Branchenspezifisches Controlling: Praxishandbuch der Besonderheiten und Entwicklungen mit State-of-the-Art und Unternehmensbeispielen [1. Aufl.] 9783658289447, 9783658289454

Dieses Herausgeberwerk bietet Praktikern und Akademikern einen praxisorientierten Einstieg in die branchen- und unterneh

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German Pages XVIII, 254 [261] Year 2020

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Branchenspezifisches Controlling: Praxishandbuch der Besonderheiten und Entwicklungen mit State-of-the-Art und Unternehmensbeispielen [1. Aufl.]
 9783658289447, 9783658289454

Table of contents :
Front Matter ....Pages I-XVIII
Front Matter ....Pages 1-1
Wieviel Controlling brauchen Startups? Erfahrungen aus der Praxis am Beispiel der Talentcube GmbH (Susanne Theresia Weber, Stefan Tilch)....Pages 3-20
Balanced Scorecard als Steuerungsinstrument für kleine Unternehmen? (Alexander Burger, Sabine Burger-Stieber)....Pages 21-39
Immer noch in den Kinderschuhen? Personalcontrolling im Gesundheitswesen – vorrangig in kleineren (Fach-)Kliniken im ambulant/stationären Bereich (Susanna Minder)....Pages 41-59
Vertragscontrolling für Öffentlich-Private Partnerschaften (Antje-Silja Tetzlaff)....Pages 61-76
Front Matter ....Pages 77-77
Controlling in Produktionsunternehmen des Großanlagen- und (Bau-)Maschinenbaus (Philip Heinz)....Pages 79-100
Controlling in der Immobilienprojektentwicklung (Florian Spitra)....Pages 101-128
Besonderheiten des Planungsprozesses bei Reiseveranstaltern – beispielhaft dargestellt für das Produktmanagement (Linda Wegener)....Pages 129-153
Eventcontrolling in der Hotellerie (Frank Wernitz)....Pages 155-175
Front Matter ....Pages 177-177
Auswirkungen der digitalen Transformation der Elektronikhandelsbranche auf das Controlling (Alexander Pöschl)....Pages 179-197
Wertorientierte Steuerung von Subscription-based Business Models – ein Controlling-Blueprint aus der Telekommunikation (Christian Steiner, Hans-Jörg Guter)....Pages 199-229
Private-Equity-Controlling – Controlling und Controllinginstrumente in Private-Equity-geführten Unternehmen (Robert Christian Schmidt)....Pages 231-254

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Alexander Burger Thomas Röhm Susanne Theresia Weber Hrsg.

Branchenspezifisches Controlling Praxishandbuch der Besonderheiten und Entwicklungen mit State-of-the-Art und Unternehmensbeispielen

Branchenspezifisches Controlling

Alexander Burger  •  Thomas Röhm Susanne Theresia Weber Hrsg.

Branchenspezifisches Controlling Praxishandbuch der Besonderheiten und Entwicklungen mit State-of-the-Art und Unternehmensbeispielen

Hrsg. Alexander Burger Campus Frankfurt IUBH Duales Studium Frankfurt, Deutschland

Thomas Röhm International Business | General Management Munich Business School München, Deutschland

Susanne Theresia Weber Campus München IUBH Duales Studium München, Deutschland

ISBN 978-3-658-28944-7    ISBN 978-3-658-28945-4  (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-658-28945-4 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer Gabler © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Springer Gabler ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany

Vorwort

Wozu ein weiteres Controlling-Buch? Die gängige Controlling-Literatur hat eine solide Grundlage für Lehre und Praxis geschaffen und auch zu aktuellen Herausforderungen für das Controlling wie der Digitalisierung, der Nachhaltigkeit und der Internationalisierung sind in den letzten Jahren zahlreiche Beiträge entstanden. Die Herausgeber sehen eine Lücke in der gängigen Literatur bei der Erfassung von branchen- und unternehmensspezifischen Frage- und Problemstellungen und dazu passenden praktischen Lösungen. Dieser Sammelband bietet einen praxisorientierten Einstieg in die Entwicklung des Controllings unter branchen- und unternehmensspezifischen Gesichtspunkten. Für den Praktiker bietet das Buch zudem eine Hilfestellung bei der zielorientierten Anwendung branchenspezifischer Controllingkonzepte. Es wird aufgezeigt, wie mögliche Hürden bei der Anwendung überwunden werden können. Darüber hinaus soll die Lektüre Experten aus Wissenschaft und Praxis zu weiteren Forschungs- und Veröffentlichungsaktivitäten anregen, um in Zukunft ein vollständiges Bild der Controlling-Landschaft sowie Praxisempfehlungen für ein größeres Spektrum von Branchen zu erhalten. Grundlage des Buches ist die langjährige Praxiserfahrung und Fachkompetenz im Kollegium der Professorinnen und Professoren der IUBH Internationale Hochschule, der Co-Autoren und den Fachleuten aus der Praxis. Wir danken an dieser Stelle allen Autorinnen und Autoren sowie den Interviewpartnern sehr herzlich für Ihre Beiträge! Frankfurt und München, Deutschland  Frühjahr 2020 

Alexander Burger Thomas Röhm Susanne Theresia Weber

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Business as usual oder die Kernthemen anpacken? – Eine kurze Einführung

„Erfolgreiches Controlling setzt an den Kernthemen an und unterstützt die Unternehmensentwicklung“.

In vielen Unternehmen hat der Aufgaben- und Verantwortungsbereich des Controllings in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Themen wie Internationalisierung, Corporate Governance, Digitalisierung, Nachhaltigkeit etc. müssen in das Controllingsystem inte­ griert und nachgehalten werden. Es ist deshalb nicht erstaunlich, dass in vielen Unternehmen Unsicherheit, darüber besteht, welche Instrumente, Kennzahlen und Prozesse nun tatsächlich wichtig sind, um dem Management fundierte Entscheidungsgrundlagen an die Hand zu geben. Hinzu kommt, dass die Rolle des Controllings im Wandel begriffen ist: Der Controller soll heute den Entscheidungsträgern nicht nur Daten und Analysen liefern, sondern auch als interner Berater und Business Partner zur Verfügung stehen. Auch wenn dies zunächst wie eine zusätzliche Anforderung wirkt, liegt genau hierin die Chance: Die Rolle als Berater erfordert einen tieferen Einblick in Strategie und Geschäftsprozesse des Unternehmens und schafft damit die Voraussetzung für eine Fokussierung der Controllingaktivitäten auf das Wesentliche, wie zum Beispiel dynamische Geschäftsentwicklung, Kostensenkung aufgrund von hohem Wettbewerbsdruck, oder Stärkung der finanziellen oder personellen Ressourcen. In der Praxis gelingt es den Unternehmen häufig nicht, diese Kernthemen konsequent genug anzugehen. Das Controlling kann hier einen wichtigen Beitrag leisten, indem es seine Systeme und Instrumente auf diese Kernthemen fokussiert. Um die Kernthemen zu identifizieren, ist es zunächst wichtig, die Ausgangssituation des Unternehmens gründlich zu analysieren, dabei spielen Größe und Wachstum, Branchenzugehörigkeit, Marktposition und Wettbewerbsintensität einen wichtige Rolle. Auf dieser Grundlage werden dann Strategie und Geschäftsmodell des Unternehmens überprüft und ggf. (weiter-) entwickelt und die Kernthemen definiert (siehe Abb. 1). Die hier vorgestellten Beiträge setzen an diesem Punkt an und zeigen Controlling-­ Instrumente auf, die geeignet sind, die Kernthemen zu adressieren, um den Unternehmenserfolg zu sichern. Dabei lassen sich die Fallbeispiele in drei Gruppen einteilen, die in etwa den Lebenszyklus des Unternehmens und der Branche widerspiegeln und i.d.R. mit

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Business as usual oder die Kernthemen anpacken? – Eine kurze Einführung

Ausgangsituation

Kernthemen

Fokussierung des Controllings

• Eher KMU, Startup, neue Kooperationsformen • Einführung/Wachstumsbranche oder Nische (z. B. spezialisiert, Kliniken, ÖPP)

• Strategie entwickeln und umsetzen, Geschäftsmodell definieren • Kritische Bereiche gezielt angehen, z. B. Finanzierung, Organisation, Prozesse etc.



• Eher mittlere bis große Unternehmen, • Etablierte bis reife Branchen • Hoher Wettbewerbs-/Kostendruck (z. B. Industrie, Tourismus)

• Strategie überprüfen, Geschäftsmodell weiterentwickeln • Marktposition stärken • Effizienz der Geschäftsprozesse

• •

• Eher mittlere bis große Unternehmen • Branchen im Umbruch: Konsolidierung und Neukonfiguration (z. B. Handel, Telekommunikation, Finanzdienstleist.)

• Strategie neu ausrichten, Geschäftsmodell rekonfigurieren oder neu definieren • Innovation, Unternehmenskultur etc.

• •

1) Einführung •

Controlling-Systeme schrittweise implementieren (PUK-System) Standard-Instrumente gezielt einführen

2) Weiterentwicklung Controlling-Systeme überprüfen Controlling-Instrumente branchenoder geschäftsspezifisch weiterentwickeln

3) Neuausrichtung Controlling-System neu ausrichten Neue Controlling-Instrumente entwickeln und einführen

Quelle: Eigene Darstellung.

Abb. 1  Fokussierung des Controllings auf die Kernthemen. Eigene Darstellung

bestimmten Phasen der Entwicklung des Controllings verknüpft sind: Einführung, Weiterentwicklung/Professionalisierung und Neuausrichtung. 1. Einführung des Controllings: In vielen Unternehmen ist Controlling nur sehr rudimentär -wenn überhaupt – vorhanden. Diese Phase betrifft Unternehmen in der Gründungsphase oder kleine Unternehmen oder in Bereichen, in denen betriebswirtschaftliche Konzepte  – ob zu Recht oder Unrecht sei hier dahingestellt  – eher partiell eingesetzt werden (z. B. der öffentliche Sektor). Hier wird dargestellt, dass die Controllinginstrumente an die Entwicklung, z. B. das Wachstum des Unternehmens, angepasst werden sollten. So besteht ein erster Schritt häufig darin, über den Business Plan hi­ nauszugehen und insbes. eine fundierte Finanzplanung einzuführen (Tilch und Weber, Kap. 1). Da Controlling am Anfang in vielen Firmen eher operativ bzw. nahe am externen Rechnungswesen angesiedelt ist, geht es oftmals darum, eine strategische Per­ spektive einzuführen und durch das Controlling zu unterstützen (Burger, Kap. 2). Aber auch wenn Controlling bereits umfassender vorhanden ist, kommt es oft vor, dass Kernthemen, wie z. B. Personalmangel, nicht adäquat adressiert werden. Ein Personalcontrolling, das so gestaltet wird, dass es auch für kleinere Kliniken umsetzbar ist, schafft Transparenz über wichtige Personalthemen und kann somit die Grundlage dafür bereiten, diese gezielt anzugehen (Minder, Kap. 3). Öffentliche Einrichtungen, die größere Investitionsvorhaben in Zusammenarbeit mit privaten Partnern im Rahmen von öffentlich-­privaten Partnerschaften (ÖPP) durchführen und betreiben wollen, sollten besonderes Augenmerk auf das Vertragscontrolling legen (Tetzlaff, Kap. 4). 2. Weiterentwicklung/Professionalisierung des Controllings: In vielen mittleren und großen Unternehmen aus reifen Branchen ist das Controlling bereits seit vielen Jahren fest etabliert. Dennoch stellt sich die Frage, ob der Stand des Controllings zentrale Geschäftsthemen adäquat adressiert. Die Unternehmen stehen unter starkem Wettbe-

Business as usual oder die Kernthemen anpacken? – Eine kurze Einführung

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werbs- und Kostendruck und sollten Strategie und Geschäftsmodell regelmäßig überprüfen und für eine konsequente Umsetzung sorgen. Zentrale Geschäftsprozesse müssen sehr effizient ablaufen. Aufgabe des Controllings ist es deshalb, branchenspezifische Instrumente zu nutzen, ggf. anzupassen und weiterzuentwickeln. Im Großanlagen- und (Bau-) Maschinenbau geht es beispielsweise darum, den langen Zeitraum zwischen Auftragserteilung und Auslieferung im Planungsprozess des Controllings zu berücksichtigen (Heinz, Kap. 5). Für Reiseveranstalter bildet dagegen die Produktplanung einen zentralen Prozess, der maßgeblich für den Unternehmenserfolg ist (Wegener, Kap. 7). Für die Hotelleriebranche wird am Beispiel der zunehmenden Bedeutung von Events gezeigt, dass diese Weiterentwicklung durch eine Anpassung bestehender Instrumente erfolgen kann – sofern die entsprechenden Systeme im Unternehmen bereits vorhanden sind. Eine Event-Scorecard bildet eine sinnvolle Ergänzung oder u.U. sogar eine Alternative, wenn keine Kosten- und Leistungsrechnung im Unternehmen erfolgt (Wernitz, Kap. 8). In anderen Fällen werden vorhandene Instrumente des Projektmanagement im Baugewerbe ergänzt (z. B. um Risikomanagement) und professionalisiert (z. B. Einführung von Prozessen), um den Projekterfolg und die Profitabilität sicherzustellen (Spitra, Kap. 6). 3 . Neuausrichtung des Controllings: Immer wieder erfahren Branchen einen Umbruch, z. B. durch neue Technologien, neue Geschäftsmodelle oder Gesellschafterwechsel. In dieser Situation ist es für die betroffenen Unternehmen entscheidend, ihre Strategie neu auszurichten und ihr Geschäftsmodell zu innovieren. In dieser Situation ist das bisher genutzte Instrumentarium zumindest teilweise nicht mehr adäquat und kann im Ex­ tremfall sogar hinderlich sein. Wenn die Branche und/oder das Unternehmen sich grundlegend wandeln, sollten neue Instrumente entwickelt werden. Abonnement-­ basierte Geschäftsmodelle müssen sehr spezifische Anforderungen erfüllen, um Kunden in der Telekommunikationsbranche an einen Anbieter zu binden. Aufgrund der zunehmenden Bedeutung dieser Geschäftsmodelle, sind die vorgestellten Controllinginstrumente auch für andere Industrien relevant (Steiner und Guter, Kap. 10). Auch im Elektronikeinzelhandel sorgt die Digitalisierung für eine Veränderung des Geschäftsprozesse und stellt neue Anforderungen an das Controlling, z. B. in Form eines zügig anpassbaren Reportings (Poeschl, Kap. 9). Zu einer inhaltlichen Neuausrichtung kann es jedoch auch durch einen Eigentümerwechsel kommen, vor allem, wenn die neuen Eigentümer andere Ziele verfolgen, als es bisher der Fall war (Schmidt, Kap. 11). Im Hinblick auf die praktischen Umsetzung ist weiterhin zu berücksichtigen, dass sich auch die Rolle des Controllers im Laufe der Entwicklung wandelt. In der Phase der Einführung des Controllings geht es in besonderem Maße darum, die Gründer oder die Unternehmensleitung vom Nutzen von Controlling allgemein bzw. dem Einsatz bestimmter Instrumente zu überzeugen. In der Phase der Weiterentwicklung ist es für den Controller dagegen wichtig, ein Bindeglied zwischen der Unternehmensleitung und denjenigen zu bilden, die für das operative Tagesgeschäft verantwortlich sind. Nur so kann sichergestellt werden, dass beispielsweise Strategien konsequent umgesetzt werden. In der Phase der

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Business as usual oder die Kernthemen anpacken? – Eine kurze Einführung

