Die Spur des Zeichens: Das Zeichen und seine Funktion in der Philosophie des Mittelalters und der frühen Neuzeit 9783110803150, 3110155265, 9783110155266

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Die Spur des Zeichens: Das Zeichen und seine Funktion in der Philosophie des Mittelalters und der frühen Neuzeit
 9783110803150, 3110155265, 9783110155266

Table of contents :
Vorwort
Prolog im Himmel
Einleitung
I. Die spätantiken Quellen der scholastischen Zeichentheorie
A. Augustinus
1. Augustinus’ Stellung in der Geschichte der Zeichentheorie
2. Sprache und Zeichen (De dialectica)
3. Die gnoseologische Funktion der Zeichen (De magistro)
4. Die entwickelte Theorie des Zeichens (De doctrina Christiana)
5. Das verbum mentis als das wahre Wort (De trinitate)
6. Das zeichentheoretische Erbe Augustins
B. Boethius
1. Die Peri hermeneias-Übersetzung
2. Der Ordo orandi
3. Die drei Ebenen der oratio
II. Die mittelalterliche Theorie des Zeichens I: Von Abailard bis zum 14. Jahrhundert
A. Pierre Abailard
B. Die Entstehung einer ausgearbeiteten Zeichentheorie in der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts
1. Roger Bacon
2. Ps.-Robert Kilwardby
3. Die Grammatica speculativa
C. Die geistigen Begriffe als Zeichen
D. Präsenz, Repräsentation und Zeichen in der scholastischen Theorie der Erkenntnis
E. Das Zeichen in der Logik des 14. Jahrhunderts
1. Oratio mentalis und oratio vocalis
2. Konsequenzen des logischen Zeichenbegriffs
III. Die mittelalterliche Theorie des Zeichens II: Das Zeichen in der Logik des 15. und frühen 16. Jahrhunderts
A. Die Bestimmung des terminologischen Feldes von ‘signum’, ‘significare’ und ‘repraesentare’
B. Die Strukturierung des Begriffsfeldes von ‘significare’ und ‘repraesentare’
1. Die Unterscheidung von vier Weisen des Bezeichnens und Repräsentierens
2. Significare naturaliter und significare ad placitum
C. Terminus mentalis, vocalis, scriptus
IV. Die Zeichentheorie der Frühen Neuzeit I: Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik
A. Mittelalterliche und frühneuzeitliche Zeichentheorie
B. Die Definition des Zeichens
C. Die ratio signi und die Zeichenrelationen
D. Der metaphysische Status der Zeichenrelationen
1. Die funktionale Bestimmung des Zeichens
2. Die formale Bestimmung des Zeichens durch seine Relationen
E. Die Zeichenklassifikation
1. Die Unterscheidung von Signum formale und Signum instrumentale
2. Der Zeichenstatus der Konzepte
3. Die Unterscheidung von signum naturale, Signum ad placitum (ex institutione) und signum ex consuetudine
F. Die Theorie der Sprachzeichen
1. Der Grund der Signifikation sprachlicher Ausdrücke
2. Die Signifikation sprachlicher Ausdrücke
3. Die Signifikation der Schrift
V. Die Zeichentheorie der Frühen Neuzeit II: Das Zeichen in der Metaphysik
A. Das Zeichen in der protestantischen Schulmetaphysik des 17. Jahrhunderts
B. Das Zeichen in der Metaphysik des 18. Jahrhunderts
VI. Das Zeichen in der nichtscholastischen Philosophie der Prämoderne
A. Das Zeichen in der Naturphilosophie der Frühen Neuzeit
B. Das Zeichen in der Theorie der perzeptiven Erkenntnis
1. Descartes’ Occasionalismus des Zeichens
2. Repräsentation und Zeichen in der Arnauld-Malebranche-Kontroverse
3. Berkeleys ‘naturall language’
4. Leibniz’ Metaphysik der Repräsentation
C. Die Funktion arbiträrer Zeichen für das Denken
1. Das Verhältnis von Sprache und Denken in der Philosophie des 17. Jahrhunderts
2. Leibniz’ Konzept der cognitio symbolica
3. Leibniz’ Projekt der characteristica universalis
4. Ausblick auf die Entwicklungen des 18. Jahrhunderts
Verzeichnis der Abbildungen
Sigla
Literatur
Quellen
Sekundärliteratur und neuere Literatur
Sachregister
Namenregister

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Stephan Meier-Oeser Die Spur des Zeichens

W G DE

Quellen und Studien zur Philosophie Herausgegeben von Jürgen Mittelstraß, Günther Patzig, Wolfgang Wieland

Band 44

Walter de Gruyter · Berlin · New York 1997

Die Spur des Zeichens Das Zeichen und seine Funktion in der Philosophie des Mittelalters und der frühen Neuzeit

von

Stephan Meier-Oeser

Walter de Gruyter · Berlin · New York

1997

© Gedruckt auf säurefreiem Papier, das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt.

Die Deutsche Bibliothek -

CIP-Einheitsaufnahme

Meier-Oeser, Stephan: Die Spur des Zeichens : das Zeichen und seine Funktion in der Philosophie des Mittelalters und der frühen Neuzeit / von Stephan MeierOeser. - Berlin ; New York : de Gruyter, 1997 (Quellen und Studien zur Philosophie ; Bd. 44) Zugl.: Berlin, Freie Univ., Habil.-Schr., 1995 ISBN 3-11-015526-5

© Copyright 1997 by Walter de Gruyter & Co., D-10785 Berün Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen Printed in Germany Druck: Arthur Collignon GmbH, Berlin Buchbinderische Verarbeitung: Lüderitz & Bauer GmbH, Berlin

Für Kolja, Julian, Maurice

Vorwort Die vorliegende Studie, deren Ausarbeitung im Herbst 1 9 9 4 abgeschlossen war, wurde im Herbst 1995 als Habilitationsschrift vom Fachbereich für Philosophie der Freien Universität Berlin angenommen. Sie ist, wie in solchen Fällen üblich, das Resultat einer sich über viele Jahre erstreckenden Beschäftigung mit dem Thema, einer Beschäftigung, die ohne die vielfache Unterstützung von Seiten der Familie, Freunde und Kollegen wohl kaum zu schaffen gewesen wäre. Es waren, von den ersten Anfängen bis zu Drucklegung, zahlreiche wertvolle Diskussionen, Hinweise sowie Kritik oder auch nur das bekundete Interesse, die das Projekt am Leben hielten. Für all das und manches mehr möchte ich an dieser Stelle Thomas Leinkauf, Sven K. Knebel, Wilhelm Schmidt-Biggemann, Roland Posner, Irène Rosier und Claude Panaccio herzlich danken. Mein besonderer Dank aber gilt meinem Lehrer, Wolfgang Hübener. Zum einen, weil es dessen Vorlesungen und Seminare waren, die mich - vor langer Zeit - die hier verfolgte Spur haben aufnehmen lassen, und unsere späterhin gemeinsam abgehaltenen Lehrveranstaltungen wesentlich dazu beigetragen haben, daß ich sie nicht wieder verlor. Zum anderen, weil die uneigennützige Gewährung des freien Zugriffs auf sein - Freunde wissen, wovon ich rede - überaus reiches Textarchiv an vielen Stellen die causa materialis bildete, ohne die historische Arbeiten keine wären. Berlin Friedenau, im August 1 9 9 7

Inhalt Vorwort Prolog im Himmel Einleitung

VII XII XV

I. Die spätantiken Quellen der scholastischen Zeichentheorie A. Augustinus 1. Augustinus' Stellung in der Geschichte der Zeichentheorie 2. Sprache und Zeichen (De dialéctica) a) Das gesprochene Wort und die Depotenzierung der Schrift b) Verbum, dicibile und res als Momente der sprachlichen Signifikation 3. Die gnoseologische Funktion der Zeichen (De magistro) 4. Die entwickelte Theorie des Zeichens (De doctrina Christiana) a) Die Definition des Zeichens b) Res und signa c) Die Klassifikation der Zeichen 5. Das verbum mentis als das wahre Wort (De trinitate) 6. Das zeichentheoretische Erbe Augustins B. Boethius 1. Die Peri hermeneias-Übersetzung 2. Der Ordo orandi 3. Die drei Ebenen der oratio

II. Die mittelalterliche Theorie des Zeichens I: Von Abailard bis zum 14. Jahrhundert A. Pierre Abailard B. Die Entstehung einer ausgearbeiteten Zeichentheorie in der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts 1. Roger Bacon a) Die Bestimmung des Zeichens als Relation b) Die Definition des Zeichens

1 1 1 7 9 11 13 20 20 23 24 30 32 34 34 37 40

42 43 50 50 51 53

χ

Inhalt

c) Die Klassifikation der Zeichen d) Die Theorie der Sprachzeichen 2. Ps.-Robert Kilwardby 3. Die Grammatica speculativa C. Die geistigen Begriffe als Zeichen D. Präsenz, Repräsentation und Zeichen in der scholastischen Theorie der Erkenntnis E. Das Zeichen in der Logik des 14. Jahrhunderts 1. Oratio mentalis und oratio vocalis 2. Konsequenzen des logischen Zeichenbegriffs

III. Die mittelalterliche Theorie des Zeichens II: Das Zeichen in der Logik des 15. und frühen 16. Jahrhunderts A. Die Bestimmung des terminologischen Feldes von 'signum', 'significare' und 'repraesentare' B. Die Strukturierung des Begriffsfeldes von 'significare' und 'repraesentare' 1. Die Unterscheidung von vier Weisen des Bezeichnens und Repräsentierens 2. Significare naturaliter und significare ad placitum a) Die verschiedenen Weisen natürlicher Bezeichnung b) Die verschiedenen Weisen 'willkürlicher' Bezeichnung C. Terminus mentalis, vocalis, scriptus

54 59 65 72 77 86 103 106 110

114

115 126 126 138 138 147 153

IV. Die Zeichentheorie der Frühen Neuzeit I: Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

171

A. Mittelalterliche und frühneuzeitliche Zeichentheorie B. Die Definition des Zeichens C. Die ratio signi und die Zeichenrelationen D. Der metaphysische Status der Zeichenrelationen 1. Die funktionale Bestimmung des Zeichens 2. Die formale Bestimmung des Zeichens durch seine Relationen a) Francisco de Araújo (1580-1664) b) Johannes a Sancto Thoma (1589-1644) E. Die Zeichenklassifikation

171 175 184 192 197 205 205 213 235

Inhalt

1. Die Unterscheidung von signutn formale und signum instrumentale 2. Der Zeichenstatus der Konzepte 3. Die Unterscheidung von signum naturale, signum ad placitum (ex institutione) und signum ex consuetudine F. Die Theorie der Sprachzeichen 1. Der Grund der Signifikation sprachlicher Ausdrücke 2. Die Signifikation sprachlicher Ausdrücke 3. Die Signifikation der Schrift

XI

.

238 251 262 272 273 279 302

V. Die Zeichentheorie der Frühen Neuzeit II: Das Zeichen in der Metaphysik

308

A. Das Zeichen in der protestantischen Schulmetaphysik des 17. Jahrhunderts B. Das Zeichen in der Metaphysik des 18. Jahrhunderts

308 331

VI. Das Zeichen in der nichtscholastischen Philosophie der Prämoderne

337

A. Das Zeichen in der Naturphilosophie der Frühen Neuzeit B. Das Zeichen in der Theorie der perzeptiven Erkenntnis 1. Descartes' Occasionalismus des Zeichens 2. Repräsentation und Zeichen in der Arnauld-Malebranche-Kontroverse 3. Berkeleys 'naturall language' 4. Leibniz' Metaphysik der Repräsentation C. Die Funktion arbiträrer Zeichen für das Denken 1. Das Verhältnis von Sprache und Denken in der Philosophie des 17. Jahrhunderts 2. Leibniz' Konzept der cognitio symbolica 3. Leibniz' Projekt der characteristica universalis 4. Ausblick auf die Entwicklungen des 18. Jahrhunderts

337 350 354

Verzeichnis der Abbildungen Sigla Literatur Quellen Sekundärliteratur und neuere Literatur Sachregister Namenregister

426 426 427 427 444 469 474

363 376 384 389 389 402 407 415

Prolog im Himmel Ag: „Ein Zeichen gibt es nicht." 1 La: „Je dümmer und unwissender die Zeiten sind, desto mehr (wird) von Zeichen und Bedeutung ... gesprochen." 2 Fr: „Verachte niemand die Zeichen!" 3 O und Ri (zusammen): „Bei allem Denken deuten wir Zeichen." 4 Pa und Wy (durcheinander): „Habt also auf die Zeichen Acht" J / „Man muß auf die Zeichen achten." 6 Pe: „Wir können nicht ohne Zeichen denken." 7 Po: „Im Allgemeinen sind alle Mittel, derer wir uns zum Erkennen Sprechen bedienen, Zeichen." 8 Fi:

und

„Wechselwirkung durch Zeichen ist also Bedingung der Menschheit." 9

H o : „Ja, was auch immer wir täglich hören oder sehen, reden oder tun, all das ist Zeichen." 1 0 Fi:

„So gewiß Menschen sind, so gewiß sind Zeichen." 1 1

T h : „Der eigentliche Mensch, das heißt die Vernunft und der G e i s t . . . bestehen einzig und allein in der Kunst der Zeichen." 1 2

1 2 3

AGRIPPA nach DIOGENES LAERTIUS, De vitis... philosophorum I X , 96. J . H. LAMBERT, Anlage zur Architektonik (1771) § 647. G. FREGE, Über die wissenschaftliche Berechtigung einer Begriffsschrift: Zeitschrift

Philosophie und philosophische Kritik NF 81 (1882) 48.

4 5 6 7

für

OGDEN/RICHARDS, Die Bedeutung der Bedeutung ( 1 9 7 5 ) 2 8 4 f . PARACELSUS, Sämtliche Werke, hg. K. SUDHOFF ( 1 9 2 3 - 3 3 7 ) 7 . 4 5 4 . J . WYCLIF, Trialogus ( 1 8 6 9 ) 2 4 4 : „oportet ad signa attendere." C. S. PEIRCE, Collected Papers ( = CP) 5 . 2 6 5 : „ W e have no power of thinking without signs."

Ars logica ( 1 9 4 8 ) 9a: „in universum instrumenta, quibus ad cognoscendum et loquendum utimur, signa sunt."

8

JOHANNES A SANCTO THOMA (J. Poinsot),

9

J. G. FICHTE, Vorlesungen über Logik und Metaphysik, SS 1797, in: Kollegnachschriften Bd.

10

1 (1977) 295. J . P. HOFIUS, De signo et signato ( 1 6 7 1 ) 3 : „Imo quicquid quotidie audimus vel vidimus, loquimur aut agimus, id omne signum ... est."

11

omnia

J. G. FICHTE, Vorlesungen über Logik und Metaphysik, SS 1797, in: Kollegnachschriften Bd. 1 (1977) 296.

XIII

Prolog im Himmel

Pe: „Wenn wir denken, dann erscheinen wir selbst, so wie wir in diesem Moment sind, als Zeichen." 1 3 C:

„der Mensch [ist] nur noch Abstraktion, ein Zeichen." 1 4

ein

hypothetisches

Phantom...,

eine

Pe: „Das Mensch-Zeichen." 1 5 Sfo: „Die ganze Natur ist übervoll von Zeichen." 1 6 Go: „Daraus folgt, daß allen Dingen unter Gott die Definition des Zeichens zukommt und sie somit Zeichen sind." 1 7 Ma: „Jedes Ding in der Welt ist ein Zeichen." 1 8 Ge: „Jegliches geschaffene Ding ist ein Zeichen." 1 9 Pe: „Das gesamte Universum ist angefüllt mit Zeichen, wenn es nicht sogar ausschließlich aus Zeichen zusammengesetzt ist." 2 0 Fi: „Ist es denn aber wahr, daß wir die Welt nur so als ein Zeichen betrachten können?" 2 1 Wi: „Das Universum Zeichen." 2 2

und

alle

Einzeldinge

im

Universum

sind

gewisse

Fi: „Aber ist denn die W e l t . . . bloßes Zeichen oder ist sie etwas reelles, an und für sich bestehendes?" 23

12

13

14

15 16 17

18 19 20

21 22

23

F. THUROT, De l'entendement et de la raison. Introduction à l'étude de la philosophie (Paris 1830-33) 1.175: „II faudra avouer que l'homme tout entiere, c'est-à-dire la raison et le génie, qui élèvent au-dessus de tout ce qui a vie et mouvement sur ce globe, consistent uniquement dans l'art des signes." C. S. PEIRCE, CP 5.383: „When we think, then, we ourselves, as we are at that moment, appear as sign." V. COUSIN, Préface zu MAINE DE BIRAN: Nouvelles considérations sur les rapports du physique et du morale de l'homme. Ouvrage posthume de M. de Biran (Paris 1834) XVII; vgl. U. RICKEN, Sprachtheorie und Weltanschauung in der Europäischen Aufklärung (1990) 103. C. S. PEIRCE, CP 5.313: „the man-sign". C. SFONDRATI, Cursus philosophicus t. 1 (1696) 440: „Tota rerum natura signis abundat". F. GONÇALEZ, Logica tripartita (1639) 91a: „infertur omnibus rebus infra Deum convenire ... definitionem signi, et consequenter esse signa". P. MARGALLUS, Utriusque logices scholia (1965) 146f: „omnis res mundi est signum." J. GERSON, De modis significandi (1706) 816: „quaelibet res creata signum est". C. S. PEIRCE, CP 5 . 4 4 4 η. 1: „the entire universe ... is perfused with signs, if it is not composed exclusively of signs". J. G. FICHTE, Vorl. über Logik u. Met. SS 1797, $ 927, in: Kollegnachschr. 1 (1977) 407. WILHELM VON AUVERGNE, De universo (1674) 613a : „universum, et singula universi, signa quaedam sunt". J. G. FICHTE, Vorl. über Logik u. Met. SS 1797, $ 927, in: Kollegnachschr. 1 (1977) 407.

XIV

Prolog im Himmel

Pto: „Die sichtbare Welt ist das ausdrücklichste Zeichen... Nicht nur wird die Welt ganz richtig ein Zeichen sondern auch mit Recht eine Versammlung von beinahe unzähligen Zeichen genannt." 24 Wy:„Jedes Geschöpf ist Zeichen des Schöpfers... Gott aber ist Zeichen jedweder Sache ... und daraus folgt, daß jegliches ein Zeichen ist." 25 Pto: „Gott aber ist doch kein Zeichen, sondern das unmittelbare Signifikat aller Dinge." 26 Ma: „Gott ist sich selbst ein Zeichen." 2 7

Alle: „Was aber ist ein Zeichen?"

24

25

26

27

J. B. PTOLEMAEUS, Philosophia mentis et sensuum (1698) 135ab: „Mundus sensibilis est explicatissimus signum ... Non modo Mundus dicitur rectissime signum, sed iure appellatur Congregatio quaedam pene innumerabilium signorum." J. WYCLIF, Trialogus (1869) 244: „omnis creatura est signum creatoris... Deus etiam est signum cujuslibet rei ... et per idem sequitur, quod quodlibet est signum." J. B. PTOLEMAEUS, Pbilosophia mentis et sensuum (1698) 135b-136a: „Deus vero signum non est, sed omnium rerum immediatum significatum." P. MARGALLUS, Utriusque logices scholia (1965) 146f: „Deus est signum sibi ipsi."

Einleitung Wenn zutrifft, was gegen Ende jenes Entwicklungsganges des Zeichens, dessen Spur hier verfolgt werden soll, zum verbreiteten Konsens geworden ist, nämlich daß die „Wechselwirkung durch Zeichen ... Bedingung der Menschheit" ist, 1 und daß „der eigentliche Mensch, das heißt die Vernunft und der G e i s t . . . einzig und allein in der Kunst der Zeichen" besteht, 2 dann war das Zeichen nicht nur vor dem Menschen, sondern auch - zumindest eine - Bedingung der Möglichkeit seines Auftretens. Doch Gegenstand der folgenden Investigationen 3 sind nicht die Zeichen selbst. Es geht um Zeichentheorie, die nicht anders manifest wird, als in Zeichen über Zeichen. Aber auch die literarische Spur des Zeichens führt weit zurück und verliert sich erst dort, wo sich die literarischen Zeichen selbst verlieren. 4 Mag es auch zweifelhaft sein, inwieweit mit Recht von einer Zeichentheorie schon bei den Vorsokratikern gesprochen werden kann; eine umfassende Geschichte der Theorie des Zeichens - die hier nicht beabsichtigt ist - hätte dort, am Anfang, zu beginnen, bei Heraklit 5 und Parmenides, 6 Piaton 7 und Hippokrates. 8 Denn bereits da beginnt das Zeichen mehr zu sein als jene einfachen Feldzeichen, Wegmarken etc., die oft als erste genannt zu werden pflegen, wenn es um die Exemplifizierung von „Zeichen" geht.

1

J . G. F I C H T E , Vorlesungen 1 (1977) 295.

2

F. THUROT, S. Prolog im Himmel, Anm. 12. Vgl. J . M . CHLADENIUS, Disputatio philosophica de vestigiis ( 1 7 4 9 ) 1 5 : „Omnis actio nostra, quae circa vestigiis versatur, investigatio a nobis appellatur." Zur Frühgeschichte der Reflexionen über das Zeichen vgl. G. M A N E T T I , Le teorie del segno

3

4

über Logik und Metaphysik, SS 1 7 9 7 , in: Kollegnachschriften Bd.

nell'antichità classica (1987). 5

Zu Heraklit vgl. L. ROMEO, Heraclitus and the Foundations of Semiotics: Versus 15 ( 1 9 7 6 ) 73-90.

6

Zu Parmenides vgl. W . D E T E L , Zeichen bei Parmenides: Zeitschrift für Semiotik 4 ( 1 9 8 2 ) 221-239. Zu Platon vgl. R . D E M O S , Plato's Philosophy of Language: The Journal of Philosophy 6 1

7

( 1 9 6 4 ) 5 9 5 - 6 1 0 ; E . COSERIU, Die Geschichte der Sprachphilosophie von der Antike bis zur Gegenwart ( 2 1 9 7 5 ) 1 . 2 1 - 2 9 ; P. S C H M I T T E R , Das Wort als sprachliches Zeichen bei Piaton und de Saussure, in: Gedenkschrift für J o s t Trier, hg. H. BECKERS u. H . S C H W A R Z ( 1 9 7 5 ) 4 5 - 6 2 ; D . DL CESARE, La semantica nella filosofia greca ( 1 9 8 0 ) 8 9 - 1 5 5 ; G. M A N E T T I , Le teorie del segno ( 1 9 8 7 ) 8 0 - 1 0 3 ; T . B O R S C H E , Was etwas ist ( 1 9 9 0 ) 3 5 - 1 0 6 . 8

Zu Hippokrates und der antiken medizinischen Semiotik vgl. T . A. SEBEOK, Symptome, systematisch und historisch: Zeitschrift für Semiotik 6 ( 1 9 8 4 ) 3 7 - 4 5 ; G. M A N E T T I , Le teorie del segno ( 1 9 8 7 ) 5 7 - 7 9 .

XVI

Einleitung

Während Zeichen (σήμα) vor Parmenides vor allem militärische Anweisung, Wegzeichen, Vorzeichen und Mahnzeichen war, nannte man nach Parmenides zunehmend auch stützende Belege und Prämissen in unvollständigen Schlüssen Zeichen (σημενον). In gewissem Sinne ist dies der Beginn der philosophischen Karriere des Begriffs „Zeichen"; einer Karriere, die, vergleicht man das, was dieser zunächst besagt, mit den im Prolog getroffenen Aussagen über seine erkenntnistheoretische oder metaphysische, anthropologische oder theologische Valenz, sicherlich ihresgleichen sucht; die jedoch nur möglich wurde durch grundlegende Veränderungen am Begriff des Zeichens selbst. Die Geschichte dieser Veränderungen sowie der zeichentheoretischen Diskussionen, die zu ihnen führten, nachzuzeichnen, wird eine wesentliche Aufgabe der vorliegenden Studie sein. Dabei geht es nicht um die Freilegung impliziter Zeichentheorien am Bestand der philosophischen Tradition. Denn wo sich das Feld der expliziten Zeichentheorie als derart umfangreich und intensiv kultiviert erweist,

scheint

es

methodisch

ratsam,

die

sogenannten

'impliziten

Zei-

chentheorien', ohnehin zumeist nachträgliches Konstrukt und Projektion, beiseite zu lassen. Weil aber die Wege des Zeichens zwar nicht unergründlich aber doch verschlungen und weitverzweigt sind, mag es sinnvoll sein, der besseren Orientierung halber bereits vorab einige Wegmarkierungen zu setzen. W e n n im folgenden die Spur des Zeichens erst bei Augustinus und Boethius aufgenommen wird, so hat das - neben der notwendig begrenzten Kapazität eines endlichen Autors - seinen sachlichen Grund darin, daß eben hier der späterhin wirksam gewordene Zeichenbegriff seinen Ausgang nimmt. Voraugustinisch war das Zeichen (σημεΐον) im eigentlichen, d.h. seiner Definition entsprechenden Sinn, wie auch immer es konkret gefaßt worden sein mag, Mittel der Inferenz. Erst mit der von Augustinus formulierten Zeichendefinition verbindet sich der Anspruch, alle Arten von Zeichen, die natürlichen Indizes ebenso wie die willkürlich eingesetzten Zeichen, zu bestimmen. Und es ist dieser augustinische Begriff des signum,

von dem die scholastische Tradition ausgeht und auf

den sie sich, affirmativ oder kritisch, stets beziehen wird. Sofern hier ältere semiotische oder semantische Ansätze virulent werden, sind sie im wesentlichen über Augustinus und Boethius vermittelt (Kap. I). Eine zumindest überblicksartige Darstellung der mittelalterlichen Erörterungen über das Zeichen - mehr ist hier kaum zu leisten - erschien insofern erforderlich zu sein, als das Mittelalter eben keineswegs nur jenes häufig apostrophierte „âge du symbole" ist, sondern jene Epoche, in der unter Anknüpfung an die Vorgaben von Augustinus und Boethius aber auch in Auseinandersetzung mit diesen die Grundlagen für die spätere Entwicklung der Zeichentheorie gelegt werden. Die Geschichte des Zeichenkonzepts verläuft, wie jede andere auch, weder geradlinig noch kontinuierlich. Eine wichtige Phase ist die zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts. Hier zeichnet sich mit Roger Bacon, Ps.-Kilwardby - der bereits explizit eine eigenständige „scientia de signis" propagiert - sowie im

XVII

Einleitung

Rahmen der spekulativen Grammatik eine zunehmende Berücksichtigung des Zeichens als eines Grundbegriffs der

scientia sermocinalis

ab (Kap. II A-B).

Zugleich wird hier in deutlicher Absetzung von Augustinus die Neubestimmung der Konzepte als Zeichen vollzogen, welche sich als eine der markantesten Umbruchstellen in der Geschichte der Zeichentheorie erweist (Kap. II C). Hatte das

signum

in der älteren Tradition, die Stoa bildet hier die Ausnahme,

seinen eigentlichen Ort im Bereich der äußeren, sinnlich wahrnehmbaren Dinge, so beginnt es nun gleichsam ins Innere des Geistes einzudringen und okkupiert jenen Raum der mentalen Präsenz, von dem abgesetzt und ausgeschlossen zu sein zuvor zu seiner wesensmäßigen Bestimmung zählte. Der Begriff des Zeichens wird somit, sei es als repräsentierendes Medium, sei es als unmittelbarer Akt der Erkenntnis, zu einer grundlegenden Kategorie der Beschreibung kognitiver Repräsentation (Kap. II D). W a r der terminologisch verwendete Begriff des

signum

in der terministi-

schen Logik des 12. und frühen 13. Jahrhunderts speziell auf die Bezeichnung der synkategorematischen Ausdrücke begrenzt, so tritt er im frühen 14. Jahrhundert, weil die Konzepte jetzt selbst als Zeichen gelten, ins Zentrum der mentalistischen Logik. Am deutlichsten vielleicht zeigt sich dies bei Ockham, der unter konsequenter Instrumentalisierung des Zeichenbegriffs metaphysische Problematik

(universale, relatio)

in semantische Fragestellungen übersetzt (Kap.

II E). So wichtig jedoch der Begriff des Zeichens für Ockham ist, so wenig geht es ihm bereits um eine allgemeine Theorie des Zeichens. Denn aufgrund der strikten Beschränkung des Zeichenkonzepts auf logikrelevanten Propositionalzeichen, d.h. auf Zeichen, die als oder innerhalb einer

propositio

fungieren,

konnte - und sollte - nur ein begrenzter Ausschnitt zeichentheoretischer Thematik in den Blick kommen. D a ß die Logik langfristig zum Ort der Entwicklung einer allgemeinen Theorie des Zeichens wird, liegt insofern zu einem nicht unerheblichen Teil daran, daß das spätere 14. Jahrhundert in vieler Hinsicht von Ockham abweicht. Im Gegensatz zu Ockham entwickelt die terministische Logik des ausgehenden Mittelalters die logisch-semantische Thematik auf der Grundlage einer detaillierten Analyse der verschiedenen Verwendungsweisen der einschlägigen Begrifflichkeit

(terminus, significare, repraesentare, signum

etc.; Kap. III A-B).

Hierbei wird die Erörterung nicht von vornherein auf deren engeren, logisch relevanten Sinn beschränkt. Vielmehr werden auch die Konsequenzen, die sich für konkrete Fragestellungen aus der Ansetzung der verschieden weit gefaßten Begriffsbestimmungen ergeben können, ausführlich durchgespielt; mit der Konsequenz, daß sich an den Rändern des logischen Diskurses eine Behandlung eigentlich logikfremder, zeichentheoretisch aber durchaus relevanter Themen anzulagern beginnt. Wie in der mentalistischen Logik des 14. Jahrhunderts bilden auch in der Logik um 1 5 0 0 die Mentaltermini das Zentrum der logischen Semantik. Das

XVIII

Einleitung

Mentalzeichen, der geistige Begriff, ist das erste und eigentlichstes, alle anderen erst ermöglichendes Zeichen („signum mentale est primum et principalissimum signum, sine quo voces et scripta significare non possunt"). Das führt jedoch gerade nicht dazu, daß die Analyse der übrigen Zeichenarten aus dem Gegenstandsbereich der Logik ausgeschlossen werden. Die steigende Konjunktur der Berücksichtigung allgemeiner zeichentheoretischer Themen, wie sie sich in der Logik um 1500 abzeichnet, findet, vielfach modifiziert, ihre Fortsetzung in der sich in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts formierenden Logik der Zweitscholastik. Zwar stammen die von ihr behandelten zeichentheoretischen Fragestellungen ebenso wie das Spektrum ihrer Beantwortung sowie das hierfür verwendete theoretische und terminologische Instrumentarium überwiegend älteren Diskussionen. Die Theorie des Zeichens avanciert hier jedoch - obwohl oder weil die Differenziertheit und das Niveau der mittelalterlichen Logik nur noch selten erreicht wird - in einem vorher nicht gekanntem Maß zu einem eigenständigen Thema, wobei ihre Darstellung im Rahmen der logischen Kurse mitunter die Form umfangreicher und in sich geschlossener Zeichentraktate annimmt (Kap. IV). Ungefähr zeitgleich mit der ansteigenden Konjunktur einer allgemeinen Thematisierung des Zeichens in der Logik der katholischen Zweitscholastik formiert sich auf Seiten der protestantischen Schulphilosophie mit der Restitution der durch Luther und Melanchthon zunächst aus dem Lehrbetrieb der protestantischen Hochschulen ausgeschlossenen Metaphysik das zweite Zentrum der frühneuzeitlichen Zeichentheorie. Die hier propagierte und fest in den metaphysischen Themenkanon aufgenommene „doctrina generalis de signo et signato" bildet die historische Grundlage für die Behandlung Zeichenlehre im Rahmen der Metaphysik, wie sie sich, trotz erheblicher formaler und inhaltlicher Modifikationen, besonders in der Wolffischen Schule bis ins späte 18. Jahrhundert fortsetzt (Kap. V). Zeichentheorie im engeren Sinn, als Reflexion über die ratio signi, den Begriff, die Konstitutionsbedingungen, Einteilungen und Funktionsweisen des Zeichens, hat auch in der Frühen Neuzeit ihren Ort fast ausschließlich im scholastischen Diskurs. Nichtsdestoweniger besetzt das Begriffsfeld des Zeichens hier, ohne selbst von einer ausgearbeiteten Zeichentheorie im genannten Sinn getragen zu sein, zentrale Systemsstellen des naturphilosophischen, metaphysischen und erkenntnistheoretischen Diskussionen der außerscholastischen Philosophie. Ebenso, wie sich die hermetisch-platonische Naturphilosophie der frühen Neuzeit mit dem paracelsistischen Zeichenkonzept der signatura rerum von der 'offiziellen' Physik und Medizin der Hochschulen absetzt, vollzieht sich der komplexe Prozeß der Ablösung der neuzeitlichen Naturwissenschaft von der älteren Naturphilosophie und der magia naturalis in erheblichem Maße auf der Grundlage sich wandelnder Zeichenkonzeptionen; sei es durch eine Modifikation der inhaltlichen Bestimmung der Dingsignaturen selbst oder durch die Neu-

XIX

Einleitung

bestimmung der adäquaten Methode der

interpretatio naturae

(Bacon), sei es

durch das Progamm einer empirischen Physik auf der Grundlage des epikureischen Zeichenbegriffs (Gassendi) oder durch die Ausrichtung auf die mathematischen Zeichen des Buchs der Natur (Kepler, Galilei) (Kap. VI A). Eine nicht weniger markante Spur hinterläßt das Zeichen in der erkenntnistheoretischen und metaphysischen Diskussion. Über Descartes wird das willkürlich eingesetzte Zeichen und die durch es geleistete occasionelle Verursachung der Konzepte, wie sie von der zeitgenössischen scholastischen

Sprachtheorie

beschrieben wurde, zum paradigmatischen Modell für den Versuch einer Lösung der erkenntnistheoretischen Seite des Leib-Seele-Problems (Kap. VI Β 1). In der Fluchtlinie dieser Problematik wird die Begrifflichkeit des Zeichens und der Repräsentation nicht nur für die erkenntnistheoretische Kontroverse über die adäquate Bestimmung der Ideen wichtig (Kap. VI Β 2 ) ; Zeichen und Repräsentation werden, wie bei Leibniz und Berkeley, zu tragenden Begriffen der philosophischen Beschreibung der Welt (Kap. VI Β 3 - 4 ) . Darüber hinaus wird, in deutlicher Absetzung von der gesamten älteren Tradition, dem arbiträren Instrumentalzeichen eine grundlegende Funktion für das Denken

zugewiesen

(Kap. VI C 1-3). Nachdem das späte 17. und frühe 18. Jahrhundert im Rahmen der Metaphysik, Logik und Erkenntnistheorie hochspekulative Theorien des Zeichens entworfen hat, zeichnet sich im weiteren Verlauf des 18. Jahrhunderts eine deutliche Wendung zum Konkreten und eine stärkere Betonung des empirischen Charakters der Zeichentheorie ab. Es geht nicht mehr, wie im leibnizschen Programm der

characteristica universalis,

um die Invention eines Zeichensystems

zur Gewinnung eines allgemeinen Wissens, sondern um die Gewinnung einer allgemeinen Wissenschaft von den Zeichensystemen. Dieser Abkehr von den großen Zeichenspekulationen korrespondiert vielfach eine 'Semiotisierung' der verschiedenen Einzeldisziplinen, wie sie besonders an der Hermeneutik oder der Ästhetik deutlich wird, in denen der Zeichenbegriff nun eine zentrale Funktion erhält (Kap. VI C 4 ) . Als Locke am Schluß seines

derstanding

Essay concerning Human Un-

das Programm einer Semiotik formulierte, waren die umfangreich-

sten semiotischen Diskussionen der frühen Neuzeit bereits geführt. In auffälligem Kontrast hierzu steht nicht selten das historische Selbstverständnis der neueren, modernen Zeichentheorie. Es noch nicht sehr lange her, daß die These vertreten wurde: „L'histoire de la sémiologie n'est pas longue. Avant Saussure, on trouve, surtout chez les logiciens, des rémarques générais concernant les signe ou les symboles." 9 Mag auch die Semiotik oder Semiologie heute im allgemeinen nicht mehr durch einen solchen Grad der Amnesie ihrer eigenen Geschichte gekennzeichnet sein; auch in neueren Arbeiten kann die antike und mittelalterliche Zeichentheorie noch unter dem Titel „préhistoire du

'

E . BUYSSENS,

La communication et l'articulation linguistique

(21967)

12.

XX

Einleitung

signe" geführt werden. 10 Und auch dort, wo zugestanden wird, daß seit je her „many distinguished thinkers have devoted ... much time and effort to signs and meaning", meint man darauf insistieren zu müssen, daß „semiotics start to take shape as a discipline and as a science only during the twentieth century." 11 Wenigstens als Disziplin und Wissenschaft also - was immer das konkret heißen mag - soll die Zeichentheorie eine Errungenschaft des 20. Jahrhunderts sein: „Es hat immerhin bis zum Ende des vorigen bzw. zum Anfang unseres Jahrhunderts gedauert, bis eine zunehmende Reihe brauchbarer, wiewohl ziemlich einfallsloser Versuche von den ersten Standardwerken der neuen Wissenschaft abgelöst wurde." 1 2 Derartige Einschätzungen sind allerdings zu einem erheblichen Teil jenem Umstand geschuldet, auf den hinzuweisen mittlerweile selbst schon „nahezu topischen Charakter" 1 3 hat: dem Fehlen einer umfassenden Geschichte der Semiotik. In ähnlicher Form wie bereits Morris 1 4 und Sebeok 1 5 konstatiert noch Romeo: „Semiotic(s) ist probably the only discipline which ... does not have as yet a written and comprehensive history in any language." 16 Und das wird wohl auch noch eine Weile so bleiben. Denn angesichts der immensen Fülle des in großen Teilen noch unbearbeiteten Materials kann auch die vorliegende Darstellung der Geschichte der Zeichenkonzeptionen nur selektiv und unvollständig sein.

10 11 12

CH. P. BOUTON, La signification. Contribution a une linguistique de la parole (1979) 13-23. P. BUISSAC, The 'Golden Legend' of Semiotics: Semiotica 17 (1976) 3 7 1 - 3 8 4 . S. ULLMANN, Grundzüge der Semantik. Die Bedeutung in sprachwissenschaftlicher Sicht (1967) 5.

13 14 ls 16

Vgl. A. ESCHBACH, Einleitung zu: B. H. SMART, Grundlagen der Zeichentheorie (1978) 10. C. W. MORRIS, Signs, language, and behaviour (1946) 285. T . A. SEBEOK, Contributions to the doctrine of signs (1967) 4, Anm. 8. L. ROMEO, Charles Morris and the history of semiotics, in: A. ESCHBACH (Hg.), Zeichen über Zeichen über Zeichen (1981) 227.

... verbis de verbis agere tarn implicatimi est, quam dígitos digitis inserere et confricare, ubi vix dinoscitur, nisi ab eo ipso, qui id agit, qui digiti pruriant et qui auxilientur prurientibus. - (Mit Wörtern über Wörter zu sprechen ist genauso verwickelt wie ein Verflechten und Reiben der Finger mit den Fingern: bis auf den, der es selber tut, kann einer kaum unterscheiden, welche Finger jucken und welche den juckenden helfen wollen.)

De magistro V, 14

I. Die spätantiken Quellen der scholastischen Zeichentheorie A. Augustinus 1. Augustinus' Stellung in der Geschichte der Zeichentheorie Die herausragende Bedeutung Augustine für die Geschichte der Zeichentheorie ist unbestritten. Augustinus ist nicht nur die wichtigste Verbindungsstelle von antiker und mittelalterlicher Semiotik. Seine für die Zeichentheorie des Mittelalters grundlegenden zeichentheorischen Ausführungen blieben bis ins 13. Jahrhundert die einzige ausgearbeitete Lehre vom Zeichen und darüber hinaus bis in die Neuzeit eine zentrale Größe der Zeichentheorie, auf die man sich - affirmativ oder kritisch - zu beziehen hatte. Sein Stellenwert für die spätere Entwicklung der Zeichentheorie ist jedoch keineswegs auf eine bloße Vermittlerfunktion älterer Lehren beschränkt. Mit Augustinus eröffnet sich insofern ein von den älteren Reflexionen über das Thema des Zeichens abweichender neuer Ansatz, als hier erstmalig die Sprache ins Zentrum der Zeichentheorie tritt. 1 Erst durch diese Integration von sprachlichem und natürlichem Zeichen wurde langfristig die Entwicklung einer Semiotik im allgemeinen Sinne ermöglicht. Zwar konnten bereits vor Augustinus auch die sprachlichen Ausdrücke in einem unspezifischen Sinn als Zeichen (σημεία) aufgefaßt wer-

1

Vgl. hierzu R. A. MARKUS, St. Augustine on Signs: Phronesis 2 ( 1 9 5 7 ) 6 4 f ; vgl. U. DUCHROW, 'Signum' und 'superbia' beim jungen Augustin ( 3 8 6 - 3 9 0 ) : Revue des Études Au-

gustiniennes 7 (1961) 369; M. L. COLISH, The Minor of Language. A Study in the Medieval Theory of Knowledge ( 1 9 8 3 ) 4 5 ; M . BARATIN, Les origines stoïciennes de la théorie Augustinienne du signe: Revue des Études Latines 5 9 ( 1 9 8 1 ) 2 6 6 ; G. MANETTI, Le teorie del

segno nell'antichità classica (1987) 226f; TH. EBERT, Dialektiker und frühe Stoiker bei Sextus Empiricus

( 1 9 9 1 ) 2 9 ; T . BORSCHE, Zeichentheorie im Übergang von den Stoikern zu

Augustin: Allgemeine Zeitschrift f. Philos. 19 (1994) 41-52.

2

Die spätantiken Quellen der scholastischen Zeichentheorie

d e n . 2 D i e ausgearbeiteten v o r a u g u s t i n i s c h e n T h e o r i e n d e s σ η μ ε ί ο ν b e h a n d e l n j e d o c h nicht die s e m a n t i s c h e Problematik der B e d e u t u n g sprachlicher A u s d r ü c k e s o n d e r n die l o g i s c h - m e t h o d o l o g i s c h e T h e m a t i k der Inferenz aus natürlichen Z e i c h e n . 3 Als selbstverständlich vorauszusetzen, d a ß die W ö r t e r a u f g r u n d ihrer Leistung d e s σημάινενν s c h o n je als σ η μ ε ί α a u f g e f a ß t w u r d e n , s t ö ß t z u m a l an der s t o i s c h e n U n t e r s c h e i d u n g v o n σ η μ α ί ν ο ν u n d σ η μ ε ΐ ο ν auf e i n e n d e u t l i c h e n W i derstand. D i e s e freilich w i r d in d e n Darstellungen zur s t o i s c h e n L o g i k nicht selten dadurch verunklärt, d a ß b e i d e s g l e i c h e r m a ß e n mit ' Z e i c h e n ' o d e r 'sign' übersetzt wird. D a ß sich unter A n s e t z u n g e i n e s s o l c h e n Z e i c h e n v e r s t ä n d n i s s e s das Verhältnis v o n σ η μ α ί ν ο ν u n d σ η μ ε ΐ ο ν verwirren m u ß , liegt auf der H a n d . 4

2

3

4

Vgl. z.B. PLATON, Soph. 262 a 6f; ARISTOTELES, De int. I 16 a 5; Soph. el. I, 165 a 4; Rhet. III. 1404 a 20-23; 1405 a 9-12; 1410 b 10-21; SEXTUS EMPIRICUS wertet (Adv. Math. VIII, 289-290) die sprachlichen Ausdrücke als hypomnestische Zeichen. Vgl. R. Α. MARKUS, Augustine on Signs (1957) 64: „... no one would dispute that words are signs; but for no writer is the theory of signs primarily a theory of language, nor is the reflection on language carried on in terms of "signs'." Hinsichtlich dieses Punktes des Verhältnisses von Augustinus zur älteren Zeichentheorie hat es in der Forschung einige Mißverständnisse und Kontroversen gegeben. Seine anfängliche Zustimmung zur Darstellung von Markus (vgl. U. DUCHROW, 'Signum' und 'superbia' beim jungen Augustin (386-390): Revue des Etudes Augustiniennes 7 (1961) 369) revidiert Duchrow später und meint, es sei „verfehlt, eine besondere Originalität Augustine darin zu suchen, daß er die Worte ausschließlich als Zeichen faßt" (U. DUCHROW, Sprachverständnis und biblisches Hören bei Augustinus (1965) 50f. Offensichtlich im Anschluß daran wendet sich T. Borsche zunächst unter kritischer Bezugnahme auf Markus' Feststellung, daß für Augustinus die Wörter „signs par excellence" sind, gegen die verbreitete - von Markus so gar nicht vertretene - Ansicht, Augustins Bestimmung der Wörter als Zeichen sei ungewöhnlich und stelle eine Neuerung dar und meint: „Man wird umgekehrt von folgender Sachlage ausgehen können: Seitdem überhaupt auf ονόματα reflektiert wurde, galt es als selbstverständlich, daß sie τι σημαίνει oder daß sie Zeichen sind" (T. BORSCHE, Macht und Ohnmacht der Wörter (1986) 130). In Übereinstimmung mit Markus stellt er später jedoch fest, „daß in der gesamten Antike - bis Augustinus - die sprachlichen Zeichen nicht im Zentrum der Rede von den Zeichen stehen. Zwar wird beiläufig stets anerkannt, daß Namen Zeichen (σημΕΐα) sind und daß sie etwas bezeichnen bzw. bedeuten (σημαίνειν), doch gelten sie keineswegs als eine privilegierte Art von Zeichen" (T. BORSCHE, Was etwas ist (1990) 144). Mit Recht betont er (Zeichentheorie im Ubergang von den Stoikern zu Augustinus: Allgemeine Zeitschrift f . Philos. 19 (1994) 42), daß Augustinus in seinem modifizierenden Rückgriff auf die stoische Sprachtheorie einen „grundsätzlichen zeichentheoretischen Perspektivwechsel vollzieht." Die sich durch die identische Übersetzung ergebende Konfusion zeigt sich deutlich bei B. MATES (Stoic Logic ( 3 1971) 13) wenn er angesichts der „Schwierigkeit", daß nach Sextus Empiricus das stoische „sign (το σημαίνον)" im Gegensatz zum λεκτόν materiell sein soll, eine Aussage (αξίωμα) als eine Art λεκτόν gilt und somit das 'sign' [d.h. das σημαίνον] keine Aussage sein kann, Sextus aber an anderer Stelle das 'sign' [d.h. das σημείον] explizit als αξίωμα beschreibt, konstatiert, „I do not know how to explain this difficulty." Mates selbst hat die naheliegende Lösung dieser Schwierigkeit vor Augen, wenn er in einer Fußnote bemerkt, „Perhaps in technical Stoic language, το σημαίνον and τό σημεΐον are not synonymous." Die durch die geichlautende Übersetzung von σημαίνον und σημεΐον mit 'sign' bedingte Suggestion der Identität von beidem war offenbar zu stark, um zu erkennen, daß, wie Z. TELEGDI (Zur Herausbildung des Begriffs 'sprachliches Zeichen' und zur stoischen Sprachlehre: Acta Linguistica Academiae Scientiarum Hungaricae 26 (1976) 298)

3

Augustinus

Wenn etwa Jackson bemerkt: „It is not clear how these two terms for 'sign' are related" 5 , so ist dem entgegenzuhalten, daß σημαίνον und σημεΐον eben nicht zwei Ausdrücke für 'sign' sind und es schon deshalb nicht sein können, weil es jenen Begriff des Zeichens, von dem diese beiden je verschiene Ausdrücke sein könnten, stoisch nicht gibt. Vielmehr ist es umgekehrt so, daß 'sign' die gleichlautende Übersetzung für zwei ganz verschiedene stoische Ausdrücke ist. Das stoische σημαίνον, das Bezeichnende, ist eine Aussage oder ein einzelnes Wort. Es bezeichnet oder bedeutet (σημαίνει) das σημαινόμενον, das Bezeichnete, das λεκτόν, d.h. den vom sprachlich Bezeichnenden sowie von dem nach der Stoa ebenfalls materiellen Gedanken abgehobenen immateriellen Aussagegehalt. Ein solches λεκτόν kann als Antezedens einer gültigen Implikation, in der etwas enthüllt wird, fungieren und wird dann als αξίωμα zu einem σημεΐον, zu einem Zeichen. Während es also in semantischer Perspektive das σημαινόμενον eines σημαίνον ist, ist es in semiotischer Perspektive das σημεΐον eines σημειωτόν, eines von ihm zeichenhaft Enthüllten, nämlich des den Nachsatz jener Implikation bildenden Lektons, welches, wenn die Implikation tatsächlich ausgesprochen wird, ebenso wie das σημεΐον seinerseits ein σημαινόμενον oder λεκτόν, ein sprachlich Bezeichnetes sein wird. Die Zeichenbeziehung liegt dabei ganz auf der Ebene vollständiger λεκτά und ist deutlich unterschieden von der zwischen den sprachlichen Aussagen und diesen λεκτά bestehenden Beziehung des σημάινειν. Ein Zeichenbegriff, der die verschiedenen Weisen des Bezeichnens allgemein hätte zusammenfassen können, scheint vor Augustinus nicht definiert worden zu sein.6 Die überlieferten antiken Zeichendefinitionen zumindest sind auf das in seiner semantischen Funktion genommene Sprach-'Zeichen' nicht anwendbar und sollen es offenbar auch gar nicht sein. Die Aristotelische Theorie des Zeichens (σημεΐον), durch die das Zeichen fest im Themenkanon der antiken Philosophie etabliert worden zu sein scheint, ist eine Theorie des Zeichenschlusses,7 deren vornehmliche Aufgabe in der Klassifikation und Systematisierung der συλλογισμοί έκ σημείων besteht.8 Der

5

richtig anmerkt, „die Schwierigkeit verschwindet, wenn man einsieht, daß die Stoiker unter semaînon.den sprachlichen Ausdruck ..., unter semeton aber das ... Anzeichen verstanden, und daß diese in der Tat grundverschiedene Dinge sind." B. D. JACKSON, The Theory of Signs in St. Augustine's De doctrina Christiana: Revue des Études Augustiniennes 15 (1969) 48.

6

Vgl. T . BORSCHE, Was etwas

7

Zur Zeichentheorie bei Aristoteles vgl. G. WELTRING, Das ΣΗΜΕΙΩΝ in der aristotelischen, stoischen, epikureischen und skeptischen Philosophie (1910) 6-28; R. HALLER, Untersuchungen zum Bedeutungsproblem in der antiken und mittelalterlichen Philosophie: Archiv für Begriffsgeschichte 7 (1962) 65-75; K. OEHLER, Die Anfänge der Relationenlogik und der Zeichenschluß bei Aristoteles: Zeitschrift für Semiotik 4 (1982) 259-66; G. MANETO, Le teorie del segno (1987) 114ff; H. WEIDEMANN, Aristotle on Inference from Signs: Phronesis 34 (1989) 343-351.

8

Vgl. W . DETEL, Z e i c h e n bei P a r m e n i d e s : Zeitschrift

ist ( 1 9 9 0 ) 1 4 5 .

für Semiotik

4 (1982) 222-224.

4

Die spätantiken Quellen der scholastischen Zeichentheorie

aristotelische Begriff des Zeichens, der in seinem technischen Verständnis auf einen älteren Gebrauch zurückverweist,9 ist situiert im Konfinium von Logik und Rhetorik; σημεία sind Beweismittel. Ein Zeichen, d.h. jene Form des Zeichen, dem Aristoteles eine förmliche Definition gibt und dem sein Hauptinteresse gilt, ist: ein beweisender Satz (bzw. ein Satz mit Überzeugungskraft; πρότασις αποδεικτική), ein notwendiger oder ein glaubhafter. Denn bei wessen Sein eine Sache ist oder bei wessen Eintreten sie früher eingetreten ist oder später eintreten wird, das ist ein Zeichen, daß sie geschehen ist oder daß sie ist. 10

Das σημεΐον bezieht sich, ganz gleich, wie diese problematische Stelle gedeutet wird und unabhängig davon, ob es sich beim Zeichen um einen Sachverhalt oder den ihn zum Ausdruck bringenden Satz handelt, im Unterschied zu den die παθήματα der Seele bezeichnenden σύμβολα / σημεία nicht auf Inkomplexes; es bezeichnet keine Sachen, sondern erschließt Sachverhalte. Trotz aller bestehenden Differenzen stimmen die antiken Zeichentheorien hinsichtlich des inferentiellen Charakters des Zeichens (und des propositionalen Charakters des durch das Zeichen Enthüllten) mit Aristoteles überein. So charakterisiert die Zeichendefinition der Dialektiker 11 das σημεΐον als „eine in einer wahren Implikation vorangehende maßgebliche Aussage, die den Nachsatz zu enthüllen vermag." 12 Diese Bestimmung wird bekanntlich von der stoischen Zeichentheorie - die nicht mit der stoischen Semantik13 ineinsgesetzt werden darf 14 - übernommen. 15 9

10 11

12

13

14

Die von Aristoteles getroffene Unterscheidung von σημεΐον (unsicheren Zeichen) und τεκμήριον (sicheren Zeichen) z.B. hat ihren Ursprung in der älteren medizinischen Semiotik. Schon HLPPOKRATES fordert in seiner Prognostik unter Verwendung genau dieser Terminologie die Kenntnis und Unterscheidung der sicheren Zeichen und anderen Symptome; vgl. T. A. SEBEOK, Symptome, systematisch und historisch: Zeitschrift für Semiotik 6 (1984) 43. ARISTOTELES, Anal, prior. Β 27, 70a6-9 Daß von der Existenz einer eigenständigen Zeichentheorie der Dialektiker (namentlich Philons) auszugehen ist, die den Ausgangspunkt der stoischen Semiotik bildet, hat Ebert unlängst überzeugend dargelegt; vgl. TH. EBERT, Dialektiker und frühe Stoiker bei Sextus Empiricus (1991) 60ff. vgl. DERS., The origin of the Stoic theory of signs in Sextus Empiricus (1987). Vgl. F. JÜRß, Zum Semiotik-Modell der Stoiker und ihrer Vorläufer (1993). PS.-GALEN, Historia philosopha 9, Κ. HOLSER, Die Fragmente zur Dialektik der Stoiker (= FDS) 1027. Nach EBERT (Dialektiker und frühe Stoiker (1991) 66ff) handelt es sich hierbei um die Zeichendefinition Philons. Zur stoischen Theorie sprachlicher Bedeutung vgl. K. BARWICK, Probleme der stoischen Sprachlehre und Rhetorik (1957); A. A. LONG, Language and Thought in Stoicism, in: Ders., Problems in Stoicism (1971) 75-113; Ζ. TELEGDI, Zur Herausbildung des Begriffs 'sprachliches Zeichen' und zur stoischen Sprachlehre: Acta Linguistica Academiae Scientiarum Hungaricae 26 (1976) 267-305; A. GRAESER, The Stoic Theory of Meaning, in: The Stoics, hg. J. M. Rist (1978) 77-100. D i e g e l ä u f i g e A p o s t r o p h i e r u n g d e r s t o i s c h e n S e m a n t i k als Z e i c h e n t h e o r i e b a s i e r t auf d e r

gängigen Ubersetzung des 'σημαίνον' mit 'Zeichen' bzw. 'sign'. Vgl. ζ. Β. B. MATES, Stoic Logic (31973) 13ff; B. D. JACKSON, The Theory of Signs in St. Augustine's De doctrina

Augustinus

5

Während das Zeichen bei Aristoteles noch an der Grenze von Logik und Rhetorik steht und lediglich einen marginalen Teil der Logik ausmacht, erhält es in der Stoa erheblich mehr Gewicht 16 und wird zu einem zentralen Bestandteil der Logik 17 und Epistemologie. 18 Auch in der späteren zeichentheoretischen Kontroverse zwischen den Epikureern19 und der Stoa, wie sie insbesondere aus

15

16 17

18

19

Christiana: Revue des Études Augustiniennes 15 (1969) 47f; R. A. MARKUS, St. Augustine on Signs: Phronesis 2 (1957) 61. Nicht weniger problematisch ist die Beschreibung des Verhältnisses von σημειον und σημειωτόν, zwischen dem Zeichen und dem durch das Zeichen Enthüllten, als J e lien entre le signifiant et le signifié"; vgl. G. VERBERE, La philosophie du signe chez les stoïciens, in: Les stoïciens et leur logique (1978) 407f; vgl. ebd. 412f; vgl. DERS., Der Nominalismus der stoischen Logik: Allgemeine Zeitschrift f . Philos. 2 (1977) 45. Vgl. SEXTOS EMPIRICUS, Pyrrh. Hyp. II 104; Adv. Math. VIII 245 (FDS 1029). Ob dadurch, wie Ebert meint, auch die Übernahme der von Philon eingeführten Unterteilung in hypomnestische und endeiktische Zeichen durch die Stoa impliziert ist, ist eine andere Frage, die hier zum Glück nicht entschieden zu werden braucht. Daß diese Distinktion, die nirgends explizit der Stoa zugeschrieben und mit vielem, was sonst vom stoischen Zeichenkonzept berichtet wird, schwer vereinbar zu sein scheint, tatsächlich ein Bestandteil der stoischen Zeichenlehre ist, kann jedenfalls mit guten Argumenten bezweifelt werden; vgl. G. WELTRING, Das ΣΗΜΕΙΩΝ (1910) 39ff; G. PRETI, Sulla dottrina del ΣΗΜΕΙΩΝ nella logica stoica: Rivista critica della filosofia 11 (1956) 10; D. N. SEDLEY, On signs, in: Sciences and speculation, hg. J. BARNES u.a., (1982) 241; D. GLIDDEN, Skeptic semiotics: Phronesis 28 (1983) 213-255, bes. 218. Vgl. G. WELTRING, Das ΣΗΜΕΙΩΝ (1910) 28. Vgl. G. VERBERE, La philosophie du signe chez les stoïciens (1978) 401. Bereits V. BROCHARD (La logique des stoïciens: Archiv für Geschichte der Philosophie 5 (1892) 460) konstatierte, „la logique stoïcienne est essentiellement une sémiologie". Das ist jedoch insofern zu relativieren, als das σημειον nach stoischem Verständnis nicht den gesamten Bereich gültiger Implikationen umfaßt (was es wohl müßte, wenn stoische Logik 'ihrem Wesen nach' Zeichenlehre wäre), sondern gerade zur Kennzeichnung einer besonderen Form der Implikation dient. Vgl. SEXTUS EMPIRICUS, Adv. Math. VIII 245f. Ein Zeichen ist (VIII 256; FDS 1029): „1. eine Aussage; es geht 2. in einer wahren Implikation, die mit Wahrem beginnt und mit Wahrem endet, als der maßgebliche Vordersatz voran; es vermag 3. den Nachsatz zu enthüllen; und 4. ist es durchweg ein gegenwärtiges Zeichen für etwas Gegenwärtiges." Damit ist deutlich gemacht, daß das Zeichen (1.) keine Sache ist, sondern eine Aussage, genauer: etwas durch eine Proposition Ausgesagtes (Lekton), ein Axiom, und zwar (2.) nicht in einer beliebigen wahren Implikation sondern nur in einer solchen, die von Wahrem auf Wahres schließt; aber auch nicht (3.) in einer beliebigen wahren Implikation, sondern nur in einer solchen, bei der der Nachsatz nicht schon selbst offenkundig ist (wie im Fall „Wenn es Tag ist, ist es hell"). Der Zeichenprozeß ist (4.) seinem ganzen Umfang nach auf der Ebene der vollständigen Lekta angesiedelt. Nicht die Dinge werden durch das Zeichen enthüllt, sondern die den Sachverhalten korrespondierenden vollständigen Lekta. In der Implikation z.B.: „Wenn dieser am Herz verwundet ist, wird dieser sterben" ist der Vordersatz nicht Zeichen des zukünftigen Todes, sondern Zeichen des gegenwärtigen, wahren Satzes über den zukünftigen Tod (VIII 255). Auch in dieser Hinsicht scheint die entscheidenden Weichenstellung bei Philon erfolgt zu sein. Vgl. TH. EBERT, Dialektiker und frühe Stoiker (1991) 72. Zur epikureischen Zeichenlehre, ihren Quellen und ihrer Bedeutung für die hellenistische Zeichendiskussion vgl. PH. Η. U. Ε. A. DE LACY Supplementary essays III-V, in: PHILODEMUS, On methods of inference (1978) 165-230.

6

Die spätantiken Quellen der scholastischen Zeichentheorie

dem Referat Philodems bekannt ist,20 ist das σημεΐον ausschließlich als inferentielles Zeichen präsent. 21 Zur Diskussion steht hier das Kriterium der Gültigkeit zeichengestützter Inferenz, die Frage also, worin der Schluß vom Bekannten auf Unbekanntes seine zureichende Begründung findet. 22 Die in diesem Kontext durchgängig betonte „enthüllende Natur" (φύσις έκκαλυπτική)23 des σημεΐον ist von anderer Art als die signifikative Funktion sprachlicher Ausdrücke. Mit dieser enthüllenden Funktion, die in der Stoa stets den Kern der Bestimmung des σημεΐον ausmacht, läßt sich das σημαίνον schlechterdings nicht verbinden. Es mag daher kein Zufall sein, daß gerade dort, wo die endeiktische Funktion des Zeichens abgewiesen und das σημεΐον somit auf das hypomnestische Zeichen reduziert wird, nämlich bei Sextus Empiricus, sich deutliche Anzeichen einer Nivellierung der stoischen Unterscheidung von σημαίνον und σημεΐον finden. 24 Denn auf der Grundlage der rein hypomnestischen Funktion des Zeichens verschwindet der Gegensatz von natürlichen Indizes und sprachlichen Zeichen, gehen die Kriterien der Unterscheidung von beidem verloren oder fallen zumindest nicht nicht mehr ins Gewicht. Wenn also ein Weg zur augustinischen Konzeption des Zeichens hinführt, dann am ehesten noch der skeptische. Davon abgesehen jedoch waren die verschiedenen Felder des Zeichens, bzw. dessen, was bei Augustinus dann 'Zeichen' heißen wird, noch deutlich voneinander getrennt. Daß das σύμβολον / σημεΐον vom Anfang von Peri hermeneias, der sprachliche Ausdruck, unmittelbar etwas mit dem σημεΐον vom Ende der ersten Analytiken zu tun haben könnte, wird bei Aristoteles ebensowenig erkennbar, wie die Stoa davon auszugehen gehabt hätte, daß das σημαίνον und das σημεΐον nur verschiedene Arten eines beide umfassenden allgemeinen Konzepts des Zeichens sind. Denn daß das sprachliche Bezeichnen und die zeichenvermittelte Inferenz tatsächlich als verschiedene Versionen ein und desselben,

20

PHILODEMUS, [De signis], On methods of Inference (1978); vgl. G. MANETTI, Le teorie del segno

21

22

(1987) 183-200.

Wenn Philodem in diesem Zusammenhang auf eine Ambiguität in der stoischen Verwendung des Zeichenbegriffs hinweist, dann nur insofern, als die Stoiker, wie er meint, mit σημεΐον sowohl die Erscheinung, von der aus etwas inferentiell erschlossen wird, als auch die Inferenz (σημείωσις) selbst bezeichnen (De signis XXXVI 56). Vgl. G. WELTRING, Das ΣΗΜΕΙΩΝ (1910) 47ff; P. H. u. E. A DE LACY, Supplementary Essays (1978) 214ff.

23

V g l . z.B. SEXTUS EMPIRICUS, Adv. Math.

24

So versucht bereits SEXTUS EMPIRICUS die stoische Semiotik mit Hilfe der stoischen Semantik zu widerlegen, indem er fälschlich unterstellt, daß die Beziehung zwischen dem Zeichen (σημεΐον) und dem durch es Bezeichneten oder Enthüllten (σημειωτόν) als ein σημαίνειν charakterisiert werden könne. Vgl. Adv. math. VIII 264 (FDS 700): „Wie wir ... oftmals gezeigt haben, bezeichnet (σημαίνει) das eine und das andere wird bezeichnet. Nun bezeichnen aber die Laute, während die Lekta bezeichnet werden, und dazu gehören auch die Aussagen (αξιώματα). Da die Aussagen also allesamt bezeichnet werden und da das, was bezeichnet, etwas anderes ist, kann das Zeichen wohl keine Aussage sein."

VIII, 2 5 2 ( F D S 1 0 2 9 , 6 0 ) .

Augustinus

7

nämlich des 'Zeichens', aufgefaßt und bestimmt werden, ist so selbstverständlich nicht. Es scheint vielmehr erst dadurch nahegelegt zu werden, daß ein gemeinsamer Name für beides eingeführt und in terminologischem Gebrauch ist.25 Vom Standpunkt logischer Praxis aus gesehen sind offenbar beide Wege gangbar: die Differenz betonend, beidem einen verschiedenen Namen zu geben und eine je eigene Theorie sprachlicher Bedeutung und eine Theorie der Zeichenschlüsse zu entwickeln, wie es die Stoa getan hat, oder aber, wie Augustinus, die Konkordanz betonend, für beides eine gemeinsame Benennung und Theorie einzuführen - um dann allerdings die Differenzen mit Hilfe von zum Teil mühevoll erarbeiteten Distinktionen 26 wiederum deutlich werden zu lassen. Augustinus hat mit weitreichenden Konsequenzen für die Geschichte der Zeichentheorie den zweiten Weg eingeschlagen, ohne ihn freilich sehr weit gegangen zu sein. Denn sein Interesse galt weniger der Exposition einer allgemeinen Theorie des Zeichens als der Situierung des Sprachzeichens im Rahmen einer allgemeinen Zeichenklassifikation. 27

2. Sprache und Zeichen (De dialéctica) Bereits in seiner unvollendet gebliebenen Frühschrift De dialéctica behandelt Augustinus die Sprache bzw. das verbum unter dem Oberbegriff des Zeichens. Zu diesem Zweck präsentiert er eine Zeichendefinition, die, anders als ihre antiken Vorgänger, das signum nicht mehr nur als natürliches Indiz bestimmt: Signum est quod se ipsum sensui et praeter se aliquid animo ostendit (Zeichen ist, was sich selbst dem Sinn und über sich hinaus etwas dem Geist zeigt). 28

Ihre spätere, in De doctrina Christiana vorgestellte und im Mittelalter aufgrund ihrer Referierung am Anfang des Sentenzenbuchs des Petrus Lombardus prominentere Variante lautet: Signum ... est res praeter speciem quam ingerit sensibus, aliud aliquid ex se faciens in cogitationem venire... (Ein Zeichen ist ein Ding, das neben dem sinnlichen Erkenntnis-

25

26

27 28

Vgl. hierzu etwa noch - oder genauer: wieder - B. BOLZANO, Wissenschaftslehre, hg. J. BERG, B. Bolzano-Gesamtausgabe, hg. E. WINTER u.a., I, 13/1 (1989) $ 285, S. 91: „Das Wort Zeichen hat meines Erachtens zwei sehr unterschiedene Bedeutungen. Denn wenn wir den Rauch ein Zeichen des Feuers, das Erröthen ein (nicht ganz sicheres) Zeichen der Schuld nennen u. dgl.: so verstehen wir unter dem Zeichen etwas ganz Anderes, als wenn wir von dem Worte: Gott sagen, daß es in deutscher Sprache das Zeichen von dem Begriffe eines Wesens von unbedingter Wirklichkeit sey. Ich will nicht in Abrede stellen, daß es möglich wäre, einen Begriff, der diese beiden Bedeutungen umfaßte, auszudenken; allein ich glaube nicht, daß auch dieser eine Bedeutung des Wortes Zeichen sey, und zwar die ursprüngliche, aus welcher jene beiden erst müßten abgeleitet werden." Vgl. etwa HUSSERLS Ausführungen über „Ausdruck" und „Anzeichen" in seinen Logischen Untersuchungen 11/1, Teil 1, Kap.l. Vgl. M. L. COLISH, The Minor of Language (21983) 46. AUGUSTINUS, De dialéctica

V 9, 7f ( 1 9 7 5 ) 8 6 .

8

Die spätantiken Quellen der scholastischen Zeichentheorie bild, das es den Sinnen mitteilt, aus sich heraus etwas anderes in das Denken kommen läßt)29. B e i d e D e f i n i t i o n e n w e r d e n v o n d e r F o r s c h u n g als i n h a l t l i c h ä q u i v a l e n t be-

trachtet.30

W ä h r e n d sie es h i n s i c h t l i c h d e s w i c h t i g e n A s p e k t s d e r

triadischen

S t r u k t u r d e r Z e i c h e n s z w e i f e l l o s s i n d , w i r d bei n ä h e r e r B e t r a c h t u n g e i n e A b w e i c h u n g e r k e n n b a r , d i e a u f e i n e w e s e n t l i c h e V e r ä n d e r u n g in d e r Konzeption

der Leistung der Zeichen

hindeutet:

augustinischen

Die Funktion

kann g e m ä ß der späteren Definition und des ihr zugrundliegenden s t ä n d n i s s e s o f f e n b a r n i c h t m e h r o h n e w e i t e r e s als ostensio

der

Zeichen

Zeichenver-

beschrieben

wer-

den.31 Dazu später. Wird

die h i s t o r i s c h e

Bedeutung Augustine

für d i e E n t w i c k l u n g

der

Zei-

c h e n t h e o r i e i m a l l g e m e i n e n m i t R e c h t d a r i n g e s e h e n , d a ß e r d i e in d e r A n t i k e getrennten Theorien

der Sprache und des natürlichen

Zeichens

miteinander

verbindet, i n d e m er den natürlichen Indizes und den willkürlichen sprachlichen Z e i c h e n e i n e g e m e i n s a m e D e f i n i t i o n g i b t , w ä h r e n d alle ä l t e r e n D e f i n i t i o n e n d e s σ η μ ε ί ο ν o d e r signutn

s i c h a u s s c h l i e ß l i c h a u f e r s t e r e b e z o g e n , s o fällt g l e i c h w o h l

a u f , d a ß s i c h d i e A u g u s t i n i s c h e D e f i n i t i o n in i h r e r F o r m u l i e r u n g n i c h t s e h r w e i t v o n j e n e n ä l t e r e r B e s t i m m u n g e n d e s Z e i c h e n s e n t f e r n t , w i e sie i m K o n t e x t d e r R h e t o r i k e t w a v o n C i c e r o 3 2 u n d Q u i n t i l i a n 3 3 o d e r in d e r T h e o l o g i e v o n O r í g e nes34 h e r b e k a n n t sind.

29

30

31

AUGUSTINUS, De doctrina Christiana II.L ( 1 9 6 3 ) 35. Von diesen wurde jedoch nur die erstere in ihrer Ursprünglichen Form rezipiert. Die De doctrina Christiana entstammende Definition findet sich später durchgehend in zweifacher Weise modifiziert. Zum einen fällt das „ex se" fort, zum anderen wird „cogitatio" durch „cognitio" ersetzt. Zum Verhältnis der beiden Zeichendefinitionen vgl. H. RUEF, Augustin über Semiotik und Sprache ( 1 9 8 1 ) 82ff.; Vgl. T. BORSCHE, Was etwas ist (1990) 143, Anm. 54. Mit dem die Zeichendefinition aus De dialéctica tragenden Begriff des estendere folgt Augustinus dem Sprachgebrauch von Varrò, dessen Bedeutung für diese Schrift mehrfach betont wurde (vgl. J . PLNBORG, Das Sprachdenken der Stoa und Augustine Dialektik: Classica et Mediaevalia 23 ( 1 9 6 2 ) 159; U. DUCHROW, Sprachverständnis und biblisches Hören bei Augustinus ( 1 9 6 5 ) 5 7 ) und der dasselbe als Umschreibung des significare sprachlicher Ausdrücke verwandte. Vgl. TERENTIUS VARRÒ, De lingua latina V 3 : „multa verba aliud nunc ostendunt, aliud ante significabant." Im Hintergrund steht hierbei vermutlich das im Griechischen, zumal bei PLATON, als Äquivalent des σημαίνειν gebräuchliche δηλοϋν.

32

CICERO, De inventione 1, 30, 4 8 : „Signum est, quod sub sensum aliquem cadit et quiddam significat, quod ex ipso profectum videtur, quod aut ante fuerit aut in ipso negotio aut post sit consecutum et tarnen indiget testimonii et gravioris confirmationis, ut crúor, fuga, pallor, pulvis, et quae hic sunt similia." Im wesentlichen handelt es sich hierbei lediglich um die Transposition der aristotelischen Darstellung des Zeichenschlusses (Anal, prior. 2, 2 7 70a7ff) in einen forensischen Kontext.

33

QUINTILIAN, Institutionis oratoriae lib. V., I X . 1-16; bes. 9: „signum vocatur... σημείον (quamquam id quidam iudicium, quidam vestigium nominaverunt), per quod alia res intelligitur." Quintilian verbleibt mit seinen kurzen Ausführungen 'de signis' ganz im Rahmen der beweistheoretischen Thematisierung des Zeichens, wie sie sich in den aristotelischen Analytiken findet. Eine Sonderposition wird nur insofern erkennbar, als er die signa, argumenta und exempta als die drei Teile einer probatio artificialis nennt und sich damit explizit

Augustinus

9

Bereits mehrfach wurde in der Augustinusliteratur auf die äußere Ähnlichkeit dieser Definitionen zur augustinischen hingewiesen, dabei aber stets hervorgehoben, daß jene durchgängig strikt auf indexikalische Zeichen beschränkt sind und somit als Quelle für Augustinus nicht in Betracht kommen. Sie dienen eher als Kontrastfolie, auf der die Besonderheit der Augustinischen, gerade auch die verba betreffenden Zeichenkonzeption umso deutlicher hervortreten kann. Das ist nicht falsch. Nur besagt der Umstand, daß der Geltungsbereich der Definitionen ein anderer ist, noch nicht, daß diese oder ähnliche Zeichendefinitionen nicht als Quelle oder Vorlage für die Ausformulierung seiner eigenen Zeichendefinition gedient haben. Augustinus entwirft seine Zeichendefinition nicht ex nihilo, sondern orientiert sich an den bereits vorliegenden gebräuchlichen Definitionen des Zeichens. Wenngleich bei ihm das sprachliche Zeichen ins Zentrum der Zeichentheorie tritt, so ist die allgemeine Zeichendefinition von den älteren Definitionen des natürlichen indexikalischen Zeichens her entwickelt. Das Neue an der augustinischen Zeichendefinition ist damit nicht die Definition selbst, sondern der mit ihr verbundene Anspruch, sie gelte auch und zumal für die Sprachzeichen.

a) Das gesprochene Wort und die Depotenzierung der Schrift Das als Zeichen bestimmte Wort ist für den frühen Augustinus gesprochenes Wort.3S Die Schrift (litterae), vom Menschen eingeführt, um die den Wörter zwangsläufig zukommende Beschränkung auf zeitliche und räumliche Präsenz zu kompensieren, d.h. um ihnen Dauerhaftigkeit zu verleihen36 und um die Kommunikation mit Abwesenden zu ermöglichen,37 ist lediglich ein sekundäres Zeichensystem, das genau genommen nicht aus Wörtern, sondern aus „Zeichen von Wörtern" (signa verborum) besteht.38 Die Verweigerung des verbum-Charakters

34

35

36 37

38

gegen die verbreitete Subsumtion der Zeichen unter die Argumente wendet (V. I X , 1). In jedem Fall kommen die Zeichen bei Quintilian nur als indexikalisch Zeichen in Betracht. Zu Quintilians Zeichenbestimmung vgl. G. MANETO, Le teorie del segno ( 1 9 8 7 ) 2 2 0 f f . ORIGENES, Comment, in Epist. ad Rom. 4 , 2 ( M P G 14. 9 6 8 C ) : „Signum ... dicitur, cum per hoc quod videtur aliud aliquid indicatur...". Vgl. R. A. MARKUS, St. Augustine on Signs ( 1 9 5 7 ) 6 4 . Sachlich besteht jedoch gegenüber der augustinischen Zeichenkonzeption der entscheidende Unterschied, daß Orígenes „Zeichen" nicht für Wörter, sondern auschließlich für Wunder oder Beweise verwendet; vgl. U. DUCHROW, Sprachverständnis (1965) 50, Ann. 91. Vgl. hierzu D. W . JOHNSON, Verbum in the early Augustine ( 3 8 6 - 3 9 7 ) : Recherches Augustiniennes 8 ( 1 9 7 2 ) 2 5 - 5 3 . De doctr. ehr. II 8 ( 1 9 6 3 ) 3 5 , 25ff. De trinitate X V 10, 1 9 ( C C S L 5 0 a , 4 8 6 , 93ff): „Inventae sunt etiam litterae per quas possemus et cum absentibus conloqui, sed ista signa sunt v o c u m . . . " Ebd.; vgl. De dial. V, 12f. ( 1 9 7 5 ) 8 6 f : „ O m n e verbum sonat. Cum enim est in scripto, non verbum est sed verbi signum; quippe inspectis a legente litteris occurrit animo, quid voce prorumpat. Quid enim aliud scriptae quam se ipsas oculis, praeter se voces animo

10

Die spätantiken Quellen der scholastischen Zeichentheorie

gegenüber der Schrift braucht hierbei nicht als Ausdruck des „Logozentrismus" interpretiert und damit begründet zu werden, daß „die Epoche des Logos ... die Schrift (erniedrigt), die als Vermittlung der Vermittlung und als Herausfallen aus der Innerlichkeit des Sinns gedacht wird."39 Sie scheint vielmehr - zumindest für den frühen Augustinus - zunächst etwas mit der Etymologie des Wortes 'verbum' zu tun zu haben („appellata sunt... verba a verberando"40), welche es per se auf das Gehör bezogen sein läßt und nicht, wie die Schrift, auf den Gesichtssinn.41 Sicherlich liegt der Grund dafür weniger im Uberzeugtsein Augustine von der Korrektheit der Etymologie als in der durch sie zum Ausdruck gebrachten Bezogenheit des verbum auf das Gehör.42 Denn daß bei Augustinus der Bezug der Zeichen zu den verschiedenen Sinnen Relevanz für deren Bestimmung besitzt, zeigt sich noch an der Zeichenklassifikation von De doctrina Christiana, wo genau dieser als Kriterium der Einteilung der signa data dienen wird.43 In De Dialéctica definiert Augustinus das verbum als „Zeichen eines beliebigen Gegenstandes, das von einem Sprecher ausgesprochen ist und von einem Hörer verstanden werden kann (uniuscuiusque rei signum, quod ab audiente possit intelligi, a loquente prolatum).44 Die kommunikative Funktion der Sprache45 ist damit konstitutives Moment der Definition des Verbum: „Denn es gibt

ostendunt. E t paulo ante diximus signum esse quod se ipsum sensui et praeter se aliquid animo ostendit. Quae legimus igitur non verba sunt sed signa verborum." 39

J . DERRIDA, Grammatologie ( 1 9 8 3 ) 2 7 . Antiker Beleg für den „Logozentrismus" oder „Phonozentrismus" der abendländischen „Präsenzmetaphysik" ist bei Derrida jedoch nicht Augustinus sondern Aristoteles, De int. I, 16 a 3.

40

De mag. V 12, 5 4 f . Hiermit ist offenbar angespielt auf die geläufige Definition der vox als „aër ictus"; vgl. die Belege bei U. DUCHROW, Sprachverständnis ( 1 9 6 5 ) 4 8 , Anm. 7 7 . Vgl. De doctr. ehr. II 8 ( 1 9 6 3 ) 3 5 , 2 5 .

41

De mag. IV 8, 3 4 - 4 0 : „Aug. Quid? cum verba scripta invenimus, num verba non sunt? An signa verborum verius intelliguntur, ut verbum sit, quod cum aliquo significatu articulata voce profertur - vox autem nullo alio sensu quam auditu pereipi potest. Ita fit, ut cum scribitur verbum, signum fiat oculis, quo illud, quod ad aures pertinet, veniat in m e n t e m . "

42

Bereits in De dialéctica referiert Augustinus im Rahmen seiner Kritik an der stoischen Etymologiepraxis die verschiedenen Ableitungen von „verbum" (De dial. VI, 9). Neben der in De magistro instrumentalisierten Etymologie (verbum a verberando) nennt er die Ableitung vom Wahren (verbum a vero). Wenngleich er derartige Reflexionen generell als nutzlos zurückweist („unde sit dictum [sc. verbum] non curemus, cum quid significet intelligamus"), ist es doch auffällig, daß die grundlegende Verschiebung im Verbum-Begriff, wie sie sich zwischen De dialéctica und De magistro auf der einen Seite zu De Trinitate auf der anderen vollzieht, exakt den beiden angeführten Etymologien entspricht. Z u m „verbum v e r u m " als dem eigentlichen W o r t in Abgrenzung vom bloßen „verbum foris sonans" in De Trin. s. Anm. 147.

43

Vgl. De doctr. ehr. II 5ff.

44

De dial. V 7 , 6 ( 1 9 7 5 : 86). Vgl. hierzu R. SIMONE, Sémiologie augustinienne: Semiotica RUEF, Augustin über Semiotik und Sprache ( 1 9 8 1 ) 86.

45

6 ( 1 9 7 2 ) 15ff. bes. 18; H.

11

Augustinus

keinen anderen Grund des Bezeichnens... als den, das, was der Zeichengeber in seinem Geist t r ä g t , . . . in den Geist eines anderen zu übertragen". 4 6

b) Verbum, V o m verbum,

dicibile und res als M o m e n t e der sprachlichen Signifikation das im Akt der Bezeichnung v o m Gehör

stimmlicher Laut (vox articulata)

als artikulierter

wahrgenommen wird, ist das dicibile

(das Sag-

bare) als dasjenige zu unterscheiden, welches der Geist aus dem W o r t wahrnimmt oder erkennt 4 7 und was im Geist beschlossen liegt. 4 8 Es ist zugleich dasjenige, was im Geist des Sprechers v o r dem Aussprechen des W o r t e s w a r , 4 9 also der Bedeutungsgehalt des W o r t e s als geistige Konzeption (verbi in mente cepito)50

, d.h. der Begriff (intellectus, notio)

der Sache 5 1 bzw. die

des sprachlichen Ausdrucks. 5 2 Das, was vom verbum

con-

significatio

bezeichnet wird, ist nach

Augustinus allerdings nicht das geistige dicibile sondern die von ihrem Erkanntsein unabhängige Sache, 5 3 die, wie die verwendeten Beispiele zeigen, nicht auf konkrete Dinghaftigkeit festgelegt ist, sondern ebenso auch ein Ereignis oder Sachverhalt sein kann. 5 4

46

47

48

49 50 51

52

53

54

De doctr. ehr. II 3 (1963) 34, 17-20: „Nec ulla causa est nobis significandi ... nisi ad ... traiciendum in alterius animum id quod animo gerit qui signum dat." Vgl. De dial. V 8, 9f (1975: 90): „... dicibile ... est... quod in verbo intellegitur et animo continetur". Vgl. De dial. V, 8, 4ff (1975: 88): „Quidquid autem ex verbo non aures sed animus sentit et ipso animo tenetur inclusum, dicibile vocatur". Eine ähnliche Formulierung findet sich bereits bei TERTULLIAN: „Verbo non sonum solo sapiunt, sed et sensum nec auribus tantummodo audienda sunt, set et mentibus." (Scorpiace 7. 5, in: Opera II (CCSL 2/2) Turnhout 1954); vgl. R. H. AYERS, Language, Logic, and Reason in the Church Fathers (1979) 12f. Was Tertullian als „sensus" bezeichnet, nennt Augustinus „significatio"; vgl. De quant, anim. XXXII 66 (PL 32, 1072), s. Anm. 52. De dial. V, 8, 16 (1975: 90): „... cum animo sensa sunt, ante vocem dieibilia erunt." De dial. V 8, 7 (1975: 88). Vgl. die parallelen Ausführungen Augustine in der ca. ein Jahr später entstandenen Schrift De quantitate animae XXXII 65 (PL 32, 1071f): „A. Die ergo, utrum posses gnarus latinae linguae nominare in loquendo solem, si non intellectus solis praecederet sonum. E. Nullo modo possem. A. Quid? ... nonne in tua cogitatione man et, quod expressa voce alius auditurus est? E. Manifestum est." Vgl. ebd. XXXII 66 (PL 32, 1072): „Cum ergo nomen ipsum sono et significatione constet, sonus autem ad aures, significatio ad mentem pertineat, nonne arbitraris in nomine, velut in aliquo animante, sonum esse corpus, significationem autem quasi animam soni?" Vgl. U. WŒNBRUCH, 'Signum', 'significatio' und 'illuminatio'bei Augustinus (1971) 78f. De dial. V, 7, 6 (1975: 86): „Res est quidquid vel sentitur vel intellegitur vel latet." Vgl. V, 7, 25 (1975: 88); V, 8, 2; (1975: 90) V, 8, 17ff; vgl. H. RUEF, Augustin über Semiotik und Sprache (1981) 109; vgl. De quantitate animae XXXII 65 (PL 32, 1071); vgl. De mag. XIV, 45: „... quis tarn stulte curiosus est, qui filium suum mittat in scolam, ut quid magister cogitet discat?" In De magistro bezeichnet er die objektsprachlichen Nomina als signa rerum, wobei mit res hier sowohl die res visibiles wie die res intelligibiles umgriffen werden. Vgl. De mag. IV, 8, 79-81: „... audibilia ... signa sunt... rerum partim visibilium sicut est Romulus, Roma, flu-

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Die spätantiken Quellen der scholastischen Zeichentheorie

Verschiedentlich wurde versucht, das Augustinische dicibile als Äquivalent des stoischen λεκτόν zu interpretieren. 55 Eine nähere Analyse liefert jedoch gewichtige Argumente gegen eine solche Gleichsetzung. 56 So kann das stoische λεκτόν im Unterschied zum augustinischen dicibile nicht als mentales oder psychisches Ereignis im Sinne einer 'verbi in mente concepito' charakterisiert werden, 57 da die Gedanken nach stoischer Lehre materiell sind, das λεκτόν dagegen aber als etwas Immaterielles gekennzeichnet ist. Und anders als das als σημαινόμενον bestimmte stoische λεκτόν ist nach Augustinus gerade nicht das dicibile sondern vielmehr die res das vom sprachlichen Ausdruck Bezeichnete. 58 Es mag sein, daß die Bedeutung, die bei Augustinus der semiolinguistischen Thematik zukommt, sich zu einem erheblichen Teil von seiner - wie auch immer modifizierenden - Aufnahme stoischer Lehren herleitet, 59 wie sie besonders in De dialéctica deutlich ist, in der die zentralen Themen der stoischen Semantik präsent sind. 60 Die Charakterisierung von De dialéctica als „the most extensive treatise on stoic grammar and dialectic that survives" 61 ist jedoch insofern mißverständlich, als die Schrift zwar enge Bezüge zur stoischen Semantik aufweist, bei näherer Betrachtung jedoch die inhaltlichen Differenzen weitaus überwiegen. Trotz des starken stoischen Einflusses auf die Begrifflichkeit von De dialéctica ist festzustellen, daß „bei gleicher Terminologie und gleichen Vorstel-

55

56 57

58

59 60 61

vius, partim intelligibilium, sicut est virtus." Vgl. K. BARWICK, Probleme der stoischen Sprachlehre und Rhetorik (1957) 12; U. DUCHROW, Sprachverständnis und biblisches Hören bei Augustinus (1965) 55; B. D. JACKSON, The Theory of Signs in St. Augustine's De doctrina Christiana: Revue des Études Augustiniennes 15 (1969) 47f. Vgl. H. RUEF, Augustin über Semiotik und Sprache (1981) 108f. Augustinus umschreibt das dicibile auch als „quod fit in mente per verbum" (De dial. V 8, lOf). Es würde, wenn überhaupt, eher der stoischen λογική φαντασία entsprechen. Vgl. H. RUEF, Augustin über Semiotik und Sprache (1981) 108. Mehrfach wurde eine weitere Differenz in der Unmöglichkeit der Übertragung der von Augustinus behaupteten Vorgängigkeit des dicibile gegenüber dem sprachlichen Ausdruck auf das λεκτόν festgestellt. NUCHELMANS (Theories of Proposition. Ancient and Medieval Concepts of the Bearer of Truth and Falsity (1973) 116f) kommt, indem er davon ausgeht, daß das augustinische dicibile „ante vocem" im Geist existieren soll, während das stoische λεκτόν als ein tatsächlich in Worten ausgedrückter Gedanke zu verstehen sei, zu dem Schluß: „What Augustine intends by dicibile cannot be the Stoic lekton." In Übereinstimmung damit betont Α. GRAESER (The Stoic Theory of Meaning (1978) 87ff), daß das λεκτόν eher als „what is said" oder „what is meant" denn als „that which can be expressed" interpretiert werden muß, denn, wie auch H. RUEF (Augustin über Semiotik und Sprache (1981) 91) meint: „Gemäss der Stoa entstehen und bestehen ... die σημαινόμενα (bzw. λεκτά) erst mit dem Aussprechen eines Wortes oder einer Äusserung." Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, daß die Stoa mit ihrem Konzept des λόγος ένδιάθετος durchaus in der Lage war, die Lautvorgängigkeit (wenngleich nicht die Sprachvorgängigkeit) des λεκτόν zu vertreten. Vgl. G. MANETTI, Le teorie del segno (1987) 226f. Vgl. R. SIMONE, Semiologia agostiniana (1969) 95. M. IRVINE, Interpretation and the Semiotics of Allegory in Clement of Alexandria, Origen, and Augustine: Semiotica 63-1/2 (1987) 52.

13

Augustinus

lungsschemata der eigentlich stoische Geist aus den Worten entfernt und ihnen oft ein entgegengesetzter Sinn unterlegt" wird. 6 2 Differenzen zeigen sich nicht nur bei den einzelnen Begriffen, wie dem des dicibile, sondern auch in der Gesamtkonzeption. Das seiner Thematisierung der Sprache als Zeichen zugrundegelegte Verständnis des signum als res weicht wesentlich vom stoischen Zeichen (σημεΐον) ab, welches als αξίωμα oder λεκτόν niemals eine res sein konnte. Insofern ist Ruefs Festellung berechtigt, daß die augustinische „Zeichentheorie mit der stoischen Theorie des σημεΐον nichts zu tun hat." 6 3 Aber auch die Abweichungen von der stoischen Semantik, der Theorie des σημαίνον, sind erheblich. Augustinus lehnt die für die Stoa eminent wichtige Etymologie ab. 6 4 Geht die Stoa von der enuntiato als dem Ort der Verbindung von σημαίνον und σημαινόμενον aus, so Augustinus vom einfachen sprachlichen Ausdruck. Und hatte die Stoa mit ihrem formalen Konzept des λεκτόν eine semantisch orientierte Sprachtheorie entworfen, so stehen in Augustinus' Theorie des sprachlichen Zeichens eher die psychologischen und kommunikativen Momente im Vordergrund. 6 5

3. Die gnoseologische Funktion der Zeichen (De magistro) Die gnoseologische Funktion der Zeichen, insbesondere der Sprache, bildet, ausgehend von der Frage „quid ... videmur efficere velie, cum loquimur?" (was wollen wir bewirken, wenn wir reden), 66 das thematische Zentrum von De magistro,67 jenes auf den ersten - und wohl auch auf den zweiten - Blick recht ver-

62 63 64

65

U. DUCHROW, Sprachverständnis und biblisches Hören bei Augustinus (1965) 49f. H. RUEF, Augustin über Semiotik und Sprache (1981) 104. Vgl. U. DUCHROW, Sprachverständnis und biblisches Hören bei Augustinus (1965) 58ff; J. PlNBORG, Das Sprachdenken der Stoa und Augustins Dialektik (1962) 177. Vgl. T . TODOROV, Théories

Phronesis

66 67

du symbole

( 1 9 7 7 ) 3 5 ; R. Α. MARKUS, St. Augustine on Signs:

2 (1957) 72; H. RUEF, Augustin über Semiotik

und Sprache

(1981) 86; G.

MANETTI, Le teorie del segno ( 1 9 8 7 ) 2 2 6 f . Augustins Konzept des Sprachzeichens steht in dieser Beziehung Theophrast wesentlich näher als der Stoa. Denn Theophrast hat, wie Ammonius in seinem peri hermeneias-Kommentar referiert, eine „doppelte Beziehung" der Rede zum Hörer und zu den Dingen gelehrt und hat somit, wie Ruef betont, mit Augustinus die wichtigen M o m e n t e der triadischen Zeichenrelation sowie der Bezugnahme der Zeichenlehre auf den Menschen gemeinsam. Vgl. H . RUEF, Augustin über Semiotik und Sprache ( 1 9 8 1 ) 8 4 f ; zu Theophrast vgl. R. HALLER, Untersuchungen zum Bedeutungsproblem in der antiken und mittelalterlichen Philosophie: Archiv, f. Begriffsgeschichte 7 (1962) 91. De mag. I, 1, 3f.

Zu De mag. vgl. U. DUCHROW, Sprachverständnis

und biblisches

Hören bei

Augustinus

( 1 9 6 5 ) 6 2 f f ; dort auch die ältere Literatur; vgl. E. SCHÄDEL, Aurelius Augustinus, De stro ( 1 9 7 5 ) ; G. MADEC, Analyse du D e magistro: Revue des Etudes Augustiniennes

(1975) 63-71.; T. BORSCHE, Macht und Ohnmacht der Wörter. Bemerkungen

magi21

zu Augustins

'De magistro', in: Sprachphilosophie in Antike und Mittelalter, hg. B. MojSISCH ( 1 9 8 6 ) 1 2 1 - 1 6 1 ; DERS., Was etwas ist ( 1 9 9 0 ) 1 4 8 - 1 5 6 ; H . ARENS, *De Magistro', Analysen eines

14

Die spätantiken Quellen der scholastischen Zeichentheorie

worrenen Dialogs zwischen Augustinus und seinem Sohn Adeodatus, der sich bei näherem Hinsehen jedoch stellenweise als äußerst kunstvoll gearbeitet erweist. Denn was Augustinus hier vorführt, ist im wesentlichen nichts anderes, als ein diffiziles Spiel mit dem tragenden Begriff der eigenen Zeichendefinition aus De dialéctica, dem ostendere und seinen Bedeutungsnuancen. Ein Spiel, das letztlich zu einer kritischen Revision bzw. zur Präzisierung und Limitation des die funktionale Bestimmung des Zeichens tragenden Begriffs des ostendere führen wird. Wie der Titel andeutet, steht diese zeichentheoretische Thematik in einem perspektivischen Bezug auf das eigentliche, theologische Thema der Schrift, die Frage danach nämlich, wer Lehrer und Meister sein soll. Eine Frage, deren Beantwortung sich für Augustinus zwangsläufig aus der Bestimmung der Leistung des Zeichens ergibt. Augustinus konstatiert zunächst zwei Gründe für den Gebrauch von Sprache: das Belehren (docere) und das Ins-Gedächtnis-Rufen oder Vergegenwärtigen {commemorare). Den Ausgangspunkt für die kritische Prüfung dieser Funktionen von Sprache bildet auch hier der Zeichencharakter der Wörter.68 Zeichen aber kann nur sein, was etwas bezeichnet: „Quid? signum nisi aliquid significet, potest esse signum?"69 Hiermit bereits ist der zeichentheoretische Problemhorizont des Dialogs im wesentlichen vorgegeben. Denn wenn jedes Wort Zeichen ist und Zeichen etwas ist, das etwas bezeichnet, dann muß sich sagen (dicere), darlegen (pandere), ja - gemäß der in De dialéctica gegebenen Definition des signum - zeigen (ostendere) lassen, was das von einem beliebigen Wort Bezeichnete ist. Inwieweit ein solches möglich ist, soll das anhand des Vergil-Verses „Si nihil ex tanta superis placet urbe relinqui" (Ob nichts von solch großer Stadt wollen übriglassen die Götter) untersucht werden.70 In folgerichtiger Sequenz werden die verschiedenen Möglichkeiten durchgespielt. Dem scheinbar lockeren Gesprächsverlauf liegt offenbar eine ausgearbeitete Zeichenklassifikation zugrunde. Zunächst werden sprachliche Zeichen daraufhin befragt, inwieweit sie geeignet sind, das Bezeichnete zu zeigen. Hierbei

68

69 70

Dialogs von Augustinus, in: De ortu grammaticae, hg. G. L. BURSILL-HALL u.a. (1990) 1734. De mag. II 3, 1: ,,Aug.[ustinus] Constat ergo inter nos verba signa esse. Ad.[eodatus] Constat."; vgl. ebd. IV, 9. „... dicimus... signa universaliter omnia, quae significant aliquid, ubi etiam verba esse invenimus." Ebd. II 3, 3f. Augustinus verschärft damit im Laufe des Gesprächs gezielt die Bedingungen der gestellten Aufgabe bis hin zu dem die Zeichendefinition von De dial, tragenden ostendere. Während er zunächst nur fordert „Die mihi, quid singula verba significent" (II 3, 13), verlangt er bald das "conare, ut potes, ... verba quid significent pandere" (II 4, 50f) um dann darauf zu insistieren, daß er „illa ipsa, quorum haec signa sunt, mihi si posses vellem ut ostenderes" (II 4, 70ff). Dieses ostendere jedoch, und hierauf scheint es Augustinus anzukommen, kann seinerseits in unterschiedlicher Weise verstanden werden. Während es zunächst im Sinne eines 'Zeigens a u f aufgefaßt wird (III 5, 7ff; s. Anm. 76), verschärft es sich anschließend zu einem nicht mehr zeichenhaften 'Zeigen von' bzw. „non significando monstare" (III 6, 4 5 0 -

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legen sich zwei Weisen nahe: Zum einen die Ersetzung eines Wortes durch ein synonymes („ex" = „de"), 71 was jedoch insofern zurückgewiesen wird, als es darum geht, jenes eine von den beiden synonymen Ausdrücken Bezeichnete aufzuweisen [panciere).71 Zum anderen die Deskription oder Nominaldefinition des Wortes. 73 Auch dieses Verfahren wird von Augustinus verworfen, da so nur Wörter durch Wörter, d.h. Zeichen durch Zeichen dargelegt werden, die gestellte Aufgabe aber angeblich das Zeigen (ostendere) desjenigen war, von dem sie Zeichen sind („Ego autem ilia ipsa, quorum haec signa sunt, mihi si posses vellem ut ostenderes.") 74 In diesem Sinne erweist sich ein ostendere des Signifikats als durch sprachliche Zeichen nicht erreichbar. Wer spricht, präsentiert nur Wörter, diese aber zeigen nicht die Dinge, die sie bedeuten. Insofern erscheint die gestellte Aufgabe als unlösbar - zumindest im Medium sprachlicher Zeichen, da auf jede Frage nach dem Signifikat, die die ostensio desselben einfordert, nur Wörter als Antwort gegeben werden können („non possumus respondere nisi verbis"). 75 Da sich die Sprache somit als zur Erfüllung der gestellten Aufgabe untauglich erweist, lenkt Augustinus im folgenden den Blick auf verschiedenen Arten nichtsprachlicher Zeichen. Zunächst wird die Funktion der deiktische Zeichen am Beispiel des Fingerzeigs (digito ostendere; digito demonstrare) untersucht.76 Ein solches Zeigen jedoch erfordert die Präsenz77 und die Sichtbarkeit78 des Signifikats und hätte somit einen sehr begrenzten Gegenstandsbereich. Anders scheint es sich dagegen bei gestischen und mimischen Zeichen zu verhalten, durch welche ganze Geschichten darstellbar sind ("histriones totas in theatris fabulas sine verbis saltando plerumque aperiunt et exponunt").79 Aber auch diese Zeichen sind nicht geeignet, das geforderte Zeigen der durch das Wort bezeichneten Sache zu gewährleisten. Denn, wie Adeodatus betont, im Fall des durch den Vergil-Vers vorgegebenen Wortes "ex" "non modo ego, sed ne ipse quidem saltator histrio tibi sine verbis quid signified posset ostendere."80 Das Versagen auch der mimetischen Zeichen ist jedoch grundsätzlicherer Natur. Denn selbst unter der fiktiven Annahme, es gebe keine solche Begrenzung der Möglichkeit eines mi-

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Vgl. De mag. III 4, 52ff. Vgl. ebd. III 4, 60f. Vgl. ebd. III 4, 62-66. Vgl. ebd. III 4, 69-72. Vgl. ebd. III 5, Iff. Vgl. ebd. III 5, 7ff: „... si quererem, tres istae syllabae quid significent, cum dicitur 'paries', nonne posses digito ostendere, ut ego prorsus rem ipsam viderem, cuius signum est vox trissylabum verbum...?" Vgl. ebd. III 5, 13. Vgl. ebd. III 5, 24ff. Vgl. ebd. III 5, 34f. Vgl. ebd. III 5, 37f.

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metischen Zeigens von Seiten der Gegenstände, wird auch dieses Zeichen eben nur Zeichen und nicht die Sache selbst sein. Weswegen auch hier nur, wenn auch nicht ein Wort durch ein Wort, so doch ein Zeichen durch ein Zeichen indiziert wird, während doch, wie Augustinus betont, das Gezeigtwerden ohne Zeichen („non significando monstrari") gefordert war.81 Mit dem hier geforderten nicht zeichenhaften Zeigen tritt erstmals ein anderer Bedeutungsaspekt des ostendere in Erscheinung, der zu einer radikalen Wende im Gedankengang führen wird. Es geht in letzter Konsequenz eben gar nicht um das deiktische 'Zeigen auf, sondern um das exhibitive 'Zeigen von' im Sinne einer Präsentation der Sache selbst. Ein solches Zeigen der Sachen selbst aber ist dem sich Zeichen bedienenden menschlichen Lehrer nicht möglich, denn auch die zunächst in dieser Rücksicht nicht problematisierten deiktischen Zeichen zeigen nicht in diesem Sinne die Sache, sondern zeigen auf die Sache. Wenn es also zunächst so scheint, als könne nichts ohne Zeichen gezeigt („Nihil itaque video, quod sine signis ostendi queat")82 bzw. gemäß der Ausgangsüberlegung, nichts ohne Zeichen gelehrt werden („nondum prorsus exstat quod sine signis doceri posse videtur"),83 so liegt dem ein Verständnis des ostendere im Sinne der Deixis zugrunde. Wechselt die Bedeutung des ostendere zu einem nicht zeichenhaften Zeigen im Sinne eines exhibere, so ergibt sich nicht nur, daß im Gegensatz zum zuvor Festgestellten nichts in diesem Sinne durch Zeichen gezeigt werden kann („falsum... illud sit, quod nobis paulo ante videbatur nihil esse omnino, quod sine signis possit ostendi"), sondern auch, daß alle Dinge ohne Zeichen durch sich selbst gezeigt werden („milia rerum animo occurrunt, quae nullo signo dato per se ipsa monstrentur")84 - freilich von einem anderen, als dem menschlichen Lehrer: solem certe istum lucemque haec omnia perfundentem atque vestientem, lunam et caetera sidera, terras et maria quaeque in his innumerabiliter gignuntur, non per se ipsa exhibet atque ostendit deus et natura cernentibus? - (Die Sonne aber und das Licht, das alle Dinge überströmt und bekleidet, der Mond und die übrigen Gestirne, die Länder und Meere und die unzählig darin hervorgebrachten Dinge, legen nicht Gott und die Natur dies alles durch sich selbst dar und zeigen es den Betrachtern?)85

Und weil sich allein mit einem solchen, die unmittelbare Präsenz des Erkenntnisgegenstandes herstellenden ostendere das docere verbinden kann, wird Augustinus die erkenntnisvermittelnde Funktion der Zeichen im allgemeinen und der Sprache im besonderen zurückweisen und die radikale - in De doctrina

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Ebd. III 6, 42-46: „Quare hic [sc. saltator histrio] quoque non quidem verbo verbum, sed tarnen signo signum nihilo minus indicabit, ut et hoc monosyllabum 'ex' et ille gestus unam rem quandam significent, quam mihi ego vellem non significando monstrari." Ebd. III 6, 52f. Ebd. X 30, 46f. Ebd. X 32, 103-107. Ebd. X 32, 109-113.

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Christiana wiederum zurückgenommene bzw. relativierte86 - These vertreten, daß nichts durch Zeichen erlernt wird: "Denn wenn mir ein Zeichen gegeben wird, und ich nicht weiß, von welchem Ding dieses ein Zeichen ist, kann es mich nichts lehren. Wenn ich es aber weiß, was lerne ich dann durch das Zeichen?"87 Der komplexe Gedankengang von De magistro bewegt sich damit, kurz zusammengefaßt, auf der Grundlage der Gleichsetzung von ostendere und docere. Solange das ostendere als ein demonstratives 'Zeigen auf interpretiert wird, das eben nicht anders als durch Zeichen möglich ist, muß es so scheinen, als könne nichts ohne Zeichen gelehrt werden. In dem Moment jedoch, wo das ostendere im Sinne des exhibitiven 'Zeigen von' in Erscheinung tritt, das eben durch Zeichen nicht geleistet werden kann, und sich herausstellt, daß eine Gleichsetzung mit dem docere nur für letzteres gilt, trennt sich das significare vom docere, so daß für das Zeichen nurmehr die rememorative und admonitive Funktion reklamiert werden kann. Das Sprachzeichen besteht aus den beiden Elementen Laut (sonus) und Bedeutung (significatio).ss Während jener unmittelbar perzipiert wird, kann die Bedeutung erst vermittels der erkannten Sache erfaßt werden.89 Die Sacherkenntnis ist damit das primäre und jeder sprachlichen Bezeichnung Zugrundeliegende. So zeigt insbesondere die Betrachtung des kindlichen Spracherwerbs, daß die Bedeutung der Wörter erst durch die wiederholte Erfahrung des konstanten Gebrauchs derselben in Rücksicht bereits durch unmittelbare Anschauung bekannter Dinge erlernt wird, wir also „durch jene Zeichen, die Wörter genannt werden, nichts lernen, sondern vielmehr eher die im Laut verborgene Bedeutung durch die erkannte Sache, die bezeichnet wird, erlernen, als daß wir diese durch jene Wortbedeutung erfassen".90 Doch mehr noch: Nicht nur wird das Zeichen erst vollkommen erkannt, wenn die Kenntnis der von ihm bezeichneten res gegeben ist;91 bevor durch die Kenntnis der Zuordnung des gesprochenen Wortes zur bereits bekannten Sache es als Zeichen für diese erfaßt wird, ist nicht nur die Bedeutung des Wortes un86 87

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De doctr. ehr. I, 4 (1963) 9, 4f. De mag. X , 33, 1 1 4 - 1 7 : „... fortasse nihil invenies, quod per sua signa discatur. Cum enim signum mihi datur, si nescientem me invenit, cuius rei signum sit, docere me nihil potest, si vero scientem, quid disco per signum?" So Augustinus schon in dem kurz vor De mag. entstandenen Dialog De quantitate animae ( X X X I I 66, PL 3 2 , 1072); s. Anm. 52. De mag. X , 34, 141-144: „In quo tarnen signo cum duo sint, sonus et significatio, sonum certe non per signum pereepimus, sed eo ipso aure pulsata, significationem autem re, quae significatur, aspecta." De mag. X , 34, 154-57: „... per ea signa, quae verba appellantur, nos nihil discere; potius enim ... vim verbi, id est significationem quae latet in sono, re ipsa, quae significatur, cognita discimus, quam illam tali significatione percipimus"; vgl. ebd. 78. Vgl. De triti. Χ 1, 1: „neque ullum perfecte signum noscitur, nisi cuius rei signum sit cognoscatur."

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bekannt, es selbst wird vielmehr überhaupt nicht als Zeichen, sondern lediglich als sotius, d.h. als Ding wahrgenommen. 92 In einer detaillierteren Analyse der bei der Erlernung der Bedeutung sprachlicher Zeichen vorliegenden Zeichensituation macht Augustinus jedoch deutlich, daß bereits die Zuordnung der bekannten Dinge zu den zu erlernenden Wörtern nur zeichenvermittelt funktionieren kann. Denn um erkennen zu können, auf welche Sache und in welcher Weise sich ein gegebener sprachlicher Ausdruck bezieht, bedarf es gewisser Zeichen, bedarf es der Gestik, Mimik und des Tonfalls als einer Art natürlicher, allen Menschen verständlicher Sprache. 93 Zwischen die Kenntnis der Dinge und die Erlernung der Wörter tritt damit die natürliche Sprache gestischer Zeichen. Deren ursprünglich hinweisende Funktion geht nach der Konstituierung der Verbalsprache an diese über. Und weiter wird sie es in gnoseologischer Rücksicht auch kaum bringen. Sprache ist ein System rememorativer, 94 im besten Fall admonitiver Zeichen, die die Sachen nicht darreichen, sondern uns nur ermahnen, die Erkenntnis in 92

Vgl. De mag. X , 33, 124-33: „... cum primum istae duae syllabae, cum dicimus 'caput' aures meas impulerunt, tarn nescivi quid significarent, quam cum primo audirem legeremve sarabaras. Sed cum saepe diceretur 'caput', notans atque animadvertens, quando diceretur, repperi vocabulum esse rei, quae mihi iam erat videndo notissima. Quod priusquam repperissem, tantum mihi sonus erat hoc verbum; signum vero esse didici, quando cuius rei signum esset inveni, quam quidem ... non significatu, sed aspectu didiceram. Ita magis signum re cognita quam signo dato ipsa res discitur." Die hier implizit formulierte These, daß zur Erfassung eines Zeichens als Zeichen stets eine doppelte Erkenntnis erforderlich ist, nämlich sowohl die des Zeichens wie auch die der bezeichneten Sache, wird im späten Mittelalter ein wichtiges Bestimmungsmoment des Instrumentalzeichens.

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C o n f e s s i o n e s I, 8 (PL 3 2 : 666f): „Cum ipsi appellabant rem aliquam et cum secundum earn vocem corpus ad aliquid movebant, videbam et tenebam hoc ab eis vocari rem illam, quod sonabant, cum eam vellent ostendere. H o c autem eos velie, ex motu corporis aperiebatur, tamquam verbis naturalibus omnium gentium, quae fiunt vultu et nutu oculorum, caeterorumque membrorum actu, et sonitu indicante affectionem animi in petendis, habendis, reiicendis, fugendisve rebus. Ita verba in variis sententiis locis suis posita, et crebro audita, quarum rerum signa essent, paulatim colligebam, measque iam voluntates edomito in eis signis ore per haec enunciabam. Sic cum his, inter quos eram, voluntatum enunciandarum signa communicavi..."

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Vgl. De trin. IX, 12: „cum autem ad alios loquimur, verbo intus manenti ministerium vocis adhibemus, aut alicuius signi corporalis, ut per quandam conmemorationem sensibilem tale aliquid fiat etiam in animo audientis, quale de loquentis animo non recedit." Zur lediglich rememorativen Funktion von Sprache vgl. J . PLNBORG, Das Sprachdenken der Stoa und Augiistins Dialektik (1962) 176f.; R. SIMONE, Semiologie augustinienne (1972) 26. - Mehrfach bereits wurde auf eine Nähe zwischen dem augustinischen und dem skeptischen Zeichenbegriff von Sextus Emipiricus hingewiesen, welcher ebenfalls die Wörter unter die hypomnestischen Zeichen rechnet {Adv. Math. VIII, 289-290). Vgl. K. KUYPERS, Der Zeichen- und Wortbegriff im Denken Augustins (1934) l l f ; R. A. MARKUS, St. Augustine on Signs (1957) 62ff. Nach T. BORSCHE (Macht und Ohnmacht der Wörter (1986) 138) schließt sich Augustinus „offenkundig und bis in die Wortwahl hinein" eng an die Argumentation der Skeptiker an. Borsche hat mit Blick auf De magistro zu Recht darauf hingewiesen, daß trotz aller Ubereinstimmungen ein markanter Unterschied zwischen beiden darin besteht, daß es Sextus Empiricus um die Abweisung der von den 'Dogmatikern' als Erkenntnisgrund gewerte-

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den Sachen selbst zu suchen: "... verba ... admonent tantum, ut quaeramus res, non exhibent, ut norimus."95 Durch sie selbst wird nichts im eigentlichen Sinne gelehrt, d.h. keine Erkenntnis vermittelt, es sei denn die Erkenntnis von ihnen selbst. Denn: Is me ... aliquid docet, qui vel oculis vel ulli corporis sensui vel ipsi etiam menti praebet ea, quae cognoscere volo. Verbis igitur nisi verba non discimus, immo sonitum strepitumque verborum... - (Derjeinge lehrt mich etwas, der meinen Augen oder irgendeinem Körpersinn oder sogar meinem Geist selbst das darbietet, was ich erkennen will. Durch die Wörter also lernen wir nichts als Wörter, oder vielmehr: Klang und Geräusch von Wörtern...) 96

Wenngleich Augustinus sich in De magistro darauf beschränkt, die Unmöglichkeit des Belehrtwerdens durch Sprachzeichen zu behaupten, gibt er deutlich zu verstehen, daß dasselbe ebenso auch für jede andere Form von gestischen oder ikonischen Zeichen gilt.97 Denn der Grund für die Untauglichkeit der Zeichen zur Vermittlung von Wissen liegt für ihn nicht im arbiträren Charakter der Sprachzeichen, sondern darin, daß Erkenntnis allein aus der unmittelbaren Gegenwart des Erkannten kommt, die Zeichen aber, und das gilt für Zeichen im allgemeinen, eben nicht das Bezeichnete selbst sind.98 Bestimmend für die Argumentation von De magistro ist ein Verständnis des docere im Sinne einer Vermittlung von Wissen, d.h. von gewisser Erkenntnis. Wenn diese aber die Unmittelbarkeit, die Präsenz des Erkannten erfordert, so sind genaugenommen die Begriffe von Wissen und Vermittlung miteinander unvereinbar und die Frage nach der Möglichkeit eines Lehrens als Wissensvermittlung bereits im Moment, in dem sie gestellt wird, negativ entschieden. Dieses hoch angesetzte Verständnis des docere gilt es auch zu berücksichtigen, wenn das Verhältnis von De magistro und De doctrina Christiana und die scheinbare Dementierung der Kernthese der früheren Schrift durch die spätere betrachtet wird. Beide Schriften operieren mit einem unterschiedlichen Konzept von doctrina und scientia. Doctrina - als das, was gelehrt wird - ist nach De magistro auf scientia, auf Wissen beschränkt und nachdrücklich vom bloßen Glauben, von der fides, abgehoben. Das docere und discere, auf das hin in De magistro die Leistungsfähigkeit der Zeichen befragt wird, findet seine Erfüllung erst in der allein durch die sinnliche oder geistige visto gewährleisteten unmit-

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ten Anzeichen geht, Augustinus dagegen um die mit der Erkenntnis einer Sache gleichgesetzte Bedeutung der Wörter. De mag. XI, 36, 1-3. De mag. XI, 36, 3-6. De mag. X, 35, 158-164. Das Zeichen ist im Außen loziert, das docere im Innern, vgl. Epist. 144, 1 (PL 33, 591A): „hoc agit il le (sc. deus) et efficit, qui per ministros suos rerum signis extrinsecus admonet, rebus autem ipsis per seipsum intrinsecus docet." Zur augustinischen Theorie der Erkenntnis mit Blick auf die Zeichentheorie vgl. U. WIENBRUCH, 'Signum', 'significatici' und 'illuminatici' bei Augustinus (1971) 80ff.

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telbaren Präsenz des Gegenstandes" und damit genau dort, wo bereits nach stoischer und epikureischer Lehre für das Zeichen kein Raum und keine Funktion mehr bleibt. Mittels der Zeichen gelangt man 'lediglich' zur fides nicht aber zum Wissen. Eine solche, noch die Spuren eines neuplatonischen Vernunftkonzepts aufweisende Abhebung des Wissens vom bloßen Glauben scheint für Augustinus nach der Wende von 396 nicht mehr angemessen zu sein. Christliche Lehre hat es wesentlich mit Überlieferung und fides zu tun, und das heißt nach Lage der Dinge eben: mit Zeichen. Insofern stellt die in De doctrina Christiana getroffene Aussage, daß die Dinge durch Zeichen gelernt werden, keine förmliche Revision des in De magistro Gesagten dar. Was gewechselt hat, ist nicht das grundsätzliche Verständnis der Leistung von Zeichen, sondern, auf der Grundlage eines geänderten Konzepts von Wissen, die Bewertung des von ihnen Geleisteten.100

4. Die entwickelte Theorie des Zeichens (De doctrina Christiana) a) Die Definition des Zeichens Die einflußreichsten Ausführungen Augustine zur Theorie des Zeichens finden sich in De doctrina Christiana. Ihr entstammt die im Mittelalter bis ins 13. Jahrhundert als kanonisch geltende Zeichendefinition:

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Vgl. De mag. XII, 3 9 - 4 0 : „De illis [sc. sensibilibus] cum interrogamur, respondemus, si praesto sunt ea, quae sentimus... Hic ille, qui interrogat, si non videt, credit verbis et saepe non credit, discit autem nullo modo, nisi et ipse quod dicitur videt, ubi nam non verbis, sed rebus ipsis et sensibus discit. ... [XII, 40] Cum vero de his agitur, quae mente conspicimus ..., ea quidem loquimur, quae praesentia contuemur in illa interiore luce veritatis...; sed tum quoque noster auditor, si et ipse illa secreto ac simplici oculo videt, novit quod dico sua contemplatione, non verbis meis. Ergo ne hunc quidem doceo vera dicens vera intuentem; docetur enim non verbis meis sed ipsis rebus deo intus pándente manifestane."

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Das wird deutlich an einer offensichtlich mit Blick auf De mag. XII, 3 9 f (vgl. Anm. 90) getroffenen Feststellung in De trin., wo die in jener Schrift massiv vorgenommene Abhebung des scire und discere von jeder Form zeichenhafter Vermittlung in scharfer Form zurückgewiesen wird. Auch hier geht Augustinus von einer Dichotomie der Wissensgestände aus („Cum enim duo sint genera rerum quae sciuntur, unum earum per sensum corporis percipit animus, alterum earum quae per se ipsum...") Er wendet sich hier jedoch nicht nur gegen jene, die ein durch die Sinne vermitteltes Lernen von Wahrem in Zweifel ziehen („... absit a nobis ut ea quae per sensus corporis didicimus vera esse dubitemus"), sondern weist auch die Verneinung der Möglichkeit eines durch sprachliche Uberlieferung vermittelten und durch übereinstimmende und beständige Indizien bestätigten Wissens zurück: „Absit etiam ut scire nos negemus quae testimonio didicimus aliorum; alioquin esse nescimus oceanum, nescimus esse terras atque urbes quas celeberrima fama commendat; nescimus fuisse homines et opera eorum quae histórica lectione didicimus; nescimus quae quotidie undecumque nuntiantur et indiciis consonis constantibusque firmatur..." (De tritt. X V , 12, 21, CCSL 5 0 a 4 9 3 , 66-81).

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Signum ... est res praeter speciem quam ingerit sensibus, aliud aliquid ex se faciens in cogitationem venire... (Ein Zeichen ist ein Ding, das neben dem sinnlichen Eindruck, dem es den Sinnen mitteilt, aus sich etwas anderes in das Denken kommen läßt). 101

Wenngleich weder von der scholastischen Tradition noch auch von der neueren Forschung eine Differenz zu der in De dialéctica gegebenen Bestimmung des Zeichens („Signum est quod se ipsum sensui et praeter se aliquid animo ostendit") 102 wahrgenommen worden ist, wird durch die nähere Analyse der zeichentheoretischen Ausführungen von De magistro offenkundig, daß es sich bei der Neuformulierung um die direkte Konsequenz einer in dieser Schrift nachdrücklich vorangetriebenen Problematisierung der älteren Definition handelt. Der Bruch zwischen den beiden Zeichendefinitionen läßt sich textlich präzis verorten. Es ist jener entscheidende Wendepunkt von De magistro, an dem die zunächst starkgemachte These, nichts könne ohne Zeichen gelehrt werden, in ihr Gegenteil umschlägt und nun als falsch erkannt wird, „quod nobis paulo ante videbatur nihil esse omnino, quod sine signis possit ostendi" 1 0 3 . Wenn derart deutlich an der Schlüsselstelle des Dialogs dem Zeichen genau jene Funktion abgesprochen wird („Non enim mihi rem, quam significat, ostendit verbum..."), 104 durch die es zwei Jahre zuvor noch definiert worden war, dann wird das kein Versehen sondern bewußte Inszenierung sein. Es ist daher kein Zufall, sondern Ausdruck einer veränderten Zeichenkonzeption, daß die später in De doctrina Christiana gegebene, in De magistro der Formulierung nach bereits anklingende 105 Zeichendefinition das 'ostendere' durch ein 'faciens in cogitationem venire' ersetzt. Beides hat eine andere Vollzugsrichtung. Während die ostensio dem Geist etwas 'von außen' her zukommen läßt, meint das 'facere in cogitationem venire' ein 'von innen' her ins Bewußtsein kommen lassen. Nur diese Definition ist mit dem in De magistro herausgearbeiteten Theorie der vornehmlich exzitativen und rememorativen, allenfalls noch admonitiven Zeichenfunktion ohne weiteres vereinbar. Denn für Augustinus steht in De magistro das ostendere im Begriffsfeld von exhibere, manifestare,106 101

Dedoctr. ehr. II. 1 (1963) 35. De dial. V 9, 7f (1975: 86). 103 De mag. X, 32, 104f. 104 De mag. X, 32, 118. los Vgl. De mag. I, 2, 72-76: „... quamvis nullum edamus sonum, tarnen, quia ipsa verba c o gitamus, nos intus apud animum loqui, sic quoque locutione nihil aliud agere quam commemorare, cum memoria, cui verba inhaerent, ea revolvendo facti venire in mentem res ipsas, quarum signa sunt verba." (Hervorhebung von mir). 106 Vgl. De mag. X, 32, 106-13. Augustinus spielt hier die Begrifflichkeit von exhibere, manifestare und ostendere gegen die lediglich admonitive oder rememorative Funktion der Zeichen aus. Daß es im wesentlichen um das ostendere geht, zeigt die Häufigkeit seiner Verwendung in diesem Zusammenhang. Vgl. De mag. II 4, 71; III 5, 9. 33. 38; III 6, 52. 65. 75. 83. 102

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Ein Zeichen kann zwar auf etwas hinweisen oder aufmerksam machen (admonere). Als ein solches aber hat es ausschließlich die Funktion, den Erkennenden zur Suche nach der unmittelbaren Präsenz des Gegenstandes zu bewegen, aus welcher allein die Erkenntnis entspringen kann und die für das Funktionieren jeder zeichenhaften Verweisung bereits vorausgesetzt ist. Auch der wahrgenommene Rauch vermittelt die Erkenntnis des 'subesse ignetrt' nur dann, wenn der Zeichenrezipient bereits über eine Erkenntnis des Feuers verfügt („rerum expertarum animadversione et notatione cognoscitur ignem subesse"). 107 Mit Blick auf die im Anschluß an die Bestimmung des Zeichens getroffene Unterscheidung von signa naturalia und signa data erläutert Augustinus diese Definition einerseits durch die bekannten Beispiele von „vestigium" und „fumus", andererseits durch die die Konzepte erkennen lassenden sprachlichen Ausdrücke sowie konventionelle Signale.108 Hiermit werden, in einer voraugustinisch nicht belegbaren Form, die natürlichen Indizes und die willkürlich eingesetzten Sprachzeichen in einer gemeinsamen Definition zusammengefaßt. Daß eine solche Verbindung von Heterogenem nicht ohne innere Spannung durchführbar ist und nicht nur Gemeinsamkeiten erschließen sondern auch Differenzen verbergen kann, liegt auf der Hand. So ist von der aristotelischen wie von der stoischen Logik her gesehen offenkundig, daß die Struktur einer auf natürliche indexikalische Zeichen beruhenden Semiose eine ganz andere ist als die des Bezeichnens (σημαίνειν) mittels sprachliche Ausdrücke. Während ein einfacher unverbundener sprachlicher Ausdruck sich signifikativ auf Inkomplexes (gleichgültig ob auf eine res oder einen conceptus) bezieht, ist ein stoisch gedachtes σημεΐον nicht nur selbst etwas Komplexes bzw. ein vollständiges Lekton, sondern auch stets Zeichen von Komplexem. Das Bezeichnete, der durch das Zeichen als dem Vordersatz einer gültigen Implikation enthüllte Nachsatz hat notwendig propositionalen Charakter. Die Besonderheit der sprachlichen Ausdrucksleistung, die sie von den natürlichen Zeichen aber auch von den Signalen abhebt, geht in der allgemeinen Zeichendefinition verloren. Diese Differenz der Signifikation willkürlichsprachlicher und natürlicher Zeichen wird von Augustinus nicht eigens thematisiert, wohl auch deshalb, weil er die natürlichen Zeichen nur einführt um sie sogleich wieder aus dem Gegenstandsbereich seiner Zeichenerörterungen auszuschließen. Zumindest aber sind bei Augustinus in der Exemplifikation der natürlichen Zeichen noch Spuren der älteren Theorie des σημεΐον, wie sie in der Stoa und den aristotelischen Analytiken vorliegt, sichtbar. Denn anders als in 107 108

De doctr. ehr. II 2 (1963) 34, 5f. De doctr. ehr. II 1 (1963) 33, 25ff: „... vestigio viso transisse animal cuius vestigium est cogìtamus et fumo viso ignem subesse cognoscimus, et voce animantibus audita adfectionem animi eius advertimus, et tuba sonante milites vel progredì se vel regredì [...] oportere noverunt."

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nahezu der gesamten späteren Überlieferung der Beispiele von vestigium und fumus bezeichnen diese nach Augustinus - zumindest gemäß den unmittelbar im Anschluß an die Definition vorgestellten Beispielen - nicht einfach das Tier bzw. das Feuer, sondern die komplexen Sachverhalte des „transisse animal" und „subesse ignem".109 Erstaunlicherweise scheint das späterhin fast niemandem aufgefallen zu sein. Nur selten und erst spät wird wieder ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die natürlichen endeiktischen Zeichen - aber auch willkürlich eingesetzte Signale - eine komplexe Erkenntnis in Form eines Urteils vermitteln und ihr Signifikat somit propositionale Struktur aufweist.110 b) Res und signa Die Dinge und die Zeichen bilden und strukturieren zusammengenommen nach De doctrina Christiana den Gegenstandsbereich jeglichen Wissens, denn, wie Augustinus in jenem Satz formuliert, der durch seine Aufnahme an den Anfang der Sentenzen des Petrus Lombardus im Mittelalter an denkbar prominenter Stelle tradiert wurde: „Omnis doctrina vel rerum est vel signorum, sed res per signa discuntur" (Jede Lehre handelt von Dingen oder von Zeichen, aber die Dinge werden durch die Zeichen gelernt).111 Die Unterscheidung von Dingen und Zeichen ist jedoch nicht im strikten Sinne disjunktiv: „Jedes Zeichen ist auch ein Ding, denn was kein Ding ist, ist gänzlich nichts. Nicht aber ist jedes Ding auch ein Zeichen". 112 Die Grenze zwischen Dingen und Zeichen - und damit das Zeichen selbst ist nicht ontologisch, sondern funktional bestimmt: Zeichen sind Dinge, die dazu dienen, etwas zu bezeichnen („res ... quae ad significandum aliquid adhiben-

109 Yg| A n m - 108. Inwieweit Augustinus selbst diesen Unterschied noch wahrgenommen hat, läßt sich nicht mit Sicherheit sagen. Unmittelbar anschließend spricht er in derselben Schrift vom „fumus significans ignem" (II 2 ( 1 9 6 3 ) 34, 4). Doch dabei kann es sich um eine elliptische Formulierung handeln, wie sich sich bereits bei Sextus Empiricus finden läßt. 1 1 0 WILHELM VON OCKHAM weist im Rahmen einer Unterscheidung von imago und vestigium darauf hin. Vgl. Ord. 1 d.3 q . 9 ( O T II, 5 4 7 ) : „... vestigium, nisi sit impedimentum, ducit non tantum in notitiam recordativam illius cuius est, sed etiam ducit in notiticam complexam alicuius veritatis contingentis de ipso." Hinsichtlich des in der Scholastik als Standardbeispiel für das signum ad placitum dienenden vor der Weinschänke ausgehängten Laubkranzes (circulus ante tabernam) wird die propositionale Bezeichnungsstruktur im 13. J h . von Ps.-RoBERT KlLWARDBY betont: „... circulus non est signum vini sed ostendit alicubi vendi vinum." ( C o m m e n t . in Prise, ma., hg. K. M . FREDBORG u.a.,: Cahiers de l'Institut du Moyen-Age grec et latin 15 ( 1 9 7 5 ) 5 6 ) . Sie bleibt aber innerhalb der scholastischen Zeichentheorie umstritten. Vgl. Kap. III, Anm. 2 0 3 . 1 1 1 AUGUSTINUS, De doctr. ehr. 1 4 ( 1 9 6 3 ) 9 , 4f. Vgl. PETRUS LOMBARDUS, Sententiae I, d. 1, c. 1, 1 ( 1 9 7 1 ) 5 5 . 112

De doctr. ehr. I 5 ( 1 9 6 3 ) 9, 15ff: „omne signum etiam res aliqua est; quod enim nulla res est, omnino nihil est. Non autem omnis res etiam signum est." Vgl. De dial. V 8, 2 f : „ita esse verba signa rerum, ut res esse non desinant."

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tur"). 113 Dinge dagegen im eigentlichen Sinne sind in diesem lediglich Kontext negativ bestimmt als solche, die nicht zur Bezeichnung von etwas verwendet werden („quae non ad significandum aliquid adhibentur"), wie ein Stück Holz, ein Stein, ein Tier usw. So stehen den Dingen im eigentlichen Sinne, die keine unmittelbare Zeichenfunktion haben, wenngleich sie auch als Zeichen verwendet werden können und denen somit neben ihrer Brauchbarkeit als Dinge auch Zeichenfunktion zukommen kann, die Zeichen im eigentlichen Sinne als diejenigen Dinge gegenüber, die, wie die Wörter, keinerlei Funktion als Dinge haben, sondern deren ganzer Nutzen allein im Bezeichnen besteht.114 Es mag zunächst so scheinen, als sei diese Unterscheidung zwischen res und signa bereits mit Blick auf die im zweiten Buch behandelten signa data getroffen. Gleichwohl gilt es hierbei zu beachten, daß das adhibere und uti nicht präzis im Sinne einer Zeichenproduktion oder aktiven Zeichenverwendung zu lesen ist, sondern ebenso und sogar vorrangig im Sinne einer Zeichenrezeption. Etwas ist nicht allein dadurch ein Zeichen, daß es als ein solches Zeichen verwendet 'gegeben' - wird, sondern auch und zumal dadurch, daß es als Zeichen für etwas 'genommen' wird. Die Wortwahl Augustine scheint mit Bedacht so getroffen zu sein, daß sie beides umfaßt. Denn andernfalls würde das, was im zweiten Buch als Beispiel des signum naturale angeführt wird, aus der Bestimung des Zeichens herausfallen. Alles, was als natürliches Zeichen fungiert, ist zunächst ein Ding. Erst dadurch, daß es als ein Zeichen für etwas genommen wird, erhält es Zeichencharakter. Die hervorgehobene Zeichenhaftigkeit der sprachlichen Ausdrücke rührt daher, daß ihrem Auftreten als Dingen - eben weil sie als solche keinerlei Funktion haben - ihre Verwendung als Zeichen stets intentional voraufgeht und zugrundeliegt. Während die Dinge als natürliche oder willkürliche Zeichen verwendet werden können, weil es sie gibt, gibt es die artikulierten sprachlichen Laute, weil sie als Zeichen verwendet werden können. c) Die Klassifikation der Zeichen Augustinus unterteilt die Zeichen zunächst in natürliche und 'gegebene' (signa naturalia, signa data).ns Kriterium für die natürlichen Zeichen ist, daß sie, wie z.B. der Rauch hinsichtlich des Feuers, ohne eine Bezeichnungsabsicht über sich selbst hinaus aus sich etwas anderes erkannt sein lassen („sine voluntate atque ulla appetitu significandi praeter se aliquid aliud ex se cognosci faciunt,

113

Ebd.; vgl. R. SIMONE, Sémiologie

augustinienne

( 1 9 7 2 ) 19; T . TODOROV, Théories

du

sym-

bole (1977) 44. 114

De doctr. ehr. I 5 ( 1 9 6 3 ) 9, l l f f : „Sunt alia signa quorum omnis usus in significando est, sicut sunt verba. N e m o enitn utitur verbis nisi aliquid significandi gratia."

115

De doctr. ehr. II, 2f.

Augustinus

25

sicuri est fumus significans ignem"). 116 Signa data dagegen sind jene, „die sich Lebewesen gegenseitig geben, um so gut als möglich ihre Gemütsbewegungen, Gefühle und Kenntnisse aller Art anzuzeigen" („quae sibi quaequae viventia invicem dant ad demonstrandos quantum possunt motus animi sui, vel sensa aut intellecta quaelibet"). 117 Diese sind, so wie sie im Kontext ihrer Abgrenzung gegenüber den natürlichen Zeichen eingeführt werden, zunächst nicht ohne weiteres als „konventionelle" Zeichen zu verstehen,118 wenngleich sie zumeist als solche übersetzt werden. 119 Denn ausschlaggebend für ihre Bestimmung als signa data ist nicht ihr etwaiger konventioneller Charakter sondern das Vorhandensein einer Bezeichnungsintention seitens des Zeichensenders.120 Ebenso erfolgt die Charakterisierung der signa naturalia zunächst nur negativ durch das Fehlen einer solchen. Denn daß die Partikel „aliquid ex se cognosci faciunt" bei Augustinus nicht als positives Bestimmungsmoment der natürlichen Zeichen im Sinne eines später zur Definition des naturaliter significare gebräuchlichen „ex se", 121 „ex natura sua" 122 oder „ex natura rei" 123 zu lesen ist, wird bereits daraus ersichtlich, daß es sich hierbei um eine aus der zuvor gegebenen Definition des Zeichens im allgemeinen übernommene Formel handelt, die somit das natürliche Zeichen nur insofern betrifft, als es Zeichen, nicht aber, insofern es natürliches Zeichen ist. Der konkrete Sinn dieses qua Definition auch für die signa data anzusetzenden „ex se" bleibt letztlich undeutlich.124 Es scheint jedoch auf das cognosci und nicht auf das facere und damit auf das Zeichen als Erkenntnisgrund, nicht aber als Grund der Bewirkung der Erkenntnis bezogen zu sein. 125 116 117 118

119

120

121 122

Ebd. II, 2 (1963) 3 4 , 1-3. Ebd. II, 3 ( 1 9 6 3 ) 3 4 , 15ff. Vgl. J . ENGELS, La doctrine du signe chez Saint Augustine, in: Studia Patristica, hg. F. L. CROSS ( 1 9 6 2 ) 3 6 6 - 3 7 3 ; vgl. B. D. JACKSON, The Theory of Signs in St. Augustine's De doctrina Christiana (1969) 14f. Vgl. On Christian Doctrine, übers, v. J . F. SHAW, in: Nicene and Post-Nicene Fathers, ser. 1, vgl. 2 (New York 1887) 5 3 6 ; La doctrine chétienne, übers, v. G. COMBES u. J . FARGES, in: Œuvre de Saint Augustin, ser. 1, t. 11 (Paris 1949) 2 4 1 . Bei Augustinus heißt das in erster Linie: beim Menschen. Inwieweit im Falle tierischer Zeichenkommunikation eine förmliche Zeichenabsicht (voluntas significandi) anzusetzen ist, wird offen gelassen. Vgl. De doctr. ehr. II, 4. Vgl. z.B. PETRUS MARGALLUS, Logices utriusque scholia (1965) 90. Vgl. z.B. PETRUS HURTADO DE MENDOZA, Disputationes de universa philosophia ( 1 6 1 7 ) 144;

J. PONCRJS, Philosophiae ad mentem Scoti cursus integer ( 4 1659) 276b. 123

Vgl. z.B. JOHANNES MAIOR, Termini

(1508) fol. lOvb; FRANCISCO DE ARAUJO,

riorum in universam Aristotelis Metaphysicam tomus primus (1617) 352. 124

125

Commenta-

In der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Überlieferung der augustinischen Zeichendefinition fällt diese Partikel fast durchgängig weg. Verantwortlich hierfür war offenbar die Form der Zitation im Sentenzenbuch des Petrus Lombardus. Im letzteren Sinn wird das „ex se" z.B.in der Übersetzung von S. MLTTERER interpretiert („Ein Zeichen ist nämlich eine Sache, die außer ihrer sinnenfälligen Erscheinung aus ihrer Natur heraus noch einen anderen Gedanken nahelegt"); Bibliothek d. Kirchenväter, Reihe 1, Bd. 4 9 (1925) 4 9 .

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Die spätantiken Quellen der scholastischen Zeichentheorie

Denn die Betonung einer solchen 'ex se' erfolgenden Eigenleistung der Zeichen würde nicht nur der zeichenkritischen These von De magistro widersprechen, sondern ebenso dem, was hier in De doctrina Christiana über die Unterscheidung zwischen Dingen und Zeichen sowie über den Grund des Bezeichnens der signa naturalia gesagt wird. Wenn nämlich gemäß der im ersten Buch getroffenen Distinktion zwischen Ding und Zeichen ein Ding allein durch ein signifikatorisches uti oder adhiberi zu einem Zeichen wird, dann ist klar, daß die als natürliches Zeichen fungierende Sache nicht bereits aufgrund ihrer eigenen Natur Zeichen ist. Zu einem solchen wird es vielmehr erst dadurch, daß es von einem Rezipienten als ein solches genommen wird. Das findet sich im zweiten Buch bestätigt. Denn Augustinus exemplifiziert hier seine Definition der signa naturalia mit der Bemerkung, daß der Rauch das Feuer insofern bezeichnet als aus der Betrachtung und Kenntnis der bereits aus Erfahrung bekannten Dinge der Sachverhalt des 'subesse ignem' erkannt wird.126 Die Charakterisierung von Zeichen als signa naturalia bedeutet also nicht, daß sie von Natur aus Zeichen sind, sondern daß sie in einem natürlichen Verhältnis - in diesem Kontext kommt dafür nur ein kausales Dependenzverhältnis in Betracht - zu dem bezeichneten 'aliquid' stehen. Während, wie sich bereits aus der allgemeinen Zeichendefinition ergibt, in einer vollständigen, adäquaten Beschreibung der Zeichensituation das Zeichen stets als Element einer dreistellige Relation zwischen dem bezeichneten 'Etwas', dem Zeichen selbst und demjenigen, für den es Zeichen von etwas ist, dargestellt werden muß, beruht die Dinstinktion der Zeichen in signa data und naturalia offenbar auf zweistelligen, die dreistellige Zeichenrelation fundierenden Relationen, nämlich der Kausalbeziehung des Zeichens zum Signifikat oder des willentlichen Hervorgebrachtseins des Zeichens seitens eines Zeichensenders. Nach Markus sind beide Zeichentypen unterschieden „according to whether the relation of dependence is between the sign and the object, or between the sign and the subject." 127 Das ist prinzipiell richtig gesehen, bedarf jedoch einer Präzisierung, wie sie bereits Jackson vorgeschlagen hat. 128 Denn die beiden angesprochenen Dependenzrelationen verhalten sich nicht exakt symmetrisch. Im Fall des natürlichen Zeichens hat dessen kausale Abhängigkeit vom bezeichneten 'aliquid' eine doppelte Funktion. Einerseits ist sie der Grund für das Auftreten des Dinges, das als Zeichen verwendet werden kann, andererseits legt sie eben dadurch die Signifikation desselben fest, d.h. bestimmt, für was es als Zeichen genommen werden kann. Anders verhält es sich bei den signa data. Das bloße Faktum des willentlichen Gegebenseins determiniert hier noch nicht den Signifikatsbezug. Im Rahmen der Charakterisierung der Zeichen als signa data bezieht sich also der Wille 126 127 128

Vgl. Anm. 107. R. A. MARKUS, St. Augustine on Signs (1957) 72. Vgl. Β. D. JACKSON, The Theory of Signs in St. Augustine's De doctr. ehr. (1969) 14f.

Augustinus

27

genaugenommen nicht auf deren Bedeutung, sondern lediglich auf deren Okkurrenz. 129 Die in der Definition der 'gegebenen' Zeichen zunächst noch ausstehende Bestimmung ihres Verhältnisses zu ihren Signifikaten wird erst in späteren Passagen der Schrift nachgeholt. Dort tritt dann gerade der konventionelle, in einer Übereinstimmung unter den Mitgliedern einer Sprechergemeinschaft begründete Charakter der eingesetzten sprachlichen Zeichen deutlich hervor, wenn Augustinus feststellt, daß bestimmte Zeichen und Laute bei den Griechen und Römern „non natura, sed placito et consensione significando 1 3 0 verschiedenes bedeuten. Vor diesem Hintergrund unterscheidet Jackson zwei Ebenen, auf denen bei der Gegenüberstellung von natürlichen und gegebenen Zeichen das Vorhandensein oder Fehlen eines Willens zum Tragen kommt: 1. hinsichtlich der Okkurenz und 2. hinsichtlich der Signifikanz der Zeichen. Während das signum naturale in bezug auf beides natürlich fundiert ist, sind die gegebenen Zeichen hinsichtlich ihrer Okkurrenz als data bestimmt, hinsichtlich ihrer Signifikanz jedoch durch „placitum et consensio". 1 3 1 Hieran wird nach Jackson die Problematik einer einfachen Gleich- bzw. Übersetzung von signa data mit „konventionellen" Zeichen manifest: „Although will operates in both signa data and consensio, it operates for different ends in each, namely, for occurrence and for significance. T o translate 'data' by 'conventional' is to confuse these ends." 1 3 2 Aber auch hier bedarf es noch einer weitergehenden Präzisierung. Denn wenn Augustinus an der von Jackson herangezogenen Stelle von „placito et consensione" spricht, liegt damit nicht nur einfach eine Reduplikation vor, die es, das „et" als „seu" lesend, erlauben würde, beides gleichzusetzen. Placitum und consensio meinen nicht exakt dasselbe und haben im Zusammenhang der Konstitutionsbedingungen sprachlicher Zeichen unterschiedliche Funktionen. Während die Wirksamkeit des placitum auf Diversifizierung geht, bewirkt die consensio gerade im Gegenteil die zum Funktionieren willkürlicher Zeichen erforderliche Übereinstimmung. Das placitum hat genaugenommen zwei Aspekte. Zum einen - aus der Perspektive der Zeichenproduktion - die willkürliche Einsetzung des Zeichens zur Bezeichnung von etwas. 1 3 3 Zum anderen - aus der Perspektive des Gegenstandsbezugs - die Arbitrarität des Zeichens, d.h., negativ formuliert, das Fehlen jeglicher Art einer natürlichen Relation zum Signifikat. Damit läßt sich aber noch nicht der Grund dafür angegeben, warum das gegebene Zeichen überhaupt bezeichnet bzw. 'gilt' und somit letztlich Zeichen ist.

129

Vgl. B. D. JACKSON, The Theory of Signs in St. Augustine's De doctrina Christiana (1969) 14.

130

De doctr. ehr. II, 24, 37, 12.

131

Vgl. Β. D. JACKSON, The Theory of Signs in St. Augustine's De doctrina Christiana (1969) 15.

132

Ebd. Vgl. De musica

133

VI, 11, 2 4 : „vocabulis ... placito, non natura imponuntur."

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Die spätantiken Quellen der scholastischen Zeichentheorie

Denn die für das Zeichen grundlegende Funktion des aliquid facere in cogitationem venire ist durch das bloße placitum allein nicht begründbar. Ein signum datum fungiert nicht deshalb als Zeichen, weil es nach freiem Belieben subjektiv gegeben, sondern weil es Gegenstand eines intersubjektiven Gebrauchs ist. Für sein Funktionieren als Zeichen muß das placitum zu einem gemeinschaftlichen werden: „Namque omnia quae ideo valent inter homines, quia placuit inter eos ut valeant, instituta hominum sunt." 134 Beides, sowohl der mit dem placitum angesprochene arbiträre - und nicht konventionelle - Charakter der Einsetzung der Nomina, als auch die Notwendigkeit einer darüber hinausgehenden Instanz der Begründung ihrer Geltung zeigt sich deutlich, wenn Augustinus feststellt: „... res omnium mentibus communiter sunt insitae, nomina vero, ut cuique placuit, imposita, quorum vis auctoritate atque consuetudine maxime nititur." 135 Jener Instanz der Vergesellschaftung des placitum, die Augustinus hier als auctoritas oder consuetudo anführt, entspricht in De doctrina Christiana die consensio. Die Tatsache, daß und die spezifische Weise, in der die Zeichen die Geister zu bewegen vermögen, d.h. gelten,136 resultiert unmittelbar aus dem Konsens der Sprechergemeinschaft: „sicut ergo hae omnes significationes pro suae cuiusque societatis consensione ánimos movent, et quia diversa consensio est, diverse movent." 137 Die Valenz bzw. die Signifikation der ad placitum gegebenen Zeichen leitet sich erst aus dem Konsens der Sprechergemeinschaft ab: „nec ideo consenserunt in eas homines, quia iam valebant ad significationem, sed ideo valent, quia consenserunt in eas." 138 Das Sprachzeichen läßt sich in seinem tatsächlichen Funktionieren als Zeichen, d.h. als ein aliquid aliud faciens in cogitationem venire, nur unter Einbeziehung des Rezipienten adäquat beschreiben. Das ist schon aus der in De dialéctica gegebenen Definition des verbum („Verbum est uniuscuiusque rei signum, quod ab audiente possit intelligi, a loquento prolato") ersichtlich.139 134

De doctr. ehr. II, 25, 38, 4f. J.

135

De musica III, 3.

136

Zur Bestimmung des valere als Form des movere vgl. De dial. (1975) 100: „Vis verbi est, qua cognoscitur quantum valet. Valet autem tantum quantum movere audientem potest. Porro movet audientem aut secundum se aut secundum id quod significai aut ex utroque communiter. ... Iam vero non secundum se, sed secundum id quod significat verbum movet, quando per verbum accepto signo animus nihil aliud quam rem ipsam intuetur, cuius illud signum est quod accepit."

137

De doctr. ehr. II 24, 37, 18ff.

138

De doctr. ehr. II 24, 37, 20ff. Augustins Einsicht in die Notwendigkeit, für die Analyse und Bewertung sprachlicher Äußerungen die komplexe, Sprecher und Hörer umfassende kommunikativen Situation zu berücksichtigen, zeigt sich auch im Rahmen seiner Theorie der Lüge (vgl. De mendacio; CSEL

139

ENGELS {La doctrine du signe chez Saint Augustine (1962) 372) konstatiert unter Bezugnahme auf diese Stelle, daß der Terminus 'placitum' bei Augustinus den Sinn von „décision collective" habe. Der Charakter einer kollektiven Bestimmung kommt dem 'placuit' jedoch erst durch den Zusatz „inter eos" zu. Erst durch die in der consensio begründete Gemeinschaftlichkeit des placitum wird das durch es Konstituierte zum einem Institut.

Augustinus

29

Sprachzeichen bedürfen, um als Zeichen fungieren zu können, der Gegenwart einer Gemeinschaft von Zeichenverwendern, die die Regeln ihrer Verwendung aufstellt und respektiert. 140 Die hier vorgeführte Differenzierung zwischen dem placitum und der consensio, durch welche auf Seiten des signum datum, anders als bei Jackson, nun drei Ebenen vorliegen, nämlich das 'datum' hinsichtlich seiner Okkurrenz, das 'placitum' hinsichtlich seiner Willkürlichkeit und die 'consensio', hinsichtlich seiner Geltung, hat auf Seiten des natürlichen Zeichens seine Entsprechung. Denn auch hier gilt, daß zum natürlichen Auftreten und zur natürlichen Beziehung zwischen dem Zeichen-Ding und dem bezeichneten Etwas die Kenntnis oder Erfahrung jener Beziehung hinzukommen muß, damit das Ding tatsächlich als Zeichen genommen und so zum Zeichen von etwas für jemanden wird. Auch nach De doctrina Christiana gibt es damit, hierin besteht durchaus Übereinstimmung mit den zeichenkritischen Ausführungen von De magistro, keine Zeichen, die eine 'Ersterkenntnis' vermitteln. Nachdem Augustinus die natürlichen sowie die hinsichtlich ihrer Natürlichkeit oder ihrem 'Gegebensein' nicht festgelegten tierischen Zeichen nur einführt, um sie sogleich aus dem Gegenstandsbereich der doctrina Christiana auszuschließen, präsentiert er eine Einteilung der zur menschlichen Kommunikation verwendeten Zeichen gemäß den Sinnesvermögen, an die sie adressiert sind: „einige gehören zum Gesichtssinn, die meisten zum Gehör, nur sehr wenige zu den übrigen Sinnen." 141 Die beherrschende Stellung der Wörter unter den gegebenen Zeichen 142 gründet nach Augustinus jedoch nicht allein in ihrem quantitativen Übergewicht, 143 sondern auch in dem Umstand, daß sich alles durch

41, 415). Hier wird deutlich gemacht, daß Täuschung ein Phänomen ist, das entscheidend von der Auffassungsweise der Mitteilung durch den Zeichenempfänger abhängt und daß sich somit die willentliche Täuschung oder Lüge vollständig nur im Rahmen einer komplexen Situation beschreiben läßt, zur der die Überzeugung und Intention des Zeichensenders ebenso gehört, wie die Auffassungsweise seitens des Rezipienten und die Einschätzung derselben durch ersteren. 1 4 0 Vgl. R. SIMONE, Sémiologie augustinienne (1972) 15f: „L'importance du fondement social de l'activité sémiotique est une des points théoriques sur lesquels Augustin insiste le plus et ... une des innovations de sa sémiologie qui a le plus d'éclat." 141 Dedoctr. ehr. II, 5 (1963) 35, 2f. 142 vgl. De doctr. ehr. II, 6: „Verba ... prorsus inter homines obtinuerunt principatum significando..." 1 4 3 Die Tatsache, daß jedes lauthafte Zeichen der menschlichen Kommunikation seine schriftliche Entsprechung hat und somit das quantitative Übergewicht eigentlich auf Seiten der visuellen Zeichen liegen müßte, bleibt trotz der wenig später erfolgenden Erwähnung der litterae als signa verborum (II, 8) unberücksichtigt. Erklären läßt sich dies nur mit der augustinischen Einschätzung der Schrift als einem System sekundärer Zeichen (Zeichen von Zeichen), welche sich in signifikativer Weise nicht auf die Dinge selbst beziehen, sondern eben nur „praeter se voces animo ostendunt"; vgl. De dial. V, 12f., s. Anm. 38.

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Die spätantiken Quellen der scholastischen Zeichentheorie

nichtsprachliche gegebene Zeichen Bezeichenbare auch mit Hilfe von Wörtern ausdrücken läßt, nicht aber umgekehrt.144 5. Das verbum mentis als das wahre Wort (De trinitate) Das sich seines unangefochtenen Prinzipats unter allen Zeichen „quibus inter se homines sua sensa communicant"145 sichere gesprochene Wort findet bei Augustinus später seinen Meister in jenem Wort, das Wort ist, weil es - nicht Zeichen, sondern - Gleichnis desjenigen Wortes ist, das in De magistro noch als der innerer Lehrer (Christus) gegen die bloß zeichenhaften Wörter ausgespielt wurde. Dabei wird die am Schluß von De magistro vollführte Depotenzierung der Zeichen gegenüber der Innensphäre geistiger Erkenntnis in der in De trinitate entfalteten Lehre vom 'verbum mentis' fortgeführt. Ebenso, wie in De dialéctica und De magistro das geschriebene Wort als das nur uneigentliche vom eigentlichen, gesprochenen Wort abgesetzt wird, erscheint das „verbum quod foris sonat" 146 hier als äußerliches Zeichen des Gedankens (cogitatio) bzw. des wahren,147 geistigen Wortes, „das wir im Herzen sprechen und das weder griechisch noch lateinisch noch irgendeiner anderen Sprache zugehörig ist", 148 da es „prorsus antecedit linguas istas." 149 Solche Wörter bilden die Elemente der als „locutiones cordis" (Reden des Herzens)150 bestimmten menschlichen cogitationes. Diese sind nicht nur von der äußeren, gesprochenen Rede unterschieden, sondern ebenso auch von dem lautlosen Memorieren der „imagines sonorum" (Lautbilder)151 in Form der „cogitatio vocis". 152 Denn die Gedanken vollziehen

De doctr. ehr. II, 7 (1963) 35, 22ff. De doctr. ehr. II, 5 (1963) 35, lf. 146 De trin. XV, 11, 20, 1. 147 vgl. De trin. XV, 12, 22: „Haec igitur omnia, et quae per se ipsum et quae per sensus sui corporis et quae testimoniis aliorum pereepta seit animus humanus, thesauro memoriae condita tenet. Ex quibus gignitur verbum verum quando quod scimus loquimur, sed verbum ante omne sonum, ante omnem cogitationem soni. Tunc enim est verbum simillimum rei notae, de qua gignitur et imago eius quoniam de visione scientiae visio cogitationis exoritur, quod est verbum nullius linguae, verbum verum de re vera, nihil de suo habens sed totum de ilia scientia de qua nascitur." Das wahre Wort ist damit gegenüber dem Wissen, aus dem es entspringt, kein anderes. Hierin steht es in Analogie zum göttlichen Wort. Zu Augustins Theorie des geistigen Wortes vgl. W. BEIERWALTES, ZU Augustins Metaphysik der Sprache: Augustinian Studies 2 (1971) 179-195. 144 145

148

149 150 151

De trin. XV, 10, 19, 77ff: „... quod in corde dieimus; quod nec graecum est nec latinum, nec linguae alieuius alterius..." Sermo IIS, 3. De trin. XV, 10, 18, 36. Ebd. XI, 10, 19, 65ff: „Quisquís igitur potest intelligere verbum non solum antequam sonet, verum etiam antequam sonorum eius imagines cogitatione volvantur (hoc est enim quod ad nullam pertinet linguam, earum scilicet quae linguae appellantur gentium quarum nostra latina est) ... iam potest videre per hoc speculum atque in hoc aenigmate aliquam verbi illius similitudinem de quo dictum est: in principio erat verbum..."; Vgl. De mag. I, 2,

Augustinus

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sich als „locutio interior" 153 in „verba nullius linguae" (Worten keiner Sprache), 1 5 4 bzw. genauer: in Worten, die keiner der Nationalsprachen angehören („ad nullam pertinet linguam, earum scilicet quae linguae appellantur gentium"). 1 5 5 Die so bestimmte innere Rede sprengt den Rahmen dessen, was auch nach einem weit gefaßten Verständnis für gewöhnlich als Rede gelten könnte. Denn sie ist als Sprechen nicht verschieden vom geistigen 'Sehen' oder 'Hören'. 1 5 6 Trotzdem handelt es sich beim verbum mentis nach augustinischem Verständnis nicht lediglich um eine metaphorische Übertragung des Wortbegriffs. Vielmehr erscheint vor dem Hintergrund der theologischen Verbum-Spekulation gerade das verbum mentis als Wort im eigentlichen Sinne, während das gesprochene Wort als Zeichen des inneren nur „Stimme des Wortes" ist und lediglich aufgrund seiner manifestierenden Funktion hinsichtlich desselben als W o r t bezeichnet wird: ... verbum quod foris sonat signum est verbi quod intus lucet cui magis verbi competit nomen. Nam illud quod profertur carnis ore vox verbi est, verbumque et ipsum dicitur propter illud a quo ut foris appareat assumptum est. - (Das Wort, das draußen erschallt, ist Zeichen des Wortes, das innen leuchtet, dem mit größerem Recht der Name 'Wort' zukommt. Denn was mit dem Mund des Fleisches hervorgebracht wird, ist die Stimme des Wortes und heißt 'Wort1 nur aufgrund jenes Wortes, von dem sie, damit es draußen erscheine, angenommen wurde.)157

71ff (1970) 159: „... te credo animadvertere, etiamsi quisquam contendat, quamvis nullum edamus sonum, tarnen, quia ipsa verba cogitamus, nos intus apud animum loqui, sic quoque locutionem nihil aliud agere quam commemorare, cum memoria, cui verba inhaerent, ea revolvendo facit venire in mentem res ipsas, quarum signa sunt verba." Das innere Sprechen als lautloses Memorieren der Wörter ist nach De magistro noch nicht der Vollzug des Denkens selbst, sondern hat als Memorieren der gesprochenen Wörter nur die Funktion, die Gedanken an die Dinge selbst zu aktivieren. Die später in de trinitate vorliegende Begrifflichkeit fehlt hier noch. Das intus loqui ist noch nicht die Ebene der geistigen sprach-

freien verba mentis, sondern die der inutginatio vocis. Die verba im Gedächtnis sind noch nicht die verba mentis. DUCHROW {Sprachverständnis und biblisches Hören (1965) 136) hat

gezeigt, daß Augustinus noch um 3 9 1 die präzise Vorstellung des inneren Wortes nicht kannte. 152 153 154

155 156

157

De trin. XV, 15, 25, 68f. Ebd. X V , 10, 18, 5 8 . Ebd. X V , 14, 24, 32ff: „Verbum autem nostrum, illud quod non habet sonum neque cogitationem soni, sed eius rei quam videndo intus dicimus, et ideo nullius linguae est atque inde utcumque simile est in hoc aenigmate Uli verbo dei quod etiam deus e s t . . . " Ebd. X V , 10, 19, 66ff. De trin. X V , 10, 18, 52ff: „Nec tarnen quia dicimus locutiones cordis esse cogitationes ideo non sunt etiam visiones exortae de notitiae visionibus quando verae sunt. Foris enim cum per corpus haec fiunt aliud est locutio, aliud visio; intus autem cum cogitamus utrumque unum est."

De trin. XV, 11, 20, Iff.

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Die spätantiken Quellen der scholastischen Zeichentheorie

Das stimmliche Wort ist als „index cogitationis" 158 gegenüber dem geistigen Wort nun das, was zuvor die Schrift gegenüber dem gesprochenen Wort war: bloßes Zeichen. 159 6. Das zeichentheoretische Erbe Augustine Durch Augustinus wird der Begriff des Zeichens im scholastischen Diskurs etabliert. Versucht man, zusammenfassend das zeichentheoretische Erbe Augustine - das freilich weder durchgängig homogen ist noch späterhin überall angetreten wurde - zu inventarisieren, so werden insbesondere die folgenden Titel von Bedeutung sein: Augustinus formuliert die lange Zeit als verbindlich geltende Definition des Zeichens, welche erstmals ebenso die natürlichen Indizes wie die sprachlichen Zeichen umfaßt und damit so etwas wie eine allgemeine Funktionsbestimmung des Zeichens gibt. Die mit dieser Definition vorgenommene Integration der vormals getrennten Felder des Zeichens erfolgt dabei unter deutlicher Prädominanz der sprachlichen Zeichen. Insofern steht hier erstmalig die Sprache im Zentrum zeichentheoretischer Reflexionen und nicht, wie in der aristotelischen, stoischen oder epikureischen Zeichentheorie, die logisch-gnoseologische Problematik der Zeichenschlüsse. Augustinus geht es um die Rückbindung des sprachlichen Ausdrucks an den allgemeineren Begriff des Zeichens. Gerade durch den Zeichenbegriff wird Sprache, wird das gesprochene Wort zugleich auf das 'eigentliche', geistige Wort bezogen und von ihm abgesetzt. Es ist Wort überhaupt nur insofern es Zeichen des inneren Wortes ist und ist somit nicht eigentlich Wort, sondern eben nur Zeichen des Wortes.

158

159

Sermo 197 (PL 39: 2112): „... vox sonus est index cogitationis; verbum vero ipsa cogitatio. Sicut enim quando verbum concipimus, necessaria est vox quasi quoddam vehiculum verbi..." Durch diese Bestimmung des Verhältnisses von gesprochenem und geistigem Wort ist die Eindeutigkeit der augustinischen Position hinsichtlich des Signifikats sprachlicher Ausdrükke aufgehoben. Das verbum foris sonans ist Zeichen des geistigen Wortes. Gleichwohl scheint Augustinus hiermit keinen dezidierten Positionswechsel hin zu einer Theorie der Bezeichnung der Konzepte vollzogen zu haben. Denn auch in De trinitate werden die voces als Zeichen „earum quas cogitamus rerum" bestimmt; De trin. XV, 10, 19, 95. Zwar läßt diese Formulierung die Frage unentschieden, ob hiermit die „res extra" oder die „res ut concepta" gemeint ist, eine Alternative, die in der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Debatte um das Signifikat der sprachlichen Ausdrücke von Bedeutung sein wird. Keinesfalls jedoch sind die Worte Augustine hier so zu verstehen, daß, wie M. BEUCHOT (Signo y lenguaje en San Augustin: Dianoia 32 (1986) 25) meint, die voces „signos del pensamiento" bzw. „signos directos de los conceptos" sind und folglich die Konzepte selbst „signos directos da las cosas"; mit der Konsequenz, daß dann schon vor diesem Hintergrund sich die UnVollständigkeit der augustinischen Zeichendefinition erweise. Das Zeichen als das per se Äußerliche läßt sich nach Augustinus nicht mit der Sphäre des Inneren, Geistigen verbinden.

Augustinus

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Diese „Pejorisierung des Zeichens"160 durch Augustinus, dem das Zeichen zugleich im wesentlichen seinen Stellenwert im scholastischen Diskurs verdankt, bleibt späterhin virulent. Zwar wird sie dort wirksam ausgeschaltet, wo, wie besonders im späten Mittelalter, das verbum mentis, der geistige Begriff, selbst als Zeichen par excellence erscheint. Aber die zeichenkritischen Momente der augustinischen Auffassung markieren stets eine Gegenposition, welche das Zeichen aus dem Bereich der mentalen Präsenz und Unmittelbarkeit herauszuhalten bemüht ist; eine Position, die gerade von zahlreichen 'neuzeitlichen' Autoren der frühen Neuzeit vertreten wird. Dieselbe Ambiguität, die sich bei Augustinus vor dem Hintergrund der theologischen Verbumspekulation am Begriff des Wortes abzeichnet, zeigt sich auch an der Bestimmung des Verhältnisses von Sprechen und Denken. Wie das gesprochene Wort nicht 'eigentlich' Wort ist, so konstituieren die eigentlichen, geistigen Worte eine Rede, die eigentlich keine ist. Die als locutio charakterisierte cogitatio vollzieht sich sprachfrei, insofern sie jenseits jeder gesprochenen oder imaginierten Sprache liegt. Die Beschreibung des Denkens als sprachlich strukturiert und dennoch sprachfrei wird im späten Mittelalter zu einem wichtigen Ansatzpunkt für die etwa von Ockham und Pierre d'Ailly vorgelegten Entwürfe einer transidiomatischen Mentalgrammatik. Anders als die stoische Theorie des λόγος ένδιάθετος oder die von Boethius aufgegriffene aristotelische Lehre von der triplex oratio, differenziert Augustinus zwischen der inneren Lautvorstellung und dem sprachfreien Denkvollzug, eine Unterscheidung, die besonders in der spätmittelalterlichen terministischen Logik Bedeutung erlangt. Die mit der augustinischen Bestimmung des Zeichens vorgenommene Verbindung der beiden zuvor getrennten Bereiche der natürlichen Indizes und Sprachzeichen findet ihren Niederschlag in der Einführung einer Zeichenklassifikation, welche die signa in die beiden Hauptgattungen der natürlichen und willkürlich eingesetzten Zeichen unterteilt. Diese Distinktion ist zwar für die späteren Zeichentheorien zu einer Selbstverständlichkeit geworden. Als oberste Einteilung der Zeichen ist sie jedoch, zumindest historisch gesehen, keineswegs selbstverständlich. Denn die vorher gebräuchliche φύσει/θέσει-Alternative bezog sich allein auf die Frage nach dem Ursprung sprachlicher Ausdrücke; die förmlichen Zeichendistinktionen der älteren Tradition jedoch legten die Schnitte anders. Die Distinktion von naturale / ex instituto steht ebenso quer zur aristotelischen Unterscheidung von sicheren und wahrscheinlichen Zeichen wie zu der den Dialektikern zugeschriebene Einteilungen in hypomnestische und endeiktische Zeichen. Augustinus legt das Zeichen definitorisch auf sinnliche Wahrnehmbarkeit fest. Vermutlich liegt hier ein wesentlicher Grund dafür, daß die bei Boethius 160

W. BEIERWALTES, ZU Augustins Metaphysik

der Sprache (1971) 193.

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Die spätantiken Quellen der scholastischen Zeichentheorie

zumindest angedeutete Möglichkeit, die Konzepte selbst als Zeichen zu bestimmen, bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts nicht konsequent aufgegriffen wurde.

B. Boethius 1. Die Peri

hermeneias-ÜbeTsetiung

Wenn sich die Bedeutsamkeit einer philosophischen Aussage nach der Zahl ihrer späteren Kommentierungen und dem Umfang der sich auf sie beziehenden Kontroversen bemißt, dann (und nur dann) gehören die kurzen Auslassungen über die Signifikation der sprachlichen Ausdrücke und das Verhältnis von gesprochenem Wort, Schrift, Begriff und Sache, die Aristoteles seiner Schrift peri hermeineias voranstellt, zweifellos zum Bedeutendsten, was in der Geschichte der Philosophie je formuliert wurde. Durchaus zu recht gelten sie als „the most influential text in the history of semantics" 161 und als „common starting point for virtually all medieval theories of semantics". 162 Dabei sind gerade die entscheidenden Passagen dieser lapidaren Feststellungen eher wächsern. Denn es existieren mehrere Lesarten des Textes, die, wenngleich sie z. T. nur voneinander abweichende schriftlichen Akzente in den ursprünglich noch in 'akzentfreiem' Griechisch aufgezeichneten und daher mehrdeutigen Text einführen, diesen eben dadurch auch inhaltlich in höchst unterschiedlicher Weise akzentuieren. 163 Bis heute besteht Dissens sowohl darüber, was die sprachlichen Ausdrücke nach Aristoteles bezeichnen, 164 als auch darüber, wie sie bezeichnen. 165

161

162

163

N. KRETZMANN, Aristotle on Spoken Sound Significant by Convention, in: Ancient Logic and its Modern Interpretation, hg. v. J. CORCORAN (1974) 3. J. MAGEE, Boethius on signification and mind (1989) 8. Vgl. J. ISAAC, Le Peri Hermeneias en Occident de Boèce à Saint Thomas (1953); H. ARENS, Aristotle's Theory of Language and its Tradition (1984). Zur philologischen, für den philosophischen Gehalt jedoch folgenreichen Problematik vgl. die detaillierten Darstellungen von E. MONTANARI (La sezione linguistica del PERI HERMENEIAS

164

di Aristotele

( 1 9 8 4 - 8 8 ) und J . MAGEE, Boethius

(1989) 8-48.

Der von der Mehrzahl der spätantiken Kommentatoren favorisierten und über Boethius' Kommentar - wenn auch nicht durch seine Ubersetzung - der scholastischen Tradition vermittelten Interpretation gemäß sagt Aristoteles explizit, daß die sprachlichen Ausdrücke in erster Linie Zeichen (σημεία) der Konzepte sind - und damit implizit, daß sie in zweiter Linie und vermittelst der Konzepte Zeichen der Sachen sind. Nach N. KRETZMANN (Aristotle on Spoken Sound Significant by Convention (1974) 3-21) jedoch spricht Aristoteles an der betreffenden Stelle (De int. 16a 6) gar nicht davon, daß die sprachlichen Ausdrücke vorrangig die geistigen Begriffe und in zweiter Linie die Dinge bezeichnen, sondern es geht ihm vielmehr um die Feststellung, daß sie die geistigen Begriffe in erster Linie als natürliche Zeichen (σημεία) und nicht als konventionelle (σύμβολα) bezeichnen. Aus einer solchen Interpretation würde folgen, daß Aristoteles an dieser Stelle nicht einmal implizit

Boethius

Die

Bedeutung,

die

Boethius

für

die

35

Geschichte

der

Zeichentheorie

k o m m t , ergibt sich im wesentlichen daraus, d a ß seine Ü b e r s e t z u n g u n d mentierung v o n Teilen des aristotelischen Organons, insbesondere der

Peri hermeneias,

Schrift

d i e w i c h t i g s t e - u n d bis ins 1 2 . J a h r h u n d e r t e i n z i g e - Q u e l l e f ü r Sein

Peri-

ist d e r B a s i s t e x t f ü r d i e u m f a n g r e i c h e s c h o l a s t i s c h e

Dis-

die mittelalterliche R e z e p t i o n der aristotelischen S e m a n t i k b i l d e n . 1 6 6 hermeias-Kommentar

zu-

Kom-

kussion (Duns Scotus wird mit R e c h t von einer „ m a g n a a l t e r c a d o "

sprechen)

der F r a g e n a c h d e r Signifikation bzw. d e m Signifikat der sprachlichen A u s d r ü k ke. Dabei w e r d e n d u r c h Boethius' Übersetzung und K o m m e n t i e r u n g einige für die G e s c h i c h t e der S e m a n t i k b e d e u t s a m e interpretatorische getroffen:

(1) Boethius übersetzt an der entscheidenden

Vorentscheidungen

Stelle die b e i d e n

griechischen Original zur Charakterisierung der gesprochenen und

nen W ö r t e r (τα έν τη φονη - γραφόμενα) v e r w e n d e t e n T e r m i n i ' σ ύ μ β ο λ α ' 'σημεία' unterschiedslos mit ' n o t a e ' 1 6 7

im

geschriebe-

und verstellt damit v o n v o r n h e r e i n

und die

etwas von einer Signifikationsbeziehung der sprachlichen Ausdrücke in Rücksicht der Dinge sagt, so daß nach Kretzmann Aristoteles hier „not even a sketch of a general theory of meaning" präsentiert (ebd. 5). Zu einem ählichen Resultat kommt, wenngleich auf anderem Weg, J . PÉPIN (Σύμβολα, Σημεία, Ό μ ο ι ώ α τ α , in: Aristoteles. W e r k und Wirkung, hg. J . WIESNER ( 1 9 8 5 ) 2 2 - 4 4 ) , dem zufolge Aristoteles hier behauptet, daß die Laute als Laute zunächst natürliche Zeichen der π α θ ή μ α τ α und erst als sprachliche Ausdrücke σ ύ μ β ο λ α derselben sind. Uberwiegend wird jedoch die traditionelle Interpretation der aristotelischen Semantik als adäquat angesehen. Vgl. H. WEIDEMANN, Ansätze zu einer semantischen Theorie bei Aristoteles: Zeitschr. f. Semiotik 4 ( 1 9 8 2 ) 2 4 1 - 2 5 7 ; bes. J . MAGEE, Boethius (1989) 34ff. 165

Bei dieser Frage geht es um die Interpretation der aristotelischen Bestimmung des Nomen als signifikativ κ α τ ά σ υ ν θ ή κ η ν . Zumeist wird dies - in Übereinstimmung mit der Verwendung von ' σ υ ν θ ή κ η ' in PLATONs Kratylos ( 3 8 4 d 1) - im Sinne von „gemäß Übereinkunft" wiedergegeben. Es gibt jedoch abweichende Deutungen. Nach J . ENGELS (La doctrine du signe chez Saint Augustine ( 1 9 6 2 ) 3 6 8 f ) existieren gewichtige Gründe, anzunehmen, daß die intendierte Bedeutung durch die Übersetzung „per compositionem" ausgedrückt werden müßte. Denn im Kontext der Stelle mache ein Verständnis als secundum conventionem keinen befriedigenden Sinn, während dessen Ersetzung durch per compositionem den Definitionen größere Kohärenz verleihen würde. Ein Nomen wäre dann ein stimmlicher Laut, der durch Zusammensetzung signifikativ ist, dessen Teile jedoch, anders als beim Satz, für sich allein genommen, nicht signifikativ sind. Diese These wird nach Engels u. a. durch die sich offenbar auf D e int. beziehende Definition des Nomens in der aristotelischen Poetik (ονομα δε έ σ τ ι φ ω ν ή σ υ ν θ ε τ ή σ η μ α ν τ ι κ ή ) gestützt. Nach E. COSERIU (L'arbitraire du signe ( 1 9 6 8 ) 8 8 ) dagegen hat die Formel bei Aristoteles den Sinn von „historisch eingerichtet".

166

Z u r Semantik bèi Boethius vgl. K. BERKA, Die Semantik des Boethius: Helikon 8 (1968) 4 5 4 - 5 9 ; J . MAGEE, Boethius ( 1 9 8 9 ) ; H. ARENS, Aristotle's Theory of Language and its Tradition ( 1 9 8 4 ) 2 0 5 - 2 3 0 .

167

In der Übersetzung von Boethius (ed. L. MINIO-PALUELLO, Aristoteles latinus II. 1) lautet der aristotelische T e x t : „Sunt ergo ea quae sunt in voce earum quae in anima passionum notae, et ea quae scribuntur eorum quae sunt in voce. Et quemadmodum nec litterae omnibus eaedem, sie nec eaedem voces; quorum autem hae primorum notae, eaedem omnibus passiones animae sunt, et quorum hae similitudines, res etiam eaedem." Zur boethianischen Übersetzung von De int. I, 16 a3-6 vgl. J . MAGEE, Boethius ( 1 9 8 9 ) 4 9 - 6 3 .

36

Die spätantiken Quellen der scholastischen Zeichentheorie

Frage, ob Aristoteles hiermit nicht, wie Kretzmann und Pépin vermutet haben, zwischen der durch Konvention begründeten Zeichenbeziehung der sprachlichen Ausdrücke als σύμβολα von ihrer natürlichen Zeichenbeziehung als σημεία differenzieren wollte. Wie insbesondere Weidemann und Magee gezeigt haben, kann jedoch davon ausgegangen werden, daß die durch die boethianische Ubersetzung vollzogenen Reduktion die Intention des aristotelischen Textes nicht affiziert. 168 Daß Boethius hier nicht von 'symbola' oder 'symboli' sondern von 'notae' spricht, mag damit zu tun haben, daß 'symbolus' (bzw. 'symbolum') aufgrund seiner Verwendung für das apostolische Glaubensbekenntnis als unpassend erscheinen konnte, während die Ubersetzung mit 'nota' immerhin durch Cicero legitimiert war. 1 6 9 Und daß er eben von notae und nicht von signa spricht, hat seinen Grund darin, daß 'signum' für Boethius offenbar vorrangig die lateinische Entsprechung des im terminologisch strikten Sinn verwendeten griechischen Ausdrucks σημενον darstellt, wie Aristoteles ihn in den Analytica priora gebraucht, nicht aber seiner unspezifischen Verwendung in Peri hermeneias.170 Wenn das zutrifft, und Magee hat dies m. E. überzeugend dargelegt, wäre die boethianische Ubersetzung keine nachlässige Nivellierung sondern ein später Reflex des antiken Bewußtseins der Differenz von σημεΐον und σημαίνον. (2) Boethius legt den hinsichtlich des Signifikats sprachlicher Ausdrücke nicht eindeutigen und in verschiedenen Varianten überlieferten Aristotelestext (De int. I, 16a 6) auf unmittelbare und vorrangige Konzeptbezeichnung fest. 171 (3) Er übersetzt die aristotelische Charakterisierung der Bezeichnungsweise der Wörter als 'κατά συνθήκην' (gemäß Ubereinkunft) mit „secundum placitum" 1 7 2 und ist damit im wesentlichen verantwortlich für die historisch wirksam gewordene Terminologie zur Bestimmung des willkürliche Zeichens

(signum ad placitum)173

in Opposition zum signum naturale. Hiermit gibt er

dem T e x t eine Tendenz, die im 'κατά συνθήκην' nicht ohne weiteres angelegt ist. Denn mit dem 'secundum placitum' verbindet sich bei Boethius nicht das Moment der Konvention, der Ubereinkunft oder der von Augustinus betonten

Vgl. J. MAGEE, Boethius (1989) bes. 34ff. 169 Vgl. CICERO, Top. VIII.35: „... sunt verba rerum notae. ¡taque hoc quidem Aristoteles σύμβολον appellat, quod Latine est nota." Vgl. BOETHIUS, In Top. Cie. (PL 64: 1111B): „... nota vero est quae rem quamque désignât, quo fit ut omne nomen nota sit, idcirco quod notam facit rem de qua praedicatur, id Aristoteles σύμβολον nominavit." 1 7 0 Vgl. J. MAGEE, Boethius (1989) 57ff. 1 7 1 Vgl. J. MAGEE, Boethius (1989) 49ff. 1 7 2 BOETHIUS, Comment, in lib. Aristotelis peri herm., secunda editto (1880) 52, 28f. 173 Vgl. J. ENGELS, Origine, sens et survie du terme boécien 'secundum placitum': Vivarium 1 (1963) 87-114. 168

Boethius

37

consensio, sondern das der der natürlichen Signifikation entgegengesetzten willkürlichen Einsetzung.174

2. Der Ordo orandi Anders als bei Augustinus ist die Semantik bei Boethius nicht an eine allgemeine Erörterung des Zeichens zurückgebunden, sondern bleibt gemäß der Vorgabe des Aristotelischen Textes auf eine Theorie der significatici, der sprachlichen Bezeichnung, beschränkt.175 Boethius präsentiert besonders in der ausführlicheren secunda editto seines Perihermeneias-Kommentars eine detaillierte Analyse der vier von Aristoteles erwähnten Elemente des Signifikationsprozesses (res, intellectus, voces, scripta) und der zwischen ihnen bestehenden Zeichenbeziehungen. Diese vier „semiotischen Grundelelemente"176 unterliegen einer naturgemäßen, genetischen Abfolgeordnung. 177 Denn: „die Sache geht dem Begriff voraus, der Begriff aber dem sprachlichen Ausdruck, der sprachliche Ausdruck der Schrift", d.h. ohne Dinge gäbe es keine Begriffe oder Verständnisse, ohne Begriffe keine sprachlichen Ausdrücke und ohne diese keine Schrift. Dies ist jedoch nicht in dem Sinne umkehrbar, daß in jedem einzelnen Fall die Verwendung von Schriftzeichen notwendig die Kenntnis der durch sie bezeichneten vox impliziert, daß den sprachlichen Ausdrücken immer ein Begriff zugrunde liegt oder daß für jeden Begriff eine res als Referent gegeben ist.178 Zwischen den vier Elementen besteht keine völlige Gleichrangigkeit. Einerseits ist der Kernbereich der für jede beliebige Form der oratio wesentlichen

174

BOETHIUS, Comment, in lib. Aristotelis peri herm., secunda editto (1880) 54f: „secundum placitum ... est, quod secundum quandam positionem placitumque ponentis aptatur. nulluni enim nomen naturaliter constitutum est..."; vgl. 59, 5ff: „... quoniam nulla nominum significatio naturaliter est, sed omne nomen positione désignât, idcirco dictum est secundum placitum."

175

Vgl. J. MAGEE, Boethius (1989) 61ff. Vgl. K. BERKA, Die Semantik des Boethius: Helikon 8 (1968) 454. BOETHIUS, Comment, in lib. Aristotelis peri herm., secunda editto (1880) 20, 26ff: „... quattuor ista sunt, ut litterae quidem significent voces, voces vero intellectus, intellectus autem concipiant res, quae scilicet habent quandam non confusam neque fortuitam consequentiam, sed terminata naturae suae ordinatione constant, res enim semper comitantur eum qui ab ipsis concipitur intellectum, ipsum vero intellectum vox sequitur, sed voces elementa id est litterae. rebus enim ante propositis et in propria substantia constitutis intellectus oriuntur. rerum enim semper intellectus sunt, quibus iterum constitutis mox significatio vocis exoritur. praeter intellectum namque vox penitus nihil désignât, sed quoniam voces sunt, idcirco litterae, quas vocamus elementa, repertae sunt, quibus vocum qualitas designetur." Ebd. 21, 28-30: „praecedit autem res intellectum, intellectus vero vocem, vox litteras, sed hoc convertí non potest, neque enim si litterae sint, mox aliqua ex his significatio vocis exsistit. hominibus namque qui litteras ignorant nullum nomen quaelibet elementa significant. nec si voces sint, mox intellectus esse necesse est. plures enim voces invenies quae nihil omnino significent. nec intellectui quoque subiecta res semper est. sunt enim intellectus sine re ulla subiecta..."

176 177

178

38

Die spätantiken Quellen der scholastischen Zeichentheorie

Ordnung allein durch die drei Elemente res, intellectus und vox konstituiert, zu denen die Schrift als ein gegenüber der gesprochenen Sprache sekundäres Zeichensystem lediglich als Annex hinzutritt179 und daher bei der Analyse der oratio auch übergangen werden kann. 180 Andererseits räumt Boethius den voces, genauer den Nomina und Verben, hinsichtlich des Bezeichnens einen Vorrang nicht nur gegenüber den scripta sondern auch gegenüber den intellectus ein: „Cum igitur haec sint quattuor: litterae, voces, intellectus, res, proxime quidem et principaliter verba nominaque significant."181 Das significare hat seinen eigentlichen Ort auf der Ebene der sprachlichen Ausdrücke, obwohl es, anders als bei Augustinus, nach Boethius von der Sphäre des Geistes nicht prinzipiell ausgeschlossen bleibt, und zudem gilt, daß jegliche Signifikation den voces von Seiten der intellectus her zukommt („quidquid est in voce significationis ab intellectibus venit"). Denn der Umstand, daß die Bedeutung der nomina, verba oder orationes von den intellectus kommt, wird von Boethius damit begründet, daß es diese sind, die unmittelbar von den sprachlichen Ausdrücken bezeichnet werden, nicht aber damit - Ockham wird hier genau andersherum argumentieren -, daß die intellectus selbst bezeichnen.182 Die naturbedingte genetische Folgeordnung der den Ordo orandi konstituierenden Elemente verhält sich genau invers zu der Bezeichnungsrichtung innerhalb desselben: Die scripta bezeichnen die sprachlichen Ausdrücke, diese vornehmlich die Konzepte sowie in zweiter Linie die Dinge, die Konzepte endlich bezeichnen ausschließlich die Dinge: Haec (sc. voces) vero principaliter quidem intellectus, secundo vero loco res quaque désignant. Intellectus vero ipsi nihil aliud nisi rerum significativi sunt. 1 8 3

Damit deutet sich bei Boethius bereits - zumindest in der lateinischen Tradition erstmalig184 - eine von der aristotelischen Textvorlage her nicht gestützte

179

Ebd. 20, 12-25: „Sive enim quaelibet interrogatio sit atque responsio, sive perpetua cuiuslibet orationis continuatio atque alterius auditus et intelligentia, sive hic quidem doceat ille vero discat, tribus his totus orandi ordo perficitur: rebus, intellectibus, vocibus. Res enim ab intellectu concipitur, vox vero conceptiones animi intellectusque significat, ipsi vero intellectus et concipiunt subiectas res et significantur a vocibus. Cum igitur tria sint haec per quae omnis oratio conlocutioque perficitur, res quae subiectae sunt, intellectus qui res concipiant et rursus a vocibus significentur, voces vero quae intellectus désignent, quartum quoque quiddam est, quo voces ipsae valeant designari, id autem sunt literae." Vgl. In librum de interpretatione prima editto (PL 64: 297B).

180

Ein solcher Ausschluß der Schrift aus der semantischen Analyse findet sich bei AMMONIUS, In de int. 19, 18. Vgl. J. MAGEE, Boethius (1989) 68f. BOETHIUS, secunda editto (1880) 24, lOff. Ebd. 43, 18-21: „... quoniam et verba et nomina et oratio intellectuum principaliter significativa sunt, quidquid est in voce significationis ab intellectibus venit." Ebd. 24, 10-15. In ähnlicher Form findet sich bei STEPHANOS (In de int., 5, 21, CAG XVIII, 3) die Feststellung eines durchgehenden ordo der vier Elemente von res, conceptus, vox, scriptura, welcher durch denselben Terminus, hier den des έξαγγέλλεσται (verkünden, bekanntmachen),

181 182

183 184

Boethius

39

einheitliche Organisierung der Elemente des ordo oratidi in der Begrifflichkeit des Zeichens an, wie sie erst in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts wieder in Erscheinung treten und sich durchsetzen wird. Den sprachlichen Ausdrücken kommt aufgrund ihrer Stellung innerhalb des eine doppelte Bezeichnung zu. Sie bezeichnen sowohl unmittelbar den Begriff einer Sache als auch in zweiter Linie die Sache selbst. 185 Die Priorität der Konzeptbezeichnung 186 und der sekundäre Charakter der Bezeichnung der Dinge sind dabei nach dem Modell des semantischen Dreiecks konzipiert, d.h. so, daß die sprachlichen Ausdrücke „zwar vorranging die Begriffe, die Dinge jedoch ... in einer sekundären Bezeichnung durch die Vermittlung der Begriffe" bezeichnen („principaliter quidem intellectus, res vero ... secundaria significatione per intellectuum medietatem"). 187 Boethius liegt damit auf der Linie jener Theorie sprachlicher Bezeichnung, die Ebbesen als „Porphyrian semantics" charakterisiert hat. 188

ordo orandi

185

186

187

188

strukturiert wird. Diese Darstellungsweise scheint jedoch älter zu sein, da auch bei PROBUS, der vermutlich dieselbe Quelle wie Stephanus benutzte, ein solcherart durchsystematisierter ordo significatíonis vorliegt. In der lateinischen Übersetzung von J . G. E. HOFFMANN (De Hermeneuticis apud Syrios Aristoteleis (Leipzig 1 8 7 3 ) 9 5 ; zit. n. J . MAGEE, Boethius (1989) 70) lautet der syrische T e x t : „Docet nos igitur de his quattuor, quae quidem ex eis signified, quid autem per eas significetur... . Actiones enim solum significantur non significantes. Cogitatio autem significat et significatur. Significat quidem actionem; significatur autem voce. V o x autem similiter significat et significatur. Significat quidem cogitationes, significatur autem per scripta. Scripta autem significant solum." BOETHIUS, In librum de interpretatione prima editto (PL 64) 2 9 8 f : „Vox ... etiam intellectum rei significat, et ipsam rem. Ut cum dico lapis, et intellectum lapidis (corr. ex lapides) et ipsum lapidem, id est ipsam substantiam désignât. Sed prius intellectum, secundo vero loco rem significat. Ergo non omnia quae vox significat passiones animae sunt, sed illa sola quae primae; primo enim significatur intellectus, secundo vero loco res." Diese wird von Boethius dort, w o es ihm unmittelbar um eine Exposition des aristotelischen Textes geht, so stark hervorgehoben, daß hier mitunter die sekundäre Sachbezeichnung gar nicht mehr in Erscheinung tritt (vgl. In lib. de int. editto prima (PL 6 4 ) 2 9 7 D 2 9 8 A ; vgl. secunda editio 2 7 , lOff: „Aristoteles ... nominibus et verbis res subiectas significan non putat, nec vero sensus vel etiam imaginationes."; vgl. 3 4 , 2 5 f : „... quidquid est in voeibus significativum, id animae passiones désignât."). Nur so ist es zu erklären, daß Boethius späterhin geradezu als Hauptautorität jener Position gelten konnte, der zufolge die sprachlichen Ausdrücke ausschließlich die Konzepte bezeichnen. Eine solche Präsentation ist jedoch stark verkürzend. Die Akzentuierung der Konzeptbezeichnung ergibt sich nämlich, wie Boethius im Anschluß an Porphyrius deutlich macht, allein aus der in Peri hermeneias eingenommenen Perspektive auf das Problem sprachlicher Bezeichnung. Denn gerade hierin unterscheidet sich der Skopus der beiden Schriften. Während es die Intention von Peri hermeneias ist, die voces zu behandeln, „in tantum, quantum conceptiones animi intellectusque significent", handelt handeln die Kategorien „de significativis rerum voeibus" (ebd. 7f.). Vgl. In categorías Aristotelis (PL 6 4 : 160A): „Est igitur hujus operis intentio de voeibus res significantibus, in eo quod significantes sunt tractare." Secunda editio 3 3 , 2 8 - 3 1 ; vgl. ebd. 7, 15f. Wenn die Sprachäußerungen nicht Zeichen für die Begriffe sind, dann bezeichnen sie nach Boethius überhaupt nichts: „praeter intellectum ... vox penitus nihil désignât"; ebd. 2 1 , 4f. Vgl. S. EBBESEN, Semantics - Stoic, Late Ancient, and Medieval, in: Zeichen und Realität,

40

Die spätantiken Quellen der scholastischen Zeichentheorie 3. Die drei Ebenen der oratio Die im Zusammenhang mit der Exposition des ordo orandi getroffene Unter-

scheidung der oratio

in eine geschriebene, eine gesprochene und eine geistige

Rede, wie Boethius sie als Lehre des Porphyrius 1 8 9 sowie der Peripatetiker 1 9 0 referiert, ist besonders für die spätmittelalterliche terministische Logik bedeutsam geworden. Die geistige Rede ist dabei ebenso wie das Augustinische mentís und die spätere oratio mentalis

verbum

nicht aus W ö r t e r n natürlicher Sprachen

gebildet, sondern aus den transidiomatischen geistigen Begriffen, die, gemäß Aristoteles „eaedem apud o m n e s " (bei allen Menschen dieselben) sind. Anders als Augustinus, differenziert Boethius jedoch nicht zwischen einer transidiomatischen Ebene des mentaliter

loqui und einem lautlosen inneren Rememorieren

hg. K. Oehler (1984) 383-388, hier 384. Vgl. OERS., The Odyssey of Semantics front the Stoa to Buridan, in: History of Semiotics, hg. A. Eschbach u. J. Trabant (1983) 67-85; vgl. DERS., Commentators and Commentaries on Aristotle's sophistici elenchi, vol. 1 (1981) c. IV. 4.3, S. 141ff. Das von Boethius beschriebene Signifikationsmodell hat seinen Ursprung in der spätantiken Bestimmung des Status der aristotelischen Kategorien (vgl. J. PlNBORG, Logik u. Semantik im MA (1972) 33f.). So beschreibt Simplicius in Anlehnung an Porphyrius (vgl. S. EBBESEN: Semantics - stoic, late ancient and medieval (1984) 384) und in Übereinstimmung mit der herrschenden Meinung der Ammonius-Schule (J. PlNBORG, Logik u. Semantik im MA (1972) 34; Η. WEIDEMANN, Ansätze zu einer semantischen Theorie bei Aristoteles (1982) 242) den Skopus der Kategorienschrift dahingehend, daß sie „von den ersten einfachen, die ersten und allgemeinsten Seienden vermittels der einfachen und ersten Begriffe bezeichnenden sprachlichen Ausdrücken" handelt (vgl. SIMPLICIUS: In Cat. Comm., CAG Vili, 13, 19-21.; vgl. SIMPLICIUS / WILHELM VON MOERBEKE: Commentaire sur les Catégories d'Aristote, trad, de G. de Moerbeke, hg. A. PATTIN (1971) 18, 12-14: „... de simplicibus vocibus est et prima et generalissima entium significantibus per medios simplices et primos conceptus." - Wenn EBBESEN dieses semantische Modell weiter auf die Stoa zurückführt (Semantics (1984) 383: „The credit (or blame) for explicitly introducing the 'semantic triangle' belongs to the Stoics of the third-second centuries B.C."), so ist das insofern problematisch, als das Lekton nicht mit dem Noëma gleichzusetzen ist (vgl. H. W. ENDERS, Sprachlogische Traktate des Mittelalters und der Semantikbegriff (1975) 29ff.). Entsprechend weist auch Ammonius die stoische Theorie des λεκτόν als eines zwischen die Konzepte und die Sachen tretenden Mediums explizit zurück. Vgl. AMMONIUS: In de int., Commentarla in Aristotelem Graeca IV/5, 17, 24ff; vgl. AMMONIUS / WILHELM VON MOERBEKE, Commentaire sur le Peri hermeneias d'Aristote. Trad, de G. de Moerbeke (1961) 32): „... prius nos docet Aristoteles..., quae sunt quae principaliter et immediate ab ipsis (sc. vocibus) significantur, et quod conceptiones sint, per haec autem media res, et nihil aliud oportet praeter haec intueri medium inter conceptionem et rem, quod quidem Stoici supponentes dicibile volebant nominare." Und nicht zuletzt bezieht sich das stoische σημαίνον auch nicht einmal mittelbar in einer als σημαίνειν beschreibbaren Beziehung auf die äußere Sache, das τυγχάνον. 189

BOETHIUS, secunda

editio

( 1 8 8 0 ) 3 6 , l O f f : „ P o r p h y r i u s v e r o ... t r e s posuit o r a t i o n e s , u n a m

q u a e litteris c o n t i n e r e t u r , s e c u n d a m q u a e v e r b i s a c n o m i n i b u s p e r s o n a r e t , t e r t i a m

quae

mentis evolveret intellectus..." E b d . 2 9 , 1 7 - 2 1 : „ ... Peripatetici r e c t i s s i m e p o s u e r u n t tres esse o r a t i o n e s , u n a m q u a e scribi

possit elementis, alteram quae voce proferri, tertiam quae cogitatione conecti unamque intellectibus, alteram voce, tertiam litteris contineri."

Boethius

41

der sprachlichen Ausdrücke in Form einer cogitatio vocis.191 Und ebenso bleibt das Zeichen im Unterschied zu Augustinus nicht prinzipiell von der Mentalsphäre ausgeschlossen. Die Parallelisierung von oratio vocalis und oratio intellectus im Rahmen der Exposition des ordo orandi geht an einigen Stellen so weit, daß Zeichenbegrifflichkeit auch auf die Ebene der Konzepte anwendbar wird. Wie die Schrift die gesprochene Rede bezeichnet und diese die stumme oratio des Geistes, so bezeichnet letztere die von ihr erfaßten Sachen. 1 9 2 Die hiermit eröffnete Möglichkeit einer Bestimmung der Konzepte als Zeichen wurde jedoch weder von Boethius selbst noch von den späteren an ihm orientierten Autoren konsequent aufgegriffen. Erst um die Mitte des 13. Jahrhunderts werden sie dann allerdings mit massiven und weitreichenden Folgen für die Entwicklung der Zeichentheorie - explizit als signa betrachtet.

191

192

Wenn Boethius von der „tacita cogitatio" spricht, ist damit die bei allen Menschen identische „oratio intellectus" gemeint; vgl. Anm. 192 Ebd. 24, 2 1 - 2 7 : „Hoc autem ... solum cognosci oportet, quod ea quae sunt in litteris eam significent quae in voce consistit et ea quae est vocis oratio quod animi atque intellectus orationem designet, quae tacita cogitatione conficitur, et quod haec intellectus oratio subiectas principaliter res sibi concipiat ac designet. ex quibus quattuor duas quidem Aristoteles esse naturaliter dicit, res et animi conceptiones, id est earn quae fit in intellectibus orationem, idcirco quod apud omnes eaedem atque immutabiles sint." Vgl. ebd. 24, 14f. Vgl. J . MAGEE, Boethius (1989) 71, Anm. 25.

II. Die mittelalterliche Theorie des Zeichens I: Von Abailard bis zum 14. Jahrhundert Nicht selten verbindet sich die Rede von „Mittelalter und Zeichen" mit der klischeehaften Vorstellung eines ganz und gar in einem 'symbolischen' Weltbild befangenen Mittelalters, von welchem gilt, „dans toute sa culture, le Moyen Age est l'âge du symbole". 1 Zwar ist eine solche, im frühen Mittelalter verbreitete „vision symbolique du monde", in der „tout est signe, symbole ou allégorie" 2 auch in späterer Zeit noch anzutreffen. Dann jedoch fast ausschließlich im Rahmen der symbolischen Theologie und der Theorie der Interpretation der Hl. Schrift. Nach der besonders von der Viktorinerschule im 12. Jahrhundert ausgearbeiteten Theorie der Bibelexegese ist es das Charakteristikum der Hl. Schrift, daß in ihr, im Unterschied zu profanen Texten, nicht allein die Wörter vermittels der Begriffe die Dinge bezeichnen, sondern daß auch die so bezeichneten Dinge selbst zu symbolischen Zeichen für andere Dinge werden. 3 Dieses hermeneutische Modell bildet die Grundlage für die Annahme eines umfassenden symbolischen Zusammenhangs der Dinge, in welchem diese als von Gott eingesetzte Zeichen fungieren. 4 Die „significatio rerum" (genitivus subiectivus), d.h. die von den Dingen geleistete Bezeichnung, übertrifft dabei die durch menschlichen Gebrauch eingesetzte Bedeutung der Wörter sowohl an Dignität („in sacra pagina excellentior valde est rerum significatio quam vocum") 5 als auch an Präg1 2

M. D. CHENU, La Théologie au Xlle siècle (Paris 1957) 161. J. BlARD, Logique et du signe au XJVe siècle (1989) lOf.

3

(Ps.)-RLCHARD VON ST. VICTOR, Speculum ecclesiae, PL 177, 3 7 5 B : „In libris ... ethnicorum voces tantum mediantibus intellectibus res significant. In divina pagina non solum intellectus et res significant, sed ipsae res alias res significant."; HUGO VON ST. VICTOR, De scripturis et scriptoribus sacris, PL 175, 12A: „Habet ... sacrum eloquium proprietatem quemdam ab aliis scripturis differentem, quod in eo primum per verba quae recitantur de rebus quibusdam agi tur, quae rursum res vice verborum ad significationem aliarum rerum

4

HUGO VON ST. VICTOR, Eruditio didascalica VII, 4 (PL 176, 8 1 4 B - C ) : „Universus ... mundus iste sensibilis quasi quidam liber est scriptus digito Dei, hoc est virtute divina creatus, et singulae er eat u rae quasi figurae quaedam sunt non humano placito inventae, sed divino arbitrio institutae ad manifestandam invisibilium Dei sapientiam." Vgl. JEAN GERSON, De modis significando in: Œuvres complètes, vol. 9 (Paris 1 9 7 3 ) 6 2 5 [ 1 7 0 6 : 8 1 6 ] : „... quaelibet res creata signum est a primo significante D e o constitutum."

5

HUGO VON ST. VICTOR, De scripturis et scriptoribus sacris, cap. 14, s. Anm. 6 ; vgl. HUGO VON ST. VICTOR, Eruditio didascalica V, 3 : „excellentior valde est rerum significatio quam vocum, quia hanc usus instituit, illam natura dictavit. Haec hominum vox est, ilia vox dei ad homines. H a e c prolata périt, illa creata subsistí t . "

proponuntur." Vgl. F. OHLY, Vom geistigen Sinn des Wortes im Mittelalter (1977), 4f.

Pierre Abailard

43

nanz. Denn die Dinge haben, anders als die sprachlichen Ausdrücke, nicht nur lediglich zwei oder drei Bedeutungen, sondern ebenso viele, wie sie Qualitäten besitzen („voces non plus quam duas aut tres habent significationes. Res autem tot possunt habere significationes quot habent proprietates"). 6 Ein derartiger „symbolischer Kosmos" 7 indes ist weder repräsentativ für 'das' Mittelalter in dem Sinne, daß „le symbolisme universel s'étend à tout le moyen âge", 8 noch ist er allein im Mittelalter zu finden. Denn zum einen verbannt die scholastische Philosophie, die eine durchaus rationale Theorie des Zeichens und seiner Funktionen ausbildet, das symbolisch-allegorische Denken an die Ränder des philosophischen Diskurses. Und zum anderen wird gerade in der frühen Neuzeit und in ausdrücklicher Opposition zur scholastischen Philosophie - im Umkreis der hermetisch-platonischen Naturphilosophie das Konzept eines umfassenden innerweltlichen Symbolzusammenhanges wieder massiv in den Vordergrund treten.

A. Piene

Abailard

Unter jenen Autoren, die im späten 11. und frühen 12. Jahrhundert maßgeblich zur Herausbildung der scholastischen Rationalitätsstandards beigetragen haben, ist Abailard, zumal was die Zeichentheorie und die Theorie der Signifikation betrifft, zweifellos der wichtigste. 9 Wie Abailard deutlich macht, erschöpft die in den Kompetenzbereich der Logik fallende Signifikation sprachlicher Ausdrücke (significatio vocum) nicht den Gesamtbereich der Bezeichnung.

6

7 8 9

RICHARD VON ST. VICTOR, Excerptiones

II, 5 , P L 1 7 7 : 2 0 5 D ; vgl. F. OHLY, Vom

gästigen

Sinti des Wortes im Mittelalter (1977) 6; vgl. HUGO VON ST. VICTOR, De scripturis et scriptoribus sacris, cap. 14 (PL 175: 20f): „Philosophus in aliis scripturis solarti vocum novit significationem; sed in sacra pagina excellentior valde est rerum significatio quam vocum: quia hanc usus constituit, illam natura dictavit: Haec hominum vox est, ilia Dei ad homines. Significatio vocum est ex placito hominum: significatio rerum naturalis est, et ex operatione creatoris volentis quasdam res per alias significan. Est etiam longe multiplicior significatio rerum quam vocum. Nam paucae voces plus quam duas aut tres significationes habent. Res autem quaelibet tam multiplex potest esse in significatione aliarum rerum, quot in se proprietates visibiles aut invisibiles habet communes aliis rebus. Vgl. M.-TH. D'ALVERNY, Le cosmos symbolique du Xlle siècle: AHDLMA 20 (1953) 31-81 A. MAIERÙ, 'Signum' dans la culture médiévale (1981) 57. Zur Logik und Semantik bei Abailard vgl. M. T. BEONIO-BROCCHIERI FUMAGALLI, The Logic of Abelard (1969); L. M. DE RlJK, La signification de la proposition (dictum propositionis) chez Abélard (1975); DERS., Abailard's semantic views in the light of later developments (1981); W. L. GOMBOCZ, Abaelards Bedeutungslehre als Schlüssel zum Universalienproblem (1980); A. DE LIBERA, Abélard et le dictisme (1981); Κ. JACOBI, Die Semantik sprachlicher Ausdrücke, Ausdrucksfolgen und Aussagen in Abailards Kommentar zu Peri hermeneias (1981); DERS., Abelard and Frege: The Semantics of Words and Propositions (1983); J. JOLIVET, Abélard et Guillaume d'Ockham, lecteurs de Porphyre et de Boèce (1981); DERS., Arts du langage et théologie chez Abélard (1982); P. CALEFATO, Dimensione semantica e problema della communicazione nella linguistica di Pietro Abelardo (1983).

44

Die mittelalterliche Zeichentheorie von Abailard bis zum 14. Jahrhundert

Denn auch die Dinge bezeichnen; 10 sei es, daß sie ebenso wie die Wörter eigens zur Ausübung von Zeichenfunktion (significarteli officium) eingesetzt worden sind, wie der „circulus ante tabernam", der zum Zeichen des Weinverkaufs vor der Taverne ausgehängte Laubkranz, 11 sei es, daß sie aufgrund einer Ähnlichkeit, einer gewohnheitsbedingten Assoziation („secundum consuetudinem") oder eines zwischen ihnen und anderen Dingen bestehenden Verhältnisses („secundum aliquam earum ad se habitudinem") diese durch ihr eigenes Erkanntsein zur Erkenntnis kommen lassen. 12 Es ist bei Abailard gleichwohl eine Tendenz sichtbar, im Anschluß an die von Augustinus in De doctrina Christiana entworfene Opposition von res und signa den auf Einsetzung beruhenden Zeichen hinsichtlich ihrer Zeichenhaftigkeit einen Vorrang einzuräumen. So spricht er diesbezüglich von einem „proprie significare" 13 oder grenzt etwa die eingesetzte vox als die allein signifikative von der nicht eingesetzen ab, die ohne als signifikativ ausgezeichnet zu sein, etwas bezeichnen kann. Denn das significare ist bei Abailard in Anlehnung an Aristoteles (De int. 16b 2 0 ) konzipiert als die Hervorbringung eines Verständnisses oder Begriffs („constituere intellectum") auf Seiten des Hörers. Und in diesem allgemeinen Sinne vermag jede lautliche Äußerung - ohne signifikativ im beschriebenen Sinne zu sein - etwas zu bezeichnen, da sie uns in jedem Fall versichert, daß der- oder dasjenige, von dem sie hervorgebracht worden ist, ein Lebewesen ist. 14 Der Begriff der institutio ist dabei jedoch seinerseits denkbar weit gefaßt

10

11

12

13

14

Vgl. P. ABAILARD, Dialéctica, hg. L. M. DE RIJK ( 1 9 5 6 ) 111: „Est autem significare non solum vocum, sed etiam rerum." P. ABAILARD, Logica ingredientibus, Glossae ... super Peri ermenias, in: Peter Abaelards Philosophische Schriften, hg. Β. GEYER ( 1 9 2 7 ) 3 3 5 : „... voluntas hominum nomina et verba ad significandum instituit nec non etiam res quasdam, ut circulum vel signa quibus monachi utuntur. Non enim significare vocum tantum, verum etiam rerum." Vgl. Dialéctica ( 1 9 5 6 ) p. I l l : „Saepe etiam ex similitudine res quaedam ex aliis significantur, ut achillea statua ipsum Achillem repraesentat. ... Saepe tamen ex aliis rebus alias incidamus, non secundum institutionem aliquam significandi, sed magis secundum consuetudinem vel aliam earum ad se habitudinem. Cum enim aliquem videmus quem cum alio videre consuevimus, statim et eius quem non videmus, reminiseimur, aut cum patrem vel filium alicuius videmus, statim ex habitudine relationis alium concipimus." Vgl. J. JOLIVET, Arts du langage et théologie chez Abélard ( 1 9 8 2 ) 62ff. Dialéctica ( 1 9 5 6 ) 1 1 1 : „Nunc etiam per signa aliquid innuimus et hae quidem rerum proprie significare dicuntur quae ad hoc institutae sunt, sicut et voces, ut significandi officium teneant." Logica ingredientibus, Glossae ... super Peri ermenias ( 1 9 2 7 ) 3 3 5 f : „Significare Aristoteles accipit per se intellectum constituere, significativum autem dicitur, quidquid habile est ad significandum ex institutione aliqua sive ab homine facta sive natura. ... Per significativum separat a nomine voces non significativas, quae ñeque ab homine ñeque a natura institutae sunt ad significandum. Nam licet unaquaeque vox certificare ( 3 3 6 ) possit suum prolatorem animal esse, sicut latratus canis ipsum esse iratum, non tamen omnes ad hoc institutae sunt ostendendum, sicut latratus est ad significationem irae institutus."

45

Pierre Abailard

und läßt die Alternative von menschlicher „institutio ad placitum" und natürlicher Einsetzung zu.15 Als eingesetztes Zeichen gilt demzufolge alles, was um einer Bezeichnung willen existiert. So handelt es sich auch beim Hundegebell („latratus canis"), weil von der Natur zur Bezeichnung des Zornes eingesetzt, um eine „vox significativa ex institutione".16 Abailard unterteilt (s. Abb. 1) damit die sprachlichen Ausdrücke, wie die Zeichen im allgemeinen, in (bloß) signifizierende und signifikative.

signa

signifícantia sine institutione; secundum consuetudinem vel aliam habitudinem

significativa

vox —> suum prolatorem pater —• filium

ex institutione naturae latratus canis - » canem gemi tus iníirmorum —> dolorem

ex institutione hominis = ex impositione = secundum placitum nomen —> intellectum / rem circulus ante tabemam —> vinum

Abb. 1: Die Zeichenklassifikation nach Abailard

Während erstere ohne eine Einsetzung (institutio) etwas bezeichnen, sind letztere sigifikativ aufgrund einer Einsetzung, sei es durch die Natur (bzw. Gott) oder den Menschen, in welchem Fall ihnen das 'ad placitum' im eigentlichen Sinne zukommt;17 ohne freilich dadurch in jedem Fall etwas aktualiter oder gegenwärtig bezeichnen zu müssen. Denn: Logica ingredientibus, Glossae ... super Peri ermenias (1927) 335: „significativum autem dicitur, quidquid habile est ad significandum ex institutione aliqua sive ab homine facta sive natura". 1 interpositio tenebrosi corporis) wie in dem der philosophia moralis gibt (delectatio - » habitus voluntarius). Die signa ex institutione lassen sich unterscheiden in solche „(quae) sunt instituía ad significandum tantum" und solche, die, wie die Sakramentalzeichen, „sunt instituta ad significandum et sanctificandum". Erstere sind unterteilt in voces und eingesetzte nichtsprachliche Zeichen (Gesten, Kreis vor der Taverne, Bilder).111 Eine Gefährdung der scientia de signis könnte sich, wie contra-kxgumente zur ersten Frage nach der Möglichkeit einer Wissenschaft von den Zeichen („an possit esse scienta de signis") zeigen, besonders durch die den signa unterstellte Sinnlichkeit, Unverläßlichkeit oder gar Falschheit ergeben. Die von Ps.Kilwardby gegebene Begründung des „quod sie" ist insofern von Interesse, als sie durch die Darlegung der Bedingungen der Möglichkeit einer solchen Zeichenwissenschaft zugleich die Bestimmung der von derselben einzunehmenden Betrachtungsweise des Zeichens formuliert. So macht Ps.-Kilwardy in der Antwort auf das Argument, welches unter Hinweis auf die aus der augustinischen Zeichendefinition folgenden Sinnlichkeit des Zeichens einerseits und auf die aristotelische Lehre von der Unmöglichkeit einer Wissenschaft von Einzeldingen andererseits die Möglichkeit einer scientia de signis leugnet, deutlich, daß der Wissenschaftscharakter der scientia de signis in der Betrachtung des Zeichens im Allgemeinen, d.h. unter Abstraktion von dessen materiellen, zufälligen Bedingung, gründet.112 Im übrigen sei, wie er mit auffälliger Beiläufigkeit jene These formuliert, deren weitreichende Konsequenzen für die Zeichentheorie wohl erst im späten Mittelalter absehbar wurden, die augustinische Zeichendefinition eben nicht universal gültig, da sie auf die als Zeichen der Dinge fungierenden passiones animi nicht anwendbar ist.113

109

Ebd., 6ff.

110

Ebd., 3 : „... dicendum q u o d diversae sunt scientiae de signis."

111

Ebd., 3 f .

112

Ebd., 4 : „... signum potest dupliciter acci pi. U n o m o d o sub ratione signi et est sic obiectum intellectus apud quem aliquid derelinquit... Alio m o d o secundum substantiam et h o c dupliciter, uno m o d o secundum esse materiale et sensibile et sub ratione qua est hic et nunc, et sic est sensibile, et h o c m o d o non est scientia de signis. Alio m o d o potest considerari signum sub ratione universalis abstract! a particularibus signis, et sic cum habeat rationem universalis potest esse scientia de s i g n o . "

113

Ebd., 4 : „Potest etiam dici q u o d ista definiti o non est universaliter vera de quolibet signo quia passiones animi sunt signa rerum et tamen non ingerunt speciem suam sensibus."

68

Die mittelalterliche Zeichentheorie von Abailard bis zum 14. Jahrhundert

Die in einem weiteren cowira-Argument den Zeichen unterstellte fallibilitas betrifft, wie Ps.-Kilwardby betont, diese nur, insofern sie in ihrer Funktion für einen auf ihre Signifikate bezogenen „actus iudicandi" betrachtet werden. So gesehen, sind die Zeichen in der Tat mitunter „falsch" und unverläßlich und der durch sie generierte Habitus kein Wissen, sondern eher eine Einbildung oder Meinung. 114 Die scientia de sigttis jedoch betrachtet die Zeichen präzis in Rücksicht des durch sie geleisteten „actus significando. So genommen aber sind sie untrüglich, da sie stets das bezeichnen, das zu bezeichnen sie geeignet sind; denn andernfalls wären sie überhaupt keine Zeichen. 115 Von hier aus wird deutlich und damit der Einwand ihrer Falschheit abgewiesen - daß den Zeichen eine „doppelte Wahrheit" zukommt. Zum einen jene dem Zeichen als Zeichen wesensmäßige Wahrheit, die ihm vom Akt des Bezeichnens her zukommt, insofern es das bezeichnet, was zu bezeichnen es geeignet ist, unabhängig davon, ob das Signifikat existiert oder nicht. Zum anderen jene Wahrheit, die dem Zeichen aufgrund seines Signifikats und somit nur akzidentell zukommt. Weil aber die scientia de sigttis das Zeichen präzis als Zeichen betrachtet, kann sie sich der „veritas essentialis" ihres Formalobjekts stets sicher sein. 116 Ihre Wissenschaftlichkeit resultiert aus der Zuschärfung des Blicks auf das Zeichen. Sie betrachtet die signa ausschließlich insofern sie ihre Signifikate bezeichnen, nicht, insofern sie etwas über diese „sagen". Während hinsichtlich der nicht auf einer Einsetzung beruhenden Zeichen, wie der natürlichen (z.B. Wirkung als Zeichen der Ursache) oder „moralischen" (z.B. äußere Handlungen als Zeichen des guten oder schlechten Willens), die Theorie der Zeichen nicht von der der Signifikate abgetrennt werden kann, so daß diese in den Gegenstandsbereich der „scientia naturalis vel moralis" fallen, existiert für diejenigen Zeichen, die der Verstand sich als Instrument der Mitteilung seiner Begriffe bildet, eine eigenständige, als Verstandeswissenschaft („scientia rationalis") bestimmte Wissenschaft von den Zeichen. 117

114

Ebd., 4f: „Alio modo possunt (sc. signa) considerar! quantum ad ea quae significantur per ipsa quantum ad actum iudicandi per ipsa, et sic quandoque (5) sunt falsa et fallibilia, et habitus generatus per signa secundum quo huiusmodi non est habitus qui est scientia sed potius phantasiaa vel opinio."

