenen Menschen, die in der origenistischen Tradition dem Logos zukommen: λίθος, πέτρα (bzw. κεφαλή γωνίας), άμπελος und άρτος, δένδρον. Scheidweiler glaubt, nicht nur bei der Exegese von I Kor 15, sondern auch in der Fassung des Sohnes- und Zeugungsbegriffes bei Markeil seit der Epistula ad Iulium eine Entwicklung feststellen zu können. Wenn Markeil in der Epistula ad Antiochenos von einem άϊδίως γεγεννασθαι71 des Sohnes redet, dann muß dies jedoch nicht - wie Scheidweiler annimmt - im Sinne der ewigen Zeugung des Origenes interpretiert werden. Diese Wendung kann, wie ich glaube, genau dies meinen, was der Markell der Fragmente lehrt: nämlich, daß der αίδιος λόγος zur Schöpfung hervorgehend gezeugt worden ist. Schließlich datiert Scheidweiler die Epistula und die Expositio, da er an demselben Verfasser festhält, aufgrund der Worte δμοιος τω πατρί72 (als gegen die Anhomöer gerichtet) auf das Jahr 358. 73 Simonetti bestritt in zwei Aufsätzen die Autorschaft Markells an diesem Text. 74 Zunächst korrigiert Simonetti korrekt Scheidweilers Interpretation der Inkarnationstheologie des Sermo maior (Punkt 5), indem er dessen Christologie als eine „cristologia del tipo logos/uomo" beschreibt. 75 Diese Korrektur verstärkt jedoch - wie angedeutet - nur die Möglichkeit der Verfasserschaft Markells. Punkt (1) (Auslegung von Prov 8) will Simonetti mit zwei Argumenten widerlegen: erstens gehe aus Frg 18(40 Schwartz) nicht eindeutig hervor, ob es Markell ist oder einer seiner Gegner, der die Inkarnationszeit auf 400 Jahre beschränke. 76 Hier ist dagegen zu halten, daß schon allein das Auftauchen dieses ausgefallenen Spezifikum innerhalb der gesamten antiarianischen Exegese von Prov 8 unausweichlich auf Markell hinweisen würde. Wichtiger ist sodann jedoch, daß der Rahmen der Kontroverse sowohl in den Markell-Fragmenten als auch hier im Frg 18(40) der Epistula ad Antiochenos gleichgeartet ist: beidemale will der Verfasser den inkarnatorischen Bezug des Anfanges von Prov 8,22-25 herausar70 71 72 73

74

75

76

Epistula ad Antiochenos Frg 9(9,61); Kap. 11 (22,2f arm.; 21,51-22,1 engl. Casey). Epistula ad Antiochenos Frgg l(l,54[7-9]; 27(27,73[5f]); 18(40[3f]). § 1,5: 50,5f Nordberg (Athanasiana Part I). Wer ist der Verfasser, 356f. - Noch zwei Bemerkungen zu Scheidweiler a.a.O. 334: Epistula ad Antiochenos Kap. 14 (27,13-15 arm.; 24,1 lf engl. Casey) ist keine Interpolation; und zu 334 Anm. 2: Die Rede „Für Markell gab es eben ein besonderes πνεύμα erst seit Joh. 20,22 . . . " ist nicht korrekt. Su alcune opere attribuite di recente a Marcello d'Ancira, RSLR 9(1973) 313-329; ders., Ancora sulla paternitä, 333-343. Su alcune opere, 316-319; 320 Anm. 35; Ancora sulla paternitä, 337 Anm. 11. Simonetti hält Frgg 30 Casey (3 Schwartz) und 39 (II Doct. patr. 40,5: 53 Schwartz) für authentisch, obwohl die Armenier sie nicht lesen. Su alcune opere, 319-322; Ancora sulla paternitä, 335.337.

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Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

beiten und beidemale gebraucht er Texte und Gründe gegen eine Position, die mit dem schöpfungstheologischen Wortlaut von Prov 8,22-25 wegen der Kürze der Zeit seit der Inkarnation gegen eine solche Auslegung polemisiert. 77 Zweitens lege nach Simonetti Frg 18(40) Vers 25 von Prov 8 auf die ewige Zeugung des Logos aus. Schon die lateinische Ubersetzung des Facundus müßte jedoch nicht in diesem Sinne interpretiert werden. Der armenische Text offenbart jedoch, daß Facundus ein γίγνεσθαι unpräzise mit „generatum" wiedergegeben hat. 78 Damit fällt das zweite Argument gegen Punkt (1) aus philologischen Gründen dahin. Abgesehen von Frg 18(40) wertet Simonetti die weiteren schon genannten Stellen der Epistula ad Antiochenos, die von einer vorinkarnatorischen Zeugung des Logos handeln, gegen eine Autorschaft Markells. 79 Auch dieses Argument wird - wie nun schon oft berührt - durch die Markellfragmente nicht gedeckt. Neben der Exegese von Prov 8 dient Simonetti diejenige von I Kor 15 (Punkt [4]) als Argument gegen die Zuschreibung Scheidweilers. Ein Vergleich der Exegese von I Kor 15,24 habe keine (oder wenig) Bedeutung für oder gegen die Verfasserschaft Markells, da Markeil seine Lehre vom Ende der Herrschaft Christi schon zur Zeit der Epistula ad Iulium abgeändert habe. Zugleich könne auch Markells frühere Exegese (Ende der Existenz des Logos), weil sie ja von derjenigen der Epistula ad Antiochenos abweiche, nicht in Anschlag gebracht werden. 80 Beide Gründe sind nicht triftig, weil Markeil weder diese frühere Exegese überhaupt besaß, noch irgendwelche Abänderungen später an ihr vornahm. Im zweiten Aufsatz versucht Simonetti, den Sermo maior als ein Produkt der origeneisch-alexandrinischen Theologie der Mitte des IV. Jahrhunderts, möglicherweise von Didymus des Blinden, zu erweisen. Er gründet diese Behauptung zunächst auf Beobachtungen der Lehrverwandtschaft zwischen Athanasius, Pseudo-Dionys von Alexandrien 81 und der Expositio fidei,82 deren Stichhaltigkeit in diesem Rahmen nicht überprüft werden muß. Es genügt hier festzustellen, daß es methodisch wie sachlich unhaltbar ist, diese - wie Simonetti es

77

Vgl. unten 425f.490f.

78

Siehe unten 320.

79

Su alcune opere, 320-322.328; Ancora sulla paternitä, 335-337. Simonetti gesteht jedoch zu, daß Markeil gelegentlich vom Logos als vom Sohn geredet habe (Su alcune opere, 318 Anm. 23; 322). - Markeil legt Kol 1,15 nicht auf den Logos aus, wie Simonetti (Ancora sulla paternitä, 335 Anm. 7 und 336 Anm. 9) behauptet (vgl. 2 2 6 - 2 3 5 zu den Frgg 9-16). Su alcune opere, 320f. Vgl. hierzu unten 177f.

80 81 82

Ancora sulla paternitä, 335f.338.

V. Die neuen Markell-Schriften

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tut - ohne Nachweis auch auf die Epistula ad Antiochenos zu übertragen. Ferner notiert Simonetti: (1) Kap. 1 werden die Schriftwerke der Propheten und Apostel als geistgewirkt bezeichnet; (2) Kap. 6 stellt der Verfasser eine geistliche einer noch fleischlichen Speise gegenüber (Die geistliche Speise ist das Brot vom Himmel, das Wort Gottes, das geistlich verstanden werden will . . . ); (3) Kap 9. vergleicht das Verhältnis der geistlichen Bedeutung der Schrift zu ihrem Buchstaben mit dem unsichtbaren Verstand eines Menschen und seinem Leib (Auch wenn letzterer schön sei, zeige doch erst die Tat sichtbar den unsichtbaren Verstand); (4) Kap. 36 parallelisiert die vergangene, leibliche, unvollkommene Lehre und Schrifterkenntnis mit dem Χριστός κατά σάρκα (2. Kor 5,16). Die vollkommene Lehre geschieht durch den Geist, der die Schrift erschließt.83 Für Simonetti werden diese (4) Gedanken ausschließlich durch die origenistische Theologie repräsentiert. Der 4. Punkt ist ihm der wichtigste. Hier besteht jedoch die gravierende Differenz zu Origenes, daß der Verfasser nicht wie Origenes glaubt, daß die geistlichen Menschen jemals über die Erkenntnis Christi κατά σάρκα hinausgelangen.84 Für Markell ist sie für alle das Tor zur geistlichen Erkenntnis der Schrift. In genauer Entsprechung zur Epistula ad Antiochenos hebt der Markell der Fragmente einerseits die Ausschließlichkeit der Erkenntnis Gottes durch den Menschgewordenen hervor, die aber andererseits zu einer geistigen Schau Gottes führen soll.85 Die Einwände Simonettis86 sind zu schwach, um die Epistula ad Antiochenos dem Corpus Marcellianum wieder abzusprechen. Tetz stellt „ein Theologumenon der Epistula ad Antiochenos" in den Mittelpunkt seines zweiten Markellaufsatzes, 87 nämlich die „merkwürdige Lehre Markells von der Adamssohnschaft Christi" und möchte so „für die alte Frage von Zahn und Loofs nach den Traditionen der Theologie Markells einen ganz neuen Aspekt gewinnen." 88 Mit Hilfe eines in den Athanasiushandschriften anonym erhaltenen 83 84

85

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88

A.a.O. 338-340. Johanneskommentar 1,18 (§ 106f): 22,27-23,5 Preuschen, GCS 10, Leipzig 1903; vgl. Johanneskommentar XIX,11 (§ 68): 311,1-5 Preuschen. Insofern trifft die Gleichung Simonettis „Cristo incarnato / Logos divino = cristiani semplici / perfetti" (Ancora sulla paternitä, 340) nicht zu. Frgg 51-56 und Frg 75(74,65): 200,10-14. - Im übrigen wird auch in den Frgg der Geist gegenüber dem Fleisch höher bewertet: Joh 6,61-63; vgl. Frgg 105(117,104): 210,8-13 und Frg 106(118,105). Dies kann auch der Terminus ό κυριακός άνθρωπος nicht leisten (Siehe dazu sogleich). Zur Theologie des Markell von Ankyra II. Markells Lehre von der Adamssohnschaft Christi und eine pseudoklementinische Tradition über die wahren Lehrer und Propheten, ZKG 79(1968) 3-42. Markell II, 4; Hervorhebungen von mir.

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Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

Passus „De doctrina", 8 9 der „in etwas anderer und kürzerer F o r m von Athanasius selbst (De decretis Nicaeni synodi Kapitel 4 - 5 ) 9 0 als ,Vätertradition' zitiert wird", und den Tetz „als ein Stück pseudoklementinischer Theologie" zu erweisen versucht) soll gezeigt werden, „daß die pseudoklementinische Lehre v o m wahren Propheten eine theologisch überwundene Voraussetzung für Markells Vorstellung von A d a m als dem ,fleischlichen Vater des Sohnes Gottes' ist." 9 1 Von den III Kapiteln 92 des Aufsatzes von Tetz steht hier nur der III. zur Debatte: „Aufweis der Rezeption ,pseudoklementinischer' Traditionselemente nebst theologischer Verarbeitung bei Markeil von Ankyra". 93 Zu diesem letzteren Aufweis zieht Tetz ferner einen Bericht des Epiphanius (Panarion 30,3,5f) 94 über die ,ebionitische' Theologie heran, in dem vom Anziehen des Adamsleibes die Rede ist, und vergleicht ihn mit Frg 9(9,61) der Epistula ad Antiochenos. Hübner, der die These verteidigen möchte, „daß das Thema des Anziehens des Adamsleibes in Sermo maior de fide 61 ursprünglich gnostisch ist," spitzt seine ausführliche Widerlegung der Ausführungen von Tetz darauf zu, daß dieses Motiv auch bei Epiphanius nicht pseudoklementinisch sei.95 Diese Frage - wie auch die Möglichkeit von tatsächlichen Gemeinsamkeiten zwischen Markeil und den Pseudoklementinen (Monotheismus) - soll jetzt ebenfalls nicht erörtert werden. Es genügt, zu zeigen, daß die von Tetz in Markeil II an De doctrina und Epiphanius 30,3,5f thematisierten Komplexe der Adamssohnschaft Christi und der Lehre v o m wahren Lehrer und Propheten keine Traditionsverbindung zwischen Markell und der pseudoklementinischen Theologie begründen können. Bevor die Gründe zu nennen sind, muß auf methodische Unklarheiten im Aufsatz von Tetz hingewiesen werden. Einerseits schreibt Tetz: „Es ist schon hier hevorzuheben, daß es bei diesem Aufweis in Kapitel III weniger um die Feststellung einer .Abhängigkeit' geht. Vielmehr soll das pseudoklementinische Stück De doctrina vor allem genützt werden, um mit Hilfe dieser älteren, sonst so kaum mehr greifbaren eigentümlichen Tradition von der Adamssohnschaft Christi das Profil der Markellischen Lehre klarer zu erkennen," 96 und: „Es sei . . . daran erinnert, daß es hierbei weniger um die Feststellung einer Abhängigkeit als vielmehr um die Hervorhebung der Markellischen Lehre vor 89 90 91 92

93 94 95 96

Athanasius Werke II/l: 4 Apparat Opitz. A.a.O. 4,2-16 Opitz. Markell II, 4f. Die beiden ersten erbringen den „Erweis der Priorität von De doctrina" und den „Nachweis der pseudoklementinischen Herkunft von De doctrina". Markell II, 5. 337,4-8 Bd. I Holl, GCS 25, Leipzig 1915 (Tetz, Markell II, 28; vgl. 15). Die Einheit des Leibes, 291 Anm. 82. Markell II, 5.

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dem Hintergrund älterer Tradition geht."97 Andererseits möchte Tetz doch die „alte Frage" von Zahn und Loofs wiederaufnehmen und darüberhinaus zu beiden von ihm thematisierten Komplexen Korrekturen „bei der Markellischen ,Rezeption'"98 der jeweiligen pseudoklementinischen Traditionselemente feststellen. Solche Korrekturen kann es aber nur geben, wenn Markeil tatsächlich pseudoklementinische Uberlieferung empfangen hat, die er korrigiert. Werden dagegen Theologumena als Veränderung von Vorgegebenem bezeichnet, obwohl gar kein Traditionszusammenhang behauptet wird, dann handelt es sich in Wahrheit eben nur um zwei verschiedene unabhängige theologische Positionen. Daß es sich so verhalten könnte, hat sich Tetz selbst nicht verhehlt: „Sind wir nun aber für die Lehre Markells nicht vielleicht doch auf eine abwegige Spur geraten? Ist die Parallele zwischen dem Satz aus der Epistula ad Antiochenos und dem Schlußpassus der inzwischen als pseudoklementinisch erwiesenen „Vätertradition" De doctrina nicht nur ein Zufall der sich aus dem gemeinsam zugrunde gelegten Text von Lk 3,38 ergibt?"99 Tetz beantwortet beide Fragen mit „nein". Gestatten dies aber die Texte? Das Thema von „De doctrina" ist präziser dasjenige vom „Erkennungszeichen der wahren Lehrer und Propheten". Dies besteht darin, daß sie miteinander und mit ihren Vätern in Lehre und Prophetie übereinstimmen. Daß solche Ubereinstimmungen auch zu verschiedenen Zeiten möglich waren und sind, verbürgt der είς θεός, denn ihm entspricht der zu verkündigende εις και αυτός λόγος. Was Mose lehrte, beobachtete Abraham; was Abraham lehrte, Noah; was Noah, Abel; und was Abel wußte, lernte er von Adam, der es von Gott gehört hatte (τοϋ παρά θεοϋ άκούσαντος): „δια τοϋτο καΐ αυτός ό των όλων θεός τοις υστερόν ποτε γενομένοις έν Α'ιγύπτω επιφαινόμενος έκ πατέρων αυτούς ύπομιμνήσκει λέγων «εγώ ό θεός των πατέρων ύμών». και πάλιν ό κύριος έπιδημήσας φησίν «ουκ έντολήν καινήν, άλλ'ήν ακούσατε δίδωμι ύμϊν». ούτως και ό μακάριος Λουκάς από τοϋ υίοΰ επί τον 'Αδάμ ανατρέχει, ίνα δείξη, ότι ό ελαβεν έαυτώ 'Ιησούς σώμα τούτο από τού 'Αδάμ έστι τού παρά θεού πλασθέντος."100 Die Ubereinstimmung wird also durch die Weitergabe der authentischen (der „einen") Lehre von dem „einen" Gott über Adam bis Mose gewährleistet. An das, was von den Vätern stammt, und an das alte Gebot erinnert Gott das Volk in Ägypten und ebenso der auf die Erde kommende Herr. Wenn der letzte Satz keine Anfügung ist (wegen der unübersehbaren Disparatheit des Gedankens), 101 dann kann er nach dem Gesamtgefälle des Textes doch nur den Sinn haben, durch die Ahnenreihe Jesu nach Lk 3,23-38 auch auf der Ebene des Leiblichen 97 98 99 100 101

A.a.O. 2 Anm. 83. A.a.O. 37f. A.a.O. 27. Athanasius Werke II/l: 4 Apparat Opitz. Tetz stellt sich diese Frage (Markeil II, 13-15).

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Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

die Einheit und Geschlossenheit der Herkunft der Lehre Jesu von Gott über Adam und dessen Nachkommen bis auf Jesus zu bekräftigen. Bei Markell hat die Verwendung von Lk 3, 23.38 keineswegs den Sinn, jene Lehreinheit von Adam bis auf Jesus zu belegen. Dort, wo er die Verse zitiert,102 dienen sie der christologischen Unterscheidung zwischen dem angenommenen Menschen, der als Jesus Sohn Gottes genannt wird wegen des in ihm verborgenen Gott-Logos, 103 und letzterem selbst. In Lk 3, 38 zeige τοϋ 'Αδάμ den Leib aus Adam und ιοϋ θεοϋ die Gottheit aus dem Vater an.104 Die jeweilige Thematik von De doctrina und der Epistula ad Antiochenos Kap. 25 ist ganz verschieden. Daher kommt es De doctrina auf die (Lehr-)einheit zwischen Jesus, Adam und Gott an, Markell dagegen auf die (christologische) Unterschiedenheit dessen an, der von Adam abstammt, und dessen, der aus der Gottheit des Vaters ist. An den übrigen von Tetz herangezogenen Texten Markells kommt Adam immer nur in inkarnatorisch-soteriologischem Kontext vor. Während der Adam von De doctrina - wie Tetz sieht - nicht der „Adam des Sündenfalls" ist,105 gilt dies aber für den Adam Markells: er ist der vom Teufel Betrogene, aus dessen Nachkomme Maria sich der Gott-Logos einen unbefleckten Leib bildete . . . ;106 er ist der sterbliche Vater der Menschen, den der Sohn Gottes nimmt, um den Menschen seinen eigenen unsterblichen Vater zu schenken;107 aus ihm stammt der vom Logos getragene Mensch, in dem der Logos das Geschlecht aus Adam lebendig machen wird. 108 Der Logos zieht daher den Adam des Sündenfalles „mit seinen Leiden" an, auch wenn er als vom Logos angenommener ohne Sünde ist: „τον γαρ Άδαμ ένδυσάμενος συν τοις παθήμασιν τον κατά πάντα δμοιον ήμΐν γενόμενον χωρίς αμαρτίας."109 Schließlich unterscheidet Markell diesen δεύτερος 'Αδάμ vom πρώτος 'Αδάμ.110 Tetz führt die zuletzt genannten Aussagen Markells, die nichts mit De doctrina gemeinsam haben, auf biblischen, genauer paulinischen Einfluß auf Markell zurück. Dieser Einfluß sei das Kor102 103

104 105 106 107

108 109 110

Epistula ad Antiochenos Kap. 25 (Frg 22[21,71]). Epistula ad Antiochenos Frg 21(20,70[19f]): 43,21-44 arm., 30,36-38 engl. Casey. Lies mit Arm. θεόν λόγον. Diese Stelle ist kein Argument gegen den Sohnestitel für den Logos, da sie nur von dem Namenserwerb des angenommenen Menschen handelt. Epistula ad Antiochenos Frg 22(21,71 [5-7]). Markell II, 14. Epistula ad Antiochenos Frg 8(8,19); vgl. Tetz, Markell II, 38. De incarnatione et contra Arianos Kap. 8 (PG 26, 996 Β 4f); vgl. den Text bei Tetz (Markell II, 4 Anm. 8) oder unten 316. Epistula ad Antiochenos Frg 12(12,64[3-5]); vgl. Markell II, 38. A.a.O. Frg 9(9,61[5f]); vgl. Markell II, 38 und unten 153-155. A.a.O. Frg 9(9,61 [16-25]); vgl. Markell II, 39.

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rektiv, mit dem Markell die alten Traditionselemente überwinde und revidiere.111 Aufgrund der dargelegten Argumente sind die Adamsvorstellungen Markells und des Verfassers von De doctrina m. E. zu unterschiedlich, als daß sich über diese Brücke pseudoklementinische Tradition bei Markell feststellen ließe. Daher liegt an den genannten Stellen keine Korrektur oder Revision vor, sondern Markells eigene Argumentation. Auch die Verwendung von Lk 3,23.28 in der Epistula ad Antiochenos 25 ist ohne weiteres als selbständige Auslegung Markells verständlich.112 Ebenso erklärt sich die zweite Stelle, an der Markell aus dem Titel υιός άνθρωπου den Namen υΙός . . . τοϋ 'Αδάμ113 erschließt.114 Neben der „Lehre" von der Adamssohnschaft Christi kann auch über Markells Lehrer- und Prophetenverständnis keine Beziehung zu De doctrina oder zu den Pseudoklementinen hergestellt werden. 115 Von der in De doctrina vorliegenden Konzeption der wahren Propheten von Adam bis Mose findet sich bei Markell keine Spur. Eine solche stellt weder die Anrede ,διδάσκαλε' im Zitat von Mk 12,29-32 in Frg 91(77,76)116 dar, noch die Aufforderung Markells, „einsichtige Schüler eines wirklichen Lehrers" zu werden. 1 Ferner hat der dortige Bezug auf den Patriarchen Jakob nichts mit der pseudoklementinischen Prophetenreihe zu tun, wie Tetz meint, sondern mit der vorbildlichen Frömmigkeit und Gotteserkenntnis Jakobs. 118 Auf die übrigen von Tetz angestellten Überlegungen 119 muß nicht weiter eingegangen werden, da das Prophetenverständnis Mar111 112 113

114

Markell II, 38f; vgl. 28. Vgl. oben 80 Anm. 102. De incamatione et contra Arianos Kap. 8 (PG 26, 996 A 4 - Β 14[siehe unten 315f]); vgl. hierzu Frg 9(9,61 [17-19]): der zweite Adam heißt Menschensohn, etc. Tetz glaubt (Markell II, 29), zwischen dem schon erwähnten ebionitischen Bericht des Epiphanius (Pan. haer. 30,3,5f: 337,4-8 Bd. I Holl, GCS 25,1915) und Frg 9(9,61) der Epistula ad Antiochenos eine noch „frappantere Parallele" gefunden zu haben. Diese beschränkt sich jedoch auf: Seite 337,4f Holl ,,κα'ι αυτό τό σώμα τοϋ Αδάμ. ένεδύσατο . . . " und Seite 337,7f Holl „και ένεδύσατο αυτόν τόν Ίησοϋν καλούμενον"

115

116 117 118 119

Zeile 5 Schwanz „τον Άδαμ ένδυσάμενος . . . " Zeile 6 Schwartz „τόν κεκλημένον Ίησοϋν"

Das unmittelbar vorher (vgl. Markell II, 15) von Epiphanius (337,2f Holl) Berichtete (Christus sei in den Protoplasten gekommen und bekleidet mit dem Leibe den Patriarchen erschienen) hat mit Markell nichts gemeinsam. Damit ist über die von Tetz beobachteten (Markell II, 15-17.22-27) Parallelen zwischen „De doctrina" und den Pseudoklementinen nichts ausgesagt. 201,28 Klostermann; vgl. Markell II, 32. Epistula ad Antiochenos Frg 7(7,60[23f]); vgl. Markell II, 33. Epistula ad Antiochenos Frg 7(7,60[9-ll]); vgl. Markell II, 33. Markell II, 28-38.

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kells im Grundsätzlichen völlig verschieden ist: Propheten sind bei Markeil nur die Schriftpropheten, wobei er freilich die Weisheitsliteratur (Salomo) miteinbezieht. Tetz möchte auch diesen Tatbestand einer „grundsätzlichen Aufhebung der Exklusivität des pseudoklementinischen Prophetenverständnisses" bei Markeil „der Markellischen R e zeption' der pseudoklementinischen Lehre vom wahren Propheten" zuschreiben. Viel zwangloser und einleuchtender dürfte jedoch die Feststellung sein, daß bei Markell und den Pseudoklementinen zwei unabhängige und selbständige Vorstellungen von den Propheten vorliegen. Grillmeier untersuchte den Terminus κυριακός άνθρωπος ausgehend von der Epistula ad Antiochenos bis zur neuchalcedonensischen Christologie 121 und stellte fest, daß in der Epistula ad Antiochenos das Adjektiv in den Verbindungen κυριακός άνθρωπος und κυριακόν σώμα nicht nur ein Eigentumsverhältnis („der zum Herrn gehörige Mensch"), sondern gezielt „die Einsetzung des άνθρωπος in die Machtstellung des Kyrios aussagt, und . . . nur dann gebraucht wird, wenn von dieser Herrenstellung tatsächlich die Rede ist." 122 Solche „funktionale[n] Erhöhungschristologie, die um den Begriff κ. α. zentriert ist", dehnt diesen Terminus auf das ganze inkarnatorische Sein des menschgewordenen Sohnes aus und stellt die ganze Inkarnationsökonomie in die Perspektive der Herrlichkeit. 123 Dieser Deutung entspricht derjenige Text, der wahrscheinlich der Ursprung des Terminus ist: Acta 2,36. 124 Markell legt folgendermaßen aus: „«'Ασφαλώς ούν γινωσκέτω πας οίκος 'Ισραήλ δτι κα'ι κύριον αυτόν και Χριστόν έποίησεν ό θεός, τοϋτον τον Ίησοϋν δν ύμείς έσταυρώσατε.» αυτόν γοϋν τον σταυρωθέντα κυριακόν άνθρωπον125 δεικνύντες δια δάκτυλον ol απόστολοι είπαν τοϋτον τον Ίησοϋν Χριστόν και κύριον έποίησεν ό θεός. αυτός φανερώς ό τοΰ κυρίου άνθρωπος και αρχή όδών έκτίσθη τών προγεγραμμένων εις εύεργεσίαν, και αρχήν 126 τών όδών εχων, τουτ' εστίν έξουσίαν πάντων τών αγίων και

120 121

122 123 124

125 126

A.a.O. 37f. Ό ΚΥΡΙΑΚΟΣ "ΑΝΘΡΩΠΟΣ. Eine Studie zu einer christologischen Bezeichnung der Väterzeit, Traditio 33(1977) 1-63. In dem Aufsatz „Jesus Christ, The Kyriakos Anthropos", JThS 38(1977) 275-293 liegt eine Kurzfassung vor. Ό ΚΥΡΙΑΚΟΣ "ΑΝΘΡΩΠΟΣ, 10; vgl. 9.15.17f.24.54f (kursive Worte von mir). A.a.O. 54; vgl. 13f.17f.55. Grillmeier (a.a.O. 60) hält zwar zutreffend Markell für den Urheber des Begriffes, erkennt aber nicht die Bedeutung von Acta 2,36 für seine Entstehung. In analoger Weise verdankt sich die Wendung ,,ό κατά τον σωτήρα νοούμενος άνθρωπος" Hebr. 3,If: vgl. Epistula ad Antiochenos Frgg 15(14,65); 17(16,67); 11(11,63). Mit den Armeniern: 10,16 Casey. αρχήν . . . έξουσίαν mit den Armeniern (10,20f Casey; vgl. dort S. 49, Apparat zu Nr. 13).

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χρηματιζόντων όδών καΐ κύριος Ίησοϋς Χριστός ό ποιηθείς και σταυρωθείς . . . " 127 Diese Exegese von Acta 2,36 ist eingebettet in diejenige von Prov 8,22. Die „Vorhergenannten", deren Anfang der von Gott zum Herrn und Christus Gemachte ist, sind die Propheten und Heiligen. Wie unser Text zeigt (έξουσίαν εχων) und auch der unmittelbar vorangehende128 ist der „Herrlichkeitsmensch" der Rangerste der Propheten und Heiligen und herrscht über sie, weil er eben nach Acta 2,36 von Gott zum Christ und Herrn gemacht wurde. Doch - und dies interpretiert Grillmeier anders - ist der „Herr und Christ" als κυριακός άνθρωπος kein anderer als der Gekreuzigte! Und der, der zum „Anfang der Wege" geschaffen wurde, ist schon der άνθρωπος κυρίου. Grillmeier hält den armenischen Text (κυριακόν ανθρωπον) für nicht in Ordnung und liest in unserem Text zweimal mit der griechischen Uberlieferung τοϋ κυρίου άνθρωπος und schreibt: „ D a n n aber schaltet E A A (= Epistula ad A n t i o c h e n o s ) u m auf die Exegese v o n A p g 2.36 (fr. 57), w o zunächst der irdisch-geschichtliche A u s g a n g s p u n k t dieser E r h ö h u n g und ihrer Heilsbedeutung in Erinnerung gerufen w i r d : die K r e u z i g u n g des ,Menschen Jesus' d u r c h die Juden. G e b r a u c h t die E A A unser κ. α. w i r k l i c h in prägnantem Sinn, also v o m erhöhten H e r r n , dann w ä r e es f ü r die nächsten Zeilen nicht zu erwarten. In der Tat vermeidet es der griechische Text: ,Die A p o s t e l zeigten mit den Fingern auf den gekreuzigten Mernschen des Herrn,' d . h . auf seinen gekreuzigten Leib." 1 2 9

Grillmeier unterscheidet also zwischen dem κυριακός άνθρωπος und dem „Menschen des Herrn". Dort, wo der Erhöhte im Blick ist, stehe der erste Titel. „Im zweiten Fall (d.h. beim Gekreuzigten) steht die Herrlichkeit noch aus und so ist nur ,vom Menschen des Herrn' die Rede." 130 Mir scheint diese Differenzierung vom Text nicht gedeckt.131 Denn: der ,Mensch des Herrn' ist hier kein anderer als der κυριακός άνθρωπος. Mit Petrus schaut Markell den Gekreuzigten vom Erhöhten

aus. Der „Mensch des Herrn" ist wesentlich 127 128

129 130 131

132

„HerrlichkeitsmenschK.132

Epistula ad Antiochenos Frg 4(4,57[2-10]). Epistula ad Antiochenos Kap. 5(10,8-12 arm., 17,1-4 engl. Casey); vgl. unten 319 die Rückübertragung ins Griechische. Ό Κ Υ Ρ Ι Α Κ Ο Σ "ΑΝΘΡΩΠΟΣ, 3. A.a.O. 14. In Epistula ad Antiochenos Kap. 22 (38,14 arm.; 28,30f engl. Casey) steht z. Β. „σώμα τοϋ κυρίου" in einer Herrlichkeitsaussage. Der Titel „κυριακός άνθρωπος" (bzw. „κυριακόν σώμα") kommt vor: (1) Der zur Rechten Gottes Sitzende: Epistula ad Antiochenos Frgg 15(14,65[17.23.52]); 16(15,66[8]; (2) Die Herrlichkeit des von Gott vor der Schöpfung Erwählten: Kap. 22 ([S. 37,31; 38,3f.l0.14; 39,9 arm. Casey]; [S. 28,19.22.30f.39 engl.]; darunter Frg 19[18,68[10f]); (3) weitere Stellen: Frgg 3(3,56[9]); 11(11,63[6f]); Kap. 21(37,6 arm.; 28,8 engl.); Frgg 20(19,69[2]); 32(29,77[10]).

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Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

Grillmeier fügt seinem Aufsatz einen Vergleich der Erklärung der Hoheitsaussagen bei Athanasius und in der Epistula ad Antiochenos an133 mit folgendem Ergebnis: Athanasius kennt keine Zunahme an Herrenwürde und Machtstellung der einen angenommenen Menschheit: „So bleibt weder Platz für eine Aktivität des Vaters oder des Heiligen Geistes an dieser Menschheit, noch auch für deren eigene Aktivität vor Gott, auf Grund derer der Vater ihr den Kyrios-Titel hätte verleihen können." 134 Abschließend wertet Grillmeier die Vorstellung vom κυριακός άνθρωπος ohne Lehre von der Seele Christi als ein Argument für die Verfasserschaft Markells: „Die Christologie der EAA ist erst auf dem Wege von einer Logos-Sarx-Christologie zu einer solchen vom Typ Logos-Anthropos. Dies ist aber das Christusbild, das die Fragmente Marcells von Ancyra zeigen . . . " 135 d) De incarnatione et contra Arianos: Martin Tetz, Manlio Simonetti, Alasdair L. C. Heron, Giuseppe M. Rapisarda, Adolf Laminski u.a. In seinem 1964 erschienenen, monographieartigen ersten Aufsatz zur Theologie des Markeil von Ankyra wies Tetz die Verfasserschaft Markells an dem Pseudathanasianum „De incarnatione et contra Arianos" 136 (hier im fügenden: DICA) nach.137 Schon Stülcken hatte auf die Verwandtschaft der Auslegung von 1. Kor 15,24ff (Kap. 20) bei Markeil und in DICA hingewiesen138 und Richard gegenüber Tetz brieflich die Möglichkeit der Verfasserschaft Markells angedeutet.139 Der Aufsatz von Tetz gliedert sich in vier Teile: in einer Einleitung (Seiten 217-223) gibt Tetz einen allgemeinen Forschungsüberblick über die Markellforschung von Rettberg bis Scheidweiler, der sowohl theologiegeschichtliche Ausblicke als auch Erwägungen zur Identifizierung weiterer Schriften Markells enthält. Daran schließt sich (I: 223231) eine spezielle Forschungsgeschichte zu De incarnatione et contra Arianos an. In einem zweiten Teil (II: 231-247) legt der Verfasser einen ersten Aufriß der Uberlieferungsgeschichte von DICA vor, führt die wichtigsten Handschriften und Versionen an und behandelt 133 134 135 136

137 138 139

Ό ΚΥΡΙΑΚΟΣ "ΑΝΘΡΩΠΟΣ, 55-58. A.a.O. 58. A.a.O. 62. Zur Theologie des Markell von Ankyra I. Eine Markellische Schrift „De incarnatione et contra Arianos", ZKG 75(1964) 217-70. - Ausführlicher Forschungsbericht bei Giuseppe Mauro Rapisarda, La questione dell'autenticitä del De Incarnatione Dei Verbi et contro Arianos di S. Atanasio. Rassegna degli Studi, N D i d 23(1973) 23-54. Text: PG 26, 983-1028. Athanasiana, 66.145f. Vgl. Tetz, Markell I, 222 Anm. 31.

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die textkritische Sonderfrage der in mehreren HSS in unterschiedlicher Form überlieferten Appendix. 140 Die Untersuchung eines Ausschnittes der Uberlieferungsgeschichte ergibt, „daß die ältesten Testimonien zur Schrift D I C A Uberlieferungsverhältnisse erkennen lassen, die die Behauptung gestatten, daß von der Uberlieferungsgeschichte der Athanasiana her die Herkunft des Pseudathanasianums D I C A von Markell nicht grundsätzlich ausgeschlossen ist." 1 4 1 Im dritten und für seine These gewichtigsten Abschnitt (III: 247-270) beweist Tetz an 6 Vergleichsmomenten (Bibeltext, Zitierweise, Wahl der dicta probanda, Schriftauslegung, Stileigentümlichkeiten und Wahl theologischer Begriffe) die engen Beziehungen von D I C A zum erhaltenen MarkellGut und die Unterschiede dieser Schrift zu den Werken des Athanasius mit dem Ergebnis, daß nur Markell von Ankyra „unter den Theologen des 4. Jahrhunderts ernsthaft als Verfasser in Frage kommt". 1 4 2 Gegen diese Zuweisung an Markell haben sich seitdem argumentativ Heron 1 4 3 und Simonetti 144 ausgesprochen. 145 Ihre Gründe gegen eine Autorschaft Markells sind dreifacher Art: (1) die Schrift D I C A ist nicht integer, sondern eine Kompilation; sie ist (2) textlich abhängig von dem lateinischen Pseudathanasianum „De Trinitate et de Spiritu Sancto" (hier im folgenden: DTSpS), das heute dem Eusebius von Vercelli zugeschrieben wird; 146 und (3) der Text und der Gehalt selbst von D I C A lassen eine solche Zuschreibung nicht zu. Es erscheint sinnvoll, zunächst auf die von Heron und Simonetti unter (1) und (2) genannten Einwände einzugehen, die sämtlich widerlegt werden müssen. Anschließend sollen die von ihnen unter (3) vorgebrachten Einsprüche, die sich auf die von Tetz dargelegten 6 Vergleichsmomente beziehen, erörtert werden. Dabei wird sich zeigen, daß sich 140 141 142 143

144 145

146

P G 26, 1027f Anm. 5. Markell I, 243; vgl. 231. A.a.O. 270. Studies in the Trinitarian Writings of Didymus the Blind: His Authorship of the Adversus Eunomium IV-V and the de Trinitate, Diss. Theol., Tübingen 1972; ders., The Pseudo-Athanasian Works De Trinitate et Spiritu Sancto and De incarnatione et contra Arianos: A Comparison, in: Aksum/Thyateira. A Festschrift for Archbishop Methodios of Thyateira and Great Britain, hrsg. von George Dion. Dragas, London, 1985, 281-298 (hierbei handelt es sich um einen Abdruck der S. 17-59 der Dissertation). Su alcune opere, 322-329. Ohne Diskussion außerdem Georges Matthieu de Durand (Cyrill von Alexandrien, Dialogues sur la Trinite, Tom. III: Dialogues VI et VII, SC 248, Paris 1978, 262); Enrico Cattaneo (Trois homelies pseudo-chrysostomiennes sur la paque comme oeuvre d'Apollinaire de Laodicee, Th 58, Paris 1981, 156, Anm. 41) und Charles Kannengiesser (Art. Marcello di Ancira, Dizionario patristico e di antichitä cristiane, vol. II, Casale Monferrato 1983, col. 2090). Liber duodecimus de Trinitate et de Spiritu Sancto, ed. Vincentius Bulhart, in: Eusebii Vercellensi episcopi quae supersunt, CChr.SL IX, Turnhout 1957, 165-205.

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einige Punkte Herons und Simonettis aufgrund unserer, hier von Tetz abweichender Interpretation, von selbst erledigen. Zu (1): Heron geht aus von der Analyse Stülckens, die er aber modifiziert. Stülcken hält den Ubergang von den von ihm christologisch genannten Kapiteln 1-8 zu dem trinitarisch-pneumatologischen Teil Kapitel 9-19 für „unvermittelt". Mit Kap 19 (1017A) ende der trinitarisch-pneumatologische Teil: „von c. 19 (1017A) an ist dann gleichfalls alles christologisch, mit Ausnahme eines kleinen Satzes c. 19 (1017B) und des Schlusses von c. 19(1017Cf.); der letztere ist hier ganz offenbar eingeflickt, und ebenso lässt sich 1017B ohne Schwierigkeit herauslösen." Stülcken sieht jedoch, daß auch c. 11-12 „plötzlich wieder christologisch" werden. Dennoch scheidet er c. 9-19 i.A. als Interpolation aus, wobei die Möglichkeit offenzuhalten sei, „dass auch in c. 9 (zweite Hälfte), 11 u. 12 . . . noch einiges ursprüngliche Gut aufbewahrt ist . . . " 1 4 7 Selbst Stülcken mußte jedoch mit einer Fußnote 1 4 8 zugestehen, daß nicht nur ab Kap. 9, sondern schon ab Kap. 8 (Mitte) der Heilige Geist thematisch ist. Eduard Weigl hob diesen Zusammenhang zwischen beiden Kapiteln heraus. 149 Heron, der Stülcken im Prinzip folgen will, akzeptiert dieses Ergebnis Weigls und nimmt außerdem Kapp. 11-12 als eigenen Abschnitt: so ergeben sich für ihn drei „christologische" Teile (1-8; 11-12; 20-22), in die zwei „trinitarische" (9-10; 13-19) eingeschoben sind, und zwar so, daß jeweils der thematische Ubergang vom christologischen zum trinitarischen Material (8 zu 9 und 12 zu 13) gelungen sei, während von den „trinitarischen" zu den „christologischen" Kapiteln (10 zu 11 und 19 zu 20) keine Verbindung zu erkennen wäre. Dies wertet Heron folgendermaßen: „These t w o observations together do in fact suggest that the w o r k as we have it betrays the hand of a compiler w h o has inserted t w o blocks of Trinitarian material in a w o r k which was originally purely Christological; that each time he was indeed able to establish some transitional connexion as he moved from Christological to Trinitarian questions; but that he was unable to do the same in the opposite direction, thus leaving abrupt breaks at the points where he returned to his Christological original". 1 5 0

Als weiteren Gesichtspunkt führt Heron die Verschiedenheit des Materials in den christologischen und trinitarischen Teilen an. In den ersteren gehe es dem Verfasser vor allem um den Aufweis der Gott147 148 149

150

Athanasiana, 63.65. A.a.O. 63 Anm. 1. Untersuchungen zur Christologie des hl. Athanasius, FChLDG Bd. 12, Heft 4, Paderborn 1914, 151f. The Pseudo-Athanasian Works, 286 = Studies, 24-27.

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heit Christi angesichts von Schriftstellen, die die Unterordnung Christi unter den Vater einzuschließen scheinen. Dieses Thema der christologischen Abschnitte werde gleich am Anfang der Schrift angeschlagen (Ol κακοτεχνώς τας θείας γραφας βουλόμενοι νοεϊν, τα ανθρώπινα ρήματα της πτώχειας τοϋ υίοϋ τοϋ θεοϋ παράγειν βούλονται προς τό συστήσαι την εαυτών βλασφηαίαν) habe jedoch keinerlei Bedeutung für die trinitarischen Teile.15 Die letzteren dagegen würden mit Ausnahme des Anfangs von Kap. 9 keinen häretischen Argumenten entgegentreten, keine strittigen Texte auslegen und nur eine Reihe von Belegen für die Gleichheit von Vater, Sohn und Geist zusammentragen. Beide Gattungen von Texten könnten jeweils leicht zu einem selbständigen Werk vereinigt werden. Schließlich bestreitet Heron die Analyse Simonettis von DICA aufgrund einer allgemeinen Beurteilung, die Simonetti vor seiner Kritik an der Zuschreibung der Schrift durch Tetz an Markell von Ankyra durchgeführt hatte. Simonetti versucht - anders als die bisher genannten Forscher - , den Gedankengang des Werkes stärker zu berücksichtigen. Zunächst stellt er gegen Stülcken fest, daß die christologischen Kapitel 11-12 keine Wiederholung der Kapitel 2-6 i. A. (sie)152 darstellen, sondern von einem neuen Gesichtspunkt her argumentieren, nämlich: daß der Sohn der Mitschöpfer des Vaters ist.153 Zusammenfassend führt Simonetti aus: „In unserem Werk können wir drei Teile unterscheiden: im ersten behandelt der Autor Probleme, die die Menschheit des Sohnes betreffen, um zu zeigen, wie in ihm Menschheit und Gottheit zusammen bestehen, und daß er daher nicht nur als ein Mensch betrachtet werden kann, d. h. als eines der Geschöpfe; entsprechend kann auch der Heilige Geist nicht einfach nur als ein Geschöpf angesehen werden, weil er aus derselben Substanz des Vaters und des Sohnes ist (Kapp 1-10). Im zweiten Teil wendet sich der Verfasser der Behandlung des Verhältnisses von Vater und Sohn zu und dem Zusammensein der zwei Naturen im Sohn, jedoch unter einem neuen Blickwinkel: der Sohn nimmt Teil an der schöpferischen Tätigkeit des Vaters; entsprechend wird im Fortgang zum Geist ausführlich dargelegt, wie auch dieser teilnimmt an der Tätigkeit des Vaters und des Sohnes (Kapp. 11-19). Im dritten Teil kehrt (der Text) zum Hauptthema (zurück), das nämlich die Koexistenz im Sohn von menschlicher und göttlicher Natur betrifft (Kapp. 20-22)." 154

Bei Simonetti findet sich auch die Vorlage für den Gedanken Herons von der guten Anknüpfung der beiden trinitarischen Teile an die christologischen. Während Heron jedoch daraus ein Argument für 151 152 153 154

The Pseudo-Athanasian Works, 286 mit Anm. 37 = Studies, 25f mit Anm. 37. Athanasiana, 63. Sulla paternitä del De incarnatione Dei Verbi et contra Arianos, NDid 6(1956) 7. Sulla paternitä, 9f.

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einen geschickt einarbeitenden Kompilator oder Editor macht, sieht Simonetti darin ein Indiz für die Selbigkeit des Verfassers, der pneumatologische Exkurse schreibe. 1 5 5 Schließlich weist Simonetti auf den von Stülcken völlig unpräzise bestimmten Schluß des zweiten trinitarischen Teils in Kap 19 hin. 1 5 6 Beginnen wir die Widerlegung mit dieser zutreffenden Beobachtung Simonettis. In der Tat bildet der Abschnitt Kap. 19, 1017 A 5 - 1019 A 2 ( = Ende von Kap. 19), innerhalb dessen Stülcken das Ende des trinitarisch-pneumatologischen Einschubes verortet, einen geschlossenen Zusammenhang: „Und wenn Stephanus in der Apostelgeschichte sagt: ,Der Gott der Herrlichkeit erschien unserem Vater Abraham (Acta 7,2),' sagt Paulus dasselbe über den Sohn: ,Denn wenn sie die (seil, die Weisheit Gottes) erkannt hätten, hätten sie den Herrn der Herrlichkeit nicht gekreuzigt (1. Kor 2,8).' Gleichermaßen sagt auch David: ,Herr der Mächte ist er selbst, der König der Herrlichkeit (Ps 23,10 L X X ) . ' Denn eine ist die Herrlichkeit des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. ,Meine Herrlichkeit', sagt die Schrift, ,werde ich keinem anderen geben (Jes 48,11).' Der Sohn ist nämlich kein zweiter Gott, sondern Logos des einen und einzigen Gottes, im Vater Gott genannt, wie auch der Vater ihm Sohn Gott genannt wird. Wie auch Jesaja sagt, indem er den Sohn zusammen mit dem Vater Gott nennt: ,Und sie werden vor dir auf den Boden fallen und werden in dir anbeten: denn in dir ist Gott und außer dir ist kein Gott. Du bist nämlich der Gott und wir erkannten (dich) nicht, Gott Retter Israels. Denn es werden zu Schanden und beschämt werden alle, die sich ihm widersetzen (Jes 45,14-16).' Es widersetzen sich ihm aber die, die nicht bekennen, daß er und sein Geist desselben Wesens mit dem Vater sind und daß außer ihm kein Gott ist, und die, die sich seines Leidens und seiner Armut schämen. Denn keiner kann Gott erkennen, wenn er nicht mit dem Apostel Thomas den Gekreuzigten und aus den Toten Auferstandenen als Herrn und Gott bekenne (Joh 20,28), der zu seinen Aposteln sagt: ,Wenn ihr mich erkennen würdet, würdet ihr auch meinen Vater erkennen, und von jetzt an erkennt ihr ihn und habt ihn gesehen. Da sagt zu ihm Philippus: Herr, zeige uns den Vater, das genügt uns. Jesus antwortet ihm: So lange bin ich mit euch und du hast mich noch nicht erkannt, Philippus? Wer mich sieht, sieht meinen Vater. Und wie sagst du: Zeige uns den Vater! Glaubst du nicht, daß ich im Vater bin und der Vater in mir? Die Worte, die ich zu euch spreche, die rede ich nicht von mir selbst. Und mein Vater, der in mir bleibt, er tut die Werke. Glaubt mir: ich bin in meinem Vater und der Vater ist in mir. Wenn aber nicht, dann glaubt mir wegen der Werke selbst (Joh 14,7-11).' Ein Werk 155

Heron (The Pseudo-Athanasian Works, 287; Studies, 27) übernimmt auch diese Vorstellung.

156

Sulla paternitä, 684. Stülcken (Athanasiana, 65) gibt an, daß „ . . . ού γάρ έστι δεύτερος θεός" (Kap. 1 9 [ P G 26, 1017 A 13]) direkter Anschluß an „ . . . ίνα . . . τόν ενα φορέσωμεν θεόν . . . " (Kap. 8 [ P G 26, 997 A 6]) sei. Dies ist ganz unmöglich, da an beiden Stellen ein einwandfreier Zusammenhang zum Vorangehenden bzw. N a c h folgenden gegeben ist.

V. Die neuen Markell-Schriften

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G o t t Vaters war es aber, die D ä m o n e n auszutreiben. Im Heiligen Geist aber, sagte er (seil, der Sohn oder die Schrift), die D ä m o n e n auszutreiben: ,Wenn aber ich', sagt er, ,im Geiste Gottes die D ä m o n e n austreibe (Mt 12,28).' U b e r welchen Lukas sagt: ,Wenn aber ich mit dem Finger Gottes die D ä m o n e n austreibe ( L k 11,20).' Wenn nämlich die Schrift den Sohn 1 5 7 A r m des Vaters nennt, heißt sie den Heiligen Geist Finger Gottes; und wenn sie den Sohn L o g o s Gottes nennt, heißt sie den Heiligen Geist H a u c h Gottes."

Der Text bedarf keines näheren Kommentars. Es liegt ein Argumentationsgang aus einem Guß vor, in dem mit der Selbigkeit der Herrlichkeit von Vater, Sohn und Geist, mit dem gegenseitigen Ineinandersein von Vater und Sohn und mit dem einheitlichen Wirken von Vater, Sohn und Geist beim Werk der Dämonenaustreibung die Einheit des Wesens Gottes belegt wird. Gleichzeitig handelt er von der Erkenntnis eben dieses Wesens Gottes, die nur durch den Sohn, nämlich durch die Erkenntnis des Gekreuzigten und Auferstandenen als des Herren und Gottes, erlangt wird. Damit ist Stülekens Ende einer trinitarisch-pneumatologischen Interpolation als Fiktion erwiesen. Heron verlegte das Ende seiner zweiten trinitarischen Interpolation (Kapp. 13-19) auf das Ende von Kap. 19, d.h. auf das Ende des hier von mir zitierten Textes. Richtig ist, daß sich Markell an der Stelle, die mit Kap. 20 markiert wird, einem neuen Text zuwendet, nämlich I Kor 15,24-28. Die Heranziehung von neuen Schriftstellen geschieht in D I C A jedoch ständig und kann daher nicht die Behauptung einer Textnaht rechtfertigen. Ferner liegt kein Fortgang von „trinitarischem zu christologischem Material" vor. War schon in Kap. 19 die „eigentliche" Christologie nie ausgespart (vgl. „Es widersetzen sich ihm aber die, die nicht bekennen, daß er und sein Geist desselben Wesens mit dem Vater sind und daß außer ihm kein Gott ist, und die, die sich seines Leidens und seiner Armut schämen. Denn keiner kann Gott erkennen, wenn er nicht mit dem Apostel Thomas den Gekreuzigten und aus den Toten Auferstandenen als Herrn und Gott bekenne, der zu seinen Aposteln sagt: ,Wenn ihr mich erkennen würdet, würdet ihr auch meinen Vater erkennen, und von jetzt an erkennt ihr ihn und habt ihn gesehen.'") - was von der Eigenart Markellischer Theologie auch nicht anders sein kann - , 1 5 8 so führt Markell in Kap. 20 wiederum „typisch Markellisch" die Gotteslehre in der Weise fort, daß er die verschiedenen Verhältnisse des Sohnes in seiner Gottheit und des Sohnes als des Menschgeworde-

157 158

Mit Syr, Ar und Z. - Zu den Handschriften siehe unten 114f. Tetz (Markell I, 225) stellt die Frage: „ob die Kennzeichnung ,christologisch' und ,trinitarisch' sich überhaupt als Kriterien bei der Beurteilung von De incarnatione et contra Arianos bewähren.. "

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Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

nen zum Vater voreschatologisch und posteschatologisch behandelt. 159 Demnach ist es auch nicht haltbar, mit Heron am Ende von Kap. 19 den Abschluß einer „zweiten trinitarischen Interpolation" ansetzen zu wollen. Dies wird umso unwahrscheinlicher, als hier in Kap. 19, als auch in Kap. 10 (nach Heron innerhalb der „ersten trinitarischen Interpolation") ein entscheidendes Stichwort aus dem „ersten christologischen Abschnitt" (nach Heron Kapp. 1 -8) wiederaufgenommen wird: nämlich die Polemik gegen die Verkenner der Armut und des Leidens Christi, des Gekreuzigten.160 Wie in Kap. 1 erscheint hier die Armut und das Leiden Christi als die Bedingung der Möglichkeit der Gotteserkenntnis. Wie in Kap. 1 und in Kap. 10 zitiert Markell (oder spielt darauf an) 1. Kor 2,8, wobei Kapp. 10 und 19 noch Ps 23,20 L X X gemeinsam haben. 161 Nachdem weder im Bereich von Kap. 19 der Abschluß einer Interpolation noch die These von unterschiedlichen Gehalten von Kapp. 18 (vermeintlich christologisch) und Kapp. 13-19 (vermeintlich trinitarisch) verifiziert werden können, wenden wir uns der ersten von Stülcken behaupteten Nahtstelle, nämlich dem Ubergang von Kap. 8 zu Kap. 9 zu. Hier sind allerdings sowohl Theodor Scherman als auch Heron gegen Stülcken der Ansicht, daß ein nahtloser Ubergang vorliege. Darüberhinaus können auch hier Kapp. 1-8 gegen Heron nicht „christologisch" und Kapp. 9-10 nicht „trinitarisch" bezeichnet werden. Denn es liegt nicht nur ein einheitlicher Gedankengang vor, sondern auch ein solcher, der neben der Gotteslehre und Christologie auch Soteriologie, Pneumatologie und Ekklesiologie thematisiert. Ich übersetze, bzw. paraphrasiere, Kapp. 8-10 (PG 26, 996 C 5 - 1000 Β 10): In der Einigung des L o g o s und Sohnes des Vaters mit dem Fleisch werden die Menschen dem Geist geeint. D e r S o h n - L o g o s ist also fleischtragender G o t t und wir geisttragende Menschen. „Denn indem er den Erstling aus dem Wesen (έκ της ουσίας) der Menschen nahm, d. h. aus dem Samen Abrahams, 1 6 3 der die Knechtsgestalt ist, und einem Menschen gleichgestaltet wurde, gab er uns aus dem Wesen (έκ της ουσίας) Gottes den „Erstling" des Heiligen Geistes, damit alle zu Söhnen Gottes würden, dem Sohne Gottes gleichgestaltet. E r also, der wahre Sohn Gottes, trägt uns alle, damit wir alle den einen G o t t tragen.

159

160 161 162

163

Von der in Kap. 20 gleichzeitig thematisierten Ekklesiologie, Lehre von der Königsherrschaft und Kosmologie sei jetzt abgesehen; siehe dazu unten 431-438. Kap. 1(PG 26, 984 A 1 - 985 Β 9); Kap. 5(PG 26, 992 A 1-15 und 99 A 1-4). Kap. 1(PG 26, 985 A 5 - Β 12); Kap. 10(PG 26, 1001 Β 5-7). Die griechischen Quellen des hl. Ambrosius in LL. III de Spir. s., VKHSM 10, München 1902, 51-53; zu Heron und Stülcken vgl. oben 86. Vgl. unten 316.

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(Beginn von Kap. 9) „Folglich ist es gottlos, den Geist Gottes als geschaffen oder gemacht zu bezeichnen. Zumal das ganze alte und neue Testament ihn mit dem Vater und Sohn mitzählt und verherrlicht. Daher gehört er zu derselben Gottheit und demselben Wesen (της αυτής ουσίας).164 Wie sie165 auch sagt: ,Wer an mich glaubt, aus dessen Leib werden Ströme lebendigen Wassers fließen. Dies sagte er aber über den Geist, den die, die an ihn glauben, empfangen sollten (Joh 7,38f).' Und wie sie auch in Joel in der Person des Vaters sagt: ,Ich werde von meinem Geist über alles Fleisch ausgießen und eure Söhne und Töchter werden weissagen (Joel 2,28).' Und deswegen haucht er ihn in das Gesicht der Jünger und sagt: ,Nehmt den heiligen Geist (Joh 20,22)', damit sie erkennen, daß der den Jüngern gegebene Geist aus der Fülle der Gottheit ist: ,Denn', sagt sie, ,in Christus', d.h. in seinem Fleisch, ,wohnt die ganze Fülle der Gottheit körperlich (Kol 2,9).' Und demgemäß sagt auch Johannes der Täufer: ,Wir alle haben aus seiner Fülle empfangen (Joh 1,16).' Denn in körperlicher Gestalt, d. h. als Taube, erschien der Heilige Geist, als er herabstieg und auf ihm blieb. Denn in uns wohnt der Erstling und das Angeld der Gottheit, in Christus aber die ganze Fülle der Gottheit. Und keiner glaube, daß er ihn nicht besaß, als er ihn empfing. Denn er selbst sandte ihn als Gott von oben und er selbst empfängt ihn unten als Mensch. Aus ihm selbst kommt er also in ihn selbst, aus seiner Gottheit in seine Menschheit. Und einerseits ruft Jesaja in der Person des Vaters: ,So spricht der Herr dein Gott, der dich gemacht und geschaffen hat aus dem Mutterleibe. Fürchte dich nicht, mein Kind Jakob, und mein geliebter, Israel, den ich erwählte. Denn ich werde denen, die in der Dürre wandeln in ihrem Durst Wasser geben. Ich werde meinen Geist auf deinen Samen legen und meine Segnungen auf deine Kinder (Jes 44,2-3)'. Im Evangelium wird der Sohn als der verkündigt, der den in der Dürre Wandelnden Wasser gibt, indem er zur Samaritanerin über den Heiligen Geist sagt: ,Hättest du die Gabe Gottes erkannt und, wer der ist, der dir sagt: Gib mir zu trinken!, dann hättest du ihn gebeten und er hätte dir lebendiges Wasser gegeben (Joh 4,10).' Und kurz danach sagt er ihr: Jeder, der von diesem Wasser trinkt, wird wieder dürsten; wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm geben werde, wird in Ewigkeit nicht mehr dürsten, sondern das Wasser, das ich ihm geben werde, wird in ihm eine Quelle Wassers werden, das bis ins ewige Leben quillt (Joh 4, 13f)'. Und deswegen singt David Gott im Psalm: ,Denn bei dir ist die Quelle des Lebens und in deinem Licht werden wir das Licht schauen (Ps 35,10).' Denn er wußte, daß der Sohn als die Quelle des Heiligen Geistes beim Vater 166 ist. (Beginn von Kap. 10) Und deswegen sagt er durch Jeremia: .Deswegen hat mein Volk übel gehandelt. Mich, die Quelle des lebendigen Wassers, haben sie verlassen und haben sich selbst rissige Wasserlöcher gegraben, die kein Wasser halten können (Jer 2,13).' Und wenn die Seraphime Gott dreifach verherrlichen (δοξολογοΰσι): ,Heilig, heilig, heilig ist der Herr Zebaoth (Jes 6,3),' verherrlichen sie Vater, Sohn und Heiligen Geist. Und deswegen werden wir wie auf den Namen des Vaters und des Sohnes, so auch auf den Namen des 164 165 166

mit Syr, Ar, Z, L, S, W, B. mit Ar, Z, L, S. mit Syr, Ar, Z, L, S.

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Heiligen Geistes getauft und w e r d e n zu S ö h n e n Gottes, nicht v o n G ö t t e r n . D e n n Vater, S o h n u n d Heiliger Geist ist der H e r r Zebaoth: eine G o t t h e i t nämlich und eine Macht." 1 6 7

Wir sehen erstens: im gesamten Kapitel 9 bleibt die Christologie im Gefälle zur Ekklesiologie thematisch. Zweitens ergibt sich die Argumentation um die Gottheit des Geistes organisch als eine Folge der inkarnatorisch-soteriologischen Ausführung über den Heiligen Geist als der Erstlingsgabe aus dem Wesen Gottes an die Menschen. Drittens führt die Frage nach der Gottheit des Geistes, die schon zu Beginn von Kap. 9 angesprochen ist („mit dem Vater mitgezählt und verherrlicht"), zur Frage nach der Einheit Gottes (Sohn als Quelle des „Lebens" beim Vater), die am Ende unseres Textes wieder im Rahmen der Doxologie (Dreifaches Sanctus) aufgenommen wird und unter der Thematik der „Herrlichkeit" auch den Rest des Kap. 10 bestimmt. 168 Viertens spielt die Rede vom Geben des Menschgewordenen und vom Empfangen der Menschen eine zentrale Rolle im vorliegenden Text, wobei als Kern die Vorstellung von Jesus Christus als dem in seiner Gottheit sich selbst (nämlich seiner empfangenden Menschheit) Gebenden hervorsticht. Dieser Gedanke ist ein Hauptgedanke Markells in den Kapp. 1-8 (9) und 11-12. 169 Es ist offensichtlich: nicht nur ist der sog. zweite trinitarische Teil (durch Kap. 19) mit dem sog. ersten christologischen (Kapp 1-8) und ersten „trinitarischen" (durch Kap. 10) unlöslich thematisch verknüpft, sondern auch der sog. erste trinitarische" Abschnitt (Kapp. 9-10) ist zusammen mit den Kapp. 1-8 aus einem Guß und besitzt inhaltliche Verbindungen zum sog. zweiten christologischen Teil (Kapp. 11-12). Müssen nun Kapp. 1-10 als Einheit betrachtet werden, so könnte der Beginn von Kapp. 11-12, angenommen, er wäre mit Heron einer Interpolation zuzuschreiben, 170 keine literarkritische Bedeutung mehr haben, da ja hier in Herons Sinne zur „Christologie", d. h. zu demjenigen Thema, das auch durch Kapp. 9-10 thematisch bleibt, zurückgekehrt wird. Doch auch in den Kapp. 11-12 wird - wie schon angedeutet nicht im herkömmlichen Sinn „Christologisches" traktiert: vielmehr wird die Schöpfereinheit von Vater und Sohn (Logos) am Leib und 167

168 169

170

Streichung von έν τρισ'ιν ύποστάσεσιν vgl. Tetz, Markeil I, 244; μία δυναμς oder έξουσία statt είς θεός mit Syr, der swltn' liest (ich danke Herrn Prof. Samuel Vollenweider für die Erschließung der syrischen Ubersetzung). PG 26, 1000 Β 14 - 1001 C. Kap. 4(PG 26, 989 Β 11 - 13); Kap. 12 (PG 26, 1004 Β 4f); vgl. ferner die Kap. 2(PG 26, 988 A 9 - Β 10); Kap. 3 (PG 26, 989 A 2-5); Kap. 8(PG 26, 996 Β 4-7 [vgl. unten 316]) und Kap. l l f ( P G 26, 1004 A 10 - C 8). Vgl. oben 86.

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Fleisch des Sohnes und an der Kirche dargestellt, 171 Themen, die mit den gesamten Kapp. 1-10 in engem Zusammenhang stehen. Kap. 13, das nach Heron die zweite trinitarische Interpolation (13-19) einleiten soll, besitzt nicht nur einen Stichwortanschluß (εκτισε[ν]) an das Vorangehende, 172 sondern dehnt, wie Simonetti sah, die in den Kapp. 1112 dargestellte Schöpfereinheit von Vater und Sohn auf die Schöpfereinheit von Vater, Sohn und Geist aus. 173 Hier liegt also eine planvolle Gedankenführung vor, die durch nichts einfacher erklärt wird als durch ein und denselben Verfasser. In weiten Teilen der Kapp. Π Ι 9 führt Markell die Selbigkeit des Tuns, Seins und Redens von Vater, Sohn und Geist aus. Jedoch ist auch dieser Abschnitt nicht nur wegen Kap. 19 nicht als „trinitarischer" zu beschreiben. In Kap. 16 nimmt sich Markell nämlich die von den Anhomöern (Kap. 1) für ihre Thesen herangezogene Stelle Mk 10,18 vor und argumentiert „ c b r i s t o l o g i s c h " (-theologisch-pneumatologisch): „Denn wenn der Heilige Geist nicht aus dem Wesen des einzig Guten wäre, würde er nicht gut genannt werden, da ja der Herr, insofern er Mensch wurde, verbietet, daß man ihn gut nennt, indem er sagt: ,Nenne mich nicht gut!' . . . (Mk 10,18)" (Und anschließend:)174 „Denn er lehrte uns im Gebet im jetzigen Aon um das zukünftige, d.h. das kommende, Brot zu bitten (Mt 6,11), dessen Erstlingsgabe wir im jetzigen Leben haben (Rom 8,23), indem wir daran durch 175 das Fleisch des Herren Anteil bekommen, wie er selbst sagte: ,Das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch für das Leben der Welt (Joh 6,51).' Denn lebendigmachender Geist ist das Fleisch des Herrn (Joh 6,63; 1. Kor 15,45), weil es aus dem lebendigmachenden Fleisch empfangen wurde (Lk 1,31.35; Thr 4,20). ,Das aus dem Geist Geborene ist nämlich Geist (Joh 3,6).' 176

Markell diskutiert in der angeblichen zweiten trinitarischen Interpolation inkarnationstheologisch einen Text, dessen Behandlung er im angeblichen ersten christologischen Abschnitt (Kap. 1) angekündigt hatte! Zugleich nimmt er Theologumena (unsere Teilhabe am Heiligen Geist durch Teilgabe von dessen απαρχή) 177 aus diesem Teil (Kap. 8) wieder auf! Nehmen wir zusammen, daß Kapp. 13ff eine thematisch planvolle Fortführung der Kapp l l f sind, daß Kap. 16 eine der strittigen und in Kap 1. vorgestellten Schriftstellen unter Rückgriff auf Kap 8. erörtert 171 172 173 174 175 176 177

PG 26, 1001 C 1 - 1004 A 1 und 1004 Β 6. C 5-8.13f. Vgl. PG 26, 1005 A 1 mi: A 4f.8f. PG 26, 1005 A 3-10 und 1008 C 3-5. Siehe den griechischen Text unten 355 Anm. 442. Dieses für den Sinn sehr wichtige δια lesen Syr, Ar, Z, L, B, W. PG 26, 1012 A 14 - Β 2 und Β 11 - 17; vgl. Kap. 7(PG 26, 993 A 12 - Β 15). PG 26, 977 A If.

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und daß in Kap. 19 auf Inhalte der Kapp. 1-8 und 10 angespielt wird, dann ist nicht nur der Behauptung einer fiktiven ersten trinitarischen Interpolation (Kapp. 9-10), sondern auch die einer zweiten (Kapp. 1319) jeglicher Boden entzogen und gegen Stülcken und H e r o n die literarische Einheitlichkeit von D I C A erwiesen. Zu (2): Heron sucht anhand von 9 Passagen in DTSpS und DICA, die auffällige Parallelen enthalten, die Priorität von DTSpS über D I C A zu erweisen. Herons immer wiederkehrende Feststellung, daß D I C A in der Regel straffer und kürzer argumentiert als DTSpS, muß (falls dieser Tatbestand überhaupt herangezogen werden soll) mit Tetz als Indiz für die Originalität gewertet werden. 179 Triftigere Kriterien als die Kürze sind jedoch die innere Logik der in Frage kommenden Texte und ihre Homogenität mit dem sie umgebenden Kontext. Sowohl in der argumentativen Stringenz als auch in der kontextualen Einheitlichkeit erweist sich D I C A gegenber DTSpS als überlegen und damit ursprünglich. Heron beginnt mit einem Vergleich von D I C A Kap. 14 (1008 C 5 - 1009 A 5) mit DTSpS § 29f, Zeilen 220-229: (1) D I C A Kap. 14 (PG 26,1008 C3 1009 A 5)

DTSpS § 29f, Zeilen 220-231

Ό ρ α ς , ότι απερ εστίν εργα τοΰ πατρός,

In prima quoque epistula ad Corinthios necesse est iterum audire Paulum trinitatem praedicantem; dich enim: Divisiones . . . deus, qui operatur omnia in omnibus. Cum dixisset autem deum omnia in omnibus operari et professus fuisset dona, quae per spiritum ecclesiae donantur, adiecit: Haec autem omnia operatur unus atque idem spiritus, dividens uni cuique (singulis) prout vult. Docens operationem dei operationem esse spiritus sancti numquid destitit a trinitate Paulus?

ταΰτα λέγει ή γραφή τοϋ υίοϋ είναι, και τοΰ αγίου πνεύματος-

ώς

και ό

απόστολος έδίδαξε λ έ γ ω ν διαιρέσεις δε χαρισμάτων είσι, τό δέ πνεϋμα τό αυτό. και διαιρέσεις διακονιών εισί, και αυτός ό κύριος· και διαιρέσεις

ενεργημάτων

ε'ισίν, ό δέ αυτός θεός ό ενεργών τα πάντα εν πάσιν.

είρηκώς

ουν,

ότι

ό

πατήρ έστιν ό ενεργών τά πάντα έν πάσιν, και μετ' ολίγον λέγει τό αγιον πνεϋμα είναι τό ενεργούν τά πάντα έν πάσιν. πάντα δέ ταϋτα, φησίν, ενεργεί τό Ιν και τό αυτό πνεϋμα, διαιρούν ίδια έκάστω, καθώς βούλεται.

178

179

The Pseudo-Athanasian Works, 2 8 7 - 2 9 6 = Studies, 2 9 - 5 2 . D a H e r o n (The PseudoAthanasian Works, 2 8 2 - 2 8 4 . 2 9 6 . 2 9 8 = Studies, 18-22.53f.58f) die Frage nach einem griechischen oder lateinischen Original von „DTSpS" nicht als Argument für die Priorität heranzieht, sondern umgekehrt aus der angeblichen Priorität von DTSpS gegenüber D I C A den griechischen Ursprung der ersteren Schrift folgert, muß sie hier nicht erörtert werden. The Pseudo-Athanasian Works, 2 8 7 - 2 9 8 ( = Studies, 27-59); vgl. S. 288 Anm. 46a (Brief von Tetz).

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Der zitierte Abschnitt in DICA Kap. 14 besitzt durch das Thema der Einheit des Wirkens von Vater, Sohn und Geist eine geschlossene Gedankenführung. Dieses Thema wird zu Beginn und vor den Zitaten von 1. Kor 12,4-6.11 angekündigt, sodann an diesen bewiesen und mit der Pointe abgeschlossen, daß in 1. Kor 12 Vers 6 das Wirken von „allem in allen" dem Vater zugeschrieben wird und in Vers 11 dem Heiligen Geist. Heron interpretiert falsch, wenn er glaubt, der Verfasser habe V 11 in seinem (seil, des Verf.) Sinne ungenau ausgelegt. Für den Verfasser ist das Tun von „allem in allen" identisch mit dem Wirken von ,diesem allen in jedem einzelnen' (vgl. Vers 11). Die Gedankenführung von DTSpS dagegen entspricht weder dem Grundgedanken der Einheit des Wirkens von Vater, Sohn und Geist, der jedoch durch die Verse 6 und 11 als der zentrale ausgewiesen wird. Dies spricht DTSpS erst am Schluß des Abschnittes aus, während das Zitat von 1. Kor 4-6 nur allgemein als Verkündigung der Trinität vonseiten des Paulus angekündigt wird. Ferner führt der Hinweis auf die Gaben des Geistes an die Kirche vom Thema ab. Schließlich fehlt gerade die Spitze der Darlegung: nämlich der Beweis der ganzen und identischen Gottheit des Geistes mit dem Vater aufgrund der Gesamtwirksamkeit beider, wie es V 6 für „Gott" und V 11 für den Geist aussagen. Die Einheitlichkeit und Präzision der Gedankenführung sowie die größere Angemessenheit der Auslegung mit den Wortlaut der Schriftstellen lassen auf die Ursprünglichkeit von DICA Kap 14. schließen. Dasselbe gilt in noch viel größerem Maße von der zweiten der von Heron herangezogenen Stellen: DICA Kap 17 (1012 Β 18 - 1013 A 6) und DTSpS § 55, 435-442. Die Texte müssen nicht zitiert werden, da die Sachlage ganz eindeutig ist. Markell handelt auch hier von der Einheit des Wirkens von Vater, Sohn und Heiligem Geist. An der vorliegenden Stelle beweist er mit Jer 2,6, daß der Vater, mit Jes 63,13f, daß der Heilige Geist und mit 1. Kor 10,4, daß Christus das Volk Israel aus der Wüste geführt habe. Sowohl aus dem Text selbst als auch aus dem strukturell parallel aufgebauten Kontext geht klar hervor, daß es Markell auf den Aufweis des identischen Handelns von Vater, Geist und Sohn ankommt. Da der Verfasser von DTSpS das christologische Glied samt dem Zitat von 1. Kor 10,4 ausläßt, erweist er sich auch hier als sekundär. Auch an der dritten Vergleichsstelle, die sich der zweiten unmittelbar anschließt (DICA Kap. 17,1013 A 7 - B l l und DTSpS § 63-65, Zeilen 495-520 muß das Urteil Herons korrigiert werden. Die Texte lauten:

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DICA Kap. 17 (1013 A7 - B l l )

DTSpS §63-65, Zeilen 495-520

και δτε λέγει ό Παΰλος υπό τοΰ θεοϋ κεκλήσθαι αυτόν ό θεός, φησίν, ό άφορίσας με έκ κοιλίας μητρός μου, και καλέσας δια της χάριτος αύτοϋ, άποκαλύψαι τον υιόν αύτοΰ έν έμοί, tva εύαγγελίζωμαι αυτόν έν τοις εθνεσιν. 'Ρωμαίους δέ ύπό τοϋ Χρίστου κεκλήσθαι λέγει γράφων προς αυτούς· έν οίς έστε και ύμείς κλητο'ι Ίησοΰ Χρίστου· (τό δέ βίβλιον των Πράξεων)180 τό δέ πνεϋμα τό άγιον τον Παΰλον και τον Βαρνάβαν κεκληκέναι εΐρηκεν εις τό τοις εθνεσιν εύαγγελίσασθαι τον Χριστόν. καί τό γε θαυμαστόν, τοΰ Ίησοΰ, είπόντος Παυλώ έν τω ίερω· πορεύου, δτι εις έθνη μακρά έξαποστέλλω σε· καί τοΰ Παϋλου Γαλάτας γράφοντος, Παΰλος απόστολος ουκ άπ' ανθρώπων, ούδέ δι'άνθρωπου, άλλα διά Ίησοΰ Χριστοΰ, καί θεοΰ πατρός τοϋ έγείραντος αυτόν έκ νεκρών καί μετ'ολίγον (φησί)181 γνωρίζω δέ ύμϊν, αδελφοί, τό Εύαγγέλιον τοΰτο, δτι ουκ έστι κατά άνθρώπον ούδέ γάρ έγώ παρά άνθρώπου παρέλαβον αυτό, ούδέ έδιδάχθην, άλλα δι' άποκαλύψεως Ίησοΰ Χριστοΰ· τό πνεϋμα τό άγιον άποστεϊλαν τόν τε Παϋλον καί τον Βαρνάβαν φαίνεται, κηρύξαι τοίς εθνεσιν τόν Χριστόν.

Et Paulus sane (autem) a deo se vocatum ait ad Galatas scribens: Cum autem placuisset deo (domino), qui me segregavit ab (de) utero matris meae . . . in gentibus. Romanos vero a Christo vocatos esse ait, scribens ad eos: In quibus estis et vos vocati Iesu Christi, et spriritus sanctus Paulum et Barnaban a se dixit esse vocatos, ut (quo) gentibus adnuntiarent Christum. Et plane mirabile, cum salvator diceret ad Paulum in templo: quia ad gentes longe positas ego mittam te, et Paulus ad Galatas scriberet: Paulus apostolus non ab hominibus neque per hominem, sed per Iesum Christum et deum patrem, qui suscitavit eum a mortuis, spiritus tarnen sanctus misit Paulum et Barnabam probatos ad praedicandum gentibus Iesum Christum. Dicit enim scriptura sie: (Acta 13,1-4) et sie deineeps praedicatio gentibus per Paulum facta exponitur.

Heron argumentiert, daß die ganze Aussage dieses Stückes von Acta 13,1-4 abhängig sei, da in beiden Schriften an dieser Stelle die Gottheit des Geistes diskutiert werde. Indem nun DICA Acta 13,1-4 nicht wörtlich und ausführlich zitiere, sei sie die spätere Schrift. Genau genommen ist nun aber der Gegenstand des Textes die Einheit Gottes des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes im Werk der Berufung und im Werk der Sendung. Wäre nun die Vollständigkeit der Zitation von Acta 13,1-4 das Kriterium für die ursprüngliche Fassung, dann dürfte dieses Zitat (zumindest von Acta 13,2) nicht erst am Schluß der ganzen Passage erscheinen, sondern schon dort, wo vom Heiligen Geist als dem Berufenden die Rede ist (DTSpS § 63, 502f). Dies ist nicht der Fall. Vielmehr liegt an dieser Stelle eine abgeänderte Wiedergabe der indirekten Zitation Markells von Acta 13,2 vor, deren Abkunft von DICA 180

181

Athanasiana Syriaca, Part III, transl. by Robert W. Thomson, CSCO. Vol. 325, S. Tom. 143, Löwen 1972, 14,2f. mit Syr, Ar, Z, L, S.

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Kap 14, 1013 Α-B 1 aus folgenden Gründen zwingend ist. Markeil belegt mit Gal 1,15f, daß Paulus sage, er sei von Gott berufen worden, mit Rom 1,6, daß er, Paulus, sage, die Römer seien von Christus berufen worden. Beidemale ist der den Galaterbrief bzw. den Römerbrief schreibende Paulus der Redende. Beim dritten Glied, dem Heiligen Geist, wäre aber nach dem textus receptus der Heilige Geist selbst der Sagende: „Der Heilige Geist aber sagte, daß er den Paulus und den Barnabas berufen habe, um in den Heiden Christus zu verkündigen". Damit weicht das dritte Glied von der Struktur der beiden ersten ab. Nun weist aber eine der ältesten Uberlieferungen von DICA, nämlich der Syrer, auch beim Heiligen Geist eine zu den beiden ersten Gliedern parallele Struktur auf: wie dort Paulus, bzw. der Galater- und der Römerbrief sprechen, so hier das Buch der Apostel-Geschichten, so daß der Satz richtig lautet: „Das Buch der Praxeis hat jedoch gesagt, daß der Heilige Geist Paulus und Barnabas berufen habe . . . (vgl. Acta 13,2)". Der Ausfall des Subjektes ist durch Homoiarkton (τό δέ) zustande gekommen. Der durch den Ausfall des ursprünglichen Subjektes schwerfällige Satz (τό δέ πνεύμα τό αγιον ist sowohl zum Subjekt des Hauptsatzes als auch des Objektsatzes geworden) wurde von dem lateinischen Ubersetzer, der sich sonst sehr genau an die Vorlage hält, in eine reflexive Periode abgeändert. Aus dem vierten Text, der in beiden Schriften unmittelbar dem dritten folgt (DICA Kap. 18,1013 Β 12 -1016 A 8; DTSpS §§ 66-68, 520-539) läßt sich nur wenig für die Chronologie der beiden Schriften ableiten, wenn jedoch, dann nur etwas, was für die Priorität von DICA spräche. Hier soll belegt werden, daß die Propheten sowohl έκ προσώπου τοϋ πατρός als auch του υίοϋ als auch τοϋ πνεύματος sprechen. DTSpS hat einen Beleg für den Heiligen Geist (Acta 8,29) weniger. Wenn dies überhaupt zu werten ist, dann gegen die These Herons von der Kürzungstendenz in DICA. Heron bemerkt ferner, daß Markell das Zitat von Ps 88,36-38 als Gottesrede und nicht als Prophetenrede - wie sonst alle dicta probantia in diesem Abschnitt - einführt. Wenn das DTSpS auch bei Ps 88,36-38 tut, dann liegt nicht die originäre Gestalt vor, sondern eine schematische Angleichung an die anderen Einleitungsformeln. Während nämlich alle übrigen Zitate mit einem τάδε λέγει κύριος (bzw. τό πνεΰμα τό αγιον) oder einer analogen Gottesspruchformel beginnen, die natürlich der Prophet spricht, beginnt nur Ps 88,36 unmittelbar mit der Gottesrede selbst. Wenn daher DTSpS statt ,,ώς δταν έν ψαλμοΐς λέγη ό θεός": „sie David in psalmis ait" liest, handelt es sich um eine gedankenlose sekundäre Schematisierung. Über den fünften Text (DICA Kap 18, 1016 A 7 - B6; DTSpS § 69f, 551561) urteilt Heron selbst, daß er uns nicht wirklich erlaubt, Schlüsse über die Prioritätsverhältnisse der beiden Schriften zu z'iehen. Beim sechsten Text (DICA Kap. 13, 1005 Β 11 - 25 [31]; DTSpS §§ 72-75, 567-596) beruht die Argumentation Herons auf dem schon genannten formalen Kriterium, nach dem der ausführlichere Text der ursprüngliche sei. Eine Beobachtung deutet darauf hin, daß auch hier das Umgekehrte der Fall ist. Nur der Verfasser von DICA verwendet neben den pneumatologischen und den auf den „θεός" bezüglichen Schriftstellen auch das christologische Zitat (hier Jes 1,2) tatsächlich in seiner Beweisführung. Markell beweist in gewohnter Manier durch die Identität der Handlungen von Sohn (,Söhne habe ich gezeugt . . . ', Jes 1,2), Heiligem Geist (,Geboren aus dem Geist', vgl. Joh

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3,6.8) und Gott (,Sohn Gottes', ,Geborene aus Gott', . . . vgl. Joh l,12f) die Unzertrenntheit des Geistes Gottes vom Wesen Gottes. Auch der Verfasser von DTSpS zitiert Jes 1,2, gebraucht es aber nicht in seinem von DICA abweichenden Gedankengang, für den nur Joh l,12f und 3,6-8 Bedeutung haben. Er hat Jes 1,2 unter Verzicht auf dessen Funktion aus DICA übernommen. Auch beim siebten Text (DICA Kap. 15, 1009 A.6 - Β [5 1012,2]; DTSpS § 135f, 1048-1064 [§§ 137ff, 1065ff] ) müssen die Fülle und Weitschweifigkeit von DTSpS gegenüber der Kürze und Prägnanz von DICA die Beweislast Herons tragen, was sie aber nicht können. Wenn Heron weiterhin geltend macht, daß das in beiden Vergleichstexten traktierte Thema vom „Erbe" bei Markeil in Kap 15. erst einsetze, in DTSpS jedoch weitergeführt werde, dann wendet sich auch diese Beobachtung gegen die eigene Argumentation: in dem Vorspann von DTSpS wird Eph l,13f zitiert. Dieses Bibelwort führt auch Markeil an und mit ihm DTSpS an der entsprechenden Stelle in zweites Mal. Solche Doppelung ist eher ein Hinweis auf einen Texteinschub als auf die Originalfassung. Am achten Text (DICA Kap. 9, 997 C 4 - 1000 Β 2; DTSpS §§ 153-156, 1188-1229) wird wiederum die Ursprünglichkeit von DICA ganz deutlich. Als Kriterium dienen ebenso wieder die Logik und Entwicklung des Gedankens, die Triftigkeit des Verhältnisses der Aussagen der Zitate zu dieser Logik und des Verhältnisses des Gedankengangs zum Gesamtzusammenhang, in dem die Texte stehen. Um dies beurteilen zu können, müssen DICA Kapp. 8-10 (997 A 1 - 1000 Β 10) und DTSpS §§ 150-156 (1172-1229) mitherangezogen werden. Die Texte können wegen ihrer Länge hier nicht zitiert werden. Heron behauptet zu Beginn seiner Erörterung, daß der von ihm zitierte Text aus DICA mit dem Zitat von Jer 2,13 abrupt ende. Dies trifft nicht zu. Dort 182 wird vielmehr mit dem Trishagion die Argumentation für die Zugehörigkeit des Heiligen Geistes zur einen Gottheit weitergeführt. Dieses Thema beginnt in DICA auch schon lange vor dem jetzt zur Debatte stehenden Abschnitt, nämlich Kap. 8, 997 A 1-3, an welcher Stelle Markeil davon spricht, daß der inkarnierte Logos und Sohn des Vaters ,,εδωκεν ήμίν . . . έκ της ουσίας τοϋ θεοϋ άποφχήν αγίου πνεύματος". Im folgenden führt Markell in einer Darlegung über das identische Handeln des Vaters und des Sohnes in der Gabe des Geistes den Beweis für die Gottheit des Geistes. Obwohl Heron diesen Zusammenhang würdigt, hält er die logischen Verknüpfungen und die verschiedenen Argumentationsstufen von DTSpS denjenigen von DICA überlegen. Zunächst muß kurz der Gedankengang von 997 A 1 an angedeutet werden. 183 Ausgehend von der These, daß der Sohn den Geist aus dem Wesen Gottes gibt, stellt Markell fest, daß der Geist weder geschaffen, noch gemacht ist, sondern vom alten wie vom neuen Testament zusammen mit dem Vater und dem Sohn gezählt und verherrlicht wird. Er ist von derselben Gottheit und demselben Wesen wie erstere. Hier 184 tritt der direkte Zusammenhang mit der späteren Diskussion des Trishagion klar hervor.185 Mit Joh 7,38f belegt Markell fort182 183 184 185

Kap. 10(PG 26, 1000 Β 2ff). Vgl. oben 90-92 die Ubersetzung und die textkritischen Anmerkungen. Kap. 9(PG 26, 997 A 7-11). Vgl. Kap. 10(PG 26, 1000 Β 2-10).

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fahrend die Gabe des Geistes (d. h. des υδωρ ζών) durch den Sohn. Joel 2,28 sagt anschließend die Geistausgießung vom Geist des Vaters über alles Fleisch aus. Es ist dieser Geist des Vaters, den der menschgewordene Logos nach Joh 20,22 aus der Fülle der Gottheit, die in ihm wohnt (Kol 2,9), in das Antlitz der Apostel haucht. 186 Nun setzt der von Heron herausgeschnittene Text ein, und zwar chiastisch zu den Zitaten von Joh 7,38f (Sohn) und Joel 2,28 (Vater) mit Jes 44,2f (Vater: ..'. ε γ ώ δώσω υδωρ . . . έπιθήσω τό πνεϋμά μου επί τό σπέρμα σου, . . . ) und Joh 4,10.13f (Sohn: και εδωκεν αν σοι υδωρ ζών, άλλα τό δδωρ, δ εγώ δώσω αύτώ γενήσεται έν αύτω πηγή ύδατος άλλομένου εις ζωήν αίώνιον). Markeil leitet von Jes 44,2f zu Joh 4,10.13f ausdrücklich mit den Worten über, daß das, was vom Vater bei Jesaja verkündigt wird, im Evangelium vom Sohne gilt. Im Anschluß an die Zitate fährt Markell fort: καΐ δια τοϋτο ό Δαυίδ ψάλλων τω θεώ λέγει· «δτι παρά σοι πηγή ζωής, έν τω φωτί σου οψόμεθα φώς (Ps 35,10)» οίδε γάρ παρά πατρί δντα τον υίόν τήν πηγήν τοϋ αγίου πνεύματος, και διά Ιερεμίου ό υίός λ έ γ ε ι - « . . . έμέ έκατέλιπον πηγήν ύδατος ζώντος . . . (Jer 2,13)». Heron hält den Ubergang von Joh 4,14 zu Ps 35,10 (και διά τοϋτο) für ausgesprochen plump, da Joh 4,13f weder den Vater noch den Sohn „Quelle" nenne. Heron übersieht jedoch, daß Markell mit Ps 35,10 die Folgerung aus der gerade aufgewiesenen identischen Tätigkeit der Gabe des (lebendigen) Wassers vonseiten des Vaters und des Sohnes zieht, nämlich, daß der Sohn als Quelle des Heiligen Geistes bei Gott (Vater) sein muß. Ebenso spröde gegenüber dem Sinn des Markelltextes erweist sich Heron, wenn er Ps 35,10b (έν τω φωτί σου οψόμεθα φώς) hier keine Rolle in der Diskussion zuschreibt. Denn „Licht" ist eine markellische Metapher für Geist. 187 Schließlich stellt auch das folgende Zitat von Jer 2,13 (έμέ έκατέλιπον πηγήν ύδατος ζώντος) keinen nachklappenden Gedanken des Verfassers dar, sondern den erst jetzt möglichen Beleg dafür, daß der Sohn als „Quelle des Lebens" eben die Quelle lebendigen Wassers (d. h. des heiligen Geistes) ist. Der ganze Abschnitt 997 C 4 - 999 Β 2 paßt demnach vollkommen in den vorliegenden in sich geschlossenen Gedankengang, der die Gottheit des Geistes aus seiner Einheit mit Vater und Sohn aufweisen will. Dabei bezeichnen die Texte, die Vater und Sohn als Geistgeber aussagen - sowie die Rede des Bei-Gott-Seins des Sohnes als der „Quelle" - die Einheit von Vater, Sohn und Geist; das Bild von der „Quelle" und dem „(lebendigen) Wasser" drücken die Einheit von Sohn und Geist aus. Die Beweisabsicht von DTSpS §§151-156 dagegen ist eine grundlegend andere, nämlich zu belegen, daß (1) der Geist eine inspiratio (spiratio) des Sohnes in propria vita et substantia manens ist; daß (2) dieser weder vom Sohn (!) gezeugt (!) noch geschaffen ist, daß er (3) nicht identisch mit dem Sohn noch das Wort des Sohnes ist (vielmehr ist das Wort in propria vita et substantia permanens von Gott gezeugt) und daß er schließlich (4) nicht von Gott gezeugt sei. Zunächst wird ziemlich unscharf mit Jer 2,13 (ne deliquerunt fontem aquae vivae) bewiesen, - falls dies nicht nur einfach konstatiert wird - , daß der Geist eine inspiratio filii dei ist. Sodann belegen Joh 4,10.14; Joh 7,37f.39 und Jes 44,3f, daß unter aqua viva eben der Heilige Geist zu verstehen sei: Ergo manifeste scripturis sanctis profitentibus aquam vivam spiritum 186 187

PG 26, 997 A - C 4. Vgl. Kap. 15 (PG 26, 1009 C lOf).

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sanctum esse cognoscimus. In diesem Argumentationsgang bleibt das gerade diesem Text inhärierende Element der Gabe des Geistes (Joh 4,10; 4,14; Jes 44,3) ohne Funktion für den Beweis. Ein dritter Teil soll unter Heranziehung von Jer 2,13; Ps 35,10 und Rom 8,10 aufzeigen, daß der Sohn ein alius fons als Gott apud deum ist, und daß der Geist nicht alienum sed proprium patris ist. Ohne Erklärung erscheint jetzt nicht mehr der Sohn, sondern der „Herr" als der Jer 2,13 Sprechende. Unter „Herr" ist aber eindeutig im Fortgang derjenige Gott als Quelle des Heiligen Geistes gemeint, bei dem (Ps 35,10) der Sohn als Quelle des Geistes existiert. DTSpS weist also Jer 2,13 auf engem Raum einmal dem Sohne, ein andermal dem Vater zu. Ps 35,10 dient hier genau umgekehrt wie bei Markell zur Unterscheidung von Vater und Sohn, ein Gedanke, der zwar oben unter (3) angedeutet wurde, der aber an das pneumatologische Thema der herangezogenen Texte äußerlich herangetragen ist. Insgesamt muß festgestellt werden, daß der Gehalt und die Schriftstellen der §§ 150-156 nur teilweise den angekündigten Beweisabsichten entsprechen. Dies alles begründet die Annahme einer sekundären Übertragung eines vorher anders ausgerichteten Textes in einen neuen Zusammenhang. Der neunte und letzte Vergleichstext (DICA Kap. 10, 1000 Β 2 - 1001 Β 14; DTSpS §§ 116-127, 877-982) schließt unmittelbar in DICA an den achten an und gehört in DICA gegen Heron188 mit hinein in den in sich geschlossenen Gedankengang, der in DICA Kap. 8, 997 Α beginnt.189 Im Rahmen dieses Abschnittes befindet sich in DTSpS eine Aussage, die die Priorität von DICA über DTSpS unwiderleglich macht. Doch zunächst müssen folgende Beobachtungen Herons beurteilt werden. In beiden Texten stehen Jes 6,1-11 (bzw. 1-3. 8-10), Joh 12,29f (bzw. 39-41) und Acta 28,25-27 im Mittelpunkt. Heron bemerkt, daß DICA mit der Rede von Vater, Sohn und Geist argumentiert, DTSpS dagegen mit der Vision von Vater, Sohn und Geist durch Jesaja. Dem muß noch hinzugefügt werden, daß es DICA um den Beweis der Einheit Gottes geht (Vater, Sohn und Geist sind der Herr der Heerscharen), während DTSpS begründen will, daß die vollständige Trinität von Jesaja geschaut wurde. Während, so fährt Heron fort, DICA Joh 12,40 fälschlich als Rede des Sohnes gebrauche, verwende DTSpS Acta 28,25-27 inkorrekt als Vision des Geistes vonseiten Jesajas. DICA sei hier aber unrichtiger, indem diese Schrift behaupte, daß Johannes sage, der Sohn habe Joh 12,40 gesprochen, wobei dies doch Jesaja getan habe.1 Hieraus einen Grund für die Priorität von DTSpS ableiten zu wollen, ist unbegründet, da auch Jes 6,1 von Jesaja berichtet wird und ebenso Acta 28,25-27 vom Geist δια Ήσαίου τοϋ προφήτου geredet wurde. Richtig ist, daß die Rede des „Herrn" zur Beauftragung Jesajas, dem Volke die Verstockung zu verkündigen (Jes 6,9f), in Joh 12,40 als indirekte Rede angeführt wird. Markell (bzw. der Evangelist) bezieht sich hier jedoch 188

189 190

The Pseudo-Athanasian Works, 293 = Studies, 44f. Wenn Heron einen „klaren Bruch" am Ende des vorliegenden Abschnittes in D I C A feststellen zu können meint (a.a.O. 295 = a.a.O. 40), dann kann dies kein Argument gegen die Priorität von DICA sein: sowohl der umfassende Beweisgang (Einheit Gottes im Rahmen pneumatologischer Argumente) als auch der engere (Tristhagion) ist zu Ende. Vgl. oben 90-92.99f. The Pseudo-Athanasian Works, 294-296 = Studies, 47-53.

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eindeutig auf Jes 6,9f, so daß er selbstverständlich die Rede Gottes (hier: des Sohnes) voraussetzt. Ferner ist es aus der Luft gegriffen, wenn Heron weitere von Markell angeführte Schriftzitate zum Aufweis, daß auch der Sohn κύριος Σαβαώθ ist (Ps 23,10; 1. Kor 2,8; Ps 22,1; Ps 79,2 und Joh 10,14), als „eingefügte Schnörkel" bezeichnet.191 Schließlich ist diejenige Stelle in DTSpS (§ 122f, 936-48) zu betrachten, die allein die ganze These Herons hinfällig macht. Nachdem der Verfasser von DTSpS in extenso (Jes 6,1-11) die Thronvision Jesajas zitiert hat, belegt er an Joh 12,39f und Acta 28,25-27, daß Jesaja den Sohn und den Geist auf dem Thron geschaut hat. Während für Markell Jes 6,8-10 selbst den Nachweis für die Rede Gottes des Vaters erbringt, dient dem Verfasser von DTSpS das liturgische Bekenntnis der Kirche als Beweis dafür, daß Jesaja auch den Vater schaute. Darin (und in der Bestimmung der Reichweite des liturgischen Gebrauches von Jes 6, bzw. des Trishagions) berührt sich DTSpS frappant mit einem Text aus dem pseud-ambrosianischen Libellus de Spiritu Sancto, den Lucien Chavoutier192 und Georg Kretschmar193 in die 1. Hälfte des 5. Jahrhunderts datieren. Ich stelle die Texte nebeneinander: DTSpS §§122ff, 936-48:

Libellus de Spiritu Sancto IV, 2: S. 149, Zeilen 245-251 Chavoutier

Ecce Iohannes quidem filium, Paulum vero spiritum sanctum esse dicit, qui sit visus Esaiae, sedens super thronum altum et elevatum qui et adoratur et laudatur et glorificatur a seraphim. Ecclesiae autem Christi omnes ab Oriente usque ad ocddentem convenienter patrem a seraphim laudari profitentur in ministeriorum relatione. Dicant itaque nobis, qui venerationem spriritui derogant, quisnam ex his fallit, utrumque Iohannes an Paulus an vero omnes ecclesiae Christi? quoniam quidem omnes ecclesiae patrem profitentur esse qui adoratur a seraphim, Iohannes autem filium, Paulus vero spiritum sanctum.

Et cum unus et idem (seil. Dominus Sabaoth) in prophetis significetur, ab apostolis tarnen et ab ecclesia Trinitas intellegitur. Unde etiam tractus est ab per omnes fere orientales et nonnullas occidentales, ut in oblationum sacrificiorum, quae Deo Patri offerentur, una cum sacerdote voce populus utatur, id est: Sanctus, Sanctus, Sanctus Dominus Sabaoth, plena est omnis terrae maiestatis eius. (Es folgen Joh 12,41 und Acta 28,25-27). Cum ergo in prophetia divinitas una doceatur, ab apostolis tarnen et ab ecclesia Trinitas intelligatur, ...

Chavoutier, der weitere Stellen mit der Kombination von Jes 6; Joh 12 und Acta 28 aufzählt,194 erkennt die Priorität des „Libellus" vor DTSpS zum einen

191 192 193

194

The Pseudo-Athanasian Works, 295 = Studies, 50. Un Libellus Pseudo-Ambrosien sur le Saint-Esprit, SE 9, Steenbrugge 1960, 136-192. Neue Arbeiten zur Geschichte des Ostergottesdientes II. Die Einführung des Sanctus in die lateinische Meßliturgie, J L H 7(1962) 79-86. Un Libellus Peudo-Ambrosien, 176.

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Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

an der sowohl genaueren als auch begrenzteren Angabe des Verbreitungsgebietes des liturgischen Gebrauches des „Sanctus". Zum andern bemerkt er, daß es dem Argumentationsziel von DTSpS entsprechend ausreichend gewesen wäre, allein durch das Jesajazitat die Verehrung der Seraphime auf den Vater zu beziehen. Im „ Libellus" dagegen darf die kirchliche Deutung der Seraphimadoration auf den Vater nicht fehlen, da der Verfasser erst den Aposteln und der Kirche die Erkenntnis der Trinität zubilligt. Aufgrund der Überlegenheit von Funktion und Präzision des ekklesiologischen Beweises im Libellus gegenüber DTSpS, ist letztere Schrift von jenem abhängig.195 Heron stellt selber fest, daß unsere Stelle keine spätere Einzelinterpolation sein kann, da sie im Zusammenhang mit der ganzen Behandlung von Jes 6 steht, und es verwandte ekklesiologische Aussagen auch in den § 43 (320-323) und § 182 (1435f) gibt.196 Diese Beobachtung spricht aber in keiner Weise für die Ursprünglichkeit von DTSpS vor DICA oder dem „Libellus". Dem Verfasser von DTSpS können mehrere Schriften vorgelegen haben, die er (oder ein Vorgänger) teils übersetzte, teils ineinanderarbeitete und teils ergänzte. Drei weitere Argumente Herons, 197 die die in die Augen springende Verwandtschaft der verglichenen Texte widerlegen sollen, sind unhaltbar: zunächst gibt es keinerlei Anhaltspunkte dafür, daß in DTSpS § 122f - wie Heron behauptet - nicht auf den liturgischen Gebrauch des Trishagion angespielt würde. Von § 116 an bis § 127 ist Jes 6 in der Diskussion. Ferner ist es sprachlich unmöglich, die Worte „in ministeriorum relatione"198 mit „in the status of servants" zu übersetzen, um sie dann auf die Seraphine und „a particular liturgical occasion" (welche?) zu beziehen. Drittens ist es unhaltbar, die Worte „ab Oriente usque ad occidentem" im angesprochenen Satz „Ecclesiae autem Christi omnes ab Oriente usque ad occidentem convenienter patrem a seraphin laudari profitentur in ministeriorum relatione"199 nicht auf „alle Kirchen" zu beziehen, sondern auf den Gottesdienst, um darin eine Anspielung auf Mal 1,11 und die alexandrinische Markusliturgie zu finden. Es gibt somit kein stichhaltiges Argument, die Abhängigkeit von DTSpS vom „Libellus" (oder einem Zwischenglied) anzuzweifeln. Ist diese Abhängigkeit jedoch etabliert, muß schon allein aus chronologischen Gründen auch DICA im Blick auf den neunten Vergleichstext der Schrift DTSpS vorausgehen. Wertet man abschließend die dargelegten Erörterungen zu allen neun von Heron herangezogenen Vergleichstexten gemeinsam, dann kann an der Priorität von DICA gegenüber DTSpS überhaupt kein Zweifel sein.200

195

196 197 198 199 200

Un Libellus Peudo-Ambrosien, 177-179. Kretschmar (Neue Arbeiten, 79-81) akzeptiert die Ergebnisse Chavoutiers. Vgl. auch § 123 (Zeilen 953-955) mit § 184 (1499-1472) Bulhart, CChr.SL IX, 1957. The Pseudo-Athanasian Works, 297 = Studies, 55-58. § 122 (941) Bulhart, CChr.SL IX, 1957. § 122 (939-941) Bulhart, CChr.SL IX, 1957. So schon Schermann (Die griechischen Quellen des hl. Ambrosius in L L . III de Spir. s„ VKHSM 10[1902] 41-50), Simonetti (Sulla paternitä, 11) und Tetz (Markell I, 225.229).

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Wir kommen nun zur Kategorie (3) der Einwände gegen eine Zuschreibung von DICA an Markeil, nämlich zu solchen, die aus dem Text und theologischen Gehalt der Schrift geboten zu sein scheinen. Diese sollen hier - wie oben angedeutet - unter Darlegung, Prüfung und Ergänzung der Argumente von Tetz diskutiert werden. Als erstes Vergleichsmoment zwischen dem bisherigen Markell-Gut und unserer Schrift betrachtet Tetz den Bibeltext. Er zieht dafür 5 von 13 Schriftzitaten heran, die zugleich in den Fragmenten und DICA auftreten und bei denen Gericke Abweichungen Markells vom Textus receptus feststellte,202 sowie ferner noch ein zusätzliches Zitat. Da Tetz resümiert, 203 daß eine der Schriftstellen (Hebr 1,2) entfällt, eine weitere (Joh 14,9) nichts austrägt und eine dritte (1. Kor 15,24) „nur eine entfernte Ubereinstimmung im Text" zeigt, konzentriert sich Heron billigerweise nur auf die restlichen drei Zitate. Beim ersten handelt es sich um Mt 26,39 in Verbindung mit Lk 22,42. Mt 26,39 (πάτερ μου, εί δυνατόν έστιν, παρελθάτω άπ'έμοϋ τό ποτήριον τοϋτο·) wird von Markeil sowohl in Frg 74(73,64): 199,8 als auch in DICA Kap 21 (PG 26, 1021 Β 1 If) ohne „μου", „έστιν" und „άπ'έμοϋ", sowie statt mit „παρελθάτω" mit „παρελθέτω" gelesen. Diese Lesart kommt allerdings auch bei Athanasius vor. 204 Charakteristisch für Frg 74 und DICA 21 ist jedoch die Verbindung von Mt 26,39 mit einer Variation von Lk 22,42 (πλην μή τό θέλημα μου άλλα τό σον γινέσθω), welche lautet: „μη τό έμόν, άλλα τό σον γενέσθω, πάτερ, θέλημα", bzw. „πλην μή τό έμόν θέλημα γένηται, αλλά τό σον".205 Beide Texte enthalten dieselbe sachliche Aussage: Frgg 74f stellen im Menschgewordenen sowohl eine ασυμφωνία des Willens mit dem Vater im Blick auf den angenommenen Menschen fest, als auch eine Einheit des Logos mit Gott. Der Wille des in der Einheit mit dem Logos wollenden Vaters steht dem aufgrund der δευτέρα οίκονομία anders wollenden Sohne gegenüber 206 DICA 21 unterscheidet einen menschlichen Willen, der wie in Frg 75(74,65) wegen der Schwäche des Fleisches des Leiden fürchtet, und einen göttlichen, der zu leiden bereit ist.207 Heron, der die Ähnlichkeit der Zitierweisen von Mt 26,39 und Lk 22,42 in beiden Texten einräumt, schätzt jedoch die explizite christologische Rede von zwei Willen als eine solche 201

Markeil I, 247-251. Marcell von Ancyra, 172f. 203 Markeil 1,151. Simonetti (Su alcune opere, 323-325) akzeptiert zwar die Konvergenz in den Lesarten von Mt 16,23 und 26,19 in den Frgg und in DICA, hält es aber angesichts unserer Unkenntnis der indirekten Uberlieferung des N T für voreilig und willkürlich, hieran irgendeine Bedeutung zu knüpfen. 204 Tetz, Markell I, 248 mit Anm. 146f. 205 1 99,11 Klostermann; PG 26, 1021 Β 12f. 206 1 9 9 j 4 _ 1 6 u n ( j 200,1-14 Klostermann. 207 PG 26, 1021, Β 10 - C 3. 202

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ein, die weit über Markell hinausgehe und daher von jemand geäußert worden sein müßte, der solche Gedanken von Markell oder anderswoher übernommen habe. Er schließt, daß der Unterschied zwischen den Fragmenten und DICA an dieser Stelle genauso groß sei wie die Ähnlichkeit.208 Dies Urteil trifft Tetzens und meines Erachtens deswegen nicht zu, weil in der Theologie Markells die sonst getrennten trinitarischen und christologischen Topoi nur zwei Aspekte ein und desselben Sachverhaltes sind. Indem die Frgg 74f eine ασυμφωνία zwischen dem (Vater und Logos umfassenden) Gott und dem Menschgewordenen im Blick auf den angenommenen Menschen benennen, sagen sie implizit auch zwei Willen des Inkarnierten aus. Die zweite von Tetz verglichene Stelle ist Mt 16,23 (υπάγε οπίσω μου, σατανα . . . ). Statt υπάγε lesen Frg 4(1,1) und DICA 21 gemeinsam άπελθε·. Diese Ubereinstimmung wird von Heron zuunrecht nicht eigens gewertet. Der dritte Text ist Joh 6,63 in Verbindung mit II Kor 3,6. Joh 6,63 (τό πνεϋμά έστιν τό ζωοποιοϋν, ή σάρξ ουκ ωφελεί ουδέν) wird von Markell in den Frgg 105(117,104) und 106(118,105) folgendermaßen zitiert: τό πνεϋμα ζωοποιεΐ, ή σάρξ ουδέν ώφελεΐ.210 Der vom Textus receptus abweichende zweite Satzteil stimmt mit DICA Kap 14 nach den vorzuziehenden HSS überein. 211 Das in den Frgg im ersten Satzglied aus II Kor 3,6 eingetragene ζωοποιεΐ hat insofern in DICA seine Entsprechung, als dieser Bibeltext sofort im Anschluß an Joh 6,63 zitiert wird. 212 Auch dieses Faktum wertet Heron gar nicht, indem er sagt, daß ,kein ernster Grund' für eine Identität der Verfasser vorliege.2 Es können also mit Tetz im Bereich des Bibeltextes drei Berührungen zwischen den Frgg und DICA festgestellt werden. Beim anschließenden zweiten Vergleichsmoment der „Zitierweise" kann der erste Argumentationsgang von Tetz in der von ihm formulierten Gestalt nicht aufrecht erhalten werden. Jenen leitet Tetz mit folgenden Worten ein: „Die markanteste Zitationsformel in De incarnatione und contra Arianos ist die Formel: έκ προσώπου τινός in Verbindung mit Verben des Sagens. Sie ist von eminent theologischem Interesse und darf aufgrund ihrer Verwendung in De incarnatione et contra Arianos als charakteristisch für den Verfasser dieser Schrift gel-

208 209 210 211 212 213 214

Studies, 67f. 1 85,14f Klostermann; PG 26, 1021 C 7f; vgl. Heron, Studies, 67. 210,10f und 211,14 Klostermann. PG 26, 1008 C lf; vgl. Tetz, Markell I, 249. PG 26, 1008 C 2f. Studies, 68f. Markell I, 252.

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Nach der Präsentation aller acht Stellen, an denen diese Wendung in DICA auftritt215 und dem Eingehen auf das weitere Vorkommen des Begriffes πρόσωπον in dieser Schrift, schreibt Tetz: „Wenn ich recht sehe, ist das Charakteristische dieser Zitationsformel darin zu finden, daß sie zur Unterscheidung der Ökonomien dient. Der Verfasser von De incarnatione et contra Arianos sagt niemals: τρία πρόσωπα . . . Es ist je - und man muß hinzufügen: je nach der entsprechenden Ökonomie - nur von einem πρόσωπον die Rede, weil jeweils nur ein πρόσωπον, nämlich der eine Gott, gesprochen hat. Ps.-Athanasius macht πρόσωπον nicht zu einem festen theologischen Begriff, etwa zu einem „trinitarischen Personbegriff", sondern weist ihm seinen Ort in der Zitationsformel zu."216 Im Anschluß grenzt Tetz den Gebrauch, den Athanasius von dieser Formel macht, von demjenigen Markells ab und weist diese Zitationsweise in den Frgg 3(3,56[7-10]) und 15(14,65[18-20]) der Epistula ad Antiochenos und in der Schrift De sancta ecclesia nach:217 „Die Formen ,prosopographischer Exegese'218 in De incarnatione et contra Arianos, insbesondere die in diesem Abschnitt hervorgehobene Zitationsformel έκ προσώπου τινός λέγειν, dürfen wir als Argument für die Verfasserschaft Markeiis werten." 219 Mit Andresen machen Simonetti und Heron 220 gegen Tetz geltend, daß diese Zitationsformeln einerseits in der 2. Hälfte des 4. Jh. weit verbreitet ist und andererseits in den Frgg und in der Epistula ad Iulium in dieser Weise überhaupt nicht vorkomme. Richtig ist, daß allein die Verwendung dieser Ausdrucksweise nicht als Argument für die Verfasserschaft Markells gewertet werden kann. Ihr Vorkommen in der Epistula ad Antiochenos und in De sancta ecclesia belegt jedoch die Familiarität Markells mit dieser Wendung. 221 Tetz und Heron stimmen nun darin überein, daß die Zitationsformel in DICA keine Lehre von τρία πρόσωπα begründet. Ihre Interpretationen weichen in demjenigen Bereich aber völlig voneinander ab, in dem Tetz die Formel von „eminent theologischem Interesse" bezeichnet. Hier ist Heron gegen Tetz recht zu geben, wenn ersterer nicht wie letzterer das Charakteristische dieser Zitationsformel in ihrem Dienst der Unterscheidung der „Ökonomien" sieht. 222 Es wird zu zeigen sein, daß Markeil gar keinen 215

216 217 218

219 220

221 222

Kap. 2(PG 26, 998 A 6-9. Β 15 - C 2); Kap. 9(PG 26, 997 A 15 - Β 3. C 4ff); Kap. 12(PG 26, 1004 C 12 - D 1); Kap. 18(PG 26, 1013 Β 12 - 1016 A 8). Markeil I, 252f. § 12, Zeilen 15-18 Mercati, StT 5(1901); vgl. Tetz, Markeil, 253f. Bernhard Neuschäfer (Origenes als Philologe, SBA Bd. 18/1, Basel 1987, 268 Anm. 121) hält diesen von Carl Andresen (Zur Entstehung und Geschichte des trinitarischen Personbegriffs, ZNW 52[1961] 17) geprägten Begriff für „völlig ungeeignet" „zur Bezeichnung der Achtsamkeit auf das πρόσωπον λέγον". Markell I, 254f. Andresen (Zur Entstehung, 13); Simonetti (Su alcune opere, 325); Heron (Studies, 69 mit Anm. 30f). Vgl. auch Frg 98(58,52): 159,9f. Heron, Studies, 71f.

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Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

„militärischen" Gebrauch vom Begriff οικονομία macht, gerade nicht in DICA! 2 2 3 Damit wird aber aus diesem Η erotischen Gegenargument gegen eine Zuschreibung dieser Schrift an Markeil ein solches, das ein Hindernis für die markellische Autorschaft aus dem Wege räumt. Heron ist ferner auch darin zuzustimmen, daß mit dieser Formel in D I C A nicht explizit für eine Anschauung von εν πρόσωπον der Gottheit argumentiert wird. 224 Doch trifft der weitere Schluß Herons nicht zu, die Wendung έκ προσώπου τινός λέγειν sei für den Verfasser von D I C A gänzlich bedeutungslos für die Unterscheidung „zwischen den drei Personen", seil, der Trinität. 225 Die Formel tritt nämlich an fünf der aufgezählten Stellen in solchen Zusammenhängen auf, in denen Markell durch die Identität der Rede (bzw. des Tuns) von Vater, Sohn und Geist (die die Propheten έκ προσώπου τοϋ πατρός, bzw. τοϋ υίοϋ, bzw. τοϋ αγίου πνεύματος sprechen) die Einheit 226 Gottes belegt. 227 Insofern also die Zitationsformel im Rahmen der Einheitsaussagen von D I C A steht, ist sie Teil einer Argumentation, in der zwar nicht die drei „Personen" der Trinität unterschieden werden, die aber dem strengen Monotheismus des Markells der Fragmente entspricht. In diesem Sinne muß und kann sie zugungsten der Verfasserschaft Markells an D I C A nicht die Beweislast tragen, die ihr Tetz aufbürdet. Zugleich erledigt sich die diesbezügliche Polemik Herons. D e r z w e i t e u n d letzte, z u g l e i c h w e n i g e r w i c h t i g e P u n k t u n t e r d e r R u b r i k „ Z i t i e r w e i s e " ist d i e B e o b a c h t u n g , d a ß s o w o h l F r g 9 3 ( 7 9 , 6 9 ) als a u c h D I C A K a p 2 2 B a r u c h 3 , 3 6 - 3 8 als J e r e m i a z i t a t e i n f ü h r e n . H e r o n hält d i e s e Ä h n l i c h k e i t z w a r f ü r u n b e s t r e i t b a r , will ihr a b e r n i c h t z u v i e l G e w i c h t b e i m e s s e n . S i m o netti w e r t e t sie n u r als ein f u n d a m e n t a l e s A r g u m e n t g e g e n die A u t o r s c h a f t d e s A t h a n a s i u s , d e r B a r u c h 3 , 3 6 - 3 8 nie, a b e r s o n s t B a r u c h k o r r e k t z i t i e r t , 2 2 9 n i c h t a b e r f ü r M a r k e l l , w e i l d i e s e U n s i c h e r h e i t in d e r Z u s c h r e i b u n g d e s B a 223

224 225 226 227

228 229

Trotz Markells ganz bestimmtem technischen Gebrauch von „οικονομία" kann seine Theologie „ökonomisch" im Sinne von heilsgeschichtlich orientiert und im Sinne der Gegenüberstellung von Immanenz und Ö k o n o m i e Gottes bezeichnet werden (siehe unten 313). Falls Tetz hier von einem „Ökonomienschema" entsprechend diesen beiden weiteren Verwendungsweisen von „ökonomisch" spricht, ist ihm sachlich zuzustimmen. - Weitere Bezugnahmen von Tetz auf ein „Okonomienschema" bzw. die sogenannte ökonomisch-monotheistische Trinitätslehre Markells finden sich in Markell I, 256.260 und 269. Ein Eingehen auch auf die übrigen Polemiken Herons (Studies, 75f.83.87f) gegen diese für D I C A selbst nicht zutreffende Interpretation erübrigt sich. Studies, 71 f. A.a.O. 72. nicht nur Gleichheit, wie Heron (a.a.O. 71) einräumt. Kap. 9(PG 26, 997 A 15f und C 4f) im Zusammenhang von Kapp. 9f ( P G 26, 996 C 9 - 1000 Β 2; vgl. oben 90f); Kap. 18 ( P G 26, 1014 C 12 - 1016 A 8). 202,20-24 Klostermann; P G 26, 1024 Β 14 - C 6. Vgl. Tetz, Markell I, 255.

V. Die neuen Markell-Schriften

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ruchtextes in der patristischen Periode weit verbreitet gewesen sei.230 Ohne überzubewerten, liegt hier doch ein weiterer Mosaikstein zugunsten der Autorschaft Markells vor. Tetz leitet seine Ausführungen zum dritten Vergleichsmoment „Wahl der dicta probanda" damit ein, daß er den Bibelgebrauch Markells als „Biblizismus" charakterisiert. Darunter versteht er die Intensität und Permanenz, mit der sowohl Markeil als auch der Verfasser von DICA die Bibel zitieren. Ferner weist er auf das „Konkordanzverfahren" Markells hin, unter Anwendung dessen Markell ζ. B. auch in Frg 4(1,1) Exegese betrieben habe. 231 Gegen Heron, der die Fülle von Schriftzitaten nur dort zu sehen meint, wo DICA angeblich Texte von DTSpS übernommen und verdichtet habe, existiert hier tatsächlich eine Gemeinsamkeit zwischen den Frgg, der Epistula ad Iulium und DICA und zugleich ein weiterer Grund für die These von Tetz.

Zwei der tatsächlich ausschlaggebenden

Gründe sind Markells Ausle-

gungen von I Kor 15,24-28 und Prov 8, 22-25, die Tetz teils unter dem Vergleichsmoment „Wahl der dicta probanda", teils unter dem folgenden der „Schriftauslegung" behandelt. 232 Während auch Heron zwar die Exegese von I Kor 15,24-28 in DICA Kap 20 als „one valid resemblance" 233 mit Markell wertet und auch bei der Interpretation von Prov 8,22.25 „similarities" zwischen dem Verfasser von DICA und Markell zugesteht, überwiegen für ihn - nicht ganz nachvollziehbar doch die Gründe gegen den Schluß auf Markell als Verfasser dieser Textpartien in DICA. 2 3 4 Simonetti dagegen erkennt keine Verbindungen zwischen den Exegesen beider Texte in DICA und den Frgg. 235 Sowohl für 1. Kor 15 als auch für Prov 8 wird unten unter Diskussion der Positionen von Heron und Simonetti ausführlich eine einheitliche Exegese in den Frgg, in der Epistula ad Antiochenos und in DICA erhoben werden, so daß hier dorthin verwiesen werden kann. 236 Die Neuandordnung der Fragmente wird dazu ein entscheidendes Argument liefern. 237 Im Abschnitt „Schriftauslegung" führt Tetz neben I Kor 15,2428 und Prov 8,22.25 noch Markells Exegese von Jes 6,3, bzw. den ganzen, schon oben behandelten Textzusammenhang Kap. 10 an. 238 230 231 232 233 234 235 236 237 238

Su alcune opere, 325. Markell I, 255; vgl. 258.261.264. A.a.O. 257-263. Studies, 77. A.a.O. 76-80. Su alcune opere, 323-326. Siehe unten 317-323.428-439. Siehe unten 213.217.308-311.321f. PG 26, 1000 Β 2 - 1001 Β 14; vgl. oben lOOf.

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Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

Er dient Markeil zum Aufweis, daß Vater, Sohn und Heiliger Geist (Mt 28,19) der κύριος σαβαώθ sind, nämlich μία θεότης und μία δύναμις bzw. εξουσία.239 Die vollkommene Einheit der Macht von Vater, Sohn und Geist, ohne den Nebengedanken einer Ableitung der Herrschaft des Sohnes und des Geistes von der Gewalt des Vaters, ist typisch Markellisch. Tetz hält diesen Abschnitt für „das geradezu klassische Beispiel einer Exegese", „in welcher sich ,Konkordanzverfahren' und ökonomisch-monotheistische Trinitätslehre eindrucksvoll verbinden." 240 Abgesehen von der offensichtlichen Entsprechung in der Dichte des Schriftgebrauchs von Markell und dem Verfasser von DICA, teile ich - wie erwähnt - diese Argumentation Tetzens nicht. Da mir diese weder für den Markell der Fragmente noch denjenigen von DICA zuzutreffen scheint, wird die Erörterung der diesbezüglichen Gegenargumente Herons und Simonettis hinfällig.241

Heron stellt zu diesem Punkt ferner richtig fest, daß die ganze Betonung darauf liege, daß Gott ein Herr der Heerscharen ist,242 fügt jedoch (wie auch Simonetti)243 hinzu, daß sich solche im Rahmen der zeitgenössischen Theologie bewege. Heron verweist dafür zum einen auf DTSpS, was unzulässig ist, da er ja die Unabhängigkeit dieser Schrift von DICA auch mit dem vorliegenden Gedankengang erst zu beweisen hat. Zum anderen zieht er aus Pseudo-Basilius Magnus, Adversus Eunomium V die Worte αδιαιρέτου μένοντος έν αύτοΐς (seil, πατρί, υίω και πνεύματι) τοϋ περί ενός θεοϋ φρονήματος244 heran. Ps-Basilius verwertet hier Jes 6,lf.9; Joh 12,39-41 und Acta 28,25f, um aufzuzeigen, δτι ουτε οπτασία ουτε χρησμωδία γίνεται κεχωρισμένως πατρός καί υίοϋ καί αγίου πνεύματος.245 Daß hier jedoch eine weit vom Verfasser von DICA entfernte Konzeption der Einheit Gottes zugrunde liegt, wird daran erkennbar, daß der Verfasser den Geist als Bild des Sohnes bezeichnet und ausführt, daß er sich als „Wort des Sohnes (ρήμα υίοϋ)" so zum Sohne verhalte, wie der Sohn als „Wort Gottes (λόγος θεοϋ)" zum Vater.246 Simonetti stützt sich auf die Serapionbriefe (1,25; 3,5; 1,31) des Athanasius und auf die Schrift De spiritu saneto (17. 20. 21. 23. 27. 32. 29. 53) Didymus' des Blinden. Die sachliche und zeitliche Nähe der Vgl. oben 92 mit Anm. 167. Markell I, 261. 2 4 1 Heron, Studies, 80-84; Simonetti, Su alcune opere, 327. 2 4 2 Heron, Studies, 82. 2 4 3 Su alcune opere, 327. 2 4 4 PG 29, 723f A 6f. 245 p G 29 ; 721 Β 8f. Pseudo-Basilius hängt hier - wie DTSpS - von DICA Kap. 10 ab; vgl. Tetz, Markell I, 363. 246 p G 29 (725 Β 8-10; 732 A 4-9; 732 Β 4f; 753 Β 9). 239

240

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Serapionbriefe zu Passagen von DICA sind nicht zu bestreiten. Gerade an den von Simonetti genannten Stellen wird jedoch der fundamentale Unterschied zwischen der Einheitsvorstellung von Vater, Sohn und Geist bei Athanasius und bei Markell deutlich: während für Markell Vater, Sohn und Geist im strengsten Sinne gleichursprünglich der eine Gott sind, sind Sein und Wirken des Geistes nach Athanasius immer durch den Sohn vermittelt. Es genügt, auf die beiden ersten der von Simonetti herangezogenen Stellen hinzuweisen: während der Sohn ίδιος της ουσίας τοϋ πατρός ist, gilt vom Geist: ίδιον είναι κατ' ούσίαν τοϋ υίοϋ ist der Sohn der κύριος, wird der Geist πνεύμα υιοθεσίας genannt; ist der Sohn σοφία, αλήθεια und δύναμις θεοϋ, wird der Geist als πνεϋμα σοφίας, bzw. αληθείας und δυνάμεως bezeichnet.247 Und: ού γαρ εκτός έστι τοϋ λόγου τό πνεϋμα, άλλα έν τω λόγω δν, έν τω λόγω δι'αυτοϋ έστιν.248 Die Einheitsvorstellung Didymus des Blinden in De spiritu sancto kommt derjenigen von DICA nahe (eadem substantia). Sie unterscheidet sich aber darin, daß Didymus sich die eine Substanz gleichermaßen auf Vater, Sohn und Geist verteilt vorstellt (ομοούσια), d.h. wesenseins im Sinne von wesensgleich interpretiert.249 Der Vergleich von DICA Kap. 10 mit diesen von Heron und Simonetti herangezogenen Texten unterstreicht die Besonderheit des göttlichen Einheitsbegriffes in DICA. Beim fünften Vergleichsmoment „Stilistische Besonderheiten" notiert Tetz das dritte der m. E. wirklich gewichtige Argumente für die Verfasserschaft Markells an DICA, nämlich die Vorliebe für die Verwendung des Verbs διαφέρειν mit Dativ: διαφέρειν τινί im Sinne von ,etwas betreffen', ,sich auf etwas beziehen', ,zu etwas gehören'.250 Gegen Simonetti251 muß konstatiert werden, daß diese Verwendung von διαφέρειν im Kreise derjenigen Schriftsteller, die Verfasser von DICA sein könnten, bis auf Markell entweder gar nicht oder nur sporadisch, nie aber als gebräuchliche Redeweise vorkommt. 252 Heron räumt auch hier eine Verwandtschaft mit Markell ein.253 Frg 28(10,9) und DICA Kap. 8 zeigen darüberhinaus noch syntaktische Ähnlichkeit:

247 248 249 250

251 252 253

PG 26, 588 C 11 - 589 A 7. PG 26, 633 A 13-15. PG 39 (1049 D 4 - 1050 A 3; 1051 C 2f; 1051 D 1-3; 1062 Β 14 - C 2). Markell I, 263: es kommt sieben mal in den Fragmenten (28[10,9]: 187,3; 47[66,60]: 197,25.26; 72[70,61]: 198,17f; 75[74,65]: 200,8f; 108[120,107]: 211,24; 23[125,112]: 212,28) und drei mal in DICA (993 Β 4; 993 Β 12; 996 A 2) vor. Su alcune opere, 327. Vgl. auch Hoss, Studien, 127. Heron, Studies, 84.

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Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

Frg 28(10,9): 187,3 Klostermann: ούκοϋν ή κτίσις τ/j κατα ανθρωπον αύτοϋ

διαφέρει

πραγματεία

D I C A Kap. 8 (PG 26, 996 A If): δσα ουν ευτελή ρήματα υπό τοϋ κυρίου εΐρηται ττ\ πτώχεια αύτοϋ διαφέρει, ... Beim sechsten Vergleichsmoment „Die Wahl theologischer Begriffe" betrachtet Tetz zunächst die Anwendung des Verbs θεολογείν in D I C A Kap. 3 und 19. 2 5 4 Die Stellen lauten: „Denn nicht wird der Höchste erhöht, sondern das Fleisch des Höchsten wird erhöht und dem Fleisch des Höchsten wird der Name, der über jeden Namen ist, verliehen. Und nicht der Logos Gottes empfing nach der Gnade die Bezeichnung ,Gott', sondern sein Fleisch wurde mit ihm (zusammen) Gott genannt (ή σάρξ αύτοϋ συν αύτω έθεολογήθη). Denn sie (seil, die Schrift) sagte nicht, daß der Logos Gott wurde, sondern daß der Logos Gott war. Denn sie sagt, daß Gott ewig Logos war und dieser Gott selbst wurde Fleisch, damit sein Fleisch Gott-Logos werde. Wie auch Thomas, als er sein Fleisch berührte, rief: ,Mein Herr und mein Gott', wobei er beides zusammen mit ,Gott' bezeichnete (θεολογών);" 255 und: „Und wenn Stephanus in der Apostelgeschichte sagt: ,Der Gott der Herrlichkeit erschien unserem Vater Abraham,' sagt Paulus dasselbe über den Sohn: ,Denn wenn sie die (seil, die Weisheit Gottes) erkannt hätten, hätten sie den Herrn der Herrlichkeit nicht gekreuzigt.' Gleichermaßen sagt auch David: ,Herr der Mächte ist er selbst, der König der Herrlichkeit.' Denn eine ist die Herrlichkeit des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. ,Meine Herrlichkeit', sagt die Schrift, 256 ,werde ich keinem anderen geben.' Der Sohn ist nämlich kein zweiter Gott, sondern Logos des einen und einzigen Gottes, im Vater Gott genannt (θεολογούμενος έν πατρί), wie auch der Vater im Sohn Gott genannt wird (έν υίω θεολογείται). Wie auch Jesaja sagt, indem er den Sohn zusammen mit dem Vater Gott nennt (θεολογών υίόν συν πατρί): „Und sie werden vor dir auf den Boden fallen und werden in dir anbeten: denn in dir ist Gott und außer dir ist kein Gott. Du bist nämlich der Gott und wir erkannten (dich) nicht, Gott Retter Israels." 257 Im Anschluß an den ersten der beiden Texte schreibt Tetz: „θεολογείν gilt dem συναμφότερον, λόγος und σάρξ, dem Sohn." Die Beobachtung, daß Markeil θεολογεΐσθαι hier auf den Logos und das Fleisch bezieht, entspricht dem Text. Die weitere Aussage, daß damit der „Sohn" gemeint sei, trifft meiner Auffassung nach - wie schon oft festgestellt - nicht zu. Tetz deutet auch den zweiten Text so, daß θεολογεΐσθαι hier wiederum dem Inkarnierten gelte, „der als Logos im Vater und dessen Vater im Sohn (als inkarniertem Logos) Gott genannt 254 255 256 257

PG 26, 989 A. PG 26, 989 A 1-11; vgl. Markeil I, 265. Tetz (Markeil I, 265, ult.) läßt „die Schrift" aus. PG 26, 1017 A 5 - Β 5; vgl. Markeil I, 265f.

V. Die neuen Markell-Schriften

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werden." 258 Da der „Sohn" im Sinne Markells nicht ausschließlich der Inkarnierte sein muß, und da es sich empfiehlt, Kap 19. DICA nach dem Wortlaut zu verstehen, ergibt sich, daß Markeil jetzt θεολογεΐσθαι vom Sohn in seiner Gottheit meint, der kein δεύτερος θεός neben dem Vater ist, dieselbe Herrlichkeit wie dieser besitzt und nach Jes 45,14 im Vater „Gott genannt wird", wie auch der Vater in ihm. Θεολογεΐσθαι verwendet Markeil also einmal (Kap. 3) für das „Gott-Nennen" des Logos samt dem angenommenen Fleische, zum anderen (Kap. 19) für das „Gott-Nennen" von Vater und Sohn in ihrer Gottheit. Vollkommen exakt ist es dagegen, wenn Tetz im Blick auf den ersten Text aus DICA Kap. 3 zwei derjenigen Stellen Eusebs aus CM heranzieht, an denen Euseb dagegen polemisiert, daß Markeil die θεολογία (die Göttlichkeitsbezeichnungen bzw. -lehren) des Sohnes Gottes auf das Fleisch übertrage und so das Fleisch „Gott nenne (την σάρκα θεολογών)". 259 Die Anwendung von solchen Schriftstellen und Hoheitstiteln Christi, die von der gesamten vorausliegenden Tradition dem Sohn in seiner Gottheit zugeschrieben werden, auf den Inkarnierten ist ein besonderes Kennzeichen der Theologie Markells.260 Während die Verwendung von θεολογεΐσθαι in DICA für eine Zuschreibung dieser Schrift an Markell nur leicht ins Gewicht fällt, gilt das Gegenteil für das Begriffspaar κατά πνεύμα - κατά σάρκα, das Tetz als zweite theologische Begrifflichkeit zum Vergleich heranzieht. 261 Hier liegt m. E. das vierte wichtige Argument für die Verfasserschaft Markells an DICA vor: sowohl in Frg 72(70,61) als auch in DICA Kap. 22 kommt das Begriffspaar κατά πνεϋμα - κατά σάρκα (teilweise unter Verwendung derselben Worte) so vor, daß mit κατά πνεϋμα die Einheit des Sohnes mit dem Vater und mit κατά σάρκα die Einheit mit (oder die Beziehung zu) den Menschen beschrieben wird: Frg 72(70,61): 198,17f Klostermann

DICA Kap. 22 (PG 26,1024 Β 11-13)

την μεν κατά σάρκα οίχονομίαν τω άνθρώπω διαφέρειν γιγνώσκομεν, την δέ κατά πνεϋμα άϊδιότητα ήνώσθαι τω πατρί πεπιστεύκαμεν

Ίησοΰν Χριστόν, τον ήνωμένον πατρί κατά πνεϋμα, ήμίν δέ κατά σάρκα, και οίίτω μεσιτεύσαντα θεώ και άνθρώποις.

Anschließend weist Tetz auf die Bedeutung der Pneumatologie und des Begriffes απαρχή in ihrer ekklesiologischen Relevanz in DICA 258 259 260 261

Markell I, 266. Markell I, 267; vgl. CM 11,2,44: 43,21-27 und CM 11,3,4: 44,26-33 Klostermann. Vgl. unten 515-517. Markell I, 267f. Heron (Studies, 86) erkennt die spezielle Verwendung des Verbs und des Begriffspaares bei Markell an, nicht dagegen Simonetti (Su alcune opere, 324; 327 mit Anm. 51).

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Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

hin.262 Bevor er zum Abschluß seiner Untersuchung Begriffe aufzählt, die für Athanasius charakteristisch sind, aber in DICA fehlen, vergleicht er noch Frg 49(68,60) und DICA Kap. 19 (PG 26, 1019f Alf): δτε γαρ ή γραφή τον υίόν263 βραχίονα ονομάζει τοϋ πατρός, τό αγιον πνεϋμα δάχτυλον θεοϋ καλεί, και δτε τον υίόν264 λόγον ονομάζει, τό αγιον πνεϋμα εμφύσημα τοϋ θεοϋ λέγει. Hier liegt nicht nur eine Parallele zu Frg 49(68,60) vor, sondern auch zu den Frgg 48(67,60) und 3(43,37).265 Heron formuliert auch unter dem Eindruck dieses Textes den für ihn wichtigsten Einwand, daß nämlich für DICA die „zweite Person der Trinität nicht einfach ,Wort', sondern ,Sohn' und ,gezeugt vom Vater'" 266 sei. Da auch hier unsere Markellinterpretation von derjenigen Tetzens abweicht, der an der klassischen Sicht auf den Sohnes- und Zeugungsbegriff bei Markeil festhält, erledigt sich ein zweites wichtiges Argument gegen die Verfasserschaft Markells. Wie an unserer Stelle (δτε τον υίόν λόγον ονομάζει) lehrt auch der Markell der Frgg, daß Logos ein Name des Sohnes ist (freilich der „erste").267 Die Ubereinstimmung im Sohnes- und Zeugungsbegriff erachte ich als das fünfte wichtige Argument für Markell als Verfasser von DICA. Für Simonetti sind es zusammenfassend insbesondere a) die Exegese von Prov 8,22-25 und b) der Bezug des Verbs γενναν auf den Logos in DICA, die ihn eine Verfasserschaft Markells an DICA mit Sicherheit ausschließen läßt.268 Heron wertet abschließend folgendermaßen: die von Tetz gesammelten Argumente sprechen für Markell bis auf a) die Rede von zwei Willen in Christus, b) die Anwendung der Zitationsformel, c) der allgemeine Umgang mit I Kor 15, d) die kompositorische Unfähigkeit des Verfassers in den sogen, trinitarischen Abschnitten, e) das Verständnis des Sohnes- und Zeugungsbegriffes und f) das Fehlen des Markellischen ökonomischen Monotheismus. Herons Argumente a) und d) sind schon als unzutreffend erwiesen worden; b) wird von uns nicht herangezogen. Alle übrigen genannten Punkte Simonettis und

262

263 264

265 266 267 268

Markell I, 268.256f. Tetz weist ferner (270) darauf hin, daß die von Loofs (Die Trinitätslehre Marcell's, 773) als für Markell bedeutsam vermutete Schriftstelle Joh 7,38f in DICA Kap. 3 (PG 26, 989 Β 3f) und Kap. 9(PG 26, 997 A 12-15) zitiert wird. - Adolf Laminski (Der Heilige Geist als Geist Christi und Geist der Gläubigen. Der Beitrag des Athanasios von Alexandrien zur Formulierung des trinitarischen Dogmas im vierten Jahrhundert, EThSt 23, Leipzig 1969,16-19) behandelt die Pneumatologie von DICA. mit Syr, Ar, Z, S. mit Syr, (Ar?), Z, L / +θεοϋ Tetz, Markell I, 269; im authentischen Text stand gemäß dem Syrer zwischen Arm-Finger und Wort-Hauch noch ein drittes Glied, nämlich: Quelle-lebendiges (fließendes) Wasser. 1 98,4 und 192,22. Studies, 89; vgl. 75.78.86f. Vgl. unten 267. Su alcune opere, 328.

V. Die neuen Markell-Schriften

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Herons werden durch unsere Interpretation - wie schon angedeutet - entweder gegenstandslos oder widerlegt.69 Auch der dritte der von Simonetti und Heron gegen die These Tetzens von der Autorschaft Markells an D I C A vorgebrachten Argumentationskomplexe hat sich als hinfällig erwiesen. Dabei stützen wir uns nicht auf alle Gründe Tetzens, die wir vielmehr teilweise korrigieren mußten. Allerdings sind unsere bisherigen fünf Hauptargumente (Prov 8; I Kor 15; διαφέρει ν τινί; κατά πνεΰμα - κατά σάρκα; υίόν λόγον ονομάζει / άγιον πνεΰμα εμφύσημα θεοϋ) noch durch mindestens zwei zu erweitern, wobei Problemkreise, die auch Tetz angesprochen hat, unter anderen Aspekten aufgenommen werden. Als sechstes wichtiges Argument kommt die Fassung der Einheit Gottes hinzu. Der Verfasser von D I C A beschreibt die Einheit Gottes als μία θεότης,270 μία ουσία,271 μία δόξα272 und μία δύναμις bzw. εξουσία273. Dadurch kommt er mit dem Markeil der Fragmente darin überein, daß er keinen exklusiven terminus technicus für die Einheit hat, sondern sie variierend mit verschiedenen göttlichen Attributen und Wesensbestimmungen beschreiben kann. Insbesondere zeigt jedoch folgender Text aus D I C A Kap. 13, daß der Verfasser nur Markell sein kann: ώσπερ ουν τό πνεΰμα τοΰ ανθρώπου της άνθρωπότητος αυτοΰ και της ουσίας ού κεχώρισται, ουτω και τό πνεΰμα τοΰ θεοΰ της θεότητος αύτοΰ καϊ της ουσίας ουκ εστίν άλλότριον.274 Der Vergleich des Heiligen Geistes als des Geistes Gottes mit dem Geist des Menschen ist ganz analog zu den Vergleichen des Logos Gottes mit dem Logos des Menschen gebildet, wie er in den Frgg 87(61,55); 89(62,56) und 98(58,52) von Markell angestellt wird. 275 Das siebte wichtige Argument ist die volle Gottheit des Menschgewordenen: Im Kap. 22 von D I C A zeigt Markell an mehreren Schriftstellen auf, daß der Menschgewordene ,,ό θεός" ist. Das Fehlen der mittelplatonischen bzw. origenistischen Transzendenz-Immanenz Problematik ist typisch für Markell. 276 Im vorliegenden Kapitel identifiziert er zunächst den μόνος αληθινός θεός von Joh 17,3 mit dem αληθινός θεός des 1. Johannesbriefes (V. 20), d.h. dem Sohn, der ge269

Heron (Studies, 88f) erklärt das „Markellische" in D I C A als Einfluß dessen Theologie auf den Verfasser.

270

Kap. 10(PG 26, 1000 Β 9); Kap. 9(PG 26, 997 A 10. Kap. 8(PG 26, 997 A l-3[vgl. unten 316f]); Kap. 9(PG 26, 997 A 11; Kap. 13(PG 26, 1009 Β 11-13); Kap. 19(PG 26, 1017 Β 7-9). Kap. 19(PG 26, 1017 A Iff). Kap. 10(PG 26, 1000 Β 9 f[vgl. oben 92 Anm. 167]). Kap. 13(PG 26, 1005 Β 7-10). 196,19-22.25-27; 195,15-28 Klostermann. Vgl. unten 402-410.

271

272 273 274 275 276

114

Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

kommen ist (ήκει).277 Demselben Beweis dient das folgende Zitat von Baruch 3,36-38: es ist ό θεός ημών, der μετα ταϋτα επί της γης ώφθη . . . 278 Bald danach zitiert Markell Jes 7,14: ... Εμμανουήλ, ο έστι μεθερμηνευόμενον Μεθ' ημών ό θεός, und fügt hinzu, daß dieser der γεννηθείς εκ παρθένου και γενόμενος άνθρωπος . . . ist. 279 Der κύριος σαβαώθ nach Jes 6,3 ist kein anderer als der Gottesknecht von Jes 53, der die Knechtsgestalt annahm. 280 Jes 35,4 lautet: ιδού ό θεός ημών ... αυτός ήξει και σώσει ήμας und Jes 63,9: αυτός κύριος εσωσεν ήμας (αυτούς) . . . 281 Schließlich verknüpft Markell Ps 86,5 (και άνθρωπος έγεννήθη έν αύτη [seil, μητρί Σιων,] και αύτός έθεμελίωσεν αύτήν ό ύψιστος) so mit Ps 82,19 ( . . . κύριος, σύ μόνος ύψιστος επί πασαν την γήν), daß gilt: ούτος γαρ ό άνθρωπος ό γεννηθείς έν αύτη, αύτός έστιν ό ύψιστος ... 282 Ich fasse zusammen: gäbe es schon eine zuverlässige Edition unseres Textes, Hesse sich die Autorschaft Markells an DICA noch eindeutiger zeigen. 283 Doch schon jetzt stellen wir fest, daß die These Tetzens von der Autorschaft Markells an DICA für stichhaltig zu erachten ist, wenn wir sie auch allein auf fünf derjenigen Argumente, die Tetz herausstellte, und zwei weitere neu beigebrachte stützen. Auf diese Weise werden zwei zentrale Gründe der Skeptiker gegenstandslos. Alle übrigen ihrer Gründe im Bereich der Fragen nach der Integrität, der Priorität und der Theologie von DICA betrachten wir als widerlegt. Wegen des editorischen Zustandes von DICA ist es unumgänglich, auf die HSS zurückzugreifen. Dabei schließe ich mich an die Ergebnisse von Tetz an, der drei Hauptrezensionen unterscheidet: 1. C o d e x Vaticanus graecus 1 4 3 1 (=Z) und die diesem nahe stehende lateinische U b e r s e t z u n g C o d e x San M a r c o 5 8 4 (=L); 2 8 4 2. C o d e x Parisinus Coislinianus graecus 4 5 (=S); Codices Laurentiani I V , 2 0 (=H) und IV,23 (=G);

277 278 279 280 281 282 283

284

PG 26, 1024 A 15 - Β 9. PG 26, 1024 C 1.5. PG 26, 1024 A 11-13. PG 26, 1025 Β 1 - C 2. PG 26, 1025 C 9 - 1023 A 1. PG 26, 1028 A 1-5. Der bei Migne abgedruckte Text (des Paduaner Nachdrucks 1777 der Ausgabe Montfaueons von 1698) hat z.B. Heinrich Dörrie, Ύπόστασις. Wort- und Bedeutungsgeschichte. N A W G . I phil.-hist. Klasse, 1955, Nr. 3, 81) zu unhaltbaren Schlüssen geführt. Die Siglen stimmen bis auf L, Syr, A r mit denjenigen von Opitz (Untersuchungen, IXf) überein. Opitz hat diese Handschriften nicht in seine Liste (ebd.) aufgenommen.

V. Die neuen Markell-Schriften

115

3. Codex Athous Vatopedi 7, zweiter Teil (=W); Codex Basiliensis A III 4 (=B); Codex Athous Vatopedi 5 (=K); Codex Ambrosianus 464 (=A) und Codex Florentinus graecus (S. Marco) 695 (=F). 2 8 5 Für die zweite Uberlieferungsgruppe listet Tetz eine Reihe von Zusätzen von dogmatischem Gewicht auf. Trotz der sonst guten Tradition dieser Gruppe urteilt Tetz: „Diese Interpolationen, die der vulgären Dogmatik einer späteren Zeit Rechnung tragen, gemahnen zur Vorsicht und Zurückhaltung gegen die zweite Uberlieferungsgruppe, wenn sie im Alleingang derartige Formeln anbietet." 286 Aus diesen drei Uberlieferungsgruppen habe ich zur Textherstellung Z + L (1), S (2) und B + W (3) selbst kollationiert, und zwar Ζ und Β aus den Handschriften, L, S und W aus den Mikrofilmen im Besitz der Patristischen Arbeitsstelle Bochum der Rheinisch-Westfälischen Akademie der Wissenschaften, deren Auswertung ich mit freundlicher Genehmigung von Herrn Professor Tetz darbieten kann. Neben der lateinischen ( = L ) 8 7 bieten auch die armenische Ubersetzung des Codex Venetus Mechit. 818 (=Ar) 2 8 8 und die syrische des Codex Musei Britann. orientalis 8606 (=Syr) 2 8 9 einen sehr guten Text. 290 Den Codex Venetus Mechit. 818, der für D I C A auch der Ausgabe Tajezis 291 zugrunde lag, 292 habe ich nach der Kollation Conybeares 29 herangezogen, den Syrer nach der Übersetzung R. W. Thomsons. 2 4 Syr und Ar stimmen weitgehend mit der Rezension von Ζ und L überein. Diese scheint mir - auch aus Gründen der inneren Textkritik - dem Archetypus am nächsten zu kommen.

285

Markell I, 243-245.

286

A.a.O. 2 4 4 .

287

Markell I, 243. Vgl. Casey, Armenian Manuscripts of St. Athanasius of Alexandria, H T h R 24(1931) 51-59. Opitz, Das syrische Corpus Athanasianum, Z N W 33(1934) 18-31. - R. W. Thomson, An Eight-Century Melkite Colophon from Edessa, JThS 13(1962) 249-258. - S. P. Brock, The Provenance of Β. M. O r . 8606, JThS 19(1968) 632-633. Tetz, Markell I, 245.

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294

Sancti Athanasii Patriarchae Alexandreias tractatus, epistolae et apologiae, Venedig, 1899, 27-56. Casey, Armenian Manuscripts of St. Athanasius of Alexandria, H T h R 24(1931) 51. Conybeare, O n the Sources of the Text of S. Athanasius, J P 24(1896) 284-299. - Auch Lebon (Pour une edition critique des oeuvres de Saint Athanase, R H E 21 [1925] 528530) wertete die Edition Tajezis aus. Athanasiana Syriaca, Part III, transl. by Robert W. Thomson, C S C O . Vol. 325, S. Tom. 143, Löwen 1972.

116

Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

VI. Arbeiten zur Lehre von der Königsherrschaft Christi und zur Eschatologie (G. W. H. Lampe, Per Beskow, Marie-Josephe Rondeau, Einar Molland, Eckard Schendel, Joseph Lienhard, Christoph von Schönborn, Brian Daley) Lampe veröffentlichte 1949 als Vorarbeit für sein Greek Patristic Lexicon zwei Aufsätze, in denen er die Verbreitung der Vorstellung einer doppelten Königsherrschaft Christi bei mit Markeil gleichzeitigen und nachfolgenden Theologen und die Verbindungen zwischen Markeil und diesen in der Auslegung von I Kor 15,28; Ps 2,6f; Ps 96,1 und Ps 109,1 aufweist. 1 Beskow bestreitet in seiner Arbeit „Rex Gloriae. The Kingship of Christ in the Early Church" das Ergebnis Lampes („Marcellus' exposition of these Psalms is thus followed by many of his orthodox successors . . . "). 2 Beskow vertritt aufgrund einer Mißinterpretation 3 sowohl Markells als auch des Athanasius die These, daß sich die spätere Entwicklung einer „antiochenischen" Unterscheidung zweier christologischer Herrschaftsweisen in Ubereinstimmung mit Athanasius vollzog, nicht aber unter Beeinflussung durch Markell, 4 der zusammen mit Paul von Samosata einen „extremen Repräsentanten" einer allgemeinen antiochenischen Uberlieferung darstelle, 5 welche möglicherweise Athanasius erreicht habe, 6 der wiederum auf Markell eingewirkt haben könnte. 7

1

2 3

4 5 6 7

Some Notes on the Significance of ΒΑΣΙΛΕΙΑ T O Y ΘΕΟΥ, ΒΑΣΙΛΕΙΑ ΧΡΙΣΤΟΥ in the Greek Fathers, JThS 49(1948) 58-73; ders., The Exegesis of some Biblical Texts by Marcellus of Ancyra and Pseudo Chrysostom's Homily on Ps XCVI, JThS 49(1948) 169-175. The Exegesis of some Biblical Texts by Marcellus of Ancyra, 171. Während nach Markell nur der Inkarnierte den Titel König trage, dieser daher rein ökonomischen Charakter habe (Rex gloriae. The Kingship of Christ in the Early Church, Stockholm/Göteborg/Uppsala, 1962, 232f.277.281f), gelte für Athanasius dagegen die Lehre „einer doppelten Königsherrschaft" (277.281.288). Beides trifft nicht zu. Trotz der soteriologisch-inkarnatorischen Ausrichtung der Theologie des Athanasius kommt der Königstitel nur dem Logos in seiner Gottheit zu. So in den Auslegungen von Ps 23,7 (Oratio III contra Arianos, Kap. 41: PG 26, 97 Β 7 - C 3); Ps 44,7f (Oratio I contra Arianos, Kapp. 46-49: PG 26, 105 Β 15 - 116 A 4). Ferner eröffnet die Inkarnation für Athanasius keinen zweiten Herrschaftsbereich des angenommenen Menschen, der zum Eschaton hin noch zur Gesamtherrschaft werden soll, sondern sie dehnt die Herrschaft des Logos auf alles aus (Acta 2,26: Oratio II contra Arianos, Kap. 12f: PG 26, 172 C 11 - 173 C 9). Rex gloriae, 284f. A.a.O. 239f. A.a.O. 282. A.a.O. 283.

VI. Arbeiten zur Lehre von der Königsherrschaft Christi

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Rondeau untersuchte in drei Aufsätzen8 die Geschichte der patristischen Auslegung von Ps 109,1.3 L X X als Vorgeschichte und Hintergrund der Exegese von Ps 109 im Psalmenkommentars Diodors von Tarsus, dessen Autorschaft an diesem Text Rondeau mit ihren Arbeiten zu erhärten suchte. Im Blick auf das Verständnis Markells von Ps 109,3 werden unten9 die von Rondeau behandelten Exegesen Justins, des Irenäus, Tertullians, des Asterius und Eusebs von Caesarea 10 herangezogen werden. Hier sind folgende Korrekturen an der Markellinterpretation Rondeaus zu nennen: (1) Markeil vertritt eine vorinkarnatorische Zeugung des Sohnes ( L o gos), was Rondeau verneint; (2) er selbst liest in Ps 109,3 nicht έξεγέννησά σε, sondern έγέννησά σε und meint schließlich in F r g 5 7 ( 2 8 , 2 3 ) mit κλαπεΐσαν nicht „wegnehmen", sondern „betrügerisch in Anspruch nehmen". 1 1 Bei der Besprechung von Markells Auffassung von Ps 109,1 erkennt Rondeau die Schriften D I C A und Epistula ad Antiochenos als authentische Texte M a r kells an. 1 2 Während Rondeau zu dieser Schriftstelle Ps 109,1 und überhaupt zu Markells Theologie insgesamt richtig bemerkt, daß Markeil nicht zwei verschiedene göttliche Hypostasen oder Personen lehre, 1 3 ist es jedoch inkorrekt, Markell so zu verstehen, als ob er Vater und Sohn überhaupt nur inkarnatorisch unterscheide und nicht in ihrer Ewigkeit. N i c h t eine „distinction transitoire du Pere et du Sauveur" 1 4 ist die Ansicht Markells, sondern eine vorübergehende Trennung des Sohnes ( L o g o s ) v o m Vater (ένεργεία μόνη) seit dem Hervorgang zur Schöpfung bis zum E n d e der Inkarnation. 1 5

Der Aufsatz „Des Reich kein Ende haben wird" von Molland 16 erforscht den Hintergrund und die Bedeutung der Worte οΰ της βα8

9 10 11

12 13 14 15

16

Le .Commentaire des Psaumes' de Diodore de Tarse et l'exegese antique du Psaume 109/110, R H R 88(1969) 5-33.153-188 und dies., R H R 89(1970) 5-33; dies., Une nouvelle preuve de l'influence litteraire d'Eusebe de Cesaree sur Athanase: L'interpretation des Psaumes, RSR 56(1968) 385-434. 351f. Le .Commentaire des Psaumes', R H R 88(1969) 22-33.159-165.172-177.180-183. Le ,Commentaire des Psaumes', R H R 88(1969) 161 mit Anm. 1; vgl. 163f.180f.183 und R H R 89(1970) 7.9. Le ,Commentaire des Psaumes', R H R 88(1969) 165-172. A.a.O. 163-165.180. A.a.O. 171; vgl. 162.166.180. Zu der von Rondeau (a.a.O. 168) im Anschluß an Euseb, E T III,14f: 170-173 Klostermann formulierten Rede von der „resorption finale du Christ dans le Pere" ist zu beachten, daß (1) nach Markell der posteschatologische Zustand Gottes weiterhin ein in Vater, Sohn und Geist unterschiedener sein wird, daß (2) „Christus" ein inkarnatorischer Titel ist und daher nicht dem zukommt, der sich mit Gott eint, und daß (3) die Einheit des Sohnes mit „Gott" nicht dieselbe ist wie diejenige mit dem Vater. Hintergrund und Bedeutung einer dogmatischen Aussage im nicäno-constantinopolitanischen Glaubensbekenntnis, in: ders., Opuscula patristica, B T N Bd. 2, Oslo/ Bergen/Tromsö 1970, 234-253.

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Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

σιλείας ουκ εσται τέλος im Nizänokonstantinopolitanum ausgehend von Asterius 17 über Markeil und die antimarkellischen Tauf- und Synodalbekenntnisse des 4. Jh. Molland faßt die umstrittenen Worte ου της βασιλείας κατα την τοϋ αποστόλου μαρτυρίαν ουκ εσται τέλος der Epistula ad Iulium 18 als Zitat von Lk 1,33 auf. Markell habe damit sagen wollen, daß er die Aussage über das Königtum Christi Lk 1,33 akzeptiert, „wenn es mit I Kor 15 zusammengehalten wird". 1 9 Die Untersuchung Schendels orientiert sich an derjenigen „Grundcharakteristik" der Theologie Markells, wie sie Loofs ausgehend von Zahn mit dem Stichwort „monotheistisch-ökonomische Trinitätslehre" bestimmt hatte. Schendel räumt allerdings ein, daß Tetz „etwa in der Ekklesiologie . . . sachlich neue Akzente" 2 1 gesetzt habe, und erkennt dessen Zuschreibung von D I C A an Markell an. 22 Zugleich akzeptiert er Tetzens Nachweis eines „Okonomienschemas" in D I C A 2 3 und beschreibt die „dritte Ökonomie" nicht nur im Sinne, sondern auch mit den Worten von Loofs und Gericke: „Die Zeit des Geistes, die »dritte Ökonomie', welche seit Joh 20,22 in Kraft ist, kann so auch als Zeit der größten Ausdehnung der göttlichen Monas καθ' ένέργειαν (sic) analog der ,zweiten Ökonomie' gekennzeichnet werden . . . Der Schwerpunkt der Analysen Schendels liegt - dem Thema seines Buches entsprechend - bei Markells Auslegung von I K o r 15,24ff, die er nach den Frgg, 2 5 nach D I C A Kap. 20, 2 6 der Epistula ad Iulium, 2 7 dem sog. Symbol und dem Synodalbrief der westlichen Synode von Serdika, 28 nach der markellianischen Expositio fidei ad Athanasium des Diakons Eugenius 2 9 und nach dem Schreiben des markellischen Klerus an die Konfessoren in Diocaesarea 3 0 untersucht. Auch im Kapitel über Eusebs Exegese der vorliegenden Korintherstelle 31 bleibt Markell in der Diskussion. Außerdem behandelt Schendel den 17 18 19 20

21 22

23 24 25 26 27 28 29 30 31

„βασιλεύς βασιλέα": Frg X X I a Bardy = Frg 113(96,84): 205,29 Klostermann. 215,7f Klostermann; vgl. dazu unten 430f. „ D e s Reich kein Ende haben wird", 243f. Herrschaft und Unterwerfung Christi. 1. Korinther 15,24-28 in Exegese und Theologie der Väter bis zum Ausgang des 4. Jahrhunderts, B B E 12, Tübingen 1971. Herrschaft und Unterwerfung Christi, 112, Anm. 6. Schendel geht a.a.O. 111 mit Anm. 3; 118 Anm. 26; 120 Anm. 30; 122 mit Anm. 33f; 125 mit Anm. 39; 131.147 und 151 auf D e incarnatione et contra Arianos ein. A.a.O. 119, Anm. 27. A.a.O. 120f. A.a.O. 121-129.132f; vgl. lll-152.156.168f.179f.202f. A.a.O. 122.125.131.147.151. A.a.O. 137-140. A.a.O. 140-143. A.a.O. 185f. A.a.O. 186f. A.a.O. 143-152.

VI. Arbeiten zur Lehre von der Königsherrschaft Christi

119

M o n o t h e i s m u s , die Logoslehre, die Christologie Markells u n d die Lehre v o n den „ Ö k o n o m i e n " , s o w i e chronologische Fragen. 3 2

Bei seiner Darstellung der Exegese von I Kor 15 geht Schendel aus vom soteriologischen Grund und Ziel der Auffassung Markells von der δευτέρα οικονομία.33 Während Schendel einerseits auf dem Hintergrund der Rede Loofs' von der „Episode" der zweiten Ökonomie 34 die soteriologische Zielsetzung derselben bei Markeil geringer wertet als bei Origenes,35 formuliert er andererseits nuancierter, daß es sich hierbei um die „Heilsepisode", d. h. um die ,,wesentliche[n] Zeit innerhalb der,göttlichen Geschichte'" handele und bezweifelt insbesondere von DICA Kap. 20 her gegen Gericke36 nicht den ,,soteriologische[n] Ernst" 37 der Theologie Markells. Schendels Frage nach dem Stellenwert der Soteriologie Markells im Vergleich zu Origenes hängt zusammen mit der „Frage der Leiblichkeit", der sich Schendel im Fortgang zuwendet.38 Origenes als Bezugspunkt nützend 39 möchte Schendel im Blick auf die eschatologische (christologische und allgemeinanthropologische) Leiblichkeit Markeil des Widerspruchs überführen, daß dieser den eschatologischen Zustand sowohl leiblich als auch rein geistig beschreibe.40 Hier liegen zum einen Fehlinterpretationen der Texte vor, zum anderen kann Markells Vorstellung der Auferstehungsexistenz gerade als verklärte bzw. vergeistigte Leiblichkeit bezeichnet werden, so daß - so verstanden - das, was Schendel widersprüchlich empfindet, durchaus für Markell zutrifft. Schendel identifiziert ohne Anhalt an den Texten Markells die von Markell aufgenommene Rede von der Befreiung aus der Knechtschaft der Vergänglichkeit nach Rom 8,21 mit einer angeblichen Anschauung Markells von der Befreiung aus der Knechtschaft der Leiblichkeit:41 Wenn Markell ferner Joh 6,63 (τό πνεΰμα ζωοποιεί, ή σάρξ ουδέν ώφελεί) zitiert42 und das unsterblich gewordene Fleisch nicht einer solchen Vereinigung mit Gott für würdig erachtet, wie sie dem 32 33 34 35 36 37 38

39

40 41 42

A.a.O. 112-121.129-132.133-137. A.a.O. 121f. Siehe unten 504. Herrschaft und Unterwerfung Christi, 124. Marceil von Ancyra, 162-169; vgl. 144. Herrschaft und Unterwerfung Christi, 131; vgl. 151. A.a.O. 123-126. Dazwischen (122f) liegt noch ein Abschnitt über Anfang und Ende der „zweiten Ökonomie". Markell habe nach Schendel (a.a.O. 124.119; vgl. 147 Anm. 13) die origeneische Lehre von der Apokatastasis „übernommen". A.a.O. 125f. A.a.O. 123; vgl. Frg 105(117,104): 211,4f Klostermann. Frg 105(117,104): 210,lOf und Frg 106(118,105): 211,14.

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Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

Logos zukommt, 43 dann drückt sich gerade darin für Markell keine „Zurückhaltung in der Frage der Leiblichkeit" 44 aus, sondern einerseits die Unfähigkeit des Fleisches, dem Logos eine Lebenssteigerung zu verschaffen, und andererseits die Unfähigkeit, seine „Fleischlichkeit" auch als unsterblich Gewordenes endgültig zu verlieren. Markell kann durchaus in Frg 80(107,96) 45 von einer „übermenschlichen Verklärung" nach der Auferstehung sprechen. Dies alles rechtfertigt jedoch in keiner Weise, Markell in dieser Frage mit Schendel in die Nähe des Origenes zu rücken und ihm eine Lehre von einer eschatologischen Leiblosigkeit zuzuschreiben. 46 Insofern liegen in der Epistula ad Iulium (σαρκός άνάστασιν)47 kein Selbstwiderspruch oder eine geschickte Tarnung nach außen hin vor und in den Texten vom Sitzen des angenommenen Menschen zur Rechten Gottes keine „Milderung des Widerspruches". 48 Die dargestellte Auffassung von der eschatologischen Verklärung als einer Entleiblichung verbunden mit einer unangemessenen Interpretation der eschatologischen Trennung des Sohnes (Logos) von seinem individuellen Fleisch führt Schendel zu dem einseitigen Urteil, daß die „origeneische Tendenz zum ,Auszug aus der Geschichte' . . . bei Markell in verstärktem Maße wieder" festzustellen sei. 49 Auf diese Behauptung, „Markells Denkansätze" 5 0 seien „ungeschichtlicher Art", 5 1 wird unten zurückzukommen sein. 52 I m F o l g e n d e n reproduziert Schendel die T h e s e Gerickes53 v o n der zweifac h e n A u s l e g u n g d i e s e r P a u l u s v e r s e auf d e n v e r h e r r l i c h t e n M e n s c h e n J e s u s Christus u n d auf den L o g o s selbst.54 D a r a n anschließend55 führt Schendel seine f o r m a l e T h e s e v o n der Widersprüchlichkeit der T h e o l o g i e Markells an d e r C h r i s t o l o g i e d u r c h , i n d e m er in l o c k e r e m A n s c h l u ß a n L o o f s u n d G e r i c k e eine w i d e r s p r ü c h l i c h e M i s c h u n g a u s R e s t e n a n t i o c h e n i s c h e r T r a d i t i o n ( L o g o s M e n s c h ) u n d apologetisch-alexandrinischem D e n k e n ( L o g o s - S a r x ) feststellt. 43 44 45

46 47 48

49 50

51 52 53 54

55

Frg 108(120,107). Herrschaft und Unterwerfung Christi, 124. 2 08,20 Klostermann; vgl. hierzu Schendel, Herrschaft und Unterwerfung Christi, 126f. Herrschaft und Unterwerfung Christi, 149. 215,24 Klostermann. Herrschaft und Unterwerfung Christi, 125 und 126 Anm. 39; Frg 105(117,104): 210,28-31 und Frg 104(116,103): 209,32-210,5. Herrschaft und Unterwerfung Christi, 123; vgl. 124. Im übrigen teilt Schendel (a.a.O. l l l f ) die Auffassung Gerickes, Markell habe mit I K o r 15,24ff sein ,System biblisch maskiert'; vgl. 128. Herrschaft und Unterwerfung Christi, 131. 504. Siehe oben 61f. Herrschaft und Unterwerfung Christi, 127-129. Voran (a.a.O. 126f) geht noch ein Abschnitt über den „eschatologischen Verlauf" der zweiten Ökonomie. A.a.O. 129-133.