Neuausrichtung kommt es besonders darauf an, dass der der Controller als Berater und Business Partner für die Geschäftsleitung fungiert, neue Impulse setzt, und den Wandel der Organisation aktiv unterstützt. Als Fazit lässt sich an dieser Stelle festhalten, dass es für das Controlling sehr wichtig ist, ein tiefes Verständnis für die Kernthemen des Unternehmens und die Konsequenzen für einzelne Bereiche, Funktionen und Prozesse zu entwickeln. Dies ermöglicht es die Controllingaktivitäten auf wichtige Bereiche zu fokussieren. Im Laufe der Entwicklung eines Unternehmens müssen die Aktivitäten regelmäßig überprüft und ggf. angepasst werden. Neben profunden Fachkenntnissen und Analysefähigkeiten sind dabei vom Controller Überzeugungskraft, Flexibilität, Innovationsgeist und unternehmerisches Denken gefragt. Die Aufgabe des Controllings wird also auch künftig anspruchsvoll und spannend bleiben. Thomas Röhm

Inhaltsverzeichnis

Teil I  Einführung des Controllings 1 Wieviel Controlling brauchen Startups? Erfahrungen aus der Praxis am Beispiel der Talentcube GmbH ��������������������������������������������������������������������������   3 Susanne Theresia Weber und Stefan Tilch 1.1 Aktuelle Situation und Problemstellung ������������������������������������������������������   4 1.2 Differenzierung der Startups������������������������������������������������������������������������   5 1.3 Controlling für Startups��������������������������������������������������������������������������������   8 1.4 Welche Controlling-Instrumente nutzt die Talentcube GmbH?��������������������  12 1.4.1 Strategisches Controlling bei der Talentcube GmbH������������������������  13 1.4.2 Operatives Controlling bei der Talentcube GmbH����������������������������  16 1.5 Fazit��������������������������������������������������������������������������������������������������������������  18 Literatur������������������������������������������������������������������������������������������������������������������  19 2 Balanced Scorecard als Steuerungsinstrument für kleine Unternehmen?������ 21 Alexander Burger und Sabine Burger-Stieber 2.1 Das Steuerungsinstrument der Balanced Scorecard ������������������������������������  22 2.1.1 Festlegung strategischer Ziele����������������������������������������������������������  23 2.1.2 Vier grundlegende Dimensionen������������������������������������������������������  23 2.1.3 Erstellung einer Strategy Map����������������������������������������������������������  25 2.1.4 Auswahl von Messgrößen����������������������������������������������������������������  26 2.1.5 Definition von Zielwerten ����������������������������������������������������������������  27 2.1.6 Maßnahmenplan��������������������������������������������������������������������������������  28 2.2 SBS EDV-Dienstleistungen��������������������������������������������������������������������������  28 2.2.1 Strategische Ziele der SBS EDV-Dienstleistungen��������������������������  30 2.2.2 Finanzielle Dimension����������������������������������������������������������������������  30 2.2.3 Kundendimension ����������������������������������������������������������������������������  31 2.2.4 Prozessdimension������������������������������������������������������������������������������  32 2.2.5 Potenzialdimension ��������������������������������������������������������������������������  34 2.2.6 Die Balanced Scorecard der SBS EDV-Dienstleistungen����������������  36 Literatur������������������������������������������������������������������������������������������������������������������  38

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Inhaltsverzeichnis

3 Immer noch in den Kinderschuhen? Personalcontrolling im Gesundheitswesen – vorrangig in kleineren (Fach-)Kliniken im ambulant/stationären Bereich����������������������������������������������������������������������������  41 Susanna Minder 3.1 Wozu dient Personalcontrolling?������������������������������������������������������������������  43 3.2 Warum brauchen Krankenhäuser ein funktionierendes Personalcontrolling? ������������������������������������������������������������������������������������  43 3.3 Personalcontrolling in Kliniken – Status Quo����������������������������������������������  44 3.3.1 Ansätze und Ausrichtung des Personalcontrollings��������������������������  45 3.3.2 Szenarien des Personalcontrollings��������������������������������������������������  46 3.3.3 Instrumente des Personalcontrollings ����������������������������������������������  49 3.4 Die mögliche Adoleszenz des Personalcontrollings in kleineren (Fach-)Kliniken im ambulanten/stationären Bereich������������������������������������  53 3.5 Fazit��������������������������������������������������������������������������������������������������������������  57 Literatur������������������������������������������������������������������������������������������������������������������  59 4 Vertragscontrolling für Öffentlich-Private Partnerschaften ��������������������������  61 Antje-Silja Tetzlaff 4.1 Öffentlich-Private Partnerschaften als Beschaffungsform����������������������������  62 4.2 Zielsetzung und Wirtschaftlichkeit von ÖPPs����������������������������������������������  63 4.3 Risiken von ÖPPs������������������������������������������������������������������������������������������  65 4.4 ÖPP-Controlling ������������������������������������������������������������������������������������������  67 4.4.1 Controlling in der Betriebsphase������������������������������������������������������  68 4.4.2 Controllingaufwand und Controllingnutzen ������������������������������������  74 Literatur������������������������������������������������������������������������������������������������������������������  74 Teil II  Weiterentwicklung des Controllings 5 Controlling in Produktionsunternehmen des Großanlagen- und (Bau-) Maschinenbaus����������������������������������������������������������������������������������������������������  79 Philip Heinz 5.1 Herausforderungen für und Besonderheiten von Produktionsunternehmen des Großanlagen- und (Bau-)Maschinenbaus ����������������������������������������������������������������������������������  81 5.2 Controlling in Produktionsunternehmen des Großanlagen- und (Bau-)Maschinenbaus ����������������������������������������������������������������������������������  83 5.3 Kurzvorstellung Liebherr������������������������������������������������������������������������������  87 5.4 Experteninterview ����������������������������������������������������������������������������������������  88 5.5 Fazit��������������������������������������������������������������������������������������������������������������  98 Literatur������������������������������������������������������������������������������������������������������������������  99

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6 Controlling in der Immobilienprojektentwicklung������������������������������������������ 101 Florian Spitra 6.1 Der Projektentwicklungsprozess������������������������������������������������������������������ 102 6.2 Phasen einer Projektentwicklung������������������������������������������������������������������ 103 6.2.1 Projektinitiierung������������������������������������������������������������������������������ 104 6.2.2 Projektkonzeption ���������������������������������������������������������������������������� 104 6.2.3 Projektkonkretisierungsphase ���������������������������������������������������������� 105 6.2.4 Projektdurchführung ������������������������������������������������������������������������ 106 6.3 Typische Risiken in der Projektentwicklung������������������������������������������������ 106 6.4 Risikomanagement in der Projektentwicklung �������������������������������������������� 108 6.4.1 Strategien zur Risikosteuerung �������������������������������������������������������� 110 6.4.2 Umgang mit externen Risiken���������������������������������������������������������� 111 6.4.3 Risikostrategie���������������������������������������������������������������������������������� 112 6.4.4 Risikoidentifikation�������������������������������������������������������������������������� 113 6.4.5 Risikoanalyse������������������������������������������������������������������������������������ 113 6.4.6 Risikobewertung ������������������������������������������������������������������������������ 115 6.5 Projektcontrolling ���������������������������������������������������������������������������������������� 115 6.5.1 Controlling-Regelkreis���������������������������������������������������������������������� 116 6.5.2 Umsetzung in der Projektentwicklung���������������������������������������������� 116 6.5.3 Kostencontrolling������������������������������������������������������������������������������ 118 6.5.4 Termincontrolling ���������������������������������������������������������������������������� 120 6.5.5 Qualitätscontrolling�������������������������������������������������������������������������� 121 6.6 Projektbericht������������������������������������������������������������������������������������������������ 123 6.6.1 Übersicht mit „Ampelblatt“ (Status)������������������������������������������������ 124 6.6.2 Quantitativer Projektbericht�������������������������������������������������������������� 125 6.6.3 Qualitativer Projektbericht���������������������������������������������������������������� 126 6.6.4 Risikobericht ������������������������������������������������������������������������������������ 126 6.7 Fazit�������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 127 Literatur������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 128 7 Besonderheiten des Planungsprozesses bei Reiseveranstaltern – beispielhaft dargestellt für das Produktmanagement�������������������������������������� 129 Linda Wegener 7.1 Besonderheiten beim Produkt-Planungsprozess von Reiseveranstaltern������ 130 7.2 Besonderheiten der Zieldefinition bei Reiseveranstaltern���������������������������� 134 7.2.1 Grundlagen���������������������������������������������������������������������������������������� 134 7.2.2 Fallbeispiel���������������������������������������������������������������������������������������� 137 7.3 Besonderheiten der strategischen Produktplanung �������������������������������������� 139 7.3.1 Grundlagen���������������������������������������������������������������������������������������� 139 7.3.2 Fallbeispiel���������������������������������������������������������������������������������������� 144 7.4 Besonderheiten der operativen Produktplanung ������������������������������������������ 145

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Inhaltsverzeichnis

7.4.1 Grundlagen���������������������������������������������������������������������������������������� 145 7.4.2 Fallbeispiel���������������������������������������������������������������������������������������� 149 7.5 Fazit�������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 151 Literatur������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 152 8 Eventcontrolling in der Hotellerie���������������������������������������������������������������������� 155 Frank Wernitz 8.1 Events, Controlling und Eventcontrolling���������������������������������������������������� 156 8.1.1 Events������������������������������������������������������������������������������������������������ 157 8.1.2 Controlling���������������������������������������������������������������������������������������� 157 8.1.3 Eventcontrolling�������������������������������������������������������������������������������� 160 8.2 Events im Portfolio der Hotellerie���������������������������������������������������������������� 160 8.2.1 Anforderungen an die Hotellerie im Eventbereich �������������������������� 161 8.2.2 Organisation und Kommunikation���������������������������������������������������� 161 8.3 Die Eventstruktur als Ansatzpunkt für das Controlling�������������������������������� 163 8.4 Ansätze für das Eventcontrolling������������������������������������������������������������������ 164 8.4.1 Eventcontrolling auf Basis klassischer Kostenrechnungssysteme������������������������������������������������������������������ 164 8.4.2 Eventcontrolling auf der Basis der Prozesskostenrechnung (PKR)���������������������������������������������������������� 168 8.4.3 Eventcontrolling auf Basis der Event-Scorecard (ESC) ������������������ 169 8.5 Fazit�������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 172 Literatur������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 173 Teil III  Neuausrichtung des Controllings 9 Auswirkungen der digitalen Transformation der Elektronikhandelsbranche auf das Controlling������������������������������������������������ 179 Alexander Pöschl 9.1 Geschäftsmodell und Kernfunktionen im Elektronikeinzelhandel �������������� 181 9.1.1 Kernfunktionen und Kernprozesse���������������������������������������������������� 181 9.1.2 Geschäftsmodell im Elektronikeinzelhandel������������������������������������ 184 9.2 Geschäftsmodellspezifisches Controlling: Kennzahlen, Instrumente und Systeme�������������������������������������������������������������������������������������������������� 185 9.2.1 Digitalisierung im Controlling���������������������������������������������������������� 187 9.2.2 Kausalvermutungen zu den Auswirkungen der Digitalisierung ������ 188 9.3 Praxisteil ������������������������������������������������������������������������������������������������������ 190 9.3.1 Empirie: Experteninterview�������������������������������������������������������������� 190 9.3.2 Ergebnisse des Experteninterviews�������������������������������������������������� 191 9.3.3 Handlungsempfehlungen für das Controlling und Ausblick������������ 193 Literatur������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 195

Inhaltsverzeichnis

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10 Wertorientierte Steuerung von Subscription-based Business Models – ein Controlling-Blueprint aus der Telekommunikation������������������ 199 Christian Steiner und Hans-Jörg Guter 10.1 Das Subscription-based Business Model in der Telekommunikationsindustrie�������������������������������������������������������������������� 202 10.2 Controlling in der Telekommunikationsindustrie: Aufgaben, Konzepte und Instrumente�������������������������������������������������������������������������� 212 10.2.1 Informationsversorgung des Managements������������������������������������ 212 10.2.2 Planungs – und Steuerungsprozesse ���������������������������������������������� 225 Literatur������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 229 11 Private-Equity-Controlling – Controlling und Controllinginstrumente in Private-Equity-­geführten Unternehmen������������������������������������������������������������ 231 Robert Christian Schmidt 11.1 Private Equity – ein Überblick�������������������������������������������������������������������� 232 11.1.1 Begriff und Geschäftsmodell���������������������������������������������������������� 232 11.1.2 Phasen einer Private-Equity-Investition������������������������������������������ 235 11.1.3 Werttreiber in der Beteiligungsphase���������������������������������������������� 237 11.2 Controlling in Private Equity geführten Unternehmen ������������������������������ 239 11.2.1 Spezifische Aufgabenbündel während des Investitionszyklus�������� 240 11.2.2 Veränderungen während der Beteiligungsphase ���������������������������� 244 11.2.3 Werttreiberorientierte Ausgestaltung���������������������������������������������� 246 11.3 Praktische Ausgestaltung am Beispiel eines mittelständischen Konzerns ���������������������������������������������������������������������������������������������������� 249 11.3.1 Veränderung des Controllings durch die Akquisition �������������������� 249 11.3.2 Umsetzung der wertorientierten Ausgestaltung������������������������������ 251 11.4 Zusammenfassung�������������������������������������������������������������������������������������� 252 Literatur������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 253

Herausgeber- und Autorenverzeichnis

Die Herausgeber Prof. Dr. Alexander Burger  verfügt über langjährige Erfahrung in der Branchen- und Unternehmensanalyse und -bewertung. Er unterrichtet Allgemeine Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Finance & Accounting an der IUBH Duales Studium in Frankfurt und ist für das Modul Investition und Finanzierung im IUBH Fernstudium verantwortlich. Prof. Dr. Thomas Röhm  verfügt über mehr als 25 Jahre Berufserfahrung als Wirtschaftsforscher, Unternehmensberater, Analyst und Beirat. Sein fachlicher Schwerpunkt liegt im Bereich Strategisches Management. Er unterrichtet Allgemeine Betriebswirtschaftslehre an der Munich Business School in München und leitet den Masterstudiengang Controlling an der IUBH Fernstudium. Prof. Dr. Susanne Theresia Weber  verfügt über langjährige Berufserfahrung in den Bereichen Finance, Controlling und Management in internationalen Unternehmen. Die promovierte Bildungswissenschaftlerin übernahm Lehraufträge zu betriebswirtschaftlichen und volkswirtschaftlichen Themen an verschiedenen Institutionen. An der IUBH Duales Studium München lehrt sie Allgemeine Betriebswirtschaft mit dem Fokus auf Finanz­ themen.

Die Autoren Sabine  Burger-Stieber  ist Unternehmerin in den Bereichen Digitalisierung und Buchhaltung, Alleininhaberin und Geschäftsführerin der SBS EDV Dienstleistungen, Düsseldorf. Hans-Jörg Guter  ist Gründer und geschäftsführender Gesellschafter der Telegance Consult in Ginsheim-Gustavsburg.

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Herausgeber- und Autorenverzeichnis

Prof. Dr. Philip  Heinz  ist Professor für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre an der IUBH Duales Studium in München. Prof. Dr. Susanna  Minder  ist Professorin für Gesundheitsmanagement an der IUBH Duales Studium in München. Prof. Dr. Alexander Pöschl  ist Professor für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre an der IUBH Duales Studium in Nürnberg und München. Prof. Dr. Robert Christian Schmidt  ist Professor für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, insb. Management und Finance an der IUBH Fernstudium. Prof. Dr. Linda Wegener  ist Professorin für Tourismusmanagement an der IUBH Duales Studium in Frankfurt. Prof. Dr. Florian Spitra  ist Professor für Immobilienmanagement an der IUBH Fernstudium und geschäftsführender Gesellschafter der BohnZirlewagen Development Consulting GmbH in München. Prof. Dr. Christian Steiner  ist Professor für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre an der IUBH Duales Studium in Düsseldorf. Prof. Dr. Antje-Silja Tetzlaff  ist Professorin für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre an der IUBH in Bad Honnef und Köln. Prof. Dr. Stefan  Tilch  ist Professor für Allgemeiner Betriebswirtschaftslehre an der IUBH Duales Studium in München. Prof. Dr. Frank Wernitz  ist Professor für Allgemeine  Betriebswirtschaftslehre an der IUBH Duales Studium in Dortmund.

