Die Zeit des Jahwisten: Ein Beitrag Zur Datierung Jahwistischer Vätertexte [Reprint 2019 ed.] 3110118920, 9783110118926

In der Reihe Beihefte zur Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft (BZAW) erscheinen Arbeiten zu sämtlichen Ge

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Die Zeit des Jahwisten: Ein Beitrag Zur Datierung Jahwistischer Vätertexte [Reprint 2019 ed.]
 3110118920, 9783110118926

Table of contents :
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
I. Die Aufgabe
II. Genesis 12, 1 - 9
III. Genesis 26 und „die Ahnfrau-Erzählungen"
IV. Genesis 27, 27 b - 29 und Kontext
V. Genesis 28, 10 — 22 und der Kontext
VI. „Die Beistandsformel"
VII. „Segen für die Völker" — ein Datierungskriterium für J?
VIII. „Die Segensverheißung"
IX. Ergebnis
Literaturverzeichnis
Bibelstellenregister

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Kare Berge

Die Zeit des Jahwisten Ein Beitrag zur Datierung jahwistischer Vätertexte

w DE

G_ Walter de Gruyter • Berlin • New York 1990

Beiheft zur Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft Herausgegeben von Otto Kaiser 186

Gedruckt auf säurefreiem Papier (alterungsbeständig — pH 7, neutral) CIP-Titelaufnahme

der Deutschen

Bibliothek

Berge, Käre: Die Zeit des Jahwisten : ein Beitrag zur Datierung jahwistischer Vätertexte / Käre Berge. — Berlin ; New York : de Gruyter, 1990 (Beiheft zur Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft ; 186) Zugl.: Oslo, Univ., Diss., 1985 ISBN 3-11-011892-0 NE: Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft / Beiheft

ISSN: 0934-2575 © Copyright 1990 by Walter de Gruyter & Co., Berlin 30. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Satz und Druck: Arthur Collignon GmbH, Berlin 30 Buchbinderische Verarbeitung: Lüderitz & Bauer, Berlin 61

Vorwort Die norwegische Fassung der vorliegenden Arbeit wurde im Herbstsemester 1985 als Doktorarbeit von der Theologischen Fakultät der Universität Oslo angenommen. Für den Druck wurde sie leicht überarbeitet. Mein Interesse für das Datierungsproblem des Pentateuchs wurde durch die Bücher von H. H. Schmid (1976), R. Rendtorff (1977) und J. van Seters (1975) erweckt, als ich Vikar und zugleich auch Studienassistent für Professor Dr. Anders J. Bjorndalen war. Im Studienjahr 1979 — 80 war ich Stipendiat der Theologischen Gemeindefakultät Oslo. Während dieses Jahres wurde das Thema der Arbeit präzisiert und entfaltet. Die Untersuchung wurde in den Jahren 1982—1984 durchgeführt, als ich Stipendiat beim Norwegischen Allgemeinwissenschaftlichen Forschungsrat war. Mein besonderer Dank gilt Herrn Professor Dr. Anders Jorgen Bjorndalen (j-1989), dessen Einführung in die literarkritische Methodik die Grundlage meiner Arbeit zur Datierungsfrage des Jahwisten gewesen ist. Er hat meine Arbeit durch zahllose, konstruktive Gespräche begleitet und zugleich Teile des unfertigen Manuskripts kritisch gelesen. Letztlich war er auch Erstopponent bei der Disputation. — In diesem Zusammenhang danke ich auch Herrn Professor Dr. Magnus Ottosson, der Zweitopponent bei der Disputation war. Seine Forschungsseminare trugen während meiner Arbeit zur Ausweitung meines allgemeinen alttestamentlichen Horizontes bei. Des weiteren danke ich Herrn Professor Dr. Arvid S. Kapelrud. Er hat wichtige Gesichtspunkte zur Präzisierung des Themas angeführt. — Ebenso gilt mein Dank Herrn Professor Dr. Walter Groß, dessen Vorlesungen über die hebräische Syntax von Bedeutung in meinen literarkritischen Studien waren. Teile meiner Arbeit wurden auch in seinen Doktorandenseminaren vorgelegt. Ich danke den Teilnehmern und besonders Dr. Hermann-Josef Stipp für anregende Diskussionen. — Die Thematik meiner Arbeit habe ich auch mit den Herren Professoren Dr. Hans Heinrich Schmid und Dr. Odil Hannes Steck diskutiert, deren kritische Anfragen zu nützlichen Überlegungen geführt haben. Beiden ist zu danken. — Mit Herrn Professor Dr. Josef Scharbert habe ich die Thematik des Segens diskutiert, ihm sei hierfür gedankt. Zudem ist Herrn Professor Dr. Magne Saebo zu danken, in dessen Doktorandenseminar ein Thema meiner Arbeit besprochen wurde. Schließlich danke ich Herrn Professor Dr. Otto Kaiser für die Aufnahme der Arbeit in die Reihe der „Beihefte zur Zeitschrift für die

VI

Vorwort

alttestamentliche Wissenschaft", Frau cand. theol. Karin Kvideland für die Übersetzung des Manuskripts und den Theologiestudenten Ines WeilandWeiser und Gernot Weiser, die Korrektur gelesen und zugleich auch stilistische Verbesserungen durchgeführt haben. Dem Norwegischen Allgemeinwissenschaftlichen Forschungsrat danke ich für die Gewährung eines bedeutenden Zuschusses für die sprachliche Bearbeitung und zu den Druckkosten. Den Kollegen der Norwegischen Lehrerakademie für Religion und Pädagogik danke ich für ihre gute Kollegengemeinschaft. Das Buch ist dem Andenken an Anders Jorgen Bjorndalen gewidmet. Bergen, im November 1989

Kare Berge

Inhaltsverzeichnis I.

Die Aufgabe

1

I.1.

Forschungslage, Problemstellung und Textauswahl

1

a) Forschungsgeschichtlicher Ausgangspunkt b) Problemstellung c) Textauswahl

1 8 9

II. II. 1.

11.2.

11.3.

Genesis 1 2 , 1 - 9 Literarkritische Analyse von Gen 12,1—9

11

a) Die Forschungslage b) Literarkritische Analyse

11 15

Die Frage nach dem literarischen Horizont von Gen 12,1 —9*

31

a) b) c) d)

31 38 40 43

Zur Auffassung E. Blums von der Schichtenzugehörigkeit von 12,1—9* Ist Gen 12,7 deuteronomistischen Ursprungs? . . . . Gen 15: Zur Frage nach der Zugehörigkeit zum Jahwisten . . . . Ergebnis

Datierungsrelevante Inhaltselemente in Gen 12,1—3 a) Zur Forschungsgeschichte b) Wie beschreibt V. 2—3 den Segensempfang der Geschlechter? a) Die staatspolitische Perspektive in V. 1—3 ß) Eine universalistische Perspektive in V. 3? d) Datierungsmäßige Implikationen

III.

Genesis 26 und „Die Ahnfrau-Erzählungen"

111.1.

Gen 26,1—5: Zur Schichtensonderung und Datierung a) b) c) d)

111.2.

11

. . . . . . .

44 48 52 62 72

77 ...

Sind Teile von V. 1 a sekundär? Schichtenscheidung in V. 2—3 Zur Datierung von V. 3 b Zusammenfassung

Das chronologische Verhältnis der Verheißungen in Gen 12 zu denen in Gen 26. Das Verhältnis der drei „AhnfrauErzählungen" zueinander a) b) c) d) e)

44

Problemstellung und forschungsgeschichtliche Voraussetzungen . . . Das Verhältnis von Kap. 26 zu Kap. 20 Der Aufbau von 2 6 , 6 - 1 1 : Ein Vergleich mit 1 2 , 1 0 - 2 0 und 20,1 ff. . . Ein ursprünglich selbständiger Textbestand in Kap. 26,6—11? . . . . Das Verhältnis der Erzählungen zueinander. Ergebnis . .

77 77 78 84 92

93 93 96 99 103 105

VIII

III.3.

IV. IV. 1.

Inhaltsverzeichnis f) Gehören 1 2 , 1 - 9 und 1 2 , 1 0 - 2 0 derselben jahwistischen Schicht an? . . g) Ergebnis

107 114

Literarkritische Fragen in Gen 26,12 ff.

114

a) Schichtenzugehörigkeit von V. 12 ff. b) V. 24 — literarisch sekundär?

114 116

Genesis 27,27 b - 2 9 und Kontext

119

Schichtenscheidung und literarischer Horizont

119

a) Literarkritische Überlegungen b) Gen 2 7 , 2 7 b - 2 9 und die dtn.-dtr. Verfasserschaft

119 128

Formgeschichtliche Gesichtspunkte

130

a) Forschungsstand und Problemstellung b) Die Frage der Stammesspruchtradition in 27,27 b—29 und ihre Verwendung bei J

130

IV. 3.

Datierungsmäßige Folgerungen

143

V.

Genesis 2 8 , 1 0 - 2 2 und der Kontext

147

V.l.

Literarkritische Analyse von Gen 28,10 - 22

147

a) Forschungslage und Problemstellung . . . . b) Literarkritische Analyse c) Das Verhältnis zwischen den beiden Schichten

147 150 169

IV.2.

V.2.

. . . .

Zur Frage nach dem literarischen Horizont der Gottesrede in Gen 2 8 , 1 3 - 1 5 170 a) Problemstellung b) Gen 13,14—17: Ein nachjahwistischer Text? c) Die Frage nach dem weiteren J-Bestand der Jakobsgeschichte

V.3.

133

170 171 175

. . . .

Das Verhältnis von Kap. 39 zum Textbestand des Jahwisten in Kap. 12 und Kap. 28 ff. 183 a) Problemstellung b) Das literarkritische Verhältnis zwischen Kap. 39 und seinem Kontext c) Das Verhältnis von Kap. 39 zu Kap. 30

.

183 185 191

VI.

„Die Beistandsformel"

195

VI.l.

Forschungsgeschichtlicher Ausgangspunkt. Problemstellung

195

a) Die Forschungssituation b) Problemstellung

195 203

VI.2.

Der Gebrauch der Beistandsformel in jahwistischen und nichtjahwistischen Texten der Vätergeschichte 203 a) b) c) d)

Der Gebrauch der Beistandsformel in Gen 26 Der Gebrauch der Beistandsformel in Gen 28 ff. Andere Gen-Texte mit der Beistandsformel Ergebnis und Beurteilung

203 208 212 214

Inhaltsverzeichnis

VI.3.

IX

Die Beistandsformel — ein alter Ausdruck nomadischen Führungsglaubens? 216 a) Außerbiblische Beistandsaussagen auf Wanderungen 216 b) „Divine Presence and Guidance" (T. W. Mann) 278 c) Der Beistand im „Wanderungszusammenhang" anderer AT-Texte . . . 2 2 3

VI.4.

Datierungsmäßige Implikationen

226

VII.

„Segen für die Völker — Ein Datierungskriterium für J? . . 229

VII. 1. Das Thema „Segen für die Völker" in der Vätergeschichte a) Problemstellung b) Untersuchung der Texte Exkurs: Zum Sinngehalt im Kap. 39 c) Schlußfolgerung

229 229 231 242 243

VII.2. Das Verhältnis zwischen Gen 12,3 b; 28,14 b und der späten Literatur. Eine Diskussion mit Schmid und van Seters . . . 244 a) b) c) d) e)

VIII.

Zu Schmids Argumentation Van Seters' Argumentation, Kommentar und Textstudium Gen 28,15; 12,1 und Deuterojesajas Verheißung einer Rückkehr „Demokratisierte Königsideologie" in Gen 12,3 b Ergebnis

„Die Segensverheißung"

. . .

245 248 254 259 270

273

VIII. 1. Die Formgeschichte der Segensverheißung — Bedeutung für die Datierung von Gen 12,1 —3? 273 a) b) c) d) e)

Problemstellung und Forschungssituation Die Baruk-Formel und verbale Segensaussagen Die Struktur Befehl — Segensverheißung Futurische Inhaltselemente der Segensaussagen Ergebnis

273 277 279 281 285

VIII.2. „Segen" in der dtn.-dtr. Literatur: Eine Voraussetzung der Verheißungen in der Genesis? 286 a) b) c) d) e)

IX.

Problemstellung 286 Der Segen im Dtn 287 Das Verhältnis zwischen dem Dtn und den Väterverheißungen . . . . 300 Die Verheißungen eines „großen Volkes" in der Gen und im Dtn . . . 3 0 6 Beurteilung 308

Ergebnis

311

Literaturverzeichnis

315

Bibelstellenregister

327

Abkürzungsverzeichnis Die Abkürzungen sind zur Hauptsache aus dem Abkürzungsverzeichnis der Theologische Realenyyklopädie, Internationales Abkiir\ungsver%eicbnis für Theologie und Grenzgebiete, zusammengestellt von G. Schwertner. Berlin 1976, entnommen. Für allgmeine Abkürzungen wird dem Duden gefolgt. Außerdem werden folgende Abkürzungen benutzt: ANET

= Ancient Near Eastern Texts Related to the Old Testament ed. by J. B. Pritchard. 2nd ed. Princeton 1955. Ges.-Buhl = W. Gesenius, Hebräisches und aramäisches Handwörterbuch über das Alte Testament (bearb. v. F. Buhl). 17. Aufl. 1915, Neudr. Berlin 1962. HAL = C. Baumgartner / B. Hartmann / E. Y. Kutscher, Hebräisches und aramäisches Lexikon \um Alten Testament. Leiden 1967 ff. KAI = H. Donner / W. Röllig, Kanaanäische und aramäische Inschriften. 2. Aufl. Wiesbaden 1966-69. KTU — Die keilalphabetischen Texte aus Ugarit. Einschließlich der keilalphabetischen Texte außerhalb Ugarits. Teil 1 Transkription, von M. Dietrich — O. Loretz — J. Sanmartin. AD AT 24/1. Neukirchen-Vluyn 1976 THAT = Theologisches Handwörterbuch zum Alten Testament. Zwei Bände. Hg. v. E. Jenni unter Mitarbeit von C. Westermann. München 1971 (Bd. I) und 1976 (Bd. II). ThWAT = Theologisches Wörterbuch zj"» Alten Testament. Bd. I - I V (Lfg. 3/4). Hg. v. C. J. Botterweck und H. Ringgren. Stuttgart 1973 ff. ÜP = M. Noth, Überlieferungsgeschichte des Pentateuch.

DPron Dtr. Imp KF Koh LF NS PK Pron Suff Pt PV RS SK VS

= = = = = — = = = = = = = =

Demonstrativpronomen Der Deuteronomist Imperativ Kurzform Kohortativ Langform Nominalsatz Präfixkonjugation Pronominalsuffix Pentateuch Präpositionsverbindung Relativsatz Suffixkonjugation Verbalsatz

I. Die Aufgabe I.l. FORSCHUNGSLAGE, PROBLEMSTELLUNG UND TEXTAUSWAHL

a) Forschungsgeschichtlicher

Ausgangspunkt

Die vorliegende Arbeit ist ein Beitrag zur Datierung des „jahwistischen" Textbestandes in der Genesis. Ausgewählte Genesis-Texte werden im Hinblick auf eventuelle Datierungskriterien untersucht. Im Laufe des letzten Jahrzehnts hat die Frage nach dem Alter der Textabschnitte, die traditionell dem Jahwisten zugeschrieben werden, erneut das Interesse der Forschung auf sich gezogen. In den 60iger Jahren wurde eine frühe Ansetzung des Jahwisten kaum in Frage gestellt, jedenfalls nicht in der tonangebenden deutschen und englischen Literatur. Seit der Arbeit von G. von Rad galt allgemein, daß das Werk des Jahwisten in der Epoche des Großreichs, zur Zeit Salomos, entstanden sei.1 1

G. von Rad, „Das formgeschichtliche Problem des Hexateuch", 1938, jetzt in: ders., Ges. Stud., 1971, 76; vgl. ebenfalls ders., Genesis, 10 f. Zur neueren Literatur, die teilweise derselben Auffassung ist, aber auch andere Auffassungen ausdrückt, vgl. K. Berge, „Jahvisten i nyere Pentateukforskning", NoTT 81 (1980), 147 ff. Die Datierung Wellhausens und von Rads weichen so stark voneinander ab, daß von forschungsgeschichtlichem Konsens hinsichtlich der zeitlichen Ansetzung des Jahwisten kaum die Rede sein kann. Auch nach den Arbeiten von Rads stimmten keineswegs alle Forscher seiner Auffassung zu, der Jahwist gehöre der Epoche des Großreichs an. Vgl. besonders G. Fohrer, Einleitung in das Alte Testament, 1969, 165. Zu den verschiedenen Datierungspositionen von Wellhausen bis von Rad, vgl. H. H. Schmid, „Auf der Suche nach neuen Perspektiven für die Pentateuchforschung", in: Congress Volume Vienna 1980. VT.S 32, 1981, 375 ff., wo er darauf hinweist, daß ein Zusammenhang zwischen den verschiedenen Positionen in der Datierungsfrage und dem „Gesamtbild der Geschichte Israels und seiner Religion" (S. 382) besteht. — Als allgemeine Voraussetzung galt jedoch, daß J vorexilisch und die älteste Quellenschrift des Pentateuch ist. (Abgesehen von der Frage, ob J auf zwei oder mehrere Bearbeitungsschichten zu verteilen ist.) Vgl. dagegen J. Hoftijzer, Die Verheißungen an die drei Erzväter, 1956, der mit seiner allgemeinen späten Ansetzung der Verheißungen (siehe S. 99) eine frühe Datierung des Jahwisten grundsätzlich ablehnt. Seine Ansichten blieben zunächst ohne Bedeutung für die Datierung von J. Erst in der jüngsten Literatur werden sie eifrig diskutiert, vgl. u. a. N. A. Wagner, „A Response to Professor Rolf Rendtorff", JSOT 3 (1977), 23, und J. A. Emerton, „The Origin of the Promises to the Patriarchs in the Older Sources of the Book of Genesis", VT 32 (1982), 14 ff., der ihm in einzelnen Punkten folgt.

2

I. Die Aufgabe

In den Jahren 1971—72 begannen sich in der deutschen Literatur Risse in dieser relativ einheitlichen Auffassung bemerkbar zu machen. Zunächst allerdings nicht hinsichtlich des Alters des Jahwisten, sondern hinsichtlich des Umfangs. Unterschiedliche Auffassungen galten in erster Linie dem Stoff im Buch Exodus. Der jahwistische Textbestand wurde als weniger umfassend angesehen, gleichzeitig maß man der Redaktionsarbeit des Jehowisten größere Bedeutung und größeren Umfang zu als bisher,2 und schrieb der dtr. Redaktionswirksamkeit eine wichtigere Funktion zu, als ihr seit M. Noth zukam.3 Schon einige Jahre vorher waren Forscher in der amerikanischen Literatur für eine Scheidung zwischen frühem und spätem jahwistischen Material im Pentateuch eingetreten. Man legte besonderen Wert auf die späten „jahwistischen" Texte, die man mit dem Exil verband.4 Erst 1975 wird die Frage der Datierung des Jahwisten eine wirkliche Streitfrage. Der relativen Einigkeit hinsichtlich des Alters des Jahwisten folgt nun eine tiefgreifende Uneinigkeit über das Verständnis des Jahwisten und seine zeitliche Ansetzung. Die Unterschiede in der Auffassung traten

2

3

4

Vgl. E. Zetiger, Die Sinaitheophanie. Untersuchungen %um jahwistischen und elohistischen Geschichtswerk, 1971. Nach ihm hat der J-Textbestand der Sinaiperikope ihren Sitz im Leben in der Epoche Salomos (S. 130. 136 ff.), jedoch findet er in der Sinaiperikope auch ein bedeutendes jehowistisches Geschichtswerk, ohne näher darauf einzugehen. Vgl. besonders P. Weimar, Untersuchungen %ur Redaktionsgeschichte des Pentateuch. BZAW 146, 1977. Er geht von den Ahnfraugeschichten in der Genesis aus und isoliert einen frühdatierten jahwistischen Textbestand geringen Umfangs, eine selbständige E-Quelle und eine vergleichsweise relativ umfangreiche jehowistische Bearbeitung von J und E, die auch selbständiges Material einschließt. Darauf folgen exilisch-nachexilische dtr. Bearbeitungen (S. 162 ff.). — Dtr. Elemente hat man in Gen-Num allerdings auch schon früher gefunden, siehe G. Brekelmans, „Die sogenannten deuteronomischen Elemente in Gen-Num. Ein Beitrag zur Vorgeschichte des Deuteronomiums", in: Volume du congres Geneve 1965. VT.S. 15, 1966, 90 ff. Dieses Verhältnis ist besonders mit den Auszugs- und Sinaiberichten verbunden. Vgl. Anmerkung 2 und dazu A. Reichert, Der jehowist und die sogenannten deuteronomistischen Erweiterungen im Buch Exodus, 1972. Das Ergebnis seiner Untersuchung von Ex 3 ist für die Datierung des ganzen J von Bedeutung. Reichert findet anstatt einer ursprünglich selbständigen J-Quelle eine J-Schicht, die von E abhängig und im Süden in nachjesajanischer Zeit entstanden ist (S. 53 — 55). — W. Fuss, Die deuteronomistische Pentateuchredaktion in Exodus 3— 17. BZAW 126, 1972, beschäftigt sich dagegen nur mit Bestimmung und Beschreibung von J, E und der dtr. Redaktion in Ex 3 — 17. Letztere sieht er als wesentlich an, vgl. ebenfalls P. Weimar, Die Berufung des Mose. Literaturwissenschaftliche Analyse von Exodus 2, 23-5, 5. OBO 32, 1980. Vgl. F. V. Winne«, „Re-examining the Foundations", JBL 84 (1965), 1 ff.; N. E. Wagner, „Pentateuchal Criticism: No Clear Future", CjT 13 (1967), 225 ff.; ders., „Abraham and David?", in: FS F. V. Winnett, 1972, 117 ff., und J. van Seters, „Confessional Reformulation in the Exilic Period", VT 22 (1972), 448 ff.

Forschungslage, Problemstellung und Textauswahl

3

durch das Erscheinen mehrerer Bücher hervor. 5 Die Aufmerksamkeit richtet sich nun hauptsächlich auf den Textbestand in der Genesis. Das Neue dieser Arbeiten besteht im wesentlichen darin, daß die zentralen J-Texte als Resultate einer Verfasser- oder Redaktortätigkeit gegen Ende des judäischen Königreichs, im Exil oder in der nachexilischen Zeit beurteilt werden. Mehrere dieser Abhandlungen vertreten die Auffassung, daß die Verheißungen an die Erzväter ihre Form als Ausdruck der Existenzkrise der Nation Israels während des Exils erhalten haben.6 Die meisten dieser Verheißungen wie auch andere zentrale J-Texte werden literarisch und theologisch entweder dem gleichen zeitlichen Umkreis wie die Träger des deuteronomisch-deuteronomistischen Denkens7 oder auch dem Traditionskreis des Deuterojesaja8 zugewiesen. 5

J. van Seters, Abraham in History and Tradition, 1975; H. H. Schmid, Der sogenannte Jahn/ist, 1976; R. Rendtorff, Das überlieferungsgeschichtliche Problem des Pentateuch, BZAW 147, 1977; vgl. bereits seinen Aufsatz „Der Jahwist als Theologe? Zum Dilemma der Pentateuchkritik", in: Congress Volume Edinburgh 1974. VT.S 28, 1975, 158 ff. = englische Übersetzung „The Yahwist as Theologian? The Dilemma of Pentateuchal Criticism", JSOT 3 (1977), 2 ff., und die Diskussion seines Artikels im gleichen Heft. — Dann folgt H. Vorländer, Die Entstehungs^eit des jehomstischen Geschichtswerkes, 1978. Er begründet seine nachexilische Datierung des Jehowisten mit dem Schweigen der älteren Literatur zu den Aussagen des Pentateuch. Einige kleinere Arbeiten argumentieren im wesentlichen auch so. Sie haben in der späteren Debatte keine größere Rolle gespielt: B. Diebner, „Isaak und Abraham in der alttestamentlichen Literatur außerhalb Gen 12 — 50", DB AT 7 (1974), 38 ff.; B. Diebner u. H. Schult, „Argumenta e silentio. Das große Schweigen als Folge der Frühdatierung der alten Pentateuchquellen", in: DB AT Bh 1, 1975, 24 ff. Diebner behauptet hier (S. 33), daß nur die, die sich für eine frühe J-Datierung einsetzen, nicht Diebner und andere, die spät datieren, e silentio argumentieren, weil letztere das „Schweigen" als forschungsgeschichtlich bedingt, d. h. eigentlich als unreal, ansehen. — Das Umgekehrte ist jedoch der Fall! Die ältere alttestamentliche Literatur, abgesehen von Pt, schweigt zu den Pt-Themen. Und eben aufgrund dieses Schweigens folgern Diebner u. a., daß die Pt-Themen zur Zeit dieser Literatur nicht existierten — jedenfalls nicht in der Fassung der Pt-Darstellung. Vgl. auch B. Zuber, „Marginalien zur Quellentheorie", DBAT 12 (1977), siehe ebenfalls B. Diebner, „Neu erforschter Pentateuch", LM 18 (1979), 372 f. Zu den argumenta e silentio als Datierungsargument, vgl. A. H. J. Gunneweg, „Anmerkungen und Anfragen zur neueren Pentateuchforschung", TR 50 (1985), 112 f., vgl. ebenfalls S. R. KÜLLING, Zur Datierung der Genesis-P-Stücke namentlich des Kapitels Genesis XVII, 1964, 132 ff. Die Nicht-Existenz der Pt-Themen ist nur eine der möglichen Erklärungen des erwähnten „Schweigens". Nur andere Kriterien können diese Erklärung wahrscheinlich machen.

6

Vgl. besonders van Seters, VT 1972, 459; Abraham in History and Tradition, 278, und ders., „Tradition and Social Change in Ancient Israel", Perspectives in Religious Studies 7 (1980), 104 ff. Siehe hierzu auch Schmid, VT.S 1981, 390 f. So besonders Schmid, Der sogenannte Jahwist, 157 u. a., aber auch Rendtorff, Das überlieferungsgeschichtliche Problem, der der dtr. Redaktion große Bedeutung beimißt. Siehe besonders van Seters (vgl. Anmerkung 6).

7

8

4

I. Die Aufgabe

Die erwähnten Arbeiten haben die Debatte um die Datierung der jahwistischen Texte in der Genesis nachhaltig beeinflußt. Nicht nur werden Anliegen dieser Arbeiten in umfangreichen Studien weitergeführt, 9 sondern die dort vertretenen Ansichten sind in der nahezu unüberschaubaren, später erschienenen Literatur ausführlich diskutiert worden. 1 0 Aus dieser Literatur geht hervor, daß sowohl die Kritik an den Argumenten zugunsten einer späten Datierung — wie auch die Tendenz, ® M. Rose, Deuteronomist und Jahn/ist, 1981, hat die Beziehung zwischen J und dtr. von dtr. Texten her untersucht. J. van Seters führt seine Studien weiter in seinem Buch In Search of History, 1983, hierzu siehe gleich unten. E. Blum hat mit Die Komposition der Vätergeschichte, 1984, Rendtorffs methodisches Programm für die Vatergeschichte durchgeführt. Das Werk lag uns so spät vor, daß wir es nur an einigen wesentlichen Punkten berücksichtigen konnten. 10 Vgl. die recht umfangreichen Diskussionen der erwähnten Arbeiten: E. Otto, „Stehen wir vor einem Umbruch in der Pentateuchkritik?", VF 1, 1977, 82 ff.; E. Zenger, „Wo steht die Pentateuchforschung heute?", BZ 24 (1980), 101 ff.; ders., „Auf der Suche nach einem Weg aus der Pentateuchkrise", ThRv 78 (1982), 353 ff. Zenger hält in beiden Arbeiten an der Quellenhypothese als dem besten Erklärungsmodell für die Entstehung des Pt fest. Man muß freilich mit einem viel geringeren jahwistischen Textbestand als bisher rechnen, und die Hypothese ist mit einem „Fragmenten- und Ergänzungsmodell" zu kombinieren, schreibt Zenger. Vgl. auch J. van Seters, „Recent Studies on the Pentateuch: A Crisis in Method", JAOS 99 (1979), 663, eine Beurteilung der Arbeiten Rendtorffs und Schmids. Van Seters liefert S. 669 ff. einen wichtigen Diskussionsbeitrag zur Beziehung zwischen J und der dtr. Literatur: Vorausgesetzt, J weist wirklich einen ausgeprägt dtn. Charakter auf, dann muß er mit der dtn.-Bearbeitung der HorebTheophanie verglichen werden, der eine so bedeutende Rolle im Dtn. zukommt. Dadurch bildet Ex 19 ff. einen Kernpunkt dieser Debatte. Nach van Seters hat J die dtn. Behandlung der Horeb-Theophanie weitergeführt. R. North, „Can Geography Save J from Rendtorff?", Bib. 6} (1982), 47 ff. korrigiert Rendtorffs Darstellung der Quellenhypothese: Er weist darauf hin, daß Rendtorff die in der Quellenhypothese vorausgesetzten unterschiedlichen geographischen Tradierungskreise und deren variierende religiöse Interessen nicht genügend berücksichtigt. Im übrigen hat bereits O. H. Steck, „Genesis 12, 1 — 3 und die Urgeschichte des Jahwisten", in: FS G. von Rad, 1971, 552 eine „geographische Lösung" der verschiedenen, im Material befindlichen Vorstellungen vorgeschlagen. Mit H. C. Schmitt, Die nichtpriesterliche Josephsgeschichte, BZAW 154, 1980, schließt sich eine selbständige Arbeit an die erwähnten an. Auf der Basis seiner Studie der Josephsgeschichte legt er eine Hypothese zur Entstehung des Pt.s vor, die der Auffassung Winnens u. a. entspricht: Eine ursprünglich „jahwistische" Grundschicht aus salomonischen Weisheitskreisen wurde zuerst elohistisch bearbeitet, und dann — in exilisch-nachexilischer Zeit — nochmal von einer jahwistischen Schicht. Zu dieser Schicht gehören nach seiner Auffassung zentrale J-Texte wie Gen 12, 2 f., vgl. S. 150ff.; 189 f. Vgl. ebenfalls seinen Aufsatz „Redaktion des Pentateuch im Geiste der Prophetie", VT }2 (1982), 170 ff., besonders S. 186 f. Anders H. Seebass, Geschichtliche Zeit und theonome Tradition in der Josephs-Erzählung, 1978, 133 f., der nach einer Diskussion mit Schmitt J weiterhin in die Epoche Davids/Salomos datiert. Später hat L. Ruppert, „Die Aporie der gegenwärtigen Pentateuchdiskussion und die Josephserzählung der Genesis", BZ 29 (1985), 31 ff.,

Forschungslage, Problemstellung und Textauswahl

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an d e r f r ü h e n D a t i e r u n g des J a h w i s t e n festzuhalten, m i t d e r Z e i t k l a r e r z u m A u s d r u c k k o m m e n u n d substanzieller b e g r ü n d e t w e r d e n als b i s h e r . 1 1 F o r s c h e r , die f ü r eine späte D a t i e r u n g des J a h w i s t e n eintreten, sehen sich A u f f a s s u n g e n u n d B e o b a c h t u n g e n an Einzeltexten g e g e n ü b e r g e s t e l l t , die eine a l l g e m e i n späte A n s e t z u n g d e r J - T e x t e p r o b l e m a t i s i e r e n . W i r f ü h r e n die w i c h t i g s t e n P u n k t e an: 1. Es ist m i t e i n e m g e r i n g e r e n „ f r ü h - j a h w i s t i s c h e n " T e x t b e s t a n d zu r e c h n e n , als die klassische Q u e l l e n h y p o t h e s e a n n i m m t . Z u s ä t z l i c h z u m u r s p r ü n g l i c h e n J - B e s t a n d m u ß m a n eine späte, e v e n t u e l l m e h r e r e spätere B e a r b e i t u n g s s c h i c h t e n , die den J a h w e - N a m e n v e r w e n d e n , a n n e h m e n . 1 2 2. U n t e r s u c h u n g e n einzelner Texte h a b e n an m e h r e r e n P u n k t e n keine S p u r e n dtn.-dtr. S p r a c h e u n d T h e o l o g i e e r g e b e n . I m G e g e n t e i l , es ist m i t e i n e m v o r - d t n . „ g e s c h r u m p f t e n " Textbestand zu r e c h n e n . U. a. b e r u h t die K r i t i k an den V e r t r e t e r n der späten D a t i e r u n g des J a h w i s t e n d a r a u f , d a ß sie ihre F o l g e r u n g e n aus e i n e m u n z u r e i c h e n d e n S t u d i u m k o n k r e t e r Texte herleiten. M e h r e r e dieser Texte, so w i r d b e h a u p t e t , w e i s e n keine S p u r e n einer A b h ä n g i g k e i t v o n späteren Texten a u f . 1 3

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festgehalten, daß der Pt sowohl eine J- wie auch eine E-Quelle im klassischen Sinne enthält. Ruppert bleibt auch bei der ursprünglichen Datierung, doch ist er darüber hinaus der Auffassung, der Jehowist sei ein kreativer Bearbeiter, ja, ein Verfasser (S. 48). Siehe außerdem die folgenden Anmerkungen mit weiterer Literatur. Zusätzlich zur bereits genannten Literatur muß besonders W. H. Schmidt, „Ein Theologe in salomonischer Zeit? Plädoyer für den Jahwisten", BZ 25 (1981), 82 ff., erwähnt werden. Gegen Rendtorff meint er Gründe zu finden, die für eine Annahme einer durchgehenden Quellenschrift, „der Jahwist", aus der davidisch-salomonischen Ära sprechen. — Vgl. ebenfalls den Doppelartikel von A. H. J. Gunneweg, „Anmerkungen und Anfragen zur neueren Pentateuchforschung", TR 48 (1983), 227 ff., und TR 50 (1985), 107 ff. Vgl. L. Schmidt, „Überlegungen zum Jahwisten", EvTh 57 (1977), 230 ff.; vgl. auch Gunneweg, a.a.O. 232.235 und S. 119; W. H. Schmidt, a.a.O. 92. Siehe auch oben Anmerkung 2 und 3 sowie Zenger, ThRv 1982, 361. Entsprechend auch R. E. Clements, „Pentateuchal Problems", in: Tradition and Interpretation, ed. by G. W. Anderson, 1979, 120, der an JE, D und P als ursprünglich selbständigen Quellen festhält (S. 97), aber mit signifikanter redaktioneller Aktivität bei der Bearbeitung des Materials rechnet. Hier folgt er offensichtlich Zenger und anderen. Siehe auch R. Smend, Die Entstehung des Alten Testaments, 1978, 94. Schmid, VT.S 32, beschreibt den Jahwisten als „geschrumpft" in seinem Referat der hier dargelegten Auffassung (S. 379). Otto, a. a. O. 85. 87 f., macht gegenüber Schmid auf Einzelzüge des J-Materials aufmerksam, die auf vordeuteronomische Zeit hindeuten. Er hebt besonders hervor, daß J keine Kultzentralisationsforderung voraussetzt (S. 87), vgl. auch Zenger, BZ 1980, 102 ff. Er kritisiert auch Schmid, der von einzelnen geprägten Wendungen und nicht von konkreten Texten ausgeht. Gunneweg, a. a. O. 230, führt entsprechende Einwände an: Mehrere der besprochenen Arbeiten beschränken sich auf einzelne „Grundlinien" und weichen einer detaillierten Textbearbeitung aus. Er stellt fest: Der Nachweis formaler und inhaltlichthematischer Ähnlichkeiten von J-Texten mit der dtr. Literatur ist kein zwingender Grund, die Werke auch in derselben Zeit anzusetzen. Man muß dem restaurativen

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I. Die Aufgabe

3. Einzelzüge und die theologische Intention in den jahwistischen Texten entsprechen den herrschenden Verhältnissen des Großreichs — so eine andere Behauptung. Die Verfasserschaft des Jahwisten läßt sich sowohl aus den politischen wie auch aus den geistesgeschichtlichen Verhältnissen seiner Epoche erklären. 14 Die vorliegende Arbeit untersucht die sachlichen Verhältnisse, die sich in erster Linie aus den drei erwähnten Momenten ergeben. Die Diskussion um den geschichtlichen und geistesgeschichtlichen Ort der Texte des Jahwisten verfolgt zwei Anliegen: Teils gilt sie unserem Bild der politischen Geschichte Israels, z. B. der Frage des nomadischen Ursprungs, 15 und der Kulturgeschichte; teils gilt sie der Frage nach dem Inhalt der Texte. Unser Datierungsbeitrag ist in erster Linie eine Untersuchung des Sinngehalts der Texte. Auf das Bild der Geschichte Israels in der Forschung gehen wir nicht näher ein. Zwei weitere Momente spielen in der Diskussion um das Alter der J-Texte eine Rolle: 4. Vertretern einer engen Bindung der J-Texte an dtn.-dtr. Literatur hat man entgegengehalten, daß die dtn.-dtr. Literatur aus verschiedenen Schichten besteht, und daher kaum als eine Einheit behandelt werden kann. Elemente im Dtn. und der dtr. Literatur, so wird behauptet, weisen auf vorgegebenes Material zurück. 16 5. Endlich hat die Debatte die Frage der „Geschichtsschreibung" als literarische Gattung und ihre geistesgeschichtlichen Voraussetzungen zur Diskussion gestellt. Hier geht es besonders um altorientalische und griechische Parallelen zur alttestamentlichen Literatur.17 Charakter der dtr. Literatur Rechnung tragen, und oft, fahrt er fort, stellt sich heraus, daß ältere Motive aufgegriffen, schematisiert und verallgemeinert werden (S. 236 f.). — Die Datierungsdebatte kreist auch um eine andere wesentliche Frage: Welche formgeschichtlichen Verhältnisse liegen hinter einem Text? Diese Diskussion wurde besonders im Zusammenhang mit Ex 3 f. geführt, vgl. hier nur Zenger, BZ 1980, 104 f., und Gunneweg, a.a.O. 234. Van Seters, JAOS 1979, 666, hat diese Frage auch für die Segensverheißung gestellt. 14

15 16 17

Vgl. hierzu außer L. Schmidt, a.a. O.; auch W. H. Schmidt, a.a. O. 92 ff. Letzterer führt u. a. das Verhältnis zu den Kanaanitern als Hinweis auf die frühe Königszeit an. Spuren der Zerstörung Jerusalems, der Kultzentralisierung oder des Auftretens der Assyrer findet er allerdings nicht. H. Cazelles, Bespr. v. J. van Seters, „Abraham ...", VT 28 (1978), 246 ff., verweist auf die Verhältnisse zur Zeit Davids. H. Seebass, „Zur geistigen Welt des sogenannten Jahwisten", BN 4 (1977), 29 ff., behandelt J.s geistesgeschichtlichen Rahmen und hebt hervor, daß J.s „radikale Erkenntnis des Verhältnisses zwischen Mensch und Gott" weder dem dtn.-dtr. Werk noch P entspricht, aber im Gegensatz dazu von der geistigen Situation gegen Ende des 10. Jahrhunderts her gut zu begreifen ist. Vgl. hier nur Otto, a. a. O. 89. Vgl. Gunneweg (Anmerkung 11) und Zenger, ThRv 1982, 357. Van Seters, In Search of History, setzt sich mit dieser Problemstellung auseinander. Hier

Forschungslage, Problemstellung und Textauswahl

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Punkt 5 liegt außerhalb des Rahmens dieser Untersuchung, und wir gehen daher nicht weiter auf ihn ein. Mit Punkt 4 beschäftigen wir uns nur, insoweit es für unsere eigentliche Arbeit von Bedeutung ist. Die Arbeiten R. Rendtorffs und E. Blums haben zu einer späten Datierung zentraler jahwistischer Texte geführt. 1 8 Beide Forscher wenden die form- und überlieferungsgeschichtliche Methode nicht nur auf die mündliche, sondern auch auf die literarische Ebene im Textstudium an. Diese Arbeitsweise resultiert nicht in zusammenhängenden, zugrundeliegenden „Quellen", sondern nur in mehr oder weniger umfangreichen redaktionellen Bearbeitungen vorgegebener, selbständiger Überlieferungskomplexe. In ihren Arbeiten erscheinen die Verheißungen an die Väter in der Genesis als Resultat einer vielschichtigen redaktionellen Bearbeitung der Vätererzählungen. In erster Linie ist die Methode dieser Forscher mit Hilfe einer Textanalyse der Vätergeschichte zu prüfen. Nur so läßt sich feststellen, ob es berechtigt ist oder nicht, jahwistische Texte, die als zentral gelten, als redaktionelle Bearbeitungen zu charakterisieren. Handelt es sich z. B. wieder um einen „geschrumpften" J-Textbestand, der sich als nicht-redaktionell herausstellt, d. h. auf keinen Redaktor zurückgeht, aber trotzdem größere Stoffgruppen verbindet? — Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich auch mit dieser Frage — sie bildet jedoch nicht ihr Hauptanliegen. 19

wie auch in seiner vorhergehenden Arbeit ( A b r a h a m in Historj and Tradition) geht es ihm in erster Linie um die Beziehung zwischen mündlicher und schriftlicher Entstehung der geschichtlichen Überlieferung. Ein Vergleich, besonders mit der griechischen Geschichtsschreibung, dient als Argument für die Behauptung eines verhältnismäßig späten Aufkommens der israelitischen Historiographie. Hier sei auch auf H. Cancik, Grundlage der hethitischen und alttestamentlichen Geschichtsschreibung, 1976 hingewiesen, der vom hethitischen Standpunkt aus einen Vergleich hethitischer und alttestamentlicher Historiographie hinsichtlich Erzähltechnik, Motive und Phraseologie unternimmt. 18 19

Vgl. oben Anmerkung 5 und 9. In diesem Zusammenhang ist auch T. L. Thompsons Buch The Origin Tradition of Ancient Israel, 1987 zu erwähnen, das erst nach Abschluß dieser Arbeit erschien. In seiner Pentateuchanalyse lehnt er die Quellenhypothese grundsätzlich ab (S. 49). Indem er „from the text itself" ausgehen will, unterscheidet er anhand einer Struktur- und Elementenanalyse, den Forschern Irvin, Fokkelmann u. a. folgend (S. 48), zwischen ursprünglich selbständigen Erzählungen und redaktionellen, übergreifenden Textstücken. Seine Analyse resultiert in kein den einzelnen größeren Traditionskomplexen übergreifendes „plot development, the development of themes or the tracing of leitmotifs", das dem abschließenden, umfassenden Redaktionsprozeß des ganzen Pentateuch vorausgeht. In dieser Hinsicht bestätigt er weitgehend die Behauptungen Rendtorffs. Den Redaktionsprozeß datiert Thompson in die zweite Hälfte des 7. J h . — Thompsons Arbeit läßt sich innerhalb unserer Arbeit nur hinsichtlich Einzelpunkten kommentieren, siehe besonders unten, Kap. III.2. Zusammenfassend ist nur folgendes anzuführen: Nach Thompson (S. 51 u. a.) geben die spezifischen Formen der überlieferten Traditionen keine Basis für traditions-

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I. Die Aufgabe

b)

Problemstellung

Wir untersuchen ausgewählte Texte des Jahwisten in den Vätergeschichten der Genesis im Hinblick darauf, ob sie Datierungskriterien für die Entstehungszeit der jahwistischen Quellenschrift abgeben. Die Aufgabe läßt sich folgendermaßen präzisieren: 1. Eine kleine Auswahl als zentral geltender J-Texte aus den Vätergeschichten wird ausführlich und von verschiedenen Gesichtspunkten her untersucht. Lassen die Texte erkennen, wann sie als Teil des jahwistischen Textcorpus entstanden sind? Wir fragen in erster Linie nach der Zeit und damit nach dem geschichtlichen Rahmen dieser Texte, da wir annehmen, daß sie Situationen ihrer eigenen Zeit wiederspiegeln. In diesem Zusammenhang müssen wir auch bis zu einem gewissen Grad nach der relativen Chronologie der verschiedenen Schichten in der Genesis fragen. Diese Frage ergibt sich aus der Behauptung, einige unserer zentralen Texte seien redaktionelle Bearbeitungen älterer Literatur. Außerdem ist der Verbindung der Texte mit dem dtn.-dtr. Verfasserkreis nachzugehen, und schließlich nach ihrem Verhältnis zur späteren Prophetie — besonders zum deuterojesajanischen Traditionszusammenhang. 2. Durch diese Problemstellung wird unsere Arbeit wie folgt „hypothesenimmanent": Wir gehen von bestimmten Texten aus, die traditionell dem „Jahwisten" zugeschrieben werden. Wir wollen zentrale J-Texte datieren und nehmen an, daß andere J-Texte den ursprünglichen literarigeschichtliche oder redaktionelle Folgerungen hinsichtlich der Traditionen. Er differenziert auch zwischen der (legitimen) Frage nach „the unity and formation of the received narrative", und der spekulativen Frage nach „original narratives and the growth of traditions preexisting what we now can read". — Trotzdem resultiert seine Formanalyse in Behauptungen hinsichtlich primäre und sekundäre Elementen der Erzählungen, und deren Redaktionen (S. 51). Durch Beschreibung der individuellen Einheiten des Texts unterscheidet er zwischen unabhängigen Einheiten, die der Einfügung in ihren vorliegenden Kontext vorausgehen, und verschiedenen sukzessiven Redaktionen (S. 62 u. a.). U. a. findet er größere Traditionskomplexe, die unabhängig von dem vorliegenden PtZusammenhang existiert haben. Dies sind eminent genetische Fragen. — Es wäre eine Aufgabe, Thompsons Arbeit hinsichtlich der logischen Konsistenz dieser Arbeitsweise zu überprüfen. Nach Fertigstellung der Arbeit erschien auch die methodische Kritik an der Urkundenhypothese von H. Whybray (The Making of the Pentateuch. A Methodological Study, 1987). Die Grenzen unserer Arbeit erlauben keine umfassende Diskussion mit Whybray. Daß die Urkundenhypothese ihre Relevanz für das Verständnis der PentateuchEntstehung nicht verloren hat, indizieren die Arbeiten von K. Koch („P — kein Redaktor! Erinnerung an zwei Eckdaten der Quellenscheidung", VT 37 (1987), 446 ff.) und speziell zu Gen 6 — 9 und Ex 3, W. H. Schmidt („Plädoyer für die Quellenscheidung", BZ 32 (1988), 1 ff.); J. A. Emerton („An Examination of Some Attempts to Defend the Unity of the Flood Narrative in Genesis", VT 37 (1987), 4 0 1 - 2 0 und 38 (1988), 1 - 2 1 ) , und L. M. Barré („The Riddle of the Flood Chronology" JSOT 41 (1988), 3 - 2 0 ) .

Forschungslage, Problemstellung und Textauswahl

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sehen Horizont dieser Texte gebildet haben. Die Hypothesenimmanenz gilt also nur der Textauswahl. Diese Hypothesengrundlage schließt ein, daß wir die Nichtzugehörigkeit bestimmter Texte zum jahwistischen Bestand voraussetzen. Das gilt in erster Linie für den P-Stoff, teilweise auch für den von E. Hier ist jedoch forschungsgeschichtlich das Problem komplizierter, und an einigen Punkten müssen wir näher auf die Abgrenzung zwischen J- und „E"Texten eingehen. In der neueren Forschung wird der Umfang des J-Textbestands diskutiert. Das gilt auch für die Texte, die unseren Ausgangspunkt bilden. Teils hat man traditionell als jahwistisch geltende Texte dem Jahwisten abgesprochen, teils wurde der Umfang eines J-Textes aufgrund neuerer literarkritischer Erkenntnisse geändert. Auf dieser Grundlage präzisieren wir unseren hypothesenimmanenten Ausgangspunkt im Hinblick auf die Textauswahl wie folgt: a) Texte, die traditionell J zugeschrieben werden, bilden den Ausgangspunkt unserer Untersuchung. Solche Texte werden einer literarkritischen Analyse hinsichtlich ihrer literarischen Einheitlichkeit oder Komplexität unterzogen, um dadurch den Umfang des „jahwistischen" Textbestandes festzustellen. 20 b) Der literarkritisch isolierte Text gilt als jahwistisch, wenn er keine Anzeichen enthält, die auf nicht-jahwistische Herkunft deuten. Während unserer Arbeit an den Texten suchen wir, eventuell auch gegen die bisherige Forschung, nach Kriterien, die es nahelegen, einen bestimmten Text nicht dem Jahwisten zuzuschreiben. 3. Wie zuverlässig ist das Ergebnis? Die Problemstellung, die wir als Hauptfrage an die Texte stellen, ist in Beziehung auf die behandelten Texte, eine „textfremde" Frage in dem Sinne, daß die Texte keine Intention bergen, eine solche Frage zu beantworten. Dies entspricht dem Moment der unsicheren Entstehungsindizien in den Texten. Die relative Zuverlässigkeit des Ergebnisses beruht auf dem kumulativen Effekt der Ergebnisse aus Einzeluntersuchungen soweit diese in ihrer Gesamtheit auf eine bestimmte Situation hinweisen. c)

Textauswahl

Die Untersuchung geht von den beiden Texten Gen 12, 1—9 und 28, 10—22 aus. Im Mittelpunkt stehen hier die Verheißungsreden 12, 2—3 und 28, 13—15. Hier handelt es sich unbestritten um zentrale Texte des 20

Wir sehen es als wesentliches methodisches Anliegen an, daß literarkritische Untersuchungen der Beschäftigung mit nicht-literarkritischen Fragen, wie z. B. der Frage des dtr. Ursprungs, vorausgehen. Vgl. zu diesem methodischen Gesichtspunkt W. Richter, Exegese als Literaturwissenschaft, 1971, 45, und kürzlich besonders G. Vanoni, Literarkritik und Grammatik, 1984, 18 f.

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I. Die Aufgabe

Jahwisten. 12, 1—9 wird allgemein als programmatisches Textstück, das Hauptteile des jahwistischen Textcorpus miteinander verbindet, verstanden. 21 Der dritte Text ist Gen 26. Dieser Text und die Verheißungen in Kap. 12 und 28 weisen mehrere gemeinsame Züge auf. Gleichzeitig enthält er auch Momente, die auf eine späte Entstehungszeit — jedenfalls bestimmter Teile des Textes — hindeuten. Die Relation zwischen Kap. 12 und Kap. 26 läßt sich ausgehend von den Geschichten von der „Gefahrdung der Ahnfrau" untersuchen. Aus der Relation können Anhaltspunkte für Schlüsse auf die relative Chronologie der Texte gewonnen werden. 22 Weiterhin untersuchen wir Gen 27. Dieser Text enthält keine Verheißungen im eigentlichen Sinne des Wortes, aber Elemente, die Verheißungen gleichen. Das verbindet Gen 27 mit Kap. 12 und darin scheint eine Beurteilung der Beziehung Israels zu anderen Völkern zum Ausdruck zu kommen.

21

Vgl. hier nur G. v o n Rad, Genesis 124. 126, siehe außerdem unten S. 11. Es ist üblich, wie in der Arbeit H. W. Wolfis, bei der Auseinandersetzung mit der Theologie des Jahwisten v o n Gen 12, 1 ff. auszugehen, vgl. hierzu nur T. E. Fretheim, „The Jacob Traditions", Interp. 26 (1972), 421 ff. Hier ist O. H. Steck, a. a. O. 539 ff., besonders wichtig. Anders F. Crüsemann, „Die Eigenständigkeit der Urgeschichte", in: FS H. W.

Wolfj, 1982, 29, der fragt, ob 12, 1 — 3 eventuell eine Verbindung mit P voraussetzt. 22

Mehrere Arbeiten zur Redaktionsgeschichte der Vatererzählungen beginnen mit der Ahnfrautradition, vgl. Weimar, a. a. O., und van Seters, Abraham in History and Tradition.

II. Genesis 12, 1 - 9 II.l. LITERARKRITISCHE ANALYSE VON GEN 12, 1 - 9

a) Die Forscbungslage D e r Abschnitt G e n 12, 1 — 4 a. 6 — 9 w i r d in der Forschung traditionell als zentraler Teil des jahwistischen Textbestandes angesehen. 1 Einige Forscher behandeln auch V. 5 b ß als einen J-Satz, andere weisen ihn sowohl J als P zu. 2 Allgemein gilt der Text in seiner jetzigen F o r m nicht als traditionell, selbst w e n n er auf einzelne traditionelle Elemente zurückgehen sollte. 3 — Einige Forscher bestreiten jedoch die literarische Einheitlichkeit dieses Abschnitts, Teile des Textes werden entweder einem späteren „ J " zugeschrieben, oder überhaupt nicht als jahwistisch angesehen. Erstens (1) behaupten einige Exegeten, die Verheißungen in V. 2 — 3 und eventuell auch V. 7 seien als Ganzes im Textzusammenhang sekundär. Zweitens (2) behaupten einige, die Rede Gottes in V. 1 — 3 weise sekundäre Zusätze auf. Drittens (3) w i r d postuliert, V. 4 a. 6 —9 enthalte sekundäre ' Eine ausführliche Forschungsübersicht bei A. de Pury, Promesse divine et légende cultuelle dans le cycle de Jacob, 1975, 48 ff. Aus der Übersicht geht u. a. hervor, daß es unter denen, die in J zwei verschiedene literarische Schichten annehmen, üblich ist, das Textstück, eventuell abgesehen von V. 2—3 und V. 9, der ältesten Schicht zuzurechnen. Siehe hierzu gleich unten Pkt. 1. a. Vgl. nur C. Steuernagel, Lehrbuch der Einleitung in das Alte Testament, 1912, 141. 144, weiter W. Zimmerli, 1. Mose 12-25. Abraham, 1976, 18, und die zusammenfassenden Darstellungen von R. Smend, Die Entstehung des Alten Testaments, 1978, 92, und L. Schmidt, „Pentateuch", in: H. J. Boecker u. a., Altes Testament, 1983, 93, beide halten 12, 1 —3. 7 für jahwistisch. (Näheres zur Auffassung Smends siehe unten, Anmerkung 11.) Entsprechend J. Scharbert, Ausgewählte Themen der Einleitung in das Alte Testament, 1981, 35 u. a., wo er auch (S. 30ff.) die zentrale Stellung von 12,1—3 bei J näher entfaltet. Vgl. auch W. H. Schmidt, Einführung in das Alte Testament, 1979, 76 ff. Ältere Arbeiten, die die Bedeutung des Textes bei J, und besonders V. 2 f., hervorheben, sind von Rad, Gen 118. 126, und besonders H. W. Wolff, „Das Kerygma des Jahwisten", jetzt in: Wolff, Ges. Stud., 2. Ausg. 1973, 351 ff., vgl. auch Westermann, Gen I, 2, 166. 2 Vgl. E. Ruprecht, „Vorgegebene Tradition und theologische Gestaltung in Genesis 12, 1 - 3 " , VT 29 (1979), 172 Anm. 6: V. 5bß sei J und P gemeinsam. Entsprechend Westermann, a.a.O. 167. O. Procksch, Gen 95; jahwistisch. Anders R. Kilian, Die vorpriesterlichen Abrahamsüberlieferungen, 1966, 3. 3 Vgl. bereits H. Gunkel, Gen 167: Der Verfasser habe nur „Notizen" vor sich gehabt. Zur diesbezüglichen Forschungsgeschichte siehe C. Westermann, Die Verheißungen an die Väter, 1976, 92-111.

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II. Genesis 12, 1 - 9

Notizen oder Einschübe. Im vorliegenden Zusammenhang sind besonders die beiden ersten Behauptungen wesentlich. 1. Zu der Frage, ob die Verheißungsreden V. 2—3 und V. 7 als Ganzes sekundäre Zusätze seien, gibt es unter den Forschern drei verschiedene Stellungsnahmen: a) V. 2 — 3 werden als sekundärer Zusatz zu einem älteren literarischen Textbestand gesehen, jedoch gehören jetzt beide Schichten einem frühdatierten Jahwisten an: Entweder ist V. 2 —3 ein Zusatz ( J 2 ) zu einem älteren (J]), wie z. B. C. A. Simpson (1948) behauptet, 4 oder die Verse werden als jahwistische Erweiterung einer präjahwistischen literarischen Schicht aufgefaßt. R. Kilian (1966) stellt diese Behauptung auf. Er hält die Verse für sekundär, weil das Landthema in V. 1 . 4 a nicht in V. 2 — 3 vorkommt. 5 — Dieselbe Auffassung vertritt auch A. de Purj (1975), indem er darauf hinweist, daß die Verbindung der Landverheißung mit der Segensverheißung nicht alt ist. 6 b) J. Hoftij^er (1956) sieht ebenfalls die Verheißungen in V. 2 —3 und darüber hinaus in V. 7 im Kontext ganz als sekundär an, nach seiner Meinung handelt es sich bei den Verheißungen allerdings um sekundäre Einschübe eines nachexilischen Redaktors, nicht um Einschübe eines frühdatierten Jahwisten. 7 Textimmanente Kriterien für die Verheißungen als literarisch sekundäre Einschübe führt er allerdings nicht an. 8 Er weist auf ihre Zugehörigkeit zu einer einheitlichen Textgruppe (der „Genesis 15Gruppe") hin, hier sind einige Verheißungstexte offensichtlich literarisch sekundär. Daher nimmt er an, daß auch die anderen Verheißungen eine redaktionelle Bearbeitung vorgegebener Texte sind. — Hoftij^ers textexterne Arbeitsweise ist von einem methodischen Standpunkt her fragwürdig. Wir behaupten, daß die literarkritische und redaktionsgeschichtliche Situation eines Textes der „Gen 15-Gruppe" nicht als Hauptkriterium in einer literarkritischen Analyse eines anderen Textes benutzt werden kann, sondern daß literarkritische Fragen in erster Linie mit Hilfe textimmanenter 4

5 6 7 8

The Early Traditions of Israel, 1948, 6 9 - 7 2 . 477f.: 12, 1. 4a u. a. gehörten zu J,, V. 2. 3a zu J2 (V. 3 b sei sekundär). A.a.O. 3. A.a.O. 6 1 - 6 4 . Die Verheißungen an die drei Erzväter, 1956, 14f. 28—30. Auf Seite 14 argumentiert er für die Auffassung, die Verheißungen in Kapitel 12 seien traditionsgeschichtlich sekundär, doch ohne diese Argumente auch in literarkritischen Folgerungen zu verwenden. Offensichtlich ist sich Hoftijzer selbst der „chief limitations" der traditionsgeschichtlichen Argumente hinsichtlich Fragen der literarischen Einheitlichkeit bewußt, auf die Emerton bei seiner Sichtung der Argumente Hoftijzers für die Verheißungen als spätere Zutat hinweist (J. A. Emerton, „The Origin of the Promises to the Patriarchs in the Older Sources of the Book of Genesis", VT 32 (1982), 16).

Literarkritische Analyse von Gen 12, 1—9

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Kriterien zu lösen sind. 9 Eine genauere literarkritische Analyse ergibt, daß nicht sämtliche Texte der Gen 15-Gruppe als sekundäre Einschübe in den Kontext anzusehen sind. Im Gegenteil, einige Texte scheinen zum ursprünglichen Bestand zu gehören. 10 Schon dadurch werden Hoftij^ers Prämissen als Kriterium für eine allgemeine Behauptung, die Verheißungstexte der „Gen 15-Gruppe" seien im bestehenden Textzusammenhang literarisch sekundär, hinfällig, und wir sind auf eine literarkritische Analyse der einzelnen Texte angewiesen. — F. V. Winnett (1965)11 behauptet ebenfalls, 12,2 — 3 sei ein Einschub späteren Datums, seinem „Late J " zugehörig. „Late J " fällt in die Jahre 587 — 400. Der Text kann, wie mehrere Verheißungen, von denen angenommen wird, daß sie auf denselben Redaktor zurückgehen, von „the basic J Störy" unterschieden werden, der in 12, 1 —9* die Landverheißung in V. 7 einschloß./, van Seters (1975)12 führt später dieselbe Grundauffassung in der Quellenfrage weiter. Er löst V. 2 —3 aus dem Kontext heraus, weil dieses Stück das Landthema unterbricht. — J. A. Emerton (1982)13 ist in diesem Zusammenhang zu erwähnen. Für ihn ist der Verheißungstext in V. 2 f. eine sekundäre redaktionelle Erweiterung, da die Verse eine Anhäufung von Verheißungen enthalten. Sie lassen sich leicht aus dem Kontext lösen und weisen Affinität zu anderen sekundären Verheißungen auf. V. 7 dagegen sieht er als ursprünglich an. c) Andererseits behaupten mehrere Forscher, die Verse 2 — 3 und 7 seien literarisch gesehen ein ursprünglicher Teil des Textbestands V. 1—4a. 6 — 9. C. Westermann (1976)14 behauptet in Anschluß an V. Maag, daß hinter dem überlieferten Text in 12, 1—3 eine ältere Form zu vermuten ist: eine „Aufforderung zur Transmigration", die neues Weideland ver9

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Derartige Kriterien werden von W. Richter, Exegese als Literaturwissenschaft, 1971, 51 ff., aufgezählt. W. Gross, Bikam, 1974, macht u. a. von diesen Kriterien Gebrauch. Hier ist seine vorbehaltlose Zustimmung zu Noths Prinzipien zu beachten „... nur da zur Annahme literarischer Uneinheitlichkeit zu schreiten, wo das Auftreten von Varianten, von offenkundigen Fugen und sekundären Verklammerungen u. dgl. dazu zwingt" (59). J. A. Emerton, a.a.O., behauptet, daß mindestens zwei Texte der Gen 15-Gruppe (zusätzlich zu Gen 15) dem ursprünglichen Textbestand angehören: 12, 7 und 28, (13.)15. Im Lauf der Untersuchung wird sich dies bestätigen. „Re-examining the Foundations", JBL 84 (1965), 1 0 - 1 3 . Smend, a.a. O. 94. 92, knüpft nicht an Winnett an, ist hier aber trotzdem zu erwähnen, weil er eine Zugehörigkeit von 12, 1—3 zu J 2 andeutet, d. h. einer Schicht innerhalb der jahwistischen Textbildung, die vielleicht in der späten Königszeit anzusetzen ist. Vgl. seinen entsprechenden Artikel, „Die altisraelitische Literatur", in: Neues Handbuch der Literaturwissenschaft Bd. 1: Altorientalische Literaturen, hg. v. W. Röllig, 1978, 284. Abraham in History and Tradition, 1975, besonders 223. A.a.O. 21. Hier ist auch H. Schulte, Die Entstehung der Geschichtsschreibung im Alten Israel, 1972, 48, zu erwähnen, der andeutet, daß V. 2—3 dtr. Zusätze zu J sein können. Die Verheißungen an die Väter, 129.

14

II. Genesis 12, 1 - 9

heißt. Später (1978) 15 gelangt er aufgrund des formgeschichtlichen Befunds zu folgender literarkritischer Konklusion: „... eine literarische Abtrennung von V. 2—3 verkennt die Struktur von 12, 1—4a. Zu dem Gebot von V. 1 ... gehört notwendig eine Verheißung."

E. Ruprecht (1979) 16 führt diesen Gesichtspunkt weiter aus; er weist auf mehrere Genesis-Texte hin, die eine Verbindung zwischen göttlicher „Weisung" und „Verheißung" enthalten. 2. In der Frage nach der literarischen Einheitlichkeit der Gottesrede in V. 1 — 3, hat man sich in der Forschung besonders mit dem mehrfachen Gebrauch der Wurzel beschäftigt, was auf eine literarische Komplexität der Verheißungsrede deuten kann. Andererseits hat man die häufige Anwendung dieser Wurzel als Stilmittel erkannt, das dem Abschnitt ein feierliches Gepräge verleiht, die Wiederholungen werden also nicht als literarkritische Kriterien angesehen. Bereits H. Gunkelxl hat auf diese beiden Momente hingewiesen. In jüngster Zeit hat P. Weimar (1977) behauptet, Teile der Gottesrede seien sekundäre (jehowistische) Erweiterungen eines alten jahwistischen Textes. 18 Er hält nur V. 1 aß* (ohne "^mblDDI -p3N rraai). 2 a* (ohne -p® nVutO) und V. 3 b für ursprünglich. - F. Diedrich (1979) bietet zunächst eine Forschungsübersicht zu dieser Frage. Dann beginnt er mit einer Strukturanalyse von 12, 1—4 a, auf dieser Grundlage kommt er zu dem literarkritischen Schluß, daß V. 2 aß ( * p * 1 3 i 0 ) und V. 2 b (¡1313 ¡ViTl) sekundär sind. 19 — Im Hinblick auf die literarische Einheitlichkeit der Gottesrede sind im folgenden die Gesichtspunkte dieser beiden Arbeiten besonders zu beachten, doch muß auch auf Behauptungen

15

16 17

18

19

Gen I, 2, 171. — Seine Behauptung, daß die Sprachform, die noch hinter 12, 1—4 a zu erkennen sei, in die Vaterzeit zurückreichen könne (S. 169), wird von E. Blum, Die Komposition der Vätergeschichte, 1984, 298 Anm. 5 u. a., bestritten. Die Frage nach der eventuellen Traditionsgeschichte der Kombination von Weisung und Verheißung ist im vorliegenden Zusammenhang jedoch unwesentlich. Zu Blums Auffassung der redaktionsgeschichtlichen Verhältnisse von 12, 1 — 9, siehe unten S. 31 ff. A.a.O. 174f. Gen 163. Die meisten der klassischen Literarkritiker unterscheiden zwischen V. 2 und 3. So z. B. Eißfeldt, Hexateuchsjnopse, 19*, und W. Eichrodt, Die Quellen der Genesis von neuem untersucht, 1916, 147, R. Smend (d. Ä.) referierend: In V. 2 f. werde zwischen J, und J2 unterschieden. Nach E. Sellin — G. Fohrer, Einleitung in das Alte Testament, "1969, 175, gehört V. 1. 2. 4 a zur vorjahwistischen N-Quelle. Vgl. auch F. Huber, „Literarkritik", in: G. Fohrer u. a., Exegese des Alten Testaments, 3 1979, 51, er weist auf „manche Ausleger" hin, die V. 3 (besonders V. 3 b) als störende Wiederholung von V. 2 (besonders V. 2 b) betrachten. Untersuchungen s^ur Redaktionsgeschichte des Pentateuch, 1977, 44—46. E. Zenger, „Jahwe, Abraham und das Heil aller Völker", in: Absolutheit des Christentums, hg. v. W. Kaspar, 1977, 47, fußt auf Weimars Arbeit. „Zur Literarkritik von Gen 12,1 - 4 a", BN 8 (1979), 27 ff. mit Forschungsbericht S. 25 ff.

Literarkritische Analyse von Gen 12, 1 — 9

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der älteren Forschung, V. 3 b, eventuell auch V. 3 a, sei sekundär, eingegangen werden. 3. Der dritte Punkt bezieht sich auf V. 4a. 6 —9. V. 4b—5 gilt allgemein als P-Einschub (vielleicht ist V. 5 bß davon auszunehmen). 20 Abgesehen von der Frage nach der kontextuellen Verankerung von V. 7,21 wird auch behauptet, (Teile von) V. 8 b seien sekundär, so S. Tengström (1976).22 Er vertritt die Auffassung, bei der Altarbaunotiz, V. 8 b, handele es sich um eine Bemerkung, die von einem Formschema abweicht, und daher literarisch sekundär sein muß. V. 9 stelle dazu das Bindeglied zwischen 12,1 ff.* und dem sekundären Abschnitt V. 10—20 dar — und müsse aus diesem Grund ebenfalls literarisch sekundär sein. — P. Weimar (1977)23 behauptet seinerseits, andere Teile von V. 6 —9 seien auch sekundär. /. van Seters (1975)24 macht für V. 6 —9 literarkritische Schlußfolgerungen geltend, die auf seinen redaktionsgeschichtlichen Untersuchungen von 12, 10 — 20 und der „Lot-Sodom-Erzählung" in Kap. 13; 18 f. basieren. Er stellt erstens die Behauptung auf, 12, 10—20 sei eine alte, selbständige Erzählung, eingeleitet mit der Berufung Abrahams „and some itinerary", letztere jetzt in V. 1.4a*. 5 —7*. Die „Lot-Sodom-Erzählung" hält er dagegen für jünger als 12, 10—20 und deren Einleitung (12, 1—9*), deshalb müssen alle Hinweise in 12, 1 ff. auf diese späte „Lot-Sodom-Erzählung" sekundär sein. Folglich ist die Erwähnung Lots in V. 4 aß nach van Seters sekundär, ebenso die Bemerkung über die Kanaaniter in V. 6 (ein Vorgriff auf 13, 7) und V. 8 (ein Vorgriff auf das späte 13, 3—4). b) Literarkritische

Analyse

Da der Narrativ in V. 1 keine selbständige Erzählung einleiten kann (kein „absoluter Erzählungsanfang" ist), muß sich die Eröffnung in 12, 1 auf einen vorhergehenden Textzusammenhang, in dem Abraham erwähnt wird, beziehen: 25 Entsprechende Einleitungen von Narrativreihen 20

21

22 23 24 25

Vgl. zuletzt Blum, a. a. O. 333, er betrachtet den Textausschnitt als Teil einer Überlieferungsschicht, die den älteren Kontext weiterführt. Nach R. Rendtorff, Das überlieferungsgeschichtliche Problem des Pentateuch, 1977, 110, gehört V. 7 einer späteren Überlieferungsschicht (= Redaktionsschicht?) als 12,2—3 an. Westermann, Gen 1,2, 179ff., sieht in V. 7 eine überlieferungsgeschichtlich selbständige Einheit, was Blum, a. a. O. 333 Anm. 9 allerdings bestreitet. Siehe unten S. 38 ff. Die Hexateucher^ählung, 1976, 29. A. a. O. 47 f. A.a.O. 223. Zum Gebrauch der Verbform wayyiqtol zu Beginn der Erzählung, vgl. W. Gross, Verbform und Funktion, wayyiqtol für die Gegenwart?, 1976, 33 f., und ders., „Syntaktische Erscheinungen am Anfang althebräischer Erzählungen", in: Congress Volume Vienna 1980, 134 f., besonders Anm. 13. Auch Westermann, Gen I, 2, 170, weist darauf hin, daß V. 1 eine Formulierung „im Fluß der Erzählung" ist. Vgl. außerdem Blum, a.a.O. 343 Anm. 11, er ist der Auffassung, 12,1 setze zumindest eine Exposition voraus, durch die Abraham eingeführt wird.

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II. Genesis 12, 1 - 9

f i n d e n sich in 18, 1 ( J ) u n d 2 8 , 1 0 ( J ) . Beide sind deutlich auf den K o n t e x t b e z o g e n . 2 6 In 1 3 , 1 steht ebenfalls eine Ü b e r g a n g s - u n d Einleitungsnotiz, e i n g e f ü h r t mit wayyiqtol. Bei d e m 1 2 , 1 v o r a n g e h e n d e n Text kann es sich e n t w e d e r u m 1 1 , 2 8 — 3 0 * , o d e r u m einen A b s c h n i t t , der d u r c h spätere redaktionelle Bearbeitung entfiel, h a n d e l n . 2 7 V . 1 aß. b ist Zitat einer Rede. Z w i s c h e n den beiden y i N stehen die präzisierenden H e r k u n f t s a n g a b e n " ] m V l ö 0 1 "p^N ITOÖl, V . 1. A b e r auf dieser G r u n d l a g e allein kann m a n — gegen Weimar — nicht den Schluß ziehen, daß diese H e r k u n f t s a n g a b e eine sekundäre E r w e i t e r u n g ist. S o l a n g e keine w e i t e r e n K r i t e r i e n g e b o t e n w e r d e n , ist in der dreigliedrigen E r w ä h n u n g des A u f b r u c h s o r t s eher ein stilistisches Mittel des Verfassers zu sehen, mit d e m er die A r t des A u f bruchs schildert. — Es kann auch nicht behauptet w e r d e n , V. 1 — 9 sei stilistisch so knapp, daß die dreigliedrige O r t s b e s t i m m u n g in V. 1 w e g e n ihrer Breite des Stils aus d e m R a h m e n falle, v g l . den R S in V . 4 a; die K a n a a n i t e r n o t i z in V. 6, w e i t e r h i n V. 7 b ( v V n HXlin) u n d die Ortsbestimm u n g in V. 8 (vgl. die kürzere in 1 3 , 3). Weimar behauptet, „die Dreierrede" f a i t ivani "|mVlöni "]5nKÖ weise auf einen weitergefaßten Rahmen hin, der erst von JE stamme: 11, 28 + 12, 1; 24, 4 + 7; 31, 3 + 13 + 32, 10.28 Nach Weimar liegt hierin die Bestätigung dafür, daß der erwähnte Stoff zwischen den beiden f i x eine spätere Erweiterung des J-Textes ist. — Dazu kann folgendes angeführt werden: Kap. 24 kann zwar ein später Text sein, 29 und V. 4. 7 kann einen Spannungsbogen von 12,1—3 nach Kap. 24 schlagen. 30 Aber es ist noch zu belegen, daß Kap. 24 (jedenfalls V. 4. 7) und 11, 28 + „die Dreierreihe" in 12, 1 denselben Verfasser haben, und daß der Spannungsbogen ein Ergebnis seiner Tätigkeit ist. Es könnte nämlich sein, daß 24, 4. 7 auf einen nachjahmstischen Verfasser zurückgehen, der beabsichtigte, eine Verbindung zwischen seinem späten Text Kap. 24 und 26 27

28 29 30

Vgl. hierzu R. Rendtorff, „Jakob in Bethel", ZAW 94 (1982), 511 f. Ob 11, 27 — 32 jahwistischen Stoff enthält oder nicht, ist in der Forschung umstritten. Zu dieser Frage lassen sich drei verschiedene Standpunkte anführen: 1. Die traditionelle Quellenscheidung behauptet häufig, daß V. 27. 31 f. zu P gehöre, während V. 28—30 J zugeschrieben wird. Von D^ip? wird abgesehen, der Ausdruck gilt als sekundärer Zusatz. So z. B. Kilian, a.a. O. 279 f., der außerdem noch eine Einleitung zu V. 28 — 30 annimmt, die weitgehend V. 27 entsprochen habe. Westermann, Gen I, 2, 152, nimmt eine Schichtenscheidung aufgrund einer formkritischen Analyse vor (Kombination von Genealogie mit Itinerar) und folgert daraus, daß V. 27 b—30 ein J-Text innerhalb des PRahmens sei. 2. Tengström, a.a. O. 25—28, behauptet, V. 27 — 32 sei größtenteils ein die Geschichte Abrahams einleitender Text, weise aber auch redaktionelle Erweiterungen auf, die auf P zurückgehen; V. 27 aa. 28 (DTtfb 1W3). 31. 32a. 3. Der Abschnitt V. 2 7 - 3 2 sei einheitlich und P-Gut. So van Seters, a. a. O. 225, und Blum, a. a. O. 440. A.a.O. 45 Anm. 128. Vgl. hier nur Westermann, Gen I, 2, 470. F. W. Golka, „Die theologischen Erzählungen im Abraham-Kreis", ZAW 90 (1978), 189, behauptet die Existenz eines solchen Spannungsbogens zwischen Kapitel 12 und Kapitel 24, doch ohne Hinweis auf 24, 4. 7. Zu Golkas Darstellung siehe unten S. 34 Anm. 16.