VI. Arbeiten zur Lehre von der Königsherrschaft Christi

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„Die analeptische Logos-Christologie vom alexandrinischen Typus überlagert aufs Ganze gesehen bei weitem die Reste antiochenischer Herkunft. Daher ist auch die Frage nach der Herkunft von Markells I Kor 15,24ff-Exegese nicht zu beantworten." 56 Ein solcher „Widerspruch" zeige sich einmal daran, daß Markeil sowohl den Logos-Titel als auch den Sohnesnamen auf den Präexistenten beziehen könne, 57 zum anderen daran, daß das „Sitzen zur Rechten Gottes . . . einerseits vom Logos ausgesagt (Frg 117: 210, 13ff.; Frg 127: 214,8f.)" wird, „andererseits vom erhöhten Menschen Jesus." 58 Bezeichnenderweise bezieht sich das von Schendel für das Sitzen des Logos in Anspruch genommene Frg 84(127,114) auf das menschliche Fleisch; zugleich spricht keines der von demselben für das Sitzen des erhöhten Menschen herangezogenen Frgg 7780(105-108, 94-97) und 99-103 (111-115, 99-102) von diesem Geschehen, ohne von der Inkarnation oder vom Inkarnierten auszugehen. Hier - wie beim ersten und dritten „Widerspruch" der angeblichen doppelten Unterwerfung ist Markeil nicht abhängig von Traditionen, die er nur widersprüchlich zu kombinieren vermag. Im Rahmen der Analyse der Eusebianischen Exegese von I Kor 15,24ff pflichtet Schendel - wiederum ohne Belege in den authentischen Texten Markells - der These Eusebs bei, Markell verstünde die Unterwerfung des Sohnes und die Unterwerfung aller Menschen als Verlust der individuellen Existenz des Sohnes59 und des individuellen Lebens der Geretteten.60 Der spätere Markell von DICA Kap. 20 dagegen, der der Orthodoxie spürbare Zugeständnisse gemacht habe, habe nicht mehr so gedacht.61 Richtig ist dagegen, daß der „frühe Markell" nicht so dachte, wie es Euseb darstellt und daher der „späte Markell" sich in diesem Punkte nicht zu korrigieren brauchte. 62 Lienhard behandelt in seiner Studie „The Exegesis of 1 Cor 15,2428 from Marcellus of Ancyra to Theodoret of Cyrus" 6 3 die Auslegungen Markells getrennt nach den Frgg, der Epistula ad Iulium, der Epistula ad Antiochenos und De incarnatione et contra Arianos. Entgegen der vorliegenden Arbeit kommt Lienhard zu dem Schluß, daß die Exegesen von I K o r 15,24-28 in der Epistula ad Antiochenos und in D I C A gegen eine Verfasserschaft Markells an ihnen sprechen 64 oder 56 57

58 59 60 61 62

63 64

A.a.O. 131. A.a.O. 129f. Richtig weist Schendel auf, daß Markell sowohl den Incarnandus, den Incarnatus als auch den homo assumptus „Sohn" nennen kann. Unrichtig verteilt er aber diese christologischen Aspekte in Loofs'scher und Gerick'scher Weise auf die beiden „Traditionen". A.a.O. 130 mit Anm. 51. A.a.O. 151: von Schendel verstanden als „Aufgehen des Logos im Vater". A.a.O. 147.151. Herrschaft und Unterwerfung Christi, 151f; vgl. 185. Nach Schendel formulierte Markell die entsprechenden Passagen in der Epistula ad Iulium absichtlich zweideutig; die westlichen Synodalen von Serdika übten „Verschleierungstaktik" (a.a.O. 139.142). VigChr 37(1983) 340-359. The Exegesis of 1 Cor 15,24-28, 346.354.

122

Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

eine „beträchtliche Entwicklung der Theologie Markells in Richtung auf die Orthodoxie" 65 voraussetzen. In der Epistula ad Iulium mache Markell „meisterhaften Gebrauch von der Zweideutigkeit".66 Einerseits stellt Lienhard richtig fest, daß Markell die Worte ου της βασιλείας . . . ούκ εσται τέλος67 auf Gott den Vater und das Mitkönigtum des Wortes beziehe.68 Andererseits widerspricht Lienhard sich selbst, wenn er den Ausdruck kurz darauf nur Gott dem Vater vorbehält.69 Einerseits kommt er im Blick auf Markell insgesamt zu dem Ergebnis, daß das christologisch aufgefaßte (zeitliche und ewige) doppelte Königtum „der Grundpfeiler" der Markellischen Interpretation in den Fragmenten sei. Andererseits schreibt er unscharf: „For Marcellus, the temporary kingdom is Christ's and the eternal kingdom is God's." 70 Gut beobachtet Lienhard, daß für Markell „Mensch" sowohl der individuelle angenommene Mensch des Sohnes (Logos) als auch „Menschheit" bedeuten kann.71 Wichtig ist schließlich der Hinweis, daß Markell I Kor 15,28 dreimal ohne ό υιός72 zitiert. von Schönborn macht in seinem Aufsatz „Gott will für ewig Mensch bleiben" nach dem Wortlaut des Untertitels „Anmerkungen zur Auslegungsgeschichte des Glaubensartikels ,Sedet ad dexteram Patris'". 73 Zu Markell heißt es: „Denn für Marceil hat die Menschheit Christi nur eine zeitliche, nicht eine ewige Bedeutung."74 Dies trifft nicht zu. Für Markell ist zwar die Inkarnation nur zeitlich, nicht aber ihre Bedeutung, d. h. ihr soteriologischer Sinn. Dieser ist bleibend und ewig.75 Daley geht im Handbuch der Dogmengeschichte Bd. IV, Faszikel 7a: „Eschatologie in der Schrift und Patristik" mit 11/2 Seiten76 auf Markell im Anschluß an Tetz (Markell habe eine „eschatologisch bestimmte Geschichtsauffassung")77 und Grillmeier ein. Andererseits formuliert er eine Seite (146) vorher in gewissem Widerspruch dazu 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75

76

77

A.a.O. 347. Ebd. 2 1 5,7f Klostermann; vgl. unten 429f. The Exegesis of 1 Cor 15,24-28, 344. A.a.O. 345. A.a.O. 354f. A.a.O. 341. A.a.O. 341; vgl. Frgg 111(41,34): 192,5; 104(116,103): 209,32; 109(121,108): 212,8. Internationale katholische Zeitschrift „Communio" 13(1984) 1-13. „Gott will für ewig Mensch bleiben", 7. von Schönborn (a.a.O. 11): „Unser Glaubensartikel ist gewissermaßen der ekklesiologischste der christologischen Artikel." unter Mitarbeit von Josef Schreiner und Horacio E. Lona, Freiburg/Basel/Wien 1986, 147f. Markell III, 188.

VII. Arbeiten zur Auslegung von Prov 8,22ff

123

und zur These vorliegender Arbeit: „Die griechische Theologie in der Mitte des vierten Jahrhunderts zeigte wenig unmittelbares Interesse an eschatologischen Themen. Ein Grund dafür lag wohl in der neuen Sicherheit, die die Kirche seit Regierungsbeginn Konstantins genoß und die dazu führte, daß der eschatologische Horizont sich entfernte." 78

VII. Arbeiten zur Auslegung von Prov 8,22ff (Anton Weber, Manlio Simonetti) Die beiden 1965 erschienenen Studien von Weber 1 und Simonetti 2 behandeln ausführlich die Prov-8-Exegese Markells. Während Simonetti die gesamte patristische Auslegungsgeschichte bis ins 4. Jh. verfolgt, vergleicht Weber die Exegesen von Markell, Euseb und Athanasius.3 Weber arbeitet gut die inkarnatorische Zentriertheit der Theologie, der Hermeneutik, des Offenbarungs- und Geschichtsverständnisses und der Kosmologie Markells heraus4 und erkennt darin den geistesgeschichtlichen Umbruch und die theologische Wende von Nizäa: „Das Interesse konzentriert sich auf das menschliche Heilswerk Christi auf Erden."5 Weber formuliert jedoch keinen eigenen Ansatz zur Erklärung dieses Phänomens. 6 Simonetti stellt fest, daß die Interpretation Markells den ersten Versuch darstellt, eine vollständige Erklärung dieses biblischen Passus mit allen seinen Besonderheiten zu geben. Der Bezug des Textes auf die Ökonomie der Menschwerdung sei vollkommen willkürlich, und der Versuch, alle Details mit diesem umfassenden Kriterium in Ubereinstimmung zu bringen, sei offensichtlich gezwungen. 7 Eustathius von Antiochien 8 und Athanasius 9 hält Simonetti in ihrer Auslegung für abhängig von Markell. 78

Ohne Belege parallelisieren die Verfasser die „Ökonomie-Theologie" von C o n t r a N o e t u m mit Markell. - In Frg 105(117,104): 210,25 ist das συμβασιλεύει präsentisch zu übersetzen.

1

Α Ρ Χ Η . Ein Beitrag zur Christologie des Eusebius von Cäsarea, R o m 1965.

2

Sull'interpretazione patristica di Proverbi 8,22, in: Studi sull'Arianesimo, VSen N.S. 5, R o m 1965, 9 - 8 7 .

3

Α Ρ Χ Η , 171.177.21.

4

Α Ρ Χ Η , insbesondere 84.133.136f.172.177f.

5

Α Ρ Χ Η , 177.

6

Abgesehen von dem Hinweis (176) auf W . Marcus (Der Subordinatianismus als historiologisches Phänomen, München 1963, 114), der jedoch nur den „Ausbruch der arianischen Häresie" als Ursache benennt.

7

Sull'interpretazione patristica di Proverbi 8,22, 40; vgl. 43.

8

A . a . O . 47f.

9

A.a.O. 59 Anm. 205; 63. - „Sohn" und „Zeugung" sind nach Simonetti (a.a.O. 4143.46) bei Markell inkarnatorische Begriffe.

124

Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

VIII. Markell im Rahmen der altkirchlichen Johannesexegese (Τ. E. Pollard) Pollard schließt seine 1970 erschienene Monographie über das Verständnis der johanneischen Christologie in der frühen Kirche mit einem Kapitel „Die Kontroverse um Markell von Ankyra" ab.1 Im großen und ganzen übernimmt Pollard die traditionsgeschichtliche Markellinterpretation von Loofs und Gericke.. 2 Markell sei einerseits abhängig von der antiochenischen Tradition, „ . . . in which the Logos-concept was interpreted in the light of the Hebraic concept of the debhar Yahweh, the creativ and revealing Word of God,3 which it made regulative for its theology. This interpretation was closely linked with, or a corollary of, a strong emphasis on biblical monotheism. God and his Word are revelationally identical . . . Further, its emphasis on the full humanity of Jesus Christ led it to give a larger place to history as the sphere of God's activity, and thus to emphasise Heilsgeschichte, ... this interest in Heilsgeschichte tended to produce another characteristic work of Antiochene theology, an economic trinitarianism which argues back, as it were, from the stages or dispensations of Heilsgeschichte to a self-differentiation within the being of the one God, while at the same time maintaining that it is this one God who is at work in all the dispensations of Heilsgeschichte,"4 Auf der anderen Seite sei Markells Theologie bestimmt durch eine henprosopische, pluralistische, apologetisch-alexandrinische Tradition, in der der Logos ein personales Wesen sei, unterschieden und getrennt von Gott.5 Aufgrund dieser „merkwürdigen Mischung", 6 die Unversöhnliches vereinigen wolle, sei Markell ein „außerordentlich wirrer Denker". 7 Trinitarisch überwiege das Antiochenische im Denken Markells, christologisch-inkarnatorisch das Alexandrinische.8 Eine Herleitung der Theologie Markells aus der Mischung von Traditionen ist - wie nun schon so oft angemerkt - m. E. sowohl unbelegbar als auch untauglich, das Wesentliche der Theologie Markells zu erklären. Bei Pollard springt dies dadurch in die Augen, daß er zwar richtig erkennt, daß eine Interpretation der Texte Markells, die diesem 1 2 3

4 5 6 7

8

Johannine Christology and the Early Church, Cambridge 1970, 246-319. Johannine Christology, 248.253.255-258. A.a.O. 8f.31.120f. 194-197.247 Anm. 7; 264f.291.297.316.318f: dies ist eine neue These von Pollard. A.a.O. 249. A.a.O. 148f.252.256f.264.316. A.a.O. 257. A.a.O. 252; vgl. 257.262.265. Auch Euseb von Caesarea trifft dieses Urteil Pollards (298). A.a.O. 252; vgl. außerdem 249 mit 256.

VIII. Markeil im Rahmen der altkirchlichen Johannesexegese

125

„drei Ökonomien" 9 zuschreibt, ebenfalls mit drei Expansionsstufen rechnen müßte. Die Feststellung Pollards, daß die zweite Ökonomie keine der ersten entsprechende Ausdehnung 10 besitze, führt ihn aber nicht zu Zweifeln an der Nachweisbarkeit eines „economic monotheism" 11 bei Markeil. Diese von Pollard angenommene Unklarheit in der Entsprechung zwischen Gottes Handeln in der Geschichte und der Ausdehnungsbewegung innerhalb der Gottheit habe ihre Ursache vielmehr in Markells Hin- und Herpendeln zwischen den beiden anscheinend bei Markell auftretenden Traditionen. 12 Pollard bestimmt seine Auffassung des expansionistischen Monotheismus' Markells ferner dadurch, daß er eine Entsprechung der „Theologie" zu der Bewegung der „Ökonomie" bei Markell nachweisen zu können glaubt. Die Selbstoffenbarung Gottes in den drei Ökonomien der Geschichte habe ihr übergeschichtliches Gegenstück in der Bewegung der Selbstunterscheidung in der Monade der Gottheit.13 Unsere Analyse wird dagegen ergeben, daß Markell eine ewige Unterschiedenheit der Monas in Vater, Sohn (und Geist) annimmt. Der Hervorgang des Logos (Sohnes) oder des Geistes bewirkt daher keine Differenzierung der Einheit Gottes, sondern eine scheinbare Trennung, der aber die unterschiedene Einheit Gottes ewig zugrunde liegt. Treffend hebt Pollard Markells Interesse an der vollen Menschheit Christi und an der „Heilsgeschichte" hervor. 14 Hierin sieht er das Biblische in seinem Denken. 15 Während Pollard beim Vergleich des Geschichtsverständnisses Eusebs und Markells schön herausarbeitet, daß Euseb die Notwendigkeit der Inkarnation nicht wirklich erweisen kann 16 und daß diese nach Euseb nur eine vorübergehende Phase der göttlichen Fürsorge für die Menschen ist,17 findet Pollard andererseits merkwürdigerweise „die Rolle des Fleisches für Gottes Tätigkeit der Selbstoffenbarung und Erlösung in Christus" bei Markell so behandelt, als sei es nur „zufällig" oder „nebensächlich" (,in9 10

11 12 13 14

15 16 17

A.a.O. 250f. A.a.O. 57.201.251.266: Pollard sieht Markells Monotheismus vom Sabellianismus darin unterschieden, daß ersterer einen expansionistischen Modalismus, letzterer dagegen einen sukzessiven lehre. Darin weicht Pollard von Loofs ab. Johannine Christology, 56f.266. A.a.O. 252.265. A.a.O. 249-251.266. A.a.O. 249-251.265f.291.295.317. Allerdings pflichtet er (266 Anm. 3) wiederum Gericke in der Ansicht bei, daß die Geschichte sublimiert werde und in einer metaphysischen Sphäre stattfinde. Johannine Christology, 316f; vgl. 289. A.a.O. 294. A.a.O. 297.

126

Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

cidental'). 18 Ebenso unhaltbar ist die Wertung, daß der Logosbegriff Markells (und der antiochenischen Tradition), den Pollard allerdings ja als „hebräischen Wort-Begriff" auffaßt, dafür verantwortlich sei, daß „die historische Tatsache Christi" beim Verständnis des Monotheismus vernachlässigt werde 19 und daher bei Markell keine „soteriologische Theologie" vorliege. 20 Im übrigen erklärt Pollard die eigenartige Geschichtstheologie Markells nicht; sie gehört für ihn zur „antiochenischen Tradition". In der Festschrift Danielou weist Pollard auf die Bedeutung Markells hin. 21 In diesem Aufsatz verbindet er seine Erklärung der Theologie Markells aus den Traditionen mit einer Interpretation derselben gegen den origenistischen Subordinatianismus. 22 Bedeutung gewinnt diese Theologie historisch unter anderem darin, daß die antiarianische theologische Führerschaft in den 15 Jahren nach dem Konzil von Nizäa insbesondere bei Markell (daneben bei Eustathius von Antiochien) lag. 23 Gegenwärtig, so führt Pollard aus, seien Parallelen zwischen der „Process-Theology" und dem „dynamischen Element", das das Zentrum der Theologie Markells bilde, 2 bedeutsam. Abschließend schlägt Pollard im Gegenüber zu Teilhard de Chardin vor, die Markellische Vorstellung des eschatologischen Seins Gottes nach 1. Kor 15,28 (ίνα ή ό θεός τα πάντα έν πασιν) als „Panentheismus" zu verstehen. 25

IX. Weitere Arbeiten von Martin Tetz In seinem Aufsatz „Markellianer und Athanasios von Alexandrien. Die markellische Expositio fidei ad Athanasium des Diakons Eugenios von Ankyra, Z N W 64(1973) 75-121" widmet Tetz dem seinerzeit von Montfaucon entdeckten und für dessen Markellbild wesentlichen Text 1 eine eindringliche Untersuchung mit den Abschnitten (I) Edition samt ausführlichem historischen und textkritischen Apparaten, (II) Forschungsgeschichte, (III) Freilegung der theologischen Quellen und (IV) zusammenfassende Darstellung mit Datierung (zwischen 18 19 20 21

22 23 24 25 1

A.a.O. 266f. A.a.O. 318. A.a.O. 319. Marcellus of Ancyra: A Neglected Father, in: Epektasis. Melanges patristiques offerts au Cardinal Jean Danielou, edd. Jaques Fontaine et Charles Kannengiesser, Paris 1972, 187-196. Marcellus of Ancyra: A Neglected Father, 191. A.a.O. 188f. A.a.O. 194f. A.a.O. 195f. Siehe oben 16.

IX. Weitere Arbeiten von Martin Tetz

127

Sommer und Herbst 371) und theologiegeschichtliche Einordnung. Tetz mißt diesem Glaubensbekenntnis für „die theologiegeschichtliche Frage nach der nikäischen Orthodoxie des greisen Markeil . . . wegen der Verbindungen des markellischen Verfassers (oder der Verfasser) mit Markell und mit dem Adressaten Athanasios von Alexandrien eine Schlüsselstellung zu." Zugleich werde nach der Auffassung von Tetz „ein Orientierungspunkt für die Frage nach einer Entwicklung in der Markellischen resp. markellianischen Theologie gewonnen; denn die Expositio fidei des Eugenios, die den Glauben der fest zu ihrem alten Bischof haltenden Gemeinde in Ankyra formuliert, ist ein Zeugnis aus den letzten Lebensjahren des Markell." 2 Bisher wurden die theologischen Unterschiede zwischen den jeweils als authentisch angesehenen früheren Schriften Markells und der Expositio fidei des Eugenius entweder bestritten 3 oder durch (die) verschiedene(n) Verfasser, durch Abweichen der Markellianer von der theologischen Konzeption ihres Bischofs oder schließlich durch „Markellisches" und „markellianisches" Einlenken in homousianische oder nizänische Orthodoxie erklärt.4 Auch Tetz geht von der Existenz von Differenzen zwischen dem klassischen Markellbild und der Theologie unserer Expositio fidei aus. Diese seien auf zwei Weisen zu verstehen. Zum einen müsse - entsprechend der Selbstkorrektur des späten Loofs 5 - in Anschlag gebracht werden, daß „die anfangs von Loofs geäußerte Annahme des reinen Erhaltungszustandes einer ökonomischen Trinitätslehre in vorapologetischer Form noch bei Markell von Ankyra im 4. Jahrhundert sich (seil, für Loofs) als unzutreffend herausstellte . . . Damit aber stellt sich erneut die Frage ein, auf welche Weise in der monotheistischen Theologie Markells von einer ökonomischen Trinitätslehre zu reden ist. Die Richtigkeit der Interpretation dieser Theologie wird sich insbesondere in der Auffassung und in der konsequenten Berücksichtigung der unterschiedlichen Aspekte ausweisen müssen, die von Markell mit Blick auf den Logos durch die Stichworte δυνάμει und ενεργεία bezeichnet werden." 6 Ohne weiter auszuführen, „auf welche Weise" nun so von einer ökonomischen Trinitätslehre bei Markell zu reden ist, daß sie nicht mehr „derartig absolut" gefaßt sei, wie sie Loofs 1924 noch in seinem Werk über Paul von Samosata dargestellt habe, 7 revidiert Tetz somit zum einen den Maßstab Markellischer Theologie, an dem sich die Expositio fidei 2 3 4 5 6 7

Markellianer, 76. Montfaucon, Diatriba, LII.LXV. Vgl. den ausführlichen Forschungsbericht bei Tetz, Markellianer, 84-99. Siehe oben 49-52. Markellianer, 96 mit Anm. 59; vgl. 104-106. A.a.O. 97.

128

Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

als Markellisch auszuweisen hat. Tetz revidiert - oder relativiert zumindest - damit zugleich eines seiner Kriterien, mit dem er die Markellische Verfasserschaft an der Schrift DICA belegte.8 Wie schon angedeutet, sind wir der Ansicht, daß der Begriff der Ökonomie bei Markeil nur christologisch-inkarnatorisch verwendet wird und gerade so in DICA begegnet. Doch diese Korrektur am traditionellen Markellbild hebt die theologische Diskrepanz zwischen den bisher Markell zugeschriebenen Texten und der Expositio fidei für Tetz noch nicht auf. Neben diese Revision des Maßstabes, an dem die Theologie der Expositio fidei gemessen werden soll, tritt die These, daß uns in der Expositio fidei eine Theologie Markells begegne, die gegenüber dem frühen Markell eine „Wendung" 9 bzw. „Entwicklung" 10 erfahren habe. Sollen die Begriffe „Wendung" und „Entwicklung" eine ihrer Wortbedeutung entsprechende Aussagekraft besitzen, dann muß mit ihnen eine Abweichung des späten vom frühen Markell bezeichnet sein, die nicht durch die Korrektur des Loofs'schen Bildes vom frühen Markell gegenstandslos geworden ist. Um eine solche Entwicklung der Wendung als eine Entwicklung oder Wendung Markells ansehen zu können, muß Tetz voraussetzen, daß die Expositio fidei des Eugenius tatsächlich „ein indirekter Beleg über die theologische Konzeption des greisen Markell" 11 ist. Diese Voraussetzung kann nur durch Expositio fidei 1,1 („Die Kleriker und die übrigen [seil. Gemeindeglieder], die im galatischen Ankyra mit unserem Vater Markell versammelt waren, sandten uns zu Deiner Rechtgläubigkeit... ")12 und V,1 („Indem wir also dieses denken und schriftlich bekennen und versichern, daß auch die, die uns abgesandt haben, so denken, fordern wir Deine Rechtgläubigkeit auf, . . . )13 gestützt werden. Unserer Ansicht nach sprechen diese Formulierungen gerade dagegen, daß Markell, von dem nur die Anwesenheit in der absendenden Versammlung ausgesagt wird, selbst die theologische Linie der Expositio fidei14 federführend bestimmt habe. Vielmehr handelt es sich bei diesem Schriftstück um die Theologie des Klerus und der Gemeinde von Ankyra, die ihrem ehemaligen Bischof selbstverständlich den Schutz ihrer Gemeinschaft gewährt. Daß Markell nicht mehr die theologische Autorität der „markellianischen Gemeinde" von Ankyra ist, zeigt sich auch daran, daß der eigentlich theologische Teil (II) der Exopsitio fidei mit der Berufung auf die Väter von 8 9 10 11 12 13 14

Siehe oben 85-87. Markellianer, 114. A.a.O. 75.115. A.a.O. 115; vgl. 76.112.117. A.a.O. 78,lf; vgl. Zeilen 12-15. A.a.O. 84, Zeilen 77f. oder ihres Konzeptes; vgl. Tetz, a.a.O. 103.108f.118.

I X . Weitere Arbeiten von Martin Tetz

129

Nizäa ohne ausdrückliche Nennung Markells als eines solchen einsetzt! Mit diesem Verständnis von Expositio fidei I, II und V ist in keiner Weise ausgeschlossen, daß beträchtliche Ubereinstimmungen zwischen Markeil selbst und den „Markellianern" festgestellt werden können. Ausgeschlossen ist allerdings, in der Expositio fidei einen „Orientierungspunkt" 15 für die Frage nach einer Entwicklung in der Markellischen Theologie zu gewinnen. Als „Orientierungspunkte" können nur die authentischen Markellschriften samt den für Markell in Anspruch genommenen Pseudepigrapha gelten; und eine „Entwicklung" oder eine „Wendung" kann mit der Expositio fidei des Eugenius nur im Verhältnis zwischen Markell und den Markellianern, nicht aber zwischen dem frühen und dem späten Markell erhoben werden. 16 Die von Tetz detailliert durchgeführte „Freilegung theologischer Quellen in der Expositio fidei des Markellianers Eugenios" weist Parallen zu der Epistula ad Iulium, 17 dem Serdicense, 18 dem Bekenntnis Pseudo-Gregors des Wundertäters, 19 der Oratio I contra Arianos, 20 sowie dem ersten Brief an Serapion, 21 dem Nizänum (besonders nach Maßgabe des Tomus ad Antiochenos) 22 und dem Tomus ad Antiochenos (besonders in Anlehnung an Paulinus von Antiochien) 23 auf. 24 Die Berührungen der Expositio fidei mit den chronologisch über das Serdicense hinausgehenden athanasianischen Schriften und mit der eustathianischen Interpretation des Tomus ad Antiochenos (der wiederum auf das Nizänum verweist), beweisen sicher ein durch die Ereignisse des Jahres 362 verursachtes Zusammenrücken der Markellianer von Ankyra mit den Eustathianern von Antiochien unter Paulinus. Entsprechend unserer Unterscheidung zwischen „Markellianern" und Markell selbst, kann jedoch nicht mit Tetz geschlossen werden: „Die Entscheidung der Synode von Alexandrien (362) wird auch von Markell respektiert, wie die Expositio fidei des Eugenios zeigt, . . . " 2 5 Letztere ist vielmehr als 15

A . a . O . 76.

16

Auch wenn man aufgrund von Expositio 1,1 und V, 1 eine Mitarbeit Markells selbst

17

Vgl. (Tetz, Markellinaner) den Apparat zu den Zeilen 19.20.22.

annimmt, fehlt das Kriterium, „Markellisches" von „Markellianischem" zu scheiden. 18

Vgl. a.a.O. den Apparat zu den Zeilen 22.28.65-67.74f.

19

Vgl. den Apparat zu den Zeilen 41f.47-49.

20

Vgl. den Apparat zu den Zeilen 48f.

21

Vgl. den Apparat zu den Zeilen 43-45.50f (vgl. auch Oratio III contra Arianos Kap. 15 [ P G 26, 353 A]).

22

Vgl. den Apparat zu den Zeilen 18f.34f.39.50.71f.

23

Vgl. den Apparat zu den Zeilen 16-19.30-32.35-41.54-62.

24

Ferner gehen die Markellianer auf typische antimarkellische Polemiken ein, wie sie Epiktet von Korinth in seinen υπομνήματα festgehalten und Athanasius zugesandt hatte und wie sie aus der Oratio IV contra Arianos und der Ekthesis makrostichos hervorgehen; vgl. Zeilen 21.27-29.54-63.69-72.73f.

25

A.a.O. 116.

130

Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

ein Zeugnis der „nikäischen Orthodoxie" 2 6 zugleich ein Zeugnis der hohen Kunst der Markellianer, auf schmalem Raum den größtmöglichen Grundkonsens der östlichen Nizäner in der Epoche zwischen Alexandrien (362) und Konstantinopel (381) zu formulieren. Insofern hat die ausführliche „Freilegung theologischer Quellen" durch Tetz materialiter die Einschätzung Montfaucons (,,... fidei formula, qua nullam quarto saeculo luculentiorem, fideique Catholicae congruentiorem reperias") 27 glänzend bestätigt. Tetz interpretiert dieses Vorgehen (seil, der Markellianer, das entsprechend seiner Vorstellung von der theologischen Urheberschaft der Expositio fidei diejenige Markells selbst ist), sich auf die Konsensdokumente (das Nizänum selbst, den im Tomus ad Antiochenos niedergelegten „Synodalbeschluß . . . über ein Synodalbekenntnis [=Nizänum]" und Sätze der östlichen Nizäner) zu beziehen, als die „Entwicklung" bzw. „Wendung" Markells hin zur Verankerung seiner Theologie in der Glaubenstradition.28 Damit müsse ein Markellbild modifiziert werden, das „gewöhnt ist, in Markeil einen Biblizisten zu sehen,... " 2 9 Auch Gregor von Thaumaturgos wird von Tetz 30 als ein in der Expositio fidei herangezogener Zeuge „für die Allgemeingültigkeit der kirchlichen Glaubenstradition" 31 angesprochen. Dies ist aufgrund des von Luise Abramowski geführten Beweises der Unechtheit des Bekenntnisses Gregors des Wundertäters und dessen Abhängigkeit sowohl von Basilius von Caesarea, als auch von der Expositio fidei des Eugenius nicht mehr haltbar. 32 Ferner begründet Tetz seine Ansicht von der Bezugnahme der Expositio fidei auf die „Glaubenstradition" mit Kap 111,3: „και γαρ ή χελειότης ημών έν πατρί και υίω καΐ άγίω πνεύματι δίδοται καΐ γίνεται, και μία πίστις έστιν εις ενα θεόν δι'υίοϋ έν πνεύματι άγίω." 33 Hier liege eine „Anspielung auf die Taufformel und die Glaubensregel vor". Der Satz steht in einem antipneumatomachischen Zusammenhang: „ A u c h ist der heilige Geist nicht geschaffen oder eines des Gemachten, s o n dern er gehört zur heiligen Trias. U n d w i r glauben fest, daß nichts ( v o n außen) H i n z u g e k o m m e n e s u n d nichts Geschöpfliches in der Trias ist. D e n n der Geist 26

27 28 29

30 31 32

33 34

Für Gericke (Marceil von Ancyra, 22) ist die Expositio fidei ein Beleg dafür, „daß sich die Orthodoxie Marcells auch auf dessen Gemeinde übertragen hatte . . . Diatriba, LXV. Markellianer, 114f. A.a.O. 114. Auch hier entfernt sich Tetz ohne Hinweis von einer Markellinterpretation, die er vorher selbst geteilt hatte. A.a.O. 107.113; vgl. S. 80 den Apparat zu den Zeilen 41f.47-49. A.a.O. 115. Das Bekenntnis des Gregor Thaumaturgos bei Gregor von Nyssa und das Problem seiner Echtheit, ZKG 87(1976) 160f.l63-166. Markellianer, 80f.43-45. A.a.O. 114.

IX. Weitere Arbeiten von Martin Tetz

131

ist der der H e i l i g u n g u n d nicht ein geheiligter; in im (geschieht) die H e i l i g u n g der Heiligen. D e n n auch unsere V e r v o l l k o m m n u n g wird i m Vater u n d S o h n u n d H e i l i g e n Geist gewährt u n d v o l l z o g e n , so daß es einen Glauben an einen G o t t durch den Sohn i m H e i l i g e n Geist gibt. Z u m ausführlichen Zeugnis verurteilen wir die, die d e n k e n u n d sagen: ,es gab eine Zeit, als die M o n a s war, aber nicht der Sohn, u n d als die D y a s war, aber nicht der Heilige Geist'. D e n n w i r k e n n e n die Trias als ewige u n d i m m e r v o l l k o m m e n e u n d sich z u sich selbst gleich verhaltende." 3 5

Weder ist in 111,3 die Taufe thematisch (vielmehr die eschatologische τελειότης), noch wird äußerlich oder innerlich auf die Uberlieferung der Regula fidei Bezug genommen. Sicher stellten die Worte μία πίστις . . . είς ενα θεόν δι' υΐοϋ έν πνεύματι άγίω eine Abbreviatur der Regula fidei dar. Es fehlt jedoch äußerlich jeder Hinweis auf die Beglaubigung einer solchen Glaubensregel durch die Tradition der Kirche. Zugleich hat das innere Argumentationsziel des zitierten Textes nichts mit Form und Gehalt der traditionellen Glaubensregel zu tun. Vielmehr geht es hier um den erst seit der arianischen und pneumatomachischen Polemik vorgetragenen Gedanken der ewigen Vollständigkeit der Trinität. 36 Als Belege für die „Wendung" der Markellianer (bzw. im Sinne von Tetz: Markells selbst) zur Glaubenstradition bleiben daher nur die Verweise auf das Nizänum nach Maßgabe des Tomus ad Antiochenos und auf Theologumena bzw. Interpretationen der Zeitgenossen Athanasius von Alexandrien bzw. Paulinus von Antiochien übrig. Angesichts dieses Tatbestandes noch von Glaubenstraditionen in der Expositio fidei zu sprechen, erscheint mir nicht angemessen. Denn die Markellianer schließen sich mit diesen Verweisen nur dem seit etwa 350/1 (De decretis Nicaeni Synodi) von Athanasius auf dem Boden des Nizänum vorangetriebenen Verständigungsprozess der Nizäner an. 37 Nicht das Faktum der Tradition,38 sondern dasjenige des theologischen Gehaltes und dasjenige der Konsensfähigkeit ermöglichte diese Funktion des Nizänum. Abschließend soll das „Markellische" vom 35 36

37

38

Expositio fidei 111,2-4: a.a.O. 80f, Zeilen 39-49. Dasselbe gilt für die von Tetz (a.a.0.80f App. zu den Zeilen 41f.43-45.48f; S. 106f) als sachliche Parallelen notierten Texte (Oratio I contra Arianos Kap. 18 [PG 26, 49 Β 8-12.15-17]); Ep. I ad Serapion Kap. 6[PG 26, 544 A 4-9] und Kap. 28 [PG 26, 593 C l l - 596 Β 6; 596 Β 10 - C 3]) des Athanasius, die zwar die Apostolizität und Katholizität ihrer Aussagen hervorheben, aber nichts mit den Regulae fidei des 2. und 3. Jh. gemeinsam haben. - Vgl. hierzu Luise Abramowski, Das Bekenntnis des Gregor Thaumaturgos, 165 Anm. 71. Vgl. dazu Tetz, Uber nikäische Orthodoxie. Der sog. Tomus ad Antiochenos des Athanasius von Alexandrien, Z N W 66(1975) 200. Auch in denjenigen Texten, die nicht von „Markellianern", sondern von Markell selbst verfaßt sind, kann nicht von einer Abhängigkeit von geprägten Texten der Tradition die Rede sein.

132

Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

„Markellianischen" der Epositio fidei des Eugenius geschieden werden. (1) Der sowohl in Anlehnung an Formulierungen der Meletianer (Tomus ad Antiochenos 5)39 als auch der Paulinianer (Tomus ad Antiochenos 6)40 gehaltene Paragraph 11,2 (Zeilen 29-33) der Expositio fidei (ημείς γαρ όμολογοΰμεν πατέρα άίδιον υίοϋ «ίδιου δντος και ύφεστώτος και πνεϋμα αγιον άϊδίως δν και ύφεστός. ού γαρ άνυπόστατον τήν τριάδα λέγομεν. αλλ' έν ύποστάσει αύτήν γινώσκομεν) läßt m. Ε. offen, ob die Verfasser mit diesen Worten exklusiv an einer Ein-Hypostasen-Trias festhalten oder sich wie die Paulinianer auch in einer Drei-Hypostasen-Trias wiederfinden könnten. 41 Für Markeil gibt es keinen Text (es sei denn, man nimmt den vorliegenden für ihn in Anspruch), der belegt, daß er einer - wie auch immer präzisierten - Drei-HypostasenTheologie zustimmte. (2) Die schon angesprochene Abbreviatur einer Regula fidei: μία πίστις έστίν εις ενα θεόν δι' υίοϋ έν πνεύμαχι άγίω (Zeile 45)" ist „unmarkellisch". Markell schließt entweder Sohn und Geist immer so in den εις θεός ein, daß sie sprachlich beigeordnet werden, oder er formuliert präpositionale Ausdrücke dem Sinne nach immer so, daß nicht der είς θεός, sondern der Vater dem Sohn und dem Geist gegenübertreten. In der zitierten Formel ist nicht hinreichend deutlich, daß der εις θεός nicht nur mit dem Vater identifiziert wird; so würde Markell selbst nicht formulieren. 42 (3) Das in 111,4 (Zeilen 45-49) ausgesprochene Anathem (ύπέρ πλείονος γοϋν μαρτυρίας άνθεματίζομεν τους φρονοϋντας καί λέγοντας· ήν ποτε μονάς μή δντος υίοϋ, καί ήν ποτε δυάς μή δντος αγίου πνεύματος· άΐδιον γαρ καί αεί τελείαν οΐδαμεν καί ωσαύτως εχουσαν τήν άγίαν τριάδα.) 3 belegt eine völlig von Markell abweichende Fassung der Termini μονάς und τριάς. Während Markell Vater, Sohn und Geist als μονάς begreift und diese nur in ihrer schöpferischen, inkarnatorischen und heiligenden Ausdehnung als τριάς bezeichnet, meinen die Theologen seiner früheren Diözese mit μονάς nur den Vater (und eventuell ενα θεόν [Zeile 45]) und lehren daher konsequenterweise eine ewige Trias, wofür es bei Markell keinen Beleg gibt. 44 (4) Auch in der Inkarnationstheologie weist die Expositio fidei zumindest eine leichte Verschiebung gegenüber Markell auf. Markell selbst redet nie von einer κατά σάρκα γέννησις bzw. einem κατά σάρκα γεννασθαι des Logos. Dies belegt zwar die Expositio fidei IV, (Zeilen 74f): „ . . . από της έκ Μαρίας κατά σάρκα γενέσεως", nicht aber IV,1 (Zeilen 58f): „ . . . τό κατά σάρκα γεννηθείς έκ Μαρίας άνθρωπος δι' ημάς . . . ", wo sie sich bezeichnenderweise an den Tomus ad Antiochenos Kap. 7 anlehnt. 45 39 40 41

42 43 44 45

PG 26, 801 Β 3-8. PG 26, 801 C 2-15. Für Zahn (Marcellus von Ancyra, 90) und Tetz (Markellianer, 92) schließen diese Worte die Anschauung von drei Hypostasen aus. Vgl. Rettberg (Marcelliana, 111): „Ipsum Marcellum auctorem stylus redarguit." Vgl. IV,2: Zeilen 63-67. auch nicht in der Epistula ad Liberium § 12, Zeile 43 (Tetz, Markell III, 152) PG 26, 804 Β 5f; vgl. Markellianer, 81 App. Zeilen 54-62.

IX. Weitere Arbeiten von Martin Tetz

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In dem Aufsatz: „Zum altrömischen Bekenntnis. Ein Beitrag des Marcellus von Ancyra, Z N W 74 (1984) 107-127" nimmt sich Tetz vor, die „Form der marcellischen πίστις" innerhalb der Epistula ad Iulium zu bestimmen und mit Hilfe dieser Bestimmung und weiteren Argumenten „den partiellen Ausbau des altrömischen Bekenntnisses durch Marcellus von Ancyra" 46 aufzuweisen. Wurde seit der Indentifizierung eines Abschnittes der Epistula ad Iulium mit dem Symbolum Romanum bzw. einer Vorform desselben47 durch James Ussher 48 und C. P. Caspari 49 dieses immer nur für sich betrachtet und so nach seiner Form und Funktion innerhalb der Epistula ad Iulium befragt, 50 versucht Tetz, „den im Schreiben an Julius gebotenen Bekenntnisteil im unmittelbaren Kontext und also im Sinne des Marcellus lesen."51 Wer dies tut, muß die Zusammengehörigkeit, ja Einheit, 52 der beiden ersten von Caspari 53 abgegrenzten Teile erkennen: denn diese beiden weisen sich einmal durch ihr jeweiliges erstes Wort (πιστεύω) und durch Parallelen zu übrigen Markellbekenntnissen als „die πίστις des Marcellus" aus.54 Zum andern bilden beide Teile auch sachlich-theologisch ein Ganzes, dessen „Angelpunkt... das Wort" ist, „das ,unser Herr Jesus Christus' durch das Evangelim sagt: εγώ έκ τοϋ πατρός έξήλθον και ήκω (Joh 8,42)."55 „Marcellus entdeckt geradezu für seine theologische Konzeption die paulinische Wendung ,unser Herr Jesus Christus', mit der er "durch die gegnerischen Sätze konfrontiert war. 56 Denn in den Fragmenten seines großen Werkes kommt sie nicht vor; dort redet er vom δεσπότης ημών Ίησοϋς Χριστός.57 In dem Brief an Julius wird jene zur bestim46 47 48 49

50 51 52 53

54 55

56 57

Zum altrömischen Bekenntnis, 125.126 mit Anm. 95; vgl. 114. 215,19-24 Klostermann. Vgl. Zum altrömischen Bekenntnis, 109 Anm. 10. Ungedruckte, unbeachtete und wenig beachtete Quellen zur Geschichte des Taufsymbols und der Glaubensregel, Bd. 3, Oslo (Christiania) 1875 (Brüssell964 2 ) 31. Caspari nennt einerseits den ganzen Brief die „expositio fidei Marcellianae", andererseits das darin enthaltene altrömische Symbol „ein förmliches und regelrechtes Glaubensbekenntnis und . . . Marcellus's Bekenntnis seines christlichen Glaubens überhaupt." Zum altrömischen Bekenntnis, 107-114 und 119, Anm. 4. A.a.O. 113. A.a.O. 114.116. 2 1 5,4-18 und 215,19-24 Klostermann; vgl. Ungedruckte, unbeachtete und wenig beachtete Quellen, Bd. 3, 31f. Zum altrömischen Bekenntnis, 116; vgl. 115f. 2 1 5,15f Klostermann. Tetz (Zum altrömischen Bekenntnis, 116 Anm. 45) fügt hinzu: „Beachte, daß Marcellus in seinem Zitat Joh 8,42 ,Vater' statt ,Gott' liest!" Siehe hierzu jedoch unten 368. 214,29 Klostermann; vgl. ferner 215,9.15f.31f. Tetz verweist 117 Anm. 47 auf das Register Klostermanns, s.v.

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Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

menden Formel, die die spannungsvolle Einheit im Ich des κύριος und σωτήρ enthält, 58 also des κύριος und σωτήρ, der vom Vater umgegangen ist und da ist, sowie des κύριος und σωτήρ, der vom Vater ausgegangen ist und da ist, ,der, in den letzten Tagen um unseres Heiles willen herniedergekommen und aus der Jungfrau Maria geboren, den Menschen annahm' 59 . . . Das mit Hebr 1,2 anklingende eschatologische Moment ist jedenfalls ,präsentische' und nicht,futurische Eschatologie', die den Schluß der πίστις des Marcellus charakterisiert. Der eigentliche Schluß der πίστις steht am Ende des zweiten Abschnittes." 60 Ferner interpretiert Tetz die Eingangsworte des zweiten Teiles (d. h. des „Romanums"): πιστεύω οΰν είς θεόν παντοκράτορα „als eine Zusammenfassung jener Herrschafts- und Schöpfungsprädikate des einen Gottes und seines Logossohnes," 61 von denen Markeil im ersten Teil gesprochen hatte. „Das Zurücktreten des πατήρ-Titels an dieser Stelle der πίστις läßt erkennen, daß Marcellus mit der Konjunktion oöv zusammenfassend fortsetzt und erneut ansetzt, um nach dem ersten Abschnitt, der dem κύριος ημών Ίησοϋς Χριστός gewidmet ist, nun mit einem Abschnitt fortzufahren, der - ich stilisiere hier zu Verdeutlichung etwas - dem Χριστός Ίησοΰς . . . κύριος ημών zugewandt ist." Umfaßt demnach die „persönliche πίστις" Markeiis beide mit πιστεύω beginnenden Teile, liegt hier für Tetz nicht einfach die Rezeption des römischen Taufbekenntnisses durch Markeil vor, sondern eine Relatio regulae fidei des Markell: „Sie ist die in die theologischen Streitigkeiten des vierten Jahrhunderts übernommene Glaubensregel."62 Indem die Form der πίστις Markells als Glaubensregel bestimmt ist so folgert Tetz im Blick auf mögliche „Zusätze des Marcellus" 63 - ist von vornherein an freie Handhabung der überkommenen Bekenntniselemente zu denken." 64 Tetz ist rundweg bei der Abgrenzung des Bekenntnisses zuzustimmen. Ebenso unzweifelhaft liegt hier ein individuelles bzw. „persönliches theologisches Glaubensbekenntnis" 65 und als ganzes kein „Taufbekenntnis" vor. Ob es allerdings ratsam erscheint, von einer Übernahme der im 2. und 3. Jahrhundert beheimateten Regula fidei zu sprechen, müßte noch einmal überdacht werden, da Markell ja in sein persönliches theologisches Bekenntnis ein „Taufbekenntnis" uminterpretierend integriert hat, ein Vorgang, 58 59 60 61 62 63 64 65

2 1 5,31f Klostermann. 2 1 5,17f Klostermann. Zum altrömischen Bekenntnis, 116f. A.a.O. 117f. A.a.O. 118. A.a.O. 119. A.a.O. 118f. Hervorhebung von mir. Vgl. Hans Freiherr von Campenhausen, Das Bekenntnis Eusebs von Caesarea (Nicaea 325), Z N W 67(1976) 26.

IX. Weitere Arbeiten von Martin Tetz

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der m. W. keine Vorbilder hat. Jedenfalls müssen diejenigen Forscher, die streng zwischen Regula fidei und Taufbekenntnis unterscheiden, hier von einem Novum sprechen. Im Fortgang seines Aufsatzes versucht Tetz, den im Rahmen der Form einer Glaubensregel leicht verständlichen Ausbau eines Bekenntnisses im Falle des gegenüber der Bezeugung bei Hippolyt um die Glieder τον μονογενή und τον κύριον ημών erweiterten „RomanumTeils" 66 Markells als Markells eigene Zusätze zu erweisen. Tetz schließt zunächst nicht grundsätzlich aus, „daß die beiden Elemente schon im altrömischen Bekenntnis gestanden haben und zusammen mit ihm von Marcellus in seine πίστις aufgenommen wurden . . . " 6 7 Im Blick auf die Worte τον κύριον ημών wiederholt Tetz den schon angeführten Gedanken, Markeil habe „die Formel ό κύριος ημών Ίησοϋς Χριστός in der Wahrnehmung seiner πίστις gegenüber den orientalischen Gegnern erst anläßlich seines Schreibens an Julius entdeckt."68 Die Möglichkeit dafür ist sicher gegeben; allerdings läßt es sich nicht belegen, da es keinen Anhaltspunkt dafür gibt, daß ό κύριος ημών Ίησοϋς Χριστός im Kontext des Referates der gegnerischen Position innerhalb der Epistula ad Iulium selber Referat ist und nicht vielmehr mit Klostermann Aussage Markells. 69 Markell übernehme ferner „die Formel dann in seine πίστις, nicht weil er sie sich durch die Gegner diktieren läßt, sondern weil er ,den göttlichen Schriften folgt', 70 aus denen sie stammt". 71 Auch dieses Argument hat als ein Argument für die Einfügung von τον κύριον ημών vonseiten Markells zur Abfassungszeit der Epistula ad Iulium nur geringe Beweiskraft, da Markell diese Worte ja auch ohne theologischen Gegner direkt der Bibel entnommen haben könnte und es aller Wahrscheinlichkeit nach auch im Sinne des Ausgeführten getan hat. 72 Die Bedeutung dieser Worte für Markell und damit die Möglichkeit einer Einfügung derselben durch Markell in das „Romanum" sieht Tetz ferner - wie schon zitiert - darin gegeben, daß sie in Verbindung mit Joh 8,42 den vom Vater ausgehenden (κύριος) und den Fleischgewordenen (Ίησοϋς Χριστός) in spannungsvoller Einheit umfassen:

66

Vgl. die Synopse Hippolyt-Markell-Rufin bei Tetz, Z u m altrömischen Bekenntnis,

67

A.a.O. 121; vgl. 122f. A.a.O. 121; Hervorhebung von mir. Vgl. 214,28-30 Klostermann: τον κύριον ήμών Ίησοϋν Χριστόν ist Subjekt des A.c.I., auf das die gegnerischen Meinungen prädiziert werden. 2 1 5,4 Klostermann. Z u m altrömischen Bekenntnis, 121. Falls man angesichts der Selbstverständlichkeit der Wendung überhaupt deren Herkunft erklären muß.

120. 68 69

70 71 72

136

Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

„Die Formel steht dann an jener oben schon hervorgehobenen, entscheidenden Stelle der πίστις des Marcellus, wo ,unser Herr Jesus Christus' selber im verläßlichen Wort von Joh 8,42 sein ,Ich bin vom Vater ausgegangen' und sein ,Ich bin da' lehrt. 3 In dem Ich dieses ,unseres Herrn Jesus Christus' gründen die Identitätsaussagen; von ihm her erhält die zweiteilige Einheit der πίσχις des Marcellus ihren Bestand. Das ήκω sagt,unser Herr Jesus Christus'™ weil er ,um unserer σωτηρία willen herabgekommen ist' 75 und darum nun der ,Christus Jesus . . . unser Herr' 7 6 ist. Die Formel erscheint in dieser Fassung nur scheinbar als verändert. Die durch die Wende in der Glaubensregel des Marcellus bedingte Betonung des soteriologischen Aspektes erklärt die Stellung des ,unser Herr'. Die Formel, die für Marcellus bisher in der anderen Reihenfolge so wichtig war, entspricht in ihrer Umstellung nun genau ihrer Stellung in der des Marcellus." 77 Unbestritten ist die These von Tetz, daß der von ihm gekennzeichnete Abschnitt (215,15-20 Klostermann) den „Angelpunkt" und die „Mitte" 7 8 des Glaubensbekenntnisses darstellt, in der eine „Wende" unter Betonung des soteriologischen Aspektes geschieht. 79 Auch die „spannungsvolle Einheit im Ich des fleischgewordenen κύριος ημών Ίησοϋς Χριστός" scheint mir eine dem Text angemessene Beobachtung zusein. Unklar ist mir jedoch, wie diese Wende zur Soteriologie in der Umstellung der Wendung τον κύριον ημών zum Ausdruck kommt. Ferner scheint es mir problematisch, aus dieser Umstellung ein Argument dafür zu gewinnen, daß diese Einfügung durch Markell vorgenommen worden sein muß. Μ. E. kann man nur von der Möglichkeit eines Zusatzes der Worte τον κύριον ημών durch Markell in den „Romanum-Teil" der πίστις, wie sie Markell in der Epistula ad Iulium formuliert, sprechen. Dasselbe Urteil gilt für die Worte τον μονογενή. Auch hierbei kann Tetz ganz zurecht darauf hinweisen, daß dieses Adjektiv zwischen Markell und seinen Gegnern heftig debattiert wurde. 80 Doch schon vor Markell gab es kontroverse Diskussionen um dieses Wort, die dessen Aufnahme ins Romanum erklärlich machen könnten. 81

Diese aus der Theologie und aus der theologischen Kontroverse, in der Markell stand, gewonnenen Gesichtspunkte möchte Tetz ferner dadurch stützen, daß er der Synode unter Julius von Rom, die Markell in die Gemeinschaft aufnahm und seine Rechtgläubigkeit bestätigte, die „verbindliche Rezeption" 82 der angeblichen Zusätze Markells zum Romanum zuschreibt. Hierzu zieht Tetz den Brief des Iulius an die 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82

Zum altrömischen Bekenntnis, 116f. 215,15 Klostermann. 215,17. 215,19f. Zum altrömischen Bekenntnis, 121f. A.a.O. 121.116. A.a.O. 122. A.a.O. 123-125. Vgl.. Frgg 1(65,59); 10(3,3); 11(8,8); 12-16(2-7) und unten 272-280. Siehe unten 275 Anm. 114. Zum altrömischen Bekenntnis, 119.122f.125.

IX. Weitere Arbeiten von Martin Tetz

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orientalischen Bischöfe heran, in dem Iulius attestiert, daß Markeil wie die katholische Kirche denke: ούτως γαρ εύσεβώς περί τοϋ κυρίου και σωτήρος ημών Ίησοϋ Χρίστου ώμολόγησε φρονεΐν, ώσπερ και ή καθολική έκκλησία φρονεί-83 Aus diesem Satz geht trotz des Auftretens der Worte . . . τοϋ κυρίου . . . ημών . . . nicht hervor, daß sich die römische Synode ein Theologumenon Markells zu eigen gemacht hätte! Die römische Synode bestätigt vielmehr, daß Markeil denjenigen Glauben, der zunächst der Glaube Roms bzw. der katholischen Kirche ist, ebenfalls bezeugt. Schließlich wird die These von Tetz durch folgende Schwierigkeit belastet: einerseits geht Tetz davon aus, daß das „Romanum" in der πίστις Markells nur der zweite Teil einer zwei Teile umfassendun Regula fidei ist, die von vornherein an freie Handhabung der überkommenen Bekenntniselemente 84 denken läßt. Andererseits verlangt seine These von der verbindlichen kirchlichen Rezeption, daß die römischen Synodalen das Bekenntnis Markells gerade nicht als Regula fidei und das heißt nicht so angesehen haben, daß erst beide Teile das Ganze ausmachen, denn sonst hätten sie es als ganzes rezipiert. In seinem Aufsatz „Die Kirchweihsynode von Antiochien (341) und Marcellus von Ancyra. Zu der Glaubenserklärung des Theophronius von Tyana und ihren Folgen" 85 nimmt Tetz von der Beziehung des Theophronius-Bekenntnisses zu Markell her die Frage der Einfügung der Worte τον κύριον ημών vonseiten Markells in das Romanum wieder auf 86 und hebt ferner „den meist vernachlässigten Sachverhalt des allmählichen Aufkommens der Inkarnationsaussagen in den Glaubenserklärungen" im Vorfeld von Nizäa, 87 aber auch in den Bekenntnissen bis zur πίστις des Markell in der Epistula ad Iulium hervor. 88 Mit dieser Hervorhebung weist Tetz auf ein ganz wesentliches Moment der Theologie Markells hin. Tetz geht davon aus, daß sich das Theophronius-Bekenntnis unter den Anlagen befand, die dem Schreiben der Kirchweihsynode an Iulius von Rom beigegeben waren. 89 Die Epistula ad Iulium setze dieses Schreiben und somit die Kenntnisnahme des Theophronius-Bekenntnisses durch Markell voraus. Theophronius mußte sich in Antiochien (341) gegen Markell ab83 84 85

86 87 88 89

Athanasius, Apologia secunda 32,2: 110,23f Opitz, Athanasius Werke II/l. Zum altrömischen Bekenntnis, 118f. in: Oecumenica et Patristica, Festschrift für Wilhelm Schneemelcher zum 75. Geburtstag, hrsgg. von D. Papandreou, W. A. Bienert, K. Schäferdiek, Chambesy/Genf 1989, 199-213. Die Kirchweihsynode von Antiochien (341) und Marcellus von Ancyra, 209-213. A.a.O. 211. A.a.O. 210f. A.a.O. 209; Tetz verweist auf 215,36-38 der Epistula ad Iulium.

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Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

grenzen, und zwar nach einer Textverbesserung durch Tetz nicht so, daß er Markeil anathematisierte, sondern jeden, der so wie Markell denke. 90 Trotz „der dort explizit begegnenden Ablehnung des vertriebenen Bischofs von Ancyra" stellt Tetz fest, daß „Marcellus sich in seinem Brief an Iulius von Rom dann besonders an die TheophroniusErklärung halten wird", was „seinen Grund . . . auch in einer gewissen theologischen Affinität" hat. 91 Letztere bestehe zunächst darin, daß nur Theophronius im Rahmen der Antiochenischen Formeln τον κύριον ημών Ίησοϋν Χριστόν bekenne und außerdem darin, daß unter den Präexistenzaussagen „die Titel Logos, Dynamis, Sophia mit voranstehen." 92 Ich stelle die beiden entsprechenden Textabschnitte nebeneinander: Markell, Ep. ad Iul.: 215,4f.8f Klostermann πιστεύω ... δτι είς θεός και ό τούτου μ ο ν ο γ ε ν ή ς υιός λ ό γ ο ς . . . οΰτος υιός, οδτος δύναμις, ούτος σοφία, ό κύριος ή μ ώ ν Ί η σ ο ϋ ς Χριστός, ...

Theophroniusbekenntnis: 250,8 - 11 Opitz πιστεύω εις θεόν πατέρα παντοκράτορα... και είς τον υϊόν αύτοϋ τον μ ο ν ο γ ε ν ή , θεόν, λόγον, δύναμιν και σοφιαν... τον κύριον ή μ ώ ν ' Ιησοϋν Χριστόν...

Tatsächlich zeigen beide Texte unübersehbare Gemeinsamkeiten. Doch können diese die folgende These von Tetz nicht begründen: „Es kann jetzt vielleicht präziser gesagt werden, daß er (seil. Markell) sie (seil, „die natürlich bekannte Formel,unser Herr Jesus Christus'") bei seiner Auseinandersetzung mit der Erklärung des Theophronius von diesem übernahm." 93 Nicht nur deswegen, weil Theophronius weiterhin ein Theologe bleibt, der sich von Markell distanziert und auf den sich zu beziehen Markell daher keinen Grund hatte, sondern wegen der chronologischen Unmöglichkeit: Markell formulierte die Epistula ad Iulium vor der römischen Synode von 341, an der er selbst ja nicht teilnahm. Die römischen Presbyter trafen aus Antiochien „im Frühjahr 341 in Rom ein, während dort schon die Synode tagte." 94 Im letztgenannten Aufsatz in der Schneemelcher-Festschrift weist Tetz ferner in Abgrenzung von Oskar Skarsaune, welcher sowohl die Vorlage als auch die theologische Bearbeitung des Nizänums ganz aus der alexandrini-

90

91 92 93 94

Athanasius, D e synodis 25,5: 250, 19-21 Opitz, Athanasius Werke I I / l . Tetz liest (Die Kirchweihsynode von Antiochien [341] und Marcellus von Ancyra, 201) statt ανάθεμα εατω' α < μ > α θ < η > μ ά έ σ τ < ι > . Die Kirchweihsynode von Antiochien (341) und Marcellus von Ancyra, 203. A.a.O. 209. A.a.O. 210. Eltester, D i e Kirchen Antiochiens im IV. Jahrhundert, Z N W 36(1937) 255.

IX. Weitere Arbeiten von Martin Tetz

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sehen Theologie (Alexander von Alexandrien) herleiten möchte, 95 darauf hin, daß ins Nizänum weder der Bildbegriff (Antiochien 324/25) noch das Prädikat πρωτότοκος (Bekenntnis Eusebs von Caesareas in Nizäa) in Bezug auf den Präexistenten aufgenommen wurde: 96 „In der Kommission müssen bei der Formulierung des Nicaenum entsprechend tendierende Kräfte erfolgreich wirksam gewesen sein; unter ihnen dürfte Marcellus von Ancyra wohl eine führende Position eingenommen haben . . . Kaum jemand zu dieser Zeit hat wie er die theologische Wende begriffen, die auch mit den Inkarnationsaussagen des Nicaenum gegeben war. Nur wenige haben aber auch wie er so entscheidend zu dieser Wende beigetragen." 97

Seit dem Erscheinen seines ersten Markell-Aufsatzes im Jahre 1964 hat das Markell-Verständnis durch Tetz besondere Förderung erfahren. Dies gilt insbesondere für die Erweiterung, Sicherung, Verbesserung und Edition der textlichen Grundlage Markellischer oder zum Umkreis Markells gehöriger Schriften (De incarnatione et contra Arianos, 98 Epistula ad Antiochenos = Sermo maior de fide," Epistula ad Liberium = Contra Theopaschitas, Epistula Liberii ad Athanasium, 100 Expositio fidei des Markellianers Eugenius, 101 Epistula ad Iulium, 102 das „Serdicense" 103 und das Bekenntnis des Theophronius von Tyana 104 ). Hand in Hand mit der philologischen Arbeit an den Texten gingen die Bemühungen um deren historische Einordnung und literarisch-theologische Deutung. Hier nimmt Tetz die Bereiche sowohl einer durch die Polemik geformten 105 als auch ganz besonders einer traditionell bestimmten Theologie Markells in den Blick. Neben den Ausblicken in die Wirkungsgeschichte 106 steht ferner die Erschließung neuer, in der vorangegangenen Forschung noch nicht eigens thematisierten Themenbereiche.

95 96 97 98 99 100 101 102 103

104 105

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A Neglected Detail in the Creed of Nicaea (325), VigChr 41(1987) 34-54. Die Kirchweihsynode von Antiochien (341) und Marcellus von Ancyra, 212f. A.a.O. 213. Markell I, 1964. Markell II, 1968. Markell III, 1972. Markellianer, 1973. Zum altrömischen Bekenntnis, 1985. Ante omnia de saneta fide et de integritate veritatis. Glaubensfragen auf der Synode von Serdika (342), Z N W 76 (1985) 243-269; Athanasius und die Einheit der Kirche. Zur ökumenischen Bedeutung eines Kirchenvaters, ZThK 81(1984) 199 Anm. 11. Die Kirchweihsynode von Antiochien (341) und Marcellus von Ancyra, 1989. Markell II, 171; Zum altrömischen Bekenntnis, 114-127; Athanasius und die Einheit der Kirche, 6-201; Ante omnia de saneta fide, 199 Anm. 11; Die Kirchweihsynode von Antiochien (341) und Marcellus von Ancyra, 199-217. Markell II, 40-42; Die Kirchweihsynode von Antiochien (341) und Marcellus von Ancyra, 211-213.

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Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

Das schon in Markeil I hervorgetretene Thema der Ekklesiologie107 Markells wird von Tetz auch in seinen folgenden Arbeiten durchgehalten. 108 Die für unsere These wichtigsten Ausführungen zur Ekklesiologie finden sich auf den ersten beiden Seiten seines Aufsatzes „Athanasius und die Einheit der Kirche". Tetz stellt hier der Konzeption Eusebs von Cäsarea von einer „realisierten Eschatologie", „einer glorifizierenden Heraushebung der Kirche" und „sich verselbständigende[n] Ekklesiologie", die andersartig akzentuierte Ekklesiologie Markells „in ihrer unauflöslichen Abhängigkeit von der Christologie" entgegen und fügt hinzu: Man hat dabei zumeist nicht verstehen können, daß es ihm (seil. Marcellus) in jener Situation der Kirche (seil, der Konstantinischen Wende) - u.a. mit Hilfe von 1 Kor 15,23-28 zugleich um eine rechte Eschatologie ging." 109 In dieser Arbeit soll gezeigt werden, daß auch Markeil trotz seiner Bemühungen um eine „rechte Eschatologie" 110 auf einem ganz anderen theologischen Wege als Euseb in die Nähe einer Nivellierung des Vorrangs christologischer vor entsprechenden ekklesiologischen Theologumena kommt und einen zweiten Typus einer durch die Konstantinische Wende bestimmten Ekklesiologie vertritt. Während Tetz im Blick auf die Ekklesiologie „jene[r] Situation der Kirche" in den Vordergrund stellt und damit unsere Fragestellung vorbereitet hat, bleibt dennoch sein Markellverständnis im großen und ganzen in der Linie von Loofs. Es läßt sich zwar material eine Wandlung bei Tetz selbst feststellen, die circa 1973 anläßlich seines Aufsatzes „Markellianer und Athanasius von Alexandrien" einsetzt; er hält formal jedoch an der wesentlichen Traditionsbestimmtheit Markells fest. In seinem grundlegenden Aufsätzen (Markeil I-III) schließt sich Tetz ohne Vorbehalte der Loofs-Gerick'schen Markellinterpretation an, indem er mit dem „ökonomisch-monotheistischen Charakter" der Trinitätslehre Markells und dessen Zugehörigkeit zur „kleinasiatischen Geistchristologie" 111 argumentiert. Während er in Markeil I die zu Loofs in gewisser Spannung stehende Charakterisierung Markells als 107 108

109 110

111

226; 227 Anm. 57; p. 252.254.256-261.266-269. Markeil II, 28-35.38; Markell III, 196-188; Athanasius und die Einheit der Kirche, 196-201; Ante omnia de saneta fide, 265f; vgl. Schendel, Herrschaft und Unterwerfung, 112 Anm. 6. 197. D. S. Wallace-Hadrill (Eusebius of Caesarea's Commentary on Luke: its Origin and Early History, HThR 67[1974] 59), Manlio Simonetti (Esegesi e ideologia nel commento a Isaia di Eusebio, RSLR 19[1983] 30f) und insbesondere Frank S. Thielman (Another Look at the eschatology of Eusebius of Caesarea, VigChr 41 [1987] 226-237) stellen die communis opinio einer realisierten Eschatologie bei Euseb von Caesarea in Frage. Markell I, 260f; vgl. 252-264.269.220; Markell II, 4.6.30.36; Markell III, 162.174f. 177.190.

IX. Weitere Arbeiten von Martin Tetz

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eines „Biblizisten" (Zahn, Gericke) 112 voll in die Wagschaale wirft, 113 tritt implizit schon ab Markeil II 114 und explizit mit Markell III 115 und stärker noch in dem Aufsatz „Markellianer und Athanasios von Alexandrien" 116 „die alte Frage nach den Traditionen Markells"117 in den Vordergrund. Damit verbleibt Tetz strukturell in der Fluchtlinie der Markellerklärung Loofs', auch wenn er 1973 die Berechtigung der Loofs'schen Fassung des sogenannten „ökonomisch-trinitarischen Monotheismus" Markells einschränkt 118 und darüberhinaus seit der Arbeit „Zum altrömischen Bekenntnis" die polemische Auseinandersetzung intensiver für die Ausgestaltung der Theologie Markells verantwortlich macht. Markells Stellung zur Regula fidei benennt Tetz als ein zweites „neues . . . Problem der Markellischen Theologie." 119 Hier erweise sich Markells Gebundenheit an die Tradition, wie sie ein Vergleich der Bekenntnisse in Frg 109(121,108),120 in der Epistula ad Iulium und in der Epistula ad Liberium mit „Tertullians Relationen der Regula" bel e g e . 1 Ungeklärt ist jedoch, welches die Kriterien sind, mit denen sich die Aufnahme traditioneller Elemente von freien Formulierungen, 122 die Tetz der Form einer Relatio regulae fldei entsprechend keineswegs ausschließt, voneinander unterscheiden lassen. Als eklatantes Beispiel sei hier genannt, daß Tetz zwar die bekannte singuläre Auslassung des πατέρα zu Beginn des „Romanum-Teils" der Epistula ad Iulium (πιστεύω οΰν εις θεόν παντοκράτορα)123 „durch Markells Abhängigkeit von der Regula fidei, auf die seine Theologie abgestimmt ist", 124 erklären will, aber für die geläufige Formel τον κύριον ημών Ίησοϋν Χριστόν eine in polemischer Situation gemachte „Entdeckung" Markells annimmt. 1 112 113 114

115 116 117 118 119 120 121 122 123 124 125

Vgl. oben 29f.49f. 255.258.264; vgl. 220. Hier untersucht Tetz - wie oben 77-82 dargestellt - „die Rezeption ,pseudoklementinischer' Traditionselemente nebst theologischer Verarbeitung bei Markell von Ankyra" (a.a.O. 5). 172.189. 114. Markell III, 191; vgl. Markell II, 4. Markellianer, 96f.ll0. Markell III, 189. 212,5f. Markell III, 188-191; Markellianer, 114; Zum altrömischen Bekenntnis, 118. Zum altrömischen Bekenntnis, 116.118£. 215,19. Markell III, 179 Anm. 168; vgl. 190. Zum altrömischen Bekenntnis, 116.121; Die Kirchweihsynode von Antiochien (341) und Markell von Ankyra, 209f.

142

Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

Auch in der Expositio fidei des Eugenius, in der nach Tetz „ein indirekter Beleg über die theologische Konzeption des greisen Markeil gesehen werden darf", 1 2 6 zeige sich Markell von der kirchlichen Glaubenstradition abhängig. 127 Anders als bei Markells Stellung zur Regula fidei handele es sich hier jedoch um jüngere, fest formulierte „Tradition": das Nizänum, das Serdicense, der Tomus ad Antiochenos in der Interpretation der Eustathianer und ,,Sätze[n] bestimmter Theologen, die nicht als Gruppe der Väter von Nikaia, sondern einzeln als Zeugen für die Allgemeingültigkeit der kirchlichen Glaubenstradition . . . herangezogen werden." 128 Tetz muß, um beide Arten der Traditionsbestimmtheit Markells in Einklang zu bringen, eine theologische Entwicklung 129 Markells annehmen. Während ihm seine Stellung zur Regula fidei, aus der er „auch in Nikaia von neuem" versuche, „den Glauben im Rückgriff auf die biblische und die bibelbezogene Uberlieferung adäquat zu formulieren" (Frg 109[121,108], Ep. ad Iulium, Serdicense, Ep. ad Liberium), „mehr und mehr in eine Gegensätzlichkeit zu Athanasios" bringe, „der aus kirchenpolitischen sowie aus theologischen Gründen in zunehmendem Maße das Nicaenum als das vollauf ausreichende Bekenntnis in die Mitte zu rücken bemüht ist, so daß er gar das Serdicense, das ja gewissermaßen die authentische Interpretation des Nicaenum sein wollte, im Jahre 362 als ungelegenes Dokument offiziell fallen läßt," 1 3 0 erlaube ihm seine „Entwicklung", deren Abschluß 371 in der Expositio fidei des Eugenius greifbar werde, sich analog zu Athanasius auf die jüngste synodale Bekenntnistradition zu beziehen. Uberschauen wir abschließend die über 25-jährige Beschäftigung von Tetz mit Markell, so ergibt sich folgende Tendenz: Tetz löst sich materialiter 131 (Herausstellung der Ekklesiologie und Eschatologie; Einschränkung der Biblizismusdeutung und der Rede vom 126

Markellianer, 113.

127

A.a.O. 107.112-115.

128

A.a.O. 115; vgl. 112-115.

129

A.a.O. 76.115.

130

Markell III, 188f. - Zum Charakter des Serdicense und zum Verhältnis des Athanasius dazu vgl. ferner Tetz, Uber nikäische Orthodoxie. Der sog. Tomus ad Antiochenos des Athanasius von Alexandrien, Z N W 66(1975) 203f und Tetz, Ante omnia de sancta fide, 251 Anm. 32 und 268f.

131

Als Beispiel des Wandlungsprozesses sei noch Tetzens Verständnis des klassischen Markellproblems von der Bedeutung des Sohnes- und des Zeugungsbegriffes und des Titels „μονογενής" angeführt. Bis 1973 gelten alle drei Termini dem Inkarnierten (Markell I, 248.256.265f.270; Markell III, 158f.164f.169f). Danach wird ihre Bedeutung entweder problematischer gesehen (Markellianer, 111; Z u m altrömischen Bekenntnis, 125) oder auch selbstverständlich auf den Präexistenten (Ante omnia de sancta fide, 26If; Die Kirchweihsynode von Antiochien [341] und Markell von Ankyra, 213) bezogen.

IX. Weitere Arbeiten von Martin Tetz

143

„ökonomisch-trinitarischen Monotheismus"; freie Handhabung der Regula fidei durch Markell) aber nicht perspektivisch von einer Deutung, die Markell hauptsächlich von der älteren Tradition132 her verstehen will.133 132

133

Auch die inkarnatorisch-soteriologische Prägung der Theologie Markells beruhe auf ,alten theologischen Traditionen' (Markell I, 238; Zum altrömischen Bekenntnis, 1210Die weitere, unseren Gegenstand tangierende Arbeit von Tetz (Ante omnia de sancta fide, Z N W 76[1985] 243-269) und das in ihm neu editierte und thematisierte sogenannte westliche Symbol von Serdika können hier aus Zeit- und Raumgründen nicht eingehend behandelt werden, da trotz der kritischen Editionen und Untersuchungen von Loofs (Das Glaubensbekenntnis der Homousianer von Sardica, APAW.PH 1909, 1-39) und Tetz (a.a.O.) die Frage der Sprache des Originals, der handschriftlichen Uberlieferung und der Fülle der vorgenommenen Konjekturen m. E. neu aufgerollt werden müßten. Unserer Ansicht stammt dieser Text von der Hand Markells selbst und ist ein kurzer theologischer Traktat mit Bekenntniszügen, der zur Verteidigung seiner Theologie sowohl gegenüber den Schriften Eusebs von Caesarea als auch gegenüber jüngeren gegnerischen Dokumenten (siehe hierzu jetzt Abramowski, Die dritte Arianerrede, Z K G 102 [1991] 389-413) verfaßt wurde (nach Tetz ist das Serdicense „ . . . eine theologische Erklärung für Lehrende der Kirche und wurde deshalb nicht in der Form einer Regula abgefaßt [a.a.O. 267]) und - da stimmen wir Tetz zu - auf der Synode keine Mehrheit fand, womit sowohl die Ablehnung des Athanasius als auch die uneinheitliche Uberlieferung zusammenhängt. In der vorliegenden Arbeit wird der Text zu den authentischen Marcelliana gerechnet. Dies ist hier auch ohne vollständigen Vergleich mit der Theologie der übrigen Schriften Markells deswegen vertretbar, weil das Serdicense nicht zur Beweisführung für die These herangezogen wird. Vorbehaltlich einer ausführlichen Untersuchung soll jetzt nur darauf hingewiesen werden, (1) daß dieser Text von seiner Form her „typisch Markellisch" ist: sowohl die Epistula ad Iulium als auch die Epistula ad Liberium sind „Bekenntnisse", die sich nicht an die herkömmliche Form einer Regula fidei halten, sondern den Charakter eines kurzen theologischen Traktates besitzen; (2) daß schon von Loofs (Das Glaubensbekenntnis der Homousianer, 16-19.2334.37-38[vgl. jedoch meine Kritik an der Markellinterpretation von Loofs]) und Tetz (Ante omnia de sancta fide, 258-269) eine große Anzahl von „Markellismen" in ihr nachgewiesen wurden; vgl. auch schon Rettberg oben 22; (3) daß insbesondere § 7 [Zeilen 33-36 a.a.O. Loofs/253 a.a.O. Tetz] ,,όμολογοϋμεν μονογενή κα'ι πρωτότοκον άλλα μονογενή τον λόγον, δς πάντοτε ήν και εστίν έν τω πατρί' τό πρωτότοκος δέ τω ανθρώπω διαφέρει και τή καινή κτίσει, δτι και πρωτότοκος έκ νεκρών" (siehe jetzt Abramowski, Die dritte Arianerrede, Z K G 102 [1991] 400)von niemand anders als von Markell selbst verfaßt worden sein kann, und daher die These von „westlichen Theologen" als Verfasser des Textes wenigstens davon ausgehen müßte, daß ein Dokument Markells zugrunde lag (oder, daß jeder der Verfasser der Reihe nach einen oder mehrere Sätze diktiert hätte [wie soll man sich das praktisch vorstellen?]); (4) daß die im Serdicense ausgesprochene Verwendung des Zeugungs- und Sohnesbegriffes für den Vorinkarnierten nach den Ergebnissen der vorliegenden Arbeit kein Grund mehr gegen eine Verfasserschaft Markells sein kann; (5) und daß schließlich die Bezeichung des Sohnes als αληθινός θεός (Serdicense § If Loofs /Tetz), die Unterscheidung von Entstehung und Zeugung (§ 2.5), die Selbig-

144

Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

X. Markeil als Tradent einer orthodox umgestalteten gnostiscben „physischen Erlösungslehre " und Ekklesiologie (Reinhard M. Hübner) In der Dissertation Hübners mit dem Titel „Die Einheit des Leibes Christi bei Gregor von Nyssa. Untersuchungen zum Ursprung der ,physischen' Erlösungslehre" 1 erhält Markeil erneut, aber in ganz anderer Weise als bisher, die Rolle des Ubermittlers zugewiesen, und zwar mit folgender These: die Inkarnationslehre, Soteriologie und Ekklesiologie Markells seien gekennzeichnet durch die Identifikation der individuellen Menschheit Christi mit der Gesamtmenschheit. Durch diesen Zug seiner Theologie partizipiere Markell an der sogenannten „physischen Erlösungslehre", die aus einer, hauptsächlich von Irenäus geleisteten, orthodoxen Gegeninterpretation gegen die gnostisch-doketische Soteriologie und Ekklesiologie (insbesondere gegen die gnostische Auslegung der Parabel vom verlorenen Schaf) entstanden sei und über die Vermittlung Markells eine der Quellen der Ekklesiologie Gregors von Nyssa darstelle. Zunächst sind der Ort und die Schritte zum Beweis der These in Hübners Monographie kurz zu skizzieren. Anschließend ist zu zeigen, daß die These nicht aufrecht erhalten bleiben kann. Hübners Untersuchung hat zwei Teile. Im ersten ( 2 7 - 2 3 1 ) ist die Leib-ChristiKonzeption Gregors thematisch. Die Suche nach dem Prinzip der Einheit des Leibes Christi fördert einen doppelten Ansatz Gregors zutage: einmal erscheint der Leib Christi als der Leib der gesamten Menschheit, deren H e i ligung sich von ihrem „Erstling" Christus aufgrund der geeinten Struktur der N a t u r konsequent ausbreitet, bis sie in der Apokatastasis der urständlichen Gottebenbildlichkeit das letzte Glied des „Teiges" erfaßt hat. Dieses Leib-Modell beruhe auf der Markellischen Gleichsetzung von Menschheit und Menschheit Christi. Prinzip der Einheit dieses Menschheitsleibes ist der Gottmensch ( 5 1 - 5 4 ) . Daneben stellt sich der Leib Christi in seinem eschatologischen Zustand als der Leib der gesamten geistigen Kreatur dar, deren Einheit und Gleichheit durch die wiederhergestellte unterschiedslose Teilhabe an G o t t begründet ist. Prinzip dieser Einheit ist der L o g o s in seiner göttlichen Güte und Arete. Dieses Leib-Modell beruht auf der origeneischen Auf-

keit der Hypostase von Vater und Sohn (§3f-6.8.10), die Anfangs- und Endlosigkeit des Sohnes (§2.5.10), die Unterscheidung von menschlicher Einheit als concordia von göttlicher als unitas(§9.12;s.u.378f) rein Markellische Theologumena sind. PhP Bd. 2, Leiden 1974; Der Schlußteil des Aufsatz Hübners (Gregor von Nyssa und Markell von Ankyra, in: Ecriture et culture philosophique dans la pensee de Gregoire de Nysse. Actes du colloque de Chevetogne [22-26 Septembre 1969], organise par le Centre de Recherche sur l'Hellenisme tardif de la Sorbonne, ed. Marguerite Harl, Leiden 1971, 210-229) ist eine Zusammenfassung der Monographie (S. 212-215 = S. 286-288 Monographie; S. 220f = S. 318f Monographie).

X . Markeil und die „physische Erlösungslehre"

145

fassung vom Leibe Christi als dem Leibe der Geister (54-60).2 Gregor habe beide Lösungen, die Markells und die des Origenes, übernommen und verschmolzen, die aber wegen ihrer letztlichen Unvereinbarkeit einen „Herd des unlösbaren Konfliktes" in der Theologie des Nysseners darstellen. Insgesamt kommen die Seiten 27-231 zu dem Ergebnis, daß Gregor nicht die „durch Markell in bestimmtem Sinne geprägte Formel von dem durch seinen,Erstling' Christus geheiligten ,Teig'" als letzten Grund zur Erklärung des universalen Erlösungszusammenhanges angibt, sondern „erstens die Formel eindeutig als bildliche,4 also inadäquate Aussage über die universale Erlösung charakterisiert und zweitens die Gottheit Christi5 zum letzten Prinzip der umfassenden Heiligung des Leibes der Menschheit macht. Das geschieht vornehmlich in der Anwendung der origeneischen Version der Parabel vom verlorenen Schaf (98-142.159-165)."6 Im zweiten Teil (232-324) arbeitet Hübner den theologiegeschichtlichen Hintergrund der gregorischen Konzeption des Leibes Christi abgesehen von der origeneisch-origenistischen Komponente heraus.7 Dabei können einige spezifisch stoische Termini der Kosmologie (Einheit und Zusammenhalt des Kosmos durch die Dynamis [Energeia, Pronoia] des Logos; der Logos als Urheber der Weltharmonie und Sympathie)8 als Gabe des Athanasius an Gregor namhaft gemacht werden. Athanasius identifiziere aber nicht wie Markell die Menschheit Christi mit der erlösten Gesamtmenschheit und besitze daher keine „physische Erlösungslehre" (235-268).9 Vielmehr „ . . . gelingt von einigen Lehrstücken der Soteriologie des Markell aus, mit denen er, . . . in der Auferstehungslehre und Exegese der ,Unterwerfung' nachhaltig auf Gregor von Nyssa gewirkt hat, im Verfolg der Auslegung der Parabel vom verlorenen Schaf der Rückgang bis zum vermutlichen Ursprung jenes Begriffs der ,physischen Einheit der Menschennatur', der als die Basis der ,physischen' Erlösungslehre zu betrachten ist" (269-324).10 Die Schritte und Argumente in diesem für die These Hübners entscheidenden Schlußkapitel sind folgende:

2

Vgl. Hübner, Die Einheit des Leibes, 326f.

3

A.a.O. 128f. Uber das gegenseitige Verhältnis und die Rezeption beider Leib-ChristiVorstellungen außerhalb der schon erwähnten Stellen vgl. im 1. Teil 2f, 61-66, 123, 125-129,136f, 204-206, 210, 228.

4

A . a . O . 2.102-104.106.140.142.145.149.164.167.169.

5

Vgl. a.a.O. 3.56.60-66.164f. 184.187.193.198f.210.230.

6

Vg. a.a.O. 330: „Der origeneische Ansatz hat sich bei Gregor durchgesetzt, die markellische Gleichsetzung von Menschheit Christi und Menschheit überhaupt spielt keine Rolle mehr ( 2 2 6 - 2 3 0 ) . " - Zur origeneischen Auslegung vgl. 125-129, insbesondere 127 Anm. 127.

7

8

Es sei denn insofern, als Origenes' Deutung der Parabel vom verlorenen Schaf der gnostischen verwandt ist, die S. 3 0 0 - 3 2 0 thematisch ist. A.a.O. 2 4 7 - 2 4 9 ; vgl. jedoch auch 11 Of. 150.

9

A.a.O. 2 6 0 - 1 6 7 .

10

A . a . O . 269.

146

Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

„1- Zunächst wird v o n einer kurzen A n a l y s e des Systems Markells aus ein hermeneutisches Prinzip für die kritischen christologischen Texte der Schrift, nämlich die Gleichsetzung v o n Menschheit Christi u n d Menschheit überhaupt als Leib Christi, auf die D i s t i n k t i o n v o n U s i a / D y n a m i s - E n e r g e i a zurückgeführt u n d als ihre besondere A n w e n d u n g i m Falle der Exegese der „Unterwerfung" des Sohnes erwiesen. 2. Sodann wird v o n den Texten aus de incarnatione et contra Arianos u n d d e m sogenannten sermo maior de fide her der theologiegeschichtliche H i n tergrund aufgedeckt, aus d e m Markeil das „Material" für seine systematisch ausgebaute Indentifikation b e z o g . D i e s geschieht in einer A n a l y s e der orthod o x e n Uminterpretation der gnostischen Exegese der Parabel v o m verlorenen Schaf v o n Irenäus bis Alexander v o n Alexandrien. 3. D i e s e A n a l y s e bietet dann die Möglichkeit, die Bedeutung der Formel „Erstling-Brei" als den A u s d r u c k für die physische Wesensgemeinschaft z w i schen Erlöser u n d Erlösten z u erklären. 4. Letztlich wird die B e d e u t u n g des Zusatzes τη δυνάμει in dieser Formel bei Markeil aus einem Rückgriff auf die valentinianische Soteriologie der excerpta ex T h e o d o t o erklärt." 11 D i e s e 4 A r g u m e n t e sind i m folgenden z u diskutieren:12 Z u 1.: D a s e r s t e A r g u m e n t H ü b n e r s g l i e d e r t s i c h n o c h e i n m a l i n drei Teilbeweise: z u n ä c h s t geht es u m d e n A u f w e i s , daß Markeil d e n individuellen Leib Christi mit der G e s a m t m e n s c h h e i t identifiziert; dies ist d i e V o r a u s s e t z u n g z u r Z u s c h r e i b u n g e i n e r „ p h y s i s c h e n E r l ö s u n g s lehre" an Markeil.13 S o d a n n versucht H ü b n e r a u f z u z e i g e n , daß solche 11 12

13

A.a.O. 269f. Es muß hier angemerkt werden, daß Hübners Darstellung von einer gewissen Unentschieden)} eit im Blick darauf durchzogen wird, ob denn Markell nun eine „physische Erlösungslehre" besitze oder nicht. Denn einerseits habe zwar Gregor von Nyssa die Markellische Soteriologie und Ekklesiologie nur unter Korrektur ihrer Irrtümer rezipiert (vgl. a.a.O. 33.113.228f.264.288), andererseits gelte aber auch für Markell, daß er wie Gregor mittels des Begriffes ,neuer Mensch' bzw. mittels der theologischen Konzeption der ,neuen Schöpfung' versuche, „die zur Lösung der exegetischen Frage ins Spiel gebrachte Homouseität oder Homogenität Christi und der Menschen (im Bilde ,Erstling-Teig') von den Konsequenzen einer ,physischen Erlösungsauffassung zu befreien' (a.a.O. 120; kursiv von mir)." Und: „Die besondere theologische Konzeption der ,neuen Schöpfung' aber, die Markell entwickelt . . . bietet ihm die Möglichkeit, ein physisches Verständnis der Erlösung, wie es aus der Identifizierung von Christi Menschheit und Kirche und der Verwendung des Bildes von ,Erstling und Teig' zu folgen scheint, abzuwehren (a.a.O. 121)." Die „physische Erlösungslehre" ist ein Theologumenon des liberalen Protestantismus, das insbesondere die Soteriologie des Irenäus, Athanasius, Gregor von Nyssa und des Hilarius von Poitiers beschreibe: Ferdinand Christian Baur (Die christliche Lehre von der Versöhnung in ihrer geschichtlichen Entwicklung von der ältesten Zeit bis auf die neueste, Tübingen 1838, 111) nennt sie noch „mystische" Versöhnungfslehre] ; Albrecht Ritsehl (Die christliche Lehre von der Rechtfertigung und Versöhnung, Bd. 1: Die Geschichte der Lehre, Bonn 1870, 8f) kann den Versöhnungsbegriff nicht mehr zulassen und erklärt, daß die Heiligung (Aneignung

X . Markell und die „physische Erlösungslehre"

147

Identifizierung ein Spezialfall eines umfassenden Auslegungsprinzipes ist, nämlich der Unterscheidung von Geist („göttliches Sein") und Fleisch („geschöpfliches Sein") in Christus. Drittens werde bei diesem Auslegungsprinzip das Pneuma von Markell der δύναμις und die Sarx der ενέργεια zugewiesen. Den Hauptbeleg für die These von der Identifizierung des individuellen Leibes Christi und der Gesamtmenschheit bildet ein Satz aus D e incarnatione et contra Arianos Kap. 21, den Markell im Rahmen einer Exegese von Acta 2,36 formuliert. Hübner verwendet ihn fünfmal. 1 4 Der Text wird unten besprochen werden, so daß jetzt darauf verwiesen werden kann. 1 5 Markell identifiziert hier nicht den individuellen Leib Christi mit der Kirche, sondern betreibt eine unmittelbarekklesiologische Exegese, das heißt, daß er Acta 2,36 an dieser Stelle gar nicht auf die individuelle Menschheit Christi auslegt, sondern den Vers direkt auf die Gesamtmenschheit bezieht. Ich zitiere den Text im Zusammenhang; die griechischen Worte sind die für Hübner wichtigen: „Und wenn Petrus sagt: ,Gewiß erkenne also das ganze Haus Israel, daß der Gott ihn zum Herrn und Gesalbten machte, diesen Jesus, den ihr gekreuzigt des Menschen für Gott) auf einen „chemischen Naturprocess[es]" zurückgeführt werde. Sein Schüler Wilhelm Herrmann (Gregorii Nysseni sententiae de salute adipiscenda, Diss, theol. Halle 1875, 30; vgl. 33) korrigiert im Blick auf Gregor wiederum den Begriff der Heiligung, da Gregor ihn nie „ad mores hac in terra renovandos" bezöge. Adolf von Harnack spricht von einem „pharmakologische^] Prozeß" (Das Wesen des Christentums, Leipzig 1908 [passim] 145), bzw. vom „mystischphysikalischen Erlösungsgedanken" und „actus medicinalis" (Lehrbuch der Dogmengeschichte, Bd. II, Tübingen 1909 [Darmstadt 1980 4 ] 52, 166 Anm. 2; vgl. Bd. I, 560 Anm. 1). Während Ε. P. Meijering (Die „Physische Erlösung" in der Theologie des Irenäus, in: God. Being. History. Studies in Patristic Philosophy, Amsterdam 1975, 39-51) dieses Theologumenon auf die Soteriologie des Irenäus weiterhin anwendet, hält es Barbara Aland (Fides und Subjectio. Zur Anthropologie des Irenäus, in: Keryma und Logos. Beiträge zu den geistesgeschichtlichen Beziehungen zwischen Antike und Christentum. Festschrift für Carl Andresen zum 70. Geburtstag, hrsg. von Α. M. Ritter, Göttingen 1979, 9-28, insbesondere 26) für unzutreffend. Hübner beschreibt es folgendermaßen: Die Homogenität (Die Einheit des Leibes, 53f.97.100-102.267.312.passim), Kontinuität (a.a.O. 11.157.302), Konnaturalität (101.107.113), Konsubstantialiät (161.181.198f.313), Homouseität (314.319) oder Gleichwesentlichkeit (99) der menschlichen Natur Christi und von uns (d. h. die Identität von Leib Christi und Menschheit [52f.123.264.267.282.283-290.296.30410]) sei die Basis (53.164.182.199), der Kontaktboden (100), der Ermöglichungsgrund (12.26.98.113), ja sogar die Ursache (267) des Wirkzusammenhangs (54.66.232.258) und Weitergabemechanismus (65), in dem als phyischer Prozeß (lOlf,103.174.176) mit gesetzmäßiger Notwendigkeit (102, vgl.110f.165) das Heil durch physischen Kontakt (99f) von einem Teil aufs Ganze (53.171) übergeht. 14 15

A.a.O. 53, 119 Anm. 80, 286, 288,320 mit Anm. 142. 434f.

148

Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

habt/ Nicht über seine Gottheit sagt er, daß er ihn zum Herrn und Gesalbten machte, sondern über seine Menschheit, die die ganze Kirche ist (άλλα περί της άνθρωπότητος αύτοϋ, ήτις εστί πάσα ή εκκλησία), die in ihm Herr und König ist nach seiner Kreuzigung und gesalbt ist zur Königsherrschaft der Himmel, damit sie mit ihm zusammen herrsche, mit ihm, der sich wegen ihr entäußerte und sie durch die Knechtsgestalt annahm. Der Logos und Sohn Gottes war ewig Herr und Gott und wurde nicht nach der Kreuzigung zum Herrn und Gott gemacht. Aber, wie ich gerade sagte, seine Gottheit machte seine Menschheit zum Herrn und Christus."16

Der Relativsatz: „die die ganze Kirche ist" kann und soll demnach nicht erläutern, warum der eine Mensch die ganze Menschheit sein könnte, sondern nur, daß mit der thetisch vorgenommenen Auslegung des Textes auf „seine Menschheit" die ganze Kirche gemeint sei.17 Wir wenden uns jetzt dem zweiten und dritten Teilargument zu. Wie erwähnt, sei nach Hübner die angebliche Identifizierung des individuellen Leibes Christi mit der Gesamtmenschheit die „Anwendung eines umfassenden Auslegungsprinzips in einem bestimmten Fall, nämlich der Unterwerfung des Sohnes unter den Vater (1. Kor 15,28), die Markeil auf die Kirche als den Leib Christi auslegt, um zu verbergen, daß in seiner Christologie der individuelle Leib Christi ,aufgehoben' wird. Die allgemeinere Formel aber, die dieser Anwendung zugrunde liegt und sich in gleicher Weise in den bei Eusebius bewahrten Fragmenten wie im sermo maior de fide und in de inc. et c. Ar. findet, ist die Unterscheidung von πνεϋμα und σάρξ (σώμα) in Christus. Markeil ist darin Bewahrer der alten christologischen Formel Melitons aber er interpretiert sie doch mit einem Begriffspaar, das für sein theologisches System zentral ist und das seine systemtragende Funktion nur ausüben kann, wenn es philosophisch verstanden ist, obwohl Markell typisch „markellisch", auch für diese Interpretation womöglich Rückendeckung bei Schriftzitaten sucht. Die Begriffe sind δύναμις und ενέργεια, wobei das göttliche Wesen (Pneuma) der ersten, das Fleisch der zweiten zugewiesen wird." 18 Beide Zuweisungen entsprechen nicht präzis der Theologie Markells. Zur ersten: zwar wäre es richtig, zu sagen, daß die δύναμις Gottes, nämlich der Logos, in der Gottheit ein und dasselbe mit dem 16

17

18

PG 26, 1021 A 10 - Β 6. Die kursiven Worte übersetzt Hübner (a.a.O. 286) nicht ganz präzise mit „ . . . und der um ihretwillen Knechtsgestalt angenommen hat." Parallelen dazu in De incarnatione et contra Arianos sind Markells anthropologische Exegese von Mt 27,4 (PG 26, 988 C lf: „ . . . έκ προσώπου ημετέρου λέγει . . . " ) und seine ekklesiologische Auslegung von Prov. 8,23 (PG 26, 992 C 3 - 993 A 11: „ .. . περί της έκκλησίας λέγει . . . ") und 25 (PG 26, 1004 C 13f: „ .. . έκ προσώου της έκκλησίας λέγει . . . " ) . A.a.O. 270f; die Unterstellungen („verbergen"; „Rückendeckung") brauchen nicht verfolgt zu werden; zur Deutung von δύναμις und ένέργεια vgl. unten 464-469.

X . Markell und die „physische Erlösungslehre"

149

Heiligen Geist ist. Von dieser Aussage ist aber diejenige, die Hübner macht, zu unterscheiden: nämlich, daß die Dynamis „als das göttliche Sein" mit dem Pneuma identisch sei.19 Die Dynamis als die „Kraft des Vaters" ist weder identisch mit dem Sein Gottes noch mit dem Geist. Vielmehr ist sie der Sohn und Logos, der - ich wiederhole - in seinem Gottsein genauso identisch ist mit dem Vater wie mit dem Geist. Diese Bedeutungsverschiebung, die aus der Dynamis des Vaters, d. h. aus dem Logos und Sohn, das göttliche Sein im Sinne von „Gottheit" macht, setzt Hübner nun so ins Verhältnis zu der zweiten Zuweisung, daß beide zusammen eine gewichtige Bedeutungsveränderung gegenüber dem authentischen Markell ergeben. Ist nämlich δύναμις als Geist und göttliches Sein defininert, dann kann ενέργεια dem Fleisch so zugewiesen werden, das es mit geschöpflichem Sein identifiziert wird: „Dem Sein ist das Wirken (ένέργεια) entgegengesetzt; im Wirken ist eine Ausweitung der Monas zur Trias möglich; das Wirken also ist vom Sein Gottes getrennt, das heißt, es ist anderes, also geschöpfliches Sein . . . " 2 0 Während für Markell selbst das Δυνάμει-in-Gott-Sein des Logos und das Ένεργεία-bei-Gott-Sein des Logos zwei Seinsweisen oder Aspekte des Logos sind, in denen beiden der Logos existiert (als ruhende Kraft und als tätige Wirksamkeit), 21 versteht Hübner unter Dynamis und dem Dynamei-Sein „göttliches Wesen", das mit dem Geist identisch sei, und unter Energeia und dem Energeia-Sein nur ein Wirken, das identisch ist mit kreatürlichem Sein. Diesen Gedanken führt Hübner nun so weiter, daß er Markells Rede vom eschatologischen Ende des Zusammenseins des individuellen Fleisches des Logos mit dem Logos als Ende des Fleisches selbst deutet22 (aufgrund des Zu-Ende-Kommens der Energeia und damit allen geschöpflichen Seins), und dieses mit I. A. Dorner 23 als ein „Aufgehobenwerden" bzw. Erlöschen desselben,24 und letzteres als eine „Vergeistigung"25 des Alls. Hübner schreibt: „Wenn die gegebene Interpretation zutrifft, hätte Markell eine L ö s u n g für die von Eusebius ständig wiederholte Anklage, ,es werde das Fleisch des Erlösers 19 20 21 22

23 24 25

A.a.O. 271f. A.a.O. 274. Siehe dazu unten 363-366. Dies sagt Euseb von Caesarea ζ. B. CM 11,3,36: 51,23; aus anderen Stellen (ζ. B. C M II,4,23f: 56,34-57,5) geht jedoch hervor, daß Euseb wußte, daß Markell nur von einem Ende des Zusammenseins des individuellen Leibes mit dem Logos sprach. Vgl. oben 33. Hübner, Die Einheit des Leibes, 279f.282.284, 287 mit Anm. 67, 323 Anm. 167. Als Belege zitiert und diskutiert Hübner (a.a.O. 281f) folgende Texte: De incarnatione et contra Arianos Kap. 8 (PG 26, 996 C 5 - 997 A 6); Kap. 16 (PG 26, 1012 Β 8 - 17) und Kap. 5 (PG 26, 992 Β 10 - C 2). Der erste Text wird unten (316f) griechisch, der zweite wurde oben (93) und wird unten (355 Anm. 442) in wichtigen

150

Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

von der Wirksamkeit (ενεργείας) des Logos entleert zurückgelassen' gegeben: alles wird Pneuma; und seine Berufung in Fragment 117 auf die Zeit der Apokatastasis (Apg 3,21), in der die Schöpfung selbst umgewandelt wird, müßte sehr wörtlich als das radikale Ende und die Umwandlung des Alls in Pneuma verstanden werden. Diese Aufhebung ins Geisthafte würde die Indentifizierung von individuellem Leib Christi und Kirche (als Leib Christi) verständlich machen; aber man sieht, daß das Urprinzip die Distinktion δύναμις - ενέργεια ist, denn da die ενέργεια des Logos mit der Ökonomie ein Ende hat, fällt alles in eins zusammen. Zugleich wird deutlich, weshalb für Athanasius die Möglichkeit einer Identifizierung von Leib Christi und Kirche nicht bestand: er wollte sich die Formel des Markeil, die er sicherlich kannte, nicht zu eigen machen, weil sie durch die Aufhebung des Fleisches des Logos begründet war . . . Aber selbst wenn Markell nicht an eine Auflösung oder Aufhebung der gesamten Schöpfung einschließlich der Menschheit Christi ins Geisthafte gedacht hat, so bleibt auf jeden Fall bestehen, daß er ein Ende des ,unnützen' Fleisches, das der Logos angenommen hatte, lehrte und solange lehren mußte, wie er nur einen rein energetischen Hervorgang des im Sein von Gott ungetrennten Logos aus dem Vater kannte. Der Logos ist keine Person und hat also auch keine persönliche Beziehung zu dem in der Ökonomie mit ihm verbundenen Leib; dieser ist vielmehr nur durch seine Energeia entstanden und nur um der Ökonomie willen, und zwar so sehr, daß er in sich keinen Wert darstellt - welchen Nutzen sollte der Logos von einem Leibe haben? - , sondern sich sein Sein in der Energeia, die die Schöpfung hervorgebracht hat, erschöpft; er ist nur, um für etwas zu sein, und der Inhalt seines Seins fällt gänzlich mit dem Ziel seines Seins zusammen. Deswegen kann Markell, wie er sagt, der Logos habe unser Fleisch angenommen, ebensogut sagen: dem Logos sei die menschliche Ökonomie verbunden worden. Und da seine Menschheit nur um der unseren willen da ist und weiter keinen Sinn hat, so fällt sie mit der unseren zusammen: . . . " 26 „Die Gleichstellung von Fleisch, Leib oder Mensch (Menschheit) in Christus und Mensch (Menschheit) als Kirche in der Ökonomie . . . dient vor allem bei der Deutung der ,Unterwerfung des Sohnes' als vorzügliches Mittel, das Ende seiner Herrschaft und seines Fleisches (bei der Rückkehr des Logos in Gott) zu kaschieren, woran Markell immer, selbst in dem so kompromißreichen Briefe an Papst Iulius unverändert festgehalten hat, wenn er es auch nicht mehr offen aussprach."27

26 27

Partien zitiert. - Markell nennt an diesen Stellen das Fleisch Christi und die Menschen „Geist" bzw. „Ein Geist". Aber es ist ganz eindeutig, daß dies gegenüber dem Heiligen Geist ein äquivoker Gebrauch ist: das Fleisch Christi ist lebensspendender Geist, weil es aus dem lebensspendenden Geist empfangen wurde (1012 C 16f); wir sind als die dem Geist Geeinten deswegen „Ein Geist", weil wir aus dem Wesen Gottes die „Erstlingsgabe" des Geistes empfangen haben (996 C 5 - 8; 997 A 1-3; 1012 Β 12 - 14); als die in Jesus Christus Verlebendigten sind wir „Geist" nach Lk 23,46 (992 Β 10-13). Die Einheit des Leibes, 282f. A.a.O. 284.

X . Markell und die „physische Erlösungslehre"

151

„Es kann nicht zweifelhaft sein, daß Markell mit der Auslegung der Unterwerfung des Sohnes auf die Menschheit Christi, die ganze Kirche, die Einwände des Eusebius entkräften will, die dieser gegen die allzu unverborgene Behauptung des Endes der Herrschaft und des Fleisches des Erlösers in der Schrift gegen Asterius vorgebracht hat. Während Markell in keinem einzigen der aus dieser Schrift erhaltenen Fragmente (vor allem 41; 113-117; 121) die Unterwerfung ausdrücklich auf die Kirche bezieht, sondern stets auf die Menschheit Christi (die freilich in dem oben beschriebenen energetischen Zusammenhang mit der Menschheit überhaupt und der Ökonomie aufgefaßt wird) und auf das Aufgehen des Logos im Vater, und obwohl er doch in de inc. c. Ar. 20 in keinem Augenblick seine Position verläßt - der Mensch und Erlöser büßt seine Herrschaftsfunktion zugunsten des Gott-Logos ein so legt er doch, um seine wahre Ansicht zu vertuschen, mittels einer speziellen Anwendung seines exegetischen Prinzips Pneuma - Fleisch, Gottheit Menschheit, welche auf eine Identifizierung von Menschheit Christi und Kirche hinausläuft, die Unterwerfung des Sohnes auf seinen Leib, die Kirche aus. Man darf durchaus damit rechnen, daß diese Exegese in de inc. c. Ar. gegenüber der in den Fragmenten erkennbaren in gewissem Sinne ein Fortentwicklung28 darstellt, also nicht nur zeigt, wie Markells ,Lehre - vom Aufgehen des Logos in der Monas - im Zusammenhang ausgesehen haben möchte.'29 Markell steckt unter dem Eindruck der massiven Kritik, auf die seine im Buch gegen Asterius geäußerten Thesen gestoßen sind, zurück, wenn auch nur der Form, nicht der Sache nach. Den Anstoß aber, diese Form, nämlich die Auslegung auf den ,Leib Christi', zu wählen, könnte er durchaus von seinen Gegnern, den Origenisten, empfangen haben; denn diese legten ja ebenfalls die Unterwerfung auf den ,Leib Christi' aus. Ohne also in der Sache nachzugeben, hätte Markell durch diese Manöver auf geschickte Weise seinen Gegnern den Wind aus den Segeln genommen."30 Es wären zu diesen Darstellungen eine Fülle von Bemerkungen zu machen, die hier aus Raumgründen unterbleiben müssen. Zunächst muß aber bemerkt werden, daß alle hier gegebenen psychologischen und ethischen Begründungen für angebliche Theologumena Markells hinfällig werden, wenn man zum authentischen Markell zurückkehrt, und sie daher kein Argument in der vorliegenden Beweisführung sein können. Sodann erscheint die Beschreibung der eschatologischen Existenz der Menschheit und Schöpfung als eine „Vergeistigung" durchaus für Markell zutreffend, wenn - was Hübner ja gerade nicht beabsichtigt - beachtet würde, daß das Geistsein der verklärten Kreatur nie identisch sein kann mit dem Geistsein Gottes selbst.31 Wie jedoch mit einer solchen „Umwandlung des Alls in Pneuma" die Identifizierung von individuellem Leib Christi und Kirche begründet werden soll, 28

Vgl. auch a.a.O. 2 7 7 - 2 7 9 .

29

Zitat aus Tetz, Markell I, 257.

30

Die Einheit des Leibes, 287.

31

Vgl. oben 149 Anm. 25.

152

Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

bleibt weiterhin unverständlich, da Hübner etwas anderes damit meint, als die gemeinsame Clarificatio aller und von allem. Auf Hübners m. E. unzutreffendem Verständnis der Markellischen Unterscheidung von δύναμις und ενέργεια beruht ferner seine Behauptung, daß, wenn der Logos am Ende aller soteriologischen Tätigkeit nicht mehr „in tätiger Wirksamkeit" bei Gott sein wird, „alles in eins", d. h. Leib Christi und Gesamtleib, zusammenfalle. Weiter ist nicht nachvollziehbar, wie, falls Markell tatsächlich eine „Aufhebung des Fleisches des Logos" und „eine Auflösung und Aufhebung der gesamten Schöpfung einschließlich der Menschheit Christi ins Geisthafte" lehrte, dadurch die Identität des individuellen Leibes Christi mit der Gesamtmenschheit begründet werden könnte? Darüberhinaus begründet Markell mit Joh 6,63 („Das Fleisch ist zu nichts nütze") nicht, daß das individuelle Fleisch Christi nach seiner eschatologischen Trennung nicht mehr existieren dürfe, sondern nur, daß es bis zum Ende immer für uns und nie für den Logos da war und ist und angenommen wurde. 32 Schließlich scheint die Folgerung, die in folgendem Satz „Und da seine Menschheit nur um der unseren Willen da ist und weiter keinen Sinn hat, so fällt sie mit der unseren zusammen: . . . " aus der Begründung gezogen wird, in keiner Weise zwingend. M.E. es ist Hübner nicht gelungen, einsichtig zu machen, warum das „exegetische Prinzip" Pneuma - Fleisch, Gottheit - Menschheit, falls es dieses in der „Zuweisung" Hübners überhaupt gäbe, auf die Identifizierung von Menschheit Christi und Kirche ,hinauslaufe'. Die Nivellierung des authentisch-markellischen Gegensatzes κατά πνεϋμα κατά σάρκα wäre die Folge.33 Dessen scheint sich Hübner auch bewußt geworden zu sein, wie wir unten sehen werden. 34 Zum Abschluß der Erörterung des ersten Argumentes halten wir fest: Die Beweisführung Hübners zum Aufweis der Identifizierung von individuellem Leib Christi mit der Gesamtmenschheit ist nicht haltbar, da (1) das Markellische Spezifikum der ekklesiologischen Exegese christologischer Schriftstellen nicht erkannt wird, (2) das Begriffspaar δύναμις-ένέργεια unzutreffend interpretiert wird, was (3) zu einer rein fiktiven Analogisierung von Dynamis und Pneuma einerseits und Energeia und Sarx andererseits führt, und schließlich (4) Heiliger Geist und vergeistigtes Fleisch Christi (und vergeistigte Schöpfung) in inkorrekter Weise in eins gesetzt werden. Zu 2.: Zu diesem Argument Hübners ist zu untersuchen, ob sich bei Markell eine ,orthodoxe Uminterpretation der gnostischen Exegese der Parabel vom verlorenen Schaf' nachweisen läßt, die Hübner 32 33 34

Vgl. unten 422f. Diese Folge hält Hübner a.a.O. 171-173.216.222.224 für Markell zutreffend. 1 57.

X . Markeil und die „physische Erlösungslehre"

153

als theologiegeschichtlichen Hintergrund, als ,Material· für Markells angeblich „systematisch ausgebaute Indentifikation" von Leib Christi und Gesamtmenschheit geltend macht. Markeil soll hier aufgrund einer antidoketischen Deutung der Parabel vom verlorenen Schaf als Tradent einer orthodoxen Gegeninterpretation gegen die „physische Erlösungslehre" der Gnostiker die Brücke zwischen Irenäus und Gregor von Nyssa schlagen. Es ist kurz anzudeuten, was Hübner unter der gnostischen und was unter der orthodoxen Deutung versteht. Die gnostische Exegese der Parabel sei bestimmt vom „gnostischen Mythos von der Sammlung der in der Materie verstreuten ,Glieder' oder,Samen'... des ,Menschen', ,Adams', des ,Bildes' durch den Erlöser (der schließlich mit diesen Gliedern identisch ist, also sich selbst sammelt) . . . " 3 5 „ . . . physisch ist die Erlösungsauffassung der Gnostiker, weil hier Identisches (die geistigen Spermen) zu Identischem (Gott) zurückgeführt wird. Und in der Identität ist auch die Universalität begründet: alles Identische, nämlich Geistige, wird geeint, physisch' muß aber auch eine Gegeninterpretation dieser Soteriologie ausfallen, wenn die Identität zwischen Erlöser und Erlösten vom Geistigen ins Körperliche verlegt wird, denn auch hier bleibt die Identität Grund der Universalität . . . "; 3 und: „Irenäus nun hat es bei seiner Übertragung des gnostischen Mythos ins Orthodoxe nicht vermocht, hierbei Identität und Gleichheit zu unterscheiden. Er hat die gnostische Wesensidentität zwischen dem ersten und dem zweiten Adam, die rein Geistiges betraf, auf das Körperliche übertragen, da er einfach dem Schema des Mythos folgte, und so gewissermaßen den historischen Adam in der Inkarnation vom Logos angenommen werden lassen (sie), während er doch eigentlich nur sagen wollte, daß der Erlöser mit dem verlorenen Mensch wesensgleich, nicht aber wesensems oder -identisch sein mußte. Jedoch ist gerade diese Umdeutung der gnostischen Wesensidentität vom Geistigen ins Leibliche der Grund für die universale Erlösung aller im zweiten Adam, die als ,physisch' bezeichnet wird."37 Der entscheidende Text zum Nachweis der Partizipation Markells an der - in der Exegese der Parabel vom verlorenen Schaf - ins Orthodoxe gewendeten „physischen Erlösungslehre" sei Frg 9(9,61) im Kapitel 8 der Epistula ad Antiochenos, in dem erst vom gnostischen Mythos her „das ,verlorene Schaf' . . . seinen ursprünglichen Sitz im Leben" bekomme. 38 Dieser Text muß im Zusammenhang des vollständigen Kapitels 8 der Epistula ad Antiochenos interpretiert werden. Dazu gehören außer Frg 9(9,61) noch der Schlußsatz von Frg 7(7,60) und das ganze Frg 8(8,19). Die von diesen Frgg nicht abgedeckten Worte über-

35 36 37 38

Die Einheit des Leibes, 300. A.a.O. 306f. A.a.O. 309f. A.a.O. 300.

154

Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

setzte ich aus dem Armenischen. 39 Der Text erweist eindeutig, daß er weder von einem „gnostischen Mythos" seinen Sinn empfängt, noch die Identität der Leiblichkeit Christi mit der unsrigen aussagt (sondern verbatim die Gleichheit!) und daß er daher auch keine „physische Erlösungslehre" enthält. Seine Soteriologie ist vielmehr im Opfertod (in der Dahingabe) Jesu Christi und des dadurch gewonnenen Sieges über Tod und Teufel sowie des dadurch für uns und unsere Sünden gezahlten Lösegeldes gegründet. Ein weiterer, von Hübner nicht herangezogener Text aus Kap. 11 der Epistula ad Antiochenos wird bestätigen, daß für Markell das „verlorene Schaf" konsequent durch den Opfergedanken nach Jes 53 interpretiert wird. 4 0 „Denn vor der Übertretung Adams gab es weder Trauer, noch Furcht, noch Mühsal, noch Hunger, noch Tod. Vielmehr kam durch die Mißgunst des Teufels der Tod in die Welt, wie (es) auch geschrieben steht. Als nämlich der Schöpfergott des Alls, der Logos, den vom Teufel selbst betrogenen Adam, das Gebot seines Schöpfergottes übertreten und unter den Fluch und die Gewalt des Teufels geraten sah, bildete er sich selbst41 aus dem Abkömmling Adams, aus der Jungfrau Maria, den unberührten Leib, der fähig war, die ganze Fülle der Gottheit leiblich zu fassen, samt den menschlichen Leiden (Schwächen) und gab ihn freiwillig dahin für die ganze Welt, damit er den damals durch 42 den Tod herrschenden Teufel durch den Tod seines (des) eigenen Leibes töte. Und schon wird er anstelle von uns sagen: ,Tod, wo ist dein Sieg? Tod, wo ist den Stachel?' Und sogleich wird er das ganze adamitische Geschlecht aus dem Tode zu ewigem Leben rufen, indem er uns bezeugt und sagt: Ich bin der Weg der Geretteten und das Leben der Toten und die Wahrheit derer, die die Lüge fliehen, wobei er denen in der Finsternis sagt: Lüftet die Decke, ich bin das Licht der Welt. Denn indem er Adam anzog mit seinen Leiden (Schwächen), der uns in jeder Hinsicht gleich war 43 außer der Sünde, der Jesus genannt wurde, brachte er durch ihn das verlorene Schaf 39

40

41

42 43

Nur sinnverändernde Divergenzen der Handschriften und Editionen sind vermerkt; griechische Rückübersetzungen aus dem Armenischen sind mit * . . . * gekennzeichnet. Hübner (Die Einheit des Leibes, 315) hat diese Verankerung in der Opfertheologie nach Jes 53 bemerkt, hält sie aber für eine der üblichen .Rechtfertigungen' Markells, „mit denen er eine von ihm gegebene Interpretation . . . mit einem Schriftzitat" rechtfertige. Die beiden armenischen Handschriften (Mechitaristenkloster Wien, Codices 629 und 649) lesen bzw. fügen ein (17,10-12 Casey): *θεός λόγου (!) και πειθόμενος τοϊς πατρικοΐς νεύμασιν*. „durch" liest Schwartz Frg 8(8,19[9]) nicht. Der Laurentianus läßt in Frg 9(9,61 [5]): *τόν κατά πάντα όμοϊον ήμϊν γενόμενον* aus, das Casey S. 52 einfügt. Daß letzteres notwendig richtig ist, ergibt sich sowohl daraus, daß es die beiden Armenier lesen („sst amenayni mnan mez linelov bac'i melac' " [18,4f Casey]) als auch ganz besonders daraus, daß das zweite kürzere Zitat desselben Fragmentes (Frg 23 [2f] Schwartz) noch das κατα πάντα liest, freilich, ohne wegen des fehlenden όμοΐον ήμϊν irgendeinen Sinn zu ergeben.

X. Markell und die „physische Erlösungslehre"

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(Mt 18,12-14 par) dem Vater dar, 44 als Schaf zur Schlachtbank geführt und als Lamm stumm vor seinem Scherer (Jes 53,7), über den Paulus sagt: ,Der Mensch Christus Jesus, der sich selbst als Lösegeld für uns und unsere Sünden gibt (1. Tim 2,5f).' Und an einer anderen Stelle sagt der Apostel ,Durch den Menschen der Tod und durch den Menschen das Leben.' ,Denn wie wir alle in Adam sterben, so werden wir alle auch in Christus lebendig gemacht werden.' Und wieder schreibt er an einer anderen Stelle: ,Der erste Mensch aus der Erde und irdisch, der zweite Mensch aus dem Himmel.' Mit dem ,ersten Adam' erklärt er demnach den Ersterschaffenen der Welt, mit dem ,zweiten Adam' aber den an dem Retter wahrgenommenen Menschen, der Menschensohn, Schaf, Weinstock, Brot, Baum, Weizenkorn und dergleichen heißt, aber auch Adam genannt wird, wenn auch ein großer Unterschied im Verhältnis zum ersten besteht. Denn der eine wurde aus der Erde, der andere aber, da er der Logos des Vaters ist, wurde Fleisch, wobei er nicht der Logosexistenz durch das Fleisch entleert wurde, wie ja auch das Gold nicht seines Glanzes beraubt wird, wenn es sich in einer hölzernen 45 Geldtruhe befindet."

Der Text bedarf keines weiteren Kommentars; es springt in die Augen, daß in ihm die Dahingabe und der Opfertod Jesu mit ihren Früchten als „Prinzip", Grund, Ursache etc. des Heils thematisiert wird und kein gnostischer Mythos, nach dem das „Prinzip" der Rettung die Identität des Retters mit der Geretteten sei.46 Dieses Ergebnis erfährt eine schöne Bestätigung durch Kap. 11 der Epistula ad Antiochenos, in der das eine Schaf von der Herde klar unterschieden und wiederum die Heimführung der Herde mit dem Opfertod des einen Schafes in Anspielung auf Jes 53 begründet wird. Ich zitiere den entscheidenden Satz: ,,* τ Ως γαρ πρόβατον εαυτόν είς φάγην προσενεγκών πάντα (ολην) την πλανηθεΐσαν άγέλην αναστρέφεται . . . *" 47 Argument 2 der These Hübners hat sich somit ebenfalls als hinfällig erwiesen. Zu 3. und 4.: In den letzten beiden Schritten der Argumentation möchte Hübner anhand der Begriffe „απαρχή - δυνάμει - φύραμα", die sowohl in Excerpta ex Theodoto 58, in De incarnatione et contra Arianos Kap. 12 und in der Großen Katechetischen Rede Kap. 32 Gregors von Nyssa vorkommen, den Traditionsstrang des Menschheit Christi und Kirche identifizierenden Leibmodells von der Gnosis über Markell zu Gregor belegen. Dabei soll die Wortkonstellation „ErstlingBrei" (vgl. Rom 11,16) den Rang einer „Formel" einnehmen (den sie 44

45

46 47

προσάγειν: „darbringen, opfern"; so auch von Athanasius, De incarnatione Kap. 8,4: 292 Kannengiesser, SC 199, Paris 1973 in frappant ähnlichen Ausführungen verwendet. *ξυλΙνου* mit den Armeniern 19,2 Casey: „p'aytelen"; vgl. Scheidweiler, Wer ist der Verfasser, 339. Es sei denn, man wollte 1. Kor 15,22 (unser zukünftiges Lebendiggemachtwerden in Christus) als gnostische Theologie werten. 22,·6f arm.; 22,5f engl. Casey.

156

Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

bei Markell nicht hat, weil sie nur einmal vorkommt) und die physische Wesensgemeinschaft zwischen Erlöser und Erlösten zu Ausdruck bringen. Der Zusatz xfj δυνάμει schließlich in dieser Formel bei Markell entstamme einem Rückgriff auf die valentinianische Soteriologie, wie sie die Excerpta ex Theodoto böten. Ich zitiere zunächst die Texte, wobei ich den Markell-Text nach den besseren HSS korrigiere: Excerpta ex Theodoto 58 „μετά την τοΰ θανάτου τοίνυν βασιλείαν . . . ό μέγας αγωνιστής Ίησοϋς [Χριστός] έν έαυτω δυνάμει τήν έκκλησίαν άναλαβών, τό έκλεκτον κα'ι τό κλητόν, τό μεν παρά της τεκούσης τό πνευματικόν, τό δέ εκ της οικονομίας τό ψυχικόν, [δ]άνέσωσεν και άνήνεγκεν άπερ άνέλαβεν, και δι' αύτών και τα τούτοις ομοούσια· 'ει γαρ ή απαρχή αγία, και τό φύραμα ...' "48 De incarnatione et contra Arianos, Kap. 12 ,,δσα ούν λέγει ή γραφή δτι ελαβεν ό υίός, δια τό σώμα αύτοϋ λέγει, δπερ σώμα απαρχή εστί της εκκλησίας· 'απαρχή' γαρ, φησίν, 'ό Χριστός', της ούν απαρχής λαβούσης δνομα τό ύπέρ παν δνομα, συνηγέρθη δυνάμει καί τό φύραμα, καί συνεκαθέσθη, κατά τό λεγόμενον 'καί συνήγειρε καί συνεκάθισε (Eph 2,6)'. καί διά τοϋτο κατά49 χάριν ελαβον οί άνθρωποι τό καλεΐσθαι θεοί καί υιοί θεοΰ. πρώτον ουν τό ίδιον σώμα ήγειρεν ό κύριος έκ νεκρών, καί ΰψωσεν έν έαυτω· μετά ταϋτα εγείρει50 καί τά μέλη τοΰ σώματος, ίνα χαρίσηται αύτοϊς τά πάντα, ώς θεός, δσα αυτός ώς άνθρωπος ελαβεν."51 Oratio catechetica magna, Kap. 32 „ . . . καί αρχήν δοϋναι τή φύσει της αναστάσεως τω ίδίω σώματι, δλον συναναστήσας τον άνθρωπον τή δυνάμει. Επειδή γάρ ... ix. τοΰ ήμετέρου φυράματος ή θεοδόχος σάρξ ήν .. ," 52 Das Verhältnis von Markell zu Gregor ist jetzt nicht weiter zu verfolgen. Zur Einschätzung der Möglichkeit, ob Markell „ . . . entscheidende Impulse seiner Theologie aus der Gnosis empfangen hat . . . " 53 ist zu berücksichtigen, daß Markell Valentin nur als Häretiker kennt und zweimal als theologischen Vorläufer seiner Gegner bemüht. 54 Wichtiger ist aber, daß beim Vergleich der Texte aus den Excerpta ex Theodoto und aus De incarnatione et contra Arianos der systematisch48 49 50 51 52

53 54

1 26,8.10-16 Stählin/Früchtel/Treu, Clemens Alexandrinus Bd. III, G C S 17.1970 2 . κατά χάριν Syr, A r / χάριν Ζ, L, Β. εγείρει Syr, Ar, Ζ, L. PG 26, 1004 Β 4 - 15. PG 45, 80 Β 7-10, vgl. Refutatio Confessionis Eunomii 143: 374,9-12 Jaeger, Gregorii Nysseni opera Bd. IIa, Leiden I960 2 ; vgl. Hübner, Die Einheit des Leibes, 317. Hübner, a.a.O. 318; vgl. 323. Siehe unten 457-459.

X. Markeil und die „physische Erlösungslehre"

157

theologische

Unterschied zwischen valentinianischer Gnosis und Markeil deutlich wird. Zu den genannten Texten werden von Hübner je noch ein weiterer beigebracht. Aus den Excerpta ex Theodoto 1: „Vater", sagt er, „in deine Hände übergebe ich meinen Geist . . . So übergibt er den ganzen pneumatischen Samen, nämlich die Auserwählten, mit den obengenannten Worten." 55 Und aus De incarnatione et contra Arianos, Kap. 5: „Und wenn er am Kreuz sagt: ,Vater, in deine Hände übergebe ich meinen Geist,' übergibt er durch sich selbst alle Menschen, die durch (oder: in) ihn (m) lebendig gemacht werden, dem Vater."56 Hübner schreibt: „Die Lehre Markells ist also der valentinianischen gleich: indem der Erlöser seinen pneumatischen Leib zum Vater zurückbringt, übergibt er ihm die ganze vergeistigte Kirche. Aber gibt es nicht einen fundamentalen Unterschied? Während doch für die Valentinianer zwischen Gott-Erlöser und den erlösten geistigen Spermen Wesensidentität besteht, scheidet Markell scharf zwischen dem Christus κατά σάρκα und κατά πνεϋμα und läßt seine Einigung mit dem Menschen nur κατά σάρκα zu. Doch wie ist es dann zu verstehen, daß das Fleisch des Herrn lebendigmachender Geist ist, die Aparche des Geistes, von der die Einigung der ganzen Menschheit in seinem Geist ausgeht? Darauf ist schwer zu antworten. Es soll auch nicht geleugnet werden, daß die entschiedene Distinktion zwischen dem Christus dem Fleisch und dem Geist nach, auf der ja schließlich, wie oben ausgeführt, Markells Exegese der christologischen Aussagen der Schrift beruht, den Haupteinwand gegen die hier vorgetragene Interpretation einer Einswerdung der Menschheit im Geiste darstellt. Markell sagt ja auch, daß „in uns nur der Erstling und das Angeld der Gottheit wohne, in Christus aber die ganze Fülle der Gottheit",57 und daß „er der Natur nach Sohn Gottes ist, wir aber aus Gnade".58 Andererseits ist an den Aussagen der oben zitierten Texte nicht zu rütteln. Es bleibt also vorerst nichts anderes übrig, als die Schwierigkeiten ungelöst stehen zu lassen."59 Hübner hat hier das Wesentliche selbst formuliert, aber nicht die Konsequenzen gezogen. Hübner reduziert Markells Soteriologie auf diejenigen Teilaspekte, die in der Tat eine gewisse strukturelle Analogie zur Gnosis besitzen. Das Ganze der Erlösungslehre Markells kann aber nicht als eine orthodoxe Gegeninterpretation der „physischen Erlösungslehre" der Gnosis, in der die geistige Wesensidentität zwischen Salvator und Salvandi ins Körperliche übertragen wurde, bezeichnet werden. Denn der Ausgangspunkt der Soteriologie ist bei Markell nie die Identität, Wesensgemeinschaft oder Konnaturalität 55 56

57 58 59

1 05,5.9-11 Stählin/Früchtel/Treu, Clemens Alexandrinus Bd. III, GCS 17. PG 26, 992 Β 10-13; vgl. Kap. 12, 1004 C 8 - 12 und Hübner, Die Einheit des Leibes, 322. De incarnatione et contra Arianos, Kap. 9: PG 26, 997 Β 13-15. De incarnatione et contra Arianos, Kap. 8: PG 26, 996 Β 10-12; vgl. unten 159. Die Einheit des Leibes, 322f.

158

Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

zwischen dem Retter und uns, sondern die Nichtidentität und die Wesensverschiedenheit: der Gegensatz von Gott und Mensch, von Herr und Knecht, 6 0 von Geist und Fleisch, von Logos und Fleisch, 61 von Gottessohn und Menschenkindern. 62 Daher beginnt das Heils-

werk gerade nicht in der Annahme des Gleichartigen, sondern des Verschiedenen. In diesem wichtigen Aspekt unterscheidet sich Markell fundamental von der Gnosis. Betrachtet man nun aber den Fortgang des Heilswerkes, zeigt sich eine Vergleichbarkeit mit der Gnosis. Denn nach Markell soll ja das Verschiedene, das Fleisch, der Leib bzw. die Menschheit durch die Gemeinschaft mit Gott in äquivoker Weise gleichartig werden, d.h. selbst Gott, Herr, 6 3 Gottessohn, König, Logos, 6 4 Geist etc. Eine Theologie des Irenäus oder des Markell kann gewiß als „Gegeninterpretation" gnostischer Soteriologie angesprochen werden. Diese „Gegeninterpretation" steht aber zunächst im Gegensatz zu einer linear korrespondierenden Christologie und Anthropologie (Pneumatisches zu Pneumatischem und Psychisches zu Psychischem), der in einem zweiten Schritt einerseits christologisch gewahrt bleibt, andererseits anthropologisch-ekklesiologisch im Prozeß des Heilshandelns Gottes analogisierend überwunden wird. U n d hier, im Bereich dieses zweiten Schrittes, gibt es tatsächlich eine „gnostische Temperatur" im Denken Markells. Für dasjenige Theologumenon, das im Zentrum des Buches Hübners steht, nämlich das Verhältnis von Geist und Fleisch, bedeutet dies aber: die Kirche als „Teig" (Erstlingsgabe des Geistes) als auch der „Erstling" 6 5 Christus (Fülle der Gottheit in seinem Leib) sind immer zunächst in ihrer Verschiedenheit zum Geist, d.h. als Fleisch, zu sehen und erst dann, im Vollzug der Verwirklichung des Heiles in ihrer Entsprechung zum Geist, d.h. selbst als „Geist". Verifizieren wir diese Einsicht am Excerptum ex Theodoto 58 und D e incarnatione et contra Arianos Kap. 12: „Nach der Königsherrschaft des Todes also . . . nahm der große Kämpfer Jesus in sich selbst (durch sich selbst) durch die Kraft die Kirche an, das 60

61 62 63 64 65

De incarnatione et contra Arianos, Kap. 8: PG 26, 996 Β 1 - 4 (nach unserem Text; s. u. 316). De incarnatione et contra Arianos, Kap. 3: PG 26, 989 A 5 - 9. Frg 111(41,34); vgl. unten 422. Frg 99(111,99): 209,2. De incarnatione et contra Arianos, Kap 3: PG 26, 989 A 7-9. Markell verwendet den Begriff απαρχή in zweifachem Sinn: einmal als Erstlingsgabe (neben Angeld) des Geistes, bzw. der Gottheit, in uns (De incarnatione et contra Arianos, Kap. 8f [PG 26, 997 A 1-3 und Β 13 - 15]), sodann als Bezeichung für den auferweckten und erhöhten Christus (an unserer Stelle in Kap. 12) in Relation zum „Teig". - Daher ist es nicht präzis, wenn Hübner in dem gerade zitierten Text (a.a.O. 323) das Fleisch des Herrn die Aparche des Geistes nennt.

X. Markeil und die „physische Erlösungslehre"

159

Auserwählte und das Berufene, das eine von der Gebärenden, nämlich das Pneumatische, das andere aus der Ökonomie, nämlich das Psychische, rettete es und brachte es zurück, das, was er angenommen hatte, und durch dieses auch das, was diesem wesensgleich (-eins?) ist. ,Denn wenn der Erstling heilig ist, ist es auch der Teig „Alles, von dem die Schrift sagt, daß (es) der Sohn empfing, sagt sie wegen seines Leibes, welcher Leib der Erstling der Kirche ist. D e n n ,der Erstling', sagt sie ,ist Christus'. Indem nun der Erstling den N a m e n über jeden N a m e n empfing, wurde durch die Kraft auch der Teig mitauferweckt und miteingesetzt, gemäß dem W o r t : „ . . . und er weckte mit auf und setzte mit ein." U n d deswegen empfingen die Menschen der Gnade nach die N a m e n ,Götter' und ,Söhne Gottes'. Zunächst also weckte der H e r r seinen eigenen Leib aus den Toten auf und erhöhte ihn durch sich selbst (in sich selbst). Danach weckt er auch die Glieder seines Leibes auf, damit er ihnen als Gott alles schenke, was er selbst als Mensch empfing."

Es zeigt sich, daß die Gemeinsamkeiten zwischen beiden Texten geringer sind, als vielleicht auf den ersten Blick vermutet wird. Dies nicht so sehr deswegen, weil bei Theodotus von Annahme, Rettung und Heimbringung die Rede ist und bei Markell von Auferweckung, Erhöhung, Inthronisation und Verleihung göttlicher Namen, sondern deswegen, weil die im Text Markells kursiv gesetzten Aussagen über

das gnadenhafte Schenken und Empfangen der Heilsgüter bei Theo-

dotus schlicht fehlen! 66 Markell formuliert zunächst christologisch die Differenz zwischen dem Herrn bzw. Sohn und seinem Leib: auch der Leib des Sohnes empfängt! Aus dem Wesensunterschied zwischen Logos und Fleisch wird durch das Handeln des Herrn (bei Wahrung des Unterschiedes!) ein Zustand der Entsprechung: Der Leib wird vom Herrn auferweckt, erhöht und empfängt bei der Inthronisation den Gottesnamen (Phil 2,9). Anthropologisch ist die Differenz selbstverständlich und von Markell nicht weiter ausgesagt. Ausgesagt ist vielmehr explizit das menschliche Zu-Gott-in-EntsprechungKommen, nämlich, daß wir die Namen „Söhne Gottes" und „Gott" der Gnade nach empfangen. „Typisch Markellisch" ist nun die soteriologische Verknüpfung von Christologie, Anthropologie, Ekklesiologie: Der Sohn und Herr beschenkt seinen Leib nicht für sich, sondern für uns: alles was er an seinem Leib, bzw. als Mensch selbst empfing, empfing er wegen uns, uns, denen er dadurch alles als Gott schenken will. „Prinzip" der Soteriologie ist daher immer Gott. Das Heil wird den Menschen und der Kirche aber christologisch zuteil. 66

Dasselbe läßt sich bei den beiden oben S. 157 zitierten und Lk 23,46 auslegenden Texten aus Excerpta ex Theodoto 1 und De incarnatione et contra Arianos Kap. 5 beobachten: nach Markell sind wir deswegen Geist, weil wir durch (in) Jesus Christus lebendig gemacht werden (die wir es zuvor nicht waren).

160

Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

Daher handelt Gott zunächst am individuellen Leib des Logos (Auferweckung, Erhöhung, Einsetzung). Dadurch gewinnt auch der Leib des Herrn, das individuelle Fleisch, Anteil an diesem „Prinzip". Der Kirche wird nun das Heil so weitergegeben, daß ihr diejenigen Gaben, die das individuelle Fleisch empfing, durch den Menschgewordenen geschenkt werden: „Denn ,der Erstling', sagt sie ,ist Christus'. Indem nun der Erstling den Namen über jeden Namen empfing, wurde durch die Kraft auch der Teig mitauferweckt und miteingesetzt, gemäß dem Wort: , . . . und er weckte mit auf und setzte mit ein.'" Erst jetzt, an dieser Stelle im Ablauf des Heilsprozesses, bei der Thematisierung des Verhältnisses von „Erstling" und „Teig", kommt eine gnostische Färbung in die Soteriologie, indem Markell die heilsame Zuwendung Gottes zu dem einen individuellen Fleisch und der Kirche, bzw. allem Fleisch, ganz eng zusammenschaut. Dies Heil geschieht daher nach Markell nicht wegen der Verwandtschaft oder Identität der Natur von „Erstling" und „Teig". Heil geschieht nach Markell immer als Werk und Geschenk („der Gnade nach") Gottes, durch welche der individuelle Leib des Sohnes mittels göttlicher Uberbrückung der Differenz von Gott und Mensch in Entsprechung zu Gott gebracht und zum Erstling wird, durch den und parallel zu dem dann der Teig in den Genuß der Rettung kommt. Hier - beim Fehlen des Momentes der gnädigen Zuwendung Gottes zu dem ihm Gegensätzlichen - liegt der entscheidende Unterschied zwischen Theodot und Markell, der sich nicht nur systematischtheologisch, sondern notwendig auch textlich präzis am Mangel der bei Markell durch die Kursiven sichtbar gewordenen soterio-logischen Struktur der Gedankenführung bei Theodot festmachen läßt. Daher kommen die Begriffe „Erstling-Teig" bei beiden Theologen an theologisch ganz verschiedenen Stellen ihrer Soteriologie zu stehen: während sie bei Theodot den Zusammenschluß von im Wesen und von Hause aus Gleichartigem ausdrücken, meinen sie bei Markell das von Haus aus Ungleichartige (Gott-Mensch; Geist-Fleisch), aber von Gott gnädig sich selbst Angeglichene, das gleichwohl zu Gott (Verhältnis Heiliger Geist zu den im Geist Geeinten) in alle Ewigkeit als auch untereinander (Verhältnis individueller Leib [Fülle der Gottheit] zur Kirche [Erstling des Geistes]) bis zum Eschaton unterschieden ist. Als Abschluß der Diskussion und Uberprüfung der vierfältigen These Hübners ist festzustellen: Markell besitzt keine auf einer antignostischen orthodoxen Gegeninterpretation basierende „physische Erlösungslehre". Das dafür grundlegende Theologumenon der Identifikation von individuellem Leib Christi und Gesamtmenschheit kann weder exegetisch noch systematisch-theologisch bei ihm nachgewiesen werden. Markell kennt vielmehr eine ekklesiologische Auslegung chri-

X. Markeil und die „physische Erlösungslehre"

161

stologischer Texte, die durch den äquivoken Gebrauch von „Menschheit" von Hübner als Identifikation von Leib Christi und Kirche (Gesamtmenschheit) aufgefaßt werden konnte. Ferner hat sich klar erwiesen, daß die kurze Anspielung Markells auf das „verlorene Schaf" nicht im Rahmen eines „gnostischen Mythos", sondern einer am Opfertod Jesu nach Jes 53 orientierten Soteriologie ihren Sinn empfängt. Schließlich kann das gemeinsame Vorkommen der aus Rom 11,16 und 1. Kor 6,14f abgeleiteten Begriffe „απαρχή - φύραμα" und „δυνάμει"67 in Exc. ex. Theod. 58 und De inc. et. c. Ar. 12 wegen der unterschiedli67

„Δυνάμει" heißt hier (mit Möhler [Athanasius der Große, Bd. I, 296] gegen Hübner [Die Einheit des Leibes, 320f|) nicht „potentiell" und hat auch nichts mit dem Begriffspaar δυνάμει - ενεργεία zu tun. Denn (1) fehlt hier das Pendant ενεργείς; (2) gehört das Begriffspaar in eine bestimmte Gesprächssituation im Anschluß an Äußerungen Konstantins in Nizäa, auf die sich Markell bezieht (siehe dazu unten 460-464); (3) meint δύναμις hier wie sonst bei Markell den Logos oder Sohn als die Kraft Gottes. Dies geht aus dem Textzusammenhang der Kapitel l l f eindeutig hervor. Zu Beginn von Kap. 11 (vgl. PG 26, 1001 Cff) sagt Markell, daß der Vater auch die Auferweckung seines Sohnes durch den eigenen Logos und Sohn tut, da es sich bei der Auferweckung des Sohnes präzis um die Auferweckung des Fleisches seines Sohnes handele. Der Vater tut nämlich, was er tut, durch die eigene Kraft (δια της 'ιδίας δυνάμεως), welche der Sohn ist. Wie daher gelte, - sagt Markell im Fortgang des Kapitels - , daß er nach dem Fleisch von den Toten auferweckt wurde, so empfängt er als Mensch das Leben, der selbst das Leben ist. Er empfängt es wegen uns. Ebenso macht die ewige Kraft Gottes (ή άίδιος τοϋ θεοϋ δύναμις) und Weisheit als Mensch Fortschritte und als Mensch wird der ewig Heilige für uns geheiligt. Kap. 11 schließt mit folgendem Satz, auf den unser Text direkt folgt, ab: „Und als Mensch wird er erhöht und erhält den Namen über jeden Namen, den er immer dem Wesen nach besitzt. Denn ,Gott war', sagt er, ,der Logos'." Was Markell bisher christologisch ausführte, daß nämlich der Vater den Sohn (d. h. das Fleisch des Sohnes) durch seine eigene δύναμις (d. h. den Sohn in seiner Gottheit) auferweckt, überträgt er jetzt auf uns, die Kirche: nicht nur der „Erstling" wurde durch den Logos, die Kraft Gottes, auferweckt und erhielt den Namen über alle Namen, sondern auch der Teig, d. h. wir, wurden δυνάμει mitauferweckt und miteingesetzt; (4) dieser vom Kontext gebotene Sinn wird bestätigt durch den Schrifttext, der hier zugrundeliegt, nämlich 1. Kor 6,14f: „o δέ θεός και τον κύριον ήγειρεν και ήμας έξεγερεϊ [Papyrus Chester Beatty II, 2. Korrektur, Vaticanus u. a. lesen: έξήγειρεν; Papyri 11 und Chest. Beatty II erste Hand, Alexandrinus, Codex Bezae Cantabrigiensis u.a. lesen: έξεγείρει]διά της δυνάμεως αύτου. ούκ οίδατε δτι τα σώματα ύμών μέλη Χρίστου έστιν . . . "; (5) Hübner (a.a.O. 320) versucht schließlich, die Bedeutung „potentiell" dadurch zu rechtfertigen, daß Markell hiermit eine Differenzierung der bekannten, von ihm angeblich sonst geübten „Gleichsetzung von Menschheit Christi und der alle Menschen umfassenden Kirche als seinem Leibe" so vornehme, daß Markell die noch nicht eingetretene Auferstehung der Menschen durch den vorerst nur „potentiellen Einschluß aller Glieder des Leibes in seinem Erstling" berücksichtige. Entsprechend seiner allgemeinen Tendenz, die real-äußerliche Verwirklichung des Heils so weit wie möglich schon als präsent zu erweisen, meint Markell hier im Gegenteil, daß unsere Auferweckung schon wirklich zu werden beginnt. Wie sonst könnte er sa-

162

Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

chen Text- und Gedankenstrukturen keine Abhängigkeit Markells von der Gnosis, gegen die er übrigens sonst immer polemisiert, begründen.

XI. Markeil als Katalysator der Christologie des Apolinarius von Laodizäa (Reinhard M. Hühnerf In anderen Arbeiten macht Hübner das Verhältnis von Markeil zu Apolinarius von Laodizäa zum Gegenstand der Untersuchung. Zusammen mit Tetz versteht Hübner die Christologie des Apolinarius von Laodizäaa als Reaktion auf die Theologie Markells und Photins von Sirmium. 2 Im Rahmen des Beitrages in der Festschrift für Wilhelm Breuning konfrontiert Hübner die Trinitätslehre und Christologie Markells mit der Christologie des Apolinarius. Sowohl Markell als auch Apolinarius stünden beide „auf demselben nizänischen Fundament". Dennoch gehen die Entwürfe beider Theologen weit auseinander: „ U b e r z e u g t , daß nur der eine G o t t den Menschen retten könne, entwirft M a r kell seine Trinitätslehre, u m den christlichen M o n o t h e i s m u s mit der E r l ö s u n g durch den Mensch gewordenen L o g o s zu verbinden. Dieser Entwurf fällt so aus, daß das Ergebnis in den A u g e n des Apollinaris die Ausgangsbasis zerstört. D i e K o n s e q u e n z einer nach seinem Urteil ,judaisierenden' Gotteslehre ist eine

1

2

gen, daß wir jetzt schon diejenigen Namen (Kinder Gottes, Götter) erlangt haben, die der Leib Christi bei seiner Erhöhung erhielt? Markell ordnet natürlich Christi Auferweckung (πρώτον) und unsere hintereinander (μετα ταύτα). Letztere hat aber schon mit Christi Auferweckung begonnen. Dasselbe Verhältnis zeigt sich in Markells Auslegung von Prov 8,22 und 25. Mit der neuen Schöpfung wird die Kirche zuerst (πρότερον) geschaffen, danach (μετά ταΰτα) wird sie geboren, nämlich aus Gott, d. h. aus dem Geist in der Taufe (vgl. den ganzen Zusammenhang in De incarnatione et contra Arianos Kapp. 12f: PG 26, 1004 C 12 -1005 Β 27). Auch diese Geistgeburt befindet sich ja jetzt schon in Realisation. In seiner 1989 veröffentlichen Habilitationsschrift von 1976 (Die Schrift des Apolinarius von Laodicea gegen Photin [Pseudo-Athanasius, Contra Sabellianos] und Basilius von Caesarea, PTS 30) überprüft Hübner auf den Seiten 128-162 mit schließlich negativem Ergebnis die Möglichkeit, ob der judaisierende Gegner dieses ,bis jetzt in PG 28 schlummernden' (a.a.O. VII) Pseud-Athanasianum Markell von Ankyra sein könnte. Zu diesem Zweck bietet Hübner keine Darstellung der Lehre Markells (vgl. 128). Tetz, Markell II, 40f. - Hübner, Soteriologie, Trinität, Christologie. Von Markell von Ankyra zu Apollinaris von Laodicea, in: Im Gespräch mit dem dreieinen Gott. Elemente einer trinitarischen Theologie. Festschrift zum 65. Geburtstag von Wilhelm Breuning, hrsgg. von Michael Böhnke und Hanspeter Heinz, 1985, 175-196; ders., Rezension zu Grillmeier, Jesus der Christus im Glauben der Kirche, Bd. I, 1979, ThPh 56(1981) 268-274; ders., Der Gott der Kirchenväter und der Gott der Bibel. Zur Frage der Hellenisierung des Christentums, Eichstätter Hochschulreden 16, München 1979, 17.

X I . Markell und Apolinarius von Laodizäa

163

,judaisierende' Christologie. 3 Der Satz, daß Christus der Erlöser ist, kann nur aufrechterhalten werden, wenn eine seinsmäßige Differenz in Gott zugestanden wird. Gerade weil Apollinaris auf demselben nizänischen Boden steht wie Markell, hat er scharf die Konsequenz des markellischen Systems erfaßt. Seine eigene Christologie ist der Versuch, die Basis von Nicea neu zu begründen. Die Trinitätslehre Markells und die Christologie des Apollinaris haben also ihren Ursprung im selben soteriologischen Interesse. Die christologische Frage im eigentlichen Sinn wird durch die Aporien einer Trinitätslehre hervorgerufen." 4 H ü b n e r umreißt Markells „Trinitätstheologie" mit wenigen Strichen so: „Sein Ausgangspunkt und sein Ziel ist es, die Einheit und Einzigkeit Gottes zu wahren, weil nur Gott Erlöser sein kann . . . (Die Begründung findet sich vor allem in Fragment 76). Zur Lösung des mit der Inkarnation aufgegebenen Problems schlägt er eine energetische, sich in der Ökonomie (oder in den Ökonomien) vollziehende Explikation der göttlichen Monas zur Trias vor. Die Sonderung des Logos vom Vater (und des Geistes von Vater und Sohn) erfolgt nur in der Aktivität, nicht im Sein. Das göttliche Sein der Monas bewahrt seine ungebrochene Identität. Die ,Sonderung' ist also nur Anschein. Diese Lösung (einer Sonderung allein in der Aktivität) bringt ihn ins christologische Dilemma. Es gibt, genau betrachtet, keinen seinsmäßigen Bezug zwischen Logos und angenommenem Menschen. Das in der Erlösungsökonomie handelnde Subjekt ist eigentlich das Produkt der tätigen Energie des Gott-Logos, der Mensch, von dem allein Werden und Vergehen, Anfang und Ende ausgesagt werden können. Damit zerstört Markell seine eigene Ausgangsbasis für die Verteidigung der Gottheit Christi, die in Frg 76 erkennbar ist: Christus ist Gott, weil er erlöst.5 Daß dem Markell die christologischen Konsequenzen seiner Trinitätstheologie zum Bewußtsein gekommen wären, ist nicht erkennbar. Das offenkundige Schwanken zwischen dem Logos, dem inkarnierten Logos und dem angenommenen Menschen als dem Subjekt der (erlösenden) Ökonomie macht deutlich, daß er seine Reflexion über diese Frage nicht vorangetrieben hat . . . Eben hier hat sehr bald und unnachgiebig Apollinaris von Laodicea eingehakt."6

3 4 5

6

Soteriologie.Trinität. Christologie, 177. A.a.O. 178. Unbestritten ist die Theologie Markells soteriologisch ausgerichtet. Es entspricht jedoch nicht exakt den Quellen, wenn Hübner (Soteriologie.Trinität.Christologie, 179.190) insbesondere an Frg 97(76,67): 200,25 - 201,2 den Eindruck erweckt, als ob Markell aus Gottes Heilswirken auf dessen Einheit zurückschließt. In Frg 97 setzt Markell mit dem Zitat von Jes 45,21: „Außer mir ist kein Gerechter und Erlöser" den einen Gott voraus und folgert dann aus Jes 45,21 unter Verwendung der Prädikate „Gerechter" und „Erlöser", daß die Existenz zweier Götter unmöglich ist: denn dann wäre der zweite kein Gerechter oder Erlöser und somit auch kein Gott (200,3436 Klostermann). Die Prämisse ist nicht der Erlöser-, sondern der Gottesbegriff. Soteriologie.Trinität.Christologie, 190.

164

Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

Hübner hat mit der Frage nach der Einheit Gottes in ihrer Relation zum inkarnatorischen Subjekt zweifellos ein Grundproblem der Theologie Markells fixiert. Im Blick darauf vollzieht sich in der Auseinandersetzung um die Theologie Markells die Wende von der trinitarischen Diskussion zur christologischen.7 In einem ersten Argumentationsgang8 führt Hübner aus, wie Markeil eine Trinitätslehre denke, „in der die beiden Aussagen: daß nur der eine Gott Erlöser ist und daß die Erlösung durch den inkarnierten Sohn erfolgt, so verbunden sind, daß Sohn und Vater in der Fleischwerdung nicht in zwei göttliche Hypostasen auseinandergerissen werden."9 Hübner trifft hier zunächst eine Unterscheidung, die von den Quellen her nicht begründet werden kann: diejenige zwischen δύναμις als „des Inhaltes des göttlichen Seins" einerseits und von δύναμις in Gegenüberstellung zu ενέργεια andererseits.10 Letzteres Begriffspaar biete Markell „dann die rationale Möglichkeit, von einer Ausweitung der im Sein ungeteilten μονάς zur τριάς zu sprechen, also eine Trinitätslehre zu begründen."11 Obwohl Hübner an einer Stelle vom Ενεργεία-^«« im Gegenüber zum Δυνάμει-Sein des Logos spricht,12 versucht er mit Hilfe einer bei Methodius gebrauchten Wendung einer Trennung durch Einwirkung (χωρίζεσθαι ενεργεία)13 zu beweisen, daß der ένεργεία hervorgegangene Logos „keine eigene Existenzform habe", bzw. „sich nicht in einem eigenen Sein" manifestiere: „der energetische Hervorgang oder die Aktivität ist also nicht eine Existenzform des ewigen Logos selbst (der als solcher in keiner Weise vom ewigen Vater abgesondert werden kann), sondern bringt (nur) ein Gewirktes hervor: die Welt, die Inkarnation, die Heiligung des Menschen."14 Richtig ist die in demselben Zusammenhang von Hübner gemachte Bemerkung, daß auch der hervorgegangene und inkarnierte Logos nach Markell mit dem Vater hypostatisch geeint bleibt. Ebenso zutreffend ist es, daß der ένεργεία getrennte Logos keine andere oder zweite Subsistenz außerhalb des Vaters gewinnt. Unrichtig ist es jedoch, daraus zu folgern, daß der ενεργεία, hervorgegangene Logos kein eigenes Sein habe. Er besitzt als in tätiger Wirksamkeit Hervorgegan-

7 8 9

10 11

13

14

Vgl. dazu auch Hübner, Die Schrift des Apolinarius gegen Photin, 286. Soteriologie.Trinität.Christologie, 189-184. A.a.O. 180. Dies gilt allerdings auch im Blick auf die Schöpfung (vgl. a.a.O. 181183]). A.a.O. 181. A.a.O. 181f. A.a.O. 182 (Hervorhebung von mir); vgl. 187. Hier liegt jedoch keine Parallele zwischen Methodius und Markell vor; vgl. dazu unten 472f. Soteriologie.Trinität.Christologie, 184.

XI. Markell und Apolinarius von Laodizäa

165

gener dasselbe Sein wie als δυνάμει gleichzeitig im Vater bleibender Logos, weil er ein und derselbe Logos ist.15 Zu dieser Mißinterpretation gesellt sich eine zweite, deren Aufdeckung durch den ständigen Gebrauch des Substantivs „Sonderung" und des Verbs „sondern" vonseiten Hübners erschwert wird. 16 Hübner übersetzt damit Markellisches διαιρεΐν, χωρίζειν und μερίζειν. Dort, wo Markell diese Verben gebraucht und also von einer Trennung oder Teilung Gottes spricht (die freilich nur in der Tätigkeit oder dem Anschein nach geschieht), wird von Markell schon überall der dreifach in sich differenzierte Gott vorausgesetzt. Die Ausdehnung der μονάς zur τριάς bedeutet nach Markell nicht die Selbstdifferenzierung Gottes in Vater, Sohn und Geist (diese konstituieren vielmehr den εις θεός bzw. die μονάς), sondern eine durch den Ausgang des Logos vom Vater und des Geistes vom Vater und vom Logos erscheinende Gestalt Gottes, der jedoch immer die ungetrennte aber nicht undifferenzierte Monade zugrunde liegt.17 Aufgrund dieser Sachlage steht für Markell bei der Gegenüberstellung des Δυνάμει- bzw. Ένεργεία-Seins des Logos die „Eigenexistenz" des Logos überhaupt nicht zur Debatte. Insofern der Logos eine solche besitzt, besitzt er sie in ewiger Differenziertheit von Vater und Geist. Daher geht das, was Hübner in einem zweiten Argumentationsgang zur Christologie Markells bemerkt, von einer falschen Voraussetzung aus.18 Mit dieser Feststellung wird aber wiederum von uns nicht ausgeschlossen, daß Hübner mit seiner Frage nach dem Subjekt der Inkarnation bei Markell eine entscheidende Problematik anschneidet. Aufgrund seines den Texten u. E. jedoch unangemessenen Urteils über das „Nicht-Sein" des ενεργεία getrennten Logos schreibt Hübner: „Nach dem bisher Gesagten und rein systematisch betrachtet, kann dieses Verhältnis (seil, des Logos zum angenommenen Menschen) eigentlich nur energetisch, nicht aber seinsmäßig sein."19 Diese Behauptung vom Fehlen eines „seinshaften (seinsmäßigen) Bezuges" bzw. einer „seinsmäßigen Einheit" zwischen dem Logos und dem angenommenen Menschen 20 versucht Hübner mit folgenden Argumenten zu stützen: (1) Markells „ohne erkennbare Hemmungen" gemachten Aussagen „vom menschwerdenden Logos" und seine Rede vom Logos als handelndem Subjekt der Ökonomie seien „eher traditionellefn] Sprache" und deswegen von 15 16 17 18 19 20

Siehe unten 364f. Soteriologie.Trinität.Christologie, 181-190. Siehe dazu unten 331-333.468.505-507. Soteriologie.Trinität.Christologie, 184-190. A.a.O. 184f. A.a.O. 185.189f.

166

Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

Markell gebraucht, „weil die Ökonomie der Erlösung eben ein göttliches Subjekt verlangt." Hübner interpretiert dies so, daß Markell die „Theorie von der [rein] energetischen Ausweitung der μονάς, die ersonnen wurde, um die erlösende Gottheit hypostatisch nicht zu trennen,... nicht erkennbar berücksichtigt." 21 Korrekt ist der Hinweis, daß die Rede Markells von der energetischen Ausweitung der Gottheit gegen eine Lehre „eine[r] hypostatischefn] Differenzierung in Gott" 2 2 gerichtet ist. Unangemessen ist es jedoch, aus der Tatsache, daß Markell „mit Vorzug vom Logos oder vom mit dem menschlichen Fleisch geeinten Logos" 2 3 redet, eine Unausgeglichenheit zur Konzeption der energetischen Ausweitung der Gottheit zu konstruieren. Dies ist deshalb unmöglich, weil der inkarnierte und ενεργεία vom Vater getrennt wirkende Logos sein ganzes „Sein" besitzt. (2) Anschließend wendet sich Hübner denjenigen Fragmenten 24 zu, die von Anfang und Ende der Königsherrschaft Jesu Christi handeln, und schreibt: „Der hier entscheidende Satz lautet: ,Also scheint er (der Logos) im Wirken allein wegen des Fleisches so lange vom Vater getrennt zu sein, bis der heranrückende Zeitpunkt des Gerichts erscheint . . . < 2 5 Es sieht so aus, als sei die Sonderung ,im Wirken' eine Existenzform des Logos selbst. Doch diese Interpretation ist nicht möglich, weil das Wirken einen Anfang und ein Ende hat . . . , der Logos selbst aber ewig ist und keiner Änderung unterliegt. Die ένέργεια des Logos ist (δυνάμει betrachtet) die ενέργεια Gottes! Deswegen kann gesagt werden, daß der Logos zum König einsetzt, daß Gott zum König einsetzt, und ebenso, daß dies durch die δύναμις des Logos erfolgt. 26 Also ist die Sonderung des Logos vom Vater eigentlich nur Anschein, 27 wirklich gesondert' ist nur das Objekt der ενέργεια." Hierzu ist zu bemerken: Hübner stellt nicht in Rechnung, daß der ένεργεία getrennte Logos zugleich der δυνάμει mit Gott geeinte ist. Die Existenzform des ένεργεία μόνη Getrennten ist im Blick auf das Sein oder das Wesen des Logos dieselbe wie die des δυνάμει Geeinten. Der Unterschied erschöpft sich in der Trennung durch die tätige Wirksamkeit. Insofern greift auch das Argument der Ewigkeit und Unveränderlichkeit des Logos nicht: denn das, was sich ändert, ist nicht das Sein des Logos, sondern seine Ruhe (bzw. Vorbereitung), die zur ausführenden Tätigkeit wird. Also ist die Trennung des Logos vom Vater im Blick auf das Sein des Logos (das dieser aber in Ewigkeit als vom Vater differenziertes besitzt) nur Anschein, im Blick auf die Wirksamkeit des Logos aber wirkliche Erscheinung. 28 Die Folgerung Hübners: „ . . . wirklich ,gesondert' ist nur das Objekt der ενέργεια" ist daher unhaltbar. An anderer Stelle formuliert Hübner dasselbe 21 22 23 24 25 26

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A.a.O. 186. A.a.O. 187. A.a.O. 186; vgl. 188. Frgg 99-105(111-117,100-104). Frg 104(116,103): 209,27-39. Hübner verweist auf die Frgg 101(113,100): 209,9; 103(115,102): 209,22f.25f; 105(117,104): 210,26f. Hierzu bemerkt Hübner in Anmerkung 184, daß in Frg 104(116,103): 209,28: φαίνομαι + Infinitiv, nicht Partizip, stehe. D a s „φαίνεται" in Frg 104(116,103): 209,28 muß in diesem Sinne verstanden werden.

XI. Markell und Apolinarius von Laodizäa

167

auf eine solche Weise, daß er seine „systematische" Betrachtungsweise mit „Markells systematische[m] Ansatz" gleichsetzt: „Da der Logos als solcher zusammen mit dem Vater ewiger Allherrscher ist und niemals einen Anfang und ein Ende der Herrschaft empfängt, ist das die Herrschaft beginnende und endigende Subjekt der ,um des Fleisches willen allein im Wirken (und nicht in der Hypostase) vom Vater gesonderte Logos', das heißt - systematisch gesehen - letztlich nur das Produkt der Energie des Logos, nämlich der ,früher vom Teufel getäuschte Mensch', der durch die δύναμις des Logos die Herrschaft über den alten Widersacher erlangt. Markells systematischer Ansatz führt zwangsläufig zu dem Ergebnis, das er sicherlich nicht intendierte."29 (3) Schließlich versucht Hübner, seine Ansicht vom Fehlen eines „seinsmäßigen Bezugfes] zwischen dem Logos und dem angenommenen Menschen"30 mit Markells Lehre vom eschatologischen Ende der Verbindung des Logos mit dem individuellen angenommenen Menschen und dem entsprechenden Ende des energetischen Hervorganges des Logos zu untermauern:31 „Auch daraus ergibt sich, daß keine seinsmäßige Einheit zwischen Logos und angenommenem Menschen besteht, denn das, was das Sein des Gott-Logos betrifft, ist ewig und kann kein Ende haben."32 Hier unterläuft Hübner unter der Hand eine Verschiebung der Argumentation. Hatte er bisher ausgesagt, daß der im energetischen Hervorgang den Menschen annehmende Logos eine eigene „Seinshaftigkeit" besitzen müsse, damit ein „seinsmäßiger Bezug" entstünde, geht es ihm jetzt um die „Einheitlichkeit" des Seins von Logos und angenommenem Menschen. Beide Gedanken müssen jedoch unterschieden werden. Denn der energetisch hervorgegangene Logos besitzt aufgrund seiner „Seinshaftigkeit" einen „seinsmäßigen Bezug" zu dem angenommenen Menschen, ohne daß er eine einheitliche Person oder ein einheitliches Wesen mit ihm würde. Doch kann auch im Blick auf den zweiten Gedanken, d.h. die inkarnatorische Einheit, nicht das von Euseb von Caesarea übernommene Urteil Hübners aufrechterhalten bleiben, nach dem das menschliche Fleisch Christi zum Logos „in keiner engeren Beziehung als die übrigen Produkte seines Wirkens" stünde.33 Obwohl Markell tatsächlich die Christologie mit der Ekklesiologie überdeckt, träfe dies erst für den eschatologischen Zustand der Schöpfung zu. Ist somit die These Hübners von dem Fehlen eines „seinsmäßigen Bezuges" des Logos zum angenommenen Menschen während der Inkarnationsökonomie widerlegt, dann muß auch die dieser folgende, eingangs genannte, zumindest modifiziert werden, nach der „das in der Erlösungsökonomie handelnde Subjekt . . . eigentlich . . . der 29 30 31 32 33

Soteriologie.Trinität.Christologie, 188f. A.a.O. 189. Vgl. dazu unten 426-428. Soteriologie.Trinität.Christologie, 190. A.a.O. 189. Daselbe gilt für die Worte (ebd.): „Die Rede von der Vereinigung oder Verbindung des Menschen mit dem Logos erweist sich als Metapher für das eigentliche Verhältnis von Urheber und Verursachtem."