Teil I Einführung des Controllings

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Wieviel Controlling brauchen Startups? Erfahrungen aus der Praxis am Beispiel der Talentcube GmbH Susanne Theresia Weber und Stefan Tilch

Inhaltsverzeichnis 1.1  1.2  1.3  1.4 

 ktuelle Situation und Problemstellung  A Differenzierung der Startups  Controlling für Startups  Welche Controlling-Instrumente nutzt die Talentcube GmbH?  1.4.1  Strategisches Controlling bei der Talentcube GmbH  1.4.2  Operatives Controlling bei der Talentcube GmbH  1.5  Fazit  Literatur 

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Zusammenfassung

Dieser Beitrag beschäftigt sich mit dem Controlling für Startups, weil sie zum einen die Innovationskraft einer Volkswirtschaft repräsentieren und zum anderen ein besonders hohes Insolvenzrisiko haben. Die Autoren sind daher der Problematik nachgegangen, wie Startups durch ein pragmatisches Controlling ihre langfristigen Überlebenschancen verbessern können. Es wird differenziert dargestellt, welche Controlling – Instrumente bei Startups zum Einsatz kommen und welche Chancen sich daraus für das Management der jungen Unternehmen ergeben. Am Beispiel des Münchner Startups Talentcube GmbH, dass seit 2015 im Markt für Online-Bewerbungen in Deutschland aktiv ist, wird analysiert, wie eine erfolgreiche Controlling-Strategie zur Zielerreichung beitragen kann. Abschließend wird auf weitere Anknüpfungspunkte, die sich für die Forschung bezüglich des Controllings bei Startups ergeben, verwiesen. S. T. Weber (*) · S. Tilch IUBH Duales Studium Campus München, München, Deutschland E-Mail: [email protected]; [email protected] © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 A. Burger et al. (Hrsg.), Branchenspezifisches Controlling, https://doi.org/10.1007/978-3-658-28945-4_1

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S. T. Weber und S. Tilch

Aktuelle Situation und Problemstellung

Startups führen häufig neue Produkte und Dienstleistungen ein und tragen so zum technologischen und ökologischen Fortschritt und dem damit verbundenen strukturellen Wandel der Gesellschaft bei. Sie leisten einen wichtigen Beitrag zur Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit eines Landes und sorgen mit Ihren Innovationen häufig für Konkurrenzdruck bei den etablierten Unternehmen. Deswegen erfahren Startups mit ihren Innovationen zunehmende Aufmerksamkeit in Deutschland, obwohl die Gründerquote seit 2011 trotz guter Konjunktur rückläufig ist. Als Grund hierfür wird die hohe Nachfrage nach Arbeitskräften durch die Unternehmen sowohl nach Vollzeit- als auch nach Teilzeitarbeitskräften gesehen. Wer einen Job hat, ist nicht so motiviert, sich selbstständig zu machen. (KfW Gründungsmonitor 2018) Um diesem rückläufigem Gründungstrend in Deutschland entgegenzuwirken, entwickelte das Bundesministerium für Wirtschaft (BMWI 2019) zahlreiche Förderaktivitäten, wie zum Beispiel die Etablierung einer Internetseite, auf der sich potenzielle Unternehmensgründer registrieren, ausführlich informieren und unterstützen lassen können. (gruenderplattform.de 2019) Von staatlicher Seite wird also viel getan, um Unternehmensgründungen zu fördern. Doch wie geht es nach der Gründungsphase weiter? Wie sieht es aus, wenn die Unternehmen in die Wachstumsphase kommen? Die Startups müssen die operative Unternehmensentwicklung meistern, um erfolgreich zu bleiben und sich langfristig am Markt zu etablieren. Im Lauf von drei Geschäftsjahren geben rund 30 % der Existenzgründer auf, d. h., 36 Monate nach Start sind noch 68 % der Startups aktiv. (KfW-Gründungsmonitor 2018, S. 9) Welche Gründe gibt es für das Scheitern von jungen Unternehmen? Wie der DIHK Gründerreport zeigt, sind es nicht die unzureichenden Fach- und Branchenkenntnisse, sondern die kaufmännischen Defizite der Gründer, die den Misserfolg verursachen (Abb.  1.1). Dies kann durch eine Auswertung diverser Publikationen (Diehm 2017, S. 2; ZEW 2010, S. 51 ff.; KFW Gründermonitor) bestätigt werden, die ergab, dass mangelnde finanzwirtschaftliche Kenntnisse zu den häufigsten Gründen für das Scheitern von jungen Unternehmen gehören. Daraus folgt, dass Schwächen im internen und externen Rechnungswesen und im Controlling, insbesondere eine unzureichende Planung, Kontrolle und Steuerung der Geschäftsprozesse fatale Folgen haben können. Im Unterschied zu etablierten Unternehmen gibt es für Startups wenig oder keine relevanten vergangenheitsbezogenen Daten, die für die Prognose zukünftiger Entwicklungen herangezogen werden könnten. Deswegen ist es eine große Herausforderung für die Unternehmensgründer, einen realistischen Businessplan und eine erfolgreiche Wachstumsstrategie zu entwickeln. Obwohl sie häufig wenig Vorkenntnisse von Finanzthemen besitzen, sondern meist einen technisch – orientierten Bildungshintergrund haben, sind sie von Beginn an mit betriebswirtschaftlichen Fragestellungen konfrontiert und übernehmen deswegen meist auch selbst das Controlling zu Beginn der Unternehmensgründung. Besonders junge Unternehmen müssen flexibel sein, um sich im ständigen Wettbewerb in den globalen und deswegen immer komplexeren Märkten durchzusetzen. Dabei sollten die Gründer die Unternehmensstrategie so ausrichten, dass eine langfristige Wertschöp-

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Kaufmännische Defizite (z. Bsp. Kostenrechnung)

5

38 %

Kundennutzen der Geschäftsidee unklar

35 %

Finanzierung nicht durchdacht

34 %

Zielgruppe nicht genau definiert

32 %

Umsatzerwartungen zu hoch

29 %

Mangelnde Beschreibung der Produktidee

23 % 18 %

Unzureichende Fach- / Branchenkenntnisse

0%

10 %

20 %

30 %

40 %

Eigene Darstellung in Anlehnung an: Becker, W., Feichtinger C. Controlling in Jungen Unternehmen Controller Magazin 2018 Mai/Juni Ausgabe 3

Abb. 1.1  Defizite der Gründer bei der IHK-Gründungsberatung in 2017. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Deutscher Industrie- und Handelskammertag e. V. (2018); DIHK-­Gründerreport 2018, Berlin

fung gewährleistet ist. Ein aktives und flexibles Controlling dient als Unterstützung, denn es versetzt die Unternehmensgründer in die Lage, auch in einem globalen Umfeld und in kritischen Situationen zum Beispiel während eines konjunkturellen Abschwungs fokussiert zu bleiben. (Becker und Feichtinger 2018, S. 84 f.) Der folgende Beitrag stellt am Beispiel der Talentcube GmbH dar, wie durch ein pragmatisches Controlling die Überlebens- und Erfolgschancen von Startups verbessert werden können. Es wird untersucht, welche Aufgaben und Funktionen das Controlling bei Startups einnimmt und welche Controllinginstrumente und Kennzahlen für die Unternehmenssteuerung in der Wachstumsphase von Relevanz sind. Zunächst werden die Startups aus verschiedenen Perspektiven definiert, sowie die Aufgaben und Funktionen von Controlling in traditionellen Unternehmen dargestellt. Darauf aufbauend werden klassische Controllinginstrumente, die sich für Startups anbieten, erörtert. Für den Transfer in die Praxis wurde mit dem Firmengründer der Talentcube GmbH Sebastian Niewöhner, ein Experteninterview geführt. Dafür wurde ein spezifischer Leitfaden erstellt, der gezielt die relevanten Controllingprozesse, die genutzten Instrumente und deren Risiken abfragt.

1.2

Differenzierung der Startups

Mit Startups werden Firmengründungen mit hohem Wachstumspotenzial bei einer gleichzeitig vergleichsweise hohen Risikoposition assoziiert. Häufig besitzen die Geschäftsmodelle einen technisch oder inhaltlich innovativen Charakter und unterscheiden sich damit von anderen Formen der Existenzgründung. Deswegen werden zunächst die Existenz-

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gründungen klassifiziert. Hier gibt es sogenannte derivative Gründungen, die Maßnahmen wie zum Beispiel die Übernahme eines Unternehmens durch Management-Buy-in oder Management-Buy-out, die Fusion zweier bestehender Unternehmen sowie den klassischen Unternehmenserwerb umfassen. Diese Unternehmen können auf bereits existente Strukturen, Ressourcen und Erfahrungen zurückgreifen, weshalb deren Risiko des Scheiterns wesentlich geringer ist. (Diehm 2017, S. 14 f.) Startups sind jedoch eine besondere Form von Gründungen, die sich durch eine innovative und skalierbare Geschäftsidee auszeichnen. „Innovative Gründungen bezeichnen den Eintritt in ein noch nicht bzw. wenig erschlossenes Marktsegment, für das bislang kaum Erfahrungs- und Vergleichswerte ­vorliegen.“ (Diehm 2017, S. 17) Der Deutsche Startup Monitor 2018 definiert die wesentlichen Merkmale von Start-ups wie folgt: • Startups sind jünger als 10 Jahre • Startups haben ein (geplantes) Mitarbeiter-/ Umsatzwachstum und/oder • sind hochinnovativ in ihren Produkten/Dienstleistungen, Geschäftsmodellen und/oder Technologien Die Eingrenzung junger Unternehmen nach dem Alter stellt sich in der Praxis schwierig dar, da in der betriebswirtschaftlichen Literatur unterschiedliche Definitionen verwendet werden. Die Angaben hierzu variieren zwischen drei und bis zu zwölf Jahren. Generell kann festgehalten werden, dass diese Unternehmen sich in einer frühen Phase der Unternehmensentwicklung befinden (Thommen et  al. 2017, S.  37). Die Differenzierung der Existenzgründer hängt aber nicht nur vom Alter, sondern von weiteren Faktoren wie Branche, Ressourcen und Zielkunden ab. (Becker und Feichtinger 2018, S. 84). Konstruktiver erscheint dagegen die Einordnung junger Unternehmen anhand eines klassischen Wachstumsmodells, ohne konkrete Jahresangaben. (Diehm 2017, S. 19) Begonnen wird das Lebenszyklusmodell (Abb. 1.2) mit der Gründungsphase, in der die kreative Geschäftsidee in einen konkreten Businessplan überführt wird. Als wesentliche

Abb. 1.2  Lebenszyklusmodell für Unternehmen: Eigene Darstellung in Anlehnung an Diehm 2017

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Controllinginstrumente für diese Phase können nach Diehm die Finanzplanung im Rahmen des Businessplans, sowie die laufende Liquiditätskontrolle und die klassischen In­ strumente des Projektcontrollings zur Ziel- und Fortschrittskontrolle herangezogen werden. Nach Beantwortung der Finanzierungsfrage und der formalrechtlichen Unternehmensgründung endet diese Phase mit dem Markteintritt. (Diehm 2017, S. 87) Nun beginnt die Wachstumsphase, in der sich das Startup mit seinem Angebot am Markt etablieren muss, indem es den Wirkungsbereich und den Kundenstamm vergrößert. In dieser Wachstumsphase sollten der Businessplan und die strategische Planung agil an die Bedürfnisse der operativen Umsetzung angepasst werden. Das Ziel dieser Phase ist es, profitabel zu werden und den ersten Gewinn zu erwirtschaften. Zunächst werden mit den ersten Umsätzen die Fixkosten gedeckt, dann auch die variablen Kosten, um möglichst bald den Break-Even-Point (BEP) zu erreichen. Das Erreichen der Gewinnzone steigert die Attraktivität des Unternehmens für potenzielle Kapitalgeber in der nächsten Finanzierungsrunde. Die Herausforderung für die Unternehmensgründer in dieser Phase besteht in der Beendigung des sogenannten Mikromanagements, indem formale Strukturen und Prozesse in den jungen Unternehmen etabliert werden. Ebenso findet eine Anpassung der zu Beginn gewählten Controllinginstrumente für die weitere Expansion statt. Wann diese Phase endet, ist individuell vom jeweiligen Geschäftsmodell abhängig. Die Venture Capital Investoren antizipieren i. d. R., dass diese Phase nach 3 bis 5 Jahren endet. (Startup Monitor 2018, S. 21) Die nachfolgende Phase der Reife und Sättigung ist für die Startups logischerweise noch in weiter Zukunft und soll deswegen hier nicht behandelt werden. Von Bedeutung für die Auswahl der Controllinginstrumente ist auch die Klassifizierung der Startups untereinander. Grundsätzlich sollen Startups innovativ sein, jedoch ist es ein großer Unterschied für die Wahl der Controllinginstrumente, ob das Geschäftsmodell den Verkauf eines Produkts oder einer Dienstleistung oder beides beinhaltet. Zur Einordnung der Startups wird die Klassifizierung der Deutschen Gesellschaft für Personalführung (DGFP-PraxisPapiere 2015, S. 8) herangezogen, anhand deren Kombination der Markt- und Technologiedimensionen lassen sich drei Typen von Startups ableiten (Abb. 1.3). Abb. 1.3  Klassifizierung von Unternehmensgründungen: Eigene Darstellung in Anlehnung an DGFP Praxispapiere. Deutsche Gesellschaft für Personalführung 2016

Eigene Markt

Typ 2a Innovatives Startup

Typ 3 Disruptives Startup

Typ 1 Klassische Existenzgründer

Typ 2b Innovatives Startup

Bestehender Markt

Bestehende Technologien

innovative Technologien

Eigenen Darstellung in Anlehnung an DGFP – PraxisPapiere; Deutsche Gesellschaft für Personalführung e.V., 2016

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Startups können von den klassischen Existenzgründern (Typ III) abgegrenzt werden, weil sie in einen noch relativ unbekannten Markt mit einer bekannten Technologie ­eintreten (Typ II) oder sie agieren in einem bestehenden Markt mit einer neuen Technologie (Typ IV). Disruptive Startups tragen mit einer neuen Technologie zur Entstehung eines neuen, noch unbekannten Marktes bei (Typ I) (DGFV Praxispapiere 2015, S. 8 f.). Sie sind eine logische Konsequenz des technologischen Fortschritts und können für bestehende Märkte zu einer extremen Umstrukturierung traditioneller Geschäftsmodelle führen. „Produkte auf Basis disruptiver Technologien stehen in einem engen Zusammenhang mit neuen Geschäftsmodellen, bieten Kunden völlig andere Leistungseigenschaften als bisherige Produkte, begründen neue Märkte und/oder „zerstören“ bestehende Marktstrukturen.“ (Janke und Burkhardt 2018, S. 1) Für die jungen Startups wird die Wahl geeigneter Controllinginstrumente umso komplexer, je innovativer und unbekannter die Technologien und Märkte ihrer Geschäftsidee sind. Beim Einsatz bestehender Technologien, kann für das Controlling auf der Kostenseite auf Erfahrungswerte zurückgegriffen werden. Wenn Startups neue Technologien für bestehende Märkte entwickeln, können existierende Markt- und Branchenanalysen zur Umsatzprognose herangezogen werden. Die größte Herausforderung stellen disruptive Startups dar, weil weder für die Kosten noch für zukünftige Umsätze genügend Daten existieren, die sie für den Aufbau ihres Controllings heranziehen könnten. Das für KMU’s aktuell angewendete Prozessreifegradmodell der Produktentwicklung (Janke und Burkhardt 2018, S. 5 ff.) erscheint für Startups eher ungeeignet, weil die personellen und finanziellen Ressourcen für die Erstellung nicht vorhanden sind.