Literarkritische Analyse von Gen 12, 1 — 9

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dem älteren Kap. 12,1 herzustellen. Kap. 31,3 und 31,13 gehören verschiedenen Schichten an,31 woraus ersichtlich wird, daß derartige Formulierungen, die rückwärtige Verbindungen zu Verheißungstexten zu schaffen im Stande sind, auf verschiedene Verfasser zurückgehen können. — Sonst ist nach Weimar mVlB f"lN nur in der späten Literatur belegt. Seine Behauptung läßt sich möglicherweise gerade für diese Cstr.Verbindung in Gen 24, 7 und 31, 13 aufrechterhalten, Stellen, die kaum jahwistisch sein dürften (hinzu kommt 11, 2832). In gesicherten J-Texten findet sich diese Cstr.Verbindung dagegen nie. Dort steht mVlö selbständig. So in 12, 1 (imVinai 31,3; 32,10 und auch in 43,7. Letztere wird aus anderen Gründen einer Schicht zugeschrieben, die in der Epoche Salomos entstanden sein kann.33 Abgesehen davon, daß Weimars letzterwähntes Kriterium kaum für eine literarkritische Scheidung innerhalb eines Textzusammenhangs in Frage kommt, dürfte aus dem oben angeführten hervorgehen, daß es für eine Spätdatierung von Gen 12, 1 auch nicht ausreicht. In der Verheißungsrede V. 2 — 3 w i r d das L a n d m o t i v der Weisung V. 1 nicht ausdrücklich erwähnt, w i r sehen jedoch darin keine literarkritisch relevante Spannung zwischen den beiden Teilen. Im Gegenteil, die K o m bination L a n d m o t i v und Segensverheißung stimmt s o w o h l mit dem Sprachgebrauch des Jahwisten wie auch mit den späteren Verfassern überein. D a ß das L a n d m o t i v in Kap. 1 2 erst nach Abrahams A n k u n f t im verheißenen Lande explizit besprochen wird, stimmt ebenfalls mit dem üblichen Sprachgebrauch überein. Beide Behauptungen lassen sich wie folgt begründen: In den Berichten v o n den Wanderungen der Väter werden durchgehend göttliche „Weisung" und „Verheißung" kombiniert: 3 4 3 1 , 3(J); 32, 10; 46, 3 f.; vgl. 26, 2 f. und 48, 2 1 ; 50, 24. Die Stellen 3 1 , 1 3 und 3 5 , 1 bilden Ausnahmen, die Verheißung fehlt. D o c h weisen beide auf die vorausgegangene O f f e n b a r u n g in Bethel hin. Beide Stellen sind wahrscheinlich redaktionelle Bearbeitungen v o n u. a. der J-Schicht in 28, 1 3 — 1 5 * . 3 5 Eine 31 32 33 34 35

Vgl. unten S. 176 ff. Zur Quellenfrage siehe oben Anm. 27. Vgl. H. C. Schmitt, Die nichtpriesterliche Josephsgeschichte, 1980, 197, vgl. 163. Vgl. Ruprecht, a.a.O. 175. Vgl. W. Richter, „Das Gelübde als theologische Rahmung der Jakobsüberlieferungen", BZ 11 (1967), 42ff. Gen 28, 2 0 - 2 2 ; 31, 2. 4 - 1 6 ; 3 5 , 1 - 5 . 7 sind seiner Auffassung nach Teile einer nachjahwistischen, genauer elohistisch theologischen Bearbeitung der Jakobsgeschichte. Nicht ganz so Westermann, Gen 1,2, 598: Gen 31,4—16 sei sekundärer Einschub in der J-Kontext, stamme aber nicht von E. 35,1 — 7* sei redaktionell {ebd. 668). E. Otto, Jakob in Sichern, 1979, 72f., findet eine alte Tradition in 35, 1 — 7, die einen Befehl zum Aufbruch, aber keine Verheißung enthielt und auch keinen Hinweis auf den Verheißungstext in Kap. 28. Diese Elemente, Verheißung und Rückverweis, seien redaktionelle Zutat. Anders als Otto versteht de Pury, a.a. O. 519 ff. 587 ff., die Erzählung in 35, 1—7 als Teil eines vorliterarischen Jakobzyklus, der mit dem Verheißungsbericht in 28,10ff. begann und mit 35, 1—7 endete. Seiner Auffassung nach war der Befehl zum Aufbruch, 35, 1, immer mit der Verheißung 28, 13 ff. verbunden. Diese Debatte berührt unsere Untersuchung nur in geringem Ausmaß, sie beschäftigt sich mit Fragen der

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II. Genesis 1 2 , 1 - 9

Verheißung fehlt auch in 22, 1, die Weisung wird hier als „Prüfung" qualifiziert (HCl), in diesem Zusammenhang wäre eine Verheißung unnatürlich. — Die durchgehende Verbindung zwischen Weisung und Verheißung spricht gegen die Annahme, Gen 12, 1 sei ohne Verheißung gewesen. Angenommen V. 2—3 seien sekundär, dann müssen sie an die Stelle einer ursprünglichen Landverheißung getreten sein. Das wird sich jedoch als unwahrscheinlich herausstellen. In den erwähnten Texten bildet nicht das Landmotiv, sondern der göttliche Beistand das konstante Verheißungselement: 36 26, 3; 37 31, 3; 46, 3 f.; 48, 21; vgl. 28, 15; 32, 10 - letztere enthält den Ausdruck „Gutes tun". Eine implizite Beistandsverheißung findet sich in 12, 3 a. 38 Als traditionsgeschichtlich sekundär gilt die Kombination Landverleihung und Segen, 39 was jedoch nicht einschließt, daß die Verbindung zwischen 12, 1 und 12,2—3 literarisch sekundär ist. 40 Folgende Gründe sprechen gegen letztere Annahme: In 28, 14 folgt auf die Mehrungsverheißung unmittelbar eine Segensverheißung ( = 12,3 b). Vor beiden Verheißungen steht aber eine Landverheißung, an die sich stichwörtlich die Mehrungsverheißung anschließt. An diesem Punkt ist der Text aller Wahrscheinlichkeit nach einheitlich, 41 und das zeigt, daß J von den mit der Land Verleihung verbundenen Nachkommen- und Segens Verheißungen außerhalb von 12, 1—3 spricht. Gen 12, 2 erwähnt die Mehrung als Verheißung eines großen Volkes für Abraham. Die Kombination Landmotiv und Mehrungs- sowie Segensverheißung in 12, 1—3 ist also ein bei J vorkommender Sprachgebrauch. In dem späteren Text 26, 2 f. folgen auf die Weisung, ANTil flXD zu bleiben, Beistands- und Segensverheißungen, ohne damit eine Grundlage für literarkritische Eingriffe in den Text zu bieten. Wir können nach dem obigen in der Kombination von Land- und Segens Verheißung in 12,1—3 keine Spannung erkennen, die Anlaß zu einer literarkritischen Textscheidung zwischen V. 1 und V. 2 —3 bietet. Die fehlende explizite Erwähnung des Landes in V. 2 f. bildet auch keine Grundlage für die Annahme, V. 2 —3 ersetze hier eine Landverhei-

literarischen Ebene. — Zur Kritik an Richter, vgl. Blum, a.a.O.

3 5 f . : G e n 35, 1 — 7 sei

nicht im Hinblick auf Kap. 28 konzipiert und gehöre in einen Zusammenhang, der d t r G voraussetzt. Er definiert das diachrone Verhältnis zwischen 2 8 , 2 0 — 2 2 und 2 8 , 1 3 — 1 5 auch anders. 36

Auch Ruprecht, a.a. O. 175, hebt dieses Moment hervor.

37

V. 3 b — 5 ist sekundär, siehe unten S. 82.

38

So Gunkel, Gen 165, zu V. 3 a : „... stets will er (Jahwe) f ü r Israel Partei nehmen", entsprechend Ruprecht, a.a.O.

39

175f.

Vgl. Wolff, a. a. O. 355. Er schreibt: „Niemals wird die Landgabe Gegenstand des Segens".

40

Gegen de Pury, a.a. O. 61 Anm. 126.

41

Siehe hierzu unten S. 164 ff.

Literarkritische Analyse von Gen 12, 1—9

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ß u n g . In d e r G e n sind die L a n d v e r h e i ß u n g e n d u r c h g e h e n d d a d u r c h charakterisiert, daß sie im Lande a u s g e s p r o c h e n w e r d e n u n d sich a u f f l N H -1 beziehen: 1 2 , 7; 1 3 , 1 5 1 5 , 1 8 ; 1 7 , 8;

nsrn 24, 7; 28, 4; 28, 13 (iT^S?

(Hin nilS""WK pNn 7D-nN); nnK "IPN pXH); 35, 12; 48, 4; 50, 24. - Gen

2 6 , 3 b fallt aus diesem Schema. A n d e r e V e r h e i ß u n g e n k ö n n e n sich a u ß e r h a l b des L a n d e s ereignen, z . B . die B e i s t a n d s v e r h e i ß u n g 3 1 , 3 . Es entspricht d a h e r ü b l i c h e m S p r a c h g e b r a u c h , w e n n L a n d v e r h e i ß u n g e n nicht mit d e m B e f e h l z u m A u f b r u c h v e r b u n d e n , s o n d e r n explizit erst in 1 2 , 7 a u s g e s p r o c h e n w e r d e n . 4 2 Eine explizite L a n d v e r h e i ß u n g ist d e s h a l b nach ü b l i c h e m S p r a c h g e b r a u c h nicht i m A n s c h l u ß an 1 2 , 1 zu e r w a r t e n . 4 3 H i e r n a c h k ö n n e n w i r G e n 1 2 , 2 — 3 im T e x t z u s a m m e n h a n g nicht als s e k u n d ä r ansehen. M e h r e r e C h a r a k t e r i s t i k a d e r V e r s e 2 — 3 s t i m m e n g u t m i t d e r A u f f o r d e r u n g z u m A u f b r u c h in V. 1 aß. b, die w i r l i t e r a r k r i t i s c h als einheitlich e r k a n n t haben, ü b e r e i n . D u r c h den A u s z u g aus V a t e r h a u s u n d S t a m m w i r d A b r a h a m z u m O b e r h a u p t d e r Familie u n d S t a m m v a t e r des G e s c h l e c h t s , w a s w i e d e r u m der V e r h e i ß u n g entspricht. E r soll zu e i n e m g r o ß e n V o l k u n d zu e i n e m S e g e n s t r ä g e r w e r d e n . I n d e m A b r a h a m a u f d e n S c h u t z d e r S i p p e v e r z i c h t e t , k o m m t ein n a t ü r l i c h e r H i n t e r g r u n d der impliziten B e i s t a n d s v e r h e i ß u n g in V. 3 a z u m A u s d r u c k . 4 4 Emerton 45 führt die Nähe der Verheißungen in als literarkritisches Kriterium an: die Verheißung die Segensverheißung „recalls" 22,17; 2 6 , 3 . 2 4 26, 4. — Wir wollen jedoch behaupten, daß die

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45

V. 2 f. zu sekundären Verheißungen eines großen Volkes „recalls" 18, 18; und 12,3 b „recalls" 18,18; 22,18; angeführten Stellen im Gegenteil an

Auch Blum, a. a. O. 299. 333, unterstreicht, daß die Landverheißungen in der Regel im Lande ausgesprochen werden, aber vgl. ebenfalls B. Jakob, Das erste Buch der Tora, Genesis, 1934 = The First Book of the Torah. Genesis, ohne Datum, 335. Hier handelt es sich um die Art, wie die Landverheißung im vorliegenden Textgefüge in Genesis behandelt wird. Westermann und Ruprecht verfolgen im Anschluß an Maag ein anderes Anliegen: Sie beschäftigen sich mit der Frage, ob hinter 12,1—3 eine Transmigrationsverheißung steht, und was sie eventuell enthalten haben kann. Ruprecht, a.a.O. 172ff., und Westermann, Die Verheißungen an die Väter, 99: Transmigrationsverheißungen seien mit Gebiets- oder Weidelandsverheißung verbunden, in 12, 2 f. fehle die Verheißung. — Im vorliegenden Zusammenhang liegt der Ton auf der Formulierung, 12,1—3 stimmt darin mit dem üblichen Sprachgebrauch in der Gen überein. Wir argumentieren daher an diesem Punkt anders als Westermann (Gen 1, 2, 171): Im Gegensatz zu uns scheint er sich für den ursprünglichen Zusammenhang von Befehl und Verheißung einzusetzen, indem er von der Behauptung ausgeht, Befehl und Verheißung seien formgeschichtlich in der Transmigrationsaufforderung verbunden. Wir beschränken uns hier ausschließlich auf Argumente der literarischen Ebene. Zur Solidarität der Familie in Israel, siehe hier nur R. de Vaux, Ancient Israel, Its Life and Institutions, 1974, 21 f. — Entsprechende Beobachtungen allerdings auch in M. Köckert, Vätergott und Väterverheißungen, 1988, das mir erst März 1988, nach der Fertigstellung des Manuskripts, zugänglich war. A.a. O. 21.

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II. Genesis 1 2 , 1 - 9 12, 2—3 „erinnern", sie weichen alle von den Formulierungen in 12, 2—3 ab. Im Lauf dieser Arbeit werden wir nachweisen, daß mehrere Züge der erwähnten Texte in 12, 2—3 entweder anders sind, oder sogar fehlen, demzufolge eine Annahme, 12, 2 — 3 stamme vom selben Verfasser, oder sei von diesen Texten abhängig, unwahrscheinlich ist. — Emerton bringt als weiteres Kriterium „this accumulation of promises". C. Westermann 46 macht auch von diesem Kriterium Gebrauch, aber er wendet es in einer überlieferungsgeschichtlichen Analyse und nicht in einer literarkritischen Untersuchung an. Warum soll ein Verfasser nicht mehrere Verheißungen miteinander kombinieren können, wie im Fall von 12,2—3? — Emerton vertritt weiterhin die Auffassung, daß Teile von Gen 12, 2—3 Kap. 28, 14 am nächsten stehen, aus unserer folgenden literarkritischen Untersuchung dieses Kapitels wird sich ergeben, daß diese Stelle einer vorelohistischen, jahwistischen Schicht angehört.

Lassen sich in der Verheißungsrede V. 2—3 sekundäre Elemente feststellen? Der Satz V. 2 aß: erscheint im Verhältnis zu V. 2 aa an einer besonderen Stelle. In anderen ~]~D-Stellen, die mit Mehrungsaussagen verbunden sind, steht der "pD-Satz vor der Mehrungsaussage: 48, 16 („Name" + Mehrung); 1 7 , 1 6 . 2 0 ; 22,17; (26,3;) 26,24; 28, 3 f. 47 Die Abweichung in Kap. 12, 2 von einem gemeinsamen „Schema" reicht jedoch nicht für eine literarkritische Scheidung aus, es sei denn andere Kriterien kommen hinzu. V. 2aoc (ein großes Volk) wird semantisch gelegentlich als Folge des Segens verstanden.48 Dann fallt auf, daß der Segen nach seiner ersten Wirkung erwähnt wird. 49 Selbst aus diesem Grund können wir den V. 2 aa.ß literarkritisch gesehen nicht als heterogen auffassen. V. 2 a weist weder semantische noch syntaktische Anzeichen auf, die aussagen, daß der Inhalt von V. 2 a nur durch eine Handlungsreihe realisiert werden kann, bei der die Segensvermittlung (V. 2 aß) erst nach der Vermittlung dessen folgt, was semantisch als eine Wirkung des Segens (großes Volk, V. 2aoc)

46 47 48

49

Die Verheißungen an die Väter, 32. Vgl. Westermann, a . a . O . 141, und Rendtorff, Das überlieferungsgeschichtliche Problem, 48f. So J. Schreiner, „Segen für die Völker in der Verheißung an die Väter", BZ 6 (1962), 3, und Westermann, Gen I, 2, 172 f. sowie Ruprecht, a.a. O. 180. Wolff, a. a. O. 353, meint, „die einfache syntaktische Reihung" deute an, daß nur V. 2 a y und nicht schon V. 2 aa die Wirkung des Segens ausdrücke. — Auch Blum, a. a. O. 354, findet den nachgestellten Segen auffallend und weist außerdem darauf hin, daß „die Volkswerdung sonst in dieser ganzen Überlieferungsschicht nicht mehr als Folge des Segens thematisiert wird". Er zieht jedoch aus dieser Einsicht keine literarkritischen Schlüsse, meint aber, gerade „die Voranstellung der Volkswerdung" habe „eine intendierte Bedeutung". Blum reflektiert hier nur ein traditionelles Verständnis des vorangestellten Verses 2 aa: Schreiner, a. a. O. 3, meint, die Rede vom großen Volk sei „mit Absicht" vorgezogen, denn mit der Zusage der Volkswerdung „wird der neue Einsatz der Heilsgeschichte gegeben". Westermann, Gen I, 2, 172, schreibt, die Voranstellung sei in der übergreifenden Funktion von 12, 1—3 begründet: „die Verheißung zielt auf Israel".

Literarkritische Analyse von Gen 12, 1 — 9

21

verstanden werden kann. In diesem Zusammenhang heben wir hervor, daß die drei syndetisch verbundenen Kohortativsätze in V. 2 a (morphologisch in V. 2 aa.ß nicht zu erkennen) nicht unbedingt einen Progreß ausdrücken. 50 Mehrere syndetisch zusammengestellte Kohortative können zwar eine zukünftige Reihe nachfolgender abgeschlossener Einzelhandlungen ausdrücken: I Sam 28, 7; II Reg 4, 22, aber so können auch Handlungen ausgedrückt werden, die, jedenfalls teilweise, gleichzeitig ablaufen werden, II Sam 14,7. Die Kohortative in V. 2 a können als eine Reihe beigeordneter (koordinierter) Sätze mit konsekutiver, finaler oder begründender Funktion im Verhältnis zu V. 1 verstanden werden, 51 ohne daß eine zeitliche Reihenfolge oder ein logisches Abhängigkeitsverhältnis der drei Handlungen untereinander syntaktisch zum Ausdruck kommt. 52 Auch ist der semantische Inhalt der drei Sätze nicht so, daß es leicht fällt, sie als Aussagen zu drei aufeinander folgenden abgeschlossenen Handlungen zu verstehen, 53 sondern als eine Liste göttlicher Handlungen — oder Aufzählung von Aspekten göttlicher Handlungen — die sich gleichzeitig ereignen. Wir können wie folgt übersetzen: 50

51

52

53

Progreß in der Vergangenheit wird mit wayyiqtol ausgedruckt; w=qatal — x kann Progreß in der Zukunft vermitteln, vgl. W. Gross, „Otto Rössler und die Diskussion um das althebräische Verbalsystem", BN 18 (1982), 64. 66. Zu wayyiqtol siehe Gross, Verbform und Funktion, wayyiqtol für die Gegenwart?, besonders sein Ergebnis 163 ff. Die Formen für „Auslösung" und „Kundgabe", einschließlich der Kohortative, sind dagegen nicht von der syntaktischen Opposition ausgehend, die Rössler u. a. mit dem Begriffspaar Hamet — Mare bezeichnet, zu untersuchen, da die erwähnten Formen nicht positionsgebunden sind, vgl. ebd. 43, und auch ders., „Zur Funktion von qatal", BN 4 (1977), 30 und besonders ders., BN 18 (1982), 62. Er macht auch auf Diedrichs Mißverständnis (Diedrich, a.a.O. 30.35) aufmerksam, der behauptet, daß V. 2act. y (bei ihm V. 2 a) in Hametform steht. Wir schließen daraus, daß Diedrich über keine syntaktische Grundlage verfügt, wenn er behauptet, V. 2 aa. y drücke .einmalige' Handlungen aus, und (erst) V. 3 aß, weil in Mare-Form, beschreibe eine parallel verlaufende begleitende Handlung. H. P. Müller, „Imperativ und Verheißung im AT. Drei Beispiele", EvTh 24 (1968), 559 f. hat eine eingehende Beurteilung der Beziehung zwischen Imperativ und Verheißung vorgelegt. Damit kann nur auf ausschließlich semantischer Grundlage (Inhalt von „großer Name") behauptet werden, daß die Verheißung des großen Namens eine Folge des Segens ist, so Blum, a. a. O. 353. Auf dieser Grundlage läßt sich dasselbe allerdings auch für V. 2 a a behaupten. Das Verb mit Gott als Subjekt bezeichnet „Lebenskraft, Wohlstand, Fülle, Fruchtbarkeit verleihen", vgl. J. Scharbert, Art. i n a , in ThWAT /, 826, und entsprechend C. A. Keller, Art. 113, in THAT /, 362. Westermann legt Wert auf die Erfüllung des Segens „in einem stetigen Prozeß" (vgl. hier nur Gen 1, 2, 172). Nach ihm bildet die Mehrungsverheißung eine Explikation der Segensverheißung (vgl. Westermann, Die Verheißungen an die Väter, 25 und 144). In diesem Zusammenhang ist auch die Feststellung G. Wehmeiers zu beachten (Der Segen im Alten Testament, 1970, 170): Gottes Segnen sei „ein unmittelbares, sich in Vermehrung, Wachstum und Erfolg manifestierendes Tun".

22

II. Genesis 12, 1 - 9 „... (dann werde ich) dich \u einem großen Volk machen und (indem und (indem ich das tue) deinen Namen groß machen." 54

ich das tue) dich

segnen

Dann besteht keine zwingende Notwendigkeit, die Segensaussage an den Anfang der Sätze zu stellen. V. 2 a a und 2 a y sind zwar Wirkungen oder Manifestationen des Segens, deshalb ist es möglich zu sagen, die Segensaussage (V. 2aß) sei den beiden anderen logisch übergeordnet. 55 Eine logisch übergeordnete Aussage muß aber nicht unbedingt am Anfang einer Satzreihe stehen. Nach F. Diedrich 56 besteht ein Unterschied zwischen V. 2 aß und V. 2 b auf der einen Seite, und den übrigen Sätzen der Verheißungsrede auf der anderen. Die übrigen Sätze umschreiben Abrahams Segen dadurch, daß Wirkungen und Folgen des Segens aufgezählt werden, während V. 2 aß. b den Segen wörtlich erwähnt. Die umschreibende (und poetische) Form wird nach Diedrich in V. 2 aß. b durchbrochen: „So wird in diesem Textabschnitt der Gottesrede nicht einfach .primitiv' gesagt: ,Ich segne dich', sondern der Inhalt des eben genannten Satzes wird in einer mehr indirekten, in poetische Form gekleideten, in einer gleichsam bildhaft beschreibenden Sprache formuliert ... Diese Redeweise wird nun durch den Satz 2 b {nach unserer Zählung: V. 2 a ß ) ,Ich segne dich' gestört, und das Ergebnis der Rede 2 a. c. 3 a. c 1 8 u n d ö f t e r ) wahrscheinlich „ein höchst bedeutender sachlicher Unterschied besteht", indem erstere „alle Geschlechter des Landes", letztere „alle Völker der Erde" bezeichnet. Nach H. Gunkel2 bezieht sich dagegen die Wendung in V. 3 b auf „die Völker", doch wird V. 3 b von „dem volkstümlichen Partikularismus" in V. 3 a her verstanden, beide Teile sprechen von Israels „Renommee unter den Völkern". „Sich mit jemandem oder mit jemandes Namen segnen" ("p3 N-St. oder tD-St.), bedeutet nach Gunkel, „jemandes Namen beim Segensspruch erwähnen, d. h. wenn man sich etwas Gutes wünscht, nichts Besseres sich wünschen können als das Schicksal des Betreffenden". O. Procksch 3 urteilt anders. Er unterscheidet zwischen ~p3 N-St. und tD-St. Ersteres drückt rezeptiven Sinn aus („Segen empfangen"). An dieser Stelle macht sich Prockschs Einfluß auf die Debatte geltend. 4 Procksch sieht in „den Geschlechtern" in V. 3 b nicht nur palästinische Stämme, sondern Stämme des gesamten Kulturgebiets. Er unterstreicht die universale Adresse des Segens. 1 2 3 4

Composition 31. Gen 165. Die Genesis, 96 f. So z. B. J. Schreiner, „Segen für die Völker in der Verheißung an die Väter", BZ 6 (1962), 6 f.

Datierungsrelevante Inhaltselemente in Gen 12, 1—3

45

G. von Rad5 führt die Auffassung Prockschs weiter. Seine Auslegung hat in der neueren Forschung eine große Rolle gespielt. Für ihn bildet 12, 1—3 den Schlüssel zur Urgeschichte. Würde V. 3 b nicht vom Segen, der der ganzen Menschheit zukommt, sprechen, würde die Urgeschichte mit ihrem Bild einer von Gott verurteilten Menschheit zu einer „ornamentalen" Zutat verkümmern. 1Von Rad stellt außerdem eine Steigerung in der Rede Gottes bis zu ihrem letzten Glied fest. Abraham trägt die Rolle eines Segensvermittlers für die gesamte unglückliche Völkerwelt. 6 Die enge Verbindung zwischen der Urgeschichte und 12, 1—3 wird auch von H. W. W o l f f 1 hervorgehoben. Zwischen seiner und von Rads Auffassung herrscht weitgehende Übereinstimmung, und Wolff hat die Debatte zum „Kerygma" des Jahwisten wesentlich geprägt. Er erkennt das Ziel der Einheit in V. 3 b, hier kommt J's Kerygma am deutlichsten zum Ausdruck: „... im Abrahamsvolk kann die ganze Menschheit Segen gewinnen."8

Abraham/Israel hat die Aufgabe, den Segen der Völkerwelt zu bewirken. — Im Anschluß an die Arbeiten von von Rad und Wolff muß auch ein Beitrag von O. H. Steck erwähnt werden. 9 Steck, hat hier dem Verhältnis zwischen Urgeschichte und 12, 1—3 besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Erst F. Crüsemann10 hat versucht, an diesem Punkt Stecks Ergebnisse anzufechten, indem er behauptet, daß Kapitel 2 — 11 (J) nicht auf 12, 1—3 abzielten und der Verfasser der Urgeschichte nicht mit dem Autor von 12, 1—3 identisch sei. Nach Steck sind „die Geschlechter" in V. 3 b „alle Sippen des (fruchtbaren, bewohnbaren) Erdbodens", im inklusiven Sinne, die Kanaaniter und auch Menschen ohne eigenen Anteil am Kulturland. Wir kommen später auf seine Darstellung des Verhältnisses zwischen Urgeschichte und 12, 3 b zurück. — G. Wehmeier 11 führt die hier vorgelegte Grundposition weiter. Er legt bereits in einer ersten, ausführlichen Arbeit Wert auf V. 3 b 12 und versteht diesen Vers wie die oben behandelten Forscher: Die Geschlechter der Erde werden gesegnet werden. In seiner späteren Arbeit geht er noch weiter auf die „Nationen" ein: 5

6 7 8

9 10 11

12

„Das formgeschichtliche Problem des Hexateuch" (1938), jetzt in: ders., Ges. Stud., 1971, 72f., vgl. entsprechend ders., Gen 118. 122f. Gen 122. „Das Kerygma des Jahwisten" (1964), jetzt in: ders., Ges. Stud., 1973, 351—61. Ebd. 354. Vgl. auch W. H. Schmidt, „Ein Theologe in salomonischer Zeit?", BZ 25 (1981), 89. „Genesis 12, 1—3 und die Urgeschichte des Jahwisten", in: FS G. von Rad, 1971, 539—42. „Die Eigenständigkeit der Urgeschichte", in: FS H. W. W o l f f , 1982, 11 ff. „The Theme ,Blessing for the Nations' in the Promises to the Patriarchs and in Prophetical Literature", Bangalore Theol. Forum 6 (1974), 1 ff. Der Segen im Alten Testament, 1970, 177.

46

II. Genesis 12, 1 - 9 „... the Statement about the nations is the decisive factor." 13

Seiner Auffassung nach stellt die ganze folgende Heilsgeschichte die Antwort auf diese Frage dar: „God does not abandon the nations. They are under consideration in whatever he does in the history of his people. ... the whole history of Israel serves this one purpose to demonstrate that God wants salvation of the world". 14

Mit dieser Auslegung Wehmeiers wird 12, 1—3 als eine Aussage zum Segen der Nationen am stärksten betont. Eine wesentliche Voraussetzung dieser Betonung des Segens der Völker ist, abgesehen vom Zusammenhang mit der Urgeschichte, die Behauptung, der Aufbau der Gottesrede hebe V. 3b besonders hervor, wie schon von Rad ausgeführt hat. Wehmeier bezieht sich auf A. Murtonen ls, der V. 2 f. als „Steigerungsformel" bezeichnet. Wir kommen weiter unten hierauf zurück. E. Ruprecht16 hat vor kurzem einen wichtigen Beitrag zur Debatte um die inhaltliche Struktur der Einheit vorgelegt. Eine besondere Hervorhebung von V. 3 b in der Einheit läßt sich nicht erkennen. In diesem Zusammenhang müssen wir auch den großen Genesis-Kommentar von C. Westermann 17 erwähnen. Seiner Meinung nach ist V. 3 b zwar nicht formaler Höhepunkt, aber doch ein sachlicher Höhepunkt, indem V. 3 b den universalen Wirkungsbereich des Segens ausdrückt. — P. Auffret18 spricht von einer komplexen, äußeren Struktur von 12, 1—3. J. Schreiner 19 legt ebenfalls Wert auf die universale Perspektive von 12, 1—3. Im Anschluß an Procksch hält er „die Geschlechter" in V. 3 b nicht nur für Einwohner Palästinas, sondern sieht in ihnen alle Menschen, „alle anderen Völker", die hier dem Volk Jahwes gegenübergestellt werden. Mit "[13 N-St. drückt der Satz V. 3 b aus, daß sich „alle Völker der Erde" Segen verschaffen können. 20 Nach Schreiner ist es Abrahams Aufgabe, Gottes Heilsplan für die Völker zu verwirklichen. Dieser Zug wird, wie erwähnt, ebenfalls von Wolff hervorgehoben. 21 ]. Muilenburg22 stellt eine 13 14 15

16

17 18 19 20 21 22

Bangalore theol. Forum (1974), 2. Ebd. 3. „The Use and Meaning of the Words Tbàrek and bcràkàh in the Old Testament", VT 9 (1959), 159. „Vorgegebene Tradition und theologische Gestaltung in Genesis 12, 1—3", VT 29 (1979), 171 ff. Gen 1,2, 172. „Essai sur la structure littéraire de Gn 12, 1 - 4 aa", BZ 26 (1982), 243 ff. A.a.O. Iff. Ebd. 5 ff. A.a.O. 352. „Abraham and the Nations", Interp. 19 (1965), 383, vgl. auch P. Altmann, Erwäblungstheologie und Universalismus im Alten Testament, 1964, 10—12.

Datierungsrelevante Inhaltselemente in Gen 12, 1 — 3

47

entsprechende universale Segensperspektive fest und beschreibt Abraham als „the universal man". W. Brueggemann 23 folgt zwar von Rad und Wolff in bezug auf das Verhältnis zwischen der Urgeschichte J's und 12, 1—3. Aber im Unterschied zu ihnen meint er, beide, Kap. 12,1—3 und Kap. 2 — 11 „have Israel in mind rather than the nations", obwohl auch die Nationen in Betracht kommen. W. Richter 24 findet in 12, 3 einen engeren Sinn, indem seiner Auffassung nach HÖTN hier und in 28, 14 das Kulturland Palästinas bezeichnet. Wie Wolff ist auch L. Schmidt25 der Meinung, V. 3 sei eine Aussage zur weltweiten Bedeutung des Segens („die gesamte Menschheit"), aber Abraham/Israel werde keine Aufgabe als Segensmittler zugesprochen. Im Laufe mehrerer Jahrzehnte hat J. Scharbert26 bedeutende Beiträge zur Auslegungsdebatte von 12,2 f. und Elementen dieses Textstückes geliefert, in erster Linie durch seine Analyse des Verbes "[13. Sowohl Schreiner21 wie Wolff28 bauen auf seinen älteren Arbeiten auf. Für die Auslegung von 12, 1 —3 ist seine Behauptung wesentlich, " p 3 mit menschlichem Subjekt bezeichne ein „Aussprechen feierlicher Worte", das Anerkennung, Solidarität und Bekenntnis zur Gemeinschaft zum Ausdruck bringt. 29 Der Satz in V. 3 b mit "p3 N-St. + 3 spricht davon, daß „die Stämme des Kulturlandes" — auch „alle Völker" genannt — sich unter Hinweis auf Abrahams Glück segnen wollen. 30 Indem sie dadurch Abrahams Gesegnetsein anerkennen, erfüllen sie auch die in V. 3 a gestellte Bedingung, so daß Jahwe auch sie segnen kann. Auf diese Weise kann er auch behaupten, daß zwischen einer passiven, medialen oder reflexiven Auslegung von V. 3 b kein Widerspruch besteht, 31 womit er das „Entweder 23 24 25 26

27 28 29 30 31

„David and his Theologian", CBQ 30 (1968), 178 f. „Urgeschichte und Hoftheologie", BZ 10 (1966), 99. „Israel ein Segen für die Völker?", ThViat 12 (1973/74), 138 f. Ausführlich ist seine Abhandlung Solidarität im Segen und Fluch im AT und in seiner Umwelt, 1958. In dieser Arbeit gebraucht er den Ausdruck „Solidarität" im Zusammenhang seiner Beschäftigung mit der Gemeinschaft der Menschen unter Segen und Fluch, — zu 12, 1 — 3, besonders S. 174 und 263 ff. Entsprechend auch ders., Heilsmittler im AT und im Alten Orient, 1963, besonders S. 74 — 79. Für die Verben „segnen" und „fluchen" hat sein Aufsatz „,Fluchen' und ,segnen' im AT", Bib. 39 (1958), 1 ff., eine große Rolle gespielt. Zur Baruk-Formel und zu Gen 27, 29 vgl. ders., „Die Geschichte der baruk-Formel", BZ 17 (1973), 16 u. a. In „ ,In te benedicentur universae cognationes terrae' (Gen 12, 3)", in: FS J. K. Döpfner, 1973, 1 ff. führt er eine Exegese von 12, 1 — 3 durch. Vgl. dazu ders., Art. -pa, ThWAT /, 807 ff. A. a. O. 6. A.a.O. 358. ThWAT I, 825, vgl. Bib. (1958), 18. Bib. (1958), 24 f., und FS Döpfner, 6. ThWAT I, 829.

48

II. Genesis 12, 1 - 9

— Oder" der älteren Debatte überwindet. In seiner übrigen Auslegung des theologischen Inhalts von 12, 1—3 bei J geht Scharbert wenig über die

Auslegungen von Rads, Wolffs und Stecks hinaus.32 Neuerlich hat H. C. Schmitt33 gegen Wellhausen auf A m 3, 2 hingewiesen, w o die Wendung nriDlCQ Vs usw. „die Völkerwelt" bezeichnet. Seiner Auffassung nach kann man an diesem Punkt nicht zwischen 12, 3 und 1 8 , 1 8 unterscheiden. Zuletzt hat allerdings E. Blum 34 auf Gen 48, 20 u. a. verwiesen und behauptet, 12, 3 b beziehe sich auf Abraham als Paradigma der Segenswünsche. In den Verheißungen der Gen findet sich kein „Segen für andere", schreibt er. In unserem Zusammenhang kommt den vielgestaltigen forschungsgeschichtlichen Standpunkten verschiedene Bedeutung zu. Das wird sich nach und nach herausstellen.

b) Wie beschreibt V. 2—3 den Segensempfang der

Geschlechter?

Hier geht es um die Auslegung von V. 3. V. 3 a hat primär die Aufgabe, Abraham Schutz und Beistand zuzusagen. 35 Trotzdem steht in dem Text auch, daß Jahwe auch andere Gruppen, nicht nur Abraham, segnen wird. Jahwe wird die segnen, die sich solidarisch zu Abraham verhalten. 36 Außerdem sagt der Verfasser, daß die große Mehrzahl Abraham diese Solidarität erweisen wird, nur eine kleine Minderheit wird ihn verächtlich behandeln. 37 Unter den Menschengruppen, mit denen Abraham 32

33 34 35

36

37

Vgl. z. B. FS Döpfner, 10 f. Vgl. auch ders., Ausgewählte Themen der Theologie des Alten Testaments II, 1983, 153 f. Die nichtpriesterliche Josephsgeschichte, 1980, 102 f. Anm. 43. Die Komposition der Vätergeschichte, 1984, 351 — 52. So bereits Gunkel, a.a. O. 165: „... stets will er {Jahwe} für Israel Partei nehmen". W. Schottroff, Der altisraelitische Fluchspruch, 1969, 209, findet hinter der Formulierung in V. 3 a die Solidaritätskundgabe eines Clans, die „feierliche Zusage der Verbundenheit {des Clans) mit dem in die Schutzgemeinschaft Aufzunehmenden". E. Ruprecht, „Der traditionsgeschichtliche Hintergrund der einzelnen Elemente von Genesis 12, 2—3", VT 29 (1979), 454—57, sieht in V. 3 a eine Beistandszusage an Abraham. Derselben Auffassung ist auch Westermann, Gen I, 2, 174. L. Schmidt, a.a. O. 137: Jahwe bindet seinen Segen und seinen Fluch über die Menschen an ihr Verhältnis zu Abraham/Israel. In Verbindung mit V. 3 benutzt Scharbert, Solidarität im Segen und Fluch, 174 o. m., den Begriff „Solidarität". Später auch Schreiner, a. a. O. 4, und Wehmeier, Der Segen im AT, 178. Vgl. auch Scharbert, FS Döpfner, 5. Im vorliegenden Zusammenhang halten wir es nicht für erforderlich, Überlegungen anzustellen, ob diese Solidarität in Richtung auf die verbale Zusage zu präzisieren ist (so Scharbert in ThWAT 1, 825 und FS Döpfner, 5) oder ob "pa in V. 3 a eher „ein Tun, das anderen {in casu Abraham) nützt", ist (Wehmeier, Der Segen im AT, 171, vgl. C. Toll, „Ausdrücke für ,Kraft' im Alten Testament mit besonderer Rücksicht auf die Wurzel BRK", ZAW 94 (1982), 111 ff., besonders S. 117 f.). Zu V?p, vgl. u. a. Scharbert, Bib. (1958), 8 ff.

49

Datierungsrelevante Inhaltselemente in Gen 12, 1 — 3

in Berührung kommt, sind demnach viele, die Jahwe segnen wird, nur ausnahmsweise werden Menschen Abraham so behandeln, daß Jahwe sie verfluchen muß. 38 In V. 3 b ist das Auslegungsproblem an die Frage nach der Bedeutung von " p 3 N-St. gebunden. Wie bereits gesagt, wird die Wendung im allgemeinen nicht als eine reine Passivkonstruktion verstanden — indem darauf hingewiesen wird, daß eine passive Bedeutung mit ptz. pass G-St. oder dem Passiv der D-St. auszudrücken wäre. 39 N-St. entspricht dem griechischen Medium, deshalb übersetzt man "p3 N-St: „sich Segen erwerben, sich Segen verschaffen, sich Segen gewinnen". 40 Aufgrund der Verbform kann man eine reflexive Bedeutung allerdings nicht ausschließen. 41 Wehmeier42 argumentiert mit dem Aufbau der Gottesrede (Steigerung bis zum Schlußsatz) für eine mediale Übersetzung von "p3 N-St., aber seine Auffassung der Gottesrede ist nicht zutreffend. 43 Procksch 44 begründet seine Auslegung von "p3 N-St. in V. 3 b mit der Universalität des Segens, — dem Thema, das hier zu untersuchen ist. Auf einem festeren Boden befindet man sich vielleicht, wenn man von Gen 48, 20 ausgeht: 45 nax 1 ? Vkiet -fia'' - p nmoDi a n s i o DTibx "par Hier fragt sich, wie "p^ 1 zu vokalisieren ist. Es ergeben sich drei Möglichkeiten: 1) Als D-St., also Aktiv: "pIT. So TM. 2) Als D-St. Passiv: Die meisten LXX-Handschriften geben die Aussage in einer Passivkonstruktion wieder, wie auch sonst im AT, wo TM "p3 N-st. und tD-St. hat. 46 Peschitta übersetzt ebenfalls passivisch. 3) Man kann auch wie N-St. vokalisieren: *|-!3\ Das logische Verhältnis zwischen Zitateinführung und dem Zitat in V. 20 läßt vermuten, daß nicht nur passivisch gemeint war. Die Wendung löN1? verbindet das Zitat mit "pa"1, so daß "pT' die Aktivität 38

Vgl. entsprechend L. Schmidt, a.a.O.

1 3 7 f . Ausführlicher zu V. 3 a P. D. Miller jr.,

„Syntax and Theology in Genesis 12, 3 a", VT 34 (1984), 4 7 2 ff. 39

Vgl. z. B. Schreiner, a. a. O. 6, und entsprechend bei Wehmeier, Der Segen im AT,

40

Vgl. Schreiner, a.a.O.

7, Wehmeier, Der Segen im AT,

177—79.

1 7 7 f . , und L. Schmidt,

a.a.O.

138. 41

Hierzu siehe Bergsträsser, Grammatik II, 89, HAL

übersetzt 7"13 N-St. + 3 mit „sich

Segen wünschen wie NN" ( = tD-St.). 42 43

44 45

44

Der Segen im AT, 177. Siehe unten S. 51. A.a.O. 96f. Auch Scharbert, Bib. (1958), 24, weist auf G e n 48, 20 hin, jedoch in Zusammenhang mit "["12 D-St. HAL verweist dagegen auf 48, 20 in Verbindung mit N-St. Nur die späte Handschrift 7 0 8 übersetzt "[13 N-St. medial.

50

II. Genesis 12, 1 - 9

bezeichnet, die durch das Aussprechen des Zitierten geschieht. In dem Fall wird durch "pS"1 ausgedruckt, daß das Subjekt von "["13"' selbst eine Segensaussage über andere ausspricht. — Andererseits bezeugen LXX und Peschitta, daß "pD"' zu ihrer Entstehungszeit nicht als eine Aktiv-Aussage verstanden wurde, sie haben den Ausdruck nicht als D-St. gelesen. Wie schon gesagt, übersetzen LXX und Peschitta N-St. und tD-St. Passiv. Es liegt daher nahe, anzunehmen, daß die hebräische Vorlage dieser Übersetzungen auch in Gen 48, 20 eine N-St.-Konstruktion enthalten hat, und wir können daher " p T vokalisieren. 47 Wir können somit behaupten, daß zumindest in Gen 48,20 ein wesentliches Inhaltselement von "p3 N-St. + 3 + NN darin besteht, daß man Segensaussagen ausspricht, in denen man auf NN als Beispiel eines wahrhaften Gesegneten hinweist. Ob ein reflexiver, reziproker oder medialer Sinn von "[13 N-St. vorliegt, ist in unserem Zusammenhang von geringerer Bedeutung. Das Subjekt der Segensaussage kann kaum Israel als eine geschlossene Einheit sein, vielmehr müssen hier einzelne Israeliten gemeint sein, das entspricht am besten dem Gebrauch von dem N-St. an dieser Stelle. 48 „Israel soll sich segnen" o. ä., das vollzieht sich dadurch, daß die einzelnen Angehörigen des Volkes Israel einander segnen, indem sie auf Ephraims und Manasses reichen Segen hinweisen und sagen: „Möge Gott es dir wie Ephraim und Manasse ergehen lassen." Gen 12, 3 b kann hier entsprechend ausgelegt werden: Die (Mitglieder der) Geschlechter sollen einander segnen, indem sie sagen: „Gott gebe, daß es dir gehe wie Abraham". Wichtig in diesem Zusammenhang ist, daß Abraham den Geschlechtern als der reich Gesegnete erscheint, wenn sich die Angehörigen gegenseitig segnen. 49 47

48

49

So Westermann, Gen 1,2, 202, vgl. S. 216. Wir finden keine Textzeugen, die eine Änderung des Konsonantenbestands zu tD-St. nahelegen. — Auch Blum, a.a.O. 351, führt 48,20 als Beleg im Laufe seiner Auslegung von 1 2 , 3 b an, doch ohne eine Stellungsnahme zur Frage, ob hier D-St. oder N-St. zu lesen ist. Er sieht keinen Bedeutungsunterschied zwischen den zwei Formen. Westermanns Behauptung in Gen I, 3, 202, der Sinn werde „deutlicher", wenn man anstatt D-St. N- oder tD-St. mit der Bedeutung „den Namen jemandes als sprichwörtliche Segensformel gebrauchen" liest, ist schwer zu verstehen, "pa D-St. + 3 hat auch diese Bedeutung, vgl. Scharbert, Bib. (1958), 24. Wie schon erwähnt, zeigt das Zitat in V. 20, daß der, der segnet, einen Segen zugunsten anderer ausspricht („möge Gott dich setzen ..."), aber gleichzeitig zeigt die N-Form, daß Israel sich selbst segnet, oder daß der Segen Israel zugute kommt (reziprok, medial, reflexiv). Es wird also eine inner-israelitische Handlung beschrieben. Die Übersetzung = Israel als ganzes (d. h. das Volk) wünscht sich Segen (Westermann, Gen I, 3, 216), erscheint uns nicht ganz zutreffend, hier ist die Rede von einem Ereignis, das sich an den Mitgliedern der israelitischen Gemeinschaft vollzieht. Es ist möglich, daß an diesem Punkt ein Unterschied zwischen N-St. und tD-St. besteht. Zwar kann Ps. 72, 17 wie Gen 48, 20 übersetzt werden, aber Jes 65, 16 u. a. hat

51

Datierungsrelevante Inhaltselemente in Gen 12, 1 — 3

Mit Scharbert50 kann auch behauptet werden, daß zumindest der Zusammenhang mit V. 3 a zeigt, daß V. 3 b auch etwas über den Segensempfang der Geschlechter aussagt, indem sie Abraham als den besonders Gesegneten anerkennen und damit die in V. 3 a gestellte Bedingung ihres Segens erfüllen. Es wäre auch zu überlegen, ob nicht HD13 (V. 2 b) ein Element der Segenskraft enthält, das dazu führt, daß die Sippenangehörigen, wenn sie in ihren Segensworten auf Abraham verweisen (V. 3 b), auch an Abrahams Segenskräften teilhaben. 51 Das Hauptgewicht liegt jedoch auch in V. 3 auf Abrahams Segen und dem besonderen Status, den er als Gesegneter innehat. Dies wird deutlich durch einen Vergleich des oben besagten mit der Analyse der inneren Struktur der Einheit, wie sie von Ruprecht52 durchgeführt worden ist. Nach ihm ist V. 2 b die Folge dessen, was über die Segnung Abrahams in V. 2 a gesagt ist; V. 2 b wird selber in 3 entfaltet. Wir haben im Vorhergehenden behauptet, daß auch V. 3 a und 3 b primär dem Schutz Abrahams und seiner Sonderstellung als Gesegneter gelten. In den Versen 2 — 3 können wir keinen Höhepunkt erkennen, der in erster Linie auf den Segen anderer Menschen abzielt. Diese Feststellung stimmt auch mit der Untersuchung L. Schmidts überein. 53 Er behauptet, daß V. 1—3 von V. 2 ausgehend zu verstehen ist. In erster Linie werden der reiche, zukünftige Segen Abrahams und die Sonderstellung, die ihm dadurch zuteil wird, hervorgehoben. Andere Menschen können gesegnet werden, wenn sie Abrahams Besonderheit anerkennen. c) Zu welchen Gruppen wird Abraham in Beziehung

gesetzt?

Wir greifen hier zwei Fragen auf: a ) Werden sowohl Abrahams Nachkommen und Gruppierungen um Abraham/Israel als staatspolitische Größen dargestellt? der tD-St. reflexive Bedeutung. — L. Schmidt, a.a.O.

138; sie werden gesegnet, wenn

sie die einzigartige Stellung Abrahams/Israels anerkennen. Er übersetzt ~pa N-St. medial: „Für sich Segen erwerben, in dem sie dich

Abraham)» segnen". — Während Scharbert

1958 zwischen N-St. und tD-St. noch keinen Unterschied sieht, vgl. Bib. (1958), 25, schreibt er dagegen 1973 (FS Döpfner, 8), es bestehe ein Unterschied; erster bedeutet „sich wünschen", letzter „sich zusprechen, sich rühmen". Problematisch wird diese Übersetzung, wenn man, anders als Scharbert, Gen 48, 20 als N-St. und nicht als D-St. vokalisiert. 50 51

Siehe oben S. 47. Scharbert, ThWAT /, 830, spricht v o n einem „doppeldeutigen Sinn v o n Segenswort und Segenspotenz" in HD12. Vgl. besonders Ruprecht, a.a. O. 1 8 0 f. Zu HD13 als K r a f t , vgl. Toll, a.a.O.

52 53

1 1 1 ff.

A.a.O. 183f. A.a.O. 1 3 7 - 3 9 . Vgl. bereits Altmann, a.a.O. 11 f. L. Perlitt, „Israel und die Völker", in: „Frieden — Bibel — Kirche", hg. v. G. Liedke, 1972, 31 f. spricht ebenfalls v o n einer Synthese zwischen Universalismus und Partikularismus.

52

II. Genesis 12, 1 - 9

ß) L ä ß t sich in 1 2 , 1 — 3 eine u n i v e r s a l i s t i s c h e P e r s p e k t i v e feststellen? Beide F r a g e n sind h a u p t s ä c h l i c h m i t d e r B e d e u t u n g d e r W e n d u n g n a i N n n n s f f » Vn in V . 3 b v e r b u n d e n . a ) D i e staatspolitische P e r s p e k t i v e in V. 1 — 3 K a p . 1 2 , 1 spricht v o m A u f b r u c h einer einzelnen P e r s o n — A b r a h a m . N u r A b r a h a m soll ausziehen, n i c h t das V o l k , das v o n i h m a b s t a m m t . D e r R a h m e n dieses A u f b r u c h s ist n i c h t d e r R a h m e n des V o l k e s , s o n d e r n d e r eines I n d i v i d u u m s , ein einzelner v e r l ä ß t seine f i x , seine m V t O u n d sein I N n , 3 . A n diesem P u n k t läßt sich keine A n s p i e l u n g auf E r e i g n i s s e in d e r späteren Existenz des V o l k e s f e s t s t e l l e n . 5 4 A u c h in V . 2 w i r d A b r a h a m a n g e s p r o c h e n . M i t d e m V e r l a s s e n seiner V e r w a n d t s c h a f t w i r d i h m v e r h e i ß e n , daß er zu e i n e m g r o ß e n "'U w e r d e n soll. „ N o r m a l e r w e i s e " bezeichnet das W o r t "TS ein V o l k i m

ethnischen,

p o l i t i s c h e n u n d t e r r i t o r i a l e n Sinn, die B e d e u t u n g n ä h e r t sich d e m m o d e r n e n B e g r i f f „ N a t i o n " . 5 5 ""II bezeichnet i m a l l g e m e i n e n eine p o l i t i s c h - g e schichtliche G r ö ß e , eine Einheit, e n t s t a n d e n aus d e m

Zusammenschluß

m e h r e r e r S t ä m m e , 5 6 die „ i n t e r n a t i o n a l e " B e z i e h u n g e n a u f n i m m t . 5 7

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55

56 57

Westermann, Gen 1,2, 171, schreibt: „In dieser dreifachen Beschreibung ... spricht J nicht mehr nur von Abraham, sondern ... von der durch Abraham eingeleiteten Geschichte". Er meint, der Verfasser „läßt ... den Exodus anklingen". Er begründet diese Auffassung mit dem Hinweis darauf, daß hier die Sprache der Seßhaften angeführt wird. — Richtig ist, daß Abrahams Aufbruch mit Ausdrücken einer seßhaften Kultur geschildert wird; — beschrieben wird jedoch der Aufbruch eines Einzelnen. Im Text deutet nichts darauf hin, daß man hinter Abrahams Aufbruch den Aufbruch eines Volkes lesen kann. Vgl. Botterweck, Art. 11, ThWAT /, 969, vgl. 970: Allgemein wird 11 „im Sinne einer einzelnen nationalen Einheit" gebraucht. Vgl. Sp. 966 f.: Es gibt eine „Tendenz", das Wort in diesem Sinne zu verwenden. R. Hülst, Art. O S C H , THAT II, 316, spricht auch von ,Xder)> Tendenz, 11 zu verwenden, wenn politische oder auch territoriale Aspekte im Spiel sind". Beide modifizieren damit zu einem gewissen Grad den Standpunkt von L. Rost, „Die Bezeichnungen für Land und Volk im AT" (1934), jetzt in: Das kleine Credo und andere Studien, 1965, 86 — 89. 92; E. A. Speiser, „ ,People' and .Nation' of Israel", JBL 79 (1960), 157 ff.; und A. Cody, „When is the Chosen People Called a goy?", VT 14 (1964), 1 ff. Vgl. besonders M. Noth, Die Welt des Alten Testaments, "1962, 58 f. Vgl. Cody, a.a. O. 5, teilweise zustimmend, Hülst, THAT II, 317. R. A. Clements, Art. 11, ThWAT I, 971, behauptet, die Existenz Israels als 11 könne erst von der davidischen Zeit an datiert werden, der Gebrauch des Wortes vom vordavidischen Israel sei also ein Anachronismus. Damit ist der Referent des Wortes primär und unter normalen Umständen der Nationalstaat wie R. de Vaux, Ancient Israel, Its Life and Institutions, 21974, 91 f. ihn beschreibt. Ruprecht, a. a. O. 444 behauptet in Anlehnung an Rost, der Ausdruck sei „ein ausgesprochen politischer Begriff", vgl. entsprechend Westermann, Gen I, 2, 173.

Datierungsrelevante Inhaltselemente in Gen 12,1—3

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In diesem Sinn gebraucht J das W o r t in 2 5 , 2 3 , eine A u s s a g e , die implizit den beiden Nationalstaaten Israel u n d E d o m g i l t . 5 8 Ein entsprechendes Verhältnis liegt in E x 9, 2 4 v o r . 5 9 In 3 4 , 1 0 6 0 ist Israel z u r Zeit der W a n d e r u n g in der W ü s t e ein DS7, v g l . auch 1, 9 (J): Israel in Ä g y p t e n , w ä h r e n d nichtisraelitische V ö l k e r mit D v lin~ l ?0 bezeichnet w e r d e n , v g l . auch 34, 2 4 u n d N u m 2 4 , 8. In G e n 4 8 , 1 9 , einem Vers, der wahrscheinlich auch zu J g e h ö r t , 6 1 w i r d gesagt, daß Manasse w i e ein DS7 w e r d e n soll, aber E p h r a i m w i r d g r ö ß e r w e r d e n als er, u n d sein SIT w i r d zu einem 0 , Un~N l ?Q, „einer Schar v o n V ö l k e r n " 6 2 w e r d e n . A l l g e m e i n gilt, daß Q^IJ andere V ö l k e r bezeichn e t , 6 3 d o c h begegnet m a n auch der B e h a u p t u n g , das W o r t bezeichne israelitische S t ä m m e u n d Geschlechter. 6 4 Es ist jedoch höchst u n w a h r -

58 59 60 61

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63 64

Vgl. L. Schmidt, De Deo, 1976, 137 f. Ebd. J-Text nach E. Zenger, Die Sinaitbeophanie, 1971, 200. So Schmitt, a.a.O. 197, und H. Seebass, Geschichtliche Zeit und theonome Tradition in der Josephser^ählung, 1978, 90, vgl. bereits Gunkel, Gen 472 f. So Westermann, Gen I, i , 215. E. A. Speiser, Genesis, 1964, 358, vertritt eine etwas andere Auffassung: „sufficient in numbers to constitute nations". So die meisten Ausleger und THAT II, 321. J. Hoftijzer, Die Verheißungen an die drei Erzväter, 1956, 10f., führt unterschiedliche Auslegungen aus der Forschungsgeschichte an. Er selbst behauptet, der Ausdruck „Völker und Könige" in 17,6.16; 35,11 diene dazu, „die Großartigkeit und Menge" zum Ausdruck zu bringen, ohne den Gedanken an besondere Völker und Könige, und ohne Bruch des partikularistischen Gedankenganges. Entsprechend seine Auslegung von DU/D1«» Vnp in 28, 3; 48, 4; 35, 11: Hier werde ausschließlich von Israel gesprochen. — Selbst wenn Hoftijzer Recht haben sollte, bedeutet das trotzdem nicht, daß „Stamm, Geschlecht" ein Bedeutungselement des Begriffs U ausmacht. Im Gegenteil, seine Behauptung setzt voraus, daß DU, und entsprechend O'OVD, ihre obenerwähnte Bedeutung behalten, denn gerade mit dieser Bedeutung kann das Wort auch im übertragenen Sinne gebraucht werden, um die große Menge zu bezeichnen. — Auch Z. Weisman, „National Consciousness in the Patriarchal Promises", JSOT 31 (1985), 70 Anm. 27 fragt, ob DU in den Verheißungstexten P's Israel oder gleichzeitig auch andere Nationen bezeichnet. Nach ihm kann DU in den Abrahamsverheißungen zwar „Nations" bezeichnen, aber diese Bedeutung lasse sich kaum für die Verheißungen an Jakob aufrechterhalten, der eben nicht „the father of nations" gewesen sei, — eine Auffassung, die auch Hoftijzer aus der Forschungsgeschichte referiert. Weisman kommt jedoch zu der Konklusion, daß die erwähnten P-Stellen (auch die der Jakobsgeschichte) „multinational vision" wiederspiegeln (S. 66). — Die Behauptung, DU pan, „eine Menge von Völkern" (17,4.5) bezeichne nur Israel und das Volk Ismaels, vielleicht noch Edom (vgl. Weisman, a. a. O. 70 Anm. 27), ruft Zweifel hervor. Die Zusammenstellung mit D13l?a (17, 6. 16) mindert die Wahrscheinlichkeit, daß DU hier „Stämme" bedeutet, da hier von den Königen der erwähnten DU die Rede ist. Wird von einem U (17, 20) gesprochen, heißt es nicht D'oVö, sondern es ist die Rede von den zwölf OKTM, „Fürsten, Stammesführer". Wenn wir bereits hier auf eine universalistische Perspektive stoßen, die sich über Israel und Ismaels Volk

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II. Genesis 12, 1 - 9

scheinlich, daß D'HJ in 48, 19 „Stämme" bedeutet, sich also auf Gruppen innerhalb Israels bezieht. Wir müssen davon ausgehen, daß es sich bei den einzelnen Anwendungen des Wortes um Modifikationen einer verhältnismäßig konstanten Wortbedeutung handelt, die kein Bedeutungselement „Stamm" einschließt. 65 In 48, 19 eine andere Wortbedeutung anzunehmen, und D'HJ auf Gruppen innerhalb Ephraim oder Israel zu beziehen, nur weil sich nicht nachweisen läßt, daß Ephraim zu mehreren DTl = Nationen wurde, hat wenig für sich. Eine solche Annahme würde darauf beruhen, daß es sich hier um ein vaticinium ex eventu handelt. Es gibt jedoch noch eine andere Möglichkeit: Die Stelle kann ebensogut eine zukünftige Hoffnung ausdrücken, die nicht der späteren geschichtlichen Situation der Entwicklung Ephraims entspricht. So lange diese Möglichkeit besteht, sollte man an dieser Stelle keine andere Bedeutung für "'II als die allgemein übliche annehmen. Wir sehen demnach keinen Grund zu behaupten, daß Gen 12, 2 nicht auch Tl im Sinne von „Nation" gebraucht, selbst wenn das ethnische Bedeutungselement hier vielleicht das stärkste ist. 66 Wir finden in J's übrigem Sprachgebrauch in 12, 1—3 eine Bestätigung unserer Auffassung. J benutzt die üblichen Wörter in V. 1, um den Rahmen des Individuums auszudrücken, und in V. 3 b verwendet er iltlBWÖ, ein Wort, das J sonst in dem üblichen Sinn von „Geschlecht" und „vor-nationalen" Größen gebraucht. 67 Daß J in diesem Zusammenhang "'ß in einem eigenständigen Sinn zur Bezeichnung von Gruppen angewandt haben soll, für die er sonst die gebräuchlicheren Wörter benutzt, ist wenig wahrscheinlich. Die Verheißung in V. 2, zu einer großen staatspolitischen Größe, einer Nation, zu werden, war für einen Nomaden existentiell uninteressant. Die Sohnesverheißung dagegen war für ihn wichtig. 68 Zu dem Zeitpunkt,

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hinaus erstreckt (Westermann, Gen I, 2, 325 u. a. hebt ebenfalls die universalistische Perspektive hervor), besteht kein Grund, für 35, 11 die Bedeutung „tribes" einzuführen, weil man in Jakob nicht den Vater von „nations" sehen kann. Dort kann nachexilischer Universalismus zur Geltung kommen, vgl. THAT II, 320, auch mit Hinweis auf Ez 23, 24 und 32, 3 wo D1ö» Vnp fremde Völker bezeichnet. — Demnach läßt sich nicht behaupten, daß einige der angeführten P-Stellen Belege für Dil = „Stämme" sind. Ez 36, 13 ff. ist kaum ein Textbeleg für diese Bedeutung des Wortes, vgl. ThWAT I, 967. Ortsbezeichnungen mit 0*un in Jdc 4, 2. 13. 16; Jes 8, 23 können als Modifikationen der oben behandelten Wortbedeutung aufgefaßt werden, die erwähnten QU repräsentieren wahrscheinlich andere, nicht-israelitische Völker. So ThWAT I, 968, der territoriale Aspekt wird trotzdem aufgeführt, vgl. auch THAT II, 311 f. Siehe unten S. 59. C. Westermann, Die Verheißungen an die Väter, 1976, 118 unterscheidet zwischen Verheißungen, die sich an den Verheißungsempfängern und solchen, die sich erst „in der Zeit der Volkswerdung" erfüllten. Während die Sohnesverheißung zur ersteren Gruppe gehöre, vgl. S. 19 ff., gehöre die Verheißung, ein großes Volk zu werden, zur zweiten Gruppe und reiche damit über die Existenzform der Vater hinaus, S. 140. Vgl. auch Ruprecht, a. a. O. 444 f.

Datierungsrelevante Inhaltselemente in Gen 12, 1—3

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an dem die Nachkommen zu einer politischen Größe geworden sind, wäre dagegen die Verheißung, eine Nation zu werden, relevant. Für Israels nationales Bewußtsein ist es wichtig zu wissen, daß die Entwicklung hin zu einer großen Nation die Erfüllung einer Verheißung Jahwes an Abraham ist. Wir können daher behaupten, daß die erwähnte Verheißung an Abraham in V. 2 a nicht von Abrahams Blickwinkel geschildert ist, sondern unter dem Blickwinkel der Erfüllung der Verheißung, indem Israel als staatspolitische Größe, als Nation erscheint. Die Verheißung verspricht, daß Israel eine bedeutende Nation werden wird. Hier ist die Rede von einem „Politicum", auch wenn der Ton auf einem ethnischen Ursprung zu liegen scheint. Abraham vertritt dieses Volk auf keine andere Weise als die, daß er dessen Ursprung und Träger der Verheißungen ist, die sich an dem Volk, nach der Aussage des Autors, erfüllen. Durch dieses „Politicum" gewinnt Abraham großen Ruhm. 69 Der Abraham verheißene Segen erreicht sein Ziel in der Entstehung dieses „Politicums", wodurch Abraham auch zu einem ¡13*13 wird. Abrahams Leben spiegelt also nicht die Existenz des Volkes wieder, sondern das Volk wirft durch seine Größe Glanz auf Abraham, durch das Volk wird Abraham ein ¡1313 und ein reich gesegneter Mann. Das Volk repräsentiert Abraham, nicht umgekehrt. 70 In bezug auf V. 3 ist hier zu fragen, ob sich die Verheißung an Abraham nur auf ihn als Einzelperson, oder auch auf sein „Volk" bezieht. V. 3 a handelt von Relationen, die durchaus individuell sein können, obwohl der Ausdruck auch in einem volkspolitischen Zusammenhang vorkommen kann. 71 Entsprechende Ausdrücke erscheinen in dieser Weise 69

70

71

Westermann, Gen I, 2, 173 interpretiert die Verheißung als eine mit dem Volk und nicht mit Abraham verbundene Aussage: sie (die Auswirkung des Segens) meint nicht, daß Abraham (später) einmal berühmt sein wird, sondern daß das aus dem Segen erwachsene große Volk auch ein berühmtes Volk sein wird". — Trotzdem handelt es sich um eine Verheißung an Abraham; sein Ruhm soll wachsen, und das wird sich durch das Volk, das der Verfasser vor sich sieht, verwirklichen. Das Verhältnis ist sozusagen umgekehrt im Vergleich zu dem von H. Donner, Geschichte des Volkes Israel und seiner Nachbarn in Grundlagen, 1984, 52 f. unter Hinweis auf die Genealogien der Urgeschichte konstatiert. Er schreibt: „Es gehört zum Wesen der Sage, komplizierte geschichtliche Entwicklungen und Konstellationen zu reduzieren und vereinfacht abzubilden. Deshalb erscheinen die Selbstaussagen Israels über dieses Thema als Aussagen über die Verwandtschafts-, Freundschafts- und Feindschaftsverhältnisse seiner Väter. ... Jede Menschengruppe, jedes Volk, ... wird auf einen oder mehrere fiktive Ahnherren zurückgeführt". Diese Ahnherren vertreten seiner Auffassung nach die Gruppe oder das Volk. Schottroff, a. a. O. 209 f. behauptet, die Formel hätte ihren ursprünglichen Sitz im Leben in der Clan-Gemeinschaft der Wüste, als Ausdruck der Relationen zwischen F.inzelpersonen oder Gruppen, vgl. oben Anm. 35. Er hält einen staatsrechtlichen Gebrauch der Formel für sekundär. Ruprecht, a. a. O. 454 Anm. 26, übt an diesem Punkt Kritik an Schottroff. Ruprecht legt Wert auf die staatspolitische Anwendung der Formel.

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II. Genesis 12, 1 - 9

in Num 24, 9. V. 3 b kann traditionsgeschichtlich mit der Königsideologie und dadurch mit politischen Vorstellungen verbunden sein. 72 Noch wird nicht deutlich, ob V. 3 von dem Verhältnis zu dem Volk spricht, von dem in V. 2 a die Rede ist, oder nur von der Beziehung zu Abraham. Wir haben oben 73 V. 3 b so ausgelegt: Die Angehörigen der Geschlechter sollen sich gegenseitig segnen, indem sie auf den Segen Abrahams hinweisen. Jetzt können wir die oben gestellte Frage, wer die finst??? sind, die Abrahams reichen Segen erkennen und auf den sie in ihren eigenen Segenswünschen hinweisen, beantworten. Handelt es sich um Abrahams Zeitgenossen, oder um Zeitgenossen der politischen Größen aus V. 2 a, die erst mit dem Königtum entstanden sind? Es ist deutlich, daß die Verse 2—3 auf letztere abzielen. Die Geschlechter können sich im Namen Abrahams segnen, weil sie ja seinen Segen gesehen haben. Doch von welchem Segen spricht der Text? Erstens besteht der Segen darin, daß Abraham zu einer großen politischen Nation werden soll, zweitens soll sein Name groß werden; auch diese Verheißung gehört primär in einen politischen Zusammenhang. 74 V. 2 handelt also besonders von der Form des Segens, die erst nachdem Israel zu einer großen Nation geworden war, erkannt werden konnte. Erst die Zeitgenossen dieser Nation waren imstande, den Segen Abrahams wahrzunehmen, wie er in V. 2 beschrieben ist. Dieser in V. 2 beschriebene Segen konnte von den Zeitgenossen Abrahams, des Nomaden mit kleiner Familie, nicht verstanden werden. Dies änderte sich auch nicht mit der Geburt Isaaks. Zwar repräsentiert der Sohn den ersten Schritt in Richtung der Erfüllung der Verheißung, aber eine Segensentfaltung wie in V. 2 vermochte eine Umwelt nicht vor dem Werden Israels zu einer Nation zu erkennen. 75 72

73 74

In der neueren Literatur ist dies häufig hervorgehoben worden, vgl. H. H. Schmid, Der sogenannte Jahwist, 1976, 133, und entsprechend J. van Seters, Abraham in History and Tradition, 1975, 274 f. Ausführlicher bei Ruprecht, a.a. 0. 457 ff. Siehe oben S. 50. Vgl. Ruprecht, a.a.O.

4 5 1 — 5 4 , und zusammenfassend Schmid, a.a.O.

133, und van

Seters, a. a. O. 274. Auch für das Individuum war es wesentlich, einen „Namen" zu haben, die Verheißung eines „Namens" war daher auch sinnvoll in einer an einen Einzelnen gerichteten Verheißung, vgl. Gen 48, 16, hierzu Westermann, Die Verheißungen an die Väter, 142. In Verbindung mit der Rede v o m großen Volk ist es jedoch wahrscheinlich, daß das Hauptgewicht auf dem „Namen" liegt, den Abraham durch die Realisierung der Verheißung des großen Volks erhalten wird, die politische Dimension steht im Vordergrund. Vgl. hierzu Wolff, a.a. O. 353, und Westermann, Gen I, 2, 173. 75

Nach Ruprecht, a. a. O. 461 wäre es ein Mißverständnis, anzunehmen, V. 2 f. beziehe sich nur auf die abschließende Erfüllung der Verheißung in der Königszeit. Ruprecht meint, es sei an die ganze Geschichte seit Abraham bis zur Epoche der K ö n i g e als unter dieser Verheißung stehend gedacht, daher schließe die Verheißung eines Volkes die Sohnesverheißung ein. — Es kann sein, daß diese Auslegung zutrifft, wenn der Text von einer

Datierungsrelevante Inhaltselemente in Gen 12, 1 — 3

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Das bedeutet, daß „die Geschlechter", die der Autor in V. 3 b erwähnt, und die auf Abrahams Segen hinweisen, keine Zeitgenossen Abrahams sind, sondern Zeitgenossen der großen israelitischen Nation. Erst ihnen war es möglich, das in V. 2 verheißene Gesegnetsein Abrahams zu erkennen, und sich dadurch auf Abraham in ihren Segenswünschen zu beziehen. Anders ausgedrückt: Die nOIKH mBEO in V. 3 b sind Gruppen, die zur Zeit der großen Nation gelebt und die die Segensverheißung Abrahams in der Entstehung dieser Nation erkannt haben. 76 Sie sind Zeitgenossen der Nation und sehen, daß die große Nation, das Politicum in V. 2 a, die Verheißung an Abraham verwirklicht. Wer sind diese Zeitgenossen der großen Nation, werden sie auch als politische Größen dargestellt? Die Zeitgenossen sind naiNH DnDtPD Unserer Auffassung nach beschreibt diese Formulierung keine staatspolitischen Größen. nnDB?ö kommt bei J in Gen 10, 18 b; 24, 38. 40. 42 vor. In Kap. 24 scheint das Wort dasselbe wie DM IVO auszudrücken, das Vaterhaus, das Abraham verlassen hat. Es handelt sich um den Rahmen eines einzelnen Menschen. 77 In 10, 18 b steht der Ausdruck in Verbindung mit größeren Volksgruppen. 78 Abgesehen von 12, 3 und 28, 14 kommt der Ausdruck nflSWÖ *7D nZ3"7Nn nur noch in Am 3, 2 vor. Daher könnte man annehmen, daß Gen 12, 3 b Israel gerade als staatspolitische Größe anderen politischen Einheiten, den nicht-israelitischen Nationen, gegenüberstellt. 79 Ein genaueres Hinsehen zeigt jedoch, daß dies nicht der Fall ist. Am 3, 1 f. spricht nicht von Israel als Nation im politischen Sinn, sondern als einer nn&VQ. Israel wird also unter dem Blickwinkel eines Geschlechts gesehen. Demnach betrachtet V. 2 Israel als eine ausgesonderte Verwandtschaft unter all

76

77

78 79

traditionsgeschichtlichen Perspektive her betrachtet wird, — wie schon gesagt, die Namensverheißung kann auch auf die Lebenssituation des Individuums abzielen. Der vorliegende Text enthält jedoch keine Sohnesverheißung. Nur die Nation wird angesprochen. Der genannte Segen verwirklicht sich auf staatspolitischer Ebene. Segen, der an eine Einzelperson ergeht, konkretisiert sich ganz anders, wie z. B. in Gen 24, 35; 2 6 , 1 2 - 1 4 (vgl. V. 28f.) und 30, 27. 30. 43. Der Autor von 12, 1 - 3 ist offensichtlich nicht an der Entfaltung des Segens im Leben Abrahams interessiert, sondern an seiner Entfaltung im Dasein der Nation, entstanden durch Abrahams Nachkommen. Der Verfasser beschäftigt sich in V. 3 b mit denjenigen, die diese Entfaltung des Segens sehen. Häufig wird V. 3 dahingehend ausgelegt, daß er sowohl Abraham als auch dem Volk gilt, vgl. hier nur Wolff, a.a. O. 354, vgl. auch L. Schmidt, ThViat (1973/74), 137 u. a., der V. 3 a als Aussage zum Verhältnis zu Abraham/Israel interpretiert. Zur Wortbedeutung vgl. besonders Zobel, Art. nnD»a, ThWAT V. 1. 2, 87: nnDWa „meint keine regionale oder politische Größe, sondern eine ethnische oder engere menschliche Gemeinschaft". Siehe unten S. 60 f. So Schreiner, a.a. O. 5, und Schmitt, a.a. O. 103 Anm. 43.

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II. Genesis 1 2 , 1 - 9

denen, die Israel umgeben. Weder Israel noch die übrigen Völker werden hier als politische Größen gesehen, sondern als „vor-politische" Einheiten, als Geschlechter. 80 An mehreren Stellen stehen „Volk" ("ni) und „Geschlecht" (nnBOÖ) nebeneinander. Die beiden Wörter können dieselbe Größe bezeichnen, indem „Volk" als Großfamilie verstanden wird. 81 Außer Am 3, 2 gilt das in unserem Zusammenhang für folgende Stellen: Gen 10, 5. 20. 31. 32 (P); 10, 18 b (J); Jer 1, 15; 10, 25; 25, 9; Ez 20, 32; Nah 3, 4; Sach 14, 17 f.; I Chr 16, 28; Ps 22, 28. Jer 1, 15: Die Textüberlieferung ist unsicher, mnB8?Ö ist vielleicht sekundär. 82 Den „Verwandtschaften" (Geschlechtern) wird hier eine militärisch-politische Funktion durch ihre Zugehörigkeit zu niDbzpÖ zugeschrieben. Jer 10, 25: In den beiden parallelen Aussagen über die Völker, die Jahwe nicht anrufen, stehen mriDWO und nebeneinander. Hier ist jedoch nicht an die staatspolitische Seite der Völker, sondern an ihre religiöse Praxis gedacht. Jer 25, 9: Auch hier ist die Textüberlieferung unsicher, die Erwähnung Nebukadnezars und der O^ttD ist wahrscheinlich textgeschichtlich sekundär. 83 Es gibt auf jeden Fall Gründe, die erwähnten Glieder literarkritisch als sekundäre Erweiterungen der dtr. Bearbeitung von Jer (CQuelle) anzusehen. 84 Der ältere Textbestand schreibt ninStfö eine militärische Bedeutung zu, nicht gegenüber einem "tl, sondern gegenüber den Einwohnern des Landes. 20, 32: Das Volk sagt, es will sein wie die DVU und wie die „Geschlechter der andern Länder", rnSINH mnS&Ö, die Holz und Stein verehren. O'lin wird hier als mX"lNn mnSIPD expliziert, die Völker werden wieder unter dem Gesichtspunkt ihrer religiösen Praxis betrachtet und nicht als staatspolitisch tätige Größen. 85 Nah 3, 4: Ninives Herrschaft über und MinStfö wird in metaphorischen Wendungen ausgedrückt. Aus dem Text geht nicht hervor, ob es sich um dieselbe Größe handelt, es wird nur gesagt, daß Ninive als Repräsentant eines Imperiums Macht über Nationen und kleinere Gruppen wie Stämme und Geschlechter besitzt. I Chr 16, 28: Hier ist von der religiösen Praxis der mnDItfÖ unter den die Rede. Entsprechend ist Ps 22, 28 zu verstehen. 80 81 82 83 84 85

Vgl. entsprechend H. W. Wolff, Dodekapropheton 2, 1969, 215. Hierzu, vgl. Rost, a. a. O. 86. So W. Rudolph, Jeremia, 3 1968, 8, mit Apparat in BHS. Vgl. App. in BHS und Rudolph, a.a. O. 160. Vgl. W. Thiel, Die deuteronomistische Redaktion von Jeremia 1—25, 1973, 271. Belege für „Sippen" als geschlossene Einheiten, die religiöse Aktivitäten ausüben, siehe ThWAT V, 1. 2, 91 f.

Datierungsrelevante Inhaltselemente in Gen 12, 1—3

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Sach 14, 16— 19: An dieser sehr späten Stelle, die von der Wallfahrt der Völker nach Jerusalem spricht, heißt es V. 16, daß sie DTttn~VDÖ geschehen wird, während V. 17 die Wallfahrt flND TVinDtPO nKÖ geschehen läßt. Hier kann nriDtfD die Völker bezeichnen, die man sich als in Geschlechter eingeteilt vorzustellen hat. V. 17 bezeichnet Ägypten als eine nnBffB, was mit dieser Größe geschehen wird, wird mit dem verglichen, was den D^lin usw., V. 18. 19 wiederfahren wird. Hier steht iinDWD für eine Nation unter anderen D,11. Aber diese Nation wird hier ausschließlich unter dem Blickwinkel ihrer kultischen (In)Aktivität betrachtet. 86 Beurteilung. In den meisten Fällen steht iinSÜD nicht für „die Völker" im staatspolitisch-militärischen Sinn. 87 In Jer 1, 15 haben die nriBWÖ gegenüber Jerusalem und Juda eine staatspolitisch-militärische Funktion. Hier werden jedoch die Geschlechter als geschlossen in der rVD^öO auftretend erwähnt. Ausnahmen bilden die sekundären Anhänge in Jer 25, 9, nur hier werden mnDtPÖ als politisch-militärische Größen gesehen und in Beziehung zu Königen und D,H gebracht. In dem ältesten (dtr.) Textbestand besitzen sie noch militärische Funktion, gegenüber „den Einwohnern des Landes" — das Volk wird als Einwohner verstanden — nicht als Nation. In staatspolitisch-nationalem Sinn wird iinDWD in der späten Stelle Sa 14 gebraucht, hier wird jedoch ihre religiöse Aktivität, und nicht ihre politische Bedeutung behandelt. Hier ist die relativ konstante Bedeutung des Nomens nnötPD zu beachten. Zwar kann sich der Ausdruck auf verschiedene Größen der menschlichen Gesellschaft beziehen, aber in allen Fällen sagt das Wort über seinen Referent, daß er ein „Geschlecht" ist, so auch in Sa 14: die Nation Ägypten wird unter dem Blickwinkel eines „Geschlechts" gesehen. In allen Belegen bis hin zu den sekundären Zusätzen in Jer 25, 9 erscheinen als Referenten für nriDWÖ nie staatspolitisch-militärisch aktive Größen. Das Bedeutungselement „staatspolitische Größe" scheint kein Bestandteil der Wortbedeutung dieses Nomens zu sein. Wir können uns jetzt der Beziehung zwischen der in Gen 1 2 , 2 a erwähnten großen Nation und der in V. 3 b besprochenen Größe zuwenden. Sollte der Autor von 12, 1—3 die Absicht gehabt haben, die große Nation, zu der Abraham werden soll, mit anderen Völkern, d. h. staatspolitischen Größen, in Verbindung zu bringen, wäre nach dem Vorhergehenden eher ein Ausdruck wie T l VD USW. in V. 3 b zu erwarten. Israel als 'II steht in Beziehung zu anderen D"1!! in 18, 18, während die Stellen 22, 18 und 26, 4 die SIT der Patriarchen — ihre Nachkommen von einem 86 87

M. Säbö, Sacharja 9— 14, 1969, 307 hebt die starke kultische Dominanz hervor. Vgl. entsprechend Zobel in ThWAT V, 1. 2, 90, der unter Hinweis auf mehrere der hier besprochenen Stellen schreibt: „Dabei ist wesentlich, daß in diesen Texten eine ethnische und nicht eine geschichtliche oder auch politisch geprägte Vokabel verwendet wird". In diesem Zusammenhang erwähnt Zobel auch Jes 8, 3; 33, 24; Mi 2, 3.