168

Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

Mensch" 34 sei. In der Tat gewinnt bei Markeil der angenommene Mensch, ja sogar der Mensch im allgemeinen Sinne, durch die vielfältigen Begabungen des Logos teil an der Soteriologie. 35 Verursacher und Wirker solcher Befähigung des Menschen ist aber immer Gott durch seinen Logos. Daraus folgt, daß bei Markeil im wesentlichen Gott durch seinen Logos der in der Erlösungsökonomie Handelnde ist.36 So entspricht es nicht Markells eigener Meinung, wenn ihm vorgeworfen wurde, „den auf der Erde erschienenen Erlöser für einen Menschen von der Erde zu erklären." 37

XII. Markeil im Rahmen neuerer Dogmengeschichten Monographien und dogmengeschichtlicher a) Manlio Simonetti In seiner großen Darstellung der Theologiegeschichte des 4. Jahrhunderts hält Simonetti an seinem früheren negativen Urteil über die Erweiterungen der Markell-Quellen fest. 1 Dogmengeschichtlich weist Simonetti Markeil in der Folge von Loofs seinen Ort in der asiatischen Theologie mit ihrem „ökonomischen Monarchianismus" 2 an: „Im Wesentlichen trifft man via Markeil auf eine bemerkenswerte Kontinuität zwischen Photin und Paul von Samosata." 3 Folgende - zumeist aus der klassischen Forschung übernommene - Aspekte der Theologie Markells stellt Simonetti fest: (1) V o r d e r I n k a r n a t i o n sei d e r L o g o s n u r L o g o s u n d n i c h t s c h o n S o h n . 4 F a l l s d i e s e r N a m e d o c h g e l e g e n t l i c h f ü r d e n N i c h t i n k a r n i e r t e n a u f t a u c h e , sei d i e s ein Z u g e s t ä n d n i s a n eine m e n s c h l i c h e B e t r a c h t u n g s w e i s e d e r g ö t t l i c h e n D i n g e . 5 D i e i n k a r n a t o r i s c h e n N a m e n seien a u f d e n M e n s c h e n b e z o g e n . 6 (2) D i e w a h r e Z e u g u n g d e s L o g o s sei d i e i n k a r n a t o r i s c h e . 7 34 35

36

37 1 2 3 4 5

6 7

A.a.O. 190; vgl. 177f.186-189.191. Frgg 81(108,97),105(117,104): 210,26-28; Frg 101(113,100); vgl. Hübner, a.a.O. 186188. - Siehe unten 423f.498f. Hübner unterscheidet (a.a.O. 186) den mit dem menschlichen Fleisch geeinten L o g o s als ein zweites Subjekt v o m nichtinkarnierten, was nicht Markell entspricht. A.a.O. 177; vgl. 191-194. L a crisi ariana nel IV secolo. Studia Ephemeridis „Augustianum" Bd. 11, R o m 1975. L a crisi ariana, 66.131; vgl. 70f.l74. A.a.O. 206. A.a.O. 58.148.173.180, 191 Anm. 74, 205.260. A.a.O. 68 mit Anm. 85, in der Simonetti Frg 38(20,17) und 66(36,31) als Belege heranzieht. A.a.O. 69. A.a.O. 68f.93.148f. 180.191 mit Anm. 47. Simonetti versucht, dies mit den Frgg 71 (33,28) und 123(32,37) zu belegen.

XII. Markell im Rahmen neuerer Dogmengeschichten

169

(3) Das Begriffspaar δυνάμει - ενεργεία8 beschreibe den Logos „in potenza" bzw. „in atto" und sei Aufnahme der apologetischen Unterscheidung des λόγος ένδιάθετος und προφορικός.9 (4) Der Logos und der Geist seien nur eine Wirkkraft (facoltä operativa) Gottes, ohne wirkliche Subsistenz (priva di reale sussistenza / oder: di sussistenza personale). 10 Als spezifischen Beitrag steuert Simonetti die These bei, (5) daß die Ausdehnung der göttlichen Monas nur inkarnatorisch und nicht beim Hervorgang des Logos zur Schöpfung stattfinde. 11 Alle genannten Punkte sind in ihrer angeführten Form nicht aufrechtzuerhalten. Punkt (3) wäre Markell angemessen, wenn die Wendungen „in potenza" / „in atto" ohne eine Nebenbedeutung von „potentiell" / „aktuell" gemeint sind und auf das Begriffspaar λογ. ένδ. und προφ. zur Erklärung verzichtet wird. Punkt (4) wäre dann richtig, wenn Simonetti den Logos als zweites göttliches Subjekt ausschließen möchte. Meint er aber mit „wirklicher Subsistenz" das „reale Sein" des Logos, dann ist ihm zu widersprechen. Weitere Ausführungen Simonettis: die Epistula ad Iulium und das westliche Bekenntnis von Serdika gebrauchten Sohn und Logos unterschiedslos und lehrten kein Ende der Existenz des Sohnes (Ep. ad Iulium) bzw. die Hypothesenhaftigkeit von Markells hierhergehörigen Ausführungen. 12 Gegen Loofs glaubt Simonetti, daß Serdika nur geringen markellischen Einfluß zeige; die dortiige Unterscheidung von μονογενής und πρωτότοκος rühre von Athanasius her.1 Markell habe das Wort μονογενής vermieden, „vielleicht, weil es ihm nicht gelang, es in sein System zu integrieren." 14 Trotz der Korrekturbedürftigkeit auch dieser Ausführungen ist Simonetti zuzustimmen, daß Markell durch seine Auslegung von Prov 8, 22-25 u. Kol 1,15 auf Athanasius wirkte 15 und daß sich seine Theologie erheblich von derjenigen des Eustathius von Antiochien unterscheidet. 16 b) Alois Grillmeier Grillmeier behandelt in seiner monumentalen Christologiegeschichte „Jesus der Christus im Glauben der Kirche, Bd. I, Freiburg/Basel/Wien 1982 2 " Markell, Eustathius (und Aphrahat) gemeinsam im Anschluß an die Darstellung des Konzils von Nizäa. „Wir fragen nun diese beiden Nicaener (seil. Markell und Eustathius), wie 8

9 10 11 12 13 14 15 16

Simonetti (a.a.O. 93 mit Anm. 50) läßt offen, wie das Verhältnis der Verwendungen des Begriffspaares bei Markell und bei Konstantin in Nizäa zu bestimmen ist. A.a.O. 67f, 93 Anm. 50; vgl. 204. A.a.O. 68 mit Anm. 78, 69 Anm. 89, 132.179f.260. A.a.O. 69 mit Anm. 89. A.a.O. 148f.l73f. A.a.O. 187 mit Anm. 65. A.a.O. 70, Anm. 91. A.a.O. 278. A.a.O. 71f.

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Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

weit eine nicaenische Sohn-Logos-Lehre für sie zu einem Ausgangspunkt für eine neue Deutung der Inkarnation geworden ist." Grillmeier findet bei beiden Nizänern noch kein „geklärtes Verständnis des Nicaenum": 1 7 „Also zunächst mehr Anti-Arianismus als Nicaenismus." Grillmeier versteht unter „Nicaenismus" an dieser Stelle diejenige Aufnahme des Nicaenum, die unter Athanasius in den 50-ziger Jahren des 4. Jh. einsetzte. Grillmeier gliedert seine Ausführungen über Markeil in einen ersten Abschnitt („Der nicaenische Logostheologe im Streit der Parteien"), der wiederum (ohne Überschriften) zerfällt in die Teile: Konzeption, Methode, O r t Markells zwischen den Parteien und Einheit, Unteilbarkeit und Unterscheidbarkeit Gottes. Der zweite Abschnitt („Die neue Ökonomie dem Fleische nach") befaßt sich hauptsächlich mit Grillmeiers eigentlichem Thema, der Christologie: Das Verhältnis von Gott in der Einheit von Vater, L o g o s und Pneuma zur O i k o nomia; Die typisch marcellianischen Akzente in der Inkarnationslehre; Der κυριακός άνθρωπος; Ekklesiologie und Eschatologie.

(1) Der nicaenische Logostheologe im Streit der Parteien Grillmeier rezipiert hier in der Hauptsache die schon dargestellte von uns eingeschränkte - These von Tetz, daß Markell weitgehend von der Regula fidei und der allgemeinen Glaubenstradition abhängig sei (Ansatz zum expliziten Väterbeweis), 18 ohne die Schriftexegese zu vernachlässigen. Ferner weist Grillmeier neben weiteren Bezügen, Wirkungen und Gegnerschaften auf die Abhängigkeit des Athanasius (Zahn, Simonetti, Tetz) und Gregors von Nyssa (Hübner) 19 von Markell hin sowie auf die Frontstellung Markells sowohl zu den Arianern als auch zu Apolinarius von Laodizäa und Basilius von Caesarea. 20 Zum Punkt „Einheit, Unteilbarkeit und Unterscheidbarkeit Gottes" 2 1 ist Grillmeiers richtige Grundaussage diejenige, daß Markell Vater, Sohn (Logos-Sohn) und das Pneuma in den είς θεός bzw. in die Monade der Gottheit „strikt" mithineinnehme.22 Markell lege dem Logos Epitheta bei (z.B. αναρχος), die seine Gegner „strictissime" Gottvater vorbehielten. 23 Vater, Sohn und Heiliger Geist sind

17

18 19 20 21 22 23

Jesus der Christus, Bd. I, 414. Grillmeier betont (a.a.O. 415 Anm. 1 und 417 Anm. 14), daß er wichtige Hinweise zu Markell Martin Tetz verdankt. U n d setzt hinzu: „ D a s C o r p u s Marcellianum hat . . . jetzt wichtige Ergänzungen erhalten. Seine Absicherung und Deutung erfordern noch weitere Arbeit." A.a.O. 415f; vgl. oben 77-82.126-137.140-142. A.a.O. 416f. 439. A.a.O. 416.417 mit Anm. 14. A.a.O. 418-422. A.a.O. 418f. A.a.O. 419; vgl. Epistula ad Liberium § 2: 152,8 Tetz, Markell III.

XII. Markell im Rahmen neuerer Dogmengeschichten

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der θεός παντοκράτωρ.24 Im Blick auf die Unterscheidbarkeit Gottes formuliert Grillmeier: „Weil er immer von der einen Pneuma-Ousia, der einen Gottheit, her denkt, kann er nur schwer eine Unterscheidung innerhalb der Trias-Monas begründen." 25 Gegen Loofs versteht Grillmeier Markell richtig so, daß er auch den Geist als ewig in Gott unterschiedene Größe auffaßte.26 (2) „Die neue Oikonomia dem Fleische nach,,27 Grillmeier übernimmt den Begriff inkorrekt auch als trinitarischen.28 Gegen Loofs 29 lehnt er zutreffend die Rede von einer dritten Ökonomie als der „Geist-Oikonomia" in dem Sinne ab, daß diese die zweite ablöse, führt jedoch eine neue, ins Ekklesiologische gehende Vorstellung dafür ein: Indem aber die Apostel - nach der Erhöhung des Herrn - mit der ganzen Kirche Träger des Geistes sind, hebt sich so etwas wie eine ,dritte', eine ,Oikonomia des Geistes ab', die aber nie verselbständigt wird." 30 Dafür gibt es jedoch keinen Anhalt an den Texten. Um das Verhältnis von Gott in der Einheit von Vater, Logos und Pneuma zur Oikonomia 31 sowie Markells Inkarnationsverständnis abzuleiten, sei nach Grillmeier von Markells Unterscheidung von Dynamis und Energeia auszugehen. Ohne darauf hinzuweisen, vermischt Grillmeier dabei die Deutungen, die Zahn/Tetz einerseits und Hübner andererseits diesem Doppelkonzept gegeben haben. Obwohl Grillmeier ein Verständnis potentiell/aktuell ausschließt, verweist er gleichzeitig ohne Kommentar auf Hübner, der ersteres nicht gänzlich eliminiert.32 Ferner kann Grillmeier im Blick auf die inkarnatorischen Differenzen von Dynamis und Energeia einerseits formulieren: „Der Logos Gottes aber wird zum Subjekt der Menschwerdung, indem er mit seiner ,handelnden Wirkkraft' (ενέργεια δραστική) auf das Fleisch hin aktiv wird"; 33 und: „Es handelt sich also nicht bloß um eine Einwohnung, sondern um ein schöpferisches Tätigwerden in der Annahme des Leibes oder Fleisches."34 Andererseits übersetzt Grillmeier in den Frgg 73(71,62), 109(121,108) und 105(117,104) die Worte ενεργεία μόνη bzw. ενεργεία δραστική („nur in der 24 25

26 27 28 29 30 31 32 33 34

Jesus der Christus, Bd. I, 420. A.a.O. 421. Grillmeier schließt exakt für Markell Sabellianismus, „Judaismus" und die Konzeption des λόγος ένδιάθετος - λόγος προφορικός aus. A.a.O. 42If. A.a.O. 422f. Siehe dazu unten 312-317. Vgl. oben 44-47. Jesus der Christus, Bd. I, 423. A.a.O. 424.426. A.a.O. 424 Anm. 55; vgl. oben 148f; 161 mit Anm. 67 A.a.O. 424. A.a.O. 425.

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Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

Wirksamkeit"/„in tätiger Wirksamkeit" ) nicht instrumental, sondern ungenau prädikativ („als wirkende Kraft"). 35 Dadurch tendiert Grillmeier in die Richtung Hübners (und des Euseb von Caesarea), nach denen der Logos Markells nicht in seiner Seinshaftigkeit, sondern nur in seiner Aktivität inkarniert sei.

An dieser Stelle ist noch zu bemerken, daß für Markell οικονομία ein exklusiv christologischer Begriff ist. Die Bezeichnung „ökonomische Trinität" 36 ist daher ein äquivoker Gebrauch. Noch in diesem Abschnitt erwähnt Grillmeier anhand des Begriffs είκών „als zentrales christologisches Prinzip Marcells" 37 die Unterscheidung zwischen dem Logos als Logos und dem Fleisch Christi. Anschließend wendet sich Grillmeier den typisch marcellianischen Akzenten, insbesondere dem Terminus κυριακός άνθρωπος 38 zu. „Die Inkarnationslehre Marcells ist den Arianern gegenüber durchgehend von der Absicht bestimmt, die christologischen Hoheitsaussagen dem Logos, die Niedrigkeitsprädikate dagegen dem „Menschen" oder dem „Fleisch" zuzuteilen." 3 Besonders Markells Auslegung von Mt 26,39.41, 40 bei der Markell zwei Willen 41 im Menschgewordenen unterscheidet (den menschlichen des Fleisches und den Gottes), hebt Grillmeier als „erste(n) Ansatz einer nicaenischen christologischen Anthropologie", als „ein(en) neuer(n) Schritt Marcells in der Christologie" hervor: „Um die Belastung des Logos durch die Olbergangst arianischer Beweisführung zu entziehen, stellt er dem göttlichen Logoswillen den menschlichen Fleischeswillen in Christus gegenüber. Damit scheinen schon die Anfänge einer Wort-Mensch-Christologie eingeleitet zu sein." 42 So sehr Grillmeier zuzustimmen ist, daß wir bei Markell auf eine „deutliche Unterscheidungs-Christologie" stoßen, „die auf das Wort-Mensch-Schema hinweist", so unhaltbar ist es, wenn Grillmeier die Motivation Markells dafür nur darin findet, „vom Logos alle Niedrigkeitsaussagen fernzuhalten und sie der angenommenen Menschheit zuzuteilen . . . " 4 3 Diese unvollständige Beschreibung der Bemühung Markells, die für sich natürlich korrekt ist, unterschlägt die viel bemerkenswertere Tatsache, daß Markell zugleich soweit wie 35 36 37 38 39

40 41 42 43

A.a.O. 425.433.435 (vgl. 198,21; 210,15; 212,10 Klostermann). Jesus der Christus, Bd. I, 424; vgl. unten 313f. A.a.O. 425. A.a.O. 426-432. A.a.O. 426; vgl. 425, 428 Anm. 74, 429.440. Texte: De incarnatione et contra Arianos Kap. 21: PG 26, 1024 A 9-14 und Epistula ad Liberium § 5: 152,18-20 Tetz, Markell III. Vgl. Tetz, Markell I, 247-249 und oben 103. De incarnatione et contra Arianos Kap. 21: PG 26, 1021 Β 10 - C 4. Jesus der Christus, Bd. I, 427. A.a.O. 429.

XII. Markell im Rahmen neuerer Dogmengeschichten

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möglich Hoheitsaussagen dem mit dem Logos vereinten Menschen überträgt. Es ist mir unverständlich, warum Grillmeier gerade bei dem Titel ό κυριακός άνθρωπος, dessen Würdigung sein Verdienst ist, davon keine Notiz nimmt. 44 Jetzt muß auf Grillmeiers nicht ganz korrekte Deutung des Begriffspaares δυνάμει-ένεργεία eingegangen werden. Grillmeier interpretiert unter Anwendung oben aufgezeigter Ubersetzungen von δραστική ενεργεία bzw. ενεργεία μόνη die Inkarnation so, als ob sich der Logos mit seiner Energeia dem Fleische mitteile.*5 Während Markell selbst sagt, daß die Gottheit zur Zeit der Inkarnation in der Wirksamkeit erweitert erscheint,46 formuliert Grillmeier, „daß der Logos als Dynamis in Gott bleibend - ,nur* als Energeia (ενεργεία μόνη) zur Vereinigung mit der Menschheit abgesondert wird (χωρίζει)." 47 Markell erklärt mit der Seinsweise des Logos als des in der Wirksamkeit Getrennten nicht die Bedingung der Möglichkeit der Inkarnation, sondern ,nur' das Moment der inkarnatorisch erscheinenden Zertrenntheit. Mit der Wendung, „daß er (seil. Markell) nicht den Logos als Dynamis, sondern als Energeia mit dem Fleische verbunden sah, meint Grillmeier, daß hier eine gewisse Mediatisierung zwischen Logos und Fleisch eingetreten sei. Denn mit diesem Gedanken möchte er die Tatsache erklären, daß bei Markell die menschliche Seele Christi noch zu keinem „theologischen Faktor" geworden sei. Dies sei eben deswegen unnötig gewesen, weil schon dadurch, daß der Logos nicht als Dynamis, sondern als Energeia mit dem Fleisch verbunden sei, der Logos vor den Niedrigkeitsaussagen bewahrt wurde, und die Einschaltung einer Seele Christi überflüssig gewesen sei. Damit diese Energeia „aber wiederum möglichst unmittelbar und göttlich im Fleische wirksam" würde, dachte er im Logos-Sarx-Schema, „während sein Antiarianismus ein LogosMensch-Schema insinuiert hatte." 48 Festzuhalten ist, daß auch die ένεργεία μόνη ausgedehnte Gottheit und der δραστική ένεργεία getrennte Logos die „volle" Gottheit und der „ganze" Logos sind. Insofern kann dieses Theologumenon Markells nicht im Sinne Grillmeiers zur Erklärung des Fehlens der menschlichen Seele Christi herangezogen werden. Schließlich wendet sich Grillmeier der soteriologischen Verknüpfung von Christologie und Ekklesiologie/Eschatologie bei Markell zu. Grillmeier übernimmt hier die These Hübners von der „Gleichsetzung der Menschheit Christi mit der Kirche als Leib" 50 in D I C A 44

45 46 47 48 49 50

Vgl. a.a.O. 429-432 und oben 82-84; m. E. ist ό κυριακός άνθρωπος nicht von Phil 2,11, sondern von Acta 2,36 abgeleitet. A.a.O. 428. Frg 73(71,62). Jesus der Christus, Bd. I, 434. A.a.O. 428. A.a.O. 432-439; vgl. schon S. 425f. A.a.O. 437; vgl. 426. Grillmeier zitiert a.a.O. 436 De incarnatione et contra Arianos Kap. 20f (PG 26, 1020 A - 1021 Β) in der Übersetzung Hübners, die an einer Stelle

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Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

Kap. 21, die Markeil in den Frgg noch nicht ausgesprochen habe.51 Allerdings faßt er die mit der These Hübners verbundene Behauptung von der „Kaschierung" bzw. „Vertuschung" Markells (Markell habe mit der ekklesiologischen Auslegung der Unterwerfung seine anstößige Lehre vom Ende 52 der Königsherrschaft des Menschgewordenen verheimlicht) positiv als eine Entwicklung, bzw. Präzisierung oder Neuformulierung auf.53 Ferner korrigiert er Hübner darin, daß er gegen diesen richtig festhält, daß Markell nie von einem „Aufgehen des Logos im Vater" gesprochen habe.54 Weiterhin nimmt Grillmeier die These Hübners von der Identifizierung von individuellem Leib des Logos und kirchlichem Leib Christi auf und folgert daraus: „ . . . nun gibt es in alle Ewigkeit den ,Leib Christi'," 55 nämlich die Kirche. Dieser Folgerung widersprechen jedoch Grillmeiers eigene Beobachtungen. Denn er versteht Markell darin durchaus richtig, daß sich nach dem Gericht die „Gesamtmenschheit" 56 der Gemeinschaft mit dem Logos erfreut. Hier hätte eine Heranziehung von I Kor 15,28 (Gott alles in allen[m]) sowie eine Reflexion auf Markells Rede vom Ende der κατα ανθρωπον . . . βασιλεία57 und von der Unterwerfung der Welt58 gänzlich einsichtig gemacht, daß Markell keinen „ewigen Leib Christi" kennen kann. Nach dem Ende aller Soteriologie und aller Vertilgung widergöttlicher Mächte 59 wird es nur noch ein einheitliches Reich6 geben, in dem Gott durch den Logos herrschen wird. 61 Gemäß Markell wird der kirchliche Leib Christi (die Teilherrschaft des Logos) dann aufhören, wenn er die ganze Welt umfaßt und so in die Gesamt-

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korrigiert werden muß (vgl. oben 148) - Eine angemessene Formulierung Grillmeiers (432) ist: „Was der verherrlichte Christus erhält, erhält der Leib, die Kirche." Vgl. oben 146f. Jesus der Christus, Bd. I, 422 spricht Grillmeier nicht dem authentischen Markell entsprechend von der Möglichkeit des „Endes" der Menschheit Christi nach dem Jüngsten Gericht. A.a.O. 433.436. Auch in der Epistula ad Iulium: 215,6-8 liegt keine „Täuschung" vor (vgl. Jesus der Christus, Bd. I, 417, Anm. 4). A.a.O. 437. Ebd. A.a.O. 433 im Zitat von Frg 105(117,104); vgl. 434.437. Frg 105(117,104): 210,2. De incarnatione et contra Arianos, Kap. 20 (PG 26, 1020 A 12f). Frg 109(121,108): 212,6-8. Frg 105(117,104): 210,24f. De incarnatione et contra Arianos, Kap. 20 (PG 26, 1021 A 9). Grillmeier (Jesus der Christus, Bd. I, 437f) macht hier zurecht auf eine Schwierigkeit bei Markell aufmerksam: Wie kann der Logos posteschatologisch „herrschen", wenn er nicht mehr ενεργεία hervorgehen wird?

XII. Markeil im Rahmen neuerer Dogmengeschichten

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herrschaft des einen Gottes aufgeht.62 Abschließend geht Grillmeier noch kurz auf Hübners These von der Abhängigkeit der Soteriologie und Ekklesiologie Markells von der valentinianischen Gnosis und auf Photin von Sirmium63 ein.64 c) Karlmann Beyschlag und Adolf Martin Ritter Beyschlag verbindet in seinem kurzen Eingehen auf Markeil Thesen von Loofs und Hübner mit eigenen Interpretationen. Markell sei zwar ein eigenständiger und neben Athanasius der „einzige bedeutende Theologe der ersten Hälfte des ,Arianischen Streites'" aufgrund seiner ökonomischen Trinitätslehre, die aber als „eine antiarianische Fortbildung der heilsgeschichtlichen Theologie des Irenäus" im 4. Jh. jedoch anachronistisch und hinderlich geworden sei, so daß Markell nur als eine „negativ bedeutsame[n]" Erscheinung gewertet werden könne. Dies insbesondere deswegen, weil seine Zeit „von der ökonomischen' Auffassung längst zur Wesensfrage der Gottheit forgeschritten war." Trotz dieser von den Texten in keiner Weise gedeckten Alternative, schreibt Beyschlag korrekt, daß Markell „aufs stärkste die Wesenseinheit des Logos mit dem Vater" betone. 6 5 Doch kommt es hier nun auf Präzision an. Der Satz „Eine ewige göttliche Wesenstrinität existiert demnach nicht" ist dann für Markell zutreffend, wenn er drei göttliche Usien oder Hypostasen oder Personen Gottes ausschließt. Unhaltbar ist er aber dann, wenn mit ihm

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Grillmeier versucht im Anschluß (a.a.O. 438), die Ablösung der individuellen Menschheit durch die „vom Pneuma erfüllte gerettete Menschheit" im Gefolge von Hübner noch pneumatologisch zu begründen: die Menschheit Christi bleibe nicht die „ewige Quelle und Vermittlerin" des Geistes. Hier ist zunächst festzustellen, daß die Menschheit Christi zwar die Vermittlerin, nicht aber die Quelle des Geistes ist. Richtig ist, daß die Menschheit nach dem Ende nicht mehr „Mittlerin" sein wird. Wer tritt aber dann an ihre Stelle, fragt sich Grillmeier. Die vom Pneuma erfüllte Menschheit? Nach Markell niemand, weil es keiner „Vermittlung" des Geistes mehr bedarf. A.a.O. 438f. „Grillmeier will in der Betonung der kurzen Zeit der Inkarnation einen Berührungspunkt zwischen unserm Text (seil, in der Schrift ,Ad Theopompum' des PseudoGregor Thaumaturgos) und Marceil von Ankyra (Frg 105: 211,7 έν βραχεί τινι χρόνω) sehen" schreibt Luise Abramowski (Die Schrift Gregors des Lehrers „Ad Theopompum" und Philoxenus von Mabbug, ZKG 89[1979] 276 [276.286.288.290]); vgl.· Grillmeier, Jesus der Christus, Bd. I, 276 mit Anm. 18 und 277 Anm. 22. Abramowski verneint eine Abhängigkeit Markells von „Gregor dem Lehrer", d. h. dem Verfasser der Apologie „Ad Theopompum". - Markell bestimmt die Kürze der Ökonomie des Logos zeitlich im Verhältnis zu den vergangenen und zukünftigen Äonen und insbesondere der nahen „Schlußgeschichte" (s. u. 425f); dagegen definiert Gregor sie als Kürze der irdischen Phase der Schmach, des Leidens und des Todes im Verhältnis zur wesenhaften Leidenslosigkeit und Gottheit Gottes (51,1-5 und 54,24-31 Paul de Lagarde, Analecta Syriaca, Leipzig 1858 = Victor Ryssel, Gregorius Thaumaturgus. Sein Leben und seine Schriften. Nebst Uebersetzung zweier bisher unbekannter Schriften Gregors, Leipzig 1880, 79.84). Grundriß der Dogmengeschichte, Bd. I: Gott und Welt, Darmstadt 1988 2 , 282.

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Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

die Existenz Gottes in der ewigen Unterschiedenheit von Vater, Sohn und Geist bei Markeil in Abrede gestellt werden soll, wie es augenscheinlich von Beyschlag intendiert ist. Denn nach seiner Auffassung werde der Logos „erst in der Menschwerdung . . . zum ,Sohn' "66 und verhalte sich der „gottimmanentefn] Logos und seine Inkarnation" zueinander „wie Wesen und Wirkung der Gottheit".67 Auch der durch die tätige Wirksamkeit getrennte Logos sowohl vorinkarnatorisch als auch inkarnatorisch - ist nach Markell „wesentlich" Logos. 68

Hier sieht Ritter schärfer: „Doch ist dieser bis in die Gegenwart hinein immer wieder gegen Markell erhobene Vorwurf (seil, des ,NeoSabellianismus') wohl ebenso unberechtigt wie die (seit Loofs) weitverbreitete Auffassung, Markell habe in der göttlichen τριάς nur eine ,ökonomische', eine für die Zeit der Heilsgeschichte (οικονομία [1. Kor 15]) dauernde Entfaltung der göttlichen μονάς gesehen, zumindest der Differenzierung bedarf. Markell hat sich mit Entschiedenheit von Sabellius distanziert, der zwischen Vater und Logos-Sohn nicht genau genug zu unterscheiden verstehe, und im Gegensatz zu diesem insofern eine Dreiheit in der Gottheit zu wahren gemeint, als er die Einheit von Vater, Logos und Pneuma wie die Einheit einer personalen Größe (als μία υπόστασις bzw. εν πρόσωπον) deutete, einer Person, die mit Logos und Pneuma ausgestattet, von diesen allerdings überhaupt nicht zu ,trennen' ist, ,es sei denn durch die (nach außen tretende) Wirkung aktiver Gestaltung (ή μόνη τη της πράξεως ενεργεία)."69 Dieser Interpretation ist grundsätzlich (wie auch zu den Ausführungen über den Vater-, Pantokrator- und Anarchos-Titel) zuzustimmen.

XIII. Der „Streit der Dionyse" als Teil der Wirkungsgeschichte Markells (Luise Abramowski) Der Aufsatz von Abramowski „Dionys von Rom (f268) und Dionys von Alexandrien (f264/5) in den arianischen Streitigkeiten des 4. Jahrhundert", ZKG 93(1982) 240-272 wird, wenn er rezipiert sein wird, bewirken, daß ein wichtiges Kapitel der klassischen Dogmengeschichtsschreibung neu dargestellt werden muß. Sie stellte nämlich in überzeugender Weise gegen „die gesamte, völlig einhellige For66 67 68

69

Grundriß der Dogmengeschichte, Bd. I, 283. A.a.O. 282. Beyschlag (a.a.O. 280f) ist ferner darin zu korrigieren, daß er „die ,supralapsarische' Ableitung des Heilsratschlusses" erstmals bei Athanasius (Oratio II contra Arianos, Kap. 75) auftauchen sieht. Hier ist Markell der Vorgänger. Dogma und Lehre in der Alten Kirche, in: Handbuch der Dogmen- und Theologiegeschichte Bd. I: Die Lehrentwicklung im Rahmen der Katholizität, hrsg. von Carl Andresen, Göttingen 1982, 159f.

XIV. Kleinere neuere Arbeiten

177

schungsmeinung" 1 die These auf, daß es sich bei den Texten des sogenannten ,Streites der beiden Dionyse' nicht um ein „Vorspiel des arianischen Streites", 2 sondern um ein unmittelbares, 3 Pseudonymes „Nachspiel" auf die Kontroverse zwischen Euseb von Caesarea und Markell von Ankyra handelt, das mit der Absicht fingiert wurde, um zwischen beiden theologischen Extrempositionen durch Kombination der Theologumena beider zu vermitteln. 4 Die schon immer 5 beobachteten terminologischen Verbindungen zwischen „Dionys von R o m " und Markell konnten bisher nicht die merkwürdige Ineinanderarbeitung typisch Markellischer als auch typisch Eusebianischer Konzeptionen erklären, die im Dionyskomplex vorliegt. Mit dieser Entdeckung Abramowskis fällt ein weiteres gewichtiges Moment für die These von der Traditionsgebundenheit Markells fort.6

XIV. Kleinere neuere Arbeiten sowie Bemerkungen (Leslie W. Barnard, C. Riggi, Maurice Wiles, Georg

zu Markell Kretschmar)

Barnard behandelte in zwei in beträchtlichem Ausmaß nahezu identischen Aufsätzen 1 das Verhältnis des Iulius von R o m und der östlichen origenistischen Theologie zu Markell. Barnard charakterisiert Markell als einen „ E r z Intriganten" 2 und „ E r z - O p p o r t u n i s t e n " , 3 der Iulius düpierte und auch in Serdika „sein Mäntelchen in den Wind hängte". 4 Iulius und die Eusebianer, insbe1 2 3

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4

Dionys von Rom (f268), 241. z.B. Harnack, Lehrbuch der Dogmengeschichte, Bd. I, 19805, 767. Terminus ante quem müsse nach Abramowski (Dionys von Rom [f268], 254) Serdika (342) sein, da anschließend „ein solcher Vermittlungsversuch nicht mehr sinnvoll" gewesen sei. A.a.O. 241.243.250-252.254.259. So ζ. B. schon Rettberg, Marcelliana, VIII; vgl. IXf. Rudolf Lorenz (Der zehnte Osterfestbrief des Athanasius von Alexandrien, B Z N W 49 Berlin/New York [1986] 81 Anm. 59) erhebt zwei Bedenken: zum einen ist ihm die von Abramowski auf 339/40 angesetzte Datierung fraglich, zum anderen überhaupt die Argumentation mit theologischer Terminologie im dritten Jahrhundert (Lorenz) für die Chronologie.- Siehe ferner unten 184 Anm. 38. Pope Julius, Marcellus of Ancyra and the Council of Sardica. A Reconsideration, RThAM 78(1971) 69-79; ders. Marcellus of Ancyra and the Eusebians, G O T R 25(1980) 63-76. Bis auf kleinere Abweichungen sind identisch: Pope Julius, 69f („The relationship . . . bis . . . satisfied him") mit Marcellus of Ancyra, 63f („The relation . . . bis . . . satisfied Julius."); Pope Julius, 72-75 mit Marcellus of Ancyra, 64-67 („The charakter of Marcellus . . . bis . . . esse munitum"); Pope Julius, 76f mit Marcellus of Ancyra, 7 l f („No reference was made . . . to the prevailing winds"). Pope Julius, 72. A.a.O. 72; Marcellus of Ancyra, 64.66. Es heißt allerdings a.a.O. 72: „Marcellus was a flexible subtle thinker, as Μ. Tetz has shown, . . . " Pope Julius, 77; Marcellus of Ancyra, 72; vgl. Pope Julius, 78; Marcellus of Ancyra, 67.

178

Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

sondere aber die Verfasser der vierten antiochenischen Formel, seien konziliant eingestellt gewesen, nicht jedoch Markeil und die Verfasser des westlichen Serdicense. Die Theologie Markells zeichnet Barnard mit wenigen Strichen im Anschluß an Pollard. Richtig stellt er fest, daß die Theologie Markells im Zeitraum zwischen Nizäa und Serdika von größerer Bedeutung war, als gewöhnlich angenommenen wird. 5 Ebenso korrekt ist es, die Auslegung von Joh 14,28 im Serdicense (der Name selbst des Vaters ist größer als der Sohn) als Markells Einfluß zu deuten;6 inkorrekt jedoch, die dortigen Ausführungen der Anfangs- und Endlosigkeit des Sohnes als gegen Markeil gerichtet zu betrachten. 7 Schließlich sind die Worte „they are now anxious to modify their accusation against me" eine inexakte Übersetzung der Worte ,,τό έαυτών έγκλημα είς έμέ μετατεθήναι σπουδάζοντες" der Epistula ad Iulium.8 Riggi untersuchte in seinem Beitrag „La διαλογή des Marcelliens dans le Panarion, 72"9 die Haltung des Epiphanius zu Markeil und den Markellianern. Riggi findet im Begriff διαλογή, mit dem Epiphanius das von den Markellianern den Konfessoren in Diocäsarea vorgelegte Bekenntnis bezeichnet,10 den „Schlüssel zum Geheimnis": dieser Begriff bedeute bei Epiphanius eine Rede mit logisch disponiertem und erklärendem Aufbau, ohne Täuschung.11 Aus kirchlicher Strategie im Blick auf die Gegner Markells, nehme er zwar eine polemische Haltung ein, versage sich aber ein Urteil über Markeil, teils, um damit dem sich anpassenden Charakter Markells gerecht zu werden, teils, weil er Markeil persönlich wohlwollend gegenüberstehe. Das zeige sich daran, daß Epiphanius verzichtet habe, solche Dokumente zu zitieren, die für Markeil negativ wären. Der Häresiologe vermeide alle modalistisch-monarchianischen Färbungen. 12 Vielmehr beabsichtige er, durch die Aufnahme des genannten „markellkritischen" Dokumentes der Markellianer, von dem her Markells Epistula ad Iulium interpretiert werden müsse, den Weg der Markellianer und Markells selbst zur Orthodoxie darzustellen.13 Gegen Riggi muß festgehalten werden: (1) Epiphanius sagt selbst, daß er persönlich keine weitere Kunde über Markell besitze als das, was er Pan. haer. 72,1,1 - 4,3 darbietet;14 (2) dem Begriff διαλογή kommt wegen des Kontextes, in dem er steht, keine größere Bedeutung zu; (3) für Epiphanius selbst bekennen auch die von Markell Unter-

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7 8 9

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Marcellus of Ancyra, 70. A.a.O. 74; vgl. § 8, Zeilen 37-39 Loofs, Das Glaubensbekenntnis der Homousianer = Tetz, Ante omnia de sancta fide, 253. Marcellus of Ancyra, 74; vgl. unten 430. Pope Julius, 73; Marcellus of Ancyra, 65; vgl. 214,15f Klostermann. in: Studia Patristica XV, TU 128, Part I, hrsg. von Elisabeth A. Livingstone, Berlin 1984, 368-374. Pan. haer. 72,12,6: 267,15-17 Bd. III Holl/Dummer, GCS 37. La διαλογή, 369.371.373. A.a.O. 370.373. A.a.O. 371. Pan. haer. 72,4,1: 259,7f und § 3: 259,17f: Bd. III Holl/Dummer, GCS 37; Ab Pan. haer. 72,4,4 referiert Epiphanius die Urteile anderer: des Athanasius, des Acacius, der ägyptischen Bekenner in Diocaesarea!

XIV. Kleinere neuere Arbeiten

179

richteten keine drei Hypostasen. 15 Das Hauptinteresse des Epiphanius scheint mir zu sein, kein selbständiges Urteil fällen zu wollen, bzw. zu müssen. Abschließend eine Bemerkung zu S. 373: Riggi möchte bei Markell Resonanzen der valentinianischen Gnosis und der platonischen Geringschätzung der Materie, sowie der alexandrinischen Logostheologie feststellen, was alles unhaltbar ist. In seinem Aufsatz „Person or Personification? A Patristic Debate about Logos" 16 zeigt Wiles auf, „daß Euseb und Markell um einiges besser als die spätere Orthodoxie die zwei grundlegenden exegetischen Möglichkeiten im Blick auf die neutestamentliche Lehre über die Präexistenz Christi zur Anschauung bringen"; 17 nämlich die Präexistenz Christi als diejenige eines „personalen Wesens" einerseits und die Präexistenz als diejenige einer „Personifikation" bzw. „personifizierten Handlung Gottes" 18 andererseits. Obwohl Wiles insbesondere aus der Epistula ad Iulium 19 und aus Frg 38(20,17) erkennt, daß Markell den „Logos" mit dem „Sohn" identifizierte, schließt er, „daß Markell ,Sohn' nicht auf die Zeit der Inkarnation beschränkte, aber daß ,Logos' für ihn ein solch vorherrschendes Bild für das Verständnis der Präexistenz Christi war, daß der Begriff ,Sohn' nur eine sehr geringe Rolle in seiner Theologie spielte."20 Letzteres läßt sich m. E. nicht belegen. Ferner ist Wiles darin zu ergänzen, daß sich die Frage nach der Personalität der Markellischen Logos nicht nur für den Vorinkarnierten, sondern auch für den Menschgewordenen stellt.21 Kretschmar stellt in seinem Aufsatz „Die Wahrheit der Kirche im Streit der Theologen. Überlegungen zum Verlauf des Arianischen Streites"22 richtig fest, daß im arianischen Streit seit den 30-ger Jahren „immer stärker christologisch-soteriologische Fragen ins Spiel kommen" 23 und „daß eine Klärung des Streites, in dem es um die Gottheit Gottes, die θεολογία ging, nun nur noch im Rückgriff auf die οικονομία, Gottes Heilshandeln in der Geschichte, möglich schien, auch dort, wo eine rein ökonomische Trinitätslehre abgelehnt wird.24 Mit diesem „Rückgriff auf die οικονομία" meint Kretschmar nicht nur paulinisch-irenäisch-kleinasiatische Elemente bei Athanasius und dem ,naiven Fundamentalisten' 25 Markell, sondern „insbesondere" die 15 16

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Pan. haer. 72,1,3: 255,20: Bd. III Holl/Dummer. in: The Glory of Christ in the N e w Testament. Studies in Christology in Memory of George Bradford Caird, hrsgg. von L. D. Hurst/N. T. Wright, Oxford 1987, 281-289. Person or Personification?, 288. A.a.O. 289. 215,4f. Person or Personification?, 283f. Wiles (A.a.O. 288 Anm. 41, 289) interpretiert das Begriffspaar δυναμις - ένέργεια mit Verweis auf die Unterscheidung zweier Verwendungsweisen bei Aristoteles, De Anima 2, 417a,b.. in: Vernunft des Glaubens. Wissenschaftliche Theologie und kirchliche Lehre. Festschrift zum 60. Geburtstag von Wolfhart Pannenberg, Göttingen 1988, 289-321. Die Wahrheit der Kirche, 307. A.a.O. 318. A.a.O. 308.

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Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

„Osterüberlieferung". 2 6 An dieser haben nun allerdings gleichermaßen die Psalmenhomilien des Asterius und - freilich neben anderen Texten 2 7 - die von Jacques Liebaert herausgegebenen zwei anhomöischen Predigten Anteil. 28 Zweifellos besitzen Kreuz, Opfer und Auferstehung Christi einen festen Ort in der Theologie Markells. 2 9 Davon muß aber die spezifische Verwendung des Begriffs οικονομία bei Markell unterschieden werden. Schließlich präzisiert Kretschmar nicht, worin die Unterschiede der Rezeption dieser Tradition bei den genannten Theologen bestehen. 30

XV. Die Theologie Markells im Spiegel seiner Gegner a) Gerhard Feige Die Erfurter Dissertation Feiges „Die Lehre Markells von Ankyra in der Darstellung seiner Gegner" (1987; jetzt EthSt Bd. 58, 1991) gliedert sich im Anschluß an eine Einleitung in 4 Kapitel: (1) Analyse der beiden antimarkellischen Schriften Eusebs, (2) Untersuchung der Vorgeschichte der antimarkellischen Argumentationsweise Eusebs sowohl in Eusebs eigenen Schriften als auch bei antimonarchianisch polemisierenden Theologen von Justin bis Alexander von Alexandrien, (3) Untersuchung der nacheusebianischen Polemik gegen Markell im 4. Jahrhundet bis 381 und die Abwägung von (4) Fragwürdigkeit und Berechtigung der antimarkellischen Kritik Eusebs von Caesarea. Ziele der Studie sind entsprechend ihrer Kapitel: Die Erhebung der Deutung der Theologie Markells durch Euseb von Caesarea, die Klärung der Frage einer Abhängigkeit der antimarkellischen Argumentation Eusebs, das Ausmaß der Wirkungsgeschichte der letzteren im 4. Jh. und schließlich die „Wertung" 1 der Kritik Eusebs (und seiner Nachfolger) an Markell und damit Eusebs selbst.2 Das zuletzt genannte Ziel kann natürlich nicht ohne Heranziehung Markells eigener Texte verfolgt werden, wobei sich Feige im Sinne seiner Aufgabenstellung, nach der die „ursprüngliche Position Markells" 3 und die Reaktion Eusebs von Caesarea im Vordergrund stehen, auf die Frgg und die Epistula ad Iu-

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1 2 3

A.a.O. 310. A.a.O. 317. Deux homelies Anomeennes pour l'Octave de Päques, S C 146, Paris 1969. Kretschmar (Die Wahrheit der Kirche, 317 mit Anm. 62) zitiert die Epistula ad Liberium § 5f: 152,18-23 Tetz, Markell III. „Für sich genommen scheint auch diese Tradition keineswegs eindeutig zu sein" (Die Wahrheit der Kirche, 318). Die Lehre Markells von Ankyra, 12.217.241. A.a.O. 12.242. A.a.O. 12.217.

X V . Die Theologie Markells im Spiegel seiner Gegner

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Hum beschränkt. 4 „Eine systematische Darstellung der Lehre Markells ist dabei nicht beabsichtigt . . . " 5 Methodisch ungeklärt bleibt, was das Kriterium der Wertung der Darstellung Eusebs abgeben soll. Soll überprüft werden, „ob Euseb die gegnerische Position einigermaßen zutreffend charakterisiert oder nur klischeehaft verzerrt" 6 hat, oder, ob es Euseb gelungen sei, „entscheidende Schwächen der Lehre Markells, die diesem selbst kaum bewußt gewesen sein dürfte[n]," 7 aufzudecken? Zweifelsohne bemüht sich Feige um beide Aspekte. Während aber für den ersten als Kriterium Markells eigene Texte ausreichen, bedarf der zweite einer dritten Instanz, es sei denn, daß Eusebs eigene Theologie zum Prüfstein für Markells Ausführungen dienen soll. Feige reflektiert dieses Problem nicht; faktisch dient ihm die Theologie Eusebs als Kriterium, so jedoch, daß sie im Lichte der orthodoxen Trinitätslehre und Christologie gesehen wird. Daraus resultiert folgender Maßstab für die Theologie Markells: (1) der Logos muß ein „selbständiges Subjekt im Sinne einer Hypostase oder Person", 8 bzw. „mit eigener Subsistenz" 9 sein; (2) Vater, Sohn und Geist müssen auf „überzeugende" Weise differenziert werden", 10 d.h. „auf der Ebene des Seins"; 11 (3) der Logos muß hypostatisch „im Leibe", 12 als „richtiger Gott" und „richtiger Mensch" 13 und mit einem „seinsmäßigen Bezug" 1 4 zum angenommenen Menschen vorgestellt werden. Mit anderen Worten: Kriterium zur Aufdeckung von Schwächen bei Markeil ist für Feige nicht jeweils die spezifisch Eusebianische Fassung der Selbständigkeit der Hypostase des Logos, 15 bzw. die Unterscheidung von Vater, Sohn und Geist 16 oder der Menschheit Christi, 17 sondern dieselben in der Perspektive der allgemeineren orthodoxen Formen dieser Theologumena. 18 Aufgrund solcher „Wertung" der Kritik Eusebs an Markeil und insgesamt der Erhellung der „antimonarchianischen 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14

15 16 17 18

A.a.O. 12.217. A.a.O. 12. A.a.O. 217. A.a.O. 238; vgl. 215.226.242. A.a.O. 225f; vgl. 222.246. A.a.O. 242. A.a.O. 231.239.242. A.a.O. 222. A.a.O. 236.239. A.a.O. 238. A.a.O. 215.233.238-240.242. Mit dieser Formulierung und weiteren Argumentationsreihen stützt sich Feige auf Hübner; vgl. Feige, Die Lehre Markells von Ankyra, 232 Anm. 1751. Vgl. z . B . E T 1,11: 69,19-70,25. Vgl. z . B . E T 111,6,1-3: 164,2-21. Vgl. z . B . E T 1,13,5: 73,31f. An einer Stelle (Die Lehre Markells von Ankyra, 54) weist Feige auf die Kriterien Eusebs nach E T 1,8,1-2: 66,1-13 hin: ,,είς θεός πατήρ παντοκράτωρ τοϋ Χριστού τοϋ υΐοϋ μονογενούς" und E T 1,6: 64,34-65,10: „είς θεός ό πατήρ έξ οδ τα πάντα . . . είς κύριος Ίησοϋς Χριστός, δι'οδ τα πάντα, ό προών τοϋ θεοϋ μονογενούς υίός, και τρίτος 6 κατά σάρκα υίός ανθρώπου . . . " Als weiteres Kriterium nennt Feige die Uber-

182

Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

Argumentationsgeschichte" auf einem Standpunkt „zwischen den F r o n t e n " 1 9 leistet Feige einen Beitrag „ z u einem differenzierteren Verständnis der markellischen L e h r e " . 2 0

Im 1. Kapitel analysiert Feige C M und ET getrennt, „da es zwischen ihnen in der Argumentation Eusebs Unterschiede gibt." 21 Diese beträfen sowohl in der Argumentationsweise als auch der inhaltlichen Polemik nicht das Wesentliche.22 Unterschiedlich seien die in ET gegenüber C M stärker hervortretende argumentative Widerlegung und namentliche Einordnung der Häresie Markells. Gemeinsam seien in beiden Büchern folgende Kritikpunkte Eusebs: „Markells Uberbetonung der Einzigkeit Gottes, dessen Leugnung der eigenen Hypostase des Sohnes, sein eigenartiges Logoskonzept mit allen Konsequenzen, die Inkarnationsvorstellung und die Auffassung vom Ende der Königsherrschaft Christi". In ET tritt die Bemühung Eusebs stärker hervor, „Markells Lehre als eine neue Form der Häresie Sabells zu entlarven," 23 mit dem Hauptvorwurf, Markell verstehe Gott als „Sohnvater". 24 Dennoch kommt Feige zu dem Schluß: „Trotz aller Etikettierungen - in „De ecclesiastica theologia" sogar der ausdrücklich erklärten Absicht, Markell als ,neuen Sabell' zu entlarven - wird in beiden Schriften deutlich, daß Markells Lehre für Euseb letztlich eine neue und ungewöhnliche Häresie ist und bleibt. Das Neue und Fremdartige ist einmal die Vorstellung, daß die Königsherrschaft Christi ein Ende haben werde, und zum anderen Markells Differenzierung in Gott, aus der Euseb folgert, Markell trenne die unteilbare Monas und stelle sich Gott als eine .doppelte und zusammengesetzte Usie' vor." 2 5 Zum 1. Kapitel sei noch abschließend auf folgende zutreffende Beobachtungen Feiges zur Argumentationsweise Eusebs und Markells hingewiesen: Feige erkennt, daß beide „in vieler Hinsicht ähnlich argumentieren": beide berufen sich leidenschaftlich auf die göttlichen Schriften, 26 kritisieren außerchristliche Gelehrsamkeit, „obwohl sie bewußt oder unbewußt - davon Gebrauch machen." Beide werfen

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26

einstimmung mehrerer Kritiker Markells (a.a.O. 182.184.213[verändert gegenüber Diss.-Fassung].238). A.a.O. 11. A.a.O. 242. A.a.O. 11. A.a.O. 52.59-61.241. A.a.O. 56.241. A.a.O. 55f; vgl. 33f und ET 1,1,2: 63,33; ET 1,5,2: 64,29; ET 11,5: 103,7; ET 11,12,2: 114,2. Die Lehre des Markell von Ankyra, 60; vgl. 31.35.56-61.227.24li und ET 1,5,1: 64,21-25; ET 11,12,4: 115,6-9; ET 111,3,63: 157,6-8. Die Lehre des Markell von Ankyra, 28.

XV. Die Theologie Markells im Spiegel seiner Gegner

183

sich in unterschiedlicher Anwendung anthropomorphistische Gottesvorstellungen vor und beide argumentieren - ebenfalls thematisch verschieden - mit der Unwißbarkeit göttlicher Geheimnisse. 27 Deutliche Differenzen zwischen Markell und Euseb sieht Feige in ihrer Haltung zur kirchlichen Tradition. Dabei hebt er aber zurecht hervor, daß sich die Kirchenväterkritik Markells gezielt gegen die bestimmten, von Euseb so benannten apologetisch-alexandrinisch geprägten Theologen wendet. 28 Im 1. Teil des 2. Kapitels, in dem Feige die vormarkellischen antimonarchianischen Ausführungen Eusebs untersucht, kommt er zu dem Ergebnis, daß diese ein fester Bestandteil der theologischen Konzeption Eusebs darstellen und erstaunliche Ähnlichkeiten zu seiner antimarkellischen Polemik aufweisen, wenngleich die Zeugnisse nur kurz und oberflächlich sind. 29 Im 2. Teil untersucht er die antimonarchianische Argumentationsgeschichte von Justin bis Alexander von Alexandrien; hieraus ergibt sich, „daß die meisten Argumente Eusebs bereits von anderen Theologen gebraucht worden sind und daß diese Vorgeschichte nicht ohne Einfluß auf ihn geblieben ist." 3 0 „Läßt sich auch nicht nachweisen, daß Euseb irgendwo direkt .abgeschrieben' hat, so ist doch deutlich geworden, daß seine Argumentation stark von Origenes geprägt ist und einige Details im Kontext des arianischen und des dionysischen Streites gesehen werden müssen." 31 Von Origenes ist Euseb zunächst darin abhängig, daß er Markells Lehre so beschreibt, wie Origenes monarchianische Gegner: sie leugnen die Ιδιότης υίοΰ als eine andere neben dem Vater und bekennen den, der, nur insofern es den N a m e n betrifft (μέχρι ονόματος), Sohn genannt wird, als G o t t ; 3 2 sie trennen (unterscheiden?: διαφέρειv) Vater und Sohn nicht der Zahl nach, sondern sagen, daß Vater und Sohn eins im Wesen (ουσία) und im Zugrundeliegenden (ύποκειμένω) seien und nur nach den έπίνοιαι διάφοροι nicht aber κατα ύπόστασιν.33 Ferner finden sich enge Ubereinstimmungen zwischen Origenes und Euseb in der Polemik gegen gewisse Logostheologen. Diese bestünden nur auf dem Logostitel als demjenigen, der dem Christus Gottes κυρίως und nicht nur τροπικώς - wie die zahlreichen übrigen - z u k o m m e . 3 4 Sie glaubten unter Verweis auf Ps 44,3, daß der Sohn Gottes eine προφοραν πατρικήν οιονεί έν συλλαβαϊς κειμένην ohne Hypostase und Usie sei und daher auch nicht für 27 28 29 30 31 32 33

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A.a.O. 29. A.a.O. 29f; siehe hierzu unten 290f. A.a.O. 75f.241. A.a.O. 134.241. A.a.O. 13Of; vgl. 75f.112.126.131.241. Johanneskommentar 11,1(16): 54,23-29 Preuschen, GCS 10, Leipzig 1903. Johanneskommentar X,32(246): 212,12,13-16 Preuschen, GCS 10; vgl. Feige, Die Lehre Markells von Ankyra, 102f.112.132f. Johanneskommentar 1,21(125): 25,21-26,1 Preuschen.

184

Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

sich (καθ' έαυτόν ζώνχα) und getrennt (κεχωρισμένον) vom Vater lebe. 35 Neben anderen Vergleichspunkten zwischen der antimonarchianischen Argumentation des Origenes und der antimarkellischen Eusebs, 36 deren Darlegung hier zu weit führen würde, weist Feige darauf hin, daß schon Origenes das ,,εως" von Mt 28,20 nicht als absolutes Ende des Zusammenseins auslegt. 37

Da wir uns im Blick auf den „Streit der Dionyse" der These Abramowskis anschliessen, gehören die Berührungen der diesbezüglichen Texte - insofern sie die Theologie Eusebs aufnehmen - in die Wirkungsgeschichte Eusebs.38 Als weitere (mögliche) Hauptquelle 39 Eusebs nennt Feige Arius: „Der Zusammenhang, in dem Arius vom ,Sohnvater' spricht, ist ein Schlüssel zum weiteren Verständnis der antimarkellischen Polemik Eusebs. Arius weist nämlich im Blick auf die Entstehung des Sohnes gleichzeitig mit dem Irrtum Sabells stoffliche und emanatistische Vorstellungen zurück, da sie zu einer Tei35

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Johanneskommentar 1,24(151): 29,17-31 Preuschen; vgl. mit weiteren Texten Feige, Die Lehre Markells von Ankyra, 104-106. Dieselbe Polemik bei Justin, Dial. 61,2: 166,17-20 und Dial. 128,2: 249,30f Goodspeed, Göttingen 19842. Vgl. die Zusammenfassung: Die Lehre Markells von Ankyra, 112. Johanneskommentar X,10(43-47): 179,25-180,17 Preuschen; vgl. Feige, Die Lehre Markells von Ankyra, 107f und unten 267, Anm. 89. Feige (a.a.O. 115-117) bestreitet die These Abramowskis mit folgenden Argumenten: (1) Schon vor dem 4. Jh. sei Prov 8,22 Gegenstand der theologischen Diskussion und Interpretation gewesen, so daß die Erörterung dieser Textstelle im Dionys-Komplex durchaus ins 3. Jh. gehören könne. (2) Schon Theoghost habe κτίζειν von Prov 8,22 als „Einsetzung zur Herrschaft über die Schöpfung" verstanden (Feige verweist auf Lorenz, Arius judaizans? Untersuchungen zur dogmengeschichtlichen Einordnung des Arius, FKDG 31, Göttingen 1979, 207 Anm. 113). Theognost redet aber nicht davon. Seine Auslegung (Fragment 3: 77 Harnack, TU, Neue Folge 9,3, Leipzig 1903) lautet: „τον θεόν βουλόμενον τόδε το πάν κατασκευάσαι πρώτον τον υίόν οίον τινα κανόνα της δημιουργίας προϋποστήσασθαι." Theognost belegt damit die origeneische Auslegung (siehe Abramowski, Dionys von Rom [f268], 265-268). (3) „Was die Unterscheidung von γέννησις und γένησις (sic) betrifft, so ist das Problem, das dahintersteht, schon bevor sich eine strikte terminologische Regelung durchsetzte im Bewußtsein gewesen und erörtert worden . . . " Als einzigen Beleg führt Feige Athenagoras, Legatio 10,3: (22 Schoedel, OECT, Oxford 1972) an: „ . . . 6 παϊς . . . πρώτον γέννημα είναι τω πατρί, οϋχ ώς γενόμενον . . . " (4) Feige spielt die Beobachtung Abramowskis (Dionys von Rom [|268], 268-271), daß Origenes von drei Hypostasen nie im Zusammenhang der Abwehr einer Identifikationstheologie spricht, gegen die andere aus, daß „Dionys von Rom" gegen „drei zertrennte Hypostasen" (De decretis 26,2: 22,3f Opitz, Athanasius Werke III/l) nicht mit der Rede von der einen Hypostase polemisiert (Dionys von Rom [f268], 243). Das, was bei Origenes keine Rolle spielt und deshalb den „Streit der Dionyse" ins 4. Jh. piaziert, steht gleichwohl sachlich bei „Dionys von Rom" pausenlos zur Debatte: die Bestimmung der Einheit Gottes angesichts von drei Hypostasen. Einwände (2) und (4) erweisen sich als gegenstandslos. Einwände (1) und (2) können nicht die Spezifika der „dionysischen Diskussion" um Prov 8 erklären.

XV. Die Theologie Markells im Spiegel seiner Gegner

185

lung Gottes führen würden." 40 Feige schließt dieses Kapitel ab mit dem Hinweis auf ein „besonders interessantes Phänomen der antimonarchianischen Argumentationsgeschichte", nämlich „die Doppelbeschuldigung, sowohl modalistisch als auch psilanthropisch gesinnt zu sein." Das 3. Kapitel erbringt das Ergebnis, daß die antimarkellische Argumentation Eusebs im Verlauf des 4. Jahrhunderts „weitgehend wiederholt und bestätigt, in einigen Punkten aber auch ergänzt und präzisiert worden ist."42

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Die Lehre Markells von Ankyra, 131. Die Lehre Markells von Ankyra, 132 (vgl. 127 mit Anm. 923 und S. 227); vgl. Urk. 6,3: 12,10-13,2 Opitz, Athanasius Werke III/l. Kallist bei Hippolyt, Refutatio X,27,4: 283,19-284,3 Wendland, GCS 26, Leipzig 1916; Tertullian, Adv. Prax. XXVII, lf (Zeilen 7-13) Kroymann/Evans, CChr.SL Bd. II; Novatian, De trinitate XXX,174f: 190-12 Weyer, 1962 und XII,65: 92f Weyer (vgl. hierzu Feige, Die Lehre Markells von Ankyra, 82-85.90f.94-97.109.241). Die Lehre Markells von Ankyra, 216, vgl. 212-214.242. Feige nimmt a.a.O. 210212 eine These Richards in etwas veränderter Weise auf, indem er den Verfasser von Contra Noetum als „ehemaligen Markellianer" zu erweisen sucht, „der bereits wesentliche Vorstellungen seines Lehrers preisgegeben und solche der antimarkellischen Kritiker übernommen" habe (a.a.O. 212). Richard selbst rechnete lediglich mit Einflüssen Markells auf den Verfasser von Contra Noetum (Art. Hippolyte de Rome [saint], DSp Bd. VII, 1, Paris 1969, 533; ders., La transmission des textes des Peres grecs, SE 22[1974/75], 59 = Opera minora Bd. III, Turnhout/Löwen 1977, Nr. 83). Ich zähle nur die zehn wichtigsten Differenzen zwischen der Theologie von Contra Noetum und Markell auf: (1) Einheit Gottes gegen Markell als Willenseinheit (συμφωνία; 14,3: 75,17 Butterworth, HeyMon 2, London 1977; τη διαθέσει της ομοφωνίας 7,2: 61,12-21 Butterworth); (2) Vater und Sohn sind δυο πρόσωπα (7,1: p. 61,7-11 Butterworth; 14,2: 75,12 Butterworth); (3) Oikonomia ist kein christologischer Begriff wie bei Markell, sondern ein trinitarischer (vgl. 13,2: 75,12f Butterworth; 8,2: 65,13-16 Butterworth); (4) Der Titel „Menschensohn" wird dem Nichtinkarnierten beigelegt, aber nicht wie bei Markell im prophetischen Sinn (4,1 lf: 54,8-14 Butterworth); (5) Der Verfasser nennt die Zeugung zur Präexistenz völlig unmarkellisch γέννησις κατα πνεύμα und legt darauf Joh 3,6 und Ps 109,3 aus (16,7: 83,13-19 Butterworth); (6) Der Logos bzw. Sohn ist gegen Markell schon vorinkarnatorisch sichtbar (10,3f: 69,9-11.17-23 Butterworth; 12,2: 73,18-21 Butterworth); (7) Der Verfasser liebt die eusebianische Wendung φως έκ φωτός (10,4: 69,19 Butterworth; 11,1: 71,1 Butterworth); (8) Der Verf. nennt völlig unmarkellisch mit Joh 20,17 Gott Vater den Gott Christi (6,5: 59,22-61,2 Butterworth); (9) Der Verf. nennt Christus (wobei er nicht nur den Menschgewordenen oder angenommenen Menschen meint) Pantokrator aufgrund der Begabung und Einsetzung durch den Vater (6,2: 58,1-7 Butterworth); (10) Die Vorstellung des Verf., Gott sei identisch mit dem All (10,2: 69,9 Butterworth; 11,2: 71,2f Butterworth) kennt Markell nicht.

186

Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

Im 4. Kapitel schließlich erörtert Feige „Fragwürdigkeit und Berechtigung der antimarkellischen Kritik Eusebs von Cäsarea" in folgender Aufgliederung: (1) Ein „bloßer" L o g o s ? , (2) Gott: „Sohnvater" und „zusammengesetzte U s i e " ? , (3) Jesus Christus: ein „bloßer M e n s c h " ? Unter (1) beschäftigt sich Feige zunächst mit dem klassischen Thema, ob Markell eine vorinkarnatorische Zeugung und einen ebensolchen Sohnesbegriff gekannt habe. Beide Fragen stehen im Zusammenhang des Bemühen Markells, den L o g o s so zu bestimmen, daß Ditheismus oder die A u f f a s s u n g des L o g o s „als ein zeitliches G e s c h ö p f " ausgeschlossen sind. 4 3 Obwohl Feige an Frg 66(36,31) folgendes richtig erkennt: „Markell hat also gegen die ,Zeugung' nichts einzuwenden, wenn darunter verstanden wird, daß der vorher schon existierende Logos zum Zwecke der Schöpfung und der Erlösung aus dem Vater ,hervorgeht'," 44 obwohl er anhand von Frg 10(3,3) korrekt das Attribut μονογενής von Markell dem Vorinkarnierten zugewiesen sieht, obwohl er an den Frgg 113(96,85) und 114(97,86) abliest, daß Markell „den Begriff der Zeugung doch nicht ganz verworfen und ihn vielleicht sogar stärker gebraucht" hat, „als es aus den von Euseb überlieferten Fragmenten hervorgeht", und insbesondere aufgrund von Frg 38(20,17) urteilt, „daß er (seil. Markell) den Sohnestitel nicht ausschließlich dem vom Logos angenommenen Menschen oder dem einheitlichen geschichtlichen Christus vorbehält," 45 und obwohl er schließlich bemerkt, daß in den Frgg 3(43,37) und 7(42,26) unter den Inkarnationstiteln der Sohnesname fehlt,46 kommt er doch aufgrund einer Fehlinterpretation von Epistula ad Iulium 214,28-33 und 215,4-6.26-28 zu dem Ergebnis, „daß Markell, für den der inkarnierte Logos mit dem vom Vater ausgegangenen (präexistenten) Logos identisch war, mit der Gleichsetzung von ,Sohn' und ,Logos' die Gottheit Jesu Christi, des geschichtlichen Sohnes, sichern wollte und nicht etwa - konträr zu seinen sonstigen Aussagen - beabsichtigte, den präexistenten Logos doch als Sohn zu bezeichnen. Daß letzteres dann indirekt trotzdem geschehen ist, dürfte entweder ein Zugeständnis Markells an seine Kritiker oder als Versehen zu werten sein und kaum zu einem besseren Verständnis seiner Position beitragen." 47 Im folgenden geht Feige neben dem Sohnesbegriff der Frage weiter nach, ob Markell einen „bloßen L o g o s " gelehrt habe. Euseb habe Unrecht, „wenn er . . . vielleicht sagen wollte, der markellische L o g o s sei gänzlich ohne Sein und Wirklichkeit." 4 8 43 44 45 46 47

48

Die Lehre Markells von Ankyra, 218. A.a.O. 219 mit Anm. 1645: das sei aber ein „uneigentlicher Sinn" von Zeugung. A.a.O. 219 mit den Anm. 1648.1649.1652f. A.a.O. 220 mit Anm. 1660. A.a.O. 221; vgl. ferner 17f mit Anm. 140, 82f mit Anm. 173, 40 mit Anm. 312, 72f.133.139.160f.181f.188.193.210f.223f.231.234f.238. A.a.O. 222.

XV. Die Theologie Markells im Spiegel seiner Gegner

187

In einer differenzierten Darlegung zeigt Feige auf, „daß Markeil" - einerseits - „vom Logos reden kann, als sei er ein Subjekt oder eine Person," 49 doch aber andererseits „ der Logos . . . für Markeil kein selbständiges Subjekt im Sinne einer Hypostase oder Person (πρόσωπον)"50 ist. Hier liegt, wie Feige völlig zurecht sagt, eine Unklarheit Markells vor. 51 Euseb habe „nicht Unrecht, insofern er mit den Begriffen ,ohne Usie' (ανούσιος) und ,ohne Hypostase' (ανυπόστατος, ανύπαρκτος) zum Ausdruck bringen will, daß Markeil dem göttlichen Logos keine eigene Usie und keine selbständige Hypostase zuerkennt." 52 Feige bringt jedoch diese beiden richtigen Erkenntnisse (die Subjekthaftigkeit des Logos ist ungeklärt; der Logos hat keine eigene Usie und selbständige Hypostase) nicht in Einklang mit seiner dritten korrekten Beobachtung (der Logos ist nicht ohne Sein und Wirklichkeit), wenn er hierzu abschließend sagt: „Und schließlich kann der Vorwurf, einen ,bloßen' Logos gelehrt zu haben, nicht völlig unberechtigt gewesen sein . . . " 53 Unter (2) unterscheidet Feige zwei „sabellianische" Vorwürfe Eusebs an Markeil: einen modalistischen (Abfolge von Erscheinungsweisen Gottes) und einen zweiten „gegen eine Trennung der unveränderlichen Usie Gottes in Vater und Sohn". 54 Im Blick auf den ersten Vorwurf urteilt Feige korrekt, daß Markeil „kein wirklicher Modalist" war. 5 5 Im Blick auf den zweiten sagt Feige, „daß es ihm (seil. Markell) offenbar nicht gelang, Vater, Sohn und Geist überzeugend zu unterscheiden." 56 Was heißt „überzeugend"? 57 Ohne Zweifel unterschied sie Markell nicht so wie Euseb oder die „orthodoxe" Trinitätslehre. Feige trägt an dieser Stelle zwei verschiedene Interpretationen vor. Zum einen liege bei Markell „ein gewisser Widerspruch" und insofern ein berechtigter Tadel Eusebs vor, daß Markell zwar die Einheit Gottes wahren will, zugleich aber die Trennung Gottes behaupte. 58 Andererseits - und dies ist die Uberzeugung Feiges - lehre Markell weder eine „seinsmäßige" Trennung noch Unterscheidung Gottes. Hierbei schließt sich Feige zunächst der inkorrekten Interpretation Gerickes 59 an, nach der „Vater" nur ein „ökonomischer", d.h. vorübergehender Name in der Gottheit sei, und derjenigen Zahns,60 der behauptete, daß der Vatername 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60

A.a.O. 223. A.a.O. 225; vgl. 222. Vgl. unten 401f. A.a.O. 222. A.a.O. 226; vgl. jedoch 239.246. A.a.O. 226. A.a.O. 231; vgl. 230.233.239.242. A.a.O. 231. A.a.O. 225.242; vgl. 239. A.a.O. 228.233. A.a.O. 230; vgl. Diss.-Fassung der vorliegenden Arbeit S. 51. Vgl. oben 41.

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Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

nicht das angemessene Gegenüber zum Logos-Titel darstelle, und schließt allgemein, daß die „Differenzierung des einen Gottes in Vater, Logos (Sohn) und Geist" nur eine energetische ist.61 Sodann knüpft er an die Markellexeges Hübners an, der zwei Bedeutungen von δύναμις bei Markeil unterscheidet (göttliches Sein und göttliche Kraft). 62 Feige leitet hieraus im weiteren Anschluß an Hübner (und dessen Verweis auf Methodius als Hintergrund der Markellischen Differenzierung δυνάμει-ένεργεία) her, daß die Ausdehnung und Trennung Gottes „im Wirken allein" und nicht „seinsmäßig" geschehe. 63 Doch hier beachtet Feige mit Hübner nicht, daß Markells Beharren auf der Unteilbarkeit Gottes in der Kraft, Hypostase und im Sein, nicht bedeutet, daß die Trennung des Logos „im Wirken allein" im Gegensatz zum „Sein" des Logos stünde. 64 Auch der in der tätigen Wirksamkeit getrennte Logos besitzt S e s s haftigkeit, eben nur keine andere als der Vater und der Geist. Feige verwickelt sich an dieser Stelle selbst in den Widerspruch, daß er einerseits dem ενεργεία δραστική getrennten Logos kein Sein zubilligt, zugleich aber mit Zahn, dem Antipoden Hübners in dieser Frage, von der ,,neue[n] Seinsweise" 65 des Logos spricht. Ist die Seinsweise des ενεργεία μόνη getrennten Logos aber in Wahrheit keine, dann begibt sich Markeil mit Hübner 6 6 und Feige ins „christologische Dilemma", 67 das unter (3) thematisiert wird. Unter (3) thematisiert Feige den neuralgischen Punkt der Lehre Markells: „das U n v e r m ö g e n , z w i s c h e n d e m L o g o s und dem angenommenen Menschen einen seinsmäßigen B e z u g herzustellen." 6 8 Schon unter Punkt (1) dieses 4. Kapitels hatte Feige z u beweisen versucht, daß der L o g o s seit der Inkarnation „noch deutlichere ,personale Züge' als zuvor" 6 9 trage, bzw., daß „in der menschlichen N a t u r das Personbildende in Christus z u sehen" sei, bzw., „daß Christus seine Eigenständigkeit offenbar d e m Fleisch verdankt." 7 0 U n w i d e r s p r o c h e n liegt hier ein Problem der Christologie Markells. Feige beschreibt die drei verschiedenen christologischen Perspektiven (Logos, Menschgewordener, angenommenes Fleisch b z w . angenommener Mensch), die Markeil einnehmen kann: 71 „Bemerkenswerterweise findet sich in Eu61

62 63 64 65

66 67 68 69 70 71

Die Lehre Markells von Ankyra, 231; vgl. 225.233.239. Die energetische Ausdehnung bzw. Trennung Gottes, die Feige nicht zutreffend energetische Differenzierung nennt und als Bedingung der Möglichkeit der Unterscheidung von Vater, Sohn und Geist bezeichnet, nennt er an einer anderen Stelle (a.a.O. 223) eine ewige. Vgl. oben 148f. Die Lehre Markells von Ankyra, 231-233. Vgl. a.a.O. 225.228. A.a.O. 232; vgl. den Gegensatz hierzu a.a.O. 237. Oder möchte Feige beide Interpretationen irgendwie ausgleichen? Siehe oben 163. Die Lehre Markells von Ankyra, 233.237. A.a.O. 215.193f.238f.242. A.a.O. 223. A.a.O. 224f.238. A.a.O. 234-236.

XV. Die Theologie Markells im Spiegel seiner Gegner

189

sebs Argumentation auch keine Stelle, an der Markell ganz direkt der psilanthropistischen Lehre bezichtigt wird; dieser Verdacht ist vielmehr eine mögliche Konsequenz, zu der Euseb kommt, als er der Frage nachgeht, wie sich Markell die Existenz des Logos im Leib bzw. das Verhältnis des Logos zum angenommenen Menschen vorstelle."72 Wie schon angedeutet, hält Feige mit Hübner diese Konsequenz Eusebs jedoch für „nicht berechtigt". Der energetisch getrennte Logos besitze keine eigene Existenzform; „wirklich getrennt ist genaugenommen nur das Objekt des Wirkens", 73 d.h. „der Mensch . . . " 74 Zwischen Logos und angenommenem Menschen könne es keinen seinsmäßigen Bezug geben.75 Die Rede von einer Vereinigung oder Verbindung des Menschen mit dem Logos und diejenige von einem Hervorgehen des Logos seien Metaphern. 76 Diese Hübnersche These von der Seinslosigkeit des Bezuges zwischen Logos und angenommenem Menschen entspricht m. E. nicht Markell. Ebensowenig die soteriologisch-ekklesiologische Folgerung, Markell habe keine „wirkliche Gemeinschaft zwischen Gott und Menschen verständlich" machen können. 77 Die Stärke dieses Kapitels und des ganzen Buches Feiges im Blick auf des Verständnis Markells liegt - neben der Analyse von CM und ET in Kapitel 1 und der Herausarbeitung der origeneischen Beeinflussung Eusebs - m. E. im Ringen um ein Verständnis des christologischen Personbegriffs bei Markell: „Da also weder Logos noch Menschennatur als wirkliche Subjekte verstanden werden können, ist die Person des Erlösers - pointiert gesagt - letztlich das Ergebnis zweier fast unpersönlicher Komponenten . . . ;" und: das Fleisch erscheint „als unpersönliche Menschennatur, die erst dadurch, daß sich der Logos in ihr darstellt, ein ,Ich' erhält." 78 Darüber muß unten weiter gehandelt werden. 79 Im Blick auf den Zeugungs- und Sohnesbegriff, die Selbstdifferenzierung Gottes in Vater, Sohn und Geist, sowie die von Hübner übernommenen Interpretamente kommt die vorliegende Arbeit zu abweichenden Ergebnissen.80

72 73 74 75 76 77 78 79 80

A.a.O. 236. A.a.O. 237f. A.a.O. 237 mit Anm. 1786. A.a.O. 238. ebd. ebd.; vgl. 240. A.a.O. 238. 367f.374-376. 5 05f.

190

Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

b) Joseph Thomas Lienhard Die 1986 von Lienhard vorgelegte Freiburger Habilitationsschrift „Contra Marcellum: The Influence of Marcellus of Ancyra on FourthCentury Greek Theology" beschäftigt sich teilweise mit demselben Gegenstand wie Feiges Dissertation. Denn unter „Einfluß" versteht Lienhard die Reaktionen, die Markell hervorrief: 81 „Meine These ist die, daß eine Untersuchung Markells und derjenigen Theologie, gegen die er reagierte, auf der einen Seite und der Reaktion auf Markell im 4. Jh. auf der anderen Seite zu einem besseren Verständnis der Theologie des vierten Jahrhunderts führen wird. Insbesondere wird sich erweisen lassen, daß die Reaktion gegen Markell im späteren vierten Jahrhundert weniger einheitlich und stärker differenziert war, als gewöhnlich angenommen worden ist." 82 Wie Feige beabsichtigt Lienhard also nicht in erster Linie eine Arbeit über Markell selbst und klammert ferner ebenso die neuen Markell-Quellen aus der Untersuchung aus.83 Abweichend von Feige behandelt Lienhard zusätzlich - im Anschluß an eine Einleitung (I) - in einem zweiten Kapitel (II) diejenigen Theologen und Texte, die Markell selbst in seiner Schrift aufgriff, sowie im dritten Kapitel (III) eben dieselbe, die er mit Geerard „Contra Asterium" nennt.84 Dieses Kapitel sowie das fünfte (V: Die spätere Geschichte Markells und seines Denkens) besitzt insofern wiederum eine gewisse Parallele zum vierten Kapitel Feiges (Fragwürdigkeit und Berechtigung der antimarkellischen Kritik Eusebs von Cäsarea), als in beiden Markells eigene Theologie diskutiert wird. Lienhards viertes Kapitel (IV: Eusebs Schriften gegen Markell) entspricht formal dem ersten Kapitel Feiges, wobei letzterer eine intensivere Textanalyse betreibt, ersterer dagegen die theologischen Argumente Eusebs gegen Markell hervorhebt. Kapitel sechs und sieben Lienhards (VI: Opposition gegen Markell I [Das eusebianische Vermächtnis] und VII: II[Traktat „Gegen Sabellius"]) schließlich behandeln weitgehend dieselben Bekenntnisse und Schriften wie Feiges Kapitel drei.85 Allerdings ist die intentionelle Zuspitzung beider Studien nicht vergleichbar: während das Interesse Feiges auf eine Beurteilung der Kritik Eusebs gerichtet ist, geht es Lienhard um ein besseres Gesamt81 82 83

84

85

Contra Marceilum, 13. A.a.O. 14; vgl. 266. Lienhard (a.a.O. 177-183) prüft 9 Schriften und Fragmente auf ihre Authentiziät und hält diese nur bei De sancta ecclesia für erwiesen. Clavis Patrum Graecorum Vol. II: Ab Athanasio ad Chrysostomum, CChr, Turnhout 1974, Nr. 2800. Abweichend von Feige berücksichtigt Lienhard nicht: Ankyra (358); die „Epistula Sirmiensis" (358); die „Denkschrift der Homöusianer" (359), den Tomus ad Antiochenos (362) und Apolinarius von Laodizäa. Feiges 2. Kapitel („Die antimonarchianische Polemik bis zum Konzil von Nizäa . . . " ) besitzt kein Gegenstück bei Lienhard.

XV. Die Theologie Markells im Spiegel seiner Gegner

191

Verständnis der Theologie des griechischen Ostens im 4. Jahrhundert vom Blickwinkel der Theologie Markells aus.86 Gemäß Lienhard stehen sich im 4. Jh. bis zur Synode von Ankyra 35887 zwei theologische „Traditionen" gegenüber: die „dyohypostatische", die klassisch von beiden Euseben vertreten werde, und die „miahypostatische", durch die Markeil, Athanasius und die westlichen Theologen charakterisierbar sind. 88 Den Terminus „Dyohypostasie" rechtfertigt Lienhard mit der Einschätzung, daß die vorherrschende Frage des Jhs. christologisch gewesen sei. Dem ist zuzustimmen, wenn dies dahingehend präzisiert wird, daß die Christologie zunächst in trinitarischer Perspektive thematisch war. Allerdings muß berücksichtigt werden, daß die Zweiheit bis zum dritten Drittel des 4. Jh. noch nicht auf den Hypostasenbegriff festgelegt war. Hinsichtlich der Wendung „einhypostatische Tradition" muß eingewendet werden, daß sich eine technische „trinitarische" Verwendung der Formel μία ύπόστασις als Tradition nicht nachweisen läßt. Bei der Darstellung Markells und seiner Theologie geht Lienhard davon aus, daß es sich in „Contra Marceilum" um eine polemische Schrift handele. Diesen Ansatz Zahns 90 verknüpft Lienhard jedoch gegen Zahn mit der Folgerung, daß dann keineswegs von einem „reifen" oder „vollständigen System" Markells die Rede sein könne. 91 „Es ist eher eine Kombination von Elementen der Glaubensregel- in einigen Fällen unzureichend mit seinen (seil. Markells) tieferen Uberzeugungen erklärt." 92 Diese Charakterisierung von Markells erster Schrift macht eine Entwicklung der Theologie Markells im Sinne einer Verbesserung leicht verständlich. Für Lienhard ist die These von der Ausdehnung der Monas zur Trias nicht der „Schlüssel" zur Theologie Markells. „Es ist unklar, wie Markell sich eine μόνας vorstellen kann, die sowohl ungeteilt ist, als sich auch zu einer Trias ausehnt." 94 Markell habe keinen Begriff 86

87 88 89 90 91 92 93 94

Contra Marceilum, 266. Auf dieser Seite faßt Lienhard auch das positive Moment des Einflusses Markells ins Auge: „Markell beeinflußte diese Theologie sowohl positiv als auch negativ. Positiv lenkte er (neben anderen) die Aufmerksamkeit auf die entscheidende Bedeutung einer vollauf angemessenen und theologisch strengen Rechenschaft über den christlichen Monotheismus. Negativ führte er seine Gegner durch seine Begrifflichkeit zur Selbstdefinition: ihr Beharren, nicht zu glauben, was Markell glaubte, diente dazu, ihre eigene Position zu bestimmen." A.a.O. 272. A.a.O. 22f.66.76.78-80.104-107-143f. 166.260. A.a.O. 69.89.238. Vgl. oben 38 Anm. 156. A.a.O. 78-81. A.a.O. 270. A.a.O. 81f.94.238.270. A.a.O. 93; vgl. 270.

192

Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

für das, was in der Gottheit triadisch ist.95 Zentrum, 96 Hauptinteresse97 und Schlüsselproblem98 seines Denkens sind vielmehr die Natur, Gottheit bzw. Ewigkeit des Logos und der christliche Monotheismus.99 Dementsprechend kritisiert Lienhard zurecht Loofs' These von einer dritten Ökonomie. 100 O b es jedoch angemessen ist, das Problem der Bestimmung des Monotheismus' Markells und dasjenige der Ausdehnung der Monas zur Trias so stark voneinander zu unterscheiden, ist zu bezweifeln. Letzteres ist vielmehr Teil von ersterem. Lienhard hebt den Begriff πρόσωπον als Markells wesentlichen Terminus zur Bestimmung der Einheit Gottes hervor. Diese sei die „Einheit eines personalen Subjektes". 101 Μονάς sei nicht im Sinne von „Monade", sondern von „Einheit (unity)" zu übersetzen. 102 Korrekt unterscheidet Lienhard in diesem Zusammenhang zwischen δύναμις und ενέργεια als „,power' in the sense of ,potential for acting'" (δύναμις) und „the acting itself" (ενέργεια):103 In Gott gibt es nicht zwei „Ichs".104 Der Monotheismus ist ohne Zweifel ein Hauptanliegen Markells. Μ. E. versucht Markell jedoch zumindest auch - ausgehend von der Einpersönlichkeit - Gott als „mehr als eine Person" aufzufassen. 105 Im Blick auf den zweiten Bereich im Herzen von Markells Denken, der Logoslehre, nimmt Lienhard für Markells erste große Schrift den traditionellen Standpunkt ein: erst der Inkarnierte sei der Gezeugte und der Sohn; alle Titel außer „Wort" gelten dem Menschgewordenen; Logos bedeute immer Wort und nie Vernunft (reason); der Vater sei der„Sprecher". 106 Neben der Logos- bzw. Sohneslehre sei es die Vorstellung vom Ende der Königsherrschaft Christi, die Markell weiterentwickelte 107 und so korrigierte. In der Epistula ad Iulium ist diese Entwicklung vollzogen: Markell erkenne hier den Sohnestitel für den Präexistenten an.108 Existiert aber der Sohn ewig, dann ändere sich auch Mar95 96 97 98 99 100 101 102 103 104 105 106

107 108

A.a.O. 81. A.a.O. 238f. A.a.O. 238. A.a.O. 139. A.a.O. 270. A.a.O. 85f. A.a.O. 86f. A.a.O. 92. A.a.O. 89; vgl. 87-92. „Dynamis" ist nicht nur eine „potency" (92.156). A.a.O. 88.106 Vgl. unten 401 f. Contra Marceilum, 64.83.85.107.115.132.139.155.132.139.155.197.240f.248. Lienhard sieht, daß Markell den Zeugungsbegriff im Sinne von Hervorgehen akzeptiert. A.a.O. 80f.146.15lf.175.270. A.a.O. 154-157; vgl. 164.197.

XV. Die Theologie Markells im Spiegel seiner Gegner

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kells Ansicht vom Ende der Königsherrschaft Christi: „Was er in der Schrift,Contra Asterium' sagte, ist, daß die Teilherrschaft Christi enden würde, weil sie in die Königsherrschaft Gottes absorbiert würde. Hier gibt Markeil jedes Bestehen auf einem Ende der Teilherrschaft zugunsten seiner Lehre von einer ewigen Existenz des Sohnes auf. Der Sohn herrscht zusammen mit dem Vater, dessen Reich kein Ende haben wird." 109 Beide Thesen Lienhards sind m.E. unhaltbar. Der Sohnestitel - wie nun schon so oft erwähnt - gilt auch in den Fragmenten dem Ewigen und Vorinkarnierten. Ebenso hat Markeil auch schon in den Fragmenten von der ewigen Mitherrschaft des Logos, der mit dem αληθώς υίός identisch ist,110 gesprochen, so daß nicht die Teilherrschaft Christi „in das Reich Gottes absorbiert wird", sondern die Teilherrschaft Christi als des Menschgewordenen und angenommenen Menschen nach ihrer Vollendung zu Ende kommt und (als universal gewordene) zusammenfällt mit der ewigen Mitherrschaft des Logos. Zu der falschen Annahme, daß Markeil in den Frgg noch nicht die ewige Königsherrschaft des Sohnes (bzw. des Logos) gelehrt habe, sondern nur die nach dem Ende der Herrschaft Christi zukünftige Herrschaft des Logos, kommt Lienhard durch die futurische Fehlübersetzung des Wortes in Frg 105(117,104),111 wobei dann immer noch die Behauptung von der „Asorption" des Logosreiches in das Reich Gottes unbegründet bliebe. Denn insofern der Logos identisch ist mit Gott, ist auch sein Reich von Ewigkeit her kein anderes als das Reich Gottes. Aufgrund der angeblichen Selbstkorrekturen 112 Markells, die es in Wahrheit nicht gibt, weil schon der Markeil der Frgg so dachte, stellt Lienhard eine Entwicklung Markells fest hin zur „miahypostatischen Orthodoxie", die im sogenannten westlichen Bekenntnis von Serdika zum Ausdruck komme. Lienhard unterscheidet nun zwischen dem „häretischen" und dem „historischen" Markell. 114 Ersterer ist der Markeil von „Contra Asterium", letzterer derjenige der Epistula ad Iulium. Der „häretische" Markell wurde von den Synoden (Antiochien 341 bis Sirmium 351) und Eusebius von Emesa, Acacius von Caesarea, Cyrill von Jerusalem und in den Briefen des Basilius von Caesarea bekämpft:

109 110 111 112 113

114

A.a.O. 155; vgl. 107.187; Epistula ad Iulium: 215,6-8. Vgl. unten 425. Contra Marcellum, 103; vgl. 210,15 Klostermann. Contra Marcellum, 152.175.270. A.a.O. 162-165-175. Auch die Aufgabe einzelner Markellischer Theologumena in der Expositio fidei des Eugenius und dem markellischen Bekenntnis, das den Konfessoren in Diocaesarea vorgelegt wurde, deutet Lienhard (a.a.O. 167-173) in diesem Sinne. A.a.O. 176.269.

194

Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

„es war mehr und mehr eine Karikatur, die sie bekämpften." 115 Dies treffe in noch stärkerem Maße für die pseud-athanasianische vierte Rede gegen die Arianer, die pseud-athanasianische Schrift „Contra Sabellianos", 116 den Text „Contra Sabellianos et Arium et Anhomoeos" des Basilius (PG 31, 600-617) und das Werk „Adversus Arium et Sabellium" des Pseudo-Gregor von Nyssa 1 1 7 zu. Der von diesen vier Schriften bekämpfte „Sabellius" habe nichts mehr mit dem „historischen" Markeil zu tun. 118 Dasselbe gelte nun auch von ihrer Theologie im Verhältnis zu den vorhergenannten antimarkellischen Texten. Während diese (d.h. die Theologen bis Ankyra 358) 1 1 9 in der Fortsetzung Eusebs von Caesarea in der „dyohypostatischen Theologie" verharren, nähmen jene Elemente beider Traditionen, d. h. der „miahypostatischen" und der „dyohypostatischen" in sich auf 120 und schlügen so einen Mittelweg zwischen Markeil und den Eusebianern ein. 121 Dies ist demnach das bessere Verständnis, das eine Betrachtung der Theologiegeschichte des 4. Jahrhunderts aus markellischer und antimarkellischer Perspektive ermöglicht: Markeil und die Markellianer nähern sich der „einhypostatischen Orthodoxie" an; die vier Schriften „Gegen Sabellius" distanzieren sich von der „zweihypostatischen Theologie" und nehmen ihrerseits Elemente der „einhypostatischen Tradition" auf. Es sind diese Schriften, nicht die Homöusianer unter der Führung des Basilius von Ankyra, die die kappadozische Theologie vorbereiten. 122 Unbestritten an dieser Sicht der Dinge ist die bekannte Beobachtung, daß die Hypostasentheologen Elemente der altnizänischen Theologie aufnehmen. Fraglich bleibt - und Lienhard hat den Beweis nicht geführt - , ob die Theologie der vier genannten Schriften „Gegen Sabellius" tatsächlich rechtfertigt, die entscheidende trinitätstheologische Zäsur im Verlauf des 4. Jhs. zwischen den Homöusianern und ihr anzusetzen. Ferner ist zu bedenken, ob die Bezeichnung „dyohypostatische Theologie" dazu geeignet ist, die Differenzen zwischen der Hypostasentheologie des frühen und des späten 4. Jahrhunderts, d.h. den Kappadoziern, treffend zu charakterisieren, da sich diese formal gesehen - in gerade diesem Punkt (zwei Hypostasen von Vater und Sohn) nicht von der „eusebianischen Theologie" unterscheiden. 115 116 117 118 119 120

121 122

A.a.O. 268f; vgl. 269 und 184. PG 28, 96-121; vgl. oben 162 Anm 1. ed. Müller, Gregorii Nysseni Opera, Vol. III/l, Leiden 1958, 68-85. Contra Marcellum, 232.271. A.a.O. 272. A.a.O. 231.251.265. Aus der „miahypostatischen": ewige Zeugung des Sohnes; keine Unterordnung des Sohnes; gegen Verdacht der Geschöpflichkeit des Sohnes; klare Unterscheidung von geschaffen und ungeschaffen (a.a.O. 271f). A.a.O. 233.252.264. Vgl. a.a.O. 232.272.

XVI. Ergebnisse

195

Im Blick auf Markeil ist gegen Lienhard festzuhalten: nicht zwischen dem Markell der Frgg und der Epistula ad Iulium ist eine Zäsur anzusetzen, sondern zwischen dem gesamten Corpus Marcellianum und der Expositio des Eugenius. 123 Abschließend ist noch Lienhards Deutung der Inkarnationslehre, Soteriologie und Ekklesiologie Markells kurz anzusprechen. Lienhard weist zurecht auf die strikte historische Auffassung des Heilsprozesses bei Markell124 und auf das „entscheidende Moment" der Inkarnation125 innerhalb desselben hin. Hierin erkennt er auch die grundlegende Differenz zur gegnerischen Soteriologie.126 Problematisch ist es allerdings, wenn Lienhard die zweifellos enge Verbindung der individuellen Menschheit Christi und der Gesamtmenschheit als „schlichte Identifizierung" bezeichnet.127 Auf jeden Fall falsch ist es, so zu differenzieren, als sei Markells Wort für die individuelle Menschheit Christi ,,σάρξ" und für die Allgemeinmenschheit „άνθρωπος".128 Schließlich müßte die Feststellung, daß das Fleisch des Inkarnierten passiv sei,129 differenzierter gefaßt werden: der zu sich selbst zunächst passive individuelle angenommene Mensch wird durch den an ihm handelnden Logos zur Tätigkeit aktiviert.130

XVI.

Ergebnisse1

Uberschaut man über 360 Jahre Markellforschung, fällt als erstes die extreme Widersprüchlichkeit ins Auge, mit der die Person, die Schriften und die Theologie Markells - mitunter von ein und demselben Interpreten - beurteilt wurden. Markell sei (im Einklang mit den meisten Synodalentscheidungen des vierten Jahrhunderst) einerseits heterodox (Willenborg u. a.),2 andererseits der Bibeltheologe seiner Epoche (Zahn). 3 Markell sei einerseits" eine reaktionäre (Zahn), 4 archaistische (Loofs) 5 und anachronistische (Beyschlag), 6 andererseits eine revolu123 124 125

126 127 128 129 130 1 2 3 4 5 6

Vgl. oben 126-132. Contra Marcellum, 98.102. A.a.O. 99. Allerdings stellt Lienhard (a.a.O. 115 mit Anm. 28; 137) unvermittelt dasselbe für Euseb von Caesarea fest. A.a.O. 24.74.76.105f.203. A.a.O. 100; vgl. 98f.105.107.166.260. A.a.O. 99. A.a.O. 96f. Vgl. unten 386f.423f.428.498f. Vgl. zum folgenden oben Teil A: Einführung ins Thema. Vgl. oben 34f und Gericke, Marcell von Ancyra, 33f. Vgl. oben 3f.36-38. Vgl. oben 4 mit Anm. 13. Vgl. oben 4 mit Anm. 14. Vgl. oben 175.

196

Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

tionäre (Meredith), 7 innovative (Danielou, Gericke) 8 und entdeckerische (Berkhof) 9 Persönlichkeit. Markells Exegese entspreche zum einen dem Schriftsinn (Zahn, Berkhof), zum andern sei sie willkürlich und gezwungen (Simonetti), 10 eine „Maskerade seines Systems" (Gericke) 11 und Rechtfertigung anderweitig begründeter Interpretationen (Hübner). 12 Markell habe einerseits einen positiven theologischen Einfluß ausgeübt (Zahn, Holl, Tetz, Simonetti, Hübner u. a.), 13 andererseits sei dieser nur negativ bedeutsam gewesen (Beyschlag). 14 Markells Theologie besitze zum einen polemische Stärke, dogmatische Kraft (Tetz), und imponierende Geschlossenheit (Gericke), 16 zum anderen sei Markells Denken „wirr" (Pollard), Markell besitze nur beschränkte systematische Fähigkeiten (Simonetti), 17 er sei ein „naiver Fundamentalist" (Kretschmar) 18 und habe die theologischen Uberlieferungen, die er empfing, nicht verstanden (Loofs). 19 Markell (als der Verfasser von De incarnatione et contra Arianos) sei zum einen ein glänzender Stilist (Simonetti), 20 zum andern unfähig zur Stoffdisposition und -komposition (Simonetti, Heron). 21 Hand in Hand mit diesen gegensätzlichen Charakterisierungen von Markells Person und Fähigkeiten durchzieht die Forschung von An-

fang an die Auseinandersetzung um die Frage, welche Texte die aut-

hentische Theologie Markells enthalten. Während es die geläufige Meinung ist, daß Markell ab der Epistula ad Iulium (340) seine Theologie unter stärkerer oder schwächerer Beibehaltung ihrer Substanz entweder in ethisch verwerflicher Weise getarnt, um seine Gegner täuschen, oder aber zumindest weiterentwickelt habe, 22 wie es deutlich in De incarnatione et contra Arianos (Tetz, Hübner, Schendel, Grillmeier) 23 und der Legatio Eugenii (Tetz) 24 zutage trete, gibt es die Extrempo7

Proverbes VIII,22; S. 352f.

8

Vgl. oben 8f.60f.

9

Vgl. oben 8f. 58f.

10

Vgl. oben 123.

11

Vgl. oben 61.

12

Vgl. oben 154 Anm. 40.

13

Vgl. oben 1 mit Anm. 2.

14

Vgl. oben 175.

15

Markell I, 264.

16

Vgl. oben 60.

17

Sulla paternitä, 19.

18

Vgl. oben 179.

19

Vgl. oben 51f.

20

Sulla paternitä, 14-19.

21

A.a.O. 12f.

22

Vgl. oben 6.23.29 mit Anm. 90; 3 4 . 6 5 . 7 5 . 1 2 1 f . l 2 8 . 1 4 2 . 1 4 8 - 1 5 1 . 1 7 3 f . l 9 2 - 1 9 4 .

23

Vgl. oben 121.151.173f.

24

Vgl. oben 128.

XVI. Ergebnisse

197

sitionen, daß einerseits nur die Fragmente aus dem Jahre 336 seines Opus ad Constantinum (Klose),25 andererseits noch die Legatio Eugenii aus dem Jahre 371 (Montfaucon) 26 ungebrochen die ursprüngliche und echte Theologie Markells vermitteln. Durch diese unterschiedlich angesetzte „Wende" der Theologie Markells, die materialiter in seiner Christologie, Ekklesiologie und Eschatologie greifbar werde, wird aus dem häretischen der historische (Lienhard), bzw. der „nizänisch orthodoxe" Markeil. Nur vereinzelt (Pourchet, Tetz)28 wird die Meinung vertreten, daß die Epistula ad Iulium der Ansatzpunkt der Erforschung Markells sein müsse. Die Frage nach denjenigen Quellen, die uns den echten Markell erkennen lassen, wird seit 1949 durch die Zuschreibung neuer, pseudonym überlieferter Schriften an Markell weiter kompliziert. Die Zuweisungen der Schrift „De sancta ecclesia" durch Richard wird oben gegen den Widerspruch Hansons verteidigt;29 diejenige der Epistula ad Liberium = Contra Theopaschitas (Richard, Scheidweiler, Tetz) bejaht; 30 diejenige der Epistula ad Antiochenos = Sermo maior de fide (Scheidweiler, Tetz)31 und der Schrift „De incarnatione et contra Arianos" (Stülcken, Richard, Tetz) gegen den Widerspruch Simonettis und die massive Gegenthese Herons (De incarnatione et contra Arianos sei abhängig von der lateinischen pseud-athanasianischen Schrift „De Trinitate et de Spiritu Sancto" des Euseb von Vercelli)32 bekräftigt. Die Authentizität von De incarnatione et contra Arianos konnte insbesondere dadurch untermauert werden, daß auch der Markell der Frgg kein „Okonomienschema" (Tetz) und keinen ausschließlich inkarnatorischen Sohnes- und Zeugungsbegriff lehrt. Unten wird zusätzlich die Einheitlichkeit der Exegese Markells von Prov 8,22-25 und I Kor 15,24-28 aufgewiesen werden. 33 Die Diskussionen um die Quellen der Theologie Markells waren und sind mit philologischen Bemühungen um den Text Markells begleitet: zunächst die Abgrenzung der Fragmente in den Antilogien des Euseb und Acacius von Caesarea (Rettberg),34 sodann ihre textkritische Bearbeitung (Gaisford, Klostermann, Scheidweiler, Hansen) 35 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35

Vgl. oben 28. Vgl. oben 16. Vgl. oben 193. Vgl. oben 5f.57. Vgl. oben 64-66. Vgl. oben 67f Vgl. oben 70-84. Vgl. oben 84-115. Siehe unten 317-323.429-441. Vgl. oben 17-21. Vgl. oben 33f.54-56.

198

Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

und schließlich die kritische Edition der neu hinzugekommenen Texte (Mercati, Schwartz, Opitz, Scheidweiler, Casey, Nordberg, Tetz),36 von denen die „großen", die Epistula ad Antiochenos bzw. die Schrift „De incarnatione et contra Arianos" bis heute in einer editorisch mangelhaften bzw. textlich völlig unzureichenden Ausgabe vorliegen. De incarnatione et contra Arianos wird von uns daher nach den oben genannten Handschriften und die Epistula ad Antiochenos nach obiger neuer Zählung und unter Benützung der armenischen Ubersetzung herangezogen. Trotz des gezeichneten Markellbildes eines „Markeil im Widerspruch", trotz der vielfältigen Rede von einer „Wende" in der Theologie Markells und trotz der Auseinandersetzung um die authentischen Quellen seines Denkens wurden alle tiefergehenden Interpretationen der Theologie Markells einmütig durch die Frage nach den Traditionen Markells und seiner Abhängigkeit von denselben beherrscht. Dies betrifft nicht nur die „Klassiker" Rettberg (Irenäus, „Dionys von Rom", „traditio fidei"),37 Zahn (Rückkehr zur älteren, vorapologetischen und vororigenistischen Lehrentwicklung)38 und Loofs („Geistchristologie", „Kleinasiatische Tradition", „Antiochenische Theologie", Paul von Samosata)39 und ihre Nachfolger (Pourchet, Berkhof, Gericke, Tetz [teilweise], Pollard, Schendel, Simonetti, Beyschlag),40 sondern auch in neuem Gewand die jüngsten Interpretationen unter Verwendung der neuen Texte (Tetz, Hübner). Die Beziehungen Markells zu Ignatius, Irenäus, Tertullian und Novatian werden unten41 geklärt werden. Im Blick auf die Traditionskonstruktionen von Loofs konnte jedoch an dessen eigenen Ergebnissen ihre Haltlosigkeit aufgezeigt werden, zumal für den Beweis ihrer Existenz Paul von Samosata (Brennecke u.a.) und Dionys von Rom (Abramowski) nicht mehr gerade stehen können. Ferner mußten sowohl die These von Martin Tetz (Die pseudoklementinische Lehre vom wahren Propheten ist eine theologisch überwundene Voraussetzung für Markells Vorstellung von Adam als dem ,fleischlichen Vater des Sohnes Gottes')42 als auch diejenige von Reinhard M. Hübner (Markell ist Tradent einer orthodox umgestalteten gnostischen »physischen Erlösungslehre' und Ekklesiologie)43 als unhaltbar angesehen werden. Tetz versuchte ferner sowohl in der Epistula ad Iulium als auch in der Epistula ad Liberium Mar36 37

Vgl. oben 64.67f.70-73.84f. Vgl. oben 22f.

38

Vgl. oben 36.38.42.

39

Vgl. oben 43-54.

40

Vgl. oben 9.57f.59-62.68.70.77-79.120f.l24-126.130f.l34-137.140-142.168.170.

41

Siehe unten 508-515.

42

Vgl. oben 77-82. Vgl. oben 144-162.

43

199

XVI. Ergebnisse

kells Abhängigkeit von der Regula fidei nachzuweisen, die Markell im ersten Brief44 in freier Weise und im zweiten Brief 45 in Anlehnung an Formulierungen Tertullians aufnehme. Während Tetz hier eine Anschauung Rettbergs erneuert, verläßt er dessen Betrachtungsweise mit der Feststellung der „Wendung" Markells hin zur Glaubenstradition in der Expositio fidei des Eugenius. 46 Denn während Rettberg Markells Bezug auf die traditio fidei im Gegensatz zum Nizänum definierte, versteht Tetz unter dieser Weiterentwicklung Markells die Hinwendung zu schriftlich fixierten Bekenntnistexten (Nizänum; Tomus ad Antiochenos). Die im 19. Jahrhundert und zu Beginn des 20. Jahrhunderts vorherrschende Gestalt der These von der Traditionsbestimmtheit Markells wertete durch die Rezeption des Sabellianismus (Schleiermacher)47 oder zumindest des strengen Monotheismus (Ablehnung des Jungnizänismus durch Zahn) 48 und des Samosatenismus (Loofs) die Negativcharakteristik Markells seit Euseb von Caesarea positiv um. Die Gotteslehre

(„Trinitätslehre")

und die Cbristologie

Markells,

die

natürlich durch Markells Gegensatz zum Arianismus und Origenismus ein wesentlicher Bestandteil seiner Theologie sind, standen und stehen bis heute daher in diesen Perspektiven zur Debatte. In der Gottes- bzw. „Trinitäts"lehre wurde eine Vielfalt von Möglichkeiten vertreten: Während nach Dorner Markell ein extremer Identitätstheologe sei (Vater und Logos sind „schlechthin eins"; Logos und Pneuma sind identisch),50 stellt Klose bei Markell „drei durchaus einander coordinate Personen oder Hypostasen" 51 fest. Möhler erkennt drei Personen bei einer Hypostase 52 und Zahn unklar ein „Ich" mit drei Subjekten. 53 Nach Loofs entfalte sich und entstehe die Trinität sukzessiv aus der Einheit Gottes, so daß zwischen Schöpfung und Geistausgießung nur eine „Binität" realisiert gewesen sei.54 Möglicherweise inspiriert durch Schleiermacher, jedenfalls aber verwandt mit seiner Anschauung, nach der Gott nur weltregierend in seiner allgemeinen Wirkung auf alles endliche Sein Vater sei,55 lassen Zahn, Gericke und 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

oben oben oben oben oben oben oben oben oben oben oben oben

130f.l41f. 68-70. 23. 24-27. 42. 49. 32f. 29. 28. 40. 44-47. 26.

200

Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

Schendel bei Markeil Gott erst mit dem Hervorgang zur Schöpfung Vater werden. 56 Schließlich ist das Verhältnis der „Monas" zum Vater ein Problem der Deutung der Gottesvorstellung Markells. Nach Baur identifiziere Markeil beide.57 Die Christologie Markells steht trotz gewisser Aufweichungen bis heute im Banne des Euseb von Caesarea. Die Vorgaben Rettbergs (bis zur Menschwerdung existiert nur der Logos; die Titel „Sohn Gottes" und „Eingeborener" kommt dem auf einzigartige Weise von Gott in der Inkarnation hervorgebrachten Menschen zu; alle übrigen christologischen Namen gehören der menschlichen Natur des Retters an; eine eigentliche Zeugung des Sohnes fand daher nur bei der Menschwerdung statt) 58 wurden zwar variiert und abgeschwächt,59 aber noch nicht gänzlich überwunden (am weitesten sind bisher Grillmeier, Ritter und Wiles gegangen).60 Die korrekte Feststellung, daß bei Markeil sowohl das Logos-Anthropos-Schema als auch das LogosSarx-Schema anzutreffen ist (Scheidweiler, Simonetti, Grillmeier)61 wurde seit Loofs (Gericke, Schendel, Pollard)62 als Traditionsmischung erklärt. Diese Tatsache und die (im Blick auf den Präexistenten mit den gerade genannten Einschränkungen gemachte) Bemerkung, daß Markeil sowohl den Präexistenten als auch den Menschgewordenen und den angenommenen Menschen „Sohn Gottes" nennen kann (Gericke, Schendel),63 sollen in der These dieser Arbeit ihre Erklärung finden. Die Vorstellung von einer doppelten eschatologischen Unterwerfung nach I Kor 15,28 (nämlich des Logos und des angenommenen Menschen) und diejenige von der eschatologischen „Absorption" des Logos in Gott (Gericke, Schendel, Rondeau, Pollard, Lienhard) 64 können nicht aufrechterhalten bleiben. Auch in der Frage der Art und Weise, in der Markeil die Verbindung und Einheit von Logos und angenommenem Fleisch bzw. Mensch denke, wurden die gegensätzlichsten Positionen vertreten. Während Fondevila bei Markell eine Wesens- oder gar hypostatische Einheit von 56 57 58

59

60 61 62 63 64

Vgl. oben 41. und Diss.-Fassung 51.99. Vgl. oben 30. Vgl. noch die Meinung Wundemanns (Geschichte der christlichen Glaubenslehre vom Zeitalter des Athanasius bis auf Gregor den Großen, Leipzig 1789, 309): Markell „philosophirte . . . auch für die damaligen Zeiten zu fein über das Gezeugtwerden, . . . " Vgl. oben 18-21.25f.28-35.38f.53; (Diss.-Fassung 52); 112.117; 121 Anm. 57; (Diss.Fassung 101.104); 142 Anm. 131; 164.166.168f.186-189.192f. Vgl. oben 170.176.179. Vgl. oben 75f.l73. Vgl. oben 50-52.59-61.120f. Vgl. oben Diss.-Fassung 52; 121 mit Anm. 57. Vgl. oben 61; 117 Anm. 15; 121; (Diss.-Fassung 101.104).

XVI. Ergebnisse

201

Logos und angenommenem Fleisch zu erkennen glaubte, stelle nach Klose, Baur, Dorner, Willenborg, Hübner und Feige die Inkarnation bei Markeil nur eine energetische Verbindung zwischen Sohn (Logos) und Mensch dar und beinhalte keinen seinsmäßigen Bezug zwischen Logos und Fleisch.65 Hier hat Zahn widersprochen mit der korrekten Einsicht, daß der Logos nicht nur wirkend, sondern seinsmäßig zur Weltschöpfung und zur Menschwerdung hervorgeht.66 Trotz dieser Korrektur ist die besonders von Hübner herausgearbeitete Meinung richtig, daß Apolinarius von Laodizäa nicht erst gegen die Christologie Photins von Sirmium sondern auch gegen diejenige Markells von Ankyra Stellung bezogen habe.67 Die Ergebnisse des Berichtes und der Kritik der Forschung sollen abgeschlossen werden mit einer Zusammenstellung von Beobachtungen, die in der vorliegenden Arbeit eine Deutung erfahren sollen. Es handelt sich um Beobachtungen zur Geschichtstheologie, Kosmologie, Ekklesiologie und Eschatologie Markells: Rettberg notierte die ekklesiologische Auslegung von Prov 8,23 und Kol 1,13-23 und bemerkte, daß Markell mit „Mensch" und „Fleisch" sowohl die individuelle Menschheit des Retters, als auch die Kirche als auch die Gesamtmenschheit meinen kann;68 Dorner fiel die eigentümliche Eschatologie Markells auf, die er allerdings unhaltbar so verstand, daß Markell eine solche Vergeistigung und Vergöttlichung des Alls lehre, durch welche es eins mit Gott und dadurch als von Gott unterschiedenes vernichtet werde;69 Zahn realisierte, daß Markell ausgeprägt prophetisch-inkarnatorisch denke, indem er weitgehender als seine Zeitgenossen Schriftstellen als Weissagungen auf die Menschwerdung auffasse;70 Loofs (ebenso Berkhof und Pollard) legte mit seiner Formulierung eines „ökonomisch-trinitarischen Monotheismus" alles Gewicht auf das heilsgeschichtliche Moment der Theologie Markells und bezeichnete schließlich, als ihm Markell immer mehr aus der „kleinasiatischen Tradition" entglitt, als Markells „Eigenstes" dessen Exegese von I Kor 15;71 Tetz legte den Finger auf das „sehr interessante Kirchenverständnis Markells",72 seine ekklesiologische Exegese von Prov 8 (und anderen Schriftstellen) und sah in der Eschatologie Markells eine Korrektur der „realisierten Eschatologie" Eusebs von Caesa65 66 67 68 69 70 71 72

Vgl. oben Vgl. oben Vgl. oben Vgl. oben Vgl. oben Vgl. oben Vgl. oben Markell I,

29-35.163-168.188f. 39f. 162-168. 23. 33. 35.37.42. 44-47.53.124-126. 260.

202

Β. Geschichte und Kritik der Markellforschung

rea; 73 Grillmeier thematisierte mit der Markellischen christologischen Begrifflichkeit des „Herrlichkeitsmenschen" Markells Interesse an der Erhöhung und Inthronisation des vom Logos angenommenen „Menschen" 74 und schließlich stellte Hübner unter Repristination von Gedanken Dorners Markells Eschatologie heraus und wies indirekt durch seine These von der quasignostischen Identifikation von individueller Menschheit Christi und Gesamtmenschheit bei Markell auf dessen „ekklesiologische Fassung" der Christologie hin. 75

73 74 75

Vgl. oben 140. Vgl. oben 82f. Vgl. oben 144-162.

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem Die Untersuchung gliedert sich in Rekonstruktion, Inhaltsübersicht, Ubersetzung (mit Textkritik) und Kommentar. Durch die Rekonstruktion wird die der Schrift Markells entsprechende Abfolge der Fragmente hergestellt und aus ihr eine Inhaltsübersicht über das Opus ad Constantinum gewonnen. Die sich aus diesem Aufriß ergebenden thematischen Einheiten 1 des Buches Markells bilden das Gliederungsprinzip für den nachfolgenden Kommentar. In ihm werden die dem jeweiligen Themenkreis angehörenden Fragmente gruppenweise untersucht.

I.

Rekonstruktion

Die Rekonstruktion wertet zunächst alle äußeren Angaben über die Stellung eines Fragments oder von Reihen von Fragmenten aus. Erst nach Ausschöpfen der äußeren Hinweise und soweit wie möglich in Einklang mit ihnen werden Fragmente auch nach inhaltlichen Gesichtspunkten angeordnet. Durch diese Vorgehensweise soll vermieden werden, daß die Anordnung der Fragmente durch ein Verständnis der Theologie Markells geleitet wird, das bei der Erstellung der authentischen Abfolge schön vorausgesetzt wird und das durch die ihm entsprechende Anordnung der Fragmente immer neu suggeriert und reproduziert wird. Eine punktuelle Interpretation einzelner Fragmente, die selbstverständlich weiterhin sinnvoll sein kann, muß sich in die Perspektive des authentischen Gesamtduktus der Fragmente einfügen. Außere Angaben sind vor allem: (1) direkte Hinweise Eusebs und Acacius' von Caesarea zum Aufbau der Schrift Markells, (2) die Überleitungs- und Präsentationsformeln Eusebs und (3) der Tatbestand, daß Euseb von Caesarea die Fragmente in jeweils thematisch gebundenen, kontinuierlich dem Buche Markells entnommenen Fragmentenreihen zitiert hat, die durch einzelne identische Fragmente oder Fragmentteile in Entsprechung zueinander gebracht werden können. Die Fragmentengruppen der Rekonstruktion decken sich nicht immer mit denen des Kommentars, da erstere der Neugruppierung der Fragmente Markells durch Euseb folgen.

204

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

Diese Fragmentenserien sind zunächst in beiden antimarkellischen Schriften Eusebs von Caesarea aufzuweisen. a) Abgrenzung von thematisch gebundenen Fragmentenreihen in C M und ET Euseb beginnt C M mit einem auf das ganze Buch vorausschauenden Expose, in dem er zwar schon die Gedanken Markells referiert und gegen sie polemisiert, aber noch keine Markeil-Texte zitiert. 1 Damit setzt er im unmittelbar anschließenden Abschnitt C M 1,2-3 ein, 2 in dem er nachzuweisen versucht, daß Markeil die göttlichen Schriften auf unangemessene Weise lese3 und nicht einmal die „bloße Geschichte" kenne. 4 Um dies zu bewerkstelligen, zieht Euseb Fragmente aus allen Teilen der Schrift Markells heran. Im folgenden Abschnitt C M I,45 stellt Euseb diejenigen Stellen aus dem Werk Markells zusammen, an denen Markeil die in Eusebs Sinne rechtgläubigen kirchlichen Schriften und deren Verfasser, d. h. die kirchlichen Väter und Vorsteher, geschmäht habe. Daneben beginnt Euseb schon mit den Belegen für Markells Widerspruch gegen die kirchliche Lehre, auch wenn er damit erst in C M II richtig einsetzt. Im Blick auf das Hauptthema des vorliegenden Abschnitts (Schmähung der kirchlichen Schriften und Väter durch Markell) geben Eusebs Uberleitungsformeln zwischen den Fragmenten keinen Anlaß für einen Zweifel an einer kontinuierlichen Herausnahme derselben aus der Schrift Markells. Dies wird dadurch eindeutig, daß uns Euseb selbst über die Reihenfolge, in der sich Markell seine Gegner vornahm, informiert und anschließend bei der Präsentation der Texte, diese Reihenfolge einhält: zunächst widerspreche Markell gleichzeitig Asterius und Euseb von Nikomedien; dann (επειτα) Paulinus von Tyrus; von diesem gehe Markell zu Origenes weiter (έκ τούτου μεταβάς). Dann (επειτα) ziehe er gegen Narziß zu Felde und verfolge den anderen Euseb. 6 Zeigt uns diese Angabe Eusebs, daß die Fragmente in C M 1,4 kontinuierlich entnommen sind, erfahren wir aus Markells eigenen Worten, mit denen er - wie Frg 1(65,59) ausweist - den argumentativen Hauptteil seiner Schrift eröffnete, daß sich die in C M 1,4 gebotenen Fragmente auch über das ganze Werk Markells erstreckten: „ . . . ich beginne also, von dem von ihm (seil, von Asterius) geschrie1 2 3 4

5 6

2,27-8,25. 9,1-17,29. CM 1,3,18: 17,25-27. CM 1,2,10: 10,22f: „der nun so sehr die wörtliche Lesart verfehlte und die bloße Geschichte nicht kennt, wie sollte der würdig sein zur Lehre der höchsten θεολογία?" 17,30-31,4. CM 1,4,1-3: 17,32-18,10.

I. Rekonstruktion

205

benen Brief an, jedem einzelnen, das nicht rechtgläubig geschrieben wurde, zu widersprechen." 7 Mit CM II schreitet Euseb zum Aufweis „des Glaubens oder wohl eher Unglaubens des Galaters in den Sohn Gottes" fort. 8 Euseb stilisiert durch diese Verteilung der Markell-Texte das Buch Markells zu einer Klimax dessen angeblicher Motivation, nämlich des Bruderhasses, den Markell zunächst gegen die heiligen Liturgen Gottes gerichtet habe, um dann nach diesem Progymnasium seine gottlosen Blasphemien gegen die „Spitze des Ganzen", den geliebten und eingeborenen Sohn Gottes zu schleudern.9 Euseb assoziiert die Absicht Markells nicht umsonst mit derjenigen Kains.10 Denn er will ja in CM II dokumentieren, daß Markell die Existenz des Sohnes Gottes aufhebe. 11 Dies vollzieht er in CM II im Wesentlichen anhand zweier Abfolgen von Fragmenten: zunächst (CM 11,2) durch eine erste Kette, die aufzeigen soll, daß der Sohn Gottes nach Markell nicht der Anfang, nicht hypostasiert, ja weder präexistent, noch lebendig sei, noch seiend, sondern ψιλός λόγος in Gott, dem menschlichen Logos vergleichbar, so daß Gott und der Logos in ihm ein und dasselbe seien, und so weder Vater noch Sohn existierten.12 Argumentativ komplementär fügt Euseb dieser Abfolge eine zweite Sequenz (CM II,3f) an, die die bereits für Markell belegte Leugnung des wahrhaftig präexistenten Sohnes Gottes dadurch bestätigen soll, daß sie darlegt, wie Markell die in den göttlichen Schriften über den eingeborenen Sohn enthaltene θεολογία auf das Fleisch übertrage (επί την σάρκα μεταφέρει) und somit das Fleisch „Gott nenne (bzw. zu Gott mache): θεολογών."13 Diese Darlegung der Übertragung der Lehre von der Gottheit des Sohnes Gottes auf das Fleisch vonseiten Markells,14 die sich an die Präsentation der angeblichen Lehre Markells vom „bloßen Wort" anschließt, erhält ferner folgende Zuspitzung durch Euseb: in derselben Fragmentenreihe, die gemäß den Uberleitungen hintereinander aus der Schrift Markells herausgetrennt worden sein muß, soll ein wenig später gezeigt werden, wie Markell definiere, daß das vergöttlichte Fleisch des Logos ledig und verwaist sein wird, wie er (seil. Markell) so dem Fleisch und der Königsherrschaft des Heilandes ein Ende bereite und der-

7 8 9 10 11 12 13

14

C M 1,4,4: 18,14f. C M 11,1,1: 31,22f. C M 1,1,1-4: 1,11-2,14. C M 1,1,1: 1,11-13. C M 11,1,9: 33,18; vgl. 11,1,11: 33,29f; 11,2,41: 43,7 und 11,4,31: 58,25. C M 11,1,17-11,2,43: 34,30-43,21. C M 11,2,44: 43,24-26; vgl. C M 11,3,4: 44,31-33; 11,3,19: 47,28; 11,3,22: 48,20f (έπί την σάρκα κοά ταύτην καταβάλλει θεολογίαν). C M 11,2,44-11,3,39: 43,21-52,10.

206

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

jenigen eschatologischen Güter beraube, die jeder Gläubige erlangt. 15 Damit „lenkt" Euseb Markells „Aggression" 16 gegen den Sohn Gottes zunächst gegen dessen (Prä-)existenz, die Markeil nur in der Weise eines „nackten Wortes" gelten lasse, sodann gegen das angenommene Fleisch, auf das Markell zwar die Göttlichkeit des Sohnes Gottes beziehe, dessen Existenz und Herrschaft er aber eschatologisch ebenso aufhebe. 17 Euseb gestaltet den von ihm bei Markell gefundenen Gegensatz, nämlich einerseits die Übertragung der Gottheit des Sohnes auf das Fleisch und andererseits dessen verwaistes Zurückbleiben am Ende, rhetorisch effektvoll aus. Denn von Anfang des Abschnittes „Übertragung der Gottheit des Sohnes auf das Fleisch" an flickt er immer wieder Aussagen über die Verwaisung oder sogar das „Wegwerfen" des Fleisches ein,18 und steigert dies bald darauf noch dadurch, daß er auch zweimal diesbezügliche Fragmentteile zitiert. 19 In ET fehlen die meisten dieser Fragmente, insbesondere diejenigen, die Kol 1,15-18 exegesieren (davon ausgenommen sind innerhalb der „Übertragung der Gottheit des Sohnes auf das Fleisch" die Prov 8,22ff auslegenden und die eschatologischen Fragmente). 20 Euseb zitiert Kol 1,15-17 zwar auch in ET 111,6,5 und gibt kurz an, wie diese Stelle von Markell interpretiert wird, um dann aber aus Raumgründen auf eine nochmalige Darbietung derjenigen Fragmente, die sich auf diese Texte des Kolosserhymnus beziehen, zu verzichten. 21

Die circa doppelt so umfangreiche zweite Schrift Eusebs gegen Markell zeigt weit weniger Formung als die erste. Die Dreiteilung in drei Bücher, zu der Euseb in der Widmung an Flakill sagt: „Wir aber verehren die allerheiligste und dreimalselige Trias und erfassen in sovielen 15

16 17

18 19 20

21

CM 11,3-4: 43,21-58,4; vgl. besonders 43,25-27 und 57,30-58,2; CM 11,1,3-17: 32,934,29; CM 1,1,22f: 6,5-18. CM 1,1,2: 1,23: θυμός. Vgl. wie hierzu analog schon das „Expose" zunächst den Vorwurf einer Lehre vom „bloßen Wort" (CM 1,1,15-22: 4,12-5,34), dann diejenigen der Übertragung der Gottheit des Sohnes auf das Fleisch und der Behauptung des Endes desselben (CM 1,1,22f: 5,35-6,18) formuliert. An dieser Stelle gebraucht Euseb den Terminus ψιλός άνθρωπος und verurteilt eine Vorstellung, die Christus mit allen übrigen Menschen gleichsetzt (CM 1,1,24-35: 6,19-8,19). Innerhalb von CM II,3f verwendet er diesen Begriff jedoch nicht. Schon Markell hatte Euseb vorgehalten, er lasse den Heiland nur einen Menschen sein (Frgg 126-128[100-102,89-91]). CM 11,2,44: 43,26; CM 11,2,2: 44,14-16; CM 11,3,22: 48,20-22. CM II,2,4f: 45,1-6; CM II,3,25f: 49,9-15; CM 11,3,36: 51,20-24. Nur in CM stehen Frgg 11(8,8); 13(4,4); 14(5,5); 15(6,6); 16(7,7); 54(93,82); 55(94,83); 59(31,26); 77(104,93); 79(106,95); 80(107,96); 81(108,97); 82(109,35=97); 83(110,98); 99(111,99);100(112,100) und 101(113,100). Frgg 7(42,36); 8(49,44); 52(91,81=43) und 53(92,82) kehren in anderer Funktion wieder. ET III,7,lf: 165,1-14.

I. Rekonstruktion

207

Büchern den ganzen Gegenstand . . . bleibt vollkommen äußerlich.22 Euseb möchte jetzt die eigentliche Widerrede und Widerlegung bieten, auf die er in der vorangegangenen Schrift verzichtet habe.2 Ferner soll positiv die του σωτήρος ημών θεολογία dargestellt werden. 24 Die in CM an nur einer Stelle unbedachterweise von Euseb gezogene Gleichung zwischen Markeil und Sabellius,25 zwingt Euseb in ET das Gesetz des Handelns auf. Er läßt uns nicht in Unwissenheit darüber, daß er einer Gruppe gegenübersteht, die glaubt, Markeil habe της αληθείας σκόπου getroffen. 26 Euseb muß jetzt Frg 69(44,38) zur Sprache bringen, das er in CM unterschlug. In ihm distanziert sich Markell ausdrücklich von Sabellius.27 Euseb wendet diesen Tatbestand aber dergestalt für sich ins Positive, daß er behauptet, Markell glaube, obwohl er in Wahrheit dasselbe wie Sabellius denke,28 durch Hinterlist gegen Sabellius dem Verdacht auf Kakodoxie zu entrinnen, tadele sich aber selber durch die Verleumdung des Sabellius.29

Etwa die erste Hälfte von ET I (1-16) bis zum Zitat von Frg 69 erörtert daher unter Heranziehung auch anderer ketzerischer Positionen die aus der Sicht Eusebs sabellianisch-markellische und die kirchliche Lehre von Vater und Sohn.30 Anschließend sollen in ET 1,17 einige entstellend kurz zitierte Fragmente, 31 die sämtlich dem Arsenal des „Bloßes-Wort"-Vorwurfes entnommen sind, aufzeigen, daß Markell wie Sabellius Gott und seinen Logos als ein und dasselbe definiere. An dieser kleinen Reihe ist repräsentativ für die ganze Schrift ET zu beobachten, daß Euseb jetzt kürzer und abgehackter als in CM aus Markell zitiert. Etwa die zweite Hälfte von ET I (18-20),32 dient der Widerlegung der von Euseb so beschriebenen Anschauung Markells, daß der Sohn Gottes vor der Geburt aus der Jungfrau nichts anderes sei und nichts anderes genannt werde als Logos und erst nach der Erscheinung im Fleisch verschiedene Bezeichnungen erhalten habe.33

22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33

60,14f. 60,8-10; ET 1,1,lf: 62,5-13. ET 1,1,2: 62,17f. CM 1,1,17: 4,22-28. ET 1,19,1: 80,17-20. ET 1,15,5: 74,33-75,9. ET 1,1,lf: 62,22-32. ET 1,15,5: 76,24-26. ET 1,1-41: 62,5-74,30. ET 1,17,1-3: 77,7-35. 78,31-98,11. Besonders ET 1,19,2: 80,20-26.

208

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

Zu diesem Zweck zitiert er Frg 3(43,37) vollständig, 34 Frg 5(48,42), das in C M 11,2 die Fragmentenreihe zum Aufweis der Lehre vom „bloßen Wort" einleitet, sowie Frg 7(42,36) und 8(49,40), die in C M 11,3 wiederum den Auftakt zum Beleg der Übertragung der Lehre von der Gottheit des Sohnes auf das Fleisch bilden, und das sonst oft verwendete Frg 52(91,81=43). 35 Außerdem zieht Euseb noch das Abschlußfragment der „Bloßes-Wort"-Reihe in CM, nämlich Frg 111(41,34), und als weiteres Fragment Frg 96(50,45) heran, das auch wieder am Ende von ET II erscheinen wird. 36 In ET II (1-18 und 21-24) 37 nimmt Euseb schon behandelte Themata in einer gewissen Hastigkeit wieder auf und bietet hie und da neue Ausführungen dazu, jedoch in einer für die jetzige Frage unergiebigen Weise, da er im Rahmen derjenigen Fragmente bleibt, die die Auffassung Markells vom „bloßen Wort" dokumentieren sollen. 38 Nur zu Beginn, als Euseb den Sabellianismus Markells mit der These belegen will, daß Markeil dem Vater unseres Herrn Jesu Christi die Geburt aus der Jungfrau und daraus folgend auch das Leiden beilegen wolle, erscheinen erstmalig die Frgg 92(78,68) und 95(55,50), die wiederum in ET II,19,13f präsent sind. 39 Nur hier werden Frgg 62; 63,(56,51) und 64(57,51) zitiert. 40 Ebenso neu wie einmalig 41 ist die Abfolge in ET 11,19, mit der Euseb belegen will, daß Markell die Aussagen des Alten Testamentes, die nach Euseb von dem einen Gott zur Besserung der Juden vom Götzendienst handeln, zur Leugnung des Sohnes Gottes heranziehe. Diese, zweifellos ebenfalls kontinuierlich dem Werk Markells entnommene Sequenz, 42 bildet mit der sogleich anzusprechenden in ET 111,4 die beiden einzigen Stellen in ET, an denen Euseb in größerem Stil eine gegenüber C M neue Thematik mit neuen Texten aufgreift. Die drei ersten Kapitel von ET III 43 befassen sich ausführlich und auch mit neuen Gesichtspunkten mit der Auslegung von Prov 8,22ff. Aus C M kehren alle im Zusammenhang des Aufweises der Übertragung der Gottheit des Sohnes Gottes auf das Fleisch belegten Frag34

35 36 37 38 39 40 41 42 43

ET 1,18,1: 79,1-14 und ET I,20,48f: 89, 6-11. Ein Teil von Frg 3(43,37) wurde von Euseb schon CM 1,2,24: 12,29f („Unfähigkeit Markells zum Schriftverständnis") herangezogen. ET 1,18,2-4: 79,16-80,4. ET 1,20,22: 84,29-32 und ET 1,20,92: 97,9-12. 99,9-122,32 und 130,3-34. Außer Frg 96(50,45): 135,27-31. 1 25,19-33. ET II,l,3f: 99,25-100,6. Mit Ausnahme der Frgg 89(78,68) und 93(55,50), wie gerade bemerkt. 123,7-127,7. 127,38-157,28.

I. Rekonstruktion

209

mente, die Prov 8 behandeln, wieder; dazu treten neue, teils wegen der Frage, welches πρόσωπον Prov 8 spricht (27[12,11]),44 teils wegen der hinzugenommenen Betrachtung der όδοί und der εργα aus Prov 8,22 (vgl. Frgg 30-33[13-16,12f]),45 teils wegen ausführlicherer Kommentierung der πηγαί (Frgg 43[25,20] und 44[26,21]).46 Ferner lesen wir jetzt Frg 110(60,54), das Euseb sonst zum Aufweis der angeblichen Theorie Markells vom „bloßen Wort" heranzieht, weil Euseb bei der vorliegenden Diskussion von Prov 8 die Erörterung der Übertragung der Lehre von der Gottheit des Sohnes Gottes auf das Fleisch mit der anders gelagerten Auslegung Markells von Prov 8,27-30 in Frg 110(60,50) konfrontiert. Damit haben wir die zweite gegenüber CM thematisch neue Sequenz erreicht: Frgg 47(66,60) bis 50(69,60). An diesen will Euseb darstellen, wie Markeil Vater, Sohn und Heiligen Geist als ein und denselben bestimme. 47 Hieran fügt Euseb die von uns oben erwähnte Bemerkung, daß er in ET auf Markells Auslegung von Kol 1,15-17 (bzw. 18) verzichte.48 Ab ET 111,8 erörtert Euseb das eschatologische Schicksal des Fleisches des Heilandes, die Frage des Anfangs und des Endes der Königsherrschaft Christi, die detaillierte Auslegung Markells von I Kor 15,2428 sowie das Verhältnis der Einheit von Vater und Sohn zu der Einheit der Heiligen, wobei die gebotenen Markeil-Ausschnitte nur an einem Punkt über CM hinausgehen,49 sonst aber durchweg kürzer und in geringerer Zahl zitiert werden. Ergebnis: In CM zieht Euseb Markell-Texte in vier voneinander unabhängigen Durchgängen entsprechend seinen vier (bzw. fünf) Themenkreisen heran, nämlich: (1) CM I,2f („Unfähigkeit Markells zum Schriftverständnis"); (2) CM 1,4 („Schmähung der kirchlichen Schriften und Väter"); (3) CM 11,2 („Markells Lehre vom bloßen Wort"); (4) CM II,3f („Übertragung der Lehre von der Gottheit des Sohnes Gottes auf das Fleisch" und [5] „Anschauung von der eschatologischen Verwaisung des Fleisches"). ET 11,19 (6) und ET 111,4-6 (7) fügen zwei weitere zusammenhängende Fragmentenreihen hinzu; ferner noch einzelne Fragmente. 50 In der Struktur von ET schimmert der Aufbau von CM durch: ET II als ausgedehnter und ergänzter Beleg der Eusebischen 44 45 46 47 48 49 50

ET 111,2,31: 145,1-4. ET III,2,33f: 145,20-28 und ET III,3,6f: 146,25-34. ET 111,3,24: 149,25-37. ET 111,4-6: 157,29-164,28. 206 mit Anm. 21. Frg 84(127,114) in ET 111,10,6: 167,7-9. Frgg 3(43,37); 27(12,11); 30-33(13-16,12f); 43(25,20); 44(26,21); 62; 63(56,51); 64(57,51); 69(44,38); 84(127,114); 92(78,68); 95(55,50); 96(50,45).

210

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

Interpretation der Logoslehre Markells als Lehre vom „bloßen Wort"; ET 111,1-3 als derjenige Teil der Übertragung der Lehre von der Gottheit des Sohnes Gottes auf das Fleisch, der sich mit der Auslegung von Prov 8 beschäftigt; ET 111,8-21 als Behandlung des Eschatologie. b) Ermittlung der dem Buche Markells entsprechenden Abfolge der Fragmente 1. Fragmente 51-60 Als Ausgangspunkt bietet sich Frg 53(92,82) an, das sowohl in CM 1,4 („Schmähung der kirchlichen Schriften und Väter"), als auch in CM 11,2 („Markells Lehre vom bloßen Wort"), als auch - und hier sogar zweimal - in CM 11,3 („Übertragung der Lehre von der Gottheit des Sohnes Gottes auf das Fleisch") erscheint.51 In CM 1,4,30 steht vor Frg 53(92,82) das Frg 51(90,80). Dieses Fragment bildet den Auftakt der Ausführungen Markells zum Thema „Bild des unsichtbaren Gottes". Denn Markeil sagt in ihm: „ . . . ich glaube, es ist passend, kurz auch über das ,Bild' zu reden . . . " 52 An zwei der anderen Stellen 53 geht dem Frg 53 nicht wie in CM I,40,30f Frg 51, sondern Frg 52(91, 81=43) voran. Da aber Frg 51, wie es selbst sagt, am Anfang dieser Thematik steht, muß Frg 52 nach ihm und vor Frg 53 stehen. Aufgrund der Überleitungsformeln 54 läßt sich sogar präzis sagen, daß sich die Frgg 51, 52 und 53 nahe hintereinander im Buche Markells befanden. 55

51

52 53 54

55

24,18-21; 35,18f; 48,28-31 und 49,18f. - Vgl. zum Folgenden ständig die Synopse unten 235-240. 24,1 lf. C M 11,2,3: 35,15f und CM 11,3,23: 48,23-26. Hier, wie bei allen übrigen Beobachtungen zu den Uberleitungs- und Präsentationsformeln Eusebs, wurden CM, ET, ΡΕ I, ΡΕ II, DE, HE, Th, VC und EP vollständig als Vergleichsmaterial herangezogen. Bei Texten, die für diesen Zweck herangezogen werden, zitiere ich in der Regel nur Werk, Seite und Zeile. Die Worte, die Frgg 51 und 53 in C M 1,4,31: 24,17 verbinden, nämlich και μεταξύ xtva είπών επιφέρει, überbrücken im Schrifttum Eusebs an zwei Stellen einen Zwischenraum an biblischem Text von 9 (EP 78,23f), bzw. 5 (DE 377,18) NestleAland-Zeilen und an einer Stelle 7 LXX-Zeilen in der Ausgabe von Rahlfs (DE ll,22f). Frgg 52 und 53 werden an den beiden anderen Stellen durch Worte verbunden, die einen unmittelbaren Anschluß garantieren. Einmal selbstredend durch και επιμένει τό αύτό γυμνότερον διασαφών, δι' ών φησίν (CM 11,3,23: 48,27). Zum andern durch και προστίθησιν (CM 11,2,4: 35,17). Letzteres και προστίθησιν verbindet in ET (76,13) 3 1/2 Klostermann-Zeilen und an zwei Stellen in der DE 4 1/2 (13,1) bzw. 5 (16,6) LXXZeilen. Alle übrigen Stellen bei Euseb mit και προστίθησιν enthalten noch zusätzliche Bestimmungen.

I. Rekonstruktion

211

Gehen wir zu denjenigen Fragmenten, die auf diese erste kleine Reihe der Frgg 51-53 folgen. A n drei Stellen (an der dritten nur bruchstückhaft) bietet Euseb Frg 53(92,82) mit einem Anschlußfragment dar: In C M 1,4,3 lf folgt nach der Uberleitung και έπιλέγει Frg 54(93,82) 56 und in C M 11,3,24 nach den Worten και πάλιν προστίθησιν λέγων 5 7 dasselbe Fragment. Die dritte Anschlußstelle befindet sich kurz hinter der zweiten in C M II,3,27 58 im Rahmen einer von C M 11,3,22-29 reichenden zusammenhängenden Thematisierung der είκών τοϋ θεοϋ τοϋ άοράτου (Kol 1,15). 59 A n der dritten Stelle folgt auf Frg 53 allerdings nicht Frg 54, sondern Frg 55(95,83). Folgende Beobachtungen erweisen jedoch, daß Frg 54 zwischen Frg 53 und Frg 55 gehört: nachdem Euseb im Rahmen des thematisch zusammengehörenden Stückes CM 11,3,22-29 die Frgg 52, 53 und 54 hintereinander zitiert hat, 60 fügt er eine kleine Reflexion und ein kurzes Stück aus Frg 105(117,104) ein.61 Seine Überlegung lautet: wenn wir sagten, daß das Fleisch Bild Gottes wäre, müßten wir zugeben, daß das Fleisch aller Menschen und τα των σωμάτων πρόσωπα Bilder Gottes seien. Mit dem kurzen Zitat von Frg 105, das einen seiner schon erwähnten 62 Vorblicke auf die kommenden Aussagen Markells über die Eschatologie darstellt, deutet er den seiner Meinung nach bei Markeil gegebenen Widerspruch an, daß Markeil nämlich jetzt das Fleisch Bild des unsichtbaren Gottes nenne, dann aber Knechtsgestalt und deswegen untauglich zum eschatologischen Zusammensein mit dem Logos. Diesen kleinen interpretatorischen Exkurs beendet Euseb - zum Text Markells zurückkehrend - mit einem ganz kurzen (1 1/2 Zeilen) Stück aus Frg 53(92,82).63 Hieran schließt Euseb - unsere dritte Anschlußstelle - Frg 55(94,83) mit einer solchen Uberleitung an, die keinen Sinn ergäbe, falls sie sich nur auf die gerade zitierten 1 1/2 Zeilen aus Frg 53 bezöge. Mit dieser Uberleitung και αύθις μετα τα εκτεθέντα επιφέρει64 bezieht sich Euseb vielmehr auf das, was Markeil an dieser Stelle insgesamt zum Thema „auseinandersetzte", seil, auf die Frgg 52, 53 und 54, an das er jetzt Frg 55 anschließt. Die Reihenfolge der Frgg 53, 54 und 55 wird ferner dadurch verbürgt, daß die Uberleitung και επιλέγει 65 zwischen den Frgg 53

56 57 58 59 60 61 62 63 64 65

24,22. 48,32. 49,20ff. 48,16-50,4. 48,23-49,5. CM II,3,25f: 49,6-17. Siehe oben 206 mit Anm. 18 und 19. 49,18f. CM 11,3,27: 49,20. 24,22.

212

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

und 54 in C M 1,4,3 lf eine enge Verbindung 6 6 beider Fragmente anzeigt. Schließlich knüpft Euseb mit den Worten και πάλιν επιφέρει an Frg 55 in C M 11,3,29 das Frg 56(95,84), 67 das auch wir aus inhaltlichen Gründen und weil die Uberleitung dem nicht widerspricht als Frg 56 an die Reihe 51-55 anfügen. In Anschluß daran läßt Euseb uns wissen, daß sich Markell nach diesen Fragmenten der Auslegung von Ps 109,3 L X X zuwandte. Euseb schreibt: „μετά ταϋτα πειράται κατασκευάζειν, οτι και τό ,έκ γαστρός προ έωσφόρου έγέννησά σε' περί της σαρκός έλέγετο, γράφει δέ ούτως", 68 worauf er Frg 59(31,26) zitiert. 69 In diesem Frg 59 erwähnt Markell ausdrücklich den Propheten David. Dies ist deswegen von Bedeutung, weil parallel zu diesem hier vorliegenden Anschluß der Auslegung von Ps 109,3 an die Frgg 51-56 ebenfalls in C M 1,4,32 hinter den Fragmenten 51, 53 und 54 Frg 60(29,24) folgt, in dem sich der folgendermaßen lautende Satzteil befindet: „ . . . obwohl David dies eindeutig über sein Werden nach dem Fleisch gesagt hat . . . " 7 0 Diese äußerliche Parallelität der beiden Abfolgen belegt, daß Markell in Frg 60 auf Ps 109,3 rekurriert, 71 so daß hiermit durch zwei Stellen in C M der Anschluß der Exegese von Ps 109,3 an die Fragmente zum Thema „Bild des unsichtbaren Gottes" bestätigt wird. Daß die beiden übrigen Ps 109,3 erklärenden Frgg 57(28,23) und 58(30,25) 72 hierher zu stellen sind,

66

Diese Verbindungsworte gebraucht Euseb in E T 147,18, um das von ihm hier ohne Auslassung zweigeteilte Frg 35(17,14) zu verknüpfen. In E T 177,17 stehen dieselben Worte für den Ausfall von 3 Zeilen innerhalb von Frg 103(115,102). Dreizehn Stellen, an denen Euseb sonst die Formel gebraucht, bestätigen die Tatsache, daß Euseb damit nur einen geringen Zwischenraum überbrückt: zweimal sofortiger Anschluß (DE 106,23 und ΡΕ II 16,11); 1 LXX-Zeile Zwischenraum: D E 47,21; 4 L X X Zeilen: D E 26,21 und 55,23; 4 Zeilen Text der Scriptorum Classicorum Bibliotheca Oxoniensis (Plato, Res publica 461 c 1-4); 5 LXX-Zeilen: D E 58,1; 5 Zeilen Plato, Timäus 28 a 6-b 2: ΡΕ II 66,17; 7 Nestle-Aland- Zeilen: D E 223,3; 12 LXX-Zeilen: D E 264,18; 12 Zeilen = 1/2 Seite Porphyrius, De abstinentia, ed. August Nauck, Leipzig 1886 (Hildesheim 1963 2 ) 142,1-12 und 143,3-15: ΡΕ I 186,5 und 186,18; 1 Seite Markell-Fragmente: E T 144,19. Zöge man die Stellen mit bloßem επιλέγει bzw. έπιλέγων hinzu, würde sich diese Tendenz noch verstärken. Von acht Fällen επιλέγει schließen sechs unmittelbar an (DE 219,17; 221,27; 364,15; 368,34 ; 451,28; 459,5; vgl. 256,1 und 476,1). - Vgl. ferner (έπιλέγων): 234,34 und 247,32; 462,27; (επιλέγεται): 387,14. In D E 45,28 liegt ein Irrtum vor: hier fügt Euseb an Jes 53,7 mit και επιλέγει Jes 53,4 an.

67

49,31-50,4. Diese Überleitung kommt nur C M 52,1 und E T 79,21 vor. C M 11,3,30: 50,5f. C M 11,3,30f: 50,7-17. 24,33f. Montagu, Annotatio ad 24 C 6; Rettberg, Marcelliana, 18; Zahn, Marcellus von Ancyra, 113 mit Anm. 1; Rondeau, Le Commentaire des Psaumes, R H R 88(1969) 163. C M 1,2,21-23: 12,12-26.

68 69 70 71

72

I. Rekonstruktion

213

verbürgt ihr Inhalt. Der Beginn von Frg 57 erhellt ferner, daß es das erste Fragment sein muß: „ . . . daher scheint es sich mir also gut zu fügen, jetzt etwas von dem durchzugehen, was ich noch nicht früher durchnahm." 73 Da schließlich Frg 59(31,26) einerseits die Erklärung des Namens „Morgenstern" (bzw. „Bringer der Morgenröte") vorauszusetzen scheint, welche Frg 58(30,25) zumindest teilweise gibt, andererseits Frg 60 die aus der Auslegung resultierende Kritik an den Arianern übt, muß die Reihenfolge Frgg 57(28,23),58,59, und 60 lauten, so daß die Reihe der Frgg 51-56 zur Serie der Frgg 51-60 erweitert werden kann. 2. Fragmente 23-46 Gehen wir von denjenigen Fragmenten, die das Thema „Bild des unsichtbaren Gottes" besitzen, rückwärts in Richtung zum Anfang der Antilogie Markells, so treffen wir wiederum auf ein Parallelität im Verhältnis von CM 1,4 („Schmähung . . . " ) und CM II,3f („Ubertragung . . . ").74 Beide Male stehen vor dem Thema „Bild . . . " solche Fragmente, die sich mit Prov 8,22-25 befassen. In CM 1,4,28 scheint es zunächst nur eines zu sein: Frg 36(18,15).75 Markeil diskutiert darin die Auslegung des Asterius von Prov 8,23. Die anschliessenden Worte Eusebs: „Nachdem er dies sagte und anderes zur Widerlegung ,τοϋ προ των αιώνων γεγενήσθαι τον υιον' hinzufügte, setzt er mit eigenen Worten hinzu", beweisen jedoch, daß Euseb hinter Frg 36(18,15) weitere Ausführungen las, die sich nicht nur auf V 23 von Prov 8 beschränkt haben können. Hier muß die vollständige Exegese Markells von Prov 8,22-25 angesetzt werden. Und zwar ferner deswegen, weil das folgende Frg 46(89,79) den Abschluß einer Auslegung markiert, bei der sich Markell selbst der Notwendigkeit einer weiteren argumentativen Ausarbeitung und somit der Neuheit bewußt ist: „ . . . ich fordere die Erstbesten der Heiligen auf, gleichsam als solche, die die Samen und Anfänge dieser Auslegung wahrhaftig empfangen haben, dem Gesagten weitere Evidenz hinzuzufügen, so daß noch kräftiger die Willkürlichkeiten derjenigen, die den Glauben verdrehen, widerlegt werden. Denn in der Tat ,verließen sie den Gott', der sie zeugte, ,und gruben sich rissige Wasserlöcher' . . . " 7 7 Hierzu wird noch ein inhaltliches Argument treten, das aber erst am Ende der Behandlung aller Prov 8,22-25 thematisierenden Fragmente deutlich werden wird. 78 73 74 75 76 77 78

12,12f. Siehe oben 209. 23,25-31. 24,1-2. 24,3-8. Siehe unten 217.

214

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

Zu diesem Befund in CM I,4,28f läßt sich CM 11,3,11-22 wiederum gleichläufig parallelisieren. Auch hier geht die Dokumentation der Markellischen Auslegung von Prov 8,22-25 derjenigen zum Thema „Büd des unsichtbaren Gottes" voran. Zur inneren Anordnung der Prov 8,22-25 interpretierenden Fragmente muß nun freilich auch deren Auftreten in ET 111,1-3 mitherangezogen werden. 79 Wie bei der vorangegangenen Ordnung der Frgg 51-60 gehen wir wieder von einem Fragment aus, das Euseb mehrfach zitiert, nämlich Frg 29(11,10). Euseb zitiert es dreimal: und zwar einmal in ET 111,2,28, zu Beginn der Präsentation der Proverbienexegese Markells in ET. 80 Zweitens bald anschließend in § 30.81 Und schließlich drittens als drittes Fragment in CM II,3,1382 hinter den Frgg 26(9,9) und 28(10,9). An der zweiten Stelle, ET 111,2,32, geht ihm Frg 27(12,11) voran, verbunden mit den überleitenden Worten: έξης έπιλέγων,83 während an der dritten Stelle Frgg 26 und 28 mit Frg 29 durch die Wendung και μεθ' ετερα προστίθησιν λέγων 84 verknüpft werden, wobei zwischen den Frgg 26 und 28 selbst wiederum eine Verbindung mit έξης, nämlich και έξης έπιλέγει steht.85 Alle drei Präsentationsweisen, also Verbindungen mit έξης bzw. mit μεθ' ετερα, können bei Euseb sowohl einen sehr kleinen als auch einen sehr großen übergangenen Zwischentext andeuten,86 so daß diese hier keine Hilfe sind. 79

80 81 82 83 84 85 86

Frgg 36(18,15) und 37(19,16) werden aber auch dann noch ohne genauere Angaben Eusebs einzuordnen sein. Doch wird dieser Mangel dadurch mehr als wettgemacht, daß sich aus den übrigen Fragmenten klar ergibt, daß Markeil Prov 8, 22-25 Vers für Vers und Wort für Wort auslegte. Ebenso gibt es für die Frgg 23-25(125,123,124 [sie wurden von Rettberg noch nicht identifiziert]) keine äußerlichen Anhaltspunkte. Da sie aber eine „Hermeneutik" der Sprichwörter enthalten, bedürfte es besonderer Gründe, wollte man sie nicht in den Kontext der Proverbienauslegung Markells und dort wiederum am Anfang - integrieren. 144,14-18. 145,7-9. 46,23-27. 145,5f. 46,22. 46,17. Ich gebe als Beispiele, die sich weit vermehren ließen, nur die Extremfälle: (1) zu έξης: in D E 71,16-18 und 238,14 bezeichnet και έξης einen Raum von 1 bzw. 2 LXX-Zeilen. ΡΕ I 186,20 signalisiert es einen Ausfall von 9 Seiten Porphyrius, De abstinentia 144,1-153,2; PE 337,4 denselben Zwischenraum mit den Worten και έξης φησίν in der Ausgabe F. Naus des Liber legum regionum des Bardesanes (PS 1,2, Paris 1897, 562,3-582,5). In der H E 262,7f zeigen die Worte τοίς προεφημένοις έξης den Ausfall von 12 Seiten in der Ausgabe O t t o Stählins und Ludwig Früchteis der Bücher I-VI der Stromata des Clemens von Alexandrien (GCS 15, Berlin I960 3 : 208,9-220,14) an. (2) zu μεθ'ετερα: D E 236,10 schließt Euseb nach Auslassung von 2 1/2 LXX-Zeilen mit και μεθ'ετερα an; D E 460,11 nach 3 LXX-Zeilen mit den Worten οίς μεθ'ετερα

I. Rekonstruktion

215

Die innere Reihenfolge der Frgg 26,27 und 28 muß mit Gründen, die der Inhalt der Fragmente nahelegt, festgestellt werden. Frgg 26,28 und 29 gehören durch die in ihnen thematisierte Vorstellung einer inkarnatorischen Schöpfung 87 zusammen. Frgg 26 und 27 sind aber ferner im Rahmen des Gedankens von der in Prov 8,22 ausgesagten inkarnatorischen Schöpfung auf besondere Weise verbunden. Frg 27 liefert nämlich einen solchen Grund für die von Markell in Frg 26 ausgesprochene These, daß sich dieses Kephalaion der Proverbien nicht auf den „Anfang der Gottheit", sondern auf die „zweite Ökonomie nach dem Fleische"88 beziehe, der der Wendung „Anfang der Gottheit" direkt widerspricht. Denn in Frg 27 rekurriert Markell auf 2. Kor 5,17 und damit auf die ,Neuheit unseres Erlösers, durch die alles neu werden sollte'.89 Dieses von Paulus verkündete Neuwerden von allem durch Christus ist ein Argument gegen die in Frg 26 referierte Meinung der Gegner Markells, die αρχή von Prov 8,22 müsse im Zusammenhang der Protologie interpretiert werden.

Vor die so gewonnene Reihe der Frgg 26-29 stelle ich diejenigen Fragmente, die sich mit der Hermeneutik der Proverbien (Frgg 23[125,112], 24[123,110] und 25[124,111]) befassen.90 Ganz sicher ist mit ihnen vor Frg 29(11,10) zu rechnen, da der Anfang dieses Fragments: „ . . . da sich dieses nun so verhält, ist es folgerichtig, dieses sprichwörtlich gesagte Kapitel . . . auf seinen Sinn hin zu untersuchen . . . ",91 die Erörterung über den Charakter des sprichtwörtlich (παροιμιωδώς) Gesagten voraussetzt. Da sich die Frgg 26-28 schon mitten in der Exegese befinden, ist es sinnvoll, auch noch die Frgg 2325 vor diesen anzusetzen, so daß sich als Kopf der Exegese von Prov 8,22-25 die Serie der Frgg 23-29 ergibt. Die Stellung der restlichen Fragmente über Vers 22 ist evident. In CM 11,3,13 fügt Euseb unmittelbar an Frg 29(11,10) das Frg 34(126,113), welches lautet: „ . . . das ist also das ,Der Herr schuf mich als Anfang seiner Wege zu seinen Werken' . . . " 92 Sagt dieses Fragment schon selbst aus, daß es den Abschluß der Auslegung des Verses 22 von Prov 8 bildet, leitet es Euseb ferner an der zweiten Stelle, ET 111,3,7, mit den Worten ein: „ . . . und als ob er den Sinn vollkommen wiedergegeben hätte, setzt er hinzu . . . " 93

87 88 89 90

91 92 93

επιλέγει. Dagegen markiert die Formel: και μεθ'ετερα τούτοις προστίθησιν λέγων in der ΡΕ II 117,18 einen Ausfall von 23 Seiten Plato, Leges, 626 e 5 - 6 4 4 c 4 (Piatonis opera IV, O C T , ed. Burnet, Oxford 1907 passim). 1 83,lf.3.5f.9-l 1. 1 86,31f-l 87,1. 187,12f. Schon Scheidweiler (Marcell von Ancyra, 204 Anm. 1) erkannte, daß diese Fragmente hierhergehören. 46,23. 46,29. 146,34.

216

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

Die übrigen V 22 interpretierenden Fragmente müssen daher zwischen Frg 29 und Frg 34 eingeordnet werden. Diese befinden sich in ET 111,2,33-3,7, die bis auf eine Uberleitung 94 alle mit vorwärtsweisenden Worten verbunden sind. 95 Zur Probe kann noch einmal darauf hingewiesen werden, daß Markeil durchgängig eine Vokabel nach der anderen von V 22 exegesiert. Somit sind Frgg 30(13,12); 31(14,12); 32(15,13) und 33(16,13) zwischen die Frg 23-29 und Frg 34 einzufügen. Daß nun erst die Exegese von V 23 begann, wird - abgesehen von der kontinuierlichen Behandlung von Vers 22 - schließlich dadurch bestätigt, daß Markell sowohl in C M II,3,14 96 als auch in ET II,3,7-10 97 die Interpretation von Vers 23 (Frg 35[17,14]) nach dem Abschlußfragment 34(126,113) der Auslegung von Vers 22 bringt. Im Blick auf die Reihenfolge der V 23 auslegenden Fragmente wird in C M 11,3,14f Frg 38(20,17) hinter Frg 35(17,14) geordnet. 98 Die beiden übrigen Fragmente zu V 23 stammen aus C M 1,2,19 (Frg 37[19,16])" und aus C M 1,4,28 (Frg 36[18,15]). 100 Da für diese beiden Fragmente keine äußerlichen Anhaltspunkte gegeben sind, übernehme ich hier die Ordnung Rettbergs, so daß Frgg 23-34 durch Frgg 35-38 fortgesetzt werden. Die Sequenzen von C M II,3,15-21, 101 ET III,2,29 102 und ET III,3,31-27, 103 deren innere Anordnung ihrer Fragmente sich gegenseitig entsprechen, bestätigen, daß Frg 39(21,18) bis 45(27,22) in Folge dem Buche Markells entnommen sind. 104 Damit reicht die gewonnene Serie von Frg 23(125,112) bis Frg 45(27,22). Dieses Frg 45 sagt nun seine Funktion selbst aus: „ . . . nachdem wir also über das Angeführte gesprochen haben, ist es konsequent, auch den Rest zu vervollständigen. Es ist nämlich noch das, was die Berge und Hügel betrifft, übrig." 105 Mit der Deutung der „Berge" und „Hügel" aus Prov 8,25 ist die Auslegung nach diesen Worten Markells vollständig. Dies belegt, daß Markell Verse 22-25 als eine Sinneinheit versteht.

94 95 96 97 98 99

146,23f: έρμηνεύει δέ και τό «εις εργα αύτου» φάσκων. 1 45,18f.22 und 146,29. 46,29-36. 1 47,1-17. 46,31-47,4; vgl. ET 11,2,23: 144,20-23. 11,30-12,2.

100 2 3 , 2 5 - 2 4 , 2 . 101 102 103 104

105

47,5-15. 144,24-28. 147,22-150,21. Die eine indifferente Uberleitung 149,27 wird wiederum durch das kontinuierliche Fortschreiten Markells von V 23 bis 25 neutralisiert. CM 11,3,21: 48,9-11.

I. Rekonstruktion

217

Wie oben 106 schon angedeutet, scheint mir Frg 46(89,79), das in CM 1,4,29 im Anschluß an die Erklärung von Prov 8,23 zitiert ist, das letzte der uns von Euseb zu diesem Thema mitgeteilten Fragmente zu sein. Zu den dort genannten Gründen kommen jetzt Argumente hinzu, die durch den Kontext bereitgestellt werden. Denn Markeil hatte die „Wasserquellen" von Prov 8,24b in den Frg 4144(23-26,20f) 1 0 7 unter Rückgriff auf Exodus 15,27 tropisch auf die Apostel gedeutet. 108 Im vorliegenden Frg 45(27,22) legt er Prov 8,25 folgendermaßen aus: „Denn er sagt: ,Bevor die Berge gesetzt wurden, vor allen Hügeln zeugte er mich'. Berge und Hügel nennt er hier die Apostel und die Nachfolger der Apostel, damit er den ihnen gemäßen Wandel sprichtwörtlich gegenüber den anderen Menschen andeute . . . " 1 0 9 Es ist unübersehbar, wie Markell in Frg 46(89,79) mit dem um die Vorstellung vom zeugenden Gott vermehrten Zitat aus Jer 2,13: „ . . . wahrhaftig verließen sie Gott, der sie zeugte, und gruben sich rissige Wasserlöcher,"no polemisch die beiden genannten Momente seiner Exegese von Prov 8,24f, nämlich die Deutung der Apostel auf die Wasserquellen sowie die ekklesiologische Tendenz der Worte „zeugte er mich" gegen seine Gegner wendet. Dies wird schließlich noch dadurch bekräftigt, daß Gott in Jeremia 2,13 die „Quelle des Lebenswassers" heißt. Damit haben wir die zwei die Frgg 23-46 und 51-60 umfassenden Reihen erstellt. 3. Fragmente 47-50 Diese vier Fragmente bilden eine der zwei oben erwähnten 112 Zitatenreihen, die in ET 1 1 3 gegenüber C M von Euseb aus dem Buche Markells zusätzlich aufgenommen sind. Im Anschluß an das Zitat dieser Fragmente diskutiert Euseb in E T III,4,5-6,4 1 H die in ersteren angesprochenen Fragen, insbesondere das Wesen und die Stellung des Heiligen Geistes innerhalb der Trinität anhand der von Markell gebrauchten Schriftstellen (Joh 15,26; 16,13f; 20,22). Diese Erörterung schließt Euseb mit folgenden Worten ab, die zugleich zum nächsten Thema überleiten: „Danach geht er von hier aus weiter auf die apostolischen Ausführungen über die Gottheit des 106 213 107 108 109 110 111

188,27-199,9. 1 89,8f. 189,12-15. 204,25. Siehe dazu unten 308-311.

112 209. 113 114

E T 11,4,1-5: 157,29-158,34. 159,1- 164,28.

218

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

Christus (είτ' εντεύθεν μεταβάς επί τάς άποστολικάς περί τοϋ Χρίστου θεολογίας)."115 Euseb zitiert Kol 1,15-17 116 und fährt fort: „ . . . behauptet der Wunderliche, indem er wieder auf das Fleisch herabfällt, daß es das Bild des unsichtbaren Gottes s e i . . . " 1 1 7 Die folgende Behandlung von Kol 1,15-17 nimmt nur ein Drittel einer Textseite in der GCS-Ausgabe ein.118 Euseb gibt dafür folgenden Grund an: da er Markells Aussagen dazu schon in der vorangegangenen Schrift dargeboten habe, begnüge er sich jetzt in Anbetracht eines angemessenen Ausmaßes der vorliegenden Schrift (λόγου συμμετρίας φειδόμενος) mit einem Hinweis.119 Euseb bezeugt also in ET 111,4-7 genau, daß Markeil im Anschluß an die Frgg 47(66,60)-50(69,60) Begriffe oder Themen aus Kol 1,15-17 auslegte. Den Frgg 47-50 voran geht in ET 111,1-3 Eusebs ausführliche eigene Auslegung von Prov 8,12-31, im Rahmen derer er die entsprechenden Fragmente Markells zu Prov 8,22-25 zitiert.120 Wie verhalten sich nun zu dieser Gliederung (Fragmente zur Exegese von Prov 8,22-25; Frgg 47(66,60) bis 50(69,60); Fragmente zur Exegese von Kol 1,15,17) zunächst die beiden Fragmentenreihen von CM 1,4 („Schmähung der kirchlichen Schriften und Väter") und von CM II,3f („Übertragung der Lehre von der Gottheit des Sohnes Gottes auf das Fleisch")? Hier treffen beidemale die Prov 8,22-25 exegesierenden und die Kol 1,15 (hauptsächlich den Begriff: „Bild des unsichtbaren Gottes") auslegenden Fragmente unmittelbar aufeinander. Einmal, in CM 1,4,30, mit der Uberleitung: „ . . . έξης πειράται δεικνύναι . . . ", 121 zum andern, in CM 11,3,22, mit diesen Worten: „Nachdem er solche Interpretationen ausgeführt hat, geht er wieder auf die apostolischen Aussagen weiter (αΰθις έπί τάς άποστολικάς μεταβαίνει φωνάς), wobei er das Gegenteil zum Apostel ausspricht."122 Obwohl Euseb im Anschluß nur Texte Markells zur Auslegung von Kol 1,15 („Bild des unsichtbaren Gottes") dokumentiert, erwähnt er in dem mit den gerade zitierten Worten anfangenden Vorspann auch noch die Wendungen „πρωτότοκος πάσης κτίσεως", ,τα πάντα δι' αύτοϋ, και εν αύτοϋ έκτίσθαι, αυτόν δε είναι „προ πάντων'"124 aus Kol 1,15-17. Dies Vor115 116 117 118 119 120

121 122 123 124

ET ET ET ET ET

111,6,5: 164,28f. 111,6,5: 164,31-36. 111,6,71: 165,lf. III,7,lf: 165,1-12. 111,7,2: 165,12-14.

Frgg 110(60,54) und 97(58,52) sind von Euseb selbst in diesen Zusammenhang gerückt worden, da er Prov 8,22-27 als Ganzes auslegt (vgl. E T III,3,43f und 60: 153,11-22 und 156,15-22; E T 111,3,65: 157,21). 24,9. 48,16f. Frgg 52-56; CM 11,3,23-29: 48,23-50,4. CM 11,3,22: 48,17-20.