115

Ebd., 4 : „... signa possunt ... consideran uno modo quantum ad actum significandi et sic sunt infallibilia, eo quod semper significant ea quae nata sunt signficare, aliter enim non essent signa." Ebd., 5 : „... duplex est veritas signi, quaedam est essentialis signo in quantum signum est, et haec veritas debetur ei ab actu significandi. Cum enim significat signum id quod debet significare, sive id sit sive non sit, verum est signum quia significat illud uod natum est significare. Et haec veritas est signo essentialis... Alia est veritas signi accidentalis quae debetur signo ratione rei significatae... Sed numquam est scientia de signis falsis in quantum falsis sunt, sed in quantum signa sunt, et hoc modo debetur eis veritas essentialis." Ebd., 6 : „... quaeritur ... utrum scientia de signis debeat dividi ex opposito contra scientia de rebus. ... Dicendum quod signorum quaedam sunt in genere naturae, ut effectus naturalis qui est signum sui causae. Quaedam vero in genere moris, sicut operationes exteriores

116

117

Die Entstehung einer ausgearbeiteten Zeichentheorie im 13. Jahrhundert

69

Wie bei Bacon erhält damit auch bei Ps.-Kilwardby die Problematik der Spracheinsetzung besonderes Gewicht. Zur Erklärung des Vorgangs der Einsetzung sprachlicher Ausdrücke greift Ps.-Kilwardby auf die von Anselm von Canterbury her übernommene augustinische Unterscheidung von äußerer, sinnlicher und innerer geistiger Rede 1 1 8 sowie auf die von Johannes Damascenus her referierte stoische Unterscheidung von λόγος ένδιάθετος und λόγος προφορικός119 zurück.

sunt signa bonae vel malae voluntatis... Et talia signa non significant ex institutione, et de talibus signis non est scientia separata a significatis; scientia enim de talibus signis est naturalis vel moralis. Aliud est signum cuius principium effectivum et completivum est ratio, et dicitur signum rationale quia est instrumentum quod ratio sibi format ad exprimendum affectus vel conceptus, et de talibus signis est scientia separata a significatis." 118

Vgl. ebd., 5 2 . Die Differenzierung von äußerer und innerer Rede steht bei Anselm von Canterbury im Rahmen einer an Augustinus orientierten Unterscheidung von drei Weisen der Rede (locutio) (vgl. M . DAL PRA, Studi sul problema logico del linguaggo nella filosofia medievale, I: „Cogitatio v o c u m " e „cogitatici rerum" nel pensiero di Anselmo: Riv. crit. star, filos. 9 ( 1 9 5 4 ) 3 1 2 f f ) . Anselm betont, daß die Rede des Geistes oder des Verstandes nicht als stummes Memorieren sprachlicher Ausdrücke zu verstehen ist, sondern als die gedankliche Erfassung der Dinge selbst im Geiste (vgl. ANSELM VON CANTERBURY, Monologion, Opera omnia 1 ( 1 9 6 8 ) 2 4 f : „Mentis autem sive rationis locutionem hic intelligo, non cum voces rerum significativae cogitantur, sed cum res ipsae ... acie cogitationis in mente conscpiciuntur." Die drei Weisen des Sprechens vollziehen sich nach Anselm somit entweder durch die Verwendung äußerer, sinnlich wahrnehmbarer Zeichen oder die innere gedankliche Verwendung dieser Zeichen oder aber so, daß diese Zeichen weder in sinnlicher noch in unsinnlicher Weise verwendet, sondern vielmehr die Dinge selbst, sei es in Form körperlicher Vorstellung oder verstandesmäßiger Einsicht 'gesprochen' werden, (ebd.: „... rem unam tripliciter loqui possumus. Aut enim res loquimur signis sensibilibus, id est quae sensibus corporeis sentiri possunt sensibiliter utendo; aut eadem signa, quae foris sensibilia sunt, intra nos insensibiliter cogitando; aut nec sensibiliter nec insensibiliter his signis utendo, sed res ipsas vel corporum imaginatione vel rationis intellectu ... intus in mente nostra dicendo."). Die Elemente dieses geistigen Redens bezeichnet er ausdrücklich als „verba ... naturalia ... et apud omnes gentes eadem" (ebd., 35). Sie gelten, wie bei Augustinus, als W o r t e im eigentlichsten Sinn (maxime proprium et principale verbum), da sie, indem sie zugleich „similitudines et imagines rerum" (Ähnlichkeiten und Abbilder der Dinge (ebd., 4 8 ) sind, aufgrund dieser ihrer Ähnlichkeit zu den Dingen ihre Objekte ausdrücklicher bezeichnen (expressius signant) als alle anderen Wörter. Sie bilden nicht nur das Zentrum von Sprachlichkeit - die anderen Wörter sind um ihretwillen erfunden -, sondern auch von Erkenntnis: W o sie gegeben sind, bedarf es keiner anderen Wörter zur Erkenntnis der Sache, und w o sie unmöglich sind, ist keines derselben geeignet, die Sache zu zeigen (Ebd., 3 5 : „alia omnia verba propter haec sunt inventa: ubi ista sunt, nullum aliud verbum est necessarium ad rem cognoscendam; et ubi ista esse non possunt, nullum aliud est utile ad rem ostendendam.").

119

Vgl. ebd., 5 8 ; vgl. M . MÜHL: Der λόγος ένδιάθετος und προφορικός von der älteren Stoa bis zur Synode von Sirmium 3 5 1 : Archiv für Begriffsgeschichte 7 ( 1 9 6 2 ) 7 - 5 6 ; K. HOLSER: Die Fragmente zur Dialektik der Stoiker ( 1 9 8 4 - 8 8 ) 5 8 2 f f . Die stoische Unterscheidung von λ ό γ ο ς ένδιάθετος und προφορικός war bereits im 2. Jh. n. Chr. Gemeingut der Peripatetiker geworden (vgl. M . MÜHL, 2 9 ) . Das Begriffspaar ist terminologisch zuerst bei PHILON VON ALEXANDRIEN belegt (De Ahrahamo $ 8 3 ; K. HOLSER, Die Fragmente zur Dialektik der Stoiker ( = FDS) Nr. 5 3 4 ) , wird aber erst - SEXTUS EMPIRICUS (Adv. Math. VIII 2 7 5 ) referiert es allgemein als Lehrstück der Dogmatiker - von PORPHYRius (De absentia III, 2 [FDS 5 2 9

70

Die mittelalterliche Zeichentheorie von Abailard bis zum 14. Jahrhundert

Die sich aus der Ansetzung einer doppelten Seinsweise der vox, nämlich äußerlich und sinnlich wahrnehmbar einerseits und innerlich und geistig andererseits, ergebende Frage, ob sich der Einsetzungsakt auf die innere oder die äußere vox bezieht („utrum institutio fiat in voce sensibili exteriori aut in voce mentali interiori"), 120 wird durch ein vermittelndes „sowohl als auch" beantwortet: „dicendum quod in utraque, sed in exteriori fit institutio interiori mediante." 121 Der stimmliche Laut, die vox, hat in der Seele eine zweifache Seinsweise. Zum einen nach Art der übrigen erkennbaren Dinge wie in einer abstraktiv erkennenden Substanz, zum anderen wie in einem sie hervorbringenden Prinzip, „et tunc habet esse in ea per appetitum et imaginationem." Letztere ist, weil allen Lebenwesen gemeinsam, der Grund für die auf einen solchen diffusen appetitus inationalis oder, mit Avicenna, 122 instinctus naturalis zurückführbare natürliche Signifikanz der tierischen und einiger menschlicher Laute. 123 Für die Mitteilbarkeit der Vielheit und Verschiedenheit der in der menschlichen Seele vorhandenen Affektionen und cogitationes reicht der natürliche Instinkt jedoch nicht aus, sondern es bedarf einer weitergehenden Differenzierung der lautlichen Äußerungen. Ist also die mit dem Willen zur Mitteilung verbundene Vielheit der Affekte der Grund der lautlichen Äußerungen, so wird die Vielheit der distinkten Affektionen und cogitationes zum Grund für die distinkten lautlichen Äußerungen. 124 Die Instanz für die Verbindung der in der A]) eindeutig der Stoa zugeschrieben. Unter Hinzunahme der Schrift zu einer dreifachen Unterscheidung des lògos ausgebaut, ging sie - etwa bei Ammonius und Porphyrius - in die K o m m e n t a r e z u m a r i s t o t e l i s c h e n O r g a n o n e i n ( v g l . PORPHYRIUS: In 2 6 - 2 8 ; AMMONIUS: In de Int.

Cat.

64, 28-30;

101,

2 2 , 1 3 - 2 1 ; 2 3 , 1 2 - 1 5 ) , von w o h e r sie B o e t h i u s aufgriff und

der lateinischen Tradition vermittelte. Der Sache nach findet sich die Unterscheidung zwischen äußerer und innerer Rede freilich schon bei Platon und Aristoteles. Vgl. C. CHIESA, Le problème du langage intérieur chez les stoïciens: Revue internationale de philosophie 197 ( 1 9 9 1 ) 3 0 1 . 2 1 . Zur Unterscheidung von „logos exterior" und „logos interior" vgl. z.B. DOMINICUS GUNDISSALINUS, De divisione philosophiae ( 1 9 0 3 ) 7 7 f . 120 121 122 123

124

Vgl. P S . - R O B E R T KLLWARDBY, Comment, sup. Priscianum maiorem ( 1 9 7 5 ) 5 2 . Ebd. 5 7 Vgl. AVICENNA, De anima V, 1, ed. VAN R I E T ( 1 9 7 2 ) 7 5 , 9 5 . P S . - R O B E R T KlLWARDBY, Comment, sup. Priscianum maiorem ( 1 9 7 5 ) 5 7 : „ H a e enim duae virtutes [sc. appetitus u. imaginatio] concurrunt ad formationem vocis, ut dicit Philosophus, et hoc tarn in brutis quam in hominibus, sed inbrutis vis appetitiva et imaginativa sunt ut in pluribus indistincte et confuse etiam per modum naturae cuiusdam. Unde non consiliantur bruta nec délibérant, hoc enim est rationis proprium, sed natura aguntur potius quam imaginatione. Unde dicit Damascenus quod irrationabilibus irrationalis est appetitus, et a naturali aguntur, quem appetitum appellat Avicenna naturalem instinctum, propter quod voces brutorum animalium significant per modum naturae illud quod significant. Non enim faciunt Consilia nec inquisitiones operum suorum, ut Damascenus dicit, et quia natura est eadem in omnibus brutis animalibus genere vel specie, ideo in omnibus brutis animalibus vociferare potentibus est uniformitas vociferandi genere aut specie."; Vgl. R O G E R BACON, Comp, studii theol., n. 3 7 , s. Anm. 6 6 . P S . - R O B E R T KLLWARDBY, Comment,

sup.

Priscianum

maiorem

(1975)

58:

„In

hominibus

vero est multitudo atque diversitas affectionum et cogitationum per distinctionem, et quia multitudo affectionum cum volúntate exprimendi causa est vocandi... necesse est quod

Die Entstehung einer ausgearbeiteten Zeichentheorie im 13. Jahrhundert

71

menschlichen Seele vorliegenden Sachbegriffe (similitudines rerum) imaginierten Lautbildern (vocum intentiones et imaginationes) ist, Kilwardby unter Zitierung von Johannes Damascenus ausführt, die oder excogitatio. In ihrem Vollzug konstituiert sie die Denkbewegung einer inneren Rede. 1 2 5

mit den wie Ps.phronesis in Form

Anders als die locutio interior bei Augustinus, die oratio in intellectibus bei Boethius oder Anselms locutio mentis vollzieht sich der sermo interior Ps.Kilwardbys nicht unabhängig und abgehoben von jeder Sprache. Er unterscheidet zwar den als intellectus, similitudo rei oder intentio significabilis bezeichneten transidiomatischen geistigen Begriff von der intentio vocis und übernimmt damit die bei Boethius nicht vorhandene augustinische Differenzierung des mentalen Bereichs in die Ebene des sprachfreien verbum mentis einerseits und die der lautlosen imaginatio vocis andererseits. Der sermo interior - „complens [complectens?] tarn speciem significabilem quam vocis intentionem" -, durch den und in dessen Ähnlichkeit die äußere Rede formiert wird, vollzieht sich jedoch, anders als das mentaliter loqui bei Augustinus, die mentis locutio bei Anselm und die oratio mentalis bei Boethius, nicht allein im Medium der sprachfreien intellectus, sondern ist seinerseits gebildet aus den mit diesen durch Einsetzung (ex institutione), gleichwohl aber unmittelbar (statim) verbundenen „intentiones vocis praecogitatae et ρ raeco η ce ptae. " 1 2 6 Der metaphorische Cha-

125

126

multitudo affectionum et cogitationum distinctarum fit causa distincte vocandi." Ebd. 5 8 : „'... phronesis ... dilatata facit cogitationem endiatentum (sic!), id est interius dispositum sermonem, nominatam. Sermo autem interior secundum Damascenum est motus animi plenissimus in excogitativo factus sine aliqua enuntiatione, ex quo prolatus sermo provenit per linguam enarratus.' Haec sunt verba Damasceni, et per hoc patet divisio motus rationalis animae secundum ipsum in interius dispositum sermonem et prolatum sermon e m . " Vgl. JOHANNES DAMASCENUS, De fide orthodoxa II c. 2 2 (PG 94, 943A). PS.-ROBERT KILWARDBY, Comment, sup. Priscianum ntaiorem ( 1 9 7 5 ) 5 9 f : „... patet quod apud animam est sermo intranee dispositus, quo quidem et ad cuius similitudinem fit prolatus. Apud animam igitur statim cum haec intentionem significabilem fit praeexeogitatio vocis, qua talem intentionem sive intelligentiam deceat vel oporteat significari, et illi intention! vocis applicatur intentio significabilis sicut finis ei quod est ad finem. Consequenter quia ad hoc quod huiusmodi intellectus alii manifestetur exigitur aliquod signum sensibile, quia nihil est in intellectu quod prius non fuerit in sensu, movet anima rationalis per appetitum et imaginationem membra deputata ad formationem vocis... et formatur vox sensibilis iuxta intentionem vocis praecogitatae et praeconceptae apud animam proferentis earn, et fit sermo exterior idem continens et repraesentans quod per sermonem interiorem continebatur et repraesentatur. ... Et igitur vox exterior sensibilis habet quadruplicem comparationem: unam ad intentionem vocis interioris ad cuius similitudinem figuratur, al ¡am ad intellectum seu similitudinem rei, tertiam ad ipsum sermonem interiorem complentem (complectentem?) tarn speciem significabilem quam vocis intentionem, quartam ad rem extra quae per vocem significatur intellectu movente. Respectu primi est signum naturale, quia omnis effectus naturaliter repraesentat illud cuius est effectus; sed respectu secundi, tertii et quarti est significativum ex institutione; sicut enim in voce interiori fit praecognitio vocis antequam fiat verbum mentale et deliberatur apud eam qua voce oporteat talem intellectum significari, ita vox exterior (60) sensibilis significabit illam speciem ex institutione facta apud animam deliberatione praecedente."

72

Die mittelalterliche Zeichentheorie von Abailard bis zum 14. Jahrhundert

rakter der 'inneren' oder 'geistigen Rede' ist damit, ohne daß jedoch die der transidiomatischen intentio significabilis ausfällt, zurückgenommen. als sermo interior ist die innere Rede für Ps.-Kilwardby offenbar nur als plexion der geistigen Begriffe und der gedachten sprachlichen Ausdrücke bar.

Ebene Denn Komdenk-

Der nach der Mitte des 13. Jahrhunderts in Oxford von Autoren wie Roger Bacon, Robert Kilwardby und Ps.-Kilwardby entwickelte Ansatz einer ganz auf dem Zeichenbegriff aufruhenden Thematisierung von Sprache und Grammatik bildet - trotz aller konzeptioneller Differenzen 1 2 7 - den theoretischen Ausgangspunkt für die wenig später in Paris entstehende „grammatica speculativa".

3. Die Grammatica speculativa Die mittelalterliche Grammatik steht zunächst in der Tradition Priscians. 128 Seit der Mitte des 11. Jahrhunderts formiert sich jedoch eine wachsende Kritik an den Lehren Priscians, 129 der, wie etwa Wilhelm von Conches bemerkt, zwar die verschiedenen Redeteile und grammatikalischen Formen beschrieben, dabei aber die Gründe für deren Einführung gänzlich übergangen habe („causas vero inventionis diversarum partium et diversorum accidentium ... praetermittit"). 1 3 0 Diese zunehmende Distanzierung von Priscian führt in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhundert zu einem deutlichen Neuansatz, zur Konstitution der grammatica speculativa,131 welche zu jener Zeit neben der terministischen Lo127

128 129 130

131

M . SLRRIDGE, The Science of Language and Linguistic Knowledge: John of Denmark and Robert Kilwardby, in: S. EBBESEN (Hg.), Sprachtheorie in Spätantike u. Mittelalter (1995) 109-134. Zur Geschichte der Grammatik s. R . H. ROBINS, Ancient and Mediaeval Grammatical Theory in Europe (1951). Vgl. L. M. DERIJK, Logica modemorum II/L (1967) 255-63. WILHELM VON CONCHES, De philosophia mundi, vgl. C H . THUROT, Extraits de divers manuscrits latins pour servir à l'histoire des doctrines grammaticales au moyen-âge ( 1 8 6 8 ) 1 7 . Zur Theorie An grammatica speculativa bzw. der modi significandi vgl. H. Roos, Die Modi significandi des Martinus de Dacia. Forschungen zur Geschichte der Sprachlogik im Mittelalter, (1952); G. R. GODFREY, The Language Theory of Thomas of Erfurt: Studies in Philosophy 57 (1960) 22-29; Ders., A Medieval Controversy concerning the Nature of a General Grammar: General Linguistics 7 ( 1 9 6 7 ) 7 9 - 1 0 4 ; B . E. O'MAHONEY, A medieval semantic: The scholastic 'Tractatus de Modis Significandi': Laurentianum 5 (1964) 448-486; J. PLNBORG, Mittelalterliche Sprachtheorien. Was heißt Modus significandi? in: Festschrift Heinrich Roos ( 1 9 6 4 ) 6 6 - 8 4 ; DERS. Die Entwicklung der Sprachlogik im Mittelalter ( 1 9 6 7 ) ; Ders., Die Logik der Modistae: Studia Mediewistyczne 16 (1975) 39-97; Ders., Speculative Grammar, in: Cambridge Hist, of Later Medieval Philos. (1982) 254-69; G. L. BURSILLHALL, Speculative Grammars in the Middle Ages ( 1 9 7 1 ) DERS., Towards a History of Linguistics in the Middle Ages, 1100-1450, in: Studies in the History of Linguistics: Tradition and Paradigms, hg. D. Hymes ( 1 9 7 4 ) 7 7 - 9 2 ; DERS., Some Notes on the Grammatical Theory of Boethius of Dacia, in: History of Linguistic Thought and Contemporary Linguistics, hg. H. Parret ( 1 9 7 6 ) 1 6 4 - 8 8 ; H. W . ENDERS, Sprachlogische Traktate des Mittelalters und der Semantikbegriff (1975) 37-56; P. H. SALUS, Universal Grammar 1000-1850, in: History of

Die Entstehung einer ausgearbeiteten Zeichentheorie im 13. Jahrhundert

73

gik den wichtigsten Rahmen philosophischer Reflexionen über Sprache bildet. Diese ab ca. 1270 in Paris ausgearbeitet vorliegende grammatische Theorie, die sich selbst als scientia speculativa begreift132 und ihre Aufgabe nicht darin sieht, Sprache zu lehren oder die Voraussetzungen zum korrekten Verständnis von Texten bereitzustellen, sondern die vielmehr die Natur und die formale Organisation von Sprache zu beschreiben und zu erklären sucht, entspricht ihrem allgemeinen Programm nach im wesentlichen der von Ps.-Kilwardy beschriebenen scientia de stgnis als einer rein formalen Betrachtung der Sprachzeichen.133 Die spekulative Grammatik abstrahiert, zumindest ihrem eigenen Anspruch nach, unter Rekurs auf die Begrifflichkeit von signum und significatio von allen konkreten Einzelsprachen - und im Prinzip sogar von der Vokalsprache im Allgemeinen. Denn daß sie sich mit den sprachlichen Ausdrücken, bzw. genauer mit der Strukturen der vokalsprachlichen Zeichensysteme befaßt, ist ihr nicht wesentlich. Alles nämlich, „was Zeichen einer bezeichneten Sache sein kann", kann, wie Martin von Dacien betont, „auch Gegenstand der Betrachtung eines Grammatikers sein." Nur weil die sprachlichen Ausdrücke im Vergleich zu den körperlichen Gesten, der Sprache der Augen und dergleichen die wichtigeren und zur allgemeinen Mitteilung geeigneteren sind, handelt der Grammatiker von jenen und nicht von diesen. Das aber ergibt sich, wohlgemerkt, per accidens.134 Insofern ist die Grammatik, wie Johannes von Dacien betont, auch nur „zufällig" {per accidens) eine scientia sermocinalis.m Der Anspruch auf Wissenschaftlichkeit war angesichts der aristotelischen Bestimmung von Wissenschaft als Erkenntnis des Allgemeinen nur unter der Linguistic Thought and Contemporary Linguistics, hg. H . Parret ( 1 9 7 6 ) 8 5 - 1 0 1 ; J . A. TRENTMAN,

Speculative Grammar and Transformational Grammar: A Comparison of Philo-

sophical Presuppositions, in: History of Linguistic Thought and Contemporary Linguistics, hg. H . Parret ( 1 9 7 6 ) 2 7 9 - 3 0 1 ; I. ROSIER, La théorie médiévale des modes de signifier: Langages 6 5 ( 1 9 8 2 ) 1 1 7 - 1 2 8 ; DIES., La grammaire spéculative des Modistes ( 1 9 8 3 ) ; DIES., Signes et Sacrements. T h o m a s d'Aquin et la grammaire spéculative: Revue des Sciences philosophiques et théologiques 7 4 ( 1 9 9 0 ) 3 9 2 - 4 3 6 ; R . LAMBERTINI, Sicut tabernarius vinum

significai per circulum: Directions in contemporary interpretations of the Modistae, in: On the Medieval Theory of Signs, hg. U. E c o u. C. M a r m o ( 1 9 8 9 ) 1 0 7 - 4 2 ; C. MARMO,

132

133

134

135

Semio-

tica e linguaggio nella scolastica (1994). BOETHIUS DE DACIA, Modi significandi q. 3, 6 2 f ( 1 9 6 9 ) 18. Vgl. BOETHIUS DE DACIA, Modi significandi q. 10, 4 1 : „grammaticus vocem considérât, secundum quod ipsa est rei signum et modorum significandi subiectum." MARTINUS DE DACIA, De modis significandi, 1 0 ( 1 9 6 1 ) 7 : „Et sciendum quod vox per accidens consideratur a grammatico. Quia omne quod potest esse signum rei significatae etiam potest esse de consideratione grammatici. Sed quia vox est habilius signum quam aliquid aliud, utpote nutus corporeus et conniventia oculorum et huiusmodi, ideo plus consideratur a grammatico; et intelligendum quod hoc est per accidens." Vgl. JOHANNES DE DACIA, Summa grammatica ( 1 9 5 5 ) 1 8 6 , l l f f : „... dicendum est, quod grammaticus vocem per se, ita quod per essentiam suam, non considérât, nec considérât vocem in quantum significativa est, considérât tarnen ipsam, in quantum est signum habile respectu conceptuum grammaticalium." JOHANNES DE DACIA,

Summa grammatica ( 1 9 5 5 ) 5 7 , 12f.

74

Die mittelalterliche Zeichentheorie von Abailard bis zum 14. Jahrhundert

Voraussetzung begründbar, daß die Grammatik Universalgrammatik

ist und

nicht die je verschieden konstruierten Reden sondern die in allen Sprachen identischen F o r m e n und Strukturen zum Gegenstand hat. Diese sich aus dem Wissenschaftsanspruch der Grammatik ergebenden Konsequenzen wurden, sowohl was die Abstraktion von der konkreten Rede, als auch was die Einheit der Grammatik betrifft, bereits von den o x f o r d e r Autoren deutlich formuliert. 1 3 6 Die Modisten postulieren nicht nur die Identität der Universalgrammatik, sie geben - denn auch dies gehört zum Geschäft einer regulären Wissenschaft - die Ursache hierfür an: omnia idiomata sunt una grammatica. Et causa huius est, quia cum tota grammatica accepta sit a rebus ... et quia naturae rerum sunt similes apud omnes, ideo et modi essendi et modi intelligendi sunt similes apud omnes illos, apud quos sunt illa diversa idiomata, et per consequens similes modi signifìcandi, et ergo per consequens similes modi construendi vel loquendi. Et sic tota grammatica, quae est in uno idiomate, est similis illi, quae est in alio idiomate - (alle Sprachen sind hinsichtlich der Grammatik identisch. Der Grund dafür ist, daß die gesamte Grammatik von den Dingen her entwickelt ist..., und weil die Naturen der Dinge bei allen Menschen ähnlich sind, so sind auch die Seinsweisen und die Erkenntnisweisen [selbst] bei all jenen ähnlich, bei denen die Sprachen unterschiedlich sind, und folglich sind auch die Bezeichnungsweisen ähnlich und somit ebenfalls die Weisen der Sprachkonstruktion oder des Sprechens. Und somit ist die ganze Grammatik, die sich in einer Sprache findet, ähnlich der in einer anderen Sprache).« 7 Die grammatica

speculativa

entwickelt damit die allgemein anerkannte ari-

stotelische Auffassung, daß ebenso wie die Natur der Dinge auch die geistigen Begriffe bei allen Menschen dieselben („iidem apud o m n e s " ) sind, weiter zu der These von der die Universalgrammatik aller Sprachen tragenden zwischen den Seinsweisen der Dinge (modi essendi), Intellekts ( m o d i intelligendi)

und den Bezeichnungsweisen (modi

der verschiedenen Wortklassen (nomina, grammatischen Akzidentien (numerus, 136

verba,

casus).138

Isomorphic

den Erkenntnisweisen des

adiectiva,

adverbia

significando etc.) und

Obwohl es sich bei den W ö r -

Bereits ROBERT KlLWARDBY betont (vgl. G. L. BURSILL-HALL, The Grammatical Doctrine of Boethius of Dacia ( 1 9 7 6 ) 1 7 0 ) : „Cum scientia maneat eadem apud omnes, et subiectum eius idem manet, quare subiectum grammaticae debet manere idem in omnibus. Sed oratio constructa vel vox literata ordinabilis propter congruum non idem manet apud omnes; quare non erit subiectum grammaticae." Zur Universalität der Grammatik vgl. ROGER BACON, Grammatica graeca (hg. NOLAN/HIRSCH, p. 27): „Grammatica una et eadem est secundum substantiam in omnibus Unguis, licet accidentaliter varietur." Ein der pariser Grammatica speculativa vergleichbares Konzept der modi signifìcandi findet sich bei den oxforder Autoren allerdings noch nicht. Der Begriff 'modus signifìcandi' bezieht sich hier lediglich auf die Unterscheidung der Zeichen in natürliche und eingesetzte (Vgl. ROGER BACON, Opus tertium ( 1 8 5 9 ) 1 0 0 ; PS.-KlLWARDBY, Comment, sup. Prise, maiorem ( 1 9 7 5 ) 64).

137

138

De modis significandis, q. 2, 42ff (1969) 12. Vgl. JOHANNES DE DACIA, Summa grammatica (1955) 54f: „...grammatica est accepta a rebus... Sed nature rerum sunt eedem secundum speciem et essentialiter apud omnes, ergo et earum proprietates, que sunt modi essendi, a quibus accipiuntur modi intelligendi et per BOETHIUS DE DACIA,

Die Entstehung einer ausgearbeiteten Zeichentheorie im 13. Jahrhundert

75

tern um willkürlich eingesetzte Zeichen handelt (daher die Verschiedenheit der Idiome), stehen die Bezeichnungsweisen derselben, vermittelt über die Erkenntnisweisen, mit den Seinsweisen der bezeichneten Dinge in einem natürlichen Korrespondenzverhältnis (daher die grammatikalische Identität der Idiome). Die Einsetzung der sprachlichen Ausdrücke zum Bezeichnen (impostilo ad significandum) ist hinsichtlich der Bezeichnungsweisen letztlich durch die Eigenschaften der Dinge motiviert. Da sich nämlich die willkürlichen sprachlichen Ausdrücke von sich aus gänzlich indifferent gegenüber jeglicher Signifikation verhalten, müssen sie durch den Intellekt des Sprachinstitutors zur Bezeichnung von Bestimmtem determiniert werden.139 Dieser Intellekt muß jedoch, wie etwa Thomas von Erfurt meint, als passives und von sich selbst her unbestimmtes Vermögen, seinerseits hierzu erst durch die Dingeigenschaften determiniert und motiviert werden.140 Insofern korrespondiert jedem modus significandi eine Eigenschaft oder Seinsweise des bezeichneten Dinges. Die grammatische Struktur jeder Aussage ist damit bis in ihre einzelnen Komponenten hinein gleichsam Abbild eines extramentalen sachlichen Zusammenhanges. So konzipiert, ist Sprache ihrem Ursprung und Wesen nach philosophisch. Der Sprachinstitutor, der eben nicht nur Namengeber ist, sondern die grammatikalischen Strukturen und Regeln der Sprache festgesetzt oder genauer: der Ordnung der Dinge entsprechend eingericht hat, ist unter der Voraussetzung einer solchen Sprachauffassung nicht Grammatiker sondern Philosoph.141 Ist das Begriffsfeld von signum und significatio die Grundlage für die Entstehung des Programms der nicht mehr auf konkrete Formen von Rede bezogenen grammatica speculativa, so ist es zugleich der Ansatzpunkt, von dem aus diese consequens modi significandi et postmodum modi construendi." Vgl. JOHANNES DE DACIA, Summa grammatica (1955) 106: „... quia (vox) indifferentiam de se habet ad significandum respectu quorumcumque, cum aliquando fit significativa, oportet, quod ab aliquo ad significandum aliquid determinetur. Illud determinans est intellectus, a quo vox recipit suam significationem seu impositionem, propter quod vox dicitur esse significativa ad placitum..." 140 Vgl THOMAS VON ERFURT, Grammatica speculativa, cap. 2 η. 6: „.... notandum, quod cum huiusmodi rationes, sive modi significandi activi non sint figmenta, oportet omnem modum significandi activum ab aliqua rei proprietate radicaliter ori ri; quod sic patet; quia cum intellectus vocem ad significandum sub aliquo modo significandi activo imponit, ad ipsam rei proprietatem aspicit, a qua mdoum significandi activum originaliter trahit; quia intellectus cum sit virtus passiva, de se indeterminata, ad actum determinatum non vadit, nisi aliunde determinetur: unde cum imponit vocem ad significandum sub determinato modo significandi activo, a determintata rei proprietate necessario movetur: ergo cuilibet modo significandi activo, correspondet aliqua proprietas rei, seu modus essendi rei." 1 4 1 BOETHIUS DE DACIA, Modi significandi q. 1 (1969) 6f: „qui invenit earn (se. grammaticam), non fuit grammaticus, sed erat philosophus proprias naturas rerum diligenter considerans. Modi enim significandi ... a modis intelligendi accepti sunt, et quanta est differentia inter modos significandi, tanta est differentia inter modos intelligendi, a quibus accepti sunt. Modi autem intelligendi accepti sunt a propriis modis essendi rerum..." 139

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Die mittelalterliche Zeichentheorie von Abailard bis zum 14. Jahrhundert

im 14. Jahrhundert von Ockham, Buridan, Aurifaber, Pierre d'Ailly und anderen kritisiert und „destruiert" wird. 142 Was Ockham an der modistischen Grammatik verwirft, ist nicht das Konzept einer allen gesprochenen Sprachen in identischer Form zugrundeliegenden Universalgrammatik; denn um eine solche handelt es sich letztlich auch bei der von ihm selbst skizzierten Grammatik der oratio mentalis. Zwei andere Aspekte stehen im Vordergrund: zum einen die Behauptung der strikten Strukturanalogie von Sprache (mental oder vokal) und äußerer Realität, d.h. die „consimilis distinctio inter voces vel intentiones in anima significantes et inter ipsa significata";143 zum anderen ist es die mit der Rede von den modi significarteli verbundene unzulässige Hypostasierung derselben. Die verschiedenen signifikativen sprachlichen Ausdrücke 'haben' nicht verschiedene Bezeichnungsweisen, sondern bezeichnen nur auf verschiedene Weise das, was sie bezeichnen.144 Die unter den Modisten verbreitete Charakterisierung der ratio significandi bzw. des modus significandi activus als etwas im Einsetzungsakt dem sprachlichen Ausdruck Hinzugefügtes (dictioni superadditum)145 und diesem als seinem Subjekt Inhärierendes146 steht zumeist im Zentrum der späteren Auseinandersetzungen mit der Theorie der modi significandi,147 Zur Debatte steht damit die washeitliche Bestimmung der Signifikation, die Frage also danach, wie - bzw. ob überhaupt - die ratio significandi ontologisch beschreibbar ist. Nach Aurifaber ist das „Zeichensein" (esse signum) nichts zur Lautmaterie real nach Art eines Akzidens Hinzukommendes. Und in genau diesem Sinn wird die Existenz der modi significandi geleugnet. Ein sprachlicher Ausdruck ist allein durch seinen Gebrauch signifikativ, nicht aber aufgrund von etwas, das ihm wie eine Form oder Qualität zugeeignet ist („... negatur modus significandi, quia vox 142 YGI hierzu J. BLARD, Logique et théorie du signe au XTVe siècle (1989) chap. 4: „Les critiques sémiologiques de modes de signifier"; Vgl. L. KACZMAREK, Modi significandi und ihre Destruktionen (1988). 143 144

145 146 147

WILHELM VON OCKHAM, Expos, in lib. PorphyrU de praedicabilibus, OP II (1978) 158. WILHELM VON OCKHAM, Summa logicae III, 4, cap. 10, 193f (OP I, 1974) 798: „... est me· taphorica locutio, dicendo quod dictiones habent diversos modos significandi, quia per talem orationem intelligitur ist oratio 'diversae dictiones diversimode significant illa quae significant'." Vgl. THOMAS VON ERFURT, Grammatica speculativa, cap. 6. Ebd., cap. 5. Damit freilich wird letztlich keine genuine Eigenlehre der Modisten attackiert, sondern ein Lehrstück, das diese nur von der älteren Grammatik übernommen haben (vgl. PETRUS HELIAS, summa super Priscianum (1978) 54: „vox est materia nominis, imposito vero facta est ad significandum, quasi forma nominis quare additur ipsi voci." Vgl. Ps.-KLLWARDBY, Comment, in prise, ma. (1975) 80: „Dicendum quod significativa potest dupliciter consideran: uno modo in quantum vox et secundum suam substantiam, et sic eius forma est modus proferendi. Alio modo in quantum est significativa, et sic potest dici quod eius forma est significatio, non substantialis sed accidentalis."). Es handelt sich vielmehr um ein Lehrstück, das, im Rückgang auf Augustinus, mittelalterlich verbreitet ist und sich ebenso bei Thomas von Aquin und den Thomisten findet. S. Kap. IV, Anm. 84f.

Die geistigen Begriffe als Zeichen

77

ex solo usu et exercitio significat et non ex aliquo, quod sibi formaliter vel subiettive acquiratur"). 1 4 8 Der eigentliche, vorrangige Ort der Signifikation ist nicht die vox sondern der Intellekt selbst. 149 Das Bezeichnen ist nicht, wie die Modisten behaupten, ein Akzidens der vox, sondern des Intellekts. 150 Insofern haben, wie auch Pierre d'Ailly betont, die Modisten sich vergeblich bemüht, die ratio significandi als eine Art Entität in die sprachlichen Ausdrücke zu legen. Denn der Grund der Signifikation liegt nicht in der signifikativen vox sondern in dem die bezeichnete Sache erfassenden Intellekt. 151 Diese Kritik hat, wie die grammatica speculativa selbst, ihre Grundlage in der um die Mitte des 13. Jahrhunderts einsetzenden Neubewertung und Neubestimmung des Zeichens. Denn die Verlagerung der Signifikation auf die Ebene des Intellekts bzw. der Konzepte setzt voraus, daß entgegen aller augustinischen Vorgaben, die geistigen Begriffe selbst Zeichencharakter haben.

C. Die geistigen Begriffe als Zeichen In der Logik des 12. und frühen 13. Jahrhunderts besitzt der Zeichenbegriff noch nicht den Status einer grundlegenden Kategorie. Wenn hier der Begriff 'signum' terminologische Verwendung findet, dann zumeist in einem sehr speziellen, technischen Sinn zur Bezeichnung der die Suppositionsweise kategorematischer Termini festlegenden synkathegorematischen Ausdrücke (z.B. omnis, ntillus als „signa universalia", quidam, aliquis als „signa particularia"). 152 Generell wurde im Anschluß an Aristoteles und die boethianische Übersetzung von einem 'significare' nur hinsichtlich der sprachlichen Ausdrücke und der geschriebenen Wörter gesprochen. Die geistigen Begriffe (passiones animae, intel-

lects, conceptúe) galten als similitudines nicht aber als signa rerum. Um die Mitte des 13. Jahrhunderts vollzieht sich hier eine konzeptionelle Verschiebung, die, zunächst scheinbar nur eine Nuancierung, von fundamentalen Konsequenzen für die weitere Entwicklung der Zeichentheorie sein wird: Die Konzepte 148

149

150

151

152

JOHANNES AURIFABER, Determinationes de modis significandi ( 1 9 6 7 ) 2 2 7 . Vgl. ebd.: „... esse signum non est aliquid accidens in voce, nam non est nisi usus vocis pro alio. Sed ex hoc, quod nos utimur aliqua pro nostra volúntate, ex hoc nichil illi rei acquiritur, nisi usus et operatio nostra circa illam rem." Ebd. 2 2 6 : „... significare et consignificare est duobus modis, uno modo principal i ter, et sic intellectus noster significat et consignificat, et unus homo alicui per intellectum tamquam per agens principale. Alio modo dicitur significare et consignificare secundario tamquam quo, et sic vox significat et consignificat." Ebd. 2 2 9 : „... significare est accidens intellectus; sed vox est illud quo significat intellectus." PIERRE D'AILLY, Conceptus (s. a.) fol. b4rb-va: „Frustra ... et in cassum laborant qui nituntur ponere rationem significandi aliquam entitatem in voce existente ex qua ipsa vox sit formaliter significativa, quoniam ratio significandi non est in voce significante, sed in intellectu ipsam rem significatam apprehendente." Vgl. z.B. Lo&ca „ut dicit", in: L. M . DE RlJK, Logica modernorum II/2 ( 1 9 6 7 ) 3 8 3 .

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Die mittelalterliche Zeichentheorie von Abailard bis zum 14. Jahrhundert

selbst werden - ohne dadurch jedoch ihren Status als Ähnlichkeiten der Dinge zu verlieren - als Zeichen der Dinge bestimmt. Zwar gibt es Ansätze dazu bereits vorher. Boethius hatte bei seiner Darstellung des Ordo orarteli die intellectus als „rerum significativi" charakterisiert und war damit über die Vorgaben des aristotelischen Textes hinausgegangen. Eine ebensolche Abweichung von der Textvorlage zeigt sich an einer Stelle bei Anselm von Canterbury und zwar gerade im Zusammenhang mit der Exposition und Begründung der augustinischen Lehre von der Eminenz des geistigen Wortes. Die verba mentis können, wie Anselm sagt, „non absurde dici tanto veriora, quanto magis rebus quarum sunt verba similia sunt et eas expressius signant". 1 5 3 Geistiges und körperliches W o r t sind hier nicht, wie bei Augustinus, durch den Hiatus der absoluten Differenz von Unmittelbarkeit und bloßer Zeichenhaftigkeit getrennt. Ihr Verhältnis ist, trotz aller auch von Anselm betonten Verschiedenheit, beschreibbar mittels einer graduellen Differenzierung hinsichtlich der Ausdrücklichkeit des Bezeichnens. Auch Abailard dehnt den Zeichenbegriff über den engeren Bereich sinnlich wahrnehmbarer Gegenstände aus, wenn er die, wiewohl von ihm deutlich von den intellectus unterschiedenen Vorstellungsbilder der imaginatio als „quaedam intersigna" bezeichnet. 154 Aber solche vereinzelten Anwendungen von Zeichenbegrifflichkeit auf den mentalen Bereich erfolgen eher beiläufig und ohne daß etwas aus ihnen folgt. Erst um 1 2 5 0 verdichten sie sich zu einer dann schnell auf breiter Front sich durchsetzenden Tendenz. 1 5 5 Biard nennt diese Erweiterung des Zeichenbegriffs auf die „passions de l'âme" eine „tendence commune aux textes oxoniens de cette période". 1 5 6 Das ist richtig. Sie ist jedoch keineswegs ausschließlich auf das Oxforder Milieu begrenzt. Denn ebenso wie Roger Bacon und Ps.-Kilwardby charakterisieren auch Nicolaus von Paris, 157 Lambert von Auxerre 1 5 8 oder AeMonologion c. 1 0 , opera omnia 1 ( 1 9 6 8 ) 2 5 . Logica ingredientibus, glossae super peri ermenias (1927) 3 1 5 f ; vgl. den

153

ANSELM VON CANTERBURY,

154

PIERRE ABAILARD,

155

156

stark von Abailard abhängigen Perihermeneias-Kommentar Paris B.N. 15.015; vgl. L. M. DE RlJK, Logica modernorum (1967) II/1.212. Daß sich das Zeichen nicht ohne weiteres, wie in der Augustinischen Definition, auf sinnliche Wahrnehmbarkeit festlegen läßt, scheint kurz vor 1250 im Kontext sakramentaltheologischer Erörterungen bemerkt worden zu sein. So räumt RICHARD FLSHACRE (ca. 1235/45) in seinem Kommentar zum 4. Sentenzenbuch unter Hinweis auf den eucharistischen Leib Christi und den der Seele im Taufakt eingeschriebenen 'character' ein, daß „aliqua signa sunt tantum intelligibilia et speciem nullam ingerunt sensibus". Das Abrücken von der Augustinischen Zeichendefinition erfolgt hier gleichwohl mit erdenklicher Behutsamkeit. Diese kann zwar nicht mehr als die „universalis definitio signorum" gelten; immerhin jedoch als die „eorum quae proprissime et magis communiter et magis universaliter sunt signa, id est signorum potissime." Vgl. I. ROSIER, La parole comme acte (1994) 114. Vgl. J . BLARD, Logique et théorie du signe au XZVe siècle (1989) 28. Einen spezifisch englischen, von der pariser Logik abweichenden Ansatz meinte bereits J. PLNBORG (The English

Contribution 157

to Logic before Ockham (1979) 35) hierin sehen xu Wonnen.

Vgl. NICOLAUS VON PARIS, Syncategoreumata, hg. Braakhuis (1979) 1: „... omnis vox est ad significandum, quoniam, ut dicit Aristoteles, voces sunt notae earum quae sunt in anima

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Die geistigen Begriffe als Zeichen

gidius Romanus 1 5 9 die Konzepte als Zeichen. Die Konsequenzen dieser Neubestimmung sind mannigfaltig und von z.T. fundamentaler Bedeutung für die weitere Entwicklung der Zeichentheorie: 1. Der Begriff des Zeichens ersetzt bei der Bestimmung der geistigen Begriffe den der sitnilitudo. Zwar werden sie in der Regel durchaus noch als Ähnlichkeiten der Dinge aufgefaßt, prinzipiell ist damit aber die Möglichkeit eröffnet, das Zuordnungsverhältnis der Begriffe zu den Dingen nicht mehr in einer Ähnlichkeitsbeziehung zu suchen. Denn eine Zeichenbeziehung kann ebenso wie in einer Ähnlichkeit - oder einem willkürlichen Einsetzungsakt - auch in einem kausalen Abhängigkeitsverhältnis begründet sein. 2. Es erfolgt eine Neubestimmung des Zeichenbegriffs selbst. Die das Zeichen auf sinnliche Wahrnehmbarkeit festlegende augustinische Zeichendefinition wird, da sie eben auf die geistigen Begriffe nicht anwendbar ist, vielfach als zu eng gefaßt abgelehnt 160 oder aber ihrer Intention nach erweitert. So bemerkt Scotus hinsichtlich des von Augustinus in seiner Definition über das Zeichen Gesagten: „Quod verum est non solum de signo sensibili accipiendo sensum stricte pro sensu corporali, sed verum est etiam de signo [corr. ex: sensum] incorporali, accipiendo sensum generaliter pro potentia cognitiva." 1 6 1 3. Das Zeichen besetzt von nun an die zentrale Stelle des 'semiotischen Dreiecks'. Dasjenige, welches die Beziehung zwischen dem äußeren Zeichen und dem Referenzobjekt herstellt und garantiert, hat selbst Zeichencharakter. Dadurch gewinnt der Begriff des signum generell an Bedeutung, da er so eine durchgehend einheitliche Strukturierung der Elemente des ordo orandi ermög-

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161

passionum, idest significant intellectus, qui sunt signa rerum; et ita voces significant res...". In den wohl ebenfalls von Nicolaus von Paris stammenden Summe metenses (vgl. BRAAKHUIS, English Tracts on Syncategorematic Terms (1981) 135) wird die Bezeichnung der synkategorematischen Ausdrucke als signa von der Rede von den sprachlichen oder intellektuellen Zeichen abgehoben {Summe metenses, L.M. DE RLJK, Log. Mod. 2/1.482): „... signa nuncupantur, quia significant modum significandi vel supponendi quem habet terminus cui adduntur, cum signum sit, ut dicit Augustinus, quod preter speciem sensibilem quam sensibus ingerit, aliud in mente venire facit. Ut patet de circulo per quem vinum venale apprehenditur. Licet igitur omnis vox signum dicatur, sicut innuit Aristoteles quod voces sunt signa intellectuum, intellectus autem rerum et ita voces rerum, iste tarnen dictiones signa dicuntur antonomastice quia sunt signa signorum, idest significant modos supponendi in signis rerum..." Vgl. LAMBERT VON AUXERRE, Logica (1971) 2 0 5 : „Significatio termini est intellectus rei ad quem intellectum rei vox imponitur ad voluntatem instituentis: nam, sicut vult Aristoteles in primo Perihermeneias voces sunt signa passionum quae sunt in anima, id est in intellectu; intellectus autem sunt signa rerum." AEGIDIUS ROMANUS, Expositio in artem veterem ( 1 5 0 7 ) fol. 47vb: „... illa quatuor se habent per ordinem, littere, voces, similitudines et res: littere sunt note vocum: et voces sunt significate a litteris: et sunt signa passionum: passiones sunt sígnate a vocibus: et sunt signa rerum, et res sunt ita sígnate quod non sunt signa." Vgl. R O G E R BACON, De signis, I, 2 , vgl. Anm. 4 8 ; Ps.-KLLWARDBY, Comment, sup. Priscianum maiorem (1975) 4, vgl. Anm. 113. JOHANNES DUNS SCOTUS, Ord.

I V d.6 q . 1 0 n.5, op. omn. ( 1 8 9 1 - 9 5 )

16.620b.

80

Die mittelalterliche Zeichentheorie von Abailard bis zum 14. Jahrhundert

licht. Infolgedessen tritt auch Boethius' terminologische Bestimmung der voces und scripta als notae mehr in den Hintergrund und wird, ohne freilich ganz aufgegeben zu werden, überwiegend durch den Begriff des Zeichens ersetzt. Dem aristotelischen Basistext der mittelalterlichen Signifikationstheorie {De int. I, 16a 3ff) zufolge waren die geschriebenen Wörter σύμβολα der sprachlichen Ausdrücke, diese σημεία und σύμβολα der passiones animae und diese wiederum ομοιώματα (similitudines, Ähnlichkeiten) der äußeren Sache. Diese Triplizität der Termini war von Boethius - der Sache nach wohl in Ubereinstimmung mit der aristotelischen Intention - auf eine Zweiheit reduziert worden, indem er die Schrift und die gesprochenen Wörter in identischer Weise als notae bestimmte. Was nun um die Mitte des 13. Jahrhunderts sich vollzog, war die weitere Reduzierung der in der boethianischen Übersetzung noch bestehenden Zweiheit von nota und similitudo auf den einheitlichen Begriff des signum. Einer solchen Reduktion steht jedoch nicht allein die Augustinische Bestimmung des Zeichens entgegen; es gibt für sie auch, anders als für die von Boethius vorgenommene Vereinheitlichung, im aristotelischen Text selbst keinen Ansatzpunkt.162 Dennoch wird in auffälliger Einhelligkeit die Neubestimmung der Konzepte als Zeichen nicht gegen die aristotelische Lehre, sondern als aristotelische Lehre eingeführt.163 Jene Autoren, die den Konzepten Zeichencharakter zuschreiben, tun dies, wie sich bei Nicolaus von Paris,164 Roger Bacon, 165 Lambert von Auxerre,166 Heinrich von Gent, 167 Richard von Middleton168 u.a. 169

162

Zur Abhebung der als natürliche Ähnlichkeiten bestimmten Konzepte von den willkürlichen symbola oder signa vgl. AMMONIUS, Commentaire sur le Peri Hermeneias d'Aristote. Traduction de Guillaume de Moerbeke ( 1 9 6 1 ) 3 7 : „... conceptiones quidem similitudines vocat (sc. Aristoteles) rerum, voces autem non vult vocare similitudines conceptionum, sed symbola et signa, et litteras vocum. Differì autem similitudo a symbolo, secundum quod similitudo quidem naturam ipsam rei, prout possibile est, repraesentare vult, et non est in nobis ipsam fingere ..., symbolum vero aut signum (utroque enim modo nominai ipsum Philosophus) totum in nobis habet, tamquam subsistât ex sola nostra intentione..."

163

S o bereits bei AGANAFAT, Thesaurus philosophorum ( 1 9 8 0 ) 1 1 5 : „Dicimus quod cum Aristotiles quod sicut est in voce ita est in anima, debet sic intelligi quod sicut similitudines que sunt in anima, sunt signa ipsarum rerum, ita voces sunt signa ipsarum similitudinum que sunt in a n i m a . " Vgl. Anm. 157. Vgl. Anm. 4 8 . Vgl. Anm. 158. Vgl. HEINRICH VON GENT, Summa quaestionum ordinarium, a. 7 3 q. 6 ( 1 5 2 0 ) 2. fol. 2 7 2 v : „Secundum Philosophum in libro peri herme. Voces sunt notae intellectuum, et earum passionum quae de rebus sunt in anima, quae sunt conceptus: et verba mentalia nullius linguae sunt: et notae rerum proxime et immediate: quae si in mente non essent, notas rei vocales ad significandum res quaerere non possemus."

164 165 166 167

168

169

Vgl. RICHARDUS DE MEDIA VILLA, Super quatuor libros sententiarum... quaestiones subtilissimae, 1 d. 2 2 a . l ( 1 5 9 1 ) 2 0 4 a : „...Phil. lib. I. periherm. Voces sunt notae earum passionum, quae sunt in anima, et intellectus sunt signa rerum." Vgl. OCKHAM, Expos, iti lib. periherm. ( 1 9 7 8 ) 3 4 7 ; HUGOLINUS VON ORVIETO, Physikkommentar ( 1 9 7 2 ) 7 8 ; Noch die CONIMBRICENSES (Comment. in univ. Artist, dial., t. 2 ( 1 6 0 7 )

Die geistigen Begriffe als Zeichen

81

zeigt, überwiegend in dem Bewußtsein, damit die Auffassung des Aristoteles zu vertreten. Scotus meint Aristoteles für diese Auffassung geradezu zitieren

zu

können: „intellectio ut est obiecti, est signum naturale eius (I. Peri Hermeneias: „Passiones sunt notae rerum" et hoc naturaliter)." 170 Ganz gleich, welche philologischen Gründe für dieses Phänomen einer allgemein verbeiteten Lektüre von etwas, das weder im Aristotelischen Text noch in dessen Ubersetzungen von Boethius oder Moerbeke steht, anzusetzen sind; für die Plausibilität und die faktische Durchsetzung dieser Aristotelesaneignung dürfte die Suggestivkraft der Einheitlichkeit eine entscheidende Rolle gespielt haben. Der aristotelisch-boethianische ordo orarteli wird so nämlich durchgängig im Begriffsfeld des Zeichens beschreibbar, denn: littere, voces, passiones anime et res sunt adinvicem ordinata secundum rationem signi et significati, quia littere significant ipsas voces, et voces anime passiones, passiones anime autem significant ipsas res. - (Schrift, Sprache, Begriffe und Dinge sind gemäß dem Begriff des Zeichens und Bezeichneten einander zugeordnet, denn die Schriftzeichen bezeichnen die sprachlichen Ausdrücke und die sprachlichen Ausdrücke die Leidenschaften der Seele, die Leidenschaften der Seele aber die Sachen selbst). 1 7 1

Nicht zuletzt deshalb verhandelt man das Lehrstück später zumeist unter Bezeichnungen wie „ordo in significando", 172 „ordo significationis" 173 oder „ordo signorum". 174 Diese Tendenz zur Vereinheitlichung und Analogisierung der Elemente des ordo significationis kann sogar dazu führen, daß die mit der Zei-

170 171

172

173

174

17) behaupten hinsichtlich der Bestimmung der Konzepte als Zeichen, obwohl auch der von ihnen abgedruckte Text von Periherm. I nichts dergleichen enthält: „Neque hoc latuit Aristotelem, cum hoc cap. inter signa conceptus enumeravit." SCOTUS, Ord. I d. 22 q un., appendix A, opera omnia (1950ff) 5.388, 22-23. ANTONIUS ANDREAS, Scriptum in arte veteri (1508) fol. 63va. Vgl. OCKHAM, Expos, in lib. Periherm., in: Opera philosophica, t. 2 (1978) 347. Vgl. LAMBERTOS DE M O N T E , Copulata supra veterem artem Arisi, sec. viam thomistarum (1488) fol. 135rab: „Aristoteles in ista propositione famosa et magne subtilitatis tria proponit ex quorum uno intelligitur quartum. proponit enim scripturam voces et anime passiones, ex quibus intelligitur res ad extra. (...) Est autem inter illa quattuor talis differentia. Nam scripta sunt signa tantum scilicet vocum et non signata. vox autem est signum et signatum simul respectu diversorum quia signum rei conceptae et signatum scripti, res concepta seu passio similiter est signum et signatum, signum rei ad extra et signatum vocis, sed res ad extra est signatum tantum. (...) Notandum quod inter praedicta quattuor est duplex ordo. Unus est in significando, et sic scriptum est primum, deinde vox, tertio res concepta et ultimo res ad extra. Alius est ordo in essendo, et sic est praecise oppositus ordo..."; ANTWERPENER KOMMENTAR, Loycalia... cum ...commento (1486) fol. B2r; vgl. FRANCISCUS MURCIA DE LA LLANA, Selecta circa Aristotelis dialecticam (1621) 403b-404a. Vgl. THOMAS VON AQUIN: Expos, lib. peryermenias I 2, Op. omn. I 1, hg. Commissio Leonina, 2., verb. Aufl. (1989) 9a; WALTER BURLEIGH: Comment, in lib. Periherm. (comment. medius), hg. S. F. BROWN, FS 33 (1973) 52. Vgl. WALTER BURLEIGH, Super artem veterem (1497) fol. k3va: „Talem igitur ordinem signorum assignat hic Aristoteles, scilicet passiones anime hoc est similitudines rerum existentium in anima significant res extra, et nomina et verba prolata significant passiones anime..."; vgl. JOHANNES RAULIN, In logicam Aristotelis commentarium (1500) fol. g4ra.

82

Die mittelalterliche Zeichentheorie von Abailard bis zum 14. Jahrhundert

chenordnung verbundene Lehre von der triplex oratio auch auf das vierte Element der Zeichenordnung, die res, hin erweitert wird. Das ist der Ursprung für Walter Burleighs später vieldiskutierte und umstrittene Lehre von der propositio in re.17S 4. Die durch die Charakterisierung der Konzepte als signa rerum eröffnete Möglichkeit, das Verhältnis von scriptura, vox, conceptus und res durch das Begriffspaar von signurn und signatum zu regulieren, hat Konsequenzen für die Frage nach dem Signifikat der sprachlichen Ausdrücke, d.h. für die „difficilis dubitatio utrum vox significet species apud animam an res" (schwierige Frage, ob der sprachliche Ausdruck das Erkenntnisbild in der Seele oder die Sache bezeichnet). 1 7 6 Die Kontroverse hierüber hat eine lange Tradition. Wenn Scotus von der „magna altercatio ... de voce, utrum sit signum rei vel conceptus", dem großen Streit über den sprachlichen Ausdruck, ob er Zeichen der Sache oder des Begriffs ist, spricht, 1 7 7 so steht dahinter offenbar eine Passage des Perihermeneias-Kommentars von Boethius, an der dieser, seinerseits Porphyrius referierend, auf die bereits bei den „antiqui philosophi" umstrittene Frage hinweist, „quid esset proprie quod vocibus significaretur" (was es eigentlich ist, das von den sprachlichen Ausdrücken bezeichnet wird). 1 7 8 Zunächst liefert das Modell der von den scripta zu den res durchlaufenden Signifikationsbeziehung ein starkes Argument für die alte, von den griechischen Aristoteles-Kommentatoren ausgebildete, über Boethius 179 der lateinischen Tradition vermittelte 180 und besonders durch Thomas von Aquin verbreitete 181

175

BURLEIGH, Super artem veterem ( 1 4 9 7 ) fol. c4ra: „Est ... talis ordo in significando secundum Philosophum primo Perihermenias: litterae scriptae significant voces prolatas et voces prolatae passiones animae et passiones animae idest conceptus animae significant res. undo sicut in isto ordine est dare primum significans scilicet litteram scriptam, ita est dare ultimum significatum, quod sic significatur, quod ulterius non significat. et illud non potest esse conceptus. ergo est res... ergo in rebus est aliquod compositum, cuius subiectum est res et praedicatum similiter, quod dicitur propositio in re." Vgl. W . HÜBENER, Studien zur

Theorie der kognitiven Repräsentation in der mittelalterlichen Philosophie (1968) 611f; vgl.

J . BLARD, Logique et théorie du signe au XTVe siècle ( 1 9 8 9 ) 153ff. Die damit verbundene Erweiterung der triplex oratio um eine „oratio fundamentalis" wird besonders deutlich bei

JOHANNES TINCTORIS, Dicta tinetoris super Summulas Petri hyspani (1486) fol. B4rb: „...

triplex est oratio scilicet mentalis vocalis et scripta cui potest addi fundamentalis in re. Mentalis est ilia que componitur extremis mentalibus. Vocalis est ilia que componitur extremis vocalibus. Scripta est ilia que componitur ex scriptis. Et fundamentalis est ilia que componitur extremis fundamentalibus in rebus ipsis repertis. Et similiter posset distingui nomen mentale vocale et scriptum et fundamentale. Et similiter verbum mentale vocale scriptum et fundamentale. Quia dicit philosophus quod littere significant voces, voces significant conceptus, et conceptus significant res." 176 177

Vgl. ROGER BACON, De signis V, 163 ( 1 9 7 8 ) 132. SCOTUS: Ord. I d. 2 7 q. 1-3, op. omn., hg. C. BALIC ( 1 9 5 0 f f ) 6 . 9 7 .

178

BOETHIUS, Comment, in lib. Aristotelis peri herm., secunda editto (1880) 26f.

179

S.o., Kap. I, Anm. 1 8 7 .

180

Vgl. ANONYMUS, Tractatus de proprietatibus sermonum (de Rijk, Logica

modernorum

2 / 2 . 7 0 7 f ) : „Solet autem esse questio an sermo significet proprie cogitationem an res ipsas

83

Die geistigen Begriffe als Zeichen

Lehre, daß die voces

unmittelbar die Begriffe und über deren Vermittlung die

D i n g e (res mediantibus

conceptibus)

bezeichnen. 1 8 2 Unter den frühesten Befür-

wortern des Zeichencharakters der Begriffe finden sich daher gerade Vertreter dieser semantischen Position, w i e Ps.-Kilwardby, 1 8 3 Lambert v o n Auxerre, Aegidius R o m a n u s 1 8 4

Richard v o n M i d d l e t o n 1 8 5

oder der frühe Scotus. 1 8 6

Zur

Begründung der über die Konzepte vermittelten D i n g b e z e i c h n u n g dient dabei oftmals der in A n l e h n u n g an den bekannten Lehrsatz „causa causae est causa causati" ( D i e Ursache einer Ursache ist [auch] Ursache des [von dieser] Verursachten) formulierte semiotische Grundsatz „signum signi est signum signati" (Das Z e i c h e n eines Z e i c h e n s ist [auch] Z e i c h e n des [von diesem] Bezeichneten). 1 8 7

181

182

que cadunt in cogitationem. (...) Et potest dici quod sermo significat utrumque, et intellectum et rem, sed unum mediate, aliud immediate: sermo enim exponit immediate intellectum: inquantum enim est res intellecta et cogitata, exprimitur per sermonem, sed primo et proprio modo intendit sermo rem. De rebus enim est locutio, sed per intellectum medium. Qui intellectus est via in res. Sermo enim est via in intellectum, intellectus autem in res."; vgl. PS.-RICHARD VON ST. VICTOR, Speculum eccles., PL 177, 375B: : „... voces tantum mediantibus intellectibus res significant..." Vgl. THOMAS VON AQUIN, Expos, lib. Peryerm. I, 4, 112f, in: Op. omn. (Leonina), t. Γ 1 (1989) l i a : „... non... potest esse quod (sc. voces) significent immediate ipsas res, ut ex modo significandi apparet: significat enim hoc nomen „homo" naturam humanam in abstractione a singularibus, unde non potest esse quod significet immediate hominem singularem. Unde Platonici posuerunt quod significaret ipsam ydeam hominis separatam; set, quia hec secundum suam abstractionem non subsistit realiter secundum sentenciam Aristotili, set est in solo intellectu, ideo necesse fuit Aristotili dicere quod res significant intellectus conceptiones immediate, et eis mediantibus res."; vgl. De pot. q 7 a 6 c: „... sciendum quod significatio nominis non immediate refertur ad rem, sed mediante intellectu: sunt enim voces notae earum quae sunt in anima passionum, et ipsae intellectus conceptiones sunt rerum similitudines." vgl. Sth. I, q. 13 a. 1 conci. S. Kap. IV, Anm. 383f.

183

PS.-ROBERT KILWARDBY, Comment,

184

Vgl. Anm. 159. Richard von Middleton präsentiert die beiden Positionen von vorrangiger Konzeptbezeichnung und vorrangiger Sachbezeichnung als vertretbare Meinungen, ohne sich definitiv für eine der beiden zu entscheiden. Vgl. RLCHARDUS DE MEDIAVILLA, Super quatuor libros sententiarum... quaestiones subtilissimae, 1 d. 22 a.l (1591) 205a: „... aliqui dicunt, quod nomen per prius significat conceptum factum de re, quam rem ipsam... et huic videtur concordare Philos. I. periher. dicens, litterae sunt signa vocum, voces sunt signa passionum animae conceptivum, et ipsae passiones signa rerum." Zur semantischen Theorie der beiden ca. 1295 entstandenen, Scotus zugeschriebenen Perihermeneias-Kommentare vgl. E. P. BOS, The Theory of the Proposition according to John Duns Scotus's Two Commentaries on Aristotle's Perihermeneias, in: Logos and Pragma, hg. L. M. DE RlJK, C. A. G. BRAAKHUIS (1987) 121-139; bes. 126ff.; C. MARMO, Ontology and semantic in the logic of Duns Scotus, in: On the Medieval Theory of Signs, hg. U. E c o u. C. MARMO (1989) 143-93, bes. 160-64 u. 175ff; J. BLARD, Logique et théorie du signe au XlVe siècle (1989) 48ff.

185

186

187

sup. Priscianum

maiorem

(1975) 67. Vgl. Anm. 113.

Vgl. LAMBERT VON AUXERRE, Logica (1971) 206: „... vox p r i m o et per se immediate est

signum intellectus rei; ulterius vero mediate est signum rei. Sicut enim dicitur quod quidquid est causa cause est causa causati sic potest dici suo modo quod quidquid est

84

Die mittelalterliche Zeichentheorie von Abailard bis zum 14. Jahrhundert

Zugleich ergibt sie hieraus jedoch auch die Möglichkeit einer fundamentalen und folgenreichen Umstrukturierung des semiotischen Dreiecks. Denn gerade dadurch, daß die litterae, voces und conceptus darin übereinkommen, Zeichen der res zu sein, können sie, wie Scotus deutlich macht, auch nach dem Modell mehrerer auf die selbe Ursache hingeordneter Wirkungen konzipiert werden, die zwar eine jeweils unterschiedlich große Nähe oder Unmittelbarkeit zur gemeinsamen Ursache aufweisen, von denen aber keine selbst Ursache einer anderen ist; mit der semantischen Konsequenz, daß litterae, voces und conceptus nun als „signa ordinata eiusdem signati" (auf das selbe Signifikat hingeordnete Zeichen) erscheinen. 188 Den Begriffen kommt zwar eine konstitutive Funktion für das Zustandekommen sprachlicher Bezeichnung zu; sie sind, wie man später sagen wird, die Bedingung, ohne die die sprachlichen Ausdrücke nicht bezeichnen würden (conditio, sine qua voces non significarent) 189 , fungieren deshalb aber, wie bereits Heinrich von Gent klargestellt hatte, nicht schon als „media in significando", so, als ob die gesprochenen Wörter die Dinge nur dadurch bezeichnen können, daß sie zunächst unmittelbar die Konzepte bezeichnen („quasi verba vocalia non significent res nisi mediante significatione ... conceptuum, sie quod immediate significent... conceptus"). 1 9 0 Wenngleich es also nach Scotus zwischen diesen signa ordinata eine Rangordnung hinsichtlich der Unmittelbarkeit der Bezeichnung gibt, ist deswegen jedoch das eine noch nicht im eigentlichen Sinne Zeichen des anderen. 191 Dies

signum signi est signum significati, et sic rei [sic! res] est significatum. Vox que est signum signi, scilicet intellectus, erit signum significati, scilicet rei, sed immediate est signum intellectus, mediate autem signum s i g n i . v g l . SCOTUS, In primum librum Perihermeneias quaestiones, q. 2 (1891-95) 1.541b [(1639) 1.187b]: „... d i c i t u r , q u o d s p e c i e s i n t e l l i g i b i l i s immediate significatur per vocem, sed illa dupliciter consideratur, aut inquantum est quid in se accidens, scilicet informans animam; aut inquantum repraesentat rem. Primo modo, non significatur per vocem..., sed secundo modo cum enim omne signum, inquantum signum, sit signum signati, sequitur, quod vox significans similitudinem inquantum sigum rei, significat ipsam rem, sed mediate, quia scilicet immediate significat id quod est signum ei, inquantum est signum." Dieser semiotische Lehrsatz gilt später als „Celebris regula Scoti". Vgl. CoNIMBRlCENSES, Comment, in univ. Arist. dial. (1607) 2. 3 3 ; vgl. Β. TELLEZ, SJ,

Summa universae philos. (1642) 79b.

188

Vgl. Anm. 191.

189

PETRUS HURTADO DE MENDOZA,

Disputationes de universa philosophia

(1617)

147;

vgl.

RAPHAEL AVERSA, Logica (1623) 123F. 190

191

HEINRICH VON GENT, Summa quaestionum ordinarium, a. 7 3 q. 6 (1520) 2. fol. 272v. Vgl. SCOTUS, Ord. I d. 27 q. 1-3 n. 83, in: Opera omnia, ed. C. BALIC (1950ff) 6 . 9 7 : „Licet magna altercatio fiat de voce, utrum sit signum rei vel conceptus, tarnen breviter concedo quod illud quod significatur per vocem proprie, est res. Sunt tarnen signa ordinata eiusdem signati littera, vox et conceptus, sicut sunt multi effectus ordinati eiusdem causae, quorum nullus est causa alterius, ut patet de sole illuminante plures partes medii; et ubi est talis ordo causatorum, absque hoc quod unum sit causa alterius, ibi est immediatio cuiuslibet respectu eiusdem causae, excludendo aliud in ratione causae, non tarnen excludendo aliud in ratione effectus immediatioris. Et tunc posset concedi aliquo modo effectum propinquiorem esse causam effectus remotioris, non proprie, sed propter prioritatem illam quae est in-

Die geistigen Begriffe als Zeichen

85

ist die Grundlage für Ockhams semantische Theorie der Subordination der sprachlichen Ausdrücke unter die Konzepte, die im Spätmittelalter und der frühen Neuzeit weite Verbreitung gefunden hat. 5. Insofern die Begriffe mit den sprachlichen Ausdrücken hinsichtlich ihres Zeichenseins übereinkommen, kann, wo deren Ahnlichkeitscharakter gegenüber ihrem Zeichencharakter in den Hintergrund tritt, die oratio mentalis in enger Analogie zur Sprache konzipiert werden.192 Hierdurch wird das besonders von Ockham entfaltete Konzept einer mentalistischen Logik ermöglicht, deren Gegenstand nicht mehr vokalsprachliche Aussagen, sondern die diesen korrespondierenden Mentalakte sind. 6. Die Bestimmung der Begriffe als signa führt damit - besonders im ausgehenden Mittelalter - zu einer engen Verbindung von Logik und Erkenntnistheorie im Medium des Zeichenbegriffs. 7. Im Zusammenhang damit vollzieht sich eine terminologische Neubestimmung des significare. Dieses ist, wo die Konzepte oder intellectus selbst als Zeichen gelten, nicht mehr im alten Sinne als ein kommunikativ vermitteltes constituere intellectum definierbar. Das im erkenntnistheoretischen Kontext für die Beschreibung der geistigen Erkenntnismittel gebräuchliche Begriffsfeld der repraesentatio erhält eine vorher so nicht gegebene Bedeutung für die logische Semantik und verbindet sich mit dem der significatio, indem beide Begriffe entweder gleichgesetzt werden oder aber das significare zum Unterbegriff des repraesentare wird. Deren Verhältnis wird dann besonders in der pariser Logik um 1500 zum Gegenstand umfangreicher Diskussionen und bildet noch im 17. Jahrhundert ein zentrales Problem der Zeichentheorie. 8. Zumindest mittelbar dürfte die Bestimmung der geistigen Begriffe als signa auch das Motiv der sich im ausgehenden Mittelalter abzeichnenden allgemeineren Berücksichtigung und Darstellung des Zeichens im Kontext der Logik sein. Denn erst vor dem Hintergrund einer solchen Bestimmung hat die Logik nicht mehr ausschließlich willkürliche Zeichen, sondern auch oder sogar vornehmlich natürliche Zeichen zum Gegenstand. 9. Das Zeichen beginnt, in ein neues Verhältnis zum Begriff der Präsenz zu treten. Nach der älteren, augustinischen Auffassung war das je schon auf Äußerlichkeit festgelegte Zeichen von der Sphäre des verbum mentis, bzw. jener Din-

ter tales effectue ad causam; ita potest concedi de multis signis eiusdem signati ordinatis, quod unum aliquo modo est signum alterius (quia dat intelligere ipsum), quia remotius non signaret nisi prius aliquo modo immediatius signaret, - et tamen, propter hoc, unum proprie non est signum alterius, sicut ex alia parte de causa et causis." Im Scotismus wird das semantische Modell der signa ordinata übernommen. Vgl. z.B. NICOLAUS DE ORBELLIS, Su-

192

per textu P. Hispani expos. (1489) fol. a4v. Vgl. W. HÜBENER, Der theologisch-philosophische

Konservativismus des Jean Gerson, in: Miscellanea Mediaevalia 9, hg. A. ZIMMERMANN (1974) 1 7 1 - 2 0 0 ; J . PINBORG, The English Contribution to Logik before Ockham: Synthese 40-1 (1979) 37f.

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Die mittelalterliche Zeichentheorie von Abailard bis zum 14. Jahrhundert

gen, „quae praesentia contuemur in illa interiore luce veritatis",193 ausgeschlossen. Wenn Derrida meint: Man kann in der klassischen Weise einer Philosophie der Intuition und der Präsenz das Zeichen tilgen. Diese nämlich tilgt das Zeichen, indem sie es ableitet, so wie sie die Reproduktion und die Repräsentation ausstreicht, indem sie sie als bloße Modifikation plötzlich zur einfachen Präsenz hinzutreten läßt. Und weil eine derartige Philosophie wahrlich DIE Philosophie und die okzidentale Geschichte - den Begriff des Zeichens auf diese Weise konstituiert und etabliert hat, ist dieser von Anfang an und in seinem Sinnkern durch den Willen nach Ableitung oder Tilgung gekennzeichnet 194 ,

dann mag das für das augustinisch gedachte Zeichen zutreffend sein. 195 Mit der Bestimmung der conceptus als signa jedoch beginnt das Zeichen als Mentalzeichen selbst den Bereich der Intuition und kognitiven Präsenz zu besetzen. So gefaßt, erweist es sich als resistent gegen alle Versuche seiner Ableitung oder 'Tilgung' von Seiten der Präsenz. Denn es gibt hinter ihm keine Präsenz mehr, von der aus es getilgt werden könnte, weil es eben keine Präsenz gibt, die nicht je schon Zeichen wäre. D. Präsenz, Repräsentation und Zeichen in der scholastischen Theorie der Erkenntnis Insofern das Zeichen Mittel nicht nur der Manifestation des Verborgenen,196 sondern auch der Vergegenwärtigung des Abwesenden197 und d.h. - weil Vergegenwärtigung bzw. Repräsentation nur in Rücksicht auf ein Erkenntnisvermögen gedacht werden kann - der Herstellung kognitiver Präsenz ist, besetzt das Zeichenkonzept eine wichtige Systemstelle in der Diskussion des Erkenntnisproblems. Denn wenn einerseits gilt: „intelligere est aliquid praesens habere", 198 und andererseits das significare als „facere praesens potentiae cognoscenti" definiert werden kann, dann ist das funktional durch Repräsentation, d.h. durch Herstellung von Präsenz charakterisierte Zeichen zumindest überall dort Voraussetzung von Erkenntnis,199 wo die Präsenz des Erkenntnisgegenstandes selbst nicht als unmittelbar gegeben angenommen wird. Das Zeichen ist

AUGUSTINUS, De magistro XII, 40. J. DERRIDA, Die Stimme und das Phänomen (1979) 105. 1 9 5 Damit allerdings auch für den außerscholastischen Zeichenbegriff der frühen Neuzeit, der aufs Ganze gesehen - wiederum der augustinische sein wird. 1 9 6 Vgl. THOMAS VON AQUIN, 4 Sent, d 1 q 2 a 1, op. omn., ed. Fretté/Maré, 10. 8b: „... signum, quantum est in se, importât aliquid manifestum quoad nos, quo manuducimur in cognitionem alicujus occulti." 197 Vg| JOHANNES DE ORIA, Summularum volumen primum (1987) 157: „repraesentare est rem praesentem, que erat absens, facere."

193

194

198

199

PETRUS AUREOLI, 1 Sent.

d. 3 5 , pars 1, a. 1 ( 1 5 9 6 ) 7 5 5 b .

THOMAS VON AQUIN, In Psalmos, 26, 6, Op. omn., 18. 377: „omnis repraesentatio fit per aliqua signa".

Präsenz, Repräsentation und Zeichen in der Theorie der Erkenntnis

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als Erkenntnismedium auf das Engste mit dem Problem der Erkenntnis verbunden. 2 0 0 Der Themenkomplex von Erkenntnis und kognitiver Repräsentation wurde im Mittelalter in einer Ausführlichkeit und Differenziertheit erörtert, die ihn in wenigen Sätzen kaum angemessen darstellbar sein läßt. 201 Entsprechend kann es im Folgenden nur um jenen begrenzten, wenngleich zentralen Ausschnitt des Problems gehen, der durch die Begriffe von Präsenz, Repräsentation und Zeichen markiert wird. Das grundlegende Problem der Erkenntnis erscheint - in seiner ganzen Trivialität und Tragweite - schlaglichtartig an jener vielzitierten Aristotelesstelle (De anima III, 8, 4 3 1 b 2 9 ) , wo es heißt, „nicht der Stein ist in der Seele, sondern seine Form (bzw. species)". Oder anders formuliert: nulla res distincta ab ipso intellectu, ... potest esse in se sufficienter presens ipsi intellectui [...], oportet igitur, quod per aliquid aliud ipsi intellectui fiat presens - (kein vom Intellekt unterschiedenes Ding kann an sich selbst dem Intellekt hinreichend präsent sein, also muß es durch etwas anderes dem Intellekt präsent gemacht werden).202 Das Problem der Erkenntnis ist im Wesentlichen eines der Präsenz. Diese bildet, wenn auch in äußerst unterschiedlichen inhaltlichen Bestimmungen, den systematischen Kern sämtlicher gnoselogischer Positionen. W o die Präsenz des Gegenstandes in Rücksicht auf das erkennende Vermögen nicht vorausgesetzt wird, bedarf es eines Mediums, das diesen, obwohl abwesend, doch in irgendeiner Weise anwesend sein läßt. Die Argumentationsfigur ist hierbei überall dieselbe: Non est possibile, res secundum se esse praesentes ipsi intellectui, propter quod oportet, eas in ipso intellectu existere per suas similitudines, quibus intellectus informants possit ipsas res intelligere. - (Es ist nicht möglich, daß die Dinge selbst dem Intellekt präsent sind, weshalb es notwendig ist, daß sie im Intellekt durch ihre Ähnlichkeiten existieren, durch welche informiert, der Intellekt die Dinge selbst erkennen kann).203 Das ist die Grundlage der im 13. Jahrhundert von Autoren wie Roger Bacon, Albertus Magnus, Thomas von Aquin, Aegidius Romanus u.a. ausgebildete Theorie der species oder Erkenntnisbilder. 204 Diese species, die, vereinfachend Vgl. THOMAS VON AQUIN, De ventate q. 9 a. 4 ad 4 (1972) 289b: „... communiter possumus signum dicere quodcumque notum in quo aliquid cognoscatur; et secundum hoc forma intelligibilis potest dici signum rei quae per ipsam cognoscitur..." 2 0 1 Vgl. hierzu W. HÜBENER, Studien zur Theorie der kognitiven Repräsentation in der mittelalterlichen Philosophie (1968); O. GRASSI, Intuizione e significato. Adam Wodeham ed il problema della conoscenza nel XIV secolo (1986); K. H. TACHAU, Vision and certitude in the age of Ockham. Optics, epistemology and the foundations of semantics 1250-1345 (1988). 2 0 2 PS.-RICHARD OF CAMPSALL, Logica contra Ocham, in: The Works of Richard Campsall, Bd. 2, hg. E. A. Synan (1982) 107. 2 0 3 AUGUSTINUS TRIUMPHUS, Opusculum perniile de cognitione animae, II, 2, zit. nach C. PRANTL, Gesch. d. Logik im Abendlande (1855-1870) 3.276. 204 YGI MAIER, Das Problem der 'species sensibiles in medio' und die neuere Naturphilosophie des 14. Jahrhunderts, in: Dies. Ausgehendes Mittelalter (1967) 419-51. Zur Entstehung 200

88

Die mittelalterliche Zeichentheorie von Abailard bis zum 14. Jahrhundert

gesagt, als vom Gegenstand ausgesandte äußere species sensibiles die Überwindung seiner räumlichen Distanz zum Erkennenden sowie als innere species intelligibiles die Überwindung seiner metaphysischen 'Distanz' zum geistigen Erkenntnisvermögen, d.h. seine Präsenz gegenüber dem Intellekt bzw. seine Verbindung mit demselben bewirken sollen,205 werden zum Teil als Zeichen der Dinge bestimmt.206 Im allgemeinen sind sie jedoch als ein repräsentierendes Medium (medium repraesentativum) charakterisiert, das, ohne selbst erkannt zu werden, die Erkenntnis des von ihm Repräsentierten ermöglicht. Die Annahme solcher species war durchaus umstritten. Aber auch dort, wo sie verworfen werden, wird nicht etwa das Präsenzpostulat aufgegeben. Die Ablehnung geschieht vielmehr auf der Grundlage divergierender Präsenzannahmen. Heinrich von Gent etwa kann die Existenz der species intelligibiles leugnen, gerade weil ihm zufolge das Intelligible selbst dem Intellekt unmittelbar präsent ist („intelligibile ... bene potest esse praesens intellectui) und damit jedes zusätzlich angenommene Medium der Erkenntnis nur hinderlich sein würde.207 Lediglich zur sinnlichen Wahrnehmung sind species erforderlich, da hier eben gilt: quia sensibile ... non potest per suam substantiam esse ... praesens vi sensitivae ... oportet, quod sit ei praesens per suam speciem - (weil der Sinnesgegenstand nicht seiner Substanz nach dem Sinnesvermögen präsent sein kann, ist es erforderlich, daß er diesem durch sein Erkenntnisbild präsent ist). 2 0 8

Eine forcierte Betonung der Präsenz von Erkenntnisgegenstand und Erkenntnisakt bildet auch bei Petrus Johannes Olivi den Ausgangspunkt für die

205

206

207

208

und Entwicklung der Speciestheorie vgl. die grundlegende Arbeit von K. H. TACHAU, Vision and certitude (1988). Vgl. F. SuÄREZ, De anima, lib.3 c . l n.4, Op. omn. 3 (1856-78) 6 1 4 : „Unio objecti cognoscibilis cum potentia necessaria est in omni cognitione, est fere communis opinio theologorum et philosophorum, qui in potentiis cognoscitivis ponunt similitudines quasdam objectorum ut per illas objecta uniantur potentiis, easque vocant species intentionales, species quidem, quia sunt formae repraesentantes: intentiones vero non, quia entia realia non sint, sed quia rationi deserviunt, quae intentio dici sol et." Vgl. ROGER BACON, Opus tertium, cap. 21 (1859) 100. vgl. Anm. 4 1 ; vgl. Κ . H . TACHAU, The Response to Ockham's and Aureol's Epistemology (1982) 189. Zur species intelligibilis als signum bei SCOTUS, vgl. In primum lib. Periherm. q. 2 (1891-95) 1.541b [(1639) 1.187b]. Da im Thomismus das Zeichen als etwas bestimmt ist, das vorgängig selbst erfaßt sein muß, werden die species impressae, von denen dies gerade nicht gilt, hier nicht als signa, sondern als imagines oder similitudines beschrieben. Die Frage nach dem Zeichencharakter der species wird im 17. Jh. zu einem Standardthema der Logik und Erkenntnistheorie. Quodl. IV, q. 7 ( 1 5 1 8 ) fol. 93v: „... Ubi ... contingit, quod res per suam essentiam est in intellectu aut praesens ei, multo melius potest eum ad se intelligendum determinare per suam essentiam quam per speciem informantem." vgl. W. HÜBENER, Studien zur Theorie der kognitiven Repräsentation in der mittelalterlichen Philosophie (1968) 286. HEINRICH VON GENT, Quodl. X I , 5 ( 1 5 1 8 ) fol. 4 5 1 D .

HEINRICH VON GENT,

89

Präsenz, R e p r ä s e n t a t i o n u n d Z e i c h e n in der T h e o r i e der E r k e n n t n i s

Abweisung der species intelligibiles. Denn, so Olivi, wo der Blick des Erkenntnisvermögens sich „in allergegenwärtigster Weise auf das Objekt selbst richten kann, ist es nicht erforderlich, daß es jenem durch etwas anderes repräsentiert wird, als durch sich selbst" (quando aspectus potentiae praesentialissime figetur in ipso objecto, non oportebit quod per aliud sibi repraesentetur, quam per semetipsum).209 Zwar ist auch für ihn ohne Repräsentation Erkenntnis nicht denkbar. Diese hat jedoch nicht den Charakter eines zwischen den Gegenstand und den Erkenntnisakt tretenden Mediums, sondern ist der aktuale Erkenntnisakt selbst.210 Wenn, wie von jeher, das Zeichen seinen Ort im Spannungsfeld von Präsenz und Abwesenheit hat, verliert es, wo die Sache selbst präsent ist, jede Funktion: „quando res praesens est, non est opus imagine rei." 211 In genauem Gegensatz zu Heinrich von Gent sah bereits Abailard eine solche Präsenz gerade im Fall der sinnlichen Perzeption als gegeben an. Während er deshalb hierfür die Annahme von vermittelnden Erkenntnisbildern als überflüssig ablehnte, ließ er diese nur für die imaginative und intellektuelle Erkenntnis gelten.212 Es ist offenkundig, daß hier ein anderer Begriff der Präsenz als bei Heinrich von Gent vorliegt. Ahnlich verhält es sich bei Scotus. Wenn Scotus betont, daß die äußeren Wahrnehmungsgegenstände selbst dem Erkenntnisvermögen realpräsent sind und es zu ihrer Wahrnehmung folglich keiner species bedarf, so besagt dies für ihn nichts anderes, als daß jene sich in einer angemessenen räumlichen Nähe (approximatio) befinden, um auf das Erkenntnisvermögen einwirken und gemeinsam mit diesem eine species intelligibilis im Intellekt als Abbild des Gegenstandes erzeugen zu können. Von dieser äußeren, realen Präsenz des Gegenstandes ist jedoch seine kognitive Präsenz als ein Erkennbares oder Repräsentiertes („sub ratione cognoscibilis seu repraesentati") zu unterscheiden, die dieser erst im Medium der species intelligibilis erhält.213 Beide Weisen der Präsenz 209

PETRUS JOHANNES OLIVI,

Quaestiones in librum secundum sententiarum,

hg. V. B. JANSEN

(1922-26) 2.429. 210

Ebd. 3 . 1 3 0 .

211

PIERRE ABAILARD,

Logica ingredientibus, Glossae ... super Peri ermenias

(1927) 322.

212 v g l . ebd. „ . . . rem ipsam in se ipsa s p e c u l a m u r , q u a e sensui ipsa se r e p r a e s e n t a t . S e d et ipsam i m a g i n e m rei si c o g i t a m u s , per se i p s a m , n o n per aliam i m a g i n e m a c c i p e r e v i d e m u r , q u i a c u m ipsa s e r e p r a e s e n t a t intellectui, non est o p u s p r o e a a l i a m s u p e r p o n e r e .

Ceteras

v e r o res insensibiles n o n nisi per i m a g i n e s p r o eis c o n s t i t u r a s intelligere p o s s u m u s

nec

et i a m i p s o s i n t e l l e c t u s . " V g l . ebd. 3 1 4 f : „ S e n s u s i t a q u e p e r c e p t i o q u a e per ipsam rem h a b e tur, n o n per s i m i l i t u d i n e m rei, n e c e s s a r i o t o l l i t u r re sublata, i m a g i n a t i o v e r o vel i n t e l l e c t u s per q u a n d a m rei effigiem, q u a m a n i m u s c o n f i n g i t , s u b l a t a q u o q u e re sive p e n i t u s d e s t r u c t a r e t i n e t u r . ... ( 3 1 5 ) . . . d u m res praesens est, q u a e a t t r a c t a t u r sensu, i m a g i n e n o n e g e m u s , sed ipsa rei Veritas et sensu et c o g n i t a t i o n e percipitur nulla i n t e r c e d e n t e i m a g i n e . " 213

SCOTUS, Ord.

I, d . 3 p.3 q . l ( 1 9 5 4 : 2 3 2 f ) : „... r e s p o n d e o q u o d o b i e c t u m respectu p o t e n t i a e

p r i m o h a b e t p r a e s e n t i a m r e a l e m , videlicet a p p r o x i m a t i o n e m t a l e m ut possit g i g n e r e t a l e m s p e c i e m in intellectu, q u a e est r a t i o f o r m a l i s i n t e l l e c t i o n i s ; s e c u n d o , per illam s p e c i e m gen i t a m , q u a e est i m a g o gignentis, est o b i e c t u m praesens sub r a t i o n e c o g n o s c i b i l i s seu repraesentati. P r i m a p r a e s e n t i a p r a e c e d i t n a t u r a l i t e r s e c u n d a m , q u i a p r a e c e d i t i m p r e s s i o n e m spe-

90

Die mittelalterliche Zeichentheorie von Abailard bis zum 14. Jahrhundert

stehen in unmittelbarem Z u s a m m e n h a n g mit der durch Scotus eingeführten und später intensiv rezipierten u n d diskutierten Unterscheidung v o n intuitiver und abstraktiver Erkenntnis. 2 1 4 Bewirkt der Gegenstand selbst dadurch, daß er d e m Erkenntnisvermögen

seiner

eigenen

wirklichen

Existenz

nach

präsent

ist

(„praesens in propria existentia actuali"), teilursächlich die Erkenntnis, so ist diese intuitiv (cognitio intuitiva).

Ist dagegen jene, gegenüber der Existenz oder

Präsenz des Gegenstandes sich indifferent verhaltende, weil im Gedächtnis verbleibende species

intelligibilis

delt es sich u m eine cognitio

teilursächlicher Beweggrund der Erkenntnis, hanabstractiva.215

Gregor v o n Rimini akzentuiert ge-

genüber der scotistischen Insistenz auf Realexistenz und Realpräsenz stärker das M o m e n t der - im mittelalterlichen Sinn verstandenen - objektiven Präsenz des Gegenstandes im Erkenntnisvermögen als d e m Wesensmerkmal intuitiver Er-

214

215

ciei per quam est formaliter secunda praesentia. - Quando ergo accipitur quod „species in intellectu non est causa praesentiae obiecti", dico quod falsum est de praesentia sub ratione cognoscibilis, saltem intellectione abstractiva, de qua modo loquimur; et cum probatur quod „prius est obiectum praesens quam species", illud verum est de praesentia reali, qua agens est praesens passo. Et intelligo sie, quod in primo signo naturae est obiectum in se vel in phantasmate praesens intellectui agenti, in secundo signo naturae - in quo ista sunt in intellectu possibili, ut agentia passo - gignitur species in intellectu possibili, et tunc per speciem est obiectum praesens sub ratione cognoscibilis." Zu Scotus Theorie der species intelligibiles und ihrer Wirkung im späteren 14. Jahrhundert vgl. F. CORVINO, La nozione di „specie intelligibile" da Duns Scoto ai maestri agostiniani del secolo XIV (Gregorio da Rimini e Ugolino da Orvieto): Rivista di Filosofia Neoscolastica 70 (1978) 149-178. Vgl. SCOTUS, Reportata Parisiensia, prol. q 2 η 15 (1891-95) 22.41b: „Duplex est cognitio, quaedam quidem est per speciem, quae est rei non in se praesentis, et haec vocatur cognitio rei abstractiva; alia est cognitio rei ut habet esse in actuali existentia, et haec dicitur cognitio intuitiva. Et haec duplex cognitio patere potest in cognitionibus potentiarum sensitivarum; visus enim apprehendit visibile ut existit actualiter, et huic correspondet cognitio intuitiva intellectus. Phantasia vero sive imaginatio apprehendit illud visibile per speciem repraesentantem in absentia rei, quamvis non sit ibi praesens in actuali existentia, et huic correspondet cognitio abstractiva intellectus." Zur Theorie der cognitio intuitiva und cognitio abstractiva vgl. S. F. DAY, Intuitive Cognition. A Key to the Significance of the Later Scholastics (1947); C. K. BRAMPTON, Scotus, Ockham and the Theory of Intuitive Cognition: Antonianum 40 (1965) 449-466; J. F., BOLER, Ockham on Intuitive Cognition: Journal of the History of Philosophy 11 (1973) 95-106; DERS., Intuitive and abstract cognition, in: CHLMP, 460-78; R. G. WENGERT, The sources of intuitive cognition in William of Ockham: FS 41 (1981) 415-47; G. CANNIZZO, Il sorgere di 'notitia intuitiva' all'alba del pensiero moderno Oxford- Parigi nell'Europa del primo trecento (1984); O. GRASSI, Intuizione e significato. Adam Wodeham ed il problema della conoscenza nel XIV secolo (1986); M. E. REINA, Cognizione intuitiva ed esperienza interiore in Adamo Wodeham: Rivista di Storia della Filosofia 41 (1986) 19-49; 211-244; C. PANACCIO, Intuition, abstraction et langage mental dans la théorie occamiste de la connaissance: Revue de Métaphysique et de Morale 97(1992) 61-81.. Vgl. SCOTUS, Quodl. 13, 10 (1639) 12.310: „... cognitione intuitiva res in propria existentia est per se motiva obiective, in cognitione autem abstractiva est per se motivum aliquid, in q u o r e s h a b e t esse c o g n o s c i b i l e : sive sit causa virtualiter continens rem, ut cognoscibile,

sive ut effectue, puta species, vel similitudo repraesentative continens ipsum, cuius est similitudo."; Vgl. L. HONNEFELDER, Ens inquantum

ens (1979) 231.

91

Präsenz, Repräsentation und Zeichen in der Theorie der Erkenntnis k e n n t n i s . 2 1 6 Eine s o l c h e cognitio

intuitiva

ist e i n e i n f a c h e s E r k e n n e n , d u r c h d a s

e t w a s unmittelbar in sich selbst erkannt w i r d ( a l i q u i d immediate noscitur).

in se ipso

cog-

D u r c h d i e v o n der „praesentialitas o b i e t t i v a " d e s E r k e n n t n i s g e g e n -

standes abstrahierenden cognitio

abstractiva

sentativen M e d i u m erfaßt (aliquid

d a g e g e n w i r d e t w a s in e i n e m reprä-

in aliquo

medio

repraesentativo

cognosci-

tur).217 G e g e n S c o t u s lehrt Petrus A u r e o l i unter V e r w e i s auf w a h r n e h m u n g s p s y c h o l o g i s c h e P h ä n o m e n e w i e S i n n e s t ä u s c h u n g e n , v i s u e l l e N a c h b i l d e r u. ä. d i e M ö g lichkeit d e s S e h e n s einer n i c h t präsenten Sache, einer i n t u i v e n E r k e n n t n i s „sine praesentia rei visae". 2 1 8 A u c h das impliziert j e d o c h k e i n e A b k e h r v o m Präsenzparadigma. V i e l m e h r v o l l z i e h t sich n a c h Aureoli selbst n o c h d i e intuitive Erfass u n g d e s A b w e s e n d e n im M o d u s der G e g e n w ä r t i g k e i t ( „ i m m o d e absenti praesentialiter"). 2 1 9 D e n n d i e s i n n l i c h e u n d u m s o m e h r d i e intellektuelle Intuition ist n i c h t auf d i e reale Präsentialität d e s G e g e n s t a n d e s a n g e w i e s e n . 2 2 0 Es ist zu u n t e r s c h e i d e n z w i s c h e n der realen Präsenz (praesentia in e s s e reali) u n d der Präsenz i m M o d u s d e s Erkanntseins o d e r E r s c h e i n e n s (praesentia in e s s e c o g n i t o et 216

GREGOR VON RIMINI: Lectura super pritnum et secundum sententiarum, hg. A. D. TRAPP u. V. MARCOLINO, Lib. 1 d. 3 q. 3 a. 1. Tomus I. (1981) 392 : „... notitia videtur dicenda abstractiva, non quia abstrahat ab existentia rei, quasi ipsa existentia non possit abstractive cognosci, nec quia abstrahlt a condicionibus singularibus, sed quia quodammodo abstrahlt a praesentialitate obiectiva rei cognitae. Nam in tali notitiae modo non obicitur res ipsa immediate menti secundum se [...] sed aliquod eius repraesentativum, et ideo quasi absens videtur cognosci res ipsa. Intuitiva vero notitia, quia immediate res ipsa obicitur, ipsa praesens est obiectiva menti, esto quod non sit praesens existenter, immo etiam nullibi existât, dummodo tunc ipsa in se immediate noscatur, si hoc possibile sit." Vgl. T. KOBUSCH, Sein u. Sprache (1987) 167; zu Gregors Theorie der intuitiven Erkenntnis vgl. C. MARMO, Gregory of Rimini: notitia intuitiva, species and Semiotics of Images, in: Knowledge and the Sciences in Medieval Philosophy (1990) 2. 257-264.

217

GREGOR VON RIMINI, ebd. p. 389 f. Vgl. W. ECKERMANN: Wort und Wirklichkeit. Das Sprachverständnis in der Theologie Gregors von Rimini und sein Weiterwirken in der Augustinerschule (1978) 223; vgl. HUGOLINO VON ORVIETO: Physikkommentar, hg. v. W. ECKERMANN (1972) 89: „Notitiam ... intuitivam voco omnem notitiam simplicem, qua aliquid formaliter in se ipso immediate cognosci tur... Abstractivam ... notitiam voco notitiam quandam simplicem, qua formaliter quid in alio medio repraesentativo cognoscitur." Vgl. O. GRASSI, Intuizione e significato (1986) 147ff; T. KOBUSCH, Sein und Sprache (1987) 141ff; Κ. H. TACHAU, Vision and certitude (1988) 85ff. An zahlreichen Stellen betont Aureoli die Unabhängigkeit der intuitiven Erkenntnis von der realen oder aktualen Präsenz der res; vgl. PETRUS AUREOLI, Scriptum super primum Sent. (1953-56) 1.198, 37f: „... intuitiva notitia fieri potest re absente nec actualiter praesente..."; ebd., 200, 123f: „... realitas visionis non exigit realem praesentiam obiecti existentis..."; ebd., 201, 136f: „... est enim intuitiva (sc. apparitio) absque praesentialitate rei." AUREOLI, Commentarius Prot. q. 1, ed. P. BOEHNER, Notitia intutiva of non existents according to Peter Aureoli (1948) 416; vgl. Scriptum super primum Sent. (1953-56) 1.204, 42ff: „Ocularis ... notitia fertur super praesens modo praesentiali, immo et super absens modo praesentiali..."; vgl. O. GRASSI, Intuizione (1986) 159. AUREOLI, Scriptum super primum Sent. (1953-56) 1.199, 91ff: „... intuitio sensitiva separari potest a reali praesentialitate obiecti; ergo multo fortius intuitio intellectus poterit separa-

218

219

220

92

Die mittelalterliche Zeichentheorie von Abailard bis zum 14. Jahrhundert

apparenti). AHein letztere, die Aureoli auch als Präsenz „in quodam esse intentionali" bezeichnet, 2 2 1 ist mit der intuitiven Erfassung eines Gegenstandes notwendig verbunden. 2 2 2 Nicht jedoch als die der Erkenntnis selbst vorgängige Voraussetzung. Denn das Erkennen selbst, die kognitive Repräsentation, ist es, die das Ding in den Seinsmodus gegenständlicher Präsenz nach Art eines Erscheinenden versetzt: „... intelligere formaliter non est aliud, quam illud, quo res ponitur in esse praesenti obiective per modum apparentis." 2 2 3 Die reale Präsenz des Erkenntnisgegenstandes ist damit ohne Bedeutung für die Realität des Erkenntnisaktes („realitas visionis non exigit realem praesentiam obiecti") 2 2 4 sondern entscheidet lediglich darüber, ob dieser wahr ist oder nicht. Denn Erkenntnisgegenstand ist nicht das Ding in seinem realen, sondern in seinem ge-

genständlichen oder intentionalen Sein (esse obiectivum; esse intentionale) bzw., gemäß dem von Aureoli geprägten Begriff, in seinem „Erscheinendsein" (esse

apparens). Ein solches „gegenständliches Präsentsein im Modus eines Erscheinenden"

(esse praesens obiective per modum apparentis)225 erhält das Ding ohne Hinzutreten eines vermittelnden Dritten durch den Akt des Erkennens selbst. Das Konzept eines gegenständlichen oder intentionalen Seins des Erkenntnisgegenstandes im Intellekt (esse obiectivum bzw. intentionale), eine Begrifflichkeit, die im 19. Jahrhundert von Franz Brentano in expliziter Anknüpfung an die „Scholastiker des Mittelalters" wieder aufgegriffen 226 und besonders durch Husserl - wenn auch in abweichender inhaltlicher Bestimmung - nachhaltige Wirksamkeit entfaltet hat, 2 2 7 ist im Kontext der Bestimmungen des Seinsmodus des Erkannten als eines solchen bereits vor Aureoli gebräuchlich. Aureoli weicht von der älteren Auffassung jedoch insofern ab, als er nachdrücklich den medialen Charakter desselben verwirft. Das esse apparens Aureolis ist, hierin unterscheidet es sich von den species,228 kein vom äußeren Gegenstand real verschiedenes Drittes, sondern lediglich ein für das Zustandekommen von Erkenntnis

221

222

223

Sent d 3 2 , a 2 ( 1 5 9 6 ) 1 . 7 2 6 aD: „... res exteriores dicuntur intelligi et cognosci ex eo, quod in quodam esse intentionali fiunt praesentes intelligenti." AUREOLI, Eommentarius Prol. q. 1, ed. P . BOEHNER, Notitia intutiva of non existents according to Peter Aureoli (1948) 4 1 4 : „Dico, quod obiecti praesentia quaedam est in esse reali, quaedam in esse cognito et apparenti. Ista secunda requiritur, sed prima non requiritur, nisi ad veram visionem"; Vgl. O . GRASSI, Intuizione (1986) 158. AUREOLI, 2 Sent, d 11, q 3, a 2 (1605) 2. 132bC; vgl. 4 Sent d. 50, q un a 2 (1605) 2.243 bC: „... repraesentare non est aliud quam obiectum actu praesens exhibere, hoc autem idem est et intelligere." Vgl. T. KOBUSCH, Sein und Sprache (1987) 166. AUREOLI, 1

Scriptum super primum Sent. ( 1 9 5 3 - 5 6 ) 1 . 2 0 0 . Sein und Sprache (198η 166. F . BRENTANO, Psychologie vom empirischen Standpunkt (1955) 1.124; vgl. 2.8f. Vgl. T . KOBUSCH, Sein und Sprache ( 1 9 8 7 ) 2 7 1 - 9 5 ; vgl. F . A. PREZIOSO, La 'species' medievale e i prodromi del fenomenismo moderno ( 1 9 6 3 ) .

224

AUREOLI,

225

V g l . T . KOBUSCH,

226

227

228

Vgl. A. MAIER, Das Problem der species

sensibiles in medio" (1967) 425f.

Präsenz, Repräsentation und Zeichen in der Theorie der Erkenntnis

93

n o t w e n d i g e r anderer Seinsmodus ebendesselben („non est aliquid aliud quam res extra sub alio m o d o essendi"). 2 2 9 O c k h a m , der Scotus' Agumentation zugunsten einer aus der Präsenz des Gegenstandes abgeleiteten unmittelbaren, nicht durch species

vermittelten sinnli-

chen W a h r n e h m u n g auf die intellektuelle Erkenntnis überträgt, 2 3 0 hat das nicht gelten lassen. D e n n er betont gegenüber Aureoli, daß die res durch die intuitive Erkenntnis kein w i e auch immer geartetes Sein erhält, das ein Mittleres zwischen d e m äußeren D i n g und d e m Akt der Erkenntnis darstellt, sondern vielmehr o h n e irgendein M e d i u m unmittelbar erkannt wird: „in nulla cognitio intuitiva ... constituitur res in q u o c u m q u e esse q u o d sit aliquod m e d i u m inter rem et actum c o g n o s c e n d i . Sed dico q u o d ipsa res immediate, sine o m n i m e d i o inter ipsam et actum, videtur vel apprehenditur". 2 3 1 O c k h a m formuliert, die sensibiles

u n d intelligibiles

species

gleichermaßen verwerfend, eine grundsätzliche Kritik

an der repräsentationalistischen Theorie der Erkenntnis, i n d e m er den N a c h w e i s führt, daß ein solches M e d i u m nicht nur überflüssig ist, 2 3 2 sondern auch die ihm v o n den Speciesbefürwortern z u g e w i e s e n e Funktion der Erkenntnisvermittlung qua Repräsentation überhaupt nicht erfüllen könnte. Hierbei bedient er sich einer Argumentationsfigur, die ihren historischen Ursprung in der augustinischen - genau g e n o m m e n bereits in der pyrrhonischen - Zeichenkritik 2 3 3 hat:

229

230

231 232

233

AUREOLI, 1 Sent. d. 27, pars 2, a. 2 (1596) 626a: „ ... necesse est quod res extra, quoad actum intellectus, capiant quoddam esse et ita res posita in esse formato non est aliquid aliud quam res extra sub alio modo essendi." Vgl. O. GRASSI, Intuizione (1986) 161. OCKHAM, Scriptum in lib. 1 Sent. (Ordinatio) d. 27, q. 2 (1979) 201, 5-14: „... quandocumque aliqua potentia est perfecte disposita ad aliquem actum et obiectum secundum se totum et quamlibet partem est perfecte praesens, tunc potest sequi actus distincte apprehendendi illud obiectum sine omni notitia confusa praevia. Hoc patet quia non minoris perfectionis est intellectus dispositus et non impeditus ... quam visus vel quaecumque potentia sensitiva. Sed potentia sensitiva, si obiectum suum sit convenienter praesens, et potentia sit sufficienter disposita, statim distincte apprehendit illud obiectum." OCKHAM, Quaest. in lib. 1 Sent. (Reportatio) d. 27 q. 3, OT IV (1979) 241. Die traditionell den species zugewiesene Funktion, die Distanz zwischen äußerem Erkenntnisgegenstand und Erkennendem zu überbrücken, entfällt bei Ockham bereits aufgrund seiner physikalischen Lehre von der Möglichkeit einer Fernwirkung (actio in distans). Vgl. OCKHAM, 2 Sent. q. 12-13 (1981) 274f; vgl. hierzu A. GODDU, William of Ockham's Arguments for Action at a Distance: FS 44 (1984) 227-44. Die Annahme einer actio in distans impliziert für Ockham keineswegs eine Preisgabe des Präsenzpostulats. Der Gegenstand ist präsent. Nur ist diese Präsenz nicht als lokale Präsenz zu deuten, sondern als das Vermögen einer unmittelbaren Einflußnahme. Unter Bezugnahme auf Ockham wird Gervasius Waim später diese Form der Präsenz als eine des contactus virtualis im Gegensatz zum räumlichen contactus matbematicus bezeichnen. Vgl. GERVASIUS WAIM, Tractatus noticiarum (Paris 1528) fol. d 2va, zit. nach A. BROADIE, The circle of John Mair (1989) 18: „... contactu virtuali dicitur aliquid praesens et immediatum alteri quando sic est praesens quod potest ibi causare effectum dato quod non sit ibidem per essentiam seu per contactum mathematicum. Isto supposito dico cum Ockham quod ad hoc quod agans agat in aliquod passum non requiritur quod agans et passum sint immediata immediatione correspondente tactui mathematico." Augustinus ging es in De magistro in erster Linie um den Erweis des rememorativen Cha-

94

Die mittelalterliche Zeichentheorie von Abailard bis zum 14. Jahrhundert

Die Erkenntis des Repräsentierten ist nicht das Resultat, sondern die Voraussetzung jeder Repräsentation: Repraesentatum oportet esse prius cognitum; aliter repraesentans numquam duceret in cognitionem repraesentati tamquam in simile. Exemplum: Statua Herculis, numquam ducit me in cognitionem Herculis, nisi prius vidissem Herculem, nec aliter possum scire, utrum statua sit similis aut non. - (Das Repräsentierte muß vorher erkannt sein, denn anders würde das Repräsentierende niemals zur Erkenntnis des Repräsentierten als eines Ähnlichen führen. Beispiel: Die Statue des Herkules führt mich niemals zur Erkenntnis des Herkules, wenn ich diesen nicht vorher gesehen habe, noch könnte ich wissen ob die Statue ihm ähnlich ist oder nicht). 2 3 4

rakters der sprachlichen Ausdrücke; er hatte jedoch zu verstehen gegeben, daß dieser ebenso auf alle anderen Zeichen zutrifft. Auch diese starke Version der augustinischen These war im Mittelalter bekannt und in Gebrauch. Vgl. MATTHAEUS VON AQUASPARTA, Quaestiones de cognitione, q. 6 (1957) 320f. 3 3 6 : „... dicit Augustinus quod impossibile est cognosci signum (321) nisi cognoscatur illud cuius signum est... (336) ... dicendum quod absque dubio, ad hoc quod cognoscatur causa per effectum vel signatum per signum, oportet aliquam cognitionem praecedere de causa vel de signo, sed generalem, indeterminatam et in habitu. Postmodum autem per effectus et per signa manuducitur in ampliorem et magis determinatam cognitionem." 234

OCKHAM, Scriptum in librum secundum sententiarum (Reportatio) q. 12-13 (OT V, 1981) 274. Vgl. Scriptum in librum primum sententiarum, Ordinatio, d. 3 q. 9 (OT II, 1970) 544f: Ockham geht hier im Rahmen einer Analyse von Spur (vestigium) und Bild {imago) auf die verschiedenen Arten ein, in denen etwas ein anderes zur Erkenntnis kommen läßt. Diese Ausführungen sind insofern von Relevanz für die Zeichentheorie, als das hier verhandelte „ducere in notitiam" als Äquivalent des augustinischen „facere in cogitationem venire" im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit die Formel zur Beschreibung der Funktion des Zeichens ist (s. Kap. IV, Anm. 60). Ockham unterscheidet zunächst zwischen einer unmittelbaren Hinführung zur Erkenntnis eines anderen ohne Erkanntsein des Hinführenden selbst und einer vermittelten, wenn etwas dadurch, daß es selbst erkannt wird, die Erkenntnis des anderen verursacht. Bei der vermittelten Erkenntnisverursachung ist zwischen der Verursachung einer erstmaligen Erkenntnis und der einer Erinnerung, d.h. der bloßen Aktuierung einer bereits vorliegenden habituellen Erkenntnis zu differenzieren. Entscheidend ist, daß Ockham in diesem Zusammenhang deutlich macht, daß kein Einzelding durch sein Erkanntwerden zur Ersterkenntnis eines anderen, unbekannten Einzeldinges führen kann, sondern - gut augustinisch (De magistro) - lediglich in der Lage ist, zusammen mit der habituellen Kenntnis teil ursächlich eine Widererinnerung desselben zu bewirken. Und dies ist die Form, in der jegliches Repäsentative zur Erkenntnis des Repräsentierten führt: „Sed tarnen aliquid ducere in noticiam alicuius potest intelligi dupliciter: vel tamquam causativum notitiae alterius mediante sua notitia, ita quod notitia ipsius sit causa notitiae alterius. Vel immediate sine notitia, sicut intellectus ducit tamquam causa in notitiam cuiuslibet intelligibilis, Primo modo contingit dupliciter, quia vel ducit in primam talem notitiam vel cognitionem, vel tantum facit rememorationem de aliquo habitualiter noto. Primo modo notitia singularis est causa notitiae universalis et notitiae praemissarum est causa notitiae conclusionis. Sed isto modo nunquam notitiae unius rei incomplexae est causa notitiae primae alterius incomplexae... Secundo modo una res incomplexa mediante notitia sua potest esse causa partialis rememorationis alterius rei habitualiter notae, ita quod notitia habitualis necessario concurrit in ratione causae partialis. Et tale sic cognitum potest vocari repraesentativum alterius, nec est aliquid aliud proprie repraesentativum, et isto modo tam vestigium quam imago repraesentant illud cuius sunt vestigium vel imago."

Präsenz, Repräsentation und Zeichen in der Theorie der Erkenntnis

95

Indem aber die species nie die Funktion, um derentwillen sie angenommen wurden, erfüllen können, werden sie überflüssig und verlieren ihre raison d'être. Ockham weist zwar die species mit Hilfe genau jenes Arguments ab, durch das Augustinus das unmittelbare Gegebensein des Erkannten in der Innensphäre geistiger Präsenz von der bloß rememorativen Funktion der Zeichen abgehoben hatte. Das infolge der Bestimmung der Konzepte als signa rerum grundlegend gewandelte Verständnis des Zeichens verhindert nun jedoch, daß die für die Erkenntnistheorie fundamentale Kategorie der Präsenz gegen das Zeichen ausgespielt werden kann. 235 Was bei Ockham durch das Insistieren auf die Notwendigkeit - und das Gegebensein - der unmittelbaren Präsenz der Erkenntnisobjekte236 'getilgt' wird, ist das Bild, ist jede Form eines wie schwach auch immer bestimmten Mediums zwischen dem Erkenntnisakt und seinem Gegenstand; es bleibt jedoch: das Zeichen. Ockhams vollständige Ausschaltung der species sensibiles und intelligibiles ist allerdings überwiegend auf Ablehnung gestoßen. Die meisten der zeitgenössischen und späteren Autoren, wie Johannes de Reading, 237 Walter Chatton, 238 Johannes Buridan, Nicole Oresme, 239 Gregor von Rimini, Hugolino von Orvieto, Marsilius von Inghen 240 oder Pierre d'Ailly241 nehmen in der einen oder anderen Form die Existenz repräsentierender species an, 242 sei es auch nur, wie 23î

Das wird erst dort wieder möglich, w o das augustinische Zeichenkonzept erneut zur Geltung gelangt. Nur so erklärt es sich, daß Arnauld genau dieselbe Argumentationsfigur - unter Vertauschung der Begriffe von signum und repraesentatio - gegen Malebranches Ideenlehre verwenden wird (s.u.).

236

Vgl. OCKHAM, Quaestiones in lib. secundum sententiarum (Reportatio) q. 12-13 (1982) 2 6 4 , 2 1 f : „... cognitio intuitiva non potest naturaliter causari sine existentia obiecti et praesentia..."; 2 6 9 , 14f: „... sine omni specie ad praesentiam obiecti cum intellectu sequitur actus intelligendi..."; 3 0 0 , Iff: „... [obiectum] sine omni specie per se ipsum potest esse praesens in ratione obiecti intellectui sicut est praesens sensui sine omni specie."; 3 1 0 , 3 f : „... obiectum ... in cognitione intuitiva est praesens in se; in abstractiva est praesens in habitu."

237

Vgl. Quaestio loannis de Reading de necessitate specierum intelligibilium defensio doctrinae

238

Scoti, ed. G. GÂL: FS 2 9 ( 1 9 6 9 ) 6 6 - 1 5 6 . Vgl. K. H . TACHAU, Walter Chatton on sensible and intelligible species: Revista di Storia della Filosofia 4 0 ( 1 9 8 5 ) 7 1 1 - 7 4 8 ; O. GRASSI, Intuizione e significato. Adam Wodeham ed il

239

problema della conoscenza nel X7V secolo, (1986) 61ff. Vgl. NICOLE ORESME, Questiones super libros Aristotelis de anima ( 1 9 8 0 ) 6 2 8 : „... idem est

species, ydolum, ymago, vel similitudo. Ideo ymaginatur quod sit quaedam qualitas similis obiecto et ipsum naturaliter repraesentans, sicut ymago speculi similis est objecto. ... actus in proposito non est aliud nisi motus ipsius animae et seipsam agere et cognoscere ... habitus non est nisi i n c l i n a d o ad actum..." 240

241

MARSILIUS VON INGHEN, Quaestio: Utrum sensus sit virtus passiva, in: Quaestiones zu D e anima, M S Wien, Nationalbibliothek 5 4 3 7 , zit. nach P. MARSHALL, Parisian Psychology in the Mid-Fourteenth Century: AHDIMA 5 0 ( 1 9 8 4 ) 1 7 9 : „... dicitur quod in sentiendo il le species dicuntur sensibiles quia sunt representative seu significative alicuius obiecti."

Vgl. O . PLUTA, Die philosophische Psychologie des Peter von Ailly. Ein Beitrag zur Geschich-

te der Philosophie des späten Mittelalters (1987) 68f.

242 Vgl. K. H . TACHAU, T h e problem of the „species in medio" at O x f o r d in the generation

96

Die mittelalterliche Zeichentheorie von Abailard bis zum 14. Jahrhundert

etwa Gregor von Rimini, der Ockhams Argumentation gegen eine durch species vermittelten Ersterkenntnis übernimmt, 243 um Ockhams vielfach als problematisch erachtete Habitus-Theorie 244 ihrer Funktion nach durch die Annahme rememorativer species zu ersetzen. 245 Das Äquivalent der species intelligibilis expressa ist aus logischer Perspektive die intentio animae, der conceptus, d.h. der geistige Begriff. Hinsichtlich der washeitlichen Bestimmung dieser Begriffe gibt es verschiedene Positionen, die sich, gemäß dem von Ockham verwendeten, 246 vereinfachenden, im Prinzip aber korrekten Einteilungsschema, zunächst darin unterscheiden, daß die einen den Begriffen ein subjektives Sein in der Seele zuschreiben (esse subiettive in anima), die anderen dagegen lediglich ein intentionales Sein (esse obiective, esse intentionale).247 Bekanntermaßen ist der mittelalterliche Sinn dieser Termini dem heutigen Sprachgebrauch in gewisser Weise konträr. Subjektives Sein im Intellekt besagt gerade ein wirkliches, reales Sein in der Seele. Dies kann auf zweierlei Weise gedacht werden. Auf die eine erscheint der Begriff als eine Qualität der Seele, die vom Akt des Erkennens real unterschieden ist, und dessen unmittelbaren Gegenstand ausmacht („qualitas animae

after O c k h a m : Medieval Studies 4 4 ( 1 9 8 2 ) 3 9 4 - 4 4 3 ; D I E S . , The Response to Ockham's and Aureol's Epistemology (1320-1340), in: Engl. Log. in Italy in the 14th and 15th Cent., hg. v. A. Maierù ( 1 9 8 2 ) 1 8 5 - 2 1 7 . 243

G R E G O R VON R I M I N I , 1 Sent d. 3 q. 1 a. 2 ; 4 2 L - M : „... Quisquís novit aliquam rem in aliqua specie, necessario actu vel habitu novit illam speciem esse speciem vel imaginem seu signum illius. Sed nullus, qui aliqua sensibilia non sentit in se, potest nosse ilia in aliqua specie... M i n o r autem patet de se. Qui enim viderit imaginem Herculis in pariete et numquam vidisset Herculem, non plus nosset illam esse imaginem eius quam Hectoris vel Achillis."

Physikkommentar

244

Z u r Kritik an Ockhams Habitus-Lehre vgl. z.B. HUGOLINUS DE O R V I E T O , ( 1 9 7 2 ) 73 f.

245

Die Funktion der species ist bei Gregor keine im strikten Sinn kognitive, sondern eine rekognitive (vgl. W . E C K E R M A N N , Wort und Wirklichkeit. Das Sprachverständnis in der Theologie Gregors von Rimini ( 1 9 7 8 ) 144ff). Die Dinge werden zunächst unmittelbar in sich selbst wahrgenommen. Erst durch eine solche immediate Erfassung entstehen überhaupt als Abbilder der Dinge in der Seele species, die dann im Fall der Nichtpräsenz der gesehenen Sachen an deren Statt die Erkenntnis terminieren. Sie substituieren die abwesenden Dinge und garantieren der Erkenntnis die für sie erforderliche Präsenz des Gegenstandes. GREGOR VON R I M I N I , 1 Sent. d. 3 q. 1 a. 1, hg. D. TRAPP, ( 1 9 7 9 f f ) 1. 3 1 7 , 2 9 f f : „... cum sensibilia absentia intelligimus quae prius sensibus praesentia intelleximus, intuemur eorum species. Sicut sensus exterior intuetur immediate ipsa sensibilia; et inspiciendo species suas comprehendimus illa ... ut ipsae species apud nos sunt loco et vice ipsorum sensibilium, quae non possunt semper nobis esse praesentia." Insofern ist ohne ein solches repräsentierendes M e dium Erinnerung nicht möglich. Vgl. 2 Sent, d 7 q 3 a 1, ( 1 9 7 9 f f ) 5. 139, 17ff: „... tali rep r e s e n t a t i v o deleto penitus nulla recordatio naturaliter fieri potest in nobis sicut docet experientia, nisi prius aliud repraesentativum formetur in a n i m a . " Z u r Gregors Kritik an Ockhams Habitus-Lehre vgl. 2 Sent. d. 7 q. 3 Additio 3 6 , ( 1 9 7 9 f f ) 5 . 113ff.

246

OCKHAM, Expos, in lib. Periherm., Prooemium S 3 - 1 9 (OP I I , 1 9 7 8 ) 3 4 8 - 6 9 . Zu dieser Unterscheidung vgl. z . B . HERVAEUS NATALIS, Tractatus de secundis ( 1 4 8 9 ) fol. a3vb-4ra.

247

intentionibus

Präsenz, Repräsentation und Zeichen in der Theorie der Erkenntnis

97

dictincta realiter ab actu intelligendi, terminans sicut obiectum ipsum actus intelligendi"). 248 Auf die andere Weise ist der Begriff nicht etwas Drittes zwischen dem Ding und dem Erkenntnisakt, sondern letzterer selbst („ipse actus intelligendi"). Gegenständliches oder intentionales Sein dagegen besagt gerade die Leugnung jedes irgendwie realen Seins. Denn die Begriffe haben nach der eine solche Seinsweise annehmenden Fiktumtheorie keine reale Existenz; vielmehr ist ihr Sein nichts anderes als ihr Erkanntsein („esse eorum non est aliud quam ipsa cognosci"). 2 4 9 Sie sind Fiktionen, die der Intellekt sich nach dem Vorbild der von ihm erkannten Einzeldinge bildet. Sie existieren nicht auf realere Weise, als das von einem Architekten im Geiste entworfene Schloß, bevor es gebaut ist. 250 Und trotzdem ist es in diesem seinen Erdachtsein (esse fictum) genau so, wie später das wirkliche Schloß draußen („est tale in esse ficto quale est aliud extra"). 2 5 1 Ockham hatte zunächst selbst unter dem Einfluß Heinrichs von Harclay diese Fiktumtheorie vertreten. 252 Nachdem er noch in seinem Kommentar zu Peri hermeneias der Akttheorie und der Fiktumtheorie dieselbe Plausibilität zumißt, in der zweiten Redaktion der Ordinatio dann bereits eine Ausweichposition für die Fiktumtheorie anbietet, 253 entscheidet er sich in der Summa logicae, veranlaßt durch die Kritik Walter Chattons, 254 eindeutig zugunsten der Akttheorie 248 249 250

OCKHAM, Expos, in lib. Periherm., Prooemium $ 4, 4 - 6 (OP II, 1 9 7 8 ) 3 4 9 . Ebd. $ 7, lOf (OP II, 1 9 7 8 ) 3 5 9 . Die Fiktumtheorie weist in einigen Punkten enge Übereinstimmungen mit Abailards Theorie der als „intersigna" dienenden figmenta auf, d.h. jener „imagines vel simulacra rerum, quas sibi animus fingit, ut in eis res absentes contemplari queat." Vgl. P. ABAILARD, Logica

ingredientibus, Glossae ... super Peri ermenias (1927) 315: „... similitudines sive imagines rerum, quae figmenta quaedam sunt animi et non existentes verae, sicut castella illa phan-

tastica...". Vgl. Logica ingredientibus, Die Glossen zu Porpbyrius (1919) 20: „... Intellectus

251

252

actio quaedam est animae, unde intelligens dicitur, forma vero in quam dirigitur, res imaginaria quaedam est et ficta, quam sibi, quando vult et qualem vult, animus c o n f i â t . . . " OCKHAM, Expos, in lib. Periherm., Prooem. $ 7, 17 (OP II, 1 9 7 8 ) 3 6 0 .

Vgl. HENRICUS DE HARCLAY: Quaestio de significato conceptus universalis (fons doctrinae Guillelmi de Ockham), hg. G. GÁL: FS 3 1 ( 1 9 7 1 ) 1 7 8 - 2 3 4 ; hier 2 2 4 f f ; vgl. F. E. KELLEY, Some Observations on the „fictum" Theory in Ockham and its Relations to Hervaeus Natalie: FS 3 8 ( 1 9 7 8 ) 2 6 0 - 8 2 .

253

Scriptum in librum primum sententiarum (Ordinatio) d. 2 q. 8, additio posterior (1970) 289ff. Prinzipiell hält er aber auch hier noch die Auffassung für plausibel, daß der tus, bzw. die qualitas „aliquid aliud ab intellectione" ist (ebd. 2 9 1 , 11).

254

concep-

Vgl. G. GAL, Gualteri de Chatton et Guillelmi de Ockham controversia de natura conceptus universalis ( 1 9 6 7 ) 197ff; W. HOBENER, Rezension zu: Guilelmus de Ockham, Scriptum in librum primum Sententiarum: Archivum franciscanum historicum 6 4 ( 1 9 7 1 ) 2 1 4 f ; 2 2 3 . Bei Chatton, der die Konzepte als natürliche Zeichen der Dinge auffaßt (vgl. WALTER CHATTON, Reportatio I, d.3 q. 2 ( 1 9 6 7 ) 2 1 1 : „(conceptus) ... sunt signa naturalia rerum. Licet enim voluntarium (est) quod definitio sit in mente, quod tarnen per se significet rem si ponatur in mente non est voluntarium"), wird die Koinzidenz von Erkennen und Bezeichnen (vgl. ebd. 2 0 2 : „... 'intelligi' est 'significan', quia intellectio est signum naturale obiecti sui") bereits zur These einer Konformität von sprachlicher und mentaler Aussage erweitert; vgl. ebd. 2 1 0 : „... praedicare et subicere non est aliud quam causare intellectio-

98

Die mittelalterliche Zeichentheorie von Abailard bis zum 14. Jahrhundert

und gegen jede Annahme eines Dritten zwischen dem Akt und dem Gegenstand; 2 " sei es auch eines solchen, das, wie bei Aureoli, der Sache nach oder, wie in der Fiktumtheorie, der Existenz nach keines ist. Denn ein solches Medium wäre für Ockham, weil er es nicht anders denn als ein medium quod begreifen kann, der Erkenntnis hinderlich, da es den kognitiven Immediatbezug auf die Sache selbst verstellen würde: ... tale fictum impediet cognitionem rei; igitur non est ponendum propter cognitionem. Assumptum patet, quia illud ... est ... quoddam tertium medium inter cognitionem et rem; igitur si illud fictum intelligitur, tunc res extra non intelligitur. E t tunc quando formo hanc propositionem mentalem 'Deus est trinus et unus', non intelligo Deum in se sed illud fictum, quod videtur esse absurdum. - (... ein solches Fiktum würde die Sacherkenntnis verhindern; also darf man es nicht zur Begründung der Erkenntnis annehmen. Das erhellt, weil jenes ein mittleres Drittes zwischen der Erkenntnis und der Sache ist. Wenn also jenes Fiktum erkannt wird, dann wird die äußere Sache nicht erkannt. Wenn ich so nämlich jene geistige Aussage bilde, „Gott ist dreifältig und einer", dann meine ich damit nicht Gott selbst sondern jenes Fiktum, was absurd zu sein scheint). 2 5 6

Hier zeigt sich, wie Ockhams Erkenntnisimmediatismus mit seinem Bezeichnungsimmediatismus verbunden ist. Durch die Konzeption geistiger Erkenntnis als einer der gesprochenen Rede weitgehend strukturanalogen oratio mentalis wird die von der älteren Theorie der unmittelbaren Sachbezeichnung sprachlicher Ausdrücke gebräuchliche Argumentation zu einem Erweis der Unmöglichkeit eines zwischen den Erkenntnisakt und der von ihm bezeichneten res angenommenen Dritten. Ein solches zwischen den Erkenntnis- bzw. den mentalen Bezeichnungsakt und die res tretendes fictum würde die absurde Konsequenz mit sich bringen, daß in der genannten Mentalproposition die Dreieinigkeit nicht von Gott selbst sondern von dem entsprechenden fictum prädiziert würde, so wie nach Bacon der Satz „Socrates currit" unter der Vorraussetzung einer Konzeptbezeichnung der sprachlichen Ausdrücke den Un-Sinn „Species Socratis in anima currit" ergäbe.257 Die These einer analogen Verweisungsstruktur von Erkenntnisakt und sprachlichem Bezeichnungsakt war bereits zuvor zur Stützung signifikations-

255 256 257

nes ordinate in mente uniformiter quomodo ordinantur in propositione in voce..."; Noch vor Chatton operiert, ebenfalls in Oxford, ROGER BACON mit dem Modell von terminus und oratio mentalis. Vgl. Communia mathematica (1940) 64: „... Intellectus ... simplices sunt dicciones et termini mentales, intellectus compositi sunt oraciones, propositiones et argumenta." Vgl. OCKHAM, Summa logicae I 12, 34-39 (OP I, 1974) 43. OCKHAM, Quodl. IV, q. 35 (1980) 473. ROGER BACON, De signis V, 164 (1978) 133. - Ockham selbst verwendet in der Expositio in librum Perihermeneias, Prooemium S 6, (1978) 352, das „Socrates currit"-Beispiel zur Stützung der Akttheorie. - Ein entsprechendes Argument hatte bereits ABAILARD (Dialéctica (1956) 154) formuliert: Aussagen werden „de rebus ipsis, non de intellectibus" getroffen. Andernfalls wären Sätze, wie „si est homo, est animal" ohne notwendige Konsequenz, da der Begriff 'Mensch' ohne den Begriff 'Lebewesen' subsistieren kann. Zur späteren Verwendung dieses Arguments vgl. Kap. IV, Anm. 398ff.

Präsenz, Repräsentation und Zeichen in der Theorie der Erkenntnis

99

theorischer Positionen instrumentalisiert worden. Burleigh hatte nämlich behauptet: „... sicut est in actu intelligendi sie est in actu significandi."258 Auf der Grundlage einer „quasisprachlichen" Konzeption der Erkenntnis als oratio mentalis läßt sich eine solche Argumentation indes auch in der Gegenrichtung lesen. Ebenso, wie sich nach Scotus und Heinrich von Gent der sprachliche Ausdruck signifikativ allein auf die res bezieht, ohne zuvor etwas von dieser und ihm selbst verschiedenes Drittes zu bezeichnen, ist nach Ockham der Akt der Erkenntnis allein und unmittelbar auf die Dinge selbst und nicht zunächst auf irgendein wie auch immer bestimmtes Medium gerichtet. Es wird insofern kein Zufall sein, daß die definitive Entscheidung gegen die /i'cíww-Theorie bei Ockham in dem Moment erfolgt, als die Theorie der oratio mentalis mit ihrer Analogisierung von gesprochener und geistiger 'Rede' stärkeres Gewicht erhält. Alles, was durch die Annahme eines vom Erkenntnisakt verschiedenen Dritten geleistet werden soll, wie das Stehen für etwas anderes oder das Bezeichnen eines anderen, kann nach Ockham auch unmittelbar durch den Akt selbst geleistet werden.259 Für diesen Wechsel von der fictum- zur Akttheorie ist damit Ockhams Bestimmung des Zeichens grundlegend. Denn das Motiv hierfür ist nicht allein das Ökonomieprinzip, sondern die Anwendung dieses Prinzips auf die Definition der Konzepte als etwas, das als Zeichen Teil einer mentalen Aussage sein kann.260 Angesichts dieser Betonung der logischen Funktion des Bezeichnens und Supponierens innerhalb der mentalen Rede stellt sich die Frage, inwiefern die intentiones animae oder Konzepte bei Ockham auch nach dem Wechsel von der Fiktum- zur Akttheorie noch als „Ähnlichkeiten" 0similitudines) der Dinge konzipiert sind. Obwohl sich bei ihm keine förmliche Zurückweisung des Ahnlichkeitsscharakters der Konzepte, sehr wohl aber zahlreiche Äußerungen zugunsten eines

258

Vgl. WALTER BURLEIGH, Quaestiones in librum Perihermeneias (1974) 2 1 2 : „... sicut est in actu intelligendi sie est in actu significandi. Sed in actu intelligendi est considerare tria, scilicet rem intellectam et ipsum intellectum intelligentem, et speciem mediante qua res intelligitur, sic quod ilia species non est illud quod primo intelligitur sed res primo intelligitur mediante specie. Sic in actu significandi est reperire tria: vocem significantem, rem significatam et speciem rei mediante qua res significatur. Et sicut species non est illud quod primo intelligitur sic species non est illud quod primo significatur sed res mediante species." Es ist verständlich, daß Scotus, der zwar einen Bezeichnungs- aber keinen Erkenntnisimmediatismus vertritt, diese Argumentationsweise nicht ohne weiteres gelten läßt. Vgl. SCOTUS, In prirnum librum Perihermeneias quaestiones, op. omn. (1891-95) 1.543b [(1639) 1.189a]: „... potest negari ista consequentia, nihil intelligitur, nisi per speciem, ergo nihil significatur, nisi per speciem...".

259

OCKHAM,

260

Vgl. J . BlARD, Logique

Summa ¡ogicae I, 12 (OP I, 1974) 4 3 : „... 'frustra fit per plura quod potest fieri per pauciora'. Omnia autem quae salvantur ponendo aliquid distinetum ab actu intelligendi possunt salvari sine tali distineto, eo quod supponere pro alio et significare aliud ita potest competere actui intelligendi sicut alii signo. Igitur patet praeter actum intelligendi non oportet aliquid aliud ponere." et théorie du signe (1989) 107.

100

Die mittelalterliche Zeichentheorie von Abailard bis zum 14. Jahrhundert

solchen finden, 2 6 1 wird besonders in der neueren Ockham-Literatur überwiegend eine massive Abkehr Ockhams v o m alten Ähnlichkeitsparadigma Abbildmodell der Konzepte betont. 2 6 2

oder

Richtig daran ist zumindest, daß für

Ockham die Funktion der Konzepte nicht in ihrer Ähnlichkeit hinsichtlich der Dinge, sondern im Supponieren für diese innerhalb einer mentalen Aussage besteht. Und es ist eigentlich nicht verwunderlich, daß mit der von O c k h a m vorgenommenen Zuschärfung des Zeichenbegriffs auf seinen logischen Gebrauch auch das wichtigste Zeichen, der conceptos,

auf seine logikrelevante Funktion

reduziert wird und folglich nicht mehr in seiner traditionellen Bestimmung als similitude

sondern als etwas von etwas Prädizierbares erscheint. 2 6 3 Aber eben-

sowenig, wie der logische Zeichenbegriff von Ockham als adäquate Beschreibung des Zeichens in seiner ganzen Weite intendiert ist - im sakramentaltheologischen Kontext operiert O c k h a m selbstverständlich mit einem anderen Zeichenbegriff -, ist mit der Festlegung des präzis in seiner logischen Funktion genommenen Konzepts auf die Eignung zur Supposition zwängsläufig dessen Bestimmung als Ähnlichkeit ausgeschlossen. N a c h Quodl.

IV, q. 3 5 scheint sie die-

se sogar vorauszusetzen. 2 6 4

261

Vgl. OCKHAM, Quodl. V, q. 7 (1980) 506: „... quaelibet talis cognitio [sc. abstractiva] sive conceptus aequaliter est similitudo et repraesentat omnia individua simillima, et ita non plus est conceptus proprius unius quam alterius." vgl. Quodl. I, q. 13 (1980) 74: „nulla cognitio abstractiva simplex est plus similitudo unius rei singularis quam alterius sibi simillimae...; vgl. Summa logicae I, 12, 26ff (1974) 42: „Partes ... propositionum mentalium vocantur conceptus, intentiones, similitudines et intellectus."; vgl. Quaestiones in libros physicorum, q. 2, 6 (1984) 399: „Conceptus est similitudo rei extra..."; ebd. q. 4, 24f, 405: „... dico quod non omnis similitudo de re in anima est conceptus rei, sed solum illa quae est cogitatio actualis..."; ebd. q. 6 ad primum: „... habere illam intellectionem confusam hominis non est aliud quam habere unam intellectionem, qua non magis intelligitur unus homo quam alius. Et hoc non est aliud quam quod talis cognitio non est magis similitudo unius hominis quam alterius hominis, sed tali cognitione magis intelligitur unus homo quam asinus; et hoc, quia talis cognitio aliquo assimilationis modo assimilatur magis homini quam asino."; vgl. Anm. 264.

262

Eine nach Ockhams Abkehr von der Fiktumtheorie erfolgende Zurückdrängung des Konzepts der similitudo in der Erkenntnislehre hat bereits E. HOCHSTETTER, Studien zur Metaphysik u. Erkenntnislehre Wilhelms von Ockham (1927) 89, 103-108, konstatiert. Vgl. auch F. HOFFMANN, Die Schriften d. Oxforder Kanzlers Johannes Luttereil (1959) 170. Unter den neueren Arbeiten vgl. bes. R. IMBACH, in: WILHELM VON OCKHAM, Texte zur Theorie d. Erkenntnis u. d. Wissenschaften (1984) 54 u. 220; A. TABARRONI, Mental signs and the theory of representation in Ockham (1989); J. BLARD, Logique et théorie du signe (1989) 61ff. OCKHAM, Expos, in lib. periherm. (1978) 349: „... in proposito accipitur passio animae pro aliquo praedicabili de aliquo, quod non est vox nec scriptura, et vocatur ab aliquibus intentio animae, ab aliquibus vocatur conceptus." OCKHAM, Quodl. IV, q. 35 (1980) 474. Ockham leitet hier gerade die Fähigkeit der Erkenntnisakte, für Gegenstände zu supponieren, aus ihrer Ähnlichkeit diesen gegenüber ab: „... dico quod tarn intentio prima quam secunda est vere actus intelligendi, quia per actum potest salvari quidquid salvatur per fictum, eo quod actus est similitudo obiecti, potest significare et supponere pro rebus extra, potest esse subiectum et praedicatum in propositione, potest esse genus, species etc., sicut fictum."

263

264

Präsenz, Repräsentation und Zeichen in der Theorie der Erkenntnis

101

In deutlicher Opposition zur gängigen neueren Darstellung der Erkenntnistheorie Ockhams ist diese unlängst von Claude Panaccio als „une forme de 'représentationalisme'"265 beschrieben worden. Panaccio weist mit Recht darauf hin, daß nach Ockham im Fall der cognitio abstractiva „l'acte abstractif ... signifie certaines choses précisément parce qu'il en est une similitude»"266 und zeigt, daß Ockham, indem er den Referentenbezug des singulären intuitiven Aktes mit dessen Kausalbeziehung zur erkannten res begründet, keinesweges dessen Bestimmung als similittido ausschließt. Panaccio geht m. E. jedoch zu weit, wenn er den conceptus oder Erkenntnisakt allein aufgrund der Tatsache, daß er similitude ist, als Bild ('image') charakterisieren zu können meint.267 Denn damit wird genau das vorausgesetzt, was bereits die Gegenposition in die Irre geführt hat: die Gleichsetzung von similitudo und imago. Eine solche Gleichsetzung von Ähnlichkeit und Bildhaftigkeit ist jedoch unzulässig. Denn anders als bei der similitudo ist mit dem Bildbegriff, zumindest für Ockham, immer der Charakter eines medium quod, eines selbst erkannten Dritten zwischen dem Akt der Erkenntnis und deren Objekt impliziert.268 Insofern ist bei Ockham lediglich die Anwendung der Begrifflichkeit von imago und - mit Einschränkung269 - repraesentatio auf die Erkenntnisakte ausgeschlossen, nicht aber die der similitudo.270 C. PANACCIO, Intuition, abstraction et langage mental dans la théorie occamiste de la connaissance: Revue de métaphysique et de morale 97 (1992) 61-81, hier 62. 2 6 6 Ebd. 81. 267 Vgl. ebd. 69: „... un concept est toujours pour Occam une sorte d'image des chose qu'il représente, une similitudo."; vgl. 81: „l'acte lui-même - et même l'act intuitif - [est] ... vu par Guillaume comme une représentation, c'est-à-dire une image de l'objet, une similitudo..." 2 6 8 Insofern lehnt Ockham auch in Kontexten, in denen er die Konzepte als similitudines beschreibt, ihre Charakterisierung als idola ab. Denn die Bildbegrifflichkeit ist integraler Bestandteil seiner - nun kritischen - Darstellung der Fiktumtheorie. Vgl. Quaestiones in libros physicorum, q. 1, 29-32 (1984) 398: „... tale idolum non ponitur propter aliud nisi ut supponat pro re vel ex eo componatur propositio vel ut sit communi ad res, etc., et ista verius competunt intellectioni [nach der Edition von F. CORVINO (1955) 277: intentioni] quam tali idolo. Superflue igitur ponitur tale idolum." 2 6 9 Eine präzise Bestimmung von Ockhams Position hinsichtlich der Repräsentation ist schwierig. Während er in Rep. II q. 12-13 und Ord. I d. 3 q. 9 (s. Anm. 234) Repräsentation auf Vermittlung von rememorativer Erkenntnis festgelegt hat und in der Summa logicae I, 1 (vgl. Anm. 288) die Mentalzeichen von einer solchen gerade abhebt, bezeichnet er in Quodl. IV q. 3 (vgl. Kap. IV, Anm. 55) - gemäß einer von drei möglichen Weisen des Verständnisses von „repraesentare" - die cognitio selbst als „repraesentans" und spricht in Quodl. V, q. 7 sowie in Quaest. phys. 7 (s. Anm. 261) von einem Repräsentieren des conceptus bzw. der cognitio. Es ist möglich, daß hier nur ein gegenüber den frühen Verwendungen laxerer Gebrauch des Repräsentationsbegriffs vorliegt. Es ist aber ebenso denkbar, daß Ockham sich in den späten Schriften auch in diesem Punkt der Position Chattons weiter annähert, der den Erkenntnisakten ein „repraesentare" ebenso wie ein „significare" zugeschrieben hat. 2 7 0 Wenn im frühen 16. Jahrhundert Johann Eck gegenüber der „communis sententia" die These vertritt, daß die Konzepte die Sachen nicht aufgrund einer natürlichen Ähnlichkeit, 265

102

Die mittelalterliche Zeichentheorie von Abailard bis zum 14. Jahrhundert

Konzepte sind für Ockham natürliche Zeichen sowie - wenngleich dem keine unmittelbare logische Relevanz zukommt und dies dementsprechend zumeist nicht eigens betont wird -Ähnlichkeiten; Repräsentationen sind sie nur im uneigentlichen Sinn, in keinem Fall aber sind sie Bilder. Hätte Ockham die Konzepte vom Begriff der similitudo abgelöst, so wäre dies etwas, was die zumindest zeitweilig vorgenommene Trennung von Signifikation und Repräsentation sowie die damit verbundene Zuordnung der Konzepte zu jener und ihre Abgrenzung von dieser tatsächlich zu sein scheint: ein Charakteristikum oder mehr noch, ein proprium der Erkenntnistheorie Ockhams. Denn in aller Regel werden nicht nur von den älteren sondern auch von den zeitgenössischen und späteren Autoren wie Walter Burleigh, 271 Johannes Aurifaber, 272 Gregor von Rimini, 273 Albert von Sachsen, 274 Marsilius von Inghen 275 oder Pierre d'Ailly 276 die geistigen

sondern eines natürlichen Kausalverhältnisses bezeichnen, da schwer zu erklären sei, wie die immaterielle cognitio einer materiellen res extensa ähnlich sein soll, so tut er dies auch unter ausdrücklicher Distanzierung von Ockham. Vgl. JOHANN ECK, Aristotelis Stagyrite Dialéctica, I (1516) fol. 71vb-72ra: „... communis sententia est conceptum significare naturaliter ex naturali similitudine, ita quod conceptus est similis obiective secundum Scotus, vel subiective secundum Ocham, in repraesentando, sicut res est in essendo, unde analogiam sumere potes in speculo, in quo relucent rerum imagines: ita in speculo intellectus similitudines ac notiones contineantur; hinc appellantur species, ideae, simulachra... Sed contra... Placet ergo mihi notiones animi et conceptus significare ex naturali habitudine, sed non ex naturali similitudine. Difficile enim esset assignare quomodo res mere immaterialis sicut est cognitio esset similis rei materiali et extensae." 271

Commentarius medius (1977) 5 6 f : „dicendum quod ista propositio 'eaedem sunt passiones animae apud omnes' debet intelligi quod passio animae, scilicet similitudo rei, significat idem apud omnes, quoniam apud omnes significai rem cuius est similitudo. Unde si esset aliqua vera imago Herculis, ubicumque foret ista imago semper significaret Herculem, nec esset in uno loco imago Herculis et in alio loco imago alterius, unde ista imago significaret idem apud omnes. Et eodem modo passio animae quae est similitudo rei in anima significat idem apud omnes." Vgl. Super artem veterem (1497) fol. k3vb: „... passiones animae sunt primae in significando: quia immediate significant res quarum sunt similitudines..." BURLEIGH,

Determinano de modis significandi ( 1 9 6 7 ) 2 2 6 : „... duplex est signum, scilicet quod per naturam est signum, et quod per nostram voluntatem est signum, scilicet quia nos ipsum accipimus pro alio. Primum signum est idem apud omnes, et hoc est conceptus primario rei sive similitudo in anima..."

272

JOHANNES AURIFABER,

273

GREGOR VON RIMINI bestimmt die Leistung der Konzepte durchgängig unter Verwendung des Begriffs „repraesentare"; Vgl. Lectura super primum et secundum sententiarum, hg. D. TRAPP (1979ff) Z.B. 1.363, 3 0 ; 1.365, 3 ; 1.415,12. ALBERT VON SACHSEN, Perutilis logica (1522) fol. 4vb: „Intentio secunda est similitudo aliqua existens in intellectu naturaliter repraesentativa alicuius vel aliquorum ea ratione qua ulterius est signum, vel sunt signa aliorum." Vgl. Quaestiones in artem veterem (1988) n. 737. MARSILIUS VON INGHEN, Suppositiones (1983) 54. PIERRE D'AILLY, conceptus (s.l. s.a.) fol. blrb. Der conceptus ist hier bestimmt als „naturaliter proprie repraesentans rem."

274

275 276

Das Zeichen in der Logik des 14. Jahrhunderts Begriff als natürliche Ähnlichkeiten, Repräsentationen oder imagines

103 der Dinge

beschrieben. 2 7 7

E. Das Zeichen in der Logik des 14. Jahrhunderts Obwohl die significatio

in der terministischen Logik des 1 3 . Jahrhunderts 2 7 8

als das Fundament aller „proprietates terminorum" gilt, 2 7 9 äußert sich die Generation von Petrus Hispanus und Wilhelm von Sherwood nur spärlich über die signification*0

Sie wird kurz beschrieben als die „praesentatio alicuius formae ad

intellectum" (Vergegenwärtigung irgendeiner F o r m gegenüber dem Intellekt) 2 8 1 bzw. die „rei per v o c e m secundum placitum repraesentatio" (Die Repräsentation einer Sache durch einen willkürlich eingesetzten sprachlichen Ausdruck) 2 8 2 und von der Supposition 2 8 3

abgegrenzt: Ein W o r t besitzt außerhalb einer Aussage

Die Charakterisierung der Konzepte als similitudines rerum leitet sich bekanntlich aus Aristoteles' Peri hermeneias her. Die Kommentierungstradition dieser Schrift ist jedoch auch eine Quelle für die diesbezügliche Verwendung des wwgo-Begriffs. Vgl. AMMONIUS, Commentaire sur le Peri Hermeneias d'Aristote. Traduction de Guillaume de Moerbeke (1961) 34: „... conceptiones ... imagines enim sunt apud animam rerum."; ebd. 38: „... necesse [est] conceptionum unamquamque imaginem esse rei ... velut in tabula animae scripta." Eine weitere wichtige Quelle ist die augustinische Tradition. Vgl. AUGUSTINUS, De Irin. XV, 12, 22; ANSELM VON CANTERBURY, Monologion, p. 48 (s. Anm. 118), WILHELM VON AUVERGNE, De universo I, 20 (1674) 1. 613b: „ ... verbum intellectuale, quod usualiter vocant verbum in mente ... non est nisi imago, vel similitudo rei intellectae, et cogitatae."; ANDREAS DE NOVOCASTRO, 1 Sent d 1 q 1 (1514) fol. 17va, vgl. W . Hübener, Studien zur Theorie der kognitiven Repräsentation (1968) 609. 278 Vg| q P R C T I ) L a dottrina della vox significativa nella semantica terministica: Riv. crit. star, filos. 10 (1955) 223-64; L. M. DE RlJK, Log. modernorum II/l. ( 1 9 6 η 123ff; J. PLNBORG, Log. u. Semantik im MA (1972) 55ff; A. GHISALBERTI, La semiotica medievale: i terministi, in: Per una storia della semiotica (1981) 53-68. 2 7 9 LAMBERT VON AUXERRE, Logica (1971) 205: „... significatio est sicut perfectio termini et proprietates termini supra significationem fundantur." Zur Theorie der proprietates terminorum vgl. J. PlNBORG, Log. u. Semantik im MA (1972) 58ff; A. DUMITRIU, History of Logic, 1 ( 1 9 7 η 13Off; L. M . DE RLJK, The Origins of the Theory of the Property of Terms, in: Cambridge Hist, of Later Med. Phil. (1982) 161-73; C. A. DUFOUR, Die Lehre der Proprietates Terminorum. Sinn und Referenz in der mittelalterlichen Logik (1989). 2 8 0 Vgl. L. M. DE RLJK, 'Significatio' y 'suppositio' en Pedro Hispano: Pensamiento 25 (1969) 225-34; L. P. BOTERO, Semantics in Petrus Hispanus' Tractatus: Semiotica 63-1/2 (1987) 83-87; H. A. G. BRAAKHUIS, The View of William of Sherwood on some Semantical Problems and their Relation to those of Roger Bacon: Vivarium 15 ( 1 9 7 η 111-42. 2 8 1 WILHELM VON SHERWOOD, lntroductiones in logicam ( 1 9 8 3 ) 2 6 5 ; vgl. J . PINBORG, Logik u. Semantik im MA (1972) 64. 277

282

PETRUS HISPANUS, Tractatus

283

Die Theorie der Supposition, des „Stehens für" eines Terminus bezieht sich auf die Bestimmung der Auffassungs- oder Verständnisweise desselben gemäß den Wahrheitsbedingungen der ihn enthaltenden Aussage. Dabei geht es um die Klärung, bei welchem Verständnis der Termini ein Satz wahr oder falsch bzw. ein syllogistischer Schluß gültig oder ungültig ist (vgl. BARTHOLOMAEUS ARNOLDI VON USINGEN, Summa compendiaria totius logicae ( 1 5 0 7 ) fol. f6r: „finis suppositionis est per eam cognoscere an oratio sit vera vel falsa"). Zur

(1972) 79.

104

Die mittelalterliche Zeichentheorie von Abailard bis zum 14. Jahrhundert

Signifikation, jedoch - mit Ausnahme der suppostilo position; die significatio die suppostilo

naturalis284

- keine Sup-

gründet in der Einsetzung des sprachlichen Ausdrucks,

in der Verwendung des bereits signifikativen W o r t e s für etwas

(„acceptio ipsius termini iam significantis rem pro aliquo") und ist damit der Supposition vorgeordnet („significatio prior est suppositione"). 2 8 5 Einer eingehenden Analyse wird jedoch erst die Supposition unterzogen. Bei O c k h a m tritt dagegen die Signifikation und damit der Zeichenbegriff deutlich in den Vordergrund. 2 8 6

Er begründet, in vielen Punkten an die Zei-

chenanalysen seiner O x f o r d e r Vorgänger (Bacon, Ps.-Kilwardby, Scotus) anknüpfend, seine Logik auf dem Konzept des Zeichens. 2 8 7

Diese hat es aus-

schließlich mit Zeichen zu tun, vorrangig mit mentalen, in zweiter Linie mit lautlichen oder schriftlichen. Dabei handelt es sich jedoch um einen speziell für die Belange der Logik zugeschärften Zeichenbegriff. Denn Ockham schränkt das logische Zeichen von vornherein auf ein solches ein, das über die allgemeine, der augustinischen Definition des Zeichens entsprechende Bestimmung desselben als etwas „quod aliquid facit in cognitionem venire" (das etwas anderes in die Erkenntnis kommen läßt) hinaus durch seine Eignung charakterisiert ist, für jenes zu supponieren oder - dies betrifft die Synkategoremata - einem so bestimmten Zeichen in einer Aussage beigefügt zu werden (natum est pro ilio supponere vel tali addi in propositione). 2 8 8

284

Theorie der suppositio vgl. E. ARNOLD, Zur Geschichte der Suppositionstheorie: Symposion. Jahrbuch für Philosophie 3 (1952) 1-134; P. BOEHNER, A Medieval Theory of Supposition: FS 18 (1958) 240-89; A. R. PERREIAH, Approaches to Supposition-Theory: The New Scholasticism 45 (1971) 381-408; O. DUCROT, Quelques implications linguistiques de la théorie médiévale de la supposition, in: History of Linguistic Thought and Contemporary Linguistics, hg. H. PARRET (1976) 189-227; D. P. HENRY, Suppositio and Significatio in English Logic, in: English Logic and Semantics (1981) 361-385. Zur satzunabhängigen suppositio naturalis vgl. L. M. DE RLJK, The Development of Suppositio Naturalis in Medieval Logic, I: Natural Supposition as Non-contextual Supposition: Vivarium 9 (1971) 71-107 u. II: Fourteenth Century Natural Supposition as Atemporal (Omnitemporal) Supposition: Vivarium 11 (1973) 43-79; C. PANACCIO, Supposition naturelle et signification occamiste, in: De ortu grammaticae (1990) 255-270.

285

PETRUS HISPANUS, Tractatus

286

Vgl. J. BlARD, La redéfinition ockhamiste de la signification (1981) 452. Vgl. J. BlARD, Logique et théorie du signe au XTVe siècle (1989) 18f. OCKHAM, Summa logicae I, 1 (1974) 8f: „... signum dupliciter accipitur. Uno modo pro omni ilio, quod apprehensum aliquid aliud facit in cognitionem venire, quamvis non faciat mentem venire in primam cognitionem eius, sicut alibi est ostensum, sed in actualem post habitualem eiusdem. Et sic vox naturaliter significat, sicut quilibet effectus significat saltern suam causam, sicut etiam circulus significat vinum in taberna. Sed tarn generaliter non loquor hic de signo. Aliter accipitur signum pro ilio, quod aliquid facit in cognitionem venire et natum est pro ilio supponere vel tali addi in propositione, cuiusmodi sunt syncategoremata et verba et illae partes orationis, quae finitam significationem non habent - vel quod natum est componi ex talibus - cuiusmodi est oratio. Et sic aeeipiendo hoc vocabulum 'signum' vox nullius est signum naturale."

287 288

(1972) 80.

105

Das Zeichen in der Logik des 14. Jahrhunderts

D a s Z e i c h e n w i r d d a m i t im H i n b l i c k a u f das aus d e r älteren t e r m i n i s t i s c h e n L o g i k ü b e r n o m m e n e K o n z e p t d e r S u p p o s i t i o n definiert. D i e Signifikation ist z u m i n d e s t im B e r e i c h u n d aus d e r P e r s p e k t i v e d e r L o g i k - n i c h t m e h r e t w a s d e r S u p p o s i t i o n V o r g ä n g i g e s , s o n d e r n hat diese insofern zur V o r a u s s e t z u n g , als hier n u r s o l c h e Z e i c h e n b e h a n d e l t w e r d e n , die g e e i g n e t sind, als Teil e i n e r A u s s a g e zu f u n g i e r e n . 2 8 9 S p ä t e r w i r d m a n diese v o n O c k h a m in d e r Summa

logicae

aus

d e m G e s a m t b e r e i c h aller m ö g l i c h e n Z e i c h e n a u s g e g r e n z t e Klasse d e r logikrelevanten Z e i c h e n „signa propositionalia",290

„signa o r a t i o n a l i a " 2 9 1 ,

o d e r - mit

e i n e m T e r m i n u s , dessen P r ä g u n g in e i n e m n a c h w e i s b a r e n Z u s a m m e n h a n g mit O c k h a m s A u s f ü h r u n g e n s t e h t - „ s i g n a s u p p o s i t i v a " 2 9 2 n e n n e n . E s ist a b e r g e r a d e

289

290

291 292

Die Frage der konzeptuellen Priorität der suppositio vor der significatio, wie sie M. J. Loux (Significatio and Suppositio: Reflections on Ockham's Semantics: The New Scholasticism 53 (1979) 407-427) hervorgehoben hat, ist umstritten. C. PANACCIO (Propositionalism and Atomism in Ockham's Semantics (1984) 67) hat mit Recht vor einer einseitigen Prioritätsbehauptung gewarnt: „Neither the notion of signification nor that of supposition is logically prior to the other one in Ockham's Semantics. ... The capacity for supposition is a differential property of the categorematic signs, but this in no way entails that the idea of supposition is prior to or more fundamental than that of signification." J. BLARD (Logique et théorie du signe (1989) 91ff) hat ausführlich das komplexe, zirkuläre Verhältnis beider dargelegt: „... la signification, élaborée à partir du concept de supposition, et posée comme présupposée par cette dernière"(93). Vgl. z.B. JOHANNES RAULIN, In logicam Aristotelis commentarium (1500) fol. a5rb; JOHANNES B O I X , Tractatus conceptuum et signorum (1493); vgl. V. M U Ñ O Z DELGADO, Juan Aznar y su tratado de los términos (1513) según la via escotista (1974) 3 1 2 ; GASPAR LAX, Parve divisiones terminorum magistri Gaspari Lax. cum terminis eiusdem (ca. 1502) d4vb. Vgl. JOHANN ECK, Aristotelis Stragyrite Dialéctica 1 (1516) fol. 61vb. Der historische Zusammenhang dieses von Paul von Venedig eingeführten Begriffs zu Ockham ist folgender: Albert von Sachsen diskutiert vor dem Hintergrund der aus der Summa logicae übernommenen Unterscheidung der beiden Verständnisweisen des Zeichens (s. Anm. 288) die Frage nach der Umkehrbarkeit des Bezeichnungsverhältnisses von terminus und res und antwortet, daß die Dinge Zeichen für die Termini zwar unter der Voraussetzung des ersten, allgemeineren Verständnisses von „Zeichen" sein können, nicht jedoch im zweiten Sinne da sie nicht geeignet sind, in irgendeiner propositio für dieselben zu supponieren (vgl. ALBERT VON SACHSEN, Perutilis logica (1522) fol. 2vb: „... res ita bene possunt significare términos sicut termini ipsas... Nihilominus quamvis res significent términos per quos significantur: tarnen non sunt apte nate per eis supponere in propositione mentali, vocali, vel scripta. Et ideo non sunt signa terminorum secundo modo capiendo signum: quamvis bene sint signa terminorum primo modo capiendo signum."). In direktem Anschlug an Albert gibt Paul von Venedig dieselbe Antwort - nun allerdings unter Verwendung des Begriffs „signum suppositivum". Vgl. PAULUS VENETUS, Logica magna (1979) 76: „ ... res non sunt aptae natae pro terminis in propositione supponere, sed bene econtra, ideo non sunt signa terminorum saltim suppositiva." (Hervorhebung von mir). - Durch die Übernahme dieses Begriffs durch TOLETUS wird er, zusammen mit seinem Gegenbegriff, dem signum manifestativum, bis ins 18. Jahrhundert hinein zum Standardkanon scholastis c h e r Z e i c h e n d i s t i n k t i o n e n g e h ö r e n . Z u TOLETUS, RUBIUS, VERANI U. COMPTON CARLETON

s. Kap. I V , Anm. 4 3 0 ; Vgl. P. VALLIUS, Logica (1622) 615bf; H. HEINLEIN, Philosophia rationalis (1677) 3 8 6 ; P. RENTZ, Philosophia ad mentem angelici doctoris divi Thomae Aquinatis, t. 1 (1714) 5 3 8 ; B. LLNGEN, Cursus Philosophicus, annus primus sive logica (1718) 186. Diese Unterscheidung ist auch in der protestantischen Schulphilosophie geläu-

106

Die mittelalterliche Zeichentheorie von Abailard bis zum 14. Jahrhundert

diese durch die Integration der Supposition in die logische Definition des signum und des significare293 vorgenommene Zuschärfung des Zeichenbegriffs, die ihn umso enger an die Logik und die Logik an ihn bindet.

1. Oratio mentalis und oratio vocalis Unter Berufung auf Boethius konstatiert Ockham eine „triplex oratio", d.h. drei Ebenen der Rede, denen gemäß er drei Formen von Termini unterscheidet: geschriebene, gesprochene und „erkannte" (termini concepii bzw. termini mentales).294 Letztere sowie die aus ihnen gebildeten Propositionen, entsprechen den augustinischen verba mentalia, von denen gilt, daß sie keiner idiomatischen Sprache angehören295 und sich häufig aufgrund des Defekts derselben in keiner solchen adäquat zum Ausdruck bringen lassen.296 Das Denken ist ein geistiges Sprechen: „loqui mentaliter non est nisi cogitare actualiter."297 Ockham steht mit einer solchen Darstellung des Denkens als einer Art des inneren Sprechens in einer langen Tradition. Während die stoische Unterscheidung von λόγος ένδιάθετος und λόγος προφορικός298 in der doppelten Bedeutung von 'λόγος' gründet, besitzt deren lateinische Adaptation zwangsläufig metaphorischen Charakter. Hiermit liegt die paradoxe Situation vor, daß 'linguistische' Begrifflichkeit (verbum, locutio, oratio, dicere etc.) - mitunter in massiver Form299 - zur Beschreibung eines Bereiches verwendet wird, dessen Sprachfreiheit zugleich mit Nachdruck behauptet wird (verba nullius linguae).

fig; vgl. J . H . ALSTED, Metaphysica ( 1 6 1 3 ) 186f; CHR. SCHEIBLER, Metaphysica ( 1 6 3 6 ) 3 6 3 ; A. FROMME, Exercitationes metaphysicae ( 1 6 5 1 ) 3 7 9 ; J . SCHULTETUS, Disp. metaph. De signo et signato ( 1 6 5 9 ) fol. B 3 r ; D. DERODON, Logica restituía ( 1 6 5 9 ) 5 0 0 ; G. O . GRIMMIUS, Disp. inauguralis philosophica De Signis ( 1 6 9 5 ) 10. Eine terminologische Variante bildet die offenbar aus dem Begriff der suppositio personalis abgeleitete Unterscheidung von signum

personale und signum impersonale; NICOLAUS A S. IOHANNE BATTISTA, 293

vgl. C. FRASSEN, Philosophia académica (1686) 338; Philosophia Augustiniana ( 1 6 8 7 ) 2 5 f ; GERVASIUS VON

BREISACH, Cursus philosophicus, t. 1. ( 1 6 9 9 ) 2 4 2 f . Vgl. OCKHAM, Summa logicae I, 3 3 ( 1 9 7 4 ) 95f.

Summa logicae

294

OCKHAM,

295

Ebd.: „... isti termini concept! et propositiones ex eis compositae sunt ilia verba mentalia, quae ... Augustinus ... dicit nullius esse linguae...". Ebd. I, 15 ( 1 9 7 4 ) 4 2 : „... quandocumque aliquis profert propositionem vocalem, prius format interius unam propositionem mentalem, quae nullius idiomatis est, in tantum quod multi frequenter formant interius propositiones quas tamen propter defectum idiomatis exprimere nesciunt."

296

1,1 ( 1 9 7 4 ) 7 .

OCKHAM, Quodl. I, q. 6 ( 1 9 8 0 ) 3 7 . S. Anm. 119. 299 Vgl. MAGISTER CONRAD, Tractatus excellentissimi Magistri Conradi O.P. de intentionibus ( 1 9 8 1 ) 5 3 1 : „Dicitur autem verbum cordis, quia per talia, quae in seipso intellectus format, h o m o loquitur sibi ipsi. Intellectus vere est quasi quaedam linguae animae, actus vero intelligendi est sicut motio linguae ad loquendum, species intelligibilis est sicut ars loquendi, conceptus vero mentis est sicut verbum prolatum." 297

298

Das Zeichen in der Logik des 14. Jahrhunderts

107

Für Augustinus wie für die augustinische Tradition des Mittelalters stellt sich jedoch auf der Grundlage der theologischen Verbttm-Spekulation der metaphorische Charakter dieser Redeweise nicht als ein solcher dar. Vielmehr gilt gerade der transidiomatische geistige Begriff, das verbum mentís, als Wort im eigentlichen Sinne. 300 Nicht also ist nach dieser Auffassung die Applikation von linguistischer Terminologie auf die Mentalsphäre eine bloß metaphorische Ubertragung, sondern umgekehrt: Rede im eigentlich Sinn ist locutio mentis. Diese aber vollzieht sich nicht in Wörtern der idiomatischen Sprachen, sondern, wie Anselm von Canterbury sagte, in „natürlichen und bei allen Völkern identischen Wörtern" (verba ... naturalia ... et apud omnes gentes eadem). 301 Nach Durandus a Sto. Porciano besetzt das geistige Wort gleichsam das Zentrum all dessen, was Wort oder generell Manifestation genannt zu werden pflegt. Kein Wort, kein Manifestatierendes, das nicht lediglich denominativ von jenem her ein solches genannt wird, das wesensmäßig Wort und Manifestierendes ist. 302 Ockham verbindet die augustinische Auffassung von der Präeminenz des geistigen Sprechens mit der im aristotelisch-boethianischen Lehrstück des ordo orandi angelegten strukturellen Entsprechung der drei Redeformen. Rede im eminenten Sinne ist geistige Rede, oratio mentalis. Diese bildet den eigentlichen Gegenstand seiner mentalistischen Logik. Die aus der Parallelisierung der orationes sich nahelegende Annahme der Korrespondenz von Vokal- und Mentalsprache erlaubt es Ockham, das theoretische und terminologische Instrumentarium der terministischen Logik auf die Ebene der oratio mentalis anzuwenden.303 Auch die intentiones animae, die geistigen Begriffe, lassen sich entsprechend den Wortklassen einteilen. Zwar gibt es verschiedene Abweichungen der Mentalgrammatik von der Struktur der gesprochenen Sprache, indem alles nicht zu den notwendigen Erfordernissen des Bezeichnens („necessitas significationis") gehörige von der oratio mentalis ausgeschlossen wird, so daß es hier z.B. weder Synonyme noch die Unterschei-

300

Vgl. BONAVENTURA, 1 Sent. 2 7 , 2 , 1, 4 c: „... verbum exterius ... non est verbum, sed verbi signum..."; DURANDUS A STO. PORCIANO, 1 Sent. 2 7 , 2 , 7 ( 1 5 7 1 ) fol. 7 7 : „Uno modo (verbum dicitur) illud quod est exterius intellectu concipitur secundum quod homo dicitur loqui alteri. Alio modo dicitur verbum conceptus intellectus secundum quem conceptum dicimus hominem cogitantem sibiipsi loqui. Et istud dicitur verbum mentis, sicut primum dicitur verbum vocis. Sed quia volens verbum formare exterius praeconcipit illud per imaginationem, ideo dicitur tertio modo verbum actus imaginationis quo concipimus vocem exteriorem sic vel sic formari antequam formemus. Inter haec autem verbum mentis dicitur propriissime verbum, vox enim exterior non dicitur verbum, nisi quia significat conceptum intellectus, vel rem per intellectum conceptam...".

301

ANSELM VON CANTERBURY,

25, Uff.

3 0 2

303

Monologion 10, Opera omnia 1, hg. v. F. S. Schmitt (ND 1968)

DURANDUS A SANCTO PORCIANO, 1 Sent 2 7 , 2 , 7 ( 1 5 7 1 ) fol. 7 8 . Vgl. Summa logicae I, 3 (1974) llff; Zu den Übereinstimmungen und Abweichung von oratio mentalis und oratio vocalis vgl. auch Quodl. V, q. 8 (1980) 508ff. Vgl. W. HOBENER, „Oratio mentalis" und „oratio vocalis" in der Philos, des 14. Jh. (1981) 490f.

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Die mittelalterliche Zeichentheorie von Abailard bis zum 14. Jahrhundert

dung grammatischer Genera gibt. Insgesamt jedoch ist die Struktur des - sprachfreien - Denkens in Termini der Sprachlichkeit beschreibbar. Das Äquivalent des Augustinischen verbum mentis, der conceptos, ist zwar jeder Bindung an eine idiomatische Sprache enthoben. Im Gegensatz zu Augustinus wird er nun jedoch als Zeichen bestimmt. Was zuvor nicht Zeichen sondern gerade durch seine Differenz gegenüber der Sphäre der Zeichen ausgezeichnet war, ist nun Zeichen im eigentlichen, eminenten Sinn. Das Verhältnis der drei Ebenen der oratio ist durch die von Scotus vorbereitete304 Theorie der Subordination reguliert. Mit dieser verwirft Ockham unter Berufung auf Aristoteles das letzten Endes aristotelische Signifikationsmodell des semantischen Dreiecks. Die voces und passiones sind signa subordinata. Die sprachlichen Ausdrücke bezeichnen nicht unmittelbar die Konzepte und durch deren Vermittlung die Dinge („res mediantibus conceptibus"), sondern sie bezeichnen diese ebenso direkt, wie es die Konzepte tun: Dico autem voces esse signa subordinata conceptibus seu intentionibus animae, non quia proprie accipiendo hoc vocabulum „signa" ipsae voces semper signifìcent ipsos conceptus animae primo et proprie, sed quia voces imponuntur ad signifìcandum illa eadem, quae per conceptus mentis signifícantur, ita quod conceptus primo naturaliter significat aliquid et secundario vox significat illud idem. - (Ich sage aber, daß die sprachlichen Ausdrücke den Konzepten oder Intentionen der Seele untergeordnete Zeichen sind, nicht weil bei eigentlicher Auffassung des Wortes „Zeichen" die sprachlichen Ausdrücke stets die Konzepte der Seele zuerst und eigentlich bezeichnen, sondern weil sie zur Bezeichnung eben desselben eingesetzt worden sind, das durch die Begriffe des Geistes bezeichnet wird, und zwar so, daß der Begriff zuerst und auf natürliche Weise etwas bezeichnet und der sprachliche Ausdruck dasselbe an zweiter Stelle). 305

Würde der Begriff sein Signifikat wechseln, so hätte dies unmittelbar eine entsprechende Ersetzung des Signifikats bei dem ihm subordinierten sprachlichen Ausdruck zur Folge. Die in dieser Weise als „sekundär Bezeichnende" (secundario significantia)306 bestimmten sprachlichen Ausdrücke hängen in ihrer Signifikation gänzlich vom conceptus ab, ohne jedoch diesen deshalb selbst zu bezeichnen. Das Verhältnis der voces zu den Konzepten ist keines der Signifikation, sondern eines der Subordination.307 Dieses Verhältnis zwischen dem 304

Vgl. W. HÜBENER, „Oratio mentalis" und „oratio vocalis" in der Pbilos. des 14. Jh. (1981) C . MARMO, Ontology and semantic in the logic of Duns Scotus ( 1 9 8 9 ) 1 6 4 ; A. TABARRONI, Mental signs and the theory of representation in Ockham ( 1 9 8 9 ) 1 9 9 . Vgl. 495;

SCOTUS, Ord. I d. 2 7 q. 1-3 n. 83, s. Anm. 191. In der Ordinatio

305

306 307

(I d. 2 2 q. un. a. 1 ( 1 9 7 9 )

50) spricht Ockham, wie Scotus, noch von signa ordinata: „... dico quod non est intentio Philosophi quod voces primo significant passiones animae, sed quod passiones animae et voces sunt quaedam signa ordinata, ita quod voces instituuntur ad signifìcandum, non ipsas passiones animae, sed res illas quarum sunt illae passiones, et aliquo modo illae passiones sunt signa ¡Harum rerum." OCKHAM, Summa logicae 1,1 ( 1 9 7 4 ) 8 . Ebd. U. E c o (Denotation (1989) 64) bemerkt hierzu: „What happens with Ockham - and happened with Bacon - is that the semiotic triangle is definitly put upside down. Words are non

Das Zeichen in der Logik des 14. Jahrhunderts

109

s p r a c h l i c h e n A u s d r u c k u n d d e m B e g r i f f h a t s e i n e E n t s p r e c h u n g in d e r S u b o r d i nation der Schrift unter die v o x . 3 0 8 in R ü c k s i c h t d e r voces,

D i e S c h r i f t ist lediglich s e k u n d ä r e s Z e i c h e n

d i e z u m i n d e s t u n t e r allen w i l l k ü r l i c h e i n g e s e t z t e n Z e i -

c h e n , w i e e r in w ö r t l i c h e m A n s c h l u ß a n A u g u s t i n u s f o r m u l i e r t , d e n

principatus

innehaben.309 W ä h r e n d O c k h a m v o n d e r b o e t h i a n i s c h e n T r i c h o t o m i e d e r oratio vocalis,

scripta)

(mentalis,

a u s g e h t , f i n d e t im w e i t e r e n 1 4 . J a h r h u n d e r t d i e in d e r a u g u s t i -

nischen T r i c h o t o m i e entwickelte Binnendifferenzierung des inneren in e i n e S p h ä r e d e r „ c o g i t a t i o r e i " (verbum

mentis,

conceptus

rei)

Sprechens

und eine der

„cogitatio v o c i s " stärkere Berücksichtigung. G r e g o r v o n Rimini setzt unter Bez u g n a h m e a u f A u g u s t i n u s u n d A n s e l m d i e im G e i s t e g e d a c h t e n V o k a l z e i c h e n als einen eigenen „genus enuntiationum m e n t a l i u m " 3 1 0

an. P i e r r e d ' A i l l y , d e r a u c h

n o c h d i e S c h r i f t z e i c h e n k o n z e p t u a l i s i e r t , f ü h r t d e n „ c o n c e p t u s v o c i s vel s c r i p t u r a e " als terminus

308

309

310

311

mentalis

im u n e i g e n t l i c h e n S i n n . 3 1 1 Z w i s c h e n d i e s e m u n d d e m

connected primarily to concepts and then, through mental mediation, to things: they are directly imposed upon things and states of affairs." Was bei Ockham geschieht, ist weniger das auf-den-Kopf-Stellen des semantischen Dreiecks, als vielmehr dessen Substitution durch ein nicht mehr in der Begrifflichkeit der significatio 'trigonometrisch' beschreibbares Konkurrenzmodell. Es trifft von daher auch nicht zu, daß die Begriffe nicht mehr in erster Linie mit den Konzepten „connected" sind. Was bei Ockham aufgegeben wird, ist keineswegs die Verbindung von sprachlichem Ausdruck und Mentalkonzept, sondern die Annahme, diese müsse als Signifikationsbeziehung charakterisiert werden. OCKHAM, Summa logicae 1,1 (1974) 8 : " Et sicut dictum est de vocibus respectu passionum seu intentionum seu conceptuum, eodem modo proportionaliter quantum ad hoc tenendum est de his, quae sunt in scripto respectu vocum."; vgl. Expositio in librum perihermenias Aristotelis (1978) 3 4 7 : „Dicit ... Philosophus quod vox est nota passionis animae propter quendam ordinem eorum in significando, quia primo passio significat res et secundario vox significat non passionem animae sed easdem res quas significat passio; ita quod si passio mutaret significata sua statim vox eo ipso, sine omni nova impositione vel institutione, mutaret significata sua. Et istud est manifestius de voce et scripto..." OCKHAM, Summa logicae I, 12 (1974) 4 1 : „Scriptura est signum secundarium respectu vocum, quia inter omnia signa ad placitum instituía voces obtinent principatum."; s. Kap. I, Anm. 141. GREGOR VON RIMINI, 1 Sent. Prol. q. 1 a. 3, hg. D . TRAPP u. V . MARCOLINO (1979ff) 1. 30, 2 6 - 3 1 , 2 : „... duplex est genus enuntiationum mentalium: Quoddam enim est earum, quae sunt vocalium enuntiationum imagines vel similitudines ab exterioribus vocibus in animam derivatae...; et istae non sunt eiusdem rationis in omnibus hominibus, sed aliae sunt in Graeco, aliae in Latino..." Vgl. PIERRE D'AILLY, Conceptus (s.l. s. a.) fol. blva-b: „... terminorum mentalium quidam est terminus mentalis proprie dictus. Alius improprie dictus. terminus mentalis improprie dictus est conceptus vocis vel scripture sinonime tali voce. ... est talis conceptus qui licet significet naturaliter proprie vocem vel scripturam cuius est naturalis similitudo potest tarnen cum hoc significare ad placitum et subordinari alteri conceptui qui solum naturaliter significat, verbi gratia conceptus huius vocis 'homo' naturaliter proprie significat illam vocem 'homo' quia est eius naturalis similitudo, sed ad placitum significat omnes homines singulares (blvb) et ut sic subordinatur in significatione illi conceptui qui naturaliter proprie est representativus omnium hominum." Vgl. hierzu W. HOBENER, Der theologischphilosophische Konservativismus des J . Gerson: Miscellanea Mediaevalia 9 (1974) 193-196.

110

Die mittelalterliche Zeichentheorie von Abailard bis zum 14. Jahrhundert

eigentlichen Mentalterminus besteht ihm zufolge kraft Gewohnheit eine solch enge Verbindung und wechselseitige Konkomitanz („colligantia seu mutua concomitantia inter conceptum naturalem ... et conceptum ... vocis"), daß bei der Bewirkung des einen unmittelbar auch die des anderen erfolgt (uno conceptu moto per obiectum suum ... statim movetur alius conceptus). 312 Die hier betonte Parallelität der inneren Sprach- und Denkoperationen hat jedoch ausschließlich die Funktion, die Prozesse des Sprechens und Verstehens, d.h. die Ubersetzung geistiger Konzepte in körperliche Laute und umgekehrt, zu erklären. Sie impliziert noch keinen Einfluß der Sprache auf das Denken. Denn die einfachen Elemente der Mentalsprache bleiben, auch wenn sie stets den Elementen einer Vokalsprache zugeordnet sind, als 'Ähnlichkeiten' der Dinge in einem unmittelbaren Bezug zu denselben und in eben diesem Sachbezug von den sie begleitenden Wörtern unbehelligt. Erst im Laufe des 17. Jahrhunderts werden sich inneres Sprechen und Denken soweit annähern, daß mit der Wende zum 18. Jahrhundert die Konkomitanz verschiedentlich als Koinzidenz erscheint und so von einer konstitutiven Funktion der Sprache für das Denken ausgegangen wird. 313

2. Konsequenzen des logischen Zeichenbegriffs Es ist durchaus berechtigt, die Logik Ockhams als „régie par le concept de signe" zu bezeichnen. 314 Insofern nämlich, als unter durchgängigem Rekurs auf den Zeichenbegriff eine semiologische Neudefinition der grundlegenden Begriffe der Logik erfolgt. 315 Hierin ist Ockham zwar nicht originell, sondern in vielen Punkten durch ältere und zeitgenössische Autoren, wie etwa Walter Chatton angeregt und vorbereitet. Doch wohl nirgendwo anders erfolgt die Instrumentalisierung des Zeichenbegriffs mit größerer Konsequenz. Sie bewirkt, daß auf der Grundlage einer konsequenten Einzeldingontologie die zentralen metaphysischen Probleme in semantische Fragestellungen transformiert werden. Am deutlichsten zeigt sich dies an der Universalienproblematik. Gemäß der universalienrealistischen Position konnte das Universale definiert werden als etwas, daß zugleich in mehrerem sein („quod aptum natum est, esse in pluribus") und eben dadurch von vielem prädiziert werden kann („quod praedicatur de multis"), oder auf eine Kurzformel gebracht: „universale est, quod de sua aptitudine est in multis et de multis" (Ein Universale ist, was seiner Eignung nach in vielem und

312

PIERRE D'AILLY, 1. Sent., q. 3, a. 1, hg. L. KACZMAREK, in: Ders.: 'Notitia' bei Peter von Ailly. In: O . PLUTA (Hg.): Die Philosophie im 14. und 15. Jahrhundert ( 1 9 8 8 ) 4 0 3 f .

313

Vgl. Kap. V I C. J . BlARD, Logique et théorie du signe au XJVe siècle ( 1 9 8 9 ) 102. Vgl. ebd. 1 0 2 - 2 5 .

314 315

111

Das Zeichen in der Logik des 14. Jahrhunderts

von vielem ist).316 Nach Ockhams Einzeldingontologie ist eine solches „universale in essendo" (dem Sein nach Allgemeines) unmöglich. Jedes auch nur vorstellbare existierende Ding ist ein Singulare, ein der Zahl nach eines.317 Das gilt auch für das Universale („quodlibet universale est una res singularis").318 Denn dieses ist nichts anderes als eine - der Sache nach singulare - intentio animae, die eben dadurch zu einem Allgemeinen wird, daß sie ein von mehrerem prädizierbares Zeichen ist („intentio animae dicitur universalis, quia est signum praedicabile de pluribus").319 In analoger Weise transformiert Ockham aber auch die gerade für die Bestimmung des Zeichens äußerst wichtige metaphysische Problematik des ontologischen Status der Relation in eine semantische Fragestellung. Es gibt nur „res absolutae", Einzeldinge. Diese werden jedoch auf unterschiedliche Weise benannt. Während einige Nomina von ihren Signifikaten absolut ausgesagt werden können, d.h. ohne daß ihnen irgendein anderes Substantiv, das nicht im Nominativ steht, hinzugefügt wird (man kann von jemandem sagen, er sei ein Mensch, nicht aber, er sei irgendjemandes Mensch), gibt es andere, die nomina relativa, die dadurch gekennzeichnet sind, daß sie stets mit einem casus obliquus eines anderen Substantivs verbunden werden können (es ist unmöglich, daß jemand Vater ist ohne irgendjemandes Vater zu sein). 320 Mit dem Relativen und der Relation hat Ockham zufolge Aristoteles nicht extramentale, von den Einzeldinge verschiedene Entitäten gemeint, sondern allein die Nomina als Teile einer gedachten, gesprochenen oder geschriebenen Aussage.321 Eine metaphysische Bestimmung des Zeichens als vom Zeichending selbst abgehobene Relation, ist, zumindest so, wie sie etwa von Thomas von Aquin oder Scotus und später im 17. Jahrhundert von Johannes a Sancto Thoma - und später im 19. Jahrhundert von Peirce - vorgenommen wurde, nach Ockham damit gerade aufgrund der semantischen Bestimmung der Relation als Zeichen unmöglich.322

316

Vgl. ALBERTUS M A G N U S , De praedicabilibus (1977) 63.

3 1 7

OCKHAM,

318

OCKHAM,

319

Ebd., 49.

3 2 0

321

322

II, 1 ;

vgl. A . DUMITRIU, History of Logic 1

Expositio in lib. Porphyrie de praedicabilibus, Prooemium Summa logicae I , 1 4 ( 1 9 7 4 ) 4 8 .

S 2 (1978)

11.

O C K H A M , Summa logicae I, 4 9 (1974) 154f Ebd. I 4 9 , 4 7 f f (1974) 155: „Aristoteles nihil posuit relativum nec ... relationem nisi solum nomen ex quo nata est propositio mentalis, vocalis vel scripta componi." Auf diese Differenz zwischen Scotus und den Nominales macht später JOHANNES DE ORIA (Summularum volumen primum (1987) 157) aufmerksam: „... significatio, intentio et impositio et similia abstracta secundum Scotum, significant respectum signi ad signatum. Sed, secundum nominales, significant ipsa signa significantia." Die Identifikation der Relation mit dem Zeichen selbst richtete sich jedoch nicht nur gegen -Scotus, sondern auch und überwiegend gegen Versuche, die Existenz der modi significandt mit der aus der Imposition resultierenden Relation des sprachlichen Zeichens auf sein Signifikat zu beweisen. So wendet sich der Verfasser der häufig PIERRE D'AILLY zugeschriebenen Destructiones modorum

112

Die mittelalterliche Zeichentheorie von Abailard bis zum 14. Jahrhundert

Ockhams Position als „Nominalismus" zu bezeichnen, ist jedoch zumindest insofern irreführend, als nicht - oder nur in zweiter Linie (secundario) - der sprachliche Ausdruck das Universale ausmacht, sondern vielmehr die intentio atiimae, der geistige Begriff; und dieser ist eben kein „bloßer Name" im landläufigen Sinn, sondern ein natürliches, bei allen Menschen identisches Zeichen. Nur wenn die Bezeichnung „Nominalismus" vom Mentalnomen her begriffen wird, hat sie ihre Berechtigung. Die „nominalistische", oder besser konzeptualistische Position, die das Allgemeine ebenso wie die Wahrheit - denn diese ist nichts anderes als die wahre Proposition („veritas est propositio vera"), 323 d.h. jene, in der Subjekt und Prädikat für dasselbe supponieren324 - auf der Ebene der Zeichen ansiedelt und für die damit der unmittelbare Gegenstand von Wissenschaft ebenfalls das Zeichen - in Form der die Dinge bezeichnenden wahren Mentalpropositionen - ist,325 war im Spätmittelalter zwar verbreitet, aber keineswegs dominierend. Ein genuiner Ockhamismus zumal ist selten. Obwohl Ockham die Berücksichtigung des Zeichens im Rahmen der Logik entscheidend durchgesetzt hat, hätte er, wären seine Thesen durchgängig übernommen worden, die Ausbildung einer allgemeinen Theorie der Zeichen mindestens ebenso nachhaltig verhindern können. Sie wurden es nicht. Bereits der für das späte 14. Jahrhundert bestimmendere Johannes Buridan weicht an verschiedenen, nicht unerheblichen Punkten von Ockham ab, indem er auf der Grundlage eines anders konzipierten Verhältnisses von Signifikation und Supposition die sprachlichen Ausdrücke wieder unmittelbar die geistigen Begriffe bezeichnen sowie den Zeichencharakter der Konzepte in den Hintergrund treten läßt und damit die Logik wieder als scientia sermocinalis behandelt.326 Albert von Sachsen ist Ockham demgegenüber erheblich enger gefolgt, doch zeichnet sich auch bei ihm bereits die späterhin zunehmende Tendenz einer Aufhebung der strikten Beschränkung auf das Zeichen im engeren, logischen Sinne ab, wenn er das significare allgemein als „aliquid intellectui repraesentare" definiert.327 Tatsächlich scheint gerade er der Ausgangspunkt für viele jener Theoreme und Fragestellungen zu sein, deren ausführliche Diskussion in der Logik des späten 15. und frühen 16. Jahrhunderts den Boden für eine Thematisierung significandi (hg. v.

L . KACZMAREK ( 1 9 9 4 ) 9 2 ) gegen die Modisten, „qui ponunt relationem esse rem distinctam ab utroque termino relationis et etiam a fundamento". Demgegenüber vertritt er die These, „quod relatio quae résultat per impositionem vocis non est aliqua res distincta a signo significante..."

323 324

Scriptum in ¡ib. primum Sent., Ordinatio (1979) 578. Summa logicae ( 1 9 7 4 ) 2 5 0 .

325

Das ist freilich nicht so zu verstehen, als würde Ockham, indem er sagt, daß der Gegenstand des Wissens die Zeichen sind, zugleich auch behaupten: und nicht die Sachen. Denn die Mentalzeichen Ockhams sind ja gerade so konzipiert, daß sie sich nicht, wie die species (zumindest so wie Ockham sie verstand), gleichsam vor die Dinge stellen und eine unmittelbare Erkenntnis derselben verhindern.

326

Vgl. J . B I A R D , Logique et théorie du signe au X7Ve siècle ( 1 9 8 9 ) 197ff. A L B E R T VON SACHSEN, Quaestiones in artem veterem, n. 6 9 8 ( 1 9 8 8 ) 4 7 2 .

327

Das Zeichen in der Logik des 14. Jahrhunderts

113

des Zeichenbegriffs bereiten wird, die weit über die von Ockham dem Zeichen zugewiesenen Grenzen hinausgeht. Autoren wie Marsilius von Inghen oder Pierre d'Ailly folgen entweder Buridan oder nehmen weitere Umbesetzung an der Lehre Ockhams vor. Was sie trotz aller Differenzen verbindet, ist die zentrale Bedeutung, die dem Konzept des Zeichens bei ihnen zukommt. Doch auch eine solche war nicht unumstritten. Denn die bei Augustinus sich zeigende pejorative Bestimmung des Zeichens hat ebenfalls ihre Tradition. Schroffe Kritik an der Überbewertung des Zeichens durch die „doctores signorum" kommt insbesondere von universalienrealistisch ausgerichteten Theologen wie J o h n Wyclif oder Stanislas von Znojmo, für den das Umherirren in den leeren und nutzlosen logischen Zeichen geradezu die unmittelbare Folge des menschlichen Sündenfalls ist: „in penam peccati sumus necessitati in his vacuis et inanis signis erranter ambulare". 3 2 8

328

STANISLAS VON ZNOJMO,

De vero et falso

den Doctores signorum (1990).

(1971) 207;

vgl.

W . HÜBENER,

Wyclifs Kritik an

III. Die mittelalterliche Theorie des Zeichens II: Das Zeichen in der Logik des 15. und frühen 16. Jahrhunderts Mit Ockham ist der Zeichenbegriff ins Zentrum der Logik getreten und besetzt dort wesentliche Systemstellen. Durch die strikte Beschränkung auf das logikrelevante Propositionalzeichen, d.h. auf ein solches Zeichen, das als oder innerhalb einer propositio fungiert, konnte - und sollte - jedoch nur ein begrenzter Ausschnitt zeichentheoretischer Thematik in den Blick genommen werden. Demgegenüber ist es für die spätscholastische terministische Logik charakteristisch, daß hier die logisch-semantische Thematik auf der Grundlage einer Analyse möglicher, in ihrer Bedeutungsweite stark differierender Verwendungsweisen der einschlägigen Begrifflichkeit (terminus, significare, repraesentare, signum etc.) entwickelt wird, die Erörterungen dabei jedoch nicht auf deren jeweils engeren, logisch relevanten Sinn begrenzt bleiben, sondern auch die Konsequenzen, die sich für konkrete Fragestellung aus der Ansetzung der verschieden weit gefaßten Begriffsbestimmung ergeben können, ausführlich durchgespielt werden. Hierdurch lagert sich gleichsam an den Rändern des logischen Diskurses eine Behandlung - eigentlich - logikfremder, zeichentheoretisch aber durchaus relevanter Problemstellungen an. Ihren Höhepunkt erreicht diese seit dem 14. Jahrhundert zunehmende Tendenz in der Schule von Johannes Maior (John Mair) am pariser Collège de Montaigu (Möns Acutus), dem bedeutendsten und einflußreichsten Zentrum spätscholastischer Logik.1 Die Schriften Ockhams spielen hier eher eine untergeordnete Rolle. Weitaus enger sind die Bezüge zu Autoren wie Albert von Sachsen, Paul von Venedig und v.a. Pierre d'Ailly. Einen prägenden Einfluß hatte die Maior-Schule aufgrund der dort zahlreich vertretenen spanischen Logiker wie Coronel, Lax, Dolz, Enzinas, Celaya oder Soto besonders auf die Entwicklung der Logik in Salamanca und Alcalá.2

1

2

Z u r Maior-Schule vgl. R. G. VLLLOSLADA, La universidad de Paris durante los estudios de Francisco de Vitoria O.P. (1507-1522) ( 1 9 3 8 ) ; H. ELIE, Quelques maîtres de l'université de Paris vers l'an 1 5 0 0 : AHDLMA 25/26 (1950/51) 1 9 3 - 2 4 3 ; V. MUÑOZ DELGADO, La obra lógica de los españoles en Paris ( 1 5 0 0 - 1 5 2 5 ) : Estudios 26 ( 1 9 7 0 ) 2 0 9 - 8 0 ; E. J . ASHWORTH, Language and Logic in the post-medieval period ( 1 9 7 4 ) ; A. DUMITRIU, History of Logic 2 ( 1 9 7 7 ) 198ff; A. BROADIE, George Lokert. Late Scholastic Logician ( 1 9 8 3 ) ; DERS., The circle of John Mair. Logic and Logicians in Pre-Reformation Scotland ( 1 9 8 5 ) . Vgl. V. MUÑOZ DELGADO, La Lógica Nominalista en la Universidad de Salamanca (15101530) ( 1 9 6 4 ) ; DERS., La lògica en Salamanca durante la primera mitad del siglo X V I : Sai-

Das terminologische Feld von 'signum', 'significare' und 'repraesentare'

115

A. Die Bestimmung des terminologischen Feldes von 'signum', 'significare' und 'repraesentare' Ockham hatte in der Summa logtcae den Begriffen 'signum' und 'significare' eine logikspezifische Präzisierung gegeben, indem er den Zeichenbegriff von vornherein auf das durch Eignung zur Supposition ausgewiesene Zeichen beschränkte. Logik hat es ausschließlich mit solchen Zeichen zu tun, die geeignet sind, innerhalb eines Aussagesatzes eine Funktion auszuüben, und sie hat es mit den Zeichen auch nur insofern zu tun, als sie dazu geeignet sind. Ockhams Bemühung um eine Präzisierung des logischen Zeichenbegriffs entspricht, wenngleich das von ihm zu diesem Zweck instrumentalisierte Kriterium der Suppositionstauglichkeit vorher nicht in diesem Sinne Verwendung gefunden hat, gängiger Praxis. Wo immer seit Augustinus das Zeichen als solches im Rahmen der Logik thematisiert worden war, erfolgte dies unter ausdrücklicher Betonung, daß es nicht seinem ganzen Umfang nach in den Gegenstandsbereich der Logik fällt. Das Zeichen im allgemeinen war nur insofern von Interesse, als es die übergeordnete Gattung des eigentlichen Gegenstandes der Logik ausmachte: „logica solum [... est] de signis qui sunt termini" (Die Logik handelt nur von Zeichen, die Termini sind).3 Eben deshalb konnte auch Paul von Venedig, wie Menghus Blanchellus bemerkt, seine Logik unmittelbar mit einer Darstellung der Termini beginnen lassen. Denn das Zeichen als solches übersteigt die Grenzen der Logik.4 Ockhams Differenzierung der unterschiedlich weit gefaßten Verständnisweisen von „Zeichen" wird in der spätscholastischen Logik mehrfach aufgegriffen. Menghus Blanchellus und Jacopo Ricci z.B. stellen dem eigentlichen, in Anlehnung an Ockham definierten Zeichen ein allein durch das „ducere in cognitionem" unter Weglassung der augustinischen Bestimmung des „aliquid aliud" charakterisiertes Zeichen im weitestmöglichen Sinn gegenüber. Während im weiten Verständnis jedes Ding Zeichen sein kann, ist der Begriff des Zeichens unter Ansetzung der von Ockham vorgegebenen Limitation nach Menghus weniger

manticensis 14 ( 1 9 6 7 ) 1 7 1 - 2 0 7 ; DERS., La lógica en la Universidad de Alcalá durante la primera mitad del siglo X V I : Salmanticensis 15 ( 1 9 6 8 ) 1 6 1 - 2 1 8 ; DERS., Pedro de Espinosa y la logica en Salamanca hasta 1 5 5 0 : Anuario filosofico 16 ( 1 9 8 3 ) 1 1 9 - 2 0 8 ; A. DUMITRIU,

3 4

History of Logic, vol. 2 (1977) 201ff. Vgl. ALBERT VON SACHSEN, Quaestiones in artem veterem ( 1 9 8 8 ) 1 4 2 . MENGHUS BLANCHELLUS, Commentimi cum quaest. super logicam Pauli Veneti

( 1 4 9 2 ) fol. e 8 r b - f l r a : „... signum in communitate sua scilicet totam suam significationem est communius termino. Et sic excedit limites logice: et ideo nego ut sic sit de consideratione logici... quia enim signum est communius termino tunc magister debuisset incipere tractatum suum a signo et non a termino. ... licet signum sit communius termino: quia tamen excedit limites logice: non incipit ab e o . "

116

Das Zeichen in der Logik des 15. und frühen 16. Jahrhunderts

allgemein als der des Terminus, da er sich nur auf die der Supposition fähigen Termini bezieht. 5 Dieser restriktiven, damit aber auch präzisen Verwendung des Zeichenbegriffs Ockhams steht mit der Pariser Logik um 1 5 0 0 ein Ansatz gegenüber, der das Konzept des Zeichens im Horizont seiner größtmöglichen Extension entwickelt und, ausgehend von dem weitesten Verständnis, erst über umfangreiche Erörterungen der sich aus einem solchen weitgefaßten Begriffsverständnis ergebenden Konsequenzen sukzessiv zu präziseren Begriffsbestimmungen gelangt. Johannes Maior präsentiert eine vierfache Unterscheidung der Verständisweisen von 'signum', die neben dem weitestmöglichen Zeichenbegriff auch das augustinisch und das ockhamistisch konzipierte Zeichen enthält und diese drei in eine klare Ordnung hinsichtlich des jeweils vorliegenden Begriffsumfangs von 'Zeichen' bringt. 6 Eine analoge Differenzierung der Verständnisweisen von 'terminus' - und entsprechend von 'signum', denn „signum et terminus sunt termini convertibiles" 7 - gibt Johannes Dolz. 8

5

MENGHUS BLANCHELLUS, Commentum cum quaest. super logicarti Pauli Veneti ( 1 4 7 6 ) fol. alva: „Signum dupliciter capitur. uno modo large et sie describitur communiter Signum est illud quod apprehensus ab intellectu ducit ipsum in cognitionem alieuius rei. Et ut universaliter vera sit descriptio debet intelligi in aptitudine et sie signum est genus ad terminum cum sit communius eo. est enim commune ad terminum constitutivum orationis et ad circulum ante tabernam. Aliomodo capitur stricte et sie describitur Signum est quod apprehensum ab intellectu ducit ipsum in cognitionem alieuius rei et supponit pro illa, et sie signum est minus commune quam terminus diffinitus hic quia competit solis terminis qui possunt supponere."; vgl. JACOPO RICCI D'AREZZO, Obiectiones et annotationes super logicatn Pauli Veneti ( 1 4 8 8 ) fol. a2rb: „... ly signum dupliciter describitur. unomodo sie. Signum est quo apprehenso id est quod si apprehendatur faciat nos venire in cognitionem alieuius et sie quodlibet res mundi sive sit terminus sive non: est signum quia eo apprehenso venimus in cognitionem alieuius puta ad minus sui ipsius... Alio modo describitur sic, signum est illud quo apprehenso venimus in cognitionem alieuius pro quo potest in propositione supponere: vel est unum quod potest addi pro determinativo illi tanquam habens officium circa illud vel est aggregativum ex ambobus."

Libri quos in artibus... compilavit, liber terminorum ( 1 5 0 8 ) fol. 10rb-va: „aliquid dicitur esse signum quadrupliciter et proportionabiliter de significare et repraesentare dicatur. Primo modo aliquid dicitur esse signum quum repraesentat se sive aliud a se: sive potest poni in propositione sive non. et hoc modo quelibet res mundi est signum. Secundo modo aliquid dicitur esse signum quum repraesentat aliud a se: sive potest poni in propositione pro ilio sive non. et hoc modo simulachrum herculis dicitur esse signum. et isto modo capit beatus Augustinus ... Tertio modo capitur signum pro ilio quod significat aliud a se et potest poni in propositione pro ilio, ut iste terminus homo. Quarto modo capitur signum pro ilio quod significat se sive aliud a se dummodo potest poni in propositione pro ilio ut buf. Inter istas acceptiones talis est ordo quod omne signum secundo modo est signum primo modo: et per consequens quodlibet signum tertio modo, primo modo est signum... sed signum quarto modo ab alijs acceptionibus excluditur."

6

J . MAIOR,

7

J . DOLZ,

8

Termini ( 1 5 1 1 ) fol. 6vb. Ebd.: „... est advertendum quod ly terminus potest capi quattuor modis. Primo modo pro omni quod significat se: sive significat aliud a se sive non et isto modo quelibet res mundi est terminus, et si dicatur quod pari forma sequitur quod quelibet res mundi esset propositio. Nam quelibet res mundi ad minus in potentia propinqua significat se esse... concedo

Das terminologische Feld von 'signum', 'significare* und 'repraesentare'

117

Die hiermit vorliegende Bewegung der Präzisierung ist zwar nicht unähnlich der von Ockham vorgenommen Abhebung des logischen Zeichens vom Zeichen im allgemeinen Verständnis. Die gleiche Geste folgt hier jedoch einer anderen Intention und hat entsprechend eine ganz andere Wirkung. Sie dient in erster Linie nicht zur Ausgrenzung logisch irrelevanter Zeichenkonzeptionen, sondern läßt, ja eröffnet allererst einen breiten Raum für die Diskussion von Fragestellungen, die sich nur unter Zulassung des von Ockham ausgeschlossenen Zeichenverständnisses ergeben und somit aus der von Ockham vorgegebenen Perspektive als logikfremd zu gelten hätten. 9 Zudem zieht die Begrenzung des signum hier in der Regel keine entsprechende Einschränkung des Begriffs des significare nach sich. 10 Sofern überhaupt eine Präzisierung durch die Darstellung der unterschiedlichen Verständnisweisen von 'signum' intendiert ist, wird diese durch das weit gehaltene Verständnis des significare konterkarriert. 11 Das significare12 erscheint hier, ohne wie bei Ockham an das supponere zurückgebunden zu sein, allgemein als ein „Erkennenmachen" (facere cognoscere)13 oder „zur Erkenntnis von etwas Hinführen" {facere in cognitionem venire; ducere in cognitionem) und ist damit an der älteren Bestimmung des repraesentare in dessen weitestmöglichem Verständnis orientiert, nach welchem es von all

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sequelam. Secundo modo: capitur pro omni ilio quod significat aliud a se et a suo simili et a suo prolatore et a suis partibus sive pro ilio sit ponibilis in propositione sive non. Et isto modo circulus pendens ante tabernam est terminus... Tertio modo capitur pro omni ilio quod significat aliud a se et a suo simili et a suo prolatore et a suis partibus et cum hoc pro talibus est ponibilis in propositione pro tali significato: et isto modo ly homo est terminus. Quarto modo capitur ly terminus pro omni ilio quod est ponibilis in propositione tamquam subiectum vel predicatum: vel exercens aliquod officium sive talis significet aliud a se et a suo simili et a suo prolatore et a suis partibus sive non: et isto modo ly buf est terminus similiter et quelibet littera alphabet!: et isto modo capitur in proposito et proportionabiliter ly signum potest capi quattuor modis..." So betont etwa GASPAR LAX, Parve divisiones terminorum (1502) fol. a4vb: „In toto isto capitulo capitur ly significare et ly signum large prout se extendit ad significare naturaliter communiter..." Damit operiert er mit dem weitestmöglichen Zeichenverständnis. Trotz des im Sinne Ockhams präzisierten Zeichenbegriffs entspricht das significare bei Menghus der augustinischen Zeichendefinition. Vgl. MENGHUS BLANCHELLUS, Commentum cum quaest. super logicam Pauli Veneti (1476) fol. a 2ra: „Significare dupliciter sumitur. Unomodo communiter et sic significare est aliquid intellectui repraesentare et istomodo quilibet terminus aliquid significat quia aliquid intellectui repraesentat quia saltern se ipsum. quod potest probari per hoc medium: omnes ens est aptum natum causare similitudinem sui intellectui, aliter non esset intelligibile [Ausg. 1492: imaginabile]. Aliomodo sumitur proprie et sic significare est aliquid intellectui extra se repraesentare sive naturaliter sive ex impositione et sic sumitur in proposito." G . LAX, Parve divisiones terminorum ( 1 5 0 2 ) fol. a4vb; vgl. Anm. 2 2 . Vgl. E. J . ASHWORTH, Language and Logic in the post-medieval period (1974) ch. 1; DIES.,

Jacobus Naveros (fi. ca. 1533) on the Question: 'Do Spoken words signifiy Concepts or 13

Things' (1987) 190ff. Vgl. PETRUS MARGALLUS, Utriusque logices scholia ( 1 9 6 5 ) 1 4 8 : „Est autem significare facere cognoscere, id est, esse cognitionem vel efficere earn vel cognoscere per earn..."; vgl. PIERRE D'ALLLY, conceptus (s.a.) fol. blrb.

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Das Zeichen in der Logik des 15. und frühen 16. Jahrhunderts

jenem gilt, „quod aliquo modo facit ad hoc quod res cognoscatur" (was auf irgendeine Weise dazu breiträgt, daß eine Sache erkannt wird).14 Dementsprechend kann das significare im Anschluß an Albert von Sachsen und unter deutlicher Abkehr von der von Ockham in der Summa logicae vorgenommenen Bestimmung des Zeichens und Bezeichnens als „aliquid intellectui repraesentare" (dem Intellekt etwas repräsentieren)15 charakterisiert werden. Diese Definition des significare - und damit indirekt auch des Zeichens durch die Funktion der Repräsentation löst seit dem späten 14. Jahrhundert zunehmend die von Aristoteles bzw. der boethianischen peri hermeneias16 Übersetzung her entwickelte, bis dahin dominierende Bestimmung desselben als ein „constituere intellectum"17 ab. Zwar wird letztere auch im ausgehenden Mittelalter noch überliefert,18 sie verliert jedoch zunehmend an Bedeutung; nicht zuletzt wohl deshalb, weil das constituere intellectum schwerlich eine adäquate Beschreibung des Bezeichnens sein kann, wenn die geistigen Begriffe (intellectus bzw. conceptus) selbst als Zeichen gelten.19 Die Bindung des significare an das repraesentare ist von weitreichender Bedeutung. Denn die Identität oder Differenz dieser beiden Begriffe wird wegen ihrer Relevanz für die konkrete Bestimmung des Zeichens - mehr oder weniger 14 15

16

Vgl. HERVEUS NATALIS, Quodl. 5 q. 1, (1513) fol. 113vb, s. ANM. 50. Quaest. in artem veterem, n. 698 (1988) 472; vgl. J . GERSON: De modis significandi, in: Œuvres complètes 9 (1973) 625 [1706: 4.816]; MENGHUS BLANCHELLUS, Commentum cum quaest. super logicam Pauli Veneti (1476) fol. a 2ra; JOHANNES DE LAPIDE, Libri Ortis logicae Porphyrie et Aristotelis (Inc. s.a.) fol. 12va: „... significare in proposito est aliquid intellectui repraesentare."; J. RAULIN, In logicam Aristotelis commentarium (1500) fol. g4vb; C . JAVELLUS, Logicae compendium (1555) fol. 16v: „... significare est aliquid intellectui repraesentare. Unde idem est terminum esse per se significativum, et esse per se repraesentativum alicuius apud intellectum." ALBERT VON SACHSEN:

V g l . De

int.

1 6 b 2 0 , vgl. BOETHIUS, De

int.,

Arist. lat. II. 1 - 2 , hg. L. MINIO-PALUELLO

( 1 9 6 5 ) 7). 17

Vgl. Flores parvi, in: Les Auctoritates Arist., hg. J . HAMESSE (1974) 305; vgl. WILHELM VON CHAMPEAUX, vgl. L . M . DE RLJK, Logica modemorum H/1, 140f; P. ABAILARD, Glossae ... super Peri ermenias, hg. B. GEYER, BGPhThMA 21 (1927) 309; 335f; AEGIDIUS ROMANUS, Expos, in artem vet. (Venedig 1507, ND 1968) fol. 50v; MARTIN VON DACIEN, Quaest. super lib. Periherm., Opera, hg. H. Roos (1961) 243; JOHANNES VON DACIEN, Summa gramm., hg. A. O T T O , Corp. Philos. Danicorum Medi i Aevi 1 (1955) 182; SIGER VON BRABANT, Quaest. in met., hg. A. MAURER (1983) 157; RADULPHUS BRITO, Super arte vet. quest. (Venedig s.a.) fol. i 7va-b, vgl. J. PLNBORG, Bezeichnung in d. Log. d. 13. Jh.: Mise. Med. 8 (1971) 275f; JOHANNES DUNS SCOTUS, In primum lib. periherm. quaest., Op. om., hg. L. WADDING (1639) 1.189b, JOHANNES BURIDAN, Tractatus de suppositionibus (1957) 181.

18

Vgl. J . TLNCTORIS, Dicta super Summulas Petri hysp. (1486) fol. G4vb; C. WLMPINA, Congesto (ca. 1498) fol. A6v; PETRUS DE BRUXELLIS: Summularum artis dial, interpr. (1512) fol. o7vb; M . HUNDT, Compendium totius logices (1507) fol. 18r; HIERONYMUS A SANCTO MARCHO, Compendium praeclarum quod parva log. seu summulae dicitur (1507) fol. a6v; E. WONSIEDEL, Cursus philos. (1509) fol. Elvb. Vgl. E . J . ASHWORTH, Jacobus Naveros (fl. ca. 1533) on the Question: 'Do Spoken words signifiy Concepts or Things'' (1987) 191.

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Das terminologische Feld von 'signum', 'significare' und 'repraesentare'

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explizit - bis ins 18. Jahrhundert hinein eines der meistdiskutierten Kontroversthemen der scholastischen Zeichentheorie darstellen. Die auf den ersten Blick weit gefaßte Definition des significare als „aliquid intellectui repraesentare" wird zumeist als zu restriktiv angesehen, denn sie verbietet - wörtlich genommen - die Anwendung des significare auf die synkategorematischen Ausdrücke, da diese nicht im eigentlichen Sinne 'etwas' (aliquid) repräsentieren. Ockham hatte in seiner Zeichendefinition den Synkategoremen sowie den anderen Redeteilen, denen keine bestimmte Bezeichnung {finita significatio) zukommt, dadurch Rechnung getragen, daß er den Zeichenbegriff auch auf all das angewendet wissen wollte, was, ohne selbst supponieren zu können, innerhalb einer Proposition einem supponierenden Terminus hinzugefügt werden kann. Im Unterschied zu dieser logisch-funktionalen Bestimmung des Bezeichnungsmodus der synkategorematischen Ausdrücke, werden sie seit dem späteren 14. Jahrhundert mittels einer Ausweitung des Repräsentationsmodus in die Definition des significare integriert. Das Bezeichnen umfaßt nach diesem Verständnis das gesamte Feld des 'irgendwie' Repräsentierenden. Seinen Ausdruck findet dies in der für das Spätmittelalter geradezu als 'klassisch' zu bezeichnenden Definition des significare als „aliquid vel aliqua vel aliqualiter intellectui repraesentare" (dem Intellekt etwas oder mehreres oder auf irgendeine Weise repräsentieren),20 bzw., nach der häufigeren, das Erkenntnisvermögen nicht notwendig auf den Intellekt festlegenden und somit auch noch auf zeichenorientiertes Tierverhalten anwendbaren21 Fassung „aliquid vel aliqua vel aliqualiter potentiae cognitivae repraesentare" (einem Erkenntnisvermögen etwas oder mehreres oder auf irgendeine Weise repräsentieren).22 Diese beschreibt ungefähr den Grundkonsens der

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J . DULLAERT, Questiones super duos libros Peri hermeneias (1515) fol. 3va: „significare nihil aliud est quam intellectui aliquid vel aliqualiter repraesentare." Daß dies das Motiv für die Substitution des 'intellectui' durch das 'potentiae cognitivae' ist, bekundet PIERRE D'ALLLY ausdrücklich; Conceptus (s.a.) fol. b3rb: „...dicitur potentie cognitive et non intellective quia non solum hominibus aliquid significatur sed etiam brutis..."; vgl. J . DORP, Compendium logice (1499) fol. h3vb: „... videndum est diffinitive quid sit significare, unde ab aliquibus sic diffinitur. Significare est intellectui aliquid vel aliqua vel aliqualiter repraesentare. et secundum illud repraesentare aliquid intellectui est generare noticiam illius in intellectu, vel esse formalem noticiam eius. Sed contra illam definitionem arguo. Nam si esset bona sequeretur quod brutis nihil significaretur: consequens est falsum et contra experientiam. Probatur consequentia: quia dicitur in diffinitione significare est intellectui etc. Modo in brutis non est intellectus."; vgl. ebenso J. MAIOR, Libri quos in artibus ... compilavit, liber terminorum (1508) fol. lOrb; J . CELAYA, Introductiones (ca. 1511) fol. a4vb. PETER VON BRÜSSEL (Pierre Crockeart) hat eine entsprechende Modifikation an der ältere Definition des significare als 'constituere intellectum' vorgenommen. Vgl. PETRUS DE BRUXELLIS, Summularum artis dialectice ... interpretatio (1512) fol. o7vb: "Significare enim est intellectum in potentia cognitiva constituere: Et dicitur potentia cognitiva: quia brutis potest aliquid significari quae tarnen non habent intellectum." Vgl. z.B. G. LAX, Parve divisiones terminorum (1502) fol. a4vb: „... significare sic diffinitur. Est potentie cognitive aliquid vel aliqua vel aliqualiter representare. [...] Ex ista diffinitione

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spätscholastischen Bestimmung des Bezeichnens. In zahlreichen Definitionsvarianten werden weitere Präzisierungen oder Modifikationen vorgenommen. Die verbreitetste ist die von Pierre d'Ailly eingeführte, die Bezogenheit jeden Bezeichnens auf kognitive Mentalprozesse betonende Definition als „potentie cognitive earn vitaliter immutando aliquid vel aliqua vel aliqualiter repraesentare" (einem Erkenntnisvermögen, es vital verändernd, etwas oder mehreres oder auf irgendeine Weise repräsentieren). 23 Pierre d'Ailly charakterisiert in seinem einflußreichen coMcepiws-Traktat die notitia oder den conceptus, den Erkenntnisakt bzw. der Mentalterminus 24 und damit das Zeichen im eigentlichsten Sinn der sachlichen Bestimmung nach als eine „Vitalis immutatio", 25 als eine 'Vitalveränderung' eines Erkenntnisvermögens. 26 Mit dieser in die Definition des significare eingehenden Bestimmung des „vitaliter immutare" 27 wird der Bezug zur Erkenntnis und zum Erkenntnisvermögen zu einem konstitutiven Moment jeder Form der Signifikation. 28 Bezeichnung und Repräsentation sind auch unter der Extrembedingung göttlicher Allmacht nicht anders denn als Modifikation eines Erkenntnisvermögens zu potest patere quid sit signum. Unde signum est quod apprehensum facit venire in noticiam alicuius vel aliquorum. vel quod significat aliqualiter."; HIERONYMUS A SANCTO MARCHO, Compendium ( 1 5 0 7 ) fol. a6v: „... significare est intellectum de re constituere, id est, est aliquid vel aliqua vel aliqualiter potentie cognitive repraesentare."; J . DoLZ, Termini (ca. 1511) fol. 10ra-b: „Significare in generali sie diffinitur. Est potentie cognitive alquid vel aliqua vel aliqualiter representare."; J . CELAYA, Introductiones (ca. 1511) fol. a4vb; C. PSCHLACHER, Compendiarius parvorum logicalium liber ( 1 5 1 2 ) fol. 5v; Zu weiteren Auto-

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ren vgl. A. A. Coxrro, Lógica, semántica e conhecimento na escolástica peninsular prérenascentista (1980) 86. PIERRE D'AILLY, Conceptus (s.a.) fol. b l r a ; vgl. W.HÜBENER, Der theologisch-philosophische Konservativismus des Jean Gerson ( 1 9 7 4 ) 191ff, J . BIARD, Logique et théorie du signe au XIVe siècle ( 1 9 8 9 ) 2 6 5 f f . B . ARNOLDI VON USINGEN, Summa competid, totius log. ( 1 5 0 7 ) fol. s5r: „... Significare ... est aliquid potentiae cognitivae ipsam vitaliter immutando repraesentare."; ebenso J . GEBWILER, Magistralis totius parvuli compii. ( 1 5 1 1 ) fol. h4r; J . ALTENSTAIG, Dialéctica ( 1 5 1 4 ) fol. a 8r; J . ECK, Aristotelis Staggite dialéctica 1 ( 1 5 1 6 ) fol. 71ra.

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PIERRE D'AILLY, Conceptus (s.a.) fol. b l r b : „Notandum e s t . . . quod terminus mentalis, conceptus sive actus intelligendi et notitia rei apprehensiva idem sunt." Zur Übernahme und inhaltlichen Modifikation der von Johannes de Ripa geprägten Formel der 'immutatio Vitalis' durch Ailly vgl. W. HOBENER, Der theologisch-philosophische Konservativismus des Jean Gerson ( 1 9 7 4 ) 1 9 I f f ; L. KACZMAREK, 'Notitia' bei Peter von Ailly ( 1 9 8 8 ) 3 9 0 f ; DERS., Vitalis immutatio ( 1 9 9 0 ) ; J . BLARD, Logique et théorie du signe ( 1 9 8 9 ) 265ff). PIERRE D'AILLY, Conceptus (s.a.) fol. b l r a : „... Vitalis immutatio ... est actualis noticia sive cognitio effective partialiter causata a potentia cognitive vitaliter perceptiva et inherens ipsi potentie cognitive vitaliter perceptive." Vgl. Anm. 2 3 , 2 6 , 28ff. Vgl. J . GEBWILER, Magistralis totius parvuli compilatio ( 1 5 1 1 ) fol. h 4r-v: „Significare sic describitur. Est potentie cognitive aliquid vel aliqua vel aliqualiter ipsam vitaliter immutando repraesentare. ... Dicitur in diffinitione 'ipsam vitaliter' etc. quia absque vitali immutatione nihil cuipiam significatur: quia in significando potentia elevatur ad cognoscendum illud quod significatur ei. Quare communiter dicitur: quod vitaliter immutare sit elevare potentiam cognitivam ad cognoscendum aliquid etc."