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genealogischen Gesichtspunkt her — auf die beziehen. In der Überlieferungsgeschichte liegen also in diesem Fall verschiedene terminologische Möglichkeiten vor, die den verschiedenen Standpunkten entsprechen, von denen aus die Beziehung zu den jeweiligen Menschengruppen gesehen wird. Für die dritte terminologische Darstellung des Verhältnisses Israels zu anderen Gruppen — also die in 12, 3 b — gilt dann, daß wir nnsttfö in seiner eigentlichen, ursprünglichen Bedeutung auslegen und es so verstehen können, daß die Beziehung unter dem Blickwinkel einer Beziehung einer Nation zu einer Reihe von „Geschlechtern" dargestellt wird: Die Nation, die in Abraham ihren Ursprung haben soll, wird mit Gruppen in Verbindung gebracht, die nicht als staatspolitische Größen angesehen werden, sondern als Gruppen, die in Geschlechter und Stammesverbänden organisiert sind. Das in V. 2 a erwähnte "HJ steht in diesem Text also nicht anderen organisierten Staatsbildungen gegenüber. Wir sind noch nicht auf die Stellen in Gen 10 eingegangen. In 10, 5. 20. 31. 32 wird gesagt, daß die Völker aus Geschlechtern mit je einem Stammvater bestehen. Das ist die Definition des Begriffs „Volk". 8 8 Wenn es hier von „den Völkern" heißt, daß sie sich aus nnOtPQ zusammensetzen, wäre zu überlegen, ob nicht die nöTXn DnstPtt in 12, 3 b gerade alle in Kap. 10 erwähnten D^J meinen. Bei den erwähnten Stellen in Gen 10 handelt es sich jedoch um P-Stellen, und denen kommt kein Gewicht in der Frage nach der Bedeutung von 1 2 , 3 b zu. Aber selbst wenn es sich so verhalten sollte, das nOlKH nnStfÖ in 12, 3 b die erwähnten CH der Urgeschichte meine, was wir bezweifeln, 89 so steht trotzdem fest, daß 1 2 , 3 b sie nicht als politische Nationen sieht, wie Abraham in V. 2 a verheißen wird, sondern als „Geschlechter". J ist dagegen in 10, 18 b. 19 vertreten: Später zerstreuten sich die Geschlechter der Kanaaniter. J ' s „Völkertafel" ist wahrscheinlich nur als Bruchstück bewahrt, 9 0 und Gründe sprechen dafür, daß V. 8—19 auch sekundäre Zusätze zum J-Text enthält. 91 V. 15. 1 8 b . 19 kann jedenfalls als J-Text angesehen werden. V. 8 ( J ) beschreibt Kusch als Individuum. E r zeugte Nimrod, auch einen Einzelnen, der nach V. 10 ein großes Königreich gründete. In V. 13 ist dies weniger deutlich, der Vers ist wahrscheinlich nicht ausschließlich jahwistisch. V. 15 schildert Kanaan als Einzelperson, als Vater von Sidon und Het, von denen die 'IBlDn mnBtfD in V. 18 b abstammen. V. 19 beschreibt die Grenzen der Kanaaniter, und Sidon bezeichnet jetzt einen Ort. Die kanaanitischen fiinSttfO sind hier Sidons und Hets Nachkommen, also die Einwohner Phöniziens und des Landes, auf das Israel Anspruch 88

Vgl. hierzu Westermann, Gen I, 1, 680.

89

Siehe unten, Pkt. ß.

90

Vgl. zu dieser Frage O. H. Steck, a. a. O. 536 Anm. 33.

91

Siehe Westermann, Gen I, 1, 686 ff.

Datierungsrelevante Inhaltselemente in Gen 12, 1 — 3

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erhebt. Die zusammenfassende Erwähnung dieser Einwohnerschaften als "^IDn mnBtPÖ anstelle von verschiedenen D,11 dürfte den alten bevölkerungsmäßigen und politischen Verhältnissen dieses Gebiets entsprechen. Das Gebiet wurde jedenfalls in einigen Zusammenhängen als eine geographische Einheit, nämlich Kanaan, aufgefaßt. 92 Auch hier in Gen 10, 19 erscheint das Land als geographische Einheit. Die Bezeichnung der Bevölkerungsgruppen dieses Gebiets als „Geschlechter" entspricht der Tatsache, daß sich in diesem Bereich kaum Nationalstaaten etabliert hatten, sondern Stadtstaaten mit unterschiedlichen Bindungen zueinander. 93 nnSCD bezeichnet damit auch bei J keine Nationalstaaten, sondern verschiedene Einwohnergruppen eines geographisch festliegenden Raums. Diese Gruppen hatten sich zu einer Reihe politischer Einheiten zusammengeschlossen, die eher Stadtstaaten ausmachten. Die in Kap. 10 erwähnten Nachkommen der Urväter werden verschieden geschildert. Während die Kanaaniter als „Geschlechter" bezeichnet werden, werden die großen mesopotamischen Reiche mit ihren Zentren Babel und Ninive überhaupt nicht als Völkergruppen genannt. Babel erscheint als ein Königtum, errichtet von einer Einzelgestalt, V. 10, und Entsprechendes wird wohl auch für Ninive, V. 11, vorausgesetzt. Während V. 21, 24 f. nur Eigennamen bringt, die zur Bildung einer Generationenfolge dienen, sind die Verse 26 — 29 eine Liste südarabischer Orte oder Stämme, aufgeführt als Namen einzelner Personen. Man kann in diesem Zusammenhang nach der Bedeutung der genealogischen Darstellung in der Urgeschichte fragen, die die Ausbreitung der Menschheit auf der Erde in Nationen und Völkergruppen wie die Verbreitung und Verzweigung einer Familie ausgehend von einem Stammvater erzählt. Es wäre auch zu erwägen, vorausgesetzt HQIX in 1 2 , 3 b meine die ganze bewohnte Erde, ob die hier erwähnten IHIOWO die ganze Völkerwelt, Stämme und Nationen in politischem Sinn, wiedergeben, indem sie unter dem Gesichtspunkt der Geschlechtervorstellung betrachtet werden. — Dann hätten wir es allerdings mit einem auffallenden Sprachgebrauch in Gen 10 ( J ) zu tun. Daß verschiedene menschliche Gruppierungen auf einen Stammvater zurückgeführt werden, wodurch diese Gruppen miteinander verwandt werden, sagt längst nicht alles aus. Man darf auch nicht aus den Augen verlieren, wie die Nachkommen der Stammväter beschrieben werden. Wie bereits erwähnt, bezeichnet Gen 10 ( J ) nicht alle Nationen und Volksgruppen als DnOB?Ö, nur die nächsten Nachbarn Israels, die noch keine Nationalstaaten gebildet haben, werden als nnSWQ bezeichnet. Sollte J in 12, 3 b nnOtfö auf entsprechende Weise verwenden, darf 92

93

Der weite Gebrauch des Wortes entspricht wohl alter Tradition, vgl. R. de Vaux, The History of Ancient Israel, 1978, 131. Zu Terminologie und Gegenstand siehe Noth, a.a.O. 2 1 8 f . 235f., vgl. auch Donner, a.a.O. 50f.

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nicht übersehen werden, daß er, selbst wenn er die ganze Völkerwelt mit ihren Völkern und Nationen vor sich sähe, sie nicht als Nationen, als staatspolitische Einheiten, bezeichnet, sondern als nnOlTÖ. Und das auch dann, wenn Abrahams Nachkommen als staatspolitische Größen gesehen werden. Damit ist in diesem Text von einem, und nur von einem, „Politicum" die Rede: Israel. Wir haben auf folgende Momente aufmerksam gemacht: J sieht die Segensverheißungen in 12, 2 a nicht mit den Augen Abrahams, er sieht sie von der staatspolitischen Größe, die Abrahams Nachkommen bildeten, her. In V. 2 wird Abraham ein „Politicum" verheißen. Die nnOBTi in V. 3 b sind keine Zeitgenossen Abrahams, sondern Menschen, die die Verheißung in der großen Nation Israel erfüllt sehen. Abschließend haben wir festgestellt, daß diese nnBWÖ nicht als staatspolitische Größen dargestellt sind, sondern als „vorpolitische" Einheiten. Dieser Text hat nur eine politische Größe zum Thema, Israel. Staatspolitische Einheiten, die zueinander in Beziehung gesetzt werden, behandelt unser Text nicht. Wenn das erwähnte „Politicum" anderen Gruppen gegenübergestellt wird, benutzt J andere Gruppenbezeichnungen, Wörter, die er bereits eingeführt hat, wenn er von Einheiten spricht, die noch keine eigenen Nationalstaaten gebildet haben. Vermeidet der Autor etwa usw. in 12, 3 b und zieht flnSWÜ usw. vor, weil "'II und HEIN keine natürlichen Sammelbegriffe bilden, mußte aber dennoch HÖTX wählen, weil er von einem Gebiet sprechen wollte, das größer ist als das Israel verheißene Land, das in Kap. 12 mit f~)Xn bezeichnet wird? — Jer 27, 11 spricht jedoch von einem ¡"IQ"TN besitzenden und in Jes 24, 21 begegnen wir dem Ausdruck ilOISH "Obö. So wie man von den D,Dl?Ö der HÜ1X sprechen kann, muß man auch von einem anderen „Politicum", den D',W der ¡1Ö"TNn sprechen können. Mit mB&Ö in 12, 3 b werden also keine anderen staatspolitischen Größen neben die in V. 2 a gestellt. nnSÜD entspricht dagegen den Größen in V. 1: Nicht die Nachkommen (die Nation), sondern allein Abraham bricht auf und verläßt sein Land, seine Verwandtschaft und sein Vaterhaus. Diese Größen bilden den Rahmen eines Individuums. An mehreren Stellen stehen nnSC^Ö und 2N IV3 nebeneinander, beide drücken eine Verwandtschafts- und Familiensituation aus, und nicht politischnationale Verhältnisse. ß) Eine universalistische Perspektive in V. 3? Diese Frage ist eng mit dem Verhältnis von 12, 1—3 zur Urgeschichte verbunden: Handelt es sich bei den nicht-israelitischen Gruppen in 12, 3 b, die mit Ausdrücken ohne staatspolitische Bedeutung bezeichnet werden, um die Menschen, Völker und Nationen, von denen die Urgeschichte berichtet — also um die ganze Völkerwelt?

Datierungsrelevante Inhaltselemente in Gen 12, 1—3

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In diesem Zusammenhang kommt der These G. von Rads Bedeutung zu:

94

Gen 12, 1 — 3 ist der Schlüssel der Urgeschichte, daher muß V. 3 b den Segen für die ganze Völkerwelt, der in der Urgeschichte ausgesprochen ist, erwähnen. Eine durchgehende Überprüfung und umfassende Bestätigung der These von Rads zur Relation zwischen Gen 12,1—3 und der Urgeschichte liefert O. H. Steck in einem Aufsatz aus dem Jahr 1971. 95 Wir bringen hier zunächst eine Analyse seiner wichtigsten Argumente. Steck beabsichtigt von Rads These zu bestätigen, Gottes Handeln an Abraham/Israel, beschrieben in 12, 1 — 3, habe seinen umfassenden Sinn in der Segensvermittlung an die Völkerwelt. 96 Nach der Auffassung Stecks versteht J den Abschnitt Kap. 2—11 (J) als „die erste Phase der Menschheitsgeschichte". 97 Kap. 2 — 11 sei ein thematisch einheitliches Aussagegefüge, das „die Entstehung von andauernden Lebensminderungen der Menschheit" darstelle. 98 — Steck sieht auch in dem Inhalt von 12, 1—3 eine Bestätigung der oben geschilderten Auffassung von Kap. 2 — 11 (J). 99 Mit 12, 1—3 setze eine „Gegenbewegung eines neuen, segnenden Gotteshandelns" 100 ein, das sich auf sämtliche in der Urgeschichte aufgezählten „Lebensminderungen", „den gesamten Aufweis der Einschränkungen menschlichen Daseins von Gen 2 f. an" 101 , beziehe und ihnen entgegenwirke. Die Menschheit, die J von Kap. 2 an im Blick hat, sei „eine in Völker, Sprachen, Siedlungsgebiete gegliederte Menschheit". 102 Auf diesem Hintergrund sieht Steck auch Richters Verständnis von nö"TN in 12, 3 b — das Kulturland Palästinas — als eine fatale Fehldeutung des Wortes. 103 Steck führt folgende Argumente dafür an, daß Gen 12,1—3 eine „Gegenbewegung" beschreibt, die sich auf die ganze Urgeschichte bezieht, wie sie oben beschrieben ist: 104 1. 5 x begegnet "1*13, das Verb bezeichnet ein „Lebenssteigerndes Segenshandeln Jahwes", das sich auf alle vorangehenden „Lebensminderungen" bezieht und ihnen entgegenwirkt.

94 95 96 97 98 99 100 101 102 103 104

Siehe oben S. 45. A.a.O. 525ff. Ebd. 525, vgl. 553 f. Ebd. 539. Ebd. 535, vgl. 539 und zusammenfassend 542, außerdem 549. Ebd. 539. Ebd. 540 Anm. 42. Ebd. 541, zusammenfassend 542, entsprechend 549 f. Ebd. 541 Anm. 44. Ebd. 552 Anm. 71. Ebd. 540 f.

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II. Genesis 12, 1 - 9

2. J rechnet mit „einer Außerkraftsetzung der Verfluchung des Erdbodens von 3, 17 ... in Auswirkung erst der an Abraham ergehenden Verheißung Menschen zugewendeten Segens". 105 Er weist konkret auf 13, 10 und besonders auf 26, 12 hin. Zu Punkt 1: Steck bezieht sich in diesem Zusammenhang auf W o l f f , der das fünfmalige Vorkommen von "p3 in Gen 12, 1—3 mit dem fünfmaligen Auftreten von TIN in der Urgeschichte parallel setzt; 3, 14. 17; 4, 11; 5,29; 9, 25. In 3, 17 und 5, 29 wird die verflucht. In 4, 11 wird Kain von der nöTN hinweg verbannt, in 3, 14 die Schlange. An allen Stellen gilt der Fluch dem Verhältnis des Menschen zur Erde und zu den Tieren. Nur in 9, 25 wird der Mensch (Kanaan) in seinen menschlichen Beziehungen verflucht. Anders verhält es sich mit dem Segen in 12, 2 f. Der in V. 2 a an Abraham ergehende Segen konkretisiert sich ausschließlich im zwischenmenschlichen Bereich, es handelt sich um die politische Machtstellung der Nachkommen und Abrahams, eventuell Israels Ruhm unter den Menschen. In V. 3 a ist einmal von denen, die Abraham segnen, Tp5"i3?p; gebraucht, als ein zwischenmenschliches Anliegen. Der Inhalt der beiden anderen Vorkommen des Verbs in V. 3 a. b (rD"DN, 1D131) wird nicht explizit dargestellt, es gibt auch keine Andeutungen, daß hier von Segnungen der Natur die Rede ist. In V. 3 b sind „die Geschlechter des Kulturlandes" Ziel des Segens, doch sind sie nicht in ihrem Verhältnis zur Natur, z. B. dem Acker, gesegnet. V. 3 a und T]3 deuten an, daß sich der Segen eher in zwischenmenschlichen (politischen) Beziehungen erweist. Die 12, 2 f. sachlich am nächsten kommende Entsprechung steht in 9, 25. An beiden Stellen handelt es sich um einen Fluch/Segen in bezug auf zwischenmenschliche Relationen, allerdings auf ungleiche Art und Weise. 106 Zu beachten ist, daß 9, 25 zwar den Kanaanitern gilt, doch keine Nation, sondern eine Person, Kanaan, erwähnt wird. Kap. 10, 18 bezeichnet die Kanaaniter als mnsttfa, und nicht als Nation. An der einzigen Stelle, wo der Gebrauch von I I S in der Urgeschichte dem ausgesprochenen Inhaltselement von in 12, 2 f. entspricht, d. h. wo der Segen dem Menschen und seinem Verhältnis zu anderen Menschen gilt, redet die Urgeschichte nicht von einer Verfluchung aller Nationen und Völker, sondern der Fluch gilt einem Einzelnen, dem Vater einer Gruppe, die J „Geschlechter" nennt, nämlich den Kanaani105 106

Ebd. 541. D. Neiman, „The Date and Circumstances of the Cursing of Canaan", in: Biblical Motifs, Origin and Transformation, ed. A. Altmann, 1966, 113ff.; 121, behauptet, Krieg sei der Hintergrund des Fluchs in 9,25, deshalb könne er nicht später als ca. 1180 entstanden sein. — In V. 20 wird die Landwirtschaft erwähnt, der Fluch wird aber nicht besonders mit ihr in Verbindung gesetzt.

Datierungsrelevante Inhaltselemente in Gen 12, 1 — 3

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tem, 107 Menschen, die sich in und nahe von f l S H , das Land Israels, befinden. Bei der oben dargelegten geringen Übereinstimmung zwischen dem fünfmaligen TIN der Urgeschichte und dem fünfmaligen in 12, 1—3 fällt es schwer zu begreifen, daß das 5 x auftretende "|~)3 in 12, 2 f. den Einsatz einer „Gegenbewegung" in 12, 1—3 anzeigt, das die in der Urgeschichte ausgesprochenen „Lebensminderungen" der ganzen Menschheit aufheben sollen. Falls wir in dem fünffachen tatsächlich einen Beleg für den Einsatz einer „Gegenbewegung" in 12, 1—3 gegen den Fluch in der Urgeschichte haben sollten, weist dieses Kriterium ausschließlich auf die Verbannung Kanaans und implizit der Kanaaniter in 9, 25 hin. Zu Punkt 2: F. Criisemann 108 hebt hervor, daß 13, 10 von Sodom spricht, bevor die Stadt zerstört wird. In dieser Erwähnung vor der Zerstörung liegt die Pointe. In den Tagen des Erzählers war das Gebiet zerstört. Der in 13, 10 beschriebene Zustand ist ebenso vorbei, wie das Paradies verloren ist. — Nach Steck demonstriert 13, 10 die „Außerkraftsetzung der Verfluchung", die mit Abraham begonnen habe. Gerade weil 13, 10 ein paradiesisches Gebiet erwähnt, das später (Kap. 19) verwüstet wurde — und das nach der in 12, 2 f. ergangenen Verheißung — fallt es uns schwer einzusehen, wie die Erwähnung des Jordantals und Sodoms die Aufhebung der Verfluchung illustrieren können. Steck weist auch auf Kap. 26, 12 hin. Kap. 26 stellt sich jedoch als nachjahwistisch heraus. 109 Außerdem ist an dieser Stelle nicht vom Segen der nülK die Rede, sondern vom Segen Isaaks. So auch Steck,110 der aber hier ausschließlich thetisch kommentiert und nur anführt, was er beweisen will. Daß Isaak gesegnet wird, und nicht rroiNn, macht es durchaus nicht „ganz eklatant", daß der Segen Isaaks, der ihm reiche Ernte schenkt, auch „die Aufhebung der Verfluchung des Erdbodens" ist. 111 Steck hebt auch 27, 27 f. und 49, 25 hervor. 112 Gen 27, 27 f. gilt zwar der Natur, aber die Pointe dieses Kapitels liegt darin, daß Jakob einen Segen empfangt, den Esau nicht gewinnen kann. Gen 49, 25 handelt auch von der Naturgrundlage, aber der Segen gilt Joseph. Hier existiert keine nachweisbare Relation zu der behaupteten

107

108 105

1.0 1.1

112

Vgl. Richter, a.a. O. 100 f. Er behandelt die hervorgehobene Stellung des Kanaan-Fluchs und findet einen Zusammenhang zwischen diesem Fluch und 12, 1—3. Zu 9,25, vgl. auch Criisemann, a. a. O. 24, der auch mehrere unserer kritischen Momente gegen Steck anführt. — Altmann, a.a.O. 11 bestreitet, daß 12, 1—4 „die religiöse Verwerfung der Völker" aufhebt. „Im Gegenteil, durch Israels Erwählung wird die religiöse Verwerfung der Völkerwelt noch bestätigt, freilich aber durch karitativen Universalismus gemildert." A. a. O. 20. Siehe unten, S. 114. A.a. O. 541. Steck, a. a. O. 541. Ebd. 541 Anm. 48 und 530 Anm. 17.

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universalen Verfluchung von Mensch und Erde, wie sie die Urgeschichte schildert. Stecks Hinweis auf Wehmeier und Schottroff bringt unserer Auffassung nach auch keine neuen Momente. 113 Steck benutzt die zugrundegelegte Intention der Aussage in 12, 1—3 (Beginn der Gegenbewegung, die den „Lebensminderungen" der ganzen Urgeschichte entgegenwirkt) als Beleg für seine Behauptung gegen Rendt o r f f , die ganze Einheit Kap. 2—11 J spreche von der ersten, von „Lebensminderungen" geprägten Phase der Menschheit. 114 Bei seinen Folgerungen geht er von dem fünfmaligen "p2 in 12, 2 aus, das sich — so Steck — auf alle „Minderungen" in Kap. 2 — 11 bezieht, und darauf, daß J in der Vätergeschichte mit einer Aufhebung der Verfluchung in 3, 17 rechnet. Daher verweist, nach ihm, 12, 1—3 zurück auf die ganze Urgeschichte und folglich muß n a i n n nnBtPQ *7D die gesamte, in der Urgeschichte besprochene Menschheit bezeichnen, eine Menschheit, geteilt in Völker und Nationen. Wenn sich jedoch die beiden genannten Prämissen nicht aufrechterhalten lassen, ist auch nicht belegt, daß sich 12, 1—3 auf die Menschheit der ganzen Urgeschichte bezieht, demnach ist dann konsequenterweise ebenfalls nicht belegt, daß riDlNH nnDtPO *7D diese ganze Menschheit bezeichnet. Nun könnte es sich trotzdem so verhalten, daß 12, 1 — 3 von einem an alle Völker und Nationen der Urgeschichte ergehenden Segen spricht, dann müßten folgende Prämissen zum Tragen kommen: a) Die Wendung nmUH nnSffö Vd bezeichnet alle Menschen der Welt. b) Kap. 2 — 11 ( J ) ist so strukturiert, daß 12, 1—3 den Abschluß und das Ziel dieser Einheit bildet. Zu Punkt b): Eines der Argumente, die Steck zugunsten einer solchen Struktur von Kap. 2—11 anführt, ist gerade seine Auffassung von 12, 1—3, die wir im Vorhergehenden als unbegründet erkannt haben. Hier ist nicht der Ort, näher zu untersuchen, inwieweit Stecks Verständnis der Struktur von Kap. 2—11 dadurch geschwächt wird. Wir weisen hier nur darauf hin, daß, selbst wenn Kap. 2—11 ein ätiologisches Interesse — die Schilderung der „Lebensminderungen" der Menschheit — verfolgen sollte, daraus nicht mit zwingender Notwendigkeit folgt, daß J damit auch an eine allgemeine Aufhebung dieser „Minderungen" gedacht hat. 113

114

Steck weist auf Schottroff, a.a. O. 164 ff. hin, der hier sagt, daß der Segen, gesetzt durch nns "|Tia, ursprünglich eine Lebenssteigerung bezeichne, die eine „Totalbestimmung der Existenz des Gesegneten in einem umfassenden Sinn" ist. Wehmeier schreibt zu 27, 27 f., daß es sich um Güter des Kulturlandes handelt. — Damit sind jedoch keine Indikationen gegeben, daß 26, 12 u. a. den urgeschichtlichen Fluch über TOTSn im weitesten Sinne aufhebt. Rendtorff behauptet in seinem Artikel „Genesis 8, 21 und die Urgeschichte des Jahwisten", KuD 7 (1961), 69 ff., Kap. 8, 21 sei eine Aufhebung des Fluchs in 3, 17 und Ende der Urgeschichte.

Datierungsrelevante Inhaltselemente in Gen 12, 1—3

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Steck schreibt auch, in d e r S c h i l d e r u n g d e r S i n t f l u t existiere ein g ö t t l i c h e s „ N e b e n e i n a n d e r v o n s c h ä r f s t e r B e u r t e i l u n g des M e n s c h e n u n d g l e i c h w o h l w e i t e r g e w ä h r t e r B e w a h r u n g des M e n s c h e n " , J , so b e h a u p t e t Steck,,115 b r i n g e hier den stärksten (!) H i n w e i s a u f J a h w e s neues H a n d e l n mit der Menschheit. W i r k ö n n e n hierin k e i n e n b e s o n d e r s s t a r k e n H i n w e i s a u f das in 1 2 , 1 — 3 b e s c h r i e b e n e H a n d e l n J a h w e s e r k e n n e n . N a c h d e r S i n t f l u t bleibt w a h r s c h e i n l i c h , w i e Steck s c h r e i b t , 1 1 6 die Feststellung m e n s c h l i c h e r V e r d e r b t h e i t bestehen, aber nicht d e r V e r n i c h t u n g s b e s c h l u ß , i m G e g e n t e i l , es w i r d e i n d e u t i g v e r s p r o c h e n , d a ß das nie m e h r , s o l a n g e die E r d e (f~)Nn) besteht, g e s c h e h e n w i r d . 1 1 7 E i n e z u k ü n f t i g e H a n d l u n g G o t t e s , die das n e g a t i v e „nicht m e h r vernichten/als v e r f l u c h t ansehen", a b l ö s e n w i r d , ist n i r g e n d s a n g e d e u t e t . A u ß e r d e m ist g e r a d e d e r in V . 2 2 a u s g e s p r o c h e n e W e c h s e l f ü r den B a u e r in Palästina ein G u t . 1 1 8 W i r sehen u n s a u ß e r s t a n d e zu e r k e n n e n , d a ß die S c h i l d e r u n g m e n s c h licher „ L e b e n s m i n d e r u n g e n " in der U r g e s c h i c h t e eine g e n e r e l l e A u f h e b u n g

115

116 117 1,8

Steck, a. a. O. 543—48, das Zitat steht S. 548. Von Rad, „Das formgeschichtliche Problem des Hexateuch", 72, vertritt eine entsprechende Auffassung. Aber siehe auch R. Oberforcher, Die Flutprologe als Kompositionsschlüssel der biblischen Urgeschichte, 1981, 329 f. Er verneint diese Duplizität in Kap. 3 ff. Das Textgefüge sei „Geschichte des gegen den Menschen auftretenden Jahwe ..., der in universaler richterlicher und strafender Kompetenz immer neue Restriktionen über die Schöpfungswelt des Menschen verhängt". So reagiere Jahwe auf des Menschen „Versuch der Usurpation göttlicher Kompetenzen" (330). Wichtiges theologisches Aussagemittel im vorliegenden Zusammenhang sei das Motiv vom gestörten Verhältnis des Menschen zur na"TN (332). — Wir können jedoch in 12, 2 f. keine Auseinandersetzung mit einem guten oder schlechten Verhältnis zur TOIN erkennen. Das gilt auch für Oberforchers Behauptung eines nachweislichen Zusammenhangs zwischen 12, 2 f. und dem Thema der Urgeschichte. Oberforcher fragt weiterhin nach einem positiven Äquivalent zu den dominierenden negativen Akzenten in 6, 5 —7 und findet es in 12, 1 — 3 (S. 357). Er bietet jedoch keinen Nachweis wie dieser Text materiell als Äquivalent zu verstehen ist. Ebd. 547. Zur Bedeutung des ^/-Satzes in 8, 21 vgl. besonders Rendtorff, a. a. O. 73 f. Vgl. Westermann, Gen I, 1, 610. Hier werden wenigstens die Voraussetzungen für den weiteren Bestand der Menschheit gesichert, vgl. Westermann, Gen I, 1, 614. Vgl. auch Oberforcher, a.a.O. 356, der die Rede von der bleibenden Bosheit des Menschen unter den Willen zur Stabilisierung der Lebenswelt subsumiert. Es ist hier nicht erforderlich, auf die von Rendtorff und Steck behandelte Frage näher einzugehen: Bezieht sich 8, 21 so auf 3, 17, daß der dort ausgesprochene Fluch hier aufgehoben wird, und 8, 21 damit den Abschluß der Urgeschichte bildet? Zur Literatur vgl. Westermann, Genesis 1—11. Erträge der Forschung 7, 1976, 88, und W. M. Clark, „The Flood and the Structure of the Pre-patriarchal History", ZAW 83 (1971), 207, der Rendtorff folgt, entsprechend G. W. Coats, „The Curse in God's Blessing", in: FS H. W. W o l f f , 1982, 33. Nach Crüsemann, a.a.O. 24, bezieht sich bbp in 8, 21 auf 3, 17 und 4, 11 f. Anders und auf der Linie von Steck, Westermann, Gen I, 1, 610.

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dieser „Minderungen" voraussetzt. Ebensowenig können wir in der Feststellung der Spannung zwischen menschlichem Frevel und dem Willen Jahwes, die Menschheit mittels einer für die Menschen guten Ordnung der Natur zu bewahren, ein neues Handeln Gottes sehen, das diese Spannung aufhebt. 1 1 9 Zu Punkt a): Wie wir nachgewiesen haben, bezeichnet J in 10, 18 b mit dem Wort ¡inStPO Kanaaniter, die keine Nationalstaaten geschaffen 1,5

Unserer Auffassung nach hat Westermann, Gen I, 1, 94 keine überzeugende Begründung für seine Behauptung geliefert, die Urgeschichte weise mit ihrem Bericht von Schuld und Strafe über sich hinaus und auf Gen 12 hin. Er schreibt: „Die Störung der Schöpfung durch Sünde und Frevel der Menschen, von der die Urgeschichte spricht, wirkt sich darin aus, daß mit Gen 12 nicht eine Heilsgeschichte beginnt, die sich im geschlossenen Raum der von Gott erwählten Gemeinschaft abspielt ..., sondern daß Gott es durch diese Heilsgeschichte hindurch weiterhin mit der Menschheit und mit der Welt zu tun hat ..." — In der „Erzählungen von Schuld und Strafe" (hierzu vgl. Westermann, Die Verheißungen an die Väter, 47 ff.) ist nichts enthalten, was deutlich über die Urgeschichte hinaus auf Gen 12 hinweist (Crüsemann, a.a. O. 15 hebt dementsprechend hervor): Kain wird zwar 4, 15 von n m s n hinweg verflucht, lebt aber trotz dieser Umstände weiter unter dem Schutz Jahwes (Westermann, Gen I, 1, 423 f.) und wird zum Ursprung verschiedener Kulturformen (Ebd. 438). Kap. 8, 21 hebt wohl kaum 3, 17 auf, trotzdem wird eine beständige Ordnung vor und unabhängig von Gen 12 festgesetzt, der Wechsel der Natur, der für den Bestand des auf Ackerbau basierenden Lebens notwendig ist (Ebd. 614). Zu 9, 18 und 11, 1—9 siehe unten. — P. Weimar, Untersuchungen %ur Redaktionsgeschichte des Pentateuch, 1977, 112 — 161, bringt eine Analyse der Redaktionsgeschichte und der Intentionen in den einzelnen Schichten der Urgeschichte; zur Intention des Jahwisten und Jehowisten besonders S. 158 und 161. Er sieht in 1 2 , 3 b „Segen für die Völker" (45), — eine Aussage, die seiner Auffassung nach bereits dem „Jahwisten" zugehört. Aber er beschreibt weder die Absicht des Jahwisten noch des Jehowisten in der Urgeschichte so, daß hier eine Aussage über den Segen aller Völker in Kap. 12 vorausgesetzt werden kann. Im Hinblick auf 12, 1—3 greift Weimar nur 12, 2 aß (großer Name), 2 b und 3 a auf, die auf 11, 1—9 (vgl. auch 6, 4 b) und 9, 20 — 27 (S. 46) hinweisen. — Selbst wenn 12, 2 eine „Gegenaussage" zu 11, 1—9 wäre, gilt sie nur für den großen Namen: Im Gegensatz zu dem Versuch der Völker, sich Ruhm zu schaffen, wird Jahwe Abraham diesen Ruhm schenken. (Dieser Gegensatz wird auch von W. Zimmerli, 1. Mose 12—25: Abraham, 1976, 20 betont, vgl. auch J. R. Lundblom, „Abraham and David in the Theology of the Yahwist", in: FS D. N. Freedman {uns als Manuskript zugänglich).) In 11, 1—9 gibt es keinen vergeblichen Wunsch der Völker, sich Ruhm zu verschaffen, zu dem die Verheißung der Segensvermittlung durch Abraham in 12, 2 b. 3 eine „Gegenaussage" wäre. Vgl. auch Blum, a. a. O. 359. Er bezweifelt einen ursprünglich beabsichtigten Zusammenhang zwischen 11,4 und 12,2. Zu 11, 1—9 vgl. K. Seybold, „Der Turmbau zu Babel", VT 26 (1976), 453 ff. Weimars Behauptung, nicht nur 12, 2 a (großer Name), sondern auch V. 2 b (interpretiert als Verheißung einer Segensvermittlung an andere) sei „Gegenaussage" zu 11, 1 — 9 (a. a. O. 46 Anm. 130), ist unbegründet. Schreiners Feststellung (a. a. O. 3 f.) unter Hinweis auf 11,4, Abrahams großer Name bestehe darin, daß er (u. a.) den dort erwähnten Menschen ein Segen wird, basiert daher auch auf unzureichender Grundlage. Eine Entsprechung zwischen 1 2 , 3 a und 9, 20 — 27 wird nicht

Datierungsrelevante Inhaltselemente in Gen 12, 1—3

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haben. Sonst verwendet J den Ausdruck zur Bezeichnung der Verwandtschaft Abrahams. Diese begrenzte Perspektive, die wir in J's Verwendung des Wortes finden, dürfte kaum die Annahme nahelegen, J habe in 12, 3 b eine universale Perspektive vor Augen. Darüber hinaus haben wir nachgewiesen, daß nur der Fluch in 9, 25 über Kanaan, und damit auch über die Kanaaniter, inhaltlich gesehen den Segen in 12, 3 als positives Gegenbild haben kann. In 12, 3 b steht als nähere Bestimmung zu nnBIPD das Wort HQTlin und nicht "•ISttSn wie in 10, 18 b. Mit p N wird in Kap. 12 das Gebiet bezeichnet, das Abraham durchwanderte, und das ihm verheißen wurde. Wahrscheinlich ist mit dem Nomen HOTK an ein weiteres Landgebiet gedacht. Vergleichen wir den Gebrauch dieses Wortes bei J in Kap. 2—11 mit 12, 3 b, so ist es jedoch fraglich, ob HOTS in 12, 3 b ausreicht, um aus V. 3 b eine universale Perspektive herauszulesen: In der Urgeschichte wird gewöhnlich die ganze Welt mit dem Nomen f l N bezeichnet. 120 In Kap. 12 steht es für ein bestimmtes Land. kommt aber auch in der Urgeschichte (J) als Bezeichnung einzelner Länder vor, wenn von solchen die Rede ist: 4, 16; 10, 11; 11,2. Nur an diesen Stellen ist in der Urgeschichte von einzelnen Ländern die Rede, und dem entspricht, daß das Wort in diesem Sinn nur hier vorliegt. 121 Daß es in diesem Sinn nicht öfters vorkommt, ist — gegen Crüsemann 122 — kein Indiz eines anderen Sprachgebrauchs beim Verfasser von Kap. 2—11 als in Kap. 12. Das Wort HQTN bezeichnet den fruchtbaren Ackerboden, 123 vgl. 2, 7. 9. 19; 4, 2. 3. 10. In 2, 4 b - 3 , 24 werden die Entstehung der Welt und die sehr verschlechterten Lebensbedingungen, die die Menschen jetzt zu ertragen haben, geschildert. Das, was mit dem Nomen naiN in 2, 7. 9. 19 ausgedrückt ist, ist aber das begrenzte Gebiet fruchtbaren Bodens, von dem der einzelne Mensch lebt. Die universale Perspektive des zweiten Kapitels geht nicht aus diesen Stellen, sondern aus dem Gebrauch des deutlich. Sollte sie dennoch vorhanden sein, ist anzumerken, daß der Fluch in Kap. 9 nur Kanaan gilt. — Steck (a. a. O. 530) und Coats {a. a. O. 32) weisen beide auf das Vorkommen von bei J in 8, 21 und 12, 3 hin. Coats führt an: „... the verse is thus a most important point of contact with 12, 3 aß". — Das Verb beschreibt in 8, 21 aber Jahwes Taten, während es in 1 2 , 3 a Verhalten der Menschen gegenüber Abraham beschreibt, worauf Jahwe mit dem Fluch reagieren ("11N) wird. L. Ruppert, „Der Jahwist - Künder der Heilsgeschichte", in: Wort und Botschaft, hg. v. J. Schreiner, 1 9 6 7 , 1 0 0 - 1 0 3 legt hierzu keine wesentlichen neuen Momente vor. 120

121 122 123

Beleg bei Crüsemann, a.a.O. 17. Zum Begriff vgl. M. Ottosson, Art. 7"18, TbWAT /, 421 ff. Kap. 2, 10 — 14 ist nach-jahwistisch, vgl. O. H. Steck, Die Paradieser^ählung, 1970, 32. A.a.O. 17. Rost, a. a. O. 77 f.

70

II. Genesis 12, 1 - 9

Nomens f l N in 2 , 4 b kombiniert mit D^S?, vgl. auch 2, 5, 1 2 4 hervor, möglicherweise auch aus der Form der Einheit. 1 2 5 Aus diesem Grund muß !tö"TN selbstverständlich auch in 3, 17. 19. 23 den Ackerboden an jedem Ort, an dem die Menschen leben, bezeichnen. Im engeren Textzusammenhang bezeichnet das Nomen jedoch den v o n dem ersten Menschenpaar bewohnten Ackerboden. 1 2 6 Ein entsprechendes Verhältnis liegt in 5 , 2 9 vor. Kap. 4, 11. 12. 14. 16 verlangt besondere Aufmerksamkeit. Kain wird zwar verbannt, aber nach V. 12 soll er weiter, wenn auch unter schlechteren Bedingungen, f")iQ leben. 1 2 7 Außerhalb HOTN!! hält sich Kain IlT^INa au f> w o e r e i n e Stadt gründet und verschiedene kulturelle Einrichtungen schafft. 1 2 8 Hier spricht J zum ersten Mal nicht nur v o n einem Individuum und seinen Verhältnissen, sondern auch von dem kleinsten „Politicum", einer Stadt. Und diese liegt außerhalb nö"TNn.129 Man beachte auch, daß J hier f l N sowohl in universaler (4, 12) Bedeutung wie auch zur Bezeichnung einzelner Länder gebraucht ( 4 , 1 7 ) , vgl. auch 1 1 , 1 f. Wenn J in 12, 3 b die ganze Welt, in der Menschen leben, gemeint haben sollte, würde "CIN in 1 2 , 3 b mit Teilen seines Sprachgebrauchs übereinstimmen, selbst wenn er in V. 1 das Wort in engerer Bedeutung verwendet. Anders verhält es sich wahrscheinlich in 6, 1: DTXn wird zu Vielen naiNil Das Nomen bezieht sich im engeren Kontext auf die v o n Steck, Die Paradieser^ählung, 59 legt dar, daß V. 4 b. 5, der die universale Perspektive zum Ausdruck bringt, ganz von J stamme, während V. 6 f. einen „Anhalt" schon in der vorjahwistischen Paradieserzählung gehabt habe. In diesem Fall drückt J selbst die universale Perspektive aus, unter der seine Äußerungen zu ilöTK stehen. Man sollte jedoch beachten, daß J f i x gebraucht um dies auszudrücken, erst wenn von der engeren Perspektive, vom Ackerbau des Einzelnen die Rede ist, in V. 5 b, steht flSIK. 125 Vgl. hier nur Westermann, Gen I, 1, 267: Als ursprüngliche Erzählungen „(in) dem Kreis der Erzählungen von der Menschenschöpfung" haben sie wahrscheinlich die ganze Menschheit vor Augen. 126 Das ätiologische Textelement bedeutet hier nur, daß vom Ursprung des jetzigen Verhältnis des Menschen zur Erde erzählt wird. 127 Hierzu Crüsemann, a.a.O. 17, vgl. außerdem oben Anm. 119. 128 Nach Steck, FS G. von Rad, 533 Anm. 26 entspricht die Schilderung in 4, 17 ff. genau dem Auftreten der Keniter zur Zeit des Großreichs. Vgl. außerdem W. Dietrich, „Wo ist dein Bruder?", in: FS IK Zimmerli, 1977, 109. Er sieht in V. 3 — 16* eine alte, antikenitische, judäische Stammesüberlieferung (S. 101 — 103), die die Keniter außerhalb des unter Jahwe stehenden Landes ansiedelt. Der folgende Stoff stammt nach ihm aus kenitischem Zusammenhang. Vgl. ebenfalls I. von Loewenclau, „Genesis 4 , 6 — 7 — eine jahvistische Erweiterung?", in: Congress Volume Göttingen 1977, 1978, besonders S. 179: J habe diese „Sippenüberlieferung" in eine „Menschheitsüberlieferung" (S. 180) geändert, zu J's Absicht siehe besonders S. 187 f. ,2® Das Wort bezeichnet in erster Linie das Kulturland Palästinas, vgl. Westermann, Gen I, 1, 421.

124

Datierungsrelevante Inhaltselemente in Gen 12, 1—3

71

Menschen bewohnte Welt. Ob diese Stelle zu J gehört, ist jedoch unsicher. 130 In 6, 7; 7, 4. 23; 8, 8. 13 ist zwar auch an den universalen Ackerboden gedacht, aber da wo der Ausdruck vorkommt, liegt der Ton nicht auf dem universalen Aspekt, das universale Moment kommt in der Rede von der totalen Vernichtung allen Lebens auf der HÖ1N zum Ausdruck. Der Sprachgebrauch ist durchgehend einheitlich, ilOlSn ,JD"'Vs (8, 18 fehlt *?57),131 das in 12, 3 b nicht vorkommt. Kap. 8, 21 a weist einen anderen Gebrauch der Sprache auf. Das Wort nOTX im Epilog zur Sintfluterzählung steht für den u. a. durch die Sintflut als verflucht angesehenen Ackerboden, 132 also für von Menschen bewohntes Land. Aus dem engeren Kontext wird jedoch ersichtlich, daß nicht die universale Perspektive im Vordergrund steht, sondern der Ackerboden, die Grundlage für „alles Leben", der wegen der wechselnden Jahreszeiten für den Bauer ein guter Boden ist, V. 22. Weder in 3, 17 noch hier enthält nD"TN eine universale Perspektive, diese kommt durch andere Formulierungen in dem weiteren Kontext zum Ausdruck. Die naitt der Flutgeschichte, die als die ganze Welt umfassend verstanden werden muß, ist nirgends der Ort eines „Politicums", weder von Nationen noch von Städten. Es handelt sich um die Naturgrundlage für Mensch und Tier, für alles, was lebt. Bei J begegnen wir einer anderen Sprache, wenn das politische Moment in seine Darstellung einfließt, so Kap. 10 (J) und 11, 1 - 9 . Die alle Völker sammelnde Welt in 11, 1 ff. ist nicht n»TX sondern pNH "73. Zum Gebrauch von HOIX in Gen 2 — 11 (J) führen wir folgende Folgerungen an: 1. Das Vorkommen von HDIN in Gen 2—11 (J) zeigt kein Bedeutungselement dieses Nomens an, das eine universale Perspektive ausdrückt. Das Wort besitzt durchgehend Affinität zu einer Einzelperson und bezeichnet die Natur, die den Einzelnen umgibt. Der Ausdruck kann weltweites Ackerland bezeichnen, aber dann wird diese universale Perspektive mittels anderer Wörter im Kontext ausgedrückt. 2. Wenn der Text politische Größen in einer weiteren oder universalen Perspektive beschreibt, benutzt J nicht HÖ1N um deren Existenzbereich zu charakterisieren. 130 131

132

Vgl. Steck, Die Paradieser^äblmg, 29 Anm. 37. Siehe unten S. 120 f. Siehe O. Plöger, Art. n ™ , ThWAT I, 100, zu m » für Kulturland im weltweiten Sinn führt er auch Ex 33, 16; Dtn 7, 6; 14, 2; Jes 23, 17; Jer 25, 26 an. Die erwähnte Formulierung kommt an allen Stellen vor. Eine Ausnahme bildet nur das nach-exilische Jes 24,21. Zu p"IX/nam als theologischem Motiv der Sintfluterzählung (J) vgl. Oberforcher, a. a. O. 99. 153. 353 Anm. 2. Er will nölKD nicht global-geographisch verstehen, sondern sie auf das Verhältnis des Menschen zu Jahwe beziehen.

72

II. Genesis 12, 1 - 9

Damit können wir unsere Untersuchung zu HÖlNn nriD®S in 12, 3 b mit folgendem Ergebnis abschließen: Die jahwistische Verwendung von HOTN in der Urgeschichte bestätigt unseren oben vorgelegten Befund hinsichtlich nnBttftJ: Die erwähnten Gruppen werden nicht als politische Größen, sondern als Menschengefüge, Verwandtschaften, die den Einzelnen umschließen, dargestellt. Hätte J von staatspolitischen Größen, mit denen Israel es 2u tun hat, reden wollen, hätte er übereinstimmend mit Teilen seiner sonstigen Sprachführung flHH verwenden können. Das Wort ¡"IÖTK an sich kann nicht darauf hinweisen, daß der Text von den Geschlechtern der Erde in einer universalen Perspektive redet. Sollte das Nomen trotzdem anzeigen, daß mit rinSWO an alle in der Urgeschichte aufgezählten menschlichen Gruppierungen gedacht ist, also eine universale Perspektive vorliegt, dann nur, wenn eine offensichtliche Verbindung zwischen 12, 3 und 3, 17/8,21 vorliegt. Wir haben keine derartige Verbindung feststellen können. 133 Uns erscheint es am naheliegendsten, anzunehmen, daß die nnSttttD in 12, 3 b sich in einem engeren Gebiet befinden. H. P. Müller 134 hebt hervor, daß die meisten J-Erzählungen in Kap. 2—11 ursprünglich der „Pflanzerkultur der Oase" angehörten, HEINil (Gen 2, 7) war zunächst der Acker der Oase, während jet^t auf der verfluchten ¡172"IX in 3, 17 ff., dem kargen Boden Palästinas gearbeitet werden muß. Für HSTSil in 12, 3 b eine weitere Perspektive anzunehmen, besteht unserer Auffassung nach kein Grund: Die erwähnten HDTKn nnSÜO sind wahrscheinlich Gruppen, die sich entweder innerhalb oder am Rande des palästinischen Kulturlandes befinden; Gruppen, die in enger Beziehung zu Israel stehen. d) Datierungsmäßige Implikationen Oben unter Punkt b haben wir behauptet, daß das Hauptanliegen in V. 2 f. in dem reichen Segen, der Abraham zuteil werden soll, liegt. Andere werden an Jahwes Segen teilhaben, wenn sie Abrahams reichen Segen anerkennen und sich mit ihm solidarisch erklären. 133

In der Fluterzählung wird zwar TOTN zur Bezeichnung des Ackerbodens in weltweiter Perspektive gebraucht. Dort lassen sich aus der Kontext Indizien für einen solchen Gebrauch des Wortes entnehmen (z. B. das allgemeine DINH). In 12, 1—3 sind wir aber nicht auf entsprechende Anzeichen gestoßen. Hier berichtet der Kontext von na"IK von einem Land, einem Menschen, Abraham, und der Nation, die durch ihn entsteht, von Menschen, die mit Abraham und seiner Nation in Verbindung treten. Ebensowenig können wir eine deutliche Verknüpfung zwischen 3, 17 und 8, 21 feststellen, die erkennen läßt, daß in 12, 3 dasselbe universale Ackerland gemeint ist. Im weiteren Vorlauf der Vätergeschichte haben wir auch kein universales Interesse gefunden, siehe unten Kap. VII.l.

134

„Gott und die Götter in den Anfängen der biblischen Religion", in: Monotheismus im alten Israel und seiner Umwelt, hg. v. O. Keel, 1980, 104 f. 107 f.

Datierungsrelevante Inhaltselemente in Gen 12, 1—3

73

Weiterhin haben wir unter Punkt c behauptet, daß der an Abraham ergehende Segen, den andere anerkennen sollen, ein Segen mit politischer Bedeutung ist, ein Segen, der sich in Abrahams Werden zu einer großen Nation äußert. Unter Punkt c haben wir auch behauptet, 135 daß die Geschlechter in V. 3 b Menschen sind, die die Erfüllung dieser Segensverheißung in der entstandenen Nation erkennen können. Jahwe segnet sie, wenn sie die Nation Israel als Verwirklichung der Segensverheißung an Abraham anerkennen und sich gegenseitig diesen Segen wünschen. Die meisten werden sich so verhalten, laut Aussage dieser Stelle; ein folgenschwerer Aufruhr gegen Israel liegt somit nicht im Gesichtskreis des Textes. Dieses Bild der Machtstellung Israels, so ist öfters behauptet worden, passe gut zu den Verhältnissen des Großreichs unter David und Salomo, bevor größere Gruppen diese Sicherheit bedrohten. 136 L. Schmidt drückt dieses Datierungskriterium folgendermaßen aus: 137 „Diese Anschauung ist J wohl durch die Verhältnisse im salomonischen Großreich nahegelegt worden, in dem Frieden herrschte und es nur in seltenen Ausnahmefallen zu einer Rebellion der unterworfenen Völker kam."

Der Inhalt in 12, 2 f. kann ein Indiz für die Abfassung von V. 1—3 in jener Zeit sein, als Israel — Juda — Jerusalem sein Territorium unangefochten beherrschte. Sollten nöTNn nnDIPÖ, die Geschlechter des palästinischen Kulturlandes und seiner näheren Umgebung, Wohlstand und Ansehen erreichen, dann nur im Anschluß an und durch Vermittlung des israelitischen Großreichs. Teilweise könnte diese Auffassung auch den damaligen politischen Verhältnissen entsprechen: Es gibt Gründe, die dafür sprechen, daß zur Zeit des Großreichs nicht-israelitische Geschlechter im palästinischen Kulturland existierten, die am Wohlstand des Großreichs teilhatten, d. h. die alte kanaanitische Aristokratie der alten Stadtstaaten, die zur Zeit Salomos, vielleicht schon unter König David, in den Dienst des Königs gelangten und für die regionale Verwaltung verantwortlich waren. 138 Wir haben hier noch einen anderen, wichtigen Aspekt dieses Datierungskriteriums anzuführen. Wir haben oben behauptet, daß 12, 1—3 nur von einem „Politicum" redet, der großen Nation Israel. Gruppen von Menschen, die zu Israel in Beziehung gesetzt werden, werden nicht als 135 136

137 138

Siehe oben, S. 56. So z. B. Wolff, a. a. O. 356; R. E. Clements, Abraham and David, 1967, 59; H. P. Müller, Ursprünge und Strukturen alttestamentlicher Eschatologie, 1969, 53 f. ThViat (1973/74), 138. Vgl. Donner, a. a. O. 227, vgl. 206. Kategorischer hat er sich zum gleichen Thema in „Die soziale Botschaft der Propheten im Lichte der Gesellschaftsordnung in Israel", jetzt in: Das Prophetenverständnis in der deutschsprachigen Forschung seit Heinrich Ewald, hg. v. P. Neumann, 1979, 495 geäußert.

74

II. Genesis 1 2 , 1 - 9

staatspolitische Größen geschildert, sondern unter dem Blickwinkel von Verwandtschafts- und Familiengefügen. Ein solches Bild Israels und seiner nächsten Umgebung, das nur eine Größe enthält, die der Autor als (große) Nation bezeichnet, während er nicht-israelitische Gruppen ohne den staatspolitischen Aspekt behandelt, kann durchaus die Situation während des Großreichs wiederspiegeln, als Israel die politische Vorherrschaft besaß, und andere Volksgruppen und Staaten im Kulturland Palästinas und auch außerhalb keine selbständige Bedeutung hatten. 139 Unter solchen politischen Verhältnissen konnte ein Verfasser, der sich mit Israel, der großen Nation, beschäftigte, durchaus andere Volksgruppen und Staaten als politisch-militärisch bedeutungslose Größen sehen, und sie nur vom Standpunkt „Geschlecht" her schildern. Aber schon gegen Ende der salomonischen Herrschaft waren sie wieder militärisch und politisch aktive Größen, die die Sicherheit Israels bedrohten. Nur in den Tagen des Großreichs war es möglich, die genannten Größen zu beschreiben, ohne sie als Nationen mit politisch-militärischer Bedeutung zu schildern. Das wird von den Stellen Gen 18, 18; 22, 18; 26,4 bestätigt. Kap. 18, 18 gehört vielleicht einer anderen Schicht als 22, 18 und 26, 4 an, die spät-dtr. (oder jüngere) Texte sind. 140 Alle Stellen sehen die nicht-israelitischen Völker unter ihrem national-politischen Aspekt. In 18, 18 wird auch Israel so gesehen: Israel wird eine große und mächtige Nation werden, so lautet die Verheißung. In der gesamten Prophetenliteratur bildet Israels politische-nationale Stellung gegenüber anderen Nationen ein aktuelles Thema. An den beiden letzterwähnten Stellen wird Israel jedoch als Abrahams Nachkommen, Snj bezeichnet: Nicht der nationale Aspekt steht im Vordergrund, sondern Nachkommenschaft und Anzahl. Hier wird auch kein Werden zu einer Nation verheißen. Israels zahlenmäßige Größe wurde besonders drängend während des Exils. 141 Die hier angewandte Terminologie kann daher gerade diese Epoche wiederspiegeln. Wir wollen behaupten, daß die drei verschiedenen Ausdrucksformen des Themas „Israel als Segen für andere", durchaus verschiedenen historischen Situationen entsprechen können. 12, 3 b kann zur Zeit des Großreichs entstanden sein, und kaum später als gegen Ende dieser Epoche. Zu Gen 1 2 , 3 b als Kriterium für die Ansetzung des Jahwisten zur Zeit des Großreichs, gibt es, für die Form dieses Kriteriums, die Wolff und Clements ihm gegeben haben, Kommentare anderer Forscher. N. E. 139 140 141

Donner, Geschichte des Volkes Israel, 1 9 8 - 2 0 1 . Siehe unten, S. 92. Mehrere Forscher, die die Vaterverheißungen des Jahwisten spät datieren, haben auf dieses Verhältnis hingewiesen, z. B. van Seters, a.a. O. 278, und Schmid, a.a. O. 177 vgl. 130.

Datierungsrelevante Inhaltselemente in G e n 12, 1 — 3

75

Wagner 142 meint, den angenommenen Zusammenhang zwischen Abraham und David bezweifeln zu müssen. Er hält es für wenig wahrscheinlich, daß die von David unterworfenen Nationen Empfanger einer Segensverheißung durch Abraham und seine Nachkommen sind. Daß J in einer von Nationalismus und nationalem Prestige geprägten Zeit, sein „Kerygma" so formuliert hat, wie Wolff es präsentiert, d. h. durch Israel werden die Nationen gesegnet werden, hält Wagner auch für unwahrscheinlich. L. Schmidt143 hat zweifellos Recht mit seiner Behauptung, daß V. 1—3 kein Handlungsprogramm für Israels Segensmittlung an andere Völker enthält. Wagners Kritik trifft nicht Schmidts eigene Auffassung von 12, 1—3, ebensowenig wie unsere Darstellung: 144 Der Verfasser beschäftigt sich mit einem „Politicum", Israel, der großen Nation, die die Erfüllung der an Abraham ergangenen Segensverheißung ist. Andere Volksgruppen werden nur unter dem Aspekt „vorpolitischer" Größen, der Geschlechter, gesehen. Der Text spricht davon, daß auch sie Jahwes Segen empfangen können, aber nur an einem Ort: durch Israel, wenn sie diese Nation als Erfüllung der Segensverheißung an Abraham anerkennen, was die Mehrzahl auch tun wird. Dieses Verständnis Israels und seiner Stellung im Verhältnis zu anderen Volksgruppen entspricht der Epoche des Großreichs, verstanden als eine Zeit des Nationalismus, nationaler Stärke und nationalen Prestiges wie Wagner sie (mit den Worten Muilenburgs) schildert. H. Vorländer 145 behauptet allgemein, daß der friedliche Charakter des Jahwisten nicht unbedingt eine Datierung in die Zeit Davids-Salomos voraussetzt. Erstens gibt es friedliche Perioden in der Geschichte Israels auch nach der Zeit Salomos, und zweitens gibt es Geschichtswerke mit einer friedlichen Grundstimmung, die nach Katastrophen und in Zeiten äußerer Wirren entstanden sind, z. B. P und Chr. 146 — Dazu ist zu sagen, selbst wenn es sich so verhalten sollte, ist das Bild dieses Friedens zu beachten. Gen 12, 1—3 zeichnet ein Bild des Friedens mit Israel als der einzigen in Frage kommenden politischen Größe. Nichtisraelitische Gruppen werden nicht als politische Größen behandelt. Die Zeit, die diesem Bild am ehesten entspricht, ist die des Großreichs. — Vorländer wiederholt Wagners sachliche Gesichtspunkte zu 12, 3 b. 147

142

„Abraham and David?", in: FS F. V. Winnett, 1972, 1 2 8 ff.

143

TbViat (1973/74), 139 u. m. S.48ff. Die Entstehungs^eit des jehorvistischen Geschichtsmrkes, 1978, 297—300.

144

145 146

M. Rose, „ ,Entmilitarisierung des Kriegs'?", BZ 20 (1976), 1 9 7 ff., meint, daß die Vätergeschichten eine bewußte literarische Entmilitarisierung durchgemacht haben (200), dieses jahwistische Antikriegsmodell ist nach ihm zeitlich zwischen Jes und Dtn anzusetzen (211).

147

Vorländer, a.a.O.

315.

76

II. Genesis 1 2 , 1 - 9

Wir werden unten die Darstellung des Jahwisten über Israels Verhältnis zu anderen Volksgruppen mit der entsprechenden Darstellung in einzelnen, späten Texten vergleichen. 148 Doch zunächst gehen wir der Frage nach, ob J auch sonst in der Vätergeschichte das Thema „Israel als Segen der Völker" entfaltet.149 Im vorliegenden Zusammenhang können wir abschließend feststellen, daß die Aussage vom Segen Israels und die Möglichkeit anderer Menschen, an diesem Segen teilzuhaben, wie wir oben geschildert haben, ein Kriterium für die wahrscheinliche Abfassung von Gen 12,1—3 zur Zeit des Großreichs, bevor die Sicherheit des Reichs bedroht war, zu sein scheint.

148 149

S. 244 ff. Unten S. 229 ff.

III. Genesis 26 und „die Ahnfrau-Erzählungen" III.1. GEN 2 6 , 1 - 5 : ZUR SCHICHTENSCHEIDUNG UND DATIERUNG

Wir fragen hier zunächst nach den verschiedenen literarischen Schichten in Gen 26, 1—5 und beschränken uns darauf, den Umfang des ursprünglichen Textes und das Ausmaß späterer Zusätze herauszuarbeiten. — In diesem Zusammenhang beschäftigen wir uns auch mit der Entstehungszeit und dem Traditionszusammenhang einzelner Textaussagen. a)

Sind

Teile

von

V. 1 a sekundär

?

Die Wendung p N 3 3SH TTl in V. 1 aa ist identisch mit 12, 10 a. Man hat behauptet, daß V. 1 aßy sich syntaktisch eng an V. 1 aa anschließe und deshalb sekundär sein müsse.1 Die ähnlichste Konstruktion mit *T3Vö steht in Dtn 28, 69:

Gen 26, l: nmax w a irrt -iwx ptwnn asnn-nVa p s a asn vm

Dtn 28,69: ma—HPX m a n naVn ... rrrr ms -itrx nnan n a n nV«

aina an«

In Gen 26, 1 dient TP1 zur Tempus-Transformation einer (nominalen) Existenzaussage.2 Dtn 28, 69 bringt zuerst einen erweiterten Nominalsatz, der eine Identifikation ausdrückt. In beiden Fällen besteht die ^ V ö Struktur aus l a V ö — x — "TON — qatal. Das Verb ¡"PH Gen 26, 1 drückt Existenz in einer bestimmten Zeit aus, ist also kein eigentlicher Verbalsatz, im Gegensatz zum letzten RS. Dies sind jedoch semantische Momente ohne Einfluß auf die Tatsache, daß die beiden mit l a V ö eingeleiteten syntaktischen Strukturen gleich sind. Beide haben dieselbe Funktion, auf ältere Verhältnisse hinzuweisen, sie sind also verbindender Art. Syntaktisch scheint kein Grund zu bestehen, V. 1 aßy als sekundären Zusatz anzusehen. V. 1 aßy ist als sekundär angesehen worden, weil er u. a. die Isaaksgeschichte mit der Abrahamsgeschichte verbindet. 3 Dieses Kriterium kann 1

2

3

Vgl. P. Weimar, Untersuchungen %ur Redaktionsgeschichte des Pentateuch, 1977, 79; wohl auch M. Noth, ÜP 30. 115, vgl. ebenfalls K. Koch, Was ist Formgeschichte? 3 1974, 144, und G. Schmitt, „Zu Gen 26, 1 - 1 1 " , ZAW 85 (1973), 145 Anm. 7. Siehe hierzu R. Bartelmus, HYH. Bedeutung und Funktion eines hebräischen „Allerweltswortes", 1982, 139 ff. 165 u. a. Vgl. schon H. Gunkel, Gen 300: V. 1 aßy sei daher R'. Siehe weiter R. Kilian, Die vorpriesterlichen Abrahamsüberlieferungen, 1966, 202, und Weimar, a.a. O. 79.

78

III. Genesis 26 und „die Ahnfrau-Erzählungen"

nur in dem Fall Gültigkeit beanspruchen, wenn vorher die Zugehörigkeit von V. 1 aa zu einem Text, der nicht auf dem Hintergrund von Gen 12, 10 ff. entstanden ist, plausibel gemacht worden ist. Im nächsten Kapitel greifen wir Indizien auf, die eher Gegenteiliges andeuten. Dtn 28, 69 ist wahrscheinlich ein dtr. Text. 4 P. Weimar5 führt die Belegstellen mit 13*70 an. Abgesehen von Dtn 28, 69 stehen folgende Stellen Gen 26, 1 am nächsten: Num 5, 8: Nominalsatz + "nV» — x — HPK — yiqtol 6,21: Nominalsatz + "nVn — — yiqtol I Reg 10,13: V S x - qatal + "n1?» - qatal Abgesehen von den syntaktischen Unterschieden haben diese Stellen eine andere Funktion als Gen 26 und Dtn 28, sie weisen nicht auf bereits bekannte Vorgänge hin. Wir können jedenfalls folgende Konklusion aufstellen: Selbst wenn l ^ V ä am häufigsten in jüngerem P-Stoff anzutreffen ist, kann daraus nicht gefolgert werden, daß der Ausdruck in Gen 26, 1 aßy aus demselben Verfasserkreis stammt. 6 Im Gegenteil, die Ähnlichkeit mit Dtn 28, 69 deutet eher auf einen Ursprung in dtr. Verfasserkreisen hin. V. 1 b fügt sich nahtlos an die Einleitung V. 1 a an und kann nicht als sekundär angesehen werden. b) Scbichtenscheidung

in V. 2—3

Die Lösung der mit V. 2 f. verbundenen literarkritischen Frage ist in der Forschung umstritten. 7 Die Wendung T l f r V x in V. 2aß wird allgemein als Rückverweis auf die Abrahamsgeschichte verstanden. Einige Forscher halten die Formulierung hauptsächlich deshalb für einen sekundären Zusatz des Textbestandes. 8 Wir können jedoch keine textimmanen4

Vgl. G. Seitz, Redaktionsgeschichtliche Studien %um Deuteronomium, 1 9 7 1 , 25. 3 1 1 .

5

A. a. O. 79 Anm. 235. So Weimar, a. a. O. 79.

6 7

W i r können hier keine nahezu vollständige Übersicht über die verschiedenen Standpunkte bringen und beschränken uns auf folgende Hauptgesichtspunkte: 1. Gunkel, Gen 300 hält V. 2 a a . 3 a für ursprünglich im Textgefüge V. 1 — 1 1 , vgl. auch Noth, UP 30. — 2. Kilian, a.a.O.

208 hält den ganzen Abschnitt V. 2 — 5 für sekundär, d . h . f ü r eine

— 3. J . van Seters, Abraham in History and Tradition, 1975, 175 ff. behauptet, der ganze Abschnitt V. 1 — 11 sei eine literarisch konzipierte Einheit, entstanden auf dem Hintergrund v o n Gen 12 und 20. — 4. Weimar, a. a. O. 79 ff. behauptet, die Grundschicht setze erst mit V. 6 ein, die erste redaktionelle Bearbeitung schließe aber V. 1 aa. b. 2 a a . b ein. V. 3 b — 5 sei späterer Anhang. einheitliche redaktionelle Erweiterung.

8

So jedenfalls bei Weimar, a. a. O. 80, und wohl auch Gunkel, Gen 300 (vgl. seine Übersetzung des Textes). Bei anderen bleibt unklar, ob es sich um einen literarischen Anhang zu einem vorgegebenen Text handelt, oder um eine sekundäre Erweiterung einer bereits existierenden mündlichen Erzählung, die während der ersten Aufzeichnung hinzugefügt wurde, so kann jedenfalls Noth, UP 30. 1 1 5 verstanden werden; bei Koch,

a.a.O.

1 3 6 f f . ; 1 5 2 ist das Verhältnis unklar.

Gen 26, 1—5: Zur Schichtenscheidung und Datierung

79

ten Kriterien erkennen, nach denen der Vetitiv als sekundäre Erweiterung zur vorhergehenden Redeeinführung aufgefaßt werden m u ß . 9 V. 2 b/3 aa:

"lnN

pX3 nxrn p m

p® ms

Die beiden Sätze werden v o n mehreren Forschern als unvereinbare Gegensätze angesehen. 1 0 G e w ö h n l i c h versteht man sie als zwei parallele und sich einander widersprechende Aussagen. Syntaktisch lassen sich der "WX-Satz in V. 2 b durchaus als Redeeinführung und der Imp-Satz in V. 3 a a als Zitat der Rede verstehen: „Laß dich nieder in dem Lande, v o n dem ich dir sagen werde: ,Wohne wie ein Fremder in diesem Land' " . n In diesem Fall bezieht sich nXT nicht auf Gerar, sondern auf "pVx "IÖX f"IXn. Das wäre jedoch eine umständliche Ausdrucksweise im Vergleich zu dem einfacheren Off TU1? "p^N "WX HPK u. dgl. (vgl. Neh 9, 23; II Chr 6, 20). A u ß e r d e m stützen semantische Überlegungen das übliche Verständ-

9

10

11

Vgl. oben zu V. 1 aßy. Die Tatsache, daß der Rückverweis in 2 aß vom ausdrücklichen Hinweis in V. 1 aßy abweicht, gibt gegen Weimar, a. a. O. 80, keinen Grund zu einer literarkritischen Scheidung. Der Verfasser kann verschiedene Formen eines Rückverweises benutzt haben. So Schmitt, a.a.O. 145 Anm. 7; Weimar, a.a.O. 81; L. Schmidt, „Überlegungen zum Jahwisten", EvTh 37 (1977), 232 Anm. 10; Westermann, Gen /, 2, 517. Der erste der beiden Sätze wird als sekundär im Verhältnis zu V. 3 a a angesehen. An diesem Punkt befinden sich die Autoren auf der Linie Gunkels (Gen 301). A. de Pury, Promesse divine et légende cultuelle dans le cycle de Jacob, 1975, 186 Anm. 312 bringt eine Übersicht der in älteren Arbeiten vertretenen Standpunkte. Auch er deutet an (S. 187 Anm. 314), daß sich die beiden Befehle widersprechen. Ihm ist jedoch die traditionsgeschichtliche Frage wichtig, er sieht in den beiden Sätzen eine Spiegelung einer alten Heilsorakeltradition und behandelt V. 2 b. 3 a als „une unité indépendante". Die traditionsgeschichtliche Frage steht auch bei J. Scharbert, „Die Landverheißung als .Urgestein' der Patriarchen-Tradition", in: FS M. Delcor (uns als Manuskript zugänglich) im Vordergrund, die Schichtenfrage greift er nicht auf. O. Procksch, Die Genesis, 1925, 156 f., legt einen interessanten Vorschlag zur Schichtensonderung vor: f l N l p® (V. 2) + flNTTI (V. 3) seien ursprünglich. — E. Blum, Die Komposition der Vätergeschicbte, 1984, 299 hält es für unbegründet, V. 2 b und V. 3 a als Dubletten zu bezeichnen, es handele sich um zwei verschiedene Aufforderungen: Isaak soll sich in Kanaan niederlassen, aber zuerst soll er sich vorübergehend in Philistäa aufhalten. Gen 24, 14: rrbx -1»X "l»K m s m + Imp entspricht 26, 2. 3: "p^K 1ÖK + Imp. Die Übereinstimmung erstreckt sich bis zum Suffix von *7S, der Rückverweis auf das Wort, dem der Relativsatz folgt, ist nicht obligatorisch für den Relativsatz als Redeeinführung, was aus Num 21, 16 hervorgeht, wo kein derartiger Rückverweis erscheint: TO»1? mir na«TON-lion »on + Imp. Daß das Verb hier SK statt PK hat, spielt im vorliegenden Zusammenhang keine Rolle. Dtn 28, 68 hat in der Einführung der Rede auch keinen Rückverweis, jedoch im Zitat: nnmV 11» «l'Orr«1? "jb VnnXTOK-p"n. Vgl. hierzu auch Num 10, 29.

80

III. Genesis 26 und „die Ahnfrau-Erzählungen"

nis, die Aussage bestehe aus zwei parallelen Imperativsätzen.12 Daher ist es berechtigt, übereinstimmend mit mehreren anderen Forschern, die beiden Imperativsätze als zwei parallele Aussagen zu verstehen, deren erstere einen Aufenthalt in einem Land befiehlt, das Jahwe Isaak später kundtun wird, während letztere einen Aufenthalt in dem Land befiehlt, in dem Isaak lebt, in Gerar. Stehen die beiden Imp-Sätze in Konkurrenz zueinander? Das Verb ptP G-St. „bedeutet intransitiv ,sich aufhalten, verweilen, wohnen' (meist mit 3) ... über Art und Zeitdauer des Aufenthalts ... entscheidet einfach der Kontext". 13 In Gen 14, 13 bestimmt der Kontext den Aufenthalt als Wohnen in der Fremde.14 Ein kürzerer Aufenthalt während einer Wanderung ist in 35, 22 erwähnt. 15 In 25, 18 ist vielleicht von einer Nomadensiedlung die Rede, vgl. "IXn in V. 16; 9, 27 spricht vom Wohnen in Zelten. In Gen 16, 12 wird nichts über die Art des Aufenthalts gesagt, während sich 49, 13 auf die Ansiedlung eines Stammes in einem Gebiet, das wohl als sein Territorium aufzufassen ist, bezieht. Jdc 5, 17 ist interessant, weil p®, 115 und 3EF in parallelen Notizen über Aufenthalte der Stämme stehen. In Num 10, 12 bezeichnet der Ausdruck 3 p® sicherlich nicht nur ein Sich aufhalten, sondern auch das einen Aufenthalt einleitende Handeln, sich niederlassen — allerdings nicht mit menschlichem Subjekt. In diesem zusammenfassenden Sinn — sich niederlassen und sich aufhalten — steht das Verb auch in Num 9, 17 und Ex 24, 16. In dem Maße, in dem das Wort auch eine solche ingressive Bedeutungskomponente enthält, besteht kein Widerspruch zwischen der Aufforderung "¡>"1X3 pE? in V. 2 b und dem folgenden RS, aus dem implizit hervorgeht, daß Isaak das Land noch nicht kennt. Hier ist sogar der Gedanke möglich, daß ptP nur mit seiner ingressiven Bedeutungskomponente (sich niederlassen, Wohnort nehmen) fungiert, während bei IIS in V. 3 a der Ton auf dem durativen Bedeutungselement liegt. Der Satz wäre dann so zu verstehen: „Laß dich nieder in dem Land, das ich dir zeigen werde, bleibe wie ein Fremder in diesem Land wohnen". Eine solche Differenzierung des Bedeutungspotentials beider Verben ist jedoch wenig wahrscheinlich, da sie parallel in zwei asyndetischen Sätzen erscheinen. Darüber hinaus würde man eher das DPron KTIH anstatt nxtn erwarten. Das Verb TD bedeutet „als Fremdling wohnen" 16 und wird in 12, 10 von Abrahams zeitweiligem Aufenthalt als Fremdling in Ägypten, und in 12

13 14 15 16

Aus dem nächsten Kapitel wird sich ergeben, daß 26, 1 ff. wahrscheinlich auf dem Hintergrund von 12, 10 ff. und 20, 1 ff. entstanden ist. Daraus kann man allerdings auch schließen, daß V. 3 aa einen Aufenthalt in Gerar befiehlt, die Imperative bilden dann zwei parallele Aussagen. A. R. Hülst, Art. p®, THAT II, 906. Vgl. auch de Pury, o.a. O. 197f. Hierzu vgl. Westermann, Gen I, 2, 235. Vgl. V. 21, der nach Westermann, Gen I, 2, 677, „ein typischer Itinerarsatz" ist. R. Martin-Achard, Art. "TU, THAT I, 409.

Gen 26, 1 — 5: Zur Schichtenscheidung und Datierung

81

20, 1 von seinem Aufenthalt als Fremdling in Gerar gebraucht. Mit Nahdeixis bezeichnet f l N das Gebiet Gerars, der Imp schränkt den umfassenderen Sinn des Wortes ein, der sich auf die Gebiete der Wanderungen der Väter (im Süden) bezieht, vgl. 20, 1, wo Abrahams Aufenthalt im Süden mit 3BP; der Aufenthalt in Gerar aber mit TO bezeichnet wird. Könnte es sich so verhalten, daß die beiden Imp auf verschiedene Aufenthaltsformen abzielen, einen dauernden in einem Lande, das Jahwe Isaak zeigen wird, das Isaak aber noch nicht kennt — und einen vorübergehenden Aufenthalt da, wo Isaak jetzt als Fremder lebt?17 Die beiden Imp sind asyndetisch miteinander verbunden, weisen also auch kein adversatives Element auf. Der Imperativ ptf folgt dem Vetitiv "nn _l ?N usw. Damit ist eine nähere Bestimmung des Imp als Gegensatz zum Aufbruch nach Ägypten gegeben, und sonst nichts. Über Art und Dauer des Aufenthalts (p®) sagt der Vetitiv nichts aus. Darüber hinaus kann, wie bereits erwähnt, ptP u. a. ein Sich-Aufhalten in der Fremde, und Aufenthalte während einer Wanderung bezeichnen, p® kann außerdem synonym mit III gebraucht werden. Daher können wir in V. 2 b. 3 aa keine wohlgeformten Aussagen zu verschiedenen Aufenthaltsformen, einer dauernden in der Zukunft und einer vorläufigen, gegenwärtigen, erkennen. Weder der Bedeutungsinhalt der Verben, noch die syntaktisch-semantische Struktur legen ein solches Verständnis nahe. Selbst wenn der pltf-Satz eine Handlung ausdrückt, die in einer ferneren Zukunft liegt, als diejenige, die mit TU bezeichnet ist (Jahwe muß Isaak das Land noch zeigen), ist die Aussage als Beschreibung von zwei aufeinanderfolgenden Handlungen schlecht formuliert. Falls ein und derselbe Autor hier von verschiedenen Aufenthalten zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten spricht, wirkt seine undeutliche Ausdrucksweise merkwürdig. Nach unserem Verständnis verrät die doppelte Aufforderung, sich niederzulassen (V. 2 b. 3 aa), ein redaktionelles Eingreifen in diesen Zusammenhang, etwas in V. 2 b. 3 aa ist nachträglich in diesen Text aufgenommen worden. Wir wenden uns jetzt der Bestimmung des ursprünglichen und des sekundären Bestandes der beiden Aufforderungen zu. V. 6 ff. berichtet, daß Isaak in Gerar blieb (3ttT). Da nicht angedeutet wird, daß er „das Land, das Jahwe ihm zeigen will", suchte, besteht Grund anzunehmen, daß DUTH f l N ! ursprünglich und der RS in V. 2 b sekundär ist. Wie ist aber der Rest von V. 2 b zu beurteilen? O. Procksch 18 schlägt vor, folgendes als den ursprünglichen Text anzusehen: dktm p s a pw n a n s a - n r r b x Sowohl pB? wie TU scheinen sich, nach dem oben zu pE? Gesagten, ohne Schwierigkeit an V. 1 und den Vetitiv in V. 2 anzuschließen. In der 17

18

Vgl. besonders Blum (siehe oben Anm. 10) und wohl entsprechend die Übersetzung bei Scharbert, a. a. O. A.a.O. 156f.