I. Rekonstruktion

219

gehen hat seine exakte Entsprechung in der schon erwähnten, ein Drittel einer GCS-Seite umfassenden Kurzauslegung von Kol 1,1517 in ET 111,7,1 f. Auch dort zitiert Euseb neben ,,δς έστιν είκών τοϋ θεοϋ τοϋ αοράτου" ferner „πρωτότοκος πάσης κτίσεως", „αυτός έστιν προ πάντων"125 und weitere Stücke aus Kol 1,15-17. Wir haben demnach in CM 11,3,22 und in ET III,7,lf zwei ganz ähnliche Kurzauslegungen von Kol 1,15-17 vor uns, die im Falle von CM 11,3,22 allerdings nur zu einer Präsentation derjenigen MarkellFragmente hinführt, die Kol 1,15 („Bild des unsichtbaren Gottes") behandeln. Das bedeutet aber zumindest, daß das Zitat von Kol 1,1517 in ET 111,6,5 und die Kurzauslegung von ET 111,7,1 f kein Hindernis zu der Annahme darstellten, daß sie sich auf die Frgg 51-60 beziehen, sondern einen solchen Bezug vielmehr aufgrund der Analogie zu CM 11,3,22 nahelegen. Von mehr als einem Nahelegen läßt sich bis jetzt aufgrund dieser Analogie nicht sprechen. Denn aus der schon zitierten Uberleitung zu Beginn von CM 11,3,22 geht eindeutig hervor (αύθις), daß Markeil schon einmal an einer früheren Stelle diese άποστολικαί φωναί behandelt haben muß. Dies ist unzweifelhaft, da sowohl in der thematischen Einheit „Übertragung . . . " als auch in derjenigen zum Thema „Schmähung . . . " Fragmente, die Kol 1,15-17(18) auslegen, vorangehen.126 Bei diesem ersten Eingehen Markells auf Kol 1,15-17(18) liegt der Schwerpunkt auf der Wendung „πρωτότοκος πάσης κτίσεως".1 Ferner muß zur Kenntnis genommen werden, daß Euseb bei diesem ersten Eingehen (CM II,3,2-8)128 innerhalb der Thematik „Ubertragung . . . " ebenfalls Kol 1,15-17 zitiert und ebenfalls eine sowohl mit CM 11,3,22 als auch ET 111,7, lf vergleichbare Kurzauslegung von Kol 1,15-17 bietet.129 Gewiß scheint also nur zu sein, daß Markell einerseits Kol 1,15-17(18) in zwei getrennten Passagen behandelte, wobei das erste Mal der Πρωτότοκος-Titel, das zweite Mal der Titel „Bild des unsichtbaren Gottes" im Vordergrund stand, und andererseits, daß eine der beiden Passagen unmittelbar auf die Fragmente 47-50 („Monas und Trias") folgte. Das ausschlaggebende Argument, welchem der beiden sich mit Kol 1,15-17(18) befassenden Abschnitten des Werkes Markells die Frgg 47-50 unmittelbar vorausgingen, liefert wieder die Tatsache der Parallelität nicht nur von ET 111,1-7, CM 1,4 und CM

125 126

127 128 129

E T 111,7,lf: 165,3-8; vgl. weitere Zitate Zeilen 9-12. C M 11,3,2-8: 44,16-45,29; darin Frgg 11(8,8); 13(4,4); 14(5,5); 15(6,6) und 16(7,7) zitiert. - C M 1,4,12f: 19,30-20,10; darin Frg 10(3,3) zitiert. Vgl. die in der Anm. 136 genannten Fragmente. 44,16-45,29. 44,26-33 und 45,7-10.

220

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

II,3f, sondern zusätzlich noch von 1,2 („Unfähigkeit Markells zum Schriftverständnis"). Gehen wir wieder aus von ET III: hier folgen, wie schon gesagt, im Referat Eusebs die Auslegung von (2) Prov 8,22-25 (ET 111,1-3); (3) die Frgg 47-50 mit Diskussion (ET 111,4-6,4) und der Hinweis auf den unmittelbaren Anschluß eines Eingehens Markells auf (4) Kol 1,15-17 (ET 111,6,5-7,2) aufeinander. In allen übrigen thematischen Blöcken fehlen zwar die Frgg 47-50: dafür belegen sie die Reihenfolge (1) Kol 1,15-17(18) [Πρωτότοκος-Titel]; (2) Auslegung von Prov 8,22-25 und (4) Kol 1,15-17 („Bild des unsichtbaren Gottes" bzw. die auf diese Fragmente folgende Exegese von Ps 109,3).130 In CM II,3f lesen wir (1) in II,3,2-8,131 (2) in II,3,8-21,132 und (4) in II,3,22-29.133 In CM 1,4 finden wir (1) in I,4,12f,134 (2) in I,4,28f135 und (4) in I,4,30-32.136 Schließlich zeigt sogar CM 1,2 die Abfolge (1), (2) und (4), wobei hier als Beleg für (4) zwei Fragmente, die Ps 109,3 exegesieren, fungieren: (1) in 1,2,14-16,137 (2) in I,2,19138 und (4) in I,2,20-23.139 Wir können schließen: Da einerseits dreifach (CM 1,2; 1,4 und CM 11,3) die Verbindung der ersten Auslegung von Kol 1,15-17(18) [Πρωτότοκος-Titel] mit der Erklärung von Prov 8,22-25 verbürgt und andererseits die unmittelbare Verknüpfung der Frgg 47-50 mit einer Exegese von Kol 1,15-17 im Anschluß an die Erklärung von Prov 8,2225 belegt ist, muß diese letztere Exegese von Kol 1,15-17 die zweite („Bild des unsichtbaren Gottes") sein, und müssen die Frgg 47-50 zwischen dieser und derjenigen zu Prov 8,22-25 im Buche Markells zu lesen gewesen sein. Somit können wir die Frgg 47-50 zwischen die Frgg 23-46 und 61-60 einfügen und erhalten die Abfolge der Frgg 2360.

130

Diese Fragmente folgen, wie oben 212f dargelegt, unmittelbar auf Fragmente z u m Thema „Bild des unsichtbaren Gottes". 131 Vgl. Anm. 136. 132 45,29-48,16; darin sind Frgg 26(9,9); 28(10,9); 29(11,10); 34(126,113); 35(17,14); 38(20,17); 39(21,18); 40(22,19); 41(23,20); 42(24,20) und 45(27,22) zitiert. 133 48,16-50,4; darin sind Frgg 52(91,81=43); 53(92,82); 54(93,82); 55(94,83) und 56(95,84) zitiert. 134 Vgl. 136. 135 23,25-24,8; darin sind Frgg 36(18,15) und 46(89,79) zitiert. 136 24,9-29; darin sind Frgg 51(90,80); 53(92,82) und 54(93,82) zitiert. 137 138

139

11,1-21; darin ist Frg 12(2,2) zitiert. 11,30-12,2 = Frg 37(19,16). D i e Überleitung (έν έτέροις) zum folgenden Frg 112(122, 109): 12,3 zeigt an, daß es ursprünglich nicht hierher gehört. 1 2,6-26; darin die Frgg 57(28,23) und 58(30,25). Die Überleitung (έν έτέρω τόπω) zum folgenden Frg 3(43,97): 12,27 deutet auch dessen Eintragung von einer anderen Stelle an.

I. Rekonstruktion

221

4. Fragmente 1-22 Die erste Beschäftigung Markells mit Kol 1,15-17(18) [ΠρωτότοκοςTitel] grenzt in C M II,3,8, 1 4 0 wie schon erwähnt, unmittelbar an die Auslegung von Prov 8,22-25 an, nicht aber in CM 1,4,14, an welcher Stelle mit der Uberleitung: „wiederum fügt er diesem an (συνάπτει) und sagt" 141 noch andere Fragmente folgen, die dann ebenfalls in CM 1,4,28 auf die Exegese von Prov 8,23 und das Schlußfragment zu Prov 8,23-25 stoßen. 142 Sowohl für die Fragmente zu Kol 1,1517(18) als auch für die im Anschluß in C M 1,4,14-28 zitierten bestehen keine Bedenken dagegen, daß sie hintereinander in der Antilogie Markells vor der Erklärung von Prov 8,23-25 zu lesen waren. Das in C M 1,4,12 zitierte Frg 10(3,3) sagt selbst, daß es am Anfang steht: „ . . . jetzt wollen wir aber eine Aussage von denen, die Asterius schrieb, untersuchen . . . " 1 4 3 Aus inhaltlichen Gründen stelle ich das die Kol 1,15-17(18) auslegenden Fragmente aus C M 11,3,3-7 eröffnende Frg 11(8,8) 144 und das aus dem parallelen Durchgang („Unfähigkeit Markells zum Schriftverständnis") aus C M I,2,15 1 4 5 stammende Frg 12(2,2) hinter Frg 10(3,3). Beide Fragmente, Frgg 11 und 12, befassen sich mit der Frage, wie der Name „Erstgeborener", der zwar Bezug auf den „jüngerern" Leib (seil, des Logos) bzw. die „neue Schöpfung" nimmt, dennoch denjenigen bezeichnet, der die αρχή απάντων und der πρωτότοκος πάσης κτίσεως ist. 146 An diese füge ich die Frgg 13(4,4), 14(5,5), 15(6,6) und 16(7,7) in derjenigen Reihenfolge an, wie sie C M 11,3,6-8 bieten. 147 Zwischen diesen, sich vorwiegend mit dem Titel „πρωτότοκος πάσης κτίσεως" befassenden Frgg 10-16 und den Texten zu Prov 8,22-25 sind die Frgg 17(86,76); 18(87,77); 19(37,32); 20(38,32); 21(39,32) und 22(88,78) aus C M 1,4,14-26 anzusetzen, die - neben der Behandlung der inhaltlichen Frage des Verhältnisses von Vater und Sohn - im Sinne Markells belegen sollen, daß sich Asterius, der seine εντεχνος θεωρία148 nicht aus den Schriften beweisen könne, auf die weisesten seiner Väter und deren eigene Schriften berufe, d. h. auf Paulinus von Tyrus und durch ihn auf Origenes. 149 Damit haben wir die bisher 140 141

45,28f. 20,11.

142

23,25-24,8: Frgg 36(18,15) und 46(89,79).

143

Frg 10(3,3): 186,4f. 44,18-25.

144 145

11,10-17.

146

Zur Auslegung siehe unten 272-277.

147

45,11-27. Frg 1(65,59): 197,17. In C M 1,4 geht Euseb, wie schon öfters festgestellt, durchgängig dem Buche Markells entlang: vgl. die hier betroffenen Uberleitungen αύθις δέ συνάπτει λέγων (20,11);

148 149

222

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

lokalisierten Fragmente um die Frgg 10-22 zur Reihe der Frgg 10-60 ergänzt. Der Ort von Frg 10(3,3) innerhalb des thematischen Blockes „Schmähung der kirchlichen Schriften und Väter" belehrt uns, daß wir uns mit ihm in der Anfangszone des Buches Markells befinden. Denn ihm gehen in C M 1,4,4-11150 nur noch drei Fragmente voraus, von denen das erste, nämlich Frg 1(65,59), nicht nur zu Beginn der Reihe C M 1,4 von Euseb zitiert wird, sondern auch durch seine eigenen Worte seine Anfangsstellung belegt: „ . . . ich (seil. Markeil) beginne also, von dem von ihm (seil. Asterius) geschriebenen Brief an, jedem einzelnen, das nicht rechtgläubig geschrieben wurde, zu widersprechen." 151 An Frg 1 muß sich Frg 2(34,29) eng angeschlossen haben, wie die Worte „μετά ταϋτα μικρόν προελθών . . . " beweisen. 152 Zwischen diesem Frg 2 und dem in C M 1,4,11 folgenden Frg 9(35,30), an das sich das erste der Kol 1,15-17 auslegenden Fragmente mit der Uberleitung „και μεθ'ετερα επιλέγει 153 anschließt, liegt eine große Lücke vor, da Euseb schreibt: „καΐ προς ταύτας δέ τάς φωνάς πολλήν εξής ποιείται την άντίρρησιν, μεθ'ήν επισυνάπτει λέγων". 1 5 4 Was war der Gegenstand dieser vielfältigen Widerrede? Darüber geben zunächst Euseb und Acacius von Caesarea Auskunft. Euseb leitet seine ausgedehnte Erörterung der christologischen Hoheitstitel in ET 1,20 folgendermaßen ein: „Und dies muß als erstes untersucht werden, was er auch als erstes 155 zu behaupten wagte, daß der Sohn Gottes vor der Geburt durch die Jungfrau mit keinem anderen Namen als Logos benannt worden sei (μή κεκλήσθαι έτέρω ονόματι ή λόγον). Denn er sagt, daß er weder vor der Erscheinung im Fleisch etwas außer Logos sei, noch daß er anders genannt worden sei, es sei denn prophetisch, denn er sei und sei genannt Logos und nichts anderes. Nach der Erscheinung im Fleisch habe er aber verschiedene Bezeichnungen erhalten." 156 Und Acacius schreibt im Anschluß an das Zitat

150 151 152 153 154 155

είτ'άγανακτών (20,29); και μεταξύ τινα είπών . . . (21,7); είθ'έξής μετά . . . (21,23); αδθις 5έ μεθ' έτερα . . . ((22,28); μεθ' έτερα προστίθησι . . . (23,23f). Die Uberleitung 22,6 και επιφέρει τον Ωριγένη πάλιν κακώς λέγων ist trotz des πάλιν (vgl. unten 224 Anm. 167) deswegen unproblematisch, weil sich Markell von Frg 19(37,32) bis zu Frg 22(88,78) mit Origenes beschäftigt. 18,14-19,28. 18,14f bzw. 197,9f. 19,7f. 1 9,29. 19,21 f. Die Konjektur dieses zweiten durch Wendland ist notwendig, da sonst der Relativsatz (δ δή και . . . τετόλμηκεν άποφήνασθαι) ohne Aussage wäre. Denn daß Markell solches zu behaupten wagte, hat Euseb schon zur Genüge in ET 1,1-18 ausgesprochen.

I. Rekonstruktion

223

von Frg 114(97,86): „Indem du, Markell, diese Worte, die du früher am Anfang des Buches (έν αρχή τοϋ βιβλίου) lobtest, jetzt aber leugnest, nämlich, daß der Sohn der Gott-Logos aus Gott sei (τον θεόν έκ θεοϋ λόγον δντα τον υίόν)157 und der Einzige aus dem Einzigen und der Vollkommene aus dem Vollkommenen, beweist du deutlich deine üble Auffassung von der Gottheit." 158 Daraus geht unzweifelhaft hervor, daß Markell das Thema der Unterscheidung der vorinkarnatorischen und der inkarnatorischen Namen des Sohnes am Anfang seines Buches behandelte. Ferner wird dieser Tatbestand dadurch erhärtet, daß sowohl in CM 1,2 („Unfähigkeit . . . ") als auch in C M 11,3 („Übertragung . . . " ) vor den Kol 1,15-17(18) behandelnden Fragmenten solche Texte stehen, die die christologischen Namen diskutieren: nämlich Frg 4(1,l) 159 und die Frgg 7(42,36) und 8(49,44).160 An dieser Stelle ist ferner zu beachten, daß die bisher unter dem Stichwort „Πρωτότοκος-Titel" herangezogene erste Auslegung von Kol 1,15-17(18) sachlich zum Thema der rechten Differenzierung der Namen Christi gehört. In Frg 10(3,3) handelt Markell von der großen Gegensätzlichkeit der Namen μονογενής und πρωτότοκος161 und in den Frgg 14(5,5) und 15(6,6) wird die Rede von der Benennung (ώνομάσθη, ώνόμαστο) fortgeführt. 162 Neben den Frgg 4(1,1); 7(42,36) und 8(49,44) gehören noch weitere Fragmente zur „vielfältigen Widerrede" zwischen den Frgg 2(34,29) und 10(3,3), ohne daß präzis das Ausmaß des von Euseb nicht zitierten Textumfanges bestimmt werden könnte. Dies sind zum einen die beiden Frgg 5(48,42) und 6(53,48), die die Fragmentenreihe in CM 11,2 zum Beleg der vermeintlichen Lehre Markells vom „bloßen Wort" eröffnen. 163 Sowohl wegen ihrer Anfangsstellung in dieser Abfolge als auch wegen ihrer Aussage sind sie in die jetzt abzugrenzende Anfangszone der Schrift Markells zu integrieren. Blicken wir nun noch auf diejenigen Fragmente, die Euseb kurz vor den oben zitierten Sätzen, mit denen er seine Erörterung der Namen des Sohnes Gottes einlei-

156 157

158 159 160 161 162 163

E T 1,19,2: 80,20-26. Daß Acacius hier τον θεόν έκ θεοϋ λόγον auf τον υίόν prädiziert (und nicht umgekehrt), lehrt sein folgender, ganz parallel gebauter Satz: „συ δε θεόν έκ θεοϋ τον υίόν ούχ όμολογών ουδέ φως έκ φωτός ούδέ δυναμιν έκ δυνάμεως, ονίτε θεόν ούτε φως, ού δύναμιν, ουκ ούσίαν, ού βουλήν, ού δόξαν τον υίόν είναι θέλεις." (Epiphanius, Pan. haer. 72,9,4: 263,19-21 Bd. III Holl/Dummer, GCS 37, 1985 2 ). Epiphanius, Pan. haer. 72,7,1: 261,7- 10 Bd. III Holl/Dummer. C M 1,2,2-8: 9,1 lf und 9,19-10,12. C M 11,3,lf: 43,28-44,11. 186,7f. 186,15.17. 35,1-13.

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C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

tet, anführt: wir finden dort 164 hintereinander die Frgg 7(42,36) und 8(49,44), die uns schon in analoger Position zu Beginn der thematischen Einheit „Übertragung der Lehre von der Gottheit des Sohnes Gottes auf das Fleisch" begegneten. Vor diesen beiden sind noch drei weitere Fragmente zu lesen: Frgg 3(43,37); 5(48,42) und - ganz unerwartet - Frg 52(91,81=43)! Zunächst: Frg 5 ist uns wiederum aus CM 11,2 („Bloßes Wort") in entsprechender Stellung bekannt. Dort folgt ihm allerdings noch Frg 6(53,48). Dadurch ergibt sich die Abfolge der Frgg 3(43,37); 5(48,42); 6(53,48); 7(42,36) und 8(49,44). Wohin gehört Frg 4(1,1)? Es stammt, wie gezeigt, aus CM 1,2. Sechs Worte dieses Fragmentes zitiert Euseb kurz danach ein zweites Mal. Diesen sechs Worten geht an dieser Stelle ein Teilstück von Frg 3 voran.165 Zwischen beiden schreibt Euseb: καΐ αύθις προϊών . . . (seil. Markell).166 Wir können daher die Frgg 3(43,37); 4(1,1); 5(48,42); 6(53,48); 7(42,36) und 8(49,44) als Bestandteil der πολλή άντίρρησις zwischen die Frgg 2 und 10 einrücken und haben damit den Zusammenhang der Frgg 1-60 rekonstruiert.167 164 165 166 167

ET 1,18: 79,1-80,4. CM 1,2,24: 12,28-31. 12,30. Problematisch ist, wie angedeutet, das Auftauchen von zehn Worten aus Frg 52 (91,81=43) zwischen den Frgg 5(48,42) und 7(42,36) in ET 1,18,2. Nähmen wir mit Rettberg (Marcelliana, 37) an, daß hier ein selbständiges Fragment vorliegt, hätten wir eine elegante Lösung gefunden. Dieser Ausweg ist aber dadurch ausgeschlossen, daß parallel zu ET 1,18 in CM I,2,3f im Anschluß an die Frgg 5(48,42) und 6(53,48) nicht nur derselbe Ausschnitt aus Frg 52 erscheint, sondern auch noch ein Teil des folgenden Frg 53(92,82): 35,14-19. Das deutet darauf hin, daß hier tatsächlich ein Satz aus Frg 52 vorliegt. Eine weniger glatte, aber doch ausreichend belegbare Lösung ist es, die zu Frg 52 überleitende Wendung „και πάλιν έπιφέρει" allein auf die inhaltliche Verbindung zwischen dem vorangehenden Frg 5 und dem Frg 52 zu beziehen. Dies ist wegen des επιφέρει nicht zwingend, jedoch aufgrund der Verwendung von πάλιν möglich. Letzteres verwendet Euseb vorzugsweise zur thematischen Verknüpfung von Texten. Folgende 6 Stellen (Auswahl) mögen dies belegen: (1) In ΡΕ I 192,15 verknüpfen die Worte και πάλιν φησιν Porphyrius, De abstinentia 11,56: 181,16 mit 11,27: 156,10 Nauck, 19632. Das πάλιν bezieht sich auf das an beiden Stellen angesprochene Thema der dargebrachten Menschenopfer. (2) In den EP 82,16 verbinden die Worte και πάλιν Joh 3,13 (μή δ' εΙς άλλος άναβέβηκεν ε'ις τον ούρανόν, εί μή ό έκ τοϋ οϋρανοϋ καχαβάς, . . . ) mit Eph 4,10 (6 καταβάς αυτός έστι καϊ ό άναβάς υπεράνω πάντων ουρανών . . . ) . (3) In DE 14,9f reihen die Worte και πάλιν ΰπομιμνήσκει λέγων Dtn 16,2 und 16,5 (6 LXX-Zeilen) aneinander: Euseb kommt es darauf an, daß in beiden Versen . . . έν τω τόπω, φ (bzw. είς τον τόπον, δν) αν έξελέξηται κύριος ό θεός σου . . . steht. (4) In DE 48,21-24 verknüpft και πάλιν (bzw. και αύθις) Ps 49,14f mit Ps 140,2 (bzw. Ps 140,2 mit Ps 50,19). An allen drei Stellen sind die unkörperlichen, geistigen Opfer thematisch. (5) In DE 237,28 stellen die Worte και πάλιν Ex 13,21 mit Num 12,5 zusammen; Thema: Die Herabkunft des Herrn in der Wolkensäule. (6) In ΡΕ II 136,20 verweisen die Worte και πάλιν φησίν von Plato, Leges 760 b

I. Rekonstruktion

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5. Fragmente 113-128 Wir wenden uns jetzt als nächstes dem Schlußteil des Buches Markells zu. Auch hier können wir zunächst übereinstimmende Angaben des Euseb und des Acacius auswerten. Die Ausschnitte der Antilogie des Acacius gegen Markell, die Epiphanius mitteilt, beginnen nämlich mit einem Zitat des langen Frg 113(96,85) und dem nur von Epiphanius überlieferten Frg 114(97,86), dessen Zusammengehörigkeit mit Frg 113 durch seinen Inhalt evident ist.168 Frg 113 zitiert Euseb in CM 1,4,33 innerhalb der thematischen Einheit „Schmähung der kirchlichen Schriften und Väter". 169 Acacius leitet das Zitat der Frgg 113 und 114 folgendermaßen ein: „Dies (ταϋχα) und derartiges (τοιούτα) hat Markell nach der Fehlinterpretation der Ausführungen (seil, des Asterius) zu den Sprichwörtern geschrieben, indem er gegen Gott Lästerliches sprach und sein ,Horn in die Höhe hob'. Nachdem er über den Mittelteil (τα μέσα) des Buches hinausgelangt war und wieder die folgendermaßen lautenden Worte des Asterius zitiert hatte (es folgt das Zitat des in Frg 113 von Markell zitierten Asteriustextes [= Frg XXI Bardy]), nachdem er also dies zitiert hatte . . . fügt er sein Mißfallen an und schreibt folgendermaßen (es folgt der Rest von Frg 113)."170 Da beide, Euseb und Acacius das Fragment mit Markells eigenen, über das Asteriuszitat Frg XXI Bardy hinausgehenden Worten, zitieren, muß es sich um denselben Text aus der Schrift Markells handeln. Diese Notiz des Acacius zeigt, daß Markell im Anschluß an die Diskussion von Prov 8,22-25 bestimmte Ausführungen (vgl. „Dies und derartiges") machte, um dann hinter dem Mittelteil des Buches Frg 113 zu schreiben und in ihm ein zweites Mal das Asterius-Fragment XXI Bardy zu zitieren. Euseb macht nun ihm Anschluß an Frg 60(29,24) innerhalb der thematischen Abfolge CM 1,4 („Schmähung . . . ") vor Frg 113(96,85) folgende ungewöhnliche Angabe: „und nachdem er zwischen diesen eine lange Rede (μακρόν λόγον) ausgedehnt hatte, fügt er an". 171 Acacius und Euseb lassen erkennen, daß zwischen Frg 46(89,79) [als dem letzten Fragment zu Prov 8,22-25] bzw. Frg 60(29,24) und Frg 113 ein Textstück beträchtlicher Länge zu lesen war. Ferner belegt Acacius, daß im Anschluß an Frg 114(97,86) mindestens noch 2/5 des Textes der Schrift Markells folgte. Sowohl die Uberleitung Eusebs zu

168 169 170 171

zurück auf 755 d; Thema: Die Teilung der Bürger in 12 Stämme, worin Plato die Hebräer nachahme. Epiphanius, Pan. haer. 72,6-1-5: 260,10-261,6 Bd. III Holl/Dummer. 24,36-25,14. Epiphanius, Pan. haer. 72,6,1-4: 260,6-24 Bd. III Holl/Dummer. CM 1,4,33: 24,35.

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C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

Frg 115(98,87) [„indem Markell wieder 172 zu den Bischöfen übergeht, schreibt er folgendes"] 173 als auch ganz besonders Frg 115 selbst sagen das Thema aus, das die letzten beiden Fünftel des Buches Markells bestimmte: „ . . . denn siehe, das, was Asterius betrifft, betrübt uns nicht so sehr, wenn er dahin getrieben wurde, solches zu schreiben, vielmehr, daß auch einige derer, die scheinbar Vorsteher der Kirche sind, die apostolische Uberlieferung vergaßen und sich in Vorliebe für die Lehren außerhalb der göttlichen Schriften erkühnten, derartiges zu schreiben und zu unterrichten, das keineswegs weniger mit dem Irrtum der voranstehenden Aussagen zusammenhängt... " 174 Die in CM I,4,39-62 175 folgenden 13 Fragmente 176 erweisen sich einerseits durch die Mehrzahl der Uberleitungen, 177 andererseits wegen ihres Inhaltes, der ohne Ausnahme dem Vorhaben Markells nach Frg 115(98,87) entspricht, 178 und schließlich wegen ihres exklusiven Vorkommens in CM 1,4 als kontinuierlich dem Schlußteil der Schrift Markells entnommen. 172

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Dies bezieht sich auf die Frgg 2(34,29); 9(35,30); 17(86,76); 18(87,77); 19(37,32); 20(38,32); 21(39,32); 22(88,78). In diesen Fragmenten verfolgt Markell das Ziel, den frühen, noch überwiegend philosophisch beeinflußten Origenes als den theologischen Vater des Asterius und derjenigen, für die Asterius Fürsprache einlegte, zu erweisen. CM 1,4,38: 25,30. C M 1,4,38: 25,31-26,3; vgl. 206,5-9. 26,5-30,24. 115(98,87); 116(81.71); 117(82,72); 118(85,75); 119(99,88); 120(83,73); 121(40,33); 122(84,74); 123(32,27); 124(80,70); 125(72,63); 126(100,89); 127(101,90) und 128(102, 91). Frg 115 zu 116: . . . μεθ'Ιτερα .. . (26,4); Frg 116 zu 117: . . . μεταβαίνει (seil. Markell) . . . (26,9); vgl. Frg 117 zu 118: . . . προστίθησιν . . . (26,22) und Frg 118 zu 119: . . . επισυνάπτει . . . (26,30); Frg 119 zu 120: . . . έξης . . . έφ' οίς αγανακτών . . . (27,14.16); Frg 121 zu 122: επειτα . . . (28,13); Frg 122 zu 123: . . . μεθ' ετερα . . . (28,25); Frg 123 zu 124: είθ', . . . (28,31); Frg 124 zu 125: μεταβάς (seil. Markell) . . . (29,7); Frg 126 zu 127: . . . έξης . . . (29,34); Frg 127 zu 128: . . . μεθ'ετερα . . . (30,15). Markell polemisiert in den Frgg 116-118 gegen Narziß von Neronias und Euseb von Caesarea, in den Frgg 119 und 120 nur gegen Euseb, in Frg 121 gegen Paulinus von Tyrus, in Frg 123 gegen „αυτοί", in Frg 124 gegen Narziß und in den Frgg 126-128 gegen Euseb. Freilich erwähnt Markell in diesem Teil seines Buches auch Asterius. Dies stimmt aber wiederum mit seiner Ankündigung von Frg 115 insofern überein, als er dort davon sprach, daß die Lehre der Vorsteher „keineswegs weniger mit dem Irrtum der voranstehenden Aussagen zusammenhängt". Markell erwähnt Asterius in den Frgg 121(40,33) und 122(84,74) deswegen, weil er dort Euseb von Caesarea als Lehrer des Paulinus und Paulinus als theologischen Vater des Asterius ausweisen und so den Lehrzusammenhang dieser drei belegen will. Frg 125(72,63) hat die Funktion, die Übereinstimmung der Auslegung des Narziß von Gen 1,26 mit derjenigen des Asterius zu erweisen (siehe unten 452-459). Schließlich muß Markell vor den Frgg 121 und 122 ausführlich über Ziele, Dauer und Gastgeber von Reisen des Asterius gehandelt haben, nach allem zu keinem anderen Zweck, als den Stamm zu beschreiben, dessen Apfel Asterius sei (vgl. C M 1,4,48: 28,3-5).

I. Rekonstruktion

227

Nachdem damit hinreichend abgesichert ist, daß die Frgg 113-128 nur den letzten beiden Fünfteln der Schrift Markells entstammen können, erhebt sich die Frage, ob umgekehrt ausgeschlossen werden kann, daß die bisher noch nicht besprochenen Fragmente 61112 zu diesem Bereich des Werkes Markells gehören können. Dies kann tatsächlich durch mehrere Beobachtungen ausgeschlossen werden. Zum einen belegen, wie dargestellt, sowohl Acacius als auch Euseb unabhängig voneinander, daß zwischen Frg 46(89,79) bzw. Frg 60(29,24) und Frg 113 umfangreiche Darlegungen vorhanden gewesen sein müssen. Zum anderen schließen die noch unterzubringenden Fragmente in CM 11,2 („Bloßes Wort") und in CM 11,3 („Übertragung . . . " ) dort an, wo sich nach Eusebs Worten der ausgelassene „μακρός λόγος" Markells befand, nämlich an Frg 53(92,82),179 bzw. an Frg 59(31,26).180 Ferner deutet die parallele Zitation von Frg 110(121,108)181 am Ende der beiden Fragmentenreihen von CM 11,2 und CM 11,3 darauf hin, daß sie zwar unterschieden nach der jeweiligen Argumentationsabsicht Eusebs, dennoch aber aus demselben Abschnitt der Petition Markells herausgetrennt wurden. Überdies läßt sich durch die Doppelzitation eines Teilstückes von Frg 90(78,68) in CM II,2,34182 und in ET II,19,12183 die Reihe der in ET 11,19 gegenüber CM neu hinzukommenden Fragmente 184 in den Zusammenhang der Fragmente 61-112 integrieren. Schließlich: in den restlichen 61 Fragmenten wird Asterius in 13 entweder namentlich185 genannt oder durch Pronomina oder in Prädikate^186 gemeint, die übrigen Gegner Markells dagegen nie namentlich.187 Weitere 10 Fragmente 188 behandeln dieselben Schriftstellen oder Theologumena, die Markell auch in denjenigen Fragmenten bespricht, in denen er Asterius nennt oder meint. Aufgrund dieser Argumente ist es auszuschließen, daß noch mehr Fragmente als 113-128 179 180 181 182 183 184 185

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C M II,2,4ff: 35,21ff. C M II,3,30ff: 50,18ff. Vgl. C M 11,2,39: 42,15-21 mit C M 11,3,18: 56,1-7. 41,6-10. 125,12-17. 85(63,57); 86(64,58); 90(75,66); 91(77,68); 93(79,69); 95(55,50); 98(76,67). 74(73,64): 199,1.4; 75(74,65): 199,32.35; 76(103,92): 207,26; 77(104,93): 208,1; 85(63,57): 196,28; 92(78,68): 202,16; 95(55,50): 194,26; 98(76,67): 200,31 und 201,10 61(54,49): 194,23-25; 65(45,39): 193,8; 66(36,31): 190,31; vgl. 36(18,15): 188,5; 86(64,58): 197,3f.7f; 93(79,69): 202,20. In Frg 65(45,39) verallgemeinert Markell eine an Asterius gemachte Beobachtung auf die ,,αύτοί" (193,9); wer sind die διδασκόντων und wer die αύτοϋς von Frg 67(47,41): 193,12f?; in Frg 91(77,68) werden die Gegner allgemein genannt: 201,33ff; ebenso Frg 94(46,40): 193,lOf und Frg 109(121,108): 211,28. 62 (ET 11,1,4: 99,33f); 63(56,51); 64(57,51); 78(105,94); 79(106,95); 80(107,96); 86(64,58); 87(61,55); 89(62,56).

228

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

von denen, die Euseb dokumentiert hat, in den Bereich der Schrift Markells gehören, den Acacius „υπέρ χα μέσα" beginnen läßt. Damit haben wir die Abfolge der Anfangs- und Schlußfragmente (1-60 und 113-128) rekonstruiert und wenden uns nun abschließend dem Abschnitt vor und in der Mitte des Buches Markells zu (Frgg 61-112).189 6. Fragmente 61-112 Bei der Anordnung der restlichen Fragmente können wir von folgenden schon angedeuteten 190 Daten ausgehen: Die noch nicht lokalisierten Fragmente der thematischen Einheit CM 11,2 („Bloßes Wort") müssen im Anschluß von Frg 53(92,82) gestanden und sich bis Frg 109(121,108) - zuzüglich der noch folgenden Frgg 110(60,54) und 111(41,34) - erstreckt haben. Dasselbe gilt von den Fragmenten der Reihe CM II,3f („Übertragung . . . "): sie erstreckten sich von Frg 53(92,82) - zuzüglich der Frgg 54-60 - bis zu Frg 109(121,108). Ferner war schon erwähnt, daß nicht nur diese beiden Serien durch ihre Anfangs- bzw. Endfragmente parallelisiert werden können, sondern auch noch die Abfolge ET 11,19, da deren Frg 92(78,68) zum Teil in CM 11,2,34 zu lesen ist. Zu diesen Daten treten vier weitere Beobachtungen: (1) von den 46 Uberleitungen, die in den drei Reihen CM 11,2; CM II, 3f und ET 11,19 zwischen den jeweils zitierten Fragmenten stehen, sind immerhin ca. die Hälfte, nämlich 21, eindeutig vorwärtsweisend. 191 Ferner existieren (2) zwischen CM 11,2,27 (Frgg 76[103,92]; 77[104,93]) und CM 11,3,32-35 (Frgg 78[105,94]; 79[106,95]; 80[107,96]; 81[108,97], 82[109,35=97], 83[110,98]) einerseits sowie (3) zwischen CM 11,2,2933 (Frgg 87[61,55]; 89[62,56]) und ET II,19,lf (Frgg 85[63,57] und 86[64,58]) andererseits so enge inhaltliche Verbindungen, daß die entsprechenden Fragmente jeweils demselben Bereich der Schrift Markells entnommen sein müssen. Schließlich befindet sich (4) in CM 189

190 191

Somit sind ca. 90% der von Euseb überlieferten Fragmente der ersten Hälfte, bzw. den ersten drei Fünfteln, des Opus' Markells entnommen. Damit stimmt überein, daß Euseb dreimal im Rahmen der Darbietung der Frgg 113-128 darauf hinweist, daß er lange Textstücke Markells übergeht: (1) CM 1,4,42: 26,27 eine „große und geschwätzige Endlos-Rede"; (2) CM 1,4,47: 27,32f „viel und langes Geschwätz" und (3) CM 1,4,48: 28,3 den schon erwähnten (Anm. 178) „großen Bericht" über die Reisen des Asterius. Siehe oben 227. Diese sind: CM 11,2,4: 35,20; CM 11,2,7: 36,1; CM 11,2,12: 36,33; CM 11,2,13: 37,9f; CM 11,2,15: 37,21; CM 11,2,15: 38,17; CM 11,2,28: 40,4; CM 11,2,31: 40,4; CM 11,2,34: 41,5; CM 11,2,35: 41,11; CM 11,2,39: 42,14; CM 11,2,41: 42,32; CM 11,3,32: 50,17; CM 11,3,32: 50,25; CM 11,3,38: 51,35; CM 11,4,1: 52,19; CM 11,4,3: 53,3; CM 11,4,6: 53,17; CM 11,4,13: 55,3; ET 11,19,2: 123,13; ET 11,19,13: 125,18.

I. Rekonstruktion

229

11,3,36 im Anschluß an diejenigen Fragmente (77; 79; 80; 81; 82; 83), die thematisch eng mit den in CM 11,2,27 zitierten (76; 78) verknüpft sind, eine Bemerkung Eusebs, 192 die nicht auf die von ihm gerade zitierten Fragmente, sondern nur auf andere Texte, die vorausgegangen sein müssen, aber von Euseb in CM 11,3 nicht dargeboten wurden, bezogen werden kann und damit einen Orientierungspunkt für die Rekonstruktion liefert. Gehen wir Punkte (2)-(4) im einzelnen durch. 193 (2) In der thematischen Einheit „Bloßes Wort" erreicht Euseb nach dem Zitat der Frgg 61(54,49); 65(45,39); 66(36,31); 67(47,41); 68(51,46); 70(52,47); 71(33,28); 72(70,61); 73(71,62), 74(73,64) und 75(74,65)194 die Frgg 76(103,92) und 77(104,93).195 Der letzte Satz von Frg 76 lautet: „Nun besaß der Logos, im Vater seiend, die zugehörige Herrlichkeit (είχεν . . . την οίκείαν δόξαν) . . . " 196 Das folgende Frg 77 lautet: „ . . . die ihm gegebene Vollmacht nennt Asterius Herrlichkeit, und nicht nur Herrlichkeit, sondern sogar vorweltliche Herrlichkeit ( . . . την δοθεΐσαν αύτω έξουσίαν Άστέριος δόξαν ονομάζει, και ού δόξαν μόνον, άλλα και προκόσμιον δόξαν), ohne Einsicht, daß, als die Welt noch nicht geworden war, nichts anderes außer Gott allein existierte . . . " 1 9 7 Die Frgg 78(105,94); 79(106,95); 80(107,96); 81(108,97); 82(109,35-97) und 83(110,98) aus CM II,3,32-35, 198 die dort direkt an Frg 59(31,26) anschließen, stehen diesen Aussagen inhaltlich so nahe, daß sie in das Umfeld der Frgg 76 und 77 gehören müssen. Frgg 78 bis 81 handeln explizit von der Gabe der δόξα und der εξουσία (bzw. der απαρχή της εξουσίας) an den Menschgewordenen und den Menschen mit teilweise wörtlichen Anklängen an Frg 77 (vgl. „ . . . ότι εξουσία . . . δέδοται . . . " 199 und: „ . . . εί γαρ περί τίνος δόξης δοθείσης αύτω παρα τοϋ πατρός τό ιερόν εύαγγέλιον λέγει . . . " 200 ). Frg 82(109,35=97) io1 wird von Frg 83(110,98) gefolgt, das die Heilstat des Logos am Menschen durch das menschliche Fleisch mit bei192 193

194

195 196 197 198 199 201

51,23-26. Drei kurze Fragmente aus ET 11,1,4 (Frgg 62; 63[56,51]; 64[57,51]) und drei weitere (Frgg 69[44,38]; 84[127,114]); 112[122,109]) sind von verstreuten Positionen (ET 1,15,1: 74,33-75,9; ET 111,10,6: 167,7-9 und CM 1,2,19: 12,4f) allein mit inhaltlichen Gründen einzuordnen. CM 11,2,4-25: 35,21-39,26. Frg 73(71,62) ist zwischen Frg 72(70,61) und 74(73,64) aufgrund dieser Abfolge in ET 11,3,4-4,1: 102,16-30 gerückt, da Euseb dort (nicht aber hier in CM 11,2,6: 35,32-36, an welcher Stelle Frg 73 zwischen den Frgg 65[45,39] und 66[36,31] steht) eindeutig vorwärtsweisende Uberleitungen (έξης und προϊών) gebraucht. CM 11,2,26-28: 39,29-40,7. CM 11,2,27: 40,2f; vgl. 207,32f. CM 11,2,28: 40,5-7; vgl. 208,1-3. 50,17-51,19. Frg 78(105,94): 50,23f; vgl. 208,8f. Frg 79(106,95): 50,26f; vgl. 208,lOf.

230

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

nahe denselben Worten beschreibt („ . . . μη μόνον άφθαρτον αυτόν [seil, τον ανθρωπον] και άθάνατον γενέσθαι παρασκευάση [seil, ό λόγος], άλλα και σύνθρονον εν ούρανοΐς τω θεώ . . . ") 202 wie Frg 80(107,96) die aus Joh 12,28 abgeleitete zweite Verherrlichung nach der Auferstehung des Fleisches („ . . . τον πρότερον θνητόν ανθρωπον άθάνατον άπεργάσηται [seil, ό θεός] . . . "). 203 Frgg 76(103,92) und 77(104,93) aus C M 11,2,26-28 und Frgg 78(105,94); 79(106,95); 80(107,96); 81(108,97); 82(109,35=97) und 83(110,98) aus C M 11,3,32-35, die mangels genauerer Hinweise einfach hintereinanderzuordnen sind, zeigen somit einen ersten Abschnitt innerhalb des Bereiches der Frgg 61-112 an, in dem sich die beiden Fragmentenabfolgen C M 11,2 und CM II,3f mit hoher Präzision synchron zueinander und damit zum Buche Markells erweisen. In der so gewonnenen Reihe der Fragmente 61 bis 83 fehlen noch die Frgg 62; 63(56,61) und 64(57,51), die nur in ET II,1,4 204 von Euseb überliefert werden. Dort stehen sie im Anschluß an Frg 61(54,49). Alle vier Fragmente (61-64) sind pneumatologischen Inhaltes. Ferner behandeln sowohl Frg 61 als auch Frg 64 Joh 4,24. Schließlich besteht zwischen Frg 62, das ein Zitat von Thr 4,20a ist und als neues Markell-Fragment gezählt werden muß, 205 und Frg 64 dadurch ein unlösbarer Zusammenhang, daß in letzterem mit den Worten „ . . . πνεϋμα σκιάς ποιητικόν ουκ αν γένοιτο . . . " eindeutig auf Thr 4,20b (ου εΐπαμεν Έ ν τη σκιά αύτοϋ ζησόμεθα έν τοις εθνεσιν) angespielt wird. 206 An die nun vervollständigte Serie der Frgg 61-83 ist aus inhaltlichen Gründen noch Frg 84(127,114) aus ET 111,10,6 anzugliedern. 207 Es nimmt einerseits wiederum fast wörtlich die Rede von der Bereitung des menschlichen Fleisches durch den Logos aufgrund der Auferstehung zur Unsterblichkeit aus Frg 83(110,98) auf („ . . . τον τοϋ θεόν λόγον την άνθρωπίνην σάρκα δια της άναστάσεως 201

Liegt hier durch das Zitat von Mt 3,17 ( . . . 6 αγαπητός, έν ώ εύδόχηοα) eine Verbindung z u m Thema δοξάζεαθαι vor? 202 51,18f; vgl. 208,29f. 203 55, lf; vgl. 208,18f. 204 99,32-100,6. 205 206

207

Euseb sagt 99,32-34 eindeutig, daß Thr 4,20a von Markeil zitiert wurde. Zwischen dem Zitat von Frg 61(54,49) und Frg 62 weist Euseb voraus (προϊών έξης) auf Markells Gebrauch von Baruch 3,38 und damit auch Frg 93(79,69) sowie im Anschluß daran auf Frg 95(55,50) [vgl. ET 11,1,3: 99,25-31], Das stellt aber keinen Einwand gegen die Zusammenordnung der Frgg 61-64 dar. D e n n Euseb verweist hiermit darauf, daß Markeil auch weiter unten in seinem Buch mit Baruch 3,3638 (Frg 93) und Jes 45,14f (Frg 95) wie hier in Frg 61(54,49) die Inkarnation des transzendenten Gottes und Vaters behauptet habe (vgl. ET II,l,lf: 99,13-15.22-25). N a c h diesem Einschub kehrt Euseb zum vorliegenden, mit Frg 61 beginnenden, Textsriick des Buches Markells zurück, indem er einfach mit „παραβείς (seil. Markeil) γαρ . . . " (99,32) anschließt. 1 67,7-9; vgl. 214,7-9.

I. Rekonstruktion

231

άθάνατον γενέσθαι παρεσκευακέναι . . . " ) und andererseits sowohl den Gedanken des Throngenossen Gottes aus demselben Fragment und auch das Motiv des Sieges (über den Teufel) aus Frg 81(108,97) 208 mit den Worten: „ . . . και ώσπερ τινά νίκης στέφανον άναδησάμενον έν δεξιά τοϋ πατρός καθέζεσθαι (seil, την άνθρωπίνην σάρκα) . . . " (3) Eine zweite Synchronisierung ermöglichen nicht die Reihen von CM 11,2 und C M 11,3, sondern diejenigen von C M 11,2,29-34 (in direktem Anschluß an die Frgg 76 und 77) und E T 11,19. Hier kann die Parallelität sogar durch die in beiden Reihen zitierten Worte aus Frg 92(78,68) 209 an einer Stelle präzis fixiert werden. Ferner wird das Verhältnis beider Abfolgen dadurch stabilisiert, daß in beiden Reihen vor Frg 92 Fragmente erscheinen, die Ex 3,14 in Auseinandersetzung mit Asterius auslegen. Hier bestätigen sich also der äußere (Frg 92) und

der innere Befund (Auslegung von Ex 3,14 in Polemik gegen Asterius)

gegenseitig. Da nun einerseits in C M 11,2,29 ein Ex 3,14 behandelndes Fragment (87[61,55]) unmittelbar an Frg 77(104,93) anschließt, andererseits die Reihe E T 11,19 ebenso mit einem derartig charakterisierten Fragment (85[63,57]) beginnt, können die in beiden Reihen zwischen Frg 85 bzw. Frg 87 und Frg 92 stehenden Fragmente einfach ineinander geschoben werden: Frgg 87(61,55); 88(59,53); 89(62,56) aus C M II,2,29-33 210 und Frgg 85(63,57); 86(64,58); 90(75,66); 91(77,68). Als Kriterium der inneren Anordnung dient die Zusammengehörigkeit der Ex 3,14 exegesierenden Fragmente. Damit ist die Reihe der Frgg 61-92 innerhalb der Gruppe der Frgg 61-112 bestimmt. (4) Nun muß nur noch die Lücke zwischen den Frgg 92 und 113 geschlossen werden. Wiederholen wir zunächst die beiden dafür relevanten Beobachtungen. Zum einen besitzen die restlichen Fragmente der thematischen Einheit C M 11,2 („Bloßes Wort") und die Reihe E T 11,19 in Frg 92(78,68) einen absoluten synchronen Anfang. Zum andern treffen die Abfolgen von C M 11,2 und C M II,3f („Übertragung der Lehre von der Gottheit des Sohnes Gottes auf das Fleisch") an ihrem Ende 211 in einem weiteren fixen Parallelpunkt, d.h. in Frg 109(121,108), zusammen. C M 11,2 ist demnach zu Beginn der restlichen Fragmente (Frg 92) mit E T 11,19, an deren Ende aber mit C M II,3f (Frg 109) parallel. Damit ist aber noch nicht gesichert, daß die Restreihe von E T 11,19 nicht über Frg 109 hinausragte,212 bzw. die Restreihe von C M II,3f nicht vor Frg 92 begann. 213 Euseb macht nun in C M 11,3,36 eine solche 208

51,7; Vgl. 208,22.

209

Vgl. C M 11,2,34: 41,6-11 mit E T 11,19,12: 125,12-17.

210

40,12-41,4.

211

In C M II,2,40f: 42,25-43,6 folgen allerdings noch zwei Fragmente: 110(60,54) und

212

Dies wäre allerdings höchstens bis vor F r g 115 möglich (siehe oben 225f).

213

Dies wäre allerdings höchstens ab Frg 83 möglich (siehe oben 228-231).

111(41,34).

232

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

Bemerkung, die die Restreihe von CM II,3f derjenigen von ET 11,19 nachordnet, und damit ausschließt, daß CM 1 II,3f vor Frg 92 begann (denn wenn die restlichen Fragmente von ET 11,19 vor denjenigen aus CM II,3f stehen, müssen auch letztere nach Frg 92 aus dem Buche Markells entnommen sein) und daß ET über Frg 109 hinausragte (denn wenn die restlichen Fragmente von CM II,3f hinter denjenigen aus ET 11,19 stehen, dann müssen auch letztere vor Frg 109 enden). Die Bemerkung, die in CM 11,3,36 nach der Zitation der Frgg 78-83 steht, lautet: „Zu diesem allem, als ob das Frühere von ihm berichtigt würde, versucht er zu zeigen, daß auch das ,Der Herr (ό κύριος) ist König geworden, es frohlocke die Erde' auf das Fleisch zu beziehen sei." Hierauf folgen die Frgg 99(111,99) bis 109(121,108). Welches „Frühere" meint Euseb hier, das Markell durch den Bezug von Ps 96, 1 (ό κύριος έβασίλευσεν, . . . ) korrigiere? Auf die Fragmente der in CM II,3f vorliegenden thematischen Einheit kann sich eine solche von Euseb bei Markell behauptete Selbstkorrektur nicht beziehen, da in allen die „Übertragung der (Lehre von der) Gottheit des Sohnes Gottes auf das Fleisch" aufgezeigt werden soll. Kann sich die Bemerkung überhaupt auf in CM zitierte Fragmente beziehen? N u r auf ein einziges, da der Titel „κύριος" für den Nichtinkarnierten innerhalb der beiden Bücher von CM nur in Frg 92(78,68) vorkommt! Es sind nun aber gerade die im Umfeld von Frg 92 in ET 11,19,3-12 zu lesenden Frgg 90(75,69); 91(77,68); 92(78,68); 93(79,69); 95(55,50) und 97(76,67), die anhand von Eph 4,5f;215 Mt 4,10; Lk 4,8; Mk 12,29f;216 Ex 3,15; 20,2; 20,5; Dtn 4,39217 und Ps 80,11218 den Sohn und den Heiland zusammen mit dem Vater als die eine Person Gottes erweisen wollen, der da sagt: „έγώ είμι κύριος ό θεός σου."219 Typisch für die aufgezählten Schriftstellen ist die Verbindung von „Herr" und „Gott". Nicht nur die genannte Bemerkung Eusebs, von der wir ausgegangen sind, sondern auch das Frg 99(111,99) selbst gibt seinen Zusammenhang mit den genannten Fragmenten von ET 11,19 zu erkennen, und zwar in eben derselben Präzision, wie sie die Bemerkung Eusebs vornimmt. Gehen wir nämlich von Frg 90 (Eph 4,5f: ,,είς κύριος . . . είς θεός . . . "); Frg 91 (Mk 12,29: „ . . . κύριος ό θεός ημών κύριος είς έστιν, . . . " ) ; Frg 92 (Ex 3,15: „κύριος ό θεός των πατέρων ύμών, . . . " ) und Frg 97 (Ps 80,11: „έγώ γάρ ε'ιμι κύριος ό θεός σου . . . " ) auf Frg 99 in der 214

CM 11,3,36: 51,23-26. 123,15-31; vgl. 200,15-22. 216 124,3-17; vgl. 201,21-31. 217 Vgl. das ganze Frg 92: 124,24-125,17 und 101,35-202,19. 218 127,2-6; vgl. 201,15-19. 219 Vgl. unten 398-410 die Interpretation. 220 p r g g 93(79^9) und 95(55,50) handeln ausgehend von Baruch 3,36-38 und Ps 45,14f vom Logos und Soter als ό θεός; vgl. 125,19-33 und 202,20-24 bzw. 194,26-195,3. 215

I. Rekonstruktion

233

Erwartung über, daß Markeil jetzt „diese ,Theologie' auf das Fleisch überträgt", wird unsere Erwartung mit folgender Aussage Markells genau erfüllt: „τοϋτον ουν τον ανθρωπον τον πρότερον δια την παρακοήν της βασιλείας έκπεπτωκότα χύριον και θεόυ γενέσθαι βουλόμενος ό θεός ταύτην την ο'ικονομίαν είργάσατο. ό ούν άγιώτατος προφήτης Δαυίδ προφητικώς λέγει- ,ό κύριος έβασίλευσεν, άγιαλλιάσθω ή γη' . . . " 221 Hierdurch ist bewiesen, daß zumindest der größere Teil der Frgg 90-93; 95 und 97 aus ET 11,19 vor den Frgg 99-109 aus CM II,3f im Buche Markells standen. In diese Anordnung müssen nun noch die zwischen Frg 92(78,68) und Frg 109(121,108) in CM 11,2 zu lesenden Frgg 94(46,40); 96(50,45) und eingeschoben bzw. angesetzt 98(58,52) werden 222 und an Frg 109 die in CM II,2,40F 3 folgenden Frgg 110(60,54) und 111(41,34) angehängt werden. Schließlich füge ich hier noch das Frg 112(122,109) an, das aus CM 1,2,19 stammt. Dort wird sein Ort von Euseb unbestimmbar mit „εν έτέροις" angegeben.224 Damit haben wir die Reihe der Fragmente 61-112 durch die Ergänzung der Frgg 61-92 um die Frgg 93-112 kompletiert und fügen diese nun zwischen die Abfolgen der Frgg 1-60 und 113-128 ein.225 Blicken wir auf die Rekonstruktion der Abfolge der Fragmente 61-112 zurück, so ist festzustellen, daß hier zwar stärker als bei den übrigen Teilen ein Zusammenspiel aus äußeren (fixe Fragmente 92 und 109) und inneren Gründen (Themata) stattfindet, daß aber dennoch die Bereiche des Werkes Markells, in die ein bestimmtes Fragment gehört, mit folgenden Hauptergebnissen exakt bestimmt werden konnten: (1) alle Fragmente müssen zwischen den Bereichen der Frgg 51-60 („Bild des unsichtbaren Gottes" bzw. Auslegung von Ps 109,3) und der Frgg 113-115 (Ende der Polemik gegen Asterius) bzw. sogar der Frgg 109-111 entnommen sein; (2) die Frgg 76 und 77 (CM 11,2,26-28) und die Frgg 78-83 (CM 11,3,32-35) entstammen aufgrund ihres Inhaltes (Gabe der Herrlichkeit und der Vollmacht) aus demselben Abschnitt; (3) es ist zwingend, daß die Auslegung von Ex 3,14 mit den Frgg 87-89 (CM 11,2,29-33) und den Frgg 85; 86 (ET II,19,lf) in einem diesem Abschnitt folgenden TeiP26 zu lesen war; (4) hieran schlossen 227 sich die Frgg 90-93; 95 und 98 zum Thema ,,είς κύριος και 221 222

223 224 225 226 227

51,30-34; vgl. 208,33-209,4. Frg 98 muß noch auf Frg 97 folgen, da in Frg 97 Jes 44,6 (200,29f) neu eingeführt und in Frg 98 (195,13f) aufgenommen wird. Außerdem schließt Frg 97 mit Jes 41,4 (200,24f) an Frg 95(55,50) mit Jes 45,14f an. 42,25-43,6. 1 2,3. Frg 106(118,105) kommt nur in ET 111,12,7: 169,8-11 vor. Vgl. CM 11,2,28-31: 40,5-24. Dafür bietet Frg 92(78,68) einen weiteren Beleg: in ihm zitiert Markeil Ex 3,15 mit den Worten: „ . . . daß aber die Heilige Schrift die Monas Herr und Gott zu nennen

234

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

θεός" an, die sich um das Fix-Fragment 92 gruppierten; 228 (5) dieser Gruppe war wiederum derjenige Abschnitt nachgeordnet, der diese „Theologie" auf das Fleisch bezog, d.h. die Fragmente 99-111. c) Zwei Beobachtungen zur literarischen Kompositionstechnik Markells Die Rekonstruktion der authentischen Abfolge der Fragmente zeigt, daß Markell dieselbe Thematik oder dieselben Schriftstellen, je-

doch unter Verschiebung des Aspektes, an mehreren Stellen behandelt.

Die Erörterung des Wesens des vorinkarnierten Logos und von Joh 1,1 erfolgt ζ. B. sowohl in den Frgg 3-8 als auch den Frgg 61-73, teilweise mit fast denselben Worten (vgl. Frg 6[53,48] mit Frg 71 [33,28]). An der ersten Stelle arbeitet Markell aber die Ewigkeit des Logos im Gegensatz zu seiner Ökonomie nach dem Fleische heraus, an der zweiten die erst neutestamentlich volle Erkenntnis des Logos als Gottes eigenen und wahren Logos. Ein weiteres Beispiel für dieses Vorgehen liegt in Markells zweifachem Eingehen auf den Kolosserhymnus vor (Frgg 10-16 und Frgg 51-56, vgl. Frg 78). Ferner ist es typisch für den theologischen Schriftsteller Markell,

daß er üblicherweise separat verhandelte theologische Topoi in kom-

plexe Gebilde zusammendrängt. Dies war schon vor der hier vorgelegten Rekonstruktion an Markells Auslegung von Prov 8,22-25 ersichtlich, wenn auch die Hinzufügung von Frg 46(89,79) als der Abschluß der Exegese von Prov 8,22-25 diese Beobachtung noch klarer hervortreten läßt. Markell legt Prov 8,22-25 prophetisch-prädestinatorisch, christologisch-inkarnatorisch sowie ekklesiologisch-ethisch aus. Auf neue Weise zeigt sich dieser stilistische Zug Markells aber durch die jetzt deutlich gewordene ursprüngliche Verflechtung und einheitliche Behandlung derjenigen Fragmente, die die Einheit Gottes als des Gottes und Herrn im Wesen, in der Macht, in der Herrlichkeit und in der Königsherrschaft erweisen wollen (Frgg 74-76; 85-98; 110) zusammen mit den ekklesiologisch und eschatologisch geprägten Frgg 77-84 und 99-109. Es ist Euseb, der von seinen theologischen Voraussetzungen her und zum Zwecke der Polemik den aus der Sicht Markells einheitlichen Argumentationsgang in einen trinitätstheologischen (bzw.

228

weiß, ist auch schon aus dem vorher Gesagten offensichtlich geworden, wodurch Gott zu seinem Diener Mose sagte: (folgt Zitat von Ex 3,15 [124,24-26; vgl. 201,35202,1])." Markell zählt hier offensichtlich V 15 zu derselben Perikope wie V 14, bzw. faßt Ex 3,1-15 als Einheit auf (vgl. V 2 άγγελος κυρίου mit Frg 87[61,55] αγγελον, 40,14f [196,15]). Auch wenn es im Blick auf dieses Thema angemessener ist, von einer Gruppe von Fragmenten um das Frg 92 zu sprechen, bleibt die Nachordnung des Bereiches der Frgg 99-111 hinter Frg 92 erhalten.

I. Rekonstruktion

235

im Blick auf Markeil monotheistischen) und einen inkarnatorischekklesiologisch-eschatologischen Strang zerlegt. Diese sowohl iterative als auch komplexe Kompositionsweise kennzeichnet ebenfalls die beiden „großen" Markeil zugeschriebenen Pseudathanasiana De incarnatione et contra Arianos und die Epistula ad Antiochenos. d) Zwei Hauptergebnisse der Rekonstruktion für die Interpretation Die Rekonstruktion führte mit vorwiegend äußeren Gründen solche Fragmente an ihren ursprünglichen Ort in der Schrift Markells zurück, deren thematische Verbindung mit dem jeweiligen Kontext ins Auge springt (z.B. gehört Frg 4[1,1] in den unmittelbaren Kontext der Frgg 3[43,37] und 7[42,36]; ebenso bilden Frgg 23[125,112]; 24[123,110] und 25[124, 111] mit den Frgg 26-45 eine Einheit). Bei mindestens vier Fragmenten wird ferner die exakte Interpretation durch die Originalstellung überhaupt erst möglich. Diese sind: Frg 1(65,59), das Verständnisperspektiven für die ganze Schrift eröffnet; Frg 46(89,79), dessen Stellung am Ende der Exegese von Prov 8,22-25 die Interpretation Markells der Verse 24b und 25b präzisiert; Frg 111(41,34), in dem die Bedeutung des Begriffes υιός ανθρώπου aus seiner Verwendung im Kontext (Frgg 105-109) erhellt und Frg 123(32,27), dessen Unterscheidung zwischen einem ungezeugten und einem gezeugten Gott durch die es umgebenden Fragmente geklärt wird. e) Synopse des Vorkommens der Fragmente und ihrer verschiedenen Zählungen Die folgende Ubersicht verzeichnet nur diejenigen Zitationen eines Fragmentes, die für die Rekonstruktion fruchtbar gemacht werden konnten. Dabei wird der Genauigkeitsgrad, mit der die Position eines Fragmentes bestimmt werden kann, folgendermaßen angegeben: a die Position des Fragmentes ist absolut bestimmbar; b die Position des Fragmentes ist relativ bestimmbar durch seinen eigenen Wortlaut und/oder durch Angaben des Euseb und/oder des Acacius und/oder durch mehrmaliges paralleles Vorkommen; c das Fragment folgt aufgrund der Uberleitungsformel Eusebs in der Schrift Markells unzweifelhaft auf das von Euseb voranstehend zitierte; d die Position des Fragmentes wird entweder(sowohl) durch seine Stellung in seiner jeweiligen Abfolge oder (als auch) durch seinen Inhalt bestimmt; ohne Kennzeichnung: das Fragment ist nur aufgrund seines Inhaltes an dieser Stelle angeordnet.

236

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

Frgg 1-22 S.(Kl.,R.)

1(65,59) 2(34,29) 3(43,37) 4(1,1) 5(48,42) 6(53,48) 7(42,36) 8(49,44) 9(35,30) 10(3,3) 11(8,8) 12(2,2)

13(4,4) 14(5,5) 15(6,6) 16(7,7) 17(86,76) 18(87,77) 19(37,32) 20(38,32) 21(39,32) 22(88,78)

229

CM I,2f 9,19-12,31

CM 1,4 18,4-23,13

CM 11,2 35,1-13

CM II,3f 43,28-44,11

ET 1,18 79,1-80,4 vgl. 89,6-17

la 2a 3d 4C 5d

3d 5C)229 6° 7d bc

8 9C 10b

8

7d

bc

lld 12

d

13d 14c 15d 16d 17d 18c 19° 20c 21d 22c

Zu dem in ET 1,18,2: 79,22f zitierten Satz aus Frg 52(91,81=43) siehe oben 224 Anm. 167.

237

I. Rekonstruktion

Frgg 23-50 S.(K1.,R.)

CM I,2f

CM 1,4

CM II,3f

ET 111,2, ET 111,2, ET 111,4 28f 31-3,31 14,1-15,34 23,25-24,8 46,12-48,15 144,14-28 145,1-151,13 157,33vgl. 11,30-12,2 158,34

23(125,112) 24(123,110) 25(124,111) 26(9,9) 27(12,11) 28(10,9) 29(11,10) 30(13,12) 31(14,12) 32(15,13) 33(16,13) 34(126,113) 35(17,14) 36(18,15) 37(19,16) 38(20,17) 39(21,18) 40(22,19) 41(23,20) 42(24,20) 43(25,20) 44(26,21) 45(27,22) 46(89,79) 47(66,60) 48(67,60) 49(68,60) 50(69,60)

23 24 25 26d 27d c

28 29b

29b

34b 35d

29b 30c 31d 32d 33c 34b 35c

36d 37d 38d 39b 40c 41c 42d 45 b

38d 39b

39b 40° 41c 42d 43d 44c 45 b

46° 47d 48c 49c 50c

238

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

Frgg 51-75 S.(K1.,R.)

CM I,2f CM 1,4 12,8-26

51(90,80) 52(91,81=43) 53(92,82) 54(93,82) 55(94,83) 56(95,84) 57(28,23) 58(30,25) 59(31,26) 60(29,24) 61(54,49) 62 63(56,51) 64(57,51) 65(45,39) 66(36,31) 67(47,41) 68(51,46) 69(44,38) 231 70(52,47) 71(33,28) 72(70,61) 73(71,62) 74(73,64) 75(74,65)

230 231

24,11-24

CM 11,2 CM II, CM II, ET 11,1 3»23f 3,26-31 35,1548,23- 49,1899,17-25 39,26 49,5 50,16 99,33-100,6

ET II,3f

ET 11,8

102,1630

106,30107,7

51 b b

53 54c

52 b 53 b

52 b 53 b 54c

53 b 55c 56 d

57 58° 59° 60° 61 b

61 b 62 63c 64 d

65 d ) 230 66 c 67 d 68 d 70 c 71 b 72 d

66 d

71 b 72 d 73°

74 bc 75c

Zu dem in C M 11,2,5: 35,33-36 zitierten Frg 73(71,62) siehe oben 229 Anm. 194. Aus ET I,15,lf.4: 74,33-74,9 (vgl. 76,9-20) aus inhaltlichen Gründen hier eingefügt.

239

I. Rekonstruktion

Frgg 76-112 S.(K1.,R.)

76(103,92) 77(104,93) 78(105,94) 79(106,95) 80(107,96) 81(108,97) 82(109,35=97) 83(110,98) 84(127,114)232 85(63,67) 86(64,58) 87(61,55) 88(59,53) 89(62,56) 90(75,66) 91(77,68) 92(78,68) 93(79,69) 94(46,40) 95(55,50) 96(50,45) 97(76,67) 98(58,52) 99(111,99) 100(112,100) 101(113,100) 102(114,101) 103(115,102) 104(116,103) 105(117,104) 106(118,105)233 107(119,106) 108(120,107) 109(121,108) 110(60,54) 111(41,34) 112(122,109)235 232 233 234 235

Aus Aus Vgl. Aus

CM 11,2

CM II,3f

ET

E T 11,15

E T 11,19

39,29-43,6

50,26-56,7

112,

118,12119,25

123,7127,6

76c 77c

76d 78c 79c 80d 81d 82d 83d

85d 87d

87d 88c 89d

90d 91d 92b 93c

92b 94c

95d

96d 98c

109b 110d H

86c

98°

99d 100c 101d 102c 103c 104° 105° 107c 108c 109b

1091

1=1)234

ET 111,10,6: 167,7-9 mit inhaltlichen Gründen hier eingefügt. ET 111,17,7: 169,8-11 mit inhaltlichen Gründen hier eingefügt. ET 11,8,3-5: 107,13-108,4. CM 1,2,19: 12,4f mit inhaltlichen Gründen hier eingefügt.

97d

240

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

Frgg 113-128

113(96,85) 114(97,86) 115(98,87) 116(81,71) 117(82,72 118(85,75) 119(99,88) 120(83,73) 121(40,33) 122(84,74) 123(32,27) 124(80,70) 125(72,63) 126(100,89) 127(101,90) 128(102,91)

236

CM I,3f 24,34-36,24

Άκακίου αντιλογία 260,10-261,6236

113a

113a 114c

115C 116c 117c 118C 119c 120c 121c 122° 123c 124c 125c 126d 127c 128c

Epiphanius, Pan. haer. 72,6,1-5, Bd. III Holl/Dummer, GCS 37.

I. Rekonstruktion

241

f) Charakter und Abfassungszeit der Schrift Markells Markeil hat seine Streitschrift gegen Asterius und die kirchlichen Amtsträger unter den Eusebianern an Konstantin gerichtet. Euseb schreibt, Markeil habe Konstantin in seinem Buch tausendfältig geschmeichelt und zahlreiche Preisreden auf den Kaiser gehalten. 237 Ferner sei Markell persönlich bei Konstantin vorstellig geworden, habe diesem sein Buch, das er aus freien Stücken verfaßt habe, übergeben und ihn aufgefordert, über den Inhalt ein Urteil zu fällen (διαγνώναι).238 Uber die Intention Markells sagt Euseb: „Er hoffte wahrscheinlich wegen der Lobreden auf ihn (seil, den Kaiser), daß er selbst eine Sonderstellung (προνομία) beim Kaiser erlange, daß aber die von ihm verleumdeten Bischöfe einer Strafe unterworfen würden." 239 Auch abgesehen von der Polemik Eusebs ist offenbar, daß Markell den Kaiser durch sein Opus zum Einschreiten gegen die von ihm Angegriffenen bewegen wollte. Im Blick auf seine Gegner ist das Buch eine Antilogie. Da Markell diese Widerrede aber an die Adresse Konstantins richtet, handelt es sich zugleich und sogar in noch stärkerem Maße um eine Petition (έντευξις). Allerdings ist der Ton der Schrift nicht derjenige der Bitte oder eines Gesuches, sondern der der Uberzeugung und der Aufforderung. Markell geht dabei davon aus, (1) daß Konstantin durch theologische Argumentation240 zu überzeugen und (2) daß Konstantin aufgrund solcher Argumentation zum kirchenpolitischen Handeln zu bewegen ist. 241 Die Abfassung der Schrift Markells und seine Absetzung auf einer Konstantinopler Synode werden traditionell zwischen 335 und 336 angesetzt. 242 Bei 237

C M 11,4,29: 58,6f.

238

C M II,4,30f: 58,19f.27f.

239

C M 11,4,30: 58,21-23.

240

D.h. im Selbstverständnis Markells durch die Schrift, das Evangelium, den Heiligen Geist, den Engel Gabriel, die Propheten, Evangelisten und die Apostel: Frgg 3(43,37): 192,18-25; 4(1,1): 185,3-5; 7(42,36): 192,9-11; 12(2,2): 185,24f; 13(4,4): 186,13; 17(86,76): 203,26; 19(37,32): 191,5f; 22(88,78); 24(123,110): 212,15f.

241

In folgenden Frgg redet Markell Konstantin an: Frgg 2(34,29): 190,15f; 6(53,48): 194,17f; 16(7,7): 186,21-23; 92(78,68): 202,3f.7f; 98(76,67): 200,23-26; 127(101,90): 207,18-21. Zu beachten sind auch diejenigen Stellen, an denen Markell in der 1. Person Plural spricht: Frgg 17(86,76): 2 0 3 , 2 4 - 2 6 . 3 1 - 3 3 ; 18(87,77): 204,5-9; Frg 23(125,112): 2 1 3 , 1 4 - 1 8 ; 31(14,12): 187,18-22; passim.

242

Synode 336 und Abfassung kurz vorher: M. Lenain de Tillemont, Memoires pour servir ä l'histoire ecclesiastique des six premiers siecles, Tom. VI, Paris 1699, 293; Abfassung und Synode vor der Mitte des Jahres 335: Zahn, Marcellus von A n cyra, 44.68; O t t o Bardenhewer, Geschichte der altkirchlichen Literatur Bd. III, Freiburg/Breisgau 1923 2 (Darmstadt 1 9 6 2 3 ) 117f; Abfassung 335 und Synode 336: J o hannes Quasten, Initiation aux Peres de l'eglise, Tome III: L'äge d'or de la litterature patristique grecque du concile de Nicee au concile de Chalcedoine, Paris 1987,

242

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

dieser Datierung liegen die Berichte des Socrates 2 4 3 und des Sozomenus 2 4 4 zugrunde, die beide die Deposition Markells an das E n d e der Regierungszeit Konstantins rücken. Von dieser Datierung wichen auf verschiedene Weisen ab Schwartz, 2 4 5 auf widersprüchliche A r t Bardy, 2 4 6 sowie ferner O p t i z 2 4 7 und Wilhelm Schneemelcher. 2 4 Eine Beobachtung Montagu's jedoch, die allerdings bis zu ihrer Wiederholung durch T i m o t h y D . Barnes unbeachtet blieb, erhärtet zumindest c h r o nologisch 2 4 9 den traditionellen Ansatz. Beide 2 5 0 verweisen darauf, daß Euseb

243 244 245

246

247

248

249

287; Synode 336: Schwartz, Zur Geschichte des Athanasius VI: Die Dokumente des arianischen Streites bis 325, N G W G . P H . 1905, 261 = ders., Gesammelte Schriften Bd. III, Berlin 1959, 122; Abfassung 335: Bardy, Asterius le Sophiste, 227; ders., Recherches, 323. Kirchengeschichte 1,35-37: 163-167 Hussey, Tom. I, 1853. Kirchengeschichte 11,33: 98,12-99,8 Bidez/Hansen, GCS 50, 1960. Schwartz setzt die Synode 1907 im Jahre 328 an (Art. „Eusebios", R E 3 , Bd. VI, 1907, 1421 = ders., Griechische Geschichtsschreiber, hrsg. von der Kommission für Spätantike Religionsgeschichte bei der Deutschen Akademie der Wissenschaften von Berlin, Leipzig 1959 2 , 551). - 1 9 1 1 hält er sie für undatierbar (Zur Geschichte des Athanasius VIII, 406 = Ges. Sehr. Bd. III, 238). Bardy parallelisiert in dem Aufsatz „La politique religieuse de Constantin apres le concile de Nicee, RevSR 8(1928) 534 und im Kapitel „La reaction Eusebienne et le schisme de Sardique" (in: Histoire de l'eglise depuis les origines jusqu'ä nos jours, Tom 3: De la paix Constantinienne ä la mort de Theodose, hrsgg. von A. Fliche/V. Martin, Paris 1936, 101-104) die Absetzung Markells mit derjenigen des Eustathius von Antiochien und datiert beide ins Jahr 330. Synode vor 335: Apparat Zeile 1 zu Athanasius, Historia Arianorum 6,1, Athanasius Werke I I / l , 186. Synode um 330/31 oder 334: Zur Chronologie des arianischen Streites, ThLZ 79(1954) 399. Allerdings mit einer Korrektur des Berichtes des Socrates (siehe Anm. 243), nach dem die Synode gegen Markell identisch sei mit den von Konstantin zur Neuverhandlung des Falles des Athanasius zu sich gerufenen ehemaligen Teilnehmern der Synode von Tyrus (August/September 335; [vgl. Athanasius, Apologia secunda 86,212, Athanasius Werke Bd. I I / l : 164,17-165,35 Opitz, insbesondere 165,1-5.16-21 = Brief 37 in der Zählung von Heinz Kraft, Kaiser Konstantins religiöse Entwicklung, BHTh 20, Tübingen 1955, 258f]). Aufgrund des Kephalaion des 8. Osterfestbriefes (von Schwartz, Zur Geschichte des Athanasius VIII, 421 Anm. 2 = Ges. Sehr. Bd. III, 257 Anm. 2 ins Griechische übertragen und von Opitz, Athanasius Werke Bd. I I / l : 164 Apparat zu Zeile 12 wiederabgedruckt [Exzerpt]) schrieb Konstantin den eben genannten Brief zwischen dem 30. Oktober 335 und der Verbannung des Athanasius nach Trier (7. Nov.). Eine Konstantinopler Synode gegen Athanasius kann demnach nie zusammengetreten sein. Ferner ist es wegen der Angaben Eusebs (CM 11,4,29: 58,7-10) zu den Teilnehmern der Synode gegen Markell (Synodale aus der pontischen, asiatischen, thrakischen und mösischen Diözese) unmöglich, daß die von Konstantin kurzerhand nach Konstantinopel befohlenen ehemaligen tyrischen Synodalen zur Beratung gegen Markell uminstruiert worden sein könnten. Schließlich bestätigt das Schreiben der östlichen Synode von Serdika, daß die in Frage stehende Synode nur gegen Markell zusammengerufen wurde (Hilarius, Collectanea Antiariana Parisina, Series A IV,1,3: 50,18-51,15 Feder, CSEL 65,4).

I. Rekonstruktion

243

Konstantin in C M 11,4,29 als „ . . . βασιλέα τον ώς αληθώς θεοφιλή και τρισμακάριον . . . " 2 5 1 bezeichnet, und schließen daraus, daß der Kaiser zur Abfassungszeit von C M schon verstorben sein mußte. Dieser Schluß ist deswegen zwingend, weil Euseb einerseits die Adjektive μακάριος und τρισμακάριος immer Uberzeitlichem und Unsterblichem beilegt 252 und andererseits gerade in C M eine gleichlautende Wendung für den verstorbenen Paulinus von Tyrus formuliert. 2 5 3 Eine bisher übersehene Stelle zu Beginn von E T , an der Euseb von den Bischöfen als den von der Gemeinschaft mit Markell Befreiten spricht, 2 5 4 legt es nahe, die Abfassungszeit von C M möglichst kurz nach dem Tode Konstantins (22. Mai 337) anzusetzen, da auch E T noch v o r der tatsächlichen Rückkehr Markells 2 5 5 in sein Bistum (aufgrund der Anmnestie der Söhne Konstantins 2 5 6 ) verfaßt worden sein muß. 2 5 7 Geht man nun davon aus, daß weder Markell zögerte, sein vollendetes Buch dem Kaiser zu überreichen, noch dieser, die Synode einzuberufen, noch Euseb von Caesarea, das Urteil der Synode durch seine Schriften C M und E T zu verteidigen, dann schrieb Markell seine Schrift im Laufe des Jahres 3 3 6 und dann trat die Synode Ende 3 3 6 oder Anfang 3 3 7 zusammen.

258

Montagu, Annotatio ad 55 d 1 = Gaisford 400 = P G 24,821f D; Timothy D. Barnes, Emperor and Bishops, A.D. 324-344: Some Problems, American Journal of Ancient History 3(1978) 64f. 251 58,4f. 2 5 2 In CM und E T erscheint τρισμακάριος als Attribut der göttlichen τριάς (Epistula ad Flacillum: 60,14; E T 111,5,18: 162,31; E T 111,5,21: 163,18) und eschatologischen Hoffnung (ET 111,15,2: 174,23; E T 111,16,7: 175,28f). Die μακαριότης ist die endzeitliche Seinsweise der Heiligen (ET 111,16,2: 174,28; E T 111,17,10: 178,9). In der H E gebraucht Euseb μακάριος immer in der Bedeutung von unsterblich: für Märtyrer, selig Verstorbene und den Urständ im Paradies (vgl. das Register von Schwartz s.v. „μακάριος" [GCS 9,3, Leipzig 1909, 188]). Barnes (Emperor and Bishops, 64 Anm. 75), weist schließlich darauf hin, daß Euseb in der V C Konstantin über zwanzig mal τρισμακάριος nennt, jedoch kein mal in der Trizennatsrede. 2 5 3 CM 1,4,2: 18,lf: „ . . . τον ώς αληθώς τρισμακάρων . . . Παυλίνον . . . " Direkt anschließend (CM 11,4,2: 18,5-9; vgl. CM 1,1,2: 2,If) führt Euseb aus, daß Markell den einst selig zur Ruhe Gekommenen und Entschlafenen verhöhne, wie er auch gegen Origenes polemisiere, dessen Leben vormals zu einem Ende gekommen sei. 254 jrj· j 62,29: „ . . . τοις δ'έλευθερουμένοις (seil, λειτουργοίς) της προς αυτόν (seil. Μάρκελλον) κοινωνίας . . . " Damit ist eine bestimmte Bezeugung der Relegation Markells nachgewiesen, die Schwartz (Zur Geschichte des Athanasius VIII, 404, Anm. 2 = Ges. Sehr. Bd. III, 235 Anm. 2) noch vermißte. 2 5 5 Schreiben der orientalischen Synode von Serdika (bei Hilarius, Collectanea Antiariana Parisina, Series A IV,1,9: 55,12-14 Feder). 2 5 6 Zur Amnestie siehe Schwartz, Zur Geschichte des Athanasius IX, 473-479 = Ges. Sehr. Bd. III, 269-278. 2 5 7 So auch Barnes, Emperor and Bishops, 64. 2 5 8 Barnes (a.a.O. 65) verlegt die Synode von Konstantinopel - aufgrund der Datierung des Vortrages der Trizennatsrede Eusebs durch H . A . Drake (When was the De Laudibus Constantini delivered?, Historia 24 [1975] 347-356) auf den 25. Juli 336 vor dieses Datum. Drake (a.a.O. 349) identifiziert jedoch die geplante Synode zur 250

244

C . Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

Von der Abfassungszeit (336) des Opus ad Constantinum imperatorem wird dessen Intention unterstrichen. Es entstand zu der Zeit, zu der die Eusebianer nach ihrer Niederlage in Nizäa die kirchenpolitisch stärkste Position zu Lebzeiten Konstantins erlangt hatten. 259

II.

Inhaltsübersicht

Aus der Rekonstruktion der Abfolge der Fragmente ergibt sich folgender Aufriß. Auch wenn die erhaltenen 128 Fragmente nur einen Teil des weit umfangreicheren1 Gesamttextes ausmachen, lassen sich dennoch aufgrund der absoluten Position der Frgg 1(65,59); 2(34,29); 113(96,85) und der relativen der Frgg 8(49,44); 10(3,3); 29(11,10); 34(126,113); 39(21,18); 45(27,22); 51(90,80); 52(91,81=43); 53(92,82); 61(54,49); 71(33,28); 74(73,64); 92(78,68); 109(121,108) die formalen Konturen und die thematischen Bereiche der Schrift erkennen. Zunächst zeigt sich eine große Zweiteilung des Buches in die Polemik gegen Asterius (Frgg 1-114) und gegen die kirchlichen Amtsträger (Frgg 115-128), wobei der erste Teil nur wenig die Hälfte überschritt. Innerhalb des ersten Teiles lassen sich wiederum zwei Abschnitte abgrenzen. Zum einen denjenigen der Frgg 1-50, in denen Markell unter Rückführung der Theologie des Asterius und seiner Lehrer auf den frühen Origenes der Schrift Περί αρχών und auf Plato, die άνωθεν αρχή von Joh 1,1, bei der der ewige Logos war, unterscheidet von der νεωτέρα2 αρχή von Kol 1,18 und Prov 8 ; 22, zu der der mit dem Logos vereinte Mensch entstand und die Ökonomie nach dem Fleische begann. Weder die αρχή von Joh 1,1, noch diejenigen von Kol 1,18 und Prov 8,22 bedeuten den Seinsbeginn des Logos; wohl aber gibt es eine dem Schöpfungs-, Erlösungs- und Vollendungshandeln Gottes entsprechende göttliche αρχή der Selbst- „Verbreiterung" Gottes (bzw. der Monas zur Trias). Der zweite Abschnitt (Frgg 51-114) des ersten Teiles der Antilogie Markells ist dadurch gekennzeichnet, daß Markell in ihm die Vater und Sohn (Logos) umschließende Einheit Gottes und die schöpferische sowie inkarnatorische „Verbreiterung" Gottes bzw. Getrenntheit von Vater und Sohn im Widerspruch zu den von Asterius in Frg X X I

Wiederverhandlung des Falles des Athanasius mit derjenigen, die wegen Markell einberufen wurde. 259

Erste Deposition und Verbannung des Athanasius 7. November 335.

1

Vgl. die Angaben Eusebs C M 1,1,3: 2,9; C M 1,4,63: 30,25f; C M 11,2,42: 43,16-18 und die Epistula ad Flacillum: 60,3.10. Nicht wörtlich, aber sinngemäß nach Frg 3(43,37): 192,24.

2

II. Inhaltsübersicht

245

Bardy genannten Kategorien (μόνος, [τέλειος], βασιλεύς, κύριος, θεός, ουσία, βουλή, δόξα, δύναμις) diskutiert. Der zweite Teil schließlich gilt dem Widerspruch Markells gegen die „kirchlichen Amtsträger" unter den Eusebianern, deren Ubereinstimmung mit Asterius und mit Häretikern er gegenüber Konstantin erweisen will. Aufriß des Opus ad Constantinum Imperatorem ( Έ ν τ ε υ ξ ι ς Κωνστανίνω τ ω βασιλεΐ κατα τών περί ΕύσεΒίου ή άντιλογία προς εκαστον τών μ ή ορθώς γραφέντων) (Widmung an Konstantin; Rekapitulation der kirchenpolitischen Vorgänge; Formulierung von Erwartungen an Konstantin) 4 I. Frgg 1-114: Polemik gegen Asterius den Sophisten A. Frgg 1-50: Uber die christliche Unterscheidung der Άρχαί 2(34,29); 17(86,76); 18(87,77); 19(37,32); 20(38,32); 21(39,32); XVII, XVIII, XXb Bardy; Urk. 9,1 Opitz; 5 Origenes, De princ., Praef. und I V,4,l(28); 6 Plato, Gorgias 454 c-e 7 1(65,59) vgl. 19(37,32) XXa-c Bardy

21(39,32) Origenes, Genesiskommentar l 8 2(34,29); XVIII Bardy; Urk. 8,3.7; 9(35,30); 3

4

5

6 7 8

1. Frgg 1-22: Asterius und seine theologischen Väter gründen ihre Lehren nicht auf die göttlichen Schriften, sondern auf den frühen Origenes der Schrift Περί αρχών, der von der Philosophie, insbesondere aber von Plato und dessen διαφορα άρχων abhängt. Dagegen setzt Markeil die biblische Unterscheidung des Anfanges der Schöpfung (άνωθεν αρχή), an dem der Logos selbst von Ewigkeit her existierte, vom Anfang der Ökonomie nach dem Fleische (νεωτέρα αρχή), zu dem der mit dem Logos vereinte Mensch „wurde" (entstand). Ausgehend von dem allen gemeinsamen Glauben an Vater, Sohn und Heiligen Geist argumentiert Markell, daß durch die gegnerische Rede von αληθώς πατήρ αληθώς υίός - αληθώς ίίγιον πνεϋμα das Vater-Sohn-Verhältnis in Gott allzu menschlich wie bei uns aufgefaßt wird wegen Mißachtung der θεία δΰναμις. Weder begann (ήρξατο) Gott, Vater zu werden, wie menschliche Väter, noch gibt es ein Werden (γένεσις) des Sohnes aus dem Willen des Vaters, noch zwei verschiedene Naturen des Vaters und des „Gezeugten".

Wie die von Euseb von Caesarea („δια το ενα γνωρίζειν θεόν", Epistula ad Flacillum: 60,12) und Hilarius von Poitiers („liber quem de subiectione domini Christi ediderat", Collectanea Antiariana Parisina, Ser. Β II, 5, 3-6: 147,5 Feder) gegebenen Charakterisierungen der Schrift sind die hier gebrauchten keine authentischen Titel. Dies sind Vermutungen ohne Textbelege in den Fragmenten, aber aus Euseb (vgl. oben 241) erschließbar. Urkunden zur Geschichte des arianischen Streites, 318-328, ed. Hans-Georg Opitz, Athanasius Werke III/1, Berlin und Leipzig 1934-35. Origenes Werke Bd. V, ed. Paul Koetschau, GCS 22, Leipzig 1913, 7,9f und 348,5-10. Piatonis Opera, Bd. III, ed. John Burnet, O C T , Oxford 1908 passim. Pamphilus, Apologia pro Origene 3: PG 17, 560 C 14 - 561 A 14.

246

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

XIX Bardy; Urk. 8, 6f

4(1,1)

3(43,37); 5(48,42) 6(53,48); 7(42,26) 8(49,44); XXVI Bardy

10(3,3); 12(2,2); 14(5,5); 16(7,7);

11(8,8); 13(4,4); 15(6,6); XXIb Bardy

26(9,9)

39(21,18) 23(125,112); 24(123,110) 25(124,111) 35-39 XXIII Bardy 27; 31; 38; 40-42; 44 26; 28; 29; 33; 35; 38; 42 32(15,13); 39(21,18)

31; 37; 40; 41; 43-45

30(13,12); 45(27,22)

Der Wille Gottes als Erwählungswille bezieht sich vielmehr auf die inkarnatorische Verbindung des ewigen Logos mit dem von Gott geliebten Menschen und von ihm erwählten „Großen Jerusalem". Ebenso bezieht sich das Werden nicht auf den ewigen Logos, sondern auf den mit dem Logos vereinten Menschen, der durch den neuen Anfang der Ökonomie nach dem Fleische „wurde". Der Sohn empfängt durch die Annahme des menschlichen Fleisches, bzw. durch sein Werden nach dem Fleisch, neue Namen und Hoheitstitel (Jesus, Christus, Weg, Leben, Tag, Auferstehung, Tür, Brot) zu seinem „ersten Namen" Logos (bzw. μονογενής λόγος) hinzu. Selbst der Titel „Erstgeborener aller Schöpfung" [Auslegung von Kol 1,1517.18] bezieht sich nicht auf den ewigen Logos, sondern den „ersten neuen Menschen". Im Blick auf die neue Schöpfung ist dieser im qualifizierten Sinn die αρχή απάντων. 2. Frgg 23-46: Prov 8,22-25 stellt nicht die αρχή θεότητος des Heilandes vor Augen, sondern die zweite Ökonomie nach dem Fleisch als der αρχή όδών αΰτοϋ εις εργα αΰτοϋ (V 22), die Gott aber schon έν άρχή (V23) vorherbestimmte. Nach einer hermeneutischen Besinnung über die Exegese der Proverbien legt Markeil Prov 8,22-25 Vers für Vers und nahezu Wort für Wort aus, und zwar prüdestinatorisch („vor dem Aon gründete er mich"; „im Anfang, vor der Erschaffung der Erde [d. h. .unseres Fleisches']": V 23-24a), prophetisch, inkarnatorisch (Schöpfung des menschlichen Fleisches, das der Logos annahm: V 22; Gründung der Ökonomie nach dem Fleische: V23), soteriologisch („ . . . zu seinen Werken [der Vollendung des Menschen] . . . : V22; Heilung des durch den Ungehorsam wieder zu Erde gewordenen Fleisches durch Gemeinschaft mit dem heiligen Logos), ekklesiologisch („Aon" = „Zeit der Kirche": V23; Abgründe" = „Herzen der Heiligen": V 24; „Wasserquellen" = „die heiligen Apostel": V 24b; „Berge" = „Apostel", „Hügel" = „Nachfolger der Apostel": V25) und ethisch („Weg des Glaubens" für diejenigen, die gerecht wandeln wollen": V22).

47(66,60); 48(67,60); 3. Frgg 47-50: Die Trias hat ihre άρχή aus der Monas. 49(68,60); 50(69,60); Dem schöpferischen, erlösenden und heiligenden Handeln Gottes XXVIII, XXIX, XXXI Bardy entspricht eine „Getrenntheit" des Sohnes (Logos) vom Vater, bzw. ein Anfang der Trias aus der Monas. Die Ausgänge des Logos vom Vater und des Geistes vom Vater sowie vom Logos begründen keine τρεις υποστάσεις, sondern nur eine „Ausdehnung" der Monas zur Trias, wobei sie zugleich als Monas unzertrennt bleibt. N u r so können sich Logos und Geist in Einheit auf Gott beziehen.

II. Inhaltsübersicht

247

Β. Frgg 51-114: Gottes Einheit und sein schöpfungsbezogener, inkarnatorischer und heiligender Hervorgang b z w . seine „Selbstverbreiterung" 55(94,83) 52(91,81=43); 56(95,84) 53(92,82); 54(93,82); 55(94,83); XXII Bardy

XXIV Bardy

XXVI Bardy

XXXIII Bardy 67(47,41); 68(51,46);

70(52,47) 69(44,38)

72(70,61) 73(71,62)

„βουλή"

74(73,64) XXXII Bardy 75(74,65)

1. Frgg 51-56: „Ich und der Vater sind eins" (Joh 10,30) sagt der Logos durch das angenommene Fleisch hindurch, mit dem zusammen er das wahre Bild des unsichtbaren Gottes (Kol 1,15) ist und durch das er sich selbst und seinen Vater zu erkennen gibt. Im Blick auf sich selbst ist auch der aus dem Vater gezeugte Logos nicht Bild des unsichtbaren Gottes, sondern selbst unsichtbar. 2. Frgg 57-73: Die Einheit des ungezeugten und des gezeugten präexistenten Logos mit dem Vater aufgrund der Gottheit und des ewigen Seins des Logos. a) Frgg 57-60: Ps 109,3 LXX („Vor dem Morgenstern [Bringer der Morgenröte] habe ich dich gezeugt") ist nicht auf die αρχαία αύτοϋ ανω γέννησις zu beziehen, sondern auf den mit dem menschlichen Fleisch gezeugten Logos, da seitdem die Finsternis der Unkenntnis des Glaubens gewichen ist und uns der „Tag" (Jesus Christus) scheint. b) Frgg 61-65: Das zur Menschwerdung Herabkommende ist Geist (Lk 1,35), der Gott Qoh 4,24) und Licht (Joh 8,12) ist. Daher ist der wahrhaft seiende und der Logos Gottes gekommen. c) Frgg 66-73: Als ewig seiender Logos des Herrn und Allherrschers ist der Logos (als der er im Vater und der Vater in ihm ist Qoh 10,38]) seit den Propheten verkündigt, aber erst seit Johannes erkannt und durch ihn der Vater. Die Zeugung des Logos vor den Äonen ist nur dann richtig erfaßt, wenn sie als Hervorgang des δυνάμει im Vater bleibenden zum ένεργεία Bei-Gott-Sein verstanden wird, wodurch die Gottheit nicht zertrennt wird. Wer wie die Juden und Sabellius die Ewigkeit und die Einheit des Logos mit Gott nicht anerkennt, der erkennt Gott überhaupt nicht. Die Ewigkeit des Logos nach dem Geist ist mit dem Vater vereint. Im Blick auf den Geist ist der Logos ein und dasselbe mit Gott. Im Blick auf den Zusatz nach dem Fleisch erscheint die Gottheit nur in der Wirksamkeit erweitert, so daß sie eine unzertrennte Monas ist. 3. Frgg 74-75 (Frg 125): Die Einheit von Vater und Sohn (als der Kraft des Vaters [1. Kor 1,24]) ist mehr als eine Willensübereinstimmung in allen Worten und Taten Die Ökonomie nach dem Fleisch des Logos bezieht sich auf den Menschen. Im Blick auf diese, d. h. die zweite Ökonomie, insbesondere im Blick auf das Leiden und die Olbergangst Christi, berichten die Evangelien eine Willensdifferenz zwischen Vater und Sohn. Wären Vater und Sohn in zwei Hypostasen zertrennt, müßte zwischen ihnen eine größere Gemeinsamkeit herrschen als in der Gütergemeinschaft der Urgemeinde nach Acta 4,32. Vater und Logos sind aber eins in ένοχης und nicht in κοινωνία.

248

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

„δόξα" XXXIII, XXXIV Bardy

„ουσία XXVII Bardy

„θεός, κύριος, μόνος" X X X Bardy

„βασιλεύς" 105(117,104); 107(119,106); 104(116,103) 100-103; 105; 107; 111 99; 105; 108-109; 111 101; 102; 104 105(117,104) 109(121,108)

109(117,104) 111(41,34)

XXIa Bardy

4. Frgg 76-84: Der μόνος θεός als der Vater und der Logos in ihm ist Schöpfer und Wirker von allem. Vor der Weltschöpfung war nichts anderes als Gott allein. Der Logos in ihm besitzt seine ihm zugehörige Herrlichkeit. Der Mensel den der Logos annahm und den der Vater durch den Logos zur U n sterblichkeit bereitet, empfängt eine zweifache Herrlichkeit und die Erstlingsgabe der Vollmacht, damit der Logos durch ihn und er selbst den Teufel besiege. 5. Frgg 85-98: Vater und Sohn sind ein „Ich", eine ουσία, eine ύπόστασις als μονάς, als είς κύριος und είς θεός, als εν πρόσωπον. a) Frgg 85-89: „Ich bin der Seiende" (Ex 3,14) sagt der Vater durch den Logos. Der Vater sagt dies nicht, um sich vom Sohn abzutrennen; alles, was der Vater tut und sagt, tut und sagt er durch seinen Logos, der nur durch die Wirksamkeit des Handelns vom Vater getrennt ist, nicht aber in der Kraft oder der Hypostase. b) Frgg 90-98: Der εις κύριος και θεός als ein Ich und εν πρόσωπον verkündigt sich selbst durch die Propheten auch als der Kommende, als der Heiland und der Neuschöpfer des neuen Bundes. 6. Frgg 99-112: Das ewige Mitkönigtum des Logos in Einheit „mit Gott und dem Vater" (1. Kor 15, 24) und sein Teilkönigtum „nach dem Menschen", in dem er nur durch die Wirksamkeit aufgrund des Fleisches vom Vater getrennt ist. Die Teilherrschaft des menschgewordenen Logos und des angenommenen Menschen hat einen Anfang und eine Ende. Da Gott den „Menschen" zum Herrn, Sohn Gottes, Gott und unsterblich machen will, setzt er den menschgewordenen Logos als König über die Kirche ein, damit der Mensch durch den Logos die Königsherrschaft erlangen könne. Wenn Christus von Gott alles unter seine Füße gelegt und wenn alle widerstrebende Wirksamkeit vernichtet sein wird, dann wird der menschgewordene Logos die zur Gesamtherrschaft gewordene Teilherrschaft Gott und dem Vater übergeben und sich in eins damit selbst dem unterwerfen, der ihm alles unterworfen hat, damit Gott alles in allen(m) sei. Dann wird der Logos so in Gott sein, wie er es auch vorher vor dem Sein der Welt war. Das individuelle Fleisch des Logos wird nicht mehr mit diesem zusammen sein. 7. Frgg 113-114: Abschließende Konfrontation des von Markeil in den Frgg 51-112 dargelegten strengen Monotheismus (der Sohn ist mit dem Vater die αϋτοουσία, αΰτοβουλή, δύναμις und δόξα) mit der Auffassung des Asterius, daß der Sohn das Bild dieser Kategorien sei.

III. Textkritik, Übersetzung und Kommentar: Frgg 1-2

249

II. Frgg 115-128: Polemik gegen die kirchlichen Amtsträger (Narziß von Neronias, Euseb von Caesarea, Paulinus von Tyrus) 115(98,87) 118(85,75) Urk Urk Urk CM CM CM

3,1.3-5; 9,2-4; 19; 1,4,46: 27,27-31; 1,4,50: 28,14; 1,4,59: 29,30f

CM CM Frg CM

1,4,42: 26,27-29; 1,4,45: 27,14-16; 121(40,33); 1,4,48: 28,3-5

III.

Textkritik,

Erweis der Ubereinstimmung der Theologie der Bischöfe mit Asterius, Häretikern (Valentin, Markion) und Philosophen („Hermes", Plato). Die Angesprochenen lehren den Sohn als δεύτερος oder ετερος θεός, als ein vom Vater getrenntes Wesen (ούσία) eine getrennte Kraft (δύναμις) oder Sache (πράγμα), so daß es neben dem μόνος αληθινός θεός oder dem πρώτος θεός, der ungezeugt sei, νεώτεροι und πολλοί θεοί gebe, bzw. drei Wesen (τρεις ούσίαι) von Vater, Sohn und Heiligem Geist. Die Gegner faßten den Sohn ferner nur als ein Geschöpf auf. Er sei auf eher menschliche Weise Gott geworden. Markell berichtet von und polemisiert gegen Predigten Eusebs von Caesarea in Laodizäa und in Ankyra sowie einer (eine) Predigt des Paulinus von Tyrus in Ankyra als auch den (die) Reisen des Asterius.

Übersetzung

und

Kommentar1

a) Frgg 1-114: Polemik gegen Asterius den Sophisten 1. Frgg 1-50: Uber die christliche Unterscheidung der Άρχοά Frgg 1-2: Der Sohn ist „wahrhaftig" und nicht auf „allzu menschliche Weise" Sohn Frg 1 (65,59) Z u m Text: V o n M o n t a g u als Markelltext erkannt (Annot. ad 19 Β 10 = Gaisford, 391 = N o l t e , 752 D - 753 D ) . Gaisford 38f und C o n y b e a r e ( Z N W 4[1903] 331; vgl. jedoch Z N W 6[1905] 250f) verteilen den Text abweichend auf Asterius, Markell und Euseb. N a c h Bardy (Asterius le Sophiste, 238; Recherches, 336), d e m Geerard ( C P G II, 139, N o . 2818) folgt, charakterisiere Markell mit den Worten: „ . . . προς εκαστον των μή όρθώς γραφέντων . . . " die Schrift des Asterius. Schwartz (Zur Geschichte des Athanasius VI, 261 = Ges. Sehr. Bd. III, 122) zählt Frg 1 zu Markells „Dedikationsepistel" an Konstantin. 197,15f liegt kein Asteriuszitat vor, so daß der Kursivdruck bei Klostermann unbegründet ist. nDer Apparat verzeichnet oder diskutiert nur solche Lesarten, bei denen meine Kollation (mit einem Film des Codex Marcianus graecus 496, saec. XI.) von derjenigen Klostermanns und Hansens abweicht und/oder solche, die für die Interpretation erheblich sind. Meine Abweichungen von der Ausgabe Klostermann/Hansen sind fett gedruckt. Ferner verzeichnet der Apparat bei den für das Verständnis kritischen Stellen die bisherigen Emendation und Konjekturen möglichst vollständig. Analog zur Textkritik beschränke ich mich bei der Diskussion der Übersetzungen der Vorgänger auf das Nötigste. - Frg 114(97,86) ist der Epiphanius-Ausgabe von Holl/Dummer entnommen.

250

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

Übersetzung: „ . . . ich beginne also, von dem von ihm geschriebenen Brief an, jedem einzelnen, das nicht rechtgläubig geschrieben wurde, zu widersprechen. 2 Er schreibt, zu glauben, an Vater-GottAllherrscher und an seinen Sohn, den eingeborenen Gott, unsern Herrn Jesus Christus und an den Heiligen Geist und sagt, aus den göttlichen Schriften diese Weise der Gottesverehrung gelernt zu haben. Ich akzeptiere, wann immer er dies ausspricht, nachdrücklich das Gesagte, denn diese Weise der Gottesverehrung ist uns allen gemeinsam: zu glauben an den Vater und den Sohn und den Heiligen Geist. Wenn er aber unter Verfehlung der göttlichen Macht aufgrund einer gewissen Technik der Betrachtung den Vater allzu menschlich wie bei uns Vater nennt und den Sohn Sohn, ist solche Theorie nicht mehr ohne Gefahr zu loben. Denn durch eine derartige Betrachtungsweise kommt es, daß die jetzt von ihnen ersonnene Häresie verstärkt wird, was ich für ein Leichtes halte, aus seinen Worten aufzuzeigen. Denn er sagte, man müsse einerseits glauben, daß der Vater wahrhaftig Vater sei und der Sohn wahrhaftig Sohn und der Heilige Geist ebenso ..." Euseb schreibt im Anschluß: „Dies Markell gegen Asterius, ohne Gefallen daran, daß der Vater bekannt werden müsse, wahrhaftig Vater zu sein, und der Sohn, wahrhaftig Sohn, und der Heilige Geist ebenso. Von woher er im Folgenden des längeren die Argumentation auszuarbeiten versucht. Denn er will bekennen, daß Christus ein bloßes und dem menschlichen ähnliches Wort sei, nicht aber wahrhaftig lebender und als Hypostase bestehender Sohn."3

Frg 2 (34,32) Zum Text: 190,18: γέννησιν Rettberg 21.

Ubersetzung: „ . . . ich werde dich an das erinnern, was er selbst geschrieben hat - wobei er sich mit dem von Euseb übel Geschriebenen verbündet -,4 damit du erkennst, daß er eindeutig der vorherigen Ankündigung abtrünnig wird. Er schreibt nämlich mit eigenen Worten so: „Das Hauptanliegen des Briefes sei es nämlich, das Werden des Sohnes auf den Willen des Vaters zu beziehen und aufzuzeigen, daß die Zeugung Gottes nicht als ein Erleiden zu erklären sei. Was die Weisesten der Väter in ihren eigenen Schriften dargelegt hätten, auf der Hut vor der Gottlosigkeit der Häretiker, die fälschlich eine gewisse körperliche und mit Leiden verbundene Kindzeugung Gottes behaupteten, indem sie die ,Auswürfe' zum Lehrsatz erhoben ..." 2 3 4

Siehe die Parallelen in den Frgg 10(3,3): 186,4f und 57(28,23): 189,17. CM I,4,7f: 18,30-35. Gericke, Marcell von Ancyra, 201: „im Anschluß an", vgl. die Kritik Scheidweilers, Marceil von Ancyra, 206.

III. Textkritik, Übersetzung und Kommentar: Frgg 1-2

251

Kommentar zu den Frgg 1 und 2: Markell beginnt und bestreitet den materialen Hauptteil 5 seiner Schrift mit der Polemik gegen einen Brief 6 des Asterius, den dieser zur Verteidigung eines Briefes 7 Eusebs von Nikomedien wahrscheinlich an Konstantin 8 adressiert hatte. Eine solche Verteidigung hatte „am ersten Sinn vor der Restitution Eusebs im Jahr 327" (Schwartz). 9 Diesem funktionalen Argument zur Bestimmung des Terminus ante quem der Abfassungszeit des Asteriusbriefes 5

6

7

8 9

Daraus sind alle uns erhaltenen Fragmente, von denen Frgg 1-114 vorwiegend gegen Asterius gerichtet sind (siehe die Rekonstruktion und den Aufriß). Nach Bardenhewer (Geschichte der altkirchlichen Literatur Bd. III, 122), Schwartz (Zur Geschichte des Athanasius VIII, 403 Anm. 1 = Ges. Sehr. III, 233 Anm. 8), Loofs (Die Trinitätslehre Marcell's, 767f und ders., Das Bekenntnis Lucians, des Märtyrers, SPAW.PH 1915, 600 Anm. 1) und Opitz (Athanasius Werke I I / l , 245 App. zu Zeile 23) ist dieser Brief identisch mit dem Syntagmation, aus dem die von Athanasius zitierten Fragmente entnommen sind. Gegen die Identität votieren Tillemont (Memoires pour servir ä l'histoire ecclesiastique des six premiers siecles, Tom. VI, Paris 1699, 292), Zahn (Marcellus von Ancyra, 39ff), Gwatkin (Studies of Arianism, chiefly referring to the Charakter and Chronology of the Reaction which followed the Council of Nicaea, Cambridge/London, 1900 2 , 76 Anm. 2), Harnack (Lehrbuch der Dogmengeschichte, Bd. II, 203 Anm. 2) und Bardy (Asterius le Sophiste, 228; Recherches, 328). Urk. 8: 15-17 Opitz, Athanasius Werke I I I / l ; vgl. die Frgg 9(35,30) und 18(87,77). Der Brief wurde von Schwartz (Zur Geschichte des Athanasius VIII, 261 = Ges. Sehr. III, 12 lf) identifiziert. Markell „erinnert" Konstantin. Zur Geschichte des Athanasius VIII, 403 Anm. 1 = Ges. Sehr. Bd. III, 233 Anm. 6. Die These von einer Wiederholung oder zweiten Session des nizänischen Konzils im November 327 wurde von Otto Seeck (Untersuchungen zur Geschichte des nieänischen Konzils, Z K G 17 [1897] 69-71 u. 358-62) begründet. - Opitz (Die Zeitfolge des arianischen Streites von den Anfängen bis zum Jahre 328, Z N W 33[1934] 158 rechnet mit einer Synode in Nikomedien im Dezember 327. - Rudolf Lorenz (Das Problem der Nachsynode von Nicäa (327), Z K G 90[1979] 39) schränkt die Bedeutung der Versammlung auf „eine Synode zur Ausbesserung des nicänischen Friedenswerkes ein", da sie die Exkommunikation des Arius nicht aufgehoben habe. Colm Luibheid (The alleged Second Session of the Council of Nicaea, J E H 34[1983] 173f) ersetzt die Rede von einer zweiten Session durch die Vorstellung einer oder mehrerer „Treffen" (meetings). - Annik Martin (Athanase et les Melitiens, in: Politique et theologie chez Athanase d'Alexandrie, hrsg. von Charles Kannengiesser, T h H 27, Paris 1974, 37 Anm. 13) dagegen ist der Meinung, daß eine zweite Sitzung des Konzils von Nizäa von niemandem mehr angenommen werde. - Die Basis der These bildet die Kombination der Aussage des Athanasius (Apologia secunda 59,3: 129,15-18 Athanasius Werke I I / l ) , daß „auf der Synode von Nizäa" die Melitianer wieder aufgenommen wurden (was 5 Monate vor dem Tod Alexanders von Alexandrien [17. April 328] geschehen sei [ = November 327]) mit dem Bericht Eusebs von Caesarea (VC 111,23: 94,10-17 Winkelmann, GCS, Berlin 1975), daß Konstantin durch ein zweites Zusammenrufen der Ägypter deren Streit befriedete und „die Lehrsätze der Synode durch Bestätigung besiegelte". Ferner ist hier der sogenannte „Reuebrief" Eusebs von Nikomedien und des Theognis von Nizäa (Urk. 31: 65,166,3 Opitz, Athanasius Werke I I I / l ) unterzubringen.

252

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

entsprechen folgende weitere Gründe, die den Terminus post quem auf Frühjahr 327 festlegen. Der Terminus post quem ist der Tod des Paulinus von Tyrus. Denn dieser ist zur Zeit der Abfassung des Briefes des Asterius schon gestorben. Dies ergibt sich daraus, daß Euseb zweifach darauf eingeht, daß Markeil auch Tote angreife, wobei er Paulinus ausdrücklich als „wahrhaftig dreimalselig" bezeichnet.10 Der Nachdruck, mit dem Euseb die Seligkeit des Paulinus hervorhebt, kann nur daher rühren, daß Markell die Aussage des Asterius in seinem Brief, nämlich: Euseb von Nikomedien habe seinen Brief 11 nicht an die Kirche oder an Unwissende, sondern an den „seligen Paulinus" gerichtet, polemisch aufgriff mit der Interpretation, Asterius nenne Paulinus wohl nur deswegen selig, weil er derselben Meinung sei wie Asterius selber.12 Da sich Euseb auf diese Polemik mit Betonung der Seligkeit des verstorbenen Paulinus bezieht, muß auch schon Asterius des Attribut „μακάριος" dem Verstorbenen beigelegt haben. Das Datum des Todes des Paulinus kann durch die zeitliche Bestimmung der Absetzung des Eustathius von Antiochien errechnet werden, da Paulinus nach Philostorgius nach sechsmonatigem Episkopat in Antiochien starb13 und er der unmittelbare Nachfolger des Eustathius in Antiochien war. 14 Das Datum der antiochenischen Synode, 15 die Eustathius beseitigte, wurde von Schwartz nahe an Nizäa herangerückt und von Henry Chadwick (siehe unten) durch die Kombination des Falles des Eustathius mit demjenigen des Asklepas von Gaza genau datiert. Schwartz 16 schrieb im Gefolge der Ballerini 25 Kanones, die in der Uberlieferung mit der Kirchweihsynode (341) in Verbindung gebracht wurden aufgrund der weitgehenden Übereinstimmung der 10 11 12 13 14

15

16

C M 1,1,2: 1,23-2,6; C M I,4,2f: 18,1-8; vgl. oben 243 mit Anm. 253. Urk. 8 Opitz, Athanasius Werke III/l. Frg 18(87,77): 204,3-5; vgl. Frg 21(39,32): 191,25. Kirchengeschichte 111,15: 45,3.10f Bidez/Winkelmann, G C S 52. Letzteres ergibt sich aus der Kombination der Angaben der Kirchenhistoriker: nach Philostorgius (a.a.O.) folgte auf Paulinus Eulalius. Wenn nun nach Theodoret Eulalius auf Eustathius folgt (Kirchengeschichte 1,22,1: 72,4f Parmentier/Scheidweiler, G C S 19), dann kann Paulinus nur zwischen diesen beiden Bischof gewesen sein, da als Vorgänger des Eustathius eindeutig Philogonius bezeugt ist (er unterschrieb den Tomos Alexanders, Urk. 15,5: 3 1 , 9 - 1 2 Opitz, Athanasius Werke III/l, und starb am 20. Dezember 324; vgl. Schwanz, Zur Geschichte des Athanasius VI, 268 = Ges. Sehr. Bd III, 131) und als Nachfolger des Eulalius Euphronius und Flakill (Theodoret, Kirchengeschichte 1,22,1: 72,7-10 Parmentier/Scheidweiler; vgl. Athanasius, Apologia secunda 81,1: 161,6 Opitz, Athanasius Werke II/l). Vgl. ferner zur Nachfolge des Eustathius in Antiochien Ferdinand Cavallera, Le Schisme d'Antioche (IVe - Ve siecle), Paris 1905, 66-70 und 325.327. Socrates, Kirchengeschichte I, 24,1-9: 1 3 3 - 1 3 6 Bd. I Hussey; Sozomenus, Kirchengeschichte 11,19,1-7: 74,25-76,10 Bidez/Hansen; Theodoret, Kirchengeschichte 1,21,35: 70,12-72,3 Parmentier/Scheidweiler. Zur Geschichte des Athanasius VI, 281 Anm. 1 = Ges. Sehr. Bd. III, 145 A n m . 1; Zur Geschichte des Athanasius VII,354-366 = Ges. Sehr. Bd. III, 1 7 0 - 1 7 7 und Zur Geschichte des Athanasius VIII, 389-397 = Ges. Sehr. Bd. III, 216-226.

III. Textkritik, Übersetzung und Kommentar: Frgg 1-2

253

Subskriptionen mit denen von Nizäa und Antiochien 324/5 derjenigen antiochenischen Synode zu, der Konstantin Euphronius oder Georg von Arethusa zur Wahl vorschlug.17 Die Synode, die Eustathius absetzte, muß noch um die Dauer der Episkopate des Paulinus und des Eulalius, der ebenfalls nur sehr kurz amtierte18 früher stattgefunden haben. Chadwick 19 verknüpft das Schicksal des Eustathius mit dem des Asklepas von Gaza. Von Asklepas, der vom westlichen Konzil von Serdika zum zweiten Male in die Kirchengemeinschaft wiederaufgenommen wurde, bezeugen die Orientalen in ihrem Synodalbrief, daß er vor siebzehn Jahren von der Ehre des Bischofsamtes entbunden worden sei20 also im Herbst 326, wenn die Synode von Serdika im Herbst 342 stattfand.21 Der Brief der Okzidentalen 22 bestätigt die Absetzung auf einer antiochenischen Synode unter der Anwesenheit Eusebs von Caesarea, verschweigt aber die Mitverurteilung des Eustathius, was nach Schwartz23 damit zu erklären sei, daß man damals noch nicht gegen ein von Konstantin gebilligtes Urteil zu protestieren wagte. Ergebnis: Aufgrund der Datierung der Absetzung des Eustathius Herbst 32624 ergibt sich als Todesdatum des Paulinus Frühjahr (oder Sommer) 327, das zugleich Terminus post quem des Briefes25 des Asterius ist. Wie aus der Handlungsweise des Asterius hervorgeht, 2 6 stellte der Brief Eusebs v o n N i k o m e d i e n ein Haupthindernis für seine Rehabilitation dar. S o w o h l Asterius und Markeil setzen die Kenntnis des Briefes bei Konstantin voraus. Seine Bedeutung wird leicht verständlich, w e n n man in ihm das „γράμμα" 2 7 sieht, das nach dem Bericht des Eustathius v o n Antiochien 2 8 auf dem Konzil v o n N i z ä a öffentlich verlesen wurde und seinem Verfasser ,Euseb' „heillose Schande" ein17 18 19

20 21

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23 24

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26 27

28

V C 111,62,2: 116,24-28 Winkelmann. Theodoret, Kirchengeschichte 1,22,1: 72,5f Parmentier/Scheidweiler. The Fall of Eustathius of Antioch, JThS 49(1948)27-35 = History and Thought of the Early Church, London 1982, N r . XIII. Hilarius, Collectanea Antiariana Parisina. Series A,IV,1,11: 56,19f Feder. Zum Datum von Serdika vgl. die Erörterung bei Brennecke, Hilarius von Poitiers, 25-29. Collectanea Antiariana Parisina Series Β 11,1,6: 118,2-5 Feder = Athanasius, Apologia secunda 45,2: 122,3-5 Opitz, Athanasius Werke \ V \ . Zur Geschichte des Athanasius VII, 357 = Ges. Sehr. Bd. III, 173. Hanson (The Fate of Eustathius of Antioch, Ζ KG 95[1984]171-179) datiert die Deposition auf 328 oder 329. Bardy datiert den Brief auf 331-335 (Asterius le Sophiste, 228; Recherches, 323f), da die Absetzung des Eustathius nicht vor 331 erfolgt sei (La politique religieuse de Constantin apres le concile de Nicee, RevSR 8[1928] 528-33; Sur Paulin de Tyr, RevSR 2[1922] 39). Vgl. Frgg 2(34,32), 9(35,30) und 18(87,77). So George Christopher Stead (.Eusebius' and the Council of Nicaea, JThS.NS 24[1973]92-100). Die vorangegangene Forschung zur Deutung des Eustathiusberichtes siehe a.a.O. 93f; vgl. zu „γράμμα" Frg 18(87,77): 204,4. Theodoret, Kirchengeschichte I,8,lf: 34,3-7 Parmentier/Scheidweiler.

254

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

brachte. Der Bezug des Asterius auf diesen Brief wird allerdings erst in Markell-Frg 2 deutlich, in dem Markell Asterius-Fragment X V I I I Bardy zitiert. In Frg 1 eröffnet Markell zunächst die Auseinandersetzung mit Asterius durch das Zitat einer kurzen trinitarischen Relatio regulae fidei des Asterius und der Beteuerung des Asterius, diese Theologie aus den göttlichen Schriften gelernt zu haben. 29 Markell reduziert diese schon knappe Glaubensformel noch einmal auf den Glauben in Vater, Sohn und Heiligen Geist, den er als gemeinsame Basis „von uns allen" 30 bezeichnet. Doch sofort hebt er diese Gemeinsamkeit wieder auf, indem er beginnt, die Unterschiede in der Explikation des Vater- und des Sohnbegriffes zwischen ihm und seinen Gegnern, den Häretikern, aufzuzeigen. An der Relatio regulae fidei des Asterius: „zu glauben, an VaterGott-Allherrscher und an seinen Sohn, den eingeborenen Gott, unsern Herrn Jesus Christus, und an den Heiligen Geist" fällt der Mangel des Zahlwortes (ενα, ενα, [εν]) in jedem der drei Artikel auf, ein Merkmal, das sonst zumindest in den ersten beiden Artikeln in kaum einem östlichen oder origenistischen Symbol fehlt. 31 Das deutet darauf hin, daß schon Asterius diese Regula in der Absicht formulierte, einen „kleinen gemeinsamen theologischen Nenner" zu finden,32 an den dann Markell zunächst auch folgerichtig zustimmend anknüpft. 33 Doch die Bestimmungen „πατέρα θεόν παντοκράτορα"34 und „τον μονογενή θεόν" führen vor Augen, daß sich selbst in diesen wenigen Worten schon zwei verschiedene Theologien gegenüberstehen. Während zum einen für Markell der „Allherrscher" nicht nur der Vater ist, sondern der eine Gott, der Vater, Sohn bzw. Logos 3 5 und Geist 36 umschließt, wendet 29 30

1 97,10-14 Klostermann = Frg X X a und b Bardy. 197,14-16.

31

Vgl. Caspari, Ungedruckte, unbeachtete und wenig beachtete Quellen, Bd. III, 50 Anm. 88 und 143-5.

32

Ferdinand Kattenbusch (Das Apostolische Symbol. Seine Entstehung, sein geschichtlicher Sinn, seine ursprüngliche Stellung im Kultus und in der Theologie der Kirche. Ein Beitrag zur Symbolik und Dogmengeschichte. Bd. II: Verbreitung und Bedeutung des Taufsymbols, Leipzig 1900 [Hildesheim 1962] 265; vgl. 2 6 1 - 5 ) hält das Bekenntnis im Stile der älteren Symbolforschung für das kappadokische Regionalsymbol, wofür es keinen Anhaltspunkt gibt. Von hier aus wird es nachvollziehbar, daß Frederik C . Conybeare (The authorship of the „Contra Marceilum", Z N W 4[1903] 3 3 1 - 4 ) die Regula für Markells Eigentum hielt. Meine Übersetzung „Vater-Gott-Allherrscher" läßt offen, ob eher „Gott-Allherrscher" auf Vater oder eher Allherrscher auf „Vater-Gott" zu prädizieren ist; denn es ist nicht zu entscheiden. Epistula ad Iulium: 214,28f u. 215,19.25-27; Frgg 68(51,46) 110(60,54). Epistula ad Liberium § 9-11: 152,28-34 Tetz (Markell III). Vgl. a.a.O. 178-180.

33

34

35 36

III. Textkritik, Übersetzung und Kommentar: Frgg 1-2

255

er sich zum anderen aus derselben Gottesvorstellung heraus gegen die Rede von einem „eingeborenen Gott", 37 da er durch sie einer ZweiGötter-Lehre Vorschub geleistet sieht. Dies wird durch De sancta Ecclesia §10 belegt.38 Hier leitet Markell die asterianische Vorstellung vom „δεύτερος θεός" von „Hermes Trismegistos" her und erklärt ihn zum Urheber des Gebrauches von ,,ό μονογενής θεός" durch den Sophisten, obwohl doch der göttliche Johannes „υιός μονογενής" gesagt habe. Euseb von Caesarea deutet mit der Nebeneinanderstellung beider Lesarten an,39 daß Markell auch in der vorliegenden Schrift40 die Wendung „eingeborener Gott" diskutierte. Indem Markell diese Sohnesbezeichnung - ob aus seiner Sicht mit philologischer Berechtigung oder nicht - ablehnt, steht er nicht nur gegen die Arianer und Kollukianisten,41 sondern auch diejenigen unter den Origenisten, die ihm theologisch am nächsten sind (Alexander,42 Athanasius43 und Gregor von Nyssa 44 ). Im Anschluß an die Rückführung dieser Relatio regulae fidei des Asterius auf den gemeinsamen Glauben an Vater, Sohn und Heiligen Geist, läßt Markell sofort erkennen, daß alles darauf ankomme, wie der Vater- und der Sohnbegriff gefaßt werden: „Wenn er (seil. Asterius) aber unter Verfehlung der göttlichen Macht45 aufgrund einer gewis37

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Vgl. die sog. zweite antiochenische Formel von 341 (Athanasius, De synodis 23,3: 249,13.15, Athanasius Werke II/l). In den Frgg 10(3,3) bis 16(7,7) wird Markell die Auseinandersetzung um die Titel „μονογενής" und „πρωτότοκος" führen. Ferner werden die Frgg 66(36,31) und 113(96,85) Aufschluß über das Verständnis des Asterius vom Sohne als dem „Einzigen" geben. Zeilen 50-58 Mercati, StT 5(1901). Schon Bardy (Asterius le Sophiste, 233 mit Anm. 6) bezog sich auf diese Stelle in De sancta Ecclesia, ohne jedoch Markell als Verfasser zu vermuten. ET 1,9,5: 68,3f (vgl. ET 11,14,21: 118,4-10); dies wurde schon von Marcel Richard (Un opuscule meconnu, 17 Anm. 1) beobachtet. Zur These von Martin Tetz, Markell habe den Titel „μονογενής" aus der vorliegenden Relatio regulae fidei des Asterius entnommen und ihn - freilich in eigener Deutung seinem Bekennntnis innerhalb der Epistula ad Iulium eingefügt, vgl. oben 135f. Arius (Urk. 1,4: 3,2 Athanasius Werke III/2) in der Lesart von Pierre Nautin , Deux interpolations orthodoxes dans une lettre d'Arius, AnBoll 67[1949] 136 Anm. 1); Eunomius (Expositio fidei 3 [Zeilenl.24-27 Vaggione, O E C T , Oxford 1987] und Apologie 15 [Zeile 13 Vaggione = 264,17 Sesboüe, SC 305, Paris 1983] und 21 [Zeile 15f Vaggione = 278,19 Sesboüe] und 26 [Zeile 8 Vaggione = 288,lOf Sesboüe]); Homilie II,§ 1: Zeilen 24.25 Liebaert, Deux homelies Anomeennes pour l'Octave de Paques, SC 146, Paris 1969. Urk. 14,19: 22,24 Athanasius Werke I I I / l . Contra Gentes 41: 188,13 Camelot, SC 18bis, Paris 1977. Die Stellen sind gesammelt bei Karl Holl, Amphilochius von Ikonium, 212f; anders jedoch merkwürdigerweise Gregor von Nazianz, Vierte theologische Rede, Kap. 20: 21 Of Barbel, Test. Bd. III, Düsseldorf 1963. Vgl. hierzu unten 287f. zum Origeneszitat in Frg 21(39,32): 191, 19ff.

256

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

sen Technik46 der Betrachtung den Vater allzu menschlich wie bei uns Vater nennt und den Sohn Sohn, ist solche Theorie nicht mehr ohne Gefahr 47 zu loben." Damit äußert Markell einen seiner wesentlichen Vorwürfe an die Gegner, den er (sogar mit Worten des Origenes) in Frg 21(39,32), dann in den Frgg 66(36,31) und 85(63,57), ferner mit ähnlichen Worten wie hier in Frg 121(40,33): „ . . . δεύτερον θεόν λέγων (seil. Paulinus) τον Χριστόν και τούτον άνθρωπικώτερον γεγενήσθαι θεόν, . . . " 48 und schließlich abgewandelt in den Frgg 126-128(100102,89-91) vorbringt, nämlich den Vorwurf einer anthropomorphen Auffassung des göttlichen Vater-Sohn-Verhältnisses. Daß sich Asterius gerade gegen diesen Vorwurf gefeit betrachtete, zeigt Frg 2, in dem er durch den Bezug der γένεσις des Sohnes auf den Willen des Vaters alles Anthropomorphe aus der Vorstellung der göttlichen Zeugung fernzuhalten versucht und eine solche mit πάθη verbundene Hervorbringung als gnostisch und häretisch bezeichnet (προβολαί). Wie wichtig dieser Punkt den Kollukianisten ist, wird daran deutlich, daß Asterius in ihm das Hauptstück des Briefes Eusebs von Nikomedien an Paulinus von Tyrus sieht49 und daß Paulinus mit diesem Gedanken (in Worten des Origenes) seinen Brief „krönte". 50 Euseb von Caesarea hat Frg 2 und Frg 19(37,32)51 so aus der Schrift Markells herausgeschnitten, daß der Eindruck entsteht, Markell habe die Ablehnung von Leiden, Veränderung, Zertrennung und Körperlichkeit Gottes als unbiblisch erklärt.52 Auch für Markell steht das Apathieaxiom fest. Seine Konzeptionen vom Hervorgang des Logos in tätiger Wirksamkeit bei gleichzeitigem vollen Integriertsein in das eine Wesen Gottes, von der Ausdehnung („Verbreiterung") Gottes bei Wahrung seiner unzertrennten Einheit und von der Abbildbarkeit Gottes im menschlichen Fleisch sollen in seiner Intention die unveränderliche und von allem Menschlichen bleibend unterschiedene Gottheit wahren. 53 Euseb von Caesarea jedoch und nach ihm fast alle Kritiker Markells beurteilten dies genau umgekehrt. 54 Beide Parteien 46

47 48 49

Eine Formulierung, mit der Markell die gegnerische theologische Methode gern bezeichnet: Vgl. Frg 95(55,50): 195,2f; Frg 17(86,76): 203,25f; Frg 9(35,30): 190,27 und De saneta Ecclesia § 8: Zeile 45 Mercati. Zur Formulierung vgl. Frg 21(39,32): 191,26. 191,3 Of. Vgl. insbesondere Urk. 8,3.5.7f: 16,1-5.12-15 u. 17,1-7 Opitz, Athanasius Werke

III/l. 50 51 52

53 54

Frg 19(37,32); vgl. Urk. 9,1: 17,1-18,3 Opitz. Vgl. 190,2 (mit der „Ankündigung" ist die Bibelbezogenheit gemeint) und 191,lf. Diese Ablehnung ist opinio communis, nicht jedoch die Gottesvorstellung, die sie zum Zuge bringen soll. Siehe dazu unten 333f. 336-342.464-469. ET II,6,2f: 103,15-25; ET II,9,2f: 108,21 - 109,2 passim.

III. Textkritik, Übersetzung und Kommentar: Frgg 1-2

257

betrachteten daher jeweils beim Gegner diejenigen Argumente, mit denen dieser den Anthropomorphismus überwinden will (Kollukianisten: das Werden55 des Sohnes aus dem Willen des Vaters; Markell: die Einheit und Unzertrenntheit Gottes trotz schöpferischem, soteriologischem und heiligender „Ausdehnung") als anthropomorphistisch. Euseb läßt Markell gerade noch die Worte: „Denn er sagte, man müsse einerseits glauben, daß der Vater wahrhaftig Vater sei und der Sohn wahrhaftig Sohn und der Heilige Geist ebenso . . . " (mit denen Markell die Beweisführung für die Behauptung antritt, Asterius denke sich das Vatersein und Sohnsein Gottes „allzu menschlich wie bei uns") aussprechen, um dann das Zitat abzubrechen. Im Bekenntnis Eusebs von Caesarea in Nizäa drückt das dreimalige „wahrhaftig", mit dem Vater, Sohn und Geist in ihrer „Eigentlichkeit" beschrieben werden sollen, ihre Selbständigkeit und Einzelexistenz aus,56 in der bekannten Schlußwendung der zweiten antiochenischen Formel zusätzlich ihre Rangordnung. Euseb nimmt in CM 1,1,14 das zweimalige „wahrhaftig" bei Vater und Sohn noch einmal auf, wobei er hier mit Joh 5,26 die Gabe des Lebens vom Vater an den Sohn als das Wesentliche beider hervorhebt. 58 Dies sind Bestimmungen des „wahrhaftig", die der in Frg 2 von Asterius als das Hauptstück des Briefes Eusebs von Nikomedien bezeichneten γένεσις des Sohnes aus dem Willen des Vaters entsprechen. 59 Aus den vorangegangenen Aussagen Markells, daß nämlich Asterius die göttliche Macht verfehle und Vater 55 56

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1 90,18 u. 191,9. Urk. 22,5: 43,15-18 Opitz, Athanasius Werke I I I / l , vgl. die Synopsen der (hauptsächlich) kollukianistischen Texte bei Loofs, Das Bekenntnis Lucians, 597599; Bardy, Asterius le Sophiste, 268f; ders., Recherches, 125-127 und Rudolf Lorenz, Arius judaizans?, 193-195. Athanasius, De synodis 23,6: 249,29-33 Opitz, Athanasius Werke ΙΙ/1(„τάξιν κα'ι δόξαν"); vgl. Euseb von Caesarea, Urk. 3,1: 4,9 Opitz, Athanasius Werke III/l: „τάξει και τίμη". 4,6-12. Euseb gebraucht in C M und ET sehr häufig die adverbielle Bestimmung „wahrhaftig" beim Sohn: C M 1,1,17: 5,2; C M 11,4,21: 56, 20f; ET 1,8,2: 66,19f; ET 1,17,9: 78,25-9; ET I, 20,30: 86, 8f; passim. Euseb von Nikomedien bezeichnet in Urk. 8,1 (16,2-4 Opitz, Athanasius Werke I I I / l ) das, was nicht aus dem Wesen des Ungezeugten und ohne Teilhabe an seiner Natur geworden/gezeugt („γεγονός") ist, als „αληθώς" geworden/gezeugt. Nach Arius zeugt Gott nur dann „αλήθεια" und nicht ,,δοκήσει", wenn der Sohn durch den eigenen Willen (,,Ιδίω θελήματι") Gottes zur Existenz kommt (Urk. 6,2: 12,8f Opitz); vgl. Urk. 6,3: 13,4 und Urk. 1,4: 3,lf Opitz. In der D E lehrt sogar Euseb von Caesarea die Bildung des Sohnes aus dem Willen des Vaters (IV,2,7: 153,14-16 Heikel, GCS 23, 1913; IV,2,13: 154,17-21; vgl. IV,1,6-8: 151,13-29). Die Synodalen von Antiochien 324/25 zeigen eine andere Form des Origenismus, indem sie den Sohn „eigentlich und wahrhaftig" als Sohn gezeugt verstehen, wenn er nicht durch den Willen oder durch Adoption gezeugt oder geworden und nicht das Bild des väterlichen Willens, sondern der väterlichen Hypostase ist (Urk.

258

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

und Sohn „allzu menschlich wie bei uns" Vater und Sohn nenne, ist eindeutig, daß Markell solche (oder zusätzlich noch andere, uns unbekannte) Definitionen des „wahrhaftigen" Vater-, Sohn- und Geistseins für falsch hält. Daß er aber den Sohnesbegriff überhaupt über Bord werfe, wie uns Euseb gleich im Anschluß an Frg 1 einreden will, kann damit in keiner Weise begründet werden. Im Gegenteil belegt Frg 1, daß Markell die „Größen" Vater, Sohn und Geist festhalten will. Denn hier an exponierter Stelle seiner Schrift akzeptiert er die „trinitarische" Relatio regulae fidei und bekennt sich zum gemeinsamen Glauben an Vater, Sohn und Heiligen Geist. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, daß Markell diesen Glauben hier nur im „ökonomischen Sinne"60 bekenne. Schließlich - und dies ist für das klassische Thema „Sohn" bei Markell noch wichtiger - sieht Markell in Frg 1 den schriftgemäßen Sohnesbegriff gerade dann in Gefahr, wenn er „allzu menschlich wie bei uns" gefaßt wird. Markell geht es also um eine Bestimmung des Sohnesbegriffes, die dadurch charakterisiert ist, daß dessen Verhältnis zum Vater frei von der Vorstellung eines menschlichen Vater-SohnVerhältnisses ist.bX Frgg 3-8: Die „neue und junge Ökonomie" nach dem Fleisch und die Hineinführung des Volkes in das „Große Jerusalem" als Kriterium für die Unterscheidung der christologischen Titel Frg 3 (43,37) Z u m Text: 192,18: vgl. die Anm. v o n Klostermann/Hansen 261 z u θεοΰ, deren Folgerung, Eusebs Exemplar des Markell-Textes sei fehlerhaft gewesen, aber nicht stichhaltig ist.

Ubersetzung: „ . . . so daß in jeder Beziehung offensichtlich ist, daß kein anderer Name zur Ewigkeit des Logos paßt als dieser, den der heiligste Jünger Gottes und Apostel Johannes zu Beginn des Evangeliums nannte. Denn da er ja nach der Annahme des Fleisches als Christus und Jesus verkündigt wird, als ,Leben' und ,Weg', ,Tag', ,Auferstehung', ,Tür' und ,Brot' und was sonst anderes er von den heiligen Schriften genannt wurde, ist es in Entsprechung dazu für uns nicht angemessen, zu verkennen, daß der erste Name ,Logos' war. Denn deswegen sagte der heiligste Evangelist und Jünger des Herrn, gewal-

60 61

18,1 Of: 39,3-5.9-10 Opitz); vgl. hierzu Luise Abramowski, Die Synode von Antiochien 324/25 und ihr Symbol, ZKG 86(1975) 356-66. Gericke, Marcell von Ancyra,128f. Das hat schon Montagu (Annot. ad 19 Β 10 = Gaisford 391 = Nolte, 753 D) angedeutet; Rettberg (Marcelliana, 52) ohne Beleg am Text: „ . . . αληθώς υίόν θεοϋ hominem ilium esse, quem ό Λόγος induerit . . . "

III. Textkritik, Übersetzung und Kommentar: Frgg 3-8

259

tig durch den Geist erweckt, indem er an den ursprünglichen Anfang und nichts Neueres 6 2 dachte: ,1m Anfang war der Logos, und der Logos war bei Gott, und Gott war der Logos', damit er zeige, daß, wann immer ein neuer oder jüngerer N a m e (genannt wurde), dieser ihm seit der neuen und jungen Ökonomie nach dem Fleische angehört . . . " 192,24-25: J o h 1,1 Frg 4 (1,1) Z u m Text: 185,18: οϋπω Rettberg 6, Klostermann / ουχω V, Montagu 10 D 3, Gaisford 21. 185,20: νομίζοι Rettberg 6, Gaisford 21 / νομίζει V. 185,21: θαυμαστά Klostermann / θαύματα V, Rettberg 6, Gaisford 21. 185,22f: αλλά τω μικρόν ύστερον τον έαυτοΰ λαόν ε'ις την μεγάλην ταύτην 'Ιερουσαλήμ είσαγαγεΐν μέλλειν Rettberg 6, Gaisford 21; μέλλοντι Rettberg 6 / αλλά τό μικρόν ύστερον τον έαυτοϋ λαόν εις την μεγάλην ταύτην 'Ιερουσαλήμ είσαγαγεΐν μέλλων Montagu 11 Α 8, μ έ λ λ ο ν V.

Ubersetzung: „ . . . daß kein Name derer, die auf Erden genannt wurden, größer als (der Name) Jesu geworden ist, bezeugt einmal das Evangelium an der Stelle, an der der Engel zu Maria sagte: ,Fürchte dich nicht, denn du fandest Gnade von Gott her. Und siehe, du wirst im Leib empfangen und wirst einen Sohn gebären und wirst seinen Namen Jesus nennen. Dieser wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden.' Zum anderen ist es auch offenbar aus der Prophetie des Sacharja, die einst über diesen Namen Weissagte: ,Der Herr', sagt er nämlich,,zeigte mir Jesus (Josua) den Hohepriester („Großen" Priester), wie er vor dem Angesicht des Engels des Herrn stand, und der Teufel stand zu seiner Rechten, um sich ihm zu widersetzen. Und der Herr sprach zu dem Teufel: Es fahre der Herr, der Jerusalem erwählte, dich an.' Wann nämlich fuhr er ihn an? Als er den von ihm geliebten Menschen mit seinem eigenen Logos verband.,Der Jerusalem erwählte', sagt er, offenbar dieses - das unsrige -, über das der Apostel sagt:,Unser Jerusalem aber ist oben; denn dieses dient mit seinen Kindern.' Denn zu der Zeit, als er in dem „Großen Jerusalem" selbst, d. h. in unserer Kirche, gewesen ist, fuhr er den Teufel an und sagte nach der Prophetie: ,Gehe weg von mir, Satan, denn du bist mir ein Ärgernis.' Dieser ist demnach der Hohepriester („Große" Priester), dessen Typos der damalige Jesus (Josua) bewahrte. Denn es wäre unmöglich gewesen, daß jener Hohepriester („Großer" Priester) genannt worden wäre, obwohl er in allem ruhmreich gewesen ist, da ja (nicht einmal) Mose „groß" genannt wurde. Mose war nämlich auf solche Weise groß, daß er sowohl „Diener Gottes" als auch „Gott des Pharao" von Gott 62

νεώτερος ist dreiendig; vgl. Frg 11(8,8): 186,26.

260

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

selbst genannt wurde. Wenn aber jemand glaubt, daß Jesus (Josua) deswegen „groß" genannt worden ist, weil er gewürdigt wurde, das Volk in das heilige Land hineinzuführen, und er viele andere Wundertaten vollbrachte, erkenne er auch hierdurch, daß dem typischen Geschehen nicht so sehr die von Jesus (Josua) ausgesagte Größe entspricht, sondern die ein wenig später kommende Hineinführung seines eigenen Volkes in dieses „Große Jerusalem" . . . " 185,2-4: Lk 1,30-32 185,6-9: Sach 3,1-2 185,10: grBar 3,37 185,10-11: Sach 3,1+2 185,12-13: Gal 4,25+26 185,14-15: Mt 16,23; vgl. Mk 8,33 185,18: Ex 14,31; Ex 7,1 185,20: Dtn 31,23 Frg 5 (48,42) Zum Text: 193, 25: Montagu (Annot. ad 35 C 1 = Gaisford 396 = Nolte, 783 D) hält das Asteriusfragment XXVI Bardy für Worte Markells, was Rettberg 37 korrigiert. Ob es sich um ein wörtliches Zitat handelt, muß offen bleiben. 193,25: και2 Klostermann / +το V 35,4; 79,19; 111,14, Rettberg 37. 193,26: ή ό λόγος V 35,5, Montagu 35 C 1, Gaisford 3 / ήν ό λόγος V 111,15 (erste Hand) / ήν ή λόγος V 89,17; 111,15 (zweite Hand), Rettberg 37, Klostermann / ή λόγος V 79,20.

Ubersetzung: „ . . . also war er vor der Herabkunft und der Geburt durch die Jungfrau nur Logos. Denn was anderes war vor der Annahme des menschlichen Fleisches das ,zu den letzten Tagen' Herabkommende, wie er auch selbst geschrieben hat, und das aus der Jungfrau Geborene? Nichts anderes als der Logos . . . " 193,25: Hebr 1,2 Frg 6 (53,48) Zum Text: 194,18: προσώπων V, alle übrigen / τρόπων Rettberg 40. Gericke 208 übersetzt nach Rettberg, was Scheidweiler 208 moniert, ohne die Herkunft der Ubersetzung zu kennen.

Übersetzung: „ . . . du hörst also, wie die Ubereinstimmung des Geistes durch viele verschiedene Personen von der Ewigkeit des Logos Zeugnis ablegt. Und deswegen beginnt er mit der Ewigkeit des Logos, indem er sagt: ,1m Anfang war der Logos, und der Logos war bei Gott, und Gott war der Logos'. Drei aufeinanderfolgende Zeugnisse

III. Textkritik, Übersetzung und Kommentar: Frgg 3-8

261

benützend will er die Ewigkeit des Logos aufzeigen . . . " 194,19-20: Joh 1,1 Frg 7 (42,36) Zum Text: 192,8: lies mit V, Montagu 43 A 1 und Gaisford 87 άνθρωπος 2 . 192,10: Ίησοϋ V, alle übrigen / Υίοϋ Rettberg 31. 192,12f: Χρίστου Ίησοϋ V 44,2 (Montagu 43 A 8, Gaisford 87) und Χρίστου υίοϋ V 79,32 (Montagu 82 A 2, Gaisford 158) sind handschriflich bezeugt. Rettberg 31und Zahn 112, Anm. 1 lesen Χριστοϋ ή Υίοϋ (υίοϋ), Klostermann Χρίστου < ή > Ίησοϋ. Die Entscheidung Klostermanns ist richtig, da (1) an den analogen Stellen Zeile 10 und Frg 3(43,37): 192,20 ebenfalls die Titel „Christus" und „Jesus" nebeneinanderstehen und da (2) Euseb in CM 11,3,2: 44,12-14 Frg 7 explizit so kommentiert, daß Markeil den Jesus- und den Christusnamen nicht dem Logos beilegen wolle! 192,13: μόνου V, alle übrigen / μεν Rettberg 31.

Ubersetzung: „ . . . denn zum einen ,war der Logos im Anfang', nichts anderes seiend als Logos. Der mit dem Logos geeinte Mensch zum anderen, vorher nicht seiend, wurde als Mensch, wie uns Johannes lehrt: ,Und das Wort ward Fleisch.' Deswegen also scheint er nur den Logos zu erwähnen. Denn wenn die göttliche Schrift den Namen Jesu oder Christi erwähnt, scheint sie den mit dem menschlichen Fleisch zusammenseienden Logos Gottes zu benennen. Falls aber jemand öffentlich erklären63 wollte, daß auch vor dem neuen Bund der Name Jesu oder Christi auf den Logos allein hinweisen könne, wird er dies prophetisch gesagt finden, wie es auch aus dieser Stelle deutlich ist. Denn sie (seil, die Schrift) sagt: ,Die Könige der Erde und die Herrschenden versammelten sich an einem Ort gegen den Herrn und gegen seinen Christus . . . " 192,7: Joh 1,1 192,9: Joh 1,14 192,14-16: Ps 2,2 Frg 8 (49,44) Zum Text: 193,27: καθόδου V 44,8 / +τοϋτο ήν V; 80, 2 Klostermann. 193,27f: δπερ και πολλάκις εΐρηκα, λόγος μόνος ήν: Montagu, Annot. ad 43 Β 5 (= Gaisford 397 = Nolte, 798 D) / οπερ και πολλάκις εφην, λόγος ονομάζεται: Rettberg 37. 193,28f: και των V, alle übrigen / καινών Scheidweiler 203, von Hansen 261 korrigiert.

63

έπαγγέλοιτο: terminus technicus für sophistische Lehre, vgl. Liddell/Scott, s. v. Nr. 5.

262

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

Übersetzung: „ . . . mit Recht also vor der Herabkunft, wie wir oft gesagt haben, Logos. Nach der Herabkunft und der Annahme des Fleisches hat er verschiedene Bezeichnungen erhalten, da ,der Logos' ja ,Fleisch geworden ist' . . . " 193,29: Joh 1,14 Kommentar zu den Frgg 3-8: Die vorliegenden Ausführungen über christologische Namen und Hoheitstitel, die Markeil auch noch in den folgenden Frgg 10-16 (Unterscheidung von „μονογενής" und „πρωτότοκος") fortsetzt, sind sowohl durch die Relatio regulae fidei des Asterius aus Frg 1 veranlaßt (vgl. die Wendungen „μονογενή θεόν", „κύριον . . . Ίησοϋν Χριστόν") als auch ganz besonders durch die Formel „αληθώς πατήρ - αληθώς υιός - αληθώς αγιον πνεϋμα" und weiteren Erörterungen des Asterius in seinem Brief, die uns Euseb wiederum nicht mitteilt, deren Existenz aber erschlossen werden kann. In der zweiten antiochenischen Formel wird der Sohn nämlich mit folgenden Prädikaten belegt: „ . . . κύριον από κυρίου, λόγον ζώντα, σοφίαν ζώσαν, φώς άληθινόν, όδόν, άλήθειαν, άνάστασιν, ποιμένα, θύραν . . . " 64 Ferner zeigt die Kirchweihformel, daß ihre Verfasser das eigentliche Wesen von Vater, Sohn und Geist aus der Bedeutung ihrer Namen gewinnen wollten, wobei sie an den Taufbefehl Mt 28,19 (vgl. . . . είς τό δυο/χα τοϋ πατρός κτλ.) anknüpften und erklärten, daß die Namen nicht απλώς ουδέ άργώς gegeben seien.65 Euseb von Caesarea argumentiert in seinem nizänischen Bekenntnis ebenfalls mit Mt 28,1966 und - was einen Rückschluß auf den Brief des Asterius erlaubt - verwendet zu Beginn von CM im Rahmen seines „Exposes" Mt 28,19 als Schriftbeleg für die der Kirche in „der mystischen Wiedergeburt" geschenkte Gnade der Erkenntnis der heiligen Trias, die identisch sei mit dem von Paulus in Gal l,6f gemeinten Evangelium, und schließt diesen Gedankengang mit den Worten, daß der Vater wahrhaftig Vater sei, nicht nur mit den Lauten so benannt und nicht fälschlich im Besitze dieser Bezeichnung, sondern άληθεία δέ και εργω πατήρ υίοϋ μονογενούς και ό υίός αληθώς υιός.67 Es kann daher davon ausgegangen werden, daß auch Asterius in seinem Brief im Anschluß an die Formel „wahrhaftig Vater-wahrhaftig Sohn-wahrhaftig Heiliger Geist" unter Bezug auf Mt 28,19 die Namen „Vater" und „Sohn" bzw. christologische Titel erörterte oder zumindest erwähnte. 68 64 65 66 67 68

Athanasius, De synodis 23,3: 249,15f Opitz, Athanasius Werke II/l. Athanasius, De synodis 23,5f: 249,27-32 Opitz. Urk. 22,5: 43,15-19 Athanasius Werke III/l. CM 1,1,7-15: 2,27-4,12; insbesondere 3,7-9 und 4,10-13. Euseb liefert ferner in ET 1,20: 80-95 eine „longa ac nugissima diatriben de nominibus Servatoris" (Rettberg, Marcelliana, 33).

III. Textkritik, Übersetzung und Kommentar: Frgg 3-8

263

Zugleich mit der Diskussion der christologischen Namen nimmt Markell nun die Ausarbeitung seiner in Frg 1 gestellten Forderung in Angriff, das göttliche Vater-Sohn-Verhältnis nicht „allzu menschlich wie bei uns" zu denken. 69 Dazu trifft er die Unterscheidung zwischen dem „ersten" Namen des Sohnes, 70 dem Logos-Titel, der allein der Ewigkeit des Sohnes und Logos entspreche und der Fülle weiterer jüngerer oder neuerer Namen, von denen er neben Jesus und Christus mit Leben, Weg, Tag, Auferstehung, Tür und Brot hauptsächlich die johanneischen „Ich-bin-Titel" nennt. Während der Evangelist J o hannes zu Beginn seines Evangeliums mit drei aufeinanderfolgenden Zeugnissen die Ewigkeit des Logos aufzeigte, als er an den „ursprünglichen", d. h. den Schöpfungsanfang dachte, verkündigen die göttlichen Schriften letztere Namen vom Herabgekommenen und Menschgewordenen. Der Logos empfing sie mit der Geburt durch die Jungfrau und der Annahme des menschlichen Fleisches. Sie gehören ihm seit der jungen und neuen Ökonomie nach dem Fleische an, die „zu den letzten Tagen" (Hebr 1,2) begann. Insofern sind es Namen des „mit dem menschlichen Fleisch zusammenseienden Logos Gottes" und nicht allein des angenommenen Fleisches (Euseb von Caesarea)71 oder der menschlichen Natur (Rettberg). 72 Die mit der Unterscheidung der christologischen Namen gegebene Heraushebung der inkarnatorischen Zäsur vertieft Markell in seiner Auslegung von Joh 1,14 in Frg 7 im Interesse seiner Forderung nach Beseitigung von menschlichen Vorstellungen aus dem göttlichen Vater-Sohn-Verhältnis, indem er schreibt: „Der mit dem Logos geeinte Mensch zum anderen, vorher nicht seiend, wurde als Mensch (γέγονεν άνθρωπος) . . . " Die γένεσις des Sohnes aus der βουλή des Vaters, die Asterius am Brief Eusebs von Nikomedien verteidigte, die aber Markell „allzu menschlich wie bei uns" beurteilt, überträgt Markell auf die Inkarnation des Logos, auf das Werden des von Gott geliebten und mit seinem Logos geeinten Menschen und - wie Frg 4 zu erkennen gibt - auf das Werden der Kirche. In diesem Text faßt Markell anhand des Jesus-Namens die trinitarisch-präexistenztheologische Fragestellung von der inkarnatoriscb-ekklesiologischen her, wobei er die βουλή Gottes als dessen Liebes- und Erwählungswillen interpretiert. Der Begriff der „Größe" ist die Klammer, die in Frg 4 beide Fragestellungen zusammenhält. Da sich in ihm Ekklesiogie (und Eschato69

Der Anfang von Frg 3 („ . . . so daß in jeder Beziehung offensichtlich ist, . . . " ) zeigt, daß es mitten in der Erörterung des Themas einsetzt; Frg 6 setzt Schriftzitate ähnlich denen, die Markell in F r g 67(47,41) bietet, voraus.

70

Siehe dazu sogleich unten 2 6 6 - 2 6 9 .

71

C M 11,3,2: 44,12-14.

72

Marcelliana, 5. - Hoheitstitel, die neben dem Menschgewordenen auch der menschlichen Natur zukommen, kennt Markell allerdings auch: siehe unten 515f.

264

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

logie?) und Christologie nach dem Zeugnis der Schrift entsprechen, ist „Jesus" sowohl ein inkarnatorischer Titel als auch das Wollen Gottes und das diesem Wollen folgende Werden auf den von ihm geliebten Menschen und die Kirche gerichtet. Markell geht von der Verkündigung der Geburt Jesu durch den Engel an Maria Lk 1,30-32 und von der Vision des Sacharja (Sach 3,lf) aus, die er als Prophetie versteht. Von den Verkündigungsworten sind ihm die wichtigsten: „ . . . und wirst seinen Namen Jesus nennen. Dieser wird groß sein . . . ". Bei der Sacharja-Prophetie kommt es Markell auf jedes ihrer Momente an: den Namen „Großer Priester"; das Stehen des Teufels zu seiner Rechten, um sich ihm zu widersetzen; die Rede des Herrn zum Teufel: ,Es fahre der Herr, der Jerusalem erwählte, dich an'. Jeder dieser Züge erfüllt sich nämlich, als der Herr „den von ihm geliebten73 Menschen mit seinem eigenen Logos verband". Entsprechend seiner Auffassung von Gott als dem „einen Herrn" 74 deutet Markell die prophetische Rede „des Herrn" über „den Herrn" auf Gott (seil, den „einen Herrn") und seinen Logos: „Wann nämlich fuhr er ihn an? Als er den von ihm geliebten Menschen mit seinem eigenen Logos verband. ,Der Jerusalem erwählte', sagt er, offenbar dieses - das unsrige -, über das der Apostel sagt: ,Unser Jerusalem aber ist oben; denn dieses dient mit seinen Kindern.' Denn zu der Zeit, als er in dem „Großen Jerusalem" selbst, d. h. in unserer Kirche gewesen ist, fuhr er den Teufel an und sagte nach der Prophetie: ,Gehe weg von mir, Satan, denn du bist mir eine Ärgernis.' Das abgeänderte Zitat von 73 74 75

Vgl. Frg 93(79,69): Bar 3,36-38. Siehe unten 398-410. Markell folgt am nächsten dem matthäischen Wortlaut (Mt 16,23); das επιτιμαν ist Mk 8,33 entlehnt. - Euseb kritisiert im Rahmen des Aufweises von Markells Unfähigkeit zum Schriftverständnis (siehe oben 204. 209) Markells Deutung von Mt 16,23 als eine an den Teufel gerichtete Rede (CM 1,2,3.10-13: 9,13-6 undlO,23-11,1). Aus der Differenzierung in Einzelfragen, die Euseb zum Verständnis von Mt 16,23 für notwendig hält, geht hervor, daß er Origenes folgt. Origenes deutet „Satan" auf ,,άντικείμενόν τι", das Petrus gegen Gott hege, zumal Satan das hebräische Äquivalent für ΑΝΤΙΚΕΙΜΕΝΟΣ sei (Matthäuserklärung I, Tom. XII,21: 117,8-11 Klostermann/Benz, GCS 40, Leipzig 1935). Hilarius und Hieronymus unterscheiden in Anlehnung an die Auslegung des Origenes einerseits Worte, die gegen den Satan gesagt, von solchen, die gegen Petrus gerichtet seien (Hilarius, Comm. in Matthäum, ed. Maffei, Verona 1730 = PL 9,1011 A 11 - Β 10; Hieronymus, Comm. in Matheum liber III: 144, Zeilen 152-155 Hurst/Adriaen, CChr.SL LXXVII, Turnhoutl969). Hieronymus kennt viele Ausleger, die den ganzen Vers für zum Satan gesagt halten (Zeilen 148-150). Die Exegese Gregors von Elvira dagegen ist von Markell abhängig: Gregor verknüpft wie Markell Sach 3,lf mit Gal 4,26 und Mt 16,23 (Mk 8,33) und legt es auf die Inkarnationszeit aus; Mt 16,23 gilt dem Teufel (Tractatus Origenis XIX,47: 137f, Zeilen 33-57 Bulhart, CChr.SL LXIX, Turnhout 1968). Nach Ephraim dem Syrer kämpft der Teufel Mt 16,23 mit dem Heiland durch den

III. Textkritik, Übersetzung und Kommentar: Frgg 3 - 8

265

Gal 4,25f 76 erklärt „Jerusalem" mit „unserer Kirche". Durch die in der Prophetie angekündigten Erwählung Jerusalems, also der Kirche, ist offensichtlich die christologische Rede von der Verbindung des Logos mit dem geliebten Menschen motiviert. Die nachfolgende Rede Markells von der Anwesenheit des Herrn im „Großen Jerusalem" schließt jedoch eine Identifikation des „geliebten Menschen" (im Sinne von geliebter Menschheit bzw. Kirche) mit dem „mit dem Logos geeinten Menschen" nach Frg 3 aus. Daß es Markeil jedoch an einer möglichst engen Verknüpfung gelegen ist, beweist die abschließende Erklärung der „Größe" des Namens Jesus. Nicht invidvideller Mensch und Kirche werden jedoch gleichgestellt, sondern das Handeln Gottes durch

seinen Logos am geliebten Menschen und an der erwählten Kirche.

In dem zuletzt zitierten Textstück spricht Markell im Anschluß an Gal 4,25f vom „Großen Jerusalem" 77 und fährt fort: „Dieser (seil. Jesus Christus) ist demnach der Hohepriester („Große" Priester), dessen Typos der damalige Jesus (Josua) bewahrte. Denn es wäre unmöglich gewesen, daß jener Hohepriester („Großer" Priester) genannt worden wäre, obwohl er in allem ruhmreich gewesen ist, da „nicht einmal" Mose „groß" genannt wurde . . . Wenn aber jemand glaubt, daß Jesus (Josua) deswegen „groß" genannt worden ist, weil er gewürdigt wurde, das Volk in das heilige Land hineinzuführen, und er viele andere Wundertaten vollbrachte, erkenne er auch durch diesen, daß dem typischen Geschehen nicht so sehr die von Jesus (Josua) ausgesagte Größe entspricht, sondern die ein wenig später kommende Hineinführung seines eigenen Volkes in dieses „Große Jerusalem" . . . " Markell versteht den Text Sach 3,lf so, daß der prophetische sein einziger Sinn ist.78 Josua, der Sohn des Josedek, ist mit ihm nicht gemeint. Der „damalige" Josua ist der Sohn des Nun und Nachfolger des Mund des Petrus ( C o m m . de l'Evangile Concordant, X I V , 4 : 116 [117,2-4] Leloir, C B M 8, 1963 [syrisch/lateinisch]; 187,6-8/135,8f Leloir, C S C O 137/145, Ar. 1/2, L ö w e n 1953/54 [armenisch/lateinisch]; 243, Leloir, SC 121, Paris 1966 [französich]). 76

Markell zitiert ungenau, wie Euseb ( C M 1,1,2: 9,7-10) zu recht kritisiert. O b Markell mit „αίίτη γαρ δουλεύει μετα των τέκνων αυτής" (185,12f) das jüdische Jerusalem meint, ist nicht ganz sicher zu beantworten. E r nennt kurz darauf (Zeile 18) Mose einen θεράπων θεοϋ und ist überhaupt der Ansicht, daß die ganze Schöpfung bis zur Apokatastasis im Zustand der δουλεία existiert. ( F r g l 0 5 [ l 17,104] 211,2-5).

77

Celsus kennt den Begriff der „μεγάλη εκκλησία" als ekklesiologischen Terminus zur Abgrenzung von häretischen Sekten (Origenes, Contra Celsum V, 59: 62,23f Koetschau, G C S 3, Leipzig 1899).

78

Euseb findet bei seiner Auslegung von Sach 3,1-5.8 und 6,9-13 in den E P 111,23 (121,24-124,25 Gaisford, Oxford 1842) und in der D E IV,17,9-23 (197,9-200,7 Heikel) „δύο πρόσωπα" bezeichnet: „εν μεν φ τό θείον διαλέγεται, ετερον δέ περί οΰ προφητεύει" ( Ε Ρ : 124,1 Of Gaisford; vgl. D E , 199,23-33 Heikel). Neben dem Sohn des Josedek ist merkwürdigerweise Aaron als der von Mose Gesalbte „Bild" und „Symbol" Christi ( D E IV,17,13f: 198,9-16 Heikel).

266

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

Mose, der den Typos des „Großen" Priesters Jesus (Christus) durch die Hineinführung des Volkes in das heilige Land wahrte.79 Trotz dieser Tat, weiterer Wundertaten und vollkommenen Ruhmes kann er nicht „groß" genannt werden, zumal Mose zwar „Gott des Pharao" aber „Diener Gottes" und nicht „groß" genannt wurde. Obwohl also der Nachfolger Mose durchaus „persönliche Größe" besaß, kommt der Text Sach 3,lf nicht in ihm zur Erfüllung. Zur Erfüllung kommt er erst durch den, der sein eigenes Volk in „dieses große Jerusalem" hineinführen wird. Das bedeutet: Markeil begründet letztlich seine These von der Inkarnationsgebundenheit („auf der Erde genannten Namens") des Jesus- und Hohepriesternamens von der Größe der geschichtlichen Wirklichkeit der Kirche her,so da sich in ihr die in Sach 3,lf von Jesus (Josua) prophezeite Größe erfüllt.81 Die Ausschließlichkeit, mit der Markell in den vorliegenden Fragmenten den Logos-Titel als den „ersten Namen" hervorhebt und betont, der Logos sei vor der Inkarnation nichts anderes als Logos gewesen, hat fast die gesamte Forschung zu der Annahme geführt, Markell betrachte erst den Logos im Menschgewordenen, den Menschgewordenen oder gar nur den vom Logos angenommenen Menschen als den „Sohn" (oder den „Sohn Gottes"), bzw. lasse diesen Namen für den Präexistenten nur im „uneigentlichen" Sinn etc. zu.82 Bei dieser Frage muß unterschieden werden zwischen Markells eigener Auffassung vom Sohn Gottes und unserem Urteil darüber, ob diese Auffassung tatsächlich der Vorstellung von einem „Sohne" entspricht. Letzteres soll jetzt zurückgestellt werden.83 Für Markells eigene Auffassung weist schon Frg 1 in eine andere Richtung, wenn sich Markell dort vornimmt, den Sohnesbegriff so zu bestimmen, daß er nicht „allzu menschlich wie bei uns" vorgestellt wird. Ferner ist zu beachten, daß 79

80

81

82 83

Das muß nicht bedeuten, daß Markell Sacharja vor der Landnahmezeit ansetzt. Es ist auch ein Verständnis von der Art möglich, nach dem die Landnahme des Josua erst durch die spätere Prophetie des Sacharja als typische Handlung erkannt wurde. Rettberg (Marcelliana, 6) und Gericke (Marcellus von Ancyra, 193) sehen den Unterschied zwischen Josua und Jesus darin, daß letzterem die Größe direkt zukommt. Montagu gibt zu erkennen, daß er ebenfalls Markell so versteht, daß dieser die „persönliche" Größe Jesu mit Jesu Verwirklichung des „Großen Jerusalem" begründet. Montagu übersetzt: „ . . . commemoratam illam Jesu magnitudinem, non adeo per typicam illam actionem emicuisse, quantum propterea quod non ita diu postea populum suum erat introducturus, in magnam hanc nostram Jerusalem . . . (11 A = Gaisford 21 = Nolte 754 A 14 - Β 4). In Frg 7 deutet Markell Ps 2,2: „Die Könige der Erde und die Herrschenden versammelten sich an einem Ort gegen den Herrn und gegen seinen Christus" so, daß die diesem Text entsprechende Wirklichkeit dem neuen Bund angehört und der Christus-Namen daher nicht den vorinkarnierten Logos meinen kann. Siehe die Seitenverweise oben 200 Anm. 60 und 61. Siehe unten 506f.