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denken. Sie haben ihren eigentlichen Ort im Innern der Erkenntnis. Zwar könnte der Erkenntnisakt, insofern er seinem ontologischen Status nach eine Qualität ist, kraft göttlicher Allmacht in einen Stein als seinen substantiellen Träger versetzt werden; er würde diesen jedoch weder vital verändern, noch wäre er dort, ebenso wie abstrakt für sich allein genommen, eine Vitalis immutatio oder Erkenntnis. 29 Denn eine solche impliziert nach Ailly, der die skotistische Lehre von der teilursächlichen Mitwirkung des Erkenntnisvermögens an der Produktion der cognitio übernimmt, stets die Beziehung auf eine sie teilursächlich bewirkende Erkenntnispotenz. 30 Keine Erkenntnis ist innerlich und wesensmäßig an sich selbst Erkenntnis („nulla cognitio est cognitio essentialiter et intrinsece") in dem Sinne, daß die cognitio oder notitia als solche eine isolierbare metaphysische Entität wäre. Vielmehr wird die 'cognitio' genannte res zu einer Erkenntnis erst durch eine hinzukommende äußerliche Beziehung auf ein vital perzeptives Vermögen. 31

Die verschiedenen Ausdrücke von conceptus, actualis noticia, actus intelligent oder mtalis immutatio stehen zwar für dieselbe res oder qualitas, konnotieren jedoch jeweils die dieser notwendig zukommenden Beziehungen auf die be-

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PIERRE D'AILLY, Conceptus (s.a.) fol. blra: „... si deus in lapide produceret actualem noticiam de homine, hoc est illam qualitatem que est actualis noticia hominis, non propter hoc diceretur lapis vitaliter immutari nec illa qualitas esset Vitalis immutatio lapidis: quia lapis non est vitaliter perceptivus talis noticie nec ad earn concurrit effective." Ebd.: „Vitalis immutatio est actualis notitia sive cognitio effective partialiter causata a potentia cognitiva vitaliter perceptiva et inhaerens ipsi." PIERRE D'AILLY, Tractatus de anima, c. 11 (1987) 64f: „... nulla cognitio ... est cognitio ... essentialiter et intrinsece, quia aliquid dicitur essentialiter et intrinsece tale, quando non stat ipsum non esse tale. Sed si ilia res, quae nunc est cognitio ... per divinam potentiam esset in lapide vel sine subiecto, ipsa non esset cognitio omnis cognitio ... est cognitio ... sive Vitalis motio vel operatio per habitudinem proprie causalem et effectualem ad potentiam vitalem, quia, cum hoc non conveniat tali rei per denominationem intrinsecam ..., oportet, quod per habitudinem extrinsecam ad potentiam vitaliter perceptivam. Sed non potest explicare, quae sit ilia habitudo sive quid est dictum vitaliter immutare talem potentiam, nisi per habitudinem proprie causalem vel effectualem, scilicet per hoc, quod talis res est in ipsa potentia vitaliter perceptiva ut eius causa formalis vel est in ipsa ut eius effectue in genere causae efficientis." Vgl. JEAN DE RIPA, Lectura super primum sent. ( 1 9 6 1 ) 242. Diese relationale Bestimmung der Erkenntnis wird von Johannes Maior für die Konzepte übernommen; vgl. J. MAIOR, Libri quos in artibus ... compilavit, liber terminorum ( 1 5 0 8 ) fol. 4rb-va: „... conceptus talem qualitatem non absolute significat sed connotando quod potentie (4va) cognitive inhereat et ab ea effective partialiter causetur iuxta illud augustini a cognoscente et cognito partitur noticia: defectu cuius si ad imaginationem noticia quam ego habeo de sorte poneretur in lapide desineret esse noticia quod patet quia dicitur noticia solum respectu illius quod potest denominari noscens. illud suadetur ex communi modo loquendi hominum quia aliter non possumus probare significantias terminorum. Ex ilio infertur quod conceptus non est essentialiter et intrinsece conceptus. Essentialiter et intrinsece est quando non stat illam rem esse in rerum natura quin ipsa sit talis ut albedo non stat rem que est albedo esse in rerum natura per quamcumque potentiam quin eadem sit albedo, secus est de noticia..."

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zeichnete Sache oder das Erkenntnisvermögen. 32 Wenn die forcierte Betonung der unmittelbaren und aus sich selbst heraus (mediante se, non mediante alio) geleisteten Bezeichnung der Gegenstände durch die Mentalzeichen eine gewisse Tendenz zu einem dyadischen Zeichenkonzept zu implizieren scheint, 33 so zeigt sich hier deren definitive, erkenntnismetaphysisch festgelegte Grenze: Auch für das jede Signifikation erst ermöglichende und tragenden Mentalzeichen gilt, daß es Zeichen von etwas nur sein kann, indem es zugleich Zeichen für etwas, nämlich für ein vital perzeptives Vermögen ist. Die Problematik der genannten Definitionen des significare liegt neben der mehrfachen Bedeutung des repraesentare nicht zuletzt darin, daß Definiens (repraesentare) und Definiendum (significare) semantisch nicht klar unterschieden sondern vielfach synonym verwendet werden. So betont Johannes Maior ausdrücklich, daß das repraesentare nicht aufgrund einer größeren Allgemeinheit sondern allein aufgrund seiner größeren Bekanntheit als Gattungsbegriff des significare fungiert. 34 Trotz der zahlreichen Nuancierungen, 35 hinter denen nicht selten ausgewachsene Kontroversen stehen, besteht die fundamentale Gemeinsamkeit all

32

PIERRE D'AILLY, Conceptas (s.a.) fol. b2vb: „... conceptus, actualis noticia, actus intelligendi, Vitalis immutatio pro eadem re sive qualitate supponunt. Cognotant tarnen isti termini aliquas habitudines illius qualitatis, que istis nominantur nominibus ad aliquod extrinsecum, puta ad potentiam intellectivam vel ad rem intellectam cognitivam vel rem cognitam."

33

Vgl. J . BOLER, Peirce, Ockham and Scholastic Realism (1980) 2 9 1 : „The definition of a sign which Ockham takes over from Augustine is actually very close to the explicitly triadic analysis that Peirce proposes: a sign is something that brings somethings else to mind... But Ockham seems to find no inconsistency in treating concepts as dyadic: The having of the concept is an individual mental event and constitutes 'cognizing' an object... Ockham's emphasis on the directness of natural signification is meant to bring out a contrast with the way conventional signs are parasitic on previous signs."

34

J . MAIOR,

35

Libri quos in artibus ... compilavit, liber terminorum ( 1 5 0 8 ) fol. lOrb. Weitere Definitionen bestimmen das significare z.B. als „aliud a se intellectui [bzw. potentiae cognoscitivae] repraesentare" (MENGHUS BLANCHELLUS, Commentimi cum quaest. super logicam Pauli Veneti (1476) fol. a 2ra; J . CucHTOVEUS, Introd. artificiales (1535) fol. 6r; D. DE SOTO, Summulae (1554) fol. 2rb), „aliquid vel aliqualiter aliud a se et a suo prolatore potentiae cognitivae repraesentare" ( C . PSCHLACHER, Compendiarius parvorum logicalium liber (1512) fol. 5v), „repraesentare per terminum aliquid, aliqua vel aliquo modo" (HECTOR BOETHIUS, Explicatio quorundam vocabulorum (1519) fol. a2rb) oder als „potentie cognitive aliquid vel aliqua vel aliqualiter earn instrumentaliter immutando repraesentare." PS.-MARSILIUS VON INGHEN, Comment, in primum et quartum tract. P. Hisp. (1495) fol. ρ 6v; vgl. J . DORP, Compendium logice (1499) fol. h 4ra. Vgl. J . RAULIN: Quaest. super duos lib. Periherm. (1500) fol. g 4va: „Significare est aliquid vel aliqua vel aliqualiter potentie cognitive earn vitaliter immutando instrumentaliter et immediate [sic: mediate] repraesentare. ... dicitur vitaliter immutando quia oportet potentiam cognitivam cui aliquid significatur percipere signum per quod immutamur et quod aliquid ei repraesentet, quia nisi homo perciperet circulum ante tabernam, talis circulus nichil ei significaret et ideo surdi nichil capiunt per voces. Dicitur immediate [sic: mediate], quia licet prolator vocis aliquid repraesentet audienti per voces suas non tarnen proprie indicat illas quas per

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dieser Definitionen in der ausgeprägten gnoseologischen Orientierung des Zeichenkonzepts. Anders als in Ockhams Bestimmung des Zeichens steht hier nicht die Supposition oder der Bezug zum Referenten im Vordergrund, sondern der Bezug zum Erkenntnisvermögen. Das Zeichen ist nicht in erster Linie dadurch bestimmt, daß es innerhalb einer Proposition Funktion ausüben kann, sondern dadurch, daß es in gnoseologisch relevanter Weise auf ein Erkenntnisvermögen einwirkt: „Ein Zeichen ist ein Ding, das denken macht" (signum est res faciens cogitare).36 Im Gegensatz zu Ockhams semantischer Zeichenkonzeption ist die des Spätmittelalters eher pragmatisch. Dabei kann der Bezug zum Zeicheninterpreten in einem Maße stark gemacht werden, daß Zeichenhaftigkeit nur im Falle eines aktualen Bezeichnungsvollzugs hinsichtlich eines Erkenntnisvermögens zugelassen wird. In diesem Sinne wären, wie Albert von Sachsen - ohne sich allerdings dieser Position anzuschließen darlegt, die Wörter in einem geschlossen Buch, da sie gegenwärtig keinem Erkenntnisvermögen etwas repräsentieren, nicht signifikativ - mit der provokant anmutenden Konsequenz, daß, da Wahrheit eine Sache der korrekten Signifikation ist, „in der geschlossenen Bibel kein in ihr geschriebener Satz wahr oder falsch ist".37 Ausschlaggebend für die semantische Ausrichtung von Ockhams Zeichenkonzeption war in erster Linie die Bindung des signum (im logisch relevanten Sinne) an die suppositio, d.h. - nach Ockhams Verständnis - die Funktion der „pro alio positio", dergemäß der „terminus in propositione stat pro aliquo."38 Doch auch am Begriff der Supposition läßt sich die pragmatische Umorientierung der Semantik und die alles beherrschende und regulierende Zentralstellung der cognitio nachvollziehen. Denn unter Betonung des traditionell zur Bestimmung der suppositio gehörenden Moments der acceptio sowie des hiermit implizierten Bezugs auf ein zeicheninterpretierendes Vermögen kommt

36 37

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voces significantur, quia non immediate repraesentat auditui signata vocum sed mediantibus suis vocibus et verbis. Dicitur instrumentaliter ad differentiam intellectus qui est principale agens." P. MARGALLUS, Vtriusque logices scholia (1965) 146. ALBERT VON SACHSEN, Quaestiones in artem veterem, n. 698 (1988) 472: „... significare est intellectui aliquid repraesentare. Ex ista descriptione infero quod cum aliquis terminus intellects nihil repraesentat, non significat aliquid, nec est significativus; ex quo ulterius sequitur quod in Biblia clausa nulla propositio in ea scripta est vera vel falsa. Patet hoc, quia tunc scriptum in ea nihil significat, cum intellectui nihil repraesentat..."; Vgl. H. PARDO, Medulla dyalectices (1505) fol. 7rb. Ohne die aktuale Realisation einer dem gesprochenen oder geschriebenen Satz korrespondierenden Mental proposi ti on wäre jener weder wahr noch falsch noch Uberhaupt ein Satz: „... propositio vocalis vel scripta dicunt vere vel false secundum quod subordinantur mentalibus veris vel falsis. Ex quo sequitur correlarium quod Veritas et falsitas non conveniunt proposition! vocali vel scriptae nisi mediante mentali. Dico enim quod si non habeatur actualiter mentalis propositio correspondens proposition! vocali tunc propositio vocalis non vera neque falsa ymo non est propositio, quia non significat. numquam enim aliquid significat nisi actualiter habeatur noticia de ilio quod significatur." OCKHAM, Summa

logicae I, 63 (1974) 193.

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Hieronymus de Sancto Marcho hinsichtlich der Supposition zum selben Resultat, wie Albert von Sachsen: Der durch das Schließen des Buches bewirkte Ausschluß des zeicheninterpretierenden Intellekts hat, weil Supposition in gewissem Sinne selbst nichts anderes ist als die cognitio, zur Folge, daß dort weder von Termini und deren Supposition noch von Wahrheit oder Falschheit weiter die Rede sein kann. 39 Das freilich sind eher Extrempositionen. In der Regel verständigt man sich darauf, daß die Definition des significare - entsprechendes gilt auch für das supponere40 - nur im Sinne einer aptitudo, einer Eignung zum Repräsentieren zu verstehen sei, 41 so daß auch das Fehlen eines aktualen Bezugs zu einem Zeichenrezipienten die Zeichenhaftigkeit der Zeichen nicht beeinträchtigt. Insofern richtet sich Paul von Venedig, indem der zwischen dem aktuellen Bezeichnen und dem Signifikativsein unterscheidet, gegen die von Albert aufgezeigte Konsequenz. 42 Albert selbst hatte in Übernahme der Zeichendefinition Ockhams der

Compendium ( 1 5 0 7 ) fol. B3v: „... quaeritur utrum termini scripti in libris clausis supponant. Et breviter dico quod non, quia suppositio saltem pro denominato non est nisi cognitio. Sed nullo intellectu adveniente non est aliqua cognitio, ergo neque est aliqua suppositio. Et si dicatur in libro clauso sunt termini, nego, immo dico quod non est Veritas neque falsitas secluso intellectu." Eine solche Betonung der Abhängigkeit der Supposition und damit der Aussagenwahrheit von der aktuellen Erfassung durch einen Intellekt findet sich auch bei A. CORONEL, Secunda pars rosarij Logices ( 1 5 1 7 ) fol. A4va: „si nullus intellectus intelligeret et ista propositio esset 'homo est animal', licet essent homines, extrema eius non supponerent pro eodem, immo nec diceretur vera intrinseca denominatione..."

39

HIERONYMUS DE SANCTO MARCHO,

40

Vgl. J . DORP, Perutile compendium totius logicae (1499) fol. h3ra-b. Dorp referiert zwei Auffassungsweisen 'de quidditate suppositionis': Die eine, welche die Supposition jeder Art von Termini (mentales, vocales, scripti) mit dem den Terminus auffassenden geistigen Akt identifiziert (actus animae quo mediante terminus mentaliter accipitur pro aliquo), und die andere, welche die Supposition jeweils in die Termini selbst verlegt (quilibet terminus supponens est met sua suppositio). Letztere ist als 'magis communis' ausgewiesen. Ihr gemäß bemerkt Dorp, wiederum mit Blick auf das geschlossene Buch: „... ad hoc quod terminus supponat non requiritur quod actu accipiatur ab aliquo in propositione pro aliquo vel aliquibus: quia tunc subiectum huius propositionis'deus est' scriptum in libro clauso non supponeret. Sed sufficit quod si aliquis circa illum debite adverteret ipsam acciperet in propositione pro aliquo vel aliquibus." Vgl. C . PSCHLACHER, Compendiarius parvorum logicalium liber (1512) fol. 163v.

41

D. DE SOTO, Summulae (1554) fol. 3va: „Verba in definitione non dicunt actum: sed aptitudinem. Ad hoc enim quod res aliqua sit signum, non exigitur quod actu repraesentet: sed satis est quod sit apta repraesentare in potentia propinqua, id est, nulla mutatione facta per quam talis res acquirat novam potentiam significandi." Vgl. MENGHUS BLANCHELLUS, Commentum cum quaest. super logicam Pauli Veneti (1476) fol. a l v a ; J . TLNCTORIS, Dicta

super Summulas Petri hyspani (1486) fol. Blvb-B2ra; G. LAX, Parve divisiones terminorum

(1502) fol. a3rb; J . ECK, In summulis Petri Hispani explanatio (1516) fol. 83va. Diese Auslegung ist keineswegs neu; vgl. bereits ROBERT HOLKOT, 2 Sent, q.2 (1518) fol. ilva: „dico quod termini positi in diffinitione (sc. signi) qui sonant in actum debent exponi ut sonent in aptitudinem; ut dicatur scilicet signum est etc. qua nata sunt devenire in notitiam alterius." 42

Logica magna I ( 1 9 7 9 ) 7 8 : „... licet non quilibet terminus actu significet, tarnen est significativus. Et isto modo conceditur quod in libro clauso sunt multa vera, non

PAULUS VENETUS,

125

Das terminologische Feld von 'signum', 'significare' und 'repraesentare'

in ihr enthaltenen Partikel des 'apprehensutn'

einen von Ockham vermutlich so

nicht intendierten Sinn 4 3 unterlegt: Zeichen ist dasjenige, das, wenn es aufgefaßt wird, etwas in die Erkenntnis kommen läßt. 44 Aber diese Sprachregelungen ändern grundsätzlich nichts an der völligen Abhängigkeit des Zeichens hinsichtlich seiner Leistungen vom Erkenntnisvermögen. Ein so bestimmter Zeichenbegriff verstärkt zwangsläufig die in der Theorie der 'oratio

mentalis'

bei Ockham und mehr noch bei Pierre d'Ailly angelegte

Tendenz zur vorrangigen Berücksichtigung kognitiver Prozesse und führt damit zur Verschmelzung von Logik und Erkenntnistheorie. Das Konzept des Zeichens und das zeichentheoretische Vokabular ist mehr denn je der Ort, an dem sich Logik und Erkenntnistheorie treffen und verbinden. Die zentrale Begrifflichkeit von Logik und Erkenntnistheorie ist identisch oder definiert sich wechselseitig. Der Erkenntnisakt (notitia), dessen Behandlung im Spätmittelalter zur Herausbildung einer eigenen, neben die Terminitraktate tretenden Textgattung von Notitiatraktaten führt, 45 ist als kognitiver Repräsentationsakt in einer Form definiert, die präzis der gängigen Zeichendefinition entspricht: Notitia est qualitas potentiae cognitivae inhaerens vitaliter immutativa potentiae aliquid vel aliqua eidem repraesentans. - (Eine Erkenntnis ist eine dem Erkenntnisvermögen inhärierende, es vital verändernde Qualität, die diesem etwas oder mehreres repräsentiert).46

Hierin trifft sie sich mit dem Leitbegriff der Logik, dem 'Terminus', der ebenfalls als ein auf natürliche oder willkürliche Weise bezeichnendes Zeichen definiert

ist

(„Terminus

...

est

...

signum

significans

naturaliter

vel

ad

placitum); 47 wobei das Bezeichnen in erster Linie durch das Repräsentieren de-

43

44

45 46

47

quia actu significent, sed quia sunt significativa veri cum fuerint apprehensa, et hoc sine nova impositione." Die Funktion, die das 'apprehensum' in Ockhams Bestimmung des Zeichens hat, scheint nicht die der Sicherung der Konstanz des Zeichens auch im Falle des Fehlens einer aktualen Beziehung auf ein zeicheninterpretierendes Erkenntnisvermögen zu sein. Denn das 'apprehensum' taucht bei Ockham - anders als bei Albert - nur bei der Bestimmung der aus der Logik ausgeschlossenen Verständisweise des Zeichens im allgemeinen auf. ALBERT VON SACHSEN, Perutilis logica (1522) fol. 2va: „... dico... quod non dicebatur solum hoc quod illud est signum quod facit aliquid venire in cognitionem: sed dicebatur, quod illud est signum quod cum est apprehensum facit aliquid venire in cognitionem: quamvis tamen termini mentales, vocales et scripti non faciant aliquid venire in cognitionem, nec semper reducant me ad memoriam: tamen sic se habent quod quando apprehenduntur reducuntur aliquid ad memoriam: quare sequitur ipsos esse signa semper." Vgl. A. BROADIE, Notion and Object. Aspects of Late Medieval Epistemology (1989). GEORGE CRAB, Tractatus noticiarum (ca. 1503) fol. a2ra; vgl. A. BROADIE, Notion and Object (1989) 12; vgl. PIERRE D'AILLY, 1 Sent, q.3, a . l (1988) 399: „Notitia est actus aliquid repraesentans potentiae vitaliter perceptivae. Vel sic: Notitia est actus uniens potentiam perceptivam vitaliter cum obiecto." P. MARGALLUS, Logices utriusque scholia ( 1 9 6 5 ) 8 6 . 'Signum' kann sowohl als Gattungsbegriff von 'terminus' fungieren, als auch mit diesem gleichgesetzt werden. Vgl. A. CORONEL, Termini (1506) fol. Alva: „Terminus est signum ponibile in propositione. ... Ponitur

126

Das Zeichen in der Logik des 15. und frühen 16. Jahrhunderts

finiert ist und das Repräsentieren wiederum - hier schließt sich der Kreis - dadurch, daß es entweder eine Erkenntnis (notitia) bewirkt oder selbst Erkenntnis ist: significare est repraesentare potentiae cognoscenti. Repraesentare vero est producere notitiam, vel esse notitiam (Bezeichnen ist dem Erkenntnisvermögen etwas repräsentieren. Repräsentieren aber ist eine Erkenntnis hervorrufen oder eine Erkenntnis sein). 4 8

B. Die Strukturierung des Begriffsfeldes von 'significare' und

'repraesentare'

Das Begriffsfeld von 'significare' und 'repraesentare' und damit der Raum des Zeichens in seiner größtmöglichen Weite wird in der spätscholastischen Logik besonders durch zwei einander überlagernde Distinktionssysteme strukturiert. Zum einen unterscheidet man mehrere - meist vier - Weisen des Bezeichnens oder Repräsentierens. Zum anderen wird die traditionelle Distinktion zwischen dem 'significare naturaliter' und 'significare adplacitum' weiter ausdifferenziert. 1. Die Unterscheidung von vier Weisen des Bezeichnens und Repräsentierens Die Bestimmung und Differenzierung verschiedener Weisen des Repräsentierens war im Mittelalter vor allem für die Erörterung des theologischen Lehrstücks von der Repräsentation der Kreaturen durch die göttliche Wesenheit von Bedeutung. 49 So bildet auch bei Hervaeus Natalis die Frage „utrum natura divina ex natura rei sine operatione intellectus sit repraesentativa plurium" den Ausgangspunkt für eine nähere Analyse des Repräsentationsbegriffs. Hierbei unterscheidet er drei Weisen des Repräsentierendseins (esse repraesentativum). 1) Etwas repräsentiert, insofern es wie ein selbst erkannter Gegenstand zur Erkenntnis des Repräsentierten hinführt (Bsp.: imago herculis). 2) Etwas repräsentiert, indem es einen Erkenntnisakt motiviert ohne selbst Gegenstand einer Erkenntnis zu sein (Bsp.: species). 3) Der Erkenntnisakt selbst ist die repraesentatio formalis als die eigentliche Repräsentation, die das Repräsentativsein der übrigen repraesentativa allererst ermöglicht. Nur für den actus intelligendi ver-

48

49

'signum' loco generis tamquam terminus communior. Omnis enim terminus est signum et non econtra. ponitur 'ponibile in propositione' loco differentie, imago enim herculis est signum sed non est terminus quia non est signum ponibile in propositione." Vgl PETRUS DE BRUXELLIS, Summularum artis dialectice ... interpretatio (1512) fol. a6ra: „Terminus enim seu signum in tota sui communitate dividitur in vocalem, mentalem et scriptum." P. MARGALLUS, Logices utriusque scholia (1965) 66ff; vgl. G. LAX, Parve divisiones terminorum (1502) fol. a5ra: „... repraesentare est facere cognoscere aliquid vel aliqua vel aliqualiter."; HECTOR BOETHIUS, Explicatio quorundam vocabulorum (1519) fol. a2ra: „Repraesentare est mutare potentiam cognitivam ad cognoscendum." Vgl. hierzu W. HOBENER, Studien zur Theorie der kognitiven Repräsentation in der mittelalterlichen Philosophie (1968).

Die Strukturierung des Begriffsfeldes von 'significare' und 'repraesentare' wendet Hervaeus den den Aktcharakter konnotierenden Terminus der sentatio,

während die imago und die species

lediglich als repraesentativa

127 repraeange-

sprochen werden. Aber auch diese Bestimmung k o m m t ihnen nicht dadurch zu, daß sie etwas durch sich selbst repräsentieren, sondern nur insofern, als sie geeignet sind, eine formale Repräsentation bzw. einen Erkenntnisakt zu bewirken. 5 0 Unter Ansetzung dieser Formen des Repräsentativseins kann der Gebrauch des W o r t e s 'repraesentare'

extensional differenziert werden. 5 1 Im weiten

Verständnis {large) läßt sich das repraesentare

oder das gleichbedeutende

mani-

festare hinsichtlich all dessen aussagen, was auf irgendeine Weise dazu beiträgt, daß eine Sache erkannt wird. Im eigentlichen Sinne {proprie)

repräsentiert das-

jenige, in welchem etwas sinnlich oder intellektuell erkannt wird. N o c h eigentlicher aber (magis proprie) repräsentiert der geistige Begriff oder conceptus das verbum

als eine v o m Intellekt hervorgebrachte

Form.52

Eine vergleichbare

Auflistung unterschiedlicher Verwendungsweisen des repraesentare im vierten Quodlibet

bzw.

gibt O c k h a m

im Rahmen der Behandlung der Frage „Utrum Deus re-

praesentet creaturas": ... dico quod 'repraesentare' accipitur multipliciter: uno modo accipitur pro ilio quo aliquid cognoscitur; et sie repraesentans est cognitio et repraesentare est esse illud quo aliquid cognoscitur, sicut cognitione aliquid cognoscitur. Aliter accipitur 'repraesentare' pro ilio quo cognito aliquid aliud cognoscitur, sicut imago repraesentat illud cuius est per actum recordandi. Tertio modo accipitur 'repraesentare' pro aliquo causante cognitionem, sicut objectum vel intellectus causat cognitionem. - (Ich sage, daß 'repräsentieren' in mehrfachem Sinn aufgefaßt wird: Auf eine Weise wird es für alles das genommen, wodurch etwas erkannt wird; und so ist das Repräsentierende die Erkenntnis und 'repräsentieren' besagt dasjenige zu sein, wodurch etwas erkannt wird. Auf eine andere Weise wird 'repräsentieren' für dasjenige genommen, durch welches, indem es

5 0

51

5 2

Quodl. 5 q. 1, (1513) fol. 113vb: „... aliquid potest esse repraesentativum alterius tripliciter. primo modo sicut obiectum ducens in cognitionem repraesentati. ut imago herculis repraesentat herculem. Secundo sicut species repraesentat rem: cuius est species: et movet ad actum intelligendi secundum ponentes species. Tertio modo sicut actus intelligendi: qui quidem actus intelligendi est repraesentatio formalis rei apud intellectum: alia sunt repraesentativa: puta obiectum: et species sunt repraesentativa inquantum repraesentationem formalem: quae est ipse actus intelligendi: nata sunt efficere." Vgl. hierzu W. HOBENER, Studien zur Theorie der kognitiven Repräsentation in der mittelalterlichen Philosophie (1968) 387ff. HERVAEUS NATALIS, Quaestiones de verbo, zit. nach dem von W . HOBENER (Studien zur Theorie der kognitiven Repräsentation (1968) 388f. unter Kollationierung von Cod. Vat. lat. 772, fol. 21va) hergestellten verbesserten Text: „... dicendum, quod repraesentare et manifestare potest accipi large et proprie et magis proprie, large dicitur repraesentare omne illud, quod aliquo modo facit ad hoc quod res cognoscatur. et sic intellectus agens et species intelligibilis et breviter quicquid facit aliquo modo ad cognitionem rei, dicitur aliquo modo repraesentare et manifestare, proprie vero dicitur repraesentare et manifestare omne illud in quo sensu vel intellectu aliquid cognoscitur, sicut forma existens in speculo dicitur repraesentare rem, cuius est similitudo, vel manifestare, magis proprie dicitur manifestare et repraesentare illud quod intellectus in se format ad hoc, quod rem in eo intelligat formando definitionem vel enuntiationem, immo ut magis proprie loquar conceptus significatus per definitionem vel enuntiationem." HERVAEUS NATALIS,

Das Zeichen in der Logik des 15. und frühen 16. Jahrhunderts

128

selbst erkannt wird, etwas anderes erkannt wird, wie das Bild dasjenige, dessen Bild es ist, vermittels einer Erinnerung repräsentiert. Auf eine dritte Weise wird 'repräsentieren' für etwas eine Erkenntnis bewirkendes genommen, so wie der Gegenstand oder der Intellekt die Erkenntnis verursacht.) 53 D i e s e U n t e r s c h e i d u n g e n v o n F o r m e n des repraesentare

w e r d e n in d e n 7 0 e r

J a h r e n des 1 4 . J a h r h u n d e r t s v o n Pierre d'Ailly 5 4 auf die T h e o r i e d e r Signifikatio n ü b e r t r a g e n . D e s s e n Differenzierung u n t e r s c h i e d l i c h e r W e i s e n des

significare

bildet - z u m i n d e s t w a s die v e r w e n d e t e T e r m i n o l o g i e betrifft - die u n m i t t e l b a r e V o r l a g e für die in d e r pariser L o g i k u m 1 5 0 0 'quadrupliciter

repraesentare'

bzw. 'significare',

ausgearbeitete L e h r s t ü c k

des

einer v i e r f a c h e n U n t e r s c h e i d u n g

des R e p r ä s e n t i e r e n s o d e r B e z e i c h n e n s . I n s o f e r n ist die sich hierbei a b z e i c h n e n d e vollständige V e r s c h m e l z u n g d e r Begrifflichkeit v o n R e p r ä s e n t a t i o n und Signifik a t i o n , die D o m i n g o de S o t o s p ä t e r d u r c h a u s f o l g e n r e i c h für die G e s c h i c h t e d e r Z e i c h e n t h e o r i e kritisieren w i r d , bereits in d e r G e n e s e dieses L e h r s t ü c k s angelegt. D a s significare

w i r d v o n Pierre d'Ailly in einer O c k h a m s Auflistung d e r ver-

s c h i e d e n e n A r t e n des repraesentare

entsprechenden

W e i s e differenziert.

Zu-

n ä c h s t u n t e r s c h e i d e t e r - w o h l weil, a n d e r s als bei O c k h a m , eine s y s t e m a t i s c h e

53

OCKHAM, Quodl. IV q. 3 (1980) 310. Die erste Weise des Repräsentierens, auf welche Gott, weil er seinem Wesen nach Erkenntnis von allem ist, alles, jedoch nur für sich selbst, repräsentiert, entspricht mit ihrer Gleichsetzung von repraesentare und cognoscere dem späteren formaliter repraesentare (Hervaeus: magis proprie). Die zweite Weise, die dadurch charakterisiert ist, daß aus einem Erkannten etwas anderes erkannt wird, und die somit ihrer Struktur nach dem Zeichen der augustinischen Definition entspricht, korrespondiert mit dem späteren instrumentaliter repraesentare (Hervaeus: proprie), das nach Ockham nichts anderes ist, als die Bewirkung einer rememorativen Erkenntnis, welche als mittelbare Zweiterkenntnis je schon das Vorhandensein einer unmittelbaren Ersterkenntnis voraussetzt (Vgl. ebd. 3 1 1 : „... sie repraesentare non est nisi ducere intellectum in notitiam recordativam vel rememorativam alieuius...; et hoc non in primam cognitionem simplicem et propriam ..., sed in secundam notitiam communem multis si sit simplex, vel in notitiam compositam propriam .... Sicut per hoc quod video imaginem Pauli, non dueor in primam notitiam Pauli, quia illa praesupponitur et naturaliter causatur a Paulo solum, sed dueor in notitiam aliquam compositam propriam Paulo, vel forte in notitiam communem..."). Die dritte Weise, d.h. etwas nach Art eines Gegenstandes oder des Intellekts die Erkenntnis verursachend repräsentieren, umfaßt die beiden späteren Arten des obiective und des effective repraesentare (Hervaeus: large).

54

Zu Ailly vgl. B. MELLER, Studien zur Erkenntnislehre des Peter von Ailly (1954); G. LINDBECK, Nominalism and the Problem of Meaning as Illustrated by Pierre d'Ailly on Predestination and Justification (1959); A DUMITRIU, Wittgenstein's Solution of the Paradoxes and the Conception of the Scholastic Logician Petrus de Ally acó (1974); W. HÜBENER, Der theologisch-philosophische Konservativismus des Jean Gerson (1974) bes. 191ff; P. V. SPADE, Introduction, in: PETER OF AILLY, Concepts and Insolubles (1980) 1-15; L. KACZMAREK, Modi Significandi and their Destructions (1984); M. CHAPPUIS, L. KACZMAREK u. O. PUTTA, Die philosophischen Schriften des Peters von Ailly, Authentizität und Chronologie (1986); O. PLUTA, Die philosophische Psychologie des Peter von Ailly (1987); L. KACZMAREK, 'Notitia' bei Peter von Ailly, Sent.l, q.3. (1988); J. BLARD, Logique et théorie du signe au XlVe siècle (1989) 264ff.

Die Strukturierung des Begriffsfeldes von 'significare' und 'repraesentare'

129

Einteilung und nicht nur eine Aufzählung möglicher Verwendungsweisen des Begriffs 'repraesentare' bzw. 'significare' intendiert ist - in einer zweigliedrigen Distinktion zwischen dem significare als „ducere in cognitionem rei" und als „esse ipsamet noticiam": Significare est idem quod signum rei facere hoc [est] esse signum alicuius rei. verumtamen dupliciter aliqua res potest dici signum alicuius rei. unomodo ut ducit in noticiam illius rei cuius est signum. Alio modo quia est ipsamet noticia rei. Secundo modo dicimus conceptum esse signum rei cuius tale conceptus est naturalis similitudo, non quod ducat in noticiam illius rei sed quia est ipsamet noticia rei naturaliter proprie repraesentans rem. - (Bezeichnen ist dasselbe wie ein Zeichen der Sache machen, d.h. Zeichen einer Sache sein. Eine Sache kann aber auf zweierlei Weise Zeichen einer Sache genannt werden. Auf die eine Weise, insofern sie zur Erkenntnis jener Sache führt, deren Zeichen sie ist. Auf die andere Weise weil sie die Erkenntnis selbst der Sache ist. Auf die zweite Weise nennen wir den Konzept Zeichen der Sache, von der dieser eine natürliche Ähnlichkeit ist, nicht weil er zur Erkenntnis jener Sache führt, sondern weil er die Erkenntnis selbst der Sache ist und auf im eigentlichen Sinn natürliche Weise die Sache repräsentiert.) 55

Pierre d'Ailly bemerkt damit die Unzulänglichkeit der Definition des significare durch die gebräuchliche, aus der augustinischen Zeichendefinition abgeleitete Bestimmung des ducere in cognitionem. Denn das ducere in notitiam trifft, nachdem die Konzepte selbst zu Zeichen geworden sind, nurmehr auf eine der beiden obersten Zeichengattungen zu. Ihm steht dasjenige Zeichen gegenüber, das nicht zur Erkenntnis einer Sache hinführt, sondern selbst die Erkenntnis der Sache ist. Auf die vermutlich von Ailly eingeführte Unterscheidung zwischen einem significare instrumentaliter und einem significare formaliter angewandt, heißt dies, daß das Moment des zur Erkenntnis Hinführens, welches in der älteren mittelalterlichen Zeichentheorie das Zeichen in seinem gesamten Umfang definierte, nur für das erstere, das später so genannte Instrumentalzeichen, gilt, nicht aber für das, was später signum formale genannt werden wird. Beide stehen einander jedoch nicht gleichwertig gegenüber. Denn dadurch, daß neben dasjenige, dessen Zeichenhaftigkeit in der Funktion des ducere in cognitionem begründet ist, etwas tritt, das aufgrund seiner Eigenschaft des esse cognitionem als Zeichen ausgewiesen ist, gerät das im ersten Sinne Bestimmte in unmittelbare Abhängkeit zu diesem. Das von Hervaeus Natalis beschriebene Verhältnis zwischen dem repraesentativum und der repraesentatio überträgt sich damit auf das instrumentell und formal Bezeichnende. Galt für den Gegenstand oder die species nach Hervaeus, daß sie repraesentativa sind, „inquantum repraesentationem formalem, quae est ipse actus intelligendi, nata sunt efficere" (insofern sie geeignet sind, eine formale Repräsentation, welche der Akt des Erkennens selbst ist, zu bewirken),56 so wird hier deutlich, daß jedes erkenntnisinduzierende Zei-

55 56

PIERRE D'AILLY, Conceptus (s.a.) fol. blrb. Vgl. Anm. 50.

130

Das Zeichen in der Logik des 15. und frühen 16. Jahrhunderts

chen Zeichen nur ist, indem es jenes Zeichen induziert, das unmittelbar durch sich selbst Zeichen ist. Die erste Klasse jener Zeichen, die nicht selbst die Erkenntnis jener Sache sind, in Rücksicht auf die sie als Zeichen gelten, sondern zu dieser hinführen sie umfaßt die zweite und dritte Weise des repraesentare bei Ockham -, ist gemäß den von Ockham her übernommenen Kriterien weiter unterteilt in solche Zeichen, welche die Ersterkenntnis einer Sache bewirken und solche, die lediglich zu einer die Ersterkenntnis bereits voraussetzenden rememorativen Zweiterkenntnis führen. Im ersten Sinne bezeichnen etwa die Akzidentien die Substanz, die Geschöpfe den Schöpfer und jedes Ding sich selbst; als Beispiele für das Zeichen im zweiten Sinne dienen die Spur oder die sprachlichen Ausdrükke.57 Das vitaliter immutare als die Grundbestimmung des pragmatischen Bezugs eines jeden Zeichens zu einer die notifia effektiv verursachende Erkenntnispotenz erhält bei Ailly, je nach Art des Zeichens, eine nähere Spezifizierung als formale, instrumentale oder objektive Vitalveränderung. Hierbei ergibt sich jedoch das Problem, daß die für die nähere Differenzierung des vitaliter immutare verwendeten Termini sich nicht exakt entlang der hier vorgezeichneten Grenzen des Bezeichnens gegeneinander abheben und die beiden Unterscheidungen des significare sich somit nur bedingt aufeinander abbilden lassen. Das formaliter vitaliter immutare beschreibt die Art und Weise, in der das Erkenntnisvermögen durch die unmittelbare Erfassung einer Sache modifiziert wird und damit präzis die Bezeichnungweise der Konzepte, d.h. jener Zeichen, die selbst die Erkenntnis der durch sie bezeichneten Sache sind.S8 Die beiden Arten des instrumentaliter und obiective vitaliter immutare dagegen hat Ailly selbst nicht in Form einer präzisen Disjunktion voneinander abgehoben. Während er in den Insolubilia zwischen significare formaliter und significare obiective unterscheidet, operiert er in den Conceptus mit dem Gegensatzpaar von significare formaliter und significare instrumentaliter.59 Das significare obiective ist gegenüber dem significare instrumentalster das weitere und verweist lediglich auf den Umstand, daß 57

i8

59

PIERRE D'AILLY, Conceptus (s.a.) fol. b l r b : „Primo modo adhuc dupliciter quia una res potest ducere in noticiam alterius rei primariam sicut vicem qui causet primariam noti ci am de re. et sie omnis res nata est esse signum suiipsius, quia nata est causare potentie cognitive primo noticia suipsius. sic etiam una res habens habitudinem aliquam naturalem ad aliam rem sicut accidens ad substantiam vel ut creatura ad creatorem potest ducere in noticiam primariam illius rei et per consequens esse signum alterius rei. Alio modo aliquid dicitur signum rei quia ducit in noticiam secundariam sive rememorativam supponendo primam noticiam et sic vestigium inquantum huiusmodi ducit in noticiam rei cuius est vestigium. Similiter hoc modo termini ad placitum instituti ducunt in noticiam secundariam sive rememorativam rei significatae supponendo primam noticiam rei significatae." Ebd. fol. b2vb: „... conceptus est actualis noticia alicuius rei causata in anima partialiter ab obiecto. scilicet a re concepta sive cognita, et partialiter etiam a potenti a cognitiva formaliter vitaliter immutans ipsam potentiam intellectivam." Vgl. hierzu J . BLARD, Logique et théorie du signe (1989) 283.

D i e S t r u k t u r i e r u n g des B e g r i f f s f e l d e s v o n ' s i g n i f i c a r e ' u n d ' r e p r a e s e n t a r e '

131

das so Bezeichnende selbst erkannt d.h. zum Gegenstand einer significatio oder repraesentatio formalis wird,60 so daß z.B. die imago regis im Gegensatz zum „conceptus mentalis quem habeo de rege" den König in objektiver Weise bezeichnet.61 Dieses Beispiel der imago regis, das geeignet ist, die spezifische Form der den Konzepten zukommenden similitudo naturalis von der bilhaften Ähnlichkeit eines ikonischen Zeichens abzuheben, verunklärt zugleich den eigentlichen Sinn des obiective significare, welches an anderen Stellen zur Bestimmung der gegenständlichen Selbstbezeichnung verwendet wird. Jedes Ding bezeichnet, mag es auch sonst noch Zeichen von anderem sein, als res zunächst in objektiver Weise sich selbst.62 Kriterium für das obiective significare ist, daß das so Bezeichnende sich selbst in gegenständlicher Form zeigt oder bezeichnet, unabhängig davon, ob es darüber hinaus etwas anderes bezeichnet oder nicht. Es verhält sich damit indifferent gegenüber dem Gegebenseins oder Nichtgegebensein einer über sich selbst hinausgehenden Verweisung auf anderes. Hinsichtlich der vox significativa ad placitum spricht Ailly dagegen von einem „vitaliter immutando instrumentaliter repraesentare".63 Die adverbiale Bestimmung des 'intrumentaliter' markiert die Differenz zu der vom Intellekt teilursächlich geleisteten effektiven Vitalveränderung seiner selbst sowie zu der durch den Konzept geleisteten formalen Vitalveränderung desselben.64 Die Bedingung des an sich selbst Erfaßtseins gilt jedoch auch für die das Erkenntnisvermögen instrumentell verändernden Zeichen. Insofern bezeichnet alles, was instrumentaliter bezeichnet, auch - und zwar zunächst - obiective, so daß sich die Signifikation des instrumentellen Zeichens auf Seiten des Zeicheninterpreten durch die Verbindung zweier Begriffe realisiert, desjenigen nämlich des Zeichens und desjenigen des Bezeichneten.65 Aufgrund der von Ailly vorgenom-

60

PIERRE D'AILLY, Insolubilia

(s.a.) fol. c 4 r a : „... s i g n i f i c a r e a l i q u i d o b i e c t i v e nihil a l i u d est

q u a m esse o b i e c t u m a l i c u i u s c o g n i t i o n i s f o r m a l i s . " 61

E b d . fol. c 4 r a : „ . . . c u m s i g n i f i c a t i o ... sit idem q u o d alicuius obiecti p o t e n t i e c o g n i t i v e rep r a e s e n t a t i o , i d e o sicut r e p r a e s e n t a t i o p o t e s t fieri dupliciter, s i c u t et s i g n i f i c a t i o ,

scilicet

o b i e c t i v e e t f o r m a l i t e r . E x e m p l u m primi, d i c i m u s enim q u o d y m a g o regis s i g n i f i c a t regem n o n q u i d e m f o r m a l i t e r sed o b i e c t i v e . E x e m p l u m secundi. d i c i m u s e n i m q u o d c o n c e p t u s m e n t a l i s q u e m h a b e o d e rege significat r e g e m , non q u i d e m o b i e c t i v e sed f o r m a l i t e r , q u i a est f o r m a l i s c o g n i t i o r e g i s . " 62

PIERRE D'AILLY, Insolubilia

(s.a.) fol. c 4 r b : „... q u a e l i b e t res per prius o b i e c t i v e significat

seipsam q u a m a l i q u a m aliam r e m . . . " 63

PIERRE D'AILLY, Conceptus

(s.a.) fol. b 3 r a - b : „ " V o x significativa a d p l a c i t u m est q u a e ap-

p r e h e n s a a b auditu e x i m p o s i t i o n e q u a m actu h a b e t n a t a est p o t e n t i a e c o g n i t i v a e e a m vitaliter i m m u t a n d o i n s t r u m e n t a l i t e r a l i q u i d vel a l i q u a vel aliqualiter r e p r a e s e n t a r e a l i u d a se, a s u o p r o l a t o r e vel a suis partibus, nisi a l i q u o d illorum significet e x i m p o s i t i o n e . " 64

E b d . fol. b 3 r a : „ . . . p o n i t u r h i c i n s t r u m e n t a l i t e r q u i a ipse intellectus c a u s a t in ipso e f f e c t i v e partialiter a c t u m intelligendi sive a c t u a l e m n o t i c i a m de re et seipsum vitaliter i m m u t a t eff e c t i v e partialiter, ipsa v e r o a c t u a l i s n o t i c i a sive a c t u s intelligendi ipsum i n t e l l e c t u s f o r m a l i ter vitaliter i m m u t a t e t f o r m a l i t e r est ipsa Vitalis i m m u t a t i o . . . "

65

V g l . PIERRE D'AILLY, Tractatus

de anima

( 1 9 8 7 ) 6 9 : „... species in m e m o r i a e x i s t e n s est

q u a e d a m res s e c u n d u m se et est i m a g o vel s i m i l i t u d o alterius rei, s i c u t e t i a m p i c t u r a leonis.

132

Das Zeichen in der Logik des 15. und frühen 16. Jahrhunderts

menen Substitution der älteren Begrifflichkeit der Repräsentation durch die der Signifikation wird aus der traditionell anerkannten, von der Bezeichnung aber in der Regel unterschiedenen oder ihr ausdrücklich entgegengesetzten Selbstrepräsentation 6 6 eines jeden Dinges eine F o r m der Bezeichnung. 6 7 Bei Augustinus setzte die Präsenz der Dinge von außen und von innen her dem Bereich des Zeichens seine Grenzen. Ebenso, wie der Hinweis, daß „... milia rerum animo occurunt, quae nullo signo dato per se ipsa m o n s t r e n t u r " 6 8 von ihm gegen die These, die Dinge könnten nur durch Zeichen gelehrt werden, ausgespielt wurde, war das Zeichen auf der anderen, inneren Seite von jenen Dingen, „quae praesentia contuemur in illa interiore luce veritatis", 6 9 d.h. von der Sphäre des verbum

mentis ausgeschlossen. W e d e r das mentaliter

das Sichselbstzeigen der Dinge konnte als ein significare Auffassung der Konzepte als Zeichen das verbum

loqui

noch

gelten. W a r mit der

mentis selbst zu einem

signum

geworden und damit die erste Grenze, durch die der augustinische Zeichenbegriff seine Kontur erhielt, gefallen, so fällt mit dem significare dem naturaliter

communiter

significare

obiective

bzw.

die zweite. N a c h Ailly ist nicht nur die

Erkenntnis des Dinges ein Zeichen, sondern das Sichzeigen der Dinge selbst ist ein Signifikationsvorgang, in dem jede res als Zeichen ihrer selbst agiert. In der Logik um 1 5 0 0 werden diese Vorgaben zum Lehrstück der vier Weisen

des

Repräsentierens

re!significare)

66

67

6 8

69

oder

Bezeichnens

(quadrupliciter

repraesenta-

systematisiert. M a n unterscheidet dabei:

Cum igitur talis species apprehenditur secundum se tantum, ipsa tunc cognoscitur et non per illam rem, cuius est imago, et talis cognitio est notitia praesentis... Sed cum apprehenditur, ut est imago alterius, tunc per illam notitiam et ipsa apprehenditur et res, cuius est imago, cognoscitur, et talis cognitio est sensatio imaginis praesentis et memoria rei absentis, scilicet cuius est imago. Unde patet, quod de tali specie possumus habere duplicem notitiam, unam, qua ipsa cognoscitur secundum se, ut est quaedam res, aliam, qua cognoscitur ut imago alterius, quem duplicem modum notitiae etiam invenimus respectu signorum ad placitum sicut vocum et scripturarum." Zur Verwendung des medialen se repraesentare im Sinne von „sich stellen" oder „sich bei Gericht einfinden" im Römischen Recht vgl. H. HOFMANN, Repräsentation. Studien zur Wort- und Begriffsgeschichte von der Antike bis ins 19. Jh. (1974) 107f. Natürlich gibt es auch hierfür ältere Vorgaben. Schon Martin von Dacien führt die gegenständliche Selbstrepräsentation als einen Fall des in einem extensiven, uneigentlichen Verständnis genommen significare. Vgl. MARTIN VON DACIEN, Quaestiones super librum Perihermeneias (1961) 243: „... dicendum quod significare accipitur dupliciter, scilicet proprie et extensive. Primo modo significare est aliquid intellectum repraesentare. Nam significare est intellectum alii constituere et hoc modo oportet, quod significatum sit aliud a signo. Secundo modo significare est se ipsum repraesentare et sic non differt significatum a signo." ALBERT VON SACHSEN, Quaestiones in artem veterem ( 1 9 8 8 ) 4 7 2 : „... omnis terminus est significativus suiipsius, sicut omnis res mundi est naturaliter suiipsius significativa; ergo omnis terminus est significativus."; vgl. ebd. 476. Die Problematik der Selbstbezeichnung spielte bei der Behandlung der insolubilia seit dem 14. Jahrhundert eine wichtige Rolle. Vgl. F. BOTTtN, The Mertontan's Metalinguistic Scierie and the Insolubilia ( 1 9 8 5 ) 2 3 9 . AUGUSTINUS, De maestro Χ , 3 2 , 1 0 6 - 1 3 . De magistro XII, 40.

Die Strukturierung des Begriffsfeldes von 'significare' und 'repraesentare' (1) significare

effective

133

(bewirkend bezeichnen), d.h. nach Art einer Wirkur-

sache einen Begriff verursachen („Significare effective est se habere per m o d u m cause efficientis ad cognoscendum aliquid vel aliqua vel aliqualiter"). 7 0 In dieser Weise repräsentiert oder bezeichnet der Intellekt selbst all jenes, dessen Begriff er verursachend in sich erzeugt. ( 2 ) significare

obiective

(gegenständlich bezeichnen), d.h. sich nach Art eines

Erkenntnisgegenstandes zur Bewirkung einer Erkenntnis verhalten. In diesem Sinne bezeichnet oder repräsentiert jedes Ding sich selbst, da es in gegenständlicher Weise die Erkenntnis seiner selbst bewirkt und ausbreitet („quelibet res mundi se significat: quia est obiective diffusiva noticie suiipsius") 7 1 . ( 3 ) significare

formaliter,

d.h. der Begriff einer Sache bzw. der Akt sein,

durch den etwas erkannt wird. Auf diese Weise repräsentieren allein die Mentaltermini, bzw. die geistigen Begriffe („esse noticiam alicuius rei vel esse actum quo solo mediante potest aliquid [...] cognosci: et isto m o d o soli termini mentales repraesentant"). 7 2 (4) significare

instrumentaliter,

d.h.

das Instrument

sein, durch

dessen

Vermittlung wir uns den Begriff irgendeiner Sache bilden („esse instrumentum mediante quo formamus noticiam alicuius rei"). 7 3 In dieser Weise repräsentieren oder bezeichnen alle sinnlich wahrnehmbaren Zeichen. In der Regel wird dabei zwischen den beiden Begriffen des repraesentare significare

70 71

72 73 74

nicht differenziert. W ä h r e n d etwa bei L a x , 7 4

Celaya, 7 5

und

oder Na-

J. DOLZ, Termini (ca. 1511) fol. 9vb; s. Anm. 77. J. MAIOR, Libri quos in artibus ... compilavit, liber terminorum (1508) fol. 10va-b. Das ist ein gegenüber der Bestimmung des significare obiective bei Pierre d'Ailly eingeschränktes Verständnis desselben. In der weiten, das significare instrumentaliter mit umfassenden Bedeutung findet es sich noch bei J. RAULIN, Quaestiones super duos libros Perihermeneias (1500) fol. g5ra: „... diversimode una res potest repraesentare aliam, unomodo formaliter et aliomodo obiective. unde repraesentare obiective est esse obiectum et causa alicuius cognitionis sicut imago regis repraesentat regem obiective, sed repraesentare formaliter est esse formalem noticiam alicuius obiecti ut noticia quam habeo in mente de rege repraesentat formaliter michi regem..."; vgl. E. J. ASHWORTH, Domingo de Soto and the Doctrine of Signs (1990) 38. G. LAX, Parve divisiones terminorum (1502) fol. a5ra-b; s. Anm. 74. J. DOLZ, Termini (ca. 1511) fol. 9vb, s. Anm. 77. G. LAX, Parve divisiones terminorum (1502) fol. a5ra-b: „Quadrupliciter ponitur aliquid repraesentare scilicet obiective, effective, formaliter et instrumentaliter. Obiective repraesentare est habere se per modum obiecti ad causandum noticiam alicuius rei et istomodo quaelibet res potest repraesentare omnia entia mundi quia potest esse obiectum ad causandum noticiam omnium entium. nam unus conceptus communis ab uno solo supposito in ratione obiecti potest causari sicut ly sol naturaliter loquendo. Effective repraesentare est causare noticiam alicuius rei in ratione cause efficientis. et isto modo anima repraesentat effective omnis ilia quorum noticiam causat. sed isti duo modi repraesentandi quia impropria sunt non sunt in usu apud logicos. Repraesentare formaliter est esse noticiam alicuius rei vel esse actum quo solo mediante potest aliquid vel aliqua vel aliqualiter cognosci: et isto modo soli termini mentales repraesentant. repraesentare instrumentaliter est esse instru-

134

Das Zeichen in der Logik des 15. und frühen 16. Jahrhunderts

veros 7 6 die Unterscheidung auf das repraesentare bezogen ist, wenden Dolz 7 7 und Alphonsus de Cordoba 7 8 sie auf das significare an, Manderston explizit auf beides. 79 Das Lehrstück ist in dieser Form nicht unumstritten. Zweierlei ist problematisch und stößt entsprechend bei einigen Autoren auf Kritik. Zum einen die Weite des kaum mehr begrenzbaren Raumes der Repräsentation und Signifikation. Es kann bezweifelt werden, daß die Begrifflichkeit des significare oder repraesentare tatsächlich auf alle vier Formen Anwendung finden kann. Zum anderen die Aufhebung jeder Differenz von Repräsentation und Signifikation. Pierre d'Ailly selbst hatte die vom Erkenntnisvermögen teilursächlich geleistete effektive Vitalimmutation nicht als eine eigene Form des significare ausgewiesen. Entsprechend ist bei Hieronymus de Sancto Marcho und Petrus Margallus unter Ausschaltung des significare oder repraesentare effective nur von ei-

75

mentum quo mediante cognoscimus vel possimus cognoscere in potentia propinqua aliquid vel aliqua vel aliqualiter. et isto modo termini vocales significant termini mentales..." J . DE CELAYA, Introductioties dialecticae ( 1 5 1 1 ) fol. a4vb: „... repraesentare est facere cognoscere aliquid vel aliqua vel aliqualiter quadrifariam dicit aliquid repraesentare; uno modo obiective, et nihil aliud est, quam esse obiectum quo mediante causatur noticia vel actus intelligendi et isto modo quidlibet ens mundi dicitur repraesentare quia quidlibet ens mundi potest esse obiectum ad productionem noticiae suiipsius. Secundo modo dicitur aliquid repraesentare effective, et nichil aliud est quam esse causam efficientem noticie vel actus intelligendi et isto modo anima natura dicitur repraesentare effective. Tertio modo dicitur aliquid repraesentare formaliter et est esse noticiam vel actum intelligendi et isto modo termini mentales dicuntur repraesentare. Quarto modo dicitur aliquid repraesentare instrumentaliter et est esse instrumentum quo mediante causatur noticia vel actus intelligendi et isto modo dicuntur repraesentare termini vocales et scripti."

76

J . NAVEROS, Praeparatio

dialecticae·,

vgl. E. J . ASHWORTH, Jacobus

Naveros

the Question: 'Do Spoken words signify Concepts or Things f (1987) 191f.

(fl. ca. 1533)

on

77

J . DOLZ, Termini (ca. 1 5 1 1 ) fol. 9vb-10ra: „... quadrupliciter contingit significare, scilicet obiective: et effective, formaliter: et instrumentaliter. Significare obiective nihil aliud est quam se habere per modum obiecti: ad causandum eius noticiam... Significare effective est se habere per modum cause efficientis ad cognoscendum aliquid vel aliqua vel aliqualiter. Et isto modo anima intellective significat cum sit causa efficiens talium noticiarum sive actuum. Repraesentare formaliter est esse conceptum sive actum in ordine ad tale vel tale. Et isto modo solum terminus mentalis dicitur significare. Significare instrumentaliter est esse instrumentum, et esse instrumentum mediante quo formamus [lOra] noticiam alicuius rei. Et isto modo termini mentales non significant instrumentaliter: sed solum vocales et scripti..."

78

Vgl. V. MUÑOZ DELGADO, LOS "Principia Dialectices" (1SÍ9) de Alonso de Córdoba (1972) 55. Vgl. W . MANDERSTON, Compendiosa Dialectices Epitome ( 1 5 2 8 ) fol. Β lra-b: „... ponitur quadruplex acceptio de ly significare seu de ly representare, scilicet significare obiective, significare effective, significare formaliter, et significare instrumentaliter. unde obiective significare est concurrere in ratione obiecti ad causandam notitiam alicuius rei. ... Effective representare est concurrere in ratione cause efficientis ad productionem notitie. ... Formaliter representare est esse notitiam vel actum quo aliquid vel aliqua vel aliqualiter significatur. .. Instrumentaliter representare est esse instrumentum quo mediante causatur in ipsa potentia cognitiva n o t i t i a . . . "

79

Die Strukturierung des Begriffsfeldes von 'significare' und 'repraesentare'

135

nem dreifachen Repräsentieren oder Bezeichnen die R e d e . 8 0 Die Tätigkeit des Erkenntnisvermögens ist nach dieser Auffassung weder als repraesentare als significare

Johannes Siliceo einen Schritt weiter, indem er die vier Weisen des effective,

noch

adäquat beschreibbar. 8 1 In dieser Abhebung beider Begriffe geht

formaliter

und instrumentaliter

repraesentare

bezüglich des

obiective, significare

auf die beiden letzten M o d i reduziert und somit nur die Unterscheidung von significare

formaliter

(als „esse conceptum rei vel rerum aut actum syncathegori-

maticum aliqualiter repraesentans") und significare

instrumentaliter

(als „esse

instrumentum quo aliquis terminus mentalis procreatur") gelten läßt. 8 2 Diese Ansätze zu einer Unterscheidung von Repräsentation und Signifikation werden von Domingo de Soto konsequent fortgeführt. 8 3

Seine Kritik richtet

sich sowohl gegen die von den 'Summulistae' vorgenommenen Bestimmung des repraesentare

als facere cognoscere84

- auf welches nach Soto allein die vierfache

Unterscheidung anwendbar ist 85 - wie gegen deren Gleichsetzung mit dem sig-

80

81

82

83 84

85

Compendium ( 1 5 0 7 ) fol. Blr-v: „...aliquid dicitur tantum tribus modis repraesentare seu significare rem aliquam. vel quia est ipsa cognitio formalis rei, et ista significatio est propriissima significatio, ita quod alia dicuntur significare per attributionem ad istam. Secundo aliquid dicitur significare, quia est quod per Cognitionen! cognoscitur. Tertio modo, quia ipso cognito aliquid cognoscitur, et hoc modo imago repraesentat rem cuius est imago, quia cognita imagine cognoscitur res per quandam rememorationem. hoc modo similiter vox ad placitum instituía significat rem ad quam imposita est ad significandum, quia cognita voce cognoscitur res."; P. MARGALLUS, Utriusque logices scholia (1965) 86: „... significare est repraesentare potentiae cognoscenti. Repraesentare vero est producere notitiam, vel esse notitiam. Est autem notitia qualitas qua potentia cognitiva cognoscit. Trifariam enim aliquid repraesentat: active, formaliter, et instrumentaliter." Für den Hagenauer Petrus Hispanus-Kommentar dagegen ist gerade dies der Sonderfall, an dem sich beide Begriffe voneinander trennen. Denn die Seele repräsentiert, indem sie den Begriff einer Sache bildet, sich den entsprechenden Gegenstand, sie bezeichnet ihn sich jedoch nicht. Nur dadurch, daß auch dieser Akt der Repräsentation für den göttlichen Intellekt ein Zeichen ist, sind beide Begriffe kongruent oder gleichrangig 'in supponendo'; d.h. von all dem, von dem das repraesentare gilt, kann auch das significare wahrheitsgemäß ausgesagt werden. Vgl. HAGENAU, Commentum in primum et quartum tractatum Petri Hispani (1495) fol. p6v: „... licet omne repraesentare sit significare et econverso, quia quicquid repraesentat aliquam rem etiam significat eandem rem, quia ad minus domino deo. propter quod ly repraesentare non est superius in supponendo ad ly significare, tarnen adhuc significat generalius. quia non omne repraesentans aliquam rem alicui significat eandem rem alicui; significat enim eandem rem eidem, ut anima formans in se conceptum lapidis repraesentat lapidem eidem, tarnen non significat lapidem eidem." Vgl. J . MARTÍNEZ SILICEO, Prima sectio dialecticae ( 1 5 1 7 ) 13r-v, vgl. V. M U Ñ O Z DELGADO, La Lógica Nominalista en la Universidad de Salamanca (1964) 211. Vgl. E. J. ASHWORTH, Domingo de Soto and the Doctrine of Signs (1990) 37ff. Vgl. G. LAX, Parve divisiones terminorum (1502) fol. a 5ra: "repraesentare est facere cognoscere aliquid vel aliqua vel aliqualiter"; vgl. J. DE CELAVA, lntroductiones dialecticae (1511) fol. a 4vb. D. DE SOTO, Summulae (1554) fol. 2rb: „Summulistae percontari, quid nam sit repraesentare. Et respondent, quod est facere cognoscere aliquid. Ubi notandum est quod quadrifariam potest aliqua res facere cognoscere se vel aliam, effective, obiective, formaliter, et instruHIERONYMUS DE SANCTO MARCHO,

136 nificare.

Das Zeichen in der Logik des 15. und frühen 16. Jahrhunderts In dieser koextensiven Verwendungsweise der drei Begriffe sieht Soto

den Grund für die terminologische Verwirrung und das W a n k e n der Logik 8 6 und strukturiert die vier Modi als hierarchisches Gefüge neu: latíus ... extendit facere cognoscere, quam repraesentare, et repraesentare quam significare ... facere cognoscere contingit quadrupliciter, effective, obiective, formaliter, et instrumentaliter. Repraesentare tarnen tripliciter, obiective, formaliter, et instrumentaliter. Sed significare tantum dupliciter, formaliter, et instrumentaliter. Et per consequens ... illa tria non sunt idem, sed habeant sicut supenus, et inferius - (Das Erkennenmachen erstreckt sich weiter als das Repräsentieren und das Repräsentieren weiter als das Bezeichnen. ... Erkennenmachen gibt es in vierfacher Weise, nämlich bewirkend, gegenständlich, formal und instrumental. Repräsentieren jedoch in dreifacher Weise, gegenständlich, formal und instrumental. Aber Bezeichnen nur auf zweifache Weise, formal und instrumental. Folglich sind diese drei nicht dasselbe, sondern verhalten sich wie Uber- und Untergeordnetes). 87 Diese von Soto v o r g e n o m m e n e Neuordnung des Verhältnisses der vier Begriffe hat weitreichende Konsequenzen. Z u m einen wird das repraesentare fective,

ef-

die reflexive Selbstrepräsentation, ausgeschlossen. Die intellektuelle Er-

kenntnisleistung ist nicht als eine F o r m der Repräsentation - oder gar Signifikation - beschreibbar. Sotos Sprachregelung steht damit im Gegensatz zu älteren Formulierungen, durch die zumindest die göttliche Erkenntnis als ein 'sibi aliquid repraesentare'

86

87 88

beschrieben wurde. 8 8 Z u m anderen wird die gegenständliche

mentaliter. Exempli gratia. Cum video imaginem Imperatorie, imago ipsa est causa obiectiva cognitionis quae movet visum, visus vero est causa efficiens, et notitia visiva ab utroque producta, est causa formalis: sed respectu notitiae, qua recordor Imperatorie, imago ilia est instrumentum." Ebd. fol. 2va: „... inde coepit res Dialéctica labare dum pro suo quisque placito coeperunt abuti termini." Ebd. fol. 2va-b. Vgl. A. CORONEL, Termini (1506) fol. B3va: „... deus quamlibet rem possibilem sibi naturaliter repraesentat quia quamlibet rem possibilem mediante seipso cognoscit."; J. MAIOR, Libri quos in artibus ... compilavit, liber terminorum (1508) fol. 5ra: "repraesentat (deus) sibi omne verum..."; J. DE ORIA, Summulae (1518) 107: „Sola essentia divina seipsam naturaliter proprie significat sibi ipsi." Seit dem 17. Jahrhundert wird ein solches 'sibi aliquid repraesentare', das die Vorlage für das besonders im Wolffianismus gebräuchlich gewordene deutsche "sich etwas vorstellen' ist, zunehmend auch für die menschliche Erkenntnis verwendet. Vgl. R. AVERSA, Logica (1623) 124b: „Homo in seipso cognoscit, sibique repraesentat obiectum, per actum suae cognitionis, per quam etiam dicitur mentaliter loqui, et proferre verbum mentis in suo intellectu."; vgl. B. BARO, Joan. Duns Scotus ... per universam philosophiam ... contra adversantes defensus (1664) 4a: „potentia repraesentat sibi significatum eliciendo intellectionem eius." Oftmals wird sie jedoch abgelehnt, da, wie Rodrigo de Arriaga betont, das Erkenntnisvermögen dasjenige ist, dem der Gegenstand repräsentiert wird, nicht aber dasjenige, welches repräsentiert. Auch hier ist die Frage nach der Identität von Repräsentation und Signifikation sowie der Bewertung des repraesentare effective noch deutlich präsent. Vgl. R. DE ARRIAGA, SJ, Cursus philosophicus (1668) 214ab: „Patri Lynceo ... [vgl. R. LYNCEUS, Universa philosophia scholast. (1654) 204b] non placet, quod dixerim, repraesentare, et significare, esse idem, ait enim, potentiam et obiectum repraesentare effective res cognitas, et tarnen ut sic non esse signum. Haec tamen obiectio nulla est, quia repraesentare effective, non est proprie repraesentare, sed producere reprae-

Die Strukturierung des Begriffsfeldes von 'significare' und 'repraesentare'

137

Selbstrepräsentation, das se repraesentare, zum Punkt, an dem repraesentare und significare sich voneinander scheiden. Etwas kann sich selbst repräsentieren, nichts jedoch kann sich selbst bezeichnen. Damit wird, drittens, das Zeichen auf formale und instrumentale Bezeichnung begrenzt. Das formaliter significare bzw. repraesentare besagt, daß etwas allein durch sich selbst und nicht vermittels eines anderen etwas repräsentiert. Da Repräsentation und Bezeichnung ihren Ort im Erkenntnisvermögen haben, kann eine solche Unmittelbarkeit nur die der Erkenntnis selbst sein. Das formaliter significare kommt allein den notitiae zu. Das dem entgegengesetzte significare instrumentaliter setzt eine solche Kenntnis des Signifikats bereits voraus. Insofern sind für Zustandekommen einer instrumenteilen Bezeichnung stets zwei Kenntnisse oder Begriffe konstitutiv, der des Zeichens selbst und der der Signifikation. 89 Tendenziell geht die Begrenzung des significare bei Soto über die Reduktion der vierfachen auf eine zweifache Bezeichnung hinaus. Denn auch die Erkenntnis oder der Begriff ist für Soto nicht im Vollsinn Zeichen des Gegenstandes, so daß „im eigentlichen Sinn des Wortes nichts auf formale Weise repräsentiert oder bezeichnet". Allein die Furcht, sich zu weit vom Sprachgebrauch der Schulen zu entfernen, verhindert die vollständige Restitution des augustinischen Zeichenbegriffs. 90 Mit dieser deutlich artikulierten Reserve gegenüber dem Zeichenstatus der Konzepte kündigt Soto mit weitreichenden Konsequenzen für die Entwicklung des neuzeitlichen Zeichenbegriffs den in dieser Frage seit der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts vorherrschenden Konsens auf.

8 9

sentationem... Respondeo, me etiam retorquere hoc argumentum Lyncei, nam potentia est, cui repraesentatur obiectum, non quae repraesentat... ideo semper manet verum, q u o d dixi, repraesentare et significare esse idem." Besondere Bedeutung erhält die Figur des 'sibi aliquid repraesentare' in der Auseinandersetzung zwischen Malebranche und den „Messieurs les Cartésiens"; s. u. D . D E S O T O , Summulae ( 1 5 5 4 ) fol. 2vb: „... est notandum q u o d significare, seu repraesentare formaliter, est esse potentiae formalem notitiam, vel ex seipso, et non mediante alio repraesentare. Significare autem instrumentaliter est, q u a n d o res, praeexistente cognitione sui, aliud a se repraesentat, uti vestigium significat animal quod transivit... Unde ut res aliqua repraesentet aliam instrumentaliter, duae notitiae requiruntur. Primo, notitia ipsius instrumenti, et deinde notitia significationis." Vgl. P I E R R E D ' A I L L Y , Tractatus de anima ( 1 9 8 7 ) 69.

9 0

D E S O T O , Summulae ( 1 5 5 4 ) fol. 2vb: „Est tarnen hic unum valde notandum, quod secundum sententiam Augustini ... non solum lapis non significat, sed nec notitia ipsa proprie est signum obiecti, et ideo nec proprie est dicenda significare, sed est potius ipsa significatio, ut f o r m a qua res significatur, quare iuxta propriam significationem verbi, nihil repraesentat, aut significat formaliter. Et quia significare et esse signum idem sunt, et signum secundum Augustinum est illud, quod instrumentaliter significat: Nihilominus, ne tam longe abiicimus m o d u m loquendi scholarum, concedimus duos modos significandi, scilicet formaliter, et instrumentaliter. Et dicimus, Augustinum tantum loquutum fuisse de secundo m o d o significandi, scilicet instrumentaliter." D.

138

Das Zeichen in der Logik des 15. und frühen 16. Jahrhunderts 2 . Significare naturaliter und significare ad placitum

Seit der Antike steht im Zentrum jeder Zeichenklassifikation die Distinktion

von signum naturale und signum ad placitum. Das ist in der Zeichentheorie des ausgehenden Mittelalters nicht anders. Die intensive Berücksichtigung spezieller zeichentheoretischer Fragestellungen führt hier jedoch zu erheblichen Modifikationen des Verständnis dieser Begriffe selbst, sowie der Bestimmung ihres gegenseitigen Verhältnisses. Es gehört zur Logik des scholastischen Diskurses, daß 'Neues' in ihm kaum anders gedacht und formuliert werden kann, als so, daß am überlieferten Bestand der Distinktionen Differenzierungen und Umbesetzungen vorgenommen werden. M a g es sich bei diesen im Einzelnen auch nur um Nuancierungen handeln, so können sie, indem sie die traditionellen nungsverhältnisse der tragenden Begriffe in Bewegung versetzen,

Zuord-

erhebliche

konzeptionelle Veränderungen zur Folge haben. Gerade an der hier vorliegenden Problematik der Bestimmung des significare placitum

naturaliter

und significare

ad

zeigt sich das in aller Deutlichkeit.

a) Die verschiedenen Weisen natürlicher Bezeichnung Das Feld natürlicher Bezeichnungen wird im Spätmittelalter zumeist unterteilt in 1) 'significare

naturaliter

bezeichnen), 2 ) 'Significare

communiter'

naturaliter

proprie'

che Weise bezeichnen) und 3 ) 'significare

(auf allgemeine Weise natürlich (in eigentlichem Sinn auf natürli-

naturaliter

ex instinctu

naturae'

(aus

einem natürlichen Instinkt heraus natürlich bezeichnen). Die unmittelbare Vorlage auch dieser Distinktion ist Pierre d'Aillys

concep-

fws-Traktat, w o dieser zwei Arten des natürlichen Bezeichnens unterscheidet: ... significare naturaliter capitur dupliciter. Uno modo proprie. Alio modo communiter. Significare naturaliter proprie est aliquid seipso et non mediante alio aliquid potentite cognitive earn vitaliter immutando repraesentare et sic dicimus conceptum qui est naturaliter similitudo alicuius rei proprie repraesentare. ... Sed significare naturaliter communiter est non seipso sed mediante alio aliquid potentie cognitive eam vitaliter immutando repraesentare et hoc convenit cuilibet rei. quaelibet enim res ex natura sua habet quod est nata causare sui conceptum in potentia intellectiva: et sic mediante tali conceptu est nata repraesentare potentie cognitive. Ex quo sequitur quod omnis res significat vel nata est significare seipsam naturaliter communiter. Significare autem naturaliter proprie solum convenit terminis mentalibus. - (Auf natürliche Weise Bezeichnen wird auf zweifache Weise verstanden. Einerseits im eigentlichen Sinn. Im eigentlichen Sinn auf natürliche Weise Bezeichnen heißt etwas durch sich selbst und nicht vermittels eines anderen einem Erkenntnisvermögen, es vital verändernd, zu repräsentieren; und so sagen wir, daß ein geistiger Begriff, der auf natürliche Weise die Ähnlichkeit einer bestimmten Sache ist, im eigentlichen Sinn repräsentiert. ... allgemeinen auf natürliche Weise Bezeichnen heißt etwas nicht durch sich selbst sondern vermittelst eines anderen einem Erkenntnisvermögen, es vital verändernd, zu repräsentieren; und so kommt es jedem beliebigen Ding zu. Denn jeglichem Ding kommt aufgrund seiner Natur die Eignung zu, in einem Erkenntnisvermögen den Begriff seiner selbst zu verursachen und ist

Die Strukturierung des Begriffsfeldes von 'significare' und 'repraesentare'

139

so vermittelst dieses Begriffs dazu geeignet, dem Erkenntnisvermögen [sich] zu repräsentieren. Daraus folgt, daß jedes Ding sich selbst auf gemeinhin natürliche Weise bezeichnet oder in der Lage ist dies zu tun. Das im eigentlichen Sinn auf natürliche Weise Bezeichnen kommt dagegen allein den Mentaltermini zu). 9 1

Diese Distinktion ist erschöpfend nur für die logischen Zeichen, die Termini, nicht jedoch für das Zeichen im allgemeinen. Denn die natürlichen Zeichen im 'klassischen' Verständnis (imago, vestigium, effectus) lassen sich in dieser Distinktion nicht unterbringen. Das gilt zunächst auch für die um das significare naturaliter ex instinctu naturae erweiterte Trichotomie der Weisen des natürlichen Bezeichnens. An ihr wird deutlich, wie die Ausweitung des Gegenstandsbereichs zeichentheoretischer Erörterungen innerhalb der Logik mit der von der älteren Tradition geprägten Terminologie in Konflikt gerät und diese ihrer Intention nach verändert. (1) Das 'Significare naturaliter communiter' besagt nach der in der MaiorSchule gebräuchlichen Terminologie soviel wie gegenständliche Selbstrepräsentation (obiective sese repraesentare)92 und entspricht insofern dem significare (bzw. repraesentare) obiective.93 Extensional betrachtet, konstituiert es die weitestmögliche Bestimmung von Zeichen und die umfänglichste Zeichenklasse. Denn in diesem Sinne ist jedes Ding Zeichen, weil zumindest Zeichen seiner selbst, da es, sich als Erkenntnisgegenstand darbietend,94 die Kenntnis seiner selbst diffundiert: Significare naturaliter communiter est cognitionem [sui] efficere vel [se] obiective representare h o c est esse obiectum significationis et hoc modo quelibet res mundi se significat: quia est obiective diffusiva noticie suiipsius. - (Auf gemeinhin natürliche Weise bezeichnen ist eine Erkenntnis [seiner selbst] bewirken oder [sich] in gegenständlicher Weise repräsentieren, d.h. Gegenstand einer Bezeichnung sein, und auf diese Weise bezeichnet jegliches Ding auf der W e l t sich selbst, weil es in gegenständlicher Weise die Kenntnis seiner selbst verbreitet). 9 5

Die theoretische Grundlage für die Annahme einer solchen natürlichen Selbstbezeichnung - den historischen Ausgangspunkt bilden Albert von Sachsen, Pierre d'Ailly und Paul von Venedig96 - ist das weite Verständnis des significare Conceptus (s.a.) fol. b2rb. Introductorium perutile in Aristotelis dialecticen (1527) fol. 14ra: „Significare na-

91

PIERRE D'AILLY,

92

J . MAIOR,

93

94

95 96

turaliter communiter est obiective sese repraesentare, sive in ratione obiecti objicere, obiectum est res per aliquam notitiam agnitum, ut albor quem cernís repraesentat se tue potentie visive, quaelibet res partialiter cognitionem sui efficit." Vgl. P . MARGALLUS, Utriusque logices scholia (1965) 90: „... significare naturaliter communiter... vocant significare obiective, sicut significare formaliter coincidit cum significare naturaliter proprie..." Vgl. PETRUS DE BRUXELLIS, Summularum artis dialectice ... interpretatio ( 1 5 1 2 ) fol. a6rb: „Significare naturaliter communiter est secundum quod quelibet res seipsam representat aut potentie cognitive objicitur."

J. MAIOR, Libri quos in artibus... compilavit, liber terminorum (1508) fol. 10va-b. Vgl. PAULUS VENETUS, Logica magna I ( 1 9 7 9 ) 4 0 : „... termini vocales vel scripti seipsos naturaliter significant, sicut et aliae res sensibiles seipsas enim intellectui per intentionem

140 als facere

Das Zeichen in der Logik des 15. und frühen 16. Jahrhunderts

cognoscere

unter Tilgung der in der augustinischen Zeichendefinition

mit der Funktionsbestimmung des 'faciens in cogitationem (bzw. cognitionem) venire' verbundenen Partikel des 'aliquid aliud'. Das 'significare naturaliter communiter', bisweilen als uneigentliche Form des Bezeichnens geführt, 97 ist hinsichtlich des Signifikats jedoch insofern eingeschränkt, als es hier nicht um die Bewirkung einer Erkenntnis von Beliebigem geht, sondern nur um die gegenständliche Bewirkung der Erkenntnis seiner selbst, um das 'noticiam de se

causare*98 oder das 'posse efficere cognitionem sui',99 allenfalls noch um die Bewirkung der Erkenntnis von Ähnlichem, 100 so, wie - in peircescher Termino-

propriam repraesentant, quemadmodum facit homo, lapis, et sic de aliis. Cum ergo significare non sit aliud quam rei similitudinem memoriae vel virtuti cognitivae repraesentare vel conceptum primum in anima causare, igitur tales seipsos significant et hoc naturaliter..."; vgl. ebd. 4 2 : „... aliquis terminus supponit pro se, sed omne supponere est significare; ergo talis significat se. ... maior patet de multis terminis supponentibus materialiter... Item ... omne sensibile naturaliter significat seipsum, sed terminus vocalis vel scriptus est sensibile; igitur talis seipsum naturaliter significat... nam omne sensibile sive sit proprium sive commune sui ipsius agit intentionem in aliquam virtutem interiorem mediante qua a virtute cognoscitiva apprehenditur." 97 98

Vgl. J . DE ORIA, Summulamm volumen primum ( 1 9 8 7 ) 107. Vgl. J . RAULIN, In logicam Aristotelis commentarium ( 1 5 0 0 ) fol. d3vb: „... signorum naturaliter significantium quaedam significant aliquid naturaliter proprie et alia significant naturaliter communiter ... terminus dicitur illud significare naturaliter communiter cuius non est propria et naturalis similitudo ita quod nata est causare suum conceptum in potentia vitali, ut ly h o m o significat naturaliter communiter se ipsum et sibi simili et propterea dicitur significatio naturalis communis et sic quelibet res mundi se ipsam naturaliter communiter repraesentat et in potentia vitali nata est objective et parcialiter noticiam de se causare."; vgl. J . AZNAR, Termini secundum viam realium ( 1 5 1 3 ) ; vgl. V . M U Ñ O Z DELGADO, Juan Aznar y su tratado de los términos ( 1 9 7 4 ) 3 1 0 ; W . M ANDERSTON, Compendiosa Dialectices Epitome ( 1 5 2 8 ) fol. Β 3 ra.

Vgl. BERNARDUS B O R G E N S « , Introductorium in summulas Petri Hispani ( 1 5 1 4 ) fol. b l r b : „Significare naturaliter communiter est posse efficere cognitionem sui et sic quaelibet res mundi significat naturaliter communiter, quia qualibet talis potest causare cognitionem sui." 100 Vgl. G. LAX, Parve divisiones terminorum ( 1 5 0 2 ) fol. a 8 v b - b l r a ) : „Significare naturaliter communiter est efficere cognitionem in ratione obiecti hoc est concurrere in ratione obiecti ad causandum noticiam alicuius rei... ( b l r a ) ... et isto modo significandi quelibet res significat se et suum simile." Vgl. Β . ARNOLDI VON USINGEN, Exercitium veteris artis ( 1 5 1 4 ) fol. S4r: „Significare naturaliter communiter est significare non se ipso sed per conceptum superadditum. E t illud convenit omnibus rebus mundi. Est enim commune omnibus rebus significare sic se vel sibi simile realiter, ut lapis realis sic significat se ipsum vel sibi similem."; J . ECK, In summulis... explanatio ( 1 5 1 6 ) fol. 5vb: „... significare naturaliter communiter est significare seipsum vel sibi simile, absque eo quod sit formalis cognitio suiipsius." Die Formel des 'sibi simile' scheint auf den, genauer: auf einen der beiden logischen Ursprungsorte und Anwendungsbereiche dieser Annahme der Selbstbezeichnung zu verweisen, auf die suppositio materialis, für deren Definition sie traditionell gebräuchlich ist. Vgl. JOHANNES BURIDAN, Tract, de suppositionibus ( 1 9 5 7 ) 2 0 1 : „... suppositio materialis dicitur quando vox supponit pro se aut pro sibi simili..." Die Betonung der Selbstbezeichnung aller Dinge lag insofern besonders in der Buridan-Schule nahe, für die im Unterschied zu Ockham die 99

Die Strukturierung des Begriffsfeldes von 'significare' und 'repraesentare'

141

logie - jedes token die Kenntnis der anderen token desselben type bewirkt, bzw. diese bezeichnet. 101 Der Umstand, daß durch die geläufige Trichotomie des significare naturaliter der größte Teil der natürlichen Zeichen nicht erfaßt werden kann, ist offenbar der Grund dafür, daß sich außerhalb der Maior-Schule verschiedentlich ein erweitertes Verständnis des significare naturaliter

communiter

finden läßt, welches ikonische 102 oder natürliche Zeichen im allgemeinen 103 umfaßt. (2) Das 'Significare naturaliter proprie'

ist dadurch ausgezeichnet, daß auf

diese Weise etwas allein unmittelbar durch sich selbst ein anderes bezeichnet oder repräsentiert („mediante se, et non mediante alio"). 1 0 4 Es entspricht damit

101

102

103

104

materiale Supposition als Form des signifikativen Sprachgebrauchs galt. Vgl. ALBERT VON SACHSEN, Quaestiones in artem veterem ( 1 9 8 8 ) 4 7 6 f . Vgl. ANM. 67. Vgl. HAGENAU, Commentum in primutn et quartum tractatum Petri Hispani ( 1 4 9 5 ) fol. p7r: „Significare naturaliter est significare ex conditione sue nature, vel naturali habitudine signi ad signatum. prima partícula convenit terminis naturaliter proprie significantibus. Secunda autem terminis naturaliter communiter significantibus. et sic il le terminus 'homo' in mentali illius ' h o m o est species' significat naturaliter communiter illos términos 'homo', 'homo', ' h o m o ' . " In ausdrücklicher Weise hebt Johannes Maior bei der Analyse der Rezeption sprachlicher Zeichen token und type voneinander ab; vgl. J . MAIOR, Introductorium perniile in Aristotelis dialecticen ( 1 5 2 7 ) fol. 18vb: „Vox ... vel scriptura causat tres conceptúe, duos non ultimatos, et ultimatum unum, haec vox 'homo' causat unum conceptum repraesentativum singulariter illius vocis, sicut quaelibet res creata obiective naturaliter causat notitiam singularem sui... Secundo vox causat unum conceptum communem repraesentativum illius vocis et similium, ut patet in mentali istius 'homo est species'... Subordin a t e tertio, haec vox homo conceptui ultimato omnium hominum repraesentativo." Nach J . TRUTVETTER, Breviarium dialecticum ( 1 5 0 0 ) fol. h l v , bezeichnet dasjenige naturaliter communiter, „quod est simile repraesentato: sed non medium illud quo formaliter apprehenditur et cognoscitur. Sic imago hominis figurata repraesentat hominem cui in lineamentis est similis. Nam hec non est formale cognitionis medium: sed illa apprehensa intellectus similitudinem quandam hominis vivi in se elicit.'' Der Grund für eine solche Bestimmung ist ein erweitertes Verständnis des ursprünglich nur im Sinne der suppositio materialis gemeinten Formel des 'sibi simile'. Vgl. J . ALTENSTAIG, Dialéctica ( 1 5 1 4 ) fol. b l v : „Significare naturaliter communiter est significare ex naturali habitudine signi ad signati: vel ex conditione naturae: ut gemitus infirmum, fumus ignem. Sic imago hominis figurata repraesentat hominem naturaliter communiter cui in lineamentis est similis." Dies ist eirt extensives Verständnis der im Hagenauer Kommentar gegebenen Definition des significare naturaliter communiter-, vgl. Anm. 101. G. LAX, Parve divisiones terminorum ( 1 5 0 2 ) fol. a8vb: „Significare naturaliter proprie sic diffinitur. Est significare mediante se et non mediante alio aliquid vel aliqua vel aliqualiter. Exemplum patet de ilio termino mentali ultimato ' h o m o ' . " Vgl. PETRUS TARTARETUS, EXpositio super textu logices Aristotelis ( 1 4 9 5 ) fol. 3 0 7 v b : „... terminus dicitur significare naturaliter proprie illud quod repraesentat formaliter seipso et non mediante alio, et sic significare naturaliter proprie praecise convenit notieijs vel conceptibus ipsius animae quia nihil aliud repraesentat suum significatum non mediante alio."; J . MAIOR, Libri quos in artibus ... compilavit, liber terminorum ( 1 5 0 8 ) fol. 10va-b: „Significare naturaliter proprie est significare mediante se vel significare immediate vel formaliter representare, ut noticia quam habeo de iohanne formaliter iohannem representat. id est est quedam forma mediante qua anima mea cognoscit iohannem ... et talis cognitio ab anima mea et a iohanne cognita pro-

142

Das Zeichen in der Logik des 15. und frühen 16. Jahrhunderts

dem 'significare formaliter'. Das aber bedeutet, daß es identisch ist mit dem 'esse cognitionem',105 so daß, wie schon Pierre d'Ailly betont hatte, 106 die geistigen Begriffe die einzigen Zeichen sind, die auf eigentliche Weise natürlich bezeichnen: „soli termini mentales et omnes tales dicuntur naturaliter proprie significare". 1 0 7 Denn nur hier ist die unmittelbare Bezeichnung des Gegenstandes ohne eine weitere vermittelnde oder begründende Instanz gegeben, 108 nur hier ist das Zeichen, der geistige Begriff, die unmittelbare selbstsuffiziente Bezeichnung des Gegenstandes. Alle übrigen Zeichen sind auf den Begriff hingeordnet, indem sie ihn entweder verursachen oder ihm subordiniert sind. Dieser ist damit der Garant für das Funktionieren von Bezeichnung schlechthin. Das geht weit hinaus über die Feststellung, daß man von einem Bezeichnen sinnvollerweise nur in Rücksicht auf eine zeicheninterpretierende intellektuelle Natur sprechen kann. 109 Denn das jede Signifikation erst Ermöglichende ist selbst ein Bezeichnen im allereigentlichsten Sinn, so daß jedes anderer Bezeichnen überhaupt nur von diesem her ein solches genannt wird („ipsa cognitio formalis... est propriissima significatio, ita quod alia dicuntur significare per attributionem ad istam"). 1 1 0

105

duci tur." J . D O L Z , Termini (1511) fol. 12va; BERNARDOS BORGENSIS, lntroductorium in summulas Petri Hispani (1514) fol. blrb. P. MARGALLUS, Utriusque logices scholia (1965) 88ff: „Significare naturaliter proprie est esse cognitionem alicuius vel aliqualiter, vel est significare ex propria natura mediante se, vel illud includere, ut visio nigredinis se ipsa et sua propria natura significai nigredinem." Vgl. PETRUS DE BRUXELLIS, Summularum artis dialectice ... interpretatio (1512) fol. a6rb: „"Significare naturaliter proprie est esse conceptionem alicujus: ut naturalis similitudo hujus vocis buf significat naturaliter proprie hanc vocem buf."

106 107

108

109

110

S. Anm. 91.

Compendiosa Dialectices Epitome (1528) fol. Β 3ra; vgl. A. CORONEL, Termini (1506) fol. B3ra: „Naturaliter proprie significare. Est immediate id est mediante seipso aliquid vel aliqua vel aliqualiter significare et sic repraesentare praecise convenit terminis mentalibus."; Vgl. PETRUS A SPINOSA, Tractatus terminorum, fol. 3v, zit. nach V. M U Ñ O Z DELGADO, Pedro de Espinosa y la logica en Salamanca hasta 1550: Anuario filosofico 16 (1983) 152.: „Significare naturaliter proprie est esse noticiam anime quo modo soli termini mentales significant. Significant idem apud omnes. Terminus mentalis dicitur naturalis similitudo obiectiva. Notitia vocatur naturalis similitudo obiectiva, quia talis est in genere signi qualis res ad extra in genere significati..." Zum Begriff der similitudo objectiva vgl. Anm. 161. W . MANDERSTON,

Vgl. J . ALTENSTAIG, Dialéctica (1514) fol. b l v : „Significare naturaliter proprie est significare ex conditione suae naturae: Et sic in significando nulli alteri subordinari ut conceptus naturaliter proprie significant." J . GERSON, De modis significandi, in: Œuvres complètes 9 ( 1 9 7 3 ) 6 2 5 [ 1 7 0 6 : 4 . 8 1 6 ] : „Significatio nec proprie nec convenienter accipitur, nisi per respectum ad naturam intellectual em, quae potest uti signo." HIERONYMUS DE S . MARCHO, Compendium ( 1 5 0 7 ) fol. B l r . In ähnlicher Form bemerkt auch Estanyol hinsichtlich des formaliter significare, „hoc modo significare est propriissime significare, cum nihil rem aliquam perfectius repraesentet quam propria illius rei notitia"; vgl. ANGEL ESTANYOL, Termini ( 1 5 0 4 ) fol. a 3v; zit. n. E . J . ASHWORTH, Domingo de Soto

and the Doctrine of Signs

(1990) 40.

Die Strukturierung des Begriffsfeldes von 'significare' und 'repraesentare'

143

Wenn die alles Bezeichnen letztlich ermöglichende Instanz der geistigen Akte selbst als ein Bezeichnen bestimmt wird, ist es notwendig, sie als ein unmittelbar durch sich selbst und nicht vermittels eines anderen Bezeichnendes zu denken. Denn andernfall geriete man, wie Johannes Raulin betont, zwangsläufig in einen infiniten Regress, 111 gleichsam in eine peircesche unendliche Semiose oder, wie Johannes Maior es nennt, in einen „Abgrund des Bezeichnens" (abyssus in significando). 112 Wenn es keine unmittelbare Erkenntnis gibt, dann gibt es überhaupt keine; und wenn diese nicht unmittelbar bezeichnet, dann gibt es überhaupt keine Bezeichnung. (3) 'Significare naturaliter ex instinctu naturae': Die Kennzeichnung eines Bezeichnens „aufgrund eines natürlichen Instinktes" (significare ex instinctu naturali) diente in der älteren Tradition im Rückgriff auf Avicenna zur Unterscheidung der unwillkürlichen lautlichen Äußerung (Bsp. latratus canis; gemitus infirmorum) von den eingesetzten sprachlichen Ausdrücken. 113 Dieses Verständnis bleibt auch im Spätmittelalter das dominierende. Das „ex instinctu naturali" bezieht sich dabei auf die Unwillkürlichkeit der Zeichenproduktion. Die Zuordnung des lautlichen Zeichens zu seinem Signifikat beruht nicht auf einer willentlichen Einsetzung, sondern auf einer natürlichen und damit bei allen Lebewesen derselben Art identischen Inklination, gewisse Affekte durch bestimmte Zeichen auszudrücken. 114 111

J. RAULIN, Quaestiones super duos libros Perihertneneias (1500) fol. d3vb: „... conceptus ultimatus se ipso formaliter significat quicquid naturaliter proprie significat. Patet quia est significatio qua aliqua res significatur, sed significatio nichil aliud est quam repraesentatio illius cuius est significatio, et illa repraesentatio formalis est ipsamet conceptus. Nam conceptus se habet ut quedam ymago formalis non tarnen obiectiva sicut imago cesaris rei per ipsum concepte. et confirmatur nisi seipso formaliter significaret hoc esset quia significaret suum significatum mediante alia significatione distincta ab eo et tunc queretur de illa significatione utrum se ipsa significet vel mediante alia, si seipsa eadem ratione erit status ad primam significationem. si mediante alia et sic erit processus in infinitum."

112

J. MAIOR, Introductorium perutile in Aristotelis dialecticert (1527) fol. 14ra: „Significare naturaliter proprie est formaliter, et seipso repraesentare. Porro si conceptus suam significantiam mediante alio significaret in abyssum significando iterur [sic: iretur (?)]." Vgl. DERS., Summule ( 1 5 1 4 ) fol. lrb. Ein dem Inhalt nach identisches Argument hatte bereits Walter Chatton gegen die von Ockham zunächst vertretene Fiktum-Theorie der Konzepte geltend gemacht und ihn damit zur Übernahme der Akt-Theorie bewegt. Vgl. WALTER CHATTON,

Utrum sit aliquis conceptus communis et universalis Deo et creaturae, in: G. GÄL, Gualteri de Chatton et Guillelmi de Ockham controversia de natura conceptus universalis (1967)

113

114

2 0 4 : „... praeter tuum fictum oportet ponere aliud fictum, et praeter illud aliud tertium, et sic in infinitum." Vgl. PS.-ROBERT KILWARDBY, Comment, in Prise, ma. ( 1 9 7 5 ) 5 7 ; ROGER BACON, Compen-

dium studii theol. (1988) 60. Vgl. hierzu U. Eco et al., On animal language in the medieval classification of signs (1989). Vgl. J. TLNCTORIS, Dicta super Summulas Petri hyspani (1486) fol. A8ra: „... vox significativa naturaliter significat ex instinctu naturae quae inclinât animal ad proferendum talem vocem imperfectam ad exprimendum suas affectiones..."; vgl. ebd. fol. A8rb-va: „... vocum significativarum alia est significativa naturaliter. Alia ad placitum. Cuius divisionis ratio est quia omnis vox significativa habet ordinem sive relationem ad suum significatum. vel ergo

144

Das Zeichen in der Logik des 15. und frühen 16. Jahrhunderts

Die Unterscheidung der Weisen natürlichen Bezeichnens w a r

ursprünglich

nur für die logikrelevanten Z e i c h e n , d.h. für K o n z e p t e u n d sprachlichen Ausd r ü c k e e n t w i c k e l t w o r d e n . Soll d i e T r i c h o t o m i e a u f d a s n a t ü r l i c h e Z e i c h e n im allgemeinen a n g e w e n d e t w e r d e n , erfordert das zwangsläufig eine der

jeweiligen

obiective

Distinktionskriterien.

Hinsichtlich

des

significare

Umdeutung naturaliter

w u r d e , wie gesehen, verschiedentlich eine Ausweitung des ursprüng-

lich i n t e n d i e r t e n Sinn d e s 'sibi simile' zeichnende

a n g e s e t z t e n habitudo

Eine ähnliche, zeichentheoretisch c h e n Sinns w i r d a m significare

s o w i e d e r für d a s a u f diese W e i s e B e -

naturalis

zum

Bezeichneten

bedeutsamere Modifikation

naturaliter

ex instinctu

E b e n s o , w i e d i e e i n z e l n e n B e g r i f f e v o n signum,

naturae terminus

vorgenommen. des

ursprüngli-

vollzogen. e t c . sind a u c h d e r -

a r t i g e F o r m e l n v e r s c h i e d e n a u s l e g b a r . D a s zeigt sich b e r e i t s bei J o h a n n e s M a i o r , w e n n e r b e t o n t , d a ß e r im K o n t e x t d e r T e r m i n i d a s 'ex instinctu i m a l l g e m e i n e n S i n n e v o n 'ex

natura

angepaßten Verständnis verwendet.115 anders getroffen w e r d e n ; 1 1 6

rei',

naturae'

s o n d e r n in e i n e m d e m

nicht

Gegenstand

Eine solche Entscheidung konnte

auch

u n d M a i o r selbst w i r d sie in s e i n e n s p ä t e r e n D a r -

stellungen der T e r m i n i anders treffen.

talis ordinatio sit secundum instinctum naturae et sic est vox significativa naturaliter. Vel talis ordinatio sit secundum placitum imponentis. sic est vox significativa ad placitum. ... vox significativa naturaliter est ilia quae apud omnes idem repraesentat ut gemitus infirmorum (A8va) dolorem, et latratus canum iram vel gaudium. ... vox significativa naturaliter significat ex instinctu naturae. ... Sed vox significativa ad placitum non significat idem apud omnes sed solum significat apud illos qui cognoscant impositionem eius ad significandum."; J . VERSOR, Commentario in Petri Hispani Summulas (1572) 7: „... vox significativa naturaliter est ilia, quae apud omnes homines idem significat, ut gemitus infirmorum. Cuius ratio est, quia talis vox ordinatur ad significandum, et repraesentandum suum significatum per instinctum naturae, quae inclinât animal ad formandum talem vocem."; ANTWERPEN, Loycalia ... cum ...commento (1486) fol. B2r: „...vox significativa naturaliter significat idem apud omnes homines. Ratio est quia ilia vox significat ex instinctu naturae, que inclinât animal ad formandum talem vocem imperfectam ut exprimat suas affectiones scilicet iram gaudium famem vel sitim etc. Et quia natura est eadem apud omnes, et eodem modo inclinât animalis ad exprimendum suas affectiones." Vgl. G. LAX, Parve divisiones terminorum (1502) fol. b l r a ; J . AZNAR, Termini secundum viam realium·, vgl. V. M U Ñ O Z DELGADO, Juan Aznar y su tratado de ¡os términos (1974) 3 1 0 ; C. PSCHLACHER, Compendiarius parvorum logicalium liber (1512) fol. 6r; W. MANDERSTON, Compendiosa Dialectices Epitome (1528) fol. Β 3ra¡ F. TITELMANS, Naturalis philosophiae compendium, lib. 9, cap. 11 (1561) fol. 139r. 115

116

MAIOR, Libri quos in artibus ... compilavit, liber terminorum ( 1 5 0 8 ) fol. lOvb: „Significare ex instinctu nature non capitur in terminis ut tantum valet sicut significare ex natura rei quia tunc quodlibet significare naturaliter esset ex instinctu nature representare, et sic philosophi accipiunt quando dicunt quodlibet leve ascendere posse et grave descendere ex instinctu nature vel ex natura rei quod pro eodem convertibiliter accipiunt. Sed hic capitur appropriate... Et sic diffinitur significare ex instinctu nature, est aliud a re representare: non ex impositione nec formaliter, ut latratus canum iram vel gaudium ex instinctu nature représentât." Vgl. BERNARDUS BORGENSIS, Introductorium in summulas Petri Hispani (1514) fol. b l r b : „Significare ex instinctu naturae non capitur in proposito pro inclinatione naturali alicuius

J.

Die Strukturierung des Begriffsfeldes von 'significare' und 'repraesentare'

145

Worum es hierbei letztlich geht, ist die bereits von Roger Bacon aufgewiesene doppelte Bedeutung des Naturbegriffs als „Substanz oder Wesen irgendeines Dinges" (substantia sive essentia cuiuslibet) einerseits sowie als „ohne Überlegung handelnde Kraft" (virtus agens sine deliberatione) andererseits, welche ihn veranlaßt hatte, jene Zeichen, die - im älteren Sinn - „ex instinctu naturae" bezeichnen, aus der Klasse der signa naturalia herauszunehmen und sie als eine eigene Spezies den signa data zuzuordnen. 117 Durch die Erweiterung des Verständnisses des 'significare naturaliter ex instinctu naturae', die vorgenommen wird, um die natürlichen Zeichen insgesamt in der Klassifikation des significare naturaliter unterbringen zu können, fallen die beiden von Bacon auseinandergehaltenen Arten des natürlichen Bezeichnens wiederum zusammen. Allerdings dergestalt, daß das natürliche Instrumentalzeichen nun generell aufgrund der - letztlich kontingenten - terminologischen Vorgaben aus der Perspektive der natürlichen Inklination dargestellt wird. Das aber ist eine psychologische Perspektive, bei der nicht das Verhältnis von Zeichen und Bezeichnetem, sondern der pragmatische Bezug zum Zeichenrezipienten im Vordergrund steht. Durch die Applikation auf die Klasse der natürlichen Instrumentalzeichen verändert zugleich das 'ex instinctu naturae' seinen ursprünglichen Sinn. Die damit zum Ausdruck gebrachte natürliche Inklination bezieht sich nicht mehr, wie beim gemitus infirmorum oder latratus canis, auf die Unwillkürlichkeit der Zeichenproduktion, 118 sondern beschreibt den Vorgang der Zeicheninterpretation als einen natürlichen Prozeß. Entsprechend definiert Pierre Crockaert: Significare naturaliter ex instinctu naturae est significare ex naturali inclinatione cognoscentis... - (Auf natürliche Weise aufgrund eines natürlichen Instinktes Bezeichnen ist aus einer natürlichen Neigung des Erkennenden heraus Bezeichnen). 1 1 9

Zunächst ist diese Erweiterung des significare ex instinctu naturae kaum sichtbar. Sie zeigt sich lediglich daran, daß neben die traditionellen Beispiele dieses Signifikationstypus kommentarlos der Rauch als Zeichen des Feuers und

117 118 119

sed ut tantum videlicet sicut significare aliud a se id est repraesentare aliud a se non naturaliter proprie vel ex impositione, ut latratus canum, gemitus infirmorum." Selbst wo das 'ex instinctu naturae' von der natürlichen Inklination abgerückt wird, bleiben die für diese traditionell gebräuchlichen Beispiele präsent. S.o., Kap. II, Anm. 64. Vgl. z.B. ANTWERPEN, Loycalia ... cum ...commento (1486) fol. B2r, s. Anm. 114. PETRUS DE BRUXELLIS, Summularum artis dialectice ... interpretatio (1512) fol. a6rb. Vgl. P. MARGALLUS, Logicae utrisque bases (1965) 90: „... significare ex instinctu naturae diffinitur a quibusdam: est significare ex inclinatione intelligentis seclusa impositione." Was Margallus an dieser Definition kritisiert, ist lediglich die durch das 'intelligentis' implizierte Unmöglichkeit einer Anwendung auf tierische Zeichenverwendung. Er stellt jedoch nicht in Frage, daß sich die Inklination, im Gegensatz zum älteren Verständnis der Formel, auf den Vorgang der Zeicheninterpretation bezieht.

146

Das Zeichen in der Logik des 15. und frühen 16. Jahrhunderts

damit das klassische Exempel des signum naturale tritt; 1 2 0 später dann auch die Spur 1 2 1 , das Bild und jedes auf einer Kausalbeziehung beruhende Zeichen. 1 2 2 Die Naturalität dieser Zeichen ist, so betrachtet, nicht oder nicht in erster Linie in der natürlichen Beziehung von Zeichen und Bezeichnetem begründet, sondern vielmehr in der mentalen Verknüpfung der Erkenntnis des Zeichens und der Erkenntnis des Bezeichneten; darin also, daß der Intellekt oder das Erkenntnisvermögen aufgrund einer natürlichen Inklination unwillkürlich von der Erkenntnis des einen zu der des anderen gelangt. 123 Hiermit wird zumindest die Möglichkeit angedeutet, daß sich die Naturalität der natürlichen Zeichen aus der Perspektive der Zeicheninterpreten als Gewohnheit darstellen läßt. 124

120 Vgl. J . MAJOR, Summule (1514) fol. lrb: „Significare ex instinctu naturae est sine impositione dare aliquid intelligere apprehendenti: ut risus laetitia, ut gemitus infirmi dolorem repraesentat. sic lachryme animi amaritudinem, et fumus ignem..."; J . ECK, In summulas ... explanatio (1516) fol. 5vb: „... est significare naturaliter ex instinctu naturae, quando repraesentat ex instinctu vel proprietate naturae tali cui non est simile nec eius cognitio: ut gemitus infirmorum: fumus ignis..." 121

Vgl. J . MAIOR, Introductorium perutile inAristotelis dial. (1527) fol. 14ra-b: „Significare ex instinctu nature, est absque impositione naturali alterius rei notitiam efficere. Quo modo gemitus hominis bellueve anxietatem indicat, homo tamen animai cautum sub velamine quodam dolorem nonnumquam gemitu simulât, sat est sine impositione is significatus oritur, hac enim quod quaelibet suum prolatorem désignât, sic etiam fumus caminum exiens ignem praesignificat tamquam eius basim. Itaque ex cognitione lamentabilis vocis atque fumi primario in doloris notitiam atque rogi secundario devenimus, hoc etiam modo vestigium rem cuius est vestigium, scripturaque scriptorem notificat."

Logicae utrisque bases ( 1 9 6 5 ) 9 0 : „... significare ex instinctu naturae est significare non ex impositione vel naturaliter proprie potentia (quae hie vocatur instinctus naturae) movente se principaliter, et ex se ipsa et sua inclinatione ad cognoscendum per signum. Quomodo fumus significat ignem et regulariter effectus suam causam. Quomodo creaturae significant Deum. Aliquae ut vestigium, aliquae ut imago, ut impressio pedis lupi significat lupum illue transisse. Et quodlibet ens aliud a se significat ex instinctu naturae, ut si a Petro entis producatur notitia, Petrus omnia entia ex instinctu naturae significat."

122 VGL. P. MARGAIXUS,

123 Vgl. J . DE ORIA, Tractatus elementorum dyalectice (1988) 107: „Naturaliter ex instinctu significare est conceptum de suo significato causare aliud a se ratione naturalis habitudinis quam habet ad ipsum. Ut fumus, naturaliter ex instinctu, representat ignem et gemitus dolorem. Pro quo sunt aliqua notanda. Primum quod naturalis instinctus est terminus connotativus supponens pro aliqua potentia cognitiva connotando quod ex apprehensione unius obiecti nata est venire in cognitionem alterius propter naturalem habitudinem unius ad alterum. Ut yrundo, ex apprehensione immutationis aeris, venit in cognitionem tempestatis futuris. Similiter delphin, ex apprehensione immutationis maris, venit in cognitionem tempestatis sequentis. ... H o c enim eius convenit ex instinctu naturali, hoc est dictu, quia ex apprehensione unius obiecti nata est venire in cognitionem alterius occulti." - Oria unterscheidet jedoch desweiteren zwischen dem communiter significare ex instinctu naturae, „cum scilicet signum causat conceptum sui signati, sive signum sit cognitum sive non, et sie omnes species sensibiles et intelligibiles significant naturaliter ex instinctu" und dem specialiter significare ex instinctu naturae „ut ... est signum cognitum causans conceptum sui signati, ut fumus cognitus causat conceptum ignis" (ebd. 108). 124 Vgl. J . AZNAR, Termini secundum viam realium (1513) 3Of, zit. n. V. M U Ñ O Z DELGADO,

Juan Aznar y su tratado de los términos (IS 13) según ¡a via escotista (1974) 310: „Adverte

Die Strukturierung des Begriffsfeldes von 'significare' und 'repraesentare'

147

b) Die verschiedenen Weisen 'willkürlicher' Bezeichnung Ebenso wie das significare naturaliter erfährt auch das significare ad placitum im Spätmittelalter eine weitere Ausdifferenzierung. Den Hintergrund hierfür bildet der Umstand, daß aufgrund der verstärkten Berücksichtigung und Diskussion konkreter Fallbeispiel die Unzulänglichkeit der traditionellen Dichoto-

mie des Zeichens in ein signum naturale und ein signum ex impositione (bzw. datum, ex institutione) offenkundig wurde. Es gibt Zeichen, die weder die Standardkriterien eines natürlichen Zeichens erfüllen (significare ex natura sua bzw. significare idem apud omnes) noch auf einen förmlichen Einsetzungsakt zurückgeführt werden können. 125 Beispiele hierfür sind einserseits transumptiv oder metaphorisch verwendete sprachliche Ausdrücke (lupus in fabula) sowie andererseits die hier erstmals als eigener Zeichentyp in breiterem Umfang berücksichtigten gewohnheitsbedingten Zeichen, wie der circulus ante tabemam (Laubkranz vor der Taverne) als Zeichen des Weinverkaufs oder der Hund, der dadurch, daß man ihn mehrmals seinem Herren vorauseilen gesehen hat, zum Zeichen für dessen Nahen wird. Die Wahrnehmung der zeichentheoretischen Relevanz der Gewohnheit ist als solche nichts Neues. Ihre wichtige Funktion für die Geltung der eingesetzten Sprachzeichen war bereits vorher deutlich betont worden. Die consuetudo erscheint dabei als dasjenige, was erst das dem singulären Einsetzungsakt korrespondierende private placitum des Sprachinstitutors zu einem allgemeinen macht und ihm Dauer verleiht und somit der punktuellen impositio synchrone und diachrone Ausbreitung verschafft. Gerade weil die sprachlichen Ausdrücke willkürlich eingesetzt sind, bedarf ihre Geltung, schon Augustinus hatte das gesehen, sowohl der Autorität des Einsetzers wie der Gewohnheit,126 d.h. der Aufnahme durch die Sprechergemeinschaft.127 Insofern stellt sich der Vertragscharakter sprachlicher Bezeichnung schon bei Heinrich von Gent als gemeinschaftliche Gewohnheit dar.128 Und ebenso wie für die Erklärung der kollekti-

125

126 127

128

quod vox significativa significat ... suum prolatorem naturaliter i.e. ex quoddam instinctu naturae vel consuetudine audiendi eum." Das Problem wird auch in der neueren Semiotik noch diskutiert. Vgl. BERNARD E. ROLLINI, Natural and Conventional Meaning: An Examination of the Distinction (1976). In dem hier der systematischen Kritik dieses 'Dualismus* vorangestellten historischen Uberblick fehlen die älteren Erörterungen des signum ex consuetudine jedoch. AUGUSTINUS, De musica III, 3 ; s. Kap. I, ANM. 135. Vgl. W . MANDERSTON, Compendiosa Dialectices Epitome ( 1 5 2 8 ) fol. Β 4va: „impositio est actus voluntatis per quem terminus imponatur ad significandum ... quedam est sufficiens, et ad talem requiruntur duo: scilicet quod fiat ab habente auctoritatem et quod recipiatur apud illos quoad fit illa impositio."

Summa quaestionum ordinarium (1520) 2. fol. 2 7 6 r : „... nomina alteri cum quo loquendum esset signa esse non possent..., nisi ipse similiter prius rem significatam cognosceret quoquo modo: et nisi esset prius ei indicatum quoquo modo: et tale nomen talis rei indicativum esset: et sic per consuetudinem quasi ex pactione inter se omnium qui sunt eiusdem linguae, talis vox talem rem proprie significat."

HEINRICH VON GENT,

148

Das Zeichen in der Logik des 15. und frühen 16. Jahrhunderts

ven Geltung von Sprache war die Gewohnheit ein wichtiges Moment der Beschreibung des individuellen Spracherwerbs.129 Bei jener Form des significare ex consuetudine jedoch, die hier zur Diskussion steht, liegt der Fall insofern anders, als sie nicht im Zusammenhang mit einer förmlichen Einsetzung steht oder sich als deren Folge ergibt, sondern gänzlich unabhängig von jeder Art der im herkömmlichen Sinn verstandenen impositio ihren unmittelbaren Grund allein in einer Gewohnheit hat. Die Einordnung solcher Fälle des Bezeichnens in die vorgegebene Dichotomie von natürlichem und willkürlichem Zeichen macht, sofern nicht die 'klassische' Dichotomie selbst preisgegeben werden soll, die Einführung von Differenzierungen erforderlich, die zwangsläufig Bedeutungsverschiebungen an der von der älteren Tradition in der Regel synonym verwendeten Begrifflichkeit von 'ad placitum', 'ex impositione' und 'ex institutione' nach sich ziehen. Es war naheliegend, die problematischen Fälle von willkürlichem Zeichengebrauch und gewohnheitsbedingter Signifikation über eine Ausweitung des Verständnisses der impositio in die vorgegebene Distinktion der Bezeichnungsweisen zu integrieren. In der Maior-Schule unterscheidet man zumeist zwei grundsätzliche Arten von Zeicheneinsetzung. Zum einen die eigentliche impositio formalis, bzw. autentica oder directa, die dem älteren, nicht näher spezifizierten Verständnis der Einsetzung entspricht, zum anderen die impositio indirecta, virtualis, non authentica etc., die im wesentlich nur negativ durch ihre Abgrenzung von der ersteren bestimmt ist. Es gibt unterschiedlicheAnsätze, dieses terminologische Instrumentarium zur Lösung des sich stellenden Klassifikationproblems zu verwenden. Einige Autoren, wie etwa George Lokert und Johannes de Celaya führen alle nicht durch den oder die ersten Spracheinsetzer autorisierten, also auch die gewohnheitsbedingten Zeichen auf die zweite Form der impositio zurück.130 Ebenso unterscheidet Cranston zwischen eigentlicher und uneigentlicher Einsetzung, ordnet jedoch das significare ex consuetudine, je nachdem, ob es sich um eine allgemeinverbindliche 'consuetudo laudabilis' oder eine partikuläre Gewohnheit

129

Vgl. ALBERT VON SACHSEN, Perutilis logica (1522) fol. a2va: „... sic pueri in primo addiscunt significationes verborum. Junior enim audiens seniorem postulare panem a matre: et videt quod mater dat sibi, assuescit sic similiter loqui quando indiget pane." Auch PIERRE D'AILLY spricht von einer gewohnheitsmäßigen Verbindung von mentalem Lautbild und Sachbegriff; s. Kap. II, Anm. 3 1 2 .

130

G. LOKERT, zit. n. A. BROADIE, George Lokert (1983) 194: „Significare ad placitum est significare non apud omnes vel significare ex impositione formali aut virtuali. Dicitur impositio formalis voluntaria institutio facta per actum formalem voluntatis alieuius habentis auctoritatem vel per plures actus tales plurium habentium auetoritatem. Et terminus dicitur significare ex impositione virtuali quando ex sola consuetudine vel consecutive ad impositionem formalem significat." Dasselbe Distinktionsschema verwendet Johannes de Celaya; vgl. E. J . ASHWORTH, The historical origins of John Poinsot's Treatise on Signs (1988) 140f.

Die Strukturierung des Begriffsfeldes von 'significare' und 'repraesentare'

handelt, der einen oder der anderen dieser Unterarten des significare placitum zu. 131

149

ad

Auch Johannes Aznar versucht, das significare ad placitum seu ex impositione durch Unterscheidung eines vierfachen Bezeichnens aufgrund von Einsetzung (1. a primo imponente (Adam); 2. a secundo imponente (Namengebung qua Taufe); 3. a tertio imponente (communitas oder Autorität); 4. a quarto imponente (Gewohnheit oder willkürlicher Gebrauch)) 132 für die Aufnahme der gewohnheitsbedingten Zeichen offenzuhalten. Zwar wird hier das 'ad placitum' gleichsam zum Gattungsbegriff des 'ex impositione'. Die Synonymie von beidem bleibt jedoch - wenn auch nur um den Preis eines Äquivokwerdens des Begriffs der Einsetzung - insofern gewahrt, als auch hier noch jedes significare ad placitum ein significare ex impositione ist und umgekehrt. Anders verhält es sich dort, wo das significare ex consuetudine von jeglicher durch Einsetzung begründeter Bezeichnung abgehoben wird. Hier bricht die von der älteren Tradition zumeist vorausgesetzte Synonymie von 'ad placitum' und 'ex impositione' auseinander. Denn so gesehen kann nicht mehr jede Form willkürlicher Bezeichnung als ein significare ex impositione oder ex institutione beschrieben werden. Bereits im Hagenauer Petrus Hispanus-Kommentar treten neben das significare ex impositione als weitere Unterarten des significare ad placitum das significare ex voluntario usu (Bezeichnen aufgrund eines willkürlichen Gebrauchs)

131

D. CRANSTON, Termini ( 1 5 1 3 ) fol. d4, zit. n. A. BROADIE, The circle of John Mair ( 1 9 8 5 ) 3 4 : „Significare ad placitum proprie est significare ex institutione voluntaria alicuius habentis auctoritatem. Et sic illud dicitur esse significatum ad placitum proprie alicuius termini de quo verum est dicere quod illud voluit primus impositor per aliquem terminum significare. Terminus vero dicitur significare ad placitum improprie quando significat ex impositione secundaria vel consuetudine non idem apud omnes." Von dieser consuetudo ist

jene laudabilis consuetudo zu unterscheiden, die als Äquivalent der impositio authentica betrachtet wird. vgl. ebd. fol. e2, BROADIE 3 3 : „Duplex est impositio. Quaedam authentica et dicitur ilia quae fit ab aliquo homine habente auctoritatem vel ab una communitate vel ex laudabili consuetudine." Dieses Verständnis der consuetudo liegt offenbar auch bei Hector Boethius zugrunde, wenn er sie mit der institutio libera gleichsetzt und beidem ein uneigentliches Bezeichnen ad placitum gegenüberstellt. Vgl. HECTOR BOETHIUS, Explicatio quorundam vocabulorum ( 1 5 1 9 ) fol. a2rb: „Quaedam res repraesentant se aut alias natura... Alie res repraesentant ex libera institutione seu consuetudine ut signum vinum ante tabernam, characteres vel litere ea que significant. Nonnulle res repraesentant illicitive ad placitum quia non omnibus ut figura lupi imicitiam ovi, equus regis regem, liber Joannis Joannem et ita de similibus." Die bei Cranston vorliegende Doppeldeutigkeit des Begriffs der consuetudo zeigt sich bereits bei Abailard. Obwohl er (Dialéctica ( 1 9 5 6 ) 111) zwischen eingesetzten Zeichen (signa propria) und gewohnheitsbedingt bezeichnenden unterscheidet, spricht er (ebd. 99) von den „...(voces), quarum impositio naturalis non est, sed consuetudinis." 132

J . AZNAR, Termini

secundum

viam realium

( 1 5 1 3 ) 29ff; vgl. V. MUÑOZ DELGADO, Juan

nar y su tratado de los términos (1513) según la via escotista (1974) 309.

Az-

150

Das Zeichen in der Logik des 15. und frühen 16. Jahrhunderts

sowie das significare ex consuetudine.133 Während ein willkürlicher Gebrauch im Fall der Verwendung eines bereits signifikativen Zeichens in einem von der ursprünglichen Einsetzung abweichenden Sinn vorliegt, fallen unter das significare ex consuetudine jene nicht den Kriterien des signum naturale entsprechenden Zeichen, deren Signifikation kein Einsetzungsakt voraufgeht. Zwar läßt sich das, was hier als 'usus voluntarius' geführt wird, nach Maior, Coronel, Lax und Dolz noch als eine Form von nichtauthentischer oder virtueller Einsetzung bestimmen. Für das significare ex consuetudine gilt dies jedoch offensichtlich nicht im selben Maße. Insofern gehen auch sie, wie im Fall des significare naturaliter, von einer dreifachen Unterteilung des significare ad placitum aus, indem sie neben die beiden Arten der impositio als eigenständige Form willkürlicher Bezeichnung das significare ex consetudine stellen, 134 das

133

Vgl. HAGENAU, Commentum in primum et quartum tractatum Petri Hispani ( 1 4 9 5 ) fol. a7v: „vox significativa ad placitum (est), quae ad voluntatem primi instituentis id est ex impositione actu facta vel voluntario usu vel consuetudine significat aliquid scilicet vel aliqua vel aliqualiter... E x ilio patet quod non solum vox imposita ad significandum significat ad placitum sed etiam illam quae significat ex voluntario usu ut patet de ilio termino 'lupus' in illa propositione 'lupus est in fabula' qui significat hominem inimicum non ex impositione sed voluntario usu. ... Sic etiam circulus ante tabernam significat ad placitum vinum non ex impositione ñeque volunatrio usu sed ex consuetudine." Vgl. C. PSCHLACHER, Compendiarius parvorum logicalium liber ( 1 5 1 2 ) fol. ér-v: „Vox significativa ad placitum est ilia: que ad voluntatem primi instituentis, id est ex impositione vel usu voluntario aut consuetudine aliquid significat. E x illa diffinitione habetur quod principium significationis ad placitum est voluntas: quia voces non sunt eedem apud omnes: ideo non significabunt idem apud omnes: sed secundum aliam et aliam imponentium voluntatem: aliud et aliud voces ad placitum significabunt. Dicitur in diffinitione usu voluntario vel consuetudine Nam illa: lupus est in fabula: non ex impositione sed voluntario usu significat... Ita et frondes ante tabernam non ex impositione: nec usu voluntario: sed consuetudine venale significat vinum."

134

J . MAIOR, Libri quos in artibus... compilavit, liber terminorum ( 1 5 0 8 ) fol. lOvb: „Significare ad placitum est ex impositione vel consuetudine representare, ut iste terminus h o m o in significando homines. Et duplex est impositio. quedam autentica que est per impositionem unius in tota communitate auctoritatem habentis. Alia est non autentica et particularis qua utuntur disputantes et potissimum obligatores..."; G. LAX, Parve divisiones terminorum ( 1 5 0 2 ) fol. b3ra: „Tripliciter contingit significare ad placitum. Primo modo ex impositione directa ad hoc facta quemadmodum iste terminus homo significat omnes homines veros ex impositione nam directe fuit impositus ad significandum illos. Secundo modo contingit significare ad placitum ex impositione non directe ad illud facta sed indirecte et isto modo ille terminus homo significat omnes homines pictos ... propter similitudinem quam habent cum hominibus veris: et isto modo impositionis propositiones significant, non quia sint imposite ad significandum directe, sed consecutive ex impositionibus partium... Tertio modo aliquid potest significare ad placitum ex consuetudine..."; J . DOLZ, Termini ( 1 5 1 1 ) fol. 14va-15ra: „Triplex est significare ad placitum. Quoddam est significare ad placitum directe seu formaliter... aliud est significare ad placitum indirecte ... Aliud est significare ad placitum ex consuetudine, et est quando aliquis terminus significat aliquid propter aliquam consuetudinem quae habetur..."

Die Strukturierung des Begriffsfeldes von 'significare' und 'repraesentare'

nach

Oria

seinen

Grund

allein

in

der

Häufigkeit

oder

151

Wiederholung

(frequentatici) eines beobachteten Ereigniszusammenhanges hat. 1 3 5 Die Dichotomie von natürlicher und willkürlicher Bezeichnung bleibt so durch die Aufhebung der Synonymie von ad placitum und ex impositione

zwar

grundsätzlich gewahrt. Es zeigt sich jedoch, wie durch die fortschreitende Differenzierung des significare naturaliter ebenso wie durch die im vorigen Abschnitt behandelte des significare ad placitum

der den strikten Dualismus von signum

naturale und ad signum placitum begründende Hiatus zwischen beiden zu verschwinden beginnt. Denn im jeweils letzten Einteilungsglied, d.h. dem significare ex instinctu naturae sowie dem significare ex consuetudine

zeichnet sich eine

deutliche Konvergenz der beiden Zeichengattungen ab. Gewohnheit und natürliche Inklination sind traditionell unmittelbar aufeinander bezogen und können sich bis zur UnUnterscheidbarkeit einander annähern. 136 Die consuetudo

mar-

kiert die Nahtstelle von Willkürlichkeit und Naturalität, jenen Grenzbereich, an dem die Zuordnungsverhältnisses nicht mehr eindeutig feststellbar sind und in Bewegung geraten. 137 135

136

137

J . DE ORIA, Summularum volumen primum (1987) 109: „Terminus significans ex consuetudine est terminus ad placitum repraesentans ex eius frequentatione aliquid significandum, quod sine illa frequentatione non significat iliud, ut ex frequenti usu quo quis utitur aliquo equo vel alia re est signum quod est dominus eius." Vgl. THOMAS VON AQUIN, Summa theologiae I/II, 5 8 , 1 : „Mos autem duo significat; quandoque enim significat consuetudinem...; quandoque vero significat inclinationem quamdam naturalem, vel quasi naturalem, ad aliquid agendum. (...) Et huic signification! moris propinque est alia significatio, quae significat consuetudinem; nam consuetudo quodammodo vertitur in naturam, et facit inclinationem similem naturali." Das zeigt sich konkret auch daran, daß das traditioneller Weise als natürliches Zeichen geltende Bild, die imago herculis, in der Maiorschule unter Rekurs auf die consuetudo als signum ad placitum präsentiert werden kann. Motiviert dürfte dies durch Ockhams bekannte Instrumentalisierung des Herkulesbildes zur Widerlegung der Speziestheorie sein. Denn wenn, wie Ockham gezeigt hat, die imago herculis nur jenen den Herkules zu repräsentieren vermag, die bereits eine Erkenntnis von ihm besitzen, dann heißt das, daß das Bild das Kriterium des signum naturale, 'idem apud omnes' zu bezeichnen, nicht erfüllt. Johannes Maior macht jedoch deutlich, daß mit der Subsumption desselben unter das signum ad placitum dessen Charakterisierung als signum naturale nicht definitiv ausgeschlossen ist, da es Eigenschaften von beiden aufweist. Die scheinbar so definitive Grenze von natürlicher und willkürlicher Bezeichnung verliert ihre Eindeutigkeit und beginnt durchlässig zu werden. Vgl. J . MAJOR, Introductorium perniile in Aristotelis dialecticen (1527) fol. 15va-b: „... Herculis simulacrum ex consuetudine Herculem verum repraesentat, et ad placitum consuetudinaliter (15vb), naturaliter rustico qui nihil de Hercule audivit non repraesentat Herculem. Sed ymago cum recitatione hystorie Herculeae Herculem repraesentat. ... At dicis ... Herculem repraesentabit propter aptitudinem ymaginis. Contra, ilio dato illa ymago nedum Herculem, sed quodlibet animal bone magnitudinis significabit... Si quispiam tarnen contendat significantiam ymaginis Herculeae, et similes naturaliter improprie emanare, cum ilio seriose non digladiabor, cum significatio est improprie dieta, aliquas proprietates significationis naturalis, ac aliquas proprietates termini ad placitum significantis imitatur, quocirca aliquibus nonnullis ex instinctu naturae persuadebitur..."; vgl. W. MANDERSTON, Compendiosa Dialectices Epitome (1528) fol. Β 4rb: „... ymago ilia (sc. Herculis) non représentât herculem naturaliter quia non apud quemeunque apprehendentem illam ymagi-

152

Das Zeichen in der Logik des 15. und frühen 16. Jahrhunderts

An der Behandlung des Problems durch Domingo de Soto ist dies deutlich abzulesen. In der ersten Auflage seiner Summulae operiert er mit dem von Celaya und Lokert verwendeten Distinktionsschema des significare ad placitum, da er, anders als Johannes Maior, nicht bereit ist, die Synonymie von 'ad placitum' und 'ex impositione' aufzugeben. Indem er jedoch zugleich sieht, daß es Fälle von gewohnheitsbedingter Signifikation gibt, die sich nicht unter das significare ex impositione subsumieren lassen, da es sich bei ihnen nicht nur um eine gewohnheitsmäßige Erweiterung eines bereits durch formale Einsetzung signifikativen Zeichens {significare ex impositione consuetudinaria) handelt, sondern, wie im Beispiel von Hund und Herr oder bei den auf dem Tisch ausliegenden Servietten als Zeichen des bevorstehendes Mahles, um ein significare ex mera consuetudine, ist er gezwungen, letzteres aus dem Bereich des willkürlich eingesetzten Zeichens herauszunehmen und, den strikten Dualismus von signum naturale und ad placitum preisgebend, als eine eigenständige dritte Art zwischen beidem anzusetzen.138 Diesen Lösungsansatz wird er in den späteren Auflagen seiner Summulae selbst verwerfen. Allerdings nicht so, daß er das aus der Klasse der willkürlichen Signifikation ausgegliederte significare ex mera consuetudine wieder an seinen Ursprungsort zurückversetzt, sondern vielmehr so, daß er es ganz auf die Seite der natürlichen Signifikation treten läßt. Es ist nämlich, wie er bezüglich des geläufigen Standardbeispiels derartiger Zeichen konstatiert, ganz natürlichen, daß man angesichts der ausgelegten Servietten aus Gewohnheit an das Essen denke. Insofern erfordert die in einer Gewohnheit begründete Semiose nicht die Einführung einer eigenen Zeichenklasse, da das signum ex consuetudine auf das signum naturale reduziert werden kann.139 Eine solche Zuordnung impliziert jedoch einen grundlegenden Perspektivwechsel in der Betrachtung des Zeichens. Das Kriterium der Klassifikation des signum ex consuetudine wird nicht mehr von der Zeichenproduktion her gewonnen - denn eine solche ist hier überhaupt nicht gegeben -, sondern von Seiten der Zeichenrezeption. Die Natürlichkeit des signum naturale beruht in die-

138 139

nern facit venire in notitiam herculis. ... Quemlibet ymago significat omne id cuius est ymago ad placitum improprie ex similitudine et non naturaliter. ... Et quando dicis talis ymago non fuit imposita ad significandum herculem distinguo vel impositione formali et primaria et sic concedo, vel impositione (B 4va) equivalenti et secundaria et sic nego. Unde ex consuetudine ... talis ymago significat herculem, et illa consuetudo hominum equivalet imposition!." Vgl. E. J. ASHWORTH, The historical origins of John Poinsot's Treatise on Signs (1988) 141f. D. DE SOTO, OP, Summulae (1554) 3rb: „Significare ex consuetudine, est significare ex usu quodam praeter impositionem. Ut canis saepe visus praecedere dominum suum significat ipsum, et mappae super mensam, significant futurum prandium. Aliqui vocant istas impositiones consuetudinarias: sed certe inepte, et improprie. Nam nunquam mappae institutae sunt ad significandum prandium: nec canis ad significandum dominum: sed naturale est ut visis mappis recordemur prandij propter consuetudinem: et non propter aliquam impositionem. Et ideo non adiecimus in textu hoc tertium membrum significare ex consuetudine: quia sano modo potest comprehendi sub hoc quod est significare naturaliter."

Terminus mentalis, vocalis, scriptus

153

sem Fall nicht auf einem natürlichen Verhältnis von Zeichen und Signifikat, sondern auf der Naturalität der internen Erkenntnisbewegung auf Seiten des Zeichenrezipienten, darauf also, daß die Erfassung des Zeichens unmittelbar die des Bezeichneten stimuliert. Dasjenige, was es Soto ermöglichte, diese Neuzuordnung des significare ex consuetudine vorzunehmen, waren damit Änderungen am Konzept der natürlichen Signifikation, wie sie sich im Rahmen der Diskussion des significare ex instinctu naturae ergeben hatten. C. Terminus mentalis, vocalis, scriptus Die Termini, die tragenden Elemente des logischen Aussagesatzes, sind einer der Hauptgegenstände der spätscholastischen Logik und werden als eine Art logisch-semantische Propädeutik am Anfang der logischen Lehrbücher, vielfach aber auch in eigenen Termini-Traktaten behandelt. Traditionell werden sie gemäß dem aristotelisch-beothianischen Lehrstück der triplex oratio hinsichtlich des jeweiligen Zeichenmediums, in dem sie realisiert sind, in geistige, gesprochene und geschriebene Termini unterschieden. Ebenso wie der Zeichenbegriff erfährt auch der Begriff des Terminus in der Logik des ausgehenden Mittelalters eine starke Ausweitung gegenüber der älteren Verwendung. Konnte Albert von Sachsen mit seiner Feststellung: „logica solum [... est] de signis qui sunt termini" (Die Logik handelt nur von Zeichen, die Termini sind)140 den Bereich der die Logik betreffenden Zeichen noch im Sinne Ockhams eingrenzen, so verliert ein solcher Satz durch die Entgrenzung des Terminus-Begriffes seine limitierende Funktion. Durch die enge Bindung der Definition des Terminus an die des Zeichens und des Bezeichnens oder Repräsentierens partizipiert der Begriff des Terminus an der Generalisierung des Zeichenbegriffs, denn in seinem allgemeinsten Verständnis ist er mit diesem identisch: Terminus est signum quod ex impositione quam actu habet vel ex natura sua potentiae cognitivae earn vitaliter immutando aliquid vel aliqua vel aliqualiter natum est significare. - (Ein Terminus ist ein Zeichen, das aufgrund einer Einsetzung, die ihm aktuell zukommt, oder aus seiner eigenen Natur in der Lage ist, einem Erkenntnisvermögen, es vital verändernd, etwas oder mehreres oder auf irgendeine Weise zu bezeichnen). 141

Insofern kann der Terminus in seinem weitesten Verständnis extensional sogar dem 'significare naturaliter communiter' entsprechen, was besagt, daß „quelibet res mundi est terminus".142 Die terministische Logik der Spätscholastik operiert also weiterhin mit der klassischen Trichotomie der Termini in geistige,

140 141

142

Vgl. ALBERT VON SACHSEN, Quaestiones inartem veterem ( 1 9 8 8 ) , 1 4 2 . Vgl. PIERRE D'AILLY, Conceptas, in: Conceptas et insolubilia (s.a.) fol. a8vb; vgl. W . HÜBENER, Der theologisch-philosophische Konservativismus des ]ean Gerson ( 1 9 7 4 ) 1 9 1 . J. DOLZ, Termini (ca. 1511) fol. 6vb.

154

Das Zeichen in der Logik des 15. und frühen 16. Jahrhunderts

sprachliche und geschriebene. 143 In auffälliger Deutlichkeit wird dabei mitunter jedoch die prinzipielle Beliebigkeit der Verwendung äußerer Zeichen betont. Die Arbitrareität der Zeichen, die Tatsache also, daß weder die Schrift noch das gesprochene Wort wesensmäßig die ihnen zugeordneten Signifikate bezeichnen, wird auch auf die Schrift und die sprachlichen Laute als Zeichenmedium bezogen. Keineswegs ist die Sprache „phonozentristisch" durch das Privileg einer größeren Nähe zur „Innerlichkeit der Seele" ausgezeichnet. Jede beliebige Sache der Welt kann ad placitum bezeichnen und in derselben Weise wie sprachliche Ausdrücke zur Bezeichnung der Wörter oder anderer Dinge eingesetzt werden. Die assoziative Verknüpfung, die uns aus der Wahrnehmung eines Gegenstandes zur Erkenntnis oder Erinnerung einer anderen führt, ist beliebig herstellbar, wie sich etwa an den Praktiken der Gedächtniskunst zeigt, durch die äußere Dinge, wie ein Stück Holz oder ein Stein, zur Bezeichnung eines Wortes oder einer Proposition eingesetzt werden. 144 Paul von Venedig geht sogar noch weiter. Denn er bezieht die Beliebigkeit der Zeichen nicht nur auf ihre Funktion für die rememorativen Bezeichnung oder die Kommunikation, sondern auch auf ihre Bedeutung für logische Operationen, wenn er behauptet, es sei grundsätzlich möglich, mit Stäben Syllogismen zu bilden und mit Steinen Schlußfolgerungen anzustellen. 145 Wenn wir das nicht tun und ebensowenig mit Hilfe beliebiger Dingqualitäten wie der Wärme oder Gerüchen kommunizieren 146 sondern uns eben der Sprache und Schrift bedienen, so liegt

Vgl. dazu E. J . ASHWORTH, Language and Logic in the postmedieval period (1974) 42ff; G. NUCHELMANS, Late-Scholastic and Humanist Theories of the Proposition (1980) 16ff. 144 Vgl. J . RAULIN, Quaestiones super duos libros Perihermeneias (1500) fol. d4ra: „... nulla ... vox aut scriptura essentialiter et de se significat illud ad quod significandum fuit imposita. ... quelibet res mundi potest ad placitum significare... ergo sicut est in potestate nostra imponere voces ad significandum res ad extra, ita possumus res ad extra imponere ad significandum voces aut alias res. ita quod sicut voces et scripture apprehense a nobis reducunt nobis ad memoriam res quas ad placitum significant, puta aliquando res ad extra apprehense faciunt nos venire ad cognitionem aliarum rerum et reducunt illas ad memoriam. ... unde studentes in arte memorie imponunt res ipsas ad extra, puta lignum aut lapidem ad significandum unam propositionem aut unum vocabulum. Et si queratur ... quare potius sunt imposite voces aut scripture ad significandum quam alias res ad extra. Respondetur. quia facere voces aut scripturas est magis in potestate nostra quam facere alias res ad extra." 143

145

PAULUS VENETOS, Logica magna I, (1979) 7 8 : „... cum quaeritur quare magis imposimus voces et scripta ad significandum res quam alias qualitates, respondeo quod hoc non est magis naturale ipsis vocibus vel scriptis quam alias qualitatibus, quia similes conceptus posset elicere sibi anima per alias qualitates sicut per scripta vel voces... Et si ex hoc conciuditur quod possemus cum baculis syllogizare et cum lapidibus concludere ... conceditur conclusio. Sed quia tales res non sunt ita faciliter per nos operabiles non utimur illis in arguendo sicut scriptis vel vocibus, quae voluntatibus nostris facilius subiungatur."

146

Vgl. ALBERT VON SACHSEN, Perutilis logica (1522) fol. 2vb: „... dubitatur, quare voces et scripta magis imponimus ad significandum res quam alias qualitates sicut caliditas, fri gì tas etc. Respondetur: quod hoc non est magis naturale vocibus et scripturis quam aliis qualitatibus: sed hoc est immo quia factio vocis et scripti magis est in nostra potestate quam factio aliarum qualitatum: et immo quia sunt magis nobis promptiora ad exprimendum mentes et

Terminus mentalis, vocalis, scriptus

155

das allein an deren größerer Operabilität 147 . Es ist lediglich der Umstand, daß wir die sprachlichen Lautqualitäten jederzeit bilden können, wenn wir es wollen, nicht aber die Gegenstände der übrigen Sinne, wie etwa die Farben oder Gerüche, dem sich die größere Angemessenheit der Verwendung von Vokalsprache verdankt.148 Die Mentaltermini bilden, wie schon bei Ockham, das Zentrum der logischen Semantik. Bezeichnung läßt sich, weil ganz in Termini kognitiver Prozesse bestimmt, nur in bezug auf ein Erkenntnisvermögen denken. Die mens ist der eigentliche Ort jeder Bezeichnung. Die Erkenntnis (notifia) selbst ist die Signifikation im eigentlichsten Sinn; 149 so wie auch das Mentalzeichen, der geistige Begriff, erstes und eigentlichstes, die anderen erst ermöglichendes Zeichen ist („signum mentale est primum et principalissimum signum, sine quo voces et scripta significare non possunt"). 150 Die sprachlichen Ausdrücke - oder generell alle äußeren Zeichen 151 - können nur vermittels der allein von den Konzepten geleisteten immediaten Signifikation etwas bezeichnen: „tota significatio dependet a (termino) mentali." 152 So gesehen bezeichnet jegliches Zeichen mediante conceptu (vermittels eines Begriffs). Denn wenn es geradezu das Proprium des conceptos ist, daß er mediante se et non mediante alio bezeichnet, dann wird die mediantibus conceptibus erfolgende Signifikation zum Bestimmungsmerkmal aller übrigen Zeichen.

conceptum: quia ea facere magis spectat ad potestatem nostram. igitur talia imposita sunt ad significandum: et non alie qualitates." 1 4 7 PAULUS VENETUS, s. Anm. 145; vgl. MENGHUS BLANCHELLUS, Commentant cum quaest. super logicam Pauli Veneti (1492) fol. f3va: „Si autem queris quare magis imponimus voces quam alias qualitates ad significandum. Respondetur quod taies non sunt ita faciliter per nos opinabiles [sic: operabiles]: sicut voces que nostris voluntatibus subjiciuntur." Vgl. DAVID CRANSTON, Tractatus terminorum (Paris ca. 1513) fol. e2; vgl. A. BROADIE, The circle of John Mair (1985) 37. 1 4 8 ANTWERPEN, Loycalia ... cum ...commento (1486) fol. B l v : „Licet quinqué sunt obiecta sensuum exteriorum, tarnen inter omnia sonus vox magis conveniens est ad significandum conceptus ... quam obiecta aliorum sensuum. Et ratio est, quia voces sunt in potestate nostra et formamus eas dum volumus, non autem hoc possumus de obiectis aliorum sensuum, puta de coloribus, saporibus et cetera; ergo est magis conveniens ad significandum conceptus anime quam cetera sensitiva." 149 Vgl. J. RAULIN, In logicam Aristotelis commentarium (1500) fol. g5vb) „... significatio nichil aliud est quam noticia intellectus quae principaliter est causata ab intellectu et instrumentaliter a voce significativa ita licet significatio sit actus vocis tamquam cause Instrumentalis est tarnen actus interior anime tanquam cause principalis." 1 5 0 F. DIEL, Modemorum summulae logicales (1489) fol. a5v. 1 5 1 J. RAULIN, In logicam Aristotelis commentarium (1500) fol. g4vb: „... nullum signum exterium significat suum significatum nisi mediante conceptu qui est naturalis similitudo sui significati, patet quia non potest significare suum significatum intellectui nisi tale significatum ab intellectu cognoscatur. Sed illud non potest ab intellectu cognosci nisi mediante conceptu qui est naturalis similitudo eius ..." 1 5 2 PETRUS A SPINOSA, Tractatus terminorum, vgl. V. MUÑOZ DELGADO, Pedro de Espinosa y la logica en Salamanca hasta 1550: Anuario filosofico 16 (1983) 152f.

156

Das Zeichen in der Logik des 15. und frühen 16. Jahrhunderts

Hierdurch erhält die Formel von der Bezeichnung mediante mediantibus

conceptibus

eine von ihrem ursprünglichen,

conceptu

bzw.

porphyrianischen,

boethianischen oder thomistischen Verständnis grundsätzlich abweichende Bedeutung. Denn sie meint hier gerade nicht, daß die Konzepte, gemäß der sich bei Boethius oder T h o m a s von Aquin mit dieser Formel verbindenden Auffassung, den unmittelbar bezeichneten Durchgangspunkt der mittelbar auf die Sachen ausgerichteten Signifikation bilden. Sie sind vielmehr der Ursprungsort jeder Signifikation: „originalis significatio est in conceptibus". 1 5 3 Die Formel des mediante

conceptu,

zunächst von den Vertretern einer nach dem Modell des

semiotischen Dreiecks konzipierten Signifikation sprachlicher Ausdrücke verwendet, wird somit unter Verkehrung ihrer ursprünglichen Intention von den skotistischen oder ockhamistischen Befürwortern einer unmittelbaren Sachbezeichnung übernommen und mit der Subordinationstheorie verbunden. 1 5 4 Die jede Signifikation fundierende Bezeichnungsbeziehung der Mentaltermini oder Konzepte zu den Dingen wird als die nicht mehr weiter ableitbaren „immediata ratio totius significationis" zumeist als eine Ähnlichkeitsbeziehung beschrieben. 1 5 5

Diese steht jedoch nicht in einem Konkurrenzverhältnis zur

F. DIEL, Modemorum summulae logicales (1489) fol. d5v: „... vox et scriptum significant ad placitum ex subordinatione: quia subordinantur conceptui ad significandum idem cum conceptu et eodem modo absoluto vel connotativo, non autem significant sine alio medio: sed dumtaxat mediante huiusmodi conceptu, cuiusmodi conceptui subordinabantur in sua impositione. Et sic originalis significatio est in conceptibus." 154 Vgl. G. BIEL, Collectorium circa quattuor libros Sententiarum, 1. d. 22 (1973) 496: „... non omnis vox significat conceptum mentis, licet omnis vox significet mediante conceptu mentis, accipiendo conceptum pro actu cognoscendi. Patet. Nam 'homo' significat realem et singularem hominem, pro quo etiam supponit, et non conceptum; quia pro conceptu non supponit, licet non significet hominem nisi mediante conceptu mentis."; PETRUS TARTARETUS, Expositio ... in summulas Petri Hispatti (1514) fol. 37D: „vox significativa ad placitum significat rem ad extra, non conceptum: ut iste terminus Ioannes significat illam rem quae est Ioannes, mediante tamen conceptum illius rei et non significat illum conceptum: quia non videtur quod terminus fuerit impositus ad significandum illum conceptum."; G. LAX, Parve divisiones terminorum (1502) fol. b6rb: „... quilibet terminus vocalis et scriptus significane habet terminum mentalem correspondentem sinonimum mediante quo significat et nullus vocalis vel scriptus potest significare, nisi mediante mentali."; A. CORONEL, Termini (1506) fol. B3ra-b, s. Anm. 185; vgl. J. RAULIN, In logicam Aristotelis commentarium (1500) fol. g4va-b. 153

155

P. SANCHEZ CIRUELO, Paradoxae quaestiones (1538) fol. 3r; zit. η. V. MUÑOZ DELGADO, La lógica como "scientia sermocinalis" en la obra de Pedro Sánchez Ciruelo (1470-1554): Estudios 22 (1966) 35: „Dictum est enim quod voces et scripture non significant ex sua natura sed ex voluntaria impositione auctorum atque ex voluntaria subordinatione earum ad dictiones mentales, et denique mentales dictiones non ex volúntate humanam sed ex sua natura significant, quia sunt naturales similitudines rerum ab obiectis et a potentia causate. Et huius rei nulla est querenda ratio, sed in eis stat ultima resolutio et immediata ratio totius significationis totiusque veritatis aut falsitatis..."

157

Terminus mentalis, vocalis, scriptus

K a u s a l b e z i e h u n g , s o n d e r n leitet s i c h , w i e b e s o n d e r s v o n Seiten d e r T h o m i s t e n betont wird, aus einer solchen ab.1S6 D i e M e n t a l t e r m i n i o d e r K o n z e p t e g e l t e n in d e r R e g e l als similitudines

rer-

u m . 1 5 7 D e n n d i e a l l g e m e i n a n e r k a n n t e T h e s e v o n d e r G l e i c h h e i t d e r B e g r i f f e im G e i s t e aller M e n s c h e n läßt sich, will m a n n i c h t a u f d a s T h e o r e m d e s A n g e b o renseins d e r „ I d e e n " 1 5 8

z u r ü c k g r e i f e n , n u r u n t e r R e k u r s a u f e i n e s o l c h e strikt

e i n d e u t i g e B e z i e h u n g zu d e n überall i d e n t i s c h e n D i n g e n ( b z w . D i n g n a t u r e n ) beg r ü n d e n . 1 5 9 V e r s c h i e d e n t l i c h w e r d e n d i e K o n z e p t e a u c h als effigies,

simulachra

o d e r imagines

gemacht,

der Dinge bezeichnet.160

Dabei wird jedoch deutlich

156 Vgl. J . VERSOR, Quaestiones super totam veteris artem Aristotelis (1494) fol. 60ra): „... passiones id est conceptus ... sunt naturales et expressae similitudines rerum causatae ab ipsis rebus in intellectu nostro possibili."; JOHANNES DE LAPIDE, Libri artis logice Porphyrii et Aristotelis (Inc. s.a.) fol. I 2va: „... Vocantur (sc. passiones) etiam similitudines rerum: et hoc per comparationem ad res a quibus naturaliter causantur."; LAMBERTOS DE MONTE, Copulata supra veterem artem Arist. sec. viam thomistarum (1488) fol. 136ra: „... quod passiones animae naturaliter significant, patet quia effectus naturale rei est naturale similitudo suae causae, sed passiones in animae natura causantur per aliquam similitudinem impressam ab ipsis rebus modo naturae, ergo sunt ipsarum rerum naturales similitudines, et per consequens naturaliter significant." 1 5 7 Vgl. z . B . PAULUS VENETUS, Logica magna I (1979) 4 6 ) : „... terminus mentalis significai rem ex convenientia et similitudine accidentali ad talem rem." Vgl. ebd. 66ff; vgl. W. MANDERSTON, Compendiosa Dialectices Epitome (1528) fol. Β 6ra-b: „Terminus mentalis est qualitas nata inherere potentie cognitive: et illi aliquid, vel aliqua, vel aliqualiter, immediate et formaliter representare. Et omnis talis vel est conceptus et tunc dicitur naturalis similitudo alicuius rei vel aliquarum rerum, vel est actus sincathegorematicus..." 1 5 8 Natürlich ist um 1 5 0 0 der Ideebegriff, den erstmals auf die menschlichen Begriffe angewendet zu haben Descartes im Ruf steht, noch nicht in diesem Sinne gebräuchlich. Das heißt aber nicht, daß er nicht in diesem Sinne gebraucht werden konnte. Johann Eck z. B. kennt ihn bereits in dieser Verwendung. Vgl. J. ECK, Aristotelis Stagyrite Dialéctica (1516) fol. 71va: „... analogia sumere potes in speculo in quo relucent rerum imagines: ita in speculo intellectus similitudines ac notiones rerum contineantur: hinc appellantur species, ideae, simulachra etc." 159 Vgl. PETRUS TARTARETUS, Expositio super textu logices Aristotelis (1495) fol. 307ra: „Est autem convenientia inter passiones anime et res ad extra: quia sicut res ad extra sunt eedem apud omnes ita passiones anime seu conceptus qui sunt naturales similitudines rerum sunt eedem apud omnes."; J . TLNCTORIS, Dieta super Summulas Petri byspani (1486) fol. Q5rb: „... conceptus sive passiones anime sunt idem apud omnes. Eadem enim est similitudo naturalis repraesentans lapidem in mente greci et latini."; MENGHUS BLANCHELLUS, Commentum cum quaest. super logicam Pauli Veneti (1476) fol. a2vb: „... causa quare terminus vocalis vel scriptus non significat idem apud omnes est quia non significat rem ex aliqua convenientia et similitudine quam habet cum rem quemadmodum terminus mentalis significat ex similitudine et convenientia cum re sed solum ex impositione primi impositoris..." 1 6 0 J . MAIOR, Libri quos in artibus ... compilavit, liber terminorum (1508) fol. 4rb: „Terminus mentalis est conceptus animae vel passio naturaliter significans et vocatur nonnumquam actus intelligendi, noticia rei apprehensiva, Vitalis immutatio, effigies, simulachrum, cognitio."; vgl. P. MARGALLUS, Logices utriusque scholia (1965) 92ff: „terminus mentalis est res naturaliter proprie significans. Unde talia vocabula species, imago, notitia, cognitio, simulachrum, naturalis similitudo, pro eodem accipiuntur, scilicet pro cognitione et qualitate in anima existente vel potentia cognoscente quae, ut solet dici, efficitur a re cognita et cogno-

158

D a s Zeichen in der Logik des 15. und frühen 16. Jahrhunderts

daß es sich keinesfalls um eine gewöhnliche und wechselseitige Beziehung im Sinne einer 'similitude» linealis'

(figürlichen Ähnlichkeit) handelt, so daß auch

umgekehrt die bezeichneten Dinge den sie bezeichnenden oder repräsentierenden Konzepten ähnlich wären, sondern vielmehr um die besondere F o r m einer einseitigen 'similitudo intentionalis',

die eben „nihil aliud est quam representare

illam rem naturaliter proprie" (in nichts anderem besteht, als jene Sache auf natürliche Weise im eigentlichen Sinne zu repräsentieren). 1 6 1 Nicht also wird die Repräsentation aus der Ähnlichkeit abgeleitet, sondern umgekehrt die Ähnlichkeit aus der natürlichen Repräsentation. 1 6 2 Das mag keine befriedigende Antwort auf die Frage nach dem Verhältnis der Konzepte zu den Dingen sein. Zumindest aber wird damit deutlich, daß dieses nicht als ikonisches Abbildverhältnis im naiven Sinn gedacht werden darf. Entsprechend der augustinischen Unterscheidung der beiden Formen innerer Rede, wie sie u.a. von Gregor von Rimini und Pierre d'Ailly aufgegriffen und ausgearbeitet wurde, wird in der Logik um 1 5 0 0 der Mentalterminus in einen

terminus mentalis bzw. conceptus ultimatus und einen terminus mentalis non ultimatus differenziert. Während jener der, wie er noch bei Ailly heißt, eigentli-

scente. Solet etiam vocari Vitalis immutatio, quia alterat et immutat animarti et potentiam cognoscentem, quae dicitur vita."; J . MARTINEZ SILICEO, Dyalectica ( 1 5 1 7 ) fol. 5r, zit. n. L. HICKMAN, Modern Theories of Higher Level predicates ( 1 9 8 0 ) 1 0 1 : „Terminus mentalis est terminus qui est rei vel rerum imago anime inherens; aut passio modo alio se habens."; ANTWERPEN, Loycalia ... cum ...commento ( 1 4 8 6 ) fol. B 2 r : „... conceptus est species, ymago vel similitudo existens in anima." 161

W . MANDERSTON, Compendiosa Dialectices Epitome ( 1 5 2 8 ) fol. Β 7ra: „... tota causa quare haec notitia est representativa sortis naturaliter proprie est, quia est eius naturalis similitudo intentionalis, non autem linealis. Et quando infertur si a. est simile b. b. est simile a. distinguam consequentiam, si loquaris de similitudine intentionali nego, si vero loquaris de similitudine linealis seu protractativa concedo consequentiam, unde esse naturalis similitudo intentionalis alicuius rei nil aliud est quam representare illam rem naturaliter proprie." Vgl. D. DE SOTO, Summulae ( 1 5 2 9 ) fol. 8rb: „Similitudo... obiectiva nec consistit in aliqua essentiali proprietate nec in lineatione aut alio reali accidente nec in hoc solum quod ab obiecto fuerit producta, sed certe conceptus ex eo solet vocari naturalis similitudo obiectiva quia est naturalis forma per se repraesentans obiecti: quod habet ex natura rei, quia videlicet ab intellectu speciebus eius informato producitur. Quare nec sequitur obiectum esse naturalem similitudinem obiectivam conceptus, nec species naturales similitudines obiectivam eiusdem obiecti." In ähnlicher Weise hatte bereits der im Maior-Zirkel bekannte ANDREAS DE NOVOCASTRO - sein Kommentar zum ersten Sentenzenbuch wurde 1 5 1 4 auf Veranlassung von M a i o r in Paris gedruckt - den besonderen Charakter der für die kognitive Repräsentation anzusetzenden Ähnlichkeit hervorgehoben. Vgl. 1 Sent d 1 q 1 ( 1 5 1 4 ) fol. 17va (zit. n. W . HÜBENER, Studien zur Theorie der kognitiven Repräsentation in der mittelalterlichen Philosophie ( 1 9 6 8 ) 6 0 9 ) : „... cum dicitur quod rerum summe dissimilium non potest esse eadem similitudo et imago naturalis, verum est de similitudine secundum configurationem et convenientiam seu propinquitatem qualitatum, non autem de similitudine et imagine quae est per obiectivam repraesentationem et exhibitionem..."

162

D. DE SOTO, Summulae ( 1 5 5 4 ) fol. 5va: „... dicitur notitia similitudo obiecti, non quod habet similia lineamenta, sicut imago pietà est simili regis: sed dicitur intentionaliter similis, propterea quod suapte natura repraesentat obiectum."

Terminus mentalis, vocalis, scriptus

c h e M e n t a l t e r m i n u s ( t e r m i n u s mentalis o d e r similitudo

naturalis

proprie

dictus)

159

ist,163

d.h. die

notitia

rei, a l s o d e r B e g r i f f d e r S a c h e , h a n d e l t es s i c h bei letz-

t e r e m u m d e n B e g r i f f o d e r d i e m e n t a l e Ä h n l i c h k e i t des s p r a c h l i c h e n

Zeichens

o d e r d e s s e n s c h r i f t l i c h e n Ä q u i v a l e n t s . 1 6 4 D i e D i s t i n k t i o n ist, b e r e i t s d i e v e r w e n d e t e B e g r i f f l i c h k e i t m a c h t d i e s d e u t l i c h , w i e s c h o n bei Ailly i m R e k u r s a u f d i e Analyse der Rezeption sprachlicher Äußerungen entwickelt. Im A k t des H ö r e n s o d e r L e s e n s w i r d - o h n e d a ß sich das als t a t s ä c h l i c h e t e m p o r a l e A b f o l g e d a r s t e l l t - z u n ä c h s t ein m e n t a l e s Bild d e s L a u t e s b z w . d e r S c h r i f t e r z e u g t , d a s d a n n z u r E x z i t a t i o n d e s m i t i h m habituell v e r b u n d e n e n S a c h b e g r i f f s f ü h r t . 1 6 5 (s. A b b . 3 )

Diese Unterscheidung wird auch später noch verschiedentlich verwendet Vgl. J . BoiX, Tractatus conceptuum et signorum (1493) 21; vgl. V. M U Ñ O Z DELGADO, Juan Aznar y su tratado de los términos (1513) según la via escotista (1974) 3 0 9 ; vgl. J . RAULIN, Commentarium in logicam Aristotelis (1500) fol. a5va-b: „... terminorum mentalium quidam sunt mentales proprie dicti sive ultimati. Alij sunt improprie dicti sive non ultimati. Proprie dicti sunt qui naturaliter aliquid vel aliqua vel aliqualiter significant. Improprie dicti sunt qui licet sint in anima, sunt tamen vocum ad placitum institutarum similitudines naturales et ab eis in anima derivan tur." 164 Vgl. TARTARETUS, PETRUS, Expositio in summulas Petri Hispani (1514) fol. 37rb: „... vox significativa habet duplicem conceptum: unum mediante quo significat rem ad extra: et talis conceptus non est nisi noticia rei significatae per talem vocem. Habet alium conceptum qui est noticia illiusmet vocis ... Primus dicitur conceptus ultimatus, alius dicitur non ultimatum"; J . MAJOR, Libri quos in artibus ... compilavit, liber terminorum (1508) 9vbff; DERS., Introductorium perniile in Aristotelis dialecticen (1527) fol. 18rbff; J . DOLZ, Termini (1511) fol. 18vb; J . AZNAR, Termini secundum viam realium (1513) 28f; vgl. V . M U Ñ O Z DELGADO, Juan Aznar y su tratado de los términos (1513) según la via escotista (1974) 3 0 8 f : „Terminus mentalis est quod mente concipitur, id est, mentis vel animi conceptus. (...309) Terminus mentalis ultimatus describitur sic: est quod naturaliter significat rem quam vocalis vel scriptus ad placitum significant... Est naturalis similitudo rei seipso seu immediate repraesentans rem, id est, non mediante voce nec scriptura... Conceptus non ultimatus est conceptus de voce vel scriptura ..."; BERNARDUS BORGENSIS, Introductorium in summulas Petri Hispani (1514) fol. b l r a : „Conceptus ultimatus est cognitio distincta significati ultimati alicuius termini. Conceptus non ultimatus est cognitio distincta significati non ultimati alicuius termini, ut cognitio per quam cognosco istum terminum 'sortes' est conceptus non ultimatus huius termini 'sortes'. Nota quod duplex est significatum alicuius termini, quoddam ultimatum, et est illud ad quod talis terminus est impositus principaliter ad significandum, ut omnes lapides sunt significatum ultimatum huius termini 'lapis'. Alius est non ultimatus et est illud ad quod talis terminus minus principaliter est impositus ad significandum ut omnes tales termini 'lapis' sunt significatum non ultimatum huius termini 'lapis'." 1 6 5 Vgl. J . MAIOR, Libri quos in artibus ... compilavit, liber terminorum (1508) fol. lOra: „Conceptus vocatur ultimatus quia regulariter est posterior conceptus quem de termino habemus. Terminus enim duos causat conceptus ut capto isto termino rex generat efficienter in audiente primo conceptum huius vocis rex postea conceptum rei significatae. Et licet uterque instantanée producatur conceptus tamen non ultimatus est prior saltern natura et presuppositus tempore vel natura conceptu ultimato dummodo conceptus ultimatus causetur a termino, sed non econverso cum terminus conceptum non ultimatum naturaliter repraesentat ultimatum vero ad placitum. Etiam dicitur conceptus ultimatus quia ibi intellectus ultimo quiescit et non ultimatus opposito modo dicitur, ut prolata hac voce anthropos coram Latino apprehensa voce animus auditoris non quiescit sed in conceptum rei significatae cum discursu significationis progreditur." Genau genommen werden, wie Maior 163

Das Zeichen in der Logik des 15. und frühen 16. Jahrhunderts

160

von

jfttfcUectue

Γ

fcnpttira non riamante νΐώηαηιβ fConccptite Abb. 3 : J . ECK,

Iti Summulas P. Hispani... explanatio ( 1 5 1 6 ) fol. 76V

Der Sache nach entspricht diese Begriffsdistinktion der traditionellen Unterscheidung von conceptus vocis und conceptus rei. Aber während in der älteren Verwendung dieser Begrifflichkeit die internalisierten Sprachzeichen nur in ihrer Funktion für die Produktion166 oder Rezeption167 des gesprochenen Wortes, allenfalls als mögliches Signifikat desselben, Berücksichtigung fanden,168 wird die Ebene des conceptus non ultimatus bei Ailly und den späteren Autoren als ein eigener Bereich von Mentalzeichen betrachtet, deren spezifische Signifikationsbezüge es im Rahmen des immer komplexer werdenden Gefüges sprachlicher Verweisung zu berücksichtigen gilt. Ockham hatte dem Begriff des significare durch seine Bindung an die personale Supposition feste Grenzen gesetzt. Diese Grenzen der Signifikation werden an anderer Stelle ausführt, nicht nur zwei, sondern drei Begriffe hervorgerufen. So verursacht der gehörte oder geschriebene Terminus 'Mensch' neben dem Sachbegriff nicht nur den mentalen Begriff des - in peircescher Terminologie - token 'Mensch', sondern auch den des type 'Mensch'. S. Anm. 101. 166 V g l . PS.-ROBERTKILWARDBY, S. K a p . II, A n m . 1 2 6 . 167

Vgl. SCOTUS, Reportata Parisiensia II, d. 42. q. 4, Opera (1891-95) 23.225a: „... vox significativa solum est signum rememorativum ad placitum. Unde vox tantum immutat sensum auditus nec habet causare in sensu vel in phantasia vel in intellectu nisi conceptum vocis ex

168

AEGIDIUS ROMANUS,

Expositio supra libros elenckorum Aristotelis, 1.1, c . 2 ( 1 4 9 6 ) fol. l i r a :

„... v o x p r o l a t a d u p l i c i t e r significat. U n o m o d o r e p r a e s e n t a t c o n c e p t i o n e m sui ipsius. a l i o m o d o r e p r a e s e n t a t c o n c e p t i o n e s et r a t i o n e s r e r u m , p r i m o m o d o v o x r e p r a e s e n t a r e potest, q u o d est in i m a g i n a t i o n e , ut v o x p r o l a t a e x t r a signum est v o c i s i m a g i n a t a e . ... s e c u n d o v e r o m o d o p r o u t per n o m i n a s i g n i f i c a n t u r r a t i o n e s r e r u m , v o c e s sic sunt signa i n t e l l e c t u u m . " ; ALBERT VON SACHSEN,

Quaestiones in artem veterem, n. 7 2 6 ( 1 9 8 8 ) 4 8 2 : „... q u o d t e r m i -

n u m esse s i g n i f i c a t i v u m c o n c e p t u s intelligitur d u p l i c i t e r : u n o m o d o illius c o n c e p t u s qui est sua n a t u r a l i s s i m i l i t u d o . A l i o m o d o , illius c o n c e p t u s cui ille t e r m i n u s s u b o r d i n a t u r in significando."

161

Terminus mentalis, vocalis, scriptus

jedoch bald schon aufgegeben. Gerade durch die Einführung zusätzlicher Unterscheidungen kommt es zu einer immer stärkeren Ausweitung im Verständnis derselben. Bereits Albert von Sachsen operiert mit der Unterscheidung von vorrangigem (principaliter) und sekundärem Bezeichnen ex consequenti und läßt die voces nicht allein auf die erste Weise die res sondern in deutlicher Abweichung von Ockham auf die zweite Weise die ihnen entsprechenden Konzepte so wie jede andere Ähnlichkeit der Sache bezeichnen.169 Neben das significare naturaliter proprie - und nur um dieses ging es Ockham im Rahmen der Logik - tritt das significare naturaliter communiter und das signficare ex instinctu naturae. Ebenso wird das significare ad placitum unterteilt in ein significare proprie, bei dem das eingesetzte Zeichen dasjenige bezeichnet, für das es eingesetzt wurde - und nur um dieses ging es Ockham im Rahmen der Logik -, und ein significare improprie, für das dies, ohne dadurch schon den Kriterien natürlicher Bezeichnung zu entsprechen, nicht gilt. Wo aber solche Unterscheidungen nicht mit der Intention getroffen werden, die jeweils nicht durch Eigentlichkeit ausgezeichneten Weisen des Bezeichnens aus dem Gegenstandsbereich der Logik auszuschließen, sondern vielmehr das so gewonnene terminologische Instrumentarium zu weitergehenden semantischen Analysen genutzt wird, muß das Resultat, wenn zudem noch die an der Signifikation beteiligten Elemente vervielfältig werden, zwangsläufig eine mitunter kaum mehr begrenzbare Multiplikation der Signifikationsbeziehungen sein. 170

169

V g l . ALBERT VON SACHSEN,

Quaestiones in artem veterem

( 1 9 8 8 ) n. 7 2 7 - 7 3 7 : „ . . . a l i q u e m

terminum dicimus significativum dupliciter: uno m o d o principaliter, alio m o d o secundarie s i v e e x c o n s e q u e n t ) ; v e r b i g r a t i a , sicut h i c t e r m i n u s

homo

significat principaliter hominem

v e r u m , et e x c o n s e q u e n t i s i g n i f i c a t h o m i n e m d e p i c t u m , qui est s i m i l i t u d o et s i g n i f i c a t i v u m et y m a g o h o m i n i s v e r i . (... 7 3 0 ) . . . n o n o m n e s termini p r i m e i m p o s i t i o n i s a d p l a c i t u m instituti s i g n i f i c a n t p r i n c i p a l i t e r c o n c e p t u s q u i b u s s u b o r d i n a n t u r in s i g n i f i c a n d o e x e o r u m i m p o s i t i o n e , s e d p r i n c i p a l i t e r res q u a r u m illi c o n c e p t u s sunt n a t u r a l e s s i m i l i t u d i n e s . P r o b a t u r p r i m o , n a m i l l u d t e r m i n u s p r i n c i p a l i t e r s i g n i f i c a t q u o i m m e d i a t i u s f a c i t v e n i r e in Cognition e n ! et in a p p r e h e n s i o n e m a u d i e n t i s ; s e d multi termini p r i m a e i m p o s i t i o n i s

principalius

r e m e x t r a q u a m c o n c e p t u m cui s u b o r d i n a n t u r in s i g n i f i c a n d o f a c i u n t v e n i r e in c o g n i t i o n e m a u d i e n t i s ; e r g o etc. ( . . . 7 3 7 ) ... q u i d q u i d s i g n i f i c a t p r i n c i p a l i t e r r e m , s i g n i f i c a t eius s i m i l i t u d i n e m s e c u n d a r i o et e x c o n s e q u e n t i ; s e d termini a d p l a c i t u m instituti (...) s i g n i f i c a n t p r i n c i p a l i t e r res et n o n c o n c e p t u s . . . (ex q u o ) s e q u i t u r q u o d s i g n i f i c a n t p r i n c i p a l i t e r res e x t r a et p e r c o n s e q u e n s s i g n i f i c a n t s i m i l i t u d i n e s e a r u m in a n i m a s e c u n d a r i o et e x c o n s e q u e n t i . " 170

V g l . HIERONYMUS DE SANCTO MARCHO,

Compendium praeclarum

( 1 5 0 7 ) fol. B l v : „... po-

test p o n i u n u s o r d o v o c u m et c o n c e p t u u m in s i g n i f i c a n d o a d m o d u m u n i u s s i g n i f i c a t i , n a m n o t i c i a h o m i n i s p r i m o n a t u r a l i t e r p r o p r i e s i g n i f i c a t s e i p s a m . et n o n m e d i a n t e a l i a n o t i c i a i l l u d c u i u s est n o t i c i a , patet p e r r e g u l a m ... , q u o d o m n i s n o t i c i a m u n d i n a t u r a l i t e r p r o p r i e r e p r a e s e n t a t i l l u d c u i u s est n o t i c i a . S e c u n d o iste t e r m i n u s v o c a l i s ' h o m o ' s i g n i f i c a t a d p l a c i t u m u l t i m a t e i l l a m r e m q u a e est h o m o m e d i a n t e c o n c e p t u m qui est n a t u r a l i s s i m i l i t u d o illius rei q u a e est h o m o . ... T e r t i o m o d o ly h o m o a d p l a c i t u m n o n u l t i m a t e s i g n i f i c a t seu p o t e s t s i g n i f i c a r e o m n e s t é r m i n o s sibi s y n o n y m o s m e d i a n t i b u s n o t i t i i s i l l o r u m t e r m i n o r u m . Q u a r t o iste t e r m i n u s v o c a l i s ' h o m o ' s i g n i f i c a t seu p o t e s t s i g n i f i c a r e s e i p s u m

naturaliter

c o m m u n i t e r m e d i a n t e n o t i c i a q u a e est n a t u r a l i s s i m i l i t u d o illius t e r m i n u s ' h o m o ' . ... Q u i n to conceptus

illius t e r m i n u s v o c a l i s ' h o m o '

significat naturaliter

proprie illam

vocem

162

Das Zeichen in der Logik des 15. und frühen 16. Jahrhunderts

Das hierdurch konstituierte komplexe Gefüge der Verweisungsbezüge ist charakteristisch für die logische Semantik des ausgehenden Mittelalters. Man wird es hinsichtlich der Komplexität seiner Struktur mit einigem Recht als 'spätgotisch' bezeichnen können. Zugleich ist es ein deutlicher Ausdruck dessen, was treffend als „Zeichenfreudigkeit des Terminismus" 171 beschrieben worden ist. Die Vervielfältigung der an den Termini analysierten Signifikationsbeziehungen jedenfalls geht vielfach über den Bereich dessen, was in irgendeiner Weise logische Relevanz beanspruchen könnte, weit hinaus. Der sprachliche Ausdruck 'homo' bezeichnet nicht nur den wirklichen Menschen, sondern darüber hinaus sich selbst naturaliter communiter, den Sprecher naturaliter ex instinctu naturae oder ex consuetudine;172 er bezeichnet auf uneigentliche Weise (improprie) das ihm entsprechende mentale Lautbild, d.h. den conceptus non ultimatus, den conceptus ultimatus sowie sich selbst und alle seine Teile. 173 Denn die vox 'homo' bezeichnet den conceptus hominis dadurch, daß sie ad placitum unmittelbar den Menschen bezeichnet, dessen Ähnlichkeit jener Begriff ist. Der conceptus non ultimatus 'homo' (d.h. das mentale Lautbild) dagegen bezeichnet den wirklichen Menschen, weil dieser conceptus das natürliche Abbild jener vox ist, die den wirklichen Menschen ad placitum bezeichnet. Und weil der conceptus ultimatus hominis seinerseits eine natürliche Ähnlichkeit dieses Menschen ist, bezeichnet der conceptus non ultimatus über die Vermittlung des Zeichens, d.h. der vox, und des Bezeichneten, d.h. des Menschen, auch den conceptus ultimatus etc. etc. (vgl. Abbildung 3). 1 7 4

171 172

'homo' ... Sexto idem conceptus ad placitum ultimate significat illam rem quae est homo mediante noticiam illius rei quae est homo ... quia omnis noticia vocis vel scripture significat ad placitum ultimate illud quod vox vel scriptura significat ad placitum mediante notieia illius rei. Séptimo noticia illius vocis 'homo' significat seipsam naturaliter communiter mediante illius noticie quae vocetur b. et b etiam significat seipsam naturaliter communiter mediante alia noticia quae est naturaliter similitudo ipsius b quae vocetur C et sic in infinitum." Vgl. W. HOBENER, Wyclifs Kritik an den Doctores signorum (1990) 131. Vgl. J. AZNAR, Termini secundum viam realium (1513) 30f, zit. n. V. MUÑOZ DELGADO, Juan Aznar y su tratado de los términos (1513) según la via escotista (1974) 3 1 0 : „Adverte quod vox significativa significat primo seipsam naturaliter communiter. Secundo suum prolatorem naturaliter i.e. ex quoddam instinctu naturae vel consuetudine audiendi eum. Tertio significat ad placitum res ad extra quas imposita est ad significandum. Ex quo sequitur quod una et eadem vox significat ad placitum et naturaliter tam communiter quam ex instinctu naturae."

173

J. MAJOR, Libri quos in artibus ... compilavit, liber terminorum (1508) fol. 29vb: „... quilibet terminus significativus, conceptum ultimatum, conceptum non ultimatum, scripturam, se et partes eius cum prolatore improprie significat ut haec vox "homo", sed homines ad extra proprie et ultimate significat."

174

J. ECK, Aristotelis Stragyrite Dialéctica (1517) fol. 71vab: „... terminus ... bivariam significat ad placitum. Primo directe quando directe est impositus ad significandum illud proprie vel improprie seu analogice... Secundo indirecte seu consecutive quando significat aliquid ad placitum non directe, sed consecutive, ut quia est naturalis similitudo directe significantis. Hoc iterum tribus modis contingit nam potest significare consecutione signati, ut vox

Terminus mentalis, vocalis, scriptus

Abb. 4: J . ECK, Aristoteli...

163

Dialéctica (1517) fol. 71v.

Es ist nicht verwunderlich, daß eine solche artifizielle Sicht auf das Phänomen sprachlicher Bezeichnung bei den Humanisten auf Unverständnis und Kritik stoßen mußte. 175 Hinsichtlich des Verhältnisses von Sprache und Schrift erfolgt im Spätmittelalter eine Umstrukturierung der Zeichenordnung. Der boethianischen ordo orarteli und der daraus entwickelte ordo significandi der Hochscholastik war

175

Eckardus significat conceptus Eckardi: Consecutione signi ut conceptus vocis homo significai hominem, sicut ipsa vox: Consecutione signi et signati simul ut conceptus scripti homo significat conceptum hominis vivi." Vgl. J . L. VIVES, De causis corruptionis artium, op. omn. (1785) 5 . 1 3 4 f : „Vocem omnem volunt (se. dialectici recenti) significare se, et suum prolatorem, et prolatori similem quin etiam scriptorem, et tabellarium, et pennam, et manum, et Latinam litteram, et Romanos, et Carmentam inventricem, et alia ridicula: quod si circulus oenopolii sit hederaceus, significabit Vergilium quoniam hederá coronabantur poetae, veteres item ac ruinosos parietes qui hederá soient vestiri, et 'festina lente' significabit Augustum Caesarem, quod is dicto ilio soleret delectari; et laurus populum Carthaginesem, quod de ilio triumphans Africanus, lauro est coronatus: tum locus omnis eum, quem aliquando in eo loco vel vidimus, vel audivimus fuisse: et alia ridicula absque numero: non est hoc significare, sed admonere, et alicui aliud ex alio venire in mentem. (... 135) Sed de significando, quis melius potest, aut debere praecipere, quam grammaticus, aut certe populus, 'Quem paenes arbitrium est, et jus, et norma loquendi?'" Daß die von Vives hier ridikUlisierten Bezeichnungsbeziehungen nur unter Ansetzung des significare improprie behauptet wurden, dürfte ihm als ehemaligem Schüler des Collège de Montaigu bekannt gewesen sein, machte aber offenbar für seine grundsätzliche Kritik an einer solchen Sprachbetrachtung keinen Unterschied. Dort, wo er zu argumentieren versucht, geht seine Begründung jedoch ins Leere. Denn wenn er darauf verweist, daß es sich bei derlei nicht um ein significare handelt, sondern um ein admonere, d.h. um ein 'alicui aliud ex alio venire in mentem', so bestimmt er das admonere ja gerade durch die traditionelle augustinische Definition des significare.

164

Das Zeichen in der Logik des 15. und frühen 16. Jahrhunderts

durch Roger Bacon, besonders aber Scotus und Ockham dahingehend umgebaut worden, daß die Sprachzeichen zu den Mentalzeichen nicht mehr in einem Bezeichnungs- sondern nur noch in einem Subordinationsverhältnis stehen, selbst aber jeweils unmittelbar die Dinge bezeichnen. Nicht definitiv entschieden war damit die Frage nach dem Verhältnis von Schrift und Sprache. Ockham hatte sich für eine Subordination der scriptum unter die vox ausgesprochen. 176 Eine ebensolche nimmt auch Buridan an, wenngleich er, die thomistische mediantibus-conceptibus-These mit der ockhamistischen Subordinationstheorie kurzschließend, in Abweichung von Ockham Subordination und Signifikation parallel führt. 177 Obwohl dieses Modell der direkten Subordination der Schrift unter die vox im Spätmittelalter ebenso vertreten wird 178 wie besonders seitens der Thomisten - die ältere, aus dem boethianischen ordo orandi entwickelte Auffassung einer von der Schrift über die voces und conceptos zu den res durchlaufenden Signifikationsordnung, in der das jeweils frühere das jeweils folgende unmittelbar bezeichnet, 179 wird nun im Anschluß an Pierre

176

177

OCKHAM, Summa logicae I, 1 ( 1 9 7 4 ) 8. JOHANNES BURIDAN, Summulae, tract. 1, hg. J . PINBORG ( 1 9 7 6 ) 8 4 : „Notandum est etiam quod sicut se habent voces significativae ad placitum ad significandum conceptus mentales, sic se habent scripturae ad significandum voces, unde voces non significant res extra animam nisi mediantibus conceptibus quibus s u b o r d i n a n t e , nec etiam scripturae significant conceptus aut res alias nisi quia significant voces istos conceptus designantes." J . RAULIN stellt zwar fest, daß die Schrift de facto subordinativ und signifikativ auf die sprachlichen Ausdrücke bezogen ist. Dies ist für ihn jedoch lediglich das Resultat einer willkürlichen, von keinerlei Notwendigkeit begleiteten Festsetzung, die, wie der 'circulus ante tabernam' zeigt, ebensogut hätte anders ausfallen können ( C o m m e n t a r i u m in logicam Aristotelis ( 1 5 0 0 ) fol. g5ra): „... licet scripture voeibus subordinentur in significando tarnen ilia sub o r d i n a t e non est necessaria hoc est licet stante impositione scripturarum et vocum scripture immediate significent voces tarnen scripture sic possunt imponi ad significandum quod significarent res ad extra sine medio vocum sicut circulus taberne immediate significat vinum venale sine hoc quod repraesentet hanc vocem 'circulus' quia res ad extra possunt cognosci ignorata significatione vocum, ergo talis subordinatio scripturarum ad voces non est necessaria ex parte rerum sed facta ex volúntate impositorum."

178

Vgl. J . B o i x , Tractatus conceptuum et signorum ( 1 4 9 3 ) 9; vgl. V. MUÑOZ DELGADO ( 1 9 7 4 ) 3 1 0 : „Termini scripti, vocales et mentales sic se habent ad invicem quod tantum scripti sub o r d i n a n t e in significando vocibus et voces subordinantur conceptibus."; E. WoNSIEDEL, Cursus philos. ( 1 5 0 9 ) fol. E l v b : „Est... considerandum quod non est intentio philosophi quod scriptura significet tantum vocem, et vox tantum passionem, sed tam vox quam scriptura significant immediate rem. Dicit enim infra capitulo de verbo 'Significare est intellectum rei constituere'... Ideo dicendum est quod ideo dicitur scriptura vocem et vox passionem significare, quia licet quodlibet significet rem, tarnen sunt signa subordinata sic quod prius non significaret nisi posterius significaret."

179

Vgl. J . VERSOR, Quaestiones super totam veterem artem ( 1 4 9 4 ) fol. 6 0 r a ; M . HUNDT, Compendium totius logices ( 1 5 0 7 ) fol. 18r: „Res significatur tantum. Conceptus rei significat et significatur. V o x significat et significatur. Scriptura significat tantum. ... voces significantur per scripturam et significant mentis conceptum."; G. FRILDEN, Exercitium veteris artis ( 1 5 0 7 ) fol. v5va: „... scriptum significat tria videlicet vocem, conceptum rei, et rem. sed vox et conceptus sunt signata et ulterius significativa sed res est principale signatum."; JOHANNES DE LAPIDE, Libri artis logice Porphyrii et Aristotelis (Inc. s.a.) fol. I2va-b: „... im-

165

Terminus mentalis, vocalis, scriptus

d'Ailly 1 8 0 häufig die Schrift aus ihrer Unterordnung unter die gesprochene Sprache herausgenommen und selbst als unmittelbar den Mentaltermini subordiniert angesehen. 1 8 1 Konsequenzen hat dies vor allem für die Konzeption von Schrift. Denn w o Schrift nicht mehr der gesprochenen Sprache sondern unmittelbar den Mentalzeichen subordiniert ist, verliert sie den Charakter eines jener gegenüber sekundären Zeichenmediums. Derrida hat die Geschichte der Metaphysik, der Philosophie insgesamt, von den Vorsokratikern bis Heidegger als die - sich gegenwärtig schließende - E p o che des Phonozentrismus (bzw. Logozentrismus) beschrieben, in der die Schrift, konzipiert lediglich als Zeichen von (Sprach-)Zeichen, als „Vermittlung der Vermittlung", „erniedriegt" worden sei. 1 8 2

Daß die philosophische Tradition

dieser ' E p o c h e ' durchaus über andere Modelle von Schriftlichkeit verfügte, zeigt sich mit Nachdruck an den Bestimmungen von scriptum

und terminus

scriptus,

wie sie sich besonders im frühen 1 6 . Jahrhundert im Umkreis der Pariser MaiorSchule finden lassen. Schrift ist hier keineswegs nur Supplement und abhängiges Sekundärphänomen der gesprochenen Sprache. Denn auch im Falle, daß es niemals Sprache gegeben hätte, würde, wie Petrus Tartaretus betont, die Schrift aufgrund ihrer Subordination unter die Konzepte ihre Signifikate bezeichnen. 1 8 3 Sie ist damit, weil

180

181

182

183

posuit (sc. homo) igitur voces ad significandum intellectus: et scripta ad significandum voces..."; Β. MANZOLUS, Dubia super logicarti Pauli Veneti (1523) fol. 19v. Diese Modell des Ordo significations wird verschiedentlich auch von Scotisten vertreten; vgl. J. TlNCTORIs, Dicta super Summulas Petri hyspani (1486) fol. A7vb: „... voces significant res mediantibus conceptibus. Et significantur per scripturas immediate. Conceptus vero se ipsis significant res immediate. Et significantur per voces immediate et per scripturas mediate."; JOHANNES DE MAGISTRIS, Quaestiones super totum cursurn logice (1490) fol. F 5va: „... scripture sunt ad placitum signa vocum et voces passionum. passiones vero sunt rerum naturales similitudines." PIERRE D'AILLY, Insolubilia, in: Conceptus et insolubilia (s.a.) fol. b4vb-5ra: „... propositio vocalis et scripta subordinantur mentali, sed non oportet quod vocalis et scripta subordinentur sibi invicem inter se, sicut multi ponunt. Nam si quis legit propositionem scriptam vel intelligit, intendit quid per ipsam significatur ultimate vel non... Si sic tunc illa propositio scripta immediate sibi repraesentat mentalem et non oportet quod repraesentet vocalem et mediante illa quicquid et qualitercunque ipsa significat ad extra." Vgl. W. HOBENER, Der theologisch-philosophische Konservativismus des Jean Gerson (1974) 196; J. BLARD, Logique et théorie du signe au XZVe siècle (1989) 274. H. PARDO, Medulla dyalectices (1505) fol. 7rb; J. GEBWILER, Magistralis totius parvuli artis logices compilatio (1511) fol. a7r; C. PSCHLACHER, Compendiarius parvorum logicalium liber (1512) fol. 8r; J. ECK, In summulas ... explanatio (1516) fol. 5vb; P. SANCHEZ CIRUELO, Paradoxae quaestiones (1538) fol. 3r; vgl. V. MUÑOZ DELGADO, La lógica como'scientia sermocinalis' en la obra de Pedro Sánchez Ciruelo (1966) 35. Vgl. J. DERRIDA, Grammatologie (dt. Übers, ν. De la grammatologie, Paris 1967), Frankfurt a. M. 1987, 27. PETRUS TARTARETUS, Expositio in summulas Petri Hispani (1514) fol. 37rb-va: „Dicunt etiam aliqui quod scripturae subordinantur vocibus, id est non significant sua significata nisi mediantibus vocibus: sed hoc est falsum. Nam dato quod numquam esset vox, nihilominus scripturae repraesentent sua significata mediantibus conceptibus."

166

Das Zeichen in der Logik des 15. und frühen 16. Jahrhunderts

eben nicht mehr als Supplement der gesprochen Sprache aufgefaßt, auch nicht auf alphabetische Schrift festgelegt. Konnte nach Ockhams Subordinationsmodell das Verhältnis von terminus mentalis, vocalis und scriptus noch im Bild einer von Dignitätsunterschieden gekennzeichneten Feudalordnung (rex, dux, comes) beschrieben werden,184 so tritt hier die Schrift als eigenständiges und gleichwertiges Zeichenmedium neben die gesprochene Sprache. Daß es nicht zuletzt gerade die forcierte Betonung der tragenden Funktion der Mentalsprache für jede Art von Bezeichnung ist,185 die diese Umwertung motiviert - „originalis significatio est in conceptibus", heißt es bei Diel186 -, macht deutlich, daß 'Logozentrismus' durchaus nicht notwendig „zugleich ein Phonozentrismus ist", wie Derrida meint.187 Wenn sich die Logik zunehmend außerlogischen Zeichen öffnet, diese aber mit dem terminologischen Instrumentarium der älteren Tradition beschreiben muß, dann wird die Schrift, genauer der terminus scriptus zum Ort, an dem diese Integration vornehmlich stattzufinden hat. Dafür ist zunächst die Ausweitung des Schriftbegriffs erforderlich. Genau diese wird in der Pariser Logik um 1500 mit Nachdruck bis an ihre äußerste Grenze getrieben, wo der Schriftbegriff beginnt, ebenso metaphorisch zu werden, wie es das linguistische Vokabular von 'verbum', 'oratio' und 'locutio' hinsichtlich der Mentalsphäre seit Augustinus gewesen ist. Skripturalität ist nicht durch ein derivatives Verhältnis zur gesprochenen Sprache charakterisiert, sondern durch ihren spezifischen Bezug zum Apparat der menschlichen Wahrnehmung. In diesem Sinne definiert Johannes Maior: „terminus scriptus est terminus qui oculo corporali percipi potest" (geschriebener Terminus ist ein solcher, der mit körperlichem Auge gesehen werden kann).188

184

RICHARD LAVENHAM, Summulae logicales ( 1 9 8 0 ) 3 7 9 : „... terminus mentalis non est alicujus idiomatis vel linguae sed omnis terminus vocalis vel scriptus est alicujus idiomatis. Primus igitur terminus scilicet mentalis dignior est secundo et secundus dignior est tertio. Propter quod secundus et tertius subordinantur primo et tertius subordinatur secundo eo modo quo regi et duci comes subordinari dicuntur."

185

A. CORONEL, Termini ( 1 5 0 6 ) fol. B3ra-b: „Nullus ... terminus vocalis vel scriptus mediante se sed significat mediante termino mentali cui subordinatur. Et causa terminus vocalis vel scriptus non potest aliquid significare nisi terminus mentalis illud. Terminus autem mentalis potest aliquid significare esto quod nullus alius significet illud."

186

F. DIEL, Modernorum summulae logicales ( 1 4 8 9 ) fol. d5v: „... vox et scriptum significant ad placitum ex subordinatione: quia subordinantur conceptui ad significandum idem cum conceptu et eodem modo absoluto vel connotativo, non autem significant sine alio medio: sed dumtaxat mediante huiusmodi conceptu, cuiusmodi conceptui subordinabantur in sua impositione. Et sic originalis significatio est in conceptibus."

187

J . DERRIDA, Grammatologie (1983) 25. J . MAIOR, Libri quos in artibus... compilavit, liber terminorum ( 1 5 0 8 ) fol. 4va; vgl. G. LAX, Parve divisiones terminorum (ca. 1 5 0 2 ) fol. b é r a j J . DoLZ, Termini (ca. 1 5 1 1 ) fol. 16rb·, PETRUS DE BRUXELLIS, Summularum artis dialectice ... interpretatio ( 1 5 1 2 ) fol. a6ra; W . MANDERSTON, Compendiosa Dialectices Epitome ( 1 5 2 8 ) fol. Β 6ra.

188

significat est quia significat terminus

Terminus mentalis, vocalis, scriptus

167

Der Raum der Schrift transzendiert damit den Bereich der per se auf vox articulata bezogene Buchstabenschrift, denn: ein Terminus scriptus wird nicht deshalb so genannt, weil er eine aus Charakteren und Buchstaben bestehende Schrift ist, sondern weil er vermittels des Gesichtssinns einem Erkenntnisvermögen etwas in eigendicher Weise repräsentiert. - (non enim dicitur terminus scriptus, quia sit scriptura ex caracteribus aut litteris constans, sed quia potentie cognitive aliquid proprie representat, mediante visu). 1 8 9

So bestimmt, kann nicht nur jeder einer beliebigen Materie eingeschriebene oder eingeformte Terminus, sondern, gegen das engere logische Verständnis von 'terminus', auch der den Weinverkauf anzeigende Laubkranz vor der Taverne (circulus ante tabernam) als Schrift charakterisiert werden.190 Vor einem solchen Hintergrund ist es nicht verwunderlich, daß der Begriff der Schrift auch den Bereich der willkürlichen Zeichen hinter sich zu lassen vermag: „Scripturarum significativarum", heißt es bei dem Lefèvre d'Étaples-Schüler Jodocus Clichtoveus (Josse Clichtoue), „quaedam ad placitum significai, ut dictio 'homo', scripta, quaedam naturaliter, ut imago in speculo" (Von den signifikativen Schriftzeichen bezeichnen einige willkürlich, wie das geschriebene Wort 'Mensch', einige auf natürliche Weise, wie das Bild im Spiegel).191 Das Spiegelbild als natürlicher terminus scriptus: Was bei Thomas von Aquin explizit als Gegenmodell zur Repräsentation der Schrift figuriert ist damit selber zur Schrift geworden.192 Ausschlaggebendes Kriterium für Schriftlichkeit ist allein die Sichtbarkeit der Zeichen. Es ist ein solches Schriftverständnis, dem auch George Dalgarnos spätere Charakterisierung des Gestikulierens als einer Form des Schreibens verpflichtet ist.193 Einige Autoren dehnen den Definitionsbereich der Schrift noch weiter aus und bestimmen den terminus scriptus generell als „terminus alio sensu quam auditu perceptibilis" (einen mit einem anderen Sinn als dem Gehör wahrnehmbaren Terminus),194 so daß jeder sieht-, riech-, schmeck- oder tastbare Körper als Schrift fungieren könnte („omne sensibile corpus quattuor externis sensibus posse esse terminum scriptum").195 Bisweilen treiben derartige Erörterung über Summulamm volumen primum

189

J . DE ORIA,

190

Ebd.; vgl. J. MAIOR, Libri quos in artibus... compilavit, Uber terminorum (1508) fol. 4va. J . CLICHTOVEUS, Introductiones artificiales in logicam Iacobi Fabri Stapulensis (1535) fol. 104v. Vgl. THOMAS VON AQUIN, Quaes, disp. de veritate, Op. omn. (Leonina) 21.1 (1975) 200sq.: „... repraesentatio speculi in hoc differt a repraesentatione libri quod repraesentatio speculi immediate refertur ad res, sed libri mediante cognitione: continentur enim in libro figurae quae sunt signa vocum, quae sunt signa intellectuum, qui sunt similitudines rerum." G. DALGARNO, Ars signorum (1661) 2: „... judico usum literarum ... fuisse ab initio; licet homines in materia solida et ad figuras conservandas apta nondum scribebant: qui enim caput nutat, oculo connivet, digitum movet in aere, etc. (ad mentis cogitata exprimendum) is non minus vere scribit, quam qui literas pingit in charta, Marmore, vel aere." P. MARGALLUS, Logices utriusque scholia (1965) 92. Ebd. 162f.; vgl. J . DE ORIA, Summularum volumen primum (1987) 105.

191

192

193

194 195

(1987) 106.

168

D a s Zeichen in der Logik des 15. und frühen 16. Jahrhunderts

die materielle Seite der Zeichen kuriose Blüten, wie etwa Maiors Feststellungen, man könne sich 4 0 Jahre lang ausschließlich von (aus Brot und Käse geformter) Schrift ernähren, das Subjekt einer Proposition könne das Prädikat erwärmen 196 oder aber wie Margallos Hinweis, daß, da die vox in physikalischer Hinsicht eine Art vapor (Dampf) sei, jeder Vokalterminus durch Kondensation zu Schrift bwerden könne. 197 Was hiermit gezeigt werden soll, ist offenbar die Gleichgültigkeit der Zeichenfunktion gegenüber der materiellen Realisation des Zeichens. Durch die bewußte Ausweitung des Bestimmungshorizonts von Schrift und Sprache, die eine Berücksichtigung weiterer semiotischer Problemfelder innerhalb der Logik ermöglichte, werden zeichentheoretisch durchaus relevante Einsichten gewonnen. Denn erst jenseits des eigentlichen logisch-semantischen Kernbereichs werden Unterscheidungen möglich, wie die von Johannes de Oria präsentierte Distinktion zwischen dem „terminus absolute significans" (selbständig bezeichnenden Terminus) und dem „terminus ex circumstantia significans" (aufgrund bestimmter Umstände bezeichnenden Terminus). 198 Während Termini im ersteren Sinn die im eigentlichen Verständnis genommenen Sprachzeichen sind, handelt es sich bei signifikativ verwendeten Dingen (z.B. Glockengeläut, Kruzifix, Laubkranz vor der Taverne), stets um - hier als stimmliche oder schriftliche charakterisierte - Termini im zweiten Sinne. Oria überträgt hiermit die Einsicht in die Kontextabhängigkeit der Supposition sprachlicher Ausdrücke auf den Bereich der Signifikation außersprachlicher Zeichen. So wie der einzelne, für sich genommen bereits signifikative Terminus erst innerhalb des Satzkontextes eine bestimmte Supposition erhält, erlangen die außersprachlichen Zeichen durch den situativen Kontext ihres Auftretens überhaupt erst ihre bestimmte Bedeutung (significatio). 1 9 9 Es hängt von den äußeren 196

J . MAJOR, Libri quos in artibus ... compilavit, liber terminorum ( 1 5 0 8 ) fol. 4va: „... sequi tur quod h o m o potest vivere quadraginta annos precise comedendo términos scriptos, ut si in pane caseo hujusmodi rebus sculpantur caracteres. ... sequitur quod alicuius propositionis subiectum potest calefacere predicatum in sensu composito stante ordine rerum, probatur et sculpatur ' h o m o est animal' subiecto existente intense calido et praedicato remisse."

197

P. MAGALLUS, Utriusque logices scholia ( 1 9 6 5 ) 1 6 2 : „... tenendo ... vocem esse vaporem vel exalationem, et ... vapor est aqua et exalatio est terra, tunc etiam concedendae sunt tales conclusiones: terminus scriptus potest esse vocalis et omnis terminus vocalis potest esse scriptus ut liquet per condensationem..."

198

J . DE ORIA, Summularum volumen primum ( 1 9 8 7 ) 1 0 6 : „... terminus vocalis absolute representans est terminus vocalis potentie cognitive notificans aliquid quacumque circumstantia remota. Sed terminus vocalis, ex circumstantia significans, est terminus vocalis potentie cognitive aliquid notificans, aliqua circumstantia posita, qua remota non sic significaret." Z u Oria vgl. V. MUÑOZ DELGADO, La Lógica Nominalista en la Universidad de Salamanca ( 1 9 6 4 ) 3 1 1 - 3 6 0 ; DERS., Introducción al pensamiento de Juan de Oria ( 1 5 1 8 ) : Revista española de teologia 4 3 ( 1 9 8 3 ) 7 5 - 1 1 6 .

199

J. DE ORIA, Summularum volumen primum ( 1 9 8 7 ) 1 0 9 : „... terminus significans ad placitum ex circumstantia est terminus ad placitum significans aliqua circumstantia posita, qua remota non sic significaret, ut pulsatio campanelle tempore elevationis sacramenti

169

Terminus mentalis, vocalis, scriptus

Umständen der Zeit oder des Ortes ab, ob das Glockengeläut eine Aufforderung ist, zur Kapitelversammlung oder aber zum Essen zu g e h e n ; 2 0 0 und das Bildnis des Gekreuzigten repräsentiert im sakralen Kontext des Kirchenraumes die Aufforderung, ihn anzubeten, nicht jedoch in der Werkstatt des Malers oder Bildhauers („imago crucifixi in ecclesia posita, representat quod est adoranda, ubi non sic representaret in d o m o pictoris vel statuifici"); 2 0 1

ein Laubkranz be-

zeichnet v o r der Taverne den Weinverkauf, nicht aber im W a l d . 2 0 2

Darüber

hinaus sind diese gemäß den Umständen bezeichnenden Termini nach Oria dadurch gekennzeichnet, daß sie in der Regel Sachverhalte bezeichnen und somit, wie der als „terminus scriptus ex circumstantia significans" aufgefaßte ante

tabernam,103

stets propositionalen Charakter

circulus

besitzen. 2 0 4

significat adorationem in ilio tempore et genuflexionem, quam in alio tempore non significant." 2 0 0 Ebd., 106: „... duplex est terminus vocalis: unus absolute significans, alter significans ex circumstantia. Sub primo modo continentur omnes voces imposite ad significandum. Sub secundo continentur omnes soni tube, cymbali aut phistule quia ex alia circumstantia temporis, loci aut modi représentant, ut cymbalum in religione uno modo sonans representat conventum capituli et alio conventum ad refectionem. Similiter tuba, in exercitu, uno modo significat aggressum in hostes et alio representat fugam ab eis." 2 0 1 Ebd. 106f. 202 Vgl. p. MARGALLUS, Utriusque logices scholia (1965) 166; vgl. J . DOLZ, Termini (1511) fol. 6vb. 2 0 3 J. DE ORIA, Summularum volumen primum (1987) 107: „... omnes termini scripti ex circumstantia significantes regulariter sunt propositiones, ut circulus pendens ante tabernam." Die Charakterisierung des circulus ante tabernam - des neben fumus und vestigium am häufigsten angeführten Beispiels der scholastischen Zeichentheorie - als Proposition ist jedoch nicht neu, sondern hat eine mindestens zu Ps.-Kilwardby zurückreichende Geschichte; vgl. Ps.-KlLWARDBY, Comment, in Priscianum maiorem (1975) 56: „... circulus non est signum vini sed ostendit alicubi vendi vinum". Buridan erötert an diesem Beispiel das Problem, ob die Komplexität einer Proposition auf der Ebene des Zeichenvehikels eine Entsprechung haben müsse, oder ob auch Inkomplexes dadurch, daß es eine Mentalproposition bezeichnet bzw. beim Zeicheninterpreten konstituiert, selbst als Proposition angesehen werden kann, wobei er jedoch der Auffassung den Vorrang einräumt, daß eine Proposition im strikten Sinne aus diskreten, den verschiedenen Teilkonzepten einer Mentalproposition subordinierten Zeichen bestehen müsse (vgl. J. BURIDAN, Sophismata VI, soph. 3 (1977) 107f). Insofern gilt der circulus ante tabernam bei AJLPHONSUS DE CORDOBA und ANTONIUS SBARROYA lediglich als propositio inconsueta (vgl. V. MUÑOZ DELGADO, Los "Principia Dialectices" (1519) de Alonso de Cordoba (1972) 55). Ausgehend von Buridan, die Frage nach dem propositionalen Charakter jedoch im entgegengesetzten Sinne entscheidend, behandelt Dorp das Problem, wie der so aufgefaßte circulus innerhalb der klassischen Dreiteilung von propositio mentalis, vocalis und scripta zu verorten sei, wobei er die Auffassung vertritt, daß er, wenngleich nicht aus litterae bestehend, am ehesten den Charakter einer propositio scripta habe. Vgl. J. DORP, Perniile compendium totius logicae (1499) fol. 6va; zu Dorp vgl. auch J. ECK, Aristotelis Stagyrite Dialéctica (1516) fol. 75va-b. Der propositionale Charakter des circulus ante tabernam wird noch im 17. Jh. kontrovers diskutiert. Während z.B. F R A N C I S C U S BONAE SPEI (Commentarti tres in universam Aristotelis Philosophiam (1652) 12a) und PETRUS DE COMITIBUS (Philosophia rationales (1671) 518) ihn annehmen, wird er von J. LALEMANDET {Cursus philosophicus (1656) 225) abgelehnt.

170

204

Das Zeichen in der Logik des 15. und frühen 16. Jahrhunderts

Summularum volumen primum ( 1 9 8 7 ) 1 0 6 : „terminus ex circumstantia significans regulariter representat aliquid esse vel non esse. Ex quo fit quod omnis talis terminus est propositio". Die Abhängigkeit der Bezeichnungsleistung des circulus vom situativen Kontext verwendet Petrus Margallus als Argument gegen dessen Bestimmung als terminus scriptus. Kein schriftlicher Terminus fällt allein aufgrund einer räumlichen Bewegung von seiner Bedeutung herunter, was beim circulus jedoch der Fall ist, der eben nur vor der Taverne den Weinverkauf bezeichnet, nicht mehr jedoch, wenn man ihn von dort entfernt. Vgl. P. MARGALLUS, Vtriusque logices scholia ( 1 9 6 5 ) 1 6 6 : „... nullus terminus scriptus cadit a sua impositione per solum motum localem, sed ille ramus per separationem eius a domo, desinit esse terminus scriptus, quia non amplius significat vinum, quando est in nemore vel in alio loco quam in domo."

J . DE ORIA,

IV. Die Zeichentheorie der Frühen Neuzeit I: Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik A. Mittelalterliche und frühneuzeitliche Zeichentheorie Das komplexe Gefüge der Kontinuitäten, Transformationen und Neuansätze, welches das Verhältnis von mittelalterlicher und frühneuzeitlicher Logik und Metaphysik bestimmt, ist auch für die Entwicklung der Zeichentheorie vom 14. bis zum 17. Jahrhundert charakteristisch. Der Fundus der frühneuzeitlichen Zeichentheorie ist im wesentlichen gebildet durch mittelalterliche Vorgaben. Sowohl die zentralen zeichentheoretischen Fragestellungen, als auch das Spektrum ihrer Beantwortung sowie das hierfür verwendete theoretische und terminologische Instrumentarium der Prämoderne entstammen überwiegend älteren Diskussionen. Das heißt freilich nicht, daß es eine kontinuierlich durchgehende und geradlinige Tradition mittelalterlicher Zeichentheorie gegeben hat. Denn in Mitteleuropa war nach der Auflösung der pariser Maior-Schule und mit der Durchsetzung der humanistischen, d.h. unter Ausblendung der scholastischen Diskussionen stärker am aristotelischen Original oder an Cicero orientierten Logik1 die Zeichentheorie zunächst fast vollständig von der Bildfläche verschwunden. Ein Blick in die mitteleuropäische oder italienische Logik der Dezennien um die Jahrhundertmitte 2 zeigt, daß dem Zeichenbegriff hier keine besondere Rolle zukommt. Zumeist ist er einfach abwesend. 3 1

2

Vgl. JOHANNES ARBORHJS, der ca. 1530 in seiner Compendiaria in dialéctica elementa introducilo (s.a.: 48) die Wende der pariser Logik als Auszug aus der sophistischen Höhle beschreibt: „... gaudeo, quod plurimi in hac Lutetiana academia nunc ab inferís et labyrintheis sophistarum cavernis ad perspicuam verae philosophiae lucem revocentur." Zur Entwicklung der frühneuzeitlichen Logik vgl. W. RISSE, Die Logik der Neuzeit, Bd. 1 (1964); E. J. ASHWORTH, Language and Logic in the post-medieval period (1974) bes. 1-25; Dies., Changes in Logic Textbooks from ÌSOO to 16S0: The New Aristotelianism, in: Aristot e l i s m u s u n d R e n a i s s a n c e , hg. v. E. KEßLER, C H . H. LOHR U. W . SPARN ( 1 9 8 8 ) 7 5 - 8 7 .

3

Das gilt, hier nur einige Beispiele, ebenso für die humanistisch-rhetorische Logik aristotelischer Prägung (J. CAESARIUS, Dialéctica, Köln 1520; H. LUETANUS, Erotemata dialectices, Wien 1562; J. HOSPINIANUS STEINANUS, De controversiis dialecticis, Basel 1576), die Melanchthonschule (PH. MELANCHTHON, Erotemata dialectices, Wittenberg 1548; E. SARCERJUS, Dialéctica, Marburg 1536), die Ramisten (J· PLSCATOR, Exercitationum logicarum libri II, s.l. 1585), Philippo-Ramisten (A. POLANUS, Logicae libri 2, 3Basel 1598) und die Eklektiker (R. GOCLENIUS, Problematum logicorum libri IV, Marburg 1590-95), wie für die 'reinen' Aristoteliker und Averroisten (A. BERNARDUS MIRANDULANUS, Institutio in uni-

172

Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

Durch die Verdrängung der summulistischen Thematik und der eingehenden Erörterung der Termini war die ältere Systemstelle der Behandlung der Zeichentheorie ausgefallen. Und jene Systemstelle, an der im 17. Jahrhundert die Zeichentheorie ihren neuen Ort finden sollte, die Exposition von Peri bermeneias, war durch die engere Orientierung an der aristotelischen Textvorlage einer Aufnahme von generellen zeichentheoretischen Erörterungen noch nicht zugänglich. 4 Die Ausführungen setzen in der Regel unmittelbar mit der Darstellung von tiotnen und verbum ein, ohne daß diese an den allgemeineren Begriff des Zeichens zurückgebunden werden. Ein anderes Bild bietet die Logik der iberischen Halbinsel, 5 wo durch die Vermittlung der aus Paris zurückklehrenden spanischen und portugiesischen Logiker der Maior-Schule mit der Behandlung der Summulae auch das Begriffsfeld von signum, significare und repraesentare zunächst weiterhin Gegenstand der Logik blieb. Zumindest lange genug, um von hier aus über die sich im Zuge der Gegenreformation formierende Zweitscholastik wieder nach Mitteleuropa reimportiert werden zu können. Auch hier machte sich mit der Zeit zunehmend humanistischer Einfluß geltend, der sich vielfach sowohl im Ausschluß vieler als „kurios" erachteter Fragen, wie auch in der generellen stark ausgeprägten Tendenz zur Straffung und Systematisierung der Inhalte zeigt.

4

5

versant logicam, Basel 1545; H. BALDUINUS, Expositio in libellant Porphyrii de quinqué vocibus... Eiusdem commentarla in libros Aristotelis de interpretatione absoluta..., Mailand 1549; N. A. PACCA, Endixes logicae, Neapel 1557; M. DONIENSIS ORMAZIUS, De instrumento instrumentorum sive De dialéctica libri sex, Venedig 1569; B. PETRELLA, Logicarum disputationum libri Septem, Padua 1584). Der genannte ARBOREUS gibt dem ersten Kapitel seines Peri hermeneias-K.ommenta.TS zwar den Titel „De signis" (Luculentissimi ... in librum peri hermeneias Aristotelis Commentarij [s.a.: 17-31]), der Begriff des Zeichens wird jedoch nicht eigens thematisiert. Vgl. hierzu V. MUÑOZ DELGADO, Fuentes impresas de Lógica hispano-portuguesa del siglo XVI, in: Repertorio de historia de las ciencias eclesiásticas en España, 1 (1967) 435-64; DERS., Lógica Hispano-Portuguesa hasta 1600 (Notas bibliográfico-doctrinales), Repertorio de historia de las ciencias eclesiásticos en España 4 (1972) 9-122; DERS., La Lógica Nominalista en ¡a Universidad de Salamanca (1510-1530). Ambiente - literatura - doctrinas (1964); DERS., Domingo Báñez y las Súmmulas en Salamanca a fines del siglo XVI: Estudios 21 (1965) 3-20; DERS., La lógica en Salamanca durante la primera mitad del siglo XVI: Salmanticensis 14 (1967) 171-207; DERS., La lógica en la Universidad de Alcalá durante la primera mitad del siglo XVI: Salmanticensis 15 (1968) 161-218; DERS., La obra lógica de los españoles en Paris (1500-1525): Estudios 26 (1970) 209-80; DERS., Pedro de Espinosa y la logica en Salamanca hasta 1550: Anuario filosofico 16 (1983) 119-208; vgl. ferner RAMÓN CEÑAL, La historia de la lógica en España y Portugal de 1500 a 1800: Pensamiento 28 (1972) 277-319; AMÂNDIO A. COXITO, Lógica, semántica e conhecimento na escolástica peninsular prérenascentista (1980); E. J. ASHWORTH, Jacobus Naveros (fl. ca. 1533) on the Question: 'Do Spoken words signifiy Concepts or Things?', in: Logos and Pragma, hg. L. M . DE RLJK, C. A. G . BRAAKHUTS (1987) 189-214; D I E S . , Domingo de Soto (1494-1560) and the Doctrine of Signs, in: De ortu grammaticae, hg. G. L. BURSILL-HALL, S. EBBESEN U. E. F. K. KOERNER ( 1 9 9 0 ) 3 5 - 4 8 .

mittelalterliche und frUhneuzeitliche Zeichentheorie

173

Die inhaltlichen Kontinuitäten sind daher begleitet von erheblichen Veränderungen und Transformationen. Das Schwinden des Interesses an den Summulae, das sich bereits aus der statistische Verteilung der Editionen der Petrus Hispanus-Kommentare, ersehen läßt,6 findet seine Ausdruck in expliziten Aussagen des frühen 17. Jahrhunderts. Petrus Hurtado de Mendoza zeichnet 1617 eine Skizze der von ihm aus jüngeren Geschichte der summulistischen Literatur und der Logik insgesamt, deren dominierende Tendenz eindeutig die der - von Hurtado positiv bewerteten - Verkürzung ist. Die „vetusti dialectici" sind nach Hurtado so weitschweifig verfahren, daß sie die gesamte natürliche und göttliche Philosophie in den Kerker der ihrem Namen nicht gerecht werdenden Summulae warfen. Noch Domingo de Sotos Kommentare sind für Hurtados Geschmack viel zu ausführlich. Soto sei aber von Villalpando durch einen kurzen, klaren und eleganten Stil „beschnitten" worden, der seinerseits wiederum von Toletus an Kürze und Klarheit übertroffen wurde. Beide haben das alte Chaos der Summulae aus den Schulen verbannt, indem sie die „Finsternis und den Schrecken der sprachlichen Ausdrücke" vertrieben haben. Nachdem dann Petrus Fonseca mit seinen Institutiones dialecticae das Licht nach Portugal gebracht hatte, konnten schließlich die Conimbricenses am glücklichsten und angemessensten von allen die Logik darstellen.7 In dieser ganz mit den gängigen Topoi neuzeitlicher Scholastikkritik durchsetzten historischen Skizze, an der deutlich wird, wie weit sich die jesuitische Neu-Scholastik dem Humanismus öffnen konnte, benennt Hurtado jedoch zugleich die wichtigsten Stationen, auf denen die Theorie des Zeichens ihren Weg in die scholastische Logik des 17. Jahrhunderts nahm. Um in diesem Prozeß der zunehmende Verdrängung der Summulae, in welche das Zeichen in der Pariser Logik um 1500 noch fest integriert war, nicht ebenfalls ausgeschlossen zu werden, mußte für die Zeichentheorie eine systematische Neuzuordnung vorgenommen werden. Sie erfolgt bei Fonseca und Toletus, die die bei Soto noch vorhandenen Rudimente der Zeichentheorie übernehmen und aus dem summulistischen Zusammenhang herauslösen. Während Fonseca das Zeichen im Rahmen einer nicht mehr an Petrus Hispanus sondern an Aristoteles orientierten logisch-semantischen Propädeutik behandelt, d.h. im Kontext der einleitenden

6

7

Vgl. W . RISSE, Bibliographia logica I, Index Commentatiorum. PETRUS HURTADO DE MENDOZA, SJ, Disp. de univ. Philos. (1617) 1: „Vetusti Dialectici perperam hunc tractatum Summulas vocarunt, nam in eis tradendis tarn fuse laxeque vagantur, ut nihil viderentur acturi, nisi in Summularum carcerem omnem philosophiam naturalem, atque divinam detrudere... Dominicus Soto ... Summulis Petri Hispani affulsit commentarijs in eius libros: sed admodum fusis. Sotum circuncidit Villalpandus stylo brevi, claro, et eleganti. Villalpandum superat Toletus brevitate et claritate, qui antiquum illud, et immane chaos Summularum ex scholis ablegarunt: caeptaque est Philosophia brevi, ac dilucide doceri, fugatis vocum tenebris, et horrore. Petrus Fonseca suis institutionibus lucem attulit Lusitaniae: tandem Collegium Conimbricense in sua Logica nuperrime evulgata, omnium felicissime, et aptissime his de rebus disputavit."

174

Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

Darstellung der logischen Grundbegriffe von nomen und verbum,8 wird ihm von Toletus jene Systemstelle zugewiesen, an der es im 17. Jahrhundert seinen festen Ort finden wird, die Exposition der Aristotelischen Schrift pert hermeneias.9 Ausschlaggebend für die endgültige Durchsetzung dieser Zuordnung dürfte vor allem der einflußreiche Kommentar zur Aristotelischen Logik der Conimbricenses gewesen sein, durch dessen ausführliche Behandlung des Zeichens 10 das signum als Thema der Logik im 17. Jahrhundert fest etabliert wurde. Im Gegensatz zur allgemeinen Tendenz der Straffung und Verkürzung der Logik avanciert im 17. Jahrhundert gerade die Theorie des Zeichens in stärkerem Maße zu einem Thema mit eigener Geltung, wobei ihre Darstellung im Rahmen der logischen Kurse mitunter die Form und den Umfang von in sich geschlossenen Zeichentraktaten annimmt. Gegen Ende des Jahrhunderts macht sich dann im Zusammenhang mit dem allmählichen Niedergang des scholastischen Diskurses auch ein Rückgang der Zeichentheorie bemerkbar. Der theoretische Gehalt gerät zum Stoff, der möglichst kurz und in einfacher lehrhafter Form präsentiert wird. Diese Entwicklung - von der es natürlich Ausnahmen gibt - manifestiert sich bereits äußerlich im Format und Umfang der philosophischen Kurse. Mit dem Ubergang vom Folio- zum Quart- oder Oktavformat setzt sich eine Tendenz zur Handlichkeit durch, die zwangsläufig auch den Inhalt betrifft. Die Texte werden Lehrbücher; ausführliche Problemdiskussionen haben in solchen keinen Platz. Die Positionen und Argumente stehen in der Regel fest und können kurz referiert werden. Eine markante Ausnahme bildet erneut die Entwicklung auf der iberischen Halbinsel, wo gerade im ausgehenden 17. und bis weit in 18. Jahrhundert hinein umfangreiche zeichentheoretischen Fragestellungen gewidmete Traktate entstehen - die vielleicht umfangreichsten in der Geschichte der Zeichentheorie. Obwohl zumeist ungedruckt geblieben, 11 bezeugen die zahlreichen Manuskripte die Präsenz des Zeichens im damaligen universitären Logikbetrieb. 12 Doch an-

8

PETRUS DE FONSECA, SJ, Institutionum

9

F. TOLETUS, SJ, In lib. 1 peri herm., in: Opera omnia philosophica (Köln 1 6 1 5 / 1 6 ) 2. 208f. Soto selbst geht in seinen In dialecticam Aristotelis commentant ... recogniti ( 1 5 5 4 ) nicht auf das Zeichen ein.