82

III. Genesis 26 und „die Ahnfrau-Erzählungen"

Ausführungsnotiz V. 6 steht 3BP, das nichts zur Art des Aufenthalts als ein Wohnen im fremden Lande aussagt. Nach einer mit TO formulierten Aufforderung würden wir, auch wegen der Anknüpfung an 12, 10 und 20, 1, das Verb TU ebenfalls in der Ausführungsnotiz V. 6 erwarten. Die von Procksch vorgeschlagene Lösung (siehe oben) ist demnach vorzuziehen. 19 Das dazwischenliegende Textstück: p X 3 TU -pVN "1DK -IWN ist dann wie folgt zu erklären: In bestimmten Zusammenhängen kann das Verb p ® eine relativ dauerhafte Ansiedlung im eigenen Gebiet bezeichnen. Verglichen mit dem Aufenthalt der Väter in Kanaan war das Leben in Gerar ein Aufenthalt in der Fremde, vgl. 20, 1 ff. Das stimmt damit überein, daß die Philister und Gerar in geschichtlicher Zeit weitgehend unabhängig von Israel waren. 20 Dem Redaktor von V. 2 b. 3 aa kam es darauf an, hervorzuheben, daß Gerar nicht der Wohnsitz der Väter war, — dort weilte Isaak als Fremdling. Das Land des p ® war "pVx ~)DX "TOS f l N n , ein Land, wohin er aufbrechen muß und das Jahwe ihm zeigen wird. Der Redaktor schließt diese Geschichte mit HU noch enger an 12, 10 ff. und 20, 1 ff. an. Der Rest von V. 3 a fügt sich gut an die Aufforderung an, in Gerar zu bleiben, und ist deshalb nicht sekundär. Im Gegensatz dazu leitet der folgende ^/-Satz, V. 3 b, einen gewöhnlich für sekundär geltenden Satz ein. Der ^i-Satz ist als Begründung oder als betonte Rede zu verstehen. Verstärkendes "'S steht in 22, 17; hier ist aber die betonte Rede semantisch durch S731M vor der Verheißung und syntaktisch durch vorangestellten Inf. abs. ausgedrückt. In 13, 15 schließt das eine Verheißung einleitende "O an eine vorhergehende Aufforderung an und begründet sie. In 18, 19 steht 19

20

Andererseits fällt es schwer sich vorzustellen, wie V. 2 b im Unterschied zu V.3aa von „dem gleichen Vorstellungshintergrund" wie V. 2 aß bestimmt sein soll, so Weimar, a. a. O. 81. Der V. 2 aß beeinflussende „Vorstellungshintergrund" ist Gerar als die zeitweilige Unterbrechung auf dem Weg nach Ägypten. Das Verbot, diese Zwischenstation zu verlassen und weiter nach Ägypten zu ziehen, verbindet sich nicht weniger natürlich mit einem Imp des "TIS als mit einem Imp des pw. Weimars Behauptung {ebd. 81 Anm. 246), nicht nur V. 2 b, sondern auch V. 2 aß stehe im Gegensatz zum Befehl in V. 3 aa, wird dadurch genauso unverständlich. — Weimar {ebd. 81 Anm. 246) erklärt auch, es bestehe ein intentionaler Unterschied zwischen V. 2 aß. b, der an Abrahams Wanderung nach Ägypten in Gen 12, 10 — 20 Kritik übe, und V. laß. y, der keine entsprechende Kritik aufweise. — Letzteres ist richtig, nur geht es in V. 1 aßy nicht um diese Angelegenheit. Der Vers stellt nur die Verbindung zu den Ereignissen jener Zeit her, indem gesagt wird, daß jetzt eine ähnliche Trockenheit herrsche wie damals. Im übrigen spricht V. 2 aß. b keine Kritik aus, sondern sagt nur, Isaak soll nicht hinunter nach Ägypten ziehen. Erwähnenswerte Ausnahme bildet die Zeit Davids, als Philistäa noch Vasallenstaat unter David war, vgl. u. a. H. Donner, Geschichte des Volkes Israel und seiner Nachbarn in Grundlagen, 1984, 206 u. a.

Gen 26, 1—5: Zur Schichtenscheidung und Datierung

83

"O wahrscheinlich auch begründend, 21 hier leitet ,D jedoch nicht die Verheißungen ein, sondern die Beschreibung ihrer Verwirklichung. In 26, 3 b hängt das einleitende 'S ein wenig in der Luft. Als Verstärkung ist "O nicht an Ausdrucksformen gebunden, die dem Leser mitteilen sollen, hier so zu lesen; die mit SntPl angeschlossene Aussage erscheint zu spät. Als begründende Aussage verweist wahrscheinlich über die unmittelbar voranstehende Verheißung zurück auf die vorhergehende Aufforderung. Daß die Landverheißung Ursache des Segens sein sollte, wird ansonsten nicht in der Gen ausgedrückt, wo eher die Mehrung mit dem Segen verbunden wird. Dadurch schließt der ki-Satz in V. 3 b, faßt man ihn als begründende Aussage auf, nur lose an das Vorhergehende an. Dasselbe gilt, wenn der ki-Satz als betonte Rede gelesen wird, im Unterschied zu den ^/-Sätzen in 22, 17 und 13, 15. Aller Wahrscheinlichkeit nach ist Kap. 26, 6 ff. literarisch einheitlich, abgesehen von einigen, in unserem Zusammenhang unwesentlichen sekundären Einschüben. 22 Sowohl Segen als auch Beistand werden in V. 12. 14. 28 erwähnt, die Verse gehören auch sachlich gut zu der Aufforderung, im fremden Gerar zu bleiben. Doch begegnen wir in diesem Text keinen Spuren einer Land Verheißung, einer Mehrungsverheißung (V. 13 ist keine) oder einer „Segensverheißung für andere". In den literarisch sicherlich ursprünglichen Texten Gen 12,2—3.7 und 28, 13—15 liegt ein anderes Verhältnis vor. In 12, 1 f. sind Landfrage, ein „Volk" für Abraham, seine Behandlung durch andere, relevant im Verhältnis zu dem in V. 1 befohlenen Aufbruch. Die Landverheißung in 28, 13. 15 ist mit Jakobs Aufenthaltsort, Bethel, verbunden, die Mehrungsverheißung schließt sich assoziativ an die Landverheißung an, vgl. ^SntVl V. 13 b, und die Ausbreitung der Nachkommen steht auch mit Bethel als Ausgangspunkt in Verbindung. Auch in 13, 15 ff. liegt der gleiche Aufbau vor. Für die Aufteilung des Landes zwischen Abraham und Lot ist die Verheißung des Landes in V. 15 relevant, die Mehrungsverheißung schließt sich wieder assoziativ an. — In 26, 3 b —5 ist dies nicht der Fall. Durch den Aufenthalt im fremden Gerar kommt einer Landverheißung keine besondere Bedeutung zu, der Plural flSIXn scheint auch anzudeuten, daß Gerar kein geeigneter Anknüpfungspunkt einer Landverheißung ist. Wir kommen auf diesen Punkt noch zurück. Häufig ist die Segensverheißung mit einer Verheißung von Nachkommen, weniger mit einer Landverheißung verbunden. V. 3 b hebt hervor, daß das Land Isaak und seinen Nachkommen verheißen wird (die betonte Voranstellung und die Rede vom Aufrechterhalten des Abraham zugeschworenen Eides zeigen dies). Die Betonung Isaaks als Landverheißungsträger und Ziel des Eides scheint im Zusammenhang ohne Anknüpfungspunkte zu sein, weder vor noch 21 22

Zur Literarkritik, siehe unten S. 171 ff., 301 ff. Vgl. hierzu unten S. 103 ff.

84

III. Genesis 26 und „die Ahnfrau-Erzählungen"

nach der Gottesrede. Der Hinweis DrrQN , ö , l in V. 1. 15, vgl. V. 18, bezieht sich nicht auf Abraham als Träger der Verheißung, sondern drückt die Ähnlichkeit der geschichtlichen Situation aus, und vergleicht Isaaks Handeln mit dem, was Abraham früher getan hat. Dieser explizite Anschluß an Abraham kann allerdings auch einen Redaktor bewogen haben, die Kontinuität zwischen den Trägern der Verheißung zu unterstreichen. Zusammengenommen begründen diese Momente die Annahme, daß V. 3 b ein sekundärer Zusatz zu V. 3 a ist. c) Zur Datierung

von V. 3 b

Die Frage nach dem Alter der Aussage in V. 3 b wird von den Forschern überaus verschieden beantwortet. 23 Ihr Interesse gilt vor allem der Formulierung Vsn nXINirVDTIK. 2 4 Sing. f l N wird wahrscheinlich schon in der älteren Literatur des Alten Testaments zur Bezeichnung begrenzter Landgebiete gebraucht. 25 Aber damit haben wir noch keinen Beleg dafür, daß die Pluralform in Gen 26, 3 b eine alte Tradition wiederspiegelt, die gewisse Gebiete im Süden verheißt. Der ältere alttestamentliche Sprachgebrauch bietet keinen Beleg für eine Pluralform mit dieser Bedeutung. Die Pluralform erscheint überwiegend als Bezeichnung von „Territorien selbständiger Staaten". 26 In spät-chronistischem Zusammenhang kommt eine Anwendung des Plurals vor, und hier begegnen wir auch den nächsten Parallelen zu Gen 26,3 b. I Chr 13,2: niSIN V33 Vs-IBT und II Chr 11, 23: pTDI m W n r n N - 1 « 1 ? werden öfters angeführt. II Chr 34, 33: ViHir m V i m mS-IXn-VDÖ ist ebenfalls zu erwähnen. Die

23

24

25

26

N. Lohfink, Die Landverheißung als Eid, 1967, 97, und auch de Pury, a. a. O. 198 f., sowie Scharbert, a.a. O., vertreten die Auffassung, die Formulierung *?Jtn JiSIKD spiegele eine alte, mit Beerscheba verbundene Verheißungstradition wieder. D. E. Skweres, Die Rückverweise im Buch Deuteronomium, 1979, 87 ff., argumentiert ausschließlich literarisch: V. 3 b war Quelle einer späteren „friihdt" Redaktion (u. a. in 50, 24), muß daher älter als diese Bearbeitung sein, und wahrscheinlich auf J zurückgehen. Siehe hierzu unten. Andere haben bereits vor ihm Gen 26, 3 b für „frühdt" angesehen, z. B. O. Plöger, Literarkritische, formgeschichtliche und stilkritische Untersuchungen %um Deuteronomium, 1967, 71. Weimar, a. a. O. 83 argumentiert für eine sehr späte Ansetzung. Plöger, a. a. O. 71 greift hierzu den Ausdruck "]S"ltVl "I*? auf, der im Dtn nicht vorkommt. Das ist jedoch nicht ausschlaggebend, denn in Dtn 1, 8 steht das nahverwandte Wl1? OSnVl DnV, allerdings mit dem Zusatz D ^ H S , Siehe zu dieser und ähnlichen Stellen Skweres, a. a. O. 88 f. Hierzu mit Belegen vgl. L. Rost, „Die Bezeichnungen für Land und Volk im AT" (1934), jetzt in: ders., Das kleine Credo und andere Studien %um Alten Testament, 1965, 83 f., außerdem besonders M. Ottosson, Art. p « , ThWAT I, 431. Rost, a. a. O. 84.

Gen 26, 1 — 5: Zur Schichtenscheidung und Datierung

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erste Stelle bezeichnet Gebiete, die zu Israel (dem Großreich) gehören, die beiden letzteren Gebiete unter der Herrschaft des Südreichs. 27 Die nächsten Parallelen zu Gen 26, 3 b finden sich also in dieser späten Literatur, und Formulierungen mit mSIN bezeichnen hier zu Israel (und Juda) gehörende Gebiete. Esr 9, 1 entspricht diesem Sprachgebrauch. 28 niSIXn steht hier für Ammon, Moab und Ägypten, aber auch die Bevölkerung Kanaans wird erwähnt, vgl. Neh 10, 29 und Esr 9, 11, Stellen die von der Verunreinigung des Landes durch ni3"Wn ,OS? sprechen. Kann in Gen ein Anknüpfungspunkt für eine Ausdrucksweise mit nS-IN gefunden werden? P hat in der Völkertafel in Gen 10 „Volk" (nj) definiert. 29 Jedes „Volk" lebt in seinem Land, hat seine Sprache und seine Sippen (mnötPa). Bei P gilt dies auch für ganz Kanaan, V. 6. 30 In J's Völkertafel werden mehrere vorisraelitische Völkergruppen in Kanaan einschließlich fünf phönizischer Städte als Söhne Kanaans bezeichnet. J stellt sie nicht als verschiedene CU dar, sondern als nnBPO der Kanaaniter. Die Grenzangaben in V. 19 vermitteln den Eindruck einer geschlossenen geographischen Einheit. Nach dem angefügten V. 20 (P), der den ganzen vorhergehenden Text abschließt, entsteht der Eindruck, daß nicht nur die nicht-kanaanitischen Völker, sondern auch die im Text erwähnten Kanaaniter aus Gruppen mit eigenen mnsttfö, ilW 1 ? und mSIN bestehen, eine von R' p geschaffene Vorstellung. Obwohl Gen 10 nicht ausdrücklich sagt, daß Kanaan aus mehreren mX^N zusammengesetzt ist, kommt diese Auffassung durch die Kombination von J mit P implizit zum Ausdruck. — Gen 26 zählt zwar nicht, wie Gen 10, die „Völker" auf, die in den verheißenen niS"lN leben; Gen 10 zeigt trotzdem, daß man später keinen Wert darauf legte, Kanaan als eine darzustellen; man konnte es so ausdrücken, als ob Kanaan aus mehreren DISIN bestünde. Obenstehende Erörterung sowie die Tatsache, daß sich die nächsten Parallelen zu Gen 26, 3 b in der Chr finden, kann andeuten, daß 26, 3 b keine alte Tradition wiederspiegelt, sondern eine späte literarische Bildung ist. Ob die Aussage schon (vor-)dtr. sein kann, untersuchen wir später, wir können aber feststellen, daß Dtn nie im Plur. verwendet. In der dtr. Literatur (Jos — II Reg) kommen auch keine Pluralformen zur

27

28

29 30

Scharbert, a. a. O. schreibt von riSIN: „Sie kann nicht das ganze Land Kanaan meinen, für das der Ausdruck = ,Land' nur im Singular gebraucht wird". — Letzteres gilt jedoch nicht soweit, daß ilä")K nicht auch zu Israel (oder zu Israel und Juda) gehörige Gebiete bezeichnen kann. Siehe hierzu J. G. Vink, The Date and Origin of the Priestly Code in the Old Testament, 1969, 30 ff. (nach ihm bezeichnet die Wendung IYIS"INil 'BS „the enemies of Israel in the Holy Land"). Vgl. Westermann, Gen I, 1, 679 f. Zu den Grenzen Kanaans siehe dazu nur Westermann, Gen I, 1, 682.

86

III. Genesis 26 und „die Ahnfrau-Erzählungen"

Gebietsbezeichnung in Kanaan vor. Demnach scheint Gen 26, 3 b eher sehr spät zu sein, die Aussage ist vielleicht sogar erst ein Ergebnis der redaktionellen Bearbeitung von J und P. Wir fragen jetzt nach Altersindikationen der nächsten Aussage in v . 3 b:

- p a s nmnxV Tisawi i v x n y a w n - n s Tiöpm

Der RS mit S73S?3 und den Vätern als indirektes Objekt kommt in verschiedenen Varianten vor, 31 er ist meistens mit einem Wort für „Land" verbunden. Am häufigsten wird Gen 26, 3 bßy in diesen Zusammenhang mit einbezogen. 32 Der größte Teil der Belege findet sich in dtn.-dtr. Texten. 33 Nach Lohfink34 liegt die Wurzel der dtn. Schilderung des Vätereides in den alten Pentateuchquellen. Er behauptet, Gen 15, 18 sei der älteste Anknüpfungspunkt des den Vätern zugeschworenen Eides und gehöre zu J. Er hält darüber hinaus auch J für den Verfasser von 24, 7 und 26, 3. 35 P/öger36 dagegen setzt die Entstehung der Kombination Land + RS mit 573272 in einen protodtn. Zusammenhang an. Zur Begründung weist er auf den protodtn. Ursprung von Gen 50, 24 und 26, 3, und die Nähe anderer Tetrateuchstellen zum Dtn hin. Perlitt,17 der ebenfalls in J nicht den Autor von Gen 15 sieht, schließt sich Plögers Auffassung an. An diesem Punkt ist zu klären, ob Gen 26, 3 b proto-dtn. (evtl. älter) ist oder nicht. Im vorliegenden Fall ist der RS mit S73W2 nicht mit einem Wort für „Land", sondern mit dem Substantiv „Eid" verbunden. Der ganze Satz V. 3 bßy ist syndetisch mit der Landverheißung V. 3 bot verknüpft, und wird von einer syndetisch angeschlossenen Mehrungsverheißung fortgesetzt. Dadurch scheint sich der Eid in gleicher Weise auf die Mehrungs- wie auf die Landverheißung zu beziehen. 38 Wichtiger ist hier jedoch eine gewisse Verselbständigung des Eides gegenüber beiden

31

Wie Plöger, a. a. O. 63 ff. dargelegt hat, handelt es sich hier nicht um eine festgeprägte Formel, sondern um Kombinationen gewisser relativ fester Elemente, vgl. ebenfalls zusammenfassend L. Perlitt, Bundestheologie im Alten Testament, 1969, 6 4 ff.

32

Plöger (siehe A n m . 31) behandelt diesen RS wie eine Land Verheißung. Perlitt, a.a. O. 66

33

Vgl. die Übersicht bei Skweres, a.a.O.

schließt sich ihm an, wohl auch Lohfink, a. a. O. 18. 20. Skweres, a. a. O. 90 folgt Lohfink. 871, und die ausführlichere Übersicht bei G.

Giesen, Die Wurzel SB' „schwören", 1 9 8 1 , 299 f. 34

A.a.O.

35

Zu 15, 18, ebd. 20. 22 f. Zu den beiden letzten Belegen, ebd. 18. 21 f.

19f.

36

Siehe oben, A n m . 31.

37

A. a. O. 68.

38

Vgl. Gen 22, 15, w o Jahwe Abraham eine Verheißung schwört, die auf jeden Fall Mehrung umfaßt; die Landverheißung wird i icht explizit ausgesprochen. Der Sprachgebrauch in 22, 15 ff. ist in mehrfacher Hinsicht mit 26, 3 b—5 verwandt, was dafür spricht, den Eid in 2 6 , 3 b nicht ohne weiteres als Landverheißung aufzufassen. Giesen, a. a. O. 306 katalogisiert die Stelle unter der besonderen Überschrift: „Verheißungskombinationen".

Gen 26, 1 — 5: Zur Schichtenscheidung und Datierung

87

Verheißungen. Damit erhält der Eid ein eigenes Gewicht, das ihm da fehlt, wo „der Landsatz" 39 vorkommt. Das Wort H^a® zur Bezeichnung des Eides an die Väter steht sonst nur noch in DtnV, 8; Jer 11, 5; Ps 105, 9; I Chr 16, 16. Dazu ist der RS mit S73IT] und den Vätern als indirektes Objekt mehrmals mit Nomina verbunden, die nicht „Land" bedeuten: Dtn 4, 31; 8, 18 ( n n i ) ; 7, 12 ( m a / TOn); 9, 5 ( - m ) ; 4 0 vgl. auch Mi 7, 20 (n»N/T0n). Ps 105, 9 und I Chr 16, 16 weichen in Ausdrucksweise und Bindung des Eides an Isaak statt Abraham von Gen 26, 3 b ab. In Jer 11,5 bezeichnet HS?"DE? den den Vätern zugeschworenen Landverheißungseid, damit erscheint der nachgestellte RS wie in den meisten Fällen im Dtn. Dtn 7, 8 hat nsnff "IÖW + RS. Nach Skweres^ bezeichnet hier den Landverheißungseid an die Patriarchen, der Ton liegt allerdings auf „(dem) Akt des Jahweverheißungseides" und nicht auf dessen Inhalt. In 7, 12 liest man TOn/ma lEB? + RS mit S73IW und in 8, 18 m a •"'pH + RS mit S3IW; aus beiden Stellen geht hervor, daß der Autor zwischen ~)Üi? und Olj? H-St. wechseln kann, ohne Änderung des Sinngehalts. Das Wort in 7, 8. 12 kann durch den Kontext verursacht worden sein, vgl. i m x a n ö P V. 9. Das Wort ITHS bezeichnet in 7, 12; 8, 18 und 4, 31 kaum „Landverheißungseid"; es scheint dagegen eher allgemein das besondere Verhältnis Jahwes zu den Patriarchen auszudrücken. 42 An diesen drei Stellen bezieht sich der RS mit S73W1 also nicht auf einen Landverheißungseid, sondern ist mehr allgemein zu verstehen — ohne einen konkreten Verheißungsinhalt. Keine der herangezogenen Dtn-Stellen gehört zum ältesten Bestand dieses Werks. 43 Dtn 4,31 gilt als spät-dtr. Kap. 7 , 8 . 1 2 ist auch eine Erweiterung des ursprünglichen Grundbestands; ob es sich hierbei um eine dtn. oder eine dtr. Redaktion handelt, ist jedoch unklar. 44 Dasselbe Verhältnis läßt sich für 8,18 und 9, 5 geltend machen; diese Texte gehören auch nicht zu dem ältesten Bestand im Dtn. 45 Mi 7, 20 wird im übrigen ebenfalls als ein sehr später Text angesehen. 46 39

Zur Terminologie vgl. u. a. Skweres, a. a. O. 89.

40

Siehe hierzu Lohfink, a.a. O. 17; Skweres, a.a. O. 143, vgl. 214.

41

A.a.O. 1 1 0 ff., 114. Vgl. E. Kutsch, Verheißung und Gesetz, 1972, 122, und Skweres, a.a. O. 1 3 8 f f . Lohfink, a. a. O. 18 f., hält im allgemeinen die nominalen Ausdrucksformen des Vätereides für später als die verbalen. Im Dtn trifft dies gerade für die v o n uns behandelten Stellen zu: 4, 31 (DtrG, vgl. Lohfink, a.a. O. 1 5 f . ) ; 7, 8. 12; 8, 18; 9, 5 {Ebd. 1 6 f . ) .

42 43

44

Siehe hierzu weiter unten S. 292 w o wir ausführlicher auf diese Frage eingehen.

45

Skweres, a. a. O. 202 bringt eine Aufstellung der von verschiedenen Forschern vorgenommenen Schichtenscheidungen. H. D. Preuss, Deuteronomium, 1982, 102 zweifelt an einem vorexilischen Ursprung von 8, 17 f., und hält 9 , 4 — 6 für dtr. A . D. H. Mayes,

Deuteronomy, 1979, 189. 194 meint, 8, 18 b sei sekundär, was aber auf dem Vorkommen des RS mit »3®] an dieser Stelle beruht. Es fällt allerdings auf, daß ein eventuell

88

III. Genesis 26 und „die Ahnfrau-Erzählungen"

Abschließend können wir zusammenfassen, daß der Sprachgebrauch in Gen 26, 3 bßy weitgehend dem in Dtn 7, 8 entspricht. Es besteht kein Grund, Dtn's Gebrauch von statt Dlj? H-St. zu betonen. Damit rückt der Sprachgebrauch in Gen 26, 3 b in die Nähe einer relativ späten Aussage im Dtn. Das Wort nS?31P in Dtn 7, 8 kann allerdings den Landverheißungseid an die Patriarchen bezeichnen. Der eher allgemeine Inhalt von in Gen 26, 3 im Verhältnis zu der Landverheißung, besagt, daß der folgende RS mit S31M in Gen 26, 3 b entsprechend Dtn 7, 12 und 8, 18 gebraucht wird. 47 . Das scheint auf eine Entstehung von Gen 26, 3 b ß y in einem vom Dtn abhängigen Verfasserkreis hinzuweisen. Diese Abhängigkeit dürfte sich auf die späten Schichten des Dtn, vielleicht sogar auf eine dtr. Redaktion beziehen. Das Wort ¡15732? kommt dagegen in den ältesten Teilen des Dtn nicht vor, auch kein RS mit der mit Nomina verbunden ist, die nicht „Land" bedeuten. Dies sind Indizien, die auch auf eine Entstehung von Gen 26, 3 b in einem Zusammenhang deuteronomistischer Theologie und Sprache hinweisen. Bereits Skweres 48 hebt hervor, daß keiner der Rückverweise auf einen Vätereid, auch nicht die verbalen, dem vor-dtn. Stoff im Dtn angehören. Giesen 49 zeigt ebenfalls, daß die meisten verbalen Ausdrücke des Landverheißungseides an die Väter der dtr. Schicht angehören, nach ihm ist nur 6, 18 deuteronomisch. Aus diesem Grund nimmt er eine kurze Entstehungsperiode für die Formelsprache an, die dtn.-dtr. Epoche, mit dem Exil als betontem Schwerpunkt. Seiner Auffassung nach liegt hier eine traditionsgeschichtliche Weiterentwicklung der Sätze mit |D1 vor. Von insgesamt 60 Stellen mit kommen die 19 ältesten in Dtn (dtn. Textbestand) vor. 50 Wie dem auch sei, nach den obigen Ausführungen ist eine proto-dtn. Entstehung der Aussage in Gen 26, 3 b ß y kaum wahrscheinlich. Das Vorkommen dieser Wendung in einem proto-dtn. Traditionszusammenursprünglicher RS hier ohne Parallelen in anderen älteren Schichten des Dtn sein soll. Soweit muß man Mayes Recht geben. « Vgl. W. Rudolph, Micha ... KAT XIII. 3, 1 2 7 f f . 47 Man kann ebenfalls anführen, daß auf 7, 12 Segensgüter folgen. Entsprechend wird der Segen auch in Gen 22, 15 ff. erwähnt, dort gleichfalls im Zusammenhang mit dem Schwur Jahwes. 48 A. a. O. 202. 49 A.a.O. 230f. 50 Perlitt, a. a. O. 68 vertritt die Auffassung, daß „die Landschwur-Überlieferung" in protodtn. Zusammenhang entstanden sei, denn bei J habe diese Entwicklung noch nicht begonnen, beim Dtn sei sie dagegen abgeschlossen, das gehe aus „(der) unreflektierten Selbstverständlichkeit der Wendung von Dtn 7, 13 b" hervor. Dem letzten Argument kommt jedoch wenig Gewicht zu, die Stelle gehört kaum zu den ältesten Texten des Dtns, die den Landverheißungseid behandeln. Daher beweist das Vorkommen des Vätereides in „unreflektierter Selbständigkeit" keinen vordeuteronomischen Ursprung.

Gen 26, 1—5: Zur Schichtenscheidung und Datierung

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hang, ihr Fehlen in den ältesten Teilen des Dtn, und ihr erneutes Erscheinen in den jüngeren Teilen desselben Werkes wirkt befremdlich. Es ist bedeutend einfacher, sich die Entstehung der aktuellen Formelsprache im dtn. Zusammenhang zu denken. Sie hat dann ihren Schwerpunkt im dtr. Zusammenhang erhalten; die weniger gebundene Anwendung der Formelsprache, der wir in Gen 26, 3 b begegnen, gehört auch in diese spätere Epoche. Skweres hat eine ausführliche Begründung seiner Annahme, die Aussagen in Dtn setzten u. a. Gen 26, 3 b voraus, vorgelegt — wir gehen daher genauer auf seine Begründung ein. 51 Unter den Stellen, mit denen Skweres argumentiert, ist Gen 50, 24 im vorliegenden Zusammenhang eine der wichtigsten. Wie Lohfink behauptet er zunächst, daß die dtn./dtr. und nicht-dtn./dtr. Rückverweise keine vorliterarische Gattung übernommen haben, 52 und daß deshalb die beiden Gruppen voneinander abhängig sein müßten. 53 Weil Gen 50, 24 (u. a.) nur die kurze Bezeichnung der Patriarchen bringt, d. h. nur eine Aufzählung der Namen, während die Dtn-Belege „deine Väter" vor die Namen der Patriarchen stellen, meint Skweres, daß Gen 50, 24 älter als die Stellen im Dtn ist. 54 Aber 50, 24 setzt wiederum 15, 18; 24, 7; 26, 3; 28, 13 voraus, wobei 50, 24 als eine Zusammenfassung dieser Texte verstanden werden kann. Der Landverheißungseid wird in Gen 15, 18 gegenüber Abraham ausgesprochen. Da sowohl 26,3 b und 28,13 eine Landverheißung an Isaak und Jakob erwähnen, lassen sich diese Stellen als Erneuerung der Verheißung an Abraham in Gen 15, 18 interpretieren. „Daher konnte sich der Redaktor auf Grund der von ihm bearbeiteten Texte berechtigt fühlen, von einem Landverheißungseid an Abraham, Isaak und Jakob zu sprechen".55

Diese Argumentation bezieht sich auf den Rückverweis auf einen Landverheißungseid, im wesentlichen argumentiert Skweres so auch in Verbindung mit anderen Rückverweisen. 56 Folgendes läßt sich zu Skweres' Argumentation anführen: Erstens: Nach Skweres sollte die Annahme, der Verfasser von Gen 50, 24 habe bei der Anwendung einer gegebenen Formel: „deine Väter, Abraham, Isaak und Jakob", die Wendung „deine Väter" ausgelassen, weniger einsichtig sein als die Annahme, daß sie in den dtn./dtr. Texten hinzugefügt wurde. 57 Das leuchtet allerdings nicht ein. Skweres weist darauf 51 52 53 54 55 56 57

Siehe zu diesem Punkt auch Blums (a. a. O. 374) Diskussion mit Plöger. Skweres, a. a. O. 93. Ebd. 94. Ebd. Ebd. 98 f. Zur Mehrungsverheißung siehe seine Darstellung S. 124 ff. A. a. O. 94.

90

III. Genesis 26 und „die Ahnfrau-Erzählungen"

hin, daß die dtn. Verfasser, im Gegensatz zu älteren Texten, „Jahwe, dein/ euer Gott" statt nur „Jahwe" schreiben. Aber das Dtn verwendet ebenfalls die knappe Wendung (nur „Jahwe"), und zwar gerade u. a. in späteren Schichten des Dtn: 1, 8; 30, 20; 58 vgl. auch 8, 1; 26, 3; 28, 11; 31, 7 u. a. Übereinstimmend mit der Argumentationsweise Skweres' läßt sich dann folgende Behauptung aufstellen: Können spätere dtn.-dtr. Redaktoren die knappe Gottesbezeichnung verwenden, dann können sie ebensogut auch die ausführlichere Väterbezeichnung gekürzt haben, wie z. B. in Gen 50, 24. Skweres' Auffassung basiert außerdem auf dem Gesichtspunkt, daß Dtn 34, 4 tatsächlich proto-dtn. oder älter ist, ein äußerst unsicheres Fundament. 59 — Selbst wenn einige der Stellen mit kurzer Väterbezeichnung wirklich älter als das Dtn sein sollten, gilt das nicht von allen — einschließlich Gen 26, 3 b. Das Argument wird noch unhaltbarer dadurch, daß 26, 3 b die lange Väterbezeichnung — wenn auch in einer anderen Wortfolge — aufweist. Skweres' Ausführungen zu Streichung und Erweiterung sind daher jedenfalls für diesen Text ohne wesentliche Bedeutung. 60 Zweitens: In diesem Zusammenhang ist wichtig zu fragen, ob der Verfasser von Gen 50, 24 wirklich Gen 26, 3 b gekannt haben muß, um sich „berechtigt fühlen" zu können, von einem Landverheißungseid an Abraham, Isaak und Jakob zu sprechen. Dafür, daß 50, 24 eine redaktionelle Gestaltung auf dem Hintergrund von (u. a.) 26, 3 b ist, sind kaum positive Anzeichen auszumachen. Kap. 50, 24 spricht eindeutig von einem den Vätern zugeschworenen Land; in 26, 3 b ist der Eid auch mit der Mehrungsverheißung verbunden, die in 50, 24 nicht erwähnt wird. In 26, 3 b gilt die Verheißung nSINH-Vs, in 50, 24 pNH. Der Ausdruck pKn-VD steht in Dtn 19, 8; eine Pluralform ist jedoch nicht belegt. In Gen 26, 3 b wird der Eid Abraham zugeschworen und für Isaak bestätigt; in 50,24 wird gesagt, daß er auch Isaak zugeschworen wurde. 61 — Allgemein kann behauptet werden, der Redaktor, der 50, 24 hinzugefügt hat, kann sich ebensogut „berechtigt gefühlt" haben, von dem Land, das 58

55

60

61

Nach Skweres, a.a. O. 91 Anm. 364 ist 30, 20 dtn., nicht dtr. Doch siehe hierzu Preuss, a.a. O. 60. Da bereits 1, 8 dtr. ist, kommt dem wenig Bedeutung zu. Vgl. M. Noth, Überlkfermgsgeschichtlicbe Studien, 1943, 213, und später Mayes, a.a. O. 411 und Seitz, a.a. O. 148. Anders M. Weinfeld, Deuteronomy and Deuteronomic School, 2 1983, 7 Anm. 2, aber auch er nimmt keinen proto-/prä-dtn. Ursprung an. Auf eine Reihe mit Gen 50, 24 verbundener Probleme können wir hier nicht näher eingehen. Eine eingehende Beurteilung muß sich auch mit R. Rendtorffs (Das überlieferungsgeschichtliche Problem des Pentateuch, 1977, 75—79) Andeutung auseinandersetzen, 50, 24 und einige andere „Zusätze" könnten Bestandteile der abschließenden (dtr.) Redaktion des gesamten Pt sein, und damit auch nachpriesterlich. Rendtorff, a.a. O. 76f. behauptet, 50, 24 und die beiden Stellen 22,16 und 26, 3 stehen in demselben Traditionszusammenhang. Jedoch ist seine Andeutung, 22,16 und 26, 3 gehören traditionsgeschichtlichen Stadien an, die sich auf dem Weg zu 50, 24 befinden, unbegründet.

Gen 26, 1 — 5 : Zur Schichtenscheidung und Datierung

91

Abraham, Isaak und Jakob zugeschworen ist, zu sprechen, weil diese Vorstellung den dtn.-dtr. Verfasserkreisen, den der Redaktor wahrscheinlich angehörte, bekannt war, auch ohne Rücksicht darauf, ob sich diese Vorstellung in den Texten fand, die er bearbeitete. Lohfink 62 und Skweres63 behaupten zwar, „der Gedanke des Vätereids" sei nicht in einer kultischen Tradition verankert, weil der RS mit 573W1 in verschiedenen formalen Zusammenhängen erscheint, und diese formalen Zusammenhänge auch ohne Erwähnung des Eides an die Väter vorkommen. Selbst wenn Lohfink nicht ausschließt, daß „die dtn. Theorie vom Vätereid Jahwes" ihre Wurzel in der mündlichen Erzählertradition Israels haben kann (zusätzlich zu den alten Pt-Quellen), rechnet er mit den alten Pt-Quellen als Wurzel. Das wird bei Skweres noch deutlicher, der auf dieser Grundlage nach den „Bezugstexten" innerhalb des AT-Texts selbst fragt und sich gleichzeitig dagegen verwahrt, „daß die Rückverweise ... ins Leere gehen oder besser: die vorherigen Verheißungen als Eid interpretieren und darin über sie hinausgehen".64 Damit setzt er unmißverständlich voraus, daß der Vätereid im Dtn auf einen den Lesern bereits aus anderen Texten bekannten Vätereid zurückverweist65 und darüber hinaus, daß wir diese Texte kennen, die also gerade im Pt selbst stehen. Die erste Voraussetzung ist hinsichtlich der einzelnen Texte zu prüfen. Wir beschränken uns hier allerdings auf Anmerkungen zur Methode: Es ist nicht notwendig, daß ein Element in einem Kontext fest verankert ist, um zur Tradition zu zählen und dann immer dort auftaucht, wo dieser Kontext vorkommt. Verfasser, die mit einer Überlieferung arbeiten, können Traditionselemente aufgreifen, die sie verhältnismäßig freistehend bearbeiten und kombinieren.66 Man muß ebenfalls damit rechnen, daß ein Redaktor nicht nur Momente der ihm vorliegenden Texte bearbeitet, sondern daß er im Lauf seiner Arbeit an älteren Texten neue Vorstellungselemente aus seinem gesamten traditionsgeschichtlichen Horizont auswählt und einarbeitet. Außerdem ist zu berücksichtigen, daß uns mit den ATTexten kaum die gesamte israelitische Literatur vollständig vorliegt. Die dtn. Autoren (und Leser) können den Vätereid aus Texten gekannt haben, die wir nicht kennen. Aufgrund dieser Überlegungen halten wir es für übereilt, wenn man von den Ausführungen Lohfinks und Skweres' zum Vorkommen des Vätereids auf eine Entstehung des Ausdrucks schließt, die notwendig innerhalb des ATs selbst liegen soll.

A.a.O. 19f. A.a.O. 92-94. " Ebd. 95. 62 63

65

Ebd. 3; daß literarische Rückverweise vorliegen, bedeutet nach Skweres, daß die dtn. Verfasser durch sie auf den Lesern bekannte Texte zurückweisen.

66

Vgl. z. B. J. van Seters, In Search of History, 1983, 4 4 - 5 1 .

92

III. Genesis 26 und „die Ahnfrau-Erzählungen"

Wir sehen nach dem Obigen keinen Grund für eine Annahme, Gen 26, 3 b gehe auf eine proto-dtn. Epoche zurück. Die positiven Anzeichen des Textes deuten eher darauf hin, daß wir es hier mit einem Text zu tun haben, der von späteren und wohl auch dtr. Bearbeitungsphasen vom Dtn abhängig ist. Diese späte Ansetzung des Textes entspricht auch dem Befund der Datierungshinweise in den folgenden Versen. V. 5 weist hier relativ eindeutig auf späte Entstehung hin. 67 Die Wendung Vp3 VDV kommt am häufigsten in der dtn.-dtr. Literatur vor, ist aber nach Fen^ 68 alter Traditionsstoff, den das Dtn aufgegriffen hat. Der Ausdruck rnöWÜ "101P steht meistens mit einer näheren Bestimmung um den Dienst am Heiligtum anzugeben. Auf diese Stellen brauchen wir hier nicht näher einzugehen. Die allgemeinere Anwendung des Ausdrucks in Gen 26, 5 b kommt sonst in dtr. Stellen vor: Dtn 11,1; Jos 22, 3; I Reg 2, 3, aber auch, wenn auch nur mit zwei angeschlossenen Nomina, in Lev 18, 30, vgl. V. 26, über das Einhalten der gegebenen kultischen und ethischen Bestimmungen. Ohne angeschlossene Nomina steht maitfü 1ÖÜ in den späten Texten Sach 3, 7 und Mal 3, 14. Dieselbe Kombination der vier Bezeichnungen für „Gesetz" kommt sonst nie vor. Das Wort m i n (plur.) steht nicht im Dtn, in der dtr. Literatur nur in Jer 24, 5. Obwohl die Verbindung m i n mit 211X8 in Ex 16, 28 vorkommt, 69 deutet die Anhäufung mehrerer Wörter eher auf eine Nähe von Gen 26, 5 b zu einer späteren Zeit. 70 Abschließend ist zu bemerken, daß die nächste Parallele zu Gen 26, 3 b — 5 in Gen 22, 15 — 18 liegt, es ist anzunehmen, daß beide Stellen einen gemeinsamen Ursprung haben. d)

Zusammenfassung

Unsere literarkritische Analyse deutet einen ursprünglichen Textbestand in Gen 26, 1—5 an, der V. 1 . 2 a sowie in V. 2 bot. 3 aa: nSin, und außerdem V. 3 aß (Beistands- und Segenszusage) umfaßt. Die Formulierung in V. 1 aßy kann auf Entstehung dieser Schicht in dtr. Kreisen hindeuten. 67

68 69

70

Die Mehrungsverheißung in V. 4aa scheint auch Indizien einer späten Entstehungszeit zu enthalten, wir gehen hierauf nicht näher ein. Zwar ließe sich erwägen, ob V. 5 ein weiterer sekundärer Zusatz zum vorhergehenden ist — doch haben wir für eine Schichtensonderung keine zuverlässigen Kriterien feststellen können. A. K. Fenz, Auf Jahwes Stimme hören, 1964, 69. 79 u. a. Hierzu Weinfeld, a. a. O. 75 f. Er hebt die andere Ausdrucksweise in V. 5 im Vergleich mit dem Dtn hervor. B. S. Childs, Exodus, 1977, 275 rechnet Ex 16, 28 zu J. Weinfeld erwähnt im übrigen auch Ex 18, 16. 20. An diesem Punkt folgen wir Weimar, a. a. O. 84. Lev 26, 46 weist eine solche Anhäufung von Wörtern auf. Die Kombination mpn/min kommt sonst in Ez 43, 11; 44, 5. 24 vor; vgl. (plur.) in Dan 9, 10; Neh 9, 13; Ps 105, 45.

Das Verhältnis der Verheißungen in Gen 12 zu denen in Gen 26

93

V. 3 b ist dagegen als sekundäre Erweiterung des ursprünglichen Textbestandes anzusehen, und mit V. 3 b auch V. 4—5. Dieser Text stammt wahrscheinlich aus einem Verfasserkreis, der mit dem Dtn einschließlich seiner späteren (dtr.) Schichten vertraut war, aber auch Verbindungslinien zur P-Literatur und wahrscheinlich ebenfalls zu anderer später Literatur aufweist. Der Abschnitt dürfte vielleicht auf den Kreis um R lp zurückgehen. III.2. DAS CHRONOLOGISCHE VERHÄLTNIS DER VERHEISSUNGEN IN GEN 12 ZU DENEN IN GEN 26. DAS VERHÄLTNIS DER DREI „AHNFRAUERZÄHLUNGEN" ZUEINANDER

a) Problemstellung

und forschungsgeschichtliche

Voraussetzungen

Wie verhalten sich die Verheißungen in dem jahwistischen Text Gen 12, 1 ff. zu denen der verschiedenen Schichten in Gen 26,2—5? Wir untersuchen hier die relative Chronologie dieser Verheißungen. Man kann sich dieser Frage durch eine Untersuchung der relativen Chronologie der drei Ahnfraugeschichten nähern. Das ergibt sich aus der Tatsache, daß beide Verheißungszusammenhänge mit je einer Ahnfraugeschichte verbunden sind: Die älteste Schicht der Gottesrede in Gen 26 stammt von demselben Verfasser wie zumindest die Einleitung zur dritten Ahnfraugeschichte. 1 In Gen 12 gehören die Verheißungen zu der ältesten Schicht der vorliegenden Einleitung zur ersten Ahnfraugeschichte, 12, 10 — 20. Wir kommen weiter unten auf die Frage, ob 12, 1 — 9* und 12, 10 — 20 ursprünglich derselben literarischen Schicht angehört haben, zurück. 2 Unsere Untersuchung des Verhältnisses der Verheißungen zueinander beruht daher auf einer Bestimmung des Verhältnisses der drei Ahnfraugeschichten. Können wir etwas zur relativen Chronologie dieser Erzählungen sagen, dann können wir uns auch, unter bestimmten Voraussetzungen, auf die wir noch zurückkommen werden, 3 zur relativen Chronologie der Verheißungen in 12, 1 ff. und in 26, 2—5 äußern. Wir gehen von den Anzeichen in 2 6 , 1 . 2 a aus, die zeigen, daß der Verfasser der ältesten Schicht in V. 1—5 die Erzählung von 12, 10 — 20 gekannt hat. Wir haben bereits festgestellt, daß der explizite Hinweis auf 12, 10 in 26, 1 aßy Teil des ursprünglichen Textbestandes ist. Außerdem scheint der Vetitiv VK USW. in V. 2 aß eine Allusion an 12, 10 zu sein; der Schreiber des Vetitivs hat also 12,10 gekannt. Eine ganz und gar freie literarische Schöpfung dürfte der Vetitiv kaum sein, er kann auf alten Traditionen beruhen. Der Ausdrucksweise nach verhält es sich jedoch so, 1 2 3

Siehe oben S. 77. Siehe unten Pkt. f. Siehe unten S. 94. 108.

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III. Genesis 26 und „die Ahnfrau-Erzählungen"

daß 12, 10 als den Lesern bekannt vorausgesetzt wird. — Da diese Rückverweise auf 12, 10 derselben Schicht angehören wie die älteste Verheißungsrede in 26, 3 a, kann diese Verheißungsrede nicht unabhängig von 12, 10 bestanden haben. Demnach geht die folgende Untersuchung davon aus, daß der Grundbestand der Gottesrede in Kap. 26 den Text 12, 10 ff. als bekannt voraussetzt und nicht älter als dieser sein kann. Zum Abschluß unserer Untersuchung beschäftigen wir uns mit der Frage, inwieweit sich, abgesehen von V. 1—5, ein Text isolieren läßt, der im Verhältnis zu 12, 10—20 als selbständig anzusehen ist. 4 Aus dem Vorhergehenden bleiben hinsichtlich der relativen Chronologie zwischen dem Grundbestand in 26, 1—5 und 12, 10 ff. zwei Möglichkeiten: Entweder ist der erwähnte Text in 26, 1 ff. jünger als 12, 10 ff., stammt also von einem anderen Autor, oder beide Texte stammen aus der Feder ein- und desselben Autors. — Wenn sich zudem im Grundbestand von 26, 1 ff. Züge feststellen lassen, die ebenfalls Kap. 20 als bekannt voraussetzen, kann es sich unter gewissen Bedingungen allerdings anders verhalten. In dem letzterwähnten Fall können wir ein zuverlässiges Kriterium dafür haben, daß die Gottesrede in 26, 1 ff. nicht auf denselben Verfasser zurückgeht wie 12, 10 — 20, sondern jünger als dieser Text ist — das gilt selbstverständlich auch für ihre jüngeren Teile. Für diesen Fall muß jedoch die Voraussetzung gelten, daß Kap. 20 einen anderen und späteren Verfasser hat als Kap. 12, 10—20. Wenn Kap. 26, 1 ff. dann erkennen läßt, daß sein Autor 20, 1 ff. gekannt hat, muß auch 26, 1 ff. von einem anderen und späteren Verfasser stammen als 12, 10 ff., ohne daß es dadurch auch später als 20, 1 ff. sein muß. Letzteres ist dagegen dann der Fall, wenn 20, 1 ff. und 26, 1 ff.* nicht denselben Verfasser haben. Die folgende Untersuchung geht von der mehrfachen Behauptung in neueren Forschungsarbeiten aus, die drei Erzählungen von der Gefährdung der Ahnfrau seien keine ursprünglich selbständigen Varianten einer gemeinsamen mündlichen Uberlieferung, sondern zwei dieser Erzählungen seien literarische Bearbeitungen eines dritten, ursprünglichen und selbständigen Textes.5 Ob die Erzählung 12, 10—20 oder die 26, 1 — 11* der 4 5

Siehe unten Pkt. d. Ältere Forscher sehen die drei Erzählungen als drei ursprünglich selbständige Varianten an, vgl. hier nur H. Gunkel, Gen 299. Gunkel schreibt jedoch 12, 10—20 und 26, 1 — 11 jetzt der gleichen Quelle J zu, jedoch verschiedenen Schichten in ihr. Eine entsprechende Auffassung vertritt M. Noth, ÜP 30. 115 f.: die beiden erwähnten Texte werden zwar derselben Quelle J zugeschrieben, aber er behandelt sie als selbständige Varianten einer gemeinsamen Grundtradition; es wird jedenfalls nicht gesagt, daß der eine Text eine Bearbeitung des anderen ist. Vgl. außerdem R. Kilian, Die vorpriesterlichen Abrahamsüberlieferungen, 1966, 210 ff., und K. Koch, Was ist Formgeschichte, 3 1974, 153 ff. C. A. Keller, „Die Gefährdung der Ahnfrau", ZAW 66 (1954), 181 ff., besonders 186, hat behauptet,

Das Verhältnis der Verheißungen in Gen 12 zu denen in Gen 26

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u r s p r ü n g l i c h selbständige Text ist, darüber gehen die M e i n u n g e n der F o r s c h e r auseinander. Kap. 20 ist keine selbständige V e r s i o n einer m ü n d l i c h e n Tradition. D a s geht aus van Seters' F o r m u n t e r s u c h u n g v o r . Weimar v e r t r i t t ein ent-

daß es sich hier nicht um drei Parallelen handelt, die man in ein gegenseitiges Abhängigkeitsverhältnis im Hinblick auf ihre Entstehung bringen kann, sondern er sieht in ihnen drei ganz und gar verschiedene Erzählungen. Zur Kritik dieser Auffassung siehe Kilian, a. a. 0. Später hat R. Polzin, „ ,The Ancestress of Israel in Danger' in Danger", Semeia 3 (1975), 81 ff., die drei Texte im Hinblick auf gewisse Inhaltselemente miteinander verglichen. Das diachrone Verhältnis der Texte läßt er außer Betracht, und die verbindenden Züge, die er feststellt, können ebensogut darauf beruhen, daß jüngere Texte durch Bearbeitung älterer Schichten entstanden sind. M. Ravndal Hauge, „The Struggles of the Blessed in Estrangement", StTh 29 (1975), 1—30. 113—46 arbeitet auch mit einer ausschließlich synchronen Betrachtungsweise, er behandelt die Ahnfraugeschichten (S. 113 ff.) im Zusammenhang mit anderen Darstellungen des gesegneten Erzvaters im Exil. — In der späteren Zeit ist es vor allem J. van Seters, Abraham in History and Tradition, 1975, 167 ff. und P. Weimar, Untersuchungen %ur Redaktionsgeschichte des Pentateuch, die zugunsten einer literarischen Abhängigkeit zweier Erzählungen von der dritten her argumentieren, entsprechend jedoch bereits G. Schmitt, „Zu Gen 26,1 — 14", ZAW 85 (1973), 143 ff., der Kap. 12 mit 26 vergleicht. C. Westermann, Gen 1,2, 389 f. 516 f. ist später van Seters an diesem Punkt gefolgt. — T. L. Thompson, The Origin Tradition of Ancient Israel, 1987, 51 ff., behauptet gegen van Seters, Gen 12,10—20 sei keine selbständige Erzählung — kein „tale in itself' — sondern eine Episode innerhalb eines größeren „chain narrative" (S. 54). Insgesamt zu den drei Geschichten schreibt er: „Certainly one story has influenced the telling of the other, but it is not justified to speak of one story as dependent on and subordinate to the other, ... In their present form, the tales cannot be identified as earlier or later than each other. They are contemporaneous." (S. 58). — Seine Behauptungen sind undurchsichtig. In welchem Stadium sind die drei Erzählungen „contemporaneous" und nicht abhängig voneinander? Folgende Argumente sind dazu anzuführen: 1. Thompson hat nicht nachgewiesen, daß die drei Erzählungen „in their present form" gleichzeitig sind. Die (literarisch ursprünglichen) Hinweise in Gen 20 und 26 auf Gen 12 lassen zwei Möglichkeiten offen: Entweder sind alle vom gleichen Verfasser geschaffen, oder die beiden sind von späteren „Redaktoren" gebildet worden. 2. Man kann auch nicht behaupten, die drei Texte enthalten selbständige Bearbeitungen verschiedener oder gemeinsamer Traditionen. Der einzige Hinweis Thompsons auf evtl. Sondertraditionen, Gen 20, 13 (S. 54), reicht zur Behauptung einer solchen Selbständigkeit nicht aus. Spätere, von dem einen Text abhängige Darstellungen können ja auch evtl. neue Traditionselemente aufgenommen haben. 3. Thompsons Anliegen scheint die Zurückweisung der Voraussetzungen der traditionsgeschichtlichen Schule zu sein, die traditionsgeschichtliche Ursprünglichkeit und Selbständigkeit einer Erzählung lasse sich aus der Form des literarischen Berichtes erkennen. Die Auseinandersetzung mit van Seters reicht zur Unterstützung einer solchen Behauptung nicht aus: Was er nachgewiesen hat, ist die Tatsache, daß van Seters eine unzureichende Analyse durchgeführt hat: Teils ist seine Verwendung der Gesetze Olriks sachlich nicht angebracht: z. B. indem er die Hungersnot als Olriks „crisis" ansieht (S. 53), — teils gibt es in der Erzählung Elemente, die auf den größeren Zusammenhang gerichtet sind.

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III. Genesis 26 und „die Ahnfrau-Erzählungen"

sprechendes Ergebnis: Kap. 20 ließe sich ohne Annahme einer gemeinsamen Grundtradition, die dieses Kap. bearbeitet habe, erklären. 6 Während van Seters meint, in Kap. 20 ein für gewisse moralische und theologische Ziele bearbeitetes Kap. 12 vor sich zu haben, 7 hält Weimar Kap. 20 für eine Bearbeitung des Grundtextes in Kap. 26,6 — 9*, der „eine aus sich heraus voll verständliche kleine Erzählung" darstellt. 8 Nach Weimar ist Kap. 12 wieder eine Bearbeitung dieser beiden Texte. Seiner Auffassung nach stammt 12, 10 — 20 aus demselben Tradentenkreis wie die erste redaktionelle Bearbeitung von 26, 6 — 9*, die u. a. V. 1 aa einschließt. 9 — Wenn Kap. 20 eine Bearbeitung eines Grundtextes aus 26, 6 — 9* wäre, 10 dann könnte nicht mit Sicherheit behauptet werden, daß Kap. 20 später als 12, 10—20 sei. Wir untersuchen daher, inwieweit in Kap. 26 ein selbständiger, von Kap. 12 und 20 unabhängiger Grundtext vorliegt. Kap. 20, das wird kaum in Frage gestellt, geht auf einen anderen Autor zurück als 12,1—9* und 12,10—20. Die elohistischen Züge in Kap. 20 lassen sich in Kap. 12 nicht nachweisen. 11 Aus ähnlichen Gründen vertreten außerdem viele Forscher die Auffassung, daß Kap. 20 und 26 ebenfalls verschiedene Verfasser haben. 12 Wir gehen im folgenden von dieser Auffassung aus. b) Das Verhältnis von Kap. 26

Kap. 20

Man hat behauptet, die Erwähnung der Reise nach Gerar in 26, 1 sei ein Hinweis auf Kap. 20. Die Erwähnung Abimelechs und Gerars reicht allerdings nicht zur Unterstützung einer solchen Behauptung aus. 13 Des 6

A. a. O. 104.

7

A.a.O. A.a.O.

8 9 10 11 12

13

175. 103.

Ebd. 105 f. So auch Schmitt, a.a. O. 149. Siehe oben S. 35. Das geht aus den meisten Einleitungen in das Alte Testament hervor, vgl. hier nur R. Smend, Die Entstehung des Alten Testaments, 1978, 83 u. a. Van Seters, a.a. O. 1 7 7 f . , führt den oben referierten Standpunkt aus. Ihm kann erwidert werden, daß eine Trockenheit f"IK3 auch im „Lande" variieren kann, ein Aufenthalt nahe einer Stadt schützt auf jeden Fall besser v o r Dürre als eine Wanderung in einer Steppenlandschaft. Es ist daher durchaus möglich, daß der Verfasser sich eine Reise Isaaks nach Gerar während einer Hungersnot im Lande vorgestellt hat, — die Notiz v o n der Reise nach Gerar dürfte also nicht unbedingt eine literarische Nachbildung v o n Gen 20, 2 sein. Die Annahme, daß der Bericht v o m Zug nach Gerar auf eine mündliche „Grunderzählung" über Isaaks A u f b r u c h nach Gerar wegen einer Hungersnot beruhe, so Koch, a. a. O. 154, u. a., ist v o n van Seters kaum widerlegt worden. — Nur einem, der v o n vornherein akzeptiert, daß

m » TPl eine literarische Bildung auf dem Hintergrund v o n 12, 10

ist, und kein Traditionsbestandteil, ist es einsichtiger, daß die Erwähnung des Zugs nach

Das Verhältnis der Verheißungen in Gen 12 zu denen in Gen 26

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weiteren haben wir festgestellt, daß das Verb "113, das eine Allusion an 20, 1 sein könnte, sekundär ist. Wie sich 20, 1 ff. zur Gottesrede in 26, 2 ff. verhält, dazu können wir uns erst nach einem Vergleich von 20, 1 ff. mit 26, 1 — 11 äußern. Wenn sich nachweisen läßt, daß die eigentliche Erzählung in 26, 6 ff. 20, 1 voraussetzt, kann 26, 1—5* auch nicht älter als dieser Text sein, denn daß Teile der V. 1 — 5 als selbständige Einheiten gegenüber der eigentlichen Gerar-Erzählung bestanden haben, ist höchst unwahrscheinlich. Die beiden Erzählungen in Kap. 20, 1 ff. und 26, 1 — 11 weisen gemeinsame Züge auf, die aber in 12, 10 — 20 fehlen: 26, 9 b: TnöX "O // 20, 11 a. Dieser Ausdruck fehlt in 12, 10 ff. Die charakteristische Ausdrucksweise deutet mehr als nur die Abhängigkeit vom gleichen Traditionsstoff an. 14 26, 10 b: OffX Xtbv HKSm // 20, 9 a: niOn-O n b u nst?n v o b n ö - b s n Auch dieser Ausdruck kommt nicht in Kap. 12 vor. 15 Das Verb DB?N steht in Verbindung mit dem Brautraub in Jdc 21, 22, aber die Zusammenstellung von N13 H-St. mit OtPN ist nicht außergewöhnlich, vgl. Lev 5, 6 f. 15. 25 u. a. Gen 20, 9 a hat eine nahe Parallele in Ex 32, 21. Die Übereinstimmung von Kap. 26 und 20 an diesem Punkt muß daher nicht auf literarischer Abhängigkeit beruhen, es kann sich um ein traditionelles Motiv handeln, das in diesem Zusammenhang seinen natürlichen Sitz hat. 26, 11: nnv m a // 20, 7: man m a - O . Kap. 26, 11 bringt eine juristische Formel, während der Ausdruck in 20, 7, in eine Anrede umgeformt, eine „Abwandlung" dieser Formel darstellt. 16 Weimar 17 behauptet, 20, 7 sei eine Ableitung aus 26, 11, — einer Stelle, die auch redaktionell sei. Er legt aber keine Argumente dar. — Der Satz in 26, 11, der weitgehend „der Form des Todesrechts" entspricht, 18 liegt hier weder in seiner formgeschichtlich ursprünglichen Gestalt vor — er ist nicht allgemein formuliert — noch in seinem ursprünglichen „Sitz im Leben", da er sich auf einen ~IJ bezieht, einen Spezialfall des Todesrechts. Die Formel wurde also im

14

15

16

17 18

Gerar eher literarisch als Rückverweis auf 20, 2 entstanden ist, und nicht als Aufnahme der Tradition. So verstanden ist Seebass' Kritik zutreffend, vgl. ders., „Gehörten Verheißungen zum ältesten Bestand der Väter-Erzählungen?", Bib. 64 (1983), 192 Anm. 12. Weimar, a.a. O. 104, erklärt die Entsprechung dadurch, daß Kap. 20 literarisch auf dem Hintergrund von 26, 6 ff. entstanden sei. Kilian, a.a. O. 211 findet das Schuldmotiv in allen drei Erzählungen, in Kap. 12 ist es implizit in und mit V. 17 gegeben. — Aber explizit, wie in den beiden anderen Erzählungen, liegt es gerade nicht vor. Nicht das Schuldmoment, sondern das Strafmoment ist explizit. Vgl. hierzu H. J. Boecker, Redeformen des Rechtslebens im Alten Testament, 1970, 143 ff.; 146. A.a.O. 106f. Schmitt, a.a.O. 154.

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III. Genesis 26 und „die Ahnfrau-Erzählungen"

Gedanken an diesen Spezialfall formuliert, und der Befehl geht wahrscheinlich über den Rechtsschutz, den ein beanspruchen konnte, hinaus. 19 Daher gibt das Vorkommen dieses Satzes in V. 11 keinen Anlaß anzunehmen, daß V. 11 einmal einer ursprünglich mündlichen Erzählung angehört habe. Die Vermutung Schmitts, V. 11 entspreche einer Formel des Königsrechts, ändert bisher nichts daran. Ist „der Todesrechtssatz" in V. 11 als eine literarische „Abwandlung" anzusehen, dann gibt es auch keinen Grund, 26, 11 für älter als 20, 7 zu halten. — Daß Kap. 20, 7 keine selbständige Bearbeitung einer vorgegebenen Tradition ist, gilt allgemein als gesichert. Läßt sich die Anwendung des „Todesrechtssatzes" in 20, 7 und 26, 11 nur aus literarischen Aktivitäten erklären, fallt es auch leichter, die Übereinstimmung zwischen beiden Texten so verständlich zu machen, daß der eine auf dem anderen beruht, und nicht daß beide hier unabhängig voneinander eingeführt werden. In welche Richtung die Abhängigkeit in diesem Fall geht, ist jedoch — trotz Weimars Behauptungen — ganz offen. Keine der drei erwähnten Züge deutet an, wohin das Abhängigkeitsverhältnis führt. Ein relativ deutlicher Hinweis läßt sich möglicherweise in Verbindung mit dem Ausdruck Dipan "T2??S!C in 26, 7 erkennen. Dieser Ausdruck kommt verhältnismäßig selten vor (Gen 29, 22; 38, 21. 22; Jdc 19, 16; Esr 1, 4), 20 sein Anwendungsbereich scheint T » n "TON und ^JX + dem Namen seiner Stadt zu entsprechen (Gen 13, 13; 19, 4; 24, 13; 32, 20; Dtn 21, 21; 22, 21; J o s 7, 4. 5; 8, 14. 20 f.; J d c 6, 27 f. 30; 8, 8. 1 5 - 1 7 ; 9, 57; 14, 18; 19, 16. 22). Dtn 21,21; 22, 21 bildet einen Sonderfall im Verhältnis zu den übrigen Belegstellen. TSH "TEIN bezeichnet hier die Männer, die die Rechtsbestimmungen in Israel durchsetzen. — Ein den genannten Ausdrücken gemeinsamer Zug besteht darin, daß sie Personengruppen bezeichnen, die in gewisser Weise den israelitischen Hauptpersonen der Erzählungen fernstehen: Gen 24, 13; 29, 22; 38, 21 f. Zu diesem Bedeutungselement kommt an mehreren Stellen ein feindlicher Zug hinzu: Jos 7 , 4 ; 8, 14. 20f.; Jdc 6, 27 f. 30; 8, 8. 15 f. 17; 9, 57; 14, 18. Ein drittes Bedeutungselement besteht in der Darstellung der Gruppe als böse Menschen: Gen 13, 13; Jdc 9, 57; 19, 16. 22; vgl. Jdc 6, 27 f. 30, wo der Begriff „Verteidiger des Ba'alkults" bezeichnet.

19

20

Vgl. Schmitt, a.a.O. 149ff. H. Schulz, Das Todesrecht im Alten Testament, 1969, 197f., weist auf die allgemeine Formulierung der mn-Sätze hin, Gen 26, 11 b sei dagegen mit DPron Hin konstruiert und könne daher nicht in einem Rechtskorpus überliefert sein. Vgl. ebenfalls Schmitt, a.a. O. 146. 154 f. und Anm. 10, wo er auch Kritik gegen Schulz' Behauptung (a. a. O. 103) äußert, 12, 17 sei abhängig von 26, 11. Zusätzlich zu der Kritik an Schulz ist hervorzuheben, daß in 12, 17 kein „Talionsrecht" vorliegt. Jahwe schlug (S?H) den Pharao, diese Aussage wird aber nicht mit einer entsprechenden „Pharao schlug Abraham" zusammengestellt. Aus Kap. 12 erfahren wir daher nicht, ob 12,17 die Todesdrohung, die den Todessatz 26, 11 voraussetzt, talionsrechtlich umformt. SJJ kommt in allen drei Erzählungen vor, aber nur in 20, 6 und 26, 11 wird es mit fast gleichem Sinn gebraucht, im Sinne von „die Frau anrühren" (26, 11 auch von Isaak). Vgl. hierzu H. W. Jüngling, Richter 19 - ein Plädoyer für das Königtum, 1981, 181 f. 199 ff.

Das Verhältnis der Verheißungen in Gen 12 zu denen in Gen 26

99

Relevant ist die besondere Affinität der erwähnten Termini zu Berichten, die sexuelle Vergehen oder illegitime sexuelle Verbindungen schildern: Gen 19, 4; 34, 20; 38, 21 f.; Jdc 19, 16. 22; vgl. auch rra TOK in Gen 39, 14. Gen 12, 10—20 und 20, 1 ff. weisen keine entsprechenden Begriffe auf. Statt dessen steht in 12, 20 und 20, 8 D^NH. Die Wendung ¡ITH Olpan in 20, 11, vgl. V. 13, ist besonders wichtig. Sie bezeichnet hier einen Ort, von dem gesagt wird, da herrsche keine Gottesfurcht. Darauf folgt der Satz VltPX - i m - V y m n m . 2 1 Implizites sachliches Subjekt zu i m sind (der König und) die Einwohner des Ortes. In 26, 7 b ist Dlpön "WN Subjekt von ¡nn. Ist Kap. 20 auf dem Hintergrund von Kap. 26 entstanden, dann fallt auf, daß der Verfasser den charakteristischen Ausdruck Dlpan "TMN vermeidet und sich statt dessen weniger typisch ausdrückt — obwohl er doch in diesem Punkt den Text ganz nahe der Ausdrucksweise des Kapitels 26 formuliert, und der Begriff Dlpan TMN eine besondere Affinität gerade zu solchen in Kap. 20 geschilderten Ereignissen hat. Bedeutend einfacher ist der Gedanke, der Autor von Kap. 26 benutze die erwähnte Formulierung, weil die Ausdrucksweise in Kap. 20 (Q^tMUH und ntH Dlpan) ihn dazu veranlaßt. 22 Zwar geht in Kap. 26 von den Dlpan "TOS die Bedrohung aus, in Kap. 20 (und in Kap. 12) dagegen vom König, die D'WN in 20, 8 sind nur Statisten aus der Umgebung des Königs. Trotzdem läßt sich schwer erklären, warum der Verfasser von Kap. 20 es vorzieht, Dlpan TP3N zu vermeiden, wenn Kap. 20 von Kap. 26 abhängig ist und dieser Text die Formulierung enthält. In 20, 11 fühlt Abraham sein Leben offenbar durch (den König und) die Männer des Orts bedroht. Außerdem kommt den Dlpan 'tWK u. a. in den übrigen Erzählungen, die illegitime sexuelle Verhältnisse zum Thema haben, nicht immer eine aktive Rolle zu. In Gen 34, 20 und 38, 21 ff. treten sie nur als Statisten auf, wie in Kap. 20. — In Kap. 12 haben wir es mit einem anderen Sprachgebrauch zu tun, „die Ägypter" sind hier in V. 12 Subjekt zu i m , eine einschränkende Ortsangabe fehlt. Diese Eigentümlichkeit deutet an, daß Kap. 26 jedenfalls an diesem Punkt von Kap. 20 abhängig und jünger als dieser Bericht ist. Wir untersuchen dieses Verhältnis genauer. c) Der Außau von 26, 6-11:

Ein Vergleich mit 12, 10-20

und 20, 1 f f .

Wir beschränken unseren Vergleich des Aufbaus der Erzählungen auf einen Zug aus Kap. 26, — auf die Art wie Isaak von Rebekka spricht und die Begründung dieser Rede, eine Rede, die sich leicht erklären läßt, wenn 21

22

Wir können uns Weimar, a. a. O. 65 nicht anschließen, V. 11 b aufgrund des Plurals als sekundär anzusehen. Hier kann es sich auch um einen Einfluß aus 12, 12 handeln. Van Seters, a. a. O. 179 deutet auch derartige Standpunkte an, führt sie aber nicht weiter aus.

100

III. Genesis 26 und „die Ahnfrau-Erzählungen"

man 26, 6 ff. als eine literarische Schöpfung auf dem Hintergrund von Kap. 20 und 12, 10ff. ansieht. 23 Kap. 12 beginnt mit Abrahams Problem (V. 12) und seinem Plan (V. 13). 24 Eine Erwiderung Abrahams auf die Anklagen Pharaos findet sich dagegen nicht. In Kap. 20 ist das Verhältnis umgekehrt. Hier folgen Abrahams Problem und Plan erst auf die „Beschuldigungsformel" in V. 9. 25 Die Einleitung erklärt nicht, warum Abraham Sara als seine Schwester ausgibt. Es wird auch nicht gesagt, welche Situation dieser Aussage Abrahams zugrunde liegt. Kap. 26 enthält jedoch beides in einer Form: Die Situation wird beschrieben, in der nach Rebekkas Status gefragt wird. Isaaks Antwort, deren nächste Parallele 20, 5 ist (NIH "Tin*?; 12, 13 hat PK ,pni$),26 wird dem in der Einleitung geschilderten Problem in Kap. 12 entsprechend begründet, doch ist die Aussagekette in Kap. 26 anders strukturiert, mittels nachgestellter begründender Sätze. Diese Struktur läßt die Leser im Unklaren über den Zusammenhang von Frage und Antwort in V. 7, wenn sie nicht mindestens eine der vorhergehenden Erzählungen kennen. Der Ausdruck DlpDH "TON bezeichnet nämlich nicht immer Personen, die im Begriff sind, sexuelle Vergehen zu verüben, vgl. Gen 29, 22, und den Ausdruck T S TMN in 24, 13. Es existiert auch kein Beleg dafür, daß V ViW „nachzufragen um zu begehren, nach etwas trachten" heißt. 27 Abgesehen von der relativ feststehenden Formulierung, die eine Frage nach jemandes Befinden ausdrückt, bezieht sich der Ausdruck immer auf das Kognitive. Eine synoptische Übersicht verdeutlicht die an diesem Punkt vorliegenden Übereinstimmungen zwischen Kap. 12 und 26: Kap. 12, 10ff.: Kap. 26, 6 ff.: Die Ehefrau ist schön: 1. nN nsiöTio"' ^ vist 7. *rn runa r n i o - o (V. I I b ) (V. 7b) Die Männer wenden sich ihr zu: 2.

cp-ixnn ^nx •ttrv-'s r r m

(V. 12 a)

l.

w e n ó mpan •tnmVxr'i

(V. 7 a) Der Ehemann fürchtet sich: 3. NT -O (V. 7 b)

23

24 25 26 27

Vergleiche, die mehrere Erzählzüge umfassen, liegen bei van Seters, a. a. O. bes. 178—181, und Schmitt, a. a. O., vor. Die Aussagebezeichnungen in diesen Versen ist van Seters, a.a. O. 168 ff. entnommen. Zum Terminus vgl. Boecker, a. a. O. 30. Hierzu siehe Weimar, a. a. O. 104. Zu den Belegen, G. Gerlemann, Art. Vw?, THAT II, 842.

Das Verhältnis der Verheißungen in Gen 12 zu denen in Gen 26

3.

4.

nxT i n » x m a x i (V. 12 a)

101

Der wahre Status der Frau: 4. v w x naxV (V. 7 b)

Die Männer werden den Ehemann wahrscheinlich umbringen: v r r -|nxi -nx m m 5. mpan tox ••mrr-jB (V. 12 b) (V. 7 b) Der Grund dazu: 6. n p m - V s (V. 7 b)

5.

Die Frau wird als Schwester des Mannes ausgegeben: nx Tinx x i - n a x 2. xm ••nnx nax-n (V. 13 a) (V. 7 a)

Dem Ehemann wird es gut gehen: ... i n a s a •'V-ntr'' jsa 1 ? (V. 13 b) Die Synopse zeigt, daß Kap. 26 alle Elemente aus Kap. 12 bis auf den Punkt 6 enthält. Diese Aussage — Pkt. 6 — findet sich weder in Kap. 20 noch in Kap. 26. Die Ausführung dieses Punktes in 12, 16 entspricht jedoch 20, 14 ff. und 26,12—14. Andererseits sind zwei Züge aus Kap. 26 nicht in Kap. 12 anzutreffen: 1. Die Furcht wird in Kap. 12 überhaupt nicht erwähnt — es gibt jedoch gewisse Übereinstimmungen an diesem Punkt zwischen Kap. 26 und 20: Ob in 20, 10 nX*V statt JVX"! zu lesen ist, 28 ist zwar unsicher, in Abrahams Antwort in V. 11 findet sich kein Hinweis, daß er die Einwohner fürchtet; die fehlende Gottesfurcht der Einwohner wird dagegen in einer Aussagereihe erwähnt, die der in Kap. 26 entspricht: 6.

20,11: ntn m p a a d t i ^ x n x - p - p x tupx nm-Vs? m n m

26,7: -]b m i a V x t "o npa-rVj? mpan tox , i n r r

Wo es keine Gottesfurcht gibt, besteht auch Grund, die Einwohner zu fürchten. Die Erwähnung der Furcht Isaaks in Kap. 26 läßt sich demnach einfach aus 20, 11 erklären. 2. Aus dem Vorangehenden geht auch hervor, daß Glied 6 in Kap. 26 — das so in Kap. 12 fehlt — sich ebenfalls in Kap. 20 findet, in derselben Aussagenreihe. Zwar hat Kap. 12 den Ausdruck ]Sa*? - p i a y a , aber an anderer Stelle. Die Wendung Q-DX n»X ""tV nm _l 7S7 in 12, 17 entspricht zu einem gewissen Grad dem Ausdruck in 20, 12, steht aber innerhalb der Erzählung in einem anderen Zusammenhang. Zusätzlich zu der hier besprochenen Einleitung mit der Erkundigung nach Rebekkas Status, sowie der Darlegung der Antwort Isaaks, begründet 28

So van Seters, a.a.O.

178, anders Kilian, a.a.O.

192.

102

III. Genesis 26 und „die Ahnfrau-Erzählungen"

Isaak seine Auskunft über Rebekka auch in der Antwort an Abimelech in 26, 9, wie in 20, 11; in beiden Stellen will er auf diese Weise verhindern, daß er Rebekkas wegen erschlagen wird. Die drei Texte benutzen alle ¡"1, um die Gefahr auszudrücken, in der der Patriarch sich befand. In Kap. 12, 12 steht das Verb in der einleitenden Darstellung des Problems. In 20, 11 kommt es in dem abschließenden Gespräch vor, mit dem Abraham seine Verleugnung Saras begründet, hier kommt aber noch ein neues Moment hinzu, nämlich die drohende Todesstrafe (das Verb ma), V. 3. 7. In Kap. 26 finden wir 3~in in der einleitenden Begründung für Isaaks Aussage über Rebekka, V. 7, — also an derselben Stelle im Verlauf der Erzählung wie in Kap. 12. Hinzu kommt ein Todesrechtssatz in dem Abschlußgespräch in V. 11, sowie mö in V. 9. Die hier erwähnten Aufbaucharakteristika lassen sich dadurch erklären, daß der Verfasser des Kapitels 26 mehrere Züge aus den Kapiteln 12 und 20 übernommen und miteinander kombiniert hat. Sie können also auf ausschließlich literarische Aktivität eines Autors zurückgehen, der beide Texte, 12, 10 — 20 und 20, 1 ff., vor sich hatte. Wir sind auf Einzelelemente gestoßen, die den Kap. 20 und 26 gemeinsam sind, einige dieser Elemente deuten auf literarische Abhängigkeit zwischen den beiden Kapiteln hin. Der Gebrauch von DlpÖH TMX in Kap. 26 macht eine Abhängigkeit des Kap. 26 von 20 wahrscheinlich — und nicht umgekehrt. Wir behaupten daher, daß Kap. 26 literarisch nicht nur von Kap. 12, sondern auch von Kap. 20 abhängig ist. Dieses Ergebnis stimmt mit den Formuntersuchungen G. Schmitts 29 und van Seters'30 überein. Beide haben behauptet, daß Kap. 26 — zumindest in seiner literarisch greifbaren Form — keine selbständige „Folktale" darstelle, 31 sondern ein auf dem Hintergrund der Kap. 12 und 20 entstandenes literarisches Produkt sei. Kap. 26 enthält zwar Einzelzüge, die der Tradition entstammen können, das Wortspiel in V. 8 32 , die Formeln in V. 10: uV rnp» n x r n » , und in V. 11: Ptz + n a v m a dürften Traditionsgut sein, aber erstens kann ein Verfasser derartige traditionelle Einzelmotive und Formeln übernehmen, auch wenn die ganze Erzählung nicht auf Tradition beruht, 33 zweitens deutet der Gebrauch der Formel in V. 11 ihre literarische Anwendung an. 34 Die Formel in V. 10 hat wahrscheinlich eine traditionsgeschichtlich ursprüngliche Funktion in dem Rechtsleben. 35 Das 29

30 31 32 33 34 35

^ . a . O. 143 ff. A.a.O. 167ff. Ebd. 176. Vgl. Schmitt, a. O. 148. Siehe oben S. 91 Anm. 66. Siehe oben S. 97. Vgl. Boecker, a. a. O. 26 ff.

Das Verhältnis der Verheißungen in Gen 12 zu denen in Gen 26

103

eher humoristisch geprägte Wortspiel in V. 8 hinterläßt nicht den Eindruck, V. 8 und 10 (und V. 11) bildeten traditionsgeschichtlich eine ursprüngliche Einheit. 36 Schmitt hat auch nachgewiesen, daß die Formel in V. 10 schlecht zu dem vorhergehenden Bericht vom Auftreten Abrahams paßt. 37 d) Ein ursprünglich selbständiger

Textbestand in Kap. 26, 6—11?

Hier müssen wir besonders auf Weimars Behauptung eines ursprünglich selbständigen literarischen Textbestandes in 26, 6 ff. näher eingehen. Der Zusammenhang zwischen Kap. 20 und 26, der andeutet, daß Kap. 26 auf dem Hintergrund von Kap. 20 entstanden ist, beschränkt sich nicht nur auf den Textbestand, den Weimar als sekundäre Erweiterungen des seiner Auffassung nach ältesten Textbestandes der Ahnfrauerzählungen ansieht. Der Ausdruck OlpSH "TON in Kap. 26, wahrscheinlich auf dem Hintergrund von Kap. 20 entstanden, findet sich nämlich in V. 7 aa. Nach Weimar gehört der Vers zum ursprünglichen Textbestand. Weimar bestimmt die ursprüngliche Erzählung in Kap. 26 folgendermaßen: 38 V. V. V. V. V. V. V.