III. Textkritik, Übersetzung und Kommentar: Frgg 3-8

267

Markeil in den Frgg 3-9 den Sohnes-Titel nicht unter den inkarnatorischen Namen nennt. Wichtiger und entscheidend jedoch ist die Tatsache, daß Markeil in Frg 38(20,17) den Logos incarnandus ausdrücklich αληθώς υίόj84 bezeichnet und damit im Einklang mit seiner in Frg 1 angekündigten Argumentationsabsicht steht. 85 Mit diesem Befund stimmt die Epistula ad Iulium überein. 86 Wenn Markeil demnach in den vorliegenden Fragmenten so exklusiv 87 davon spricht, daß der Logos vor der Menschwerdung nur Logos war und dies sein „erster Name" ist, dann setzt er die Gleichung Logos = „wahrhaft" Sohn voraus. Als Probe dienen polemische Stellen Eusebs, in denen dieser indirekt bestätigt, daß Markeil den Logos mit dem Sohn identifiziert. Euseb schreibt zum einen ausdrücklich, daß Markell den „Logos in Gott" als Sohn bezeichne. 88 Zum andern führt er aus, daß Markell den einen Gott, der nach Markells Ansicht ουσία και δέ ύποστάσει eins sei, mit zwei verschiedenen Namen und Bezeichnungen, nämlich Vater und Sohn, belege. 89 84 85

86 87

88

89

1 88,19. Das schließt nicht aus, daß Markell nicht auch den Menschgewordenen oder den angenommen Menschen „Sohn" bzw. „Menschensohn" nennen kann. 214,28-34; 215,4-9.25-30. Der Sohn und Logos in seiner Ewigkeit ist und heißt für Markell mindestens noch μονογενής (Frgg 10-16), δΰναμις (Frggll0[60,54]: 196,11; 74[73,64]: 198,31; Frg 114[97,86]: 206,7f; Epistula ad Iulium: 215,8.31), σοφία (Frgg 88[59,53]: 196,1; 110[60,54]: 196,31; 56[95,84]: 205,31; Epistula ad Iulium: 215,8; vgl. 214,28-35) und βασιλεύς (Frg 105[117,104]: 210,23-28; Epistula ad Iulium: 215,6-8). ET 1,7,3: 65,30f; E T 1,17,4: 78,1-3; ET 11,3,1: 101,23-25; ET 11,14,4: 115,lOf; ET II, 16,1: 119,32f; E T 11,16,2: 120,2-6. E T 1,1,17: 4,23-26; ET 1,4: 64,13f; E T 1,5,1: 64,23-25; ET 1,14,3: 74,26f; ET 111,17,6: 177,5f. - Zu dieser Charakterisierung der Gottes- und Logoslehre Markells ([1] eine Hypostase oder Usie und zwei Namen) fügt Euseb hinzu: (2) der Logos Markells bestehe nicht für sich und getrennt vom Vater (CM 11,4,24: 57,9f; ET 1,8,2: 66,19f; ET 11,5: 103,1-3; ET 11,14,2: 114,34f; vgl. D E IV,3,4: 153,lf Heikel), (3) der Logos sei nur mit der Stimme und dem Namen nach Sohn genannt ( C M 1,1,15: 4,1 Of; ET I,l,3f: 63,4-10; ) und (4) der Logos bestünde κατα τον προφορικόν ανθρώπων λόγον nur aus Silben, Worten und Namen (ET 11,9,5: 109,9-11; ET 11,17,6: 121,100Alle 4 Merkmale kommen in der Polemik des Origenes gegen gewisse Logostheologen vor (Johanneskommentar 1,21,§125: 25,21-26,1 Preuschen, GCS, 1903; 1,24, § 151-157: 29,17-30,16 Preuschen; 1,26, § 266: 47,10-14 Preuschen; 11,2, § 1317: 54,12-31 Preuschen; X,37, § 246: 212,13-16 Preuschen; vgl. Matthäuserklärung XVII,14: 624,11-16 Klostermann/Benz, GCS, 1935); sie seien der Anlaß für seine langen Ausführungen über die christologischen Epinoiai gewesen. Diese Logostheologen, die Rolf Gögler (Origenes. Das Evangelium nach Johannes, M K Z U . N F 4, Einsiedeln/Zürich/Köln 1959, 125 Anm. 26) für Gnostiker hält, unterscheiden sich von Markell darin, daß sie (1) die christologischen Titel nicht inkarnatorisch unterscheiden,

268

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

Obwohl Euseb als Origenist an Jesus Christus auch das, was κατα την θεότητα αύτοϋ, von dem, was κατα την ένανθρώπησιν έπινοεϊται, unterscheidet,90 so drückt doch schon diese Weise der Unterscheidung aus, daß die von der Gottheit angenommene Menschheit in Jesus Christus für die Gottheit und ihre soteriologische Funktionen keine Bedeutung hat. Jesus Christus ist entwender im Blick auf seine Gottheit oder aber im Blick auf seine Menschheit zu betrachten.91 Zwar spricht Euseb den Epinoiai der Menschheit nicht jede soteriologische Qualität ab („Lamm", „Schaf"92). Die wesentliche Heilswirksamkeit und ihre Namen hängen für Euseb allein an der Gottheit des Sohnes Gottes abgesehen von der Inkarnation. Im Blick auf seine Menschheit besitzt oder erlangt er daher keine christologische Hoheit.93 So ist der Präexistente der „eine Herr Jesus Christus" (1. Kor 8,6).94 Neben „Jesus Christus",95 sind es insbesondere die Titel „Großer Erzpriester",96

90 91 92

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94

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96

(2) kein Interesse an den übrigen christologischen Namen haben und (3) diese nur τροπικώς gelten lassen. - Vgl. oben 183f. (Feige). Schwartz (Zur Geschichte des Athanasius IX = Ges. Sehr. Bd. III, 232f) beachtet diese Unterschiede nicht. Vgl. zur weiteren Bezeugung dieser Logostheologie Luise Abramowski, Dionys von Rom (t268), 267-70. (Aus Raumgründen kann die Ausarbeitung über den philosophischen Hintergrund [die stoische Unterscheidung zwischen „realem" Sein, ύποστάσις, -σει, und „bloß gedachtem" Sein, έπίνοια, -οία] der Polemik des Origenes und des Euseb gegen die Einhypostasentheologie hier nicht angefügt werden; ebenso kann hier nur auf Eusebs Charakterisierungen des Logos Markell als „προς χι", „συμβεβηκός", „σύμβαμα" und „έξις σοφή" hingewiesen werden [vgl. ET 11,14,1-10: 114,22-116,19; ET 111,2,1-5: 138,34-139,30]) DE X, Prol. 2: 445,7-9 Heikel. DE X, Prol. 7: 446,8-12 Heikel. DE X, Prol. 3-6: 445,13-446,8 Heikel; DE X,8,30-32: 476,23-32; Die Stellenangaben in dieser und den sechs folgenden Anmerkungen ist eine Auswahl. Vgl. die Erörterung der Bedeutung des Todes Jesu nach Euseb bei Berkhof, Die Theologie des Eusebius von Caesarea, 133-136. Als Mensch ist er „der aus dem Samen Davids", „Menschensohn", „Knechtsgestalt" (ET 1,2,1: 63,19f; ET 1,6,1: 64,35-65,1; ET 1,12,6: 74,3-5; ET 1,20,10: 82,16f; ET 1,20, 59-64: 90,21-91,29; ET 1,20,75: 93,28-30; ET 111,17: 176,1-179,8 passim), „menschliches Zelt" (DE IV,15,2: 269,26-29 Heikel; DE X, Prol.3f: 445,14-23 Heikel; passim), „Armer" (DE X,l,13: 448,29-449,2 Heikel); weitere „Bilder" für die Menschheit Christi nach Euseb bei Berkhof, Die Theologie des Eusebius von Caesarea,120. ET 1,6,1: 65,4f; ET 1,20,54-64: 89,33-91,29; ET 1,2,67: 92,14-16; ET 1,2,1: 63,17-19; ET 1,20,84: 95,17-23; aus DE IV,10,19: 168,26 Heikel geht jedoch hervor, daß er erst den Inkarnierten „Jesus" nennt, worauf Euseb in CM und ET nicht eingeht. Tertullian reserviert mit Markell den Christus-Namen dem Menschgewordenen (Adv. Prax. XV,7, Zeilen 47f, edd. Kroymann/Evans, SChr.SL. II; vgl. oben 70). Weitere Hoheitstitel: ET 1,20,1-91: 80,29-96,36; EP 111,1: 98,1-100,5 Gaisford; D E X, Prol. 7: X, Prol. 7: 446, 9-11 Heikel). ET 1,20,66: 92,4-6; DE IV,15,37: 197,3-5 Heikel; D E V,3,16: 221,30-32 Heikel; DE X, Prol. 3-5: Heikel 445,9-446,5; passim.

III. Textkritik, Übersetzung und Kommentar: Frgg 3-8

269

„Leben", „Weg",97 „Brot (des Lebens)",98 „Erstgeborener",99 „Mittler" 100 und „Bild des unsichtbaren Gottes", 101 die Euseb dem Präexistenten (und Inkarnierten unterschieden vom angenommen Menschen) und Markell dem Menschgewordenen (in der Einheit aus Logos und Fleisch) zuweist. Abweichend von Origenes kommen demnach dem Logos (als Logos) nach Euseb mit der Inkarnation keine neuen Epionoiai zu. Damit stimmt Athanasius einerseits überein, wenn er auch andererseits das „pro nobis" dieser Namen, d.h. den soteriologischen Einschnitt der „Kondeszendenz", bzw. Inkarnation, mit Markell gegenüber Euseb viel stärker heraushebt.102 Markell unterscheidet sich zum einen darin von Origenes, daß er diese neuen Namen nicht so von den früheren Namen differenziert, daß letztere der Sohn Gottes nur „für sich" besessen hätte, wenn der Mensch nicht gefallen wäre.103 Zum anderen trennt er sich - und mit ihm Athanasius - von Origenes in der Auffassung der Inkarnation: diese und die mit ihr aufgrund der neuen Epinoiai gegebenen Erkenntnismöglichkeiten Gottes haben keinen ethisch-pädagogischen Charakter, so daß sie von den Fortgeschrittenen mehr und mehr überwunden werden, indem diese vom Materiellen zum Geistigen, d.h. von den inkarnatorischen zu den Epionoiai des Logos „für sich" emporgelangen;104 die Menschwerdung und die mit ihr verbundene neue Selbstkundgabe Christi für uns ist vielmehr ein soteriologisches Datum, das zwar seit der Inkarnation stetig fortschreitend, aber erst eschatologisch vollkommen relativiert werden wird.

97 98 99 100 101 102

103

104

CM 1,20,23: 85,1; E T 1,20,53: 89,26f; CM 1,20,76: 94,3-9. E T 1,20,31-47: 86,10-89,1. CM 11,3,4: 44,26-33; CM 11,3,5.8: 45,7-10.28f; CM 11,3,22: 48,16-21 passim. CM 1,1,28-35: 7,10 - 8,19. Siehe unten 339 Anm. 381. Contra Gentes, Kap. 47: 208,13-8 Camelot, SC 18bis 1977; vgl. Kap. 46: 208,2-9 Camelot; Oratio I contra Arianos, Kap. 12: PG 26, 37 Β 1-15; Kap. 19: PG 26, 52 A 1-5; Kap. 64: PG 26, 145 A 12 - B12; Oratio II contra Arianos, Kap. 61: PG 26, 277 Β 8-11. Johanneskommentar 1,18, § 107: 22,31-23,5 Preuschen; 1,20, § 119-123: 24,23-25,16 Preuschen; 1,34, § 247-252: 44,1-44,30 Preuschen. Johanneskommentar 1,20, § 124:25,26-20 Preuschen; 1,34, § 246: 43,30-33 Preuschen; 1,37, § 273-275: 48,18-30 Preuschen; 11,3, § 22.28f.33: 55,25-29; 56,29-57,2; 57,19-2 Preuschen; 11,37, § 225-229: 96,17-97,15 Preuschen; 1,34, § 200, 46,19-26 Preuschen unterscheidet Origenes diejenigen, die die unkörperlichen und unsichtbaren Dinge schauen von denen, deren Erkenntnis bis zum Körperlichen vorgedrungen ist. Die ersteren werden von der „προηγουμένη φύσις χοϋ μονογενοϋ" beherrscht, die letzteren nur vom Gesalbten (Christus).

270

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

Frgg 9-16: Die Unterscheidung zwischen dem einziggeborenen Logos und dem im Logos zum Erstgeborenen der ganzen Schöpfung und zur αρχή απάντων geschaffenen „Menschen" (Kol 1, 15-18) Frg 9 (35,30) Zum Text: 190,25: έαυτω V, alle übrigen / αύτοϋ Rettberg 22, womit er Euseb von Nikomedien meint.

Ubersetzung: „ . . . so daß Asterius in der Absicht, den Euseb, der übel schrieb, zu verteidigen, indem er die Natur des Vaters und die Natur des Gezeugten erwähnte, zum Selbstankläger wurde. Denn viel besser wäre es gewesen, die Tiefe des Gedankens des Euseb, wie er selbst geschrieben hat, die in der Kürze liege, ununtersucht auf sich beruhen zu lassen, als mit einer solchen Theorie die Tücke des Schriftstückes ans Licht zu ziehen . . . " Frg 10 (3,3) Zum Text: 186,6: μονογενή λόγον V, Montagu 20 D 7, Gaisford 42; Nolte, 756 Β 5f / μονογενή Rettberg 8 (vgl. 80 und 104), Zahn 105.

Ubersetzung: „ . . . jetzt wollen wir aber eine Aussage von denen, die Asterius schrieb, untersuchen. Dieser sagte nämlich: ,Denn ein anderer ist, zum einen, der Vater, der aus sich selbst den eingeborenen Logos und Erstgeborenen aller Schöpfung zeugte.' Indem er beides verknüpfte, hat er Eingeborenen und Erstgeborenen geschrieben, obwohl ein großer Gegensatz bei diesen Namen besteht, wie es auch für die sehr Ungebildeten leicht zu erkennen ist. Denn es ist offensichtlich, daß der Einziggeborener, wenn er wirklich Einziggeborener wäre, nicht mehr Erstgeborener sein kann, und der Erstgeborene kann nicht darin, worin er Erstgeborener ist, Einziggeborener sein . . . " 186,5-6: Joh 1,18 186,6: Kol 1,15 Frg 11 (8,8) Zum Text: 186,24f et νεώτερον δν αύτου τό σώμα τής αύτής αύτω τυχείν αρχαιότητος Rettberg 9 (αρχής 10, Anm. 2) / ε'ι νεώτερον δν αύτοϋ σώματος αύτής τυχεϊν αρχαιότητος Zahn 107, Anm. 1.

Ubersetzung: „ . . . und Asterius halte dies nicht für unwahrscheinlich, wenn sein Leib, obwohl er jünger ist, ein so hohes Alter erlangen konnte. Vielmehr bedenke er, daß, wenn auch gewiß zutrifft, daß das menschliche Fleisch jünger ist, dennoch der Logos, der dieses durch

III. Textkritik, Übersetzung und Kommentar: Frgg 9-16

271

die heilige Jungfrau anzunehmen würdigte und mit diesem das Seine vereinte, den in ihm selbst als Menschen Geschaffenen nicht nur zum ,Erstgeborenen aller Schöpfung' ausformte, sondern auch will, daß er ,Anfang' von allem sei, nicht nur dessen auf der Erde, sondern auch dessen in den Himmeln . . . " 186,28-30: Kol 1,15-16 186,29: Kol 1,18 Frg 12 (2,2) Z u m Text: 186,3: ανέστη Rettberg 7.

Ubersetzung: „ . . . demnach sagt der Apostel nicht nur, daß er Erstgeborener ,der neuen Schöpfung' ist, sondern auch Erstgeborener der Toten', wegen nichts anderem, wie mir scheint, als vielmehr deswegen, daß durch das ,Erstgeborener der Toten' erkannt werden könne, auf welche Weise er auch ,Erstgeborener aller Schöpfung' genannt worden ist. Denn aus den Toten stand unser Herr Jesus Christus nicht als erster auf, sondern der durch den Propheten Elisa Auferweckte erstand früher; ebenso stand Lazarus vor seiner Auferstehung auf < und «zur Zeit des Leidens ,erstanden viele Leiber der Entschlafenen . . . 185,24: II Kor 5,17; Gal 6,15; Kol 1,15 185.25-26: Kol 1,18 185.26-27: Kol 1,15 186,1-2: II Reg 4,32-37 186,2: Joh 11,32-44 186,3: Mt 27,52 Frg 13 (4,4) Ubersetzung: „ . . . wenn er also selbst einerseits ,Erstgeborener aller Schöpfung' ist, ,in ihm' andererseits ,alles geschaffen wurde', müssen wir erkennen, daß der Apostel jetzt seine Ökonomie nach dem Fleische erwähnt . . . " 186,11-12: Kol 1,15-16 Frg 14 (5,5) Ubersetzung: „ . . . .Erstgeborener aller Schöpfung' wurde er also wegen des Werdens nach dem Fleisch genannt, nicht wegen der ersten Schöpfung, 105 wie sie glauben . . . " 186,14: Kol 1,15 105

Möglicherweise kein Zitat, sondern Referat.

272

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

Frg 15 (6,6) Ubersetzung: „ . . . also ist nicht dieser, der heiligste Logos, vor der Menschwerdung ,Erstgeborener aller Schöpfung' genannt worden (denn wie wäre es möglich, daß der ewig Seiende Erstgeborener von jemandem ist?), sondern diesen, den ersten ,neuen Menschen', zu dem hin Gott ,alles unter einem Haupt zusammenfassen wollte', nennen die göttlichen Schriften ,Erstgeborenen aller Schöpfung' . . . " 186,17: Kol 1,15 186.18-19: Eph 2,15; 4,24; 1,10; Kol 1,18 186.19-20: Kol 1,15 Frg 16 (7,7) Ubersetzung: „ . . . du hörst, wie es zutrifft, daß nicht nur dies, sondern auch das, (was) ,in den Himmeln und auf der Erde' vorherbesteht, ,in ihm' nach ,der neuen Schöpfung' geschaffen wurde . . . " 186,21-22: Kol 1,16 186,22: II Kor 5,17; Gal 6,15 Kommentar zu den Frgg 9-16: In den Frgg 3-8 zeigte sich zum ersten Mal die prophetisch-inkarnatorische und ekklesiologische Ausrichtung der Theologie Markells. Markell trifft die Unterscheidung zwischen dem ewigen Logos und „dem mit dem Logos geeinten Menschen", die er an den christologischen Titeln expliziert. Der Name „Logos" als der „erste Name" wurde von Johannes (Joh 1,1) am Schöpfungsanfang genannt; die neuere und jüngere Ökonomie nach dem Fleische bringt dem mit dem angenommenen Menschen vereinten Logos neue und jüngere Namen. Markell überträgt damit Kategorien (Werden, Wille), die die Kollukianisten dem Verhältnis von Vater und Sohn in ihrer göttlichen Natur beilegen auf das Verhältnis des Vaters zum menschgewordenen Logos und damit auf die innerchristologische Beziehung zwischen Logos („wahrhaftig Sohn") und angenommenem Menschen. Die Frgg 9-16 nehmen präzis diese Problematik auf. Aus dem Anschluß von Frg 10 an Frg 9 geht hevor, daß Asterius mit den Worten, die Markell in Frg 10 zitiert: άλλος μεν γάρ έστιν ό πατήρ, ό γεννήσας έξ αύτοϋ τον μονογενή λόγον και πρωτότοκον πάσης κτίσεως106 die Unterscheidung des Euseb von Nikomedien zwischen der φύσις πατρός und der φύσις γεννητοϋ107 erklärte. Indem Markell nun die von Asterius gleichwertig gebrauchten Titel „Einziggeborener" und „Erstgebo106 107

Frg XXI b. Bardy (Asterius le Sophiste, 251; Recherches, 350). Frg 9: 190,24f; das ist die Wiedergabe des Asterius von Urk. 8,3f.6f: 16,2-6.9f. undl6,15-17,4 Opitz, Athanasius Werke III/l.

III. Textkritik, Übersetzung und Kommentar: Frgg 9 - 1 6

273

rener" differenziert, teilt er das Verhältnis des Vaters zum „Gezeugten/Geborenen" in eines zum „Einziggeborenen" und ein anderes zum „Erstgeborenen" und konstituiert gleichzeitig ein weiteres Verhältnis: das zwischen den zwei Aspekten, in denen der Sohn betrachtet werden kann. Den Gegensatz, den Markeil in diesen beiden Attributen sieht, leitet er in Frg 10 zunächst aus dem Wortsinn ab.108 Ein „Einziggeborener" kann nicht zugleich ein „Erstgeborener" sein, da diesem Nachgeborene folgen müssen. Umgekehrt kann aus demselben Grund ein „Erstgeborener" in der Hinsicht, in der er „Erstgeborener" ist, nicht „Einziggeborener" sein. Die folgenden Frgg 11-16 machen jedoch deutlich, daß nach Markeil durchaus der Sohn zugleich „einziggeboren" und „erstgeboren" sein kann, wenn wiederum richtig zwischen dem ewigen Logos und seiner Ökonomie nach dem Fleische, bzw. dem „ersten neuen Menschen" unterschieden wird. „ . . . ,Erstgeborener aller Schöpfung' wurde er also wegen des Werdens nach dem Fleisch genannt, nicht wegen der ersten Schöpfung, wie sie glauben . . . " (Frg 14). Analog zu den Frgg 3-8 überträgt Markell bei der Eklärung des Titels „Erstgeborener" Theologumena der Gegner vom Schöpfungsanfang auf den Anfang der Ökonomie nach dem Fleisch. Doch wie kann der Sohn im Blick auf die Annahme des menschlichen Fleisches „Erstgeborener aller Schöpfung" genannt werden? Markeil antwortet darauf, daß der vom Logos angenommene menschliche Leib durch die Begabungen, die er vom Logos empfängt, der „Anfang" von allem sein kann: „und Asterius halte dies nicht für unwahrscheinlich, wenn sein Leib, obwohl er jünger ist, ein so hohes Alter erlangen konnte. Vielmehr bedenke er, daß, wenn auch gewiß zutrifft, daß das menschliche Fleisch jünger ist, dennoch der Logos, der dieses durch die heilige Jungfrau anzunehmen würdigte und mit diesem das Seine vereinigte, den in ihm selbst als Menschen Geschaffenen nicht nur zum ,Erstgeborenen aller Schöpfung' ausformte, sondern auch will, daß er ,Anfang' von allem sei, nicht nur dessen auf der Erde, sondern auch dessen in den Himmeln . . . " (Frg 11). Mit der Zueignung „des Seinen" erschafft der Logos in sich selbst das durch die heilige Jungfrau angenommene Fleisch zum „Erstgeborenen aller Schöpfung", zur αρχή απάντων (Kol 1,18). Der chronologisch Spätere erlangt so in der Kraft des Logos die qualitative Anfangsstellung gegenüber der ganzen Schöpfung. Diesen Gedanken arbeitet Markell weiter aus, indem er den „Erstgeborenen aller Schöpfung" durch den „Erstgeborenen von den Toten" erläutert: „ . . . demnach sagt der Apostel nicht nur, daß er Erstgeborener ,der neuen Schöpfung' ist, sondern auch ,Erstgeborener der Toten', wegen nichts anderem, 108

Aus dieser Ableitung ergibt sich die Ubersetzung „einziggeboren" für „μονογενής".

274

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

wie mir scheint, als vielmehr deswegen, daß durch das ,Erstgeborener der Toten' erkannt werden könne, auf welche Weise er auch E r s t geborener aller Schöpfung' genannt worden ist. Denn aus den Toten stand unser Herr Jesus Christus nicht als erster auf, sondern der durch den Propheten Elisa Auferweckte erstand früher; ebenso stand Lazarus vor seiner Auferstehung auf und zur Zeit des Leidens erstanden viele Leiber der Entschlafenen' . . . " Als Erstgeborener der ganzen Schöpfung ist Jesus Christus mehr als nur der Erstgeborene der neuen Schöpfung. Da schon vor der Aufweckung Jesu, auch in alttestamentlicher Zeit, Tote auferweckt wurden, kann er nicht chronologisch der „Erstgeborene aus den Toten" sein, sondern nur im Sinne einer intensiven Erstlingsschaft. Zwar ist er erst zu einem bestimmten Zeitpunkt, nämlich der Menschwerdung, Erstgeborener geworden. Dennoch ist seine Erstgeburt ihrem Wesen nach nicht seine Priorität gegenüber der nachfolgenden neuen Schöpfung, sondern seine Superiorität über alle Schöpfung, also auch die vorangegangene. 109 Aufgrund dieser Vorrangstellung gegenüber aller Schöpfung ist „in ihm", 1 1 0 dem Menschgewordenen, gemäß der neuen Schöpfung auch alles Vorherbestehende neu geschaffen worden, 1 1 1 nachdem zunächst „in ihm", dem Logos, der erste „neue Mensch" geschaffen wurde, zu dem hin Gott „alles unter einem Haupt zusammen109

110

111

Es bleibt eine Schwierigkeit im Blick auf die Interpretation des Titels „Erstgeborener der Toten", da Markell in Frg 11 als seine Auffassung zu erkennen gibt, daß der angenommene Leib, obwohl er jünger ist, „ein so hohes Alter" erlange. Zahn ist dieser Schwierigkeit dadurch aus dem Wege gegangen, daß er αρχαιότης idiomatisch mit „Anfangstellung" übersetzte (a.a.O. 107 Anm. 1) und damit auch aus diesem Begriff alles „Zeitliche" herausnahm und ins „Qualitative" umbog. Will man sich einer solchen sonst nicht belegbaren Deutung nicht anschließen, dann scheint Markell hier anzudeuten, daß der im Logos als Mensch Geschaffene durch die Zueignung des Logos gleichsam rückwirkend auch zeitlich zum Schöpfungsanfang wird. Der zeitlich Spätere würde dann durch Empfang der Ewigkeitsqualität des Logos koextensiv ein unmittelbares Verhältnis zu aller Zeit erlangen. Begnügen wir uns mit der ersten Interpretation, dann nähme seit der Inkarnation des Logos der angenommene Mensch eine Vorrangstellung gegenüber allen Geschöpfen und Schöpfungen, die seit Weltbeginn wurden, ein. Führten wir die Interpretation in dem von Frg 11 nahegelegten Sinne weiter, dann bewirkte (oder offenharte zumindest) die Ökonomie nach dem Fleische retrospektiv (und damit von Gott her proleptisch) ein Begründet- und Hingeordnetsein auch schon der alttestamentlichen Schöpfungen (Totenauferweckungen) in der und auf die inkarnatorisch kommende(n) Neuschöpfung. Baur (Die christliche Lehre, 545 Anm. 38) schreibt zu Frg 11: „ . . . wenn der erst durch die menschliche Geburt ins Daseyn Gekommene gleichwohl das Subjekt von Prädikaten ist, welche sich auf das vorzeitliche Scyn des Logos beziehen . . . " Kol 1,16; II Kor. 5,17. Frg 13(4,4) zeigt, daß Markell Kol 1,16 auch auf die erste Schöpfung bezieht, die ebenfalls „im Logos" erfolgte. Da Kol 1,15 aber vom „Erstgeborenen aller Schöpfung" handele, erwähne der Apostel jetzt seine Ökonomie nach dem Fleisch. Frg 16(7,7).

III. Textkritik, Übersetzung und Kommentar: Frgg 9-16

275

fassen wollte". 1 1 2 Mit dem ersten neuen Menschen meint Markell sowohl den menschgewordenen Logos als auch ,den im Logos als Menschen Geschaffenen'. 113 Zugleich hebt er mit dieser Wendung nicht nur die Neuschöpfung hervor, sondern knüpft auch an seine eingangs am Wortsinn von „Einzig- und Erstgeborener" getroffene Unterscheidung zwischen beiden Begriffen an. Denn die dem ,im Logos als Menschen Geschaffenen' beigelegte Vorrangstellung ermöglicht nun gerade, daß er „Nachgeborene" und „Nachgeschaffenes" besitzt, nämlich alle Menschen und alle Dinge, die in ihm gemäß der Neuschöpfung neu geschaffen wurden und werden. Freilich bleibt auch jetzt beim „ersten neuen Menschen" die qualitative Stellung im Vordergrund, da Gott zu ihm hin ,alles unter einem Haupt zusammenfassen wollte': als der Princeps aller Schöpfung ist er Primus der neuen Schöpfung. Unter Einzeichnung von Stellen wie II Kor. 5,17 und Eph 2,15; 4,24 in den kosmologischen Rahmen des Kolosserhymnus zeigt Markell ein naturhaft-stoffliches Verständnis auch der Neuschöpfung. Denn diese beginnt ja mit der „realen" Schöpfung eines Menschen im Logos und setzt sich fort im ganzen Bestand des Kosmos. Dieser erste neue Mensch, bzw. der menschgewordene Logos, ist gegen annähernd114 112 113 114

Frg 15(6,6): 186,18-20. Frg 12(2,2): 186,28. Hier weicht Markell auch von Irenaus ab (Epideixis 39: 29,20-22 Ter-Mekerttschian/ Ter-Minassiantz, Des heiligen Irenaus Schrift zum Erweise der Apostolischen Verkündigung: ΕΙΣ ΑΠΟΔΕΙΞΙΝ ΤΟΥ ΑΠΟΣΤΟΛΙΚΟΥ ΚΗΡΥΓΜΑΤΟΣ, mit einem Nachwort und Anmerkungen von Adolf Harnack, TU 31/1, Leipzig 1907). Irenäus nennt in diesem Kapitel drei Weisen, auf die unser Herr „Erstgeborener" ist: „Erstgeborener der Jungfrau", „Erstgeborener aus den Toten" und beschreibt die dritte Weise mit folgenden Worten: „Als ersterzeugtes, erstgeborenes Wort des Ratschlusses des Vaters hat er alles vollbracht, indem er selbst die Welt durchzog und Ordnung schaffte (a.a.O. 22)." „Ersterzeugt" (arm.: „naxacin") entspricht griech. πρωτόγονος und „erstgeboren" (arm.: „andranik") griech. πρωτότοκος. Μονογενής gibt die armenische Bibel immer mit „miacin" wieder. Auszunehmen von obigem Urteil sind Gnostiker (1) und Theologen, gegen die Novatian polemisiert (2): Zu (1): Excerpta ex Theodoto 7,3f (108,7-15 Stählin/Früchtel/Treu, GCS 17): και ό μεν μείνας, 'μονογενής υιός εις τον κόλπον τοϋ πατρός' τήν ένθυμησιν δια της γνώσεως έξηγείται τοίς αίώσιν, ώς αν και ύπό τοϋ κόλπου αϋτοϋ προβληθείς, ό δέ ένταϋθα όφθείς οΰκέτι 'μονογενής', αλλ' 'ώς μονογενής' προς τοϋ αποστόλου προσαγορεύεται, 'δόξαν ώς μονογενούς', δτι είς και ό αυτός ώων εν μεν τϊ) χτίσεt 'πρωτότοκος' έατιν Ίηαοϋς, εν δέ πληρώματι μονογενής- ο δέ αυτός έστι τοιούτος ών έκάστω τόπω οίος κεχωρήσθαι δύναται, κα'ι ουδέποτε τοϋ μείναντος ό καταβας μερίζεται. Frangois Sagnard (Extraits de Theodore, SC 23, Paris 1970 2 , 69 Anm. 4) spricht das entscheidende Textstück dem Clemens zu; Casey (The Excerpta ex Theodoto of Clement of Alexandria, StD I, London 1934, 8) zumindest einer valentinianischen Quelle. Vgl. Excerpta 33,lf: 117,19-24 Stählin /Früchtel /Treu; Ptolemäus (Adv. Haer. 1,12,1-3 [Frgg gr. 6 und 9]: 181f,l-16 und 185f,l-16, besonders 189,14f Rousseau/

276

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

die gesamte vorhergehende patristische Auslegung5 von Kol 1,15 der „Erstgeborene aller Schöpfung". Die Vorrangstellung, die dem Sohn Gottes in seiner Präexistenz und Gottheit im Rahmen der Protologie gegenüber der Schöpfung zukam, gilt nun dem Menschgewordenen und gar dem angenommenen Menschen im Rahmen der Neuschöpfung bzw. seiner Ökonomie nach dem Fleisch. Dies bedeutet eine bis dahin unbekannte Steigerung der Stellung der Menschheit Jesu Christi, da diese eine kosmisch-universale Würde erlangt. 116 Zugleich mit dieser Neuinterpretation von Kol 1,15 wird die Spannung zwischen den beiden Strophen (Schöpfung und Neuschöpfung) dieses Christusliedes in die Prädominanz der Neuschöpfung aufgelöst: 117

115

116

117

Doutreleau, SC 261, Paris 1979) und den Tractatus Tripartitus I. De supernis f. X X X l X r : 57,17-23 Kasser/Malinine/Puech/Quispel/Zandee, Bern 1978. Durch die gnostische Abwertung „der Schöpfung" gegenüber dem Pleroma hat die gnostische Verwendung dieses Titels die entgegengesetzte Tendenz zu derjenigen Markells. Wie bei der nur strukturell vergleichbaren Zuweisung neuer Namen an Christus bei Origenes und Markell liegt auch hier eine unabhängig voneinander konzipierte und theologisch inkompatible Analogie vor. Zu (2): Novatian (De Trinitate X X I , § 123: 142-144 Weyer, 1962) polemisiert gegen Häretiker, die Christus nicht „secundum divinitatem" als „Erstgeborenen aller Schöpfung" fassen wollen, sondern Christus als Menschen. Edward Augustine Cerny, Firstborn of every Creature (Col 1:15), Diss, theol. Baltimore (Maryland) 1938; Alfred Höckel, Christus der Erstgeborene. Zur Geschichte der Exegese von Kol 1,15, Düsseldorf 1965; Eduard Schweizer, Der Brief an die Kolosser, EKK, Zürich/Neukirchen-Vluyn 1980 2 , 183ff; Grillmeier, Jesus der Christus, Bd. I, 96-121. Vgl. Anton Weber (ΑΡΧΗ, 133): „Da also Marcellus auch den ,Erstgeborenen der ganzen Schöpfung', in dem alles wie unter einem Haupt zusammengefasst ist, in diesem Anfang (seil, von Kol 1,18) erkennt, wird dieser zeitliche Anfang, der mit der Menschwerdung des Logos gegeben ist, tranzendiert und erhält universale Bedeutung. " Einen Anhaltspunkt für diese Auslegung stellt der Zusatz „της εκκλησίας" in Kol 1,18a dar, sofern man ihn nicht z.B. mit Dibelius/Greeven (An die Kolosser, Epheser, an Philemon H N T 12, Tübingen 1953 3 , 10) und Lohmey er, (Die Briefe an die Kolosser und an Philemon KEK, IX. Abt., Bd. 2, Göttingen 1961 1 2 , 41f) zur zweiten Strophe zieht. Der Zusatz hat aber nicht die Funktion, die Ekklesiologie auf die Kosmologie hin zu öffnen, sondern umgekehrt, die Kosmologie auf die Ekklesiologie zu beschränken. Nimmt man ζ. B. mit Ernst Käsemann (Eine urchristliche Taufliturgie, in: FS Rudolf Bultmann zum 65. Geburtstag überreicht, Stuttgart/Köln 1949, 133-148 = Exeg. Vers. u. Bes. I, Göttingen 1960, 34-51) Kol 1,12-20 als eine christliche sakramentale Überarbeitung eines ursprünglich nichtchristlichen Liedes (V 15-20), dann wäre die Errettung aus der Gewalt der Finsternis (V 13) als eine Eingliederung in den neuen Herrschaftsbereich Christi und zugleich die Entmachtung der kosmischen Kräfte (2,15) zu interpretieren. Der Kosmos kommt so nach Käsemann im Kolosserhymnus nur negativ als beherrschter und seine Kräfte als gebändigte in den Blick: „Christus ist auch Haupt der Mächte und Gewalten. Aber sie sind nicht sein Leib im eigentlichen Sinne. Sie sind ,in ihm', sofern er ihr Schöpfer ist und Gewalt über sie hat. Die Gemeinde ist sein Leib, . . . " (Exeg. Vers. u. Bes.

III. Textkritik, Übersetzung und Kommentar: Frgg 9-16

277

Damit kehrt Markeil die Betrachtung Eusebs und der Origenisten um: der Ausgangspunkt ist nicht mehr das Allgemeine, die Kosmologie, zu der die Ekklesiologie als prinzipiell gleichartige addiert wird;118 Ausgangspunkt ist vielmehr die durch die strenge Bindung an die Ökonomie nach dem Fleische besonders qualifizierte Ekklesiologie, die sich aber durch die Integration bisher allgemein-kosmologisch aufgefaßter Schriftstellen (Erstgeborener aller Schöpfung) ins Kosmische weitet. Aufgrund der Zuschreibung des Titels „Erstgeborener von den Toten" an den menschgewordenen Logos, den „im Logos als Menschen Geschaffenen", bzw. an den „ersten neuen Menschen" ist es eindeutig, daß der Titel „Einziggeborener" nur dem Logos zukommt, wie 1,50). Rechnet man ferner z.B. mit Eduard Schweizer (Die Kirche als Leib Christi in den paulinischen Antilegomena, in: Neotestamentica, Zürich-Stuttgart 1963, 297301) unseren epexegetischen Zusatz „der Kirche" dem Briefverfasser zu (vgl. 1,24), wäre unter Berücksichtigung von Kol 1,21; 2,10 und 2,15 als Tendenz des Verfassers festzustellen, „ . . . daß die Umformung der kosmischen Aussage in die kirchliche für ihn charakteristisch ist (a.a.O. 298)." Dem Briefschreiber liege an der kosmischen Bedeutung der Herrschaft Christi, die die geschichtliche Durchdringung der Welt in der Völkermission sei (oder bewirke? [a.a.O. 300.306.314-316]; vgl. Kol l,5f; 1,23; 2,19). Faßt man schließlich besagten Zusatz (zusammen mit anderen Ergänzungen) ζ. B. mit Christoph Burger (Schöpfung und Versöhnung. Studien zum liturgischen Gut im Kolosser- und Epheserbrief, W M A N T 46, Neukirchen-Vluyn 1975) als Glosse eines paulinisch geschulten Lesers des Kolosserbriefes auf, ergäbe sich, daß sie den eschatologischen Enthusiasmus des Briefverfassers (nach dem der gesamte Kosmos schon neue Schöpfung ist [a.a.O. 65-67.86.90f.l01.110]) dämpft „ . . . und auf diese Weise Christi Herrschaft über den Kosmos für hier und jetzt einschränkt auf den Bereich der Kirche (a.a.O. 76; vgl. 111)."

118

Wem auch immer der Zusatz zu verdanken sein mag: Sein Urheber korrigiert durch Ausgrenzung des Bereiches der Kirche aus der Welt eine (gnostisch, hellenistisch oder christlich-enthusiastisch begründete) Identifizierung der Neuen Schöpfung mit dem Kosmos. Auch Markeil identifiziert beide Bereiche (noch) nicht, wie insbesondere seine Lehre von der doppelten Königsherrschaft und seine Auslegung von I Kor. 15,24-28 zeigen werden (siehe unten 418-441). Seine Interpretationstendenz in der Exegese des Kolosserhymnus weist jedoch in die umgekehrte Richtung, nämlich die Entgrenzung der Ekklesiologie in Richtung auf die Kosmologie, ein Vorgang, der nach der luziden Analyse Burgers seine Analogie in dem Verhältnis der Urform des Hymnus zu seiner Deutung durch den Briefverfasser hat. Euseb hat dies in direkter Polemik gegen die vorliegenden Fragmente in ET 111,2,16: 142,5-15 in folgenden Worte gefaßt: τό γαρ κεφάλαιον της χών γενητών απάντων, δρωμένων τε και αφανών, συστάσεώς τε και σωτηρίας αυτός ην, δν έγέννα μεν ό πατήρ υΐόν μονογενή, γεννήσας δέ κατέταττεν σωτήρα των ολων, άνακεφαλαιουμενος έν αύτώ και δι'αΰτοϋ την διάταξιν του παντός, ώς έδίδαξειν ό θειος απόστολος ειπών 'άνακεφαλαιώσασθαι πάντα έν τω Χριστώ, τα επί τοις οΰρανοϊς και τα έπί τής γ η ς ' , ώς μή μόνον τά σύμπαντα δι' αΰτοϋ συστήναι έκ τοϋ μή δντος εις τό είναι προελθόντα, άλλα και τής τών ολων διοικήσεως τήν πρόνοιαν άναδέχεσθαι αυτόν άτε λόγον όντα και σοφίαν και ζωήν παντός τε καλοϋ και άγαθοϋ πλήρωμα, ώς δι' αύτοϋ κυβερνάσθαι και διασώζεσθαι τά σύμπαντα.

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C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

es Frg 15 nahelegt: „ . . . also ist nicht dieser, der heiligste Logos, vor der Menschwerdung ,Erstgeborener aller Schöpfung' genannt worden (denn wie wäre es möglich, daß der ewig Seiende Erstgeborener von jemandem ist?) . . . " Weist man nun dem Μονογενής-Titel alles das zu, was der Name πρωτότοκος nach diesen Worten nicht umfaßt, dann meint er den Logos in seinem Wesen, seiner Ewigkeit und Präexistenz. Ist nun der „ewig seiende Logos" der „Einziggeborene", dann wäre es folgerichtig, daß zwar der Menschgewordene als mit dem Fleische zusammenseiender Logos „Erstgeborener" heißt, daß dieser aber im Blick auf sein Logos-Sein und seine Ewigkeit weiterhin der „Einziggeborene" sein kann. Auf jeden Fall entspricht es nicht den Texten, wenn Rettberg mit dieser Vokabel die einzigartige und einzige Weise benannt findet, in der jener Mensch, den der Heiland anzog, von Gott hervorgebracht worden ist.119 Ebenso unzutreffend ist es, wenn Zahn den „einziggeboren" zwar nicht nur auf den angenommen Menschen, sondern den menschgewordenen Logos bezieht, indem er schreibt: „Schon hier zeigt sich, daß Markell unter μονογενής . . . das einzigartige Verhältnis Christi, aber . . . des Menschgewordenen zu Gott, durch πρωτότοκος πάσης κτίσεως nur ein Verhältnis Christi zur Welt ausgedrückt sieht, aber gleichfalls ein solches, welches erst durch die Menschwerdung Christi wirklich geworden ist."120 Dieser Interpretation widerspricht das eben zitierte Frg 15, in dem Markell davon redet, daß der Erstgeborene Erstgeborener „von jemandem" ist. Hier müßte Markell τίνων gesagt haben, wenn er an dieser Stelle mit einem Genitivus objectivus an die Schöpfung, zu der der „Erstgeborene" freilich vorrangig im Verhältnis steht, gedacht hätte. Also thematisiert auch die Vokabel „Erstgeborener" das Verhältnis des Menschgewordenen zum „Erzeuger", bzw. zum Vater, so daß es selbst diejenige Bedeutung besitzt, die Zahn dem Wort „Einziggeborener" geben wollte. Rettberg und Zahn sehen richtig, daß der „Einziggeborene" in einer „einzigartigen" Beziehung zum Vater steht, in welcher sich der Menschgewordene, der „Erstgeborene" und „erste neue Mensch", dem trotz seiner Vorrangstellung weitere „neue Menschen" folgen werden, nicht befindet. Gerade deswegen reserviert Markell dieses Prädikat aber dem Logos und Sohn Gottes in seinem Sein und seiner Ewigkeit, wobei diese Definition und unsere Texte einschliessen, daß auch der Logos während der Ökonomie nach dem Fleisch im Blick auf sein ewiges Verhältnis zum Vater weiterhin der Einziggeborene ist.121 Damit führt Markell den Gedankengang der Frgg 1-8 dadurch weiter, daß er den 119 120 121

Marcelliana, 105; vgl. 8. Marcellus von Ancyra, 105. Willenborg (Ueber die Orthodoxie, 57f) ist der einzige Interpret, nach dem Markell das μονογενής ohne wenn und aber „auf den Logos an sich" bezog; allerdings habe Markell den Ausdruck aber nicht „von einem ewig aus Gott gezeugten Sohne"

III. Textkritik, Ubersetzung und Kommentar: Frgg 9-16

279

„Einziggeborenen" als den αληθώς υίός so vom „Erstgeborenen" unterscheidet, daß eine Sohnesvorstellung, die „allzu menschlich wie bei uns" konzipiert ist, auf den Erstgeborenen, d.h. auf den im Logos geschaffenen ersten neuen Menschen zutrifft. Der vorliegende Befund wird durch die Epistula ad Iulium, das Serdicense, De sancta ecclesia und die Epistula ad Liberium bestätigt. Nach der Epistula ad Iulium ist zum einen der ewig seiende, eigene und wahre Logos Gottes der μονογενής υίός λόγος, zum anderen ist es der aus dem Vater hervorgegangene, herabgekommene und aus dem Heiligen Geist und Maria gezeugte Logos „Jesus Christus, ό υίός αυτοϋ ό μονογενής ό κύριος ημών."122 Der entsprechende Absatz aus dem Serdicense wurde von Loofs als „rein Marcellisch"123 bezeichnet. Er lautet: όμολογοϋμεν μονογενή καί πρωτότοκον άλλα μονογενή τον λόγον, δς124 πάντοτε ήν καί εστίν έν τω πατρί· τό πρωτότοκος δέ τω άνθρώπω διαφέρει καί τη καινή κτίσει, δτι καί πρωτότοκος έκ νεκρών.125 In De sancta Ecclesia § 10 beharrt Markell gegenüber Asterius in einer sich nur im Rahmen der Präexistenztheologie abspielenden Polemik zur Abwehr einer Vorstellung eines „zweiten Gottes" darauf, daß Johannes (1,18) nicht „μονογενής θεός", sondern „μονογενής υίός" geschrieben habe.126 Schließlich fügt Markell im § 2 der Epistula ad Liberium zwischen Bestimmungen des Logos in seiner Gottheit mit den Worten „τούτου καλείται υίός πρωτότοκος" den Titel so ein, daß deutlich ist, daß ihn der Logos erst durch eine spätere (d.h. die inkarnatorische) Benennung erlangt.127 Athanasius stimmt darin mit Markell überein (und ist auch darin von ihm abhängig),128 daß „Einziggeborener" und „Erstgeborener" Gegensatzbegriffe sind und auf ein und denselben nur in verschiedener Hinsicht zutreffen können. 129 Allerdings weicht er schon insofern von Markell ab, als nach ihm Jesus Christus auch chronologisch der „Erstgeborene von den Toten" uns gegenüber ist.130 Wichtiger ist allerdings, daß Athanasius - analog zu den übrigen christologischen

122 123

124 125 126 127 128 129 130

verstanden. Τ. E. Pollard (Johannine Christology, 259f) kommt zu dem Schluß, daß Markell dieses Prädikat ganz zurückweise. 215,4-9.19-21. Das Glaubensbekenntnis der Homousianer, 26f; vgl. Tetz, Ante omnia de sancta fide, 263; Konsequenterweise bemerkt Rettberg (Marcelliana, 105), daß seine Deutung des μονογενής in den Markell-Fragmenten nicht mit dem Serdicense übereinstimmt. δτι vgl. Tetz, Ante omnia de sancta fide, 256. § 7, Zeilen 33-36 Loofs; 253 Tetz; vgl. oben 143 Anm. 133(3). Zeilen 50-58 (S. 97) Mercati, StT 5(1901). 1 52, 7f Tetz, Markell III; vgl. die Interpetation 164f. Vgl. das abgewogene Urteil Simonettis, Sull'interpretazione, 59, Anm. 205. Oratio II Contra Arianos, Kap. 62: PG 26, 277 C 9 - 280 Β 11. Oratio II Contra Arianos, Kap. 61: PG 26, 277 Β 11 - 277 C 3.

280

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

Namen - zwar mit Markeil bemüht ist, die soteriologische Bedeutung der Namen hervorzuheben, diese aber nicht ausschließlich an die Inkarnation bindet: „Erstgeborener aller Schöpfung" ist der Logos auch und zunächst wegen der συνκατάβασις zur Entstehung der ersten Schöpfung, die wie die zweite Herablassung zur Sohnesadoption der Schöpfung aufgrund der väterlichen φιλανθρωπία geschieht. Gregor von Nyssa zeigt sich hier intensiver von Markell beeinflußt, 132 indem er nur den Inkarnierten den „Erstgeborenen aller Schöpfung" sein läßt.133 Auch er geht jedoch nicht so weit, daß er den Menschgewordenen als Erstgeborenen aller Schöpfung überhaupt faßt: er ist der Erstgeborene aller neuen Schöpfung. 13 Ferner entspricht es nicht seiner Christologie, sich den im Logos als „ersten neuen Menschen" Geschaffenen in so großer Unabhängigkeit vom Logos zu denken, daß auch auf ihn der Titel „Erstgeborener aller Schöpfung" bezogen werden könnte. Er zieht es vor, die inkarnatorische Neuschöpfung des Menschen durch den Logos so zu beschreiben, daß dieser den Menschen „um sich selbst herumbildete (έαυτω περιέπλασε)".135 Hieraus folgt schließlich eine stärkere Differenzierung der individuellen Menschheit Christi von der unsrigen: Eph 4,24 (καινός άνθρωπος) ist kein christologischer, sondern ein anthropologischer Terminus.136 Frgg 17-22: Polemik gegen die „platonisch"-origeneische Unterscheidung der άρχαί und gegen eine menschliche Vorstellung vom Vaterwerden Gottes Frg 17 (86,76) Zum Text: 203,29f: Als indirekte Rede des Asterius ist auch dieser Satz kursiv zu drucken.

Ubersetzung: „ . . . vielmehr wies er die wahre Erkenntnis von sich und bewies uns auch jetzt die technische Betrachtung. Denn da er nicht in der Lage war, seine eigene Absicht aus den göttlichen Schriften zu begründen, rekurriert er auf die weisesten Väter, wie er glaubt, mit den 131

Oratio II Contra Arianos, Kap. 64: PG 26, 284 A 9 - Β 8; vgl. Kap. 62: PG 26, 277 C 7f.280 A 5f.l4f. Vgl. ferner Weber, ΑΡΧΗ, 145f und Grillmeier, Jesus der Christus Bd. 1, 112f. 132 v g i . Hübner (Die Einheit des Leibes, 172 u. Anm. 16) und Grillmeier, Jesus der Christus, Bd. 1, 115-117. 133 De perfectione: 201, 10-13 Jaeger (Gregorii Nysseni Opera VIII/1, Leiden 1952). 134 De perfectione: 201,13-202,19 Jaeger; Contra Eunomium Lib. III, Tom. II: 70,1371,2 Jaeger (Gregorii Nysseni Opera II/2, Leiden I960 2 ); Refutatio Confessionis Eunomii: 343,18-30 Jaeger (a.a.O.); 344,11-20; 345,27-346,10; 347,22-348,2 (a.a.O.). 135 Contra Eunomium Lib. III, Tom. II: 70,10 Jaeger. 136 Contra Eunomium Lib. III, Tom. II: 70,3f Jaeger.

III. Textkritik, Übersetzung und Kommentar: Frgg 17-22

281

Worten: ,was die Weisesten der Väter in ihren eigenen Schriften als ihre Ansicht erklärten.' Eine Ansicht hätten seine eigenen Väter erklärt, sagt Asterius, und eine Meinung (,Dogma') über Gott geschrieben nach ihrer eigenen Neigung.137 Denn der Name ,Dogma' gehört in den Bereich menschlichen Ratschlusses und menschlicher Meinung. Daß sich dies so verhält, beweist uns hinreichend einmal die Dogmatik der Arzte, zum anderen die sogenannten Dogmen der Philosophen. Daß aber das, was dem Senat richtig erscheint, auch jetzt noch Dogmen des Senats genannt wird, weiß, glaube ich, jeder . . . " Frg 18 (87,77) Z u m Text: 204,7: λέγειν V, alle übrigen, vgl. Hansen 2 6 2 / έλέγχειν Schwartz, Zur Geschichte des Athanasius VI, 2 6 2 = Ges. Sehr. Bd. III, 122.

Ubersetzung: „ . . . denn in der Absicht, Euseb,138 der den Brief übel schrieb, zu verteidigen, sagte er, daß er erstens139 den Brief ohne lehrhafte Entfaltung des Dogmas abfaßte, da ja das Schreiben weder an die Kirche noch an Unwissende, sondern an den seligen Paulinus gerichtet war, wobei er ihn deswegen selig nennt, weil er derselben Ansicht wie Asterius war. Nachdem wir also die weisesten Väter des Asterius kennengelernt haben, halte ich es für angemessen, den zu nennen, der der Lehrer des Paulinus und der übrigen gewesen ist. Denn aus dem Brief des Paulinus dürfte uns der, der auch der Lehrer von jenem140 gewesen ist, ganz deutlich werden . . . " Frg 19 (37,32) Z u m Text: 191,4-6: είτα bis ταύτα: von Montagu 22, Gaisford 4 4 und Nolte, 7 5 7 C 3 für Worte Eusebs von Caesarea gehalten. 191,6-12: Baur (Die christliche Lehre, 532 A n m . 18) nimmt das Origenes-Zitat für W o r t e Markells und leitet hieraus Markells grundsätzliche Ablehnung einer „Zeugung aus dem Wesen G o t t e s " ab. 191,10: πρόβλημα V, alle übrigen / προβολή Rettberg 25, Delarue P G 11, 401 Β 2. 191,10: γέννα μεν V, Montagu 2 2 A 9, Rettberg 25, Gaisford 45, Nolte P G 24, 7 6 0 A l / γέννημα Wendland, Klosterman / γένν(ημ)α < γ ε γ ε ν ν η > μ έ ν < ο ν > Koetschau (Origenes, D e prineipiis, G C S 22, 1913, 348,9); vgl. Hansen 2 6 1 . 191,1 lf: έξ αύτοΰ fehlt bei Rettberg 25. 137

Möglicherweise meint Markell auch die technische Bedeutung von προοάρεσις: Richtung, Partei.

138

von Nikomedien.

139

Grammatikalisch ist auch folgende Ubersetzung möglich: „ . . . sagte er erstens, daß

er den 140

Brief..."

seil, von Asterius.

282

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

Übersetzung: „ . . . ohne Besinnung auf die evangelische Lehre schrieb dies Paulinus, da er bekennt, daß einige aus sich selbst heraus so bewegt werden, einige aber aus den Schriften der vorher genannten Männer auf diese Weise geführt worden seien. Danach unterschreibt er am Ende, wie wenn er dem Beweis eine Krone aufsetzen wollte, seinen eigenen Brief mit Worten des Origenes, als ob dieser mehr als die Evangelisten und Apostel überzeugen könne. Dies aber sind die Worte: ,Es ist an der Zeit, bei der Wiederholung von Vater, Sohn und Heiligem Geist, einiges Wenige von dem durchzugehen, was damals ausgelassen worden war. Uber den Vater, daß er unzertrennbar ist und ungeteilt Vater des Sohnes wird, indem er ihn nicht „hervorwirft", wie manche glauben. Denn wenn der Sohn ein „Auswurf" des Vaters ist und ein aus ihm Geborenes in der Art des von Lebewesen Geborenen, wäre sowohl der „Hervorwerfende" als auch der „Auswurf" notwendigerweise ein Körper . . . " Frg 20 (38,32) Zum Text: 191,13: μή V, alle übrigen / μεν Rettberg 25. 191,15: ύπόθεσιν V, Gaisford 45, Nolte, 760 A 8, Gericke 203 / ύπόστασιν Montagu, Annot. ad 21 D ult. (= Gaisford 393 = Nolte, 758 D), Rettberg 25, Scheidweiler 207, Grillmeier, Jesus der Christus, Bd. 1, 420 Anm. 34; vgl. CM 1,4,21: 22,5. 191,15: μαθεϊν V, Gaisford 45, Nolte, 760 A 8 / μή μαθών Montagu, Annot. ad 21 D ult. (= Gaisford, 393 = Nolte, 758 D) / μάτην Klostermann, Scheidweiler 207 / zu tilgen Rettberg 25 („Eieci μαθεϊν quod ex proximis hue irrepsit).

Ubersetzung: „ . . . dies hat Origenes geschrieben, ohne daß er von den heiligen Propheten und Aposteln über die Ewigkeit des Logos lernen wollte; vielmehr erkühnte er sich, da er auf sich selbst größere Stücke hielt, in allen Einzelheiten eine zweite Hypostase des Logos zu beschreiben . . . " Frg 21 (39,32) Zum Text: 191,22: υίοϋ V, Montagu 22 C 11, Gaisford 46, Nolte, 760 Β 9, / + τί Rufin („quid": Pamphilus Martyr, Apologia pro Origene 3, edd. Delarue, P G 17, 561 A 7), Rettberg 26, Klostermann / + διατί Wendland. 191,23f: είναι υίοϋ V, Montagu 22 D 2, Gaisford 46, Nolte 760 Β 11 / είναι, ού γίνεται π α τ ή ρ Rufin („efficitur pater": Pamphilus, Apol. pro Orig. 3, P G 17, 561 A 12), Rettberg 26, Klostermann. 191,25-28: Montagu 22 D 4-8, Gaisford 46, Nolte 760 Β 12 - C 12 halten diese Zeilen für Worte Eusebs von Caesarea. 191,27f: ών ουδέ αν αυτόν Ώριγένει ετι τον λόγον άποδοϋναι δυνατόν ήν Montagu, Annot. ad 22 D 9 (= Gaisford 39, Nolte 759 D).

III. Textkritik, Übersetzung und Kommentar: Frgg 17-22

283

ών ούδ' αυτόν αν Ώριγένη εΐποιμι τον λόγον αποδοϋναι δύνασθαι Rettberg 26f. ώς ούδέ αυτόν αν Ώριγένη, ει τι τον λόγον αποδοϋναι δυνατόν ήν Nolte 760 C If. ώς ούδέ αύτόν αν Ώριγένει εΐποιμι τον λόγον αποδοϋναι δυνατόν είναι Zahn 56 u. Anm. 1. ών ουδέ αύτόν αν Ώριγένη ετι τον λόγον αποδοϋναι δυνατόν ήν Schwartz, Zur Geschichte des Athanasius VI, 262 = Ges. Sehr. Bd. III, 123. ών ουδέ αυτόν αν Ώριγένη εΐποιμι τον λόγον αποδοϋναι δυνατόν είναι Klostermann, Scheidweiler 207f. ώς ούδέ αύτόν αν Ώριγένει εϊ τι τον λόγον αποδοϋναι δυνατόν ήν V. Ubersetzung: „ . . . daß Origenes, als er dies schrieb, eigene Meinungen („Dogmen") gebrauchte, ist daraus offensichtlich, daß er das Eigene oft umstößt. Es ist daher angebracht, sich das, was er immerhin an anderer Stelle über Gott sagt, ins Gedächtnis zu rufen. Er schreibt folgendermaßen: ,Denn Gott begann nicht, nachdem er daran gehindert war, Vater zu sein, wie die Menschen Väter werden, weil sie bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht Väter sein können. Denn wenn Gott immer vollkommen ist und er die Macht besitzt, Vater zu sein, und es schön ist, Vater eines solchen Sohnes zu sein, was zögert er dann und beraubt sich sozusagen selbst des Schönen und wird nicht Vater, seitdem er Vater sein kann? Dasselbe ist gewiß auch über den Heiligen Geist zu sagen.' Wie demnach hielt es der nach ihm selige Paulinus, da Origenes auch dies schrieb, zwar nicht für ungefährlich, 141 dies zu verheimlichen, wohl aber, dies zur Begründung dessen zu verwenden, von dem er das Gegenteil meint, so daß es auch unmöglich gewesen wäre, daß er - wenn überhaupt etwas - Origenes 142 Rede und Antwort gestanden hätte . . . " 1 4 3

141 142

143

Vgl. die Formulierung von Frg 1(65,95): 197,18. Zahn (Marcellus von Ancyra, 56 mit Anm. 1) faßt die Stelle sachlich richtig auf. Nach Rettberg (Marcelliana, 27) und Gericke (Marcell von Ancyra, 204) ist Origenes selbst des Subjekt der Rechenschaftsabgabe. Scheidweiler (Marcell von Ancyra, 207f) verkehrt die Intention Markells ins Gegenteil, indem er übersetzt: „er hielt es für angebracht, diese Aussage als eine nicht ungefährliche zu verheimlichen." Syntaktisch verknüpft Markeil hier ein ώς mit Verbum finitum, das eine reale Folge ausdrückt (nämlich die reale Unmöglichkeit, daß Paulinus aufgrund seines Unverständnisses des vorliegenden Textes Origenes Rede und Antwort stehen kann) mit einem Indikativ mit αν, der bei den historischen Zeitformen eine irreale Aussage meint, „welche unter irgendeiner Bedingung, unter Umständen, eintreten konnte (seil, wenn Paulinus seine Interpretation zu Lebzeiten des Origenes vorgetragen hätte), aber nicht eingetreten ist" (R. Kühner/B. Gerth, Ausführliche Grammatik der griechischen Sprache, II/2. Bd., Leverkusen 1955 4 [Darmstadt 1963 5 ], § 586, 513; vgl. Eduard Schwyzer, Griechische Grammatik, HAW II/I, 2. Bd., München 1988 5 , 680f).

284

C. Untersuchung des O p u s ad Constantinum Imperatorem

Frg 22 (88,78) Ubersetzung: „ . . . und doch, wenn die Wahrheit über Origenes gesagt werden soll, ist es angemessen, dies zu sagen: kaum hatte er sich von den philosophischen Gegenständen abgewandt und den Umgang mit den göttlichen Lehren vorgezogen und vor dem genauen Verständnis der Schriften wegen der Fülle und Wertschätzung der nichtchristlichen Bildung schneller als nötig zu schreiben begonnen, wurde er von den Lehren der Philosophie auf Abwege geführt und hat einiges wegen ihnen nicht gut und richtig geschrieben. Offensichtlich: denn noch im Bewußtsein der Lehrsätze („Dogmen") Piatos und seiner Unterscheidung 144 der Anfänge („Prinzipien"), schrieb er ein Buch über 145 die Anfänge, und gab dem Buch diesen Titel. Davon ist der größte Beweis, daß er nicht von irgendwo anders den Beginn des Textes oder die Überschrift des Buches hernimmt, als vielmehr von den von Plato gesagten Worten. Zu Beginn hat er nämlich folgendermaßen geschrieben: ,Die Glaubenden und die UberzeugtenDieses Wort dürftest du so gesagt in Piatos Gorgias finden Kommentar zu den Frgg 17-22: In den vorliegenden Frgg 17-22 bleibt die Auseinandersetzung um die rechte Bestimmung des göttlichen Vater-Sohn-Verhältnisses weiter thematisch. Sie wird jedoch nicht mehr anhand der Titel Jesu Christi geführt und nur indirekt im Blick auf die Differenzierung zwischen der ewigen Vater-SohnBeziehung und der inkarnatorischen. Diese Differenzierung ist jedoch insofern präsent, als Markells Polemik gegen die platonische und origeneische των άρχων διαφορά von seinen Ausführungen zur άνωθεν αρχή nach Joh 1,1 (Frg 3[43,37]) und zur αρχή απάντων nach Kol 1,18 (Frg 11[8,8]) herkommt und hinführt zur folgenden Auslegung (Frgg 23-46) von Prov 8,22ff (κύριος εκτισέν μ,ε αρχήν όδών αύτοϋ . . . ) . Im Vordergrund steht jedoch jetzt die Frage der Legitimation der beiden sich bekämpfenden Theologien. Auch dieses Thema hatte Markeil schon angesprochen, als er in Frg 1(65,59) berichtete, Asterius sage von sich selbst, daß er seinen Glauben aus den göttlichen Schriften gelernt habe, und in Frg 2(34,29), als er Asterius des Abfalls von dieser Ankündigung zeiht, da dieser als Quelle seiner Theologie die Weisesten der Väter und deren eigene Schriften benannte. Markell greift nun in Frg 17(86,76) einen Satz aus den Worten des Asterius (Frg XVIII Bardy), die er in Frg 2 vollständiger zitiert hatte, wieder auf. Er lautet: δπερ ol σοφώτατοι των πατέρων 144

145

Zahn (Marcell von Ancyra, 57 mit Anm. 1) übersetzt inkorrekt: „Bedeutung ,Principien"'. Klein zu schreiben, da hier noch nicht als Buchtitel gemeint.

der

III. Textkritik, Übersetzung und Kommentar: Frgg 17-22

285

έν τοις οίκείοις συντάγμασιν άπεφήναντο.146 Markell fährt in indirekter Rede fort: „Eine Ansicht hätten seine eigenen Väter erklärt, sagt Asterius, und eine Meinung (,Dogma') über Gott geschrieben nach ihrer eigenen Neigung (προαιρέσεως)."147 Für den zweiten Teil des Satzes fehlt der direkte Beleg; er wird aber im Blick auf die Vokabel „Dogma" durch das Asterius-Zitat (Frg XVII Bardy) im folgenden Frg 18(87,77) gegeben, nach dem Asterius den Brief Eusebs von Nikomedien mit den Worten verteidigte, daß Euseb den Brief ohne lehrhafte Entfaltung des Dogmas abgefaßt habe, da ja das Schreiben weder an die Kirche noch an Unwissende, sondern an den seligen Paulinus gerichtet gewesen sei.148 Die Rede Markells von der „eigenen Neigung" seiner Gegner scheint eine Folgerung zu sein, die Markell zieht.149 Da Asterius ferner einerseits den Euseb von Nikomedien verteidigt, dieser aber andererseits den Paulinus - wie Markell meint - wegen der Ubereinstimmung in der Theologie selig nenne, kann Markell beide als die „Weisesten der Väter" des Asterius identifizieren. Deren und der übrigen Lehrer hinwiederum ist Origenes, wie aus dem Brief des Paulinus (Urk. 9) hervorgeht. 150 Denn Paulinus habe seine Ausführungen mit Worten des Origenes (De principiis IV,4,1[28]) „gekrönt". Daneben gibt Paulinus zu erkennen, daß einige seiner Freunde auch von sich aus zu ihren theologischen Ergebnissen gelangt seien.151 Markell glaubt nun, Origenes einen Widerspruch zwischen De principiis IV,4,1 und einem Text aus dem ersten Buch De Genesi nachweisen zu können. Die Stelle De principiis IV,4,1 habe Origenes noch unter Verwendung von „eigenen Dogmen", die sich auf die „Dogmen Piatos" gründeten, abgefaßt.152 Markells Ziel in den Frgg 17-22 ist der Beweis, daß die Theologie des Asterius und seiner theologischen Väter nicht der wahren Erkenntnis, nicht den göttlichen Schriften, nicht der evangelischen Lehre und nicht den Propheten und Aposteln entspricht und daher nichtkirchlich ist.153 Zur Erreichung dieses Zieles verknüpft er zwei Argumentations146 147 148 149

150 151 152 153

Vgl. 203,28f mit 190,19f. 203,29f. 204,2-4; Asterius bezeichnet die Gnostiker als „δογματίζοντνες" (Frg 2: 190,22). In der stoischen Ethik sind die Begriffe „δόγμα", „προαίρεσις" und „γνώμη" eng miteinander verknüpft: nach Epiktet handelt der Stoiker auch in einer Grenzsituation nicht aus Zwang, sondern nach seiner eigenen sittlichen Einstellung („Dogma") durch seine Entscheidung (προαίρεσις) zur Tat, die dann sowohl im Einklang mit der eigenen Einsicht (γνώμη) als auch mit derjenigen Gottes geschieht (Epiktet, Diss. 1,17,20-29: 65,9-66,10 Schenkl, BSGRT, Leipzigl916 2 [Stuttgart 1965]; vgl. Pohlenz, D i e Stoa. Bd. I, 332-4 und Bd. II, 164, Göttingen 1984 6 ). Frg 18(87,77). Frg 19(37,32). Frgg 20(38,32), 21(39,32), 22(88,78). Frg 17: 203,25f; Frg 18: 204,3; Frg 19: 191,1; Frg 20: 191,12f; Frg 22: 204,10-15.

286

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

ebenen miteinander. Auf der einen Ebene begründet er diese Behauptung mit der gegnerischen Rede von der Apophasis und vom Dogma, mit der Berufung der Gegner auf andere Theologen und auf eigene Beweggründe. Dabei zieht er aus den Aussagen des Asterius, Paulinus und Origenes Konsequenzen, die letztere niemals beabsichtigten und deren Berechtigung insbesondere im Blick auf den Dogmenbegiff äußerst fraglich ist. Eine andere Ebene dagegen ist diejenige der theologischen Sachaussage. Betrachten wir zunächst die erste Ebene. Hier ist offensichtlich, daß die Wendungen „eine Meinung erklären" und „von sich aus so bewegt werden" nicht ausreichen, um die mangelnde Schriftgemäßheit derer zu erweisen, die sie gebrauchen. Ferner beweist die Schriftbindung des Asterius nach Frg l 1 5 4 und die Aufforderung des Euseb von Nikomedien an Paulinus von Tyrus (,,μάλισθ' δταν κατά άκολουθίαν της γραφής και τοις ιχνεσι των λόγων αυτής και των βουλημάτων έθέλοις γράφειν... ),155 daß die Kollukianisten ihrem Selbstverständnis nach Schrifttheologen sein wollen und sie daher eine Berufung auf die „Weisesten der Väter" auf keinen Fall alternativ zu ihrer Bibelbezogenheit gemeint haben können. Ferner ist es eine reine Definitionsfrage, ob wie Markeil es tut - der Dogmenbegriff in Analogie zu den medizinischen Regeln, den philosophischen Lehrsätzen und den Senatsbeschlüssen dem menschlichen Meinen und Beschliessen im Gegensatz zum Wort Gottes und den Lehren der göttlichen Schriften zugewiesen wird. 156 Immerhin könnten sich die Kollukianisten auf Tatian157 und Athenagoras 158 berufen, die diese Vokabel gerade im Gegensatz zu Philosophie und menschlicher Meinung für die Inhalte der gottoffenbarten Lehre verwandten. 159 154 155 156

157

158 159

1 97,13f = Frg XXb. Bardy. Urk. 8,2: 15,8f Opitz, Athanasius Werke III/l. Harnack stellt zwar den Schlußsatz von Frg 17(86,76) seiner Dogmengeschichte als Motto voran, weicht aber in der Definiton des Dogmenbegriffes von Markeil ab: „Die Thorheit ist mir nie in den Sinn gekommen, das Dogma und die griechische Philosophie zu identificiren, . . . " (Lehrbuch der Dogmengeschichte, Bd. I, 24 Anm. 1). Oratio ad Graecos 12,5: 26 Whittaker, OECT, Oxford 1982 (= 14,4f Schwartz); Oratio ad Graecos 19,2: 38 Whittaker (= 21,7-11 Schwartz). Legatio 11,1: 22 Schoedel, OECT, Oxford 1972. Vgl. ferner Origenes, Matthäuserklärung I: 122,16-8 Klostermann/Benz, GCS 40, Leipzig 1935; Euseb von Caesarea DE VIII, Prol. 3: 351f Heikel. - Eph 2,15 wird von Ptolemäus (Epistula ad Floram 6,6: Epiphanius, Pan. haer. 33: 456,9 Bd. I Holl, GCS 25, Leipzig 1915),Tertullian (Adv. Marcionem V,17,15: 716,4-8 Kroymann, CChr.SL Bd. I, 1954) Origenes (Epheserkommentar: § XII,Zeile 20f = 407 Gregg, The Commentary of Origen upon the Epistle to the Ephesians: Part II. The Text: Eph 1,15 - IV,26, JThS 3[1902]) und Euseb (CM 1,4,16: 20,24-26) im dogmenbejahenden Sinne verstanden. Nachmarkellische Belege bei Tetz, Markeil II, 29 Anm. 90.

III. Textkritik, Übersetzung und Kommentar: Frgg 17-22

287

Eben diese Lehrinhalte sind daher auch die andere und die eigentliche Ebene, auf der der Nachweis eines Abweichens von den biblischen Gehalten hin zu menschlichen und philosophischen Meinungen zu führen wäre. 160 In Frg 20 sagt nun Markell hierzu, daß Origenes nicht von den Propheten und Aposteln die Ewigkeit des Logos lernen will, sondern aus eigener Willkür eine δευτέρα ύπόστασις lehre. Diese Kritik an der Theologie des Origenes folgert Markell zumindest auch 161 aus dem Zitat von De principiis IV,4,1(28), mit dem Paulinus seinen Brief „gekrönt habe" und das Markell im vorangehenden Frg 19 wiedergibt. In diesem Text wendet sich Origenes - wie oben in Frg 2 Euseb von Nikomedien in der Wiedergabe des Asterius 162 - gegen eine gnostische Zeugungsvorstellung. Dies bedeutet, daß der Vater ,,ώς αδιαίρετος ων αμέριστος υίοϋ γίνεται πατήρ". 163 Euseb hat das Fragment wieder so beschnitten, daß der Eindruck entstehen kann, Markell bejahe die gnostische Vorstellung der προβολή. Daß dies ausgeschlossen ist, wird aus anderen Fragmenten deutlich. 164 Frg 20 (Stichwort: „zweite H y postase") und das folgende Frg 21 zeigen vielmehr, daß Markell an dem zitierten Text aus De principiis das Vater werden165 des Vaters kritisiert: „Denn Gott begann nicht . . . , Vater zu sein, wie die Menschen Väter werden . . . Denn wenn Gott immer vollkommen ist und er die Macht besitzt, Vater zu sein . . . , was zögert er dann . . . und wird nicht Vater, seitdem er Vater sein kann?" Da Markell die Ewigkeit des Logos für die Lehre der Propheten und Apostel hält, kann er jetzt in Frg 21 die zitierten Worte des Origenes aus De Genesi Buch 160

Die Verbindung beider Ebenen vonseiten Markells ist vielleicht durch die (freilich gewaltsame) Identifikation der „Häresie" (Frg 1 [65,59]: 197,19) der Arianer und Kollukianisten, die durch Formulierung von „Dogmen" gekennzeichnet ist, mit der Definition einer philosophischen Schulrichtung (αΐρεσις), die sich durch eine Summe zusammenhängender Lehrsätze (δόγματα) konstituiert, motiviert (Vgl. Sextus Empiricus, ΠΥΡΡΩΝΕΙΩΝ ΥΠΟΤΥΠΩΣΕΩΝ I,8,16f: 8 Mutschmann/Mau, Sexti Empirici opera, Vol. I, BSGRT, Leipzig 1968 2 . - Diogenes Laertius, Vitae Philosophorum Vol. I, Prol. 1,20: 8 Long, O C T , Oxford 1964. - Pseudo-Galenus, Περί φιλοσόφου Ιστορίας 7, Doxographi Graeci: 603f Diels, Berlin 1879; Clemens von Alexandrien, Strom. VII,V,16,2: 89,24 Bd. III Stählin/Früchtel/Treu, GCS 17, 1970 2 ).

Marcel Simon (From Greek Hairesis to Christian Heresy, in: Early Christian Literature and the Classical Intellectual Tradition, In honorem R. M. Grant, hrsgg. von Wiliam R. Schoedel/Robert L. Wilken, ThH 54, Paris 1979, 101-116 = in: Le Christianisme antique et son contexte religieux, Scripta Varia Vol. II, W U N T 23, Tübingen 1981, 821-36) weist die jüdischen und christlichen Verwendungen des Begriffs αΐρεσις im neutral-paganen Sinn nach (104-106[824.826]). 161 Auf wieviele Origenestexte sich Markell bezieht, ist nicht eindeutig; Euseb sagt unpräzise: „ . . . nach dem Zitat der Origeneischen Worte . . . " (CM 1,4,21: 21,23). 162 Siehe oben 255f. 1 6 3 191,8f . 164 F r g g 47-50(66-69,60). 165 So richtig Rettberg, Marcelliana, 28.

288

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

I als bibelgemäß beurteilen und eine Selbstkorrektur des Origenes gegenüber De principiis IV,4,1(28) feststellen. Obwohl Origenes durch die Verwendung der Temporalkonjunktion „seitdem" den zeitlichen Aspekt weiterhin anklingen läßt, fühlt sich Markeil berechtigt, aus dem Einschluß der Vaterschaft in die immerwährende Vollkommenheit Gottes vonseiten des Origenes, mit welcher letzterer selbst die Unmöglichkeit eines Anfanges der Vaterseins Gottes begründete, die Ewigkeit des Logos und Sohnes ausgesagt zu finden. Markells erster Verdacht gegen Asterius aus Frg 1: „Wenn er aber unter Verfehlung der göttlichen Macht (θεία δύναμις) . . . den Vater allzu menschlich wie bei uns Vater nennt und den Sohn Sohn . . . " wird durch Origenes dahingehend präzisiert, daß es sich bei der göttlichen Macht um die „Potenz" (δύναμ,ις) Gottes handelt, ewig einen Sohn zu haben, und bei der „eher menschlichen" Vorstellung um die Vorstellung eines Vaterwerdens Gottes. Aus Frg 21 geht hervor, daß vor Markeil schon Paulinus diesen Text des Origenes herangezogen hat. Denn Markeil polemisiert, es wäre Paulinus zu gefährlich erschienen, diese Worte des Origenes totzuschweigen. Markell kennt sie wahrscheinlich überhaupt auch nur aus diesem Brief.166 Sie dienten Paulinus nicht als „Krönung" sei166

Die Quelle für die Origenes-Zitate und die Argumente ist für beide Seiten die Apologie des Pamphilus (Harnack [Die Geschichte der altchristlichen Litteratur bis Eusebius 1/2, Leipzig 19582, 545.580 und II/2, Leipzig 1958 2 , 105] hält Pamphilus für den „eigentlichen" Verfasser der Bücher 1-5). Dort erscheinen nämlich beide Zitate in identischer Abgrenzung wie bei Paulinus bzw. Markell (De Genesi Buch I: P G 17, 560 C 14 - 561 Α 11[14]; De principiis IV,4,1 [28]: P G 17, 582 C 8 - 583 A 10[12]). Unter der Voraussetzung, daß Rufin nichts hinzugefügt hat (außer wohl des Einschubes von „quod non sit Pater antequam Filius, sed coaeternus sit Filius Patri"), zeigt der folgende Vorspann des Pamphilus zum ersten Zitat, woher Markell seine These des Selbstwiderspruches des Origenes bezogen hat: „Unum istud testimonium de deitate Filii Dei ex illis libris protulimus, qui maxime ab accusatoribus arguuntur. Dubium autem non est, quod eodem sensu etiam in caeteris sentiat, nec sit ipse contrarius. De eo quod non sit Pater antequam Filius, sed coaeternus sit Filius, in primo libro De Genesi haec ait: Da vorauszusetzen ist, daß die Schrift „De Genesi" (ein Genesiskommentar?) nicht verbreitet war, beweisen je eine Stelle bei Alexander und Athanasius, denen dieses Origenes-Zitat zugrunde liegt, daß die Apologie des Pamphilus als OrigenesChrestomathie verwendet wurde. Alexander: ,,άεί δέ παρόντος αΰτώ τοϋ υίοϋ, αεί έστιν ό πατήρ τέλειος, ανελλιπής τυγχάνων εν τω καλώ . . . " (Urk. 14,26: 23,29f Opitz, Athanasius Werke III/l). Bei Athanasius befindet sich der Bezug auf den Gedanken des Origenes in einem größeren Zusammenhang, der eine menschliche Gottesvorstellung kritisiert (Oratio I Contra Arianos, Kapp. 21-29: P G 26, 56 Β bis 73 A) und in einem engeren, der gegen eine Sohnesvorstellung im Sinne eines Teiles Gottes polemisiert (a.a.O. 28: P G 26, 69 A 4 - 72 A 6). Athanasius bemerkt, daß auch ein Mensch sein Kind ewig bei sich hätte, „ . . . el μή φύσις ένεπόδιζε και έκώλυε χό δύνασθαι." (a.a.O. 26: PG 26, 68 Α 3f). Etwas später formuliert er: „και εστι και αυτή ή σοφία ού πάθος ούδέ μέρος, άλλα γέννημα ίδιον τοϋ πατρός, δια τοϋτο αεί πατήρ, κα'ι

III. Textkritik, Übersetzung und Kommentar: Frgg 17-22

289

nes Briefes, denn dafür sparte er sich den gegen eine Teilung Gottes gerichteten antignostischen Text aus, das Hauptargument gegen alle Theologen, die Gott tatsächlich als eine Usie denken wollten. Obwohl Paulinus das Origeneszitat natürlich positiv für sich und seine Freunde in Anspruch genommen hat, dreht Markell den Spieß um und behauptet, Paulinus habe sich zuunrecht auf diese Worte bezogen, da dessen eigene Meinung der Aussage von De principiis IV,4,1 (28) entspräche und somit das Gegenteil von ihnen sei, so daß er nicht einmal mehr mit dem Origenes von De Genesi Buch I übereinstimme. Freilich, so führt Markell den Gedanken weiter, sei dieser Widerspruch schon in Origenes selbst angelegt, nämlich im Gegensatz zwischen dem frühen noch teilweise heterodoxen und dem späten orthodoxen Origenes. Der jüngere Origenes der Schrift De principiis sei noch unter dem Einfluß der platonischen Unterscheidung der άρχαί gestanden. 167 Die Polemik Markells gegen einen zeitlichen Anfang des Sohnes Gottes als einer δευτέρα ύπόστασις schließt aus, daß Markell gegen eine solche Sohnesvorstellung bei Origenes polemisiert, die den Sohn im Sinne der Materie (oder der Ideen) als zweites (oder drittes) ungewordenes168 Prinzip auffaßt, das zur μία αρχή in Konkurrenz träte. Vielmehr meint er die (in heutiger Terminologie) „mittelplatonische" 169 Konzeption eines δεύτερον αίτιον oder einer δευτέρα αρχή, 170 ούκ έπιγέγονε τώ θεώ τό πατήρ, Ινα μη και τρεπτός είναι νομισθη. Εί γαρ καλόν τό είναι αυτόν πατέρα, ούκ αεί δέ ήν πατήρ· ούκ αεί αρα τό καλόν ήν έν αύτώ" (a.a.O. 28: PG 26, 69 D 3 - 72 Α 6). 167 p y r d i e s e Abhängigkeit von Plato verweist Markell auf den Anfang von De principiis („Ol πεπιστευκότες και πεπεισμένοι"), denn diese Worte könne Konstantin in Piatos Dialog Gorgias (454 d-e) finden. Görgemanns/Karpp (Origenes. Vier Bücher von den Prinzipien, Texte zur Forschung 24, Darmstadt 1976, 83 Anm. 1) halten einen Bezug des Origenes auf Plato für unwahrscheinlich und verweisen auf II Tim 1,12 und Justin, Apol. I, 8,3 (passim) als möglichen Bezugspunkt des Origenes. Welcher Quelle Markell hier folgt, ist ungewiß. Den Kontext des „Gorgias" kennt er nicht, denn dort wird der „Glaube" gegenüber dem Wissen negativ bewertet. Sokrates und Gorgias unterscheiden nämlich im Zuge der Analyse des Wesens der Rhetorik eine solche Überzeugung/Überredung (πειθώ, πεπεισμένοι), die Wissen hervorbringt (μάθησις, μεμαθηκότες, επιστήμη), von einer solchen, die bloßen „Glauben'VDafürhalten (πίστις, πεπιστευκότες) ohne Wissen darbietet. Denn die πίστις könne eine π. ψευδής sein, was bei der επιστήμη unmöglich ist. 168 Vgl. Apuleius (De Piatone et eius Dogmate 1,5: 64 Beaujeu, CUFr, Paris 1973); Diogenes Laertius (Vitae Philosophorum 111,77: 152,6f Vol. I Long, 1964, vgl. 111,69: 149,12-16); Hippolyt (Refutatio 1,19,4: 20,2f Wendland, GCS 26,1916); Clemens von Alexandrien (Strom. V, XIV,89,4: 385,5-7 Stählin/Früchtel, GCS 15, I960 3 ); Euseb von Caesarea (CM 1,4,27: 23,20-23; ΡΕ II; XIII,15,8: 233,13-18 Bd. II Mras/Des Places, GCS 43/11, Berlin 1983 2 ). 169 Schwartz (Zur Geschichte des Athanasius VIII, 402 Anm. 2 = Ges. Sehr. Bd. III, 233 Anm. 1) nennt sie noch neuplatonisch. 170 Mit diesen beiden Wendungen bezeichnet Markell in De saneta ecclesia § 17 (Zeilen 86-90 Mercati, StT 5 [1901] 98) die Lehre der Gegner, welche sie von Apelles über-

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C . Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

von der nach der Erkenntnis der Späteren die apologetische und origenistische171 Theologie beeinflußt ist. 172 Im Selbstverständnis Eusebs von Caesarea freilich ist in diesem Punkt Plato wiederum von den „Dogmen" der Hebräer abhängig.173 Auf der Ebene der theologischen Sachaussage wendet sich Markeil also in den Frgg 17-22 gegen eine Auffassung vom Sohne Gottes, nach der dieser eine zweite Hypostase oder ein zweites Prinzip neben dem „o θεός" sei. Denn dann gäbe es einen Anfang des Sohnes und des Vaterseins Gottes. Wir hatten eingangs festgestellt, daß die Beweisabsicht Markells in den Frgg 17-22, seine Gegner als platonische und damit unbiblische und unkirchliche Theologen zu qualifizieren, von der Beurteilung dieser Sachaussage abhängt, da die Kollukianisten selber sich wie Markeil an der Schrift orientieren wollen. Anders läge der Fall nur dann, wenn Markell eine solche Traditionskritik übte, die grundsätzlich alle kirchliche Uberlieferung und nachbiblische Lehrformulierung verurteilte. Dies tut aber Markell aber auf keinen Fall: er kennt eine apostolische Uberlieferung174 und benennt die „gottgemäßen" Vorfahren als seine Lehrer im Glauben. 175 Diese Vorfahren differenziert er in drei Gruppen: (1) die Apostel, (2) deren Nachfolger176 oder Jünger und (3) wiederum deren Nachfolger, die Bischöfe. Dem entspricht es, daß Markell in Frg 17 nicht die „Väter" als solche ablehnt - wie uns Euseb von Caesarea glauben machen will -, sondern diejenigen Väter, die Asterius für die weisesten hält. 178 Von daher ist die These von Martin Tetz 179 zu überprüfen, nach der Markell, wenn er in der Epistula ad Aniochenos Kap. 11 von „Vätern" spricht, nur die biblischen

nommen hätten, der die „Zwei-Prinzipien-Lehre" Markions so modifiziert habe, daß er ein Prinzip lehrte, das ein zweites Prinzip erschuf. 171

Die Einführung des Begriffes ΰπόσιασις in die Gotteslehre ist möglicherweise christlichen Ursprungs; siehe dazu Abramowski, Dionys von R o m (+268), 2 6 8 - 2 7 2 .

172

Siehe dazu insbesondere Friedo Ricken, Die Logoslehre des Eusebios von Caesarea und der Mittelpiatonismus, ThPh 4 2 ( 1 9 6 7 ) 341-358; ders., Zur Rezeption der platonischen Ontologie bei Eusebios von Kaisareia, Areios und Athanasios, ThPh 53(1978) 3 2 1 - 3 5 2 = in: Metaphysik und Theologie, hrsg. von Klaus Kremer, Leiden 1980, 92-147. Ρ Ε II; X I , 1 6 : 37,7-38,7 Mras/des Places, G C S 43/11, 1983 2 ; vgl. Ρ Ε I; VII,11-15: 3 8 2 - 3 9 5 Mras/des Places, G C S 4 3 / 1 , 1982 2 . Frgg 31(14,12): 187,20 u. 115(98,87): 206,12.

173

174 175

Epistula ad Iulium: 215,33-35.

176

Frg 45(27,22): 189,13.

177

D e sancta ecclesia § 3: Zeilen 18-20 Mercati, 95.

178

203,27.

179

Markell II, 30f.

III. Textkritik, Übersetzung und Kommentar: Frgg 17-22

291

„Väter" des alten und neuen Testamentes meine. 180 Ferner akzeptiert Markell durch die Aufnahme des altrömischen Bekenntnisses 181 den Tatbestand, daß es in der kirchlichen Uberlieferung traditionell geformte Sprache gibt, die nicht buchstäblich in der Bibel steht und dennoch mit ihr übereinstimmt: wie für Euseb ist im Selbstverständnis Markellsm die Kirche der Raum, in dem die Lehre und der Glaube der Evangelisten und Apostel als mit sich selbst identische Uberlieferung durch die kirchlichen Uberlieferungsträger weitergegeben und bewahrt wird. 183 Das Besondere der Auseinandersetzung zwischen Markell und Euseb ist demnach im Blick auf die in den Frgg 17-22 tangierten Fragen nicht der Gegensatz zwischen Schriftautorität und Dogmen- bzw. Kirchenlehrerautorität. Das Neue ist vielmehr, daß sich - freilich im Rahmen zweier ganz unterschiedlicher Theologien - zwei kirchliche Gruppierungen, die beide jeweils die gesamte biblisch-kirchliche Tradition auf sich beziehen wollen und sich in ihrer Gegenwart jeweils für die erdumspannende Kirche halten, gegenseitig für häretisch erklären.184 Dieser jeweils eigene universale, ja fast totalitäre, ekkle180

Die Stelle lautet in der Übersetzung Caseys (21,48 - 22,3): „Wherefore in the first place let us give a true account as we have received „it" from the Fathers, for we learn from the Fathers what we want to teach, as also they learned from those before them. The Man, then, is also called „Son of Man", and „Lamb" and „Adam" and „Rock" and „Cornerstone" and is called also by a number of names, not having come into being naturally from his prescribed parents but spoke and acted in parables in account of the dispensation." Tetz folgert aus der sowohl alttestamentlichen als auch neutestamentlichen Bezeugung der aufgezählten christologischen Namen, daß Markell hier mit „Väter" nur die biblischen Väter, d. h. die alttestamentlichen und neutestamentlichen Schriftsteller meine, die voneinander gelernt hätten. Warum sollten aber nicht auch „kirchliche Väter" sowohl atl. und ntl. Stellen lehren?

181

Epistula ad Iulium: 215,19-24.

182

Hiervon ist die Frage zu unterscheiden, die unsere These bestimmt, nämlich, ob Markells Theologie aus unserem heutigen Blickwinkel eine reichstheologische Prägung besitzt. Markell: De sancta ecclesia § lf: Zeilen 7-10 Mercati, 95; Epistula ad Iulium: 214,15; 215,12-14.34f. - Euseb: C M 1,1,9.12: 3,5-9.24-27; C M 1,1,14: 4,5f; C M 1,4,8: 19, 1-6; E T 1,1,2: 62,19-21. Das Urteil Berkhofs (Die Theologie des Eusebius von Caesarea, 145 [142-147]): „ . . . bei Eusebius fällt die Autorität der Kirche mit der Autorität der Schrift zusammen" gilt daher ebenso für Markell. Berkhof (a.a.O. 146) hält die „ungeschriebene Tatsache(n)" der „Ausbreitung und Größe" der Kirche für die von Euseb gemeinte „Versiegelung" der „göttlichen Schriftstücke" durch die nichtschriftliche Überlieferung (CM 1,1,36: 8,23-25). Hier liegt eher eine Polemik gegen Markells Behauptung der Unkirchlichkeit der theologischen Eigeninitiative des Origenes (Frg 21: 191,16) und der Freunde des Paulinus (vgl. Frg 19: 191,2) vor.

183

184

Diesen Anspruch gab es vonseiten der „Großkirche" freilich schon seit dem Kampf gegen den Gnostizismus; vom Blickwinkel der Häresien (ich meine hier nur diejenigen, die eine Ekklesiologie ausgebildet haben) aber noch nicht. Diese hielten

292

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

siologische Anspruch ist die Ursache für die Härte, Ausschließlichkeit und offensichtliche Uberzeichnung der Polemik. Für Markeil geht es nicht mehr um einen Streit um die rechte Exegese, um das schriftgemäße Formulieren von christlichen Lehrsätzen, sondern darum, den Gegnern den Bezug auf die Bibel und auf die Theologie (vgl. seine Definition von „Dogma") überhaupt abzusprechen. Die Reaktion Eusebs liegt zum einen auf derselben Ebene, 185 zum anderen besteht sie in einem gehäuften Gebrauch und damit einer gewissen Veräußerlichung des Adjektivs „kirchlich" 186 und infolge davon mindestens in einem Fall in der ekklesiologischen Annexion eines soteriologischen Begriffs. 187

185

186

187

sich selber zwar immer ebenfalls für die „wahre" Kirche, jedoch in einem elitären Sinn, so daß die Existenz einer „Großkirche" entweder sogar von der ekklesiologischen Theorie gefordert (Gnostiker) oder zumindest einkalkuliert war (Montanisten: spezielle Offenbarungen, besondere Orte; Novatianianer: ethische Elite; für die Markioniten trifft einerseits dasselbe zu, insofern ihre Kirche gnostischen und rigoristischen Charakter hat, zum anderen wollen sie im Blick auf die Tradition durch die Beschneidung des Kanons ganz bewußt nicht gesamtkirchlich sein). - Origenes ζ. B. verteidigt gegenüber Celsus die Bemühungen der Sekten um Wahrheit und die Nützlichkeit der Kenntnis der Sekten für den lernenden Christen (Contra Celsum III,12f: 211,18-213,12 Koetschau, GCS 3, 1899). Markell gleiche dem Sabellius (vgl. wegen der Fülle der Stellen das Namenregister 223f), Paul von Samosata (ET 1,14,2: 74,17-20; ET 1,20,43-45: 88,7-22; ET 111,8,4: 164,23-26), Ebion (ET 1,14,1: 74,13-17; ET 1,20,43: 88,4-7), Juden (vgl. das Namensregister), Hellenen (ET 1,8,2: 66,10-13; ET 1,16,6: 76,29-33; ET 1,20,93: 97,15-18), Simon Magus (ET 11,9,4: 109,4-6) und weiteren unbenannten Häretikern. Markell verstünde weder die Propheten (CM 1,2,1-10: 9,1-10,23), noch das Evangelium (CM 1,2,10-16: 10,23-11,21), noch das apostolische Wort (CM 1,2,17-25: 11,21-13,1) noch den Charakter der Proverbien als Weisheitsliteratur (CM 1,2,251,3,18: 13,1-17,29). Anläßlich der Proverbienexegese Markells stellt Euseb den Markell als den wahren Griechen und Philosophen hin, ohne Kunde της των θείων γραφών θεωρίας (CM 1,2,30: 13,25-37; C M 1,3,9.20: 16,4-6; 17,21-23); etc. Vgl. „Kirchliche Theologie" (ET 1,1,2: 62,10); „kirchliche Schriften" (CM 1,4,8: 19,3f); „kirchliche Lehre" (CM 1,3,18: 17,28f); „kirchliche Männer" (CM 11,4,23: 56,33f); „kirchliche Väter und Lehrer" (CM 1,4,3: 18,11; CM 11,4,21: 56,17; ET 1,14,2: 74,20); „kirchlich Schreibende" (CM 1,4,1: 17,30); „kirchlicher Glaube" (CM 1,4,63: 30,26f). Zum Begriff „Kirchenvater" vgl. Tetz, Markell I, 219, Anm. 10 und dens., Markell II, 29. „Kirchliche Gnade" (CM 1,1,6: 2,23).

III. Textkritik, Übersetung und Kommentar: Frgg 23^6

293

Frgg 23-46: D i e Vorherbestimmung und die Verwirklichung der „zweiten Ö k o n o m i e nach dem Fleisch" und der Kirche (Prov 8, 22-25) Frg 23 (125,112) Zum Text: Zum ganzen Fragment vgl. E. L. von Leutsch/F. G. Schneidewin, Corpus Paroemiographorum Graecorum: Tom. I/II, 1839/1851, XXXXIII; zu 212,30-213,6 Klostermann vgl. Winfried Bühler, Zenobii Athoi proverbia, Vol. IV: Libri secundi proverbia 1-40 complexum, 1982, 234.243. 212,23: έδιδάσκετο V, Gaisford 29/έδίδασκες Demosthenes (Kranzrede [265] 324 Dindorf/Blass Bd. I, 19034 = 315 Butcher Bd. I, 19619), Klostermann, (vgl. Montagu, Annot. ad 14 D ult.: έπει και μή έτέρως τις των παρ'αύτοϊς- εγώ δ' εμαθον, εφη . . . , und Nolte, 744 Β 8f: . . . έδίδασκε τα γράμματα. Έ γ ώ δ' έφοίχων, εφη, . . . ). 212,27: δέ 2 V / δή Wendland, Klostermann. 212,30: τί δέ Gaisford 30. 212,30: είρήσθοα V / streichen Gaisford 30, Nolte 744 C 4, Klostermann. 212,30: μήν α θώ V / μήν α θ ε φ Montagu 15 b 3 / ίνα θώ Leutsch/Schneidewin, Corpus Paroemiographorum, Tom I, XX,14, Heyse (App. Gaisford 30), Gaisford 30, Nolte 744 C 4, Klostermann / μ ή μ α θ ώ ν Seibt. 212,31: λεγόμενα πάντων που δια V / λεγόμενα πάντως που, δια τό Gaisford 30, Nolte 744 C 4f / λεγόμενα, πάντως που δια τό Klostermann. 213,5 δοθέντα tilgen ν. Leutsch/Schneidewin, Tom. I, XXI,2 und W. Bühler, Zenobii Athoi proverbia, Vol. IV, 234. 213,20: γεγονότα πολλών V, Montagu 16 A 2, Gaisford 31, Nolte 745 Β 8 /γεγονότα ήν πολλών Heindorf 1 8 8 / γεγονότα, πολλώ Leutsch/Schneidewin, Tom I, XXII,If (vgl. Anm. 1.: Post γεγονότα fortasse excidit εύδοκιμήσαι vel simile verbum) / γεγονέναι Scheidweiler 204 Anm. 1; dagegen Hansen 262.

213,27: τοίς παχέως τε V, Montagu 16 Β 2f, Gaisford 32, Nolte, 745 C 5 / τω πάχει ώστε Petavius 189 / θαυμαστώς ώστε Heindorf/τοΐς παχέσιν ώστε Seibt. 213,35: γεγραφέναι V, Montagu 16 C 5f / γέγραφεν εξ Gaisford 33 (Nauck) / γ έ γ ρ α φ έ τινα Seibt. Ubersetzung: „ . . . denn ich glaube, es ist nichts Abwegiges, dich gegenwärtig an die außerchristlichen Sprichwörter z u erinnern: Entweder er ist tot oder er gibt Unterricht. Es könnte jemand nach d e m Anschein des Buchstabens annehmen, daß dieses Sprichwort gegen die Lehrer gesagt w o r d e n sei, zumal ja auch ein anderer der Ihrigen sagte: 188

189

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Die mit Heindorf gekennzeichneten textkritischen Beiträge konnten in „Piatonis Dialogi Selecti cura Lud. Frid. Heindorfii, Leipzig, 1825-1827, Bde Ι-ΙΙΓ nicht nachgewiesen werden. Iuliani Imp. opera, et S. Cyrilli contra eundem libri decern. Gr. Lat., ed. Hesekiel Spanheim, Leipzig 1696, Annot. ad 67 C 8. Comica Adespota 20: 401 Kock (Comicorum Atticorum Fragmenta Bd. III, Leipzig 1888); v. Leutsch/Schneidewin, Corpus Paroemiographorum, Tom. I, 88.250; Tom. II, 451.

294

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

,Er gab Unterricht,191 ich aber ging zur Schule'.192 Daß es aber nicht so ist, sagten die Geschichtsschreiber. Vielmehr sagen sie: nachdem die sizilianischen Griechen die Athener im Krieg besiegt hatten, verschonten sie diejenigen, die Bildung vorgaben, und nahmen sie als Lehrer für die Kinder mit, während sie alle übrigen töteten. Von ihnen seien aber einige entkommen, und als sie nach der Heimkehr von den Athenern nach ihren Verwandten gefragt worden seien, hätten sie gesagt: ,Entweder er ist tot oder er gibt Unterricht1. Warum wohl, dürfte einer glauben, sei das , Ziege das Messer'm ausgesprochen, ohne daß er vorher das über es Gesagte erfuhr? Doch gewiß sei das Sprichwort deswegen ausgesprochen, weil die Opferziege auf das Messer starrt. Aber die Alten sagten dies keineswegs. Denn das Gesagte wäre auch kein Sprichwort, falls es sich so verhielte. Es wäre nämlich angemessen, dies aus dem äußerlichen Wortlaut zu erkennen.194 Vielmehr sagen sie, daß es über die gesprochen sei, die ihr eigenes Unglück herausfordern. Medea habe nämlich in Korinth, nachdem sie ihre Kinder getötet hatte, das Messer verborgen.195 Als aber die Korinther - einem ihnen gegebenen Orakel entsprechend eine schwarze Ziege als Totenopfer darbringen wollten, habe ihnen ein Messer gefehlt; die Ziege habe aber mit dem Fuß gescharrt und das Messer der Medea gefunden und sei geopfert worden. Jemand sagt: was aber bedeutet das ,Genug an Eiche?196 Denn es ist unmöglich, das Sprichwort aus dem Wortlaut zu verstehen. Wie sie sagten, ernährten sich die Alten vor dem Getreideanbau von Eicheln. Da, wie sie glaubten, diese Frucht später gefunden würde, richteten sie ihre Aufmerksamkeit darauf. Aus Freude über den Wandel sagen sie: ,Genug an Eiche'. Dies, sagten sie, sei die Bedeutung des Sprichwortes. Und da wiederum ein anderes Sprichwort von den meisten ihrer Gelehrten in verschiedenen und zahlreichen Büchern genannt ist, muß ich jetzt daran erinnern, was die Spezialisten unter den Proverbienexegeten über es gesagt haben . . . vielmehr, damit wir Asterius widerlegen, der zwar von den außerchristlichen Kenntnissen her genau 191 192 193

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Vgl. den medialen Gebrauch bei Liddell/Scott s. v. Vgl. oben „Zum Text" zu 212,23. v. Leutsch/Schneidewin, Corpus Paroemiographorum, Tom. I, 9; Tom. II, 94; Bühler, Zenobii Athoi proverbia, Vol. IV, 223-245. Gericke, Marcell von Ancyra, 241: „Das haben die Alten nicht gemeint: die Wendung war wohl (ursprünglich) kein Sprichwort, wenn sie sich freilich auch wie ein solches verhielt (denn das war ja auch schon an ihrer äußeren Form erkenntlich), . . . " Vgl. Euripides, Medea, Zeilen 1378ff Prinz/Wecklein, Euripides Fabulae, Vol. I, Pars. I, BSGRT, 1899. Corpus Paroemiographorum, 102; Theophrast, ΠΕΡΙ Ε Υ Σ Ε Β Ε Ι Α Σ Frg 2: 148,26 Pötscher, PhAnt XI, 1964; Jacob Bernays, Theophrastos' Schrift über die Frömmigkeit. Ein Beitrag zur Religionsgeschichte, Berlin 1866 (Hildesheim/New York 1976), 53f.

III. Textkritik, Übersetung und Kommentar: Frgg 2 3 ^ 6

295

das Besondere eines Sprichwortes kennt, 197 jetzt aber Unwissenheit vortäuscht, damit es so scheint, als ob er durch die Anwendung eines sprichwörtlichen Ausspruches seine eigene Willkür überzeugend begründe. Es heißt aber: ,Die Kunst des Glaukos'}98 Die außerchristlichen Gelehrten, die dieses Sprichwort erwähnten, legten es unterschiedlich aus. Denn der eine von ihnen sagte, Glaukos sei einer gewissen Kunst kundig gewesen, die wunderbarer als viele andere war. Sie sei aber zusammen mit jenem im Meer untergegangen, und keiner habe sie jemals mehr gehört. Ein anderer, der von Glaukos eine hervorragende musikalische Fähigkeit bezeugte, daß er vier metallene Scheiben angefertigt habe, um durch eine passende Abfolge des Anschlagens die Harmonie der Klänge zur Vollendung zu bringen. Aus diesem Grund sei das Sprichwort gesagt. Ein weiterer sagt, daß unter den Weihegeschenken des Alyattes ein Mischkrug mit prachtvollem Untersatz aufgestellt war, ein Werk eines Glaukos aus Chios. Ein anderer ferner, Glaukos selbst habe in Delphi einen Dreifuß geweiht, den er von den Konsistenzen her so konstruierte, daß, wenn er angeschlagen wurde, die Füße, auf denen er stand, der obere Aufsatz, der Kranz um das Becken und die diametral angeordneten Stäbe im Ton einer Leier klangen. Und schließlich noch ein anderer, das Sprichwort sei über einen Glaukos gesagt, der im Rufe stand, noch mehr geschaffen zu haben. Du siehst, wie sich die Schwierigkeit des Sprichwortes auch darin erweist, daß die, die dieses Sprichwort auslegen wollten, nicht einmal für dieselbe Interpretation eintraten. So scheint auch bei den außerchristlichen Weisen das Sprichwort ein nicht leicht lösbares Problem zu sein. Deswegen sammelte einer ihrer Gelehrten die von vielen verschieden gedeuteten Sprichwörter und schrieb einige Bücher über sie, zwei über die metrischen, vier über die ohne Metrum. Diese nannten die Außerchristlichen aber, wie mir scheint, wegen nichts anderem Sprichwörter, als deswegen: nachdem sie auf die Sprichwörter des allerweisesten Salomo stießen und durch sie erkannten, daß nichts von ihrem Inhalt aus dem Wortlaut genau zu verstehen ist, eiferten sie selbst der prophetischen Schrift nach und haben auf dieselbe Weise wie jene geschrieben. Danach nannten sie diese ebenfalls Sprichwörter, da sie sich keinen anderen treffenderen Namen ausdenken konnten . . . "

197

198

Gericke, Marcell von Ancyra, 242: „ . . . der nämlich aus der außerchristlichen Wissenschaft genau weiß, was von den Sprichwörtern annehmbar ist, aber . . . " Corpus Paroemiographorum, Vol. I: XVf; 55 mit Anm.; 234, 341; - Vol. II: 153 mit Apparat zu Zeile 14; 345f.

296

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

Frg 24 (123,110) Ubersetzung: „ . . . deswegen sagte der allerheiligste Prophet: »anzunehmen die Wendungen der Worte', und wieder:,Worte von Weisen und Rätsel' . . . " 212,15-16: Prov 1,3 212,16: Prov 1,6 Frg 25 (124,111) Ubersetzung: „ . . . daher scheint mir dieser allerweiseste Prophet auch die ersten Worte der Prophetie sprichwörtlich gesagt zu haben . . . " Frg 26 (9,9) Z u m Text: 186,32 βουλόμενος V / βουλόμενον alle übrigen.

Ubersetzung: „ . . . nicht weil er 199 - wie sie glauben - den Anfang der Gottheit200 unseres Heilandes, sondern die zweite Ökonomie nach dem Fleisch vor Augen stellen wollte, sagte er also diesen Abschnitt des Sprichwortes: ,Der Herr schuf mich'. Deswegen erwähnt er auch treffend die Schöpfung des menschlichen Fleisches . . . " 187,1: Prov 8,22 Frg 27 (12,11) Ubersetzung: „ . . . da also das Alte freilich vergangen ist, alles aber durch die Neuheit unseres Heilandes neu werden sollte, rief unser Herr, der Christus, durch den Propheten: ,Der Herr schuf mich als Anfang seiner Wege 187,12-13: II Kor 5,17 187,14-15: Prov 8,22 Frg 28 (10,9) Ubersetzung: „ . . . demnach bezieht sich das Schaffen auf sein Wirken nach dem Menschen. Deswegen sagt er: ,Der Herr schuf mich als Anfang seiner Wege zu seinen Werken', ,Er schuf mich', offensichtlich durch die Jungfrau Maria, durch welche das menschliche Fleisch mit seinem eigenen Logos zu vereinigen Gott im voraus entschied . . . " 187,4: Prov 8,22 199 200

seil. Salomo. Zitat oder Referat.

III. Textkritik, Übersetung und Kommentar: Frgg 23—46

297

Frg 29 (11,10) Z u m Text: 187,10: ό θεός V 144,17; 145,8 u. 151,12 / θεός V 46,26, Rettberg 12, Klostermann (alle übrigen lesen je nach der Stelle unterschiedlich).

Ubersetzung: „ . . . da sich dies demnach so verhält, ist es angemessen, diesen sprichwörtlich gesagten Abschnitt: ,Der Herr schuf mich als Anfang seiner Wege zu seinen Werken' auf seinen Sinn hin zu untersuchen. Denn der Herr unser Gott, der das, was nicht war, geschaffen hat, schuf wahrhaftig. Das Fleisch nämlich, das der Logos annahm, existierte nicht; vielmehr ,schuf er das' nichtexistente ,zum Anfang seiner Wege' . . . " 187,8-9: Prov 8,22 187,11: Prov 8,22 Frg 30 (13,12) Ubersetzung: „ . . . denn dieser wurde für uns, die wir gerecht wandeln wollen, der Weg zur Gottesfurcht: der Anfang aller späteren Wege . . . " 187,16-17: Joh 14,6 Frg 31 (14,12) Übersetzung: „ . . . ,Anfang der Wege' nannte er aber unsern Herrn, den Heiland, deswegen, weil er auch der Anfang der übrigen Wege, die wir nach dem ersten Weg empfangen haben, gewesen ist, womit er die Uberlieferungen der heiligen Apostel andeutet, 201 die entsprechend der Prophetie ,mit höchster Verkündigung' uns dieses neue Mysterium verkündigten . . . " 187,18: Prov 8,22 187,20-21: Prov 9,3 Frg 32 (15,13) Übersetzung: „ . . . ,er schuf mich' also, sagt er ,als Anfang seiner Wege zu seinen Werken.' Welche Werke meint er aber? Die, über die der Heiland sagt: ,Mein Vater wirkt bis jetzt, und auch ich wirke', und: ,Das Werk, das du mir gegeben hast, bringe ich zu Ende' . . . " 187,23: Prov 8,22 187,24-25: Joh 5,17 187,25: Joh 17,4; vgl. Joh 4,34 u. 5,36 201 Vgl. j j e Korrektur der Übersetzung Gerickes (Marceil von Ancyra, 196) durch Scheidweiler (Marcell von Ancyra, 204).

298

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

Frg 33 (16,13) Ubersetzung: „ . . . denn wer hätte vor dem tatsächlichen Erweis geglaubt, daß der Logos Gottes durch eine Jungfrau geboren unser Fleisch annehmen und die ganze Gottheit in ihm leibhaftig darstellen würde . . . ?" 187,28: Kol 2,9

Frg 34 (126,14) Ubersetzung: „ . . . das also ist das ,Der Herr schuf mich als Anfang seiner Wege zu seinen Werken' . . . " 214,5-6: Prov 8,22

Frg 35 (17,14) Ubersetzung: „ . . . ,Vor dem Zeitalter gründete er mich', wobei er diesen „Grund" nennt, d.h. seine vorherbestimmte Ökonomie nach dem Fleisch. Wie auch der Apostel sagt: ,Denn einen anderen Grund kann keiner legen außer dem, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus.' Ein Zeitalter erwähnt er hier, seit dem, wie er sagte, das, was Christum betrifft, gegründet worden sei, obwohl viele Zeitalter vergangen sind, wie David sagte: ,Der vor den Zeitaltern existiert' . . . " 187,29: Prov 8,23 188,1-2: I Kor 3,11 188,3-4: Ps 54,20

Frg 36 (18,15) Zum Text: 188,5.8.10: γεγενήσθαι V, Klostermann / γεγεννήσθαι Montagu 23 C 11. D 2 u. D 4, Rettberg 14, Gaisford 23, Nolle, 761 Β 8.12.15; in demselben Sinn Zahn 115, Hansen 260.

Ubersetzung: „ . . . denn da Asterius gesagt hat, daß der Logos vor den Zeitaltern geworden sei, überführt ihn das Wort selbst des Irrtums, so daß er nicht nur die Sache, sondern auch den Text verfehlt. Denn wenn das Sprichwort ,Vor dem Zeitalter gründete er mich' sagt, wie sagt er selbst dann, daß er vor den Zeitaltern geworden sei? Denn eines ist es, daß er vor dem Zeitalter gegründet worden ist, ein anderes, daß er vor den Zeitaltern geworden ist . . . " 188,7-8: Prov 8,23

III. Textkritik, Übersetung und Kommentar: Frgg 23-46

299

Frg 37 (19,16) Ubersetzung: „ . . . wie also Gott Allherrscher einst die Kirche vorherbestimmte, so auch die Ökonomie Christi nach dem Fleisch, durch den er das Volk der Gottesfürchtigen ,in die Sohnesadoption' zu rufen vorherbestimmte, indem er sie 202 vorher in seinem Denken begründete. Deswegen ruft der Apostel durch den Heiligen Geist öffentlich aus, indem er sagt: ,der im voraus bestimmte Sohn Gottes' . . . " 188,11-13: Eph 1,4-5; vgl. Rom 8,30 188,13-14: Prov 8,23 188,15: Rom 1,4 Frg 38 (20,17) Zum Text: 188,17: ώς 6ta τοϋτο V, alle übrigen / < δ μ > ω ς δια < τ ό > χοϋτο Scheidweiler 205, Hansen 260; V ist deswegen beizubehalten, weil der ώς-Satz kein adversativer, sondern ein konsekutiver ist. 188,18: την σάρκα V 144,23 / τό κατα σάρκα V 47,3. 188,19: χόν λόγον V, Loofs (Paulus von Samosata, 239 Anm. 4), Klostermann / λόγον Montagu 45 D 3, Gaisford 93, Nolte, 803 A 10 f, Loofs (Die Trinitätslehre Marcell's, 774, Anm. 1) / λόγου Rettberg 15.

Ubersetzung: „ . . . wenn also dieses neue Mysterium ganz gewiß ,zu den letzten Zeiten' erschien, so daß es deswegen vor diesem Zeitalter vorherbestimmt worden ist, sagte der Prophet natürlich: ,Vor dem Zeitalter gründete er mich', offensichtlich das, was das Fleisch betrifft, wegen der Gemeinschaft mit seinem wahrhaftigen Sohn, dem Logos . . . " 188,16-17: Hebr 1,2; I Petr 1,20 188,18: Prov 8,23 39 (21,18) Zum Text: 188,21: ή V 147,24 / zu tilgen mit V 47,7; 144,26 und Hansen 260.

Übersetzung: „ . . . darauf sagt sie: 203 ,1m Anfang vor der Erschaffung der Erde.' Welche ist diese Erde? Offenbar unser Fleisch, das nach dem Ungehorsam wieder Erde wurde. Sie sagt nämlich: ,Du bist Erde und wirst zu Erde werden.' Denn dies mußte Heilung erlangen, indem es auf eine gewisse Weise mit dem heiligen Logos in Gemeinschaft trat . . . " 202 203

Seil, die Ökonomie. Seil, die Schrift (oder der Abschnitt).

300

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

188,20: Prov 8,23-24 188,22: Gen 3,19

40 (22,19) Ubersetzung: „ . . . darauf sagt er: ,Vor der Erschaffung der Abgründe.' Hier sagt der Prophet, daß die Abgründe sprichwörtlich die Herzen der Heiligen sind, die in ihrer Tiefe die Gabe des Geistes haben . . . " 188,24: Prov 8,24

41 (23,20) Ubersetzung: „ . . . was bedeutet also auch dieser Abschnitt: ,Vor dem Hervorgehen der Wasserquellen?' Sie sagt, es sind die heiligen Apostel. Dieses Geheimnis stellt uns die Schrift des „Auszuges" vor Augen, die die Typen der Apostel einst voraussagte. Denn da die Apostel zwölf an der Zahl sind, erwähnt sie zwölf Quellen . . . " 188,27: Prov 8,24 189,1: Ex 15,27

42 (24,20) Übersetzung: „ . . . freilich also über das Werden nach dem Fleisch sagte der Herr durch den sprechenden Propheten Salomo: ,Vor dem Hervorgang der Wasserquellen' . . . " 189,4-5: Prov 8,24

43 (25,20) Ubersetzung: „ . . . denn so sagte der Heiland zu den heiligen Quellen: ,Gehet hin und macht alle Völker zu Jüngern 189,6-7: Mt 28,19

44 (26,21) Ubersetzung: „ . . . von allen Seiten ist deutlich, daß die Heiligen Apostel von dem Propheten tropisch auch ,Quellen' genannt worden sind."

III. Textkritik, Übersetung und Kommentar: Frgg 23-46

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45 (27,22) Z u m Text: 189,14: την κατ'αυτών V 48,14, Klostermann / τηνικαϋτα τους V 150,21 / την κατ' αυτών δικαίαν πολιτείαν Scheidweiler 205 / την κατ' αυτούς Hansen 260.

Ubersetzung: „ . . . nachdem wir also über das davor Angeführte gesprochen haben, ist es (nur) konsequent, auch den Rest zu vervollständigen. Es ist nämlich noch das, was die Berge und Hügel betrifft, übrig. Denn er sagt: ,Bevor die Berge gesetzt wurden, vor allen Hügeln zeugte er mich.' Berge und Hügel nennt er hier die Apostel und die Nachfolger der Apostel, damit er den ihnen entsprechenden gerechten Wandel sprichwörtlich gegenüber den übrigen Menschen andeute . . . " 189,12-13: Prov 8,12-13 46 (89,79) Ubersetzung: „ . . . ich fordere die Erstbesten der Heiligen auf, gleichsam als solche, die die Samen und Anfänge dieser Auslegung wahrhaftig empfangen haben, dem Gesagten weitere Evidenz hinzuzufügen, so daß noch kräftiger die Willkürlichkeiten derjenigen, die den Glauben verdrehen, widerlegt werden. Denn in der Tat ^erließen sie den Gott', der sie zeugte, ,und gruben sich rissige Wasserlöcher' . . . " 204,25-26: Jer 2,13 Kommentar zu den Frgg 23-46: Frgg 23-46 umfassen die Exegese Markells von Prov 8,22-25,204 mit der sich Markell auf die Auslegung dieses locus praecipuus der altkirchlichen Theologie durch Asterius und Euseb von Nikomedien 205 bezieht. Der Bischof von Ankyra setzt damit seine schon anhand der christologischen Titel und des Kolosserhymnus (Frgg 3-22) begonnene Differenzierung des Wesensund Ewigkeitsverhältnisses zwischen Vater und Logos (Sohn) einerseits und der Beziehung zwischen Gott (bzw. dem Vater) und dem menschgewordenen Logos (Sohn) andererseits fort. Dabei knüpft er unmittelbar an seine Polemik gegen eine über Origenes auf Plato zurückgeführte Vorstellung eines Anfanges des Vaterseins Gottes und der Existenz des Sohnes als einer δευτέρα ύπόστασις und δευτέρα αρχή an. 204 205

Verse 22-25 sind mit den „ersten Worten der Prophetie" (Frg 25[124,111]) gemeint. Frg XXIII Bardy in Frg 36(18,15); Euseb von Nikomedien, Urk. 8,4: 16,8-15 Opitz, Athanasius Werke III/l.

302

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

Auch die Kritik gegen die außerkirchliche Bildung des Asterius und die „Willkürlichkeiten" 206 seiner und seiner Freunde Exegese führt Markell weiter. Während er aber bisher die Fruchtbarkeit philosophischer Kenntnisse für das Schriftverständnis tadelte, wirft er Asterius jetzt anläßlich der Proverbieninterpretation vor, sein Wissen über die literarische Gattung der Sprichwörter nicht anzuwenden. 207 Markell nähert sich dem Text Prov 8,22-25 nämlich mit einer Besinnung über das Wesen der Proverbien an, wobei er denselben Charakter sowohl bei den salomonischen als auch bei den griechischen Sprichwörtern feststellt. Im Gang der Argumentation von Frg 23 schließt er sogar von der Hermeneutik der Sprichwörter των εξωθεν auf das rechte Verständnis der biblischen. Umgekehrt ist es freilich seine feste Uberzeugung, daß die Hellenen sowohl historisch als auch sachlich Plagiatoren Salomos sind. Damit partizipiert auch Markell wie Euseb an dem allgemeinen Topos des „Diebstahls der Hellenen", 2 0 8 nur daß ihn beide jeweils an einem anderen Inhalt aufweisen wollen. In seiner hermeneutischen Vorüberlegung zeigt Markell an einigen griechischen Sprichwörtern auf, daß sie nicht „aus dem Anschein des Buchstabens" zu verstehen sind. Damit stimmt er mit den antiken Grammatikern 210 und mit Euseb überein. 211 Anders als für Euseb ist aber für Markell das Kriterium für das „eigentliche" Verständnis das historische Ereignis, dem ein Sprichwort entstammt. 212 Die allgemeine Bedeutung, die ein Sprichwort erlangt haben mag, ist nur aus dieser ursprünglichen Begebenheit zu erfassen. Der „Historiker" Euseb hat diese Theorie Markells verstanden, polemisiert jedoch dagegen. Wenn die griechischen Sprichwörter ihre Lösung aus der Geschichte erhalten, gelte dies noch lange nicht für die göttlich inspirierten der Frg 46(89,89): 204,24f. Frg 23(125,112): 212,14-18. 208 v g i . hierzu Dietmar Wyrwa, Die christliche Piatonaneignung in den Stromateis des Clemens von Alexandrien, A K G 53, Berlin/New York 1983, 298-316.

206

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209 210

211 212

Frg 23: 212,22; 213,2.7f; 214,lf. Diomedes: „parhoimia est vulgaris proverbi usurpatio rebus temporibusque adcommodata, cum aliud significatur quam quod dicitur" (Ars grammatica liber II, in: Grammatici Latini Vol. I: 462,29-32 Keil, Leipzig 1857[Hildesheim 1961]); Charisius (Ars grammatica liber IV, in: Grammatici Latini Vol. I: 276,22-25); Donatus (Ars gram. Üb. 111,6: Grammatici Latini Vol. IV: 402,11-12 Leipzig 1864[Hildesheim 1961]); Pompeius (Comm. Artis Donati, in: Grammatici Latini Vol. V: 311 Leipzig 1868[Hildesheim 1961]); Beda Venerabiüs (Liber de schematibus et tropis, in: Rhetores Latini Minores: 616,15-17 Halm, Leipzig 1868[Frankfurt 1964]); Varro (De üngua latina VII,31: 264 TragÜa, Turin 1974) hebt die Polysemie der Proverbien hervor, ein Wesenszug, den Markell bei dem Sprichwort Γλαυκοϋ τέχνη betont (213,18-30). C M I,3,15f: 17,2-11. Vgl. 212,24f.

III. Textkritik, Übersetung und Kommentar: Frgg 2 3 ^ 6

303

Schrift.213 Für Markeil ist die „zweite Ökonomie nach dem Fleisch" das historische Ereignis, das er zum Leitfaden der Interpretation von Prov 8,22-25 erklärt. Erst aufgrund ihrer Verwirklichung konnte sie diese Funktion erhalten, wie Markeil in Frg 33(16,13) prägnant formuliert: „ . . . denn wer hätte vor dem tatsächlichen Erweis geglaubt, daß der Logos Gottes durch eine Jungfrau geboren unser Fleisch annehmen und die ganze Gottheit in ihm leibhaftig darstellen würde . . . ?" Dieser Bezug der Verse 22-25 von Prov 8 auf die „zweite Ökonomie nach dem Fleisch" wird unterstützt durch ihre prophetische Deutung vonseiten Markells.214 Da die „Übertragung", die durch diesen hermeneutischen Ansatz geschieht, an der „Ökonomie nach dem Fleisch" und damit an der Geschichte orientiert ist, führt sie oft, aber nicht notwendig immer, zu einer allegorisierenden Exegese. Soweit es geht, versucht Markeil den Text so zu interpretieren, daß der Wortsinn nicht verlorengeht, sondern darin neu erscheint, daß er von der Inkarnation und ihren Folgen her verstanden wird. Insbesondere sind es die Verse 22, 23 und 25, in denen Markeil nahe am Wortsinn bleibt (V22: κύριος εκτισέν με αρχήν . . . ε'ις εργα αυτοϋ V 23: προ τοϋ αιώνος έθεμελίωσέν με - έν αρχή; V 25: . . . γέννα με). Aus seinem prophetisch-sprichwörtlichen Verständnishorizont entwickelt Markell im einzelnen folgende Auslegung. Mit dem „Anfang" von V 22 ist nicht der Seinsanfang unseres Heilandes gemeint, sondern der Neuanfang seines „Wirkens nach dem Menschen". Aufgrund seiner Neuheit (die Markell auch hier wie oben bei der Exegese des Kolosserhymnus mit II Kor 5,17 begründet) 215 ist das Alte vergangen und alles ist im Begriff, neu zu werden. Durch den Propheten rief demnach unser Herr, der Christus (ό δεσπότης ημών ό Χριστός),216 die Neuschöpfung aus, als er sagte: „Der Herr schuf mich als Anfang seiner Wege zu seinen Werken". „Mich", das ist je nach Betrachtungsweise sowohl das menschliche Fleisch, das der Logos annahm und das, da es vorher noch nicht existierte, unser Herr, der Gott (ό δεσπότης ημών ό θεός),217 in realer Neuschöfung aus dem Nichts schuf,218 als auch der Logos mit dem Fleisch, den Gott (ό θεός)219 213 214

2,5 216 217 218

219

CM 1,3,16f: 17,12-21. So auch schon Clemens von Alexandrien, Strom. VI,15,130,1: 497,19f Stählin/Früchtel, GCS 15, I960 2 . Siehe oben 274f. Frg 27(12,11): 187,13f. Frg 29(11,10): 187,9f. Präzis dagegen wendet sich Euseb, indem er an I Petr 2,13; Arnos 4,13; Ps 101,19; Ps 50,12; Eph 2,15; Eph 4,24 und II Kor 5,17 aufweisen will, daß εκτισέν με in Prov 8,22 metaphorisch zu verstehen sei, da dieses Verb in der Schrift homonym verwendet werde (ET 111,2,8-13: 140,7-141,26). Frg 28(10,9): 187,5.

304

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

durch die Jungfrau Maria mit dem menschlichen Fleisch zu vereinigen im voraus entschied. Hier spricht Markell allgemein von „dem menschlichen Fleisch". Obwohl also nur das menschliche Fleisch und die folgende Neuschöpfung tatsächlich Geschöpfe sind, ist es dennoch der Schöpfer (vgl. die Wendung „Unser Herr, der Gott", mit „Unser Herr, der Christus"), der sich selbst im Blick auf die Schöpfung des von ihm anzunehmenden Fleisches durch den Propheten im voraus als Geschöpf verkünden läßt. 220 Und analog hierzu ist der „Anfang seiner Wege zu seinen Werken" sowohl der menschgewordene Logos als auch das mit dem Logos vereinte Fleisch. 221 Während Markell daraus für die Deutung der „Werke" keine ekklesiologische Konsequenz zieht, tut er das wohl bei den „Wegen". Unser Herr, der Heiland, ist als „Anfang der Wege" (vgl. Joh 14,6) für uns, die wir gerecht wandeln wollen, der „erste Weg" zur Gottesfurcht geworden, auf den die übrigen und späteren Wege gefolgt seien, nämlich die Uberlieferungen der Apostel, die uns entsprechend der Prophetie (Prov 9,3) mit höchster Verkündigung dieses neue Mysterium verkündigten 222 Zwar deutet Markell hier die „Wege" auf die Überlieferungen der Apostel und nicht auf die Apostel selbst. Letztere sind aber mitgemeint. Dies beweist einmal die Parallele der Deutung Jesu als eines „Weges zum Glauben". Denn gerade hierin sind die Apostel, die als die das neue Mysterium Verkündigenden qualifiziert werden, mit Jesus Christus vergleichbar. Zum anderen die Anspielung auf Prov 9,3, welcher Vers nach Markell eine Prophetie auf die Apostel ist. Der Vers lautet vollständig nach der LXX: „Sie (seil, die Weisheit) sandte ihre Knechte aus (απέστειλεν...) und ließ mit höchster Verkündigung zum Mischkrug zusammenrufen, indem sie sprach: . . . " Demgegenüber faßt Markell die „Werke" rein theologisch-soteriologisch. Er schreibt in Frg 32(15,13): „ . . . Welche Werke meint er aber? Die, über die der Heiland sagt: ,Mein Vater wirkt bis jetzt, und auch ich wirke' (Joh 5,17), und: ,Das Werk, das du mir gegeben hast, führe ich zur Vollendung' (Joh 17,4; vgl. 5,36) Die beiden johanneischen Worte bringen die Heilstat des Vaters in der Einheit mit dem Logos (Heiland) zum Ausdruck, als auch das Heilswerk des Menschgewordenen bzw. angenommenen Menschen: ihm ist

220

221 222

Ein Hauptvorwurf Eusebs gegen Markell ist denn auch der, daß Markell sowohl innerhalb der Exegese von V 22 als auch zwischen den V22-25 und den V 27-30 einen Wechsel des sprechenden Prosopons vornehme. Entweder, so Euseb, sei alles έκ προσώπου τοϋ σωτήρος (bzw. της σοφίας) gesagt oder έκ προσώπου της σαρκός (ET 111,2,1: 138,32-4; ET 111,2,27-33: 144,10-145,18; ET 111,3,44-48: 153,23-154,17; vgl. CM 11,3,8: 45,30f; ET 111,1,1: 138,4-6; ET 111,2,8: 140,5-7). Vgl. Frg 7(42,36): 192,8. Vgl. Frgg 30(13,12) u. 31(14,12).

III. Textkritik, Übersetung und Kommentar: Frgg 23-46

305

das Werk gegeben.223 Damit 224 ist die Exegese von V 22 abgeschlos225

sen. In den folgenden V 23-25 gibt für Markell V 23 (προ τοϋ αιώνος έθεμελίωσέν με), wie schon erwähnt, die Linie der Auslegung an. Gegen Asterius, der V 23 im Sinne von „προ των αιώνων γεγενήσθαι τον λόγον" 226 interpretierte, pocht Markell auf den Wortlaut, der in seinen drei Elementen „Vor", „dem Zeitalter" und „gründete er mich" eine einheitliche, sich gegenseitig stützende Bedeutung präsentiere: wenn nämlich Salomo nur von einem Zeitalter spreche, obwohl, wie David Ps 54,20 sagt („Der vor den Zeitaltern existiert"), schon viele Zeitalter vergangen sind, bevor denen der Logos existierte, wenn er ferner von einer Gründung rede, die schließlich vor diesem einen Zeitalter erfolgte, dann kann er nur „seine vorherbestimmte Ökonomie nach dem Fleische" 227 meinen. Markell erläutert die Worte έθεμελίωσέν με mit I Kor 3,11: „Denn einen anderen Grund kann keiner legen außer dem, der gelegt ist (κείμενον), welcher ist Jesus Christus." Demnach ist der „Grund" das, was Christum, 228 und „das, was das Fleisch betrifft." 229 Und insofern ist Gründung die wirkliche Grundlegung der Ökonomie nach dem Fleisch. Eine andere Bedeutung deutet sich jedoch in der Tatsache an, daß der Grund nach I Kor 3,11 schon gelegt ist und zwar, wie Prov 8,23 präzisiert, vor dem Zeitalter. Jetzt wird Gründung im Sinne von Beabsichtigung oder Vorherbestimmung dessen verstanden, was dann im Vollzug des Zeitalters verwirklicht werden wird. Markell geht es um beide Nuancen, denn der Prophet schaut hier voraus, was der Menschgewordene aufgrund des Ereignisses der Ökonomie nach dem Fleisch rückschauend über ihre Prädestination durch Gott ausruft. In den anschließenden Frgg 37(19,16) und 38(20,17) arbeitet der Altnizäner mit Eph l,4f.ll; Rom 1,4 und Rom 8,30 diese prädestinatorische Exegese des „προ" von Prov 8,23 weiter aus. 223 224

225 226

227 228 229

Vgl. unten 383-387 zu den Frgg 77-81(104-108,93-97). Stellung und Funktion von Frg 33(16,13) im Kontext sind nicht ganz deutlich. Ich vermute, daß die Anwesenheit der vollen Gottheit im menschlichen Fleisch (Kol 2,9) die Fähigkeit des Menschgewordenen begründet, ,das Werk, das ihm übergeben wurde, zur Vollendung zu führen', womit ein eschatologisches Moment in den Zusammenhang eintritt. Vgl. den Bezug auf dieselben johanneischen Texte mit eschatologischer Wendung in der Expositio fidei des Eugenius Zeilen 65-62 Tetz (Markellianer, 82). Vgl. Frg 34(126,14). Frg 36(18,15): 188,5f.8f. Markell schließt damit nicht ein γεννασθαι προ των αιώνων des Logos aus, wie Rettberg (Marcelliana, 14) und Zahn (Marceil von Ancyra, 114118) glauben. Frg 35(17,14): 187,30; vgl. Frg 37(19,17): 198,12. Frg 35(17,14): 187,2. Frg 38(20,17): 198,18.

306

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

Offensichtlich ausgehend von Eph l,4f (καθώς έξελέξατο [seil. 6 θεός και πατήρ τοϋ κυρίου ημών Ίησοϋ Χρίστου] ήμας έν αύτώ [seil. Ί. Χρ.] προ καταβολής κόσμου . . . προορίσας ημάς εις υίοθεσίαν δια Ίησοϋ

Χρί-

στου είς αυτόν, . . . ) schließt Markeil von der Prädestination der Kirche auf die Prädestination der Ökonomie Christi nach dem Fleisch und von seiner Ökonomie nach dem Fleisch auf die Prädestination des „Sohnes Gottes" nach Rom 1,4 selbst: „ . . . wie also der allherrschende Gott einst die Kirche vorherbestimmte, so auch die Ökonomie Christi nach dem Fleisch, durch den er das Volk der Gottesfürchtigen ,in die Sohnesadoption' zu rufen vorherbestimmte, indem er sie vorher in seinem Denken begründete. Deswegen ruft der Apostel durch den Heiligen Geist öffentlich aus: ,der im voraus bestimmte Sohn Gottes' . . . " Sowohl aus der Herleitung von der Kirche und der Ökonomie als auch aus dem Kontext von Rom l,3f ist es eindeutig, daß Markeil mit dem προορισθείς υιός θεοϋ,230 welche Lesart schon seine eigene theologische Interpretation231 dieser Stelle232 ist, den menschgewordenen Logos und genauer das mit dem „wahrhaftigen Sohn, dem Logos," vereinte Fleisch meint. 233 Dies wird vom folgenden Frg 38 bestätigt: „ . . . wenn also dieses neue Mysterium ganz gewiß ,zu den letzten 230 231

232

233

Vgl. Frg 112(122,109). Gericke (Marceil von Ancyra, 173f) sieht in der Lesart προορισθέντος ein „Leitfossil" zum Nachweis einer älteren, voralexandrinischen und westlichen Textgestalt bei Markeil. Vor Markeil ist jedoch diese Lesart nicht belegt. Zwar überwiege nach der freundlichen Auskunft von Herrn Professor Dr. Walter Thiele vom Vetus-LatinaInstitut/Beuron (Brief vom 17.1.1986) in der lateinischen Überlieferung die Ubersetzung „praedestinatus est". Sie muß aber kein griechisches προορισθέντος voraussetzen. Walter Thiele: „ . . . Hieronymus, der in Rm 1,4 praedestinatus hat, bemerkt zu Eph 1,5 (PL 26,448 C), daß der Lateiner den Unterschied des Griechischen προορ. und op. nicht berücksichtigt" . . . „Hilarius, De trinitate 7,24 (hat in Rm 1,4) qui destinatus est; und Rufin betont im Römerbriefkommentar (Ubersetzung des Origenes, wobei aber die Lemmata auf einen lateinischen Bibeltext zurückgehen), daß man gegen die lateinische Lesart praedestinatus als Lesart des Paulus destinatus ansehen müsse. Auch in De prineipiis 2,4 ist destinatus sicher die richtige Lesart." Zu Rufin vgl. C. P. Hammond Bammel, Der Römerbrieftext des Rufin und seine Origenesübersetzung, AGLB 10, Freiburg 1985, 231f. Nach Rousseau/Doutreleau (Note justicative zu Adv. haer. 111,16,3 [297, note 4]: 314f, SC 210, Paris 1974) las der Ubersetzer bei Irenaus ορισθέντος; Tertullian (Adv. Prax. XXVII,11: Zeile 60 Kroymann/Evans, CChr.SL II, 1199): „qui definitus est"; Origenes (Karl Staab, Neue Fragmente aus dem Kommentar des Origenes zum Römerbrief, BZ 18[1929] 77,10): ,,ώρίσθη". Möglicherweise rekurrierte aber schon Asterius auf sie, da dies Arius gegenüber Euseb von Nikomedien tat: Vgl. Urkunde 1,5: 3,3 Opitz, Athanasius Werke III/l; dazu Nautin, Deux interpolations orthodoxes dans une lettre d'Arius, AnBoll 67(1949) 136 und Simonetti, Su due presunte interpolazioni in una lettera di Ario, in: Studi sull'Arianesimo, VSen N.S. 5(1965) 88-109. Verstünde Euseb unter dem vorherbestimmten Sohn auch nur wie Markeil den γενόμενος έκ σπέρματος Δαυίδ κατα σάρκα, dann wäre seine Interpretation, daß dieser

III. Textkritik, Übersetung und Kommentar: Frgg 23-46

307

Zeiten' erschien, so daß es deswegen vor diesem Zeitalter vorherbestimmt worden ist, sagte der Prophet natürlich: ,Vor diesem Zeitalter gründete er mich', offensichtlich das, was das Fleisch betrifft, wegen der Gemeinschaft mit seinem wahrhaftigen Sohn, dem Logos . . . " Das, was die Ökonomie nach dem Fleische betrifft, d. h. der angenommene Mensch und die Kirche, ist zum Sohn Gottes prädestiniert (bzw. in die Sohnesadoption gerufen) durch die Gemeinschaft mit Gottes wahrhaftigem Sohn, dem Logos. In dieser vorherbestimmten „Setzung" (έθεμελίωσέν με) sind der Grund Christus (das θεμέλιον) und die in die Sohnschaft Versetzten (vgl. υιοθεσία) gemeinsam eingeschlossen. Mit dem Zitat von Hebr 1,2 kommt zum Abschluß der Exegese von V 23 noch die endzeitliche Perspektive in den Blick. Denn dieser Zug des neuen Mysteriums ist ein weitere Stütze dafür, daß es schon viel früher, nämlich vor diesem und seinem Zeitalter vorherbestimmt sein muß. Markeil bekräftigt damit noch einmal sein Verständnis des gegen Asterius eingeforderten einen Zeitalters im Text von V 23. Während auf dem Hintergrund von Eph l,4f von der vorkosmischen Vorherbestimmung (προ καταβολής κόσμου) deutlich wurde, daß dieses Zeitalter nur die „tempora Messiae" bzw. die Zeit der Kirche234 sein können, geschieht dies jetzt von der endzeitlichen Verwirklichung (επ' εσχάτων των καιρών) her. Die restlichen Verse 24 - 25: ,Έν αρχή προ τοϋ την γήν ποιήσαι; προ τοϋ τάς αβύσσους ποιήσαι; προ τοϋ προελθεΐν τας πηγάς των υδάτων; προ τοϋ δρη έδρασθήναι; προ δέ πάντων βουνών γέννα με' legt Markell in den Frgg 49-46 unter Hinzunahme der Pneumatologie weiter soteriologisch-ekklesiologisch aus. Die substantivierten Infinitive sind abhängig von „γέννα με" im letzten Glied. Markell deutet dabei das anaphorische „προ" wie in V 23 als Prädestination der Ökonomie nach dem Fleisch und der Kirche. Zu V 24aa zieht Markell die Worte έν αρχή aus V 23 und meint damit den Schöpfungsanfang, 235 wie sich durch den Zusammenhang mit

234

235

von Markell ,,δμοιος τοις κατα πρόγνωσιν προορισθείσιυ" gedacht wird, ganz richtig (CM 1,2,17-19: 11,28-29). Rettberg, Marcelliana, 14. Zahn ist der Ansicht, Markell meine den „gegenwärtige[n] Weltlauf", „nicht etwa die neue mit Christus anhebende Zeit" (Marcellus von Ancyra, 115f). Scheidweiler: „diese Welt" (Marcell von Ancyra, 205). Scheidweiler verkehrt mit seiner Textkorrektur von Frg 38 (vgl. den Apparat) den richtigen Sinn. Euseb identifiziert ihn mit dem „Anfang" von V 22 und versteht daher die prädestinatorische Exegese Markells nicht (CM 11,3,16: 47,11-17; ET 111,3,11-13: 147,27148,2).

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C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

dem Vorhergehenden (Eph l,4f) ergibt. Unter „Erde" sei unser Fleisch zu verstehen, das nach dem Ungehorsam des Sündenfalles, wie Gott in Gen 3,19 zu Adam sagte, wieder zu Erde werden sollte. ,,Έν αρχή προ τοϋ την γήν ποιήσαι" bedeutet demnach die supralapsarische Vorherbestimmung der Neuschöpfung und Heilung unseres Fleisches, die durch seine Gemeinschaft mit dem heiligen Logos vollzogen wurde und sich vollzieht. Markeil erörtert dabei die Probleme einer supralapsarischen Soteriologie nicht. Ferner vertauscht er wie schon in Frg 33 die Rede vom „menschlichen" Fleisch, das der Logos annimmt, mit derjenigen von „unserem" Fleisch: die Heilung des individuellen Fleisches des Logos ist „unmittelbar übertragbar" auf die Heilung unseres Fleisches. Auf V 24aa: „Im Anfang vor der Erschaffung der Erde" folgt Teilvers β mit den Worten: „Vor der Erschaffung der Abgründe". „Hier sagt der Prophet, daß die Abgründe sprichwörtlich die Herzen der Heiligen sind, die in ihrer Tiefe die Gabe des Geistes haben. . . . " 2 3 6 Der Heilung unseres Fleisches durch den Logos folgt unsere Heiligung durch den Geist. Diese nimmt ihren Ausgang in der Taufe durch das Wasser. Markeil legt daher den sich anschließenden Vers 24b: „Vor dem Hervorgehen der Wasserquellen" so auf die heiligen Apostel 237 aus, daß sie durch ihre Aussendung zum Taufen nach Mt 28,19 charakterisiert werden. 238 Eine parallele Prophetie, die ebenfalls darauf vorausweist, die „Wasserquellen" auf die Apostel und ihre Sendung zu deuten, findet Markell im Buch des „Auszuges" (Ex 15,27). Er schreibt: „Dieses Geheimnis stellt uns die Schrift des „Hervorganges" vor Augen, die die Typen der Apostel einst voraussagte. Denn da die Apostel zwölf an der Zahl sind, erwähnt sie zwölf Quellen . . . " 2 3 9 Ist so durch den Geistbesitz in den Herzen der Heiligen und die Taufsendung der Apostel (d. h. der „Wasserquellen" oder „Berge", denen ihre Nachfolger als die „Hügel" nachfolgen) 240 die Deutung des Wassers auf den Heiligen Geist verbürgt, dann ist es nur konsequent, wenn Markell das „γεννά με" von V 25b auf die Wiedergeburt durch den Geist in der Taufe deutet. Markell schließt nämlich seine Exegese von Prov 8,22-25 mit den Worten: „ . . . ich fordere die Erstbesten der Heiligen auf, gleichsam als welche, die die Samen und Anfänge dieser Auslegung wahrhaftig empfangen haben, dem Gesagten weitere Evidenz hinzuzufügen, so daß noch kräftiger die Willkürlichkeiten derjenigen, die den Glauben verdrehen, widerlegt werden. Denn in der Tat,verließen sie den Gott', der sie zeugte (τον γεννήσαντα αυτούς)

236 237 238 239 240

Frg Frg Frg Frg Frg

40(22,19). 41(23,20): 188,28; Frg 44(26,21): 189,8. 43(25,20). 41(23,20): 188,28-189,2. 45(27,22).

III. Textkritik, Übersetung und Kommentar: Frgg 23—46

309

,und gruben sich rissige Wasserlöcher ... "(Jer 2,13).241 Indem Markeil Jer 2,13 zitiert, verknüpft er die jetzt gemeinte Zeugung und Geburt mit den taufenden Aposteln als den „hervorgehenden Wasserquellen." Jer 2,13b lautet vollständig: ,,έμέ έγκατέλιπον, πήγψ ύδατος ζωής, και ώρυξαν έαυτοΐς λάκκους συντετριμμένους, οι ού δυνήσονται υδωρ συνέχειν." Der Abfall der Gegner ist also konkret die Abwendung von Gott als der „Quelle des lebendigen Wassers", d.h. von ihrer Geistgeburt in der Taufe. Liegt es schon durch die nachgezeichnete Interpretation der Frgg 40-46 nahe, daß Markeil mit der Taufzeugung und Geistgeburt Prov 8,25 auslegt, so wird dieses Verständnis durch das Gefälle des ganzen Textes von V 22 an bekräftigt. „Der Herr schuf mich . . . " bezieht Markell nicht nur auf den menschgewordenen Logos, sondern auf „das menschliche Fleisch", das Gott durch die Junfrau Maria mit seinem eigenen Logos zu vereinigen im voraus entschied. Der Herr, unser Retter, ist der erste Weg, dem die übrigen Wege, d. h. die Apostel und alle, die gerecht wandeln, folgen. „Vor dem Zeitalter gründete er mich" bezieht Markell auf vorherbestimmte Ökonomie nach dem Fleisch. Diese parallelisiert Markell einerseits mit der Vorherbestimmung der Kirche, andererseits sind die zur Sohnesadoption Prädestinierten in „das, was das Fleisch betrifft," mit eingeschlossen. In V 24aa „Im Anfang vor der Erschaffung der Erde . . . " ist mit „Erde" unser Fleisch gemeint. Die Abgründe, Wasserquellen, Berge und Hügel exegesiert Markell direkt ekklesiologisch. Wir haben schließlich gesehen, wie Markell das fünffache „προ" prophetisch-prädestinatianistisch auslegt. Dadurch hebt Markell in V 23 („Vor dem Zeitalter gründete er micht") das zeitliche Prae der tatsächlichen Gründung gegenüber dem Zeitalter auf. Das zeitliche Prae wird verlagert auf das Vorher der Vorherbestimmung im Denken Gottes, indem die Gründung als Grundlegung im Denken Gottes verstanden wird. Zugleich hält Markell aber auch an der tatsächlichen Verwirklichung dieser Grundlegung als Aussage der vorliegenden Proverbienstelle fest. Wie aber die Vorherbestimmung nun die Gründung und das Zeitalter gemeinsam betrifft, so auch die Verwirklichung: das Inkarnationszeitalter selbst ist nun das, was vor ihm im Denken Gottes intendiert und seit seinem Anbrach verwirklicht ist. Analog hierzu müssen nun auch die übrigen Glieder der Verse 24f verstanden werden, wie zum einen die parallele Struktur mit dem anaphorischen „προ", zum andern aber auch V 24aa explizit beweist, der ja supralapsarisch auf die Neuschöpfung „unseres Fleisches" bezogen wird. Wie demnach in V 23 der Aon selbst das ist, was vorherbestimmt ist und verwirklicht werden wird, so sind in den Versen 24f die Erde, 241

Frg 46(89,79).

310

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

Abgründe, Wasserquellen, Berge und Hügel schon vor ihrer Schöpfung, ihrem Hervorquellen und ihrer Setzung in der Prädestination Gottes im voraus gezeugt. Möglicherweise meint Markeil mit dem Schlußsatz v o n F r g 4 6 ( 8 9 , 7 9 ) : „ D e n n in der Tat .verließen sie d e n G o t t ' , der sie zeugte, ,und g r u b e n sich rissige W a s s e r l ö c h e r ' . . . " dieses in der V o r h e r b e s t i m m u n g G o t t e s G e z e u g t s e i n seiner G e g n e r , v o n d e m diese sich aus e i g e n e m W i l l e n a b w e n d e t e n . D i e A u s l e g u n g M a r k e l l s v o n P r o v 8 , 2 2 - 2 5 ist - w i e er sich selbst n a c h F r g 4 6 b e w u ß t ist - eine Neuheit g e g e n ü b e r allen v o r a n g e g a n genen A u s l e g u n g e n , 2 4 2 (die z u g l e i c h eine g r o ß e W i r k u n g entfalten w i r d ) . 2 4 3 M a r k e i l „ ü b e r t r ä g t " 2 4 4 einerseits die n i c h t n u r v o n O r i g e nisten u n d A r i a n e r n auf die S c h ö p f u n g , G r ü n d u n g o d e r Z e u g u n g zur Präexistenz bezogene Relation zwischen dem H e r r n und der perso-

242

243

244

Simonetti (Sull'interpretazione patristica di Proverbi 8,22, 47f) hält es für wahrscheinlich, daß auch Eustathius von Antiochien von Markeil abhängig ist. Durch den neuen Echtheitsbeweis der Schrift des Eustathius gegen Photin (Abfassung in den 40ziger Jahren) durch Rudolf Lorenz (Die Eustathius von Antiochien zugeschriebene Schrift gegen Photin, ZNW 71[1980] 109-128) sind die chronologischen Voraussetzugen dafür gegeben. Schon Scheidweiler (Ein Glaubensbekenntnis, 242) trat für die Authentizität ein. Während der Anonymus des „Streites der Dionyse" (339/40 zu datieren [Abramowski, Dionys von Rom (+268), 259]) zwar wie Athanasius nicht auf Markeil oder Euseb allein, sondern auf deren Kontroverse zurückgreift, schließt sich ersterer in der Exegese von Prov 8,22 Euseb (Abramowski, a.a.O. 249), letzterer dagegen in seiner langen Proverbienbehandlung in der Oratio II contra Arianos (Kap. 44-61[62-72] 73-82) eher Markeil an (Vgl. oben 1 Anm. 2.) - Athanasius beweist durch seinen Rückgriff auf die Textfolge Ps 101,19; Ps 50,12; Eph 2,15 und Eph 4,24, daß er sich auf die Kontroverse Markell-Euseb bezieht. Euseb zog diese Stellen heran, um zu belegen, daß ,,κτίζεσθαι" hier nicht für eine Schöpfung ,,ές ανυπαρξίας" herangezogen werde (ET 111,2,10-12: 140,20-141,11). Athanasius weist an denselben Texten auf, daß die Schrift zwischen „κτίσμα ε'ιμί" (oder „κτίσμα έγενόμην") und ,,εκχισε" so unterscheide, daß, wenn sie nur ,,εκτισε" sage, sie nicht die „ουσία" oder „γένεσις" bezeichne, sondern „τι Ετερον δηλοϊ γίγνεσθαι περί εκείνον περί ου λέγει " (Kap. 46: PG 26, 244 Β 13 - 245 C 7). - Der entscheidende Unterschied zwischen den beiden inkarnatorisch-ökonomischen und prädestinatorischen Exegesen des Markeil und des Athanasius liegt in der Christologie: Das Prov 8,22-25 sprechende Subjekt ist für Athanasius immer der Logos oder die Sophia, nie der angenommene Mensch oder gar die Kirche. Die direkte (oder indirekte [Athanasius]) Wirkung Markells auf die Prov 8 - Exegese der beiden kappadozischen Gregore studieren van Parys (Exegese et theologie trinitaire, 366-379; ders., Exegese et theologie dans les livres contre Eunome de Gregoire de Nysse: Textes scripturaires controverses et elaboration theologique, in: Ecriture et culture philosophique dans la pensee de Gregoire de Nysse, hrsg. von Marguerite Harl, Leiden 1971, 183-185.193), Hübner (Gregor von Nyssa und Markell von Ankyra, in: a.a.O. 119f mit Anm. 84, 172 Anm. 16, 234, 283-290, vgl. 262-266) und Meredith (Proverbes VIII, 22, 354-357). Vgl. Euseb CM 11,3,8: 45,30; CM 11,3,10: 46,9f; CM II,3,18f: 47,21.28; ET 111,2,27: 144,10-13; ET 111,2,32: 145,5f.

III. Textkritik, Übersetung und Kommentar: Frgg 23-46

311

nifizierten Weisheit (bzw. dem Logos oder Sohn) auf die Relation zwischen dem Herrn und dem Menschgewordenen samt der Kirche, genauer auf deren „Schöpfung, Gründung oder Zeugung" im Rahmen der Ökonomie nach dem Fleisch. Aus der δευτέρα ύπόστασις und δευτέρα αρχή der Origenisten ist dadurch die δευτέρα κατα σάρκα οικονομία geworden. Damit spannt er andererseits die bisherige Beziehung der Präexistenz des Logos zu den Schöpfungswerken zeitlich aus zur Beziehung der Prädestination des Logos incarnandus, seiner Erlösungswerke und der Kirche zu deren inkarnatorischen Verwirklichung. Argumentativ geht Markeil dabei so vor, daß er die Vorherbestimmung der Menschwerdung aus der Erwählung der Kirche ableitet (Eph 1,4). Wahrscheinlich zum erstenmal überhaupt, aber jedenfalls abweichend von Ignatius, 245 Irenaus 246 und Tertullian 247 legt er dazu nicht nur Rom 1,3, sondern auch Rom 1,4 auf die ihrerseits zum Sohne Gottes vorherbestimmte Menschheit des wahrhaftigen Sohnes aus. Neben Kol 1,15b wird mit Prov 8,22-25 von Markeil ein weiterer zentraler Text nicht mehr kosmologisch sondern ekklesiologisch verstanden, nicht mehr auf die Weltzeit, sondern auf die Zeit der Kirche bezogen.

245

In IgnEph 18,2: 156,6-9 Fischer, SUC I, Darmstadt 19819, steht „dem aus dem Samen Davids" der Heilige Geist gegenüber. Die Stelle bezieht sich auf die Geburt. In IgnEph 20,2: 158,15-17 Fischer wird „dem nach dem Fleisch aus dem Geschlechte Davids" der Menschensohn zugewiesen. Daneben nennt Ignatius den Gottessohn, ohne Aussage über den Zeitpunkt oder den Status, zu und in dem er diesen Titel erlangte. In IgnSm 1,2: 204,1 lf Fischer schließlich steht: „ . . . τόν κύριον ήμών, αληθώς οντα έκ γένους Δαυίδ κατα σάρκα, υίόν θεοϋ κατά θέλημα και δύναμιν θεοϋ, . . . " Im Anschluß (IgnSm 2,1: 204,20 Fischer) heißt es, daß er sich selbst auferweckte („ . . . αληθώς ανέστησεν εαυτόν, . . . " [„auferstehen machte"]), so daß ausgeschlossen ist, daß der Sohn-Gottes-Titel hier den bezeichnen könnte, der auferweckt wird. Nach Grillmeier (Jesus der Christus, Bd. I, 200) bezeichnen die jeweils zweiten Glieder des bekannten in Antithesen angeordneten Textes IgnEph 7,2 „den präexistenten Sohn Gottes. Die erste Antithese (seil. „ . . . σαρκικός τε και πνευματικός . . . " [146,19 Fischer] ist gewiß eine Anspielung auf Rom 1,3.4 . . . "

246

Adv. haer. 111,16,3: Zeilen 89-97 Rousseau/Doutreleau, SC 211, 1974, 296-98; anläßlich der Auslegung von Rom 5,14 (typus futuri) spricht Irenaus davon, daß der Logos als Schöpfer von allem die zukünftige Ökonomie der Menschheit inbezug auf den Sohn Gottes in sich selbst vorgeformt habe (Adv. haer. 111,22,3: Zeilen 49-52 Rousseau/Doutreleau, SC 211, 438). Adv. Prax. XXVII,11: Zeilen 58-63 Kroymann/Evans, CChr.SL II, 1199: „Sic et apostolus de utraque eius substantia docet: Qui f.actus est, inquit, ex semine David (hie erit homo et filius hominis), qui definitus est filius dei secundum spiritum (hic erit deus et sermo dei [filius]). Videmus duplicem statum, non confusum sed coniunctum in una persona, deum et hominem Iesum . . . "

247

312

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

Exkurs I: Der Begriff „Ökonomie" in den Fragmenten, in De incarnatione et contra Arianos und in der Epistula ad Antiochenos Begriff und Vorstellung eines „ökonomisch-trinitarischen Monotheismus" oder einer „ökonomisch-monotheistischen Trinitätslehre" sind seit Friedrich Loofs ein Topos der Markelldeutung. Loofs ist zu diesen Formulierungen wahrscheinlich von Theodor Zahn inspiriert worden, der an einer Stelle in einem Atemzug von drei Perioden der Geschichte und von zwei Ökonomien spricht: „Gerade er (seil. Markeil) redet in einer ihn auszeichnenden Weise von einer einheitlichen im Königthum Christi gipfelnden göttlichen πραξις, und von den drei Perioden, in welchem die zwischen Gott und der Welt sich begebende Geschichte verläuft, ist ihm die erste der Menschwerdung vorangehende nicht minder als die zweite, im irdisch-menschlichen Leben des Logos bestehende, eine οίκονομία. Denn so nennt er jene indirect an all' den Stellen, an welchen er die menschliche Seinsweise des Logos eine neue und zweite Ökonomie nennt." 248 Loofs geht jedoch darin über Zahn hinaus, daß er die dritte Periode als eine Periode der Heilsgeschichte und eine τρίτη οίκονομία bezeichnet. Diese beginne mit dem Ausgang des Geistes nach Joh 15,26; 16,13f und 20,22, so daß sie als τρίτη οίκονομία κατα πνεϋμα charakterisiert ist. Mit ihr beginne die Existenz des Heiligen Geistes als unterscheidbarem göttlichem Wesen. Vorher sei er nur δυνάμει έν θεώ, d. h. in Gott und seinem Logos gewesen. Den drei Perioden der Heilsgeschichte entspreche demnach eine sukzessive Erweiterung Gottes von der Monas zur Trias. 249 Das mit dieser These von der trinitarischen Sukzession Gottes aufgeworfene Problem des Verhältnisses von erster und zweiter Ökonomie (zur zweiten Ökonomie geht keine andere „Person" der Gottheit hervor als zur ersten) versuchte R. A. Markus mit der Ansicht zu lösen, daß die erste Ökonomie sich nur auf die Monade bezöge. 250 Τ. E. Pollard konstatiert hier eine Schwierigkeit, schreibt sie aber nicht den Theorien der Markellinterpreten, sondern Markeil selbst zu. 251 Martin Tetz nimmt in seinem ersten Markeil-Aufsatz von 1964 die Loofs'sche Interpretation auf und wendet sie auf die in der Schrift De incarnatione et contra Arianos vorkommende Wendung έκ προσώπου τινός λέγειν bzw. λαλεΐν an. Sie diene einer „Unterscheidung der Ökonomien". 252 Alasdair L. C. Heron kritisiert diese Tetz'sche Deutung der Funktion der genannten Wendung im Rahmen eines „Ökonomienschemas" zurecht, allerdings mit der sich nicht mehr als haltbar 248 249 250 251 252

Marcellus von Ancyra, 137; vgl. 146. Siehe oben 44-46. Trinitarian Theology and the Economy, JThS.NS 9(1958) 90f. Vgl. oben 125. Vgl. oben 105f.

III. Textkritik, Übersetzung und Kommentar: Exkurs I

313

erweisenden Konzeption von Loofs. 253 In seinem Aufsatz „Markellianer und Athanasios von Alexandrien . . . " von 1973 „stellt sich" für Tetz allerdings „erneut die Frage ein, auf welche Weise in der monotheistischen Theologie Markells von einer ökonomischen Trinitätslehre zu reden ist."254 Zu ihrer Beantwortung sind zwei Vorklärungen nötig. Zum einen sind auf mögliche Äquivokationen des Adjektives „ökonomisch" hinzuweisen. Es geht zunächst um Markells technische Verwendung des Begriffs „Ökonomie". Davon muß die Frage unterschieden werden, inwiefern die Theologie Markells „ökonomisch" im Sinne eines (1) weiter gefaßten Verständnisses von „heilsgeschichtlich", bzw. „inkarnationsbezogen" oder eines (2) im Gegensatz von „Immanenz und Ökonomie" definierten Verständnisses genannt werden kann. Zum zweiten muß gerade bei der vorliegenden Frage darauf geachtet werden, daß zwar die Termini „Trinitätslehre" und „Christologie" aufgrund der streng monotheistischen Theologie Markells nur unter ganz bestimmten Bedingungen für Markeil in Anspruch genommen werden dürfen, sie aber dennoch unter eben diesen Einschränkungen zur Klärung beitragen können. Unter diesen beiden Voraussetzungen erweisen sowohl die MarkellFragmente als auch die Schrift De incarnatione et contra Arianos und die Epistula ad Antiochenos den Terminus „Ökonomie" bei Markell als einen christologischen und keinen trinitarischen Begriff. Und zwar dergestalt, daß der Logos und „wahrhaftige Sohn" vor der Inkarnation (und im Blick auf sein Wesen und seine Ewigkeit auch während der Menschwerdung) die „erste Ökonomie" vollzieht; als Menschgewordener und im Blick auf den mit ihm geeinten Menschen vollbringt er die „zweite Ökonomie nach dem Fleisch". Eine „ dritte Ökonomie nach dem Geist" kennt Markell nicht. Dieser christologische Befund muß nun sofort dahingehend „triadisch" (d. h. in den Grenzen der Markellischen Vorstellung vom είς θεός) ergänzt werden, daß durch das Hervorgehen des Logos zur ersten Ökonomie, durch „den Zusatz zum Heiland nach dem Fleisch" 255 in der zweiten Ökonomie und durch den Ausgang des Geistes256 eine Trennung und Ausdehnung Gottes, freilich nur im Blick auf seine tätige (schöpferische und neuschöpferische) Wirksamkeit, erfolgt. Insofern sind also doch sowohl der weitere heilsgeschichtliche als auch der im Gegensatz zur göttlichen Immanenz gefaßte Sinn des Wortes „ökonomisch" Konsequenzen des christologischen aber nicht mit diesem identisch. Nur 253 254 255 256

Vgl. oben 44-46. Markellianer, 96; vgl. oben 127. Frg 73(71,62): 198,20f. Markell denkt zumindest schon die Inkarnation „triadisch"; siehe unten 366-368.