10

CONIMBRICENSES, SJ, In libros Arist. de interpretatione, c. 1, in: Commentarti Collegii Conimbricensis e Societate Jesu in universam dialecticam Aristotelis ( 1 6 0 7 ) 2 . 6 - 7 5 . Eine Ausnahme bilden PETRUS DE CANDAMO, OP, Opusculum de signis, notitiis et conceptibus per quaestiones et capita divisum ( 1 6 9 7 ) [ 5 3 9 p.] u. SILVESTER ARANHA, SJ, Disp. logicae, pars 3, De signis ( 1 7 4 5 ) [ 1 8 8 p.]. Wenn auch nur ein kleiner Teil der im folgenden aufgeführten Manuskripte die Qualität dieser beiden Schriften aufwiese, wären hier noch einige Schätze zu heben.

11

12

dialecticarum

libri octo ( 1 5 7 2 ) lib. 1, cap. 8ff.

VGL. JOSÉ ALVARES, SJ, Additamenta ad logicam Conimbricensem. Pro universalibus, signis et topicis, M S : Evora B P ms. 1 1 8 - 1 - 8 ; Lisboa B N , ms. 2 4 3 5 (XVIII), 3 1 2 fs.; FRANCISCO DE AMARAL, De universalibus et signis, M S : B. Ajuda ms. 51-1-11 n. 2 ( X V I I ) ; ANONYMUS, De signis, de universalibus, M S : Porto B M ms. 1 0 8 0 ( 1 6 9 9 ) , 2 7 1 fs.; GONZALO ANTÚNEZ

175

Die Definition des Zeichens

ders als ca. 1 5 0 Jahre zuvor, als von der iberischen Halbinsel aus mit der Wiederbelebung der scholastischen Philosophie auch eine Renaissance des Zeichens erfolgte, vermochte dieser lokal begrenzte Diskurs auf die Entwicklung nördlich der Pyrenäen keinerlei Einfluß mehr zu nehmen. Die scholastische Philosophie des 18. Jahrhunderts war eher noch bereit, sich durch die Öffnung gegenüber dem Wolffianismus der aktuellen Entwicklung anzupassen, als sich der Hege solcher philosophischer 'Dinosaurier' zu widmen.

B. Die Definition des

Zeichens

Während in der Logik um 1 5 0 0 das Verb „significare" den Einsatzpunkt der zeichentheoretischen Eröterungen markiert, steht im 17. Jahrhundert das Substantiv „Signum" im Zentrum. An die Stelle der spätmittelalterlichen Theorie der significatio tritt hier eine Philosophie des Zeichens. Was also ist ein Zeichen? Es liegt auf der Hand, daß die Fülle der unterschiedlichen Formen von Zeichen die präzise Angabe der durchängig für alle und nur für sie geltenden Kriterien zu einem unlösbaren Problem werden läßt. (ANTONES), SJ, Speculations logicae in quinqué tractatus distributee (De universalibus, de signis), MS: Porto BM ms. 662 (XVII), 400 fs.; Luis BATTISTA, Tractatus logicus pro universalibus et topicis et signis, MS: Lisboa BN ms. 4922 (ca 1694); GREGORIO BARRETO, SJ, Apis philosophiere Labores. (De universalibus, De signis), MS: Coimbra BU ms. 2237 ( X V I I ) , 2 1 7 fs.; CAYETANO BOTELHO DE LUCANA Ε ALMEIDA, De universalibus,

De

anteprae-

dicamentis, De signis, De triplici intellectus operatione, MS: Coimbra BU ms. 2279, 343 fs.; ANDRÉS CARNEIRO, Tractatus unicus de additamentis ad logicam Conimbricensem (De universalibus,

de signis),

M S : C o i m b r a B U ms. 2 2 3 2 ( 1 6 8 4 ) , fs. 1 - 1 2 2 ; IGNACIO CARVALHO, SJ,

Opus philosophtcum ... in tres distributus tomos, quorum primus continet logicam (De universalibus, de ente rationis, de signis, MS: Evora BP ms. 125-1-7 (1672), 261 fs.; MANUEL CORREIA, Tractatus

de signis, MS: Lisboa B N ms. 1916 (ca. 1672); MATÍAS CORREIA, SJ, In

digestum philosophorum concilium sive de opinionibus philosophicis (De universalibus, de signis), MS: Porto BM ms. 402 (1685), 497 fs.; GREGORIO DA COSTA, Additamentum secundum ad logicam sive doctrina de signis, MS: Lisboa BN ms. 2196 (1683); JUAN COSTA, Tractatus logicus (De universalibus, De signis), MS: Porto BM ms. 895 (1711), 240 fs.; FRANCISCO DE LA PURIFICACION, Logica. De universalibus. De signis, MS: Evora BP ms. 1181-10 (1720), fs. 1-618; JUAN HENRIQUES, Tractatus tertius pro signo, MS: Coimbra BU ms. 2276, 74 fs.; AUGUSTÍN LOURENÇO, SJ, Tractatus de signis et futuris contigentibus et operationibus intellectus, MS: Braga BP ms. 308 (XVII), 325 fs.; JAVIER DE MATOS, SJ, Metarsioleschia (De universalibus, de signis, de veritate et falsitate), MS: Coimbra BU ms. 2231 (1683), 252 fs.; BENITO PEREIRA, Tractatus secundus de signis, MS: Lisboa BN ms. 2159 (XVII); MANUEL PEREIRA, Additamenta ad logicam. De signis, de intellectu, de notitiis, de topicis, MS: Lisboa BN ms. 2214 (1656); AUGUSTÍN QUARESMA, De signis et topicis, MS: L i s b o a B N ms. R e s e r v a d o s 4 0 3 3 ; E v o r a BP, ms.

118-2-14 (1685);

ANTONIO TELLEZ,

Doctrina de signis et intellectionibus et etiam de Physica, MS: Lisboa BN Pomb. 19 (1680); MANUEL VELOSO, Disp. selectae in logicam. De universalibus et signis, MS: Lisboa BN ms. 4813 (ca. 1670); SEBASTIÁN VLDIGAL, Opus logicum. De universalibus et de signis. De intellectionibus, MS: Lisboa BN ms. 2032 (XVIII). (Die Angaben stammen aus V. MUÑOZ DELGADO, Logica hispano-portuguesa e iberoamericana en el siglo XVII: Cuadernos Salmantinos de filosofia 9 (1988) 279ff.

176

Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

Und werden zudem noch die gängigen Anforderungen an eine reguläre Definition in Anschlag gebracht, die zur Angabe der übergeordneten Gattung und der spezifischen Differenz verpflichteten, kann es nicht verwundern, daß man sich in der Regel wohl darüber im Klaren war, keine Wesensdefinition im strikten Sinne sondern lediglich eine deskriptive Definition bieten zu können. 1 3

Aber

auch eine solche mußte, wenn sie adäquat sein sollte, die für alle Zeichen geltenden Merkmale angeben können. Die meisten Autoren sahen das am ehesten durch die aus Petrus Hispanus' Bestimmung der vox significativa14

abgeleitete

und durch Soto bekanntgemachten Zeichendefinition geleistet: Signum est, q u o d potentiae c o g n o s c e n t i aliquid repraesentat - (Ein Zeichen ist etwas, das einem Erkenntnisvermögen etwas repräsentiert) 1 5

13

Vgl. SAMUEL DE LUBLINO, OP, In universam Aristotelis logicarti quaestiones (1620) 387: „Definitio signi in communi quae est quod potentiae cognoscitivae aliquid repraesentat, non est in rigore quidditativa: sed tarnen conveniens. Prob. Prima pars. De ratione definitionis quidditativae est, quod in ea sit proprium Genus et propria differentia: sed hic non apparet quid habet rationem Generis et propriae differentiae. Minor prob, nam ly Quod in definitione positum, seu Res quae potentiae cognoscitivae aliquid repraesentat, non est Genus: sed quasi Genus, non enim omnis res potentiae cognoscitivae aliquid repraesentat. Secunda vero pars probatur. Ad hoc ut aliqua descriptio explicet natura rei, sufficit ut earn separet ab omni alio: sed potentiae cognoscitivae aliquid repraesentare, separat signum ab omni alio..."; vgl. F. MURCIA DE LA LLANA, Selecta circa Aristotelis dialecticam (1621) 399b-400a: „... definitio significationis ... est 'Significare est rem facere cognoscere'. In qua ponitur loco generis 'facere', et loco differentiae 'cognoscere'. Unde praedicta definitio est descriptiva, quia nec verum genus, nec veram differentiam continet. Quod si quaeras, quae sit definitio essentialis? Respondeo non cognosci: multae enim sunt res, aut quia sunt perfectissimae, aut quia minimae, quarum essentia non cognoscitur."

14

Cf. PETRUS HISPANUS, Tractatus I, 3 (1972) lf: „Vox significativa est ilia que auditui aliquid repraesentat..." D. SOTO, OP, Summulae 1554, fol. 2 r ; P. FONSECA, SJ, ìnst. dial. (1572) 11: „Significare nihil aliud est, quam potentiae cognoscenti aliquid repraesentare. Cum autem omne, quod aliquid repraesentat, sit signum rei quae repraesentatur, efficitur ut quicquid rem aliquam significat, sit signum eius."; CONIMBRICENSES, SJ, Commentarti in univ. Aristotelis dialecticam (1607) 2.7; P. HURTADO DE MENDOZA, SJ, Disp. de universa philosophia (1617) 8: „Signum est, quod aliquid repraesentat potentiae cognoscenti, id est quod facit, ut aliquid cognoscatur: nam repraesentare potentiae, facere praesens, et facere, ut potentiae cognoscat, sunt synonyma."; SAMUEL DE LUBLINO, OP, In universam Aristotelis logicam quaestiones (1620) 387; B. TELLEZ, SJ, Summa universae philosophiae (1642) 77; J. IOANNIZET ECHALAZ, Philosophia (1654) 214a: „...signum potest considerari in actu primo, vel in actu secundo; signum in actu primo est id, quod est aptum aliquid potentiae cognoscitivae repraesentare; signum vero in actu secundo est id, quod potentiae cognoscenti aliquid actualiter repraesentat."; M. CORNAEUS, SJ, Curriculum philosophiae peripateticae (1657) 172: „Signum est quod significat, vel aliquid repraesentat. Significare autem est facere praesens potentiae cognoscenti."; M. SCHÖNMAN, SJ, Radii logici (1657) 10; Β. COLUMBUS, OFM, Novus cursus philosophicus (1669) l i b : „Est autem signum universe sumptum, quod potentia cognoscenti aliquid repraesentat..."; H. HEINLEIN, OSB, Philosophia rationalis (1677) 385b: „Signum late loquendo est, quod significat vel aliquid repraesentat. Significare autem et repraesentare est facere praesens potentiae cognoscenti."; B. LINGEN, SJ, Cursus philos, t. 1 (1718) 184: „Signum in genere est, quod potentiae cogno-

15

Die Definition des Zeichens

177

Ebenfalls seit dem Mittelalter sehr verbreitet ist die aus der von Augustinus in De doctrina Christiana entwickelten Definition bzw. deren mittelalterlich und frühneuzeitlich überlieferter Version abgeleitete, die Festlegung des Zeichens auf sinnliche Wahrnehmbarkeit jedoch tilgende Bestimmung: Signum est id, quod facit nos in alicuius rei cognitionem venire (Ein Zeichen ist etwas, das uns zur Erkenntnis irgendeiner Sache kommen läßt).16 Wenngleich das in ihr formulierte Kriterium des „facere in cognitionem venire" bzw. „ducere in cognitionem" nicht so oft Eingang in die förmlichen Zeichendefinitionen findet wie das zumindest frühneuzeitlich dominierende „aliquid repraesentare potentiae", bilden die genannten Formeln das vielleicht am häufigsten zur Beschreibung der spezifischen Leistung des Zeichens verwendete Instrumentarium.17 Neben diesen Basisdefinitionen finden sich zahlreiche Varianten, in denen zumeist versucht wird, die Resultate der Erörterung spezieller Zeichenproblematik für die Zeichendefinition im allgemeinen fruchtbar werden zu lassen um so den Gegenstandsbereich des Zeichens durch die Angabe weiterer für es und den Akt des Bezeichnens als konstitutiv erachteter Bestimmungsmomente einzugrenzen. Die gebräuchlichsten sind:

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scitivae aptum est aliquid repraesentare."; S. ARANHA, SJ, Dtsp. logicae (1745) 240f. R. DE ARRIAGA, SJ, Cursus philosophicus (1632) 178a: „Divus Augustinus ... definivit Signum esse id, quod praeter speciem quam ingerit sensibus, aliquid aliud facit in cognitionem venire. Haec definitio non convenit omnibus signis, quia signum formale, v.g. cognitio, dum manifestat aliud a se, non facit nos in sui venire notitiam tantum vero convenit signis instrumentalibus: sed ñeque omnibus, quia species impressa est signum instrumentale, et tarnen non est necessum ut ipsa cognoscatur. Signum autem in communi, prout abstrahlt ab utroque, definiri potest, est id, quod facit nos in alicuius rei cognitionem venire."·, GERVASIUS VON BREISACH, OFMCap, Cursus philosophicus (1699) 249. Gegen diese Definition wendet sich F. DE OVIEDO, SJ, Integer cursus philos. (1640) 137a: „Signum in universum definiunt nonnulli 'id quod facit nos devenire in cognitionem alicuius rei'. Verumtamen haec definitio exacta non est; quia convenit causis respectu suorum effectuum, ex causarum enim cognitione in cognitionem suorum effectuum devenimus, et tamen causae iuxta communem loquendi modum non dicuntur effectuum signa. (...) Exciperem ego effectus in quibus principia intendunt speciem conservare, quales sunt omnes univoci..."); Poncius kritisiert sie unter Verwendung der im Spätmittelalter gegen das effective und obiective significare vorgebrachten Argumenten sowie mit dem schon von Ailly formulierten Hinweis auf die Unzulänglichkeit dieser Bestimmung für die Beschreibung der als Zeichen verstandenen Konzepte. Vgl. J. PONCIUS, OFM, Philosophiae ad mentem Scoti cursus integer (1659) 266a: „Haec descriptio non placet, quia obiectum facit nos venire in cognitionem sui venire, et tamen non propterea dici potest signum. Rursus Deus ipse facit nos in cognitiones multarum rerum venire..., nec tamen ab ullo vocatur signum illarum rerum. Praeterea cognitio est signum rei, quae cognoscitur per ipsam secundum hunc authorem, et tamen ludicrum esset dicere quod cognitio deduceret in cognitionem, aut faciat nos venire in cognitionem." S. u., Anm. 60.

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Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

Signum est quod potentiae cognoscenti aliquid repraesentat a se distinctum - (Ein Zeichen ist etwas, das etwas von ihm Unterschiedenes dem Erkenntnisvermögen repräsentiert). 18 Diese Definition postuliert die Verschiedenheit von signum und significatum: Nichts ist Zeichen seiner selbst. Das Lehrstück der Unmöglichkeit einer Selbstbezeichnung, das bereits im antiken Zeichenbegriff implizit enthalten ist 19 und in der augustinischen Zeichendefinition („... aliquid aliud ex se faciens in cogitationem venire") explizit zum Ausdruck gebracht wird, war im 13. Jahrhundert geläufig. 20 Es leitet seine Plausibilität offensichtlich aus einer vorrangigen Berücksichtigung des natürlichen Zeichens her, da dieses entweder in einer Kausalbeziehung oder in einer Ähnlichkeit - die nach scholastischer Auffassung Identität gerade ausschließt - zum Bezeichneten fundiert ist. Anders liegt der Fall jedoch bei den willkürlich eingesetzten oder, allgemein, logikrelevant Zeichen. In diesem Kontext hatte bereits Augustinus - abweichend von seiner eigenen Zeichendefinition - die Möglichkeit der Selbstbezeichnung betont. 21 In der scholastischen Logik des Spätmittelalters hatte das Problem der Selbstreferenz seinen festen Ort in der Behandlung der suppositio materiate. Während im Anschluß an Ockham die suppositio materialis als nichtsignifikativer Sprachgebrauch aufgefaßt wurde, 22 folgte die Mehrzahl der Autoren dem

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Summa philosophiae (1614) 2 6 : „... significare nihil aliud esse quam facultati cognoscenti quidpiam a se diversum repraesentare."; F. ARAV, OP

EUSTACHIUS A SANCTO PAULO, O P ,

Commentariorum in univ. Arist. Metaphysicam tomus I. (1617) 351a: „Signi ... communis ratio ut sic, in eo consistit, ut aliquid aliud a se potentia cognoscitivae repraesentet."; JOHANNES A SANCTO THOMA, OP, Ars logicae (1948) 646a; F. GONÇALEZ, SJ, Logica tripartita (1639) 89: „Signum in communi est quidquid aliud a se distinctum repraesentat potentia cognoscitiva."; T H . COMFTON CARLETON, SJ, Philosophia universa (1649) 157a: „... signum in communi recte quis difiniverit; 'est quod potentiae cognoscenti aliquid a se distinctum repraesentat, sive ipsum cognoscatur, sive non'."; COSMAS DE LERMA, OP, Cursus philos. t. 1, (1649) 2 : „ E s t . . . signum quod potentiae cognoscitivae aliquid aliud a se repraesentat"; IRENAEUS A SANCTO JACOBO, OP, Integer cursus philosophicus ad mentem Thomae (1658), 14a; B . BARO, O F M , Joan. Duns Scotus ... per univ. philos. ... defensus (1664) 3 : „... si tarnen velis quis admittere formalia pro vere signis, et audire definitionem unam omnium sit ista: signum est quod repraesentat aliud potentiae."; F. OHM, OP, Summa philosophica (1692) 99: „Signum est quod potentiae cognoscitivae aliud a se repraesentat, repraesentare autem est reddere rem praesentem potentiae."; A, OSWALDT, OP, Spicilegium philosophicum collectum in agro thomistico (1697) 3 : „Definitur signum, quod sit id, quod potentia cognoscitiva aliud a se repraesentat."; PETRUS DE CANDAMO, OP, Opusculum de signis, notitijs et conceptibus (1697) 1: „Est ergo signum: Obiectum potentiae cognoscitivae aliud a se repraesentans."; J . G . BOYVIN, O F M , Philosophia Scoti (1701) 3 1 3 . 19

20 21 22

Uberall dort, wo das Zeichen im Spannungsfeld von Verborgenheit und Offenbarkeit angesiedelt ist und seine Funktion darin gesehen wird, etwas Verborgenes oder Abwesendes kognitiv präsent und offenbar zu machen, wäre eine Selbstbezeichnung in sich widersprüchlich. Vgl. THOMAS VON AQUIN, Quaest. disp. de peritate, q.7 a. 1, ed. R. SPIAZZI (1964) 128a. AUGUSTINUS, De magistro VI, 17f. Vgl. M. HUNDT, Compendius totius logices (1507) fol. 165r: „Nulla dictio materialiter po-

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Die Definition des Zeichens

Ansatz Buridans und vertrat, wie Albert von Sachen, Paul von Venedig oder Paul von Pérgula, unter Bezugnahme auf die materiale Supposition die Möglichkeit einer Selbstbezeichnung der Termini. 2 3 Hierbei fiel verschiedentlich die Diskrepanz zur augustinischen Zeichendefinition auf. So wehrt etwa Conradus W i m pina das Argument, die augustinische Zeichendefinition lasse sich nicht mit dem Konzept der suppositio

materialis

vereinbaren, mit der Bemerkung ab, daß die-

ser eher das Sakramentalzeichen als das logische Zeichen definiert habe. 2 4 Die logische Problematik der materialen Supposition bildet offenbar den Hintergrund der in der Logik um 1 5 0 0 durch die Gleichsetzung von und significano obiective

in F o r m des significare

naturaliter

communiter

repraesentatio

bzw.

significare

vielfach zugelassenen Selbstbezeichnung der Termini. In kritischer Ab-

setzung von diesem Sprachgebrauch greift insbesondere Soto wieder das alte Lehrstück auf und instrumentalisiert es zur terminologischen Abgrenzung von significare

und repraesentare.

Über Soto wird die These von der Unmöglichkeit

einer Selbstbezeichnung im 1 7 . Jahrhundert wiederum zu einem überwiegend anerkannten zeichentheoretischen Gemeinplatz. 2 5 Damit ist freilich noch nicht entschieden, ob es sich bei der postulierten Verschiedenheit von Zeichen und Bezeichnetem um eine reale oder lediglich eine gedankliche bzw. modale handelt. 2 6 Diese Frage, von der Zweitscholastik in der Regel im zweiten Sinne be-

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sita logice supponit. Cuius ratio est, quia non signifìcat aliud a se, et ideo non est vox significativa proprie sed vox non significativa et ideo non supponit." ALBERT VON SACHSEN, Quaestiones in artem veterem, n. 710f (1988) 476f: „... circulus pendens ante tabernam non solum significat vinum, sed etiam significat seipsum; ergo consimili ratione et termini, non solum significant suas res significatas, sed etiam significant seipsos. ... quilibet terminus potest supponere pro se, ergo quilibet terminus potest significare se. Consequentia tenet, quia suppositio praesupponit significationem."; PAULUS VENETUS, Logica magna, p. 1 c. 2 (1979) 40: „... non solum termini mentales seipsos et alia significata primaria a se distincta significant: sed etiam termini vocales vel scripti seipsos naturaliter significant, sicut et aliae res sensibiles seipsas enim intellectui per intentionem propriam repraesentant, quemadmodum facit homo, lapis, et sic de aliis. Cum ergo significare non sit aliud quam rei similitudinem memoriae vel virtuti cognitivae repraesentare vel conceptum primum in anima causare, igitur tales seipsos significant et hoc naturaliter...". C . WlMPINA, Congestio

(ca. 1 4 9 8 ) fol. A 7 v : „... ad A u g u s t i n u m d i c i m u s q u o d p o c i u s diffi-

nit s i g n u m s a c r a m e n t a l e q u a m l o g i c a l e . " 25

Vgl. CoNiMBRicENSES, Anm. 237; vgl. SAMUEL DE LUBLINO, OP, In universam Aristotelis logicam quaestiones (1620) 395: „Nulla res potest significare seipsam in quantum est signum. Probatur. Oppositae relationes non possunt eidem convenire, secundum eandem considerationem, sed relatio signi et signati sunt oppositae adinvicem. Ergo signo non possunt convenire ut signum. ... Secunda conclusio. Signum significat seipsum non prout est signum, sed sub opposite relatione signât."; F. GONÇALEZ, S J , Logica tripartita (1639) 93b: „... unam eademque rem posse, et solere esse signum multis modis respectu diversorum, sed nihil posse esse signum omnino sui ipsius."; C. F. VÈRANI, Phil. univ. specul. (1684) 6a; J. B . DE BENEDICTS, SJ, Philos, peripat. (1688) 510; J. G . BOYVIN, OFMObs, Philos. Scoti (1701) 313.

26

Roger Bacon hatte mit Blick auf die Problematik sprachlicher Selbstreferenz betont, daß bereits eine gedankliche Unterscheidung zur Wahrung einer Signifikationsbeziehung hinreichend ist. Als Beleg hierfür dienten ihm die zum Verkauf ausgestellten Waren, die als Sub-

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Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

antwortet, wird insbesondere in der sakramentaltheologisch motivierten Kontroverse zwischen den Lutheranern und Calvinisten über die adäquate Bestimmung des Zeichens bedeutsam. 27 Noch gegen Ende des 17. Jahrhunderts bezeichnet Nicolaus a S. Iohanne Baptista die Frage nach der Verschiedenheit von Zeichen und Bezeichnetem als „sehr kontrovers" und widmet ihr eine eingehende Erörterung. 28 Signum est quod ordinatur ad aliquid repraesentandum potentiae cognoscitivae - (Zeichen ist, was dazu bestimmt ist, etwas dem Erkenntnisvermögen zu repräsentieren). 29 Bei Franciscus de Oviedo ist die von Toletus terminologisch eingeführte und von Rubius übernommene Distinktion - auf beide beruft sich Oviedo 30 - zwischen dem signum proprium und dem signum improprium in die allgemeine Zeichendefinition eingegangen. 31 Diese Bestimmung verdankt sich dem Bestreben, den, wenn jede Wirkung als Zeichen ihrer Ursache gilt, extensional nicht begrenzbaren Zeichenbegriff einzuschränken und zu präzisieren. Den historischen Hintergrund bildet offenbar Augustinus' prominenter Versuch der Abgrenzung von res und signa, demzufolge mit Blick auf das Kriterium der Zeichenproduktion nicht allen als Zeichen fungierenden Dingen in gleichem Maße Zeichencharakter zukommt. Denn neben den Dinge, die nur beiläufig als Zeichen genommen werden können, gibt es solche, die je schon als Zeichen intenstanzen Zeichen ihrer eigenen Verkäuflichkeit sind. Vgl. Kap. II, Anm. 6 5 . Dasselbe Argument ist noch im späten 17. Jahrhundert geläufig. Vgl. C. FRASSEN, O F M , Philos, académica 1.1 ( 1 6 8 6 ) 3 3 7 b : „...non ... necesse est signum distingui realiter a re significatica. ... fructus venales prae foribus Mercatorum appensi, tarn seipsos quam alios ibidem esse fructus venales significant." ; GERVASIUS VON BREISACH, O F M C a p . Cursus philosophicus, t. 1. ( 1 6 9 9 ) 2 3 9 : „Dices: Caro in Macello; equus in foro, pannus ante fores mercatoris etc. sunt signa illius carnis, equi, et pani venalis: ergo idem est signum suiipsius, proindeque signum non facit semper venire in cognitionem alterius re a se. Resp. Carnem in macello, equum in foro etc. non esse signa carnis, equi, et panni, sed existentiam earum in illis locis esse signum venalitatis." 27 28

29 30 31

S. Kap. V, Anm 7 6 .

Philos, augustiniana ( 1 6 8 7 ) 1 5 - 2 0 . Er unterscheidet in diesem Zusamenhang zwischen natürlichen und willkürlichen Zeichen und wertet die Selbstreferenz als ein Proprium der letzteren: „Dico ... nullum signum ...naturale esse sui ipsius signum. ... communiter omne signum distingui a re significata; non tarnen implicare dari signum instrumentale ad placitum, quod sit sui ipsius signum." (16). NICOLAUS A S. IOHANNE BAPTISTA,

F. OVIEDO, SJ, Integer cursus philosophicus ( 1 6 4 0 ) 4b. Vgl. ebd. 13 7f. F. TOLETUS, SJ, Introductio in universam Aristotelis logicam, in: Opera omnia philosophica ( 1 6 1 5 ) 2 0 8 b : „... signum proprium est, quod non solum sui cognitione alterius facit cognitionem: sed etiam ad hoc ordinatum est, sive a natura sive ab alio, ut aliud indicet: quo pacto ramus appositus est proprium signum vini vendibilis, quia sui cognitione facit cognitionem vini, et ad hoc ordinatum est, ut indicet vinum. Improprium autem est, quod sui quidem cognitione aliud facit cognoscere, non tamen ad hoc ordinatum est, ut fumus est signum ignis, et effectue causarum, et e contra, sed non sunt propria signa, cum non ad hoc ordinata sint."; Vgl. A. RUBIUS, SJ, Logica mexicana ( 1 6 0 5 ) 19f.

Die Definition des Zeichens

181

diert und gegeben sind und „deren ganzer Nutzen im Bezeichnen besteht".32 Unter den natürlichen Zeichen kommen hierfür, wie Rubius meint, in erster Linie die traditionell als „vox naturaliter significans" beschriebenen Zeichen in Betracht, d.h. tierische oder unwillkürlich hervorgebrachte, innere Affekte bezeichnende menschliche Laute. De facto werden durch dieses Kriterium alle Zeichen vom Typ 'Spur -> Tier', 'sprachlicher Ausdruck —> Sprecher' oder 'Wirkung -» Ursache', d.h. natürliche Indizes, aus dem Bereich des Zeichens im eigentlichen Sinne ausgeschlossen. Eine vergleichbarer Versuch der Limitation des Zeichens im eigentlichen Sinne auf vom Menschen oder der Natur - was immer das heißen mag - eingesetzte Zeichen findet sich bereits in Abailards Bestimmung des „significativum" als „quidquid habile est ad significandum ex institutione aliqua sive ab homine facta sive natura".33 Verständlicherweise variiert der Bereich derjenigen Dinge, die als von der Natur intendierte Zeichen angesehen werden. Denn wo die geistigen Konzepte selbst als Zeichen aufgefaßt werden, liegt es nahe, gerade sie als Exempel des signum proprium zu verwenden.34 Bereits die Conimbricenes haben sich gegen die Unterscheidung der Zeichen in eigentliche und uneigentliche ausgesprochen;35 wohl deshalb, weil das hiermit in Anschlag gebrachte Kriterium der intendierten Zeichenproduktion mit ihrem allein an der Funktion der Erkenntnisvermittlung orientierten Zeichenbegriff nicht vereinbar war und sie, da sie den Grund des Zeichenseins bei den signa naturalia in die Natur der Dinge selbst legten, eine von der Ordnung der Dinge abgehobene natürliche, göttlich intendierte Zeichenordnung nicht akzeptieren konnten.36 Nach Arriaga dagegen ist eine solche 'Sprachregelung' mehr Gewicht will er der Frage nicht beimessen - insofern inadäquat, als sie nicht nur gegen das allgemeine Zeichenverständnis verstößt, sondern auch außer Acht läßt, daß 'Zeichen' in erster Linie ein natürliches Phänomen ist und die signa ad placitum, weil - mit Ausnahme der sprachlichen Ausdrücke - im Vergleich zu den natürlichen Zeichen nur sehr gering an Zahl, eher von den als

32 33

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AUGUSTINUS, De doctr. christ., vgl. Kap. I, Anm. 114. Vgl. ABAILARD, Logica ingredientibus, Glossae ... super Pert ermenias (1927) 335; vgl. DERS., Dial. (1956) 111: „Nunc etiam per signa aliquid innuimus et hae quidem rerum proprie significare dicuntur quae ad hoc institutae sunt, sicut et voces, ut significandi officium teneant." Vgl. CHR. SCHEIBLER, Metaphysica (1636) 362f: „Signa propria sunt, quae significant, et ad hoc instituta sunt, ut significent. Talia sunt conceptus, species intelligibilis, et similia signa. Signa impropria sunt, quae signant quidem, tarnen per se non sunt instituta (a natura vel aliunde) ut signent. Sic effecta sunt signa causarum." Vgl. CONIMBRICENSES, SJ, Commentarti in univ. Aristotelis dialecticam (1607) 2.16: „Minus frequens, minusque accomodata est illa divisto qua signa bipartiuntur in propria, et impropria." Vgl. Anm. 109.

182

Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

Zeichen par excellence geltenden signa naturalia

her überhaupt „ Z e i c h e n " ge-

nannt werden. 3 7 Einen ganz anderen, ja konträren Sinn wird dieselbe F o r m e l („Signum est id quod ordinatum est ad manifestandum intellectui aliquid distinctum ab ipso signo") gegen E n d e des Jahrhunderts bei dem von Leibniz geschätzten Jesuiten Giovanni Battista Tolomei annehmen, 3 8 da hier die W e l t selbst - und zwar vorrangig - einen göttlich instituierten Zeichenzusammenhang (ordo

significandt)

darstellt. 3 9 Signum est, q u o d media sui c o g n i t i o n e aliquid repraesentat - (Zeichen ist, was vermittels seiner Erkenntnis etwas repräsentiert) 4 0 37

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39

40

bzw. Signum est,

R. DE ARRIAGA, SJ, Cursus philosophicus (1668) 213b: J a m dixi, rem hanc esse de modo loquendi, in qua eo ipso mihi displicet haec doctrina, quia revera est contra communem sensum hominum... Et revera si attente id consideremus, signa ad placitum, exceptis vocibus, sunt valde pauca respectu naturalium. et illa videntur potius denominata a signis natural i bus, quam e contrario, ideoque potius, quae naturalia sunt, deberent dici per excellentiam signa." Vgl. J. Β. PROLEMAEUS, SJ, Philosophia mentis et sensuum (1698) 132a. Wohl nirgends wird dem Zeichen eine höhere Dignität zugewiesen als in Tolomaeis Philosophia, in der die Welt als eine Art Zeichenhymnus ad gloriarti Dei erscheint: „... Mundus sensibilis est explicatissimus signum ... Mundus totus est ordinatus ad gloriam Dei, sed eo ipso est signum, ... Non modo Mundus dicitur rectissime signum, sed iure appellatur Congregatio quaedam pene innumerabilium signorum; Sume vel minimam reculam ex naturalibus, illam scito plurimarum rerum esse signum. Primo, signum est Dei creatoris, et conservatone... Secundo, signum est naturalium causarum ... a quibus recula illa producta est. Haec duplex significatio inest omnibus rebus mundanis...; inde res quaelibet capax est dandi humano intellectui particulam quamdam felicitatis juxta verissimum illum effatum: Felix, qui potuit rerum cognoscere causas. Causas per signa tantum cognoscere possimus; adeoque felicitas illa provenit a signis." Der Wert der Welt als Zeichen übertrifft den Nutzen der Welt als Welt bei weitem: „Mundus qua ratione est significativus, tanto praestantior est se ipso quatenus utili; quantum praestat anima nostra corpori nostro. Nil ex rebus istis mundanis percipi potest emolumenti maioris; quam quod per illas in cognitionem veniamus rerum a sensibus maxime secretarum, et potissimum summae, et infinitae illius rei, quae Deus est." (135b). Ebenso ist die Zeichenwahrheit der Dinge höher einzuschätzen als ihre 'ontologische' Wahrheit, die ihnen als Dingen zukommt: „Veritas, seu cognoscibilitas relativa, quae rebus mundanis inest ex eo quod sunt signa, major, et aestimabilior est, quam Veritas earundem rerum absoluta..." (136b). Vgl. ebd. 135b-136a: „Sunt plurimae res in mundo, quae (nisi velimus confingere incredibiles quasdam utilitates) nullam aliam utilitatem praestant hominibus, quam quod signa sint: e contrario nulla rerum sensibilium est, quae utcumque sit insigniter utilis non illa quoque sit signum: est enim prorsus rectae rationi difforme ut res aliqua sensibilis extet nil a se distinctum significet. Hactenus locuti sumus de mundo sensibili, et rebus, quae sensu aliquo percipi possunt: si de substantiis corporeis, quae sunt tantum mediate sensibiles loqui velimus, ordo significandi sic potest instituí; ut accidentia sensibilia sint signa substantiae corporeae: haec vero creatam substantiam spiritualem significet: et substantia spiritualis (Angelus, vel anima rationalis) sit signum Dei: Deus vero signum non est, sed omnium rerum immediatum (136a) significatum..." A. BERNALDUS DE QUIROS, SJ, Opus philosophicum ( 1 6 6 6 ) 192b: „(Signum est) quod aliud a se potentia repraesentat; sed non placet, etenim species, habitus, et potentia dum causant cognitionem, aliud repraesentant, tarnen non sunt signa: ideo ego definió: Quod media sui

Die Definition des Zeichens

183

quod cognitum ducit nos in Cognitionen] alterius - (Zeichen ist, was als Erkanntes uns zur Erkenntnis von anderem führt).41 Diese Definitionen orientieren sich enger an der augustinischen Bestimmung des Zeichens, bei der die sinnliche Wahrnehmbarkeit ein konstitutives Bestimmungsmerkmal desselben ausmacht. Mit der Einführung der Bedingung des Erkanntseins des Zeichens kann jedoch sehr Verschiedenes intendiert sein. So kann mit ihr die definitorische Ausschaltung der Formalzeichen bezweckt sein;42 das muß aber nicht der Fall sein. Denn nach thomistischer Auffassung wird das signum formale, die species expressa oder das verbum mentis zusammen mit dem Gegenstand selbst erkannt. Es ist damit ein, wie z.B. Franciscus Bonae Spei sagt, „cognitum ut quo". Dieses Kriterium bietet sich dort an, wo die nach allgemeiner Auffassung selbst nicht erkannten species impressae nicht als signa eingestuft werden sollen. Ebenso wird damit vermieden, daß die Zeichendefinition auch dasjenige beschreibt, was, wie das Erkenntnisvermögen, bewirkend repräsentiert ( e f f e c t i v e repraesentat). Signum est, quod in alicuius veritatis cognitionem quempiam ducit (Zeichen ist, was irgendjemanden zur Erkenntnis irgendeiner Wahrheit führt).43 Diese Definition bezieht das signum nicht auf die prima operatio mentis, die simplex apprehensio, sondern auf die secunda operatio mentis, das iudicium als den logischen Ort der Wahrheit. Ein solches in der Tradition der stoischen Semiotik stehendes Zeichenkonzept, demzufolge jedes Zeichen ein die Existenz des Signifikats anzeigendes „Argument" ist, vertritt etwa auch Petrus de Comitibus.44

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43 44

cognitione aliquid repraesentat; ly sui cognitione praescindit a cognitione in actu exercito vel actu signato..." F. BONAE SPEI, OCarm, Commentarti tres in universum Aristotelis Philosophiam (1652) 10a: „... signum prout commune est etc., recte definitur 'quod cognitum ducit nos in cognitionem alicuius.' Dixi 'quod cognitum', puta ut 'quo' vel ut 'quod'; quia formale semper est ut 'quo' cognitum, sive cognitio alterius materialis aut spiritualis. (10b) ... cum intellectus non nisi cognoscendo moveatur et fiat veniens in cognitionem, sic ut ipsius moveri et in cognitionem sit cognoscere, nihil potest facere intellectum nostrum venire in alieujus rei cognitionem, nisi cognitum." Vgl. C. F. VERANI, Philosophia universa speculativa (1684) 6a: „Signum proprie non est medium quo cognoscendi, sed medium quod, ita ut non sit medium cognoscendi nisi ut cognitum."; Auf dieser Linie liegt auch J. B. DE BENEDICTIS, SJ, Philosopha peripatetica, t. 1 (1688) 508: „... de ratione signi proprie accepta non est, quod sit prius, vel posterius in natura, sed solummodo quod sit nobis praecognitum..."; vgl. S. DUPASQUIER, OFM, Summa philos, scholast. etscotistica (1705) 372. R. LYNCEUS, SJ, Universa philos, scholast. (1654) 203 a. P. DECOMITIBUS, OESA, Philosophia rationalis (1671) 495: „Omne signum est argumentum indicans existentiam signati. ... signum debet esse tale, ut non solum faciat nos venire in simplicem apprehensionem, seu cognitionem sui et signati, sed etiam debet facere, ut nos veniamus in iudicium, quo affirmemus existentiam illius, cuius est signum. Atque adeo de-

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Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

Zumeist werden die genannten Definitionen explizit der Augustinischen Zeichendefinition („Signum est res praeter speciem quam ingerit sensibus, aliud aliquid ex se faciens in cogitationem venire") gegenübergestellt, welche für zu eng erachtet wird, da sie allein für die sinnlich wahrnehmbaren Instrumentalzeichen, nicht aber für die Formalzeichen bzw. die geistigen Begriffe gilt. Doch ist die Kritik an der augustinischen Zeichendefinition nicht einhellig. Verschiedentlich wird - im Anschluß an Scotus45 - versucht, sie durch eine erweiternde Interpretation dem gewandelten Zeichenverständnis anzupassen. Denn wenn man das in ihr enthaltene „sensibus" auch für den „sensus incorporalis" gelten läßt, erfüllt sie, wie Dupasquier später betonen wird, sogar in besonderem Maße die formalen Kriterien einer adäquaten Definition.46 Und weil die Frage nach dem Zeichenstatus der Konzepte alles andere als definitiv entschieden war, halten etliche Autoren an der augustinischen Definition fest.47 Allen diesen Definitionen gemeinsam ist die Einbindung des Zeichens in ein dreistelliges Beziehungsgefüge.48 Etwas ist Zeichen von etwas für jemanden - oder, mit den Worten von Peirce: „A sign stands for something to the idea which it produces, or modifies".49

C. Die ratio signi und die

Zeichenrelationen

Wie gesehen, ist der doppelte Bezug des Zeichens auf das Signifikat einerseits und das Erkenntnisvermögen andererseits fester Bestandteil der wie auch immer ansonsten voneinander abweichenden Zeichendefinitionen. Wo indes von zwei Beziehungen auszugehen ist, stellt sich die Frage nach der Gewichtung derselben sowie nach ihrem Verhältnis zum Formalbegriff des Zeichens. Diese

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bet habere rationem praemissae, in ordine ad iudicium." Eine Gleichsetzung von ''signum' und ' a r g u m e n t u m ' war von Cicero her bekannt. Vgl. A. BURSIUS, Dialéctica Ciceronis (1604) 292. S. Kap. II, Anm. 161. Vgl. S. DUPASQUIER, O F M , Summa philosophiae scholasticae, et scotisticae ( 1 7 0 5 ) 3 7 2 f : „Haec definitio explicat naturam signi per verum genus, et per veram differentiam ejus; nam sensus illius definitionis est, quod signum debet prius cognosci, et per sui cognitionem facit nos venire in cognitione alterius. Primum habet rationem generis, convenit enim cum omnibus objectis potentiae cognoscitivae: Secundum vero habet locum differentiae, nam per hoc differt signum ab iis objectis, in quorum cognitione sistit potentia." Vgl. D. BANEZ, O P , Institutions minoris dialecticae ( 1 6 3 1 ) 2 7 ; R. CRAKANTHORP, Logicae libri quinqué ( 1 6 2 2 ) 2 2 ; Β . BARO, O F M , Joan. Duns Scotus ... per univ. philos. ... defensus ( 1 6 6 4 ) 3 b : „... signum est quod ducit in alterius cognitionem excitando speciem illius in intellectu percipientis signum propter connexionem quam habet res illa quae dicitur signum cum ea quae dicitur significatum... Vides ergo definitionem Augustini sustinere posse ut absolute universalem, quia nimirum ea quae sub illa non comprehenduntur nec sub signo comprehenduntur. "

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Auf die Dreistelligkeit des scholastischen Zeichenkonzeptes hat bereits H. ROOS hingewiesen (Sprachdenken im Mittelalter: Classica et Mediaevalia 9 (1948) 205f). C. S. PEIRCE, Collected Papers ( 1 9 3 1 - 5 8 ) 1 . 3 3 9 .

Die ratio signi und die Zeichenrelationen

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Frage bildet den Ausgangspunkt der dem Umfang wie dem Einfluß nach bedeutendsten Zeichenlehre des beginnenden 17. Jahrhunderts, derjenigen der Conimbricenses. 50 Sie wenden sich dabei - obwohl der Stellenwert dieses Problems auffallend niedrig angesetzt wird 51 - gegen die namentlich an Bonaventura 5 2 und Scotus 53 festgemachte aber auch bei einigen recentiores vertretene Position, derzufolge von den beiden Rücksichten allein die auf die bezeichnete Sache untrennbar mit dem Begriff des Zeichens verbunden sei, wohingegen die auf das Erkenntnisvermögen eine auf jene Relation folgende Eigenschaft des Zeichens sei, da bereits aufgrund einer natürlichen oder sich willkürlicher Einsetzung verdankenden Verbindung mit dem Signifikat das Zeichen seine Eignung erhalte, ein Erkenntnisvermögen die durch es bezeichnete Sache erkennen zu lassen. 54 Demgegenüber vertreten sie die Auffassung, daß das Zeichen wesensmäßig beide Beziehungen einschließt, da der vollständige Begriff des Zeichens sich nicht ohne dessen Vermögen erfassen läßt, irgendeinem Erkenntnisvermögen eine Sache gegenwärtig zu machen. Ein weiteres Argument für die wesentliche Zugehörigkeit der Rücksicht auf das Erkenntnisvermögen zum Begriff des Zeichens ergibt sich für sie daraus, daß die beiden Arten des formalen und instrumenteilen Zeichens sich aus eben dieser Rücksicht ableiten, die Art aber nur durch einen wesentlichen Teil differenziert werden kann. 5 5 Beide Rücksichten erscheinen nach der Darstellung der Conimbricenses als nicht im gleichen Maße durch die Tradition abgesichert. Während die Beziehung auf das Signifikat als allgemein anerkannt vorausgesetzt werden kann, ist 50

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52 53

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55

Vgl. hierzu J. P. DOYLE, The Conimbricenses on the Relations Involved in Signs, in: Semiotics, hg. J. N. Deely (1984) 567-76. CONIMBRICENSES, SJ, Commentarti in univ. Aristotelis dialecticam (1607) 2.9: „Non est tanti momenti haec res, ut in alterutrum parte multum insistendum sit..." Vgl. Kap. II, Anm. 46. Vgl. JOHANNES DUNS SCOTUS, Reportata parisiensia IV d. 1 q. 2, n. 3, Op. omn. (1891-95) 23. 546a: „... duo importât, scilicet respectum ad signatum quod signât, et [das bei Vivès hier stehende „ad" ist m.E. zu streichen] fundamentum, in quo est respectus hujus signi. Unde signum dicitur respective ad aliquod signatum, ut pater ad filium..." Vgl. Ps.-SCOTUS, Meteorologium liber primus, q. 24 a. 1 (1891-95) 4. 115a-b: „... signum est relatio ad signatum, et ideo signum est, per quod devenimus ad significationem signati, sicut per fumum devenimus in cognitionem ignis." Damit ist offenbar auf Positionen gezielt, die betonen, daß das Zeichen auch im Fall des gegenwärtigen Fehlens eines Bezugs zum Zeicheninterpreten (Schrift im geschlossenen Buch) Zeichen bleibt. Vgl. Kap. III, Anm. 40f. CONIMBRICENSES, SJ, Commentarti in univ. Aristotelis dialecticam (1607) 2.9: „... verisimilius videtur signum formaliter includere utramque habitudinem. Quod primo colligitur ex definitione, ubi utraque ex aequo exprimitur; idque iure optimo: nam si mens consulatur, non potest apprehendi integra signi ratio, quin concipiatur potestas objiciendi rem alicui potentiae. Secundo respectus ad potentiam variat speciem signi; ergo pertinet ad illiud essentiam. Consequentia est optima, quia species non variatur nisi per partem essentialem. Antecedens probatur. Quoniam signum formale, et instrumentale sunt duae signorum species in hoc dissidentes, quod unum percipitur a potentia: aliud non percipitur; qui sunt respectus ad potentiam."

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D a s Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

die Frage, ob das Zeichen zugleich auch die Beziehung zum Erkenntnisvermögen einschließt, kontrovers. Ihre Antwort lautet: Wir bejahen dies eher, wie es auch die neueren Autoren durch jene von ihnen getroffenen Unterscheidung zu tun scheinen, dergemäß der Begründung der gegenteiligen Auffassung zuzugestehen ist, daß in jeglichem Zeichen die Beziehung auf die Sache früher ist als diejenige auf das Erkenntnisvermögen... Abzulehnen ist es jedoch, wenn daraus gefolgert wird, daß in jener ersteren Beziehung der Begriff des Zeichens erfüllt wird. Wenn wir nämlich jene ganze Beziehung bei einer Sache annehmen, die keine Angemessenheit besitzt, mit irgendeinem Erkenntnisvermögen zur Repräsentation des Bezeichneten zusammenzukommen, so würde diese Sache nicht Zeichen genannt werden; wie auch der Rauch nicht hinsichdich des Gehörs, von dem er nicht wahrgenommen wird, sondern in Rücksicht der Augen Zeichen des Feuers genannt wird. Es kann also geschehen, daß die zweite Beziehung die erste voraussetzt; dennoch besteht der vollständige Begriff des Zeichens in beiden. 56

Was hier ausgetragen wird, hat nicht den Status einer Kontroverse zwischen einem dyadischen und einem triadischen Zeichenbegriff. Denn auch die gegenteilige Auffassung impliziert keinesfalls das, was adäquat als zweistellige Zeichenkonzeption beschreibbar wäre. Nirgends wurde das triviale Faktum bestritten, daß eine Semiose, daß der tatsächliche Prozeß des Bezeichnens und damit das Zeichen in seinem aktualen Funktionieren nur unter Berücksichtigung zumindest - der beiden Beziehungen auf das Signifikat einerseits und auf ein Erkenntnisvermögen andererseits konzipierbar ist. Zur Diskussion steht lediglich, ob der Begriff des Zeichen aus der tatsächlichen Bezeichnungsleistung her entwickelt und an dieser festgemacht werden muß. Auch Bonaventura hatte bei seiner relationalen Bestimmung des Zeichens eine Beziehung auf das Erkenntisvermögen behauptet, diese jedoch, weil sie als Erkanntsein oft nur habituell gegeben ist, nicht zur Essenz des Zeichens gerechnet, um so auch das gegenwärtig nicht wahrgenommene Zeichen noch als solches gelten lassen zu können. Die Conimbricenses dagegen erklären gemäß der vorherrschenden Auffassung des duplex respectus, daß der Bezug auf ein Erkenntnisvermögen durch die Bedingung der Erkennbarkeit des Zeichens oder allgemeiner: seiner Eignung (aptitudo), mit einem solchen zur Bildung einer Erkenntnis zusammenwirken zu können, je schon impliziert sei.57 Deshalb verpflichtet auch das von Bonaventura angeführte Fallbeispiel des aktuell nicht 56

Ebd. 2 . 1 0 : „Certum ergo signum formaliter significare habitudinem ad rem. Solum existit dubitatio, an simul includat habitudinem ad potenentiam; cuius partem affirmantem magi s probavimus, et Recentiores sua illa distinctione videntur admittere. Iuxta quam rationem pro parte negativa concedendum est, respectum ad rem in quovis signo esse priorem ilio, qui est ad potentiam...; negandum tarnen, q u o d inde infertur, in ilio priori absolví rationem signi. Si enim intelligeremus totam illa habitudinem in re aliqua absque proportione, ut concurreret cum aliqua potentia ad repraesentandum significatum, non appellaretur ea res signum: ut non appellatur fumus signum ignis respectu auris, a qua non percipitur, sed respectu oculi; fieri ergo potest, ut secunda habitudo supponat priorem; in utraque tarnen constituatur perfecta ratio signi."

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Ebd. 2 . 8 f.

Die ratio signi und die Zeichenrelationen

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wahrgenommenen Zeichens nicht zur Annahme der Position einer einzigen, dem Zeichen wesentlichen Relation auf das Signifikat. Denn der als aptitudo konzipierte Interpretantenbezug bleibt auch in einem solchen Fall bestehen.58 Dieser Auffassung liegt die wesentlich ältere Übereinkunft zugrunde, daß die Definitionen des Zeichens oder der vox significativa, wenngleich sie dem Wortlaut nach einen Akt beschreiben, im Sinne einer aptitudo zu verstehen sind.59 Die Distanz zwischen diesen Position ist also kaum größer als die Differenz von habituellem Erkanntsein und aktueller Erkennbarkeit. Das mag für Ansätze, denen es um eine präzise Bestimmung des Zeichens und seiner Relationen im System metaphysischer Begrifflichkeit geht, einen Unterschied machen. Für die Beschreibung seines Funktionierens indes trägt das nichts aus. Und genau dies ist offenbar der Grund dafür, daß die Conimbricenses die Relevanz der Frage relativ niedrig veranschlagen. Denn es ist gerade charakteristisch für ihren Ansatz, daß sie bemüht sind, das Zeichen so weit wie möglich von metaphysischer Problematik freizuhalten und ganz von den Bedingungen seines Funktionierens her zu interpretieren.

58

Dies gilt auch unter verschärften Bedingungen, wie ARRIAGA (Cursus philos. (1632) 179a) deutlich macht: „... signum non exigere actual em repraesentationem, quia fumus, etiamsi a nullo videatur, tunc tarnen est signum ignis: item cognitio obiecti, licet a Deo poneretur in lapide, haberet tarnen rationem signi, quia habet aptitudinem ut repraesentet in actu secundo suum obiectum." Das hier angeführte Beispiel des durch göttliche Allmacht in einen Stein versetzten Erkenntnisaktes sollte mit der von Pierre d'Ailly in die spätmittelalterliche Definition des significare eingeführten Bedingung des vitaliter immutare gerade aus dem Bereich des Bezeichnens ausgeschlossen werden. Vgl. Kap. III, Anm. 29. Worum es Arriaga geht, ist die Klarstellung, daß die aptitudo und damit die ratio signi solange gewährleistet ist, als das Zeichen, ohne irgendeine Änderung an ihm selbst erfahren zu müssen, etwas repräsentieren würde, wenn es mit einem Erkenntnisvermögen zusammenwirkt.

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D. SOTO, Summulae (1554) fol. 3va: „Verba in definitione non dicunt actum: sed aptitudinem. Ad hoc enim quod res aliqua sit signum, non exigitur quod actu repraesentet: sed satis est quod sit apta repraesentare in potentia propinqua, id est, nulla mutatione facta per quam talis res acquirat novam potentiam significandi." Vgl. Introductiones montanae minores, vgl. L. M. DERIJK, Log. mod. 2/2 (1967) 12: „Nec est dicendum simpliciter vocem esse significativam que ... significat actualiter, sed que habet aptitudinem significandi..."; ROBERT HOLKOT, 2 Sent. q. 2 (1518) fol. ilva: „dico quod termini positi in diffinitione [sc. signi] qui sonant in actum debent exponi ut sonent in aptitudinem; ut dicatur scilicet signum est etc. qua nata sunt devenire in notitiam alterius."; MENGHUS BLANCHELLUS, Commentum cum quaest. super log. Pauli Veneti (1476) fol. alva; J. TLNCTORIS, Dicta super Summulas Petri byspani (1486) fol. Blvb-B2ra; G. LAX, Parve divisiones terminorum (1502) fol. a3rb; J. ECK, In summulis Petri Hispani explanatio (1516) fol. 83va; F. BONAE SPEI, OCarm, Comment, tres in univ. Arist. philos. (1652) l i a . Ein später Vertreter dieser Lesart ist U. ECO; vgl. Semiotik (1987) 38f: „Ich möchte die morris'sche ... Definition übernehmen, derzufolge »etwas ein Zeichen nur deshalb ist, weil es von einem Interpreten als Zeichen für etwas interpretiert wird...... Ich möchte die morrissche Definition nur insofern modifizieren, als die Interpretation durch einen Interpreten, die anscheinend das Zeichen charakterisiert, als mögliche Interpretation durch einen möglichen Interpreten zu verstehen ist."»

188

Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

De facto ist der Bezug auf das Erkenntnisvermögen in allen geläufigen Zeichendefinitionen, der augustinischen ebenso wie der im 17. Jahrhundert an ihre Stelle tretenden, präsent oder steht sogar im Vordergrund, wie bei den aus der augustinischen Zeichendefinition entwickelten und traditionell zur Beschreibung des Zeichens verwendeten Formeln des facere in cognitionem venire oder ducere in cognitionem, bei denen das Erkenntnisvermögen das direkte Objekt der vom Zeichen geleisteten 'Tätigkeit' ist. Denn das facere in cognitionem venire oder ducere in cognitionem meint in der Regel nicht, wie man zuerst vermuten könnte und wie es bei Augustinus tatsächlich der Fall ist, daß etwas in die Erkenntnis gebracht wird, sondern im Gegenteil, daß das Erkenntnisvermögen oder der Zeicheninterpret zur Erkenntnis von etwas gebracht wird. Akkusativobjekt ist nicht das Signifikat, sondern der Zeicheninterpret. Das Signifikat erscheint nur im Genitivus obiectivus als dasjenige, zu dessen Erkenntnis der Zeicheninterpret oder das Erkenntnisvermögen geführt wird.60 In der Regel war damit klar, daß das Zeichen beide Beziehungen innerlich einschließt61 und anders nicht konzipiert werden kann.62 Denn, wie Arriaga betont, ist der Bezug auf das Erkenntnisvermögen bereits durch die Bestimmung des Zeichens als eines Repräsentierenden impliziert, da Repräsentation sich nicht anders als in bezug zu jener Instanz beschreiben lasse, der allein die Repräsentation wesensmäßig zukommt.63 Entsprechend heißt es auch bei Tellez: 60

THOMAS VON AQUIN, Sth. III, q. 6 0 , a. 4 : „Signum ... est, per quod aliquis

devenit

in

cogni-

tionem alicuius."; Ps.-RLCHARD OF CAMPSALL, Works ( 1 9 8 2 ) 2 . 7 8 : „'significare' non sit nisi 'in cognitionem huius ducere', et vox ad cognicionem conceptus saltern confusam nos ... ducat..."·, ALBERT VON SACHSEN, Perutilis logica ( 1 5 2 2 ) fol. a2va-b: „... res aliquando ap-

prehense faciunt venire intellectum in cognitionem terminorum et reducunt ita términos ad memoriam..."; vgl. ebenso PAUL VON VENEDIG, Logica magna ( 1 9 7 9 ) 4 6 ; MENGHUS BLANCHELLUS, Commentum cum quaest. super logicam Pauli Veneti ( 1 4 7 6 ) fol. a l v a : „... signum est illud quod apprehensum ab intellectu ducit ipsum in cognitionem alicuius rei."; JACOPO RICCI D'AREZZO, Obiectiones et annotationes super locicam Pauli Veneti ( 1 4 8 8 ) fol. a2rb: „... Signum e s t . . . quod si apprehendatur faciat nos venire in cognitionem alicuius..."; G. LAX, Parve divisiones terminorum ( 1 5 0 2 ) fol. a4vb: „... signum est quod apprehensum facit venire in noticiam alicuius . . . " (die Hervorhebungen stammen von mir). Vgl. ferner z.B. ANM. 4 1 (BONAE SPEI), 4 7 (BARO), 6 7 (LYNCEUS), 101, 1 0 5 , 1 0 8 (CONIMBRICENSES), 113 (OVIEDO), 1 1 6 (ARANHA), 1 1 8 (SFONDRATI) 144, 153, 1 5 6 (ARAÚJO), 1 6 9 (LUBLINO), 171, 191, 1 9 2 , 1 9 4 , 2 1 0 (A STO. THOMA), 2 3 3 (MASIUS, DELALLANA), 2 3 9 (TOLETUS), 2 4 3 (ARRIAGA, TELLEZ), 2 4 4 (MASTRIUS, DERODON, LOCHERER), 2 4 9 (A STO. IOHANNE BATTISTA), 2 5 4 (LERMA), 2 5 7 (VERANI), 2 6 6 (PONCRJS, QUIROS, BARTHOLINUS, GONÇALEZ, CATTANEUS), 2 6 7 (DUHAMEL), 2 8 2 (HURTADO), 2 8 7 (GUFL), 3 0 4 (COMPLUTENSES), 3 1 0 (RENTZ), 4 3 0 (RUBIUS) 4 3 3 (IOANNIZ ET ECHALAZ). 61

SAMUEL DE LUBLINO, OP, In univ. Arist. logicam quaest. ( 1 6 2 0 ) 3 8 8 : „... signum indudit intrinsece duos respectus, alterum ad rem significatam, et alterum ad potentiam cognoscitivam, quorum uterque explicatur in definitione..."

62

NICOLAUS AS. IOHANNE BATTISTA, Philosophia augustiniana ( 1 6 8 7 ) 15f: „Non posse concipi signum nisi cum duplici habitudine, una ad rem significatam, altera vero ad potentiam respectu cuius est signum." R. DE ARRIAGA, SJ, Cursus philosophicus ( 1 6 3 2 ) 179a: „Adverte ... signum dicere ordinem et ad potentiam cognoscentem, et ad rem significatam. Ad potentiam quidem cognoscen-

63

Die ratio signi und die Zeichenrelationen

189

Essentia signi consistit in repraesentatione, cum duplici respectu essentiali ad rem, et ad potentiam. - (Das Wesen des Zeichens besteht in der Repräsentation mit einer doppelten wesensmäßigen Beziehung auf die Sache und auf das Erkenntnisvermögen). 64

Damit steht fest, daß das Wesen des Zeichens aus beiden Bezügen integriert wird65 und in ihnen die Natur des Zeichens besteht,66 zumindest aber das Zeichen nur unter Berücksichtigung beider definiert werden kann.67 Nach einer anderen, vorwiegend von Thomisten wie Francisco de Araújo und Johannes a Sancto Thoma vertretenen Auffassung, sind beide Beziehungen zu einer einzigen, im Vollsinne dreistelligen Zeichenrelation integriert, welche direkt auf das Signifikat und indirekt (in obliquo) auf das Erkenntisvermögen abzielt.68 Dort schließlich, wo das Zeichen speziell in seiner kommunikativen Funktion thematisiert wird, kann der Bezug zum Erkenntnisvermögen weiter ausdifferenziert und der Bezeichnungsakt als vierstelliges Relationsgefüge interpretiert werden. Denn da sprachliche Ausdrücke intentional auf Mitteilung bezogen sind, es zu einer solchen aber ebensowohl eines Rezipienten bedarf, der in der Lage ist, diese zu verstehen, wie eines Zeichensenders, der einen Gedanken qua Zeichen mitzuteilen beabsichtigt, handelt es sich dort, wo einer dieser Bezüge fehlt, nicht im eigentlichen Sinne um eine Semiose.69 In diesem Sinne gilt dann hinsichtlich des willkürlichen Zeichen, wie Hurtado de Mendoza meint, auf den diese Erweiterung zurückgeht: Signum dicit respectum ad tría: primo ad intellectum a quo imponatur, secundo ad personam cui significat, tertio ad rem, ad quam imponatur - (Ein Zeichen impliziert einen Bezug auf dreierlei: erstens auf den Intellekt, von dem es eingesetzt wird, zweitens auf die Person, der es etwas bezeichnet, drittens auf die Sache, für die es eingesetzt wird). 70

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tem, quia cum signum sit repraesentativum, debet respicere potentiam cui possit convenire repraesentatio formaliter: haec autem sola est potentia cognoscens ... Ad rem significatam etiam debet dicere ordinem, quia non potest esse signum, quin respiciat aliquid quod signified." B. TELLEZ, SJ, Summa universae philosophiae (1642) 80a. S. ARANHA, S J , Disp. logicae ( 1 7 3 5 ) 2 4 1 : „... essentiam signi integran ex duobus respectibus, uno ad rem significatam, altero ad potentiam, cui significat." J . B . Du HAMEL, Philosopha vêtus et nova ( 1 6 8 2 ) 1 8 1 : „Signum definiri solet, id quod facultati cognoscenti aliud a se repraesentat. Ex qua definitione liquet, signum ad duo referri, nempe ad facultatem, quae cognoscit, et ad rem ipsam, quae per signum repraesentatur: ac cujusque signi natura in duplici illa relatione consistit." R. LYNCEUS, SJ, Universa philos, scholast. (1654) 205a: „... signum definiri debet, quod ad alicuius notitiam quempiam ducit: at partícula alicuius, dénotât rem significatam; et quempiam, indigat potentiam cognoscentem: definiri ergo debet per respectum ad utrumque." S. u., III. D 2 a u. b. Vgl. R. DE ARRIAGA, SJ, Cursus philosophicus (1632) 183a: „Ratio significandi in actu secundo consistit in eo, quod quis audiens illam vocem, veniat de facto in cognitionem rei per illam significatae, et quod ipse proferens vocem intelligat quae dicit." P. HURTADO DE MENDOZA, S J , Disp. de universa philosophia ( 1 6 1 7 ) 1 4 5 .

190

Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

Das von einem Papageien hervorgebrachte Wort ist dieser Auffassung nach ebensowenig Zeichen im Vollsinn, wie das zu einem Stein gesprochene. 71 Diese Position wurde von einigen Jesuiten übernommen, 72 die damit betonte Notwendigkeit eines dem Zeichen zugrundeliegenden Verständisses oder Begriffs auf Seiten des Zeichensenders blieb jedoch umstritten. Zumeist sah man das Zeichenverständnis seitens des Zeichenrezipienten für das willkürliche Zeichen ebenso wie für das natürliche als hinreichend an. 73 Ausführlich setzt sich Caramuel de Lobkowitz mit Hurtados These des triplex respectus auseinander. Wenn man schon annimmt, daß die Signifikation in einer Relation besteht (Caramuel wird dies aufgrund seines - vorsichtig formuliert - eigenwilligen Signifikationsmodells 74 später bestreiten), dann reicht bereits die einfache Relation zum Signifikat für Begründung der essentia significationis aus. Denn allein durch die Relation zur bezeichneten Sache wird der

71

Ebd. 1 4 5 : „... voces ab animante prolatae, ut quando psittacus loquitur, non sunt significativae ad placitum, quibus non utitur psittacus tamquam signis... Item si quis loquitur lapidi, aut bruto, proprie nihil significat, quia illae res sunt incapaces cognoscendi per signum ad placitum. ... Item si quis utatur vocibus nil significantibus ad libitum, nullum dat signum, quia deest relatio ad rem significatam, et ad ilium, cui debet significare. Igitur ad rationem signi ad placitum requiritur, ut qui dat signum, aliquid velit significare, et ille, cui dat, id possit percipere per signum."

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F. DE OVIEDO, SJ, Integer Cursus philos. ( 1 6 4 0 ) 140a: „vox significativa triplicem dicit respectum. Ad proferentem, qui illam substituit loco conceptus repraesentantis obiectum, ad quod significandum vox est imposita... Dicit insuper respectum ad audientem ex se capacem concipiendi rem significandam, ex vi signi. Tandem dicit respectum ad rem, quam significat." J . IOANNIZ ET ECHALAZ, Philosophia ( 1 6 5 4 ) 2 1 5 a : „... verbum triplicem habitudinem et ordinem essentialiter includere, alium ad rem quam significat, alium ad conceptual proferentis, quam exprimit, alium ad intellectum audientis, cui talem rem repraesentat..."; vgl. auch S. CHAUVIN, Lexicon philosophicum ( 1 7 1 3 ) 5 9 9 a : „... significationem ex triplici respectu componi: dictio enim significativa respicit, primo intellectum, a quo imponitur; secundo personam, cui significat, tertio rem, cui imponitur."

73

Explizit gegen Hurtado argumentiert z.B. TH. COMPTON CARLETON, SJ, Pbilosophia universa ( 1 6 4 9 ) 158. Ihm folgt im Wesentlichen G. GUARINI, Placita philosophica (1665) 730a. Eine vermittelnde Postition vertritt F. BONAE SPEI, OCarm, Commentarii tres in universam Aristotelis Philosophiam ( 1 6 5 2 ) I I a : „... signum sonare actum, ut patet ex ipsius definitione: nihil tarnen obstat agnoscere signa aptitudinalia, et in actu primo, dum nihil actu significant, et talia sunt voces, dum a non intelligente proferuntur, leguntur aut imprimuntur, unde latius patet loqui, quam significare in actu secundo, non vero quam significare in actu primo, quae non satis distinguit Pater Thomas Comptonus..."

74

Vgl. J . CARAMUEL DE LOBKOWITZ, OCist, Rationalis et realis philosophia ( 1 6 5 4 ) 4 : „ ... est... significatio ... quaedam transessentiatio aut transsubstantiatio moralis, vi cujus voces in res significatas moraliter convertuntur, manentibus dumtaxat accidentibus aut speciebus audibilibus."; Gegen Caramuels signifikationstheoretische Verwendung des Mysteriums der Transsubstantiation wird später C. F. VERANI ( P h i l o s o p h i a universa speculativa (1684) l i b ) das Modell der Inkarnation ins Feld führen: „... quemadmodum Caramuel explicat significationem vocis cum re significata per mysterium Eucharistiae: ita clarius possemus explicare singificationem vocis cum coceptu mentali significato per aliud mysterium incarnationis. ...possemus dicere verbum vocale esse ipsum conceptum mentalem, materiali tarnen voce vestitum, ut nostris sese insinuet auribus."

Die ratio signi und die Zeichenrelationen

191

sprachliche Ausdruck signifikativ, d.h. zu einem signum in actu primo, bzw. zu einem Zeichen, das etwas bezeichnet; wenngleich noch nicht gesagt werden kann, daß es jemandem etwas bezeichnet. Denn für ein solches tatsächlich signifizierendes Zeichen in actu secundo ist es erforderlich, daß diese Relation dem Hörer bekannt ist. Caramuel operiert hier nicht mit der Annahme einer zweiten Relation, sondern mit einer Modifikation der die Signifikation als solche begründenden Relation zum Signifikat. Entsprechend muß auch für die kommunikativ verwendeten Zeichen keine dritte Relation angesetzt werden. Es ist lediglich erforderlich, daß sowohl dem Sprecher wie dem Hörer die Relation bekannt ist. 75 Unter dieser Voraussetzung sind eben auch die voces psittacorum, die von Papageien hervorgebrachten Wörter, signifikativ und, sofern sie vom Hörer verstanden werden, sogar signifizierend. Die von Caramuel beigebrachten Argumente sind schlagend: Hurtado sage mir doch bitte, warum, wenn sie (die voces psittacorum) denn nichts bedeuten, die Holländer, die diese Vögel aus Indien nach Europa importieren, ihnen mit so großem Fleiß ihre Häresien beibringen und wir ihnen mit so großer Sorgfalt erst wieder ihre Frechheiten und Gotteslästerungen abgewöhnen? Welche edle und anständige Jungfrau würde es wagen, einen Papageien zu besitzen, der unzüchtige Reden hält? 76

Aus der Perspektive der Zeicheninterpretation macht es offenbar keinen Unterschied, ob dem gesprochen Wort oder der Rede auf Seiten des Sprechers ein Verständnis zugrundeliegt oder nicht. Das ist jedoch eine Problematik, die speziell die adäquate Beschreibung sprachlicher Kommunikation betrifft. Sie steht somit nicht zwangsläufig in Konkurrenz zu der hinsichtlich des Zeichens im allgemeinen formulierten Theorie des duplex respectus. Immerhin aber zeichnet sich hier bereits ab, daß zur Beschreibung einer konkreten Semiose in der Regel mehr Elemente erforderlich sind, als die nur beiden zur abstrakten Bestimmung des Zeichens verwendeten Relationen.

75

76

J. CARAMUEL DE LOBKOWITZ, OCist, Rationalis et realis philosophia (1642) 6a: „Sane si dicerem significationem esse relationem, non quidem triplicem sed simplicem relationem ponerem ad salvandam essentiam significationis in actu primo. ... Signum in actu primo dicit relationem ad rem significatam, et hoc sufficit ut significet aliquid, non tarnen ut alicui. Signum in actu secundo, nempe illud quod significat aliquid alicui, dicit relationem vocis ad rem significatam, non qualitercumque sed qua cognitam, ab eo cui significat. (...) Verba tandem ut ad collocutionem pertineant debent habere relationem ad res significatas, hancque cognitam audienti et proferenti; colloquium enim conceptuum communicatio est, et haec per incognita signi fieri non potest." Ebd. 6a: „... dicat mihi Hurtadus, si illae nihil significant, cur Hollandi qui has volucres ex Indiis in Europam important, tanto studio eas docent suas haereses? cur nos tanta cura sordes et blashemias dedocemus? Quae virgo ingenua et nobilis auderet habere psittacum verba impudica proferentem?"

192

Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

D. Der metaphysische

Status der

Zeichenrelationen

Die relationale Bestimmung des Zeichens oder sogar seine ausdrückliche Einordnung in die Kategorie der Relation, wie sie sich bereits bei Sextus Empiricus findet, ist ein gängiges Lehrstück der mittelalterlichen Zeichentheorie. 77 Doch erst in der Logik der Zweitscholastik avanciert im Kontext der Erörterung der ratio signi, des Begriffs oder Bestimmungsgrundes des Zeichens, d.h. die Frage nach dem metaphysischen Status der Zeichenrelation, zu einem der Hauptthemen der Zeichentheorie. Natürlich hat auch dies eine Vorgeschichte. Bereits Johannes Duns Scotus hatte im Rahmen seiner Behandlung des Sakramentalzeichens die metaphysische Konstitution des signum aus der relatio signi und des sie tragenden Fundaments zur Entwicklung einer systematischen Zeichendistinktion zu instrumentalisieren versucht. 78 Dabei ergibt sich die grundlegende Dichotomie von signum naturale und signum ad placitum aus dem Status der Relation als einer realen oder gedanklichen. 79 Weitere aus der Relation auf das Signifikat ableitbare Zeichendistinktionen sind die zwischen dem immer sein Signifikat „beisichhabenden" oder „nachsichziehenden", d.h. die Existenz desselben verbürgenden und daher stets wahren „signum efficax" und jenem Zeichen, das, wie die sprachliche Proposition, dies nicht leistet, 80 sowie die Unterscheidung des Zeichen gemäß der

77

S. Kap. II, Anm. 4 2 f . Vgl. THOMAS VON AQUIN, Sth. 2/2 a. 2 ad 3 : „... relatio ... importatur in n o m i n e s i g n i . . . " ; SCOTUS, vgl. A n m . 5 3 ; J . GERSON, S. A n m . 9 5 ; J . DORP, in: JOHANNES

BURIDAN, Compendium totius logicae ( 1 4 9 9 ) fol. g7va: „... ly signum est species ad ly ad aliquid correlative dictum ad signatum."; G. FRILDEN, s. Anm. 95. 78

Reportata Parisiensia IV, d . l , q.2, n.3, Op. omn. ( 1 8 9 1 - 9 5 ) 2 3 . 5 4 6 a : „Et cum signum hoc duo importet, vel necessario requirat, scilicet fundamentum et relationem, ex hoc sequitur quod ex parte utriusque potest distingui."

79

Ebd.: „Ex parte autem relationis, quam importât signum, distinguitur signum primo in signum naturale, et importât relationem realem ad signata; tum etiam, in signum ad placitum tantum, et non naturale, quod importât relationem rationis, ut sunt voces et nutus Monachorum, quia ista possunt significare alia, sicut ista, si placeret institutionibus [? instituentibus]..." Zur Bestimmung der relatio signi der willkürlich eingesetzten Zeichen als eine gedankliche Relation vgl. Ord. IV, d.6, q . 1 0 , Op. omn. ( 1 8 9 1 - 9 5 ) 16. 6 2 1 a .

80

Ebd. 5 4 6 a - b : „Alia est divisio in signum, quod semper habet suum signatum secum, quantum est ex parte sui, et tale signum es verum et efficax, sicut eclipsis est signum efficax interpositionis terrae inter Solem et Lunam; et ita est similiter de aliis signis naturalibus. Aliud est signum, quod non habet suum significatum secum, cujusmodi signum est propositio quam proferimus, quia non est in potestate nostra quod tale signum, ut propositio, secum habet rem, quam significat, et hoc signum non est semper verum, sed aliquando falsum." Das signum efficax ist nicht nur durch die Wahrheit oder Gewißheit bestimmt, sondern darüber hinaus dadurch, daß das Signifikat auf das Zeichen gemäß der natürlichen Ordnung folgt. Vgl. Ord. IV d . l q.2, op. omn. ( 1 8 9 1 - 9 5 ) 1 0 5 b : „Proprie ... dicitur signum efficax, si adhibito signo, sequitur signatum ordine naturae, et non e converso, quia si signum sequeretur signatum suum ordine naturae, etsi potest esse signum certum, si nunquam carerei ilio signato praecedente, non tarnen esset efficax, quia nullo modo ejus posito efficaciam haberet respectu signati, sed e converso." Als signum efficax, später auch signum practicum genannt, gelten in der Sakramentaltheologie speziell die Sakramente des Neuen Bundes.

193

Der metaphysische Status der Zeichenrelationen

zeitlichen sticum

Verweisungsrichtung

u n d signum

chenrelation

in

signum

kann gemäß

rememorativum,

signum

progno-

Hinsichtlich des F u n d a m e n t s d e r

demonstrativum.61 der Vielzahl

und Verschiedenheit

der

als

Zei-

Zeichen

fungierenden Gegenstände unterschieden werden.82 D e n historischen H i n t e r g r u n d für die F r a g e nach d e m metaphysischen Status der

Zeichenrelation

bilden

ferner

mittelalterliche

Diskussionen

washeitliche B e s t i m m u n g der Signifikation sprachlicher A u s d r ü c k e ,

über

n e n d a r ü b e r also, w a s es eigentlich h e i ß t , d a ß ein s p r a c h l i c h e r A u s d r u c k t u n g (significatici)

die

DiskussioBedeu-

'hat'.

Im Anschluß an Augustinus' Bemerkung, daß das sprachliche Z e i c h e n L a u t u n d B e d e u t u n g ( s o n u s et significatio)

aus

besteht,83 wurde im Mittelalter häu-

fig u n t e r V e r w e n d u n g m e t a p h y s i s c h e r K a t e g o r i e n h i n s i c h t l i c h d e s

sprachlichen

Z e i c h e n s z w i s c h e n d e m Z e i c h e n v e h i k e l , d . h . d e m s t i m m l i c h e n L a u t (sonus)

als

d e r m a t e r i e l l e n S e i t e d e s Z e i c h e n s u n d d e r S i g n i f i k a t i o n als d e r f o r m a l e n S e i t e d e s s e l b e n u n t e r s c h i e d e n . D i e S i g n i f i k a t i o n ist d a m i t - b e s o n d e r s n a c h t h o m i s t i s c h e r A u f f a s s u n g - g l e i c h s a m (quasi)M

oder o h n e relativierende Beifügung

F o r m 8 5 o d e r g e n a u e r : e i n e a k z i d e n t e l l e F o r m {forma

accidentalis)

die

des W o r t e s , 8 6

81

Reportata Parisiensia IV, d. 1, q.2, n.3, Op. omn. ( 1 8 9 1 - 9 5 ) 2 3 . 5 4 6 b . Diese zum Standardrepertoire der sakramentaltheologischen Zeichenlehre gehörende Distinktion entstammt ursprünglich der Medizinsemiotik. Der in der ps.-galenischen Schrift Introducilo seu medicus unter die Hauptteile der Medizin gerechnete σ η μ ε ι ω τ ι κ ό ν μέρος (GALEN, Opera omnia, hg. v. C. G. KÜHN ( 1 8 2 1 - 3 3 ) 18/2, 6 3 3 ) umfaßt, auf die medizinische Praxis bezogen, die drei Bereiche der Erkenntnis des Vergangenen, Untersuchung des Gegenwärtigen und Vorhersage des Zukünftigen (eb. 6 9 0 ) . Vgl. AVICENNA, Cantica, p. I, 2, 2 2 1 ( 1 5 0 7 /1964: fol. 5 6 4 r b ) ; vgl. A. MAIERÙ, 'Signum' dans la culture médiévale (1981) 64;

82

Vgl. Reportata Parisiensia IV, d. 1, q.2, n.5, op. omn. ( 1 8 9 1 - 9 5 ) 2 3 . 5 4 7 a : „Quantum etiam ad suum fundamentum, potest signum multipliciter dividi. Potest enim hoc signum instituí in uno sensibili unius sensus, ut in re visibili aut audibili, vel aliquo hujusmodi, sicut in suo fundamento, vel in pluribus sensibilibus multorum sensuum, vel in multis sensibilibus ejusdem sensus, ut oratio longa, in qua sunt multa sensibilia, et multae dictiones fundantes istam relationem importatam per hujusmodi signum, potest signum instituí in uno sensibili, vel pluribus..."

83

AUGUSTINUS, De magistro X , 3 4 , 1 4 2 ; vgl. WILHELM VON SHERWOOD, Introd. LOHR, Traditio 3 9 ( 1 9 8 3 ) 2 6 6 .

84

Vgl. THOMAS VON AQUIN: Expos, lib. Peryerm. I, 4, l l l f , 2. verb. Aufl., in: Op. omn., t. Γ 1 ( 1 9 8 9 ) 2 1 : „significatio est quasi forma nominis"; J . GERSON: De concordia met. cum log., Œuvres complètes 9 ( 1 9 7 3 ) 6 3 4 [ 1 7 0 6 : 4 . 8 2 3 ] : „Significatio dictionis voluntarie facta, dici potest forma sua; ita quod in dictione significativa ad placitum, dictio est velut materiale seu substractum, et significatio quasi formale suum."

85

Vgl. ROBERT KILWARDBY, Praedicamenta, zit. bei O. L.EWRY: R. Kilwardby on Meaning, Misc. med. 13/1 ( 1 9 8 1 ) 3 7 9 : „significatio dicitur tripliciter: aut actus et forma significantis, aut ipsum significatum, aut comparano signi ad significatum, et sic est significatio qualitas."; PS.-ALBERTUS MAGNUS, De modo oppon. et respond., hg. L. M. DE RLJK, Die mittelalterl. Traktate De modo oppon. et respond. ( 1 9 8 0 ) 2 5 8 , 2 6 : „significatio ... dictionis est forma eius"; vgl. DOMINICUS DE FLANDRIA, Quaest. super XII lib. Met. ( 1 5 2 3 ) fol. m 2ra; ANTWERPEN, Loycalia ... cum ... commento ( 1 4 8 6 ) fol. L3r: „significatio termini est eius f o r m a m " ; vgl. Β. MANZOLUS, Dubia super log. P. Veneti ( 1 5 2 3 ) fol. 2 2 r .

in log., hg. C.

194

Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

w e l c h e aus d e m bloßen L a u t erst einen bedeutungshaltigen sprachlichen druck

( v o x significativa)

macht;

d.h. einen solchen,

V e r m ö g e n d e s B e z e i c h n e n s ( v i s significarteli

dem

Aus-

die Kraft o d e r

b z w . vis significativa)

zukommt.

das In-

sofern sind die F o r m o d e r d e r f o r m a l e Teil des Z e i c h e n s , d.h. die Signifikation u n d d i e vis significandi chensein spectos)

identisch.87

D i e significatio

des sprachlichen Ausdrucks

indem

des Zeichens z u m Bezeichneten88

len C h a r a k t e r d e s Z e i c h e n s b e g r ü n d e t . e i n e d e m Z e i c h e n b z w . d e r vox

ist d e r G r u n d f ü r d a s Z e i -

sie als d i e R e l a t i o n

(relatio,

den hierfür erforderlichen

Die Bestimmung

re-

relationa-

der Signifikation

z u k o m m e n d e F o r m , vis b z w . ratio

o d e r R e l a t i o n m u ß t e z w a n g s l ä u f i g zu K o n t r o v e r s e n ü b e r d e r e n

als

significandi

ontologischen

Status führen. F ü r die Logik

des

17. Jahrhunderts

ist b e s o n d e r s d i e P o l e m i k v o n

Scotus gegen T h o m a s v o n Aquin von Bedeutung. T h o m a s hatte davon c h e n , d a ß d i e R e d e d i e intentiones

animae

enthalte89

und dem

Duns

gespro-

sprachlichen

A u s d r u c k ( v o x sensibilis) e i n e „vis spiritualis a d e x c i t a n d u m i n t e l l e c t u m " zuge-

86

Vgl. PS.-ROBERT KILWARDBY, The Comment, on ascribed to R. Kilwardby ( 1 9 7 5 ) 80. Vgl. J . TINCTORIS, Dicta super Summulas Petri hysp. ( 1 4 8 6 ) fol. G 2vb; GENTILE DE M O N T E S. MARIE: De arte et modo disputando, hg. L. M . DE RLJK, Die mittelalterl. Traktate De modo oppon. et respond. ( 1 9 8 0 ) 3 2 9 .

87

J . VERSOR, Commentarla

88

PETRUS HISPANUS, Tractatus ( 1 9 7 2 ) 8 0 : „Significatio est signi ad signatum"; P. TARTARETUS, Expos, in summulas Petri Hisp. ( 1 5 1 4 ) fol. 5 1 v : „significatio non est nisi respectus rationis signi ad significatum".; ANTWERPEN, Loycalia ( 1 4 8 6 ) fol. Κ 6v: „significatio est relatio signi ad signatum".; B. MANZOLUS, Dubia super log. P. Veneti ( 1 5 2 3 ) fol. 2 2 r : „ ' N o m e n ' significai quaedam formam vocis vel scripture... sed formaliter significat illam formam: materialiter vero subiectum illius forme, scilicet vocem vel scripturam. forma autem ilia est relatio quaedam rationis et quaedam secunda intentio. quae videtur esse quaedam relatio signi ad suum signatum. fit enim vox aliqua nomen: cum constituitur nota id est signum ... et secundum quosdam est aptitudo ad significandum vel talis significatio. illud enim videtur forma alicuius: a quo habet quod sit tale, sed vox habet quod sit nomen: ex eo quod significat tali modo, ergo significatio talis videtur forma eius quae tamen est relatio quaedam ut dictum est."; A. RUBIUS, SJ, Logica mexicana ( 1 6 0 5 ) 4 4 ; F . ARAV, O P , Commentariorum in univ. Arist. Metaphysicam tomus I. ( 1 6 1 7 ) 3 5 3 b ; S. DE LUBLINO, O P , In universam Aristotelis logicam quaestiones ( 1 6 2 0 ) 3 8 8 f ; F . GONÇALEZ, SJ, Log. tripart. ( 1 6 3 9 ) 9 4 a ; J . CARAMUEL DE LOBKOWITZ, OCist, Rationalis et realis philos. ( 1 6 4 2 ) 6.

89

THOMAS VON AQUIN, IV Sent. d . l , q . l , a.4, q. la 2, ad 2 (ed. M o o s , t. 4 ; 1 9 4 7 ) p. 35sq., n.

in Petri Hispani Summulas ( 1 5 7 2 ) fol. 6v-7r: „... sciendum quod vox significativa duo includit. Primum est materiale, quod est ipsa vox. Secundum est formale, quod est virtus significandi, et repraesentandi actualiter suum significatum, quae virtus sibi provenit per institutionem, et ordinationem ad significandum. per hoc enim quod ipsa ponitur ad aliquod significandum, et efficitur signum eius, accipit virtutem repraesentandi actualiter illud significatum. et haec virtus quandoque vocatur significatio habitualis."; G. BREYTKOPFF, Compendium sive parvulus antiquorum ( 1 5 1 3 ) fol. a4r: „... principia vocis significative sunt duo scilicet materiale et formale, materiale ut vox. formale ut virtus repraesentandi actualiter suum significatum."; EUSTACHIUS A SANCTO PAULO, OCist, Summa philosophiae ( 1 6 1 4 ) 2 5 : „... nota in unoquoque termino duo posse considerari, unum instar materiae, nempe rem in qua inest vis significandi, ut est mens, vox, seu sonus articulatus, et scriptura; alterum instar formae, quae est ipsa vis significandi, sive significatio."

1 4 8 : „sermo audibilis ... continet intentiones animae..."

Der metaphysische Status der Zeichenrelationen

195

billigt.90 Gegen eine solche, im Sinne einer dem sprachlichen Ausdruck durch den Einsetzungssakt aufgeprägten qualitas interpretierte Bezeichnungskraft desselben wandte sich Scotus,91 da für ihn der vox durch den Einsetzungsakt keine Form oder reale Relation sondern allenfalls eine gedankliche Relation mitgeteilt wird: „per impositionem ... non recipit aliquam absolutam formam, nec relationem, nisi forte rationis".92 Diese auch von Burleigh übernommene93 Ablehnung der Bestimmung der significano als einer der vox inhärierende „forma accidentata" hat ihre Entsprechung in der mentalistischen Kritik an der Theorie der modi significattdi, nach welcher der modus significandi, bzw. nach Radulphus Brito die ratio significandi, als hinzugefügte Form (forma superaddita) im sprachlichen Ausdruck „sicut in subiecto"94 enthalten ist und eine kategoriale Verortung der vox significativa im praedicamentum relationis begründet.95 90 91

92

93

94

95

Summa theol. III, q. 62 a.4 ad 1. Quaest. in 2 Sent, d

4 2 q. 2 ad 2, op. omn. (1639) 6/2. 1058f: „... nihil valet, quod dicunt aliqui, quod vox significativa continet in se conceptum rei, quem causat in animo audientis. Si enim hoc esset verum: tunc vox significativa audita movere posset intellectum audientis, secundum illam intentionem, inquantum scilicet est sic significativa, et tunc vox Latina significativa moveret intellectum Graeci audientis earn, ad conceptum, quem exprimit, quod falsum est. Unde per hoc, quod est significativa, nulla qualitas sibi imprimitur, nec aliquem conceptum in se continet: sicut nec in circulo causatur qualitas aliqua de novo, per hoc, quod imponitur ad significandum vinum. Ideo dico, quod vox significativa solum est signum rememorativum ad placitum. Unde vox tantum immutat sensum audientis: nec habet causare in sensu, vel in phantasia, vel in intellectu, nisi conceptum vocis ex se: auditu tamen immutato a voce significativa, immutatur phantasia, et memoria, et rememoratur rei, cui tale nomen fuit impositum, et sic excitât intellectum ad considerationem illius rei, cuius prius (1059) habuit notitiam." SCOTUS, Quaest. in 4 Sent. d. 1 q. 4, op. omn. (1891-95) 16.159a [(1639) 8. 90a]. Zur Bestimmung der significatio als relatio rationis vgl. J . AURIFABER, s. Anm. 95, J . TINCTORIS, Dicta super Summulas Petri hysp. (1486) fol. Q6ra; P. TARTARETUS, vgl. Anm. 88. WALTER BURLEIGH, Super artem vet. ( 1 4 9 7 ) fol. le 7rb: „... quamvis nomen sit nomen per institutionem imponentis tamen non est res artificialis, quia per hoc quod instituitur ad significandum nulla forma accidentalis sibi inhaerens acquiritur. Res enim praesupposita omni impositione imponitur ad significandum. Unde signum, quod est res naturalis, puta circulus, potest instituí ad significandum vinum in taberna, ita vox naturalis, puta circulus, potest instituí ad significandum absque hoc quod aliqua forma nova sibi acquiritur." Vgl. RADULPHUS BRITO, Quaest. sup. Prise, min., hg. H. W. ENDERS / J . PINBORG (1980) 160: „... dico quod ratio significandi activa ... est in voce sicut in subiecto, quia vox de se non est signum rei ...; ergo si vox fit signum ... hoc est per aliquod existens in voce. Tunc arguo: illud quod formaliter refertur ad alterum, in se habet principium suae relationis; sed vox formaliter est signum rei et consignum suae proprietatis; ergo in voce est ratio significandi per quam vox refertur ad rem significatam et ratio consignificandi per quam refertur ad rei proprietatem. Ergo illae rationes significandi et consignificandi sunt in voce." Vgl. ebd. 1 5 1 . Vgl. J . GERSON, De modis significandi, Œuvres complètes 9 (1973) 6 2 5 [1706: 4 . 8 1 6 ] : „Signum a quo significatio dicitur, non accipitur absolute, sed ad aliquid et relative, dum intelligitur ut signum, sicut species coloris in oculo non accipitur ut res. Signum et signatum dictum relative, magis accipit relationem istam ab actione rationis vel intellectus rerum habitudinem considerantis, quam a rebus, ut res sunt absolute...". Hiermit wendet sich Gerson gegen das Verständnis der significatio als einer realen, den voces inhärierenden

JOHANNES DUNS SCOTUS,

196

Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

Diese Diskussionen über die metaphysische und relationstheoretische Bestimmung der Signifikation sprachlicher Ausdrücke, die in der Pariser Logik des späten 15. und frühen 16. Jahrhunderts nur eine untergeordnete Rolle spielt, wird in der Logik des 17. Jahrhunderts wieder verstärkt aufgegriffen und weitergeführt. Sie steht nun jedoch in einem neuen Kontext, denn sie bildet nurmehr einen Teilaspekt der ins Zentrum der Zeichentheorie tretenden Analyse der Zeichenrelationen und der relationstheoretischen Bestimmung des Zeichens im allgemeinen. Diese Entwicklung verdankt sich in erster Linie thomistischen Autoren, die im frühen 17. Jahrhundert die relationstheoretische Bestimmung des Zeichen - nicht ohne Kritik aus den eigenen Reihen 96 - aus der Metaphysik in die Logik einführen und zu einer komplexen Metaphysik des Zeichens ausbauen. Das hat seinen Grund in der von Risse deutlich hervorgehobene Differenz des jesuitischen und thomistischen Logikkonzepts. Die Logik der Jesuiten ist aufs Ganze gesehen - im Gegensatz zum thomistischen Ansatz nicht mehr am ens rationis orientiert, sondern an den drei operationes mentis (Begriff, Urteil, Schluß). Grundlegend für den von Toletus und den Conimbricenses eingeführten neuen Typ der Logik ist „im Unterschied zur thomistischen Theorie der

Form. Der relationale Charakter des Zeichens als Zeichen, seine Bezogenheit auf das Signifikat, verdankt sich eher der die Verhältnisse der Dinge zueinander betrachtenden Tätigkeit des Verstandes oder Intellekts als den Eigenschaften der res absolutae selbst. Gerson schließt sich in diesem Punkt der älteren Kritik an der Theorie der modi significandi an. Schon JOHANNES AURIFABER hatte sich gegen eine kategoriale Verortung der vox significativa im praedicamentum relationis gewandt und ihr lediglich eine relatio rationis oder relatio secundum dici zuerkannt. Vgl. Determinatio de modis significandi ( 1 9 6 7 ) 2 2 8 : „... dico, quod non acquiritur ei relatio nisi circa ipsam vocem intellectus habet in relationem rationis et secundum dici et non secundum esse, que non est vere in predicamento relationis. Et ideo non vox per illa, reponitur in predicamento relationis." Aurifaber richtet sich hiermit vermutlich gegen RADULPHUS BRITO, Quaest. super Priscianum minorem ( 1 9 8 0 ) 1 2 2 f : „... cum vox per se sit in genere qualitatis, si fit signum vel consignum est in genere relationis, hoc erit per rationem sibi superadditam; vox enim refertur ad ( 1 2 3 ) rem significatam per istam rationem significandi." Dieser Charakterisierung der ratio significandi als etwas der vox Hinzugefügtes sowie die daraus abgeleitete Zuordnung des sprachlichen Ausdrucks zur Kategorie der Relation entspricht die Bestimmung der significatio seitens der Thomisten; vgl. G. FRILDEN, Exercitium veteris artis ( 1 5 0 7 ) fol. x 2 r b - x 3 r a : „Arguitur... nullum signum est vox. (...) Nam signum est de praedicamento relationis: vox de praedicamento qualitatis. (...) Dicendum ... quod ... (verum) est de signo formaliter sumpto: videlicet pro relatione unde signum denominatur, sed non est (verum) de signo capto materialiter prout significat illud quod habet in se rationem signi... (x3ra) licet vox sit quoddam in se naturale: forma tarnen superaddita per voluntatem, ut hoc vel illud significet, non est naturalis."; vgl. BARTHOLOMAEUS MANZOLUS, S. A n m . 8 8 . 96

So bemerkt D. BAÑEZ in seinen Institutiones minoris dialecticae ( 1 6 3 1 : 2 7 ) mit Bezug auf die geläufige Definition des Nomens als „vox significativa secundum placitum sine tempore": „De qua partícula [sc. 'significativa'] mirum est quam multa metaphysicalia quidam ex modernis disputare quae non solum inutilia, sed etiam incipientis Dialecticam discere nociva sunt. N o s igitur de signis et modis significandi pauca in praesenti necessaria esse censemus."

Der metaphysische Status der Zeichenrelationen

197

Seinsweisen, des ens reale und rationis, die meisterhafte... Beherrschung der Psychologie."97 Nach ihrem Verständnis ist die Logik nicht die „Lehre ... von den den Begriffen, Urteilen und Schlüssen zugrunde liegenden nur gedachten idealen Seinsweisen, sondern von den Funktionen des Begreifens, Urteilens und Schließens. Ihr liegen nicht substantiell gedachte Wesenheiten, sondern funktionelle, das Sein begreifende Akte zugrunde. Die Auflösung der thomistischen starr substantiellen Doktrin in ein geschmeidigeres funktionelles Verfahren führt im Laufe der Entwicklung gelegentlich zu regelrecht psychologistischen Thesen."98 Dementsprechend wendet sich die Mehrzahl der jesuitischen Autoren gegen eine Wesensbestimmung des Zeichen im Horizont der Relationenmetaphysik und versucht demgegenüber das Zeichen von den Bedingungen seines Funktionierens her zu erklären.

1. Die funktionale Bestimmung des Zeichens Besonders tritt ein solcher Ansatz in der Logik der Conimbricenses zutage. Sie betonen, daß es sich bei den von ihnen als zum Begriff des Zeichens gehörig erachteten Beziehungen zur bezeichneten Sache und zum Erkenntnisvermögen, aus denen das Zeichen „entsprießt" (efflorescit), nicht um Relationen im eigentlichen Sinne, sondern lediglich um gewisse metaphysisch unbelastete „Eignungen und gleichsam Vermögen" (aptitudines quaedam et velut potentiae) handelt.99 Zwar ergeben sich am komplexen Phänomen des Zeichens gewisse Relationen. Der Wesensbegriff des Zeichens wird jedoch nicht durch diese, sondern durch deren Fundamente konstituiert.100 Der Vorteil dieses Ansatzes besteht ihrer Meinung nach vor allem darin, daß er eine funktionale Bestimmung des Zeichens ermöglicht, durch welche das Zeichen unter weitgehender Ausklammerung des mit metaphysischer Problematik belasteten Relationsbegriffs allein durch die Bedingungen seines Funktionierens beschrieben werden kann: Damit nämlich das Wort 'Mensch' das hinreichende Fundament besitzt, uns zur Erkenntnis des Menschen hinzuführen, genügt es, daß es eingesetzt worden ist und von uns als jenen äußerlichen Willensentschluß bei sich führend verstanden wird, welcher, wenngleich er nirgends auf physikalische Weise besteht, auf moralische Weise in der stimmlichen Äußerung verbleibt. Auf diese Weise überdauert in der Münze die königliche Anordnung, dank welcher ohne irgendeine Relation ihr Wert für so oder so hoch eingeschätzt wird. Und was ist es nötig, beim Richter eine gedankliche Relation zu seiner Rechtsprechung zu erdichten, wenn eingesehen wird, daß er zu dieser Aufgabe bestimmt 97 98 99

100

Vgl. W. RISSE, Log. d. Neuzeit I (1964) 359f. Ebd. 360. CONIMBRICENSES, SJ, Commentari i in univ. Aristotelis dialecticam (1607) 2.10. Ebd.; vgl. ebd. 30: „... signum constituitur formaliter per fundamenta relationum ad rem, et potentiam". Zum Begriff des Fundaments der Relation s. Anm. 102 u. 104ff. Zur Erklärung des Begriffs s. auch Anm. 163.

198

Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik worden ist? Ebenso leicht läßt sich dasselbe bei den natürlichen Dingen zeigen. Denn man versteht das Zeichen seinem Formalbegriff nach als durch dasjenige konstituiert, welches der Grund dafür ist, daß es das Erkenntnisvermögen zur Erkenntnis der bezeichneten Sache befähigt. Dieses aber leistet das Zeichen mittels der zugrundeliegenden Angemessenheit hierzu und nicht durch die Vermittlung einer Relation. Also wird es dadurch auch seinem Wesen nach konstituiert. Der Untersatz braucht nur durch das Beispiel des Rauches belegt zu werden, bei dem niemand die Relation zum Feuer wahrnimmt sondern vielmehr seine von diesem abhängige Natur. Der Rauch führt nämlich deshalb zur Kenntnis des Feuers, weil er ohne dieses nicht sein kann. Diese Begründung kann ebenso auch auf die eingesetzten Zeichen angewandt werden. 1 0 1 D i e T a t s a c h e , d a ß Z e i c h e n stets d u r c h die H i n o r d n u n g a u f einen Z i e l p u n k t

definiert u n d v e r s t a n d e n w e r d e n , b e d e u t e t eben nicht s c h o n , d a ß in d i e s e m a u c h d e r f o r m a l e B e s t i m m u n g s g r u n d des Z e i c h e n s besteht. Sie läßt sich v i e l m e h r d a r aus erklären, d a ß sich das F u n d a m e n t d e r R e l a t i o n n a c h A r t eines t r a n s z e n d e n t a len Bezugs v e r h ä l t , w e l c h e r i m m e r d u r c h einen Z i e l p u n k t erklärt w i r d . 1 0 2

Die

C o n i m b r i c e n s e s leugnen nicht, d a ß sich a m Z e i c h e n R e l a t i o n e n a u f d a s Signifikat e b e n s o w i e a u f d a s E r k e n n t n i s v e r m ö g e n feststellen lassen. S o ist i h n e n zufolge die relatio

signtficandi

im Fall d e r v o m Intellekt u n a b h ä n g i g e n n a t ü r l i c h e n

Z e i c h e n - die reale E x i s t e n z des Signifikats u n d die R e a l d i s t i n k t i o n v o n Z e i c h e n u n d B e z e i c h n e t e m v o r a u s g e s e t z t - eine reale R e l a t i o n . 1 0 3

D e n n diese v e r f ü g e n

stets über ein reales F u n d a m e n t , w e l c h e s , allgemein f o r m u l i e r t , d a s V e r h ä l t n i s (proportio)

v o n Z e i c h e n u n d B e z e i c h n e t e m i s t , 1 0 4 d.h. dasjenige a u f g r u n d des-

sen das Z e i c h e n z u r E r k e n n t n i s des B e z e i c h n e t e n f ü h r t . 1 0 5 K o n k r e t a u s g e d r ü c k t

101

Ebd. 11: „Nam ut vocabulum 'Homo' habeat sufficiens fundamentum ad nos perducendos in notitiam hominis, satis est, quod impositum fuerit, et a nobis intelligatur, ut secum deferens illam extrinsecam voluntatem; quae etsi physice nusquam sit, moraliter tarnen intelligitur in voces perseverare. Quemadmodum in nummo durât regia constitutio, cuius merito, absque ulla relatione, tanti, vel tanti aestimatur. Et in iudice quid opus est ad illius iurisdictionem respectum rationis fingere, si intelligatur ad hoc muneris electus. Aeque facile est idem ostendere in naturalibus. Nam signum per id intelligitur constitutum in sua ratione formali, quod est ratio promovendi potentiam in notitiam rei significatae: at hoc praestat media proportione fundamentali; non vero interventu relationis; ergo per id constituitur in formali ratione signi."

Ebd. „... idcirco explicari signum per ordinem ad terminum, quia fundamentum relationis habet se per modum respectus transcendentalis, qui semper explicatur per terminum." Zur Bestimmung der relatio transcendentalis vgl. Ebd. 1.459. Die relatio transcendentalis ist keine dem Subjekt hinzukommende Form, sondern die auf anderes hingeordnete Natur desselben, wie zB. die Natur der Wirkung hinsichtlich der Ursache oder der Materie hinsichtlich der Form. 103 Yg| e b ( i υ - „Signa naturalia habent relationes significandi reales, nisi aliqua desit conditio ex ijs, quas Philosophi deposcunt ad relationem realem. ... Quoniam huiusmodi signa non pendent ab intellectu; ergo si alioqui sint realia, existentia, et realiter distincta, fundabunt relationem realem." 1 0 4 Ebd.: „... universim loquendo constat fundamentum relationis in signo naturali esse proportionem inter signum et significatum." 1 0 5 Ebd.: „Fundamentum remotum relationis in signo naturali est reale. Probatur. Huiusmodi fundamentum est illud, ratione cuius signum ducit in cognitionem rei... id autem necessario

102

Der metaphysische Status der Zeichenrelationen

199

ist damit das Fundament der Zeichenbeziehung im Fall des natürlichen Zeichens entweder die Natur des Zeichens bzw. der als Zeichen fungierenden Sache selbst oder aber ein ihr zukommendes reales Vermögen: Z . B . ist es bei den formalen Zeichen die Repräsentation selbst, welche deren Natur und Wesen ausmacht. Bei den instrumenteilen Zeichen, sofern sie Wirkungen sind, wie der Rauch hinsichdich des Feuers, ist das Fundament die verursachte Natur. Sind sie jedoch Ursachen, wie das Feuer hinsichtlich des Rauches, ist es die Kraft, durch welche die Ursache wirkt. Diese ist bisweilen die Natur selbst, besweilen ein hinzukommendes reales Vermögen. 1 0 6

Das heißt aber letztlich nichts anderes, als daß im Fall der natürlichen Zeichen die Zeichenbeziehung, die relatio signi, mit dem kausalen Dependenzverhältnis von Zeichen und Bezeichnetem koinzidiert. Dabei handelt es sich bei den Instrumentalzeichen um das einer Wirkursächlichkeit, bei den Formalzeichen um das einer Exemplar- oder äußerliche Formalursächlichkeit.107 Die Relation zum Erkenntnisvermögen dagegen ist im Fall der Instrumentalzeichen durchgängig eine gedankliche, in der Erkennbarkeit (intelligibilitas) der als Zeichen fungierenden Dinge fundierte Beziehung, da diese Zeichen aufgrund ihres Erkanntseins zur Erkenntnis von anderem führen. Bei den Formalzeichen dagegen handelt es sich aufgrund der von ihnen geleisteten realen Beeinflussung des Erkenntnisvermögens und weil sie diesem als Formen real inhärieren, um eine

relatio realis.108

10fi

107

108

est reale; quoniam in signo formali est id, quod realiter causat cognitionem: in instrumentali vero id, quod cognitum est ratio cognoscendi significatum." Ebd. 14: „Exempli causa, in formalibus est ipsa repraesentatio, quae est eorum natura, et essentia; in instrumentalibus, si sint effectus, ut est fumus respectu ignis, fundamentum est eius natura causata ab igne: si vero sint causa, ut ignis respectu fumi, est virtus, per quam causa operatur: quae aliquando est ipsa natura, aliquando potentia realis superaddita." Ebd.: „Relatio signi per ordinem ad rem coincidit cum relationibus causae, vel effectus, aut ullius dependentiae, si qua fuerit. ... Nam habitudo unius natura ad aliam, vel est quia una supponit aliam a qua accipiat esse: vel quia est talis, ut ea posita necessario alia consequatur. Qui respectus non sunt aliij quam effectus, vel causae. Illud tamen non omittendum est in signis instrumentalibus videri respectus esse in genere cusae efficientis: in formalibus in genere causae exemplaris, seu formalis externae; quia in prioribus attenditur sola dependentia in esse. Unde ut plurimum inserviunt ad indicandam existentiam significati praesentem, praeteritam, vel futuram. In posterioribus similitudo, et imitatio; quo circa repraesentare possunt obiectum absolute non respiciendo existentiam." Gegen eine solche Gleichsetzung der Zeichenbeziehung mit der Kausalbeziehung wendet sich später explizit Tellez mit seiner Betonung eines beim formaliter, d.h. präzis als Zeichen genommenen Zeichen anzusetzenden wesensmäßigen Unterschiedes beider Beziehungen. Vgl. B. TELLEZ, SJ, Summa uttiversae philosophiae (1642) 81a: „Relatio signi distinguitur essentialiter a relatione causae, vel effectus, (etiam in signis, quae sunt causae, vel effectus) non quidem materialiter, sed formaliter." Ebd.: „... in instrumentalibus ... omnes esse rationis; quia fundantur in eorum intelligibilitate; haec enim signa ex eo ducunt in aliorum notitiam, quia percipiuntur. In formalibus videntur esse reales: quoniam haec realiter influunt in cognitionem potentiae; sive enim sint conceptus sive species impressae, communiter sunt formae realiter inhaerentes potentiae cum sufficienti fundamento relationis causae formalis. Quamquam species praeter hune

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Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

Entscheidend für das Zeichenkonzept der Conimbricenses ist jedoch - und wohl nicht zuletzt deshalb werden die Zeichenrelationen von ihnen eher beiläufig im Kontext eines Nebenarguments einer gar nicht auf die ratio signi bezogenen Frage behandelt -, daß nicht die Zeichenrelationen sondern deren Fundamente den Wesensbegriff des Zeichens ausmachen; was ihrem Verständnis nach soviel bedeutet, wie: der Grund dafür sind, daß etwas Zeichen ist oder als Zeichen fungieren kann. Die ratio formalis der natürlichen Zeichen ist die Natur des Zeichendinges selbst. Steht ein Ding seiner Natur nach mit einem anderen in einem Kausalverhältnis, dann bildet diese seine die Kausalbeziehung implizierende Natur (= relatio transcendentalis) das Fundament der Zeichenbeziehung und ist, sofern mit der Erkennbarkeit des als Zeichen fungierenden Dinges auch die Beziehung zum Erkenntnisvermögen gewährleistet ist, der Grund für sein Zeichensein. Das läßt sich einfacher ohne Verwendung des Relationsbegriffs ausdrücken. Ist ein Ding die Ursache oder Wirkung von etwas anderem, dann kann es demjenigen, der das weiß, zum Zeichen für das andere dienen. Mehr ist nicht erforderlich um ein natürliches Instrumentalzeichen in seinem Funktionieren zu beschreiben. Die natürliche Zeichenordnung entspricht der natürlichen Ordnung der Dinge, so daß, letztere vorausgesetzt, auch Gott sie weder eigens einzusetzen braucht, noch - per impossibile angenommen, er wollte es - sie ändern könnte: Solange der Rauch die Natur hat, die er hat, ist er, ob Gott will oder nicht, ein Zeichen für Feuer. 109 Dieses Zeichenkonzept, nach dem der Formalgrund des Zeichens - trotz der Betonung des für die Definition des Zeichens und zum Verständnis seines Funktionierens notwendig erforderlichen duplex respectus in der Natur des Zeichendinges besteht, bzw. im Fall der sprachlichen Ausdrükke oder generell der signa ad placitum, in der auf moralische Weise fortbestehende Einsetzung oder äußerlichen Benennung (denominatio extrínseca) derselben, ist die in den Reihen der Jesuiten und Skotisten vorherrschende Auffassung vom Zeichen. 110 Da hier das Zeichen von seiner Funktion her aufgefaßt und die ratio signi in seine Bezeichnungsleistung gelegt wird, erfolgt in diesem Zusammenhang oft-

respectum, habeant al i um conceptum causae, quatenus effective et forte exemplariter, concurrunt ad cognitionem." 109 v g |. ebd. 2 0 : „Et quia significatio naturalis fundatur in natura rei ... nulla ratione censeri potest imposita a volúntate Dei: imo si per impossibile Deus nollet, ut fumus suapte natura significaret ignem, nihilominus, si talem naturam habeat participatam ex ideis, illum repraesentabit." Diese strikte Verbindung von Natur- und Zeichenordnung dürfte auch der Grund für die Kritik der Conimbricenses an der von Toletus eingeführten Unterscheidung von sigrtum proprium und improprium sein. Vgl. Anm. 3 6 110

Bezüglich der signa ad placitum vgl. L. DE LOSSADA, SJ, Cursus philosophicus (1883) 158: „Vera ... sententia, quam tenent communiter Nostri, et Scotistae, docet, vocem esse Signi ad placitum constituí per denominationem extrinsecam, cujus forma est Majorum, aut Populi voluntas, prout moraliter perseverane in acceptatione et memoria Posteriorum."

Der metaphysische Status der Zeichenrelationen

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mais eine Differenzierung der ratio signi bzw. der significatio in eine solche in actu primo und in eine solche in actu secundo. Gerade an der Bestimmung der letzteren, d.h der aktuellen Bedeutung, wird die funktionale Orientierung des hier vorausgesetzten Zeichenkonzepts sowie der bereits von Risse konstatierte psychologistische Einschlag der jesuitischen Logik manifest, der gemäß die significatio bzw. die „ratio signi in actu secundo" bestimmt ist als die „actualis expressio rei significatae", d.h. als die „ipsa perceptio" 111 oder die „intellectio actualis" der bezeichneten Sache seitens des Zeichenrezipienten. 112 Die Signifikation und damit der Formalgrund des Zeichens selbst realisiert sich in letzter Instanz im Erkenntnisakt des Hörers. Die hier verhandelte Problematik bezieht sich jedoch, weil allgemein bereits das potentielle Zeichen als Zeichen gilt, auf die ratio signi in actu primo, d.h. auf dasjenige, welches der Grund dafür ist, daß eine Sache als Zeichen fungieren kann. Sie besteht, weil das natürliche Zeichen das „ducere in cognitionem" von sich aus leistet, 113 in der Natur oder der entitas114 der Sache selbst bzw. in der 111

112

113

114

P. HURTADO DE MENDOZA, S J , Disp. de universa philosophia ( 1 6 1 7 ) 1 4 6 : „... signum in actu primo est posse exprimere obiectum, ergo in actu secundo est actualis expressio obiecti, quia actus secundus potentiae expressivae est actualis expressio, sicut actus secundus potenti ae activae est actio, quia expressivus constituitur per expressionem, in potentia, quae potentia reducitur ad actum per expressionem in actu, idem est de potentia discendi, atque docendi, haec autem expressio est cognitio rei significatae per signum, quia intellectui nihil exprimitur nisi per cognitionem, nec repraesentatur, nec fit praesens: nam posse representare est posse efficere ut intellectus per signum, rem repraesentatam percipiat: ergo significatio est ipsa perceptio."; vgl. ebd. „Ratio signi actualis, sive in actu secundo, consistit in actuali expressione, et perceptione rei significatae per illud; quia esse signum in potentia próxima, sive in actu primo, est posse rem significare, id est, habere iam impositionem ad id munus ... ergo significare actu, est actu exprimere ac percipi rem significatam per signum, ergo, dum intellectus nil percipit per illud, nil illi significat actu." Vgl. D. DERODON, Logica restituía (1659) 4 9 5 : „In signo quolibet duo sunt distinguenda, scilicet materiale et formale, tam in actu primo, quam in actu secundo. Materiale seu materia signi, est ipsa entitas rei quae aliquid repraesentat aut significat. Formale vero seu forma signi in actu primo, est vis significandi, quae identificatur cum entitate rei, aut distinguitur ab ipsa, iuxta diversitatem signorum... At formale seu forma signi in actu secundo, est significatio aut perceptio rei significatae per signum. Materia et forma in actu primo constituunt tantum signum potentiale seu signum potentia; Materia vero et forma signi in actu secundo, constituunt signum actúale, seu signum actu."

Vgl. G. CHABRONUS, SJ, Philos. (1662) 2 0 8 : „Significatio in actu secundo vocis alicuius est intellectio actualis audientis illam."; vgl. S. ARANHA, SJ, Disp. logicae ( 1 7 4 5 ) 3 8 4 . Vgl. F. DE OVIEDO, SJ, Integer cursus philos. (1640) 138a: „In signorum naturalium ratione formali assignanda nulla est difficultas, certum enim est haec per se ipsa repraesentare suum obiectum, vel ducere in cognitionem illius..." Vgl. M . CORNAEUS, SJ, Curriculum philosophiae peripateticae (1657) 173: „Ratio signi naturalis in actu primo est ipsa rei entitas. Probatur. Quia ratio signi in actu primo est potentia significandi sive repraesentandi intellectui rem signatam. Atqui haec potentia est ipsa rei entitas. V.g. in fumo potentia significandi ignem est ipsa fumi entitas." Vgl. J . B. PTOLEMAEUS, SJ, philosophia mentis et sensuum (1698) 134b: „Porro notabis vim illam significativam, si de signo naturali loquamur, esse ipsam entitatem signi seu ejus cognoscibilitatem objectivam: hoc est id, quod cognosci potest de illa re, quae est signum, quae si bene

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Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

damit implizierten wesensmäßigen Beziehung des Zeichendinges zu seinem Signifikat. 115 Das kann zwar, wie bei den Conimbricenses selbst, in relationstheoretischer Begrifflichkeit als transzendentale Relation oder als fundamentale Beziehung (respectus fundamentalist16 beschrieben werden; denn diese ist eben nichts anderes als das den Bezug zur bezeichneten Sache implizierende und die relatio significandi fundierende Natur des Zeichendinges. 117 Damit verbunden ist aber immer die explizite Abweisung der These, daß es sich bei den Beziehungen des Zeichen zum Signifikat und zum Erkenntnisvermögen um prädikamentale, d.h. reale Relationen handelt. 118

per aliqua proportionata motiva cognoscatur, deprehenditur esse conexa, et correspondens cum altera re, ita ut dum ista cognoscitur altera etiam cognoscatur....". Zumeist sind - wie bei den CONIMBRICENSES - die Bestimmung der ratio signi für das sigttum naturale von dem in einer Kausalbeziehung zum Signifikat stehenden Zeichen her entwickelt, die sich nicht ohne weiteres auf den Fall des ikonischen Zeichens anwenden lassen. Der zum Calvinismus übergetretene Derodon, dessen Logik aber noch eng an der scholastischen Form orientiert ist, führt hier in konsequenter Weise als eine von jenem abgehobene Unterart des natürlichen Zeichens das signum artificiale ein. Vgl. D. DERODON, Logica restituía (1659) 4 9 6 : „... in signis naturalibus, quae non sunt artificialia, rationem formalem signi in actu primo, scilicet vim significandi, non esse aliquid distinctum ab entitate rei; eo quod res illa ex natura et essentia sua, atque adeo per seipsam et per propriam entitatem sit significativa: In signis vero arti fi ci al i bus, rationem formalem signi in actu primo, esse qualitatem aliquam, puta figuram: In utrisque autem rem denominari signum potentiale denominatione intrinseca a vi significandi quae est in re." Die Auszeichnung 'artifizielP meint hier soviel wie 'kunstvoll', nicht 'künstlich'. Denn hinsichtlich seines Zeichencharakters wird das signum artificiale, das gemalte Bild (pictura), gerade vom eingesetzten Zeichen unterschieden. Vgl. ebd., 4 9 5 : „Signum artificiale, puta imago Petri a pictore facta respectu ipsius Petri, revocari debet ad signum naturale, quod comprehendit omnia signa quae non sunt ex instituto. Licet enim imago pendeat a volúntate pictoris in sui productione, non tarnen in repraesentatione..." 115

Vgl. C. F. VERANI, Philosophia universa speculativa (1684) 8f.: „Formalem rationem constitutivam signi, ut sic, esse habitudinem quandam ad rem significatam. ... Formalem rationem constitutivam signi naturalis esse habitudinem essentialis ad rem significatam. Ratio est. Quia ut signum naturaliter significet debet essential iter, ac necessario necti cum signato; non enim fumus naturaliter (9a) significaret ignem, nisi necessario emitteretur ab igne, ac necteret essentialiter igni.

116

Vgl. S . ARANHA, S J , Disp. logicae (1745) 256f: „Sintne respectus Signi fundamentales, an praedicamentales? ... Respondeo, esse fundamentales. Ita comuniter Recentiores. Prob. Signum formaliter consistit in illis respectibus, (257) per quos est potens ducere in cognitionem significati; atqui entitas signi, v.g. causae, seclusa relatione distincta, est potens ducere in cognitionem effectue, cum per suam absolutam entitatem sit cum ilia connexa: ergo·" Vgl. C. SFONDRATI, Cursus philosophicus t. 1 (1696) 4 4 9 : „Patet..., signum formaliter consistere in relatione transcendental!, non praedicamentalis, quamvis haec consequi ad illam possi t . "

117

118

Vgl. Ebd. 4 4 8 : „Haec ... habitudo, quam dicit signum tum ad rem signatam, tum ad potentiam cognoscentem, non videtur esse relatio praedicamentalis. 1. Quia nec ad potentiam nec ad rem significatam refertur, ut ad purum terminum; potentiam enim excitât ad cognoscendum, rem vero significatam unit et repraesentat potentiae. 2. Signum non requirit existentiam rei significatae, imago enim Caesaris etiam mortuum repraesentat; et sol in occasu

Der metaphysische Status der Zeichenrelationen

203

Umso mehr wird hinsichtlich der willkürlichen Zeichen der Versuch der Verlegung der ratio formalis signt bzw. der damit gleichgesetzten significano {in actu primo) oder vis significativa in reale oder gedankliche Relationen zurückgewiesen. Bei diesen tritt an die Stelle der entitas signi, die hier, anders als bei den natürlichen Zeichen, nichts zum Zeichensein beiträgt, der willentliche Einsetzungsakt, 119 die impositio. Diese ist oder bewirkt - die Formulierungen gehen hier oftmals durcheinander - nichts anderes als eine denominatio extrínseca, eine äußerliche Benennung, die im Zeichen nichts setzt und ihm nichts hinzufügt. 120 Da es sich hierbei jedoch um einen einmaligen, zeitlich zurückliegenden Akt handelt, muß erklärt werden, wie dieser in physischer Hinsicht nichtexistierende Akt seiner zeichen- und bedeutungskonstituierenden Wirkung nach überdauert. Die gebräuchliche Formel hierfür lautet, daß die Einsetzung oder die denominatio extrínseca und das heißt: die ratio signi auf moralische Weise bestehen bleibt (moraliter manet), solange sie nicht widerrufen wird. 121 Eine präzise inhaltliche Bestimmung erhält dabei das „moraliter manere" zunächst nicht. Es ist kaum mehr als die Konstatierung eines im Modus des 'als ob' (ac si) ausgedrückten 'trotzdem'. Auf moralische Weise bestehen bleiben besagt lediglich, daß etwas, obwohl realiter nicht mehr gegenwärtig, alle Wirkungen in der Weise zeitigt, als ob es noch physisch präsent wäre. 1 2 2

119

120

rubens futuram serenitatem. 3. Si signum dicit formaliter relationem praedicamentalem ergo signum non significat nisi media hac relatione, ergo nec ducit in cognitionem rei significatae, nisi cognoscas hanc relationem... hoc vero est falsum. 4. Significare est posse rem aliquam cognoscenti manifestare, haec vero manifestatio fit cognita sola relatione transendentali..." Vgl. M . CORNAEUS, SJ, Curriculum philosophiae peripateticae (1657) 173: „Ratio signi ex instituto, in actu primo, est voluntas imponentis moraliter perseverane." Β . MASTRIUS/ Β . BELLUTUS, O F M , Disp. in Org. Aristotelis (1644) 2 6 1 b : „Dicendum ... est significationem in actu primo nullam formam realem, et intrinsecam ipsi voci dicere, absolutam, aut respectivam, sed solum denominationem extrinsecam derivatam in ipsa a volúntate primi instituentis."; Vgl. J . IOANNIZ ET ECHALAZ, Philosophia (1654) 215bff.; S . DUPASQUIER, O F M , Summa philosophiae scholasticae, et scotisticae (1705) 3 8 1 .

121

Vgl. P. HURTADO DE MENDOZA, SJ, Disp. de universa philosophia (1617) 145: „Difficultas est, in quo constat haec ratio signi in actu primo? Nonnulli dicunt consistere in quadam relatione reali: quibus ego non assentior ... Alij dicunt esse relationem rationis, verum relatio rationis est mera fictio intellectus... sed ad significandum non requiritur huiusmodi fictio: ergo ... Adverte signum ad placitum in sua primaeva institutione constituí formaliter per ilium actum voluntatis, quo primus author voluit eo signo uti ad hanc rem, ad eum modo, quo actio dominij creati consistit in eo actu, quo Deus, aut Princeps voluit, ut Petrus esset Dominus unius equi, et ratio legis consistit in eo actu, quo Princeps voluit subditum obligare. Hic actus, licet physice transierit, manet tarnen moraliter, dum non retractatur...."; R. DEARRIAGA, SJ, Cursus philosophicus (1632) 181f: »Dicendum igitur est, significationem vocum esse denominationem extrinsecam ex libera volúntate (182) hominum nondum retractata, sed adhuc moraliter permanente."; D. DERODON, Logica restituía (1659) 4 9 6 ; J . Β. PROLEMAEUS, SJ, Philosophia mentis et sensuum (1698) 134b.

122

P. HURTADO DE MENDOZA, SJ,

Disp. de universa philosophia ( 1 6 1 7 ) 1 4 5 : „Sed quid est moraliter manere: Praestare omnes effectus, ac si physice maneret, ita ut iuxta regulas prudentiae omnes effectus illi actui tribuantur ac si non esset realiter praeteritus."; vgl. J . IOANNIZ

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Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

In Analogie zur Bestimmung der ratio signi beim natürlichen Zeichen sowie dem - auch heute noch - üblichen Sprachgebrauch entsprechend, demzufolge dem willkürlichen Zeichen Bedeutung „verliehen" wird und es diese „hat", liegt es nahe, die ratio signi auch des signum ad placitum in das Zeichen selbst zu verlegen und den Sachverhalt so darzustellen, als werde durch den Einsetzungsakt irgendetwas ins Zeichen gesetzt, 123 als bleibe etwas am Zeichen zurück, nämlich seine vis significativa, d.h. seine Eignung, im Intellekt des Zeichenrezipienten den Begriff der bezeichneten Sache wachzurufen. In der Regel ist man sich jedoch der Uneigentlichkeit einer solchen Redeweise bewußt. 124 Zwar wurde verschiedentlich auch die denominatio extrínseca im Sinne einer gedanklichen Relation oder eines ens rationis125 oder morale interpretiert oder gesagt, daß, wie Aversa vorsichtig formuliert, eine solche mittels einer gedanklichen Relation erklärt werden kann. 126 Zumeist wird hier jedoch betont, daß eine solche, auf moralische Weise fortbestehenden denominatio extrínseca weder eine Relation noch ein wie auch immer geartetes Sein (ens rationis, ens morale) impliziert. 127 Man ist bemüht, zur Vermeidung metaphysischer Problematik ohne Philosophia ( 1 6 5 4 ) 2 1 6 b : „... talis vocis impositio licet praeterita physice, est praesens moraliter, unde sicut praeceptum, quo superior ligat subditum ad aliquid faciendum, si non sit retractatum, censetur nunc manere moraliter, licet physice praeterierit, quia nunc eodem modo obligat subditum ad illam rem faciendam, ac si maneret physice, ita impositio..."; H . H E I N L E I N , O S B , Philosophia rationales ( 1 6 7 7 ) 3 8 7 : „Moraliter existere, quod licet realiter amplius non sit tamen prudenti hominum existimatione censetur idem adfecere ac si existeret." Für die Thomisten freilich war gerade dieses 'als o b ' Kriterium für ein ens rationis. Vgl. J O H A N N E S A S A N C T O T H O M A , Ars logica ( 1 9 4 8 ) 2 8 6 a (unter Zitierung von T H O M A S V O N A Q U I N , De natura generis, Opuse. 4 2 cap. 1): „ T u n c efficitur ens rationis, quando intellectus nititur apprehendere, quod non est, et ideo fingit illud ac si esset ens." ET ECHALAZ,

1 2 3

Philos, univ. specul. ( 1 6 8 4 ) 9 : „Rationem formalem constitutivam signi ad placitum esse habitudinem moralem positam ab Authore institutionis in entitate assumpta libere ad significandum. Ratio est. Quia signum ad placitum ex vi propriae entitatis nullam habet connexionem, ac habitudinem cum re signata. ... tantum Institutor ponit in signo ad placitum habitudinem moralem passivam." C . F . VERANI,

124

Vgl. F. S U A R E Z , S J , De sacramentis, Op. omn. ( 1 8 5 6 - 7 8 ) 2 0 . 2 1 : „... ratio signi [ex institutione] praecise oritur ex impositione, quae re ipsa facta est, quamvis nihil in re ponit physice, nisi denominationem extrinsecam, a reali actu provenientem: moraliter vero et quasi more humano loquendo, relinquitur in re imposita ad significandum habilitas quaedam, seu aptitudo ad excitandum intellectum, ut rem aliam cognoscat, nam hae denominationes extrinsecae, quatenus manent in memoria et existimatione humanum, multum valent ad huiusmodi actiones morales et humanas, ut facile potest exemplis declarari, in potestate jurisdictionis, in gradu doctoratus; haec enim et similia, solum per quandam extrinsecam deputationem et denominationem fiunt."

125

Vgl. Β. C O L U M B U S , O F M , Novus cursus philos. ( 1 6 6 9 ) 2 1 8 a . R. A V E R S A , Logica ( 1 6 2 3 ) 1 2 2 a : „ S i g n i f i c a l o ... [sc. in potentia próxima] non est aliquid intrinsecum in voce, sed est denominatio realis extrínseca ab actu voluntatis, et potest explican per relationem rationis."

126

127

Vgl. F . D E O V I E D O , S J , Integer cursus philos. ( 1 6 4 0 ) 138a: „... difficultas est de signis, quae non naturaliter per se ipsa, sed ex libera hominum impositionem significant. (...) Fert communis sententia rationem formalem signi in vocibus et aliis signis ad placitum esse extrinsecam denominationem procedentem a volúntate illorum, quibus datum fuit nominibus

Der metaphysische Status der Zeichenrelationen

205

die Annahme irgendwelcher dem sprachlichen Laut hinzugefügter Relationen oder Entitäten auszukommen. Ein signum ad placitum

ist Zeichen genau des-

halb, weil es von jemandem als solches eingesetzt wurde und diese Einsetzung bekannt ist. 128 Auch hier gilt: Die ratio formalis des Zeichens besteht in nichts anderem, als den zur Beschreibung seines Funktionierens erforderlichen Minimalbedingungen.

2. Die formale Bestimmung des Zeichens durch seine Relationen Während die Conimbricenses den Begriff des Zeichen als durch eine - potentiell oder aktuell - Zeichenfunktion ausübende Sache erfüllt sehen, legen die Thomisten, wie Francisco de Araújo oder Johannes a Sto. Thoma, das Gewicht stärker auf die Unterscheidung zwischen dem materialiter, d.h. als Zeichending, und dem formaliter, d.h. präzis als Zeichen aufgefaßten Zeichen. Hiermit wird die ratio formalis signi, der Bestimmungsgrund des Zeichens, in die von der entitas des als Zeichen fungierenden Dinges abgehobene Sphäre der Zeichenrelationen verlagert. Daraus ergibt sich ein deutlich von der funktionalen Bestimmung abweichendes, relationstheoretisch orientiertes Konzept des Zeichens.

a) Francisco de Araújo ( 1 5 8 0 - 1 6 6 4 ) Bei Araújo 129 bildet die Erörterung der gedanklichen Relation 130 die Systemstelle, an der er die Zeichenthematik in seinen Metaphysikkommentar integriert. Auch Araújo geht es vorrangig um die Bestimmung der ratio signi. Der

128

129

130

et rebus significationem imponere, ita tenent omnes Doctores praeter paucos. Verumtamen, quia nonnulli asserunt extrínsecas denominationes importare ens rationis, ideo asserunt rationem signi dicere formaliter ens rationis. Alij vero qui tenent extrínsecas denominationes dicere quoddam ens morale in hoc ente morali rationem signi constituunt. Illi vero, qui defendunt extrínsecas denominationes nihil addere supra fundamenta, a quibus dicuntur trahere originem, et ab his nullo modo distingui, consequenter defendunt signum nihil aliud dicere, quam vocem aut rem tanquam materiam, et liberam voluntatem, qua homines statuere per talem vocem aut rem in cognitionem deveniri talis obiecti..." Vgl. A . B E R N ALDUS DE QUIROS, SJ, Opus philosophicum (1666) 194a: „Dubitabis primo per quid constituantur [sc. voces] in ratione signi? Thomistae ponunt relationem realem, alij rationis; alij ens quoddam morale. Sed male, nam sine his sola intellecta volúntate Authoris linguae, quod ly homo significet audienti animal rationale, iam vox homo significativa intelligitur; quare haec est denominatio extrínseca a volúntate instituentis, ut moneta habet valorem ex volúntate Principis non retractata ex quo nunc actu vox significet, quia actu haec voluntas non est retractata." Zu Araújo vgl. M. BEUCHOT, La doctrina tomistica clásica sobre el signo. Domingo de Soto, Francisco de Araújo y Juan de Santo Tomás: Critica 12 (1980) 39-60. FRANCISCUS ARAV (ARAÚJO), O P , Commentariorum in universam Aristotelis Metaphysicam tomus primus (1617) 345ff: „De divisione relationis rationis in primam et secundam intentionem."

206

Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

allgemeine Begriff des Zeichens, jener also, der sowohl für das natürliche wie das willkürliche, sowohl für das formale wie das instrumentale Zeichen gilt, besteht für ihn, in Übereinstimmung mit der zeitgenössisch vorherrschenden Zeichendefinition, darin, daß das Zeichen „aliquid aliud a se potentiae cognoscitivae repraesentat". 131 Hinsichtlich dieser ratio des Zeichens stellt sich zunächst die Frage, „An relatio signi sit rationis in omnibus signis, vel an sit in aliquibus realis" [Ob die Relation des Zeichens bei allen Zeichen eine gedankliche, oder bei einigen eine reale ist]. 132 Nach Araüjo besteht die ratio formalis signi im Falle der natürlichen Zeichen in einer realen Relation, da jene ihr Sein einer realen Ursache verdankt und sie dem natürlichen Zeichen Kraft seiner realen Hervorbringung zukommt. 133 Dies gilt ebenso für die natürlichen Instrumentalzeichen, wie etwa die Sterne als Zeichen der zukünftigen Wirkungen im sublunaren Bereich 134 oder den Urin als Zeichen der Gesundheit, 135 wie für das natürliche Formalzeichen, den geistigen Konzept. Denn dessen significatio ist nichts anderes, als die durch ihn geleistete Repräsentation des Gegenstandes, und diese ist, weil in der Natur des Konzepts selbst begründet, notwendig real. 136 Hierbei ist jedoch die reale significatio bzw. repraesentatio nicht selbst die relatio signi, sondern das Fundament derselben. Die zum Sein selbst des geistigen Begriffs gehörende Realrepräsentation besteht in einer transzendentalen Hinordnung auf den Gegenstand, von dem dieser Begriff abhängt, gemessen und bestimmt wird. 137 In diesem Sinne bildet sie das Fundament der Zeichenbeziehung als einer realen Relation der „dritten Art", d.h. einer realen Maßziehung. 138 131 132 133

134

F. ARAV, OP, Comment, in univ. Arist. Met. 1.1. ( 1 6 1 7 ) 3 5 1 a . Ebd. 3 5 0 b - 3 5 8 a . Ebd. 3 5 1 b : „Haec ratio signi formaliter sumpta in signis naturalibus non est relatio rationis, sed realis. ... probatur primo, quia illa relatio formaliter est realis, quae habet causam realem sui esse, et quae competit subiecto ex vi suae realis productionis..." Ebd.: „... relatio signi a qua stella dicuntur signa: habet causam realem, et convenit eis ex vi suae creationis: etenim a principio, quando Deus illas creavit, dixit Genes. I. 'Fiant lu-

minaria in firmamento caeli, et dividant diem oc noctem, et sint in signa, et tempora, et dies, et annos etc.' ergo illa relatio signi, a qua luminaria caeli dicuntur signa naturalia futurorum effectuum in his sublinaribus, est realis." 135

Ebd.: „Respectus, quem dicit urina ad sanitatem, est respectus signi significantis sanitatem, et est realis, ergo. M i n o r patet, quia i Ile respectus signi est fundamentum analogiae attributionis, qua sanum dicitur realiter de animali et de urina: i Ile enim respectus fundat hanc praedicationem: Urina est sana, quae praedicatio fit secundum denominationem realem (licet extrinsecam) sed fundamentum analogiae et denominationis realis debet esse reale, praeveniens intellectus operationem..."

13e

Ebd.: „Conceptus, quem intellectus format de aliqua re, est vere signum naturale illius...; et eius significatio est realis: ergo. M i n o r patet, nam eius significatio est ipsa repraesentatio, qua repraesentat suum obiectum: H a e c autem repraesentatio proculdubio realis est, quia est naturalis conceptui..."

137

Vgl. Anm. 2 6 4 . Ebd., 3 5 2 a : „... illa realis repraesentatio, quae pertinet ad entitatem absolutam ipsius conceptus, est relativa transcendentaliter, hoc est, consistit in ordine transcendental! ad

138

D e r metaphysische Status der Zeichenrelationen

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Ein weiteres Argument für den realen Charakter der Zeichenrelation beim signum naturale ergibt sich nach Araújo daraus, daß dieses gemäß der geläufigen Bestimmung desselben „ex natura sua repraesentat aliud a se". 139 Eine den Dingen von Natur aus zukommende Eigenschaft aber ist real und intellektunabhängig. Damit sind bei den natürlichen, d.h. von Natur aus auf die Repräsentation von anderem hingeordneten Zeichen hinsichtlich des Fundamentes der Relation die erforderlichen Bedingungen einer relatio realis erfüllt. Immer dann, wenn das Repräsentierte bzw. das Signifikat des Zeichens selbst real existiert und damit ein realer Bezugspunkt als die zweite Bedingung einer Realenbeziehung gegeben ist, ist die Zeichenrelation eine relatio realis.140 Im Fall der Nichtexistenz des Signifikats dagegen handelt es sich bei der Zeichenbeziehung lediglich um eine gedankliche Beziehung, eine relatio rationis. Dies allerdings widerfährt dem natürlichen Zeichen lediglich akzidentell, da seine Zeichenbeziehung aufgrund seiner Natur und seines Fundaments eigentlich real sein sollte und nur durch das Fehlen der Existenz des äußeren Bezugspunktes akzidentell aufhört, dies zu sein, wobei zugleich mit dem Fortfall der Realbeziehung eine gedankliche entsteht. 141 Bei den signa ad placitum ist die Zeichenrelation als relatio rationis sowie als prima intentio charakterisiert. Ersteres ist dadurch begründet, daß sich die Relation nicht einer natürlichen Hinordnung, sondern einer Beziehungsstiftung seitens des Verstandes verdankt, letzteres durch die im Anschluß an Herveus Natalie vorgenommene allgemeine Bestimmung der intentio prima als eine unmittel-

obiectum a q u o dependet, mensuratur et specificatur: ergo fundat relationem realem tertij ordinis, quae non est alia, quam relatio repraesentativi, sive signi. Conseq. patet. N a m fundamentum relationis realis est o r d o transcendentalis unius extremi existentis ad aliud existent" 139

Vgl. Anm. 1 4 2 .

140

Ebd. 3 5 2 a : „... ex parte fundamenti et termini relatio signi naturalis habet omnes conditiones desideratas ad relationem realem: ergo est realis. Antecedens patet. N a m ex parte fundamenti est o r d o ex natura rei; sunt etenim signa naturalia ex natura rei ordinata, et instituía ad repraesentandum aliud a se, v.g. imago Β. Dominici ex natura rei est instituta et ordinata ad repraesentandum beatum D o m i n i c u m ; ex parte etiam alterius extremi aliquando est realis existentia, q u a n d o res repraesentata est in rerum natura: sed nihil amplius ad relationem realem desideratur, quam fundamentum in reali ordine unius ad alterum consistens, et coexistentia alterius extremi: e r g o . "

141

Ebd. 3 5 3 a : „ R e l a t i o signi in signis naturalibus, quando architypus non existit, est rationis, per accidens, ex defectu cuiusdam conditionis requisitae. Prima pars probatur. Ad relationem realem praedicamentalem una ex conditionibus requisitis est alterius extremi existentia... ergo deficiente architypi existentia, relatio signi non erit realis, sed rationis. Secunda pars probatur. N a m q u a n d o aliqua relatio ex sua natura, ex proprijs meritis sui subiecti et fundamenti, debebat esse realis, sed ex defectu extrinseci non est realis, per accidens, desinit esse realis: at relatio signi naturalis, quantum est ex sua natura, et ex meritis sui fundamenti, debet esse realis... ergo quando deficit existentia extrinseci termini, per accidens desinit esse realis, et l o c o illius consurgit relatio alia rationis."

208

Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

bar aus einem realen Akt, hier der Einsetzung, folgende und in diesem fundierte gedankliche Relation. 142 Die Bestimmung des Zeichens als Relation bindet dasselbe in seinem relationalen Status unmittelbar an die Existenz oder Nichtexistenz des Signifikats. Die Existenz des Referenten entscheidet über den relationalen Status des Zeichens. Eine solche relationale Konzeption des Zeichens steht zwangsläufig in einem Spannungsverhältnis zur funktionalen Bestimmung desselben. Denn ganz offensichtlich führt, so ein Einwand, den sich Araújo ebenso wie Johannes a Sto. Thoma stellen, das Bild des Königs das Erkenntnisvermögen in der selben Weise zur Erkenntis des lebenden wie des toten Königs. Während sich für das Funktionieren des Zeichens durch den Fortfall des realen Signifikats nichts ändert, ergeben sich hierdurch auf der Ebene der Zeichenrelation, auf der nach Araújo und Johannes a Sto. Thoma aber der Formalbegriff des Zeichens liegt, grundlegende Veränderungen. Denn durch den Ausfall des realen Zielpunktes muß an die Stelle der ihrer Existenzbedingungen beraubten realen Zeichenrelation eine neue, gedankliche Relation treten - ohne daß freilich für irgend jemanden etwas von diesem metaphysischen Schauspiel zu merken oder es in irgendeiner Weise für die Funktion des Zeichens von Belang wäre. 143 Vor diesem Problemhintergrund konstatiert Araújo, daß in einigen Relativa, zu denen eben auch der Terminus und das Zeichen gehören, zwei Wirkungen oder Leistungen (exercitia) vorliegen; nämlich einerseits eine intrinsische, wesentliche, von einer solchen Relation untrennbare und aus der Relation selbst hervorgehende, sowie andererseits eine akzidentelle und abtrennbare, die aus dem Fundament der Relation hervorgeht. So ist beim Zeichen, hier der imago regis, die intrinsische und wesentliche Leistung desselben, sich auf das Signifikat zu beziehen. Denn das ist es, was die Signifikationsbeziehung ausmacht. Die Leistung dagegen, das Erkenntisvermögen zur Erkenntnis des Signifikats hinzuführen und dieses Signifikat zu repräsentieren (ducere potentiam in cognitionem signati, et illud repraesentare), ist nur eine akzidentelle Wirkung. Denn dem Bild kommt es auf Grund seiner Form und Zeichnung zu, das dargestellte Vorbild zu repräsentieren. Hierbei ist es von der Zeichenrelation selbst nur wie von einer conditio concomitans abhängig. Und weil eben die Form, unabhängig von der

142

143

Ebd. 353b: „Relatio signi in omnibus ... signis ad placitum est ens rationis, et prima intentio. Nam ... est relatio rationis unius extremi ad alterum, quando ad illud non ordinatur ex natura sua, sed per comparationem rationis comparantis unum ad alterum: at signa ad placitum non ordinantur ad signata ex natura rei, sed ex ordinatione extrínseca Intellectus illa instituentis ad significandum: ergo. Confirmatur. Humanuni decretum et Imperium immediate nihil causat reale in rebus ad extra... Ex his patet secunda pars conclusionis. Nam prima intentio ... est illa relatio, quae immediate consequitur ad aliquam actionem realem, et in illa fundatur: sed huiusmodi est relatio signi, siquidem posita activa institutione, statim consurgit significatio in vocibus..." Ein analoges Problem ergab sich aus der relationalen Bestimmung des Zeichens bereits bei Roger Bacon. S.o., S. 61f.

Der metaphysische Status der Zeichenrelationen

209

aktualen Existenz oder Nichtexistenz des darstellten Königs dieselbe bleibt, bleibt auch - trotz der Veränderung hinsichtlich der Relation - die Leistung des Repräsentierens und der Erkenntnisvermittlung identisch. 1 4 4

Damit ist eine

deutlich Trennung der den Formalbegriff des Zeichens konstituierenden Relation oder Bezugnahme auf das Signifikat (ratio referendi)

von der repräsentieren-

den oder zur Erkenntnis hinführenden Funktion des Zeichens vorgenommen. N a c h der Klärung des ontologischen Status der Zeichenrelation stellt sich die Frage nach ihrem vorrangigen Bezugspunkt bzw. nach ihrer formalen Struktur: „An haec relatio signi ... per ordinem ad potentiam cognoscitivam constituatur (Ob diese Relation des Zeichens durch eine Hinordnung auf das Erkenntnisvermögen konstituiert wird). 1 4 5 Diesbezüglich lassen sich, wie Araújo feststellt, zwei grundsätzliche Positionen unterscheiden. W ä h r e n d nach der einen (I.) die ratio signi präzis in der Hinordnung des Zeichens auf das Signifikat besteht, geht die zweite (II.) von einer gleichzeitigen Hinordnung auf das Signifikat und das Erkenntnisvermögen aus. Hinsichtlich der konkreten Beschreibung dieser Hinordnung auf zwei Zielpunkte gibt es jedoch mehrere konkurrierende Modelle. (II. 1) Das Zeichen bezieht sich mit ein und derselben Relation und in derselben Weise auf das Signifikat und das Erkenntnisvermögen, aus denen als partielle Zielpunkte nur ein totaler Zielpunkt integriert wird. 1 4 7 144

145 14Ä

147

F. ARAV, OP, Comment, in univ. Ansí. Met. t. I. (1617) 355a-b: „... praenotandum valde est, in aliquibus relativis duos effectus, seu duo exercitia, reperiri: alterum intrinsecum, inseparabile et essentiale a tali relatione, ut a ratione formali proveniens; alterum accidentale, et separabile a tali relatione, ut a conditione quadam ibi exercita dependens, a fundamento vero relationis ut a ratione formali, proveniens. Huiusmodi relativa sunt, praedicabile, terminus, signum, etc. ... in signo, v.g. in imagine regis, effectus intrinsecus et essentialis relationis signi, est referri ad signatum: est enim ipsa significationis relatio, ratio referendi ad signatum: at ducere potentiam in cognitionem signati, et illud repraesentare, est effectus accidentalis, et separabilis a fundamento, ut a ratione formali, et a relatione signi, ut a con(355b)ditione concomitante proveniens: imago enim ratione figurae et lineamentorum habet repraesentare suum prototypum, et ducere potentiam in cognitionem illius dependenter a relatione ut a quadam concomitante conditione: Et quia figura eadem perseverai, vivo et mortuo rege, eadem etiam efficacia repraesentandi et ducendi potentiam manet vivo et mortuo rege, non obstante quod relatio varietur." Ebd. 358a-362b. Ebd. 358a-b: „Dubitatur ... An haec relatio signi ... per ordinem ad potentiam cognoscitivam constituatur? ... In hoc dub. versatur sententia. Prima asserii rationem signi constituí formaliter per ordinem praecise ad signatum. Secunda asserit constituí per ordinem ad signatum, simulque ad potentiam. Auetores tarnen huius sententiae, ut explicent qualiter eadem ratio simul respicit duos términos, scilicet signatum, et potentiam, divisi sunt in tres modos dicendi." Ebd. 358a-b: „Quidam ... dicunt (358b) signum per eandem relationem respicere ex aequo signatum, et potentiam ut duos términos partiales: integrantes unum totalem." Die hier referierten Positionen sind nur schwer konkreten Autoren zuzuweisen. Eine der hier angesprochenen Position zumindest hinsichtlich der Vereinigung der beiden in ihrer Gleichrangigkeit (aeque primo) betonten Relationen zu einer einzigen nahekommende Auffassung vertritt später Poncius. Vgl. J. PONCIUS, OFM, Philosophiae ad mentem Scoti cursus integer

210

Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

(11.2) Das Zeichen bezieht sich mittels verschiedener Relationen auf das Signifikat und das Erkenntnisvermögen, wobei die Relation auf das Erkenntisvermögen immer - auch im Fall der natürlichen Zeichen, bei denen die Relation auf das Signifikat eine relatio realis ist - eine relatio rationis ist und zur ersten nicht wie ein wesentlicher Teil, sondern wie ein komplettierender Modus hinzutritt. 148 (11.3) Das Zeichen bezieht sich zwar mit derselben Relation auf das Signifikat und das Erkenntnisvermögen, auf beides jedoch in unterschiedlicher Weise, denn auf das Signifikat vorrangig und wie auf einen 'terminus qui' (Zielpunkt, der...), auf das Erkenntnisvermögen jedoch nachrangig und wie auf einen 'terminus cui' (Zielpunkt, dem...).149 Araújo lehnt die erste Meinung (I.) ab: Das Zeichen besteht, wie bereits dessen Definition deutlich macht, nicht in der Relation auf das Bezeichnete präzis für sich genommen und unter Ausschluß der Beziehung auf das Erkenntnisvermögen. 1 5 0 Es bezieht sich ihm zufolge jedoch auch nicht, wie II.l behauptet, in ( 1 6 5 9 ) 2 6 8 a : „Signum nullum ... ut tale, prius respicit rem significatam, quam potentiam, cui significat, nec e contra: nec consequenter dicit duos respectus, quorum unus sit prior altero, sed eodem indivisibiliter respectu aptitudinali respicit utrumque." Dies richtet sich explizit „contra aliquos, qui existimant quod prius respiciat rem, quam potentiam et quod respectus, quam dicit ad obiectum, sit essentialiter illi, respectus vero ad potentiam proprietas ad illam priorem sequens." Die Integration der beiden respectus auf das Signifikat und das Erkenntnisvermögen zu einem einzigen, ist nach Poncius aufgrund der Tatsache, daß sich das Zeichen unmöglich auf das eine bezieht, ohne sich zugleich auf das andere zu beziehen, geradezu durch das Sparsamkeitsprinzip geboten: „... quia non sunt multiplicanda entia aut formal itates sine necessitate: sed non est nécessitas ulla multiplicandi huiusmodi respectus, quandoquidem unico respectu possit quis tendere in plura, quando non potest tendere in unum ex illis, quin necessario tendat in alterum, nec potest intelligi ut tendens in unum, quin intelligatur tendens in alterum: sed signum non potest nec respicere, nec intelligi respicere rem significatam per modum signi, quin respiciat et intelligatur respicere potentiam, cui significat, nec e contra: ergo uno respectu debet dici utrumque respicere. Rursus nulla est ratio, ob quam dicatur potius respicere rem significatam prius quam potentiam aut e contra: ergo utrumque aeque primo debet dici respicere." 148

F. ARAV, OP, Comment, in univ. Arist. Met. t. I. ( 1 6 1 7 ) 3 5 8 b : „Alij ... dicunt, quo signum respicit signatum per unam relationem, et potentiam per aliam, quae relatio in omnibus signis, etiam in naturalibus constitutis per relationem realem, est relatio rationis, et intégrât unam essentiam signi cum ilia relatione ad signatum, non ut pars essentiae, sed ut modus complectivus [sic: completivus] illius, ad eum modum, quo ... completur ... obiectum fidei per annexam obscuritatem."

149

Ebd. 3 5 8 b : „Alij denique Metaphysici dicunt signum, per eandem relationem respicere signatum, et potentiam: sed non ex aequo. Signatum quidem principalius, et ut terminum, qui, potentiam vero minus principaliter, et ut terminum, cui."

150

Ebd. 3 5 8 b : „Respondeo dicendum primo. Signum non constituitur per ordinem ad signatum praecise sumptum, et cum exclusione potentiae. ... et probatur ex diffinitione signi: est enim illud quod aliquid aliud a se potentiae cognoscitivae repraesentat, quibus in verbis explicatur formalis ratio signi, et haec explicatur per ordinem ad potentiam: ergo non consistit in ordine ad solum signatum. Confirmatur. Actus proprius signi est repraesentare, quod est cum ordine ad potentiam cognoscitivam: cui fit repraesentatio: ergo et signum in sua essentia dicit ordinem ad potentiam."

Der metaphysische Status der Zeichenrelationen

211

derselben Weise (ex aequo) auf das Signifikat und das Erkenntnisvermögen, noch auch ist die Relation zum Erkenntnisvermögen, wie II.2 annimmt, nur ein die Relation zum Signifikat komplettierender Modus. Denn einerseits können das Signifikat und das Erkenntnisvermögen nicht den adäquaten Zielpunkt einer einfachen Relation bilden, da sich das Zeichen auf das Erkenntnisvermögen stets in der Relation der Erfaßbarkeit oder Erkennbarkeit und damit in einer gedanklichen Relation bezieht, während die Relation auf das Signifikat jedoch, wie bei den natürlichen Zeichen, eine reale Relation sein kann. Andererseits ist die Annahme einer eigenen, die Relation zum Signifikat komplettierenden Hinordnung auf das Erkenntnisvermögen unnötig, wenn, wie Araújo zeigen wird, das Zeichen sich mit derselben wesenhaften Hinordnung auf das Signifikat auch auf das Erkenntnisvermögen bezieht. 151 Araújo schließt sich damit der Position II.3 an: Das Zeichen besteht wesensmäßig in einer einzigen, einfachen, sich primär auf das Signifikat als den terminus qui und sekundär auf das Erkenntnisvermögen als den terminus cui beziehenden Relation. 152 Beide zusammen bilden den in der Definition des Zeichens als eines das Erkenntnisvermögen zur Erkenntnis des Signifikats Hinführenden angegebenen Totalterminus der Zeichenrelation. 153 In Form von Einwänden problematisiert er dieses Modell der Zeichenrelation. Zunächst scheint die hier vorliegende, lediglich sekundäre Berücksichtigung

151

152

153

Ebd. 3 5 8 b - 3 5 9 a : „... Dico secundo: signum non respicit potentiam et signatum ex aequo, ñeque ordo ad potentiam est modus completivus ordinis ad signatum. Prima pars conclus i o n s statuitur contra primum modum explicandi secundam sententiam, et probatur, quia potentia, et signatum nequeunt integrare unum adaequatum (359a) terminum unius simplicis relationis: ergo. Ante, quia ad potentiam solum refertur: signum relatione rationis. Etenim rei at i o signi ad potentiam, est relatio apprehensibilis sive cognoscibilis, quae est relatio rationis, ex eo enim quod potentia cognoscitiva potest apprehendere illud, denominatur apprehensibile, ordo autem ad signatum in signis naturalibus est realis, ut dictum est: ergo. Confirmatur. Relatio signi non dicitur ad convertentiam cum potentia: ergo non respicit potentiam, ut correlativum principale. ... Antee, autem probatur: signum enim non dicitur potentiae signum, sed signati: ergo. Secunda pars statuitur contra secundum modum explicandi eandem sententiam et probatur. Nam ... eodem ordine essentiali, quo signum respicit signatum; respicit etiam potentiam: ergo chimericus est ordo ille ad potentiam completivus alterius ordinis ad significatum." Ebd. 3 5 9 a : „Dico tertio. Signum constituitur essentialiter per unicam simplicem relationem ad signatum, primario, et ad potentiam secundario terminatam. Prima pars conclusionis probatur: Nam illud per quod aliquod relativum diffinitur, et cum quo dicitur ad convertentiam, est terminus eius primarius, sed signum diffinitur per ordinem ad signatum... Signum enim est signati signum, et est illius repraesentativum... Deinde probatur secunda pars simul cum prima. Nam quando aliquod ens respectivum respicit duos términos ordine quondam, alterum ut 'quod', et alterum ut 'cui', illum respicit primario, et hunc secundario, qua ratione amore actus, teste Div. Thom. I. p. q. 2 0 ar. 1 ad 3. cum tendat in haec duo, scilicet in bonum, quod quis vult alicui, et in eum cui vult bonum..." Ebd. 3 6 0 a : „... relativum debet diffiniri per ordinem ad suum terminum totalem: et ita signum diffinitur per ordinem ad signatum, et ad potentiam: nam diffinitur, quod sit ductivum potentiae in cognitionem signati."

212

Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

der Relation des Zeichens auf das Erkenntnisvermögen insofern problematisch zu sein, als gerade diese Relation konstitutiv für die Spezifikation der Zeichen zu sein scheint. Denn bei gleichbleibendem Signifikat kann das Zeichen durch den Wechsel des Erkenntnisvermögens, auf das es sich bezieht, ein anderes werden: Mein geistiger Begriff einer Sache ist, wie Araújo anhand eines gebräuchlichen Beispiels ausführt,154 für mich ein signwn formale, für einen diesen meinen Begriff erfassenden Engel dagegen ein signum instrumentale. Das Problem, das sich hier stellt, ist folgendes: Wenn das Zeichen als Zeichen wesentlich durch die Relation auf das Signifikat bestimmt ist, muß auch die Unterscheidung der Formal- und Instrumentalzeichen aus derselben ableitbar sein. Araújo versucht dies, wie später Johannes a Sto. Thoma, durch die Ansetzung einer auf Seiten des Gegenstandes selbst liegenden unterschiedlichen Repräsentierbarkeit zu lösen.155 Der Annahme einer sich sowohl auf das Signifikat wie auf das Erkenntnisvermögen beziehenden dreistelligen Zeichenrelation steht zudem die Schwierigkeit entgegen, daß es sich unter Voraussetzung der Existenz des Signifikats bei der Relation des natürlichen Zeichens auf dasselbe um eine relatio realis handelt, bei der zum Erkenntnisvermögen jedoch um die Hinordnung eines passiv Erfaßbaren auf ein aktiv Erfassendes und damit um eine relatio rationis, und folglich das Zeichen sich nicht auf beide Bezugspunkte mittels derselben einfachen Relation beziehen kann. Araújo hebt diesen Einwand mit dem Hinweis, daß es sich zwar um ein und dieselbe Relation handelt, die sich jedoch in unterschiedlicher Weise auf ihre Bezugspunkte bezieht, so daß sie das Signifikat „ut quod", wie dasjenige, das repräsentiert wird, das Erkenntnisvermögen aber „ut cui", wie dasjenige, dem repräsentiert wird, berührt. Die gedankliche Relation des Erfaßtwerdens durch das Erkenntnisvermögen ist zwar zur aktualen Hinführung des Erkenntnisvermögens auf das Signifikat erforderlich. Der wesensmäßige Grund des Zeichens jedoch, wie er der aktualen Bezeichnungsleistung voraufgeht, wird nicht durch das Erfaßtsein des Zeichens konstituiert.156

154

155

156

V g l . CONIMBRICENSES, SJ, Commentarii in univ. Aristotelis dialecticam ( 1 6 0 7 ) 2 . 2 3 . F. ARAV, OP, Comment, in univ. Arist. Met. 1.1. ( 1 6 1 7 ) 3 6 0 b - 3 6 1 a : „... arguitur, quia stante identitate signati, propter diversitatem potentiae, contingit distingui ipsa signa: ergo potentia ex aequo concurrit ad specificationem signi, vel est eius terminus totalis. Antecedens p a t e t . . . conceptus, quem ego habeo de Petro, est respectu mei intellectus signum formale; et respectu Angeli Gabrielis, v.g. intuentis mediante meo conceptu Petrum, subinduit rationem signi Instrumentalis... Ad hoc argumentum respondetur... ( 3 6 1 a ) quod i Ile conceptus habet duplicem formalitatem, alteram signi formalis, quatenus seipso meo intellectui repraesentat formaliter Petrum: alteram signi Instrumentalis, quatenus praecognitus a quocumque alio intellectu, ducit ilium instrumentaliter in cognitionem Petri: quae duplex formalitas non desumitur praecise ex ordine ad potentias, sed ex ordine ad eundem Petrum, ut diversimode repraesentabilem per illum conceptum propriae et alienae potentiae..."; Vgl. JOHANNES A STO. THOMA: Ars logica ( 1 9 4 8 ) 6 6 9 a b .

Ebd. 3 6 1 b - 3 6 2 a : „Tertio arguitur: existente signato imaginis, v.g. Regis, relatio signi est realis... et relatio ad potentiam est rationis, quia est ordo apprehensibilis passivae, ad ap-

Der metaphysische Status der Zeichenrelationen

213

Hiermit sind die wesentlichen Elemente der thomistischen Zeichenkonzeption des 17. Jahrhunderts formuliert,157 die zu Beginn der 30er Jahre dann von Johannes a Sto. Thoma weiter ausgefaltet und systematisiert werden: Die ratio formalis signi liegt nicht im Fundament der Zeichenrelationen, sondern in diesen selbst. Hierbei handelt es sich im Fall der natürlichen Zeichen - und unter Voraussetzung der Existenz des Signifikats - um reale, im Fall der eingesetzten Zeichen dagegen um gedankliche Relationen. Diese, von der dem Zeichen als Zeichen äußerlichen und bereits durch die transzendentale Relation des Fundaments geleisteten Funktion der Repräsentation und Hinführung zur Erkenntnis abgehobene Zeichenrelation besteht wesensmäßig in der bloßen Bezugnahme (ratio referendi) auf das Signifikat. Diese kann, wie Araújo für die Konzepte deutlich macht - Johannes a Sto. Thoma wird das auf alle Arten von Zeichen übertragen - als Maßrelation (relatio mensurae) beschrieben werden, insofern das Zeichen am Bezeichneten das Maß seiner selbst findet. Da die in der Zeichendefinition zum Ausdruck gebrachte Funktion des Zeichen, - wie später bei Johannes a Sto. Thoma stehen die Definition und der herausgearbeitete Formalbegriff des Zeichens in einem problematischen Spannungsverhältnis -, etwas anderes einem Erkenntnisvermögen zu repräsentieren, bereits durch die fundamentale Ebene des Zeichens geleistet wird, haben die durch den eventuellen Fortfall des Signifikats bedingten Änderungen des relationalen Status des Zeichens keinerlei Einfluß auf seine Funktion. Die Beziehungen des Zeichen zum Signifikat und zum Erkenntnisvermögen sind zu einer einzigen Relation integriert, so daß das formaliter als Zeichen betrachtete Zeichen wesentlich durch eine dreistellige Relation konstituiert wird, die sich direkt auf das Signifikat und indirekt auf das Erkenntnisvermögen bezieht.

b) Johannes a Sancto Thoma (1589-1644) Die differenzierteste und theoretisch anspruchsvollste Erörterung des Zeichens vor dem Hintergrund der Relationentheorie findet sich im frühen 17.

157

prehensivum active: sed relatio realis, et relatio rationis nequit esse eadem simplex relatio; ergo signum non respicit signatum, et potentiam eadem simplici relatione. ... (362a) Ad argumentum nego minorem, ñeque enim ordo ad potentiam est alius ab ordine ad signatum; sed idem, qui attingit signatum ut quod, et primario; potentiam vero ut cui, et secundario; et licet ad actualem ductionem potentiae requiratur apprehensio activa potentiae, ex qua in signo résultat relatio apprehensi, sive proxime apprehensibilis; tamen ratio signi essentialis, ut praevenit actúale exercitium, non constituitur per esse apprehensum, aut apprehensibile proxime, sed per relationem ductivi, ut radicaliter et remote a potentia apprehensibilem, quae radicalis, et remota apprehensibilitas non ponit in numero cum entitate ipsa relationis signi; et ita est realis, quando haec est realis." Die beiden weiteren von Araújo erörterten zeichentheoretischen Fragen („An ratio signi, in signis formalibus vere et univoce salvetur, et in quo consistât"; 362b-366b); „An in signo instrumental! vera et specialis ratio signi reperiatur, et in quo consistât"; 366b-370b) beziehen sich nicht auf die hier behandelte Problematik der Zeichenrelationen.

214

Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

Jahrhundert bei Johannes a Sancto Thoma (Jean Poinsot).158 Johannes a Sto. Thoma setzt den Stellenwert des Zeichenbegriff für den Logiker hoch an. Weil nämlich, „alle Instrumente, derer wir uns zum Erkennen und zum Sprechen bedienen, Zeichen sind, muß der Logiker, um seine Instrumente ... exakt zu kennen, auch wissen, was ein Zeichen ist."159 Die erste, kurze Exposition des Zeichens in den Summulae ist, wie bereits Ashworth mit Recht gegenüber Deely betont hat, 160 durchaus konventionell. Im Wesentlichen hält sich Johannes an die Vorgaben der Summulae von Soto, dessen dreifache Unterscheidung des Gegenstand-Seins161 er ebenso übernimmt, wie dessen Systematisierung der vier, extensional differenzierten Weisen des facere cognoscere. Die ausführliche Behandlung des Zeichenbegriffs, der aufgrund der mit ihm verbundenen komplexen metaphysischen Relationsproblematik für Anfänger ungeeignetet ist, verlagert er, gängiger Praxis entsprechend, an die sich auf Peri hermeneias beziehende Systemstelle seiner Logikkurses.162 Denn wie bei Araújo, 158

Zur Zeichentheorie des Johannes a Sto. Thoma vgl. J. A. OESTERLE, Another Approach to the problem of Meaning: The Thomist 7 (1944) 233-63; J. A. CASAUBON, Para una teoria del signo y del concepto mental como signo formal: Sapientia 10 (1955) 270-83; J. G. HERCULANO DE CARVALHO, Segno e significazione in joao de Sao Tomás (1961); J. N. DEELY, The two Approaches to Language: Philosophical and Historical Reflections on the Point of Departure of Jean Poinsot's semiotic: The Thomist 38 (1974) 856-907; DERS., Neglected Figures in the History of Semiotic Inquiry: John Poinsot, in: History of Semiotics, hg. A. Eschbach u. J. Trabant, 1983, 115-26; DERS., The Coalescence of Semiotic Consciousness, in: Frontiers in Semiotics, hg. J. Deely u.a., 1986, 5-34; DERS., The semiotic of John Poinsot: Yesterday and tomorrow: Semiotica 69 (1988) 31-127; M. BEUCHOT, La doctrina tomistica clásica sobre el signo. Domingo de Soto, Francisco de Araújo y Juan de Santo Tomás: Critica 12 (1980) 39-60; E. J. ASHWORTH, The Historical Origine of John Poinsot's Treatise of Signs: Semiotica 69 (1988) 129-147; C. CHIESA, Note historique par une définition postmédievale du signe: Revue de théologie et du philosophie 114 (1982) 141-158.

159

JOHANNES A SANCTO THOMA, Ars logica,

160

hg. B . REISER ( 1 9 4 8 ) 9 a : „... in u n i v e r s u m o m n i a

instrumenta, quibus ad cognoscendum et loquendum utimus, signa sunt, ideo ut logicus exacte cognoscat instrumenta sua scilicet termini et orationes, oportet, quod etiam cognoscat, quid sit signum." Eine solche Betonung der Bedeutung der Zeichen für die menschliche Erkenntnis ist nicht singular. Vgl. F . GONÇALEZ, SJ, Logica tripartita (1639) 95a: „... exploratum est nos homines uti necessario, et quidem magna nostra utilitate, omnibus signis ..., siquidem valde crescit nostra scientia, notitiâ et usu signorum, praesertim sensibilium..."; vgl. J. B. ProLEMAEUS, SJ, Philos, mentis et sensuum (1698) 136a-b: „Si nulla haberemus signa ..., nil amplius sci rem us nisi quod bruta sentiunt: id enim solum possemus intelligere: nam quod praeterea intelligitur id per signa cognoscitur." E. J. ASHWORTH: The historical origins of John Poinsot's Treatise on Signs: Semiotica 691/2 ( 1 9 8 8 ) 1 3 1 .

161

162

Vgl. JOHANNES A SANCTO THOMA, Ars logica (1948) 9a-b. 1. Objectum motivum tantum als jenes, das das Erkenntnisvermögen zur Bildung eines Begriffs oder einer Erkenntnis (notitia) von etwas vom bewegenden Objekt selbst Verschiedenem bewegt, wie z.B. „das Bild des Kaisers, das dazu bewegt, den Kaiser zu erkennen"; 2. Objectum terminativum tantum als die durch die von einem anderen Gegenstand hervorgerufene Erkenntnis erkannte Sache, wie z.B. „der mittels eines Bildes erkannte Kaiser"; 3. Objectum terminativum et motivum simul als der sich selbst zeigende und die Erkenntnis seiner selbst bewirkende Gegenstand. Bereits in der dem ersten Band seines Logikkurses vorangestellten Vorrede an den Leser

Der metaphysische Status der Zeichenrelationen

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ist auch bei Johannes a Sto. T h o m a die Exposition des Zeichens ganz v o m Begriff der Relation her entwickelt. Dabei setzt er die Problematisierung des relationalen Status des Zeichens jedoch höher an als jener, wenn er nicht von der hatte Johannes - in Übereinstimmung mit der zeitgenössigen Kritik an der älteren Gestalt der summulistischen Logik - angekündigt, daß er die oftmals in den Summulae behandelte und mit der Funktion dieses Textes als einer logischen Prodädeutik unvereinbare metaphysische Thematik aus diesem Kontext herausnehmen und sie an den ihr eigentlichen Ort, nämlich einen sich auf das erste Buch von Peri hermeneias beziehenden Tractatus de signis et notitiis expedieren werde. Diese Stelle ist für Deelys Poisot-Interpretation von zentraler Bedeutung. Ihr entstammt - es ist, anders als in der von Deely hergestellten, modifizierten Textform, die einzige Stelle, an der Johannes a Sto. Thoma explizit von einem solchen spricht - nicht nur der Titel seiner Edition, an ihr hängt auch die Stilisierung des Textes zum eigentlichen Beginn der „semiotic revolution, which has become an intellectual movement only in our century" (JOHANNES A STO. THOMA, Tractatus de Signis, Second Semiotic Marker, p. 19). Denn dadurch, daß Johannes a Sto. Thoma die Kommentierung von Peri hermeneias durch einen (nach Deelys Übersetzung) Treatise on signs and notices or modes of awareness (p. 5) ersetzt, formuliert er, so Deely, „a critique of the entire tradition of Latin Aristotelism which had developed a logic exclusively of terms and propositions, and arguments made from these, whereas in fact „interpretation" is a much broader activity coextensive with the entire life of the mind" (ebd., First Semiotic Marker, p. 7). Daran erweise sich die Radikalität des Textes: „it takes up again the then traditional point of entry into philosophical study, and reshapes that point of departure according to a semiotic understanding of the fundamental activity of mind - namely, awareness as such." (ebd., p. 19; vgl. auch J. Ν. DEELY, The two Approaches to Language: The Thomist 38 (1974) 861). Als Johannes seine Ars Logica verfaßte, war die durch Peri hermeneias markierte Systemstelle des Aristotelischen Organons bereits längst zum bevorzugten Ort der Verhandlung der Zeichenthematik geworden. Zwar wurde diese in der Regel lediglich der eigentlichen Kommentierung des Textes vorangestellt, ohne diese, wie bei Johannes - zuvor allerdings bereits bei Hurtado de Mendoza - ganz zu verdrängen. Aber allein darin, daß er die sonst übliche Behandlung von nomen, verbum, enuntiatio oder der futura contigentia übergeht, kann schwerlich eine Revolution bestehen. Wenn Johannes in seiner Vorrede von einem Tractatus de signis et notitiis spricht, so verweist das nicht auf ein neues „semiotic understanding of the fundamental activity of mind", sondern in erster Linie auf eine ältere Tradition. Bereits Ashworth hat in diesem Zusammenhang auf den Tractatus Conceptuum et signorum von Ledelh hingewiesen (JACOBUS LEDELH, Tractatus conceptuum et signorum (Paris 1495); vgl. E. J. ASHWORTH, The Historical Origine: Semiotica 69 (1988) 132f). Es gibt mehrere solcher Traktate in der Logik um 1500 (Vgl. JOHANNES BoiX, Tractatus conceptuum et signorum ... introductorias ad nominalium doctrinam sane intelligendam (Valencia 1493); G. LOKERT, Scriptum in materia notitiarum (Paris 1513); R. CENALIS, Processus noticiarum (Paris 1510) oder D. CRANSTON, Tractatus noticiarum (Paris 1517); vgl. A. BROADIE, Notion and Object (1989); DERS., Medieval notions and the theory of ideas: Proceedings of Aristotelian Society 87 (1986-87) 153-167). Wenn Ashworth (1988: 133) meint, „in the second half of the sixteenth century such independent treatises ceased to be written", so ist das nicht ganz richtig. Zwar sind diese Traktate im frühen 17. Jahrhundert nicht verbreitet - sie kommen erst in der zweiten Jahrhunderthälfte wieder stärker in Mode (vgl. die Anm. 12 angeführten Titel); der von Johannes a Sto. Thoma in seiner Vorrede provisorisch verwendeten Titel Tractatus de signis et notitiis ist jedoch auch im frühen 17. Jahrhundert nicht singulär. Denn bereits 1616 veröffentlichte sein Ordensbruder Marcos de los Huertos seine logischen Disputationen zusammen mit einem Tractatus de signis, noticiis et conceptibus (vgl. MARCOS DE LOS HUERTOS, OP, Dialecticae disputationes cum tractatu de signis, noticiis et conceptibus (Toledo 1616).

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Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

Frage nach dem gedanklichen oder realen Charakter der Zeichen ausgeht, sondern zunächst die bei Araújo schon implizit beantwortete Frage stellt, ob das Zeichen überhaupt zur Gattung der Relation gehört („Utrum signum sit in genere relarionis"). Was damit zur Diskussion steht, ist das Problem, ob es sich beim Formalbegriff des Zeichen, der ratio formalis signi, um eine „seinsmäßige Relation" (relatio secundum esse) oder um eine „Relation des Genanntwerdens" (relatio secundum dici), bzw., was dasselbe ist, um eine transzendentale Relation handelt.163 Worum es hierbei geht, ist also nichts anderes, als die direkte Auseinandersetzung mit dem Zeichenkonzept seiner einstigen Lehrer, der Conimbricenses, bzw. in inhaltlicher Perspektive, die Entscheidung der Frage, ob die

163

Die zum Verständnis dieser Fragestellung erforderliche Begrifflichkeit hatte er in der Quaestio 17 [577b] folgendermaßen erklärt: „... in jener Seinsgattung, die Relation genannt wird, muß dreierlei zusammenkommen, nämlich das Subjekt, das Fundament und der Bezugspunkt. Subjekt ist wie bei allen Akzidenzien jenes, was durch die Relation geformt und benannt wird. Das Fundament wird gleichsam als Grund und Ursache benötigt, von dem her diese Relationen ihre Seiendheit und ihr Sein erhalten. Der Bezugspunkt ist gleichsam das, zu dem jene Rücksicht hin tendiert und in dem sie zur Ruhe kommt. Und wenngleich für jede Seiendheit und Form eine Ursache erforderlich ist, so wird doch speziell von der Relation gesagt, daß für sie ein Fundament erforderlich ist, weil die anderen Formen nur eine Ursache erfordern, um ins Sein gesetzt zu werden und zu existieren, die Relation jedoch erfordert aufgrund ihrer minimalen Seiendheit und weil sie dem eigenen Begriff gemäß auf anderes hin ist, ein Fundament nicht allein um zu existieren sondern auch um des Existierens fähig zu sein, d.h. um eine reale Seiendheit zu sein. [...578a] Von hier aus wird es nicht schwer fallen, zwischen den Relationen des Genanntwerdens und den seinsmäßigen, den realen und den gedanklichen, zu unterscheiden. Seinsmäßige Relativa und solche des Genanntwerdens unterscheiden sich aus der Tätigkeit selbst, weil bei den seinsmäßigen Relativa der ganze Grund und die ganze Tätigkeit in der Bezugnahme besteht, und deshalb sagt man, daß sie sich auf ihren Bezugspunkt als auf einen reinen Bezugspunkt beziehen. Die Tätigkeit aber oder der Grund der Relation des Genanntwerdens besteht nicht in der reinen Bezugnahme auf einen Bezugspunkt, sondern darin, etwas anderes zu tun, woraus eine Relation folgen mag. [... 5 7 8 b ] Hieraus steht auch fest, daß die transzendentale Relation, die von der Relation des Genanntwerdens nicht verschieden ist, ihrer vornehmlichen Bedeutung nach keine Relation meint, sondern etwas für sich Bestehendes, auf das irgendeine Relation folgt oder folgen kann. ... Die realen und die gedanklichen Relationen, welche Unterscheidung nur bei der seinsmäßigen Relation angetroffen wird, unterscheiden sich durch das Fehlen irgendeiner der für eine realen Relationen erforderlichen Bedingungen. Es werden aber fünf Bedingungen erfordert..., zwei von Seiten des Subjekts, zwei von Seiten des Bezugspunktes und eine von Seiten der Relate. Seitens des Subjekts, daß es ein reales Seiendes ist und ein reales Fundament oder einen realen Fundierungsgrund bereitstellt. Seitens des Bezugspunktes, daß dieser eine reale und wirklich existierende Sache ist und zweitens, daß er real vom anderen Außenglied der Relation verschieden ist. Seitens der Relate aber, daß sie zur selben Seinsordnung gehören... Dafür, daß irgendeine Relation eine kategoriale ist, ist es erforderlich, daß sie jene Bedingungen hat, durch die sie sich von der gedanklichen und der transzendentalen Relation bzw. der Relation des Genanntwerdens unterscheidet, und also wird die kategoriale Relation so definiert, daß sie eine reale Form ist, deren gesamtes Sein auf etwas anderes hin ist. Durch die erste Teilbestimmung unterscheidet sie sich von der gedankliche Relation, die keine reale Form ist, durch die zweite von der transzendentalen Relation und jeglichem für sich Bestehenden, dessen ganzen Sein nicht auf etwas anderes hin ist, weil es auch etwas für sich Bestehendes ist."

Der metaphysische Status der Zeichenrelationen

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ratio signi, wie jene meinen, im Fundament der Zeichenrelation (bzw., was dasselbe ist, in einer transzendentalen Relation oder einer relatio secundum dici) oder vielmehr in der Relation selbst liegt, unabhängig davon, ob es sich bei dieser um eine gedankliche oder eine reale handelt. Aus diesem allgemeinen Problemansatz erklärt sich die Verwendung des die reale und gedankliche Relation umfassenden Begriffs der seinsmäßigen Relation (relatio secundum esse).164 Johannes a Sancto Thoma eröffnet seine Exposition des Zeichenbegriffs durchaus zeittypisch - mit der Ersetzung der nur dem Instrumentalzeichen angemessenen Augustinischen Zeichendefinition durch jene geläufige Bestimmung des Zeichens als etwas „das einem Erkenntnisvermögen etwas anderes repräsentiert".165 Grundlegend für die weitere Entwicklung des Formalbegriffs des Zeichens ist die bereits von Araújo getroffene Unterscheidung zwischen dem manifestierenden oder repräsentierenden Moment des Zeichens und dessen Hinordnung auf anderes, nämlich auf die repräsentierte Sache einerseits und das Erkenntnisvermögen, dem diese repräsentiert wird, andererseits.166 Für die Klärung des relationalen Status des Zeichens ist diese Unterscheidung insofern von Bedeutung, als das Manifestierende oder Repräsentierende als solches nicht notwendig eine Relation impliziert, da etwas sich selbst oder aber ein anderes manifestieren kann, ohne von diesem abhängig zu sein (z.B. Licht -» Farben; Prämissen —> Schlußfolgerung).167 Das aber bedeutet, daß das Zeichen, wenn anders es formal in einer Relation besteht, von der bloßen Repräsentation abgelöst und an die noch näher zu bestimmende Hinordnung auf anderes gebunden werden muß; was letztlich auf eine Dementierung der eingangs vorausgesetzten Zeichendefinition hinausläuft. Denn etwas ist nicht deshalb schon Zeichen im Vollsinn, weil es etwas anderes manifestiert oder repräsentiert, sondern aufgrund seiner spezifischen Hinordnung auf das Signifikat und das Erkenntnisvermögen.

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Ebd. 646b: „Et loquimur hic de relatione secundum esse, non de relatione praedicamentali, quia loquimur de signo in communi, prout includit tam signum naturale quam ad placitum, in quo involvitur etiam signum, quod est aliquid rationis, scilicet signum ad placitum." Ebd. 646a: „... signum est 'id, quod repraesentat aliud a se potentiae cognoscenti'. Quam definitionem ita communiter tradidimus, ut complecteremur omnia signorum genera, et formale et instrumentale. Nam vulgaris definitio, quae circumferri solet apud theologos in initio 4. Sentent, ex Augustino: 'signum est quod praeter species, quas ingerit sensui, aliquid facit in cognitionem venire', instrumentali signo solum convenit. Ebd.: „In nostra ... definitione ad rationem signi in communi duo concurrunt: Primum est ratio manifestativi seu repraesentativi. Secundum ordo ad alterum, scilicet ad rem, quae repraesentatur, quae debet esse diversa a signo, nihil enim est signum sui nec significat se, et ad potentiam, cui manifestât et repraesentat rem a se distinctam." Ebd. 646a-b: „... manifestativum ut sic constat non dicere relationem, tum quia potest salvari in ordine ad se et sine respectu ad alterum, ut quando lux manifestai seipsam, quando obiectum repraesentat se, ut videatur, etc.; tum quia potest aliquid manifestare alterum sine dependentia ab [646b] ipso, sed potius per dependentiam alterius a se, sicut principia manifestant conclusiones, lux colores..."

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Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

Die manifestierende Funktion eines Zeichens ist - im Gegensatz zum manifestativum im allgemeinen - stets mit zwei Momenten verbunden, die für das Zeichenkonzept von Johannes a Sto. Thoma eine zentrale Rolle spielen werden, nämlich einerseits mit der Hinordnung auf ein anderes (ordo ad alteram) und andererseits mit der Abhängigkeit (dependentia) vom Bezeichneten: „Denn das Zeichen ist immer weniger als das Bezeichnete und von diesem wie von seinem Maß abhängig." 168 Beide Momente sind, zumal in der thomistischen Zeichenlehre, zwar durchaus geläufig. 169 Doch niemals zuvor wurden sie mit solchem Nachdruck in den Mittelpunkt der Bestimmung des Zeichens gestellt. Vor dem Hintergrund dieser Unterscheidung präzisiert Johannes a Sto. Thoma die eingangs gestellte Frage, „ob dieser formale Seinsgrund des Zeichens zuerst und an sich in einer seinsmäßigen Relation besteht, oder aber in einer Relation des Genanntwerdens bzw. in einem selbständig Bestehenden, welches eine solche Relation begründet." 170 Gegen die ausführlich referierte Position der Conimbricenses, der zufolge „der Formalbegriff des Zeichens im Allgemeinen nicht in einer seinsmäßigen Rücksicht auf die bezeichnete Sache und das Erkenntnisvermögen besteht, sondern in einer Rücksicht des Genanntwerdens bzw. in etwas für sich Bestehendem, das diese Relation fundiert", 171 setzt Johannes seine The-

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Ebd. 6 4 6 b : „At vero manifestativum signi invenitur et cum ordine ad alterum, quia nihil seipsum significat, licet se repraesentare possit, et cum dependentia, quia signum semper est minus significato et ab ipso ut a mensura dependens."

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Z u r Charakterisierung der Zeichenrelation als Maßbeziehung vgl. F. ARAV, OP, Comment, in univ. Arist. Met. t. I. ( 1 6 1 7 ) 3 5 2 a (vgl. Anm. 138) u. 3 6 3 a (vgl. Anm. 3 0 8 ) . Araújo hat das Vorliegen einer solchen relatio mensurae jedoch explizit nur hinsichtlich der Formalzeichen, d.h. der geistigen Konzepte, behauptet. Zu der - letztlich augustinischen - These von der 'Minderwertigkeit' des Zeichens vgl. SAMUEL DE LUBLINO, OP, In universum Aristotelis logicam quaestiones ( 1 6 2 0 ) 3 8 7 : „... ad rationem signi non tantum hoc requiritur ut ducat in cognitionem alterius quomodocumque, sed in quo magis cognitio humana perficitur, ut patet in Sacramentis inductive...". Auch späterhin ist dies, zum Teil unter expliziter Bezugnahme auf Johannes a Sto. T h o m a ein geläufiges Bestimmungsmoment des Zeichens. Vgl. P. M . CAUVINUS, OP, Cursus philometapbysicus ( 1 6 9 2 ) 17a-b: „... colligi possunt quaedam conditiones signi ... [17b] Tertia quod repraesentet deficienter, vel cum subordinatione ad signatum, qua ratione denegatur essentiae divinae perfectissime repraesentanti creaturas, similiter causae manifestanti effectus (ut vult J o . a S. T h o . ) principijs manifestantibus conclusiones, et lumini illustranti colores, quia id non praestant cum subordinatione ad rem manifestatam, sed magis e contra."; Vgl. den stark von Johannes a Sto. T h o m a beeinflußten PETRUS DE CANDAMO, OP, Opusculum de signis et notitiis ( 1 6 9 7 ) 15ff. oder noch V. GUFL, O S B , Philos, scholast. univ. ( 1 7 5 0 ) 2 7 . Das Zeichen hat als Mittel intellektuell weniger erstrebsam zu sein als das Ziel; aber offensichtlich nicht nur intellektuell: „... esset autem (signum) medium inordinatum, si intellectualiter esset magis expetibile, quam finis: et revera magis est expetibile de igne, quam de fumo cogitare: utilius humano commercio de vino venali, quam de ramo lauri." J. B. PROLEMAEUS, SJ, Philos, mentis et sensuum (1698) 134.

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JOHANNES A SANCTO THOMA, OP, Ars Logica ( 1 9 4 8 ) 6 4 6 b : „... an formalis ¡sta ratio signi consistât in relatione secundum esse primo et per se, an in relatione secundum dici seu in aliquo absoluto quod fundet talem relationem." Ebd. 6 4 6 b - 6 4 7 a : „Aliqui Auetores existimant [ 6 4 7 a ] rationem signi in communi non

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se: „Ratio Signi formaliter loquendo non consistit in relatione secundum dici, sed secundum esse." [Der Formalbegriff des Zeichens besteht, formal gesprochen, nicht in einer Relation des Genanntwerdens, sondern in einer seinsmäßigen Relation]. 172 Die hier verwendete Präzisierung des „formaliter loquendo" ist insofern wichtig, als sie genau die Differenz zwischen dem Zeichenkonzept von Johannes a Sto. Thoma und dem der Conimbricenses sowie jenen Punkt markiert, an dem Johannes - ebenso wie bereits Araújo - von der in der Definitionsformel des „aliud a se repraesentat" zum Ausdruck gebrachten Zeichenkonzeption Sotos abweicht. Denn in dieser formalen, das Zeichen als Zeichen betrachtenden Perspektive, erscheint es nicht nur als ein etwas anderes Repräsentierendes. Zwar bildet die Funktion, etwas anderes zu repräsentieren, wie sie durch die das Zeichen materialiter betrachtende Perspektive demselben zugewiesen wird, eine Voraussetzung des Zeichens. „Der Begriff des Zeichens besteht jedoch nicht allein darin, sondern fügt noch etwas über das bloße Repräsentieren hinaus hinzu und besagt formal genommen das Repräsentieren von etwas anderem im Modus des Zurückbleibens hinter oder der Abhängigkeit von der bezeichneten Sache und zwar so, daß es gleichsam deren Stelle vertritt." 173 Das formaliter genommene Bezeichnen ist damit, anders als bei Soto, vom Repräsentieren nicht allein extensional als das Repräsentieren eines anderen unterschieden. Es hat auch intensional eine ganz andere Bestimmung.174 Konsti-

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consistere in respectu secundum esse ad rem significatam et ad potentiam, sed in respectu secundum dici seu in aliquo absoluto fundante illam relationem. [...] Non ergo signum formaliter in relatione consistit, sed in fundamento relationis. Et hoc ductivum ad alterum cognoscendum nihil aliud est, quam ipsa ratio repraesentativi seu manifestativi..." Ebd. 647b. Ebd. 647a-b: „Dixi 'formaliter loquendo', quia materialiter et praesuppositive dicit rationem manifestativi seu repraesentativi alterius... Formaliter autem ratio signi non dicit solam rationem repraesentativi alterius ... [647b] Igitur repraesentare aliud requiritur quidem ad signum, sed non in hoc solo consistit; addit autem supra repraesentare, et formaliter dicit repraesentare aliud deficienter vel dependenter ab ipsa re significata, et quasi vice illius substituendo." Deelys Bemerkung, daß „apparently for the first time, Poinsot established a systematic distinction between signification and representation, where the role of representation is isolated and identified within signification" (J. DEELY, The Coalescence of Semiotic Consciousness, in: Frontiers in Semiotics, hg. J. Deely, B. Williams, F. E. Kruse (1986) 16) ist, sieht man von der Erstmaligkeitsbehauptung ab, zumindest teilweise korrekt. An diesem Punkt greift der Hinweis von E. J. AsHWORTH (The Historical Origine (1988) 139) auf Sotos Modifikation der Unterscheidung der vier Weisen des facere cognoscere - die Johannes in seinen Summulae übernimmt - zu kurz. Zwar hat Ashworth mit Recht auf die Taditionalität des Lehrstücks hingewiesen, daß etwas zwar sich selbst repräsentieren, nicht aber sich selbst bezeichnen kann. In dieser extensionalen Differenzierung erschöpft sich jedoch die von Johannes a Sto. Thoma in Anschlag gebrachte Unterscheidung zwischen repraesentare und significare nicht. Repraesentare ist, wie er ausdrücklich betont, nicht das Genus, sondern das Fundament des significare. Eine solche Verhältnisbestimmung der beiden Begriffe ist bei Soto nicht gegeben. Sie findet sich aber vor Johannes bereits bei Araújo, von woher er sie of-

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Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

tutiv für das Zeichen als Zeichen ist nämlich, daß es sich auf das Signifikat „wie auf ein Maß seiner selbst und auf ein vorrangig zu Erkennendes" bezieht, „dessen Stelle es einnimmt und das es vertritt, wenn es dasselbe dem Erkenntnisvermögen erschließt".175 In dieser Stellvertreterfunktion des Zeichens und seiner Maßbeziehung zum Signifikat besteht - formal betrachtet - die Natur und das Wesen des Zeichens.176 Und es ist genau diese, traditionell als kategoriale Relation verstandene Maßbeziehung, die dem formaliter genommenen Zeichen die Charakterisierung als seinsmäßige Relation garantiert.177 Hierbei ist die Bestimmung des Zeichens als Stellvertreter noch die schwächste Form, in der Johannes a Sto. Thoma die seinsmäßige Bezogenheit des Zeichens auf das Bezeichnete zum Ausdruck bringt. Das Zeichen ist, als Surrogat oder Substitut, gekennzeichnet durch Dependenz und Defizienz gegenüber des Signifikat.178 Es ist ein dem Signifikat als seinem Prinzipal Dienendes („quasi ministrans ipsi ut principali",179 „subserviens",180 „deserviens et ministrans"181), ist gleichsam Knecht und Sklave des Signifikats,182 der, weil weniger wichtig als dieses, sich dem Bezeichneten gegenüber stets selbst zurücknimmt. Das Zeichen steht zum Signifikat in einer „relatio subiectionis",183 seine ratio formalis ist „subiecta et substituens pro signato et i lim inferior in ratione signi"184 etc. Johannes a Sto. Thoma verwirft jedoch das von den Conimbricenses über das Zeichen Gesagte nicht einfach; er insistiert vielmehr darauf, daß es nicht für das Zeichen als Zeichen sondern nur für das materialiter in seiner manifestierenden oder repräsentierenden Funktion betrachtete Zeichen bzw. das Fundament des Zeichens gültig ist. Damit wird die Theorie der Conimbricenses nicht einfach abgewiesen, sondern vielmehr als die fundamentale aber eben nicht die ratio formalis signi konstituierende Ebene des Zeichens in die komplexe Bestimmung desselben integriert. Das Zeichen hat stets das Repräsentieren oder Manifestieren zum Fundament und zur Voraussetzung, so daß jedes Zeichen

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fenbar übernommen hat. JOHANNES A SANCTO THOMA, OP, Ars Logica (1948) 6 4 7 b : „... respicit [sc. signum] significatimi non ut pure manifestatum ... a se, sed ut principale cognoscibile et mensuram sui, cuius loco subrogatur et cuius vices gerit in deducendo ad potentiam."

176 vgl. ebd. 648a-b. Nach Johannes steht „ex ipsa natura et [648b] quidditate signi" fest, daß die „ratio signi non consistit tantum in hoc, quod est repraesentare seu manifestare aliud a se, sed in tali modo manifestandi, quod est repraesentare aliud tamquam inferiori modo ad illud, ut minus principale ad magis principale, ut mensuratum ad suam mensuram, ut substitutum et vices gerens ad id, pro quo substituitur et cuius gerit vices." 1 7 7 Ebd. 648b. 1 7 8 647b. 1 7 9 649a. 1 8 0 651b 1 8 1 648b. 1 8 2 Vgl. 649b. 1 8 3 Vgl. 651a-b. 1 8 4 Ebd. 651b.

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immer auch repräsentiert. Aber auch am Zeichen selbst haben die beiden Momente des Manifestierenden und des Bezeichnenden voneinander abweichende, ja komplementäre Bestimmungen. Das Zeichen bezieht sich zwar als Manifestierendes und Repräsentierendes in transzendentaler Weise auf das Bezeichnete; in seiner präzisen Bestimmung als ein durch das Signifikat Gemessenes und diesem gleichsam Dienendes, bezieht es sich auf dasselbe jedoch in einer seinsmäßigen Relation.185 Doch nicht nur der Status, auch die Richtung der Relationen des Manifestierenden und des Bezeichnenden differieren oder laufen konträr: Während nämlich das als transzendentale Relation bestimmte repraesentare oder repraesentativum esse das Erkenntnisvermögen zu seinem vorrangigen Zielpunkt hat,186 bezieht sich das significare seu significativum esse aufgrund der hiermit implizierten Stellvertretung hinsichtlich des Signifikats genau umgekehrt direkt in einer seinsmäßigen Relation auf das Bezeichnete. „Das Zeichen dient und hilft dem Bezeichneten nämlich insofern, als es dieses dem Erkenntnisvermögen darreicht und gleichsam wie ein vorrangiges Repräsentierbares präsentiert."187 Aufschlußreich ist in diesem Zusammenhang das mehrfach von Johannes a Sto. Thoma instrumentalisierte Bild, demzufolge man beim Diener oder Stellvertreter eines anderen zweierlei unterscheiden kann,188 „nämlich einerseits die Unterordnung unter diesen als seinen Herrn, dessen Stelle er vertritt, und andererseits die Aufgabe, zu der er diesem dient und dessen Stelle vertritt." In analoger Weise muß das Zeichen, wenngleich es sich als ein Repräsentierendes auf das Erkenntnisvermögen bezieht, um diesem das Bezeichnete zu manifestieren, und es in dieser Rücksicht auf das Erkenntnisvermögen für sich genommen nicht in einer seinsmäßigen Relation zu bestehen braucht, in seiner Unterordnung unter das Bezeichnete und insofern es sich auf dieses wie auf sein Vorgesetztes und das Maß seiner selbst bezieht, notwendigerweise in einer seinsmäßigen Relation zu diesem bestehen.189

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Ebd. 6 4 9 a : „... signum, licet in ratione manifestativi et repraesentativi respiciat signatum transcendentaliter, tarnen ut dicit rationem mensuran et substituti respectu signati, et quasi ministrans ipsi ut principali, respicit ipsum relatione secundum esse." Ebd. 649a: ..."discernitur differentia inter rationem manifestativi et significativi, quod manifestativum principaliter respicit potentiam ut terminum, ad quem tendit vel quem movet, et similiter repraesentare aliquid potentiae solum perficitur per hoc, quod reddat aliquid praesens potentiae cognoscibiliter, quod secundum ... non est aliud quam similitudinem alterius continere. Ista autem continentia similitudinis sine aliqua relatione dari potest, quae sit relatio secundum esse... Non ergo repraesentare et manifestare in relatione secundum esse consistunt." Ebd. 6 4 9 b : „At vero significare seu significativum esse directe sumitur per ordinem ad signatum, pro quo substituit et cuius vices gerit tamquam medium, quo signatum ducitur ad potentiam. In hoc enim ministrat et deservit signum ipsi signato, quod defert illud et praesentat potentiae tamquam suum principale repraesentabile..." Vgl. 106a. Ebd. 6 4 9 b : „... sicut etiam in ministro et substituto alterius duo consideramus, scilicet su-

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D a s Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

Bei der Analyse des Zeichens in den manifestierenden und signifizierenden Teil, fällt - wie bei Araújo - die ganze 'Tätigkeit' des Zeichens, das Erkenntnisvermögen zur Kenntnis der bezeichneten Sache zu führen, und damit die gesamte Funktion, um derentwillen man sich der Zeichen bedient, auf jene Seite des Manifestativen, die gerade nicht die ratio formalis signi ausmacht. 190 Johannes a Sto. Thoma selbst macht das deutlich anhand des schon von Araújo in ähnlicher Weise instrumentalisierten Problems der Bestimmung der Zeichenrelation eines natürlichen Zeichens im Falle der Nichtexistenz des bezeichneten Gegenstandes. Denn die formale Beschreibung des signum naturale als reale Relation - die eben nur dann gegeben sein kann, wenn ihre Außenglieder real existent sind - wirft zwangsläufig das Problem auf, wie vor diesem Hintergrund die Bezeichnung von Nichtexistentem möglich sein soll. Die hier angesprochene Frage ist keinesfall peripher. Johannes a Sto. Thoma selbst bewertet sie als das Hauptfundament jener Zeichenkonzeption, gegen die er hier anschreibt. Da nämlich ein Zeichen wie das Bild des toten Kaisers offenkundig in eigentlicher Weise eine nichtexistierende Sache bezeichnet, scheint es eben deshalb auch formal ein Zeichen zu sein. Ist es doch naheliegend, anzunehmen, daß das, was formaliter bezeichnet auch formaliter ein Zeichen ist. Dennoch kann es sich bei einem solchen Zeichen nicht formal um eine Relation handeln, weil es auf einen nichtexistierenden Bezugspunkt hin keine kategoriale Relation gibt. Das aber hieße, daß das Zeichen nicht formal in einer Relation besteht. 191 Johannes antwortet, daß in einem solchen Fall das Zeichen nicht formal Zeichen bleibt, sondern lediglich virtuell und fundamental. Da das Zeichen aber aufgrund seines Fundamentes biectionem ad alterum, cuius gerit vices, ut ad principale, et effectum, pro q u o ministrat et vices eius gerit. Sic ergo signum, licet in repraesentando respiciat potentiam, ut ei mani festet signatum, quia ad hunc effectum destinatur et assumitur, et in hac praecisa consideratione ad potentiam non petat consistere in relatione secundum esse, tarnen in subordinatione ad signatum, quatenus respicit ipsum ut principale et ut mensuram sui, necessario debet in relatione ad ipsum consistere, sicut servus dicit relationem ad dominum et minister seu instrumentum ad suum principale." 190 191

Z u Araújo s. Anm. 1 4 4 . Ebd. 3 5 0 b : „Praecipuum fundamentum sententiae oppositae est, quia signum rem non existentem formaliter significat, u t . . . imago imperatorie mortuum imperatorem. E r g o formaliter est signum; ab actu enim ad potentiam bene valet: 'Significat, ergo est signum', et tarnen formaliter non est relatio, quia ad terminum non existentem non datur relatio praedicamentalis. E r g o signum formaliter in relatione non consistit. Confirmatur, quia formalis ratio signi salvatur per hoc, q u o d sit vere et formaliter ductivum potentiae ad suum signatum. Sed ducere potentiam ad signatum non fit media relatione, sed media proportione et connexione, quae est inter signum et signatum, quae est fundamentum relationis. E r g o signum formaliter non consistit in relatione, sed in fundamento relationis. M a i o r constat ex definitione signi ' q u o d repraesentat aliquid potentiae cognoscenti', ergo est ductivum potentiae ad signatum. M i n o r probatur, quia ut signum mihi repraesentet, non est necesse, quod cognoscam relationem eius , sicut rusticus ex vestigio cognoscit animai non cogitando de relatione, et bruta utuntur signis, ut infra dicetur, nec relationem cognoscunt, sed solum signatum, prout cognoscitur in signo. Ergo si relatio non cognoscitur, relatio non ducit, et sic non pertinet ad formalem rationem signi."

Der metaphysische Status der Zeichenrelationen

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das Erkenntnisvermögen bewegt, d.h. insofern es ein manifestativum bzw. repraesentativum ist, und nicht aufgrund seiner Relation, 192 ist der Schluß vom Bezeichnen auf das Zeichensein nicht zwingend. Denn bereits das virtuelle Zeichensein ist hinreichend zur Realisierung einer aktuellen Bezeichnung. 193 Das formaliter genommene Zeichen ist als seinsmäßige Relation vom Akt des Bezeichnens und vom erkenntnisstiftenden 'exercitium' des Zeichens abgehoben. Die hier zutage tretende Opposition gegen die funktionale Bestimmung des Zeichens, d.h. jene, die - wie die Conimbricenses - die ratio formalis signi in dessen Tätigkeit der Bezeichnung und Erkenntnisvermittlung verlegt, wird von Johannes mit Nachdruck formuliert. Zum vollen signifikativen Funktionieren des Zeichens ist zwar das durch die transzendentale Relation des Zeichens auf das Signifikat geleistete Manifestieren oder Repräsentieren des bezeichneten Gegenstandes bzw. das dadurch bewirkte ducere in cognitionem erforderlich. Darüber allein jedoch das Zeichen definieren zu wollen, hieße es insofern unterbestimmt sein zu lassen, als es eben das Spezifikum des Zeichens ausmacht, dieses nach Art eines dem Signifikat Untergeordneten, Unterworfenen und dessen Stelle Vertretenden zu leisten. 194 Das Zeichen enthält beides: sowohl eine das Erkenntnisvermögen bewegende Kraft, als auch die Hinordnung eines Stellvertretenden auf dasjenige, an dessen Stelle es dieses bewegt: „Und das erste ist

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Ebd. 651a: „...existente signo et significatione virtuali formaliter ducit potentiam ad signatum, et tarnen formaliter non est signum, sed virtualiter et fundamentaliter. Cum enim maneat ratio movendi potentiam, quod fit per signum, in quantum repraesentativum est, etiamsi non maneat relatio substitutionis ad signatum, potest exercere functiones substituentis sine relatione, sicut servus vel minister potest exercere operationes sui ministerii etiam mortuo domino, ad quem dicit relationem, et in qua formaliter consistit ratio servi et ministri."

193

Ebd. 6 5 1 a : „...dato, quod relatio signi naturalis realis sit, respondetur, quod mortuo imperatore non manet signum formaliter, sed virtualiter et fundamentaliter. Signum autem ratione sui fundamenti movet potentiam, non ratione suae relationis, sicut pater non ratione relationis generat, sed ratione potentiae generativae, et tarnen formaliter consistit in relatione." PEIRCE beschreibt - ebenfalls für das ikonische Zeichen - die Konsequenz der Nichtexistenz des Signifikats in genau entgegengesetztem Sinn: Das Zeichen fungiert in diesem Fall nicht als Zeichen, dadurch ändert sich jedoch nichts an seinem Charakter als Zeichen. Vgl. C. S. PEIRCE, Collected Papers II, p. 142: „An Icon is a sign which refers to the Object that it denotes merely by virtue of characters of its own, and which it posses, just the same, whether any such Object actually exists or not. It is true that unless there really is such an Object, the Icon does not act as a sign; but this has nothing to do with its character as a sign." Während nach Johannes a Sto. Thoma die Existenz des Signifikats für das Zeichensein des Zeichens, nicht aber für des Akt des Bezeichnens vorausgesetzt ist, betrifft ein solcher Umstand nach Peirce nicht das Zeichensein sondern verhindert lediglich den Akt des Bezeichnens.

194

Ebd. 652a: „... dicimus, quod formalis ratio signi consistit in hoc, quod est posse ducere aliquem in cognitionem signati, non potentia quomodocumque, sed subiecta et substituente pro signato et illi inferiori in ratione signi."

224

Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

eine transzendentale Relation, das zweite eine kategoriale. Und in der zweiten besteht das Zeichen, nicht in der ersten..." 195 Damit wird deutlich, daß die Differenz von repraesentare und significare bei Johannes a Sto. Thoma nicht in der traditionellen Weise konzipiert ist. Das Repräsentierende ist nicht der Gattungsbegriff des Zeichens, sondern dessen Fundament: „repraesentativum non est genus signi, sed fundamentum". Und in dieser Bestimmung eines Fundamentes muß es auch in der geläufigen Zeichendefiniton verstanden werden. Nicht jedoch als ein bloßes Repräsentierendes, „denn so bezieht es sich nur entfernt auf die Zeichenfundierung, sondern als ein solches, das für das Bezeichnete einsteht und ihm hinsichtlich des Repräsentierens und des zum Erkenntnisvermögen Hinführens untergeordnet ist." 1 9 6 Das Zeichen hängt als Relation wesensmäßig von seinem Fundament ab, welches allein die spezifische Tätigkeit des zeichenhaften Repräsentierens leistet. Denn dem formal genommenen Zeichen kommt, wie den anderen Arten seinsmäßiger Relationen auch, keine andere Tätigkeit zu, als die der bloßen Bezugnahme. 197 Bereits in der ersten Formalanalyse des Zeichenbegriffs und der ihn tragenden Fundierungsverhältnisse zeigt sich das Zeichen als ein komplexes Gefüge von auf mehreren Ebenen liegenden verschiedenartigen Relationen. Die von ihrem Fundament abgehobene Maß- und Stellvertreterrelation ist eine relatio secundum esse, und entsprechend ist das Zeichen als Zeichen seinem ganzen Sein nach Relation. Damit ist aber weder die Frage geklärt, ob es sich beim natürlichen Zeichen um eine reale Relation handelt, noch ist die Struktur dieser Relation selbst hinreichend bestimmt. Zur Beantwortung der Frage nach dem realen oder gedanklichen Status der Zeichenrelation des signum naturale ist es, wie Johannes a Sto Thoma meint, erforderlich, mehrere Relationen zu unterscheiden, die am Zeichen zusammenkommen können. Hierbei handelt es sich, wie sich aus der geläufigen Definition des Zeichens als etwas „was etwas anderes einem Erkenntnisvermögen repräsentiert", ergibt, (1) um Relationen auf das Erkenntnisvermögen und (2) um Relationen auf die bezeichnete Sache.

195

196

197

Ebd.: „... consideratur in signo et vis movens potentiam et ordo substituentis ad id, pro quo movet. Et primum est relatio transcendentalis, secundum praedicamentalis. Et in secunda consistit signum, non in prima..." 6 5 4 b : „... repraesentativum non est genus signi, sed fundamentum, sicut generativum non est genus paternitatis, sed fundamentum; nec repraesentativum tantum, sic enim solum remote se habet ad signum fundandum, sed repraesentativum tale, id est substituens pro segnato eique subordinatum in repraesentando et ducendo ad potentiam. Et ponitur in definitione signi sicut fundamentum, quod pertinet ad relationem, dependet enim essentialiter a fundamento...". Ebd. : „... si relatio sit alicuius causae vel effectus vel exercitii, totum ipsum exercitium fit per fundamentum; relatio enim aliud exercitium non habet quam respicere, si sit relatio secundum esse, sicut pater ratione fundamenti generat, dominus ratione fundamenti imperat, minister ratione fundamenti substituit et operatur, signum ratione fundamenti repraesentat."

D e r metaphysische Status der Zeichenrelationen

225

Handelt es sich bei einem Zeichen um ein außerhalb des Erkenntnisvermögens liegendes, instrumentelles Zeichen, so muß das Zeichen, um etwas anderes repräsentieren zu können, sich wie ein an sich selbst erkennbarer Gegenstand verhalten, damit dadurch, daß es erkannt wird, das zeicheninterpretierende Vermögen zur Erkenntnis von etwas anderem gelangen kann. Ist es jedoch ein formales und somit innerhalb des Erkenntnisvermögens liegendes Zeichen, d.h. ein geistiger Begriff, handelt es sich um eine reale und intentionale Repräsentation, die der Sache nach eine Qualität ist, jedoch eine Ahnlichkeitsrelation zur repräsentierten Sache sowie eine Hinordnung auf das Erkenntnisvermögen besitzt.198 Dafür, daß ein bestimmtes Zeichen eher dieses als jenes repräsentiert, muß bei ihm eine gewisse Übereinstimmung oder Proportion zum bzw. eine Verbindung mit dem Bezeichneten angetroffen werden. Johannes a Sto. Thoma nennt diesbezüglich, in Übereinstimmung mit der älteren Tradition sowie mit der Peirceschen Trichotomie von „index", „icon" und „symbol", drei Formen der Relation zum Signifikat. Entweder handelt es sich um eine Kausalbeziehung {index), oder um das Verhältnis der Ähnlichkeit oder des Abbildes oder irgendeiner anderen Proportionalität (icon) oder aber, wie bei den willkürlichen Zeichen, um die „Einsetzung und Bestimmung durch die Ôffentlichkeit"(s)>mèo/).199 Aber in diesen Relationen, die das Zeichen entweder dem Erkenntnisvermögen oder dem Bezeichneten anpassen, besteht nach Johannes weder der formale und washeitliche Begriff des Zeichens noch auch dessen Relation zum Bezeichneten, „wenngleich die Conimbricenses ... die gegenteilige Auffassung vertreten". 200 Die den genannten Rücksichten und Verhältnisse zugrundeliegenden Begriffe des Gegenstandes, der Ursache oder Wirkung oder des Abbildes finden sich nämlich auch unabhängig vom Begriff des Zeichens. Zudem liegen der Relation

198

Ebd., 3 5 5 b : „oportet discernere plures relationes, quae in signo concurrere possunt. E t de aliquibus non est dubium, quod in signo naturali possint esse reales, non tarnen illae sunt ipsa formalis et quidditativa relatio signi. Cum enim signum iuxta suam definitionem dicatur 'id, q u o d repraesentat aliquid potentiae cognoscenti', oportet, q u o d in signo, ut repraesentet aliud, si sit signum extra potentiam, habeat rationem obiecti cognoscibilis in se, ut eo cognito ad aliud potentia deveniat; si vero sit signum formale et intra potentia, q u o d sit realis et intentionalis repraesentatio, quae in re qualitas quaedam est, cum relatione tarnen similitudinis ad id, cuius est repraesentatio, et ordine ad p o t e n t i a m . "

199

E b d . : „Similiter habet inveniri in signo aliqua convenientia seu proportio et c o n n e x i o cum tali significato, ut dicatur repraesentare h o c potius quam illud. Q u a e proportio seu convenientia varia est. Aliquando enim est effectus ad causam vel causae ad effectum, sicut fumus significat ignem ut effectus, nubes vel ventus significat pluviam ut causa. Aliquando est similitudinis vel imaginis vel cuiuscumque alterius proportionis; in signis autem ad placitum est impositio et destinatio a república."

200

Ebd. 6 5 5 b - 6 5 6 a : „ C u m signum se habeat ad signatum et ad potentiam, possunt [ 6 5 6 a ] praecedere ad construendam rationem signi vel respectus seu rationes, quae habilitent ipsum ad potentiam vel ad signatum. Sed in istis non consistit formalis et quidditativa ratio signi nec relatio eius ad rem significatam, licet oppositum sentiant C o n i m b r i c . 1. Periherm. q. 1. art. 2 . "

226

D a s Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

auf die Sache in den genannten Fällen ganz andere Fundamente zugrunde, als der Relation des Zeichens. So ist z.B. die Kausalbeziehung in einer Tätigkeit fundiert und die Abbildrelation in einer imitierenden Ähnlichkeit gegenüber dem Dargestellten, ohne daß damit eine Hinordung auf ein Erkenntnisvermögen impliziert wäre. Die Relation des Zeichens dagegen ist fundiert „in dem Ausgerichtetsein eines Gemessenen auf sein Maß nach Art eines für ein anderes einstehenden Repräsentierenden in Hinordnung auf ein Erkenntnisvermögen." 201 Die Frage also ist, „ob jene wesensmäßige und ganz eigentümliche Relation des Zeichens, die über all diese hinaus angetroffen wird oder aus ihnen hervorgeht, im Falle der realen oder natürlichen Zeichen eine reale Relation ist." Es ist klar, daß die Antwort bei Johannes a Sto. Thoma positiv ausfällt: Ich antworte also und sage: Die Relation des natürlichen Zeichens zu dem von ihm Bezeichneten, durch die das Zeichen in seinem Zeichensein konstituiert wird, ist - die Existenz der Bezugspunkte sowie die übrigen Bedingungen einer realen Relation vorausgesetzt - von sich aus und kraft ihres Fundamentes real und nicht gedanklich. 202

Nach Johannes a Sto. Thoma ergibt sich das aus der Natur und der Washeit des Zeichens selbst, die eben darin besteht, „daß es etwas Bekannteres ist, durch welches ein Unbekannteres repräsentiert und manifestiert werden soll." Die hiermit beschriebene Relation beruht auf zwei Voraussetzungen. Zum einen, daß die Erkennbarkeit der als Zeichen fungierenden Sache geeigneter ist als die der bezeichneten Sache, das Erkenntnisvermögen zu bewegen, und zum anderen, daß das Zeichen speziell auf dieses Signifikat hin bestimmt und ausgerichtet ist, damit es das Erkenntnisvermögen eher auf diese als auf eine andere Sache hinbewegt. 203 Da es sich nach Johannes im Fall des natürlichen Zeichens bei beidem um etwas Reales handelt, kann auch die dadurch fundierte Relation nicht anders als real sein. Daß aber die Erkennbarkeit eines Dinge - die eben nicht mit der gedanklichen Relation des Erkennbaren auf das Erkenntnisvermögen verwechselt wer-

201

Vgl. ebd. 6 5 6 a : „... ratio obiecti sine ratione signi invenitur, ratio etiam effectus vel causae vel similitudinis aut imaginis sine ratione signi possunt reperi ri. Item quia diversum fundamentum et rationem formalem dicit relatio ad rem aliquam, ut ad effectum vel causam, q u o d fundatur in actione, vel imaginis, quod fundatur in similitudine imitationis sine ordine ad potentiam, vel signi, q u o d fundatur in mensurato ad mensuram per modum repraesentativi substituentis pro alio in ordine ad p o t e n t i a m . "

202

Ebd. 6 5 6 b : „ R e s p o n d e o ergo et dico: Relatio signi naturalis ad suum signatum, qua constituitur in esse signi, realis est, et non rationis, quantum est ex se et vi sui fundamenti et supponendo existentiam termini ceterasque conditiones relationis realis." Z u den Bedingungen für das Vorliegen einer realen Relation vgl. Anm. 1 6 3 .