1.3

Controlling für Startups

Dieser Beitrag folgt im Wesentlichen der koordinationsorientierten Definition des Controlling-­Begriffs von Wöhe. Demnach versteht man „… unter Controlling die Summe aller Maßnahmen, die dazu dienen, die Führungsbereiche Planung, Kontrolle, Organisation, Personalführung und Information so zu koordinieren, dass die Unternehmensziele optimal erreicht werden.“ (Wöhe und Döring 2016, S. 177).

Die Abstimmung dieser fünf Bereiche des betrieblichen Führungssystems stellt die Kernaufgabe des Controllings dar, wobei eine Untergliederung in strategische und operative Aufgaben vorgenommen wird. Der Fokus des strategischen Controllings liegt auf der Führungsunterstützungsfunktion, indem das Controlling die konsolidierten Kennzahlen und Informationen an das Management weitergibt. Das Management verwendet diese Informationen zur Optimierung der Wertschöpfung und damit zur langfristigen Existenzsicherung des Unternehmens. Bei Startups in der Gründungsphase werden diese beiden Funktionen meistens von den Gründern selbst übernommen, so dass hier kein expliziter Informationsaustausch erforderlich ist. Somit leistet das Strategisches Controlling mit den

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5 Kernelementen einen wesentlichen Beitrag für die Unternehmensgründer und orientiert sich an den langfristigen Fragestellungen im Rahmen der Unternehmensführung. Es legt die Instrumente der Strategieentwicklung zur Beantwortung folgender Fragestellungen fest: • Welche Produkte und/oder Dienstleistungen werden auf welchen Märkten angeboten? (Produkt-Markt-Strategie) • Wie begegnet das Unternehmen der Konkurrenz? (Wettbewerbsstrategie) • Welche Mittel werden für die Leistungserstellung untergliedert nach Beschaffungs-, Finanzierungs,- Personal,- Produktions- und Technologiestrategie herangezogen? (Klett und Pivernetz 2014, S. 132) Die Steuerungsgrößen des strategischen Controllings werden aus den übergeordneten Unternehmenszielen abgeleitet. Sie sollen die effektive und effiziente Nutzung der vorhandenen und zukünftigen Unternehmensressourcen sicherstellen, um eine frühzeitige Antizipation von potenziellen Planabweichungen zu ermöglichen. Für kleinere und/oder jüngere Unternehmen können für das strategische Controlling Instrumente wie die Umfeldanalyse, die Unternehmensanalyse und die Strategieentwicklung am Beispiel der BCG-Matrix herangezogen werden. (Klett und Pivernetz 2014, S. 132 ff.) Auch andere Controllinginstrumente wie Benchmarking und SWOT-Analyse bieten spezifische Informationen zur Planung und Kontrolle der wachsenden Organisation. Aufgrund der knappen personellen Ressourcen in Startups stellt die Kosten-Nutzen-Analyse bei der Wahl der unternehmensspezifischen Controllinginstrumente ein wesentliches Kriterium dar. Aber nicht nur die Effizienz der Controllinginstrumente, sondern auch die Relevanz für die aktuelle Situation des Unternehmens ist ein weiteres Entscheidungskriterium. Das operative Controlling in kleinen Unternehmen bietet weniger Spielraum bei der Auswahl der Instrumente, da dieses als Schnittstelle zwischen strategischem Controlling und dem betrieblichen Rechnungswesen dient. In der Regel umfasst das operative Con­ trolling einen kürzeren Betrachtungszeitraum. Die strategischen Unternehmensziele werden zum Beispiel im Rahmen des Budgetierungsprozesses quantifiziert und anschließend für die jeweiligen zu betrachtenden Zeiträume heruntergebrochen. Diese konkreten Kennzahlen werden innerhalb des Unternehmens kommuniziert und im regelmäßigen Turnus kontrolliert und abgeglichen. Da die meisten kleinen und/oder jungen Unternehmen die Rechtsform der GmbH wählen, unterliegen sie der Buchführungspflicht nach §238 HGB. Der damit verbundene Arbeits- und Kostenaufwand nivelliert sich, weil das Datenmaterial aus dem Rechnungswesen für den Aufbau eines operativen Kennzahlensystems herangezogen werden kann. Wesentliche Aufgaben des operativen Controllings sind Liquiditätssicherung, Kostensenkung, Effizienzsteigerung, Kapitaleinsparung und Risiko- Monitoring. Als Controllinginstrumente werden dafür Soll-Ist-Vergleiche, Abweichungsanalysen, sowie klassische ­Kostenrechnungsmethoden wie Kostenarten-, Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung herangezogen. Die Anpassung des strategischen und operativen Controllings an die Unter-

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nehmensziele wird häufig als Regelkreis beschrieben, der in konkrete aufeinanderfolgende Aktivitäten umgesetzt werden kann. (Klett und Pivernetz 2014. S. 8) Auch wenn Startups aufgrund ihrer Unternehmensgröße und kurzen Unternehmenshistorie noch eine geringe Komplexität aufweisen, sollte die Implementierung geeigneter Controllinginstrumente nicht vernachlässigt werden. „Start-ups müssen ihr Controlling sowie die selbst entwickelten Kennzahlen-Systeme auf ihre Bedürfnisse abstimmen und zwischen Finanz-Controlling und operativem Controlling unterscheiden.“ (Lüdtke 2017, S. 37) Ein Unterscheidungskriterium zwischen KMUs und Startups liegt in den Finanzierungsmöglichkeiten. Startups werden mit sogenanntem Risikokapital von Business Angels oder Venture Capitalists finanziert, die bereit sind, für eine größere Chance auch ein größeres Risiko einzugehen. Bei der Ausgestaltung des Finanz-Controllings sollten deshalb auch die Erwartungen der potenziellen Investoren Berücksichtigung finden, um diese von dem Erfolg ihres Investments zu überzeugen. Die im operativen Controlling generierten Kennzahlen, auch Key Performance Indicators (KPIs) genannt, sind abhängig vom Geschäftsmodell und der Branche in der das Startup agiert. Zu Beginn der Geschäftstätigkeit stellt die Identifizierung der unternehmensrelevanten Kennzahlen eine wesentliche Herausforderung für die Gründer dar, weil die Kennzahlen den gegeben komplexen Sachverhalt quantitativ komprimiert darstellen sollen. (Becker und Feichtinger 2018, S.  85) Mit dem Unternehmenswachstum geht der Aufbau eines ersten, rudimentären und meist selbstentwickelten Kennzahlen-Systems einher, das flexibel gehalten werden sollte, damit es den dynamischen Anforderungen in der Wachstumsphase zügig angepasst werden kann. Erst nachdem sich diese KPIs bewährt haben und die relevanten Informationen der zunehmenden Geschäftstätigkeit abbilden, können sukzessive klassische Controllinginstrumente implementiert werden, die dann zur Optimierung der Wirtschaftlichkeit, Produktivität und Rentabilität beitragen. Unter Instrumenten werden betriebswirtschaftliche Hilfsmittel verstanden, welche die Aufgabenträger benötigen, um ihre Aufgaben erfolgreich zu erfüllen (Becker und Feichtinger 2018, S. 85). Laut einer Umfrage bei jungen Unternehmen werden die 16 abgefragten Controllinginstrumente mit der in Abb.  1.4 dargestellten prozentualen Häufigkeit eingesetzt. Im Rahmen dieser Befragung kommen am häufigsten GAP-Analyse, Umfeld- oder Umweltanalyse sowie die Szenarioanalyse mit jeweils 8  % zur Anwendung. Das weist darauf hin, dass es für die Unternehmensgründer sehr wichtig ist, Zielabweichungen rechtzeitig zu erkennen, um gegensteuern zu können. Ebenso interessant ist die Häufigkeit der Nutzung von Kennzahlen, die in der gleichen Studie erhoben wurden. Es wurde festgestellt, dass Finanzkennzahlen wie zum Beispiel der klassische Cash Flow und Erfolgskennzahlen wie zum Beispiel die traditionelle Deckungsbeitragsrechnung auch bei jungen Unternehmen zur umsichtigen Unternehmenssteuerung herangezogen werden. (Becker und Feichtinger 2018, S. 85) Zunächst ist es von hoher Priorität, dass bei den jungen Unternehmern ein Bewusstsein für die Relevanz des Controllings bereits in der Gründungsphase vorhanden ist. Controlling darf nicht als Beschränkung der unternehmerischen Freiheit und Flexibilität oder als

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GAP – Analyse Umfeld- oder Umweltanalyse Sonstige Szenarioanalyse Prozesskostenrechnung ABC – Analyse Operative rollierende Planung SWOT-Analyse Investitionsrechnung

Break-Even-Analyse Deckungsbeitragsrechnung

0%

1%

2%

3%

4%

5%

6%

7%

8%

9%

Eigene Darstellung in Anlehnung an: Becker, W., Feichtinger C. Controlling in Jungen Unternehmen Controller Magazin 2018 Mai/Juni Ausgabe 3 Abb. 1.4  Verwendung von Controlling-Instrumenten bei Startups. Eigene Darstellung in Anlehnung an Becker und Feichtinger 2018, Controller Magazin

eine Zusatzbelastung verstanden werden, denn es existiert eine Korrelation zwischen der genauen Analyse der Geschäftszahlen und dem Erfolg des Startups. Deswegen sollte ein Minimum an Controlling-Knowhow im Unternehmen vorhanden sein, entweder bei den Gründern selbst oder bei einem der Mitarbeiter. Eine pragmatische Aufgabenteilung in dieser Phase ist sinnvoll, indem Mitarbeiter das operative Controlling übernehmen, die relevanten Daten einsammeln, aufbereiten und analysieren, damit sich die Gründer diese Ergebnisse ansehen, für sich interpretieren und in die Planung und Entscheidungsfindung einbeziehen können. Unabhängig davon, wer die Controllingaufgaben übernimmt, ist es wichtig, dass die Gründer nie den Überblick über die Kosten- und Finanzsituation ihres Unternehmens verlieren. Ein weiteres häufiges Problem stellt die Neigung zur Selbstüberschätzung der Gründer dar. Schreitet die Unternehmensentwicklung sehr schnell voran, werden die Managementaufgaben immer komplexer, und die Gründer können nicht alle Teilbereiche der sich permanent verändernden Unternehmenssituation überschauen. Die Implementierung durchdachter und möglichst konsistenter Controlling-Instrumente trägt in der Wachstumsphase dazu bei, die Rationalität von Gründern und ihren Entscheidungen sicherzustellen. Die gleiche Argumentation trifft zu, wenn die Finanzbuchhaltung von einem externen Dienstleister durchgeführt wird. In diesem Fall sollten sich die Unternehmensgründer ebenso mit der Datenanalyse beschäftigen, weil die auf der Buchhaltung basierenden betriebswirtschaftlichen Auswertungen teilweise für die unternehmerische Steuerung und Planung ungeeignet sind. Eine retrospektive Analyse des Quartals- oder Jahresabschlusses birgt das Problem, dass diese Daten nicht den aktuellen Geschäftsverlauf abbilden und sie deswegen für zeitnahe Entscheidung nicht herangezogen werden können. Ein funktionie-

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rendes Rechnungswesen, egal ob intern oder extern, ist kein Ersatz für ein zeitnah und adäquat durchgeführtes Controlling.

1.4

Welche Controlling-Instrumente nutzt die Talentcube GmbH?

Das Startup Talentcube GmbH dient als Praxisbeispiel für die Darstellung der Controlling-­ Herausforderungen, denen sich Startups gegenübersehen. Die Talentcube GmbH mit Firmensitz in München arbeitet daran, die Video-­Bewerbung als neuen Bewerbungsstandard zu etablieren und Personalern wie Jobsuchenden das Leben einfacher zu machen. (talentcube.de 2019) Es kann somit als typisches Beispiel eines Startups aus dem digitalen Bereich mit einer App für mobile Endgeräte als Innovation eingeordnet werden. Das Unternehmen wurde im Jahr 2015 von Sebastian Hust, Sebastian Niewöhner und Hendrik Seiler mit Hilfe eines EXIST-Gründerstipendiums an der Hochschule Esslingen gegründet. Alle drei Gründer arbeiten unverändert im Unternehmen als Geschäftsführer (Exist.de 2019). Im Jahr 2017 trat das Team von Talentcube GmbH in der Fernsehsendung „Höhle der Löwen“ auf und gewann Karsten Maschmeyer als Investor mit einem Eigenkapitalbeitrag in Höhe von EUR 400.000. Hr. Maschmeyer erwarb damit 33,3 % auf Basis einer Bewertung des Unternehmenswerts von EUR 1,2 Mio. Anschließend wurde Talentcube in eine GmbH umgewandelt. Gegenwärtig wird das Unternehmen über 100 % Eigenkapital finanziert, mittelfristig ist eine zusätzliche Finanzierung über Fremdkapital geplant. Die Zielgruppe der Talentcube GmbH sind sowohl B2C als auch B2B-Kunden. Als B2C-­Kunden haben Bewerber die Möglichkeit, sich über Talentcube GmbH digital zu bewerben und sich dem potenziellen Arbeitgeber visuell und authentisch zu präsentieren. Zu diesem Zweck kann ein Bewerber über die App der Talentcube GmbH ein eigenes Kurzvideo aufzeichnen und mit seinem Lebenslauf, der bereits auf der Social Media Business Plattform XING vorhanden ist, kombinieren. Somit verläuft der Bewerbungsprozess bis zum persönlichen Vorstellungsgespräch digital, was sowohl dem Bewerber als auch dem Unternehmen Zeit und Kosten spart und dem aktuellen Trend zur Digitalisierung entspricht. (talentcube.de 2019) Auch Unternehmen können mit der Unterstützung der Talentcube GmbH ihren Recruitingprozess optimieren, indem sie auf dieses digitalen Bewerbungsformat umstellen. Erstens können sie ihre Stellenausschreibungen über Talentcube GmbH online schalten und zweitens haben sie zusätzlich die Möglichkeit, bis zu drei Fragen an potenzielle Bewerber zu stellen, die jeweils in einem halbminütigen Video beantwortet werden müssen. So erhält der potenzielle Arbeitgeber bereits vor einer Einladung zum Vorstellungsgespräch einen ersten persönlichen Eindruck des Bewerbers und kann sich von Beginn an auf die Top-Kandidaten fokussieren, wodurch er seine Recruiting-Kosten bis zu 60  % senken kann. (talentcube.de 2019)

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Die App des Unternehmens wurde seit der Unternehmensgründung bereits rund 40.000 mal von Bewerbern heruntergeladen, die damit bereits mehr als 15.000 Video-­Bewerbungen erstellt haben. Das Unternehmen arbeitet derzeit mit über 100 Partnerunternehmen, da­ runter Allianz SE, AOK, Hewlett- Packard, Kneipp und Lillydoo zusammen. Im September 2017 gewann die Talentcube GmbH den HR Innovation Award der Zeitschrift Zukunft Personal. Analysten attestieren dem Unternehmen großes Potenzial, da es sich um eine innovative Dienstleistung handelt ist und das Geschäftsmodell auf digitaler Basis sehr gut skalierbar ist. Die Unternehmensgründer und ihr Team arbeiten intensiv daran, den profitablen Wachstumskurs seit der Unternehmensgründung beizubehalten und der Keyplayer im Markt der Videobewerbungen zu werden. Die Talentcube GmbH kann als typisches Startup mit innovativem Charakter nach den Merkmalen des Startup Monitors eingeordnet werden. Es ist mit einer innovativen und digitalen Technologie in den bestehenden Markt der Personalvermittlung eingetreten und wird deswegen als Startup des Typs IV klassifiziert. Seit der Gründung im Jahr 2015 durch die 3 Geschäftsführer ist die Talentcube GmbH auf ein Team von aktuell 14 Mitarbeiter angewachsen. Das Unternehmen differenziert sich erfolgreich über seine Bewerbungs-App von traditionellen Personalberatern, Headhuntern und Jobportalen. Es sieht sich einem sehr dynamischen und globalen Wettbewerbsumfeld gegenüber, indem es nun darauf ankommt diesen Wettbewerbsvorteil dauerhaft zu bewahren und langfristig auszubauen. Nutzt man das Lebenszyklusmodell zur Abgrenzung, so kann die Talentcube GmbH der Phase des Wachstums zugeordnet werden. Als Indikator für diese Phase dienen stark steigende Umsätze und das Überschreiten der Gewinnschwelle (Thommen et al. 2017, S. 86 f.). Um diese dynamische Expansion weiterhin erfolgreich fortzusetzen, ist ein auf die Bedürfnisse des Unternehmens zugeschnittenes Controlling unbedingt erforderlich. Die folgenden Ausführungen dazu beruhen auf dem Experteninterview mit Unternehmensgründer Sebastian Niewöhner.