314

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

unter diesen Kautelen (und d. h. vor allem im Bewußtsein, daß Markeil selbst nicht so spricht) besitzen diese bei Markell selbst nicht technischen Verwendungen unseres Begriffes eine Funktion zum Verständnis seiner Theologie. Das zur vorliegenden Sequenz gehörige Frg 26(9,9) enthält die Formulierung „δευτέρα κατά σάρκα οικονομία". Aus diesen Worten ist eindeutig, daß Markell mit der „δευτέρα οικονομία", wie er in Frg 74(73,64) 257 kürzer sagt, und mit den vielen Maien, an denen er „κατα σάρκα oder κατά άνθρωπον οικονομία" ohne Hinzufügung des Zahlwortes ausspricht, ein und dasselbe meint. 258 Eine dieser Wendungen gebraucht Markell an der Stelle, an der er den ewigen Logos und seinen „ersten Namen" abgrenzt vom Logos in seiner neuen und jungen Ökonomie nach dem Fleisch und seinen jüngeren und neueren Namen, 259 ferner dort, wo er den ewigen Logos als den „Einziggeborenen" von dessen Ökonomie nach dem Fleische unterscheidet, in der er der „Erstgeborene" ist. 260 In anderen Fragmenten differenziert er die ewige Königsherrschaft des Logos von der „Ökonomie und Königsherrschaft nach dem Menschen", die einen Anfang und ein Ende hat. Der nach Ps 54,20 vor den Zeitaltern existierende Logos ist der Gegenpol zu der nach Prov 8,23 vorherbestimmten Ökonomie Jesu Christi nach dem Fleisch. 262 Wieder an einem anderen Ort ist der aus dem Vater hervorgehende, aber dennoch mit ihm in Einheit existierende Logos der Gegenbegriff zum Logos in seiner zweiten Ökonomie bzw. zu dem vom Logos angenommenen Menschen. 263 Wie Prov 8,22 nicht den Anfang der Gottheit, sondern die zweite Ökonomie nach dem Fleisch meine, so auch Ps 109,3 nicht seine 264 erste Schöpfung, sondern sein „Werden nach dem Fleisch". 265 In allen Fällen betrifft der Begriff „Ökonomie" den Logos bzw. Sohn. Die „zweite Ökonomie" ist die Ökonomie der Inkarnation. Das Pendant dazu, das Markell zwar nie ausdrücklich „erste Ökonomie" nennt, ist die Zeit und Tätigkeit des Logos und „wahrhaftigen Sohnes" vor seiner Inkarnation, aber auch während derselben im Blick auf seine Ewigkeit und seine Einheit mit dem Vater, die ja nicht mit der Menschwer199,4f. 258 vgl. auch die Formulierungen κατα σάρκα (αΰτοϋ) γένεσις (Frgg 14[5,5]: 186,14f und 60[29,24]: 190,9) und κατα άνθρωπον αΰτοϋ πραγματεία (Frg 28[10,9]: 187,28). 2 5 9 Frg 3(43,37); vgl. Frg 7(43,36). 2 6 0 Frgg 13(4,4) und 15(6,6). 2 6 1 Frg 105(117,104), insbesondere 210,13-211,11; vgl. Frg 99(111,99): 208,33-209,2. 2 6 2 Frg3 5(17,14); vgl. Frg 37(19,16): 188,12. 2 6 3 Vgl. Frg 74(73,64): 199,3-6 mit Frg 75(74,65): 199,34-200,9. Siehe schließlich auch noch Frg 126(100,89): 206,7f. 2 6 4 Genetivus objectivus. 2 6 5 Frg 60(29,24). 257

III. Textkritik, Übersetzung und Kommentar: Exkurs I

315

dung aufhören! Für diesen letztgenannten Aspekt, d. h. für den Logos in seiner Gottheit und Ewigkeit, besitzt Markell noch eine andere Ausdrucksweise. In Frg 72(70,61) stellt er der „Ökonomie nach dem Fleisch" nicht eine „Ökonomie nach der Ewigkeit oder der Gottheit" entgegen, sondern die „Ewigkeit nach dem Geist": „ . . . einerseits erkennen wir, daß sich die Ökonomie nach dem Fleisch auf den Menschen bezieht, andererseits sind wir überzeugt, daß die Ewigkeit nach dem Geist mit dem Vater vereint ist..." Es muß aufgrund der Quellenlage offen bleiben, ob wir zurecht nach unserer Interpretation die „erste Ökonomie" in die Inkarnationszeit hineindauern lassen oder ob sie im Sinne Markells seit der Inkarnation von dem Aspekt der κατά πνεϋμα αίδιότης abzulösen wäre. Auf jeden Fall aber entzieht dieses Frg 72 durch die christologische Inanspruchnahme des Begriffspaares κατά πνεϋμα - κατα σάρκα die Berechtigung, Markell die Konzeption einer dritten κατα πνεϋμα οικονομία zuzuschreiben. In der Schrift De incarnatione et contra Arianos findet sich die schon erwähnte Stelle,266 die der Aussage von Frg 72, allerdings ohne das Wort „Ökonomie", sehr nahe steht. Sie lautet: „ . . . Jesum Christum, den er sandte, der nach dem Geist vereint mit dem Vater ist, uns aber nach dem Fleisch und so zwischen Gott und den Menschen vermittelt." 267 In Kap. 8 aus derselben Schrift, das ich aufgrund oben beschriebener besserer Handschriften 268 in von PG 26 (= Montfaucon) abweichender Lesart 269 wiedergebe, verwendet Markell unter Heranziehung des paulinischen Begriffspaares den Terminus im Blick auf Sein und Tun des Logos (und Sohnes des Vaters) nach dem Fleisch: De incarnatione et contra Arianos Kap. 8: PG 26, 996A 1 - 997 A 6: 996 Α

5

266 267 268 269

270 271

"Οσα ούν ευτελή ρήματα υπό τοϋ κυρίου ειρηται, τή πτωχεία αύτοΰ διαφέρει, ίνα ήμεΐς εν αύτοΐς270 πλουτήσωμεν, ούχ ίνα έν αυτοί ς βλασφημήσωμεν κατα τοϋ υίοϋ τοϋ θεοϋ. και κατά τοϋτο ό υιός τοϋ θεοϋ υιός ανθρώπου γέγονεν, ι να ol υίοι τοϋ ανθρώπου, τουτέστι τοϋ 'Αδάμ, υίοι τοϋ θεοϋ γένωνται. ό γαρ γεννηθείς άνωθεν εκ πατρός_ άρρήτως, άφράστως, άκαταλήπτως, άϊδίως, ό αύτός

Siehe oben 111. Kap. 22: PG 26, 1024 Β 11-12. Siehe oben 114f. Die von PG 26 abweichenden Lesarten sind unterstrichen und ihre Bezeugung in den Anmerkungen verzeichnet. Z, L, B, W, Syr, Ar. Syr, Ar.

316

10

15 Β

4 5

10

15 C

5

10 997 Α

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

έν χρόνω γεννάται κάτωθεν έκ παρθένου j 272 Μαρίας, ίνα οί κάτωθεν πρότερον γεννηθέντες άνωθεν γεννηθώσιν έκ δευτέρου, τουτέστιν έκ θεοϋ. αυτός οΰν μητέρα εχει μόνον επί γης, και ήμεΐς πατέρα μόνον εχομεν έν ούρανώ. και δια τοϋτο εαυτόν υίόν άνθρωπου καλεί, ίνα οί άνθρωποι θεόν καλέσωσι πατέρα έν τοις ούρανοίς- πάτερ ημών, φησίν, ό έν τοϊς ούρανοΐς. ώσπερ οΰν ημείς οί δοϋλοι τοϋ θεοϋ υίοί θεοϋ γεγόναμεν, οϋτως ό δεσπότης των ουρανών 273 υιός τοϋ ιδίου δούλου γέγονε _274τουτέστι τοϋ 'Αδάμ. λαβών γαρ τον θνητόν πατέρα των ανθρώπων, εδωκε τοίζ άνθρωποι; τον έαυτοϋ άθάνατον πατέρα 275 κατά τό λεγόμενον εδωκεν αύτοίς έξουσίαν τέκνα θεοϋ γενέσθαι. δθεν καί θανάτου κατά σάρκα 276 γεύεται ό υιός τοϋ θεοϋ διά τον σαρκικόν αύτοϋ πατέρα, ίνα οί υίοί τοϋ άνθρώπου της ζωής αύτοϋ 277 μεταλάβωσι, διά τον κατά πνεϋμα αυτών πατέρα θεόν. αυτός ούν κατά φύσιν υιός έστι τοϋ θεοϋ, ημείς δε κατά χάριν. καί πάλιν αυτός κ α τ ' ο ί κ ο ν ο μ ί α ν καί χάριν ήμετέραν υιός γέγονε τοϋ 'Αδάμ, ημείς δε κατά φύσιν έσμέν υίοί τοϋ 'Αδάμ. δθεν λέγει· άπέρχομαι προς τον πατέρα μου καί πατέρα υμών, καί θεόν μου, καί θεόν υμών. πατήρ γάρ αύτοϋ έστιν ό θεός, ώς προείπον, κατά φύσιν, ημών δε κατά χ ά ρ ι ν καί θεός αύτοϋ γέγονε κ α τ ' οικονομ ί α ν , διότι άνθρωπος, ήμών δέ κατά φύσιν δεσπότης έστι καί θεός. καί διά τοϋτο ό λόγος καί υιός τοϋ πατρός ενωθείς σαρκί γέγονε σάρξ_278 ίνα οί άνθρωποι ένωθέντες πνεύματι, γένωνται εν πνεϋμα. αύτός ούν έστι θεός σαρκοφόρος, καί ημείς άνθρωποι πνευματοφόροι. άπαρχήν γάρ λαβών έκ τής ουσίας τών ανθρώπων, τουτέστιν έκ τοϋ σπέρματος 'Αβραάμ, 279 (ήτις εστί μορφή δούλου), καί έν όμοιώματι άνθρώπου γεγονώς, εδωκεν ήμίν

272

Vgl. Tetz, Markeil I, 244.

273

Ζ, L, Syr, Ar. Ζ, L, Syr, Ar. Ζ, L, Β, S, Syr, Ar (teilweise mit geringen Varianten); vgl. Tetz, Markeil II, 4 Anm. +θνητός (996 Β 4). Ζ, L, S, Syr, Ar; vgl. Tetz, Markeil I, 267. Z, Ar, vgl. Syr. Z, L, B, S, Syr, Ar, etc.; vgl. Tetz, Markell I, 244. Z, L, B, S, W, Syr, Ar.

274 275

276 277 278 279

III.. Textkritik, Übersetzung und Kommentar: Exkurs II

5

317

έκ της ουσίας τοϋ θεοϋ280 άπαρχήν αγίου πνεύματος- ίνα γενώμεθα οί πάντες εις υίούς τοϋ θεοϋ έν όμοιώματι τοϋ υΐοϋ τοϋ θεοϋ. αυτός ούν ό αληθινός _281υίός τοϋ θεοϋ τους πάντας ήμας φορεί, ίνα οί πάντες τον ενα φορέσωμεν θεόν.

Wie in diesem Text aus De incarnatione et contra Arianos erscheint der Begriff „Ökonomie" auch in der Epistula ad Antiochenos dreimal zur Bezeichnung des Seins und Tuns des Logos und Sohnes des Vaters in der „Ökonomie der Inkarnation". In Kap. 7 kommt das Wort im Zusammenhang einer längeren Ausführung über die Unterscheidung der Worte und Werke τα δια τον άνθρωπον τοϋ σωτήρος, δν δι' ήμας έφόρεσεν, γεγραμμένα von denen, die sich auf die θεότητος τοϋ λόγου beziehen, vor. 282 Wenn er sagt: „Meine Seele ist betrübt bis in den Tod (Mt 26,38)", dann ist der Geist der Gottheit bereit „zur ganzen Ökonomie (εις πασαν οίκονομίαν)", während das Fleisch schwach ist (vgl. V. 41) und dem Leib die Betrübnis und Angst zuzurechnen ist. 283 In der schon zitierten Stelle aus Kap. II 2 8 4 sagt Markeil, daß die N a men „Menschensohn", „Schaf", ,,Adam", „Fels" und „Eckstein" vom Sohn gleichnishaft „wegen der Ökonomie" gesagt worden seien. In Kap. 25 redet Markeil schließlich über „ή δι'ου έφόρεσεν ανθρώπου δι' ήμας οικονομία". 285 Die beiden Markell neu zugewiesenen Schriften kennen den Begriff ο'ικονομία wie die Fragmente also ausschließlich christologisch, freilich nur im Sinne der auch in den Fragmenten im Vordergrund stehenden „Ökonomie nach dem Fleisch" und nicht in dem einer „ersten Ökonomie". Exkurs II: Die Exegese von Prov 8,22-25 in der Epistula ad Antiochenos und in De incarnatione et contra Arianos Die Exegese von Prov 8,22-25 in der Epistula ad Antiochenos weist eine Fülle der markellischen Details auf. Zugleich geht sie auf Äußerungen Eusebs in C M und ET ein. Auch Markells Auslegung in De incarnatione et contra Arianos erweist sich als von der Theologie der Fragmente herkommend und zugleich in Ubereinstimmung mit der Epistula ad Antiochenos. Hier tritt insbesondere der ekklesiologisch-pneumatologische Aspekt in den Vordergrund. 280 281 282 283 284 285

S, Syr, Ar. Z, L, B, S, W, Syr, Ar. Epistula ad Antiochenos Frg 7(7,60[11-13]). Epistula ad Antiochenos Frg 7(7,60[35-39]). Siehe oben 154. Epistula ad Antiochenos Frg 21(20,70[6f]).

318

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

Wie für den Markeil der Fragmente ist Prov 8, 22(-25) für den Verfasser der Epistula ad Antiochenos 286 eine Prophetie auf den künftigen κυριακός άνθρωπος, der zum Heile der ganzen Welt aus Maria geschaffen werden sollte. 287 Entscheidend für das Verständnis der Stelle, aber auch für die ganze Schrift, sei die Unterscheidung zwischen den christologischen πρόσωπα. Paulus selbst habe diese Unterscheidung dieser δύο είδη288 oder πρόσωπα 289 von Salomo gelernt. Daher spreche der Heilige Geist durch Salomo 290 "' ,,έκ προσώπου291 τοϋ υίοΰ ανθρώπου τοϋ έκ Μαρίας και τοϋ υίοϋ τοϋ θεοϋ τοϋ έν αρχή συν τω πατρί λόγω. και δύο πρόσωπα δηλοΐ, εν μεν τοϋ έκ Μαρίας κτίστοϋ και πλαστοϋ ανθρώπου, εν δέ της προ των αΙώνων έκ θεοϋ πατρός άναρχου και άϊδίου γεννήσεως."* 292 Damit bestätigt der Verfasser, d. h. Markell, die Kritik, die Euseb an ihm übte: Markell lehre nicht ein und dasselbe christologische Prosopon und wechsele bei der Auslegung das sprechende Prosopon. 2 9 3 In den Kapp. 4f wendet sich Markell bei der Behandlung der Worte „αρχή όδών" gegen einen weiteren Einwand Eusebs gegen seine Exegese, wobei Markell seine intensiv-qualitative Deutung der „αρχή" von Kol 1,18 auf Prov 8,22 überträgt. Euseb hatte geltend gemacht, daß Markell bei seiner Auslegung der „Wege" auf die Apostel und ihre Lehren übersehe, daß schon die Propheten „Tausenderlei" über die Wege Gottes geschrieben haben, wie z.B. Mose N u m 20,17; 21,22; Dtn 30,15(21,8), David Ps 1,6 und Jeremia Jer 6,16. Jeder Prophet habe auf verschiedene Weise die Wege Gottes erwähnt. 294 Euseb fährt fort „Wenn also der Heiland . . . sich selbst als Anfang der Wege Gottes lehrt . . . (natürlich ist er älter als Mose und die Propheten und als die, die noch früher den Wegen Gottes entsprechend gelebt haben), dann existierte nicht das Fleisch, das er annahm, vor jenen allen . . . Nicht wegen des Fleisches sagte dies demnach der Heiland . . . , sondern wegen seiner Präexistenz und Führung über alle Wege Gottes, in denen alle der früheren gottgeliebten Männer gewandelt sind." 295 Markell zählt in Epistula ad Antiochenos Kap. 4 zunächst vielfältige 286 287 288 289

290

291 292

293 294

Vgl. zum Folgenden: Scheidweiler, Wer ist der Verfasser?, 336-338.342f.348-57. Epistula ad Antiochenos Kap. 3, Frg 3(3,56[7-9]). Epistula ad Antiochenos Kap. 2, Frg 1(1,54[6]): vgl. das ganze Fragment. So lesen diese Stelle die syrische (Severus von Antiochien [ J. Lebon, Le Sermo maior de fide pseudo-athanasien, Le Museon 38,1925, 250]) und die armen. Ubersetzung („erkus eress": 4,19 Casey). Verbessere arm. (35,14 Casey): „Satmosiw" in „Solomoniw" und entsprechend die engl. Ubersetzung (27,24 Casey). „yeresac'" (35,15 Casey); oder mit ,,έκ είδους" wiederzugeben. Epistula ad Antiochenos Kap. 20. Mit . . * kennzeichne ich meine Rückübersetzung aus dem Armenischen. Vgl. oben 304 Anm. 220. ET III,3,lf: 145,30-146,7.

III. Textkritik, Übersetzung und Kommentar: Exkurs II

319

Weisen des neutestamentlichen Wegseins Jesu auf, die er mit einer Abwandlung von Joh 14,6 abschließt: „Ich bin der Weg, der zum Vater führt". Diesen Weg habe Jeremia (Jer 6,16) prophezeit und zugleich viele Wege, die um des einen guten Weges willen zu erforschen seien. Doch diese historisch erforschten Wege sind nur in Wahrheit und geistlich zu verstehen: 296 "'„οδούς297 και τρίβους τους προφήτας λέγει έρωταν δια αναγνώσεως και έκ τούτων μανθάνειν την άγαθήν όδόν, δς έστιν Χριστός, και πορεύεσθαι έν αύτη. και σαφώς άπόδειξεν ό κύριος, δτι αυτός έστιν, δν Ιερεμίας ελεγεν όδόν. λέγει γαρ· έγώ είμι ή οδός κα'ι ή αλήθεια και ή ζωή. τώυ ούν προφητών τε και πάντων άγιων των χρηματιζόντων οδών και τριβών έκτίσθη αρχή ό κυριακός άνθρωπος, δς έστιν πρώτος,298 δια τό έν άρχη άρχεσθαι και έν έξουσία έξουσιάζειν."*299 Entsprechend der Theologie der Fragmente erlangt der zwar später als „Anfang" der Wege geschaffene κυριακός άνθρωπος dennoch den Primat und die Superiorität über alle vorangegangenen „Wege", d. h. Propheten und Heilige. 300 Noch weiter mit dem Markell der Fragmente und mit der dort geführten Auseinandersetzung stimmt die Thematisierung von Prov 8,23-25 in den Kapp. 21-23 überein. Markell gibt die Kritik seiner Gegner an ihm in wörtlicher Rede wieder, wobei sie die charakteristische Formulierung „ . . . es sind weniger als 400 Jahre seit der Inkarnation . . . " 3 0 1 als Argument dafür verwenden, daß die in Prov 8,23-25 geschilderten Vorgänge sich auf viel Früheres beziehen müssen. Schon diese Wendung allein weist auf Markell als den Verfasser der Epistula ad Antiochenos. Ich zitiere den Text teilweise nach meiner Retro-

295

E T III,3,3f: 146,7-15; vgl. das analoge Argument: Markell schlösse durch seine Deutung der Abründe auf die Herzen der Heiligen die alttestamentlichen Heiligen aus ( C M 11,3,18: 4 7 , 2 1 - 2 7 ; E T 111,3,14-19: 148,9-149,6).

296

„Hence concerning this Way Jeremiah previously proclaimed saying: .Abide ye in the ways and seek the paths of the L o r d and ye shall learn what is the good way and shall walk in it.' And as, according to the prophetic word, there are many ways on which he says to be; he also says there are many paths to investigate for the sake of the one good Way which ,finding, ye shall learn to walk in it'. 5. N o w the ,ways' which have been investigated historically are only explicable in a true and spiritual sense (16,31-38 Casey)."

297

A r m . (10,5 Casey) nur Singular; lies: „canaparhs".

298

Casey übersetzt: „ . . . who existed p r e v i o u s l y . . . " (17,2). Das Armenische: „or e arajinn" (10,11) ist aber aufgrund des vorangehenden „arajin" (9,13 arm., vgl. 16,2830 engl.) wie oben zu lesen. Korrigiere auch Scheidweiler, Wer ist der Verfasser, 337.

299

Epistula ad Antiochenos Kap. 5: 10,9-11 arm., 17,1-4 engl. Casey.

300

Das den zurückübersetzten Text fortführende Frg 4(4,57) wiederholt diesen Gedanken und verknüpft ihn durch Jer 38,22b L X X mit demjenigen von der Neuheit des Heiles; vgl. ferner Kap. 22 (28,40-29,2 engl. Casey).

301

Frgg 103(115,102): 209, 23f und 104(116,103): 2 1 0 , l f .

320

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

version, teilweise griechisch nach Frg 40 Schwartz und vollständig lateinisch nach Facundus: Epistula ad Antiochenos Kap. 21 36,3-15 arm.; 27,32-ult. engl. Casey; Frg 40 Schwartz

Facundus, Pro Defensione . . . X,II,8 Clement/Vander Plaetse, CChr.SL 90 A, 1974, 335,65-73302

Die Gegner sagen: "„ελαττον ή τετρακόσια303 ετη εστίν „a quadringentis annis est operatio από304 της ένσαρκώσεως305 τοϋ κυρίου, corporis Domini et quomodo in eum και πώς εις αυτόν προορίζουσιν306 τό quidam referunt hoc quod dictum est: ρητόν, δ λέγει· 'κύριος . . . εργα αύτοϋ', .Dominus creavit me principium viκαίπερ λεγόντων των γραφών προ δρων arum suarum in opera eius,' cum diκαί βουνών, προ πηγών καΐ προ πάντων cat sciptura ante montes et colles, αιώνων γίγνεσθαι307 και κτίζειν· και a n t e fontes et ante saeculum generaταϋτα λέγοντες μεγαλύνονται περί τίνων tum e t creatum? ου διαιροϋντες . . . ου διαιροϋσιν οί Et haec dicentes a quibusdam laudari αμαθείς ποίον πρόσωπον τοΰ προφη- putantur, non dividentes quae perτικοϋ πνεύματος περί τοϋ σώματος τοϋ sona prophetico spriritu de corpore κυρίου βοα και ποίον την άΐδιον αότοϋ Domini clamat et quae de aeterna eius έκ πατρός γέννησιν διδάσκει, αλλ' ενα a Patre generatione docet." καί τον αυτόν δηλοϋσιν τον απαθή λόγον καί τον παθητόν ανθρωπον *τοϋ « -;·-« υιου · . 308 ::

Im Fortgang führt Markeil seine prädestinatorische Exegese v o n V 23 wie in den Fragmenten durch. Die Prädestination des v o m Logos angenommenen Menschen wird hergeleitet von der Prädestination aller Menschen nach Eph l,4f. Wie in den Fragmenten zieht Markell auch jetzt als Parallele I Kor. 3,11 heran. Ferner argumentiert er, u m mit der Bedeutung des Prädestinierten dessen tatsächliche Vorherbestimmung zu belegen, wie in Frg 33(16,13) mit Kol 2,9. 3 0 9 D e r „Ort" der 302

303

304 305 306

307 308 0

Vgl. die Emendationen Scheidweilers , Wer ist der Verfasser, 348f), die aber nicht notwendig sind. Nach Facundus zu korrigieren. Korrekturen, die vom Armenischen oder Griechischen bei Facundus vorgenommen werden müßten, notiere ich nicht. Der griechische ist der gültige Text. Oder bloßer Genitiv. Oder: ,,ποιήσεως σώματος"? „sahmanen" (arm. 36,5). Dasselbe Verb dient zur Übertragung des ,,προορίσας" von Eph 1,5 (arm. 37,14) und erscheint auch arm. 38,1. Dort (28,21 engl.) übersetzt es Casey korrekt mit „predestined". Arm.: „linel" (36,9). Korrigiert nach dem Arm. (36,15). Verbessere S. 61 Schwartz. Epistula ad Antiochenos Kap. 21f: 28,9-28 engl. Casey.

III. Textkritik, Übersetzung und Kommentar: Exkurs II

321

Vorbestimmung des „προ τοϋ αιώνος θεμελιωθείς" und dessen, der „έν προγνώσει ήν", ist wie in den Frgg die „διάνοια" Gottes. 310 In genauer Analogie zu den Fragmenten plädiert Markell für seine Exegese des „Zeitalters" als des einen Zeitalters, das mit der Inkarnation begonnen hat, mit dem Argument, daß das Heil am Ende der Zeitalter (Hebr. 9,26; vgl. Hebr. 1,2) gekommenen ist. Dazu bezieht er sich in leichter Abwandlung (aber nicht der entscheidenden Worte) auf Micha 5,lf LXX: „ . . . περί δέ τό κυριακόν σώμα φανερώς προεφητεύθη τω 'Ιούδαέκ σοϋ έξελεύσεταί μου ήγούμενος και ή άρχή αύτοϋ άπ' αρχής άφ' ημερών αιώνος, καίπερ έπι συντελεία, των αιώνων έκ φύλης Ίουδα άνείληφεν ό θεός λόγος τον άνθρωπον . . . " 3 Π Schließlich teilt er wie in den Fragmenten die V 22-25 der Prophetie auf den Menschgewordenen zu, V 27-30 aber dem Logos und Sohn in seiner Ewigkeit. 312 In der Schrift D e incarnatione et contra Arianos legt Markell Prov 8,22 und 25b direkt ekklesiologisch aus. Dies ist einer der Punkte, die es Heron 313 und Simonetti 314 unmöglich erscheinen ließen, für beide Schriften denselben Verfasser anzunehmen. Tetz 315 und Hübner 316 heben dagegen das Gemeinsame beider Auslegungen hervor, wobei beide an eine Fortentwicklung der Theologie Markells denken. Die Texte lauten: „So spricht er demnach auch, wenn er ,Der Herr schuf mich als Anfang seiner Wege' sagt, über die Kirche, die in ihm geschaffen wird. Denn nicht der Schöpfer des Alls ist ein Geschöpf und Gemachtes, sondern das Gemachte wird im Schöpfer erneuert, nach dem Wort des Paulus . . . ";317 310

311

312

313 314 315 316 317

Epistula ad Antiochenos Frg 19(18,68[9f]). Casey läßt 28,38 engl, προ τοϋ αιώνος unübersetzt, obwohl es die armenische Ubersetzung (39,7) enthält; vgl. 28,17f.24f engl. Casey. Epistula ad Antiochenos Frg 20(19,69). Aus Frgg 19 und 20 geht hervor, daß es von der armenischen Übersetzung herrührt, daß der in Prov 8,23 singularische αιών im Armenischen und daher auch von Casey pluralisch wiedergegeben wird. Dies ist daraus leicht zu erklären, daß der armenische Ubersetzer dem Wortlaut der armenischen Bibel, die „zyawiteons" liest, folgt. So muß Epistula ad Antiochenos Kap. 23 (29,33-30,4 engl. Casey) interpretiert werden. Der Verfasser zieht V 25b nicht zu dem neuen Satz (was Scheidweiler [Wer ist der Verfasser, 343] offenläßt, aber dann a.a.O. 356 verneint, indem er ihn von der Expositio fidei her deutet, die er mit Schwartz für einen ursprünglichen Bestandteil der Epistula ad Antiochenos hält). In Zeile 36 ist mit Prov 8,30a ein neuer Satz zu beginnen. Denn aus dem folgenden ist eindeutig, daß Prov 8,30a und b für Markell das Ewigkeitsverhältnis zwischen Vater und Sohn belegen. Zu den Einwänden Simonettis vgl. oben 75-77. Studies . . . , 78-80. Sull'interpretazione patristica di Proverbi 8,22, 43; Su alcune opere, 323f.326. Markell I, 258-261 (vgl. 245. 266-269). Siehe oben 150f. De incarnatione et contra Arianos, Kap. 6: P G 26, 992 C 3-8.

322

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

und: „Und wenn er sagt: ,Vor allen Hügeln hat er mich gezeugt', 318 spricht er in der Person der Kirche, die vorher gegründet, danach aus Gott nach der Gnade 3 1 9 gezeugt wird. Deswegen steht auch in dem Sprichwort zuerst das ,Der Herr schuf mich' und später das ,er zeugte'." 3 2 0 Wir sind aufgrund der eigenartigen prädestinatianistischen Exegese Markells von V 23-25 und aufgrund des Gehaltes von Frg 46(89,79) in Verbindung mit den Frgg 49-45 zu der Auffassung gelangt, daß Markeil auch in den Fragmenten V 24aoc auf die Neuschöpfung unseres Fleisches und die Verse 24 und 25 insgesamt auf die vorherbestimmte Geist- und Taufgeburt der Gläubigen („Wege", „Abgründe", „Wasserquellen", „Berge", „Hügel") bezieht. 321 Die Ubereinstimmung zwischen den Fragmenten und D e incarnatione et contra Arianos auch in diesem Punkt wird durch den pneumatologischen Kontext, 3 2 2 in dem der soeben zitierte zweite Text steht, weiter unterstrichen. Im Fortgang zeigt Markell zunächst auf, daß der Geist wie der Vater und der Sohn „Schöpfer" ist, 323 danach, daß er tatsächlich der Geist Gottes ist und daher mit ihm dieselbe Gottheit und dasselbe Wesen besitzt. 3 2 4 Dann heißt es: „ U n d wenn der H e r r durch Jesaja ,Söhne habe ich gezeugt und erhöht (1,2)' 3 2 5 sagt, spricht er im Evangelium: ,Das aus dem Fleisch Geborene ist Fleisch und das aus dem Geist Geborene Geist (Joh 3,6).' U n d wieder: ,Der Geist weht, w o er will, und du hörst seine Stimme; aber du weißt nicht, w o h e r er k o m m t und wohin er geht. So ist jeder, der aus dem Geist geboren ist (3,8)'. A m Anfang des Evangeliums sagt Johannes: ,Denen aber, die ihn aufnahmen, gab er die Vollmacht, Kinder Gottes zu werden, denen, die an ihn 3 2 6 glauben, die nicht aus Blut oder dem Willen eines Mannes, nicht aus dem Willen des Fleisches, sondern aus G o t t geboren (gezeugt) wurden (l,12f).' Welche also aus dem Heiligen Geist geboren wurden, diese wurden aus G o t t geboren. U n d welche auf Christum getauft wurden, diese wurden auf den Vater und den Heiligen Geist getauft.

318 319

320 321 322

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324 325 326 327

mit L, Syr, Ar. mit B, S, Ar; S, Β und weitere Codices lesen es in der Appendix: PG 26, 1027 Anm. 5. De incarnatione et contra Arianos, Kap. 12: PG 26, 1004 C 12 - 1005 A 2. Siehe oben 308-311. De incarnatione et contra Arianos, Kap. 12-19: PG 26, 1004 C 2 - 1020 A 2; vgl. aber schon Kap. 8: PG 26, 996 C 5 f f (oben 316 zitiert). De incarnatione et contra Arianos, Kap. 13: PG 26, 1005 A 3 - 6. Unter Zitation von Ps 103,30 L X X mit nach Tetz ekklesiologischer Konnotation (Markell I, 252). PG 26, 1005 A 9 - Β 10. Die restlichen Worte von Jes 1,2 L X X fehlen in Z, L, B, W, S, Syr, Ar. Syr, Ar / τό δνομα αύτου Ζ, L. PG 26, 1005 Β 11 - 27.

III. Textkritik, Übersetzung und Kommentar: Frg 47-50

323

Prov 8,25b meint hier also die der Neuschöpfung folgende 328 Neugeburt der Kirche aus dem Geist, d.h. aus Gott selbst, deren Ort die Taufe ist. 329 Damit stimmt die Aussage der Frgg 40-46 vollkommen überein. Insgesamt kann festgestellt werden, daß neben der individuell-inkarnatorischen Auslegung von Prov 8,22-25 in den Fragmenten die ekklesiologische durchgeführt ist, die insbesondere in der ekklesiologischen Interpretation des „γέννα με" von V 25 genau mit De incarnatione et contra Arianos zusammengeht. Hier muß keine Entwicklung angesetzt werden. Im übrigen zeigen sich weitere Parallelen, auch zur Epistula ad Antiochenos. Anschließend an die erste der gerade zitierten Stellen, aus der die Interpretation der Schöpfung V 22 als Neuschöpfung hervorgeht, zitiert der Verfasser mit Kol 2,10; Eph 3,10-12; Eph l,4f drei prädestinatorische, auf die Zeit der Kirche gerichtete Texte, und mit Eph 2,15f eine Stelle, die in Frg 15(6,6) anklingt. 330 Frgg 47-50: Die Trias hat ihre αρχή aus der Monas Frg 47 (66,60) Z u m Text: Rettberg 52f druckt Frgg 4 7 und 4 8 als eines ab. N a c h M ö h l e r (Athanasius der G r o ß e , Bd. 2, 30 mit A n m . 38) u n d K l o s e (Geschichte und Lehre, 30 mit A n m . 9) gehört der erste Satz des Fragments Euseb. 197,23: τρεις υποστάσεις ούσας: siehe A n m . 3 3 1 . 197, 25: μονάδι V , alle übrigen / μόνα Scheidweiler 2 1 1 , Hansen 2 6 1 . 197, 25: τω θεώ V , M o n t a g u 1 6 8 A 2, Rettberg 53, G a i s f o r d 320; N o l t e , 1 0 0 4 A 1 0 / τοϋ θεοϋ Zahn 1 5 0 A n m . 1, Hansen 2 6 1 .

Ubersetzung: „ . . . denn es wäre unmöglich, daß sich drei Hypostasen, falls sie existierten, 331 zur Monas vereinigen, wenn nicht vorher die Trias den Anfang aus der Monas hätte. Denn jenes, sagte der heilige Paulus, werde zur Monas hin unter ein Haupt gebracht, was sich 328 329

330 331

Vgl. unten 504. Vgl. die Beobachtungen von M. van Parys zur „interpretation spirituelle" von Prov 8,22-31 (?) in De incarnatione et contra Arianos (Exegese et theologie trinitaire, 374f.379). 1 86,18 Klostermann. Trotz des fehlenden αν ist der Sinn des Partizips irreal. Für potentiale Auflösung treten mit Scheidweiler (Marcell von Ancyra, 210) ein: Schendel (Herrschaft und Unterwerfung Christi, 113 Anm. 8), Hansen (Gegen Marcell, GCS 14, 261); Abramowski (Dionys von Rom [+ 268], 246 [mit Hinweis auf die Nachbildung des „Dionys von Rom"; Athanasius, De decretis 23,4: 22,23 Opitz, Athanasius Werke II/l]) und Feige (Die Lehre Markells von Ankyra, 49 Anm. 370). - Anders übersetzen Montagu 168 ( = Nolte 1003 Α 5f = Gaisford, 320): „ . . . tres, quae sunt hypostaseis . . . ", Rettberg (Marcelliana, 54): „ . . . tres hypostaseis vere tales . . . " und Gericke (Marcell von Ancyra, 213): „ . . . vorhandene Hypostasen . . . "

324

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

keineswegs in Einheit auf Gott bezieht. Denn in Einheit beziehen sich nur der Logos und der Geist auf Gott . . . " 197,24: Eph 1,10 Frg 48 (67,60) Zum Text: 197,32: άπορρήχω λ ό γ ω V, Rettberg 53, Gaisford 321, Nolte, 1004 Β 5, Zahn 147 Anm. 1 / άπορρήτω δέ λόγω Montagu, Annot. ad 167 Β 1 (= Gaisford 410 = Nolte, 1004 D), Klostermann / άναπορρήτω τε λόγω Scheidweiler 211; dazu Hansen 261 kritisch: „das nicht belegte Adjektiv macht bedenklich". 197,35: αύθις τε V, alle übrigen / αΰθίς τε συνέστηκεν Scheidweiler 211; Hansen 261 versieht diese Emendation mit einem Fragezeichen. 198,1: ού γ α ρ V, Zahn 147 Anm. 1, Hansen 261 / ούγοϋν Rettberg 53 / ούκ αρα Klostermann (vgl. Kühner/Gerth, I I / 2 , § 545, 336 zur Bedeutungsnähe von γάρ und αρα). 198,6: διακονεί ν V, Montagu 168 C 5, Rettberg 53, Nolte 1004 C 6 / λαμβάνειν Klostermann. 198, 10: λαμβάνει V, Rettberg 54, Gaisford 321, Nolte, 1004 C 12, Zahn 147 Anm. 1 / λαμβάνοι Montagu, Annot. ad 168 C 1 (= Gaisford 410 = Nolte, 1004 D), Klostermann. 198,11: διακονοίη V, alle übrigen / διακονεί Rettberg 54.

Ubersetzung: „ . . . wenn demnach der Logos, wie es scheint, aus dem Vater selbst ausgeht und zu uns gekommen ist, der Heilige Geist aber, wie auch Asterius bekannte, vom Vater ausgeht und der Heiland wiederum über den Geist sagt: ,Er wird nicht aus sich selbst reden, sondern das, was er hören wird, wird er sagen und wird euch das Kommende verkünden. Jener wird mich verherrlichen, denn von dem, was mein ist, wird er's nehmen und euch verkündigen,' scheint hier nicht deutlich und offensichtlich die Monas in geheimnisvoller Rede zwar zur Trias verbreitert', ohne aber jemals eine Trennung zu erleiden? Denn wenn zum einen der Logos aus dem Vater ausgeht, zum anderen bekannt wird, daß auch der Geist selbst aus dem Vater hervorgeht, und wiederum, daß der Heiland über den Geist sagt: Jener wird von dem nehmen, was mein ist, und wird es euch verkündigen', ist denn dann nicht offenbar, daß ein verborgenes Geheimnis enthüllt wird? Denn wie, wenn nicht die unzertrennt existierende Monas zur Trias erweitert würde, wäre es möglich, daß er einmal über den Geist sagte, daß er aus dem Vater ausgeht, ein andermal aber: Jener wird von dem nehmen, was mein ist, und wird es euch verkündigen' und wiederum, als er den Jüngern einhauchte: ,Nehmt den Heiligen Geist!'? Denn wie, wenn er aus dem Vater ausgeht, wird verheißen, daß er vom Sohn diesen Dienst empfängt? Es wäre nämlich notwendig, falls zwei getrennte Personen, wie Asterius sagte, existierten, daß der aus dem Vater

III. Textkritik, Übersetzung und Kommentar: Frg 47-50

325

hervorgehende Geist entweder nicht des Dienstes vom Sohn bedürfte (denn alles, was aus dem Vater hervorgeht, ist notwendig vollkommen und bedarf niemals der Hilfe eines anderen) oder er, wenn er vom Sohn empfinge332 und aus dessen Macht die Gabe verwaltete, nicht mehr aus dem Vater hervorgeht . . . " 197.27-28: Joh 16,28; vgl. Joh 16,27 u. 8,42 197.28-29: Joh 15,26 197,30-31: Joh 16,13-14 197,33-35: Joh 15,26 197,35-198,1: Joh 16,14 198,1-2: Eph 3,9; Kol 1,26 198,3-4: Joh 15,26 198,4: Joh 16,14 198,5: Joh 20,22 Frg 49 (68,60) Z u m Text: 198,12: Εύαγγέλιον + λ έ γ ε ι Klostermann, App. 198,13: "έφησεν / εφη, λέγει, Rettberg 54 / εφησε (?) Zahn 147 A n m . 1.

Ubersetzung: „ . . . wenn aber das Evangelium sagt, daß er zu den Jüngern beim Einhauchen: ,Nehmt den Heiligen Geist!' sprach, ist evident, daß der Geist aus dem Logos ausging. Wie also, wenn der Geist aus dem Logos hervorging, geht derselbe wieder aus dem Vater aus? . . . " 198,12-13: Joh 20,22 Frg 50 (69,60) Ubersetzung: „ . . . weder richtig noch zutreffend hat er nicht nur einmal, sondern zweimal gesagt, daß drei Hypostasen existierten ..." Kommentar zu den Fragmenten 47-50: In den Frgg 47-50 stellt Markeil die Diskussion der Inkarnationstheologie (die er wieder ab Frg 51 aufnimmt) und Ekklesiologie zurück und spricht nur über Vater, Sohn (Logos) und Geist in ihrer Gottheit. Das hindert freilich nicht, daß Worte und Taten (Einhauchung des Geistes in die Jünger) 333 des irdischen Sohnes, des „zu uns Gekommenen" 334 thematisiert werden. 332

333 334

Im Deutschen zwar mit Konjunktiv wiedergegeben, im Griechischen aber Indikativ, da diese Aussage nicht nur eine Möglichkeit wie die übrigen beiden finiten Verben des Satzes (εΐη, διακονοίη) ist. Joh 16,13f und 20,22. Frg 48(67,60): 197,27f.

326

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

Dennoch besteht durch den Begriff der ,,όφχή"335 von Frg 47 (66,60) ein Zusammenhang mit den vorangehenden Fragmenten. Der Begriff wird jetzt aber von Markeil anders verwendet als in der Auslegung von Joh 1,1; Kol 1, 18 und Prov 8,22. Dieser Zusammenhang wird sachlich auch im Rückbezug auf Frg 1 deutlich, nach dem Markeil ja ausgehend von der gegnerischen Formel „wahrhaftig Vater, wahrhaftig Sohn und wahrhaftig Heiliger Geist" die Technik der Betrachtung des Asterius belegen will, aufgrund deren Asterius die göttliche Macht verfehle und den Vater allzu menschliche wie bei uns Vater nenne und den Sohn Sohn. Diese Formel steht sowohl in Eusebs Bekenntnis auf der Synode von Nizäa als auch im zweiten Bekenntnis der Enkäniensynode, wie oben gezeigt, 336 für die Unterscheidung und Rangordnung der drei Hypostasen von Vater, Sohn und Heiligem Geist. Wie aus Frg 50 (69,60) hervorgeht, hatte Asterius in seinem Brief zweimal von der Existenz dreier göttlichen Hypostasen gehandelt. Markell nimmt diese für ihn in Wahrheit irreale Auffassung zu Beginn von Frg 47(66,60) scheinbar positiv auf. 337 Der Grund dafür ist, daß er argumentierend den Leser davon überzeugen will, daß diese Anschauung falsch ist. In Frg 47 ist die Prämisse für diese Argumentation die Wiedervereinigung von Vater, Logos und Geist zur Monas. Daß diese statthat oder statthaben wird, setzt Markell in dem erhaltenen Textstück voraus. Sehr wahrscheinlich hat er dieses Theologumenon auch hier im Vorangehenden mit I Kor 15,28 ( . . . ίνα ή ό θεός πάντα και έν πασιν) begründet. 338 Dafür spricht auch die Aufnahme eines anderen eschatologischen Textes, nämlich von Eph 1,10, im Fortgang des Fragmentes. Zunächst ist aber folgender Gang des Gedankens festzuhalten: da die Trias sich zur Monas vereinigt oder vereinigen wird, kann sie auch nur aus der Monas ihren Ursprung haben. Dies letztere müßte auch für drei Hypostasen gelten, „falls sie existierten". Die Folgerung, die Markell zieht und die uns Euseb vorenthalten hat, ist die, daß eine Trias, die aus drei Hypostasen bestünde, ihren Ursprung nicht aus der Monas haben könnte, und folglich auch nicht existiert. Die Anspielung auf Eph 1, 10 versucht, ex negativo näher zu erläuteren, warum für die Einheit Gottes nur die Weise einer „Monas" in Betracht kommt. „Jenes", d. h. alles übrige, die gesamte Schöpfung (τα πάντα, vgl. Eph 1,10), die nicht Gott ist, wird „zur Monas hin unter ein Haupt gebracht". Dies kann demnach für die Gottheit selbst 335 336 337

338

1 97,24. Siehe oben 257f. So Baur (Die christliche Lehre, 541 Anm. 29), Willenborg (Ueber die Orthodoxie, 46), Scheidweiler (Marcell von Ancyra, 210), Hansen (Marceil von Ancyra, 261), Abramowski (Dionys von Rom [+268], 246). Vgl. hierzu unten 440.

III. Textkritik, Übersetzung und Kommentar: Frg 47-50

327

nicht gelten. Für sie gilt nicht die άνακεφαλαίωσις unter die Monas, sondern die ένότης als Monas. 339 Die anschließenden Frgg 48 und 49 verteidigen die Vorstellung von der monadischen Einheit von Vater, Sohn und Geist angesichts biblischer Texte und heilsgeschichtlicher Daten, die eine Drei-HypostasenTheologie rechtfertigen könnten. Mit der These der „Verbreiterung" (Erweiterung, Ausdehnung) der unzertrennt bleibenden Monas zur Trias ist Markeil bestrebt, schriftgemäße und theologische Argumente der Gegner in den eigenen Monotheismus zu integrieren. Asterius hatte von dem Logos als dem zu den letzten Tagen Η er abkommenden gesprochen.340 Nach den vorliegenden Fragmenten 48 und 49 sprach er nach Joh 15,26 vom Geist, der vom Vater ausgeht. Für ihn sind Vater und Sohn zwei „Personen", bzw. Vater, Sohn und Geist drei Hypostasen. Markeil fügt nun zum Ausgang und Kommen des Logos (Sohnes) aus dem Vater (Joh 8,42; 16,26-28) und dem Ausgang des Geistes aus dem Vater (Joh 15,26) den Ausgang des Geistes aus dem Logos (Joh 16,13f und 20,22). Das Ziel Markells ist es, nachzuweisen, daß der schöpferische und inkarnatorische Ausgang des Logos aus dem Vater und der heiligende Ausgang des Geistes aus dem Vater und dem Sohn weder zwei Personen des Vaters und des Sohnes noch drei Hypostasen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes begründen. Dazu ist der Gedankengang von Frg 47(66,60) logisch zweigeteilt. In den Sätzen des ersten Abschnittes 341 ist der dreifache Ausgang (Logos und Geist vom Vater; Geist vom Sohn) jeweils die Protasis, aus der die Verbreiterung' bzw. Erweiterung der unzertrennt seienden Monas zur Trias als Apodosis gefolgert wird. Im zweiten Teil342 ist umgekehrt die ungeteilt zur Trias ausgedehnte Monas die Bedingung dafür, daß der Ausgang des Geistes aus dem Vater zugleich mit dem Ausgang des Geistes aus dem Sohn möglich ist.343 Damit diese Bedingung aber als notwendig gelten kann, muß Markeil über die Rede 339

340 341 342 343

Eine polemisch weitergehende, aber in diesem Kontext unwahrscheinliche Deutung des hier von Markell gemachten Gebrauches von Eph 1,10 wäre die, daß Markell den Sohn und den Geist im arianisch-kollukianistischen Sinne einer zweiten, bzw. dritten Hypostase nur als Geschöpfe verstehen kann (Frg 121[40,33]:191,33; Epistula ad Iulium: 214,35). Dann würde das Konzept der Rekapitulatio nicht dadurch als unvereinbar mit der Einheit und dem Wesen Gottes erwiesen, daß es nur auf die Schöpfung zutrifft, sondern umgkehrt dadurch, daß es - vorausgesetzt Sohn und Geist sind Kreaturen -, gerade für sie gelten und so die Unhaltbarkeit der Hypostasentheologie der Gegner herausheben würde. Frg 5(48,42); vgl. Frg 61(54,49). 197,27-198,2. Ab 198,2. Der Hervorgang des Logos aus dem Vater wird nicht weiter thematisiert, weil er für den eigentlichen Schluß, auf den Markell jetzt zusteuert, unwesentlich ist.

328

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

der Schrift vom doppelten Ausgang des Geistes hinaus zwei weitere Prämissen bemühen, nämlich zum einen: alles, was aus dem Vater (oder aus dem Sohn) ausgeht, ist notwendig vollkommen und bedarf keiner Hilfe oder Ergänzung von anderer Seite; und zum zweiten: das Vollkommene muß eines und einfach sein. Daraus ergibt sich folgende Konklusion: wenn Vater und Sohn zwei getrennte Personen wären, dann träfen beide Prämissen nicht zu. Denn entweder würde der Ausgang des Geistes vom Vater durch denjenigen vom Sohn unterstützt oder ergänzt (und umgekehrt) und der so zweifach hervorgehende Geist wäre erst in seiner Summe ein Vollkommenes. Oder aber das Schriftzeugnis vom doppelten Ausgang des Geistes ist falsch, da ja ein je einfacher Ausgang ein Vollkommenes hervorgehen ließe. Die Vorstellung von zwei Personen des Vaters und Sohnes wäre also nur dann gerechtfertigt, wenn die beiden Prämissen nicht gälten und wenn die Schrift nicht den doppelten Ausgang des Geistes bezeugte. Da die beiden Voraussetzungen für Markell aber feststehen und das Schriftzeugnis erst recht, ist erwiesen, daß sich die unzertrennt bleibende Monas durch den dreifachen Ausgang (Logos vom Vater; Geist vom Vater und Sohn) zur Trias ausdehnt. Denn da dann im Zuge des doppelten Ausganges des Geistes das eine unzertrennte Wesen Gottes trotz der Ausdehnung unzertrennt bleibt, ist es derselbe Geist, der von Vater und Sohn ausgeht und der als einer und einfacher die Vollkommenheit Gottes besitzt. Die Stichhaltigkeit des „Beweises" Markells hängt von der Plausibilität seiner Prämissen zum Begriff der Vollkommenheit ab. Denn für den, der mit Asterius (vgl. „ . . . ό πατήρ ό γεννήσας ... τέλειος τέλειον ... (seil . . . τον . . . λόγον . . . ) 344 ein ursprüngliches (Vater) und ein abgeleitetes (Logos) Vollkommenes denkt und ihre jeweils unterschiedliche Funktion bei der Aussendung des Geistes, für den fällt die Argumentation Markells dahin. Muß das Vollkommene aber schlechthin eines sein, dann besitzt das Argument Markells Kraft und Gewicht. Aber auch für den, der diesem strengen Monotheismus Markells etwas abgewinnen kann, bleibt die Frage, wie denn aus dem schlechthin „Einen" dann dennoch eine „Drei" werden kann, bzw. ob der biblisch bezeugte dreifache Ausgang durch die Vorstellung einer Verbreiterung' (Erweiterung, Ausdehnung) der „Eins" zur „Drei" befriedigend beschrieben ist. Im Teil „D. Markell von Ankyra als Theologe der Konstantinischen Wende" wird der Versuch unternommen, die Begriffe - als Argumenta ad Constantinum Markells - aus der neupythagoreischen Zahlenlehre und Geometrie abzuleiten, die in der Spätantike einen theologisch-kosmologischen Charakter besaß. Gelingt diese

344

Frg XXI.a Bardy; Frg 113(96,85) 205,29.

III. Textkritik, Übersetzung und Kommentar: Frg 47-50

329

Herleitung, dann ist der Titel „Biblizist" für Markell zumindest in seinem äußerlich-buchstäblichen Sinne einzuschränken. 345 Folgende drei Probleme der Gottesvorstellung Markells sind am Sinnvollsten im Zusammenhang der vorliegenden Frgg 47-50 zu klären: Sind Monas und Vater identisch? 346 Wie unterscheiden sich Gott und Vater? Entstehen Logos (Sohn) und Heiliger Geist erst durch ihre jeweiligen Hervorgänge? Im Blick auf die erste Frage wollen diejenigen Markell-Interpreten, die für die Identität beider Titel bei Markell eintreten, mit dieser Identifikation eine Thematik besprechen, die Markell selbst im Rahmen der zweiten Frage behandelt. Es ist eine Schwierigkeit, die sich notwendig bei einer solchen Fassung der Gotteslehre einstellt, die radikal jede Unterordnung oder Ableitung der Existenz des Sohnes und des Geistes vom Vater vermeiden will. Sind Vater, Sohn und Geist tatsächlich vollkommen gleich, entsteht der Zwang, das Gemeinsame, die Gottheit, als Genus zu denken, das dann zumindest logisch ein Viertes vor oder neben Vater, Sohn und Geist wäre. Wer nun Vater und Monas gleichsetzt, hat diese Gefahr für den Begriff der Monas gebannt, allerdings um den Preis, nicht mehr plausibel machen zu können, wie denn einerseits nur der Vater, andererseits aber Vater, Sohn und Geist zusammen als Monas denkbar sein sollen. Daß Markell jedenfalls nicht die „Monas" mit dem „Vater" gleichsetzt, geht aus allen Stellen hervor, an denen der Begriff Monas vorkommt. In Frg 47(66,60) tritt vom zweiten Satz an nicht „Vater" an die Stelle der Monas, sondern „Gott": „Denn jenes, sagte der heilige Paulus, werde zur Monas hin unter ein Haupt gebracht, was sich keineswegs in Einheit auf Gott bezieht. Denn in Einheit bezieht sich nur der Logos und der Geist auf Gott . . . " „Gott" führt hier den Begriff „Monas" in einem Sinne weiter, der Logos und Geist in die Einheit Gottes, d. h. der Monas, einschließt und nicht ausschließt. Dies wird durch den ersten Satz desselben Fragmentes bestätigt, in dem Markell die Rede von den drei Hypostasen von seinen Gegnern nur deswegen aufnimmt, um im Fortgang ihre Nichtexistenz darzutun: „ . . . denn 345

346

347

Damit ist aber noch nichts darüber ausgesagt, ob diese Begriffe dazu geeignet sein könnten, dem Sinn der Schrift gerecht zu werden. Ein Urteil darüber hängt von der Grundentscheidung ab, ob man den christlichen Gott eher einpersönlich oder dreipersönlich begreift. So Baur (Die christliche Lehre, 555); Dorner (Die Lehre von der Person Christi, 870): „ . . . der Logos sofern er noch nicht spricht, muß nach Marcell's Grundanschauung einfach mit dem Vater identificirt werden, . . . . " ; Möller (ThSTKr 42[1869] 160): Der Unterschied sei „ . . . in der That ein fast verschwindender . . . L o o f s (Die Trinitätslehre Marcell's, 771 Anm. 1) hat sich nicht die „Schärfe aneignen können, mit der Hr. Zahn (S. 142) betont, dass es im Sinne Marcell's irrig sei, die göttliche Monas mit dem Vater zu identificiren"; richtig Gericke, Marceil von Ancyra,115f. So Loofs (siehe oben 44-46) und Gericke, Marceil von Ancyra, 128.

330

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

es wäre unmöglich, daß sich drei Hypostasen, falls sie existierten, zur Monas vereinigen, wenn nicht vorher die Trias den Anfang aus der Monas hätte." Positiv heißt dies nach Markell, daß sich nicht drei Hypostasen, sondern die Trias, die zugleich immer unzertrennte Monas bleibt, wieder zur Monas vereinigen kann. Indem Markell anstelle der drei Hypostasen die Trias setzt, ist offensichtlich, daß es sich um die Wiedervereinigung von Vater, Logos (Sohn) und Geist zur Monas handelt. Frg 48(67,60) expliziert, wie sich Markell diesen „Anfang der Trias aus der Monas" vorstellt. In den Frgg 92(78,68) und 97(76,67), in denen ebenfalls die Vokabel μονάς vorkommt, ist von der μονάς της θεότητος, dem είς και μόνος θεός, dem einen Ich (εγώ είμι) und der einen Person (εν πρόσωπον) Gottes die Rede. Nicht Vater und Monas, sondern Gott und Monas sind demnach für Markell identische Begriffe. Von hier aus läßt sich eine Antwort auf die zweite Frage nach dem Verhältnis der Begriffe „Gott" und „Vater" geben. Wie gerade gezeigt, sind Monas und Gott Begriffe, die Vater, Sohn (Logos) und Geist einschließen. Umgekehrt sind Vater, Logos und Geist zwar nicht als Vater, Logos und Geist aber als Monas bzw. in ihrer Gottheit identisch. Doch dieses Identische soll wiederum (vgl. „Monas") kein Gemeinsames sein, das noch etwas anderes als eben Vater, Sohn und Geist wäre. Aus diesem Grund stehen bei Markell Sohn (Logos) und Geist nicht in demselben Verhältnis zum Begriff „Gott" wie der Vater und der Geist nicht wie der Sohn. Diese Differenz kommt in der Gleichsetzung der Rede vom Logos des Vaters mit dem Ausdruck Logos Gottes und in der Gleichsetzung der Rede vom Geist des Vaters und des Logos mit der Rede vom Geist Gottes zur Sprache. In diesen Wendungen liegt ein eigentlicher Genetiv vor, der den Ausgangspunkt und die Ursache einer Handlung bezeichnet. Spräche Markell nur vom Sohn des Vaters bzw. vom Geist des Vaters und des Sohnes, dann wäre nicht ausgeschlossen, daß „Gott" noch ein Viertes neben Vater, Sohn und Geist wäre, bzw. letztere drei nur „ökonomisch" existierten. Nicht im Blick auf das göttliche Wesen des Logos oder des Geistes, sondern im Blick auf deren Ausgänge und deren Wirken unterscheidet die Rede vom Logos Gottes und vom Geist Gottes zwischen Logos (bzw. Geist) und Gott. Im Blick auf die Hervorgänge des Logos und des Geistes und im Blick auf deren Trennungen zum Handeln lokalisiert Markell durch die Gleichsetzung von Vater und Gott (bzw. Vater und Logos und Gott) nicht die Ursache des Seins von Logos und Geist wohl aber den Ursprung der Bewegung und des Handelns nicht nur im Vater, sondern in Gott (bzw. in Vater und Logos), damit das „Ich" Gottes als des Ursprungs der Tätigkeiten nicht außerhalb von Vater, Sohn und Geist zu stehen kommt. Der nach Joh 1,1 in tätiger

III. Textkritik, Übersetzung und Kommentar: Frg 47-50

331

Wirksamkeit „bei Gott" seiende Logos ist daher im Blick auf sein Hervorgesandtsein nicht nur beim Vater, sondern auch bei Gott. Ferner beschreibt Markell die Rückkehr des Logos daher mit I Kor 15 nicht nur als eine Rückkehr zum Vater, sondern auch zu Gott. Mit beidem sagt Markell nicht, daß nur der Vater im eigentlichen Sinne Gott sei, so daß der Logos neben dem unterschiedslos Gott und Vater seienden Gott sei bzw. zu ihm zurückkehre, vielmehr, daß das schöpferische, erlösende und heiligende Wirken nicht nur vom Vater, sondern vom einigen und „ganzen" Gott ausgeht, vollzogen und beendet wird. Im Gegensatz zu Gericke 348 ist „Vater" demnach kein „ökonomischer" sondern ein Wesensname. Im Blick auf das Wesen Gottes sind Vater, Sohn und Geist in der Gottheit identisch. Im Blick auf die Ausgänge von Logos und Geist und auf die Werke Gottes wird der Vater gerade deswegen mit dem „Gott" gleichgesetzt, damit diese nicht nur den Ursprung im Vater, sondern im Vater, Sohn und Geist umfassenden Gott haben. Die dritte der im Vorangehenden genannten Fragen wurde nicht nur in der von Loofs formulierten Gestalt gestellt, sondern auch in der Abwandlung, daß die Hervorgänge des Logos und Geistes nicht ihr Entstehungs-, sondern ihr Differenzierungs grund sind. 349 Beiden gemeinsam ist, daß sie dergestalt eine nur ökonomische (im weiteren Sinn des Wortes) 350 oder „vorübergehende Trinität" 351 bei Markell gelten lassen. Daran ist die Beobachtung exakt, daß die Verbreiterung' der Monas zur Trias an das schöpferische, neuschöpferische und heiligende Handeln Gottes gebunden ist und daher mit Beendigung der Heilsgeschichte - wie Frg 47 aussagt und die Frgg 99-111 weiter explizieren werden - ebenfalls zu Ende kommt. Aufgrund von Markells Ablehnung zweier getrennter Personen 352 in Frg 48 und seinem Beharren auf der einen Person Gottes in dem schon genannten Frg 97(76,67) 353 kann die (im nichttechnischen Sinn gemeinte) „ökonomische" Ausdehnung der Monas zur Trias weder als eine Differen-

348 349

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353

Marceil von Ancyra, 120; vgl. jedoch 121 Anm. 22. So Rondeau, Le ,Commentaire des Psaumes', R H R 88(1969) 171; vgl. 66.180. Heron, Studies, 75f; vgl. 71. Siehe oben 313f. Beyschlag, Grundriß der Dogmengeschichte, Bd. 1, 283. Richard, Un opuscule meconnu, 14f = Opera minora, Tom. II, Nr. 33; Rondeau, Le ,Commentaire des Psaumes', R H R 88(1969) 163-165. 171; Simonetti, La crisi Ariana, 68. Möhler (Athanasius der Große, Bd. 2, 32 Anm. 40) korrigiert zurecht die Ubersetzung Fleury's (Histoire Ecclesiastique, Tome III, Paris 1750, 251) „personnes distinctes" in „p. separees". Doch trifft beides für Markell nicht zu. 200,25.

332

C . Untersuchung des O p u s ad Constantinum Imperatorem

zierung noch mit Möhler,354 Klose 355 und Zahn356 als eine Entfaltung Gottes in drei Personen oder Subjekte357 aufgefaßt werden. Vielmehr haben Richard, Simonetti und Rondeau 358 im Grundsätzlichen recht, wenn sie Markeil eine einpersönliche Gottesvorstellung zuschreiben. Allerdings nur im Grundsätzlichen. Denn schon die Rede von der Verbreiterung' der Monas zur Trias zeigt, daß sich Markeil die eine Person Gottes „größer und göttlicher"35^ als eine menschliche Person vorstellt. Da auch die Loofs'sche Konzeption der sukzessiven Entfaltung Gottes, die zwar mit einem henprosopischen Gottesbild, aber sonst überhaupt nicht mit den Texten Markells in Einklang gebracht werden kann, ausscheidet,360 bleibt nur die Lösung, daß für Markell auch die Trias nur eine, zwar „mehr" als menschliche, dennoch aber einzige Person ist. Neben die Feststellung, daß bei Markell von drei Subjekten und von einer dreipersönlichen Trinität nicht die Rede sein kann, tritt die Beobachtung, daß er sowohl dem Logos und „wahrhaftigen Sohn" 361 als auch dem Geist 362 die Ewigkeit zuspricht. Auch von daher können Vater, Sohn und Geist nicht drei Subjekte sein, die entweder seinsoder umrißmäßig entstünden. Zwar unterscheidet Markell zwei Seinsweisen des Logos in der Weise, daß der Logos einerseits als ruhende Kraft oder Potenz zur Erschaffung, Erneuerung und Vollendung der Welt (δυνάμει) in Gott ist, andererseits seit dem Anfang der Schöpfung gleichzeitig in tätiger Wirksamkeit und Verwirklichung seines Schöpfungs- und Heilswerkes (ενεργεία) bei und außerhalb Gottes ist.363 Dennoch ist der Logos vor, während und nach der Schöpfung, Erlösung und Vollendung in der Gottheit, wobei er ein und dasselbe mit Gott, 364 nicht aber mit Vater und Geist ist. 354 355 356 357

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362

363

Athanasius der Große, 32. Geschichte und Lehre des Marcellus, 30. Marcellus von Ancyra, 152. „ . . . μίαν ύπόστασιν τριπρόσωπον . . . και τριώνυμον . . . " sagt Euseb ( E T 111,6,4: 164,26f). Falls Euseb „dreigesichtig" meint (sozusagen ein Januskopf mit einem dritten Gesicht), ist es immerhin ein interessanter Versuch, Markells Ansicht zu treffen. Vgl. Anm. 352. Vgl. Frgg 87(61,55): 196,19f und 89(62,56): 196,26f ; Frg 97(58,52): 195,15-17. Vgl. oben 44-46; Es gibt keinen Text Markells, der die jeweilige Existenz von Vater, Sohn und Geist verschiedenen Epochen zuschriebe. Frgg 3(43,37): 192,lf; 6(53,48): 194,18; 7(42,36): 192,7; 15(6,6): 186,17; 20(38,32): 191,14; 68(51,46): 194,8f; 71(33,28); 105(117,1059: 210,24-26. Der Geist ist nach J o h 4,24 „6 θεός" (Frgg 61[54,49]; 64[57,51]); er ist präexistent (Frg 61 [54,49]); im Menschgewordenen beruht die mit dem Vater geeinte Ewigkeit des L o g o s auf der Hinsicht κατα πνεϋμα (Frg 72[70,61]). Zur Frage, inwiefern Markell zwischen „Geist" als Wesensbezeichnung Gottes und als „ G r ö ß e " neben Vater und Sohn differenziert; siehe unten 305f. Vgl. über das Begriffspaar und die zwei Seinsweisen des L o g o s unten 363-366.

III. Textkritik, Übersetzung und Kommentar: Frg 47-50

333

Schon die Monas ist also nach Markeil die in Vater, Logos („wahrhaftiger Sohn") und Geist differenzierte Gottheit. Diesem Befund enstpricht die Tatsache, daß Markeil an allen Stellen, an denen er die Hervorgänge und das Gekommensein des Logos (bzw. des Geistes) zur Schöpfung, Inkarnation oder Heiligung behandelt, nie das Verb „differenzieren" (διαφέρειν τινός) gebraucht, sondern entweder wie in den Frgg 47-50 von Verbreiterung' (Ausdehnung) oder von Verbreiterung' und Trennung (χωρίζειν, -ζεσθαι) allein durch die tätige Wirksamkeit (ενεργεία μόνη)3 spricht. Wie er in den Frgg 47-50 mit der Konzeption von der Ausdehnung der Monas zur Trias einer DreiHypostasen-Theologie und der Vorstellung von zwei getrennten Personen des Vaters und des Sohnes entgegenwirkt, so an den anderen Stellen der Trennung oder Teilung Gottes (bzw. des Vaters und des Sohnes) in drei (bzw. zwei) Götter, Kräfte, Wesen oder Hypostasen. 367 Dort, wo die Schrift aufgrund des Sprechens und Handelns Gottes den Anschein erweckt, als bestünde Gott aus drei Wesen, Hypostasen oder Mächten, meint sie nach Markeil nur eine ,Verbreiterung' der ungetrennt bleibenden Monas zur Trias. Weil Vater, Logos (Sohn) und Geist auch in der Monas einbegriffen sind, sind diese, auch wenn sie als Trias erscheinen, als der εϊς και μόνος θεός, die μία ουσία, ύπόστασις und δύναμις bzw. das εν πρόσωπον immer zugleich die Monas.368 Indem der schaffende, menschwerdende und vollendende Gott als Trias erscheint, scheint er aus drei Subjekten zu bestehen. Dies ist bloßer Schein. Wirklich dagegen ist die Erscheinung der Monas als Trias, die in dieser Erscheinung tatsächlich existiert, auch wenn sie immer unzertrennte Monas bleibt. Markells Gotteslehre ist kein trinitarischer, sondern nur ein „triadischer" Monotheismus. Gott existiert seit dem Schöpfungsbeginn bis zur Vollendung der Schöpfung immer zugleich immanent und ökonomisch (im weiteren Sinne) als die eine Person „Vater-Sohn-Geist". Die Differenz zwischen Immanenz und Ökonomie betrifft demnach nicht das Sein oder das Subjekt Gottes was nicht bedeutet, daß der triadisch ausgedehnte Eine Gott nicht tatsächlich existierte -, sondern sein Kommen und Wirken. 364

Vgl. Frgg 73(71,62): 198,19f; 87(61,55): 196,21f. In Frg 51(90,80): 204,30f verwendet es Markeil polemisch für die Theorie des Asterius; hier ist τοσούτον zu beachten. 366 F r g g 73(7i > 6 2) : 198,21; 87(61,55): 196,21f; 104(116,103): 209,27f; 105(117,104): 210, 15f. 365

367

368

Frgg 70(52,47): 194,14f; 75(74,65): 199,24f; 85(63,57); 86(64,58); 87(61,55): 196,20f; 91(77,68): insbesondere 201, 33f; 98(76,67): insbesondere 200,30-32 und 201,13f; 116(81,71): 203,lf; 117(82,72): 203,4f; 120 (83,73): 203,15f; 124(80,70): 202,29f. Vgl. neben den in Anm. aufgezählten Stellen Frgg 89(62,56); 92(79,68); 98(58,52); 109(121,108): insbesondere 212,10; 113(96,85): 206,1-4; 114(97,86); Frg 122(84,74): 203,19.

334

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

2. Frgg 51-114: Gottes Einheit und sein schöpfungsbezogener, inkarnatorischer und heiligender Hervorgang bzw. seine „Selbstverbreiterung" Frgg 51-56: Der nach dem Bild und Gleichnis geschaffene „Mensch" (Gen 1, 26) als sichtbares Bild des einen unsichtbaren Gottes (Kol 1,15) Frg 51 (90,80) Zum Text: 204,29: θεοϋ V, Klostermann / θεοϋ τοϋ Montagu 24 A 6, Rettberg 77, Gaisford 24, N o l t e 761 D 1.

Ubersetzung: „ . . . ich halte es für folgerichtig, kurz auch über das Bild zu reden. Denn er hat geschrieben: ,Ein anderer aber ist der aus ihm Gezeugte, «der das Bild des unsichtbaren Gottes ist»'. Das Bild des unsichtbaren Gottes erwähnt Asterius aber deswegen, damit er lehre, Gott in dem Maße vom Logos zu unterscheiden, in dem auch ein Mensch von seinem eigenen Bilde unterschieden zu sein scheint . . . " 204,28-29: Kol 1,15

Frg 52 (91,81=43) Zum Text: 204,34: legendum nach V 35,15f (vgl. 111,8f): ουδέν ετερον ό λ ό γ ο ς ήν. V

Montagu

Gaisford

35,16: 35 D 2: 71: ό λόγος ήν ό λόγος ήν ή λόγος ήν im App.: ό λόγος ήν 111,8f: 116 D 10: 223: ήν ό λόγος ήν ή λόγος ήν ή λόγος im App.: ήν ό λόγος

Nolte

Klostermann

784 Β 6 35,16 ό λόγος ήν ή λόγος ήν 921 Α 3: lll,8f: ήν ή λόγος ήν ή λόγος im App.: ήν ό λόγος

48,26 u. 79,23: V, Montagu 47 A If u. 81 D 4, Gaisford 96 und 157, N o l t e 805 Β 7 u. 861 C 15, Klostermann 48,26 u. 79,23: ήν ή λόγος. Rettberg 77: ήν ή λόγος.

Ubersetzung: „ . . . deswegen fügt er natürlich an, ,der das Bild des unsichtbaren Gottes ist'. Wann anders ist er denn das Bild geworden als damals, als er das Gebilde ,nach dem Bilde und Gleichnis' annahm? Denn vorher war, wie ich mehrmals sagte, der Logos nichts anderes . . . " 204,32-33: Kol 1,15 204,33: Gen 1,26

III. Textkritik, Übersetzung und Kommentar: Frgg 51-56

335

Frg 53 (92,82) Ubersetzung: „ . . . also ist offensichtlich, daß der Logos vor der Annahme unseres Leibes für sich selbst nicht Bild des unsichtbaren Gottes war. Denn dem Bild kommt es zu, gesehen zu werden, damit durch das Bild das bisher nicht Gesehene gesehen werden kann . . . " 205,2: Kol 1,15 Frg 54 (93,82) Zum Text: 205,6: θεοϋ V 49,2, Montagu 24 Β 9, Rettberg 78, Zahn 109 Anm. 1 / θεοϋ τοϋ V 24,26, Gaisford 49, Nolte, 764 A 12.

Ubersetzung: „ . . . wie hat nun Asterius geschrieben, daß der Logos Gottes Bild des unsichtbaren Gottes sei? Denn die Bilder zeigen diejenigen, deren Bilder sie sind, auch wenn sie abwesend sind, so daß auch der Abwesende durch sie zur Erscheinung zu kommen scheint. Wenn es aber zutrifft, daß - da Gott unsichtbar ist - auch der Logos unsichtbar ist, wie kann dann der Logos für sich Bild des unsichtbaren Gottes sein, obwohl er selbst unsichtbar ist? Denn es ist unmöglich, daß das, was nicht gesehen werden kann, jemals durch das Unsichtbare erscheine . . . " 205,4: Kol 1,15 205,7-8: Kol 1,15 Frg 55 (94,83) Zum Text: 205,11: τω λόγω V, Gaisford 97, Nolte 808 A 2, Zahn 109 Anm. 3 / τω θεώ λόγω Montagu 47 D 8, Rettberg 78. 205,1 If: αοράτου . . . όρατόν V / όρατοϋ . . . άόρατον Montagu, Annot. ad 47 D 8 (= Gaisford 398 = Nolte PG 24, 807 D) und alle übrigen. 205,14: αληθής V, Gaisford 97, Nolte, 808 A 6, Zahn 109 Anm. 3 / αληθώς Montagu 47 D 12 am Rand, Rettberg 78. 205,17: τίνα V, Gaisford 98, Nolte, 808 A 12 / τινι Montagu 47 D 17 am Rand, Rettberg 79.

Ubersetzung: „ . . . daher ist allseits deutlich, daß das zum Logos hinzugekommene Fleisch von dem heiligen Apostel Bild des unsichtbaren Gottes genannt worden ist, damit durch das Sichtbare auch das Unsichtbare erscheine. ,Bild' aber ,ist er', sagt der Apostel, ,des unsichtbaren Gottes'. D. h. offensichtlich jetzt, als er das nach dem Bilde Gottes gewordene Fleisch annahm, wurde er das wahre Bild des unsichtbaren Gottes. Denn wenn wir gewürdigt wurden, durch dieses Bild den Logos Gottes zu erkennen, schulden wir gerade dem durch 369

Referat, kein Zitat.

336

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

das Bild ,Ich und der Vater sind eins' sprechenden Logos Glauben. Denn es ist unmöglich, daß jemand - sei es den Logos, sei es den Vater des Logos - ohne dieses Bild erkennen kann . . . " 205,7+10+12: Kol 1,15 205,16: Joh 10,30 Frg 56 (95,84) Ubersetzung: „ . . . und so spricht daher auch der Apostel, wie wir ein wenig vorher sagten ,er entäußerte sich selbst und nahm Knechtsgestalt an', indem er uns durch die Knechtsgestalt das menschliche Fleisch anzeigt, das unser Herr Gott durch seine eigene Weisheit formte und dabei sagte: ,Laßt uns einen Menschen machen nach unserem Bilde und Gleichnis', wobei er das menschliche Fleisch treffend ,Bild' nannte. Denn er wußte genau, daß es ein wenig später Bild seines eigenen Logos sein würde . . . " 205,19: Phil 2,7 205,21: Gen 1,26 Kommentar zu den Frgg 51-56: Mit den Frgg 51-56 erreichen wir den zweiten Abschnitt (Frgg 51-114) des ersten Teiles der Schrift Markells, in dem sich Markell mit Asterius auseinandersetzt. Dieser zweite Abschnitt ist - wie oben angedeutet - 370 dadurch gekennzeichnet, daß Markell in ihm die Vater und Sohn (Logos) umschließende Einheit Gottes und die schöpferische sowie inkarnatorische „Verbreiterung" Gottes bzw. Getrenntheit von Vater und Sohn, die er in den unmittelbar vorangehenden Frgg 47-50 exemplarisch durchgeführt hat, anhand der von Asterius in Frg XXI Bardy genannten Kategorien (μόνος, [τέλειος], βασιλεύς, κύριος, θεός, ουσία, βουλή, δόξα, δύναμις) diskutiert und den Ertrag der Erörterung in den Frgg 113 und 114 abschließend noch einmal mit ebendenselben Begriffen konfrontiert. Es lassen sich zusätzlich noch weitere Verbindungen zu den Frgg 47-50 benennen. Einmal werden in ihnen schon die beiden ersten dieser Kategorien (μόνος [bzw. μονάς] und τέλειος) behandelt. Sodann verwendet Markell das Verb διαφέρειν sowohl in Frg 47 als auch in Frg 51: das erste Mal mit Dativ zur positiven Bezeichnung der Einheit Gottes; das zweite Mal mit Genetiv zur polemischen Charakterisierung der Vorstellung des Asterius, nach der Gott in dem Maße vom Logos unterschieden sei, in dem auch ein Mensch von seinem eigenen Bilde unterschieden zu sein scheint.371 Schließlich mag die Kritik Markells an zwei getrennten πρόσωπα Gottes ein Grund dafür gewesen zu 370 371

2 4 4 f

Vgl. Tetz, Markell I, 263f.

III. Textkritik, Übersetzung und Kommentar: Frgg 51-56

337

sein, zunächst auf den Begriff „Bild des unsichtbaren Gottes" (Kol 1,15) einzugehen, der ja in Frg XXI Bardy das Verhältnis bestimmt, in dem die Begriffe μόνος, τέλειος, βασιλεύς, κύριος, θεός, ουσία, βουλή, δόξα, δύναμις Vater und Sohn zukommen. Denn Markell setzt an die Stelle der zwei Personen die eine, Vater und Logos umschließende Person, deren „Portrait" im Menschgewordenen bildlich erscheint. Im Teil D. „Markell von Ankyra als Theologe der Konstantinischen Wende" kann gezeigt werden, daß Markell gegenüber Konstantin speziell das Kaiserbild gemeint hat. In den Frgg 51-56 geht er allerdings auch im Blick auf die Meinung des Asterius von der Vorstellung von einem Menschen und dessen Bild aus. Asterius unterscheide den Logos von Gott „so sehr" wie ein Bild von seinem „Modell". Wenn - nach Asterius - der aus dem Vater gezeugte Logos das Bild des unsichtbaren Gottes wäre, dann wäre der Logos für sich selbst nicht mehr unsichtbar, wie ja auch die Gemälde von Menschen die Funktion haben, die Dargestellten, wenn sie abwesend und damit selbst unsichtbar sind, im Bild sichtbar zu machen. Gen 1,26 verbietet es jedoch, Gott Vater als den Unsichtbaren und den nichtinkarnierten Logos als den Sichtbaren zu bezeichnen. Denn: „Wann anders ist er (seil, der Logos) denn das Bild geworden als damals, als er das Gebilde ,nach dem Bilde und Gleichnis' annahm?" 372 Der präexistente Logos ist demnach selbst zusammen mit dem Vater (und dem Geist) der unsichtbare Gott. „Bild des unsichtbaren Gottes" ist der Logos mit dem menschlichen Fleisch 373 oder auch das vom Logos angenommene individuelle Fleisch allein.374 Das menschliche Fleisch überhaupt ist nur insofern selbst „Bild", als es nach diesem Bilde geschaffen wurde: Denn unser Herr Gott formte es durch seine eigene Weisheit und sagte dabei: „ ,Laßt uns einen Menschen machen nach unserem Bilde und Gleichnis', wobei er das menschliche Fleisch treffend ,Bild' nannte. Denn er wußte genau, daß es ein wenig später Bild seines eigenen Logos sein würde . . . " 375 Im Vorausblick also auf den menschwerdenden Logos bzw. auf das individuelle Fleisch, das zum Logos als Bild des unsichtbaren Gottes „ein wenig später" hinzutreten sollte, schuf Gott den ersten Menschen, d. h. in Entsprechung zu seinem zur Zeit der Schöpfung erst in der göttlichen Präscienz existierenden Bilde. Euseb von Caesarea hat Markell aufgrund dieser ganz und gar inkarnatorischen Bildtheologie vorgeworfen, er nivelliere das Besondere des Erlösers, indem er das menschliche Fleisch überhaupt „Bild des 372 373 374 375

Frg Frg Frg Frg

52: 52: 55: 56:

204,33f. 205,lf. 205,11.13f; Frg 56: 205,22f. 205,20-23.

338

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

unsichtbaren Gottes" nenne. 376 Theodor Zahn entgegnete Euseb, die Gottebenbildlichkeit der menschlichen Natur überhaupt sei nach Markeil nur Weissagung auf „dieses" mit dem Logos vereinte Menschenwesen und fährt fort: „Denn nur dies kann der Gegensatz sein, in welchem er (seil. Markeil) den mit ihr (seil, der menschlichen Natur, sofern sie dem Logos eigen ist) vereinigten Logos eine είκών αληθής nennt". 377 Der Sinn der Rede Markells von der είκών αληθής scheint mir, wie sofort zur zeigen sein wird, nicht in diesem Gegensatz zu bestehen. Dies bedeutet nicht, daß die Behauptung Eusebs in der vorliegenden Interpretationsfrage ganz zutreffend wäre. Zwar nennt Markell in dem zitierten Text aus Frg 56 „das" menschliche Fleisch „Bild" (sowie damit auch in Einklang mit Gen 1,26 Bild Gottes) und räumt ferner ja an mehreren Stellen eine eingeschränkte Abbildbarkeit des göttlich Großen im menschlich Kleinen ein.378 Zugleich kennzeichnet er aber, wie schon erwähnt, dadurch eine - wenn auch nur geringe Differenz zum individuellen Fleisch des Logos, daß alles menschliche Fleisch nur als in Entsprechung zum menschgewordenen Logos geschaffenes und durch Vereinigung mit diesem geheiltes379 Fleisch Bild des unsichtbaren Gottes sein kann. Der Sinn der Wendung είκών αληθής ergibt sich aus dem Kontext von Frg 55, in dem sie steht: ,, . . . daher ist allseits deutlich, daß das zum Logos hinzugekommene Fleisch von dem heiligen Apostel Bild des unsichtbaren Gottes genannt worden ist, damit durch das Sichtbare auch das Unsichtbare erscheine. ,Bild' aber ,ist er', sagt der Apostel, ,des unsichtbaren Gottes'. D. h. offensichtlich jetzt, als er das nach dem Bilde Gottes gewordene Fleisch annahm, wurde er das wahre Bild des unsichtbaren Gottes. Denn wenn wir gewürdigt wurden, durch dieses Bild den Logos Gottes zu erkennen, schulden wir gerade dem durch das Bild ,Ich und der Vater sind eins' sprechenden Logos Glauben. Denn es ist unmöglich, daß jemand - sei es den Logos, sei es den Vater des Logos - ohne dieses Bild erkennen kann . . . " In diesem Frg ist nicht die Frage des Verhältnisses dieses vom Logos angenommenen Fleisches zu allem menschlichen Fleisch thematisch, sondern diejenige nach der Möglichkeit des Sichtbarwerdens des unsichtbaren Gottes. D.h. danach, wie das zum Logos hinzugekommene Fleisch ,Bild des unsichtbaren Gottes' sein kann, wenn anders Gott und sein Logos zusammen der unsichtbare Gott sind. Markell spricht also des376

377

378 379

CM 1,4,37: 25,28f; CM 11,3,5: 45,7f; CM 11,3,25: 49,6-9; CM 11,3,39: 52,6f; ET 11,23,4: 134,6-8; ET 111,6,5-7,1: 164,28-165,7. Marcellus von Ancyra, 110. Ahnlich Martin Tetz (Markell III, 183): „Das κατ' εικόνα gewordene Fleisch wurde erst infolge der Annahme durch den Logos wahres Bild des unsichtbaren Gottes". Frgg 87(61,55): 196,19f; 89(62,56): 196,25f; 97(58,52): 195,15-17. Frg 39(21,18).

III. Textkritik, Ubersetzung und Kommentar: Frgg 51-56

339

wegen vom wahren oder wirklichen Bild des unsichtbaren Gottes, weil Joh 10,30 belegt, daß dieses eine Fleisch tatsächlich Bild des „ganzen" Gottes ist. Denn durch dieses Bild spricht der Logos ,Ich und der Vater sind eins' und beweist damit, daß durch es sowohl der unsichtbare Vater als auch der unsichtbare Logos erscheinen. Diese Konzeption, nach der der Logos an sieb selbst keine Funktion für den ebristologiseben Bildbegriff besitzt und nach der der „ganze" unsichtbare Gott, d.h. Vater, Logos und Heiliger Geist in dem vom Logos angenommenen menschlichen Fleisch abbildbar werden,™ ist nicht nur radikal verschieden von der gesamten alexandrinischen Tradition 381 bis hin zu Athanasius, 382 sondern auch von 380

Auf dem Hintergrund des Vergleiches des Geistes Gottes mit dem Geist eines Menschen in De incarnatione et contra Arianos, Kap 13 (PG 26, 1005 Β 7-10): "Ωσπερ ουν τό πνεϋμα τοϋ ανθρώπου της άνθρωπότητος αύτοϋ και της ουσίας οΰ κεχώρισται, ούτω και τό πνεϋμα τοϋ θεοϋ της θεότητος αυτοΰ και της ουσίας ουκ εστίν άλλότριον deutet Tetz (Markell III, 177.182-184) die μία είκών της τριάδος der Epistula ad Liberium § 12 (a.a.O. 152,36) treffend auf das vom Logos angenommene Fleisch.

381

Bei den Alexandrinern und Origenisten ist (1) die Menschheit Christi bzw. die Leiblichkeit des Menschen grundsätzlich unfähig, Gott (bzw. Geistiges) abzubilden. Dies kann (2) nur der Logos bzw. der Verstand etc. des Menschen, da sie in abgestufter Weise mit Gott-Vater verwandt sind. Auf diese Weise ist (3) die Gottheit Christi (bzw. der Logos) Bild Gottes und das rationale Seelenvermögen des Menschen Bild der Gottheit Christi (bzw. des Logos), also „Bild des Bildes". Markell dagegen bezeichnet mit „Mensch", „Leib" und „Fleisch" den ganzen Menschen im Gegenüber zu Gott. In dieser theologischen Sicht haben anthropologische Differenzierungen keine Bedeutung und Berechtigung. - Im folgenden sei eine Auswahl der Belegstellen angeführt: Philo: De opificio mundi 24f. 69. 134f u. 148: 7,11-84. 32,3-11. 46,12-47 u. 51,612 Vol. I Cohn/Wendland, Berlin 1962 2 ; Legum allegoriae I,53f u. 111,96: 74,616. 134,19-25 Vol. I Cohn/Wendland; Quod deterior potiori insidiari soleat 82f: 276,28-277,10 Vol. I Cohn/Wendland; De confusione linguarum 147: 257,9 Vol. II Cohn/Wendland. Clemens: Protrepticus X,98,4: 71,14-30 Bd. I Stählin/Treu, G C S 12, Berlin 1973 2 ; Stromata V,14,94,3-5: 388,6-16 Bd. II Stählin/Früchtel, G C S 15, I960 2 ; Stromata VII,3,16,6: 12,22-24 Bd. III Stählin/Früchtel/Treu, G C S 17, 1970 2 . Origenes: In Genesin homilia 1,13: 15,7-17 Baehrens, G C S 29, Leipzig 1920 (vgl. zur Differenz zwischen πλάττειν [Gen l,26f: der innere unkörperliche Mensch nach dem Bilde Gottes] und ποιεϊν [Gen 2,7: der körperliche Mensch aus Lehm] ferner: In Jeremiam Homilia 1,10: 8,27-9,9 Klostermann, G C S 6, Leipzig 1901 und Contra Celsum IV,37: 307,20-308,10 Bd. I Koetschau, G C S 1, 1899); In Epistulam ad Romanos 1,19: PG 14, 871 A 5-8 u. 8,72 A 17-19; Theodoret, Quaestiones in Genesin, Kap. 1: 32f.34 Tom. I Sirmondi/Schulze, Halle 1769 = P G 80, 113 A 5 - Β 4 und D 6-9 = P G 12, 93 A 8 - Β 8 und 96 A 7-10 (Polemik gegen Melito von Sardes' Schrift „Περί τοϋ ένσώματον είναι τον θεόν"; zu Melitos Schrift siehe Othmar Perler, Meliton de Sardes, Sur la Päque et fragments, SC 123, Paris 1966, 13 Anm. 1; zur Polemik des Origenes gegen den Anthropomorphismus Henri Crouzel, Theologie de l'image de Dieu chez Origene,Theol[P] Paris 1956, 153-156). Euseb von Caesarea: Jesajakommentar 11,24: 277,9f Ziegler, GCS, Berlin 1970; ΡΕ I; VII,17f: 399,6-400,4 Mras/Des Places, G C S 43/1, 1982 2 und ΡΕ II; XI,27,lf: 58,12-21

340

C . U n t e r s u c h u n g des O p u s ad C o n s t a n t i n u m I m p e r a t o r e m

Irenaus,383 Tertullian384 und Eustathius von Antiochien:385 sie ist ein Novum.3Sb Indem so der Logos an sich selbst bei Markell als vermittelndes Bild entfällt und sich ferner der menschgewordene Logos in seinem Bildsein nur noch geringfügig von jedem Menschen unterscheidet, wird die „Seinsskala" der Menschheit Christi außerordentlich erweitert: sie ist sowohl die „Knechtsgestalt" von Phil 2,7387 als auch das „Bild des unsichtbaren Gottes" nach Kol 1,15. Durch die Parallelisierung von Gen 1, 26 und Kol 1,15 wird zugleich dieser christoM r a s / D e s Places, G C S 43/11, 1983 3 ; Ρ Ε I; 111,10,15-19: 133,8-26 M r a s / D e s Places, G C S 43/1 (Eusebs polemisiert gegen P o r p h y r i u s ' D e u t u n g der Zeus-Statue auf dessen kosmogonische Tätigkeit [ΓΙΙ,9,1-11]). Vgl. z u m G a n z e n Grillmeier, Jesus der Christus, Bd. I, 105-113; A n t o n i o O r b e , Antropologia de San Ireneo, B A C 286, Madrid 1969, 107-112 u n d Raniero Cantalamessa, Cristo „Immagine di D i o " Le tradizioni patristiche su Colossesi 1,15, R S L R 16(1980) 192-212.345-358. 382

Athanasius identifiziert grundsätzlich den Logos, die Sophia, b z w . den nichtinkarnierten Sohn mit der εΐκών (Stellenauswahl: D e incarnatione 14,6f: 340 Kannengiesser, SC 199; O r a t i o I contra Arianos, Kap. 58 u n d 61: P G 26, 133 Β 4-9 u n d 140 C 6f; O r a t i o II contra Arianos, Kap 27 u n d 34: P G 26, 204 C 9 - 11 u n d 220 Β 3-8; O r a t i o III contra Arianos, Kap 1 u n d 16: P G 26, 324 A 6-8 [απαύγασμα άόρατον] u n d 356 C 4-6; D e decretis 27,2: 23,24 O p i t z , Athanasius Werke I I / l [αόρατος είκών: Origeneszitat]) u n d verwendet mit Alexander (Urk. 14,38 u n d 47: 25,25 u n d 27,15 O p i t z , Athanasius Werke I I I / l ) , Asterius (Frg X X I Bardy ) u n d Acacius (Epiphanius, Pan. haer. 72,6,3-10,3: 260,14; 261,21; 262,31; 264,1 u. 32 Bd. III H o l l / D u m m e r ) die W e n d u n g απαράλλακτος είκών ( O r a t i o II contra Arianos, Kap. 33: P G 26, 217 Β 6; O r a t i o III contra Arianos Kap. 11: P G 26, 314 Β 7; D e decretis 20,1 u. 24,1: 16,27f u. 19,33 O p i t z , Athanasius Werke I I / l ) . Z u m G a n z e n vgl. J. B. Schoemann, E i k o n in den Schriften des hl. Athanasius, Scholastik (ThPh) 16(1941) 335-350 sowie Regis Bernard, L'image de D i e u d'apres St. Athanase, Theol (P) 25, Paris 1952.

383

Siehe den Exkurs III. Siehe den Exkurs III. N a c h Eustathius ist der Sohn das Bild des Vaters; der Mensch, den der Sohn trug, ist das Bild des Sohnes (Frg 21: 101, 26-31 Spannern, M F C L , Lille 1948); siehe ferner u n t e n 519 A n m . 73. N a c h der pseudoklementinischen H o m i l i e XVII,7,4f: 232,23-233,1 R e h m / I r m s c h e r / Paschke, G C S 42, Berlin 1969 2 (vgl. XVI,10,3-12,2: 223,4-224,6; XVI,19f: 226,22227,31 u n d XVII,3,5-7: 23012-16) ist der Mensch das sichtbare Bild des unsichtbaren Gottes. I m R a h m e n eines dieser Texte findet sich eine Auslegung (XVI, 11,212,2: 223,25-224,5) von G e n l,26f mit Anklängen an Markell: „ot πλάσαντες δύο φαίνονται ώς ή γραφή, λέγει· «Και είπεν ό θεός· Ποιήσωμεν άνθρωπον κατ' εικόνα και καθ' όμοίωσιν ήμετέραν». τό «ποιήσωμεν» δύο σημαίνει ή πλείονας, πλην ούχ ένα. και ό Πέτρος άπεκρίνατο' ΕΙς έστιν ό τη αύτού σοφία ε ι π ώ ν «Ποιήσωμεν άνθρωπον». ή δέ σοφία, f j ώαπερ ίδίω πνεύματι αυτός άεί συνέχαφεν, ήνωται μεν ώς ψυχή τω θεώ,εκτείνεται δέ α π ' αυτού ώς χειρ, δημιουργούσα τό παν. δια τούτο δέ και εις άνθρωπος έγένετο, ά π ' αυτού δέ προήλθεν και τό θήλυ. και μονάς ούσα τώ γένει δυάς έστιν. κατά γαρ εκτασιν και συστολήν ή μονάς δυάς είναι νομίζεται, ώστε ένί θεώ ώς γονεϋσιν όρθώς ποιώ τήν πασαν προσαναφέρειν τιμήν." Ungeklärt ist, wie sich die hier genannte σοφία z u m υίός θεού in den Arianismen (XVI,15,2: 225,12-15; XVI,16,1-3: 225,18-27; XVI,17,1: 226,6-14 R e h m / I r m s c h e r / P a s c h k e ) des Homilisten verhält ( G r u n d s c h r i f t ?). Frg 56: 205,19f.

384 385

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387

III. Textkritik, Übersetzung und Kommentar: Frgg 51-56

341

logische Titel ekklesiologisch geöffnet. Euseb v o n Caesarea interpretiert diesen Sachverhalt - wie angedeutet - als Herabwürdigung der Gottheit Christi. 3 8 8 Dabei setzt er aber aufgrund seines apologetischalexandrinischen Hintergrundes voraus, daß der Titel „Bild des unsichtbaren Gottes" nur der Gottheit Christi gebührt. Daß Markell selbst solches weder intendierte noch ungewollt provozierte, w i r d daran deutlich, daß durch die Übertragung des christologischen H o heitstitels „Bild des unsichtbaren Gottes" auf den v o m Logos angenommenen Menschen der Logos und „wahrhaftige Sohn" selbst in seiner Gottheit noch „höher" zu stehen kommt. Markell hält hier also merkwürdigerweise nicht einen Ausdruck der Niedrigkeit C h r i sti v o n seiner Gottheit fern, sondern eine in der gesamten Tradition als Hoheitstitel verstandene Bezeichnung. Sein Interesse ist demnach auf keinen Fall die A b w e r t u n g der Gottheit Christi, sondern die Aufwertung seiner Menschheit. Dies findet darin seine Bestätigung, daß M a r kell die erkenntnistheoretische Bedeutung Christi als des „Bildes - des unsichtbaren Gottes" nur dem v o m Logos angenommenen menschlichen Leib 3 8 9 zuschreibt, 3 9 0 damit durch das Sichtbare das Unsichtbare 388 389

390

CM 11,2,44: 43,23-26; CM 11,3,4: 44,26-33; CM 11,3,22-29: 48,16-50,4; ET I,20,70f: 92,28-93,6; ET 11,23,4: 134,4-6.8-12; ET 111,6,5-7,1: 164,28-165,7. Auch die Epistula ad Antiochenos und die Epistula ad Liberium vertreten die vollkommene Unsichtbarkeit des Logos bis zum Eschaton: ein weiteres Argument für die Verfasserschaft Markells an diesen Schriften. (1) Epistula ad Antiochenos: die θεότης τοϋ λόγου ist αόρατος, sichtbar dagegen ist der κυριακός άνθρωπος bzw. der Mensch Jesus Christus oder der Mensch des Heilandes (Frg 11[11,63(6-20)] und Frg 17[16,67(1-5)]; verbessere S. 53,5 Casey μαθητήν in μεσίτην und S. 23,17 Schwartz λόγον in λόγου; lies S. 53,13 Casey statt καίπερ mit Schwanz και [23, App.]). Bis jetzt hat niemand den Sohn Gottes gesehen wie er ist, sondern den Menschen, den er wegen uns trug (Frg 15[14,65(8-11)]). Stephanus sah vor seiner Steinigung (Act 7,56) nicht den Logos oder die Sophia im offenstehenden Himmel, sondern den Menschensohn, der zur Rechten της δυνάμεως (charakteristischer Zusatz des Markell!) Gottes stand (Frg 15[14,65(14-17)]). (2) Epistula ad Liberium § lf: 152,5-7 Tetz, Markell III: ΕΙς θεός αθάνατος, αόρατος, άψηλάφητος· 'Πνεϋμα γαρ ό θεός', . . . ο τούτου Λόγος αθάνατος, σοφία άφθαρτος, αόρατος, . . . ; vgl. a.a.O. 160f. Für die Alexandriner und Origenisten gibt es konsequenterweise gar keine Gotteserkenntnis durch Sehen desjenigen, was an Jesus Christus sichtbar ist, sondern nur durch die geistige Schau des Unsichtbaren. Euseb formuliert dies geradezu klassisch mit Bezug auf Joh 1,14: „Denn wenn er auch, sagt er (seil. Johannes), zweifellos wegen uns Fleisch wurde, dann schauen gleichwohl wir, denen er die Ehre machte, seine eigene Gottheit zu zeigen, nicht auf das Fleisch, denn dieses war die Gestalt eines Knechtes, sondern auf seine Herrlichkeit, die außerhalb des Leibes mit reinem Verstände geschaut wird (ET 1,20,10: 82,11-13)." Nach ET 11,18 meine Joh 1,14 eine νοερά οικονομία (122,3f): Johannes verkündige die Erkenntnis des Logos zugleich mit seiner Theophanie; die Erkenntnis sei aber nicht aus der Inkarnation zu gewinnen, sondern durch Rekurs auf die αρχή von Joh 1,1-3, die das Wesen des Logos erkläre (122,9-19). Vgl. noch ΡΕ I; 111,10,18: 133,20f Mras/Des Places, GCS 43/1: ,,θεοϋ μεν

342

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

e r s c h e i n e : 3 9 1 s o w o h l d e r L o g o s als a u c h d e r V a t e r k ö n n e n n u r siv392 d u r c h dieses Bild e r k a n n t w e r d e n . 3 9 3

exklu-

E x k u r s III: D i e c h r i s t o l o g i s c h e u n d a n t h r o p o l o g i s c h e Vorstellung v o m Bild G o t t e s bei Irenäus u n d Tertullian u n d ihre U n t e r s c h i e d e z u M a r k e i l N a c h Irenäus ist d e r p r ä e x i s t e n t e L o g o s Bild G o t t e s : „ . . . d e n n als das Bild G o t t e s 3 9 4 s c h u f er d e n M e n s c h e n . 3 9 5 U n d das Bild G o t t e s ist d e r S o h n , als dessen Bild d e r M e n s c h entstand. U n d d e s w e g e n erschien er a u c h in d e n letzten Z e i t e n , d a m i t er zeigte, d a ß das Bild i h m selbst ähnlich i s t . " 3 9 6 „ M o d e l l " f ü r den M e n s c h e n ist n a c h d i e s e m T e x t aus

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ουν φύσις εξω πάσης θνητής ΰλης φαντάζεται, νώ διαυγεϊ και σιγή ψυχαΐς κεκαθαρμέναις έπινοουμένη." Während Markeil die bleibende voreschatologische Inadäquatheit einer Gotteserkenntnis durch die Menschwerdung dadurch zum Ausdruck bringt, daß der angenommene Mensch (bzw. jeder Mensch) nie das unsichtbare Wesen Gottes so erkennen läßt, wie es an sich selbst ist, sondern nur ein sinnlich wahrnehmbares Bild, das diesem Unsichtbaren analog ist, tut Euseb Ahnliches durch die Übertragung von sinnlich wahrnehmbaren Vergleichen für das Verhältnis von Vater und Sohn ins Göttlich-Unbegreifliche (via eminentiae und negationis). Die Vergleiche SonneStrahl, Licht-Abglanz, Verstand-Wort, Kaiser-Kaiserbild (ET I,12,8f: 72,12-25; ET I,20,68f: 20-26; ET 1,17,3-7: 120,30-121,26; ET II,7,16f: 106,13-20; ET 11,23,3: 34134,4; ET 111,21,1: 181,13-30; zum Kaiserbild siehe unten 480-484) und alle übrigen körperlichen und unserer Vorstellung zugänglichen Bilder müssen in gottgeziemende Vorstellungen übertragen werden (CM 1,1,18-21: 5,2-29), die aber dennoch nie die göttliche Wirklichkeit treffen: diese ist jenseits (έπέκεινα) jeden Beispieles, Bildes und Verstandes sowie mit Worten unaussprechlich (ET 1,12,9: 72,19-25; ET 11,17,6: 121,8-10; ET 111,21,1: 181,17-30). Nach Origenes ist der Sohn unsichtbares Bild des unsichtbaren Gottes (De principiis 1,2,6 u. 11,6,3: 36,1-3 u. 141,27 Koetschau; für weitere Stellen siehe Crouzel, Theologie de l'image, 79f). Der Sohn „sieht" den Vater nicht (Joh 14,9), sondern „erkennt" ihn (Mt 11,27); auch Mose sah ihn nicht mit den sinnlichen Augen (De principiis I, 1,8 u. 11,4,3: 24,22-26,14 und 130,3-131,23 Koetschau). Aufgrund der Gottesverwandtschaft des selbst unsichtbaren menschlichen Verstandes (bzw. der rationalen Seele) ist Gotteserkenntnis möglich (De principiis 1,1,7 u. IV,4,10: 24,1821u. 363,29-364,10 Koetschau; Exhortatio ad Martyrium 47: 42,29-43,1: Koetschau, GCS 22, 1913). Das heißt für Markell nicht, daß damit Gott und der Logos, wie sie an und für sich selbst sind, sichtbar werden. In ihrer Unsichtbarkeit sind der Vater und der Logos nur mit den Augen des Geistes zu sehen. Auf dieses Sehen bezieht sich nach Markell Joh 14,9 (Frg 75[74,65]: 200,9-14 Klostermann). In Frg 69(44,38) schreibt Markell dem „eigenen Logos Gottes" die Darreichung der Erkenntnis des Vaters an die Menschen zu. Dabei ist die Inkarnation vorausgesetzt, wie Frgg 68(51,46) und 96(50,45) zeigen. Euseb hat dies ganz richtig verstanden, vgl. ET II,25,4f: 136,20-23. Frg 55.

III. Textkritik, Übersetzung und Kommentar: Exkurs III

343

der Epideixis Kap. 22 demnach nicht der Menschgewordene, 3 9 7 sondern der Sohn und Logos in seiner Gottheit. 3 9 8 Als Menschgewordener zeigt er an sich selbst durch den angenommenen Menschen, daß der Mensch als sein Bild (d. h. als Bild des Bildes Gottes) ihm tatsächlich ähnlich ist. Diese Interpretation wird durch Adv. haer. V,16,2 bestätigt. Hier verwendet Irenäus teilweise dieselben Gedanken: „In den früheren Zeiten wurde gesagt, 399 daß der Mensch nach dem Bilde Gottes geschaffen worden sei, es wurde aber nicht gezeigt. Denn der So ist wörtlich das zu „zmardn" als Prädikatsnomen stehende „kerparan Astucoy" zu übersetzen; mit Froidevaux, Demonstration de la Predication Apostolique, Paris SC 62, 1959, 64; S. Weber, Sancti Irenaei Episcopi Lugdunensis Demonstratio Apostolicae Praedicationis 1917, Freiburg/Breisgau 47f und J. P. Smith, St. Irenaeus Proof of the Apostolic Preaching, A C W 16(1952) 61. Abweichend TerMekerttschian/Ter-Minassiantz, T U 31/1, 1907, 12; S. Weber, Des heiligen Irenäus Schrift zum Erweis der Apostolischen Verkündigung, B K V 4, Kempten/München 1912, 16; Orbe, Antropologia de San Ireneo, 100; Cantalamessa, Cristo „Immagine di D i o " , 183; J. Barthoulot, La predication des apotres et ses preuves ou la foi chretienne, Paris 1977, 35. 395 Y g j Q e n 9 L X X ; g x l £v etxovi θεοϋ έποίησα τον ανθρωπον. 394

396

17,6-10·"- Ter-Mekerttschian /Ter-Minassiantz, T U 31/1, 1907.

397

Nach A. Struker (Die Gottebenbildlichkeit des Menschen in der christlichen Literatur der ersten zwei Jahrhunderte,1913) 82 und R. Cantalamessa (Cristo „Immagine di D i o " , 183) sei in Epideixis Kap. 22 der Menschgewordene gemeint. - E. Klebba (Die Anthropologie des hl. Irenäus, Münster 1894, 25) läßt sowohl den „ungeschaffenen Logos" als „auch die menschliche Natur desselben als Urbild" gelten. Ahnlich ist nach der Meinung von E. Scharl (Recapitulatio Mundi, FThSt 60, 1941, 14-16) sowohl der ewige als auch der menschgewordene Logos das Urbild des Menschen. Η. H. Wendt (Die christliche Lehre von der menschlichen Vollkommenheit, Göttingen 1882,24) urteilt aufgrund anderer Textstellen wie Struker und Cantalamessa. - P. Schwanz (Imago Dei, Halle 1970,123) versteht den dem Logos selbst eigenen είκώνΘεοϋ-Status nach Epideixis 22 nicht als seiner göttlichen Natur zukommend, sondern im Blick auf seine Zukunft als zweitem Adam, als der er „der ,nach Gottes Gleichnis und Ebenbild' geschaffene Mensch werden sollte." Insofern meine die Eikon-Prädikation „grundlegend die Urbildlichkeit seiner selbst, d. h. das Eikon-Verhältnis des fleischgewordenen Logos zum Logos als solchem. Erst durch die Fleischwerdung des Logos wird gezeigt, „wie das Abbild ihm ähnlich ist".

398

So Orbe, Antropologia de San Ireneo, 101.112; Gustaf Wingren, Man and the Incarnation, Edinburgh/London, 1959, 21.24.148; Juan Ochagavia, Visibile Patris Filius, O r C h r A 171, Rom 1964, 90f; Barbara Aland, Fides und Subjectio. Zur Anthropologie des Irenäus, in: Keryma und Logos, Festschrift für C. Andresen, Göttingen 1979, hrsg. von Α. M. Ritter, 18. - Nach Loofs (Theophilus von Antiochien, 251) sei dies die Meinung des Irenäus selbst, der I Q A in diesem Sinne überarbeitet habe. Orbe schiebt allerdings in seinem Aufsatz: „El hombre en la teologia de s. Ireneo", Gr. 43(1962) 457f, ähnlich wie Schwanz („ideeller Mensch" [Imago Dei, 129-132]) als „Zwischengröße" zwischen den Logos als Urbild und den Menschen als Bild „das im Fleisch installierte Bild des Vaters ( = Sohn) als Exempel des Menschen" ein.

399

έλέγετο Irlat: 216 Rousseau, SC 153; 368 Tom. II Harvey, Cambridge 1857; Halloix (vgl. App. SC 153, 216); Struker, Die Gottebenbildlichkeit, 82; Orbe, Antropologia

344

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

Logos war noch unsichtbar, nach dessen Bild der Mensch geworden war. Deswegen verlor er auch leicht die Ähnlichkeit. 4 0 0 Als aber der Logos Gottes Fleisch wurde, befestigte er beides: E r zeigte nämlich das Bild wahrhaftig, indem er selbst das wurde, was sein Bild war, zum anderen stellte er die Ähnlichkeit sicher hin, indem er den Menschen dem unsichtbaren Vater mitanglich durch den geschauten Logos." 4 0 1 Durch die Vorstellung des Menschen als des Bildes des Bildes unterscheidet sich Irenäus von Markeil und stimmt er mit der alexandrinischen Theologie und mit Eustathius von Antiochien überein. Von der alexandrinischen Theologie weicht er jedoch - mit Markeil - zum einen darin ab, daß nicht nur der unsichtbare rationale Teil des Menschen Bild des Logos ist, sondern der ganze, sichtbare und fleischliche Mensch. Andererseits kennt er trotz der zitierten Texte 4 0 2 - mit Tertullian und gegen Markell - eine gewisse vorinkarnatorische Sichtbarkeit, 403 zumindest aber volle Erkennbarkeit des Sohnes, die nach Antonio Orbe 4 0 4 und Juan Ochagavia 4 0 5 bei Irenäus unabhängig von der sinnlich^ wahrnehmbaren Sichtbarkeit gleichermaßen zur Zeit des alten wie des neuen Testaments gegeben sei. 407 Letztere Ansicht dürfte

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de San Ireneo, 101; Cantalamessa, Cristo „Immagine di D i o " , 182 / έλέγομεν: 77, 1 Holl, Fragmente vornicänischer Kirchenväter, T U X X , 2 , Leipzig 1899. Die irenäische Unterscheidung kennt Markell nicht; vgl. zu dieser Differenzierung Struker, Die Gottebenbildlichkeit, 80-128; Orbe, Antropologia de San Ireneo, 100107.121-142; Schwanz, Imago Dei, 119-143; für eine einheitliche Sicht beider Begriffe tritt Wingren, Man and the Incarnation, 157-159, ein. 216 Rousseau/Doutreleau/Mercier, SC 153. Weitere Stellen, an denen Irenäus erst dem Inkarnierten die Sichtbarkeit zuschreibt: Adv. haer 111,9,1; 11,5; 16,6: Seiten 102; 154; 312-14 Rousseau/Doutreleau, SC 211; Adv. haer IV,24,2: 702-4 Rousseau/Doutreleau/Mercier, SC 100. - Vgl. Orbe, Hacia la primera teologia de la procession del Verbo, Estudios Valentinianos Vol. 1/1, AnGr 99, Rom 1958, 655 Anm. 3 und A. Houssiau, L'exegese de Matthieu X I , 27 Β selon Saint Irenee, E T h L 29(1953) 345 Anm. 67. Nach Houssiau (La Christologie de Saint Irenee, Löwen/Gembloux 1956, 88) und D. E. Lanne (La vision de Dieu dans l'CEuvre de Saint Irenee,Iren. 33[1960] 311-320 [insbesondere 315]) ist der Sohn wie der Vater ζ. Z. des alten Testaments unsichtbar; Real Tremblay, La manifestation et la vision de Dieu selon Irenee de Lyon, M B T h 4(1978) 71-76.95-103.147 differenziert zwischen altt. Antizipation und ntl. Realisation (anders dagegen 102 Anm. 136). Hacia la primera teologia, 655-59 [insbesondere 656 Anm. 3a]; ders., La revelacion del Hijo por le Padre segun San Ireneo, Gr. 51(1970) 18f.38.41.74 u. 81. Anläßlich von Adv. haer. IV,6,3: 44,36-57 Rousseau/Doutreleau/Mercier, SC 100, stellt Orbe fest, daß die Erkenntnis des Vaters, die der Sohn durch seine Erscheinung offenbart, sich sowohl auf die Zeugung als auch auf die Inkarnation beziehe. Ochagavia, Visibile Patris Filius, 83-91. Dies ist ein „alexandrinischer" Zug in der Theologie des Irenäus. Die wichtigsten Texte sind Adv. haer. IV,5,3-7,4 u. IV, 20, 4-6: 432-464 u. 635-646 Rousseau/Doutreleau/Mercier, SC 100.

III. Textkritik, Übersetzung und Kommentar: Exkurs III

345

durch die Polemik gegen die Valentinianer und Markioniten 408 verursacht sein, gegen welche mit der These der alttestamentliche Erkennbarkeit des Sohnes und durch diesen des Vaters an der Selbigkeit des Schöpfers und des Vaters Jesu Christi festgehalten werden kann. Solches Schwanken zwischen der Unsichtbarkeit und Sichtbarkeit sowie der Erkennbarkeit des Sohnes im alten Bund bleibt ferner bei Irenäus und Tertullian grundlegend darin von Markeil unterschieden, daß beide409 Joh 1,18 (Θεόν ουδείς έώρακεν πώποτε) nur auf den Vater beziehen, Markeil410 aber auf den Vater samt dem präexistenten Logos (und Heiligen Geist). Tertullian legt grundsätzlich dem Vater die Unsichtbarkeit und dem Sohn die Sichtbarkeit bei und nicht wie Markell das erste dem „ganzen" unsichtbaren Gott und das zweite dem Menschgewordenen: „So wird es also ein anderer sein, der gesehen wurde, weil nicht derselbe, der gesehen wurde, als unsichtbar definiert werden kann; und die Folge wird sein, daß wir wegen der Fülle der Majestät den Vater als unsichtbar erkennen, den Sohn aber nach Maßgabe der Ableitung als sichtbaren auffassen, wie wir auch nicht die Sonne betrachten können im Blick auf die Gesamtheit ihrer Substanz selbst, die im Himmel ist, sondern wir ertragen ihren Strahl mit den Augen wegen der Mäßigung des Anteiles, der sich hierher auf die Erde erstreckt." 411 Schon der Präexistente in seiner Gottheit ist demnach wie bei Irenäus das Bild Gottes: „Invisibilis dei imaginem ait (seil. Markion) Christum. Sed nos enim invisibilem dieimus patrem Christi, scientes filium semper retro visum, si quibus visum est, in dei nomine, ut imaginem ipsius."412 408

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Zum gnostische Verständnis von Mt 11,27b, dem Grundtext in der Frage der Erkennbarkeit Gottes zur Zeit des alten Bundes: Adv. haer. 1,20,3 ( = Frg. gr. 9,846-854) Rousseau/Doutreleau, SC 264; Adv. haer. IV,6,1: 438 Rousseau/Doutreleau/Mercier, SC 100; zur gnostischen Lesart von Mt 11,27b vgl.: Houssiau, L'exegese de Matthieu XI, 27 B, 337-340; R. Luckardt, Matthew 11,27 in the .Contra Haereses' of Saint Irenaeus, R U O 23(1953) 72; Ochagavia, Visibile Patris Filius, 63f; Orbe, La revelacion del Hijo, 7-15. Irenäus: Adv. haer. 111,11,6: 154-156 Rousseau/Doutreleau , SC 211; Adv. haer. IV,20,6: 644-646 und Adv. haer. IV,20,11: 660-662 Rousseau/Doutreleau/Mercier, SC 100; Tertullian: Adv. Prax. XV,6: 1179 Kroymann/Evans, CChr.SL II. Vgl. oben 341 Anm. 389. Adv. Prax. XIV,3: 1176, Kroymann/Evans; vgl. Cantalamessa, Cristo „Immagine di Dio", 189: „La visibilitä del Figlio trova dunque la sua radice nella generazione del Padre . . . " und Orbe, Hacia la primera teologia,188: „La prolacion ο generacion del Verbo presupone su esencial aseguibilidad ο cognoscibilidad." Adv. Marc. V,19,3: 721Kroymann, CChr.SL I, vgl. Adv. Marc. 11,27,5: 506; Adv. Marc. V,19,3f: 724; Adv. Marc. V,11,12: 698. - Cantalamessa (Cristo „Immagine di Dio", 187f) und ders. (La Cristologia di Tertulliano, Par. 18, Freiburg/Schweiz 1962, 43) meint, an letzter Stelle sei der Inkarnierte gemeint; vgl. jedoch Rene Braun (Deus Christianorum, PFLA 41, Paris 1962, 220): „Tertullien, sans doute familiarise par ses lectures avec cette conception du Christ-Verbe, manifestation concrete et visible'

346

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

Dennoch war der Sohn zur Zeit des alten Bundes - wiederum wie bei Irenäus - erst in geringem Maße sichtbar. Die inkarnatorische Sichtbarkeit des Sohnes überbietet die alttestamentliche.413 Das hindert Tertullian wie Irenäus 414 jedoch nicht, an anderer Stelle den apologetischen Gedanken aufzunehmen, nach dem der Sohn bei Abraham schon „in veritate quidem carnis" erschien. 415 Nach Tertullian erschafft die Trinität ferner den Menschen nur dem Sohn und dem Geist und nicht dem Vater ähnlich, 416 nach Markell schafft ihn der eine, Vater und Logos (vom Geist ist wegen der polemischen Situation nicht die Rede) umfassende Gott zu seinem Bilde. 417 Obwohl schon der präexistente Sohn Bild Gottes ist, wurde der Mensch nach Gen l,26f im Blick auf die zukünftige Menschwerdung des Sohnes erschaffen. Nicht ganz deutlich ist dabei, ob Tertullian tatsächlich den Menschgewordenen (a) oder den Sermo (bzw. die effigies Dei) im Inkarnierten (b) als Modell des Protoplasten betrachtet. 418 Durch die enge Verknüpfung von Menschwerdung des Logos und Schöpfung des Menschen (Irenäus: Inkarnation als Aufweis und Be-

413 414

415 416 417 418

du Pere, comme avec le mot πρόσωπον qui l'exprimait, la presente a son tour dans ses ouvrages de theologie polemique, et il utilise persona pour rendre cette valeur particuliere". Adv. Prax. XIV,6-9: 1177f Kroymann/Evans, CChr.SL. II; Adv. Prax. XV, 4: 1179. Das Verbum spricht zu Abraham und Mose „in figura humana" (Adv. haer. IV,7,4: 462 Rousseau/Doutreleau/Mercier, SC 100). - Vgl. Euseb gegen Markell: ET 11,21,1: 130,3-10. Adv. Marc. 111,9,6: 520 Kroymann, CChr.SL I. Adv. Prax. XII,1-4: 1127f Kroymann/Evans. Frg 124(80,70). Vgl. : „Erat autem ad cuius imaginem faciebat (seil. Deus), ad Filii scilicet, qui, homo futurus certior et verior, imaginem suam fecerat dici hominem qui tunc de limo formari habebat, imago veri et similitudo" (Adv. Prax. XII,4: 1173) mit „Recogita totum illi (seil, materiae) deum occupatum ac deditum, manu sensu opere consilio sapientia Providentia et ipsa inprimis adfectione, quae liniamenta dictabat. Quodcumque enim limus exprimebatur, Christus cogitabatur, homo futurus, quod et limus, et sermo caro, quod et terra tunc. Sic enim praefatio patris ad filium: Faciamus hominem ad imaginem et similitudinem nostram. Et fecit hominem deus, id utique quod finxit, ad imaginem dei fecit ilium, scilicet Christi. Et sermo enim deus, qui in effigie dei constitutus non rapinam existimavit paria deo" (De resurr, mortuorum VI,3: 928 Borleffs, CChr.SL II) und „vir enim non debet caput velari, cum sit dei imago (I Kor. 11,7). Igitur si creatoris est imago - ille enim Christum sermonem suum intuens, hominem futurum: faciamus, inquit, hominem ad imaginem et similitudinem nostram - quomodo possum alterum habere caput, non eum, cuius imago sum?" (Adv. Marc. V,8,l: 685). Für das Verständnis (a) treten ein: Loofs, Das altkirchliche Zeugnis, 44-46; ders., Theophilus von Antiochien, 135; E. Evans, Tertullian's Treatise on the Resurrection, London 1960, 212; Cantalamessa, La Cristologia di Tertulliano, 81; G. Visonä, L'uomo a immagine di Dio, StPat 27(1980) 411-414. - Für das Verständnis (b): J. Gewiess, Zum altkirchlichen Verständnis der Kenosisstelle (Phil 2,5-11), ThQ 128(1948) 474-477.

III. Textkritik, Übersetzung und Kommentar: Frgg 57-60

347

festigung des Bildseins des Menschen; Tertullian: Menschgewordener möglicherweise als Modell des Protoplasten) sind beide Theologen mit Markeil verbunden. Sie unterscheiden sich jedoch darin von ihm, daß sie dem Präexistenten ein eigenes Bildsein zuschreiben (Irenäus: eher unsichtbar; Tertullian: eher sichtbar) und daher dem vom Logos angenommenen Menschen nicht die Funktion und Würde beilegen, den „ganzen einen Gott" abzubilden.

Frgg 57-60: „Aus dem Leibe vor dem Morgenstern habe ich dich gezeugt" (Ps 109,3 LXX) als Prophetie auf den durch die Jungfrau mit dem menschlichen Fleisch gezeugten Logos Frg 57 (28,23) Zum Text: 189,16: τι V, Montagu 13 A 5, Gaisford 26, Nolte,740 Α 5/ετι Rettberg 17, Klostermann. 189,17: διήλθεν V, Montagu, Annot. adl3 A 6 ( = Gaisford 387 = Nolte, 739 C), Gaisford 26, Nolte, 740 A 6 (διήλθε) / διήλθον Montagu 13 A 6, Rettberg 17. 189,19: έξεγέννησα V, Montagu 13; Nolte, 740 A 9, Rettberg 17, Gaisford 26, Rondeau RHR 88(1969) 161 Anm. 1 / έξεγέννησα σε Scheidweiler 205, Hansen 260. 189,20f: έξελών τήν αρχαίαν αύιοϋ άναγέννησιν σημήναι V, Gaisf. 26, Nolte 740 A 12f, Klostermann. έξελών τήν αρχαίαν αύτοϋ άναγέννησιν σημνϋναι Montagu 13 Β 1-3. έξ έλών τήν αρχαίαν αύτοϋ γέννησιν σημνϋναι Rettberg 17. ,,έξ" έλών τήν αρχαίαν αύτοϋ ανω γέννησιν σημνϋναι Zahn 113, Anm. 2. τό κυριώτατον, τήν συλλαβήν έξ, έξελών Scheidweiler 206, Hansen 260. έξελών τήν αρχαίαν αύτοϋ α ν ω γέννησιν σημήναι Rondeau RHR 88(1969) 161 Anm. 1. τό καιριώτατον, τής συλλαβής έξελών . . . ανω γένεσιν Montagu 13 Α 9 (=Gaisf. 387=Nolte7 39D). (αρχαία αναγέννησις) Feige (Die Lehre Markeil von Ankyra, 220). Montagu 13 und Gaisford 25f grenzen das Fragment anders ab. - Nach Montagu (Annot. ad 13 A 9), Scheidweiler (205f; vgl. dort weitere „Emendationen"), Hansen (260), Rondeau (a.a.O. 161, Anm. 1) und Feige (220) habe Markell in Ps 109,1 das ,,έξ" vor έγέννησα eingefügt. Das ist (1) deswegen unmöglich, weil Markell diesen Vers in Frg 59(31,26) korrekt zitiert, und (2) deswegen, weil Euseb nicht davon spricht, daß Markell das Präfix eingefügt, sondern daß er es weitergegeben habe. Richtig Rettberg (17f) und Zahn (113f mit Anmerkungen).

348

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

Übersetzung mit den einrahmenden Worten Eusebs:419 „Indem er diesem Verwandtes tut, gebraucht er auch an der Stelle, an der der Psalter ,Aus dem Leibe vor dem Morgenstern (Bringer der Morgenröte) zeugte ich dich', enthält, einen keineswegs dazugehörigen Zusatz, um denjenigen zu tadeln, der nicht gleich wie er spricht. Höre also, wie er schreibt:

„ . . . daher scheint es sich mir also gut zu fügen, jetzt etwas von dem durchzugehen, was ich noch nicht früher durchnahm. Denn das meiste von dem, was er schrieb, ist klar aufgrund des von uns bereits Gesagten. ,Aus dem Leibe', sagt er, ,habe ich dich vor dem Bringer der Morgenröte herausgezeugt.' Denn er glaubte offensichtlich, daß die betrügerisch in Anspruch genommene Präposition «heraus» der Anschauung der Häresie zustatten käme. Deswegen wollte er unter Wegnahme des Eigentlichsten der Silbe seine ursprüngliche obere Zeugung bezeichnen . . . ' 420 Und weil er sich nun einmal darin über den eigenen Fehler mächtig brüstet, wodurch er den, der richtig schreibt, tadelt, gibt er - da er selbst nichts bemerkt - den Lesern dasselbe Zeugnis für die Lesart weiter." 189,18-19: Ps 109,3

Frg 58 (30,25) Zum Text: 189,27 τον V, alle übrigen / έαυτόν Montagu, Annot. ad 13 C 2 (= Gaisford 388 = Nolte 340 C).

Ubersetzung: „ . . . denn während früher Finsternis wegen der Unkenntnis des Glaubens herrschte, nennt er folgerichtig, da der kommende Tage erscheinen sollte - ,Ich bin', sagt er nämlich, ,der Tag' - , den Stern Bringer der Morgenröte . . . " 189,27: Mt 2,2+7+9+10; Ps 109,3 Frg 59 (31,26) Ubersetzung: „ . . . deswegen also, weil der den Tag anzeigende Stern begreiflicherweise von dem Propheten David Bringer der Morgenröte genannt wurde, ist es nicht richtig, weiter zu suchen, wer denn dieser sei. Denn dieser war der damals erschienene Stern, der den Magiern den Tag brachte und anzeigte. Ganz offensichtlich ist demnach das ,Vor dem Bringer der Morgenröte zeugte ich dich' vom alles beherrschenden Herrn über den durch die Jungfrau mit dem menschlichen Fleisch gezeugten Logos gesagt worden, wobei das Evangelium 419 420

CM 1,2,20-22: 12,8-21. Vgl. die völlig abweichende Ubersetzung Gerickes, Marceil von Ancyra, 200.

III. Textkritik, Übersetzung und Kommentar: Exkurs III

349

auch dies genau deutlich macht, daß unser Herr vorher durch die Jungfrau geboren ist, nachher aber der Stern erschien, der den Tag anzeigte . . . " 190,2-3: Ps 109,3 190,4-6: Mt 1,25-2,2 Frg 60 (29,24) Z u m T e x t : 1 8 9 , 2 4 : γενέσεως V , K l o s t e r m a n n / γεννήσεως M o n t a g u 2 4 C 6, R e t t b e r g 18, G a i s f o r d 5 0 , N o l t e 7 6 5 Β 5, Z a h n 1 1 3 A n m . 3.

Ubersetzung: „ . . . wie also übertragen die ,mit List und Tücke Erfüllten', um mit dem Apostel zu reden, die Textstelle auf seine,421 wie sie glauben, erste Schöpfung,422 obwohl David dies eindeutig über sein Werden 423 nach dem Fleische gesagt hat . . . " 189,22: Act 13,10 Kommentar zu den Frgg 57-60: Die Frgg 57-60 besitzen im Rahmen des die Frgg 47-114 bildenden Hauptthemas der Einheit Gottes vor allem zwei Bezüge zu den vorangehenden und nachfolgenden Texten. Der erste Bezug ist durch die von Frg 47 herkommende Thematik des Hervorganges und Herabkommens des Logos bzw. des Geistes, sowie der Zeugung des Logos aus dem Vater (Frg 51 [90,80]) gegeben. Diese Frage nimmt Markell jetzt mit Ps 109,3 auf, sowie im folgenden Frg 61 mit Lk 1,35, und klärt den Zeugungsbegriff weiter in Frg 66. Die zweite Verbindung besteht zu den Frgg 51-56 und zu den Frgg 64, 67-69 durch die Behandlung der Themen Offenbarung und Erkenntnis Gottes („Erscheinung" durch das Bild, „Bringer der Morgenröte des Glaubens", „Gott ist Licht"). Daß bei der Erörterung dieser Inhalte immer zugleich das Verhältnis des präexistenten zum menschgewordenen Sohn (Logos) thematisch ist, muß nicht mehr eigens hervorgehoben werden. Das bisherige Verständnis von Frg 57 wurde durch die aus Frgg 5860 hervorgehende inkarnatorische Auslegung Markells von Ps 109,3 und durch die Beurteilung der von Euseb vorgegebenen Frage nach dem Urheber des Einschubes des Präfixes „εξ" bestimmt. Aufgrund dieser Vorgaben kam es gar nicht in den Blick, daß es Markell im zweiten Teil des Fragmentes einerseits um etwas anderes als um den

421 422

Genetivus objectivus. „Schöpfung" ist Konsequenzenmacherei Markells (vgl. „wie sie glauben"). Asterius sprach im Anschluß an Ps 109,3 sicher von Zeugung.

423

Gericke, Marcell von Ancyra, 200: „Geburt".

350

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

Tadel des Asterius wegen Einschubes 424 oder Weglassens 425 des „έξ" gehen und daß Markell andererseits auch selbst positiv von einer „ursprünglichen oberen Zeugung" des Logos sprechen könnte. 426 Hat man nun aber einmal die Frage nach Einfügung oder Streichung der Präposition als Interesse Eusebs und nicht Markells erkannt und ferner die Unmöglichkeit der Vorstellung einer vorinkarnatorischen Zeugung des Logos bei Markell als Vorurteil entlarvt, dann ergibt sich zwanglos folgendes Verständnis: Markell kritisiert nicht die Anfügung des ,,έξ" durch Asterius, sondern die seiner Meinung nach unlautere Verwendung. 427 Asterius ziehe zwar das Präfix heran, aber nicht, um damit eine dem Gehalt des „Heraus" entsprechende Bedeutung zu verbinden. Vielmehr „ . . . wollte er unter Wegnahme des Eigentlichsten der Silbe seine ursprüngliche obere Zeugung bezeichnen . . . " Dabei wird der Begriff einer „ursprünglichen oberen Zeugung" hier von Markell gar nicht eigens diskutiert. Wie diese seiner Meinung nach zu beschreiben ist, zeigt Frg 66(36,31). Markell bezieht sich jetzt ganz selbstverständlich darauf. Seine Kritik ist vielmehr die, daß Asterius das ,,έξ" gegen dessen eigentlichen Sinn so interpretiere, daß Ps 109,3 das häretische Verständnis einer „ursprünglichen oberen Zeugung" unterstütze. Diese häretische Auffassung der Zeugung nennt Markell in Frg 60 ,die erste Schöpfung des Logos'. 428 Als Beweis für diese Einschätzung der gegnerischen Auffassung führt Markell die inkarnatorische Exegese und Bedeutung von Ps 109,3 an. Was sich nach Markell auf „den durch die Jungfrau mit dem menschlichen Fleisch gezeugten Logos" 429 bezieht, „übertragen die ,mit List und Tücke Erfüllten', um mit dem Apostel zu reden . . . auf seine, wie sie glauben, erste Schöpfung, obwohl David dies eindeutig über sein Werden nach dem Fleische gesagt hat . . . " 430 Markell unterstellt dabei, daß Asterius den Sinngehalt einer inkarnatorischen Interpretation (d. h. konkret der γένεσις κατά σάρκα des Logos) auf die „ursprüngliche obere Zeugung" übertrage. 424 425

426

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428 429 430

Rettberg , Marcelliana, 18; Zahn, Marcellus von Ancyra, 113. Montagu, Annot. ad 13 A 9 (= Gaisford 388 = Nolte 739 D); Scheidweiler, Marceil von Ancyra, 205f; Rondeau, Le ,Commentaire des Psaumes', RHR 88(1969) 161 Anm. 1. Nach Rettberg (Marcelliana, 18) „preßt" und „zwingt" Asterius im Urteil Markells „die erste und eigentliche Bedeutung der Präposition „έξ" und müht sich so, jene ewige Zeugung des Sohnes einsichtig zu machen", nach Zahn (Marcellus von Ancyra, 113 Anm. 2) „nimmt" sie Asterius nur. Das „κλαπείσαν" ist mit „betrügerisch in Anspruch genommen" wiederzugeben; vgl. Liddell/Scott, s.v. IV,2 und 3. Genetivus objectivus. Frg 59(31,26): 190,3f. Frg 60(29,24).

III. Textkritik, Übersetzung und Kommentar: Exkurs III

351

Die Elemente der inkarnatorischen Auslegung Markells sind folgende: Der Morgenstern, vor dem der Logos nach Ps 109,3 gezeugt wurde, ist der Stern von Bethlehem, der nach Mt 2,2 ja auch erst nach der Geburt Jesu aufleuchtete. Hierher ist auch das außerevangelische Herrenwort 4 3 1 „Ich bin der Tag" zu stellen. David kündigte die kommende Erscheinung dieses „Tages" an, den der Morgenstern den Magiern und uns heraufführte. Geht man davon aus, daß auch die lukanische Geburtsgeschichte im Hintergrund steht, dann ergibt sich ein doppelt übertragenes Verständnis für den „Tag". Zum einen ist Jesus das „Tageslicht", das nach der Nacht von Bethlehem durch den Morgenstern erscheint. Zum anderen ist er das „Glaubenslicht", das der früheren Finsternis wegen der της θεοσεβείας αγνοία ein Ende macht. 432 Auch hier wie in den vorangegangenen Frgg 51-56 ist demnach die Menschwerdung des Sohnes und Logos die Bedingung der Möglichkeit christlicher Glaubenserkenntnis. Tertullian und Euseb von Caesarea sind die einzigen Erklärer 433 vor bzw. neben Markell, die wenigstens bei einer 434 ihrer Auslegungen von Ps 109,3 die Worte „προ έωσφόρου" 435 mit Markell nicht mehr kos431

432 433

434

435

Diese Bezeichnung gebraucht Otfried Hofius (Art. Agrapha, TRE Bd. II, 1978, 104) in Abgrenzung zum „Agraphon". Frg 58(30,25). Auch Irenäus (Epideixis Kap. 43: 32,19f;:"/24,23f Ter-Mekerttschian/Ter-Minassiantz,TU 31/1, 1907; 101, 2f Froidevaux, SC 62, 1959) weicht hier (mit einem Mischzitat von Ps 109,3 und 71,17 LXX, das die Worte „Vor dem Morgenstern" enthält) von Tertullian und Markell ab. So Adv. Marc. V,9,7f: 690 Kroymann, CChr.SL I (vgl. Rondeau, Le ,Commentaire des Psaumes', RHR 88(1969) 31f.l64). Anders Adv. Prax. VII, 2: 1165 Kroymann/Evans, CChr.SL II, ohne die Worte „ex utero". Euseb legt die Stelle gegen seine sonstige gesamte Exegese im Psalmenkommentars (PG 23, 1341 D 4 - 1344 A l l ) inkarnatorisch aus (vgl. Rondeau, Le ,Commentaire des Psaumes', RHR 88[1969] 172-175 und dies., Une nouvelle preuve de l'influence litteraire d'Eusebe de Cesaree sur Athanase: L'interpretation des Psaumes, RSR 56[1968] 390f, Anm. 8-14). Justin (Dial. 63,3: 169,13-15 Goodspeed, Göttingen 1984 2 ) bezieht „προ έωσφόρου" auf die Zeugung (άνωθεν) zur Präexistenz und „έκ γαστρός" auf die inkarnatorische Zeugung (vgl. auch Dial. 45,4: 142,25f Goodspeed; Dial. 76,7: 187,9-11 Goodspeed und Rondeau, Le ,Commentaire des Psaumes', RHR 89[1969] 27. 22-25). Aufgrund dessen scheint es nicht notwendig zu sein, mit Rondeau (Le ,Commentaire des Psaumes', RHR 88[1969] 173f) bei Asterius einen Selbstwiderspruch anzunehmen, wenn er in der Homilie XVIII,15 in Psalmum IX eine Lesart von Ps 109,3 (nämlich: „"Οτι έκ γαστρός παρθένου τεχθήσεται· Έ κ γαστρός Μαριάμ έγέννησά σε, ώς λέγει τό έβραϊκόν.": 132-133,IRichard, SO.S 1956) ohne die Worte „προ έωσφόρου" inkarnatorisch versteht. Asterius nennt an einer anderen Stelle (Homilie VII,1. In Psalmum V. Horn. II: 54,9-16 Richard, SO.S 1956) den Heiligen Geist „geistigen Morgenstern" und in einem weiteren Text (Homilie IV. In Psalmum IV, Horn. I: 31-8-10 Richard) den Stern von Bethlehem „fremden Morgenstern". In dem zu Beginn dieser Anmerkung erwähnten Dial. 63,3 erinnert das άνωθεν an

352

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

mologisch, sondern inkarnatorisch verstehen. Tertullian kommt dabei Markell besonders nahe, da er den Psalmvers zugleich offenbarungstheologisch exegesiert: „Nos edimus evangelia . . . nocturna nativitate declarantia dominum, ut hoc sit ,ante luciferum', et ex Stella magis intellecta et ex testimonio angeli, qui nocte pastoribus adnuntiavit natum esse cum maxime Christum, et ex loco partus." „Fortasse an et mystice factum sit, ut nocte nasceretur, lux veritatis futurus ignorantiae tenebris."436 Die anschließenden Frgg 61-65 führen dieses Thema mit Joh 8,12 („Ich bin das Licht [der Welt]") weiter. Frgg 61-65: Das zur Menschwerdung Herabkommende als Geist (Lk 1, 35) und Gott (Joh 4, 24): der wahrhaft seiende Logos als der Logos Gottes ist gekommen Frg 61 (54,49) Z u m Text: 194,25: φησί(ν) V , 99,20, Montagu 104 A 11, Rettberg 41, Klose 37 A n m . 31, Gaisford 199, N o l t e 900 Β 10f / φήσει V , 35,24, Gaisford 71, N o l t e 784 C 2. 194,25: άκουέτω V (99,21), Montagu 104 A 11 - 104 Β 1, Rettberg 41, Gaisford 199, Nolte, 9 0 0 Β 1 / άκουε V (35,25), Montagu 35 D 13, Gaisford 71, N o l t e 7 8 4 C 2. N a c h Gericke 2 0 9 ist der fiktive Gesprächspartner Markells nicht Asterius.

Ubersetzung: „ . . . was war also dieses Herabkommende, bevor es Mensch wurde? Gewiß sagt er: ,Geist'. Denn wenn er etwas dagegen sagen würde, wird ihm dies der Engel, der zur Jungfrau sagte:,Heiliger Geist wird über dich kommen', nicht gestatten. Wenn er aber sagen wird, daß es Geist sei, höre er den Heiland, wie er sagt: ,Gott ist Geist' . . . " 194,24: Lk 1,35 194,25: Joh 4,24

436

Markells Rede von der αρχαία . . . ανω γέννησις (Frg 57: 189,21). Beide für Justin geltend gemachten Bedeutungsnuancen, nämlich „von oben" (Rondeau, Le ,Commentaire des Psaumes', R H R 89[1969] 23 Anm. 1 und Pierre Prigent, Justin et l'Ancien Testament, EtB, Paris 1964, 107f) und „von alters" (Fausto Parente, ΠΡΟ ΠΟΙΟΥ ΕΩΣΦΟΡΟΥ . . . , SCO 24[1974] 198) dürften auch für das Markellische ανω zutreffen. Ohne (zumindest direkte) Verbindung mit Ps 109,3 und ohne strenge inkarnatorische Bindung deutet auch Clemens von Alexandrien den Christusnamen „Tag" auf das „Licht der Wahrheit, bzw. der Erkenntnis" (Strom. IV,41,3f: 310,2428 und VI,16,145,4-6: 506,16-22 Stählin/Früchtel, Clemens Alexandrinus Bd. II, GCS 15, I960 2 ; Strom. VII,43,6: 32,33-33,1 und Eclogae propheticae 53,1: 151,29f Stählin/Früchtel/Treu, Clemens Alexandrinus Bd. III, GCS 17, 1970 2 ).

III. Textkritik, Übersetzung und Kommentar: Frgg 61-65

353

Frg 62 (S. 99,33f Klostermann) Zum Text: Folgendes Zitat aus Thren 4,20 wurde, wie aus Eusebs vorausgeschickten Worten hervorgeht, von Markeil zitiert und ist daher ein MarkellFragment. 99,34: αυτόν V / αυτών Montagu, Annot. ad 104 C 8 (= Gaisford 405 = Nolte 900 D), Gaisford 200, Nolte 900 C 12. Klostermann (App. z. Stelle) fügt mit ? hinzu: ου ειπομεν έν τή σκιά αύτοϋ ζησόμεθα έν τοις εθνεσιν. Text: . . . παραθείς γαρ από των 'Ιερεμίου Θρήνων τό ,,πνεΰμα προσώπου ημών Χριστός κύριος συνελήφθη έν ταίς διαφθοραΐς αυτών", έπιλέγει . . .

Ubersetzung: „Denn nachdem er aus den Klageliedern Jeremias das ,Der Geist unserer Person, Christus, der Herr, wurde empfangen inmitten ihrem Verderben' zitiert hatte, fügt er an . . . Frg 63 (56,51) Zum Text: 195,5: λόγου V, Montagu 104 C 10 am Rand, alle übrigen / λόγον Montagu 104 C 10, Nolte 900 C 14.

Ubersetzung: „ . . . auch hier spricht der Prophet gleichfalls über den Logos, nachdem er unser Fleisch angenommen hat . . . " Frg 64 (57,51) Zum Text: 195,6: πνεΰμα V, alle übrigen / πατέρα Montagu 104 C 11 und Annot. / Ό γαρ πατήρ σκιάς ποιητικός . . . Rettberg 41. 195,7: Rettberg 42: „aut loco ό θεός3 legendum est και ό Λόγος, aut post λέγων nonnulla exciderunt."

Übersetzung: „ . . . einen Schatten werfenden Geist dürfte es wohl niemals geben. 437 Weil aber Gott selbst Geist ist, sagte der Heiland: ,Gott ist Geist.' Daß aber Gott Licht ist, lehrt er uns selbst, indem er ,Ich bin das Licht' sagt . . . " 195,6: Thr 4,20 195,7: Joh 4,24 195,8: Joh 8,12 Frg 65 (45,39) Z u m Text: 193,9: αληθή V, alle übrigen / αληθώς Montagu 36 A 6f, Rettberg 36. 437

Gericke (Marceil von Ancyra, 209) übersetzt: „Der Geist eines Schemens wäre wohl nie ein schöpferischer (Geist) geworden."

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C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

Übersetzung: „ . . . und er soll also lernen, daß der Logos Gottes gekommen ist, der nicht, wie sie sagen, uneigentlich Logos genannt wurde, sondern der wahre Logos ist . . . " Kommentar zu den Frgg 61-65: Nachdem Markeil in den Frgg 51-56 bzw. 57-60 darlegte, daß Asterius mit Kol 1,15 (Bild des unsichtbaren Gottes) und Ps 109,3 auf den präexistenten εκ τοϋ πατρός γεννηθείς λόγος Vorstellungen übertragen habe, die in Wahrheit dem Menschgewordenen zukämen, fährt er jetzt anhand von Lk 1,35 und Thren 4,20 mit der Beschreibung des Wesens des Präexistenten in seiner Unterschiedenheit vom Inkarnierten fort. Markell zitiert in Frg 61(54,49) Lk 1,35b: ,,πνεϋμα άγιον έπιλεύσεται επί σέ" und in Frg 62 Thren 4,20a: ,,πνεϋμα προσώπου ημών χριστός κύριος συνελήφθη εν ταίς διαφθοραϊς αυτών". Aus Frg 64(57,51): ,,πνεϋμα σχίας ποιητικόν ουκ αν ποτε γένοιτο. . . . " geht aber hervor, daß Markell auch jeweils Lk 1,35c: „και δύναμις υψίστου επισκιάσει σοι·" und Thren 4,20b: „ου εϊπομεν έν τη σκιά αύτοϋ ζησόμεθα έν τοις εθνεσιν" an dieser Stelle im Blick gehabt haben muß. Mit Lk 1,35b belegte Markell zunächst, daß der Präexistente „Geist" ist. Dem fügte er Joh 4,24 „Gott ist Geist" an und folgerte daraus sicher - was Euseb nicht mitteilte - , daß der Logos ,,ό" θεός (Joh 4,24) ist. 438 Dieses Geistsein des Präexistenten stellte Markell anschließend in den Gegensatz zum „Schatten" werfenden Menschgewordenen nach Lk 1,35c und Thren 4,20. Denn die Frgg 62-64 lauten nach E T 11,1,4 folgendermaßen: „Denn nachdem er (seil. Markell) aus den Klageliedern Jeremias das ,Der Geist unserer Person, Christus, der Herr, wurde empfangen inmitten ihrem Verderben', zitiert hatte, fügt er an: , . . . auch hier spricht der Prophet gleichfalls über den Logos, nachdem er unser Fleisch angenommen hat . . . ' und setzt hinzu: , . . . einen Schatten werfenden Geist dürfte es wohl niemals geben. Weil aber Gott selbst Geist ist, sagte der Heiland: ,Gott ist Geist'. Daß aber Gott Licht ist, lehrt er uns selbst, indem er ,Ich bin das Licht' s a g t . . . " Indem Markell Thren 4,20 mit den Worten kommentiert, daß auch hier der Prophet gleichfalls über den Menschgewordenen spricht und hinzufügt, daß es einen Schatten werfenden Geist wohl niemals geben dürfte, ist deutlich, daß Markell Thren 4,20b miteinbezieht und im ganzen V 20 eine Parallele zu der überschattenden Kraft nach Lk 1,35c sieht. Demnach unterscheidet der Bischof von Ankyra den präexistenten Logos als Geist, Gott und Licht vom menschwerdenden bzw. menschgewordenen Logos, durch den das Licht zwar scheint, der aber Ursa438

Auf jeden Fall begründet Markell damit, daß der Logos der „wahre Logos Gottes ist" (Frg 65).

III. Textkritik, Übersetzung und Kommentar: Frgg 61-65

355

che des Schattens der zu Maria kommenden Kraft des Höchsten ist, ,in dem wir unter den Heiden leben werden'. 439 Als Geist (Joh 4,24) und Licht (Joh 8,12) erweist sich der gekommene Logos selbst als 6 θεός440 und so als der wahre Logos Gottes. 441 Es ist also eindeutig, daß Markell an der vorliegenden Stelle 442 unter „Geist" nur den Logos in seiner Gottheit und unter der ganzen Die Auslegung des Irenaus von Thren 4,20 steht Markell sehr nahe: „ . . . unter Schatten meint er seinen Körper. Denn wie der Schatten vom Körper entstammt, so ist auch der Körper Christi von seinem Geiste entstammt (52,18-20*/40,10-13 TerMekerttschian/Ter-Minassiantz, TU 31/1, 1907 = 139 Froidevaux, SC 62, 1959). Vgl. Jean Danielou, Nous vivrons a son ombre, Lam. 4,20, in: Etudes d'exegese judeochretienne (Les Testimonia), ThH 5, 1966, 78.85. 440 Das von Francois J. Leroy edierte antimarkellische Predigtbruchstück (Une homelie nouvelle, Origeno-Arienne, issue de milieux Anti-Marcelliens. BHG 1076 z, in Lc 1,31-44, in: Epektasis. Melanges patristiques offert au Cardinal Jean Danielou, hrsgg. von Fontaine/Kannengiesser, Paris 1972, 349-355) legt in Kapp. IV-V (= § 18-27) Lk 1,35 besonders gegen den göttlichen Einheitsgedanken Markells aus. Zur Herkunftsbestimmung des Textes schließt sich Leroy dem Urteil Gribomonts an (a.a.O. 347), der Euseb von Nikomedien „et des eveques qui gravitaient autour de lui" als Verfasser annimmt. Dies kann durch folgende Beobachtung weiter präzisiert werden. Der Autor faßt nämlich Einheit und Unterschiedenheit in Gott wie Asterius bzw. die 2. Antiochenische Formel von 341: Lk 1,35 unterscheide zwar die Hypostasen genau, aber das Werk zeige die volle Übereinstimmung der Hypostasen („ . . . πολλήν δέ τό έργον δείκνυσιν των υποστάσεων συμφωνίας: 350 ult.-351,l; vgl. Frg XXXII Bardy und De synodis 23,7: 249,33 Opitz, Athanasius Werke II/l). 441 Zur Pneumatologie vgl. ferner unten 366f. 442 Das bedeutet aber nicht, daß Markell das aus dem Geist empfangene Fleisch an anderer Stelle mit Bezug auf Lk 1,31 oder Thren 4,20 (vgl. συνελήφθη) nicht auch selbst „Geist" nennen könnte, allerdings nicht ohne die Unterscheidung zwischen dem nichtinkarnierten und dem inkarnierten Geist streng zum Ausdruck zu bringen. Diese Unterscheidung tritt durch eine Korrektur des Textus receptus aufgrund der besseren Handschriften noch besser hervor: De incarnatione et contra Arianos Kap. 16: PG 26, 1012 Β 6 - 17: 1012 Β 6 και δτε πάλιν ό κύριος λέγει περ'ι έαυτοϋ· εγώ είμι ό άρτος ό ζών, ό έκ τοϋ ούρανοϋ καταβάς. Άλλαχοϋ τό άγιον πνεϋμα καλεί αρτον ούράνιον λέγων 10 τον αρτον ημών τον έπιούσιον δός ήμΐν σήμερον. έδίδαξε γαρ ημάς έν τή ευχή έν τφ νϋν αίώνι αίτεΐν τον έπιούσιον αρτον, τουτέστιν τον μέλλοντα, ου άπαρχήν εχομεν έν τή νϋν ζωή δια'"' τής σαρκός τοϋ κυρίου μεταλαμβάνοντες, καθώς αυτός είπεν ό άρτος 15 δέ, δν έγώ δώσω, ή σαρξ μου εστίν υπέρ τής τοϋ κόσμου ζωής. πνεϋμα γαρ ζωοποιοϋν ή σάρξ Ιστι τοϋ κυρίου, διότι έκ πνεύματος τοϋ ζωοποιού συνελήφθη, τό γαρ γεγεννημένον έκ τοϋ πνεύματος πνεϋμά έστι. * (Ζ, Β, W, Syr, Ar / L came domini participantes). Diese Textkorrektur macht die Annahme Enrico Cattaneos (Trois homelies Pseudo-Chrysostomiennes sur la päque comme CEuvre d'Apollinaire de Laodicee. Attribution et etude theologique, ThH 58 Paris [1981] 157), der vorliegende Text hätte von Apolinaris von Laodizäa unterschrieben werden können, unhaltbar. Die Korrektur verdeutlicht stellvertretend für 439

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C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

Wendung „Geist unserer Person" den (für sich selbst weiterhin geistund gottseienden) Logos im Blick auf den angenommenen Menschen, bzw. unser Fleisch, das Schatten wirft, d. h. im Blick auf „unsere Person" meint. Die Worte „unserer Person" besitzen in De incarnatione et contra Arianos Kap. 2 eine Parallele. Markell sagt dort, daß der eigene Logos und Sohn des Vaters443 Mt 27,45 („Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen!") „aus unserer Person spricht".444 Zwar ist Thren 4,20a anders wie Mt 27,45 keine Rede des Herrn, sondern des Propheten. Doch hier wie dort wird eine christologische Aussage direkt anthropologisch exegesiert. Frgg 66-73: Die Zeugung des Logos vor den Äonen als Hervorgang des δυνάμει im Vater bleibenden zum ενεργεία bei Gott seienden Logos (Joh 1,1) Frg 66 (36,31) Z u m Text: 190,29: φήσαι streicht Scheidweiler 206. 190,31: αύτώ παρείληπται V 36,5, Rettberg 23, Gaisford 72, N o l t e 785 A n m . 72, Willenborg 52, A n m . 3 / αύτόυ ποφαλέλειπτοα V 106,33, Montagu 112 Β 4, Gaisford 215, N o l t e 913 Β 10, Zahn 134 / παρήληπται Montagu 36 Β 8. 190,32: Rettberg 23 fügt μη hinter τοϋτον ein. 190,33: αληθή streicht Rettberg 23. 190,33: απλώς V 36,7, Montagu 36 C 1, N o l t e 785 A 4, Gaisford 72, Zahn 134 / αληθώς V 106,35, Montagu 112 Β 7, Rettberg 23, Klose 32 Anm. 17, Baur 529 A n m . 12, Gaisford 215, N o l t e 913 Β 13, Willenborg 52 A n m . 3 (απλώς in Klammern). 190,34: δψεως V, alle übrigen / φύσεως Rettberg 23 / γενέσεως oder γεννήσεως Scheidweiler 207 oder < έ π > ό ψ ε ω ς H a n s e n 261.

Ubersetzung: „ . . . zum einen also zu sagen, daß er vor den Äonen gezeugt worden ist, scheint mir angemessen gesagt zu sein. Denn das Hervorgehende wird ein vom hervorsendenden Vater Gezeugtes. Das andere4 aber ist vom ihm nicht mehr korrekt und rechtgläubig aufgefaßt worden. Denn nicht zu sagen, daß er446 der aus ihm hervor-

443 444 445 446

die ganze Schrift De incarnatione et contra Arianos die Tatsache, daß ihr Verfasser die christologische Einheit von Geist und Fleisch, bzw. die Einheit von Gottheit und Menschheit in Christus, verschieden von Apolinarius faßt. PG 26, 988 Β 4f. PG 26, 988 C 2. Gericke , Marcell von Ancyra, 202: „Wenn er die gegenteilige Meinung vertritt, . . . " Da der erste und der dritte Satz durch den substantivierten Infinitiv („io . . . φήσαι • • •") parallel gebaut sind, ist im dritten analog zum ersten ein ausgefallenes ,,αύτόν" mitzuübersetzen.

III. Textkritik, Übersetzung und Kommentar: Frgg 66-73

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gehende Logos ist447 und dies die wahre Weise der Zeugung, 448 sondern einfach nur Sohn, pflegt bei den Zuhörern den Eindruck einer menschlichen Gestalt zu erwecken . . . " Frg 67 (47,41) Ubersetzung: „ . . . der sie Lehrenden, als ob sie sich schämten, den Logos zu erwähnen, den alle göttlichen Schriften so verkündigen. Denn David sagt über ihn: ,Durch den Logos des Herrn wurden die Himmel befestigt'; und wieder derselbe: ,Er sandte seinen Logos und heilte sie.' Salomo: ,Es werden mich Schlechte suchen und nicht finden. Denn sie haßten Weisheit, und den Logos 449 des Herrn erwählten sie nicht.' Und Jesaja sagte: ,Denn aus Zion wird das Gesetz hervorgehen und der Logos des Herrn aus Jerusalem.' Und wiederum Jeremia: ,Weise wurden zu Schanden und in Schrecken versetzt und überführt, weil sie den Logos des Herrn verachteten.' Und der Prophet Hosea sagte: ,In den Toren haßten sie den, der widerlegte, den heiligen Logos verabscheuten sie.' Auch Micha gedachte auf gleiche Weise des Logos und sagte: ,Aus Zion wird das Gesetz hervorgehen und der Logos des Herrn aus Jerusalem.'" 193,14: Ps 32,6 193,15: Ps 106,20 193,15-17: Prov 1,28-29 193.17-18: Jes 2,3 193.18-19: Jer 8,9 193,20: Am 5,10 193,21-22: Mi 4,2 Frg 68 (51,46) Ubersetzung: „ . . . der heilige Apostel und Jünger des Herrn Johannes nannte ihn in klarer und ausdrücklicher Lehre zu Beginn des Evangeliums - wie er vorher unter den Menschen unbekannt geblieben war - Logos des Allherrschers und sprach folgendermaßen: ,1m Anfang war der Logos, und der Logos war bei Gott, und Gott war der Logos.' Nicht nur mit einem Zeugnis weist er dabei auf die Ewigkeit des Logos hin." 194,7-8: Joh 1,1 447 448

449

Scheidweiler, Marcell von Ancyra, 207: „= heiße nicht Logos". Schendel, Herrschaft und Unterwerfung Christi, 119 (sinngemäß auch Feige, Die Lehre Markells von Ankyra, 220): „Denn zu sagen, der aus Gott Hervorgegangene sei nicht der Logos und dieses Hervorgehen sei die wahre Art der Erzeugung, sondern einfach zu sagen, er sei bloß Sohn . . . " Mit bestimmten LXX-Handschriften.

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C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

Frg 69 (44,38) Z u m Text: 193,1: ό γαρ λόγος fehlt V 75,If. 193,1: έαυτοΰ / αύτοϋ V 75,2. 193,5: Hinter θεόν fügt V 76,14 ή ein. 193,7: ακριβώς streicht Rettberg 34.

Ubersetzung: „ . . . denn da auch Sabellius selbst vom rechten Glauben abglitt, erkannte er weder Gott genau noch seinen heiligen Logos. Denn indem er den Logos nicht kannte, gelangte er auch nicht zur Erkenntnis des Vaters. Denn ,keiner kennt', sagt er, ,den Vater, es sei denn der Sohn', d. h. der Logos. Denn der Logos gewährt durch sich selbst die Erkenntnis des Vaters. So sprach er nämlich auch damals zu denjenigen Juden, die glaubten, Gott zu kennen, obwohl sie seinen Logos verwarfen, durch den allein Gott erkannt wird: ,Keiner kennt den Vater, es sei denn der Sohn und der, dem (ihn) der Sohn offenbaren wird.' Da es nämlich unmöglich wäre, Gott anders zu erkennen, lehrt er die Menschen, ihn durch den eigenen Logos zu erkennen, so daß auch jener irrte, indem er weder den Vater noch dessen Logos genau erkannte . . . " 192,30: Mt 11,27 193,3-4: Mt 11,27 Frg 70 (52,47) Z u m Text: 194,10: Montagu 118 D 11 streicht έν nach δυνάμει. 194,11: αρχή V 113,12, Montagu 118 D 11, Rettberg 38, Baur 5 2 7 A n m . 5, Gaisford 2 2 7 , Nolte, 9 8 4 C 8, Willenborg 43 A n m . 2 / έν αρχή V 37,2, Montagu 37 A 7, Gaisford 74, Nolte, 785 C 4, Zahn 122. 194,14: θεόν 37,6 / θω V 113,16 / καΐ θεόν Montagu 119 A 3 am Rand. 194,15: αυτός V 113,17 / ούτος V 37,7, Zahn 122. Klammern: Wie Klostermann Rettberg 38f; nur die erste Baur 5 2 7 A n m . 5; zusätzlich den letzten Satz ab έν έμοί . . . Willenborg 43, A n m . 2.

Ubersetzung: „ . . . damit er zum einen mit den Worten ,1m Anfang war der Logos' zeige, daß der Logos als Kraft im Vater ist: denn der Ursprung alles Gewordenen ist Gott, ,aus dem alles ist'; zum andern mit ,und der Logos war bei Gott', daß der Logos in (tätiger) Wirksamkeit bei Gott ist: denn ,alles ist durch ihn geworden und ohne ihn wurde auch nicht eines' und schließlich mit der Aussage ,Gott war der Logos', daß man die Gottheit nicht zerteile, da ja der Logos in ihm und er selbst in dem Logos ist. Denn er sagt: ,In mir ist der Vater und ich in dem Vater' . . . " 194,10: Joh 1,1 194,11-12: I Kor 8,6 194,12: Joh 1,1

III. Textkritik, Übersetzung und Kommentar: Frgg 66-73

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194,13: Joh 1,3 194,14: Joh 1,1 194,15: Joh 10,38 Frg 71 (33,28) Zum Text: 190,13: γενέσεως V 37,13 u. 107,6, Gaisford 75 u. 215, Nolte 785 D 5 und 913 C 5f / γεννήσεως Montagu 37 Β 10, Rettberg 20f, Nolte 785 Anm. 39, Willenborg 56 Anm. 1, Zahn 121 Anm. 1.

Ubersetzung: „ . . . indem also der heilige Apostel und Jünger des Herrn Johannes seine Ewigkeit erwähnte und sagte: ,1m Anfang war der Logos, und der Logos war bei Gott, und Gott war der Logos', wurde er zu einem wahren Zeugen des Logos. Nichts von einem Werden des Logos erwähnt er hier, sondern bekräftigt mit drei aufeinanderfolgenden Zeugnissen, daß der Logos im Anfang war . . . " 190,11-12: Joh 1,1 Frg 72 (70,61) Ubersetzung: „ . . . einerseits erkennen wir, daß sich die Ökonomie nach dem Fleisch auf den Menschen bezieht, andererseits sind wir überzeugt, daß die Ewigkeit nach dem Geist mit dem Vater vereint ist . . . " Frg 73 (71,62) Zum Text: 198,20: εί V 102,22 erste Hand / ή zweite Hand. 198,20: ή V 102,22 erste Hand / V 35,34) εί (?) zweite Hand. 198,22: Vor μονάς fügen Scheidweiler 211 und Hansen 261 ein ή ein.

Ubersetzung: „ . . . denn wenn eine Untersuchung allein des Geistes stattfände, dürfte es wohl scheinen, daß der Logos natürlich ein und dasselbe mit Gott ist. Würde aber der Zusatz nach dem Fleische zum Heiland untersucht, erscheint die Gottheit nur in der Wirksamkeit erweitert, so daß sie natürlich eine unzertrennte Monas ist . . . " Kommentar zu den Frgg 66-73: In den vorliegenden Texten führt Markeil die seit Frg 47 im Rahmen der Theologie der Einheit Gottes im Vordergrund stehende Frage, wie nämlich „die Trias den Anfang aus der Monas" hat, im Blick auf die Zeugung bzw. den Hervorgang des Logos aus dem Vater zu Ende. Ab den Frgg 57ff (Ps 109,3) und 61ff (Lk 1,35) hatte Markeil die Beantwortung dieser Frage durch Beleg der „vollen" Gottheit des präexistenten Logos vorangetrieben. Dazu hatte er die Pneumatologie ins Spiel gebracht. Alle drei genannten Aspekte

360

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

bleiben in den Frgg 66-73 thematisch und werden im Frg 73 in einer solchen Weise verknüpft, die den Rückbezug zu Frg 47 deutlich werden läßt. Zur Unterstützung der Argumentation nimmt Markeil ferner den schon eingangs in den Frgg 5-7 behandelten Gedanken der Ewigkeit des Logos wieder auf und stellt die gesamte Erörterung mit der Aufnahme des Begriffspaares δυνάμει-ένεργεία vor den Hintergrund der Diskussionen im Anschluß an ein Votum Konstantins auf dem Konzil von Nizäa 325.450 In Frg 65(45,39) hatte Markeil den Ertrag der Frgg 61-65 so zusammengefaßt: „ . . . und er soll also lernen, daß der Logos Gottes gekommen ist, der nicht, wie sie. sagen, uneigentlich Logos genannt wurde, sondern der wahre Logos i s t . . . " Im nun anschließenden Frg 66(36,31) verdeutlicht Markell, was dies für die Zeugung des Logos zur Präexistenz bedeutet. Zunächst stellt er klar, daß er gegen die Rede und Vorstellung von einer Zeugung des Logos vor den Äonen nichts einzuwenden hat. Dieses ist aber nur die eine Seite der Medaille. Die andere, durch deren Vernachlässigung auch die erste Vorstellung inkorrekt werden würde, ist die, daß diese Zeugung des Logos als ein Hervorgehen und der Logos als der aus dem Vater hervorgehende Logos zu präzisieren ist. Nur so ist gewährleistet, daß es tatsächlich der wahre Logos, d.h. der Logos Gottes ist, der hier beschrieben wird, und nicht ein nur mißbräuchlich so genannter. Markell vermutet nun, bzw. unterstellt, daß sich seine Gegner deswegen schämten, den Logos zu erwähnen, weil diesen alle göttlichen Schriften eben so verkündigen, d.h. als den Logos des Herrn, bzw. als seinen oder den heiligen Logos. In Frg 67(47,41) bietet er die Zitate von Ps 32,6; Ps 16,20; Prov l,28b-29; Jes 2,3; Jer 8,9; Arnos 5,10 und Micha 4,2 auf, um zu beweisen, daß die Propheten den Logos als den Logos des Herrn prophezeiten. In 3 dieser 7 Zitate (Ps 106; Jes 2,3; Micha 4,2) kommt ferner zur Sprache, daß dieser Logos der vom Herrn ausgesandte bzw. der hervorgegangene ist. Schließlich enthalten drei andere Stellen (Prov l,28b-29 [„Es werden mich Schlechte suchen und nicht finden. Denn sie haßten Weisheit, und den Logos des Herrn erwählten sie nicht."], Jer 8,9 [„Weise wurden zu Schanden und in Schrecken versetzt und überführt, weil sie den Logos des Herrn verachteten."] und Arnos 5,10 [„In den Toren haßten sie den, der widerlegte, den heiligen Logos verabscheuten sie."]) den Gedanken, daß das Volk des alten Bundes den Logos verwarf und daher Gott nicht erkanntet Mit diesen Texten beschreibt Markell also sowohl die von ihm richtig erachtete Logosvorstellung als auch die Verleugnung des Logos 450 451

Siehe dazu unten 461-464. Vgl. insbesondere Prov l,28b-29.