203

Ebd. 6 5 7 a : „...fundamentum conclusionis deducitur ex ipsa natura et quidditate signi quae in eo consistit, q u o d sit aliquid magis notum, quo repraesentetur et manifestetur ignotius... Ad h o c autem, q u o d aliquid sit notius altero illudque reddat cognoscibile et repraesentabile, requiritur, q u o d cognoscibilitas isti us sit habilior altera ad movendum potentiam, et determinata seu affecta ad tale signatum, ut ad illud potius moveat quam ad a l i u d . . . "

Der metaphysische Status der Zeichenrelationen

in

den darf 204 - an sich selbst etwas Reales ist, steht insofern fest, als sie jeder Tätigkeit des Intellekts vorhergeht. „Würde das Ding nämlich durch die Tätigkeit des Intellekts erkennbar werden, wäre es durch sein Erkanntsein erkennbar und somit vor der Erkenntnis nicht erkennbar, was aber widersprüchlich ist, weil bei uns die Erkenntnis vom Erkennbaren herrührt; wenn es aber von dem Verstand oder der Erkenntnis erkennbar gemacht würde, dann wäre die Erkenntnis früher als die Erkennbarkeit und stammte folglich nicht von dieser wie von einem Gegenstand her." 2 0 5 Entsprechend ist auch die größere Erkennbarkeit der als Zeichen dienenden Sache etwas Reales, da sie aus der „größeren Kraft und Wirksamkeit des Bewegens und Manifestierens, welche an sich etwas Reales ist", herrührt. 206 Ebenso ist die Verbindung (connexio) des Zeichens mit der bezeichneten Sache real. „Daß nämlich der Rauch eher Feuer als Wasser repräsentiert und die Spur eines Rindes eher das Rind als einen Menschen und der geistige Begriff des Pferdes eher ein Pferd als einen Stein, ist in einer gewissen realen und innerlichen Proportion jener Zeichen zu jenen Bezeichneten fundiert. Aus einer realen Proportion und Verbindung zu etwas entsteht aber eine reale Relation." 2 0 7 Insofern bei den willkürlich eingesetzten Zeichen an die Stelle der natürlichen Proportion oder connexio die denominatio extrínseca tritt, ist klar, daß bei diesen Zeichen die hierdurch fundierte Signifikationsbeziehung, die eben nicht mit der sie fundierenden denominatio selbst gleichgesetzt werden kann, eine gedankliche ist. 208

204 20î

Vgl. Ebd. 657b. Ebd., 657a-b: „... ante omnem operationem intellectus res est cognoscibilis. Si enim per operationem intellectus cognoscibilis redderetur, esset cognoscibilis per [657b] esse cognitum, et sic non esset cognoscibilis ante cognitionem, quod répugnât, quia cognitio sumitur in nobis a cognoscibili, si autem per rationem seu per cognitionem redditur cognoscibile, prior est cognitio quam cognoscibilitas, et consequenter ab illa ut ab obiecto non sumitur."

206

Ebd. 6 5 7 b : „Quod autem cognoscibilitas in uno sit maior aut manifestior altera, ... sumitur ... ex maiori vi et efficacia movendi et manifestando quae in se aliquid reale est." Daß Johannes zuvor (652a; vgl. Anm. 195) die „vis movens potentiam" als relatio transcendentalis beschrieben hat, widerspricht dem nicht, da es sich bei einer solchen Relation ja gerade um etwas für sich Bestehendes handelt, das lediglich nach Art einer Relation benannt wird.

207

Ebd. 658a: „Nam quod fumus repraesentet potius ignem quam aquam, et vestigium bovis potius bovem quam hominem, et conceptus equi potius equum quam lapidem, in aliqua reali proportione et intrinseca istorum signorum cum illis signatis fundatur; ex reali autem proportione et connexione cum aliquo realis relatio innascitur."

208 vgl. ebd., 6 5 8 b : „Ex dictis colliges in signis ad placitum rationem signi etiam per relationem ad signatum explicandam esse. Sed relatio ista rationis est, et non solum consistit signum in extrínseca denominatione, qua redditur impositum seu destinatum a república ad significandum, ut aliqui recentiores putant, eo quod sine illa fictione intellectus per solam ipsam impositionem denominatur signum. Ceterum haec impositio requiritur quidem tamquam fundamentum relationis et rationis signi, quia per illam habilitatur et destinatur aliquid, ut sit signum, sicut per hoc, quod proportionatur et connectitur aliquod signum naturale cum tali signato, fundat relationem signi ad ipsum." Unter Einfluß von Johannes a Sto. Thoma heißt es später bei dem Thomisten P . M . CAUVINUS (Cursus philometaphysicus

228

Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

Nachdem somit für Johannes a Sto. Thoma geklärt ist, daß die ratio signi in einer, vom Fundament des Zeichens abgehobenen seinsmäßigen Relation besteht, die im Fall der natürlichen Zeichen eine reale, im Fall der willkürlichen Zeichen dagegen eine gedankliche ist, ergibt sich, weil in der Definition des Zeichens eben auch dessen Hinordnung auf ein Erkenntnisvermögen enthalten ist, die bereits von Araújo ausführlich diskutierte Frage, „Utrum sit eadem relatio signi ad signatum et potentiam" (ob die Relation des Zeichens zum Bezeichneten und zum Erkenntnisvermögen ein und dieselbe ist).209 Jedes Instrumentalzeichen muß zunächst selbst als Gegenstand erkannt werden, um das Erkenntnisvermögen zum Signifikat führen zu können. Insofern besitzt es, wie jeder das Erkenntnisvermögen terminierende Gegenstand, eine Hinordnung auf dasselbe. Diese Rücksicht oder die Hinordnung, die das Zeichens auf das Erkenntnisvermögen hat, insofern es dessen Gegenstand ist, muß jedoch verschieden sein von der Hinordnung oder der Rücksicht als Zeichen, weil es in dieser Rücksicht eines Gegenstandes mit den anderen Gegenständen, die nicht Zeichen sind, übereinkommt und sich in der selben Weise wie diese gegenständlich auf das Erkenntnisvermögen bezieht.210 Weil sich das Zeichen aber nicht bloß nach Art eines Gegenstandes, sondern auch signifikativ auf das Erkenntnisvermögen bezieht, bleibt zu untersuchen, ob es sich 1) mit derselben Relation, mit der es sich auf das Bezeichnete bezieht, und in Hinordnung auf welches es den Begriff eines Zeichens annimmt, auch auf das Erkenntnisvermögen bezieht, dem dieses Bezeichnete durch das Zeichen manifestieren wird; oder ob es vielmehr 2) eine Relation auf das Bezeichnete besitzt, die unabhängig ist von der Rücksicht auf das Erkenntnisvermögen, sich aber als Gegenstand in einer anderen Relation auf das Erkenntnisvermögen bezieht, und beides zur Konstituierung des Zeichenbegriffs zusammenkommen muß, oder ob bereits 3) im Begriff des Zeichens selbst, unabhängig von der Bestimmung als Gegenstand, eine doppelte Relation angetroffen wird, nämlich eine auf das Erkenntnisvermögen und eine andere auf das Bezeichnete.211 (1692) 17ab): „... colligi possunt quaedam conditiones signi ... Secunda quod duplici ratione [se. signum] referatur ad signatum, nempe transcendental!, quatenus eius essentia recte explicare non potest, nisi in ordine ad signatum, et praedicamentali, vel secundum esse, quae in signo formali, aut naturali dicitur realis si supponat existentiam termini, in ilio vero ad placitum, rationis..." 209 210

211

JOHANNES A SANCTO THOMA, OP, Ars Logica (1948) 664a. Ebd.: „Certum est in signis externis, et quae prius cognoscuntur, ut ducant ad signatum, inveniri ordinem ad potentiam, sicut in reliquie obiectis cognitis et terminantibus cognitionem, cum clare appareat talia signa cognosci ut obiecta, sicut fumus prius videtur ut obiectum, deinde ex cognitione sui ducit in signatum. Unde respectus seu ordo signi ad potentiam in ratione obiecti distinctus debet esse ab ordine seu respectu in ratione signi, cum in hoc respectu obiecti conveniat cum aliis obiectis, quae signa non sunt, et eodem modo atque illa potentiam respicit obiective." Ebd. 6 6 3 b - 6 6 4 a : „Ut [664a] ergo non solum pure obiective, sed etiam significative respiciat

Der metaphysische Status der Zeichenrelationen

229

D i e hier aufgezeigten Alternativen sind damit folgende: Entweder 1) bezieht sich das Z e i c h e n als Z e i c h e n in einer - dreistelligen - Relation s o w o h l auf das Signifikat u n d auf das Erkenntnisvermögen oder 2) das Z e i c h e n bezieht sich als Z e i c h e n nur auf das Signifikat, auf das Erkenntnisvermögen jedoch lediglich als Erkenntnisgegenstand o d e r 3) das Z e i c h e n bezieht sich als Z e i c h e n mittels zweier unterschiedener Relationen auf das Signifikat und das Erkenntnisvermögen. Johannes a Sto. T h o m a vertritt, w i e bereits Francisco d e Araújo, die erste Position, der g e m ä ß sich das Z e i c h e n als Z e i c h e n in einer dreistelligen Relation direkt auf das Signifikat und indirekt auf das Erkenntnisvermögen bezieht. U n d w i e jener differenziert er hierbei z w i s c h e n den Relationen, die d e m Z e i c h e n als D i n g u n d jenen, die i h m als Z e i c h e n z u k o m m e n , denn: Wenn das Erkenntnisvermögen und das Bezeichnete als in direkter Weise durch die Relation berührte Bezugspunkte betrachtet werden, erfordern sie im Zeichen notwendigerweise eine doppelte Relation, aber auf diese Weise bezieht sich das Zeichen direkt auf das Erkenntnisvermögen insofern es [das Zeichen] Erkenntnisgegenstand ist, nicht formal als Zeichen. Wird aber das Erkenntnisvermögen als ein indirekt berührter Bezugspunkt betrachtet, so wird das Bezeichnete und das Erkenntnisvermögen in einer einzigen Zeichenrelation berührt, und diese ist der eigentliche und formale Begriff des Zeichens. 212 Er ist sich bewußt, hiermit eine Minderheitsposition zu vertreten. 2 1 3

Denn

bei den v o n ihm vorgeführten Alternativen handelt es sich nicht nur u m theoretische Möglichkeiten, sondern, überwiegend u m konkret vertretene Positionen. Johannes a Sto. T h o m a referiert diesbezüglich f o l g e n d e Auffassungen 2 1 4 : Einige meinen ..., das Zeichen bestehe aus zwei gleichermaßen zusammenkommenden Relationen, von denen die eine auf das Bezeichnete, die andere auf das Erkenntnisver-

212

213 214

potentiam, inquirendum restât, an illamet relatio, qua significatum respicit, et in ordine ad quod rationem signi induit, illamet etiam respiciat potentiam, cui signatum hoc manifestandum est a signo; an vero relationem habeat ad signatum purificatam et absolutam a respecto) ad potentiam, alia vero relatione respiciat potentiam in ratione obiecti, et utraque concurrat ad rationem signi constituendam, vel etiam in ipsa ratione signi praeter rationem obiecti reperiatur duplex relatio, altera ad potentiam, altera ad signatum." Ebd. 664ab: „... Conclusio: Si potentia et signatum considerentur ut termini directe attacti per relationem, necessario exigunt duplicem relationem in signo, sed hoc modo signum respicit potentiam directe ut obiectum, non formaliter ut signum. Si vero consideretur potentia ut terminus in obliquo attactus, sic unica relatione signi attingitur signatum et [664b] potentia, et haec est propria et formalis ratio signi." Ebd., 664b: „Non conveniunt in hac conclusione plures ex recentioribus." Ebd., 664b: „Aliqui enim existimant signum consistere in duplici relatione ex aequo concurrente, altera ad signatum, altera ad potentiam. Alii vero etiam in signo, ut distinguitur ab obiecto, duplicem relationem agnoscunt, signati et potentiae, licet non ex aequo constituentem rationem signi, intrinsece tamen et essentialiter requisitam. Quomodo autem una istarum relationum comparetur ad aliam, an ut genus vel ut differentia vel ut passio vel ut modus, difficillime explicant. Alii ex potentia et signato confiant unum integrum terminum formalem quasi ex materialibus partibus. Alii negant signum ut signum respicere potentiam, et alii respicere signatum, sed totam essentiam signi consistere in quadam apprehensibilitate a potentia ut medium ad cognoscendum aliud."

230

Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik m ö g e n g e h t . 2 1 5 Andere erkennen auch beim Z e i c h e n , insofern es v o m Erkenntnisgegenstand unterschieden wird, eine doppelte Relation (auf das B e z e i c h n e t e u n d das Erkenntnisvermögen), die, wenngleich sie n i c h t gleichermaßen den B e g r i f f des Z e i c h e n s konstituiert, d o c h innerlich und wesensmäßig erforderlich ist. A u f w e l c h e W e i s e aber ein e dieser R e l a t i o n e n m i t der anderen verbunden wird, ob wie eine Gattung oder eine Differenz, w i e eine Eigenschaft oder ein M o d u s , erklären sie nur m i t größten Schwierigk e i t e n . 2 1 6 A n d e r e vereinigen das Erkenntnisvermögen und das Bezeichnete gleichsam

215

Hiermit ist möglicherweise auf Tellez Bezug genommen. Dessen Summa universae philosophiae erscheint zwar erst 1 6 4 2 im Druck. Sie war jedoch bereits spätestens 1 6 3 0 fertiggestellt (vgl. CH. LOHR, Renaissance Aristotle Commentaries II, Renaissance Authors ( 1 9 8 8 ) ) . In deutlicher Abwendung von der Zeichenkonzeption der Conimbricenses, deren Gleichsetzung von Zeichen- und Kausal relati on er kritisiert (vgl. Anm. 107), legt auch Tellez das formalissime genommene Zeichen in die - seiner Auffassung nach - prädikamentalen Relationen zum Signifikat und zum Erkenntnisvermögen. Vgl. B. TELLEZ, SJ, Summa universae philosophiae ( 1 6 4 2 ) 8 1 a : „... at vero in signo instrumentali quatuor reperiuntur: Primum est materialitas rei ...; Secundum est fundamentum ad significandum, pro quo dicitur sumi fundamentaliter (quod fundamentum in signis naturalibus, est proportio ad significandum, in signis vero ex instituto, est impositio). Tertium est uterque respectus transcendentalis, pro quibus sumuntur signa formaliter. Quartum sunt relationes praedicamentales ad rem, et ad potentiam, in quibus dicuntur formalissime consistere haec signa." - Daraus, daß sich ein Zeichen nur als Zeichen von etwas für ein Erkenntnisvermögen konzipieren läßt, folgt nach ihm jedoch noch nicht die Einheit der Relation auf diese beiden Zielpunkte. Die Relationen auf das Signifikat und das Erkenntnisvermögen werden nicht zu einer einzigen, dreistelligen Relation integriert. Vgl. ebd. 8 2 a : „Omnes signum tarn formale, quam instrumentale, si formalissime sumatur pro duplici relatione ad rem, et ad potentiam, est compositum per accidens. Probatur, quia hae relationes sunt omnino superadditae... Objicis. Non datur duplex relatio in signo ad potentiam, et ad rem, ergo etc. Probatur antecedens, quia signum necessario postulat potentiam, cui significat, et rem quam significat: ergo non habet duplicem relationem. Probatur consequentia, quia quando termini necessario postulantur, una sufficit relatio, sicut contingit in specie respectu suorum inferiorum. Respondeo negando antecedens, et ad probationem danda est maior ratio, quando enim termini sunt ejusdem rationis, et idem fundamentum, una tantum datur relatio... quando vero termini sunt diversae rationis, ut est potentia et res significata, requirit diversa relatio." Ebenso arumentiert später S. ARANHA, SJ, Disp. logicae, pars 3 : De signis ( 1 7 4 5 ) 2 4 6 - 4 9 .

216

Das dürfte sich in erster Linie auf Samuel de Lublino beziehen, der beim Zeichen zwei zumindest gedanklich unterschiedene - Relationen ansetzt und versucht, das Problem, wie angesichts der Verschiedenartigkeit dieser teils realen, teils gedanklichen Relationen die Einheit des Zeichens begründet werden kann, unter Abweisung des genus-differentiaModells durch das für die Beschreibung des Verhältnisses von Zeichenträger und significatio geläufige Materie-Form-Modell zu lösen. Vgl. SAMUEL DE LUBLINO, OP, In universam Aristotelis logicam quaestiones ( 1 6 2 0 ) 3 8 8 f : „... signum includit intrinsece duos respectus, alterum ad rem significatam, et alterum ad potentiam cognoscitivam, quorum uterque explicatur in definitione... et quidem in signis ad placitum utraque haec habitudo est ens rationis, quia provenit ex impositione: et vero in signo naturali, ordo ad signatum, est relatio effectue ad causam, in imagine autem, exemplati ad exemplar, et ita est relatio realis si causa et exemplar existant, ordo autem ad potentiam est relatio obiecti terminativi seu cogniti ad cognoscentem. N e c mihi objicias ex eo quod signum naturale duas relationes includit, non posse haberi unicam natura, signi cum ex reali et rationis non possit esse unum: hoc enim bene currit, si unum cum altero se haberet per modum Generis et differentiae, quod nunquam de signo est asserendum. Est tarnen aliquid unum ex reali ut ex materiali, et ex ente rationis tanquam formali, patet hoc in terminis logice sumptis, in quibus materiale est

Der metaphysische Status der Zeichenrelationen

231

wie materielle Teile zu einem einzigen formalen Bezugspunkt. Andere verneinen, daß das Zeichen als Zeichen sich auf das Erkenntnisvermögen bezieht, 217 und wieder andere, daß es sich auf das Bezeichnete bezieht, und meinen, daß das ganze Wesen des Zeichens in einer gewissen Erfaßbarkeit als Mittel zur Erkenntnis von etwas anderem seitens des Erkenntnisvermögens besteht. 218 W ä h r e n d die letztgenannten Theorien einer einseitigen Beziehung des Zeichens auf das Signifikat oder das Erkenntnisvermögen aufgrund ihrer Unvereinbarkeit mit der gängigen Zeichendefinition nicht näher diskutiert werden, verbietet sich die als dritte Alternative vorgeführte Position einer doppelten Relation des formal aufgefaßten Zeichens nach Johannes a Sto. T h o m a bereits aufgrund der sich hieraus ergebenden Unmöglichkeit einer Zuordnung des Zeichens zur Kategorie der Relation. 2 1 9 Die zweite Alternative dagegen ist dadurch ausgeschlossen, daß sich die als die ratio formalis

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219

signi ausgewiesene dreistellige

vox, formale ens rationis, scilicet significatio... Ordo ergo ad signatum, est fundamentum in signo ordinis ad potentiam, et exinde habet quod significet potentiae. Sed haec significatio, licet materialiter una sit quia eius fundamentum, hoc est impositio, unum est, formaliter tarnen due sunt habitudines distinctae secundum rationem..." Diese Position vertreten im frühen 18. Jahrhundert mit Nachdruck Gabriel a Conceptione (zu einem Vergleich seiner Zeichentheorie mit der des J. a Sto. Thoma vgl. J. A. CASAUBON, Para una teoria del signo y del concepto mental como signo formal: Sapientia 10 (1955) 270-83) sowie die RIPENSES. Vgl. GABRIEL A CONCEPTIONE, OMerc, Cursus artium t.l (1704) 14: „Signum ultimo differentialiter adacquate constituitur per solum ordinem ad signatum." Den Hintergrund bildet eine Kontroverse mit dem Dominikaner Petrus de Candamo (vgl. hierzu V. MUÑOZ DELGADO, La lógica de Gabriel de la Concepción y su incorporación en el 'Cursus Philosophicus Ripensis': Estudios 24 (1968) lOff), der - obwohl ansonsten deutlich von Johannes a Sto. Thoma beeinflußt, hier von ihm abweichend (Vgl. JOHANNES A STO. THOMA, 680a) - in einer ausführlichen Argumentation u.a. unter Hinweis auf die Figur des „ducere in cognitionem" die Existenz eines „significare effective" seitens der Instrumentalzeichen zu begründen versucht (vgl. P. DE CANDAMO, OP, Opusculum de signis, c. 3, q. 5 (1697) 3, 39a-77b). Auch formal betrachtet leistet nach Candamo das signum instrumentale die Funktion eines obiectum motivum. Für Gabriel a Conceptione sowie die ihn wörtlich übernehmenden RiPENSES (d.h. der Cursus philosophicus des der Universität Alcalá angegliederten Colegio de Santa Celilia in Ribas del Jarama) kommt das Zeichen nur als ein obiectum terminativum in Betracht. Im Zusamenhang mit der Zurückweisung jeder Wirksamkeit des significare oder repraesentare (beide Begriffe werden synonym verwendet) in Rücksicht auf das Erkenntnisvermögen, betonen sie die ausschließliche Hinordnung des formal genommenen Zeichens auf das Signifikat. Die gesamte Bewegung und Effizienz des Zeichens liegt dem eigentlichen significare lediglich als Voraussetzung vorauf. Vgl. RiPENSES, OMerc, Cursus philosophicus (1716) 16: „... non dari repraesentare aut significare effective... Significare, in quo ultima et adaequata differentia signi consistit, non importât aliqualiter aliquam connexionem cum potentia... sed unice dicit ordine ad signatum: ergo significare formaliter nullam dicit efficientiam... Tota motio et efficientia obiecti, licet signi, est quid praesuppositum et antecedens ad hoc quod est significare et repraesentare. Ergo in hoc quod est significare aut repraesentare nulla datur efficientia." Vgl. Vgl. J. B. PROLEMAEUS, SJ, Philos, mentis et sensuum (1698) 134b: „Porro notabis vim illam significativam, si de signo naturali loquamur, esse ipsam entitatem signi seu ejus cognoscibilitatem objectivam..." Ebd. 664a: „... sic non erit signum in praedicamento relationis, quia in ratione signi non est unica relatio, sed pluralitas relationum."

232

D a s Zeichen in der L o g i k der posttridentinischen Scholastik

Zeichenrelation nicht auf zwei zweistellige Relationen reduzieren läßt. Da sich das Zeichen nämlich auf die bezeichnete Sache nur insofern bezieht, als es diese einem Erkenntnisvermögen präsentiert und nahebringt, läßt sich die Relation zu jener überhaupt nicht ohne eine Relation zu diesem konzipieren.220 Denn es ist bei derartigen Relationen der Stellvertretung oder Repräsentation unmöglich, „daß sie sich auf das beziehen, dessen Stelle sie vertreten, nicht aber auf das, um dessen willen oder in Hinordnung auf welches sie diese Stellvertretungsfunktion ausüben, weil das Ersetzende oder Stellvertretende von etwas in einer bestimmten Rücksicht und in Hinordnung auf einen bestimmten Zweck die Stelle desselben vertritt; andernfalls wäre jene Stellvertretung unbestimmt, weil sie doch vom Zweck her, um dessen willen sie geschieht, bestimmt wird." 221 Eine dreistellige Relation ist allerdings mit dem traditionellen aristotelischen Relationsbegriff des ad aliquid nicht ohne weiteres vereinbar. Relationen bestehen, genau genommen, eben nicht 'zwischen' den Dingen - eine solche durch den modernen, hinsichtlich seiner ontologischen Implikationen zumeist unreflektierten Sprachgebrauch nahegelegte intermediäre Existenz wäre auch hartgesottenen Realisten zu weit gegangen - sondern sind etwas an Dingen, durch welches diese auf anderes 'hin' sind (esse ad). Die Vereinbarkeit der dreistelligen Zeichenrelation mit der Relationskategorie des ad aliquid ist nach Johannes jedoch insofern gewährleistet, als sich das Zeichen indirekt auf das Erkenntnisvermögen insofern bezieht, als im Bezeichneten selbst das einem Erkenntnisvermögen Manifestierbarsein eingeschlossen ist. Denn hierdurch wird, „weil das Bezeichnete nicht Bezugspunkt der Relation ist, insofern es etwas für sich Bestehendes ist oder in irgendeiner anderen Beziehung, sondern insofern es ein dem Erkenntnisvermögen Repräsentierbares ist, das Erkenntnisvermögen selbst mit Notwendigkeit von jener Relation berührt, die das Bezeichnete nicht ausschließlich als das berührt, was es an sich selbst ist, sondern als ein dem Erkenntnisvermögen Repräsentierbares; und so berührt sie in gewisser Weise das Erkenntnisvermögen in dieser Bestimmung des einem anderen Manifestierbaren, nicht indem sie das Erkenntnisvermögen abgesondert berührt, sondern indem sie dasjenige berührt, das dem Erkenntnisvermögen repräsentierbar ist..." 222 220

Ebd., 6 6 5 a b : „... non potest dici, q u o d signum sit relativum ad signatum et non ad potentiam, sed solum terminet potentiam. Répugnât enim intelligere, q u o d signum referatur ad signatum, si absolvatur a potentia et [ 6 6 5 b ] sine ordine aliquo ad ipsam concipiatur, quia in tantum respicit signatum, in quantum illud defert et praesentat potentiae. E r g o ista relatio ad signatum ut potentiae manifestandum répugnât, quod absolvatur a p o t e n t i a . "

221

Ebd., 6 6 6 a : „Répugnât enim in istis relationibus, quae per modum substituentis et repraesentantis se habent, q u o d respiciant id, cuius gerunt vices, et non id propter q u o d vel in ordine ad q u o d substituunt, quia substituens seu gerens vices alicuius secundum aliquam determinatam rationem et in ordine ad aliquem determinatum finem gerit vices illius; alioquin substitutio ilia determinata non esset, cum ex fine, propter quem fit, d e t e r m i n e t u r . "

222

Ebd., 6 6 6 a b : „ E t ita cum signatum non respiciatur, ut est aliquid absolute in se vel secundum alium ordinem, sed ut manifestabile potentiae, necessario ipsa potentia tangitur in obliq u o ab illa relatione, quae attingit signatum non sistendo in ilio ut in se praecise, sed ut

D e r metaphysische Status der Zeichenrelationen

233

Diese Konstruktion ermöglicht es auch, daß im Fall der natürliche Zeichen die komplexe Gesamtrelation des Zeichens, obwohl sich das Zeichen als Gegenstand auf das Erkenntnisvermögen nur in einer gedanklichen Relation bezieht, real ist. 223 Formal als Zeichen genommen ist das Zeichen nur indirekt auf das Erkenntnisvermögen bezogen. Die direkte Relation, die das Zeichen als selbst erfaßbarer Gegenstand (im Fall eines Instrumentalzeichens) oder als erkenntniskonstituierende Form (im Fall eines Formalzeichens) auf das Erkenntnisvermögen hat, ist jedoch, wenngleich nicht selbst zur Zeichenrelation gehörig, wesensmäßige Voraussetzung sowohl der dreistelligen Zeichenrelation als auch für das Funktionieren des Zeichens. Denn ohne sie könnte sich das Zeichen auf das Bezeichnete überhaupt nicht wie auf ein dem Erkenntnisvermögen Manifestierbares beziehen. Würde nämlich das Zeichen nicht als ein Gegenstand das Erkenntnisvermögen bewegen, könnte es auch nicht als ein Zeichen manifestieren. Und trotzdem: „wenngleich allein kraft der Rücksicht auf das Bezeichnete, in der indirekt das Erkenntnisvermögen mit eingeschlossen ist, das Zeichen keine Repräsentation vollzieht, wenn nicht die Bewegung des Erkenntnisvermögens hinzukommt, insofern das Zeichen auch bewegender Gegenstand ist, so hat es das Zeichen doch von jener Rücksicht auf das Bezeichnete, daß diese Bewegung signifikativ ist, d.h. eine stellvertretende hinsichtlich eines anderen, welches es bezeichnet..." 224

manifestabile potentiae, et sie aliqualiter attingit potentiam in illa ratione [ 6 6 6 b ] manifest a b a s alteri, non seorsum attingendo potentiam, sed attingendo id, q u o d manifestabile est potentiae..." 223

Ebd., 6 6 8 a : „ Q u a r e cum signum sub formalitate signi non respiciat potentiam directe, h o c enim est formalitatis obiecti, sed respiciat rem significabilem seu manifestabilem potentiae, sic potentia ut in obliquo inclusa in ilio o b j e c t o manifestabili attingitur a reali relatione signi, quia non respicitur potentia seorsum, sed ut inclusa in eo, q u o d reale est o b i e c t o ut manifestabili potentiae; ubi totum, quod attingitur actu et formaliter reale est, et solum potentia, cuius est obiectum, intrat ibi de c o n n o t a t o et in o b l i q u o . "

224

Ebd., 6 6 6 b - 6 6 7 a : „Verum quidem est, quod, ut signum respiciat signatum h o c modo, id est ut manifestabile potentiae, praesupponitur essentialiter, q u o d ipsum signum alia relatione respiciat potentiam, vel tamquam obiectum apprehensibile, si sit signum instrumentale, vel tamquam forma constituens apprehensionem, si sit signum formale, et sic deserviat ad deveniendum in notitiam alterius ut signum instrumentale vel formale. Ceterum ista relatio signi ad potentiam, ut diximus in initio articuli, non est signi ut signum formaliter, sed ut obiecti vel formae; praesuppositive autem ad signum requiritur, quia etiam est obiectum movens potentiam, et nisi moveat ut obiectum, non manifestabit ut signum, formaliter autem una relatio distinguitur ab alia. E t licet ex vi solius respectus ad signatum, in q u o oblique includitur potentia, cui manifestabile est, non exerceat repraesentationem, nisi adiungatur m o t i o potentiae, ut obiectum motivum [ 6 6 7 a ] est, tamen ex respectu ilio ad signatum habet, q u o d illa m o t i o significativa sit, id est vicaria et substituens pro alio, q u o d significat, non principalis pro s e . "

234

Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

Johannes a Sancto Thoma kommt damit auf der von Araújo vorgegebenen Grundlage zu einer sehr subtilen Analyse der im Zeichen zusammenkommenden Fundierungsverhältnis und 'Als'-Strukturen: Das Zeichen bezieht sich als Ding auf die Bezeichnete Sache in einer transzendentalen Relation der kausalen Abhängigkeit, Ähnlichkeit (im weitesten Sinne) oder der willkürlichen Einsetzung. Zugleich bezieht sich das Zeichen als Ding nach Art eines Erkenntnisobjekts (in einer gedanklichen Relation), d.h. als ein das Erkenntnisvermögen bewegender Gegenstand auf das Erkenntnisvermögen; doch ist das eben nicht die Relation, in der sich das Zeichen als Zeichen auf das Erkenntnisvermögen bezieht - denn etwas als Ding zu betrachten und etwas als Zeichen zu betrachten ist zweierlei. Diese Beziehung des Zeichens als Zeichen auf das Erkenntnisvermögen läßt sich nur indirekt über die direkte Relation des Zeichens als Zeichen auf das Bezeichnete konstruieren, die ihrerseits jedoch verschieden ist von der erstgenannten Beziehung, die das Zeichen als Ding auf die Bezeichnete Sache hat. Denn diese Beziehung des Zeichens als Zeichen ist nicht die der kausalen Abhängigkeit, Ähnlichkeit oder der willkürlichen Zuordnung, sondern die der Stellvertretung. Da diese die bezeichnete Sache jedoch nicht einfach nur als das berührt, was sie an sich selbst ist, d.h. als Sache, sondern als ein dem Erkenntnisvermögen Repräsentierbares, ist in dieser Relation des Zeichens als Zeichen auf den bezeichneten Gegenstand als ein dem Erkenntnisvermögen Repräsentierbares je schon die indirekte Beziehung des Zeichens als Zeichens auf das Erkenntnisvermögen enthalten. Und genau in dieser dreistelligen Relation, in der sich das Zeichen als Zeichen direkt auf den Gegenstand und indirekt auf das Erkenntnis bezieht, besteht der Formalbegriff des Zeichens, die ratio formalis signi. Dafür jedoch, daß das Zeichen überhaupt als Zeichen fungieren, d.h. das Erkenntnisvermögen zur Erkenntnis der bezeichneten Sache hinführen kann, sind die Relationen, die dem Zeichen als Ding zukommen, wesentliche Voraussetzung. Denn wäre es nicht durch die Beziehung, in der es als Ding zur bezeichneten Sache steht, als Zeichen gerade dieser Sache angepaßt, gäbe es keinen Grund dafür, daß das Zeichen eher diese als eine andere bezeichnet. Und würde es sich nicht zugleich selbst als Erkenntnisgegenstand auf das Erkenntnisvermögen beziehen, könnte es sich auch als Zeichen nicht auf die bezeichnete Sache als eine dem Erkenntnisvermögen zu repräsentierende beziehen. Hiermit bestimmt Johannes a Sto. Thoma das Zeichen als Zeichen als eine dreistelligen Relation, die weit mehr meint, als daß etwas jemandem etwas anderes repräsentiert. Denn diese Beschreibung trifft ebenso auf die Zeichenkonzeption der Conimbricenses zu, von der Johannes sich polemisch absetzt. Getragen ist dieses relationenmetaphysische Zeichenkonzept jedoch von z.T. massiven ontologischen Verdinglichungen. So setzt etwa die Realität der Zeichenrelation voraus, daß das Bezeichenbarsein (esse significabile) oder Repräsentierbarsein

Die Zeichenklassifikation

235

des Signifikats etwas Reales ist 2 2 5 , oder macht die Unterscheidung von signum formale und instrumentale - weil sie nicht aus der nicht existierenden direkten Beziehung des Zeichens auf das Erkenntnisvermögen ableitbar ist - die Annahme einer auf Seiten der Signifikate gegebenen unterschiedlichen Repräsentierbarkeit erforderlich. 2 2 6 Derartige metaphysisch nicht unproblematische Hypostatiserungen, wie sie sich bei Johannes a Sto. Thoma zwangsläufig aus der Konzeption der ratio formalis signi als einer seinsmäßigen dreistelligen Zeichenrelation ergeben, waren der Hauptgrund dafür, daß seine Semiotik späterhin kaum und außerhalb des Thomismus überhaupt nicht rezipiert worden ist. Insofern war gerade das, was aus der Perspektive der neueren Semiotik als besonderes Verdienst der Zeichentheorie des Johannes a Sto. Thoma erscheint, das Konzept des Zeichens als einer dreistelligen Relation, das, was seine Aufnahme verhinderte. Wenn John Deely Johannes a Sto. Thoma als eine jener Figuren der Semiotikgeschichte darstellt, deren „neglect has been almost because of their importance for a discipline and doctrinal point of view whose time had not yet come", 2 2 7 so ist dies eine Einschätzung von einer semiotischen Position aus, die in der Nachfolge des 'Ultrarealisten' Peirce eine wesentlich unkritischere Einstellung zum Begriff der Relation entwickelt hat, als sie jenen jesuitischen aber auch skotistischen Autoren des 17. Jahrhunderts zueigen war, denen die metaphysische Folgeproblematik einer solchen Zeichenbestimmung deutlich vor Augen stand.

E. Die Zeichenklassifikation Die Klassifikation der Zeichen ist seit der Antike integraler Bestandteil der Zeichentheorie. Während sich die Bemühungen und eine differenzierte Klassifi225

226

Ebd., 667b-668a: „... relatio ad signatum, etiam ut manifestabile potentiae, realis esse potest, [668a] quia in obiecto esse significabile et repraesentabile potentiae aliquid reale est..." Ebd. 669a: „... divisio signi in formale et instrumentale est divisio per diversas species, quae directe non sumuntur ex solo diverso respectu ad potentiam, sed ex diversa relatione ad signatum ut diverso modo repraesentabile potentiae. Est enim repraesentabile aliquod obiectum duplici medio repraesentativo, scilicet medio in quo et medio per quod. Et primum fundat repraesentationem formalem intra potentiam informantem, secundum repraesentationem instrumentalem extra potentiam moventem. Unde in ipso signato repraesentabili invenitur diversa ratio seu fundamentum ad terminandum istas [669b] diversas repraesentationes seu modos repraesentandi in signis, licet res repraesentata materialiter sit eadem." Vgl. F. DE ARAÚJO, S. Anm. 155.

227

J. Ν. DEELY, Neglegted Figures in the history of semiotic inquiry: jean Poinsot (1983) 116. Wenn Deely (ebd.) meint: „Not until the work of Charles Sanders Peirce in our own days do we encounter again a semiotic of comparable energy and scope", so wird eine solche Einschätzung - unbeschadet des außergewöhnlich hohen theoretischen Niveaus der Zeichenlehre des Johannes a Sto. Thoma - durch die umfangreicheren Darstellungen von Petrus de Candamo oder Silvester Aranha sowie das umfängliche, noch nicht erschlossene handschriftliche Material der iberischen Logik des späteren 17. Jahrhunderts zumindest erheblich relativiert.

236

Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

kation in der Logik um 1 5 0 0 in erster Linie auf das significare bzw. repraesentare bezogen, man also verschiedene Weisen des Bezeichnens unterschied, steht in der Logik der Zweitscholastik wiederum, wie in der älteren mittelalterlichen Tradition, die Distinktionen der signa im Vordergrund (s. Abb. 5). Sprach man dort etwa vom significare formaliter oder instrumentaliter, so wird daraus in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts die Distinktion von signum formale und signum instrumentale. Ein solcher Wechsel in der Darstellungsperspektive kann mehr sein, als lediglich eine andere Ausdrucksweise für eben dasselbe. Denn durch den Begriff des signum ist immer auch eine res mitbenannt. Das hat Konsequenzen. Eine betrifft die im vorigen Abschnitt behandelte Problematik des relationalen Status des Zeichens. Denn eine solche Fragestellung scheint sich überhaupt erst dort aufzudrängen, wo nicht mehr von der Semiose, bzw. der Tätigkeit des significare sondern vom Begriff des Zeichens ausgegangen wird. Eine 'Metaphysik des Zeichens', wie sie sich besonders ausgeprägt bei Johannes a Sto. T h o m a findet, scheint einen solchen Perspektivwechsel zur Voraussetzung zu haben.

Signun I ! Naturale. Aibitruism. I Inftnimentale. Formile.

Sifauitt.

Maturale.

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I

mainai.

Spccul

Spccubtírum. Fxaâicum. M h n L w . ^ Suppolitinim.

Aparl.wiquaû ·Α pólle- Demon- Progoo¿poKCfiori. riori. ñrujvii. Aicua»

DemonArativo. Similitud; nariurn unperfeai.

Rcmcmoratlvua.

Proportionale,

No· do0n/uk.

Doflltaalc.

Ί

Vulgare. Sjrmbolicum. Privatum. Publicum·

L

Pírnutm. Ptr J a w

Per voces.

Abb. 5: Di e Arbor philosophica signorum nach G. Β. Ptolemaeus Hinsichtlich der Zeichenklassifikation beinhaltet dieser Darstellungsansatz die Problematik, daß die mit ihm verbundene Redeweise leicht suggerieren kann, die Zeichen ließen sich, weil „'Zeichen' nicht nur eine Relation besagt, sondern auch jenes, in dem die Relation ist und das von ihr affiziert und ihr ge-

Die Zeichenldassifikation

237

mäß benannt wird" (signum non solum dicit relarionem, sed etiam illud, in quo relatio, et quod ab illa afficitur, et denominatur), 228 als Dinge behandeln, und dementsprechend die Einteilung der Zeichen adäquat auf eine Einteilung der Dinge abbilden; so als sei etwa der sprachliche Ausdruck ein willkürliches, der geistige Begriff ein formales oder der Rauch ein natürliches Zeichen. In der Regel ist man dieser Suggestion nicht erlegen. Denn wenngleich genau dies die Weise ist, in der vielfach gesprochen wird, ist man sich doch durchaus bewußt, daß ein und dasselbe Zeichen (genauer: Zeichenvehikel) nicht nur unter verschiedene - das wäre trivial - sondern auch unter diametral entgegengesetzte Zeichenklassen fallen kann: „... unam eademque rem posse, et solere esse signum multis modis respectu diversorum..."229 Das wird - wenngleich man mitunter deutliche Mühe hat, gegen die Sprache anzuschreiben - explizit für die verschiedenen Zeichendistinktionen von signum certum - probabile,230 signum 231 naturale - ex institutione bzw. ad placitum betont. Selbst die Unterscheidung von signum formale und instrumentale bildet keine absolute Abgrenzung. 232

228 229 230

231

232

P. VALLIUS, SJ, Logica (1622) 619b. F. GONÇALEZ, SJ, Logica tripartita (1639) 93b. J. CARAMUEL DE LOBKOWITZ, OCist, Praecursor logicus (1654) 5: „ (Signum)... in certum probabilemque distingui solet; non quidem ut genus in species, sed ut subjectum in diversa accidentia: quoniam idem omnino signum, quod respectu unius est certum, respectu alius, qui habet minorem rei notitiam, solet esse probabile." B. TELLEZ, SJ, Summa univ. philos. (1642) 96a: „Signum naturale etiam potest esse signum ex instituto, respectu eiusdem... quia, cum impositio humana sit adeo libera, poterit quis imponere fumum ad significandum ignem ex instituto..."; J. CARAMUEL DE LOBKOWITZ, OCist, Praecursor logicus (1654) 5: „Suppono tanquam certum eandem rem, posse simul habere significationem ad placitum et naturalem, ut... probat tubarum clangor, qui naturaliter et a posteriori indigitat insufflantis anhelitum ceu causam, et moraliter milites admonet, ut sciant quid debeant facere in certamine."; B. F. SCHMIDT, SJ, Expeditio dialéctica altera pro signis (1666) 5: „Nihil obstare, quo minus idem signum possit simul esse instituto, naturale, et respectu quorundam etiam ex consuetudine." Zumeist wird dies dadurch belegt, daß ein conceptus im menschlichen Intellekt für einen Engel als Instrumentalzeichen der durch ihn bezeichneten Sache dienen kann. Vgl. CONIMBRICENSES, SJ, Commentarti in univ. Aristotelis dialecticam (1607) 2. 23. Vgl. F. ARAV, OP, S. Anm. 155; Andere Autoren betonen, daß etwas auch hinsichtlich desselben Signifikats und in Rücksicht desselbe Erkenntnisvermögen zugleich Formal- und Instrumentalzeichen sein kann. Vgl. R. DE ARRIAGA, SJ, Cursus philos. (1632) 179b: „Adverte, eamdem rem posse esse signum formale et instrumentale eiusdem rei respectu diversorum: cognitio enim, qua Angelus me cognoscit, est signum formale respectu ipsius Angeli, respectu vero Dei in ilio actu cognoscentis hominem, est signum instrumentale: imo etiam respectu ipsius Angeli reflexe cognoscentis illum actum, et in ilio hominem, potest ea cognitio esse signum in strumentale..."; F. BONAE SPEI, OCarm., Comment, tres in univ. Arist. philos. (1652) l i b : „... idem signum, respectu ejusdem cognoscentis, posse esse formale et instrumentale ejusdem; omnis enim prima intentio formalis, supra quam reflectit secunda formalis existens in eodem intellectu est tale signum."

238

Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

1. Die Unterscheidung von signum formale - und signutn instrumentale W i e g e s e h e n , w a r d i e u r s p r ü n g l i c h in t h e o l o g i s c h e m

Problemzusammenhang

entwickelte Unterscheidung v o n mehreren Weisen des Repräsentierens u m

1500

in d e r p a r i s e r M a i o r - S c h u l e u n t e r R ü c k g r i f f a u f P i e r r e d ' A i l l y z u m

Lehrstück

v o m vierfachen

Repräsentieren

repraesentare

b z w . significaré)

ausgebaut worden, welches dann durch D o m i n g o de Soto

oder Bezeichnen

(quadrupliciter

k r i t i s c h e r A b s e t z u n g v o n e i n e m u n d i f f e r e n z i e r t e n G e b r a u c h v o n facere scere,

repraesentare

u n d significare

in e i n h i e r a r c h i s c h e s O r d n u n g s g e f ü g e

f ü h r t u n d in d i e s e r F o r m d e r L o g i k d e r Z w e i t s c h o l a s t i k v e r m i t t e l t w u r d e . w a r d e r B e g r i f f d e s significare

präzisiert u n d sein G e l t u n g s b e r e i c h

d u r c h d i e D i s t i n k t i o n v o n formaliter

u n d instrumentaliter

in

cognoüberDamit

vollständig bestimmt

significare

und ausgemessen w o r d e n . Die extensionale Differenzierung der vier W e i s e n des facere

cognoscere

b l e i b t i n s b e s o n d e r e b e i d e n T h o m i s t e n bis w e i t ins 1 7 . J a h r -

h u n d e r t hinein gängiges Lehrstück, w o es die G r u n d l a g e für die aus

Thomas

v o n A q u i n selbst nicht o h n e weiteres zu e n t w i c k e l n d e B e h a n d l u n g d e r K o n z e p t e als Z e i c h e n b i l d e t . In d i e s e m S i n n e f i n d e t e s s i c h e t w a b e i D i d a c u s

233

Masius233,

D. MASIUS, OP, Comment, in duos lib. Arist. de Int. ( 1 6 1 7 ) 7b-8a: „Animadvertendum est ..., quatuor modis posse rem aliquam efficere cognitionem, primo modo tanquam causa efficiens, secundo tanquam forma, tertio velut instrumentum, et quarto tanquam obiectum. Illud producit cognitionem tanquam causa efficiens, quod efficit cognitionem, qua ratione intellectus est causa efficiens intellectionis et sensationis. Illud producit cognitionem ut forma, quod est ipsa forma cognoscendi, quomodo intellectio efficit cognitionem, eo quod sit eadem (8a) forma intelligendi. Illud praeterea efficit cognitionem ut instrumentum, quod manuducit facultatem cognoscendi ad rem ipsam cognoscendam, quemadmodum imago Regis, est causa instrumentaría cognitionis ipsius Regis, ducit enim nos in cognitionem Regis. Tandem obiecta cognita, ut homo, vel coelum, producunt cognitionem tanquam obiecta. ... est adnotandum repraesentare, ablato primo modo, eius quod est producere cognitionem, ut causa efficiens, tribus aliis modis (eisdem scilicet quibus aliquid facit alterum cognoscere) evenire posse, scilicet ut forma, ut instrumentum, et ut obiectum: nam cum repraesentare nihil aliud sit, quam facere aliquid praesens facultati cognoscendi, tribusque modis possit illi aliquid esse praesens, vel ut forma quaedam, sicut cognitio est praesens facultati, vel ut instrumentum, quemadmodum imago Regis est praesens visui ad Regem ipsum cognoscendum, vel ut obiectum denique, quemadmodum ipsemet Rex se repraesentat visui, totidem etiam tribus modis evenit repraesentatio, ut forma, ut instrumentum, atque ut obiectum. Animadvertendum est ... significationem esse duplicem, unam formalem, et alteram instrumentalem; formalis est ipsamet cognitio inhaerens facultati cognoscendi. Instrumentaría est ilia quae velut instrumentum ducit nos ad alia cognoscenda. Unde duplex erit signum, Instrumentarium unum, et alterum formale." Hier zeichnet sich eine terminologische Undeutlichkeit ab, die sich aus der semantischen Nähe von facere und efficere ergeben kann. Masius vertauscht beides bei seiner Darstellung des formaliter und des instrumentaliter repraesentare (7b-8a), so daß er davon spricht, „intellectio efficit cognitionem". Zu einer völligen Verwirrung der Begriffe führt dies bei F. MURCIA DE LA LLANA, der ebenso wie dem Intellekt auch der cognitio das 'efficienter' zuschreibt, und das dadurch freigewordene 'formaliter' der imago Caesaris und den voces zuweist, wodurch es nicht mehr vom 'instrumentaliter' abgehoben werden kann. Vgl. Selecta circa Arist. dialecticatn ( 1 6 2 1 ) 3 9 9 b - 4 0 0 a : „... 'Facere cognoscere' multipliciter sumi. Primo sumitur efficienter. Qua ratione noster intellectus facit cognoscere rem, quia ipse efficienter producit cognitio-

239

Die Zeichenklassifikation

Samuel de Lublino 234 oder Johannes a Sto. Thoma 2 3 5 . Bei den Jesuiten dagegen fällt das Lehrstück späterhin zumeist aus, 236 da diese nicht mehr direkt auf Soto, sondern auf ihre eigenen Autoren, wie Fonseca, Toletus oder die Conimbricenses zurückgreifen, bei denen es nicht überliefert ist. 237 Zugleich war jedoch mit der von Soto unter Berufung auf die Augustinische Zeichendefinition am formaliter significare angebrachten Cautele der Uneigentlichkeit eine Tendenz zur weiteren Reduzierung des Bezeichnens von einem dupliciter auf ein 'simpliciter' - d.h. instrumentaliter

- significare

manifest ge-

worden, die leicht zur Revision der seit der Mitte des 13. Jahrhunderts geläufigen Bestimmung der Konzepte als Zeichen hätte führen könne. Der Zeichenstatus der geistigen Begriffe war erneut prekär geworden. Nur die Furcht, sich zu nem... Similiter ipsa cognitio efficienter facit nos cognoscere. Secundo potest sumi ... formaliter penes hoc, quod sit aliquid forma, qua cognoscimus. Qua ratione imago Caesaris, quia est forma, seu figura repraesentativa Caesaris facit nos cognoscere formaliter Caesarem: sic similiter voces, scripturae, et conceptus, faciunt nos cognoscere formaliter." 234

235

236

In univ. Arist. logicarti quaest. ( 1 6 2 0 ) 3 8 5 : „repraesentare nihil aliud est, quam aliud facere cognoscere, adeo ut illud in rigore dicatur alterum repraesentare; quando ordinatur ad hoc, ut eo inspecto sit mihi praesens aliquid aliud: sive hoc fiat obiettive, sive effective, sive formaliter, sive etiam instrumentaliter: quando enim video aliquam tabulam in qua depictus est Imperator, illa tabula ... facit me cognoscere Imperatorem per modum obiecti, quatenus per suam speciem movet visum, qui postea efficit visionem Imperatoris, et per consequens facit me cognoscere Imperatorem effective quia efficit cognitionem. Sed cognitio supponens obiectum, et causam efficientem, v.g. visum, formaliter est Imperatoris significativa; adeo ut tunc aliquis dicatur Imperatorem cognoscere, postquam habuerit cognitionem hoc modo productam, caeterum imago, pro quanto est instrumentum respectu meae cognitionis, quo viso recordor Imperatoris visi in alio tempore, facit me cognoscere Imperatorem instrumentaliter.... E t quamvis haec tria pro eodem accipiuntur, scilicet significare, potentiae cognoscitivae aliquid repraesentare, et facere cognoscere; nihilominus magis communius est facere cognoscere quam repraesentare, et repraesentare communius quoddam est quam significare..." SAMUEL DE LUBLINO, O P ,

JOHANNES A STO. THOMA, Ars Logica ( 1 9 4 8 ) 9b. W i e gesehen, entwickelt er jedoch im Rahmen seiner ausführlichen Analyse des Zeichens und seiner Relationen eine von dem in den Summulae referierten traditionelle Lehrstück abweichende Unterscheidung der beiden Begriffe von repraesentare und significare. Von den Jesuiten führt es im späten 16. Jahrhundert noch F. DUARTE an; vgl. Comment, in ( 1 5 8 5 ) fol. 6r: „... sequitur ... id quod communiter docent Dialectici, scilicet non esse idem significare, repraesentare et facere cognoscere nam significare tantum contingit dupliciter, formaliter et instrumentaliter... repraesentare vero tripliciter, scilicet formaliter, instrumentaliter et obiective nam ipsa cognitio hominis ilium repraesentat formaliter, vox ' h o m o ' instrumentaliter ipse autem homo se repraesentat obiective quia est obiectum quod cognoscitur. at vero facere cognoscere contingit quadrupliciter scilicet formaliter instrumentaliter obiective et effective."

univ. logicam Arist.

237

Die CoNIMBRICENSES greifen auf Sotos Unterscheidung nur hinsichtlich der Unmöglichkeit einer Selbstbezeichnung zurück; vgl. Comment, in univ. dial. Arist. ( 1 6 0 7 ) 2. 14f: „... negandum est idem esse repraesentare, ac significare: nam illud est universalius, et idcirco adhibetur in definitione signi pro genere. Quae maior universalitas explicatur a D. Augustino. Quem sequitur Soto ca. 2 Summularum. Et recentiores .... Quia significare solum se extendit ad alia diversa a significante; repraesentare vero, et ad alia, et ad ipsum repraesentans."

240

Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

weit vom Sprachgebrauch der Tradition zu entfernen, verhinderte bei Soto die vollständige Rückkehr zur augustinischen Zeichenkonzeption. Sie fand nicht statt. Nichtsdestoweniger stand die für die weitere Geschichte der Zeichentheorie fundamentale Frage, ob die conceptas aus dem Raum des Zeichens auszuschließen seien, zunächst auf des Messers Schneide. Denn von den beiden für die spätere Entwicklung der Logik im 17. Jahrhundert maßgeblichen Autoren, Francisus Toletus und Petrus de Fonseca, 2 3 8 hat ersterer, als direkter Schüler Sotos, die Konzepte überhaupt nicht mehr als Zeichen geführt 239 und letzterer sie ebenfalls nur unter Vorbehalten zugelassen. 240 Aber diese wenn auch nur eingeschränkte Zulassung war entscheidend für die spätere Bestimmung des Zeichenbegriffs, zumal als Fonseca in diesem Zusammenhang die ältere Unterscheidung des formaliter und instrumentaliter significare erstmals explizit als förmliche Zeichendistinktion formuliert: ... signa duabus divisionibus dispartiuntur: altera in signa formalia, et instrumentalia (liceat enim ita loqui) altera in naturalia, et ex instituto. Signa formalia sunt similitudines, seu species quaedam rerum significatarum in potentijs cognoscentibus consignatae, quibus res significatae (12) percipiuntur. ... Dicuntur autem formalia signa, quia formant, et quasi figurant potentiam cognoscentem. - (Die Zeichen werden mittels zweier Distinktionen unterteilt: durch die eine in Formalzeichen und Instrumentalzeichen (es sei nämlich gestattet, so zu reden), durch die andere in natürliche und eingesetzte. Formalzeichen sind Ähnlichkeiten oder gewisse in die Erkenntnisvermögen eingezeichnete Erkenntnisbilder der bezeichneten Dinge, durch die die bezeichneten Dinge erfaßt werden. ... Sie werden Formalzeichen genannt, weil sie das Erkenntnisvermögen gleichsam formen und prägen). 2 4 1

Dies dürfte der Ort sein, an dem sich die ältere, schon bei Pierre d'Ailly greifbare Unterscheidung zwischen einem formaliter und instrumentaliter significare erstmals zu der für die spätere Zeichentheorie zentralen Distinktion von

signum formale und signtim instrumentale verdichtet hat.

Das signum formale ist im Wesentlichen dadurch gekennzeichnet, daß es abhängig von der jeweils zugrundeliegenden Auffassung vom verbum mentis242 sowie der Konzeption der species sensibiles und intelligibiles - entweder, wie die Vgl. W. RISSE, Logik der Neuzeit I, 359. Gemäß der ratio studiorum der Jesuiten sollten Toletus und Fonseca als die maßgeblichen Logiklehrbücher dienen. 2 3 9 Toletus operiert, als habe er sich den ermahnenden Hinweis seines salmantizenser Lehrers zu Herzen genommen, ganz auf der Grundlage des augustinischen Zeichenbegriffs; vgl. F. TOLETUS, Introd. in univ. Arist. log. (1615/16) 1. 208a: „Signum, ut dicit Augustinus ..., est res praeter speciem, quam ingerit sensibus, aliquid aliud facit in cognitionem venire, id est, est res, quae per sui cognitionem alterius cognitionem inducit...". 2 4 0 P. DE FONSECA, SJ, Institutiones dialecticae (1572) 12: „Differunt (sc. signa formalia et signa instrumentalia) etiam hac ratione, quod priora illa nec admodum usitate nominantur signa, nec satis proprie dicuntur repraesentare: haec vero posteriora maxime. Unde D. Augustinus quasi complexus omnia, quae populari sermone signa dicerentur, hoc modo signum definivit: Signum est, quod et seipsum sensui et praeter se aliquid animo ostendit." 2 4 1 Ebd. l l f . 242 VGL. H. J. MÜLLER, Die Lehre vom verbum mentis in der spanischen Scholastik (1968). 238

Die Zeichenklassifikation

241

Jesuiten und einige Scotisten meinen, ohne selbst erkannt zu werden 243 oder, gemäß der Auffassung insbesondere der Thomisten sowie der Mehrheit der Scotisten, ohne ein vorgängiges Erkanntsein seiner selbst zur Kenntnis eines anderen hinführt. 244 Die konkrete Bestimmung des verbum mentis ist für diese Differenzierung insofern von Bedeutung, als es eben dieses Wort des Geistes, bzw. der conceptus, ist, welches nach allgemeiner Auffassung das Formalzeichen ausmacht. Dort jedoch, wo es, wie bei der Mehrzahl der jesuitischen und scotistischen Autoren, mit dem Erkenntnisakt selbst oder der ratio cognoscendi gleichgesetzt wird, macht es offenbar keinen Sinn, ein Erkanntsein des signutn formale anzunehmen, da es selbst dasjenige, wodurch etwas erkannt wird. 245

243

Vgl. P. DE FONSECA, SJ, Inst. dial. ( 1 5 7 2 ) 12: „...illa (sc. signa formalia) non sunt a nobis necessario percipienda, ut ipsorum perceptione in rei significatae cognitionem veniamus."; R. DEARRIAGA, SJ, Cursus philos. ( 1 6 3 2 ) 1 7 9 b : „... quod sine cognitione sui ducit nos in alterius cognitionem..."; B. TELLEZ, SJ, Summa utiiv. philos. ( 1 6 4 2 ) 7 8 a : „Signa formalia ... sunt imagines rerum, quae potentijs cognoscentibus consignatae, non cognita ducunt nos in cognitionem rerum."; J . IOANNIZ ET ECHALAZ, Philos. ( 1 6 5 4 ) 3 b : „... quod per se ipsum formaliter absque cognitione sui facit nos aliud cognoscere..."; G. CHABRONUS, SJ, Philos. ( 1 6 6 2 ) : „... non cognitum ducit in cognitionem..."; C. FRASSEN, O F M , Philos, académica t . l ( 1 6 8 6 ) 3 3 6 ; C. SFONDRATI, Cursus philos, t . l ( 1 6 9 6 ) 4 4 7 : „... quod non cognitum ducit in alterius cognitione"; C. KR1SPER, O F M , Philos, scholae scotist. ( 1 7 3 5 ) 7 : „... quod non cognitum ducit nos in cognitionem alterius...". In der protestantischen Schulmetaphysik findet sich diesè Bestimmung u.a. bei CHR. SCHEIBLER, Metaphysica ( 1 6 3 6 ) 3 6 2 u. A. CALOVIUS, Scripta philosophica (1651) 626

244

F. ARAV, OP, Comment, in univ. Arist. Met. t. 1 ( 1 6 1 7 ) 3 5 1 a : „... conceptus, quem quis format de aliquo obietto, est signum formalis talis obietti, quia seipso formaliter absque ulla praevia sui cognitione illud repraesentat." Vgl. JOHANNES A STO. THOMA, OP, Ars logica ( 1 9 4 8 ) 6 9 5 a - b . Johannes operiert hier, sichtlich bemüht, T h o m a s von Aquin, trotz des von ihm geforderten vorgängigen Erkanntseins des Zeichens (De veritate, q . 9 a.4 ad 5 : „De ratione signi proprie accepta ... est ... quod sit nobis praecognitum") für die Existenz von Formalzeichen in Anspruch zu nehmen, mit einer stark modifizierten Form der auf das Formalzeichen selbst bezogen cognitio praevia. Das signum formale ist nicht „praecognitum ut obiectum, sed ut ratio et forma, qua obiectum redditur cognitum intra potentiam, et sie est praecognitum formaliter, non denominative et ut res cognita."; vgl. COSMAS DE LERMA, OP, s. Anm 2 5 4 ; F. OHM, OP, Summa philos. ( 1 6 9 2 ) 9 9 : „... quod seipso sine praevia cognitione aliquid repraesentat.". Wenngleich auch die Scotisten mehrheitlich die Formulierung „absque praevia cognitione" verwenden, so unterscheidet sich ihre Position doch insofern deutlich von der der Thomisten, als ihnen zufolge das signum formale nicht Produkt der Erkenntnis, sondern die ratio cognoscendi ist, durch die der Gegenstand erkannt wird. Vgl. B. MASTRIUS / B. BELLUTUS, O F M , Disp. in Org. Aristotelis ( 1 6 4 4 ) 4 b : „... (signum formale) est illud ... quod absque sui praevia cognitione aliud nobis repraesentat, et in eius cognitionem ducit.... illud ...vocat praecise rationem cognoscendi, quatenus praecise est quo aliquid cognoscitur, et non quod cognoscitur."; vgl. PETRUS A S. CATHARINA / THOMAS AS. JOSEPH, O F M o b s , Cursus philosophicus ( 1 7 3 2 ) 3 5 : „Signum formale dicitur, quod non est prius cognitum, sed est ratio formalis cognoscendi aliud, ut cognitio, qua cognosco h o m i n e m . " ; M . PANGER/ Κ. KAZENBERGER, O F M , Philos. Arist. universa ( 1 7 3 9 ) 1 8 4 b ; A. LOCHERER, O F M , Clypeus philosophico scotisticus ( 1 7 4 2 ) 5b. Dies gilt auch dort, wo, wie bei Suárez, eine Modal disti η kti on zwischen der Tätigkeit des Intellekts und dem verbum mentis angenommen wird. Vgl. F. SuÁREZ, De anima 3, 5, 11, Op. omn. ( 1 8 5 6 - 7 8 ) 3 . 6 3 3 b : „ ... dicendum (sc. verbum mentis) vere dari. Secundo distin-

245

242

Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

Anders verhält es sich bei den Thomisten, die in der Regel zwischen dem Erkenntnisakt, der selbst nicht Zeichen ist, 246 und dem durch ihn hervorgebrachten verbum mentis als demjenigen, in dem etwas erkannt wird, unterscheiden. Hier gilt dann, daß die Erkenntnis des Formalzeichens zugleich die Erkenntnis des durch es Bezeichneten ist, 247 „quia non duplicat obiectum cognitum ñeque cognitionem". 248 Die unterschiedliche Auffassung hinsichtlich der Frage, ob das Erkanntsein des Zeichens als konstitutives Moment zur ratio signi gehört, entscheidet auch darüber, ob den species impressae ebenfalls Zeichencharakter zugeschrieben wird oder nicht. Da diese offensichtlich in keiner Weise selbst wahrgenommen werden, verbietet sich ihre Bestimmung als Zeichen nicht nur dort, wo im Anschluß an die augustinische Zeichendefintion ein „prius cognitum" 2 4 9 des Zeichens postuliert wird, sondern auch dort, wo, wie nach thomistischer Auffassung, überhaupt von einem ein Erkanntsein - und sei es auch nur ein „non prius cognitum" - des Zeichens ausgegangen wird. Die species impressae sind zwar Ähnlichkeiten der Dinge, haben jedoch nicht den für das Zeichen geforderten Charakter eines selbst erkannten Erkenntnismediums, 250 sondern fungieren vielmehr als Teilprinzipien der Erkenntnis. 251 Im Gegensatz dazu handelt es

gui modaliter ab actione intellectus ut productio est, ab actu vero ut est qualitas producta nullo modo. T e r t i o non esse id, in quo fit cognitio, aut supplere vicem objecti, sed esse id, quo ipsum objectum cognoscitur tanquam conceptu formali rei cognitae, siquidem ut res possit intelligi, necesse est, ut in intellectu vitaliter quodammodo formetur: ilia ergo forma verbum est... unde verbum conceptus objectivus mentis non est, sed formalis."; vgl. DERS., Disp. met. 2, 1, 1, Op. omnia 2 5 . 6 4 f . : „Conceptus formalis dicitur actus ipse seu ... verbum quo intellectus rem aliquam ... concipit..." 246 247

248 249

Vgl. JOHANNES A STO THOMA, OP, Ars logica ( 1 9 4 8 ) 7 1 2 a - b . Vgl. F. ARAV, OP, Comment, in univ. Arist. Met. t. I. ( 1 6 1 7 ) 3 6 8 b : „... conceptus ex vi eiusdem repraesentationis cognoscet imaginem et obiectum illius..." Vgl. JOHANNES A STO THOMA, OP, Ars logica ( 1 9 4 8 ) 6 9 4 a . Vgl. NICOLAUS A S. IOHANNE BATTISTA, Philosophia augustiniana ( 1 6 8 7 ) 1 4 : „Dico ... species veram signi rationem non habere. Prob. I. Per nos non datur signum formale; ergo si species deberent esse signum, utique signum instrumentale esse deberent; sed species non possunt esse signum instrumentale; ergo nullo pacto possunt esse signum. ... Confirmatur. Signum instrumentale prius cognitum ducit in cognitionem; sed species non ducunt in cognitionem prius cognitae; sed solum faciunt venire in cognitionem alterius, causando cognitionem obiecti. (...) Prob. 2. N e c etiam admittentibus signa formalia possunt dici formalia signa ... quia non sunt ratio formalis, et immediata cognoscendi aliud, cum non sint formalis repraesentatio obiecti, sed tantum causalis, et effective."

250

Vgl. JOHANNES A STO THOMA, OP, Ars logica ( 1 9 4 8 ) 7 0 8 a - b : „Species impressa non est forma intelligibilis, quae sit aliquid notum, in quo aliquid cognoscatur... Species autem impressa solum est id, quo potentia cognoscit tamquam principio... Ergo non habet rationem signi..."

251

Vgl. F. ARAV, OP, Comment, in univ. Arist. Met. t. I. ( 1 6 1 7 ) 3 6 3 b : „Species impressa, sive sensibilis, sive intelligibilis, nullatenus est signum. ... Nam de ratione signi, ultra hoc quod est repraesentare aliud a se, requiritur, quod mediet inter obiectum repraesentatum, et potentia, cui fit repraesentatio: sed species impressa non sic médiat, quia tenet se ex parte potentiae ut comprincipium ipsius cognitionis, ita ut ex illa et potentia fiat una integra poten-

243

Die Zeichenklassifikation

sich bei i h n e n für d i e M e h r z a h l d e r J e s u i t e n u n d S c o t i s t e n u m Z e i c h e n , g e n a u e r : u m signa

formalia.252

In j e d e m F a l l j e d o c h h e r r s c h t E i n v e r s t ä n d n i s d a r ü b e r , d a ß d a s F o r m a l z e i c h e n k e i n medium

quod,

kein z u n ä c h s t selbst e r k a n n t e s M e d i u m , s o n d e r n - w i e d e r u m

a b h ä n g i g v o n d e r j e w e i l s z u g r u n d e l i e g e n d e n A u f f a s s u n g v o m verbum

mentis

f ü r d i e J e s u i t e n u n d S c o t i s t e n e i n medium

das',

d i e T h o m i s t e n d a g e g e n e i n medium

quo,253

in quo,254

e i n ' M e d i u m , durch e i n ' M e d i u m , in dem'

kannt wird. Das F o r m a l z e i c h e n bezeichnet, hier w e r d e n die im z u r B e s t i m m u n g e n d e s formaliter prie

repraesentare

o d e r significare

e t w a s er-

Spätmittelalter naturaliter

pro-

g e b r ä u c h l i c h e n F o r m e l n ü b e r n o m m e n , w e s e n s m ä ß i g d u r c h sich selbst

se formaliter)^255 sum)256

l ä ß t a l s o u n m i t t e l b a r d u r c h s i c h s e l b s t ( i m m e d i a t e per

das Erkenntnisvermögen zur Erkenntnis der Sache k o m m e n . o d e r , n a c h H u r t a d o , w e i l e s d i e ratio

formalis

(per

se

ip-

„Formal"

w i r d es n a c h F o n s e c a d e s h a l b g e n a n n t , weil es d a s E r k e n n t n i s v e r m ö g e n s a m bildet u n d f o r m t 2 5 7

für

gleichcogno-

tia cognoscitiva, proxime potens cognoscere: ergo species impressa non est signum formale." 252

253

254

255

256

257

Vgl. z.B. P. FONSECA, SJ, Institutiones dialecticae ( 1 5 7 2 ) LLF; B. MASTRIUS / B. BELLLTTUS, O F M , Disp. in Org. Aristotelis ( 1 6 4 4 ) 4 b ; R. LYNCEUS, SJ, Universa philos, scholast. (1654) 2 0 6 ; C. F. VERANI, SJ, Philosophia universa speculativa ( 1 6 8 4 ) 6 b ; J . G. BOYVIN, Philosopha Scoti ( 1 7 0 1 ) 3 1 4 ; M . PANGER/ Κ. KAZENBERGER, O F M , Philos. Arist. universa ( 1 7 3 9 ) 1 8 4 b ; A. LOCHERER, O F M , Clypeus philosophico scotisticus ( 1 7 4 2 ) 5 b ; vgl. EUSTACHIUS A STO. PAULO, OCist, Summa philosophiae ( 1 6 1 4 ) 2 6 ; D. DERODON, Logica restituía (1659) 4 9 6 ; C. SFONDRATI, Cursus philosophicus, t. 1 ( 1 6 9 6 ) 4 4 9 . Vgl. CONIMBRICENSES, SJ, Commentant in tres libros de anima ( 1 6 2 9 ) 4 8 7 : „... conceptum esse duntaxat signum formale, esseque id, quo rem obiectam percipimus." Vgl. F. Suárez, SJ, De anima 3, 5, 11, Op. omn. ( 1 8 5 6 - 7 8 ) 3 . 6 3 3 b : „ ... dicendum (se. verbum mentis) ... non esse id, in quo fit cognitio, aut supplere vicem objecti, sed esse id, quo ipsum objectum cognoscitur tanquam conceptu formali rei cognitae, siquidem ut res possit intelligi, necesse est, ut in intellectu vitaliter quodammodo formetur: illa ergo forma verbum est..."; vgl. Β. MASTRIUS / Β. BELLUTUS, O F M , Disp. in Organum Arist. ( 1 6 4 4 ) 4b. Vgl. JOHANNES A STO THOMA, OP, Ars logica ( 1 9 4 8 ) 6 9 4 . Vgl. COSMAS DE LERMA, OP, Cursus phil. t. 1, lib. 1 cap. 1 $ 2 ( 1 6 4 9 ) 5 : „ O m n e signum medium est ductivum potentiae in cognitionem signati. Unde iuxta duplicem rationem medij ductivi prima assignatur divisio signi. Est enim medium ductivum, alterum per quod, alterum autem medium in quo. M e dium per quod, est illud quod prius cognitum ducit in cognitionem alterius. Medium vero in quo, est illud in quo obiectum sic relucet, ut absque praevia cognitione ipsius medij ducat in cognitionem obiecti. Iuxta hanc igitur medij distinctionem primo dividitur signum in communi, et in tota sua latitudine aceptum in signum formale et instrumentale." F. DE OVIEDO, SJ, Integer Cursus philos. ( 1 6 4 0 ) 1 3 7 a : „Signum formale dici solet illud, quod per se formaliter suum objectum potentiae significat, seu id quod formaliter constituit potentiam cognoscentem objectum illud, cuius dicitur signum." F. BONAESPEI, O C a r m , Comment, tres in univ. Arist. Phil. ( 1 6 5 2 ) I I b : „Signum Formale est, quod immediate per se ipsum, sive nulla mediante sui cognitione ... ducit nos in cognitionem alicujus."; A. OSWALDT, OP, Spicilegium philosophicum ( 1 6 9 7 ) 3 : „... quod se ipso et non mediante alio rem repraesentat, id est, ita ut non prius attingitur signum et deinde signatum, sed una cognitione utrumque cognoscatur." S. Anm. 2 4 1 ; vgl. F. SUÁREZ, SJ, De divina substantia 2, 13, 1, Op. O m n . ( 1 8 5 6 - 7 8 ) 1 . 9 3 a : „[conceptus formalis] dicitur formaliter repraesentare, quia informando potentiam facit illi

244

Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

scendi258 ist, d.h. die Form, durch die etwas erkannt wird. 259 Es ist damit die Erkenntnis (cognitio) selbst oder das ausdrückliche Erkenntnisbild (species expressa), durch das wir uns einen Gegenstand vorstellen oder vergegenwärtigen, ohne daß es hierzu, wie im Fall des signum instrumentale, eines weiteren Zeichens bedarf. Es ist jenes Zeichen, das allein durch seine Entität das Erkenntnisvermögen zu einem aktual erkennenden macht. 2 6 0 Das signum formale, d.h. in erster Linie der geistige Begriff 261 oder die geistige Erkenntnis selbst (ipsa cognitio)262 - in eigentlicher, wenngleich weniger vollkommener Weise gilt auch die sinnliche Erkenntnis als Formalzeichen 263 - ist damit unter allen Zeichen als

praesens obiectum."; DERS. Disputationes met. 30, 11, 3 3 : „Haec autem repraesentatio formaliter dicitur fieri per ipsum actum intelligendi, seu verbum, non quia in eo sit formalis convenientia..., sed quia ipse actus est forma, quae informando intellectum, intentionaliter sue intelligibiliter illi refert objectum, et hoc est formaliter repraesentare illud." Vgl. R. LYNCEUS, SJ, Univ. Philos, scholast. (1654) 2 0 6 b : „... quod informando potentiam ei facit aliquid innotescere..."; C. F. VERANI, Philos, univ. specul. (1684) 6b: „... quod seipso informando potentiam illam ducit in cognitionem alicuius..." 258

Vgl. P. HURTADO DE MENDOZA, SJ, Disp. deuniv. philos. (1617) 143f: „... quod repraesentat rem tanquam ratio cognoscendi; quae definitio soli convenit cognitione, illa enim potentiae repraesentat obiectum."; B . MASTRIUS/B. BELLUTUS, O F M , Disp. in Organum Arist. (1644) 4b: „... vocatur praecise rationem cognoscendi, quatenus praecise est quo aliud cognoscitur..."; J . CARAMUEL DE LOBKOWITZ, OCist, Rationalis et realis philos. (1642) 4b: „... non cognoscitur sed est ratio qua objectum cognoscatur."; M . CORNAEUS, SJ, Curriculum philosophiae peripateticae (1657) 173: „... quod significat et repraesentat rem formaliter, seu tanquam ratio formalis cognoscendi. Talis est ipsa cognitio, haec enim est formalis obiecti repraesentatio."; H . HEINLEIN, OSB, Philosophia rationalis (1677) 3 8 5 f : „Signum formale est, quod significat et repraesentat rem formaliter, seu tanquam ratio formalis cognoscendi. Talis est ipsa cognitio."

259 YG| O. CATTANEUS, SJ, Cursus philos., t.L (1677) 6 9 0 : „... signum formale est ipsa cognitio hoc est illa forma, qua formaliter cognoscimus obiectum." 260 Vgl. p. HURTADO DE MENDOZA, SJ, Disp. de univ. philos. (1617) 8f: „Hoc signum est cognitio, quae est formalis repraesentatio obiecti, signum expressum sive species expressa illius, unde per ilia nobis repraesentamus obiectum, quin sit necessarium aliud signum, quod est esse signum formale: id est per suam (9) solam entitatem reddit potentiam cognoscentem, unde patet omnes términos mentales esse significativos, quia omnes sunt species expressa, et imago sui obiecti, per quam est praesens potentiae cognoscenti."; Β. BARO, O F M , Joan. Duns Scotus ... per univ. phil. ... defensus (1664) 4a: „... ratio formalis significandi signo naturali formali realiter est ipsa entitas signi..." Β. TELLEZ, SJ, Summa univ. philos. (1642) 88a. D. MASIUS, OP, Commentarla in duos lib. Arist. de Int (1617) 8a: „... [significatio] formalis est ipsamet cognitio inhaerens facultati cognoscendi."; P. HURTADO DE MENDOZA, SJ, Disp. de universa philosophiae (1617) 8: „Hoc signum est cognitio, quae est formalis repraesentatio obiecti...."; B. F. SCHMIDT, SJ, Expeditio dialéctica altera pro signis (1666) 2 : „Signum naturale formale dicitur cuiusvis obiecti repraesentatio Vitalis, sive deinde sit cognitio intellectus, sive phantasiae, aut sensuum externorum actus."; A. BERNALDUS DE QUIROS, SJ, Opus philos. (1666) 193a; HEINLEIN, S. Anm. 2 5 8 ; CATTANEUS, s. Anm. 259. 263 YG| P ARAV, O P , Comment, in univ. Arist. Met. t. I. (1617) 3 6 4 a : „In notitijs sensitivis etiam reperitur vera ratio signi formalis, quamvis non ita perfecte sicut in conceptibus. Haec conclusio, quoad primam partem, probatur. Nam ratio signi formalis ... est sita in hoc, quod notitia seipsa et formaliter sit obiectum repraesentativa, sed omnis notitia sensi261

262

Die Zeichenklassifikation

245

dasjenige ausgezeichnet, das wesensmäßig und seinem ganzen Sein nach Zeichen ist, da ihm, anders als den Instrumentalzeichen, die zeichenkonstitutive Doppelbeziehung auf das Signifikat und das Erkenntnisvermögen bereits materialiter, d.h. als das, was es an sich selbst ist, zukommt. 264 Denn es ist seinem Sein nach vom Erkenntnisvermögen nicht abtrennbar, zugleich aber, weil formale Ähnlichkeit oder Bild 265 der bezeichneten Sache, stets auf diese bezogen. Im Gegensatz zum signum formale wird das signum instrumentale im allgemeinen als dasjenige Zeichen bestimmt, das, indem es selbst erkannt wird (mediante sui cognitione)266 oder - wie besonders die Thomisten eigens betonen

tiva est huiusmodi: ergo. Minor declaratur. Nam notitia sensitiva aut est interioris (corr. ex: inferioris) potentiae sensitivae, verbi gratiae cogitativae phantasiae, sensus communis; aut est sensuum exteriorum; si prima, etiam est formalis et expressa similitudo obiecti, quia in potentijs sensitivis, maxime in cogitativa, formatur per sensationem quoddam verbum et idolum interius, in quo obiectum repraesentatur, per quod potentia ipsa formaliter, et in actu secundo, assimilatur obiecto: si autem fiat sermo de notitia exterioris sensus, haec non est productio alicuius idoli, proptera quod immediate attingit obiectum praesens physica et localis praesentialitate, quae excludit indigentiam verbi et termini interioris producti... Et ideo licet illam formaliter et complete non assimiletur potentia exterioris sensus ad obiectum: assimilatur tarnen incomplete... unde ea (364b) ratione, qua est similitudo et representativa obiecti, est eius signum; et quia imperfectiorem rationem similitudinis haec notitia subinduit, quam illae in quibus idolum producitur: ideo haec est imperfectius signum quam aliae."; vgl. JOHANNES A SANCTO THOMA, OP, Ars logica (1948) 704a-b: „Etiam idolum seu species expressa sensibilis in potentiis interioribus est signum formale respectu talium potentiarum."; vgl. F. GONÇALEZ, Logica tripartita (1639) 93a: „Signum ... formale ... est visio coloris, quae quin ipsa videatur, repraesentat nobis colorem a se ipsa distinctum: sic etiam sunt quicumque alijs actus potentiae cognoscentis..."; SCHMIDT, s. Anm. 262. 264

Vgl. Β. TELLEZ, SJ, Summa univ. philos. (1642) 82b: „... omne signum dicere duplicem illam habitudinem; cum hac tamen distinctione, quod signa instrumentalia solum formaliter, signa vero formalia, non formaliter solum, sed etiam materialiter sumpta, dicant hos duos respectus, quia essentialiter sunt signa."; D. DERODON, Logica restituía (1659) 4 9 7 : „Notandum ..., signum formale etiam materialiter sumptum dicere respectum essentialem et transcendental em ad potentiam et ad rem repraesentatam; quia signum formale per suam essentiam formaliter et essentialiter est signum, dependens essentialiter a potentia et objecto: At signum instrumentale materialiter sumptum, non dicit respectum essentialem et transcendentalem ad potentiam et rem significatam, quia ut sic est absoluta res, nec a potentia, nec a re significata essentialiter dependens...".

265

Vgl. CONIMBRICESES, SJ, Comment, in univ. Arist. dial. ( 1 6 0 7 ) 2 . 1 7 : „Formalia ... signa sunt imagines et similitudines rerum, quae potentiis consignatae ducunt in rerum notitiam."; D . D E R O D O N , Logica restituía ( 1 6 5 9 ) 4 9 6 : „Signum formale est imago in potentia cognoscente qua percipitur res significata...". Vgl. F. DUARTE, SJ, Comment, in univ. logicam Arist. (1585) fol. 5v: „Illud significat instrumentaliter quod mediante sui cognitione aliud repraesentat, ut vox 'homo' hominem."; Β. TELLEZ, SJ, Summa univ. philos. (1642) 78a: „... quae cognita ducunt nos in cognitionem rerum."; F. BONAE SPEI, OCarm., Comment, tres in univ. Arisi, philos. (1652) l i b : „Signum instrumentale est, quod aliqua mediante sui cognitione a se realiter distincta, ducit nos in cognitionem alicuius..."; J. PONCIUS, OFM, Philos, ad meníem Scoti Curstts integer (1659) 2 6 7 a : „... quod cognitum ducit in cognitionem alterius."; A. BERNALDUS DE QUIROS, SJ, Opus philos. (1666) 193a „... quod media sui cognitione ducit in significatum." - Eine

266

246

Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

- vorgängig

selbst erkannt wird, 2 6 7 zur Erkenntnis von etwas anderem hinführt.

Damit entspricht dem Instrumentalzeichen ein doppelter conceptos,268

d.h. in

der durch das Instrumentalzeichen ausgelösten Semiose kommen stets zwei Erkenntnisse (notitiae,

conceptus)

zusammen: die des Zeichens sowie die der be-

zeichneten Sache. Die unmittelbare Quelle dieser Bestimmung des signutn strumentale

sind Sotos Ausführungen zum instrumentaliter

in-

significare:

Sonderposition hat zeitweilig HURTADO DE MENDOZA vertreten. Weil er offenbar Bedenken hatte, die species impressa der cognitio selbst als dem Formalzeichen, „quo solo et sine alio potentia redditur cognoscens" zu sehr anzunähern, subsumierte er sie in seinen Sutnmulae zunächst unter die Instrumentalzeichen. Denn das Charakteristikum des Formalzeichens, daß es „se solo, nihil aliud a se distinctum faciendo, suum repraesentat obiectum", trifft auf das sinnliche oder intelligible Erkenntnisbild nicht zu. Dieses ist nicht die Erkenntnis, sondern bewirkt sie. Insofern erfüllt es eher das Kriterium des Instrumentalzeichens, welches „non se solo repraesentat, sed faciendo aliquid a se distinctum, nempe cognitionem, quae est signum formale" (Disp. de univ. philos. (1617) 9). Eine Zuordnung der species impressae zu den signa instrumentalia machte jedoch die unübliche Unterscheidung der Instrumentalzeichen in erkannte und nicht erkannte notwendig. Vgl. ebd.: „Signum instrumentale est duplex: alterum quod sine cognitione sui facit nos venire in cognitionem alterius rei, ut speciem impressam, quam color ejaculat in oculos, et per illos ad intellectum, est instrumentum faciens oculos et intellectum venire in cognitionem albedinis, et tarnen necesse non est cognosci speciem impressam... Signum alterum instrumentale est, quod per cognitionem sui movet intellectum ad cognitionem rei significatae per illud. In omnibus convenit cum altero instrumentali, nisi quod hoc eget praevia cognitione sui ad excitandam cognitionem obiecti, secus illud." Obwohl Hurtado später von dieser Auffassung abrückt und die species impressae dem signum formale zuordnet (ebd. 143f)> wurde die zunächst getroffene Unterscheidung verschiedentlich aufgegriffen. Vgl. F. GoNÇALEZ, SJ, Logica tripartita (1639) 92b; O. CATTANEUS, SJ, Cursus philosophicus, t.l (1677) 690. 267

Anders als hinsichtlich des Erkanntseins des signum formale besteht bezüglich des signum instrumentale kein sachlicher Dissens zwischen den Scotisten und Jesuiten auf der einen und den Thomisten auf der anderen Seite. In der Regel wird allgemein davon ausgegangen, daß das Instrumentalzeichen zunächst selbst erkannt wird, daß also das Erfassen des Zeichens dem des Bezeichneten voraufgeht. Daß die Thomisten auf die Vorgängigkeit der Erkenntnis des Instrumentalzeichens so großes Gewicht legen, hat seinen Grund in der Bestimmung des Formalzeichens. Während für die Jesuiten und Scotisten, nach denen die Formalzeichen nicht selbst erkannt werden, das bloße Erkanntsein des Instrumentalzeichens hinreichendes Kriterium seiner Unterscheidung vom Formalzeichen ist, müssen die Thomisten, denen zufolge auch das Formalzeichen selbst erkannt wird, die Unterscheidung von signum formale und instrumentale an der Vorgängigkeit der Erkenntnis des letzteren festmachen. Vgl. F. ARAV, OP, Comment, in univ. Arist. Met. t. I. (1617) 366b: „... signum instrumentale ... vere et proprie ducit potentiam in cognitionem signati: peculiari tarnen modo...: qui modus peculiaris consistit in hoc quod praeexistenti cognitione sui, et tamquam instrumentum et medium, per quod excitet potentiam, et faciat illam quasi quodam discursu venire in cognitione signati."; R. DE ARRIAGA, SJ, Cursus philos. (1632): „... quod et seipsum, et aliud a se in seipso prius cognito manifestât..."; Β. MASTRIUS / Β. BELLUTUS, OFM, Disp. in Organum Arist. (1644) 4b; J. B. DUHAMEL, Philos, vetus et nova (1682) 181; NICOLAUS A S. IOHANNE BATTISTA, Philos, augustiniana (1687) 14. Comment, in univ. logicam Arist. ( 1 5 8 5 ) fol. 5V: „... necessario respondet duplex conceptus, alter rei quae repraesentat, alter rei repraesentatae, nam viso fumo necessario cognosco fumum et ignem." F. DUARTE, S J ,

Die Zeichenklassifikation

247

Significare ... instrumentaliter est, quando res, praeexistente cognitione sui, aliud a se repraesentat... Unde ut res aliqua repraesentet aliam instrumentaliter, duae notitìae requiruntur. Primo, notitia ipsius instrumenti, et deinde notìtia significationis. - (Ein instrumentelles Bezeichnen liegt vor, wenn eine Sache, unter vorheriger Erkenntnis ihrer selbst, etwas von sich verschiedenes repräsentiert... Damit also irgendeine Sache eine andere auf instrumentelle Weise bezeichnet, sind zwei Erkenntnisse erforderlich. Zuerst die Erkenntnis des Instruments selbst und dann die Erkenntnis der Bedeutung). 2 6 9

Durch ein instrumentelles Zeichen werden beim Zeichenrezipienten notwendigerweise zwei Begriffe oder Erkenntnisse hervorgerufen,270 also etwa im Fall einer sprachlichen Bezeichnung der Begriff oder das mentale Bild des lautlichen oder schriftlichen Zeichens selbst, der conceptus vocis oder scripturae, sowie der Begriff der durch es bezeichneten Sache, der conceptus rei significatile: Illud tarnen est omnino necessarium, ut cum audimus voces, aut legimus scripta significativa ex instituto, duo semper in nobis conceptus gignantur, alter ipsius vocis, aut scripturae, qui in homine etiam ignaro idiomatis gigni potest, alter rei significatae, qui non gignitur, nisi in eo, qui tenet significationem vocabuli. Voces namque et scripta sunt signa instrumentalia ... quae necessario sunt percipienda, si ipsorum interventu res significatae cognoscendae sunt. At prior ille conceptus dici solet Non ultimatus: posterior Ultimatus. Aptius tarnen ille diceretur Médius, hic Ultimus. - (Es ist absolut notwendig, daß, wenn wir sprachliche Ausdrücke hören oder geschriebene lesen, die aufgrund einer Einsetzung signifikativ sind, in uns stets zwei Begriffe hervorgerufen werden, zum einen der des gesprochenen oder geschriebenen Ausdrucks selbst, der auch in einem der Sprache unkundigen Menschen hervorgerufen werden kann, zum anderen derjenige der bezeichneten Sache, der nur bei dem hervorgerufen wird, der die Signifikation des Wortes kennt. Die gesprochenen und geschriebenen Ausdrücke sind nämlich Instrumentalzeichen ... die notwendigerweise wahrgenommen werden müssen, wenn durch sie die bezeichneten Sachen erkannt werden sollen. Jener erstere Begriff pflegt 'nichtultimativer Begriff genannt zu werden, letzterer 'ultimativer B e g r i f f . Passender jedoch würde jener 'mittlerer Begriff, dieser 'letzter Begriff genannt werden). 2 7 1

269 270

271

D. DE SOTO, OP, Summulae (1554) fol. 2vb. Vgl. P. HURTADO DE MENDOZA, SJ, Disput, de univ. philos. ( 1 6 1 7 ) 9 : „Signum (sc. instrumentale), quod per cognitionem sui facit nos venire in cognitionem rei per illud significatae, aliud est pure intellectuale, quia per solum intellectum percipitur. Aliud est sensibile, quia sensu externo percipitur. Quod egregie definitum est a Beato Augustino, 'Signum est, quod praeter speciem, quam ingerit sensibus, facit nos in alterius rei cognitionem venire'. Ly 'speciem' sumi potest vel pro specie impressa, quam obiectum sensibile trajicit in sensu: vel melius pro sensione ipsa, quam recte Augustinus vocat speciem, quia, cum sit cognitio in sensu producta, est species expressa, et formalis imago obiecti. Praeter hanc cognitionem, aliam causat signum, nempe cognitionem de re significata: fumus (exempli gratia, aut vestigium animalis) movet sensum ad cognitionem sui. Ex qua sensione excitatur intellectus, et cognoscit fumum, et vestigium: quibus cognitis movetur per fumi cognitionem ad cognitionem ignis, et per cognitionem vestigij ad cognitionem animalis: itaque duae cognitiones oriuntur ex hoc signo, altera circa signum ipsum, altera circa signatum."; J. B. PROLEMAEUS, SJ, Philos, mentis et sensuum (1698) 134: „Vis significativa humani signi Instrumentalis consistit in virtute, quam habet signum, ut sensu aliquo perceptum ab homine, excitet in illius intellectu duas cogitationes, unam de signo, aliam de re significata..." P. DES FONSECA, S J , Inst. dial. ( 1 5 7 2 ) 1 6 . Hiermit öffnet sich eine historische Perspektive,

248

Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

Damit aber wird deutlich, daß die Definition des Instrumentalzeichens als ein selbst wahrgenommenes und zuvor erkanntes Zeichen lediglich das Kriterium angibt, durch welches es vom Formalzeichen abgegrenzt ist, nicht jedoch - zumindest nicht explizit - die für sein Funktionieren erforderlichen Bedingungen benennt. Denn damit ein solches Zeichen seine Zeichenfunktion ausüben kann, ist es keineswegs hinreichend, daß die als Instrumentalzeichen fungierende res selbst erfaßt wird; es muß auch die significatio und damit auch die durch es bezeichnete Sache bekannt sein. Insofern beschreibt die duplex notitia nicht allein die Struktur der vom Instrumentalzeichen getragenen Semiose, sondern zugleich die für ihr Zustandekommen erforderlichen Bedingungen. Das dürfte, wenngleich dies nicht bei allen Autoren hinlänglich deutlich zum Ausdruck gebracht wird, in der Regel vorausgesetzt worden sein. So betont z.B. Francisco de Araujo bei der Bestimmung des signum instrumentale explizit zwar nur die Notwendigkeit der vorgängigen Erkenntnis des Zeichens. Er macht jedoch bei der Analyse der unterschiedlichen Arten, in denen ein Zeichen, z.B. ein Bild, betrachtet werden kann, deutlich, daß die beim Instrumentalzeichen vorausgesetzte Erkenntnis sich nicht lediglich auf das signum als res bezieht, sondern vielmehr auf das Zeichen als Zeichen und somit als Kenntnis seiner Bezeichnungsbeziehung zugleich auch die der bezeichneten Sache beinhaltet.272 Damit ist die durch das Instrumentalzeichen geleistete Hervorbringung der Erkenntnis der Sache lediglich die Exzitation einer bereits habituellen Kenntnis. Das ducere in cognitionem ist nicht die Induzierung von Ersterkenntnis. Instrumentalzeichen sind in diesem Sinne rememorative Zeichen, die je schon die Kenntnis des Signifikats voraussetzen. Das entspricht dem, was bereits Augustinus in De magistro explizit für die wichtigste Art der Instrumentalzeichen, die die bis auf Augustinus' Abhebung des verbum mentis von der cogitatici vocis zurückreicht. In ihr steht auch die im 14. Jahrhundert eingeführt terminologischen Unterscheidung zwischen dem conceptus non ultimatus und dem conceptus ultimatus, die, besonders über die Vermittlung von Pierre d'Ailly in der Logik um 1 5 0 0 eine wichtige Rolle bei der Beschreibung sprachlicher Bezeichnungsvorgänge spielt und eine Standarddistinktion der Termini bildet. 272

F. ARAV, OP, Comment, in untv. Arist. Niet. t. I. ( 1 6 1 7 ) 3 6 6 b - 3 6 7 a : „...notandum est, cognitionem ilia praeviam signi Instrumentalis tripliciter posse attingere signum, v.g. imaginem B. Dominici. Primo modo potest terminar! ad imaginem, ut res quaedam est tali figura, et tali lineamentis affecta. Alio modo potest terminan ad illam imaginem, ut signum est, idest, ut refertur ad prototypum relatione signi: ita ut cognoscatur relatio signi in actu signato, seu per modum cuiusdam quidditatis, ( 3 6 7 a ) et etiam ut quae res est respectiva. ... cognitio primo modo bene potest terminari ad signum: quin terminetur ad signatum cognitio. vero secundo modo, eo ipso quod terminatur ad signum, ut constitutum relatione signi, terminari debet ad signatum, non ut tale ens est talis aut talis naturae, sed ut formaliter est illius correlativum, et subest relatione signati ... Quando igitur in diffinitione signi Instrumentalis praevia desideratur cognitio signi ad cognitionem signati, ... fit sermo ... de cognitione primo, et praecipue de cognitione secundo modo: quia ad cognitionem rei significatae praerequiritur notitia instrumenti significantis, quod res sit, et quod talem habeat significationem."

Die Zeichenklassifikation

249

sprachlichen Ausdrücke, behauptet und für das Zeichen im allgemeinen zumindest nahegelegt hatte. 273 Hinsichtlich der sprachlichen Ausdrücke war generell unbestritten, auch wenn mißverständliche Formulierungen verschiedentlich Anlaß zum Disput geben konnten, daß sie nicht von sich aus die Kenntnis der bezeichnete Sache auf Seiten des Hörers bewirken können, daß also die Sprachzeichen im Fall der Unkenntnis ihrer Bedeutung lediglich zur Bildung des conceptus non ultimatus, nicht aber des conceptus ultimatus führen. Damit jedoch war noch nicht entschieden, ob dies die sprachlichen Ausdrücke betrifft insofern sie willkürliche Zeichen sind, bei denen eben keinerlei innere Verbindung zum Signifikat vorliegt, oder aber insofern sie instrumentelle Zeichen sind; was bedeuten würde, daß es in gleicher Weise auch für alle übrigen - natürlichen - Instrumentalzeichen gilt. Bei diesen lag der Fall insofern schwieriger, als die natürlichen Zeichen, gemäß einer der beiden zu ihrer Definition gebräuchlichen Standardformeln - die andere war das aristotelische 'idem apud omnes' - dadurch charakterisiert sind, daß sie „aus ihrer eigenen Natur heraus" (ex natura sua) etwas bezeichnen. 274 Diese Formulierung ist freilich nicht in jeder Hinsicht eindeutig. Ist mit ihr gemeint: „Signum naturale est, quod suapte natura aliquid significat", 275 bzw. „(quod) suapte natura aliquid significandi vim (habet)" 276 oder ist damit vielmehr gesagt: „Signum naturale est, quod ex se habet, ut per sui cognitionem alterius cognitionem faciat..."? 277 Das sind auf den ersten Blick kaum merkliche Nuancierungen. Bereits die letzte Formulierung aber legt zumindest nahe, daß die Bedingung des Vorausgesetztseins einer habituellen Kenntnis des Signifikats für die natürlichen Zeichen nicht gilt und es gerade insofern vom willkürlichen Zeichen unterschieden ist. Tatsächlich ist es verschiedentlich explizit in diesem Sinne gesehen worden. So meint etwa Derodon: Signum naturale in se habet naturam sufficientem ad protrahendam potentiam cognoscentem in signifícatum, nihil supponendo in cognoscente: Signum vero ex instituto nihil habet in se quod possit movere potentiam in cognitionem significati, sed in cognoscente supponit et requirit memoriam significationis. - (Das natürliche Zeichen hat in sich eine Natur, die, ohne irgendetwas im Erkennenden vorauszusetzen, hinreichend ist, das Erkenntnisvermögen zum Signifikat zu führen: Das eingesetzte Zeichen dagegen hat nichts an sich, das das Erkenntnisvermögen zur Erkenntnis des Signifikats bewegen kann, sondern erfordert und setzt im Erkennenden das Gedächtnis der Bedeutung voraus.) 278

Eine solche prononcierte Behauptung der Selbstsuffizienz des natürlichen Zeichens zur Hinführung zur Erkenntnis der bezeichneten Sache geht sehr weit und ist entsprechend selten. Denn hinsichtlich der Standardbeispiele des signum 273 274 275 276

277 278

De magistro X, 25. S. Anm. 294. B. COLUMBUS, OFM, Noms cursus philos. (1669) 12a. J . H . ALSTED, Metaphysial

( 1 6 1 6 ) 187.

F. TOLETUS, S], Introducilo in univ. Arist. log. 1 (1615) 208b. D. DERODON, Logica restituía (1659) 495.

250

Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

naturale, des Rauches als eines Zeichens des Feuers oder der Spur als eines Zeichens des vorübergegangenen Tieres (bzw. des „transisse animal") konnte leicht nach augustinischem Muster argumentiert werden, daß z.B. der Rauch jemanden, der niemals Feuer gesehen hat, kaum zur Erkenntnis desselben hinführen könnte: Requiruntur enim duae notitiae, ut signum suam significationem erga nos exerceat. Altera notitia est ipsius rei, quae signum est. Altera notitia est rei signifícatae. Si enim ignis nullam notitiam habeas, numquam fumus tibi ignem significant, quamvis de se significativus sit. - (Es sind nämlich zwei Kenntnisse dafür erforderlich, daß das Zeichen seine Bezeichnung uns gegenüber ausüben kann. Die eine Kenntnis ist die der Sache selbst, die das Zeichen ist. Die andere Kenntnis ist die der bezeichneten Sache. Wenn Du nämlich keinerlei Kenntnis vom Feuer hättest, würde Dir der Rauch niemals das Feuer bezeichnen, wenngleich er von sich aus bezeichnend wäre). 2 7 9

Die duplex notitia ist das Charakteristikum des signum instrumentale. In der Regel galt es damit als jenes Zeichen, das Augustinus in seiner Definition bestimmt hatte, unabhängig davon, ob man darüber hinaus noch Formalzeichen annahm oder ob man die duplex notitia lediglich als Beschreibung der Vollzugstruktur oder aber als die Voraussetzung der durch es getragenen Semiose betrachtete. Insofern ging man zumeist davon aus, daß es sich bei den Instrumentalzeichen um sinnlich wahrnehmbare, äußere Zeichen handelte.280 Dabei implizierte jedoch für sich genommen das Kriterium des vorgängigen Erkanntseins des Zeichens nicht notwendig eine solche Begrenzung auf äußere, sinnlich wahrnehmbare Zeichen. Ein dergestalt eingeschränkter Begriff des Instrumentalzeichens hatte zur Folge, daß die Distinktion von signum formale und instrumentale nicht letztlich erschöpfend sein konnte und einen Bereich möglicher Zeichen unberücksichtigt ließ. Denn spätestens seitdem man allgemein zwischen

conceptus médius bzw. non ultimatus und conceptus ultimatus unterschied, war klar, daß die am Instrumentalzeichen festgestellte komplexe Struktur der duplex notitia auch nicht sinnlich wahrnehmbaren, geistigen Zeichen zugrundeliegen kann.281 Genau darum ersetzt Hurtado de Mendoza den Begriff des signum instrumentale durch den weiter gefaßten, auch geistige Zeichen umfassenden Begriff des signum materiale.2*2 Die Distinktion von signum formale und signum

279 280

281 282

D. BAÑEZ, OP, Institutiones minores dialecticae (1631) 27. Vgl. F . DE OVIEDO, SJ, Integer Cursus philos. (1640) 137a; C . F . VERANI, Philos, univ. specul. (1684) 6b: „Instrumentale est, quod se habens extra potentiam illam ducit in notitiam alterius, ut est ramus appensus significans vinum vendibilem." Vgl. z.B. PIERRE D'AILLY, Tractatus de anima, c. 11 (1987) 69; s. Kap. III, ANM. 65. P. HURTADO DE MENDOZA, SJ, Disput, de univ. philos. ( 1 6 1 7 ) 1 4 3 F : „Signum formale est, quod repraesentat rem tanquam ratio cognoscendi; quae definitio soli convenit cognitione, illa enim potentiae repraesentat obiectum. Hue potest reduci species impressa, quae, licet non sit formalis (144) obiecti repraesentatio, est tarnen virtualis, et convenit cum cognitione, quia utraque repraesentat non prius cognita, estque virtualiter formalis repraesentatio obiecti. Signum materiale est quod prius cognitum ducit in cognitionem alterius, quae definitio convenit omni signo, tam corporeo, quam spirituali. Nam creaturas spirituales posse

Die Zeichenklassifikation

251

materiale ist nicht am Kriterium von Spiritualität und sinnlicher Wahrnehmbarkeit des Zeichen orientiert, sondern eher an dem von unmittelbarer, formaler Gegenstandsrepräsentation und mittelbarer Bezeichnung. 2) Der Zeichenstatus der Konzepte Bei seinem Weg aus den spätmittelalterlichen Summulae in die Logik des 17. Jahrhunderts ist am Zeichen eine Tendenz sichtbar geworden, die den geistigen Begriff (conceptas), der in der Logik um 1500 noch unbestritten als Zeichen par excellence und als das jede Form der Signifikation erst ermöglichende und tragende „primum et principalissimum signum"283 gelten konnte, hinsichtlich seiner Zeichenhaftigkeit zumindest problematisch werden ließ. Man war sich im frühen 17. Jahrhundert darüber im Klaren, daß die Distinktion von signum formale und instrumentale ein Lehrstück jüngeren Datums darstellt, das in der Logik der veteres (d.h. der Autoren des 13. Jahrhunderts) wohl aufgrund gewisser Vorbehalte gegen eine Behandlung der Konzepte als Zeichen nicht anzutreffen war. 284 Der Zeichenstatus der Konzepte war also nicht unumstritten. Fonsecas eingeschränkte Zulassung des signum formale wirkte auch in diese Richtung nach. In direktem Anschluß an ihn betonte Francisco Duarte, daß dem signum instrumentale das significare mit größerer Eigentlichkeit zukomme als dem Formalzeichen. 285 Auch bei Suárez kommt das Bewußtsein von dem aus der Unvereinbarkeit mit der augustinischen Zeichendefinition resultierenden problematischen Status eines nicht selbst erkannten Zeichens (signum incognitum) deutlich zum uti spiritualibus signis mihi non est dubium. ... Item haec definitio latius patet ea, quam tradit D. Augustinus. 'Signum est' (inquiens) quod, praeter speciem, quam ingerit sensibus, facit nos in alterius rei cognitionem venire', quae in solum signum materiale sensu percepibile quadrat, si vero auferatur ly 'sensibus', recidit in nostram." 283

F. DlEL, Modemorum summulae logicales (1489) fol. a5v.

284

Vgl. CONIMBRICENSES, SJ, Comment, in univ. Arist. dial. (1607) 2.17: „Secundam divisionem haud inculcant veteres, ea fortasse ratione, quod formalia minus proprie signa putent." Die Conimbricenses versuchen jedoch, sie gleichwohl auch als historisch legitimiert nachzuweisen, indem sie Belege dafür anführen, daß auch in der Hochscholastik die Konzepte verschiedentlich als Zeichen galten. Dabei machen sie jedoch zugleich deutlich, daß ein solches, die Konzepte mit umfassendes Verständnis von 'Zeichen' ein reflektiertes ist, das nicht dem ursprünglichen, im allgemeinen Sprachgebrauch sich durchhaltenden Sinn des Wortes entspricht. Vgl. ebd. 7: „... bifariam signum accipi: videlicet presse, et secundum primaevam institutionem: aut fuso vocabuli significatu, et secundum Philosophorum consuetudinem. Priori modo signum ea tantum comprehendit, quae sub sensu cadunt; cum enim omnis nostra cognitio exordium capiat a sensu, et signum sit, quo in alicuius rei cognitionem pertrahimur; effectum est inde, ut homines ea primo signa appellarint, quae sensus movent. Posteriori modo complectitur notio signi tarn sensibilia, quam spiritualia." Vgl. P. VALLIUS, SJ, Logica (1622) 611b; s. Anm. 290.

285

F. DUARTE, SJ, Comment, in univ. logicam Arist. (1585) fol. 5v: „... Inter hae duo signa instrumentale proprius dicit significare..."

252

Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

Ausdruck. Da für ihn jedoch, weil repraesentare

und significare

„fast dasselbe

ist", alles, was repräsentiert, „irgendwie" auch Zeichencharakter hat, läßt er die signa incognita als Zeichen gelten. 286 Aber der Charakter der Uneigentlichkeit haftete dem Formalzeichen auch weiterhin an und sei es auch nur ex negativo durch die besondere Betonung der Eigentlichkeit der

Instrumentalzeichen:

„proprie et simpliciter" kann den stärker an Toletus orientierten Complutenses zufolge nur das signum instrumentale

Zeichen genannt werden. 2 8 7

Damit war wiederum die um die Mitte des 13. Jahrhunderts mit der Einführung der Konzepte als Zeichen akut gewordene Frage nach der Geltung der augustinischen Zeichendefinition aufgeworfen. Franciso de Araújo referiert im frühen 17. Jahrhundert diesbezüglich zwei konkurrierende Auffassungen; zum 286

287

F. SUAREZ, S J , Opera omn. ( 1 8 5 6 - 7 8 ) 2 . 2 3 7 b - 2 3 8 a : „... s i c u t . . . distinximus duplex medium cognoscendi, scilicet cognitum et incognitum, ita hic posse distingui duplex signum, scilicet cognitum, et incognitum, licet revera juxta descriptionem signi, quam dialectic) tradunt, signum proprie non sit, nisi medium cognitum: nam signum dicitur, quod praeter speciem quam ingerit sensibus, aliquid aliud facit in cognitionem venire, quae data est de signo sensibili, et cum proportione applicar! (238a) potest ad intelligibile, et in ea supponitur, signum prius seipsum cognoscendum offerre, et per illud transitum fieri in alterius rei cognitionem quod est, esse medium cognitum. Tamen, quia omne id, quod aliud repraesentat, aliquo modo induit rationem signi, quia repraesentare, et significare, fere idem sunt, ideo species intelligibilis, sicut repraesentat id cujus est species, ita significat illud, et consequenter, illius esse signum dici potest. Et secundum hunc loquendi modum species intelligibilis dicetur signum incognitum..."

inArist. dial. ( 1 6 6 8 ) 7a: „Signum ... instrumentale est illud, quod ... proprie, et simpliciter dicitur signum." Vgl. SAMUEL DE LUBLINO, OP, In univ. Aristot. logicarti quaest. ( 1 6 2 0 ) 3 8 6 : „Est ... de ratione signi propriissime, quod sit prius cognitum..."; S. IZQUIERDO, SJ, Pharus scientiarum ( 1 6 5 9 ) 1 0 4 b : „signum instrumentale ... loquendo proprie signum absolute et simpliciter vicetur dicendum."; A. SEMERY, SJ, Triennium philosophicum ( 1 6 8 8 ) 6 4 5 : „Formale vocant ipsammet cognitionem objecti. (...) Cognitio tamen satis improprie dicitur signum respectu potentiae illam habentis, cum sit ipsamet objecti perceptio. Tamen in hac re loquendum est cum omnibus. (...) Signum instrumentale ... intelligimus nomine signi simpliciter..." Zur Charakterisierung der Instrumentalzeichen als „signa propriissima" vgl. J . PONCLUS, O F M , Philosophiae ad mentem Scoti cursus integer ( 1 6 5 9 ) 2 6 6 a ; vgl. S. CLARAMONTIUS, SJ, Σ Η Μ Ε Ι Ω Τ Ι Κ Η moralis ( 1 6 6 5 ) 10: „Signum, si exactissime sumatur, est tum sensibile quippiam, tum posterius re indicata." Später unterscheidet Gufi zwischen dem „reinen" Instrumentalzeichen und mehren Formen „unreiner" Zeichen. Vgl. V. GUFL, O S B , Philosophia scholastica universa ( 1 7 5 0 ) 2 7 : „Signum purum est, quod in ratione signi est completum et per se tale, ac sequentibus conditionibus vestitum, scilicet quod 1. per se est cognoscibile a potentia, non vero duntaxat per aliud. 2. Q u o d in se est praecognitum. 3. Q u o d ut praecognitum per modum medii ducit in cognitionem alterius, 4. Q u o d rationem signi non ex consequenti importât sed per se vi institutionis suae. 5. Q u o d signum sit quodammodo subordinatum signato. Non purum est, quod deficit in aliquo horum requisitorum. Unde ex defectu Imi requisiti signum purum non est species sensibiles et intelligibilis impressa. Item excluduntur respectu nostrum (pro hoc statu) omnia entia spiritualia, item entia rationis, privationes etc. E x defectu 2di eaedem species similiter eliminantur. Ex defectu 3tii removentur imagines. Ex defectu 4ti exluduntur effectus naturales naturaliter fluentes, item causae tarn principales quam instrumentales, excepto, si causae instrumentales causantm in quantum signa sunt; prout de s a c r a m e n t i loquimur. E x defectu 5ti specialiter adhuc excluduntur causae principales." COMPLUTENSES, Disp.

Die Zeichenklassifikation

253

einen diejenige, die sie als nur einen Teil der Zeichen, nämlich die sinnlich wahrnehmbaren Instrumentalzeichen betreffend auffaßt, für welche Position er auf Soto verweist, zum anderen die etwa von Bañez vertretene Position, nach der die Definition für alle Zeichen gilt, da es eben nur sinnlich wahrnehmbare Instrumentalzeichen gibt. 2 8 8 W o im Anschluß an Augustinus die sinnliche Wahrnehmbarkeit als konstitutives Bestimmungsmoment des Zeichens betrachtet wurde, mußten die Konzepte von vornherein aus dem Bereich des Zeichens herausfallen. 289 Doch bildet die fehlende Wahrnehmbarkeit in der Regel nur vordergründig das Ausschlußkriterium der Formalzeichen. Es geht eher um die Struktur (duplex notifia) und die funktionale Bestimmung des Zeichen (ducere

iti cognitionem, facere cognoscere). Und das waren Fragen, an denen das Verhältnis von Repräsentation und Signifikation erneut Relevanz erhielt. Das spätmittelalterliche Konzept des Zeichens war getragen durch die es innerlich zusammenhaltende Gleichsetzung von significare und repraesentare. Sie ist der Grund dafür, daß auch die Konzepte als Zeichen bestimmt werden konnten. Denn wenn das Zeichen allgemein definiert ist als etwas, das etwas repräsentiert, und das repraesentare selbst verstanden wird als ein „rem praesentem facere", als Herstellung von mentaler Präsenz, dann sind auch die signa formalia Zeichen; mehr noch: dann sind sie sogar Zeichen im eminenten Sinne, denn die Vergegenwärtigung, weil immer auf ein Erkenntnisvermögen bezogen, ist nicht anders als durch mentale Präsenz möglich und als solche nur von den Konzepten zu leisten. In dieser, über die Gleichsetzung mit der Repräsentation vermittelten Rückbindung des Zeichens an die Funktion der Herstellung geistiger Präsenz gründete die beherrschende Stellung des signum mentale in der Logik um 1 5 0 0 . An dieser Gleichsetzung von repraesentare und significare hängt aber auch in der Logik des 17. Jahrhunderts im wesentlichen die Legitimation der Bestimmung der Konzepte als Zeichen. Ebenso deutlich, wie bei Suárez, zeigt sich dies etwa bei Paulus Vallius, der trotz allem, was gegen die Behandlung der Konzepte als Zeichen spricht, eine solche allein durch die Identität von significare und repraesentare begründet sieht:

288

F. ARAV, OP, Comment, in univ. Arisi. Met. t. I. ( 1 6 1 7 ) 3 5 0 b - 3 5 1 a : „De sensu ... illius (sc. definitionis) non est idem modus sentiendi apud omnes. Nam Soto ... sentit in hac definitione solum comprehendi ab Augustino signa instrumentalia. ... Sed alij existimant, hanc diffinitionem esse adaequatam signi ut sic, quia in ea sunt sententia, ut putent, rationem signi proprie salvari in solis signis sensibilibus et instrumentalibus, de quorum numero fuit Bañesius noster..."

289

Vgl. R. CRACKANTHORP, Logicae libri quinqué ( 1 6 2 2 ) 2 2 2 f : ,,'signum est, quod seipsum sensu i, et praeter se aliquid animo ostendit', ut recte définit Augustinus lib. de Princ. Dial.... Atque hinc Aquinas recte colligit, part. 3 q. 6 0 art. 4 ' E a quae proprie signa sunt, esse sensibilia...' ... Adde etiam eadem ratione nullum ullius rei conceptum signum esse, cum conceptus nullus ( 2 2 3 ) nisi exterius significetur, sensibilis sit."

254

Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik Signa ... instrumentaba sunt... proprie signa, et defíniuntur sancto Augustino ...; immo secundum communem hominum conceptionem haec sola vocantur signa. ... Et quamvis antiqui sola signa instrumentalia videantur agnoscere ..., bene tarnen assignata sunt signa formalia, quia significare nihil aliud est, quam potentiae cognoscitivae aliquid repraesentare; idest aliquam rem praesentem facere, quod etiam signis formalibus convenit. (Instrumentalzeichen sind eigentliche Zeichen, und sie werden von Augustinus definiert ...; ja nach der gewöhnlichen Auffassung der Menschen werden nur sie Zeichen genannt. ... Und wenngleich die Alten nur die Instrumentalzeichen anzuerkennen scheinen, so werden doch zu Recht die Formalzeichen angeführt, denn bezeichnen ist nichts anderes als etwas einem Erkenntnisvermögen repräsentieren, d.h. irgendeine Sache präsent machen, was auch den Formalzeichen zukommt). 2 9 0

Während also in der spätmittelalterlichen Logik die Gleichsetzung von re-

praesentare und significare dazu führte, den geistigen Begriff, das signum mentale, zum eigentlichen Zeichen werden zu lassen, hat sie in der Logik des 17. Jahrhunderts vielfach die Funktion, den Konzepten neben dem nun vielfach die Rolle des signum proprium übernehmenden Instrumentalzeichen überhaupt noch die Zugehörigkeit zu Kategorie des Zeichens zu sichern. Das deutet auf komplexe Verschiebungen und Umakzentuierungen am Begriffspaar von signifi-

care und repraesentare hin. Vallius leitete, hierin durchaus repräsentativ für die Zeit, den Zeichenstatus der Konzepte daraus ab, daß 'bezeichnen' und 'repräsentieren' gleichbedeutend sind, repräsentieren aber die Herstellung von Präsenz besagt; da letzteres aber die Konzepte leisten, repräsentieren sie und sind damit, eben weil repräsentieren und bezeichnen dasselbe ist, auch Zeichen. Allgemein anerkannt war, daß Konzepte repräsentieren und daß Repräsentation soviel wie Herstellung von Präsenz meint. 2 9 1 Um daraus die Bestimmung der Konzepte als Zeichen abzuleiten, mußte jedoch angegeben werden können, worin die von Suárez mit dem „fere idem sunt" vage genug zum Ausdruck gebrachte Identität von repraesentare und significare besteht. Denn angesichts der älteren Geschichte der beiden Begriffe konnte eine vollständige Synonymie keineswegs als selbstverständlich vorausgesetzt werden. 2 9 2 Auch in der spätmittelalterlichen Logik selbst gibt es deutliche

290

291

292

P. VALLIUS, SJ, Logica (1622) 611b; vgl. die Zeichendefinition von HURTADO DE MENDOZA, SJ Disp. de universa philosophia (1617) 8; s. Anm. 15. CoNIMBRlCENSES, SJ, Comment, in univ. dialect. Arist. (1607) 2.11: „... repraesentare est rem praesentem facere." Insbesondere in der Sakramentaltheologie wurde spätestens seit Hugo von St. Victor eine deutliche Unterscheidung getroffen zwischen dem auf willkürlicher Einsetzung beruhenden significare und dem aus der similitudo sich herleitenden repraesentare der Sakramente. Vgl. HUGO VON ST. VICTOR, Dialogue de sacramentis legis naturalis et scriptae, P L 176, 35a; OERS.: De sacramentis·, PL 176, 3 1 7 : „sacramentum est corporale vel materiale elementum foris sensibiliter propositum ex similitudine repraesentans, et ex institutione significans, et ex sanctificatione continens aliquam invisibilem et spiritalem gratiam." Die Formel „ex similitudine repraesentans, ex institutione significans" wird besonders im 13. Jahrhundert häufig zur Definition des sacramentum verwendet. Vgl. hierzu I. ROSIER, Signes et Sacrements: Revue des Sciences philosophiques et théologiques 74 (1990) 392-436; bes. 394ff.

Die Zeichenklassifikation

255

Ansätze, die dort häufig promiskue verwendeten Begriffe auseinanderzuhalten. Diese Tendenz einer Dissoziierung der Begriffe von repraesentare und significare findet ihren deutlichen Ausdruck in Sotos Transformation des älteren Lehrstücks vom quadrupliciter repraesentare. Eine Unterscheidung von repraesentare und significare kann auf verschiedene Weise begründet werden. Soto machte die Differenz an der gegenständlichen Selbstrepräsentation der Dinge, am repraesentare obiective, fest: Etwas kann sich selbst repräsentieren, sich aber nicht selbst bezeichnen. Nach dieser Auffassung ist der Begriff der repraesentatio von dem der significatio allein durch seine größere Extension abgesetzt. Aus einer solchen Differenzierung ergeben sich keine prinzipiellen Schwierigkeiten für die Bestimmung der Konzepte als Zeichen, da die hierfür erforderliche Gleichsetzung von repraesentare und significare hinsichtlich des relevanten Bereichs des instrumentaliter und formaliter repraesentare/significare durch deren Ubereinkommen in der allgemeineren Funktion des facere cognoscere gewährleistet ist, denn es gilt: verba 'significare', seu 'esse signum' et 'repraesentare' in sano sensu sibi omnino aequipollere, quatenus perinde valent ac ista 'facere cognoscere', 'nos ducere in cognitionem'... - (Die Wörter 'bezeichnen' oder 'Zeichen sein' und 'repräsentieren' sind, recht verstanden, gänzlich gleichbedeutend, insofern sie nämlich soviel meinen wie 'erkennen machen', 'uns zur Erkenntnis führen'.,.) 1 9 i

Als Begründung der für die Charakterisierung der Konzepte als Zeichen vorausgesetzten Identität von significare und repraesentare dient ihr Übereinkommen in der allgemeineren Funktion des facere cognoscere bzw. ducere in cognitionem. Das konnte insofern als plausibel erscheinen, als diese Funktionsbestimmung ebenso wie die daraus abgeleitet Variante des „ducere in Cognitionen!" tatsächlich als Standardformel zur Beschreibung und Definition sowohl des Zeichens wie der Repräsentation gebräuchlich war.294 Als Grundlage, auf der das repraesentare und das significare zusammenkommen sollen, ist das jedoch, historisch gesehen, durchaus schlecht gesichertes Terrain. Denn eine solche funktionale Bestimmung des Zeichens entstammt ursprünglich einer Zeichenkonzeption, für die Zeichen immer Instrumentalzeichen war. Ihr Ursprung liegt nämlich in der augustinischen Zeichendefinition von De doctrina Christiana („signum est res praeter speciem quam ingerii sensibus aliquid aliud ex se faciens in cogitationem venire") oder genauer in deren mittelalterlich überlieferten Version, in der durchgängig von einem „faciens in cognitionem venire" die Rede ist. Bei der Anwendung auf Formalzeichen wird diesen Formeln ihr Ursprung ebenso zum Problem, wie der aus der aristotelische Schrift peri hermeneias abgeleitete Definition des significare als constituere intellectum: Sie passen nicht oh-

293 294

F. GONÇALEZ, SJ, Logica tripartita (1639) 91a. Vgl. Anm. 60.

256

Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

ne weiteres zum gewandelten Zeichenkonzept. Denn wo die cognitio oder die notitia selbst als Zeichen gilt, kann das ducere oder facere venire in cognitionem bzw. notitiam kaum adäquate Bestimmung des Zeichens in seiner ganzen Weite sein. Die augustinische Zeichendefinition ist in ihrer mittelalterlich überlieferten Form nicht nur hinsichtlich ihres ersten Teils (signum est res praeter speciem quam ingerit sensibus) sondern auch hinsichtlich ihres zweiten Teils (aliquid aliud faciens in cognitionem venire) mit dem Konzept des Formalzeichens schwer vereinbar. Während die offensichtliche, sich aus dem ersten Teil ergebende Unvereinbarkeit mit der Bestimmung der Konzepte als Zeichen stets bemerkt wurde, ist die intrikatere Problematik des zweiten Teils nur selten explizit thematisiert worden. Pierre d'Ailly immerhin hatte die hierin angelegte Schwierigkeit deutlich gesehen und deshalb die gängige, auch von Autoren, die, wie Ockham und Albert von Sachsen,295 den Zeichencharakter der Konzepte betonten, verwendete Definition des Zeichens entsprechend erweitert. Etwas ist Zeichen entweder, weil es zur Erkenntnis derjenigen Sache führt, deren Zeichen es ist (ducit in noticiam illius rerum cuius est signum), oder aber, weil es, wie der conceptus, die Erkenntnis der Sache selbst ist (non quia ducat in noticiam illius rei sed quia est ipsamet noticia rei naturaliter proprie repraesentans rem).296 Diese Unterscheidung, die in der spätmittelalterlichen Definition des formaliter significare/repraesentare als „esse notitiam" eine deutliche Spur hinterlassen hat, 297 ist der historische Ausgangspunkt jener terminologischen Entwicklung, die bei Fonseca schließlich zur Distinktion von signum formale und signum instrumentale führt. Das signum formale ist damit das Ergebnis eines begriffgeschichtlichen Transformationsprozesses, an dessen Ende sein Zeichenstatus genau durch dasjenige Bestimmungsmoment des „facere cognoscere" bzw. „ducere in cognitionem" gesichert werden soll, in Abgrenzung zu welchem das formaliter significare an dessen Anfang als eine eigene, von den Instrumentalzeichen unterschiedene Form des Bezeichnens herausgestellt worden war. Was jetzt die Zugehörigkeit der Konzepte zur Kategorie des Zeichens gewährleisten soll, würde nach Ailly, wenn als einziges Kriterium für Zeichen genommen, eine solche Zuord-

29i

296

297

Vgl. O C K H A M , Summa logicae I, 1, 8f; ALBERT VON SACHSEN, Perutilis logica ( 1 5 2 2 ) fol. 2ra; vgl. Ps.-RLCHARD OF CAMPSALL, Logica contra Ocham c . l , Works ( 1 9 8 2 ) 2 . 7 8 : „...'significare' non ... [est] nisi 'in cognitionem huius d u c e r e ' . . . " PIERRE D'AILLY, conceptus (s.a.) fol. blrb, s. Kap. I I I , Anm. 5 5 ; vgl. P. MARGALLUS, Utriusque logices scholia ( 1 9 6 5 ) 1 4 8 , s. Kap. I I I , Anm. 1 3 . Vgl. G . L A X , O F M , Parve divisiones terminorum ( 1 5 0 2 ) fol. a5ra-b; J. DE CELAYA, Intro-

ductions dialecticae ( 1 5 1 1 ) fol. a4vb: „... repraesentare est facere cognoscere aliquid vel aliqua vel aliqualiter... Tertio modo dicitur aliquid repraesentare formaliter et est esse noticiam ..."; W . M A N D E R S T O N , Compendiosa Dialectices Epitome ( 1 5 2 8 ) fol. Β lra-b; D . DE S O T O , OP, Summulae ( 1 5 5 4 ) fol. 2vb. Alternative Formulierungen sind „esse conceptum" (J. D O L Z , Termini ( 1 5 1 1 ) fol. 9vb-10ra) oder „esse cognitionem" (J. SILICEO, prima Sectio dialecticae ( 1 5 1 7 ) 13r-v; vgl. V. M U Ñ O Z DELGADO ( 1 9 6 4 ) 2 1 1 ) .

257

Die Zeichenklassifikation

n u n g g e r a d e verhindert haben u n d mußte deshalb durch das „ q u i a est i p s a m e t noticia" ergänzt werden. W o eine solche Erweiterung der Zeichenbestimmung nicht explizit vorgen o m m e n w i r d - u n d sie ist s e l t e n 2 9 8 -, w o a l s o d a s ducere Cognitionen!

o d e r facere

venire

in

f ü r d a s Z e i c h e n in s e i n e r g a n z e n W e i t e g e l t e n s o l l , b l e i b t d i e Z e i -

c h e n h a f t i g k e i t d e s als cognitio

o d e r notitia

s ä t z l i c h a n g r e i f b a r . D e n n d a s ducere V e r s c h i e d e n h e i t v o n signum

b e s t i m m t e n signum

in notitiam

u n d notitia

formale

grund-

impliziert zwangsläufig eine

u n d ist f o l g l i c h g e n a u g e n o m m e n n u r

auf das Instrumentalzeichen anwendbar. Insofern k ö n n e n sich g e r a d e auch die G e g n e r d e s signum

formale

a u f j e n e F o r m e l b e r u f e n , d i e bei d e s s e n B e f ü r w o r -

t e r n d i e I d e n t i t ä t v o n significare

u n d repraesentare

begründen und damit die

K o n z e p t e als Z e i c h e n b e s c h r e i b b a r m a c h e n soll. D e n n es ist, w i e d e r A u g u s t i n i s t N i c o l a u s a S. I o h a n n e B a p t i s t a b e t o n t , l ä c h e r l i c h , z u b e h a u p t e n , d a ß d i e Erk e n n t n i s u n s zur E r k e n n t n i s ( v o n e t w a s ) k o m m e n läßt ( r i d i c u l u m v i d e t u r a s s e r e re c o g n i t i o n e m f a c e r e n o s v e n i r e in c o g n i t i o n e m ) . 2 9 9 W e n n d a s Z e i c h e n a d ä q u a t d a d u r c h b e s t i m m t ist, d a ß es z u r E r k e n n t n i s v o n e t w a s a n d e r e m

hinfürt,300

k a n n d a s s o g e n a n n t e F o r m a l z e i c h e n , g e r a d e w e i l es d i e E r k e n n t n i s s e l b s t ist, nicht Z e i c h e n sein.301 S o t o h a t t e d i e B e g r i f f e d e s repraesentare

u n d significare

lediglich extensional

d i f f e r e n z i e r t , i h r e I d e n t i t ä t in d e m d u r c h i n s t r u m e n t a l e u n d f o r m a l e R e p r ä s e n tation/Bezeichnung bestimmten Bereich des Zeichens jedoch nicht k o n s e q u e n t

298

299

Einer der wenigen, die im 17. Jahrhundert eine Pierre d'Ailly entsprechende Erweiterung der Beschreibung des Zeichens und damit eine Einschränkung des Geltungsbereichs des „ducere in cognitionem" vornehmen, ist D. MASIUS, OP, Comment, in duos lib. Arisi, de Int. (1617) 8a: „Animadvertendum est... significationem esse duplicem, unam formalem, et alteram instrumentalem; formalis est ipsamet cognitio inhaerens facultati cognoscendi. Instrumentaría est ilia quae velut instrumentum ducit nos ad alia cognoscenda. Unde duplex erit signum, instrumentarium unum, et alterum formale." NICOLAUS A S. IOHANNE BATTISTA, Philosophia augustiniana (1687) 12f: „Non dari signum formale, Prob, signum debet ducere potentiam in cognitionem rei significatae; sed cognitio non ducit in cognitionem, cum ipsa sit cognitio cognoscens; ergo non potest dici signum ducens in cognitionem: nam ridiculum videtur asserere cognitionem facere nos venire in cognitionem." Vgl. J. PONCIUS, OFM (Philosophiae ad mentem Scoti cursus integer (1650) 266), der aus diesem Grund die von Arriaga verwendete Definition des Zeichens durch das facere cognoscere ablehnt.

Vgl. B. BARO, OFM, Joan. Duns Scotus ... per univ. philos ... defensas (1664) 3b: „... signum est quod ducit in alterius cognitionem excitando speciem illius in intellectu per cipientis signum propter connexionem quam habet res ilia quae dicitur signum cum ea quae dicitur significatum... Vides ergo definitionem Augustini sustinere posse ut absolute universalem, quia nimirum ea quae sub illa non comprehenduntur nec sub signo comprehenduntur." 301 Yg| ebd. 2a: „Dico signa quae dicuntur formalia scilicet species tam impressas quam expresses non esse proprie signa. Ratio pro impressis est quod agerunt vices objecti, objectum autem non est signum ergo nec species impressas. ... Ratio pro expressis est quod signum est medium cognitionis, expressa species non est medium sed finis potius, et ipsa cognitio, ergo. ...signum ut sic non est nisi instrumentale." 300

258

Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

in Frage gestellt. Doch konnte die Differenz von significare und repraesentare, anders als in der Nachfolge Sotos, nicht nur extensional sondern auch intensional konstruiert werden. Die so bestimmte Differenz betrifft dann nicht mehr nur den Umfang der beiden Begriffe in dem Sinne, daß über den durch ihre Ubereinstimmung in der Funktion des facere cognoscere vordergründig gesicherten zentralen Bereich der scheinbaren Identität von Repräsentation und Signifikation hinaus ein Randbereich anzusetzen ist, an dem zwar noch das repraesentare, nicht aber mehr das significare seinen Ort hat; sie bedeutet vielmehr, daß beides in grundsätzlich und durchgängig verschiedener Weise auf Erkenntnis bezogen ist. Der Schnitt, an dem sich das repraesentare vom significare trennt, muß, so gesehen, nicht an der Außengrenze sondern vielmehr im Innern des von Soto abgesteckten Feldes des Zeichens verlaufen. D.h. nicht erst das obiective repraesentare, sondern auch das formaliter repraesentare liegt jenseits des Zeichens. Genau betrachtet, ist die bei Soto manifest werdende Tendenz zu einer Reduktion des Zeichens auf instrumentelle Bezeichnung bereits zugleich eine Tendenz, die auf eine solche mehr als nur extensional gefaßte Bestimmung der Differenz beider Begriffe hinausläuft. Genau in dem Moment nämlich, wo diese Reduktion tatsächlich vollzogen wird, muß die extensionale von selbst in eine intensionale Unterscheidung umschlagen. Denn indem das formaliter repraesentare aus dem Bereich des Zeichens herausgenommen wird und damit ebenso wie das obiective repraesentare in Opposition zu diesem tritt, ist das Zeichen wiederum, wie bei Augustinus, in ein negatives Verhältnis zum Begriff der Präsenz gesetzt. Es wird begrenzt durch jene beiden Formen von unmittelbarer äußerer Präsenz der Dinge (obiective repraesentare) und unmittelbarer innerer Präsenz im geistigen Wort (formaliter repraesentare), die durch die mittelalterliche Erweiterung des Zeichenbegriffs um die Konzepte sowie die Figur des obiective significare erst in den Raum des Zeichens selbst aufgenommen worden waren. Zeichen und Repräsentation scheiden sich, so betrachtet, am Begriff der Präsenz. Dasjenige, das im Vollsinne repräsentiert, ist eben dadurch vom Bereich des Zeichens ausgeschlossen. Denn als Repräsentierendes leistete es mehr und steht über dem 'bloßen' Zeichen. In genau diesem Sinne wendet sich Bañez gegen die unangemesse Redeweise einiger „moderni", welche die Konzepte als in ausdrücklicher Weise und durch sich selbst repräsentierende Zeichen der Dinge darstellen. Bereits dem gängigen lateinischen Sprachgebrauch gemäß besagt der Begriff des Zeichens, wie er meint, gerade eine unvollkommene Repräsentation der Sache. Wer bloß bezeichnet, macht die Sache nicht „ex integro" präsent. Insofern können die sprachlichen Ausdrücke, weil sie die geistigen Konzepte nicht in ausdrücklicher und formaler Weise repräsentieren, sondern lediglich gewisse, der Vollkommenheit der bezeichneten Sache nicht angemessene Instrumente sind, im eigent-

Die Zeichenklassifikation

259

lichen Sinne Zeichen genannt w e r d e n . 3 0 2 Die Konzepte dagegen, weil sie alle Vollkommenheit der repräsentierten Sache in der Weise des Erkennbarseins formal in sich enthalten, sind nicht Zeichen sondern Repräsentationen, Bilder oder Ähnlichkeiten der Dinge; so wie ja auch das göttliche W o r t nicht Zeichen, sondern Bild des Vaters ist. 3 0 3 In Ubereinstimmung mit der augustinischen Zeichenkonzeption wird das Instrumentalzeichen zum Zeichen schlechthin. Die im Anschluß an Pierre d'Ailly von Soto, F o n s e c a und andere in Rücksicht auf das Instrumentalzeichen herausgearbeitete Bedingung der duplex

notitia wird somit zu einem generell für alle

signa gültigen Bestimmungsmerkmal: ... cuilibet signo respondeat duplex cognitio, quae solet appellari notitia. Prima est ipsius signi, qua scilicet signum cognoscitur, ut cognitio fumi. Secunda est, qua cognoscitur res ilia cuius est signum, ut cognitio ignis. - (Jeglichem Zeichen entspricht eine doppelte Erkenntnis, die auch „notitia" genannt zu werden pflegt. Die erste ist die des Zeichens selbst, durch die nämlich das Zeichen erkannt wird, wie z.B. die Erkenntnis des Rauches. Die zweite ist die, durch welche jene Sache erkannt wird, von der es ein Zeichen ist, wie z.B. die Erkenntnis des Feuers). 304 Das aber heißt letztlich nichts anderes, als daß das Zeichen wiederum - wie schon bei Sextus Empiricus und Augustinus - seinem ganzen Umfang nach zu einem rememorativen Zeichen wird. Denn das Funktionieren des Zeichens erfordert auf Seiten des Zeicheninterpreten stets zwei Begriffe (notitiae), nämlich sowohl den des Zeichens selbst als auch den des Signifikats. 305 Die duplex 302

303

304

305

noti-

Inst, minoris dial. ( 1 6 3 1 ) 2 8 : „Non desinam hoc in loco advertere, quam improrie loquantur quidam moderni, dum aiunt mentales conceptus signa esse rerum, qui expresse, et seipsis formaliter repraesentant. Etenim, etiam secundum Latinae linguae proprietatem, ratio signi, et significandi imperfectam repraesentationem in se habet respectu rei repraesentatae. Nam profecto si quis expresse aliquam veritatem doceat, inepte diceremus illam significasse. Qui enim significat, non ex integro rem praesentem facit. Et quia voces mentales conceptus, non expresse, et formaliter repraesentant, sed instrumenta quaedam sunt, quae non adaequant rei significatae perfectionem: idcirco proprie signa, et significare dicuntur." Ebd. 28f: „At vero mentales conceptus quia omnem perfectionem (29) [rei] repraesentatae in seipsis formaliter in esse intelligibili continent, ideo non signa, sed imagines expressae rerum dicendi sunt. Sicut et Verbum in Divinis imago, quidem est Patris, non autem signum." Vgl. M . WEISS, OSB, Logica (1627) 10: „Quae autem aliqui appellant signa formatta, proprie signa non sunt, sed sunt ipsae rerum cognitiones. ... Unde quae iili appellant signa instrumentalia ... proprie signa sunt, signa autem formalia, proprie signa non sunt. Similitudines tarnen dici possunt." Vgl. COMPLUTENSES, Disp. inArist. dial. ( 1 6 6 8 ) 7a: „Significare ... est: potentia cognoscitiva aliud a se repraesentare, atque ita signum erit illud: Quod praeter sui cognitionem alterius cognitionem inducit... Quod fit ut cuilibet signo respondeat dùplex cognitio, quae solet appellari notitia. Prima est ipsius signi, qua scilicet signum cognoscitur, ut cognitio fumi. Secunda est, qua cognoscitur res illa cuius est signum, ut cognitio ignis." D . BAÑEZ, O P , Inst, minores dial. ( 1 6 3 1 ) 2 7 : „In primis utamur doctrina D . Augustini, signum ita diffinientis 'Signum est quod praeter speciem quam ingerit sensibus aliquid aliud facit in cognitionem venire'... Requiruntur enim duae notitiae, ut signum suam significationem erga nos exerceat. Altera notitia est ipsius rei, quae signum est. Altera notitia est rei D . BAÑEZ, O P ,

260

Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

tia ist somit wesentliches Charakteristikum des signum und grenzt das significare vom repraesentare als dem unmittelbaren, bildhaften facere praesens der Konzepte ab. 306 Damit ist genau die Umkehrung dessen erreicht, was Ockham - zumindest zeitweilig - hinsichtlich des Verhältnisses von repraesentare und significare gelehrt hatte. Denn nach Ockham war es gerade das Charakteristikum der Repräsentation, daß für ihr Funktionieren die Kenntnis des Repräsentierten je schon vorausgesetzt war; weshalb die Konzepte ihm zufolge eben Zeichen sind, nicht aber im eigentlichen Sinne repräsentieren. 307 Im Kontext des scholastischen Diskurses betrachtet, stellen beide, Ockham ebenso wie Bañez, Randpositionen dar. Die von Ockham in seiner Polemik gegen die Speciestheorie vorgenommene Bestimmung des repraesentare als mittelbare Vergegenwärtigung ist, zumindest in der sich daraus ergebenden Konsequenz, daß so eine weitere Anwendung des Repräsentationsbegriffs auf die die Dinge unmittelbar bezeichnenden Konzepte unmöglich wäre, späterhin nicht wirksam geworden. Auf der anderen Seite wurde Bañez' Versuch, den Konzepten das significare abzusprechen, aus den Reihen seines eigenen Ordens angegriffen. Araújo und Johannes a Sto. Thoma etwa wenden sich explizit gegen das Zeichenkonzept von Bañez, indem sie deutlich machen, daß das Zeichen nicht oder nicht vorrangig 308 - durch defiziente Repräsentation des Signifikats, sondern durch funktionale Subordination unter dasselbe charakterisiert ist. 309

significatae. Si enim ignis nullam notitiam habeas, numquam fumus tibi ignem significabit, quamvis de se significativus sit." 306 v g l . V. GUFL, O S B , Philosophia scholastica universa ( 1 7 5 0 ) 2 4 : „...signum formale solet vocari id, quod formaliter seipso ducit in cognitionem alterius; uti species sensibiles ac intelligibiles. Ast jam ostendi, hujusmodi res non habere rationem signi. (...) M i n i m e signum confundendum cum imagine: Quippe haec repraesentat, illud tantum indicat rem. Ratio est: quia signum est, quod praeter speciem sui aliud facit in cognitionem venire. Ergo species signi propria et illud aliud in esse cognoscibili debent inter se differre: Atqui imago et repraesentatum in esse cognoscibili inter se non differunt, sed species imaginis est species repraesentati, non quidem materialiter, sed formaliter, immo imago in esse repraesentativo est ipsum repraesentatum... ; ergo signum nequit esse imago. Eadem ratio evincit quoque, quod neque species expressa habeat rationem signi. (...) Pariter Legatus Principis supra signum Principis est elevatus, cum potius ejus sit imago politica seu moralis, praedita char a c t e r repraesentativo: Signi autem non est repraesentare sed indicere." Vgl. Kap. II, Anm. 2 3 4 u. 2 6 9 . 308 Vgl. F. ARAV, OP, Comment, in univ. Arisi. Met. t.l ( 1 6 1 7 ) 3 6 2 b - 3 6 3 b : „Ratio signi naturalis, univoce, et cum omni proprietate, in conceptibus nostri intellectus reperitur. ... ( 3 6 3 a ) Dices, quod repraesentatio illa formalis conceptus deficit a ratione signi, quia non repraesentat obiectum deficienter, et diminute, sed expresse, et perfecte; cum tarnen de ratione (signi) sit, imperfecta ac diminuta repraesentatio, quae potius est insinuatio quaedam, ut ipsum nomen 'Signum' denotatur. Sed contra. Nam conceptus hominis v.g. vere mensuratur ab homini, ut ab obiecto et exemplari: ergo fundat relationem tertij ordinis, quae est mensurati ad mensuram; et consequenter deficientiam habet respectu obiecti, ut subinduit rationem mensurae. Antecedens patet, Nam ille conceptus est imago expressa hominis, consistens in quodam ordinem repraesentativi hominis, sed omnis ordo et tendentia ad ali307

Die Zeichenklassifikation

261

Erweitert man den Betrachtungsrahmen jedoch, wird sich diese Symmetrie erheblich verschieben. Denn der 'neue' Zeichenbegriff der außerscholastischen Philosophie des 1 7 . und 1 8 . Jahrhunderts wird im wesentlichen gerade derjenige von Bañez und der stärker am augustinischen Zeichenkonzept orientierten konservativen Fraktion der Thomisten sein. 3 1 0 Das Zeichen der „philosophia n o v a " ist Instrumentalzeichen. 3 1 1 W ä h r e n d Soto noch, um - wie er ausdrücklich betonte - sich nicht zu weit von der Sprachregelung der Schulen zu entfernen, die Existenz von Formalzeichen zugelassen hatte, ist ein solches Zugeständnis zumal d o r t nicht zu erwarten, w o der augustinische Einfluß dominierend war. Von daher ist es auch verständlich, daß sich die berühmt gewordene Zeichendefinition der Logik von Port-Royal 3 1 2 eng an die älteren Bestimmungen des Instrumentalzeichens anlehnt und damit das Zeichen im augustischen Sinne 3 1 3 interpretiert: ... quand on ne regarde un certain objet que comme en représentant un autre, l'idée qu'on en a est une idée de signe, et ce premier objet s'appelle signe. C'est ainsi qu'on regarde d'ordinaire les cartes et les tableaux. Ainsi le signe enferme deux idées, l'une de la chose qui représente, l'autre de la chose représentée; et sa nature consiste à exciter la seconde par la premiere. 314

309

310

311

312

313 314

quod extrinsecum obiectum, specificatur et mensuratur ab ilio, ergo." Vgl. JOHANNES A STO. THOMA, OP, Ars logica (1948) 696b: „... deficiens ... repraesentatio et imperfecta non est de ratione signi, sed accidit illi. Sufficit autem, quod ex se sit subserviens signato et vices gerens obiecti repraesentati et loco illius substituens, siquidem in quantum tale est inferius eo, pro quo substituit." Vgl. P. RENTZ, OSB, Philosophia, t. 1, Logica (1714) 535: „... duplex interveniat cognitio, una ipsius Signi, quae fit per sensum, alia rei significatae quae fit per intellectum: unde a ratione signi excluduntur tum species intentionales, tum ipsae cognitiones, quae potentiam intellectivam ducunt quidem in cognitione alterius rei absque praevia tarnen cognitione sui. Signa igitur proprie dicta non sunt, etsi ab aliquibus signa formalia appellantur." Der konservative Thomismus hat lange genug an der augustinischen Position festgehalten um im späten 17. und 18. Jahrhundert mit seiner Zeichenkonzeption wiederum auf der Höhe der Zeit zu sein. J. B. DUHAMEL, Philos, vetus et nova (1682) 182: „... colligitur, signum omne esse Instrumentarium, idque ante percipi, quam in alterius rei cognitionem nos ducat: tametsi forte non ex omni parte cognoscitur." Vgl. E. POURCHOT, Institutio philosophica, t. 1, cap. 6: De idearum signis (1700) 77ff. Zur Zeichentheorie der Logik von Port-Royal vgl. H. E. BREKLE, Semiotik und linguistische Semantik in Port-Royal: Indogermanische Forschungen 69 (1964) 103-121; L. MARIN, La critique du discours (1975); DERS., Un chapitre dans l'histoire de la théorie sémiotique: La théologie eucharistique dans „La Logique de Port-Royal", in: History of Semiotics, hg. Α. Eschbach u. J. Trabant (1983) 127-44; M. BREVA-CLARAMONTE, The Sign and the Notion of 'General' in Sanctius and Port-Royal: Semiotica 24 (1978) 353-370; P. SWIGGERS, La théorie du signe à Port-Royal: Semiotica 35 (1981) 267-85; DERS., Port-Royal. Autour du signe, in: Geschichte und Geschichtsschreibung der Semiotik, hg. K. D. Dutz u. P. Schmetter (1986) 119-131; DERS., La sémiotique de Port-Royal: Du savoir au vouloir (-dire): Semiotica 66 (1987) 331-44. Darauf hat bereits A. ROBINET (La langue a l'âge classique (1978) 9) hingewiesen. ANTOINE ARNAULD / PIERRE NICOLE, La Logique ou l'art de penser I, 4 (1965) 53; vgl. A

262

Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

Die von Foucault als spezifische Neuerung des Zeichenmodells der Logik von Port-Royal herausgestellte „Reduplikation" der Repräsentation, an der nicht zuletzt wesentliche Momente seiner Interpretation der Episteme des „âge classique" hängen,31S ist bei Lichte besehen nichts anderes als das, was die ältere Tradition am Instrumentalzeichen mit dem Begriff der „duplex notitia" beschrieben hatte und was von jenen Autoren, die das Formalzeichen aufgrund seiner Unvereinbarkeit mit der augustinischen Zeichendefintion ablehnten, zum Kriterium für das Zeichen im allgemeinen erklärt worden war. Das Zeichenkonzept der Logik von Port-Royal ist somit nicht, wie Foucault meint, Ausdruck einer neuen „dualistischen Theorie des Zeichens, die sich unzweideutig der komplexeren Organisation [sc. des Zeichens] der Renaissance gegenüberstellt". Es handelt sich auch nicht um die Aufhebung einer älteren Organisation des Zeichens, die seit der Antike „stets ternär gewesen" wäre,316 sondern um ein Stück augustinische Tradition, wie sie in der Zeichentheorie der frühen Neuzeit durchaus verbreitet ist. Der Eindruck der Novität kann sich nur dort ergeben, wo die hermetischneuplatonische Naturphilosophie317 und deren Signaturenlehre318 als die Wissensform des 16. Jahrhunderts genommen und damit ein Teildiskurs für das Ganze gehalten wird.319 In dieser gleichsam synekdochischen Verkürzung aber bleibt der wichtigste Diskurs, innerhalb dessen - wie schon im Mittelalter - im 16. und 17. Jahrhundert das Zeichen diskutiert wurde, die scholastische Logik, unberücksichtigt. Und hiermit in Beziehung gesetzt, erscheint das Zeichenkonzept der Logik von Port-Royal eben nicht mehr als Repräsentant von etwas grundsätzlich Neuem, sondern erweist sich im wesentlichen als durchaus traditionell oder mehr noch, als konservativ. 3. Die Unterscheidung von signum naturale, signurn adplacitum (ex institutione) und signum ex consuetudine Die zweite zentrale Zeichendistinktion neben der von signum formale und signum instrumentale ist die 'klassische' Unterscheidung von signum naturale

315 316 317

ARNAULD, Défense de M. Arnauld, in: OEuvres ( 1 7 7 5 - 8 3 ) 3 8 . 5 8 7 . Vgl. M . FOUCAULT, Die Ordnung der Dinge III, 4 ( 2 1 9 7 9 ) 98ff. Ebd. Vgl. S. MEIER-OESER, Hermetisch-platonische Naturphilosophie, in: F. Ueberwegs Grundriß der Geschichte der Philosophie, Teil 6 (17. J h . ) , hg. H . Holzey u. W . Schmidt-Biggemann (erscheint demnächst).

318

Vgl. S. MEIER-OESER, Signatur phie, Bd. 9 ( 1 9 9 5 ) 7 5 0 - 5 4 .

319

Vgl. z.B. P. SwiGGERS, La sémiotique de Port-Royal ( 1 9 8 7 ) 3 3 3 : „Du 16ème au 17ème siècle, le statut du signe a changé de façon radicale: le signe n'est plus un élément du monde, une entité empirique, mais il est devenu un instrument d'interprétation et de communication."

- Signaturenlehre,

in: Historisches Wörterbuch der Philoso-

263

Die Zeichenklassifikation und signum

ad placitum

bzw. signum

ex institutione.

W i e bereits in der Logik

um 1 5 0 0 wird auch hier deren Erörterung massiv überlagert von der Problematik des signum

ex

consuetudine.

Das natürliche Zeichen wird allgemein als ein solches definiert, das unabhängig von einer menschlichen Einsetzung aufgrund seiner eigenen Natur das Vermögen des Bezeichnens besitzt. 3 2 0 Insofern bezeichnen die natürlichen Zeichen allen Menschen dasselbe (idem apud omnes).321

Z u ihnen gehören all jene

Zeichen, die mit ihrem Signifikat durch eine Ähnlichkeits- oder Kausalbeziehung verbunden sind. 3 2 2 Als Exempel dienen zumeist der Rauch als Zeichen des Feuers sowie die als similitudines

rerum

(Ähnlichkeiten der Dinge) geltenden

Konzepte oder Mentaltermini. Willkürliche oder durch Einsetzung gebildete Zeichen (signa ad placitum,

ex institutione

bzw. ex impositione)

bezeichnen da-

gegen etwas nicht aufgrund ihrer eigenen Natur, sondern verdanken, wie die sprachlichen Ausdrücke, ihre Signifikanz allein einer willkürlichen Einsetzung. In der Zeichentheorie um 1 5 0 0 war die Eindeutigkeit dieser Dichotomie vor allem durch die stärkere Berücksichtigung des signum suetudine

320

321

322

(bzw. significare)

ex

con-

problematisch geworden, für das weder das eine noch das andere im

Vgl. F. TOLETUS, SJ, Introd. in univ. Arist. log., (1615) I, 208b; Vgl. P. HURTADO DE MENDOZA, SJ, Disput, de univ. philos. (1617) 144; P. VALLIUS, SJ, Logica (1622) 620b; R. DE ARRIAGA, SJ, Cursus philos. (1632) 180a; T H . COMPTON CARLETON, SJ, Philosophia universa (1649) 157ab; J. PONCIUS, OFM, Philos, ad mentem Scoti Cursus integer (1659) 267b; B. COLUMBUS, OFM, Novus cursus philosophicus (1669) 12a: „Signum naturale est, quod suapte natura aliquid significat, idemque apud omnes dénotât." Vgl. P. DE FONSECA; SJ, Inst. dial. (1572) 11; F . DUARTE, SJ, Comment, in univ. logicam Arist. (1585) fol. 6r; CONIMBRICENSES, SJ, Comment, in univ. dial. Ansí.(1607) 2.17; P. HURTADO DE MENDOZA, SJ, Disput, de univ. philos. (1617) 144. Auch in der zeitgenössischen protestantischen Schulmetaphysik ist das signum naturale durch die beiden Kriterien des 'ex natura sua' und 'idem apud omnes' charakterisiert; vgl. C. TLMPLER, Metaphysicae systema methodicum Libri V (1606) 321: „Distinguendum est inter signa naturalia et arbitraria, illa enim sunt eadem apud omnes, cum Natura, a cuius ordinatione pendent, sit eadem. Haec vero non sunt eadem apud omnes gentes, sed diversa quippe quae pendent ab institutione voluntaria..."; R. GOCLENIUS, Lexicon philosophicum (1613) 1046: „Signa sunt Naturalia habentia vim a natura aliquid significandi conceptus. Itaque apud omnes idem significant.; Β. KECKERMANN, Scientiae metaphysicae compendiosum systema (1615) 88: J'hysikòn signum est quod ab ipsa rerum natura vim habet significandi."; J. H. ALSTED, Metaphysial (1616) 187: „Signa naturalia sunt, quae apud omnes idem significant, seu potius quae suapte natura aliquid significandi vim habent." C. SCHEIBLER meint, man müsse deutlicher sagen: „signa naturalia dicuntur ea, quae naturalem connexionem habent cum suis significatis." (Metaphysica (1636) 369); vgl. A. FROMM, Exercitationes metaphysicae (1651) 370. Vgl. R. DE ARRIAGA, SJ, Cursus philosophicus (1632) 181a-b: „... dupliciter posset aliqua res habere naturalem significationem alterius, vel quia ex se est effectus, aut causa necessaria illius. ... Aliter posset realiter repraesentare rem propter similitudinem physicam cum illa..."; vgl. JOHANNES A STO. THOMA, OP, Ars logica (1948) 355b, s. Anm. 199; F . BONAE SPEI, OCarm, Comment, tres in univ. Arist. Philos. (1652) l i b : „Signum [sc. naturale] non male ... dividitur in signum a priori, ut causa respectu effectu necessarii; a posteriori, ut effectus respectu causae necessariae; et a proportione, ut statua respectu Caesaris..."

264

Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

eigentlichen Sinn gilt. Bei der Verortung dieser Zeichen in der Dichotomie von

signum naturale und signum ad placitum hatte man die Wahl zwischen dem Aquivokwerden des Begriffs der impositio (Celaya, Lokert, Manderston), der Preisgabe der traditionell vorausgesetzten Synonymie von ad placitum und ex impositione (Hagenauer Kommentar, Pschlacher, Maior, Lax, Dolz) oder der Aufgabe der strikten Dichotomie selbst (Soto). In der Logik um 1 5 0 0 wurde das signum ex consuetudine als Unterart des signum ad placitum behandelt, was entweder dadurch erreicht wurde, daß es als eine besondere Form der impositio virtualis o.ä. konzipert wurde, oder aber so, daß man es als eigene Unterart des signum ad placitum selbstständig neben die eingesetzten Zeichen treten ließ. Diese Weise der Einordnung des gewohnheitsbedingten Zeichens bleibt weiterhin eine häufig vertretene Position. Toletus erwähnt das signum ex consuetudine als ein solches, das weder aufgrund seiner Natur, noch aufgrund einer menschlichen Einsetzung („nec ex natura sua, nec ex humano instituto") sondern aufgrund einer Gewohnheit den Zeicheninterpreten zur Erkenntnis des Signifikats kommen läßt. 323 Um die sich hiermit eröffnende Möglichkeit einer förmlichen Trichotomie zu vermeiden, wiederholt Fonseca die in der Logik um 1 5 0 0 geläufige Figur unter Verwendung einer leicht veränderten Terminologie. Bei ihm tritt als übergeordnete Gattung der nichtnatürlichen Zeichen an die Stelle des signum ad placitum das - mit diesem der Sache nach identische - signum ex institutione, welches sich unterteilt in die Arten des förmlich eingesetzten (signum ex impositione) und des in einer Gewohnheit oder einem willkürlichen Gebrauch begründeten Zeichens. 3 2 4 Eine solche Reduktion des signum ex consuetudine auf willkürliche Zeichen vertritt auch Hurtado de Mendoza. 3 2 5 Vallius betont, offenbar mit Bezug auf Fonseca, daß die Unterteilung der nichtnatürlichen Zeichen in die zwei Genera (ex impo-

sitione - ex consuetudine) und die dadurch bedingte Abhebung des signum ex

323

324

F. TOLETUS, SJ, In lib. 1 Periherm. c . l , q.2, in: Introductio in universam Arist. log. (1615) 1.208f: „Signum ex consuetudine est, quod nec ex natura sua, nec ex humano instituto, alterius facit cognitionem, sed ex quadam consuetudine; sicut canis saepe aliquem sequens praevisus inducit illius cognitionem: et mappae appositae sunt signa prandij ex quadam consuetudine, quia prope tempus prandij soient apponi mappae." P. FONSECA, SJ, Inst. dial. ( 1 5 7 2 ) 1 3 : „Signa ... ex instituto sunt, quae ex hominum volúntate et quadam quasi compositione significant. Quorum rursus duo sunt genera. Nam quaedam significant ex impositione, utpote voces, quibus homines colloquuntur, et scripta, quibus absentes inter se communicant: alia ex consuetudine et communi usurpatione, quo pacto ea quae foribus appenduntur significant res venales." Dasselbe Klassifikationsschema findet sich bei dem in logischen Dingen stark von Fonseca abhängigen J. H. ALSTED, Metaphysial ( 1 6 1 6 ) 1 8 8 ; vgl. auch H . L. CASTANEUS, Celebriorum distinctionum tum philosophi-

carum tum theologicarum synopsis 325

(1659) 425.

P. HURTADO DE MENDOZA, SJ, Disput, de univ. philos. (1617) 144: „Signum aliud naturale... Aliud signum est ad placitum (ad quod reduco signum ex consuetudine) quod ... ex intrinseca sua natura non repraesentat rem, sed ex mero hominum libito."

Die Zeichenklassifikation

265

consuetudine vom eingesetzten oder konventionellen Zeichen nicht impliziert, daß es deshalb weniger ad placitum sei. 326 Den Unterschied zum förmlich eingesetzten Zeichen begründet Franciscus Bonae Spei mit der Partikularität und 'Privatheit' der Einsetzung durch einzelne Menschen oder Regionen. 327 Das Fehlen der öffentlichen, allgemeinverbindlichen Autorität ist damit Charakterisitikum des signum ex consuetudine.328 Gewohnheit ist diesem Verständnis nach partikuläre Gewohnheit, ist Abweichung vom allgemeinen Zeichengebrauch der umfassenden Sprechergemeinschaft. Für Balthazar Tellez ist die begrenzte Allgemeinheit des gewohnheitsbedingten Zeichens gerade Ausweis seiner Verschiedenheit vom natürlichen, idem apud omnes bezeichnenden Zeichen. Indem er die Zeichen zunächst in natürliche und nichtnatürliche distinguiert und letztere weiter unterteilt in die signa ad placitum oder ex instituto kann er die problematische und von Araujo kritisierte Abgrenzung von 'ex impositione' und 'ex institutione', wie sie sich bei Fonseca ergab, vermeiden. 329 Während nach Octavius Cattaneus die willkürlichen Sprachzeichen sich einer rechtskräftigen vertraglichen Vereinbarung verdanken, gründet die Signifikanz der signa ex consuetudine allein in ihrem Gebrauch. 330 Nicolaus a S. Iohanne

326

P. VALLIUS, SJ, Logica ( 1 6 2 2 ) 6 2 0 b : „Quamvis ... aliqui distinguant signa ilia, quae non sunt ex natura rei, in duo genera; nimirum in ea, quae significant ex impositione, et veluti conventione; et ea, quae ex consuetudine, seu communi usurpatione, etiam si nulla fuerit compositio seu conventio; haec tamen duo genera signorum omnia sunt ad placitum, et non ex natura rei, et parum refert quomodo hoc placitum ab aliis omnibus intelligatur et recipiatur, et in nominibus, et vocibus huiusmodi distinctio locum non habet, quia debent homines vel ea conventione expressa, vel tacita, et virtuali significare."

327

F. BONAESPEI, OCarm, Comment, tres in univ. Arist. Philos. ( 1 6 5 2 ) I l a : „... signa illa (seil, mappae appositae; canis herum sequens) esse ex instituto, non quidem communi, sed privato certarum personarum, et Provinciarum: si quis enim canem semper abegisset non sequeretur, et si mensa semper strata teneretur, mappa prandium non significaret, potius quam merendam."

328

P. M . CAUVINUS, OP, Cursus philometaphysicus ( 1 6 9 2 ) 15: „(signum) Dividitur ... in naturale et ad placitum, ad quod etiam reducitur signum ex consuetudine, quod nempe ex solo usu sine publica authoritate, vel impositione repraesentat ut ramus ante tabernam, quod est signum vini vendibilis."

329

B. TELLEZ, SJ, Summa univ. philos. ( 1 6 4 2 ) 7 7 : „... mappae appositae sunt signa prandij: haec autem et similia signa, non sunt signa naturalia, quia signa naturalia idem apud omnes significant ex naturali proportione, quod non convenit his signis... Quapropter, ut ... divisio (sc. in sign, naturale und sign, ex institutione) adaequate fiat in duo membra sic proponenda est, ut fiat in signa naturalia et non naturalia: signa autem naturalia constituant unam veluti speciem infimam formaliter sumptam: signa vero non naturalia dividantur in duas veluti species, quia signa, quae non naturaliter significant aut habent vim significandi ex placito et humano volúntate, et sunt signa ex instituto, aut habeant hanc vim significandi ex humana consuetudine, et constituunt hanc aliam speciem signorum de novo, quae merito dicentur signa ex consuetudine."

330

O. CATTANEUS, SJ, Cursus philosophicus, t . l ( 1 6 7 7 ) 6 9 1 : »... signum ad placitum ... usurpatur a libera volúntate hominum ad aliquid significandum. Huiusmodi signum aliud est signum ex consuetudine, quod nimirum usus invaluit, ut aliquid significaret, ita sonus aeris

266

Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

Baptista betont dagegen die Willkürlichkeit der Gewohnheitszeichen unter Insistenz auf dem Fehlen einer notwendigen Verbindung von Zeichen und Bezeichnetem und versucht das in Abwandlung des häufig verwendeten Beispiels der ausgelegten Servietten als Gewohnheitszeichen für das bevorstehende Mahl mit Hilfe eines gleichsam 'pawlovschen' Gedankenexperiments zu belegen. Der Hund wird, wenn er wahrnimmt, daß der Tisch gedeckt wird, aufgrund einer durch frühere Wahrnehmungen im sinnlichen Gedächtnis bedingten Assoziation das bevorstehende Essen vorhersehen. Weil solches auch für den menschlichen Betrachter zutrifft, galt das signum ex consuetudine seit Soto oftmals als natürliches Zeichen. Nicolaus a S. Iohanne Baptista sieht das anders, indem er das Fallbeispiel nicht aus der Perspektive der Zeichenrezeption, sondern aus der des Zeichengebrauchs betrachtet. Nach ihm bleibt der Mensch nämlich Herr dieser Zeichen, da er in der Lage ist, sie willkürlich zu verwenden, indem er das Essen aufschieben und den Hund hierdurch täuschen kann.331 Erstmals wurde die gewohnheitsbedingte Signifikation in der zweiten Auflage der Summulae von Domingo de Soto auf natürliche Bedingungen zurückgeführt. Diese Reduktion auf das signum naturale wird im späteren 16. und 17. Jahrhundert insbesondere von Thomisten übernommen.332 Sie findet sich jedoch verschiedentlich auch bei Scotisten.333 Araújo moniert gegenüber Fonseca die Unzulässigkeit einer Abhebung des 'ex impositione' vom 'ad placitum' und meint, die Gewohnheit konstituiere einen auf natürliche Weise inklinierenden Habitus. Aufgrund seines metaphysischen, relationstheoretisch fundierten Zeichenkonzepts ist er jedoch gezwungen, das signum ex consuetudine als eine le-

331

332

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Campani significat ex consuetudine principium lectionis: signum ex pacto est illud, quod inducit in cognitionem alterius rei dependenter a pacto, sive obligatione." NICOLAUS A S . IOHANNE BATTISTA, Philosophia augustiniana ( 1 6 8 7 ) 2 3 f: „Quaeres ..., an in hac divisione (sc. signum naturale - ad placitum) includatur signum, quod ex consuetudine dicitur. Resp. includi, quia ex libero hominum placito provenit, quod ita significet: nam etsi canis videns sterni mensam, accedat, praevidens propinquam mensam; attamen sternere mensam non habet naturalem, aut necessariam connexionem cum propinqua comestione: canis vero movetur ex memoria sensitiva, quando enim videt sterni mensam excitantur in eo species commestionis, ideoque accedit: sed si differatur prandium, remanet illusus, ex quo patet esse signum ad placitum; quia placitum fuit hominibus, quod sternere mensam significet propinquam comestionem." Vgl. THOMAS DE MERCADO, Commentarios lucidísimos al texto de Pedro Hispano (1572) (1986) 5 9 ; D. MASIUS, OP, Comment, in duos lib. Arisi, de Int. (1617) 9a: „Animadvertit... Sotus signa ex consuetudine revocari ad naturalia. sunt enim fere naturalia, ut visis mappis appositis in mensa, statim cognoscimus esse horam prandij." Vgl. J . PONCIUS, O F M , Philosophiae ad mentem Scoti cursus integer (1659) 2 6 7 b : „... intelligi per signum naturale illud quod significat independenter ad instituto, sive ex natura sua intrinseca, sive ex aliquo alio accidente id ipsi competat. H o c autem sine dubio competit adventui canis: nam ex eo quod saepe videbatur advenire cum domino, proposito adventu ipsius, excitatur species adventus domini."

Die Zeichenklassifikation

267

diglich unvollkommene Art des natürlichen Zeichens aufzufassen, da jenem die gewöhnlich beim signum naturale gegebene relatio realis nicht zukommt. 3 3 4 In Anlehnung an die von Soto in der ersten Auflage seiner Summulae

noch

vertretenen Trichotomie des Zeichens behauptet sein Schüler Toletus: Signum in communi triplex est. Quoddam naturale: quoddam voluntarium, sive ex instituto, vel ad placitum, quod idem est: Quoddam ex consuetudine quadam. - (Das Zeichen im allgemeinen ist dreifach. Eines ist das natürliche: ein anderes das willentliche bzw. durch Einsetzung oder gemäß Übereinkunft gebildete, was dasselbe ist: wieder ein anderes ist Zeichen aufgrund einer gewissen Gewohnheit.)335 Abweichend von Fonsecas, zur Vermeidung einer solchen Trichotomie intendierten Subordination unter das signum ex institutione legen viele jesuitische Autoren im Anschluß an Toletus mehr Gewicht auf die Eigenständigkeit des signum ex consuetudine. Ihnen zufolge ist es als eigener Zeichentypus gleichrangig auf derselben Ebene angesiedelt wie das willkürliche und das natürliche Zeichen, mag es auch, wie Rubius betont, eine große Ähnlichkeit mit dem letzteren aufweisen, da die Gewohnheit selbst nichts anderes ist als eine „zweite Natur". 3 3 6 In diesem Sinn konstatiert auch Izquierdo: „Signum in primis est triplex". Er definiert das signum ex consuetudine als dasjenige, „quod supposita consuetudine oriunda ab hominum arbitrio aliud notificat quoquo modo" (welches unter der Voraussetzung einer aus dem menschlichen Willen entstandenen Gewohnheit etwas anderes auf irgendeine Weise bezeichnet). Damit wird nach Izquierdo jede menschliche Handlung oder Gewohnheit zum Zeichen des-

334

335 336

F. ARAV, OP, Comment, in univ. Arist. Met. t. I. ( 1 6 1 7 ) 3 5 6 a - b : „... Fonseca ... dicit, signum prima sui divisione dividi in signum naturale, et in signum ad placitum; et hoc subdividi in signum ad placitum ex impositione, et in signum ad placitum ex consuetudine. Itaque in sententia huius auctoris ( 3 5 6 b ) signum ex consuetudine est vere et complete species signi ad placitum, condistincta a signo ex impositione. Sed haec solutio mihi non placet. T u m , quia significare ex impositione, et significare ad placitum, sunt idem adacquate, et convertibiliter. Placitum enim hominum non nisi quaedam libera institutio est... T u m ... quia consuetudo vertitur in natura, quatenus ex illa generatur habitus inclinans ad instar naturae: et ideo visis mappis, naturaliter recordamur prandij, propter consuetudinis inclinationem. Unde melius S o t o ... signum ex consuetudine sub signo naturali, tamquam quid imperfectum, comprehendit; quod quia imperfectum est in ilio genere, numquam pervenit ad tantam perfectionem, ut eius significatio sit realis, sed est rationis, habens quodammodo fundamentum in consuetudine, quae imitatur naturarci." F. TOLETUS, SJ, Introducilo in univ. Arist. log., In lib. 1 Periherm. c . l , q . 2 ( 1 6 1 5 ) I, 2 0 8 b . A. RUBIUS, SJ, Logica mexicana ( 1 6 0 5 ) 2 0 : „Omisso signo improprio, subdividitur proprium in naturale, ad placitum, et ex consuetudine, quod certe magna cum naturali similitudinem habet, cum consuetudo ... altera sit natura." Als eigenständige Zeichenklasse neben

dem signum naturale und ad placitum findet sich das signum ex consuetudine u.a. bei M. CAXOL, Dialéctica ( 1 6 3 3 ) fol. lOv; vgl. V . MUÑOZ DELGADO, El compendio de 'Dialéctica' ( 1 6 3 3 ) de Martín Cajol, professor de la Universidad de Huesca: Estudios 2 7 ( 1 9 7 1 ) 2 2 0 ; Β. F. SCHMIDT, SJ, Expeditio dialéctica altera pro signis ( 1 6 6 6 ) 2 : „(Signum) Naturale, pro differentia habet connexionem naturalem: ex instituto ob connexionem a volúntate hominum dependentem, ex consuetudine vero ob connexionem experimentalem potentiae cognoscenti aliquid manifestat."

268

Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

sen, was mit Regelmäßigkeit aus ihr zu folgen pflegt („universim quidlibet solitum ab hominibus fieri notificat id, quod ex eo regulariter sequi solet"). 337 Bei Petrus de Comitibus dagegen bezeichnet es eher die Voraussetzung seiner Verwendung. Denn es handelt sich um solche Zeichen, deren Verbindung zum Signifikat in einer allmählich entstandenen Gewohnheit fundiert ist, sie nur dann zu verwenden, wenn die 'Sache', deren Zeichen sie sind, tatsächlich der Fall ist. In diesem Sinne ist etwa das purpurne Gewand Zeichen der Königswürde.338 Der Fonsecaschüler Francisco Duarte wendet sich sowohl gegen die Ansetzung einer eigenen dritten Zeichenklasse des natürlichen Zeichens, wie gegen die einseitige Reduktion des Gewohnheitszeichens auf das natürliche oder das willkürliche Zeichen und schlägt eine flexiblere, die jeweilige Fundierung der Gewohnheit berücksichtigende Zuordnung vor: Ist die Gewohnheit in der Natur der Sache begründet, kann die entsprechende significatio auf ein naturaliter significare reduziert werden, ist sie es nicht, auf ein significare ad placitum.339 Diesen Ansatz der fallweisen Reduktion des gewohnheitsbedingten Zeichens auf das natürliche oder das willkürliche übernimmt auch Johannes a Sto. Thoma und arbeitet ihn weiter aus. Dabei verwendet er jedoch andere Einteilungskriterien als Duarte. Nach Johannes a Sto. Thoma ist hinsichtlich jener Zeichen, „die nicht aus irgendeiner öffentlichen Einsetzung..., sondern allein durch den Willen Einzelner, welche sie häufig verwenden, zur Bezeichnung von irgend etwas angepaßt werden" (quae non publica aliqua institutione, ... sed ex sola volúntate particularium frequenter illis utentium ad aliquid significandum accommodantur) zu unterscheiden, ob die Gewohnheit etwas zum Zeichen einsetzt, in welchem Fall es sich um ein signum ad placitum handelt, oder ob sie einfachen den konstanten Gebrauch einer Sache besagt, aufgrund dessen diese zum Zeichen von etwas anderem wird. In diesem Fall kann das signum ex consuetudine auf das signum naturale zurückgeführt werden. Ist die Gewohnheit dort die Ursache des Zeichens (z.B. „populus consuetudine sua introducat ... aliquem vocem ad

S . IZQUIERDO, S J , Pharus scientiarum ( 1 6 5 9 ) 104b. 338 p E T R U S D E COMITIBUS, OESA, Philosophia rationalis ( 1 6 7 1 ) 4 9 4 : „Signa ex consuetudine sunt ilia, quae habent connexionem cum re significata, ex eo quod paulatim inducta fuerit consuetudo, illa non adhibendi, nisi quando datur tale obiectum, cuius sunt signa, ut est paludamentum purpureum, ad significanda, regiam dignitatem." Solche bekleidungssemiotischen Beipiele für das signum ex consuetudine findet man recht häufig. Vgl. C. SFONDRATI, Cursus philosophicus t. 1 ( 1 6 9 6 ) 4 4 8 : „... signum ad placitum ... vel est signum ex pacto, v.g. voces; vel ex quasi pacto, ν.g. Sacramenta, quae sunt signa gratiae; vel ex mera consuetudinem ut vestís mulieris signum mulieris, corolla florea signum virginitatis, e t c . " 337

339

F. DUARTE, SJ, Comment, in univ. logicam Arist. (1585/86) fol. 5v-6r: „... significare contingit dupliciter scilicet naturaliter et ad placitum... (6v) Alii addunt tertium membrum sive significare ex consuetudine ut mappae significant prandium, et ... S o t o h o c reducat ad significare naturaliter. Forsan melius dices, quod sive ilia consuetudo fundatur in natura rei, ut quod canis praecedat dominum, et talis significatio reducit ad significare naturaliter, sive non fundatur in natura rei, et sic reducit ad significare ad placitum, ut mappae significant prandium."

Die Zeichenklassifikation

269

significandum), so verhält sie sich hier nach Art einer Wirkung, welche zur Erkenntnis ihrer Ursache hinführt: Die Gewohnheit, mit Servietten zu essen, ist der Grund dafür, daß die ausgelegten Servietten zum Zeichen des bevorstehenden Mahles werden; ebenso, wie auch jede Induktion in der Häufigkeit bzw. der Gewohnheit, etwas sich oftmals ereignen zu sehen, fundiert ist. 340 Da jede Wirkung natürliches Zeichen ihrer Ursache ist, kann auch die Gewohnheit, zumal durch die mit ihr verbundene Häufigkeit befestigt und bestätigt, zu einem solchen werden. 341 Sie geht zwar aus freien Akten hervor. Das widerspricht jedoch nicht dem natürlichen Charakter einer solchen gewohnheitsbedingten Semiose. Denn ihr Formalgrund besteht nicht in einer freien äußerlichen Einsetzung oder in den einzelnen, an sich freien Akten, sondern in deren Häufigkeit und dem durch ihre Widerholung gleichsam als natürliche Wirkung generierten Habitus. Das signum ex consuetudine ist damit die ehemals freie und willkürliche Handlung, die im Laufe ihrer Wiederholungen ihre Willkürlichkeit qua Habitualisierung gegen ihre Zeichenhaftigkeit eingetauscht hat. 342

Vgl. JOHANNES A SANCTO THOMA, OP, Ars logica (1948) 719ab: „Si consuetudo respiciat aliquod signum, destinando illud et proponendo pro signo, tale signum fundatum in consuetudine erit ad placitum. Si vero consuetudo non proponat aliquid vel instituât pro signo, sed dicat simplicem usum alicuius rei et ratione illius assumatur aliquid in signum, tale signum reducitur ad naturale. Itaque consuetudo vel potest esse causa signi, sicut si populus consuetudine sua introducat et proponat aliquam vocem ad significandum; vel potest se habere ut effectus, qui nos manuducit ad cognoscendam suam causam, sicut canis frequenter visus comitari aliquem manifestat, quod sit dominus eius, et consuetudo comedendi in mappis manifestat nobis prandium, quando mappas videmus appositas, et in universum fere omnis inductio fundatur in frequentia et consuetudine, qua videmus aliquid saepe fieri." - Letzteres entspricht der von Roland Barthes in die neuere Semiologie eingeführten Theorie der universellen Semantisierung der Gesellschaft, welche besagt, daß „sobald es eine Gesellschaft gibt, ... jeder Gebrauch zum Zeichen dieses Gebrauchs [wird]". Vgl. R. BARTHES, Elemente der Semiologie (1981) 36. 3 4 1 Vgl. JOHANNES A SANCTO THOMA, Ars logica (1948) 7 1 9 b - 7 2 0 a : „... consuetudo, ut est quidam effectus, ducit nos in cognitionem suae causae eo modo, quo alii effectus suas causas ostendunt; et multo magis consuetudo, quam alii effectus, quia frequentia efficiendi aliquid firmat, quod illud sit effectus talis causae. Sed omnis effectus repraesentat suam causam, in quantum procedit ab illa, et ita habet aliquam convenientiam et proportionem. Ergo (720a) talis significatio fundatur in aliquo naturali, scilicet in processu effectus a sua causa et convenientia cum ilia. Ergo consuetudo ut effectus fundans significationem reducitur ad causam naturalem." 342 Vgl. ebd. 720ab: „Primo arguitur, quia consuetudo non est effectus naturalis, sed moralis et liber, ergo non potest fundare rationem signi naturalis. ... Antecedens ... probatur, quia consuetudo est idem, quod mos, a quo actus dicuntur morales... (720b)... respondetur..., quod licet a sua causa libera procedat et sie denominetur effectus liber, tarnen ratio formalis significandi non est aliqua libera deputatio, sed ipsa frequentia et repetitio actuum, et haec naturaliter significat, quia non moralis, id est extrínseca deputatio, quae solum rnoraliter denominat, sed intrinseca processio actuum eorumque frequentatio et multiplicatio constituit signum ex consuetudine. Ergo naturaliter convenit illi significatio, sicut etiam actus liberi multiplicati générant habitum tamquam naturalem effectum et non liberum."

340

270

D a s Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

Dieses Verfahren, die signa ex consuetudine fallweise auf das natürliche oder willkürliche Zeichen zurückzuführen, wird im 17. Jahrhundert zum vorherrschenden. Der Rekurs auf die Habitualisierung und die Regularität einer Handlungsfolge als der Grundlage für die Reduktion eines Teils der signa ex consuetudine auf das signum naturale, wie Johannes a Sto. Thoma ihn vorschlägt, ist sicherlich sachgerechter als deren Begründung durch die Fundierung der Gewohnheit in der Natur der Dinge, wie sie Duarte unternommen hatte. Dennoch wird, obwohl der Begriff der natura rei hier letztlich unbestimmt bleibt, in der Regel gerade diese übernommen. 343 Die Konsequenz ist eine Unsicherheit in der Zuordnung des Standardbeispiels der rnappae, die mal als willkürliche Zeichen, 3 4 4 mal als natürliche 345 geführt werden.

343

Vgl. D. DERODON, Logica restituía ( 1 6 5 9 ) 4 9 5 : „Signa ex consuetudine referuntur ad signa naturalia, si consuetudo fundetur in natura rei; ad signa vero ex instituto, si consuetudo fundetur tantum in volúntate et beneplacito."; C. SFONDRATI, Cursus philosophicus t. 1 ( 1 6 9 6 ) 4 5 3 : „Signum ex consuetudine est verum signum: sed aliquando est signum ad placitum, aliquando naturale. Ad placitum, si consuetudo ilia sit placito et approbatione totius Reipubl. acceptata, ut videlicet res aliqua aliud significet; talis enim consuetudo vim habet legis. Sic corolla floribus intexta puellarum capitibus imposita signum est virginitatis ex consuetudine apud Helvetos recepta. Aliquando erit signum naturale. Sic praecursio canis significat Dominum secuturum, quia haec praecursio et adhaesio est naturalis cani, qui naturaliter herum amat et comitatur."; P. RENTZ, OSB, Philosophia ad mentem angelici doctoris divi Thomae Aquinatis ( 1 7 1 4 ) 5 3 8 : „Signum experimentale seu ex consuetudine est, quod praeter se aliquid aliud repraesentat ex usu, vel communi hominum acceptione, ut hederá foribus appensa significat vinum vendibile. At vero hoc signum ex consuetudine non constituit peculiarem signi speciem condistinctam a naturali et voluntario, sed reductive vel ad signum naturale pertinet, si consuetudo fundetur in natura, vel ad signum voluntarium, si fundetur in volúntate humana."

344

Vgl. F. GONÇALEZ, S], Logica tripartita ( 1 6 3 9 ) 9 1 b - 9 2 a : „... ut iudicetur, an aliquid sit signum naturale, solum inspiciendum est modus significandi, quem habet postquam a Deo, vel ab alia causa libera factum est; et cum is modus significandi sit insitus a natura creaturis effectis, et non aliunde ipsis impositus ex alicuius beneplacito, propterea signa naturalia censentus. Ad hoc signum naturale reducuntur primo signa, quae vocant ex consuetudine naturali, ut et praecursus caniculi significans adventum Heri ... (92a) ... Ad hoc signum (se. ad placitum) pertinent non solum voces, quas dixi, sed res plurimae, quae impositae sint ad res alias significandae ... et item signa quae vocantur ex consuetudine, si tarnen consuetudo sit ex impositione libere volentium, ut mappae stratae, quae signa sunt horae prandendi, et ramus ante tabernam, qui significat ad placitum vinum venale..."; TH. COMPTON CARLETON, SJ, Philosophia universa ( 1 6 4 9 ) 157ab: „Signum ad placitum est, quod licet ex natura sua non habeat vim aliquid significandi, habet tarnen beneplacito hominum, sive id impositione fiat, sive consuetudinem ex tacita scilicet hominum conspiratione; et consensu.... signum ex consuetudine est hederá appensa quae vinum significat vendibile; mappa positae caenam etc. licet signum ex consuetudine nonnumquam ad naturale revocari possit, quia in natura fundatur, ut si canis visus denotet adventum Domini, quia ilium solet comitari. Unde signum ex consuetudine semper vel ad naturale signum reducitur, vel ad signum ad placitum."

345 YG| Ρ OHM, OP, Summa philosophica ( 1 6 9 2 ) 9 9 : „Signum instrumentale dividitur in naturale et ad placitum. naturale est, quod ex sua natura remota hominum institutione idem significat apud omnes. tale signum est fumus respectu ignis, et universaliter, effectus respectu sua causae. Signum ad placitum est quod non significat ex sua natura, sed ex insti-

271

Die Zeichenklassifikation

Bei Antonius Bernaldus de Quiros wird das signum

ex consuetudine

weder

der klassischen Zeichendistinktion von signum naturale und signum ad placitum an untergeordneter Stelle eingegliedert noch auch diesen als gleichwertige Zeichenklasse zur Seite gestellt, sondern es beginnt vielmehr, sich auf das ganze Gebiet der Zeichen auszudehnen. Es hat nicht mehr den Status einer bestimmten und damit extensional beschränkten Zeichenklasse, sondern avanciert zum Grund der Signifikanz der instrumenteilen Zeichen schlechthin, denn: si bene notetur nobis nihil signum est, nisi ex consuetudine; ñeque enim ex fumo aliter cognoscimus ignem, nisi quia assueti sumus videre fumum coniunctum cum igne - (recht betrachtet, ist für uns etwas nur kraft Gewohnheit ein Zeichen; denn auch durch den Rauch erkennen wird das Feuer nur deshalb, weil wir gewohnt sind, den Rauch in Verbindung mit Feuer wahrzunehmen.) 346

Die Gewohnheit dringt damit gleichsam ins Innere des Zeichens ein, beschreibt den Grund seines Funktionierens, d.h. den Grund der jeweiligen Verbindung der Idee des Zeichens mit der Idee des Bezeichneten. Sie hat hier genau jene Funktion, die in der Maior-Schule dem mit der consuetude eng verbundenen Begriff des instinctus naturalis zukam. 3 4 7 In gewisser Weise befindet man sich hier am Fluchtpunkt jener sich in der Logik um 1 5 0 0 abzeichnenden Kon-

vergenz von signum ad placitum ex consuetudine und signum naturale ex instinctu naturae, von dem aus betrachtet die Differenz von willkürlich eingesetztem und natürlichem Zeichen sich insofern aufzulösen beginnt, als es hier nicht um die objektive Fundierung der Zeichenrelation in einer Ähnlichkeit, Kausalbeziehung oder menschlichen Einsetzung geht, sondern um den subjektiven Grund des Funktionierens der Zeichen. Was sich damit andeutet, ist die Möglichkeit einer Beschreibung des Zeichens allein über die Konstanz und Regularität seiner Verbindung mit dem Bezeichneten, unabhängig davon, wie diese Verbindung sachlich fundiert ist. Denn daß A als Zeichen von Β fungiert, gründet unmittelbar nicht in einem etwaigen Kausalverhältnis zwischen beiden, sondern in der Konstanz der Verbindung zwischen der Wahrnehmung oder dem Begriff von A und B, welche selbst wiederum unmittelbar entweder in einer Gewohnheit (signum ex consuetudine) oder in einer Disposition des zeicheninterpretierenden Vermögens (signum ex instinctu naturae) fundiert ist. Es ist nicht verwunderlich, daß sich eine solche Perspektive auf das Zeichen überall dort nahelegt, wo der Kausalitätsbegriff problematisch geworden ist. Insofern wird der Zeichenbegriff von Berkeley und

346 347

tutione hominum. hoc modo voces sunt signa rerum. Ad haec duo signa reducitur signum ex consuetudine. Si consuetudo fundatur in ipsa rei natura, tunc signum ex consuetudine est naturale, sic mensa praeparata, quae alias est signum ex consuetudinem reducitur ad signum naturale, nam fundatur in ipsa rei natura, cum mensa ordinarie non propter aliud praeparatur, quam ob comestionem. Si vero consuetudo fundatur in volúntate hominum, est signum ad placitum, quale signum est ramus ante tabernam." Vgl. A. BERNALDUS DE QUIROS, S J , Opus philosophicum ( 1 6 6 6 ) 193a. S. o., S. 145ff.

272

Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

Reid deutliche Parallelen mit dem Konzept des signum ex consuetudine bzw. dem seines spätscholastischen Pendants, des signum ex instinctu naturae aufweisen. 3 4 8

F. Die Theorie der Sprachzeichen. Wenn auch in der scholastischen Philosophie des 17. Jahrhunderts die durch die aristotelische Schrift Peri hermeneias markierte Systemstelle des logischen Cursus zum Ort einer vorher nicht in diesem Maße anzutreffenden generellen Thematisierung des Zeichens geworden ist, bildet die Erörterung der Sprachzeichen, der voces und scripta, doch nicht nur den äußeren Anlaß der Zeichentheorie, sondern in der Regel auch den Fluchtpunkt, auf den hin diese ausgerichtet ist. Hierbei geht es vornehmlich um die verschiedenen Aspekte der Signifikation sprachlicher Ausdrücke. Die in der scholastischen Logik des 17. Jahrhunderts breit diskutierte Theorie der Sprache erforderte eine eigene Darstellung. Im Folgenden kann sie nur in groben Umrissen skizziert werden. Bei der Erörterung der Sprachzeichen stehen, aufs Ganze gesehen, drei Fragen im Vordergrund: 1) die Frage nach dem Grund der Signifikation sprachlicher Ausdrücke. Das ist die Frage danach, ob sie naturaliter oder ad placitum bezeichnen. In diesen Zusammenhang gehört die gesamte Problematik der Sprachinstitution sowie der Geltung sprachlicher Bedeutung. 2 ) die Frage nach dem Zielpunkt sprachlicher Bezeichnung, danach also, was das Signifikat der sprachlichen Ausdrücke ist, die res, die conceptus oder beides. Hierbei handelt es sich um die Fortsetzung der alten „magna altercatio". 3 4 9 3) Die Frage nach dem Maß der Bedeutung (mensura significationis) sprachlicher Ausdrücke. Diese wird in der Regel in der Form „utrum voces possint rem perfectius significare audienti quam sit nota loquenti" (Ob die sprachlichen Ausdrücke eine Sache auf vollkommenere Weise bezeichnen können, als diese dem Sprecher bekannt ist) gestellt. Ich werde mich im Folgenden auf die beiden ersten Fragen beschränken.""

348

349 350

Vgl. G. BERKELEY, The Theory of Vision vindicated and explained, sect. 39, Works (194857) 1.264. s. Kap. VI, Anm. 225; TH. REID, Inquiry into the Human Mind, V, 3, Phil. Works (1895) 1.122, s. Kap. VI, Anm. 230. S. Kap. II, Anm. 177. Eine Darstellung dieser Thematik am Beispiel von Compton Carleton findet sich bei J. P. DOYLE, Thomas Compton Carleton, S.J.: On Words Signifying More Than Speakers or Makers Know or Intend: Modem Schoolman 66 (1988-89) 1-28. Die mittelalterliche Vorgängerdiskussion, an die, wenn auch unter Veränderung der Frageperspektive, das 17. Jahrhundert anknüpft, präsentiert E. J. ASHWORTH, „Can I speak more clearly than I understand?" A Problem of Religious Language in Henry of Ghent, Duns Scotus and Ockham: Historiographia linguistica 7 (1980) 29-38.

Die Theorie der Sprachzeichen

273

1. Der Grund der Signifikation sprachlicher Ausdrücke. Wenn es sich, wie mit Aristoteles, Augustinus und Boethius feststand, bei den Sprachzeichen nicht um natürliche Zeichen handelte, mußte nicht allein erklärt werden, warum der an sich bedeutungslose Laut etwas bezeichnet, sondern ebenso, warum er, und das offenbar über einen längeren Zeitraum hinweg, für alle Mitglieder einer Sprechergemeinschaft - mehr oder weniger - dasselbe bezeichnet. Nicht allein die Signifikanz, auch die allgemeine Geltung sowie die relative Konstanz der Signifikation sind erklärungsbedürftig. Die Meinungen darüber, wie die aristotelische Formel des κατά συνθήκην zu verstehen sei, gehen bekanntlich weit auseinander. Das Deutungsspektrum reicht von der bloßen Zusammensetzung lautlicher Elemente („secundum compositionem") bis zum Verständnis im Sinne von „historisch eingerichtet". 351 Die von Boethius durchgesetzte Übersetzung mit „secundum placitum" vermag jedoch, ganz gleich, wie diese Formel ihrerseits aufgefaßt werden mag, ohne weiteres kaum eine hinreichende Begründung für die Konstanz der Signifikation in Raum und Zeit liefern. Die signa ad placitum bezeichnen, das hebt sie gerade von den natürlichen Zeichen ab, zwar nicht idem apud omnes?51 Dennoch meint das ad placitum eben nicht die Beliebigkeit der jeweiligen Sprachverwendung. Eine Möglichkeit, die Sprache trotz des arbiträren Charakters ihrer Elemente nicht der völligen Beliebigkeit preiszugeben, besteht darin, das placitum an ein singuläres Subjekt zu binden und als den Willensentschluß des ersten Spracheinsetzers zu deuten: „Ad placitum ... est significatio termino imposita secundum placitum instituentis." 353 Die Annahme einer ersten Spracheinsetzung - die im scholastischen Diskurs zunächst in der Regel übrigens nichts mit der Lehre vom adamitischen Sprachursprung zu tun hat - wird vielfach als notwendig erachtet, um die Verbindlichkeit sprachlicher Signifikation ableiten zu können und das ad placitum sich nicht in die völlige Indifferenz des jeweiligen Beliebens aufzulösen zu lassen. 354 So verstanden, entspricht das ad placitum den in der scholastischen Terminologie oftmals an dessen Stelle tretenden Wendungen von ex institutione 351 352

353 354

S. Kap. I, Anm. 164f. Vgl. F. TITELMANS, Dialecticae considerations libri sex (1557) 192: „... illae (sc. voces) naturaliter significant, quae apud omnes homines ubique locorum sive gentium, idem significant, ut gemitus quem infirmus emittit, dolorem significat... Canis latratus, significat famem aut iram... Ex naturali enim dispositione et influxu habent illae voces, ut sic apud omnes idem significant. Illae vero dicuntur ad placitum significare, quae non idem apud omnes homines repraesentant."

H. GREVE, Tractatuli sex parvorum loycalium perutiles (vor 1497) fol. A4r. Vgl. J. VERSOR, Comment, in Petri Hispani Summulas (1572) fol. 8r: „... si vox significet ad placitum, sua significatio erit variabilis in infinitum, et sic nulla erit certa cognitio de significatione vocis significativae. ... (8v) ... dicitur quod illud quod sit ad placitum cuiuslibet indifferenter variatur in infinitum, non tarnen id, quod determinate sit ad placitum unius, sicut est vox significativa, quae solum ad placitum primi instituentis."

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Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

und ex impositione. Hierdurch kann zwar die im placitum angelegte Vielheit auf eine Einheit gebracht werden. Es bleibt dann jedoch zu erklären, wie diese Einheit sich Allgemeinheit zu verschaffen vermag, d.h. wie der singuläre Willensentschluß zu einem allgemeinverbindlichen wird und der punktuelle Einsetzungsakt synchrone und diachrone Dimensionalität erlangt. Für sich allein genommen reichen die Institutions- oder Impositionsformeln und der Rekurs auf das placitum eines Einzelnen ebensowenig zur Begründung des gemeinschaftlichen Funktionierens von Sprache aus, wie es die augustinische Bestimmung dieser Zeichen als signa data getan hätte. Eine Möglichkeit, diesem Problem aus dem Wege zu gehen, bestand darin, als das tragende Subjekt der Einsetzung oder des placitum nicht einen singulären Sprachinstitutor sondern die Sprechergemeinschaft (communitas) anzusetzen. 355 Damit verlagert sich jedoch lediglich das Problem, bzw. kehrt sich um. Denn so ist zwar die - zunächst zumindest synchrone - Allgemeinheit des placitum garantiert. Es bleibt dann jedoch zu erklären, wie dieses placitum aller sich als ein einheitliches konstituieren konnte. In beiden Fällen wird die Lösung in der Sphäre politischer oder juristischer Begrifflichkeit gesucht. Dort ist es die Autorität, die dem partikulären Willensakt allgemeine Verbindlichkeit verleiht, 356

355

Vgl. JOHANNES BURIDAN, Summulae, tract. 1, hg. v. J . PINBORG ( 1 9 7 6 ) 8 9 : „Sed tu queres quomodo ille voces que sunt nomina et verba sunt ad placitum, utrum ad placitum meum vel tuum. (Dico) quod aliqua sunt (nomina) et verba significativa eorundem et eodem modo uni toti magnitudini communitati: voces latine omnibus latinis et voces gallice omnibus gallicis. Et non est in potestate mea vel tua assignare vel mutare huiusmodi significationem communem, sed hoc fuit in potestate primi imponentis illud ydioma vel primorum imponentium, (qui) ad placitum suum talibus vocibus tales significationes dederunt, sicut et adhuc multi inter se concordes possunt fabricare ad placitum unum ydioma quo uterentur, sicut de illis qui locuntur garganicum [d.h. 'Jargon']."; vgl. J . DORP, Perniile compendium totius logicae ( 1 4 9 9 ) fol. a3vb: „... notandum: quod vox non dicitur significativa ad placitum: quia significet ad placitum meum: vel tuum: aut quia significet ad placitum duorum vel trium: sed quia significat ad placitum totius communitatis vel alicuius habentis auctoritatem in communitate." Vgl. JOHANNES A STO. THOMA, Ars logica ( 1 9 4 8 ) 6 5 5 b 4 7 f : „... impositio et destinatio a república"; vgl. ebd. 6 5 8 b 3 6 ; 6 5 9 a .

356

Vgl. W . MANDERSTON, Compendiosa Dialectices Epitome ( 1 5 2 8 ) fol. b 3rb: „Significare ad placitum ... proprie est significare ex impositione voluntaria alicuius habentis auctoritat e m . " ; vgl. J . TLNCTORIS, Dicta super Summulas Petri hyspani ( 1 4 8 6 ) fol. A8rb: „... ille que significant ad placitum ordinantur ad significandum secundum placitum primi imponentis et habentis auctoritatem impositionis vocis sicut fuerunt patriarche, prophete et ceteri principes quibus est data auctoritas." Ganz ohne die Zustimmung und den Konsens der 'Untergebenen* kommt allerdings auch eine solche 'Autoritätstheorie der Bedeutung' nicht aus. Der Signifikationsdezisionismus wird zwar verschiedentlich recht weit getrieben (vgl. R. DEARRIAGA, SJ, Cursus philosophicus ( 1 6 3 2 ) 182a: „... si vellet Rex ut haec vox ' h o m o ' significaret lapidem, mutaretur illius significatio, eo praecise quod retractavit primam hominum inpositionem liberam, quae iam post retractationem nec moraliter manet."; vgl. Anm. 3 5 8 ) . Aber auch hier gilt, daß der autoritative Willensentschluß gegen den kollektiven Widerstand des Volkes die Signifikation nicht wirksam begründen könnte. Z u r voluntas des Einsetzers muß der consensus subditorum hinzukommen: „...neque in illa volúntate aliam efficaciam agnosco, quam in superioris volúntate, dum mandat ut aliquid fiat, cui

275

Die Theorie der Sprachzeichen hier dagegen der Vertrag oder der Konsens, der die Einheitlichkeit des

placitum

begründet. In beiden Fällen konstituiert der einsetzende Wille die Signifikation der sprachlichen Ausdrücke nach Art eines Gesetzes oder Rechtsinstituts. Z w a r ist das Motiv der Analogisierung von Spracheinsetzung und Gesetzgebung bekanntermaßen alles andere als neu. 3 5 7 D o c h gerade im 1 7 . Jahrhundert scheint das juristische Modell der Konstitution und des Funktionierens von Sprache zum dominierenden Paradigma geworden zu sein. Sprache gilt zumeist als nach Art einer Anordnung oder eines Gesetzes 'erlassen'. 3 5 8 Dabei kann die Sprache insgesamt - teilweise sogar die Rede 3 5 9 - als vertraglicher Verpflichtungszusammenhang erscheinen. Denn allein die aus dem ursprünglichen Stiftungsvertrag resultierende Verpflichtung

(obligatio) aller Mitglieder der

Sprechergemein-

schaft, die sprachlichen Ausdrücke nur gemäß der vertraglich vereinbarten Bedingungen zu gebrauchen, gewährleistet die Verläßlichkeit und Konstanz der Sprache und konstituiert so überhaupt erst die Signifikation der sprachlichen Ausdrücke. 3 6 0 Dieses Modell bot Erklärungsmöglichkeiten für das Problem der

357 358

359

360

tarnen physice possumus absolute resistere, moraliter tarnen tenemur id facere. Unde fateor, si omnes subditi noluissent auctori linguae assentiri, non mansuram eam vocem significativam. Propterea ultra voluntatem illius, requirerem ego consensum subditorum, sicut, ut perseverer ea significatio, requiritur ne populus in universum conveniat ad immutandam eam significationem." (ebd.). Vgl. PLATON, Kratylos 389 a. Vgl. P. HURTADO DE MENDOZA, SJ, Disp. de universa philosophia (1617) 145, vgl. Anm. 120; R. DE ARRIAGA, SJ, Cursus philosophicus (1632) 182a; R. LYNCEUS, SJ, Universa philosophia scholastica (1654) 209b: „... notandum est ..., voluntatem Principis, qua statuit, ut audita quadam voce, certae cuiusdam rei certa ac destinata cognitio in audiente excitetur et in pronuntiante supponitur, efficere posse, ut semper audita ea voce talis habeatur cognitio: ea enim voluntas lex quaedam est: cur ergo a subditis acceptata, et a Principe non retractata respectu sui obiecti efficax esse nequit?" Vgl. O. CATTANEUS, SJ, Cursus philosophicus, t.l (1677) 701: „... locutio est quidam contractus socialis inter loquentem, et audientem unicuique liber, quia unicuique est liberum loqui, vel non loqui, sed hic contractus fundatur in obligatione mutua ex parte loquentis ad non decipiendum auditorem, et ex parte audientis ad fidem habendam loquenti, quia pósito, quod aliquis velit loqui non est sibi liberum se obligare, seu non obligare ad dicendum verum." Vgl. J. Β. GIATTINI, SJ, Logica (1651) 428: „Advertendum ..., quod hic ipso, quod ista signa sunt ad placitum non possent significare commode ad commercia naturae universalis, nisi involvetur obligatio in loquente adhibendi ista signa quando habet tales conceptúe; si enim non daretur haec obligatio in loquente, sed aeque honeste posset quislibet mentiri, certe audiens numquam esset certus, neque probabiliter de ulla re, quam audiret et sic tolleret de medio utilitas vocum et loquutionis. Quare necesse fuit, ut daretur haec obligatio communis qua tenerentur omnes, qui volunt tali idiomate loqui; haec autem obligatio non est quid subsequens ad vim significativam vocum, sed est constituens ipsam vim significativam."; P. DE COMITIBUS, OESA, Philosophia rationales (1671) 498f: „Suppono ex legibus, omnem contractum mutuum, inducere utrinque obligationem, seu titulum onerosum, ex parte utriusque contrahentis... Quare cum institutiones linguarum factae fuerint ex contractu, seu quasi conctractu, quem fere homines inter sese, non adhibendi tales voces, nisi ad hoc obiectum significandum, ones institutiones linguarum induxerunt ipsis contrahentibus, seu

276

Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

Fortdauer der Einsetzung, insofern man sich auf die moralische Perseveranz der Willensdekrete berufen konnte. 361 Dem moraliter meutere korrespondiert auf der Ebene der Sprache der die Geltung garantierende usus. Ist der Konsens das Fundament der Signifikation, so ist der Gebrauch die „tacita istius consensus continuano". 3 6 2 Das ad placitum der sprachlichen Ausdrücke bezieht sich also keineswegs auf deren jeweilige Verwendung. Diese ist durch den ursprünglichen Einsetzungsakt und die Gewohnheit bzw. den Gebrauch verbindlich festgelegt. Es bezieht sich nur auf den Akt der Spracheinsetzung oder die ersten Spracheinsetzer. Insofern kann aus der Perspektive der nachkommenden Sprecher die Signifikation als quasi natürlich erscheinen. Und zwar nicht nur, weil die die Konstanz der Bedeutung gewährleistende und den individuellen Spracherwerb begründende consuetudo als „zweite Natur" immer schon eine gewisse Tendenz zur Naturalisierung mit sich bringt, 363 sondern bereits deshalb, weil, wie verschiedentlich be-

instituentibus, et per illos etiam posteris obligationem, illas non adhibendi, nisi quando vere datur illud obiectum, ad quod significandum illas adhibent. ... Significatio vocum consistit formaliter, in connexione morali earum cum veritate obiecti, resultante ex obligatione veracitatis." Wie O. CATTANEUS, SJ, (Cursus philosophicus, t . l (1677) 697f) betont, ist die obligatio veracitatis hinsichtlich der signa complexa durch das Lügenverbot begründet. Aber auch die Signifikanz der einfachen sprachlichen Ausdrücke, die weder Wahres noch Falsches bezeichnen, hängt von dem Vertrag oder der Obligation ab (698): „voces incomplexae, quae ñeque verum, ñeque falsum significant, ... (sunt) significativae rerum dependenter a pacto, seu obligatione." Gegen eine solche Obligationstheorie der Bedeutung' einfacher sprachlicher Ausdrücke wendet sich Giovanni Battista Benedetti. Für ihn gilt sie erst auf der Ebene der Satzbedeutung: Dico ... complexa vocum significatio, quae et dicitur significatio per modum argument!, involvit formalissime obligationem ex institutione tanquam ex lege profectam, ita ut haec ipsa obligatio sit forma significationis"(J. B. DE BENEDICTIS, SJ, Philosophia peripatetica, t. 1 (1688) 518). S. Anm. 3 5 6 . 362 Vgl. D. DERODON, Logica restituía (1659) 4 7 7 : „Vox debet esse communi consensu et usu recepta: Consensus quidem necessarius est, quia est fundamentum et causa significationis: Usus vero requiritur, quia est tacita istius consensus continuatio; unde fit ut vox quae non est in usu, admittat suam significationem: hinc illud tritum, 'verba valent usu sicut nummi'." Vgl. Β. LINGEN, SJ, Cursus philosophicus (1713) 187: „... vox ilia (sc. homo) vim habeat significandi tale animal, praecise per hoc, quod per voluntatem institutoris ad hoc significandum erit assumpta, qua posita accepit, et qua sola nunc ablata perderet vim suam significandi. ... Dixi tarnen: est volitio Instituentis, declarata, acceptata, et moraliter perseverane: Nisi enim ista volitio usuris talis signo innotescat, ab eisque acceptetur, non erit signum proxime expeditum ad significandum... Deinde nisi perseveret moraliter, hoc est deducatur in usum, neque per voluntatem, contrariamve consuetudinem, vel non usum abrogetur, non poterit tale signum exercere porro vim significandi." 361

363

Bei Pierre d'Ailly hat die consuetudo die Funktion, die beiden Ebenen der oratio mentalis, den coneptus vocis und den conceptus rei miteinander zu verbinden. Es besteht eine wechselseitige Konkomitanz, beide Ebenen laufen parallel, aber eben dadurch auch getrennt von einander. Giattini faßt diese Verbindung von Sprache und Denken enger. Ihm zufolge wird durch das häufige Hören einer vox zusammen mit der Wahrnehmung der durch sie bezeichneten Sache vermittels Gewohnheit eine „species complexa" generiert, die, genau wie das Saussuresche Zeichen, sowohl das Lautbild, wie den Begriff oder die Vorstellung der

Die Theorie der Sprachzeichen

277

tont wird, die sprachlichen Ausdrücke gerade dadurch, daß sie ursprünglich willentlich eingesetzt wurden, für die späteren Sprecher nicht ad placitum bezeichnen können. Andernfalls nämlich hätten sich die ersten Spracheinsetzer, da die willentliche Signifikation selbst nicht Gegenstand des die Signifikation konstituierenden Willensaktes sein konnte, zwangsläufig in einen performativen Widerspruch verwickeln müssen. Sie konnten also nur wollen, daß die sprachlichen Ausdrücke den späteren Sprechern gelten 'als ob' sie natürliche Zeichen wären. 364 Das juristische Modell der Begründung sprachlicher Bedeutung bleibt, unabhängig davon, ob als Konsens- oder Autoritätstheorie formuliert, der Annahme eines ursprünglichen Einsetzungsaktes verpflichtet. Eine solche Annahme gerät jedoch, abgesehen davon, daß sie, wenn zur Erklärung des Sprachursprungs verwendet, ihrerseits begründungsbedürftig ist - denn in welcher Sprache wurde der Konsens herbeigeführt, in welcher das Einsetzungsdekret allgemein mitgeteilt? 365 -, in Konflikt mit dem in zunehmendem Maße bewußt werdenden Phänomen der Sprachveränderung. Sache umfaßt; vgl. J . B. GlATTINI, Logica ( 1 6 5 1 ) 4 3 1 : „... generantur ... species complexae talium vocum simul et talium obiectorum ex ipsa consuetudine." - Das ist genau jenes Phänomen, welches auch R. Barthes beschrieben hat; vgl. R. BARTHES, Elemente der Semiologie ( 1 9 8 1 ) 4 3 : „Die Verbindung von Laut und Begriff ist das Ergebnis einer kollektiven Dressur (z.B. des Erlernens der französischen Sprache); und diese Verbindung - welche die Bedeutung ist - ist keineswegs arbiträr..., sondern im Gegenteil notwendig. ... W i r werden also ganz allgemein sagen, daß das Band zwischen Signifikant und Signifikat in der Sprache im Prinzip ein vertraglich festgelegtes Band ist, aber daß es sich dabei um einen kollektiven Vertrag handelt, der in einer langen Temporalität steht ..., und infolgedessen gewissermaßen naturalisiert ist." 364

Vgl. J . B. GlATTINI, SJ, Logica ( 1 6 5 1 ) 4 0 3 f f : »... primo quaerimus, quodnam fuit obiectum voluntatis Antiquorum quando voluerunt, ut haec vox Coelum, significaret hoc obiectum; eadem enim est ratio de caeteris vocibus; etenim antiqui vel voluerunt, quod haec vox significaret naturaliter vel significaret ad libitum; non primum, quia talis vox non habet hanc naturam, ut significet ( 4 0 4 ) hoc obiectum potius, quam aliud; ñeque secundum, quia significare ad libitum est significare ex volúntate ipsorum; ergo si voluerunt, ut haec vox significaret ad libitum, voluerunt suam volutionem, per quam haec vox esset significativa ad libitum. Quid ergo voluit illa volitio, per quam haec vox reddita est significativa ad placitum, certe non potuit velie seipsam; nunquam enim possum velie meum ipsum velie, per quod volo, sed deberet assignari obiectum volitum contradistinctum ab ipsa volitione, a qua denominatur volitum dico, obiectum volitionis antiquorum esse, ut voces se haberent respectu posterorum, ac si essent signa naturalia rerum, quas significant."; J . B. PrOLEMAEUS, SJ, Philosophia mentis et sensuum ( 1 6 9 8 ) 1 4 0 : „Volitio illa (sive lex, sive pactum fuerit) in qua consistit vis significativa doctrinaliter vocabulorum habuit pro obiecto, hoc est voluit, quod in communi hominum aestimatione illa vocabula reputarentur, veluti essent signa naturalia suorum significatorum doctrinalium."

36i

In letzter Konsequenz bleibt jeder Theorie einer ursprünglichen Spracheinsetzung nurmehr der Rekurs auf die göttliche Sprachinstitution oder eine natürliche Gestensprache. Vgl. GERVASIUS VON BREISACH, OCap, Cursus philosophicus ( 1 6 9 9 ) 2 4 1 : „Instabis ... Si nulla voces significent naturaliter, quomodo potuit ill is imponi vis significandi? nam per voces debebant homines convenire de significatione earum. Respondeo 1. id Adam prima vice ex suo placito sine tali conventione fecisse. Resp. 2. id gestibus et aliis signis potuisse fieri...";

278

Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

Gerade für dieses Problem konnte das Konzept des signum ex consuetudine einen neuen Lösungsansatz bereitstellen. Es ermöglichte nämlich, daß unter Aufrechterhaltung des juristischen Paradigmas die Gewohnheit die Funktion der mythischen Figur des ersten Sprachgesetzgebers übernehmen konnte. Denn, wie Johannes a Sancto Thoma unter Hinweis auf die Gesetzeskraft des Gewohnheitsrechts betont, die consuetudo vermag mit derselben Autorität eine Sache zum Zeichen werden zu lassen, mit der sie ein Gesetz begründet. Durch sie werden neue Worte in die Sprache eingeführt, die vorher nichts bedeuteten, wie auch viele ehemals signifikative Wörter nichts mehr bedeuten, weil sie außer Gebrauch geraten sind.366 Seine Ausführungen bewegen sich auf dem ihn auszeichnenden außergewöhnlich hohen Argumentationsniveau. Originell indes ist er auch in dieser Frage nicht. Denn bereits bei Clemens Timpler findet sich dieses Erklärungsmodell sprachlicher Signifikation deutlich formuliert. Im Rahmen der Frage „An vocabula sint signa naturalia, an arbitraria" diskutiert Timpler die beiden Positionen der - vermeintlichen - „sententia Piatonis" und der „sententia Aristotelis". Timpler schließt sich der letzteren an. Dabei wird jedoch die traditionelle Formulierung dieser Position deutlich modifiziert. Denn gegenüber dem boethi-

J. B. DE BENEDICT«, SJ, Philosophia peripatetica, t. 1 (1688) 514f: „Dices... sequi processimi in infinitum, si voces omnes ad placitum significent, hoc enim ipsum placitum ostendi aliis debet: nec nisi per voces, aute ergo istae etiam significant ad placitum: atque hoc placitum ostendi prius debet per alias voces etc. aut tandem deveniendum est ad voces naturaliter significantes. Haec difficultas de facto nulla est; omnes enim primitivae linguae a solo Deo institutae sunt, et infusae... Caeterum potuere linguam aliquam primi ipsi homines instituere, suumque placitum ostendere non per aliam linguam, sed per nutus...". Dieses Problem wurde bereits von Johannes Maior eingehend erörtert. Vgl. J. MAJOR, Introductorium perutile inAristotelis dialecticen (1527) fol. 15rb: „... argumentor quod non sit possibile imponere idioma, ponamus Cyrus dixisse tribus comitibus 'volo quod homo significet homines' alij audivissent illas voces: sed eas minime intellexissent quamvis per diem totam noctumque loqueretur. Respondetur, vides sicut primordia scientiarum sunt difficilia traditu... Sic principium huius lingue esset istis difficile. Sed habitis tribus aut quatuor propositionibus, quibus poterant explicare conceptus suos, ut puta 'volumus quod a significet hoc, et b illud', reliqua sunt facilia, potest Cyrus tangere Romulum in pectore pronunciando 'Romulae', et decedere ab eo vocando cum nutu attractivo vocabulo Remulo, alij percipientes hoc vocassent eum Romulum, et sic de alijs nominibus. De pane, demonstrando ilium digito poterant dicere panis, et frequenter postea 'Da mihi panem', et ilio non fuisset intellectus. Sed si panem attraxisset sibi, tunc facile intelligeretur ab alijs, et sic intellexissent 'da mihi vinum', 'da mihi carnes'..." 366

JOHANNES A SANCTO THOMA, OP, Ars logica (1948) 719b: „... consuetudinem habere vim legis. Ergo consuetudo introducens aliquid ad significandum eadem auctoritate introducit rem ilia in signum, qua ipsa lex introduceret. Si autem ex lege publica aliqua vox proponatur in signum, est vere signum ad placitum, quia auctoritate publica instituitur. Ergo consuetudo, quae vice legis subrogatur et auctoritatem legis habet, eodem modo constituit signum ad placitum. Et hoc modo videmus multas voces introductas in república ad significandum, quae ante non significabant, quia non erant in usu, et multa verba modo non significant, quae olim significabant, quia iam abierunt in desuetudinem."

Die Theorie der Sprachzeichen

279

anischen ad placitum, tritt die mehrfach formelhaft wiederholte Figur des „ex usu et consuetudine" massiv in den Vordergrund. Das traditionelle Einsetzungsparadigma der Sprachursprungserklärung wird von der dem deutlich zum Ausdruck gebrachten Bewußtsein einer fortwährenden Sprachveränderung 367 angemesseneren 'Gebrauchstheorie der Bedeutung' zurückgedrängt. Zwar kann in den zur Stützung der aristotelischen Position verwendeten, freilich nicht durchgängig kohärenten Argumenten noch mit dem Konzept der institutio operiert werden; zwar bleibt die Formel des „ex usu et consuetudine" flankiert von der des „ex communi pacto ac consensu" bzw. „ex communi conventione et pacto". Letzteres wird aber offensichtlich nicht mehr im Sinne eines historisch einmaligen Vertragsschlusses interpretiert, sondern in die Zeitachse gedehnt. Die Einsicht, daß der Gebrauch und die Gewohnheit nicht nur für die Veränderung oder Deformation der Sprache, sondern auch für die Gewährleistung ihrer Fortdauer von Bedeutung sind, wäre als solche nicht neu. Der traditionelle Erklärungsrahmen wird jedoch dort verlassen, wo, wie hier, aus der Funktion für die conservatio auf die Funktion für die origo zurückgeschlossen wird: ... v o c a b u l a conservantur usu et consuetudine, n e per oblivionem pereant: E r g o etiam ex usu et consuetudine voluntaría volentium introducta sunt orta. Λ q u a enim causa aliquid c o n s e r v a t o , ab eadem etiam oritur. - ( D i e W ö r t e r werden durch den G e b r a u c h und die G e w o h n h e i t aufrechterhalten, damit sie n i c h t durch das Vergessen zugrundegehen: Also sind sie auch als durch den G e b r a u c h und die willendiche G e w o h n h e i t der sie eingeführt wissen W o l l e n d e n entstanden. D e n n von derselben U r s a c h e her, von der etwas aufrechterhalten wird, entsteht dieses a u c h ) . 3 6 8

Die Signifikation von Sprache erscheint hier aus der Perspektive ihrer Geltung (valor). Aus diesem durch die Begriffe von usus und consuetude bestimmten Blickwinkel aber verblaßt der Erklärungswert der institutio oder impositio zwangsläufig: Geltung läßt sich nicht einsetzen, sondern ergibt sich, bei den Wörtern ebenso wie beim Geld, 369 aus dem allgemeinen Gebrauch.

2. Die Signifikation sprachlicher Ausdrücke Die Signifikation der sprachlichen Ausdrücke, d.h. die „difficilis dubitatio utrum vox significet species apud animam an res" (schwierige Frage, ob der 367 Vgl. C. TlMPLER ( 1 6 0 6 : 3 2 5 ) : „... signa naturalia nunquam mutantur: vocabula autem omnibus seculis et ubique gentium mutari soient. Alia enim antiquantur, alia innovantur, alia intereunt, alia oriuntur. Testis hujus rei est nostra Germanica lingua, quae intra annos ducentos tantam passa est mutationem, ut maiorum nostrorum vocabula hodie audita vel lecta, multa non intelligantur, perinde ac si peregrina aliqua lingua in loquendo vel scribendo usi fuissent." 3 6 8 C. TlMPLER, Metaphysicae systema methodicum libri V ( 1 6 0 6 ) 3 2 5 . 3 6 9 Ebd. 3 2 6 : „... vocabula magnam similitudinem habent cum monetis seu nummis. Ergo sicut monetae valent ex usu communi hominum; ita etiam vocabula."