1.4.1 Strategisches Controlling bei der Talentcube GmbH Geschäftsmodell und Marketing Das unternehmerische Risiko ist für Startups höher und wird durch die zunehmende Markttransparenz aufgrund der Globalisierung und des raschen technologischen Fortschritts noch verstärkt. Potenzielle Wettbewerber können relativ unkompliziert erfolgreiche Geschäftsmodelle aus allen Teilen der Welt kopieren und sehr schnell umsetzen. Da es häufig problematisch ist, die innovative Geschäftsidee durch Patente oder Markenrechte zu schützen, nimmt der Wettbewerbsdruck für viele junge Unternehmen wie die Talentcube GmbH deutlich zu. Andererseits basiert das Geschäftsmodell der Talentcube GmbH auf der nachhaltigen Entwicklung moderner Informationstechnologie, verbunden mit der Nutzung der neuen Medien wie dem Mobiltelefon und der dazugehörigen Applikationen. Strategisch betrachtet ist es also für die Talentcube GmbH von hoher Relevanz, schnell zu wachsen und die Marktführerschaft anzustreben, um so potenzielle Nachahmer am Markteintritt zu hindern. Diese Marketingstrategie zielt auf eine schnelle Marktdurchdringung

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und erfordert in den ersten Jahren hohe Marketingausgaben (Hinterhuber und Matzler 1999, S. 95). Als Teil des strategischen Controllings wird auch das kontinuierliche und kritische Hinterfragen der Unternehmensstrategie gesehen (Weber und Schäffer 2016, S. 403). Im Falle der Talentcube GmbH könnte beispielsweise die Fragestellung lauten, ob und inwieweit potenzielle Konkurrenten mit einer ähnlichen App in den Markt eintreten und dem Unternehmen Marktanteile abnehmen. Diese strategische Aufgabe kann erfahrungsgemäß nicht nur vom Management des Unternehmens wahrgenommen werden, da ihm aufgrund der ständigen Involvierung in das Tagesgeschäft hierzu die nötige Distanz und Objektivität fehlt. Die Unternehmensgründer benötigen idealerweise einen externen „Sparringspartner“, der die Unternehmensstrategie laufend analysiert. Diese komplexe Aufgabe könnte zum Beispiel der externe Investor Karsten Maschmeyer wahrnehmen. Er hat das gleiche Interesse am Unternehmenserfolg wie die Gründer, verfügt über viel unternehmerische Expertise und hat mehr Distanz zum operativen Alltagsgeschäft des Unternehmens. OKR Das Managementteam nutzt für die Realisierung der strategischen Planung die moderne OKR-Methode (Objectives and Key Results) basierend auf einer entsprechenden Software. Hierunter versteht man eine Managementmethode, bei der die Ziele des Unternehmens mit denjenigen des einzelnen Mitarbeiters verbunden werden. Die Methode kommt aus den USA und wird vor allem von jungen, dynamisch wachsenden Unternehmen wie zum Beispiel Twitter, LinkedIn und Spotify eingesetzt. Die Geschwindigkeit von Veränderungen hat sich in den technologielastigen Branchen so beschleunigt, dass eine Jahresplanung schon im 2. Quartal redundant sein kann, was zu Frustrationen bei der Zielerreichung seitens der Mitarbeiter und dem Management führt. Deshalb besteht die Grundidee der OKR-Methode darin, jedem Ziel (Objective) konkret messbare Schlüsselergebnisse (Key Results) zuzuordnen und somit einen konkreten Fokus für das kommende Quartal zu setzen. „Die Ziele und Prioritäten werden quartalsweise festgelegt und durch völlige Transparenz der messbaren Key Results, einem definierten Monitoring- und Gradingsystem, weiß jeder in der Organisation um seine Beiträge zur Wertschöpfung des Unternehmens.“ (Fürstberger 2017, S. 44) Die jungen Unternehmer der Talentcube GmbH realisieren diese Methode in ihrer kleinen Organisation, indem sie zunächst Jahresziele auf Unternehmensebene definieren und diese Ziele auf die Abteilungen und letztlich auf jeden einzelnen Mitarbeiter herunterbrechen. Auch für die zeitliche Dimension wenden sie die gleiche Vorgehensweise an. Die quantitativen und qualitativen Jahresziele werden auf die Quartale und letztlich auf Monate aufgeteilt. Die Implementierung dieser Management – Methode trägt dazu bei, dass die knappen personellen Ressourcen optimal eingesetzt werden und sich die Geschäftsführer auf die essenziellen Management-Aufgaben konzentrieren können.

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Szenario-Analyse Zum strategischen Controlling zählt unbedingt die kurz-, mittel- und langfristige Finanzplanung. Die Talentcube GmbH verfügt über eine langfristige Finanzplanung, da sie den Informationsansprüchen ihrer Kapitalgeber bezüglich der relevanten Kennzahlen gerecht werden muss. Zu diesem Zweck wird bei der Talentcube GmbH wie bei vielen anderen Startups auch die Szenario-Analyse eingesetzt. Diese qualitative Methode der strategischen Frühaufklärung simuliert alternative Umweltszenarien, die eine logische Fortsetzung des aktuellen Unternehmenszustandes darstellen sollen. Je nach Entwicklung des Umfeldes lassen sich für mögliche zukünftige Situationen unterschiedliche Szenarien beschreiben. Aus Kostengründen empfiehlt es sich hier für Startups, nur die drei wesentlichen Grundtypen von Szenarien zu ermitteln: • ein „best-case-scenario“ für die bestmögliche Zukunftsentwicklung • ein „worst-case-scenario“ für eine negative Zukunftsentwicklung • ein Trendszenario für eine möglichst realistische Fortschreibung der Gegenwart in die Zukunft Jedes der Szenarien lässt andere Schlussfolgerungen und Entwicklungsmöglichkeiten zu, deren Konsequenzen so detailliert wie möglich analysiert werden. (Mißler-Behr 1993, S. 3) Zur Visualisierung der zukünftigen Unsicherheiten, werden die Ergebnisse häufig in Form eines Szenariotrichters dargestellt. Das positive und das negative Extremszenario legen die beiden äußeren Enden des Trichters fest. Dabei gilt: je breiter die Öffnung des Trichters, desto höher die Unsicherheit der zukünftigen Entwicklung. Gap-Analyse In der gegenwärtigen Wachstumsphase kommt es für die Talentcube GmbH darauf an, möglichst pragmatische und standardisierte Controllinginstrumente einzusetzen, die mit vertretbaren Kosten angewendet werden können. Deswegen wird für das strategische Controlling ergänzend auf Excel-basierte Lösungen zurückgegriffen, um die Gap-Analyse zu realisieren. Diese bewährte Analysemethode wird durchgeführt, wenn die prognostizierte Entwicklung der Ist-Werte nicht den geplanten Soll-Größen entspricht und es zu Abweichungen von den langfristigen Planwerten kommt. Die extrapolierten Ist-Werte werden der geplanten bzw. gewünschten Unternehmensentwicklung gegenübergestellt, mit dem Ziel diese operativen bzw. strategischen Lücken zu schließen (Horváth 2011, S. 348). Die zu wählenden Optimierungsmaßnahmen werden in Abhängigkeit von der Diskrepanz der Hochrechnungen festgelegt. Pricing Für das Pricing und das unternehmensinterne Controlling seiner Produkte nutzt die Talentcube GmbH die Preisstrategie eines internationalen Marktbegleiters als Benchmark. Damit will das Unternehmen sicherstellen, dass es seine Dienstleistungen zu marktgerechten

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Preisen anbietet. Dies ist für das langfristige Unternehmenswachstum wichtig, um einerseits rasch die Gewinnschwelle zu erreichen und andererseits potenzielle Kunden nicht aufgrund einer überhöhten und nicht marktkonformen Preisgestaltung zu verlieren. Personal Aus Controllingperspektive ist der Faktor Personal der größte langfristige Kostentreiber. Daher widmen die jungen Unternehmer diesem Thema große Aufmerksamkeit. Beispielsweise existiert eine Dreijahresplanung für die weitere Aufstockung des Personalbestands. Herr Niewöhner teilte mit, dass die Rekrutierung engagierter und motivierter Mitarbeiter für die Talentcube GmbH, wie für die meisten Startups, eine signifikante Herausforderung darstellt. Die Ermittlung von Personalkennzahlen aus dem HR-Controlling wie Krankenstand, Fluktuation oder Umsatz je Mitarbeiter können dem Unternehmen hierzu wichtige Entscheidungshilfen bieten. Zusammenfassend lässt sich resümieren, dass insbesondere die knappen Ressourcen die Talentcube GmbH dazu bewegen, sich auf das strategische Controlling und das Finanzcontrolling zu fokussieren. Im Mittelpunkt stehen Ertragskennzahlen und kundenbezogene Kennzahlen. Das Experteninterview ergab, dass die Talentcube GmbH die OKR-Methode (Objectives and Key Results) für das strategische Controlling des Gesamtunternehmens einsetzt. Darüber hinaus verwendet das Unternehmen die Gap-Analyse, um Abweichungen von den wichtigsten strategischen Planzahlen möglichst frühzeitig zu erkennen. Weitere Controlling Schwerpunkte liegen auf der Preisbeobachtung des Wettbewerbs und der langfristigen Planung der Personalrekrutierung. Damit vermeiden die jungen Unternehmer einen häufigen Fehler in der Wachstumsphase, sie priorisieren das Controlling zur Planung in der Wachstumsphase sehr hoch. Teilweise übernehmen sie selbst Controllingaufgaben, indem sie sich sehr intensiv mit der Analyse und Interpretation der Daten beschäftigen, um optimale Entscheidungen für das zukünftige Unternehmenswachstum zu treffen. Im Laufe der bisherigen Geschäftstätigkeit haben sie bereits Erfahrung gesammelt und die für ihre Branche und Unternehmensgröße relevanten Kennzahlen angepasst. Auch greifen sie auf Outsourcing zurück und binden einen Steuerberater eng in das Finanzcontrolling ein, um zusätzliche Expertise zu Spezialthemen zu erhalten.

1.4.2 Operatives Controlling bei der Talentcube GmbH Angesichts dieser Herausforderungen verbleibt die strategische Gesamtplanung und das damit verbundene strategische Controlling bei der Talentcube GmbH auf der Managementebene. Der Zeitraum der Betrachtung ist entsprechend dem dynamischen Marktumfeld auf 3–5 Jahre ausgerichtet. Die Vorbereitung dieser Planungsaufgaben für die Geschäftsführer und das operative Controlling wird von den Mitarbeitern der Abteilung Mobile & Business Development übernommen.

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Berichtswesen Voraussetzung für die Finanzplanung ist ein funktionierendes Berichtswesen, das dem Management alle erforderlichen Informationen im Rahmen des Controllings bereitstellt. Da Talentcube inzwischen zur GmbH umfirmiert wurde, ist das Unternehmen gesetzlich zur Buchführung verpflichtet und muss ein entsprechendes Berichtswesen vorhalten. Weil die laufende Buchführung an eine externe Steuerberatung ausgelagert ist, spart Talentcube GmbH personelle Ressourcen und kann sich intensiver auf das Kerngeschäft und den Unternehmensausbau konzentrieren. Das bedeutet, dass alle Belege einem externen Steuerberater übergeben werden, der die Monatsabschlüsse und Jahresabschlüsse und die steuerlichen Angelegenheiten übernimmt. Somit stehen die relevanten Daten für das operative Controlling zeitnah zur Verfügung. Mithilfe einer monatlichen betriebswirtschaftlichen Auswertung BWA durch den Steuerberater verfügt die Talentcube GmbH über das erforderliche Datenmaterial, um die wesentlichen Kennzahlen für das Controlling zu ermitteln. Dabei ist jedoch zu bedenken, dass der Steuerberater die monatliche betriebswirtschaftliche Auswertung primär für die steuerliche Gewinnermittlung erstellt. Daher ist die BWA für das Unternehmenscontrolling nur bedingt geeignet und die monatlichen Zahlen müssen im Unternehmen entsprechend aufbereitet werden. (Diehm 2017, S. 50 f.) Kennzahlen Nach der Modifizierung der Daten des laufenden Berichtswesens werden diese für die Berechnung der Kennzahlen herangezogen. Jedoch steht die Talentcube GmbH vor einer Reihe von Herausforderungen, denn das Unternehmen ist in der Dienstleistungsbranche tätig und bietet eine immaterielle Leistung an, deren Qualität und Erfolgswahrscheinlichkeit im Voraus nur schwer erfassbar ist. Die Produktion und Übertragung der Leistung fällt zeitlich zusammen. Darüber hinaus ist die Dienstleistung nicht speicherbar, nicht transportierbar und nicht lagerfähig. (Haller 2017, S. 7–13) Diese Eigenschaften der von Talentcube GmbH angebotenen Dienstleistung haben auf das Controlling des Unternehmens zwei Auswirkungen. Erstens ist das Geschäftsmodell und der Prozess der Leistungserstellung im Vergleich zu Produktionsunternehmen relativ unkompliziert. Zweitens ist der daraus resultierende Controllingaufwand auch deutlich geringer. Beispielsweise sind Produktionskennzahlen wie Lagerumschlagshäufigkeit oder die Output-Rate für ein ­ Dienstleistungsunternehmen redundant und müssen nicht berechnet werden. Das Experteninterview mit Herrn Niewöhner hat hierzu ergeben, dass der Schwerpunkt auf der Kalkulation der wichtigsten Leistungskennzahlen zu Umsatz, Auftragseingang, Neukunden, Marktanteil und dem Betriebsergebnis liegt. Beispielsweise berechnet Talentcube GmbH die Eigenkapitalrentabilität und Vertriebskennzahlen wie etwa den Marktanteil des Unternehmens. Vertriebscontrolling Neben dem Financial Controlling liegt der operative Schwerpunkt der Controlling-­ Aktivitäten der Talentcube GmbH auf der Kundenseite. Zunächst beobachtet das Unternehmen tagesfein seine Kundenumsätze mittels einer CRM Software. Weiterhin führt es

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regelmäßig Kundenbefragungen durch, um die Qualität und Akzeptanz seiner Dienstleistung zu analysieren und dementsprechend zu optimieren. Außerdem geben die Befragungen Auskunft über die Wettbewerbsintensität im Markt für Online-Bewerbungen. Diese Informationen können für den Ausbau der Vertriebsstruktur und weitere Marketing Aktivitäten herangezogen werden.