6: 7 aa: 7 aß: 7 b*: 8 a: 8 b*: 9 a:

V. 9b:

m s a pns 1 aari aipan ton iVsari sin , nnx n a x ^ k t i TI&N imb N-P -o ... BOT D» ^ " l m N "O TH vwN na pnxa pnr 1 mm n - n sin iiwN mn - i a m pns ,1 7 i V a - a s anp-n sin Tinx m a x -pm rr 1 ?» maN-fs v n a N ^ pn:r rVx - i a m wen 1 ?

Wir können in dem Text keine literarkritischen Anzeichen erkennen, mit denen sich die Isolation eines solchen Textbestandes begründen läßt. Es fällt auch schwer, zu sehen, daß hier „eine aus sich heraus voll verständliche kleine Erzählung" vorliege, wie Weimar schreibt. 39 36

37 38

39

Schmitt, a. a. O. 148. Ebd. 146. A. a. O. 89. Weimar behauptet zu Recht (S. 103), daß der älteste Textbestand aus jeden der drei Erzählungen erst herauszuarbeiten ist, bevor man nach dem ältesten zugrundeliegenden Text suchen kann. Wenn van Seters' Formanalyse darin gipfelt, daß sowohl Kap. 20 wie auch Kap. 26, 1 — 11 literarische Schöpfungen seien, und die Erzählung in 26, 1 — 11 deshalb nicht den beiden anderen zugrunde gelegen haben könne, müssen wir sein Ergebnis schon vom Ausgangspunkt her als ungesichert ansehen, denn van Seters führt eine Formanalyse des vorliegenden Texts durch, ohne sich vorher zu fragen, ob der Text einen literarischen Wachstumsprozeß durchgemacht hat. Ebd. 103, vgl. 89 f.

104

III. Genesis 26 und „die Ahnfrau-Erzählungen"

V. 7 b ß y (der ]D-Satz und der folgende 'D-Satz) ist nicht nur von Weimar aufgrund der direkten Rede als sekundär angesehen worden. 40 Die Inkongruenz kann jedoch auch auf die Abhängigkeit des Verfassers von seinem Material zurückgehen, sowohl in 12, 12 wie in 20, 11 steht direkte Rede. Es fallt keineswegs leichter zu erklären, daß ein Redaktor das Verb n n mit dem Suffix der ersten Person formuliert, als ein von Kap. 12 und 20 abhängiger Verfasser. Das Vorkommen zweier ]0-Sätze in V. 7 und V. 9 ist kein Grund, ersteren als sekundär anzusehen, da beide an verschiedenen Punkten im Erzählungsablauf vorkommen. 41 Außerdem drückt der nach Weimar ursprüngliche Text zweimal aus, daß Isaak Rebekka für seine Schwester ausgegeben hat, daß deshalb die Begründung auch zweimal erscheint, ist daher nur natürlich. Diese Doppelung kann auf der Kombination von Kap. 12 mit 20 beruhen, siehe oben. Wir können des weiteren anführen, daß ohne den JS-Satz mit folgenden 'D-Satz das Problem nicht klar hervortritt. 42 Wonach haben die Männer gefragt, und warum wagte Isaak nicht zu sagen, daß Rebekka seine Frau ist? Die Erzählung läßt nicht eindeutig erkennen, daß Isaak befürchtete, die Männer würden ihn Rebekkas wegen umbringen. — Dieser Punkt und die folgenden Überlegungen zu V. 10 f. lassen bezweifeln, daß Weimar eine Erzählung — mündlicher oder schriftlicher Art — herausarbeiten konnte, die als selbständiger Ausgangspunkt der beiden anderen und der Zusätze in Kap. 26 gedient haben könnte. Hier muß geklärt werden, ob V. 10 f. literarisch sekundär ist. Nach Weimar ist V. 10 wegen „der Vorwurfsformel" ( = „der Beschuldigungsformel"), die im Kontext unzureichend begründet ist, sekundär. 43 Den Zuhörern jedoch erscheint die Aussage begründet, vorausgesetzt ihnen sind die ernsten Folgen eines Vergehens an der Ehefrau aus Kap. 12 und 20 bekannt. Wir haben oben 44 hervorgehoben, daß der Gebrauch der Formel hier andeuten kann, der Text stamme nicht aus der Tradition, sondern gehe auf eine literarische Aktivität zurück. Weimar sieht V. 11 ebenfalls als sekundär an. „Der Todesrechtssatz" sei im Erzählungszusammenhang unbegründet. — Daß sich dieser Satz kaum in seinem ursprünglichen Kontext befindet, ist richtig. 45 Aber daraus geht nur hervor, daß wir hier einer sekundären (wahrscheinlich literarischen) Anwendung des Satzes gegenüberstehen. Israelitischen Lesern war ein Übergriff auf die Frau eines anderen eine solche Schandtat, daß der Todesrechtssatz bereits mit der Erwähnung der Möglichkeit eines Über40 41 42 43 44 45

Vgl. Kilian, a.a. O. 206 f. Weitere Literatur bei Weimar, a.a. O. 85. Anders Kilian, a. a. O. 207. Zu bx® und mp»n •was siehe oben S. 100. 99. A.a.O. 88. S. 102. Siehe oben S. 98.

Das Verhältnis der Verheißungen in Gen 12 zu denen in Gen 26

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griffs ausreichend begründet gewesen sein muß. — Da die von DlpöH TON ausgehende Bedrohung das einleitende Problem darstellt, wäre es doch merkwürdig, wenn die Erzählung ohne Aussage über die Aufhebung der Bedrohung endete. Außerdem macht das Verständnis der Rolle des Königs Schwierigkeiten, wenn es nicht gerade seine Aufgabe ist, dem Rechtssatz in V. 11 Autorität zu verleihen. 46 Dies spricht ebenfalls für die Zugehörigkeit von V. 10 f. zur ursprünglichen Erzählung. — Im übrigen weist Weimar auf die enge Verbindung von V. 10—11 mit 12, 17 a und 20, 9 a hin, was auch der Stützung unserer Hypothese dient. Weimar selbst zeigt die Problematik eines Abschlusses der ursprünglichen, selbständigen Erzählung mit V. 9 auf. Damit gäbe es keine Lösung des Konflikts. Weimar deutet folgende Lösung an: 47 „An einem paradigmatischen Geschehen soll dem Hörer/Leser vor Augen geführt werden, daß Isaak sein Leben im philistäischen Ausland ... nur durch Anwendung einer List aus einer für ihn bedrohlichen Situation retten kann." (Unsere Hervorhebung.)

Aber eine Rettung ist in Weimars Textbestand nicht zu erkennen, der entgegengesetzte Fall ist ebensogut denkbar, wenn die Erzählung mit V. 9 schlösse und Kap. 12 und 20 unbekannt wäre. Hiernach sehen wir keine Grundlage mehr für die Behauptung, V. 7 b ß y und V. 10—11 seien sekundäre Zusätze zu einem ursprünglichen Textbestand. Wir sind nicht der Meinung, daß Weimar eine mündliche oder schriftliche Erzählung isoliert hat, die eine selbständige Einheit war und zum Ausgangspunkt der beiden anderen Geschichten von der Gefahrdung der Ahnfrau wurde. e) Das Verhältnis der Erzählungen zueinander. Ergebnis Wir haben oben dargelegt, daß keine Grundlage besteht, irgendeinen Teil von 26, 1 — 11 als die ursprünglich selbständige Erzählung anzusehen, die Ausgangspunkt für die Entstehung der beiden anderen wurde. Im Gegensatz dazu kann 12, 10 — 20 als geschlossene Erzählung betrachtet werden, die auch ohne Kenntnis von Kap. 20 und 26 verständlich ist. 48 Hier wird ein Grund für den Aufenthalt in Ägypten angegeben, das Problem wird ausreichend erörtert (V. 11 — 12), ebenso Abrahams Plan (V. 13).49 Die Erzählung weist einen Abschluß auf, der sie zu einer geschlos46 47 46 49

Vgl. van Seters, a.a. O. 179 f. A. a. O. 93 f. Zum Text vgl. van Seters, a.a. O. 169f. und Schmitt, a.a. O. 143ff. E. H. Maly, „Genesis 12, 1 0 - 2 0 ; 20, 1 - 1 8 ; 26, 7 - 1 1 and the Pentateuchal Question", CBQ 18 (1956), 260 hebt „the artificial nature of the account in c. 12" hervor, indem er darauf hinweist, daß sich Abraham schon vor seiner Ankunft in Ägypten dafür entschied, Sara als seine Schwester auszugeben. Abraham entschließt sich also dazu, ehe er weiß, daß er in Lebensgefahr ist — wie er auch damit rechnet, daß sein Plan erfolgreich sein

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III. Genesis 26 und „die Ahnfrau-Erzählungen"

senen Einheit formt. 50 Wir erwarten außerdem eine Vorstellung Abrahams, diese liegt in 12, 1—9 vor. — Wie der Pharao erfahrt, daß Sara Abrahams Frau ist, wird zwar nicht berichtet, aber das ist für das Verständnis der Fortsetzung auch nicht nötig.51 Man könnte sich diese Information ¿zusätzlich zu dem, was wir erfahren, wünschen, aber die Erzählung ist auch ohne sie verständlich. Weimar führt mehrere Textaussagen an, die auf einen Verfasser von 12,10 — 20 hinweisen sollen, der Kap. 26,6—9* gekannt habe:52 -lax-n "B-V N-lp-n (12, 18a)//26, 9 a. mn (26, 9 a) entspreche Sin -jrittN ^ (12, 18 b) und ilW iin» -|n»N (12, 19 b). Diese Entsprechungen zeigen jedoch nicht, daß Kap. 12 von Kap. 26 abhängig ist.53 Weimars Behauptung, npb + + in 1 2 , 1 9 a sei ein „Anklang an den ... RS DnpV in Gen 20, 3 b" leuchtet nicht ein, es kann sich auch umgekehrt verhalten. Er behauptet auch, Kap. 12 sei durch seinen Abschluß und durch seine Erzähltechnik mit Kap. 20 verbunden, ohne dies näher zu konkretisieren.54 Er weist auf Formulierungen in 12, lOff. hin, die Aussagen in Kap. 26, 1 — 11 entsprechen sollen,55 aber keine dieser Entsprechungen zeigt, daß Kap. 26 nicht später und literarisch von den Formulierungen in Kap. 12 abhängig sein kann. Er hat keine Gründe nachgewiesen, die auf eine Entstehung von 12, 10—20 und 26, 1 — 11* (Weimars erste Redaktion) im selben Tradentenkreis hindeuten.

50 51

52 53 54 55

wird, bevor er das annehmen konnte. — In unserem Zusammenhang geht es jedoch um die Frage, inwieweit der Text den Lesern eine so umfassende Einführung in die Situation vermittelt, daß die Erzählung auch ohne Kenntnis einer der beiden anderen sinnvoll ist. Den Lesern fiel es sicherlich nicht schwer, sich einen Aufenthalt außerhalb „des Landes", in einem Gebiet, wo die Gesetze Israels keine Gültigkeit hatten, als gefährlich vorzustellen, wie es V. 11 f. beschreibt. Abrahams Erwartung in V. 13 b ist ebenfalls solchen Lesern verständlich, die mit der Rolle des Bruders im Verhältnis zu seiner Schwester in einer patriarchalischen Gesellschaft vertraut waren, vgl. Kap. 24 und u. a. T. L. Thompson, The Historicity of the Patriarchat Narratives, 1974, 248 ff., vgl. auch Schulz, a.a. O. 109. Vgl. Koch, a.a.O. 142. Hierzu Kilian, a. a. O. 9; Weimar, a. a. O. 11 f.; vgl. auch Seebass, a.a.O. 192f. Anm. 16: „Der Übergang von V. 17 zu V. 18 ist so schlecht erzählt, daß die Version kaum die älteste sein kann". — Anstatt von einer „schlechten" Erzählung zu reden, kann der Übergang als Ausdruck gelungener Erzählökonomie beurteilt werden: Die Erzählung wendet sich an die Leser, und sie brauchen nicht zu wissen, wie der Pharao das erfuhr, auch nicht wie der Pharao von Jahwe geschlagen wurde, um die Geschichte zu verstehen. A.a.O. 1 0 4 - 1 0 7 . Siehe van Seters, a.a. O. 180 zu einem anderen Verständnis der Übereinstimmungen. A.a.O. 105. Ebd.

Das Verhältnis der Verheißungen in Gen 12 zu denen in Gen 26

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Wir meinen daher postulieren zu können, daß 26,1 — 11, auch in seiner ältesten schriftlichen Gestalt, ein literarisches Werk auf dem Hintergrund von 12, 10 — 20 und 20, 1 ff. ist. Eine ursprünglich selbständige Erzählung — schriftlich oder mündlich —, die Ausgangspunkt der beiden anderen gewesen sein könnte, können wir in 26, 1 — 11 nicht erkennen. Kap. 12, 10 — 20 erscheint dagegen als in sich selbst verständliche Erzählung, die wahrscheinlich die Entstehungsgrundlage der beiden anderen gebildet hat. 56 Wir gelangen daher zu folgendem Ergebnis: Bereits der Grundbestand der Gottesrede in Kap. 26, 2 — 5 gehört einer anderen und jüngeren literarischen Schicht als Kap. 12, 10 — 20 an. Unsere Behauptung ruht auf folgenden Prämissen: 1. Kap. 26, 1 ff. zeigt nicht nur Kenntnis von 12, 10 ff., sondern 26, 6—11 (die Einleitung kann nicht älter als dieser Text sein) zeigt ebenso Abhängigkeit von Kap. 20. 2. Wir haben als Ausgangspunkt vorausgesetzt, daß Kap. 20 einen anderen Verfasser hat als 12, 10 ff. und 26, 1 ff.*, einen von (mindestens) einem der beiden anderen Texten abhängigen „Elohisten". Wir haben oben Gründe gefunden, 12, 10 — 20 als die ursprünglich selbständige Erzählung anzusehen, von der Kap. 20 und 26 beeinflußt sind. Die Erzählung in 26, 6 — 11, und damit auch bereits der Grundbestand der Gottesrede in V. 2 — 5, stellt sich also als jünger als 12, 10—20 und als nach-„elohistisch" heraus. Die jüngere Schicht der Gottesrede wird dadurch selbstverständlich noch später. — Wie verhalten sich aber die verschiedenen Schichten der Gottesrede zu den Verheißungen in Kap. 12, 1—9? Dieser Frage wenden wir uns jetzt zu: f ) Gehören 12, 1 — 9 und 12, 10—20 derselben jahwistischen

Schicht an?

Kap. 12, 10 — 20 gilt allgemein als Fremdkörper im Erzählungszusammenhang Kap. 12, 1—9; 13, 1 ff. Trotzdem herrscht Unklarheit darüber, wann im Verlauf der Entstehungsgeschichte die Erzählung 12, 10—20 mit dem Kontext verbunden wurde. 57 Falls 12,10 —20 einer anderen literari56

57

Nun behauptet Koch, a.a.O. 153 ein komplizierteres Verhältnis zwischen diesen Erzählungen. Von den Argumenten, die er dafür anführt, daß Kap. 12 nicht die älteste Erzählung sein kann, erwähnt er nur das, daß Kap. 26 (und 20) die Erzählung mit Abimelech und Gerar verbindet, sowie mit Isaak (Kap. 26). Diese Hinweise lassen sich jedoch im Hinblick auf die chronologischen Verhältnisse auch anders interpretieren, vgl. Schmitt, a.a. O. 143 f., im Verhältnis zu den von uns angeführten Beweisen kann ihnen kein entscheidendes Gewicht zugemessen werden. Koch, a.a.O. 143.160: Auf der mündlichen Überlieferungsebene sei die Erzählung selbständig gewesen; J habe sie in den Zusammenhang eingefügt. Bereits G. von Rad, „Das formgeschichtliche Problem des Hexateuch", 1938, jetzt in: ders., Ges. Stud., 1971,

108

III. Genesis 26 und „die Ahnfrau-Erzählungen"

sehen Schicht als 1 2 , 1 — 9 angehören sollte, sagt die vorangegangene Untersuchung nur unter bestimmten Bedingungen etwas zum Verhältnis der Gottesrede in 26,2—5 zu den Verheißungen in Kap. 12 aus, dann, wenn sich in Kap. 20 und 26, 1 ff. Spuren nachweisen lassen, die die Verbindung von 12, 10—20 mit dem Kontext in Kap. 12, 1 ff. als bekannt voraussetzen. Wir kommen später auf diese Frage zurück, zunächst untersuchen wir, ob ein Grund besteht, 12, 10 — 20 als eine literarisch sekundäre Einfügung in den Textzusammenhang anzusehen.

66, scheint die gleiche Auffassung zu vertreten, entsprechend Noth, ÜP 30. 122. 239 f.: Kap. 12, 9 und 13,1 stammten von J. So auch noch H. W. Wolff, „Das Kerygma des Jahwisten", 1964, jetzt in: ders., Ges. Stud., 1973, 369. - Kilian, a.a.O. 10-12.291 behauptet, J habe 12, 10—20 eingeführt, deshalb seien 12, 9 und 13, 1.3f. von J. Die Einfügung sei aber in einen vorjahwistischen Textbestand vorgenommen worden: 12,1.4a—8*; 13, 2. 5ff. Entsprechend A. de Pury, Promesse divine et legende cultuelle dans le cycle de Jacob, 1975, 56 ff.; 63. 65. Wellhausen, Composition 23 f. 29 behauptet dagegen, 12,10—20 sei ein sekundärer Anhang zu J, aber vor der Zusammenarbeitung von J und E hinzugefügt, 12, 9; 13, 1. 3 f. sind nach ihm redaktionelle Bindeglieder. Gunkel, Gen 168 f. erklärt dementsprechend, daß 12,10—20 — eine ursprünglich alte „Sage" — von R' in J's Hauptfaden (J a ) eingefügt worden sei. Im Unterschied zu Wellhausen hält Gunkel das Stück nicht für einen nachjahwistischen Anhang. — Letzteres wird dagegen von Weimar, a. a. O. 4 ff. 43 f. behauptet. Nach ihm ist 13, 2. 5. 7—11* ein vorjahwistischer Textbestand, der von J u.a. durch die Anfügung des Grundbestands von 12,1—8 bearbeitet worden sei. Kap. 12, 10—20 stelle in diesem Zusammenhang einen sekundären Einschub dar, entstanden um das Jahr 701 durch den jehowistischen Redaktor, der auch die Verheißungsrede in 12, 1—3 erweitert habe. Andererseits ist van Seters, a. a. O. 172. 182 f., der Meinung, 12, 10—20 wäre eine alte, selbständige „folktale", die bereits „the first narrator to record the Störy in written form" in einen Rahmen eingefügt habe, der „at least included the reference to Abraham's call in 12,1 along with some itinerary", das geht nach ihm daraus hervor, daß 20, 13 diesen Rahmen kennt. Kap. 13 — und damit die Erwähnung Lots in Kap. 12 — sei von Anfang an ein Teil der späten Sodomerzählung in Kap. 18 f. gewesen (S. 222 f.). — Van Seters schließt daraus, daß ein Grundbestand in 12,1 — 9 und V. 10—20 vorjahwistisch sei, die Verheißungstexte in 12, 2f. und Kap. 18 (spät-)jahwistisch seien. — Eine ganz andere Auffassung vertritt Westermann, Gen I, 2, 202f. Er beurteilt die Texte formgeschichtlich und sieht in 12, 1 — 9*. 13, 1 ff. eine selbständige Form, ein „Itinerar". Die beiden Erzählungen, 12,10 — 20 und 13, 5 ff., könnten aus dem Itinerar hervorgegangen sein. Damit bestehe schon formgeschichtlich kein Grund, an eine sekundäre Verknüpfung der Einheiten zu denken. — E. Blum, Die Komposition der Vätergeschichte, 1984, 285 ff. stimmt weitgehend mit van Seters überein. Blum nimmt einen ursprünglich selbständigen Erzählanfang von 12, 10—20 an, der durch Einarbeitung in einen weiteren Zusammenhang „transformiert", d. h. durch die jetzt vorhandene Einleitung 12, 1—8 ersetzt wurde. Nach M. Köckert, Vätergott und Väterverheißungen, 1988, 250ff., sind 12, 1 - 9 und 13, 1. 3f. 1 4 - 1 7 . 18* gegenüber den beiden Erzählungen 12, 10—20 und 13, 2. 5 — 13. 18a* sekundär und bilden zwei korrespondierende Rahmenstücke. Seine These bezieht sich allerdings auf die traditionsgeschichtliche, nicht auf die literarkritische Frage (vgl. S. 250).

Das Verhältnis der Verheißungen in Gen 12 zu denen in Gen 26

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Wenn das der Fall wäre, wären 12, 9 und 13, 1. 3 f. spätere redaktionelle Zusätze zu 12, 1 - 8 * und 13, 2. 5 ff. Nach Kilian 58 stellt sich 13, 1 durch „die Wiederaufnahme" von iV-lffN-VDl W»K1 X"lH aus 12, 20 als redaktioneller Einschub voraus. Seiner Auffassung nach sind solche Wiederaufnahmen innerhalb einer Erzählungseinheit außergewöhnlich und weisen auf einen Redaktor hin. Kilian führt keine Analogien zu 12, 20/ 13, 1 an, doch ist zu beachten, daß auch in 12, 20/13, 1 die beiden entsprechenden Ausdrücke nicht in derselben Erzählungseinheit vorkommen. 59 Die Übereinstimmung zwischen 13, 1 und 12, 9 («1312?!) und 12,10 (TV vs. nVs?) kann ebensogut bewußte Komposition eines Verfassers wie Arbeit eines Redaktors andeuten. Ohne andere Kriterien literarischer Uneinheitlichkeit reichen die genannten Anzeichen für die Feststellung redaktioneller Tätigkeit nicht aus. Kap. 13, 3 f. führt Abraham zurück nach Bethel, die Verbindung zu 12, 8 wird durch mehrere Relativsätze ausgedrückt. Die Zusammenstellung von zweimaligen IS? + Ortsbestimmung findet sich auch in 12, 6. Kilian 60 hebt hervor, daß trotz der Übereinstimmungen zwischen 13, 3 f. und 12, 8 Unterschiede in der Ortsbestimmung und in der Altarbaunotiz vorliegen. Er sieht in diesen Unterschieden Anzeichen verschiedener Verfasserschaft. — Andererseits ist es durchaus möglich, daß ein und derselbe Verfasser beide Ortsangaben für Abrahams Aufenthalt bei Bethel benutzt hat. Man kann nicht voraussetzen, daß ein Verfasser gleich formuliert hätte, wenn er zweimal von Abrahams Aufenthalt zwischen Bethel und Ai berichtet. Demnach ist die variierte Redeweise in 12, 8 und 13, 3 f. kein Kriterium literarischer Uneinheitlichkeit. — Das gleiche gilt für den Ausdruck H33 najD und najan TWS. J scheint zwar nur das Verb ¡133 in Narrativsätzen zu benutzen, die von einem Altarbau sprechen: 8, 20; 12, 7. 8; 13,18; Ex 17, 1561, in 13, 4 liegt aber eine andere Satzkonstruktion vor, der Altarbau wird in einem RS erwähnt. Einem Satz dieser Art sind wir sonst bei J nicht begegnet, weder mit W S noch mit H33. J hat Relativsätze mit anderen Objekten + TO» (mit Objekt = Konkreta in 3,1; 7,4; 18,8) und H33 (11, 5). Man kann durchaus annehmen, daß derselbe Verfasser H33 in Narrativsätzen benutzt um den Bau eines Altars zu schildern, und gleichzeitig TOS? in einem Rückverweis um ein Bauwerk zu beschreiben, das jetzt da stehen soll. Es wäre zu überlegen, ob V. 3 f. die beiden Bemerkungen über den Reichtum Abrahams und Lots (V. 2. 5) so trennt, daß V. 3 f. als sekundär anzusehen ist. 62 Gibt es Zeichen, die eine Zusammengehörigkeit der beiden 58 59 60 61 62

A.a.O. 16ff. Hierzu Westermann, Gen I, 2, 202 f. A.a.O. 18. Hierzu W. Fuss, Die deuteronomistische So Weimar, a. a. O. 48.

Pentateuchredaktion

in Exodus 1—17, 1972, 360.

110

III. Genesis 26 und „die Ahnfrau-Erzählungen"

Perioden in V. 2 und V. 5 nahelegen? Kap. 12, 1—9* ( J ) erwähnt Lot nur in einer begleitenden Notiz — V. 4 aß. 63 In V. 6 — 9 wird allein Abraham genannt. Das wiederholt sich in 13, 1—4. Wenn Lot in diesem ursprünglichen Text erwähnt wird, dann ebenfalls nur in einer begleitenden Notiz. 64 Erst in V. 5 begegnen wir Lot als selbständiger Gestalt mit eigenem Charakteristikum, also erst in dem nächsten Anschluß an die folgende Erzählung, in der Lot, zusammen mit Abraham, eine selbständige Rolle spielt. Lot wird erst dann ausführlicher als nur in einer Randbemerkung eingeführt, wenn erzähltechnische Gründe das erfordern. Es besteht daher kein Grund zu behaupten, V. 5 müsse in einem ursprünglichen, literarisch homogenen Text vor V. 3 stehen. — Man kann auch das Gegenteil erwägen: Müßten wir dann V. 2 nach V. 3 f. erwarten? 65 Die beiden Reichtumsnotizen sind sehr verschieden formuliert, nichts deutet eine Zusammengehörigkeit der beiden Notizen in einem Parallelismus an. Es ist durchaus möglich, daß der Verfasser selbst die „Reiselinie" gesprengt hat, um zu berichten, daß Abraham reich aus Ägypten zurückkehrte und nicht erst in Bethel Reichtum gewann. Wir haben somit keine literarkritischen Hinweise gefunden, die auf redaktionelle Eingriffe in Kap. 13, 1 ff. hindeuteten, mit der Absicht, ein eventuell sekundäres Kap. 12, 10 — 20 in einen vorgegebenen Zusammenhang einzuarbeiten. Abschließend müssen wir noch auf Gunkels 66 Argumente zur literarischen Heterogenität von Kap. 12 f. eingehen. Diese Argumente haben zur Annahme geführt, daß es sich bei 12, 10 — 20 um einen literarisch sekundären Einschub handele. 67 Die Kriterien sind folgende: 1. J beschreibt Abrahams Reise von Haran nach Hebron, die Zwischenstation Bethel liegt auf dieser Route. Sein Zug nach Ägypten ist dagegen ein störender Exkurs. 2. Abrahams Trennung von Lot in Kap. 13 zeigt, daß sie sich hier (noch) auf dem Weg nach Süden befinden. 3. Lot wird in 12, 10 — 20 nicht mehr erwähnt. Punkt 1 kann ein Hinweis darauf sein, daß Kap. 12 f. keine traditionsgeschichtlich ursprüngliche Einheit ist. Aus dem angeführten Kriterium läßt sich jedoch nicht schließen, daß der Bericht vom Zug nach Ägypten auch literarisch sekundär ist. Das Hin- und Herwandern kann auch ein bewußtes Kompositionselement des Autors sein. 68 Zu Punkt 2 ist zu 63 64

65 66 67 68

Zur Stelle siehe oben S. 27 f. Die Notiz in V. 1 kann sekundär sein, vgl. den Gebrauch der Präp. OS statt nx in 12, 4 und 13, 5. Vgl. Kilian, a.a. O. 19. Vgl. O. Procksch, Genesis, zur Stelle. Gen 168 f. So z. B. S. Tengström, Die Hexateucher^ählung, 1976, 28. Zur Konkretisierung einer möglichen Intention vgl. W. Berg, „Nochmals: Ein Sündenfall Abrahams - der erste - in Gen 12, 1 0 - 2 0 " , BN 21 (1983), 7 ff.; 15.

Das Verhältnis der Verheißungen in Gen 12 zu denen in Gen 26

111

sagen, daß aus 13,9 nicht darauf geschlossen werden kann, daß die Marschroute von Norden nach Süden ging. Beide Richtungen, rechts und links, werden für beide Personen genannt, die Jordanebene kann daher ebensogut rechts wie links von der Marschroute liegen. 69 Was den letzten Punkt betrifft, so wird Lot in 12, 6 — 9 auch nicht erwähnt, obwohl V. 4 a berichtet, daß er mit Abraham zog. Da Lot in V. 6 — 9 nicht vorkommt, ist auch nicht zu erwarten, daß in V. 10 ff. von ihm die Rede ist. Nach dem oben Angeführten besteht kein Grund, 12, 1—9 ff.* J und 12, 10—20 verschiedenen literarischen Schichten zuzurechnen. Im Gegenteil, dieses Textstück und seine Fortsetzung in 13, 1—4. 5 ff. erscheint als literarkritisch zusammengehörig. Kap. 13, 1 greift auf 12, 10 ("TT1 vs. ilVs) und 12, 9 (rDJin) zurück. Abgesehen von dem expliziten Rückverweis in 13, 3 f. entspricht auch der Gebrauch des Verbs 'S Ol in V. 3 dem in 12, 9. Kap. 12, 16 b, kaum ein literarisch sekundärer Text, scheint innerhalb von 12, 10 — 20 nur eine geringe Funktion zu haben, er kann gerade deshalb aber ein Indiz dafür sein, daß die Einheit im Zusammenhang mit der Fortsetzung in Kap. 13 entstanden ist. 70 Wir behandeln nun die Frage, ob die beiden Erzählungen in Kap. 20 und 26, 1 — 11* eine Verbindung von 12, 10—20 mit 12, 1—9* erkennen lassen. Gewisse Anzeichen deuten darauf hin: 1. Kap. 20, 2 ff. ist wahrscheinlich eine literarische Bearbeitung von 12, 1 0 - 2 0 . Dann ist 20, 1 a leicht als auf dem Hintergrund von 12, 1 - 9 * entstanden zu erklären. V. 1 a wird zwar als literarisch sekundäre Ergänzung angesehen, 71 dieses Verständnis beruht zum Teil darauf, daß Kap. 20 einer im Verhältnis zu J ursprünglich selbständigen E-Quelle zugeschrieben wird. Weimar hält 20, 1 aa für sekundär, weil alle drei mit S701 69

70

71

L. R. Helyer, „The Separation of Abram and Lot: Its Significance in the Patriarchal Narratives", JSOT 26 (1983), 79 behauptet, die Partner schauten nach Osten, rechts sei also Süden, links Norden. Nach Kilian, a.a. O. 7 ist der ganze V. 16 sekundär, weil er Kap. 13 vorbereitet, auch aufgrund der Inversion in V. 16a, doch siehe hierzu Weimar, a.a.O. 9, der jedoch V. 16 b für sekundär hält. V. 16 b als sekundär anzusehen, weil der Satz Kap. 13 vorbereite, bedeutet das vorauszusetzen, was bewiesen werden sollte. Weimar behauptet (S. 9) auch, V. 16 b zerreiße den Zusammenhang zwischen V. 16 a und V. 17 a und störe dadurch den mit diesen beiden Sätzen beabsichtigten „Kontrasteffekt". Ein eventuell beabsichtigter Kontrasteffekt ist jedoch nicht klar formuliert. Der Pharao tat Abraham Gutes (ausgedrückt durch 30"' H-St.) Saras wegen (mi3S3), während Jahwe den Pharao um Saras willen schlug (BSJ und 1 3 T 1 ? » ) . Kein paralleler Sprachgebrauch deutet an, daß die beiden Aussagen einmal nebeneinander gestellt wurden, um einen „Kontrasteffekt" zu erreichen. V. 16a entspricht dagegen genau V. 13, vgl. Berg, a. a. O. 18, und ist eher als Ausführung von V. 13 denn als ein Kontrast zu V. 17 zu lesen. In V. 16 b läßt sich auch kein breiter Erzählstil ausmachen, besonders dann nicht, wenn einige Glieder der Kette sekundär sein sollten, so Weimar, a. a. O. 10. So Kilian, a.a. O. 190, und Weimar, a.a. O. 65.

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III. Genesis 26 und „die Ahnfrau-Erzählungen"

gebildeten Aufbruchsnotizen, die 20,1 aa vorausgehen (11,2; 12,9; 13, 11), redaktionell seien und auf JE zurückgehen. Demgegenüber können wir einwenden, daß 20, 1 trotz seiner Ähnlichkeit mit den erwähnten Stellen nicht von demselben Verfasser wie diese stammen muß; 20, 1 kann auf einen späteren Verfasser zurückgehen, der von 12, 9 abhängig ist. Gleiches gilt für die Entsprechung zwischen 20, 1 aß und 13, 3. Der Bericht muß außerdem eine Einleitung gehabt haben, und die kann nur in V. 1 aa vorliegen, wenn man nicht annehmen will, daß V. 1 aa eine ursprüngliche Einleitung ersetzt hat. Zu einer solchen Annahme besteht allerdings kein Grund, da Kap. 20 aller Wahrscheinlichkeit nach von 12, 10—20 abhängig ist. 2. Die Erwähnung der Reise "ON JV3Q in 20, 13 läßt sich als ein aus dem Hintergrund von 12, 1 hervorgegangenes Konstrukt einfach erklären. 72 Kap. 20, 13 wird jedoch von mehreren Forschern als sekundär angesehen. 73 Wir wenden uns der literarkritischen Frage zu. Die Pluralform des Verbes, DTI^N Wnn, fällt auf. Solche Pluralkonstruktionen heben sich aber auch sonst von ihrem Kontext ab, ohne daß diese Konstruktionsweise als Charakteristikum einer Redaktionsschicht geltend gemacht werden kann. Zuweilen scheint die Pluralbildung eine gewisse Affinität zu Zusammenhängen aufzuweisen, in denen fremde Götter erwähnt werden, vgl. 35, 7; Ex 32, 4. 8; Jos 24, 19. 74 In 20, 13 werden zwar keine fremden Götter erwähnt, aber der Ausdruck kommt in einem Gespräch mit einem Nicht-Israeliten vor, der an einem Ort ohne Gottesfurcht lebt, V. 11. „Das Vaterhaus" war vielleicht mit Assoziationen zum Kult „fremder Götter" verbunden, vgl. Jos. 24, 2. Nach Weimar 75 ist V. 13 u. a. wegen des Ausdrucks HPKD TH sekundär. Der mit ihm eingeleitete temporale Nebensatz 76 kommt in Abrahams Rede V. 11 — 13 vor. V. I I a ist eine präsentische Bemerkung zu „diesem Ort", gefolgt von einer Aussage mit futurischer Zeitstufe über das zukünftige Verhalten der Einwohner. In V. 12 finden sich Aussagen im Präsens, die von Sara sprechen. Angeschlossen ist ein Narrativ, durch den berichtet wird, wie Sara zu ihrem Status kam. Der Zusammenhang verlangt keine zeitliche Ansetzung des in dem Narrativsatz Berichteten. Wesentlicher ist dagegen Abrahams Rede an Sara in V. 13 aßy. b zeitlich zu bestimmen, denn mit dieser Rede erklärt Abraham Abimelech, daß er nach einem allgemein gültigen Plan gehandelt habe (Q1j?ön~VD usw.). Der temporale Nebensatz unterstreicht, daß die Verabredung vor sämtlichen 72 73 74 75 76

Vgl. van Seters, a.a. O. 172. 182 f., vgl. auch Weimar, a.a. O. 65. So Kilian, a.a.O. 192, und Weimar, a.a.O. 65. Vgl. Gesenius-Kautzsch, Grammatik Par. 145 i. A.a.O. 65. Zur Konstruktion und den Belegstellen vgl. R. Bartelmus, HYH. Bedeutung und Funktion eines hebräischen „Allerweltswortes", 1982, 216.

Das Verhältnis der Verheißungen in Gen 12 zu denen in Gen 26

113

Aufenthalten außerhalb des Vaterhauses getroffen wurde und nicht nur vor dem Aufenthalt bei Abimelech. Der Neuansatz "TOND TH bildet daher einen natürlichen Einschnitt und paßt gut in Abrahams Rede an Abimelech. Man kann der Frage nachgehen, ob eine literarkritisch relevante Spannung zwischen V. 11 und V. 13 vorliegt: In V. 11 begründet Abraham sein Handeln mit den an „diesem Ort" herrschenden Verhältnissen. V. 13 zufolge handelt er dagegen nach einem allgemeinen Plan. — Wir können keinen literarkritisch relevanten Widerspruch zwischen beiden Aussagen erkennen, unserer Auffassung nach ergänzen sie sich: Sowohl die Verhältnisse an diesem Ort, wie auch die allgemeingültige Verabredung, Sara außerhalb des Vaterhauses als Schwester auszugeben, zwingen Abraham dazu, von Sara so wie im Text zu reden. Wir finden keinen Grund, V. 13 in diesem Zusammenhang als sekundär anzusehen. Daher stellen wir fest, daß Kap. 20 in dem literarisch ursprünglichen V. 13 Spuren einer Kenntnis von Kap. 12, 1 enthält. 3. Es gibt Anzeichen in der Einleitung von 26, 1 ff.*, daß der Verfasser von 26,1 — 11* den Zusammenhang zwischen 12,1—9 und 12,10—20 gekannt hat. Die Voranstellung der Gottesrede mit der Segensverheißung in Kap. 26 vor den Bericht über die Ereignisse in Gerar kann darauf hindeuten. Die Offenbarungsnotiz in 26, 2 a entspricht 12, 7, ist aber auch an anderen Stellen belegt, vgl. 17, 1; 26, 24. In 26, 2 liegt ein Verbot vor, nach Ägypten zu ziehen; Isaak soll „in diesem Land" bleiben. Kap. 12, 1 befiehlt den Aufbruch in das verheißene Land. Die Segensverheißung, die in Kap. 12, 2 mit der Reise in dieses Land verbunden ist, ist auch ein wesentliches Element der Verheißung in 26,2 f., die mit dem Befehl verbunden ist, in „diesem Land" zu bleiben. Zwar ist Gerar wahrscheinlich ein dem Patriarchen fremdes Gebiet; im Vergleich zu einer Reise nach Ägypten ist jedoch ein Aufenthalt dort ein Bleiben „im Lande". Die Segens Verheißung in 26, 3 a ist genau so formuliert wie in 12, 2 a. — Die Ähnlichkeit der beiden Texte läßt sich einfach als eine Abhängigkeit von Gen 26, 1 ff.* mit 1 2 , 1 - 9 * . 10 ff. erklären. Die Möglichkeit einer Verheißungstradition verbunden mit dem Zug nach Ägypten ist nicht von der Hand zu weisen, und man hat behauptet, 26,2b. 3a spiegele diese Tradition wieder. 77 Nur — diese Überlieferung ist mit Beerscheba und nicht mit Gerar verbunden. Die Einbringung jener möglichen Tradition in diesen Zusammenhang muß demnach auf literarische Tätigkeit beruhen. Der Verfasser des Grundbestandes in 26, 1 ff.* kann eine solche Überlieferung an Gerar und den Bericht von der Gefährdung der Ahnfrau nach dem Modell in 12, 1 — 9*. 10—20 angebunden haben.

77

Vgl. H. Seebass, Der Erzvater Israel, 1966, 40, und de Pury, a.a. O. 185 ff.

114

III. Genesis 26 und „die Ahnfrau-Erzählungen"

Kap. 26, 12 — 14 legt ebenfalls Wert auf den Segen — ein im Zusammenhang mit V. 1 — 11 * wahrscheinlich ursprünglicher Abschnitt. 78 Die starke Betonung des Segens kann auf eine Kenntnis von 12, 1 ff. hindeuten. Unsere Untersuchung zeigt erstens, daß 12, 1 — 9* ( J ) und 12, 10 — 20 derselben literarischen Schicht angehören. Es ist ebenso unbegründet, 12, 10 — 20 als späteren Einschub in einen vorgegebenen Textzusammenhang zu sehen, wie 12, 1 — 9* als später angefügte Einleitung zu 12, 10—20 u.a. zu verstehen, dann wären auch 12, 1.3f. sekundäre redaktionelle Einfügungen, was allerdings nicht der Fall ist. Zweitens weist Kap. 20 und 26, 1 — 11* Charakteristika auf, die nicht nur auf Kenntnis von 12, 10 ff. sondern auch von 12, 1—9* bei ihrer Entstehung hindeuten. g)

Ergebnis

Wir haben im Vorhergehenden nach dem Verhältnis der jahwistischen Verheißungen in 12, 1—9* zu den verschiedenen literarischen Schichten der Verheißung in 26, 2 — 5 gefragt. Eine Untersuchung der Ahnfrauerzählungen hat gezeigt, daß der Grundtext in 26, 1 — 11 mit Einleitung und Verheißungsrede auf einen Autor zurückgeht, der sowohl 12, 10 — 20 wie auch das spätere, elohistische 20, 1 ff. gekannt hat. Da 20, 1 ff. und 26, 1 ff.* nicht vom selben Autor stammen, scheint 26, 1 — 11* jünger als 12, 10 — 20 und nach-„elohistisch" zu sein. Unsere Untersuchung deutet auch an, daß 12, 1—9* und 12, 10 — 20, jedenfalls in ihren wesentlichen Bestandteilen, eine ursprünglich literarisch einheitliche Größe gebildet haben, der ganze Text ist jahwistisch. Demnach können wir auch den Schluß ziehen, daß die Verheißungsrede in 26, 2—5 — bereits in ihrem ältesten Textbestand — einen anderen und jüngeren Verfasser hat als die Verheißungen in 12,1 ff., einen Verfasser, der ebenfalls nach-elohistisch ist.

III. 3. LITERARKRITISCHE FRAGEN IN GEN 2 6 , 1 2 ff.

a) Schichten^ugehörigkeit

von V. 1 2 f f .

Wir können im Rahmen dieser Arbeit keine selbständige literarkritische Analyse des gesamten Textabschnitts vorlegen. Allgemein gilt der Hauptteil von V. 12 — 33 als derselben Schicht zugehörig wie V. 1 — 11*

78

Siehe das nächste Kapitel.

Literarkritische Fragen in Gen 2 6 , 1 2 ff.

115

(ohne die sekundären Verse 30—5).' Wir beschränken uns auf einzelne Beobachtungen zu V. 12 ff., die die allgemeine Auffassung stützen. Im vorhergehenden Kapitel haben wir erklärt, daß die Grundschicht in V. 1 — 11 eine literarische Schöpfung auf dem Hintergrund von 12, 10 — 20 und 20, 1 — 17 ist. Auf diesem Hintergrund lassen sich auch Gründe dafür anführen, daß V. 1 — 11* und V. 12 ff. derselben literarischen Schicht angehört haben: Kap. 26, 14 kann mit 12, 16 und 20, 14 verglichen werden: 26, 14 12, 16 20, 14

nan m a s n "ipa mpm iV-tpi ... o n a s n a n n m - i p a r i x s l V - r m nnsin a n a s n i p a i j x s - [ V » ^ « np^

Vor uns haben wir ein allen drei Erzählungen zugehöriges Element, das jedoch an verschiedenen Stellen erscheint. 2 In 12, 10ff. ist es Teil der Erzählung: Abraham wird durch Sara, die er als seine Schwester ausgibt, reich. In 20, 1 ff. kommt das Element im Abschluß der Erzählung vor: Abimelech gibt Abraham Geschenke und erweist ihm Ehre erst nach der Klärung der tatsächlichen Verhältnisse, nicht vorher. In 26, 1 ff. erscheint das Reichtumsmoment außerhalb der Erzählung als Bindeglied. Der Reichtum ist jetzt Frucht des Segens (V. 3), kein Gewinn aus dem Spiel des Ahnherren, daher kann ihm auch kein Platz in der Erzählung selbst zukommen. V. 12 ff. hat außerdem im Zusammenhang dieselbe Rolle wie Kap. 13, 1: Abrahams Reichtum (statt Vn, wie in Kap. 26, steht 133) führt zur Trennung Abrahams von Lot. In 26, 12 ff. ist der Reichtum die Ursache des Konflikts Isaaks mit Abimelech und den Philistern und ihrer Trennung. Damit kann angedeutet sein, daß der Verfasser, der 12, 10 ff. und 20, 1 ff. als Basis seiner Erzählung in 26, 1 — 11 * benutzt hat, auch das Reichtumsmoment zur Schaffung eines größeren Erzählzusammenhangs verwendet hat. Segen und Reichtum werden zu einem Thema, das den Bericht der verschiedenen Ereignisse um Gerar verklammert. 3 — In Kap. 26 entspricht D H 1 3 X "WS in V. 1 dem TON "X w a in V. 18 und deutet ebenfalls den gemeinsamen Ursprung an.

1

2 3

Vgl. Gunkel, Gen 299; Noth, ÜP 30, vgl. S. 114f.; von Rad, Gen 216. Sie alle halten 26, 1 — 33 für einen hauptsächlich jahwistischen Text, evtl. spezifischer auf J r zurückgehend. C. Westermann, Gen I, 2, 516 behauptet, daß der Text in der Mehrheit einheitlich ist, entsprechend auch J. van Seters, Abraham in History and Tradition, 1975, 188, danach auch H. Seebass, „Gehörten Verheißungen zum ältesten Bestand der Väter-Erzählungen?", Bib. 64 (1983), 204 Anm. 39, und E. Blum, Die Komposition der Vätergeschichte, 1984, 302 f., der mehrere Züge hervorhebt, die auf einen Verfasser hinweisen. Van Seters, a.a. O. 188 stellt diesen Punkt besonders hervor und führt ihn weiter aus. So auch Blum, a. a. O. 303.

116

III. Genesis 26 und „die A h n f r a u - E r z ä h l u n g e n "

b) V. 24 — literarisch

sekundär?

Während 26, 12 — 33 sonst allgemein als literarisch einheitlich angesehen wird, gilt V. 24. 25 a als später Zusatz zu diesem Text. 4 Folgende Anzeichen könnten auf sekundäre Einfügung dieses Gliedes deuten: 1. Die Einleitung V. 24 aa weicht von dem im Kontext ursprünglichen Stück V. 2a durch den Zusatz Sinn ab. 5 Statt der Präp DS? in V. 3 steht in V. 24 UN.6 — Beides ist untypisch für den Jahwisten. 2. Die Selbstvorstellungs- und „Fürchte-dich-nicht"-Formeln erscheinen an dieser Stelle unmotiviert. Isaak kennt bereits Jahwe und Isaaks ungesicherte Situation scheint in V. 22 beendet. 3. Die Mehrungsverheißung in V. 24 entspricht dem sekundären Vers 4. Die Segensverheißung in V. 24 ahmt die in V. 3a nach. 7 4. Es sieht so aus, als herrsche eine Spannung zwischen V. 24. 25 aa und dem Kontext: Erst nachdem das Zelt aufgeschlagen ist, kann der Altar gebaut werden; V. 24. 25 aa und der Bericht vom Bundesschluß bieten verschiedene Begründungen für die Heiligkeit des Ortes. 8 Zu Punkt 1: Bei der Untersuchung der Einheitlichkeit von Kap. 26 ist es nicht möglich, den Aufweis „jahwistisch-untypischer" Züge als ein literarkritisches Kriterium anzusehen, da kaum irgendwelche Teile dieses Kapitels von J sind. Das gilt sowohl für den Gebrauch der Präpositionen wie auch für den Ausdruck Sinn Ein Unterschied im Gebrauch von und DN läßt sich nicht nachweisen. 9 Ein Wechsel der Präpositionen kommt in 13, 5 und 13, 14 vor, beides jahwistische Stellen 10 in einem Narrativ-Kontext. Man vergleiche 21, 20 und 21, 22, die wahrscheinlich derselben Schicht angehören. 11 Hier kommen zwar die Präpositionen in verschiedenen Zusammenhängen vor, V. 20 im Narrativ-Kontext, V. 22 und DS7 in der Abimelech Erkenntnisaussage. Der Wechsel zwischen ist aber in der Gen kein sicheres Kriterium für eine Schichtenscheidung, er kann auch auf dem Stilmittel der Variation beruhen. — Kann man aber andere Kriterien für eine Schichtenscheidung finden? 4

Vgl. G u n k e l , a. a. O. 303; L. Ruppert, Die Josephser^ähltmg der Genesis, 1 9 6 5 , 4 4 ; L. Schmidt, „Überlegungen zum Jahwisten", EvTh

37 (1977), 232. P. Weimar, Untersuchungen \ur

Redaktionsgeschichte des Pentateuch, 1 9 7 7 , 99 f. meint, V. 2 4 — 2 5 a gehöre einer Redaktionsschicht an, die sich an die in den Versen 7 — 2 3 enthaltende anschließe. 5

Vgl. L. Schmidt, a. a. O. 232.

6

Vgl. Ruppert, a. a. O. 44.

7

Vgl. G u n k e l , a. a. O. 303.

8 9

Ebd. Vgl. H. D. Preuss, „... ich will mit dir sein", ZAW

80 (1968), 140. 1 4 4 . A n d e r s Ruppert,

a.a. O. 4 4 f. 10

Siehe unten S. 1 7 1 ff.

11

Vgl. hier n u r O. Eissfeldt, Hexateuchsynopse, 34*, und N o t h , a. a. O. 30: Beide gehören zu E.

Literarkritische Fragen in Gen 26,12 ff.

117

Zu Punkt 2: Wo die „Selbstvorstellungsformel" vorkommt, dient er in den meisten Fällen nicht dazu, einen unbekannten Gott bekannt zu machen. In der Vätergeschichte ist die Formel oft mit einer Verheißungsrede verbunden (vgl. 28, 13) und setzt die Verheißung in den heilsgeschichtlichen Zusammenhang, sie verbindet die Verheißung eng mit „der ganzen bisherigen Geschichte dieses Gottes mit den Vätern". 12 In dieser Funktion steht die Formel nicht im Widerspruch zu der Tatsache, daß Isaak Jahwe schon vor dieser Offenbarung kennt. — Hier ist die Verbindung mit der „Fürchte-dich-nicht"- und der Beistandsformel wichtig. Alle drei sind feste Elemente des „Heilsorakels". 13 Solche Aussagen verkünden die Antwort Gottes auf eine Klage aus einer Not. Es geht aber keine unmittelbare Not der „Fürchte-dich-nicht"-Formel bzw. der ganzen Konkretisierung des „Heilsorakels" voraus. V. 1 — 11* und V. 12 — 22 schildern zwar Isaaks Aufenthalt in Gerar und der Umgebung als einen zunächst von Unsicherheit geprägten Aufenthalt, danach wird von Streitigkeiten mit den Philistern um Brunnen in diesem Gebiet berichtet. Durch diese Streitigkeiten wird Isaak immer zur Wanderung getrieben. In V. 22 scheinen allerdings die Streitigkeiten beendet zu sein. Über Nöte, die Isaak nach Beerscheba führen, wird in V. 23 nichts berichtet. Damit kommt die „Fürchte-dich-nicht"-Formel in V. 24 zu spät im Bezug zum Bericht von der Not, auf die sie eine Antwort sein könnte, auch ist die Formel keine Antwort auf eine aktuelle Klage oder Reaktion auf eine Notsituation. Es liegt also eine Spannung zwischen V. 24 und dem vorhergehenden Kontext vor. Diese deutet auf eine sekundäre Einfügung von V. 24 in den Textzusammenhang hin. Zu Punkt 3: Die identischen Formulierungen im ersten Teil der Mehrungsverheißung in V. 24 bß und V. 4aoc können vielleicht auf einen Verfasser hinweisen. V. 4 ist ein späterer Einschub in einen weiteren Kontext. Zu Punkt 4: S. Tengström 14 hat das hier angeführte Argument, das von Gunkel stammt, mit Recht kritisiert. Seine Argumentation für die Ursprünglichkeit des Textes halten wir allerdings für problematisch. Er geht von der Struktur aus und beschreibt sie wie folgt: Ankunft am Ort/ 12

13 14

Vgl. R. Rendtorff, „Die Offenbarungsvorstellungen im Alten Israel", in: Offenbarung als Geschichte, v. W. Pannenberg u. a., 31965, 33 f.; vgl. auch bereits W. Zimmerli, „Ich bin Jahwe", 1953, jetzt in: ders., Gottes Offenbarung. Ges. Aufsätze, 1969, bes. S. 25 f., wo er den Zusammenhang der Formel mit „dem Erhörungsorakel" unterstreicht. Vgl. auch K. Elliger, „Ich bin der Herr — euer Gott", 1954, jetzt in: ders., Kl. Sehr. %um A. T., 1966. Er untersucht die Kurzform und die Langform der Formel in Lev, und bezeichnet die Langform als „Heilsgeschichts- und Huldformel" (S. 216 u. ö.), vgl. ebenfalls K. Günther, Art. -IN, THAT I, 219 f. Vgl. unten S. 206 f. Die Hexateucheryählung, 1976, 155 Anm. 17.

118

III. Genesis 26 und „die Ahnfrau-Erzählungen"

Offenbarung/Altarbau/Namensgebung. Nach ihm ist diese Struktur selbstverständlich grundlegend und ursprünglich, vgl. 28, 11 ff., und er fahrt fort: „Die Offenbarung und das Jahwewort, V. 24, sind also notwendig für die Struktur." Hier ist jedoch auf mehrere Unregelmäßigkeiten in den Versen 23 — 25 hinsichtlich einer solchen Struktur hinzuweisen: Auf die Offenbarungsnotiz folgt in 12, 7 (vgl. auch 28, 16. 17) die Mitteilung, daß der Empfänger der Offenbarung einen Altar gebaut hat, es wird jedoch nicht gesagt, daß er „den Namen Jahwes a n r i e f . Dagegen wird die Anrufung des Namens Jahwes dann erwähnt, wenn vom Altarbau die Rede ist, ohne daß von einer Offenbarung Gottes berichtet wird, 12, 8; 21, 33. Es ist somit ebenfalls „struktur-typisch" im Verhältnis zu anderen, entsprechenden Notizen, wenn Kap. 26 ursprünglich nur V. 23 und V. 25 enthalten hat. Die Namensgebung in V. 33 ist ja auch nicht an die Offenbarung gebunden, wie z. B. in Kap. 28. Man kann außerdem erwägen, ob nicht zwischen V. 24 und V. 25 aoc2: miF DIP3 ebenfalls eine Spannung herrscht. Hier fallt auf, daß Isaak nach der Offenbarungsrede in V. 24 „den Namen Jahwes anruft". Der angeführte Ausdruck hat zwar häufig eine allgemeine Bedeutung als „Terminus für die Gottesverehrung", 15 wie in Ps 116, 13. 17 wo er die Verehrung Gottes durch Dank oder Lobpreis bezeichnet. Ist der Ausdruck so auch in Gen 26, 25 aa zu verstehen, ist die Notiz eine Beschreibung einer allgemeinen Antwort auf eine spezielle Offenbarung, was allerdings auffallend ist. Wir meinen ausreichende Gründe gefunden zu haben, nach denen V. 24 als sekundärer Einschub in den Textzusammenhang angesehen werden kann. Der Textzusammenhang ist die ursprüngliche Fortsetzung der Grundschicht in V. 1 — 11 und gehört demnach derselben literarischen Schicht an. Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, daß es sich bei dieser Schicht um eine nachelohistische Bearbeitung von 12,1—20* ( J ) und 20, 1 ff. handelt. Der Verfasser von V. 24 kann auch V. 4 oder den ganzen Abschnitt V. 3 b —5 in den Text eingesetzt haben.

15

Westermann, a.a. O. 182. Vgl. auch C. J. Labuschagne, Art. m p , TU AT II, 672ff.

IV. Genesis 27, 27 b - 2 9 und Kontext IV. 1. SCHICHTENSCHEIDUNG UND LITERARISCHER HORIZONT

a) Literarkritische

Überlegungen

Wir interessieren uns hier für die Segensworte Isaaks, V. 27 b —29. Die ältere Literarkritik unterschied in diesen Versen, wie auch im übrigen Kapitel, zwischen J und E. Sie sah in diesem Kapitel eine Kompilation der beiden ursprünglich selbständigen Quellen.1 Bereits P. Vol2 hat das Vorhandensein einer selbständigen Quelle E in Kap. 27 zurückgewiesen. Besonders seit der Arbeit Noths wird Kap. 27 im wesentlichen, jedenfalls die Verse 27 b —29, weitgehend als einheitlicher jahwistischer Text und nicht als Kompilation aus J und E angesehen.3 Es scheint unbestritten innerhalb der Forschung, daß diese Erzählung in Kap. 27 ein wesentlicher Bestandteil der jahwistischen Jakobsgeschichte ist. Man kann sich nur schwer einen jahwistischen Faden, der die JakobEsau- und Jakob-Labanerzählungen der Jakobsgeschichte einschloß, ohne ' Zu Kap. 27 allgemein siehe J. Wellhausen, Composition 32 ff.; zu V. 27 ff. im besonderen vgl. O. Procksch, Die Genesis 166; E. König, Genesis 58 ff. — nach ihm gehört der größte Teil des 27. Kapitels zu J (S. 67); entsprechend O. Eissfeldt, Hexateuchsynopse 48—51*. Vgl. außerdem besonders H. Gunkel, Gen 305; C. A. Simpson, The Early Traditions of Israel, 1948, 95, und G. Fohrer, Einleitung 160. 167. 2 P. Volz — W. Rudolph, Der Elohist als Erzähler. Ein Irrweg in der Pentateuchkritik?, 1933, 64 ff. 3 Noth, ÜP 30 bezieht sich nicht auf Volz, auf beide verweist jedoch von Rad, Gen 219 ff., der die Frage nach der Einheitlichkeit des Kapitels nicht eindeutig beantwortet. E. Otto, Jakob in Sichern, 1979, 24 weist ebenfalls auf Volz hin: Kap. 27 gehöre zu J und habe keine E-Elemente. H. W. Wolff, „Das Kerygma des Jahwisten", jetzt in: ders., Ges. Stud., 1973, 358, behandelt den Segensabschnitt in V. 27 ff. als jahwistischen. Westermann, Gen I, 2, 530 sieht in Kap. 27 ausschließlich J am Werk. Mehrere andere Arbeiten basieren offensichtlich auf derselben Auffassung, vgl. K. Elliger, „Der Jakobskampf am Jabbok", in: ders., Kl. Sehr. 1966, 156 und R. de Vaux, The Early History of Israel, 1978, 170. A. de Pury, Promesse divine et legende cultuelle dans le cycle de Jacob, 1975, 35 Anm. 6 behauptet jedoch, daß Kap. 27 einzelne Stücke aus E enthält, er geht aber nicht näher auf sie ein. H. C. Schmitt, Die nichtpriesterliche Josephsgeschichte, 1980, 120 Anm. 119 geht offensichtlich von einer ganz anderen Lösung der literargeschichtlichen Frage zu Kap. 27 aus, er spricht von „der von E stammenden Grunderzählung". Für diesen Standpunkt führt er allerdings keine Argumente an.

120

IV. Genesis 27, 27 b - 2 9 und Kontext

Kap. 27 vorstellen. 4 Es wird daher auch auf breiter Front behauptet, daß wesentliche Teile des Kap. 27 J angehörten, darunter auf jeden Fall V. 27 b. Auf dem Hintergrund unseres „Hypothesen-immanenten" Ausgangspunkts, siehe oben Kap. I, ist es nicht nötig zu begründen, daß Elemente, die nach allgemeinem Konsens J zugeschrieben werden, auch tatsächlich jahwistisches Eigentum sind. Dagegen ist zu fragen, ob es in diesem Kapitel auch Elemente einer E-Quelle oder einer E-Schicht gibt. Wir beschränken uns auf die Frage, ob die Segensworte Isaaks und die Hinweise auf diese zusätzlich zum jahwistischen Textbestand auch E-Spuren enthalten. In V. 27 b —29 fallt das Vorkommen der beiden Gottesnamen mit* und DTlVs auf und wird oft als Kriterium literarischer Uneinheitlichkeit angesehen. Zudem muß gefragt werden, ob die beiden Sätze mit ¡Tin in V. 29 aa. y literarkritisch relevante Dubletten sind. 5 Während V. 27 b allgemein aufgrund des Gottesnamens mrp als jahwistisch angesehen wird, bestimmen viele Forscher V. 28 aufgrund der Gottesbezeichnung DTl^N«! als elohistisch. Diese Gottesbezeichnung ist in E-Texten üblich 6 und kommt auch bei P vor. 7 Inwieweit das Wort sonst noch bei J vorkommt, ist ungesichert. In 6, 2. 4 steht • T l V n n - 1 ! ! . Selbst wenn die Stelle auf J zurückgehen sollte, 8 spielt das für Gen 27, 28 kaum 4

5

6

7 8

Eissfeldts L-Quelle, die keinen Stoff aus Kap. 27 aufweist, umfaßt auch nichts aus dem Jakob-Esau-Kreis, entsprechend bei Fohrer, a.a.O. 175. Nach Wellhausen, a.a.O. 32 haben J und E, als zwei selbständige Quellen, von Jakobs Flucht berichtet. Daher müßten beide auch über die Ereignisse in Kap. 27 berichtet haben. Forscher, die eine Quellenscheidung vornehmen, sehen im Wechsel der Gottesbezeichnungen ein sicheres Kriterium einer solchen Scheidung. Die Beurteilung von V. 29 a a und 29 a y als einer literarkritisch relevanten Dublette ist übliche Auffassung, vgl. hier nur Gunkel, Gen 306. Gen 20, 6. 17; 22, 1. 3. 9; 31, 11; 35, 7; 41, 25. 28. 32; 45, 8; 48, 15; Ex 3 , 1 bß. 6. 11. 13 (ist nach Eissfeldt, a. a. O. E-Stoff, das ist auch heute noch anerkannt. W. Richter, Die sogenannten vorprophetischen Berufungsberichte, 1970, 70 rechnet zwar V. 6 b zu J, aber W. H. Schmidt, Exodus, 1974 ff., 109 nimmt E als Verfasser an. P. Weimars {Die Berufung des Mose, 1980, 39.229) weitere Aufteilung des Texts, nach der V. 6 b einer jüngeren Redaktion namens „Jehowist" zuzuschreiben ist, ist unserer Auffassung nach unzureichend begründet. Zur generellen Kritik an seiner Arbeit siehe A. R. Müller, „Der Text als russische Puppe?" BN 17 (1982), 56 ff. E. Haag, „Bespr. v. P. Weimar, Die Berufung ...", BZ 29 (1985), 119 unterscheidet zwischen DVlVK mit und ohne Artikel und meint, daß der Name mit Artikel, V. 6 b. 11. 13, wahrscheinlich nicht E, sondern einer jüngeren Schicht angehört.); 14, 19; 18, 5. 11. 12. 16. 19; 19, 3. 17; 20, 20. 21; Num 22, 10; 23, 27. Die Quellenhinweise stammen im wesentlichen aus Noth, UP 38 f. Gen 5, 22. 24; 6, 9. 11; 17, 18; Ex 2, 23 (vgl. Schmidt, Exodus 89). So Gunkel, Gen 59, und entsprechend von Rad, Gen 83: Gen 6, 1—4 leite einen neuen Abschnitt der jahwistischen Urgeschichte ein. Auch Westermann, Gen I, 1, 497 führt den Abschnitt auf J zurück. Wellhausen, Composition 13 ist nicht sicher: Es scheint sich um einen „Nachtrag" zu J E ( = J) zu handeln. Noth, ÜP 29 Anm. 83 läßt die Frage offen.

Schichtenscheidung und literarischer Horizont

121

eine Rolle, es handelt sich hier um eine eindeutig mythologische Tradition, die von den „Göttersöhnen" spricht, eine „Übersetzung" dieses Ausdrucks mit „Söhne Jahwes" durch den Jahwisten wäre unter allen Umständen undenkbar.9 Das Wort OTlbSH steht auch in Gen 44, 16b, eine Stelle, die jawistisch sein kann. 10 Ohne bestimmten Artikel kommt DTlVs bei J in 3 , 1 . 3 vor. Besonders interessant ist, daß DTlVx auch in dem Segensorakel 9 , 2 7 steht, einem allgemein anerkannten J-Text. 11 Das Orakel kann auf alte Tradition zurückgehen, erst während des literarischen Stadiums wurde es in den Zusammenhang aufgenommen. Weil J offensichtlich — jedenfalls

9 10

11

Eissfeldt, a.a.O. 9* und Fohrer, Einl 175 bringen das Stück in einer älteren Schicht unter (L, N). O. H. Steck, Die Paradiesenzählung, 1970, 29 Anm. 37 zieht es von J's Textbestand ab, u. a. weil die erst hier verfügte Begrenzung menschlicher Lebenszeit Gen 2—3 widerspreche. H. Gese, „Der bewachte Lebensbaum und die Heroen: zwei mythologische Ergänzungen zur Urgeschichte der Quelle J", jetzt in: ders., Vom Sinai %um Zion, 1974, 112 behauptet dagegen, daß 3,17 —24 und 6,1—4 — er sieht den Text als eine Einheit an — vom selben Verfasser stammten, und daß beide ein Anhang zu J seien. Die Quellenfrage wurde zuletzt von H. S. Kvanvig, The Mesopotamian Background of the Enoch Figure, Doktorarbeit, 1983, 307 ff. behandelt. Kvanvig gelangt zu dem Ergebnis, V. 2. 4 gehörten zu J, während V. 1. 3 einer späteren Schicht anzurechnen sei. J. Scharbert, „Tradition und Redaktionsgeschichte von Gen 6, 1—4", BZ 11 (1967), 70 meint, 6,1—4 sei vom Redaktor des ganzen Pentateuch in den jetzigen Zusammenhang eingesetzt. Mehrere seiner Voraussetzungen sind jedoch ziemlich unsicher. Nach P. Weimar, Untersuchungen %ur Redaktionsgeschichte des Pentateuch, 1977, 158 gehört der Text nicht zu seiner J-Schicht, einer Schicht, die bei ihm viel weniger einschließt als die traditionelle J-Quelle. Später hat R. Oberforcher, Die Flutprologe als Kompositionsschlüssel der biblischen Urgeschichte, 1981, 310ff. wieder den jahwistischen Ursprung des Texts behauptet. Zur Mythologie vgl. hier nur Westermann, Gen 1, 1, 503. Vgl. Noth, ÜP 31 u. a. Schmitt, a.a.O. 45 Anm. 173 deutet an, V. 16ba könne ein Einschub der Ruben-Schicht („E") sein. Er geht von Überlegungen zum theologischen Inhalt der Aussage aus (Gott vergilt die Schuld der Brüder), für eine Trennung zwischen V. 16 ba und dem folgenden — so Schmitt — „jahwistischen" Kontext, reicht das unserer Auffassung nach nicht aus. Noth, ÜP 29; von Rad, Gen 102ff.; Westermann, Gen I, 1 650. Eissfeldt, a.a.O. 15* schreibt dieses Stück L zu. Nach Weimar, a. a. O. 147 handelt es sich bei V. 26 f. um einen sekundären Zusatz zu V. 25, er begründet dies mit dem Hinweis auf die lose inhaltliche und formale ("18101) Anknüpfung an V. 25 und darauf, daß der Text im Zusammenhang der redaktionellen Erweiterung in V. 23 steht. Dem ist entgegenzuhalten, daß mehrfaches "ÌOÌOI ein allzu schwaches Kriterium literarischer Uneinheitlichkeit ist, weil es auch als Stilmittel gebraucht worden sein kann, vgl. W. Gross, „Jakob, der Mann des Segens", Bib. 49 (1968), 331 mit Hinweis auf Thierry, in OTS 1948, 38. Der lose Anschluß gilt übrigens nicht nur V. 26 f.; auch V. 25 schließt sich lose an die vorhergehenden Verse an, die Erwähnung Kanaans wirkt nicht besonders fest in der Erzählung verankert. Dies ist allerdings eine traditions- und keine literarkritische Frage, auf die wir unter Punkt 2 näher eingehen. Daß Teile von V. 23 sekundär sein sollen, weil sie sich thematisch und stilistisch vom vorgegebenen Text unterscheiden, leuchtet nicht ein. Eine solche Behauptung bedarf einer gesonderten Untersuchung.

122

IV. Genesis 27, 2 7 b - 2 9 und Kontext

bei der Übernahme alter Segenstradition, 9, 27 — den Gottesnamen DTlVtl gebraucht, kann nicht ohne weiteres behauptet werden, das Vorkommen des Wortes DTlVitn in Gen 27, 28 weise auf eine andere Quelle als J hinaus. In V. 28 liegt 2weifellos eine alte kanaanitische Segenstradition vor, und J hat seine Formulierungen sehr wahrscheinlich dieser Tradition entnommen.12 Wir halten daher den Wechsel der Gottesbezeichnungen für kein zuverlässiges Kriterium literarischer Uneinheitlichkeit in V. 27 b. 28. Die beiden Sätze, die als Dubletten angesehen werden, sind V. 29 aoc2 und V. 29 ay: 1 3 "]ÖN ^a -jV nnrien // D^KV 7b innen Die Sätze gleichen sich allerdings nur wenig. Das Wort DK1? bedeutet nicht dasselbe wie DK 15?. Ersteres bedeutet „Volk" und wird zusammen mit DJ? und gebraucht;14 DN "U? bezeichnet sonst leibliche Brüder, entsprechendes gilt auch für D'TIN (V. 29 aß), das in Dtn 33 für andere israelitische Stämme steht. Erst wenn man Gen 27, 29 aßy zusammen mit V. 29 aa liest, müssen DTIN und ON ,33 als Bezeichnungen fremder Völker und Nationen verstanden werden. Das „Sich-niederwerfen der Brüder" ist wahrscheinlich traditionelle Ausdrucksweise der Stammessprüche — wir kommen später in Kap. IV.2 darauf zurück. V. 29 ay ist daher erst dann als eine Aussage über die Völker, und damit als Parallele zu V. 29aa 2 , zu verstehen, wenn V. 29 aßy mit V. 29 aa in einen Zusammenhang gebracht wird. Bei V. 29 aa kann es sich folglich um eine Präzisierung der Redeweise der Stammessprüche durch den Verfasser handeln. Er will diese Redeweise jetzt als eine Aussage zum Verhältnis Jakob-Israels zu nicht-israelitischen Völkern verstanden wissen. V. 37 und V. 39 f. setzen sowohl V. 29 aa wie auch V. 29 aßy voraus. Der Sprachgebrauch an diesen Stellen scheint das zu verdeutlichen. und VnS in V. 37 weisen zurück auf V. 29 aß, während der Verfasser mit DHaS?, die Brüder als Diener, an den Sprachgebrauch in V. 29 aa anknüpft. Sinngemäß entspricht diese Aussage V. 29 aßy, wenn V. 29 aßy mit V. 29 aa zusammen gelesen wird; ohne eine Präzisierung ist die Aussage von dem „Sich-niederwerfen der Brüder" nicht unbedingt als ein Dienersein 12

Vgl. besonders H. J. Zobel, „Der bildliche Gebrauch von smn", ZAW

82 (1970), 209 ff.

mit Belegen. Sachlich folgen w i r demnach Noth, ÜP 30 Anm. 92, der in V. 27 b. 28 keine Quellenscheidung zwischen J und E aufgrund der wechselnden Gottesbezeichnungen vornimmt, weil „der Segensspruch V. 27 b—29 aus allerlei festgeprägten Segensformeln etwas bunt zusammengesetzt zu sein scheint und besonders V. 28 den Eindruck eines unabhängig v o m jetzigen Zusammenhang geformten Segenswortes macht, in dem D-nVxn seine feste Stelle gehabt haben könnte". 13

Zwar behauptet Gunkel, Gen 306, der ganze V. 2 9 a a 1 2 sei parallel zu 29 a ß y . A b e r V. 29 aß wiederholt nicht den Inhalt von V. 29 aa,; die beiden Aussagen ergänzen einander.

14

Zur Zusammenstellung dieser beiden Wörter siehe die verschiedenen Lexika. Zu 0 » und DSV als „a fixed and traditional pair", vgl. S. Gevirtz, Patterns in the Early Poetry of Israel, 1963, 41.

Schichtenscheidung und literarischer Horizont

123

zu verstehen. Diese notwendige Präzisierung liegt erst im Kontext, V. 29 aa, vor. V. 39 knüpft an V. 28 an, V. 40: -pnK - nXl ist als ein Element anzusehen, das wahrscheinlich auf den ganzen V. 29 zurückgreift. 1 5 Im folgenden ist zu klären, ob die Rückverweise in V. 37. 39 f. aus einer anderen Schicht als J herrühren. Wir finden keine Anhaltspunkte, die eine Aussonderung von V. 29 b als literarisch sekundär nahelegen. Die Frage, ob V. 30 a literarisch uneinheitlich ist oder nicht, 16 berührt wahrscheinlich nicht die Frage nach der literarischen Einheitlichkeit von V. 27 b—29. Damit liegen uns keine literarkritisch relevanten Kriterien in V. 27 b —29 vor, die andeuteten, der Text setze sich aus verschiedenen Schichten oder Quellen zusammen. Nach unserem Verständnis kommt dem Wechsel der Gottesbezeichnungen in dieser Perikope keine solche Bedeutung zu. Gunkel sieht V. 29 a ß y als einen elohistischen Text an. Er begründet diese Auffassung mit dem Vorkommen von T 3 J , das auch in dem — seiner Auffassung nach — elohistischen V. 37 vorliegt. Wir kommen an anderer Stelle darauf zurück. Hier heben wir hervor, daß Femininum m i l nur in Gen 16, 4. 8. 9 vorkommt, einem allgemein anerkannten J-Text. 1 7 Aufgrund von das ebenfalls in dem eindeutig jahwistischen Text 25, 23 1 8 vorkommt, ist V. 29 aa J zuzuschreiben. Es wird angenommen, daß J die Edom-Thematik in ein überlieferungsgeschichtlich älteres Material eingesetzt hat. 19 Kap. 27, 29 b gilt allgemein als jahwistisch. Zwar unterscheidet es sich von 1 2 , 3 a, aber deshalb muß es nicht aus einer

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Hier teilen wir nicht die Auffassung Gunkels, Gen 306, u. a., V. 37 und 39 f. wiesen nur auf V. 28 und V. 29 aßy, beide als E-Texte angesehen, zurück. Zwei aufeinanderfolgende, konjunktional eingeleitete Sätze, je mit TTl als „Tempusmarker" vorangestellt, scheinen einzigartig, vgl. die Belege bei R. Bartelmus, HYH. Bedeutung und Funktion eines hebräischen „Allerweltswortes", 1982, 216. Das einmalige Vorkommen ist aber kein zuverlässiges Kriterium literarischer Uneinheitlichkeit. Häufig wird behauptet, in V. 30 accß liege eine literarkritisch relevante Doppelung vor, vgl. hierzu nur Wellhausen, Composition 33. Die Übereinstimmung beschränkt sich jedoch auf das Tempus-markierende TP1 + Konjunktionalsatz. Der Satz mit "TONS konstatiert nur, daß Isaak aufgehört hatte, Jakob zu segnen. Der mit eingeleitete Satz berichtet, daß Jakob Isaak gerade verlassen hat. Beide Sätze ergänzen einander durch den Subjektswechsel und die Zeitangabe, es liegt also keine Doppelung vor. "PIX in V. 30 aß dürfte kaum eine Spur literarischen Zuwachses sein und ist wohl eher als Stilelement anzusehen, vgl. V. 22 und V. 26, wo dieselbe Präzisierung nach den vorangehenden genauso überflüssig erscheint. Vgl. hier nur Westermann, Gen I, 2, 282. Van Seters, Abraham in Historj and Tradition, 1975, 313 hält das Stück ebenfalls für vorelohistisch. Schon Procksch, Gen 167 f. weist auf m a l 16, 4 J hin. V. 29 a a gilt allgemein als jahwistisch, vgl. Gunkel, Gen 306; Eissfeldt, a. a. O. 50*; Procksch, Gen 167 f. Offensichtlich wird allgemein angenommen, daß auch 25,23 von J stamme, vgl. Noth, ÜP 30; von Rad, Gen 212 und Gunkel, Gen 293. Siehe hierzu E. Otto, Jakob in Sichern, 1979, 2 4 - 2 8 .

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IV. Genesis 27, 27 b - 2 9 und Kontext

anderen literarischen Schicht kommen. Der ganze Abschnitt 12,2—3 unterscheidet sich von 27, 27 b —29 dadurch, daß 12, 1 ff. ein ausgeprägt literarischer Text programmatischen Charakters ist. Die Annahme eines jahwistischen Ursprungs von 27, 29 b wird nicht durch eine eventuelle Nicht-Zugehörigkeit des einigermaßen entsprechenden Num 24, 9 zu J wesentlich problematisiert. Die Formulierungsunterschiede deuten an, daß die Verwandtschaft der beiden Stellen traditionsgeschichtlich, nicht literarisch zu verstehen ist. 20 Sind V. 37 und V. 39 f. einem elohistischen Urheber zuzuschreiben? Wir klären zuerst die Frage der literarischen Einheitlichkeit dieses Teils von Kap. 27. Man hat behauptet, V. 33 — 34 und V. 35 — 38 gehen auf verschiedene literarische Quellen zurück. Gunkel führt dafür folgende Gründe an: Nach der Aussage in V. 35 erkennt Isaak sofort, daß Jakob ein Betrüger ist, er hat Jakobs Stimme gehört. In V. 36 und 37 wird dasselbe vorausgesetzt. In V. 33 weiß Isaak aber nicht, wer ihn betrügt. Außerdem enden die beiden Verhandlungen in V. 33 — 34 und V. 35 — 36 mit „segne auch mich, Vater" und der Klage Esaus. Diese Beobachtungen reichen jedoch für eine literarkritische Scheidung nicht aus. In V. 34 beginnt Esaus Reaktion mit einer Klage, die mit pS72£ ausgedrückt wird, ein Verb, das eine laute, emotionsgeladene Äußerung bezeichnet, die sich an einen möglichen Retter aus der Not richtet. Das Geschrei ist also zugleich Schmerzensschrei und Hilferuf. 21 Dadurch unterscheidet sich das Wort von HD2, vgl. V. 38, das allgemein eine schmerzliche Reaktion, z. B. eine Totenklage bezeichnet. Somit sind die beiden Klagen Esaus nicht identisch. Die mit ¡7S73S gebildete Aussage eignet sich gut, um eine spontane Reaktion Esaus und die Einleitung seiner Bitte um den väterlichen Segen zu beschreiben. ¡133 ist dagegen angebracht, um Esaus Reaktion auszudrücken, wenn ihm klar wird, daß er den Segen verloren hat, d. h. seine „abgeklärtere" Trauer aufzuzeigen. Die Schilderung der Reaktion Esaus liegt in einer chiastischen Struktur vor, die aus den beiden Gliedern, Klage und Bitte um Segen, besteht, wobei die Reihenfolge Klage — Bitte um Segen in V. 34 der Umkehrung in V. 38 — Bitte um Segen — Klage — entspricht: 22 •• n b u n p s s pssm •ax ^ s - m na-ia r a s 1 ? m i n •ax •'JN-m n a n a - r a x - 1 ? « w s IÖKvI •ja , i w » xtzm 20

21 22

W. Gross, Bileam, 1974, findet keine positiven Kriterien für eine Zuteilung des Prosarahmens an J oder E, S. 330. Gross deutet eine Entstehung in der späten Königszeit an. — Daher muß auch die Quellenzugehörigkeit des Orakels erneut untersucht werden. Siehe THAT II, 570; zu n=3 vgl. THAT I, 313 ff. Vgl. J. P. Fokkelman, Narratm Art in Genesis, 1975, 97 ff., besonders S. 104.