280

Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

sprachliche Ausdruck das Erkenntnisbild in der Seele oder die Sache bezeichnet),370 bzw., wie Scotus sagt, die „magna altercado ... de voce, utrum sit signum rei vel conceptus» (der große Streit über den sprachlichen Ausdruck, ob er Zeichen der Sache oder des Begriffs ist)371 ist in der scholastischen Logik der frühen Neuzeit ein zentrales Thema der Erörterung des Zeichens. Die von Bacon und Scotus aufgewiesene Alternative von res und conceptus markiert dabei nur die möglichen Extrempositionen, zwischen denen sich ein feinnuanciertes Spektrum divergierender Antworten entfaltet. Hierbei lassen sich im wesentlichen vier Positionen unterscheiden, denen zufolge die sprachlichen Ausdrücke entweder (1) unmittelbar die geistigen Begriffe, (2) unmittelbar die geistigen Begriff und vermittels dieser die Dinge, (3) unmittelbar die Dinge oder (4) unmittelbar die geistigen Begriffe und die Dinge bezeichnen. Die Theorie der Konzeptbezeichnung der voces, d.h. die Position, nach der die sprachlichen Ausdrücke vorrangig die geistigen Begriffe (conceptus, passiones, intellectus, intentiones) bezeichnen, konnte sich auf Aristoteles selbst372 sowie die daraus entwickelte boethianische Beschreibung des Ordo orandi berufen.373 Überall dort, wo der ordo orandi nach dem boethianischen Modell präsentiert wurde, bezeichnen die voces, zumindest unmittelbar, die geistigen Begriffe.37'· Unterstützt wurde diese Position durch Augustinus' Bestimmung des verlautenden Wortes als eines Zeichens des inneren Wortes („verbum quod foris sonat signum est verbi quod intus lucet"),375 deren Übernahme zumindest eine starke Tendenz implizierte, letzteres zum vorrangigen Signifikat sprachlicher Ausdrükke zu erklären.376 Weitere Argumente für diese These leiteten sich aus der im

De signis

370

ROGER BACON,

371

JOHANNES DUNS SCOTUS, Ordinatio De int. 16a 2 - 3 .

372 373

374

(1978) 132.

I d. 2 7 q. 1-3, op. omn., hg. C. BALIC ( 1 9 5 9 f f ) 6 . 9 7 .

Vgl. ARS MELIDUNA, in: L. M . DERIJK, Logica modemomm 2/2 ( 1 9 6 7 ) 2 9 8 : „Aristoteles ... causam inpositionis ipsarum vocum recipiens dixit eas esse notas earum passionum que sunt in anima, idest intellectuum. (...) Boecius quoque ipsam causam inposicionis considerane ait eas principaliter significare intellectus, secundario vero res: principaliter, inquit, significant intellectus, idest cum significent intellectus propter ipsos significandos sive exprimendos sunt inposite; secundario vero significant res sive appellant, quia cum significant res propter aliud eas significant, scilicet propter intellectus." LAMBERT VON AUXERRE, Logica,

hg. F. ALESSIO ( 1 9 7 1 ) a 2 0 6 ; AEGIDIUS ROMANUS, Expositio FRANCISCUS DE MAYRONIS, Passus ( 1 4 8 9 ) fol. m 7va; SIGER VON COURTRAI, Comment, in De int., hg. C. VERHAAK ( 1 9 6 4 ) 9; LAMBERTOS DE MONTE, Copulata sup. vet. art. Arist. sec. viam thomist. ( 1 4 8 8 ) fol. 135rab; M . HUNDT,

supra lib. elench. Arist. ( 1 4 9 6 ) fol. l i r a ;

375

376

Comp, totius logices (1507) fol. 18r; E. WoNSIEDEL, Cursus philosophicus (1509) fol. Elva. De trin. X V , 11, 2 0 , C C S L 5 0 , 4 8 6 . Vgl. BONAVENTURA, 1 Sent. d. 2 7 , 2 , 1, 4 E; DURANDUS A S. PORCIANO, 1 Sent. 27, 2, 7 ( 1 5 7 1 ) fol. 7 7 r a ; GRATIADEI ESCULANUS, O P , Comment, in totam artem veterem ( 1 4 9 1 ) fol.

AUGUSTINUS,

i5ra: „...quaeramus utrum dictio significet passionem animae. (...) ad istius quaestionis evidentiam est breviter considerandum quod est duplex dictio: et duplex verbum, quia est verbum vocale quod profertur sensibili voce: et est verbum mentale quod profertur non

Die Theorie der Sprachzeichen

281

Rückgang auf die aristotelische Politik getroffenen Bestimmung der Sprache als des dem Menschen natürlichen Instruments zur Mitteilung seiner Begriffe 377 sowie aus dem Rekurs auf die Spracheinsetzung ab. So bildete nach Abailard der Begriff hinsichtlich des Grundes der Erfindung sowie der Funktion sprachlicher Ausdrücke die vorrangige Bedeutung derselben 378 oder betonte Johannes von Dacien, daß „ad hoc quod vox fiat significativa requiritur conceptus, qui debet significan per vocem" (damit der sprachliche Ausdruck signifikativ werden kann, bedarf es eines geistigen Begriffs, der durch den sprachlichen Ausdruck bezeichnet werden muß). 379 Gleichwohl sind nicht weiter qualifizierte Aussagen, wonach die sprachlichen Ausdrücke die Konzepte bezeichnen, 380 in der scholastischen Tradition nur selten zu finden. In den Texten des 17. Jahrhunderts wird die Position der Konzeptbezeichnung im Rahmen der Auflistung der widerstreitenden Meinungen zwar stets unter Hinweis auf Boethius 381 oder Augustinus erwähnt, scheinbar jedoch nirgends übernommen.

voce sed mente intelligente ipsam rem. Et verbum quidem vocale est signum verbi mentalis: et ad ipsam (sic) significandum imponitur. quia igitur verbum procedit a dicente: sicut est duplex verbum, ita est duplex dicere: unum quidem vocale, quod nihil aliud est quam vocem proferre, et significare id quod dictum est in mente. Aliud vero est dicere mentale quod non est aliud quam mente exprimere id quod menti objicitur. unde cum aliquid objicitur intellectui, et intellectus exprimit in seipso intelligendo illud, dicit tunc ipse intellectus non vocaliter, sed intellectualiter sibiipsi: quid sit illud. Et cum hoc quod dicit primo sibiipsi vult dicere alteri, assumit vocem ad significationem eius, ex quo patet, quod dictio vocalis est signum dicti intellectualis."; C. WLMPINA, Congestio textus nova proprietatum log. (ca. 1498) fol. A 5r. - Ockham hatte sich sich explizit gegen ein solche Verständnis der augustinischen Bestimmung des Verhältnisses von äußerem und innerem Wort gewendet; vgl. Anm. 4 3 2 . 377

Vgl. AEGIDIUS ROMANUS, Expositio in artem veterem (1507) fol. 47vb; JOHANNES DE LAPIDE, Libri artis logice Porphyrii et Aristotelis (Inc. s.a.) fol. I 2v: „Causa autem necessitatis significandi fuit hec: quia cum homo sit animal intellectuale et naturaliter communicativum et sociale: necesse erat ut alteri suas intentiones manifestaret: ideo oportuit esse aliqua signa quibus hoc fieret: imposuit igitur voces ad significandum intellectus"; Β. LECTIUS, Theses logicae de interpretation! (1646) 7f; G. B. GLATTINI, SJ, Logica (1651) 4 2 7 ; Β. F. SCHMIDT, Expeditio dialéctica altera pro signis (1666) 24f: „...illud voluerunt institutores principaliter et immediate significan, quod immediate vellent esse notum illi, cui loquuntur. sed ex natura hominis sociali patet, quod non res, sed ipsos conceptus prineipalius vellent esse notos lilis, cui loquuntur. ergo hos significant." Vgl. E. RUEDORFFER, Salisburgensis thomista phi-

378

losophus (1732) 201f. PIERRE ABAILARD, Glossae ... super Peri ermenias (1927) 3 0 9 ; vgl.

ARS MELIDUNA, S. L . M .

DERIJK, Log. mod.2/2 (1967) 296.

Summa grammatica, hg. A. O T T O , ( 1 9 5 5 ) 1 7 9 . Zeger van Kortrijk, Commentator van Perihermeneias, hg. C . VERHAAK (1964) 9; C . JAVELLUS, Logicae compendium (1555) fol. 17r: „... termini ad placitum significant conceptum intellectus."; Β . MANZOLUS, Dubia super logicam Pauli Veneti iuxta viam realium philosophorum (1523) fol. 19v; F . PLCCOLOMINI, Discursus ad univ.

379

JOHANNES VON DACIEN,

380

SLGER VON COURTRAI,

381

log. (1603) 13. So schon bei JOHANNES DUNS SCOTUS, In primum lib. periherm. quaest., q. 2, op. omn. (1891-95) 1.540b, oder J . DULLAERT, Quaest. super duos libros Peri hermeneias Arist. (1515) fol. 3 va; Vgl. CONIMBRICENSES, S J , Comment, in univ. dial. Arist. (1607) 2. 3 7 ; J .

282

Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

D i e v o n d e n s p r a c h l i c h e n A u s d r ü c k e g e l e i s t e t e B e z e i c h n u n g f i n d e t , s o f e r n sie sich ü b e r h a u p t a u f d i e K o n z e p t e r i c h t e t , a n d i e s e n n i c h t i h r e G r e n z e ; a u c h d i e Dinge werden

bezeichnet.

Im

Rahmen

einer vorausgesetzten

unmittelbarem

K o n z e p t b e z e i c h n u n g wird d e m R e c h n u n g getragen d u r c h die F o r m e l , d a ß die voces „res mediantibus conceptibus"

(die D i n g e v e r m i t t e l s d e r B e g r i f f e )

be-

zeichnen. Diese, d e m Modell des semantischen bzw. semiotischen Dreiecks korr e s p o n d i e r e n d e Auffassung382 w u r d e zur 'offiziellen' L e h r e des T h o m i s m u s , 3 8 3 fand aber auch außerhalb desselben Vertreter.384 Sie stellt n i c h t lediglich e i n e E r w e i t e r u n g d e r ' i n t e n s i o n a l e n ' S e m a n t i k

con-

d a r . Z w a r s t i m m t sie m i t d i e s e r h i n s i c h t l i c h d e r F r a g e n a c h

dem

ceptus-These

u n m i t t e l b a r e n Signifikat s p r a c h l i c h e r A u s d r ü c k e ü b e r e i n ; sie w e i c h t v o n i h r a b e r i n s o f e r n d e u t l i c h a b , als sie in aller R e g e l die res als d i e v o r r a n g i g e n Signifikate bestimmt.385

382 383

Die

Konzepte

werden

unmittelbar

(immediate) bezeichnet,

die

IOANNIZ ET ECHALAZ, Philosophia (1656) 218a. Vgl. Kap. II, Anm. 188. THOMAS SUTTON, Commentary on the Categories, hg. A. D. CONTI (1985) 190; MAGISTER CONRAD, Tract, de intentionibus, hg. C. STROICK (1981) 5 4 3 ; DOMINICUS DE FLANDRIA, Quaestionum super XII libros Methaphisice (1523) fol. m 3rb; ANTWERPEN, Loycalia cum commento (1486)fol. Β 5r; LAMBERTOS DE MONTE, Copulata supra veterem artem (1488) fol. 135va; J . VERSOR, Quaest. super totam artem veterem (1494) fol. 60ra; M . POLICH VON MELLERSTADT, Cursus log. comment. (1512) fol. 23vb; JOHANNES A STO. THOMA, OP, Ars Logica (1948) 105 a-b; C. ALAMANNI, OP, Summa philosophiae D. Thomae Aquinatis (1640) 123ab: „... necesse est dicere, quod nomina et verba significant res, et conceptus, sed hos immediate, et per prius, illas vero mediate, mediantibus scilicet conceptibus, et per posterius..." Bei den Thomisten findet sich - anders als bei den Vertretern der Positionen (3) und (4) - entsprechend häufig der ordo significationis in seiner 'klassischen' Form präsentiert. Vgl. D. MASIUS, OP, Comment, in duos lib. Arist. de Int. t . l (1617) 5a; F. MURCIA DE LA LLANA, Selecta circa Arist. dialecticam (1621) 403b-404a.

384

P. FONSECA, SJ, Inst. dial. (1572) 15f: „... conceptus significant res immediate, id est, nullo alio interiecto signo: voces autem intervenientibus rerum conceptibus, quorum sunt próxima signa et notae, ut ait Aristoteles: scripta vero non solum intervenientibus rerum conceptibus, sed etiam mediis vocibus. (...) Verum non est necesse, ut cum ego audio vocem significativam alicuius rei, duo in me gignantur conceptus, alter ipsius conceptus rei, alter rei significatae. Nec item cum lego verbum aliquod apud Aristotele, opus est, ut tria concipiam, vocem, quae rem significat, quaeque vocabulo respondet, conceptum rei, et rem significatam: Mens enim celeritate sua statim praevolat ad rem, praetermissis saepe mediis signis interiectis inter primum signum, et rem significatam."; P. VALLIUS, SJ, Logica (1622) 615bf: „Dicendum est primo, certum esse voces significare immediate conceptus ... quod evidenter docet Aristoteles (...) Non possunt autem illas significare primum, id est principalius, et est evidens; quia qui profert vocem, principalius vult significare res. (... 616a) Secundo, dicendum est, voces mediis conceptibus significare res extra animarti."; R. CRACKANTHORP, Logicae libri quinqué (1622) 2 2 : „Conceptus sunt intellectuales imagines rerum, voces vero sunt signa immediata conceptuum, mediata rerum; scripta autem, sunt signa próxima vocum, remota conceptuum, remotiora rerum."; C. F. D'ABRA DE RACONIS, Totius philos... tractatio I, 2, 2 (1646) 2 9 0 : „... voces significare simul, et conceptus, et naturas ipsas, quae concipiuntur, seu esse signa, et conceptuum, et naturarum conceptarum, sed cum discrimine: quia conceptuum sunt signa immediate, et naturarum mediata...".

385

Eine solche Position, die zwar die Vermittlung der Konzepte und die Mittelbarkeit der

283

Die Theorie der Sprachzeichen Dinge jedoch vorrangig {principaliter).386 Vertreter der mediantibus-conceptibus-These

Diese im 1 7 . Jahrhundert für die selbstverständliche 3 8 7

Differenzie-

rung konnte gemäß einer ebenfalls bereits im Spätmittelalter eingeführten Unterscheidung 3 8 8

auch so formuliert werden, daß die Konzepte das

quo' (das Signifikat, durch das), die Dinge das 'significatum

quod'

'signification (das Signifi-

kat, das) 3 8 9 der sprachlichen Ausdrücke sind. Vielfach wurde in dieser Distinktion eine Kompromißformel gesehen, die geeignet sei, eine Konziliation der widerstreitenden semantischen Positionen zu erreichen, 3 9 0 oder meinte man sogar,

386

387

388

389

390

Dingbezeichnung anerkennt, in letzterer jedoch zugleich das eigentlich intendierte sieht, findet sich bereits im 12. Jahrhundert im Tractatus de proprietatibus sermonum (L. M. DE RlJK, Logica Modernomm II/2 (1967) 707f: „Solet autem esse questio an sermo significet proprie cogitationem an res ipsas que cadunt in cogitationem. (...) Et potest dici quod sermo significat utrumque, et intellectum et rem, sed unum mediate, aliud immediate: sermo enim exponit immediate intellectum: inquantum enim est res intellecta et cogitata, exprimitur per sermonem, sed primo et proprio modo intendit sermo rem. De rebus enim est locutio, sed per intellectum medium. Qui intellectus est via in res. Sermo enim est via in intellectum, intellectus autem in res." G . FRILDEN, Exercitium veteris artis (1507) fol. v4va: „... distinguendum est de primitate aut prioritate. Nam quaedam est primitas immediationis sicut immediatum est ante mediatum respectu alicuius cui convenit utrumque; alia est primitas principalitatis: et sic quod est illus propter quod aliquid sit principaliter: est prior ilio propter quod tale non sit principaliter. Primo modo primitatis voces significant primo intentiones sive conceptus: et per posterius res nisi per conceptus medios. Sed secundo modo prioritatis ipsae voces primo significant res, quia propter eas principaliter sunt impositae ad significandum et ergo dicunt directe eas significare."; H . BALDUINUS, Comment, in libros Arist. de int. absoluta (1562) fol. 24vf: „... pono voces, tamquam ultimo intentum finem et principalius, mediate tamen, significare res. secundo autem et minus principaliter, sed immediate, conceptus."; LoVANIENSES, Commentario in Isagogen Porph. et in omn. lib. Arist. de Dial. (1553) 129: „... voces primo proximeque désignant nobis conceptus seu notiones animi... tamen principalis et ultima significatio ... ad res ipsas spectat." V g l . JOHANNES A STO. THOMA, O P , Ars Logica

( 1 9 4 8 ) 1 0 7 b ; IRENAEUS A STO. IACOBO, O P ,

Integer cursus philosophicus ad mentem Thomae (1658) 15ab. ANTWERPEN, Loycalia ... cum ...commento (1486) fol. B2r: „Dico quod omnis vox significativa ad placitum primo significat conceptum tanquam significatum quo, et rem ad extra tanquam significatum quod...." Vgl. E. J. ASHWORTH, Jacobus Naveros (1987) 199 mit. Anm. 64. D. MASIUS, OP, Comment, induoslib. Arist. delnt. t.l (1617) I I a : „Nomina et verba, significant conceptus intellectus proxime, et immediate, tanquam significatum quo, et minus praecipuum. ... Significatum quod et praecipuum nominum et verborum sunt res existentes a parte rei, et non conceptus intellectus."; E. AMORT, Philos. Pollingiana (1730) 133b. P. VALLIUS, SJ, Logica (1622) 616ab: „... quod dicunt aliqui de immediata significatione rerum, et conceptuum simul ... in bono sensu potest admitti. Quamvis etiam alius modus dicendi, quo asseritur immediate significan conceptus, et mediate res, bonum sit; immo hi duo modi dicendi, quod attinet ad rem ipsam non videntur discrepare. (...) Quia potest vox immediate duo significare; alterum, ut quo, alterum, ut quod: Alterum, ut minus principale, et veluti medium; alterum, ut magis principale, et veluti finem. (...) Quare omnes illae sententiae in aliquo sensu sunt verae, et admittendae. Immo hoc idem credo voluisse illos, qui dicunt a vocibus significan res, non conceptus. Quia enim attendere solemus id, ad quod significandum ut quod, et ultimate, voces sunt impositae, non id, quod significant minus principaliter, et ut quo, et secundario, et magis id, quod vere significatur, quam id,

284

Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

in ihr die eigentlich von allen intendierte Meinung ausmachen zu können. 391 Die Verbindung der 'res-mediantibus conceptibus'-These mit einer Betonung der Vorrangigkeit der Konzeptbezeichnung ist, wenngleich von Ammonius als die eigentliche Position des Aristoteles ausgegeben, 392 nur selten anzutreffen. 393 Der 'res mediantibus conceptibus'-These steht schon im Mittelalter die Annahme einer unmittelbaren Bezeichnung der Dinge gegenüber. Diese läßt jedoch aufgrund der differierenden Deutungsmöglichkeiten von 'res' Spielraum für unterschiedliche, im Einzelfall wegen der übereinstimmenden Formulierung allerdings nur schwer präzis festzulegende Positionen. 394 Sie konnte zum einen dort vertreten werden, wo das von Thomas von Aquin für die Notwendigkeit der über die unmittelbare Konzeptbezeichnung vermittelten Dingbezeichnung

391

quod est conditio; ideo dicunt significan res, non conceptúe, quia rebus illa omnia conven a n t , non conceptibus." J . LALEMANDET, O M i n , Cursus philosophions ( 1 6 5 6 ) 2 2 1 b : „Utrumque per vocem significatur scilicet et res ipsa, et conceptus rei, sed dispari modo, nam principaliter res ipsa licet remote, proxime vero conceptus rei, licet minus principaliter: aut die res significari ut quod, at conceptus ut quo, haec omnino nunc est communis in schola, existimoque ab ea non discedere Boetium nec Scotum, modo intelligatur Boetius de significatione próxima, et Scotus de remota, principali tamen, estque idem ac si quis percuteret quempiam báculo, et si quaereretur postea, quis percusserit, an baculus, an tenens baculum? recte responderetur immediate, proxime, et ut quo baculus ipse percussit, at principaliter quamvis remote et ut quod, ipse movens baculum, ipsi enim principaliter attribuitur percussio, ita rei principaliter et ut quod attribuitur significatio, conceptibus vero ut quo et velut instrumentaliter, quia mediante conceptu res ipsa per vocem repraesentatur."

392 V g l . AMMONIUS,

deMoerbeke,

Commentaire sur le Peri Hermeneias d'Aristote. Traduction de Guillaume

hg. G. VERBERE ( 1 9 6 1 ) 3 2 .

393

PETRUS DE COMITIBUS, OESA, Philosophia rationalis ( 1 6 7 1 ) 5 1 4 f : „Voces significant non solum res, verum etiam nostros conceptus circa illas tendentes. Probatur, quia voces sunt instituta ad hoc, ut possumus per illas alteri scientiam, quam habemus de rebus, communicare. Ergo non solum significant ipsas res, quas cognoscimus, sed et principaliter nostram scientiam, id est nostros conceptus. Confirmatur, quia multae sunt voces non synonymae, ut „Deus", „omnipotens", etc. tendentes circa idem obiectum. Sed hae non possunt diversifican ratione obiecti, quod est unum et idem. Ergo debent diversificari ratione conceptuum, sub quibus obiectum significant. Secunda conclusio. Voces significant immediate conceptus, iisque mediantibus res." Das hier zur Begründung der vorrangigen Bezeichnung der Konzepte verwendete Argument entspricht genau jenem, mit dem schon Buridan in Abweichung von Ockham die Bezeichnung der Konzepte wiedereingeführt hatte, ohne diese jedoch als die vorrangige Signifikation zu bestimmen. Vgl. JOHANNES BURIDAN, Sophismata c . l ( 1 9 7 7 ) 2 5 : „voces significativae significant passiones, id est conceptus animae et non alias res nisi mediante significatione conceptuum. H o c p a t e t . . . quia sunt diversae voces significativae et non sinonimae, sed habent diversas significationes; quae tamen omnino praeter conceptus non significant diversas res, sed easdem et supponunt pro eisdem convertibiliter, ut 'ens' et 'unum'... Ergo horum terminorum non sunt sic diversae significationes propter res ad extra diversas, sed solum propter diversos conceptus designatos per istos términos, mediantibus quibus significant illas res."

394

Vgl. J . PLNBORG, Logik u. Semantik im MA ( 1 9 7 2 ) 9 9 ; W . HÜBENER, „Oratio mentalis" „oratio vocalis" in d. Philos, d. 14. Jh. ( 1 9 8 1 ) 4 9 3 ; J . BLARD, Logique et théorie du signe

XIVe siècle ( 1989) 33f.

u. au

Die Theorie der Sprachzeichen

285

anführte Argument 395 aufgrund einer universalienrealistischen Position nicht galt. Hatte Petrus Hispanus die „significado termini" als „rei per vocem secundum placitum repraesentatio" bestimmt, so konnte diese res ebensowohl eine universale wie eine partikuläre sein. 3 9 6 Weitaus wichtiger, als ein solcher universalienrealistischer Hintergrund, waren für jene sich im späten 13. Jahrhunderts außerhalb des Thomismus schnell durchsetzende Lehre von der unmittelbaren Bezeichnung extramentaler Dinge wahrheitstheoretische Überlegungen, wie sie bereits Abailard in seiner Dialéctica formuliert hatte: Aussagen werden „de rebus ipsis, non de intellectibus" getroffen. Andernfalls wären Sätze, wie „si est homo, est animal" ohne notwendige Konsequenz, da der Begriff 'Mensch' ohne den Begriff 'Lebewesen' subsistieren kann 3 9 7 ; und generell würde, wie Duns Scotus konstatierte, gelten, „quaelibet affirmativa esse falsa in qua non praedicatur idem de se" (daß jeder affirmative Satz, durch den nicht etwas von sich selbst prädiziert würde, falsch wäre). 3 9 8 Das von Scotus, aber auch schon von Siger von Brabant verwendete Beispiel ('der Mensch ist ein Lebewesen' bedeutet nicht 'der Begriff des Menschen ist der Begriff des Lebewesens') 3 9 9 kehrt bis ins 18. Jahrhundert als Standardargument bei vielen späteren Vertretern einer unmittelbaren Dingbezeichnung wieder 4 0 0 . Bereits Roger Bacon begründete mit analogen Überlegungen seine These, daß die sprachlichen Ausdrücke allein zur Bezeichnung der Dinge eingesetzt sind. 401 Ebenso wie für die Befürworter der Konzeptbezeichnung ergab sich auch für die einer unmittelbaren Sachbezeichung das Signifikat der sprachlichen Ausdrücke aus der Intention der Einsetzung, die sich letzteren zufolge jedoch im Falle objektsprachlicher Ausdrücke ausschließlich auf die Bezeichnung der Dinge richtet. 4 0 2

395 396

397 398 399 400

S. Anm. 454.

Summulae logicales, tr. 6 (1972) 79: „Significatici termini, prout hic sumitur, est rei per vocem secundum placitum repraesentatio. Quare cum omnis res aut sit universalis aut particularis, oportet dictiones non significantes universale vel particulare non significare aliquid." PIERRE ABAILARD, Dialéctica, hg. L. M . D E R I J K ( 1 9 5 6 ) 1 5 4 .

PETRUS HISPANUS,

JOHANNES DUNS SCOTUS, Ord.

I d. 2 7 q . 1 - 3 , o p . o m n . , hg. C . BALIC ( 1 9 5 9 f f ) 6 . 6 4 .

Quaestiones in metaphysicam ( 1 9 8 3 ) 1 5 7 . JOHANNES VON JANDUN, Quaest. in Met., q. 14 (1554) fol. 54vb; J. RAULIN, Quaest. super duos libros Periherm. (1500) fol. g5rb; CONIMBRICENSES, SJ, Comment, in univ. dial. Arisi. (1607) 2. 34; Vgl. E. J. ASHWORTH Jacobus Naveros (1987) 200 mit Anm. 70, dort weitere Autoren; vgl. F. DE OVIEDO, SJ, Integer Cursus philos. (1640) 141a; J. IOANNIZ ET ECHALAZ, Philosophia (1654) 218ab; C . SFONDRATI, Cursus philos, t.l (1693) 453; GERVASIUS VON BREISACH, OCap, Cursus philosophicus (1699) 242f; S. DUPASQUIER, OFM, Summa philos, schol. (1705) 378f; V. GUFL, OSB, Philos, schol. univ. (1750) 30. Noch J. S. Mill verwendet diese Argumentationsfigur zur Stützung seiner referentiellen Theorie der Bedeutung; vgl. J. S. MILL, A System of Logic (1843), hg. J. M. ROBSON, Collected Works 7 (1973) 25: „When I say 'the sun is the cause of the day', I do not mean that my idea of the sun causes ... in me the idea of the day." SIGER VON BRABANT,

401

ROGER BACON, Designis

402

Vgl. JOHANNES VON JANDUN, Quaest. in Met., q. 14 (1554) fol. 54vb; LEONINUS VON

(1978) 133.

286

Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

Wie gesehen, bezeichneten nach Roger Bacon die voces nur die aktual existierenden Dinge. Die überwiegende Zahl der Autoren, die im späten 13. Jahrhundert mit Bacon hinsichtlich der Annahme der res als dem unmittelbaren Signifikat sprachlicher Ausdrücke übereinstimmten, ist an diesem Punkt von ihm abgewichen. Nach Robert Kilwardby bleibt die vox auch bei der Zerstörung ihrer Referenzobjekte signifikativ, da sie die Sache unabhängigig von deren Seiendheit bezeichnet („vox significat rem solum et non rei entitatem et non entitatem"). 403 In der Regel wird das Problem der Bezeichnung nichtexistenter Dinge dadurch zu lösen versucht, daß man, wie etwa Peter von Cornwall, die vox unmittelbar die Sache, insofern diese erkannt ist, bezeichnen läßt („vox ... primo et principialiter significat rem, non tarnen ... simpliciter sed secundum quod apprehenditur").404 Entsprechende Formulierungen dieser Position finden sich u.a. bei Siger von Brabant („voces significant res, non secundum quod existunt, sed secundum quod intelliguntur"),405 Duns Scotus („res primo significatur, non tarnen secundum quod existit, ... sed secundum quod per se percipitur ab intellects"), 406 Radulphus Brito („voces significant ... res sub aliquibus conceptibus")407 und Johannes von Jandun („voces significant res, sed non nisi concep-

Decas loyca·, vgl. F. ΒοττίΝ, La polemica contro i moderni loyci nella Decas loyca di L. da Padova, Medioevo 4 (1978) 108; MARSILIUS VON INGHEN, Treatise on Properties of Terms, hg. E . P. Bos (1983) 54; P. TARTARETUS, Expositio super textu logices Arist. (s.a., ca. 1495) fol. 307vb; DERS., Expositio in summulas Petri Hispani, (1514) fol. 37D; M . BLANCHELLUS, Comment, cum quest, super logicam Pauli Veneti (1476) fol. a 2va; J . MAJOR, Termini (1508) fol. 12va; J. ALTENSTAIG, Dialéctica (1514) fol. a 5v-a 6r; J. DULLAERT, Quaest. super duos libros Peri herm. Arist. (1515) fol. 3vab; F. SuÄREZ, SJ, De divina subst., Op. omn. (1856-78) 1.183; A. RUBIUS, SJ, Logica Mexicana (1605) 21; J. LORINUS, SJ, In univ. Arist. Logicam (1620) 313b; F. GONÇALEZ, SJ, Logica tripartita (1639) 100a; F. BONAE SPEI, OCarm, Comment, tres in univ. Arist. Philos. (1652) 12; J. IOHANNIZ ET ECHALAZ, Philosophia (1654) 218b; J. B. DE BENEDIcns, SJ, Philos, peripat. (1688) 528ff; C. FRASSEN, OFM, Philosohia académica (1686) 340b: „Voces primo et immediate significant res ipsas, conceptus vero non ita principaliter. Probatur... Voces illud immediate significant, ad quod primo significandum primitus sunt institutae et impositae: sed voces non fuerunt primo impositae conceptibus, sed rebus ipsis ut patet ex 2. cap. Genes." PADUA,

403

404

405

406 407

Sophisma 'omnis fenix est', in: H. A. G. BRAAKHUIS, Kilwardby vs Bacon? (1985) 136. PETRUS CORNUBIENSIS, Sophisma 'omnis homo est', hg. S. EBBESEN: Talking About What Is No More: CIMAGL 55 (1987) 150. SLGER VON BRABANT, Quaestiones in metaphysicam ( 1 9 8 3 ) 1 5 7 ; vgl. 1 6 1 . ScoTUS, In primum lib. periherm. quaest., q. 2, op. omn. (1891-95) 1.543b. RADULPHUS BRITO, In arte veteri (s.a.) fol. i6vb-7rb: „...dicendum est quod ... in nominibus prime intentionis voces significant res et non conceptus rerum quia illud quod intelligitur per vocem, significatur per ipsam cum ipsa vox exprimatur. ergo essentialiter per talem vocem (fol. i7ra) significatur et non conceptus rei. ... Tarnen intelligendum est quod iste voces significant illas res sub aliquibus conceptibus. (,..i7rb) ...cum dicitur, philosophus dicit, quod voces sunt note passionum anime, dico ...quod passio dicitur dupliciter, uno modo pro re intellecta vel pro intellectione rei. modo voces sunt signa passionum id est rerum intellectarum et non passionum id est conceptuum sicut intelligit Philosophus vel aliter ROBERT KILWARDBY,

287

Die Theorie der Sprachzeichen

tas"). 4 0 8 Über die Vermittlung von Suárez („nomina non significant res, nisi ut objectas conceptibus") 4 0 9 wird diese Formel im 17. Jahrhundert verschiedentlich von jesuitischen Autoren, wie Hurtado de M e n d o z a („voces non possunt significare res, nisi ut c o n c e p t a s " ) 4 1 0 oder Arriaga („per voces non significan res nisi c o n c e p t a s " ) 4 1 1 übernommen. Die Bestimmung der 'res concepta'

als des Signifikats sprachlicher Ausdrücke

ist allerdings mehrdeutig und konnte daher später auch gerade von Vertretern einer Konzeptbezeichnung aufgegriffen werden, wobei die res concepta

mit dem

wird. 4 1 2

Für den

conceptus

identifiziert und der res extra

gegenübergestellt

Thomisten Samuel de Lublino ist entsprechend die Frage sinnlos, ob die res intellecta oder der conceptus

bezeichnet wird, da beides ein und dasselbe sei. 4 1 3

Durch die Ansaetzung der 'res concepta' als des Signifikats sprachlicher Ausdrücke wurde von den Vertretern einer unmittelbaren Dingbezeichnung den Begriffen zwar eine konstitutive Funktion für das Zustandekommen sprachli-

408

409 410

411 412

413

quod voces passionum id est rerum mediantibus passionibus. id est quod passio non est illud quod significat sed est illud sub quo res significatur." JOHANNES VON JANDUN, Quaest. in duodecim lib Met., q. 14 (1554) fol. 54vb: „Dicendum est... quod voces significant res primae intentionis, non tarnen nisi per conceptus, quia vox non imponitur ad significandum res nisi res concipiatur, sed propter hoc vox non significat intellectionem, probatio huius, quia si homo et animal significarent conceptus, tunc ista „homo est animal" non esset per se vera, quia intellectio animalis non est intellectio hominis. Ergo voces significant res, sed non nisi conceptas, quia conceptus aliqualiter sunt causae significationis vocum. ...patet voces non significare conceptus, quia non directe ordinantur ad conceptus, sed per se et directe significant res..." F. SuÁREZ, SJ, De divina substantia, Op. omn. (1856-78) 1.183. P. HURTADO DE MENDOZA, SJ, Disp. de universa philosophia (1617) 147. R. DE ARRIAGA, SJ, Cursus philosophicus (1632) 183b. LAMBERTUS DE MONTE, Copulata supra veterem artem Arist. sec. viam thomistarum (1488) fol. 15v: „...voces et termini non sunt immediate signa rerum ad extra, sed rerum apud intellectum conceptarum." H. GREVE, Tractatuli sex parvorum laycalium perutiles (vor 1497) fol. A3v-A4r: „Significatio... est rei per vocem secundum placitum repraesentatio. ... Et res in praesenti diffinitione capitur pro re concepta potius quam pro re ad extra quia immediate fertur in rem conceptam ut patet primo perihermeneias."; C. WLMPINA, Congestio (ca. 1498) fol. A 4v-5r. SAMUEL DE LUBLINO, OP, In univ. Arist. logicam quaest. (1620) 402ff: „Prima conclusio. voces significant res, et conceptus. ... Secunda conclusio. Si vox comparetur ad rem prout repraesentatur in conceptu et ad ipsum conceptum prout est imago rei, non habet locum quaestio, quid eorum principalius significetur per vocem, cum res et conceptus in hac consideratione non distinguantur specie aut numero, sed sint idem omnino. ... Tertia conclusio. Loquendo de significatione Vocis, secundum quod comparatur ad rem prout in conceptu relucet, et ad conceptum prout est imago rei, ex alia autem parte ad rem prout est a parte rei, non est dìcendum quod Vox significet rem principaliter, aut secundario, sed tantum significat conceptum prout repraesentat rem, vel rem prout in conceptu relucet, quod idem est. Prob. Voces significant res secundum quod concipiuntur: sed res non concipiuntur quatenus sunt a parte rei, ergo... Quarta conclusio. Si fiat sermo de voce secundum quod comparatur ex una parte ad conceptum quatenus est quaedam qualitas ex alia vero parte ad rem, prout est in se, vel prout in conceptu nulla probabilitate dicitur esse signum conceptus."

288

Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

eher Bezeichnung zugewiesen; sie sind, wie Hurtado de Mendoza und Aversa sagen, die „conditio, sine qua voces non, significarent" (Die Bedingung, ohne die die sprachlichen Ausdrücke nicht bezeichnen würden) 4 1 4 , sie fungieren deshalb aber, wie bereits Heinrich von Gent klargestellt hatte, nicht schon als „media in significando", so, als ob die gesprochenen Wörter die Dinge nur dadurch bezeichnen können, daß sie unmittelbar die Konzepte bezeichnen (quasi verba vocalia non significent res nisi mediante significatione ... conceptuum, sie quod immediate significent ... conceptus) 4 1 5 . In diesem Sinne hatte Scotus die geistigen Begriffe, sprachlichen Ausdrücke und die Schrift dergestalt für „signa ordinata eiusdem signati" (auf dasselbe Signifikat hingeordnete Zeichen) erklärt, daß keines von ihnen Zeichen des anderen im eigentlichen Sinne ist (unum proprie non est signum alterius). 416 Die bei Scotus angelegte und von Ockham ausgebaute Konzeption der immediaten Sachbezeichnung auf der Grundlage der Subordination der sprachlichen Ausdrücke unter die Konzepte hat außerhalb des Thomismus schnell eine weite Verbreitung gefunden. 4 1 7 Sie erhielt jedoch im Spätmittelalter durch die 414

415

416

417

Disp. de universa philosophia ( 1 6 1 7 ) 1 4 7 : „Dico primo, voces non possunt significare res, nisi ut conceptas, ita ut conceptio sit conditio, sine qua voces non significarent... D i c o secundo, voces formaliter repraesentent res ipsas, et non ipsos actus, id est, obiectum vocum sunt res, non vero notitiae rerum..."; vgl. R. AVERSA, Logica ( 1 6 2 3 ) 1 2 3 : „Voces immediate ac proxime per se et primario significant res conceptas. (...) ...nomina significant res ipsas, quas easdem oculis cernimus, et mente concipimus. (...) Dum dicuntur res significari quatenus cognitae, non debet sensus simul significari seu directe consignificari ipsam queque cognitionem rei: sed tantum cognitionem se habere per modum conditionis ad hoc ut quis possit significare r e m . " Vgl. J . IOANNIZ ET ECHALAZ, Philosophia ( 1 6 5 4 ) 2 1 9 a : „...voces impositas esse ad significandum, et reipsa de facto significare res, ut conceptas, ita ut hoc, quod res esse conceptas, non se habeat, ut ratio formalis significata, sed solum ut conditio necessario requisita, ut voces insitutae sint ad significandum, et ut de facto significent tales res, si enim conciperemus, nec voces essent impositae ad significandum..." P . HURTADO DE M E N D O Z A , S J ,

HEINRICH VON G E N T , Summa quaestionum ordinarium, a. 73 q. 6 ( 1 5 2 0 ) 2, fol. 2 7 2 v . S. Kap. II, Anm. 1 8 8 ; vgl. NLCOLAUS DE ORBELLIS, Super textu magistri Petri Hispani expositio ( 1 4 8 9 ) fol. a4v: „Vox significativa ad placitum est ilia quae ad voluntatem primi instituentis aliquid repraesentat ut h o m o hominem. Ad cuius evidentiam est sciendum quod est ordo inter rem, conceptum et scripturam. Nam primo est res: deinde conceptus rei qui est similitudo eius. Non solum enim species est similitudo obiecti: sed etiam actus concipiendi. T e r t i o est vox significans rem conceptam: et ultimo scriptura. Illud autem quod proprie significatur per vocem est res secundum Scotum distinctio vigésimo séptima primi sententiarum. Sunt tarnen signa ordinata eiusdem significati: littera, vox et conceptus: sicut etiam sunt multi effectus ordinati eiusdem cause: quorum nullus est causa alterius..."

Vgl. ALBERT VON SACHSEN, Quaestiones in artem veterem, hg. A. M U Ñ O Z GARCÍA ( 1 9 8 8 ) η. 7 3 0 , 4 8 4 ; LEONINUS VON PADUA, vgl. F . B O I T I N , La polemica contro i moderni loyci nàia Decas loyca di L. da Padova ( 1 9 7 8 ) 1 1 1 ; RICHARD LAVENHAM, Summulae log., hg. P . V. SPADE: FS 4 0 ( 1 9 8 0 ) 3 7 9 ; PIERRE D'ALLLY, Conceptus (s.a.) fol. b3va; G . BIEL, 1 Sent. à. 2 2 q. 2 a. 2 , hg. W . W E R B E C K u. U . HOFMANN ( 1 9 7 3 ) 5 5 7 ; J . RICCI D ' A R E Z Z O , Obiectiones et annotationes super locicam Pauli Veneti ( 1 4 8 8 ) fol. a5vb; A. CORONEL, Termini ( 1 5 0 6 ) fol. Β 3ra-b; J . B o i X , Tract, conceptuum et signorum (Valencia 1 4 9 3 ) 9 , vgl. V. M U Ñ O Z DELGADO,

Juan Aznar y su tratado de los términos

( 1 9 7 4 ) 3 1 0 ; J . RAULIN,

In logicam Arist.

289

Die Theorie der Sprachzeichen

Wirksamkeit

hatte

zwar

v o n O c k h a m das Modell der Subordination der sprachlichen Ausdrücke

unter

die m e n t a l e n

Buridans418

eine ernsthafte Konkurrenz.419

Begriffe ü b e r n o m m e n ,

g l e i c h a u c h f ü r i h n d i e voces die D i n g e

als i h r e

Buridan

beschrieb dieses Verhältnis

aber,

wenn-

in i h r e m s i g n i f i k a t i v e n G e b r a u c h p e r s o n a l i t e r f ü r

eigentlichen

Signifikate

( s i g n i f i c a t i m i ultimum)

supponie-

r e n , 4 2 0 als e i n S i g n i f i k a t i o n s v e r h ä l t n i s u n d S c h l o ß d a m i t d i e S u b o r d i n a t i o n s t h e s e m i t d e r mediantibus-conceptibus-These

kurz.421

Einflußreich w a r dabei

s o n d e r e sein wahrheitstheoretisches A r g u m e n t , d a ß vokalsprachliche nur über einen signifikativen Bezug zur w a h r e n M e n t a l p r o p o s i t i o n

insbe-

Aussagen wahrheits-

fähig s i n d . 4 2 2

comment. ( 1 5 0 0 ) fol. g 5rb; J . ALTENSTAIG, Dialéctica ( 1 5 1 4 ) fol. a5v-a6r; J . ECK, Arist. Stagyrite Dial. 1 ( 1 5 1 6 ) fol. 7 2 r a ; F. TOLETUS, SJ, Introd. in univ. Arist. logicam (1615) 2 0 9 b ; J . B. DE BENEDICT«, SJ, Philosophia peripatetica (1688) 532. 418 419

Vgl. M . MARKOWSKI, L'influence de Jean Buridan ( 1 9 8 4 ) . Zu Buridans Theorie der Signifikation vgl. M . E. REINA, II problema del linguaggo di Buridano: Rivista crit. stor. filos. 14 ( 1 9 5 9 ) 3 6 7 - 4 1 7 ; 15 ( 1 9 6 0 ) 1 4 1 - 6 5 , 2 3 8 - 6 4 . ; A MAIERÙ, Sigmficatio et connotatio chez Buridan ( 1 9 7 6 ) ; J . PINBORG, Introduction zu seiner Edition der Summulae, tract. I ( 1 9 7 6 ) ; E. P. B o s , Mental Verbs in Terminist Logic: Vivarium 16 ( 1 9 7 8 ) 5 6 - 6 9 ; S. EBBESEN, The Odyssey of Semantics from the Stoa to Buridan ( 1 9 8 3 ) ; J . BIARD, Logique et théorie du signe au XTVe siècle ( 1 9 8 9 ) 1 6 2 - 2 0 2 .

420

Vgl. JOHANNES BURIDAN, Sophismata ( 1 9 7 7 ) 2 8 : „... notandum est quod licet vox immediate significet conceptum, tarnen mediante conceptu imposita est ad significandum ea quae ilio conceptu concipiuntur. ... notandum est quod terminus vocalis, si in propositione capiatur significative et non materialiter, non supponit pro se nec pro conceptu quem immediate significat, sed supponit pro illis eisdem pro quibus ille conceptus sibi c o r r e s p o n d e s supponit, scilicet pro rebus ilio conceptu conceptis."; vgl. ebd. 5 1 : „Dico ergo, sicut in Summulis magis dictum est, quod terminus vel vox quaecumque ponibili in propositione supponit materialiter, si in propositione non capiatur pro ultimis eius significatis vel pro ultimo eius significato..."; vgl. Kap. III, Anm. 177.

421

Vgl. Summulae, tract. 1, hg. J . PINBORG ( 1 9 7 6 ) 8 4 : „... voces non significant res extra animarti nisi mediantibus conceptibus quibus subordinantur..."; vgl. GREGOR VON RLMINI, 2 Sent, d.9 et 1 0 q . 2 ( 1 9 7 9 f f ) 5 . 2 2 8 : „... in nobis est duplex locutio - una quae est primum signum rei immediate, et hoc nullius est linguae earum, quae distinguuntur secundum diversitatem gentium humanarum ... et hanc locutionem solus deus audit; alia, quae est secundarium signum et priori in idem significando subordinatum et ex hoc quodammodo prioris etiam signum."

422

Vgl. JOHANNES BURIDAN, Tractatus de suppositionibus ( 1 9 5 7 ) 1 8 3 : „Omnis ... propositio mentalis est vera vel falsa et omne simpliciter aut verum aut falsum est propositio mentalis prout de vero et falso loquitur logicus. Si enim propositio vocalis est vera vel falsa, hoc non esset nisi in quantum significat mentalem veram proferentis vel constituit mentalem veram in animo audientis." Vgl. PIERRE D'AILLY, Insolubilia (s.a.) fol. b5rb: „...omnis propositio ad placitum significans... debet sic describi per significare verum aut falsum, quia quelibet tali significat mentalem proprie dictam veram vel falsam." Vgl. ANTWERPEN, Loycalia ... cum ...commento ( 1 4 8 6 ) fol. C 5 v ; G. FRILDEN, Exercitium veteris artis ( 1 5 0 7 ) fol. x 2 v b ; Im späten 15. J h . ist in diesem Zusammenhang die Unterscheidung zwischen den „vere vel false" bezeichnenden Mentalpropositionen und den „verum vel falsum" (nämlich die Mentalproposition) bezeichnenden sprachlichen oder schriftlichen Propositionen gebräuchlich. Vgl. HAGENAU, Comment, in primum et quartum tractatum Petri Hispani ( 1 4 9 5 ) fol. b7v-b8r; J . DORP, Perutile compendium totius logicae Joannis Buridani...(1499) fol. a6ra; F. DIEL, Mo-

290

Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

Insgesamt hat sich jedoch die von Scotus und Ockham vertreten 'referenzsemantische' Position der immediaten Sachbezeichnung behaupten können. Im 17. Jahrhundert ist sie aufgrund ihrer Übernahmen durch die Mehrzahl der Jesuiten und Skotisten vorherrschend. Sie ist, wie Mastrius konstatiert, die „communior opinio, quam sequuntur Nominales omnes." 4 2 3 Zwar wird der Terminus der subordinatio dabei zumeist durch die Begrifflichkeit der funktionalen Stellvertretung (subrogatio, substitutio) ersetzt. Aber auch für diese gilt, daß die voces als Stellvertreter der Begriffe eben dasselbe leisten wie diese: die unmittelbare Bezeichnung der Dinge. 424

dernorum summulae logicales (ca. 1489) fol. a5rsq. Hiergegen wendet sich Johann Eck unter Berufung auf Ockham und Scotus, indem er die Bezeichnung der Konzepte nur in Form einer natürlichen Indikation zugesteht. Vgl. J. ECK, Arisi. Stagyrite Dial. 1 (1516) fol. 72ra: „Nota ... quod Cardinalis Cameracensis in tractatu de conceptibus existimavit quod voces significent primo conceptus: et probat ex textu hie quia voces sunt notae passionum: ergo significant passiones: hanc sententiam sustinere oportet omnes: qui ponunt propositionem vocalem significare verum vel falsum, id est propositionem mentalem veram vel falsam: sed mentalis significat vere vel false .... Sed diversum sentit Ocham dist. xxii. primi, et etiam Scotus quod vox primo et immediate significat rem, licet accedente conceptu cui subordin a t e : Et ita voces sunt notae passionum non per significationem sed per subordinationem: vel sunt notae id est signa quod tales conceptus sint in anima. (...) Conclusio: Voces sunt notae conceptuum per subordinationem et etiam indicative..." Die widerstreitenden Auffassungen werden hierbei nicht immer deutlich auseinandergehalten. Zur Kritik an Buridan vgl. z.B. J . DULLAERT, Quaestiones super duos libros Perihermeneias (1515). Dullaert präsentiert Buridan wie Boethius als Vertreter der immediaten Konzeptbezeichnung (fol. 3va: „Aliqui tenent quod voces significant conceptus in anima ...Et huiusmodi opinionis fuerunt Commentator, Boetius et multi alii et novissime buridanus") und hebt diese von der 'res mediantibus-conceptibus'-These ab (Alii tenent quod voces significant res ad extra sed hoc mediantibus conceptibus et hoc nunc communiter tenetur), die er selbst vertritt, zugleich aber eine Bezeichnung der Konzepte abstreitet (fol. 4rb: „Dico igitur quod voces non significant conceptus sed significant res ad extra mediantibus conceptibus"). 423

B . MASTRIUS / B . BELLUTUS, O F M ,

Philosophia ad mentem Scoti Cursus integer tomus pri-

mus (1708) 98a. 424 YG| R AVERSA, Logica (1623) 125a: „... qui cognoscit et loquitur, substituit voces loco sui conceptus ad manifestandam rem conceptam: non ut mediante voce prius alter percipiat cognitionem loquentis, et mediante cognitione rem: sed ut immediate ex vox percipiat rem. Ita voces substitutae sunt loco conceptuum ad significandas easdem res quae ipsis conceptibus repraesentantur. Dicentur etiam voces exprimere ipsos conceptus, quatenus gerunt vicem eorum. Dici etiam soient voces esse signa conceptuum, et significare conceptus. Sed hoc non debet intelligi in eo sensu, quo dictum est esse signa rerum: sed in alio sensu modo explicato, quia voces exprimunt conceptus, substituuntur loco conceptuum, ac sunt vicariae conceptuum."; F. DE OVIEDO, SJ, Integer cursus philos. (1640) 2b: „Eatenus voces significant res, quatenus substituuntur loco conceptuum, qui naturaliter easdem res repraesentant."; vgl. ebd. 141a: „Id ... significant voces, quod proferens intendit audienti notum fieri, et ad quod exprimendum designatae sunt a linguae authore, qui vocibus significationem est impertitus. Sed author linguae Latinae, et proferens has voces 'Homo est animal', non intendunt exprimere neque notum fieri conceptum repraesentantem hominem esse animal, sed obiectum huius conceptus, videlicet in re hominem esse principium sentiendi: ergo hoc est, quod voces primario significant, et non conceptum repraesentantem hoc obiectum. Confirmatur: voces substituuntur loco conceptuum, ut id praestent audienti,

Die Theorie der Sprachzeichen

291

Die 'magna altercado' wird hier häufig auf der Ebene allgemeiner Reflexionen über das Verhältnis von Stellvertretung und Bezeichnung fortgeführt. So wenden sich die Vertreter der Sachbezeichnung sprachlicher Ausdrücke gegen eine einfache Gleichsetzung von beidem. Denn „non omne substitutum alteri est illius signum". 425 Und zwar auch dann nicht, wenn etwas, das selbst Zeichen ist, als Stellvertreter eines anderen fungiert. So hat etwa das an die Stelle der Kaiserstatue gesetzte Bild des Kaiser, wie Arriaga betont, nicht die Funktion, das Standbild zu bezeichnen, an dessen Stelle es tritt, sondern den Kaiser selbst. 426 Konnte schon das Subordinationsverhältnis des terminus scriptus, vocalis und mentalis in politischer Metaphorik veranschaulicht werden, so tritt das Modell der politischen Repräsentation hier weiter in den Vordergrund. Und diesbezüglich verhält es sich nicht anders: Wird der Vizekönig krankheitshalber durch einen Stellvertreter ersetzte, so repräsentiert dieser nicht den Vizekönig sondern den Herrscher selbst. 427 Hierbei ist die Repräsentation jedoch nicht als Signifikation oder Darstellung zu verstehen, wie die Vertreter der Konzeptbezeichnung sprachlicher Ausdrücke unter Rückgriff auf das selbe Modell meinen, 428 sondern funktional. Andernfalls nämlich wäre auch der Vizekönig selbst

quod proferenti praestant ipsi conceptus. Sed conceptus immediate significant obiecta: ergo et voces eadem obiecta immediate significant."; B. BARO, O F M , Duns Scotus ... per univ. philos. ... defensus ( 1 6 6 4 ) 8a: „Dico ... sententiam esse veram, quod ... voces significent res ipsas. In hac D D magno numero sequuntur Scotum. ... Voces substitutae sunt conceptibus, sive assumptae in locum ac supplementum earum, ergo iam faciunt quod facerent alias ipsi conceptus si possemus immediate uti eis..." 425 426

427

428

S. Anm. 4 2 7 . R. DE ARRIAGA, SJ, Cursus philosophicus ( 1 6 3 2 ) 1 8 3 b : „Obiicies ... cum Conimbricensibus: voces subrogantur loco conceptuum, ergo praecipue significant conceptus. Mala consequentia: imo contrarium infero ex eo Antecedenti, et probo meam conclusionem. Quia sicut conceptus non significabant se, sed sua obiecta; ita voces, quae eorum loco subrogantur, debent significare non ipsos conceptus, sed conceptuum obiecta, seu res ipsas: sicut si loco statuae Caesaris repraesentantis Caesarem, subrogaretur eiusdem Caesaris imago depicta, sane hae non poneretur ad significandam statuam cuius loco subrogatur, sed ad significandum Caesarem quem repraesentabat statua, cuius loco pictura succedit, praestando id quod praestabatur ab statua."; NICOLAUS A S. IOHANNE BATTISTA, Philosophia augustiniana ( 1 6 8 7 ) 4 5 : „Sicut ergo Statua, quae subrogatur loco Statuae Caesaris, non ipsam statuam, cuius vices gereret, sed ipsum Caesarem primario, et principalius significaret: ita et voces, quae vices gerunt conceptuum, primario ipsas res significant." Vgl. Β. BARO, O F M , Duns Scotus ... per univ. philos. ... defensus ( 1 6 6 4 ) 9b: „... non omne substitutum alteri est illius signum; v.g. est hie Regis Catholici prorex; contingit cum aegrotare, substituitur aliud, certe hic substitutus non repraesentat proregem sed regem ipsum principalem; ita voces substituuntur conceptibus, at non significant ipsos proprie, sed res." Vgl. F. GONÇALEZ, SJ, Logica tripartita ( 1 6 3 9 ) 101a: „Voces humanae substituuntur, et vicariae sunt conceptuum, ergo eos immediate significant; antecedens certum est... consequentiam probo evidenter, quidquid substituitur loco alterius, eiusque vicarium est, id alterum immediate significat et repraesentat, sed voces substituuntur et vicariae sunt conceptuum, ergo eos immediate significant et repraesentant. maiorem probo primo exemplis rem declarantibus. etenim quoniam S. P. Papa Urbanus VIII, est substitutus loco Christi Domini, eiusque vicarius est, ipsum immediate repraesentat, et ita quod nihil mediet inter

292

D a s Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

- zumindest in dieser Beziehung - vom Herrscherstandbild nicht zu unterscheiden. 4 2 9 W o die Stellvertretung jedoch im Sinne eines 'Stehen für' und somit die substitutio als suppositio erscheint, liegen die Dinge anders. Denn hier wird die Stellvertretung gerade nicht funktional sondern signifikativ gedacht. Gleichwohl braucht das politische Repräsentationsmodell selbst nicht aufgegeben werden. Man muß nur die Positionen anders besetzen. Der König ist hier nicht mehr der conceptus, sondern die res. In diesem Zusammenhang wird zwischen dem signum manifestativum und dem signum manifestativum simul et suppositivum unterschieden. Die sprachlichen Ausdrücke manifestieren nicht nur die Dinge, sie supponieren auch für dieselben. 430

utrumque, et propter eandem rationem Neapolitanus Prorex immediate significat, ac repraesentat Philippum IV. Hispaniarum Regem Catholicum..." S o schon P. RAULEDIUS, Commentarla ( 1 5 1 9 ) fol. 3 3 r a : „... quaemadmodum repraesentare dicitur quispiam personam regis quando in legationem missus quod rex animo concepit et mandavit revelat: ita vox repraesentare dicit conceptum: quia id quod conceptu significatur ex impositione aliis monstrat." 429

Vgl. L. DE LOSSADA, SJ, Cursus philosophicus ( 1 8 8 3 ) 1 6 2 : „Sicut ... proreges in provinciis instituti sunt, quia rex per se ubique adesse, et regere non potest, quodsi posset, superflua esset illorum institutio; et tarnen primarium munus proregum non est repraesentare regem (alioquin non different a regis statua), sed est facere id, quod rex faceret, si adesset, nempe ius dicere, et consulere populis: ita prorsus in re nostra contingit. Si conceptus per se paterent exterius, non essent necessaria signa vocalia."

430

Vgl. F. TOLETUS, SJ, Introd. in univ. Arisi, logicam ( 1 6 1 5 ) 2 0 9 a : „Duplex est signum. Alternili manifestativum solum. Alterum manifestativum et suppositivum. Signum manifestativum est, quod per sui Cognitionen! alterius facit cognitionem: ut sonitus est signum manifestativum Lectionis. Manifestativum vero simul et suppositivum est, quod non solum aliud manifestai, sed etiam illius loco substituitur, et eius vices sortitur: sicut Prorex, qui ipsius Regis personam indicat, et ipsius locum tenet: ita se habent voces istae significativae; sunt enim signa manifestativa conceptuum internorum, et affectionum: et de hac significatione loquitur Aristoteles. Sunt enim signa manifestativa, et suppositiva rerum; quia non solum res indicant, sed earum loco sumuntur..."; Vgl. A. RUBIUS, SJ, Logica mexicana (1605) 20f: „... signum unum est manifestativum dumtaxat, aliud manifestativum, et suppositivum simul: primi generis est illud, quod rem aliquam a se distincta significat, aut repraesnetat, pro qua non (21) substituitur..., et suppositivum est, quod non solum nos ducit in alterius rei cognitionem. sed pro ea substituitur, ut prorex dicitur hoc modo repraesentare personam Regis."; C . F . VERANI, Philosophia universa speculativa peripatetica ( 1 6 8 4 ) 12b: „... vox refertur ad rem, ut signum manifestativum, et suppositivum simul, et ideo sumitur loco rei significatae; ut Prorex est signum manifestativum Regis, et suppositivum, quia ponitur loco Regis, et ideo alloquimue Proregem, ac si esset Rex ipse. Respectu vero conceptus mentalis vox est tantum signum manifestativum."; Vgl. TH. COMPTON CARLETON, SJ, Philosophia universa ( 1 6 4 9 ) 1 5 7 b ; NICOLAUS A S . JOHANNE BATTISTA, Philosophia augustiniana ( 1 6 8 7 ) 2 5 f : „Dividitur etiam signum in manifestativum tantum, seu impersonale; et in manifestativum, et suppositivum, seu personale. Manifestativum tantum est, quod solummodo significat, et pro significato non supponitur; sic hederá significat vinum venale, sed pro ilio non supponitur; suppositivum autem, seu personale est, quod non tantum rem significat, sed etiam pro re significata supponitur; adeo ut virtute suppositionis nomen rei significatae, et affectiones sibi tribuantur; sic rationibus subducendis calculi pro nummis supponuntur, ita etiam Prorex significat Regem; et pro Rege substituitur, et haec etiam vox

Die Theorie der Sprachzeichen

293

Die Differenz zwischen den Vertretern einer unmittelbaren Sachbezeichnung und der thomistischen 'res mediantibus conceptibus'-These bezieht sich nicht auf das vorrangige, sondern auf das unmittelbaren Signifikat sprachlicher Ausdrükke, sowie darauf, daß jene zumeist eine Bezeichnung der Konzepte im eigentlichen Sinne generell ablehnen. Wenn es hier in genauer Umkehrung der 'res mediantibus conceptibus'-Formei heißt, daß die voces vermittelst der Bezeichnung der Dinge die Konzepte bezeichnen („[significant] conceptus mediante significatione rerum"),431 so ist damit, anders als im Fall der thomistischen Komplementärposition, nicht auch eine eigentliche Bezeichnung des mittelbar Bezeichneten - hier also der Konzepte - intendiert. Vielmehr bezeichnet der sprachliche Ausdruck den geistigen Begriff, wie bei Ockham, lediglich „improprie",432 d.h., wie schon bei Roger Bacon, nur als natürliches Zeichen433

431

homo, hominem significat, pro quo et supponitur..." Vgl. M. SMIGLECIUS, SJ, Logica (1634) 437: „...notandum est, quod voces licet significant tarn rem, quam conceptus, non tarnen eodem modo: Nam conceptus significant mediante significatione rerum; nisi enim scivero quas res significent voces, nunquam ex vocibus cognoscam quos conceptus, is, qui eas loquitur, in mente sua habeat."; TH. COMPTON CARLETON, SJ, Philosphia universa (1649) 159b; F. BONAESPEI, OCarm, Comment, in univ. Arist. philos. (1652) 12a: „Signa vocalia sive voces, etiam primario et immediate respectu audientis significant res ipsas, ad quas significandas sunt instituta, conceptum vero proferentis secundario et mediate. Dixi respectu audientis, quia respectu proferentis possunt primario et immediate res vel conceptus significare, prout fuerit intentio proferentis."; J. B. DE BENEDICTO, SJ, Philosophia peripatetica (1688) 528ff: „Dico ... in simplici significatione voces immediate significant res, mediate conceptus. Prob, ab experientia docente, audita voce, lapis v.g. animo statim oblici lapidem ipsum realem: quod est rem ipsam immediate significare per suam vocem. Rursus ex eo, quod quis eam vocem proferì humano modo, arguitur illum cogitare rem lapidis: quod est est conceptum proferentis solum mediate per vocem significati. ... Dico ... in omni significatione res principalius, quam conceptus a vocibus significantur. Prob. Principalitas in vocum significatione attendenda est unice penes finem a linguae institutoribus intentum. Atqui certum est, omnem vocum institutionem, omnemque communicationem arcanorum, quae facit societatem, et commercium inter homines, eo demum collineare, ut rerum ipsarum notitiam ingerat a u d i e n t i . V g l . A. SEMERY, SJ, Triennium philosophicum (1688) 651; P. RENTZ, OSB, Philos, ad mentem Th. Aquinatis, t. 1 (1714) 544; C. KRISPER, OFM, Philosophia scholae scotisticae (1735) 291; S. ARANHA, SJ, Disp. logicae, pars tertia (1745) 417.

432

Vgl. OCKHAM, Ord. I d. 27 q. 2 (1979) 226f: „... dico quod non est intentio beati Augustini quod verbum vocale semper significet verbum mentale, proprie accipiendo 'significare' sed improrie, scilicet secundum quod unum signum significat aliud, quia scilicet imponitur ad significandum illud idem quod significat aliud signum."; J. MAIOR, Termini (1508) fol. 12 va: „Nulle voces date significant conceptum ultimatum ad placitum proprie. Probatur quia significare ad placitum proprie est significare illud ad quod terminus imponitur ad significandum illud. ... Omnes voces date significant conceptus ultimatos eis respondentes ad placitum improprie."; A. DE PRADO, Medulla dialectices (1505) fol. 2vb, vgl. A. A. COXITO, Lògica, semàntica e conhecimento na escolástica peninsular pré-renascentista (1980) 87.

433

TH. COMPTON CARLETON, SJ, Philosophia universa (1649) 159b: „Dico primo: voces ut signa ad placitum, et immediate significant solas res, ut signa tarnen naturalia, et mediate conceptus. Prima pars probatur, dum enim quia alterum loquentem audit, dicentem v.g. „Stella sunt pares", animus audientis non de interno loquentis actu, sed de stellis cogitat, nec ei curae est quid loquens cogitet, sed quo pacto res ipsa se habeat. ... Secunda etiam

294

Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

im Sinne eines Indizes 4 3 4 bzw. „ex consequenti", „illative" oder „per discursum", 4 3 5 d.h. so, daß durch ihr Auftreten auf die Präsenz bestimmter Konzepte im Geist des Sprechers geschlossen werden kann. 436 Eine weitere Möglichkeit der Differenzierung der Leistung sprachlicher Ausdrücke in Hinsicht der Dinge und Konzepte bildet die Formulierung, daß die voces die Dinge bezeichnen („significant res") die Konzepte aber ausdrücken („exprimunt conceptus"). 4 3 7 Rubius charakterisiert dies als den der „altertümlicheren" Position der Konzeptbezeichnung diametral entgegengesetzen „modus dicendi modernus". 4 3 8 Das significare ist hierbei durch die Wahr-

conclusionis pars probatur: qui enim quempiam de hac vel illa re, de cáelo, se sole, de stellis disputantem audit, arguitive et per discursum infert, haec eum mente revolvere, alioqui sermonem de iis serere non posset. In hoc vero casu, voces sunt signa naturalia conceptuum, sicut fumus ignis, gemitus doloris, aut effectus quivis suae causae." J . IOANNIZ ET ECHALAZ, Philosophia (1654) 2 1 8 b : „Voces naturaliter, et per accidens significant aliquando ipsos conceptus voces nos naturaliter ducere in cognitionem conceptus proferentis, sic ostenditur; id ducit naturaliter in cognitionem alterius, quod habet connexionem naturaliter cum ilio, ut fumus ducit naturaliter in cognitionem ignis... sed voces humano modo prolatae habent naturalem connexionem cum conceptu proferentis, nequit enim aliquis verba humano modo proferre, nisi habeat conceptum saltem non ultimatum illorum, ergo...". 434

M. SMIGLECIUS, SJ, Logica (1634) 4 3 7 : „Conceptus autem significant [sc. voces] tanquam signa manifestativa; sunt enim voces effectus quidam conceptuum, et procedunt a conceptibus, sicut effectus a causa. Quare non accipiuntur voces pro conceptibus, neque sunt nomina conceptuum, sed solum indicant conceptus, eo modo quo effectus indicat causam." Vgl. A. BERNALDUS DE QUIROS, S J , Opus philosophicum (1666) 194b: „...conceptus significantur pure instrumentaliter, ut ramus ante tabernam significat vinum non enuntiative, sed inuitive, ut purum inditium."; C. FRASSEN, O F M , Philosophia académica (1686) 3 4 0 b .

435

ALBERT VON SACHSEN,

436

437

Quaestiones in artem veterem (1988) n. 7 3 7 : „... quidquid significat principaliter rem, significat eius similitudinem secundario et ex consequenti; sed termini ad placitum instituti ex quo significant principaliter res et non conceptus ... sequitur quod significant principaliter res extra, et per consequens significant similitudines earum in anima secundario et ex consequenti."; R. AVERSA, Logica (1623) 124b: „Concedendum tamen libenter est, consecutive et per illationem posse ex vocibus et significatione rerum deduci notitiam de cognitione earundem rerum quam loquens habere supponitur." Vgl. P. HURTADO DE MENDOZA, S J , Disp. de universa philosophia (1617) 147: „...qui audit alium loquentem potest per discursum intellection es illius cognoscere, sed non pro libito, sed naturaliter, probatur, quia, qui videt alium loquentem, potest discurrere illum bene aut male cognoscere ea, quae loquitur..." TH. COMPTON CARLETON, SJ, Philosophia universa (1649) 159b : „qui enim quempiam de hac vel illa re ... diputantem audit, arguitive et per discursum infert, haec eum mente revolvere, alioqui sermonem de iis serere non potest. In hoc vero casu, voces sunt signa naturalia conceptuum, sicut fumus ignis, gemitus dolori, aut effectus aquivis suae causae."

Vgl. JOSEPHUS BLANCH, Comment, in univ. Arisi, log. (Valencia 1612) 2.3a, vgl. W . RISSE, Log. d. Neuz. 1 (1964) 4 0 4 : „Aliud esse id quod voces exprimunt, aliud vero id quod significant; exprimunt namque internos animi conceptus, at significant obiecta ipsa."; R. AVERSA, S. A n m . 4 2 4 ; J . IOANNIZ ET ECHALAZ, S. A n m . 4 3 9 ; L . D E LOSSADA, S J ,

Cursus

phtlos. pars prima, t. 3 (1883) 163. 438

A. RUBIUS, SJ, Logica mexicana (1605) 18: „Duplex modus dicendi refertur circa conceptum, vocumque significationem; antiquior unus, affirmans nomina et verba solos concep-

Die Theorie der Sprachzeichen

295

heitsbedingungen sachhaltiger Aussagen bestimmt und entspricht damit dem personaliter

supponete.

Insofern bezeichnen, wie etwa Johannes Ioanniz deutlich

macht, die voces die Dinge 4 3 9 und nur die Dinge. 4 4 0 Z w a r läßt sich sagen, daß sie die Konzepte ausdrücken ( e x p r i m u n t ) . Das aber besagt nichts anderes, als daß sie eben dasjenige bezeichnen, was durch die Konzepte innerlich repräsentiert wird. 4 4 1 Schon im Spätmittelalter erfolgte eine terminologische Verschleifung der widerstreitenden Positionen. Denn so, wie auf der einen Seite Buridan die antibus conceptibus-¥orme\

mit der subordinatio

medi-

verband, übernahmen auf der

anderen Seite die Vertreter der direkten Bezeichnung der Dinge nicht selten die Begrifflichkeit der Gegenmeinung und deuteten sie im eigenen Sinne um. W e n n hier dann die These vertreten wird, daß die sprachlichen Ausdrücke die Dinge mediantibus

439

440

441

442

conceptibus

bezeichnen, 4 4 2 fungieren die Konzepte nicht, wie bei

tus, et non res significare, modernus alter ex directo oppositus est, tenens sola rem significare, conceptus vero non significare, sed solum exprimere..." J. IOANNIZ ET ECHALAZ, Philosopha (1654) 218ab: „...voces significant res. (... 218b). Probatur clare; voces vere significant id, pro quo in propositione supponuntur, et de quo propositio verificatur; Sed in hac propositione v.g. 'homo est animal' voces supponuntur pro rebus... nam audita hac voce, v.g. formamus conceptum de reali leone, non de conceptu, quo loquens concipit leonem, ergo ilia vox immediate significat rem, nam alias omnes propositiones de rebus realibus essent falsae, cum enim dicimus lapidem esse insensibilem, non dicimus conceptum lapidis esse insensibilem, sed ipsum lapidem... Voces exprimunt conceptus... Probatur. Exprimere conceptum est id, quod per conceptum interius repraesentatur, et quasi in ipso latet aliis exterius manifestare, ac significare.... Sed voces aliis exterius manifestant, et significant, quod interius per conceptus manifestatur, et repraesentatur..., ergo voces vere ac proprie exprimunt conceptus." Ebd. 218b: „Voces non significant ad placitum ac per se conceptus, sed solas res... Probatur, ilia vox significat aliquid ad placitum, et per se, quae directe, ac per se est instituta ad id significandum..., sed voces non sunt per se ac directe institutae ad significandos conceptus; sed ad significandas res, quae concipimus. Probatur minor, voces sunt per se ac directe institutae ad significandum id, quod loquens communiter per illas intendit aliis manifestare, sed loquens communiter non intendit per illas voces aliis manifestare suos conceptus, sed res, quas concipit; cum enim quis rustico dicit, 'Deum esse trinum, et unum', non intendit quod ipse rusticus sciât, se habere ilium conceptum, sed quod sciat Deum esse trinum et unum, alioquin si primum solum intenderet, aliis vocibus uteretur, dicens, 'ego concipio Deum esse trinum, et unum'..." Ebd. 218b: „Voces exprimunt conceptus... idem enim est vocem subrogari, ac poni loco conceptus, ac exprimere ipsum conceptum. Probatur. Exprimere conceptum est id, quod per conceptum interius repraesentatur, et quasi in ipso latet aliis exterius manifestare, ac significare..." WALTER BURLEIGH, Quaestiones in librum Perihermeneias ( 1 9 7 4 ) 2 1 2 ; s. Kap. II, Anm. 2 5 8 ; G . BIEL, Collectorium circa quattuor lib. Sent., 1. d. 2 2 ( 1 9 7 3 ) 4 9 6 : „... non omnis vox significat conceptum mentis, licet omnis vox significet mediante conceptu mentis, accipiendo conceptum pro actu cognoscendi. Patet. Nam 'homo' significat realem et singularem hominem, pro quo etiam supponit, et non conceptum; quia pro conceptu non supponit, licet non significet hominem nisi mendiante conceptu mentis."; P. TARTARETUS, Expositio in summulas Petri Hispani ( 1 5 1 4 ) fol. 3 7 D : „vox significativa ad placitum significat rem ad extra, non conceptum: ut iste terminus Ioannes significat ilia rem quae est Ioannes, median-

296

Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

Thomas, als selbst bezeichneter Durchgangspunkt einer weiter auf die Dinge gerichteten Signifikationsbeziehung, sondern in dem von Heinrich von Gent und Duns Scotus vorgezeichneten Sinn als Grundlage und Bedingung für das Zustandekommen einer unmittelbaren sprachlichen Dingbezeichnung. Denn es kann, wie Smiglecius diese Position erläutert, auf zweifache Weise verstanden werden, daß die sprachlichen Ausdrücke mittels der Begriffe die Dinge bezeichnen: primo ut prius significant conceptus, et mediante signifìcatione conceptuum significent res, et hoc sensu negatur mediante conceptu significan res ... Secundo ... ut sit necesse intervenire conceptum, ad significationem rerum, et hoc sensu verum est mediante conceptu significari res - (erstens so, daß sie zuerst die Konzepte bezeichnen und vermittels der Bezeichnung der Konzepte die Dinge, und in diesem Sinne genommen wird verneint, daß die Dinge vermittels der Begriffe bezeichnet werden ... Zweitens so, daß das Hinzukommen eines Konzepts zur Bezeichnung der Dinge notwendig ist, und in diesem Sinn genommen ist es wahr, daß die Dinge vermittels der Konzepte bezeichnet werden). 4 4 3

Eine weitere Position, die, bereits von Scotus an einer Stelle formuliert, 444 besonders durch die Conimbricenses Verbreitung gefunden hat, versucht zwischen den Extrempositionen einer reinen Konzept- oder Sachbezeichnung durch die Zulassung zweier den voces zukommender Signifikationen zu vermitteln, betont dabei aber gegen die thomistische und buridansche res mediantibus conceptibus-These die Gleichunmittelbarkeit von Konzept- und Sachbezeichnung („in voce reperiri diversas significationes, unam conceptus, alteram rei, et utramvis immediate attingere suum terminum"). 445 Vertreter dieser Auffassung

443

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445

te tarnen conceptum illius rei et non significat illum conceptum: quia non videtur quod terminus fuerit imposi tus ad significandum illum conceptum."; J . RAULINUS, In logicam Arist. comment. (1500) fol. g4va-b; G. LAX, Parve divisiones terminorum (1502) fol. b6rb; A. CORONEL, Termini (1506) fol. Β 3rb; F . TOLETUS, SJ, Introd. in univ. Arist. logicam (1615) 209b. M . SMIGLECIUS, SJ, Logica (1637) 437; vgl. F. DE OVIEDO, SJ, Integer cursus philos. (1640) 141ab: „Respondeo voces significare mediis conceptibus, a quibus virtutem significandi desumant tanquam a principiis, non vero mediis conceptibus significatis ut obiectis, supponitur enim existentia conceptus ut vox rem significet, non tarnen supponitur conceptus significatus, ut vox significet rem."; vgl. J . LORINUS, S J , In univ. Arist. logicam (1620) 314a: „...si vox non significat rem, nisi mediante conceptu, quem de ipsa re efformemus, tamen non propterea dicetur conceptus immediate significari, quia non semper a nobis vox profertur, ut conceptum exprimamus alteri audienti. Propter quam causam, etiamsi ex natura rei vox non significet rem nisi intercedente conceptu, tamen non ita dicitur significare conceptum, quod id semper intendamus, etiamsi ex se vox sit expressiva conceptus... Nihilominus semper vox conceptum prius significat, quoniam rem ipsam per vocem significatam solemus ante concipere, quam voce proferamus. Et quod praerequiratur hic conceptus, non est piane significari conceptum; quo pacto vestigium animalis non dicitur significare conceptum animalis. Male igitur quidam hic asserunt voces significare conceptus immediate, quia non possunt res significatae per voces cognosci, nisi mediis conceptibus." DUNS SCOTUS, Lectura I d. 27 q. 1-3 n. 51, Op. omn. hg. C. BALIC (1950ff) 17.357. CONIMBRICENSES, SJ, Comment, in univ. dial. Arist. (1607) 2. 39f: „Tertia ... sententia est in voce reperiri diversas significationes, unam conceptus, alteram rei, et utramvis immediate attingere suum terminum. ... Significatio aut est ipsa nominis impositio (quod magis

297

Die Theorie der Sprachzeichen

finden sich v o r n e h m l i c h u n t e r d e n J e s u i t e n . 4 4 6 D i e voces

b e z e i c h n e n n a c h dieser

Position z w a r in g l e i c h u n m i t t e l b a r e r W e i s e die K o n z e p t e u n d die D i n g e , nicht j e d o c h gleichrangig. E b e n s o , w i e die F o r m e l des mediantibus

conceptibus

von

d e n V e r t r e t e r n einer u n m i t t e l b a r e n S a c h b e z e i c h n u n g im e i g e n e n Sinne u m g e d e u t e t w u r d e , w i r d hier die dieser e n t s p r e c h e n d e U n t e r s c h e i d u n g eines B e z e i c h n e n s „ut q u o d " u n d „ut q u o " v e r w e n d e t , u m die beiden

gleichunmittelbaren

B e z e i c h n u n g e n hinsichtlich ihrer V o r r a n g i g k e i t o d e r N a c h r a n g i g k e i t zu differenzieren. S o gilt n a c h Rubius, voces significant immediate, ut quo, ac minus principaliter, conceptus, res vero immediate ebam, ut quod, ac principalius... - (Die sprachlichen Ausdrücke bezeichnen unmittelbar als 'das, wodurch' und weniger vorrangig die Begriffe, die Dinge aber ebenso unmittelbar bzw. als 'das, was' und vorrangiger). 4 4 7

probavimus) aut in ea fundatur et cum eadem multiplicatur: sed impositio ad significandos conceptus est diversa ab impositione rei significandae; ergo etc. Probatur Minor. Homines prius voluerunt suos conceptus communicare uno actu communi, et expresso, deinde investigarunt modum huic communicationi accommodatum, isque fuit impositio vocum ad res significandas. ergo duo interfuerunt actus, atque adeo duae impositiones. ... Secundo probatur idem institutum ex diverso omnino usu, et officio vocis respectu (40) rei, et conceptus. Nam res per vocem significatur tanquam significatum quod, et (ut dici solet) doctrinaliter: quae enim in doctrinis per voces significamus, de rebus ipsis intelligimus: at conceptus non significantur doctrinaliter, sed innuuntur: unde dici solet voces substituí pro conceptibus et significare res. Inter has opiniones tertia nobis videtur planior." 446

F. GONÇALEZ, SJ, Logica tripartita (1639) 100a: „... dico ... voces humanas ad placitum, et ex peculiari impositione immediate significare non solum res ..., sed etiam formales conceptus rerum; quatenus voces ad modum signi Instrumentalis praevia cognitione sui, nos ducunt in cognitionem conceptuum, veluti horum sensibiles vicariae, et interpretes."; R. LYNCEUS, SJ, Universa philosophia scholastica, t . l (1654) 214a: „...tarn res, quam earum conceptus directe et immediate, et ex primaria intentione vocibus nostris significari." S. IZQUIERDO, SJ, Pharus scientiarum (1659) 104b-105a: „Etsi nonnulli videantur docere, per terminum vocalem ita significare utrumquq mentalem, formalem scilicet et obiectivum, ut primario et immediate formalis, secundario autem, et mediate obiectivus significatur communem tamen, et veram sententiam esse, utrumque significari immediate: Ita tamen, ut obiectivus primario, et directe; formalis vero secundario et indirecte significetur." J. B. PTOLEMAEUS, SJ, Philosophia mentis et sensuum (1697) 142.

447

A. RUBIUS, SJ, Logica mexicana (1605) 21; vgl. Β. TELLEZ, SJ, Summa universae philosophiae (1642) 98b-99a: „Voces significant immediate res, et conceptus, licet significent conceptus ut quo, et minus principaliter; res vero, ut quod, et principalius. ... Probatur, quia audita voce, alicuius rei significativa, statim percipimus rem, et certi sumus de conceptu loquentis. Ergo... in qualibet voce datur duplex significatio, altera rei, altera conceptus."; R. LYNCEUS, SJ, Universa philosophia scholastica (1654) 214a-b: „... aliter, aliterque vox significai rem, et conceptum: illam namque ut quod; hunc vero ut quo repraesentat... Rursus, quod eodem ferme redit, sola res est significatum doctrinale, ut aiunt, vocis, sive id quod per eam diserte, et expresse adstruitur negaturve, et id quod dicetur alter: conceptus vero non est significatum doctrinale vocis, sed per eam innuitur, et insinuatur duntaxat."; O. CATTANEUS, SJ, Cursus philosophicus, t . l (1677) 693: „voces significant immediate conceptus, et res: sed conceptus ut quo et res ut quod. ... Prob, prima pars: illud immediate a vocibus significatur per quod respondetur interroganti quid significet aliqua vox, sed interroganti quid (694) significet aliqua vox, respondetur significare, tam conceptus mentis,

298

Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

Hierbei ist das 'ut quo' nicht im thomistischen Sinne des 'mediantibus conceptibus' verstanden, sondern in dessen, bei den Vertretern der unmittelbaren Sachbezeichung vorliegenden konditionalen Bestimmung. In diesem Sinne kann dann eine doppelte Bezeichnungsfunktion der sprachlichen Ausdrücke eingeräumt werden, die jedoch insofern differenziert wird, als letztere hinsichtlich der Dinge als „signa suppositiva" (supponierende Zeichen) fungieren, hinsichtlich der Konzepte aber als „signa manifestativa". 448 Die sprachlichen Ausdrücke manifestieren die Begriffe des Sprechers, supponieren aber für die Dinge. 449 Kritisiert wird die Theorie der duplex significano insbesondere von Vertretern der thomistisch verstandenen 'mediantibus conceptibus'-These, nach denen der sprachliche Ausdruck mit ein und derselben Signifikation („eadem significatione"; 4 5 0 „unica significatione" 451 ) sowohl die Begriffe als auch Dinge bezeichnet.

quam rem significatam per huiusmodi conceptus, ergo... M i n o r probatur: supponamus ab aliquo proferri vocem graecam, quae significat panem: eo ipso, quod ille, qui ignorât linguam Graecam audit huiusmodi vocem, statim interrogat quid velit intelligi, dum talem vocem pronunciavit, sed interrogare loquentem, quid velit intelligi per talem vocem, est formalissime interrogare quid ipse intelligat hoc est quam res habeat in mente, dum taliter loquitur, ergo qui ignorât lignuam graecam, et audit vocem graecam vult scire a loquente, quid ipse intelligat, dum talem vocem pronunciat."; ebd. 6 9 5 : „... voces, licet immediate significent conceptus, et res, potiori iure sunt signa rerum, quam conceptuum. Ratio est, quia voces sunt signa conceptuum, ut quo, et rerum, ut q u o d . " 448

M . SMIGLECIUS, SJ, Logica ( 1 6 3 4 ) 4 3 7 : „Signum est duplex manifestativum et suppositivum. Manifestativum est illud, quod solum indicat rem, sed pro re nihil accipitur; sic fumus indicat ignem, hederá appensa vinum vendibile, et omnis effectus indicat suam causam. Suppositivum vero est illud, quod ita significat rem ut pro re accipiatur: sic calculi in supputatione ita significant rem, quae supputatur, ut pro re accipiantur. Voces igitur significat res, tanquam signa suppositiva, quia pro rebus accipiuntur. Cum enim res in disputationem adducere non possumus, pro rebus, verbis utimur: Sunt enim voces nomina rerum. Conceptus autem significant tanquam signa manifestativa."; J . FELL, Grammatica rationis ( 1 6 7 3 ) 2 : „Vox est sonus ex animantis ore editus, certis quibusdam instrumentis formatus, et est signum rei vel conceptuum. Nimirum voces declarant conceptus, et etiam adhibentur, sive supponunt pro rebus; siquidem res ipsae inter disserendum, in medium afferri non possunt: hoc est, voces sunt signa manifestativa conceptuum, suppositiva rerum."; GERVASIUS VON BREISACH, OCap, Cursus philosophicus, t . l ( 1 6 9 9 ) 2 3 2 . Diese Zeichendistinktion wird von der zeitgenössischen protestantischen Schulmetaphsik übernommen; vgl. CHR. SCHEIBLER, Metaphysial ( 1 6 3 6 ) 3 8 I f ; J. SCHULTETUS, Disp. met. de signo et signato ( 1 6 5 9 ) fol. Β 2vff; G. STANNARIUS, Systema regul. philos. ( 1 6 6 1 ) 87f; H. SCHMID, Diss. met. de signo et signato ( 1 6 7 3 ) fol. A 4r.

449

J . Β. DUHAMEL, Philosophia vetus et nova ( 1 6 8 2 ) 1 8 3 : „... signum vulgo dividitur in suppositivum, seu personale, et manifestativum. Illud est, quod pro re significata sumitur, cui scilicet tribuuntur omnia, quae rei conveniunt. Sic legatus Regis personam repraesentat. Sic calculi adhibentur, ut numerorum signa. Quod autem rem ipsam manifestat, ut vinum hederá, vox conceptum vel ideam mentis, id signum appellari solet manifestativum. Quanquam idem signum utrumque munus plerumque sustinet. Sic voces conceptus nostros manifestant, et pro rebus ipsis sumi soient."

450

F. ARAV, OP, Comment, in univ. Arist. Met. t. I. ( 1 6 1 7 ) 3 6 8 b ; vgl. J . LORINUS, SJ, In univ. Arist. logicam ( 1 6 2 0 ) 3 1 4 b : „... quamvis dum intendo voce explicare conceptum, significo

Die Theorie der Sprachzeichen

299

Die kontroversen Positionen hinsichtlich der Beantwortung der Frage, was die sprachlichen Ausdrücke bezeichnen, sind motiviert durch unterschiedliche Perspektiven auf das komplexe Problem sprachlicher Bezeichnung sowie durch divergierende Verständnisweisen des Begriffs des significare. Daß sich Sprache nicht auf eine einfache Funktion reduzieren läßt, sondern Sie sich in ihrem kommunikativen Gebrauch nicht nur auf die Signifikate, sondern auch auf die Begriffe bezieht, war allgemein unumstritten. Entscheidend für die Beantwortung des „quid significant voces" ist die letztlich terminologische Frage, ob die verschiedenen Funktionen von Sprache durch verschiedene Begriffe zu beschreiben sind oder aber mit Hilfe verschiedener Differenzierungen desselben Begriffs des significare. Im ersteren Fall wird das significare vom exprimere oder manifestare abgegrenzt. Es ergibt sich ein durch das logische Kriterium der Verifikation zugeschärfter Begriff des significare. Sprachliche Signifikation meint insofern immer personale Supposition. Die voces mögen zwar die Gedanken, Konzepte etc. ausdrücken oder manifestieren, sie bezeichnen sie jedoch nicht in dem hier vorausgesetzten Verständnis des 'significare'. Von einer Bezeichnung der Konzepte kann dann allenfalls im uneigentlichen Sinne gesprochen werden, insofern als die voces als äußerliche Wirkungen der Begriffe des Sprechers ein Indiz für dieselben sind. Im letzteren Fall, d.h. dort, wo mit einem weitergefaßten Begriff des significare operiert wird, der auch das manifestare oder expimere mit umgreift, werden dagegen die Konzeptund die Sachbezeichnung als unterschiedliche Weisen des significare beschrieben {significare ut quod - ut quo; significare mediate - immediate). Insofern wird von beiden Positionen aus die Frage, ob die Konzepte bezeichnet werden, kontrovers diskutiert. Was damit aber zur Debatte steht, ist im Grunde die terminologische Frage, wie eng oder weit der Begriff des significare zu fassen ist, d.h. ob es legitim ist, auch die Ausdrucksfunktion als Signifikation, als eine Form des Bezeichnens zu beschreiben. Denn es besteht in der Regel kein Dissens darüber, daß dasjenige, was in letzter Instanz durch sprachliche Ausdrücke bezeichnet wird in dem Sinne, daß es dasjenige ist, über welches mittels der sprachlichen Ausdrücke Aussagen getroffen werden, die Sachen selbst sind. 4 «

et conceptum et rem, simpliciter tarnen dici potest una eademque utriusque significatio. ... nam eo ipso quod vox significat rem, repraesentat et significat conceptum rei, quem proferens habet de ipsa re, etiamsi qui audit, forte explicite solum feratur in solam rem." 451

JOHANNES A STO THOMA, O P , Ars Logica

452

Vgl. z.B. F. MURCIA DE LA LLANA, Selecta circa Arist. dial. (1621) 404a-b: „Quod si objicias. Voces non significant conceptus: ergo falsum est quod diximus. Antecedens probo. Nam si illos significant pro illis supponerent in propositione. sicut quia significant res, supponunt pro rebus, sed non supponunt voces pro conceptibus: ergo non significant illos. Minorem probo, scilicet quo non supponant pro illis: Nam si supponerent, haec propositio: Homo est animal, faceret hunc sensum: Conceptus hominis, est conceptus animalis, quod est oranino falsum: ergo non supponunt pro conceptibus, et sic non eos significant... Respondetur

(1948) 105a.

300

Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

Ein Blick auf die in dieser Kontroverse verwendeten Argumente macht deutlich, daß das unterschiedliche Verständnis des significare und damit die Antwort auf die Frage, was die sprachlichen Ausdrücke bezeichnen, im wesentlichen davon abhängt, ob die Sprache vorrangig in ihrer Funktion betrachtet wird, Aussagen über die Realität zu treffen, oder Instrument der Kommunikation, des Ausdrucks von Begriffen, Verständnissen etc. zu sein. Metaphysische Fragestellungen spielen dabei kaum eine Rolle. Die Betonung der Konzeptbezeichnung ist nicht, wie bei Thomas von Aquin, die Konsequenz, die sich angesichts der aristotelischen Widerlegung der platonischen Ideen daraus ergibt, daß die Nomina die jeweiligen Dingnaturen unter Abstrahierung von den Einzeldingen bezeichen - das Nomen „homo" also die natura humana, nicht die einzelnen Individuen453 - und es somit, da die Dingnaturen nicht real subsistieren, sondern nur im Intellekt sind, „necesse fuit Aristoteli dicere quod voces significant intellectus conceptiones immediate, et eis mediantibus res" (es für Aristoteles notwendig war zu sagen, daß die sprachlichen Ausdrücke unmittelbar die Begriffe des Intellekts und vermittels dieser die Sachen bezeichnen).454 Ebenso wird auch von den Skotisten Scotus' Aussage, daß die voces unmittelbar die res bezeichnen, nicht es ist fraglich, ob sie jemals so gemeint war - universalienrealistisch als Bezeichnung allgemeiner Wesenheiten gedeutet. Die Bezeichnung der res ist die Bezeichnung der Einzeldinge. Insgesamt betrachtet, ist die scholastische Antwort auf die Frage nach dem Signifikat sprachlicher Ausdrücke in der Regel wesentlich differenzierter als die in der Formulierung dieser Frage zumeist aufgemachte Alternative von „res aut conceptus". Man war sich darüber im Klaren, daß unterschiedliche Perspektiven zu divergierenden Antworten führen können. Nach einer von Albertus Magnus stammenden Unterscheidung etwa bezeichnen die voces in Rücksicht auf die ihre impositio und den Gebrauch die Konzepte - denn sie werden zur Mitteilbarmachung derselben einsetzt und verwendet -, in Rücksicht auf den Grund ihrer Einsetzung - nämlich die von Aristoteles konstatierte Unmöglichkeit, die Dinge selbst im Gespräch mitsichzuführen - jedoch die Dinge.455 Unter Berück-

453

454 455

concedendo, quod voces non supponant pro conceptibus: Ergo non significant illos, nego consequentiam; nam non est necessarium, quod voces supponant pro omni ilio, quod significant, sed pro ultimo, et pro principaliori: tale est res, et hic supponit pro ilia." THOMAS VON AQUIN, Expos, lib. Peryerm. I, 4, 112f, 2. verb. Aufl., in: Op. omn. (Leonina), t. I* 1 (1989) l i a . Ebd.; vgl. Stb. I, q. 13 a. 1 conci.; De potentia q. 9 a. 5. P. RAULEDIUS, Commentanti (1519) fol. 32vb: „Albertus etiam Aristotelis fidus interpres, capite secundo primi de interpretatione ait dupliciter vocem esse significativam ad placitum: secundum institutionem videlicet et usum, et secundum causam institutionis. Primo modo (inquit) est nota conceptus. Instituens enim non habet respectum nisi ad illud quod iam anima concepit, et utens vocem in loquendo non utitur ea nisi ut animae conceptual pandat. Secundo modo voces ipsas res significant. Causa enim institutionis vocum erat: quia cum res afferre non possumus ut nobis invicem communicemus, inventae sunt voces articulatae quibus res per mentis affectum signatas exprimamus." Vgl. ALBERTUS

Die Theorie der Sprachzeichen

301

sichtigung der konkreten Redesituation ergibt sich eine Differenzierung nach Hörer- und Sprecherperspektive, dergemäß die voces für den Sprecher vorrangig die Konzepte, für den Hörer aber in erster Linie die Dinge bezeichnen, 456 so daß der Konzeptbezeichnung zwar hinsichtlich der Absicht des Sprechers Priorität zukommen („primitas" bzw. „prioritas intentionis"), der Sachbezeichnung aber hinsichtlich der Ausführung dieser Absicht („primitas" bzw. „prioritas executionis"). 457 Ebenso ist eine Unterscheidung nach Art und Absicht der Rede MAGNUS,

Liber I Perihermenias, tract. 2 c. 1.; vgl. J .

VERSOR,

Quaestiones super totam vete-

rem artem (1494) fol. 51ra. 456

457

Dicta super Summulas Petri hyspani (1486) fol. A8va: »... ex parte proferentis vox primo significat conceptum quam rem sub conceptu. Sed ex parte audientis est econverso quia vox primo significat rem sub conceptu quam conceptum."; J. VERSOR, Summulae logicales (1572) fol. 8r: „... sciendum, quod cum res praesentetur sensui, mediante sensu generat suam similitudinem in anima, et per illam similitudinem anima format intra se conceptum rei, quam postea vult exprimere, propter quod imponit vocem ad significandum talem conceptum, et mediante ipso rem conceptam, et ideo apud proferentem, vox primo significat conceptum, licet apud audientem, primo repraesentet rem conceptam, unde ipsa proprie non significat conceptum tantum, nec rem tantum, sed rem sub conceptu."; ANTWERPEN, Loycalia ... cum ... commento (1486) fol. B2r: „... vox significativa ad placitum est que ad voluntatem primi instituentis aliquid significat, unde différant placitum et voluntas. Nam voluntas est potentia volitiva seu actus voluntatis, qui incipit ab intra et terminatur ab extra scilicet in obiectum volitum. Sed placitum econtrario nominat actum voluntatis qui incipit ab extra et terminatur ad intra. Incipit enim a re cognita et terminatur ad voluntatem. Unde vox apud proferentem primo significat conceptum rei. Sed apud audientem eadem vox primo repraesentat rem conceptam. Unde proprie vox significativa non significat conceptum tantum, nec rem tantum, sed rem sub conceptu ita quod vox repraesentat primo conceptum et mediante ilio rem ipsam."; F. BONAE SPEI, OCarm, Comment, in univ. Arist. philos. (1652) 12: „Signa vocalia sive voces, etiam primario et immediate respectu audientis significant res ipsas, ad quas significandas sunt instituta, conceptum vero proferentis secundario et mediate. Dixi respectu audientis, quia respectu proferentis possunt primario et immediate res vel conceptus significare, prout fuerit intentio proferentis."; J . B. DUHAMEL, Philosophia vetus et nova (1682) 186: „Quaeritur ... utrum vocem mentis ideas, an res ipsas primum significent. Respondetur, utrasque a voce significari, sed eo cum discrimine, quod loquentis intentio primario sit, ut conceptus suos exprimât: cum audientis potius eo tendat intentio, ut res ipsas percipiat." D. DERODON, Logica restituía (1659) 5 0 2 : „.... voces significant primo conceptus primitate intentionis, quia propter ipsum conceptum tanquam propter finem imponitur vox; significant vero primo res primitate executionis, quia per voces prius cognoscimus res, et deinde conceptus saltem si velimus."; H. HEINLEIN, OSB, Philosophia rationalis (1677) 3 9 2 a : „Probabile est, quod voces significant tam ipsas res, quam conceptus, ita tarnen, ut secundum ordinem intentionis prius et immediatius significent conceptus, in ordine autem executionis prius et immediatius significent res ipsas. Explicatur et probatur: Alia est prioritas intentionis, alia executionis. Prioritas intentionis invenitur in illis, quae primo et principaliter intenduntur. Sic finis est prior mediis prioritate intentionis... Prioritas vero executionis reperitur in iis ad que in executione primo et immediate devenitur, et sie prioritate executione media sunt priora fine." Vgl. GERVASRIS VON BREISACH, OCap, Cursus philosophicus, 1.1 (1699) 2 3 2 : „Quaeres ... An voces significent prius res, quam conceptus, vel contra. Resp. Parum interesse, sive si dicas prius significare conceptus, quam res, vel contra, vel utrumque. Quod potest fieri sub diverso respectu: nam voces prius significare possunt conceptus prioritate scilicet intentionis, quia propter ipsum conceptum manifestandum N . TINCTORIS,

302

Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

möglich, dergemäß die „verba vocalia immediate sunt signa rerum quando proferuntur ad docendum ea quae sunt in rebus nobis latentia, sicut immediate sunt signa conceptuum quando proferuntur ad indicandum conceptuum loquentis occulta", 4 5 8 woraus folgt, daß „in discursu dottrinali" eher die Dinge, „in conversatone civili" 4 5 9 bzw. „in discursu familiari" dagegen eher die Konzepte bezeichnet werden. 4 6 0 Die Frage war nur, inwieweit solche Überlegungen Relevanz für eine logische Bestimmung der Signifikation besitzen.

3. Die Signifikation der Schrift Die von Scotus und Ockham in Abweichung vom aristotelischboethianischen Modell des Ordo orandi vertretene Auffassung, nach der die Schrift ebenso wie die sprachlichen Ausdrücke hinsichtlich ihrer Signifikation unmittelbar auf die Sachen bezogen ist, verliert in der Logik des 17. Jahrhunderts an Boden. Auch dort, wo der terminus vocalis nicht primär die Konzepte sondern die res bezeichnet, wird die Schrift überwiegend auf die gesprochene Sprache bezogen und nicht als in einer immediaten Signifikationsbeziehung zu den Dingen stehend betrachet. Die Auffassung, daß die Schrift ebenso wie die sprachlichen Ausdrücke und die Konzepte unmittelbar die Dinge bezeichnet (tarn conceptus quam voces et scripturas esse aequipollentia signa res ipsas immediate significantia), 461 wird zwar weiterhin - auch von prominenten Autoren 4 6 2 - vertreten. So wendet sich etwa Johannes Lorinus gegen die Annahme einer erst duch die voces vermittelten Sachbezeichnung der Schrift, da diese - bereits Petrus Tartaretus hatte darauf hingewiesen 463 - auch im Fall der Nichtexistenz sprachlicher Zeichen unmittel-

tanquam propter finem imponitur vox. Significare vero prius possunt res prioritate scilicet executionis, quia per voces prius cognoscimus res, et deinde conceptus."; P. RENTZ, OSB,

Philosopha

ad mentem angelici doctoris divi Thomae Aquinatis (1714) 543; E. RUE-

DORFFER, O S B Salisburgensis 458 459 460

thomista

philosophions

(1732) 201f.

Summa quaest. ordinarium, a. 73 q. 6 ( 1 5 2 0 ) 2, fol. 2 7 2 v a . NICOLAUS A S. IOHANNE BATTISTA, Philosophia augustiniana ( 1 6 8 7 ) 4 0 ; 4 3 ff. V . GUFL, O S B , Philosophia scholastica universa ( 1 7 5 0 ) 3 0 : „... voces ... in discursu dottriHEINRICH VON GENT,

nali per se primo non exprimant conceptum perfectum primae vel secundae mentis operationis, quia audientis parum interest, quid ipse sentías, dummodo manifestes rem ipsam e. g. quid sit homo, quid substantia etc. Attamen conceptus concomitanter vel praesuppositive se habent ad docendum, quia sine illis doctio i m pi i cat. Aliud contingit in discursu familiari vel contractu, in quo non solum loquens intendit rem significare, sed etiam suam mentem exprimere, et audiens percipere, ut inde communicatio voluntatis aeque fieret ac intelIectus." 461

J . CARAMUEL DE LOBKOWITZ, OCist, Rationales

462

B . MASTRIUS / B . BELLUTUS, O F M , mus

463

et realis philosophia

( 1 6 4 2 ) 9a.

Philosophia ad mentem Scoti Cursus integer tomus pri-

( 1 6 4 4 ) 2 5 8 a : „ . . . l i t t e r a s ... s c r i p t a s p r i n c i p a l i t e r , et i m m e d i a t e s i g n i f i c a r e r e s ipsas,

non autem voces ut contendit Aversa ... et Arriaga." S. Kap. III, Anm. 183.

Die Theorie der Sprachzeichen

303

bar die Dinge bezeichnen würde. 464 Die Argumentationsfigur, mit der für die voces aufgrund ihrer funktionalen Substitution der Konzepte eine unmittelbare Bezeichnung der Dinge begründet wird, gilt nach Oviedo und Semery auch für die scriptum hinsichtlich der sprachlichen Ausdrücke. 465 Nach Thomas Compton Carleton leitet sich die unmittelbare Bezeichnung der res durch die Schrift aus der Verbindung des Sparsamkeitsprinzips mit der Betonung des gerade für die Schrift anzusetzenden arbiträren Charakters 466 derselben ab: „frustra ... mediate fit... quod multo expeditius immediate fieret". 467 Konzepte, Sprache und Schrift bezeichnen gleichunmittelbar die Dinge, sie unterscheiden sich lediglich hinsichtlich des Rezipientenbezugs: Maneat ergo Conceptus, voces, scripturam, aeque immediate res significare, Conceptus nobis; voces et scripturam aliis, praesentibus voces, scripturam absentibus. - (Es gilt also, daß die Konzepte, sprachlichen Ausdrücke und die Schrift in gleichunmittelbarer Weise die Dinge bzeichnen, die Konzepte uns, die sprachlichen Ausdrücke und die Schrift den Anderen, den Anwesenden die sprachlichen Ausdrücke, den Abwesenden die Schrift). 4 6 8

Aufs Ganze gesehen, wird die Position der durch die Schrift geleisteten unmittelbaren und ausschließlichen Bezeichnung der Dinge jedoch zurückgedrängt. Nicht zuletzt wohl deshalb, weil gerade im 17. Jh. stärker zu Bewußtsein

464

465

466

467 468

J. LORINUS, SJ, In univ. Arist. logicarti (1620) 313b: „Notandum est quod ad litteras spectat, non est necessarium ut significent res per voces intermedias, hoc est ut primo voces, deinde autem res... Nam etiamsi nullae essent voces, nihilo adhuc minus possent litterae exprimere res ipsas." F. DE OVIEDO, SJ, Integer Cursus philos. (1640) 141: „De scriptura eodem modo ac de vocibus ferendum est iudicium, significant enim immediate res ipsas, et non voces, quando enim epistolam amico scribo, non intendo illum certiorem facere de vocibus, loco quarum substituo, sed de rebus... Confirmatur: sicuti voces substituuntur loco vocum: ergo sicuti voces non significant immediate conceptus, sed res, ita scriptura non immediate res (sic: voces), sed voces (sic: res) significant."; A. SEMERY, SJ, Triennium philosophicum (1688) 653: „Scriptura immediatius rem, quam vocem significat. ... Scriptura inter distantes substituitur loco sermonis: sed non propterea immediatius sermonem significat, quam rem, que per sermonem significaretur. ... Dici solet scripturam substituí vocibus, sicut voces substituuntur vocibus. Sensus est quod quemadmodum loco conceptuum, quos non possumus immediate transfundere in animas aliorum, ponimus voces; ita loco vocum, quas ob distantiam nequimus transmittere ad alios, ponimus scripturam. Caeterum per scripturam oriri in nobis immediate cognitionem rerum experientia constat. Vix enim unquam legimus epistolam, ita ut nobis repraesentemus amicum loquentem; quod est signum saepissime, ne mediate quidem per scripturam significari voces." Vgl. Η. BALDUTNUS, In lib. de Interpretations (1562) fol. 25b: „... quod vicem alterius perficit, idem opus exercet cum eo, cuius vicem gerit. ... scripta autem vocum vicem exercent. Idem ergo extremum significatum habebunt, explicationem scilicet conceptarum rerum."; TH. COMPTON CARLETON, SJ, PMosophia universa (1649) 160a: „... scriptura vocum ad summum est signum ad placitum, ergo dependet ab arbitrio hominum, ergo penes ipsos est ut hoc vel illud significet." J. LALEMANDET nahm die Betonung des arbiträren Charakters der Schrift zum Anlaß, in seinem Cursus philosophicus (1656: 222-224) unter dem Titel „de scripto" in erster Linie verschiedene Arten der Geheimschrift vorzustellen. Ebd. 160b. Ebd.

304

Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

kommt, daß andere Arten von Zeichensystemen existieren, die sich offenbar in stärkerem Maße als die Buchstabenschrift signifikativ unmittelbar auf die Dinge beziehen. Neben den arithmetischen Zeichen, den Ziffern, die, anders als die ihnen jeweils entsprechenden Zahlwörter, in allen gebräuchlichen europäischen Sprachen dieselben sind, werden in diesem Zusammenhang insbesondere die als Formen ikonischer Repräsentation aufgefaßten ägyptischen Hieroglyphen und chinesischen Schriftzeichen erwähnt.469 Es gibt zwei Weisen, diese in das System der Zeichenklassifikation einzubauen. Entweder wird ihnen der Schriftcharakter abgesprochen oder nur im uneigentlichen Sinne zuerkannt, da man voraussetzt, daß die scripta eben - zumindest auch - Zeichen der voces seien.470 Eine solche Position vertritt etwa Bonaventura Baro, der in seinem skotistischen Philosophiekurs im Rahmen der Logik einen eigenen Abschnitt „de significato scripturae et nutuum" präsentiert.471 Der Begriff der scriptum ist für ihn unter Berufung auf Aristoteles auf Buchstabenschrift festgelegt und als solche bezeichnet die scriptum nicht nur die Dinge, sondern auch die sprachlichen Ausdrücke,472 ohne daß ihr jedoch daraus, wie er gegen die Conimbricenses einwendet, eine doppelte Signifikation zukommt.473 Ihre significatio steht in einer notwendigen Verbindung mit jener der voces,474 denn wenn die Wörter ihre Bedeutung verlieren, dann bleiben auch die ihnen entsprechenden Schriftzeichen nicht länger signifikativ. Das Herausfallen der Hieroglyphen, arithmetischen oder astronomischen Zeichen, der musikalischen Notationen etc. aus dem Bereich der Schrift hindert diese signa characteristica jedoch nicht daran, die Dinge „certo et sufficienter" zu bezeichnen.475 Eine besondere Dignität kommt der Vokalschrift aus ihrer größeren Nähe zur gesprochenen Sprache nicht zu. Wo Schrift als Vokalschrift aufgefaßt wird, bleibt die Betonung ihrer Bezogenheit auf die voces auch dort erforderlich, wo die scriptura hinsichtlich ihrer vornehmlichen Signifikation als unmittelbar auf die Dinge ausgerichtet konzipiert wird, da andernfalls der offenkundige Unterschied zu den hieroglyphischen oder arithmetischen Zeichen nivelliert würde.476

469

470

471 472 473 474

475

476

Zu der im 17. Jahrhundert in Athanasius Kircher kulminierenden Tradition der Interpretation der Hieroglyphen als symbolische Manifestation eines ursprünglichen Arkanwissens vgl. TH. LEINKAUF, Mundus combinatus (1993) 258ff. In den logischen Texten der Zeit spielt dieser spekulative Aspekt jedoch keine Rolle. Vgl. CONIMBRICENSES, SJ, Comment, in univ. dial Arist. (1607) 47f.; P. VALLIUS, SJ, Logica (1622) 619b; B. TELLEZ, SJ, Summa universae philosophiae (1642) 99b; C. F. VERANI, Philosophie! universa (1684) 14. Β. BARO, OFM, Joan. Duns Scotus... per univ. philos. ... defensus t. 1 (1664) 9 a - l l b . Ebd. 9a: „Dico scripturam non importare solas res, sed cum illis etiam voces." Ebd. 10b. Ebd. 9b: „... significatio scripturae habet necessariam connexionem cum significatione vocum." Ebd. 9ab: „... fatendum est... illa signa characteristica res ipsas certo et sufficienter significant." Vgl. A. BERNALDUS DE QUIROS, SJ, Opus philosophicum (1666) 196b: „Absolute ... dicen-

Die Theorie der Sprachzeichen

305

W o sich dagegen der Schriftbegriff, wie etwa bei Aversa, Arriaga, Bonae Spei oder Benedetti, der Aufnahme der Hieroglyphen und anderer Arten der 'notae' öffnet, ist es zur internen Differenzierung der Schriftlichkeit umsomehr geboten, auf die unmittelbare Bezeichnung der voces durch die Vokalschrift zu insistieren und die These einer ausschließlichen Dingbezeichnung zurückzuweisen, da diese gerade für die Bestimmung jener notae benötigt wird. 4 7 7 Diese Position der durch die Schrift geleisteten unmittelbaren und ausschließlichen Bezeichnung der Dinge ist nur eine Facette im breiten Spektrum der unterschiedlichen Weisen, die Signifikation der sprachlichen Ausdrücke zu bestimmen und ist, ebenso, wie die davon am weitesten entfernte Gegenthese eine ausschließliche Bezeichnung der voces wird nirgends behauptet -, derzufolge sie zumindest „primo et principaliter" die sprachlichen Ausdrücke bezeichnen 478 keine Mehrheitsposition. Zwar gehen die meisten Autoren davon aus, daß die scripta unmittelbar die voces bezeichnen. Dies wird jedoch ergänzt durch die Betonung der Vorrangigkeit der Sachbezeichnung, 479 durch die Diffedum scripturam proprie debere ... significare doctrinaliter res... caeterum id efficere media significatione innuitiva vocum. Probatur quia scriptura ut talis distinguitur a notis hieroglyphicis..., at nullum aliud discrimen est nisi quod per hac notas demonstrantur res immediate; ex scripturam vero etiam voces. 477 Vgl. R. AVERSA, Logica (1623) 126a-b: „... litteras scriptae immediate significare voces, et mediantibus vocibus significare res. ... Verum est tarnen, posse figuras scriptas ab aliquo aplicari ad immediate res denotandas. ... Et hic mos scribendi apud aliquam nationem fuit in usu, praesertim apud Aegyptios. Et erant illorum Hieroglyph i ca."; R. DE ARRIAGA, (1632: 184a-b): „Aliquae ... scripturae sunt quae non significant voces, sed res tantum, ν.g. numeri, qui aliter cifrae dicuntur, 1. 2. 3. etc. ... Unde omnes linguis saltem Europaeis communes sunt, nec propterea scio qualis sit vox, qua Angli vel Turcae significent „duo". ... Tales sunt omnes Sinarum scripturae, quae non significant voces, sed immediate res ipsas. ... Aliae sunt scripturae immediate significantes non quidem res, sed voces, quales sunt omnes quibus nos utimur, exceptis numeris."; F. BONAE SPEI, OCarm, Comment, tres in univ. Arist. Philos. (1652) 12f: „Suppono signum scriptum esse duplex, unum constane litteris tamquam materia, et significatione tamquam forma: alterum constane solis punctis, lineolis, picturis etc. et vocatur Hierogliphicum; talia sunt scripturae Iaponicae et olim hebraicae, idem die de chyffra 1. 2. 3. 4. H o c supposito Dico ... Signa scripta litteris etc. primario et immediate significant voces. (...) Signa scripta constantia solis punctis, lineolis, picturis etc, primario et immediate significant res, nullatenus voces."; J . B. DE BENEDICTIS, SJ, Philosophia peripatetica, t. 1 (1688) 5 3 2 : „De scripturis porro relate ad voces discurrendum proportionaliter, ut de vocibus relate ad conceptus; ut enim voces sunt signa subordinata conceptibus, ita et scripturae sunt signa subordinata vocibus. hinc est, quod scriptura non significat rem, nisi per vocem. ... H o c tarnen verum est regulariter; certum enim ceteroqui est dari scripturas rem, non vocem immediate significantes, ut videre est in hieroglyphicis, aliisque symbolis..." 4 7 8 Vgl. C. FRASSEN, O F M , Philosophia académica (1686) 342a-b: „Scriptura significat vocem scribentis principaliter, et primario; conceptum vero ejus et res conceptúas minus principaliter et veluti secundario. (...342b) Probatur, illud principaliter scriptura significat, ad quod designandum praecipue inventa est et usurpata: at scriptura praesertim inventa est ad supplendum ministerium et officium vocis..." 4 7 9 P. VALLIUS, SJ, Logica (1622) 619a: „... dicendum est, scripta significare primo voces, tum primitate intentionis, tum primitate executionis, quamvis principaliter significant res."; B.

306

Das Zeichen in der Logik der posttridentinischen Scholastik

renzierung zwischen einem significare voces und einem supponete pro rebus480 oder durch die Annahme einer doppelten 481 bzw. dreifachen 482 unmittelbaren Signifikation. Von einer „Erniedrigung der Schrift" (Derrida) ist im scholastischen Diskurs wenig zu spüren. Die explizite These der Prävalenz der gesprochene Sprache gegenüber der Schrift, wie sie etwa Bonaventura Columbus unter Hinweis auf die größere „energia" der voces vertritt, 483 ist eher selten. Die Schrift ist in ihrer Signifikatio nicht durchgängig auf Sprache bezogen. Doch auch dort, wo sie es ist, muß zwischen beiden nicht notwendig ein zu Ungunsten der Schrift asymmetrisches Verhältnis bestehen. 484 Nach einer auf Thomas von Aquin zurückgehenden These besteht sogar eine besondere Verbindung von Schriftlichkeit und Intellektualerkenntnis. Denn erst durch die Transzendierung der sich auf das 'Hier und Jetzt' beziehenden cognitio sensitiva ergibt sich die Notwendigkeit der Einführung der nicht auf den Bereich räumlicher und zeitlicher Präsenz beschränkten Schrift. 485 Allein das göttliche Benefizium der Schrift macht es mögSumma universae philosophiae ( 1 6 4 2 ) 99b: „Scripta significant voces, et res per diversas significationes. Probatur, quia quando unum potest reperri sine alio, signum est, quod distinguatur: sed scripta possunt significare voces, quin significent res: ergo in scriptura datur duplex impositio, una ad vocem, altera ad rem. ... sicut voces significant doctrinaliter, et principaliter res, ita scripta doctrinaliter et principaliter significant res, voces autem minus principaliter, quas tarnen non significant characteres Ghyrogriphici, quibus utebantur Caldaei, quia proprie non sunt scripta."; NICOLAUS A S. IOHANNE BATTISTA, Philosophia augustiniana ( 1 6 8 7 ) 5 0 f : „Scriptura primo significare voces, principalius tarnen res..." TELLEZ, SJ,

480

Vgl. R. DE ARRIAGA, SJ, Cursus philosophicus (1632) 184b; vgl. F. TOLETUS, SJ, Introd. in univ. Arist. logicam (1615) 2 0 9 b : „Simul scripturae et voces res indicant, earum locum constitutae, et simul conceptum rerum proferentis manifestant, et hoc est quod dici solet, subordinantur conceptibus, vel significant res mediantibus conceptibus, idem de scripturis: non tarnen existimes, voces, vel scripturas pro ipsis conceptibus supponi, sed solum pro rebus: conceptus tamen indicant et manifestant."

Vgl. D. DERODON, Logica restituía (1659) 5 0 2 : „Notandum est ..., scripturam significare vocem et rem ... diversis significationibus, quia interdum significant vocem et non rem, ut patet ex eo qui legit et non intelligit; quae autem separari possunt realiter distinguuntur."; C . F . VERANI, Philos, univ. specul. peripat. (1684) 13f. 482 Vgl. ρ GONÇALEZ, S J , Logica tripartita (1639) 102a: „... scripturas non solum immediate significare res et conceptus, quibus item substituuntur; verum etiam voces..."; JOHANNES LALEMANDET, OMin, Cursus philosophicus (1656) 222b: „... scripta signa sunt rerum, conceptuum, et vocum, potiorque iure debent dici esse ad placitum, quam voces, nec enim ulla reddi potest ratio, cur una littera, aut syllaba sie scribatur." 481

B. COLUMBUS, O F M , Novus cursus philosophicus (1669) 4b: „... voces magis patere, quam scripta, energiam, et efficaciam a proferente sortiri, atque in audientis memoria tenacius imprimi. Hinc ab alijs ediscentens scientias non Scriptores, sed Auditores eorum appellante." 484 vgl. A. GOUDIN, OP, Philosophia (1682) 4 7 : „... vox ... est quaedam scriptura transiens ... sed scriptura est quaedam vox fixa et permanens."

483

485

Ebd.: „... ut notât... D. Thomas, si homo uteretur sola cognitione sensitiva, quae respicit tantum ad hic et nunc, sufficeret sibi ad conveniendum aliis vox significativa, sicut et caeteris animalibus ... Sed quia homo utitur etiam cognitione intellectiva, quae abstrahlt ab hic et nunc, consequitur ipsum sollicitudo, non solum de praesentibus secundum locum et

Die Theorie der Sprachzeichen

307

lieh, d a ß w i r als A b w e s e n d e n i c h t a b w e s e n d s i n d , als S t u m m e s p r e c h e n , u n d als Tote leben.486

486

tempus, sed etiam de his quae distant loco et futura sunt. Unde, ut homo etiam his, qui distant loco et futuri sunt tempore, conceptus suos manifestare, necessarium fuit scripturae usum." Vgl. THOMAS VON AQUIN, Expositio libri peryermenias ( 1 9 8 9 ) 9 b - 1 0 a ; vgl. SLGER VON COURTRAI, Zeger van Kortrijk, Commentator van Perihermeneias ( 1 9 6 4 ) 9; LAMBERTUS DE MONTE, Copulata supra veterem artem secundum viam thomistarum ( 1 4 8 8 ) fol. 135ra. Vgl. G. VOSSIUS, De quatuor artibus popularibus ( 1 6 6 0 ) 7: „Aut quid permirum aeque, quam quod post fata loquemur etiam, non dico cum needum nunc natis, sed vero plurimis demum seculis post nos futuris. O divinum Scripturae beneficium! Tu sola facis, ut absentes non absimus, muti loquemur mortui vivamus..." - Und weil dies so ist, hat man der schriftlichen Mitteilung die größere Sorgfalt zu widmen. Vgl. J . CLAUBERG, Logica vetus et nova, opera philosophica ( 1 6 9 1 ) 123: „Quae differentia est inter traditionem, quae fit viva voce, et earn quae scripto? Resp.: Illius usus est ad praesentes et viventes, hujus ad absentes et posteros, cumque sic innumeri ferme sint ad quos scripta perveniunt, pauci vero ad quos vox viva pénétrât, et illa diutissime perennare possint, haec autem cito transeat, manifestum evadit, plus in scriptis expoliendis operae parendum, quam in iis expendendis, quae viva voce traduntur."

V. Die Zeichentheorie der Frühen Neuzeit II: Das Zeichen in der Metaphysik

A. Das Zeichen in der protestantischen

Schulmetaphysik des 17. Jahrhunderts

Ungefähr zeitgleich mit der ansteigenden Konjunktur einer allgemeinen Thematisierung des Zeichens im Rahmen der Logik, wie sie sich um die Wende zum 17. Jahrhundert innerhalb der katholischen Schulphilosophie abzeichnet, erfolgt auf Seiten der protestantischen Schulphilosophie die Restitution der durch Luther und Melanchthon zunächst aus der Bildungssorganisation des protestantischen Deutschland ausgeschlossenen Metaphysik.1 Mit ihr formiert sich zugleich das zweite Zentrum der frühneuzeitlichen Zeichentheorie im Rahmen der Philosophie. Durch den dominierenden Einfluß der an Agricola, Caesarius und dem Programm eines 'reinen' Aristotelismus orientierten Melanchthonischen Dialektik2 war das Konzept des Zeichens im 16. Jahrhundert nahezu vollständig aus der protestantischen Logik und damit der protestantischen Schulphilosophie insgesamt verdrängt worden. Die Erörterung der Summulae-Thematik entfiel hier gänzlich, und die Exposition des peri hermeneias-Textes behandelte das nomen und verbum zumeist ohne jede Reflexion auf den Begriff des Zeichens. Traditionell präsent dagegen war das Zeichen im Kontext der Sakramentenlehre, wo es - aus immanent theologischer Perspektive - in den kontroverstheologischen Schriften und speziell dem Sakramentalzeichen gewidmeten Disputationen behandelt wurde.3 Weil jedoch gerade aus den innerprotestantischen Auseinandersetzungen um die Abendmahlslehre dem Zeichenbegriff eine eminente Bedeutung für die Theologie erwuchs,4 mußte seine philosophische Fundierung und

1

Vgl. hierzu P. PETERSEN, Geschichte der aristotelischen Philosophie im protestantischen Deutschland ( 1 9 2 1 ) ; E. LEWALTER: Spanisch-jesuitische und deutsch-lutherische Metaphysik des 17. Jahrhunderts ( 1 9 3 5 ) ; M . WUNDT, Die deutsche Schulmetaphysik des 17. Jahrhunderts (1939); W. SPARN, Wiederkehr der Metaphysik. Die ontologische Frage in der lutherischen Theologie des frühen 17. Jahrhunderts ( 1 9 7 6 ) ; U. G. LEINSLE, Das Ding und die Methode. Methodische Konstitution und Gegenstand der frühen protestantischen Metaphysik

2

Vgl. W . RISSE, Die Logik der Neuzeit, Bd. 1 ( 1 9 6 4 ) 79ff. Vgl. G. MYLIUS (praes.; resp.: CHR. MEGABACCHUS), Theses disputationis theologicae

(1985). 3

4

de signo et signáculo sacramentali ex Rom. 4 (1588). Vgl. hierzu H. GOLLWITZER, Coena Domini. Die altlutherische Abendmahlslehre in der Auseinandersetzung mit dem Calvinismus dargestellt an der lutherischen Frühorthodoxie ( 1 9 3 7 ) 4 ; léOff.

Das Zeichen in der protestantischen Schulmetaphysik des 17. Jahrhunderts

309

Klärung als geboten erscheinen. Zur gleichen Zeit, als das Zeichen in der katholischen Zweitscholastik, nachdem es, nicht zuletzt aufgrund der ihm anhängenden metaphysischen Problematik, aus dem Kontext der nur noch rudimentär vorhandenen Summulae herausgenommen worden war, seine neue Systemstelle in der Perihermeneias-Kommentierung findet, erhält es in der protestantischen Schulphilosophie seinen neuen Ort in der Metaphysik. Eine Wiederaufnahme zeichentheoretischer Erörterungen in die protestantische Logik unterbleibt weitgehend. 5 Leitet die Zeichentheorie der gegenreformatorischen Scholastik ihre Begründung in traditioneller Weise aus der logischen Relevanz des signum ab, so erweist sich die Behandlung des Zeichens durch die protestantische Schulmetaphysik - zumindest in ihrer entwickelten Form - als nicht zuletzt theologisch, genauer: kontroverstheologisch motiviert. 6 Mag dies auch nicht überall mit der Deutlichkeit zutage treten, wie bei Balthasar Meisner, der das dem Zeichen gewidmete Kapitel seiner Philosophia sobria in erster Linie für eine Auseinandersetzung mit dem gegen die orthodoxa Sententia 'tumultuierenden' spiritus Calvinisticus verwendet, 7 so dient doch der Hinweis auf die sakramentaltheologische Valenz der Zeichentheorie nicht selten als wichtigster Beleg für ihre Nützlichkeit und Notwendigkeit. 8 Die Systemstelle für die Integration der Zeichentheorie in die Metaphysik bildete das scotistische Lehrstück der „passiones entis disiunctae" (disjunkten Eigenschaften des Seienden), 9 das über Rudolph Goclenius Eingang in die pro5

6

7

8

Zu den wenigen Ausnahmen, wo im Rahmen der Logik zumindest noch die Definition sowie die wichtigsten Einteilungen des Zeichens kurze Erwähnung finden, zählen C. TLMPLER, Logicae systema methodicum (1612) 2 7 6 - 8 2 ; B. KECKERMANN, Systema logicae (1628) 12f und C. BARTHOLINUS, Enchiridion Logicum (1617) 197((. Eine Ausnahme bildet allenfalls die frühe Disputatici De rebus et harum signis, die Goclenius seiner Einführung in die aristotelische Metaphysik beifügt. Dabei handelt es sich um eine äußerst knapp gehaltene Präsentation dessen, was in der scholastischen Logik als „ordo significationis" bezeichnet wurde, d.h. um eine auf das Einleitungskapitel von peri hermeneias rekurrierende Darstellung des Verhältnisses von res, notiones, voces und scripta. Vgl. R. GOCLENIUS, Isagoge in Peripateticorum et scholasticorum primam philosophiam, quae dici consuevit Metaphysial. Accesserunt disputationes huius generis aliquot (1598) 148-150. B. MEISNER, Philosophia sobria, hoc est: Pia considerano quaestionum philosophicarum in controversiis Theologicis, quas Calviniani moverunt Orthodoxis, subinde occurrentium, Pars

I, (1655) 5 7 4 - 7 7 . S. Anm. 51. Vgl. J . SCHULTETUS, Disputatio metaphysica De signo et signato (1659) fol. A2: „Magnum commodum ex doctrina Metaphysica de Signo et Signato cum alias disciplinas, tum potissimum in Theologiam profluere, nemo potest diffiteri. Id quod vel unicus iste Articulus de Sacramentis tarn in genere quam in speciali ostendit..."; Vgl. J . C. PETRI, Disputatio metaphysica De signo et signato (1673) 6 $ 4 : „Est autem necessaria (sc. doctrina signorum) 1. non tantum ob res quaedam vulgares, sed praecipue ob controversias, inter Nos et Calvinianos, qui circa Articulum de Sacramentis varios fovent errores." Auch J. P. HOFIUS

(Disputatio metaphysica De signo et signato (1671) 3) betont, er behandle das Thema

9

„maxime ob utilitatem, quam habet in doctrina Theologica de Sacramentis, quorum natura non aliunde magis quam ex consideratione hac abstracta signorum innotescit." Vgl. R. LAY, Passiones entis disiunctae. Ein Beitrag zur Problemgeschichte der Transcendentalienlehre: Theologie und Philosophie 4 2 (1967) 5 1 - 7 8 ; 3 5 9 - 8 9 . vgl. M. WUNDT, Die deut-

sche Schulmetaphysik des 17. Jahrhunderts (1939) 190ff.

310

Das Zeichen in der Metaphysik

testantischen Schulmetaphysik gefunden hat. 10 Zum Ort zeichentheoretischer Darstellungen wird das Lehrstück jedoch erst bei seinem Schüler Clemens Timpler. 11 Während die einfachen Eigenschaften des Seienden, die Transzendentalien unum, verum, bonum als mit dem Begriff des Seienden (ens) vertauschbar bzw. konvertibel gelten, indem jedes Seiende auch ein Eines, Wahres und Gutes ist, handelt es sich bei den disjunkten Attributen des Seiendes um solche, die nur gemeinsam mit ihrem jeweiligen Korrelat dem gesamten Begriffsumfang des Seienden kongruent und somit nur als Paar mit diesem konvertibel sind. Zu dieser Gruppe der passiones oder affectiones entis disiunctae gehört neben den Paaren Akt und Potenz, mensura und mensuratum, Ursache und Wirkung etc. seit Clemens Timpler eben auch das Paar von signum und signatum. Eine konkurrierende Weise der Verortung des Zeichens im Themenkanon der Metaphysik war seine Behandlung unter dem Lehrstück von subiectum und adiunctum, wie sie bereits vor Timpler - und von ihm kritisiert - im Ramismus vorliegt. 12 Später wird dieses Verfahren verschiedentlich von reformierten Autoren wie Frans Burgersdijk, seinem Schüler Adriaan Heereboord, 13 Johann Heinrich Bisterfeld 14 oder Johannes Clauberg 15 übernommen. 16 Doch das ist

10

11

Vgl. R. GOCLENIUS, Isagoge in Peripateticorum et scholasticorum primant philosophiam ( 1 5 9 8 ) pars. 1, cap. 2 - 1 5 , Vgl. R. LAY, Passiones entis disiunctae ( 1 9 6 7 ) 3 6 1 f f . Vgl. C. TIMPLER, Metaphysicae systema methodicum ( 1 6 0 6 ) 3 1 2 f f . Z u Timpler vgl. R. LAY, Passiones entis disiunctae ( 1 9 6 7 ) 3 6 3 f f ; J . F . FREEDMAN, Signs Within 16th and 17th Centu-

ry Philosophy: The Case of Clemens Timpler (1563/64-1624), in: Geschichte und Geschichtsschreibung der Semiotik, hg. Κ . D . DUTZ u. P. SCHMETTER ( 1 9 8 6 ) 1 0 1 - 1 1 7 . 12

Timpler wendet sich explizit gegen „nonulli ex Rameis", die die Zeichenlehre unter dem Titel de subiecto et adiuncto abgehandelt haben, da sie das Zeichen als Adjunkt des Bezeichneten und dieses als das Subjekt des Zeichens aufgefaßt haben. Für die Ramisten gehört dieses Lehrstück jedoch in die Logik. Kurze Erwähnungen des Zeichens unter diesem Stichwort finden sich ζ. B. bei P. MARTINIUS, In Petri Rami logicam Commentarius ( 1 5 8 9 ) 2 3 , C. NEANDRUS, Tabulae ... in P. Rami dialecticae libros duos ( 1 5 9 1 ) 4 1 oder Η . NICEPHORUS, ANALYTIKH Logicae Philippo-Rameae ERMHNEIA ( 1 6 0 1 ) 5 0 . Timpler meint jedoch: „...haec sententia videtur simpliciter non esse concedendae propter sequentes rationes. I. Quia signum et signatum sunt relata. Relatorum autem unum est de essentia alterius. Ideoque neutrum alterius est vel subiectum vel adiunctum. 2. Quia non tantum adiuncta, sed etiam subiecta, causae et effecta signa esse possunt, quatenus in sensum incurrunt et aliquid ... significant." (Metaphysicae systema methodicum ( 1 6 0 6 ) 3 1 5 ) . Timpler räumt jedoch ein, daß bisweilen das Zeichen (bzw. Das Zeichensein) als ein adiunctum jenes selbständig Seienden beschrieben werden kann, dem es akzidentell zukommt, etwas anderes zu bezeichnen: „Interim non negamus signum esse adiunctum respectu illius entis absolut!, cui accidit aliquid quippiam significari. Sic Iridis adiunctum [ 3 1 6 ] est, esse signum sacrum foederis Dei: aquae in baptismo adiunctum est esse signum sanguinis: Panis et vini in Eucharistia adiunctum est, esse signum mysticum corporis et sanguinis Christi..."

13

A. HEEREBOORD bestimmt das Zeichen als „adjunctum externum, sensibus obvium, et intellectui aut phantasiae aliquid significans et repraesentans." Vgl. Logica erotemata ( 1 6 5 8 ) 62. Vgl. DERS., Meletemata philosophica ( 1 6 9 0 ) 9 3 0 : „Subjectum, cujus adjunctum dicitur signum, est res signata."

14

J.

H.

BISTERFELD,

Alphabetum

philosophicum,

in:

Bisterfeidius

redivivus

(1661)

75:

„Signum sit et significato, et cui significatur, adeoque sibi ipsi, proportionale. Signum et signatum habent se, ut adiunctum et subjectum occupans."

Das Zeichen in der protestantischen Schulmetaphysik des 17. Jahrhunderts

311

eine Minderheitsposition. Zumeist bilden, wie bei Timpler, die passiones entis disjunctae die metaphysische Systemstelle der Erörterung des Komplexes von Zeichen und Bezeichnetem. Timpler unterscheidet diese - er zieht es vor, anstelle von passiones entis disjunctae von „attributa coniuncta" zu sprechen - in absolute und relative Seinsattribute. Während es sich bei den ersteren um jene handelt, „quae in se consideran possunt sine respectu ad aliud" 1 7 , bestehen die attributa respectiva, zu denen das Begriffspaar von signum et signatum zählt, in einer Relation oder einem Verhältnis zu den ihnen jeweils korrelativ zugeordneten Seinsattributen („in relatione et habitudine ad aliud"). 18 Diese Zuordnung der Zeichen zu den „entia respectiva" wird von Christoph Scheibler übernommen. 19 Andere Autoren subsumieren sie unter die passiones entis disjunctae minus principales, d.h. jene, die im Gegensatz zu den passiones entis disjunctae principales bzw. primariae dem Seienden nicht intrinsisch sondern nur extrinsisch zukommen. 20 Doch unabhängig davon, wie die konkrete Zuordnung des

15

16

17

18

19 20

J . CLAUBERG: Metaphysial $ 3 2 3 ( 1 6 9 1 ) 3 3 6 schließt sich, wenn auch nur im Modus der Uneigentlichkeit der Einordnung der Zeichen unter die Lehre vom Subjectum und Adjunctum an. Das Zeichen ist „tanquam adjunctum rei signatae." „Subjectum" meint hier nicht das in Peri hermeneias behandelte logische Subjekt der Prädikation, sondern dasjenige, mit dem das adjunctum als etwas, das nicht zu seinem Wesen gehört, verbunden ist. Vgl. F. BURGERSDIJK, Institutionum metaphysicarum libri duo ( 1 6 4 2 ) 1 9 1 : „Subjectum est ek ton prós ti denotatque respectum vel ad praedicatum, vel ad adjunctum: cum respectu ad praedicatum sumitur in doctrina de Enunciatione; hic cum respectu ad adjunctum. ... H o c loco Subjectum est, cui aliquid est additum, quod ad illius essentiam non pertinet; et id quod illi praeter essentiam additur, dicitur adjunctum." Das Adjunctum wird vielfältig unterschieden. Zunächst in das adjunctum necessarium sive proprium und das adjunctum contingens oder commune ( 3 9 2 - 9 6 ) , sodann in das adjunctum absolutum, welches dem Subjekt simpliciter et absolute, und das adjunctum limitatum, welches ihm secundum quid zukommt (Bsp. Sterblichkeit kommt dem Menschen absolut zu, die Unsterblichkeit nur secundum quid, nämlich in Bezug auf seine Seele). Drittens wird unterschieden zwischen dem adjunctum internum, welches dem Subjekt inhäriert, und dem adjunctum externum, welches äußerlich auf das Subjekt bezogen ist. Während sich aus dem ersteren für das Subjekt eine denominatio interna ableitet, so aus letzterem eine denominatio externa. Das subjectum externum ist entweder objectum oder signum oder circumstans. Ersteres ist „circa quod res operando versatur" ( 1 9 9 ) ; letzteres dagegen „id quod circa rem est, eive adiacet aut appositum est", wie z.B. locus, tempus, vestitus ( 2 0 2 ) . Dazwischen liegt das Zeichen, das als adjunctum in besonderer Form auf das Signifikat als auf sein subjectum bezogen ist. Timpler zählt hierzu (vgl. II c. 1-9) die neun Begriffspaare von perfectum - imperfectum; unum - multiplex; illocalitas - localitas; possibile - impossibile; bonum - malum; simplex compositum; infinitum - finitum; necessarium - contingens und verum - falsum. Bei den übrigen handelt es sich um: principium - principiatum; subiectum - adiunctum; totum - pars; ordinatum - inordinatum; causa - causatum; idem - diversum; prius - posterius; vgl. ebd. III c. 1-7. Vgl. CHR. SCHEIBLER, Metapbysica ( 1 6 3 6 ) 3 6 2 . Vgl. A. CALOVIUS, Scripta philosophica ( 1 6 5 1 ) 6 2 5 f f ; A. FROMM, Exercitationes metaphysicae ( 1 6 5 1 ) 2 1 1 . Ebenso bestimmt der Calov-Schüler S. KLRCHMALER, De signo et signato ( 1 6 6 4 ) fol. B l v - B 2 r , den metaphysischen Ort des Zeichen, wobei er sich zugleich auf die Theoria transcendentalis von J . SCHARF beruft. Vgl. auch J . SCHARF, Metapbysica exemplairs ( 1 6 4 3 ) 2 2 8 f f .

312

Das Zeichen in der Metaphysik

Paares von signum et signatum im System der weiter ausdifferenzierten passiones entis disiunctae21 vorgenommen wird. In jedem Fall kommt dem Zeichen hiermit ein hoch angesetzter metaphysischer Stellenwert zu. Jedes Seiende ist dieser Bestimmung zufolge entweder Zeichen oder Bezeichnetes („Omne ens aut est signum aut signatum"), 22 wenn nicht beides. 23 Es gibt somit nichts, was per se aus dem Gegenstandsbereich der allgemeinen Zeichentheorie herausfällt. 24 Denn „quicquid habet veram ac realem Entitatem, id Signum vel Signatum sit oportet." 2 5 Wenngleich die Aufnahme des Zeichenbegriffs in die Metaphysik sich speziellen kontroverstheologische Interessen verdankt und diesen an vielen Punkten verpflichtet bleibt, so wird doch die Art seiner Aufnahme, zumindest für einige Autoren, zum Anlaß, die universelle Präsenz des Zeichens zu thematisieren 26 und gerade hieraus den Nutzen und die Notwendigkeit einer allgemei-

21

Es gibt noch weitere Weisen der Differenzierung. Der Keckermann-Schüler J . MACCOVIUS (Metaphysica ( 1 6 4 5 ) ) z.B. leitet die interne Ordnung der disjunkten Seinsaffektionen aus der Einteilung der transcendentalia ab. Während also etwa principium - principiatum, causa - causatum dem transzendentalen Begriff des Guten ( b o n u m ) zugeordnet sind, bildet signum - signatum zusammen mit mensura - mensuratum die Gruppe der aus dem transzendentalen Begriff des Wahren (verum) folgenden disjunkten Seinsattribute.

22

Vgl. C. TLMPLER, Metaphysicae systema methodicum ( 1 6 0 6 ) 3 1 2 . Auch im Rahmen der metaphysischen Behandlung des Zeichens gilt, daß die Distinktion von Zeichen und Bezeichnetem nicht festumrissene Dingklassen unterscheidet, so als gäbe es einerseits Dinge, die Zeichen sind, und andererseits Dinge, die Bezeichnete sind. Vgl. z.B. A. FROMM, Exercitationes metaphysicae ( 1 6 5 1 ) 3 0 7 : „Accidit... saepe, ut signum fiat signatum, et contra. E.g. Quando ex fumo ignem adesse colligimus, fumus signum est; Signatum autem fit, si incipimus ipsius fumi naturarti, materiam et c. contemplari, quod facimus beneficio specierum sensibilium et intelligibilium, quae fumi signa sunt..."

23

24

Eine solche Betonung der Universalität des Geltungsbereichs von signum und signatum ist nicht grundsätzlich neu. Im Hintergrund scheint die von Augustinus zur Bestimmung des Horizonts von Wissenschaft getroffenen Unterscheidung von res und signa zu stehen („omnis doctrina est de rebus vel de signis"), die ja, wie bereits bei Ps.-Kilwardby deutlich wurde, als eine Unterscheidung von signa und res significatae gelesen werden konnte. Eine an das Lehrstück der passiones entis disiunctae erinnernde Formulierung der Universalität des Zeichens aufgrund der Vertauschbarkeit mit dem Begriff des Seienden findet sich bei J o h n Wyclif: „signum et signatum convertibilia sunt cum ente". Wyclif geht in seiner Universalitätsbehauptung jedoch sogar noch weiter als die protestantische Schulmetaphysik, indem er die Konvertibilität nicht nur kopulativ für den Komplex von 'signum et signatum' sondern ebenso auch für das Zeichen und das Bezeichnete für sich allein genommen gelten läßt und beidem damit den Status eines transcendentale zuweist. Vgl. J. W Y C L I F , Trialogus ( 1 8 6 9 ) 2 4 4 : „Quamdiu... hie vivimus, oportet ad signa attendere... Videtur in primis, quod signum et signatum convertibilia sunt cum ente. Nam omnis creatura est signum creatoris... Deus etiam est signum cujuslibet rei, cum sit liber vitae in quo quodeumque signabile est inscriptum: et per idem sequitur, quod quodlibet est signum."

25

S. KLRCHMAIER, De signo et signato ( 1 6 6 4 ) fol. A4r. Vgl. J . P. HOFIUS, De signo et signato ( 1 6 7 1 ) 3 : „Sunt nobis signa in coelo, in terra, in circo et compitis, in aedibus et fenestris, in liberis et pecoribus, imo corporibus animisque nostris. Habent sua signa Grammatici et Musici, Rhetores et Dialectic!, Mathematici et Oeconomi, Ethici et Politici, Physici et Medici, Theologie denique et J C t i . T o t a nobilium, rusticorum, divitum, pauperum, utriusque sexus ac aetatis hominum turba, signi utitur. Imo quicquid quotidie audimus vel vidimus, loquimur aut agimus, id omne signum, umbra et

26

Das Zeichen in der protestantischen Schulmetaphysik des 17. Jahrhunderts

313

nen Zeichentheorie abzuleiten. Denn angesichts der Weite des zeichentheoretischen Feldes wird, wie Kirchmaier meint, jemand, der mit der doctrina de signo et signato nicht vertraut ist, kaum als vollkommener Philosoph gelten können. 27 Dabei war man sich durchaus bewußt, daß die Behandlung des Zeichens nicht allein für die ältere Metaphysik kein Thema war („vetustiores metaphysicos de signis nihil, aut parum agere"), 28 sondern ihre Zugehörigkeit zu dieser Disziplin auch zeitgenössisch als höchst umstritten zu gelten hatte. 29 Aber gerade die angesichts der Tatsache, daß die Zeichenlehre nicht zum traditionellen und allseits anerkannten Themenkanon der Metaphysik gehört, erforderliche Legitimation ihrer Aufnahme, die Begründung also einer positiven Beantwortung der Frage, „An doctrina de signo et signato pertineat ad Metaphysicam?", 3 0 gibt Anlaß zur expliziten Formulierung des Programms einer eigenständigen, allgemeinen Zeichentheorie sowie zur Erörterung der von ihr einzunehmenden Perspektive auf das Zeichen. Die als „utilissima" und „im höchsten Maße wissensnotwendig" 31 apostrophierte „doctrina generalis de signo et signato" 32 betrachtet das Zeichen und

27

simulachrum quoddam est..."; vgl. ebd. 18f: „Humana ... signa prope infinita sunt. Ex quibus verba principatum obtinuerunt... Et his subordinatur litterarum characteres, apud varias gentes varii... His affinia veterum Hieroglyphica... Hue respectant emblemata, picturae, sigilla, statuae, vexilla, trophaea, insignia, nota numerorum, ... stigmata, sonus campanae, tubarum et tympanorum clangor et tarantera, tormentorum fragor, celeusmata et poppysmi, variá honoris et ignominiae signa, v.g. sessio et statio ad dextram, prostatio aut incurvatio corporis, porrectio dextrae, vel manus utriusque, ... osculum manus aut oris... Adde notas Grammaticas et Criticas.... Astronómicas et Astrológicas, ... Geométricas, ... Musicas, ... Dialécticas et Metaphysicas, ... Ethicas, ... Políticas, ... Chymicas et Medicas, ... Magi cas...." Vgl. S. KIRCHMAIER, De signo et signato (1664) fol. A2r: „Signi et Signati suscipimus tractationem. Rem perinde utilem, ac scitu summe necessarium. Tanta enim horum terminorum amplitudo est, ut, utrum ulli alii in Metaphysicis hac in parte quicquam cédant, ambigam. Quis ignorata mihi hac doctrina, vere absoluti nomen Philosophi tuebitur?"

Disp. met. De signo et signato

28

J . CASPAR PETRI,

29

Vgl. S. KIRCHMAIER, De signo et signato ( 1 6 6 4 ) fol. A2r: „Signum et Signatum sunt considerationis Metaphysicae. Non levis hac de re inter Philosophos disceptatio est. Sunt, qui pertractationem ejus in Metaphysicae pomaeriis eliminandam prorsus, disciplinaeque notionali Logicae transcribendam censent. Quae sententia Ramistas cumprimis, et Conimbricenses Patronos veneratur." Ausdrücklich für eine Riickverlagerung des Themas von signum et signatum in die Logik plädiert DAVID GORLAEUS in seinen 1612 entstandenen aber erst 1620 pothum veröffentlichten Exercitationes philosophicae: „... tractatum de ente in genere posuimus debito loco. Reliqua suis quaeque reddantur diseiplinis: Deus, Angeli, accidentia, Theosophiae, Angelographiae, Physicae. Sed illae relatae affectiones, ut caussa, effectum, subjectum adjunetum, signum signatum, totum pars ... uni soli Logicae." (p. 16). C . TLMPLER, Metaphysicae systema methodicum (1606) 3 1 5 ; Vgl. C H R . SCHEIBLER, Metaphysial (1632) 363f: „An doctrina signorum debeat esse Metaphysica?"; vgl. J. C. PETRI,

3 0

(1673) 5.

Disp. met. de signo et signato (1673) fol. A3r.

31 32

Vgl. KIRCHMAIER, s. Anm. 27. Vgl. B. KECKERMANN, Scientiae

metaphysicae

compendiosum

systema

(1615),

91; J.

SCHULTETUS, Σημειολογία μεθαφυσκή, hoc est disputatio metaphysica de signo et signato (1659) fol. A 2 r .

314

Das Zeichen in der Metaphysik

das Bezeichnete sofern sie allgemeinste Attribute des Seienden sind. Sie ist von den speziellen Zeichentheorien zu unterscheiden, welche in den Gegenstandsbereich der verschiedenen Einzeldisziplinen fallen, in denen z.B. von den Zeichen der Gesundheit und Krankheit (Medizin), den meteorologischen und physiognomischen Zeichen (Physik) oder den Sakramentalzeichen (Theologie) gehandelt wird. 33 Die Generalität der „doctrina generalis de signo et signato" ist damit keine extensionale in dem Sinne, daß sie sich generell mit allen Zeichen befaßt, sondern eine intensionale, insofern sie die generellen Bestimmungsmomente des „transzendental" aufgefaßten Zeichens behandelt. 34 Die auch heute noch diskutierte Frage, ob die Semiotik „eine spezielle Disziplin mit einer eigenen einheitlichen Methode und genau bestimmten Objekten" ist oder aber „ein Feld von Untersuchungen, die eine noch nicht vereinheitlichte Ansammlung von Interessen sind", 35 wird also dahingehend beantwortet, daß man - analog zur heutigen Unterscheidung von theoretischer und angewandter Semiotik - zwischen allgemeiner und spezieller Zeichentheorie bzw. zwischen einer abstrakten Behandlung des Zeichens „in actu signato" und einer angewandten „in actu exercito" differenziert. 36 Erstere fällt, insofern „termini universalissimi, universalissimam requirunt disciplinam", 37 allein in den Kompetenzbereich der Metaphysik, da der von ihr erörterte Begriff des Zeichens als eines solchen (ratio signi ut sic) alle Einzelwissenschaften transzendiert, 38 während die Behandlung der unterschiedlichen Zeichen „in actu 33

C. TlMPLER, Metapbysicae systema methodicum ( 1 6 0 6 ) 3 1 5 : „... distinguendum est inter generalem et specialem doctrinam de signo et signato. Prior enim duntaxat pertinet ad Metaphysicam, tanquam artem catholicam, quatenuus signum [et] signatum considerantur ut generalissima attributa entium. Specialis vero pertinet ad alias artes particulares. H i n c Medicus agit de signis salubribus et insalubribus: Physicus de signis physiognomicis et prognosticis ventorum... Theologus de signis sacris et mysticis." Vgl. S. KlRCHMAIER, De signo et signato ( 1 6 6 4 ) fol. A2r-A3r; J . C. PETRI, De signo et signato (Straßburg 1 6 7 3 ) 5.

34

Vgl. S. KlRCHMAIER, De signo et signato ( 1 6 6 4 ) fol. A4v: „Sumitur itaque Signum non Theologice sive Biblice ... nec Ecclesiastice ... N e c Politice ... N e c Logice ... N e c Astronomice ... N e c Rhetorice ... N e c Grammatice ... N e c denique Physice... Haec enim et similes acceptiones, inadaequatae, nec hujus loci sunt, quippe quae particulares jam Signi rationes inferunt. Sed Metaphysice et Transcendentaliter..."

35

Vgl. U. E c o , Einführung in die Semiotik ( 1 9 7 2 ) 17. Vgl. S. KlRCHMAIER, De signo et signato ( 1 6 6 4 ) fol. A2v: „Alia ... Signi et Signati considerado universaliter, absoluta, realis, abstractiva, in actu Signato ... qua in statu omnimodae indifferentiae, ab omnibus inferioribus per operationem mentis praecisivam abstracta, qua quidditatem illa, ultimamque formalitate, suam spectantur; alia postmodum particularis, nominalis, applicativa, in actu exercito ...

36

37

38

S. KlRCHMAIER, De signo et signato ( 1 6 6 4 ) fol. A2v. Vgl. A3r: „Termini hi (se. signum et signatum) nullibi alias explicari in abstracto possunt CHR. SCHEIBLER, Metaphysial ( 1 6 3 2 ) 3 6 3 f : „... observandum est: Doctrinam signorum posse considerari in actu signato, vel in actu exercito ... [364] Ergo agere de signis, in actu signato, hoc est, in quantum generaliter Signatur et docetur, quid sit signum, ad solum M e taphysicum, quia ratio signi, ut sic, transcendit omnes particulares scientias." Die allgemeine, metaphysische Theorie des Zeichens ist dabei jedoch nicht soweit von den konkreten Fragestellungen abgehoben, daß sie die Anwendbarkeit ihres abstrakten Zeichenkonzepts durch die Einzeldisziplinen aus den Augen verliert. Vgl. S. KlRCHMAIER, De signo et signato

Das Zeichen in der protestantischen Schulmetaphysik des 17. Jahrhunderts

315

exercito" an die sie jeweils betreffenden Einzeldisziplinen delegiert werden muß. 3 9 Das Vorhandensein zumindest des Konzepts einer allgemeinen Zeichentheorie in der protestantischen Schulmetaphysik des 17. Jahrhunderts schlägt sich in dem begriffsgeschichtlichen Befund nieder, daß der Terminus „Semiologie" anders als häufig zu lesen - älter ist als Saussures Cours de linguistique générale und auch hinter Hoffbauers Tentamina semiologica40 sowie Baumgartens Skiz-

zierung einer als Semiotica oder Semiologia philosophica

bezeichneten scientia

signorum41 zurückdatiert. 4 2 Denn bereits 1 6 5 9 stellt Schultetus seine de Signo et Signato unter den Obertitel Σημειολογία μεταφυσική.

Disputatio

Gegenstand einer solchen 'metaphysischen Semiologie' ist in erster Linie die Definition, die Bestimmung des Formalbegriffs (ratio signi) sowie die Klassifikation des Zeichens. Dabei tritt, im Vergleich zur zeitgenössischen Zeichentheorie der scholastischen Logik, das Interesse an einer vollständigen Typologisierung des Zeichens, die auch - und gerade - die der Sakramentalzeichenlehre entstammenden Zeichendistinktionen berücksichtigt, deutlich in den Vordergrund. Die Zeichenklassifikation bildet zumeist das Kernstück der protestantischen Zeichenlehre. Und nicht selten reduziert sich die Behandlung des Lehrstücks de signo et signato auf eine kurz erläuterte Auflistung der Zeichenklassen. Die Distinktion der verschiedenen Zeichenklassen ist nicht, wie bei Peirce, a priori aus der Kombination vorausgesetzter Grundunterscheidungen (qualisign, sinsign, legisign; index, icon, symbol; rheme, dicent, argument) entwickelt, sondern hat zumeist den Charakter einer - Kant hätte gesagt: rhapsodischen Auflistung der in den speziellen oder angewandten Zeichentheorien eingeführten und gebräuchlichen Unterscheidungen. Gleichwohl wird verschiedentlich von Seiten calvinistischer Autoren - wohl aufgrund der hier stärker ausgeprägten Tendenz einer methodischen Systematisierung der Lehrinhalte 4 3 - der Versuch einer vollständigen Systematisierung der Zeichenklassifikation unternommen 4 4 (s. Abb. 6). ( 1 6 6 4 ) fol. A3r: „Termini hi (sc. signum et signatum) nullibi alias explicari in abstracto possunt, ita tarnen comparati sunt, ut in disciplinis specialioribus applicative adhibeantur." 39

40

CHR. SCHEIBLER, Metaphysial ( 1 6 3 2 ) 3 6 4 : „Quoad actum exercitum autem signorum doctrina ad varias disciplinas pertinet. Sic Theologi agunt des signis sacris... Physici agunt de signa pluviarum... Dialectici agunt de signis universalitatis et particularitatis in propositione et generalius des signis conceptuum ... Medici agunt de signis valetudinis et morborum."

J. CHR. HOFFBAUER, Tentamina semiologica sive quaedam generalem theoriam signorum spectantia

41 42

43 44

(1789).

A. G. BAUMGARTEN, Metaphysial ( 1 7 7 9 ) 198. Zur Begriffsgeschichte von 'Semiotik' und 'Semiologie' vgl. S. MEIER-OESER, Semiotik Semiolgie, in: Historisches Wörterbuch der Philosophie, Bd. 9 ( 1 9 9 6 ) 6 0 1 - 6 0 8 .

/

Vgl. W . SCHMIDT-BIGGEMANN, Topica universalis ( 1 9 8 3 ) 81ff. Vgl. C. TlMPLER, Metaphysicae systema methodicum ( 1 6 0 6 ) 3 1 2 - 3 1 4 . Ein von den älteren Zeichendistinktionen abweichendes Klassifikationssystem präsentiert später J . PH. HOFIUS (Disp. metaphysial de signo et signato ( 1 6 7 1 ) 17-24), der versucht, die Einteilung der Zeichen von einer Systematisierung der Distinktionskriterien her zu entwickeln. Diese erfolgt

316

D a s Z e i c h e n in der M e t a p h y s i k

/Phantasma internum (= conceptúe) •

-noema (notio)

.naturale!

prima secunda

externum.

. necessanum ~ contingens

signum

inartificiale (Strauch hin-

Z

.,

sichtlich des Weinverkaufs) artificiale (Statue)

, diversum ex efficiente I— sacrum (Sakrament) .reale: Z ¿—diversum ex fine _di

commonefaciens (Denkmal) obsignans (Wahrzeichen)

1 arbitran um(

notificans (Kennzeichen)

1

verbale r-scriptum Ν τ ' pronunciatimi

Abb. 6 : D i e Z e i c h e n k l a s s i f i k a t i o n n a c h C . T i m p l e r ( 1 6 0 6 )

Die konfessionelle Bedingtheit der protestantischen Zeichenmetaphysik schlägt sich bereits in der jeweils zugrundegelegten Definition des Zeichens nieder. Während die Lutheraner die Augustinische Definition als inadäquat zurückweisen 45 und das Zeichen, sich hier wie auch in vielen anderen Punkten den Conimbricenses anschließend, 46 allgemein als etwas bestimmen, „quod po-

e n t w e d e r I. ex causis, II. e x e f f e c t i s (signa speculativa, signa p r a c t i c a ) , III. e x s u b j e c t i s seu rebus signatis (1. signa substantialia [statua], signa a c c i d e n t a l i a [ p i c t u r a ] ; 2 . s i g n a c o r p o r a lia [ Z e i c h e n , die, w i e s t a t u a u n d pictura, nur K ö r p e r r e p r ä s e n t i e r e n ] und signa spiritualia [ Z e i c h e n , die, w i e die s p r a c h l i c h e n A u s d r ü c k e u n d die Ideen, Spirituelles b e z e i c h n e n k ö n n e n ] ) o d e r I V . e x a d j u n c t i s (signa universalia, particularia). G e m ä ß d e m a r i s t o t e l i s c h e n U r s a c h e n q u a t e r n a r läßt sich die w e i t e r e E i n t e i l u n g von I. g e w i n n e n 1. e x e f f i c i e n t e : in signa n a t u r a l i a u n d signa e x i n s t i t u t o (göttlich o d e r m e n s c h l i c h ) , 2 . e x fine: in signa i n d i c a t i v a (praesentis, praeteriti, futuri) u n d signa obsignativa, 3 . e x m a t e r i a : in s i g n a s u b s t a n t i a l i a (res naturales, res m i r a c u l o s e p r o d u c t a e , res artificiales) und a c c i d e n t a l i a (Blässe, G e s t e n ) , 4 . e x f o r m a : in signa f o r m a l i a u n d signa i n s t r u m e n t a l i a . 45

V g l . S. KlRCHMAIER,

De signo et signato

( 1 6 6 4 ) fol. B 2 v : „... i n a d a e q u a t a e nimis, a n g u s t i o -

res q u i p p e s u o d e f i n i t o d e s c r i p t i o n e s Augustini e r u n t . " ; H . SCHMID, Diss. m e t . signato

De signo et

( 1 6 7 3 ) fol. A 2 r - v : „... ó p t i m o j u r e a n o b i s rejicitur ceu i n a d a e q u a t a " . D e r G r u n d für

diese E i n s c h ä t z u n g ist die in der augustinischen D e f i n i t i o n

implizierte s i n n l i c h e

Wahr-

n e h m b a r k e i t des Z e i c h e n s . 46

E n t s c h e i d e n d v e r a n t w o r t l i c h für die - zumeist l a t e n t e - W i r k s a m k e i t der C o n i m b r i c e n s e s in d e r l u t h e r i s c h e n Z e i c h e n t h e o r i e ist d e r U m s t a n d , d a ß S c h e i b l e r , der für den l u t h e r i s c h e n B e r e i c h e i n f l u ß r e i c h s t e A u t o r , das Z e i c h e n t h e m a meneias-Kommentar

in e n g e r A n l e h n u n g an den Peri

her-

d e r C o n i m b r i c e n s e s b e h a n d e l t . D a h e r auch sein v e r g l e i c h s w e i s e h o h e s

N i v e a u u n d d i e - im V e r h ä l t n i s zu a n d e r e n V e r t r e t e r n der p r o t e s t a n t i s c h e n S c h u l m e t a p h y sik - z a h l r e i c h e n B e z u g n a h m e n a u f ä l t e r e s c h o l a s t i s c h e A u t o r e n .

Das Zeichen in der protestantischen Schulmetaphysik des 17. Jahrhunderts

tentiae c o g n o s c e n t i aliquid r e p r a e s e n t a t " , 4 7

greifen die Calvinisten zumeist auf

die die sinnliche W a h r n e h m b a r k e i t des Z e i c h e n s voraussetzende Definition zurück48

oder bestimmen

317

es a u s d r ü c k l i c h

Augustinische

als „ e n s s e n s i l e ,

cogno-

scenti s i g n a t u m significans" (ein sinnlich w a h r n e h m b a r e s Seiendes, das d e m E r k e n n e n d e n ein Signifikat bezeichnet).49

47

Vgl. CHR. SCHEIBLER, Metaphysial ( 1 6 3 6 ) 3 6 2 ; J. SCHARF, Metaphysica exemplaris (41643) 2 3 4 ; A. SPENGLER, Exercitationum metaphysicarum decima, de eodem et diverso, communicabili et incommunicabili... signo et signato ... ( 1 6 4 9 ) $ 2 4 ; A. CALOVIUS, Scripta philosophica ( 1 6 5 1 ) 6 2 5 ; A. FROMM, Exercitationes metaphysicae ( 1 6 5 1 ) 3 6 7 ; S. KlRCHMAIER, De signo et signato ( 1 6 6 4 ) fol. A4v; H . SCHMID, Diss. met. de signo et signato ( 1 6 7 3 ) fol. A2r; J . C. PETRI, Disp. met. de signo et signato ( 1 6 7 3 ) 7; G. WEBER, Sceleton metaphysicae (s.a.) fol. C7r. In diesem Zusammenhang wird, wie in der scholastischen Logik auch, häufig darauf hingewiesen, daß die Definition, genau genommen, nicht den aktualen Vollzug der Repräsentation, sondern lediglich die Eignung zu einem solchen zum Bestimmungsmoment des Zeichens macht. Vgl. A. FROMM, Exercitationes metaphysicae ( 1 6 5 1 ) 3 6 7 f : „Vox 'repraesentat' in definitione non restringenda est ad solum actum repraesentandi... ( 3 6 8 ) ... indifferenter se habet signum ad potentiam et actum, ut signum sit, quod aliquid vel actu repraesentat, vel repraesentare potest."; S. KlRCHMAIER, De signo et signato ( 1 6 6 5 ) fol. B 2 v - B 3 r ; J . C. PETRI, Disp. met. de signo et signato ( 1 6 7 3 ) 9.

48

Vgl. C. TLMPLER, Metaphysicae systema methodicum ( 1 6 0 6 ) 3 1 7 ; B . KECKERMANN, Scientiae metaphysicae compendiosum systema ( 1 6 1 5 ) 8 8 ; J . H . ALSTED, Encyclopaedia ( 1 6 3 0 ) 3. 6 1 8 b ; F. BURGERSDIJK, Institutionum metaphysicarum libri duo ( 2 1 6 4 2 ) 2 0 0 ; J . MACCOVRJS, Metaphysica ( 1 6 4 5 ) 1 0 7 ; J . P. HOFIUS, Disp. met. de signo et signato ( 1 6 7 1 ) 8f. Auf eine verkürzte Form der De dialéctica entstammenden Definition verwenden H. NOLLIUS (Methodus metaphysici systematis convenientissima ( 1 6 1 3 ) 1 7 1 : „Signum est, quod signatum ostendit.") und J . WLLLIUS ( M e t a p h y s i c a ( 1 6 1 4 ) 1 0 7 : „Signum est, quod cognoscenti ostendit signatum. Ita Augustinus définit: Signum et, quod se ipsum sensui, et praeter se aliquid animo repraesentat."

49

C. TlMPLER, Metaphysicae systema methodicum ( 1 6 0 6 ) 3 1 7 . - Eine von der Mehrheit der calvinistischen Autoren abweichende Definition verwendet Johannes Clauberg, wenn er das signum als etwas, „quod aliquid notum facit vel indicat" bestimmt. Vgl. J . CLAUBERG, Ontosophia X X I , $. 3 2 5 , Opera omnia philosophica ( 1 6 9 1 ) 3 3 6 . Schon TlMPLER ( M e t a p h y s i c a e systema methodicum ( 1 6 0 6 ) 3 2 1 ) wendet sich unter Hinweis auf die mnemonische und konfirmative Funktion der Zeichen gegen ihre Eingrenzung auf ein bloßes notificare. Für den Cartesianer Clauberg impliziert diese Definition die Zurückweisung tierischen Zeichengebrauchs (vgl. $ 3 2 6 : „Cum vero indicari vel notum fieri aliquid non possit nisi menti, patet signa non ad res mere corporeas, sed ad intellectu praeditas pertinere). Clauberg kritisiert an der Zeichendefinition Sotos die, wie er meint, unzulässige Ausweitung des Repräsentationsbegriffs. Denn keineswegs jedes Zeichen repräsentiere auch das Bezeichnete, da das Repräsentieren über das bloße Anzeigen (indicare) hinaus eine gewisse Ähnlichkeit von Zeichen und Bezeichnetem impliziert. Vgl. S 3 2 6 f : „Cumque alii dicunt, Signum esse, 'quod potentiae cognoscenti aliquid repraesentat', nomine potentiae cognoscentiis idem, sed minus latine, obscurius et prolixius exprimunt, quod nos brevius et clarius voce mentis. Praeterea nec omne signum propre aliquid repraesentat seu praesens sistit, quod amplius quiddam est quam indicare. Nempe hederá quidem indicat vinum vendibile, at non repraesentat vinum, ut statua vel pictura hominem, et conceptus vini ipsum vinum exhibet. Repraesentatio igitur similitudinem quandam rei signatae vel imaginem ac simulacrum requirit." Der Einfluß Claubergs zeigt sich deutlich bei G . O . GRIMMIUS, Disputatio inauguralis philosophica De Signis ( 1 6 9 5 ) 5 : „Siquidem igitur placeat, aliam (sc. definitionem signi) substituemus, quae rem et brevius et melius declarare videtur: Signum est quod praeter se aliud aliquid menti indicat seu notum facit. (...) negabo brutis vel signa inservire, vel

318

Das Zeichen in der Metaphysik

Denn eine solche Festlegung der Zeichen - mit Ausnahme allenfalls der Konzepte 50 - auf Erfaßbarkeit durch die äußeren Sinne ermöglicht es ihnen, die lutherische Abendmahlslehre, nach der das aus den Elementen Brot und Wein sowie dem realpräsenten aber unsichtbaren Leib Christi gebildete „ganze Sakrament" (totum sacramentum) Zeichencharakter hat, als mit dem Begriff des Zeichens unvereinbar zurückzuweisen. 51 Timpler formuliert die Frage nach der sinnlichen Wahrnehmbarkeit der Zeichen als die nach der 'Äußerlichkeit' der Zeichen (An omne signum sit ens externum?). Die Exteriorität des als res externa charakterisierten Zeichens bestimmt sich nicht nur vom 'Innen' des menschlichen Geistes her. Denn wenn das Zeichen mit der augustinischen Tradition in die äußeren Sinne zu fallen hat, bleibt ihm auch jedes extramentale 'Innen' auf Seiten der Dinge verschlossen. Das Zeichen liegt, das stimmt durchaus mit von der zeitgenössischen theologia naturalis vertretenen Verständnis der Welt als „volumen apertum et explicatum" zusammen, 52 stets an der Oberfläche. Das 'Innen' dagegen ist in seiner Verborgenheit der ausgezeichnete Ort allenfalls der Signifikate.53 Die entscheidende Stoßrichtung dieser Insistenz auf Äußerlichkeit und sinnliche Wahrnehmbarkeit des Zeichens ist die Widerlegung der Realpräsenz Christi im Sinne eines in den eucharistischen Elementen in verborgener Weise präsenten signum internum.5* Das wird von den Lutheranern sofort er-

cognitionem vere talem esse tribuendam. Notandum enim est, sibi aliquid per signa posse repraesentare, perfectionem esse aliquam, et mentis prae brutis praerogativam... Quare autem vocabulum repraesentare in altera definitione non arrideat, haec est ratio: quod tò repraesentare de omnibus promiscue signis dici nequeat, quid enim aliud illud est, quam praesens i.e. prae sensibus sistere, at hederá etiamsi a me conspiciatur, an eo ipso propterea statim ipsis sensibus vinum sistit? minime. Nostra ergo generalior est, omnibusque signi speciebus facilius applicanda... nisi vocem Sensus etiam pro intellectu accipias..." 50 51

52

53

54

Vgl. A n m . 5 4 . Vgl. B. MEISNER, Philosophia sobria ( 1 6 5 5 ) 1 7 4 : „Adversus orthodoxam hanc sententiam, insurgit et tumultuatur spiritus Calvinisticus, negans et pernegans, totum Sacramentum, atque sie etiam rem caelestem signum recte appellar! posse." Vgl. J . H. ALSTED, Theologia naturalis ( 1 6 2 3 ) praef. p. 12: „... Deus non solum condidit mundum in hunc usum, ut e s s e t . . . domicilium amplissimum ..., sed etiam ut esset volumen apertum et explicatum, innumeris speciosissimis vereque divinis literis et figuris plus quam hyroglyphicis constans..." Das wird deutlich an Timplers Definition der Physiognomia humana als „ars, quae signa externa tradit, ex quibus internae et occultae hominis affectiones cognosci possunt"; Vgl. C. TIMPLER, Physiognomia humartae libri duo ( 1 6 1 7 ) 129. Das hier wirksame Konzept der Bezeichnung des Inneren durch das Äußere war im frühen 17. Jahrhundert insbesondere in der Signaturenlehre der hermetischen Naturphilosophie virulent. Vgl. S. MEIER-OESER, Die hermetisch-neuplatonische Naturphilosophie, in: F. UEBERWEG, Geschichte der Philosophie, 17. Jahrhundert, Deutsches Reich (erscheint demnächst); vgl. DERS., Signatur / Signaturenlehre, in: Historisches Wörterbuch der Philosophie, Bd. 9 ( 1 9 9 6 ) 7 5 0 - 5 4 . Vgl. C. TIMPLER, Metaphysicae systema methodicum ( 1 6 0 6 ) 3 3 5 : „An omne signum sit ens externum? In hac quaestione, si rerum conceptus excipiantur, sententia affirmativa est vera. O m n e enim signum, praeter rei coneeptum, per se cadit sub sensum externum. Q u o d autem per se cadit sub sensum externum, id est ens externum. Proinde necessario sequitur, omne signum praeter rei conceptum esse externum, et nullum internum. Unde etiam patet, vehe-

Das Zeichen in der protestantischen Schulmetaphysik des 17. Jahrhunderts

319

kannt. 55 Entsprechend ist für sie bereits aufgrund sakramentaltheologischer Erwägungen die strikte Festlegung des Zeichens auf sinnliche Wahrnehmbarkeit abzulehnen. 56 Ein Zeichen muß, wie Kirchmaier unter Hinweis auf die noëmata mentis betont, nicht sinnlich wahrnehmbar sein. Wichtig ist nur, daß es irgendeinem Erkenntnisvermögen etwas vergegenwärtigt. 57 Ebenso, wie in der Logik der katholischen Schulphilosophie, gilt auch in der protestantischen Schulmetaphysik, daß die verschiedenen Definitionen des Zeichens, unabhängig davon, ob sie dessen sinnliche Wahrnehmbarkeit postulieren oder nicht, in der Betonung der Dreistelligkeit des Zeichens übereinkommen. Zeichen ist per definitionem Zeichen von... für... Die Konstatierung des jedem Zeichen zukommenden duplex respectus auf das Signifikat sowie auf das zeicheninterpretierende Erkenntnisvermögen ist ebenso wie in der katholischen 'Zeichenlogik' auch in der protestantischen 'Zeichenmetaphysik' ein Allgemeinplatz. 58

menter errare eos, qui in Eucharistie duplex signum esse statuunt, unum externum, nempe panem, et vinum, alterum internum, nempe corpus et sanguinem Christi." 55

56

57

58

Vgl. B. MEISNER, Philosophia sobria ( 1 6 5 5 ) 5 7 5 : „Haec vero eum in finem callide disputant Calviniani, ut ab essentia Sacramenti rem caelestem a promissione distinctam, removere possint. Cum enim secundum ipsos Sacramentum nihil sit aliud, quam sacrum signum, propterea quicquid rationem signi non habet, de essentia Sacramenti non esse colligunt. J a m vero pergunt omne signum debere visibile esse, et sub sensum externum cadere, ad quod cum de re coelesti nequeat dici, eam ad Sacramenti essentiam non pertinere, ideoque non exhiberi, sed solum significan concludunt." Vgl. A. FROMM, Exerátationes metaphysicae ( 1 6 5 1 ) 3 8 0 : „An omne signum necessario sit sensibile? Neg. Calviniorum quidam affirmant hoc, sed male." Ausführlich setzt sich bezüglich dieser Frage Schultetus mit Timpler auseinander. Vgl. JOH. SCHULTETUS, Disp. me· taph. De signo et signato ( 1 6 5 9 ) fol. A3r-A4r. Dieselbe Kontroverse ergab sich natürlich auch mit den Zwinglianern. Vgl. A. CALOVIUS, Scripta philosophica ( 1 6 5 1 ) 6 2 8 f : „Quicquid potentiae cognoscenti aliquid repraesentat, signum est. Sive repraesentatio fiat sensui, sive intellectui. Non enim omne signum necessario est sensibile, nedum visibile, ut e Zvvinglianis nonullis volunt, sed ad signi rationem satis est, si potentiae intellectuali exhibeat signatura..." S. KIRCHMAIER, De signo et signato ( 1 6 6 4 ) fol. B 2 r : „... non omne Signum necessario et essentialiter esse sensibile, quod volunt nonnulli, sed ad ejus rationem sufficere, si facultati cognitivae, quaecunque ilia fuerit, sive Sensus, sive Intellectus, aliquid sistat praesens. ... quia et Signa tantum intelligibilia, omnemque sensibilitatis rationem respuentis occurrunt, qualia sunt species sive noëmata mentis, non immerito a recentioribus Doctores vox ampliata fuit.." Vgl. A. CALOVIUS, Scripta philosophica ( 1 6 5 1 ) 6 2 5 : „Signum ... infert geminum respectum, alterum ad potentiam cognoscentem, sensum puta vel intellectum, cui aliquid repraesentat, alterum ad signatum, quod repraesentat."; S. KIRCHMAIER, De signo et signato ( 1 6 6 4 ) fol. B 2 r : „ O m n e Signum, geminum involvet respectum: unum ad Signatum seu rem signabilem, quam repraesentat; ad potentiam cognoscentem, sensum scilicet aut intellectum alterum, cui repraesentat aliquid."; J . P. HOFIUS, Disp. metaphysial de signo et signato ( 1 6 7 1 ) 9 : „Est ... in omni signo duplex respectus, comparatio, vel habitudo, quam ipsi Conimbricenses ... notant. Altera ad signatum seu rem, cujus signum est. Altera vero, ad potentiam, ut loquuntur, cognoscentem."; J . C. PETRI, De signo et signato ( 1 6 7 3 ) 8; G. O . GRIMMIUS, Disputatio

inauguralis philosophica De Signis (1695) 5.

320

Das Zeichen in der Metaphysik

Das scheint zunächst in offenem Widerspruch zur Behandlung der Zeichentheorie unter dem Titel De signo et signato und zu der die Zweistelligkeit des Zeichens nahelegenden Bestimmung desselben als eines auf das Signifikat bezogenen ens respectivum zu stehen. Bei näherem Zusehen wird jedoch deutlich, daß man sich durchaus darüber im Klaren war, daß mit der metaphysischen Subsumption des Zeichens als eines ens respectivum unter die passiones entis disjunctae nur die eine Seite des Zeichens erfaßt wird. Das Zeichen ist, wie Timpler hinsichtlich der natura signi ausführt, kein für sich bestehendes Seiendes sondern gehört als ens complexum zur Klasse des wesensmäßig auf anderes Bezogenen, welches als solches stets eine res absoluta voraussetzt, die von jener ihr innewohnenden Relation her ein Relatives, und, weil es sich bei dieser Relation um nichts anderes als um die der significatio handelt, ein Zeichen genannt wird.59 Auch wenn hier - in leicht mißzuverstehender Weise - behauptet wird, das Zeichen sei „semper per se" auf das Signifikat bezogen, so ist damit doch nicht gemeint, daß die Frage, ob etwas wirklich und im eigentlichen Sinne Zeichen ist, allein zwischen dem Zeichen und seinem Signifikat entschieden wird. Denn keinesfalls läßt sich daraus ableiten, etwas sei „semper per se" Zeichen. Zu einer solchen massiven Verdinglichung des Zeichens ist es auch dort nicht gekommen, wo dies im Rahmen der metaphysischen Behandlung des Zeichens als eines allgemeinen Seinsattributs nahegelegen hätte. Wenn Keckermann Zeichen und Bezeichnetes als Relation behandelt und sich eine solche auch für ihn aufgrund ihrer traditionellen Bestimmung als 'ad aliquid' offenbar nicht anders denn als zweistellige Relation konzipieren läßt,60 so ist die Zeichenbeziehung in Abhebung von allen anderen Relationen geradezu durch das wesentliche Hinzukommen eines Bezugs zur Erkenntnis definitiert: „Relatio considerata respectu sensus et notitiae humanae, vocatur Signum et Signatum."61 Jede erkannte Relation ist, insofern sie erkannt ist, Zeichenbeziehung. Mit anderen Worten: Jedes Zeichen ist Zeichen nur für denjenigen, der um dessen Bezug zum Signifikat weiß. Und eben deshalb gilt auch für Timpler:

59

C. TIMPLER, Metaphysicae systema methodicum ( 1 6 0 6 ) 3 1 6 : Signum non esse ens absolutum, sed respectivum: neque ens incomplexum: sed complexum. Est enim in classe relatorum, quae semper essentialem respectum habent ad aliud et semper praesupponunt ens absolutum, quod formaliter a relatione sibi inhaerente, relatum denominatur. E x quo etiam fit, ut signum semper per se referatur ad signatum et semper supponat ens aliquod absolutum v quod formaliter a signatione, seu quod idem est, significatione signum denominatur. ... relationem inter signum et signatum nullam aliam esse, quam signationem seu significationem, eamque esse activam, quatenus est respectus signi ad signatum, passivam vero, quatenus est respectus signati ad signum."

60

Vgl. Β. KECKERMANN, Scientiae metaphysicae compertdiosum systema ( 1 6 1 5 ) 8 6 : „Relatio autem nulla potest concipi una cogitatione, sed oportet me semper cogitare de duabus rebus diversis." Ebd., 87. Keckermann selbst präsentiert seine kurzen Ausführungen nur als Referat der von Timpler „erudite et diligenter" behandelten utilissima doctrina de signo et signato. Vgl. ebd. 91.

61

321

Das Zeichen in der protestantischen Schulmetaphysik des 17. Jahrhunderts

„ n u l l u m e n s a b s o l u t u m r e s p e c t u eius, qui i g n o r â t ipsius s i g n i f i c a t i o n e m , a c t u et p r o p r i e esse s i g n u m . " 6 2 Mag

sich also auch

die metaphysische

Systemstelle des Z e i c h e n s

aus

der

n o t w e n d i g e n K o r r e l a t i o n z u m Signifikat ergeben, d e r Z e i c h e n c h a r a k t e r des Zeic h e n s ist e r s t a u s s e i n e m B e z u g z u m E r k e n n t n i s v e r m ö g e n a b z u l e i t e n . A u c h w e n n z u m e i s t d i e R e l a t i o n a u f d a s S i g n i f i k a t als d e r j e n i g e n a u f d a s gen vorgeordnet angesehen wird,63

Erkenntnisvermö-

so wird d o c h im allgemeinen

anerkannt,

w a s i m G r u n d e t r i v i a l ist, n ä m l i c h d a ß e r s t u n t e r E i n b e z i e h u n g d e s l e t z t e r e n d a s Z e i c h e n als e i n s o l c h e s f u n g i e r e n k a n n . 6 4

U n d dieser Bezug z u m

Erkenntnis-

v e r m ö g e n ist d e m Z e i c h e n k e i n e s w e g s n u r a k z i d e n t e l l . D e r B e g r i f f d e s Z e i c h e n - in dieser

Hinsicht wird die augustinische Zeichendefinition

als g ü l t i g

aner-

kannt - impliziert vielmehr wesentlich (essentialiter) beide R ü c k s i c h t e n . 6 5

Die

R e l a t i o n z u m E r k e n n t n i s v e r m ö g e n e n t s c h e i d e t n i c h t nur d a r ü b e r , o b ein

Zei-

c h e n e t w a s aktuell bezeichnet o d e r nicht, s o n d e r n bereits darüber,

ob

etwas

ü b e r h a u p t Z e i c h e n ist: G ä b e e s n u r O h r e n u n d N a s e n in d e r W e l t , w ä r e R a u c h nicht Z e i c h e n für das F e u e r . 6 6

D a s Z e i c h e n läßt sich n i c h t

v o n s e i n e m B e z u g a u f ein E r k e n n t n i s v e r m ö g e n

62 63

64

65

66

der

unabhängig

konzipieren.67

C. TlMPLER, Metaphysicae systema methodicum (1606) 316. R. GoCLENIUS, Lexicon Philosophicum ( 1 6 1 3 ) 1 0 4 5 : „In omni signo sunt duae ... relationes. Una seu priora ad ... rem significatam... Altera et posterior ad potentiam, cui rem obiicit, cui significat seu repraesentat..."; C H R . SCHEIBLER, Metaphysial ( 1 6 3 6 ) 3 6 6 f : „Respectum signi ad signatum priorem esse eo qui est ad potentiam. ... [367] Relativis autem sine dubio per prius convenit respectus, qui est ad correlatum."; G. STANNARIUS, Systema regularum ( 1 6 6 1 ) 8 5 : „Signum involvit duplicem respectum. Unum ad signatum, alterum ad potentiam cognoscentem. Est tarnen ille respectus signi ad signati prior eo, qui est ad potentiam. Nam signum et signatum sunt relata. At relativis per prius convenit respectus qui est ad correlativum."; S. KLRCHMAIER, De signo et signato ( 1 6 6 4 ) fol. B2v: „distinguendum esse caute opinamur, inter id, quod signum essentialiter primo, et quod ... essentialiter consequenter connotat: Prius ipsi, dum ad Signatum; posterius quando in ordine ad potentiam cognoscitivam, schesin quandam involvit, assignamus." Vgl. J . H . ALSTED, Metaphysica ( 1 6 1 6 ) 1 9 0 : „In quovis signo duae sunt comparationes, habitudinesve. Una ad rem significatam, altera ad potentiam cui significat. Nam fumus, v.g. nisi respiciat latentem ignem, quem prodat, et aptus sit alicui potentiae illum proponete, nequaquam afferet rei cognitionem. Et utrumque respectum etiam in definitione expressimus." Vgl. DERS., Encyclopaedia ( 1 6 3 0 ) 6 1 9 a ; fast wörtlich bei J . WLLLIUS, Metaphysica e praeceptis methodicis constituía ( 1 6 1 4 ) 109. Vgl. S. KlRCHMAIER, De signo et signato ( 1 6 6 4 ) fol. B2v: „... hederá vini vendibilis signum est. Id vero neutiquam foret, nisi a parte rei mens, mutuam istam hederae ad vinum relationem cognoscens daretus. Hederá profecto reflexive in seipsam non agit, nec ullam ob defectum potentiae intellectivae operationem reflexam obtinet. ... Signi respectus in habitudine ad potentiam cognoscentem, essentialiter in ratione ejus implicetur." Vgl. C H R . SCHEIBLER, Metaphysica ( 1 6 3 6 ) 3 6 6 : „signum implicare respectum ad rem simul , et ad potentiam cognoscentem: sed adhuc dubium esse potuit, an illi implicentur essentialiter, an vero per modum adiunctorum. ... Patet igitur contra Bonaventuram et Scotum (quorum uterque 4 Sent. d. 8. q. 2 rationem signi posuit in solo respectu ad rem) quia imprimis exprimitur [sic: experimur] in mente nostra, quod non possimus sufficientem signi conceptum apprehendere, nisi cum utroque respectu. Unde Augustinus ... utrumque respectum in definitione signi posuit. Veluti hederá signum est vini vendibilis, id non esset

322

Das Zeichen in der Metaphysik

Der ontologische Status der Zeichenrelationen selbst, in der zeitgenössischen Logik der Zweitscholastik vielfach eines der zentralen Themen der Zeichentheorie, wird von der protestantischen Schulmetaphysik in der Regel nicht oder nur beiläufig behandelt. Lediglich Scheibler geht in einem eigenen kurzen Abschnitt näher auf die Frage „an respectus signi sit vera relatio praedicamentalis?" ein, um sie negativ zu beantworten und unter ausdrücklicher Berufung auf die Conimbricenses die Relation des Zeichen auf das Signifikat als relatio transcendentalis zu bestimmen. 68 Dieser Position schließen sich die lutherischen Autoren, sofern sie den metaphysischen Status der Zeichenrelation eigens thematisieren, an. 69 Auch das hat seinen kontroverstheologischen Hintergrund. Denn die Behandlung dieser Thematik durch die Lutheraner steht im Zusammenhang mit der Frage danach, ob, wie von calvinistischer Seite immer wieder betont wird, zwischen dem Zeichen und dem Bezeichnete, formal genommen, notwendig eine Realdistinktion anzusetzen ist. Timpler widmet diesem Problemkomplex zwei eigene Quaestionen. Zuerst zeigt er im Rahmen der Erörterung der Frage „Ob Zeichen und Bezeichnetes immer zugleich sind" (An signum et signatum semper sint simul), 70 daß eine Simultaneität nur insofern notwendig ist, als Zeichen und Bezeichnetes als „entia relata" betrachtet werden, da sie sich in dieser Perspektive ihrer Natur nach wechselseitig fordern und das eine ohne das anderer weder definiert noch erkannt werden kann. 71 Anders verhält es sich sowohl dort, wo Zeichen und Bezeichnetes als res absolutae betrachtet werden und wo weder ein räumliches noch ein zeitliches simul erforderlich ist, als auch dort, wo Zeichen und Bezeichnetes aufeinander bezogen (relate) betrachtet werden. 7 2

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verum, nisi daretur mens cognoscens istam habitudinem hederae ad vinum. Si solum aures aut nasi essent in mundo (dimisso intellectu) fumus non esset signum ignis, quia solum oculo signât ignem. Ita ergo apparet, intime, in ratione signi implicari istum respectum, ad potentiam cognoscitivam."; J. P. HOFIUS, Disp. metaphysica de signo et signato (1671) 11: „Uti omnis relatio dependet ab operatione intellectus, sic etiam haec. Licet enim signa quaedam respectum habeant naturalem ad suum signatum, et relationem constituant realem, tarnen haec ipsa non possent signa dici formaliter, si nemo foret, cui aliquid significarent, quive istam habitudinem animadverteret, atque ita unum ad alterum referret. V.g. Fumus est signum ignis naturale, propter naturalem inter utrumque connexionem. Signum tarnen dici non posset, si nemo esset, qui ex fumo ignem colligeret adesse vel adfuisse." Vgl. H. SCHMID, Diss. met. De signo et signato (1673) fol. A 3r: „Si ... mens consulatur, non potest apprehendi integra signi ratio, quin concipiatur potestas objiciendi rem alicui potentiae, atque ita signum significat aliquid, et quid alicui."

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CHR. SCHEIBLER, Metaphysica

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Vgl. J. SCHULTETUS, Disp. metaph. De signo et signato (1659) fol. B l r ; H. SCHMID, Diss, met. De signo et signato (1673) fol. A 3r; J. F. HOLBECK, De signo et signato (1717) fol. A 2t. C. TlMPLER, Metaphysicae systema methodicum (1606) 318f. Ebd. 318: „... signum et signatum quatenus considerantur ut entia relata semper simul esse tum natura, tum cognitione respectiva." Damit werden drei Ebenen der Betrachtung des Zeichens - und des Bezeichneten - differenziert. Das Zeichen kann betrachtet werden entweder 1. materialiter, insofern es ein Ding ist, 2. relate, insofern es das Zeichen seines Signifikats ist und 3. als ens relatum, d.h. präzis

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(1636) 367.

Das Zeichen in der protestantischen Schulmetaphysik des 17. Jahrhunderts

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Auch das Zeichen als Zeichen erfordert kein räumliches oder zeitliches Simul des Bezeichneten. Sowohl Vergangenes oder Zukünftiges wie räumlich Entferntes kann bezeichnet werden. In diesem Sinne ist das eucharistische Brot, gemäß der calvinistischen Abendmahlslehre, Zeichen des im Himmel existierenden Leibes Christi. Damit ist der Blick auf das sakramentaltheologische Problem der Realpräsenz Christi gelenkt, das Timpler in der anschließenden Frage, ob das Bezeichnete auf irgendeine Weise wahrhaft und im eigentlichen Sinne im Zeichen sein und von diesem prädiziert werden könne (An signatum ullo modo possit vere et proprie esse in signo et de eodem praedicari), 73 behandelt. Die Antwort muß nach Timpler negativ ausfallen. Denn Zeichen und Bezeichnetes sind relata und damit opposita. Es hieße insofern einen förmlichen Widerspruch zuzulassen, wollte man behaupten, daß das signatum im eigentlichen Sinn (proprie) vom signutn prädiziert werden kann; ebensowenig kann es auf irgendeine der von Aristoteles aufgewiesen acht möglichen Weisen des Inseins (inesse) im Zeichen sein. Die sich daraus ergebende Schlußfolgerung liegt auf der Hand: „Errant igitur illi, qui in Eucharistia statuunt corpus Christi vere et proprie vel localiter, vel alio modo esse in pane, et de eodem praedicari." 74 Das Zeichen als Zeichen

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als Relation zum Signifikat. In der Regel unterscheidet man unter Auslassung des das Zeichen ausschließlich als Ding thematisierenden und deshalb nicht zum Gegenstandsbereich der Zeichentheorie gehörigen Betrachtungsmodus, zwei Weisen. Zum einen die abstrakte Betrachtung des Zeichens als einer besonderen Form der Relation unter Absehung vom Zeichending als dem Subjekt dieser Relation; zum anderen die konkrete, die Dinge einbeziehende Betrachtungsweise, in welcher der Begriff des Zeichens als ein transzendentaler Modus des Seienden aufgefaßt wird. Beide Betrachtungsweisen gehören zur Metaphysik. Hofius betont jedoch, daß die zweite nicht nur die gängigere sondern auch die nützlichere sei. Vgl. J. P. HOFIUS, Disp. metaphysica De signo et signato ( 1 6 7 1 ) 8: „... praecognoscendum, hanc considerationem duplicem esse, et vel in abstracto fieri, cum praecisione subiecti, vel in concreto, per ejusdem subjecti conjunctionem in conceptu, quo rationem signi, tanquam modi cujusdam entium transcendentali, apprehendimus. Prioris generis consideratio est, ubi signum nude, ut modus et species relationis spectatur, secundum quam una res ad aliam refertur, et hinc signum aut signatum denominatur. Posterioris vero, tum obtinet, quando ipsa entia, subjecta harum relationum, una concipimus, et hinc ens in signum et signatum dividimus. Utraque autem Metaphysica est, posterior tarnen magis frequens et usitata, utilior quoque, quippe quae signi ad signatum applicationem et variis signorum species clarius exponit." C. TIMPLER, Metaphysicae systema methodicum (1606) 319. Ebd. Damit ist auf die ihrer Interpretation nach strittige Kernsentenz „hoc est corpus m e u m " Bezug genommen. Vgl. ebd.: „Proinde quando in sacra scriptura panis dicitur esse corpus Christi, statuendum est illam praedicationem sacramentalem esse impropriam, quae aequipolleat huic propriae, asserenti panem esse sacramentum seu signum mysticum corporis Christi." Auch dort, wo nicht explizit auf den sakramentaltheologischen Zusammenhang eingegangen wird, steht dieser doch bei Konstatierungen wie „... o m n e signum qua signum est, distinctum est a signato, neque includitur ullum signatum in suo signo" (Β. KECKERMANN, Scientiae metaphysicae compendiosum systema ( 1 6 1 5 ) 8 8 ) stets im Hintergrund. Von diesem Problemzusammenhang aus betrachtet, kann bereits die von Timpler eingeführte Aufnahme der Zeichentheorie gerade unter die attribute conjunctae et respectivae als kontroverstheologisch motiviert erscheinen. Vgl. W . SPARN, Wiederkehr der Meta-

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Das Zeichen in der Metaphysik

erfordert nicht nur keine räumliche und zeitliche Präsenz des Signifikats, es schließt sie sogar im strikten Sinne aus. 75 Die Bestimmung der Zeichenbeziehung als transzendentale oder aber gedankliche Relation ist in diesem Zusammenhang für die Lutheraner insofern von strategischer Bedeutung, als sie die Grundlage ihrer Zurückweisung der von den Calvinisten betonten Realdistinktion von Zeichen und Bezeichnetem und der daraus abgeleiteten Unmöglichkeitsbehauptung der Realpräsenz bildet. 76 Die Notwendigkeit einer Realdistinktion besteht nur unter Voraussetzung der formalen Betrachtungsweise von signum et signatum in ihrer wechselseitigen Bezogenheit aufeinander, nicht jedoch, wenn das Zeichen und das Bezeichnete materialiter, d.h. als die durch die hinzukommende Zeichenrelation denominativ als solche (signum et signatum) bestimmten Sachen aufgefaßt werden. 77

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physik (1976) 125: „Timpler stellt die Korrelate des Zeichens und des Bezeichneten in die Reihe der üblicherweise sog. disjunkten Affektionen, und zwar derjenigen, die nach seinem Gliederungsschema als attributa conjuncta et respectiva den absolut verwendbaren disjunkten Attributen gegenüberstehen. Zeichen und Bezeichnetes haben dann den Charakter einer „verbindenden" Beziehung, welche die Bezogenen aber seinsmäßig alternativ setzt. Timpler sagt dies dann auch mit Bezug auf das Sakrament ausdrücklich: Correlatum, qua tale, non debet includi suo relato". Vgl. W. SPARN, Wiederkehr der Metaphysik (1976) 48f. Dasselbe Argument der notwendigen Realdistinktion von signum und signatum konnte von calvinistischer Seite auch gegen die ebenfalls die Realpräsenz vertretende katholische Abendmahlslehre ins Feld geführt werden; vgl. D. DERODON, Logica restituía (1659) 4 9 2 : „... colligimus ... graviter errare Pontificos, dicentes corpus Christi in hostia consecrata esse signum corporis Christi in cruce: Nam primo, signum dicit relationem ad signatum; relatio autem est ad aliud, id est ad aliam rem, atque adeo signatum debet esse aliud seu alia res a signo."

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Vgl. C H R . SCHEIBLER, Metaphysial (1636) 3 6 8 : „Est ... ibi respectus transcendentalis, et in aliquibus relatio rationis. At tales respectus non necessario supponunt reale discrimen."; J . SCHULTETUS, Disp. metaph. de signo et signato (1659) fol. B l r : „distinguo inter relationem praedicamentalem et transcendentalem, relationem quandam inter Signum et Signatum transcendentalem admittimus, sed praedicamentalem negamus, talis autem respectus transcendentalis non necessario reale ponit discrimen." In der selben Weise wird auch von katholischer Seite auf die calvinistischen Argumente gegen die Realpräsenz Christi geantwortet; vgl. F . GONÇALEZ, SJ, Logica tripartita (1639) 89f.

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Vgl. CHR. SCHEIBLER, Metaphysica (1636) 3 6 8 : „... sciendum est, signum et signatum ... posse sumi bifariam, formaliter, hoc est, ut relativa sunt, et materialiter, hoc est, pro rebus substratis, quae a talibus relationibus deniminantur. Ergo relativi formaliter sumpti, differunt realiter, illudque est etiam in signo et signato. Nam quod formaliter importât vox signi, id non significat vox signati. Et iuxta haec formaliter loquendo, de signo et signato verum est dicere: signum non est signatum et signatum non est signum. Secus autem est si loquamur de signo et signato materialiter, h.e. pro rebus sic denominatis, prout de eis loquitur Metaphysicus..."; vgl. A. CALOVIUS, Scripta philosophica (1651) 6 2 7 f ; S. KLRCHMAIER, De signo et signato (1664) fol. A3v; J . C . PETRI, De signo et signato (1673) 9. Als Fallbeispiele hierfür dienen u.a. das Fieber, das, wenngleich Zeichen der Krankheit, von dieser nicht real verschieden ist (vgl. A. FROMM, Exercitationes metaphysicae (1651) 381f), die differentia specifica als Zeichen der ihr zugrundeliegenden Gattungsnatur (J. SCHARF, Metaphysica exemplaris (1643) 237) oder der sich selbst darstellende Schauspieler (CHR. SCHEIBLER, Metaphysica (1636) 368).

Das Zeichen in der protestantischen Schulmetaphysik des 17. Jahrhunderts

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Wie schon die Zeichendefinition selbst und die im Zusammenhang damit erörterte Sichtbarkeit des Zeichens führt auch die Debatte über die distinctio realis von signum und signatum ins Zentrum der innerprotestantischen Kontroverse über das Sakramentalzeichen, zur Frage nach der Weise der Präsenz Christi. Diese ist es im wesentlichen, die das eucharistische Zeichen zum semiologischen Problemfall werden ließ. Denn aus der Annahme der Realpräsenz Christi im Abendmahlsakrament ergibt sich eine Zeichensituation, die dem augustinischen Verständnis von Zeichen und der gängigen Logik des Bezeichnens nicht entspricht, indem sie sowohl mit der geforderten sinnlichen Wahrnehmbarkeit des Zeichens bricht - denn der in den eucharistischen Elementen von Wein und Brot realpräsente Christus ist, obwohl unsichtbar, wesentlicher Teil des sakramentalen Zeichens - als auch auch mit der zumeist vorausgesetzten Verschiedenheit von Zeichen und Bezeichnetem - denn der Leib des gekreuzigten Christus ist zugleich das Signifikat des Sakramentalzeichens. Das zeichentheoretische Skandalon des lutherischen Abendmahlsverständnisses liegt somit, aus calvinistischer Sicht, in der Zumutung, das, was nach augustinischem Zeichenverständnis unvereinbar ist, zusammenzudenken: Präsenz und Zeichen. 78 Solches war, blickt man zurück, bereits zweimal, in ganz unterschiedlichen Zusammenhängen aber jeweils unter deutlicher Modifikation des augustinischen Zeichenbegriffs, der Fall gewesen. Zum einen im Zuge jener Bestimmung der geistigen Konzepte als signa, durch die das Zeichen in jenen Bereich mentaler Präsenz eintrat, von dem es nach Augustinus strikt ausgeschlossen war. Zum anderen in dem Konzept des significare obiective, wie es, terminologisch von Pierre d'Ailly eingeführt, in der Logik um 1500 verbreitet war. Die in der Geschichte der Zeichentheorie von ihrem Anbeginn an immer wieder hervortretenden Problematik des dialektischen Verhältnisses von beidem erscheint hier in einer weiteren Variante. Hatte Augustinus in De magistro die Präsenz der Dinge gegen das Zeichen bzw. dessen erkenntnisvermittelnde Funktion ausgespielt, eine Figur, die in der mittelalterlichen Theorie der kognitiven Repräsentation im Zusammenhang mit der aus der Ansetzung einer unmittelbar gegebenen Präsenz der Erkenntnisobjekte abgeleiteten Ausschaltung erkenntnisvermittelnder, repräsentierender Instanzen (species) vielfach aufgegriffen wurde, so wird hier von den Calvinisten die scheinbare Unvereinbarkeit von Präsenz und Zeichen in der Gegenrichtung instrumentalisiert und die unbestrittene Zeichenhaftigkeit des Abendmahlssakraments gegen die Realpräsenz des Signifikats, des Leibes Christi, ausgespielt. Das Zeichen ist - auch im Verständnis der protestantischen Schulmetaphysik - auf Präsenz hin angelegt, insofern es funktional durch Repräsentation definiert ist, repraesentare aber Vergegenwärtigung, d.h. Herstellung von Präsenz meint. 79 Zugleich findet es jedoch an der Präsenz seine Grenze. Denn das vom 78

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Vgl. G. WEBER, Sceleton Metaphysicae (s.a.) fol. C 7v: „Praesentia rei signandi rationem a signo non tollit." Vgl. C H R . SCHEIBLER, Metaphysica ( 1 6 3 6 ) 3 6 5 : „Repraesentare hic [d.h. in der Zeichendefinition] idem est, quod praesens facere. Praesentia autem ista, quam facit signum, non est

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Das Zeichen in der Metaphysik

Zeichen geleistete repraesentare ist nach traditioneller Auffassung die Vergegenwärtigung eines vom Zeichen selbst verschiedenen Anderen. Genau dies markiert, wie etwa Soto betont hatte, die spezifische Differenz von significare und repraesentare. Nach calvinistischer Lesart heißt dies aber, daß das zeichenhafte repraesentare die Vergegenwärtigung eines Abwesenden ist. 80 Hierin liegt, wie Clauberg betont, gerade der außerordentliche Vorzug der Zeichen: „Eximia tarnen est signorum praestantia, quod res loco vel tempore absentes, praesentes sistunt." 81 Das Zeichen macht das Signifikat nicht in seinem esse materiale gegenwärtig, sondern, insofern es das Erkenntnisvermögen veranlaßt, sich das Bezeichnete zu vergegenwärtigen, in seinem esse ideale.*2 Die Präsenz des bezeichneten Gegenstandes ist keine reale sondern eine intentionale oder ideale. 83 Während dies für das Zeichen im allgemeinen selbstverständlich auch von Seiten der Lutheraner anerkannt wird, liegt der Fall beim eucharistischen Zeichen anders. Es handelt sich nicht um ein bloß bezeichnendes signum significativum, sondern um ein darreichendes signum exhibitivum. Mit dem signum exhibitivum erreicht die durch das Zeichen geleistete Präsenzvermittlung eine neue Dimension: die Vermittlung der realen und substantiellen Gegenwart des Bezeichneten, also dessen, bei dem nach allgemeiner Auffassung das Zeichen seine Funktion verlieren und damit sich selbst aufheben würde. Legitimiert ist die Beibehaltung der Funktion des Zeichen auch in diesem Fall der durch es gewährleisteten Realpräsenz des Signifikats durch einen

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respectu signati, sed respectu potentiae cognoscentis, quae ex cognitione signi, habet sibi praesens etiam ipsum signatum." R. GOCLENIUS unterscheidet (Lexicon philosophicum (1613) 981) die beiden Arten von zeichenhafter und realer Vergegenwärtigung, wobei er jedoch - als Calvinist - das, was nach lutherischer Auffassung als zentraler Fall der zweiten Art gilt, als Exempel für erstere anführt: „Repraesentare: [1.] absens modo quodam praesens facere (Christus repraesentat suum corpus pane; Pañis repraesentat Corpus Christi; Corpus Christi repraesentatur Pane) [2.] Praesentiam alicuius, seu praesens aliquid exhibere, ut repraesentare pecuniam, pretium rei emptae, id est praesentem exhibere. Reus se repraesentat, id est, iudicio se sistit."; vgl. ebd. 1045: „Signum accipitur ... Presse. Estque indicium quod potentiae cognoscenti aliquid a se distinctum repraesentat, hoc est praesens facit." Vgl. J . P. HOFIUS, Disp. metaphysial de signo et signato ( 1 6 7 1 ) 1 3 : „Vox ... repraesentandi ambigua est, et vel notât idem, quod praesentem sistere, objicere, exhibere. Quo sensu villicus apud Columellam dicitur se repraesentare, qui se praesentem sistit. Et pecuniae dicuntur repraesentari, quae solvuntur... Vel significat idem quod animo praesens sistere per aliquod signum." Vgl. J . CLAUBERG, Metaphysial, X X I , η. 3 2 4 , Opera philosophica (1691) 3 3 6 . Vgl. A. CALOVIUS, Scripta philosophica (1651) 6 2 5 : „Repraesentare nihil aliud est quam re praesens sistere, quae praesentia ... non res realis, sed tantum intentionalis, in quantum e signo percipit sensus vel intellectus signatum, idque sibi praesens sistit, non quoad rem et esse materialem, sed quoad speciem, et esse ideale." Vgl. A. FROMM, Exercitationes metaphysicae (1651) 3 6 7 : „signum ... res signatam ... facultati cognoscenti idealiter praesentem sistit."; S. KLRCHMAIER, De signo et signato ( 1 6 6 4 ) fol. B3: „circa formale Signi animadvertendum, ly repraesentare idem nobis, quod praesens sistere notare. Istamque praesentiam, non realem, sed intentionalem tantum, nec ratione Signati, sed respectu facultatis cognoscentis talem esse, quippe cui, non quidem qua rem, sive esse materiale, sed qua speciem saltem, seu esse ideale, signatum praesens sistit."; vgl. J. C. PETRI,

Disp. met. de signo et signato

( 1 6 7 3 ) 8.

Das Zeichen in der protestantischen Schulmetaphysik des 17. Jahrhunderts

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Modus der Präsenz, der zuvor als solcher im engeren Bereich der Zeichentheorie nicht gedacht worden war: die verborgene Präsenz des Signifikats im Zeichen selbst. 84 Denn da jedes Zeichen zugleich auch Ding ist, kann es, wie auch in der Logik von Port-Royal hervorgehoben wird, deren nachträglich eingefügtes Zeichenkapitel von der Thematik des Sakramentalzeichens ebenso motiviert und determiniert ist, wie das Lehrstück de signo et signato der protestantischen Schulmetaphysik, dasjenige, was es als Zeichen offenbart, als Ding zugleich auch verbergen. 85 Gegenüber diesem Zeichen, das nicht nur etwas bezeichnet, sondern die bezeichnete Sache selbst auch wahrhaft und real darbietet, 86 verblaßt jedes andere Zeichen zum signum nudum.*1 Die bloße Signifikationsleistung derselben erscheint aus dieser Perspektive als defectum exhibitionist denn die

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Dieser Modus der Präsenz spielt eine zentrale Rolle auch in der calvinistisch-lutherischen Kontroverse über die traditionelle sakramentaltheologische Unterscheidung von signum rememorativum, demonstrativum und prognosticum. Vgl. J . C. PETRI, Disp. met. de signo et signato (1673) 13: „Controversia est inter Nos et Calvin. An memoria tantum ac semper sit absentium. Affirmant Calv. Negamus nos. Affirmant autem hunc in finem, ut veram ac realem Christi ... in Coena praesentiam impugnent." Die hier referierte Argumentation findet sich breit ausgeführt bei dem polnischen Keckermannschüler und späteren (seit 1615) Theologen in Franeker, J . MACCOVIUS (Metaphysial (1645) 116ff). Gegen Maccovius schreiben A. CALOVIUS, Scripta philosophica (1651) 6 3 5 ; H. SCHMID, Diss. met. de signo et signato (1673) fol. B l r - B 3 v ; und J . C. PETRI, Disp. met. de signo et signato (1673) 13f. Hierbei wird auf die Differenz von wahrnehmbarer und nicht wahrnehmbarer Präsenz (praesentia rei sensibilis - insensibilis) bzw. von absentia speciei et rei rekurriert (vgl. ebd. 13). Vgl. ARNAULD/NICOLE, La logique ou l'art de penser I, 4 ( 1 9 6 5 ) 5 4 : „... il est très-possible qu'une même chose cache et découvre une autre chose en même temps... Car la même chose pouvant être en même-temps et chose et signe, peut cacher comme chose, ce qu'elle découvre comme signe. ... Ainsi les symboles Eucharistiques cachent le corps de JesusChrist comme chose, et le découvrent comme symbole." Vgl. J . SCHULTETUS, Disp. met. de signo et signato (1659) fol. Blv-B2v: „Signa μεταδοτικά nihil aliud sunt quam talia Signa, quae non solum aliquid certe signant, sed et ille vere exhibent. ... Sic Sacramenta Novi scilicet Testamenti sunt signa exhibitiva, quia simul exhibent id quod signant, utpote quae sunt organa efficacia regenerationis et gratiae divinae applicandae. Sic in Eucharistia mediante pane et vino tanquam Signo vere et realiter nobis offertur atque exhibetur Signatum, corpus scilicet ac sanguis Domini nostri Jesu Christi. Sic tale Signum μεταδοτικόν est cantharus, quo simul cerevisia vel cinum; et marsuppium, quo simul pecunia exhibetur."; Vgl. B. MEISNER, Philosophia sobria (1655) 5 7 4 ; A. SPENGLER,

Exercitationum metaphysicarum decima, de eodem et diverso, communicabili et incommunicabili... signo et signato (1649) S 26. Vgl. A. CALOVIUS, Scripta philosophica (1651) 6 2 9 : „Signum pure significativum idealiter tantum rem sistit. Et vice versa: Quicquid non exhibet rem ipsam, vere et realiter, sed repraesentat tantum eandem idealiter, id est signum nudum, pure σημαντικόν. Exhibitivum enim signum dicitur inde, quod rem ipsam exhibeat." Vgl. A. FROMM, Exercitationes metaphysicae (1651) 3 6 9 : „... significativum signum est, quod tantum significat, non autem exhibet signatum, ut hederá. Dicitur alias nudum, non propter defectum significandi ... sed propoter defectum exhibitionis. ... exhibitivum signum est, quod una exhibet id, quod significat. Talia signa sunt Sacramenta. Tale etiam est cantharus, quo simul cerevisia, et marsupium, quo simul pecunia exhibetur."

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Das Zeichen in der Metaphysik

ideale Präsenz allein erfüllt noch nicht die Bedingung einer wirklichen Darreichung. 89 In einem engen sachlichen Zusammenhang mit der Distinktion von signum significativum und signum exhibitivum steht die Unterscheidung von signum theoreticum und signum practicum bzw. signum efficax.90 Diese Unterscheidung entstammt der mittelalterlichen Sakramentalzeichenlehre 91 und ist auch in der Logik der Zweitscholastik häufiger behandelt. Das signum practicum ist bestimmt als ein Zeichen, das, anders als sein Komplementum, das signum theoreticum, nicht nur etwas bezeichnet, sondern „signando edam aliquid per se efficit" (indem es bezeichnet, durch sich auch etwas bewirkt). 92 Es dient nicht nur als ein Mittel, durch welches der Zeicheninterpret sich einen Begriff von der bezeichneten Sache bildet, sondern es bezeichnet, daß etwas, und zwar aufgrund der Zeichenhandlung selbst, der Fall ist oder sein wird (signât significatum esse, vel fieri). 93 Wie die meisten der von der protestantischen Schulmetaphysik ausführlich diskutierten Zeichen entstammt auch das signum practicum - sein Paradigma

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A. FROMM, Exercitationes metaphysicae ( 1 6 5 1 ) 3 8 3 : „Calviniani volunt videri, quasi nobiscum Sacramenta credant esse exhibitiva signa; Sed quando ad rem venitur, intelligunt exhibitionem idealem, et credunt, non rem ipsam, sed speciem tantum rei in fide sibi exhiberi. Signum autem exhibitivum ipsum signatum non idealiter, sed realiter sistit praesens." Vgl. ebenso J . C. PETRI, Disp. met. de signo et sígnalo ( 1 6 7 3 ) 15.

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CHR. SCHEIBLER, Metaphysial ( 1 6 3 6 ) 3 7 5 : „Divisio haec fere coincidit cum priori, quatenus signum σ η μ α ν τ ι κ ό ν est Theoreticum. Signum autem μεταδοτικόν est Practicum. Vgl. GUILLELMUS DE MILITONA, Quaestiones de sacramentis ( 1 9 6 1 ) 6 0 : „... signum potest esse duobus modis: vel solum cognitivum, vel cognitivum et operativum. Dicendum est igitur quod illa descriptio. 'sacramentum est invisibilis gratiae visibilis forma', dicit rationem signi solum in cognoscendo, sed respectu rei sacrae... Alia dicit rationem signi, prout signum non ducit solum in cognitionem, sed est signum efficax, id est effectivum sui signat i . " ; vgl. ebd. 6 9 : „... aliquod est signum cuius virtus solum est in significando, et huiusmodi signum non efficit quod figurât; et est signum cuius virtus est in significando et efficiendo, et huiusmodi signum est signum operativum, et huiusmodi efficit quod figurât; aliud signum cognitivum solum, et non efficit quod figurât."

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CHR. SCHEIBLER, Metaphysica ( 1 6 3 6 ) 3 6 2 ; A. CALOVIUS, Scripta philosophica ( 1 6 5 1 ) 6 2 6 ; J . C. PETRI, Disp. met. de signo et signato ( 1 6 7 3 ) 14; G. WEBER, Sceleton Metaphysicae (s.a.) fol. C 7r. Vgl. CONIMBRICENSES, SJ, Comment, in univ. dial. Arist. ( 1 6 0 7 ) 18: „(Signa efficacia) sunt, quae non modo significant rem, sed earn etiam causant."; F. GONÇALEZ, SJ, Logica tripartita ( 1 6 3 9 ) 9 3 a : „Signum practicum est quidquid efficit illud, quod significat, et in cuius cognitionem nos adducit; ut sunt verba consecrationis, quae producunt Corpus et Sanguinem Christi, quae item significant..."; J. B. PTOLOMAEUS, SJ, Philosophia mentis et sensuum ( 1 6 9 8 ) 1 3 3 : „(Signum) practicum, quod non solum manifestat, sed producit, et efficit illud ipsum quod manifestat."

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Vgl. R. GOCLENIUS, Lexicon philosophicum ( 1 6 1 3 ) 1 0 4 7 : „Signum [1] Speculativum seu speculabile conceptus in intellectu de Significato, ut ' h o m o ' significat naturam humanam. [2] Practicum quod signât significatum esse vel fieri, ut cum si ex institutione legislatoris tactus manus significet pacem." Vgl. Β. COLUMBUS, O F M , Noms cursus philosophicus ( 1 6 6 9 ) 12a: „[Signum] Speculativum est, per quod haberi potest conceptus de signato, ut vox homo, significat humanitatem, et fumus ignem. Practicum est, quod signât signatum esse, vel fieri, sic tactus manus est signum practicum pacis, et Sacramentum gratiae."