1.5

Fazit

Wenn das Wachstum eines Startups nicht so voranschreitet wie geplant, kann es viele Gründe geben, zum Beispiel die zunehmende Konkurrenz, die rückläufige Konjunktur oder zu hohe Erwartungen der Investoren. Ein sehr häufiger Grund ist jedoch, dass die emotional sehr mit dem Unternehmen verbundenen Gründer dieses immer noch sehr intuitiv und nicht zahlenbasiert steuern. Mit einem pragmatischen Controlling-System kann dieses Problem minimiert und der langfristige Unternehmenserfolg signifikant gesteigert werden. Deshalb stand im Mittelpunkt dieses Beitrags die Fragestellung, welche Aufgaben und Funktionen das Controlling bei Startups einnimmt, ohne die beiden Hauptadressaten des Controllings nämlich die Gründer und die Eigenkapitalgeber zu vernachlässigen. Als Controlling-Instrumente kommen bei Startups am häufigsten GAP-Analyse, Umfeld- oder Umweltanalyse sowie die Szenarioanalyse zur Anwendung. Diese Ergebnisse der empirischen Befragung von Becker/Feichtinger decken sich mit den Aussagen des Gründers von Talentcube GmbH. Dabei versucht die Talentcube GmbH als junges Unternehmen, Controlling der unterschiedlichen Bereiche der Wertschöpfungskette mit vertretbarem Zeit- und Kostenaufwand umzusetzen. Das Management übernimmt die strategischen Controllingfunktionen selbst und überträgt Teilaufgaben des operativen Controllings an verschiedene Mitarbeiter in Nebenfunktion. So gelingt es der Talentcube GmbH durch die Konzentration auf die wesentlichen Controlling-Aspekte bisher sehr erfolgreich, seine ambitionierte Wachstumsstrategie weiter fortzusetzen. Auch die Auslagerung von Teilbereichen des Controllings an einen externen Dienstleister wie beispielsweise einen Steuerberater ist eine Option für Startups mit geringer Mitarbeiterzahl. Zusätzlich sollte weitere externe fachliche Expertise eingeholt werden, um das Geschäftsmodell und die Unternehmensstrategie regelmäßig auf den Prüfstand zu stellen. Von hoher Relevanz für ein Unternehmen in der Wachstumsphase ist es, die wesentlichen Controlling-Schwerpunkte wie zum Beispiel Vertriebs- oder Mitarbeiterkennzahlen zu analysieren. Die Gründer der Talentcube GmbH identifizieren insbesondere die Personalrekrutierung im Großraum München als langfristiges Hemmnis für die weitere Wachstumsstrategie des Unternehmens. Daher sollte das Unternehmen eine langfristige Human Resource Strategie zur Gewinnung neuer Mitarbeiter entwickeln und diese mit einer geeigneten Palette von Anreizen umsetzen. Abschließend bleibt zu konstatieren, dass aufgrund der Heterogenität der Startups keine Standardlösungen für die strategische und operative Aufgabenverteilung und den

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Einsatz der Controllinginstrumente möglich sind, sondern dass jedes junge Unternehmen ein spezifisch auf das jeweilige Geschäftsmodell zugeschnittenes Controllingsystem aufbauen sollte. Beispielhaft kann dafür der Ansatz der Talentcube GmbH herangezogen werden. Aufgrund der hohen Relevanz des Controllings für den wirtschaftlichen Erfolg von Startup-Unternehmen könnte weiter untersucht werden, wie das Controlling in den folgenden Phasen des Lebenszyklusmodells mittelfristig angepasst wird. Mögliche ­Fragestellungen sind hier, wie sich der Mix der Controllinginstrumente verändert, wo die zukünftigen Schwerpunkte liegen und wie der personelle und finanzielle Einsatz im Controlling an das Unternehmenswachstum adaptiert wird.

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S. T. Weber und S. Tilch

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Balanced Scorecard als Steuerungsinstrument für kleine Unternehmen? Alexander Burger und Sabine Burger-Stieber

„Ist das nicht zu viel Aufwand?“

Inhaltsverzeichnis 2.1  D  as Steuerungsinstrument der Balanced Scorecard  2.1.1  Festlegung strategischer Ziele  2.1.2  Vier grundlegende Dimensionen  2.1.3  Erstellung einer Strategy Map  2.1.4  Auswahl von Messgrößen  2.1.5  Definition von Zielwerten  2.1.6  Maßnahmenplan  2.2  SBS EDV-Dienstleistungen  2.2.1  Strategische Ziele der SBS EDV-Dienstleistungen  2.2.2  Finanzielle Dimension  2.2.3  Kundendimension  2.2.4  Prozessdimension  2.2.5  Potenzialdimension  2.2.6  Die Balanced Scorecard der SBS EDV-Dienstleistungen  Literatur 

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A. Burger (*) Campus Frankfurt, IUBH Duales Studium, Frankfurt, Deutschland E-Mail: [email protected] S. Burger-Stieber Mönchengladbach, Deutschland E-Mail: [email protected] © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 A. Burger et al. (Hrsg.), Branchenspezifisches Controlling, https://doi.org/10.1007/978-3-658-28945-4_2

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A. Burger und S. Burger-Stieber Zusammenfassung

Kleine Unternehmen sind oft inhabergeführt. Die Unternehmensleitung kennt meist alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter persönlich, und auch mit den Kunden besteht in der Regel ein direkter Kontakt. „So weit, so gut“, mag sich dann manche Chefin oder mancher Chef sagen. „Damit habe ich doch alles im Blick, wozu brauche ich dann einen Werkzeugkasten aus dem Controlling, der eigentlich für viel größere Unternehmen entwickelt wurde?“ Und an diesem Punkt unterschätzen die Inhaberinnen und Inhaber das Wachstumspotenzial ihres Unternehmens und überschätzen ihre Managementfähigkeiten bei einem stark wachsenden Unternehmen. Controlling, richtig angewendet und frühzeitig in einem Unternehmen etabliert, macht keinen allzu großen Aufwand, bereitet das Unternehmen aber darauf vor, mit den entsprechenden Werkzeugen begleitet, managementgesteuert wachsen zu können. Ein Werkzeug, das sich dafür unseres Erachtens bestens eignet, ist die Balanced Scorecard. Die Balanced Scorecard (BSC) hat sich mittlerweile in vielen mittelständischen und großen Unternehmen als ein mögliches Steuerungsinstrument des Controllings etabliert. Bei kleinen Unternehmen kommt hingegen oft der Einwand, dass die Erstellung und ­kontinuierliche Pflege und Anpassung einer BSC viel zu aufwändig und deshalb nicht in den normalen Arbeitsablauf beispielsweise eines Start-Up-Unternehmens oder eines kleinen Betriebes mit nur wenigen Mitarbeitern zu integrieren sei. Dabei wird allerdings oft vergessen, dass der Arbeitsaufwand für die Einführung einer BSC auch abwärts skalierbar ist: Bei kleinen Unternehmen legt beispielsweise nur der Eigentümer finanzielle Ziele fest und muss diese nicht mit anderen Gesellschaftern abstimmen. Zielfestlegungen, Wachstumsstrategien und das Herunterbrechen strategischer Ziele auf eine operative Ebene kann durch weniger notwendige Abstimmungen – sei es, weil es weniger hierarchische Organisationsebenen gibt, sei es weil die Unternehmensleitung auch im operativen Tagesgeschäft tätig ist – sehr viel einfacher sein als in seit Jahren und Jahrzehnten gewachsen Unternehmen mit verfestigten Organisationsstrukturen, in denen umfangreiche Abstimmungsarbeiten notwendig sind, bevor eine BSC implementiert werden kann (vgl. Aureli et al. 2018, S. 193; Biazzo und Garengo 2011; Janssen 2004; Perramon et al. 2016, S. 1023 ff.; Quesado et al. 2018, S. 190; Singh und Sethi 2017, S. 24 f.). Wir können in diesem Rahmen keinen Blueprint erstellen, der für alle kleinen Unternehmen anwendbar wäre. Aber wir werden zeigen, dass sich die BSC theoretisch und praktisch mit einer klaren Vorgehensbeschreibung auch bei kleinen Unternehmen mit einem überschaubaren Aufwand implementieren lässt.

2.1

Das Steuerungsinstrument der Balanced Scorecard

Eine Balanced Scorecard (BSC) dient dazu, strategische Unternehmensziele auf eine operative Ebene herunterzubrechen, diese operativen Ziele dadurch im laufenden Geschäftsbetrieb bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu verankern, und so sicherzustellen, dass durch die Verfolgung der operativen Ziele die strategischen Ziele erreicht werden.

2  Balanced Scorecard als Steuerungsinstrument für kleine Unternehmen?

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Die wissenschaftlichen Grundlagen sind für eine BSC grundsätzlich immer gleich und sollen an dieser Stelle nicht weiter vertieft, sondern auf die umfangreich vorhandene Grundlagenliteratur zu dieser Thematik verwiesen werden (beispielsweise Bischof 2002; Blodyk 2018; Friedag und Schmidt 2015; Horvath et al. 2012; Horvath und Partners 2016; Kaplan und Norton 1997; für einen Überblick vgl. Gleich 2011, 2012; Gupta und Salter 2018).

2.1.1 Festlegung strategischer Ziele Die Festlegung strategischer Ziele ist oft schon das erste Hindernis, an dem kleine Unternehmen bei Überlegungen zur Implementierung einer BSC scheitern. Die Gründer eines Unternehmens haben mitunter eine Produkt- oder Dienstleistungsidee, mit der sie glauben, am Markt bestehen und Gewinne erwirtschaften zu können. Allerdings machen sich die wenigsten Unternehmensgründer tatsächlich auch Gedanken darüber, wie die Entwicklung des Unternehmens von statten gehen sollen und welches konkrete strategische Ziel sie verfolgen: Geht es beispielsweise darum, in einem bestehenden, hart umkämpften Markt eine solide Position zu erreichen, ohne die Marktstrukturen wesentlich zu beeinflussen? Oder geht es vielleicht darum, mit einem neuen Produkt oder einer neuen Dienstleistung einen völlig neuen Markt zu schaffen und sich dort gegenüber eventuellen Nachahmern eine führende Position zu sichern? Oder soll ein bestehender Markt vielleicht durch bessere Qualität oder neue Services zu Gunsten des eigenen Unternehmens aggressiv bearbeitet werden? Über solche übergeordneten Ziele muss sich auch ein kleines Unternehmen Gedanken machen, das eine BSC zu implementieren gedenkt, denn diese sind die Grundlage der weiteren Aufbereitung der strategischen Ziele im Hinblick auf die unterschiedlichen Dimensionen einer BSC und dem Herunterbrechen der strategischen Ziele auf eine operative Ebene für alle Mitarbeiter (vgl. Lueg und Vu 2015; Yancy 2017, S. 24).

2.1.2 Vier grundlegende Dimensionen Bei der Aufgabe, die strategischen Ziele eines Unternehmens in operative Ziele herunter zu brechen, hat es sich bewährt, den Aufbau einer BSC anhand vier standardisierter Dimensionen vorzunehmen (vgl. Kaplan und Norton 1997, 2001, 2007; Horvath et al. 2012): • Finanzielle Dimension Diese Dimension ist bei mittelständischen oder großen Unternehmen mit einem teilweise erheblichen Erfassungs- oder Abstimmungsaufwand verbunden, da die Anforderungen aller (typischerweise: Eigen-)Kapitalgeber zu berücksichtigen sind. So treffen beispielsweise bei den Jahreshauptversammlungen börsennotierter Aktiengesellschaften in aller Regel mit privaten und institutionellen Anlegern unterschiedliche Interessen hinsichtlich der Ausschüttungspolitik eines Unternehmens aufeinander. Auch bei einer GmbH mit vielen Gesellschaftern sorgen unterschiedliche Vorstellungen hinsichtlich

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A. Burger und S. Burger-Stieber

des mit der Kapitaleinlage verbundenen Rentabilitätswunsches der Gesellschafter regelmäßig für einen hohen Abstimmungsbedarf. Kapitalgesellschaften mit nur wenigen, im Extremfall einem Eigentümer, haben in dieser Dimension den gleichen Vorteil wie Einzelunternehmen: Der Abstimmungsaufwand zur Festlegung finanzieller Ziele sinkt mit der Zahl der beteiligten (Eigen-)Kapitalgeber und kann bei nur einem Kapitalgeber bzw. Einzelunternehmen von der betreffenden Person festgelegt werden. Diese Grundlagen basieren auf dem Coase-Theorem (Coase 1960). • Kundendimension Hierbei sind die Kundenerwartungen auf unterschiedlichen Ebenen zu berücksichtigen. Diese können Aspekte wie Preis, Qualität, Verfügbarkeit, Lieferoptionen, Geschwindigkeit u. a. enthalten. Auch hier gilt natürlich: Je breiter die Kundenstruktur und die angebotene Produkt- oder Dienstleistungspalette, desto schwieriger ist das Herunterbrechen strategischer Ziele über eine finanzielle Dimension (was soll für die Kapitalgeber erreicht werden?) auf eine Kundendimension (wie können die Kunden so zufrieden gestellt werden, dass die finanziellen Ziele und damit auch die strategischen Ziele e­ rreicht werden?). Man stelle sich hierzu beispielsweise einen asiatischen Mischkonzern vor, der von der Unterhaltungselektronik über weiße Ware (Haushaltsgeräte) bis hin zu Hochseefrachtern ein extrem diversifiziertes Produkt- und damit auch Kundenportfolio hat. Hier käme man mit einer einzigen Kundendimension in einer BSC wahrscheinlich nicht aus, sondern müsste von verschiedenen Kundendimensionen ausgehen oder vielleicht auch für unterschiedliche Geschäftsbereiche dem Konzern untergeordnete Teil-­BSCs entwickeln. Kleine Unternehmen haben in dieser Hinsicht den Vorteil, dass die Kundenzahl sich oft so gestaltet, dass nicht nur Beziehungen zwischen einzelnen Mitarbeitern und den Kunden bestehen, sondern dass sich Kunden und Unternehmensleitung persönlich kennen. Diesen „Wohlfühlfaktor“ können kleine Unternehmen nutzen, um die Erwartungen ihrer Kunden direkter, schneller und einfacher zu erfassen, als das große Unternehmen können, da der Kundendialog oft informeller von statten geht und die Kommunikationswege kürzer und direkter sind. So landet beispielsweise eine Kundenbeschwerde bei einem kleinen Unternehmen typischerweise direkt auf dem Schreibtisch der Unternehmensleitung, während in großen Unternehmen hierarchisch gegliederte Reklamationsabteilungen mit vordefinierten Eskalationsmechanismen etabliert sind. • Prozessdimension Hier sind Definitionen für Prozesse erforderlich, die bei der Zufriedenstellung der Kunden vonnöten sind, um die angestrebten finanziellen Ziele zu erreichen, welche wiederum die übergeordneten strategischen Ziele sichern sollen. Die Zahl der Prozesse hängt dabei wesentlich von dem angebotenen Produkt- und Dienstleistungsangebot ab, so dass die Komplexität dieser Dimension bei mittelständischen und großen Unternehmen typischerweise weitaus höher ist als bei kleinen Unternehmen. Diesen Vorteil können kleine Unternehmen für sich nutzen und die übersichtliche Zahl an Produkten und Dienstleistungen so organisieren, dass deren Erstellung prozessual so gestaltet wird, dass nicht nur eine möglichst hohe kostenrechnerische Effizienz gewährleistet wird, sondern auch eine hohe Effektivität der Prozesse hinsichtlich der Erreichung der Kunden- und damit auch der übergeordneten finanziellen und strategischen Ziele.