Schichtenscheidung und literarischer Horizont

125

Nach V. 38 folgt nur Isaaks abschließender „Segen". Die hier behandelten Aussagen wirken daher nicht wie literarkritisch relevante Dubletten, sondern sie sind Stilelemente. 23 Zwischen V. 33 und V. 35 können wir keine literarkritisch relevante Spannung erkennen, dagegen aber eine stilistisch gut komponierte Schilderung der Reaktion Isaaks. Das Verb T i n bedeutet „zittern", besonders vor Schreck. V. 33 a a unterstreicht Isaaks maßloses Entsetzen. Die gleiche entsetzte Reaktion wird auch durch die Frage, wer denn das Essen hereingebracht habe, V. 33 aß, beschrieben. Erst nach dem Abklingen dieses Schreckens wird es möglich zu begreifen, was eigentlich geschehen ist. Man beachte auch, daß die Verse 22 und 23, die derselben Quelle zugerechnet werden, 2 4 sowohl V. 33 wie auch V. 35 entsprechen. V. 22 (Vj Vij?) ermöglicht es Isaak, den wahren Sachverhalt zu erkennen, V. 35. Das geschieht aber nicht mit der Darbringung des Festessens durch Jakob, V. 23 (iT?n SV)),25 sondern erst nach der Rückkehr Esaus. Daher ist das große Entsetzen Isaaks verständlich. Das doppelte "IDN"] in V. 36 muß nicht Zeichen einer literarischen Uneinheitlichkeit sein, 26 das zweite "lÜN^l kann als stilistisches Mittel zur Hervorhebung des Folgenden dienen. 27 Die Erwähnung des Namens und des Erstgeburtsrechts stehen in V. 36 zwar ohne Verknüpfung mit der übrigen Erzählung, aber in einem Textzusammenhang, der mehr als Kap. 27 einschloß, müssen sie nicht unbedingt sekundär sein. Es wäre zu erwägen, ob V. 36 und V. 37 eine Spannung aufweisen, die auf eine literarische Uneinheitlichkeit hindeutet. In V. 37 fragt Isaak, was er für Esau tun könne, nach V. 36 sollte er das bereits wissen. Die Frage der literarischen Uneinheitlichkeit läßt sich am besten durch eine Untersuchung des Kontexts, ausgehend von V. 33, beantworten. Isaak stellt in V. 33 fest, daß er jemanden gesegnet hat, und daß der, der gesegnet wurde, auch gesegnet bleiben muß. In V. 34 bittet Esau um den Segen des Vaters. Isaak antwortet auf diese Bitte, indem er im Verhältnis zu V. 33 zwei neue Erklärungen einführt: Der Bruder kam und nahm sich den 23 24

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26

27

Auch Blum, Die Komposition der Vätergeschichte, 1984, kommt zu diesem Ergebnis. Vgl. Gunkel, Gen 305f.: E. Aber Procksch, Gen, 167f. und Eissfeldt, a.a.O. 49* halten J für den Verfasser der Verse. Vgl. 42, 8; I Reg 20, 41; Hi 2, 12. Vgl. auch Gen 42, 7; Jdc 18, 3; I Sam 26, 17. Gunkel, Gen 312 denkt sich die beiden Sätze als von Isaak gesprochen, während er Jakobs Arme betastet. Der Text bietet keinen Anhaltspunkt für diesen Gedanken, eher deuten die Narrative in V. 22 das Ergebnis der Probe an. Das Ergebnis ist zweideutig, aber V. 23 fügt hinzu, daß Isaak Jakob nicht erkannte, damit fällt dem letzten Glied in V. 22 das größte Gewicht als Resultat der Probe zu. Nach Westermann, Gen I, 2, 539 ist V. 36 zum größten Teil ein späterer, ätiologischer Zusatz, der nicht in den Zusammenhang paßt. Argumente dafür, daß V. 36 literarisch sekundär sei, bringt er jedoch nicht. Siehe oben Anm. 11.

126

IV. Genesis 27, 27 b - 2 9 und Kontext

Segen, der Esau zustand. Er tat das HO")???. V . 36 ist keine Dublette zu V. 35, Esau faßt die Ereignisse zusammen. Die Frage in V. 36 b schließt sich gut an V. 35 an: Hat Isaak noch einen Segen für Esau? Der unausgesprochene Subjektswechsel der Narrative in V. 34. 35. 36 a ist ein typisches Stilelement in Kap. 27, vgl. V. 20. 22. 24 f. 25. 27. — Isaaks Antwort beschreibt den Inhalt des Segens, den Jakob sich erschlichen hat. Der Segen stellt Jakob über Esau, und vor diesem Hintergrund liegt die Frage nahe: Was kann dann noch für Esau übrig sein (betontes, vorangestelltes TJ1^)? Es kann sich aber auch um eine rhetorische Frage handeln: Isaak kann nichts tun. So verstanden fügt sich V. 38 gut dem vorangegangenen an: Wenn für Esau kein Segen mehr übrig ist, hat Isaak dann nur einen Segen? Esau geht diesem Problem immer weiter nach, bis auch die letzte Frage gestellt ist. Die verschiedenen Aussagen über den Segen drücken unterschiedliche Nuancen des Problems aus, sie stellen keine Dublette dar. Der ausführliche Erzählstil des Kapitels, der die Dinge sich langsam entwickeln läßt, ist auch für den ersten Teil, V. 1—23, charakteristisch und dürfte kaum auf eine Kompilation zweier verschiedener Quellen zurückgehen. 28 Wir sind auf keine Anhaltspunkte gestoßen, die eine Trennung zwischen V. 39 und dem Vorhergehenden nahelegen. V. 39 schließt sich gut an, V. 38 a läßt einen Abschluß in Form einer Antwort Isaaks erwarten. Wir haben demnach keinen Grund zu einer literarkritischen Scheidung zwischen V. 33 f. und V. 35 — 38. Auch sonst in V. 33 — 40 finden wir keine Indizien, die zeigen, daß der Text aus verschiedenen literarischen Schichten oder Quellen zusammengesetzt ist. Soweit wir sehen, haben wir 28

Es werden eine Reihe von Punkten angeführt, um zu belegen, daß V. 1 — 23 aus zwei Quellen, J und E, zusammengesetzt sei. Gunkel, Gen, 305, vgl. auch Wellhausen, Composition. 33, spricht von folgendem „Hauptunterscheidungsmerkmal": Jakob greife in V. 16 zu einem Ziegenfell, um Isaak zu betrügen, zum selben Zweck benutzte er in V. 15 Esaus Kleider. — Dem ist zu erwidern, daß die beiden Handlungen nur sehr allgemein dieselbe Absicht (Isaak zu betrügen) verfolgen. Nur bei der Identifikation spielt das Ziegenfell eine Rolle, das Ergebnis wird in V. 22 beschrieben, später wird es nicht mehr erwähnt. Die Kleider sind bei der Identifikation ohne Bedeutung. Nach Feststellung der Identität, V. 24, und nach der Mahlzeit, V. 25, folgt der Kuß und Isaaks Riechen, daran schließen sich die Segensworte an. Angenommen, Westermann, Gen I, 5, 210 hat ein formgeschichtliches Schema für Berichte von Segenshandlungen aufgedeckt, dann gehört der Kuß nicht zur Identifikationsproblematik, sondern bildet die nächste Stufe, vgl. Gen 48, 10. Ebenso verhält es sich in Gen 27. Aus dem Text geht explizit hervor, daß der Zuordnung der Kleider zum Geruch, und der Zuordnung des Ziegenfells zum Betasten der Hände in der Schilderung der Ereignisse verschiedene Funktionen zufallen. Als literarkritisches Kriterium scheiden sie daher aus, damit fallt auch das wichtigste Indiz für eine Kompilation von V. 1 — 23 aus zwei parallel verlaufenden, selbständigen Erzählfäden weg. — Zur Frage der literarischen Einheitlichkeit von V. 23, siehe Blum, a. a. O. 83 f.

127

Schichtenscheidung und literarischer Horizont

es mit einem einheitlichen Text zu tun, die Wiederholungen können als Stilmittel verstanden werden. V. 33 f. gilt mit großer Wahrscheinlichkeit als jahwistisch. 29 Gunkel führt jedoch Gründe aus dem Vokabular an, nach denen V. 35 — 38 ein EStück sein soll. 30 In V. 35 sieht er in H e i n typisches E-Wort. Das Wort kommt jedoch nur noch in 34, 13 vor, und der Text ist kaum elohistisch, jedoch vielleicht nachjahwistisch. 31 In V. 36 ist "OD nach Gunkel elohistische Terminologie. Er weist hier auf 29, 15 hin, einen Text, der wahrscheinlich von J stammt. 32 Zu VxN in V. 36 verweist Gunkel auf Num 11, 17. 25, die einzigen Stellen im Pentateuch, an denen das Verb vorkommt, Stellen, die wahrscheinlich auch von J und nicht von E sind. 33 Wenn er schließlich behauptet, V. 39 f. gehöre zu E, dann deshalb, weil V. 39 das Gegenstück zu V. 28 sei, und V. 40 wohl die Fortsetzung und aus V. 37 zu verstehen sei. Diese Behauptung setzt aber gerade die Zugehörigkeit der beiden Verse 28 und 37 zu E voraus, eine Voraussetzung, die sich als unhaltbar erwiesen hat. — In V. 35 — 40 sind wir also keinen zuverlässigen Anzeichen eines elohistischen Textbestandes begegnet. Die Worte, die als elohistische Terminologie angesehen werden, stimmen gut mit denen, die wir in J-Zusammenhängen gefunden haben, überein. Unsere Untersuchung ist auf keine zuverlässige Indizien gestoßen, die auf eine E-Zugehörigkeit der Rückverweise auf V. 28 f. in V. 37. 39 f. hindeuten. Im Gegenteil, die Rückverweise auf V. 28 f. scheinen Bestandteile eines literarisch einheitlichen Texts, V. 33 — 40, zu sein, der mehrere jahwistische Spuren erkennen läßt. Wir beabsichtigten mit unserer Untersuchung nachzuprüfen, ob in den Segensworten V. 27 b—29 außer dem allgemein anerkannten J-Stoff auch Teile von E vorkommen. Wir schließen wie folgt: 1. Wir sehen keinen Grund, in den Segensworten zwischen verschiedenen literarischen Schichten zu unterscheiden. Der Wechsel der Gottesbezeichnungen, der literarische Uneinheitlichkeit andeuten könnte, reicht für eine literarkritische Scheidung nicht aus. 2. Die Rückverweise in V. 37 und 39 f. setzen offenbar Kenntnis des ganzen Abschnitts, V. 28. 29 aa. (3y voraus, die Verweise scheinen keiner Schicht E anzugehören, die sich von dem allgemein anerkannten jahwi29

Vgl. Gunkel, Gen 3 0 5 f . , außerdem Procksch, Gen 1 6 6 f . , und Eissfeldt, a.a.O.

30 31

Gen 306. Vgl. Noth, ÜP 31, und Westermann, Gen 1,2, Text L zu.

32

Vgl. Noth, ÜP 30, anders Eissfeldt, a. a. O. 55*, der die Stelle L zuschreibt. Westermann,

33

Vgl. Noth, ÜP 34.

Gen I, 2, 565 f. findet hier J.

654. Eissfeldt, a.a.O.

50*.

70* schreibt den

128

IV. Genesis 27, 27 b - 2 9 und Kontext

stischen Text (V. 33 f.) innerhalb V. 33 — 40 isolieren läßt. Auch diese Rückverweise zeigen jahwistische Spuren. 3. Letztlich weist der Sprachgebrauch in V. 27 b —29 eine Verbindung zu J auf, nicht nur in V. 27 b, sondern auch in V. 28 aa und 28 ay (üfcV, "P31). In unserer weiteren Untersuchung gehen wir daher davon aus, daß die Segensworte in V. 27 b —29 einheitlich jahwistisch sind. b) Gen27,27b-29unddiedtn.-dtr.

Verfasserschaft

Einige der Aussagen in den Segens Worten V. 27 b—29 ähneln entsprechenden Aussagen im Dtn. Im Hinblick auf die Datierung ist dieser jahwistische Text daher auf eine eventuelle literarische Abhängigkeit von der dtn.-dtr. Literatur hin zu untersuchen. V. 27 b setzt die Verhältnisse des Kulturlandes voraus. Gewisse Ähnlichkeiten dieser Aussage mit dem Sprachgebrauch des Dtn liegen zwar vor, aber daraus können wir trotzdem nicht schließen, daß die Aussage vom Dtn abhängig ist. 34 Wie in V. 27 b, ist auch im Dtn die Rede von der die Israeliten umgebenden Natur, die Jahwe gesegnet hat. Die Aussage, Jahwe segnet mfen, hat gewisse Züge mit dem Satz von Dtn 7, 13 gemeinsam: -|t£rrm - p n i n r n N - n s i - p t n - n o (mrr) -|-m Diese Formulierung in Dtn 7, 13 gleicht jedoch weitgehend der Baruk-Reihe in 28, 3 — 6, die wahrscheinlich vor-dtn. Ursprungs ist, 35 vgl. besonders ~|riö"rN "H31 "|3Ü3~'HÖ V. 4. Wir haben es hier wahrscheinlich mit einer traditionellen Segensthematik des Kulturlandes zu tun. Auch in Dtn 26, 15 ist die Rede von der von Jahwe gesegneten Natur: Mb nnrn

nanun nxi... (mrr) - p a i

Diese Aussage weicht allerdings beträchtlich von der in Gen 27, 27 b ab, das Vorkommen der Landgabeformel 36 zeigt, daß wir es hier mit einer traditionsgeschichtlich späten Landnahmetheologie zu tun haben. Sonst ist es im Dtn der angesprochene Israelit, der gesegnet wird, evtl. der Israelit "|T HffSÖ-VDa ( T + PronSuff), vgl. 14, 29; 15, 4. 6. 18; 16,15; 23, 21; 24, 19. So auch in den Stellen des Dtn, deren syntaktische Struktur am besten der in Gen 27, 27 b entspricht, d. h. wo "pH in einem RS 34 35

36

Westermann, Gen I, 2, 536 weist auf die Ähnlichkeit mit der dtn.-dtr. Literatur hin. Nach G. Seitz, Redaktionsgeschichtliche Studien \um Deuteronomium, 1971, 269 haben nur V. 3 + 6 und V. 1 6 + 1 9 zum ursprünglichen Bestand gehört; das Zwischenstück bestehe ganz und gar aus dtn. Wendungen und stehe außerhalb des festen Metrums. Damit ist jedoch nicht gesagt, daß der ganze Abschnitt V. 3—6 eine dtn. Bildung ist, vgl. S. 270. Siehe hierzu nur G. Giesen, Die Wurzel SB' „schwören": eine semasiologische Studie %tm Eid im Alten Testament, 1981, 229ff.; 236.

Schichtenscheidung und literarischer Horizont

129

vorkommt: 12, 7; 15, 14; 16, 10. Kap. 12, 15 und 16, 17 sind Aussagen anderer Art. Dtn 33, 13 stellt wahrscheinlich die nächste Parallele zu Gen 27, 27 b dar: t s i n mn- ro-QB Mit dem Suffix zu f i x knüpft dieses Glied nach Kittel an die Einleitungsformel in V. 13aa an, und ist, so Kittel, ein redaktionelles Gebilde. 37 Wie wir bereits hervorgehoben haben, weicht die Formulierung jedoch vom typischen dtn.-dtr. Sprachgebrauch ab. Das kann auf einen Ursprung in vor-dtn. Tradition hinweisen, einer Tradition, deren Thema der Segen der fruchtbringenden Erde ist. Die Formulierungen in Gen 27, 27 b (mrr IS-D "TON rnw) und Dtn 33, 13 a ( m N m i r HD*13Ö) sind so verschieden, daß ein literarisches Abhängigkeitsverhältnis nicht angenommen werden kann. Wahrscheinlich haben die Gen und das Dtn eine Redensart übernommen, die im Segenskontext im Rahmen des Kulturlandes üblich war. Das nächste Glied des Segensspruchs in Gen 27, 27 b —28: • p s n nairm D-wn Von DTibxn weist Charakteristika auf, die auch in ugaritischen Aussagen vorkommen, 38 woraus hervorgeht, daß hier eine Segenstradition des Kulturlandes vorliegt, die sehr alt sein kann. Selbst bei unvollständiger Übereinstimmung zeigt die thematische Entsprechung mit den Segensäußerungen in Dtn 33, 13 und Gen 49, 25 f., daß diese Thematik des Kulturlandsegens auch ein Thema im Stammesspruch-Zusammenhang — vielleicht schon im vorliterarischen Stadium — war. In diesem Fall haben wir es also mit einer auch in den Stammessprüchen traditionellen Redensart zu tun. 39 Die Verbindung von mit Bh"T> in Gen 27, 28 b entspricht Dtn 33, 28 und 7, 13; 11, 14; 12, 17 usw., aber auch Hos 2, lOf. 24 usw. Diese Wortverbindung kann als traditionelle Redensart der Segensthematik im Kulturland verstanden werden. V. 29 aa spricht von der Herrscherstellung Jakob — Israels über „Völker und Nationen", D,!3S7 und D,?3X1?- Die Ausdrücke entsprechen vnN_173 in V. 37. Nach J gilt diese Herrscherstellung nicht nur Esau/ Edom, sondern auch mehreren Nachbarvölkern Israels. Diese Völkerproblematik behandeln wir im nächsten Kapitel. Hier führen wir nur an, daß der Kontext keine universale Perspektive zuläßt. Nach Westermann 40 begegnet "TD57 und mn im Parallelismus besonders in deuteronomischer Sprache. Er behauptet, der Text sei erst spät hinzu37 38 39 40

H. J. Kittel, Die Stammessprüche Israels, 1959, 53, vgl. 42. Vgl. Zobel, a.a. O. 215, vgl. auch Gevirtz, a.a. O. 36 f. Siehe auch Westermann, Gen I, 2, 277. Gen I, 2, 537.

130

IV. Genesis 27, 2 7 b - 2 9 und Kontext

gefügt worden. In der dtn.-dtr. Literatur haben jedoch Ausdrücke mit diesen Verben immer religiöse Bedeutung, meistens stehen sie für die Anbetung fremder Götter. Im Tetrateuch liegt in Ex 23, 23 eine Kombination der beiden Ausdrücke vor, auch hier mit religiöser Bedeutung. Wird mn im profanen Sinne in der Gen gebraucht, hat das Verb immer einen konkreten, anschaulichen Inhalt: (18,2; 19,1;) 23,7. 12; Kap. 24; 33; 37; 42 f. Anders in 27, 29 aa, das Wort steht hier im übertragenen Sinne: Wie soll man sich vorstellen, daß sich ein ganzes Volk vor Jakob beugt? Eine solche Redeweise findet sich jedoch auch in dem Königspsalm 72, 11, ein Beleg für den profanen Gebrauch von mn und 1DS? schon in der frühen Königszeit. 41 Das kann ein Hinweis darauf sein, daß J in Gen 27 Königsideologie aufgenommen hat. Die explizite Rede von dem Sichniederwerfen der Völker liegt bei J wegen V. 29 a(3y nahe, den er wahrscheinlich aus der Tradition übernommen hat. 42 Jakob und „seine Brüder" werden zwar als Einzelpersonen geschildert, aber im J-Kontext werden sie als Eponyme verschiedener Völkergruppen aufgefaßt. Wenn J in V. 29 ay die Thematik des Stammesspruches aufgreift, gebraucht er schon hier mn im übertragenen Sinne. Wir können keine dtn.-dtr. Verfasserschaft für Gen 27, 29 aa erkennen. Das Wortpaar DV " OK4? deutet auch nicht in diese Richtung, die Wörter bilden ein traditionelles Paar, das häufig in der poetischen Literatur vorkommt. 43 Wir behaupten daher, daß die jahwistische Segensrede in V. 27 b—29 keine Abhängigkeit von der dtn.-dtr. Literatur aufweist, weder literarisch noch traditionsgeschichtlich. Die Ähnlichkeiten ergeben sich wahrscheinlich daraus, daß die Segensworte in Gen 27, 27 b—29 und das Dtn ihren Stoff und ihre Formulierungen aus derselben Tradition, der Segensthematik des Kulturlandes, übernehmen.

IV.2. FORMGESCHICHTLICHE GESICHTSPUNKTE

a) Forschungsstand

und

Problemstellung

Wir gehen jetzt ausführlicher auf die formgeschichtlichen Verhältnisse in Verbindung mit Gen 27, 27 b—29 ein, die für die Datierung eine Rolle spielen. Bereits H. Gunkel1 hat darauf hingewiesen, daß der Segensspruch und die Erzählung in Kap. 27 nicht gut zusammenstimmen, hauptsächlich 41 42 43 1

Vgl. H. J. Kraus, Die Psalmen, 657. Siehe Kapitel IV.2. Hierzu siehe Gevirtz, a. a. O. 40 f. Gen 316.

Formgeschichtliche Gesichtspunkte

131

weil der Segensspruch von vielen Brüdern redet, die Erzählung aber nur von zweien. Es wird daher allgemein behauptet, der Segensspruch habe einen anderen formgeschichtlichen Ursprung als die übrige Erzählung. 2 Man nimmt zwar an, daß „Brüder" (DTIN) hier im übertragenen Sinne stehe, „und deshalb konnte es auch in Bezug auf Jakob gesagt werden, der nur einen Bruder hatte". 3 — Diese Behauptung gilt aber nur für das Wort DTIX; der Ausdruck QK ''IS wird dagegen sonst nur von den leiblichen Brüdern eines Menschen gebraucht. 4 S. Gevirthat die Ausdrucksweise der altisraelitischen Poesie untersucht, und er behauptet, daß „from the Standpoint of the poetic craft the association of the terms ,brother(s)' and ,mother's son(s)' in parallel clauses was a traditional feature of SyroPalestinian verse". Er hält es gerade deshalb für verfehlt, wie einzelne Forscher angenommen haben, in dem poetischen Teil des 27. Kapitels ein Stück zu sehen, das ursprünglich unabhängig von der übrigen Erzählung existiert habe. — Demgegenüber behaupten wir, daß der Nachweis eines solchen „traditional feature" nicht zu der von Gevirt^ ausgesprochenen Kritik führen kann. Diese traditionelle, poetische Redeweise kann sowohl den Singular wie auch den Plural verwenden, vgl. Ps 50, 20 und Dtn 13, 7, wo der Singular steht. Der Verfasser des Kap. 27 war also nicht, wenn er in seiner Rede von den •,nK/DN ,33 traditionelle poetische Redeformen benutzte, von der Tradition her an die Pluralform gebunden. Eine Erklärung des Plurals muß woanders gesucht werden. Mit den Sätzen T21 ¡Tin "ins TQ -J1? Tinnen - p n i 6 wird Jakob in V. 29 aßy zum Herrn (TM) über seine Brüder eingesetzt. 6 Im Anschluß an V. 29 aß muß in V. 29 ay das Sichniederwerfen der Brüder die Anerkennung von Jakobs Vorrangstel-

2

3

4

5 6

Die alttestamentliche Forschung rechnet allgemein mit einer Überlieferungsgeschichte von Gen 27, die der Aufnahme in das jahwistische Korpus vorausgeht. Das Alter der Tradition, die wir hier vor uns haben, ist allerdings umstritten, vgl. z. B. die verschiedenen Auffassungen bei Gunkel, „Jakob", PrJ 176 (1919), 339 ff.; Noth, ÜP 106 und Westermann, Gen I, 2, 529 f. einerseits, und andererseits E. Otto, Jakob in Sichern, 1979, 24—32. Diese Diskussion berührt unser Anliegen nur in geringem Maß. In beiden Fällen werden Edom und das völkergeschichtliche Thema im Zusammenhang als überlieferungsgeschichtlich spät angesehen. — Anders jedoch E. Blum, Die Komposition der Vätergeschichte, 1984, 71. Seiner Meinung nach führt eine überlieferungsgeschichtliche Analyse von Gen 27 nicht hinter den völkergeschichtlichen Scopus zurück. In seiner ursprünglichen Form reichte der Text allerdings nicht über die Einzelerzählung hinaus (S. 87). Wir gehen nicht näher auf seine Auffassung ein, da sie unser Anliegen kaum berührt: Der Segensspruch hat seine eigene Traditionsgeschichte. E. König, Genesis 589, vgl. auch später und im Anschluß an Gevirtz, K. Luke, „Isaac's Blessing: Genesis 27", Scrip. 20 (1968), 40 Anm. 24. Gen 43, 29; Ps 50, 20; 69, 9; Dtn 13, 7; Jdc 8, 18; Cant 1, 6; vgl. auch 3« m in Gen 46, 31; 50, 8; vgl. ebenfalls Jdc 9, 18. Ausgenommen ist Gen 49, 8, siehe unten. Patterns in the Early Poetry of Israel, 1963, 42. Zu -V35, vgl. HAL zum Wort.

132

IV. Genesis 27, 27 b—29 und Kontext

lung ausdrücken.7 V. 37 läßt deutlich erkennen, daß im J-Kontext an Jakobs Herrscherstellung gedacht ist. Daraus geht auch hervor, daß der Autor die Beziehungen Israels zu anderen Völkern meint. Im Rahmen der Edomthematik des Jahwisten sind Jakob und Esau hier als Repräsentanten zweier Völker, Israel und Edom, zu verstehen. Erst in diesem „völkerpolitischen" Zusammenhang hat es Sinn, von Jakobs „Brüdern" zu sprechen.8 Man kann auch die Genesis-Stellen 9, 25 und 16, 12 anführen, die im Rahmen poetischer Sprüche von Brüdern einer Person reden, beide sind sehr wahrscheinlich J-Texte. 9 Dazu kommt 25, 18, vielleicht eine spätere Stelle, die aus Gen 16, 12 stammen könnte. 10 J will offensichtlich mit dieser Brüderthematik etwas über das Verhältnis Israels zu seinen Nachbarvölkern aussagen, vgl. auch 25, 23. Es ist jedoch kaum wahrscheinlich, daß J als erster die Brüderthematik in nicht-individuellem Zusammenhang gebraucht, das häufige Vorkommen von Wörtern für Brüder in den Stammessprüchen Gen 49 und Dtn 33, die kaum auf J zurückgehen, 11 deutet das an. Es ist allgemeiner Konsens, daß J in Gen 27, 27 b —29

7 8

9

10

11

Zu mn, vgl. TbWAT II, 794ff. und TIIAT II, 5 3 0 - 3 3 . Daß Jakob und Esau hier als Repräsentanten zweier Völker dargestellt werden, wird auch von E. Otto, a. a. O. 26 gesehen, vgl. auch V. Maag, „Jakob — Esau — Edom", ThZ 13 (1957), 420, und R. de Vaux, The Early History of Israel, 1978, 170. Vgl. Noth, ÜP 29, und zuletzt Westermann, Gen I, 1, 645, und Gen I, 2, 282, siehe auch oben, S. 121. Vgl. Noth, ÜP 17 Anm. 48, etwas anders jedoch Westermann, Gen I, 2, 488: Zusatz, aber nicht einfach Zutat von 16, 12 b. In dem „Segen Jakobs" hat man immer schon einen alten Text gesehen. Durch den Rahmen V. 1 b. 28 a(ba) ist er in J's Textzusammenhang aufgenommen worden, vgl. Gunkel, Gen 478. 487: der Text sei von einem R' eingefügt worden, entsprechend Eissfeldt, Hexateuchsynopse 28*; G. Fohrer, Einleitung 161; vgl. auch C. Steuernagel, Einleitung 145: Kap. 49, 1 b—27 sei sekundär innerhalb J. Vgl. auch H. J. Kittel, Die Stammessprüche Israels, 1959, 39 u. a. — Noth, ÜP 18 weist jedoch eine solche Annahme kategorisch zurück: seine übliche Zuweisung an J ist literarisch ebensowenig zu begründen wie die des Mosesegens an E". Auf S. 202 nimmt er eine sehr späte Einfügung des Segens in die Pentateuch-Erzählung an. Vgl. entsprechend G. von Rad, Gen 347: „... es fehlt überhaupt an deutlichen Anzeichen, die es nahelegen, diese Sammlung mit J in Verbindung zu bringen". Zum Verhältnis von Gen 49, 3 ff. zu Kap. 34 f. 37 f. siehe unten. — Westermann, Gen I, 3, 253 behauptet, aufgrund seiner Parallelität zu Dtn 32, 1 sei V. 1 b ein späterer redaktioneller Zusatz zu V. 1 — 2, der auf eine sehr späte Zeit hinweise. — Falls in Kap. 48 mit jahwistischem Stoff zu rechnen ist (H. C. Schmitt, Die nichtpriesterliche Josephsgeschichte, 1980, 197: V. 17 — 19 gehöre zur ursprünglichen Josephsgeschichte, während Westermann, Gen 1,3, 242, V. 15 f. 20 als jahwistisch ansieht), hat J in dem Segen Israels von den Josephssöhnen Ephraim und Manasse gesprochen, — 49, 22 ff. erwähnt sie nicht. Damit existiert eine Spannung, die andeutet, daß die beiden Teile nicht derselben Erzählschicht angehören.

Formgeschichtliche Gesichtspunkte

133

traditionellen Stoff übernimmt. Nach Noth 12 scheint das Segensorakel „aus allerlei festgeprägten Segensformeln etwas bunt zusammengesetzt zu sein". Zu V. 29 a meint Westermann,13 die Aussage gehöre in „die Zeit der Rivalitätskämpfe der Stämme miteinander". Zusammenfassend stellt er fest, daß 9, 2 5 - 2 7 ; 16, 12 und 27, 27 b - 2 9 . 3 9 - 4 0 formgeschichtlich den Stammessprüchen angehören. 14 Im Hinblick auf 27, 29aßy weist er auf 49, 8 und Dtn 33, 16 hin. Besonders die Ähnlichkeit mit Gen 49, 8 gibt Grund zu untersuchen, ob der Verfasser von Gen 27 ein traditionelles Element, das sich auf die Beziehung der israelitischen Stämme untereinander bezog, übernommen und auf Israels Verhältnis zu den benachbarten Völkern angewandt hat. Wir wenden uns jetzt dieser Frage zu. b) Die Frage der Stammesspruchtradition in 27, 27 b—29 und ihre Verwendung bei J Zusammen tauchen T 3 J iTT! und Hin nur in 27, 29 auf. Der Satz in 29 ay hat seine nächste Parallele in Gen 49, 8: T a x t d i 1 ? n n r w . . . -pnt< -pYp n m r m r r Der Sinn von V. 8 b ist nicht ganz deutlich. 15 „Die Brüder" sind jedenfalls die anderen Stämme Israels. V. 8aß scheint Judas Sieg über seine Feinde zu meinen. 16 In dem vorliegenden Textgefüge kann das Lob der „Brüder", V. 8 aa, gerade Judas Verhalten gegenüber den Feinden gelten. 17 Entsprechend kann man die in dem parallelen Vers 8 b erwähnte Ehrung als eine Reaktion der anderen Stämme auf Judas Einsatz oder Machtposition angesichts der Bedrohung verstehen. Der Ehrerweis beinhaltet wohl auch eine Anerkennung der höheren Stellung Judas, 18 — wir präzisieren 12 13 14 15

16

17

18

ÜP 30 Anm. 92. Gen I, 2, 537. Ebd. 294. Westermann, Gen I, 3, 258 f. führt verschiedene Auslegungsversuche an. Aus den Versuchen geht der Zusammenhang der Auslegungen mit der zeitlichen Ansetzung der Aussage hervor. Ob dieser Teil der Aussage formgeschichtlich ursprünglich ist, ist unsicher. Zu Rekonstruktionen einer überlieferungsgeschichtlichen Basis des Textes, siehe F. M. Cross und D. N. Freedman, Studies in Ancient Yahwistic Poetry, 1975, 81, sowie S. Gevirtz, „Adumbrations of Dan in Jacob's Blessing on Judah", ZAW 93 (1981), 22 ff., und S. 24 Anm. 10 zu nns in V. 8aa. Vgl. Westermann, Gen I, 3, 258 f., C. M. Carmichael, „Some Sayings in Genesis 49", JBL 88 (1969), 435 ff. versteht den Judaspruch als ironische Rede, die rückwärts an Kap. 37 anknüpfe. Er meint, die Feinde in V. 8 seien Jakob und Joseph. Siehe hierzu Anm. 20. Vgl. H. P. Stähli, Art. mn, THAT 1, 532.

134

IV. Genesis 27, 27 b - 2 9 und Kontext

das h i e r n i c h t n ä h e r . A u s d e m V e r s l ä ß t s i c h a l l e r d i n g s n i c h t e n t n e h m e n , das h i e r an d i e K ö n i g s w ü r d e J u d a s g e d a c h t i s t . 1 9 A b g e s e h e n v o n 2 7 , 2 9 ist 4 9 , 8 d i e e i n z i g e S t e l l e , w o 3X/DX r ® in einem Z u s a m m e n h a n g v o r k o m m t , der nicht n u r v o n Einzelpersonen redet. D i e „ B r ü d e r " (OTIS) w e r d e n ü b r i g e n s a u c h i n V . 5 u n d 2 6 e r w ä h n t ( J o s e p h ist ein i n j ) , a u ß e r d e m i n D t n 3 3 , 9. 1 6 , v g l . a u c h V . 2 4 ( A s c h e r ist v r i N ••is-j). D a m i t w i r d deutlich, daß die R e d e v o m Verhältnis einer P e r s o n zu s e i n e n B r ü d e r n — w i e a u c h die R e d e v o n d e m „ S i c h n i e d e r w e r f e n " d e r B r ü d e r — z u e i n e r g e w i s s e n Z e i t als S t a m m e s s p r u c h - T h e m a t i k g e b r a u c h t w u r d e , zur B e s c h r e i b u n g des Verhältnisses der S t ä m m e Israels zueinander. Es b l e i b t z u u n t e r s u c h e n , o b es s i c h bei d i e s e r „ B r ü d e r - T h e m a t i k " u m ein altes T r a d i t i o n s e l e m e n t h a n d e l t , d a s J i n G e n 2 7 e i n g e a r b e i t e t — u n d w a n n diese Ü b e r n a h m e e v e n t u e l l s t a t t g e f u n d e n h a t . D a ß G e n 4 9 u n d D t n 3 3 K o m p i l a t i o n e n aus u r s p r ü n g l i c h selbständ i g e n S t a m m e s s p r ü c h e n s i n d , ist f o r s c h u n g s g e s c h i c h t l i c h e s A l l g e m e i n g u t . D e r a r t i g e S t a m m e s s p r ü c h e hatten ihren Sitz i m L e b e n i m Dasein der S t ä m m e v o r der Staatenbildung.20 Inwieweit G e n 49, 8 — die nächste

19

20

Nur wenn V. 8 in Verbindung mit V. 10, gelesen als eine Aussage zur Königswürde und zu David/Salomo, ausgelegt wird, kann V. 8 so interpretiert werden, wie E. Sellin, „Zu dem Judaspruch im Jaqobssegen Gen 49, 8 — 12 und im Mosesegen Deut 33, 7", ZAW 60 (1944), 59 dieses tut: „Das Sichniederwerfen ist natürlich viel mehr als ein Gehorsam gegen die Führung durch Juda, ... es handelt sich um eine Huldigung vor einem König aus Juda, . . . " Vgl. die andere Auffassung Westermanns, Gen I, 3, 259: Juda werde von den anderen als Führer im Kampf anerkannt. Vgl. Kittel, a.a. O. 75ff.; H. J. Zobel, Stammesspruch und Geschichte, 1965, 2. 53f.; A. H. J. Gunneweg, „Über den Sitz im Leben der sogenannten Stammessprüche", ZAW 76 (1964), 245 ff.; Westermann, Gen I, 3, 250 f.; vgl. auch de Vaux, a. a. O. 720 f.; H. Donner, Geschichte des Volkes Israel und seiner Nachharn in Grundlagen, 1984, 130. Wir sind nicht der Auffassung, daß E. M. Good, „The Blessing on Judah, Gen 49, 8 - 1 2 " , JBL 82 (1963), 427ff., und Carmichael, a.a.O. 438ff., überzeugend für ihre Behauptung, der Judaspruch reflektiere Kap. 37 f., argumentieren. Carmichael zweifelt die Richtigkeit der „many attempts to explain the saying in some other historical perspective" an; die Aussage sei statt dessen als literarische Bildung auf dem Hintergrund der dortigen Erzählungen zu verstehen (S. 444). Vgl. hierzu de Vaux's Anmerkungen, a.a.O. 721, und A. Caquot, „La parole sur Juda dans le testament lyrique de Jacob (Genèse 4 9 , 8 - 1 2 ) " , Sem. 26 (1976), 18. Bereits Gunkel, Gen 478 macht auf die Ähnlichkeit zwischen 49, 3 f. und 35, 22 aufmerksam, letzterer wird allgemein P zugeschrieben, vgl. Westermann, Gen I, 2, 668. Auch Zobel, a. a. O. 7 hebt diese Übereinstimmung hervor, ohne sich näher zur Beschaffenheit des Zusammenhangs zu äußern. Entsprechend Caquot, a.a.O. 11. — Selbst wenn sich eine traditionsgeschichtliche Abhängigkeit behaupten ließe, bleibt trotzdem offen wie sie zu verstehen wäre. Ihrem Kern nach sind die Josephsgeschichte und Kap. 38 zwar kaum Stammesgeschichten, sondern „Familienerzählungen", vgl. Westermann, Gen I, 3, 4 ff., aber jedenfalls in der Josephsgeschichte kann man Judas Auftreten nicht erklären, ohne stammespolitische Voraussetzungen

Formgeschichtliche Gesichtspunkte

135

Parallele zu Gen 27, 29 ay — und die übrigen „Brüder"-Aussagen als alte Stammessprüche aus der vorstaatlichen Zeit anzusehen sind, ist umstritten. Eine solche Annahme ist oft mit dem Einwand widersprochen worden, es handele sich hier um „individualisierende Sprüche".21 Nach Kittel ist 49, 8 im Zusammenhang mit V. 2 entstanden.22 Die Stammessprüche werden hier als Sprüche eines Vaters an seine Söhne verstanden. V. 8 ist bei Kittel nicht mehr mündlich tradierte „Volkspoesie", sondern literarisch geformte „Kunstpoesie", die Form von V. 8 beruhe auf einem „künstlerischen Interesse".23 Nach A. H. J. Gunneweg24 bilden Wortspiele und Tiervergleiche den Grundbestand in den Stammessprüchen. Formgeschichtlich fügt sich daher V. 8 aa gut in die alte Stammesspruchtradition ein. V. 8 b ist dem ersten Stichos V. 8aoc parallel, und die beiden Sätze können eine ursprüngliche Einheit gebildet haben.25 Setzt dieser Parallelismus V. 2 voraus? Diese Frage läßt sich nicht sicher beantworten. Zwar wird von den Stämmen hier als 3pST gesprochen, und dem entspricht das — im Vergleich mit

21 22

23 24

25

anzunehmen, vgl. Schmitt, a.a.O. 150. — Dtn 33 scheint von Gen 49 literarisch unabhängig zu sein. V. 2—5.26 — 29 ist wahrscheinlich ein alter Psalm, vgl. hier nur Kittel, a.a. O. 43ff.; Zobel, a.a.O. 41, sowie G. Seitz, Redaktionsgeschichtliche Studien \um Deuteronomium, 1971, 24. Nach Seitz u. a. ist 33, 1, das den Übergang zwischen dem Vorhergehenden und Kap. 33 herstellt, Teil des jüngsten Uberschriftensystems im Dtn. Zobel, a. a. O. 59 f. A.a. O. 17. 39. 90. Er deutet S. 99f. an, daß V. 2 - 8 eine „Ätiologie in Spruchform" sei, entstanden auf dem Hintergrund der alten „Sagen" in Kap. 34. 35. 38, — siehe hierzu Anm. 20. - Auch H. Seebass, „Die Stämmesprüche Gen 49, 3 - 2 7 " , ZAW 96 (1984), 345 sieht V. 8 a als einen Reflex des Rahmentextes (V. 2. 28 bot) an. A.a.O. 22.65. A.a.O. 248ff. Caquot, a.a.O. 10 macht Gunneweg gegenüber geltend, daß das Vorkommen von Tiermetaphern und Paronomasie keine Alterskriterien eines Spruchs sind. Im allgemeinen ist dies richtig, aber Gunnewegs Arbeit besteht aus dem Nachweis, daß die Tiervergleiche und Wortspiele den „Grundbestand" in Gen 49 und Dtn 33 bilden, während „der Überschuß" leicht als „Segen" erklärt werden kann — in Übereinstimmung mit dem Rahmen der Sammlungen — oder als spätere geographische oder geschichtliche Aktualisierung. Damit ist keineswegs gesagt, daß eine Paronomasie/Tiermetapher alt sein muß, sondern daß Gunneweg mit ihnen eine Form isoliert hat, die in bezug auf die Stammessprüche eine traditionelle Ausdrucksweise zu sein scheint, die also formgeschichtlich älter im Stammesspruch-Zusammenhang ist als die anderen Elemente in Gen 49/Dtn 33. Gegen diese Auffassung hat Caquot keine entscheidende Kritik angeführt. Siehe oben Anm. 16. Nach Seebass, a.a. O. 345 „überhöhe" V. 8 b den ersten Satz und sei demnach als Zusatz anzusehen. — ¡"IT bezeichnet allgemein eine lobpreisende Reaktion auf einen Akt oder ein Handeln ( T H A T /, 674), mn ein Sich-Niederwerfen als Ausdruck der äußersten Verehrung und Huldigung {THAT I, 532). Eben dadurch kann man den entgegengesetzten Gesichtspunkt zur Geltung bringen: V. 8 b präzisiert und steigert die allgemeine Aussage in V. 8 aa und fügt sich daher gut in den poetischen Parallelismus ein.

136

IV. Genesis 27, 27 b—29 und Kontext

dem Parallelismus DTIN/DX "US — einzigartige DTIN/HX "»IS. Doch spricht Gen 42, 13 von den Brüdern als "TflN BPH "Ua. — Die „individualisierende" Rede in Verbindung mit den Stämmen muß kein Zeichen einer Entstehung während der Königszeit sein. Aller Wahrscheinlichkeit nach sprach bereits die mündliche Tradition von den Stämmen, indem sie von ihren Eponymen erzählte.26 Daher ist es durchaus möglich, daß V. 8, trotz seiner „individualisierenden" Rede und der Erwähnung des „Vaters" Stämmetradition ist. Dazu kommt, daß die Erwähnung des Vaters in V. 26 und vielleicht auch in V. 3 f. eine Stämmetradition aus der vorstaatlichen Zeit aufgreift. 27 Die Sammlung als Ganzes — vielleicht mit einigen kleineren Ausnahmen — läßt sich sehr gut in die vorstaatliche Zeit datieren. 28 Weder V. 9 noch V. 10—12 weisen eindeutig in die Königszeit. 29 V. 2 — die Überschrift der ganzen Sammlung oder ursprünglich nur die Einleitung zu V. 3 — 8/12 — kann allerdings auch vorstaatlich datiert werden. Keine entscheidenden Einwände lassen sich bisher gegen Westermanns Annahme anführen, V. 8 und V. 9 seien „Stammessprüche im eigentlichen Sinn".30 Seiner Auffassung nach spricht der Inhalt für eine Entstehung während der Zeit der Richter. Zugegeben, es fallt nicht leicht, eine geschichtliche Situation anzugeben, die Anlaß zur Aussage in V. 8, dem Verhältnis Judas zu den anderen israelitischen Stämmen, geboten haben kann. In Jos-Jdc ist zwar die Rede von Judas hervorragender Stellung bei der Landnahme, das kann aber auch Ausdruck dtr. Restaurationstheologie

26 27 28 29

30

Vgl. z. B. Gunkel, Gen XVIII, und H. Donner, a.a. O. 52 f. Zu V. 26, siehe unten. Zu V. 3 f., siehe Seebass, a. a. O. 342 f. Siehe Cross/Freedman, a. a. O. 70; Seebass, a. a. O. 348. Meist wird V. 9 als ein formgeschichtlich ursprünglicher und alter Spruch angesehen, vgl. besonders Zobel, a.a.O. 73 — 75, der den Spruch bis ins 14. Jahrhundert zurück verlegt. Auch nach Kittel, a.a. O. 18 ist V. 9 ein echter Einzelspruch, die Tiervergleiche und die knappe Formulierung seien seine Merkmale. — Zwischen Gen 49, 9 und Num 24, 9 liegt ein bemerkenswerter Unterschied im Anwendungsbereich des Spruches: In Gen 49 wird er auf Juda angewandt; in Num 24 auf Gesamt-Israel. Daß derselbe Verfasser denselben Spruch auf zwei verschiedene Weisen angewandt hat, ist unwahrscheinlich. Daher kann man nicht, wie Seebass (a. a. O. 344), V. 9 unter Hinweis auf Num 24, 9 in die Davidszeit datieren. Der „pan-israelische" Sinn in Num 24 läßt sich einfach als eine Erweiterung eines ursprünglich stammesgeschichtlichen Gebrauchs des Spruches erklären. In diesem Fall wäre Gen 49, 9 formgeschichtlich ursprünglicher als Num 24, 9 und könnte dann auch älter sein. — V. 10 ff. wird oft als eine davidische Bildung angesehen. Siehe jedoch Seebass, a. a. O. 346 f. Die Frage muß offen bleiben. Die Behauptung Seebass, V. 8a verlange eine Erläuterung (d. h. V. 10—12), leuchtet nicht ein. Gen I, 3, 253. 257 f. Vgl. auch ältere Arbeiten wie J. Coppens, „La bénédiction de Jacob", in: Volume de congres Strasbourg 1956, 1957, 134, er äußert sich allgemein zum Juda-Orakel, siehe auch Cross/Freedman, a.a. O. 70, die eine vordavidische Entstehung für V. 8—11 annehmen: „Judahite hegemony in the south during the period of the Judges may be all that is implied".

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Formgeschichtliche Gesichtspunkte

ohne geschichtliche Verankerung in der Richterzeit sein. Im Süden war Juda führend in einem vorstaatlichen Bund der Stämme, fraglich ist nur, ob die nicht-israelitischen Gruppen dort als „die Söhne deines Vaters" bezeichnet wurden. 31 Nur wenige Forscher plädieren für eine späte Entstehung des Judaspruchs. H. Vorländer 32 argumentiert für eine Datierung in der Zeit des Exils oder der Zeit danach. Aber seine Argumente sind so unpräzise, daß ihnen kaum Gewicht zufallt. Man könnte jedoch genauer untersuchen, ob es sich bei der Rede von Judas Vorrangstellung um deuteronomistische Restaurationstheologie handelt, wie sie uns in Jos-Jdc vorliegt. M. Ottosson 33 hebt Judas zentrale Rolle bei der Landnahme und — Verteilung in der Schilderung des Dtr hervor. Groß-Judas Grenzen könnten daher eindeutig aus der Beschreibung der Eroberung in Jos 10 identifiziert werden. Ottosson weist auch auf die starke Betonung der Stelle Judas bei der Landverteilung in Jos 15 hin, vgl. ebenfalls 18, 5. Wir finden hier jedoch keine expliziten Ausdrücke einer derartigen Vorrangstellung Judas. Ein Ausdruck einer solchen Führerstellung liegt in Jdc 1, 1 ff. vor: n s a a n - V s •uV-nVsp - n ... VN-ibt TD

m

nbsr m i r r mrr - i » m nnVnb nVnm r r a p a r w i x Tiru mn Außerdem ist zu erwähnen, daß Juda hier als Individuum geschildert wird, in V. 3 Juda und Simeon als Brüder (DTIN) bezeichnet werden. Literarisch und traditionsgeschichtlich handelt es sich um einen komplizierten Text. Nach A. G. Auld 34 haben wir einen späten literarischen (und komplexen) Anhang zu Jdc vor uns, der auf Material aus Jos und Jdc aufbaue und u. a. „compensates for the scanty mention of Judah in the remainder of the book .,.". 3 5 Sowohl der auf das Individuum bezogene Sprachgebrauch wie auch Judas Teilnahme am Krieg und der gelungene 31

32

33

34 35

Siehe hierzu Donner, a.a.O. 132. Die Kalebiten sind eine dieser Gruppen, zu deren Beziehung zu Juda siehe W. Beltz, Die Kaleb-Traditionen im Alten Testament, 1974, 64ff. Trotz der relativen Selbständigkeit, die sich dieser nomadische Stamm bewahrt hatte, können er und andere so mit Juda verwandt gewesen sein, daß diese Verwandtschaft den Grund der Bezeichnung „Söhne deines Vaters" bildete. Vgl. Num 13, 6 (P). Die Entstehmgs^eit des Jehowistischen Geschichtswerkes, 1978, 304. Er weist auf Mi 5, 2; Ps 78, 68 und allgemein auf die Chr hin. Aber in Mi 5, 1 f. wird Bethlehem als eine der ¡VTltr ,DI78 beschrieben, und in Ps 78, 68 ist die Rede von der Erwählung des mir 03» II P'S in. Diese Ausdrucksweise hat nichts mit der, die wir in der StammesspruchSammlung in Gen 49 festgestellt haben, gemein. Der Judaspruch ist ganz und gar profan. „Tradition and History, with Emphasis on the Composition of the Book of Joshua", in: The Production of Time, hg. v. Jeppesen and Otzen, 1984, 95. „Judges I and History: A Reconsideration", VT 29 (1975), 276. Ebd. 285.

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IV. Genesis 27, 2 7 b - 2 9 und Kontext

Feldzug stimmen gut mit dem Judaspruch in Gen 49, 8 überein. Eine Verbindung zwischen Juda und Simeon wird dort aber nicht erwähnt, Jdc erwähnt weder einen Lobpreis (¡IT) der anderen Stämme, noch eine Anerkennung der militärischen Erfolge Judas. Von einer führenden Stellung des Stammes aufgrund dieser kriegerischen Leistungen ist nichts zu lesen. Eine gewisse thematische Übereinstimmung reicht nicht aus, um Gen 49, 8 und Jdc demselben Verfasser zuzuschreiben. Es ist üblich, den ganzen Abschnitt V. 8 — 12 als „Vaticinium ex eventu" aus „der glänzenden judäischen Königszeit" zu beschreiben. 36 Jedoch läßt sich der Text nicht ohne weiteres als ein Stück „Jerusalemer Hoftheologie" verstehen, 37 denn es herrscht keine direkte Übereinstimmung zwischen der Beschreibung der führenden Stellung Judas auf der einen Seite und den innenpolitischen Bemühungen Davids und Salomos in den geschichtlichen Berichten des AT. Juda ist zwar viel enger mit David und Salomo verbunden als Israel, wahrscheinlich hatte Juda auch weniger unter Fronarbeit zu leiden als Israel, vgl. die Liste der Verwaltungsgebiete in I Reg 4, 8f., die nur das Nordreich erwähnt. 38 Man kann auf dieser Grundlage aber nicht auf den Stamm Juda als Führer einer Koalition von Israel und Juda schließen. Die Herrscherstellung Davids und Salomos über Juda und Israel scheint eher auf den Persönlichkeiten dieser Männer zu beruhen, außerdem scheint ihnen mehr an einer Stärkung des Königtums ohne besondere Bindung an das Südreich zu liegen. 39 Wir nehmen an, daß der ganze Judaspruch spätestens in der frühen Königszeit entstanden ist, die Aussage in V. 8 kann aber bis in die vorstaatliche Zeit zurückgehen. In der Königszeit nach der Reichsteilung 36

37 38 39

So die meisten Exegeten, z. B. Zobel, a.a. O. 79, später Gevirtz, ZAW (1981), 36 f. In der Forschung hängt die Datierung von V. 8 oft von der Auslegung von V. 10 ab, besonders davon, wie man nV© auslegt. R. Martin-Achard, „A propos de la bénédiction de Juda en Genèse 49, 8 — 12 (10)", in: ders., Permanence de /Ancien Testament, 1984, 209 ff. bringt eine Ubersicht der neueren Literatur zu dieser Frage. Zobel, a. a. O. 75 f. versteht n"7W als Ortsbezeichnung, und meint daher, die Aussage müsse vor der Zerstörung Silos entstanden sein, also zwischen 1125 und 1050. Vgl. zusammenfassend ders., „Das Selbstverständnis Israels nach dem Alten Testament", ZAW 85 (1973), 289f.: Das Juda-Wort führe uns in die vorstaatliche Zeit zurück. Später hat Seebass, a. a. O. 346 eine neue Deutung vorgeschlagen, die eine Datierung in das 12. Jh. stützt. — Anders behauptet Caquot, a. a. O. 19 ff., das Wort beziehe sich auf Salomo. Donner, a.a. O. 133. Siehe hierzu nur Donner, a.a. O. 227 und S. Herrmann, Geschichte Israels, 1973, 224f. Es besteht kein Grund, an der Sonderstellung Judas im Reiche Davids zu zweifeln. Trotzdem zeigen die Bemühungen des Königs, Israel und Juda um die unabhängige Stadt Jerusalem zu vereinen, daß man nicht mit Recht von Judas Führerstellung innerhalb der Koalition sprechen kann, vgl. Donner, a.a. O. 193. 196f. Die Annahme einer „Hoftheologie", die von der Führerstellung Judas sprach, läßt sich schwerlich mit diesen Bemühungen vereinen.

Formgeschichtliche Gesichtspunkte

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ist die Entstehung der in V. 8 vorliegenden Beschreibung Judas unwahrscheinlich. Die Ähnlichkeiten mit exilischer/nachexilischer Literatur gehen nicht soweit, daß an eine Entstehung von V. 8 in diesem Zusammenhang zu denken wäre. Unserer Meinung nach haben wir Grund genug anzunehmen, daß die Rede von dem Sichniederwerfen der Brüder vielleicht in vorstaatlicher Zeit, jedenfalls zur Zeit des Großreichs als Bestandteil des Stammesspruchs verstanden wurde, als ein Element, das das innerisraelitische Verhältnis der Stämme zum Ausdruck brachte. Daß der Spruch jerusalemische „Hoftheologie" sei, halten wir für unwahrscheinlich. Wie verhält es sich in diesem Zusammenhang mit den übrigen Aussagen zum „Brüder"-Verhältnis? Dem Material lassen sich nur spärliche Auskünfte entnehmen, ein Ergebnis beruht daher auf sorgfältigem Abwägen dieser Auskünfte. Es ist umstritten, inwieweit Gen 49, 5 — 7 als Ganzes ein alter Stammesspruch ist. 40 Jedenfalls kann V. 5 für sich genommen formgeschichtlich den älteren Bestandteilen der Stammessprüche angehören. 41 Die Verse Dtn 33, 9. 24 sind wahrscheinlich spät. 42 Am interessantesten ist Gen 49, 26 // Dtn 33, 16. Wir haben hier einen allem Anschein nach traditionsgeschichtlich alten Stoff vor uns, besonders bezeugt in Dtn 33, 13—16.43 In Verbindung mit den Stammessprüchen kann der Stoff formgeschichtlich sekundär sein, die Kombination mehrerer Elemente scheint jedenfalls eine Weiterentwicklung des Themas im Hinblick auf die alten Stammessprüche anzudeuten. 44 Im Folgenden ist näher auf die Behauptung Westermanns* 5 einzugehen, ursprünglich sei der Segenswunsch über einer Einzelperson ausgesprochen worden. Der traditionsgeschichtliche, aber kaum literarische Zusammenhang zwischen den beiden Josephssprüchen in Gen 49 und Dtn 33 46 deutet allerdings an, daß der Segenswunsch und die Rede von der führenden Stellung unter „den Brüdern" feststehende Traditionselemente der mit Joseph verbundenen Sprüche waren. Wir hätten damit einen Beleg für die vorliterarische Verbindung der Vorstellung von der Führer40

Vgl. Westermann, Gen I, 3, 255; Kittel, a.a. O. 1 1 - 1 3 ; Seebass, a.a. O. 340.

41

Kittel, a. a. O. 74. 79.

42

Ebd. 4 9 - 5 1 . 87. Ebd. 54. 56.

43 44

Ebd. 79 ff. C. J. Labuschagne, „The Tribes in the Blessing of Moses", in: J. Barr u. a., Language and Meaning, 1974, 98 erklärt, (nur) die Segensworte über die Nordstämme könne man als eine Sammlung von „tribal sayings" bezeichnen. Seiner Auffassung nach wurde der Segen über Benjamin und Joseph einer Sammlung beigefügt, die sich auf sechs nördliche Stämme bezogen habe. Benjamin- und Josephssegen spiegelten eine Zeit wieder, in der die Rachelstämme die vorherrschende Stellung unter der Führung Josephs hatten. Nach Labuschagne haben wir es hier mit einer prämonarchischen Sammlung zu tun.

45

Gen I, 3, 275.

46

Vgl. Kittel, a. a. O. 54, und Westermann, Gen I, 3, 277. Vgl. auch oben, Anm. 20.

140

IV. Genesis 27, 27 b - 2 9 und Kontext

Schaft unter „Brüdern" mit den Stammessprüchen. Auch die Segensschilderung in Num 24, 7 läßt vermuten, daß das Segenselement ein traditionsgeschichtlich alter Bestandteil der Stammessprüche ist. Der Segen ist zwar kein Stammesspruch, aber der spätere Prosarahmen, V. 2, schildert das Dasein der Stämme. 47 Wie bereits erwähnt, nimmt Westermann48 an, daß der Segen im Josephsspruch ursprünglich über eine Person gesprochen wurde. Formgeschichtlich haben wir es mit einem zusammengesetzten Spruch zu tun. Im vorliegenden Kontext sind wir an der Aussage zur Stellung unter „den Brüdern" interessiert. Kann „die Stellung unter den Brüdern" ein Formelement der Segens- oder Fluchworte des Einzelnen sein, aus denen sowohl J wie die Stammesspruch-Sammlungen das Element entnommen haben? Abgesehen von den bereits erwähnten Stellen sind die poetischen Abschnitte in Gen 9, 25 und 16, 12 wichtig: 9,25: 16,12:

rnxV rrrr anns? n a » jshd i n s ptrr vnx-VD na-Vsn

Kap. 9, 25 ist formgeschichtlich ein alter „Fluchspruch". 49 Er fügt sich schlecht in den Erzählzusammenhang ein, das Orakel ist nur durch die „angehängten" genealogischen Notizen, V. 18. 22, mit dem Kontext verbunden. V. 25 schließt sich an die folgenden Verse auch nicht organisch an, vgl. das mehrfache in V. 26. 50 Die Erwähnung Kanaans in V. 26 f. geschieht stereotyp, es kann sich bei ihr um einen formgeschichtlich sekundären Zusatz zu den Sem- und Japhet-Orakeln handeln. Wahrscheinlich ist sie vor dem Hintergrund von V. 25 entstanden. Wir können keine literarkritisch relevanten Kriterien ausmachen. Demnach besteht Grund anzunehmen, daß V. 25 erst während des literarischen Stadiums in die voranstehende Erzählung und damit in den genalogischen Zusammenhang, der zweifellos die Beziehungen zwischen Völkern ausdrücken soll, eingefügt worden ist. Es ist wahrscheinlich J, der das Orakel in diesem Sinn benutzt hat. Daher ist aus dem Textzusammenhang nichts über den ursprünglichen Sitz im Leben des Fluchorakels in V. 25 zu erfahren, wir können nicht entscheiden, ob es formgeschichtlich 47

48 49

50

D. Vetter, Seherspruch und Segensschilderung, 1974, 58 ff. schreibt, daß sich die Sehersprüche in Num 23 f. an die nomadischen Stämme richteten, der traditionsgeschichtliche Ort der Sprüche sei weder das Reich Davids oder Salomos, noch die Familiensituation, sondern die Stammesgeschichte vor der Landnahme. Anders L. Schmidt, „Die alttestamentliche Bileamüberlieferung", BZ 23 (1979), 253 ff.: Der Spruch in 24, 2 b - 9 u. a. setzten das Großreich Davids voraus. Gen I, 3, 275. Vgl. W. Schottroff, Der altisraelitische Fluchspruch, 1969, 25 u. a. Zu diesem Punkt auch besonders Westermann, Gen I, 1, 644 f. Zur stilistischen Frage, vgl. Schottroff, a. a. O. 47.

Formgeschichtliche Gesichtspunkte

141

ein Fluch über einen Einzelnen, einen Stamm oder ein Volk ist. Schott r o f f 5 1 sieht den ursprünglichen Sitz im Leben der Arur-Formel in der Lebensweise der nomadischen Stämme. Der Fluch habe seine Funktion in der Rechtspraxis des Stammes gehabt, indem er „den wirksamen Ausschluß aus den Heilsbereich einer Gemeinschaft" ausgedrückt habe, er sei also eine strafende Reaktion an „gemeinschaftsschädigenden Personen" des Stammes gewesen. 52 Wie Schottroff behauptet hat, ist die Fluchformel auch in Verbindung mit Stammesaktionen belegt, „vorzugsweise im Zusammenhang der von der Stammesgemeinschaft oder einer Gemeinschaft gemeinsam handelnder Stämme getragenen Aktion des Jahwekrieges", 53 aber auch da richtet sie sich gegen einzelne Mitglieder dieser Gemeinschaft: I Sam 14, 24; Jer 48, 10; Jos 6, 26. Jdc 5, 23 ( m n 1118) ist besonders interessant, eine Gruppe wird verflucht, weil die Einwohner der Stadt nicht an einem gesamtisraelitischen Kriegszug teilnahmen. Deshalb kann man aus der Anwendung der Arur-Formel nicht die formgeschichtliche Folgerung ziehen, „die Stellung unter den Brüdern" sei ursprünglich ein Traditionselement gewesen, das ausschließlich auf den Fluch des Einzelnen bezogen war. 54 Noch schwieriger fallt es uns, darin ein völkerpolitisches Traditionselement zu erkennen. Während 9, 25 ein Fluchspruch ist, fügt sich 16, 12 in ein festes Formschema für „die Ankündigung der Geburt eines Sohnes" ein. 55 Aus den in Frage kommenden Parallelen (z. B. Jdc 13, 3 — 5; Jes 7, 14—17)56 kann allerdings nicht formgeschichtlich geschlossen werden, daß der Vergleich in V. 12 mit einem solchen Schema zusammenhängt und da seinen ursprünglichen Sitz hatte. Kittel57 hat gezeigt, daß hier eine Sprachform der sog. „(erweiterten) Vergleiche" vorliege. Sie können mündlich entstanden und tradiert sein. Entweder sind die Vergleiche nach der Schlacht der israelitischen Stämme gegen (gemeinsame) Feinde oder aus mancherlei anderen Gelegenheiten geboren worden, bei denen die Vertreter mehrerer Stämme zusammenkamen. 58 Sprecher und Angesprochene sind Stämme oder Vertreter der Stämme. Gen 16, 12 kann daher eine alte Stammesspruchtradition wiederspiegeln. Die Verbindung mit Ismael ist formgeschichtlich sekundär, durch die Aufnahme in das Formschema „der Ankündigung der Geburt eines 51 52 53 54

55 56

57 58

Ebd. 199 f. Ebd. 206 Ebd. 211. Vgl. entsprechend zur Baruk-Formel, J. Scharbert, „Die Geschichte der baruk-Formel", BZ 17 (1973), 21. Vgl. Westermann, Gen I, 2, 293. Weitere Belege bei Westermann, Gen I, 2, 293. A. a. O. 69. Ebd. 76 ff.; Westermann, Gen I, 3, 251.

142

IV. Genesis 27, 27 b - 2 9 und Kontext

Sohnes". Somit kann man nicht behaupten, das Orakel sei ursprünglich an eine Einzelperson gerichtet, oder das Orakel wurde ursprünglich zur Beschreibung völkerpolitischer Verhältnisse (das Verhältnis Israels zu nicht-israelitischen Völkern) gebraucht. Die formgeschichtlichen Überlegungen deuten eher die Entstehung des Orakels im Rahmen der Stammessprüche an. Der Jahwist hat das ursprünglich stammesgeschichtliche Orakel in einer Rede an eine Einzelperson benutzt, die im J-Zusammenhang Eponyme eines außer-israelitischen Volkes ist. Es steht allerdings noch aus, einen Text zu untersuchen, der einen Ursprung der Rede von dem Sichniederwerfen der Brüder in einem individuellen Zusammenhang andeuten könnte. Gemeint ist Gen 37. Die Verse 7 ff. bezeugen zwar einen Gebrauch dieser Redeweise in einem individuellen Zusammenhang, aber es ist doch fraglich, ob damit auch ein Gebrauch auf der vorpolitischen Ebene bezeugt ist. Das Ziel der Josephsgeschichte ist, den Aufstieg Josephs zum Großwesir von Ägypten zu erzählen, und wie sich seine Brüder vor ihm als Großwesir niederwerfen mußten. Als Weissagung dieses Geschehens gehört auch V. 8 ff. in den Rahmen des Politischen. Jedenfalls bezeugt Kap. 37 nicht einen ursprünglichen Sitz im Leben der genannten Redeweise in Segensworten über Einzelpersonen. Formelemente, die in Richtung des Segensspruches zeigen, fehlen hier. Daher können wir diesen Teil der Formuntersuchung wie folgt zusammenfassen: 1. Aufgrund der Untersuchungen der Aussage zur Stellung unter „den Brüdern" fallt es schwer, Westermanns Behauptung zu verifizieren, hier handele es sich um ein Element, das ursprünglich Bestandteil des Segens des Einzelnen innerhalb des Familienzusammenhangs sei, und dies sei dann formgeschichtlich sekundär auf die Stämme angewandt worden. In Gen 49, 25 f. und Dtn 33, 13 ff. ist die Aussage zwar mit Segenswünschen verbunden, aber den Texten ist anzumerken, daß sie überlieferungsgeschichtlich zusammengesetzte Stücke sind. Der Bezug auf ein Individuum ist nur traditionsgeschichtlich sekundär mit dem Josephsspruch durch den Rahmen in Kap. 49 verbunden. In Dtn 33 ist nur von Stämmen die Rede. In Gen 9, 25 ist die Rede von der Stellung unter „den Brüdern" organisch mit einem Fluchspruch verknüpft, und Fluchsprüche wurden nicht ausschließlich über Einzelpersonen ausgesprochen. 2. Wir finden keine formgeschichtlich ursprüngliche Anwendung des Themas von der Stellung unter „den Brüdern" auf völkerpolitische Verhältnisse. Wir können sowohl für 9, 25 wie auch 16, 12 behaupten, daß erst J ursprünglich selbständige Traditionselemente gebraucht hat, um die Beziehungen zwischen Völkern zu beschreiben. 3. Unsere Untersuchung deutet an, daß J in Gen 27, 29 ein Traditionselement aus den Stammessprüchen übernommen hat, das ursprünglich die Verhältnisse der israelitischen Stämme zueinander beschrieben hat. J

Datierungsmäßige Folgerungen

143

benutzt diese Stammesspruchthematik in seiner Erzählung, jetzt aber nicht, um die Beziehungen innerhalb der Stämme Israels zu beschreiben, sondern um Aussagen über das Verhältnis Gesamt-Israels zu außerisraelitischen Völkern. Jakob und Esau sind, wie schon gesagt, als Eponyme für Israel und Edom zu verstehen. Man kann von einer „Pan-Israelifizierung" der Stammesspruch-Thematik sprechen. — Einem ähnlichen Gebrauch der Traditionselemente bei J sind wir auch in 9, 25 und 16, 12 begegnet. Während die Aussage in 27, 29 aßy eine alte Stammesspruchtradition wiederspiegelt, ist V. 29 aa kaum vorliterarisch, sondern stammt von J selbst. Das geht aus dem folgenden hervor: In V. 29 wird Israels Verhältnis zu anderen Völkern fast dem Bild entsprechend geschildert, das die Stammesspruchtradition vom Verhältnis eines israelitischen Stammes zu anderen Stämmen zeichnet (die Rede von der Stellung unter „den Brüdern"). Diese Verwendung der Tradition im Hinblick auf Beziehungen Ganz-Israels zu anderen Völkern vollzieht sich durch V. 29 aa, und das ist im Hinblick auf die Tradition neu. V. 29 aßy sagt an sich nur dasselbe aus, was wir auch für die Stammesspruch-Tradition gefunden haben. Man kann deshalb annehmen, daß V. 29 aa keine Tradition ist, sondern auf J zurückgeht. Er hat das Stück wahrscheinlich in den Zusammenhang aufgenommen, um seine „Pan-Israelifizierung" der Stammesspruchthematik durchzuführen.

IV.3. DATIERUNGSMÄSSIGE FOLGERUNGEN

Wann kann die in dem vorhergehenden Kapitel dargestellte „PanIsraelifizierung" stattgefunden haben? Mit dieser Frage beschäftigen wir uns in diesem Kapitel. Die „Pan-Israelifizierung" der alten Stammesspruchthematik, die wir bei J in Gen 27, 29 gefunden haben, dürfte am ehesten in einer Zeit geschehen sein, in der das Stammesbewußtsein in Israel noch ein politisch und kulturell wirksamer Faktor war. Ein Autor, der die Spannungen zwischen den Stämmen ausgleichen und zugleich die politisch-militärische Oberherrschaft ganz Israels über die Nachbarvölker betonen wollte, könnte die Stammesspruchthematik umgedeutet haben. Er formte die Stammessprüche, die die Herrschaft eines Stammes über die übrigen israelitischen Stämme zum Thema hatten, so um, daß sie jetzt zu dem Verhältnis Ganz-Israels zu nicht-israelitischen Völkern passen. In der Richterzeit war die Stammesgemeinschaft offenbar ein wesentlicher politisch-kultureller Faktor. Diese Periode war auch von Konflikten der Stämme untereinander geprägt. 1 Nach Salomo ist kaum mehr 1

Zeugen der relativ selbständigen Existenz der Stämme vor der Staatenbildung sind Jdc 5, Gen 49 und Dtn 33, siehe hierzu H. Donner, Geschichte des Volkes Israel und seiner Nachbarn in Gründungen, 1984, 130 ff. Zum Leben der Stämme vgl. auch S. Herrmann,

144

IV. Genesis 27, 27 b - 2 9 und Kontext

mit dem Stammesbewußtsein als politisch-kulturellem Faktor zu rechnen, die innenpolitischen Maßnahmen, hauptsächlich die, die unter König Salomo eingeleitet wurden, haben es wohl ausgelöscht. 2 Die Verhältnisse zur Zeit des davidisch-salomonischen Großreichs sind der wahrscheinlichste geschichtliche Sitz im Leben dieser Umgestaltung der Stammesspruchthematik. Das in Gen 27 angedeutete Verhältnis kann also anzeigen, daß der Verfasser des Isaaksegens in Gen 27 in der Epoche des Großreichs zu suchen ist. Man sollte die Abfassungszeit nicht allzu spät in der Regierungszeit Salomos suchen. Hier lohnt es sich, andere Stellen, die die Stammesspruchthematik aufgreifen, heranzuziehen, die beiden Sammlungen in Gen 49 und Dtn 33 sowie Num 24. Das Alter der beiden Sammlungen ist schwer zu bestimmen. Diejenige in Dtn 33 geht vielleicht nur auf einen dtr. Redaktor zurück. Von der Sammlung in Gen 49 hat man angenommen, allerdings ohne überzeugende Gründe zu bieten, daß sie J's Werk sei. 3 Sie kann als solche schon vorstaatlich sein. Aber erst in dem P-Text 4 finden sich deutliche Zeichen, die eine Einfügung in den Erzählzusammenhang des Pentateuch andeuten. Erst dtr. Verfasser haben Dtn 33 mit dem übrigen Dtn verbunden. 5 Die redaktionellen Rahmen zeigen, daß wir Sammlungen vor uns haben, die relativ spät in den Erzählzusammenhang aufgenommen wurden, also zu einer Zeit, als dem Stammesbewußtsein keine politische Rolle mehr zukam. Auch in diesen Sammlungen begegnen wir einer „Ganz-Israel-Konzeption", sie kommt in Gen 4 9 , 2 . 2 8 und Dtn 33,2 — 5.26 — 29 zum Ausdruck. 6 Diese Einheit der zwölf Stämme wird aber gerade durch eine Zusammenstellung solcher Sprüche, die den einzelnen Stamm beschreiben, dargestellt. Innerhalb dieser „Gesamt-Israel-Konzeption" wird z. B. Juda

2

3 4 5 6

Geschichte Israels, 1973, 147 ff. Jdc 19—21 bezieht sich wahrscheinlich auf einen Konflikt zwischen den israelitischen Stämmen, vgl. A. D. H. Mayes, „The Period of the Judges ...", in: J. Hayes und J. M. Miller, Israelite and Judaean History, 1977, 319. Obwohl stammesgesellschaftliche Institutionen auch noch nach der Zeit des Großreichs bestanden, bedeutet das kein selbständiges Auftreten der Stämme nach dieser Periode, sie gehörten zu Israel oder Juda. Siehe H. Tadmor, „Traditional Institutions and the Monarchy: Social and Political Tensions in the Time of David and Salomon", in: Studies in the Period of David and Salomon, 1982, 239 ff. zu politischen und militärischen Einrichtungen der Stammesgesellschaft. Nach Donner, a.a.O. 152 wurden die Stämme nach ihrem Seßhaftwerden mehr und mehr zu einer Fiktion ohne praktische Bedeutung. Siehe oben S. 132. Siehe oben S. 132, besonders die Arbeit von Schmitt, S. 198. Siehe oben S. 134. Vgl. N. K. Gottwald, The Tribes of Yahweh, 1980, 116: „The tribal blessings ... are in their very nature uncentralized. They are ,all-Israelite' only in the secondary sense that they catalogue, when taken together, a series of blessings upon all the member groups of united Israel".

Datierungsmäßige Folgerungen

145

als Führer seiner „Brüder" angesprochen. Es ist keine Rede davon, daß die Sonderstellung eines Stammes im Bund der Stämme auf das Verhältnis Gan2-Israels zu nicht-israelitischen Völkern umgedeutet wird. Weder diese Sammlungen noch ihr Rahmen bezeugen eine solche „Pan-Israelifizierung" alter Stammessprüche, wie wir sie in Gen 27, 29, wohl auch in 16, 12, gefunden haben. Israels Beziehung zu außerisraelitischen Völkern kommt in den beiden Sammlungen ebenfalls zum Ausdruck. Gen 49,8—12 spricht von der Macht Judas über Feinde außerhalb Israels. Auch in Dtn 33, 7 wird Judas Verhältnis zu nicht-israelitischen Feinden und zu den anderen Stämmen behandelt. Dtn 33, 17 spricht von Ephraims großer Macht über Feinde von außerhalb. Wir unterstreichen hier, daß der (erfolgreiche) Kampf gegen die Bedroher immer als ein Kampf des einzelnen Stammes gedacht ist, — auch wenn er von allen israelitischen Stämmen geführt wird. Einer „Pan-Israelifizierung" wie bei J in Gen 27 begegnen wir aber hier nicht. Wir wenden uns Num 24 zu. V. 9 stimmt fast wörtlich mit Gen 49, 9 überein. Mehrere Forscher sehen in dem Bileam-Spruch einen J-Text, 7 obwohl in den letzten Jahren Zweifel gegen diese Sicht vorgebracht worden sind. 8 Nach allgemeinem Konsens haben wir es auch hier mit einer traditionsgeschichtlich sekundären Anwendung der Stammessprüche auf ganz Israel zu tun. 9 A. Caquot10 behauptet zwar, es sei unmöglich zu entscheiden, ob Gen 49, 9 Reproduktion eines alten Stammesspruchs sei, oder ob die beiden Stellen von zwei Dichtern geschaffen wurden, die dasselbe „Repertoire" kannten. Die Frage nach der Herkunft der Tradition ist damit aber noch nicht gelöst. Num 24 selbst zeigt das Stammesleben an, vgl. die Erwähnung der Stämme im Prosarahmen (J?) V. 2. — Demnach hat J vielleicht dort eine ähnliche „Pan-Israelifizierung" vorgenommen wie in Gen 27 und 16, 12. Auch Gen 48 hat offenbar das Verhältnis der Stämme zueinander zum Thema, V. 17 — 19 ist wahrscheinlich J's Werk. 11 Ephraim hat hier Vorrang vor Menasse. Dies ist aber nicht exklusiv zu verstehen, der Unterschied ist quantitativ, nicht qualitativ, er bezieht sich auf die Größe des Stammes, nicht auf die Herrschaft des einen über den anderen.