Das Zeichen in der protestantischen Schulmetaphysik des 17. Jahrhunderts

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sind die die Gnade nicht nur bezeichnenden sondern auch bewirkenden Sakramente des Neuen Bundes - dem kontroverstheologisch brisanten Gebiet der Sakramentalzeichenlehre. Deren Aufnahme in die allgemeine Zeichentypologie ermöglicht und motiviert jedoch auch das Aufsuchen außertheologischer Fälle. Denn es ist keineswegs so, daß man die Sakramentalzeichen als die Ausnahme von jeder Zeichenlogik darstellt und entsprechend auf die Exklusivität ihres Bezeichnungsmodus insistiert. Im Gegenteil. Man scheut hier durchaus nicht die Gesellschaft höchst profaner Beispiele. So wird das eucharistische signum exhibitivum in eine Reihe gestellt mit dem Geldbeutel oder dem Bierkrug als Zeichen und Mittel der Darreichung des in ihnen Enthaltenen,94 oder dient die erhobene Axt des Holzfällers zur Veranschaulichung des signum practicum, da sie den Hieb nicht nur anzeigt, sondern diesen auch real dem Holz mitteilt.95 Die Ubersetzung der ursprünglich zur Bestimmung der Sakramentalzeichen eingeführten Zeichendistinktionen in außertheologische Kontexte gibt den sakramentaltheologischen Erörterungen nicht selten allgemeine zeichentheoretische Relevanz, da sie, bedingt durch den Charakter kultisch-religiöser Zeichenpraxis, zwangsläufig zu einer stärkeren Berücksichtigung auch solcher Zeichenfunktionen führt, die über das Feld rein semantischer Bestimmungen hinausgehen. In dieser Hinsicht ist das signum practicum sicherlich wichtiger als das signum exhibitivum, aus dessen Verallgemeinerung - salopp gesagt - nicht viel mehr herausspringt als eine Theorie der Verpackung. Aus der Erörterung des praktischen Zeichens dagegen werden generellen Einsichten in die pragmatische Dimension des Zeichens gewonnen. So betont Scheibler, man müsse zur Gewährleistung einer sinnvollen Distinktion von signum practicum und signum theoreticum ersteres strikt auf jene Zeichen beschränken, die aus ihrer eigenen Zeichenhaftigkeit heraus etwas bewirken, und zwar nicht nur beiläufig und gelegentlich. Wenn man nämlich jede auf einen Zeichenakt hin erfolgende Aktion als Wirkung des Zeichens interpretiert, gäbe es vermutlich kein Zeichen, das nicht auch praktisch wäre („fortasse nullum signum est, quod non sit practicum"). So bezeichnet der vor dem Wirtshaus ausgehängte Strauch nicht nur den Weinverkauf, sondern motiviert auch den Dürstenden, hineinzugehen und Wein zu kaufen.96

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Vgl. A. FROMM, Exercitationes metaphysicae ( 1 6 5 1 ) 3 6 9 ; J. ScHULTETUS, Disp. met. de signo et signato ( 1 6 5 9 ) fol. Β 2 V . S. Anm. 8 6 u. 88. Vgl. A. FROMM, Exercitationes metaphysicae ( 1 6 5 1 ) 3 7 9 : „Practicum est, quod non tantum signât, sed per positum influxum per se simul aliquid efficit. Sic sum lignator securim elevat, securis illa non tantum est signum inferendi ictus, sed positive quoque ipsum ligno inferì." Vgl. C H R . SCHEIBLER, Metaphysica ( 1 6 3 6 ) 3 7 5 : „... Practica signa dupliciter dici possunt. Primo practicum signum id omne dici potest, quod praeter repraesentationem, aliquid efficit. Ubi si efficientiam interpretemur, pro omni conséquente actione, post factum significationem et repraesentationem, fortasse nullum signum est, quod non sit practicum. Ita hederá est signum vini vendibilis: haec praeterquam, quod id signât, movet sitientem, ut istve vadat et vinum emat. Imago Christi est illius signum, haec praeterquam, quod Christum repraesentat, potest occasionem praebere, diligentius meditandi vulnera Christi, et sic ad

330

Das Zeichen in der Metaphysik

Sofern die calvinistischen Autoren den Zeichentyp des signutn practicum in ihre Klassifikation aufnehmen, deuten sie ihn als einen lediglich symbolischen Akt. So verweist der reformierte Theologe Samuel Maresius auf den besonderen Charakter der durch dasselbe geleisteten Verursachung. Zum einen fungiert das Zeichen, weil es nicht selbst die Primärursache des durch es Verursachten ist, lediglich als eine instrumentelle Ursache. Zum anderen bewirkt das Zeichen etwas nicht mittels einer physikalischen Ursächlichkeit (causalitas physica) sondern in Form einer causalitas moralis. Insofern kann das praktische Zeichen nach Maresius auch als signutn exhibitivum aufgefaßt werden, welches die bezeichnete Sache dergestalt darreicht, wie etwa im symbolischen Akt der Schlüsselübergabe der Besitz des Hauses dargereicht wird. 97 Die Berücksichtigung der Funktion der Zeichen über die bloße Erkenntnisvermittlung (oder Erinnerung) hinaus schlägt sich auch in der Distinktion von signum notificans, commonefaciens und certificans nieder. 98 So dient bei Kekkermann etwa das unter ein Privileg gesetzte Siegel des Fürsten als Beispiel des signum certificans, da es nicht nur den Willen des Fürsten gegenüber dem Adressaten des Privilegs kundgibt, sondern diesen auch verbindlich aller versprochenen Benefizien versichert. 99 Die vorgebliche Allgemeinheit und Abstraktheit der metaphysischen Zeichenlehre steht vielfach in deutlichem Gegensatz zu ihrer Durchführung, bei der zuesse devontum. Atque ita quia signa sic omnia fortasse sunt practica, nulla relinquentur Theorica. Unde iuxta istum modum signa practica exponi non debent. Aliter igitur signa practica dicuntur: quae non aliunde, sed ex ratione signi, praeter significationem, aliud efficiunt, non occasionaliter, sed per veram efficientiam." Vgl. J . C. PETRI, De signo et signato ( 1 6 7 3 ) 14. 97

S. MARESIUS, in: H. L. CASTANEUS, Celebriorum distinctionum tum philosophicarum tum theologicarum synopsis... Cum Samuelis Maresii notis perpetuis ( 1 6 5 9 ) 4 2 7 : „Quod vero addit Author [sc. Castaneus] de signis Practicis, quod etiam rem ipsam causent quam significant, debet intelligi 1. D e causalitate instrumentali, non primaria; 2. D e causalitate Morali, non Physica, quo sensu possunt dici exhibitiva rei significatae, prout traditione clavium exhibetur aedium possessio." Vgl. J . P. HOFIUS, Disp. met. de signo et signato ( 1 6 7 1 ) 2 3 : „... alia signa sunt speculative et inefficacia, alia practica et efficacia. Illa signatum tantum significant. H a e c exhibent aliquo modo et conférant. Prioris generis sunt voces, characteres, pictura. Posterioris pignora, sigilla. Germ, waarzeichen. Sic clavibus acceptis quis in possessionem urbis et aedium mittitur. ... Hujus quoque generis sunt Sacramenta. Non, quasi gratiam ex opero operato (ut loquuntur) conferrent, vel physice operarentur ac aliquid efficerent, sed quia sunt instrumenta moralia, qua suomodo rem signatam exhibent..."

98

Vgl. C. TIMPLER, Metaphysicae systema methodicum ( 1 6 0 6 ) 3 2 1 : „Licet ... omne signum aliquid signet seu significet: tamen non omne signum signando aliquid notificat. Et hoc patet ex triplici fine propter quem signa sunt introducta et constituta, quorum primus est notificatio rei ignotae, alter commonefactio de re nota, tertius confirmatio et certificatio de re nota. ... Ubi tamen observandum est quandoque unum et idem ens diverso respectu esse simul signum partim notificans, partim commonefaciens, partim obsignans."

99

B. KECKERMANN, Scientiae metaphysicae compendiosum systema ( 1 6 1 5 ) 9 0 : „... sigillum Pincipis appensum literis privilegii, non tantum est signum notificans istud Privilegium, aut voluntatem principis erga nos, nec est tantum signum commonefaciens de grata recordatione istius privilegii; est etiam est signum certificans nos, quod revera habituri simus omnia beneficia in literis privilegii contenta et praemissa."

Das Zeichen in der Metaphysik des 18. Jahrhunderts

331

meist sehr konkrete Probleme aus dem Bereich der angewandten Zeichentheorie im Vordergrund stehen. Führt die Orientierung an der vollständigen Klassifikation der Zeichen dazu, daß - zumindest bei einigen Autoren - der gesamte zeichentheoretische Problemhorizont der scholastischen Logik, wenn auch in stark gedrängter Form, in der protestantischen Schulmetaphysik präsent ist, indem etwa die Unterscheidung von signum doctrinale und non doctrinale zum Anlaß für eine Behandlung der Sprachzeichen 100 und Konzepte genommen wird, 101 so bleibt doch der deutliche Unterschied, daß die spezielle sakramentaltheologische Thematik hier mehr oder weniger ausdrücklich das Zentrum bildet, auf das hin die Mehrzahl der ausführlicher behandelten semiologischen Fragen und Zeichendistinktionen ausgerichtet sind.

B. Das Zeichen in der Metaphysik des 18. Jahrhunderts Die protestantische Tradition der Behandlung der Zeichenlehre im Rahmen der Metaphysik setzt sich, besonders in der Wolffischen Schule, bis ins späte 18. Jahrhundert fort. Formal sowie inhaltlich kommt es hierbei allerdings zu erheblichen Veränderungen. Die kontroverstheologische Prägung der metaphysischen Zeichenlehre des 17. Jahrhunderts hat sich hier vollständig verflüchtigt. All jene Zeichendistinktionen, die in erster Linie mit Blick auf konfessionelle Divergenzen bezüglich der Sakramentaltheologie behandelt wurden (z.B. signum practicum - theoreticum; signum exhibitimm - nudum), finden in der Regel keine Erwähnung mehr und werden nur noch im philosophischen Lexikon als „Eintheilungen, die wenig Nutzen haben", umfassend inventarisiert. 102 Der systematische Rahmen, in dem nun das Zeichen am Schluß der Metaphysiken behandelt - oder einfach „noch mitgenommen" 103 - wird, ist nicht mehr das Lehrstück der disjunkten Seinsattribute, sondern die Lehre vom wech100

Die Thematisierung der Sprache im Horizont des Zeichenbegriffs, wie sie in der Logik der Zweitscholastik geläufig ist, in der protestantischen Logik zumeist jedoch ganz ausfällt, wandert hierdurch in die Metaphysik ein. Timpler vertritt im Rahmen der Erörterung der Frage, ob und inwiefern die allgemeine Behandlung der Sprache zur Metaphysik gehört (An tractatio generalis de verbis seu vocabulis pertineat ad Metaphysicam, et quomodo) die Auffassung, daß sowohl die Logik als auch die Metaphysik die objektsprachlichen und metasprachlichen Termini zu behandeln haben, die Logik jedoch, insofern sich diese auf die „ars bene disserendi" und die Unterscheidung des Wahren vom Falschen beziehen, die Metaphysik dagegen, insofern sie eine besondere Art von Dingen oder Zeichen bilden. Vgl. C.

TlMPLER, Metaphysicae systema methodicum (1606) 323. Vgl. CHR. SCHEIBLER, Metaphysica (1636) 376-384; A. FROMM, Exercitationes metaphysicae (1651) 370-378; G . STANNARIUS, Systema Regularum philosophicarum (1661) 87-89. 102 Vgl. J . H . ZEDLER, Großes vollständiges Universal-Lexicon aller Wissenschaften und Künste,

101

103

s.v. „Signum", Bd. 61 (1749; ND 1964) 548f. Vgl. J. H. LAMBERT, Anlage zur Architectonic S 646, in: Philosophische Schriften, hg. H.W. ARNDT (1965) 275f: „Nachdem wir nun die verschiedenen Hauptarten der Verhältnisse durchgangen, so können wir das, was man in der Ontologie zuletzt noch mitnimmt, ebenfalls noch berühren, und die Verbindungen untersuchen, welche zwischen Zeichen und den dadurch bedeuteten Sache vorkommen."

332

Das Zeichen in der Metaphysik

selseitigen Verhältnis der Dinge untereinander (De respectu vicern).104

entium

ad se in-

W a r die Zeichentheorie der Schulmetaphysik des 1 7 . Jahrhunderts an

der Sakramentaltheologie orientiert, so tritt im 18. Jahrhundert der Kausalnexus der Dinge ins Z e n t r u m der metaphysischen Erörterung des Zeichens. Indem hier zugleich das Formalzeichen theoretisch ausfällt - Ideen, Begriffe oder geistige Vorstellungen gelten als Repräsentationen der Dinge, nicht jedoch als Zeichen derselben -, wird der Begriff des Zeichens auf den T y p des Instrumentalzeichens eingeschränkt. 1 0 5

Zugleich tritt hiermit die Indexfunktion des

Zeichens dominierend in der Vordergrund. In seiner 1 7 0 3 , also vor dem Wirksamwerden des leibnizschen Einflusses entstandenen Disquisitio

de loquela

hatte

W o l f f noch mit der augustinisch inspirierten Zeichendefinition der Logik von Port-Royal operiert („Vocamus ... signum, quicquid praeter ideam sui alterius adhuc rei ideam in mente nostra excitât"). 1 0 6 In der Metaphysik dagegen gibt er eine Definition, die, indem sie die alte, aus der zeitlichen Verweisungsrichtung entwickelte Zeichendistinktion von signum prognosticum

rememorativum,

demonstrativum,

in sich aufnimmt, das Zeichen allein auf seine anzeigende Funkti-

on festlegt: „Signum dicitur ens, ex quo alterius praesentia vel adventus vel praeteritio colligitur", 1 0 7 bzw. „ein Zeichen ist ein Ding, daraus ich entweder die Gegenwart, oder die Ankunft eines anderen Dinges erkennen kann, das ist, daraus ich erkennen kann, daß entweder etwas würklich an einem Orte vorhanden ist, oder daselbst gewesen, oder auch etwas daselbst entstehen werde". 108

104

105

106

107

108

Vgl. C H R . W O L F F , Philosophia prima, sive Ontologia, in: Gesammelte Werke (1962) 68896. Vgl. J. P. REUSCH, Systema metaphysicum (1735) Kap. 11: De rerum dependentia, caussis et signis. Allenfalls wurden die Begriffe insofern als Zeichen bestimmt, als sie - entsprechend dem von Hurtado de Mendoza eingeführten Konzept des signum materiale bzw. dem Zeichenbegriff der Logik von Port-Royal - die Exzitation eines anderen Begriffs leisten. Vgl. J. M. CHLADENIUS, Einleitung zur richtigen Auslegung vernünftiger Reden und Schriften ( 1 7 4 2 ) 587: „Ein Zeichen ist eine Sache, oder Begriff der Sache, wenn und in so ferne er einen andern Begriff wieder hervor bringet." CHR. WOLFF, Disquisitio philosophica de loquela § 7, in: Meletemata mathematicophilosophica quibus accedunt dissertationes... (Halle 1755), in: Gesammelte Werke, 2. Abt., Bd. 35 (1974) 248; vgl. U. RICKEN, Sprachtheorie und Weltanschauung (1990) 216f. C H R . W O L F F , Philosophia prima, sive Ontologia § 952 in: Gesammelte Werke (1962) 688. Die beiden Definitionen bleiben im Wolffianismus präsent, ohne daß ihre Heterogeneität bemerkt oder thematisiert wird. F. CHR. BAUMEISTER, der in seinen Institutiones philosophiae rationalis ($ 123 (1765) 1.52) die ältere Bestimmung verwendet, stellt in den Institutiones metaphysicae ($ 384 (1765) 2.177) beide als äquivalent nebeneinander: „Signum est id, cujus idea excitât ideam alterius, sive, ut Wolfius définit, signum est, ex quo alterius praesentia, vel adventus, vel praeteritio colligitur." Bei G. B. BLLFINGER sind sie miteinander verbunden, wenn er das Zeichen faßt als „res, quae praeter ideam sui in animo ideam excitât cuiusdam alterius ut praesentis, praeteritae aut futurae" Vgl. W. ROEDER, Beiträge zur Lehre vom Zeichen in der deutschen Philosophie des 18. Jahrhunderts (1927) 20. C H R . W O L F F , Vernünfftige Gedancken von Gott, der Welt, und der Seele des Menschen, IN: Gesammelte Werke, 1. Abt., Bd. 2 (1983) 160.

Das Zeichen in der Metaphysik des 18. Jahrhunderts

333

Die Grundlage des so modifizierten Zeichenkonzepts bildet die von Leibniz her entwickelte Theorie des durch den Begriff der ratio sufficiens nexus

rerum.109

bestimmten

W e n n zwei Dinge von Natur aus entweder stets zugleich sind

oder aufeinander folgen, so ist das eine Zeichen des anderen. 1 1 0 Jedes Kausalverhältnis wird damit in eine Zeichenbeziehung übersetzbar. Die hinreichende Wirkursache (causa efficiens sufficiens) ist ebenso Zeichen ihrer Wirkung, wie umgekehrt die Wirkung ihre entsprechende Ursache bezeichnet 1 1 1

oder aber

zwei von derselben Ursache abhängig Wirkungen Zeichen füreinander sind. 1 1 2 Diesen natürlichen Zeichen, die dadurch charakterisiert sind, daß bereits im Begriff der als Zeichen geltenden Sache der Begriff des „Bedeuteten" enthalten ist, 1 1 3

stehen die signa artificialia

oder arbitraria

gegenüber, deren Bezeich-

nungskraft (vis significarteli') v o m Willen des Menschen oder eines anderen vernunftbegabten Lebewesens abhängt. 1 1 4 Insofern sich diese von sich aus indiffe-

109

Vgl. CHR. WOLFF, Psychologia rationalis $ 437 (1972) 357: „Ex praesente praeteritum atque futurum et ex uno existente coëxistente alia colliguntur, quatenus unum in altero rationem sufficientem habet, cur sit." Vgl. $ 438 (ebd.): „Quatenus enim successiva inter se connectuntur, praesens rationem sufficientem habet in praeterito et futurum in praesente. Et quatenus coëxistentia inter se connectuntur, in existente uno continetur ratio, cur alterum eidem coexistât." Die Verbindung der wolffischen Zeichenkonzeption mit der leibnizschen Metaphysik wird später bei G. F. MEIER deutlich sichtbar, der die leibnizsche Repräsentationsmetaphysik unter Ersetzung des Repräsentationsbegriffs durch die Kategorie des Zeichens in eine universale Welthermeneutik transformiert. Vgl. Versuch einer allgemeinen Auslegungskunst S 35 (1757) 18: „In dieser Welt ist, weil sie die beste ist, der allergröste allgemeine bezeichnende Zusammenhang, der in einer Welt möglich ist. Folglich kan ein jedweder wrklicher Theil in dieser Welt ein unmittelbares oder mittelbares, entfernteres oder näheres natürliches Zeichen eines jedweden anderen würklichen Theils der Welt seyn. Folglich kan ein jedwedes gegenwärtiges Ding ein Erinnerungszeichen alles vergangenen, ein weisendes Zeichen allen gegenwärtigen, und ein vorbedeutendes Zeichen alles zukünftigen seyn. Eben so kan alles Vergangene ein vorbedeutendes Zeichen alles gegenwärtigen und zukünftigen seyn." Grundlegend für Meiers allgemeine Auslegungskunst ist die Reformulierung der leibnizschen Theorie der Universalrepräsentation in der Begrifflichkeit des Zeichens, wie Meier sie in seiner Schrift Beweis der vorherbestimmten Übereinstimmung (1743) unternimmt: „Die Veränderung des innem Zustandes einer jeden Monade, in einem jeden Augenblicke, ist ein von Gott erwähltes Zeichen der gantzen Welt. Ein Zeichen ist ja dasjenige, so man erwehlet, um daraus die Würklichkeit eines andern Dinge zu erkennen. ... Es ist... unleugbar, daß die Vorstellungen der Monaden Zeichen der gantzen Welt, Mittel sind, die Würklichkeit der Dinge in der Welt [183] daraus zu erkennen. Es sind Mittel zu diesem Zweck, die von dem allerweisesten Wesen erwehlt sind, folglich müssen sie die besten Mittel, die besten Zeichen seyn. Wenn ein Zeichen das beste seyn soll, so muß daraus die Bedeutung am leichtesten, und durch den kürzesten Weg, ganz erkannt werden können. Mit einem Wort, es muß ein wesentliches Zeichen seyn, ein Zeichen, das der Bedeutung im höchsten Grade ähnlich ist." (182f).

110

CHR. WOLFF, Philosophia prima, sive Ontologia $ 955 (1972) 689. Ebd. $ 961 (1972) 692f. Ebd. $ 964 (1972) 694. Ebd. $ 956 (1972) 689: „Si significatus ratio in ipsis rerum notionibus continetur, Signa naturalia dicuntur." Ebd. $ 958 (1972) 690.

111 112 113

114

334

Das Zeichen in der Metaphysik

rent gegenüber jedwedem möglichen Signifikat verhalten,115 kann dem Begriff des Zeichens selbst nicht entnommen werden, was dem Signifikat zukommt.116 Die artifizielle Zeichen sind damit nahe dran, aus dem durch die zuvor gegebene Definition markierten Bereich des Zeichens herauszufallen. Daß sie es nicht tun, ist nur durch eine recht gewaltsame Anwendung der Definition des Zeichen auf die signa artificialia gewährleistet. Der Unterschied zwischen den natürliche und den willkürlichen Zeichen liegt nach Wolff nicht in der Funktion des Bezeichnens, sondern ausschließlich im Ermöglichungsgrund dieser Funktion; d.h. die artifiziellen Zeichen sind von den signa naturalia allein dadurch unterschieden, daß sie das vom Zeichen Geforderte nicht von sich aus zu leisten vermögen. Wenn wir aber, so Wolff, von anderer Seite her wissen, wofür ein solches Zeichen steht und bereits über eine Kenntnis des Signifikats verfügen, dann gilt auch hier, daß wir aus dem Zeichen die Gegenwart des Bezeichneten erschließen können („si tarnen edocti fuerimus, cujusnam rei sit signum, et rei illius aliunde habuerimus notionem; ex ejus praesentia signad praesentiam colligimus").117 Aus dieser Applikation der für anzeigende Zeichen entwickelten Definition auf die Sprachzeichen ergibt sich eine Theorie sprachlicher Bedeutung, für die in auffälliger Übereinstimmung mit der Semantik von Thomas Hobbes 118 - die wesentliche Funktion von Sprache in der mitteilenden Anzeige der Präsenz bestimmter Gedanken auf Seiten des Sprechers besteht.119 Wolffs zeichentheoretische Ausführungen haben in der Folgezeit einen bestimmenden Einfluß auf die metaphysischen Lehrbücher sowie auf die Entwicklung des Zeichenbegriffs insgesamt ausgeübt.120 In komprimierter Form bestimmt Alexander Gottlieb Baumgarten das Zeichen im Wölfischen Sinne als „medium cognoscendae alterius existentiae", 121 was sein Schüler Georg Friedrich Meier mit den Worten 115

Ebd. § 9 5 9 ( 1 9 7 2 ) 6 9 1 : „... signa artificialia prorsus arbitraria sunt, ac ideo per se indifferentia sunt ad quemlibet significatum..."

116

Ebd. S 9 6 0 ( 1 9 7 2 ) 6 9 1 : „Ex notione signi artificialis nihil colligere licet, quod signato conveniat." Ebd. § 9 6 0 ( 1 9 7 2 ) 6 9 2 . Vgl. Kap. V I C 1. Die Übereinstimmungen sind an vielen Stellen bis in die Wortwahl hinein so eng, daß von einem unmittelbaren Einfluß der hobbesschen Semantik auf W o l f f auszugehen ist. W a s immerhin bedeutet, daß die in De corpore entworfene Theorie der signifikativen Funktion sprachlicher Zeichen im Wolffianismus eine bedeutende Wirkung entfaltet hat.

117 118

119

CHR. WOLFF, Vernünftige Ged. v. d. Kräften d. menschl. Verstandes ( 1 9 6 5 ) 1 5 1 : „Durch die Wörter pflegen wir andern unsere Gedancken zu erkennen zu geben. Und also sind sie nichts anderes als Zeichen unserer Gedancken, daraus nemlich ein anderer dieselben erkennen kan. Z . E . Wenn mich einer fraget, an was ich gedencke, und ich antworte, an die Sonne; so gebe ich durch diese W o r t e zu verstehen, was ich mir jetzund in meinen Gedancken für eine Sache vorstelle."

120

Vgl. W . ROEDER, Beiträge zur Lehre vom Zeichen ( 1 9 2 7 ) 14ff; R . HALLER, Das „ Z e i c h e n " und die „Zeichenlehre" in der Philosophie der Neuzeit: Archiv f. Begriffsgeschichte 4 (1959) 125 ff. A. G. BAUMGARTEN, Metaphysial, 7. Aufl. ( 1 7 7 9 ; N D 1 9 6 3 ) 1 0 7 ; vgl. G. H. CHR. STRACK, Positiones generaliores de signis ( 1 7 5 1 ) 4.

121

Das Zeichen in der Metaphysik des 18. Jahrhunderts

335

wiedergibt: „ein jedwedes Ding ist ein Zeichen eines anderen, sofern es ein Mittel ist, die Wiircklichkeit des andern zu erkennen". 1 2 2 Die Konzeption des Zeichens bleibt, wie bereits in Wolffs Ontologia, auf den Typ des anzeigenden Zeichens restringiert. Insofern kann Meier auch die Worte als Zeichen der Gedanken in eine Reihe mit den Anzeichen der Krankheit, des Wetters oder der „Gemüthsbeschaffenheit" stellen, denn „wenn wir reden, so kann ein anderer aus unsern Worten erkennen, welche Vorstellungen in unserer Seele eben zu der Zeit würcklich sind". 1 2 3 Die Verflachung der allgemeinen Zeichentheorie gegenüber der älteren

doctrina generalis de signo et signato, wie sie sich in den Metaphysiken des 18.

Jahrhunderts abzeichnet, 124 in denen zumeist nurmehr eine kurze Darstellung einiger weniger Zeichendistinktionen (zumeist: signum rememorativum - de-

monstrativum - prognosticum; signum naturale - artificiale) gegeben wird, ist jedoch keineswegs Ausdruck eines geringer gewordenen Interesses am Zeichen. Im Gegenteil: Die Nützlichkeit und Notwendigkeit einer fundierten und umfassenden Zeichenlehre wird nirgends emphatischer betont als hier. So heißt es bei Meier: „Da die Zeichen einen so wichtigen und weitläufigen Theil der ganzen menschlichen Erkenntniß ausmachen, da wir ohne Zeichen gar nicht oder sehr wenig und schlecht denken können, und da wir nur vermittelst der Zeichen zu aller unserer Erkenntniß würcklicher Dinge gelangen: so verlohnt es sich wohl der Mühe, die Lehre von den Zeichen recht auszuführen. Daher ist es ein sehr nützliches und nöthiges Unternehmen, wenn die Gelehrten die Lehre von den Zeichen recht anbauen und sie in eine recht vollkommene Wissenschaft verwandeln." 1 2 5

Die Ansätze zur Einlösung dieses Programms finden sich jedoch nicht mehr in der bereits im Schwinden begriffenen Metaphysik. Die eingehendere Behandlung des Zeichenthemas verlagert sich, bedingt durch das Programm der ars

characteristica und die Theorie der cognitio symbolica, in die im Rahmen der Psychologie und der Logik behandelte Erkenntnislehre. 1 2 2

G.

F. MEIER,

sician S

300

Metaphysik, erster Theil, (1735)

CHR. GOTTSCHED,

1 2 3

1 2 4

1 2 5

( 1 7 5 5 ) 4 4 1 ; vgl. J. P . R E U S C H , Systema metaphy2 2 8 : „Signum dicitur, quod connotat existentiam alterius entis..."; J .

Erste Gründe der Gesamten Weltweisheit... Erster, Theoretischer Theil §

3 1 4 (1733; ND 1965) 159: „Wenn man aus dem einen Dinge auf das andre den Schluß mach kan; so wird das erste ein Zeichen, das andre aber das Bezeichnete genennet." G . F. M E I E R , Metaphysik, erster Theil, (1755) 446. Dieser indexikalische Begriff des Zeichens geht in die Logik und damit auch in die Hermeneutik ein; vgl. J. E. PFEIFFER, Elementa hermeneuticae universalis (1743) § 1: „Signum est ex quo colligitur alterius existentia: id ipsum vero, cujus inde existentia intelligenda venit, signatum appellatur: Facile igitur patet, nec sine signato signum dari, nec pro signato assumi posse, nisi cuius aliquid signum. ... (S 2) Voces, quae cogitationum signa sunt, termini vocantur." J . C H R . G O T T S C H E D z.B. behandelt (Erste Gründe der Gesamten Weltweisheit... Erster, Theoretischer Theil, (1733; ND 1965) 159f.) das Zeichen in drei kurzen Paragraphen (Definition, Einteilung in signum rememorativum, demonstrativum u. prognosticum, Unterscheidung von signum naturale u. artificiale), die zusammen kaum eine halbe Spalte eines scholastischen Folio-Kurses ausmachen würden. G . F. MEIER,

Metaphysik, erster Theil,

(1755)

444.

VI. Das Zeichen in der nichtscholastischen Philosophie der Prämoderne Zeichentheorie im engeren Sinn, als Reflexion über die ratio signi, den Begriff, die Konstitutionsbedingungen, Einteilungen und Funktionsweisen des Zeichens, hat auch frühneuzeitlich ihren Ort ausschließlich im scholastischen Diskurs. Auch nur entfernt vergleichbare Ansätze zu einer allgemeinen Theorie des Zeichens lassen sich außerhalb der Schulphilosophie - wenn überhaupt - vor dem 18. Jahrhundert kaum nachweisen. Das aber heißt nicht, daß der Begriff des Zeichens hier nicht präsent wäre. Im Gegenteil: ohne selbst von einer ausgearbeiteten Theorie des Zeichens im genannten Sinn getragen zu sein, besetzt das Begriffsfeld des Zeichen hier zentrale Systemsstellen des naturphilosophischen, metaphysischen und erkenntnistheoretischen Diskurses. Es kann sogar, wie von Seiten der hermetisch-platonischen Naturphilosophie, explizit gegen die überwiegend aristotelisch bestimmte scholastische Naturphilosophie ausgespielt werden.

A. Das Zeichen in der Naturphilosophie der Frühen Neuzeit Die häufig als charakteristisch für 'das' Mittelalter angesehene, vom scholastischen Lehrbetrieb jedoch - wenn nicht gänzlich ausgeschaltete - an die Ränder des philosophischen Diskurses verwiesene 'symbolische Weltsicht', tritt, vielleicht in einer Art Wiederkehr des Verdrängten, massiv in den Vordergrund, als sich im 16. Jahrhundert außerhalb und in Opposition zu der 'offiziellen' Naturphilosophie der Universitäten die hermetisch-neuplatonische Naturphilosophie zu formieren beginnt. Insofern wäre es, wie bereits oben angedeutet, durchaus irreführend, von einem „Grundtrieb des mittelalterlichen Denkens" zu sprechen, welcher „das Ganze des Kosmos ... mit einem dichten Gewebe von Analogien zu überspinnen und in dem Netzwerk dieser Analogien einzufangen versucht".1 Denn diese Charakterisierung trifft gerade Tendenzen, wie sie in jener sich vom scholastischen Wissenschaftsbetrieb absetzenden frühneuzeitlichen Philosophie wirksam geworden sind. Diese ist getragen von der Annahme eines hierarchisch strukturierten Kosmos, der nach der überwiegend vertretenen Auffassung gebildet wird durch 1) den mundus supercoelestis bzw. intellectualis als Region der (je nach Ausdeu-

1

E . CASSIRER,

Individuum und Kosmos in der Philosophie der Renaissance

(1927) 93.

338

Das Zeichen in der nichtscholastischen Philosophie der Prämoderne

tung) Engelshierarchien oder spirituellen Naturprinzipien, 2 ) den mundus

eoe

lestis, die Region der Himmels- und Planetensphären und 3 ) den mundus

ele-

ment aris, den aus den vier Grundelementen bestehenden sublunaren Bereich. 2 Zwischen jenen Welten besteht, entsprechend dem hermetischen

Grundsatz,

„quod est inferius est sicut id, quod est superius, et quod est superius est sicut id, quod est inferius" 3 ein alle innerweltlichen Prozesse regulierendes Analogieverhältnis, welches bewirkt, daß ... omnia inferiora subsunt superioribus, et quodammodo ... sibi invicem insunt, scilicet in infimis suprema, et in supremis infima: sic in coelo sunt terrena, sed sicut in causa modoque coelesti: et in terra sunt coelestia, sed modo terrestri, scilicet secundum effectum: Sic dieimus esse hie entia quaedam solaria, quaedam lunaria, in quibus Sol et Luna causant aliquid suae virtutis. Unde res huiusmodi reeipiunt plures operationes et proprietatibus consimiles operationibus stellarum ac figurarum, quibus subsunt. - (alles Untere unter dem Einfluß des Oberen steht und gewissermaßen ... alles ineinander enthalten ist, nämlich das Unterste im Obersten und das Oberste im Untersten. So befindet sich im Himmel Irdisches, aber der Ursache nach und auf himmlische Weise; auf der Erde dagegen Himmlisches, aber der Wirkung nach und auf irdische Weise. So beziehen sich verschiedene Dinge auf die Sonne, und wieder andere auf den Mond ... Derartige Dinge empfangen mehrere Wirkungen und Eigenschaften, die den Wirkungen der Gestirne und Sternbilder gleichen, unter deren Einfluß sie stehen.)4 Dieser universale Wirkungszusammenhang wird durch Zeichen manifest, die das Beziehungsgeflecht zwischen den Dingen anzeigen und verdeutlichen: Omnes stellae suas proprias habent naturas, proprietates, conditiones: quorum signacula et characteres per suos radios etiam in inferioribus produeunt, in elementis, in lapidibus, in plantis, in animalibus et eorum membris. Unde unaquaeque res a disposinone harmonica et a stella ipsam irradiante sortitur speciale aliquod signaculum, seu characterem sibi impressum, illius stellae sive harmoniae significativum, ac specialem in se continentem virtutem... - (Alle Sterne haben ihre eigentümlichen Naturen und Beschaffenheit, deren Zeichen und Merkmale sie durch ihre Strahlen auch in dieser unteren Welt den Elementen, Steinen, Pflanzen, Tieren und deren Gliedern mitteilen. Jede Sache erhält daher gemäß der harmonischen Ordnung und von ihrem sie bestrahlenden Stern ein besonderes Zeichen oder Merkmal eingedrückt, das den betreffenden Sterneinfluß bezeichnet und eine spezielle Kraft in sich enthält... 5 Diese 'vertikalen' Affinitäten zwischen den einzelnen Sternen und verschiedenen Gruppen von Dingen bestimmen auch die 'horizontalen' Wirkungszusammenhänge der Dinge untereinander. Gemeinsam konstituieren sie das dichte Gewebe von geheimen, im Innern der Dinge verborgenen, zugleich jedoch durch äußere Zeichen manifest werdenden Verbindungen, welche jenseits der

2 3

4

5

Vgl. S. MEIER-OESER, Die Präsenz des Vergessenen (1989) 133ff. Vgl. S. MEIER-OESER, Die hermetisch-platonische Naturphilosophie, in: [F. UEBERWEG], Grundriss der Geschichte der Philosophie, Die Geschichte im 17. Jahrhundert (erscheint demnächst). H . C. AGRIPPA VON NETTESHEIM, De occulta philosophia, lib. 1 cap. 22, Opera (1600) 1.43. Ebd. cap. 33 (1600) 1.59.

Das Zeichen in der Naturphilosophie der Frühen Neuzeit

339

sichtbaren Oberfläche der Gegenstände den gesamten Makrokosmos durchziehen und diesen mit dem Mikrokosmos in Beziehung setzen: dan alles was got erschaffen hat dem menschen zum guten ..., wil er nit das es verborgen bleib, und ob ers gleich verborgen, so hat ers doch nicht unbezeichnet gelassen mit auswendig sichtlichen Zeichen. 6

Das alte Modell einer Manifestation der inneren Eigenschaften und Kräfte der Dinge durch deren äußere Kennzeichen, wie es der antiken Physiognomik entstammt, bildet die Grundlage der von Paracelsus begründeten Signaturenlehre, die seit dem späten 16. Jahrhundert außerhalb des universitären Lehrbetriebs eine breite Rezeption erfahren hat. 7 Die Naturbetrachtung der hermetisch-platonischen Tradition der frühen Neuzeit ist beherrscht durch den Gegensatz des Verborgenen und Offenbaren und damit durch Termini, die, wenn auch in anderem Sinn, seit jeher den Funktionsbereich des Zeichens markiert haben. Bereits in der antiken Semiotik war das Zeichen stets als pródelon in Rücksicht auf ein durch es zu „enthüllendes" adelon charakterisiert. 8 Anders als dort sind hier die beide Pole des Gegensatzes jedoch metaphysisch eindeutig verortet. Das Offenbare ist das Äußere, Körperliche, 'Untere'; das Verborgene dagegen stets ein Inneres, Geistiges, 'Höheres'. Paracelsus hat mit seinem Konzept der signatura oder ars signata die zeichengestützte Erkenntnis der Natur und der inneren Kräfte der Dinge nachdrücklich als philosophisches und medizinisches Programm formuliert: „Habt also auf die Zeichen acht." 9 Denn „Alle ding eröffnen sich in seinen proprieteten, qualiteten, form, gestalt, etc., was in ihm ist..., das ist, sie werden alle durch ir signatum erkent...". 1 0 So ist „nichts ... ohn ein zeichen", 1 1 weil es nichts gibt, „das die natur nicht gezeichnet habe, durch welche Zeichen man erkennen kann, was im selbigen ist, was gezeichnet ist". 1 2 Dem durch die scientia signata geleiteten Blick wird alles sichtbare Äußere zum Zeichen eines sich in ihm zei-

6

PARACELSUS,

De signatura rerum naturalium, Sämtl. Werke, hg.

K.

SUDHOFF

(1923-33)

11.393. 7

Zur Signaturenlehre vgl. W . - E . PEUCKERT, Gabalia ( 1 9 6 7 ) 7 8 - 9 2 ; F. W E I N H A N D L , Paracelsus-Studien ( 1 9 7 0 ) 6 0 - 6 4 ; H . SCHIPPERGES, Paracelsus ( 1 9 7 4 ) 1 1 7 - 1 2 4 ; M . L . BIANCHI, Signatura rerum ( 1 9 8 7 ) ; W . P. K L E I N , Am Anfang war das Wort ( 1 9 9 2 ) 1 2 1 - 1 4 4 ; S . M E I E R O E S E R , Signatur, Signaturenlehre, in: Hist. Wörterb. d. Philos., Bd. 9 ( 1 9 9 6 ) 7 5 0 - 5 4 .

8

Eine solche Bestimmung des Zeichen war auch späterhin geläufig, wo das Zeichen in erster Linie als Instrumentalzeichen gedacht wurde. Vgl. T H O M A S VON AQUIN, 4 Sent, d 1 q 2 a 1 ad 5: „... dicendum, quod signum, quantum est in se, importât aliquid manifestum quoad nos, quo manuducimur in cognitionem alicujus occulti."

9

PARACELSUS, S ä m t l . W e r k e ( 1 9 2 3 - 3 3 7 )

10

PARACELSUS,

11

PARACELSUS,

12

7.454.

Erklärung der ganzen Astronomie, Sämtl. Werke ( 1 9 2 3 - 3 3 ) 1 2 . 4 8 0 . Von den natürlichen Dingen, Sämtl. Werke ( 1 9 2 3 - 3 3 ) 2 . 8 6 : „nichts ist on ein

zeichen, das ist, nichts leßt die natur von ir gon, das sie nit gezeichnet das selbig, was in im ist." PARACELSUS, Astronomia magna, Sämtl. Werke ( 1 9 2 3 - 3 3 ) 1 2 . 9 1 .

340

Das Zeichen in der nichtscholastischen Philosophie der Prämoderne

genden und durch es verborgenen unsichtbaren Inneren, denn es „ist ... nichts außen, es sei denn ein anzeigen des innern." 13 Daher gilt für ihn: „der nicht aus dem signato signo philosophirt, der ist kein philosophus, der nicht aus dem signato signo arzneiet, der ist kein arzt", 14 bzw. „Wer nicht aus der Signatur die kraft der Kreuter schreibet, der weiß nicht was er schreibet." 15 Hierbei ist seine Terminologie durchaus schwankend. Anstelle von „Signatura" verwendet er zumeist den komplexen Ausdruck „signum signatum" oder gleichbedeutend dessen Elemente „signum" (in deutschen Texten spricht er stets von „Zeichen") und „signatum". Letzteres ist somit nicht in der geläufigeren Bedeutung von 'significatum' dem signum gegenübergestellt, sondern im Sinne von 'Eingezeichnetes' (Zeichen) diesem entweder synonym oder steht für das „Bezeichnete"16 bzw. „Gezeichnete" als dasjenige, dem ein Zeichen aufgeprägt ist: „Der von den natürlichen Dingen schreiben will, der muß schreiben aus dem signato und dasselbe aus dem signo erkennen". 17 Erst dort, wo sich später der Begriff der „Signatura" terminologisch durchgesetzt hat, steht - wie etwa bei Oswald Croll - „signatum" auch für das durch das äußere Zeichen bezeichnete innerlich Verborgene.18 Paracelsus selbst verwendet den Terminus „Signatura" noch überwiegend zur Bezeichnung von „scientia signata"19 oder „Kunst (bzw. ars) signata" als den beiden Hauptaspekten der Signaturenlehre. Während diese zum einen die „scientia" ist, „durch die alle verborgenen Dinge gefunden werden", 20 lehrt sie als „kunst signata ... die rechten namen geben einem ieglichen, wie im angebohren ist" 21 und knüpft somit an das Modell der adamitische Ursprache an. Beide Aspekte sind bei dem frühen Paracelsisten Gerhard Dorn präsent, wenn er die „ars signata" oder „signatura" definiert als „ars et scientia, quae docet ab externe apparentibus notis, atque naturalibus signis, internas vires, virtutes, proprietates, conditiones, atque naturas ... cognoscere (Kunst und Wissenschaft, die lehrt, aus äußerlich sichtbaren Merkmalen und natürlichen Zeichen die inneren Kräfte,

13 14 15 16

PARACELSUS, Liber de podagricis, Sämtl. Werke (1923-33) 1.322. PARACELSUS, Astronomia magna, Sämtl. Werke (1923-33) 12.175. Ebd. 173. Vgl. auch J. BÖHME, De signatura rerum (1622), Sämtl. Sehr., hg. W.-E. PEUCKERT, 6 ( 1 9 5 7 ) 4.

17 18 19 20 21

PARACELSUS, Von den natürlichen Dingen, Sämtl. Werke (1923-33) 2.122. O. CROLLIUS, Tract, de signaturis intemis rerum, in: Ders, Basilica chymica (1609) 3 u. 10. PARACELSUS, Astronomia magna, Sämtl. Werke (1923-33) 12.172. PARACELSUS, Von den natürlichen Dingen, Sämtl. Werke (1923-33) 2.89. PARACELSUS, Astronomia magna, Sämtl. Werke (1923-33) 12.92; vgl. De signatura rerum naturalium, Sämtl. Werke (1923-33) 11.397Í: „da sollen ir erstlich wissen, das die kunst signata leret die rechten namen geben allen dingen, die da Adam unser erster vater volkomlich gewußt und erkantnus gehabt, dan gleich nach der Schöpfung hat er allen dingen eim iedwedern seinen besondern namen geben.... es geschach aus dem rechten grunt, nit aus seinem gut gedunken, sonder aus einer praedestinierten kunst, nemlich aus der kunst signata, darumb er der erst signator gewesen."

Das Zeichen in der Naturphilosophie der Frühen Neuzeit

341

Tugenden, Eigenschaften, Qualitäten und Naturen zu erkennen)"22 und ihr zugleich die Aufgabe zuweist, die „wahre", d.h. naturgemäße Benennung der Dinge zu lehren („ars signata docet vera nomina rebus dare ..., quae sibi sunt per naturam agnata").23 Die Zeichen, derer sich die wissenschaftliche Darstellung der Dinge zu bedienen hat, sind aus den von der Natur selbst gegebenen Zeichen zu gewinnen.24 Insofern die ars signata dieses leistet, entspricht sie, wie Oswald Croll betont, dem ursprünglichen adamitischen Wissen um die Natur aller Dinge und deren adäquate Namen.25 Nach Jacob Böhme bilden die Signaturen die „Natur=Sprache, daraus iedes Ding aus seiner Eigenschaft redet, und sich immer selber offenbaret, und darstellet, worzu es gut und nütz sey".26 Dieses an allen Dingen sich zeigende Offenbarwerden der inneren, geistigen durch die äußere, sinnliche Gestalt entspricht zugleich der Struktur der Schöpfung oder „Geburt aller Wesen" selbst. Insofern leistet die Signatur nicht nur die Manifestation der Nützlichkeit der Dinge, sondern verweist zugleich auf den göttlichen Ursprung: Darum ist in der Signatur der größte Verstand, darinnen sich der Mensch ... nicht allein lernet selber kennen, sondern er mag auch darinnen das Wesen aller Wesen lernen erkennen. 27

Die Signatur wird oftmals propagiert als universelles Mittel der Naturerkenntnis.28 Ihr praktischer Anwendungsbereich liegt jedoch in der Medizin und Pharmakologie.29 Die medizinische Signaturenlehre basiert auf der Annahme, daß die zwischen den Teilen der Pflanzen und den Teilen des menschlichen Körpers bestehende Ähnlichkeit oder Analogie deren therapeutische Wirksam-

2 2

G . DORN, (1584)

23 24

25

2 6

27 28

29

Compendium

Astronomiae

magnae,

in: Commentarla in Archidoxorum libri

X...,

521.

Ebd. 522. Vgl. PARACELSUS, Von den natürlichen Dingen, Sämtl. Werke (1923-33) 2.86ff: „Die natur zeichnet ein ¡etliches gewechs so von ir ausget zu dem, darzu es gut ist. darumb wan man erfaren wil, was die natur gezeichnet hat, so sol mans an dem zeichen erkennen, was tugent im selbigen sind. ... das sol ein ieglicher arzt wissen, das alle kreft, so in den natürlichen dingen sind, durch die zeichen erkant werden .... darumb hats die natur verzeichnet und befilcht alein, das ir die zeichen lernen kennen. ... also habt ir ein fürgelegten grünt, alle heimlikeiten der natur zu erfaren durch ire zeichen, die sie uns fürstelt." O. C R O L L I U S , Tract, de signaturis intemis rerum (1609) 15: „Adam ... ex Arte praedestinata, id est signata, rerum Naturalium absolutam habuit cognitionem, ac cuilibet Rei nomen indidit proprium Internam Natura, simul exprimentem." J . B Ö H M E , De signatura rerum ( 1 6 2 2 ) , Sämtl. Sehr., hg. W.-E. PEUCKERT, 6 ( 1 9 5 7 ) 7 . Ebd. Vgl. PARACELSUS, Astronomia magna, Sämtl. Werke (1923-33) 12.174Í: „Wir menschen auf erden erfaren alles das, so in bergen Iigt durch die eußern zeichen und gleichnus, auch dergleichen alle eigenschaft in kreutern und alles das da in den steinen ist. und nichts ist in der tiefe des mers, in der höhe des firmaments, der mensch mag es erkennen, kein berg, kein fels ist so dick nicht, das er das möge verhalten und verbergen das in ihm ist und dem menschen nicht offenbar werde; das alles komt durch sein signatum signum." Vgl. M. L. BIANCHI, Signatura rerum (1987) 63f.

342

Das Zeichen in der nichtscholastischen Philosophie der Prämoderne

keit anzeigt (z.B.:"eufragia dient den äugen, aus was Ursachen? das sie anatomiam oculorum h a t " ) . 3 0 Die Zeichenhaftigkeit der Signatur als „habitudo cum c o r p o r e h u m a n o " 3 1 oder „sichtbares Gleichniß" 3 2 ist daher ursprünglich in der Ähnlichkeit hinsichtlich der F o r m oder Gestalt („similitudo formae atque figurae") 3 3 begründet. 3 4 Die Signaturen werden nach der zunächst vorherrschenden Auffassung nicht durch beliebige wahrnehmbare Qualitäten konstituiert, sondern durch die „figura", 3 5

die „lineamenta" 3 6

bzw. die „Gestaltniß" 3 7

und

„äußerliche F o r m " 3 8 . Aufgrund dieser Festlegung auf Sichtbarkeit und Analogie lag es nahe, die als Elemente der „ N a t u r = S p r a c h e " (Böhme) oder des 'Buchs der

Natur'39

verstandenen

Signaturen

als

„notae

hieroglyphicae" 4 0

oder

„hieroglyphica g r a m m a t a " 4 1 zu charakterisieren.

Verstreute Bruchstücke über das Podagra, Sämtl. Werke (1923-33) 1.376.

30

PARACELSUS,

31

V g l . L . THURNEISSER ZUM THURN, Historia

32 33

34 35

36

37 38 39

40

Plantarum

(Berlin 1 5 7 8 ) 1; vgl. H . KHUNRATH,

Amphitheatrum sapientiae aetemae (1609) 141, vgl. Anm. 40. J. BÖHME, De signatura rerum, Sämtl. Sehr. 6 (1957) 6. O . CROLLIUS, Tract, de signaturis intemis rerum ( 1 6 0 9 ) 8 : „Deus cuique Plantae indidit proditorem suum, ut genuinae vires Herbarum latenter absconditae per Signaturas externas, id est similitudinem Formae atque Figurae ... ex illarum aspectu cognosci, divinari ac manifestati possint." Vgl. F. WEINHANDL, Paracelsus-Studien (1970) 61. PARACELSUS, Paragranum, Sämtl. Werke ( 1 9 2 3 - 3 3 ) 8 . 1 5 9 : „kein warheit kann bei euch nicht funden werden, so ir nit der figur folgen..." H. KHUNRATH, vgl. Anm. 40; vgl. P. SEVERINUS, Idea medicinae philosophicae (Basel 1 5 7 1 ) 9 6 . J . H . BISTERFELD, Pbilosophiae primae seminarium (1657) 215: „Signum est ens, quod sui similitudine, aliquid a se distinctum percipi facit, seu notificat. Sic, figurae corporum naturalium, sunt signa internae naturae ipsorum." J. H. ALSTED, Encyclopaedia (1630) 3.1804a: „Signaturae rerum medico-chymicarum sunt figurae mineralium, vegetabilium, et animalium, ex quibus colliguntur vires medicamentorum." Vgl. J. BÖHME, De signatura rerum, Sämtl. Sehr. 6 (1957) 4. S. folgende Anm. Vgl. J. ARNDT, Fünff Geistreiche Bücher Vom wahren Christenthum (1722) 875: „Das (sc. die Welt) ist ein lebendiges Buch, nicht wie man die Kräuter in Büchern beschreibet, und als einen todten Schatten abmahlet; sondern in GOttes Buch sinds lebendige Buchstaben, welche allen Menschen, Groß und Kleinen, Gelehrt und Ungelehrten vor Augen gestellet werden: Allein, daß sie nicht von jedermann recht gelesen werden können, macht, daß sie die schöne herrliche Signatur der Kräuter nicht recht kennen. Dieselbe aber muß man zuvor wissen, so kan man diese herrliche, schöne, lebendige Buchstaben lesen und zusammen setzen.... Du wirst an iedem Kräut- und Blümlein sonderliche Zeichen finden, welche sind die lebendige Handschrifft und Uberschrifft GOttes... Ja, mit der äußerlichen Form und Proportion zeigen sie offt an ihre verborgene Krafft. Denn eins hat die Gestalt eines Haupts, ein anders die Gestalt und Signatur der Augen..." Vgl. H. KHUNRATH, Amphitheatrum sapientiae aetemae solius verae, ChristianoKabalisticum, Divino-Magicum neenon Physico-Chemicum, Tertriunum, Catholicon (1609) 141f: „Quemadmodum enim omnes res conditae, veris a Natura notis et signis, pictae exornatae sunt, divinisque Naturae characterismi insignatae; certa enim proportione, figura et habitu: unde de interno et latente spiritu occultisque rerum proprietatibus iudicium fieri potest: imo ipsa proprietas rerum occulta et spiritus latens seipsum prodit certi s quibusdam notis et signis externis, et pro natura ac idola sua, talem effingit signaturam, figuram, pro-

Das Zeichen in der Naturphilosophie der Frühen Neuzeit

343

Alle „Kräuter, Bäume und andere Gewächse der Erden" sind „Bücher und magische Zeichen". 4 2 Die Textur des großen, in „hieroglyphica grammata" verfaßten Buches der Natur ist durch das Paradigma der Ähnlichkeit und Analogie reguliert, dem eine tragende Rolle in der Wissens- und Zeichenkonzeption der außeruniversitären Naturphilosophie des 16. und frühen 17. Jahrhunderts zukommt. Denn die verborgenen Beziehungen und Affinitäten der Dinge, selbst zum großen Teil nach dem Modell der Analogie, Sympathie oder Ähnlichkeit gefaßt, bedürfen der Manifestation durch äußere Zeichen, deren Signifikanz ihrerseits in der Ähnlichkeit begründet ist. 43 Die Kräuter „reden einen Medicum ... auf Magische Weise durch ihre Signatura und Zeichen an und geben demselbigen ire innerliche Geheimnusse, so in dem Stillschweigen der Natur verborgen, also durch ein Gleichnus zu erkennen (per similitudinem manifestant)." 4 4 Die Mitteilung der Natur an den Menschen erfolgt nicht in arbiträren Zeichen, sondern folgt mit ihren Signaturen dem in seiner Allgemeinverständlichkeit jeder natürlichen menschlichen Sprache überlegenen „modus demonstrandi per similitudinem". 45 Diese Ähnlichkeit ist es, die anzeigt, daß etwa der Kern der Walnuß, „das Hirn und gantze Haupt gewaltig stärket" oder daß die dem Augapfel ähnelnde schwarze Beere des Pariskrautes „zu den Gebrechen der Augen eins der aller kräftigsten Mittel ist". 4 6 Die Erkenntnis der Natur ist damit wesentlich Dechiffrierung und Interpretation der von ihr eingesetzten Zeichen. Zeichen und Bezeichnetes verhalten sich hierbei stets wie Äußeres und Inneres. Das „Innen" wird als der Raum der „inneren Werke und Tugenden", 4 7 der verborgenen Wesenheiten, „innerlich inwohnenden Kräfte" und „innerlichen Geheimnusse" der Dinge sowie als „innere Welt" 4 8 zum Signifikat schlechthin all jener über die Welt verstreuten Zeichen und Charaktere. Zugleich markiert es den eigentlichen Zielpunkt aller

41

42 43 44

45 46 47 48

portionem, habitum, qualis a Sapientibus vult cognosci: quae signatura Magiae naturalis initium, et quasi Alphabetum primumque elementum est. Concurrit enim totius Naturae signatura in Micro-cosmo. Hi characteres Naturae et notae hieroglyphicae, certum efficiunt sensum et sententiam, quae a Sapientibus ... probe intelliguntur. Nec enim mentitur Natura, aut falsum de se ipsa praebet testimonium: non decipit indigatores sui, modo Scripturam hanc probe dicant intelligere." O. CROLLIUS, Tract, de signaturis internis rerum (1609) 7; vgl. A. E T Z L E R , Isagoge physicomagico-medica ( 2 1 6 3 1 ) 4; H. M O R E , Antidotas adversus atheismum, in: Opera omn. II, 1 (1679) 69. O. CROLLIUS, Von den jnnerlicben Signaturn oder Zeichen aller Dinge (1623) 5. M. FOUCAULT, Die Ordnung der Dinge (1974) 46-77. O . CROLLIUS, Von den jnnerlicben Signaturn oder Zeichen aller Dinge ( 1 6 2 3 ) 5 ; vgl. D E R S . , Tract, de signaturis internis rerum ( 1 6 0 9 ) praef. admonitoria, 2 . Ebd. O. CROLLIUS, Von den jnnerlicben Signaturn oder Zeichen aller Dinge (1623) 22f. PARACELSUS, Astronomia magna, Sämtl. Werke ( 1 9 2 3 - 3 3 ) 1 2 . 1 7 7 . J . BÖHME, De signatura rerum, Sämtl. Sehr. 6 (1957) 19: „Die gantze äussere sichtbare Welt mit all ihrem Wesen ist eine Bezeichnung oder Figur der inneren geistlichen Welt; alles was im inneren ist, und wie es in der Wirckung ist, also hats auch seinen Character äusserlich."

344

Das Zeichen in der nichtscholastischen Philosophie der Prämoderne

w a h r e n N a t u r e r k e n n t n i s , w e l c h e a n d e r s a l s d i e in „ u n n ü t z l i c h e n

disputationes"

b e f a n g e n e n „ N o m e n c i a t o r e s " sich n i c h t allein u m die „eusserliche bittere R i n den bemühet",49

s o n d e r n w i e d i e magia

naturalis

„durch die äußeren

Formen

das i n w e n d i g e H e r z zu e r k e n n e n " s u c h t . 5 0 Hinsichtlich dieser M e t h o d e der Erkenntnis des verborgenen Inneren durch äußere Z e i c h e n korrespondiert die Signaturenlehre nicht nur mit der

allgemei-

nen P h y s i o g n o m i e , 5 1 w e l c h e n a c h geläufiger Definition lehrt, „ e x signis internas c o r p o r u m naturalium affectiones" (durch Z e i c h e n die inneren Eigenschaften der n a t ü r l i c h e n K ö r p e r ) zu e r k e n n e n , 5 2 bzw. „Semiologica".54

sowie mit der „physiognomia

humana"53

Sie k o m m t hierin a u c h m i t j e n e r K u n s t d e r

Menschen-

kenntnis überein, die Scipio Claramontius 1 6 2 5 unter d e m Titel

„ΣΗΜΕΙΩΤΙΚΗ

m o r a l i s " v o r g e l e g t h a t 5 5 u n d für die ein Z e i c h e n ein

49 50

O . CROLLIUS, Von den innerlichen

Signatum oder Zeichen aller Dinge ( 1 6 2 3 ) 3 . magna, Sämtl. W e r k e ( 1 9 2 3 - 3 3 ) 1 2 . 1 7 9 . Zum Konzept des 'Inneren der Dinge' in der Naturphilosophie des 17. Jahrhunderts vgl. TH. LEINKAUF, Mundus combinatus (1993) 298ff. PARACELSUS, Astronomia

51

den hinfallenden Siechtagen, Sämtl. Werke ( 1 9 2 3 - 3 3 ) 8 . 2 9 3 : „nun ist physionomia eine solche kunst, die do anzeigt die wesen so do inwendig vergorgen ligent. auch hibei nit allein- im menschen solchs gewesen, sonder durch die physionomei der wachsenden dingen dermaßen durch das eußer das inner erkent."

52

J . H. ALSTED, Encyclopaedia (1630) 1.615. Nach C. TlMPLER ( P h y s i o g n o m i a e humanae libri duo ( 1 6 1 7 ) 129). behandelt diese die „äußeren Zeichen, aus denen die inneren und verborgenen Eigenschaften des Menschen erkannt werden können" (tradit externa, ex quibus internae et occultae hominis affectiones cognosci possunt").

53

54

55

PARACELSUS, Von

C. TlMPLER verwendet die Bezeichnung „Semiologica" bzw. „Semeiologica" für die Lehre von den physiognomischen Zeichen des menschlichen Körpers: „Semiologica ... est doctrina de signis physiognomicis, quatenus in homine apparent", vgl. Physiognomiae humanae libri duo ( 1 6 1 7 ) 163. S. CLARAMONTIUS, Σ Η Μ Ε Ι Ω Τ Ι Κ Η moralis seu de conjectandis cujusque moribus. Die 1 6 2 0 fertiggestellte Schrift wurde erstmals 1 6 2 5 in Venedig veröffentlicht. Der Begriff und das hier formulierte Programm halten sich, bekannt geworden vor allem über die von HERMANN CONRING besorgte Edition der Schrift (Helmstedt 1 6 6 5 ) ; abgedr. auch in H. CONRING, Opera 3 ( 1 7 3 0 , N D 1 9 7 0 ) , bis ins 18. Jahrhundert; vgl. J . REICH, Disp. de Semiotica morali ( 1 7 0 1 ) . CHR. WOLFF gibt in der Philosophia practica universalis eine ausführliche Darstellung der „Semiotica moralis". Die Wirksamkeit dieser Tradition zeigt sich noch bei HERDER, der im Rahmen seiner Charakterkunde den engen Zusammenhang von „Physiologie und Semiotik" betont ( I d e e n zur Philos, d. Gesch. d. Menschheit, Buch VII, Kap. 4), sowie bei KANT, der in der Anthropologie (A 2 5 5 ) die „allgemeine natürliche Zeichenlehre (semiotica universalis)" im Sinne einer allgemeinen Lehre der Menschenkenntnis erwähnt. Bei CHRISTIAN THOMASIUS laufen die beiden Stränge von Signaturenlehre und Semiotica moralis noch einmal zusammen, wenn er einerseits in seiner Dissertatio ad Petri Poireti libros de Eruditione solida die Signaturenlehre als Remedium gegen den Verlust der adamitische Kenntnis der natürlichen Dinge beschreibt (vgl. W . - E . PEUCKERT, Gabalia ( 1 9 6 7 ) 9 1 ) und andererseits jene aberwitzige Schrift verfaßt, auf deren Titelblatt zu lesen ist: ,J)em Durchlauchtigsten / Großmächtigsten Fürsten und Herrn / Herrn Friederich dem III. ... Offerirei in Unterthänigsten Gehorsam die neue Erfindung einer wohlbegründeten und für das gemeine Wesen höchstnöthigen Wissenschaft / Das Verborgene des Hertzens anderer

Das Zeichen in der Naturphilosophie der Frühen Neuzeit

345

beliebiges sinnliches Wahrnehmbares ist, welchem, indem es existiert oder getan wird, ein mit ihm notwendig oder wahrscheinlich verbundener Charakter zugrundeliegt (Signum est sensibile quippiam, quo existente, vel facto, mos certus subest, vel necessario vel probabili nexu). 56

Dieses Konzept der sich als Dechiffrierung und Interpretation von Zeichen vollziehenden Erkenntnis der Dinge liegt auch Francis Bacons Programm der „interpretado naturae" zugrunde.57 Wie der magia naturalis geht es dieser um ein „introspicere naturam"58 sowie darum, „ad interiora et remotiora naturae penetrare" (in das Innere und Verborgene der Natur einzudringen).59 Das Wissenschaftsprogramm Bacons verläßt die Bahn der älteren Tradition der hermetischen Signaturenlehre allerdings insofern, als bei ihm der Begriff der Ähnlichkeit problematisch zu werden beginnt. Die Struktur des Universums gleicht einem Labyrinth, in welchem sich dem Betrachter überall täuschende Ähnlichkeiten der Dinge und der Zeichen (fallaces rerum et signorum similitudines)60 darbieten. Gleichwohl findet sich auch bei Bacon die nachdrückliche Betonung der Wichtigkeit, die Ähnlichkeiten und Analogien zwischen den Dingen aufzuspüren und zu untersuchen. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um jene „inanes similitudines et sympathias rerum" (leeren Ähnlichkeiten und Sympathien der Dinge), wie sie seiner Meinung nach gerade die Vertreter der magia naturalis beschrieben und erdichtet haben, sondern vielmehr um die „realen, substantiellen und in der Natur selbst begründeten" Ähnlichkeiten.61 Diese manifestieren die Regularitäten und Gesetze, von Bacon als „Formen" bezeichnet,62 die den „verborgenen Prozessen" und „verborgenen Gestaltungen"63 zugrunde liegen und deren Erforschung und Erklärung sowohl die Grundlage des Wissens wie dessen praktischer Umsetzung ist.64 Eine solche Erkenntnis vermag das syllogistische Verfahren der scholastischen Naturphilosophie nicht zu liefern, dessen „schlechte und unverständige Abstraktionen"65 in unheilvoller Verbindung mit der Unangemessenheit und Verworrenheit der menschlichen Sprache stehen, welche ihrerseits der Grund für die „lästigste" der vier von Bacon analysierten Arten von Idolen (d.h.

56 57

58 59 60 61 62 63 64 65

Menschen auch wider ihren Willen aus der täglichen Conversation zuerkennen / Christian Thomas" (Halle 1692). S. CLARAMONTIUS, ΣΗΜΕΙΩΤΙΚΗ moralis (1665) 10. F. BACON, Novum Organum, The Works, hg. J. Spedding/ R. L. Ellis/ D. D. Heath (185774) 1.157ff. Ebd., 1.280. Ebd., 1.159. Ebd., 1.129. Ebd., 1.280. Ebd., 1.228. Ebd., 1.235. Ebd., 1.229. Ebd., 1.171.

346

Das Zeichen in der nichtscholastischen Philosophie der Prämoderne

Hauptgründen für den desolaten Zustand der menschlichen Erkenntnis) ist, die „idola fori" oder Götzenbilder des Marktes. Denn wie die aus leeren Abstraktionen hervorgegangenen Begriffe die Wörter verderben, welche Marken und Zeichen (tesserae et signa)66 derselben sind, übt umgekehrt die durch diese konstituierte Sprache einen schädlichen Einfluß auf das Denken aus, indem sie, weil „größtenteils nach der Auffassung der Menge (captus vulgi) gebildet", „die Dinge nach Richtungen (trennt), die dem gewöhnlichen Verstand besonders einleuchtend", in der Regel jedoch inadäquat sind. Die Idole des menschlichen Intellekts sind willkürliche Abstraktionen ohne reale Entsprechungen in der Natur. Die Ideen des göttlichen Intellekts dagegen sind als „signacula"67 und „verae signaturae" den Dingen eingeprägt.68 Bacon stellt daher dem syllogistischen Verfahren der aristotelischen Naturphilosophie, welches vorschnell abstrakte Generalia bildet und aus diesen deduktiv fortschreitet, seine Methode der Induktion entgegen, die - nicht im Sinne der mathematischen Induktion mißzuverstehen - unter Beachtung dieser wahren Signaturen und Zeichen von der systematischen Beobachtung des Einzelnen stufenweise (gradatim)69 zu jenen allgemeinen Gesetzen, den „generalissima bene terminata" bzw. den Formen aufsteigt, die im Innersten der Dinge stecken (rebus inhaereant in medullis).70 Der komplexe Prozeß der Ablösung der sich formierenden Naturwissenschaften von der älteren Naturphilosophie und der magia naturalis vollzieht sich in erheblichem Maße auf der Ebene sich wandelnder Zeichenkonzeptionen. Das zeigt sich u.a. auch an der Modifikation der inhaltlichen Bestimmung der Signatur, welche späterhin zumeist nicht mehr auf figürliche Ähnlichkeit festgelegt ist, sondern generell als göttlich eingerichtetes Zeichen der inneren Natur verstanden wird. In diesem Sinne verteidigt Johannes Kepler die Signaturenlehre, die für ihn vor dem Hintergrund der symbolischen Manifestation Gottes in der Natur kein „närrisches Kinderspiel" ist, sondern eine „von Gott eyngeplantzte natürliche anmuhtung", die Erkenntnis des Nutzens der Kräuter aus ihren Eigenschaften zu gewinnen, darstellt.71 66 67

68

69 70 71

Ebd., 1.136. Ebd., 1.218: „Sciant ¡taque homines ... quantum intersit inter humanae mentis Idola, et divinae mentis Ideas. Ilia enim nihil aliud sunt quam abstractiones ad placitum: hae autem sunt vera signacula Creatoris super creaturas, prout in materia ... imprimuntur..." Ebd., 1.160: „Non leve quiddam interest inter humanae mentis idola et divinae mentis ideas; hoc est, inter placita quaedam inania et veras signaturas atque impressiones factas in creaturis..." Ebd., 1.160. Ebd., 1.137. J. KEPLER, Tertius interveniere (1610), in: Ges. Werke, hg. M. Caspar, 4 (1941) 246. Als eine Figur des Ubergangs zeigt sich Kepler auch in seinem ambivalenten Verhältnis zum g e o m e t r i s c h e n S y m b o l i s m u s . I h n s e l b s t m a s s i v zur G r u n d l e g u n g s e i n e r K o s m o l o g i e i n s t r u -

mentalisierend, spricht er ihm im Rahmen seiner Kontroverse mit dem Hermetisten Robert Fludd jeden wissenschaftlichen Erklärungswert ab. Vgl. S . MEIER-OESER, Die Präsenz des

Das Zeichen in der Naturphilosophie der Frühen Neuzeit

347

Herbert of Cherbury, der die Signatur als allgemeines Erkenntnismittel anerkennt, bewertet auch die Differenzen zwischen den Dingen als Signaturen. 72 Hinsichtlich der medizinischen Signaturen vertritt er die Auffassung, daß gerade nicht der Gesichtssinn, sondern Geruchs- und Geschmacksinn zusammengenommen die wahren Signaturen liefern. 73 Der Terminus der Signatur wird so zunächst zum sinnlich erfahrbaren Merkmal im neutralen Sinne 7 4 bevor er aus der Naturphilosophie verschwindet. Die medizinische Signaturenlehre setzte die Signaturen als ein von Gott (oder der Natur) um des Menschen willen instituiertes Zeichensystem voraus (Signatura est latentium virtutum indicium, a Deo ... plantis inscriptum), 75 so daß sie geradezu als empirischer Beleg für die Existenz und Providenz eines göttlichen „intelligens principium" 7 6 instrumentalisiert werden konnten. W o indes die Annahme einer auf den Menschen hin finalisierten göttlichen Bezeichnungsintention aufgrund des Obsoletwerdens der 'teleologischen WeltformeP des „mundus propter hominem" 7 7 nicht mehr geteilt wird, verlieren die in der gestalthaften Ähnlichkeit der Pflanzen mit den Teilen des menschlichen Körpers gründenden Signaturen, die eben, wie Leibniz bemerkt, „supponunt Deum voluisse vires forma indicare ad utilitatem generis humani", 7 8 jede Plausibilität. So lehnt schon Hermann Conring die Signaturenlehre mit dem Hinweis ab, die Gestalt der Pflanzen sei nicht so sehr auf den menschlichen Nutzen als auf deren eigene Zwecke ausgerichtet („non tarn humanuni in usum quam proprii finis gratia"). 7 9

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79

Vergessenen (1989) 162f. Die geometrischen Symbole taugen nurmehr gleichsam zum Spiel, dessen man sich als eines solchen allerdings bewußt zu sein hat. Vgl. den Brief an J. Tankkius, 12. Mai 1608, in: Ges. Werke, Bd. 16, 158: „Ludo ... et ego ... Symbolis ... sed ita ludo, ut me ludere non obliviscar. Nihil enim probatur Symbolis, nihil abstrusi eruitur in naturali philosophia per symbolas geométricas, tantum ante nota accomodantur..." HERBERT OF CHERBURY, De veritate (1645) 10: «... observamus differentiae esse signaturas, sive Characterismos ad mutuas rerum Analogías percipiendas accomodatas: prout enim ex differentiis propriis earum convenientias indagamus; in hiis autem duobus tota rerum Analogia sita est."; vgl. ebd. l l l f . Ebd. 140f. Vgl. M . L. BIANCHI, Signatura rerum (198η 1 2 9 . Vgl. G. H . ROSENBERG (praes.= R . W . CRAUSRJS), Diss, de signaturis vegetabilium (1697) 9; vgl. O. Crollius, Tract, de signaturis intemis rerum (1609) praef. admonitoria, 3. Vgl. z.B. H. M O R E , Antidotus adversus atheismum, Opera omnia lì/ 2 (1679) 68; J. HEYDON, The Holy Guide, Leading the Way to Unite Art and Nature (1662) 94. Vgl. S. MEIER-OESER, Die Preisenz des Vergessenen (1989) 321ff. G. W. LEIBNIZ, Protogea, Op. oran., ed. Dutens (Genf 1768) 2.222. Den Schluß von der Signatur auf die göttliche Providenz vermag Leibniz nurmehr im Irrationalis zu ziehen: Gäbe es sie, so wäre sie der prästabil i erten Harmonie zuzuschreiben („si vera esse(n)t... signaturae rerum, res ascribenda esset harmoniae divinitus praestabilitae), an des Bosses, 13. 1. 1716, GP II, 509. H . CONRING, De hermetica Aegyptiorum vetera et nova Paracelsiorum medicina (1648) 276.

348

Das Zeichen in der nichtscholastischen Philosophie der Prämoderne

Auch Pierre Gassendi verwirft die Signaturenlehre, indem er deren Grundannahme, „quod similitudini externae vis interna consentiat" zurückweist.80 Es ist die spezielle Instrumentalisierung des Zeichenbegriffs, die er ablehnt, nicht dieser selbst. Denn der Begriff des Zeichens steht auch im Zentrum seiner eigenen Methodologie der wissenschaftlichen Naturerkenntnis.81 Gassendi knüpft hierbei unmittelbar an die antike Zeichentheorie an, wie er sie von Aristoteles, Cicero, Quintilian, besonders aber von Sextus Empiricus her referiert. Hinsichtlich der zeichenvermittelten Erkennbarkeit der Dinge sowie der Bestimmung des Wahrheitskriteriums hält er eine „media quaedam via inter Scepticos ... et Dogmáticos" für angemessen,82 wie er sie offenbar am ehesten in der epikureischen Lehre vom Zeichen verwirklicht sieht. Der Gegenstandsbereich, den Gassendi der Physik zuweist, ist koextensiv dem Bereich zeichenvermittelter Erkenntnis in der stoisch-epikureischen Zeichenlehre. Für diese war der Raum des Zeichens durch das Offenbare und das schlechthin Verborgene begrenzt. Weder das Offenbare noch das schlechthin Verborgene ist möglicher Gegenstand des Zeichens; jenes als die unmittelbare, keinen Raum für eine Intervention des Zeichens lassende Offenbarkeit, dieses als die unvermittelbare, durch kein Zeichen aufhebbare Verborgenheit. Dem entsprechend umfaßt Naturerkenntnis nach Gassendi unter Ausschluß der offenbaren und der absolut verborgenen Dinge die momentan verborgenen sowie - und zwar vornehmlich die von Natur aus verborgenen Dinge.83 Hiermit verliert der Begriff des „Okkulten", gefaßt als das den Sinnen nicht unmittelbar Zugängliche, jene magischen und mystischen Konnotationen, die ihn so lange geprägt haben. Er ist wiederum der antike Begriff des Nichtoffenkundigen.84 Als Zeichen im allgemeinen gelten wahrgenommene Sachverhalte sowie im besonderen die diese ausdrückenden und als Erkenntnismittel (media) fungierenden Sätze (argumenta): Universe ... dici Signum potest, quod quidpiam a se diversum désignât, aut significai; seu mavis, id, quod notum cum sit, in alterius rei notitiam nos ducit: speciatim vero, ac prout hoc loco accipitur, nihil aliud reipsa est, quam quod vulgo Medium, seu Argumentum vocant. (Im allgemeinen kann Zeichen genannt werden, was irgendetwas von sich Verschiedenes bezeichnet; oder, wenn man so will, dasjenige Bekannte, das uns zu Er-

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84

P. GASSENDI, Physica, in: Opera omnia (1658) 2.166a. Vgl. W. DETEL, Scientia rerum natura occultarum (1978) 54f. P. GASSENDI, Syntagma philosophicum, Opera omnia (1658) 1.79b. Ebd. 1.69a: „Quo posito, quae Veritas quaeritur a philosophis, non est rerum manifestarum, ea nimirum est in protabulo; non item rerum penitus occultarum, ea nimirum invincibiliter ignoratur, sed quae sit rerum occultarum sive natura sive ad tempus, et natura quidem potissimum, non de occultis quidem ad tempus, quod ex sola impendimentorum amotione innotescere valeant, controversia magna non est." Die Grenze zwischen den okkulten und manifesten Dingen ist dabei nicht definitiv bestimmt, sondern kann, den verwendeten Beobachtungsmitteln entsprechend, variieren. So betont er unter Hinweis auf das „nuper repertum Telescopi um", daß „complura sunt, quae Priscis occulta cum fuerint, evasere iam nobis manifesta."; ebd. 1.82a.

Das Zeichen in der Naturphilosophie der Frühen Neuzeit

349

kenntnis einer anderen Sache führt: im besonderen aber, und so, wie es hier aufgefaßt wird, ist es der Sache nach nichts anderes, als das, was gemeinhin Medium oder Argument genannt wird.) 8 5

Die Definition des Zeichens als 'propositio' hebt seine Bestimmung als Medium nicht auf, da ein Satz nur als Teil einer zusammengesetzten Aussage, nämlich als Vordersatz einer wahren Implikation, zum Zeichen wird. 8 6 Die Tatsache, daß jede Erkenntnis entweder sinnlich ist oder aber in den Sinnen ihren Ursprung hat, impliziert die Abhängigkeit auch der intellektuellen Erkenntnis vom Medium sinnlicher Zeichen: Quia notum est enim nos aliquid Sensu, aliquid Mente percipere, et notitiam omnem, quam Mente habemus, ortum habere a Sensibus ... ideo praeire Menti debet Signum quoddam sensile, quo in rei latentis, nec Sensu perceptae notitiam ducatur - (Weil bekannt ist, daß wir etwas mit den Sinnen, anderes mit dem Geist erfassen und alle Erkenntnis, die wir im Geist haben, ihren Ursprung von den Sinnen hat,... muß also dem Geist irgendein sinnliches Zeichen voraufgehen, durch welches er zur Kenntnis der verborgenen und nicht durch die Sinne wahrgenommenen Sache geführt wird). 8 7

Es gibt nach Gassendi somit ein zweifaches Kriterium der Wahrheit; zum einen die Sinne, durch welche die Zeichen perzipiert werden, und zum anderen den Intellekt, durch welchen, ausgehend von den auf ihre Verläßlichkeit überprüften sichtbaren Zeichen, die Sache schlußfolgernd erkannt wird. 8 8 Resultat dieser Anwendung der epikureischen Zeichenlehre auf die Physik ist bei Gassendi das Programm einer vom Intellekt oder der Ratio kontrollierten empirischen, d.h. zeichenvermittelten Naturerkenntnis als dem geeigneten Mittel zur Einlösung der Maxime: „legendus est liber ipse naturae, si quidpiam certi addiscendum est" (soll irgend etwas Sicheres gelernt werden, ist das Buch der Natur selbst zu lesen). 89 Die Natur und das Universum ist weiterhin als ein Buch - und wie ein solches - zu lesen: „La filosofia è scritta in questo grandissimo libro che continuamente ci sta aperto innanzi a gli occhi (io dico l'universo)". 9 0 Was wechselt, sind die Zeichen, in denen es geschrieben ist. Für Galilei sind dies bekanntlich

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Ebd. 1.80b. Vgl. ebd.: „Tametsi enim tam Stoici, quam Aristoteles [sc. signum] esse Propositionem dicant dum illi apud Empiricum Signum esse Axioma definiunt, quod in sano, et vero coniuncto est antecedens, ac id detegit quod est desinens... non desinit tarnen Signum esse Medium, cum utcumque sit propositio, sit tarnen etiam coniunctae propositionis pars..." Ebd. 1.81b. Ebd. 1.81b: „Unde ... fit, ut duplex in nobis possit distingui Criterium, unum, quo percipiamus Signum, videlicet Sensus; alterum, quo ipsam rem latentem ratiocinando intelligamus; Mens nempe, Intellectus, seu Ratio. Quippe et tametsi admittatur Sensum interdum esse fallacem, sicque esse posse Signum non tutum: attamen quae sensu est superior Ratio sensus perceptionem emendare sic potest, ut Signum ab eo nisi emendatum non accipit, ac tum demum ratiocinetur, sive de re judicium ferat." Fluddanae philosophiae examen, op. omn. (1658) 3.266. G . GALILEI, Il saggiatore, le opere, hg. G . Saragat (1968) 6.232.

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Das Zeichen in der nichtscholastischen Philosophie der Prämoderne

nicht mehr die unmittelbar in die Augen fallenden Signaturen und Ähnlichkeiten; und deshalb ... können wir es erst lesen, wenn wir die Sprache gelernt haben und mit den Zeichen (charatteri) vertraut sind, in denen es geschrieben ist. Es ist in der Sprache der Mathematik geschrieben, und seine Buchstaben sind Dreiecke, Kreise und andere geometrische Figuren, ohne deren Mittel es dem Menschen unmöglich ist, auch nur ein einziges Wort zu verstehen. 91

Solange davon ausgegangen wird, daß die Natur von sich aus ihre Geschichte erzählt, hat die wahre Philosophie nichts anderes zu sein, als deren „simulacrum et reflexio". 9 2 Die Zeichen, in denen das Buch der Natur verfaßt ist, und die zu seiner Darstellung verwendeten Zeichen müssen einander entsprechen. Die Sprache der Natur liefert somit das Modell für die Sprache ihrer Beschreibung. Die wissenschaftliche Naturerkenntnis beginnt im 17. Jahrhundert, sich auf mathematische Zeichen festzulegen. An die Stelle des qualitativen Vergleichs tritt die quantitative Berechnung, an die des Gleichnisses die Gleichung. 9 3 Die mathematischen Zeichen dienen nicht mehr zu Eröffnung eines „Inneren der Dinge" als dem Ort der verborgenen Wesenheiten und Ursachen, sondern zur Beschreibung und Ordnung der Phänomene unter dem Gesichtspunkt ihrer Meßbarkeit sowie ihrer Verknüpfung zu einem System. Das Buch der Natur wird nicht mehr als ein T e x t gelesen, dessen äußerliche Zeichen auf einen inneren, verborgenen Sinn verweisen. Der adäquate Leser dieses Textes ist nicht mehr, wie ζ. T . noch bei Bacon, der Hermeneut. Es ist vielmehr der Grammatiker, den allein die Struktur und die syntaktischen Regeln des Textes interessieren.

B. Das Zeichen in der Theorie der perzeptiven

Erkenntnis

Wie die voraufgegangenen Kapitel gezeigt haben, verfügte das 17. Jahrhundert über eine hochentwickelte und fest in den akademischen Lehrbetrieb integrierte Zeichentheorie. Jeder, der, ganz gleich wo, eine akademische Ausbildung absolviert hatte, konnte oder sollte eigentlich zumindest mit den Grundzügen der Zeichentheorie in Berührung gekommen sein. Die materialen Voraussetzun91 92 93

Ebd. F. BACON, The Works (1857-74) 4. 640. Bekanntlich hat Descartes in seinem frühen Methodenentwurf der Regulae ad directionem ingenti das Programm verfolgt, der von ihm als erkenntniskonstitutiv anerkannten Operation des Vergleichs (comparatio) durch die Repräsentation der zwischen den Erkenntnisgegenständen bestehenden Verhältnisse im Medium zweidimensionaler Figuren ein einheitliches Zeichensystem zugrundezulegen und durch deren Übersetzung in algebraische Zeichen der Berechnung zugänglich zu machen. Das Resultat war der später insbesondere von Leibniz fortgeführte Gedanke einer universalen Wissenschaft auf der Basis einer „Kunstsprache, die nicht nur darstellende Funktion erfüllt", sondern vielmehr „als ein operatives Medium dient". Vgl. S. KRÄMER, Berechnende Vernunft (1991) 201-220.

Das Zeichen in der Theorie der perzeptiven Erkenntnis

351

gen dafür, daß das Konzept des Zeichens auch außerhalb des engeren Bereichs seiner logischen oder metaphysischen Thematisierung wirksam werden konnte, waren also gegeben. Die Tatsache, daß und die Weise, in der es wirksam wurde, hängt im wesentlichen damit zusammen, daß gerade das Konzept des Zeichens und das der Repräsentation Lösungen bereitzustellen schien für jene Probleme, die sich aus der cartesianischen Metaphysik für das Konzept der Kausalität ergaben; zunächst für den Kausalnexus der beiden durch einen metaphysischen Hiatus getrennten Bereiche von res extensa und res cogitans, später dann für die Kausalität insgesamt. Sicherlich würde man etwas zu weit gehen, wollte man behaupten, „daß die klassische Philosophie von Malebranche bis zur Idéologie durch und durch eine Philosophie des Zeichens gewesen ist."94 Aber eben nur etwas. Denn das Konzept des Zeichens und das der Repräsentation besetzen bei näherem Hinsehen zentrale Systemstellen in der philosophischen Diskussion der Prämoderne. Es war, wie gesehen, eine durchaus gängige These, daß Erkenntnis ohne die Präsenz des Erkenntnisobjekts nicht möglich ist; ein Allgemeinplatz, der in dieser Generalität - die weder die Art des Erkenntnisvermögens, noch des Erkenntnisobjekts, noch auch die der Präsenz festlegt - gleichwohl Raum für zahlreiche divergierende Erkenntniskonzeptionen bot. Die überwiegend anerkannte triviale Tatsache, daß die Dinge nicht selbst in das Erkenntnisvermögen eingehen oder diesem realiter präsent sein können, schien die Annahme einer vermittelnden, vergegenwärtigenden Instanz erforderlich zu machen, welche geeignet war, die fehlende Präsenz des äußeren Gegenstandes durch die Repräsentation desselben zu kompensieren. Diese Annahme, deren Wirksamkeit in der mittelalterlichen Theorie der Erkenntnis oben skizziert worden ist,95 hatte auch neuzeitlich nicht an Plausibilität eingebüßt.96 Wenn etwa Locke am Schluß seines Essays zur Begründung der generellen Bedeutung einer „doctrine of signs" für die Theorie menschlicher Erkenntnis feststellt: For since the Things, the Mind contemplates, are none of them, besides it self, present to die Understanding, 'tis necessary that something else, as a Sign or Representation of the thing it considers, should be present to it, 97

so verwendet er damit exakt die traditionell zur Legitimation der Annahme von species gebräuchliche Argumentationsfigur. „Ad eliciendam cognitionem", heißt es bei Johannes a Sancto Thoma, „oportet quod obiectum reddatur unitum seu praesens potentiae ... Et cum hoc non possit per seipsam ingredi potentiam illique uniri, oportet hoc fieri media aliqua forma, quae vocitur spe94 95 96

97

M. FOUCAULT, Les mots et les choses, dt. Die Ordnung der Dinge (1971) 101. S.Kap. 2D. Vgl. J. W. YOLTON, On Being present to the Mind: A Sketch for the History of an Idea: Dialogue 14 (1975) 373-88; DERS., Perceptual Acquaintance from Descartes to Reid (1984). J. LOCKE, An Essay cornering Human Understanding, IV, 21, 4 (1975) 720f.

352

Das Zeichen in der nichtscholastischen Philosophie der Prämoderne

des" - (Zum Hervorbringen einer Erkenntnis ist es erforderlich, daß der Gegenstand mit dem Erkenntnisvermögen vereint oder diesem präsent gemacht wird ... Und weil dieser nicht durch sich selbst in das Erkenntnisvermögen eingehen und sich mit diesem vereinigen kann, muß dies durch die Vermittlung einer gewissen Form geschehen, welche Species genannt wird).98 Die Vermittlung zwischen dem materiellen äußeren Gegenstand und dem immateriellen Intellekt wurde von der Speciestheorie als ein mehrstufiger Prozeß der Überführung sinnlicher Erkenntnisbilder (species sensibiles) in geistige

Erkenntnisbilder (species intelligibiles) oder Begriffe (conceptas, verbum mentís) aufgefaßt," welche als Ähnlichkeiten, Bilder oder Zeichen der Dinge bestimmt

wurden (similitudines, imagines, simulacra, signa). Der Begriff des Zeichens besetzt damit eine zentrale Stellung innerhalb der Theorie der perzeptiven Erkenntnis. Erkennen vollzieht sich im Medium der Zeichen. Aber auch dort, wo die Speciestheorie abgelehnt wird, bleibt, wie bei Locke, das Konzept des Zeichens selbst präsent und fungiert weiterhin als vermittelnde Instanz zwischen dem Subjekt und dem Objekt der Erkenntnis. Die bis ins 17. Jahrhundert überwiegend anerkannte Speciestheorie bot das Modell einer durch Zeichen geleisteten abgestuften Vermittlung zwischen dem materiellen äußeren Erkenntnisgegenstand und dem immateriellen Intellekt. Das Problem der Präsenz des Erkenntnisgegenstandes gegenüber dem Erkenntnisvermögen stellt sich bei den verschiedenen Formen von sinnlicher Wahrnehmung, Imagination und intellektueller Erkenntnis in je unterschiedlicher Weise. Entsprechend kommen den Species mehrere Funktionen zu. Zum einen garantieren sie hinsichtlich der sinnlichen Wahrnehmung die lokale Präsenz des Erkenntnisgegenstandes, d.h. seine mittelbare Einwirkung auf das Sensorium. Sie überbrücken somit die räumliche Distanz zwischen dem äußeren Erkenntnisgegenstand und dem Sinnesvermögen. Notwendig wurde diese Funktion durch die von der aristotelischen Physik vorausgesetzte Unmöglichkeit einer Fernwirkung (actio in distans).100 Darüber hinaus gewährleisten die Species hinsichtlich der 98 99

JOHANNES A STO. THOMA, Ars logica ( 1 9 4 8 ) 7 0 7 b . Eine recht ausführliche Präsentation der Speciestheorie gibt bereits W . HAMILTON, in: TH. REID,

100

The Philosophical Works

(1895) 951-60.

Vgl. EUSTACHIUS A STO. PAULO, OCist., Summa philosophiae, vgl. E . GILSON, Index scholastico-cartésien ( 1 9 7 9 ) 2 6 8 f : „Quaestio igitur est, an ejusmodi species (seil, intentionales) seu imagines rerum objectarum necessario admittendae sint ut possint fieri sensatio, ita ut absque illis nihil usquam sensus pereiperet. Respondemus necessario admittendas esse. Probatur ... quia omnis actio fit per contactum, quo fit ut nihil agat in distans nisi per aliquid medium...; atqui objectum sensibile distat a sensu (sensibile enim supra sensum positum non sentitur) et agit in sensum ....; ergo necesse est ut per aliquid medium agat; illud autem non potest aptius assignari quam species, quae ab objecto ad sensum usque pertingit..."; C. FRASSEN, O F M , Philos, académica ( 1 6 8 6 ) 2 . 6 5 6 a : „An sint (species intentionales) admittendae. Affirmo... Nihil agit in distans, medio ñeque agente, ñeque patiente: sed objectum saepe distat a sensu, imo objecti distantia necessario requiritur ad visum formandum; medium autem non coagit, cum saepius nec percipiatur, neque aptum videatur ad faciendam semper ejusdem generis cognitionem: Ego necessum est aliquid ab objectum emissum reci-

Das Zeichen in der Theorie der perzeptiven Erkenntnis

353

imaginativen und intellektiven Erkenntnis die für eine solche Art der kognitiven Erfassung erforderliche intentionale Präsenz. 101 Sie leisten jedoch noch mehr, als die bloße Uberbrückung der räumlichen und metaphysischen Distanz, nämlich die Garantie der Ähnlichkeit. Wenn Erkenntnis die Angleichung von Erkenntnisgegenstand und erkennendem Vermögen voraussetzt, so ist diese hier stets dadurch gesichert, daß die Einwirkung der Dinge auf die potentia durch etwas erfolgt, das je schon die Ähnlichkeit bei sich führt und mitbringt. Denn die species ist, nach der prägnanten Formulierung von Didacus Masius, nichts anderes als eine vom Gegenstand zum Erkenntnisvermögen „hinüberfließende Ähnlichkeit" („Species nihil aliud est quam imago quaedam et similitudo effluens ab obiecto in potentiam, repraesentans potentiae obiectum, sicut est a parte rei."). 1 0 2 Dieses Modell der Vermittlung zwischen den körperlichen Erkenntnisgegenständen und dem geistigen Erkenntnisvermögen war jedoch gerade dort nicht mehr zu akzeptieren, wo sich das Problem der geistigen Erfassung körperlicher Dinge schärfer stellte als je zuvor: im cartesianischen Dualismus von res cogitans und res extensa. Denn bereits die Annahme von species sensibiles oder species intentionales, die als von der Materie gelöste, sich im diaphanen Medium ausbreitende Formen aufgefaßt wurden, war mit den Prinzipien der cartesischen Physik unvereinbar. 103

pere, et ad sensus usque propagare... objectum se habet ut alterans respectu sensus et intellectus, sentire enim et intelligere est quoddam pati: ergo sensus et facultas debent esse simuli sed potentia non exit ad ipsum objectum, nec objectum sese per suam entitatem praesens exhibet potentiae... ergo necesse est, ut fiat praesens per sui speciem aut imaginem." 1 0 1 Vgl. Petrus de OñA, OMerc, Commentarla ... super ...logicam magnam (1588) fol. 184v185r: „... adverte, quod sicut ad hoc ut color videatur, non sufficit quod sit visibilis in actu, sed requiritur ut sit debite praesens potentiae visivae: sic etiam ad hoc, ut res aliqua intelligatur, non satis est quod sit obiectum in actu, sed ultra requiritur quod sit praesens intellects. Considerandum tarnen, quod non quaelibet potentia requirit eodem modo praesentiam obiecti ad suam operationem: aliqua enim ut visus, et alij exteriores sensus requirunt praesentiam localem sui obiecti secundum esse naturale, aliae vero potentiae solum requirunt praesentialitatem obiecti secundum esse quoddam intentionale, sicut imaginativa, ad hoc ut vere imaginetur Stephanum scribere, non est necesse ut Stephanus sit praesens secundum locum, nec quod sit a parte rei secundum esse naturale, sed sufficit quod sit praesens secundum quoddam esse intentionale mediante idolo, quod mea imaginativa fabricavit. Unde a fortiori ad hoc, ut intellectus rem aliquam intelligat... solum est necesse ut sit praesens secundum esse intentionale, in esse obiectivo, id est, medio verbo quod intellectus informatus intelligibili speciem sibi constituit." 1 0 2 D. Masius, OP, Comment, in Porphyrium et univ. Arist. Logicam, t. 1 (1617) 85b. 103 Vgl. M . T. M a R C I A L I S , „Species", percezioni e idee tra sei e settecento: Rivista critica di storia della filosofia 44 (1989) 647-676.

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Das Zeichen in der nichtscholastischen Philosophie der Prämoderne

1. Descartes' Occasionalismus des Zeichens Descartes mußte derartige „petites images voltigeantes par l'air" verwerfen. Und dafür bedurfte es des Nachweises, daß sie nicht nur unmöglich sondern auch unnötig waren, indem das, was sie leisten sollten, entweder auch anders geleistet werden konnte oder aber überhaupt nicht geleistet zu werden brauchte. Die Theorie der species, bereits Durandus de Sto. Porciano hatte im frühen 14. Jahrhundert darauf hingewiesen, steht unter dem Paradigma der visuellen Wahrnehmung. 1 0 4 Sie war also am einfachsten dadurch zu widerlegen, daß man zeigte, daß auch Blinde 'sehen' können. Descartes hat bekanntlich genau das in seiner Dioptrique vorgeführt. 1 0 5 Die species oder Bilder ließen sich hinsichtlich ihrer Funktion, die räumliche Distanz zwischen dem Erkenntisobjekt und dem Wahrnehmungsorgang zu überbrücken, ohne weiteres durch mechanische Bewegungsreize ersetzen. 1 0 6 In bezug auf die beiden anderen Funktionen, die den species nach scholastischer Auffassung im Prozeß der Konstitution von Erkenntnis zukommen, besteht jedoch eine fundamentale Differenz zwischen den species und den mechanischen Bewegungsreizen. Denn sind jene immer schon similitudines, so können diese weder in einem Ahnlichkeitsverhältnis zum Gegenstand, durch den sie verursacht werden, noch zu der Wahrnehmung, die durch sie ausgelöst wird, stehen. Und dienen jene dazu, das Problem der kausalen Wirkungsbeziehung zwischen dem materiellen Wahrnehmungsobjekt und dem spirituellen Erkenntnisvermögen gleichsam durch eine graduelle Dematerialisierung und Vergeistigung des Erkenntnisgegenstandes zu lösen, so ist bei Descartes unter der Voraussetzung des Dualismus der zwei Substanzen eine solche Anpassung nicht konzipierbar, so daß jede direkte Kausalbeziehung zwischen den Bewegungsreizen und den ihnen korrespondierenden Wahrnehmungen auszuschließen ist. Descartes hatte also zu zeigen, daß weder die Ähnlichkeit noch die Annahme einer physischen Kausalbeziehung zur Konstitution von Wahrnehmung erforderlich ist. 104

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Vgl. DURANDUS DE SANCTO PORCIANO, 2 Sent. d. 6. q. 6 (1571) 139f; vgl. A. MAIER, Das Problem der „species sensibiles iti medio" und die neuere Naturphilosophie des 14. Jh. (1967) 429ff. DESCARTES, Dioptrique, disc. 4 (AT VI, 114, 1-11): „... l'aveugle ... touche quelques cors de son baston, il est certain que ces cors n'envoyent autre chose iusques a luy, sinon que, faisant mouvoir diversement son bastón selon les diverses qualités qui sont en eux, ils meuvent par mesme moyent les nerfs de sa main, et ensuite les endroits de sont cerveau d'où vienent ces nerfs; ce qui donne occasion a son ame de sentir tout autant de diverses qualités en ces cors, qu'il se trouve de varietés dans les mouvemens qui sont causés par eux en son cerveau."; vgl. ebd. 84. DESCARTES, Dioptrique, disc. 1 (AT VI, 85, 13-27): „... il n'est pas besoin de supposer qu'il passe quelque chose de materiel depuis les obiets iusques a nos yeux, pour nous faire voir les couleurs et la lumiere, ny mesme qu'il y ait rien en ces obiets, qui soit semblable aux idées ou sentimene que nous en avons.... Et par ce moyen vostre esprit sera délivré de toutes ces petites images voltigeantes par l'air, nommées des 'especes intentionelles', qui travaillent tant l'imagination des Philosophes."

Das Zeichen in der Theorie der perzeptiven Erkenntnis

355

Genau hierfür gewinnt der Zeichenbegriff für ihn seine zentrale Bedeutung.107 Werden durch äußere Einwirkungen körpereigene Nerven affiziert, so setzt sich, wie er in den Meditationes darlegt, diese Bewegung der Nerven bis zu den inneren Gehirnteilen fort und gibt dort dem Geist ein Zeichen, etwas zu empfinden („menti signum dat ad aliquid sentiendum"), z.B. einen Schmerz im Fuß.108 Zwischen der Bewegung im körperlichen Sensorium oder Gehirn und der Empfindung bzw. Vorstellung im Geiste besteht kein physischer Kausalzusammenhang. Gerade das Modell des Zeichens ermöglicht Descartes die Ersetzung der physischen Kausalbeziehung durch eine gleichsam semantische Beziehung; die Bewegung im Körper verursacht nicht, sie bezeichnet die Empfindung. Die Nervenbewegungen - und nicht die Wahrnehmungen oder Ideen selbst, wie bisweilen behauptet wurde109 - sind also Zeichen. Kann aber ihr Zeichencharakter weder in einem Ahnlichkeits- noch in einem Kausalverhältnis begründet sein, dann bleibt gemäß der geläufigen Auffassung der Zeichentheorie als mögliches Fundament der Zeichenrelation nur noch die willkürliche Einsetzung. Und genau diese wird für Descartes zum grundlegenden Modell seiner Theorie der perzeptiven Erkenntnis äußerer Dinge. Die Eignung der willkürlichen Sprachzeichen, ohne jede Ähnlichkeit von Zeichen und Bezeichnetem Ideen zu exzitieren, liefert das Hauptargument gegen das Ähnlichkeitspostulat der Speciestheorie.110 Wenn nämlich, wie er in Le monde hinsichtlich der Erklärung der Lichtwahrnehmung ausführt, die allein aufgrund menschlicher Einsetzung signifikativen Wörter uns Dinge erfassen lassen können, mit denen sie keinerlei Ähnlichkeit verbindet,

107 108

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110

Vgl. J. W. YOLTON, Perceptual Acquaintance front Descartes to Reíd (1984) 22ff. DESCARTES, Meditationes VI, 20 (AT VII, 88): „... cum nervi, qui sunt in pede, vehementer et praeter consuetudinem moventur, ille eorum motus per Spinae dorsi medullam ad intima cerebri pertingens ibi menti signum dat ad aliquid sentiendum, nempe dolorem tamquam in pede existentem." So etwa bei J. W. YOLTON, On Being present to the Mind (1975) 384f. und C. J. MCCRACKEN, Malebranche and British Philosophy (1983) 225. Vgl. DESCARTES, Dioptrique, disc. 1 (AT VI, 112, 5-28): „II faut ... prendre garde a ne pas supposer que, pour sentir, l'ame ait besoin de contempler quelques images qui soyent envoyées par les objets iusques au cerveau, ainsi que font communément nos Philosophes; ou, du mois, il faut concevoir la nature de ces images tout autrement qu'ils ne font. ... Et ils n'ont eu aucune raison de les supposer, sinon que, voyent que nostre pensée peut facilement estre excitée, par un tableau, a concevoir l'object qui y est peint, il leur a semblé qu'elle devoit l'estre, en mesme façon, a concevoir ceux qui touchent nos sens, par quelque petits tableaux qui s'en formassent en nostre teste, au lieu que nous devons considérer qu'il y a plusieurs autres choses que des images, qui peuvent exciter nostre pensée; comme, par example, les signes et les paroles, qui ne resemblent en aucune façon aux choses qu'elles signifient."

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Das Zeichen in der nichtscholastischen Philosophie der Prämoderne

pourquoy la Nature ne pourra-t'elle pas aussi avoir estably certain signe, qui nous fasse avoir les sentimens de la Lumiere, bien que ce signe n'ait rien en soy, qui soit semblable à ce sentiment?111

Die Bewegungen des Sensoriums bezeichnen die sinnliche Idee des Lichts, bzw. sind Zeichen, welche uns die Wahrnehmung des Lichts haben lassen. Sie repräsentieren die sinnliche Idee des Lichts jedoch nicht. Denn ebenso, wie die Ohren die Wörter nur als Schall wahrnehmen und erst der ihre Bedeutung kennende Geist die entsprechende Idee in sich hervorbringt, ist es „unser Geist, der uns die Idee des Lichts immer dann repräsentiert, wenn die Aktion die diese bezeichnet, unser Auge berührt" (c'est nostre esprit tout de mesme, qui nous represente l'idée de la Lumiere, toutes les fois que l'action qui la signifie touche nostre oeil).112 Der Rückgriff auf das Modell des willkürlichen Sprachzeichens erfolgt nicht zufällig. Strukturell entspricht das bei Descartes vorliegende Problem, wie die materiellen, mechanischen Bewegungsreize in der Lage sind, zu einer bestimmten Wahrnehmung oder Vorstellung auf Seiten des Geistes zu führen, genau jener Frage, deren Erörterung im Rahmen der Theorie der Sprache in der scholastischen Diskussion eine lange Tradition hat: der Frage nämlich, wie Sprachverstehen möglich ist. Denn daß Materielles materiell und Geistiges geistig ist, war auch vor Descartes bekannt, so daß es als durchaus erklärungsbedürftig galt, wie denn die im materiellen Medium der vox oder scriptum realisierten willkürlichen Sprachzeichen imstande sind, die Vermittlung ihrer Bedeutung zu leisten, d.h. eine geistige Idee auf Seiten des Intellekts des Hörers hervorzurufen. Von der zeitgenössischen scholastischen Logik wurde mit Hinweis auf die Tatsache, daß „der sprachliche Ausdruck als ein materielles Akzidenz nicht die Kraft haben kann, eine geistige Erkenntnis des Intellekts zu bewirken",113 deutlich gemacht, daß 111

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DESCARTES, Le monde (AT XI, 4). Ebenso, wie die sprachlichen Ausdrücke vom Menschen eingesetzt sind, um bestimmte Ideen zu exzitieren, sind die „mouvemens" „institués de la Nature pour faire avoir de les sentimens." Vgl. DESCARTES, Dioptrique, disc. 6 (AT VI, 130, 14f). DESCARTES, Le monde (AT XI.4, 20-28): „Mais vous direz, peut-estre, que nos oreilles ne nous font véritablement sentir que le son des paroles, ny nos yeux que la contenance de celuy qui rit ou qui pleure, et que c'est nostre esprit, qui ayant retenu ce que signifient ces paroles et cette contenance, nous le represente en mesme temps. A cela je pourrois répondre que c'est nostre esprit tout de mesme, qui nous represente l'idée de la Lumiere, toutes les fois que l'action qui la signifie touche nostre oeil." Vgl. Notae in programma quoddam (AT VIII/2, 360f). R. AVERSA, Logica (1623) 122: „Significatio sumpta in actu ultimo, prout vox actualiter ingerit alicui noti ti am rei significatae, non est per aliqua causalitas physica qua vox producat cognitionem. Non enim potest habere vim, vox accidens materiale, ad producendum cognitionem intellect us spiritualem. Est autem quaedam veluti causalitas et excitatio moralis, qua vox moraliter excitât mentem audientis, qui propter impositionem vocis, et ex sua cognitione quam habet de significatione vocis, statim audita voce concipit eius rei cogitationem. (...) Sicut etiam ex re aliqua visa, soient quidam affectus excitari in nobis: non

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die Bezeichnungsleistung des sprachlichen Ausdrucks nicht durch irgendeine physische Kausalität geschieht, durch welche der sprachliche Ausdruck eine Erkenntnis oder den Begriff der Sache im Geiste hervorbrächte, sondern gleichsam durch eine moralische Kausalität, durch die der sprachliche Ausdruck auf moralische Weise den Geist des Hörers exzitiert, daß auf das Aussprechen des sprachlichen Ausdrucks hin, dessen Bedeutung dem Hörer bekannt ist, dieser dank des eingeprägten Erkenntnisbildes, das er zuvor schon besitzt, sofort einen Begriff von der bezeichneten Sache hervorbringen kann. 1 1 4

Was Mastrius hier in gängiger Weise mit dem Terminus der causalitas moralis benennt, n i beschreibt er an anderer Stelle als occasionelle Verursachung oder Exzitation 116 und damit in genau jener - bereits älteren 117 - Terminologie, derer sich auch Descartes bedient. Denn der in den Meditationes gebrauchten Wendung des „signum dare" entspricht bei Descartes, mit der scholastischen

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quod illa res quicquam physica causalitate efficiat in affectum nostrum; sed tantum moraliter ad eum movet, quatenus nos ea visa ilium elicimus." Β. MASTRIUS / Β. BELLUTUS, OFM, Disputationes in Organum Aristotelis (1644) 262b-263a: „Dicendum ... exercitium significationis vocis ... non fieri per aliquam causalitatem physicam, qua vox producat cognitionem, seu conceptum rei in mente, sed fit per quandam excitationem, et causalitatem veluti moralem, qua vox moraliter excitât mentem auditoris, ut ad prolationem vocis, cuius significationem seit, statim eliciat rei significatae conceptum merito speciei impressae, quam praehabet." Das Konzept der causalitas moralis scheint im Rahmen der theologischen Diskussion der Gnadenwirksamkeit der Sakramente entwickelt worden zu sein. Vgl. M. LEDESMA , Tomus primus, q.3 a.l (1555) 37f; zit. n. M. GIERENS, De causalitate sacramentorum (1935) 106: „causas esse in duplici differentia: Alteras naturales, alteras morales. Morales autem appello causas liberas, quae scilicet libere movent; ut qui consulit, qui imperat eius rei causa est, quae per eius aut imperium aut consilium efficitur. ... Morales ... non attingunt actione phisica effectus suos nec influunt aut producunt qualitates aliquas. ... Virtus motiva moralis est authoritas consulentis vel ratio qua persuadet vel praeceptum quo imperat. ... sicut causa naturalis dividitur in principalem et instrumentalem, ita etiam moralis. Ut qui daret pecuniam pro redimendis captivis, esset causa principalis redemptionis, moralis tamen. Pecunia vero vel minister destinatus ad redimendum sunt causae redemptionis instrumentales, sed morales. Et marsuppium dicitur moraliter continere redemptionem eo quod continet pecuniam qua fiet redemptio captivorum. ... dico quod sacramenta novae legis sunt causae morales gratiae et non naturales..." GABRIEL VAZQUEZ äußerte die Vermutung, daß der Begriff der moralischen Kausalität von Gregor von Valençia stammt; vgl. M. GIERENS (1935) 113. Ebd. 249a-b: „... demonstravimus speciem, quam de se ingerit (249b) vox in mentem auditoris, non sufficere cum intellectu ad rem significandam, de qua fit sermo, sed necessario praeriquiri in intellectu auditoris speciem illius rei, quam vox significat, quae species per vocem excitata concurrit postea cum intellectu ad pariendam notitiam significati, ad quam occasionaliter tantum, et per modum excitantis vox habet concursum..." Zur occasionellen Verursachung von Erkenntnis durch Sprachzeichen und deren Voraussetzung vgl. z.B. JOHANNES DE ORIA, Summularum vol. primum (1987) 157f: „... signa ad placitum significantia ponuntur ut, mediantibus ipsis, habeatur noticia de suis significatis: si, ergo, necessario presupponunt talem noticiam, quomodo mediantibus ipsis habetur. Respondetur, ponendo ...: duplex est noticia, scilicet habitualis et actualis; licet signum ad placitum significans presupponat noticiam habitualem, que est species intelligibilis ... tamen mediante ipso instrumentaliter seu occasionaliter habetur noticia actualis. Et sie patet quomodo representat rem de novo, quia actualiter, necessario presupponendo earn representatam habitualiter."

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Terminologie hier völlig im Einklang,118 ein mehrfach verwendetes „occasionem dare". 119 Der Wert des Modells des willkürlichen Zeichens besteht für Descartes somit darin, daß es genau für jene beiden Probleme, die sich aus seiner Metaphysik der zwei Substanzen für die Erkenntnis ergeben mußten, eine Lösung bereitstellte. Denn einerseits konnte mit ihm gezeigt werden, daß durch das Zeichen ohne irgendeine physische Einwirkung allein aufgrund einer moralischen oder occasionellen Exzitation auf Seiten des Zeicheninterpreten eine Idee hervorgerufen werden kann. Und andererseits machte es deutlich, daß das Funktionieren dieses Zeichens keinerlei Ähnlichkeit desselben zum Signifikat voraussetzt, sondern allein durch eine willentliche Einsetzung hinreichend begründet werden kann. Die Sache hat allerdings einen Haken: Sprache ist ein System120 rememorativer Zeichen. 121 Jede zeichenvermittelte rememoratio jedoch setzt eine zuvor erfolgte unmittelbare Wahrnehmung des Erinnerten voraus, exzitiert nur, was bereits habituell bekannt ist. Insofern hatte schon Augustinus betont, daß eher das Zeichen durch die zuvor erkannte Sache als umgekehrt durch das gegebene Zeichen die Sache selbst gelernt werde („magis signum re cognita quam signo dato ipsa res discitur").122 Man kann reden soviel man will, hat der Hörer nicht bereits ein Erkenntnisbild der Sache, über die gesprochen wird, in sich, wird in ihm kein Begriff derselben verursacht („quantumcumque sermo proferretur, si audiens non haberet in se speciem rei prolatae, nullus conceptus causaretur in eo de illa re"). 123 Und diese species, dieser Begriff der Sache, kann eben nur aus der sinnlichen Wahrnehmung selbst gewonnen werden.124 Die Kenntnis der Dinge

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Vgl. R. SPECHT, Über 'occasio' und verwandte Begriff vor Descartes: Archiv für Begriffsgeschichte 15 (1971) 215-155; DERS., Über Occasio' und verwandte Begriffe bei Zabarella und Descartes: Archiv für Begriffsgeschichte 16 (1972) 12-27; DERS., Commercium mentis et corporis (1966) Kap. 2. Vgl. z.B. DESCARTES, Dioptrique, disc. 4 (AT VI, 114, 1-11), s. Anm. 105; Notae in programma quoddam (AT VIII/2, 360), s. Anm. 161. Die Verwendung des Begriffs des Zeichensystems zur Bestimmung von Sprache ist hierbei durchaus nicht anachronistisch. Vgl. J. H. BLSTERFELD, Philosophiae primae seminarium (1657) 219: „Inter signa humana, excellunt voces articulatae, pronuntiatae, vel scriptae, quarum systema dicitur linguae." JOHANNES DUNS SCOTUS, OX. IV, d. 1 q. 4, op. omn. (1639) 8.90a: „Sermo audibilis est signum rememorativum respectu conceptus..." AUGUSTINUS, De magistro X, 33.

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JOHANNES DUNS SCOTUS, ΟΧ. I V , d . 1 , q. 4 , op. omn.

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Vgl. B. COLUMBUS, OFM, Novus cursus philosophicus (1669) 217b: „(Vox) ut est significativa ... est signum rememorativum, cuius notitia habetur apud illos, qui impositio ipsius vocis significativae innotescit. ... observo nos non duci in cognitionem rei, cui vox imponitur, nisi prius per speciem noverrimus earn rem, quae voce afficitur: quando autem eius cognitionem habitualem habemus, audientes vocem, nobis comparamus actualem notitiam per eamdemmet vocem tatnquam per signum rememorativum..."

(1639) 91a.

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liegt dem Funkrionieren von Sprache vorauf und zugrunde. 125 Wenn nun Descartes die rememorative und exzitative Funktionsweise sprachlicher Ausdrücke zum Modell für die Erklärung der perzeptiven Erkenntnis äußerer Dinge nimmt, so muß sich daraus zwangsläufig ein recht intrikates Problem ergeben. Das Modell der sprachlichen Bezeichnung soll bei ihm nämlich genau dasjenige erklären, was nach gängigem Verständnis gerade die Voraussetzung für jedes Funktionieren sprachlicher Bezeichnung darstellt: die unmittelbare, jedenfalls nicht sprachlich vermittelte Erkenntnis der Dinge. Die Konsequenz kann nur sein, daß die Kenntnis der Signifikation der Zeichen, weil sie eben nicht durch sinnlich Erfahrung 'von außen' erlernt sein kann, je schon 'im Innern' angelegt, sprich angeboren ist. Die Annahme angeborener sinnlicher Ideen ist damit bereits für die Gewährleistung der einfachen perzeptiven Wahrnehmung erforderlich. Sie ist die Voraussetzung für das Funktionieren der natürlichen Sprache der Erkenntnis. Denn nur so kann der Geist sich, veranlaßt durch die körperlichen Signale, die entsprechenden sinnlichen Idee vorstellen. 126 Das Angeborensein der Ideen heißt jedoch nichts anderes, als daß der Mensch das Vermögen besitzt, 127 auf die entsprechende „occasio" hin sich selbst die Ideen zu repräsentieren, d.h. jene Ideen zu bilden, 128 durch die uns die Dinge repräsentiert werden, genau so, wie es unsere facultas cogitandi

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Vgl. B. MASTRIUS DE MELDULA / B. BELLUTUS, OFM, Disp. in Organum Aristotelis (1644) 2 6 3 a : „...cum ...vox sit accidens materiale, non potest habere vim producendi cognitionem intellectus, quae spiritualis est. ...vox tantum immutat sensum auditus... auditu tamen immutato a voce significativa immutatur phantasia, et memoria, et rememoratur rei, cui tale nomen fuit impositum, et sic excitât intellectum ad considerationem illius rei, cuius prius habuit notitiam, non enim moveret, et excitaret, nisi res, cui imponitur, prius fuerit sibi nota, et quod ad rem illam significandam imponebatur... E x hoc colligitur, quod ut vox significativa suum munus exerceat, ducat scilicet mentem audientis in cognitionem rei significatae, triplex notitia requiritur, tum ex parte loquentis, tum audientis, notitia scilicet ipsius vocis, significationis eius, et rei significatae per ipsam." Vgl. DESCARTES, Notae in Programma quoddam (AT VIII/2.359): „Quippe nihil ab objectis externis ad mentem nostram per organa sensuum accedit, praeter motus quosdam corporeos ..., sed ne quidem ipsi motus, nec figurae ex iis ortae, a nobis concipiuntur, quales in organis sensuum fiunt... Unde sequitur, ipsas motuum et figurarum ideas nobis esse innatas. Ac tanto magis innatae esse debent ideae doloris, colorum, sonorum, et similium, ut mens nostra possit, occasione quorundam motuum corporeorum, sibi eas exhibere; nullam enim similitudinem cum motibus corporeis habent." Ebd. 3 5 7 : „Non ... umquam scripsi vel judicavi, mentem indigere ideis innatis, quae sint aliquid diversum ab ejus facúltate cogitandi..." EBD. 3 5 8 f : „... quisquís recte advertit, quousque sensus nostri se extendant, et quidnam sit praecise, quod ab illis ad nostram cogitandi facultatem potest pervenire, debeat fateri, nullarum rerum ideas, quales eas cogitatione formamus, nobis ab illis exhiberi. Adeo ut nihil sit in nostris ideis, quod menti, sive cogitandi facultati, non fuerit innatum, solis iis circumstantiis exceptis, quae ad experientiam spectant: quod nempe judicemus, has vel illas ideas, quas nunc habemus cogitationi nostrae praesentes, ad res quasdam extra nos positas referri: ( 3 5 9 ) non quia istae res illas ipsas notrae menti per organa sensuum immiserunt, sed quia tamen aliquid immiserunt, quod ei dedit occasionem ad ipsas, per innatam sibi facultatem, hoc tempore potius quam alio, efformandas."

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ist, aus der die Ideen stammen, die uns, wenn wir W ö r t e r hören, deren Signifikate repräsentieren. 1 2 9 Genau dieser Punkt wurde später zum Gegenstand der Kritik von Seiten Malebranches. Das von Descartes entwickelte Modell der Erklärung perzeptiver W a h r n e h mung als einer Art göttlich instituierter Zeichensprache hat jedoch - trotz gelegentlicher Kritik 1 3 0 - schnell eine weite Verbreitung erlangt. Es kann in der auf Descartes reagierenden Schulphilosophie sogar wieder an jene Systemstelle zurückwandern, von der her Descartes es offenbar entwickelt hatte, die Theorie des Zeichens im Rahmen der Perihermeneias-Kommentiemng. Duhamel erläutert hieran die Distinktion von signum bitrarium,131

naturale

Jean-Baptiste und signum

ar-

indem er die göttlich instituierte Verbindung der körperlichen

Bewegung oder zerebralen vestigia und der Perzeptionen als einen natürlichen Zeichenzusammenhang den menschlich eingesetzten sprachlichen Ausdrücken gegenüberstellt. Hatte Descartes jenen nach dem Modell der sprachlichen Bezeichnung konzipiert, so wird er hier genau zum Exempel des natürlichen Zeichen.

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Ebd. 360f: „... observatio, si fiat per visum, nihil propria sua vi mente exhibet praeter picturas, et quidem picturas ex sola motuum quorundam corporeorum varietate constantes...; si per auditum, nihil praeter verba et voces ... Et sane, quod visus nihil praeter picturas, nec auditus praeter voces vel sonos, proprie ac per se exhibeat, unicuique est manifestum: adeo ut illa omnia quae praeter istas voces vel picturas cogitamus tanquam earum significata, nobis repraesententur per ideas non aliunde advenientes quam a nostra cogitandi facúltate, ac proinde cum ilia nobis innatas, hoc est potentia nobis semper inexistentes..."; vgl. A. ARNAULD/ P. NICOLE, L'art de penser (1965) 46: „II est donc faux que toutes nos idées viennent de nos sens; mais on peut dire au-contraire, que nulle idée qui est dans notre esprit ne tire son origine des sens, sinon par occasion, en ce, que les mouvemens qui se font dans notre cerveau, qui est tout ce que peuvent faire nos sens, donnent occasion à l'ame de se former diverses idées qu'elle ne se formeroit pas sans cela..." J. GLANVILLE (The Vanity of Dogmatizing, 1661) fragt im Zusammenhang mit der Darstellung der erkenntnistheoretischen Konsequenzen des Leib-Seele-Dualismus (...body cannot act on any thing but by motion; motion cannot be received but by quantitative dimension; the soul is a stranger to such gross substantiality, and hath nothing of quantity..., p. 29): „... by what Art doth the soul read that such a ... stroke in matter ... signifies such an object? Did we learn such an Alphabet in our Embryostate?" (30) und bestreitet, daß „the Philosophy of the most ingenious Des-Cartes help us out: For that striking upon divers filaments of the brain cannot well be supposed to represent their respective distances, except some ... kind of Inference be alloted us in our faculties; the concession of which will only steed us as a Refuge for Ignorance" (3 If). J. B. DUHAMEL, Philosophia vêtus et nova (1682) 182: „Est ¡taque connexio quaedam necessaria inter signa naturalia, et res ipsas, quae ab iis repraesentarentur. Sic impressio ilia, quam arbor visa cerebro infigit, cum idea arboris est necessario connexa; non item vox ilia „arbor" cum idea vel notione arboris est colligata: prior quidem ab authore naturae; posterior ab hominum volúntate profecta est. Sic enim Deus animum cum corpore conjunxit, ut certos corporis motus, aut certa vestigia cerebri quaedam perceptiones, vel ideae consequantur, ac vicissim..."

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In England übernimmt der Cambridger Platoniker Ralph C u d w o r t h das M o dell der durch das Zeichen regulierten „magicall union" von Körper und Geist, wenn er betont, daß Sense ... is but a kind of Speech, (if I may so call it) Nature as it were talking to us in the Sensible Objects without, by certain Motions as Signs from thence Communicated to the Brain. 1 3 2 Eine solche Adaptation bot sich hier an. Denn in Cudworth's Darstellung werden die deutlichen Parallelen der cartesischen Theorie zu jener Konzeption sinnlicher W a h r n e h m u n g präsent, die schon T h o m a s von Aquin als die platonische beschrieben hatte. 1 3 3 Die sprachliche Bezeichnung wird bald zum Paradigma der Beschreibung des Leib-Seele-Verhältnisses. In Deutschland übernimmt Johannes Clauberg dieses M o d e l l . 1 3 4 Daß die körperlichen Zeichen von Sprache, Schrift und Gesten tatsächlich ihre Funktion der Expression von Gedanken erfüllen können, obwohl R. CUDWORTH, A Treatise Concerning eternal and Immutable Morality (1731): 214; vgl. ebd. 215f: „... as in Speech, when Men talk to one another, they do but make Certain Motions upon the Air, which cannot Impress their Thoughts upon one another in a Passive Manner; but it being first consented to and agreed upon, that such certain Sounds shall signify such Ideas and Cogitations, he that hears those Sounds in Discourse, doth not fixe his Thoughts upon the Sounds themselves, but presently Exerts from within himself (216) such Ideas and Cogitations as those Sounds by Consent signify, though there be no Similitude at all betwixt those Sounds and Thoughts. Just in the same manner Nature doth as it were talk to us in the Outward Objects of Sense... only by certain Local Motions from them, as it were dum Signs made in the Brain; It having Constituted and Appointed by Nature's Law, that such Local Motions shall signify such Sensible Ideas and Phantasms, though there be no Similitude at all betwixt them ... as there is non Similitude betwixt many Words and Sounds, and the Thoughts which they signify." 133 vgl. Ebd. 214f: „... all Perception whatsoever is a Vital Energy, and not a Meer Dead Passion; ... there is nothing Communicated in Sensation from the Material Objects without, but only Certain Local Motions, that are propagated from them by the Nerves into the Brain; which Motion cannot propagate themselves Corporeally upon the Soul, because it penetrates and runs through all the Parts of its own Body. But the Soul, by reason of that Vital and Magical Union which is between it and the Body, sympathizing with the several Motions of it in the Brain, doth thereupon exert Sensible Ideas or Phantasms within it self, whereby it perceives or takes Notice of Objects Distant from the Brain, either within or without the Body. Many of which Sentiments and Phantasms have no Similitude at all, either with those Local Motions made in the Brain, or with the Objects without... „; vgl. THOMAS VON AQUIN, Sth I q. 84 a. 6: „Sensum ... posuit [sc. Plato] virtutem quamdam per se operantem. Unde nec ipse sensus, cum sit quaedam vis spiritualis, immutatur a sensibilibus; sed organa sensuum a sensibilibus immutantur; ex qua immutatione anima quodammodo excitatur, ut in se species sensibilium formet." 134 Vgl. J. CLAUBERG, Exercitationes de cognitione Dei et nostri, in: Op. omn. philos. (1691) 753: „Ad rationem dubitandi allatam, quod inter corporis motus et animi cogitationes nulla sit affinitas, responderi potest, quod etiam inter conceptus nostros et vocabula quibus illos exprimimus nulla sit cognatio naturae; sed quod haec vocabula ad hos conceptus designandos inventa et adhibita sint, id totum ex arbitrio et beneplacito humano pendeat. Ita ergo etiam se res habet cum motibus nostri corporis et cogitationibus mentis, quae ex institutione et beneplacito Dei talem inter se nexum habent, qualem habere experimur." 132

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zwischen ihnen auf der einen und den geistigen pensées auf der anderen Seite des metaphysischen Hiatus keinerlei Ähnlichkeit besteht, hält auch Cordemoy für „une des principales choses" der Betrachtung des Zeichens. 135 Er sieht darin nämlich das „schönste Mittel", das „Geheimnis" der Verbindung von Leib und Seele zu erkennen; bzw. zu erkennen, daß es hier im Grunde ein Geheimnis nicht gibt. Denn wenn es bereits den Menschen möglich ist, durch bloße Einsetzung gewisse körperliche Bewegungen mit bestimmten geistigen Gedanken zu verbinden, dann wird es keine Schwierigkeit machen, zu begreifen, daß auch der „Auteur de la nature" imstande war, eine solche Verbindung zwischen den Bewegungen des Körpers und den Gedanken einzusetzen. 136 Hatte bereit Augustinus das Verhältnis von Leib und Seele am Gleichnis der Konstitution des Sprachzeichens aus sonus und significatio veranschaulicht,137 so wird hier erneut der signifikative sprachliche Ausdruck gleichsam zum Modell des Menschen. Dieses Konzept eines nach dem Paradigma der Signifikation willkürlicher Sprachzeichen geregelten Zusammenhanges von körperlichen und mentalen Prozessen stellt eine Möglichkeit dar, das insbesondere in der Wahrnehmung zutage tretende Problem der Vermittlung von Geist und Körperlichkeit ohne Rekurs auf die Annahme einer kausalen Beeinflussung - und sei es auch nur metaphorisch - in den Griff zu bekommen.

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G. DE CORDEMOY, Discours physique de la parole (1968) 209: „Une des principales choses, que je trouve digne de consideration touchant ces signes, est qu'ils n'ont aucune conformité avec les pensées, que l'on y joint par institution. En effet, soit que nous exprimions nos pensées par des gestes, par des discours, ou par des caracteres, qui sont les trois sortes de signe les plus ordinaires, par lesquels nous fassions connoître nos pensées, nous ne voyont bien ... qu'il n'y a rien de moins ressemblant à nos pensées, que tout ce qui nous sert à les expliquer." Ebd. 210: „Mais ce que je trouve de plus admirable en cela, c'est que cette extrême difference qu'il y a entre ces signes et nos pensées, en nous marquant celle qui est entre nôtre corps et nôtre ames, nous donne en même temps à connoître tout le secret de leur union. Au moins il me semble que cette étroite union, que la seule institution des hommes est capable de mettre entre certains mouvemens exterieurs, et nos pensées, est ... le plus beau moyen de concevoir en quoy consiste véritablement l'union du corps et de l'ame. Car enfin, si l'on conçoit que les hommes puissent par institution joindre certains mouvemens à certaines pensées, on ne doit pas avoir de peine à concevoir que l'Auteur de la nature, en formant un homme, unisse si bien quelque pensées de son ame à quelques mouvemens de son corps, que ces mouvemens ne puissent être excitez dans les corps, qu'aussi-tôt des pensées ne soient excitées en l'ame; et que réciproquement, dés que l'ame veut que le corps soit mû d'une certain façon, il le soit en même temps." R. SPECHT hat durchaus Recht mit seiner bezüglich dieser Ausführungen geäußerte Vermutung (Commercium mentis et corporis (1966) 144): „Vielleicht ist das ein Hinweis auf den sprachphilosophischen Hintergrund der cartesischen Lehre von der Sinnlichkeit." Vgl. AUGUSTINUS, De quantitate animae, XXXII 66 (PL 32, 1072).

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2. Repräsentation und Zeichen in der Arnauld-Malebranche-Kontroverse Bei Malebranche führt die Einsicht, daß die äußeren Dinge lediglich Gelegenheitsursachen der menschlichen Erkenntnis sein können, bekanntlich zu anderen theoretischen Konsequenzen. Zentral für diesen Zusammenhang sind die ersten sechs Kapitel des 2. Teils vom 3. Buch seiner Recherche

de la

vérité.

Nachdem er hier das Erkenntnisproblem zunächst in einer Weise exponiert, die nicht anders als traditionell zu nennen ist, präsentiert Malebranche vier Lösungsmodelle, nach deren Abweisung allein seine Lehre, „Que nous voyon toutes choses en Dieu", als wahrscheinlich und plausibel übrig bleiben wird. Den sechs Kapitel unterliegt folgende Argumentationsbewegung 138 : Da nur erkannt werden kann, was der Seele präsent und mit ihr „intimement unie" ist, die äußeren, entfernten und materiellen Dinge dies beides aber nicht sind und an sich selbst nicht sein können, bedarf es einer repräsentierenden Instanz, der Ideen (Kap. I ) . 1 3 9 Ausgangspunkt ist also auch für Malebranche genau jenes Argument, mit dem innerhalb der Schulphilosophie die Notwendigkeit der species und bei Locke die der Ideen begründet wird. Die species hatten, wie gesehen, die Funktion, sowohl die räumliche wie die metaphysische Distanz zwischen dem materiallem Erkenntnisobjekt und dem immateriellen Erkenntnisvermögen zu überbrücken und hierdurch beides zu vereinen. Beide Momente, die Präsenz des Abwesenden 140 und die innerliche

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Im Hintergrund der Präsentation der verschiedenen Meinungen scheint die Quaestio 84 des ersten Teils der Summa theologica des Thomas von Aquin („quomodo anima corpori conjuncta intelligat corporalia quae sunt infra ipsam") zu stehen, in der ein analoges Spektrum von Lösungsmodellen - wenngleich selbstverständlich mit ganz anderem Ergebnis - erörtert wird (Art. 2 : „Utrum anima per essentiam suam corporalia intelligat"; Art. 3 : „Utrum anima intelligat omnia per species sibi naturaliter inditas"; Art. 5: „Utrum anima intellective cognoscat res immateriales in rationibus aeternis"; Art. 6 : „Utrum intellective cognitio accipiatur a rebus sensibilibus"). Diese bekannte Exposition des Problems der Erkenntnis äußerer Dinge benutzt Malebranche als Folie, um verschiedene Aspekte der cartesischen bzw. cartesianischen Erkenntnislehre zu problematisieren. N. MALEBRANCHE, Recherche de la vérité III, 2, 1, $ 1, Œuvres complètes, hg. A. Robinet (1958-67) 1.413f.: „Je croi que tout le monde tombe d'accord, que nous n'appercevons point les objects qui sont hors de nous par eux-mêmes. Nous voyons le Soleil, les Etoiles, et une infinité d'objects hors de nous; et il n'est pas vraisemblable que l'ame sort du corps, et qu'elle aille, pour ainsi dire, se promener dans les cieux, pour y contempler tous ces objects. Elle ne les voit donc point par eux-mêmes, et l'objet immédiat de nôtre esprit, lorsqu'il voit le Soleil par example, n'est pas le Soleil, mais quelque chose (114) qui est intimement unie à nôtre ame; et c'est ce que j'appelle idée. Ainsi par le mot idée je n'entends ici autre chose, que ce qui est l'objet immédiat, ou le plus proche de l'esprit, quand il apperçoit quelque objet, c'est-à-dire ce qui touche et modifie l'esprit de la perception qu'il a d'un objet." Ebd. 4 1 4 : „II faut bien remarquer qu'afin que l'esprit apperçoive quelque objet, il est absolument nécessaire que l'idée de cet objet lui soit actuellement présente..."

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Vereinigung des Unvereinbaren 1 4 1 , sind auch für Malebranche Voraussetzung der Erkenntnis materieller Dinge. N a c h d e m jedoch im Anschluß an Descartes feststeht, daß die die Erkenntnis erst ermöglichende geistige Präsenz der Dinge nicht durch die Annahme von species geleistet werden kann (Kap. 2 ) , bleibt zu klären, was dann dasjenige ist, welches die Repräsentation gewährleistet. Die folgenden drei Kapitel thematisieren unterschiedliche Lösungsvarianten, in denen die Seele selbst - sei es durch ein aus eigener Kraft erfolgendes „se représenter" (Kap. 3 ) , sei es mittels angeborener Ideen (Kap. 4 ) , 1 4 2 sei es mittels ihrer eigenen Wesenheit (Kap. 5 ) 1 4 3 - diese Repräsentation leistet. N a c h d e m diese im Einzelnen zurückgewiesen worden sind, wird als einzig mögliche Lösung die Repräsentation der Dinge durch die göttlichen Ideen übrig bleiben. Sicherlich ist Gouhier darin zuzustimmen, daß die vier der Formulierung seiner eigenen Position voraufgehenden Kapitel nicht als „histoire du problème de la connaissance" zu lesen sind und in erster Linie zum Beweis der letzteren dienen sollen. 1 4 4 Das heißt aber keineswegs, daß der kritische Aspekt dieser Aufzählung akzidentell 1 4 5 wäre. Vielmehr hat m.E. Alquié zu Recht betont, daß in den drei auf die offensichtlich in Anlehnung an Descartes geführte Polemik gegen die Speziestheorie der „Peripatetiker" 1 4 6 folgenden Positionen jeweils un-

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Ebd. 416: „... choses matérielles ... certainement ne peuvent s'unir à nôtre ame, de la façon qui est nécessaire afin qu'elle les apperçoive: parce qu'étant étenduës, et l'ame ne l'étant pas, il n'y a point de rapport entr'elles." N . MALEBRANCHE, Recherche de la vérité III, 2, 4, Œuvres (1958-67) 1.429ff. Das Zentrum der Argumentation Malebranches hinsichtlich dieser Meinung liegt darin, daß auch unter der Voraussetzung von - aufgrund des Sparsamkeitsprinzips („Dieu agit toujours par les voyes les plus simples") gleichwohl abzulehnenden - angeborenen Ideen, diese nicht in suffizienter Weise die repräsentierende Erkenntnistätigkeit der Seele begründen könnten, da bereits die Auswahl der jeweils zu dem von den Dingen allein mitgeteilten mechanischen Bewegungsreiz passenden Idee ein unlösbaren Problem darstellen würde (ein Problem, das für Descartes durch das Modell der 'Natursprache' als gelöst galt). Vgl. 431: „... Quand même l'esprit auroit un magazin de toutes les idées qui lui sont nécessaires pour voir les objets, il seroit néanmoins impossibles d'expliquer comment l'ame pourroit les choisir pour se les représenter... On ne peut donc pas dire que les idée des choses soient créees avec nous, et que cela suffit afin que mous voyons les objets qui nous environnent." (Hervorhebung von mir). Ν. MALEBRANCHE, Recherche de la vérité III, 2, 5, Oeuvres (1958-67) 1.433ff. Malebranche richtet sich hier gegen das Konzept einer von der Bestimmung der Ideen als bloße Modifikationen der Seele getragenen Möglichkeit eines „se représenter" aller Dinge. Vgl. 433: „... la difficulté est de sçavoir, si les idées qui représentent quelque chose qui est hors de l'ame, et leur ressemble en quelque façon, comme les idées du Soleil, d'une maison ... Sec. ne sont que des modifications de l'ame: de sorte que l'esprit n'ait besoin que de lui-même, pour se représenter toutes les choses qui sont hors de lui." (Hervorhebung von mir). HENRI GOUHIER, La philosophie de Malebranche et son expérience religieuse ( 1 9 4 8 ) 2 2 4 . Ebd. Ν. MALEBRANCHE, Recherche de la vérité III, 2, 2, Œuvres (1958-67) 1.418ff. Hierbei vermischt Malebranche jedoch, wenn er die „espèces impresses" als „petits corps" beschreibt (419), die „commune opinion ... des Peri patetici ens" (418) mit Elementen der von dem

Das Zeichen in der Theorie der perzeptiven Erkenntnis

365

terschiedliche Aspekte der cartesischen Theorie selbst thematisiert werden. 1 4 7 Das Hauptanliegen Malebranches ist die Zurückweisung der verschiedenen Varianten einer jeweils in der Figur des se représenter

zum Ausdruck kommen-

den 1 4 8 Annahme der Selbstsuffizienz und Eigentätigkeit des menschlichen Erkenntnisvermögens, denn: „Non sumus sufficientes cogitare aliquid a nobis, tamquam ex nobis, sed sufficientia nostra ex Deo est", wie er mit Paulus sagt. 1 4 9 Am deutlichsten kommt dies im 3. Kapitel zum Ausdruck, wo er die Meinung jener attackiert, qui croyent, que nos ames ont la puissance de produire les idées des choses ausquelles elles veulent penser: qu'elles sont excitées à les produire par des impressions que les objects font sur le corps, quoique ces impressions ne soient pas des images semblables aux objets qui les causent.150 Die Annahme eines solchen, die Partizipation an der göttlichen Potenz voraussetzenden 1 5 1 „se représenter les objets" lehnt er als Ausdruck menschlicher Selbstüberschätzung entschieden ab: Cette participation à la puissance de Dieu, que les hommes se vantent d'avoir pour se représenter les objets... est une participation qui semble tenir quelque chose de l'indépendance, comme on l'explique ordinairement. Mais cette aussi une participation chimérique, que l'ignorance et la vanité des hommes leur a fait imaginer. Ils sont dans une dépendance bien plus grande qu'ils ne pensent de la puissance et de la bonté de Dieu... 152 Wenngleich vielfach gerade hinsichtlich dieser Meinung die Schwierigkeit einer eindeutigen historischen Identifizierung bekundet wird, 1 5 3 liegen die Bezüge m.E. offen auf der Hand. Ein unmittelbarere Bezug ergibt sich zu Louis De la Forge, der das menschliche Vermögen des „se représenter toutes choses à luy mesme" unter Hinweis auf dessen Partizipation am göttlichen Geist begründet hatte. 1 5 4 dezidierten Antiperipatetiker Gassendi vertretenen epikureischen Eidola-Lehre. Vgl. F. Le Cartésianisme de Malebranche (1974) 191f. F . ALQUIÉ, Le Cartésianisme de Malebranche ( 1 9 7 4 ) 1 9 1 . Vgl. Anni. 142 u. 143. Ν . MALEBRANCHE, Recherche de la vérité, Œuvres (1958-67) 1.439; vgl. 2 Korinther 3. 5. Ν . MALEBRANCHE, Recherche de la vérité, Œuvres ( 1 9 5 8 - 6 7 ) 1 . 4 2 2 . Ebd.: „Iis prétendent que c'est en cela que l'homme est fait à l'image de Dieu, et qu'il participe à sa puissance." Ebd. 422; (Hervorhebung von mir). F . ALQUIÉ, Le Cartésianisme de Malebranche ( 1 9 7 4 ) 1 9 2 ; vgl. G . RODIS-LEWIS, Notes de l'éditeur, in: N . MALEBRANCHE, Recherche de la vérité, Œuvres ( 1 9 5 8 - 6 7 ) 1 . 5 2 4 F , n. 3 4 4 . L. DE LA FORGE, Traité de l'esprit de l'homme (1974) 175: „... comment il est possible que des choses Spirituelles, telles que sont les idées ou les formes de nos pensées, nous puissent faire concevoir les Corps et ses proprietez, avec lesquelles elles n'ont aucun raport ny ressemblance. Cela n'est pas sans difficulté; mais néanmoins vous ne devez pas douter de ce que ie viens de dire, principalement si vouz prenez garde à deux choses. La premiere, que l'Esprit estant une chose qui pense, sa nature est nécessairement telle qu'il peut par ses propres pensées se représenter toutes choses à luy mesme [Hervorhebung von mir]; Et la seconALQUIÉ,

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Aber auch Descartes hatte in Le monde deutlich betont - und De la Forge hatte diese Stelle ausführlich zitiert155 -, daß es unsere Seele selbst sei, die auf Veranlassung durch mechanische Bewegungsreize hin „nous represente l'idée de la Lumiere". Diese Formel des 'se représenter' oder, lateinisch: des 'sibi aliquid repraesentare' (sich etwas vorstellen) ist in der mittelalterlichen Terminologie nicht - oder allenfalls in bezug auf das göttliche Erkennen156 - nachweisbar. Denn dort ist es stets der geistige Begriff und nicht die Seele selbst, welcher ihr etwas repräsentiert. Hat sie auch - vorbereitet durch die spätmittelalterliche Figur des 'effective repraesentare'- in der cartesianischen Erkenntnislehre nicht ihren Ursprung,157 so scheint sie doch gerade hier in terminologischer Weise158 gebräuchlich geworden zu sein.159 Ihre Verwendung war hier insofern nahegede, que nostre Esprit est divinae quasi partícula mentís. O r cét Esprit Infiny qui connoist toutes choses par luy mesme, ne pourroit pas connoistre les Corps, s'il estoit impossible que sa pensées, toutes Spirituelle qu'elle est, les luy put représenter. Il n'y a donc point d'inconvenient de dire, que nos Idées, quoy que Spirituelles, ont le pouvoir de nos faire concevoir les Corps aussi bien que les Esprits; Au contraire, nous devons croire que c'est une suite de l'essence de la pensée, de pouvoir représenter l'objet auquel nous pensons, et d'en estre ainsi l'image et le tableau." 155 156 157

Ebd. 168f. Vgl. Kap.III, Anm. 88. Bereits Hurtado hatte das signum formale, bzw. die cognitio Formalzeichen oder die „repraesentatio formalis" des Erkenntnisgegenstandes als jenes Zeichen beschrieben, durch welches wir uns den Gegenstand vorstellen, ohne daß es dazu noch eines anderen Zeichens bedarf; vgl. P. HURTADO DE MENDOZA, SJ, Disp. de universa philosophiae ( 1 6 1 7 ) 8f: „ H o c signum [sc. formale] est cognitio, quae est formalis repraesentatio obiecti, signum expressum sive species expressa illius, unde per ilia nobis repraesentamus obiectum, quin sit necessarium aliud signum, quod est esse signum formale."

158

Das ist insofern zu betonen, als das Französische auch einen unspezifischen Gebrauch im Sinne des „s'imaginer" kennt. Und in diesem Verständnis kann selbst Malebranche das „se représenter" verwenden. Vgl. MALEBRANCHE, Recherche de la vérité, Œuvres (1958-67) 1 . 4 2 9 : „...il faut se représenter..."; ebd. 1 . 2 5 7 : „Représentons-nous quel seroit l'etonnement des hommes..."

159

Descartes verwendet mehrfach bedeutungsgleich hierzu auch die Formel des „sibi exhiberi"; vgl. Notae in programma quoddam (AT VIII/2.359, s. Anm. 3 4 ) . Die Ubersetzung von Clerselier sowie D e la Forge, der auch diese Stelle zitiert, gibt dies als „se représenter" wieder; vgl. L. DE LA FORGE, Traité de l'esprit de l'homme ( 1 9 7 4 ) 172. Chauvin wird diese Stelle später unter Verwendung von „res sibi praesens facere" referieren, vgl. E. CHAUVIN, Lexicon philosophicum ( 1 7 1 3 ) 6 2 2 b : „... species impressa nihil aliud est, quam motus aliquis ab objectis mediate, vel immediate, exterioribus corporis partibus impressus, indeque per nervös ad cerebrum transmissus; vel certa fibrarum cerebri commotio, ex spiritum animalium, in cerebro decurrentium, agitatione procedens: quae, cum nulla habeant cum rebus objectis naturae similitudinem, nulla alia de causa earum habentur repraesentamina, quam quod ipsorum occasione mens res sibi faciat praesentes, easdemque in ideis suis exinde nascentibus contempletur." Vgl. ANTOINE LE GRAND, Institutio philosophiae secundum Principia Renati Descartes, P. VIII c. 10 ( 4 London 1 6 8 0 ) 5 7 8 : „Ita ... sumus a natura comparati, ut occasione quorundam motuum, qui in organis fiunt, quasdam in mente ideas rerum ac figuras nobis repraesentemus." (zit. n. W . HAMILTON, The Cartesian Theory of Perception and Ideas, in: TH. REID, Philosophical Works ( 1 8 9 5 ) 9 6 4 ) . In der Logik von Port-Royal heißt es, „la forme par laquelle nous nous représentons ces choses, s'appelle idée." (A. ARNAULD / P.

Das Zeichen in der Theorie der perzeptiven Erkenntnis

367

legt, als der menschliche Geist nach Descartes, Arnauld u.a. als aktives Vermögen der Hervorbringung der - ihm gleichwohl angeborenen - Ideen 1 6 0 selbst die „causa p r ó x i m a " der Repräsentation ist. 1 6 1 Und genau das war für Malebranche das hauptsächliche Skandalon, gegen das sich seine Kritik an der Erkenntnislehre der „Messieurs les Cartésiens" richtete. 1 6 2 Die „faculté de penser", auf welche jene sich beriefen, durfte nach Malebranche nicht als ein aktives sondern mußte vielmehr als ein passives Vermögen verstanden werden: „Je sçai bien que l'ame est capable de penser; mais je sçai aussi que l'étendue est capable de figures". Die Seele ist des Wollens in derselben Weise fähig, wie die Materie der Bewegung. 1 6 3 Sie will nicht, denkt nicht, sondern wird wollen und denken gemacht.

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NICOLE, L'art de penser (1965) 37). Ebenso bestimmt Arnauld, „apercevoir une chose, en avoir la perception, et se la représenter à l'esprit, sont la même chose." (A. ARNAULD, Défense de M. Amauld (1775-83) 38.588). Von Arnauld abhängig ist M. FARDELLA, Universae philosophiae systema, t.l (1691) 136: „Quaelibet Idea duo necessario respicit, videlicet Mentem, tamquam principium, et subiectum, cui inest, et obiectum, quod Mens per Ideam sibi repraesentat..." Vgl. auch J. CLAUBERG, Metaphysial, XXI, η. 331, Op. omn. philos. (1691) 337: „Mens de Deo cogitane est causa ideae seu notionis, quatenus intus operando Deum sibi repraesentat: atqui Deus est causa exemplaris illius ideae...". G. O. GRIMMIUS (Disputatio inauguralis philosophica De Signis (1695) 5) sieht später in dem Vermögen des „sibi aliquid repraesentare" gerade eine Prärogative des Geistes: „Notandum enim est, sibi aliquid per signa posse repraesentare, perfectionem esse aliquam, et mentis prae brutis praerogativam..." Vgl. A. ARNAULD / P. NICOLE, L'art de penser (1965) 45: „... les idées de l'être et de la pensée ne tirent en aucune sort leur origine des sens, mais ... notre ame a la faculté de les former de soi même, quoiqu'il arrive souvent qu'elle est excitée à le faire par quelque chose qui frappe les sens; Comme un peintre peut être porté à faire un tableau par l'argent qu'on lui promet, sans qu'on puisse dire pour cela que le tableau a tiré son origine de l'argent."; vgl. R. CUDWORTH, A Treatise Concerning eternal and Immutable Morality, (1731) 188: „... there are many Ideas of the Mind, which, though the Cogitations of them be often occasionally invited from the Motion or Appulse of Sensible Objects without made upon our Bodies; yet notwithstanding the Ideas themselves could not possibly be stamped or Impressed upon the Soul from them, because Sense takes no Cognizance at all of any such Things in those Corporeal Objects, and therefore they must needs arise from the Innate Vigour and Activity of the Mind it self." Vgl. DESCARTES, Notae in programma quoddam (AT VIII/2, 360): „... aliquid dici posse ex alio esse, vel quia hoc aliud est causa ejus próxima et primaria, sine qua esse non potest; vel quia est remota et accidentaria duntaxat, quae nempe dat occasionem primariae, producendi suum effectum uno tempore potius quam alio. Sic artifices omnes sunt operum suorum causae primariae et proximae; qui vero jubent, vel mercedem promittunt, ut illa faciant, sunt causae accidentariae et remotae..." Das hier verwendete Beispiel zur Erklärung der occasionellen Verursachung, das in ähnlicher Form auch in der Logik von Port-Royal begegnet (vgl. Anm. 160), weist deutliche Parallelen (Befehl, Geldbetrag) zu Ledesmas Erklärung der causalitas moralis auf. Vgl. N. MALEBRANCHE, Eclaircissement X, Œuvres (1958-67) 3.144ff. Zur Kritik an der Annahme, „que l'esprit peut se former les idées des objects" („notre ame a la faculté de les former de soi même", hieß es in der Logik von Port-Royal, s. Anm. 160) vgl. Recherche de la vérité, III, 2, 3. Eclaircissement X, Œuvres (1958-67) 3.145.

368

Das Zeichen in der nichtscholastischen Philosophie der Prämoderne

Die Sinnesreize sind, wie für Descartes auch, „causes occasionelles", nicht jedoch für die Anregung einer repräsentierenden Eigenleistung des menschlichen Geistes, sondern für die göttliche Tätigkeit in uns: „nos sens ne sont que des causes occasionelles de l'action de Dieu en nous." 164 Der Ausfall der Verursachung der Perzeption durch äußere Dinge wird nicht durch eine Eigenrepräsentation des Geistes kompensiert, sondern dadurch, daß Gott die Erkenntnis in uns bewirkt. Das „nous voyons toutes choses en Dieu" heißt in letzter Konsequenz, „c'est Dieu qui agit en nous" 165 . Malebranche überführt im Rückgriff auf Augustinus166 die cartesianische Erkenntnismetaphysik in eine quietistisch geprägte Erkenntnistheologie. Angesichts der Tatsache, daß Gott die Ideen aller von ihm geschaffenen Dinge in sich trägt und darüber hinaus mit der menschlichen Seele durch seine Präsenz vereint ist,167 steht für Malebranche fest, „que l'esprit peut voir ce qu'il y a dans Dieu qui représente les etres créez, puisque cela est tres-spirituelle, tres-intelligible, et tres-présent á l'esprit." 168 Gott selbst wird damit zur Instanz, die jene Bedingungen erfüllt, die von der thomistischen Tradition an das Erkenntnisobjekt bzw. die es repräsentierenden species zur Gewährleistung seiner intellektuellen Erfaßbarkeit gestellt wurden (Immaterialität bzw. Spiritualität, Intelligibilität und Präsenz).169 Indem Gott, der als Schöpfer in der Einfachheit seines Seins alles Dinge umfaßt, die Bedigungen für intellektuelle Erkennbarkeit im höchsten Maße erfüllt, ermöglicht er auch die menschliche Erkenntnis der Dinge, d.h. die Präsenz dessen, was an sich selbst nicht präsent sein kann. 170 Die Erkenntnis aller Dinge in Gott ist von daher „tres-conforme à la raison"; doch mehr noch, sie entspricht zugleich der

164 165

Ebd. 146f. Recherche de la vérité III, 2, 6, Œuvres

(1958-67) 1.445.

166

In der Préface der 1 6 9 6 e r Edition der Entretiens sur la métaphysique (Œuvre X I I , 2 0 ) bezeugt er ausdiicklich die augustinische Motiviertheit seiner Ideenkonzeption: „Je reconnais et je proteste, que c'est à saint Augustin que je dois le sentiment que j'ai avancé sur la nature des idées... En comparant ce qu'il nous enseigne sur cela et ce que je savais d'ailleurs, je demeurai ... convaincu que c'est en Dieu que nous voyons toutes choses."

1 6 7

N . MALEBRANCHE,

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1 7 0

Recherche de la vérité, Œuvres ( 1 9 5 8 - 6 7 ) 1 . 4 3 7 : „... il est absolument nécessaire que Dieu ait en lui-même les idées de tous les êtres qu'il a crées... Il faut de plus sçavoir que Dieu est tres-étroitement uni à nos ames par sa présence..." Ebd. Vgl. Z.B. JOHANNES A SANCTO THOMA, Ars logica ( 1 9 4 8 ) 8 2 3 a : „Supponit... D. T h o m a s pro fundamental! principio, quod unaquaeque res intantum est intelligibilis, inquantum est a materia separabilis, eo quod intelligibile idem est quod spirituale et immateriale, principium autem spiritualitatis est denudatio a materia. Et sic cum materia obumbret et impediat intelligibilitatem, illuminatur et apparet obiectum, secundum quod a materia secernitur diversimode. ... radix intelligibilitatis est immaterialitas." Recherche de la vérité, OEuvres ( 1 9 5 8 - 6 7 ) 1 . 4 4 0 F : „... il est certain que tous les êtres sont présens à nôtre esprit; et il semble que tout les êtres [ 4 4 1 ] ne puissent être presens à nôtre esprit; que parce que Dieu lui est present, c'est-à-dire, celui qui renferme toutes choses dans la simplicité de son être."

N . MALEBRANCHE,

Das Zeichen in der Theorie der perzeptiven Erkenntnis

369

„oeconomie de toute la nature". 1 7 1 Denn wenn es Gott möglich ist, allein durch seinen Willensentschluß bei den Geistern die Wahrnehmung aller Dinge zu bewirken, so gibt es keinen Grund für die Annahme, daß er sich hierfür zusätzlicher Hilfsmittel, wie etwa der angeborenen Ideen, bedient. 1 7 2 Abweichend von Descartes versteht Malebranche unter 'idée' das vom Bewußtseinseinsakt bzw. der Modifikation der Seele unterschiedene unmittelbare intelligible Erkenntnisobjekt. Diese 'Verdinglichung' der Ideen wird zum Hauptgegenstand einer umfangreichen Kontroverse mit Arnauld, 173 die in gewisser Hinsicht als Neuauflage der im 14. Jahrhundert geführten Debatte um die Bestimmung der conceptus angesehen werden kann. Antoine Arnauld, für den „l'idée d'un objet" und „la perception d'un objet" dasselbe besagen, 1 7 4 und für den die Perzeptionsakte somit die einzigen „vraies idées" sind, attackiert Malebranches Konzept der von ihm - Arnauld - als „êtres représentatifs" apostrophierten Ideen unter Rekurs auf genuin zeichentheoretische Überlegungen, so daß seine Kritik adäquat nur vor dem Hintergrund der älteren und zeitgenössischen Theorie des Zeichens und der Repräsentation verstanden werden kann. Nach Arnauld sind all jene Dinge, die gewöhnlich als 'représentatives' charakterisiert werden, wie z.B. Bilder, Rede, Schrift und ähnliche Zeichen (somit auch Malebranches 'êtres représentatifs') repräsentativ nur auf Grund ihrer Beziehung zu unseren Perzeptionen, durch welche allein die Dinge dem Geist präsent sein können. 1 7 5 Die spätmittelalterliche mentalistische Zeichenkonzeption, derzufolge allein das formaliter repräsentierende Mentalzeichen, der conceptus mentis, als

171

Ebd. 4 3 8 .

172 v g l . ebd.: „Puis donc que Dieu peut faire voir aux esprits toutes choses, en voulant simplement qu'ils voient ce qui est au milieu d'eux-mêmes, c'est-à-dire ce qu'ils y a dans luimême qui a rapport à ces choses et qui les représente, il n'y a pas d'apparence qu'il le fasse autrement; et qu'il produise pour cela autant d'infinitez de nombres infinis d'idées, qu'il y a d'esprits créez." 1 7 3 Vgl. S. F E R N Á N D E Z G A R C Í A - G Ó M E Z , The Problem of Objective Knowledge in Descartes, Malebranche, and Arnauld ( 1 9 7 9 ) 1 8 4 ; vgl. A . O . LOVEJOY, Representative Ideas in M a lebranche and Arnauld: Mind 3 2 ( 1 9 2 3 ) 4 4 9 - 4 6 1 ; R. GLAUSER, Arnauld Critique de M a lebranche. Le statut de idées: Revue de théologie et de philosophie 1 2 0 ( 1 9 8 8 ) 3 8 9 - 4 1 0 ; R. W A H L , T h e Arnauld-Malebranche Controversy and Descartes' Ideas: The Monist 7 1 ( 1 9 8 8 ) 560-572. 174

175

Vgl. A. ARNAULD, Des vraies et des fausses idées, Œuvres noitre, appercevoir, sont la même chose. J e prends aussi objet et la perception d'un objet. J e laisse à part s'il y a donne le nom d'idée. M a i s il est certain qu'il y a des idées sont ou des attributs, ou des modifications de notre a m e . "

( 1 7 7 5 - 8 3 ) 3 8 . 1 9 8 : „Penser, conpour la même chose, l'idée d'un d'autres choses, à qui on puisse prises en ce sens; et que ces idées

A . ARNAULD, Défense de M. Arnauld, Œuvres ( 1 7 7 5 - 8 3 ) 3 8 . 5 8 6 : „... toutes les choses distingués des perceptions qu'on nomme représentatives; tableaux, images, parole, écriture et autres signes semblables, n'y ayant de représentatif en tout cela, que par rapport à nos perceptions, par lesquelles seules les choses peuvent être présentes à notre esprit, d'où vient le mot de représenter..."

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Das Zeichen in der nichtscholastischen Philosophie der Prämoderne

„primum et principalissimum signum" galt, 176 findet bei Arnauld - unter Ersetzung des Zeichen- durch den Repräsentationsbegriffs - insofern ihre Entsprechung, als er den Gebrauch des Begriffsfeldes der Repräsentation, „proprement, premièrement et principalement" 177 genommen, für die geistigen Perzeptionen reserviert, „qui sont les représentations formelles de leurs objets". Die Verwendung des Repräsentationsvokabulars auf alles andere als die mentale Formalrepräsentation selbst, hat letztlich nur im Modus der Analogie Gültigkeit. 178 Hiermit steht er deutlich in der Fluchtlinie der augustinischen Bestimmung des Verhältnisses zwischen dem eigentlichen, geistigen Wort und dem nur von diesem her als ein solches geltenden verbum vocis.179 Hatte das späte Mittelalter aufgrund des gewandelten Zeichenbegriffs das Zeichen selbst in seinem eigentlichsten Sinn in jenen Raum geistiger Präsenz versetzt, von dem es nach Augustinus ausgeschlossen war, so kehrt Arnauld wieder zur älteren Terminologie zurück. Die Repräsentation im eigentlichen Sinne hat ihren Ort allein in der durch die geistigen Perzeptionsakte geleisteten mentalen Repräsentation. Wird von etwas anderem als den Perzeptionen gesagt, es repräsentiere, so ist diese Rede analogisch, genau genommen elliptisch. Das äußere Bild des Kaisers mag so gut gemacht sein wie es will, es wird den Kaiser nicht durch sich selbst sondern nur insofern repräsentieren, als es im Geist des Betrachters eine jenen im eigentlichen Sinne repräsentierende Perzeption oder représentation formelle exzitiert. 180 Und diese Art der Repräsentation ist von ganz anderer Natur, als alles, Modernorum summulae logicales (ca. 1489) fol. a5v; s. Kap. III, Anm. 150. Vgl. A. ARNAULD, Brief an P. Nicole (April 1684), in: MALEBRANCHE, Œuvres (1958-67) 18.306. A. ARNAULD, Défense de M. Arnauld, Œuvres (1775-83) 3 8 . 5 8 4 Í : „Pour peu qu'on y fasse d'attention, on reconnoîtra qu'il est de mots représenter, représentatifs, représentation, comme de ceux de sain et de santé, qui conviennent à divers choses par analogie: ce qui fait que les Philosophes les appellent analogues... J e dis donc qu'il en est de même des mots représenter, représentatifs, représentation. Car si on y prend bien garde, ces mots ne conviennent proprement et premièrement, qu'aux perceptions de l'esprit, qui sont les représentations formelles de leurs objets, et ce n'est que par rapport à nos perceptions que les autres choses, comme les tableaux, les images, les mots, les characteres de l'ecriture, sont dits représenter, ou sont appellés représentatifs."

176 Vgl. F. DIEL, 177

178

179 vgl. die mit der in der vorigen Anm. zitierten Passage bis ins Detail übereinstimmenden Ausführungen zum verbum mentis von DURANDUS A SANCTO PORCIANO, 1 Sent 2 7 , 2 , 7 (1571) fol. 7 8 : „... omne quod dicitur tale [sc. verbum] denominatione extrínseca ut signum vel causa reducitur ad aliquid, quod est tale per essentiam sicut sanum dictum de urina ut signum et de medicina ut de causa reducitur ad sanum dictum de animali, quod sanum est per essentiam, ita quod sanitas animalis est sanitas per essentiam, et non signum vel causa sanitatis. Similiter in proposito manifestativum dictum de verbo vocis ut signo, et de specie vel imagine ut causa vel qualitercumque aliter reducitur ad manifestativum per essentiam, quod est ipsa cognitio rei, quae ob hoc habet rationem primi verbi." 180 ANTOINE ARNAULD, Défense de M. Arnauld, Œuvres (1775-83) 3 8 . 5 8 5 : „Le tableau du Roi Louis X I V sera si bien fait que l'on voudra, il ne représentera rien, si personne ne le regarde. Et comment représentera-t-il si on le regarde. Cela ne pourra être qu'en réveillant l'idée

Das Zeichen in der Theorie der perzeptiven Erkenntnis

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was sonst mit diesem Namen belegt wird 181 und im Grunde doch nichts als bloßes Zeichen ist. 182 Denn allein jene représentation formelle vermag die objektive Präsenz des Erkenntnisgegenstandes zu gewährleisten. Arnauld lehnt zwar das von Malebranche übernommene und seiner Argumentation zugrundegelegte traditionelle Postulat der Präsenz des Erkenntnisgegenstandes ab. Das heißt aber keineswegs, daß dadurch der Begriff der Präsenz selbst aus der Beschreibung der Erkenntnis getilgt wird. Für Arnauld hat der Präsenzbegriff vielmehr nur als objektive, spirituelle Präsenz einen Bezug zur Erkenntnis. Räumliche Präsenz des Erkenntnisgegenstandes ist auch für sinnliche Wahrnehmung nicht erforderlich: Wir sehen die entfernten Dinge, folglich hat die Seele das Vermögen, dies zu tun. 183 Arnauld insistiert jedoch auf der fundamentalen Differenz von lokaler und spiritueller bzw. objektiver Präsenz, welche den Präsenzbegriff im höchsten Grade äquivok werden läßt, und meint, daß aufgrund dieser Aquivozität das Präsenzpostulat in seinem geläufigen, auch bei Malebranche vorliegenden Verständnis Anlaß zu zwei irrigen Meinungen gegeben hat. 184 Einerseits zu der Annahme, „daß diese Präsenz der Erkenntnis

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ou la perception du R o i . " Nach Arnauld zeigt sich diese Fundierung jeglicher Repräsentation in der perception „encore mieux dans les signes d'institution, tels que sont les mots et les caracteres d'écriture; étant plus claire que le jour, qu'ils ne peuvent être significatifs ou représentatifs, que par rapport à nos perceptions, qu'ils réveillent. Car que l'on prononce le mot de Godt devant un homme qui ne sait point d'allemand, ce ne lui sera qu'un son, qui ne sera, à son égard, significatif ou repésentatif de qui que ce soit." (Ebd). ANTOINE ARNAULD, Des vraies et des fausse idées, OEuvres ( 1 7 7 5 - 8 3 ) 3 8 . 1 9 9 : „Quand on dit que nos idées et nos perceptions ... nous représentent les choses que nous concevons, et en sont les images, c'est dans tout un autre sens, que lorsqu'on dit, que les tableaux représentent leurs originaux et en sont les images, ou que les paroles, prononcées ou écrites, sont les images de nos pensées. Car, au regard des idées, cela veut dire que les choses que nous concevons sont objectivement dans notre esprit et dans notre pensée. O r cette maniere d'être objectivement dans l'esprit, est si particulière à l'esprit et à la pensée, comme étant ce qui en dait particulièrement la nature, qu'en vain on chercherait rien de semblable en tout ce qui n'est pas esprit et pensée." Vgl. A . ARNAULD, Brief an P. Nicole (April 1 6 8 4 ) , in: MALEBRANCHE, Œuvres ( 1 9 5 8 - 6 7 ) 1 8 . 3 0 6 : „Iis [se. les mots de représenter et de représentatifs] conviennent proprement, premièrement et principalement, à la représentation formelle qui ne se trouve qua dans nos perceptions, et ce n'est que par rapport à nos perceptions que les tableaux, les images, les paroles, l'Ecriture, et tous les autres signes, soit naturales, soit d'institution, sont dits représenter or être repésentatifs." A. ARNAULD, Des vraies et des fausses idées, Œuvres ( 1 7 7 5 - 8 3 ) 3 8 . 2 1 5 : „... généralement tous les corps de la nature, hors celui qui est joint à mon ame, sont éloignes du lieu où est mon ame. D o n c mon ame a la faculté de voir des corps éloignés du lieu où elles est, et Dieu, en la créant, lui a donné cette faculté..." Ebd., 2 1 6 : „Mais d'où vient donc, ne dira-t-on, que tout le monde s'est laisser aller à cette pensée, que l'ame, ne pouvant connoître les objets éloignés d'elle, il falloit que quelque chose servît à lui rendre présents, et que c'est à quoi sont nécessaires les idées ou especes? ... C'est la comparaison de la vue corporelle mal etendue, avec la vue de l'esprit; et l'équivoque du mot de présence y a beaucoup servi... Ainsi, le mot de présence, signifiant, au regard des corps, une présence locale, et au regard des esprits, une présence objective, selon laquelle les objets sont dits être dans notre esprit, quand ils y sont objectivement,

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der Körper voraufgeht, und daß sie notwendig sei, damit die Körper erkannt werden können"; anstatt vielmehr zu sehen, daß es sich hier um eine „présence objective" handelt, die in keiner Weise von der Perzeption selbst unterschieden ist. Andererseits zu der „groben" Verwechslung von objektiver und lokaler Präsenz.185 Wenngleich sich Malebranche dagegen verwahrt, den Präsenzbegriff im räumlichen Sinne zu verwenden, bleibt seine Perspektive auf das Verhältnis von Präsenz und Repräsentation im entscheidenden Punkt doch genau invers zu der von Arnauld.186 Malebranche leitet aus der Notwendigkeit der Präsenz des Erkenntnisgegenstandes die Notwendigkeit repräsentierender Ideen ab, Arnauld dagegen aus der Tatsache, daß wir über Perzeptionen der Dinge verfügen, die Gegebenheit der Präsenz der Erkenntnisgegenstände.187 Bei Arnauld fallen Präsenz und Repräsentation zusammen, repraesentare ist praesens sistere. Die Bestimmung des Erkennens als eines repraesentare ist daher notwendig für den Arnauldschen Ansatz. Sie schließt jedoch zugleich den Begriff des Zeichens aus dem Bereich der Ideen aus. Denn Zeichen ist für Arnauld immer instrumentelles Zeichen in dem Sinne, daß es, in Anlehnung an die augustinische Zeichendefinition durch die Verbindung zweier Ideen konstituiert wird.188 Vor dem Hintergrund der zeitgenössischen scholastischen Zeichentheorie betrachtet, stimmt Arnauld mit der besonders von den Jesuiten vertretenen Akttheorie der Erkenntnis überein, nach der es kein Drittes zwischen dem Erkenntnisakt (conceptus; Arnauld: perception) und dem Erkenntnisgegenstand gibt,189 da die Annahme eines solchen für die Erklärung der Erkenntnis nicht nur überflüssig ist, sondern sie letztlich verhindern würde. Die Perzeptionen bedürfen nach Arnauld keines von ihnen unterschiedenen repräsentierenden Mediums, da sie als dasjenige, wodurch wir erkennen,190 an sich selbst und auf-

18i 186 187

188 189

190

c'est-a-dire quand ils sont connus..., cette présence spirituelle pour la plupart du monde, et la présence locale leur étant bien plus connue, on a attaché deux sens très-faux à cette proposition équivoque: „II faut que les corps soient présents à l'ame pour en être connus". Ebd. 216f. Vgl. D. RADNER, Malebranche (1978) 95ff. A. ARNAULD, Des vraies et des fausses idées, Œuvres (1775-83) 38.198: J e dis qu'un objet est présent à notre esprit, quand notre esprit l'apperçoit et le connoît. Je laisse encore à examiner s'il y a une autre présence de l'objet, préalable à la connoissance, et qui soit nécessaire afin qu'il soit en état d'être connu. Mais il est certain que la manier dont je dis qu'un objet est présent à l'esprit, quand il en est connu est incontestable." Vgl. die Zeichendefinition der L'art de penser, s. Kap. IV, Anm. 314. Vgl. A. ARNAULD, Des vraies et des fausse idées, Œuvres (1775-83) 38.210: „... je prétends, que ... ce n'est pas médiatement, mais aussi immédiatement, que nous pouvons connoître les choses matérielles, aussi-bien que Dieu et notre ame; c'est-à-dire, que nous les pouvons connoître sans qu'il y ait aucun milieu entre nos perceptions et l'objet..." A. ARNAULD, Défense de M. Arnauld, Œuvres (1775-83) 38.384: „Toutes nos perceptions ... se rapportent ... aux objets, comme étant ce par quoi nous les apercevons: id quo intelligimus: id quo percipimus objecta". Vgl. R. GLAUSER, Arnauld Critique de Malebranche. Le statut des idées (1988) 402.

Das Zeichen in der Theorie der perzeptiven Erkenntnis

373

grund ihrer eigenen Natur „essentiellement" repräsentativ sind. 191 Diese der perception!idée eigentümliche wesensmäßige Repräsentanz erklärt sich aus deren essentieller Bezogenheit sowohl auf das Objekt wie auf das Erkenntnisvermögen, die bereits in der sachlichen Identität der durch die beiden Bezeichnungen (perception, idée) zum Ausdruck kommenden Aspekte manifest wird. 1 9 2 Hiermit befindet sich Arnauld - sieht man von der relationsmetaphysischen Problematik der Zeichenrelationen ab, auf die Arnauld nicht eingeht - in vollkommener Ubereinstimmung mit dem scholastischen Konzept des Formalzeichens, wie es etwa von Balthazar Tellez oder David Derodon präsentiert wird. Auch dort wird die besondere Natur der signa formalia betont, die darin besteht, daß sie bereits materialiter genommen, d.h. als das, was sie selbst sind, in einem wesensmäßigen Doppelbezug zum Erkenntnisvermögen und zum Gegenstand stehen und somit „essentialiter" Zeichen sind. 193 Diese Ubereinstimmung war Arnauld offensichtlich bekannt. Malebranche hatte sich immer wieder - „vielleicht fünfhundertmal", wie er selbst in seiner 191

Vgl. A. ARNAULD, Des vraies et des fausses idées, Œuvres ( 1 7 7 5 - 8 3 ) 3 8 . 1 9 9 : „Ce que j'entends par les êtres représentatifs, en tant que je les combats c o m m e des entités superflues, ne sont que ceux que l'on s'imagine être réellement distingués des idées prises pour des perceptions. Car je n'ai garde de combattre toutes sortes d'êtres ou de modalités représentatives·, puisque je soutiens qu'il est clair, à quiconque fait réflexion sur ce qui passe dans son esprit, que toutes non perceptions son des modalités essentiellement représentatives." Vgl. Défense de M. Arnauld, Œuvres ( 1 7 7 5 - 8 3 ) 3 8 . 3 8 2 .

192

Vgl. A. ARNAULD, Des vraies et des fausses idées, Œuvres ( 1 7 7 5 - 8 3 ) 3 8 . 1 9 8 : J ' a i dit que je prenois pour la même chose la perception et l'idée. Il faut néanmoins remarquer, que cette chose, quoiqu'unique, a deux rapports: l'un à l'ame, qu'elle modifie: l'autre à la chose apperçue, en tant qu'elle est objectivement dans l'ame; et que le mot de perception marque plus directement le premier rapport, et celui d'idée le dernier. Ainsi la perception d'un quarré, marque plus directement mon ame comme appercevant un quarré; et l'idée d'un quarré, marque plus directement le quarré, en tant qu'il est objectivement dans mon esprit. Cette remarque est très-importante pour résoudre beaucoup de difficultés, qui ne sont fondées que sur ce qu'on ne comprend pas assez, que ce ne son point deux entités différentes, mais une même modification de notre ame, qui enferme essentiellement ces deux rapports." Hierauf wird Arnauld in der Défense verweisen, wenn es darum geht, die perceptions/idées als essentiellement représentatives zu beweisen; vgl. 3 8 . 3 8 4 f . Arnaulds Bemerkung ist insofern „très-importante", als hier deutlich wird, daß die beiden Aspekte von idée/perception nicht gemäß der scholastischen Begrifflichkeit von conceptus formalis und conceptus obiectivus auseinanderdividiert werden können, wie dies später etwa EDMONT POURCHOT versucht hat. Vgl. Institutio philosophica, t . l ( 1 7 0 0 ) 3 6 : „Quid sit perceptio, vel idea, naturaliter omnes intelligunt; ac facilius ea res intelligi, quam verbi exprimi... Id potius observandum venit, duplicem intellectum in usu positum esse. Nam vel pro perceptione, quam est forma, seu modus, seu dispositio, aut affectio mentis percipientis; vel pro objecto, seu re ipsa percepta, sumitur. Prior dici solet in Scholis idea formalis; posterior idea objectiva: prior perceptionis nomen retinet; posterior idea potius quam perceptio nominatur. Idea igitur idem quiddam est, ac rei species intellectui exhibita, et ab eo percepta, sive, est objectum ipsum mente conceptum. Perceptio vero est objecti cognitio, vel, ut Scholae loquuntur, apprehensio, qua quidpiam concipitur tantum, nihil de eo affirmatur aut negatur."

193

Vgl. B. TELLEZ, SJ, Summa univ. philos. ( 1 6 5 9 ) 4 9 7 ; s. Kap. IV, Anm. 2 6 4 .

( 1 6 4 2 ) 8 2 b ; vgl. D. DERODON, Logica

restituía

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Réponse à la troisième lettre de M. Amauld zählt - gegen diesen Punkt der essentiellen Repräsentanz der Perzeptionen gewandt,194 in der er wohl nur das Pendant der These von der Selbstsuffizienz der menschlichen Seele zum se représenter sehen konnte. Als sich Arnauld gegen Malebranches Behauptung verteidigt, mit dieser Meinung „l'homme du monde le plus singulier" zu sein, weiß er sich auf die Gesellschaft aller „Philosophes de l'Ecole" zu berufen, die zwar als Vertreter der Speciestheorie „par une préjugé de l'enfance, ont recours à des êtres représentatifs, pour connoitre les choses absentes", jedoch zugleich behaupteten, „que conceptus sunt signa formatta rerum."195 Andererseits stimmt Arnauld mit dem konservativen Thomismus (Bañez) darin überein, daß er das Zeichen im augustinischen Sinne versteht und somit das Formalzeichen letztlich nicht zulassen kann. Seine Bestimmung der Perzeption entspricht zwar im wesentlichen exakt dem signum formale, nur ist sie eben nicht Zeichen - denn ein Zeichen umfaßt immer zwei Perzeptionen -, sondern Repräsentation. Insofern argumentiert Arnauld gegen Malebranches „bizarre Philosophie des Etres représentatifs"196 in genau derselben Weise, wie Ockham gegen die Speciestheorie argumentiert hatte; nur, daß er nicht, wie jener, den Begriff des Zeichens gegen den der Repräsentation ausspielt, sondern genau umgekehrt den der Repräsentation gegen den des Zeichens. Diese Abhebung des Repräsentationsbegriffs im eigentlichen Sinne, verstanden als unmmittelbare formale Repräsentation und objektive Präsenz des Erkenntnisgegenstandes, von dem Begriff des auf Mittelbarkeit festgelegten Zeichens ist konstitutiv für seine Ideenlehre sowie für seine Argumentation gegen Malebranche. Wo diese Trennung nicht berücksichtigt wird, kommt es zwangsläufig zu Mißverständnissen wie dem von Nicole, der die Struktur des instrumenteilen Zeichens für jegliche Repräsentation als erforderlich ansieht. Nicole greift in die Debatte ein, indem er unter direkter Bezugnahme auf die augustinische Zeichendefinition das Konzept des instrumenteile Zeichen mit seinen zwei Ideen als Folie verwendet, auf der er das jeweilige Defizit von Malebranches und Arnaulds Erkenntnisauffassung beschreiben zu können meint. Fehlt bei Malebranche zum Funktionieren zeichenvermittelter Sacherkenntnis die zweite Idee des Zeichens, nämlich die der repräsentierten Sache,197 so

194

195 196 197

Vgl. hierzu A. O. LOVEJOY, 'Representative Ideas' in Malebranche and Arnauld: Mind 32 (1923) 452. A. ARNAULD, Défense de M. Arnauld, Œuvres (1775-83) 38.385. Ebd. 371. Vgl. P. NICOLE, Brief an Amauld (Febr. 1 6 8 4 ) , in: MALEBRANCHE, Œuvre ( 1 9 5 8 - 6 7 ) 18.288: „S. Augustin dit qu'un signe est quod praeter rem quam exhibet sensibus, aliud animo repraesentat. II faut donc deux idées pour un signe, l'une pour le signe représentant, l'autre pour la chose représentée, que l'on connoist par le signe. Le signe excite l'esprit, mais il faut qu'en vertu de cette excitation, il se forme une idée distincte de la chose représentée; mais si on n'a qu'une seule idée, on ne voit point du tout la chose représentée, parce qu'on ne voit point le signe comme signe, mais comme chose."

Das Zeichen in der Theorie der perzeptiven Erkenntnis

375

verbietet sich bei Amauld aufgrund des Fehlens der ersten Idee des Zeichens, d.h. der der repräsentierenden Sache, die Bestimmung der Perzeption als Repräsentation.198 In seiner Antwort auf diesen Einwand kann Arnauld noch einmal auf den besonderen Status der perception/idée als repraesentatio formalis verweisen, 199 für die die Bedingungen des augustinischen Zeichens eben nicht gelten, da sie nicht Zeichen ist, sondern jene Instanz, die jede zeichenhafte, instrumentale Repräsentation erst ermöglicht und trägt. Im Gegensatz dazu läßt sich die augustinische Zeichendefinition sehr wohl auf die selbst nach Art eines Gegenstandes erkannten „être représentatifs" Malebranches anwenden und gegen diese ausspielen. Das hat jedoch zur Voraussetzung, daß man, weil sie im strikten Wortsinn genommen nur für sinnlich wahrnehmbare Zeichen gilt, ihren Geltungsbereich entsprechend ausweitet. Und genau dies unternimmt Arnauld, wenn er erklärt, daß die „berühmte Definition, die Augustinus dem sinnlichen Zeichen gegeben hat", auch für jedes andere Zeichen gilt. 200 Damit ist keineswegs die Wiedereinführung des signum formale intendiert. Worauf es Arnauld beim augustinischen Zeichen ankommt, ist nicht die Äußerlichkeit sondern vielmehr die Mittelbarkeit des Zeichens, seine komplexe Struktur der 'duplex notitia'. Amaulds Begriff des Zeichens entspricht daher, genau genommen, dem des von Hurtado eingeführten signum materiale als desjenigen „quod prius cognitum ducit in cognitionem alterius".201 Das in der Definition angesprochene „prius cognitum" des Zeichens grenzt dieses jedoch nur gegen das Formalzeichen ab. Es beschreibt nicht die Bedingung des Funktionierens des Zeichens, bzw. beschreibt sie nicht vollständig. Denn dazu, daß das so bestimmte Zeichen wirklich etwas bezeichnen kann, ist, wie Augustinus hinsichtlich des Zeichens, Ockham hinsichtlich des Repräsentie-

198

199

2 0 0

201

Vgl. P. NICOLE, Brief an Arnauld (April 1684), in: MALEBRANCHE, OEuvres (1958-67) 18.303Í.: „L'idée commune que l'on a d'une chose qui représente, c'est à dire d'un signe est celle meme que St. Augustin en a eue lorsqu'il définit un signe quod praeter species quam exhibet sensibus aliud quid animo repraesentat. Ainsi un signe ou choses représentative renferme nécessairement deux qualitez. Io d'estre connu par l'Esprit comme chose, 2° et de passer l'esprit à une autre chose par le rapport qu'elle y a. Or la perception semble manquer de la I r e qualité. Elle connoist mais elle n'est pas connue. Elle montre le but mais elle ne se montre (304) pas elle meme. On voit l'objet par elle mais on ne voit point l'objet en elle, et par le rapport qu'elle y a. Elle est donc simplement perceptive mais elle n'est pas representative parce que pour estre représentative in faut estre connu et faire connoistre." S. Anm. 182 Vgl. hierzu R. GLAUSER, Arnauld Critique de Malebranche. Le statut des idées (1988) 403ff. A. ARNAULD, Défense de M . Amauld, Œuvres ( 1 7 7 5 - 8 3 ) 3 8 . 5 8 7 : „...la définition célebre, qu' a donnée S. Augustin du signe sensible, se peut appliquer à toutes les autres sortes des signes. Signum est quod praeter species quam ingerii sensibus facit aliquid aliud in cognitionem venire. Nous ne pouvons donc rien connoître comme représentatif, que nous ne connoissions en même temps ce dont il est représentatif: c'est pourquoi si je connois A, sans connoître B. je ne connoitrois pas A, comme un signe, mais comme une chose." P. HURTADO DE MENDOZA, SJ, Disput, de univ. philos. (1617) 144; s. Kap. IV, Anm. 282.

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renden 202 und Arnauld hinsichtlich des zeichenhaft Repräsentierenden betonen, eben auch die Erkenntnis des Bezeichneten bzw. Repräsentierten vorausgesetzt. Und genau hieran erweist sich für Arnauld das Scheitern der Ideenlehre Malebranches. Wenn man nämlich, wie er Malebranches Beispiel 203 aufgreifend ausführt, das „être représentatif" (die Idee) der Sonne als A und die Sonne selbst als Β bezeichnet, dann ist es, damit A für mich repräsentativ ist, erforderlich, daß ich nicht allein die Perzeption von A besitze, sondern auch die von Β und daß mir A als Mittel dient, Β zu erfassen. Sähe mein Geist nämlich allein A, so würde A lediglich als ein Ding und nicht als ein Zeichen aufgefaßt, das Β repräsentiert. 204 Malebranches „êtres représentatifs" können somit keine Sacherkenntnis bewirken, ja überhaupt nichts repräsentieren, wenn die bezeichneten oder repräsentierten Dinge selbst nicht bereits durch unmittelbare Perzeption bekannt sind. In diesem Fall jedoch verlieren sie jegliche Funktion und erweisen sich als überflüssig. Es verhält sich mit den Ideen oder Perzeptionen Arnaulds genau wie mit den naturaliter proprie bezeichnenden conceptus der Logik um 1500: Wenn es keine unmittelbare Repräsentation durch den repräsentierenden Akt selbst gibt, dann gibt es überhaupt keine Repräsentation, d.h. wenn es keine unmittelbare Erkenntnis gibt, dann gibt es überhaupt keine. 3. Berkeleys 'naturall language' Eine radikale Anwendung findet das durch Descartes bekannt gewordene sprachliche Erklärungsmodell sinnlicher Erkenntnis bei George Berkeley. 205 Es 202 203 204

205

S. Kap. II, Anm. 233. Vgl. Anm. 47. A. ARNAULD, Défense de M. Arnauld, Œuvres (1775-83) 38.587: „II faut ... considère, qu'appellant A, l'être représentatif du soleil, et le soleil B, afin qu'A me soit représentatif, il faut que je n'aie pas seulement la perception d'A, mais que j'aie aussi celle de B, et que celle d'A me soit un degré pour l'avoir. Car si mon esprit ne voyoit qu'A, sans passer de la vue d'A à celle de B, je ne verrais A, que comme une chose absolue, et non comme un signe représentatif de B; puisque la définition célèbre, qu'a donnée S. Augustin du signe sensible, se peut applique à toutes les autres sortes de signes. Signum est quod praeter speciem quam ingerit sensibus facit aliquid aliud in cognitionem venire. Nous ne pouvons donc rien connoître comme représentatif, que nous ne connoissions en même temps de dont il est représentatif." Die Spur dieses der augustinischen Zeichenkritik (De magistro) entstammenden Arguments läßt sich in seiner erkenntnistheoretischen Verwendung in die spätere Debatte um den „way of ideas" hinein verfolgen. JOHN SERGEANT wird es in seiner Solid philosophy (1697) gegen Lockes Ideenlehre in Anschlag bringen. Vgl. R. GLAUSER, John Seargeant's Argument against Descartes and the way of ideas: The Monist 71 (1988) 590f. Zur Theorie des Zeichen und der Sprache bei Berkeley vgl. S. GELBER, Universal Language and the Sciences of Man in Berkeley's Philosophy: Journal of the History of Ideas 13 (1952) 482-513; R. L. ARMSTRONG, Berkeley's Theory of Signification: Journal of the History of Philosophy 7 (1969) 163-76; A. D. WOOZLEY, Berkeley's Doctrine of Notions and Theory of Meaning: Journal of the History of Philosophy 14 (1976) 427-434; P. F. MUGNAI, Segno

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377

steht hier jedoch insofern unter veränderten Vorzeichen, als Berkeley auch die letzten Konsequenzen aus jenen Überlegungen zieht, die Malebranche zur Konzeption seiner Erkenntnistheologie veranlaßten. Berkeleys Reaktion auf Malebranche ist bekanntlich Teil einer intensiven Auseinandersetzung mit dessen Philosophie, wie sie in England, beginnend in den 80ern, besonders in den 90er und den ersten Jahren des 18. Jahrhunderts erfolgte. 206 Bereits Locke erkannte in seiner Examination of P. Malebranche's Opinion deren impliziten Immaterialismus,207 wenn er deutlich machte, daß das Prinzip der Schau aller Dinge in Gott jedes Wissen um die äußere physische Welt ausschließt208 und beim Versuch gar, deren Existenz zu beweisen, zwangsläufig zu einer petitio principii führt. Denn die occasionalistische Lösung des Erkenntnisproblems setzt mit ihrer Annahme, daß bei Gelegenheit der Präsenz eines Gegenstandes Gott in uns die Perzeption des Gegenstandes verursacht, genau das voraus, was allererst bewiesen werden muß, nämlich daß den Perzeptionen äußere Gegenstände entsprechen. 209 Doch taugt die occasionalistische Option nicht nur nicht zum Beweis der Existenz einer äußeren Welt; sie macht, wie Locke und andere 210 bemerkten, deren Annahme im Grunde genommen überflüssig und damit, unter Ansetzung des von Malebranche selbst verwendeten Ökonomieprinzips, widervernünftig. 211

206

207 208

209

210

211

e linguaggio in George Berkeley (1979); D. E. PFEIFER, George Berkeley: Precursor of Peirceian Semiotic, in: Zeichenkonstitution, Bd. 1, hg. A. Lange-Seidl (1981) 67-74; H. PAETZOLD, Locke und Berkeley über Zeichen, in: Historiographie Semioticae, hg. K. D. Dutz u. P. Schmitter (1985) 149-181; W. McGoWAN, Berkeley's Doctrine of Signs (1991). Vgl. CH. J. MCCRACKEN, Malebranche's Influence in Britain, in: Ders.: Malebranche and British Philosophy {1983) 119ff. Vgl. J. W. YOLTON, John Locke and the Way of Ideas (1956) 98f. Vgl. J. LOCKE, Examination of P. Malebranche's Opinion, The Works (1823; N D 1963) 9.253: „For we see nothing but the ideas that are in God; but body itself we neither do nor can possibly see at all; and how then can we know that there is any such thing existing as body, since we can by no means see or perceive it by our senses, which is all the way we can have of knowing any corporeal thing to exist." Ebd. 253f: „But the sun being risen and the horse brought within convenient distance, and so being present to my eyes, God shows me their ideas in himself: and I say God shows me these ideas when he pleases, without the presence of any such bodies to my eyes. For when I think I see a star at such a distance from me; which truly I do not see, but the idea of it which God shows me; I would have it proved to me that there is such a star existing a million of million of miles from me when I think I see it, more than when I dream of such a star. For until it be proved that there is a candle in the room by which I write this, the supposition of my seeing in God the pyramidical idea of its flame, upon occasion of the candle's being there, is begging what is in question." Zu Pierre Bayle, Arthur Collier u.a. vgl. CH. J. MCCRACKEN, Malebranche and British Philosophy (1983) 191f. J. LOCKE, Examination of P. Malebranche's Opinion, The Works (1823; N D 1963) 9.221: „According to his hypothesis of Seeing All Things in God, how can he know that there is any such real being in the world as the sun? Did he ever see the sun? No; but on occasion of the presence of the sun to his eyes, he has seen the idea of the sun in God, which God has exhibited to him; but the sun, because it cannot be united to his soul, he cannot see.

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Das Zeichen in der nichtscholastischen Philosophie der Prämoderne

Berkeleys Argumentation gegen die Existenz der materiellen Welt geht genau diesen Weg. Unter der Voraussetzung, daß die Materie nicht auf den Geist einwirken kann und folglich jede Wahrnehmung als unmittelbar von Gott verursacht anzusehen ist, wird dem Sparsamkeitsprinzip gemäß nicht allein die Annahme weiterer erkenntnisvermittelnder Instanzen überflüssig, sondern auch die Existenz körperlicher Dinge selbst. Deren weitere Zulassung hieße, wenn anders die Welt als Mitteilung Gottes an den Menschen zu verstehen ist, unterstellen, „that God has created innumerable beings that are entirely useless". 2 1 2 Die „doctrine of matter or corporeal substance" besitzt damit nicht nur keinerlei Erklärungswert hinsichtlich der Phänomene, 2 1 3 sie bildet, indem sie einen der menschlichen Erkenntnis grundsätzlich unzugänglichen Bereich postuliert, zugleich auch den „main pillar and support of scepticisms". 2 1 4 Berkeleys Versuch einer Abwehr des Skeptizismus zwingt ihn auch zur Zurückweisung von Lockes Ideenlehre, in deren Zulassung abstrakter Ideen er das Hauptmotiv und die theoretische Grundlage für die Annahme der extramentalen Existenz erkenntnisunabhängiger körperlicher Substanzen ausmachen zu können glaubt. 215 Denn diese ist nach Berkeley allein das Resultat der unzulässigen Abstraktion der Existenz sinnlicher Objekte von ihrem Erkanntwerden. 2 1 6 Mag eine solche Abstraktion auch durch den trügerischen Charakter der menschlichen Sprache begünstigt werden; wenn man sich von deren schädlichem Einfluß frei macht und den „curtain of words" 2 1 7 beiseitezieht, so erkennt man, daß das Sein der Dinge mit ihrem Erkanntwerden koinzidiert: „Their esse is percipi".218

212 213

214 215

216 217 218

How then does he know that there is a sun which he never saw? And since God does all things by the most compendious ways, what need is there that God should make a sun that we might see its idea in him when he pleased to exhibit it, when this might as well be done without a real sun at all." G. BERKELEY, Principles of Human Knowledge, Works (1948-57) 2.49. Ebd. 49; vgl. 62: „To explain the phenomena, is all on e as to shew, why upon such and such occasions we are affected with such and such ideas. But how matter should operate on a spirit, or produce any idea in it, is what no philosopher will pretend or explain. It is therefore evident, there can be no use of matter in natural philosophy." Ebd. 81; vgl. 78f. Vgl. R. L. ARMSTRONG, Berkeley's Theory of Signification: ]oumal of the History of Philosophy 7 (1969) 164f. Vgl. G. BERKELEY, Principles of Human Knowledge, Works (1948-57) 2 42f. Ebd. 40. Ebd. 42, 12-24: „The table I write on, I say, exists, that is, I see and feel it. ... There was an odour, that is, it was smelled; there was a sound, that is to say, it was heard; a colour or figure, and it was perceived by sight or touch. This is all that I can understand by these and the like expressions. For as to what is said of the absolute existence of unthinking things without any relation to their being perceived, that seems perfectly unintelligible. Their esse is percipi, nor is it possible they should have any existence, out of the minds or thinkings things which perceive them." - Die Seinsweise der Dinge entspricht hierin genau derjenigen der zeitweilig von Ockham angenommenen ficta·. „... tantum sunt quaedam cognita ab anima, ita quod esse eorum non est aliud quam ipsa cognosci." (OCKHAM, Expositio in librum perihermenias Aristotelis (OP II (1978) 359). Anders als bei Ockham wird bei Berke-

Das Zeichen in der Theorie der perzeptiven Erkenntnis

379

Die unmittelbaren Objekte der sinnlichen Wahrnehmung, das Licht und die Farben mit ihren Schattierungen und Abstufungen sind nichts anderes als Zeichen, die in ihrer unendlichen Vielfalt und Kombination jene durch die göttliche Providenz willkürlich eingerichtete, gleichwohl natürliche „optic language"219 bilden, in der Gott, „actually and intimately present",220 zu den Menschen spricht221 und die ihnen die Entfernungen, Figuren, Lagen, Dimensionen sowie die verschiedenen Qualitäten der tastbaren Gegenstände darstellt: „not by similitude, nor yet by inference of necessary connexion, but by the arbitrary imposition of Providence, just as words suggest the things signified by them."222 Die traditionelle Auffassung von der Fundierung des Zeichens durch die drei Möglichkeiten von Ähnlichkeit, Kausalbeziehung und willkürlicher Verbindung steht damit deutlich im Hintergrund von Berkeleys Theorie der visual language, wenngleich diese in letzter Konsequenz darauf angelegt ist, die beiden erstgenannten, traditionell dem signum naturale zugewiesenen Fundierungsverhältnisse zugunsten des letzteren auszuschalten. Denn jene bilden nicht das unmittelbare Fundament des Zeichenseins sondern stellen nur unterschiedliche Weisen dar, in denen etwas als etwas anderes bezeichnend betrachtet wird und liegen damit ganz auf der Seite der Zeicheninterpretation. Der Grund für die Signifikanz der Zeichen besteht, wie bei Bernaldus de Quiros,223 in jedem Fall in der durch die wiederholte Beobachtung der Verbindung zweier Dinge oder genauer: zweier Ideen generierten Gewohnheit,224 die eine Idee des einen als Zeichen derjenigen des anderen zu betrachten: Ideas which are observed to be connected with other ideas come to be considered as signs, by means whereof things not actually perceived by senses are signified or suggested to the imagination, whose objects they are, and which alone perceives them. And as

ley hierdurch jedoch kein Drittes zwischen dem Akt und dem Gegenstand der Erkenntnis gesetzt. Es ist der Erkenntnisgegenstand selbst, hinter dem es kein Drittes mehr gibt. 219 Alciphron, Works ( 1 9 4 8 - 5 7 ) 3 . 1 5 9 , 2 8 . Berkeley spricht auch von „visual language" (ebd. 160, 14; 161, 11), „language of vision" (ebd. 156, 12) oder „natural language" (ebd. 157, 3 9 ) . Vgl. hierzu S. GELBER, Universal Language and the Sciences of Man in Berkeley's Philosophy: Journal of the History of Ideas 1 3 ( 1 9 5 2 ) 4 8 2 - 5 1 3 . 220 Alciphron, Works (1948-57) 3.160, 15f. 221 vgl. ebd. 149, 27-32: „... God speaks to men by the intervention and use of arbitrary, outward, sensible signs, having no resemblance or necessary connexion with the things they stand for and suggest by innumerable combinations of these signs, and endless variety of things is discovered and made known to us."; vgl. 157, 7ff: „...the great Mover and Author of Nature constantly explaineth Himself to the eyes of men by the sensible intervention of arbitrary signs, which have no similitude or connexion with the things signified..." 222 Ebd. 154, 15-17. 223 Vgl. Kap. IV, Anm. 346. 224 Alciphron, Works (1948-57) 3.154, 25-32: „... light, shades, and colours, variously combined, answer to the several articulations of sound in language; and... by means thereof, all sorts of objects are suggested to the mind through the eye ... neither from necessary deduction ..., nor from similitude ... , but purely and solely from experience, custom and habit."

380

Das Zeichen in der nichtscholastischen Philosophie der Prämoderne

sound suggest other things, so characters suggest those sounds; and in general, all signs suggest the things signified, there being no idea which may not offer to the mind another idea which hath been frequendy joined with it. In certain cases a sign may suggest its correlate as an image, in others as an effect, in others as a cause. But where is no such relation of similitude or causality, nor any necessary connexion whatsoever, two things, by their mere coexistence, or two ideas, merely by being perceived together, may suggest or signify one the other, their connexion being all the while arbitrary; for it is the connexion only, as such, that causes this effect. 2 2 5 W o , w i e i m Fall der visual

language,

keine Kausal- oder Ähnlichkeitsbezie-

hung z w i s c h e n Z e i c h e n und Bezeichnetem vorliegt, wird etwas allein durch die Regularität der Koexistenz mit etwas anderem zu dessen Zeichen, d.h. dadurch, daß es mehrfach z u s a m m e n mit diesem beobachtet w u r d e . 2 2 6 D a s N i c h t v o r h a n densein der Kausal- o d e r Ähnlichkeitsrelationen hindert jedoch nicht daran, die durch sie konstituierte Sprache als naturall

language

zu charakterisieren. Natür-

lichkeit und Arbitrareität schließen einander nicht aus. 2 2 7 D e n n Naturalität bildet nicht den Gegensatz zur Arbitrareität, sondern zur Artifizialität der künstlich v o m M e n s c h e n g e s c h a f f e n e n Sprachen. D i e Natürlichkeit der visual language

ist

nicht funktional im Verhältnis der Z e i c h e n zu ihren Signifikaten s o n d e r n genetisch über ihre Konstitution durch den Author

of Nature

begründet. 2 2 8 W i e jede

andere durch arbiträre Z e i c h e n konstituierte Sprache m u ß auch die language vision

of

durch Erfahrung u n d G e w o h n h e i t erlernt werden. Ein Blindgeborener,

der später sein Augenlicht erhielte, könnte ihre Zeichen, das Licht und die Farben, e b e n s o w e n i g deuten, w i e die W o r t e einer ihm unbekannten Sprache. 2 2 9

225 226

227

228

229

G. B E R K E L E Y , The Theory of Vision vindicated, sect. 3 9 , Works ( 1 9 4 8 - 5 7 ) 1 . 2 6 4 . Besonders deutlich betont später Reid, dessen Theorie des Zeichens stark von Berkeley beeinflußt ist, die Bedeutung der Regularität für die Konstituierung von Zeichenbeziehungen. Vgl. T H . R E I D , Inquiry into the Human Mind VI, 2 4 , in: Philosophical Works ( 1 8 9 5 ) 1 . 1 9 8 : „If there were not a principle of veracity in the human mind, men's words would not be signs of their thoughts: and if there were no regularity in the course of nature, no one thing would be a natural sign of another." Zur Fundierung der Signifikation von Sprache in der „obligatio veracitatis" vgl. P E T R U S D E C O M I T I B U S , OESA, Philosophia rationalis ( 1 6 7 1 ) 4 9 8 f , s. Kap. IV Anm. 3 6 0 . Zur Zeichentheorie von Reid vgl. Β . E. R O L L I N , Thomas Reid and the semiotics of perception: Monist 6 1 ( 1 9 7 8 ) 2 5 7 - 2 7 0 ; Κ . L E H R E R , Thomas Reid ( 1 9 8 9 ) 43ff. G. B E R K E L E Y , The Theory of Vision vindicated, sect. 4 0 , Works ( 1 9 4 8 - 5 7 ) 1 . 2 6 5 : „Infinitely various are the modifications of light and sound, whence they are each capable of supplying and endless variety of signs, and, accordingly, have been each employed to form languages; the one by the arbitrary appointment of mankind, the other by that of God Himself. A connexion established by the Author of Nature, in the ordinary course of things, may surely be called naturall; as that made by men will be named artificial. And yet this doth not hinder but the one may be as arbitrary as the other." Ebd.: „A great number of arbitrary signs ... do constitute a language. If such arbitrary connexion be instituted by men, it is an artificial language; if by the Author of Nature, it is a naturali language." Vgl. Ebd. 155, lOff.

Das Zeichen in der Theorie der perzeptiven Erkenntnis

381

Berkeleys idealistischer Sensualismus hat weitreichende Konsequenzen für die Naturphilosophie, da er jede Kausalbeziehung in eine Zeichenbeziehung transformiert. 2 3 0 Die Verbindung der Ideen impliziert kein Ursache-WirkungsVerhältnis sondern allein die Relation von Zeichen und Bezeichnetem: ... the connexion of ideas does not imply the relation of cause and effect, but only of a mark or sign with the thing signified. The fire which I see is not the cause of the pain I suffer upon my approaching it, but the mark that forewarns me of it. In like manner, the noise that I hear is not the effect of this or that motion or collision of the ambient bodies, but the sign thereof. 231 Insofern hält er „die Lehre von den Zeichen (doctrine o f signs) für einen Punkt von großer Wichtigkeit ..., der bei genügender Erwägung kein geringes Licht auf die Dinge werfen und eine gerechte und echte Lösung vieler Schwierigkeiten herbeiführen w ü r d e . " 2 3 2 Mit Berkeley erreicht die metaphysische Konjunktur des arbiträren Zeichens ihren nicht mehr überbietbaren Zenith. Das arbitrary sign ist nicht allein, wie bei Descartes, Cudworth, C o r d e m o y oder Clauberg das Modell für den K o n n e x der zwei Substanzen, sondern tritt nun selbst an die Stelle der einen dieser beiden Substanzen, an die der res extensa.

Die vermeintlich materielle W e l t ist nichts

anderes mehr, als ein System willkürlich eingesetzter Zeichen, eine „language of

230

231 232

Vgl. Principles of Human Knowledge, sect. 66, Works 2 (1949) 69, 36-70, 3: »... those things which under the notion of a cause co-operating or concurring to the production of effects, are altogether inexplicable, and run us into great absurdities, may be very naturally explained, and have a proper and obvious use assigned them, when they are considered only as marks or signs for our information. And it is the searching after and endeavoring to understand those signs instituted by the Author of Nature, that ought to be the employment of the natural philosopher..." Obwohl er den Immaterialismus Berkeley verwirft, bezieht sich Reid affirmativ auf dessen Theorie der Natursprache (vgl. J. W. YOLTON, Perceptual Acquaintance from Descartes to Reid (1984) 213) und die hierdurch ermöglichte Transformation der Kausal- in Zeichenbeziehungen. Vgl. THOMAS REID, Inquiry into the Human Mind, V, 3, Philosophical Works (1895) 1.122: „What we commonly call natural causes might, with more propriety, be called natural signs, and we call effects, the thing signified. The causes have no proper efficiency or causality, as far as we know; and we can certainly affirm this, that nature has established a constant conjunction between them and the things called their effects; and hath given to mankind a disposition to observe those connections, to confide in their continuance." Auch Reid betont die Analogie artificial und natural language. Der einzige Unterschied besteht darin, daß deren Zeichen in der Gewohnheit fundiert sind (ad placitum ex consuetudine hätte man scholastisch gesagt), diese dagegen in der ursprünglichen Konstitution unsere Geistes (naturaliter ex instinctu naturae hätte man um 1500 das genannt); vgl. ebd. 1.121: „As in artificial signs there is often neither similitude between the sign and thing signified, nor any connection that arises necessarily from the nature of the things, so it is also in natural signs. ... In like manner, a sensation of touch suggests hardness, although it hath neither similitude to hardness, nor, as far as we can perceive, any necessary connection with it. The difference betwixt these two signs lies only in this - that, in the first, the suggestion is the effect of habit and custom; in the second, it is not the effect of habit, but of the original constition of our minds." Vgl. Principles of Human Knowledge, sect. 65, Works (1948-57) 2.69, 16-20. Alciphron, Works (1948-57) 3.307.

382

Das Zeichen in der nichtscholastischen Philosophie der Prämoderne

vision"; der Kausalzusammenhang der Dinge nichts anderes als die Syntax einer letztlich referenzlosen Sprache. Denn deren Zeichen bezeichnen nicht Dinge sondern andere Zeichen, die ihrerseits nicht Dinge sondern andere Zeichen bezeichnen. 233 Die seit Augustinus immer wieder - wenn auch nie als echtes Problem - gestellte Frage, ob jedes signum auch eine res sei, entscheidet sich hier in einem von Augustinus nicht vorhersehbaren Sinn. Das Zeichen ist kein Ding, zumindest nicht in dem bei der Formulierung der Frage vorausgesetzten Verständnis von res, und kann es schon deshalb nicht sein, weil jedes 'Ding' Zeichen ist und nichts als Zeichen; oder aber - denn der alte Satz, wonach „omnis res mundi est signum", erhält hier den Charakter einer identischen Prädikation: jedes Zeichen ist Ding, 234 weil es, die thinking things ausgenommen, überhaupt keine anderen Dinge gibt als Zeichen. Das Zeichen erweist sich hier abermals als äußerst resistent. Ebenso, wie im Mittelalter auch dort, wo es durch die Betonung der unmittelbaren mentalen Präsenz des Erkenntnisgegenstandes im Akt der Erkenntnis zur Ausschaltung der vermittelnden Erkenntnismedia kam, letztlich doch das Zeichen als eben die Präsenz selbst zurückblieb, so bleibt auch hier nach der theoretischen Abschaffung des extramentalen, materiellen Seins an dessen Stelle allein das Zeichen zurück. Der Weg von Descartes (wobei Descartes hier im wesentlichen nur für die Betonung der Differenz von Körper und Geist bei gleichzeitiger Ablehnung der Speciestheorie steht) zu Berkeley ist geradlinig und an entscheidenden Stellen durch die Begrifflichkeit von Zeichen und Repräsentation gebahnt. Das zentrale Problem ist das der 'Kommunikation' - der forcierte Rückgriff auf das Modell der Sprachzeichen, wie er sich am Anfang und am Ende dieses Weges zeigt, mag diesen Begriff rechtfertigen - von 'Außen' und 'Innen'. Descartes ersetzt die aufgrund des metaphysischen Hiatus zwischen res extensa und res cogitans unmöglich gewordene Kausalbeziehung durch eine Zeichenbeziehung, wobei er auf das Modell der Sprache und der ihr von der scholastischen Zeichentheorie zugewiesenen moralischen Kausalität zurückgreift. Weil jedoch das, was die perzeptive 233

234

Die affirmative Stellung von Peirce zur Berkeley, dessen Erkenntnistheorie er als „for the most part correct in its affirmative assertions" bezeichnet (The Nation 73 (1. August 1901) 96), ist nicht verwunderlich. Später bekundet er sogar einen direkten Einfluß, wenn er sagt, daß aus der „idea that a thought is nothing but a habit connected with a sign, on can build up quite a little philosophy which is what I meant by „pragmatism". I think the idea was suggested to me by Berkeley's two little books on vision..."; vgl. C. S. PEIRCE, The New Elements of Mathematic, hg. C. Eisele (1976) 3. 192; vgl. D. E. PFEIFER, George Berkeley: Precursor ofPeirceiati Semiotic (1981) 68f. Vgl. G. BERKELEY, Principles of Human Knowledge, sect. 90, Works (1948-57) 2.90: „Ideas imprinted on the senses are real things, or do really exist; this we do not deny, but we deny they can subsist without the minds which perceive them, or that they are resemblances of any archetypes existing without the mind: since the very being of sensation or idea consists in being perceived, and an idea can be like nothing but an idea."

Das Zeichen in der Theorie der perzeptiven Erkenntnis

383

Erkenntnis der Dinge vermitteln soll, der mechanische Bewegungsreiz, die kognitive Repräsentation nur veranlaßt, die Dinge aber, ebenso wie der sprachliche Ausdruck und anders als die species, nicht selbst repräsentiert, fällt die Repräsentationsleistung, das effective repraesentare der die Zeichen interpretierenden Seele umso stärker ins Gewicht. Das findet seinen Ausdruck in der von Malebranche so vehement attackierten Formel des sibi aliquid repraesentare, mit der bei Descartes nicht mehr gemeint ist, als daß die Seele selbst, exzitiert durch die occasio, die causa próxima der Hervorbringung oder Aktuierung der passenden, in der facultas cognoscendi bereits angelegten Idee ist. Das sibi aliquid repraesentare entspricht damit dem, was die scholastische Logik seit dem ausgehenden Mittelalter als effective repraesentare bezeichnete, d.h. das „esse causam efficientem noticie vel actus intelligendi et isto modo anima natura dicitur repraesentare effective."235 Aber bereits die Ansetzung einer solchen Effizienz hieß eben für Malebranche dem menschlichen Erkenntnisvermögen weitaus zu viel zuzutrauen. An die Stelle des se représenter tritt bei ihm die vision dans dieu. Kommt das effective repraesentare nach Arnauld und De la Forge der menschlichen Seele zu, so nach Malebranche dem göttlichen Geist. Nicht die Seele repräsentiert sich die Dinge, sondern Gott repräsentiert sie der Seele mittels der Ideen, der, wie Arnauld sie nannte, êtres représentatifs. Diese werden von ihm unter Rekurs auf eine, wie gesehen, traditionelle zeichentheoretische Argumentation kritisiert. Die Ideen sind Akte, nicht etwas Drittes, zwischen den Akten und ihren Objekten. Für sie gilt, und Arnauld verwendet diesen Begriff explizit, das repraesentare formaliter, nicht das repraesentare instrumentaliter, wie er es den Ideen Malebranches vindiziert, sie dadurch zu im augustinischen Sinn verstandenen Zeichen macht und als solche zurückweist. Denn Zeichen sind, das galt zumal in augustinischer Tradition als ausgemacht, zur Vermittlung von Ersterkenntnis untauglich. Die durch die Zeichen geleistete occasionelle Verursachung hatte bei Descartes die Funktion, die beiden nicht über reguläre physische Kausalität aufeinander beziehbaren Bereiche von res extensa und res cogitans aufeinander abzustimmen, d.h. zu gewährleisten, daß sich das menschliche Erkenntnisvermögen jeweils im richtigen Augenblick die richtige Idee bildet.236 Malebranche übernimmt das Konzept der occasio und baut es aus. Adressat der occasio ist für ihn jedoch nicht mehr das zu einem se représenter der Dinge unfähige menschliche Erkenntnisvermögen, sondern Gott, der uns bei entsprechender Gelegenheit die passende Idee zeigt. Für die Beschreibung und Erklärung der Erkenntnis selbst werden die materiellen Gelegenheitsursachen damit jedoch überflüssig. Ihre Annahme gründet allein in der durch die theologische Offenbarungstatsache der göttlichen Weltschöpfung motivierten Voraussetzung der Existenz einer äußere

Introductiones dialecticae (1511) fol. a4vb. Notae in programma quoddam (AT VIII/2) 359; s. Anm. 36.

235

JOHANNES DE CELAYA,

236

Vgl.

DESCARTES,

384

Das Zeichen in der nichtscholastischen Philosophie der Prämoderne

materiellen Welt und der Hypothese, daß aufgrund der göttlichen veracitas die beiden Bereiche der äußeren Welt und der menschlichen Ideen aufeinander abgestimmt sein müssen. Werden aber die äußeren Dinge nicht selbst erkannt, können sie unter konsequenter Ansetzung des Ökonomieprinzips geleugnet werden. Während für Arnauld die êtres représentatifs Malebranches überflüssig sind, da sie die Erkenntnis der äußeren Dinge nie gewährleisten könnten, erklärt Berkeley die äußeren Dinge für überflüssig, da sie nie erkannt werden könnten. Was bleibt, sind die 'denkenden Dinge' (thinking things) und die ihnen von Gott gegebenen Zeichen, die nun jeden extramentalen Referenten verloren haben. Berkeley sieht deutlich, daß die materiellen Occasionen im Grunde nur die Funktion haben, die Konstanz und Regularität der sensations zu erklären. 2 3 7 Mag eine solche, die Abfolge der Ideen regulierende Instanz noch einen gewissen Erklärungswert besitzen, wenn sie direkt auf die menschliche Seele bezogen wird, so verliert sie jeden Sinn, wenn, wie bei Malebranche, der Addressat der occasions gewechselt hat und durch sie nicht mehr die menschliche Seele in ihrer Wahrnehmung reguliert wird, sondern der göttliche Geist; denn „on the part of an all-sufficient spirit, what can there be that should make us believe, or even suspect, he is directed by an inert occasion to excite ideas in our minds?" 2 3 8 Die Konstanz und Regularität des Wahrnehmungsgeschehens ergibt sich nicht daraus, daß die Abfolge der gleichsam als Impulsgeber unserer sensations dienenden materiellen Dinge durch physikalische Naturgesetze reguliert ist, sondern unmittelbar aus der von Gott festgelegten Grammatik der visual language.

4. Leibniz' Metaphysik der Repräsentation In der hier skizzierten Fluchtlinie des Dualismusproblems, die charakterisiert ist durch die Auflösung der Materialität und physischen Kausalität in Repräsentation und Zeichen, steht auch die Metaphysik von Leibniz, die letztlich nichts anderes ist, als ein weiterer Versuch, das Problem der „communication des substances" zu lösen ohne auf das „miracle continuelle" 2 3 9 der „cause occasionelles" zurückzugreifen.

237

238 239

Vgl.G. BERKELEY, Principles of Human Knowledge, Works ( 1 9 4 8 - 5 7 ) 2 . 7 1 : „For, say, you, since we observe our sensations to be imprinted in an orderly and constant manner, it is but reasonable to suppose there are certain constant and regular occasions of their being produced. That is to say that there are certain permanent and distinct parcels of matter, corresponding to our ideas, which, though they do not excite them in our minds, or any ways immediately affect us, as being altogether passive and unperceivable to us, they are nevertheless to God, by whom they are perceived, as it were so many occasions to remind him when and what ideas to imprint on our minds: that so things may go on in a constant uniform manner." Ebd. 73. G. W . LEIBNIZ, An Arnauld, Juni 1 6 8 6 , in: Die philosophischen Schriften, hg. C. I. Gerhardt ( 1 8 7 5 - 9 0 = G P ) II, 5 7 .

Das Zeichen in der Theorie der perzeptiven Erkenntnis

385

Im Système nouveau de la nature von 1695, der ersten von Leibniz veröffentlichten Darstellung seines neuen Systems, gibt er Rechenschaft über dessen Genese. Das Problem, das sich Leibniz im Rahmen seiner Reflexionen „sur l'union de l'ame avec le corps" stellte, war ein doppeltes, denn es galt nicht allein zu erklären, „comment le corps fait passer quelque chose dans l'ame, ou vice versa", sondern ebenso, „comment une substance peut communiquer avec une autre substance creée." 240 Letzteres war von Descartes selbst noch nicht als Problem betrachtet worden. Die Prozesse auf Seiten der res extensa waren für ihn durch mechanische Gesetze und physische Kausalität vollständig erklärbar. Seine Schüler jedoch - Leibniz bezieht sich hier in erster Linie auf Malebranche modifizierten nicht nur die Erklärung der perzeptiven Wahrnehmung, indem sie urteilten, „que nous sentons les qualités des corps, parceque Dieu fait naistre des pensées dans l'ame à l'occasion des mouvemens de la matiere", sondern wandten, da ihnen auch die „communication des mouvemens" unbegreiflich erschien, dasselbe Modell der durch Gelegenheitsursachen gesteuerten unmittelbaren göttlichen Bewirkung auf die Erklärung der Bewegungsübertragung an und behaupteten, „que Dieu donne du mouvement à un corps à l'occasion du mouvement d'un autre corps." 241 Für Leibniz wird in dem Augenblick, in dem er das doppelte Problem (Kommunikation von Körper und Seele; Bewegungsübertragung zwischen den Substanzen) als ein einfaches begreift, auch die Lösung diesen Problems einfach. Denn das Problem ist in beiden Fällen dasselbe, nämlich „qu'il n'est pas possible que l'ame ou quelque autre veritable substance puisse recevoir quelque chose par dehors". 242 Und ebenso ist die Lösung in beiden Fällen dieselbe. Denn wenn feststeht, daß nichts von außen in die Substanzen eintreten kann, braucht man ohne sich auf den „Deus ex machina" der causes occasionelles berufen zu müssen - nur anzunehmen, daß nichts von außen entreten muß, indem man voraussetzt, que Dieu a creé d'abord l'ame ou toute autre unité reelle en sorte, que toute luy naisse de son propre fonds par une parfaite spontanéité à l'égard d'elle-même, et pourtant avec une parfaite conformité aux choses de dehors. 243

Die doppelte Problematik reduziert sich also insofern auf eine einfache, als sich die Frage, „comment une substance peut communique avec une autre substance creée", auf jene reduziert, „comment le corps fait passer quelque chose dans l'ame", weil es keine „unité reelle" bzw. keine einfache Substanz gibt, die trotz aller graduellen Differenzen - etwas anderes ist, als eine Art perzipierende Seele. Und das Problem des Übergangs aus dem einen, materiellen, Bereich in den anderen, geistigen, entfällt hier, weil es einen solchen Übergang nicht gibt 240 241 242 243

Système nouveau de la nature et de la communication des substances, GP IV, 483. Vgl. ebd. Ebd. 484. Ebd.