2  Balanced Scorecard als Steuerungsinstrument für kleine Unternehmen?

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• Potenzialdimension Potenziale zu erhalten oder zu heben ist eine Aufgabe, die große Unternehmen hinsichtlich der Mitarbeiter an Human Resources, hinsichtlich der IT- Unterstützung an entsprechende Abteilungen oder externe Dienstleister und hinsichtlich technologischer Weiterentwicklungen oftmals auch an eigene Forschungs- und Entwicklungsabteilungen vergeben haben. Die Koordination dieser oftmals mit sehr unterschiedlichen Anforderungen und Zielsetzungen arbeitenden Abteilungen oder Dienstleistungen ist eine Managementaufgabe, die hohes Managementpotenzial bindet. Durch die Einbindung der einzelnen Potenzialkontroll- und -entwicklungsstationen in eine BSC können hier entsprechende Managementressourcen freigesetzt werden. Kleine Unternehmen können hier durchaus Vorteile haben, da es in solchen Unternehmen dem Management direkt auffällt, wenn seitens der Mitarbeiterqualifikation Defizite bestehen oder Engpässe bei der technischen Ausstattung bestehen. Allerdings kann gerade in dieser Dimension das Thema technologische Entwicklung und Marktbeobachtung für kleine Unternehmen zu einem Stolperstein werden, wenn Entwicklungen übersehen werden oder in nicht nachvollziehbarer Weise erfolgen. Hierzu ein Praxisbeispiel für die Nicht- Umsetzbarkeit von Potenzialen durch das Unterschätzen von Potenzialen der Konkurrenz: Ausgebremst

Zu Zeiten des Neuen Marktes war das Berliner Medizintechnikunternehmen Eckert & Ziegler ein Hoffnungsträger bei der Behandlung so genannter Restenosen, das sind Wiederverschlüsse von koronaren Arterien, die nach einem Verschluss dilatiert (erweitert) und mit einer Gefäßstütze, einem so genannten Stent, versehen wurden. Die Hoffnung ruhte seinerzeit auf der radioaktiven Beschichtung von Stents, welche die Restenoseraten deutlich nach unten bringen sollten. Ein bewusst in Kauf genommener Nachteil dabei war, dass durch die radioaktive Beschichtung des Stents immer ein Radiologe beim Eingriff mitwirken musste. Johnson & Johnson entwickelte mit der Kombination eines zugelassenen Stents mit einem zugelassenen Antibiotikum eine alternative Therapie, die vergleichbare Wirksamkeit zeigte, aber eben keinen Radiologen beim Eingriff benötigte, was die radioaktive Stentbeschichtung aus dem Markt für die Behandlung von Restenosen verdrängte. Für produzierende Unternehmen kann die Versorgung mit Vorprodukten, Material bzw. Rohstoffen von elementarer Bedeutung sein. Bei nur begrenzt verfügbaren, benötigten Inputs können sich hier Engpässe ergeben, die für den Unternehmenserfolg entscheidenden Einfluss haben können. Bei Dienstleistungsunternehmen ist eher das Personal der mögliche Engpassfaktor, insbesondere, wenn für die Dienstleistungen besondere Fähigkeiten erforderlich sind.

2.1.3 Erstellung einer Strategy Map Aufbauend auf den vier Dimensionen ist eine Strategy Map zu erstellen, welche einen Überblick über alle unternehmerischen Ziele und deren Zielbeziehungen zueinander ent-

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A. Burger und S. Burger-Stieber

Abb. 2.1  Top-Down und Bottom-Up in etablierten, größeren Unternehmensstrukturen

Top-Management T o p

Mittleres Management

D o w n

Ausführende Stellen

B o t t o m U p

Kunden

Entwicklung

Geschäftsleitung

Prozesse

Mitarbeiter

Abb. 2.2  Typische Organisation kleiner Unternehmen

hält. Hier werden in der Literatur vorrangig Möglichkeiten des bottom-up, also beginnend bei der Potenzialdimension und top-down (s. Abb. 2.1), also beginnend bei der finanziellen Dimension diskutiert (vgl. Horvath et al. 2012, S. 274; Kaplan und Norton 2007, S. 153). Eine solche eindimensionale Ausrichtung orientiert sich u. E. aber vor allem an mittelständischen oder großen Unternehmen, in denen für die genannten Dimensionen bereits klare organisatorische Abgrenzungen geschaffen wurden oder sich entsprechende Hierarchien etabliert haben. Bei kleinen Unternehmen ist das oft – noch – nicht der Fall, so dass die Unternehmensleitung auf vielen Ebenen Präsenz hat (s. Abb. 2.2). Das eröffnet u. E. die Möglichkeit einer hermeneutischen Erstellung einer Strategy Map, da viele Abstimmungen, die in größeren Unternehmen notwendig sind, in einem kleinen Unternehmen entfallen können, weil die Verantwortung dafür in Personalunion bei der Unternehmensleitung liegt (vgl. Özpeynirci et al. 2015, S. 1850 f.). Zwischen den einzelnen Dimensionen sind adäquate Kausalzusammenhänge zu definieren und festzuhalten.

2.1.4 Auswahl von Messgrößen Auf der Basis der Strategy Map können dann dimensionsspezifische Ziele gesetzt und Messgrößen identifiziert werden, die geeignet sind, die Zielerreichung zu signalisieren. Diese Messgrößen sind immer unternehmensspezifisch festzulegen. Generalisierungen von zu verwendenden Messgrößen gehen u. E. oft an der Praxis vorbei. Oft gibt es mehrere Möglichkeiten, die Zielerreichung mittels Messgrößen zu beurteilen. Wenn dem so ist, sollte überlegt werden, ob eine der möglichen Messgrößen geeigneter ist als die anderen oder ob ggfs. auch

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eine Kombination verschiedener Messgrößen eine sinnvolle Alternative zur Beurteilung der Zielerreichung ist. So kann beispielsweise die Kundenzufriedenheit zum einen anhand der Zahl der Beschwerden oder Rückläufern, daneben aber auch anhand des Anteils von Wiederholungskunden oder auch anhand einer Zufriedenheitsskala und Kundenbefragungen gemessen werden. Kleine Unternehmen mit einer übersichtlichen Zahl an Produkten oder Dienstleistungen werden hier meist schneller zu einem Ergebnis kommen, weil auch hier der Abstimmungsaufwand zur Festlegung geeigneter Messgrößen typischerweise geringer ist als in großen Unternehmen. Werden zu ­einem Ziel mehrere Messgrößen definiert, ist darauf zu achten, dass durch die Vielzahl der Messgrößen nicht die Übersicht verloren geht. In der Literatur wird von bis zu drei Messgrößen je Ziel als Obergrenze gesprochen (vgl. Horvath et al. 2012, S. 274). Unseres Erachtens ist aus Gründen der Übersichtlichkeit hier ein klares „je weniger, desto besser“ zu empfehlen. Eine Vielzahl von Kennzahlen wie im französischen Tableau de Bord (vgl. Lebas 1994) oder oder im ZVEI-Kennzahlensystem (vgl. ZVEI 1989) führt in der unternehmerischen Praxis zu einem Informationsüberfluss, der sinnvolle Entscheidungen verhindern kann und möglicherweise durch Fehlinterpretation der Masse an Daten sogar zu Fehlentscheidungen führen kann. Die ausgewählten Messgrößen sollten regelmäßig, mindestens jährlich erhoben werden, um eine Entwicklung nachvollziehen zu können. Um die Möglichkeit eines frühzeitigen Gegensteuerns bei Fehlentwicklungen zu haben oder auch in besonders dynamischen oder eventuell auch saisonal geprägten Branchen, sind kürzere Zyklen bei der Erhebung der Messgrößen zu empfehlen. Dafür eignen sich solche Messgrößen besonders gut, die beispielsweise ohnehin im betrieblichen Rechnungswesen ermittelt werden oder die sich aus Größen des betrieblichen Rechnungswesens errechnen lassen. Messgrößen wie beispielsweise Kundenzufriedenheit, die mit aufwändigen Befragungen verbunden sind, eignen sich für die Erhebung in kürzeren Zyklen nur bedingt.

2.1.5 Definition von Zielwerten Zielwerte festzulegen führt jedes Unternehmen, gleich welcher Größe, zurück in die Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre, die sich bis ins Projektmanagement ziehen, wonach Ziele SMART sein sollen (Locke und Latham 1990): • • • • •

S pezifisch, M essbar, A ngemessen, R ealistisch und T erminierbar.

Diese Anforderungen klingen auf den ersten Blick immer logisch und klar, können aber in der konkreten Ausgestaltung durchaus Fallstricke bergen, denn was für denjenigen, der ein Ziel festlegt, realistisch oder terminierbar ist, muss für die handelnde Person keineswegs diesen Anforderungen entsprechen.

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A. Burger und S. Burger-Stieber Star Trek-Ziele

Captain Kirk: „Mr. Scott, veranschlagen Sie die Reparaturzeiten übrigens immer viermal so lange, wie nötig?“ Scotty: „Natürlich Sir. Sonst würde ich ja meinen Ruf verlieren, dass ich echte Wunder vollbringen kann.“ Hier kann ein kleines Unternehmen unter Umständen von der geringeren Distanz zwischen dem Zielsetzenden und demjenigen, der das Ziel erreichen soll, profitieren, wenn durch diese engere Zusammenarbeit eine bessere Einschätzung der Mitarbeiterpotenziale möglich ist (vgl. Lonbani et al. 2016, S. 63 f.).

2.1.6 Maßnahmenplan Aufbauend auf den Vorarbeiten ist dann ein Maßnahmenplan zu erstellen, welcher die Erreichbarkeit der Ziele sicherstellt. Es ist strikt darauf zu achten, dass dabei nur Maßnahmen festgelegt werden, deren Durchführung seitens aller benötigten Ressourcen auch sichergestellt werden kann, d.  h. personell, finanziell und auch zeitlich. Im Einzelnen bedeutet das, dass die handelnden Personen ggfs. veränderungsfähig und -willig sein müssen, bereit sein müssen, bisheriges Verhalten und bisherige Prozesse kritisch zu beleuchten und zu verbessern (vgl. Müller 2002, S. 414). Daneben muss der finanzielle Rahmen für Weiterbildung, Anschaffung neuer Technologien oder die Verbesserung des Kundenservices vorhanden sein, und letztendlich muss die Personalausstattung so beschaffen sein, dass neben dem Tagesgeschäft genügend zeitlicher Spielraum vorhanden ist, Verbesserungen der Potenziale, der Prozesse und der Kundenzufriedenheit zu erreichen. Das kann bei kleinen Unternehmen, in denen oftmals jeder überall mitarbeitet und einspringt, wenn Not am Mann ist, ein kritischer Faktor sein, den mittelständische und große Unternehmen eher auffangen können. Damit ergibt sich eine beispielhafte BSC nach folgendem Muster (s. Abb. 2.3):

2.2

SBS EDV-Dienstleistungen

Die SBS EDV-Dienstleistungen ist ein Unternehmen mit Sitz in Mönchengladbach, das seinen Kunden einen Rundumservice für Bürodienstleistungen anbietet. Die Dienstleistungspalette reicht von der Datenerfassung über Schreibbüro, Transkriptionen und Dokumentenmanagement bis zum Buchhaltungsservice. Darüber hinaus wird das Angebot auf der IT-Seite durch Webentwicklung, Serveradministration, Clientbetreuung und Netzwerktechnik ergänzt. Das Unternehmen wird als Einzelunternehmen geführt und arbeitet mit fest angestellten sowie mit freien Mitarbeitern. Der Kundenkreis reicht von For-

Kennzahl ROI

Zielvorgabe 8%

Maßnahme Gewinnsteigerung

Kennzahl Zielvorgabe Maßnahme neue Produkte p.a. 3 Budgetanhebung F&E

Abb. 2.3  Grundstruktur einer BSC (eigene Darstellung)

Ziel Innovationsführer

Prozessperspektive Welche Prozesse müssen optimiert werden?

Ziel Rentabilität

Finanzielle Dimension Wie sollen die Kapitaleigner zufrieden gestellt werden?

Zielvorgabe 60%

Potenzialdimension Welche Potenziale können wir nutzen?

Kennzahl Garantiefälle

Ziel Kennzahl Standardisierte Produktion Automatisierungsgrad

Ziel Hohe Qualität

Maßnahme TQM

Maßnahme Rationalisierung/Automation

Kundendimension Wie erreichen wir eine hohe Kundenzufriedenheit?

Ziel und Strategie: Organisches Wachstum über dem Branchenschnitt

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A. Burger und S. Burger-Stieber

schungsinstituten über Gutachter, Ärzte, Psychologen und Anwälte bis zu großen Unternehmen, die in der Regel unterschiedliche Dienstleistungen abrufen. So sind bspw. Forschungsinstitute klassische Transkriptionskunden, Gutachter hingegen eher Schreibbürokunden. Anwälte nehmen – allein aufgrund der von ihnen zu bewältigenden Aktenmengen – eher das Dokumentenmanagement in Anspruch. Ärzte und Psychologen nutzen gerne die IT-Dienstleistungen, die bis zu individualisierten Datenbanklösungen zur Kunden- und Terminverwaltung reichen.

2.2.1 Strategische Ziele der SBS EDV-Dienstleistungen Strategische Ziele der SBS EDV-Dienstleistungen liegen in der Etablierung des Unternehmens als einer der wichtigen Player (gemessen an der Wahrnehmung aus potenzieller Kundensicht) im Bereich Büro- und EDV-Dienstleistungen im deutschsprachigen Raum, der als qualitativ hochwertiger und dauerhaft verlässlicher und flexibler Partner von den Kunden wahrgenommen wird. Akkurate Marktdaten sind in diesem Bereich schwer zu erheben, da sehr viele Klein- bis nebenberufliche Kleinstbetriebe aktiv sind, die oftmals selbst wiederum für verschiedene Schreibbüros als Subunternehmer tätig sind.