7 8

9 10

11

Vgl. Schmidt (siehe Kap. IV.2, Anm. 47) 253 ff. W. Gross, Bileam, 1974, 147. 325 behauptet, daß erst der Prosarahmen des Spruchs die Verbindung der Einheit mit der ganzen Erzählung ermöglicht habe. Spuren, die auf J hinweisen könnten, findet er nicht (S. 330). Westermann, Gen I, 3, 260. Schmidt, a. a. O. 253. „La parole sur Juda dans le testament lyrique de Jacob (Genèse 49, 8—12)", Sem. 26 (1976), 17. Siehe oben S. 132.

146

IV. Genesis 27, 27 b - 2 9 und Kontext

Der im vorigen Kapitel dargestellte Gebrauch des Jahwisten der traditionellen Stammesspruchthematik in Gen 27, 29 deutet auf eine Entstehung des Texts in der frühen Königszeit hin, in der davidischen oder früh-salomonischen Regierungszeit. Eine entsprechende literarische Aktivität haben wir in dem jahwistischen Gen 16, 12 und in dem — wenn auch ungesicherten — jahwistischen Num 24, 9 festgestellt.

V. Genesis 28, 10 — 22 und der Kontext V.l. LITERARKRITISCHE ANALYSE VON GEN 28, 1 0 - 2 2

a) Forschungslage

und

Problemstellung

Zu Gen 28, 10 — 22 liegen mehrere literarkritische Analysen vor. 1 Die Mischung der Perikope aus J- und E-Stoff wird kaum bestritten. Allgemein werden die Verheißungen V. 13 — 15 J zugeschrieben. Der Text ist durch die Verheißung der Segensvermittlung, V. 28.14 b*, eng mit 12,1—3 verwandt. Die Verse 11 f. 17 f. 20 — 22 gelten traditionell im wesentlichen als EText, während die Verse 13 — 16. 19 J zugeschrieben werden. Seit Beginn der Literarkritik haben der Wechsel der Gottesnamen, 2 das Nebeneinander von Verheißung, V. 13 — 15, und Jakobs Gelübde, V. 20 ff., 3 die Spannung zwischen der Offenbarung in V. 12 und der in V. 13a, 4 Jakobs zweimalige Erkenntnis der Heiligkeit der Stätte, V. 16 und V. 175 als Kriterien für eine solche Scheidung gegolten. Man hat auch darauf hingewiesen, daß V. 13 — 16 sachlich den E-Zusammenhang unterbreche. 6 Seit jeher hat man also gemeint, „zwei, ziemlich gut erhaltene Berichte" 7 aussondern zu können, und zwar so, daß der E-Bericht nahezu vollständig vorliege, während der J zugehörige Teil nur als ein großes Fragment erhalten sei. 8 Neuere Arbeiten haben diese Einteilung, mit der gleichzeitig auch die Zusammensetzung von 28, 10 — 22 aus zwei ursprünglich selbständigen Quellen gegeben ist, übernommen und begründet. 9

' Eine Übersicht über die literarkritischen Standpunkte der älteren Literatur bei A. de Pury, Promesse divine et légende cultuelle dans le cycle de Jacob, 1975, 33 ff. Anm. 5. 2 Vgl. Wellhausen, Composition 30; Gunkel, Gen 316. 3 Vgl. Gunkel, a.a.O. 316f. 4 Ebd. 316. 5 Ebd. 317. 6 Vgl. Wellhausen, a. a. O. 30. 7 Vgl. Gunkel, a.a.O. 317. 8 Vgl. Wellhausen, a. a. O. 32. ' Vgl. E. Otto, „Jakob in Bethel", ZAW 88 (1976), 1 6 7 - 7 0 ; de Pury, a.a.O. 45; vgl. ebenfalls zusammenfassend K. Jaros, Die Stellung des Elohisten %ur kanaanäischen Religion, z 1982, 101 f., mit Literatur Anm. 1 und 2, und dazu G. Fohrer u. a., Exegese des Alten Testaments, 3 1979, 175. 203. 206.

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V. Genesis 28, 10—22 und der Kontext

P. Vol^ (1933) 10 hat die Quellenscheidung in eine J- und eine EQuelle angefochten. Seiner Auffassung nach handelt es sich um einen einheitlichen J-Text. Er hat aber wenig Anhänger gefunden. Dagegen haben einzelne Forscher, die zwar daran festhalten, daß der Text literarisch heterogen sei, eine „Ergänzungshypothese" aufgestellt. Sie rechnen mit redaktionellen Zusätzen zu einem ursprünglichen Text. A. Jepsen (1953/ 54) 11 behauptet, die V. 13 aß. 14. 15 b. 16 aß. b. 19 b seien eine jahwistische Erweiterung einer vorjahwistischen Kultlegende aus Bethel. F. V. Winnett (1964) arbeitet mit einer eigenartigen „Ergänzungstheorie" und sieht in V. 13 — 15 einen Einschub, der von „Late J " stamme, eingesetzt in den Kontext einer älteren Schicht. Diese Schicht gilt für Winnett aufgrund des Gottesnamens Jahwe in V. 16. 21 als jahwistisch. 12 H. H. Schmid (1976) behauptet seinerseits, bei den V. 13 — 15 handele es sich um eine Bearbeitung einer alten, vorjahwistischen (und wohl auch vorisraelitischen) Kultlegende. Einen „Elohisten" sieht er nicht am Werk. 13 Nach C. Westermann (1978) sind die V. 1 0 - 1 2 . 15. 1 6 - 1 9 J-Bericht, und die übrigen Teile spätere Bearbeitungen dieses J-Bestandes. 14 — H. C. Schmitt (1980) vertritt eine fast gegensätzliche Auffassung: Der älteste Textbestand sei elohistisch, während eine spätere „jahwistische" Redaktionsschicht in den V. 13 — 16. 21 b zu finden sei. 15 Entsprechend behauptet F. Langlamet (1977), 16 daß zumindest V. 15 auf eine spätere Redaktion zurückgehe, wahrscheinlich aber auch V. 14 und 13 b. Eine Ergänzungshypothese wird auch von R. Rendtorff (1982) 17 vertreten. E. Blum (1984) 18 schließt sich ihm darin aufs engste an. Rendtorff geht von einer Strukturanalyse aus und meint, auf dieser Grundlage den Schluß ziehen zu können, es lägen keine parallelen Fäden vor, sondern V. 13 — 15 und V. 20—22 seien sekundäre Bearbeitun-

P. Volz/W. Rudolph, Der Elohist als Erzähler. Ein Irrweg der Pentateuchkritik?, 1933, 72-78. 11 „Zur Überlieferungsgeschichte der Vatergestalten", WZ(L).GS (1953/54), 280. 12 „Re-examining the Foundations", JBL 84 (1965), 9. '3 Der sogenannte Jahwist, 1976, 120. 14 Genesis. BKAT 1,2, 550 ff. 15 Die nichtpriesterliche Josephsgeschichte, 1980, 104—107. 16 Bespr. V. A. de Pury, Promesse ..., RB 84 (1977), 431 ff. 17 „Jakob in Bethel. Beobachtungen zum Aufbau und zur Quellenfrage in Gen 28, 10—22", ZAW 94 (1982), 511 ff. 18 Die Komposition der Vätergeschichte, 1984, 7 ff. 19 Auch andere Arbeiten beschäftigen sich mit der Struktur von Gen 28, 10 ff. Ihr Beitrag zur Frage der Vorgeschichte unseres Textes ist jedoch verhältnismäßig gering: Vgl. J. P. Fokkelman, Narrative Art in Genesis, 1975; aber auch R. Couffignal, „Le songe de Jacob", Bib. 58 (1977), 342ff., und H. J. Lundager Jensen, „Reden, Zeit und Raum in Genesis 28, 10—15", Linguistica Biblica 49 (1981), 54 ff. der zwar auf der diachronen Ebene einen uneinheitlichen Text voraussetzt, aber im Hinblick auf sein Anliegen bei der Textanalyse davon ganz absehen kann (57 f.).

10

Literarkritische Analyse von Gen 28, 10—22

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Ein anderes in der Forschung diskutiertes Thema ist die literarische Einheitlichkeit der Gottesrede in V. 13—15. Wir haben bereits erwähnt, daß Jepsen20 die Beistandsverheißung V. 15 a einer vorjahwistischen Kultlegende zurechnet, während V. 13 f. 15 b der jahwistischen Bearbeitung angehöre. E. Otto (1976)21 gelangt zu demselben Resultat. J. Hoftij^er (1956)22 sieht in der Bethelgeschichte eine Erzählung aus einem Zyklus, der von Jakobs Wanderungen hin und zurück nach Paddan-Aram erzählte. V. 15 gehöre hierhin, V. 13 f. dagegen zu einer späteren redaktionellen Bearbeitung. H. Seebass (1966) hält dagegen die Landverheißung V. 13 für eine alte Überlieferung, da sie sich seiner Auffassung nach nur auf die Umgebung von Bethel beziehe. 23 Im übrigen nimmt er für die Verheißungsrede V. 13 — 15 einen nach-jahwistischen Wachstumsprozeß an. 24 C. Westermann25 unterscheidet zwischen jahwistischem und nach-jahwistischem Material, V. 15aba stamme von J, V. 13 f. 15 bß seien spätere Zusätze. Das Hauptargument besteht darin, daß V. 15 der Situation in V. 10 ff. entspreche, während V. 13 f. 15 bß eine Anhäufung von Verheißungen wie in 26, 3 — 5. 24f. enthalte. /. A. Emerton (1982)26 argumentiert dementsprechend, V. 14 sei sekundär, und fügt hinzu, daß V. 14 den späten Kap. 13, 16 gleiche. R. Rendtorff (1977)27 geht in seiner Argumentation für eine spätere Hinzufügung von V. 13 f. zu V. 15 von der Verbindung mit dem Kontext aus. E. Blum (1984)28 weist V. 13 a ß - 1 4 und V. 15 verschiedenen Überlieferungsschichten zu. V. 14 a habe auf jeden Fall schon vor einer Hinzufügung von V. 15, den er als eine D-Bearbeitung ansieht, vorgelegen. Aller Wahrscheinlichkeit nach gelte dies auch für mehrere Elemente in V. 13.

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A. a. O. 280. A.a.O. 178. Die Verbeißungen an die drei Erzväter, 1956, 16 f. Der Erzvater Israel, 1966, 23 (entsprechend auch de Pury, a.a. O. 206 f. u. a. Nur V. 14 sei ein jahwistischer Zusatz zu dem alten Jakob-Zyklus, behauptet de Pury) und ders., „Landverheißungen an die Väter", EvTh 37 (1977), 212. Seebass behauptet später, V. 14 a sei ein späterer Zusatz, V. 14 b nicht, denn die V. 13. 14 b gelten nur Jakob, V. 14 a gilt Jakob aber als „corporate personality", vgl. ders., „Gehörten Verheißungen zum ältesten Bestand der Vätererzählungen?", Bib. 64 (1983), 196. Er fragt hier nach der ältesten Tradition, es ist jedoch unklar, wie seine Frage methodisch zu verstehen ist im Vergleich zur Frage nach den literarischen Schichten. Meint Seebass (197), daß nur die ältesten Traditionselemente auf J zurückgehen und die jüngeren nicht? A.a.O. 551. „The Origin of the Promises to the Patriarchs in the Older Sources of the Book of Genesis", VT 32 (1982), 22 f. Das überlieferungsgeschichtliche Problem des Pentateuch, 1977, 54, vgl. ZAW 1982, 513. 518 f. A.a.O. 158ff.; 163.

150

V. Genesis 28, 1 0 — 2 2 und der Kontext

Heute gilt als breiter Konsens, daß in 28, 10 — 22 verschiedene literarische Schichten enthalten und jedenfalls Teile der Verheißungsrede V. 13 — 15 jahwistisch sind. Uneinigkeit herrscht über die Abgrenzung und die Selbständigkeit bzw. Abhängigkeit des jahwistischen Textes gegenüber dem „elohistischen" Text. Drei Fragen sind zu klären: 1. Läßt sich in 28, 10 — 22 eine ursprüngliche, selbständige J-Schicht nachweisen, oder sind die J-Elemente Teil einer späteren, redaktionellen Bearbeitung eines vorgegebenen, elohistischen Textes? 2. Ist die Gottesrede V. 13 — 15 literarisch einheitlich oder setzt sie sich aus mehreren Schichten zusammen? 3. Gibt es in der J-Schicht Anzeichen, die auf eine Früh- oder Spätdatierung dieser Schicht hinweisen? In der folgenden literarkritischen Analyse beschäftigen wir uns hauptsächlich mit den beiden ersten Fragen. b) Literarkritische

Analyse

Ein wesentliches Kriterium der literarkritischen Analyse von 28, 1 0 - 2 2 ist mit dem Verb p1? V. 11 verbunden. A. J. Björndalen 29 hat auf das anscheinend zu späte Vorkommen der nachfolgenden Verben im Verhältnis zu pV aufmerksam gemacht. Wir untersuchen dieses Verhältnis: r"? G-St. kommt mehrmals vor, und die Stellen lassen sich folgendermaßen gruppieren: 1. V1? in einer Narrativreihe (also in retrospektivem Gebrauch) mit menschlichem Subjekt zur Beschreibung einer Handlung oder eines Zustandes, der die ganze Nacht bis zum nächsten Morgen dauert. Daß fV eine solche Handlung oder einen solchen Zustand bezeichnet, geht aus den folgenden Verben bzw. Präpositionsverbindungen hervor: 1j?aa ... aatm ... U ^ / I p a a 1»1pn, Gen 24, 54; 31, 54; vgl. Jos 6, 11; 8, 9; Jdc 19, 4. Kinn n y ? a , Gen 32, 14 (der folgende Narrativ beschreibt zweifellos ein Ereignis, das erst am nächsten Tag, nicht im Lauf der Nacht, eintraf); vgl. auch Jos 8, 9. — Nicht retrospektiv, aber mit der erwähnten näheren Bestimmung, steht das Verb in Num 22, 8; II Sam 17, 16; 19, 8; Ruth 3, 13; Ps 30, 6. In Jos 4, 3 steht p1? mit nV?H in einem Relativsatz, der sich auf bezieht: „da, wo man übernachtet". 2. ohne nähere Bestimmung, die eine Dauer bis zum nächsten Morgen angibt, aber trotzdem ein „Übernachten" ausdrückt, steht an folgenden Stellen: Gen 24, 23. 25; Jdc 19, 10. 11. 13. 15. 20; II Sam 17, 8; Jes 21, 23; 65, 4; Jer 14, 8; Joel 1, 13; Hi 24, 7; 31, 32; (17, 2; 19, 4;) Neh 29

In einem Brief an den Verfasser, datiert 17. Juni 1983. Er legt Wert darauf, daß f 1 ? offensichtlich eine Handlung oder einen Zustand bezeichnet, der die ganze Nacht andauert.

151

Literarkritische Analyse von Gen 28, 10—22

13, 20. 21; vgl. auch Neh 4, 16; Ruth 1, 16. In Hi 29, 19 ist pV in bezug auf Tau, der nachts auf den Feldern liegt, gebraucht, und in Jos 3, 1 steht pV, um das Übernachten zu beschreiben, ehe man (am nächsten Morgen) weiterzieht. 3. An einigen Stellen steht pV für wohnen, sich aufhalten, verweilen: Jes 4, 14; (Zeph 2, 14;) Sach 5, 4; Ps 25, 13; 55, 8; (Hi 39, 9; 41, 14;) Ps 49,13. Die beiden letzten Gruppen zeigen, daß p1? einen andauernden Zustand oder eine Handlung auch ohne Angabe der Dauer beschreibt, ein Ubernachten bis zum nächsten Morgen. 4. Mehrmals steht p1? in Prohibitiven in bezug auf Gegenstände, um auszudrücken, daß etwas nicht über Nacht bleiben soll. Das geht aus der Zusatzbestimmung " l p a - V n » hervor: Ex 23, 18; 34, 25; Lev 19, 13; Dtn 16, 4. In Dtn 21, 23 steht es ohne eine solche Zeitangabe, gemeint ist aber trotzdem ein Verweilen bis zum nächsten Morgen. Dem Verfasser genügt das Verb, um eine solche Handlung zu beschreiben. 5. Im Zusammenhang mit Gen 28, 11 sind die Stellen besonders interessant, an denen pV mit einem nachfolgenden VS/NS verbunden ist, der offensichtlich ein Geschehen während der Nacht beschreibt. Wir untersuchen jetzt, welche Handlungen diese Sätze beschreiben, und wie sie mit den pV-Sätzen verbunden werden:

Gen 19,2:

... DroVm onnDwm dd^-i ixmi irVi... *o nio

Hier stehen drei Imp + rv'qatal — x, die nach „Begehrungsformen" 30 eine Folge ausdrücken können. In einer Narrativreihe würde p m im Verhältnis zu p1? zu spät erscheinen, vorausgesetzt, p1? meint ein Übernachten, und 1>rn ein Sich für die Nacht Waschen. Hier liegen jedoch Modalsätze vor, und es wird sprachlich nicht ausgedrückt, daß die Aussage einen Ablauf mehrerer aufeinanderfolgender Taten beschreibt, p*7 kann vor f m stehen, weil ein „Übernachten" einschließt, daß man sich für die Nacht wäscht. Gen 32, 22 f.: V. 22 a:

v. 22 b:

TIS- 1 ?» nman "I35?m

ninaa «nn-nW:: f? Nim

V. 23 a: NW in V. 22 b kann als Partizip verstanden werden. Wir haben dann einen Hai-Satz vor uns, der einen Nebenumstand schildert, der zeitlich mit der Haupthandlung parallel ist: 31 „Die Knechte zogen voraus, während er im Lager übernachtete". fV kann auch als SK aufgefaßt werden, bildet also in diesem Fall einen Satz mit der Formation w=x — qatal. Der Satz 30 31

Vgl. E. Kühr, Die Ausdrucksmittel Ebd. 12.

der konjunktionslosen

Hypotaxe,

1929, 45.

152

V. Genesis 28, 1 0 - 2 2 und der Kontext

unterbricht eine Reihe von Progressen, und drückt einen Gegensatz aus, oder „dient zu ... zwischen im Vordergrund erzählenden Partien eingeschobenen Hintergrundschilderungen", 32 die Bedeutung entspricht dann ungefähr der eines Partizips. V. 23 leitet eine weitere Narrativreihe ein. Sie schildert etwas, das sich auch XIHH n W l vollzog, ist aber nicht Teil der vorhergehenden Reihe der Progresse. Im Hinblick auf V. 23 a ist V. 22b eine „Hintergrundschilderung" 33 , oder gibt einen Nebenumstand an: Während der Nacht, die Jakob im Lager verbrachte, stand er auf und setzte seine Familie über den Fluß. Die vorliegende syntaktische Konstruktion erlaubt also eine sinnvolle Übersetzung von mit „die Nacht verbringen, übernachten". jdc 18,2f.: v. 2:

öw irV"-! r ^ a rva—T» n-nas—in ixa"! v. 3: ... Vip-nx r r s n nam n^a rva-os nan Die Narrativreihe wird nach dem 'pV-Satz in V. 2 unterbrochen: „Sie kamen nach nD , 0 JV3 und blieben da über Nacht." Dann liegt ein NS und ein VS ( w = x — qatal) vor. Die Reihe von Progressen wird durch einen Rückgriff (Regress) unterbrochen; 34 und wie es zum Übernachten in IVa 713*72 kam, wird im Plusquamperfektum geschildert.

jdc 19, 9:

... i n a anöstpn1? "pa^ atr-n ns p1?

Zwei modale Aussagen (Imp. + w'jiqtol LF — x) werden von einem Satz mit der Formation nfqatal — x, der wohl eine Folge ausdrückt, fortgesetzt. 1Ü1 beschreibt einen Zustand, der das Übernachten begleitet. Das folgende DDtt? + i n a zeigt, daß pV als Verweilen bis zum nächsten Morgen verstanden wurde. Ein analoger Fall liegt in V. 6 vor. II Sam 12, 16:

¡"13*18 3 3 n l^l N31 ... "TH D2n ... "TH » p a ^

Ab V. 15 kommt eine Narrativreihe vor, die den perfektischen Aspekt ausdrückt, also individuelle vergangene Sachverhalte bezeichnet (auch dauernde Sachverhalte können als individuelle bezeichnet werden). Diese Reihe, die in V. 17 wieder aufgenommen wird, wird durch mehrere Sätze der Formation w=qatal — x in V. 16 b unterbrochen. Dadurch wird der imperfektische Aspekt ausgedrückt, also Handlungen, die sich wohl ständig wiederholten, während David betete und fastete (iterativ): Er pflegte hineinzugehen, er pflegte zu übernachten, er pflegte auf der Erde zu liegen. pV und aDB? sind retrospektiv gebraucht, aber nicht um den Verlauf abgeschlossener Handlungen zu schildern. Das letzte Glied kann daher als 32

33 34

Vgl. W. Gross, „Otto Rössler und die Diskussion um das hebräische Verbalsystem", BN 18 (1982), 65. Ebd. 64. Ebd. 64 f.

Literarkritische Analyse von Gen 28, 10—22

153

Schilderung seiner Übemachtungsweise verstanden werden: Er pflegte nämlich auf der Erde zu liegen. I Reg 19, 9: V. 9 a: V. 9 b:

DW jVn m s a r r V N DttriWI V? vVn mrr—-m nim

V. 9 b beschreibt eine Begebenheit, die sich im Lauf des Übernachtens zutrug. Die Narrativreihe, die den Verlauf abgeschlossener Einzelhandlungen beschreibt, wird in V. 9 b durch Hin) + NS unterbrochen. Syntaktische Mittel zeigen an, daß jetzt von dem, was während des Übernachtens geschah, die Rede ist. Das nächtliche Geschehen ist mit V. 19 beendet. Der nächste Narrativ berichtet, daß Elia wegging. Der Verfasser hat eine Mitteilung, daß Elia am nächsten Morgen aufgebrochen ist, für überflüssig gehalten, er muß gemeint haben, das gehe aus dem Gebrauch von pV und der syntaktischen Konstruktion in V. 9 hervor. Dann liegt hier ein Beleg vor, der darüber Aufschluß gibt, daß der Verfasser p1? als ein Übernachten bis zum nächsten Morgen versteht: Will er nächtliche Ereignisse schildern, unterbricht er die Narrativreihe. Hiernach bezeichnet p*7 offensichtlich ein Geschehen, das eine Nacht bis zum nächsten Morgen dauert. (Unter Pkt. 3 werden Stellen angeführt, wo p*7 mehrere solcher Übernachtungen bezeichnet.) An mehreren Stellen steht p*7 in Texten, die retrospektiv eine Reihe abgeschlossener Handlungen erzählen, hier stehen nach p*7 immer Worte, die vom Geschehen am nächsten Morgen berichten. Bezeichnenderweise unterbricht der Verfasser die Narrativreihe, wenn er retrospektiv erzählt, was im Lauf der Nacht geschah, I Reg 19, 9; Jdc 18, 2 f. In Gen 28, 10 ff. enthalten die V. 10—12 a eine Narrativreihe, die nur von dem /fe'-Satz in V. 11 unterbrochen wird. Die Narrative beschreiben retrospektiv eine Reihe von Einzelhandlungen, die als abgeschlossen betrachtet werden. Nach dem Satz mit p1? schildern die beiden Sätze ... np v l ... DBP1 die Vorbereitung einer Übernachtung. Sprachlich ist dem Text nicht zu entnehmen, daß die Sätze einen Regreß oder eine Explikation ausdrücken; so fungiert der ki-Satz nicht, er begründet nur den mit pV konstruierten Satz, und er führt zu einem Einschnitt vor dem nächsten Narrativ. Nach pV mit der bereits erwähnten lexikalischen Bedeutung erscheinen die folgenden Sätze, also V. 11 aß. y , als zu spät, sie schildern die Vorbereitung zur Übernachtung in einer Narrativreihe, die bereits die ganze Übernachtung berichtet hat. Der Schluß, zwischen V. 11 aa und V. 11 aßy existieren eine literarkritisch relevante Spannung, die die beiden Teile verschiedenen Schichten zuweist, liegt nahe. 35 35

O. Procksch, Gen 171, schreibt V. 11 aa, (Dip>03 B1D-1) und V. 11 b E zu, V. 11 aa 2 (|Vn B»wn DD) dagegen sieht er als einen jahwistischen Rest an, der eine Variante zu V.

154

V. Genesis 28, 1 0 - 2 2 und der Kontext

3DB? in V. I I b bedeutet „sich schlafen legen, schlafend liegen".36 Damit ist wieder ein Übernachten gemeint, wohl in seiner Anfangsphase (vgl. Gen 19, 4; II Sam 11, 9). Aber in einer Narrativreihe, die Progresse ausdrückt, steht dieser Satz wohl auch zu spät im Hinblick auf den Satz mit l"1*?; er gehört hingegen eng mit den beiden voranstehenden Sätzen in V. 11 aßy zusammen. — Der nächste Narrativ, V. 12 a, beschreibt nicht mehr das Übernachten, er erzählt, was während dieser Übernachtung geschah. Semantisch dürfte ein Narrativsatz mit oVn nach pb, auch wenn dieser Gebrauch nicht belegt ist und die alttestamentlichen Verfasser sonst immer syntaktische Hinweise auf ihr retrospektives Berichten von Ereignissen während der Übernachtung geben, keine Schwierigkeiten bereiten. Am besten fügt sich der Satz jedoch an das unmittelbar Vorhergehende an. Wir können annehmen, daß V. 11 aß. y . b. 12 derselben Schicht angehören. Andererseits kann die Narrativreihe V. 10—11 aa ohne Probleme als einheitlich verstanden werden. 37 Wir müssen hier fragen, ob mit den V. 12—13 literarkritische Kria u f der „Himterien verbunden sind. 38 In V. 12 steigen die ÜTlVg 39 40 melsleiter" auf und ab. Westermann hat darauf hingewiesen, daß dieses Wortpaar streng von dem singularischen MIR "[NVÜ ZU unterscheiden ist, ersteres entspricht ¡TnV^ vgl. Hi 1 , 6 ; 2, 1, und den himmlischen Wesen in Jes 6. 41 I T , das sonst nie mit "^N1?» als Subjekt vorkommt,

36 37

38

39 40 41

I I b sei. De Pury, a. a. O. 36 widerspricht der Auffassung Prockschs, aber auf die Spannung, die durch den Gebrauch von y1? in V. I I a entsteht, geht er nicht ein, indem er schreibt, „les divers éléments ne font que souligner l'unité du verset" und hervorhebt, daß der ki- Satz das Zufallige an der Wahl des Übernachtungsortes betont. Vgl. Gesenius-Buhl, Handwörterbuch, 825. Es besteht kaum Grund, eine Spannung zwischen V. I I a und V. 10b: m m "|V*I, anzunehmen, als ob letzteres impliziere, Jakob sei bereits vor den Ereignissen in V. 11 nach Haran gekommen, vgl. auch de Pury, a. a. O. 36, und Fokkelman, a. a. O. 47 Anm. 1. Der überwiegende Teil der alttestamentlichen Forscher meint, taugliche Kriterien für eine Schichtenscheidung zwischen V. 12 und V. 13 zu haben. In der Hauptsache werden folgende Gründe angeführt: 1) Wechsel zwischen Jahwe und Elohim, 2) eine verschiedene Perspektive, die „Engel" steigen auf der Leiter auf und ab, während Jahwe allein Jakob gegenübersteht. Hierzu vgl. Wellhausen, a. a. O. 30 f.; Gunkel, a. a. O. 316 ff.; Otto, a. a. O. 167 f.; de Pury, a. a. O. 37 f. Andere behaupten, es gebe hier keine Anhaltspunkte für eine Schichtenscheidung; der Gottesname Jahwe und der Ausdruck DTI^N seien nicht als verschiedene Gottesnamen aufzufassen. Es gebe außerdem Analogien zu der Geschichte, die eine Zusammengehörigkeit der Verse 12 und 13 somit wahrscheinlich machen, vgl. Blum, a.a. O. 19 ff., und H. C. White, „The Divine Oath in G e n e s i s " , J B L 92(1973), 170 f. Zu DVO siehe nur Blum, a.a. O. 11 f. Anm. 13 und die dort angeführte Literatur. A.a.O. 554. Blum, a.a.O. 12 deutet wie Westermann eine Verbindung zwischen DTlV» 'OK1?» und dem himmlischen Thronrat in I Reg 22, 19 ff. an, aber gleichzeitig hebt er den „nahelie-

Literarkritische Analyse von Gen 28, 10—22

155

deutet auch auf einen alten mythologischen Zug hin. Zur Bezeichnung eines Herabsteigens vom Himmel hat "TT immer Jahwe als Subjekt und erscheint nie als Partizip. Mit göttlichem Subjekt zur Bezeichnung eines solchen Herabsteigens scheint das Verb immer ein Herabsteigen auf die Erde zu bezeichnen (Ex 11, 11. 18. 20; Jes 31,4), um dort etwas zu tun (Gen 11,7; 18, 21; Ex 3, 8 u. a.). Nach Ex 34, 5 stieg Jahwe in (3) einer Wolke auf die Erde hinab und stellte sich zu Mose (vgl. auch das etwas fernere Num 11, 7. 25; 12, 5). In Gen 28, 12 ist hingegen die Rede von einem andauernden Auf- und Absteigen auf der Himmelsleiter. 42 In Hi 1,6; 2, 1, vgl. auch den sehr alten Psalm 29, l , 4 3 steht sowohl DTlVx m als auch mn\ Der Wechsel zwischen DTlVs und m i r bildet daher kaum ein literarkritisches Kriterium für 28, 12 f. Zwei weitere Fragen sind zu beantworten: Was ist mit dem Satz m i r V^B 3X3 V. 13 gemeint, und inwieweit steht er in einem Spannungsverhältnis zu V. 12? Das Verb 3X3 N-St. + bezeichnet in den meisten Fällen eindeutig „danebenstehen, gerade gegenüber stehen und jemandem/einem Gegenstand zugewandt sein": Gen 54, 1; Num 23, 6; I Sam 19, 20; 22, 6. 9. 17; Am 2, 5. 6, in manchen Fällen sieht das Subjekt auf sein Gegenüber herab: Gen 18, 2; 24, 13. 43; Ex 18, 14; I Sam 4, 20. 44 Eindeutig „auf etwas stehen" kommt nur mit der Verbindung E f t O " 3 X 3 in Ex 17, 9; 34, 2 vor. Die Stellen Ex 7, 15; 33, 21; Am 7, 7 sind mehrdeutig, 3X3 kann entweder mit „auf etwas stehen" oder mit „danebenstehen" übersetzt werden. 45 3X3 HSt. + Vi? in Gen 35, 20 heißt dagegen „einen Grabstein über dem Grab errichten", wenn auch nicht auf der Öffnung des Grabes (wenn die Öffnung ein senkrechter Schacht war). 46

42

43 44

45

46

genden Zusammenhang" mit den Sing.-Formen hervor, der seiner Auffassung nach auf einen Auftrag der erwähnten DTlVn "OK^a auf Erden hindeute. Wir haben jedoch weder in Gen 28, 10 ff. noch in 32, 2 die Erwähnung eines solchen Auftrags feststellen können. Daß hier alte, vorisraelitische, mythologische Züge vorliegen, behauptet auch Gunkel, a.a.O. 318, vgl. S. xxiv; vgl. auch besonders V. Maag, „Zum Hieros Logos von BethEl", AsSt 5 (1951), 122 ff.: 28, 10 ff. bewahre eine alte Überlieferung, einen mit Bethel verbundenen Hieros Logos kanaanäischen Ursprungs, vgl. ebenfalls F. W. Golka, „The Aetiologies in the Old Testament", VT 26 (1976), 4 1 4 f . De Pury, a.a.O. weist die Behauptung, 28, 10 ff. enthalte eine alte, selbständige Kultätiologie zurück, aber vgl. hierzu Otto, a. a. O. 180 ff. und Anm. 76, besonders S. 182. Vgl. auch Blum, a. a. O. 25 ff.; 29. Vgl. H. J. Kraus, Psalmen, 5 1978, 379. Vgl. C. Houtman, „What did Jacob See at His Dream at Bethel?", VT 27 (1977), 348 f. Vgl. auch Fokkelman, a. a. O. 55 Anm. 24. Nach Ex 33, 22 steht Moses in der K l u f t des Felsens, womit angedeutet ist, daß er sich in V. 21 nicht auf sondern neben den Felsen stellt. Zu den Grab-Formen in Israel vgl. M. Noth, Die Welt des Alten Testaments, 1962, 154 ff.

156

V. Genesis 28, 10 — 22 und der Kontext

Wir haben nun drei Auslegungen des erwähnten Ausdrucks in Gen 28, 13 zu beurteilen: 1. Jahwe steht auf der Leiter. Dieser Bedeutungsinhalt von bj? 32S2 (NSt.) läßt sich linguistisch kaum belegen. 47 2. Jahwe steht daneben, der Leiter zugewandt. Vom linguistischen Standpunkt her ist dies eine naheliegende Auslegung. 3. Jahwe steht Jakob gegenüber. Das Suffix weist dann auf Jakob, Subjekt des a V m im V. 12 aa, zurück, über das maskuline Wort oVip und die Rück verweise im V. 12 aß. b hinweg, was allerdings auffallend ist. Zu 1: Jahwe steht auf der Leiter. Die Leiter verbindet Himmel und Erde, die CnV^ steigen auf der Leiter auf und ab. Steht Jahwe auf der Leiter, so befindet er sich im Himmel. In Gen 21, 17; 22, 11 ruft Gott aus dem Himmel. Blum 48 weist auf Jes 6 hin, wo Jahwe mit Jesaja „spricht" (ION). An diesem Punkt ist die Jesaja-Stelle jedoch keine Parallele zu Gen 28. In Jes 6 ist es unmöglich, zwischen dem himmlischen und dem irdischen Tempel zu unterscheiden. Hingegen ist in Gen 28, 12 ein Unterschied zwischen Himmel und Erde ausgesprochen, die Leiter verbindet sie. Die nachfolgende Feststellung (V. 17), daß die Stelle, an der Jakob übernachtete, OTI^S IV3 heißt, ändert nichts an der in V. 12 durchgeführten, klaren räumlichen Differenzierung zwischen Himmel und Erde. Die Einleitung der Rede Gottes bildet hier einen weiteren wesentlichen Zug: „er sprach" — zu wem? „Die Engel", die sich auf der Leiter bewegen, sind die nächsten Hörer der göttlichen Rede. Aber Jahwe wendet sich Jakob zu, ohne daß der Text mitteilt, daß Jahwe jetzt nicht zu den „Engeln", sondern zu Jakob spricht. Der Satz "1ÖNrl leitet eine Rede Jahwes an Jakob ein, als ob es „die Engel" als näherstehende Zuhörerschar gar nicht gäbe. In einem durchgeformten Text würde man in diesem Zusammenhang ein „und er sprach zu Jakob" erwarten. — Zum Vergleich ziehen wir I Reg 22, 19 ff. und Jes 6, 8 an. 49 In I Reg 22, 19ff. sprach Jahwe, iTW 1ÖIT1, zur himmlischen Ratsversammlung. In Jes 6, 8 hörte der Prophet die Stimme Jahwes, der sprach, 1ÖN: „Wen soll ich senden?" Jesaja antwortet auf diese Frage, die auch ihm gegolten haben muß. Die Frage ist aber nicht als ausdrückliche Frage an Jesaja formuliert, sondern als Überlegung im himmlischen Rat. 50 Jesaja ist außerdem in diesen Zusammenhang mit einbezogen, während Jakob in Gen 28, 12 sich selbst weder auf der Leiter noch im Himmel, sondern auf der Erde sieht. Hier ist der Abstand zu Jahwe bedeutend größer als in Jes 6. 51 — Wenn in V. 12—13 Jahwe 47 48 49 50 51

Gegenteilig Blum, a.a. O. 21. A.a.O. 21. Vgl. Blum, a.a.O. 21. Vgl. H. Wildberger, Jesaja, 1972, 253. Houtmans Behauptung, a.a.O. 244 f., Jakob liege auf der Leiter, überzeugt kaum, vgl. Blums Kritik, a.a.O. 11 Anm. 13.

Literarkritische Analyse von Gen 28, 10—22

157

tatsächlich auf der Leiter steht, meinen wir, eine Spannung zwischen dem Sinn und dem Wortlaut in V. 13aa nachweisen zu können, die eine literarkritische Scheidung zwischen dieser Einleitung mit der Gottesrede und V. 12 angeraten sein läßt. Zu 2: Jahwe steht neben der Leiter. C. H. White 52 zeigt Stellen auf, wo der König zum Schwur neben einer heiligen Säule steht, II Reg 23, 3; 11, 14; Ez 45, 2. Nach White ist Gen 28, 12 f. ebenso zu verstehen: Jahwe steht neben (eventuell auf/über) der Leiter in einem visionären Tempel und spricht seine Verheißungen aus. White kann daher aus formgeschichtlichen Gründen behaupten, Traum und Verheißungen „are inseparably related in the present literary context". — Eine derartige Plazierung Jahwes verstärkt jedoch den Zweifel an einem literarisch ursprünglichen Zusammenhang zwischen V. 12 und "IDiOl in V. 13 aa. *757 3X3 bedeutet nicht nur daneben, sondern auch gegenüber stehen, zugewandt sein. Jahwe ist also der Leiter, auf der sich die Engel befinden, zugewandt und steht Jakob nicht gegenüber. Um so merkwürdiger wirkt eine Einleitung einer Rede Gottes an Jakob, der sich nicht auf der Leiter befindet, die nicht erwähnt, wer der Angesprochene ist. Man erwartet, daß das handelnde Subjekt zu denen spricht, denen es zugewandt ist und gegenübersteht, nicht zu einer Person, die weiter entfernt agiert. Diese Auffassungen von 3X3 in V. 13 aa begründen die Gottesrede in V. 13 aß —14. 15 (mit -löiCl 13aa) als mit V. 12 sekundär verknüpft. Ist auch p1™ 3X3 mrp mm in V. 13 aa als derartiges mit V. 12 sekundär verknüpftes Teil zu verstehen? Haben Rendtorff53 und Blum 54 Recht mit ihrer Behauptung, das erwähnte Glied in V. 13aa, und nur das, habe ursprünglich zu dem Betheltext zusammen mit V. 12 gehört, die folgende Gottesrede aber sei sekundär? Zu diesen Fragen ist darauf hinzuweisen, daß die Leiter und die sich auf ihr bewegenden „Engel" am ausführlichsten in V. 12. 13aa geschildert werden. Wenn die "OK*?? wie die D^n^H als Wesen im himmlischen „Thronrat" zu verstehen sind, fallt die knappe Erwähnung Jahwes in einem kurzen Satz am Ende der Schilderung des Gesichts auf. 55 In I Reg 22, 19 ff. und Jes 6 beginnt die Beschreibung

52 53 54 55

A.a. O. 171. ZAW 1982, 514. A.a.O. 34f. Vgl. Otto, a.a.O. 175. Rendtorff (vgl. oben, Anm. 53) schließt sich dieser Auffassung an: „... die Leiter selbst ist jetzt das wichtige". Fokkelman, a.a.O. 54 macht darauf aufmerksam, daß die Sätze in den V. 12 f. kürzer werden, bis zu V. 13 aa, der der kürzeste ist. Er sieht daher V. 13 aa als einen Höhepunkt an. — Für den isolierten Textbestand Rendtorffs und Blums gilt jedoch, daß Jahwe nur in diesem einen Satz erwähnt wird, das ist — soweit wir sehen — einmalig. Nach einer so ausführlichen „Einleitung", die die Umstände der Erscheinung Jahwes beschreibt, erwartet man, daß dem Auftreten Jahwes mehr Platz eingeräumt wird. Fokkelman weist auch auf einen Chiasmus in den

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V. Genesis 28, 10—22 und der Kontext

der Vision mit der Feststellung, daß der Betreffende Jahwe sieht. Himmlische Wesen stehen ihm zur Seite. Auch in Gen 18, 1 ff. beginnt der Bericht mit der Aussage, daß Jahwe sich offenbart. In 32, 1 ff. werden nur die DTlVx ,DN17a erwähnt, eine Jahwe-Offenbarung kommt nicht vor. In Ex 3, 2 steht zwar, daß der m i r "[X1??? sich Mose zeigte, im Mittelpunkt des Interesses steht im weiteren Verlauf der Erzählung aber die Rede Gottes, wie im vorliegenden Text Gen 28. 5 6 In einem Visionskontext wäre eine Erwähnung Jahwes als den D , n 1 ?8 fast nebengeordnet, wie in dem von Rendtorff und Blum für ursprünglich gehaltenen Text, ein außergewöhnlicher Zug. Wir finden es viel wahrscheinlicher, daß der ganze V. 13aoc ursprünglich die Einleitung der Gottesrede bildete, und daß in dem Bericht, der V. 12, nicht aber die Verheißungen einschloß, nie als von Jahwe auf/neben der Leiter stehend die Rede war. — Die angenommenen vorisraelitischen Züge im V. 12 ändern nichts an dieser Auffassung. Ein israelitischer Verfasser, der vor-israelitisches mythologisches Material übernommen hat, konnte Jahwes Status durchaus deutlicher hervorheben als es in dem Text, der nur aus V. 12. 1 3 a a (ohne bestanden habe, der Fall ist, vgl. Jes. 6. Nach den obigen Darlegungen finden wir die ursprüngliche Zugehörigkeit des ganzen Verses 13 aa zu einer anderen literarischen Schicht als V. 12 einleuchtender, dies gilt auch für die Gottesrede in V. 13 aß, eventuell auch für das Folgende. Diese Lösung der vom Text aufgeworfenen Probleme ermöglicht, die Wendung V1?» 32J3 mrp gemäß der einzigen Bedeutung von zu verstehen, die linguistisch eindeutig belegt werden kann: „jemandem gegenüber, zugewandt stehen". Steht Jahwe Jakob gegenüber, ihm zugewandt, ist die Fortsetzung mit logisch, eine Richtungsangabe der Rede ist nicht nötig. Der auffallende, einfache Narrativ lÖS 1 ! ohne Präpositionsverbindung im V. 13 aa läßt sich durch die sekundäre Vereinigung zweier literarischer Schichten erklären. V. 13 aa schließt sich gut an V. l l a a (DB? 7V1 + ¿/-Satz) an. Wir nehmen daher an, daß die V. 10. l l a a . 13ff. (näheres siehe unten) einV. 12—13 hin (S. 56). Der Chiasmus ist jedoch nicht so ausgeprägt, daß er als Indiz für den Kompositionswillen eines Verfassers taugt. S. 54. 66. 71 legt Fokkelman dar, bei den drei Worten 3S!J, 331, nasö, V. 12. 13. 18, handele es sich aufgrund des gemeinsamen Lautbildes ssab um Schlüsselworte. Wir behaupten jedoch, daß daraus nicht auf eine literarische Einheitlichkeit des Abschnitts geschlossen werden kann. Falls eine beabsichtigte Entsprechung zwischen den Gliedern vorliegen sollte, kann man eine wesentlich stärkere Entsprechung zwischen V. 12 und V. 18 postulieren als die zwischen diesen beiden und V. 13 bestehende. Sowohl in V. 12 wie in V. 18 steht BK"1 + Suff, und das Lautbild stimmt besser überein, vgl. mussab — masseba. Fehlendes BN") in V. 13, wo es nahegelegen hätte,

zu setzen, falls man Jahwes Stehen auf der Leiter auszudrücken

wünschte, widerspricht einer ursprünglich beabsichtigten Kompositionsstruktur mit den genannten Zügen einschließlich V. 13. 56

Vgl. W. H. Schmidt, Exodus,

1974 ff., 109 ff.

Literarkritische Analyse v o n Gen 28, 10 — 22

159

und derselben literarischen Schicht angehören. Der Übergang von V. 11 aa zu V. 13 ist dann syntaktisch analog zu I Reg 19, 9, wo beschrieben wird, was sich während der Übernachtung zugetragen hat. Die Narrativreihe V. 10—11 aa wird durch die Struktur des Satzes in V. 13aa: HärT) + Ptz-Satz unterbrochen, der sich zur Beschreibung des nächtlichen Geschehens anbietet. In den V. 16— 77 hat man traditionell eine Dublette gesehen: Zweimal wird die Heiligkeit der Stätte erkannt, 57 jedoch so, daß zwischen beiden Aussagen Spannung herrscht. 58 Rendtorff59 und Blum60 argumentieren allerdings dagegen. Wir gehen näher auf dieses Verhältnis ein. Nach V. 16 reagiert Jakob überrascht, als er erkennt, daß Jahwe anwesend ist. Seine Reaktion verstärkt sich in V. 17, wo seine Überraschung in Erschrecken übergeht. 61 Den Grund seines Erschreckens spricht Jakob selbst in der Rede aus. Nachdem Jakob eben noch direkt von Jahwes Gegenwart an dieser Stätte gesprochen hat, fallt bei seiner weiteren Beschreibung dieses furchterregenden Ortes jedoch auf, wie indirekt er von der Nähe Jahwes spricht: Die Wendung IV3 meint wahrscheinlich Elohims Anwesenheit an diesem Ort, da sie „Repräsentation, Aufenthaltsort, Wohnstätte der Gottheit" bedeutet. 62 Das Wort rP3 wird auch in Verbindung mit fremden Göttern gebraucht, I Sam 5, 2; J17 r r a , hier ist klar, daß Dagon in dem Haus „wohnt". In I Sam 1 , 7 zog Hannah hinauf nach ¡1171'' rpa, und nach der L X X trat sie v o r Jahwes Angesicht hin, — T M V. 10 meint sicherlich dasselbe. Ex 23, 9; 34, 26 setzt die Gegenwart Jahwes in mn i ~n , a ebenfalls voraus. 6 3 Für das Denken der damaligen Zeit bildete Jahwes gleichzeitige Gegenwart im Tempel wie auch im Himmel keinen unauflöslichen Gegensatz. 6 4

V. 17 bringt Gottes Nähe trotzdem nur implizit zum Ausdruck. Nach der Feststellung in V. 16 hätte man eher die Anwesenheit Jahwes als die Heiligkeit der Stätte als Grund des Erschreckens erwartet. V. 17 b scheint in bezug auf V. 13 und V. 16 das Erlebnis der Gottesbegegnung abzuschwächen. Aufgrund der von uns aufgezeigten Beweise für eine literarkritische Scheidung in V. 10—11 und V. 12 — 13, sehen wir uns auch in der Lage zu behaupten, daß das oben dargestellte Verhältnis Grund zu einer Iiterarkritischen Scheidung in V. 16 und V. 17 Anlaß gibt. V. 17 57

Vgl. Gunkel, a.a. O. 317; Fohrer u. a., a.a. O. 173, u. a.

58

Vgl. Fohrer u. a., a.a. O. 174; de Pury, a.a. O. 3 9 f .

59

ZAW 1982, 5 1 7 f. A.a.O. 22.

60 61

Vgl. Blums Darstellung, a.a.O.

14: V. 17 sei als eine Steigerung im Verhältnis zur

Überraschung in V. 16 gedacht. 62

63 64

Vgl. H. Donner, „Zu Gen 28, 22", ZAW

74 (1962), 69, und danach E. Jenni, A r t . r r a , THAT /, 3 1 1 . Entsprechend Gunkel, a.a. O. 319, und Westermann, a.a. O. 556. Zur Sache siehe auch H. A . Hoffner, Art. rra, ThWAT /, 634 f. Vgl. Blum, a.a.O. 11 f. A n m . 13, mit Literatur.

160

V. Genesis 28, 1 0 - 2 2 und der Kontext

schließt sich gut an V. 12 an, beide sprechen in derselben impliziten Weise von der Gegenwart der Gottheit. Die Überraschung, die in V. 16 b zum Ausdruck kommt, setzt die Erwähnung der zufalligen Übernachtung in V. 11 aa voraus, die Anwesenheit Jahwes an dieser Stätte wird in V. 13aa festgehalten. V. 16 kann daher derselben Schicht zugewiesen werden wie die V. 10. 11 aa. 13 a usw. Westermann 65 behauptet, V. 16aa setze 33BH in V. I I b voraus, und V. 11 sowie V. 16 könnten aus dem Grund nicht verschiedenen Schichten zugewiesen werden. Dagegen läßt sich anführen, daß iniWÜ in V. 16, im vorliegenden Kontext nicht „aufstehen" bedeutet, sondern „aufwachen", vgl. V. 18. Daher stimmt DDtZH in V. I I b nur teilweise mit V. 16 überein, falls 30W im weiteren Sinn „sich schlafen legen" gebraucht ist. JttP „einschlafen" wäre eine Entsprechung zu f p \ 6 6 Damit ist kein eindeutiger Zusammenhang zwischen V. 11 b und V. 16 gegeben, aufgrund dessen sich behaupten ließe, die beiden Texte gehörten derselben Schicht an. Hierzu kommt, daß p1? „übernachten" umfassend beschreibt, Schlaf gehört implizit dazu. Außerdem steht in V. 13. Unserer Auffassung nach setzt V. 16 nicht V. 11 b voraus. 67 Rendtorff68 erklärt, DVm in V. 12 stimme mit pp iv l in V. 16 überein und gehöre derselben Schicht an. — Nur, V. 16 spricht nicht von einem Traum, HM? bedeutet „Schlaf, nicht „Traum". 69 Rendtorff hebt auch die Übereinstimmung der drei Sätze in V. l l a ß . y. b (...3DCT1 ... OBH ...np , 1) mit V. 18 hervor. 70 Ein Widerspruch zum Ergebnis unserer Untersuchung ist damit nicht gegeben, da wir V. 18 und V. 11 aßy. b derselben Schicht zurechnen. Rendtorffs Hinweis auf das Vorkommen des „Leitwortes" Dipö in den V. 11. 16. 17. 19 widerspricht auch nicht dieser Schichtenaufteilung; das Wort ist in beiden Schichten von V. 11 belegt. V. 18 läßt sich ohne Schwierigkeiten mit V. 17 verbinden, V. 18aa, die Aussage über den Stein, setzt V. 11 aß voraus. Nach der vorhergehenden literarkritischen Scheidung fallt die Zuordnung von V. 19 zu einer bestimmten Schicht schwer. Wir haben keine zuverlässigen Anhaltspunkte für eine Scheidung von V. 19 von dem

556.

65

A.a.O.

66

Vgl. Gesenius-Buhl, Handwörterbuch,

67

Schmitt, a.a.O.

325.

106f. führt folgende Argumente für eine Abhängigkeit der V. 13 — 16

vom elohistischen Kontext an: Erstens, daß 3 3 » in V. 13 auf V. 11 zurückgreife und da 33ÍT1 voraussetze. Das ist jedoch keineswegs sicher, denn fV enthält bereits die Vorstellung „Liegen". Zweitens behauptet er, Hin Ql¡?»3, V. 16, sei von V. 11 abhängig, vgl. V. 17 (E). Aber DlpS steht in V. 11 in 11 aa und 11 a ß , also in beiden Schichten. 68

ZAW

1982, 512 f.

® Vgl. Gesenius-Buhl, Handwörterbuch, 70

Vgl. schon Otto, a.a.O.

173.

851.

Literarkritische Analyse von Gen 28, 10—22

161

übrigen Text gefunden. 71 Die zwischen D^H^S rP3 und VK - rP3 bestehende Gleichartigkeit deutet möglicherweise eine Zugehörigkeit der Verse 17 und 19 zur selben Schicht an. Otto 72 hat für seine „E"-Schicht, V. 11 —19 a* einen chiastischen Aufbau nachgewiesen. V. 11 a a »SB'! usw. entspreche als äußerstes Glied V. 19 a Xtp't usw. Wir sind jedoch zu dem Ergebnis gelangt, daß V. 11 aa nicht der „E"-Schicht angehört haben kann. Selbst wenn V. 19 dieser Schicht zuzuweisen wäre, wäre damit nicht gesichert, daß die Namensgebung in symmetrischer Entsprechung zu V. 11 aa stand. Die „E"Erzählung muß auf jeden Fall einen Hinweis auf Jakobs Reise enthalten haben (entweder lag er in der gegebenen J-Erzählung = V. 10 vor — E wäre also eine Redaktionsschicht, oder er verschwand aus einer eventuell selbständigen E-Quelle), diese Notiz hätte dann aber außerhalb der symmetrischen Struktur gestanden. Mit V. 19 kann es sich ähnlich verhalten haben, die Namensgebung kann, um ihrer besonderen Betonung willen, außerhalb des Chiasmus gestanden haben. Andererseits enthält die Wendung Olpaa »JB',1, V. l l a a (J), wie bereits dargestellt, 73 , nichts, was zu einer späteren Bezeichnung der Stätte genötigt hätte.

Im vorliegenden Kontext ist entscheidend, daß der Abschnitt V. 20 — 22 nicht derselben Schicht zugeordnet wird wie die voranstehende jahwistische Verheißungsrede. 74 In den J-Texten der folgenden Kapitel finden sich außerdem keine Spuren einer Kenntnis der Verse 20—22, während das nicht-jahwistische 31, 13 7 5 offenbar eine solche Bekanntschaft verrät. Ob es sich bei den V. 20 — 22 um einen literarisch ursprünglichen 71

72 73 74 75

Viele Forscher vertreten die These, V. 19 unterbreche den Zusammenhang zwischen V. 18 und V. 20, vgl. de Pury, a.a. O. 3 3 - 3 5 , mit Literatur. Nach ihm (S. 41) schließt V. 19 an V. 16 an, V. 16 bringe übereinstimmend mit der Theologie des Jahwisten die genaue Etymologie Bethels. Die Frage, wie E den Namen Bethel in 31,13; 35,3 gebrauchen kann, ohne daß er in 28, 10 ff.* E vorkomme, beantwortet de Pury mit dem Hinweis, V. 17 und V. 22 seien präzise genug, damit die Leser der E-Geschichte verstehen, es handele sich hier um die Umgebung Bethels. — Otto, a. a. O. 168 f., behauptet dagegen, daß die Verbindung zwischen V. 17 und 19 enger ist als die zwischen V. 16 und 19. Er hebt auch hervor, daß Dlpnn in V. 11 a a (seiner Auffassung nach E) eine bestimmte, später bekannte Stätte bezeichne, und daß eben V. 19 den Namen dieser Stätte berichte. Er unterstreicht mit Recht, daß V. 19 keine Dublette weder zu V. 22 a noch zu V. 17 ist. Gegen Otto kann jedoch angeführt werden, daß V. 11 a a (Dlpöa) nicht unbedingt einen bekannten Ort bezeichnen muß, vgl. Gen 19, 30 ( J ) und Ex 3, 2 (J). Diesen Stellen folgen keine näheren Bestimmungen, der Text behält die Stätten als namenlose Orte. Der Ort, den Jakob „zufällig erreichte", kann ausreichend durch die Anwesenheit Jahwes beschrieben sein, V. 16. Eine 28, 19 entsprechende Aussage zur Namensgebung findet sich in 22, 14, die verschiedenen Namensgebungsformulare sind jedoch nicht schichtentypisch, sondern scheinen auf formgeschichtliche Ursachen zurückzugehen, vgl. B. O. Long, The Problem of Etiological Narrative in the Old Testament, 1968, 5 — 37. 87 ff. A.a.O. 172ff. Vgl. oben, Anm. 71. Diese Auffassung ist unbestritten, vgl. die vorhergehende Forschungsübersicht. Siehe hierzu unten S. 176 ff.

162

V. Genesis 28, 10 — 22 und der Kontext

Bestandteil der vorausgehenden „E"-Schicht handelt oder nicht, kommt in unserem Fall keine entscheidende Bedeutung zu. Wir behandeln trotzdem auch noch diesen Abschnitt. V. 20 b und 2 1 b ist die einzige Stelle, die einen Wechsel zwischen den Gottesnamen mrp und DTI^N aufweist. Die erwähnte „E"-Schicht spricht sonst nicht von Jahwe, bis hier völlig unvermittelt der Name Jahwe erwähnt wird. V. 21 b erklärt sich leicht als sekundärer, interpretierender Zusatz, der den Eindruck verstärken soll, Jakob sei ein Anhänger Jahwes. Otto 76 sieht in V. 21 b einen sekundären Zusatz aufgrund der wechselnden Gottesbezeichnungen und der Tatsache, daß V. 21 b eine Dublette zu „der Apodosis des Gelübdes in V. 22" sei. Die beiden Stellen sprechen aber von verschiedenen Dingen. De Pury 77 argumentiert gegen eine Trennung von 21 b vom Kontext, indem er unterstreicht, daß V. 22 allein nicht als „Apodosis" des Gelübdes ausreiche, sondern ein Versprechen wie in V. 21 b voraussetze. Das Versprechen, einen Kult einzuführen, sei nur die Konsequenz dieses ersten, fundamentalen Versprechens. De Pury weist auch auf 31, 13; 3 5 , 1 — 3 hin (seiner Auffassung nach E), die voraussetzten, daß diese Gottheit bereits in Kap. 28 erwähnt worden sei. Dann wäre denkbar, daß ursprünglich in 21 b Vxn anstatt mrp gestanden habe. Dazu ist zu sagen, daß 31, 13 nur auf die Errichtung einer Mazzebe hinweist, während 35, 1 ff. allein die Offenbarung Gottes erwähnt. Vorausgesetzt der Verfasser hat 28, 21 b gekannt, dann fällt auf, daß die beiden Stellen dieses bedeutend fundamentalere Versprechen nicht wiedergeben. — V. 22 geht zwar davon aus, daß Jakob QTI^N verehrt, aber nicht, daß Jakob dies jetzt gelobt. — Auch Westermann 78 ist der Meinung, daß V. 21 b nicht als redaktioneller Zusatz anzusehen sei. Er argumentiert hauptsächlich formgeschichtlich, indem er auf die Gelübde in II Sam 15, 7 — 9 und Jdc 11, 30 f. hinweist. 135 in II Sam 15 bezieht sich jedoch offensichtlich auf einen Kultakt in Hebron, entsprechend auch Jdc 11. In beiden Fällen ist das Versprechen viel konkreter und begrenzter als das umfassende, allgemeine in Gen 28, 21 b. Aus dem Vergleich ergeben sich daher keine Anzeichen, daß V. 21 b aus formgeschichtlichen Gründen ursprünglich ist. 79

V. 22 b ist als sekundärer Zusatz anzusehen.80 76 77 78 79

80

A.a.O. 168. A.a.O. 4 2 - 4 5 . A.a.O. 559f. Zur Form vgl. W. Richter, „Das Gelübde als theologische Rahmung der Jakobsüberlieferungen", BZ 11 (1967), 23 f. Vgl. de Pury, a. a. O. 45, anders jedoch Otto, a. a. O. 170. Otto weist den Personenwechsel in bezug auf nTl^N von der 2. zur 3. Person als Schichtungsgrund zurück und stützt sich dabei auf Jdc 11, 30 f.; I Sam 1, 11, Texte, die zeigen sollen, daß ein solcher Wechsel üblich sei. — Aber diese beiden Stellen haben offensichtlich einen festen Aufbau: Die Bedingung erscheint in der Form der Anrede an Gott (2. Person), während in dem Versprechen Gott der Besprochene ist (3. Person). (Die zwei weiteren, in Frage kommenden Stellen, II Sam 15,8; Num 21,2, haben eine andere Form, die sich aus ihrem besonderen Inhalt und Zusammenhang erklärt: In Num 2 1 , 2 steht kein Versprechen, das sich auf Jahwe bezieht, und II Sam 15,8 bringt ein Referat eines Gelübdes.) In Gen

Literarkritische Analyse von Gen 28, 10 — 22

163

D i e V . 2 0 — 2 2 * g e l t e n a l l g e m e i n als Teil d e r v o r h e r g e h e n d e n E E r z ä h l u n g . 8 1 M e h r e r e F o r s c h e r sehen j e d o c h in d e m A b s c h n i t t einen 8 3 m a c h t a u f die f e h l e n d e s y n A n h a n g z u r H a u p t e r z ä h l u n g . 8 2 Westermann taktische V e r b i n d u n g des A b s c h n i t t s m i t d e m V o r h e r g e h e n d e n a u f m e r k sam, a u ß e r d e m sei V. 1 8 : „hier ist nichts anderes als G o t t e s Haus", u n v e r e i n b a r m i t V . 2 2 : „dieser Stein soll ein G o t t e s h a u s w e r d e n " . V . 2 2 a ist a b e r s c h o n d u r c h V . 1 8 v o r b e r e i t e t , die M a z z e b e , die a u f g e r i c h t e t w i r d , r e p r ä s e n t i e r t w a h r s c h e i n l i c h die g ö t t l i c h e G e g e n w a r t , die G o t t h e i t ist in d e m Stein g e g e n w ä r t i g . 8 4 A n d e r e r s e i t s ist G o t t k a u m a u f den Stein beg r e n z t g e d a c h t , s o n d e r n er t r a n s z e n d i e r t ihn. D i e T r a n s z e n d e n z d e r G o t t heit ü b e r ihre k o n k r e t e n O f f e n b a r u n g s s t ä t t e n hinaus b e d e u t e t , d a ß die E r w ä h n u n g der g ö t t l i c h e n N ä h e an e i n e m Ort k a u m einen W i d e r s p r u c h z u r V o r s t e l l u n g v o n d e r G e g e n w a r t G o t t e s in einer a u f g e r i c h t e t e n M a z z e b e b i l d e t . 8 5 W. Richter86 sieht in V. 2 0 f f . nicht T r a d i t i o n , s o n d e r n eine

81 82 83 84

85

28, 20 — 22 liegt ein anderes Verhältnis vor, sowohl die Bedingung wie auch das Versprechen sprechen von Gott (3. Person); in V. 22 b wird er dagegen angesprochen (2. Person). Ist V. 20 — 22 eine literarische Bildung, die „das Gelübde" als Stilmittel verwendet, vgl. Richter, a.a.O. 45.50, fällt es schwer, sich vorzustellen, der Verfasser habe zuerst eine eventuelle „gattungstypische" Spannung zwischen Anrede und Erwähnung in den beiden Gliedern ausgeglichen, um sie dann wieder in das Versprechen selbst einzubringen. Es besteht daher Grund anzunehmen, daß V. 22 b sekundär ist. So die meisten Kommentare, vgl. die Liste bei de Pury, a. a. O. 33 ff. Vgl. Blum, a.a. O. 18 Anm. 36, mit Literatur. A. a. O. 558 f. Vgl. R. de Vaux, Ancient Israel. Its Life and Institutions, 285: „As an object of cult, it recalled a manifestation of a god, and was the sign of the divine presence". Vgl. Noth, a.a.O. 163: Ursprünglich waren die Mazzeben „Wohnsitze oder Repräsentation der Gottheit". Vgl. besonders de Pury, a.a.O. 401—30; 409 — 11: Der Stein ist „le lieu de manifestation, le reposoir d'un dieu/esprit". De Pury, a.a.O. 401—30, geht von Donners Aufsatz {a.a.O. 68—70) aus und versteht die Wendung DTI^N rP3 folgendermaßen: Die Mazzebe sei ein Stein-Zeuge der Verheißung Gottes und Jakobs Gelübde. So interpretiert er auch DTlbK rP3 in V. 17 auf dieselbe Weise (S. 425 f.). Wir finden jedoch letztere Auffassung dem Zusammenhang wenig angepaßt. Der Text deutet keine Verbindung zwischen der göttlichen Vision und dem Stein, der als Kopfkissen diente, an. Wir können in dem Text auch keine Anhaltspunkte finden, die es nahelegen, besonders den Stein in V. 22 als Zeuge eines Vertrags zwischen Jakob und Gott zu verstehen, oder als Zeuge einer göttlichen Verheißung an Jakob — wie de Pury behauptet. In V. 17 veranlaßt die Eigenschaft der Stätte, Ort einer Vision der göttlichen Sphäre, Jakob dazu, den Namen D,n178 Iva zu gebrauchen, die Stätte ist „ein Himmelstor". Die Wortverbindung DTlVn IV3 in V. 22 ist vielleicht dementsprechend zu verstehen. Die Mazzebe in V. 22 ist dann im allgemeinen und umfassenden Sinn als Kennzeichen der Heiligkeit der Stätte, wo sich die Gottheit offenbarte und verehrt werden solle, zu deuten. Otto, a.a.O. 169, und Westermann, a.a.O. 559 geben dieser Stelle ebenfalls den umfassenderen Sinn. Eine andere Funktion der Mazzebe besteht nach Stockton, „Stones at Worship", Austrat JBA 5 (1970), 58 ff. darin, an einem heiligen

164

V. Genesis 28, 1 0 - 2 2 und der Kontext

literarische Bildung. Stammt das Vorhergehende aus der Tradition, ist zu erwarten, daß V. 20 — 22 aus der hier nachweisbaren Struktur herausfallt, das bedeutet jedoch nicht gleichzeitig, daß der ganze Abschnitt V. 20 ff. literarisch sekundär ist. Die Gottesrede mit der Selbstvorstellungsformel in V. 13 aß. y folgt nahtlos auf V. 13 aa. Wir halten von daher auch V. 13 b für ursprünglich. Westermann 87 will die Gottesrede in V. 13 — 14 aus ihrem Kontext herauslösen und dem Jahwisten absprechen. Zwei Argumente führt er dabei an: 1. Die Selbstvorstellungsformel in V. 13 aßy habe die Funktion, die Verheißung an Jakob auf eine Linie mit Abraham, 15, 7, und Isaak, 26, 24 f. zu stellen. 88 Mit Recht spricht er den beiden letzten Stellen einen jahwistischen Ursprung ab. — Gegen diesen Standpunkt führen wir folgende Einwände an: In 15, 7 begegnen wir der Formel in Verbindung mit der „Herausführungsformel", jedoch nicht in ihrer ursprünglichen Funktion, sondern als literarisches Stilmittel, 89 in 28, 13 steht nichts Entsprechendes. In 26, 24 fehlt Jahwe, danach folgt eine Beistandsverheißung, die aber weit weniger konkret formuliert ist als in 28, 15.90 Diese Unterschiede widersprechen einer Zuweisung der drei Stellen zu einer Redaktionsschicht. Der Gebrauch der Selbstvorstellungsformel reicht nicht aus, um V. 13 als spätes Produkt zu charakterisieren. 91 2. Anhäufung der Verheißungen. — Uns fällt es schwer, aus diesem vielleicht nützlichen überlieferungsgeschichtlichen Argument auf die literarische Uneinheitlichkeit der Verheißungstexte zu schließen.

86

87 88 89 90 91

Ort Repräsentant der Anbetenden zu sein, die Bezeichnung Q,D17Kn',a in V. 17. 22 a deutet jedoch kein Vorherrschen dieses Aspektes in V. 22 an. A.a. O. 44 f. Richter hebt hervor, daß die Verse 20—22 aus dem Rahmen der Erzählung herausfallen, zieht aber daraus keine literarkritischen Schlüsse. A.a.O. 552. 554. Auch Schmitt, a. a. O. 106 unterstreicht die Beziehung zu diesen Stellen. Vgl. R. Kilian, Die vorpriesterlichen Abrahamsüberlieferungen, 1966, 46 f. Siehe unten S. 206 f. Aus Hos 12, 10; 13, 4 geht hervor, daß die Selbstvorstellungsformel zur Zeit des Propheten in Israel wohl bekannt war, in dieser Zeit ist sie jedoch mit der Auszugstradition und nicht mit den Patriarchen verknüpft. Hierzu vgl. W. Zimmerli, „Ich bin Jahwe", 1953, jetzt in: ders., Gottes Offenbarung. Ges. Aufsätze, 1969, 28. Er rechnet die Formel zum priesterlichen Traditionsgut (S. 34) und sieht sie als mit dem Heilsorakel verbunden (S. 26), de Pury, a.a. O. 211 ff. argumentiert in diese Richtung. Seiner Auffassung nach wurde die Formel in diesem Zusammenhang bereits in vorstaatlicher Zeit gebraucht, obwohl er keine sicheren Belege findet. Aller Wahrscheinlichkeit nach hat die Formel jedoch alte traditionsgeschichtliche Wurzeln, vgl. R. Rendtorff, „Die Offenbarungsvorstellungen im Alten Israel", in: Offenbarung als Geschichte, hg. v. W. Pannenberg, 1961, 32f., vgl. K. Günther, Art. 'IS, THAT 1, 219f.

Literarkritische Analyse v o n Gen 28, 1 0 — 2 2

165

Während Seebass u. a. die Landverheißung in 28, 13 b für alt ansehen, weil die Verheißung sich auf „das Land, auf dem Jakob liegt", d. h. den Bereich Bethels bezieht, 92 behauptet Westermann,93 daß V. 13 „eine nachträgliche Anpassung" sei, „ähnlich Gen 13, 14, die dem Zusammenhang nicht wirklich entspricht; V. 12 ist der Ort, an dem Jakob liegt, anders bestimmt". — Die Ähnlichkeit mit Gen 13, 14 f. ist aber nicht groß. Zum Zusammenhang zwischen V. 13 b und dem vorhergehenden Kontext kann folgendes angeführt werden: Es kommt hier auf die Verbindung zwischen V. l l a a und V. 13 an. In V. 11 aa wird gesagt, daß Jakob DlpöS übernachtet, während in V. 13 b die Wendung iT1?» nriX flXH steht. Der Nebensatz mit 3D1T steht nicht in Spannung zu V. 11 aa; „übernachten" schließt die Vorstellung des Liegens ein. Zum Verhältnis von Q1p!3 zu pIK weisen wir darauf hin, daß die Landverheißung immer f l N n gilt, 94 außerdem werden Landverheißungen mehrmals in Verbindung mit dem Ort, DipBH, an dem sich der Empfanger der Verheißung befindet, ausgesprochen: 12, 6 f.; 13, 14 f. Dieser Wechsel kann daher nicht als gültiges Scheidungskriterium auf literarischer Ebene angesehen werden. 95 — Noch weniger läßt sich eine Spannung zwischen in V. 12 und f l ^ n usw. in V. 13 erkennen. Während V. 13 b. 15 für den engeren (V. 13 b) und weiteren (V. 15) Kontext relevant ist, hat V. 14 wenige Spuren einer Kontextverklammerung hinterlassen. Trotzdem können wir V. 14 nicht als sekundären Zusatz ansehen, abgesehen von dem angehängten ^SITS! in V. 14 b. Die Mehrungsverheißung in V. 14 a fügt sich gut an in V. 13 b an. Dieser letzte Teil könnte zwar sekundär sein, aber ein anderes Indiz deutet an, daß V. 14 ursprünglich ist: Das Zentrum des Gebiets, dem die Landverheißung gilt, ist zwar Bethel, aber die Verheißung bezieht sich nicht nur auf Bethel, denn nicht Dlj?Ö wird gebraucht, sondern das übliche Wort f~)X. Selbst bei einer zugrundeliegenden, mit Bethel verknüpften Sondertradition, wie Seebass behauptet, besteht kaum Grund, davon abzusehen, daß die Landverheißung in V. 13 wie 12, 7 u. a. ganz Kanaan gilt. 96 V. 14 weist denselben Horizont auf, d. h. die Nachkommen werden die Grenzen 92

93 94 95

96

Siehe oben S. 149. A.a.O. 554. Siehe hierzu oben S. 19. Hoftijzer, a.a. O. 16 meint, der Land Verheißung komme sonst in dem Jakobzyklus keine Bedeutung zu, demnach sei sie als sekundär anzusehen. Darauf ist zu erwidern, daß, selbst wenn es sich traditionsgeschichtlich so verhielte, aus diesem Grund nicht behauptet werden kann, die Landverheißung sei literarisch sekundär, solange nicht nachgewiesen ist, daß der Jakobzyklus ursprünglich als selbständige literarische Einheit vorlag, in der die Landverheißung keine Rolle spielte. Stellen wie 31, 3 widersprechen jedoch einer solchen Auffassung (vgl. H. Seebass, „Landverheißungen an die Väter", EvTh 34 (1977), 2 1 6 f.). So auch Blum, a.a. O. 1 7 f . A n m . 35.

166

V. Genesis 28, 10 — 22 und der Kontext

durchbrechen, es ist an eine geographische Ausbreitung gedacht, die von dem Ort, an dem Jakob sich befindet, ausgehen wird. 97 Der Wechsel zwischen „du" und „deine Nachkommen" ist kein Grund, der zu einer Ausgrenzung führt, als Patriarch wird Jakob von dem späteren Volk repräsentiert, wie Abraham durch das große Volk groß wurde, breitete Jakob sich durch die Ausbreitung der Stämme, eventuell des Volkes, aus. Emerton 98 hält V. 14 für sekundär und nimmt einen anderen Ursprung als J an. Er begründet diese Auffassung mit der Verbindung zu 13, 14 ff., einer Verheißung, die er als sekundär ansieht. Ehe wir uns der Frage zuwenden, inwieweit 13, 14ff. sekundär und nicht-jahwistisch ist, 99 gehen wir noch auf einige gemeinsame Züge ein, um zu entscheiden, ob sie einen nicht-jahwistischen Ursprung andeuten. Zuerst wird der Vergleich mit dem Staub behandelt. Der Ausdruck f l N n "ISS?? kommt in folgenden Zusammenhängen vor: 1. Israel als zahllose Menge, Gen 13, 16; 28, 14; Num 23, 10; II Chr 1, 9. 2. Eine Menge Gold und Silber (in negativen Aussagen): Sach 8, 3; Hi 27, 16; Ps 78,27 (von Speise während der Wüstenwanderung gebraucht). 3. Im militärischen Zusammenhang, von geschlagenen Feinden: II Sam 22, 43; II Reg 13, 7; Zeph 1, 17. Staub bezeichnet hier etwas Geringes, Unbedeutendes, wie im Folgenden: 4. Staub als Bild der Niedrigkeit des Menschen, Hi 30, 19 u. a. Ruprecht100 legt besonders Wert auf das Vorkommen der Wendung im militärischen Kontext. Sie kommt jedoch offensichtlich in verschiedenen Zusammenhängen vor und drückt eine ungezählte Menge oder etwas Geringes aus. "ISS steht metaphorisch in Num 23, 10 zur Bezeichnung der zahllosen Menge Israels. Die Stelle deutet an, daß die Vorstellung, Israel sei zahllos wie Staub, bereits in der frühen Königszeit existierte.101 Die dtn.-dtr. Literatur benutzt nie einen solchen Vergleich um Israels große

97

98 99 100

101

Vgl. J . Scharbert, „ D i e Landverheißung als Urgestein der Patriarchentradition", FS. Dekor, 1984 (uns im Manuskript zugänglich), der V. 14aß für eine alte, echte BethelTradition hält. — Zu dem Verb f " 1 0 ! siehe unten S. 167. D a s Wort ist kein Hinweis auf das Alter der Aussage. Siehe oben Anm. 26. Siehe unten S. 171 ff. E. Ruprecht, „ D e r traditionsgeschichtliche Hintergrund der einzelnen Elemente in 12, 2 - 3 " , VT 29 (1979), 446 ff. Nach W. Gross, Bileam, 1975, 2 8 9 - 9 1 gehört diese Stelle zum Grundbestand der Bileamsgeschichte. L. Schmidt, „ D i e alttestamentliche Bileamüberlieferung", BZ 23 (1979), 247. 252 ff. weist 23, 10 E zu und setzt ihre Entstehung in der Zeit nach K ö n i g David an. — Fokkelmann, a. a. O. 58 hebt hervor, daß nur wenige "ISS-Stellen mit „the concept of numerousness" verbunden sind, meistens bezeichnet das Wort „littleness, worthlessness, humiliation".

Literarkritische Analyse von Gen 28, 10—22

167

Zahl auszudrücken. Innerhalb der späteren Literatur wird er nur in II Chr 1, 9 verwendet. In einer Mehrungsverheißung steht f l S auch in Jes 54, 3 102 und rückblickend von Israels Mehrung in Ägypten in Ex 1, 12 ebenfalls, einer Stelle, die als jahwistisch gilt. 103 Darüber hinaus kommt das Verb in einem J-Text in Gen 30, 30 vor. Sollte andeuten, daß V. 14 von dem übrigen J-Text in Gen 28 zu trennen sei, dann deshalb, weil J das Wort sonst nicht so wie in Gen 28, 14 gebraucht hätte. Das scheint jedoch nicht der Fall zu sein. Der Gebrauch von 'plS in 30, 30 wirkt theologisch so reflektiert, daß man begründeterweise annehmen kann, J benutzt das Verb um in seinem Werk wesentliche theologische Anliegen auszudrücken. Die Himmelsrichtungen werden in 28, 14 und 13, 14 in verschiedener Reihenfolge genannt. Daß dieser Zug mehr zur Landverheißung als zu einer Verheißung der Ausbreitung des Geschlechts passe, 104 leuchtet nicht ein. Einem Verfasser, dem die Nation Israel vor Augen steht, erscheint es ebenso natürlich, von der Ausbreitung des Volkes in die vier Himmelsrichtungen zu sprechen wie von der Ausdehnung der Landgebiete. In den erwähnten Übereinstimmungen zwischen 13, 14 und 28, 14 sehen wir keinen Grund zur Annahme, 28, 14 sei eine sekundäre Nachahmung von 13, 14. Bisher haben wir keinen späten Ursprung der Gemeinsamkeiten feststellen können. Häufig wird V. 15 als ursprünglich im J-Kontext angesehen, hauptsächlich wegen der Verknüpfung der Aussage mit diesem. 105 Zwar hat V. 13 a das Pronomen "W, während in V. 15 'DIN steht, aber J benutzt beide. 106 Das einleitende ¡"lim ist ein Stilmittel, dem kaum literarkritische Relevanz zukommt. 107 Die hier im Verhältnis zum Vorhergehenden eigene Thematik deutet keine literarische Heterogenität an. Bereits in den V. 13 b. 14 werden verschiedene Verheißungselemente kombiniert, die unterschiedliche Beziehungen zum Kontext aufweisen, ohne daß sich differierende Schichtenzugehörigkeiten nachweisen lassen. Eine entsprechende Kombination von Verheißungselementen liegt in dem einheitlichen 12, 2 — 3 vor. — Größere Unsicherheit ist dagegen mit der Frage der Ursprünglichkeit von V. 15 b verbunden. Dieser ki-Satz schließt sich nur lose an V. 15 a an und greift

102 103 11)4 105

106 107

Siehe hierzu unten S. 258. So W. H. Schmidt, a.a. O. 14 f. 21. Westermann, a. a. O. 554. So die älteren Kommentare, z. B. Gunkel, a.a. O. 318. Danach Westermann, a.a. O. 555; Emerton, a.a. O. 22, und Otto, a.a. O. 178, der meint, die Beistandsverheißung in V. 15 sei nicht nur literarisch ursprünglich, sondern auch überlieferungsgeschichtlich fest in der Einheit verankert. Vgl. hier nur Zimmerli, a. a. O. 25. W. Schneider, Grammatik, 1974, 266 f. behandelt die stilistische Funktion von mm.