386

Das Zeichen in der nichtscholastischen Philosophie der Prämoderne

und nicht zu geben braucht, da die Perzeptionen nicht von außen sondern von innen aus der repräsentierenden Natur der Seele selbst kommen: ... ces perceptions internes dans l'ame même luy arrivent par sa propre constitution originale, c'est à dire par la nature representative ... qui luy a esté donnée des sa création, et qui fait son charactere individuel. 244

Weder gibt es ein „faire passer quelque chose dans l'ame", noch ein „recevoir quelque chose par dehors". Nichts wird von außen hineingetragen und nichts von innen aufgenommen. Denn die Welt ist schon in der perzipierenden Substanz und diese gleichsam „un monde entier". 245 Für ein solches metaphysisches Konzept ist der Begriff der Repräsentation zwangsläufig von eminenter Bedeutung.246 Das triviale Faktum, daß, wenn nichts von außen in die Seele eintreten kann, alles schon in irgendeiner Weise in ihr vorhanden oder angelegt sein muß, fand bei Descartes hinsichtlich des Problems der perzeptiven Erkenntnis äußerer Dinge seinen Ausdruck in der Annahme der angeborenen Ideen. Da sich die Wahrnehmung jedoch als eine geordnete Abfolge von Perzeptionen darstellt, von der zudem angenommen werden mußte, daß sie in mehr oder weniger adäquater Weise auf die Veränderungen im äußeren Bereich der res extensa antwortet, blieb zu erklären, wie die Seele als causa próxima ihrer Ideen im richtigen Moment die richtigen Ideen produziert. Genau diese Funktion der Synchronisation von Innen und Außen kam den occasionellen Ursachen zu. Die Abfolge der Perzeptionsideen war damit noch von außen über die occasionellen Verursachung bzw. durch Zeichen reguliert. Leibniz nun versetzt auch die Instanz der Regulierung der Abfolgeordnung der Perzeptionen in das Innere, d.h. in die Seele. Er kann sich damit des occasionalistischen Deus ex machina entledigen, indem er die Seele selbst als einen geistigen Automaten (Automate spirituelle)247 konzipiert, der eines solchen externen 'Maschinisten' nicht bedarf, weil ihm zugleich mit seiner repräsentierenden Natur auch das Gesetz der geregelten Abfolge seiner Modifikation, d.h. der Sequenz seiner Perzeptionen „eingeschrieben" ist;248 wobei die prästabilierte Harmonie stets garantiert, daß die durch das jeder Monade eingeschriebene 'Programm' festgelegte „suite des

Ebd.; vgl an Lady Masham, Mai 1704, GP III, 342: „L'Ame est expressive des corps en vertu de sa Nature primordiale." 245 Discours de Métaphysique $ 9, GP IV, 434. Vgl. Remarques sur la lettre de M. Amauld..., GP II, 46f; An Arnauld, Juni 1686, GP II, 57. 2 4 6 Zur Funktion des Repräsentationsbegriffs für die leibnizsche Metaphysik vgl. P. KÖHLER, Der Begriff der Repräsentation bei Leibniz (1913), H. JALABERT, La fonction explicative de la notion de „représentation" dans l'ontologie de Leibniz, in: Akten des int. LeibnizKongresses, Hannover, 14.-19. Nov. 1966, Bd. 1 (1968) 123-38. 247 Systeme nouveau de la nature, GP IV, 485. 248 Yg| Extrait du dictionnaire de M. Bayle, Art. Rorarius ... avec mes remarques, GP IV, 548: J e ... conçois ... la loy de la suite des modifications d'une Ame ... comme une loy inscrite dans sa substance." 244

Das Zeichen in der Theorie der perzeptiven Erkenntnis

387

representations que l'ame se produit, répondra naturellement à la suite des changemens de l'univers même." 2 4 9 Die Kommunikation der Substanzen ist nichts anderes als die prästabilierte Harmonie ihrer Repräsentationen. Das Repräsentationsgeschehen in jeder Monade korrespondiert mit dem Weltgeschehen, weil die Ordnung der Welt selbst nichts anderes ist als die Ordnung der Repräsentation. Die erkenntnis- und wahrheitstheoretische Problematik der Entsprechung von 'Innen' (Seele) und 'Außen' (Welt) ist hier in grundlegender Weise modifiziert. Denn das 'Außen' ist selbst nur eine unendliche Vielzahl von 'Innen'. 2 5 0 Jalabert hat Recht mit dem Hinweis, daß für Leibniz „la Représentation n'est une fonction psychique que dans une de ses réalisations possibles. Plus profondement elle désigne la Nature même de la substance." 251 Das Entscheidende ist jedoch, daß sich bei Leibniz beides letztlich nicht voneinander trennen läßt. Jede Monade repräsentiert (bzw. perzipiert) das gesamte Universum. Da durch die prästabilierte Harmonie aber ihre Perzeptionen zum übrigen Universum in einem Verhältnis stehen, das als „rapport exacte" 2 5 2

den von Leibniz aus der

Mathematik entlehnten Kriterien eines Expressions- bzw. Repräsentationsverhältnisses entspricht, 253 repräsentiert (bzw. perzipiert) nicht nur jede Monade

249

250

251

Systeme nouveau de la nature, GP IV, 485. Vgl. Considérations sur la doctrine d'un esprit universel unique, GP VI, 5 3 8 : „... chaque ame ... contient dans son fonds un ordre repondant à celuy de l'univers même..."; an Amauld, GP II, 1 2 6 : „Enfin pour rammasser mes pensées en peu de mots: je tiens que toute substance renferme dans son estât present tous ses estats passés et à venir et exprime même tout l'univers suivant sont point de veue ...; et par consequent rien ne luy arrive que de son fonds, et en vertu des ses propre loix, pourveu qu'on y joigne le concours de D i e u . " An Des Bosses, 16. 6. 1 7 1 2 , GP II, 4 5 1 : „Verum est, consentire debere, quae fiunt in anima, cum iis quae extra animam geruntur; sed ad hoc sufficit, ut quae geruntur in una anima res p o n d e a t tum inter se, tum iis quae geruntur in quavis alia anima; nec opus est poni aliquid extra omnes Animas vel M o n a d e s . "

H. JALABERT, La fonction explicative de la notion de „représentation" dans l'ontologie de Leibniz (1968) 123.

252

Théodicée, n. 3 5 7 , GP VI, 3 2 7 : „II est vray que la même chose peut être représentée différemment; mais il doit tousjours y avoir un rapport exacte entre la représentation et la chose, et par consequent entre les différentes representations d'une même chose. Les projections de perspective, qui reviennent dans le cercle aux sections coniques, font voir qu'un même cercle peut être representé par une ellipse, par une parabole, et par une hyperbole... Aussi faut il avouer que chaque ame se represent l'univers suivant son point de vue, et par un rapport qui luy est propre; mais une parfait harmonie y subsiste tousjours."

253

An Amauld, G P II, 1 1 2 : „Une chose exprime une autre (dans mon langage) lorsqu'il y a un rapport constant et reglé entre ce qui se peut dire de l'une et de l'autre. C'est ainsi qu'une projection de perspectives exprime son geometral. L'Expression est commune à toutes les formes, et c'est un genre dont la perception naturelle, le sentiment animal, et la connoissance intellectuelle sont des especes. Dans la perception naturelle et dans le sentiment il suffit que ce qui est divisible et materiel, et se trouve dispersé en plusierus estres, soit exprimé ou representé dans un seule estre indivisible, ou dans la substance qui est douée d'une veritable unité. On ne peut point douter de la possibilité d'une belle representation de plusieurs choses dans une seule, puisque notre ame nous en fournit un exemple. Mais

388

Das Zeichen in der nichtscholastischen Philosophie der Prämoderne

das gesamte Universum, sondern ist selbst „une representation de l'univers suivant sa point de veue". 254 Oder andersherum: Weil jede Monade ihrer Natur nach „représentatif de l'univers"255 ist, ist perzeptive Erkenntnis immer schon metaphysisch durch die Struktur des Universums selbst garantiert. Das Sein der Welt ist von ihrem Repräsentiertsein durch die Monaden nicht abzutrennen, denn das Universum besteht aus nichts anderem, als aus repräsentierenden Monaden. Im metaphysischen Kontext spielt der Zeichenbegriff selbst bei Leibniz zwar keine Rolle. Er ist vollständig verdrängt durch das Begriffsfeld von Expression und Repräsentation.256 Gleichwohl sind aber auch hier deutliche Spuren einer Wirksamkeit der Zeichentheorie zu finden. So entspricht z.B. die Bestimmung, die Leibniz der Idee in ihrem expressiven Bezug zu dem von ihr Ausgedrückten gibt, im wesentlichen der traditionellen Lehre von der dreifachen Fundierung der Zeichenrelation in einer willkürlichen oder natürlichen Verbindung, wobei es sich bei letzterer entweder um eine - im weitesten Sinn verstandenen - Ähnlichkeit oder um ein Kausalverhältnis handeln kann.257 Dabei ist jedoch die Kausalität, die es bei Leibniz ebenso wie bei Berkeley nurmehr im Modus des „als ob" (comme si l'une agissoit sur l'autre)258 geben kann, ihrerseits aus monadologischer Perspektive notwendig in eine Art Zeichenbeziehung transformiert. Galt nach traditioneller Auffassung die Wirkung als Zeichen ihrer Ursache und umgekehrt, weil aus der einen die andere erkannt werden konnte, so ist hier die Auszeichnung von etwas als Ursache oder Wirkung genau umgekehrt

254 255 256

257

258

cette representation est accompagnée de conscience dans l'ame raisonnable, et c'est alors qu'on l'appelle pensée. Or cette expression arrive par tout, parceque toutes les substances sympathisent avec toutes les autres."; vgl. Quid sit idea, GP VII, 263: „Exprimere aliquam rem dicitur illud, in quo habentur habitudines, quae habitudinibus rei exprimendae respondent." Zum Begriffsfeld von repraesentatio/expressio vgl. M. KULSTAD, Leibniz's Conception of Expression: studia leibnitiana 9 (1977) 55-76; K. D. DUTZ, Schlüsselbegriffe einer Zeichentheorie bei G. W. Leibniz: Analysis und Synthesis, Expressio und Repraesentatio, in: Rekonstruktion und Interpretation, hg. L. Kaczmarek u. K. D. Dutz (1985) 259-310. An Jaquelot, 9. 2. 1704, GP III 464f. Principes de la Nature et de la Grace, GP VI, 599. Das hat seinen Grund darin, daß für Leibniz das Zeichen, anders als die Repräsentation oder Expression, nicht mit dem Akt der Perzeption oder Erkenntnis gleichgesetzt werden kann, sondern vielmehr als selbst wahrgenommenes Medium der Erkenntnis gilt; vgl. Table de définitions, in: Opuscules et fragments inédits, hg. L. COUTURAT (1903) 497: „Signum est perceptum ex quo colligitur existentia non percept i." Quid sit idea, GP VII, 264: „Patet etiam expressiones alias fundamentum habere in natura, alias vero saltern ex parte fundari in arbitrio, ut sunt expressiones quae fiunt per voces et characteres. Quae in natura fundantur, eae vel similitudinem aliquam postulant, ... vel certe connexio, qualis est inter circulum et ellipsim quae eum optice repraesentat, quodlibet enim punctum ellipseos secundum certam quandam legem alicui puncto circuii respondet. ... Similiter omnis effectus integer repraesentat causam plenam, possum enim semper ex cognitione talis effectus devenire in cognitionem suae causae..."; vgl z.B. JOHANNES A STO THOMA, Ars logica I (1948) 355b; s. Kap. IV, Anm. 199. LEIBNIZ anAmauld, Sept. 1687, GP II, 115; vgl. Monadologie $ 81.

Die Funktion arbiträrer Zeichen für das Denken

389

nur die F u n k d o n der spezifischen Weise der Erkennbarkeit oder des Ausgedrücktseins des einen im anderen. Etwas ist actif en tant que ce qu'on connoît distinctement en lui, sert à rendre raison de ce qui se passe dans un autre; et passif en tant que la raison de ce qui passe en lui, se trouve dans ce qui se connoît distinctement dans un autre. 259 In rigore metaphysico

kann eine adäquate Beschreibung der W e l t nurmehr

über den Begriff der Repräsentation gelingen. Dieser bildet, zusammen mit seinem Pendant, der expression0

das alles bestimmende Z e n t r u m der leibnizschen

Metaphysik: „...le point de la representation de l'univers dans chaque M o n a d e estant establi, le rest n'est que consequences..." 2 6 1

C. Die Funktion

arbiträrer

Zeichen

für das

Denken

1. Das Verhältnis von Sprache und Denken in der Philosophie des 1 7 . Jahrhunderts Ebenso, wie das arbiträre, nicht in einer Ähnlichkeit oder Kausalbeziehung fundierte Zeichen im 1 7 . Jahrhundert als paradigmatisches Erklärungsodell des Verhältnisses von 'Außen' und 'Innen', von Körper und Seele, Schlüsselpositionen des metaphysischen Diskurses einzunehmen beginnt, bis es bei Berkeley an die Stelle der materiellen W e l t selbst tritt, dringt es auch zunehmend ins Innere des Denkens ein, bis es sich schließlich ganz mit diesem verbinden o d e r es sogar ebenso substituieren wird, wie bei Berkeley die materielle Substanz. Freilich, in metaphorischer Weise ist es dort fast immer schon gewesen. Denn die Beschreibung des Denkens in Kategorien der Sprachlichkeit hat eine lange, bis auf Piatons Bestimmung der διάνοια als „inneres Gespräch der Seele

259

260

261

Vgl. Monadologie, $ 52. Vgl. an Foucher, GP I, 382f: J e croy que toute substance individuelle exprime l'univers tout entier à sa maniere, et que son estât suivant est une suite (quoyque souvent libre) de son estât precedent...; mais comme toutes les substances sont une production continuelle du souverain Estre, et expriment le même univers ou les mêmes phenomenes, elle s'entraccordent exactement, et cela nous fait dire que l'une agit sur l'autre, parce que l'une exprime plus distinctement que l'autre la cause ou raison des changemens..." Der Begriff der expressio ist für die leibnizsche Philosophie insofern von besonderer systematischer Bedeutung, als er die Verbindungsstelle von Metaphysik und Logik ausmacht. Die Monaden sind Repräsentationen, die cogitatio ein Prozeß der Transformation von Zeichen {signa, characteres). Beides aber ist nur möglich, weil es sich dem einen wie beim anderen, bei der metaphysischen Repräsentation wie beim logischen Zeichen um eine expressio handelt, d.h. um etwas, das in einem „rapport reglé" zu jeweils Repräsentierten oder Bezeichneten steht. LEIBNIZ, an Jacquelot, GP III, 465; vgl. an de Voider, Juni 1703, GP II, 253: „Doctrinam meam quomodo quodlibet corpus omnia alia exprimat, et quomodo quaelibet anima vel Entelechia exprimat et suum corpus et per ipsum alia omnia, videris pulchre perspexisse. Sed ubi ejus vim expenderis, nihil aliud dictum a me videbis, quod non inde consequatur."

390

Das Zeichen in der nichtscholastischen Philosophie der Prämoderne

mit sich selbst" (έντος της ψυχής προς αύτήν διάλογος) 262 zurückreichende Tradition. Historische Wirksamkeit hat vor allem die stoische Unterscheidung von λόγος ένδιάθετος und λόγος προφορικός erlangt, 263 die, unter Hinzunahme der Schrift zu einer dreifachen Unterscheidung des λόγος ausgebaut, in die spätantiken Kommentare zum aristotelischen Organon eingeht, von wo Boethius sie übernimmt und als Lehrstück von der 'triplex oratio' der scholastischen Tradition des Mittelalters vermittelt. 264 Für diese nicht weniger bedeutend war Augustinus, der, ebenfalls ausgehend von der Unterscheidung von äußerem W o r t (verbum quod foris sonat) und innerem Gedanken (cogitatio) als einem „verbum ..., quod in corde dicimus; quod nec graecum est nec latinum, nec linguae alicuius alterius", die menschlichen cogitationes als „locutiones cordis" (Reden des Herzens) bezeichnete. 265 Während die griechische Unterscheidung von λόγος ένδιάθετος und λόγος προφορικός in der doppelten Bedeutung von λόγος gründet, besitzt deren lateinische Adaptation, trotz aller Betonung der Eigentlichkeit der Rede vom geistigen Wort, 2 6 6 metaphorischen Charakter. 2 6 7 Denn gemäß der von Augustinus und Boethius sich herleitenden und innerhalb der scholastischen Tradition bis ins 18. Jahrhundert geltenden Auffassung vollzieht sich das Denken in einer sprachfreien, d.h. nicht an das Medium irgendeiner natürlichen (idiomatischen) Sprache gebundenen oratio mentalis, frei von jeglichem - fördernden oder störenden - Einfluß seitens der Sprache. 2 6 8 Dem steht später ein fast ebenso einhelliger Konsens der bis zur Gleichsetzung von Sprechen und Denken zugeschärften Sprachabhängigkeitsthese gegenüber, 269 die dann im 'linguistic turn' am Beginn dieses Jahrhunderts ihren Ausdruck gefunden hat. Wenn also Petrus Hurtado de Mendoza im frühen 17. Jahrhundert behauptet, „dicere intra se, et cogitare sunt idem" 2 7 0 und Friedrich Schlegel 2 0 0 Jahre später betont, daß „das Denken selbst nur ein innerliches Reden" ist, 271 dann

262

Soph. 263 e 2-4.

263

Vgl. Kap. II, Anm. 119. Vgl. S. 4 0 f . Vgl. S. 3 Of. Vgl. S. 106f. Vgl. J . CARAMUEL DE LOBKOWITZ, OCist, Praecursor logicus ( 1 6 5 4 ) 3 7 1 : „... vocabulorum defectu, quia voces significantes 'verba' diximus, intellectiones verbis correspondetes etiam 'Verba' appellamus." Solche Feststellungen sind jedoch recht selten. Uberwiegend findet sich die augustinische Insistenz auf der Eigentlichkeit des geistigen Wortes.

264 265 266 267

268

269

270 271

Vgl. W . HOBENER, O r a t i o mentalis' und 'oratio vocalis' in der Philosophie des 14. Jahrhunderts, in: Miscellanea Mediaevalia 13/1 ( 1 9 8 1 ) 4 8 8 - 9 7 . Vgl. WILHELM VON HUMBOLDT, Sprachbau und Entwicklung des Menschengeschlechts, Gesammelte Schriften, hg. A. Leitzmann u. a. (Berlin 1 9 0 3 - 3 6 ) 7 . 5 3 : „Die intellectuelle Thätigkeit... und die Sprache s i n d . . . Eins und unzertrennlich von einander". P. HURTADO DE MENDOZA, SJ, Disputationes de universa philosopha (1617) 781. F. SCHLEGEL, Philosophie der Sprache und des Wortes (1828/29), Kritische Ausgabe, Bd. 10, S. 3 5 0 .

Schlegel-

Die Funktion arbiträrer Zeichen für das Denken

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sagen beide zwar dasselbe. Gemeint aber ist damit jeweils ganz etwas anderes. Zwischen beiden Äußerungen liegt eine radikale Wende in der Beurteilung des Verhältnissen von Sprache und Denken, welche sich begreifen läßt als Teil einer ihrerseits erst in einem weitergefaßten historischen Rahmen deutlich werdenden Bewegung am Begriff des Zeichens. Bei Augustinus hat das Zeichen seinen Ort im Raum der äußeren wahrnehmbaren Dinge. Zeichen und verbum mentis stehen in strikter Opposition. Zwar ist das wichtigste aller willkürlichen Zeichen, das gesprochene Wort, unmittelbar auf das verbum mentis bezogen, weil es selbst Wort nur ist, insofern es Zeichen jenes Wortes ist. Es ist damit jedoch zugleich von der Sphäre des geistigen Wortes ausgeschlossen, indem es eben nur Zeichen desselben ist. Seit der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts dringt der Zeichenbegriff gleichsam in das Innere des Denkens. Die Konzepte werden selbst zu signa, bei denen es sich allerdings nach allgemeiner Auffassung um natürliche Zeichen handelt. Die oratio mentalis ist natürliche Zeichen-'Sprache'. Durch die Konzeptualisierung der Sprachzeichen treten, wie bei Gregor von Rimini, die „imagines sonorum" als Elemente eines eigenen „genus enuntiationum mentalium" in den Bereich der mens, wo sie nach Pierre d'Ailly mit den eigentlichen Mentaltermini kraft Gewohnheit (per consuetudinem) in einer so engen Verbindung (colligantia seu mutua concomitantia inter conceptum naturalem ... et conceptum ... vocis) stehen, daß bei der Bewirkung des einen unmittelbar auch die des anderen erfolgt (uno conceptu moto per obiectum suum ... statim movetur alius conceptus). 272 Diese gewohnheitsmäßige Verbindung von Sprache und Denken, die im Mittelalter noch nicht als wechselseitiger Einfluß interpretiert wurde, wird außerhalb der scholastischen Logik im 17. Jahrhundert bisweilen als so eng angesehen, daß eine Trennung von beidem kaum mehr möglich zu sein scheint. 273 Da hier, gemäß der älteren Auffassung, noch eine prinzipielle Vorgängigkeit des Denkens vor dem Sprechen postuliert wird, liegt es nahe, daß die Einsicht in die faktische Verkettung von beidem diese zunächst als eine störende bewerten muß. Entsprechend wird hier der Einfluß der Sprache auf das Denken zunächst überwiegend kritisch, als eine Art schlechte Gewohnheit, dargestellt. 274 Die

272 273

274

Vgl. Kap. II, Anm. 312. Vgl. A. ARNAULD / P. NICOLE, La logique ou l'art de penser (1965) 38: „... cette accoutumance est si forte, que quand nous pensons seuls, les choses ne se présentent à notre esprit qu'avec les mots dont nous avons accoûtumé de les revêtir en parlant aux autres ..."; vgl. ebd., p. 103. Vgl. J. CLAUBERG, Corporis et animae conjunctio, cap. 36 S 3, in: Op. omn. philos. (1691) 240: „... conceptus rerum a conceptibus verborum vix unquam separare possimus: quia nimirum ad ineunte aetate notiones rerum simul cum verbis memoriae mandavimus." Galten die sprachlichen Ausdrücke in der spätmittelalterlichen Logik hinsichtlich der Konzepte als „signa subordinata", werden sie nun gleichsam der Insubordination beschuldigt. Francis Bacon spricht im Rahmen seiner Idolenlehre davon, daß die „verba plane vim faci-

392

Das Zeichen in der nichtscholastischen Philosophie der Prämoderne

Wörter beginnen damit jedoch aus der bloßen Parallelisierung zum Denken auszuscheren und in den unmittelbaren Sachbezug der Gedanken selbst einzudringen, indem sie nun auch „im innerlichen Selbst-Gespräch ... an die Stelle der Sache" treten 275 und somit einen - ihnen zuvor in dieser Form nicht zugestandenen - Einfluß auf den Denkprozeß erhalten. Während der Cartesianismus diesen zumeist als bloße Deformation wertete, sahen Hobbes und Locke in den Wörtern ein notwendiges Hilfsmittel zur „Fixierung" und Wiedererinnerung der sprachfrei gebildeten Konzepte. Die scholastisch durchgängig vorausgesetzte Selbstsuffizienz des sprachfreien Mentaldiskurses ist hierdurch ein Stück weit zurückgenommen, zunächst aber noch nicht grundsätzlich in Frage gestellt. Nach Thomas Hobbes vollzieht sich die menschliche „ratiocination" als eine Art Kalkül, der aus den beiden Grundoperationen der Addition und Subtraktion von Ideen, Gedanken oder Konzepten besteht. 276 Weil die Gedanken jedoch flüchtig und vergänglich („fluxae et caducae") sind, bedürfen sie gewisser sinnlicher, im Prinzip von jedem Einzelnen beliebig wählbarer Merkmale, mit deren Hilfe sie gleichsam fixiert und dem Geist für weitere Überlegungen verfügbar gemacht werden können. Diese sinnlichen Merkmale bezeichnet Hobbes als „marks" bzw. „notae". 2 7 7 Da der Erkenntnisfortschritt in Form einer gemeinschaftlichen Wissensakkumulation jedoch nur gewährleistet sein kann „if the same notes be made common to many", 2 7 8 ist zusätzlich zu den notae ein Mittel

unt intellectui". Vgl. F. BACON, Novum Organum, in: The Works of Francis Bacon (18577 4 ) 1.164. Die Sprache wird zumeist der inferioren Erkenntnisebene der Imagination und dem „Verständnis der M e n g e " (captus vulgi) zugeordnet und somit in erster Linie als Quelle für Irrtümer angesehen. Vgl. ebd. 170f.: „Credunt... homines rationem suam verbis imperare; sed fit etiam ut verba vim suam super intellectum retorqueant et reflectant ... ( 1 7 1 ) Verba autem plerunque ex captu vulgi induntur, atque per lineas vulgari intellectui maxime conspicuas res secant. Quum autem intellectus acutior aut observatio diligentior eas lineas transferre velit, ut illae sint magis secundum natura, verba obstrepunt." Vgl. BENEDICTOS DE SPINOZA, De intellectus emendatione tractatus, in: Opera (1925ff} 2. 3 3 : „... cum verba sint pars imaginationis ... non dubitandum, quin etiam verba aeque, ac imaginario, possint esse causa multorum, magnorumque errorum, nisi magnopere ab ipsis caveamus. Adde quod sint constituta ad libitum, et captum vulgi; adeo ut non sint nisi signa rerum, prout sunt in imaginatione, non autem prout sunt in intellectu." 275

G. W. LEIBNIZ, Unvorgreiffliche Gedancken, betreffend die Ausübung und Verbesserung der Teutschen Sprache, S 5, in: Ders.: Collectanea etymologica (Hannover 1717) 257. Eine solche Ersetzung des conceptus rei durch den conceptus ker als Nonsens erschienen.

276

277

vocis wäre jedem scholastischen Logi-

TH. HOBBES, Computation or Logic in: The English Works, hg. v. W. Molesworth (1839-45) 1.3. De corpore I: Computatio sive logica, Opera ( 1 8 3 9 - 4 5 ) 1.12: „... absque aliquo tali adjumento, quicquid h o m o apud animum suum ratiocinando collectum habuerit, statim elabitur, nec potest nisi iterato opere revocari. E x quo sequitur, ad philosophiae acquisitionem, necessaria esse monimenta aliqua sensibilia, ... Hujusmodi monimenta sunt quas vo-

camus notas·, nimirum, res sensibiles arbitrio nostro adhibitas, ut illarum sensu cogitationes in animum revocari possunt similes iis cogitationibus quarum gratia sunt adhibitae."

278

Computation

or Logic,

Works ( 1 8 3 9 - 4 5 ) 1 . 1 4 ; vgl. De corpore I, Opera,

( 1 8 3 9 - 4 5 ) 1.12.

Die Funktion arbiträrer Zeichen für das Denken

393

zur Kommunikation der Gedanken erforderlich, die signa oder signs.279 Notae und signa sind somit funktional unterschieden. 280 Während die notae zur erinnernden Vergegenwärtigung der Gedanken dienen, haben die signa die Aufgabe, sie anderen mitzuteilen. 281 De facto werden beide Funktionen von den sprachlichen Ausdrücken (voces, nomina) erfüllt, 282 wobei Hobbes jedoch ausdrücklich die Priorität der mnemonischen gegenüber der kommunikativen Funktion betont („Natura ... nominis consistit primario in eo quod sit nota, adhibita memoriae causa; accidit autem ut serviat quoque significandis, demonstrandisque iis rebus quas memoria tenemus"). 283 Der Begriff des Zeichens ist dabei ganz vom anzeigenden Zeichen her konzipert: Signa autem vocari soient antecedentia consequentium, et consequentia antecedentium, quoties plerumque ea simili modo praecedere et consequi experti sumus. Exempli gratia, nubes densa signum est consequunturae pluviae, et pluvia signum antecendentis nubis... - (Zeichen aber wird das Voraufgehende in Rücksicht eines Nachfolgenden oder das Nachfolgende in Rücksicht eines Voraufgehenden genannt, wann immer uns aus Erfahrung bekannt ist, daß dieses in gleicher Weise voraufgeht oder folgt. Zum Beispiel sind dichte Wolken ein Zeichen des nachfolgenden Regens und der Regen ein Zeichen der voraufgehenden Wolken). 2 8 4

Wenn Hobbes den so definierten Zeichenbegriff in natürliche und arbiträre Zeichen differenziert, 285 dann bleibt auch für letztere die anzeigende Funktion bestimmend. Diese Festlegung des Sprachzeichens auf endeiktische Funktion wird konsequent durchgehalten. Der sprachliche Ausdruck ist, als ausgesprochener, dem Hörer ein Zeichen, das anzeigt, welcher Gedanke beim Sprecher vorliegt. 286 Wörter bezeichnen die conceptus, nicht die res. Zu sagen, daß „Stein" das Zeichen für Stein sei, macht (unter der Voraussetzung des indexikaEbd.: „Itaque ad philosophiae acquisitionem necessarium est ut sint signa aliqua quibus, quae ab aliis excogitata sunt, aliis patefieri et demonstrar! possint." 280 vgl. M . DASCAL, Leibniz, Hobbes, Locke and Descartes on signs, memory, and reasoning (1987) 32ff. 2 8 1 Vgl. De corpore I: Computatio sive Logica, in: Opera (1839-45) 1.13: „Notae ergo et signi differentia est, quod ilia nostri, hoc aliorum gratia institutum sit." 2 8 2 Ebd.: „Voces humanae ... ut cogitationum signa sint, connexae, Oratio, partes vero singulae nomina appellantur. Cum autem philosophiae ... et notae et signa (notae ut recordari, sina ut demonstrare cogitationes nostras valeamus) necessaria sint; nomina utramque rem praestant." 2 8 3 Ebd. 1.13f. 2 8 4 Ebd. 12. 2 8 5 Ebd., 13: „Signorum autem alia naturalia sunt quorum exemplum est quod modo dixeramus; alia arbitraria, nimirum quae nostra volúntate adhibentur; qualia sunt, suspensa hederá, ad significandum vinum venale; lapis ad significandum agri terminum; et voces humanae certo modo connexae, ad significandas animi cogitationes et motus." Bereits hier macht Hobbes deutlich, daß ein Sprachzeichen nur in Verbindung mit anderen Zeichenfunktion erfüllen kann. 2 8 6 Ebd. 14: „Nomen est vox humana arbitratu hominis adhibita, ... et ad alios prolata signum iis sit qualis cogitatio in ipso proferente praecessit vel non praecessit." 279

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Das Zeichen in der nichtscholastischen Philosophie der Prämoderne

lischen Zeichenverständnisses) auf keine andere Weise einen Sinn als so, daß der Hörer aufgrund des Wortes ersehen kann, daß der Sprecher an einen Stein gedacht hat. 287 In der antiken Zeichentheorie wurde in der Regel deutlich zwischen dem natürlichen Anzeichen (σημεΐον) und dem sprachliche Zeichen (σημαίνον) unterschieden. Augustinus hatte, wie gesehen, in De dialéctica zunächst die für anzeigende Zeichen gebräuchliche Zeichendefinition auf die Sprache appliziert, in De magistro jedoch die damit verbündete Funktion der ostensio wieder zurückgewiesen und den rememorativen Charakter der Sprachzeichen sowie des Zeichens insgesamt betont, dem in der späteren Zeichendefinition mit der Ersetzung des 'ostendere' durch das 'facere in cogitationem venire' Rechnung getragen wird. Während bei Augustinus also der durch die Verbindung von σημεΐον und σημαίνον konstituierte allgemeine Begriff des Zeichens vom Sprachzeichen dominiert wird, liegen die Dinge bei Hobbes anders. Hier ist das anzeigende Zeichen Paradigma des Zeichens und damit auch des Sprachzeichens. Hobbes geht insofern von einem Zeichenbegriff aus, welcher dem Wortlaut - nicht der Intention - der Zeichendefinition des frühen Augustinus entspricht; und zwar nicht nur hinsichtlich der Festlegung des Zeichens auf sinnliche Wahrnehmbarkeit sondern gerade auch hinsichtlich Betonung der anzeigenden Funktion. Der sich hieraus ergebende eigentümliche semantische Ansatz,288 der aus dem gängigen Distinktionsschema von extensionaler und intensionaler Semantik herausfällt, insofern er zwar die Konzepte zum Signifikat erklärt, diese jedoch nicht hinsichtlich ihres gedanklichen Gehaltes sondern hinsichtlich ihres konkreten Gedachtseins durch den Sprecher bezeichnet sein läßt, scheint ohne direkte Vorläufer zu sein. 289 Später wird er jedoch in weitgehend identischer Form im Wolffianismus die Theorie der Bedeutung sprachlicher Ausdrücke dominieren. Hobbes weist der Sprache neben der Funktion der demonstratio zwar auch und sogar vornehmlich - die der recordatio zu. Die rememorative Leistung der sprachlichen Ausdrücke begründet nach Hobbes als solche aber nicht ihren Zeichencharakter. Auch das bloße Exzitieren von Gedanken bei anderen ist gerade noch kein Bezeichnen. Der Ansatz einer gewissermaßen 'endeiktischen Semantik' hat für Hobbes weitere Konsequenzen. Während nämlich die Worte bereits als einzelne zur Erinnerung von Gedanken und damit als notae fungieren kön287 Vgl. ebd. 15; „Quoniam autem Nomina, ut definitum est, disposita in oratione, signa sunt conceptuum; manifestum est ea non esse signa ipsarum rerum; quo sensu enim intelligi potest sonum hujus vocis lapis esse signum lapidis, alio quam ut is qui vocem earn audisset colligeret loquentem de lapide cogitasse?" 2 8 8 Vgl. I. C. HUNGERLAND / G. R. VICK, Hobbes' Theory of Signification: Journal of the History of Philosophy 11 (1973) 459-82. 2 8 9 Zwar ist seit Roger Bacon der sprachliche Ausdruck mehrfach als indexikalisches Zeichen des b e i m S p r e c h e r v o r l i e g e n d e n K o n z e p t s dargestellt w o r d e n . D a m i t w a r j e d o c h stets ver-

bunden, daß ihm diese Zeichenfunktion nur als ein natürliches Indiz zukommt und entsprechend seine eigentliche Signifikation auf die res gerichtet ist.

Die Funktion arbiträrer Zeichen für das Denken

395

nen, werden sie zu Zeichen lediglich im Kontext einer vollständigen Rede, eines Satzes.290 Als notae kommt den Wörter Hobbes zufolge lediglich eine - wenn auch notwendige - subsidiäre Funktion zu. Der rationale Diskurs selbst, die „computation", operiert mit den durch die notae hervorgerufenen Ideen und Gedanken, nicht mit den notae oder anderen Zeichen selbst: „by the ratiocination of our mind, we add and subtract in our silent thoughts, without the use of words".291 Hobbes knüpft mit der deutlichen Abhebung eines sprachfreien Mentaldiskurses vom „verbal discourse" oder „train of words" an die ältere mentalistische Tradition an. Er setzt sich von dieser allerdings durch die Betonung der Bedürftigkeit des Mentaldiskurses sowie die stillschweigende sensualistische Umdeutung der mentalistischen Theorie ab. Denn Begriffe sind für ihn nie etwas an und für sich Allgemeines, sondern nur Vorstellungsbilder von Einzeldingen (singularium ... rerum imagines et phantasmata).292 Eine tragende Funktion für die Erkenntnis räumt auch John Locke den Zeichen ein. Im Essay concerning Human Understanding präsentiert er eine allgemeine Einteilung der Wissenschaften, die neben der Naturwissenschaft (φυσική) und der Ethik (πρακτική) als dritte Grundlagendisziplin die „Lehre von den Zeichen" anführt: σημιοτική (in den späteren Ausgaben zu σημειοτνκή korrigiert), the business whereof, is to consider the Nature of Signs, the Mind makes use of for Understanding of Things, or conveying its Knowledge to others. 293

Bei diesen Zeichen handelt es sich um die Ideen - die damit, anders als bei Hobbes oder Arnauld, mit unter den Begriff des Zeichens fallen - und die Wörter (words bzw. names) als den beiden „great Instruments of knowledge". Da die Wörter die gebräuchlichsten Zeichen sind, kann diese Disziplin hinlänglich treffend auch Logik genannt werden.294

290 Ygi £) e corpore i ) Opera (1839-45b) 1.13f: „ ... nomina per se singula notae sunt, nam cogitata revocant etiam sola, signa vero non sunt, nisi quatenus in oratione disponuntur et partes ejus sunt. Verbi gratia vox homo excitât quidem in audiente ideam hominis, non tarnen (nisi quis addat, est animai, vel aliud aequivalens) significat aliquam ideam fuisse in animo loquentis, sed voluisse eum aliquid dicere, quod potuit quidem incipere a voce homo, potuit vero etiam a voce homogeneum." Der in diesem Lehrstück enthaltene Ansatz zu einer Satzsemantik ist von Hobbes allerdings nicht weiter ausgearbeitet worden; vgl. M. DASCAL, Leibniz, Hobbes, Locke and Descartes on signs (1987) 33. 291 Computation, Works (1839-45) 1.3. Die Auffassung von der „interna animi sine vocibus ratiocinatio" ist bereits in den Vorstudien zu De corpore voll ausformuliert. Vgl. Logica, cap. 1, in: THOMAS HOBBES, Critique du De Mundo de Thomas White, hg. J. Jacquot / H. W. Jones (1973) 463. 292 De Corpore I, Opera (1839-45) 1.18; vgl. W. HüBENER, Ist Thomas Hobbes Ultranominalist gewesen?: Studia Leibnitiana 9 (1977) 84; 96. 2 9 3 J. LOCKE, Essay concerning Human Understanding I V , 2 1 , 4 ( 1 9 7 5 ) 7 2 0 . 2 9 4 Ebd.

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Das Zeichen in der nichtscholastischen Philosophie der Prämoderne

Mit dieser Trichotomie und der in ihr aufgenommenen Semiotik ist Locke in die Geschichtsschreibung der Semiotik als deren Namengeber eingegangen. Mag sich der spätere und zumal der moderne Gebrauch dieses Terminus tatsächlich von Locke herleiten; 2 9 5 genau genommen entspricht die Verwendung dieses Begriffs bei Locke einer durchaus zeitüblichen Praxis, zeichenbezogenen Disziplinen den Namen „Semiotik" zu geben. 2 9 6 Die von Locke präsentierte „Division of the Sciences" ist selbst nichts anderes als eine terminologisch modifizierte Version der stoischen Trichotomie der Philosophie, wie sie durch das scholastische Logikverständnis - das Locke nicht unbekannt war 2 9 7 - nahegelegt war. Denn dort war, wie gesehen, die Auffassung verbreitet, daß „omnia instrumenta, quibus ad cognoscendum et loquendum utimur, signa sunt" (alle Instrumente, derer wir uns zum Erkennen und Sprechen bedienen, Zeichen sind) 298 und Logik somit „vornehmlich die Lehre von den Zeichen ist, ... insofern diese dem rationalen Denken angemessen sind" (loyca est doctrina principaliter de signis... secundum quod sunt accomodata ratiocinationi). 299 Bereits im 13. Jahrhundert hatte, wie ebenfalls gesehen, Ps.-Robert Kilwardby eine identische Einteilung der Wissenschaft in „philosophia naturalis", „philosophia moralis" und in die präzis die Zeichen als Zeichen behandelnde „scientia de signis" vertreten. 3 0 0 Weder also ist der Terminus bei Locke ein Novum, noch die Wissenschaftsklassifikation, innerhalb der er erscheint, noch auch die seiner Einführung zugrundeliegende Auffassung, die Logik habe vornehmlich oder ausschließlich Zeichen zum Gegenstand. Und wenn Locke am Schluß seines Essay mit der Postulierung einer ausgearbeiteten Zeichentheorie die Herausbildung einer neuen Form der Logik in Aussicht stellt, 301 dann steht dies in merkwürdigem Kontrast zu der Tatsache, daß sich gerade in der älteren, scholastischen Logik eingehende theoretische Erörterung des Zeichens finden lassen, während

295 296 297

298 299 300

301

Vgl. L. ROMEO, The Derivation of 'Semiotics' through the History of the Discipline: Setniosis 6.2 (197η 37-49. Vgl. S. MEIER-OESER, Semiotik, Semiologie II, in: Historisches Wörterbuch der Philosophie, Bd. 9 (1996) 601-608. Vgl. E. J. ASHWORTH, „Do words signify ideas or things?" The scholastic sources of Lokke's theory of language: Journal of the Hist, of Philos. 19 (1981) 299-326; DIES., Locke on Language: Canadian Journal of Philos. 14 (1984) 45-74. JOHANNES A SANCTOTHOMA, Ars logica (1948) 9a. LEONINUS VON PADUA: Decas loyca, zit. n. F. BOTTIN: La polemica contro i moderni loyci ... nella Decas loyca di L. da Padova: Medioevo 4 (1978) 108. PS.-ROBERT KILWARDBY, The Commentary on „Priscian Maior" ascribed to R. Kilwardby, hg. K. M. FREDBORG u.a.: CIMAGL 15 (1975) 1; S. Kap. II, Anm. 107. J. LOCKE, Essay IV, 21, 4 (1975) 721: „The Consideration ... of Ideas and Words ... makes no despicable part of their [sc. mens] Contemplation, who would take a view of human Knowledge in the whole Extent of it. And, perhaps, if they were distinctly weighed, and duly considered, they would afford us another sort of Logick and Critick, than that we have been hitherto acquainted with."

Die Funktion arbiträrer Zeichen für das Denken

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sich bei Locke selbst eher das Fehlen eines präzis bestimmten Zeichenbegriffs bemerkbar macht. Seine Subsumption der Ideen unter die Zeichen302 hat in Verbindung mit der extrem weit gefaßten Bedeutung des Ideebegriffs zur Konsequenz, daß die gesamte menschliche Erkenntnis sich im Medium der Zeichen bewegt. Denn der Begriff der Idee steht „for whatsoever is the Object of the Understanding when a Man thinks" und umfaßt damit „whatever is meant by Phantasm, Notion, Species, or whatever it is, which the Mind can be employ'd about in thinking".303 Die Unschärfe und Widersprüchlichkeit seiner Bestimmung der Idee, die mal als das Objekt der Perception,304 mal als die Perzeption selbst305 beschrieben wird, verbaut nicht allein die Klärung des Begriffs des Zeichens und dessen Verhältnisses zum Bezeichneten,306 sie setzt auch der Anwendung traditioneller Zeichenkonzepte auf den Ideebegriff Grenzen. Eine solche ist möglich hinsichtlich der einfachen Ideen, bei denen es sich um Zeichen (marks,307 characters308 ) der Eigenschaften externer Dinge handelt. Deren Signifikanz bzw. „reality" gründet, entsprechend der Theorie der mechanischen Verursachung der Perzeption309 sowie der Unterscheidung von primären und sekundären Qualitäten, nicht in einer Ähnlichkeit zum bezeichneten Gegenstand, sondern in der Regularität der Verursachung der Perzeptionen durch äußere Dinge.310 Erfüllen die einfachen und in gewissem Maße auch die komplexen Ideen der Substanzen als „ektypa" bzw. „Copies" realer Dinge311 die gängigen Kriterien natürlicher Zeichen, so fallen die willkürlich aus verschiedenen Arten von einfachen Ideen synthetisierten „mixed modes"312 aus dem Rahmen der gebräuchlichen Zeichenbestimmungen heraus, da sie, wie ausdrücklich betont wird, „no reference to any Pattern existing, and made by Na-

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307 308 309 310

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Essay IV, 21, 4 (1975) 721, 2. Essay I, 1, 8 (1975) 47. Essay II, 8, 8 (1975) 134: „Whatsoever the Mind perceives in it self, or is the immediate object of Perception, Thought, or Understanding, that I call Idea." Essay II, 32, 1 (1975) 384, 20. Vgl. R. HALLER, Das „Zeichen" und die „Zeichenlehre" in der Philosophie der Neuzeit: Archiv f. Begriffsgeschichte 4 (1959) 119. Essay II, 32, 14 (1975) 388, 26. Essay II, 30, 2 (1975) 373, 3. Essay II, 8, 11 (1975) 135f; vgl. IV, 4, 4 (1975) 564, 4ff. Vgl. Essay II, 30, 2 (1975) 372f: „... these several Appearances, being designed to be the Marks, whereby we are to know, and distinguish Things, which we have to do with; our Ideas do as well serve us to that purpose, and are as real distinguished Characters, whether they be only constant Effects, or else exact Resemblances of something in the things themselves: the reality lying in that steady correspondence, they have with the distinct Constitutions of real Beings. But whether they answer to those Constitutions, as to Causes, or Patterns, it matters not; it suffices, that they are constantly produced by them. And thus our simple Ideas are all real and true..." Essay II, 31, 13 (1975) 383, 14. Essay II, 12, 5 (1975) 165.

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D a s Z e i c h e n in der nichtscholastischen Philosophie der Prämoderne

ture" haben. 313 Sie repräsentieren keine extramentalen Gegenstände, sondern allein das, was sie an sich selbst sind: willkürlich zusammengestellte Ensembles einfacher Ideen. 314 Die Regularität der Verbindung zwischen den einfachen Ideen und den äußeren Dingen erlaubt es, für dieselben die bei Aristoteles noch mit dem natürlichen Ahnlichkeitsverhältnis begründete Auffassung zu übernehmen, der zufolge die geistigen Begriffe „bei allen Menschen dieselben" sind. Die meisten der einfachen Ideen gleichen sich bei allen Menschen ununterscheidbar. 315 Irrtum und Dissens erweisen sich damit als Resultate eines unbedachten Zeichen- und Sprachgebrauchs: „Men, who well examine the Ideas of their own Minds, cannot much differ in thinking; however, they may perplex themselves with words." 316 Locke unterstreicht die Priorität der Ideen gegenüber den Worten 317 und unterscheidet - wie Hobbes und die ältere mentalistische Tradition - deutlich zwischen einem sprachfreien Mentaldiskurs und dessen nachträglicher Umsetzung in Worte. 318 Den beiden Arten von Zeichen, den Ideen und Worten, korrespondieren zwei Arten des Diskurses, die „mental propositions", „being nothing but a bare consideration of the Ideas, as they are in our Minds stripp'd of Names", sowie die „verbal propositions". 319 Auch die Bildung abstrakter und komplexer Ideen vollzieht sich ohne Sprache.320 Den Worten kommt lediglich die - allerdings unverzichtbare - Funktion einer nachträglichen Fixierung der sprachfrei gebildeten komplexen Ideen zu. 321 Wie Hobbes sieht Locke den Nutzen der Worte in den beiden Funktionen der Erinnerung eigener Gedanken („Recording of our own Thought") und der Mitteilung an andere („communicating of our Thoughts to others"). 322 Wenngleich Lockes Konzept der Signifikation letztlich undeutlich bleibt,323 indem er entgegen der verbreiteten neuzeitlichen Auffassung die Ideen mit der scholastischen Tradition selbst als Zeichen ansieht und daher in Übereinstimmung mit der scholastischen mediantibus conceptibus-These324 die Wörter über die Vermittlung der Ideen an einigen Stellen „ultimately" auf Dinge bezogen sein 313 314 315 316 317 318 319 320 321 322 323

324

Essay II, 3 2 , 1 7 ( 1 9 7 5 ) 3 9 0 , 18f. Essay II, 3 2 , 18 ( 1 9 7 5 ) 3 9 0 ; 3 7 . Essay II, 3 2 , 15 ( 1 9 7 5 ) 3 8 9 , 27ff. Essay II, 14, 2 7 ( 1 9 7 5 ) 180, 2 5 f f . Essay III, 5 , 15 ( 1 9 7 5 ) 4 3 7 , 13ff; vgl. IV, 18, 3 ( 1 9 7 5 ) 6 8 9 , 2 9 f f . Essay IV, 5, 2ff ( 1 9 7 5 ) 5 7 4 f f . Essay IV, 5, 3 ( 1 9 7 5 ) 5 7 4 , 18ff. Essay III, 5, 4 ( 1 9 7 5 ) 4 2 9 , 3 Iff. Ebd.; vgl. Essay III, 5, 11 ( 1 9 7 5 ) 4 3 5 . Essay III, 9, I f f ( 1 9 7 5 ) 4 7 6 ; vgl. III, 2, 2 ( 1 9 7 5 ) 4 0 5 . Vgl. N . KRETZMANN, T h e Main Thesis of Locke's Semantik Theory: The Review 7 7 ( 1 9 6 8 ) 1 7 5 - 9 6 ; C. L A N D E S M A N , L o c k e ' s T h e o r y of M e a n i n g : Journal of Phil. 14 ( 1 9 7 6 ) 2 3 - 3 5 . Vgl. E. J. ASHWORTH, Locke on Language, Canad.Journ.

Philosophical of the Hist.

of Phil. 14 ( 1 9 8 4 ) 4 5 - 7 3 .

Die Funktion arbiträrer Zeichen für das Denken

399

läßt, 325 überwiegen insgesamt doch deutlich die Formulierungen, nach denen „Words in their primary or immediate Signification, stand for nothing, but the Ideas in the Mind of him he uses them", 3 2 6 so daß er es für gewiß erachtet, daß „their signification, in his (i. e. the speakers) use of them, is limited to his Ideas, and they can be Signs of nothing else." 3 2 7 Worte sind auf willkürlicher Einsetzung beruhende Zeichen der Ideen. Ihre Bedeutung ist somit abhängig vom Zeichencharakter der durch sie bezeichneten Ideen: Words become general, by being made the signs of general Ideas: and Ideas become general by separating from them the circumstances of Time, and Place, and any other Ideas, that may determine them to this or that particular Existence. 3 2 8

Vor dem Hintergrund der Zulassung allgemeiner Ideen darf Lockes These, „'General' and 'Universal' are inventions and Creatures of the Understanding ... and concern only Signs" 3 2 9 nicht vulgärnominalistisch verstanden werden. Er hält sich hiermit, da er eben auch die Ideen als Zeichen und deren Produktion als natürlich motiviert versteht, im Rahmen der konzeptualistischen Tradition, von welcher er auch die Unterscheidung zwischen einem „particulare in essendo" und einem „universale in repraesentando" übernimmt. 3 3 0 Die These der prinzipiellen Sprachunabhängigkeit des Denkens findet bei Locke ihr Gegengewicht in deskriptiven Aussagen über die individuelle Spracherlernung und den faktischen Gebrauch der Wörter. Wenngleich die Ideen genetisch früher sind als die sie bezeichnenden sprachlichen Ausdrücke, kehrt sich aus der Perspektive des individuellen Spracherwerbs das Prioritätsverhältnis um, da die Wörter zumeist erlernt werden bevor die ihnen korrespondierenden Ideen bekannt sind. 3 3 1 Durch die im Geist eines jeden Einzelnen erfolgende gewohnheitsmäßige Verknüpfung von Ideen und Worten kommt es nicht allein zu einer unmittelbaren Exzitation der Ideen durch die sprachlichen Ausdrücke, sondern häufig auch zu einer Ersetzung. 332 Die sprachfreie „mental propositi-

325 326

327 328

329 330

331 332

Essay III, 11, 24 (1975) 520; vgl. dagegen jedoch III, 2, 5, p. 407. Vgl. ebd. II, 2, 2, p. 405f; vgl. II, 11, 9, p. 159; II, 31, 6, p. 378; III, 1, 2, p. 402; III, 4, 1, p. 4 2 0 ; III, 4, 6, p. 422. Essay III, 2, 8 (1975) 408. Essay III, 3, 6 (1975) 410f. Das Lehrstück wird später von Berkeley und Hume kritisiert, welche die Allgemeinheit von Ideen darin begründet sehen, daß eine partikuläre Idee durch ihre Bindung an einen sprachlichen Ausdruck für andere, ihr ähnliche Ideen stehen kann (G. BERKELEY, The Works (1948-57) 2.3 lf; D. HUME, A Treatise of Human Nature (1978) 17. Essay III, 3, 11 (1975) 414. Essay III, 3, 11 (1975) 4 1 4 : „Words are general ... when used, for Signs of general Ideas... And Ideas are general, when they are set up, as the Representatives of many particular Things; but universality belongs not to the things, which are all of the particular in their Existence, even those Words and Ideas, which in their signification, are general." Essay III, 5, 15 (1975) 437. Essay III, 2, 7 (1975) 407.

400

Das Zeichen in der nichtscholastischen Philosophie der Prämoderne

o n " erweist sich damit als Grenzfall: „most Men, if not all, in their Thinking and Reasoning within themselves, made use of Words instead of Ideas". 3 3 3 Der beste Weg zur Erlangung eines klaren und distinkten Wissens wäre jedoch das „examining and judging of Ideas by themselves their Names being quite laid aside", was allerdings, wie Locke einräumt, „through the prevailing custom of using Sounds for Ideas ... is very seldom practised". 3 3 4 Aber es ist eben prinzipiell möglich; der Mentaldiskurs kann zumindest und sollte sogar sprachfrei sein. Dieses Festhalten am scholastischen Konzept der „mental proposition" ist nach Condillac genau der Punkt, der Locke die wahre Einsicht in die Zeichenabhängigkeit unserer Mentaloperationen verstellt hat: Voila ce qui a empêché Locke de découvrir combien les signes sont nécessaires à l'exercise des opérations de l'ame. Il suppose que l'esprit fait des propositions mentales dans lequelles il joint ou sépare les idées sans l'intervention des mots. Il prétend même que la meilleure voie pour arriver a des connoissances, seroit de considère les idées en elles-mêmes...335

Locke geht in seinem Zugeständnis eines Einflusses der Sprache auf das Denken nicht so weit wie wenig später Richard Burthogge. 3 3 6 Sprache bleibt für Locke - anders als die Zeichen - prinzipiell hintergehbar. Eine Neubewertung der Funktion der Zeichen für das Denken findet sich im späten 17. und frühen 18. Jahrhundert bei Leibniz, Christian Wolff und Christian Thomasius. Wenn hier gegen die Lehre von dem von der Sprache oder allgemeiner, vom Zeichengebrauch unabhängigen Denken Stellung bezogen wird, dann geschieht dies in erster Linie nicht in Form einer Kritik an der scholastischen Tradition, sondern vielmehr in Auseinandersetzung mit der Philosophie Descartes', die als der eigentliche Exponent der These von der Sprachunabhängigkeit des Denkens betrachtet wird. Das impliziert gegenüber der scholastischen Diskussion in zweierlei Hinsicht eine spezifische Umakzentuierung der 333 334

335 336

Essay IV, 5, 4 (1975) 575, 23 ff. Essay IV, 6, 1 (1975) 579, Iff. Traité de l'art de penser I, 6. Wie Hobbes verzeichnet auch RICHARD BURTHOGGE in seinem Locke gewidmeten Essay upon Reason and the Nature of Spirit (1694) den Unterschied zwischen einem privaten und einem öffentlichen Gebrauch der Worte (27ff). Er wendet sich jedoch gegen die funktionale Trennung in marks und signs. Denn „in reference to both their Uses, Words are Signs, since in both, they do signify, either to one self... or unto others" (Ebd. 30f.). Die Erkenntnis des Verstandes (understanding) wird ganz von den Worten reguliert und bestimmt. Anders als die Imagination verfügt der Verstand über keine eigenen Bilder von den Dingen, durch welche diese gewußt werden könnten. „The only images it has of things ... are the Words which signify them" (27). Die Ideen des Verstandes sind nichts anderes als durch Worte gebildete Definitionen (28). Die Worte sind für den Verstand in einem Maße bestimmend, daß bereits sein Name sich vom Gebrauch derselben herleitet; heißt er doch „understanding", „because it has the power of seing things under words that stand for them" (28). Das Gewebe der Worte und der durch sie gebildeten Begriffe wird gleichsam den Dingen übergeworfen, welche allein „under the Disguise and Masquerade of Notions" erkannt werden (65).

Die Funktion arbiträrer Zeichen für das Denken

401

Problemlage. Zum einen werden im Cartesianismus, anders als zumeist in der scholastischen Tradition aber durchaus charakteristisch für die neuzeitliche Philosophie außerhalb derselben, die geistigen Begriffe oder Ideen in Ubereinstimmung mit der Sprachregelung des konservativen Thomismus nicht als Zeichen aufgefaßt. Damit ist der Zeichenbegriff im Anschluß an die augustinische Semiotik unter Ausschaltung des signum formale auf das mittelbare, sinnliche signum instrumentale oder das signum materiale eingeschränkt. Zum anderen und wichtiger noch - erhält die Trennung von Denken und Sprache eine metaphysische Begründung im Dualismus von res cogitans und res extensa. Das Problem des Verhältnisses von Sprache und Denken ist damit Teilaspekt des Verhältnisses von Körperlichkeit bzw. Sinnlichkeit und cogitatio im Sinne der „pure intellection". Der metaphysische Schnitt trennt den sprachlichen Lautkörper - aber eben auch die „imagines sonorum" bzw. den „conceptas vocis" - von der durch ihn bezeichneten Idee. Die Betonung der Selbständigkeit der res cogitans impliziert in diesem Rahmen notwendig die Unabhängigkeit des Denkens von der Sprache und generell vom Zeichengebrauch. Die Sprache ist zwar das Modell für die Erkenntnis des Verhältnis von Körper und Geist, hat selbst aber, weil immer mit Imagination verbunden und auf Körperlichkeit bezogen auf der Ebene der pure intellection keine Funktion. Intellektuelle Erkenntnis ist unmittelbare, intuitive, d.h., unter der Voraussetzung des Ausfalls des Konzepts der Formalzeichen, zeichen- und sprachfreie Erkenntnis. Diese Anbindung der Sprachunabhängigkeitstheses des reinen Denkens an die metaphysische Thematik führt jedoch dazu, daß jede Modifikation der cartesischen Bestimmung des Verhältnisses von Körper und Seele Konsequenzen für das Bestimmung des Verhältnis von Sprache und Denken haben muß. Das zeigt sich, in recht einfacher aber radikaler Form in Thomasius' gegen Descartes gerichteter Forderung nach Berücksichtigung des „ganzen Menschen". 337 Das Verhältnis zwischen dem Denken und dem inneren lautlosen Sprachvollzug ist bei Thomasius, der sich in diesem Zusammenhang auf die stoische Unterscheidung von λόγος ένδιάθετος und λόγος προφορικός beruft,338 nicht mehr nur, wie in der Spätscholastik, durch wechselseitige Konkomitanz bestimmt, sondern durch Koinzidenz. Dem Denken läuft nicht mehr eine zweite Ebene sprachlich

337

Vgl. C H R . THOMASIUS, Introductio ad philosophant aulicam III § 13 ( 2 1 7 0 2 ) 7 6 . Vgl. hierzu S. MEIER-OESER, Das Ende der Metapher von der 'inneren Rede'. Zum Verhältnis von

338

CHR.

Sprache und Denken in der deutschen Frühaufklärung (erscheint demnächst). THOMASIUS, Institutiones jurisprudentiae divinae ( 7 1 7 3 0 ) 8 3 : „Ratiocinari ...non

possumus, nisi per verba, eaque vel in mente retenta, vel ore prolata, unde et λόγος est vel ένδιάθετος, vel προφορικός, verba autem ... profluunt ab impositione hominum in eadem societate viventium. Porro, quicquid dicant Cartesiani, infantes a nativitate prima non cogitant, sed aptitudine saltern cogitationum pollent. Fere autem haec aptitudo absque consortio hominum in actum non poterit deduci."

402

Das Zeichen in der nichtscholastischen Philosophie der Prämoderne

gefaßter Rede nebenher, es vollzieht sich in dieser Rede selbst. 339 Bereits die deskriptive Definition, die Thomasius in Auseinandersetzung mit der cartesianischen Position der cogitatio zukommen läßt, legt diese auf Sprachlichkeit fest: Cogitano est actus mentis, quo homo vel mens in cerebro de schematibus a motu corporum externorum per organa sensuum cerebro impressis alquid per modum discursus et orationis verbis constantis vel affirmat vel negat vel quaerit. - (Der Gedancke ist eine solche Verrichtung des Gemüths, im Gehirn, wodurch der Mensch oder das Gemüthe, von den Schematibus, welche vermittelst der Bewegung der äusserlichen Cörper durch die Organa der Sinnen dem Gehirn sind eingedrücket worden, etwas durch einen Diseurs oder aus Worten bestehenden Redens=Art vorbringet, bejahet oder verneinet.) 340 Ein Denken ohne Worte ist, wie Thomasius in der Erläuterung der Definition deutlich macht, für ihn nicht vorstellbar: Dico: per modum orationis verbis constantis, nam hic ... peto ostendi mihi unicum exemplum à CARTESIANO, quid cogitet, si non per verba cogitet, aut quid cogitaverit, antequam verba intellexerit... - (Ich sage: nach Art einer aus Worten bestehenden Rede, denn hier möge mir ein Cartesianer ein einziges Beispiel zeigen, was er denkt, wenn er nicht durch Worte denkt, oder was er gedacht hat, bevor er die Worte verstand.)341 Wie sich mit der Modifikation der Voraussetzungen der cartesischen Metaphysik zwangsläufig ein Wechsel im Verständnis des Verhältnis von Sprache, oder allgemeiner, von Zeichengebrauch und Denken verbindet, wird, auf ganz anderem spekulativen Niveau freilich, bereits bei Leibniz deutlich.

2. Leibniz' Konzept der cognitio

symbolica

Wird die leibnizsche Metaphysik der prästabilierten Harmonie ganz vom Begriff der Repräsentation beherrscht, so ist für die Erkenntnislehre und Logik das Konzept des Zeichens von zentraler Bedeutung. Bereits in seinen Vorstudien zur ars cbaracteristica

betont Leibniz mit Nachdruck die Angewiesenheit menschli-

chen Denkens auf den Gebrauch von Zeichen: Omnis ratiocinatio signis quibusdam sive characteribus perficitur. Non tantum enim res ipsae, sed et rerum ideae semper animo distincte observan ñeque possunt ñeque debent; et itaque compendii causa signa pro ipsis adhibentur - (Alles menschliche Denken vollzieht sich mittels gewisser Zeichen oder Charaktere. Denn nicht nur die Dinge selbst, sondern auch die Ideen der Dinge können und sollen vom Geist nicht immer deutlich 339

3 4 0

341

Vgl. C H R . THOMASIUS, Einleitung zur Vernunftlehre (1691) 102f.: „Wenn ich gedencke, so rede ich allezeit innerlich mit mir selbst von denen Bildungen, die durch die Bewegung der eusserlichen Cörper, vermittelst der anderen Gliedmassen dem Gehirne eingetruckt sind ... Es ist wahr, Kinder und von Natur taube Leute können nicht mit sich selbst reden. Aber frage doch auch ein Kind, und einen solchen tauben Menschen, was es damahls gedacht habe oder noch dencke?" C H R . THOMASIUS, Introductio ad philosophiam aulicam 1 7 0 2 ) 8 0 ; dt. Übers.: D E R S . , Einleitung zur Hof-Philosophie (1710) 99f. C H R . THOMASIUS, Introductio ad philosophiam aulicam ( 2 1 7 0 2 ) 8 1 .

Die Funktion arbiträrer Zeichen für das Denken

403

betrachtet werden; und deshalb werden der Kürze halber statt ihrer die Zeichen verwandt). 3 4 2

In der Würdigung der mnemonischen Funktion der Zeichen für das Denken steht Leibniz in der Folge von Hobbes. Er akzentuiert jedoch die erkenntnisfundierende Funktion der Zeichen erheblich stärker als Hobbes oder Locke. 343 Die Zeichen werden nicht nachträglich mit den in einem sprachfreien Denken entwickelten Ideen verbunden, sondern sind konstitutive Elemente des Diskurses selbst.344 Zwar ist ein Denken ohne Wörter möglich, nicht jedoch ohne jegliche andere Zeichen („cogitationes fieri possunt sine vocabulis ... at non sine aliis signis"). 34J Und hiermit meint Leibniz eben nicht die von der scholastischen Tradition als signa naturalia bzw. signa formalia bestimmten einfachen Elemente der oratio mentalis, die geistigen Konzepte oder Mentaltermini. 'Zeichen' heißt bei Leibniz vielmehr, hierin befindet er sich in Ubereinstimmung mit der cartesianischen bzw. augustinischen Zeichenkonzeption, immer signum

instrumentale·. Signum est quod nunc sentimus et alioquin cum aliquo connexum esse ex priore experientia nostra vel aliena judicamus - (Zeichen ist, was wir jetzt wahrnehmen und bereits aufgrund einer vorhergehenden Eigen- oder Fremderfahrung als mit einem anderen in Verbindung stehend beurteilen). 3 4 6

Als Zeichen fungieren somit nicht die Ideen und geistigen Begriffe selbst, sondern allein die vom Geist zur cogitatio instrumentalisierten sinnlichen oder imaginierten notae, Charaktere, Wörter usw. Das ist insofern eine wichtige theoretische Voraussetzung für die Entwicklung des Programms einer characteristica universalis, als erst dann, wenn die Zeichen, die das Denken leiten und regulieren, nicht mehr als natürliche Zeichen in Form der bei allen Menschen identischen geistigen Konzepte gelten, der Versuch Sinn machen kann, über die

G. W. LEIBNIZ, in: Die Philosophischen Schriften, GP VII, 204; vgl. Demonstrations propositionum primarum, 1671/2, in: Sämtliche Schriften u. Briefe, hg. v. d. Preuß. (später: Dt.) Akad. d. Wiss., Darmstadt (später: Leipzig, zuletzt: Berlin) 1923ff. [ = A] VI,ii, 4 8 1 : „Ita nemo ratiocinationes longe productes persequi animo posset, nisi reperta essent signa quaedam, id est nomina, quibus magna rerum vis ita compendiose comprehenderetur, ut plurima celeriter percurrere liceret." 343 Vgl. M. DASCAL: Quelques fonctions des signes chez Leibniz et ses contemporains (1975); D E R S . : La sémiologie de Leibniz (1978) 134-71; A. HEINEKAMP, Sprache und Wirklichkeit nach Leibniz, in: H. PARKET (Hg.): History of Linguistic Thought and Contemporary Linguistics (1976) 522ff. 342

344

G . W . LEIBNIZ, G P V I I .

345

G. W. LEIBNIZ, Dialogus, GP VII, 191. Als Beispiele solcher Zeichen nennt er „literas, figuras chemicas, Astronómicas, Chinenses, Hieroglyphicas, notas Músicas, steganographicas, arithmeticas, algebraicas aliasque omnes quibus inter cogitandum pro rebus utimur" (GP VII, 204).

346

G. W. LEIBNIZ, Vorarbeiten BURCKHARDT,

La sémiologie

zur characteristics

universalis,

in: A VI/2.500; vgl. H.

Logik und Semiotik in der Philosophie von Leibniz (1980) 175; de Leibniz (1978) 96ff; vgl. Anm. 256.

M . DASCAL,

404

Das Zeichen in der nichtscholastischen Philosophie der Prämoderne

Verbesserung des Zeichenmediums eine Perfektionierung des Denkens zu bewirken. Diese Verbindung des Denkens mit dem sinnlichen Medium der Zeichen hat ihr ontologisches Fundament in der in Absetzung v o m cartesianischen Substanzdualismus ausgeformten Leibnizschen Metaphysik. Denn es ist die unmittelbare Konsequenz seines Systems der prästabilierten Harmonie, daß „durch eine wunderbare Ö k o n o m i e der N a t u r " abstrakte Gedanken stets mit sinnlichen Zeichen verbunden sind. 3 4 7

Das Lehrstück von der konstitutiven Funktion sinnlicher

Zeichen für die menschliche bzw. jede endliche Erkenntnis ist historisch wirksam geworden unter dem Titel der cognitio 1 6 8 4 in den Leipziger Acta Eruditorum tione,

ventate

symbolical

den Leibniz in seinen

veröffentlichten Meditationes

de

cogni-

et ideis einführt, die den Basistext für die spätere Tradition der

symbolischen Erkenntnis bilden. Leibniz unterscheidet hier im Rahmen eines dichotomischen Systems von Perfektionsstufen der Erkenntnis 3 4 9 zum ersten - und in dieser terminologischen Fassung einzigen - Mal zwischen cognitio

intuitiva und cognitio

symbolica,

zwi-

347 vgl. Nouveaux Essays I, 1, § 5, A VI/6.27: „... c'est par une admirable (Economie de la nature, que nous ne saurions avoir des pensées abstraites, qui n'ayent point besoin de quelque chose de sensible, quand ce ne seroit que des caracteres tels que sont les figures des lettres et les sons, quoiqu'il n'y ait aucune connexion necessaire entre tels caracteres arbitraires, et telles pensées." Das Syndrom von Körperlichkeit, Sensitivität (beides ist nach Leibniz nichts anderes als Ausdruck der eingeschränkten Deutlichkeit der Perzeptionen) und Zeichengebrauch des Denkens (als Remedium gegen eben jene eingeschränkte Deutlichkeit - daher die Rede von der wunderbaren Ökonomie) gilt grundsätzlich für alle kreatürlichen Geister. Vgl. ebd. II, 22, § 73: „... je suis persuadé que les Anges et les Esprits crées ne sont jamais sans organes et jamais sans sensations, comme ils ne sauroient raisonner sans caracteres." Wie auf der Grundlage der metaphysisch notwendigen Verbindung von Geist und Körper, Denken und Sinnlichkeit, letztere hinsichtlich ihrer Funktion für das abstrakte Denken des Status von - arbiträren - Zeichen erhält, zeigt eine Passage aus den Pariser Noten (vgl. Leibnitiana. Elementa philosophiae arcanae, ed. /. Jagodinskij (Ί913) 96: „Si verum est, memoriam sine vestigia esse nullam, et vestigia cogitationum de rebus incorporalibus in corpore non sunt naturalia sed arbitraria (ñeque enim ulla inter incorporeum et corporeum necessaria connexio repraesentandi), seu characteres, sequitur nullam esse scientiam neque ratiocinationem sine characteribus, quonima omnis ratiocinatio vel demonstratio fit per memoriam praemissarum. Memoria autem sine characteribus aut imaginibus nulla [...]" Vgl. hierzu M. DASCAL, Signs and Thought in Leibniz's Paris Notes, in D E R S . : Leibniz (1987) 47-59. Vgl. Extrait du Dictionnaire de M. Bayle article Rorarius ... avec mes remarques, GP IV, 541: „Quoyque l'homme raisonne sur des chose abstraites et qui surpassent l'imagination, il ne laisse pas d'avoir dans l'imagination des signes qui y repondent, comme sont les lettres et les characteres. Il n'y a jamais un entendement si pur qu'il ne soit point accompagné de quelque imagination." 348 Vgl. S. KRÄMER, Symbolische Erkenntnis bei Leibniz: Zeitschrift für philosophische Forschung 46 (1992) 224-237. 3 4 9 Vgl. G . W . L E I B N I Z : Meditationes de cognitione, veritate et ideis, G P IV, 4 2 2 : „Est ergo cognitio vel obscura, vel clara, et clara rursus vel confusa vel distincta, et distincta vel inadaequata vel adaequata, item vel symbolica vel intuitiva: et quidem si simul adaequata et intuitiva sit, perfectissima est."

Die Funktion arbiträrer Zeichen für das Denken

405

sehen anschauender und symbolischer bzw., wie es im 18. Jahrhundert zumeist heißt, „figürlicher" Erkenntnis.350 Wird ein Begriff unmittelbar zugleich mit all seinen Bestimmungsmomenten erfaßt, handelt es sich um eine intuitive Erkenntnis.351 Da eine solche Simultaneität der vollständigen adäquaten Erkenntnis komplexer Gegenstände nur dem göttlichen, nicht aber dem menschlichen Intellekt möglich ist, bedarf es, um die diskursive Erfassung komplexer Inhalte in einer der endlichen Existenz angemessenen Zeit realisieren zu können und weil die Simultaneität der Erkenntnis letztlich erst Ausweis für die Einheit des erkannten Gegenstandes ist,352 der Zusammenfassung und Stellvertretung der für den Menschen allenfalls sukzessiv erkennbaren Teilideen durch ein sinnliches bzw. imaginierbares Zeichen. Hiermit liegt dann eine symbolische Erkenntnis vor, 353 welche die gegenständliche Unmittelbarkeit zugunsten der anders nicht zu gewährleistenden zeitlichen Unmittelbarkeit preisgibt. Während es von einem einfachen, distinkten Begriff (notio distineta primitiva) keine andere als eine intuitive Erkenntnis geben kann, ist die der komplexen Begriffe „in den meisten Fällen" (plerumque) - streng genommen: immer354 symbolisch.355 An die Stelle der komplexen Gegenstandsidee tritt hier die einfachere Idee eines jene repräsentierenden sinnlichen Zeichens, d.h. in der Regel: eines Wortes. Nicht der Gegenstand selbst, sondern ein stellvertretendes Zeichen wird intuitiv erkannt. Hieraus ergibt sich der Doppelcharakter der symbolischen oder blinden Erkenntnis. Während sie zum einen, wie Leibniz immer

350

In anderen Schriften verwendet Leibniz anstelle von „cognitio symbolica" die Begriffe von cognitio (bzw. cogitatio) caeca (so bereits in der Dissertatio de arte combinatoria, GP IV, 35, an Gallois, Ende 1672, A II/1.229; Nouveaux Essays, A VI/6.185f), pensée sourdes (ebd. 188) oder connoissance suppositive (Discours de Métaphysique S 24, GP IV, 449f. 351 Meditationes de cognitione, GP IV, 423: „... cum notio valde composita est, non possumus omnes ingredientes earn notiones simul cogitare: ubi tarnen hoc licet, vel saltem in quantum licet cognitionem voco intuitivam." Vgl. Discours de Métaphysique S 24, GP IV, 449f: „... quand mon esprit compreds à la fois et distinctement tous les ingrediens primitifs d'une notion, il en a une connoissance intuitive qui est bien rare, la pluspart des connoissances humaines n'estant que confuses ou bien suppositives." 352 Vg| £)e arte combinatoria, GP IV, 35: „Unum autem esse intelligitur, quicquid uno actu intellectus seu simul cogitamus, v. g. quemadmodum numerum aliquem quantumlibet magnum saepe Caeca quadam cogitatione simul apprehendimus, cyphras nempe in charta legendo, cui explicate intuendo ne Mathusalae quidem aetas suffectura sit." 353 Meditationes de cognitione, GP IV, 423: „Plerumque ..., praesertim in Analysi longiore, non totam simul naturam rei intuemur, sed rerum loco signis utimur, quorum explicationem in praesenti aliqua cogitatione compendii causa solemus praetermittere, scientes aut credentes nos earn habere in potestate: ita cum Chiliogonum seu Polygonum mille aequalium laterum cogito, non semper naturam lateris et aequalitatis et millenarii ...considero, sed vocabulis istis (quorum sensus obscure saltem atque imperfecte menti observatur) in animo utor loco idearum quas de iis habeo, quoniam memini me significationem istorum vocabulorum habere ...; qualem cogitationem caecam vel etiam symbolicam appellare soleo ..." 354 Denn es gilt: „Solius Dei est ideas habere rerum compositarum." Vgl. Leibnitiana. Elementa philosophiae arcanae (1913) 6. 355 Vgl. Meditationes de cognitione, GP IV, 423.

406

Das Zeichen in der nichtscholastischen Philosophie der Prämoderne

wieder betont, die Abkürzung und Erleichterung des rationalen Diskurses gewährleistet, beinhaltet sie, insofern sie sich allein auf das Zeichensystem der natürlichen Sprache 3 5 6 stützt, andererseits die Gefahr, daß aus der funktionalen Ersetzung eine Verwechselung wird, die dazu führen kann, daß das Zeichen entweder, die Gegenstandserkenntnis eher verstellend, selbst als die Sache gilt oder aber als Vernunftgrund zur Erschließung von etwas an der Sache genommen wird. 3 5 7 Als blinde oder taube Zeichen können die W ö r t e r solches jedoch aufgrund ihres arbiträren Verhältnisses zum bezeichneten Gegenstand bzw. dessen Idee nicht leisten. Sie funktionieren nur, weil man weiß, was sie bedeuten, und voraussetzen kann, diese Bedeutung, wenn es erforderlich wird, in F o r m einer sukzessiven intuitiven Erfassung der Teilideen realisieren zu können. 3 5 8 Die bloße Erkenntnis der Zeichen hat als solche keinen W e r t in sich selbst. Die Zeichen sind „Wechsel-Zeddel des Verstandes" 3 5 9

und müssen im rationalen

Diskurs zuletzt eingelöst werden, um die bloße Zeichenerkenntnis wieder in Sacherkenntnis umzumünzen. 3 6 0 Die Funktion der Sprache für das Denken ist jedoch nicht beschränkt auf die Abkürzung oder Beschleunigung einer ansonsten auch intuitiv, nur langsamer und mühsamer erreichbaren Erkenntnis. Sie ist vielmehr die Abkürzung, die in Erkenntnisbereiche führt, die angesichts der Verfassung des menschlichen Erkenntnisapparates auf anderem W e g

überhaupt

nicht zugänglich wären. Eben deshalb gilt von den W ö r t e r n : „ils nous donnent 356

357

358

359

360

Zur Sprachphilosophie von Leibniz vgl. H . AARSLEFF, Leibniz on Locke on Language (1964); F . SCHMIDT, Zeichen, Wort und Wahrheit bei Leibniz (1969); Α. HEINEKAMP, Natürliche Sprache und Allgemeine Charakteristik bei Leibniz (1975); DERS., Sprache und Wirklichkeit bei Leibniz (1976); R. WLDMAIER, Die Idee des Zeichens bei Locke und Leibniz in ihren Untersuchungen über den menschlichen Verstand (1986). Vgl. E. BODEMANN, Die Leibniz-Handschriften der königl. öffentl. Bibliothek zu Hannover (1895), 81: „Die Worth sind wie rechenpfennige bei verständigen und wie Geld bey unverständigen. Denn bey verständigen dienen sie vor Zeichen, bey unverständigen aber gelten sie als Ursachen und vernunfftgründe. [in marg.]: sunt nobis signa, sunt vobis fercula digna"; vgl. G. W. LEIBNIZ, Opuscules et fragments inédits (1903) 30. In dieser Unterstellung - und nicht in der mit dem Suppositionsbegriff verbundenen Stellvertretung - liegt wohl auch der Grund für die Charakterisierung als „suppositive" Erkenntnis, denn Leibniz erläutert im Discours de métaphysique ($ 25, GP IV, 450f.) die connoissance suppositive: „Par example lors que je pense à mille ou à un chiliogone, je le fais souvent sans en contempler l'idée (comme lors que je dis que mille est dix fois cent), sans me mettre en peine de penser ce que c'est que 10 et 100, parce que je suppose de le sçavoir et ne crois pas d'avoir besoin à present de m'arrester à le concevoir." G. W. LEIBNIZ, Unvorgreiffliche Gedancken, betreffend die Ausübung und Verbesserung der Teutschen Sprache (1717) 258. Ebd. 257f.: „... gleich wie man in grossen Handels-Städten, auch im Spiel und sonsten nicht allezeit Geld zahlet, sondern sich an dessen Statt der Zeddel oder Marcken, biss zur letzten Abrechnung oder Zahlung bedienet; also thut der Verstand mit den Bildnissen der Dinge, zumahl wenn er viel zu dencken hat, dass er nehmlich Zeichen dafür brauchet, damit er nicht nöthig habe, die Sache iedesmahl so offt sie vorkommt, von neuen zu bedencken. [... 258] Daher braucht man offt die Worte als Zifern, oder als Rechen-Pfennige, an statt der Bildnisse und Sachen, biss man Stuffenweise zum Facit schreitet, und beym VernunfftSchluss zur Sache selbst gelanget."

407

Die Funktion arbiträrer Zeichen für das Denken

moyen de trouver ce que nous ne trouverions pas sans eux." 3 6 1 Ohne Zeichen wären wir weder zur deutlichen Erkenntnis noch zum rationalen Diskurs in der Lage. 3 6 2 Insofern ist die Sprache das wichtigste „instrumentum rationis" 3 6 3 und „organon mentis". 3 6 4

3. Leibniz' Projekt der characteristica universalis Mit dem Konzept der cognitio symbolica ist bei Leibniz mehr verbunden, als nur die deskriptive Darstellung der Funktion der gebräuchlichen Zeichen, von denen die Sprache das wichtigste bildet. Im Vordergrund steht vielmehr das Projekt der Universalcharakteristik, d.h. eines Zeichensystems, bei dem unter Beibehaltung der beschriebenen Vorteile, die zeichengestützte Erkenntnis als symbolische Erkenntnis bietet, deren Nachteile, die ihr als blinde oder taube Erkenntnis anhängen, vermieden würden, so daß sie geradezu als Remedium gegen die Taubheit und Sprachlichkeit der Gedanken dienen könnte. 3 6 5 In begriffs- wie problemgeschichtlicher Hinsicht laufen im leibnizschen Programm der ars characteristica mehrere heterogene Traditionstränge frühneuzeitlicher Sprach- und Zeichenkonzeption zusammen, 366 das Konzept der mathesis universalis,367 die Kombinatorik des Renaissance-Lullismus 368 sowie jene sich im späten 16. formierenden und im 17. Jahrhundert ausbreitende Bewegung der

lingua universalis und philosophical language. Die in der Logik um 1 5 0 0 im Rahmen der Behandlung des terminus scriptus mehrfach stark hervorgehobene Beliebigkeit des Zeichenmediums findet ein spätes Echo in Francis Bacons' in De augmentis scientiarum getroffener Feststellung: Quicquid scindi possit in differentias satis numerosas, ad notionum varietatem explicandam (modo differentiae illae sensui perceptibiles sunt) fieri posse vehiculum cogitationum de homine in hominem - (Was immer auch in so viele Teile differenzierbar ist, daß dadurch die Fülle der Begriffe dargetan werden kann, vermag, sofern jene Unterschiede

361

An Simon de Foucher, GP I, 415.

362

Dialogue, GP VII, 191: „... si characteres abessent, nunquam quicquam distincte cogitaremus, ñeque ratiocinaremur." An Oldenburg, 1673 (?), A II/1.239.

363

364

An Rödeken, 1708, GP VII, 32.

365

Vgl. Nouveaux Essays IV, 6, $ 2, A VI/6.398: „Et on pourroit introduire un Caractere Universel ... l'usage de cette maniere d'ecrire seroit d'une grande utilité pour enrichir l'imagination et pour donner des pensées moins sourdes et moins verbales, qu'on n'a maintenant." Vgl. R. HALLER, Das „Zeichen" und die „Zeichenlehre" in der Philosophie der Neuzeit: Archiv f. Begriffsgeschichte 4 (1959)122.

366

367

Vgl. H. POSER, Signum, notio und idea. Elemente der Leibnizschen Zeichentheorie (1979).

368

Vgl.

W.

HOBENER, Leibniz

BLGGEMANN,

und

der

Renaissance-Lullismus

Topica universalis (1983) 186ff.

(1983);

W.

SCHMIDT-

408

Das Zeichen in der nichtscholastischen Philosophie der Prämoderne

sinnlich wahrnehmbar sind, zum Vehikel der Mitteilung der Gedanken zwischen den Menschen zu werden).369 Wenn Sprache und Schrift, wie allgemein üblich, als Systeme arbiträrer Zeichen betrachtet werden, ist es angesichts dieser Fülle möglicher Mitteilungsformen denkbar, daß Zeichensysteme konstruierbar sind, welche die jeweils bestehenden in bestimmter oder auch in mehrfacher Hinsicht übertreffen. 3 7 0 Nachdem bereits im 16. Jahrhundert mehrere Modelle von Geheimschrift (Kryptographia) und Kurzschrift (Brachygraphia) vorgelegt worden waren, richtete sich im 17. Jahrhundert das Interesse mehr auf die Entwicklung von skripturalen Zeichensystemen, welche die an die natürlichen Sprachen gebundene alphabetische Schrift in ihrer kommunikativen Funktion übertreffen und den Defekt aller natürlichen Sprachen, nicht überall verstanden zu werden, überwinden sollten. Gesucht wurde die unter Bezeichnungen wie „lingua universalis", „common writing" oder „universal character" angepriesene Universalsprache bzw. Universalschrift. 371 Das Modell einer Schrift, durch deren Hilfe „nations of strange languages may communicate their meaning together in writing, though of sundrie tongues" findet sich bereits 1 5 8 8 bei Timothy Bright, 3 7 2 der diese noch in erster Linie als Kurz- und Geheimschrift konzipiert hatte. Die Anwendbarkeit seiner Kurzschrift als universales Verständigungsmittel resultiert aus der Verwendung von „verbal characters" anstelle von „spelling characters". Die Zeichen stehen jeweils für ganze Worte und bezeichnen damit die Dinge unabhängig von den verschiedenen Nationalsprachen. Dieser Gedanke einer transidiomatischen Schrift sowie das Prinzip ihrer Konstitution ist bestimmend

369

F. BACON, The Works

370

In der Regel handelt es sich hierbei um Versuche der Vervollkommnung der Schrift. Nur in wenigen Programmen wird eine Substitution der Schrift durch ein anderes Zeichenmedium vorgeschlagen, wie in JOHN BULWERs Entwurf einer gestischen „Universalsprache". Vgl. JOHN BULWER, Chirologia: or the Naturall Language of the Hand. Composed of the Speaking Motions, and Discoursing Gestures thereof. Whereunto is added Chironomia: or the Art of Manuali Rhetoricke etc. by J. B. Gent Philochirosophus, London 1644. Aber auch die Gestensprache wäre ja nach dem extrem weit gefaßten Schriftverständnis, wie es in den Tex-

(1857-74) 1.651.

ten der M a i o r - S c h u l e sowie bei F. BACON (s. Anm. 3 7 5 ) und DALGARNO (Kap. III, Anm.

371

193) vorliegt, als 'scriptura' bestimmt worden. Zu Bulver vgl. J. R. KNOWLSON, The Idea of Gesture as a Universal Language in the XVIIth and XVIIIth Centuries: Journal of the History of Ideas 26 (1965) 495-509. Vgl. hierzu L. J. COHEN, On the Project of a Universal Character: Mind 63 (1954) 49-63; J. KNOWLSON, Universal Language Schemes in England and France 1600-1800 (1975); D. CRAM, Language Universals and 17th Century Universal Language Schemes, in: Rekonstruktion und Interpretation, hg. Κ. D. DUTZ u. L. KACZMAREK ( 1 9 8 5 ) 2 4 3 - 5 7 ; B. ASBACH-

SCHNITKER u. H. J. HÖLLER, Projekte zur Schaffung einer 'characteristica' und 'lingua universalisin: F. UEBERWEG, Grundriss der Geschichte der Philosophie, Die Philosophie des 17. Jahrhunderts,

Bd. 3/1 ( 1 9 8 8 ) 3 1 4 - 3 9 .

372 Vgl. TIMOTHY BRIGHT, Characterie: an arte of shorte, swifte, and secrete writing by character (London 1588) Epistle dedicatorie.

Die Funktion arbiträrer Zeichen für das Denken

409

für die zahlreichen Programme der Universalschrift im 17. Jahrhundert. 3 7 3 Deren erklärtes Ziel ist zunächst die Bereitstellung eines Mittels für die Ermöglichung des wechselseitigen Verkehrs ( c o m m e r c i u m ) der Nationen sowie für die Ausbreitung des Wissens und des wahren Glaubens. 374 Die intendierte Universalität der Schrift war dabei nur zu erreichen, wenn diese ihrer Bindung an die einzelnen 'natürlichen', d.h. idiomatischen Sprachen enthoben wurde, d.h. nicht länger mehr als phonetische Schrift nur Zeichen von - arbiträren - Zeichen enthielt, sondern bereits in ihren einfachsten Elementen in eine unmittelbare Zeichenbeziehung zu den Dingen selbst oder den Begriffen als den natürlichen und deshalb bei allen Menschen identischen Zeichen für dieselben trat. Francis Bacon hatte in De augmentis scientiarum darauf hingewiesen, daß solche Schriftzeichen („characteres quidam reales, non nominales, qui ... nec literas nec verba, sed res et notiones exprimunt") in China allgemein in Gebrauch seien. Er unterschied in diesem Zusammenhang zwei Arten von ideographischen Zeichen ( n o t a e ) , die unmittelbar die Dinge bezeichnen, nämlich einerseits solche, die ihr Signifikat aufgrund einer Ähnlichkeit oder Übereinstimmung mit demselben (ex congruo) bezeichnen, wie die Hieroglyphen und die Gesten als eine Art transitorischer Hieroglyphen (hieroglyphica transitoria), und zum anderen die Realcharaktere als willkürlich gebildete Schriftzeichen ohne eine solche Ähnlichkeit zum Signifikat. 375 Kam eine Schrift, die aus hieroglyphischen, d.h. eine Ähnlichkeit zum Signifikat aufweisenden Schriftzeichen gebildet war, wegen ihres sehr beschränkten Bereichs möglicher Signifikate zur Bildung einer Universalsprache nicht ernsthaft in Betracht, so war auch die vermeintlich aus Realcharakteren gebildete chinesische Schrift aufgrund der, wie Wilkins konstatiert, „difficulty and perplexedness" ihrer Charaktere 3 7 6 kein befriedigendes Modell. Denn für das Hauptproblem der Universalschrift konnte sie keine Lösung bereitstellen: Nämlich wie Kürze, Regularität und Einfachheit der Realcharaktere zu erreichen war, wenn diese doch zugleich die Vielfalt und Komplexität der natürlichen Welt adäquat repräsentieren sollten. Um die Anzahl der verwendeten Schriftzeichen möglichst gering und die umfangreichen Zeichenglossare überschaubar zu halten, war die Einführung einer

373

374 375

376

Vgl. CAVE BECK, The Universal character, by which all nations in the World may understand one anothers conceptions, reading out of one common writing their mother tongues (Ipswich 1657) (vgl. V. SALMON, The Study of Language in 17th-Century England (1979) 177-90) oder FRANCIS LODWICK, A Commom Writing: Whereby Two, Although Not Understanding One the Others Language, Yet by the Helpe thereof, May Communicate Their Minds One to Another, London 1647 (ND Menston 1969); vgl. V. SALMON, The Works of Francis Lodwick. A Study in the Intellectual Context of the Seventeenth Century (1972); J. KNOWLSON, Universal Language Schemes (1975) 57ff. Vgl. J. KNOWLSON, Universal Language Schemes (1975) llf. F . BACON, The Works (1857-74) 1.651ff. J. WILKINS, An Essay Towards a Real Character and a Philosophical Language (1668; ND 1968) 451.

410

Das Zeichen in der nichtscholastischen Philosophie der Prämoderne

systematischen Ordnung erforderlich. Eine solche Strukturierung des Systems der Zeichen ist im Falle von Realcharakteren jedoch immer auch eine Ordnung der Dinge selbst. 3 7 7 Entsprechend gehen die beiden umfangreichsten, aus dem Kreis der L o n d o n e r Royal Society stammenden Universalsprachensysteme, Dalgarnos Ars Signorum37S

sowie Wilkins' Entwurf eines „real character" und einer

„philosophical language" 3 7 9 von der Entwicklung einer allgemeinen Kategorientafel aus. Den in ihr verzeichneten Gattungen ( 1 7 bei Dalgarno, 4 0 bei Wilkins) werden jeweils Basiszeichen zugewiesen, die durch Hinzufügung weiterer Zeichen den verschiedenen Arten und Modi gemäß weiter ausdifferenziert werden können. Für jeden Gegenstand oder Begriff steht somit ein komplexes Zeichen, das ihn nicht allein repräsentiert, sondern auch eindeutig im kategorialen System verortet und damit definiert. Hierdurch vermittelt die Kenntnis der Uni-

377

G. DALGARNO, Ars signorum, vulgo character universalis et lingua philosophica (1661) 18: „Cum enim ... Signa a nobis pro Rebus ipsis supponantur", bemerkt daher Dalgarno, „omnino rationi consentaneum est, ut Ars Signorum Artem Rerum sequatur" [Da die Zeichen von uns für die Sachen selbst eingesetzt werden, ist es nur vernünftig, daß die Kunst der Zeichen der Kunst der Dinge folgt]. Aus eben diesem Grund hatte sich DESCARTES bereits 1629 in einem Brief an Mersenne gegen die Realisierbarkeit einer Universalsprache ausgesprochen (AT I, 81f.): „l'invention de cette langue depend de la vraye Philosophie", so daß ihre Einführung „presuppose de grans changemens en l'ordre des choses, et il faudroit que tout le monde ne fust qu'un paradis terrestre." Genau zur Herbeiführung dieses Zustandes sollte die lingua universalis nach dem Programm von JOHANN AMOS COMENIUS beitragen. Sie gilt ihm als das einzige noch fehlende Mittel zur Realisierung seines utopischen Projekts einer „reformatio universalis" (J. A. COMENIUS, Via lucis (1669) 58f) In seiner 1641 verfaßten und später der Royal Society dedizierten pansophischen Programmschrift formuliert Comenius (dedicatio n. 9) die an eine solche „lingua prorsus nova, prorsus facilis prorsusque rationalis et philosophica" zu stellenden Anforderungen. Um als universelles Heilmittel gegen die Verwirrung der Begriffe (confusionis conceptuum antidotum universale) fungieren zu können, darf sie 1) bis in die kleinsten Bestandteile hinein nur aus signifikativen Elementen bestehen, 2) keinerlei Unregelmäßigkeiten enthalten und 3) keine Diskrepanz zwischen den Dingen und den Begriffen zulassen, so daß mit den Worten immer zugleich auch die Naturen der Dinge und ihre Unterschiede ausgedrückt werden (78). Vgl. B. DEMOTT, Comenius and the Real Character in England: Publications of the Modem Language Association of America 70 (1955) 1068-81.

378

Zu Dalgarno vgl. O. FUNKE, Zum Weltsprachenproblem in England im 17. Jahrhundert. G. Dalgarno's 'Ars Signorum' (1661) und }. Wilkins's 'Essay Towards a Real Character and a Philosophical Language' (1668) (1929); P. Rossi, Clavis universalis. Arte mnemoniche e logica combinatoria da Lullo a Leibniz (1960) 226f.; V. SALMON, The Study of Language in 17th-Century England (1979) 157-75; D. CRAM, George Dalgarno on 'Ars Signorum' and Wilkins' 'Essay', in: Progress in Linguistic Historiography, hg. Κ. KOERNER (1980) 113121. J. WILKINS, An Essay Towards a Real Character and a Philosophical Language (1668). Zu Wilkins vgl. Β. DEMOTT, The Sources and Development of John Wilkin's Philosophical Language: Journal of English and Germanic Philology 47 (1958) 1-13; P. Rossi, Clavis universalis (1960) 223 ff.; J. KNOWLSON, Universal Language Schemes (1975) 98ff.; V. SALMON, The Study of Language in 17th-Century England (1979) 191-206; S. CLAUSS, John Wilkin's essay towards a real character: its place in the seventeenth century episteme: Journal of the History of Ideas 43 (1982) 531-53.

379

Die Funktion arbiträrer Zeichen für das Denken

411

versalsprache - die eben deshalb auch eine 'philosophical language' ist - zugleich die Kenntnis der Dinge. Dieses Moment unterscheidet, zumindest dem Anspruch nach, die philosophischen Sprachentwürfe von Dalgarno und Wilkins deutlich von den älteren Modellen einer Universalschrift. Die nach diesen Prinzipien vollkommen eingerichtete Universalsprache wäre ein nach Maßgabe des zugrundegelegten Kategoriensystems perfektes symbolisches Modell der Ordnung der Dinge und damit nicht nur Instrument zur Aufzeichnung und Mitteilung von Wissen, sondern würde, weil eben jedes „Wort" eine akkurate Beschreibung der bezeichneten Sache darstellte, selbst Wissen sein - allerdings nur insoweit, als dieses Wissen ihr durch die Sprachinstitution zuvor gleichsam eingeschrieben wurde. Dies ist genau der Punkt, an dem sich Leibniz mit seinem Programm der characteristica universalis380 von den älteren Entwürfen einer Universalsprache absetzt. Denn das von diesen verfolgte Ziel der Erleichterung des wechselseitigen Verkehrs der Völker sei, wie er meint, noch der geringste Nutzen, den eine Universalcharakteristik haben würde,381 bildet sie als „scriptura rationalis" doch das mächtigste Instrument für die Erreichung des größten, was dem Menschen überhaupt widerfahren kann: Der Perfektionierung der Geistesfunktionen (perfectio functionum mentis).3*2 Es ist dies jedoch eine Vervollkommnung, die nicht am Ort dieser Mentalfunktionen selbst, der mens, ansetzt, sondern im externen Medium der Zeichen realisiert werden soll. Sie vollzieht sich daher als Exteriorisierung der Denkfunktionen, als Übertragung von Geistesfunktionen auf ein äußeres Zeichensystem, so daß die Vollkommenheit des Zeichensystems als Perfektionierung der Geistesfunktionen selbst erscheinen kann. Die Bedingung der Möglichkeit eines solchen Programms ist die Auffassung von Leibniz, daß jedes diskursive Denken selbst „nichts anderes als die Verknüpfung und Ersetzung von Zeichen ist" (Omnis Ratiocinatio nostra nihil aliud

380

Zur characteristica universalis von Leibniz vgl. L. CoUTURAT, La logique de Leibniz (1901); H. SCHNELLE, Zeichensysteme zur wissenschaftlichen Darstellung ( 1 9 6 2 ) ; F. KAULBACH, Der Begriff des character in der Philosophie von Leibniz ( 1 9 6 6 ) ; H. W . ARNDT, Die Entwick-

lungsstufen von Leibniz' Begriff einer lingua universalis (1967); A. HEINEKAMP, Natürliche Sprache und Allgemeine Charakteristik bei Leibniz (1975); H. BURCKHARDT, Logik und Semiotik in der Philosophie von Leibniz (1980); H. H. KNECHT, La logique chez Leibniz (1981); Ο. M. ΡΟΜΒΟ, Leibniz and the Problem of a Universal Language (1987); S. KRÄMER, Berechenbare Vernunft. Rationalismus und Kalkül im 17. Jahrhundert (1991) 220ff. 381 382

Vgl. G P VI, 7, 12, 19. An Oldenbourg, o.J., G P VII, 12: „Nihil hominibus evenire majus potest quam perfectio functionum mentis; scripturam autem rationalem ajo potissimum rationis instrumentum fore, minimumque ejus usum censeri debere commercium inter gentes lingua dissitos." Die Absetzung von dem vornehmlich auf Kommunikation ausgerichteten Universalsprachenprogrammen von Wilkins und Dalgarno ist bei Leibniz stets verbunden mit der Parallelisierung seiner Realcharakteristik mit der Leistungsfähigkeit der arithmetischen und algebraischen Zeichen.

412

Das Zeichen in der nichtscholastischen Philosophie der Prämoderne

est quam characterum connexio et substitutio).383 Leibniz meint, es ließe sich „eine Art Universalschrift ausdenken, mit deren Hilfe wir bei allen Arten von Dingen so rechnen und Beweise auffinden können, wie in der Algebra und der Arithmetik."384 Seine Realcharaktere sollen also - anders als die von Dalgarno und Wilkins - nicht allein die Repräsentation von bereits Bekanntem, sondern vielmehr gerade auch die Entdeckung von noch Unbekanntem ermöglichen. Die characteristica realis ist damit gleichsam als ein sich selbst generierendes System von Zeichen intendiert. Entsprechend postuliert er, „es müßte sich eine Art Alphabet der menschlichen Gedanken ersinnen und durch die Verknüpfung seiner Buchstaben und die Analyse der Worte, die sich aus ihnen zusammensetzen, alles andere entdecken und beurteilen lassen."381 Eine definitive Grenze hat die characteristica universalis lediglich an den Glaubenswahrheiten. Dies hat theologische Gründe, die sich mit Leibniz kurz so zusammenfassen lassen: Wäre das Mysterium analysierbar - und damit vollkommen erkennbar -, wäre es kein Mysterium mehr.386 Zwar sind auch die kontingenten Tatsachenwahrheiten nicht der logischen Analyse, sondern allein der Erfahrung zugänglich, so daß es lächerlich wäre, von der characteristica universalis die Realisierung des utopischen Programms einer Pansophie zu erhoffen.387 Die prinzipielle Nichtanalysierbarkeit der Tatsachenwahrheiten macht diese jedoch nicht zu einem der Universalcharakteristik gänzlich unzugänglichen Bereich. Denn selbst wenn das Gesuchte aus den vorliegenden „Daten" nicht letztlich entscheidbar ist, so ermöglicht sie hier doch immerhin, daß wir uns entweder der Wahrheit in infinitum nähern oder aber zumindest den Wahr383

384

385

386

387

G P VII, 3 1 ; vgl. ebd. 2 0 5 : „Omnis humana ratiocinatio signis quibusdam sive characteribus perficitur." An Theodor Haak (1679/80), G P VII, 17: „Ego ... scripturam quandam universalem excogitar! posse arbitror, cuius ope calculare in omni genere rerum et demonstrationes invenire possimus perinde ac in Algebra et Arithmetìca." Vgl. Brief an Galloys, ebd. 2 1 : „... surtout je songeois à mons vieux dessein d'une langue ou écriture rationelle, dont le moindre effect soit l'universalité et la communication de différentes nations. Son veritable usage seroit de peindre non pas la parole..., mais les pensées... Car si nous l'avions telle que je la conçois, nous pourrions raisonner en métaphysique et en morale à peu près c o m m e en Geometrie et en Analyse..."; Vgl. GP VII, 1 8 4 : „(Characteristica) ..., cujus notae sive characteres praestarent idem quod notae arithmeticae in numeris et Algebraicae in magnitudinibus abs t r a c t s . " ; In sein Handexemplar von Dalgarnos Ars Stgnorum notiert sich Leibniz bezüglich der von ihm projektierten Relacharakteristik: „efficit in omni materia, quod characteres Arithmetic! et Algebraici in Mathematica." (GP VII, 7). G P VII, 1 8 5 : „incidi ... in hanc contemplationem admirandam, quod scilicet excogitan posset quoddam Alphabetum cogitationum humanarum, et quod literarum hujus Alphabet! c o m b i n a t o n e et vocabulorum ex ipsis factorum analysi omnia et inveniri et dijudicari possent." G. W . LEIBNIZ, Opuscules et fragments inédits, hg. L. COUTURAT ( 1 9 0 3 ) 2 8 5 : „Notandum autem est, linguam hanc esse judicem controversiarum, sed tantum in naturalibus, non vero in revelatis, quia Termini mysteriorum Theologiae revelatae non possunt recipere analysin istam, alioquin perfecte intelligerentur, nec ullum in ì Iii s esset mysterium." An Detlef Clüver, August 1 6 8 0 , G P VII, 19.

Die Funktion arbiträrer Zeichen für das Denken

413

scheinlichkeitsgrad unserer Konjekturen berechnen können. 388 Insofern kann die characteristica realis durchaus Universalitätsanspruch erheben. Sie ist der „Calculus in omnibus scientiis tractabilis", der in allen Wissenschaften anwendbare Kalkül.389 Für den Bereich der Vernunftwahrheiten jedoch garantiert die Algebra generalis unter der Voraussetzung einer gelungenen Einführung der die Natur der Dinge repräsentierenden Realcharaktere als eine Art mechanischer Leitfaden (filum mechanicum) zur Regulierung des menschlichen Intellekts390 die gleichsam maschinelle Auffindung der Wahrheit und die Irrtumsunfähigkeit des Denkens. Denn: Haec Algebra ... generalis ... praestat, Errare ne possumus quidem si velimus, et ut Veritas quasi pietà, velut Machinae ope in charta expressa, deprehendatur - (Diese allgemeine Algebra bewirkt, daß wir, selbst wenn wir das wollten, nicht irren können und daß die Wahrheit gleichsam als gemalt und wie durch eine Maschine auf das Papier gedruckt erfaßt werden kann.) 3 9 1

Der Schlüssel zur Erreichung dieses Plans liegt für Leibniz im wesentlichen darin, daß die Arbitrarität des Verhältnisses der Elementarzeichen zu den einfachen Ideen durch deren Analogie auf der Ebene ihrer jeweiligen Verbindung neutralisiert werden kann. Die einzelnen Elementarzeichen können willkürlich sein; es kommt allein darauf an, daß das Verhältnis der Zeichen untereinander dem Verhältnis der durch sie bezeichneten Dinge oder Ideen untereinander entspricht und somit das System der Zeichen in einem durch Strukturanalogie fundierten natürlichen 'Abbild'-Verhältnis zur Ordnung der Dinge oder Ideen steht.392 Hierdurch ist es möglich, der symbolischen Erkenntnis gleichsam die Qualität intuitiver Erkenntnis zu verleihen, da aus der Struktur des komplexen Zeichens selbst unmittelbar (statim) die Teilideen des durch ihn repräsentierten

Vgl. GP VII, 201: „Quando ex datis quaesitum non est determinatum aut exprimible, tunc alterutrum hac analysi praestabimus, ut vel in infinitum appropinquemus, vel, quando conjecturis agendum est, demonstrativa saltem ratione determinemus, ipsum gradum probabilitatis, qui ex datis haberi potest." 389 An Theodor Haak, GP VII, 19. 3 9 0 Vgl. Analysis linguarum, 11.9.1672, L. COUTURAT, La logique de Leibniz (1901) 92: „intellectus noster filo quodam mechanico regendus est, ob suam imbecillitatem"; vgl. an Tschimhaus (Mai 1678), ebd. 90f. Vgl. an Oldenbourg, GP VII, 14: „Filum autem Meditandi voco quandam sensibilem et velut mechanicam mentis directionem quam stupidissimus quisque agnoscat." Vgl. hierzu S. MEIER-OESER, Die Entlastung von der Mühsamkeit des Denkens (1993). 391 An Oldenbourg, 28. 12. 1675, GP VII, 10. 392 vgl. Dialogus, GP VII, 192: „Atque hoc mihi spem facit exeundi e difficultate. Nam etsi characteres sint arbitrarli, eorum tarnen usus et connexio habet quiddam quod non est arbitrarium, scilicet proportionem quandam inter characteres et res, et diversorum characterum easdem res exprimentium relationes in ter se. Et haec proportio sive relatio est fundamentum veritatis." Vgl. E. BODEMANN, Die Letbniz-Handschriften der königl. öffentl. Bibliothek zu Hannover (1895) 80: „Ars characteristica est ars ita formandi atque ordinandi characteres, ut référant cogitationes, seu ut earn inter se habeant relationem, quam cogitationes inter se habent." 388

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Das Zeichen in der nichtscholastischen Philosophie der Prämoderne

Begriffs ersehen werden können. 393 Das System der vollkommen eingerichteten Zeichen läßt jedoch nicht nur die symbolische Erkenntnis zu einer „quasi intuitiven" Erkenntnis werden. 3 9 4 Dadurch, daß das Verhältnis der Zeichen untereinander dem Verhältnis der Dinge untereinander korrespondiert, erhalten die an sich willkürlichen Zeichen auf der Ebene ihrer Komplexionen den Charakter natürlicher Zeichen. 3 9 5 Augustinus hatte in De doctrina Christiana das Problem des Verhältnisses von Zeichen- und Sacherkenntnis thematisiert und vor einer Vernachlässigung der letzteren durch zu weit getriebene Berücksichtigung der ersteren gewarnt. Die Beschäftigung mit den Zeichen dürfe einen Christen nicht von der Erkenntnis der Sachen abhalten. Leibniz schließt derartige Bedenken für seine characteristica universalis von vorneherein aus. Die „contemplano characterum" wird, wie er betont, aufgrund des expressiven Charakters derselben nicht mehr von den Dingen weg, sondern umgekehrt ins Innere der Dinge selbst führen. 396 Die Universalcharakteristik liefert eine gleichsam mechanische Anleitung des Geistes mit deren Hilfe quisquís mediocri licet ingenio praeditus ... dificillima etiam intelligere et pulcherrimas veritates invenire possit - (jeder auch nur mit mittelmäßigem Verstand Begabte die schwierigsten Dinge verstehen und die schönsten Wahrheiten entdecken könnte). 397

Mit einigem Recht hat daher schon Couturat hinsichtlich der Leibnizschen characteristica universalis bemerkt: „Elle n'aide pas seulement le raisonnement, elle le remplace." 398 Denn Realcharaktere sind so konzipiert, daß sie die Denkbewegung, wenn auch nicht substituieren, so doch regulieren. Der menschliche Intellekt wird durch die Zeichenmaschine zwar nicht ersetzt, er bleibt im Spiel aber eben nur als Teil der Maschine. Die 'Denk-Bewegung' wird von ihm gelei393

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An Tschimhaus, A II/1.413: „Erit enim in promtu velut Mechanicum meditandi filum, cujus ope idea quaelibet in alias ex quibus componitur facillime resolví possit, imo Charactere alicuius conceptus attente considerato statim conceptus simpliciores in quos resolvitur menti occurrent: unde ... Characteres tantum aspecti nobis, adaequatis notitias, sponte et sine labore ingerent in mentem." Die Charaktere ermöglichen es, „totus noster cogitandi processus uno obtutu perspici"; Leibmtiana, ed. I. Jagodinskij (1913) 4. Die sich auf der Ebene der komplexen Zeichen einstellende Konversion der symbolischen in intuitive Erkenntnis hat im Anschluß an Leibniz CHRISTIAN WOLFF (Psychologia empirica S 312) hervorgehoben: „Ope artis combinatoriae characteristicae cognitio symbolica convertitur quasi in intuitivam, etiam in eo casu, ubi cognitio intuitiva distincta haberi nequit." Vgl. CHR. WOLFF, Ontologia $ 967: „Quoniam signa derivativa definitionum ac propositionum vicaria significatum primitivum ab arbitrio significatum imponentis, derivativum autem a rebus significatis habent; ideo respectu illius artificialia sunt, respectu hujus naturalia imitantur, consequenter ex artificialibus et naturalibus mixta." An Tschimhaus, Ende Mai 1678, A 11/1.413: „Nemo autem vereri debet, ne characterum contemplatio nos a rebus abducat, imo contra ad intima rerum ducet. Nam hodie ob characteres male ordinatos confusas saepe notitias habemus, tunc autem ope characterum hab e b i m u s facile distinctissimas..."

397 398

GP VII, 3. L. COUTURAT, La logique de Leibniz (1901) 101

Die Funktion arbiträrer Zeichen für das Denken

415

stet, geleitet jedoch wird diese von der Schrift - „scriptura ... et meditado pari passu ibunt, vel ut rectius dicam, scripturam erit meditandi filum" 399 -, die damit zur Vor-Schrift wird, zum Pro-gramm. Die Bezüge der Metaphysik der prästabilierten Harmonie zur Ars characteristica universalis sind offensichtlich. Die beiden großen Felder des leibnizschen Denkens sind über den Begriff der expressio miteinander verbunden, der, fundiert jeweils im Konzept des „rapport reglé", dort als Repräsentation, hier als Zeichen erscheint. Die vollkommen eingerichteten Realcharaktere wären gewissermaßen die einfachen Substanzen des Denken, in die, wenn auch nicht durch Ähnlichkeit zu dem von ihnen Repräsentierten, so doch durch ihren „rapport constant e reglé" die adäquate Expression der Welt eingeschrieben wäre. Wohl nicht zufällig bedient sich Leibniz hinsichtlich der angemessen eingerichteten Zeichen einer der Charakterisierung der Monaden sehr nahekommenden Metapher: Sind die Monaden gleichsam spirituelle Automaten, 400 so die perfekten Zeichen gleichsam geistige Maschinen (machinae spiritualiae).401 So, wie in metaphysischer Perspektive die Welt durch die Repräsentation reguliert ist, wird in logischer Perspektive das Denken durch das Zeichen reguliert. Hat dort Gott das vollkommene System der Repräsentation eingerichtet, so wäre es hier die Sache des Menschen, genauer: eines Leibniz, das perfekte System der Zeichen einzurichten. Anders als jener ist dieser jedoch an der gestellten Aufgabe gescheitert.

4. Ausblick auf die Entwicklungen des 18. Jahrhunderts 402 Die leibnizsche Theorie der symbolischen Erkenntnis erfährt, besonders durch ihre Aufnahme und Ausarbeitung bei Christian Wolff 4 0 3 im 18. Jahrhundert eine breite, nicht nur auf den Wolffianismus beschränkte Rezeption und

399 400 401 402

403

An Oldenbourg, GP VII, 14.

Vgl. Anm. 247. An Gallois (Ende 1672); A II/1.229. Die vielfältigen und komplexen Entwicklungen der Zeichentheorie im 18. Jahrhundert können hier nur ausschnittsweise kurz angerissen werden. Eine ausführlichere Darstellung jener Geschichte der zeichentheoretischen Erörterungen, die gegen Ende des 19. Jahrhunderts zur Begründung dessen führen wird, was als 'moderne' Semiotik und Semiologie firmiert, wird Gegenstand einer weiteren Studie sein. Vgl. G . UNGEHEUER, Sprache und symbolische Erkenntnis bei Wolff, in: Christian Wolff (1679-1754), hg. W. Schneider (1983) 89-112.

416

D a s Zeichen in der nichtscholastischen Philosophie der Prämoderne

avanciert zu e i n e m zentralen

Lehrstück der Erkenntnistheorie

d e s s e n W i r k s a m k e i t n o c h bei F r e g e D i e U n t e r s c h e i d u n g v o n cognitio

405

oder Husserl intuitiva

406

a u c h in d e r S c h o l a s t i k d e s

D i s t i n k t i o n v o n cognitio

intuitiva

u n d cognitio

Zeit,404

d e u t l i c h s i c h t b a r ist.

u n d cognitio

symbolica

1 8 . J a h r h u n d e r t a n d i e S t e l l e d e r in d e r s p ä t m i t t e l a l t e r l i c h e n intensiv diskutierten,

dieser

17. Jahrhunderts

abstractiva.407

tritt im

Erkenntnislehre geläufigen

Trotz erheblicher

u n d f o l g e n r e i c h e r U m b e s e t z u n g e n ist d e r B e z u g z u d i e s e r D i s t i n k t i o n ,

insbeson-

d e r e in d e r i h r v o n G r e g o r v o n R i m i n i g e g e b e n B e s t i m m u n g , o f f e n k u n d i g . N a c h Gregor von

Rimini sind intuitive u n d abstraktive E r k e n n t n i s

dadurch

s c h i e d e n , d a ß d u r c h j e n e e t w a s u n m i t t e l b a r in s i c h s e l b s t e r k a n n t w i r d i m m e d i a t e in s e i p s o c o g n o s c i t u r ) , b e i d i e s e r d a g e g e n in e i n e m

repräsentativen

M e d i u m ( a l i q u i d in a l i q u o m e d i o r e p r a e s e n t a t i v o c o g n o s c i t u r ) . 4 0 8

404

unter(aliquid

Cognitio

Hinweise zur bislang noch nicht zusammenhängend aufgearbeiteten Entwicklung Theorie der symbolischen Erkenntnis im weiteren Verlauf des 18. Jahrhunderts bei: ROEDER, Beiträge zur Lehre vom Zeichen in der deutschen Philos, d. 18. Jh.s ( 1 9 2 7 ) , LAMACCHIA, La 'cognitio symbolica': un problema dell'ermeneutica Kantiana ( 1 9 7 0 ) u. A. VAN PEURSEN, Cognitio symbolica in the philosophy of Christian Wolff ( 1 9 9 2 ) .

ab-

der W. A. G-

405

Die Ausführungen Freges über die Abhängigkeit des menschlichen Denkens vom Gebrauch von Zeichen enthalten - bis in die konkrete Formulierung hinein - die wesentlichen M o mente der älteren Theorie der symbolischen Erkenntnis. Vgl. z. B. G. FREGE, Uber die wissenschaftliche Berechtigung einer Begriffsschrift: Zeitschrift für Philosophie und philosophische Kritik 8 1 ( 1 8 8 2 ) 4 8 : „... der sinnlichen Zeichen bedürfen wir nun einmal zum Denken. ... unser Vorstellungsverlauf [würde] nicht die volle Freiheit gewinnen ... ohne die große Erfindung der Zeichen, die uns gegenwärtig machen, was abwesend, unsichtbar, vielleicht unsinnlich ist. ... Die Zeichen sind für das Denken von derselben Bedeutung wie für die Schiffahrt die Erfindung, den W i n d zu gebrauchen, um gegen den W i n d zu segeln. Deshalb verachte niemand die Zeichen! Von ihrer zweckmäßigen Wahl hängt nicht wenig ab. Ihr W e r t wird auch nicht dadurch vermindert, daß wir nach langer Übung nicht mehr nötig haben, das Zeichen wirklich hervorzubringen, daß wir nicht mehr laut zu sprechen brauchen, um zu denken; denn in Worten denken wir trotzdem und wenn nicht in Worten doch in mathematischen oder andern Zeichen. W i r würden uns ohne Zeichen auch schwerlich zum begrifflichen Denken erheben."

406

Vgl. E. HUSSERL, Zur Logik der Zeichen (Semiotik), in: Husserliana XII (1970) 340: „Begriffe, Inhalte überhaupt können uns in doppelter Weise gegeben sein: erstens in eigentlicher Weise, nämlich als das, was sie sind; zweitens in uneigentlicher oder symbolischer Weise, nämlich durch die Vermittlung von Zeichen, welche selbst eigentlich vorgestellt sind. S o ist z.B. die anschauliche Vorstellung in Empfindung oder Phantasie eine eigentliche Vorstellung, sofern sie uns nicht als Zeichen für eine andere dient; tut sie dies aber, dann ist sie mit Beziehung auf diese eine symbolische Vorstellung."; vgl. DERS., Philosophie d. Arithmetik ( 1 9 7 0 ) 1 9 3 : „Eine symbolische oder uneigentliche Vorstellung ist, wie schon der N a m e besagt, eine Vorstellung durch Zeichen. Ist uns ein Inhalt nicht direkt gegeben als das, was er ist, sondern nur indirekt durch Zeichen, die ihn eindeutig charakterisieren, dann haben wir von ihm statt einer eigentlichen eine symbolische Vorstellung." Husserl bekennt hier, die Unterscheidung von eigentlichen und „uneigentlichen" oder „symbolischen" Vorstellung von Brentano vermittelt bekommen zu haben, der auf diese Unterscheidung „in seinen Universitätsvorlesungen von jeher den größten Nachdruck gelegt" habe (ebd.).

407

S. o., S. 90f. S. o., Kap. II, Anm. 2 1 7 .

408

Die Funktion arbiträrer Zeichen für das Denken

stractiva

ist d u r c h

selbst e r k a n n t e s

Instrumentalzeichen

Medium

vermittelte

bzw.

allgemein

Erkenntnis.409

417

durch

Dem

ein

vorgängig

korrespondiert

W e s e n t l i c h e n die U n t e r s c h e i d u n g v o n intuitiver und symbolischer

im

Erkenntnis,

w i e sie i m 1 8 . J a h r h u n d e r t v e r b r e i t e t ist. N a c h W o l f f s t e l l e n w i r u n s „ d i e S a c h e n e n t w e d e r s e l b s t , o d e r d u r c h W ö r t e r , o d e r a n d e r e Z e i c h e n v o r . ... D i e e r s t e E r k ä n t n i ß w i r d d i e a n s c h a u e n d e E r k ä n t n i ß g e n e n n e t : d i e a n d e r e ist d i e f i g ü r l i c h e Erkänntniß."410 E i n e a n s c h a u e n d e E r k e n n t n i s ist a l s o g e g e b e n , „ w e n n w i r u n s d i e o d e r A n s c h a u u n g e n d e r D i n g e selbst v o r s t e l l e n " , 4 1 1

bzw. „eine Sache,

Begriffe indem

w i r sie u n s v o r s t e l l e n , . . . d u r c h e t w a s d e n k e n , w a s sie a n s i c h s e l b s t i s t " , 4 1 2

eine

symbolische dagegen, „ w a n n wir uns statt der D i n g e nur ihre Z e i c h e n , z.E. die W ö r t e r , w o m i t m a n sie b e n e n n e t , v o r s t e l l e n " . 4 1 3

Mit der Ersetzung der schola-

409

Vgl. ILDEPHONSUS DE PEÑAFIEL, SJ, Cursus integer philosophius ( 1 6 5 3 - 5 5 ) 2. 6 4 9 b : „Cognitio abstractiva nihil aliud est quam ratio formalis cognoscendi obiectum non in se immediate sicuti est, sed per medium prius cognitum, ut quando cognoscimus causam per effectum, et prototypon per imaginem." Vgl. vgl. B. TELLEZ, SJ, Summa universae philosophiae ( 1 6 4 2 ) 88b: „... sensus externi, et communes solum intuitive cognoscunt, cognitio vero significati ex vi signi, abstractiva est, si fuerit signum instrumentale..."

410

CHR. WOLFF, Vernünftige Gedancken von Gott, der Welt, und der Seele des Menschen [Deutsche Metaphysik = D M ] $ 3 1 6 , Gesammelte Werke, hg. v. J . Ecole u.a. [ = Werke], 1. Abt., Bd. 2, S. 173f.; vgl. DERS.: Psychologia empirica S 2 8 9 , Werke 2. Abt., Bd. 5, S. 2 0 4 : „Quodsi cognitio nostra terminatur actu, quo verbis tantum enunciamus, quae in ideis continentur, vel aliis signis eadem repraesentamus, ideas vero ipsas verbis aut signis aliis indigitatas non intuemur; cognitio symbolica est."; vgl. J . W. GOLLING, Theses philosophicae de cognitione symbolica et intuitiva J 5 ( 1 7 2 5 ) 4 : „Philosophi solicite distinguunt inter ... repraesentationes, quae rem ipsam praesentem nobis exhibitam intuentur, et earn quae mediantibus quibusdam aliis rebus, cognoscendae rei destinatis, in animo excitantur. Illam Intuitivam, hanc Symbolicam vocant." Vgl. J . P. REUSCH, Systema metaphysicum S 399 ( 1 7 3 5 ) 2 8 1 f . : „Cognitio, qua nobis res ipsas repraesentamus, seu quae rerum ipsarum intuitu absolvitur, vocatur intuitiva ... Cognitio ex opposite, quae terminatur actu, quo vocibus tantum enunciamus aut aliis signis repraesentamus, quae in ideis intuemur ... vocatur cognitio symbolica." Vgl. DERS., Systema logicum $ 1 8 4 ( 1 7 3 4 ) 2 2 9 f . ; vgl. F. CHR. BAUMEISTER, Institutiones metaphysicae [ 1 7 3 8 ] $ 5 6 2 ( 1 7 6 5 ) 2 5 6 : „Cum rem nobis immediate repraesentamus, ita ut illam coram intueamur, tum illa cognitio dicitur intuitiva. Cum vero res nobis, vel per verba, vel per alia quaecunque signa, nobis sistimus, dicitur illa cognitio cognitio symbolica."; J . C. HOFFBAUER, Tentamina semiologica ( 1 7 8 9 ) 7f: „Cognitio, quae signorum ope comparatur, symbolica dicitur, cum ea contra, quae rem absque signis repraesentat, sit intuitiva.

411

J . CHR. GOTTSCHED, Erste Gründe der gesamten Weltweisheit, erster Theil ( 1 7 3 3 ) 4 9 3 . CHR. A. CRUSIUS, Weg zur Gewißheit und Zuverläßigkeit der menschlichen Erkenntnis (1747) 347. J . C. GOTTSCHED, Erste Gründe ( 1 7 3 3 ) 4 9 3 ; vgl. J . A. ERNESTI, Initia doctrinae solidioris ( 5 1 7 6 9 ) 1 3 5 : „Cum ipsam rem vel sensuum vel phantasiae beneficio oblatam animo, vel sensu interno perceptam contuemur, eam cognitionem intuitivam dicunt: symbolicam autem, cum res per vocabula aut alia signa cognoscimus, nec rerum ipsarum ideas et notiones intuemur, aut certe res per signa tantum intelligimus, quod eae aut nunquam sub sensum venire, aut ne venire quidem possunt; veluti de Deo cognitio, quae nunc quidem est, symbolica dicitur: quae olim futura est: intuitiva." In entsprechender Weise hatte Scotus unter Hinweis auf I Korinther 13 („Videmus nunc per speculum et in aenigmate, tunc autem facie

412

413

418

Das Zeichen in der nichtscholastischen Philosophie der Prämoderne

stischen Distinktion durch die Unterscheidung von intuitiver und symbolischer Erkenntnis werden abstraktive und symbolische Erkenntnis untrennbar miteinander verbunden. Dabei war nach scholastischer Terminologie die cognitio abstractiva nicht notwendig mit abstrakter Erkenntnis des Allgemeinen gleichgesetzt. Sie abstrahierte, je nachdem, von der Existenz oder der - wie auch immer bestimmten - Präsenz, nicht aber notwendig von den individuellen Bestimmungen des Gegenstandes. 414 Solches ergab sich eher beiläufig dadurch, daß unter dem medium repraesentativum zumeist die eine Allgemeinerkenntnis vermittelnden species intelligibiles verstanden wurden. Mit der Substitution der abstraktiven durch die symbolische Erkenntnis wird zugleich die Verbindung der letzteren zur abstrakten Allgemeinerkenntnis wesentlich enger gefaßt, als dies in der Regel bei jener der Fall war. Das ist insofern von weitreichenden Konsequenzen, als abstrakte Erkenntnis unter dieser Voraussetzung nurmehr als symbolische und damit als sprach- und zeichenvermittelte Erkenntnis konzipierbar wird. Zwar konnten auch in der scholastischen Erkenntnislehre alle Instanzen des kognitiven Abstraktionsprozesses (species impressa, Phantasma, species expressa, conceptos) als Zeichen aufgefaßt werden. Es handelte sich nach dort vorliegendem Verständnis jedoch durchgängig um natürliche Zeichen und nicht, wie im Fall der symbolischen Erkenntnis, um arbiträre. 415 Galt nach scholastischem Verständnis, daß Instrumentalzeichen, insbesondere die willkürlich eingesetzten Sprachzeichen, nichts anderes als abstraktive Erkenntnis vermitteln können, 416 so wird im 18. Jahrhundert daraus in eigentümlicher Umkehrung die These, daß abstrakte Erkenntnis nicht anders als durch Instrumentalzeichen, insbesondere durch die willkürlich eingesetzten Sprachzeichen möglich ist. Bei Wolff und mehr noch im Wolffianismus wird die von Leibniz aufgemachte Alternative von „Wörter oder andere Zeichen" zwar grundsätzlich beibehalten, in der konkreten Darstellung jedoch zunehmend auf erstere hin zurückgenommen, so daß parallel zum fortschreitenden Obsoletwerden des leibnizschen Projekts einer characteristica universalis die Bedeutung der natürlichen Sprache für das Denken in der Erkenntnislehre des 18. Jahrhunderts

414

415

416

ad faciem") dargelegt, daß im Unterschied zur menschlichen Gotteserkenntnis in statu viae der „actus beatificus intellectus non potest esse cognitio abstractiva, sed necessatio intuitiva" (Quodl. VI, 8 (1639) 12.145). Vgl. GREGOR VON RIMINI, Lectura super primutn et secundum sent., Lib. 1 d. 3 q. 3 a. 1, t. 1 (1981) 3 9 2 ; s. Kap. II, ANM. 216; vgl. PIERRE D'ALLLY, Tractatus de anima (1987) 70. Vgl. J. P. REUSCH, Systema logicum $ 188 (1732) 23 If: „Inter signa arbitraria referuntur symbola cogitationum, teste experientia. ... Signa arbitraria possunt a variis rebus pro arbitrii varietate arcessi. Cum quoque signa cogitationum sint arbitraria: eo ipso varii eadem generis esse possunt variamque subministrare cognitionem symbolicam. Sic oculorum, ma· nuum, pedumque motus certi cogitationum signa praestare possunt. (...) Interea nos potissimum hie respicimus cognitionem symbolicam, vocibus atque scriptura constantem." Vgl. Vgl. F. SUÁREZ, SJ, Disputationes metaphysicae (1965) 1. 183b: „... nomina rerum, non posse in nobis virtute sua generare intuitivam rei significatae, sed tantum abstractivam cognitionem."

Die Funktion arbiträrer Zeichen für das Denken

419

stärker in den Vordergrund tritt. Das führt dazu, daß sich im Rahmen der Erörterungen der symbolischen oder figürlichen Erkenntnis Aussagen zum Verhältnis von Sprache und Denken finden lassen, die mitunter wie Antizipationen der 'kopernikanischen Wende' in der Sprachphilosophie klingen - und es ein gutes Stück weit auch sind. Christian Wolff, durch den die Rezeption des leibnizschen Konzepts der cognitio symbolica im wesentlichen vermittelt wurde, hatte sich bereits vor der Zeit seiner Orientierung an Leibniz noch unter cartesianischem Einfluß mit sprachphilosophischer Thematik befaßt. 4 1 7 In der Vorrede zu seiner „Deutschen Logik" ( 1 7 1 2 ) bekennt W o l f f dann jedoch, daß Leibniz' „sinnreiche Gedancken von der Erkäntniß der Wahrheit und den Begriffen" (d.h. die Meditationes de

cognitione, ventate et ideis) ihm hinsichtlich der Kräfte des menschlichen Verstandes „ein großes Licht gegeben" hätten. 418 Nach W o l f f sind „die Worte der Grund von einer besonderen Art von Erkäntniß ..., welche wir die figürliche nennen". 4 1 9 Diese hat nach Wolff „viele Vortheile vor der anschauenden, wenn diese nicht vollständig ist, das ist, alles deutlich ... vor Augen lieget, was ein Ding in sich enthält, und wie es mit andern verknüpffet ist und gegen sie sich verhält". 4 2 0 Da die menschlichen Empfindungen aber größtenteils undeutlich sind und somit dies nicht leisten, wird deutliche Erkenntnis erst durch die „Wörter und Zeichen" erreicht, mit deren Hilfe die Bestimmungsmomente der Dinge unterschieden werden. „Weil nun aber hierdurch die Aehnlichkeit erhellet, die zwischen verschiedenen eintzelen Dingen anzutreffen, so gelanget man auf diese Weise zu allgemeinen Begriffen und wird demnach die allgemeine Erkäntniß durch die Wörter deutlich". 4 2 1 Die abstrakte Erkenntnis des Allgemeinen ist damit unmittelbar auf die cognitio symbolica - gleichsam als auf die Bedingung ihrer Möglichkeit 4 2 2 - bezogen, so daß im Ganzen genommen gilt: „all unsere allgemeine oder abstrakte Erkenntnis ist durchaus symbolisch". 4 2 3

417

Vgl. CHR . WOLFF, Disquisitici philosophica de loquela (1703), in: Werke, 2. Abt., Bd. 35 (1974). Vgl. hierzu: U. RICKEN, Wolffs 'Disquisitio philosophica de loquela' (1703). Eine

cartesianische Abhandlung über die Sprache , in: U. RICKEN u.a., Sprachtheorie und Weltanschauung in der europäischen Aufklärung (1990) 216 ff. 418

419 420 421 422

423

Vgl. CHR. WOLFF, Vernünftige Gedanken von den Kräften des menschlichen Verstandes und ihrem richtigen Gebrauche in Erkenntnis der Wahrheit, hg. v. H. W. Arndt, in: Chr. Wolff: Werke, 1. Abt., Bd. 1, S. 109. CHR. WOLFF, D M $ 3 1 6 , Werke I, 2. 173. D M $ 3 1 9 , S. 176. Ebd. S. 177. Vgl. D M $ 8 3 4 , S. 5 1 6 : „... die Wörter oder andere Zeichen [sind] das Mittel, dadurch wir allgemeine Erkäntniß erlagen."; vgl. G. B. BLLFINGER, Dilucidationes philosophicae (1725) 2 6 7 : „Symbolicam cognitionem praecipue inservire cognitioni generali. Nisi enim vocibus designari posset id, quod in pluribus rebus commune deprehendimus: Ideas generales paucissimas, et vix alias, quam obscuras aut confusas nancisci nobis liceret." J . H. LAMBERT, Neues Organon, Bd. 2 ( 1 7 6 4 ) 12.

420

Das Zeichen in der nichtscholastischen Philosophie der Prämoderne

Insofern „befördert der Gebrauch der Sprache oder anderer Zeichen, die den Wörtern gleichgültig sind ... den Gebrauch der Vernunft." 4 2 4 Später spricht W o l f f deutlicher von einer förmlichen „dependentia usus rationis ab usu sermonis". 4 2 5 Ist die Abhängigkeit des Denkens von den sinnlichen Zeichen im allgemeinen durch die Harmonie von Leib und Seele metaphysisch begründet, 4 2 6 so beruht nach Wolff die gedankliche Substitution der Dinge durch Sprachzeichen bei jedem einzelnen auf Gewohnheit. Denn, „nachdem wir der Sprache einmahl gewohnet, pflegen wir uns die Worte an statt der Sache vorzustellen." 4 2 7 Infolge dessen beschreibt auch W o l f f das Denken mit der alten Figur der inneren Rede: ... so bald wir uns entweder einen allgemeinen Begriff von einer Art Dinge ... formiren, oder auch nur etwas deutliches mercken" geschieht es, daß „wir von der anschauenden Erkäntniß zu derfigürlichenschreiten, und zu uns selbst reden, oder wenigstens die dazu nöthigen Worte gedencken.428 Hierbei hört jedoch - ebenso wie ungefähr zur selben Zeit bei Thomasius die Metapher vom Denken als innerer Rede auf, eine solche zu sein. Die Sprache ist damit nicht mehr nur verantwortlich für eine etwaige Deformation der intellektuellen Erkenntnis, sie ist vielmehr gerade ein notwendiges M o m e n t der Formierung derselben. Diese Einschätzung der erkenntniskonstituierenden Funktion der willkürlichen Zeichen im allgemeinen und der Sprache im besonderen findet im Rahmen der Behandlung der Unterscheidung von intuitiver und symbolischer Erkenntnis seit den 2 0 e r Jahren schnelle Verbreitung. So vetritt auch Johann Wilhelm Golling in seiner Dissertation De cognitione symbolica et intuitiva ( 1 7 2 5 ) die These, daß abstrakte Erkenntnis ohne das Instrumentarium der Zeichen, d.h. in der Regel: der Wörter, nicht oder nur sehr unvollkommen zu erlangen ist. Während sich die sinnliche Erfahrung immer auf Einzeldinge bezieht, können wir mit Hilfe der Wörter allgemeine Ideen abstrahieren. 429 Die spezifische Tätigkeit der reinen Vernunft (intellectus purus), sinnlich nicht erfaßbare Dinge oder abstrakte Begriffe deutlich vorzustellen, ist ohne cognitio symbolica, d.h. ohne den

424 425 426 427 428

429

DM $ 867, S. 536. CHR. WOLFF, Psychologia rationalis $ 461, in: Werke, 2. Abt., Bd. 6, p. 376. Vgl. ebd., S 284. DM $ 839. Vgl. DM S 322, S. 178. Vgl. Auflösung einiger Schwierigkeiten, welche bey der menschlichen Seele vorkommen, in: Werke, 1. Abt. Bd. 21.2, S. 184: „Wenn wir also gleich nicht reden: so reden wir doch mit uns selbst, bey dem überdenken mit geschlossenem Mund ...."; vgl. Psychologia empirica $ 284, p. 202: „... nos tacite nobismetipsis loqui, quando de rebus cogitare intendimus." J . W . GOLLING (resp. aut.; Praeses = J . W . FEUERLIN), Theses philosophicae de cognitione symbolica et intuitiva § 57 (1725) 19: „... verborum ope possumus universales abstrahere ideas."

421

Die Funktion arbiträrer Zeichen für das Denken

Gebrauch willkürlicher Zeichen nicht möglich. 4 3 0 Insofern ist die symbolische Erkenntnis, wie Bilfinger deutlich macht, notwendige Voraussetzung für jede „cultura rationis". 4 3 1 Eine vollständige Festlegung abstrakter auf symbolische Erkenntnis und dieser auf Sprachlichkeit findet sich bei Friedrich Christian Baumeister, nach dem die Erkenntnisfunktion des Intellekts in der allein durch Sprache möglichen Formierung allgemeiner Begriffe besteht; einer Fähigkeit, die zugleich das Definiens der untrennbar mit dem Intellekt verbundenen cognitio

symbolica

aus-

macht: „Sensibus cognoscimus res praesentes, quae cognitio dicitur intuitiva. At intellectus in cognoscendis notionibus universalioribus, iisque distincte formandis, versatur, quod nisi per verba, fieri non potest, quae cognitio dicitur symbolica, quae ab intellectu sejungi non potest. ... abstractarum notionum nulla cognitio distincte formari potest, nisi verborum adminiculis" - (Durch die Sinne erkennen wir die gegenwärtigen Dinge, welche Erkenntnis intuitiv genannt wird. Das Geschäft des Intellekts ist es jedoch, die allgemeineren Begriffe zu erkennen und diese deutlich zu bilden, was allein durch die Wörter geschehen kann. Diese Erkenntnis wird symbolisch genannt und vermag nicht vom Intellekt abgetrennt zu werden. ... Von den abstrakten Begriffen kann keine deudiche Erkenntnis gebildet werden, es sei denn mit Hilfe der Wörter). 4 3 2 W a s aus der Perspektive der leibniz-wolffischen Metaphysik einerseits als Ausdruck der H a r m o n i e von Leib und Seele präsentiert werden kann, die notwendige Bindung des Denkens an den Gebrauch sinnlicher Zeichen, hat immer auch kompensatorischen Charakter und kann von daher ebensogut als Konsequenz der „Imbezillität" des menschlichen Intellekts interpretiert werden. O h n e die W ö r t e r besäßen wir, wie Ernesti meint, aufgrund der Schwäche unseres Geistes weder hinlänglich deutliche Ideen noch allgemeine Begriffe. 4 3 3

430

431

432

433

J. W. GOLLING, Theses philosophicae de cognitione symbolica et intuitiva $ 60 (1725) 20f: „Intellectus purus cum circa res sensibus non percipiendas, distincte repraesentandas, versetur, spiritus, mentem, imo et a corporeis abstracta considérât: ñeque enim universalia in rerum natura existunt, sed a singularibus sunt abstracta. Sed quum haec Symbolicae cognitionis ope peragatur, nemo non facile videt, quantum ab haec adiuvetur pure intelligendi facultas." Vgl. G. B . BILFINGER, Dilucidationes philosophicae (1725) 268: „Rationis ... nostrae culturam symbolica cognitione adjuvari plurimum, sic, ut cultura illa desit, ubi deest haec cognitionis species, tum apud bruta, tum apud infantes, tum apud homines in sylvis sine aliorum commercio enutritos." F. C H R . BAUMEISTER, Elementa philosophiae recentioris (1747), Institutiones metaphysicae, pars 3, cap. 8, $ 208 (1765) 236. J. A. ERNESTI, Initia doctrinae solidioris, I, 1, $ 34 ( s 1769) 133: „si vocabulis careremus propter imbecillitatem mentis nostrae nulla: ñeque idea distineta satis, ñeque universalis notio locum apud nos haberet." Bereits bei Leibniz selbst findet sich dieses der scholastischen Logik fremde Motiv einer sich aus der Schwäche des menschlichen Geistes ergebenden Notwendigkeit seiner Unterstützung durch willkürliche Zeichen bzw. Sprache (s. Anm. 131). Wenn der Mensch nach aristotelisch-scholastischer Auffassung der Sprache bedarf, dann nicht wegen einer Insuffizienz des Geistes, sondern aufgrund seiner Natur als animal sociale. Vgl. z.B. AEGIDIUS ROMANUS, Expositio in artem veterem (1507) fol. 47vb: „... si

422

Das Zeichen in der nichtscholastischen Philosophie der Prämoderne

W e n n J o h a n n Heinrich Lambert in seinem Neuen

Organon

den Entwurf ei-

ner Semiotik 4 3 4 mit der Darstellung der „symbolischen Erkenntniß überhaupt" eröffnet, 4 3 5 gilt diese ihm als ein „unentbehrliches Hiilfsmittel zum D e n k e n " . 4 3 6 Denn die Zeichen regulieren gleichsam den Bewußtseinsstrom, weil erst durch sie „unser Denken in eine ununterbrochene Reihe von Empfindungen und klaren Vorstellungen verwandelt w i r d " . 4 3 7 Z u d e m erweitern allein sie den Horizont des menschlichen Denkens über die Grenzen unmittelbar empfindbarer Gegenstände hinaus und ermöglichen somit abstrakte Erkenntnis: Da wir ... weder immer die Dinge empfinden, an welche wir denken, und viele Abstracta nicht empfunden werden können so füllet die Empfindung der Zeichen die meisten Liikken in unserem Denken aus, und besonders ist unsere allgemeine oder abstracte Erkenntniß durchaus symbolisch. 438 Mit derselben Deutlichkeit konstatiert noch Salomon M a i m ó n , dessen Interpretation der symbolischen Erkenntnis größtenteils auf Kants Thesen zur schematischen und symbolischen Hypotypose basiert 4 3 9 : Die symbolische Erkenntnis ist von großer Wichtigkeit. Durch ihre Hülfe gelangen wir sowohl zu den abstrakten, als zu den aus diesen verschiedentlich komponierten Begriffen, und sind im Stande, aus schon bekannten Wahrheiten neue zu erfinden; d.h. überhaupt unsere Vernunft zu gebrauchen. 440 Die Verwendung willkürlich eingesetzter Zeichen ist in der Philosophie des 1 8 . Jahrhunderts auf breiter F r o n t als notwendige Voraussetzung intellektueller Erkenntnis anerkannt. W o die von Leibniz betonte und für sein Projekt der cha-

434

43I

436 437 438 439

440

[homo] animal esset solitarium suffecissent sibi passiones animi: sed quia est animal sociale per natura, indiguit vocibus."; vgl. J. MAJOR, Introductorium perniile in Aristotelis dialecticen (1527) fol. 15va: „... voces invente sunt ad reserandos conceptus nostros ad invicem, cum homo est animal politicum et sociale .... Si quis semper solus viveret non esset opus loquela." Vgl. CHR. HUBIG, Die Zeichentheorie des Johann Heinrich Lambert: Zeitschrift für Semiotik 1 (1979) 333-44. J. H. LAMBERT, Neues Organon oder Gedanken über die Erforschung des Wahren und dessen Unterscheidung vom Irrthum und Schein (1764), in: Philosophische Schriften 2 (1965) 5-43. Ebd., 11. Ebd. 12. Ebd. 12f. Vgl. A. LAMACCHIA, La „cognitio symbolica": un problema dell'ermeneutica Kantiana, in: Studi in onore di Antonio Corsano (1970) 371-403. S. MAIMON, Versuch über die Transzendentalphilosophie, mit einem Anhang über die symbolische Erkenntnis (1790; ND 1963) 265. Da für Maimón „die Philosophie im eigentlichen Verstände nichts anders, als eine allgemeine Sprachlehre" ist (ebd. 296), kommt der Kritik der symbolischen Vernunft höchste Bedeutung zu: „Ich getraue mir zu behaupten, daß die unauflöslichen Schwierigkeiten, und die wichtigen Streitigkeiten in den Wissenschaften aus Mangel an Einsicht in die Natur der Symbolischen Erkenntniß entstanden sind, und daß also die Hebung jener Schwierigkeiten, die Beilegung jener Streitigkeiten bloß dadurch bewerkstelliget werden könne, wenn man die Gränzen der symbolischen Erkenntniß in Ansehung ihres Gebrauchs festsetzte, ihre verschiednen Arten bestimmte, und die Symbolik selbst (das Zeichensystem) diesem gemäß einrichtete." (ebd. 265f).

423

D i e Funktion arbiträrer Zeichen für das Denken

racteristica universalis

eminent wichtige Alternative von „Wörter oder andere Zeichen" zugunsten der ersteren aufgegeben wird, ist das Resultat die These von der schlechthinnigen Sprachabhängigkeit des Denkens. Eine solche Reduktion der symbolischen auf sprachliche Erkenntnis erfolgt

jedoch keineswegs überall. Die Diskussion der cognitio symbolica

in den Er-

kenntnislehren des 18. Jahrhunderts bildet nicht nur einen vielgenutzten Ansatzpunkt für die Betonung der Sprachabhängigkeit des Denkens, sondern ist ebenso der Ort für detaillierte Erörterungen der kognitiven Funktion von Zeichen im allgemeinen. 441 Hierbei wirkt das Leibnizsche Konzept der characteristica universalis fort; allerdings, weil in seiner urspünglichen Intention bald als undurchführbar erkannt, in einer stark modifizierten Form. Lambert, Ploucquet, Euler u.a. liefern noch Entwürfe eines Zeichenkalküls für die Begründung einer an der Algebra orientierten Logik. 4 4 2 In erster Linie geht es nun jedoch nicht mehr um die Invention eines Zeichensystems zur Gewinnung eines allgemeinen Wissens, sondern um die Gewinnung einer allgemeinen Wissenschaft von den Zeichensystemen. Nachdem das späte 17. und frühe 18. Jahrhundert mit Leibniz und Berkeley im Rahmen der Metaphysik, Logik und Erkenntnistheorie hochspekulative Theorien des Zeichens entworfen hatte, zeichnet sich im weiteren Verlauf des 18. Jahrhunderts eine deutliche Wendung zum Konkreten und eine stärkere Betonung des empirischen Charakters der Zeichentheorie ab. 4 4 3 Diese Tendenz zeigt sich etwa bei Baumgarten, der die Zeichensysteme von Sprache, Schrift, Hieroglyphik, Heraldik, Numismatik, Kosmetik usw. als Teilgebiete der Semiotica als der allgemeinen Wissenschaft von den Zeichen bestimmt, 444 in Hoffbauers Tentamina semiologica ( 1 7 8 9 ) sowie nicht zuletzt in Lamberts Semio-

tici5

Als wesentliches Kriterium eines 'wissenschaftlichen' Zeichensystems gilt nach Lambert, daß die verwendeten Zeichen nicht allein „die Begriffe oder Dinge vorstellen, sondern auch solche Verhältnisse anzeigen, daß die Theorie der Sachen und die Theorie der Zeichen miteinander vertauscht werden kön-

441

Vgl. J . H . LAMBERT, Neues

Organon

( 1 7 6 4 ) , in: Philosophische Schriften 2 ( 1 9 6 5 ) 5 - 2 1 6 ; S.

MAIMON, Versuch über die Transzendentalphilosophie, mit einem Anhang über die symbolische Erkenntnis 442

hunderts 443

( 1 7 9 0 ; N D 1 9 6 3 ) 2 6 5 - 3 3 2 ; J . CHR. HOFFBAUER, Tentamina

semiologica

si-

ve quaedam generalem theoriam signorum spectantia (1789). Vgl. W. ROEDER, Beiträge zur Lehre vom Zeichen in der deutschen Philosophie des 18. Jahr( 1 9 2 7 ) 3 9 f f ; S. KRÄMER, Symbolische

Maschinen

(1988) 114ff.

Vgl. W. ROEDER, Beiträge zur Lehre vom Zeichen (1927) 22f.

444

A. G . BAUMGARTEN, Philosophia

445

E. CosERIU, Die Geschichte der Sprachphilosophie von der Antike bis zur Gegenwart, Bd. 2 (1975) 1 4 0 - 4 9 ; W . ROEDER, Beiträge zur Lehre vom Zeichen in der deutschen Philosphie des 18. Jahrhunderts (192η 25-33.

generalis

(1770; N D 1968) 57.

424 nen".446

Das Zeichen in der nichtscholastischen Philosophie der Prämoderne

Z i e l ist hierbei stets die R e d u k t i o n d e r T h e o r i e d e r S a c h e n a u f die

Theorie der Zeichen: Die Theorie der Sache auf die Theorie der Zeichen reduciren, will sagen, das dunkle Bewußtseyn der Begriffe mit der anschauenden Erkenntniß, mit der Empfindung und klaren Vorstellung der Zeichen verwechseln. 447 Als das „ v o l l k o m m e n s t e M u s t e r " eines s o l c h e n w i s s e n s c h a f t l i c h e n Z e i c h e n systems gilt für L a m b e r t , w i e s c h o n für Leibniz, die A l g e b r a . 4 4 8 U n d die m a t h e m a t i s c h e n W i s s e n s c h a f t e n w e r d e n das einzige v o l l k o m m e n e M u s t e r b l e i b e n . 4 4 9 D a s j e d o c h h i n d e r t n i c h t die a l l g e m e i n e K o n j u n k t u r des Z e i c h e n b e g r i f f s . D e n n d e m Prozeß der allmählichen Abkehr v o n den großen

Zeichenspekulationen

k o r r e s p o n d i e r t vielfach eine „ S e m i o t i s i e r u n g " d e r v e r s c h i e d e n e n Einzeldisziplinen, w i e sie b e s o n d e r s an d e r H e r m e n e u t i k 4 5 0

oder der Ästhetik451

deutlich

w i r d , in d e n e n d e r Z e i c h e n b e g r i f f nun eine zentrale F u n k t i o n erhält.

Vgl. J. H. LAMBERT, Neues Organon (1764), in: Philosophische Schriften (1965) 2.16. Ebd. 2.16. 4 4 8 Ebd. 2.23. Andere von Lambert untersuchte Zeichensysteme sind die musikalische Notenschrift, Feuillets choreographische Notation, die chemischen und astronomischen Zeichen, Emblemata, Hieroglyphen sowie, insbesondere, die Sprache (vgl. 44-216). 449 Vgl. J. A. EBERHARD, Allgemeine Theorie des Denkens und Empfindens (1786) 114f: „Man dringet nicht anders tief in irgend eine Idee hinein, wenn man nicht ihre abgesonderten Theile durch Zeichen fest hält, sich durch Zeichen ihrer Merkmale versichert. J e weiter man in dieser Auflösung kommt, je mehr die Anzahl der tiefliegenden Unterscheidungsmerkmale anwächst, je weniger also die Kraft der Seele zureicht, die vorhergehenden durch Anschauungen festzuhalten, desto mehr wird die Aufmerksamkeit, von der Anschauung der Sachen, auf die Vorstellung der Zeichen gezogen. Bis endlich die Seele sich weiter nichts mehr als der Zeichen bewußt ist, und mit einer blinden Operation in den tiefen Gängen der Wahrheit fortrückt. (115) Diese Art von blinder Operation ist bisher nur noch in den mathematischen Wissenschaften thunlich gewesen." Zwar würden die Philosophen, wie Eberhard meint (115), „gern der Philosophie die nämliche Bequemlichkeit verschaft haben, wofern nicht die Unmöglichkeit, die metaphysischen Begriffe so zu sondern, und ihre Verbindung durch Zeichen auszudrücken, das in ihrer Verbindung die Verbindung der Notionen selbst abgebildet würde, Schuld wäre, daß man diese Erfindung mit dem Stein der Weisen, und dem Perpetuum mobile etc. noch in eine Classe setzen muß." 446 447

450

Am weitesten geht hier G. F. M E I E R S Versuch einer allgemeinen Auslegungskunst (1757). Vorbereitet wurde dies durch seinen Lehrer Baumgarten, bei dem die Hermeneutica generalis neben der Heurística den zweiten Hauptteil der auch als Semiotica oder Semiologia philosophica bezeichneten Scientia signorum firmiert. Vgl. A. G. BAUMGARTEN, Metaphysica (1779; ND 1963) 108f. Diese Unterteilung der 'Characteristique', d.h. der allgemeinen Lehre von der „communication de nos idées par des certains signes", die, anders als die spezielle „Théorie des langues", die Zeichen im Allgemeinen betrachtet, in die „Heuristique" (als Lehre von der „invention de ces signes") und die „Hermeneutique" (als Lehre von der „Explication de ces signes") übernimmt auch L. DE BEAUSOBRE in seiner Dissertation sur les différentes parties de la philosophie, in: D E R S . , Dissertations philosophiques (1753).

451

Vgl. W . R O E D E R , Beiträge zur Lehre vom Zeichen in der deutschen Philosphie des 18. Jahrhunderts ( 1 9 2 7 ) 4 5 - 6 1 ; U . BAYER, Lessings Zeichenbegriff und Zeichenprozesse im „Laokoon" und ihre Analyse nach der modernen Semantik ( 1 9 7 5 ) ; E. B Ö H M , Bemerkungen zur semiotischen Ästhetik Johann August Eberhards: Semiosis 1 5 ( 1 9 7 9 ) 4 2 - 5 4 ; D I E S , Se-

Die Funktion arbiträrer Zeichen für das Denken

425

Zu ähnlich Aussagen hinsichtlich der Sprachabhängigkeit des Denkens, wie sie sich in der deutschen Tradition der cognitio symbolica finden, gelangt - zeitlich etwas versetzt - in Frankreich Condillac. 452 Bei ihm kommt jedoch bereits ein weiteres Moment der Funktion des Zeichens für das Denken zum Ausdruck, welches ihn veranlaßt, über Wolff, den er recht intensiv rezipert hat, 453 in derselben Weise zu urteilen wie über Locke: M. Wolf... n'a point connu l'absolue nécessité des signes, non plus que la manière dont ils concourrent aux progrès des opérationes de l'ame. 4 5 4

Der entscheidende Unterschied zwischen Wolff und der Theorie der cognitio symbolica auf der einen und Condillac auf der anderen Seite besteht darin, daß von jenen zwar gesehen wird, daß das Denken eines jeden einzelnen in einer ontogenetischen Abhängigkeit zur Sprache steht, nicht jedoch, daß, wie Condillac betont, dies in phylogenetischer Perspektive ebenso gilt, so daß auch der Mensch als Spezies sein intellektuelles Vermögen erst in Verbindung mit der kontinuierlichen Entwicklung und Transformation seines Zeichengebrauchs erlangt hat. Das Zeichen reguliert nicht allein das Denken, es hat es allererst genetisch konstituiert.

452

453

4 5 4

miotische Analyse von Zeichenkonzeptionen und „Zeichenschönheit" bei Johann August Eberhard: Semiosis 2 1 ( 1 9 8 1 ) 6 7 - 7 6 ; U . FRANK, Die Semiotik als Abschluß der Ästhetik. A. G. Baumgartens Bestimmung der Semiotik als ästhetische Propädeutik: Zeitschrift für Semiotik 1 (1979) 345-359; CHR. HARDENBERG, G. E. Lessings Semiotik als Propädeutik einer Kunsttheorie: Zeitschrift für Semiotik 1 ( 1 9 7 9 ) 3 6 1 - 7 6 . Zu Condillac vgl. F. DUCHESNEAU, Sémiotique et abstraction. De Locke à Condillac: Philosophiques 3 (1976) 147-66; S. AUROUX, Condillac ou la vertu des signes, Einleitung zu: CONDILLAC, La langue des Calculs (Lille 1980); U. RICKEN, Sprache, Anthropologie, Philosophie in der französischen Aufklärung (1984) 94ff; DERS., Sensualistische Sprachursprungshypothese, geschichtliches Menschen- und Gesellschaftsbild der Aufklärung, in: Theorien von Ursprung der Sprache, hg. J. Gessinger. u. W. v. Rahden, Bd.l (1989) 287-311; Wolff wird erwähnt im: Essai sur l'origine des connaissances humaines: I, 2, 7 § 65; I, 4, 2 $ 27; I, 5, 2 $ 14. Besonders Condillacs Les monades (hg. L. L. Bongie (Oxford 1980) Studies on Voltaire and the Eighteenth Century, 187) zeigen eine intensive Lektüre einiger Wölfischer Schriften. Zitiert werden: Ontologia (p. 113; 118, 119, 121, 122); Psychologia rationales (p. 117, 128, 129, 130, 138); Psychologia empirica (p. 127, 130, 138); Cosmologia generalis (p. 131, 135, 138, 141); Theologia naturalis (p. 142). Vgl. A. SCAGLIONE, Direct vs. inverted Order. Wolff and Condillac on the Necessity of the Sign and the Interrelationship of Language and Thinking: Romance Philology 3 3 ( 1 9 8 8 ) 4 9 6 - 5 0 1 ; G. PAGANINI, Signe, imagination et mémoires. De la psychologie de Wolff à l'Essai de Condillac: Revue des Sciences philosophiques et théologiques 7 2 ( 1 9 8 8 ) 2 8 7 - 3 0 0 . CONDILLAC, Essay sur l'origine des connaissance humaines, in: Œuvre philosophiques (19475 1 ) 1.48b. Vgl. Anm. 3 3 5 .

Verzeichnis der Abbildungen 1. S. 45: 2. S. 54: 3. S. 160: 4. S. 163:

5. S. 236: 6. S. 316:

Die Zeichenklassifikation nach Abailard Die Zeichenklassifikation nach Roger Bacon Conceptus ultimatus - non ultimatus, aus: J. ECK, In Summulas P. Hispani... explanatio (1516) fol. 76v. Die Signifikationsbeziehungen, aus: J. ECK, Aristotelis ... Dialéctica (1517) fol. 71v. NB: Die teilweise kopfstehende Beschriftung ist kein Fehler des Typographen sondern soll die jeweilige Verweisungsrichtung der Zeichen darstellen. Die 'Arbor philosophica signorum' nach J. B. PTOLEMAEUS, Philosophia mentis et sensuum (2Augsburg 1698) 132f. Die Zeichenklassifikation nach C. Timpler.

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Sachregister kursive Z a h l e n beziehen sich auf den Fußnotenbereich der b e t r e f f e n d e n Seite

acceptio 104, 123

c o n s u e t u d o 28, 146, 147ff, 2 6 3 ff, 2 7 6 f ,

Akttheorie der E r k e n n t n i s 97ff, 3 7 2 Ästhetik 424f

2 7 8 f f , 3 7 9 f , 3 9 1 , s.a. signum ex consuetudine

appellatio 6 0

d e n o m i n a t i o extrínseca 2 0 0 , 2 0 3 f, 2 2 7

a p t i t u d o 124, 186f, 197

dicibile 11, 12, 13

a r g u m e n t u m 183(, 348f

dictio mentalis 1S6

α ξ ί ω μ α 3, 6, 13

doctrina d e signo et signato 3 1 3 f f , 3 3 5

B e d e u t u n g s. significatio

doctrine of signs (doctrina d e signis) 3 5 1 ,

Begriff, geistiger s. c o n c e p t u s

381,396

Bezeichnung s. significatio

Einsetzung s. impositio, institutio

Bild 3 6 9 ; s. imago, pictura, s i m u l a c h r u m ,

ens m o r a l e 204f

statua

enuntiatio mentalis 109

Buch der N a t u r 3 4 2 f , 349f

Epikureer 5f

causalitas moralis 3 3 0 , 3 5 7 f , 368, 3 8 2 f , 385f

Erkenntnis s.a. cognitio, notitia, c o n c e p t u s

characteristica universalis 4 0 3 , 4 0 7 , 4 1 1 415, 418, 422f

- , perzeptive 3 5 0 - 3 8 4 , 386ff esse a p p a r e n s 9 2

circulus a n t e t a b e r n a m (circulus vini) 23, 4 4 ,

esse fictum 9 7

52, S3, 5 6 , 61f, 116, 117, 122, 147, ISO,

esse intentionale 92, 96, 9 7

163, 164, 167, 169, 170, 179,

esse obiectivum 92, 9 6

195

cogitatio vocis 4 1 , 109, 248

esse repraesentativum 126

cognitio 121

esse significabile 234f

- abstractiva 90f, 95, 101, 416ff

êtres représentatifs 3 6 9 , 3 7 5 f , 3 8 3

- intuitiva 90ff, 93, 95, 416ff

expressio 3 8 8 f , 4 1 5

- symbolica 3 3 6 , 4 0 2 , 4 0 4 - 4 0 7 , 4 1 5 - 4 2 5

facere cognoscere 135, 140, 2 3 8 , s.a

conceptus (intellectus, passiones animae); ~ als similitudines r e r u m 3 5 , 99ff, 101,

significare als — F i k t u m t h e o r i e der E r k e n n t n i s 97ff

102f, 110, 156ff, 2 4 5 , 2 5 9 , 332, 3 5 2 ,

G e b r a u c h s. usus

391

Gesten 167, 4 0 9

- als Zeichen 38f, 4 1 , 5 3 , 7 7 f f , 85, 95, 97, 102, 108, 118, 137, 142f, 155ff, 167, 2 3 8 f f , 2 5 1 - 2 6 2 , 3 9 7 , s.a. signum f o r m a l e ~ non u l t i m a t u s 159, 160, 162f, 2 4 8 f f , s.a. conceptus vocis

G e w o h n h e i t s. c o n s u e t u d o g r a m m a t i c a speculativa 72ff Hermeneutik 333n, 424 Hieroglyphen 304f, 3 4 2 f , 4 0 9 , 4 2 3 i dola fori 3 4 6

- ultimatus 158, 159, 162f, 2 5 0

imaginatio vocis 71, 1 0 7

~ vocis 109, 110, 159, 160, 2 4 7 f f , 4 0 1

imago 56, 94, 9S, 96, 101, 102, 126, 127,

consensus (consensio) 2 7 f f , 3 7 , 275ff

128, 131, 132, 133, 13S, 136, 139, 141,

470

Sachregister

143,

l S l f , 157,

222,

223,

248,

158,

1 6 9 , 202,

208,

209,

2 9 If

i m a g o soni 30f, 3 9 1 , 4 0 1 i m m u t a t i o Vitalis 120f, 122, 125, 130, 131, 157,

158

impositio 59f, 6 1 - 6 5 , 70f, 75, 148ff, 203, 2 0 8 , 263ff, 2 7 3 f f , 2 8 1 , 300, 3 5 5 , 3 5 8 , 3 6 2 , 379, 3 9 9 Indiz (Anzeichen) 6ff, 22, 32f, 60, 181, 183, 2 9 4 , 335, 393f Inferenz 2, 4, 6, 56, 5 8 , 60, 68

o r d o orandi 3 7 f f , 47f, 79f, 81f, 107, 163f, 2 8 0 , 3 0 2 , s. a. o. significationis, o. signorum o r d o significandi 182 o r d o significationis 81, 109, 163ff o r d o signorum 8 1 ostensio 8, 14ff, 21f passiones entis disiunctae 3 0 9 - 3 1 2 , 3 2 0 Physiognomik 3 3 9 , 3 4 4 pictura 52, 55, 5 6 , 58f, 63, 131, 161, 239,

291,

305,

202,

360

institutio 4 4 f f , 62, 67, 70f

praesentialitas obiectiva 91, 3 7 2

κ α τ ά συνθήκην 3J,36f, 273

Präsenz 15, 16, 19, 20, 22, 3 3 , 85f, 86-95,

Kontextualität 168f, 170. 3 0 1

132, 3 2 3 f f , 3 2 5 f f , 3 5 1 f , 3 6 3 , 3 6 8 , 3 7 0 f f ,

Lautbild s. imaginatio vocis, i m a g o soni,

379, 3 8 2

cogitatio vocis, species vocis, conceptus non ultimatus Lautvorstellung s. imaginatio (conceptus) vocis

propositio mentalis 98, lOOf, 112, 123, 3 9 8 , 399f proprietates t e r m i n o r u m 103 ratio signi 184, 186f, 189, 192, 194ff, 2 0 0 f f ,

λ ε κ τ ό ν 3, 5, 12, 13, 22, 40

2 0 5 - 2 0 9 , 210, 213, 217ff, 220, 2 2 2 f ,

locutio interior 30f, 69, 7 1

225, 228f, 2 4 2 , 244, 259, 260, 3 1 4 f , 3 3 7

locutio mentis (mentalis) 69, 71, 106, 132

ratio significandi 76, 77, 195

λ ό γ ο ς έ ν δ ι ά θ ε τ ο ς 33, 69, 106, 3 9 0 , 4 0 1

R e d e s. oratio, s e r m o

λ ό γ ο ς π ρ ο φ ο ρ ι κ ό ς 69, 106, 3 9 0 , 4 0 1

—, geistige s. o r a t i o mentalis

Logozentrismus 10, 165f

—, innere s. locutio interior, λ ό γ ο ς

Manifestation 2 1 7 f , 2 2 2 f f , 226ff 'mediantibus c o n c e p t i b u s ' 83, 108, 155f, 164, 165, 2 8 2 f f , 2 9 3 , 2 9 5 f f , 3 9 8 m e d i u m in q u o 2 4 3

ένδιάθετος, s e r m o interior regula Scoti 83f relatio 111, 2 1 6 —, f u n d a m e n t u m relationis ( F u n d a m e n t der

medium quo243

Relation) 193, 197ff, 213, 216, 220,

medium quod 243

224, 226f, 2 3 Of

m e d i u m repraesentativum 88, 9 1 M e n t a l s p r a c h e s. o r a t i o mentalis modi significandi 74ff, 195 H a r m o n i e , prästabilierte 333, 3 8 6 f , 4 0 2 , 404, 415 moraliter m a n e r e 197, 2 0 0 , 203f, 2 7 6 notitia 55, 91, 93(, 121, 125, 141, 142, 155, 158

obligatio 2 7 5 occasio 358f, 3 6 8 , 383ff oratio 33, 37f, 40f, 71, 82, 85, 108, 153, 160, 3 9 0 , 3 9 4 f , 4 0 2 ~ mentalis 41, 71, 76, 85, 97, 106ff, 125, 166, 276, 3 9 0 f , 4 0 2 — vocalis 106ff

222,

— m e n s u r a e (Maßbeziehung) 2 1 3 , 2 1 8 , 2 2 1 , 224, 2 2 6 — praedicamentalis (kategoriale Relation) 216,

222, 2 2 4 , 3 2 2

— (gedankliche Relation) 192, 2 0 2 f , 2 0 4 f f , 210, 212f, 216, 2 1 7 f , 2 2 4 f f , 3 2 4 — realis (reale Relation) 192, 2 0 2 , 2 1 0 , 212f, 216, 2 1 7 f , 2 2 2 , 2 2 4 f f , 2 6 7 — s e c u n d u m dici (Relation des G e n a n n t w e r d e n s ) 217ff — s e c u n d u m esse (seinsmäßige Relation) 216, 2 1 7 f f , 2 2 8 — transcendentalis (transzendentale Relation) 198, 2 0 0 , 2 0 2 , 2 0 5 f f , 2 1 3 , 216 2 1 7 , 221, 2 2 3 f , 3 2 2 , 3 2 4

471

Sachregister

Relation 111, s.a. Zeichen als Relation, Zeichenrelation dreistellige 189, 212, 229ff, 234f,

Semiotik 344, 395, 423 sermo 50 sermo interior 71f

319f, s.a. Zeichen, triadisches

signaculum 338, 346

Zeichenmodell

signatura rerum 339-350

- , vierstellige 189ff

significare 117ff und passim

repraesentare 85, 86, 117-137, 326, s.a. significare, repraesentatio — effective 128, 135f, 366, 383, ~ formaliter 128, 135ff, 243, 383, s.a. représentation formelle — instrumentaliter 128, 135ff — naturaliter proprie 158 ~ obiective 128, 135f, 139, 255 —, sibi aliquid repraesentare 136f, 364ff, 374, 383, repraesentatio (Repäsentation) 85, 86ff, 101, 102, 103, 117ff, 126-137, 158, 206, 217, 219ff, 223-27, 232f, 384, 386-389 Repräsentation, kognitive 87ff, 92ff, 117ff, 126ff, 158, 35Iff, 363ff, 370f, 384 représentation formelle 370f Sakramentalzeichen 52, 55f, 67,179, 192, 193, 308f, 314-319, 323-329, 33 lf Schrift 109, 165ff, 302-307, 361, 369, 390, 408f, 411f, 415, 423, s.a. scriptura, terminus scriptus

— als aliquid intellectui repraesentare 112, 118f, 176f, 178 — als aliquid vel aliqua vel aliqualiter intellectui repraesentare 119f — als constituere intellectum 44, 46, 49, 118, 164, 255 — als ducere in cognitionem 94, 115, 117, 129, 177, 188, 253, 255ff — als esse notitiam 129 —als exprimere conceptum 49 —ais faceré cognoscere 117f, 135f, 140, 253, 255, 258 —als facere in cogitationem venire 21, 29, 104, 117, 140, 188, 256f —als facere praesens potentiae 86 — vs. repraesentare 118f, 128ff, 179, 219f, 253 ff, 260f — ad piaci tum 138, 147ff, 161, 200, 272 — effective 133f — ex consuetudine (secundum consuetudinem) 44, 148ff, 162

scientia de signis 66ff, 73, 396

— ex impositione (institutione) 148ff

scientia sermocinalis 50, 73, 112

— formaliter 129, 130, 133f, 135, 137, 142,

scriptura 9ff, 29, 37f, 109, 165ff, 302-307, s.a. terminus scriptus Selbstreferenz 178f, 325 σ η μ α ί ν ο ν 1, 2, 3, 6, 13, 36, 394 σημαινόμενον 3,12,13 Semantik, porphyrianische 39 Semantik, scholastische 279-302 Semantik, stoische 4, 12, 13, Semantisches (bzw. Semiotisches) Dreieck 39f, 61, 79, 84, 108, 109, 156, 282, s.a. 'mediantibus conceptibus' σημεΐον 1, 2, 3, 4, 6, 8, 22, 35f, 55, 80, 394

236, 238f — instrumentaliter 129, 130, 131, 133 f, 135, 137, 236, 23 8 f, 246f - n a t u r a l i t e r 138ff, 147, 150, 272 communiter 117, 132, 138, 139ff, 153, 161, 162, 179 ex instinctu naturae 138, 143ff, 153, 162, 271f — - proprie, 138, 141ff, 161, 243 -obiective 130, 131, 132, 133f, 139, 144, 179, significatio 85, 102, 103f, 135, 155f, 166,

—, Definition, Aristoteles 4

193ff, 200, 20Iff, 206, 219, 248, 273ff,

—, —, Dialektiker 4

279-307

—, —, Stoa 5

— bei Abailard 43f, 46ff,

σημειωτόν 5, 6

— bei Augustinus 11,17, 28f,

Semiologie, Σημειολογία 315, 344, 423

— bei Boethius 37ff

472

Sachregister

significatici bei Roger Bacon 59ff — in actu primo - in actu secundo 201

— rememorativum 6,17f, 21, 55, 193, 128, 130, 135, 160, 259, 327, 332, 358f, 394

—, mensura significationis 272

— suppositivum 105, 292

significatum 220f

similitudo intentionalis 158

signum, s.a. significare, Zeichen;

similitudo linealis 158

— als Terminus technicus für

similitudo obiectiva 158

Synkategoremata 77, 79 — in actu primo - in actu secundo 191, s.a. aptitudo — signum als res faciens cogitare 123 — ad (secundum) placitum 27ff, 36f, 45f,

simulachrum 97, 102, 116, 151, 157, 313, 318 Skepsis 2, 18 species (Erkenntnisbild) 56, 87f, 92, 93ff, 126, 127, 157, 352ff, 358, 363, 368

57, 60, 138, 147, 151, 181, 192, 205ff,

— expressa 183, 244,

227, 237, 262-279, 334, s.a. significare

~ impressa 88, 242

ad placitum, signum ex institutione, — ex

— intelligibilis 88ff, 93, 95, 96, 240, 352

impositione, — ordinatum, Zeichen,

— sensibilis 88, 93, 95, 240

willkürliches — artificiale 202, 316, 334f, 380, 414 — characteristicum 304

— vocis 59 Sprache, Iff, 7ff, 32f, 46, 73ff, 272-302, 331, 334, 346, 355-362

~ datum 24, 25ff, 29f, 56, 58, 274

- , Natur-Sprache 341f, 361, 376, 379, 380,

— demonstrativum 55, 193, 332

—, Universalsprache (lingua universalis)

— efficax 192, 328, s.a. signum practicum — ex consuetudine 147n, 152, 262-273 — ex impositione 46, 263ff, 273ff ~ ex institutione 44f, 67, 147, 181, 249, 263 ff, 273 ff — exhibitivum 327ff ~ formale 129, 183, 184f, 199, 206, 212, 217, 230, 233, 235ff, 238-246, 250, 252,

407ff Sprache, innere s. locutio interior, λόγος ένδιάθετος —, visual language 379ff —, Sprache und Denken 389-425 sprachlicher Ausdruck 58ff, 189ff, 193ff, 249, 265, 272-302, 393, s.a. vox, terminus vocalis

257, 260, 332, 373ff, 401, s.a. conceptus,

Spur s. vestigium

als Zeichen

statua 44, 94

— instrumentale 145n, 184f, 199f, 206, 212, 217, 225, 228, 233, 235, 237, 238, 240, 244-251, 254, 256, 259ff, 271, 332, 401, 417 ~ manifestativum 292 — materiale 250f, 375, 401 — naturale 23f, 25ff, 33, 54ff, 57f, 59f, 68, 138, 146, 150, 151, 152f, 181f, 192,

Stellvertretung 219ff, 223f, 232, 234, 290ff Stoa 1, 2, 3, 4, 5, 6, 12, 13, 20, 22, 33, 40, 66, 69, 106, 183, 348f subordinado 85, 108, 109, 156, 164f, 288ff, 295 suppositio 100, 103 f, 105, 115, 117, 123, 168, 292 — materialis 140, 178f

199, 202, 206f, 222, 224, 226, 237, 248,

— naturalis 104

262-272, 293, 334, 360, 393,

συλλογισμοί έκ σημείων 3

~ orationale 105

Symbol 42f

~ ordinatum 56ff

συμβολον 4, 6, 34f, 80

— practicum 328ff

τεκμήριον 4, 55

~ prognosticum 55, 193, 332

terminus 61, 77, 103f, 106, 115f, 124f, 139,

— propositionale 105 — proprium - improprium 180, 181

153 ff — absolute significans 168

Sachregister

terminus ex circumstantia significans 1 6 8 f

—, —, C i c e r o 8

— mentalis 98, 1 0 6 , 1 2 0 , 1 4 2 , 1 5 3 f f , 158ff,

—, —, Dialektiker 4

166, 2 9 1

- , - , in der Logik d. 17. J h . 1 7 5 - 1 8 4 , 3 1 9

— non ultimatus 1 5 8 f f

—, —, in der Logik um 1 5 0 0 , 1 1 6 f

— scriptus 1 5 3 , 1 5 9 , 1 6 5 f f , 2 9 1

—, —, J o h a n n e s a Sto. T h o m a 2 1 7

— ultimatus

—, —, Orígenes 9

159

— vocalis 1 5 3 , 1 5 5 , 1 6 6 , 1 6 8 , 2 9 1

—, —, Quintillian 9

token - type 1 4 1 ,

—, —, R o g e r Bacon 5 3

160

universale l l O f

—, — , S t o a 5

usus (Zeichen- oder Sprachgebrauch) 17, 2 8 ,

- , - , W o l f f , Chr. 3 3 2 f

7 6 f , 149,

ISO, 151, 152, 2 6 4 f , 2 6 8 , 2 7 6 ,

2 7 8 f, 4 0 0 f f , 4 2 1 , 4 2 5

—, dyadisches Zeichenmodell 122, 1 8 6 —, funktionale B e s t i m m u n g 1 9 7 f f

verbum

- , Klassifikation 2 4 f f , 4 5 , 5 4 f , 1 9 2 f , 2 3 5 f f ,

—, bei Augustinus 2 8 f f

315f, 327ff, 3 3 l f

— mentis, 3 0 f f , 8 5 f , 1 0 6 , 1 0 7 , 1 0 8 , 1 0 9 , 1 3 2 , 1 8 3 , 2 4 l f , 248,

21 Iff -

— nullius linguae 3 1 , 1 0 6 , 1 0 7 vestigium X7V, 2 2 f , 5 5 , 94, 1 3 9 , 1 4 6 , 296,

360,

vox 3 7 f f , 7 0 f , 160,

als Relation 5 1 f f , 57, 6 1 , 1 1 1 , 2 0 2 f , 2 0 5 2 3 5 , 2 3 6 f , 3 2 0 f f , s.a. Zeichenrelation

— prolatum (Augustinus) 9ff, 2 9 f 247,

—, triadisches Zeichenmodell 1 8 4 f f , 1 8 8 f ,

391

— naturale 1 0 7

226,

473

—, natürliches s. signum naturale 222,

404

1 6 1 , 1 6 2 , 1 6 4 , 1 7 6 , s.a.

sprachlicher Ausdruck — naturaliter significans 1 8 1

—, willkürliches (arbiträres) 3 5 5 f , 3 5 8 , 3 6 2 , 360, 379ff, 384, 391, 393, 399, 413f, 4 1 8 , 4 2 0 f f , s.a. signum ad (secundum) piaci tum Zeichenbegriff s. ratio signi

Wahrheit 123f

Zeichenfunktion 2 0 9 , 2 2 2

W o r t s. verbum

Zeichenlehre 3 3 5 f , s.a. doctrina de signo et

Zeichen s.a. signum —, Definition, Aristoteles 4 - , - , Augustinus 7, 8, 9, 2 0 f f , 5 3 , 6 7 , 7 9 , 179, 183, 184, 217, 2 4 0 , 242, 251f, 254, 259, 261f, 317, 321, 372, 375f

signato, scientia de signis Zeichenrelation 1 8 4 f f , 1 9 2 f f , 2 0 5 - 2 3 5 , 3 2 2 , 388

Namenregister kursive Zahlen beziehen sich auf den Fußnotenbereich der betreffenden Seite 107, 108, 118, 153, 173, 2 7 3 , 2 8 0 , 2 8 4 ,

Aarsleff, H. 406 Abailard, P. 4 3 - 5 0 , 78, 89, 97, 98, 118,

149,

181, 2 8 1 , 2 9 5 Abra de Raconis, C. F. d' 282 Aegidius Romanus, 78f, 83 , 8,

118,

160,

280,281,421

3 0 0 , 3 0 4 3 4 8 , 349, 3 9 8 Armstrong, R. L., 376,

378

Arnauld, A. 261,

360,

327,

3 6 3 , 366,

3 6 9 - 3 7 6 , 3 8 3 , 3 8 4 , 386, 387, 391,

367, 395

Arndt, H. W. 411

Aganafat 80

Arndt, J . 342

Agricola, H. 3 0 8

Arnold, E. 104

Agrippa von Nettesheim, H. C. 3 3 8

Arriaga, R. de, 136,

Ailly s. Pierre d'Ailly Alamanni, C. 282

181, 182,

187,

188, 189, 203, 237, 241, 246, 257,

177,

263,

274, 275, 2 8 7 , 2 9 1 , 302, 3 0 5 , 306

Albert von Sachsen, 102, 105,

112,

115, 118, 123f, 132, 139, 141, 148, 154, 160, 161, 179, 188, 256, 288,

114,

Asbach-Schnitker, B. 408

153,

Ashworth, E. J., 117,

294

Albertus Magnus 87, 111, 3 0 0

118,

133,

134,

142, 148, 152, 154, 171, 172, 2 1 4 , 219, 272, 283, 285, 396,

135, 215,

398

Alfonsus de Cordoba 134, 169

Augustinus Triumphus 8 7

Algazel 6 5

Augustinus, Aurelius, X V , X V I , l f , 6, 7-34,

Alquié, F. 3 6 4 , 365

50, 51, 56, 5 8 , 65, 66, 69, 71, 78, 79,

Aisted, J . H. lOSf, 249, 263, 264 317, 321 342,

318,

344

Altenstaig, J . 120, 141, 142, 286,

289

80, 86, 93 , 94, 103, 106, 107, 108, 109, 115, 116, 132, 137, 140, 147, 174,

177,

178, 179, 180, 181, 193, 2 1 7 , 218,

239,

240, 242, 246, 247, 2 4 8 , 2 5 0 , 2 5 1 , 2 5 2 ,

Alvares, J . 174 Ammonius 38, 40, 70, 80, 103, 2 8 4

253, 254, 2 5 5 , 256, 257, 2 5 8 , 259, 261,

Amort, E. 283

2 6 2 , 266, 2 7 3 , 2 7 4 , 280, 2 8 1 , 291,

Andreas de Novocastro 103,

293,

158

Anselm von Canterbury, 69, 71, 78,

103,

322, 325, 3 3 2 258, 3 6 2 , 3 6 8 , 3 7 0 , 3 7 5 , 3 8 2 , 390, 3 9 1 , 3 9 4 , 4 1 4

107

Aureoli s. Petrus Aureoli

Antonius Andreas, 81

Aurifaber s. Johannes Aurifaber

Antúnez, G. 174 Antwerpen, 81,

144,

194, 282, 283, 289, Aranha, S. 174, 230, 235,

292,

302, 306 312, 3 1 6 , 3 1 7 , 3 1 8 , 3 2 1 ,

177,

145,

155,

148,

193

301 188,

Auroux, S. 425 Aversa, R. 84, 136, 2 0 4 , 288, 290, 294,

189, 201,

202,

293

Avicenna 65, 69, 193

Arav, F. s. Francisco de Araújo

Ayers, R. H. 11

Arens, H. 13, 34, 35

Aznar, J . 140, 144, 146, 149, 159,

162

Aristoteles 2, 3, 4, 5, 6, 8, 34ff, 37, 44, 49,

Bacon, F. XVIII, 345f, 3 5 0 , 391,

392,

55, 56, 61, 70, 73, 79, 80, 81, 87,

302,

3 0 5 , 356

103,

408, 4 0 9

407,

Namenregister Balduinus, H. 172, 283, 303 Bañez, D. 184, 196, 259, 253, 258,

Boler, J. F., 90, 122, 2S9,

285, 286, 293, 374

Bolzano, Β. 7 Bonaventura 52, 55, 56, 107, 185, 186, 280

Baptista, L. 175

Borsche, T. X7V, 1, 2, 3, 8, 13, 18

Baratin, M. 1

Bos, E. P., 83η, 289

Baro, Β. 136, 178, 178, 188, 244, 257,

291,

304

Botelho de Lucana e Almeida, C. 175 Botero, L. P. 103

Barreto, G. 175 Barthes, R. 269,

475

Bottin, F. 132, 286, 288 277

Bouissac, P. XIX

Bartholinus, C. 188, 309 Bartholomaeus Arnoldi von Usingen,

Bouton, Ch. P., XIX 103,

120, 140,

Boyvin, J. G. 178, 179, 243 Braakhuis, H. A. G., 61, 79, 103

Barwick, K. 4, 12

Brampton, C. Κ., 90

Baumeister, F. Chr. 332, 417, 421

Brekle, Η. E., 261

Baumgarten, A. G. 315, 335, 423, 424, 425

Brentano, F. 92

Bayer, U. 424

Breva-Claramonte, M. 261

Beausobre, L. de, 424

Breytkopff, G. 194

Beck, C. 409

Bright, T. 408

Beierwaltes, W. 30, 33 Bellutus, B. 188, 203, 241, 243, 244,

268,

290, 302

Broadie, A. 93, 114, 125, 148, 149,

155,

215 Brochard, V. 5

Beonio-Brocchieri Fumagalli, M. T. 43

Bulwer, J. 408

Berka, Κ., 35,37,

Burckhardt, H. 403, 411

Berkeley, G. XVIII, 271, 272, 376-384, 388,

Burgersdijk, F. 3 1 0 , 3 1 1 , 3 1 7 Buridan s. Johannes Buridan

389, 399, 423 Bernai dus de Quiros, A. 182n, 188,

205,

Bernhardus Jordanus Borgensis, 140,

Burleigh s. Walter Burleigh Bursill-Hall, G. L. 72, 74

244, 245, 271, 294, 304, 379 142,

Bursius, A. 184 Burthogge, R. 400

144Í, 159, Beuchot, M. 32, 205,

214

Bianchi, M. L. 339, 341, 347 Biard, J. 42, 50, 51, 65, 76, 78, 82, 83, 99, 100, 104, 105, 110, 112, 120, 128, 130, 165, 284, 289

Buyssens, E. XVIII Caesarius, J. 171, 308 Cal efato, P. 43 Calovius, A. 241, 312, 317, 319, 325,

326,

327, 328

Biel, G. 165, 288, 295

Cannizzo, G. 90

Bilfinger, G. B. 333, 419, 421

Caramuel de Lobkowitz, J. 190, 191, 194,

Bisterfeld, J. H. 311 342, 358 Blanch, J. 294 Boehner, Ph. 104 Boethius de Dacia,

237, 244, 302, 390 Carneiro, A. 175 Carvalho, I. 175

73,74,75,

Boethius, A. M. S. XV, 33, 34-41, 47, 61,

Casaubon, J. A. 214, 231 Cassirer, E. 337

71, 78, 80, 81, 82, 106, 107, 109, 118,

Castaneus, H. L. 264, 330

153, 156, 273, 281, 290, 390

Cattaneus, O. 188, 244, 246, 265, 275,

Böhm, E. 424

297

Böhme, J. 340, 341, 342, 343

Cauvinus, P. M . 2 1 8 , 227, 265

Boix s. Johannes Boix

Caxol, M. 267

276,

476

Namenregister

Ceñal, R. 172, 215

Dal Pra, M. 69

Chabronus, G. 201, 241

Dalgarno, G. 167, 408, 410, 411, 412

Chappuis, M. 128

D'Alverny, M. Th. 43

Chauvin, S. 190 366

Dascal, M. 393, 395, 403, 404

Chenu, M. D. 42

Day, S. F., 90

Chiesa, C. 70

De Benedictis, J. B. 179, 183, 276, 278,

Chladenius, J. M. XÍV, 332 Cicero 8, 36, 184, 348

De Lacy, E. A. 5

Ciruelo s. Sánchez Ciruelo, P.

De Lacy, Ph. H. 5

Claramontius, S. 252, 344, 345

de Rijk, L. M. 43, 72, 77, 78, 103,

Clauberg, J. 307, 311, 317, 318, 326 361,

Deely, J. 185, 214, 215, 219, 235

104,118

Demos, R. XIV

3 6 7 , 3 8 1 , 391 Clauss, S. 410

DeMott, B. 410

Clichtoveus, J. 122, 167

Derodon, D. 106, 188, 201, 202, 203,

Cohen, L. J. 408

243,

245, 249, 270, 278, 301, 306, 324, 373

Colish, M. L. 1, 7

Derrida, J. 10, 86, 165f, 306

Columbus, Β. 176, 204, 249, 263, 306

329,

358

Descartes, R. 157, 350, 350, 351, 354-360, 364, 366-369, 376, 381, 382, 383, 385,

Comenius, J. A. 410

386, 400, 401, 410

Complutenses, 188, 252, 259

Detel, W. XIV, 3, 348

Compton Carleton, Th. 105, 178, 190, 263,

Di Cesare, D. XZV

270, 272, 292, 294, 303

Diel, F. 155, 156, 166, 251, 289, 370

Condillac, Ε. B. de 400, 425 Conimbricenses, 80{,

286,

293, 305

84,

Dolz, J. 114, 116, 120, 133, 134, 142, 150, 173, 174,

176,

153, 159, 166, 169, 256, 264

179, 181, 185-188, 196-198, 200, 202,

Dominicus de Flandria, 193, 282

205, 212, 216, 218-220, 223, 225, 230,

Dominicus Gundissalinus 70

234, 237, 239, 243, 251, 254, 263,

Dorn, G. 340, 341

281,

285, 296, 304, 317, 320, 322, 328

Dorp, J. 119, 122, 124, 169, 192, 274, 289

Conring, H. 344, 347

Doyle, J. P. 185, 272

Cordemoy, G. de 362, 381

Duarte, F. 239, 245, 246, 251, 263, 268,

Cornaeus, M. 176, 201, 203, 244 Coronel, A. 114, 124, 125, 136, 142, 150, 156, 166, 288, 296

270 Duchesneau, F., 425 Duchrow, U. 1, 2, 8, 9 12, 13, 31

Correi a, M. 175

Ducrot, O. 104

Corvino, F., 90

Dufour, C. A 103

Coseriu, E. X7V, 35, 423

Duhamel, J. B. 188, 189, 246, 261, 298, 301

Costa, J. 175

360

Couturat, L. 411, 414

Dullaert, J. 119, 281,286,

Coxito, A. A. 120, 172, 293

Dumitriu, A 103, 114, 115, 128

Crab, G. 125

Dupasquier, S. 183, 184, 203, 285

Crakanthorp, R. 184, 253, 282

Durandus a Sancto Porciano, 107, 280, 354,

Cram, D. 408 Cranston, D. 148, 149,

370 155,215

Dutz, K. D., 388

Crollius, O. 340, 341, 342, 343, 344, 347

Ebbesen, S. 39, 61, 63, 289

Crusius, Chr. A. 417

Eberhard, J. A 424

Cudworth, R. 361, 367, 381

Ebert, Th.

1,4,5

290

477

Namenregister Eck, J. lOlf, 105, 120, 124, 140, 157, 160, 162Í, 163, 165, 169, 187, 289, 290

García-Gómez, S. F. 369 Gassendi, P. XVIII, 348f, 365

Eclcermann, W. 91, 96

Gebwiler, J. 120, 165

Eco, U. 54, 57, 60, 108f, 143, 187, 314

Gelber, S. 376, 379

Elie, H. 114

Gentile de Monte Sánete Marie in Georgio,

Enders, H. W. 40, 72

194

Engels, J. 25, 28, 35, 36

Gerson,J.42, 118, 142, 192, 193, 195, 196

Enzinas, F. 33, 114

Gervasius von Breisach, 106, 177, 180, 277,

Ernesti, J. A. 417, 421

295, 298, 301

Eschbach, Α. XIX

Gervasius Waim 93

Estanyol, A. 142

Ghisalberti, A. 103

Etzler, A. 343 Eustachius a Sancto Paulo, 178, 194,

Giattini, G. B. 275, 276, 277, 281 243

Gierens, M. 357 Glanvill, J. 360

352 Fardella, M. 367

Glauser, R. 369 , 372, 375, 376

Fell, J. 298

Glidden, D. 5

Fichte, J. G. XÏV

Goclenius, R. 171, 309, 310, 321, 326, 329

Fishacre s. Richard Fishacre Fonseca, P. 173, 174, 176, 239, 240,

Goddu, A. 93 241,

Godfrey, R. G. 72

243, 247, 251, 256, 259, 263, 264, 265,

Golling, J. W. 417, 420, 421

266, 267, 268, 282

Gollwitzer, H. 308

Foucault, M. 262, 343, 351

Gombocz, W. L.,43

Francisco de Amarai 174 Francisco de Araújo 25, 178, 188, 189, 194, 205-214, 216, 217, 218, 219, 222, 228, 229, 234, 235, 237, 241, 242, 244,

246,

248, 252, 253, 260, 265, 266, 267, 298 Francisco de la Purificación 175 Franciscus Bonae Spei, 169, 183, 187,

188,

190, 237, 243, 245, 263, 265, 2S6, 293, 301, 305

214, 237, 245, 246, 255, 270, 2S6, 291, 297, 306 324, 328 Gorlaeus, D. 313 Gottsched, J. Chr. 335, 417 Goudin, A. 306 Gouhier, H. 364 Graeser, A. 4,12 Grassi, O. 87, 90, 92, 93, 95

Franciscus de Mayronis, 280

Gratiadei d'Ascoli (Esculanus) 280

Frank, U. 425 Frassen, C. 106, 180, 241, 286, 294,

Gonçalez de la Cruz, F. 178, 179, 188, 194,

Gregor von Rimini 90, 91, 95, 96, 102, 109, 305,

352

158, 289, 416, 418 Gregor von Valençia 357

Fredborg, K. M. 50, 60, 62, 65

Gregorio da Costa 175

Freedman, J. F., 310

Laticephalus s. Breytkopff

Frege, G. 416

Greve, H. 273, 287 Grimmius, G. O. 106, 318, 320, 367

Frilden, G. 164, 192, 196, 283, 289 Fromm, Α. 263, 312, 37, 319, 325, 328, 329, 331

326,

Grubmüller, Κ. 64 Guarini, G. 190

Funke, O. 410

Gufi, V. 188, 218, 252, 260, 285, 302

Gabriel a Conceptione 231

Guillelmus de Militona 52,55,56,

Gài, G. 97

Hagenau (Ps.- Marsilius von Inghen)

Galen 193 Galilei, G. XVIII, 349f

328

135, 141, 149, 150, 264, 286, 289 Hai 1er, R. 3, 13, 397, 407

122,

478

Namenregister

Hamesse, J . 118

Hundt, M . 1 1 8 , 164, 178,

Hamilton, W. 352,

280

Hungerland, I. C. 3 9 4

366

Hurtado de Mendoza, P. 25, 84, 173,

Hardenberg, Chr. 425 Hector Boethius 122, 126, Heereboord, A. 3 1 0

244, 246, 247, 2 5 0 , 254, 263,

Heidegger, M. 165

2 8 7 , 288, 294 332, 366, 3 7 5 , 3 9 0

Heinekamp, A. 403, 406,

176,

188, 189, 190, 191, 201, 203, 213,

149

243,

264,

275,

Husserl, E. 7, 4 1 6

411

Heinlein, H. 10S, 176, 204, 244,

Ioanniz et Echalaz, J . 176,

301

Heinrich von Gent 80, 84, 88, 89, 99, 147, 2 8 8 , 296, 302

188,

190,

203,

204, 241, 282, 285, 286, 288, 294, Irenaeus a Sancto Iacobo 178,

Henricus de Harclay, 97

Irvine, M. 12

Henriques, J . 175

Isaac, J . 34

295

283

Henry, D. P. 104

Izquierdo, S. 252, 252, 267, 268,

Heraklit X I V

Jackson, Β. D. 3, 4, 11, 25, 26, 2 7

Herbert of Cherbury 3 4 7

Jacobi, Κ.

Herculano de Carvalho, J . G. 214

Jacobus Ricci von Arezzo, 115, 116,

297

43,48 188,

288

Herder, J . G. 344 Hervaeus Natalie 96, 118, 126, 127ff

Jalabert, Η. 386,

387

Heydon, J . 347

Javellus, C. 118,

281

Hickman, L. 158

Javier de Matos 175

Hieronymus a Sancto Marcho 123 f, 124, 134, 135, 142,

118,

120,

Jean Le Page 61 Jodocus Trutvetter (Isennachcensis), 141

16K

Hippokrates X I V , 4

Johannes a Sancto Thoma, 111, 178,

189,

Hobbes, Th. 3 3 4 , 3 9 2 - 3 9 5 , 398, 4 0 3

205, 2 0 8 , 2 1 2 , 2 1 3 - 2 3 5 , 2 3 6 , 2 3 8 , 2 3 9 ,

Hochstetter, E. 100

241, 242, 243, 245, 2 6 0 , 261, 263,

266,

Höller, H. J . 408

268, 270, 272, 274, 2 7 8 , 282, 283,

284,

Hoffbauer, J . Chr. 3 1 5 , 417, 423

2 9 9 351, 352, 368, 388,

Hoffmann, F. 100

Johannes Arboreus 171,

Hofius, J . Ph. 3 0 9 , 313, 3 1 6 , 317, 320, 323, 326,

322,

396

172

Johannes Aurifaber 76, 77, 102, 195, Johannes Boix 105, 159, 164,

330

196

215

Hofmann, H. 132

Johannes Buridan, 76, 95, 112, 113,

118,

Holbeck, J . F. 322

140, 164, 169, 179, 192, 274, 284,

289,

Holkot, R. 124,

290, 295, 2 9 6

187

Honnefelder, L. 90

Johannes Dacus, s. Johannes de Dacia

Hospinianus Steinanus, J . 171

Johannes Damascenus 69, 7 1

Howell, Κ

Johannes de Celaya 114,

51,54

Hübener, W. 49, 82, 85, 87, 88, 97, 108m, 109,

103,

119,

120,

133,

134, 135, 148, 152, 2 6 4 , 383

126,

127,

Johannes de Dacia 65, 73, 74, 75, 118, 2 8 1

128, 153, 158, 162, 165, 284, 390,

395,

Johannes de Lapide 118, 157, 164Í,

107,

113,

120,

Hubig, C. 422 Hugo von Sanct Victor 42,43,

281

Johannes de Magistris 165

407

Johannes de Oria 86, 111, 254

Hugolino von Orvieto 80, 91, 95, 96

151, 167, 168f, 170,

136,

140,

146,

357

Johannes de Reading 95

Hülser, K. 6 9

Johannes de Ripa 120,

Humboldt, W. v. 390

Johannes Duns Scotus 79, 81, 82, 83, 84,

Hume, D. 399

121

88, 89, 90, 91, 93, 99, 104, 108, 111,

479

Namenregister

118, 160, 164, 184, 185, 192, 194, 195, 244, 257, 2 8 0 , 281, 284,

285, 2 8 6 , 2 8 8 ,

2 9 0 , 291, 2 9 6 , 3 0 0 , 3 0 2 358, 4 1 7 114, 116,

287,

Lax, Gaspar 105, 114, 117, 119,

122, 133, 136, 139, 141, 143, 144,

126,

133, 187,

146,

188, 256, 264, 2 9 6 Lay, R. 310 Le Grand, A. 366

422

Johannes Pagus s. Jean Le Page

Ledelh, J . 215

Johannes Tinctoris 82, 118, 124, 143Í,

157,

Ledesma 357 Lefèvre d'Étaples, J . 167

301

Lehrer, Κ. 3 8 0

287

Johnson, D. W. 9 Joli vet, J .

Leibniz, G. W. XVIII, 333f, 3 4 7 , 360,

43,44,

89, 3 9 2 , 4 0 0 , 4 0 2 - 4 0 5 , 406,

Jürß, F. 4

Leinkauf, Th. 304,

128

384410,

344

Leinsle, U. G. 308

Kant, I. 344, 4 2 2

Leoninus von Padua 286, 288,

Kaulbach, F. 411 Kazenberger, K. 241,

Lerma, C. de 178,

243

Keckermann, B. 2 6 3 , 309,

312,

314,

317,

396

241,243

Lessing, G. E. 425 Lewalter, E. 3 0 8

320,321,324,327,331 Kelley, F. E. 97

Lewry, O. 6 5

Kepler, J . XVIII, 3 4 6

Libera, A. de 43, 60, 61, 65

Khunrath, H. 342

Lindbeck, G. 128

Kilwardby, R. 50, 74, 193, 2 8 6

Lingen, Β. 105, 176,

Kircher, A. 304

Locherer, Α. 188, 241,

Kirchmaier, S. 312,

3 1 3 , 314,

317,319,320,321,325,

315,

316,

326

Klein, W. P. 339

276 243

Locke, J . XVIII, 66, 3 5 1 , 3 5 2 , 3 6 3 , 3 7 6 , 3 7 7 , 378, 3 9 2 , 3 9 5 - 4 0 0 , 4 0 3 , 4 2 5 Lodwick, F. 409

Knecht, H. H. 411

Lohr, Ch. H. 230

Knowlson, J . 408, 409,

410

Lokert, G. 148, 152, 2 6 4

Kobusch, Th. 91, 92

Long, Α. Α. 4

Köhler, P. 386

Lorinus, J . 286, 296, 298, 3 0 2 , 303

Krämer, S. 350, 404, 411,

423

Lossada, L. de 200, 292,

Kretzmann, N. 34, 34, 36, 398 Krisper, Crescentius 241,

293

Loux, M. J . 105 Lovanienses 283

Kuypers, K. 18

Lovejoy, A. O. 369,

La Forge, Louis de 3 6 5 f , 3 8 3

Luetanus, H. 171

Lalemandet, J . 169, 284, 303,

294

Lourenço, A. 175

Kulstad, Mark Α., 388

306

422

Lambert von Auxerre 64, 78, 79, 80, 83, 103,

407f,

411-415, 418, 419, 421, 422, 423, 424

Kaczmarek, L. 76, 110, 120,

Lamacchia, A. 416,

119,

Lectius, B. 281

256

Johannes von Jandun 285,

282,

135, 140, 141, 144, 150, 156, 166,

168, 2 6 4 , 278, 286, 293,

165, 187, 194, 195, 274,

280,

121,

150, 151, 152, 157, 159(, 162, 166, 167,

Johannes Siliceo 135, 158,

157,

307

Landesman, Ch. 398

Johannes Gerson s. Gerson, Jean Johannes Maior 25,

Lambertus de Monte 81,

280

374

Luther, M. XVII Lynceus, R. 136, 275,

183,

188,

189, 243,

297

Maccovius, J . 312, 317,

327

Lambert, J . H. 332, 419, 4 2 0 , 4 2 3 , 4 2 4

Madec, G. 13

Lambertini, R. 73

Magee, J. 34, 35, 36, 37, 38, 39

244,

480

Namenregister

Magister Conrad 106, 282

Mitterer, S. 25

Maier, A. 87, 92

Montanari, E. 34

Maierù, Α. 43, 193, 289

More, Η. 343, 347

Maimón, S. 422, 423

Morris, Ch. W. XIX

Maior, J. s. Johannes Maior

Mugnai, P. F., 376

Malebranche, Ν. 137, 351, 360, 363-377,

Mühl, M. 69, Müller, H. J. 240

383,384,385 Maloney, Th. S. SI

Muñoz Delgado, V. 105,

Manderston, W. 134, 140, 142, 144, 147,

114,

IIS,

134,

135, 140, 142, 144, 146, 155, 156, 159, 162, 164, 165, 168, 169, 172, 17S, 231,

151Í, 157, 158, 166, 256, 264, 274

256, 267, 288

Manetti, G. X7V, 1, 3, 4, 6, 9, 12, 13

Murcia de la Llana, Franciscus, 81,

Manzoli, B. 165, 193, 194, 196, 281 Marcialis, M. T. 353

176,

238, 282, 299

Marcus de los Huertos 215

Mylius, G. 308

Maresius, S. 330

Naverus, J. 133f

Margallus, P. 25, 117, 123, 125, 126, 134,

Neandrus, C. 310

135, 139, 142, 145, 146, 157, 167, 168,

Nicephorus, H. 310

169, 170,

Nicolaus a S. Iohanne Baptista 106,

180,

Marin, L. 261

188, 242, 246, 257, 265, 266, 292,

302,

Markowski, M. 289

306

Markus, R. Α., 1, 2, 5, 9, 13, 18, 26

Nicolaus de Orbellis 85, 288

Marmo, C. 50, 73, 83,91,

Nicolaus von Paris 61, 78, 79, 80

108,

Marshall, P. 95

Nicole Oresme 95, 327

Marsilius von Inghen 95, 102, 113

Nicole, P. 261, 369, 367, 374, 375, 391

Martin von Dacien, s. Martinus de Dacia

Nollius, H. 317

Martini, P. 310

Nuchelmans, G. 12, 154

Martinus de Dacia 73, 118, 132 Masius, D. 188, 238, 244, 257, 266,

Oehler, K. 3 282,

283 353 Mastrius de Meldula, B. 188, 203, 241,

O esteri e, J. A . 2 1 4 Ohly, F. 42,43

243,

244, 268, 290, 302, 357, 359

Ohm (Ianuszowski), F. 178, 241, 270 O'Mahoney, B. E. 72

Mates, B. 2, 4

Oña, P. de 353

Matthaeus von Aquasparta, 94

Orígenes 8

McCracken, Ch. J., 355, 377

Ormazius, M. 172

McGowan, W. 377

Oswaldt, A. 178, 243

Meier, G. F. 333, 335, 336, 424 Meier-Oeser, S. 262, 31S, 318, 338,

Oviedo, F. de 177, 180, 188, 190, 201, 339,

243, 250, 285, 290, 296, 303 Pacca, Ν. A. 172

346, 347, 396, 401, 413 Meisnerus, B. 309, 318, 319, 327

Paetzold, H. 377

Melanchthon, Ph. XVII, 171, 303

Paganini, G. 425

Meiler, Β. 128 Menghus Blanchellus Faventinus 115,

Panaccio, C. 90, 101, 104, 105 116,

Panger, M. 241, 243

117, 118, 122, 124,, 157, 155, 187, 188,

Paracelsus 339, 340, 341, 342, 343, 344

286

Pardo, H. 123, 165

Mill, J. S. 285

Parmenides XIV, XV

Mirandulanus, Α. B. 171

Paulus Pergulensis 179

204,

Namenregister Paulus Venetus 105, 114, 115, 124, 13 9f, 154, ISS, 157, 179, 188 Peirce, Ch. S. I l l , 140f, 143, 184, 223, 225, 235, 315 Peñafiel, I. de 417 Pépin, J. 35,36 Pereira, Β. 175 Pereira, M. 175 Perreiah, A. R. 104 Petersen, P. 308 Petrella, B. 172 Petri, J. C. 309, 313, 314, 317, 320, 325, 326, 327, 328, 330 Petrus a Sancta Catharina 241 Petrus a Spinosa 142, ISS Petrus Aureoli, 86, 91ff, 98 Petrus Cornubiensis 286 Petrus de Bruxellis (Pierre Crockaert) 118, 119, 126, 139, 142, 145, 166, Petrus de Candamo 174, 178,218,231, 235 Petrus de Comitibus 169, 183, 268, 275, 278, 284, 380 Petrus Helias 76 Petrus Hispanus 103, 104, 173, 176, 194, 285 Petrus Johannes Olivi 88f Petrus Lombardus 8, 23, 26, 66 Petrus Tartaretus 141, 156, 157, 159, 165, 194, 195, 286, 295, 302 Peuckert, W.-E. 339, 344 Pfeiffer, J. E. 335 Pfeifer, David E. 377, 382 Philodemus 6 Philon 4, S

481

Pluta, O. 95, 128 Polanus A. 171 Polichius, M. 282 Pombo, O. M. 411 Pondus, J. 25, 177, 188, 209, 210, 252, 257, 263, 266 Porphyrius 39, 40, 69, 70, 82 Poser, H. 407 Pourchot, E. 261, 373 Prantl, C. 87 Preti, G. S, 103 Prezioso, F. A. 92 Priscian 49,72 Probus 39

245,

Ps.-Albertus Magnus 193 Ps.-Galen 4 Ps.-Marsilius von Inghen s. Hagenau Ps.-Richard of Campsall 87, 188, 256 Ps.-Richard von St. Victor 42, 83 Ps.-Robert Kilwardby XV, 23, 65-72, 73 , 74, 76, 78, 79, 83, 104, 143, 160, 169, 194, 312, 396 Pschlacher, K. 120, 122, 124, 144, ISO, 264 Ptolemaeus, J. B. 182, 201, 203, 214, 218, 231, 236, 247, 277, 297, 328 Quaresma, A. 175 Quitilianus 8, 348 Radner, D. 372

Pierre d'Ailly 33, 76, 77, 95, 102, 109f, 111, 113, 114, 117, 119, 120, 121f, 125, 128, 129, 130, 131, 132, 133, 134, 137, 138f, 142, 148, 153, 158, 159, 160, 164, 165, 177, 187, 238, 240, 248, 256, 257, 259, 276, 288, 289, 325, 391, 418 Pinborg, J. 8, 13, 18, 40, SO, SI, 61, 63, 72,

Radulphus Brito 118, 195, 196, 286 Rauledius, P. 292, 300 Raulin, J. 81, 118, 122i, 133, 140, 143, 154, 155, 156, 159, 164, 285, 288, 296 Reich, J. 344 Reid, Th. 272, 380, 381 Reina, M. E. 90, 289 Rentz, P. 105, 188, 261, 270, 293, 302 Reusch, J. P. 332, 335, 417, 418 Richard Fishacre 78 Richard Lavenham 166, 288, Richard von Middleton 80, 83 Richard von St. Victor 43 Ricken, U. 332, 419, 425 Ripenses 231

78, 85, 103, 118, 284,289 Piscator, J. 171 Platon XIV, 2, 8, 35, 70, 275, 361, 389

Risse, W. 171, 173, 196, 197, 201, 294, 308, 312 Robert Bacon 61

Philon von Alexandrien 69 Piccolomini, F. C. 281

238,

482

Namenregister

Robert Kilwardby s. Kilwardby, R.

Sextus Empiricus 2,5,6,18,23,51,69,

Robinet, Α. 261

192,

259, 348

Robins, R. H. 72

Sfondrati, C. 188, 202, 241, 243, 268,

Rodis-Lewis, G. 365

279,

285

Roeder, W. 333, 335, 416, 423, 424

Siger von Brabant, 118, 285, 286

Roger Bacon XV, 50-65, 69, 70, 74, 78, 79,

Siger von Courtrai 280, 281, 307

80, 82, 87, 88, 98, 104, 143, 145, 164,

Simone, R.

179, 208, 280, 285, 286, 293 349

Simplicius 40

10,12,18,24,29

Roi lin, Β. E. 147, 380

Sirridge, M 72

Romeo, L. X7V, XIX, 396

Smiglecius, M. 293, 294, 296, 298

Roos, H. 72, 184

Soto, Domingo de 114, 122, 124, 128, 135,

Rosenberg, G. H. 347

136, 137, 152, 158, 172, 173, 174, 176,

Rosier, I. 51, 65,73, 78, 254

179, 187, 205, 214, 219, 238, 239, 240,

Rossi, P. 410

246, 247, 253, 255, 256, 257, 258, 259,

Rubius, A. 105, 180, 181, 188, 194, 267,

261, 266, 267, 268, 317, 326 Spade, P. V. 128

286, 292, 294, 2 9 7 Ruedorffer, E. 281, 302

Spam, W. 308, 324

Ruef, H. 8,10,

Specht, R. 358, 362

12,13

Salmon, V. 409, 410

Spengler, Α.

Salus, P. H. 72

Spinoza, Β. de 392

Samuel de Lublino (Wierzchonski) 176, 179,

Stanislas von Znojmo 113

188,218,

317,327

Stannarius, G. 298

230, 239, 252, 287

Sánchez Ciruelo, P. 56, 165

Stephanus 38

Saussure, F. 315

Strack, G. H. Chr. 335

Sbarroya, A. 169

Suárez, F. 88, 204, 241, 243, 251, 252, 253,

Scaglione, A. 425

254, 287, 418

Schädel, E. 13,

Swiggers, P. 261, 262

Scharf, J. 312, 317, 325 Scheibler, Chr. 106,

Tabarroni, Α. 100, 108

181, 241, 263,

298,

Tachau, Κ. Η. 87, 88, 91, 95

311, 313, 315, 317, 321, 322, 324,

325,

Telegdi 2, 4

326, 328, 329, 330, 331 Schipperges, H. 339 Schlegel, F. 390

Tel lez, Α. 175 Tel lez, Β. 84, 176, 188, 199, 230, 237,

241,

244, 245, 265, 297, 304, 306, 373, 417

Schmidius, H. 298, 316, 317, 322

Tertullian 11

Schmidt, B. F. 237, 244, 245, 267, 281

Thomas Sutton 282

Schmidt-Biggemann, W. 316, 407

Thomas von Aquin, 55, 56, 76, 81, 82, 83,

Schmitter, P., X7V

86, 87, 111, 151, 156, 167, 178,

Schnelle, H. 4 1 1

192, 193, 194, 204, 238, 241, 253, 283,

Schönman, M. 176 Schultetus, J. 106, 298, 309, 314, 315, 319, 322, 324, 327, 329

188,

284, 300, 306, 307 339, 361, 363 Thomas von Erfurt 75,76 Thomasius, Chr. 344, 400, 401, 402, 420

Sebeóle, Th. Α., XIV, XIX,4

Thurneisser zum T h u m , L. 342

Sedley, D. Ν., 5

Thurot, Ch. XIV, 72

Semery, Α., 2 J 2 , 293, 303

Timpler, C. 263, 278f, 309, 310-314, 316-

Sergeant, J. 376 Severinus (Serensen), P. 342

324, 33Of, 344 Titel mans, F. 144, 173

483

Namenregister

Todorov, T. 13,24

Weinhandl, F. 339, 342

Toletus, F. 105, 173, 174, 180, 188, 196,

Weiss, M. 2 J 9

200, 239, 240, 249, 252, 263, 264, 267,

Weltring, G., 3, 5

289, 292, 296, 306

Wengert, R. G. 90 Widmaier, Rita, 406

Tolomei s. Ptolemaeus Tomás de Mercado 266

Wienbruch, V. 11,19

Trentman, J. A. 73

Wilhelm von Auvergne, 103

Ullmann, S. XIX

Wilhelm von Conches 72 Wilhelm von Moerbeke 40, 80, 81

Ungeheuer, G. 415 Vallius, P. 105, 237, 251, 253, 254,

263,

264, 265, 282, 283, 304, 305 Van Peursen, C. -A. 416

Wilhelm von Ockham XVI, 23, 33, 38, 50, 76, 80, 81, 85, 93-102, 104-118,

122,

123, 124, 125, 127, 128, 130, 140(,

143,

Varrò, T. 8

151, 153, 155, 160f, 164, 178, 256, 260,

Vasquez, G. 357

281, 284, 288, 289, 290, 293, 302, 374, 375, 378

Veloso, M. 175 Verani, C. F. 105, 179, 183, 188, 190,

202,

243, 244, 250, 292, 304, 306

Wilhelm von Champeaux 118 Wilkins, J. 4 0 9 , 4 1 0 , 411, 412

Verbeke, G. 5

William of Sherwood, 103, 193

Versor, J. 144, 157, 164, 194, 273, 282, 301

Willius, J.

Vick, G. R.394

Wimpina, C. 118, 179, 281, 287

Vidigal, S. 175

Wolff, Chr. 332, 333, 334, 335, 344, 400,

Villoslada, R. G. 114 Vives, J. L. 163

317,321

414, 415, 417-420, 425 Wonsiedel, E. 118, 164, 280

Vossius, G. 307

Woozley, A. D. 376

Wahl, R. 369

Wundt, M. 308, 310

Walter Burleigh 81, 82, 99, 102, 195, 295

Wyclif, J. 113, 312

Walter Chatton 95, 97, 98, 101, 110, 143,

Yolton, J. W. 351, 355, 357, 381

Weber, G. 317, 325, 328

Zedier, J. H. 332

Weidemann, H. 3, 35, 3 6 , 4 0

Barbara Neymeyr

Ästhetische Autonomie als Abnormität Kritische Analysen zu Schopenhauers Ästhetik im Horizont seiner Willensmetaphysik 1996. 23,0 X 15,5 cm. X, 430 Seiten. Leinen. ISBN 3-11-015229-0 (Quellen und Studien zur Philosophie, Band 42) Erste systematisch-kritische Auseinandersetzung mit Schopenhauers Ästhetik im Kontext seiner Metaphysik des Willens. Die Beantwortung der zentralen Frage, ob die von Schopenhauer postulierte Freiheit des ästhetischen Intellekts als genuine Autonomie zu verstehen ist, führt zu einer neuen Interpretation der komplexen Beziehung zwischen Willen und Intellekt sowie zu einer Problematisierung der Relation zwischen Autonomie und Heteronomie bei Schopenhauer. Im Hinblick auf erkenntnistheoretische Implikationen und ethische Postulate wird auch das Verhältnis zwischen dem ideenbezogenen Erkenntnisanspruch und der von willensbedingtem Leiden erlösenden Willenlosigkeit in Schopenhauers Ästhetik untersucht. Im Spannungsfeld zwischen Piatonismus und Kantianismus situiert, weist Schopenhauers ästhetische Konzeption eine Fülle heterogener Ansätze und divergenter Argumentationsstränge auf.

Klaus Petrus

Genese und Analyse Logik, Rhetorik und Hermeneutik im 17. und 18. Jahrhundert 1997. 23 X 15,5 cm. VIII, 245 Seiten. Leinen. ISBN 3-11-015394-7 (Quellen und Studien zur Philosophie, Band 43) Studie über die Anteile von Logik, Rhetorik und Auslegungstheorie im Verhältnis zu Textgenese und Textanalyse.

Walter de Gruyter

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