III. Textkritik, Übersetzung und Kommentar: Frgg 66-73

361

durch die Juden und ihren daraus folgenden Mangel wahrer Gotteserkenntnis. In eine Reihe mit den Gott verkennenden Juden stellt Markell in Frg 69(44,38) Sabellius. Zweifellos zieht Markell schon in Frg 67(47,41) ebenfalls die Parallele zu den Arianern und Kollukianisten, die sich ja seiner Meinung nach schämten, den Logos so zu verkündigen, wie es Markell für richtig hält. Sowohl Sabellius, der den ίδιος λόγος Gottes nicht erkannte, als auch die Juden, die den Logos geradewegs verwarfen, besaßen nach Mt 11,27b keine Erkenntnis des Vaters. Dies gilt nach Markell auch für die Arianer, die den Logos uneigentlich Logos nennen. Nach ihnen ist es nicht der wahre Logos Gottes, nicht der eigene Logos Gottes, nicht der Logos des Herrn oder schließlich nicht, wie Markell mit Joh 1,1 sagt, der ewige Logos des Pantokrators. 452 In Frg 66(36,31) macht nun Markell nichts anderes, als diese Bestimmungen des Logos auf seine Zeugung anzuwenden. Nur so ist ein Werden bzw. Entstehen 453 des Logos bei der Zeugung zur Präexistenz

ausgeschlossen: d. h. nur wenn der Logos der aus dem hervorsendenden Vater hervorgehende Logos ist, ist er im eigentlichen Sinne Logos.

Gleichwohl hält er aber an Vorstellung und Begriff einer Zeugung des Logos fest. Bis heute 4 5 4 steht die Forschung in dieser und der damit zusammenhängenden Frage nach dem Sohnesbegriff im Banne Eusebs von Caesarea, der neben unzähligen anderen Gelegenheiten insbesondere an den F r g g 6 6 ( 3 6 , 3 1 ) und 7 1 ( 3 3 , 2 8 ) einmal Markells Unwillen, „der Sohn sei wahrhaftig aus dem Vater gezeugt," 4 5 5 z u m andern Markells „kahlköpfige Leugnung des Sohnes" 4 5 6 nachweisen zu können glaubte. N a c h d e m Montfaucon richtig gesehen hatte, daß es nicht Markells Rede, sondern Eusebs Folgerung ist, daß aus der Ewig452

453 454 455 456

Frg 68(51,46) und 71(33,28). (1) Wenn Markell in Frg 68 die Verachtung des Logos durch die Juden, die er mit den Schriftstellen in Frg 67 nachgewiesen zu haben glaubt, so aufnimmt, daß er den Logos als den „vorher unter den Menschen unbekannt gebliebenen" beschreibt, setzt er dies an diesem Ort nicht ins Verhältnis zu seiner sonstigen Anschauung, daß das, was den Logos betrifft, vor der Inkarnation überhaupt nicht genau erkannt werden konnte (vgl. Frgg 55[94,83] und 96[50,45]). Die wahre Gotteserkenntnis ist nur durch den Logos (Frg 69[44,38]) und zwar den menschgewordenen (Frgg 51-55; 96) möglich. Für seine gegenwärtigen Gegner hat Markell jedenfalls nachgewiesen, wie in deren Häresie die falsche Gotteslehre bzw. Christologie mit der falschen Erkenntnistheorie identisch ist und umgekehrt. (2) Fast dieselben Worte verwendet Markell in der Epistula ad Iulium: 214,28: ,,φασί γαρ μ.ή ίδιον χαΐ άληθινόν λόγον είναι τοϋ παντοχράτορος θεοϋ ιόν υίόν, . . . , αλλ' Ετερον αΰτοϋ λόγον είναι . . . τοϋτον γενόμενον ύπ'αύτοϋ ώνομάσθαι λόγον ..." Frg 71(33,28): 190,12f. Siehe oben 200. E T 11,8,1: 106,25-35; E T 11,8,2: 107,1-7. CM 11,2,8: 36,9.

362

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

keit des Logos seine Ungezeugtheit folgen müsse,457 vertrat Rettberg jedoch die Ansicht, 458 daß Markell nur im uneigentlichen oder übertragenen Sinne von Zeugung und Sohnestitel beim Präexistenten spreche.459 Die meisten Ausleger des 19. Jahrhunderts (mit der Ausnahme von Möhler) verstanden Markell darüberhinaus so, daß beides nur dem Menschgewordenen zukomme. 460 Rettberg präzisierte seine Auffassung dahingehend, daß Markell in genauer Umkehrung zu seinen Widersachern den Retter improprie Sohn Gottes, proprie aber Logos Gottes nenne.461 Diese Interpretation wurde durch die inkorrekte Lesart ουδέν γεννήσεως statt ούδέν γενέσεως in Frg 71 unterstützt. 462 Zahn, der hier ebenfalls ούδέν γεννήσεως liest, sieht zwar richtig, daß Markell gegen einen im Sinne des Hervorgehens des schon existierenden Logos gefaßten Zeugungsbegriff nichts einzuwenden habe, hält ihn aber für ein Zugeständnis, das nicht seiner eigenen Theologie entspreche, und zwar deswegen, weil Markell „den Sohnesbegriff auf den Menschgewordenen beschränkt haben wollte" 463 und weil er „nur in diesem Sinn auch den Buchstaben des nicänischen Symbols sich zueignen konnte." 464 Der Wortlaut von Frg 66 und unsere schon gegebene Interpretation zeigen, daß die Gegensätze zwischen Asterius und Markell nicht diejenigen zwischen „Zeugung" und „Ewigkeit des Logos" und zwischen „Sohn Gottes" und „Logos" sein können. Für den Zeugungsbegriff ergab sich, daß Markell selbst diesen Terminus auf seine Vorstellung vom Hervorgehen des schon existierenden Logos aus dem Vater anwendet. Daraus folgt, daß die Rede von einem uneigentlichen oder übertragenen Zeugungsbegriff eine Interpretation Markells vornimmt, die letzterer selbst ablehnen würde. Eine solches Verständnis erschiene nur dann als gerechtfertigt, wenn der Begriff einer „eigentlichen" Zeugung mit dem des Seinsanfanges des Gezeugten gleichgesetzt wird. Unter dieser Voraussetzung wäre dann aber auch die athanasianische und die kappadozische Zeugungsvorstellung eine „uneigentliche" zu nennen. Im Blick auf die Namen „Logos" und „Sohn" bedeutet dies folgendes: es geht Markell gar nicht darum, von Asterius den Titel „Logos" anstelle des Titels „Sohn" für den Präexistenten einzufordern, 457 458

459 460 461 462 463 464

Diatriba, LIX. Marcelliana, 23f. Markell sage dies aber nur in der Hitze des Gefechtes, da er solches vorher geleugnet habe. So auch Willenborg, Ueber die Orthodoxie, 53. Siehe insbesondere oben 25f.31.39.52. Marcelliana, 36. So auch Willenborg, Ueber die Orthodoxie, 56. Marcellus von Ancyra, 133. A.a.O. 135. So auch Rettberg, Marcelliana, 24 und Loofs, Die Trinitätslehre Marcellus, 774. Auch Gericke (Marceil von Ancyra, 150) und Scheidweiler (Marceil von Ancyra, 207) setzen voraus, daß Markell gegen das γεγεννήσθαι als solches Einwände hat.

III. Textkritik, Übersetzung und Kommentar: Frgg 66-73

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als ob Asterius dies nicht selbstverständlich täte. Der Anfang von Frg 67(47,41): „ . . . der sie Lehrenden, als ob sie sich schämten, den Logos zu erwähnen, den alle göttlichen Schriften so verkündigen meint dies auch nicht; vielmehr übt Markell damit Kritik an einer bestimmten Weise, nämlich mißbräuchlich, über den Logos zu reden. Ein Einklagen Markells nur des Logos-Titels als solchen wäre auch deshalb grundlos, weil Asterius, wie die Frgg 10(3,3), bzw. 113(96,85) und 36(18,15) unzweideutig belegen, den Präexistenten mehrfach Logos nennt. 465 Markell behauptet vielmehr, daß Asterius dadurch, daß er den Logos nicht eigens als den aus Gott hervorgehenden Logos definiert, sondern einfach nur durch den Titel „Sohn" 466 bestimmt, ein weiteres Merkmal zu demjenigen Logosbild hinzufüge, das nach Markell nicht den wahren, sondern nur einen „uneigentlich so genannten" Logos vorstellt. Denn ein solcher könnte als ein gewordener (Frg 71) oder als menschliche Gestalt aufgefaßt werden. 467 Umgekehrt verwirft Markell mit den Worten von Frg 66 nicht den Sohnesnamen für den Präexistenten, den er ja in Frg 38(20,17) αληθώς υίός genannt hatte,468 sondern die unzureichende, bzw. inkorrekte Charakterisierung des präexistenten Logos durch Asterius. Dieser Mangel könne nicht durch den Rekurs auf den Sohnestitel wettgemacht werden, vielmehr eröffne dieser der Phantasie wieder das Feld für neue Fehldeutungen. Nach dieser Klärung des Logos- und des Zeugungsbegriffs formuliert Markell erneut (vgl. Frgg 47-50) in den Frgg 70(52,47), 72(70,61) und 73(71,62) seine Auffassung davon, wie der zur Schöpfung und zur Menschwerdung hervorgehende Logos mit Gott und dem Vater als Monas gedacht werden kann. Dabei erscheint zunächst in Frg 70 das von Zahn 469 als für die Markellinterpretation entscheidend hervorgehoben wurde - das Begriffspaar δυνάμει-ένεργεία. Markell legt hier 465 466

467

468 469

1 86,5f = 205,27f; 188,5f. Gäbe man die Worte ,,υίόν μόνον" (Frg 66: 190,33) mit „einziger Sohn" wieder, wäre angesichts der selbstverständlichen Verwendung des Logosnamens vonseiten des Asterius ein noch klarerer Gegensatz zu dem von Markell gemeinten, aus Gott hervorgehenden, Logos gefunden. Markell hätte dann nicht einfach Asterius' unzureichende Bestimmung des Logosbegriffes durch den Namen „Sohn" kritisiert, sondern präzis dessen Logosverständnis als des Einzigen, der (nur) aus dem Einzigen gezeugt wurde („ . . . μόνος μόνον . . . " : Frg 113[96,85]: 205,29 = Frg XXI a Bardy ; vgl. Frg VIII Bardy: „ . . . ό θεός . . . ποιεί καί κτίζει πρώτως μόνος μόνον ενα κα'ι καλεί τοϋτον υίόν και λόγον . . . " und das „Trismegistoszitat" in De sancta ecclesia § 11, Zeile 59 Mercati,StT 5[1901]: ,,Έπεί οΰν τοϋτον έποίησε πρώτον καί μόνον καί ενα . . . ", mit dem Asterius nach Markell übereinstimme). Diese Lösung ist erwägenswert. Vgl. oben 255-258 zu Frg 1(65,59): 197, 16f Klostermann: „ . . . άνθρωπικώτερον ήμΐν . . . " 1 89,19. Marcellus von Ancyra,122.

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C . Untersuchung des O p u s ad Constantinum Imperatorem

den drei Gliedsätzen von J o h 1,1 mit Hilfe von J o h 1,2-3; I Kor 8,6 (vgl. Rom 11,36 und Hebr 2,10) und J o h 10,38 eine je eigene Bedeutung bei. Die ersten beiden Aussagen („Im Anfang war der L o g o s " sowie „und der Logos war bei Gott") bezeichnen zwei unterschiedliche Seinsweisen 470 des einen Logos, denen zwei verschiedene Phasen der Schöpfung entsprechen. Die dritte Aussage („Gott war der L o g o s " ) verbürgt, daß diese beiden Existenzformen des Logos, das „Im-VaterSein" und das „Bei-Gott-Sein", in Wahrheit ein „Ineinander-Sein" des Vaters und seines Logos ist, das die Einheit Gottes nicht aufspaltet. Betrachten wir die drei Schritte genauer: „ . . . damit er zum einen mit den Worten ,1m Anfang war der Logos' zeige, daß der Logos als Kraft im Vater (δυνάμει έν τω πατρί) ist: denn der Ursprung alles gewordenen ist Gott, 4 7 1 ,aus dem alles ist': . . . " Nach diesen Worten existierte der Logos „im Anfang", bevor die Schöpfung hervorging, als Kraft im Vater, mit dem er zusammen „ G o t t " ist. Als Gott sind Vater und Logos gemeinsam der Ursprung der Schöpfung. Der Text fährt fort: (damit er) „ . . . zum andern mit ,und der Logos war bei Gott' (zeige), daß der Logos in (tätiger) Wirksamkeit bei Gott (ενεργεία προς τον θεόν) ist: denn ,alles ist durch ihn geworden und ohne ihn wurde auch nicht eines' . . . " Mit diesem Schritt beschreibt Markeil den Vorgang der tatsächlichen „Herstellung" der Schöpfung durch den Logos. Zu dieser Tätigkeit ist der Logos nicht mehr im Vater, sondern „bei Gott". Ganz deutlich ist, daß dabei der Logos selbst in tätiger Wirksamkeit bei Gott ist und nicht nur eine Energie des Logos. Daraus folgt, daß die beiden Aspekte des δυνάμει έν τω πατρί-Seins und des ενεργεία προς τον Θεόν-Seins des Logos jeweils den ganzen Logos umfassen, und der erste nicht das Sein und Wesen, der zweite aber nur die „seinslose" Wirkung dieses Wesens meint. 472 Der dritte „Schritt" schließlich ist eigentlich gar kein weiterer Schritt, sondern die Erklärung dafür, wie die beiden vorher unterschiedenen Seinsweisen des Logos zusammen bestehen können: (damit er) „ . . . schließlich mit der Aussage ,Gott war der Logos', (zeige), daß man die Gottheit nicht zerteile, da ja der Logos in ihm und er selbst in dem Logos ist. Denn er sagt: ,In mir ist der Vater und ich in dem Vater' . . . " Das heißt: trotz der Unterscheidung zweier „räumlich" voneinander geschiedenen Existenzformen des Logos als des Urhebers der Schöpfung (im Vater) und des Vollziehers der Schöpfung (bei Gott), bekräftigt hier Markeil, daß dadurch die Einheit Gottes nicht gefährdet ist, da ja der Logos im Vater und der Vater in ihm ist: beide Seinsweisen des Logos sind gleichzeitig, freilich

470 471

472

Dies wurde von Zahn (Marcellus von Ancyra, 123-129) entdeckt. Rettberg (Marcelliana, 39) versteht hier unter αρχή sowohl den Schöpfungsanfang als auch Gott, in dem (vgl. „Im Anfang war der L o g o s " ) der L o g o s am Anfang war. Das ist die Ansicht Hübners; vgl. oben 162-168.

III. Textkritik, Übersetzung und Kommentar: Frgg 66-73

365

erst, nachdem der Urheber zum Ausführer der Schöpfung geworden ist. An dieser Stelle ist der Zusammenhang der „drei Schritte" mit den vorangegangenen und umgebenden Frgg zu sehen. Denn sowohl sachlich als auch durch den Kontext der Frgg 47-70 ist offensichtlich, daß dies mit der Zeugung bzw. dem Hervorgang des Logos geschieht. Markell verknüpft demnach die im Wesen ganz verschiedenen Hervorgänge des Logos („ . . . λόγον . . . τον έξ αύτοϋ προελθόντα . . . ") und der Schöpfung („ . . . έξ ου τα πάντα . . . ") folgendermaßen: die aus Gott, d. h. dem Vater und dem Logos, hervorgehende Schöpfung, wird und entsteht dadurch, daß der ewig seiende Logos sie durch seinen Hervorgang schafft und realisiert. Durch einen so gefaßten Hervorgang des Logos kann also das Werden der Schöpfung erklärt, ein Werden des Logos selbst jedoch als eines anderen Logos, eines καταχρηστικώς λόγος ονομασθείς, bzw. einer zweiten Kraft 473 neben dem wahren Logos (der als Kraft im Vater ist) abgewehrt werden. Ein Werden findet zwar statt, jedoch das der Schöpfung „parallel" zum Hervorgang des Logos. Gleichzeitig können alle Argumente und Schriftstellen der Gegner, die für einen zweiten Logos etc. sprechen, durch die paradoxe Konzeption einer gewissen Selbstentfernung und scheinbaren Trennung des Logos vom Vater entkräftet und in den eigenen Monotheismus integriert werden: denn nicht eine zweite Kraft ist nach Joh 1,1 „bei Gott" entstanden, sondern der δυνάμει έν τω πατρ'ι seiende und bleibende Logos ist zum ενεργεία προς τον θεόν seienden Logos hervorgegangen.474 Wenn demnach die beiden Seinsweisen des δυνάμει in Gott und ενεργεία bei Gott seienden Logos durch 'den Hervorgang des Logos initiiert werden und sie der werdenden Schöpfung vor ihrem Ausgang aus Gott und bei ihrer Verfertigung durch den Logos entsprechen, ist deutlich, daß Markell in Frg 98(58,52)475 unter Heranziehung des weitverbreiteten Künstlervergleiches denselben Sachverhalt476 mit anderen Worten und Schriftstellen bespricht. Markell vergleicht dort das Schaffen Gottes und seines Logos durch ein kleines und uns entsprechendes menschliches Beispiel mit einem Statuengießer: „ . . . Wie wenn ein Mann, der sich auf das Statuengießen versteht, eine Statue (ανδριάντα) bilden will, zunächst deren Formen und Prägungen in sich 473

Die Lehre von zwei Kräften bei Euseb von Caesarea in Frg 117(82,72), Frg 120(83,73) [vgl. Urk. 3,4: 6,lf Opitz,Athanasius Werke III/l] und DE IV, 1-6: 150-160 Heikel, GCS 23, 1913; bei Asterius Frgg I, IIa, XXIa Bardy [= Markell-Frg 113(96,85)]; bei den Gegnern Markells allgemein Frg 91(77,68): 201,34f und Epistula ad Iulium: 214,28-31. 474 Zum Verhältnis von Vater- und Gottesbegriff siehe oben 330f. 475 Vgl. Frgg 87(61,55), 88(59,53), 89(62,56) und 110(60,54). 476 m i t Jem großen Unterschied, daß dort die Perspektive auf die Neuschöpfung gerichtet ist; vgl. unten 408.

366

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

schaut, danach Breite und Länge passend bedenkt, die Gesamtproportion jeweils im Detail untersucht, den geeigneten Werkstoff aus Erz (χαλκοϋ) vorbereitet (έτοιμάσας) und die Statue, wie sie sein soll, in seinem Geiste vorformend geistig (νοητώς) zu sehen glaubt und sich bewußt ist, daß der Logos, mit dem er denkt und mit dem er alles zu tun pflegt - denn nichts, was ohne Logos wird, ist schön - , mit ihm zusammenwirkt, zu Beginn dieser wahrnehmbaren (αισθητής) Tätigkeit ihm mit den Worten zuruft, als ob es ein anderer wäre: Wohlan, laßt uns ans Werk gehen, auf, wir wollen ein Menschenbild gestalten! So rief der Herr Gott des Alls, als er das beseelte Menschenwesen aus Erde schuf, keinem anderen als seinem Logos zu, als er sagte: ,Laßt uns einen Menschen machen', . . . " 477 Danach ist es der δυνάμει in Gott seiende Logos, der zusammen mit Gott die Schöpfung plant und „innen" geistig vorbereitet, während sie der ενεργεία bei Gott seiende Logos dann „außen" sinnenfällig verwirklicht. Frg 110(60,54) schließt den Kreis, indem es die Vorbereitung und die Verwirklichung der Schöpfung wiederum durch den Hervorgang des Logos miteinander verknüpft: „ . . . vor der Existenz der Welt war der Logos im Vater. Als sich aber Gott-Allherrscher vornahm, alles das in den Himmeln und auf der Erde zu schaffen, bedurfte die Entstehung der Welt einer tätigen Wirkkraft (ενεργείας δραστικής). Und deswegen, da ja nichts anderes außer Gott existierte - denn man bekennt, daß alles durch ihn geworden ist - , ging damals der Logos hervor (προελθών) und wurde der Schöpfer der Welt, nachdem er sie auch vorher innen geistig vorbereitet hatte (ένδον νοητώς έτοιμάζων), wie uns der Prophet Salomo lehrt: ,Als ich den Himmel vorbereitete (ήτοίμαζεν)', sagt er, ,war ich mit ihm zusammen', . . . " 478 Das Bild vom schöpferischen Gott als eines Statuengießers läßt trotz der auch für Markeil bleibenden Unangemessenheit dieses Vergleiches - 479 Markells Vorstellung von der Einheit Gottes, die wegen der aufgezeigten Zusammengehörigkeit auch in Frg 70 zugrundeliegt, deutlich werden. In den die vorliegende Reihe abschließenden Frgg 72(70,61)480 und 73(71,62) thematisiert Markeil diese Einheit inkarnatorisch in Rückbezug auf die Frgg 47-50 sowie 61-65, in all denen die Pneumatologie zur Sprache gekommen war. Woran Markell auch jetzt unter inkarnatorischem Blickwinkel unbedingt festhält, ist die Grundanschauung, daß Gott eine „μονάς αδιαίρετος" ist. Dabei erweist sich als Eigenart der Theologie Markells, daß er anstelle der üblichen Aufspaltung in eine „trinitarische" und 477 478 479 480

1 95,17-27. 1 96,3-9. Dazu siehe oben 332 und unten 401.408. Zur Frage der „Ökonomie nach dem Fleisch"; vgl. oben 312-317.

III. Textkritik, Übersetzung und Kommentar: Frgg 66-73

367

eine „christologische" Betrachtungsweise, zwei cbristologiscbe Perspektiven so voneinander unterscheidet bzw. aufeinander bezieht, daß in die eine die Gotteslehre und Pneumatologie und in die andere die Anthropologie bzw. Ekklesiologie hineingezogen werden. Diese beiden Perspektiven sind gekennzeichnet durch die paulinische Differenzierung κατά πνεϋμα - κατά σάρκα. Schaue ich auf den Menschgewordenen im Blick auf den Geist, erkenne ich den einen Gott. In dieser Hinsicht ist der Logos aufgrund seiner Ewigkeit ein und dasselbe mit (bzw. wie) Gott und zugleich mit dem Vater vereint: er ist in seiner Gottheit identisch mit Gott und mit der Gottheit des Vaters (aber nicht mit dem Vater selbst). In dieser Perspektive ist auch die Inkarnationstheologie Gotteslehre. Die Frage der Einheit von Vater, Sohn (Logos) und Geist stellt sich hier nicht anders als beim präexistenten Logos und nicht anders als nach dem Ausgang des Geistes vom Vater und Logos. Ganz anders beim Wechsel der Perspektive auf den „Zusatz nach dem Fleisch zum Heiland" bzw. seine „Ökonomie nach dem Fleische". Letztere ist auf den „Menschen" zu beziehen. Zwar unterscheidet Markeil einerseits den individuellen angenommenen Menschen des Logos von der Kirche und der Menschheit. Andererseits ist ihm alles durch die unmittelbar soteriologische Fassung der Inkarnation daran gelegen, die Verbindung zwischen ihm und der Kirche und Gesamtmenschheit so eng wie nur möglich zu sehen.481 Dies drückt die Wendung „Ökonomie nach dem Fleische" aus. Die Hinsicht auf den Logos κατά σάρκα zieht jedenfalls nicht nur die Christologie, sondern auch die Anthropologie und Ekklesiologie mit in die Betrachtung hinein. Ohne die Einheit Gottes im Menschgewordenen κατά πνεϋμα zu gefährden, „verbreitert" sich die Gottheit κατά σάρκα aufgrund ihrer soteriologischen Wirksamkeit am und durch das Fleisch. In dieser Hinsicht scheint die Gottheit nicht mehr eine Einheit zu sein, die sie aber natürlich aufgrund der ersten Perspektive weiterhin ist. Auch in dieser zweiten Hinsicht geschieht „christologisch" dasselbe wie „trinitarisch". Wie sich beim Hervorgang des Logos aus dem Vater und dem Ausgang des Geistes aus dem Vater und dem Sohn die μονάς ενεργεία μόνη εις τριάδα πλατύνεται, so bewirkt auch die Inkarnation eine Selbstverbreiterung Gottes, in die Vater, Logos und Geist κατά σάρκα involviert sind, während sie zugleich κατά πνεϋμα die eine unzertrennte Monade sind. Markell analogisiert also die inkarnatorische mit der ekklesiologischen Beschreibung der Pneumatologie: wie hier der doppelte Ausgang des Geistes aus Vater und Sohn angesichts der Ausdehnung Gottes gerade die Einheit von Vater und Sohn verbürgt, 481

Vgl. unten 493-496 die Auseinandersetzung mit der These Reinhard M. Hübners.

368

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

so dort ihre zugleich mit der Ausdehnung κατά σάρκα bleibende Einheit κατά πνεύμα. Unerörtert läßt Markeil in diesem Zusammenhang, ob und wie er auch die erste Schöpfung im Blick auf die Pneumatologie durchdacht hat. Die Protologie wird ferner nicht unter dem Gesichtspunkt des πλατύνεσθαι thematisiert, was sich allerdings schlüssig aus der Herkunft dieser Vorstellung begründen läßt.482 Bindeglied zwischen Schöpfung und Inkarnation ist der Begriff der ενέργεια. Abschließend sei hier die Pneumatologie der Frgg 47-49, 61-64 und 72-73 zueinander ins Verhältnis gesetzt. Einerseits ist offensichtlich, daß Markell keine dritte Person der Gottheit kennt. Andererseits vertritt er keine „Geistchristologie" in dem Sinne, daß der präexistente Logos nichts anderes als Geist wäre bzw. mit dem „Heiligen Geist" zusammenfiele. Markell geht in der Präexistenztheologie vielmehr umgekehrt vom Logos aus und bezeichnet das Wesen des Logos (wie auch Gottes ganz allgemein) als „Geist", so daß der Logos der „ganze" Geist und daher ό θεός ist. Die christologische Wesensbezeichnung Lk 1,35 b („Heiliger Geist wird über dich kommen") hat also nicht die Aufgabe, den Geist mit dem Logos zu gleichzusetzen, sondern den Logos als Gott zu erweisen. Analog dazu sagt die „christologischinkarnatorische" Perspektive κατά πνεϋμ,α die Bezogenheit des Logos auf die Gottheit und dadurch ihre in sich differenzierte Einheit aus: im Blick auf sein Geistsein ist der Logos auch als menschgewordener eins mit (wie) Gott. Auch der doppelte Ausgang des Geistes von Vater und Sohn läßt den Geist sowohl als das Vater und Sohne Gemeinsame (Wesen der Gottheit) als auch als „etwas Drittes" 483 neben Vater und Logos verständlich werden. Markell identifiziert also nicht Logos und Geist oder Vater und Geist, wohl aber den Geist als Wesen der Gottheit mit dem „Heiligen Geist".484 Durch den Geist werden wir der Gottheit des Logos und der Einheit Gottes gewahr, indem der Geist als ein „Drittes" das Wesen Gottes ist und so diese Gottheit und Einheit gewährleistet.

482 483 484

Siehe unten 465-469. Dieses „Dritte" ist der Geist aber nicht nur innerhalb der Trias. Anders Baur (Die christliche Lehre, 541): ,,Πνεϋμα und λόγος sind nur verschiedene Ausdrücke, um das substantielle Wesen Gottes zu bezeichnen." Nach Zahn (Marcellus von Ancyra, 159f) denke Markell bei Joh 4,24 und Lk 1,35 nicht an den Heiligen Geist.

III. Textkritik, Übersetzung und Kommentar: Frgg 74-75(125)

369

Frgg 74-75 und 125: Die Einheit von Vater und Sohn und ihre zeitweilige inkarnatorische Nichtübereinstimmung 485 Frg 74 (73,65) Zum Text: 198,27f: „εγώ έκ του πατρός έξήλθον κα'ι ήκω" liest Markell auch in der Epistula ad Iulium: 215,17f. Die Kritik Klostermanns („Die Gelehrsamkeit M.'s versagt selten, wie in der Note zu 37, c 7 . . . [XXIII, Anm. 1]) an der Bemerkung Montagu's: „Hoc ubi dictum sit a Servatore, nescio" (Annot. ad 37 C 7 = Gaisford 396 = Nolte 787 B) ist ungerechtfertigt, da die Worte ,,έκ τοϋ πατρός" in keiner der von Nestle-Aland zu Joh 8,42 und Joh 16,27f verzeichneten Lesarten vorkommen. Deswegen wiederum mit Gericke 172 Nr. 6 von einer Textänderung Markells zu reden, verbietet die Tatsache, daß auch Arius in Urk 6,5 (13,17f Opitz, Athanasius "Werke III/l) ,,έκ τοϋ πατρός έξήλθον καΐ ήκω" liest. Diese Lesart ist demnach zumindest im arianischen Streit verbreitet. 198,30: μεν ή V / μένη Montagu 37 D 2 am Rand, Rettberg 61: „quod forsan magis placeat propter Ioh. 15,10 ό δέ Πατήρ ό έν έμο'ι μένων." 199,3: έπεί εί δια V, Gaisford 76,Nolte 788 Β 2 / έπεί δέ δια Montagu, Annot. ad 37 D 9, Rettberg 60. 199,5: έθέλει V, Gaisford 76, Nolte, 788 Β 6f, Rettberg 60 / έθέλοι Montagu 37 D 12. 199,13: τοϋ δέ μή θέλοντος V zweite Hand am Rand (insofern sind die Klammern Klostermanns zu streichen), Montagu 38 A 4, Rettberg 61, Gaisford 76, Nolte 788 C 3, Zahn 161 Anm. 2. 199,13: δ έβούλετο V, alle übrigen / Klostermann App. erwägt Streichung. 199,12: άφ'ών Hansen verweist 261 auf A. Wifstrand , Eikota . . . VII . . . , SMHVL 1957-1958:2, 10-12. Ubersetzung: „ . . . wenn er also selbst dies sagt: ,Ich ging aus dem Vater hervor und bin da' und ferner: ,Und das Wort, das ihr hört, ist nicht meines, sondern das des Vaters, der mich sandte' und: .Alles, was der Vater besitzt, ist mein', ist offensichtlich, daß er verständlicherweise auch jenes sagte: ,In mir ist der Vater und ich im Vater', damit der Logos, der dies sagt, in Gott sei, in dem Logos aber der Vater, weil der Logos die Kraft des Vaters ist. Denn der glaubwürdige Zeuge nannte ihn ,Gottes Kraft und Gottes Weisheit'. Demnach nicht wegen der genauen Ubereinstimmung in allen Worten und Taten sagt der Retter, wie Asterius behauptete, ,Ich und der Vater sind eins', sondern weil es unmöglich ist, sei es den Logos von Gott, sei es Gott von seinem eigenen Logos abzuteilen. Denn wenn Asterius glaubt, dies habe der Heiland wegen der Übereinstimmung in allem gesagt, und er nicht mit Achtsamkeit auf die zweite Ökonomie die Wahrheit lernen will, muß er notwendig daran erinnert werden, daß einige 485

Der Text von Frg 125(72,63) findet sich an Ort und Stelle; er wird hier inhaltlich mitbehandelt.

370

C . Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

Male nach dem Augenschein eine Nichtübereinstimmung zu erkennen ist. 486 Denn dies lehren uns die Schriftstellen. Denn welche Ubereinstimmung ist es zur Zeit des Leidens, wenn er folgendes sagt: ,Vater, wenn möglich, gehe dieser Kelch vorüber', wobei er jedoch anfügt: ,Aber nicht, wie ich will, sondern wie du.' Denn die Rede: ,Es möge dieser Kelch vorübergehen' dürfte wohl nicht diejenige eines zuerst Zustimmenden sein. Auch die Fortsetzung scheint nichts mit Ubereinstimmung zu tun zu haben, denn er sagt: ,Nicht mein, sondern dein Wille, Vater, geschehe.' Du hörst, wie der Buchstabe nach dem Augenschein eine Nichtübereinstimmung zeigt, indem der eine will, der andere aber nicht will. Denn daß der Vater wollte, ist daraus ersichtlich, daß geschah, was er wollte. Daß aber zum andern der Sohn nicht wollte, ist aus dem, worum er bat, ersichtlich. Und wieder sagt er: ,ich strebe nicht nach meinem Willen, sondern nach dem Willen des Vaters, der mich sandte.' Wie behauptet er also, daß der Retter wegen der Ubereinstimmung in allem ,Ich und der Vater sind eins' gesagt habe ... ?" 198.27-28: Joh 8,42; Joh 16,17+28 198.28-29: Joh 14,24 198,29: Joh 16,14 198,30: Joh 10,38 198,31-32: I Kor 1,24 199,2: Joh 10,30 199,8-11: Mt 26,29; vgl. Lk 22,42 199,15: Joh 5,30 199,17: Joh 10,30 Frg 75 (74,65) Zum Text: 199,21: Den mit den Worten τούτου γαρ χάριν beginnenden Satz faßt Rettberg 63, Anm. 1 als einen Fragesatz. 199,22: Den mit καίτοι ούκ ήν ίδιον beginnenden Satz faßt Hansen 261 konzessiv auf; Scheidweiler 212 zusammen mit dem vorangehenden Satz als Frage: „Als Aussagesatz vermag ich das nicht zu verstehen. Denn damit würde ja Asterius zugeben, daß Jesus seinen Vater wirklich habe übervorteilen wollen." An anderer Stelle ( Κ Α Ι Π Ε Ρ . . . , Hermes 83[1955] 224) setzt Scheidweiler aufgrund desselben Arguments vor καίτοι ein Komma. Die Lösung ist folgende: Asterius hat dies nie zugegeben. Es handelt sich hier wieder um eine Konsequenz, die Markeil aus der Aussage des Asterius zieht, unter Markells Voraussetzung, daß der Sohn „Alles, was der Vater hat, ist mein" nur dann sagen kann, wenn eine hypostatische Einheit zwischen beiden besteht. Sage

486

Gericke (Marceil von Ancyra, 216) übersetzt umgekehrt: „ . . . und (da er, einseitig) der zweiten Ökonomie zugewandt, nicht die Wahrheit lernen will, . . . vgl. die Korrektur Scheidweilers (Marcell von Ancyra, 211).

III. Textkritik, Übersetzung und Kommentar: Frgg 74-75(125)

371

er dasselbe aber als einer, der vom Vater hypostatisch getrennt ist, dann liege eine Ubervorteilung vor, weil der Sohn die ursprünglich dem Vater gehörigen Güter als sein Eigentum beanspruchen würde. In diesem Fall müßte der Sohn vielmehr: „Alles, was der Vater hat, ist (uns) gemeinsam" sagen. 199,27: υίόν + της αύτής aut της ίσης κ. μ. καν εις δύο ύπ. δ. Montagu, Annot. ad 38 C 5 (= Gaisford 396= Nolte 789 D). 199,33f: πλέον . . . γε Rettberg 62 in eckigen Klammern. 200,4: τον δεσπότην V, alle übrigen / δήποτε Zahn 162, Anm. 1. 200,11: πατέρα / + ό έωρακώς έμε έώρακε (τον) πατέρα, Klostermann: „wohl mit Recht".

Ubersetzung: „ . . . wie kann der Sohn mit dem Vater in Ubereinstimmung sein oder der Vater mit dem Sohn, wenn der Sohn: ,Alles, was der Vater hat, ist mein' sagt? Denn ganz im Gegenteil wäre 487 die Rede ,Alles, was der Vater hat, ist mein' dem Sohn angemessen, wenn er sich auf Kosten des Vaters bereichern würde. Deswegen vermied er es nämlich, alles das, was der Vater hat, gemeinsamen Besitz zu nennen, und sagte:,Alles, was der Vater hat, ist mein.' Das dürften gewiß nicht die Worte eines Ubereinstimmenden sein, vielmehr:,Alles, was der Vater hat, ist gemeinsamer Besitz.' Denn wenn die Apostelgeschichte lobend über die Eintracht der damals zum Glauben Hinzukommenden ,Sie hatten alles gemeinsam' spricht und bei Menschen, die ja zur Eintracht fähig sind, alles als gemeinsamer Besitz betrachtet werden sollte, um wieviel mehr müßten dann der Vater und der Sohn dieser Gemeinsamkeit teilhaftig sein, wären sie in zwei Hypostasen getrennt? Nun scheint aber der Sohn mit der Rede: ,Alles, was der Vater hat, ist mein', habsüchtig gegenüber dem Vater zu sein. Wenn er aber sagt, daß nicht er Herr seines eigenen Wortes ist, sondern auch darüber der Vater (denn er sagt: ,Das Wort, das ihr hört, ist nicht meines, sondern das des Vaters, der mich sandte'), zeigt er, daß der Vater das Eigentum des Sohnes an sich reißt. Beides scheint aber nach der Sicht des Asterius ohne Stimmigkeit gesagt zu sein. Denn es dürfte wohl nicht richtig sein, daß sich ein Ubereinstimmender das, was dem anderen gehört, aneignet, denn dies wäre unrechtmäßige Bereicherung; vielmehr ist das, was jedem von beiden gehört, als Gemeingut zu betrachten. So daß wir, wenn wir auf das menschliche Fleisch schauen, nicht so, wie Asterius schreibt, finden werden, daß der Heiland: ,Ich und der Vater sind eins' gesprochen hat. Denn nicht wegen der genauen Ubereinstimmung in allen Worten und Taten, wie er schreibt, hat der Heiland gesagt: ,Ich und der Vater sind eins.' Denn wenn dies zuträfe, hätte er ganz sicher gesagt: ,Ich und der Vater stimmen in 487

Gericke (Marceil von Ancyra, 217-219) gibt die in diesem Frg zahlreich auftretenden unpersönlichen Ausdrücke des Könnens und Müssens im Deutschen ohne Konjunktiv wieder.

372

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

allem miteinander überein.' Nun sagte er aber: ,Ich und der Vater sind eins.' Wenn also in jenen eine gewisse Nichtübereinstimmung war wobei aber der Herr notwendig die Wahrheit sagt - , gebührt es dem Heiland, genau zu wissen, daß er dann, wenn er ,Ich und der Vater sind eins' sagt, dies nicht im Blick auf den Menschen, den er annahm, spricht, sondern im Blick auf den aus dem Vater hervorgehenden Logos. Denn wenn es scheinen könnte, als sei eine gewisse Nichtübereinstimmung vorhanden, muß man sie der Schwäche des Fleisches in Rechnung stellen, das der Logos, der es vorher nicht besaß, annahm. Wenn aber ,Einheit' gesagt würde, scheint sich diese auf den Logos zu beziehen. Weshalb er begreiflicherweise nicht nur das ,Ich und der Vater sind eins' sagte, sondern auch jenes: ,Solange bin ich schon mit euch, Philippus, und du sagst: ,Zeige mir den Vater! Wer mich sieht, sieht den Vater', offensichtlich nicht mit diesen Augen, sondern den geistigen, die Geistiges sehen können. Denn für die Augen des Fleisches ist der Vater und dessen Logos unsichtbar. Also sagte er dies nicht wegen der Ubereinstimmung in allem zu Philippus . . . " 199,19-22: Joh 16,15 199,25: Act 4,32 199,28: Joh 16,15 199,30-31: Joh 14,24 199,36: Joh 10,30 200,1-3: Joh 10,30 200,5+9: Joh 10,30 200,10: Joh 14,9

Kommentar zu den Fragmenten 74, 75 und 125: Im Rahmen des zweiten Abschnittes (Frgg 51-114) der ersten Hälfte der Antilogie Markells, in welchem Markell die Vater und Sohn (Logos) umschließende Einheit Gottes und die schöpferische sowie inkarnatorische „Verbreiterung" Gottes bzw. Getrenntheit von Vater und Sohn anhand der von Asterius in Frg XXI Bardy genannten Kategorien (μόνος, [τέλειος], βασιλεύς, κύριος, θεός, ουσία, βουλή, δόξα, δύναμις) diskutiert, behandelt Markell in den vorliegenden Frgg die Thematik der „βουλή". Dabei bezieht sich Markell genauer auf Frg XXXII Bardy, d. h. auf die These des Asterius, daß Vater und Sohn darin ihre Einheit nach Joh 10,30 erweisen, daß sie in allen Worten und Taten exakt

übereinstimmen.

Markell nimmt hiermit im Blick auf die Wirkeinheit von Vater und Sohn den Faden von Frg 70 (Unterscheidung der zwei Schöpfungsphasen des Logos, die dennoch die Einheit Gottes nicht sprengen) auf, den er im jetzt und in den folgenden Frgg 80-84, 97, 99, 104f und 108111 insbesondere soteriologisch und eschatologisch weiterführt. Der Gedanke der Redeeinheit wird in den Frgg 85-87 und 89 fortgesetzt.

III. Textkritik, Übersetzung und Kommentar: Frgg 74-75(125)

3 73

Markeil betreibt seine Widerlegung der These des Asterius von zwei Seiten aus. Zum einen belegt er mit der anfänglichen Nichtübereinstimmung Jesu mit dem Vater angesichts des bevorstehenden Todesleidens, daß die „Einheit" zwischen dem Vater und dem von der Schwäche des angenommenen Fleisches bestimmten Logos „geringer" als eine (bzw. keine) Ubereinstimmung ist. Zum anderen zeigt er auf, daß die Einheit zwischen Vater und Logos „größer" als eine genaue Harmonie in allen Worten und Taten ist. Zu Beginn von Frg 74 zählt Markeil zunächst Schriftstellen auf, die - wie die von Asterius zitierte Stelle Joh 10,30 (Ich und der Vater sind eins) - nach Markeil mehr als eine Ubereinstimmung, nämlich eine tatsächliche ένότης zwischen Vater und Logos aussagen: Joh 8,42 (Ich ging aus dem Vater hervor und bin da; vgl. Joh 16,27f); Joh 14,24 (Und das Wort, das ihr hört, ist nicht meines, sondern das des Vaters, der mich sandte); Joh 16,15 (Alles, was der Vater hat, ist mein); Joh 10,38 (In mir ist der Vater und ich im Vater) und I Kor. 1,24 ([Der Logos ist] Gottes Kraft und Gottes Weisheit). Joh 16,15 und 14,24 werden in Frg 75 nach der zweiten der genannten Seiten hin erörtert. Jetzt, in Frg 74, fügt Markell an, daß der Soter nicht - wie Asterius glaubt - wegen der präzisen Übereinstimmung in allen Worten und Taten „Ich und der Vater sind eins", sage, vielmehr deswegen, weil weder der Logos von Gott, noch Gott von seinem eigenen Logos abgetrennt werden könne, und beginnt mit der Zurückweisung dieser Meinung des Asterius nach der ersten der oben genannten Seiten hin: Asterius müsse auf die zweite Ökonomie achten und so erkennen, daß einige Male, zumindest aber während des Olbergkampfes Jesu wegen der Schwäche des vom Logos angenommenen Fleisches, eine gewisse Nichtübereinstimmung (ασυμφωνία) nach dem Augenschein (κατα τό φαινόμενον)488 zwischen Vater und Sohn vorgeherrscht habe. Dazu führt Markell Mt 26,39 in eigentümlicher Verbindung mit Lk 22,42 (Vater, wenn möglich, gehe dieser Kelch vorüber, aber nicht, wie ich will, sondern wie du . . . ; nicht mein, sondern dein Wille, Vater, geschehe)489 und Joh 5,30 (Ich strebe nicht nach meinem Willen, sondern nach dem Willen des Vaters, der mich sandte) an. Diese ασυμφωνία des Sohnes wegen der Schwäche des Fleisches geht einerseits so weit, daß sich zeitweilig zwei Willen („ . . . indem der eine will, der andere aber nicht will") gegenüberstehen, auch wenn Markell in den Fragmenten nie den angenommenen Menschen als Subjekt eines vom Vater abweichenden Willen herausstellt. Andererseits ist sie, wie die Evangelien allgemein und Joh 5,30 insbesondere aussagen (Ich strebe . . . nach dem Willen des Vaters, . . . ) , nur eine vorübergehende Disharmonie. 488 489

Frg 74: 199,4-6 und Frg 75: 200,6-8. Siehe oben 84f.

374

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

Der dem Vater widerstrebende Wille des Fleisches wird überwunden werden und der eine, immer schon zugrundeliegende Wille von Vater und Logos wird sich durchsetzen. Deshalb gebraucht Markell auch die Wendung, daß der „Buchstabe nach dem Augenschein eine Nichtübereinstimmung" zeige. Während Markell zwar eindeutig auch hier von zwei Willen spricht, geht er jedoch nicht so weit, daß er das willig gewordene Fleisch des Logos als ein zweites Subjekt neben dem Logos beschreibt, das schließlich dem Logos und dem Vater zustimmt. Beide Momente stimmen mit der schon oben erörterten Passage von De incarnatione et contra Arianos Kap. 21 überein. 490 Wie angedeutet, geht Markell in Frg 75 mit Joh 16,15 (Alles, was der Vater hat, ist mein) und 14,24 (Das Wort, das ihr hört, ist nicht meines, sondern das des Vaters, der mich sandte) gegen die Ansicht des Asterius so an, daß er aufweist, daß diese Schriftstellen eine engere Einheit als diejenige einer Ubereinstimmung meinen müssen. Der Sohn würde sich nach Joh 16,15, so argumentiert Markell, an dem Eigentum des Vaters unrechtmäßig vergreifen - es ist ja der Besitz des Vaters, den der Sohn sein Eigen nennt - wenn er und der Vater in zwei Hypostasen getrennt wären. Umgekehrt beanspruchte unter dieser Voraussetzung der Vater nach Joh 14,24 die Worte des Sohnes für sich, die eigentlich dem Sohn gehörten. Anders verhielte es sich im Blick auf Joh 16,15, wenn der Sohn analog zu der Gütergemeinschaft der Urgemeinde nach Acta 4,32 ,Alles, was der Vater hat, ist gemeinsamer Besitz' sagen würde. Doch solches sage er nach Markell eben deswegen nicht, weil Vater und Sohn nicht zwei getrennte Hypostasen sind. Da es genauso unmöglich ist, von Vater und Sohn zu behaupten, daß sie sich am Gut des jeweils anderen unrechtmäßig bereichern wollten, bleibt nur übrig, daß er Joh 16,15; 14,24 wie auch 10,30 (Ich und der Vater sind eins) „im Blick auf den aus dem Vater hervorgehenden Logos" spricht, der mit dem Vater nicht nur in συμφωνία sondern in ένότης vereint ist. Markell überträgt in diesen beiden Fragmenten ansatzweise einen klassischen origeneischm-origenistischen492 Topos von der Trinitätslebre auf die Christologie, indem er die sonst zwischen Vater und 490

491

Siehe oben 103f; PG 26, 1021 Β 10 - 1024 A 14. Das „Menschliche" (C 2f), bzw. der Herr und Sohn als Mensch (C 6.10 u. A 11-13), bittet um Abwendung des Leidens. Formuliert gegen Celsus. Celsus möchte die Christen des Selbstwiderspruches überführen. Seiner Meinung nach sei es die rechte Gottesverehrung, mehreren Göttern zu dienen (θεραπεΰειν θεοϋς πλείονας), da man damit etwas dem „Großen" (seil. Gott) Liebes verehre. Man betrübe Gott damit nicht, da alle (seil. Götter) ihm zugehören und aus ihm sind (Contra Celsum VIII,2: 222,12-20 Koetschau, GCS 3, 1899). Die Christen dagegen würden durch ihren strengen Monotheismus „sich einmauern und von den übrigen Menschen losreißen" (VIII,2: 222,2-5 Koetschau). Ihre Behauptung von der Einzigartigkeit ihres Gottes ist religiös-politischer Aufruhr, da sie Gottes (d. h. des wahren Gottes im Sinne des Celsus) Herrschaft aufspalten und

III. Textkritik, Übersetzung und Kommentar: Frgg 74-75(125)

375

Sohn diskutierte Frage der Willenseinheit auf das Verhältnis zwischen dem (Vater und Logos umschließenden) Gott und dem angenommenem Fleisch verlagert. Dies geschieht jedoch im Rahmen der Theologie Markells deswegen nur ansatzweise, weil Markell zwar deutlich zwei christologische Willen vertritt, den göttlichen aber nie von demjenigen des Vaters separiert und den menschlichen nicht soweit verselbständigt, daß sich in Christus zwei Subjekte gegenüberstünden.

492

493

eine Hairesis mit einem Gegenspieler (VIII,9: 228,19-22) Gottes befürworteten. Zugleich meint aber Celsus, daß die Christen ihren eigenen Ansatz vom είς θεός nicht durchhielten, da sie den „jüngst Erschienenen" (τον έναγχος φανέντα) über die Maßen verehrten, wobei sie noch glauben, Gott keinen Anstoß zu geben, obwohl sein Diener verehrt wird (VIII,12: 229,11-15). Dem entgegnet Origenesnun mit Joh 10,30; Joh 10,38; Joh 14,10 (vgl. Joh 17,21f), damit Celsus nicht glaube, „daß wir einen anderen Gott als den Gott über dem All verehrten" (VIII,12: 229,16-20 Koetschau). Während Origenes so gegenüber Celsus die Einheit Jesu mit dem Vater zur Geltung bringt, grenzt er sich anhand von Acta 4,32a (Alle Glaubenden hatten aber ein Herz und eine Seele) jedoch sofort von denen ab, die die Einheit soweit trieben, daß sie die Existenz zweier Hypostasen leugneten. Während für Markell Acta 4,32a (Alles war ihnen gemeinsam) nur für Menschen und nicht für Vater und Sohn zutrifft, dient Origenes Acta 4,32c als Interpretament für Joh 10,30 (VIII,12: 229,21-24): „Wir verehren also den Vater . . . und den Sohn . . . δντα δύο τή ύποστάσει πράγματα, iv δέ τή όμονοία και τη συμφωνία και τή ταύτότητι τοϋ βουλήματος:" (VIII,12: 229,31-230,2). - Bei der Auslegung von Joh 4,34 erklärt Origenes, daß der Wille des Sohnes Απαράλλακτου τοϋ θελήματος τοϋ πατρός wurde, so daß nicht mehr zwei, sondern ein Wille ist: „Welcher eine Wille die Ursache dafür war, daß der Sohn sagt: ,Ich und der Vater sind eins'" (Johanneskommentar 13,36 [§ 228]: 260, Preuschen, GCS 10, 1903). (1) Vgl. für Asterius noch Frgg XIII (Joh 14,24!) und XIV Bardy (σύμφωνος [seil, der Sohn dem Vater]; Frg XIV ist allerdings unecht, vgl. Abramowski [Die dritte Arianerrede, 396 Anm. 11]). (2) Die Kirchweihformel: „ . . . ώς είναι τή μεν ύποστάσει τρία, τή δέ συμφωνία εν." (De synodis 23,6: 249,33 Opitz , Athanasius Werke II/l). (3) Das von Leroy edierte antimarkellische Predigtbruchstück (vgl. 355 Anm. 440): 350 ult.-351,l: Lk 1,35 unterscheide zwar die Hypostasen genau, aber das Werk zeige die volle Ubereinstimmung der Hypostasen („ . . . πολλήν δέ τό έργον δείκνυσιν των υποστάσεων συμφωνίαν"). (4) Contra Noetum 14,3f: „Πατήρ μεν γαρ είς, πρόσωπα δέ δύο, δτι και ό Υιός- τό δέ τρίτον και αγιον πνεϋμα. Πατήρ έντέλλεται, Λόγος αποτελεί, Υιός δέ δείκνυται δι'ου Πατήρ πιστεύεται, οικονομία συμφωνίας συνάγεται είς Ινα θεόν (75,14-18 Butterworth, Heythrop Monographs 2, London 1977). (5) Cyrill von Jerusalem, 17. Katechese, Kap. 29: 284 Bd. II Reischl / Rupp, München 1960 (Hildesheim 19672): ,,Τοϋτο τό πνεϋμα τό αγιον, τό συμφωνία πατρός και υιοϋ τήν καινήν διαθήκην έπί της καθολικής εκκλησίας συστησαμένον . . . " (6) Auch Novatian versteht die Einheit als eine der concordia, der eadem sententia, der Caritas, societas, des amor und der dilectio. Diese societas bzw. unitas concordiae herrsche auch zwischen Paulus und Apollo nach I Kor 3,6-8 (De Trinitate 27, § 149151: 170-172 Weyer, 1962). Euseb von Caesarea bekräftigt dies sogleich wieder in ET 1,20,63: 91,18-20; ET 11,7,5-12: 104,24-105,29 und ET 111,15: 171,31-174,6 (insbesondere 172,18.22).

376

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

Daher verwendet er auch die sonst die trinitarische Einheit aussagende Vokabel συμφωνία nicht, um positiv das Verhältnis von angenommenem Menschen und Logos bzw. Vater zu bezeichnen. Für die bisher verwendeten Analogien menschlicher Eintracht, Ubereinstimmung und Gütergemeinschaft bedeutet dies, daß sie keine Analogata innergöttlicher Verhältnisse mehr sein können. Diese theologische Wendung nimmt das sich dadurch als „Markellisch" ausweisende sogenannte westliche Bekenntnis von Serdika dadurch auf, daß es die Einheit der Jünger nach Joh 17,21f nicht mit derjenigen von Vater und Sohn vergleicht, sondern unter Wahrung der Unterschiedenheit von göttlicher und menschlicher Einheit letztere in ersterer durch Glaube und Bekenntnis sowie aufgrund der Gnade und Vergebung des Vaters und des Sohnes für realisierbar hält. Exkurs IV: Göttliche und menschliche Einheit nach Joh 17,21 f bei Euseb von Caesarea (ET 111,18-20), Athanasius von Alexandrien (Oratio III c. Ar., Kapp. 1-25) und dem westlichen Serdicense (§§ 9f. 12) Nicht nur das Serdicense, sondern auch Euseb, Athanasius und Pseudo-Hippolyt 494 führen die Diskussion um die Einheit Gottes im Vergleich mit der Einheit von Menschen unter Heranziehung von Joh 17,2Iff fort. 495 Da die sich an die Frgg 74f anschließenden Frgg 7684 Markells mit der δόξα des Logos und derjenigen δόξα die dem „Menschen" vom Vater durch den Logos gegeben wird, beschäftigen, kann geschlossen werden, daß sowohl Markeil als auch Asterius, dem Markeil antwortet, Joh 17,21f (V 22: ,,κάγώ την δόξαν ήν δέδωκάς μοι δέδωκα αύτοΐς, ίνα ώσιν εν καθώς ημείς ε ν " ) behandelt haben. Euseb widmet ET 111,18-20 ganz der Auslegung v o n J o h 1 7 , 2 1 - 2 4 (samt J o h 10,30; 10,38 und 14,9): „Dies ist die große Bitte unseres Retters f ü r uns, damit w i r mit ihm dort seien, w o auch er ist, und damit w i r seine Herrlichkeit schauen und damit er uns liebe, wie ihn sein Vater liebte, und uns auch das gebe, was er ihm gab; und auch die Herrlichkeit, die er ihm gab, uns gebe, indem er uns alle eins (εν) macht, damit w i r nicht mehr viele, sondern alle einer (εις) seien, geeint durch seine Gottheit und durch die Herrlichkeit der Herrschaft, nicht im Sinne des „Zusammenlaufens" zu einem Wesen 494 495

Contra Noetum 7: 61-63 Butterworth, Heythrop Monographs 2, 1977. Vgl. hierzu Martin Tetz, Athanasius und die Einheit der Kirche, 198-200 und ders., Ante omnia de sancta fide, 264-266. - Luise Abramowski weist in ihrem Aufsatz „Die dritte Arianerrede" (ZKG 102 [1991] 389-413) nach, daß dem Athanasius bei Abfassung der Dritten Rede zwei Eusebianische Schriftstücke vorgelegen haben, auf deren eines auch das westliche Serdicense reagiert (Die Schrift des Athanasius ist daher authentisch und vor 342 abgefaßt). Auch in den Eusebianischen Texten muß daher Joh 17,21 ff etc. thematisiert worden sein; siehe oben 143 Anm. 133.

III. Textkritik, Übersetzung und Kommentar: Exkurs IV

377

(κατά συναλοιφήν μιας ουσίας)496, sondern im Sinne der Vervollkomnung zum Höhepunkt der Tugend. Denn diese lehrte er mit den Worten: ,damit sie vollkommen seien'. Nachdem sie nämlich so von ihm durch Weisheit, Besonnenheit, Gerechtigkeit, Frömmigkeit und alle Tugend vollkommen gemacht wurden, werden sie, indem sie auch selbst durch die Verbundenheit mit ihm zu „Lichtern" werden, mit dem unaussprechlichen Licht der väterlichen Gottheit vereinigt werden (συναφθησόμεθα), und vollendet sein als Söhne Gottes nach Teilhabe (κατά μετοχήν) an der Gemeinschaft (κοινωνία) seines Eingeborenen durch den Anteil (μετουσία) an den Strahlen seiner Gottheit. Und tatsächlich werden auf diese Weise alle eins mit dem Vater und dem Sohn werden. Denn wie er selbst sich selbst und den Vater eins zu sein nannte, indem er sagt: ,Ich und der Vater sind eins', so bittet er, daß auch wir alle in seiner Nachahmung derselben Einheit (κατά την αύτοϋ μίμησιν της ένότητος της αυτής) teilhaftig werden."497 „Nicht, daß er und der Vater im Sinne einer Hypostase einer ist, sondern weil der Vater ihm Anteil an der eigenen Herrlichkeit gab, und er in Nachahmung des Vaters gleichfalls den Eigenen Anteil gibt. Deswegen sagte er: ,Auch ich gebe ihnen die Herrlichkeit, die du mir gabst, damit sie eines sind, wie auch wir eins sind (ίνα ώσιν εν καθώς ήμεΐς εν)'; ,wie du (καθώς σύ), Vater, in mir und ich in dir, damit auch sie in mir eins498 sind.' So sind demnach der Vater und der Sohn eins nach der Gemeinschaft (κατά την κοινωνίαν) der Herrlichkeit, durch deren Weitergabe an seine Jünger er auch sie derselben Einheit (της αύτής ενώσεως) würdigt."499 Athanasius nimmt - wie zu erwarten - eine vermittelnde Stellung ein: einerseits unterscheidet er mit Markell die natürliche Einheit innerhalb der Trinität von der Einheit der Menschen; andererseits lehrt er mit Euseb eine Nachahmung der göttlichen Einheit durch die Menschen. Athanasius lehnt folgende Rede seiner Gegner ab: „So ist der Sohn und der Vater eins, und so ist der Vater im Sohn und der Sohn im Vater, wie auch wir in ihnen sein dürften."500 Ferner weist er die Behauptung ab, die auch Euseb vertritt,501 der Sohn sei so im Vater, wie wir es aufgrund Acta 17,28a (Aratus, Phainomena 5) seien.502 Mit dem Serdicense (vgl. unten) weist er zur Begründung der Andersartigkeit göttlicher und menschlicher Einheit darauf hin, daß keiner der Apostel, Propheten und Patriarchen selbst λόγος, σοφία, μονογενής υίός oder είκών waren.5 Mit Euseb kann Athanasius jedoch sagen, daß Jesus Joh 17 bete, damit wir κατά τήν αύτοϋ μίμησιν an der Einheit von Vater und Sohn nach Joh 10,30 teilhaben. Zwar betont Athanasius, daß unsere Einheit φύσει nicht so sein wird, wie die von Vater und Sohn, sondern wie es unserer Natur entspricht. Dennoch sind wir fähig, von dorther geprägt

496 497 498 499 500 501 502 503

ET III,15,2f: 172,3-14. ET 11,18,3-19,1: 179,23-180,5. 180,29f ergänze nach 179,17. ET III, 19,3f: 180,24-32. PG 26, 357 A 14 - Β 2. ET 111,20,1: 181,1-7. PG 26, 321 C 3 - 324 A 2; 324 C 4 f. PG 25, 341 C 11 - 344 A 1; vgl. 360 Β 1-6.

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C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

z u werden (τυπωθήναι) und zu lernen (μαθείν). 504 A n der Einheit v o n Vater und Sohn haben wir einen τύπος, und w e n n wir auf diesen schauen, werden wir miteinander eins τή ομοψυχία und streiten nicht widereinander w e g e n der τοΰ πνεύματος ένότητι. 505 Wir werden εν untereinander τή διαθέσει, weil wir als ύπόγραμυ,ος die natürliche Einheit (φυσική ενωσις) des Sohnes mit dem Vater haben. 0 Wie wir v o n Vater und Sohn die αδιαίρετος φύσις und αδιαίρετος ένότης lernen, so bewahren wir die συμφωνία gegeneinander als eine αδιάλυτος διάθεσις. 507 D i e Einheit v o n Vater und Sohn ist Beispiel (παράδειγμα) und Vorbild (είκών), unsere ist deren N a c h a h m u n g (μίμησις). 508

Das Serdicense legt in §§ 9f Joh 10,30 auf die Einheit in der Hypostase (της υποστάσεως ένότης) aus und referiert die Anschauung der Gegner folgendermaßen: Joh 10,30 sage der Sohn wegen der συμφωνία und ομόνοια zwischen Vater und Sohn: „Wie sterbliche Menschen, nachdem sie in Konfrontation auseinanderzugehen begannen, verschiedener Meinung sind und wieder zur Versöhnung zurückkehren, so könnten Trennungen und Meinungsverschiedenheiten zwischen Gott Vater Allherrscher und dem Sohn sein, was ganz abwegig ist zu denken und anzunehmen." 5 0 9 § 12 lautet: 1 ,,τοσαύτη δέ έστιν αυτών ή άνοια και ουτω παχεί σκότω ή διάνοια αυτών έτετύφλωται, ίνα μη δυνηθώσιν ίδειν τό φώς της άηθείας· ού συνιάσιν ώ λόγω εΐρηται «ίνα αυτοί έν ήμΐν εν ώσι». σαφές έστι δια τί εν. δτι οί απόστολοι πνεϋμα άγιον τοϋ θεοϋ ελαβον, άλλ'δμως αυτοί ουκ ήσαν πνεϋμα ουδέ τις αυτών ή λόγος ή σοφία ή δύναμις ήν ουδέ μονογενής ήν· . 5 «ώσπερ», φησίν, «έγώ και σύ εν έσμεν, ούτως και αυτοί έν ήμίν έν ώσιν». άλλ' ακριβώς διέστειλε ή θεία φωνή «έν ήμίν εν ώσι» φησίν ουκ είπεν «ώσπερ ήμεΐς έν έσμεν, έγώ και ό πατήρ», άλλ'ίνα οί μαθηταί έν έαυτοίς σύζυγοι και ήνωμένοι έν ώσι τή πίστει και τή ομολογία και έν τή χάριτι και εύσεβεία τή τοϋ θεοϋ πατρός και τή τοϋ κυρίου και σωτήρος ήμών συγχωρήσει και αγάπη έν είναι δυνηθώσιν."510 504

PG 26, 364 C 11 - 365 Α 4. PG 26, 364 C 1-6. 506 PG 26, 365, Α 12-14. 507 PG 25, 365 Β 4-10. 508 PG 365 Β 6.10; 368 Α 10. C lf.5; 372 Β 3; vgl. De synodis 45,7f: 270,30-271,2 Opitz, Athanasius Werke II/l und De synodis 48: 272,19-273,10. 509 253 Tetz, Ante omnia de sancta fide; Zeilen 39-45 Loofs, Das Glaubensbekenntnis der Homousianer. 510 Zum Text: Text grundsätzlich nach Tetz; zum Verständnis wichtige Lesarten werden diskutiert, bzw. korrigiert (Zur Uberlieferung vgl. Loofs, a.a.O. 1-7; Tetz, a.a.O. 246f.251f): 1: οίίτω / τούτω Loofs. 2: ίνα Tetz nach t (Codex Veronensis LX) / + και Loofs. 505

III. Textkritik, Übersetzung und Kommentar: Exkurs IV

379

§ 12 unterscheidet die geistbegabten Jünger vom Geist selber, vom Logos, der Sophia, der Kraft und vom Einziggeborenen. Dieser Unterschied ist der Grund, warum die Menschen nicht in derselben Einheit vereint sind wie Vater und Sohn. In Joh 17,21 (nicht exakt zitiert), so meint das Serdicense, differenziere die göttliche Stimme genau zwischen dem „In-uns-eins-sein" der Jünger und dem „Wie-wir-einssein" von Vater und Sohn. Das „In-uns-eins-sein" der Jünger wird durch die Geistgabe ermöglicht und entfaltet sich in zwei Gehalte. Zunächst sind die Jünger in sich selbst „gepaart" (σύζυγοι) und geeint durch Glaube und Bekenntnis. Dabei verpatzt die Lesart „in sich selbst" nicht die Pointe von § 12, wie Martin Tetz meint. 511 Denn die Einheit in den Jüngern selbst wird τη πίστει και τη ομολογία gestiftet, wozu Tetz selbst auf § 4 verweist. Dort ist der Glaube und das Bekenntnis Glaube an die (und Bekenntnis der) eine(n) Hypostase und an das (des) eine(n) Wesen(s) des Vaters, Sohnes und Heiligen Geistes. 512 Durch diesen Glauben und dieses Bekenntnis werden die Jünger nicht eins wie Vater und Sohn, sondern sind in deren Einheit, die sie glauben, geeint. Sind sie aber durch die Einheit des Glaubens an den einen Gott geeint, dann können sie auch - und dies ist der zweite Gehalt - in der Freundlichkeit (χάρις) und Frömmigkeit (ευσέβεια), die von Gott dem Vater kommt, 5 und in der Vergebung (συγχώρησις)514 und in der Liebe, deren Urheber unser Herr und Heiland ist, eins sein. Markell versteht also die Ethik als Konsequenz aus Bekenntnis und Glauben: Die Wesenseinheit von Vater, Sohn und Geist ermöglicht durch die Gabe des Geistes die Glaubens- und Lebenseinheit der Jünger. 515

511 512 513 514 515

4: ήσαν Loofs / Tetz mit t (sunt vocati): εκλήθησαν. 6: Tetz läßt iv1 mit t aus: „Das Interesse der Verfasser haftet durchgehend vor allem an έν ήμϊν bzw. αύτοϊς, das als konstitutiv für alle kirchlichen Einheitsaussagen herausgestellt werden soll. Durch Angleichung an den Bibeltext wird die Perspektive verschoben (257)." Sicher wird die Differenz zwischen göttlicher und menschlicher Einheit daran sichtbar, daß die Jünger „in ihnen" eins sind, aber eben „eins", so daß der Gegensatz hier folgender ist: die Jünger sind nicht wie wir (seil. Vater und Sohn) eins, sondern in uns eins. 7: αλλ'ίνα οί Τγ / αλλ' οί μαθηταί Loofs / άλλ' μαθηταί Tetz . 7: έαυτοϊς tcBVF Loofs / αύτοΐς TLGSNa Tetz. 8: τη πίστει και τη ομολογία VFL / τη πίστεως ομολογία Loofs angeblich nach c (vgl. jedoch Anm. u-u Tetz 258) / fide confessione t / τή πίστει τή ομολογία TBaGSN. 8: και έν Τγα / ίνα και έν Loofs / et ut in t / και Β / έν = in c / και Tetz mit ausführlicher Begründung (Athanasius und die Einheit der Kirche, 199 Anm. 11 und Ante omnia de saneta fide, 258). Ante omnia de saneta fide, 258. 252 Tetz; Zeilen 13-15 Loofs. ein „echter" Genetiv: gen. pertinentiae. Tetz (Athanasius und die Einheit der Kirche, 199) übersetzt: „Gewährung". Damit wird die Konjektur πάντες in Zeile 8 auch sachlich-theologisch überflüssig. Tetz hatte deren Notwendigkeit damit begründet, daß andernfalls die „unsinnige

380

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

Frgg 76-84: Die Bevollmächtigung und erste Verherrlichung des „Menschen" als Werk des Vaters durch den Logos Frg 76 (103,92) Zum Text: 207,28.29.30.31: γεγενήσθαι (2x), άγένητα, γεγένηται V, Montagu 39 C 1-6, Rettberg 85 / jeweils mit zwei „v" Gaisford 79f, Nolte 792 A 3-8 und Zahn 104, Anm. 1. 207,29f: είναι τινα και άγένητα und den Schluß ab 207,32 οτι . . . sperrt Rettberg 85. 207,32f: εϊχεν ouv οίκείαν την δόξαν ό λόγος έν τω Πατρί ών Rettberg 85, Zahn 170.

Ubersetzung: „ . . . denn vor aller Schöpfungstätigkeit war eine gewisse Ruhe, was begreiflich ist, da ja der Logos in Gott war. Wenn nämlich Asterius als Glaubensbekenntnis formuliert hat, daß Gott der Schöpfer von allem ist, ist offensichtlich, daß er auch mit uns zusammen bekennen wird, daß der eine ewig existiert und niemals einen Seinsanfang empfing, das übrige aber sowohl von ihm als auch aus dem Nichtsein geworden ist. Denn ich glaube nicht, daß er mit jemand, der sagt, es gäbe noch irgend etwas anderes Ungewordenes, dies glaubt, sondern daß er fest davon überzeugt ist, daß Himmel und Erde und alles in den Himmeln und auf der Erde Seiende von Gott geschaffen worden ist. Falls er dies glaubt, muß er notwendig auch jenes mitbekennen, daß außer Gott nichts anderes war. Nun besaß der Logos, im Vater seiend, die zugehörige Herrlichkeit . . . " 207,32f: Joh 17,5 Frg 77 (104,93) Zum Text: 208,1: έξουσίαν V 40,5, Rettberg 86 / δόξαν V 100,11. 208,2: προκόσμιον V, alle übrigen / προαιώνιον Rettberg 86, Zahn 171 Anm. 1.

Ubersetzung: „ . . . die ihm gegebene Vollmacht nennt Asterius Herrlichkeit und nicht nur Herrlichkeit, sondern sogar vorweltliche Herrlichkeit, ohne Einsicht, daß, als die Welt noch nicht geworden war, nichts anderes außer Gott allein existierte . . . " 208,1: Joh 17,2; Mt 28,18 208,2: Joh 17,5

Sequenz herauskäme, nach der die Jünger zuerst verbunden und geeint sind, dann eins sein sollen und schließlich eins sein können" (Ante omnia de sancta fide, 258; vgl. Athanasius und die Einheit der Kirche, 199 Anm. 11).

III. Textkritik, Übersetzung und Kommentar: Frgg 76-84

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Frg 78 (105,94) Zum Text: 208,6: έκτίσται Rettberg 86.

Ubersetzung: „ . . . denn der Mensch erhielt nicht nur die Vollmacht über die Dinge auf der Erde, sondern selbstverständlich auch über die in den Himmeln. Denn wenn damals, als er Mensch und ,Mittler Gottes und der Menschen' wurde,,alles zu ihm hin geschaffen wurde', wie der Apostel sagte, und zwar ,das in den Himmeln als auch das auf der Erde', ist daraus die genaue Erkenntnis zu folgern, daß ihm Vollmacht nicht nur über die Dinge auf der Erde, sondern auch über die im Himmel gegeben worden ist . . . " 208.4-5: Joh 17,2; Mt 28,18 208.5-6: Joh 1,14; I Tim 2,5 208.6-7: Kol 1,16 208,8-9: Joh 17,2; Mt 28,18 Frg 79 (106,95) Zum Text: 208,11: λόγου V, alle übrigen / θεοΰ Montagu 48 D 4.

Ubersetzung: „ . . . denn wenn das heilige Evangelium von einer gewissen ihm vom Vater gegebenen Herrlichkeit spricht, scheint diese der Mensch durch den Logos empfangen zu haben. Denn als er nach dem heiligen Apostel ,Mittler Gottes und der Menschen' wurde, verherrlichte er mit der ihm vom Vater gegebenen Herrlichkeit die gläubigen Menschen . . . " 208,10 u. 12-13: Joh 17,22; Joh 17,5; vgl. Joh 8,54; 12,28;13,31 u. 17,1 208,12: I Tim 2,5 Frg 80 (107,96) Ubersetzung: „ . . . und er würdigte den aus Ungehorsam gefallenen Menschen, durch die Jungfrau mit seinem eigenen Logos verbunden zu werden. Denn welche andere Verherrlichung könnte unter den Menschen größer sein als diese Verherrlichung? Nachdem er aber sagt: ,Ich habe dich verherrlicht', fügt er hinzu und sagt: ,und werde (dich) wieder verherrlichen', damit er durch die Uberschwenglichkeit an Menschenliebe in der zweiten Verherrlichung nach der Auferstehung des Fleisches den vorher sterblichen Menschen als unsterblichen vollende und ihn mit einer so großen Herrlichkeit verherrliche, daß er nicht nur aus der früheren Knechtschaft befreit, sondern auch der übermenschlichen Herrlichkeit gewürdigt sein wird . . . " 208,16-17: Joh 12,28

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C . Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

208,19-20: Rom 8,21 Frg 81(108,97) Ubersetzung: „ . . . damit er ihn, wie ich sagte, den Menschen, der früher vom Teufel betrogen worden war, wieder befähige, den Teufel zu besiegen. Deswegen nahm er den Menschen an, damit er diesen angemessen dazu bereite, die Erstlingsgabe an Vollmacht zu übernehmen . . . " Frg 82 (109, 35 = 97) Ubersetzung: „ . . . denn dieser ist der Geliebte, der mit dem Logos geeinte Mensch, über den der Evangelist sagte: ,Dies ist mein Sohn, der Geliebte, an dem ich Wohlgefallen habe' . . . " 208,25: Vgl. Ps 44,1 208,26: Mt 3,17 Frg 83 (110,98) Zum Text: 208,29: αυτόν V, alle übrigen / 1. αυτήν? Klostermann; Hansen erwägt 262 beide Möglichkeiten

Übersetzung: „ . . . daß der Logos des unsichtbaren Gottes durch die Jungfrau geboren werden sollte und das menschliche Fleisch annehmen würde und, damit er durch es den Teufel, der früher den Menschen überwältigte, niederkämpfe, diesen nicht nur bereite, unverweslich und unsterblich zu werden, sondern auch Mitthronender mit Gott in den Himmeln . . . " 5 1 6 Frg 84 (127,114) . . . er (seil. Markell) sagte,

Ubersetzung: „ . . . daß der Logos Gottes das menschliche Fleisch durch die Auferstehung unsterblich zu werden bereitet habe und daß er es wie einen geflochtenen Siegeskranz zur Rechten des Vaters niedersetzte . . . " Kommentar zu den Frgg 76-84: Die Thematik der δόξα verknüpft die vorliegenden Fragmente auf dem Hintergrund der Frage nach dem Verhältnis von göttlicher und menschlicher Einheit und insbesondere 516

Gericke (Marceil von Ancyra, 234) faßt das Fragment nicht als ganzes als abhängig auf.

III. Textkritik, Übersetzung und Kommentar: Frgg 76-84

383

von Joh 17,22 (,,κάγώ την δόξαν ήν δέδωκάς μοι δέδωκα αύτοΐς, ίνα ώσιν εν καθώς ημείς εν"), - auf welchen Vers Frg 79(106,95) auch direkt anspielt -, 5 1 7 mit den vorangehenden Frgg Frgg 74f sowie dem ganzen zweiten Abschnitt des ersten Teiles des Buches Markells (Frgg 51-114). Frgg 76-112 thematisieren allerdings nicht mehr den Bezug zwischen göttlicher und kirchlicher Einheit, sondern die Relation zwischen göttlicher Einheit und dem rettenden und vollendenden Handeln des einen Gottes am Menschen, an der Kirche und an der gesamten Menschheit. Markeil kommt es darauf an, zu zeigen, daß es das Werk des einen Gottes ist, das den vom Logos angenommenen Menschen sowie die ganze Menschheit verherrlicht, zum Sieg über den Teufel und zur Herrschaft über die ganze Welt ermächtigt, als König inthronisiert, vergöttlicht, unsterblich und unvergänglich macht und in die eschatologische Freiheit der Kinder Gottes versetzt. Deswegen werden insbesondere in den Frgg 76-112 von Markell zugleich Gotteslehre, Christologie, Soteriologie, Ekklesiologie und Eschatologie behandelt. 518 Wie Frg 77(104,93) nahelegt, hatte Asterius wahrscheinlich zur Bekräftigung der Ubereinstimmung zwischen Vater und Sohn in allen Worten und Werken darauf hingewiesen, daß die Gabe der δόξα vom Vater an den Sohn, der sie nach Joh 17,22 an die Glaubenden weitergibt, nach Joh 17,5 (και νϋν δόξασόν με σύ, πάτερ, παρά σεαυτω τή δόξη ή είχον προ τοϋ τον κόσμον είναι παρά σοί) ein schon vorkosmisches Ereignis ist und nach Joh 17,lf (δόξασόν σου τον υίόν, ίνα ό υιός δοξάση σε, καθώς εδωκας αύτω έξουσίαν πάσης σαρκός, ίνα πάν δ δέδωκας αύτω δώση αύτοϊς ζωήν αίώνιον) und Mt 28,18 (εδόθη μοι πάσα εξουσία έν ούρανω και επί της γης) seine Parallele in der Verleihung der εξουσία vom Vater an den Sohn besitzt. Markell entgegnet nun in den Frgg 76(103,92) und 77(104,93), daß vor der Schöpfung der Welt von einer Verleihung von Herrlichkeit und Vollmacht nicht die Rede sein kann, da vor der Welt ό θεός μόνος existierte, in den der Logos eingeschlossen war. Außerdem herrschte vorweltlich eine gewisse „Ruhe"; 519 tätig werden Gott und sein Logos überhaupt erst mit der Schöpfung. Nur wenn Asterius der Meinung wäre, es gäbe neben Gott noch anderes Ungewordenes, hätte er Recht. Da Asterius dies ablehnen dürfte, folgt daraus, daß Jesus mit Joh 17,5 nicht eine solche Herrlichkeit vom Vater erbittet, wie er sie vorkosmisch schon einmal vom Vater empfing, sondern, wie er sie vorkosmisch beim (bzw. im) Vater seiend besaß. Der Menschgewordene erbittet demnach als „Mitt517 518

519

208,12f. Zu den Frgg 99(111,99) und 101(113,100) bemerkt Schendel (Herrschaft und Unterwerfung Christi, 122): „In der Soteriologie sind hier Christologie und Anthropologie verbunden." Siehe unten 388-390 den Exkurs.

384

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

ler zwischen Gott und den Menschen" (I Tim 2,5), der als Logos ewig mit dem Vater ein und diesselbe Herrlichkeit und Vollmacht besitzt, um die soteriologisch-eschatologische Verherrlichung und Ermächtigung des „Menschen". Und dies ist wie die Schöpfung das Werk (έκιίσθη [Kol 1,16 a+d, vgl. Eph 2,15]; άπεργάσηται; παρασκευάση; παρεσκευακέναι)520 des einen Gottes, des Vaters samt des Logos (δια τοϋ λόγου),521 am „Menschen". Es liegt nahe, daß schon Asterius Joh 12,28 c (και έδόξασα και πάλιν δοξάσω) herangezogen hatte, um die seiner Meinung nach vorweltliche und irdische Verherrlichung des Sohnes nach Joh 17,5 weiter zu verdeutlichen. Markeil überträgt in Frg 80(107,96) diese doppelte Verherrlichung sowohl von Präexistenz und Inkarnation auf Inkarnation und Eschatologie als auch von einer exklusiv christologischen auf eine anthropologisch-ekklesiologische Exegese. Die erste Verherrlichung des durch den Ungehorsam gefallenen „Menschen" besteht in seiner Verbindung mit dem Logos durch die Jungfrau. Schon diese Verherrlichung ist größer als alle anderen, die sich unter den Menschen ereigneten: „Nachdem er aber sagt: ,Ich habe dich verherrlicht', fügt er hinzu und sagt: ,und ich werde (dich) wieder verherrlichen', damit er durch die Uberschwenglichkeit an Menschenliebe in der zweiten Verherrlichung nach der Auferstehung des Fleisches den vorher sterblichen Menschen als unsterblichen vollende und ihn mit einer so großen Herrlichkeit verherrliche, daß er nicht nur aus der früheren Knechtschaft befreit, sondern auch der übermenschlichen Herrlichkeit gewürdigt sein wird . . . " Joh 12, 28 c ist die Rede einer Himmelstimme (Gott-Vater oder Engel) an den Sohn. Markell bezieht sie auf den „Menschen"! Dazu sieht er sich sicher durch Joh 12,30 und 32 berechtigt: „Nicht wegen mir erscholl diese Stimme, sondern wegen euch"; und: „Wenn ich von der Erde erhöht werde, werde ich alle zu mir ziehen". Der johanneische Text selbst legt aber den christologischen Vers Joh 12, 28 c nicht direkt ekklesiologisch aus. Daß aber Markell hier „Mensch" auf die Menschheit als ganze oder zumindest auf die Kirche bezieht, ist einerseits durch die Charakterisierung „den aus Ungehorsam gefallenen Menschen" notwendig, andererseits durch die Schilderung der eschatologischen Gaben (Unsterblichkeit, Freiheit), die sich auf den Menschen im allgemeinen und nicht auf den einen bestimmten vom Logos angenommenen Menschen beziehen müssen. Dennoch wird letzterer von Markell aus dem Gedankengang nicht ausgeschlossen, da ja dieses ganze Heilsgeschehen seinen Ausgang „durch die Jungfrau" nimmt. 520

521

Frg 78(105,94): 208,6; Frg 80(107,96): 208,18; Frg 81(108,97): 208,23f; Frg 83(110,98): 208,30; Frg 84(127,114): 214,8. Frg 79(106,95): 208,11.

III. Textkritik, Übersetzung und Kommentar: Frgg 7 6 - 8 4

385

Wie ist nun das Verhältnis dieser „zwei Menschen", dem vom Teufel besiegten und der Rettung bedürftigen Menschen im allgemeinen und dem individuellen vom Logos angenommenen zu bestimmen? In Frg 78(105,94) scheint es sich nur um den konkreten Menschen des Logos zu handeln, dem in der Einheit mit dem Logos als Prinzip und Ziel der Neuschöpfung nach Mt 28,18 alle Vollmacht nicht nur über die Erde und das Irdische, sondern auch den Himmel und das Himmlische gegeben wurde. Ebenso ist wohl in Frg 82(109,35 = 97) der von Gott geliebte mit dem Logos vereinte 522 Mensch (Mt 3,17) der individuelle. Allerdings ist diese Stelle mit Frg 4(1,1) zusammenzuhalten, in dem der geliebte Mensch, den Gott mit seinem Logos verband, vertauschbar mit dem „erwählten Jerusalem" wird. 523 Frg 79(106,95) zeigt ebenfalls einen Ubergang vom individuellen angenommenen zum Menschen im allgemeinen. Markell unterscheidet hier real bei der Verleihung der Herrlichkeit den Menschen (sing.) von den Menschen (plur.): „ . . . denn wenn das heilige Evangelium von einer gewissen ihm vom Vater gegebenen Herrlichkeit spricht, scheint diese der Mensch durch den Logos empfangen zu haben. Denn als er nach dem heiligen Apostel,Mittler Gottes und der Menschen' wurde, verherrlichte er mit der ihm vom Vater gegebenen Herrlichkeit die gläubigen Menschen . . . " Zunächst erhält der eine, vom Logos angenommene Mensch, die Herrlichkeit und gibt sie dann an die Menschen weiter. Allerdings handelt es sich beide Male von Gott und seinem Logos her um dasselbe soteriologische Handeln. Frg 80, von dem wir ausgegangen sind, unterscheidet zu Beginn nur verbal zwischen Mensch und Menschen, meint aber beide Male Mensch im Sinne von Menschheit: „ . . . und er würdigte den aus Ungehorsam gefallenen Menschen, durch die Jungfrau mit seinem eigenen Logos verbunden zu werden. 524 Denn welche andere Verherrlichung könnte unter den Menschen größer sein als diese Verherrlichung?" Frgg 83(110,98) und 84(127,114) schließlich sprechen von dem menschlichen Fleisch, das der Logos annimmt, unsterblich zu werden bereitet und wie einen geflochtenen Siegeskranz zur Rechten des Vaters niedersetzt. Auch hier ist es einerseits unhaltbar, die Bereitung zur Unsterblichkeit auf das individuelle Fleisch Christi einzuschränken. Andererseits präzisiert Frg 83, daß der Logos durch das Fleisch, d.h. doch wohl sein individuelles (?), den Teufel, der früher den Menschen überwältigte, niederkämpfe. 522

Vgl. Frgg 7(42,36): 192,8 und 28(10,9): 187,5f.

523

Vgl. oben 2 6 3 - 2 6 5 .

524

Zahn (Marcellus von Ancyra, 159) beobachtete korrekt, daß Markell συνάπτω beidemale (vgl. Frg 4[1,1]: 185,10) für die Verbindung des Logos mit dem Menschen im generischen Sinne verwendet.

386

C . Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

Die vorliegenden Frgg 76-84 können den individuellen Menschen und das individuelle Fleisch des Logos sowohl für sich betrachten als auch diesen bzw. dieses mit dem Menschen und dem menschlichen Fleisch im allgemeinen ganz eng zusammensehen. Dies wird unten weiter an den Frgg 99-112 bestätigt werden. Daß Markeil beide Größen identifiziert habe, wie Reinhard M. Hübner zu beweisen suchte, 525 ist dadurch ausgeschlossen, daß Markell zum einen an einigen Stellen ganz eindeutig nur von dem einen bestimmten vom Logos angenommenen Menschen bzw. Fleisch spricht, zum andern dem mit dem Logos vereinten Menschen Hoheitstitel beilegt, die nur ihm allein zukommen. 526 Der Vorrang, den der vom Logos angenommene Mensch in der Einheit mit dem Logos gegenüber allen anderen Menschen besitzt, d.h. nach den hier zu besprechenden Fragmenten sein Mittlertum, gerät jedoch in Gefahr, inbezug auf sein Menschsein allein nivelliert zu werden: der Menschgewordene ist nach Markell dergestalt „Mittler Gottes und der Menschen", daß sein eigenes Menschsein das erste Menschsein aller Menschheit ist, an dem das Heil verwirklicht wird. 527 Im Blick auf das Sein des Logos besteht ein unüberbrückbarer Unterschied zwischen dem Menschgewordenen und der übrigen Menschheit. Im Blick auf das heilsame Wirken des Logos am Menschen wird er verschwindend gering. So werden von Markell nicht der Mensch des Menschgewordenen und die Gesamtmenschheit selbst identifiziert, sondern das Heilshandeln des Vaters durch den Logos an

dem (und durch den) Menschen des Menschgewordenen droht ununterscheidbar zu werden von demjenigen an der (und durch die) Gesamtmenschheit.

Daraus folgt, wie Joh 12, 28 c zeigt, die Möglichkeit

einer direkt ekklesiologischen Exegese christologischer Schriftstellen.

Doch zeigt wiederum Markells Auslegung von Joh 12, 28 c, daß er dieser Gefahr und Drohung entgegenwirkt: und zwar durch einen zeitlichen und qualitativen eschatologischen Vorbehalt. Während der individuelle angenommene Mensch und die Gesamtmenschheit gleichermaßen die „erste" Verherrlichung empfangen haben, besitzt die „zweite", d. h. die „übermenschliche", jetzt erst das mit dem Logos zusammen auferstandene individuelle menschliche Fleisch, das der Logos wie einen geflochtenen Siegeskranz auf den göttlichen Thron gesetzt hat. Insofern ist erst Joh 12,28 ca aber noch nicht Joh 12,28 cß nicht nur christologisch, sondern auch ekklesiologisch verwirklicht. Analog 525

Vgl. oben 144-162.

526

Vgl. unten 515f.

527

Zahn versucht, das Verhältnis zwischen diesen beiden „Menschen" durch die Funktion eines „repräsentativen Hauptes" (Marcellus von Ancyra,167) des individuellen für den allgemeinen zu bestimmen, bzw. durch die Vorstellung einer „prototypisch(en)" Verwirklichung dessen in der menschlichen Natur Christi, „was durch ihre Vermittlung Gemeingut der Menschheit geworden ist (a.a.O. 178)."

III. Textkritik, Übersetzung und Kommentar: Frgg 76-84

387

hierzu besitzt nach Frg 78 erst der individuelle vom Logos angenommene Mensch die ganze Vollmacht über die Schöpfung. Der Mensch, der früher vom Teufel betrogen worden war, also wir, sind durch die Menschwerdung befähigt worden, die Erstlingsgabe der Vollmacht zu übernehmen. Der menschgewordene Logos bereitet uns im Kampfe gegen den Teufel, in dem wir aufgrund der Erstlingsgabe an Vollmacht mitwirken, erst noch zu, unverweslich, unsterblich und Throngenossen Gottes zu werden. Frg 84(127,114) wird unten erneut zu thematisieren sein.528 Jetzt müssen wir noch einen Blick auf De incarnatione et contra Arianos und auf die vormarkellische Tradition werfen. Die ekklesiologische Auslegung von Joh 12, 28 c hat in De incarnatione et contra Arianos Kap. 5 ihr Gegenstück. Dort legt Markell Joh 17,5 „auf uns" aus: ,,δθεν αιτεί την δόξαν δι' ημάς, λέγων 'δόξασόν με σύ, πάτερ, παρα σεαυτω τη δόξη ή είχον, προ τοϋ τον κόσμον είναι, παρα σοι'. ημείς γάρ έσμεν οί εν αύτω δοξαζόμενοι " 529 Mit den beiden Gedanken der Verherrlichung (Joh 17,5.12.22) und Bevollmächtigung (Joh 17,2; Mt 28,18) des vom Logos angenommenen Menschen überträgt Markell erneut Hoheitsaussagen, die vornizänisch 530 dem Sohn in seiner Gottheit beigelegt wurden, auf die Menschheit Jesu Christi. Irenäus z. B. bezieht in Adv. haer. IV, 14, 1 Joh 17,5 auf die Verherrlichung des präexistenten Logos531 und schreibt in der bekannten Stelle Adv. haer. 111,19,3 das Verherrlichtwerden dem Logos zu. 532 528 484.488. 529 530

531

532

PG 26, 992 Β 1-3. Athanasius nimmt eine schwankende Haltung ein. In Oratio I contra Arianos (Kapp. 37-52) nähert er sich Markell an, indem er alle Stellen, die von einem Empfangen des Sohnes reden, auf den Menschen bezieht. Als Mensch empfange er das, was er als Gott ewig besitze; und: was er vom Vater empfange, gibt er als Gott vom Vater an die Menschen weiter (Kap. 38: PG 26, 92 Β 4 f; Kap. 42: PG 26, 100 A 2-4; Kap. 45, PG 26, 105 A 15 - Β 9; Kap. 48, PG 26, 112 C 7-9). In Oratio III contra Arianos (Kap. 36) hält Athanasius daran fest, daß mit Geben und Empfangen zwischen Vater und Sohn nur Güter beschrieben werden können, die Vater und Sohn in ihrer Gottheit schon ewig besitzen. Hier fehlt jedoch die irtkarnatorische Exegese. Diese Verben beziehen sich jetzt auf Vater und Sohn in ihrer Gottheit (PG 26, 400 Β 11 - 401 C 3)! Der Verfasser der Oratio IV contra Arianos unterscheidet sich darin von Markell, daß er die Gaben nicht durch den Logos (seil, als des Gebers) vom Vater gegeben sieht, sondern wegen (seil, der Gottheit) des Logos (VI: 51,1-6.10-12 und VII: 51,22-52,2 Stegmann, 1917). „Non enim solum ante Adam, sed et ante omnem conditionem glorificabat Verbum Patrem suum, manens in eo, et ipse a Patre clarificabatur, quemadmodum ipse ait: Pater, clarifica me claritate quam habui ante apud te priusquam mundus fieret." (Adv. haer. IV,14,1: 538 Rousseau/Doutreleau/Mercier , SC 100, 1965). ,,'Ώσπερ γαρ ήν άνθρωπος ίνα πειράσθη, ο'ύτω και Λόγος ίνα δοξασθή, ήσυχάζοντος μεν τοϋ λόγου έν τω πεφάζεσθαι και σταυροϋσθαν και άποθνήσκειν,

388

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

Exkurs V: Die Herkunft der Vorstellung von der „Ruhe" (ήσυχία) vor der Schöpfung (Frg 76[103,92]) Euseb parallelisiert die Rede Markells vom Ruhen Gottes vor der Schöpfung mit der Auffassung jenes „Anführers aller gottlosen Häretiker, der Gottloses zum Dogma erhob, indem er behauptete: ,Und Gott war auch Schweigen (σιγή)'." 533 Zahn, 534 Lightfoot, 5 3 5 Klostermann 5 3 6 und Schlier 537 glauben, Euseb vergleiche Markell hier mit Simon Magus, 538 Rettberg 539 meint, Euseb spiele auf Valentin an. 540 Schlier 541 ist ferner der Ansicht, Markell selbst hänge mit dieser Vorstellung indirekt von der Gnosis ab, Lightfoot 5 4 2 und Loofs 5 4 3 dagegen sind der Auffassung, daß Ignatius von Antiochien die Vorlage sei, wobei wiederum Schlier, 544 Bartsch 45 und Paulsen 546 die Meinung vertreten, daß Ignatius gnostisch beeinflußt sei. Weder eine gnostische Ableitung, 5 4 7 noch eine Herleitung von Ignatius 548 oder gar von der weitverbreiteten hellenistischen Anschauung v o m Schwei-

533 534 535 536 537

538 539 540

541 542

543 544 545

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καταπινουμένου (absorto, συγγενουμένου Theodoret) δε του ανθρώπου έν τω νικαν και ύπομένειν και χρηστεύεσθαι και ανίσιασθαι και άναλαμβάνεσθαι" (Adv. haer. 111,19,3: 378f [Zeilen 54-58 lat.; Frg gr. 29] Rousseau/Doutreleau, SC 211, 1974). ET 11,9,4: 109,4-6. Marcellus von Ancyra, 133 Anm. 1. The Apostolic Fathers II/l, 18852, 127. Apparat zu 109,5f. Religionsgeschichtliche Untersuchungen zu den Ignatiusbriefen, BZNW 8, Gießen 1929, 35. Vgl. Hippolyt, Refutatio VI,18,2: 144,13 Wendland, GCS 26, 1916. Marcelliana, 85. Excerpta ex Theodoto 29: 116,23-25 Stählin/Früchtel/Treu, Clemens Alexandrinus, Bd. III, GCS 17, 19702; Adv. haer. 1,1,1 = Frg. gr. 1, Zeilen 76-105 und 1,2,1 = Frg. gr. 1, Zeile 148 Rousseau/Doutreleau, SC 264, 1979; Refutatio VI,29,4: 156,4f Wendland; Adv. Marc. I,V,1: 446 Kroymann , CChr.SL II, 1954. Religionsgeschichtliche Untersuchungen, 27. 35-38. Lightfoot (The Apostolic Fathers II/l, 1885 2 , 127) hält es für wahrscheinlich, daß Markell die Ignatianen kannte. Paulus von Samosata, 312f. Religionsgeschichtliche Untersuchungen, 27.38f. Gnostisches Gut und Gemeindetradition bei Ignatius von Antiochien, BFChTh.M 44, Gütersloh 1940. Die Apostolischen Väter II. Die Briefe des Ignatius von Antiochia und der Brief des Polykarp von Smyrna, HNT 18, Tübingen 1985 2 , 54. Vgl. noch Acta Thomae 50: 166,10 Bd. II/2 Lipsius/Bonnet, Acta Apostolorum Apocrypha, Leipzig 1903. IgnMagn. 8,2: 166,14f Fischer (Die Apostolischen Väter, SUC I, 1981 9 ) „ . . . λόγος από σιγής προελθών, . . . " ist mit Zahn (Ignatius von Antiochien, Gotha 1873, 470f), Lightfoot (The Apostolic Fathers II/l, 1885 2 , 123.126f), Loofs (Theophilus von Antiochien, 198), Schlier (Religionsgeschichtliche Untersuchungen, 35), Elze (Uberlieferungsgeschichtliche Studien zur Christologie der Ignatiusbriefe, Habil.-Schrift, Tübingen 1963, 55.58f) und W. R. Schoedel (Ignatius of Antioch, Hermeneia, Philadelphia 1985, 117) auf die Inkarnation bzw. Soteriologie zu beziehen. IgnEph 19,1:

389

III. Textkritik, Übersetzung und Kommentar: Exkurs V

gen oder R u h e n G o t t e s als Beschreibung des göttlichen Wesens 5 4 9 und seiner Transzendenz 5 5 0

scheint geboten, sondern die v o m K o n t e x t bei M a r -

keil empfohlene. D a s R u h e n oder Schweigen G o t t e s vor der Schöpfung

ist

eine im F r ü h j u d e n t u m verbreitete Vorstellung, 5 5 1 wie die syrische B a r u c h Apokalypse, das 4. E s r a - B u c h und das a p o k r y p h e F r a g m e n t „Gesang des Königs D a v i d " belegen: 5 5 2 Syr. B a r u c h 3,7: „ O d e r soll das Weltgebäude zurückkehren zu seiner (anfänglichen) N a t u r und die Welt wieder eingehen in (ihr) anfängliches Schweigen?"553 4. E s r a V I I , 3 0 : „Die Welt wird in das einstige Schweigen

sieben Tage lang

zurückkehren, wie es im U r a n f a n g war, so daß niemand übrigbleibt."

4

4. E s r a VI,38f: „und ich sagte: H e r r , deutlich hast du a m Anfang der Schöpfung am ersten Tag gesprochen: E s werde H i m m e l und E r d e . Dein W o r t

549

550

551

552

553

554

156,1 l f Fischer „τρία μυστήρια κραυγής, ατινα εν ήσυχία θεοϋ έπράχθη" ist ganz eindeutig inkarnatorisch-soteriologisch gemeint. Vgl. Strabo, Geographie X 467 C: 68 Bd. 7 Lasserre, C U F r , Paris 1971 (zur Stelle: Odo Casel, De philosophorum Graecorum silentio mystico, R W 16,2, Gießen 1919 [Berlin/New York 1967 2 ] 48-50.72). Vgl. Plotin, Enneade V,l,6: Zeilen 12-15 Tom. II Henry/Schwyzer, ML.P 34, Brüssel/Leiden 1959. B. Schaller (Gen 1,2 im antiken Judentum, Diss, theol. Göttingen 1961[masch.]; vgl. T h L Z 87[1962] 785) führt umgekehrt die gnostischen σιγή-Spekulationen auf die hellenistisch-jüdischen Texte zurück. Sicher spielt hier auch der Einfluß von Sapientia Salomonis 18,14f herein, wo von einem Stillschweigen (ήσυχου . . . σιγής) gesprochen wird, bevor der allmächtige Logos (παντοδύναμος . . . λόγος) zum Vollzuge der Plagen an den Agytern vom Himmel auf die Erde herabeilte. Allerdings handelt es sich hier nicht um ein Stillschweigen vor der Schöpfung. Lightfoot (The Apostolic Fathers I I / l , 1885 2 ,127), Windisch (Die göttliche Weisheit der Juden und die paulinische Christologie, in: Neutestamentliche Studien Georg Heinrici zu seinem 70. Geburtstag [14. März 1914] dargebracht von Fachgenossen, Freunden und Schülern, hrsgg. von Deissmann und Windisch, U N T 6, Leipzig 1914, 234 Anm. 1), Kretschmar (Studien zur frühchristlichen Trinitätslehre, B H T h 21, Tübingen 1956, 39 Anm. 2) und Elze (Überlieferungsgeschichtliche Studien, 58f) räumen diesem Text den bestimmenden Einfluß auf Ignatius ein; Camelot (Ignace d'Antioche, SC 10,1951, 102 Anm. 1), Fischer (Die Apostolischen Väter, 158 = Anm. 86) und Paulsen (Die Briefe des Ignatius, 54) sind zurückhaltend. Jeremias (The Central Message of the New Testament, London 1965, 88-90 und ders., Zum Logos-Problem, Z N W 59[1968] 82-85) hält die für Markeil geltend gemachten spätjüdischen Texte auch bei Ignatius für wirksam. Violet (Die Apokalypsen des Esra und des Baruch in deutscher Gestalt, G C S 32, Leipzig 1924, 58 App.) rechnet mit einem Einfluß von Sap. Sal. 18,14 auf diese Texte. Vgl. schließlich Allen Cabaniss, Wisdom 18,14f.: An Early Christmas Text, VigChr 10(1956) 97-102. übers, v. A. F. J. Klijn, Jüdische Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit, hrsg. von W. G. Kümmel, Bd. V Apokalypsen / Lief. 2, Gütersloh 1976, 124. übers, v. J. Schreiner, Jüdische Schriften aus hellenistsch-römischer Zeit, hrsg. von W. G. Kümmel, Bd. V Apokalypsen / Lief. 4, Gütersloh 1981, 345.

390

C. Untersuchung des Opus ad Constantinum Imperatorem

hat das Werk vollbracht. Damals war nur schwebender Geist, und ringsumher war Finsternis verbreitet und Stillschweigen.re\tznausdehnung

(διάστασις) hin-

zugesetzt wird. Dies arithmetisch bzw. geometrische „Hinzusetzen" wird genauer als ein Fließen verstanden: „κατά μεν γαρ τό εν τάττεται

τό λεγόμενον έν γεωμετρία σημείον, κατά δέ τα δύο γράμμη, διότι ρύσει μεν ενός δυάς, ρύσει δέ σημείου συνίσταται γραμμή· γραμμή δ' εστί μήκος άπλατές·28

πλάτους be προσγενομένου γ ί ν ε τ α ι επιφάνεια, ή κατά

τριάδα"29

Wie aus der Eins die Zwei hervorfließt, so aus dem Punkt die Linie. Die Linie ist Länge ohne Breite. Kommt die Breite hinzu, entsteht Oberfläche, die der Drei entspricht. An einer anderen Stelle sagt Philo explizit, daß die Oberfläche durch die zur Breite fließende Linie entsteht (... ρυείσης επί πλάτος γραμμής . . . ).30 Ihre erste Realisation findet die der Drei entsprechende Oberfläche im Dreieck. 31 Zu beachten ist, daß die geometrische Verbindung der „Drei" bzw. „dritten Ausdehnung" mit der „Breite" (bzw. Fläche) 32 etwas anderes ist als die stereometrische Betrachtung, in der die Breite natürlich die zweite Dimension ist. Es entsteht jedoch damit kein Widerspruch zu der Entsprechung von τριάς und πλάτος, da die dritte Dimension der „Vier" zugeordnet wird. 33 Umgekehrt bedeutet der hier festgestellte Bezug Markells zu geometrischen Gegebenheiten nicht die Reduktion der Gottesvorstellung auf eine Fläche. Denn auch mit dem mathematischen Begriff der έπιφάνεια ist pointiert die Oberfläche als „Erscheinung" gemeint, d.h. das, was von einem Körper durch eine seiner Flächen in Erscheinung tritt.

In der Theorie des Fließens der Monas zur Trias, bzw. des Punktes zur Linie und der Linie zur Erscheinung (Oberfläche) klingt Mar28

29

30 31

32 33

2. Definition des Euklid: „Γραμμή δε μήκος απλατές" ; vgl. die 5.: „Επιφάνεια δέ έστιν, δ μήκος και πλάτος μόνον εχει (Elementa libri I-IV: 1,2.5 J. L. Heiberg/E. S. Stamatis, Vol. I, BSGRT, Leipzig 1969). Philo, De opificio mundi § 49: 16,3-7 Cohn/Wendland, Vol. I, 19622; vgl. Nicomachus von Gerasa (Introductio arithmetica 11,7,3: 86,17-19 Hoche, BSGRT, Leipzig 1866): „ . . . die Linienzahl ist der Ursprung der Flächenzahl, die in eine weitere Ausdehnung flächig verbreitert wird (πλατυνομένού)... "; vgl. Sextus Empiricus, Adversus Dogmaticos (Mathematicos) X, 281: 360f Mutschmann, Sexti Empirci opera Vol. II, BSGRT, Leipzig 1914 und Theo von Smyrna, Expositio rerum mathematicarum: 97,17-19 Hiller, BSGRT, Leipzig 1878. De Decalogo § 24-26: 274,3-11 Cohn/Wendland, Vol. IV, 19622. Theon von Smyrna, Expositio rerum mathematicarum: 100,22 Hiller; - Anatolius, Uber die Zehn und die Zahlen in ihr: 31 Heiberg, transl. P. Tannery, in: Annales internationales d'histoire. Congres de Paris 1900, 5e section: Histoire des Sciences, Paris 1901. Sextus Empiricus, Adversus Dogmaticos (Mathematicos) X, 279: 360 Mutschmann. Philo, De Decalogo § 26: 274, 11 Cohn/Wendland, Vol. IV, 19622; Nicomachus von Gerasa, Introductio arithmetica 11,6,4-7: 85,3-86,8 und 11,13,1: 99,8-15 Hoche, BSGRT,1866; Pseudo-Jamblich, Theologumena arithmeticae IV: 20,7-12; 22, 8-13 De Falco/Klein.

I. Argumenta ad Constantinum

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kells Rede vom Hervorgehen des Logos vom Vater und des Geistes von Vater und Logos an. Der „Fluß" der Linie zur Oberfläche entspricht dem gleichzeitigen Ausgehen des Geistes von Vater und Logos. Ferner präzisiert die neupythagoreische Verwendung der Worte ,,προχώρησις" und „προχωρεΐν" zur Bezeichnung des Hervorganges der Zahlen noch klarer die Parallelität mit Markeil. Wie schon erwähnt tritt auch noch das Begriffspaar δύναμις-ένέργεια hinzu. Schließlich rundet die Ansschauung von der auch beim Hervorgang der Zahlen unzertrennt weiterhin „Monas" bleibenden Eins die Gemeinsamkeiten mit Markeil ab. Theon von Smyrna: ,,ή μεν γάρ μονάς αρχή πάντων και κυριωτάτη πασών . . . και έξ ής πάντα, αύτη δέ έξ ούδενός, άδαίρετος*4 και δυνάμει πάντα, αμετάβλητος, . . . " 3 5 Jamblich referiert aus der Arithmetik des Nicomachus, daß dieser Gott mit der Monas zusammenfüge. Wie Gott bzw. die Monas alles σπερματικώς sei, was in der Natur existiert, so auch im Bereich der Zahl, und zwar dergestalt, daß sie dasjenige δυνάμει umschlösse, was κατ' ένέργειαν gegensätzlich erscheint. 36 Die Monas ist ungezeugt 37 oder zeugt sich selbst (bzw. wird von sich selbst gezeugt) und ist wie Gott „αυτοτελής και αναρχος και ατελεύτητος", bzw., wie der göttliche Verstand „Selbigkeit und unwandelbar . . . " (,,ταυτότης τις ών και άμετάτρεπτος . . . " ) . Sie ist die Ursache der Dauer. 38 Sie „bleibt" (μένει), wenn die Zahlen aus ihr hervorgehen. 39 Das Begriffspaar δύναμις (-ει)/ένέργεια (-εία) verwenden die Neupythagoräer so, daß sie nicht zwischen seiner Anwendung auf die Zahlen und auf die Weltentstehung unterscheiden. Die Monas als Nous umfaßt einerseits das All gedanklich (κατ' έπίνοιαν), wie es sich im Auseinandertreten (κατ' εκστασιν) in den Gestalten des Seienden darstellt, 40 „denn alles wird durch die alles potentiell (δύναμει) umfassenden Mo34

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40

Vgl. Sextus Empiricus, Adversus Dogmaticos (Mathematicos) X , 278: 360 Mutschmann; Jamblich, In Nicomachi Arithmeticam Introductionem über: 12,12; 13,13f; 18,21f Pistelli/Klein, BSGRT, Leipzig 1894 (Stuttgart 1975 2 ). Expositio rerum mathematicarum: 99,24-100,2 Hiller; vgl. Anatolius, Uber die Zehn und die Zahlen in ihr: 29 Heiberg, 1901: Die Monas ist die übrigen Zahlen und Operationen, bzw. „das übrige alles", zwar noch nicht έντελεχεία, aber δυνάμει Pseudo-Jamblich, Theologumena arithmeticae I: 3,1-5 De Falco/Klein; vgl. Sextus Empiricus, Adversus Mathematicos VII,93: 22 H. Mutschmann ; Plotin, Περί αριθμών, Enneade VI,6,15 (Zeile 34f): 20lTom. III Henry/Schwyzer, ML.P 35, Brüssel/Leiden 1973. Anatolius, Uber die Zehn und die Zahlen in ihr: 29 Heiberg. Pseudo-Jamblich, Theologumena arithmeticae I: 3,17-21 und 4,4 de Falco/Klein. A.a.O. S. l,3f; ders., In Nicomachi Arithmeticam Introductionem liber: 11,24 und 73,9 Pistelli/Klein; Theon von Smyrna, Expositio rerum mathematicarum: 19,7-12 Hiller . Pseudo-Jamblich, Theologumena arithmeticae I: 4,4-6 de Falco/Klein.

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D. Markeil von Ankyra als Theologe der Konstantinischen Wende

nas geformt". 41 Andererseits ist die Dynamis in der Monas die δύναμις παντός άριθμοϋ, die in der Monas ist, aber als Monas noch nicht ένεργόν erscheint (άποφαίνουσα).42 Insofern ist die Monas zwar δυνάμει vollkommen, da sie ihren eigenen Teilen κατά δύναμιν gleich ist, aber noch nicht ενεργεία.43 Vergleichbar mit Markeil ist sowohl die Vorstellung, daß die Schöpfung vor ihrer äußerlich-sichtbaren Ausführung erst als Plan oder potentiell in Gott bzw. der Monas ist. Unvereinbar mit Markell wäre es, wenn der Vergleich soweit ausgezogen würde, daß Vater, Sohn und Geist nur potentiell in der Monas existierten. Folgender Text, der noch einmal alle wesentliche Vergleichsmomente zusammennimmt, belegt jedoch, daß auch im Neupythagoreismus dieses Begriffspaar auf Monas und Trias nicht im Sinne von potentiell/aktuell bezogen wurde, sondern wie bei Markell im Sinne von „Potenz zum Tätigwerden" und „tatsächliche Wirksamkeit dieser Potenz": „δτι ή μεν μονάς τοϋ παντός άριθμοϋ λόγον άδιαχύπωτον ετι και άδιάρθρωτον ώς έν σπέρματι εαυτή εχει, ή δυάς δε βραχεία τις έπ' άριθμόν προχώρησις, ουκ άντικρυς δέ τοιαύτη διά τό άρχοειδές, ή τριάς δέ την της μονάδος δύναμιν εις ένέργειαν και έπέχτασιν προχωρεϊν ποιεί ... διό και ε'ις πλήθος εμφασιν τή τριάδι χρώμεθα, . . . " 4 4 „Denn die Monas enthält die Struktur (seil, den „Logos") jeder Zahl noch unausgeformt und unzergliedert wie im Samen in sich, die Dyas aber ist schon ein gewisses kurzes Hervortreten zur Zahl, dieses Hervortreten aber nicht geradewegs wegen ihres Prinzipcharakters, die Trias aber bewirkt, daß die Kraft der Monas zur Wirksamkeit und zur Ausdehnung hervorgeht ... deswegen gebrauchen wir auch die Trias für die Erscheinung als Mehrzahl . . . " Fassen wir noch einmal die wesentlichen, in der neupythagoreischen Zahlenlehre und Geometrie bereitliegenden Vorstellungen, die Markell aufgreift, zusammen: (1) Das noch nicht zergliederte und ausgeformte, dennoch aber „strukturelle" Existieren der Trias in der Monas; (2) der Ursprung der Trias aus der Monas; 45 (3) der Hervorgang der Trias aus der Monas, wobei die Monas unzertrennt als Monas weiterexistiert; 46 (4) der Hervorgang als Realisation der Dynamis

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A.a.O. 1,8-10. Die Monas wird z.B. auch κατα δύναμιν Dreieck genannt, noch nicht κατ' έντελέχειαν (Theon von Smyrna, Expositio rerum mathematicarum: 37, 15-19 Hiller); vgl. Nicomachus von Gerasa, Introductio arithmetica II, 8, 1: 88,9f Hoche. Pseudo-Jamblich, Theologumena arithmeticae I: 5,10-12 de Falco/Klein. Nicomachus von Gerasa, Introductio arithmetica I, 16,8 und 10: 43,19f und 44,5-7 Hoche. Pseudo-Jamblich, Theologumena arithmeticae III: 16,4-11 de Falco/Klein. Frg 47(66,60): 197, 23f. Frg 48(67,60): 197,32-198,3; Frg 91(77,68): 201,20f.

I. Argumenta ad Constantinum

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der Monas und als Entstehung der Welt; 47 (5) die Verknüpfung der Trias (Arithmetik) mit der „Breite"48 und „Ausdehnung", bzw. der „Oberfläche" als „Erscheinung"49 (Geometrie). Eine Probe für die Richtigkeit des „mathematischen" Ursprungs dieser bisher unableitbaren Gedanken Markells bietet der Verfasser des „Dionyskomplexes". Er verwendet neben den Begriffen Monas und Trias die „mathematischen" Verben συνάγειν (addieren), συνκεφαλαιοϋσθαι (summieren) und insbesondere das Substantiv κορυφή: damit wird der der Hypotenuse gegenüberliegende Winkel eines Dreiecks oder der Scheitel einer Pyramide bezeichnet. Er gibt zu erkennen, daß er mit der erwähnten Vorstellung vertraut ist, nach der die der Trias entsprechende Oberfläche ihre erste Realisation im Dreieck erlangt.50 In der zeitgenössischen Rezeption wird die Rede Markells vom πλαιύνεσθαι, προέρχεσθαι und ένοϋν ferner mit den stoischen 51 Kategorien έκτείνειν (εκτασις) und συστέλλειν (συστολή) gedeutet. 52 Auch wird der medizinische Terminus 47

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Frg 70(52,47); allerdings ist hier nicht von der Trias die Rede: siehe dazu sogleich im Text. Frg 48(67,60): 197,32-198,3; Frg 73(71,62). Markell spricht in Frg 87(61,55): 196,16 vom „Erscheinen" des nichtinkarnierten Logos bei Mose am Dornbusch; damit die Trias siebtbar erscheint, muß sich allerdings der Logos inkarnieren. Athanasius, De decretis 26,3: 22,10-12 und De sent. Dion. 17,2: 58,24f Opitz, Athanasius Werke II/l. Auf den „mathematischen" Hintergrund dieser Stelle hat als erste Luise Abramowski (Dionys von Rom [+268], 243 Anm. 14 u. 15) hingewiesen. Laut Index der Stoicorum veterum fragmenta wird das Wort έκτείνειν in der Psychologie (das Erstrecken der Seelenkräfte auf den Leib: SVF II, Stuttgart 19643, Nr. 836, Seite 227,26) und der Physik (das Problem der Ausdehnung kleiner Körper in größeren: SVF II, Nr. 478, Seite 157,30-32) verwendet; Συστέλλειν (συστολή) kommt nur in der Lehre von den Affekten vor und zwar insbesondere bei der Charakterisierung der Trauer (SVF III, Stuttgart 19643, Nr 386, Seite 94,13-15; Nr. 391, Seite 95,17f; vgl. die übrigen Stellen SVF IV, Stuttgart 19643, Seiten 139b-140a). Letztere beide Verwendungen liegen in der von Nautin (Homelies Pascales I. Une homelie inspiree du traite sur la Paque d'Hippolyte, SC, Paris 1950) edierten Osterpredigt vor: „ Ώ της θείας εκτάσεως της εν πασι και πανταχού, ώ της δια πάντων άπλουμένης σταυρώσεως" (Kap. 56: 185,If) und „'Απροσίτου δε δντος τοίς δλοις ακράτου θείου πνεύματος, ινα μή πάντα συμπαθή ταϊς άμιγέσι τοϋ πνεύματος έμβολαίς, αυτός εκών εαυτόν συστείλας έν έαυτω και τό μέγεθος παν τής θεότητος είς έαυτόν συναθροΐσας και συναγαγών, . . . " (Kap. 45: 165,11-16). Euseb von Caesarea: ET I,12,8f: 72,15-19; ET 11,6,2-5: 103,18-104,2; ET 11,9,2: 108,21-109,2; ET III,3,63f: 157,3-8; vgl. DE V,l,10: 212,1 Heikel. - Pseud-Athanasius Oratio IV gegen die Arianer, Kapp. 13-15: 57-59 Stegmann . - Hilarius von Poitiers, De synodis: PL 10, 514 Β 15 - 515 A 4 (beachte jedoch C 15 - A 1: „Quidam enim ausi sunt innascibilem Deum usque ad sanetam Virginem substantiae dilatatione protendere: ut latitude dedueta quodam naturae suae tractu assumensque hominem filius nuneuparetur.") - Theodore! von Cyrus, Haereticarum fabularum compendium: 336 Tom. IV Sirmondi/Schulze, 1772.

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D. Markeil von Ankyra als Theologe der Konstantinischen Wende

des „Typus" 53 (falls sich diese Passage des Arianers Candidus 54 - wie Pierre Hadot einerseits zu begründen suchte, 55 andererseits noch nicht für geklärt hält 56 - überhaupt auf Markell und seine Schule bezieht) 57 zur Erläuterung herangezogen. 58 Auch wenn m. E. insbesondere durch das Verb πλατύνεσθαι eindeutig ist, daß sich Markell nicht auf stoische Kategorien bezieht, bleibt natürlich davon die Frage unberührt, inwiefern Markells Ausführungen mit der von Tertullian in Analogie zu stoischen Vorstellungen geführten Rede von der unzertrennten Ausdehnung der göttlichen Substanz - insofern sie Geist ist - ( . . . nec separator substantia sed extenditur ...) inhaltlich vergleichbar sind, 59 bzw. mit der Theorie monarchianischer Theologen, von denen Justin der Märtyrer berichtet und deren Meinung nach der Logos eine vom Vater ungetrennte Kraft und der Zahl nach kein anderer sei, vielmehr wie der Strahl aus der Sonne „hervorspringe" ( . . . προπηδαν . . . ) und sich so, wie der Strahl beim Sonnenuntergang weggenommen wird, wieder in den Vater zurückziehe ( . . . αναστέλλει . . . ).60

Abschließend sind weitere Herleitungsmöglichkeiten der Markellischen Verwendung des Begriffspaares δυνάμει-ένεργεία zu prüfen. 53

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Unter Typus wird das periodische Steigen (επιτείνειν [επίτασις]) und Fallen (άνίημι [ανεσις]) des Fiebers verstanden. Vgl. Galen, Περί τύπων: 463 Kühn, Medicorum Graecorum opera quae exstant, Vol. VII, Leipzig 1827 (Hildesheim 1965 2 ). Ad Marium Victorinum Rhetorem de generatione divina 9: „Dicunt quidam generationem esse a deo iuxta nominatum typum. Deus enim spiritus est. Spiritus autem naturam suam nunc intendit, nunc in semet ipsum residit. Istius modi motum typum nominant. Quid deinde vero? Ab istius modi motione repente erumpit filietas quaedam et haec est generatio a deo." (120 Henry/Hadot, SC 68, 1960). Typus. Stoicisme et Monarchianisme au IVe siecle d'apres Candide l'Arien et Marius Victorinus, RThAM 18(1951) 177-187. Hadot verknüpft die Doppelbewegung des Typus mit derjenigen von Diastole und Systole und beide mit der kosmischen Hin- und Herbewegung des stoischen πνεύμα (vgl. SVF II, Nr. 471: 152,31-33 und Nr. 442: 146,10). Auf allen drei Ebenen verwendet die alte Stoa eine verschiedene Begrifflichkeit. - Der Verfasser der Vierten Arianerrede interpretiert Markell vermutungsweise (ίσως) mit der Vorstellung der dritten Ebene (Kap. 13: 57,3-5; Kap. 15: 59,24f Stegmann). Hierbei handelt es sich aber nicht um eine Kontraktion und Entspannung des Geistes, sondern um die Bewegung des Geistes in den Körpern, wobei die „Hineinbewegung" deren Substanz und Einheit konstituiert und die „Hinausbewegung" ihre Qualitäten (vgl. Max Pohlenz, Die Stoa, Bd. I, Göttingen 19846 , 74f; Emile Brehier, Chrysippe et l'ancien stoicisme, Paris 19512, 122f; Josiah B. Gould, The Philosophy of Chrysippus, PhAnt 17, Leiden 1970, 99-102). Marius Victorinus, Traites theologiques sur la Trinite, Vol. II: Commentaire, SC 69,1960, 683. Sollte sich der Text tatsächlich auf Markell beziehen, dann ändert dies nichts an der Tatsache, daß der „Typus" nicht das trifft, was Markell meint. Markell selbst verwendet weder die spezifischen Vokabeln des ersten Erklärungsversuches (έκτείνειν [εκτασις] und συστέλλειν [συστολή]), noch diejenigen des zweiten (έπιτείνειν [έπίτασις] und άνίημι [ανεσις]). Allerdings taucht in den oben zitierten neupythagoreischen Texten auch der stoische Begriff έπέκτασις auf. Apologeticum 21,12: 130 Becker, München 19612. Dial. 128,2-4: 249f Goodspeed, 19842.

I. Argumenta ad Constantinum

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Reinhard M. Hübner 61 verweist auf einen Text des Methodius, 62 in dem dieser drei Arten des Trennens unterscheidet: zum einen ενεργεία και ύποστάσει (ζ. Β. Weizen von Gerstenkörnern, die vermischt sind), zum andern έπινοία (z.B. die Materie von den Qualitäten und die Qualitäten von der Materie) und schließlich ενεργεία. Mit dieser dritten Weise will Methodius Origenes in der Frage des Auferstehungsleibes widerlegen. Origenes behaupte, daß nach dem Tode die Gestalt des Menschen vom Leibe getrennt und der Seele gegeben werde. Methodius: „Was aber das Unmöglichste von allem ist, deswegen, weil bei Veränderungen die Form der fleischlichen Wesen im voraus zugrunde geht; wie auch die Gestalt des geschmolzenen Standbildes vor der Auflösung des Erzes, da die Qualität nicht der Hypostase nach von der Materie getrennt werden kann." 63 Dies Beispiel verdeutliche nach Methodius die Trennungsweise ενεργεία. Hübner erkennt, daß sich diese Beispiele nicht „ohne weiteres auf die Markells übertragen" lassen, da es bei Methodius um die Trennung von vorhandenen Dingen oder Gegenständen gehe, bei Markeil aber um die „Sonderung" im Handelnden. Dennoch seien diese Definitionen hilfreich, da sich die Trennungsweise ενεργεία „ . . . als einer Sonderung, die durch die Bewegung zustande kommt, wobei das Gesonderte als solches nicht in eigener Hypostase bestehen bleibt, keine eigene Existenzform h a t . . . " auf Markells Texte anwenden lasse: Der Logos bleibe, auch wenn er im Wirken vom Vater abgesondert wird und ,hervorgeht', hypostatisch (hypostasei) mit dem Vater geeint, er gewinne keine Subsistenz außerhalb des Vaters, er manifestiere sich nicht in einem eigenen Sein.64 Es ist möglich, daß Markeil solche technischen Unterscheidungen kannte. Falls er darauf rekurriert, liegt auch hier eine Umformung der Trennungsweise ενεργεία gegenüber ihrer Verwendung durch Methodius vor. Methodius und Markell geht es um etwas ganz verschiedenes, wenn sie sagen, daß das jeweils Getrennte keine Hypostase habe. Markell will eben nicht sagen, daß der nur durch die tätige Wirksamkeit getrennte Logos wirklich Logos und nicht seinshaft wäre. Nicht die Nichtexistenz des scheinbar getrennten Logos ist sein Thema, sondern die Ablehnung einer von der einen Hypostase Gottes getrennten Existenz. Ganz anders dagegen Methodius. Methodius illustriert die Trennungsweise ενεργεία an einem Fall, bei dem die Trennung Ende der Existenz bedeutet: die Form einer Statue als eine ihrer Qualitäten geht notwendig mit ihrer Materie zugleich unter. Hübner überträgt eine Vorstellung des Methodius, die dieser wie Markell zwar ein χωρίζεσθαι 61 62 63 64

Soteriologie, Trinität, Christologie, 183f. De resurrectione III, 6,1-6: 396,16-397,21 Bonwetsch, GCS 27, Leipzig 1917. De resurrectione III, 6,1: 396,18-397,2 Bonwetsch. Soteriologie, Trinität, Christologie, 184.

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D. Markell von Ankyra als Theologe der Konstantinischen Wende

ενεργεία nennt, auf Markell, der aber damit nicht den Untergang des so Getrennten, sondern dessen Fortbestand in Einheit mit dem, von dem es getrennt wurde, bezeichnet. Darin besteht eine wichtige Differenz zu Markell. Die Konzeption vom Hervorgang des Logos bei Tatian, der die Vokabeln δύναμις und προελθών verwendet, besitzt ebenfalls Berührungspunkte mit Markell, enthält aber gerade diejenige Unterscheidung, die wir für Markell ablehnen, nämlich die von einer potentiellen und aktuellen Existenz des Logos. Tatian schreibt in seiner Oratio ad Graecos Kap. 5: „θεός «ήν έν αρχή», την δέ αρχήν λόγου δύναμιν παρειλήφαμεν. ό γαρ δεσπότης των δλων αυτός ύπαρχων τοϋ παντός ή ύπόστασις κατά μεν την μηδέπω γεγενημένην ποίησιν μόνος ήν· καθό δε πάσα δύναμις ορατών τε και αοράτων αυτός ύπόστασις, ήν συν αύτω τα πάντα· σύν αύτω δια λογικής δυνάμεως αυτός κα'ι ό λόγος, δς ήν έν αύτω, υπέστη[σεν]. θελήματι δέ τής άπλότητος αύτοϋ προπηδα λόγος· ό δέ λόγος ού κατα κενοϋ χωρήσας έργον «πρωτότοκον» τοϋ πατρός γίνεται, τούτον ΐσμεν τοϋ κόσμου την αρχήν, γέγονεν δέ κατά μερισμόν, ού κατά άποκοπήν τό γαρ άποτμηθέν τοϋ πρώτου κεχώρισται, τό δέ μερισθέν ο'ικονομίας τήν αΐρεσιν προσλαβόν ούκ ένδεά τον δθεν εΐληπται πεποίηκεν- ώσπερ γάρ από μιας δαδος δια τήν έξαψιν τών πολλών δαδών ούκ έλαττοϋται τό φώς, ουτω καϊ ό λόγος προελθών έκ τής τοϋ πατρός δυνάμεως ούκ άλογον πεποίηκε τον γεγεννηκότα." 65 Wie für Markell ist für Tatian Gott vor der Schöpfung μόνος. Er hat den Logos in sich. Aufgrund seines Willens zur Schöpfung „springt" bzw. geht der Logos auf eine Weise aus Gott hervor, die keine Trennung, sondern eine „Ausgliederung" aus Gott bedeutet. Martin Elze66 übersetzt ab dem zweiten Satz folgendermaßen: „Der Herr des Weltalls, der selber die Grundlage des Ganzen ist, war nämlich, insofern die Schöpfung noch nicht geschehen war, allein. Insofern er aber selber alle Kraft und die Grundlage des Sichtbaren und Unsichtbaren ist, waren mit ihm alle Dinge. Mit ihm bestand vermöge der logoshaften Kraft eben auch der Logos, der in ihm war. Durch einen Willensakt aber springt er aus seiner Einfaltigkeit des Logos hervor. Der Logos aber, der nicht umsonst entwich, wird das erstgeborene Werk des Vaters." Elze interpretiert diese Sätze so, daß Gott vor der Schöpfung alle Potenz ist und alles der Potenz nach bei ihm ist. Dasselbe gilt für den Logos. Da Gott alle Kraft ist, besitzt er auch die logoshafte Kraft: „ . . . und insofern ist nun zu sagen, daß auch der Logos bei ihm 65

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10 Whittaker (5,16-6,4 Schwartz), OECT, Oxford 1982; Textgestalt nach Martin Elze, Tatian und seine Theologie, F K D G 9, 1960, Göttingen 70-79. Zitate und Interpretationen auf den in der vorangehenden Anmerkung genannten Seiten.

I. Argumenta ad Constantinum

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ist, noch potentiell wie das All;" und: „ . . . die Seinsweise des Logos entspricht in ihrer Potentialität noch ganz derjenigen aller anderen unsichtbaren und sichtbaren Wesen." N a c h dem Willen Gottes geschieht es dann, daß der Logos aus dem potentiellen Sein in ein aktuelles Sein übergeht und so aus der hypostatischen δύναμις λογική des Vaters, die selbständige δύναμις λόγου geworden ist. Die Richtigkeit der Interpretation wird durch Tatians Bezeichnung der „Kraft des Logos" als des erstgeborenen Werkes unterstrichen. Während Tatian formuliert, daß der Logos aus der Kraft des Vaters hervorgeht (ό λόγος προελθών έκ της χοϋ πατρός δυνάμεως), bezieht Athenagoras, Legatio Kap. 10, das Idee- und Energie-Sein des Logos auf seinen Hervorgang: „ . . . εστίν ό υίός τοϋ θεοΰ λόγος τοϋ πατρός εν Ιδέα και ένεργεία- προς αύτοϋ γαρ και δι' αύτοϋ πάντα έγένετο, ένός δντος τοϋ πατρός και τοϋ υίοϋ. δντος δέ τοϋ υίοϋ έν πατρί και πατρός έν υίώ ένότητι και δυνάμει πνεύματος, νοϋς και λόγος τοϋ πατρός ό υίός του θεοϋ . . . πρώτον γέννημα είναι τω πατρί, ουχ ώς γενόμενον (έξ αρχής γαρ ό θεός, νοϋς άΐδιος ων, είχεν αυτός έν έαυτω τον λόγον, άϊδίως λογικός ών), αλλ' ώς τών υλικών ξυμπάντων άποίου φύσεως καϊ +γής οχιάς + υποκειμένων δίκην, μεμιγμένων τών παχυμερεστέρων προς τα κουφότερα, έπ' αύτοίς ιδέα και ενέργεια67 είναι, προελθών."6 68

Hier besteht wahrscheinlich ein Zusammenhang mit der Unterscheidung des Albinus zwischen einem νοϋς ό έν δυνάμει und einem νοϋς 6 κατ' ένεργείαν (Epitome [Didaskalikos]: 164,16-27 Hermann, Piatonis Dialogi, Vol. VI, Leipzig 1964 2 ). Dieser „Geist des ganzen Himmels" des Albinus steht zwischen der Weltseele, die er übertrifft, und dem „ersten" oder „überhimmlischen" Gott und Geist (vgl. 165,21 und 181,36 Hermann), der die Ursache des Himmelgeistes (vgl. 181,35 Hermann) und dessen immerwährenden Wirkens ist. Die in der Forschung diskutierte Frage, ob der Himmelgeist eine eigene Hypostase besitzt oder nicht (ablehnend: J. H . Loenen, Die Metaphysik des Albinos: Versuch einer gerechten Würdigung, in: Der Mittelplatonismus, hrsg. v. C. Zintzen, W d F LXX, Darmstadt 1981, 108 = Albinus' Metaphysics. An Attempt at Rehabilitation, Mn. IV,9 [1956] 307) und ob sich bei Bejahung dieser Frage hier die neuplatonische Stufung des Göttlichen anbahne (so Heinrich Dörrie, Zum Ursprung der neuplatonischen Hypostasenlehre, Hermes 82[1952] 340 = ders., Platonica Minora, Studia et Testimonia antiqua Bd. 8, München 1976, 294f; ders., Die Frage nach dem Transzendenten im Mittelplatonismus in: Entretiens sur l'antiquite classique 5[1957] 210 = ders., Platonica Minora, 221) oder nicht, kann hier auf sich beruhen. Denn daß Markeil nicht von Albinus abhängig sein kann, zeigt die auf dem Hintergrund des aristotelischen Gottesbegriffes - nach dem das Wesen Gottes als Geistes höchste und ewige ενέργεια ist (Metaphysik Λ 1071 b 17-20; 1072 a 5. a 22-26. b 27f Jaeger, O C T , Oxford 1965 2 ; vgl. De Anima 430 a 17-19 Hicks, Cambridge 1907 [Amsterdam 19652] und Metaphysik Θ über die Priorität der ενέργεια vor der δύναμις) - von Albinus gestaltete Anschauung, daß der Himmelsintellekt durch den ersten Intellekt immer bewegt wird und wirkt: „Es kann also niemals einen Zustand des Himmelintellekts gegeben haben, in dem dieser nicht von den νοήματα des höchsten Gottes erfüllt war und nichts dachte. Anders gesagt: der νοϋς έν δυνάμει kann nicht als neben oder gar vor dem aktiven N u s exi-

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D. Markell von Ankyra als Theologe der Konstantinischen Wende

Die Aussagen über die Einheit Gottes und die Ewigkeit des Logos gemahnen an Markell. Doch schon die δύναμις wird von Athenagoras nicht wie bei Markell ins Verhältnis zur ένέργεια gesetzt. Ferner weisen die jeweilige Bezeichnung Gottes und des Logos als νοϋς und die Verbindung von Ιδέα und ενέργεια darauf hin, daß hier Einflüsse einer aristotelisch umgearbeiteten mittelplatonischen Gotteslehre vorliegen, die mit Markell nichts zu tun haben. Bei Theophilus findet sich ebenfalls das Begriffspaar δυνάμει ενεργεία nicht, sondern die Unterscheidung λόγος ενδιάθετος - λ. προφορικός, die Markell wiederum nicht verwendet. Ferner nennt Theophilus (Ad Autolycum 11,22) den Logos in Gott N u s und Phronesis Gottes. Mit Markell zumindest vergleichbar sind allerdings seine Aussagen über die Ewigkeit des Logos, das Alleinsein Gottes „zur Zeit" von Joh 1,1 und die Deutung des Plurals von Gen 1,26, obwohl letztere beide Aussagen wieder charakteristisch von Markell abweichen: „ . . . τον λόγον τον οντά δια παντός ένδιάθετον έν καρδία θεοϋ.69 προ γάρ τι γίνεσθαι τοϋτον είχεν σύμβουλον, έαυτοϋ νοϋν και φρόνησιν δντα. όπότε δέ ήθέλησεν ό θεός ποιήσαι δσα βούλεύσατο, τοϋτον τον λόγον έγέννησεν προφορικόν, πρωτότοκον πάσης κτίσεως, ού κενωθείς αυτός τοϋ λόγου, άλλα λόγον γεννήσας . . . Ιωάννης λέγει· "Εν αρχή ήν ό λόγος, και ό λόγος ήν προς τον θεόν-' δεικνυς δτι έν πρώτοις μόνος ήν ό θεός και έν αύτω ό λόγος." 70 Anders als für Markell beschreibt für Theophilus auch Joh 1,1b das Sein des Logos in Gott, während für Markell dieser Versteil gerade das Sein bei Gott bezeichnet. Ebenfalls abweichend von Markell bildet für Theophilus Gott, Logos und Sophia eine Trias. 71 Da Markell den Logos mit der Sophia gleichsetzt, meinen beide etwas verschiedenes, wenn sie folgendermaßen schreiben: Markell: „ . . . σάρκα, ήν ό δεσπότης ημών θεός τή έαυτοϋ διαπλάττων σοφία 'ποιήσωμεν άνθρωπον', έφη . . . " 7 2

68 69

70 71 72

stierend betrachtet werden. Der Ausdruck bezeichnet lediglich einen nur gedanklich faßbaren Aspekt des Himmelintellekts; . . . (Paul Moraux, Der Aristotelismus bei den Griechen von Andronikos bis Alexander von Aphrodisias, Bd. 2: Der Aristotelismus im I. und II. Jh. n. Chr., Peripatoi 6, Berlin/New York 1984, 465). Nach Markell gab es einerseits tatsächlich das Sein des Logos δυνάμει in Gott; andererseits ist dies nicht minderwertig gegenüber dem Sein ενεργείς bei Gott. 20-22 Schoedel, OECT, 1972. Ad Autolycum 11,10: 40 Grant, OECT, 1970: „ . . . και ό λόγος ό οίγιος αϋτοϋ ό αεί συμπαρών αύτω . . . " 62 Grant. Ad. Autolycum 11,15: 52 Grant. Frg 56(95,84): 205,20f.

I. Argumenta ad Constantinum

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Theophilus „ . . . ό θεός . . . λέγων «Ποιήσωμεν άνθρωπον» . . . ουκ άλλω δέ τινι εΐρηκεν «Ποιήσωμεν», αλλ' ή τώ έαυτοϋ λόγω και τη έαυτοϋ σοφία."73 Clemens von Alexandrien entgegnet im folgenden der valentinianischen Lehre von einem zweigestaltigen, aber identischen Logos, dessen Doppelform die Offenbarung des Vaters an die Äonen ermöglicht, mit seiner Fassung von zwei Seinsweisen des „Logos in Selbigkeit." Nach Clemens verstehen die Theodotianer Joh 1,1 so, daß der μονογενής λόγος bzw. θεός, der im Schöße des Vaters ist (Joh 1,18) identisch ist mit der αρχή von Joh 1,1, in der wiederum Christus, der Logos und das Leben war. Der als Einziggeborener im Schöße des Vaters Bleibende offenbart das Wissen vom Vater als der ungetrennt herabkommende Erstgeborene aller Schöpfung. 74 Clemens entgegnet: „Ημείς δέ τον εν ταύτότητι λόγον θεόν έν θεώ φαμεν, δς και «είς τον κόλπον τοϋ πατρός» είναι λέγεται, άδιάστατος, αμέριστος, είς θεός. «πάντα δι' αύτοϋ έγένετο,» κατά την προσεχή ενεργεί αν τοϋ έν ταύτότητι λόγου, τά τε πνευματικά και νοητά και αισθητά, «ούτος τον κόλπον τοϋ πατρός έξηγήσατο», ό σωτήρ καϊ . . . «πρωτότοκος πάσης κτίσεως», ό δέ έν ταύτότητι μονογενής, ού κατά δύναμιν άδιάστατον ό σωτήρ ενεργά, ούτός έστι «τό φως» τής εκκλησίας τής πρότερον έν σκότω καϊ έν αγνοία οΰσης."75 Dieser Text kommt von allen Texten der kirchlichen Tradition vor Markeil der Markellischen Vorstellung am nächsten: auch hier geht es um zwei Seinsweisen desselben Logos, die durch die Schöpfung und die Offenbarung begründet werden. Auch hier ist der Logos nach der einen Weise von Gott ungetrennt, nach der anderen, als Soter, getrennt und dennoch mit dem Vater der eine Gott. Zugleich taucht das Paar κατά ένέργειαν -κοιτά δύναμιν auf. 76 Die Unterscheidung dieser beiden Begriffe nimmt Clemens nun aber nicht so wie Markell vor! Denn der Soter wirkt (ενεργεί) der Kraft nach (κατά δύναμιν) ungetrennt vom Monogenes. Clemens parallelisiert demnach beide Begriffe. Beide dienen der Beschreibung der ungetrennten Wirksamkeit des Soter vom Logos. Der Soter wirkt der Kraft nach ungetrennt vom Logos. Die Weise des scheinbaren Getrenntseins, wohl bei der Herabkunft als des Erstgeborenen der ganzen Schöpfung, die Clemens nicht näher darlegt,

73 74

75 76

Ad Autolycum 11,18: Grant. Excerpta ex Theodoto 8-7: 107,16-108,19 Stählin/Früchtel/Treu, Clemens Alexandrinus, Bd. III, GCS 17, 19702. Excerpta ex Theodoto 8,1-4: 108,20-24.26-29 Stählin/Früchtel/Treu. Clemens hat auch als einziger vormarkellischer Theologie die Wortverbindung δραστική ενέργεια (Stromata Buch VI, XVII, 148,6: 508,20 Stählin/Früchtel, Clemens Alexandrinus Bd. II, GCS 15, I960 2 ). Euseb von Caesarea spricht von einer δραστική δύναμις (DE IV,5,12: 137,19 Heikel, GCS 23, 1913), welche Formulierung Harnack (Lehrbuch der Dogmengeschichte, Bd II, 242 Anm. 1) Markell selbst zuschreibt.

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D. Markell von A n k y r a als Theologe der Konstantinischen Wende

wird jedenfalls nicht durch die tätige Wirksamkeit bestimmt. Diese ist vielmehr der Kraft nach ungetrennt. Ergebnis: Markell knüpft mit den Termini δύναμις(-ει) - ενέργεια (-eiα) an die Verhandlungen in Nizäa um das Anathem 'πριν γεννηθήναι ουκ ήν', genauer an ein Votum Konstantins selbst an, der mit ihnen einen Kompromiß zwischen Arianern und „Altnizänern" finden wollte. Wahrscheinlich bezog sich der Kaiser dabei auf die arianische Anschauung, daß der Vater deswegen immer Vater war, weil er immer die Möglichkeit zur Zeugung des Sohnes hatte. In der kirchlichen Tradition vor Markell (insbesondere bei Clemens von Alexandrien) gibt es Vorformen der Markellischen Gedanken, die dieser in dieser oder ähnlicher Gestalt durchaus während seiner Ausbildung oder durch Lektüre rezipiert haben mag, die aber in seiner Streitschrift gegen die Eusebianer und Kollukianisten, die er an die Adresse Konstantins im Rückbezug auf die nizänischen Vorgänge richtet, keine Rolle spielen. Neben der Aufnahme des Votums Konstantins rekurriert Markell bei der Vorstellung von der „Verbreiterung" der unzertrennt bleibenden „Eins" zur „Drei" auf die neupythagoreische Zahlenlehre und Geometrie, d. h. auf ein populärwissenschaftliches Philosophem, das sicher unter den Gebildeten verbreitet war, auf deren Kenntnis bei Konstantin er aber vertrauen konnte, wie es die zeitgleiche Tricennatsrede Eusebs von Caesarea belegt. b) Der Vergleich des Schöpfergottes mit einem Statuengießer Im vorangegangenen Abschnitt wurde ausgeführt, wie Markell zwei Argumenta ad Constantinum (Zwei-Stadien-Logoslehre und „Verbreiterung" der Monas zur Trias), die über das Begriffspaar δυνάμειένεργεία verbunden sind, verarbeitete und in seine Theologie zu integrieren versuchte. Nach den erhaltenen Texten muß es offen bleiben, ob das Pneuma nach Markell schon beim Hervorgang des Logos zur Schöpfung mitbeteiligt war und daher schon vorinkarnatorisch - entsprechend der arithmetisch-geometrischen Zusammengehörigkeit von Trias und Ausdehnung - von einem πλατύνεσθαι der Monas bzw. Gottheit die Rede sein kann. 77 Auf jeden Fall kommen beide Vorgänge, der Ausgang des Logos zur Schöpfung, als auch die Ausdehnung der Monas zur Trias, darin überein, daß sie Konzeptionen sind, die den 77

Inkarnatorisch, d. h. im Blick auf den Zusatz nach dem Fleisch am Menschgewordenen, ist sie möglich, wie Frgg 72(70,61) und 73(71,62) zeigen („ . . . denn wenn eine Untersuchung allein des Geistes stattfände, dürfte es wohl scheinen, daß der Logos natürlich ein und dasselbe mit Gott ist. Würde aber der Zusatz nach dem Fleische zum Heiland untersucht, erscheint die Gottheit nur in der Wirksamkeit erweitert, so daß sie natürlich eine unzertrennte Monas ist . . . " ) . - Daß der Heilige Geist präexistent ist, steht außer Frage (siehe oben 436f).

I. Argumenta ad Constantinum

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Übergang der δύναμις zur ενέργεια, d. h. den Übergang der in Gott und dem Vater ruhenden Kraft zur tätigen Wirksamkeit erklären sollen. Diesen Übergang möchte Markell ferner mit dem Bild vom planenden und ausführenden Künstler beschreiben, wie wir schon oben bei der Kommentierung von Frg 98(58,52) gesehen haben. Markell bringt mit diesem Vergleich zwei Gedanken zur Entsprechung, und zwar so, daß dem in Gott als ruhende Kraft und dem bei Gott als tätige Wirksamkeit seienden Logos der potentielle Zustand der Schöpfung in Planung und deren aktuelle Realisation entspricht. Markell nimmt mit dem Künstlervergleich für den Schöpfergott - ähnlich wie mit der theologisch-kosmologischen Zahlenlehre - einen weiteren philosophisch-populärwissenschaftlichen Topos auf. Dabei verbindet er den eigentlichen platonisch-aristotelischen Vergleich mit einem ursprünglich aristotelischen Schulbeispiel. ,,'Έστι γαρ ό χαλκός δυνάμει άνδρίας," sagt nämlich Aristoteles Physik Γ. 78 Dies freilich nicht, insofern es Erz ist, sondern insofern es bewegt ist. Nicht diejenige Entelechie, nach der es Erz ist, ist die Bewegung - denn es bleibt ruhig, sofern es Erz ist - , sondern die, die das Mögliche darin, worin es möglich ist, besitzt: 79 „ . . . es kommt ihm aber potentiell zu, eine Statue zu werden (τό δυνάμει τό άνδρίαντι γενέσθαι)."80 Der Mittelplatoniker Albinus schließt mit diesem Beispiel seine Ausführungen über das platonische Prinzip der Materie ab. Der Stoff ist qualitäts- und formlos, bereit zur Aufnahme der Formen: „Als solche dürfte er weder ein Körper, noch unkörperlich, vielmehr potentiell Körper sein, wie wir auch vom Erz hören, es sei δυνάμει άνδρίαντα, da es, wenn es die Form empfangen hat, eine Statue sein wird." Plotin verdeutlicht an diesem Beispiel in seiner Abhandlung Περί τοϋ δυνάμει και ενεργεία eine Unterscheidung, die m. Ε. auch Markell sachlich vollzieht, ohne sie so terminologisch vorbildlich wie Plotin durchzuführen. Plotin differenziert nämlich zwischen dem Paar (τό) δυνάμει - (τό) ένεργεια einerseits und dem Paar δύναμις - ενέργεια andererseits folgendermaßen: In dem Sinne, in dem das Erz potentiell (τό δυνάμει) Standbild genannt wird, darf es nicht „δύναμις . . . προς τό έσόμενον" genannt werden. 82 „Denn die Potenz, als bewirkende Kraft (ή δύναμις ή κατά τό ποιείν) verstanden, kann man ja nicht als bloß potentiell bezeichnen. Versteht man aber das Potentielle (τό δυνάμει) 78 79

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201 a 29f Ross, Oxford 1936. 2 01 a 29 - 201b 5 Ross = Metaphysik Κ 1065 b 23-33; vgl. 1013 a 25. b 5-9 Jaeger und Physik 195 a 3-8. So Themistius zur Stelle: Themistii in Aristotelis Physica Paraphrasis: 71,5-8 Schenkl, CAG V/2, Berlin 1900; vgl. Alexander zu Metaphysik 1048 a 25: In Aristotelem Metaphysica Commentaria: 579,24-26 Hayduck, CAG I, Berlin 1891. Epitome (Didaskalikos), 163,5-9 Hermann, Piatonis Dialogi, Vol. VI, 19642. Enneade 11,5,1: 21-30 Tom. I Henry/Schwyzer, ML.P 33, 1951.

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D. Markeil von Ankyra als Theologe der Konstantinischen Wende

nicht nur im Verhältnis zum Aktuellwerden (προς τό ενεργεία), sondern auch zur Wirksamkeit (προς ενέργεια), so müßte das Potentielle ([τό] δυνάμει) auch bewirkende Kraft (δύναμις) sein. Besser aber und deutlicher ist es, potentiell nur im Verhältnis zu aktuell und Potenz nur im Verhältnis zum Akt zu verwenden." 83 Aufgrund des Rekurses auf das Beispiel vom Erz, das zwar schon potentiell eine Statue ist, aktuell aber erst nach Hinzufügung der Form, verwendet Markell das Begriffspaar δύναμις-ένέργεια, bzw. δυνάμειένεργεία auch im Sinne von potentiell und aktuell. Abweichend aber von den Arianern 84 bezieht er es nicht auf das Verhältnis des Vaters zu einer zunächst potentiellen, später aber erst aktuellen Vaterschaft, sondern auf das Verhältnis des Schöpfers zu der geistigen Vorbereitung der Schöpfung einerseits und der sinnlich wahrnehmbaren Verwirklichung der Schöpfung andererseits. Sachlich, aber nicht terminologisch, unterscheidet Markell damit wie Plotin zwei Weisen der Rede von δύναμις-ένέργεία, bzw. δυνάμει-ένεργεία. Denn er bezeichnet ja auch die diesen beiden Schöpfungsphasen entsprechenden Seinsweisen des Logos (δυνάμει) in Gott und (ενεργεία) bei Gott mit denselben 83 84

Enneade 11,5,1: 24-29 Tom. I Henry/Schwyzer. Nicht nur Markell, sondern auch Asterius bezog sich auf die Diskussion um die Frage einer potentiellen Existenz des Sohnes vor der Zeugung zur Präexistenz mit einem ursprünglich aristotelischen Beispiel, wie Frg IV Bardy belegt. Dieser Text muß wegen der Wendung πριν της γενέσεως (γεννήσεως), die auf das Anathem ,πρίν γεννηθήναι ούκ ήν' anspielt, nach Nizäa formuliert worden sein. Er lautet: „ . . . und vor der Zeugung des Sohnes besaß der Vater vorherexistierend das Wissen zur Zeugung, da ja auch der Arzt vor der Heilung das Wissen zum Heilen besitzt . . . " Mit der Aufnahme des aristotelischen Beispieles vom Arzt, verbindet Asterius geschickt die beiden Momente „Potenz des Vaters, einen Sohn zu haben" und „potentielle Präexistenz des Sohnes" im Rahmen arianischer-kollukianistischer Theologie. Denn das Beipiel erklärt in der Metaphysik Ζ solche γενέσεις, die nicht δια φΰσιν geschehen, sondern ποιήσεις sind (Metaphysik 1032 a 12f. 25-28 Jaeger, OCT, 1957 passim). Sie zerfallen in das vorangehende Denken und das nachfolgende Tun (Metaphysik 1032 b 15-17 Jaeger). Die Gesundheit, z.B., ist zunächst der Begriff in der Seele oder im Wissen (1032 b 5f; vgl. If.l3f). Sobald der Arzt die Schritte, die zur Gesundheit des bisher Kranken führen, vom Prinzip und der Form der Gesundheit her „rückwärts" (über die Temperaturgleichheit und das Wärmen zum Reiben) gedacht hat, beginnt seine Tätigkeit mit dem, was für das Denken das Letzte ist (1032 b 6-17). Dann existieren die Schritte zur Heilung zum einen selbst potentiell, zum andern besitzt „υπάρχει δέ ΐόδι (seil, das Wärmen) δυνάμει • der Arzt die Fähigkeit, sie auszuführen τοϋτο δέ ήδη έπ' αύτω (dies ist schon im Bereich seiner [seil, des Arztes] Fähigkeiten [1032 b 21]). Alexander von Aphrodisias kommentiert im Blick auf das Reiben: „υπάρχει έν τω 'ιατρω δυνάμει" (In Aristotelem Metaphysica Commentaria: 491,5-13 Hayduck, CAG 1,1891) und den Arzt: „δύναται αυτήν ποιήσαι" (In Aristotelem Metaphysica Commentaria: 491,25 Hayduck, CAG I, 1891; vgl. 582,12f zu Metaphysik 1049 a 6f). Aristoteles (1032 b 28-31) fügt an: „Also ist es unmöglich, wie man sagt, daß etwas wird, wenn nicht schon etwas vorher vorhanden war ([προϋπάρχοι]: dies betrifft sowohl die Form als auch den Stoff [1032 b 31 - 1033 a 2]).

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Begriffen. Zum einen nennt Markell demnach sowohl den Logos als schöpferische Kraft Gottes als auch die erst konzepthaft und potentiell existierende Schöpfung δυνάμει in Gott, zum anderen sowohl den Logos als ausführende Tätigkeit Gottes als auch die wirklich werdende Schöpfung ένεργεία bei Gott. Zusammen mit dem Beispiel vom Erz, das potentiell ein Standbild ist, rezipiert Markell in diesem „kleinen uns entsprechenden menschlichen Beispiel" eine Konzeption des Deus creator, in dem der auf die ewigen Urbilder schauende Demiurg des Timaios85 und die νόησις νοήσεως der Metaphysik Λ 86 so zusammengeflossen sind, daß der Schöpfer die Paradigmen für die Schöpfung als seine eigenen Gedanken in sich schaut.8

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Vgl. insbesondere 27 d 5 - 28 b 2 und 37 c 6-9 Burnet, Piatonis opera IV, OCT, Oxford 1902 (passim). 1074 b 33-35 Jaeger. Cicero, Orator 8-10: 3,1-14 Westman, BSGRT, Berlin 1980 (ohne Vergleich des Künstlers [Phidias] mit Gott; so auch Plotin, Enneade V, 8, 1: Tom. II Henry/Schwyzer, ML.P. 34, Brüssel/Leiden 1959); Proclus, In Piatonis Timaeum Commentaria I: 265,18-24 Diehl, Leipzig 1903 (im Kommentar zu Timaios 28 a/b; vgl. A. J. Festugiere, Commentaire sur le Timee, Tome II, Livre II, Paris 1967, 106 Anm. 2); Albinus, Epitome (Didaskalikos): 163, 18-22.27-31 Hermann, Piatonis Dialogi, Vol. VI, 1964 2 ; Atticus, Fragment 9,35-45 Des Places, CUFr, Paris 1977; Chalcidicus, Timaeus a Calcidio translatus: 330,29 - 331,4; 335,20f; 336,2f; 340, 7-10 Waszink/Jensen, Plato Latinus Vol. IV, London/Leiden 1962. Audrey Ν. Μ. Rich (Die platonischen Ideen als Gedanken Gottes, in: Der Mittelpiatonismus, hrsg. v. C. Zintzen, WdF LXX, Darmstadt 1981, 203 = The Platonic Ideas as Thoughts of God, Mn. IV,7 [1954] 127) vertritt die These, daß „die Theorie, die Ideen seien Gedanken Gottes, nicht in erster Linie durch gegenseitige Beeinflussung theologischer Lehren entstanden ist, sondern vielmehr aus der Übertragung einiger ursprünglich für den menschlichen Geist zutreffender psychologischer Vorstellungen auf die göttliche Sphäre," wozu der Künstlervergleich als Beleg dient (a.a.O. 206=130f). Obwohl Rieh den Einfluß des aristotelischen Gottesbegriffs nicht ausschließt, mißt sie letzterem nicht eine so große Bedeutung zu, wie dies Roger Miller Jones (Die Ideen als Gedanken Gottes, in: Der Mittelpiatonismus, hrsg. v. C. Zintzen, 187-199 = The Ideas as the Thoughts of God, CP 21[1926] 317-326), Willy Theiler (Die Vorbereitung des Neuplatonismus, Problemata 1, Berlin 1930, 16) und Moraux (Der Aristotelismus, Bd. II, 461) tun. Mit je unterschiedlichen Nuancierungen halten R. E. Witt (Albinus and the history of Middle Platonism, Berlin/New York 19712, 71), C. J. de Vogel (A la recherche des etapes precises entre Piaton et le Neoplatonisme, Mn. IV,7 [1954], 111-122, besonders 118), J. H. Loenen (Die Metaphysik des Albinos, in: Der Mittelplatonismus, hrsg. v. C. Zintzen, 114f.l27 = Albinus' Metaphysics, Mn. IV,9 [1956] 296-319 und Mn. IV, 10 [1957] 35-56) und Η. J. Krämer (Der Ursprung der Geistmetaphysik, 110-114) die Lehre von den Ideen als Gedanken Gottes für das Ergebnis einer innerplatonischen Entwicklung.

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D. Markell von Ankyra als Theologe der Konstantinischen Wende

Während es ζ. B. für Seneca unerheblich ist, ob das Urbild im Geist des Künstlers bzw. Gottes oder außerhalb ist, 8 8 kombiniert Euseb in seiner Erwiderung an Markell beides: der Sohn Gottes schaut bei der Schöpfung auf die Gedanken Gott-Vaters als auf die Archetypen und Ideen der Schöpfung, die der Vater so denkend vorbereitete. 8 9 Ahnlich wie Tertullian 9 0 und Methodius 9 1 korrigiert Markell jedoch die bei Philo 9 2 und abgeschwächt auch noch bei Origenes 9 3 vorhandene Wesensverwandtschaft oder gar Identität von L o g o s bzw. Sophia und Idee: auch der planende L o g o s in G o t t ist Gott-Schöpfer und die geistige Vorbereitung der Schöpfung im Verhältnis zum Schöpfer nichts anderes als Schöpfung.

Mit der Heranziehung des platonisch-aristotelischen Vergleiches und des ursprünglich aristotelischen Schulbeispieles zeigt sich Markell als alles andere als ein „Biblizist" oder „kirchlicher Traditionalist." Der Bezug dieser Gedanken zum Begriffspaar δυνάμει-ένεργεία und sein populärphilosophischer Charakter lassen den Schluß zu, daß hier ein weiteres speziell auf Konstantin gemünztes Argument Markells vorliegt. c) Der Vergleich der Inkarnation mit der Aussendung des Kaiserbildes; - zwei Kaiservergleiche in der Epistula ad Antiochenos Wir hatten oben zu den Frgg 51-56 festgestellt, daß Markells Diskussion des Themas „Bild des unsichtbaren Gottes" an dieser Stelle erfolge, weil ihm die Abwehr der δύο πρόσωπα von den Frgg 47-50 auf diese Weise gut weiterführbar erschien. Daneben hatten wir auf Frg 51 hingewiesen, worin Markell gegen Asterius einwendet, dieser wolle „Gott in dem Maße vom Logos . . . unterscheiden, in dem auch ein 88

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Ad Lucilium Epistula Moralis LXV,7: 540 Prechac/Rosenbach, Philosophische Schriften Bd. IV, Darmstadt 1987 2 ; vgl. LVIII,18-21: 478-480. Auch Proclus (In Piatonis Timaeum Commentaria I: 264,16 Diehl, 1903) kennt beide Möglichkeiten. E T 111,3,50-58: 154,26-155,30; nach der D E V,4,7.10: 228,9-15.33-36 (vgl. IV,5,13: 157,34-158,5) Heikel trägt der Logos die Ratio alles Gewordenen und die unkörperlichen, unsichtbaren Ideen in sich. Adv. Prax. V,2-VII,1: 1163-1165 Kroymann/Evans, CChr.SL II. Nahe bei Markell ist Tertullians Vergleich des die Schöpfung vorbereitenden Gottes mit dem Menschen nach Gen 1,26 (Adv. Prax. V,5-7: 1164). De autexusio XXII,9: 205,11-206,3 Bonwetsch, GCS 27, 1917. De opificio mundi 24f: 7,12f; 8,2-4 Cohn, Vol. I, 1962 2 ; vgl. §§ 16-25: 4,21-8,4. Origenes unterscheidet allerdings die Typen, Formen und Wesen der zukünftigen Schöpfung dadurch von der Sophia, daß er die Schöpfung der Sophia nach Prov 8,22 als Ubergabe von ersteren an die Sophia interpretiert. In der Sophia sind die Typen und Logoi des Werdenden im voraus differenziert. Die Sophia gibt sie an die Materie weiter (Johanneskommentar 1,19, §115 und Frg 1: 24,7-10 und 485,4-15 Preuschen; De principiis 1,2,2: 30,5-8 Koetschau; siehe Abramowski, Dionys von Rom [+268], 265-268).

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Mensch von seinem eigenen Bilde unterschieden zu sein scheint . . . " Jetzt ist zusätzlich auf folgende Worte von Frg 54 zu achten: „Denn die Bilder zeigen diejenigen, deren Bilder sie sind, auch wenn sie abwesend sind, so daß auch der Abwesende durch sie zur Erscheinung zu kommen scheint." Diese Bemerkungen bzw. Textstellen erhalten nun dadurch eine Bestimmtheit, daß aus der Antilogie des Acacius eindeutig hervorgeht, daß Markeil nicht nur allgemein vom Menschen und seinem Porträt gesprochen, sondern zum Vergleich die Relation von Kaiser und Kaiserbild herangezogen hat. Acacius schreibt: „Indem du das Bild des Kaisers in seiner Leblosigkeit, Gottlosigkeit, Willenslosigkeit, Machtlosigkeit, Ruhmlosigkeit und Wesenslosigkeit herangezogen hast, gebührte es, dir die frevelhafte Zunge herauszuschneiden, da du die Rede wider den Herrn führtest und in einem solchen Leben enden sollst, das so frevelt." 94 Markeil spricht mit dem Gedanken des Gegenwärtigseins (φαίνεσθαι) des Abwesenden eine Grundfunktion des Kaiserbildes aus,95 die es insbesondere durch Aufstellung auf öffentlichen Plätzen, durch Prägung auf Münzen, als σύνναος96 oder Bestandteil der Feldzeichen im Heer, durch Aufstellung (bzw. als Insigne auf dem Codicillus 97 der hohen Beamten) bei der Rechtsprechung und vor allem natürlich im Kaiserkult besaß. Durch die Präsenz der kaiserlichen Hoheitsrechte im Kaiserbild gilt für es gegenüber sonstigen Bildern der Gedanke der Anwesenheit des Abwesenden par excellence.98 Markeil dürfte aber einen ganz speziellen Gebrauch der Vorstellung der divina praesentia des Kaisers in seinem Bilde im Blick gehabt haben, als er es zum Vergleich für die Erscheinung des Vater und Logos umschließenden unsichtbaren Gottes im Menschgewordenen verwendete: nämlich die Aussendung der laureatae imagines bei Regierungsantritt, die mindestens seit Diocletian in einem festen Zeremoniell vollzogen wurde und die sowohl der Anerkennung des neuen Herrschers durch die Mitregenten als auch der Huldigung des Volkes diente.99 Die 94 95

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Pan. haer. 72,7,2: 261,10-14 Bd. III Holl/Dummer. Die folgenden Ausführungen beruhen auf A. Alföldi (Die monarchische Repräsentation im römischen Kaiserreiche, Darmstadt 1970, 65-79), H . Kruse (Studien zur offiziellen Geltung des Kaiserbildes im römischen Reiche, SGKA 19,3, Paderborn 1934), K. Setton (Christian Attitude towards the Emperor in the Fourth Century, L o n d o n / N e w York, 1941,196-211) und Th. Pekary (Das römische Kaiserbildnis in Staat, Kult und Gesellschaft: Das römische Herrscherbild, III. Abt., Bd. 5, Berlin 1985). Alföldi, Die monarchische Repräsentation, 68. Kaiserliches Amtsdiplom: Kruse (Studien, 99-100). Weitere Verwendungen als Insigne: 106-112. Alföldi (Die monarchische Repräsentation, 71) spricht sogar von „Identifizierung von Person und Bild". Kruse, Studien, 12-18.23-50; Pekäry, Das römische Kaiserbildnis, 6.