2.2.2 Finanzielle Dimension Für die finanzielle Dimension bieten sich bei einem Unternehmen wie der SBS EDV-­ Dienstleistungen sowohl absolute Zielgrößen in Form eines Überschusses wie auch Wachstumsziele in Form des Wachstums unterschiedlicher finanzieller Zielgrößen wie des Umsatzes oder des Ergebnisses an. Diese Zielgrößen werden bei der SBS EDV-­ Dienstleistungen auf der Geschäftsleitungsebene festgelegt, aber aus Gründen der Vertraulichkeit und der Konkurrenzsituation nicht extern kommuniziert. Vor diesem Hintergrund wird die in diesem Rahmen auszuarbeitende BSC verbal definierte finanzielle Ziele enthalten, die hier jedoch nicht weiter quantifiziert werden. Selbstverständlich muss für die Festlegung der Ziele in den weiteren Dimensionen der BSC davon ausgegangen werden, dass ein klar positives Überschussziel und positive Wachstumsziele verfolgt werden. Um diese Ziele erreichen zu können, ist es wichtig, eine stetige Kundenneuakquise vorzunehmen, da Kunden die angebotenen Dienstleistungen mitunter nur als Ausgleich von Spitzenbedarf in Anspruch nehmen oder ihre eigenen Aktivitäten einstellen (wenn beispielsweise eine Arzt- oder Anwaltspraxis mangels Nachfolge schließt) oder die Dienstleistungen nur projektbezogen (z.  B. zur Begleitung einer sozialwissenschaftlichen Studie mit der Transkription von Interviews) brauchen. Daher kann nur zum Teil von einem kontinuierlichen Wiederholungsgeschäft ausgegangen werden,

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was neben der Bestandkundenpflege die Notwendigkeit der Neukundengewinnung mit sich bringt. Cross-Selling-Ansätze verschiedener Dienstleistungen sind grundsätzlich möglich, aber nicht für jeden Kunden von Interesse: Finanzielle Dimension

• • • •

Ziele: Gewinn, Umsatz- und Gewinnwachstum Kennzahlen: Gewinn nach Steuern, Umsatz Zielgrößen: nicht extern verfügbar Maßnahme: Pflege und Expansion des Kundenstamms

2.2.3 Kundendimension Den Standardkunden gibt es bei der SBS EDV-Dienstleistungen nicht. Das Dienstleistungsangebot ist breit gefächert, um unterschiedliche Kunden anzusprechen. Dazu gehören beispielsweise wissenschaftliche Institute, die Transkriptionen von Interviews brauchen, medizinische oder juristische Spezialisten, die Gutachten oder Schriftsätze schreiben lassen, Start-Up-Unternehmen, die ihre Buchhaltung nicht selbst machen können oder wollen und ein breites Spektrum an Unternehmen, die EDV-Dienstleistungen nachfragen, wie beispielsweise individualisierte Kunden- und Termindatenbanken, die auch gehostet werden können. Dennoch lassen sich Ähnlichkeiten im Bedarf der Kunden feststellen, die sich in einer BSC gut für die Zieldefinition eignen. Ein für alle Kunden wichtiges, wenn auch teilweise unterschiedlich fixiertes Ziel ist die Termintreue. Mit dem Kunden vereinbarte Termine sind einzuhalten. Für diese Vereinbarung stehen im Schreibservice unterschiedliche Servicelevels zur Verfügung: • Servicelevel 1: Kunde liefert bis 10 Uhr – Erfassung bis 16 Uhr am gleichen Werktag • Servicelevel 2: Kunde liefert bis 10  Uhr  – Erfassung bis 10  Uhr am darauffolgenden Werktag • Servicelevel 3: Erfassung binnen drei Werktagen Größere Transkriptionen von umfangreichen Interviews werden nach Kundenwunsch terminiert, die Programmierung von individuellen Kunden- und Termindatenbanken wie auch die Erstellung von Webseiten hängen in der Terminierung vom notwendigen Arbeitsaufwand ab. Bei Buchhaltungsservices sind die Termine in der Regel behördlich vorgegeben wie beispielsweise die Umsatzsteuervoranmeldungen. Neben der Termintreue ist im Bereich der Büroservices die Qualität für die Kunden ein entscheidendes Kriterium für die Aufnahme und den Erhalt der Geschäftsbeziehung mit ihrem Dienstleister. Die Qualität kann sich dabei an der Einhaltung von Vorgaben seitens des Kunden festmachen. So gibt es beispielsweise bei Transkriptionen unterschiedliche

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Vorgaben, ob auch Dialekt zu erfassen ist oder Schriftdeutsch oder ob der Zeitstempel jeweils am Anfang oder am Ende eines erfassten Sprachbeitrags in einem Interview zu setzen ist. Im Bereich Dokumentenmanagement (DM) ist darauf zu achten, wie der Kunde seine Unterlagen gescannt haben möchte (Format, Reihenfolge, Benennung etc.) und ob die gescannten Dateien direkt in einem schon vorhandenen Dokumentenmanagementsystem eingebunden werden sollen oder ob eventuell eine entsprechende Datenstruktur noch zu erstellen ist. Bei Fachgutachten im rechtlichen oder medizinischen Bereich ist neben exzellenter allgemeiner Orthografie und Interpunktion die Erwartung der Kunden auch, dass Fachvokabular adäquat im Schreibservice oder auch bei Transkriptionen verwendet wird. An diesem Punkt zeigt sich in der Praxis des Aufbaus einer BSC, dass ein reiner Top-Down-Ansatz weder sinnvoll noch möglich ist, denn die Qualität der Dienstleistung basiert in vollem Umfang auf dem entsprechenden Personalstamm und hat damit eine ­direkte Verbindung zur Potenzialdimension – ohne den Schritt über die Prozessdimension zu gehen. Werden Termine nicht eingehalten oder ist die Qualität nicht wie erwartet, wandern Kunden zu anderen Schreibbüros ab oder erstellen die Arbeit wieder in-House, auch wenn letzteres in der Regel mit deutlich höheren Kosten für fest angestelltes Personal verbunden ist. Vor diesem Hintergrund ist eine minimale Fehlerquote, sowohl im terminlichen Sinne als auch bei der Erfassung von Schreiben, Interviews, Buchungsbelegen oder DM ein essenzielles Ziel, um die Kundendimension einer BSC abzubilden. Kundendimension

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Ziel: geringe Fehlerquote Kennzahl: Fehleranzahl in Relation zum Text- bzw. Belegvolumen Zielgröße: < 2 % Maßnahme: Qualitätsmanagement

2.2.4 Prozessdimension Bei der Prozessdimension ist bei der SBS EDV-Dienstleistungen zunächst zu beachten, dass Unterscheidungen von Prozessen nach erbrachten Dienstleistungen notwendig sind. Betrachtet man beispielsweise einerseits das reine Schreibbüro, das auf Servicelevel 1 binnen kürzester Zeit ein Diktat in Form eines Gutachtens oder eines Arzt- oder Anwaltsbriefes schreibt, leuchtet ein, dass dafür andere Prozesse maßgeblich sind als für die individuelle Programmierung einer Kunden- und Termindatenbank. Elementar wichtig ist aber in jedem Fall, dass sich die Prozesse an den Kundenerwartungen und damit an der bereits angesprochenen Kundendimension orientieren. Für Briefe

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oder Gutachten kann sich ein Prozess dann beispielsweise eine entsprechende Fragenkette definieren: Prozessfragen im Schreibservice

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Was ist zu schreiben? Für wen ist zu schreiben? Bis wann ist zu schreiben? Welche formellen Anforderungen bzw. Vorlagen erwartet der Kunde? In welchem Format erwartet der Kunde die fertige Dienstleistung? Wer prüft worauf vor der Freigabe? Wie kommt das geschriebene Dokument wieder zum Kunden?

Die Antworten geben dann jedem Mitarbeiter einen klaren Arbeitsablauf an die Hand, der dafür sorgt, dass die Kundenziele hinsichtlich der Terminierung und der Qualität der Dienstleistung eingehalten werden. Beim Dokumentenmanagement sind andere Prozessabläufe sinnvoll. Zwar ist auch hier im Vorfeld zu klären, für wen und wie Dokumentenscans durchgeführt werden sollen und ob seitens des Kunden bestimmte Vorgaben bestehen. Allerdings sind Scanaktionen nur teilweise regelmäßig wiederkehrende Dienstleistungen, bei denen die Kundenanforderungen dauerhaft hinterlegt werden können. Mitunter sind das unregelmäßige oder gar einmalige Aktionen, bei denen die Kundenanforderungen vor der eigentlichen Dienstleistung zu klären und als Anweisung für die durchführenden Mitarbeiter zu hinterlegen sind. Darüber hinaus sind in diesem Bereich oftmals noch Vorarbeiten erforderlich, wie beispielsweise das Entheften oder Entklammern von Dokumenten. An die eigentliche Digitalisierung der Unterlagen schließt sich dann noch je nach Kundenwunsch entweder die Rückgabe der Vorlagen oder deren datenschutzkonforme Vernichtung an (s. Abb. 2.4). Im Bereich der IT-Dienstleistungen sind teilweise recht einfache Prozesse zu definieren, wie beispielsweise bei einer Gründungsberatung die Bedarfsabfrage, der Einkauf und die Installation der entsprechenden Ausstattung. Auf Kundenwunsch kann dieser Prozess dann noch um eine kontinuierliche Betreuung ergänzt werden (s. Abb. 2.5). Teilweise ergeben und ändern sich die Prozesse bei komplexeren Dienstleistungen wie beispielsweise kundenspezifischen Datenbanken, die im Laufe der Programmierung zum Teil mehrere Feedbackschleifen durchlaufen müssen. Das liegt mitunter daran, dass bestimmte Funktionalitäten nicht im Vorfeld der Programmierung geklärt werden können, oder aber es ergeben sich während der Programmierung Veränderungen bei den Kundenwünschen, so dass die Datenbank in der Eingabe, der Ausgabe, in Such- oder Sortierfunktionalitäten oder auch nur in der Optik angepasst werden müssen, bevor sie letztendlich dem entsprechen, was der Kunde möchte.

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Kundenanfrage

Vorbereitung

Scan

Abschluss

• Volumen? • Format? • Einseitig oder doppelseitig?

• Abholung • Vereinzelung der Dokumente

• Ausgabeformat? • Dokumentenbenennung? • Einbindung in vorhandenes DMS-System oder zusätzliche Datenbank zur Archivierung?

• Vorlagen zurück an Kunde? • Datenschutzkonforme Vernichtung der Vorlagen ?

Abb. 2.4  Denkbarer Prozess im Dokumentenmanagement Abb. 2.5  Einfacher IT-­ Dienstleistungsprozess

Bedarfsklärung

Beschaffung

Installation

Für eine BSC bietet sich vor diesem Hintergrund als Ziel eine möglichst geringe Durchlaufzeit der Kundenaufträge – unter strikter Einhaltung der Qualitätsanforderungen – an. Kennzahlen für die Zielerfassung sind dabei je nach Dienstleistung in Stunden oder Tagen zu bemessen, und die Zielgrößen lassen sich durch die unterschiedlichen Servicelevel bzw. die Terminvereinbarungen mit Kunden oder in einer Negativdefinition als möglichst geringe Überschreitung von Zeitvorgaben definieren. Zielführende Maßnahmen hierzu können Kontrollen, aber auch Zielerreichungsprämien sein. Prozessdimension

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Ziel: geringe Durchlaufzeiten der Kundenaufträge Kennzahl: Terminüberschreitungen Zielgröße: < 1 % Maßnahme: Kontrolle und Zielerreichungsprämien

2.2.5 Potenzialdimension Bei der Potenzialdimension sind hier zwei Themenbereiche zu beachten: die technische Ausstattung sowie die personelle Ausstattung und Qualifikation.

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Bei der technischen Ausstattung ist zu beachten, dass einerseits eine möglichst aufgabenadäquate Ausstattung vorhanden ist. So braucht eine Schreibkraft im Büroservice typischerweise eine andere IT-Ausstattung als ein Programmierer. Gegebenenfalls ist darauf zu achten, dass die technische Ausstattung dem entspricht, was der Kunde aufliefert. Ein einfaches Beispiel aus dem Schreibbüro verdeutlicht das: Stand der Technik bei der Aufnahme von Diktaten ist die digitale Erfassung beispielsweise als mp3-Datei oder in anderen Audio-Formaten. Nun gibt es aber durchaus noch Kunden, die ihre Diktate nach wie vor klassisch auf Band sprechen, so dass zum Abhören auch ein entsprechendes Abspielgerät vorhanden sein muss. Sicherlich kann ein Unternehmen in einem solchen Fall auch in Gespräche mit dem Kunden eintreten, um eine einfachere Form der Vorlagenübermittlung zu erreichen. Allerdings bergen solche Gespräche das Risiko, dass sie beim Kunden als nicht akzeptable Belehrung verstanden werden, was im ungünstigsten Fall zu einer Beendigung der Geschäftsbeziehungen führen kann. „Der Kunde ist König“ ist in solchen Fällen oft nach wie vor die für beide Seiten zufriedenstellendere Maxime. Auch bei der Programmierung einer individuellen Kunden- und Termindatenbank ist zu unterscheiden, ob der Kunde nur die Datenbank selbst kaufen und bei sich nutzen möchte, oder ob die Datenbank bei SBS EDV-Dienstleistungen gehostet werden soll, was entsprechende Serverkapazitäten erfordert. Für eine Zielfestsetzung dürfte daher eine aufgabenadäquate technische Ausstattung ein akzeptables Ziel sein. Eine passende Kennzahl dafür könnte wiederum in einer Negativdefinition in Form von nicht durchführbaren Aufträgen liegen, welche einen möglichst geringen Wert aufweisen sollte. Als Maßnahmen dafür sind eine kontinuierliche Bedarfsüberprüfung und eine entsprechende Anpassung festzuhalten. Potenzialdimension (1)

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Ziel: aufgabenadäquate technische Ausstattung Kennzahl: ausstattungsbedingt abgelehnte Aufträge Zielgröße: 0 Maßnahme: Bedarfsüberprüfung und Anpassung

Die personelle Seite der Potenzialdimension besteht in der Gewinnung, dem Ausbau und der Aufrechterhaltung eines Personalstammes, der die Prozesse umsetzen, die Kunden so zufriedenstellen und die finanziellen Ziele des Unternehmens so unterstützen kann. So einfach sich das für ein Schreibbüro zunächst anhören mag, so schwierig gestaltet sich in der Praxis die Gewinnung von Schreibkräften, die neben einer schnellen Erfassung von Texten und anderen Vorlagen auch Orthografie, Interpunktion und gegebenenfalls auch juristisches, medizinisches oder anderes Fachvokabular beherrschen. Zwar bieten mittlerweile Textverarbeitungssysteme oftmals eine Rechtschreibprüfung an; diese muss aber im Zweifel auch einer kritischen Prüfung durch kompetente Mitarbeiter unterzogen werden. Außerdem können sich die Mitarbeiter beim Schreiben fachspezifischer Texte individuelle

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Wörterbücher in ihrer Textverarbeitung hinterlegen, was die Korrektur auf Dauer erheblich erleichtert. Solche Notwendigkeiten ergeben sich auch, wenn innerhalb des deutschsprachigen Kundenkreises unterschiedliche Rechtschreibweisen existieren (beispielsweise zwischen Deutschland und Österreich). Ändern sich Rechtschreibregeln durch entsprechende politische Beschlüsse, ist auch das im täglichen Umgang mit den Kunden zu berücksichtigen. Im IT-Bereich ist die Personalgewinnung ebenfalls eine Herausforderung, da Anforderungen an das Wissen der Mitarbeiter einem kontinuierlichen Wandel unterworfen sind, der eine stetige Weiterbildung erforderlich macht. In beiden Bereichen spielt das Thema Datenschutz eine enorm große Rolle. Hier sind die Mitarbeiter strengen gesetzlichen Vorgaben unterworfen und auf deren Einhaltung verpflichtet. Änderungen werden kommuniziert und in den täglichen Arbeitsablauf integriert. Das Geschäftsmodell fordert eine hohe Flexibilität, welche nur in begrenztem Maße mit fest Angestellten zu erreichen ist. Die Arbeit mit freiberuflichen Schreibkräften, die den gleichen qualitativen und datenschutzrechtlichen Anforderungen wie die fest Angestellten unterliegen, stellt eine gute Möglichkeit dar, Nachfragespitzen aufzufangen und das Unternehmen in schwächeren Saisons wie Ferienzeiten nicht unnötig mit fixen Kosten zu belasten. Als Ziel in der Potenzialdimension Personal bietet sich die Gewinnung und der Erhalt eines kompetenten Mitarbeiterstammes an. Als Kennzahl kommt dabei zum einen eine am Umsatzwachstum orientierte Wachstumsrate in Frage, zum anderen eine möglichst geringe Fluktuationsrate. Die Zielgrößen wären dann ein Mitarbeiterwachstum, das dem Umsatzwachstum entspricht oder durch Verbesserungen auf der Prozessebene sogar unterhalb des Umsatzwachstums bleiben kann sowie eine Fluktuationsrate von weniger als 5  %. Maßnahmen dazu sind die Entlohnung, in Kleinbetrieben wie der SBS EDV-­ Dienstleistungen aber vor allem auch die Gestaltung der Flexibilität der Arbeit und das Arbeitsumfeld. Potenzialdimension (2)

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Ziel: Gewinnung und Erhalt eines kompetenten Mitarbeiterstammes Kennzahl: Mitarbeiterwachstum und Fluktuationsrate Zielgröße: ΔMitarbeiter ≤ ∆Umsatz und Fluktuationsrate