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D . Markell von A n k y r a als Theologe der Konstantinischen Wende

Gründe dafür sind zum einen die Betonung des inkarnatorischen Bildwerdens vonseiten Markells in den Frgg 51-56,100 zum andern Markells Rede von der Inthronisation zur Königsherrschaft des Menschwerdenden und angenommenen Menschen in den Frgg 99(111,99), 100(112,100); 101(113,100); 103(115,102); 105(117,104)101 und drittens der Bezug, den Euseb in ET auf Markells Verwendung des Vergleiches vom Kaiserbild macht und worin Euseb, wie er es auch sonst oft tut, Vorstellungen Markells aufnimmt, aber freilich nach seiner Theologie verändert. An der ersten Stelle legt Euseb Joh 5,32b in positiver Formulierung: „ . . . ό τιμών τον υΐόν τιμα τον πατέρα τον πέμψαντα αύτόν" mit diesem Vergleich folgendermaßen aus: „Denn wie wir, wenn wir das ausgesandte (καταπεμφθείσαν) Bild des Kaiser verehren, das Urbild des Abbildes, nämlich den Kaiser selbst verehren dürften, auf dieselbe Weise dürfte wohl der Vater durch den Sohn verehrt, wie auch durch ihn gesehen werden." 102 Die zweite Stelle lautet: „Wie also, wenn ein Vater existiert und ein Sohn aus dem Vater von Natur entstanden ist, wohl niemand Vernünftiges sagen dürfte, daß es zwei Väter oder zwei Söhne gibt, und wie, wenn ein König herrscht, ein Bild von ihm überallhin auf der Erde getragen wird (προφερομένης), kein Vernünftiger von zwei Herrschenden spräche, sondern von einem, der durch das Bild verehrt wird, auf dieselbe Weise (wie schon oft von uns gesagt) hat die Kirche Gottes überkommen, einen Gott zu verehren und verharrt in Anbetung (προσκυνοϋσα) desselben durch den Sohn wie durch ein Bild."103 Die dritte Stelle vergleicht die Genauigkeit und Lebendigkeit der Ähnlichkeit zwischen Vater und Sohn mit Kaiser und Kaiserbild, obwohl erstere über jedes Beispiel erhaben sind.104 Euseb benützt in den ersten beiden Texten, wie der Bericht des Historikers Zosimus über Maxentius' Versendung seines Bildes nach Afrika circa im Jahre 310105 und Kaiser Julians Angaben über die von ihm durchgeführte Verbreitung des Bildes Konstantius' II. in Gallien im Sommer 356 belegen,106 die Sprache der Bildaussendung bei Regierungsantritt bzw. bei Herrschaftsantritt in einem bestimmten Gebiet.

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204,33; 205,lf; 205,13f. 210,13-17.26-30. 102 E T 11,7,16: 106,13-16; vgl. D E V,4,10: 225,14-22 Heikel. 103 e t ii ( 23,3f : 133,32-134,4. Basilius von Caesarea verwendet in D e Spiritu Sancto Kap. 18/45 (406 Pruche, SC 17bis, Paris 1968) einen ganz ähnlichen Vergleich: auch das Bild des Kaisers wird „Kaiser" genannt; es sind nicht zwei Kaiser. Vater u n d Sohn sind eine κρατούσα αρχή, εξουσία u n d δοξολογία. 104 E T 111,21,1: 181,17-30. 105 Historia nova Β, Kap. 12: 69,16-19 Mendelssohn, Leipzig 1867 (Hildesheim 1963 2 ). 106 „Τούτων δε δν εφην τρόπον γενομένων, περί τας τροπας τας θερινας επιτρέπει (seil. K o n stantius II.) μοι (seil. Julian) βαδίζειν εις τα στρατόπεδα τό σχήμα και τήν εικόνα περιοίσοντι τήν έαυτοϋ' και γάρ τοι και τοΰτο εΐρητο και έγέγραπτο, δτι τοις Γάλλοις ού 101

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Mit dieser - soweit ich sehe - ersten Verwendung des Vergleiches vom Kaiser und seinem Bild in der christlichen Gotteslehre liegt ein weiteres „konstantinisches" Element bei Markell vor, und zwar in einem doppelten Sinn: einmal im Blick auf den Verständnishorizont des Adressaten, dem sich Markell verständlich machen will, zum andern aber auch im Blick auf die Veränderung der Gesamtsituation des Christentums im Jahre 336, die freilich gerade durch Konstantin entscheidend bewirkt worden war, der sich für sein eigenes Haus einen göttlichen Kult verbat, wie aus der Inschrift aus Spello in Umbrien etwa aus derselben Zeit hervorgeht. 107 Insbesondere für Markell, der die große Verfolgung mit ihrem Opferzwang vor Kaiserbildern, 108 „dem Sakrament des Kaiserkultus", 10 selbst miterlebte und auf der Synode von Ancyra 314 über die Wiederaufnahme der Lapsi beriet, bedeutet es eine sich in circa 20 Jahren unter dem Eindruck Konstantins vollzogene vollkommene Umorientierung. Aus den Äußerungen Eusebs geht hervor, daß auch er die Proskynese vor den Kaiserbildern für problemlos hält. 110 In Frg 7(7,60[14-21]) der Epistula ad Antiochenos vergleicht Markell die Fähigkeit des Theologen, zu unterscheiden, welche Schriftstellen sich auf die Gottheit des Logos und welche sich auf den κατά τον σωτήρα νοούμενον ανθρωπον beziehen mit dem Wissen des Geldwechslers, der bei gleichem Kaiserbildnis und gleicher Aufschrift der Münzen ihren Wert danach unterscheidet, ob sie aus Gold oder aus Silber sind.

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βασιλέα δίδωσιν, άλλα τον την έαυτου προς έκείνους εικόνα κομιοΰντα. (Epistula ad Athenienses: 224 Tom. 1/1 Bidez, CUFr, Paris 1932). CIL XII,2,1, Nr. 5265: 768, Zeilen 40-47 Bormann, Berlin 1901. Vgl. zur Inschrift Kraft (Kaiser Konstantins religiöse Entwicklung, 209-211.339f) und Karayannopulos (Konstantin der Große und der Kaiserkult, in: Römischer Kaiserkult, hrsg. von A. Wlosok, WdF 372, Darmstadt 1978, 491-495.507f) und zur Sache Euseb (VC IV, 15f: 125,19-126,3 Winkelmann, GCS,1975). Alföldi, Die monarchische Repräsentation, 72-79. Peterson, Christus als Imperator, in: Theologische Traktate, München 1951, 158. Mit der konstantinischen Wende fiel das Opfern natürlich weg, der Fußfall vor den Bildern aber blieb, was ζ. B. auch Gregor von Nazianz akzeptiert, wenn die Bilder nur nicht neben Götterbildern aufgestellt sind (vgl. 4. Rede gegen Julian, Kapp. 80f: 202.204 Bernardi, SC 309, Paris 1983). Dennoch gab es Stimmen, die weiterhin jede Verehrung von Kaiserbildern verwarfen, z.B. Hieronymus (In Danielem 1,3,18b [zu Daniel 3,18]: 801f Glorie, CChr.SL 74, Turnhout 1964). - Settons (Christian Attitude towards the Emperor, 13.23.197.203-211) Hauptergebnis ist, daß sich seit Origenes (vgl. In Exodum homilia VIII,4: 223,7-16.23-31; 224,23 Baehrens, GCS 29, 1920) die christliche Unterscheidung zwischen προσκυνεϊν (adorare) vor Kaiserbildern und dem λατρεύειν (colere) Gottes herausbildet, die in den Pseudonymen (Firmicus Maternus) Consultationes Zacchaei et Apollonii Kap. 28 (34f Morin, FlorPatr Fase. 39, Bonn 1935) erschöpfend durchgeführt ist. Vgl. noch Pekäry, Das römische Kaiserbildnis, 128.

484

D. Markell von Ankyra als Theologe der Konstantinischen Wende

In Frg 28(28,74) der Epistula ad Antiochenos vergleicht Markell die Höllenfahrt Christi mit dem Gang eines Kaisers in die Gefängnisse. Wie dem Kaiser das Herzutreten der Gefangenen nichts schadet, sondern diesen vielmehr nützt, so werde auch der Sohn Gottes und GottLogos durch den Leib, den er trug und der für uns stirbt, bzw. durch den für uns sterbenden Jesus nicht geschädigt, sondern nützt vermittels des sterblichen Leibes den im „Hades-Gefängnis" Festgehaltenen durch den Geist der Gottheit und befreit sie. 111 d) Die Bekränzung des leeren Thrones als Vergleich für die Inthronisation des unsterblich gewordenen menschlichen Fleisches; - die Betrachtungen über den Thron in der Epistula ad Antiochenos, Kapp. 12-17 Nach Euseb sagte Markell: „ . . . daß der Logos Gottes das menschliche Fleisch durch die Auferstehung unsterblich zu werden bereitet habe und daß er es wie einen geflochtenen Siegeskranz zur Rechten des Vaters niedersetzte . . . (Frg 84[127,114])." Markell spricht in diesem Frg einerseits von der Bereitung des menschlichen Fleisches zur Unsterblichkeit durch den Logos, andererseits aber auch davon, daß es der Logos schon wie einen gewundenen Siegeskranz zur Rechten des Vaters niedersetzte. Nach Frg 83(110,98) wird der Mensch zum „Mitthronenden mit Gott in den Himmeln" bereitet. Die Vorstellung, die dem Vergleich in Frg 84 zugrundeliegt, ist die eines bekränzten, aber ansonsten „leeren" Thrones, da ja in diesem Bild der Siegeskranz anstelle des menschlichen Fleisches den Thron einnimmt. Dies Bild entstammt ebenfalls - wie der Vergleich mit dem Kaiserbild - der monarchischen Repräsentation der römischen Kaiser 112 und ist von daher zu einem Element bzw. zu einer Gestalt des christlichen ikonographischen Typus der Hetoimasia geworden. 113 Hellenistischen Ursprungs - als Nachahmung der Sellisternien 114 der 111

Asterius (Homilia II. In Palmum 11,21: 13,3-10 Richard, SO. 16,1956) vergleicht die Ungestraftheit derer, die Jesus kreuzigten, mit der kaiserlichen Amnestie für Gefangene und Aussetzung der Strafverfolgung während öffentlicher Spiele. E r zieht den Vergleich bis zu seiner Gegenwart aus: an Ostern werden keine Leibesstrafen vollzogen und die Gefangenen (wohl vorübergehend) frei gelassen.

112

Vgl. zum folgenden Alföldi, Die monarchische Repräsentation, 252-257.

113

Das zweite Bildungselement neben der Kaisersymbolik ist die liturgische Praxis. Außer dem Kranz (Diadem, Krone) gibt noch weitere kaiserliche bzw. christologische Insignien, insbesondere das Christusmonogramm, das Gemmenkreuz, das Lamm, die Siebensiegelrolle und die Taube (vgl. van Bogyay, Art. Hetoimasia, R B K Bd. II, Stuttgart 1971, 1191f). Bereitstellung eines Sessels für die Göttin zur Göttermahlzeit, vgl. Johann Baptist Keune, Art. Solium, R E C A , Neue Bearbeitung, Zweite Reihe, 5. Halbband, Stuttgart 1927, 930.

114

I. Argumenta ad Constantinum

485

Götter - , drang diese Vorstellung als Form der Ehrung von Lebenden und Toten während des Prinzipats in Rom ein, wobei die (vergoldete) sella curulis mindestens seit Pertinax und Severus (193-211) durch den Götterthron ersetzt wurde. Da der Thron, wie auch seine Insignien (eben ζ. B. der edelsteinverzierte Goldkranz), Symbole der Herrschaft und des Reiches sind, ist der Sinngehalt des Solisternium, d.h. der Herrichtung des Thrones, die Adoration des Herrschers und seiner Herrschaft. Insbesondere auf Münzen sind uns pagane Darstellungen der sella curulis und dann auch des Götterthrones mit Kranz erhalten. 115 Die frühesten christlichen Kunstzeugnisse, die zum Typus der Hetoimasia gerechnet werden, nämlich ein Frontrelief auf einem Sarkophag aus der Nekropole in Tusculum, 116 und ein Reliefnegativ einer Gemme aus Chalcedon, 117 zeigen Thron und Kranz mit Christusmonogramm! N a c h A n d r e Grabar versinnbildlicht der T h r o n des H e r r n in der christlichen Kunst des 4.-6. Jh. nie das Jüngste Gericht, wie oft im mittelalterlichen B y z a n z , sondern den herrschenden Christus (Christ souverain). 1 1 8 Dieser A n sicht stimmt T h o m a s von B o g y a y zu, wenn er auch einschränkend das Offenbarwerden dieser Herrlichkeit an die Parusie knüpft. 1 1 9 F. van der Meer deutet im Rahmen der Betrachtung des berühmten Mosaikes im Zentrum des Triumphbogens von Maria Maggiore 1 2 0 die „Schau des T h r o n e s " , wie er sagt, als Theophanie der Offenbarung Johannes, als E r h ö h u n g des Sohnes zur Rechten des Vaters, als seine unsichtbare Anwesenheit und seine uneingeschränkte Herrschaft. 1 2 1 Karl Baus schließlich urteilt über die christliche Darstellung des Thrones mit Kranz: „Wichtig ist hier vor allem, daß die Throndarstellung in Zusammenhang gebracht wird mit der Vorstellung eines Sieges." 1 2 2

In Frg 84 liegt demnach ein bisher unbeachtetes sehr frühes literarisches Zeugnis für die Entwicklung der Ikonographie der Hetoimasie 115 116

117

118 119

120

121 122

Alföldi, Die monarchische Repräsentation, Abb. 15,4 und 6: 255; Taf. 14,9-11.12.13. Wilpert, I sarcofagi cristiani antichi, MAC, 1. Ser., Vol. I/Testo, Rom 1929, Fig. 1, S. 3; vgl. 42. Königliche Museen zu Berlin. Beschreibung der Bildwerke der christlichen Epochen Bd. 3/1: Altchristliche Bildwerke, bearb. v. Oskar Wulff, Berlin 1909 2 , Nr. 1141, 233f und Tafel LVI. Wulff datiert auf das III.-IV. Jahrhundert. Die Gemme ist unvergrößert photographiert. Vergrößert und stilisiert dient sie der Schriftenreihe Theophaneia, Bonn Iff, 1940ff als Titelvignette. L'empereur dans l'art byzantin, Straßburg 1936 (London 1971 2 ) 199f. Art. Hetoimasia, RBK Bd. II, 1971, 1191 und ders., Art. Thron (Hetoimasia), LCI Bd. 4, Freiburg/Basel/Wien 1972, 307. Grabar (L'empereur dans l'art byzantin, 214) sieht hier das solisternium Gottes dargestellt. Maiestas Domini, SAC Bd. 13, Rom/Paris 1938, 233. Der Kranz in Antike und Christentum, Theoph. Bd. 2, Bonn 1940, 210.

486

D. Markell von Ankyra als Theologe der Konstantinischen Wende

vor, 123 das sich gut in die kunstgeschichtliche Interpretation der noch nicht auf das Endgericht eingeengten Hetoimasie einfügt. 124 Daß auch bei Markell das Jüngste Gericht mit dem Thron des Erhöhten in Verbindung gebracht wird, zeigen die Frgg 104(116,103), 107(119,116), 109(121,108). 125 Markell bezieht hier jedoch die Aufnahme des imperialen Ritus des Solisternium nicht auf das Richteramt Christi, sondern sagt durch ihn Sieg, Herrschaft und Herrlichkeit „unseres" menschli-

chen Fleisches aufgrund seiner Auferstehung, Erhöhung und Inthro-

nisation zur Rechten Gottes aus. Es liegt hier also auch eine anthropologische oder ekklesiologische Hetoimasia vor. 126 Wenn unsere Heranziehung des Kaiserzerimoniells zum Verständnis dieser Stelle Markells stichhaltig ist, dann können wir jetzt noch folgende Präzisierung hinzufügen. Markell verwendet den bekränzten Thron als Vergleich. Ohne den Vergleich würde er direkt behaupten, daß „unser" Fleisch jetzt schon neben dem Vater auf dem Thron sitzt. Durch den Vergleich mit dem Kranz auf dem Thron, aufgrund dessen unser Fleisch wie ein Siegeskranz zur Rechten des Vaters sitzt, überträgt er diejenige Differenzierung an Realität, die zwischen der kaiserlichen Anwesenheit auf dem insignienbesetzten „leeren" Thron und der wirklichen Anwesenheit des Kaisers besteht, auf die Differenz zwischen unserer jetzigen und unserer zukünftigen Verherrlichung. Das Moment der „bekränzten Leere" des Thrones bedeutet bei Markell demnach nicht das Warten auf den wiederkommenden Richter, sondern auf unsere eigene Auferstehung und Himmelfahrt. In der vorliegenden Thematik ergeben sich neue Verbindungen zu De incarnatione et contra Arianos sowie zu der Epistula ad Antiochenos Kapp. 12-17. Im Rahmen der Auslegung von Hebr 3,lf 123

Zugleich stellt es einen Beleg für den heute z . B . von van Ufford (Bemerkungen über den eschatologischen Sinn der Hetoimasia in der frühchristlichen Kunst, Bulletin Antieke Beschaving 46[1971] 199f.207) und Geir Hellemo (Adventus Domini. Eschatological Thought in 4th-Century Apses and Catecheses, Supplements to VigChr Vol. 5,1989, 14) wieder stärker angezweifelten Einfluß der imperialen Riten und ihrer Abbildungen auf diese Entwicklung dar, insbesondere deswegen, weil es so früh schon die christologisch-ekklesiologische Anwendung des Bildes vom bekränzten „leeren" Thron belegt.

124

Beat Brenk (Tradition und Neuerung in der christlichen Kunst des ersten Jahrtausends. Studien zur Geschichte des Weltgerichtsbildes, W B S Bd. 3, Wien 1966, 72f) rechnet für die frühen und isolierten Hetoimasiedarstellungen mit einer Vielfalt von speziellen Bedeutungen, je nach der Art der Symbole auf dem Thron.

125

209,27-29; 210,2f; 211,17; 212,6f.

126

Bogler (Parata Sedes Tua ex tunc! Zu einem christlichen Symbol, in: Gottesdienst Ein Zeitbuch, Beiheft 2 zur Schriftenreihe „Die Schildgenossen", hrsg. von Rudolf Schwarz, Würzburg 1937, 121) legt den Thronsitz des Sarkophages aus Tusculum auf den Sitz aus, „den der H e r r sich durch die Taufe in der Seele des Verstorbenen bereitet hatte." Vgl. unten 494.498f.

127

I. Argumenta ad Constantinum

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( . . . κατανοήσατε τον . . . αρχιερέα . . . Ίησοϋν, πιστόν δντα τω ποιήσαντι αύτόν . . . ) entwickelt Markeil vermittels Hebr 8,1 (... τοιούτον εχομεν αρχιερέα, δς έκάθισεν έν δεξιά τοΰ θρόνου της μεγαλοσύνης έν τοϊς ούρανοϊς, . . . )128 eine ausgedehnte Reflexion über die Exegese von Schriftstellen, in denen vom Sitzen auf einem Thron die Rede ist. Das Ziel der Argumentation ist, daß - eigentlich gesprochen - nur der vom Logos angenommene Mensch, der „Herrlichkeitsmensch", lokal auf dem Thron sitzt. Diejenigen Schriftstellen, die vom Thronen Gottes selbst handeln, sind Visionen (III Reg 22,19 LXX; Jes 6; Ez 1; Dan. 7)129 und gleichnishaft zu verstehen. Ihr Sinn ist durch den Thron gegeben. Er meint die Unterwerfung der ganzen Schöpfung. 130 Auch dies ist eine Vorstellung, die im hellenisierten römischen Kaiserritual beheimatet ist, nämlich die Proskynese, die vollkommene Unterwerfung bedeutet, vor dem leeren Thronsessel. 131 Ferner enthält die symbolische Auslegung Markells der Thronvision von Jesaja 6,1-6, wiederum ein Motiv der römischen Herrschaftsdarstellung. Spätestens seit Diocletian - vielleich auch schon früher durfte niemand mehr in Anwesenheit des Kaisers sitzen, sondern jeder bezeugt ihm durch Aufstehen Ehre. Die Berater nehmen nach ihrem Range Aufstellung vor dem Kaiser und bilden so das consistorium. 132 Die stehenden Seraphim von Jes 6,1-6, zu denen Markeil Engel gesellt und deren Zahl er in die Tausende erhöht, deutet er auf die ganze Schöpfung. Diese steht - wie Markeil sagt - , weil jederman in Anwesenheit des Kaisers steht und nur der Kaiser sitzt.m Schließlich gebraucht Markell im vorliegenden Zusammenhang mit Ps 102,19 LXX (κύριος έν τω ούρανω ήτοίμασεν τον θρόνον αύτοϋ, και ή βασιλεία αύτών πάντων δεσπόζει) eine der Grundstellen, die für die Entstehung der Hetoimasia namhaft gemacht werden. 134 Analog zu den ingressiven Aoristen von Ps 96,1; 98,1 (έβασιλευσεν) und Ps 2,6 128 129 130

131 132

133 134

Epistula ad Antiochenos, Kap. 12: 23,4-9 Casey engl. Auch Ps 102,19? Epistula ad Antiochenos, Kapp. 15-17: 24,3-25,35 Casey engl.; darin Frg 16(15,66[112]). Casey läßt Kap. 16 (25,26 engl, und 30,21 arm.) im Armenischen eine Abweichung vom Griechischen entstehen, die von den Armeniern her unnötig ist. Lies mit der anderen armenischen Handschrift „yerkins" (im Himmel) statt „erkirs" (die Erde) und entsprechend dem griechischen und armenischen Text („orpes i teluj urek") nicht „as in some passage", sondern: „wie auf irgendeinem Ort". Alföldi, Die monarchische Repräsentation, 46-65; insbesondere 48.60. Alföldi, Die monarchische Repräsentation, 42-45; Markell denkt hier offensichtlich nicht daran, daß er und seine Amtsbrüder sich beim Eintritt Konstantins in Nizäa zwar erhoben, aber dann mit ihm wieder setzten (VC 11,10,3.5: 86,8.20f Winkelmann, GCS, 1975). Epistula ad Antiochenos, Kap. 15: 25,3-6 Casey engl. van Bogyay, Art. Hetoimasia, RBK Bd. II, 1971, 1191.

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D. Markell von Ankyra als Theologe der Konstantinischen Wende

(κατεστάθην)135 bezieht sich das ήτοιμασεν auf die Herrichtung eines Thrones „wie an einem bestimmten Ort" für den Herrlichkeitsmenschen. e) Die Titel βασιλεύς (βασιλεία, βασιλεύειν) und δεσπότης Für beide Titel gibt es zahlreiche Schriftstellen. Markell hat jedoch für sie eine ausgesprochene Vorliebe, welche wiederum ein Zeichen für die „konstantinische Couleur" seiner Formulierungen ist. Dieses Interesse teilt er freilich mit Asterius und Euseb. Das zeigt die Verwendung des Königtitels für Vater und Sohn („ . . . ό πατήρ ό γεννήσας εξ αύτοϋ τον μονογενή λόγον . . . βασιλεύς βασιλέα, ... ") des Asterius in Frg XXI Bardy, 136 auf die Markell in den Frgg 99-105.107 ausführliche eingeht. Euseb charakterisiert schon in der Kirchengeschiche IX,9,1 Konstantin als . . . βασιλέα έκ βασιλέως . . . " 137 N o c h bezeichnender ist der vierzehnmalige Gebrauch von δεσπότης in den Markell-Fragmenten. Denn einerseits entwickelte sich dieser Titel gegen Ende des 3. Jh. zum wichtigsten Kaisertitel, 138 andererseits läßt sich im Laufe des 4. Jh. verstärkt die Übertragung des Namens von Gottvater auf den Sohn beobachten. 139 Daß Markell diesen Vorgang vorantrieb, versteht sich von seinem Monotheismus und seiner Hervorhebung der vollen Gottheit des Sohnes problemlos. Die ungewöhnliche Häufigkeit des δεσπότης-Titels sowohl für Gott an sich 140 als auch für den Menschgewordenen 141 läßt sich bei Markell durch das Zusam135 F r g g 99(111,99); 100(112,100); 101(113,100), 103(115,102): 208,2; 209,3.6f.9.19-21. 136

Vgl. Frg 113(96,85): 205,29; sie kehrt in der zweiten antiochenischen Formel (und später öfter) wieder (Athanasius, De synodis 23,3: 249, 15: Opitz, Athanasius Werke

137

8 26,20 Schwanz (Editio minor), Leipzig 1914 2 . Bericht über: Carl Wessely, Beiträge zum Formelwesen der byzantinischen Urkunden mit Berücksichtigung ihrer orientalischen Elemente, Verhandlungen des XIII. internationalen orientalistischen Kongresses in Hamburg, Leiden 1904, 378f, in: APF 4(1908) 260. Holl, Amphilochius von Ikonium, 127f. ό δεσπότης ημών θεός /ό δεσπότης ημών ό θεός /ό παντοκράτωρ δεσπότης /ό τών δλων δεσπότης θεός /ό παντοκράτωρ θεός, ό δεσπότης: Frg 29(11,10): 187,9f; Frg 59(31,26): 190,3; Frg 98(58,52): 195,25f; Frg 56(95,84): 205,20; Frg 105(117,104): 210,13f; ferner Gott als Vater δεσπότης . . . και θεός in De incarnatione et contra Arianos, Kap. 8: P G 26, 996 C 4f. ό δεσπότης /ό δεσπότης ήμών /ό δεσπότης ημών Ίησοϋς Χριστός /ό δεσπότης ημών ό Χριστός /ό δεσπότης ήμών Χριστός /ό δεσπότης ήμών ό σωτήρ: Frg 12(2,2): 185,27; Frg 27 (12,11): 187,13f; Frg 31(14,12): 187,18f; Frg 42(24,20): 189,3; Frg 59(31,26): 190,5; Frg 75(74,65): 200,4; Frg 100(112,100): 209,6; Frg 101(113,100): 209,12; Frg 103(115,102): 209,17f. - In De incarnatione et contra Arianos nennt Markell zweimal den Incarnandus δεσπότης τών ουρανών (Kap. 8: P G 26, 996 Β 3 [vgl. oben 316] und Kap. 20: 1021 A 4).

II/l). 138

139 140

141

II. „Konstantinisches" Zeitgefühl und Weltverständnis

489

menwirken zweier Tendenzen erklären: einmal durch die polemischdogmatische Absicht, die ganze Gottheit des Sohnes auszusagen, zum andern aber auch durch die Übernahme des imperialen Titels in die Christologie: 142 „Das Aufkommen dieses Titels für Christus ist also zugleich ein Symptom des jetzt beginnenden Einflusses der byzantinischen Herrscheridee auf die christliche Gottesvorstellung" urteilt Karl Holl, 1 4 3 wobei er allerdings anders als Johannes Kollwitz, der beide Tendenzen zusammenschaut, 144 die antiarianische Komponente stärker gewichtet. Diese spezifisch auf Konstantin und das Kaisertum im allgemeinen ausgerichteten Eigentümlichkeiten der Gedanken Markells sind nun mit den allgemeinen geschichtstheologischen Zügen seiner Theologie zusammenzusehen. 145

II. „Konstantinisches" Zeitgefühl und Weltverständnis a) Das Hingeordnetsein der Weltgeschichte auf die gegenwärtigen „letzten Zeiten" und auf das „Ende" In Markells Geschichtsverständnis sind Anfang und Ende der Inkarnationszeit die zwei entscheidenden Zäsuren der Weltgeschichte. Dabei ist der erste der beiden Einschnitte für Markell kein vergangenes historisches Datum. Markell hat das Bewußtsein, in demselben einen Zeitalter 1 zu leben, das mit der Menschwerdung begonnen hat und jetzt noch andauert. Nicht Tod und Auferweckung Jesu Christi bilden daher nach Markell die entscheidende Wende der Geschichte, die die Zeiten teilt, wenngleich ihre soteriologische Bedeutung für Markell außer Frage steht. Diese Zusammenschau des Irdischen mit dem Erhöhten in der „Ökonomie nach dem Menschen", der ja nach Markell schon mit der Inkarnation zum König über die Kirche eingesetzt und zum kosmischen Prinzip der Neuschöpfung geschaffen worden

142

143

Wie leicht die Titel übertragbar waren, zeigt die Polemik des Athanasius in De synodis 3,2: Ursacius, Valens, Germinius und Verbündete hätten unter dem Vorwand über den κύριος zu schreiben, sich selbst einen anderen „δεσπότης" benannt, nämlich Konstantius; sie hätten den ewigen Sohn geleugnet, Konstantius dagegen „αιώνιος βασιλεύς" genannt (232,30-33 Opitz,Athanasius Werke I I / l ) . Holl, Amphilochius von Ikonium, 128 Anm. 2.

144

Christus als Lehrer und die Gesetzesübergabe an Petrus in der konstantinischen Kunst Roms, R Q 4 4 ( 1 9 3 6 ) 57.

145

Vielleicht ist die Erwähnung der Senatsbeschlüsse (Frg 17[86,76]) und der juristischen Kategorie der Homologie (Frg 111 [41,34]) auch im Blick auf den Gesichtskreis eines Kaisers gewählt.

1

Frg 35(17,14): 188,2; vgl. oben 3 0 5 - 3 1 1 .

490

D. Markeil von Ankyra als Theologe der Konstantinischen Wende

ist,2 bedeutet zugleich die Einheit der Zeit der Menschwerdung mit der Zeit der Kirche. Daß dieses Zeitalter, vor „nicht mehr als 400 Jahren", wie die Frgg und die Epistula ad Antiochenos übereinstimmend aussagen,3 anfing, heißt für Markell nicht, daß seitdem die Zeit gleichmäßig, ohne ein Ausgerichtetsein und scheinbar ohne Ende verstriche. Im Gegenteil stellt die inkarnatorisch-ekklesiologische Epoche eine kurze Frist verglichen mit der Gesamtweltzeit dar. Mit der bisherigen, nicht einmal 400-jährigen Dauer, die er wörtlich „eine so kurze Zeit" 4 nennt, will es Markell nämlich plausibel machen, daß die Inkarnationszeit ein baldiges Ende haben wird. Sie liegt mit Hebr 1,2 am Ende der Tage5, bzw. in den letzten Zeiten.6 Dies widerspricht wiederum nicht der an anderer Stelle von Markell gemachten Aussage, daß die Gegenwart eine kurze Zeit innerhalb der vergangenen und zukünftigen Weltzeit ist.7 Denn Markell meint mit diesen zukünftigen Äonen die Zeitalter „nach dem Ende". Das Geschichtsverständnis Markells besitzt demnach zwei „ZielZeiten", von denen die erste schon Ereignis geworden ist und nun zur zweiten hindrängt: einerseits den Inkarnationsäon, andererseits sein Ende und die Zeit „ danach ". In der zweifellos real-zeitlich gemeinten eschatologischen Ausrichtung der Theologie Markells verliert die Gegenwart also nicht ihre gegenüber der Zeit „danach" zwar vorläufige, dennoch aber im Blick auf alle übrige Geschichte herausgehobene Besonderheit: als Zeit zum Heil ist sie schon in ganz besonderem Maße Zeit des Heiles. Denn die ganze frühere Weltzeit ist auf diese Zeit hingeordnet. Mit ihr soll durch die Neuheit unseres Retters alles neu werden. 8 Erst seit ihrer Verwirklichung kann Gott - soweit er sich voreschatologisch zu erkennen gibt - 9 wirklich erkannt werden. 10 Daher spricht Markell nicht nur von dem Drängen des Eschatons zur Gegenwart (die Zeit des Gerichtes nähert sich; die Zeit der voll2 3

4 5

6 7 8 9 10

11

Frg 99(111,99): 208,31f und Frgg 100-109 und oben 418; Frgg 11-16, oben 270-280. Frg 103(115,102): 209,23-25; Frg 104(116,103): 210,lf; Epistula ad Antiochenos, Kap. 21 (Text oben 320). Frg 103(115,102): 209,24; vgl. oben 425f. Frg 5(48,42): 193,25; Epistula ad Iulium: 215,17; vgl. Epistula ad Liberium § 4: 152,15 Tetz, Markell III. - Es wird „einen letzten Tag" geben (Mk 13,23 und Mt 24,36: De incarnatione et contra Arianos Kap. 1 [PG 26, 985 C 4-6] und Kap. 7 [PG 26, 993 Β 15 - C 10]), wobei Markell ,,έκείνης" in „εσχάτης" abändert. Frg 38(20,17): 188,16. Frg 105(117,104): 211,7f. Frg 27(12,11) Vgl. 361 mit Anm. 452; 428; 502 mit Anm. 97. Frg 55(94,83) und oben 341f; Frgg 58(30,25), 59(31,26) und oben 349-352; Frgg 68(51,46), 69(44,38); Frg 96(50,45) und oben 406.409f. Frg 104(116,103): 209,27f.

II. „Konstantinisches" Zeitgefühl und Weltverständnis

491

kommenen Apokatastasis kommt heran 12 ; in der Brotbitte des Vaterunsers erbitten wir im jetzigen Aon [έν τω νΰν αίώνι] den Geist als das „kommende Brot", dessen Erstlingsgabe wir schon jetzt haben),13 sondern in ganz eigentümlicher Weise vom freilich inzwischen vergangenen einstigen Herandrängen des Inkarnationsäons: den zeitlichen Abstand zwischen der Landnahme des Josua und Jesu Hineinführen seines eigenen Volkes in dieses große Jerusalem, d. h. die Kirche, bezeichnet Markeil mit „ein wenig später (μικρόν ύστερον)".14 Ja sogar die ganze Zeitspanne zwischen der ersten Schöpfung und der inkarnatorischen Neuschöpfung mißt Markell - aus der Sicht Gottes mit denselben Worten: μικρόν ύστερον.15 Dieses einstige Harren auf das Zeitalter der Inkarnation drückt sich nicht nur in der Eile seines Kommens, sondern auch in seiner Präscienz, Prädestination und Erwählung16 vonseiten Gottes sowie in der Fülle seiner alttestamentlichen Prophezeiungen17 aus. An der zuletzt herangezogenen Stelle führt Markell aus, daß „ . . . unser Herr Gott", als er „durch seine eigene Weisheit" das menschliche Fleisch „formte und dabei sagte: ,Laßt uns einen Menschen machen nach unserem Bilde und Gleichnis', wobei er das menschliche Fleisch treffend ,Bild' nannte," genau wußte, „daß es ein wenig später Bild seines eigenen Logos sein würde . . . " 18 Markell legt in den Fragmenten 19 das sechsfache „προ" von Proverbien 8,23-25 (Prov 8,23 legt Markell in der Epistula ad Antiochenos Kapp. 21-23 in allen Einzelheiten wie in den Frgg aus)20 gegen die gesamte vorangehende Auslegungsgeschichte auf die Vorherbestimmung der Menschwerdung und der Kirche aus. Die Soteriologie ist dabei surpralapsarisch gegründet. 21 Nicht nur Rom 1,3, sondern auch Rom 1,4 legt Markell auf die zum Sohne Gottes vorherbestimmte Menschheit des wahrhaftigen Sohnes aus. Dazu verändert Markell die Lesart ορισθείς υιός θεού in προορισθείς υίός θεού.22 Gen 1,26 („Laßt uns einen Menschen machen nach unserem Bilde und Gleich12 13

14 15 16 17

18 19 20 21 22

Frg 105(117,104): 211,lf. De incarnatione et contra Arianos, Kap. 16; siehe oben 93 (Ubersetzung) und 355 Anm. 442 (Text). Frg 4(1,1): 185,22. Frg 56(95,84): 205,23. Frg 4(1,1) mit Sach 3,lf; vgl. unten 263-266. Allein in den Frgg legt Markell Gen 1,26; Ex 15,27; Jes 41,4; 43,10; 44,6; 45,14f; 45,21; 46,8f; Jer 2,13; Hos 13,4; Sach 3,lf; Sach 12,16; Mal 2,10; Ps 2,2; Ps 2,6; Ps 80,9-11; Ps 96,1; Ps 98,1; Ps 109,1; Ps 109,3; Prov 8,22-25; Prov 9,3 und Thren 4,20 prophetisch aus. Frg 56(95,84): 205,20-23. Vgl. oben 301-311. vgl. oben 317-323. Frg 39(21,18): vgl. oben 307f. vgl. oben 306 mit Anm. 231; 311 mit Anm. 245-247.

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nis") 23 versteht Markell ganz exklusiv antezipatorisch von Gott auf die Menschwerdung des Logos gesagt, denn nur der Menschgewordene bzw. das angenommene Fleisch ist „Bild des unsichtbaren Gottes." Ferner bezieht Markell die alttestamentlichen monotheistischen Stellen, vor allem Selbstvorstellungen Gottes: Jes 41,4; 43,10; 44,6; 45,14f; 45,21; 46,8f; Hos 13,4; Mal 2,10; Ps 80,9-1124 in bisher unbekannter Weise auch auf den neuen Bund und darin nicht nur auf den VaterGott, sondern den Vater und den Sohn (und damit auch den den Inkarnierten in seiner Gottheit umgreifenden Gott.) 25 Dieser prädestinatorisch-prophetischen Ausgerichtetheit der Vergangenheit auf die Zeit der Menschwerdung und der Kirche entspricht nach ihrem Anbrach eine retrospektivische Neuqualifizierung der Zeit des alten Bundes und der vergangenen Weltgeschichte. Nach Markell betrifft die Neuschöpfung in Jesus Christus alles, was schon im Himmel und auf Erden vorherexistiert hat.26 Denn mit der Zueignung „des Seinen" an den „in ihm selbst als Menschen Geschaffenen" erschafft der Logos in sich selbst das durch die heilige Jungfrau angenommene Fleisch zum „Erstgeborenen aller Schöpfung", zur αρχή απάντων (Kol 1,18).27 Der chronologisch Spätere erwirbt so in der Kraft des Logos die qualitative Anfangsstellung gegenüber der ganzen, also auch der ersten Schöpfung. Hier zeigt sich eine weitere bemerkenswerte Ubereinstimmung der Fragmente mit der Epistula ad Antiochenos. In deren Kapp. 4f dehnt Markell bei der Behandlung der Worte „αρχή όδών" seine intensiv-qualitative Deutung der „αρχή" von Kol 1,18 auf Prov 8,22 aus. Dabei wendet er sich gegen Euseb, der gegen Markell (unter anderen mit Jer 6,16) vorbrachte, daß bei seiner Auslegung der „Wege" auf die Apostel und ihre Lehren übersehe, daß schon die Propheten „Tausenderlei" über die Wege Gottes geschrieben haben und daß Markells Deutung der Abgründe auf die Herzen der Heiligen die alttestamentlichen Heiligen ausschlösse. Markell entgegnet diesem Einwand mit dem Argument (unter Zitat von Jer 6,16), daß der zwar später als „Anfang" der Wege geschaffene κυριακός άνθρωπος dennoch den Primat und die Superiorität über alle vorangegangenen „Wege", d. h. die Propheten und Heilige, erlangt habe.28 Damit sind die wichtigsten Züge nachgezeichnet, mit denen Markell das Hingeordnetsein der Gesamtgeschichte auf die Inkarnationszeit herausstellt. Indem Markell das „Inkarnatorische" als einheitli23 24 25

26 27 28

Frgg 51-56; Frg 98(58,52); Frg 124(80,70). Frgg 95(55,50); 97(76,67); 98(58,52): 195,13f. In der Auslegung von Ps 109,3 kommt Tertullian Markell sehr nahe: vgl. oben 351 mit Anm. 434. Frg 16(7,7); vgl. oben 275f.280. Frg 11(8,8): 186,27-30. Vgl. 318f.

II. „Konstantinisches" Zeitgefühl und Weltverständnis

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chen und besonders exponierten Bereich der Geschichte zwischen der Geburt Jesu Christi und dem „Ende" zusammenschaut, folgt zwangsläufig, daß Christologie und Kosmologie von der Ekklesiologie überlagert werden. b) Die anthropologisch-ekklesiologische Vereinnahmung von Christologie und Kosmologie Diese ekklesiologische Annexion der Christologie liegt bei Markeil nicht in der Form vor, daß er den vom Logos angenommenen individuellen Menschen mit der Kirche identifizierte 29 oder die Kirche als „Christus prolongatus" verstünde. Sie kommt vielmehr durch die ähnliche aber dennoch unterschiedene Konzeption zustande, daß Markell die Zuwendung Gottes zur Kirche und Menschheit nicht nur als Folge der Zuwendung Gottes durch den Logos zum konkreten Fleisch des Logos begreift, sondern jene vom Augenblick der Inkarnation an als Parallelhandlung zu dieser versteht und jene sogar fortschreitend bis an den Rand einer Gleichsetzung auf diese überträgt. Markell schließt sowohl eine Identifizierung der Menschheit Christi mit der Gesamtmenschheit als auch eine Ineinssetzung beider Zuwendungsweisen Gottes durch seine Eschatologie aus: erst am Ende wird eine Existenz der Gesamtmenschheit in der Weise des jetzt mit dem Logos vereinten Menschen möglich sein. Diese für Markells Theologie charakteristische eschatologische Spannung und die für Markell typische Besonderheit der christologischen Anthropologie werden jedoch durch den jetzt zu behandelnden Zug im Denken Markells weitgehend zurückgenommen. Im Blick auf die Christologie zeigt sich diese „Ekklesiologisierung (Anthropologisierung)" auf mehrfache Weise. Zunächst so, daß Argumente für die Christologie aus der Ekklesiologie gewonnen werden: (1) Das Argument dafür, daß der in Sach 3,lf prophezeite „Große Priester" Jesus, der Menschgewordene, sein muß, gewinnt Markell ekklesiologisch: die Wirklichkeit der „Größe" unseres Jerusalems, d. h. der Kirche, ist Beweis, daß sich der Titel „Großer Priester" auf die Inkarnationszeit beziehen muß. Die in Sach 3,2 geweissagte Erwählung Jerusalems (ekklesiologisch) durch den Herrn erfolgt in eins mit der Verbindung des Logos mit dem von Gott geliebten Menschen (christologisch).30 (2) Sowohl in den Fragmenten als auch in der Epistula ad Antiochenos leitet Markell die Vorherbestimmung der Menschwerdung anhand von Eph l,4f aus der Erwählung der Kirche ab.31 29 30 31

Vgl. 265.340f.386.428.434. Vgl. Frg 4(1,1) und oben 265f. Frg 37(19,16) und Epistula ad Antiochenos Kap. 21f; vgl. oben 305-307.311.320.323.

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D. Markeil von Ankyra als Theologe der Konstantinischen Wende

Sodann in der direkten anthropologischen oder ekklesiologischen Auslegung christologischer Schriftstellen. (3) Joh 12,28c („Ich habe dich verherrlicht und werde (dich) wieder verherrlichen") legt Markeil auf die (gerettete) Allgemeinmenschheit aus}2 Diese Auslegung von Joh 12, 28 c hat in De incarnatione et contra Arianos Kap. 5 ihr Gegenstück. Dort legt Markell Joh 17,5 („ Verherrliche mich, Vater, mit der Herrlichkeit von dir [oder: bei dir], die ich, bevor die Welt existierte, bei dir besaß.") direkt „auf uns" aus,33 Für (4) Prov 8,25b („ ... vor allen Hügeln zeugte er mich") haben wir in den Fragmenten aufgrund der im unmittelbaren Kontext stehenden Worte „ . . . den Gott, der sie zeugte" eine ekklesiologische Exegese erkannt, die in De incarnatione et contra Arianos Kap. 6 und 12 zweifach nachgewiesen ist. 34 (5) In Frg 62 bezieht Markell Thren 4,20a („Der Geist unserer Person, Christus, der Herr, wurde empfangen inmitten ihrem Verderben") auf den Menschgewordenen und genauer auf das Fleisch, das „Schatten wirft" (vgl. Thren 4, 20b und Lk 1,35c). Diese Gleichstellung des einen vom Logos angenommenen Menschen mit „unserer Person", d. h. dem Menschen und den Menschen überhaupt, hat eine Parallele in De incarnatione et contra Arianos Kap. 2. Markell sagt dort, daß der eigene Logos und Sohn des Vaters 35 Mt 27,45 („Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen!") „aus unserer Person spricht". 36 (6) Lk 23,47 („Vater, in deine Hände übergebe ich meinen Geist") bezieht Markell in De incarnatione et contra Arianos Kap. 5 auf alle Menschen, die in Jesus Christus lebendig gemacht sind. 37 (7) Acta 2,36 („Gewiß erkenne also das ganze Haus Israel, daß Gott diesen Jesus, den ihr gekreuzigt habt, sowohl zum Herrn als auch zum Christus gemacht hat") und I Kor 15,25 („Denn er muß herrschen, bis er ihm alle Feinde unter seine Füße gelegt hat") legt Markell in De incarnatione et contra Arianos Kap. 20f direkt auf die Kirche aus.38 Letzteres hat in den Fragmenten wiederum sein Pendant. Nach 32

Frg 80(107,96); vgl. oben 384f.

33

„Weshalb er auch die Herrlichkeit wegen uns erbittet, indem er sagt: ,Verherrliche mich bei dir selbst, Vater, mit der Herrlichkeit, die ich vor der Existenz der Welt bei dir hatte!' Denn wir sind die in ihm (oder: durch ihn) Verherrlichten ( P G 26, 992 A 15 - Β 4)." Frg 46(89,79) und P G 26, 992 C 3 - 9 und 1004 C 12 - 1005 A 2. P G 26, 988 Β 4f.

34 35 36 37

38

P G 26, 988 C 2. P G 26, 992 Β 10 - 13. In Kap. 12 ( P G 26, 1004 C 8-11) differenziert Markell allerdings zwischen der Ubergabe des individuellen Menschen durch den Logos und derjenigen aller Menschen. P G 26, 1021 A 1-3 und A 7 - Β 10.

II. „Konstantinisches" Zeitgefühl und Weltverständnis

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Frg 101(113,100) ist zusammen mit dem Menschgewordenen auch der „früher vom Teufel betrogene Mensch" zum König eingesetzt.39 Schließlich wird das Aufgesaugtwerden der Christologie durch die Ekklesiologie daran deutlich, daß Markeil die Begriffe σάρξ, άνθρωπος und άνθρωπότης äquivok für die individuelle Menschheit Christi und die Gesamtmenschheit verwendet. (8) Bei der Auslegung von Prov 8,22-25 nennt Markeil unvermittelt das Fleisch, das der Logos annahm, „unser Fleisch", womit er in Frg 33(16,13) Fleisch wie das unsrige meint,40 in Frg 39(21,18) dagegen unser Fleisch in eigentlicher Rede. Zumindest in Frg 81(108,97) schillert der „Mensch, den der Logos angenommen hat" zwischen individuellem und kollektivem „Menschen". 41 In De incarnatione et contra Arianos verwendet Markell den Begriff άνθρωπότης zweimal eindeutig (Kontext!) von der individuellen Menschheit, 42 zweimal dagegen genauso eindeutig von der Menschheit als der Kirche.43 Hand in Hand mit solcher ekklesiologischen Vereinnahmung der Christologie geht die ekklesiologische Inbesitznahme bisher kosmologisch verstandener Texte. (9) In der ekklesiologischen Auslegung von Prov 8,22-25 liegt wie schon angedeutet - ein Novum vor (Schöpfung = Neuschöpfung; Werke = Heilswerk; Wege = .Uberlieferungen der Apostel', Gerechte, Heilige, Propheten; Grund = Jesus Christus und die Ökonomie nach dem Fleisch; Aon = Zeit der Kirche; Erde = unser Fleisch; Abgründe = Tiefen der Herzen der Heiligen, in denen die Gabe des Heiligen Geistes ruht; Wasserquellen = die missionierenden und taufenden Apostel; Berge = Apostel; Hügel = Nachfolger der Apostel; Zeugung = Geistgeburt der Gläubigen in der Taufe).44 (10) Bei der Auslegung des Kolosserhymnus geht Markell den schon in den verschiedenen neutestamentlichen Traditionsschichten angebahnten Weg zu Ende, indem er auch den Titel „Erstgeborener der ganzen Schöpfung" - gegen Irenaus und außer einer Stelle bei Novatian auch der ganzen übrigen Tradition 45 - auf den Menschge39 40

41 42 43

44 45

209,9f. Vgl. oben 308f. - Nach Frg 53(92,82): 205,1 nimmt der Logos „unsern Leib", d. h. hier einen Leib wie den unsrigen, an. Nach Frg 105(117,104): 210,7f nimmt der Logos ebenfalls „unser Fleisch" an. 208,22f; vgl. die gesamten Frgg 76-84 und 99-112. Kap. 4: PG 26, 989 Β 12; Kap. 9: PG 26, 997 C 4. Kap. 21: PG 26, 1021 Β 1.9. Es handelt sich hier um die gerade erwähnte ekklesiologische Auslegung von Acta 2,36. Wenn Markell diesen Vers in der Epistula ad Antiochenos Frg 4(4,57[2-10]) auf den „Menschen des Herrn" auslegt, braucht das nach den obigen Ausführungen nicht zu verwundern. Vgl. oben 301-311. Vgl. oben 275 Anm. 114.

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wordenen bezieht und damit alle Schöpfungsaussagen dieses Textes auf die Neuschöpfung. Vom Inkarnationsäon rückwärts greift die Kirche auf den Kosmos aus. 46 (11) Dasselbe läßt sich auch bei Markells Verwendung des populärphilosophischen Künstlervergleiches für den Schöpfergott beobachten: es dient nicht mehr nur - wie in der gesamten vorausgehenden kirchlichen Literatur - zur Beschreibung des Verhältnisses des Schöpfers zur ersten Schöpfung, sondern zur soteriologischen Neuschöpfung. 4 7 (12) Schließlich liegt in De incarnatione et contra Arianos Kap. 20 eine kosmologische Auslegung eines christologischen Textes vor: I Kor 15,28 („ . . . dann wird sich der Sohn selbst dem unterwerfen, der ihm alles unterworfen hat, . . . " ) bedeute dies nach Markell: „Uber die Unterwerfung der Welt spricht er (seil, der Apostel), die durch (oder: in) sein(em) Fleisch vollzogen (oder: unterworfen) wird." 48 c) Die Gegenwart als qualifizierte Heilszeit in Naherwartung der „vollkommenen Wiederherstellung von allem" Das - insbesondere an Kol 1,15-18 erkennbare - rückwärtige Ausgreifen auf die Gesamtgeschichte und den Kosmos hat nach vorn durch die Konzeption der doppelten Königsherrschaft des Logos (Sohnes Gottes) und des Menschgewordenen (Jesus Christus) 49 seine Entsprechung in der Erwartung des baldigen Kirchwerdens der Welt in der Zukunft, dessen Endpunkt die kosmische Deutung von I Kor 15,28 markiert. Trotz der ekklesiologischen Umklammerung von Christologie und Kosmologie, trotz des kosmischen Herrschaftsantrittes nicht nur des Logos, sondern auch des Menschgewordenen und sogar des „Menschen" und trotz des universalistischen Bewußtseins Markells von der „einen katholischen und apostolischen Kirche, die über die ganze Welt hingegossen existiert,50 nimmt Markell wahr, daß 46 47 48 49 50

Vgl. oben 276f. Vgl. oben 408f. P G 26, 1020 A 12f; vgl. oben 425-431.438. Vgl. oben 418f.425-427. D e saneta ecclesia § 2: Zeilen 9f Mercati StT 5(1901). D e saneta ecclesia § 1-3 (Zeilen 4-25) zeigt, daß die innerkirchlichen Auseinandersetzungen das kirchliche Hochgefühl Markells in keiner Weise schmälern: ( § 1 ) »Wie es einen Gott und einen Sohn Gottes und einen Heiligen Geist gibt, so wurde von Gott ein Mensch und eine Welt geschaffen und existiert eine katholische und apostolische Kirche und eine Taufe überall in der Welt, wie Paulus sagt: „Ein Gott, ein Glaube, eine Taufe (Eph 4,5)." (§ 2) Eine katholische und apostolische Kirche gibt es also auf dem ganzen bewohnten Erdkreis, die den Glauben von den Aposteln empfangen hat und ihn bis jetzt bewahrt. Katholisch wird sie aber genannt, weil sie über den ganzen K o s m o s hingegossen existiert nach dem Wort: „ U b e r die

II. „Konstantinisches" Zeitgefühl und Weltverständnis

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es noch die Außenstehenden, 51 Häretiker (allerdings nur an sehr wenigen engumgrenzten Orten!), 5 2 die widerstrebenden Mächte 53 und Feinde Christi 54 gibt und daß die Herrschaft der Kirche bisher nur eine kosmische Teilherrschaft ist: 55 Christus ist noch nicht alles unterworfen. 56 Dieser manchmal fast bis zum Gegensatz getriebenen Spannung zwischen schon gegenwärtiger Verwirklichung des Heiles und zukünftiger Ausständigkeit desselben entspricht die Doppelgipfligkeit von Markells GeschichtsVerständnis: der Inkarnationsäon ist das „Vorletzte", dem noch ein „Letztes" folgt. Daher träfe weder die Charakterisierung einer „realisierten", noch diejenige einer „konsequenten Eschatologie" für Markeil zu. Die Aussagen Markells enthalten vielmehr beides: das Bewußtsein der realen Erfahrung des schon weitgehend verwirklichten und gegenwärtig in Vollendung begriffenen Heiles und andererseits die Theorie eines absoluten eschatologischen Vorbehaltes. Wie sehr es Markeil auf Sichtbarkeit und Spürbarkeit der Erfahrung und nicht nur auf innere „Glaubenserfahrung" ankommt, zeigt schon seine hermeneutische Vorüberlegung zur Proverbienexegese: die Schrift kann nur mit dem Eintritt der geschichtlichen Ereignisse, die sie auslegen will, verstanden werden. 5 ' Die Darstellung der ganzen Gottheit nach Kol 2,9 in „unserem Fleisch" ζ. B. wäre nie geglaubt worden, wenn sich nicht Wirklichkeit geworden wäre. 58

ganze Erde erging ihr Ruf, etc. (Ps 18,4)," und: „Denn an jedem Ort werden Opfer dargebracht und reine Opfer zu Gott; und vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang wird der Name des Herrn gepriesen unter den Völkern (Mal 1,11); und ferner die Prophetie in der Person des Gottes und Vaters zum Sohn:,Siehe', sagt sie, ,ich habe dich zum Licht der Völker gesetzt, damit du zum Heile seiest bis an das Ende der Erde (Jes 49,6).' (§ 3) Die Häresien aber empfingen weder von den Aposteln, noch von deren Jüngern, noch von deren Nachfolgern, den Bischöfen (denn sonst würden sie nicht Häresien genannt; Häresien heißen sie, weil sie sich etwas Eigenes erwählen und diesem nachfolgen), noch sind sie wiederum überall, sondern nur an sehr wenigen eng umgrenzten Orten, an denen der Teufel mächtig ist, einige aus leerer Herrschsucht zu verführen und sie zu Vorstehern seiner eigenen bösen Kunst einzusetzen, weshalb die Kirchen bei ihnen auch nicht,katholisch' heißen." 51

52 53 54 55 56 57 58

Frg 23(112,112): 213,33-37 (vgl. 212,19f; 213,15.18); Frg 115(98,87): 206,12f; Frg 118(85,75): 203,22; Frg 122(84,74): 203, 17; vgl. Frg 22(88,78): 204,13. Vgl. Anm 50. Frg 109(121,108): 212,7f. De incarnatione et contra Arianos, Kap. 20: P G 26, 1021 A 1-7. Frg 105(117,104): 210,24; Frg 107(119,106): 211,18; vgl. oben 418f.425-427. Epistula ad Antiochenos Frg 21(70,20[8-10]); vgl. Hebr 2,8. Vgl. oben 303. Frg 33(16,13).

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D. Markell von Ankyra als Theologe der Konstantinischen Wende

Einerseits verkennt Markell keineswegs das Kreuz, die Angst, Armut, Schwäche, Niedrigkeit, Leidensunterworfenheit, Sterblichkeit 59 etc. des vom Logos angenommenen Menschen. Der Sohn Gottes und Logos wird bis zum Ende mit der „Sklavengestalt", nämlich dem menschlichen Fleische, zusammen sein. 60 Mit diesem Gedanken wahrt Markell christologisch einen absoluten eschatologischen Vorbehalt.61 Doch schon mit der Inkarnation und noch stärker mit der Auferweckung ist und wird weiterhin andererseits alle Niedrigkeit christologisch und anthropologisch-ekklesiologisch in der Wirksamkeit des Logos mächtig überwunden. Auf diesen scheinbar paradoxen Tatbestand, den Markell jedoch zugunsten der jetzt schon weitestgehenden Hoheit des angenommenen Menschen und der Menschheit auflöst, legt Euseb von Caesarea den Finger, wenn er es für widersprüchlich hält, daß Markell die Knechtsgestalt nach Phil 2,7 mit dem „Bild des unsichtbaren Gottes" nach Kol 1,15 identifiziert.62 Insbesondere sind die Heilsgaben der Vollmacht, Hoheit, Herrlichkeit, Herrschaft, und Throngemeinschaft mit Gott, aber auch der Heiligkeit, des Geistbesitzes und der Unvergänglichkeit nicht nur christologisch-inkarnatorisch, sondern auch anthropologischekklesiologisch zumindest teilweise schon verwirklicht, auf jeden Fall aber in schleuniger Verwirklichung und Vollendung begriffen: wir besitzten die Erstlingsgabe der Vollmacht;63 wir haben jetzt schon eine Herrlichkeit erlangt, wie sie auf Erden nicht größer sein kann; 64 wir sind jetzt schon „durch die Kraft" des Logos mit Christus auferweckt und ihm Himmel mit ihm eingesetzt65 und heißen der Gnade nach 59

Frgg 74(73,64); 75(74,65); Epistula ad Iulium: 215,21f; Serdicense § 11: Zeilen 53-55 Loofs, Das Glaubensbekenntnis der Homousianer / 253f Tetz, Ante omnia de sancta fide, 253f; Epistula ad Antiochenos Frg 2(2,55); Frg 4(4,57); Frg 7(7,60); Frg 8(8,19); Frg 9(9,61); Frg 10(10,62); Frg 12(12,64) passim; De incarnatione et contra Arianos, Kap. 1: P G 26, 984-985 Β 11); Kap. 2: 988 Β 15 - C 11; Kap. 4f: 898 C 10 - 992 Β 1; Kap. 8: 996 A 1 - Β 4 (vgl. den Text oben 315f.); Kap. 11: 1004 A 4 - 10; Kap. 21; Kap. 22: 1025 A 15 - C 2; Epistula ad Liberium § 4-6: 152,15-23 Tetz, Markell III.

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Frg 105(117,104): 211,2-7. Vgl. oben 420-427. Frg 52(91, 81=43) und 56(95,84); C M 11,3,5: 45,5-8; C M 11,3,25: 49,6-12; E T 11,23,3: 134,4-6. Frg 81(108,97): 208,22. Frg 80(107,96): 208,15f. Zur Illustration sei noch die Interpretation J. A. Möhlers (Athanasius der Große, Bd. I, 1827, 296f) von De incarnatione et contra Arianos Kap. 8.12 angeführt: „Indem nun der Erstling einen Namen über alle Namen erhalten hat, so ist in ihm der Kraft (einer ausserzeitlichen Wirklichkeit) nach die ganze Masse erhoben und nimmt an seiner Würde Theil (αυνηγερθη δυνάμει κα'ι τό φύραμα και συνεκαθεσθη): „er hat uns mit auferweckt und versetzt ins Himmlische in Christo Jesu." (Ephes. 2, 6.) So wird uns von ihm als Gott Alles gegeben, was er als Mensch empfangen hat. E r selbst giebt sich das Leben (seiner Menschheit) und heiligt sich und erhöht sich selbst.

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„Götter"; 6 6 „das menschliche Fleisch" thront schon jetzt wie ein auf leerem Thron niedergelegter Siegeskranz neben dem Vater; 67 wir sind jetzt schon durch den Logos als Könige zum soteriologischen Kampf gegen den Teufel miteingesetzt; 68 die Kirche ist jetzt schon mit Jesus Christus zum Herrn und „Christus" und zur Königsherrschaft der Himmel gesalbt, damit sie mit ihm zusammen herrsche; 69 wir sind es, die in Jesus Christus dem Vater unterworfen werden, aber jetzt schon in ihm herrschen, bis uns unsere Feinde unter unsere Füße gelegt sein werden! 70 Die Christen sind Geist-Träger, Gott-Träger, 71 Licht-Träger und Träger der Unvergänglichkeit. Sie haben Christus angezogen und in ihm den Vater, so daß - da Gott die Unvergänglichkeit ist - für sie jetzt schon die von Paulus eschatologisch gemeinte Aussage I Kor 15,53 gilt: „Denn dies Verwesliche muß anziehen die Unverweslichkeit, und dies Sterbliche muß anziehen die Unsterblichkeit." 72 Solche massive Vorwegnahme des Auferweckungslebens wie hier anhand von I Kor 15,53 besitzt einen Vergleichspunkt an den beiden Stellen, an denen Markeil von unserem „Mitauferweckt- und Miteingesetztsein" handelt. 73 Doch bleibt hier die Aussage in der Schwebe des „schon" und „noch nicht", wobei allerdings kein Anzeichen dafür gegeben ist, daß die jetzt schon anfangsweise realisierte Auferweckung im Sinne einer nur geistlich-innerlichen Erhöhung gemeint wäre. Jedenfalls ist die Grundstimmung in Markells Schrifttum

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Wenn nun gesagt wird, der Vater hat ihn geheiligt, auferweckt, ihm einen Namen gegeben, das Leben; so ist begreiflich, da der Vater Alles durch den Sohn thut, er ihn durch sich selbst geheiligt, auferweckt u. s. w., d. h. seinen Körper, und damit seinen mystischen Körper die Kirche, seine Menschheit, und damit die gesammte an ihn glaubende Menschheit. Christum betrachtet also Athanasius (seil. Markeil) durchgängig als den Repräsentanten der erlösten Menschheit, aber nicht blos als den leeren Repräsentanten, damit ich so sage; die gesammte Kirche ist in ihm, in seiner Kraft, er ist der Ausgangspunkt, und gleichwie im Anfang Alles enthalten ist, so die gesammte Kirche in ihm. Die Kirche ist gleichsam, wenn man sich an dem Ausdruck, der gröblich mißverstanden werden kann, nicht stoßen will, die Entwicklung Christi in der Zeit." De incarnatione et contra Arianos, Kap. 5: PG 26, 992 A 15 - Β 4; Kap. 12: PG 26, 1004 Β 6-10; und Asterius (XXX. Homilia in feriam V,8: 242,1-7 Richard, SO.S 16,1956): „και άναστας . . . τον χιτώνα (την σάρκα αύτοϋ) . . . έφόρεσε, και έν αύτώ την έκκλησίαν φορών άνήλθεν εις ουρανούς, ίνα καυχήσωνται oi χρήσαντες τό ίμάτιον, δτι φορών αυτό ό βασιλεύς έν δεξιρι τοϋ πατρός έκάθισε." Frg 84(127,114); vgl. oben 484-489. Frg 101(113,100): 209,9f; vgl. oben 423f. De incarnatione et contra Arianos, Kap. 20: PG 26, 1021 Β 2-6. De incarnatione et contra Arianos, Kap. 21: PG 26, 1020 ult. - 1021 A 2. De incarnatione et contra Arianos, Kap. 8: PG 26, 996 C 9 und 997 A 6 (vgl. den Text oben 316f). De incarnatione et contra Arianos, Kap. 15: PG 26, 1009 C 1 0 - 1012 A 2. Vgl. Anm 66.

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D. Markell von Ankyra als Theologe der Konstantinischen Wende

die Athmosphäre von jetzt schon real begonnener ekklesialer Hoheit, Herrschaft und Herrlichkeit. Was noch nicht verwirklicht ist, an dessen Vervollkommnung arbeitet der Menschgewordene nach Prov 8,22; Joh 5,17 und insbesondere Joh 17,4: „ ,Das Werk, das du mir gegeben hast, bringe ich zu Ende' . . . " 74 Daß sich Markell einer zumindest relativen zeitlichen Nähe der Vollendung bewußt ist, haben wir oben festgestellt. Räumlich stellt er sich, wie ebenfalls gerade angedeutet, den Weg zum Ende als einen Aufstieg der Glieder Christi, der Kirche, ja der ganzen Schöpfung in den Himmel vor: Schon „ . . . sein Abstieg ist unser Aufstieg." Der im Himmel thronende Christus erwartet seine eigenen Glieder, seinen Leib.76 Jesus Christus führt uns in das große Jerusalem, die Kirche, hinein. Dieser Eingang ist ein Hinaufgehen, da ,unser Jerusalem oben ist' (Gal 4,26).77 Unmittelbar vor dem Ende wird die ganze Schöpfung dem Sohn in den Wolken entgegengehen und sich ihm unterstellen. Auch wenn in übertragenem Sinne zu verstehen, dann bietet doch die berühmte Siegesinschrift Konstantins über der Apsis in Alt-Sankt-Peter eine erstaunliche Parallele durch den Grundgedanken der Erhebung der Welt in den Himmel: „Quod duce te mundus surrexit in astra triumphans, Hanc Constantinus victor tibi condidit aulam." 79 Diesem Aufstieg der Schöpfung in den Himmel 80 zum thronenden Christus entsprechen die sonstigen Vorstellungen Markells von der Wiederaufrichtung des davidischen Thrones 81 und von dem Unter-ein-Haupt-Bringen des Alls unter die Monas. 82 Wir hatten gesehen, wie Markell trotz aller Hoheit des vom Logos angenommenen Menschen durch die Vorstellung von dem Zusammensein des Logos mit der „δούλου μορφή" bis zum Ende einen absoluten eschatologischen Vorbehalt wahrt. Ferner kennt Markell auch durch eine zweifache Verwendung des Begriffs απαρχή einen christologischen 74 75

76 77 78 79 80

81 82

Frg 32(15,13). D e incarnatione et contra Arianos, Kap. 5: PG 26, 992 Β 4f. A m Beginn dieses Kapitels (992 A 5 - Β 5) liegt ein stilisierter Text vor, in dem in Abfolge den christologisch-soteriologischen Niedrigkeitsaussagen paradox die anthropologischekklesiologischen Heilsgaben entgegengesetzt werden: neben Friede und Freude sind diese Leidenslosigkeit, Unsterblichkeit, Auferstehung, Heiligung, Heilung, Herrlichkeit und „Auffahrt" (άνοδος). D e incarnatione et contra Arianos, Kap. 20: PG 26, 1020 C 7f. Frg 4(1,1). Epistula ad Antiochenos Frg 21(20,70[13-15]). Seite 340, Nr. 1752 Diehl, ILCV, Vol. I, 1961 2 . Asterius schreibt (Homilia X X X in feriam V § 7: 241, 16.19f Richard, SO.S 16,1956 [vgl. Homilia XV. In Psalmum VIII Homilia 11,17: 115,15 Richard]): „ Ό βασιλεύς Χριστός . . . σάρκα ελαβε κα'ι θεότητα εδωκεν . .. γήν ελαβε και ούρανόν εδωκε." D e incarnatione et contra Arianos, Kap. 20: PG 26, 1021 A 5-9. Frg 47(66,60): 197, 24f; vgl. Frg 15(6,6): 186,18f.

II. „Konstantinisches" Zeitgefühl und Weltverständnis

501

Vorbehalt gegenüber der Ekklesiologie. Die eine Verwendung ist die, daß er damit zwischen dem Grad der Heilsverwirklichung am individuellen Fleisch Christi („Erstling") und der Kirche („dem Teig") differenziert.84 Die zweite ist die, daß er zwischen der Fülle („Pleroma") der Gottheit und des Geistes, die im individuellen Fleische wohnt, und der Erstlingsgabe und dem Angeld an Geist und Vollmacht, die in uns wohnt, unterscheidet.85 Darüberhinaus kennzeichnet Markeil die bisherige Unvollendetheit der Welt durch das soteriologische ,,ΐνα"86 und durch die besonders in den Fragmenten hervortretende Rede vom Bereiten und Werden des Heilswerkes.87 Mit diesen Einschränkungen nimmt Markeil die von ihm vertretende schon vollzogene Realisation der größtmöglichen irdischen Verklärung zugunsten der kommenden zweiten Verklärung zurück. Diese wird sich nach der „vollkommenen Wiederherstellung"88 ereignen. Die vollkommene Wiederherstellung wird das Verhältnis von Gott, Jesus Christus und Schöpfung total verändern. Die Zeit der Inkarnation und damit der Soteriologie kommt zu Ende. Die Mittlerstellung des Menschgewordenen zwischen Gott und den Menschen wird endgültig zu Ende kommen, nachdem diese auch schon während der Inkarnationszeit im Zuge der kirchlichen Durchsetzung des Heiles immer mehr in den Hintergrund getreten ist. Markeil denkt offenbar an einen „gleitenden Ubergang"89 der inkarnatorischen Teilherrschaft zur Gesamtherrschaft, mit dessen Erreichen sie endet. Verbunden mit der Vorstellung von der Ankunft der Schöpfung in den Wolken ist dann kein „Raum" und keine Notwendigkeit mehr für eine Wieder84

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88 89

Man fragt sich, ob dies angesichts der ekkesiologischen Auslegung von Christi Kreuzesverlassenheit (vgl. oben 494) nicht ebenfalls „ekklesiologisch" gemeint ist. Die Texte sprechen aber nicht von einer solchen Auslegung. De incarnatione et contra Arianos, Kap. 3: PG 26, 989 Β 7-10; De incarnatione et contra Arianos, Kap. 8: PG 26, 996 C 9-ult. (zum Text vgl. oben 316); De incarnatione et contra Arianos, Kap. 12: PG 26, 1004 Β 4-9 (vgl. hierzu oben 156.159). Frg 81(108,97): 208,23; De incarnatione et contra Arianos, Kap. 8: PG 26, 997 A 1-3 (vgl. den Text oben 316f.); De incarnatione et contra Arianos, Kap. 9: P G 26, 997 Β 13 - 15; vgl. noch zum Begriff „Angeld des Erbes" De incarnatione et contra Arianos, Kap. 13: PG 26, 1009 A 6 - Β 5. Frg 81(108,97): 208,21-24; Frg 83(110,98): 208,28; Frg 99 (111, 99): 208,32; Frg 105 (117,104): 210,7.27; Frg 109(121,108): 212,6 (schöpfungstheologisch und soteriologisch); Frg 111(41,34): 192,2; De incarnatione et contra Arianos, Kap. 1: PG 26, 985 A 7 (II Kor 8,9); De incarnatione et contra Arianos, Kap. 5: PG 26, 992 A 4; passim. Frg 81(108,97): 208,23f; Frg 83(110,98): 208,30; Frg 84(127,114): 214,2; Frg 99(111 99): 209,2; Frg 111(41,34): 192,2f. Frg 105(117,104): 211,lf; vgl. zum folgenden oben 419-429. Auch Markells Auslegung von Joh 6,62 („Wenn ihr nun den Menschensohn weggehen seht, wo er vorher war") belegt mit ihrer eschatologischen Deutung der Worte „wo er vorher war", daß Markeil Auferweckung, Himmelfahrt und die Apokatastasis Hapanton als einen zusammenhängenden Vorgang auffaßt (siehe oben 421 f.),

502

D. Markell von Ankyra als Theologe der Konstantinischen Wende

kunft Christi auf Erden. Was von ihr bei Markell übrig bleibt, ist die Trennung des Fleisches vom Logos (auf diesen Vorgang legt Markell Acta 3,21 aus)! 90 Das Fehlen einer zweiten Parusien ist ein weiterer Beleg für den endzeitlichen Charakter schon der Zeit der Kirche und für ihre - trotz aller kommenden Steigerungen - schon jetzt gegebenen Disponiertheit auf die „Zeit danach." Die Seinssteigerungen in der „Zeit danach", in den kommenden Äonen, sind dadurch geprägt, daß mit Rom 8,21 auch die Schöpfung selbst befreit sein wird aus der Knechtschaft der Vergänglichkeit zur Freiheit der Herrlichkeit der Kinder Gottes, 92 welche Herrlichkeit als die zweite Herrlichkeit eine „übermenschliche" sein wird. 93 Durch die Vollzahl der Glieder am Leibe Christi 94 und den Sieg des Logos über alle widerstrebenden Kräfte (ob das Widergöttliche versöhnt oder vernichtet wird, läßt Markell im Unklaren) 95 und das Ende der Mittlerstellung des Menschgewordenen wird „Gott . . . sein alles in allen(-m)", 96 nicht mehr nur alles in dem einen vom Logos angenommen Leib, nicht mehr nur „einiges" in vielen - und in immer mehr je weiter es dem Ende zugeht - , sondern „alles in allen (-m)". Eine neues Verhältnis der Unmittelbarkeit Gottes zu seiner Schöpfung wird sein, des einen Gottes, der aber immer noch durch seinen vom menschlichen Fleisch befreiten Logos herrschen wird. Nach dem Ende werden schließlich neue Mysterien enthüllt und neue Erkenntnisse eröffnet werden, auf jeden Fall aber über das Schicksal des vom Logos abgelegten individuellen Menschen. 97 Trotz aller voreschatologischen inkarnatorischen, kosmologischen und ekklesiologischen Nähe und Anwesenheit Gottes, trotz aller jetzt schon gegenwärtigen Heilsverwirklichung bekennt Markell hiermit und insbesondere durch die bis zum Ende zwar weitgehend aber nicht letztlich überwindbare Mittlerstellung des Menschgewordenen einen absoluten eschatologischen Vorbehalt und erwartet eine alles bisherige

90 91

92 93 94 95 96

97

Frg 105(117,104): 210,28-211,7. Anders nach dem Wortlaut des Romanum im „Romanum-Teil" der Epistula ad Iulium: 215,23. Frg 105(117,104): 211,2-5. Frg 80(107,96): 208,20. De incarnatione et contra Arianos, Kap. 20: PG 26, 1020 Β 15 - C 8. Frg 109(121,108): 212,6-8; Epistula ad Antiochenos Frg 15(14,65[22f]). Frg 109(121,108): 212,9; Frg 111(41,35): 192,5f; De incarnatione et contra Arianos, Kap. 21: PG 26, 1021 A 8; Epistula ad Antiochenos Frg 21(20,70[16]). Frg 109(121,108): 211,25-212,4; Epistula ad Antiochenos, Kap. 26: 31,23-25 engl. Casey; Epistula ad Antiochenos Kap. 27: 32,18-23 engl. Casey. - Karl Barth (Die Auferstehung der Toten. Eine akademische Vorlesung über 1. Kor 15, Zollikon/Zürich, 1953 4 , 101): „Christlicher Monismus ist keine gegenwärtig mögliche, sondern kommende Erkenntnis."

III. Markell von Ankyra als Theologe der Konstantinischen Wende

503

überbietende neue Innigkeit der Gemeinschaft Gottes mit den Menschen und aller übrigen Schöpfung. III. Markell von Ankyra als Theologe der Konstantinischen

Wende

Zusammenfassend tragen folgende Argumente den ersten Teil der These der vorliegenden Arbeit, nach der die Beziehung Markells zu Konstantin und das Zeitgefühl und das Weltverständnis der Konstantinischen Wende bisher übersehene wesentliche Bildungselemente seiner Theologie sind: In Markells Theologie zielt ein besonders stark ausgeprägtes prophetisch-heilsgeschichtliches Geschichtsverständnis zugleich auf den durch Menschwerdung und Kirche bestimmten Inkarnationsäon (bzw. die „zweite Ökonomie nach dem Menschen") und auf die Endzeit als die beiden von Gott von Anfang an besonders intendierten Heilsepochen. Markell empfindet ein Drängen der Geschichte, die Kürze der Zeit der Kirche und die Nähe des Endes. Schon die Zeit der Kirche ist geprägt durch das Wissen um die kosmische Gegenwart des „ganzen" Gottes,1 die intensive Erfahrung des Heiles sowie der Herrlichkeit und Weltwerdung der Kirche. Der Ursprung des Heiles (Jesus Christus) und das Ziel des Heiles (Welt) geraten so in den Sog der Gegenwart (Kirche), die sich jedoch unmittelbar mit ihrem Anfang (Inkarnation) und ihrem Ende („Gott alles in allem") verbunden weiß, auf das sie hineilt. „Wenn die ganze Schöpfung in den Wolken dem Sohn begegnet und ihm unterworfen ist", wird durch eine „vollkommene Wiederherstellung", die die Verhältnisse Gottes, des Inkarnierten und der Welt zueinander verändern wird,2 ein gegenüber der Zeit der Kirche noch einmal qualitativ gesteigertes Leben beginnen. Sieht man Markells Theologie inspiriert von einem Zeitgeist, der seine Gegenwart als unerwartet heilvoll (Kaiser und Reich werden christlich; öffentliche Begünstigung und weltweite Etablierung der Kirche) gegenüber einer schrecklichen Vergangenheit (Die Verfolgungen; Gefahr der Vernichtung des eigenen Lebens und der ganzen Kirche) interpretiert und aufgrund dieser schon anfangsweise endzeitlichen Gegenwartsstimmung eine weitere Steigerung der göttlichen Zuwendung nach dem baldigen Ende erwartet, dann können die unterschiedlichen, ja teilweise konträren Beobachtungen Dorners, Zahns, Loofs', Gerickes, Tetz', Pollards, Hübners und Schendels in ein schlüssiges Gesamtbild integriert werden: das Bewußtsein des ge1 2

Vgl. oben 273-277.403f.405f. Barth (Die Auferstehung der Toten, 101): „Gott steht also jetzt, wo dieses Letzte noch nicht da ist, in einem noch nicht definitiv geordneten Verhältnis zur Welt."

504

D . Markell von Ankyra als Theologe der Konstantinischen Wende

genwärtigen Aons als qualifizierter Heilszeit gegenüber der Vergangenheit bei gleichzeitiger Ausständigkeit ihrer vollen Verwirklichung gibt der Theologie Markells den von Zahn beobachteten neutestamentlichen Grundton und prophetischen Zug. 3 Die doppelte Akzentsetzung auf „Vorletztem" und „Letztem", auf Ekklesiologie und Eschatologie (Tetz), 4 bewirkt, daß es je nach Inblicknahme zu fast gegensätzlichen Urteilen kommen konnte, die ihren Anhalt durchaus am authentischen Markell haben: In der ekklesiologischen Perspektive erscheint das Gegenwartsbewußtsein in einer enthusiastischen, bzw. monastisch-elitären Färbung (Geistbesitz in den Herzen, 5 Gott-Träger, Geist-Träger, LichtTräger, Unsterblichkeits-Träger; 6 Christen als „ein Geist"; 7 die eigentümliche ekklesiologische Exegese von Lk 23,46 [Vater, in deine Hände übergebe ich meinen Geist], die Theodot und Markell gemeinsam haben), die - abgesehen von der gnadenhaften und nicht naturhaften Verursachung (antignostisch) und abgesehen von der kirchlichen Allgemeinheit (antimonastisch) - phänomenologisch vergleichbar mit dem Selbstverständnis gnostischer Pneumatiker ist (vgl. Hübner). 8 In der eschatologischen Perspektive erscheint die Gesamtgeschichte (!) nur als „Episode" 9 (Loofs); 10 die in der irdischen Sphäre stattfindende Heilsgeschichte als säkularisiert zugunsten der metaphysischen, der himmlischen Geschichte (Gericke), 11 die Inkarnation als „zufällig" oder „nebensächlich", Markells Theologie nicht von der Soteriologie bestimmt (Pollard), 12 Markells Grundgedanken von „ungeschichtlicher Art" und von einem Origenes vergleichbaren „Auszug aus der Geschichte" geprägt (Schendel). 13 Die strenge Hinordnung der Geschichte auf das Ende konnte als Hinordung auf des Ende der Schöpfung selbst aufgefaßt werden (Dorner). 14 Die Steigerung der eschatologischen Heilsverwirklichung kann leicht als Vergöttlichung des 3

Vgl. oben 35-38.42.

4

Vgl. oben 140.

5

Frg 40(22,19): 188,25f.

6

Vgl. oben 499.

7

De incarnatione et contra Arianos, Kap. 8: P G 26, 996 C 7f (vgl. den Text oben 316)

8

Vgl. oben 494.

9

Barth, Die Auferstehung der Toten,99: „Paulus betont von V 24 (seil. 1 K o r 15,24) an durch alle Unterbrechungen hindurch, die er sich selbst zuteil werden läßt: der jetzige Weltzustand, aber auch unser jetziges Verhältnis zu Gott, auch das christliche, ist ein Provisorium, eine Episode und zwar eine Episode des Überganges und des Kampfes." Die Trinitätslehre Marcell's, 770.

10 11

Vgl. Diss.-Fassung oben 52.

12

Vgl. oben 125f.

13

Vgl. oben 120.

14

Vgl. oben 33.

III. Markeil von Ankyra als Theologe der Konstantinischen Wende

505

Alls in eine von Gott und dem Heiligen Geist ununterschiedene Göttlicheit und Geistigkeit mißverstanden werden (Dorner, Hübner). Wie Athanasius (insgesamt sieben Mal) in der fast gleichzeitig (335337)15 entstandenen Doppelschrift Contra gentes und De incarnatione 16 vergleicht Markell in seinem Opus ad Constantinum und in den späteren Schriften christologisch-soteriologische Titel und Sachverhalte mit entsprechenden kaiserlichen. Mit Athanasius geht er aber nicht so weit wie Euseb, der in der wiederum beinahe synchronen Tricennatsrede (25. Juli 336)17 Konstantin als Bild des Logos und als von den übrigen Menschen unterschiedener Nachahmer christologischer Funktionen beschreibt.18 Die Verwendung des Vergleiches der Aussendung der kaiserlichen imago laureata für die Inkarnation zeigt die durch das Wirken und die Person Konstantins gewonnene Distanz Markells zur Zeit der Verfolgungen.19 Das Bild vom Siegeskranz auf leerem Thron zeigt die für die Konstantinische Wende charakteristische Übertragung imperialer auf christologisch-ekklesiologische Hoheit. Sie ist ein ganz frühes literarisches Zeugnis für den ikonographischen Typus der „Hetoimasia". 20 Markell greift ferner das von Konstantin in Nizäa gebrauchte Begriffspaar δυνάμει-ένεργεία, die arithmetisch-geometrische Vorstellung von der μόνας πλατυνομένη εις τριάδα, mit der Konstantin vertraut sein mußte, und schließlich den philosophisch-populärwissenschaftlichen Vergleich vom Künstler für den Schöpfergott auf und verschmilzt sie unter antiarianischer Zielsetzung dergestalt, daß sie zugleich mit der heilsgeschichtlichen „Verbreiterung" des unzertrennt bleibenden Einen Gottes die dieser entsprechende Verwirklichung des Schöpfungs-, Heils- und Vollendungswerkes Gottes zum Ausdruck bringen.21 Was in der arianisch-origenistischen Konzeption die Selbstverwirklichung 15

16

17 18

19 20 21

Tetz, Art. Athanasius von Alexandrien, TRE Bd. 4, 1979, 345,8-25. Die jüngste Diskussion der Datierungsfrage bei Ε. Ρ Meijering, Athanasius, De incarnatione verbi, Amsterdam 1989, 11-20. Contra gentes, Kap. 38: 176-180 Camelot, SC 18bis, 1977; Kap. 43: 194,26- 196.20 Camelot; De incarnatione Kapp. 9,3f: 296-298 Kannengiesser, SC 199, 1973; Kap. 10: 298-302 Kannengiesser; Kap. 13,5-8: 310-314; Kap. 27,4: 364; Kap. 55,4-6: 462-464; vgl. Kap. 36: 392-394. - Die „konstantinische Couleur" dieser Schriften des Athanasius zeigt sich auch an der elfmaligen soteriologischen (für das Kreuz etc.) Verwendung des Begriffs τρόπααον Kap. 19,3; 22,4; 24,4; 26; 1; 29,1; 29,3; 30,1; 32,6; 36,1; 37,5) und der zweimaligen von σημειον (Kap. 55,lf) in De incarnatione. Vgl. oben 243 Anm. 258. Tricennatsrede Kap. 1,6: 198,32-199,3 Heikel, GCS 1902; Kap. 11,3-5: 199,1631 Heikel; Kap. 111,5: 201,19-22; Kap. IV,2-V,1: 203,17-27; Kap. V,4: 204,17-19; Kap. VII,12: 215,16-19 passim. Vgl. oben 481f. Vgl. oben 484-488. Vgl. oben 461-480.

506

D. Markeil von Ankyra als Theologe der Konstantinischen Wende

Gottes in drei Hypostasen (Zeugung des Sohnes als zweiter Person und Hervorgang des Geistes als dritter Person) ist, erscheint bei Markell als Realisation des Hervorganges der Welt aus Gott, der Annahme, Neuschöpfung, Heiligung und Verherrlichung des mit dem Logos vereinten Menschen und der Kirche sowie deren endzeitlicher Weltwerdung. Das arithmetisch-geometrische Modell22 soll nämlich erklären, wie die Vater, Logos und Geist umfassende Monas als eine Trias erscheinen kann, die zugleich immer Monas bleibt. Dies gelingt durch die Theorie von der Präexistenz, dem Ursprung und des Hervorganges der Zahlen aus der Monas, wobei die Monas als unzertrennte fortexistiert. Die Trias läßt die Kraft (δύναμις) der Monas zur Wirksamkeit (ενέργεια) und zur Ausdehnung (έπέκτασις) hervortreten. Dieses Hervorgehen der δύναμις der Monas bedeutet zugleich die Entstehung des Alls. Durch die Zuordnung von Zahlen und geometrischen Größen, nach der die τριάς der Oberfläche (επιφάνεια) zugeordnet ist, können solche Bibelstellen, die den Eindruck von zwei oder drei Personen der Gottheit erwecken, auf die „ökonomische"23 Verbreiterung bzw. Erscheinung Gottes bezogen werden, dessen Einheit durch das Bild einer Oberfläche gewahrt ist. Obwohl Gott dabei nur so erscheint, als existiere er als zwei bzw. drei Personen, existiert die Trias (als „Dreieck" ?) - die zugleich immer Monas ist - wirklich. Markeil präzisiert jedoch das mathematisch-geometrische Modell dadurch, daß er in der Weise der Präexistenz der Trias als Monas und der Präexistenz (Prädestination) der Schöpfung (der Neuschöpfung) unterscheidet, da ja die ewige wirkliche Existenz des Logos und des Geistes sein festes Anliegen ist. Dadurch wird aber die in seiner Gotteslehre liegende denkerische Schwierigkeit weiter verschärft. Seine Gotteslehre ist einerseits keine Trinitätslehre. Die Trias erscheint als eine Dreiheit und scheint, als ob sie drei Personen wäre. Wenn Markell bei seinen Vergleichen Gottes mit einem Menschen das unvergleichliche „Mehr" Gottes hervorhebt (Der Logos ist nicht nur der Gesprochene, sondern selber Sprecher; der Logos wird angespro-

22

Vgl. oben 464-469.

23

Damit ist jetzt nicht der technische christologische Gebrauch von „οικονομία" bei Markell gemeint, sondern der weitere, der sich auf die Ausdehnung der Gottheit und den heilsgeschichtlichen Charakter seiner Theologie bezieht (vgl. oben 313). H . - J. Kraus (Reich Gottes: Reich der Freiheit, Neukirchen/Vluyn 1975,105) versucht, den trinitarischen so eng wie möglich mit dem christologischen zu verknüpfen: „Zu fordern und zu erforschen ist eine Neufassung der ökonomischen Trinitätslehre, in der nicht nur der Ansatz, sondern auch die Grundlegung der im Rahmen der Christologie abzuhandelnden, auf den Skopus des Christusbekenntnisses ausgerichteten Lehre von der Trinität zu erarbeiten ist."

IV. Markeil und die „Antiochenische Christologie"

507

chen, als ob er ein anderer wäre; der Logos erscheint),24 dann ist es auf die wirksame Tätigkeit des Logos bezogen und - wenn überhaupt vorstellbar - dann doch auf das Bild von einer Person zurückzuführen. Andererseits soll nicht erst die Trias, sondern schon die Monas als der είς και μόνος θεός identisch sein mit Vater, „wahrhaftigem Sohn" (Logos) und Geist.25 Das Teilergebnis dieser Arbeit, daß der Vorinkarnierte und nicht erst der Menschgewordene „ Sohn" ist und zur Schöpfungsarbeit gezeugt wird, welches insbesondere durch die authentische Anordnung, Textherstellung und Interpretation der Frgg 1(65,59); 38(20,17); 57(28,23); 66(36,31); 113(96,85) und 123(32,27)26 gewonnen wurde, stellt zwar ein wichtiges neues Argument für die Zugehörigkeit der Pseudonymen Schriften zu Markell dar, erlaubt aber dennoch nicht von einer zweiten Person Gottes bei Markell zu reden. Markells Monotheismus ist weder eine „Identitätstheologie", noch ein „Modalimus" oder „Dynamismus", sondern die paradoxe Vorstellung eines einpersönlichen Zugleichseins von Vater, Logos (Sohn) und Geist, bei dem aber Vater, Sohn (Logos) und Geist jeweils nicht nur ein Wesensaspekt Gottes, sondern „ b θεός" sind. Dieser letztlich einpersönliche27 und nicht dreipersönlich-trinitarische Monotheismus Markells ist möglicherweise eine ihm übermittelte Tradition. Das an dieser Gotteslehre immer beobachtete Ökonomische, Transitorische (Gericke,28 Rondeau, 29 Beyschlag30) und Sukzessive (Loofs),31 was aber nach unserer Interpretation das Sein Gottes als Vater, Sohn und Geist nicht tangiert, samt dem Interesse Markells an einer „Konstruktion" der Gotteslehre von Gottes vorkosmischem und eschatologischem Sein aus,32 hat seinen Grund in Markells Adresse an Konstantin und in Markells persönlicher Teilhabe am Zeitgeist und Weltgefühl seiner Gegenwart.

24 25 26 27

28 29 30 31 32

Siehe oben 338 mit Anm. 377; 366.399-402.408. Siehe oben 258.334-338.364-366.378f.398-410.426f.431f.454f. Siehe oben 257f.266f.278f.306f.349f.360-363.444f.455 mit Anm. 859. Dies wird sowohl in den Fragmenten (vgl. oben 328-330.406f.), als auch in De sancta ecclesia (vgl. oben 457f), De incarnatione et contra Arianos (vgl. oben 113; 339 Anm. 380) und in der Epistula ad Liberium (vgl. 339 Anm. 380) explizit ausgesagt. Vgl. oben Diss.-Fassung 52. Vgl. oben 117. Grundriß der Dogmengeschichte Bd. I, 283. Vgl. oben 44-47. Frg 47(66,60) ; Frg 76(103,92); Frgg 109(121,108), 110(60,54), 111(41,34). - Siehe ferner Exkurs V zur Vorstellung von der „Ruhe" vor der Schöpfung, die in gewissem Sinne auch wieder posteschatologisch sein wird (vgl. jedoch De incarnatione et contra Arianos, Kap. 20: PG 26, 1021 A 8f und oben 435 Anm. 742) und Epistula ad Antiochenos, Kap. 13 (23 engl. Casey), in dem Markell Ps 101,26b.27a LXX und Mt 24,35 zitiert.

508

D. Markeil von Ankyra als Theologe der Konstantinischen Wende

IV. Die „Konstantinische" Couleur der Theologie Markells als eine der Ursachen seiner Logos-Anthropos-Christologie und einer der Gründe der Entstehung der „Antiochenischen Christologie" Die folgende Beweisführung stützt sich auf zwei Argumente. Zum einen allgemein auf die dargestellte ekklesiologische Bestimmtheit der Christologie Markells, die sich in den Hauptformen der ekklesiologischen Ableitung christologischer Argumente, der direkt ekklesiologischen Auslegung christologischer Niedrigkeits- und Hoheitstexte und der äquivoken Verwendung der Begriffe „Fleisch", „Leib" und „Menschheit" zu erkennen gab. Die dritte Form ist Ausdruck der in Markells Theologie vorliegenden Parallelisierung der Heilszuwendung Gottes durch den Logos an den individuellen vom Logos angenommenen Menschen mit der Heilsgabe Gottes durch den Logos an die Kirche als der Gesamtmenschheit. Das erste allgemeinere Argument ist nun, daß diese Analogisierung des einzelnen mit allen angenommenen Menschen den christologischen Einzelmenschen in seinem mit allen übrigen Menschen gleichen Menschsein stärker hervortreten ließ. Das zweite speziellere Argument kann durch folgende Uberprüfung der einschlägigen christologischen Schriftstellen und Aussagen der für die traditionsgeschichtliche Herleitung der Theologie Markells namhaft gemachten Theologen Ignatius, Irenäus, Theophilus von Antiochien, Tertullian und Novatian 1 erwiesen werden. Diese Uberprüfung ergibt nämlich, daß diese Theologen - neben anderen zu nennenden Unterschieden zu Markell - gerade solche christologischekklesiologischen Theologumena, die wir bei Markell als besonders dem konstantinischen Zeitgeist entsprechend herausgearbeitet haben, nämlich die, die die Vorherbestimmung, Hoheit, Verherrlichung, Ermächtigung, Einsetzung zur Königsherrschaft und die Vergeistigung des angenommenen Menschen, der Kirche und der ganzen Menschheit aussagen, auf den Logos bzw. den Sohn Gottes in seiner Gottheit auslegen. Bei Ignatius2 betrifft dies allerdings nur seine Auslegung von Rom 1,4.3 Denn im Mittelpunkt der Gedanken des das Martyrium erwartenden Bischofs von Antiochien stehen Leiden, Kreuz und Tod und die Sorge um die Einheit der Gemeinden. Phil 2,7 oder andere Wendungen mit λαμβάνειν kommen in seinen Briefen überhaupt 1 2

3

Vgl. oben 49-52. Auf die These von J. Ruis-Camps (The four Authentic Letters of Ignatius, the Martyr, OrChA 213, Series ,Χριστιανισμός' - N o 2, Rom 1980), der nur Rom, Magn, Trail und Eph für echt hält, kann nur hingewiesen werden. Vgl. oben 311 Anm. 345.

IV. Markell und die „Antiochenische Christologie"

509

nicht vor, so daß das innerchristologische Verhältnis von Gottessohn und angenommenem Fleisch bzw. Menschen nicht thematisiert wird. Ferner unterscheidet er sich gerade in dem genannten „Grundanliegen seiner gesamten Theologie und Soteriologie",4 seinem „Zentralbegriff",5 nämlich dem Einheitsbegriff, grundlegend von Markell. Während Markell die Unvergleichbarkeit göttlicher und menschlicher Einheit betont, 6 kommt Ignatius alles auf die Analogisierbarkeit gemeindlicher Einheit mit der Einheit von Vater und Sohn an.7 Daraus folgt ferner ein Markell fremder christologischer Subordinatianismus.8 Schließlich stehen für Ignatius - ganz anders als für Markell -

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von Campenhausen, Kirchliches Amt und geistliche Vollmacht in den ersten drei Jahrhunderten, B H T h 14, Tübingen 1953 2 , 107f. Paulsen, Studien, 132; vgl. ähnlich Rogge, Ένωσις und verwandte Begriffe in den Ignatiusbriefen, in: . . . und fragten nach Jesus. Beiträge aus Theologie, Kirche und Geschichte. Festschrift für Ernst Barnikol zum 70. Geburtstag, Berlin 1964, 48. Vgl. oben 372-379. Ζ. B. IgnMagn VII,1 (166,1-8 Fischer SUC I, 19819): „Wie nun der Herr nichts ohne den Vater tat, - (mit dem er geeint ist [om. SfA(g) Dam]) -, weder durch sich selbst noclfdurch die Apostel, so sollt auch ihr nichts ohne den Bischof und die Presbyter tun. Laßt euch auch nicht verleiten, daß etwas im besonderen für euch vernünftig erscheint, sondern (es sei) an einem O r t ein Gebet, eine Bitte, eine Vernunft, eine H o f f n u n g in Liebe, in untadeliger Freude, das ist Jesus Christus, gegenüber dem es nichts Besseres gibt. Lauft alle wie zu einem Tempel Gottes zusammen, wie zu einem Altar, zu einem Jesus Christus, der von einem Vater hervorgeht und zu einem hin existiert und sich begibt." Ferner IgnEph V (144,24-146,8 Fischer, SUC I, 19819): „Denn wenn ich in kurzer Zeit zu eurem Bischof eine solche Vertrautheit erlangte - denn sie ist nicht menschlich, sondern geistlich - , um wieviel mehr preise ich euch glücklich, die so eng (mit ihm) verbunden sind, wie die Kirche mit Jesus Christus, und wie Jesus Christus mit dem Vater, damit alles in Einheit zusammenstimme (ίνα πάντα εν ένότητι σύμφωνα η). Keiner täusche sich! Wer nicht innerhalb des Altarraumes ist, entbehrt des Brotes Gottes . . . Wer also nicht mit an diesen einen O r t kommt, der ist bereits hochmütig und hat sich selbst verurteilt. Denn es ist geschrieben: ,Gott widerstrebt den Hochmütigen.' Wir wollen daher dem Bischof nicht widerstreben, damit wir Gott Untertan seien." Wie auch in IgnEph IV (144,15-23 Fischer), verwendet der Märtyrer hier gerade diejenigen Begriffe promiscue, die Markell einerseits auf Gottes Einheit (ένότης), andererseits auf die menschliche (συμφωνία, ομόνοια) bezieht. IgnSm VIII,1 (210,6f Fischer): „Folgt alle dem Bischof nach, wie Jesus Christus dem Vater, und dem Presbyterium wie den Aposteln." - IgnMagn XIII,2 (170,6f Fischer): „Seid dem Bischof und euch gegenseitig Untertan, wie Jesus dem Vater und die Apostel Christus und dem Vater . . . (170,6f Fischer [ich lese mit den HSS A, g und Lightfoot, The Apostolic Fathers, II/2/1, 1885 2 , 138 mit Anm. 5 ohne κατά σάρκα und ohne και τω πνεύματι])". - IgnPhld VII,2 (198,20f Fischer): „ . . . werdet Nachahmer Jesu Christi, wie auch er selbst seines Vaters ist." Vgl. Walter Bauer, Die Apostolischen Väter II. Die Briefe des Ignatius von Antiochia und der Polykarpbrief, H N T , Erg.-Bd. 18, Tübingen 1920, 194 und Paulsen, Studien, 24.

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D. Markeil von Ankyra als Theologe der Konstantinischen Wende

Geist und Fleisch nicht in Konkurrenz miteinander,9 sondern sind sowohl christologisch als auch anthropologisch gleichwertige Komplementärbegriffe. 10 Theophilus von Antiochien besitzt - wie oben gezeigt wurde - 1 1 in der Logoslehre eine gewisse Verwandtschaft mit Markell aber auch charakteristische Unterschiede. Die mittelplatonisch-apologetische Fassung der Gotteslehre und Kosmologie weicht jedoch ganz von Markell ab. Nach Theophilus ist der Vater als ό θεός unfaßbar und atopisch, der Logos dagegen, vom Vater des Alls an bestimmte Orte geschickt, ist findbar, sichtbar und hörbar. 12 Solche „Depotenzierung des Göttlichen zum Zwecke des Erscheinens in der Welt kennt Markell überhaupt nicht. Die Inkarnationschristologie des Theophilus ist uns unbekannt, da im Werk Ad Autolycum „vom irdischen Leben Jesu . . . überhaupt keine Rede" ist. 14 Jedenfalls bezieht er den Titel „Erstgeborener der ganzen Schöpfung" auf den präexistenten Logos. 15 Irenäus ist zweifellos mit seinem Interesse an einer inkarnatorisch zentrierten Soteriologie 16 und dem Gewicht, dem er den Begriffen und dem Gehalt der κατα άνθρωπον ο'ικονομία und der άνακεφαλαίωσις 17 9

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Mit von der Goltz, Ignatius von Antiochien als Christ und Theologie, T U 12,3, Leipzig 1894, 91; Reitzenstein, GGA 173,9 (1911) 541; Rogge, "Ενωσις, 50 und Elze, Uberlieferungsgeschichtliche Untersuchungen, 79. IgnEph 7,2: 146,19 Fischer; IgnSm 12,2: 214,10 Fischer; IgnSm 3,3: 206,8f Fischer (lies mit Lightfoot [a.a.O. 298]; Reitzenstein [GGA 173,9, 1911, 542f] und Schlier [Religionsgeschichtliche Untersuchungen, 39 mit Anm. 1]: „ . . . ώς σαρκικός και πνευματικός, ηνωμένος τω πατρί."); IgnSm 1,1: 204,9 Fischer; IgnMgn 13,2: 170,8; IgnTrall inscr.: 172,4; IgnEph 10,3: 150,8f; IgnRöm inscr.: 182,9; IgnSm 13,2: 214,15f; IgnPol 1,2: 216,9; IgnPol 5,1: 220,3. Vgl. oben 474f. Ferner besitzt die σοφία bei Theophilus eine eigentümliche Stellung. Einmal zählt er sie so zur τριάς ([Ad Autolycum 11,15: 52,10-12 Grant, OECT, 1970]), daß wohl σοφία dem πνεϋμα entspricht (Ad Autolycum 1,7: 10,13-16 Grant [Ps 32,6]). An anderer Stelle fungiert sie als das Wesen des Logos (neben δύναμις) als des Sohnes (Ad Autolycum 11,22: 62,21f.25 Grant). Ad Autolycum 11,22: 63f Grant. Loofs, Paulus von Samosata, 303 Anm. 2. Loofs, Paulus von Samosata, 303. Ad Autolycum 11,22: 62,32 Grant, OECT, 1970. Nur die schlagendsten soteriologischen Vergleichstexte seien angegeben: Adv. haer. 111,10,2: Zeilen 44-47, S. 117f, SC 264 und De incarnatione et contra Arianos, Kap. 8: PG 26, 996 A 4-7 (vgl. den Text oben 315); Adv. haer. V,14,2: Zeilen 39-42, S. 186, SC 153 und Markell-Frg 111(41,34): 192,1-3; Adv. haer. IV,33,11 (Fr. gr. 19): Zeilen 225-227, S. 830, SC 100 und Markell-Frg 7(42,36): 192,7f; Adv. haer. V,20,2: Zeilen 53,58, S. 260, SC 153 und De incarnatione et contra Arianos, Kap. 8: PG 26, 996 C 5-8 (vgl. den Text oben 316). Sowohl der Begriff der Ökonomie als auch der der Rekapitulation kommt bei Irenäus und den von ihm aufgenommenen Quellen in gegenüber Markell weit zahlreicheren und unterschiedlichen Bedeutungen vor. Martin Widmann (Der Begriff οικονομία im Werk des Irenäus und seine Vorgeschichte, Diss, theol. Tübingen, 1956,

IV. Markeil und die „Antiochenische Christologie"

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zumißt, ein Repräsentant derjenigen theologischen Tradition, die Markeil am nächsten steht. Hier liegen ohne Zweifel Traditionszusammenhänge vor, die, da sie von mir nicht bestritten werden, nicht weiter dargelegt werden müssen. Der Gesamtrahmen seines Denkens unterscheidet sich jedoch darin stark von Markeil, daß er den apologetischen Wachstums- und Erziehungsgedanken des Menschengeschlechtes 18 in sein Denken integrieren kann, 19 daß auch er die apologetischmittelplatonische Abstufung des Grades der kosmischen Gegenwärtigkeit Gottes lehrt, 20 sowie die Einheit Gottes anders faßt 21 und vor allem darin, daß er den Millenarismus rezipiert 2 2 Auch im Blick auf

6-79, insbesondere 80-82.87) unterscheidet für οικονομία: (1) Der (universale) Heilsplan Gottes in der Geschichte; (2) der (universale) Heilsplan Gottes im Kosmos; (3) einzelne Heilstatsachen Christi; für οίκονομίαι: (4) Etappen der Heilsgeschichte; (5) Anordnungen, Befehle und (6) von den Propheten geschaute Heilsveranstaltungen. Zum Rekapitulationsbegriff vgl. Emmeran Scharl, Recapitulatio mundi. FThSt 60, Freiburg/Breisgau 1941. 18

Adv. haer. IV,37-39 „Traktat über den freien Willen", eine der Quellenschriften, die Irenaus benützte. - Vgl. Harnack (Der Presbyter=Prediger des Irenäus [IV,27,132,1]. Bruchstücke und Nachklänge der ältesten exegetisch-polemischen Homilieen, in: Philothesia. Paul Kleinen zum L X X Geburtstag dargebracht, hrsgg. von A. v. Harnack, H. Diels, K. Holl u. a., 3-37) und Bousset (Jüdisch-christlicher Schulbetrieb, 272-282). Loofs (Theophilus von Antiochien, 43 Anm. 3 und S. 86) faßt den „Traktat über Prophetenweissagungen" (Adv. haer. IV,20,8-12,21; IV, 25,2; IV, 33,10-14) und die Hauptmasse des „Traktates über die Willensfreiheit" (und weitere Stoffe) zur Quelle I G T zusammen. - Die komplizierten und weit über Harnack/Bousset hinausgehenden Quellenscheidungen von Loofs hat F. R. Montgomery Hitchcock (Loofs' Asiatic Source [IQA] and the Ps-Justin De resurrectione, Z N W 36[1937] 35-60 und Loofs' Theory of Theophilus of Antioche as a source of Irenaeus, JThS 38[1937] 130-139 und 255-266) kritisiert.

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Widmann (Der Begriff οικονομία, 84) ist der Meinung, daß Irenäus im Anschluß an die übernommene Entwicklungstheorie eigene Gedanken in dieser Perspektive entfaltet habe.

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Siehe oben 409 Anm. 617. Joh 17,3 (solus und verus deus) bezieht Irenäus nur auf den deus pater als den Schöpfer (Adv. haer. 111,6,4: Zeilen 82-87, S. 76, S C 211; vgl. Adv. haer. 111,8,3: Zeile 73f, S. 96, SC 211; Adv. haer. 111,12,1: Zeilen 378-385, S. 226-228, SC 211; Adv. haer. 111,16,6: Zeilen 210-212, S. 321 SC 211) und nicht wie Markell auch auf den Sohn in seiner Gottheit (De incarnatione et contra Arianos, Kap. 22: P G 26, 1024 A 15 - Β 11). Der Logos und Sohn ist nach Irenäus nicht mit Markell Schöpfungsursprung im Sinne von I Kor 8,6 (Frg 70[52,47]: 194,10-12 έξ ου τα πάντα), sondern Schöpfungsmittler (Adv. haer. IV,33,7: Zeilen 129-133; vgl. Fr. gr. 17, S. 818, SC 100). Die alttestamentlichen monotheistischen Schriftstellen Dtn 6,4; Jes 41,4; Jes 43,10-12 und Mal 2,10 bezieht Irenäus explizit auf den Schöpfer und „super . . . omnia deus", den Christus als seinen Vater bekennt(Adv. haer. IV,2,1: Zeilen 20-24, S. 400, SC 100; Adv. haer. IV,5,1: Zeilen 7-15: S. 426, SC 100; Adv. haer. IV,20,2: Zeilen 24-30, S. 628, SC 100); anders Markell, siehe oben 403-410).

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Adv. haer. V,31-36: „Traktat über den Chiliasmus", abgegrenzt nach Harnack und Bousset (vgl. Anm. 18). Loofs (Theophilus von Antiochien, 302.337f) faßt Adv. haer.

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D. Markeil von Ankyra als Theologe der Konstantinischen Wende

die Soteriologie, dem Kernstück seiner Vergleichbarkeit mit Markell, zeigt sich ferner eine charakteristische Differenz zu Markell: während für Irenäus deswegen der Teufel vom menschgewordenen Logos besiegt werden muß, damit dieser Sieg gerecht erkämpft werde, verfolgt Markell mit der Inkarnation das Interesse, zu begründen, wie der „Mensch" Macht erlange, um durch den Sieg über den Teufel seine Ehre wiederherzustellen. 23 A m wichtigsten sind aber folgende Beobachtungen: Wie Ignatius legt Irenäus Rom 1,4 nicht auf den vom Logos angenommenen Menschen aus. 24 Irenäus versteht ferner weder den Titel „Erstgeborener der ganzen Schöpfung" 25 noch den Titel „Bild des unsichtbaren Gottes" (letzteren zumindest nicht im Sinne Markells) inkarnatorisch;26 nach Irenäus ist weiter nicht der vom Logos angenommene Mensch der Verherrlichte, sondern der vom Vater vorkosmisch und durch die Auferstehung verherrlichte Sohn Gottes als der Logos (Joh 17,5);27 nicht das angenommene Fleisch empfängt Leben durch die Auferweckung, sondern der Sohn Gottes in seiner Gottheit;28 nicht der von Gott geliebte Mensch hat vom Vater die Herrschaft über unser Leben erhalten, sondern der Logos (Bar 3,29-4,l); 29 der Vater gibt dem (nicht weiter beschriebenen, also dem einheitlich aufgefaßten) Sohn das „dominium omnis conditionis" (Ps 109,1), die „hereditas gentium" (Ps 2,8) 30 und die „potestas adiudicandi Sodomitas" (Gen 19,24);31 Ps 109,1 ist zum Verbum gesagt;32 es, bzw. der Sohn Gottes, empfängt die ewige Herrschaft in Israel;33 ihm wird der

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V, 26-36 zu einer Quelle I Q E zusammen, die ein Teilstück der λογίων κυριακών εξηγήσεις des Papias seien. Nach dem Traktat folgt auf eine 6000-jährige Weltzeit ein 1000-jähriges (Adv. haer. V,32,2: Zeilen 32-35, S. 408f, SC 153 und V,36,3 [arm.]: S. 462 lat., SC 153) irdisches Herrlichkeitsreich Christi und seiner Gerechten und anschließend erst das Gericht. Vgl. oben 424f. Vgl. oben 306 Anm. 231 und 311 Anm. 246. Vgl. oben 275 Anm. 114. Vgl. oben 342-352. Adv. haer. IV,14,1: Zeilen 3-8, S. 538 SC 100; insbesondere aber die berühmte Stelle Adv. haer. 111,19,3: „"Ωσπερ γαρ ήν άνθρωπος, ίνα πειρασθη, οδτω και λόγος ίνα δοξασθή, . ( Z e i l e n 53f, Fr. gr. 19,If, S. 378, SC 211); vgl. oben 387 mit Anm. 531. Epideixis Kap. 72: 41 (vgl. 40) Ter-Mekerttschian/Ter-Minassiantz, T U 31/1, 1907; zu Markell vgl. De incarnatione et contra Arianos, Kap. 2: PG 26, 988 A 10 - Β 12; De incarnatione et contra Arianos, Kap. 11: PG 26, 1004 A 10-12. Epideixis Kap. 97: 51 Ter-Mekerttschian/Ter-Minassiantz; vgl. zu Markell Frg 93 (79,69) und oben 404-406. Vgl. Epistula ad Antiochenos, Kap. 25f: 31,11-13.35; 32,7-9 engl. Casey. Adv. haer. 111,6,1: Zeilen 6-24, S. 64-66 SC 211; vgl. Epideixis Kap. 47: 27 TerMekerttschian/Ter-Minassiantz, TU 31/1, 1907. Adv. haer. 11,28,7: Zeilen 189-191, S. 286, SC 294. Ps 98,1 gilt nicht weiter differenziert dem „Sohn" (Adv. haer. IV,33,13: Zeilen 291f, S. 838ff, SC 100). Adv. haer. 111,12,12: Zeilen 465-467, S. 238, SC 211.

IV. Markeil und die „Antiochenische Christologie"

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Herr den Thron Davids geben (Lk 1,32)34 und ihm wird alles Untertan gemacht (I Kor. 15),35 so daß er „ewiger" König sein wird (Lk 1,33),36 bis er selbst sein Werk wieder an den Vater abtreten wird. 37 Tertullian hat mit seiner Vorstellung der Ausdehnung der Gottheit einen seltenen mit Markeil gemeinsamen systematisch-theologischen Gedanken, der bei ihm aber stoisch, bei Markell dagegen „mathematisch-neupythagoreisch" begründet ist.38 Ferner besitzt er mit dem Inkarnationsbezug des Namens „Christus"39 und der Auslegung von Ps 109,340 zwei weitere Gemeinsamkeiten mit Markell. Seine Definition des Begriffes „Oikonomia" unterscheidet sich jedoch wesentlich von Markell; ebenso die damit verbundene unterschiedliche Fassung des Monotheismus und des Verhältnisses von Vater und Sohn.41 Entschei34 35

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Adv. haer. 111,15,3: Zeilen 110-118, S. 300, SC 211. Epideixis Kap. 52: 29 (vgl. Kap. 41: 23) Ter-Mekerttschian/Ter-Minassiantz; Adv. haer. V,36,2: Zeilen 42-55, S. 460, SC 153. Adv. haer. 111,9,2: Zeilen 68f, S. 106, SC 211; Adv. haer. 111,10,2: Zeilen 36-44, S. 116, SC 211; Adv. haer. 111,10,4: Zeile 125, S. 128, SC 211; Adv. haer. 111,19,2: Zeile 38, S. 376, SC 211; Adv. haer. 111,21,9: Zeile 212f, S. 426, SC 211; Epideixis Kap. 36 (S. 37) und Kap. 66(S. 20f) Ter-Mekerttschian/Ter-Minassiantz. Adv. haer. V,36,2: Zeile 41, S. 460, SC 153. Vgl. oben 470. Siehe oben 70. Siehe oben 351 Anm. 434. Nach Tertullian ordnet (disponit) das „oikonomiae sacramentum" die unitas zur trinitas (Adv. Prax. 11,4: Zeilen 30-33, S. 1161 Kroymann/Evans, CChr.SL II) an. Obwohl dieser Begriff die heilsgeschichtliche Seite (als die „Ökonomie" im Gegensatz zur „Theologie" nach späterer Begrifflichkeit) nicht ausschließt (Adv. Prax. 11,1: Zeilen 1-16, S. 1160 Kroymann/Evans), liegt das Schwergewicht auf der Selbstanordnung Gottes, also - nach späterer Redeweise - auf der „Theologie" (Adv. Prax. X,7: Zeilen 39-47, S. 1168; 13,5: Zeilen 37-39, S. 1175; 19,8: Zeilen 45-52, S. 1185 [vgl. den Forschungsüberblick bei Moingt, Theologie trinitaire de Tertullien, Bd. I: Histoire, Doctrine, Methodes, Theol (P) 68, Paris 1966, 45; Moingt selbst (a.a.O. 46) möchte in Adv. Prax. zwischen „oikonomia" = Schöpfungs- und Heilsplan und „dispositio" = metaphysische Unterscheidung in Gott differenzieren]). Markell verwendet für die „theologische" Seite nur die Worte „hervorgehen" (und weitere Komposita mit „gehen") und „verbreitern (ausdehnen)". „Oikonomia" ist bei Markell ferner ein streng christologischer Begriff (erste Ökonomie; zweite Ökonomie nach dem Menschen oder nach dem Fleisch), der natürlich aufgrund Markells extremen Monotheismus immer gleichzeitig seine „theologische" Komponente hat; Markell verwendet jedoch dafür nicht dieses Wort (vgl. oben 312-317). Sachlich unterscheiden sich Tertullian und Markell darin, daß die „Ökonomie" Tertullians Gott in subordinatianistischer Weise in drei Personen (Adv. Prax. XII,3: Zeilen 12-14, S. 1173; IX,2: Zeilen 12f, S. 1168; 26,3f: Zeilen 17f, S. 1196) entfaltet, was das προ- bzw. έξελθεϊν etc. und das πλατύνεσθαι Markells gerade verhindern soll. Daher tritt sachlich-theologisch an die Stelle, die die ökonomische (sprich „theologische") Entfaltung Gottes im Denken Tertullians dem Sohn als Gott zuweist, nämlich den secundum gradum (Adv. Prax. VIII,7: Zeilen 39-44, S. 1168; IX,3: Zeilen 21-23, S. 1169; VI, 1: Zeile 49, S. 1165, passim), bei Markell die δευτέρα κατα σάρκα οικονομία, d. h. der Sohn als Mensch.

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D. Markell von Ankyra als Theologe der Konstantinischen Wende

dend ist wiederum, daß er Mt 28,18 (Gabe der Vollmacht); 42 I Kor 15,25 und I Kor 15,27 (Übergabe der Herrschaft); Ps 109,1 (Einsetzung zur Königsherrschaft); 43 Mt 3,17 (= 17,4) (Der geliebte Sohn); Joh 12,28 (13,32f) 44 und Rom 1,4 (nach Markell: der zum Sohn Gottes vorherbestimmte angenommene Mensch) 45 auf den Filius als Sermo bezieht. Novatian schließlich legt I Kor 15,28 anders als Markell nicht auf die eschatologische Unterwerfung des Menschgewordenen oder des angenommenen Menschen, sondern des Sohnes in seiner Gottheit aus. Mit Hermann Jordan, 46 Adhemar d'Ales 47 und Hans Weyer 48 sagt Novatian m. E. in Kap. § 192 des 31. Kapitels von De trinitate 49 nicht die Resorption des Sohnes in den Vater 50 aus (die wir ja auch für

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Also auch im Blick auf den Begriff der οικονομία betreibt Markell die „Übertragung der .Theologie' auf das Fleisch". - Auch G. L. Prestige (God in Patristic Thought, London 1956 3 , 105f) und R. A. Markus (Tinitarian Theology and the Economy, JThS.NS 9[1958] 89-91) unterscheiden die Verwendung beider Begriffe bei Tertullian und Markell. Mit Markell gegen Origenes (Contra Celsum VIII,12: 229,32-230,1 Koetschau, GCS 3, 1899) und die Origenisten (Alexander von Alexandrien, Urk. 15,15: 22,7 Opitz, Athanasius Werke III/l; Euseb von Caesarea in den Markell-Frgg 117[82,72]: 203,79; 120[83,73]: 203,16f) lehrt Tertullian die „una substantia" (Adv. Prax 11,4: Zeile 30-35, S. 1161; XII,6f: Zeilen 36-39, S. 1173 passim) und lehnt die Rede von „duo dei" (Adv. Prax. XIX,7f: Zeilen 39-52, S. 1185) ab; mit den Origenisten (gegen Markell) kennt er im Blick auf Vater und Sohn duae personae und duae res (Adv. Prax. VII,5: Zeilen 29-31, S. 1166; VIII,6: Zeilen 37, S. 1168; XI,7-10: Zeile 50-63, S. 1172; XIII,10: Zeilen 74-76: S. 1176 passim); etc. Die zentralen biblischen Einheitsstellen (Joh 10,30 [Adv. Prax. XXII,10-13: Zeilen 62-89, S. 1190f]; Joh 14,9-1 l[Adv. Prax. XXIV,4-5.8: Zeilen 26-35.55f, S. 1194f]; Eph 4,5f[vgl. Adv. Prax XIII,9: Zeilen 66-69]; I Kor 8,6 [Adv. Prax XXI,2: Zeilen l l f , S. 1186]; Ex 3,14 [Adv. Prax. XVII,3f: Zeilen 12-26, S. 1182: die Titel „Omnipotens" und „Qui est" kommen Vater und Sohn je auf verschiedene Weise zu]; Gen 1,26 [vgl. oben 346 mit Anm. 416]) legt Tertullian in der Nähe zu Irenaus gegen Markell auf zwei Personen aus. Adv. Prax. IV,1: Zeilen 1-5, S. 1162; XVI,1: Zeilen 1-4, S. 1180; XVII,3: Zeilen 13-15, S. 1182f; vgl. zu Markell oben 386f. Adv. Prax. IV,2-4: Zeilen 6-26, S. 1162f; XI,7: Zeilen 49-55, S. 1172. Adv. Prax. XXIII,3-XXIV: S. 1192-1194, insbesondere XXIII,llf: Zeilen 52-63, S. 1193. Vgl. oben 306 Anm. 231 und 311 Anm. 246. Die Theologie der neuentdeckten Predigten Novatians, Leipzig 1902, 108. Novatien. Etude sur le theologie Romain au milieu du Ille siecle, Paris 1924, 130. Novatian, De trinitate, 1962, Anm. I l l (S. 204-206); hier auch weitere und ältere Literatur. Alle Zitate stehen auf S. 204 der Ausgabe von Weyer. In diesem Sinne ζ. B. Harnack, Lehrbuch der Dogmengeschichte, Bd. I, 633 Anm. 2 und selbstverständlich Loofs, Paulus von Samosata, 321; Die Trinitätslehre Marcell's, 780f; Leitfaden zum Studium der Dogmengeschichte, 148 und Gericke, Marceil von Ancyra, 145.

IV. Markell und die „Antiochenische Christologie"

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Markell in dem Sinne ausschließen, daß Vater und Logos dadurch ununterscheidbar würden). Novatian sagt mit keinem Wort, daß der Sohn sein Wesen oder seine Existenz mit dem Vater vereine,51 bzw., was Markellisch wäre, zu der immer bleibenden Einheit einer Person zurückkehre. Vielmehr gibt und sendet der Sohn die tota divinitatis auctoritas dem Vater wieder zurück (remittit; revolvitur; ab ipso filio missa revertitur et retorquetur), aus dem allein diese Kraft der Gottheit entsandt und dem Sohn übergeben (tradita) bzw. auf den Sohn gerichtet wurde. Zwei weitere Male sagt Novatian, daß dem Sohne die Gottheit gegeben wurde (tradita et porrecta; [pater] dederat eam [seil, maiestas und divinitas]). Daß diese Rückkehr der Kraft der Gottheit nach den schwer übersetzbaren Worten „gradatim reeiproeo meatu" geschieht, ändert nichts an der Tatsache, daß sie eben nicht - wie Novatian wiederum sagt - durch die Einheit der Substanz von Vater und Sohn, sondern durch deren Gemeinschaft (communio) geschieht. Die Markellische Übertragung der Erwählung, Hoheit, Herrlichkeit und Herrschaft vom Gottessohn auf den „Menschensohn", der dadurch seinerseits zum „Gottessohn" erhöht wird, ist also weder von den Origenisten, noch auch von den übrigen vornizänischen Theologen, denen Markell sonst viel näher steht, ableitbar. Es liegt also auf jeden Fall ein gegenüber der vorausliegenden Tradition neuer Gedanke bei Markell vor. Wie hat Markell diesen Gedanken gefaßt? Sicher spielen hier zumindest zwei Faktoren zusammen: einmal die polemische Frontstellung gegen die Arianer und Origenisten, die zu neuer Exegese der kontroversen Bibeltexte zwang; zum anderen waren es der Zeitgeist und das Weltgefühl der Konstantinischen Wende, die der Entgegnung auf die Arianer und der Neuinterpretation der entsprechenden Texte eben diejenige Prägung gaben, die in der Theologie Markells vorliegt. Dafür sprechen folgende in den vorangehenden Abschnitten gesammelte Gründe: (1) Markell bezieht in so extremem Maße nicht nur christologische Niedrigkeitsaussagen, sondern gerade christologische Hoheitstitel auf den Menschgewordenen bzw. den angenommenen Menschen, wie es zur Widerlegung der Arianer überhaupt nicht notwendig ge-

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Nach Simonetti (Alcune osservazioni sul de Trinitate di Novaziano, in: Studi in onore di Angelo Monteverdi, Bd. II, Modena 1959, 777), Vicenzo Loi (Novanziano. La Trinitä, CPS.L, Turin 1975, 304) und Gille Pelland (Un passage difficile de Novatien sur I Cor 15: 27-28, Gr. 66[1985] 51) betrifft diese Rückkehr „l'essenza stessa delle relazioni fra il Padre e il Figlio", bzw. „l'economia intima dell'essere divino . . . ", bzw. „son (seil, des Sohnes) etre meme". Wenn mit diesen Äußerungen nicht das Existieren des Sohnes, sondern seine vom Vater empfangene und an ihn zurückerstattete Göttlichkeit gemeint ist, treffen sie zu.

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D. Markeil von Ankyra als Theologe der Konstantinischen Wende

wesen wäre: insbesondere sind dies die Titel 52 Χριστός, ζωή, όδός, ήμερα, άνάστασις, θύρα, θεμέλιο ν, ιερεύς ό μέγας, ε'ικών τοϋ θεοϋ τοϋ αοράτου, πρωτότοκος πάσης κτίσεως, πνεϋμα τό ζωοποιοϋν, άρχιερεύς, λίθος, πέτρα, άμπελος, άρτος und δένδρον. Genaugenommen gehören davon die Titel „Christus, Leben, Weg, Tag, Auferstehung, Tür" 5 3 und „Großer Priester" 54 dem menschgewordenen Logos. „Grund" ist Jesus Christus bezüglich seiner „Ökonomie nach dem Fleisch." 55 Sowohl auf den Menschgewordenen als auch auf den angenommenen Menschen und das menschliche Fleisch im allgemeinen bezieht Markell den Namen „Bild des unsichtbaren Gottes." 5 6 „Erstgeborener aller Schöpfung" ist der im Logos als Mensch Geschaffene 57 und „lebensschaffender Geist" das aus dem lebenschaffenden Geist empfangene Fleisch des Herrn. 58 „Hoherpriester (Hebr 3,1), 59 Stein, Fels, 60 Weinstock, Brot und Baum" 6 1 legt Markell dem ,Herrlichkeitsmenschen' bzw. ,dem am Retter erkannten Menschen' bei. 62 Euseb charakterisiert konsequenterweise diesen Zug der Theologie Markells als eine „θεολογία της σαρκός".63 Von Eusebs origenistischen Voraussetzungen her betreibt Markell damit ein „Herabwerfen der Theologie auf das Fleisch". 64 Objektiv handelt es sich aber um eine christologische und anthropologisch-ekklesiologische „Aufwertung" des Fleisches. Auch gegenüber Ignatius, Irenaus und Tertullian vollzieht Markell damit eine neuartige Erhöhung des Fleisches und des vom Logos angenommenen Menschen. In dieser Linie ist die zentrale Stellung des Titels

52

53 54 55 56 57 58 59 60 61 62

63

64

Ferner gibt es die Hoheitstitel, die sowohl dem Logos als auch dem angenommenen Menschen zukommen: Sohn Gottes, Gott, Herr, König. Frg 3(43,37): 192, 20f; Frg 7(42,36). Frg 4(1,1). Frgg 36-38(18-20,15-17). Frgg 51-55, insbesondere Frg 55(94,83): 205,lOf. Frg 11(8,8). De incarnatione et contra Arianos Kap. 16: PG 26, 1012 Β 14-17. Epistula ad Antiochenos Frgg 11(11,63); 14(43,29; 15(14,65) passim. Epistula ad Antiochenos Kap. 11: 21 ult. - 22,1 engl, und 22,2f arm. Casey. Epistula ad Antiochenos Frg 9(9,6[19]). Die Übergänge sind fließend: „Brot des Lebens" ist der Logos in seinem Geistsein (De incarnatione et contra Arianos, Kap. 16: PG 26, 1012 Β 7-17 [vgl. den Text oben 355 Anm. 442]); „Brot" ist der Menschgewordene (Frg 3[43,37]: 192,21) und der angenommene Mensch (Epistula ad Antiochenos Frg 9(9,6[19]). - Vgl. noch den Titel „Leben" in Frg 3(43,37): 192,20 mit Epistula ad Antiochenos Frg 12(12,64) und De incarnatione et contra Arianos, Kap. 2: PG 26, 988 A 1 If. CM 11,2,44: 43,21-27; CM 11,3,4: 26-33; CM 11,3,10: 46,7-10; CM 11,3,25: 49,6-9; CM 11,3,39: 52,6-10; Cf. CM 1,1,22: 6,1-5; CM 11,4,22: 56,26-32; ET 11,23,4: 134,8-10; E T III,7,If: 165, 1-12. CM 11,3,22: 48,20f.

IV. Markeil und die „Antiochenische Christologie"

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„Herrlichkeitsmensch" (κυριακός άνθρωπος) in der Epistula ad Antiochenos selbstverständlich.65 (2) Markell bettet diese inkarnatorische Hoheits-Christologie immer in die Ekklesiologie ein. Entweder sogar so, daß er die Inkarnationsgebundenheit christologischer Titel aus der Wirklichkeit der Kirche ableitet (Jesus, „Großer Priester", „der als Sohn Gottes Vorherbestimmte, der von Gott geliebte Mensch, Jesus als „Grund") 66 oder aber die christologische Anthropologie auf die Kirche überträgt. Der Kirche und der „Menschheit" kommen in der Kraft und durch die Wirksamkeit des Logos und „wahrhaftigen Sohnes" dieselben Titel und Funktionen zu wie dem vom Logos angenommenen Menschen: Herr, Gott, König, Gesalbte (!), Sohn Gottes, Throngenosse, Teufelsbesieger. Ferner gibt es ekklesiologische Namen, die zwar vom angenommenen Menschen abgeleitet sind, aber dennoch das Gefälle zwischen diesem und uns weitgehend einebnen: „erster neuer Mensch", 67 „£rsigeborener der ganzen Schöpfung, „erster Weg, dem weitere folgen", „Bild des unsichtbaren Gottes." 69 (3) Schließlich legt Markell die christologischen Hauptstellen Sach 3,lf; Prov 8,22-25; Rom 1,4; Kol 1,15-18; Joh 12,28c; Ps 109,1 und I Kor 15,25-28 immer im Bewußtsein des weltgeschichtlichen Ausgespanntseins der „Ökonomie nach dem Menschen" zwischen Anfang und Ende aus. Bei allen Texten stellt Markell entweder den prädestinatianischen oder eschatologischen Bezug her. Dadurch interpretiert Markell Prov 8; Kol 1; I Kor 15 mit Ps 109 dergestalt kosmologisch, daß von der Ekklesiologie aus rückwärts zum Anfang der Geschichte und vorwärts zum Eschaton der Kosmos von Christus und der Kirche in Besitz genommen wird. Diese von der Erhöhung und dem Selbstbewußtsein der weltwerdenen Kirche sowie der Aufwertung der Menschheit im allgemeinen getragene Christologie ist zumindest einer der Gründe für die von uns bei der Interpretation der Fragmente und der Heranziehung der Texte aus De incarnatione et contra Arianos immer wieder gemachte Beobachtung, daß Markell trinitarische Verhältnisbestimmungen, die in der Perspektive der Origenisten und Arianer - aber weitgehend eben auch der sogenannten „kleinasiatischen Tradition" - der Beziehung von Vater und Sohn (und Schöpfung) in ihrer göttlichen Natur (bzw. kosmologisch) angehören, auf das Verhältnis des Vaters samt des Logos zum Menschgewordenen (und zur Kirche) überträgt und damit 65 66 67 68 69

Vgl. oben 82f. Vgl. oben 263-266.306-311; Frg 112(122). Frg 15(6,6): 186,18. Frgg 30f(14f,12). Vgl. die Polemik des Euseb CM 11,3,25: 49,6-12; ET II,23,3f: 134,4-8.

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D. Markeil von Ankyra als Theologe der Konstantinischen Wende

die innerchristologische (bzw. ekklesiologische) Beziehung zwischen dem Logos und dem angenommenem Menschen (der angenommenen Menschheit) in seiner (ihrer) Hoheit überhaupt erst konstituiert. Dadurch kommt christologisch der „Mensch" gegenüber dem Logos in seiner Selbständigkeit in den Blick. Zugleich wird durch den bleibenden Bezug der Niedrigkeitsaussagen auf das Fleisch der Prädikationsbereich der christologischen Anthropologie durch den Zuwachs der Hoheitsaussagen, die bisher dem Logos vorbehalten waren, 7 0 stark erweitert.71 Beides, zusammen mit der allgemeinen Ekklesiologisierung der Christologie - ist Markells Beitrag und, gemeinsam mit der theologischen Herausforderung, die durch den arianisch-apolinaristischen Streit gegeben war, eine der Ursachen der Wende von der trinitarischen zur christologischen Fragestellung im vierten Jahrhundert und der Entstehung einer Logos-Anthropos-Christologie.72 Daß die antiarianische Polemik nicht bei der Trinitätslehre stehenblieb, sondern in die Inkarnationstheologie und Christologie einmündete, ist daher - neben den Beiträgen des Eustathius von Antiochien 7 3 und des Athanasius von Alexandrien 74 - Markells kreativer Bearbeitung seiner Zeitfragen im Geist der Konstantinischen Wende zu verdanken. 75 Aus diesem Neuansatz im konstantinischen Geist ist es schließlich problemlos verständlich, daß Markell den „Sohn (Kind) - Gottes Titel" in fließendem Ubergang dem Logos, dem Menschgewordenen, dem individuellen angenommenen Menschen und allen Menschen insgesamt zuschreiben kann. Auch dies ist nur der christolo-

70

Diese These mildert die „objektive Aporie", die Werner Eiert (Der Ausgang der altkirchlichen Christologie. Eine Untersuchung über Theodor von Pharan und seine Zeit als Einführung in die alte Dogmengeschichte, hrsgg von W. Maurer und E. Bergsträßer, Berlin 1957, 31; vgl. 20f.28f) zwischen der dogmengeschichtlichen Zäsur von Nizäa und der kirchenpolitischen Konstantins konstatierte, nämlich die „Spaltung im christologischen Denken", nach dem sich das dogmatische Denken nach Nizäa auf den irdischen Christus konzentriere, sich aber zugleich „der Aufgang einer politischen Christologie" vollziehe, „die sich ihre Kriterien aber zwar auch nicht mehr von dem präexistenten Christus holt, ebensowenig aber von dem Bild des irdischen Christus der Evangelien, sondern von dem nachirdischen, dem erhöhten, dem himmlischen Christus in Macht und Glorie."

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Der angenommene Mensch ist bis zum Eschaton Sklavengestalt und zugleich Herr, Gott und himmlischer König; schon der Irdische ist der Bezwinger des Teufels, aller widerstrebenden Mächte und der Heiden, willigt aber nicht in das Todesleiden ein; der im Logos als Mensch Geschaffene ist Prinzip der Neuschöpfung im Himmel und auf Erden, alles Vergangenen und Zukünftigen, und zugleich noch hungerndes, dürstendes, schwaches, sterbliches, vergängliches Fleisch, etc. Daß die christologische Frage im vierten Jahrhundert ein Neuansatz ist, wird auch daran deutlich, daß sie anfangs die Psychologie Christi nicht thematisiert.

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IV. Markell und die „Antiochenische Christologie"

519

gische Ausdruck der soteriologisch-ekklesiologischen Gestimmtheit 73

74

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Eine große Nähe zu Markell zeigen neben der Exegese von Prov 8 alle Stellen, an denen Eustathius dem άνθρωπος Χριστού bzw. dem „homo deifer" (Frg 33: 106,10; Frg 39: 108,8; Frg 42: 108,29; Frg 53: 111,6; Frgg 59-63: 112.9f.15.19.23.31f Spanneut, Les Fragments d'Eustathe d'Antioche, MFCL 55, Lille 1948; bei Markell ein ekklesiologisches Attribut!) hoheitliche Titel und Funktionen beilegt, wie das „rerum universarum imperium (Frg 39:108,7 Spannern)", das „sceptrum aeterni imperii omnium" und das „iudicium" (Frg 40: 108), den „honor", die „potestas" und „gloria (Frg 43: 109,4f)". Mt 11,27a (omnia mihi tradita sunt a patre meo [Frg 40: 108,1 lf und Frg 51: 110]) bezieht Eustathius auf den Menschen Christi. Es ist der Mensch Christi, der sich nach Mt 19,28 auf den Thron der Herrlichkeit setzen wird (Frg 50: 110). Ps 9,8b (ήτοίμασεν έν χρίσει τον θρόνον αύτοϋ) ist ein Prophetie. Sie gilt dem homo Christi, der der Herrscher über alle Kreatur wegen der Verbindung mit dem göttlichen Wort sein wird (Frg 52f: 11 Of). Andererseits gehört nach Eustathius der Titel „Christus" - wie die Formel „homo Christi" belegt - schon dem Präexistenten. Er ist ein άλλος κύριος και θεός neben dem Vater (De engastrimytho: 54,1-5 [vgl. 53,27-33] Klostermann, KIT 83, Bonn 1912). Den Logos beschreibt Eustathius als φύσει θεός εκ θεοϋ γεννηθείς (Frg 35: 107,6 Spannern). Nicht der angenommenen Mensch ist das Bild Gottes des Vaters, sondern der Sohn. Der Mensch wiederum ist - ganz origenistisch - Bild des Sohnes (Frg 21: 101,28f.30 Spanneut). Direkt gegen Markell scheint die eustathianische Exegese von Joh 5,30 (ού ζητώ τό θέλημα τό έμόν, άλλα τό θέλημα τοϋ πέμψαντός με πατρός) gerichtet zu sein. Markell zieht diesen Text dort (vgl. oben 373f zu Frg 74[73,64]) heran, wo er im Blick auf die δευτέρα οικονομία des Logos eine Ασυμφωνία zwischen dem Willen des Vaters und demjenigen des Sohnes biblisch belegt (neben Joh 5,30 mit Mt 26,39), die dadurch aufgelöst wird, daß sich der väterliche Wille gegen den im Sinne der δευτέρα οικονομία widerstrebenden Willen des Sohnes durchsetzt (ούχ δτι θέλημα ήν έν αύτω δεόμενον καταλύσεως οΰτε θεϊκόν ούτε μην τό της αύτοϋ άνθρωπήσεως . . . [Frg 82: 126,8-10 Spanneut]). Charles Kannengiesser hebt in seiner Interpretation der Orationes I/II contra Arianos die „perception chronologique" bzw. die „Chronologie theologique" hervor, mit denen Athanasius den inkarnatorischen „καιρός christologique" gegen seine Gegner geltend macht (Athanase d'Alexandrie eveque et ecrivain. Une lecture des Traites contre les Ariens, ThH 70, Paris 1983, 214.228-231.239). Die im folgenden Zitat (a.a.O. 213) von mir kursiv gesetzten Worte zeigen, inwiefern Athanasius - bei allen Unterschieden in der Anwendung auf die Christologie - am „konstantinischen" Geist Markells partizipiert: „Athanase reproche aux ariens de transporter dans l'ordre de la theologie, oü se con^oivent la nature et les rapports reciproques du Pere et du Fils, les categories de cette temporalite dont il pratique une application constante au plan de l'oikonomia pour rendre compte de la realisation e f f e c t i v e du salut en Christ. En d'autres termes, il a interprete la theologie arienne en fonction de son propre concept de l'oikonomia, . . . " Euseb hat die Konstantinische Wende von seinen theologischen Voraussetzungen freilich anders gedeutet. Ein eingehender Vergleich der Ekklesiologie und der Eschatologie Eusebs und Markells wäre eine lohnende Aufgabe. Analog zu Markell ist jedenfalls die Tatsache, daß auch Euseb der Konstantinischen Wende christologische Dignität zumißt. Während jedoch Markell aufgrund seiner inkarnatorischen Konzentration die einheitliche „Ökonomie nach dem Fleisch" als Heilszeit auffaßt, führt nach Euseb eine zweite Theophanie bzw. Parusie des Logos die Wende herbei (Tyrusrede, HE X,4, 11-16: 866,5-868,9 [insbesondere 866,21-24 und 857,15-19] Schwartz, 19142), die ja in der Theologie Markells fehlt.

520

D. Markeil von Ankyra als Theologe der Konstantinischen Wende

Markells, die schon Stülcken durch eine auffallende Sicherheit in der Bestimmung des Überganges der Heilsthatsachen vom Herrn auf uns' charakterisiert hat. 76

V. Die Einheit des Schrifttums

Markells

Die Einheit der Theologie Markells hat sich uns im Verlaufe der ganzen Arbeit immer wieder bewiesen. Sie braucht jetzt nicht mehr erwiesen werden. Trotz dieser sachlichen Einheitlichkeit der Theologie besitzen aber die bisher identifizierten Schriften Markells entsprechend ihrer verschiedenen Abfassungszeiten und verschiedenen Adressaten unterschiedliche Akzentsetzungen. Wenn wir die Charakterisierung „Entwicklung" in diesem Zusammenhang ablehnen, dann in dem Sinne, daß der durch das Erlebnis der „ecclesia triumphans" bestimmte Charakter im gesamten Schrifttum Markells erhalten bleibt. Was sich wahrnehmbar verschiebt, ist die Zuordnung von Zeitempfinden und Weltgefühl. Während das Opus ad Constantinum stärker von der Kürze und dem Drängen der Zeiten geprägt ist - was in den späteren Texten nicht ganz fehlt (!) - , tritt seit der Schrift De sancta ecclesia der universalistisch-ekklesiologisch-kosmologische Aspekt stärker in den Vordergrund. Dies hat möglicherweise seinen Grund in der bitteren Erfahrung, die Markeil mit der Behandlung seiner Schrift an Konstantin machte, die er aber möglicherweise nicht Konstantin selbst anlastete. Jedenfalls bedeutete aber sicher der Tod Konstantins einen Einschnitt in dieser geschichtstheologischen Euphorie. In De sancta ecclesia fehlt aber dennoch und trotz aller Härte des Streites und aller persönlichen Enttäuschungen 1 nicht der ekklesiologisch-kosmologische Optimismus („Die Ketzer gibt es nur an wenigen Orten"), der sich in De incarnatione zu einem Hauch von ekklesialem Enthusiasmus steigert. Daß die „kaiserlichen Elemente" in der späteren Schriften zurücktreten - sie fehlen wiederum nicht ganz - ist selbstverständlich. Daß ferner die Schrift von 336 unter der „Spannung der Zeit" steht, wird - wie oben beobachtet - daran deutlich, daß Markeil auch den Gottesbegriff von Anfang und Ende, von Gottes vorkosmischer und postsoteriologischer Einheit her, bedenkt. Markeil behält davon jedoch auch in den großen Bekenntnissen der Epistula ad Iulium und der Epistula ad Liberium die Tendenz bei, jeweils einen Kurzabriß der gesamten Heilsgeschichte, wie sie durch den einen Gott und seinen Logos-Sohn bewirkt wird, zu geben. In der christologisch ausgerichteten Epistula ad Antiochenos tritt stärker - neben allen anderen von uns 76 1

Athanasiana, 65f. Wiederum ganz analog zu Euseb von Caesarea.

V. Die Einheit des Schrifttums Markells

521

herausgestellten „Markellismen" - die Erhöhungschristologie hervor. Das Serdicense schließlich ist hauptsächlich auf bestimmte polemische Schriftstücke abgestellt.

Ε. Bibliographie I. Quellen und Übersetzungen a) Markell 1 1. Fragmente aus dem Opus ad Constantinum Imperatorem: - ed. Christ. Henr. Georg. Rettberg, Marcelliana. Accedit Eunomii Ε Κ Θ Ε Σ Ι Σ ΠΙΣΤΕΩΣ emendatior, Göttingen 1794. - edd. Erich Klostermann/Günther Christian Hansen, Gegen Marceil. Uber die kirchliche Theologie. Die Fragmente Marcells, Eusebius Werke Bd. IV, GCS 14, Berlin 1991 3 , 99,27f; 185-214. - edd. Karl Holl/Jürgen Dummer, Panarion haer. 65-80, Epiphanius von Salamis Bd. III, G C S 37, Berlin 1985 2 , 260,10-15; 260,18 261,6 (vgl. 263,1-12 und 264,8f). 2. Epistula ad Iulium: - edd. Erich Klostermann/Günther Christian Hansen, Gegen Marcell. Uber die kirchliche Theologie. Die Fragmente Markells, Eusebius Werke Bd. IV, G C S 14, Berlin 1991 3 , 214f. - edd. Karl Holl/Jürgen Dummer, Panarion haer. 65-80, Epiphanius von Salamis Bd. III, G C S 37, Berlin 1985 2 , 256-259. 3. Das sog. westliche Bekenntnis von Serdika: - ed. Friedrich Loofs, Das Glaubensbekenntnis der Homousianer von Sardica, APAW.PH 1909, 7- 11. - ed. Martin Tetz, Ante omnia de sancta fide et de integritate veritatis. Glaubensfragen auf der Synode von Serdika (342), Z N W 76 (1985) 252-254. 4. De sancta Ecclesia: - ed. Giovanni Mercati, Anthimi Nicomediensis episcopi et martyris de sancta Ecclesia, in: Note di Letteratura biblica e cristiana antica, Vol. III, StT 5(1901) 95-98. - ed. Walter Scott, Hermetica Vol. IV: Testimonia, Oxford 1936 (London 1968), 155-161.

Für genauere Angaben siehe den Forschungsbericht zu den jeweiligen Texten.

524

Ε. Bibliographie

5. De incarnatione et contra Arianos: - ed. Bernard de Montfaucon, Paris 1698 (Padua 17772) = PG 26, 983-1028. - ed. Isaia Tajezi, Sancti Athanasii Patriarchae Alexandreias tractatus, epistolae et apologiae, Venedig 1899, 27-56 (armenisch). - ed. Robert W. Thomson, (syrisch/engl. Ubersetzung), Athanasia s Syriaca, Part III, CSCO 324/325, S. Tom. 142/143, 1-29/1-20, Löwen 1972. 6. Epistula ad Antiochenos = Sermo maior de fide - ed. Edouard Schwartz, Der s. g. Sermo maior de fide des Athanasius, SBAW.PPH 1924, 6. Abh., München 1925 (griechische und lateinische Fragmente). - ed. Robert Pierce Casey, The Armenian Version of the PseudoAthanasian Letter to the Antiochenes and of the Expositio Fidei, StD XV/1, London/Philadelphia 1947 (griechische und lateinische Fragmente/armenischer Text/engl. Ubersetzung). - ed. Henric Nordberg, Athanasiana Part I: The Texts: Five Homilies, Expositio fidei, Sermo maior, Societas Scientiarum Fennica. Commentationes Humanarum Litterarum XXX.2, Helsinki Helsingfors 1962, 59-71 (Kollation des Codex Laurentianus gr. IV,23). - edd. J. M. Clement/R. vander Plaetse, in: Facundus von Hermiane, Pro defensione trium capitulorum XII,II, 1-9, in: Facundi Episcopi ecclesiae Hermaniensis opera omnia, CChr.SL 90 A, Turnhout 1974, 333-335 (lateinische Fragmente). - ed. J. Lebon, Le Sermo maior de fide Pseudo-Athanasien, Le Museon 38(1925) 243-260 (syrische Fragmente). 7. Epistula ad Liberium = Contra Theopaschitas - ed. Hans Georg Opitz, Untersuchungen zur Überlieferung der Schriften des Athanasius, AKG 23, Berlin/Leipzig 1935, 21 lf. - ed. Felix Scheidweiler, Ein Glaubensbekenntnis des Eustathius von Antiochien?, ZNW 44 (1952/3) 237f. - ed. Martin Tetz, Zur Theologie des Markeil von Ankyra III. Die pseudathanasianische Epistula ad Liberium, ein Markellisches Bekenntnis, ZKG 83(1972) 152-154. b) Markellianer 1. Expositio fidei Eugenii Presbyteri ad Athanasium - ed. Bernard de Montfaucon, Collectio Nova patrum et scriptorum Graecorum, Eusebii Caesareensis, Athanasii, & Cosmae Aegyptii., Tom. II, Paris 1706, 1-4.

I. Quellen und Übersetzungen

525

- ed. Martin Tetz, Markellianer und Athanasios von Alexandrien. Die markellianische Expositio fidei ad Athanasium des Diakons Eugenios von Ankyra, Z N W 64(1973) 78-84. 2. Bekenntnis des Klerus von Ankyra - edd. Karl Holl/Jürgen Dummer, Panarion haer. 65-80, Epiphanius von Salamis Bd. III, GCS 37, Berlin 19852 , 265-267.

c) Sonstige pagane und christliche Quellen Acta Apostolorum Apocrypha, edd. Richard. A. Lipsius/Maximilian Bonnet Teil II/Bd. 2: Acta Philippi et Acta Thomae. Accedunt Acta Barnabae, Leipzig 1903. Acta Conciliorum (siehe unter Sacrorum Conciliorum, etc.). Acta et symbola conciliorum quae saeculo quarto habita sunt, ed. E. J. Jonkers, Textus Minores Vol. 19, Leiden 19742. Albinus, Epitome (Didaskalikos), ed. Karl Friedrich Hermann, Piatonis Dialogi secundum Thrasylli Tetralogias dispositi Vol. VI, Leipzig 19642, 147-189. Alexander von Aphrodisias, In Aristotelem Metaphysica Commentaria, ed. Michael Hayduck, CAG I, Berlin 1891. Anatolius von Laodizäa, Uber die Zehn und die Zahlen in ihr, ed. J. L. Heiberg, transl. P. Tannery, in: Annales internationales d'histoire. Congres de Paris 1900, 5e section: Histoire des Sciences, Paris 1901, 29-57. Anhomöische Predigten: Deux homelies Anomeennes pour l'Octave de Päques, ed. Jacques Liebaert, SC 146, Paris 1969. Apostolische Väter: - The Apostolic Fathers, ed. J. B. Lightfoot, Part II, Vol. 2, Sect. 1, S. Ignatius. S. Polycarp, London 18852. - Die Apostolischen Väter, ed. Joseph A. Fischer, SUC I, Darmstadt, 19819. (Siehe auch unter Pseudo-Ignatius). Apuleius Madaurensis, Opuscules Philosophiques et Fragments, ed. Jean Beaujeu, CUFr, Paris 1973. Aristoteles: - Physik [Aristotle's Physics] ed. William. D. Ross, Oxford 1936. - De Anima, ed. R. D. Hicks, Cambridge 1907 (Amsterdam 19652), - Metaphysik, ed. Werner Jaeger, OCT, Oxford 1957 passim. Asterius Sophista: - Asterii Sophistae Commentariorum in Psalmos quae supersunt. Accedunt aliquot Homiliae anonymae, ed. Marcel Richard, SO.S 16, Oslo 1956.

526

Ε. Bibliographie

- Fragmente, ed. Gustave Bardy, in: Asterius le Sophiste, R H E 22(1926) 242-255 = ders., Recherches sur Saint Lucien d'Antioche et son ecole, ΕΤΗ, Paris 1936, 341-354. Athanasius von Alexandrien: - Opera omnia, ed. Bernard de Montfaucon, 2 Bde., Paris 1698 (Padua 1777 2 ) = P G 25-28 (mit Erweiterungen). - Die Apologien, ed. Hans-Georg Opitz , Athanasius Werke II/l, Berlin 1935-41. - Urkunden zur Geschichte des arianischen Streites, 318-328, ed. Hans-Georg Opitz , Athanasius Werke III/l, Berlin und Leipzig 1934-35. - Contra gentes, ed. Pierre Thomas Camelot, S C 18bis, Paris 1977. - De incarnatione verbi: - ed. Charles Kannengiesser, SC 199, Paris 1973. - eingel., übers, und komm, von Ε. P. Meijering, Amsterdam 1989. - Der zehnte Osterfestbrief des Athanasius von Alexandrien. Text, Ubersetzung, Erläuterungen, ed. Rudolf Lorenz, B Z N W 49, Berlin/New York 1986. - Sancti Athanasii Patriarchae Alexandreias tractatus, epistolae et apologiae, ed. Isaia Tajezi, Venedig 1899. - (siehe auch unter a] Mar kell). Athenagoras, Legatio und De Resurrectione, ed. William R. Schoedel, O E C T , Oxford 1972. Atticus, Fragments, ed. Edouard des Places, CUFr, Paris 1970. Bardesanes, Liber legum regionum, ed. F. Nau, PS 1,2, Paris 1897. Basilius von Caesarea: - De Spiritu Sancto, ed. Benoit Pruche, SC 17bis, Paris 1968. - Briefe, ed. Yves Courtonne, Tome I-III, CUFr, Paris 1957-1966. Bibliothek der Symbole und Glaubensregeln der Alten Kirche, edd. August Hahn/G. Ludwig Hahn mit einem Anhang von Adolf Harnack, Breslau 18973 (Hildesheim 1962). Catenae Graecorum patrum in Novum Testamentum, ed. John Anthony Cramer, Vol. VII, Oxford 1843 (Hildesheim 1967). Chalcidicus, Timaeus a Calcidico translatus commentarioque instructus. In societatem operis coniuncto P. J. Jensen ed. J. H. Waszink, Plato Latinus Vol. IV, London/Leiden 1962. Clemens von Alexandrien: - Protrepticus und Paedagogus, edd. Otto Stählin/Ursula Treu, Clemens Alexandrinus Bd. I, G C S 12, Berlin 1973 3 . - Stromata Buch I-VI, edd. Otto Stählin/Ludwig Früchtel, Clemens Alexandrinus Bd. II, G C S 15, Berlin I960 2 . - Stromata Buch VII und VIII. Excerpta ex Theodoto - Eclogae propheticae - Q u i s dives salvetur - Fragmente, edd. Otto

I. Quellen und Übersetzungen

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Stählin/Ludwig Früchtel/Ursula Treu, Clemens Alexandrinus Bd. III, GCS 17, Berlin 19702. Cicero, M. Tullius, Orator, ed. Rolf Westman, M. Tulli Ciceronis scripta quae manserunt omnia, Fsc. 5, BSGRT, Berlin 1980. Comicorum Atticorum Fragmenta ed. Theodor Kock, Bd. III, Leipzig 1888.

Corpus Inscriptionum Latinarum Vol. XII, Pars 2, Fase. 1: Inscriptiones Umbriae, ed. Eugen Bormann, Berlin 1901. Corpus Paroemiographorum Graecorum edd. E. L. von Leutsch/F. G. Schneidewin, Tom. I/II, Göttingen 1839/1851. Cyrill von Alexandrien, Dialogues sur la Trinite, Tome III: Dialogues VI et VII, ed. Georges-Matthieu de Durand, SC 246, Paris 1978. Cyrill von Jerusalem, S. Patri nostri Cyrilli Hierosolymorum Archiepiscopi Opera quae supersunt omnia, edd. W. Reischl/J. Rupp, Vol. II, München 1860 (Hildesheim 1967). Demosthenes: Demosthenis Orationes Bd. I: - edd. W. Dindorf/F. Blass, Leipzig 19034. - ed. S. H. Butcher, Oxford 19619. Deux homelies Anomeennes (siehe unter: Anhomöische Predigten). Dialoghi contro i Macedoniani, ed. Elena Cavalcanti, CPS.G, Turin 1983. Didymus der Blinde: - De Spiritu Sancto (Ubersetzung des Hieronymus), in: PG 39,10531086.

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Ε. Bibliographie

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I. Quellen und Übersetzungen

529

- Vita Constantini (Über das Leben des Kaisers Konstantin), ed. Friedhelm Winkelmann, Eusebius Werke Bd. 1/1, GCS, Berlin 1975. - Theophanie. Die griechischen Bruchstücke und Ubersetzung der syrischen Uberlieferung, ed. Hugo Gressmann, Eusebius Werke Bd. III/2, GCS, Leipzig 1904. Eusebius von Emesa, Discours conserves en Latin, Tome I, La collection de Troyes, ed. Ε. M. Buytaert SSL, Fase. 25, Löwen 1953. Eusebius von Vercelli, Eusebii Vercellensis episcopi quae supersunt, ed. Vincentius Bulhart, CChr.SL. IX, Turnhout 1957. Eustathius von Antiochien: - Fragmente: Les Fragments d'Eustathe d'Antioche, ed. Michel Spanneut, in: Recherches sur les ecrits d'Eustathe d'Antioche avec une edition nouvelle des fragments dogmatiques et exegetiques, MFCL 55, Lille 1948, 95-131. - De engastrimytho, in: Origenes, Eustathius von Antiochien und Gregor von Nyssa über die Hexe von Endor, ed. Erich Klostermann, KIT 83, Bonn 1912, 16-62. Facundus von Hermiane, Facundi episcopi ecclesiae Hermaniensis Opera omnia, edd. J. M. Clement/R. vander Plaetse, CChr.SL 90 A, Turnhout 1974. Filastrius von Brescia, Diversarum Haereseon liber, ed. F. Heylen, CChr.SL IX, Turnhout 1957, 207- 304. (Das) Florileg mit den Gregor-Scholien aus Vatic. Borg. Syr. 82, edd. Luise Abramowski/Albert van Roey, OLoP Vol. I, Löwen 1970. Fragmente vornicänischer Kirchenväter, ed. Karl Holl. Aus den Sacra Parallela herausgegeben, TU XX,2, Leipzig 1899. Galen, Περί τύπων, ed. G. C. Kühn, Claudii Galeni opera omnia, in: Medicorum Graecorum opera quae exstant Vol. VII, Leipzig 1827 (Hildesheim 1965). Grammatici Latini ed. Heinrich Keil, Vol. I-V, Leipzig 1857-1968 (Hildesheim 1961). Gregor von Elvira, Gregorii Iliberritani episcopi quae supersunt ed. Vincentius Bulhart, SChr.SL LXIX, Tunhout 1968. Gregor von Nazianz: - Die fünf theologischen Reden, ed. Joseph Barbel, Test. Bd. III, Düsseldorf 1963. - Discours 4-5 contre Julien, ed. Jean Bernardi, SC 309, Paris 1983. Gregor von Nyssa: - Große Katechetische Rede, in: PG 45, 9-106. - Contra Eunomium libri. Pars altera. Liber III. Refutatio Confessionis Eunomii ed. Werner Jaeger, Gregorii Nysseni opera, Vol. II/2, Leiden I960 2 .

530

Ε. Bibliographie

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I. Quellen und Übersetzungen

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- Livre II, Tome II: Texte et Traduction, edd. Adelin Rousseau/Louis Doutreleau» SC 294, Paris 1982. - Livre III, edd. Adelin Rousseau/Louis Doutreleau, Tome I: Introduction, Notes justicatives, Tables; Tome II: Texte et Traduction, SC 210/211, Paris 1974. - Livre IV, edd. Adelin Rousseau/Louis Doutreleau/Charles Mercier, Tome II, SC 100, Paris 1965, - Livre V, edd. Adelin Rousseau/Louis Doutreleau/Charles Mercier, Tome II, SC 152, Paris 1969. - Sancti Irenaei episcopi Lugdunensis libros quinque adversus haereses, ed. W. Wigan Harvey, Tom. I/II, Cambridge 1857. - Apodeixis: - Des heiligen Irenäus Schrift zum Erweise der Apostolischen Verkündigung: ΕΙΣ ΑΠΟΔΕΙΞΙΝ Τ Ο Υ ΑΠΟΣΤΟΛΙΚΟΥ Κ Η Ρ Υ Γ Μ Α Τ Ο Σ , edd. Karapet Ter-Mekerttschian/Erwand Ter-Minassiantz, mit einem Nachwort und Anmerkungen von Adolf Harnack, T U 31/1, Leipzig 1907. - Des heiligen Irenäus Schrift zum Erweis der Apostolischen Verkündigung, übers, v. Simon Weber, in: B K V Bd. 4, Kempten/München 1912. - Sancti Irenaei episcopi Lugdunensis Demonstratio Apostolicae Praedicationis, ed. Simon Weber, Freiburg/Breisgau 1917. - St. Irenaeus Proof of the Apostolic Preaching, transl. Joseph P. Smith, A C W 16, Westminster/Maryland 1952. - Demonstration de la Predication Apostolique, ed. L. M. Froidevaux, SC 62, Paris 1959. - La predication des apotres et ses preuves ou la foi chretienne, trad. J. Barthoulot, Paris 1977. Jamblich: - In Nicomachi Arithmeticam Introductionem liber, edd. Η. Pistelli/U. Klein, BSGRT, Leipzig 1894 (Stuttgart 1975 2 ). - De mysteriis Aegyptiorum, ed. Edouard des Places, CUFr, Paris 1966. Julian Imperator: - Iuliani Imp. Opera, et S. Cyrilli contra eundem libri decern. Gr. Lat. ed. Hesekiel Spanheim, Leipzig 1696. - Discours de Julien Cesar, ed. Joseph Bidez, OEuvres completes, Tom I - Ire Partie, CUFr, Paris 1932. Justinus Martyr, Opera, in: Die ältesten Apologeten. Texte mit kurzen Einleitungen, ed. Edgar J. Goodspeed, Göttingen 1914 (1984 2 ), 24265.

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Ε. Bibliographie

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I. Quellen und Übersetzungen

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Ε. Bibliographie

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I. Quellen und Übersetzungen

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Ε. Bibliographie

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II.

Literatur

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II. Literatur

537

der griechisch-römischen Kultur und Zivilisation der Kaiserzeit, hrsg. von Carsten Colpe, Ludger Honnefelder und Matthias LutzBachmann, Berlin 1992, 189-201. Aland, Barbara, Fides und Subjectio. Zur Anthropologie des Irenaus, in: Keryma und Logos. Beiträge zu den geistesgeschichtlichen Beziehungen zwischen Antike und Christentum. Festschrift für Carl Andresen zum 70. Geburtstag, hrsg. von Α. M. Ritter, Göttingen 1979, 9-28. d'Ales, Adhemar, Novatien. Etude sur le theologie Romain au milieu du Ille siecle, Paris 1924. Alföldi, Andreas, Die monarchische Repräsentation im römischen Kaiserreiche, Darmstadt 1970 (= Mitteilungen des deutschen archäologischen Instituts, Römische Abteilung 49[1934] 1-118 und 50[1935] 3-158). Andresen, Carl, Zur Entstehung und Geschichte des trinitarischen Personbegriffes, ZNW 52(1961) 1-39. Bammel, C. P. Hammond, Der Römerbrieftext des Rufin und seine Origenesübersetzung, AGLB 10, Freiburg/Breisgau 1985. Bardenhewer, Otto, Geschichte der altkirchlichen Literatur, Bde. II/III, Freiburg/Breisgau 19142/19232 (Darmstadt 19623). Bardy, Gustave, Sur Paulin de Tyr, RevSR 2(1922) 35-45. - ders., Asterius le Sophiste (siehe unter Quellen). - ders. La politique religieuse de Constantin apres le concile de Nicee, RevSR 8(1928) 516-551. - ders., „La reaction Eusebienne et le schisme de Sardique", in: Histoire de l'eglise depuis les origines jusqu'ä nos jours, Tom. 3: De la paix Constantinienne ä la mort de Theodose, edd. Austin Fliche/Victor Martin, Paris 1936. - ders., Recherches sur Saint Lucien d'Antioche (siehe unter Quellen). Barnard, Leslie W., Pope Julius, Marcellus of Ancyra and the Council of Sardica. A Reconsideration, RThAM 78(1971) 69-79. - ders., Marcellus of Ancyra and the Eusebians, GOTR 25(1980) 63-76. Barnes, Timothy D., Emperor and Bishops, A.D. 324-344: Some Problems, American Journal of Ancient History 3(1978) 53-75. Barth, Karl, Die Auferstehung der Toten. Eine akademische Vorlesung über 1. Kor 15, Zollikon/Zürich 19534. Bartsch, Hans-Werner, Gnostisches Gut und Gemeindetradition bei Ignatius von Antiochien, BFChTh.M 44, Gütersloh 1940. Bauer, Walter, Die Apostolischen Väter II. Die Briefe des Ignatius von Antiochia und der Polykarpbrief, H N T , Erg.- Bd. 18, Tübingen 1920.

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Synopse Klostermann/Seibt der Zählungen der Fragmente aus dem Opus ad Constantinum Klostermann 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43

Seibt 4 12 10 13 14 15 16 11 26 28 29 27 30 31 32 33 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 57 60 58 59 123 71 2 9 66 19 20 21 121 111 7 3

Klostermann 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86

Seibt

Klostermann

Seibt

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87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 100 101 102 103 104 105 106 107 108 109 110 111 112 113 114 115 116 117 118 119 120 121 122 123 124 125 126 127 128 (-)

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