168

V. Genesis 28, 10—22 und der Kontext

auf die ganze Verheißungsrede zurück. Ein ähnlich lose angeschlossener ki-Sa.tz findet sich in 26, 3 b und ist dort sekundäre Beifügung. Wir lassen die Frage nach der Ursprünglichkeit von V. 15 b offen. Rendtorff108 meint, V. 15 sei im Verhältnis zum Kontext sekundär, weil der Vers auf den weiteren Verlauf der Jakoberzählung bezogen sei, während die V. 11 —13 aa. 16 —19 keine solchen Kontextverknüpfungen aufwiesen. Weiterhin seien die V. 13 b. 14 noch später, da sich hier Elemente fänden, die auf einen noch weiteren Rahmen verwiesen, zum Teil bis zur Abrahamsgeschichte (V. 14 a, vgl. 13, 15 f.), teils bis zur Abrahamsund Isaaksgeschichte (V. 14 b) zurückreichten. Rendtorff hebt außerdem hervor, V. 16 knüpfe nicht an die Verheißungsrede an, die darum sekundär sein müsse. Zu dem letzten Punkt ist zu sagen, daß sich weder in 12, 4 a noch in 7 b Rückverweise auf die Bestandteile der Verheißung finden. Offenbar gilt, zumindest für die J-Texte, daß in der folgenden Erzählung nicht auf zurückliegende Verheißungen hingewiesen wird, vgl. auch 13, 18 und Kap. 16; in dem späten Kap. 26* scheint es sich allerdings anders zu verhalten, vgl. das Verhältnis zwischen V. 3a und den V. 13—14. In Kap. 12 ist der Text in diesem Punkt auf jeden Fall einheitlich jahwistisch. In 12, 7 wird jedoch über die Verheißung hinaus zurück auf die Jahwe-Offenbarung verwiesen. Dies entspricht dem Verhältnis in 28, 16. Wir haben folgende Einwände gegen Rendtorffs erste Behauptung: Bevor ein Argument wie fehlende oder vorliegende Kontextbezogenheit als Kriterium verschiedener Schichten dienen kann, muß Rendtorff erst nachweisen, daß die V. 11 —13 aa. 16 — 19 als selbständige, literarisch formulierte Erzählung vorgelegen haben. Einen solchen Nachweis ist er schuldig geblieben. Im Gegensatz zur Auffassung Rendtorffs109 beginnt mit V. 11 keine kontextunabhängige Erzählung, im Gegenteil, ohne die in V. 10 gegebene Einleitung wird V. l l a a sinnlos. Man ist in diesem Fall gezwungen, anzunehmen, daß eine ursprüngliche Einleitung des Textes durch V. 10 ersetzt worden ist. Dann aber ist die literarkritische Scheidung genauso hypothesengebunden, wie die literarkritische Arbeitsweise, der Rendtorff mit Recht widerspricht:110 Er setzt eine Redaktionshypothese voraus, die mit einem ursprünglich selbständigen Text und späteren kontextbezogenen Redaktionsschichten rechnet. Er stellt diese These auf, begründet sie aber für Gen 28 nicht. Gegen seine Schichtung in den V. 13—15 ist derselbe methodische Einwand zu erheben. Der gleiche Verfasser kann Formulierungen verwendet haben, die auf einen engeren und einen weiteren Kontext hinweisen, Vgl. oben Anm. 27. Blum, a.a. O. 158 ff. 163 f. behauptet, V. 15 sei einet D-Bearbeitungsschicht zugehörig. — Siehe hierzu unten Kap. VII.2 Anm. 63 (S. 258). ,0» A.a.O. 512. Vgl. Rendtorff, Das überlieferungsgeschichtliche Problem des Pentateuch, 18.

108

Literarkritische Analyse von Gen 28, 10—22

169

man muß hier nicht verschiedene Redaktionsebenen annehmen. Im übrigen stellen wir fest, daß das Beistandsmoment sachlich bereits in 12, 3 vorkommt. Wir können daher behaupten, daß in 28, 10 — 22 zwei literarische Schichten vorliegen: Eine jahwistische Schicht umfaßt die V. 10. 11 aa. 1 3 - 1 5 . 16 (V. 15b ist unsicher, und "|Snni in V. 14b ist sekundär). Eine elohistische Schicht besteht auf jeden Fall aus den V. 11 aß. y . 12. 17. 18. (19?), wahrscheinlich auch aus 20. 21a. 22a (V. 21 b. 22 b sind in diesem Zusammenhang ziemlich sicher sekundär). c) Das Verhältnis £wischen den beiden Schichten In der J-Schicht haben wir einen relativ sinnvollen Bericht von Jakobs Übernachtung und Jahwes Offenbarung vor uns. Die Gegenwart Jahwes am Ort wird danach von Jakob erkannt. Eine namentliche Bezeichnung dieses Ortes (V. 19?) ist vielleicht während des Redaktionsprozesses weggefallen. Ist der E-Text ein selbständiger Faden gewesen, dann fehlt jedenfalls etwas an seinem Anfang. Wäre der J-Stoff späterer redaktioneller Zusatz zu einem elohistischen Textbestand, müßte auch V. 11 aa Teil dieses Zusatzes sein. Aber was würde ein Redaktor mit seiner Aussage mit erreichen, die er einem Text beigibt, der bereits anschaulich die Vorbereitungen zur Übernachtung Jakobs schildert, und erzählt, daß er sich niederlegte, träumte und am nächsten Morgen aufstand? Dieser Redaktor würde nichts Neues mit dem Einschub von V. 11 aa bringen, sondern nur unnötige Spannung im Text erzeugen. — Dagegen wirkt der Gedanke, der Redaktor wollte das umfassende "[V""! durch sein Hinzufügen von V. 11 aßy. b näher beschreiben, viel einleuchtender. Die geeignetste Stelle für den Einschub seines Berichtes von Jakobs Übernachtung und seinem Traum in Bethel in den JRahmen fand er nach ... ,D D© selbst wenn dadurch eine gewisse semantische Spannung innerhalb des Textes entstand. Damit besteht ausreichend Grund, den J-Faden in 28, 10 ff. als selbständigen Faden anzusehen, der schon vor der Erweiterung durch E existierte. Weniger eindeutig ist die Frage nach der ursprünglichen Selbständigkeit der E-Schicht zu beantworten. Ist diese Schicht nur Ergebnis einer redaktionellen Bearbeitung der jahwistischen Schicht? Im letzteren Fall hat E jedenfalls dem Kap. 28 eigenen Traditionsstoff zugeführt. 111 Die V.

111

Siehe oben S. 155 besonders Anm. 42. Richter, a.a.O. 44f. hält die Geschichte bei E zwar für eine konstruierte Erzählung, die dadurch zu einem literarischen Produkt wird. Trotzdem kann nicht bestritten werden, daß der Verfasser ältere Motive verwendet hat.

170

V. Genesis 28, 10 — 22 und der Kontext

20 — 22 stammen allerdings nicht aus der Tradition. 112 Nach Westermann 113 lassen sich die Bedingungen in den V. 20 — 21 auf dem Hintergrund von V. 15 und den gattungstypischen Elementen „des Gelübdes" erklären. Die Verheißung selbst in V. 21b —22 a kann nach Westermann ebenso erklärt werden. Nach unserer Untersuchung ist es uns nicht möglich, eine entscheidende Aussage zur Art der E-Schicht vorzulegen.

V.2. ZUR FRAGE NACH DEM LITERARISCHEN HORIZONT DER GOTTESREDE IN GEN 2 8 , 1 3 - 1 5

a)

Problemstellung

Wir wenden uns jetzt der Frage zu, in welchem weiteren literarischen Kontext die J-Verheißungen in 28, 13—15 stehen. Dieser Frage gehen wir in zwei Richtungen nach: 1. Gen 28, 13aß—14 und 13, 14 — 17 weisen mehrere gemeinsame Merkmale auf. 1 Einige können auf traditionellem Sprachgebrauch beruhen, wie z. B. die Landverheißung: "[SniVl fllinN "]V,2 der Hinweis auf den Staub, der ein gebräuchlicher Ausdruck zur Bezeichnung einer Menge sein kann, 3 und die verschiedene Reihenfolge der Himmelsrichtungen, die in den beiden Texten nicht mit derselben Verheißung verbunden sind. Trotzdem ist die Zahl der vielen größeren oder kleineren Übereinstimmungen so auffallend, daß es möglich ist, einen gemeinsamen Ursprung beider Texte oder eine literarische Abhängigkeit des einen vom anderen anzunehmen. Jedoch sind die Meinungen, wie eine solche Abhängigkeit zu verstehen sei, geteilt. 4 ,12 113

Vgl. Richter, a.a.O. A.a.O. 550f.

44 f.

' Vgl. die Übersicht bei E. Blum, Die Komposition der Vätergeschichte, 1984, 290. Dieser Sprachgebrauch kann traditionell und aus den damaligen Darstellungen säkularer Vasallen-Donationen übernommen worden sein, vgl. M. Weinfeld, „The Covenant of Grant in the Old Testament and in the Ancient Near East", JAOS 90 (1970), 199. Die hinzugefügte Wendung D^l» IS in 13, 15 kann ebenfalls traditioneller Sprachgebrauch aus diesem Zusammenhang sein und muß nicht auf die Bemühungen einer späteren Zeit, die Gültigkeit der Verheißung zu unterstreichen, zurückgehen. A. de Pury, Promesse divine et légende cultuelle dans le cycle de Jacob, 1975, 178 behauptet, 28, 13 und 13, 14 seien nicht direkt voneinander abhängig, wiesen aber auf eine ihnen gemeinsame Tradition hin. Der Verfasser von 13, 14 halte sich jedoch weniger genau an den ursprünglichen Scopus der Tradition, als in Kap. 28 zum Ausdruck komme. 3 Sie oben S. 166. 4 Viele Forscher sehen in 13, 14 — 17 und 28, 13 — 15 J-Texte, vgl. von Rad, Gen z. St. Blum, a.a. O. 290f. behauptet, 13, 1 4 - 1 7 und 28, 12 aß. b. 14 gehöre derselben Redaktionsschicht an, während L. Schmidt, „Überlegungen zum Jahwisten", EvTh 37 (1977),

2

Zur Frage nach dem literarischen Horizont der Gottesrede in Gen 28, 1 3 - 1 5

171

In 1 3 , 1 4 — 1 7 gibt es b e s t i m m t e M e r k m a l e , die v i e l e F o r s c h e r f ü r ein Z e i c h e n literarisch s e k u n d ä r e r E i n a r b e i t u n g dieses A b s c h n i t t s in den K o n text halten. O b w o h l das literarische V e r h ä l t n i s z w i s c h e n K a p . 2 8 u n d K a p . 1 3 u n g e k l ä r t ist, halten w i r es f ü r s i n n v o l l zu u n t e r s u c h e n , o b 1 3 , 1 4 — 1 7 dem vorausgehenden jahwistischen Textgefüge zugerechnet w e r d e n kann o d e r nicht. Ist die F r a g e zu bejahen, liegt kein G r u n d v o r , aus den Ä h n l i c h k e i t e n z w i s c h e n 1 3 , 1 4 — 1 7 u n d 2 8 , 1 3 — 1 5 a u f eine N i c h t z u g e h ö r i g k e i t v o n 2 8 , 1 3 f f . zu derselben j a h w i s t i s c h e n G r u n d s c h i c h t w i e K a p . 1 2 - 1 3 * J zu schließen. 2. Z w e i t e n s ist zu e r k l ä r e n , o b w e i t e r e r j a h w i s t i s c h e r T e x t b e s t a n d a u f K a p . 2 8 f o l g t . D a s gilt h a u p t s ä c h l i c h f ü r die T e x t e l e m e n t e , die a u f die B e i s t a n d s v e r h e i ß u n g in 2 8 , 1 5 z u r ü c k v e r w e i s e n . B e s o n d e r s interessant sind die V e r s e 3 1 , 3 u n d 3 2 , 1 0 .

b) Gen 13, 14—17: Ein nachjahrvistischer

Text?

I m H i n b l i c k a u f die literarische E n t s t e h u n g v o n K a p . 1 3 liegt eine k o m p l e x e F o r s c h u n g s s i t u a t i o n v o r . M e h r e r e F o r s c h e r sind d e r M e i n u n g , einen u r s p r ü n g l i c h selbständigen Textbestand isolieren zu k ö n n e n , eine selbständige, v o r j a h w i s t i s c h e E r z ä h l u n g v o n d e r T r e n n u n g A b r a h a m s v o n L o t . 5 I n n e r h a l b d e r F o r s c h u n g besteht j e d o c h E i n h e l l i g k e i t in d e r A u f -

5

231 in 13, 14—17 eine sekundäre Nachbildung von 28, 13 — 15 sieht. Umgekehrt deutet J. A. Emerton, „The Origin of the Promises to the Patriarchs in the Older Sources of the Book of Genesis", VT 32 (1982), 22, das Abhängigkeitsverhältnis: 28, 14 müsse wegen der Ähnlichkeiten mit 13, 16 sekundär sein. C. Westermann, Genesis, BKAT I, 2, 554 behauptet, die vier Himmelsrichtungen paßten eigentlich mehr zur Landverheißung, wie Gen 13, 14. Siehe hierzu oben S. 167. R. Kilian, Die vorpriesterlichen Abrahamsüberlieferungen, 1966, 28 findet in den V. 2. 5. 7a. 8 —10a. 11 a. 14*. 15 — 17 einen vorjahwistischen Grundtext, eine ursprünglich selbständige Ätiologie, die mit Bethel verbunden war und sich auf die Landbesitzverhältnisse zwischen Moab/Ammon und Israel bezog. Bereits in seiner vorjahwistischen Gestalt sei der Text jedoch erweitert und mit der Sodomerzählung in Kap. 18 f. verbunden worden. Vgl. entsprechend ders., „Zur Überlieferungsgeschichte Lots", BZ 14 (1970), 25 ff. Auch P. Weimar, Untersuchungen \ur Redaktionsgeschichte des Pentateuch, 1977, 48 ff. meint, es gebe einen vorjahwistischen, selbständigen Textbestand in den V. 2. 5. 7a. 8 —10aa. 11 aa, der die Siedlungsverhältnisse erkläre. J habe diesen Text später mit der Sodomgeschichte in Kap. 18 f. verbunden. Nach Weimar sind die V. 14—17 redaktioneller Zusatz, der mit der Schlußredaktion des Pentateuch zusammenhänge. Nach de Pury, a.a. O. 84 folgte 13, 14aab. 15. 17 — 18 ursprünglich auf 12, 8 und gehörte zu einer präjahwistischen Schicht. Die Erzählung von Abrahams Trennung von Lot sei jünger, aber präjahwistisch, während nur die V. 1. 3 f. 16 von J eingefügt seien. C. Westermann, Die Verheißungen an die Väter, 1976, 66 ff.; vgl. auch ders., Gen I, 2, 202 legt an Kap. 13 traditionsgeschichtliche Maßstäbe an, literarkritische Scheidungen zwischen J und einer präjahwistischen Grundschicht nimmt er nicht vor. Er behauptet, die V.

172

V. Genesis 28, 1 0 — 2 2 und der Kontext

fassung, daß die Geschichte von Abrahams Trennung von Lot im Werk des Jahwisten immer mit der Lot-Sodom-Erzählung in Kap. 18 f.* verbunden war. Unsere Aufgabe liegt nun nicht darin, einen eventuell ursprünglichen Grundbestand zu isolieren und das literarische Verhältnis von 13, 14—17 zu diesem Grundbestand zu beschreiben, sondern zu untersuchen, ob 13, 14—17 innerhalb des jahwistischen Kontexts der Kapitel 13 und 18/.* ursprünglich ist oder nicht. Es gibt keinen Grund zu behaupten, der wesentliche Teil der Geschichte in Kap. 13 sei nachjawistisch und gehöre einer späteren Schicht als Kap. 12* J an. Wir haben oben 6 erklärt, daß sich keine redaktionelle Arbeit im Übergang von Kap. 12 zu Kap. 13 feststellen läßt, sondern daß sich der J-Text in Kap. 12 wahrscheinlich in Kap. 13, 1 ff. fortsetzt. Wir können keinen nachjahwistischen Redaktionsprozeß nachweisen, der Kap. 12 mit Kap. 13 verbunden hat. Die Verse 14—17 werden hauptsächlich aufgrund einer behaupteten Spannung zwischen V. 10 und V. 14 sowie V. 17 und V. 18 als sekundär angesehen. L. Schmidt1 argumentiert wie folgt: In V. 14 wird Abraham das ganze Land zugesprochen, das er von Bethel aus sehen kann, V. 13. Lot betrachtet in V. 10 von Bethel her die wasserreiche Jordanebene. Das bedeute aber, daß Lots Gebiet auch Abraham verhießen wurde, V. 17 impliziere dann, daß er auch in Lots Gebiet kam. Beides widerspricht der Vorstellung einer Trennung zwischen Abraham und Lot, die Trennung soll ja die verschiedenen Niederlassungen begründen. — Die Spannung zwischen V. 17 und V. 18 wird von Emerton 8 erwähnt: Abraham führt in V. 18 den in V. 17 gegebenen Befehl nicht aus. 5 — 13 gehörten zu einem „Kreis der Streiterzählungen", die ihren Ursprung in Vorgängen der Väterzeit hätten, zu letzterem siehe aber Blum, a.a.O.

284 A n m . 1 5 — Andererseits

erklärt A . Jepsen, „Zur Überlieferungsgeschichte der Vätergestalten", WZ(L).GS

3

(1953/54), 278, 13, 5 — 13 bereite nur Kap. 19 v o r und sei hauptsächlich v o n J geschaffen. Dasselbe gelte für die V. 1 — 4 und V. 14 f.: sie seien ganz und gar jahwistisch. Dementsprechend behauptet J . van Seters, Abraham

in Historj

and Tradition, 1975, 223. 313,

1 3 , 7 — 13 mit den V. 3 — 5 und den V. 1 4 — 1 7 seien als eine Einleitung zur LotSodomerzählung in Kap. 18 f. entstanden und hätten nie selbständig existiert. V. 1 f. 18 gehöre dagegen zusammen mit 12, 1 0 — 2 0 und 1 8 , 1 a. 10 — 14 einer älteren Textschicht an. Seiner Auffassung nach ist die ganze Lot-Geschichte spät, eine Behauptung, die auf 18, 18 ff. beruht. Van Seters nimmt diesen Abschnitt für ursprünglich im Zusammenhang an, wir halten seine Auffassung aber für unzureichend begründet. — Blum, a. a. O. 282 ff. ist auch der Meinung, Kap. 13 sei als Einleitung der Sodomerzählung konzipiert. Er hält die V. 1 4 — 1 7 im Verhältnis zu dieser Erzählung f ü r sekundär. M. Köckert, Vätergott und

Väterverheißungen, 1988, 251 f., postuliert, Kap. 13, 2*. 5 * . 7 a . 8 - 1 0 a * . 11 a. 1 8 a * sei eine ursprünglich selbständige Erzählung v o n der friedlichen Trennung Lots v o n Abraham. 6

Siehe oben S. 107 ff.

7

Vgl. oben A n m . 4.

8

A.a.O.

19.

Zur Frage nach dem literarischen Horizont der Gottesrede in Gen 28,13 — 15

173

Einige Beobachtungen deuten jedoch an, daß sich die These einer Spannung zwischen V. 10 und V. 14 kaum aufrechterhalten läßt, wenn man den Ort der Verse innerhalb des J-Kontextes Kap. 13. 18 f.* in Betracht zieht. Innerhalb dieses Rahmens bezieht sich pTTI in V. 10 sehr wahrscheinlich auf die Ebene von Sodom und den südlichen Teil des Toten Meeres. 9 Die Schilderung des Jahwisten, daß Lot das Land bis Sodom und Soar sah, stimmt mit den geographischen Verhältnissen nicht überein, so weit konnte man nicht blicken. Andererseits ist die Landverheißung in V. 14 ff. bei J (vgl. 12, 2 f. 7) nur so zu verstehen, daß dem Patriarchen Abraham das gan^e Gebiet Kanaans zugesprochen wird. 10 Unter diesen Umständen kann man keine geographischen Maßstäbe an das „Schauen" Abrahams und Lots anlegen und behaupten, sie sähen dasselbe Gebiet. In J's Bericht stammt das „Schauen" Abrahams und Lots mit den ideologischen, nicht mit den geographischen Verhältnissen überein. Lot „sieht" das weit im Süden gelegene Gebiet, das die Leser als öde Weite kennen, und sie erfahren im folgenden warum das Land eine Wüste ist. Abraham „sieht" das Land, das Israel besitzen wird, ganz Kanaan, ohne die südöstliche Wüste. Ein israelitischer Leser des 13. Kapitels, in Kenntnis der jahwistischen Berichte Kap. 12 und 18 f.*, kann dieses „Schauen" nicht anders verstanden haben, und damit hat es für ihn keine unaufhebbare Spannung zwischen V. 10 und V. 14 gegeben. Die Übereinstimmung zwischen V. 10 und V. 14 läßt sich als wohlüberlegtes Stilmittel eines Verfassers erklären, und nicht als Nachahmung eines vorgegebenen Verses 10 seitens eines Redaktors: Der Verfasser beabsichtigt, die verschiedenen Siedlungsgebiete der beiden Personen einander gegenüberzustellen, Lot wählte sein Gebiet, und als er weitergezogen war, ließ Jahwe Abraham das Land sehen, das er bewohnen wird.

Aus entsprechenden Gründen besteht daher auch kaum Ursache, im Rahmen des jahwistischen Werkes eine nicht auszugleichende Spannung zwischen V. 17 und V. 18 anzunehmen. 11 Bereits in V. 14 wird Abraham sehr anschaulich aufgefordert, seine Augen zu erheben und sich umzuse9

10

11

Kilian, Abrahamsüberlieferungen, 20—22 unterscheidet zwischen 13371 = das Gebiet am südöstlichen Teil des Toten Meeres, und ]TYT1 = die Ebene nördlich des Toten Meeres. Er hält daher V. 10 b. 12 b für sekundär, ebenso den Zusammenhang mit Kap. 18f*. Zur Kritik an Kilian vgl. van Seters, a.a.O. 222 und zuletzt Blum, a.a.O. 284. Auch Kilian ist jedoch der Auffassung, |WJ1 133 _1 73 sei im jahwistischen Zusammenhang zu einer Beziehung der Südgebiete einschließlich Sodom geworden. Dies wird nicht von der Frage berührt, ob hier eine alte Überlieferung mit der Umgebung von Bethel verbunden ist, so Kilian, bzw. Hebron, so Scharbert („Die Landverheißung als Urgestein der Patriarchen-Tradition", FS Delcor, 1984). Eissfeldt, Hexateuchsynopse, 9. 21* nimmt keine literarkritische Scheidung zwischen den V. 10. 18 und den V. 14—17 vor, vgl. entsprechend von Rad, Gen 132 f., und B. Vawter, On Genesis, 1977, 184, und S. Tengström, Die Hexateucher^ählung, 1976, 29 mit Anm. 9. Vgl. bereits Jepsen, a. a. O. 278.

174

V. Genesis 28, 10 — 22 und der Kontext

hen. Jahwe wird ihm das Land, das er sieht, geben. Ein Israelit muß diese Verheißung im J-Rahmen als Verheißung des ganzen Landes Kanaans gelesen haben; Abraham konnte aber nur einen kleinen Teil dieses Gebietes erkennen. „Das Land, das Abraham sieht", hat bei J einen ideologischen Inhalt, nicht einen geographischen. Entsprechend kann V. 17 aufgefaßt werden: Die Aufforderung ist konkret und anschaulich — wie die in V. 14. Das Gebiet, das er durchwandern soll, ist das spätere Israel, das Abraham, dem Patriarchen, zugesprochen wird. Das Durchschreiten wurde wahrscheinlich bei der rechtlichen Übernahme eines Landgebietes durch den neuen Besitzer begangen. 12 Im Rahmen des J-Berichts wird dieser A k t aus der individuellen Sphäre auf ein ganzes Land und seine Besitznahme durch das Volk übertragen. Die Aufforderung V. 17 hat ideologischen Inhalt, das spätere Israel hat Anspruch auf sein ganzes Land, sie ist kaum als Aufforderung mit historisch konkretem Inhalt, auszuführen von einem Individuum, verstanden worden. — Mit dieser Lesart erwartet man keinen Bericht von Abrahams Durchführung der Befehle in V. 14 und V. 17, der Leser hat wahrscheinlich beide als „Ideologie" verstanden, und nicht als konkret-anschauliche Aufforderung, deren Durchführung man erwartet. 1 3 Auf die sprachlichen Charakteristika der Verse 17 und 18 brauchen wir hier nicht näher einzugehen, sie werfen kein Licht auf die Frage nach der Schichtung. 14 Ubereinstimmendes bnx in V. 12 und V. 18 reicht nicht aus, um V. 14—17 als sekundären Einschub zu erklären. 15 Weimar 16 weist auf Berührungspunkte hin, die er zwischen 13,14ff.; 22, 15ff. und 26, 3b—5 zu finden meint. Sie dienen ihm als Kriterien einer Schichtung. Hier liegen jedoch auffallende Unterschiede vor: Die Wendung N l p l traBn"!» rp]W mrr l« 1 ?» in Kap. 22, S3B in Kap. 22 und 26, ebenso r m (mit Inf. abs.),

12 13 14 15

16

Vgl. hier nur Westermann, Gen 1,2, 211. Vgl. teilweise entsprechend de Pury, a.a.O. 71 Anm. 151. Vgl. Kilian, Abrahamsüberlieferungen, 24 ff. So Blum, a. a. O. 285, der auch den Unterschied zwischen V. 14 und der Offenbarungsszene in 18, 1 ff. erwähnt. Vgl. jedoch 12, 1, der derselben Schicht wie 13, 1 ff. angehört. — M. Köckert, a.a. O. 252, behauptet in Anschluß an C. Westermann (Gen II, 211), die Verheißung in 13, 14 — 17 trete störend zwischen den Erzählschluß V. I I a und V. 18a. Das unmittelbare Zusammengehören der Sätze l l a ß . 12bß. 18 geht nach Westermann aus der formgeschichtlichen (nicht literarkritischen, wie Köckert 252 Anm. 446 schreibt) Beobachtung hervor, alle drei Sätze seien Itinerare. Diese Beobachtung ist jedoch kein literarkritisches Indiz. Köckert weist auch auf Hoftijzers Anmerkung 104 (S. 28) hin, die Verheißung komme zu spät, weil sie bewußt an die Zusammenkunft von Lot und Abraham anschließe, jedoch erst an einem späteren Punkt der Erzählung auftrete (d. h. nach Köckert, erst nachdem Kanaan durch die Wahl Lots das Land Abrahams geworden sei). — Daß Kanaan das Gebiet Abrahams durch die Wahl Lots geworden war, bedeutet jedoch noch nicht, daß dieses Land das von Gott verheißene Land ist. Die Aussagen schließen einander nicht aus. Ein literarkritisches Indiz liegt somit nicht vor. A.a.O. 49f. Anm. 145.

Zur Frage nach dem literarischen Horizont der Gottesrede in Gen 28, 13 —15

175

der Vergleich mit den Sternen und die Begründung mit dem Handeln Abrahams, alle diese Momente fehlen in Kap. 13.

Eine vorsichtige Folgerung nimmt der Auffassung, 13, 14—17 sei im jahwistischen Kontext des 13. Kapitels sekundär, jegliche Grundlage. Die Spannung zwischen der konkreten Ausdrucksweise und dem ideologischen Sinn ist vielleicht eine Spannung zwischen einer gegebenen, selbständigen Tradition — mündlich oder schriftlich — und ihrer Aufnahme in das jahwistische Werk und die Theologie des Jahwisten. c) Die Frage nach dem weiteren J-Bestand der Jakobsgeschichte Nach Noth17 ist der folgende Textbestand jahwistisch: 29, 1 - 3 5 . 30,1 acc. 3bß. 4f. 7 - 1 6 . 20aßb. (21.)24. 2 5 - 4 3 * . 31, 1. 3. 17. 18acc. 19a. 20. 21 accb. 22f. 25b. 26acc. 27. 30a. 31. 36a. 3 8 - 4 0 . 46. 48. 5 0 - 5 3 a. 32, 4 - 1 4 a . Auf E geht seiner Auffassung nach der folgende Bestand zurück: 30, 1 aßb. 2. 3 aba. 6. 1 7 - 1 9 . 20 acc. 22 f. 31, 2. 4 - 1 6 . 19b. 21 aß. 24.25a. 26ccßb. 28f. 30b. 3 2 - 3 5 . 36b. 37. 4 1 - 4 5 . 50. 53 b. 54. 32, 1 - 3 . 14 b—22. E. Otto18 folgt im wesentlichen dieser Schichtung. Westermann19 vertritt eine abweichende Auffassung hinsichtlich der Schichtenfrage. Wie Noth hält er Kap. 30, 25—42 für jahwistisch. Teile des V. 32 f. und der ganze V. 40 seien sekundäre Zusätze, ebenso V. 43. Kap. 31* sei jahwistisch, V. 4—16 aber eine sekundäre Erweiterung, die nach Westermann nicht von E stamme. Des weiteren gelte 31,42 als jahwistisch, nicht elohistisch. Westermann20 meint, V. 4—8a. 14—22 in Kap. 32 seien jahwistisches Gut, ursprünglich habe V. 12 nach V. 8 a gestanden, der Rest der V. 10—13 sei sekundäre Erweiterung. Kap. 32,10—13 kann kaum als einheitlich angesehen werden. Der Ausdruck a ^ K aöTl m»K nnsi, V. 13, bildet eine Dublette zu V. 10: 1 » » nrrtrio ... "lasn, beide stehen im Zitat des Gebetes Jakobs, und beide dienen der Begründung dieses Gebetes, indem sie auf Jahwes Worte hinweisen. V. 10 verbindet den Satz mit 3Ü"1 mit der Aufforderung zur Rückkehr und wird dadurch für den weiteren Handlungsverlauf wichtig. 17 18 19 20

ÜP 30 f. Jakob in Sichern, 1979, 4 7 - 5 0 . Gen 1,2, 576. 584 f. 597 f. Ebd. 614.

176

V. Genesis 28, 10 — 22 und der Kontext

In V. 13 sind entsprechende Aussagen mit der Nachkommensverheißung verbunden, die im Kontext ohne Funktion ist. Y. 13 ist daher aller Wahrscheinlichkeit nach sekundär. V. 10 dagegen fügt sich nahtlos in den Kontext ein. V. 8 a schildert Jakobs angstvolle Reaktion: 3 p S T Eine weitere, ausführlichere Beschreibung der Reaktion Jakobs — wie in V. 10 — stimmt gut mit diesem Erzählzug überein. Die erneute Redeeinführung in V. 10, nach derjenigen in V. 9, ist deshalb notwendig, weil hier ein Wechsel der Redeform vorliegt: in V. 10 beginnt ein Gebet. Wir sehen keinen Grund, V. 10 als sekundäre Erweiterung des Vorhergehenden anzusehen. V. 10 knüpft an 31, 3 an und kann durchaus J zugeschrieben werden. — Zusätzlich zu V. 13 ist wohl auch V. 11 sekundär. 21 Die Fortsetzung einer Rede (V. 10. 12) durch einen Narrativ (V. 14) entspricht jahwistischem Sprachgebrauch in 12,4 a; 28, 16 und bildet somit keinen Grund für eine literarkritische Scheidung. 22 Im vorliegenden Zusammenhang ist die Frage nach der Zugehörigkeit von 31, 3 zum vorredaktionellen J-Bestand in Kap. 30 f. wesentlich. E. Blum 23 hat sich als letzter mit der Schichtenfrage in der Jakobgeschichte beschäftigt. Seine Untersuchungen führten ihn nicht zur Annahme paralleler, selbständiger Quellen, sondern zu der Behauptung, vorhandene Überlieferungen seien in verschiedenen Kompositionsschichten bearbeitet worden. Nach Blum liegt in Kap. 29 — 31 eine der späteren Redaktionsschicht vorgegebene Erzählsubstanz vor. 24 In diesem Zusammenhang sei auch eine sekundäre Interpretationsschicht („Kompositionsschicht") festzustellen, zu der die folgenden Textelemente gehörten: 31, 1 f. 4—16. 24. 29 b. 38 —43,25 eine genaue Abgrenzung sei jedoch nicht möglich. 26 Im Hinblick auf Kap. 30 führe diese Interpretationsschicht in 31,1 ff.* die Episode in 30,25 — 43 weiter und korrigiere wesentliche Punkte: Jakobs Handlungsweise werde durch den Hinweis auf Labans Unehrlichkeit gerechtfertigt, Jakobs Hirtenkünste werden als Resultat des Beistandes Gottes erklärt. 27 Die hier behandelte Schicht beziehe sich auf 28, 20 — 22, führe aber nicht über die Jakobserzählung hinaus. 28 — Hinzu 21

Siehe unten S. 181.

22

Gegen Westermann, Gen I, 2, 619.

23

A.a.O.. Ebd. 125 und besonders 126. Ebd. 132. Ebd. 132. Zu den V. 1 - 1 6 * vgl. S. 123. Zu den V. 1 - 1 6 * und 4 1 - 4 3 vgl. S. 127: Die Textelemente seien mehr als „gelegentliche Zusätze", sie konstituierten v o r allem in Kap. 13 einen neuen, kohärenten Erzählzusammenhang.

24 25 26

27

Ebd. 123, vgl. 128. Zu der ganzen Interpretationsschicht in Kap. 31 vgl. 132, w o Blum behauptet, diese Schicht unterscheide sich von dem vorgegebenen Kontext unter anderem durch die korrigierende Betonung von Gottes bewahrendem und leitendem Handeln f ü r Jakob.

28

Ebd. 127, vgl. S. 1 1 8 und zusammenfassend S. 132.

Zur Frage nach dem literarischen Horizont der Gottesrede in Gen 28, 13 — 15

177

kommen einige noch spätere kleinere Erweiterungen, V. 3. 17 f. 33aß. 2 9 Blum weist V. 3 einer übergreifenden dtr. Bearbeitung des gegebenen Stoffs zu. 30 Er rechnet nicht nur 31, 3, sondern auch 31, 1 zur sekundären Bearbeitung der Grunderzählung in Kap. 30 f. Haben wir ihn richtig verstanden, führt er folgendes Argument für diese Behauptung an: Sowohl V. 1 wie V. 2 schlagen „Themen" an, die in V. 4 ff. wieder aufgenommen werden: 31 Die „Besitzfrage" in V. 1 erscheint wieder in den V. 6. 7 — 9. 10—12, und das in V. 2 erwähnte Verhältnis zwischen Jakob und Laban wird in V. 5 a besprochen. „Seine den Namen Potiphar gegeben haben, oder 39, 1, eventuell 37, 36 ist von dem, der Kap. 39 eingeschoben hat, redaktionell bearbeitet worden. Der Name Potiphar in 37,36//39, 1 ist demnach kein sicheres Indiz für die Ursprünglichkeit von 39, 2 ff. im Kontext. Die Verse 1 aßb. 3 aßb. 5 b. 15 b in Kap. 40 setzen Kap. 39 voraus. Im Hinblick auf V. 1 aßb und V. 5 b, wird häufig auf die Spannung im Gebrauch der Amtsbezeichnungen in diesen Versen hingewiesen: 14

v. l aß. 5 b:

np»an ii tris» -jVn HjW» nssn II ans» iVaV -im nssn

Diese kurzen Amtsbezeichnungen kommen nur hier vor.

v. 2:

n^ppnn "I® Q-'DINn HP

Diese langen Amtsbezeichnungen kommen später mehrmals vor: 40, 9 . 1 6 . 20. 23; 41, 9 f. Die Variationen der Amtsnamen entsprechen den verschiedenen Königstiteln: V. 1 aß. 5 b: DnSD (nur in 41, 46 mit 1SHD) V. 2: H i n s (häufig im folgenden: 41, 1 u. a.). Die kurzen Amtsbezeichnungen in bestimmter Form setzen offensichtlich nur einen Amtsträger voraus, während die langen Bezeichnungen mehrere Inhaber implizieren, wobei die erwähnten Beamten die Leiter des betreffenden Amtes sind. Hier scheint eine Spannung vorzuliegen, die eine literarische Uneinheitlichkeit andeuten kann. Ist es denkbar, daß der kurze Amtsname eine einleitende ungefähre Angabe ist, die im weiteren Verlauf der Erzählung präzisiert wird? Nach Westermann 15 kommt die Amtsbezeichnung ohne IS? (also die kurze) zu Beginn der Einleitung und dann „beim Handlungseinsatz" in V. 5 vor, die Formulierungen sind mit Bedacht gewählt um den Anfang einer ursprünglich selbständigen Erzählung (wahrscheinlich die in Kap. 40) mit seinem größeren Zusammenhang zu verbinden. — Gegen Westermann läßt sich jedoch folgendes anführen: a) Die kurzen Amtsangaben, ohne HP, eignen sich nicht zur Einführung der Akteure in eine selbständige Erzählung, da sie determiniert im Singular vorliegen. Sie dienen nicht nur als ungenaue Einführung, sie wecken beim Leser einen ganz anderen Eindruck als die Aussage in V. 2, die suggeriert, daß es sich um den Leiter der Ämter handelt, in denen 14

15

Zu den verschiedenen Amtsbezeichnungen, die im folgenden behandelt werden, vgl. schon Wellhausen, a. a. O. 55, und Gunkel, a. a. O. 427, vgl. ebenfalls W. Rudolph, Der Elohist als Erzähler — ein Irrweg der Pentateuchhritik?, 1933, 157. — Schmitt, a.a. O. 32 f. behauptet, alle Rückverweise auf Kap. 39 in Kap. 40 f. seien sekundär. A.a. O. 72.

Kap. 39 und der Textbestand des Jahwisten in Kap. 12 und 28 ff.

187

jeweils mehrere Personen dienen. Dagegen eignen sie sich gut zur Weiterführung einer präzisen und umständlichen Einführung — aber die Bezeichnungen werden so nicht verwendet. b) In 40, 1 und 5 b steht der Ausdruck Q n S Ö " j ^ » . In 39, 1 HSHD und in 39, 20 ^ » n mOX. Wenn bereits 39, 1 nSHD hat, dann fällt auf, daß derselbe Verfasser eventuell auch den Ausdruck in 40, 1 verwendet haben soll. Viel einfacher kann man D'HSO "[bü als Zutat eines Redaktors erklären. 16 c) NBH und ^Xp sind sowohl in 40, 1 f. wie in 41, 9 f. als Kombination gebraucht. Westermann behauptet: „Das Ganze fangt mit einer Verfehlung der beiden Beamten an, die den Zorn des Pharao erregt; sie ist auch in 41, 9 f. vorausgesetzt." 17 — Diese Übereinstimmungen sprechen jedoch nicht eindeutig für die literarische Einheitlichkeit der Verse 40, 1 f. Sie kann auf einen Redaktor zurückgehen. Der Rede von „meiner Sünde" in 41, 9 muß nicht unbedingt eine entsprechende Rede in 40, 1 vorausgehen. Der Satz mit der Formation wayyiqtol — x in 40, 2 schließt wie üblich an die „Überleitungsformel" in V. 1 aa an, vgl. 22, 1. 20; 39, 7; 48, l. 1 8 In V. 2 findet sich eine präzise Einführung der auftretenden Personen, die nicht voraussetzt, daß diese dem Leser bereits bekannt sind. V. 1 aß. b kann ein späterer Zusatz sein, der den Zorn des Pharao auf seine Beamten erklären soll, V. 2, vielleicht ist der Text auch eingesetzt worden, um — indem vom D"H2itt "[ViD die Rede ist — auf 39, 20 zurückzuweisen. Dadurch werden Kap. 39 und 40 miteinander verbunden. Der Redaktor kann die kurzen Bezeichnungen gebraucht haben, weil er die genaueren, langen Amtsnamen in V. 2 u. a. gekannt hat. — Wie V. 5 ba ist wahrscheinlich ebenso V. 5bß sekundär. 19 16

Vgl. Schmitt, a. a. O. 34, der hervorhebt, daß in keiner der älteren Schichten der Josephserzählung von einem „Ägypterkönig" die Rede sei.

17 18

A. a. O. 72. Die Satzfolge in 40, 1 f.: wayhi — xjqatal — x (unpersönliches wayhi) hat vielleicht eine Parallele in 14, 1 f., ansonsten finden sich in der Gen keine weiteren Parallelen. Gen 15, 1 kann nicht als direkte Parallele bezeichnet werden; wayhi kommt nicht vor. In 39, 7 und 48, 1 folgt auf wayhi ein neuer Satz mit wayyiqtol — x. Nach W. Gross, „Otto Rössler und die Diskussion um das hebräische Verbalsystem", BN 18 (1982), 63 f. nimmt S K nur bei Reden die erste Position in syntaktisch selbständigen Sätzen ein. Zu qatal — x in untergeordneten Sätzen siehe S. 64 A n m . 151, und ders., Verbform und Funktion, wayyiqtolfür die Gegenwart? 1976, 33 Anm. 52. Die Wendung mit qatal — x kann explikative Asyndese sein, aber in Verbindung mit unpersönlichem wayhi kommt sie selten vor.

" Vgl. auch Rudolph, a.a.O.

157, der „die unrichtige Erwähnung des "inon Iva" als

Argument anführt. „Die unrichtige Erwähnung" liege darin, daß "IQÜQ und "inon rP3 verschiedene „Räume" im Haus des Potiphar bezeichneten. Joseph befinde sich zuerst im -inon rva, 3 9 , 2 0 — 23; 4 0 , 1 , später komme er in

4 0 , 4 (S. 156). — Solange

Rudolph 40, 3 für einheitlich hält, bleibt jedoch unverständlich, wie er in "TOBO und rva i n o n verschiedene Stellen sehen kann. Donners Auffassung des 3. Verses ist sachgemäßer

188

V. Genesis 28, 10—22 und der Kontext

Zwischen 40, 4 und dem vorhergehenden Kap. 39 herrscht eine Spannung, die auf literarische Brüche schließen läßt. In 39, 1//37, 36 wurde Joseph gekauft von/verkauft an den OTDtsn flSHD 0"H0, und dieser (der DTiaon 1®) machte Joseph zum Aufseher ("TpS H-St. + b'S) über sein Haus und Eigentum, V. 4 f. Der gleiche Mann ließ Joseph in V. 20 in das IHOn n , 3 werfen, wo Joseph die Gunst des Gefängnisaufsehers gewann. Dieser ("WOn IVO na?) hat in die Hand Josephs EPTONn VrrnX -inon rvan UTK V. 22 gegeben. - In 40, 4 wird gesagt, daß der "W •TiaDn Joseph mit der Bedienung zweier königlicher Beamten im TV2 "inon betraute, V. 3 a (TpS, wie in 39, 4, hier jedoch G-St. + IIX). Kap. 40, 4 scheint keine Rücksicht darauf zu nehmen, daß nach 39, 22 schon der Gefängnisaufseher Joseph alle Gefangenen im IHOn rP3 anvertraut hatte. Dafür gibt es eine einfache Erklärung: Kap. 39, 1; 40, 1 ff.* berichten, daß der OTDOn Joseph als Sklave kaufte und ihn den beiden Beamten in Gewahrsam übergab, sie zu bedienen. Kap. 39, 2 ff., der Bericht über Josephs Gefangnisaufenthalt, im IHOn IV3, ist ein sekundärer Einschub, und das muß auch für das zweite Präpositionsglied in 40, 3 a gelten: m o n n,3~17N. — Ein anderes Moment scheint das zu bestätigen: Das asyndetisch angeschlossene IHOn IVa'Vx in 40, 3 a entfaltet das voranstehende Präpositionsglied und läßt die Beamten im "IHOn IVO sein, während sie im DTDDn "12? Iva in Gewahrsam waren; Kap. 40, 3 a spricht also nur von einem „Haus", während in Kap. 39, 2—4. 20 ff. von zwei „Häusern" die Rede ist. Die Mitteilung in 39, 22, daß ein Aufseher des "IHOn m Joseph noch einmal zum Aufseher im DTDÖH "12? 2V3 machte, diesmal jedoch nur über ein Teil des Hauses, das IHOn rV3, wirkt nach 39, 20 merkwürdig. 20 In 40,15 b wird Josephs Aufenthaltsort mit TD bezeichnet, damit muß dasselbe inDH n , 3 gemeint sein, in dem Joseph gefangen gehalten wurde, 39, 20. Die Ortsangabe kann sekundär sein, 21 wie auch die Wendung TOM"]» lnsn-n in 41, 14 aß. Der Wechsel von der 3. Person sing, zur 3. Person plur. kann auf eine spätere Einfügung dieses Gliedes hindeuten.

20

21

{a. a. O. 40 f.): "IQT^Q bezeichne nicht einen anderen Raum, sondern ein Abstraktum, das Gefangensein, gerade das sei im inon IVO geschehen, wo Joseph selbst Gefangener gewesen sei und den Beamten zu dienen gehabt habe. Nach Donner gibt es keine Spannung zwischen und "inon Iva in 40, 3 a. Zu diesem Punkt siehe auch Seebass, a. a. O. 79 Anm. 4. Bereits Wellhausen, a. a. O. 55 hat behauptet, "inon IV2 sei ein Fremdkörper im Kontext des 40. Kapitels, vgl. auch Gunkel, a. a. O. 427 f. Die Anhaltspunkte, die Rudolph und besonders Donner hervorheben, siehe Anm. 19, berühren unsere Darstellung an diesem Punkt nicht. Vgl. Schmitt, a. a. O. 33.

Kap. 39 und der Textbestand des Jahwisten in Kap. 12 und 28 ff.

189

Die in Kap. 40 f. vorkommenden Rückverweise auf Kap. 39 scheinen demnach Erweiterungen eines älteren Textbestandes zu sein. 22 Sie sind sehr wahrscheinlich redaktionelle Zusätze und nicht Teile einer selbständigen Quelle. — Wir gehen jetzt zur Prüfung der Behauptung Westermanns, Kap. 39 könne nicht sekundär sein, über. Nach Westermann besteht „die Josephsgeschichte in engerem Sinn", 23 Kap. 37*. 39 — 45. 46 ff.*, aus einer Familienerzählung, in die eine Staatserzählung eingefügt sei. Die Familienerzählung habe einen Erzählbogen, der von dem drohenden Bruch in der Familie Jakobs (37) zur Heilung des Bruches (45 f.) führe; die Staatserzählung berichte von Josephs Aufstieg, Kap. 39 — 41. Diese Josephsgeschichte sei einheitlich. Kap. 39 — 41 und 42 — 45 gelte als Konzeption eines Dichters. 24 In Kap. 37 habe der Verfasser eine zuvor selbständige Erzählung benutzt, die zur Jakobtradition gehörte und ursprünglich von J stammte. Doch lasse sich diese hinter Gen 37 stehende Erzählung nicht rekonstruieren. 25 — Nach Westermann wird in „der Geschichte des Aufstiegs" Kap. 39 — 41 die Spannung dadurch bewirkt, daß „der ersten Stufe des Aufstiegs V. 2—6 ein noch tieferer Sturz folgt V. 7 — 20 und der nächsten Stufe V. 21 —23 ein langer Stillstand Kap. 40". 26 So habe jeder Teil seinen notwendigen Ort und Kap. 39 könne kein späterer Nachtrag sein. Westermann unterstreicht auch, daß jede der drei Szenen in Kap. 39 — 41 wie ein Ganzes wirke, aber gleichzeitig auch den Ubergang zur nächsten vorbereite: „der neuerliche Sturz Josephs V. 7 — 20 führt zu der Begegnung mit den Beamten des Pharao (Kap. 40) ...". Zur letzten Behauptung ist zu sagen: Die Begegnung mit Pharaos Beamten ist in Kap. 39 kaum besser vorbereitet als in 37, 6//39, 1 (DTDBn 1®) und 40, 3 a (DTnon

I^a -|Ö»Ö3 a n s ] m ) , und V. 4. -

Den Bemer-

kungen zur „Aufstieg"- und „Sturz"-Struktur fällt als Argument für die Zugehörigkeit des 39. Kapitels zum ursprünglichen Zusammenhang kaum Gewicht zu, denn die Erzählung von der Gefangenschaft dient nur zur Verstärkung einer bereits vorhandenen Spannung, vgl. 37, 36/39, 1; 40, 4. 22

Vgl. die Spannung, auf die G. v o n Rad, Gen 302 als Indiz einer Quellenscheidung hinweist. Coats, From Canaan to Egypt, 29 behauptet gegen Redford, 39, 20 b. 21 ff. bilde nicht den Abschluß des Vorhergehenden, sondern die Einleitung des Folgenden, vgl. auch S. 22 f.: Kap. 39, 20 b. 21 ff. entspreche genau 39, 4—6 a, der Eröffnung v o n 39, 1 — 2 0 a, aber 40, 1 a a sei der Übergang v o n der Exposition in 39, 20 b. 21 ff. zu „the major body", so wie 3 9 , 7 der Übergang in der Einheit 39, 1 — 2 0 a sei. — W i r haben jedoch in 39, 7 und 40, 1 f. eine verschiedene Syntax nachgewiesen, siehe A n m . 18. Coats sagt außerdem, 40, 2 — 4 gehöre zur Exposition. In diesem Fall ist die Struktur v o n 39, 20 b. 21 ff.; 40, 1 ff. nicht so eindeutig, daß man v o r dem Hintergrund einer Analogie zu 39, 4 ff. auf eine literarische Einheitlichkeit des Abschnitts schließen könnte.

25

Gen I, 3, 9. Ebd. 11. Ebd. 24. 27.

26

Ebd. 55 f.

23 24

190

V. Genesis 28, 1 0 - 2 2 und der Kontext

Selbst wenn man Kap. 39, 2 ff. nicht mitrechnet, haben wir „eine Geschichte des Aufstiegs" v o r uns, mit dem weitverbreiteten „Hauptmotiv" 2 7 des jüngsten Sohnes, der Macht und Ehre gewinnt. Das Traummotiv wirkt ebenso weiterführend und einleitend, auch ohne Kap. 39, 2 ff. 2 8 Andererseits kommt das Motiv „der verschmähten Frau" häufig als selbständige Erzählung vor. Aus formgeschichtlichen Gründen, mit Rücksicht auf die Erzählstruktur, besteht daher kein Grund, daran festzuhalten, daß Kap. 39, 2 ff. in der ursprünglichen Erzählung gestanden haben muß. Westermann macht aufmerksam auf den Zusammenhang zwischen „dem Leitmotiv des Mitseins Jahwes", 39, 2. 3. 22. 23, dem angeblichen theologischen Introitus der Josephsgeschichte, und dem Abschluß in Kap. 45, 5 — 8; 50, 17 — 21. Besonders fest ist dieser Zusammenhang allerdings nicht. Kap. 39 erzählt, daß Jahwe mit Joseph war, und ihm so alles gelang. Außerdem wird gesagt, daß Jahwe Potiphars Haus ^OV V7J3 segnete. 29 In Kap. 45, 5 — 8; 50, 17 ff. heißt es dagegen, Jahwe hat Joseph gesandt, um Leben zu retten. „Leben retten" und „senden" können zwar mit Beistand zu tun haben, aber Kap. 39 beschreibt den Beistand anders: Joseph hat Erfolg im Haus des Potiphar. Ein Senden oder Retten wird nicht erwähnt. — Dieses Verhältnis ändert sich auch nicht durch die Aussage in Kap. 45, 8, Joseph wurde zum Herrn über das Haus des Pharao gemacht, vgl. Kap. 39. Denn in 45, 8 wird die folgende Wendung gebraucht: a n s » f - i s - V s a Vrcm w a - V a V pittVi nsno 1 ? axV r m m In 39, 4 dagegen: 1 T 3 ]D1 i V - t r - V s i m * 1 ? » i m p e ^ l und in 39, 6: I D V ' T S I1?—IEW-Vd 3TSn 27 28

29

Ebd. 11. 17, vgl. Gunkel, a.a. O. 399. Westermann, a. a. O. 14, Gunkel, a. a. O. 400. — W. Richter, „Traum und Traumdeutung im AT", BZ 7 (1963), 202 ff. findet „ein fünfgliedriges Schema des Traumes" in Gen 38,5 — 11; 40 ff., — das einen festen Sitz in der Literatur habe, „es gliedert die ganze Josephsgeschichte und hält sie an zentralen Stellen zusammen" (S. 206). „(Der Traum) ist das Band, das die ganze Josephsgeschichte zusammenhält" (208). — Die Träume aber binden gerade nicht Kap. 39 in den Zusammenhang ein. Donner, a. a. O. 36 ff. 40 f. hebt die Motiv- und Episodendoppelung als Kompositionsprinzip der Josephsnovelle hervor, darunter Josephs zweimalige Gefangensetzung, in der Zisterne und in dem ägyptischen Kerker. — Die anderen Doppelungen sind aber noch eindeutiger: Je zwei Träume und zwei Reisen nach Ägypten. Joseph war aber nicht zweimal in Gefangenschaft, die Brunnenepisode und die in 39, 20 ff. weisen keine Indizien auf, die andeuteten, die beiden Episoden seien als ein Paar zu verstehen. Gegen Donner erklären wir, daß eine Doppelung als Stilmittel im Verhältnis von Kap. 37 zu 39 nicht so stark hervortritt, als daß eine gleiche Schichtenzugehörigkeit angenommen werden müßte. Ein entsprechender Ausdruck findet sich auch in 30, 27. 30, daraus folgt aber nicht unbedingt, daß die Stellen von demselben Autor stammen. Gleiche Schichtenzugehörigkeit wäre wahrscheinlicher, wenn eine Ausdrucksweise vorgelegen hätte, die der in 12, 3 b; 28, 14 entspräche, siehe unten Pkt. c.

Kap. 39 und der Textbestand des Jahwisten in Kap. 12 und 28 ff.

191

Die Ausdrucksweise in Kap. 45 deutet nicht auf einen Autor hin, der eine Rückverbindung zu Kap. 39 schaffen wollte. Unsere Untersuchung läßt 39, 2 — 23, und die Rückverweise auf Kap. 39 in Kap. 40. 41, als sekundäre, redaktionelle Einschübe in den Textzusammenhang erkennen. Wir sehen daher Schmitts These als bestätigt an. Wenn die Rückverweise als spätere Zusätze eines Redaktors, der Kap. 39 eingefügt hat, angesehen werden können, besteht kein Grund, diese Verweise und Kap. 39 als Teile einer größeren, jahwistischen Quelle der Josephsgeschichte zu verstehen. 30

c) Das Verhältnis von Kap. 39

Kap. 30

Die Wendung BRK biglal NN kommt in Kap. 39, 5 und 30, 27 vor. Josephs Schönheit wird durch die Wendung niOÖ flBI 18n~nB\ V. 6, ausgedrückt. Ganz wird dieser Ausdruck nur noch einmal, in 29, 17 (von Rachel), gebraucht. 31 In 41, 2. 18 heißt es allerdings, daß die Kühe sowohl nXIÜ mET als auch "INn 210'' sind. Diese Verse stammen aus einer älteren Schicht als Kap. 39, sind aber dennoch kaum jahwistisch. Nach I Sam 17, 42 ist David HN10 HB\ Die Wendungen in 39, 6 und 29, 17 sind also nicht so charakteristisch, daß sie auf einen Verfasser zurückgeführt werden müßten. Weiterhin muß gefragt werden, ob in Gen 39 ein „Bildungsideal" vorliegt, das sich in der Jakobsgeschichte nicht findet. 3 2 Nach 39, 2 f. 30

31

32

C. T. Fritsch, „God was with him", Int 11 (1955), 21 ff. hält fest, der Verfasser der Josephsgeschichte wolle Joseph darstellen als einen „who trusted Got implicitly and obeyed his laws" (32 f.). Genauer zu diesem Thema in Kap. 38 und 37. 40 f., S. 29: „Joseph's faith was severely tested by the wickedness of his brethren and by Potiphar's wife, but he did not fail". — In Kap. 37. 40 ff. ist jedoch unklar, welcher Aspekt von Josephs Glauben geprüft wird, und der Prüfung standhält. Hierzu finden wir keine Äußerungen in den Texten. Nach Gunkel, o.a. O. 327 gehen die V. 1 - 1 4 auf J, die V. 1 5 - 3 0 auf E zurück. Nach allgemeinem Konsens wird der ganze Abschnitt heute J zugeschrieben, vgl. nur Westermann, Gen I, 2, 565. — Ruppert, a. a. O. 48 hebt ebenfalls den sprachlichen und thematischen Zusammenhang zwischen Kap. 39 und 30 hervor, seiner Auffassung nach sind beide Teile jahwistisch. Zum Begriff vgl. G. von Rad, „Josephsgeschichte und ältere Chokma", 1953, jetzt in: ders., Ges. Stud., 1971, 272 ff. Ruppert, a.a. O. 46 bestreitet zwar nicht, daß die Josephsgeschichte in Kap. 39 von einem solchen Erziehungs- und Bildungsideal beeinflußt sei, aber einen Zusammenhang mit „der Kalokagathie Davids (I Sam 16, 18)" bestreitet er, ebenso wie er eine Verbindung zu der älteren Weisheit zurückweist (S. 58). Schmitt, a.a.O. 169 folgt wieder von Rad und behauptet, Gen 39 habe Weisheitscharakter; er führt hierzu die didaktische Intention der Erzählung an: Joseph wird — nur hier in der Josephsgeschichte — als ethisches Vorbild dargestellt. Demnach postuliert er eine Verbindung nicht zur älteren, sondern zur jüngeren Weisheit, da Kap. 39 sich mit „der

192

V. Genesis 28, 10—22 und der Kontext

gewann Joseph Potiphars Gunst, als dieser sah, daß Jahwe mit Joseph war und Jahwe alles, was er unternahm, durch seine Hand gelingen ließ. Daraufhin vertraute Potiphar ihm seinen ganzen Besitz an. V. 5 berichtet, daß Jahwe das Haus Potiphars und seine Wirtschaftstätigkeit ^OV segnete, nachdem der Ägypter ihn über seinen ganzen Besitz gesetzt hatte. Dies ist so zu verstehen, daß Jahwe Potiphar jetzt segnet, weil dieser einen „Mann des Erfolges" als Aufseher in seinem Haus hat, der Potiphars Güter verwaltet. Weil Jahwes Beistand Joseph in allem, was er unternimmt, Erfolg schenkt, V. 3, wird dieser auch auf Potiphars Besitz einwirken, wenn Joseph ihn verwaltet. 33 Nicht Josephs Vermittlung des Segens an einen Ägypter ist hier die Hauptsache, sondern das Gelingen Josephs in allem, was er unternimmt, auch wenn ihm eine Aufseherstellung anvertraut wird. 34 Wie bereits erwähnt, besteht in diesem Text ein enger Zusammenhang zwischen der Aussage von Jahwes Beistand und dem Segen. Potiphar erkennt den göttlichen Beistand in Josephs erfolgreichem Tun, und dieser Erfolg in seinem Wirken als Verwalter im Haus des Potiphar wird mit der Bemerkung erklärt, Jahwe habe Potiphars Besitz Joseph wegen gesegnet. 35 In diesem Rahmen ist auch die Bemerkung von der Schönheit Josephs zu verstehen, sowie die Begründung in V. 8. 9 a, wo Joseph auf die Treue gegenüber dem Herrn, dem er dient, hinweist. Somit finden sich hier zwei Züge aus dem volkstümlichen Material, das der Erzählung zugrunde liegt. 36 Der Hinweis auf Gott in V. 9 b gehört ebenfalls in diesen Rahmen.

33

34

35

36

Theodizeefrage" beschäftige (S. 169). — Es ist auch auf Fritsch, a.a.O. 24 hinzuweisen, der Wert darauf legt, daß Joseph als „the ideal man of G o d " dargestellt wird, „the supreme test of Joseph's character came in his encounter with Potiphar's wife" (S. 25). Seebass (a. a. O. 121) hebt andererseits wohl zu Recht hervor, daß der Text keine Reflexion über ein Theodizeeproblem enthalte. Hierzu vgl. Coats, From Canaan to Egypt, 21 f. Zu *7pD vgl. S. 24. Wenn Ruppert, a. a. O. 48 sagt, Joseph werde schon durch seinen Dienst zum Segen Jahwes, dann gilt dies, weil Jahwes Beistand ihn zu einem erfolgreichen Mann macht, V. 3. L. Schmidt, „Israel ein Segen für die Völker?", ThViat 12 (1973/74), 139 beachtet diesen Zusammenhang, in dem Joseph als r r ' j s a 5PX charakterisiert wird, nur ungenügend, wenn er aufgrund des Wortes Vbsa behauptet, Jahwes Segen werde nicht auf Josephs Tätigkeit zurückgeführt. Die Analyse des Sinns von Kap. 39 innerhalb des Kontexts, die Coats, From Canaan to Egypt, 27f. durchgeführt hat, bestätigt dies: „... Joseph's ability as a counselor and administrator functions as the primary reason for the Pharaoh's decision to elevate him to a position of power", und „Joseph begins as a servant and moves by means of his own skill as well as God's presence to a position of power in a household, in a prison, in a nation". Vgl. D. Vetter, Jahwes Mit-Sein ein Ausdruck des Segens, 1971, 19. Zum Beistandsbegriff in Gen 39 siehe unten S. 213. In Kap. 39 findet sich wahrscheinlich volkstümliches Gedankengut, vgl. Ruppert, a. a. O. 56f. Westermann, Gen I, 3 61 und Schmitt, a.a.O. 116 meinen, die Erzählung in Kap. 39 gleiche so sehr der ägyptischen Erzählung von den zwei Brüdern, daß der Verfasser

Kap. 39 und der Textbestand des Jahwisten in Kap. 12 und 28 ff.

193

Kap. 39 zeichnet das Bild eines „well-diciplined leader", 37 eines Menschen, der sich gut für eine leitende Stellung eignet, weil er Erfolg in seinem ganzen Wirken hat. Die betonte Voraussetzung dafür ist Jahwes Mitsein mit Joseph, 39, 2. 3. 21. — So muß Kap. 39 auf jeden Fall im Zusammenhang mit den beiden folgenden Kapiteln verstanden werden. Coatsis meint, der ganze Abschnitt Kap. 39 — 41 habe die gleiche Intention, Josephs „ability as a counselor and administrator" darzustellen. — Hierzu kommen 41, 39 f. und eventuell auch V. 33 — 36 in Betracht. Nach Schmitt39 gehören diese Verse einer elohistischen und nicht einer jahwistischen Schicht der Josephsgeschichte an. Man kann auch einen großen Unterschied im Sprachgebrauch in Kap. 39 und 41 konstatieren. In Kap. 41 lassen sich keine Spuren über Josephs „ability" in Kap. 39 feststellen. Wie läßt sich nun das Verhältnis zu Kap. 30 beschreiben? In V. 26 — 30 dreht sich Jakobs Gespräch mit Laban um Jakobs Arbeit im Dienst Labans, vgl. IIS? V. 26. 29. Dieser Dienst hat zu einem Wachsen der kleinen Herde Labans geführt, V. 30. Die Mehrung, die in V. 30 a von Jakob festgestellt wird, bezieht sich somit auf das Resultat seiner Arbeit. Vor dem Hintergrund des erwähnten Wachstums kann Jakob feststellen, daß Jahwe Laban •^n 1 ? gesegnet hat. Die Wendung ''Vn1? muß sich daher im Kontext auf Jakobs erfolgreiche Arbeit für Laban beziehen. Dem entspricht V. 30 b: Jakob muß sich jetzt um sein eigenes Haus kümmern. Es ist daher angemessen, die Segensaussage in V. 27 entsprechend zu verstehen: Jahwe hat gesegnet, d. h. Labans Herde ist groß geworden, und die Ursache des Wachstums ist Jakobs Wirken; deshalb kann Laban sagen, Jahwe hat Laban W i a Jakob gesegnet. Jakob diente Laban als Hirte, Labans Herde wuchs dadurch, V. 29. Von diesem Hirtendienst ist auch in der Fortsetzung der Geschichte die Rede, und in 31, 36 ff. wird er näher beschrieben. Jakob wird immer als Kleinviehhirte dargestellt. 40 Daß Laban ihm eine verantwortungsvolle sie gekannt haben muß. Anders Redford, a.a.O. 91, seiner Meinung nach reflektieren die beiden Verfasser ein universales Thema. — Bei dem Vergleich mit Kap. 30 erhebt sich für uns jedoch die Frage, ob der Verfasser des Kap. 39 das volkstümliche Material unter Einfluß derselben theologischen Anliegen wie in Kap. 30 geformt hat. Daß der Autor von Kap. 39 die Gestaltung des Stoffes durch seine theologischen Anliegen geprägt hat, geht aus mehreren Momenten hervor. In der ägyptischen Erzählung heißt es z. B. (vgl. AN ET2 23 — 25), „the strength of a God was in him", an der entsprechenden Genesisstelle, 39, 3, steht eine Aussage über den Beistand Jahwes. Bringt die Beistandsaussage hier denselben Vorstellungskomplex zum Ausdruck wie in Kap. 30? Unserer Auffassung nach ist dies nicht der Fall. 37

38 39 40

Vgl. Coats, From Canaati to Egypt, 32. Ebd. 28. 27. A.a.O. 197. Vgl. Westermann, Gen I, 2, 590: „aus dem Lebenskreis der Kleinviehnomaden".

194

V. Genesis 28, 1 0 — 2 2 und der Kontext

Stelle anvertraut, wird nicht zum Thema gemacht. Es darf nicht vergessen werden, daß die Früchte der Arbeit Jakobs nicht als Ausdruck des Beistandes Jahwes erklärt werden. Jahwes Beistand äußert sich im Schutz Jakobs vor Laban, der Jakob den Lohn vorenthalten will. Die Beistandsformel ist hier wesentlich anders als in Kap. 39 gebraucht. Ein weiterer, wesentlicher Unterschied besteht darin, daß Kap. 39 die Tüchtigkeit Josephs in einer Weise schildert, die in Kap. 30 nicht vorliegt. Er war ein rrVxö EPH, weil Jahwe mit ihm war, und jedenfalls in dem Zusammenhang mit Kap. 40 f., in dem Kap. 39 jetzt steht, wird Joseph als gut geeignet für eine leitende Stellung geschildert, denn er war erfolgreich und hatte einen festen Charakter. — Kap. 30 legt keinen Wert darauf, Jakob als einen rr^Xö ETX mit festem moralischen Charakter zu schildern; seine Arbeit steht im Vordergrund, sowie die Beschreibung dieser Arbeit, nicht eine allgemeine Charakteristik der Persönlichkeit Jakobs. Das Verhältnis zwischen Kap. 39 und 30 f. läßt sich auch durch einen Vergleich mit der Darstellung Davids in dem vor-dtr. I Sam 16, 18 veranschaulichen. 41 David war ein 1ND SPS und Jahwe war mit ihm, in der Aufstiegsgeschichte Davids ist Jahwes Beistand die Ursache für den Erfolg Davids und seinen „Aufstieg" zum Thron. Es heißt von David, daß er V'SWa war, I Sam 18, 14, vgl. V. 5, er hatte mit seinen militärischen Unternehmungen Erfolg. — Zwischen Gen 30 f. und diesen beiden Texten bestehen wesentliche Unterschiede. Die jahwistische Grundschicht zeigt kein Interesse an einer Beschreibung der stattlichen Gestalt Jakobs, seiner moralischen Qualität oder seiner „Tüchtigkeit", ein Interesse an der moralischen Frage läßt sich dagegen in dem elohistischen Zusatz in Kap. 31 erkennen. Selbst wenn die Aussagen in 30,25 — 30 dazu dienen sollten, Jakobs weiteres Handeln zu rechtfertigen, 42 ist der Text doch an dem Handeln selbst interessiert, ein Interesse an der Zeichnung eines Charakterbildes einer bestimmten Persönlichkeit ist hier nicht erkennbar. Dieser Schluß bleibt auch dann bestehen, wenn die Perikope die Absicht gehabt haben sollte, Jakobs „Aufstieg" aus Unfreiheit in die Freiheit nachzuzeichnen. 43 Die angeführten Unterschiede in Inhalt und Ausdruck rechtfertigen u. E. die Annahme, daß hinter den beiden Texten, Kap. 30 f.* und Kap. 39 nicht der gleiche Verfasser steht. Wir können daher aufgrund der Überlegungen, die wir in der Einleitung ausgeführt haben, behaupten, daß Kap. 30 f.* J und Kap. 39 nicht derselben jahwistischen Quelle in der Genesis entstammen. 41

Ruppert, a. a. O. 46 f. sieht hier keinen engen Zusammenhang. Literarisch gesehen kann

42

Gunkel, a. a. O. 337: Jakob halte mit seinen Hirtenkünsten „das Recht" aufrecht, aber

das richtig sein. vgl. von Rad, Gen 244: „Will er bezeichneten Aufenthalts sagt das Verb nichts. — Einem Halbnomaden wäre Gottes Beistand, verstanden als Schutz während seines Aufenthalts in den Städten, besonders wichtig, falls es stimmte, daß die gesellschaftliche Spannung hauptsächlich zwischen den Stadtstaaten und der Landbevölkerung bestand. Ein solches Verständnis des Beistands wäre einem Halbnomaden auch während der Brunnenstreitigkeiten (V. 17 ff.) wichtig. — Der Beistand wird hier aber nicht als Schutz expliziert, sondern der Segensaussage beigeordnet. In V. 12 wird erzählt (Narrativ), daß Jahwe Isaak segnete; im Kontext wird diese Feststellung durch weitere Narrative (V. 12 — 14) entfaltet, es wird berichtet, daß Isaak säte, daß er viel erntete und nach und nach (Inf. abs.) sehr groß wurde, so daß er Vieh und Sklaven besaß. Die Beistandsformel steht auch in V. 28, in der ursprünglichen Grundschicht, jetzt als konstatierende Aussage Abimelechs, in der Formation kiqatal. Die Feststellung dient zur Motivation seiner Aufforderung, einen Nicht-Angriffsvertrag zu schließen, V. 29. Was er als gesehen feststellt 1X1), versteht er als eine mögliche Bedrohung der Sicherheit Gerars. Hier fragt sich, wie Abimelech sah, daß Jahwe mit Isaak war. Diese Erkenntnis kann nicht primär auf den Brunnenstreitigkeiten beruhen. Abimelech und seine Männer erkannten nämlich, daß Isaak wegen Jahwes Beistand zu einer Bedrohung für Gerar wurde. In den Zwisten um die Brunnen wird erzählt, wie Isaaks Knechte zwei Brunnen gruben, und die Hirten von Gerar auf diese Anspruch erhoben. Isaak zog daraufhin weiter und grub einen neuen. Um diesen gab es keinen Streit, d. h. die Hirten von Gerar stellten keine Ansprüche. Isaak gab nach, bei diesen Streitigkeiten war Gerar daher nicht von Isaak bedroht. Aus der Begebenheit in Gerar, V. 1 — 11*, konnten sie aber auch nicht schließen, daß Jahwes Beistand Isaak zu einer Gefahr werden ließ. Zu dieser Erkenntnis gelangten 2 3

Vgl. C. Westermann, Gen I, 2, 258. Zur Literarkritik siehe oben, S. 114.

Gebrauch der Beistandsformel in Texten der Vätergeschichte

205

sie in erster Linie dadurch, als sie die Segens Wirkungen (V. 12—14) sahen. Das bedeutet, daß Gottes Beistand, der Isaak in V. 3 zugesagt ist, den Einwohnern Gerars sichtbar wurde, als Isaak während seines Aufenthaltes in Gerar säte und hundertfältig erntete und reich an Schafen, Ziegen, Kühen, Rindern und Sklaven wurde. Anders ausgedrückt, Abimelech versteht den Segen, der Isaak im Kulturland zuteil wird, als Ausdruck göttlichen Beistands. Auf diese Weise entfaltet auch der Verfasser von Gen 26* die Beistandsverheißung in V. 3. Der Beistand wird also ganz vom Standpunkt der seßhaften Kultur aus beschrieben. Daß auch der Halbnomade gelegentlich Ackerbau treiben konnte, ändert nichts daran, daß der Text kein Bewußtsein des Autors von der besonderen Relevanz des Mitseins für die speziell nomadischen Probleme der Erzählung verrät. Die Wendung mm - p i a HD« in V. 29 zeigt ebenfalls, daß Abimelech, nach dem Autor von Gen 26, die Segensgüter des Kulturlandes, V. 12—14, als sichtbaren Ausdruck des Beistands Jahwes versteht. Die Zusage "[IT3 riDN ist vor allem eine Solidaritätserklärung, 4 die Aufnahme in die Gemeinschaft beinhaltet. 5 Vielleicht steht eine alte (nomadische?) 6 Formel dahinter. Hier ist sie jedoch umgebildet, in Gen 26, 29 haben wir ein formgeschichtlich jüngeres Stadium vor uns (es kann dennoch vorjahwistisch sein). 7 Dabei ist jedoch wesentlich, daß eine derartige Umformung eine Abschwächung des Solidaritätselements in der ursprünglichen BarukFormel einschließt und Isaaks tatsächliche Teilhabeschaft an den Segensgütern betont. 8 Die Aussage liegt als folgende Feststellung vor: Jahwe hat Isaak gesegnet. Es ist daher anzunehmen, daß die Wendung in V. 29 gewählt wurde, um den Bezug zu V. 12 ff. herzustellen: Abimelech muß konstatieren, daß Isaak wahrhaft gesegnet ist, den Segen erkennt er am Reichtum Isaaks. 9 4

Unter den Arbeiten J. Scharberts ist hier besonders „Die Geschichte der Baruk-Formel", BZ 17 (1973), 21 hervorzuheben, und der Artikel - p a , in: ThWAT /, 8 1 4 - 1 9 . Vgl. außerdem W. Schottroff, Der altisraelitische Fluchspruch, 1969, 1 8 8 - 9 8 .

5

Vgl. Schottroff, a.a. O. 198 u. a.

6

Vgl. Schottroff, a.a.O.

7

H. H. Schmid, Der sogenannte Jahn>ist, 1976, 137, weist u. a. auf Dtn 28 als Beleg f ü r eine

8

Vgl. Scharbert, ThWAT

190. 198, vgl. dagegen Scharbert, ThWAT

I, 819.

Umbildung der Barük-Formel erst in dtn Zusammenhang hin, hierzu siehe unten S. 279.

I, 818: Ptz. Pass. in Stat. Cstr. auf eine Person bezogen, „die

durch Jahwe in besonderer Weise mit Wohlwollen bedacht wurde, das sich im Erfolg und Wohlstand manifestiert". 9

Hierzu siehe Westermann, a.a.O.

522—24. Anders Gunkel, Gen 303: „Jahwe hat ihn

immer neue Brunnen finden lassen. Daran erkennt Abimelech, daß Isaak ,von Jahwe gesegnet' ist". — Es könnte sich durchaus so verhalten, wie Gunkel schreibt: „Diese Vorstellung, daß sich Jahwes Segen besonders in Brunnenfinden zeigt, trägt das Kolorit des Ortes (der Steppe) und der Zeit (der Antike)". Auch in Brunnenstreitigkeiten könnte die Beistandsformel besonders wichtig sein. Hier kommt es jedoch darauf an, ob sich der Verfasser v o n Gen 26 so ausgedrückt hat, daß man annehmen muß, er habe

206

VI. „Die Beistandsformel"

Vergleichen wir Abimelechs Aussage in V. 28 f. mit der Gottesrede in V. 3 und den Versen 12—14, so ergibt sich, daß der Verfasser der Grundschicht in Gen 26 nicht nur Abimelech und die Einwohner des Kulturlandes Jahwes Beistand vom Standpunkt der Seßhaften beschreiben läßt (V. 28), sondern der Verfasser selbst vertritt den gleichen Standpunkt, was durch die Komposition von Kap. 26 deutlich hervorgeht. Er beschreibt den Beistand als Reichtum an landwirtschaftlichen Produkten, Vieh und Sklaven, erworben während des Aufenthalts im Kulturland (V. 12-14). Die Beistandsformel in nominaler Gestalt mit "["13 und r m H-St. in der Formation w=qatal — x als sichere Zusage begründet den Vetitiv des sekundären Zusatzes V. 24: NTTT Die Aussage ist in den Zusammenhang der Brunnenstreitigkeiten und Isaaks Wanderung eingefügt. Wir haben allerdings bereits darauf hingewiesen, daß die Wendung NTTl~ im Verhältnis zu den Streitigkeiten und Isaaks Wanderung zu spät erscheint. 10 Die Formel bezieht sich nicht auf den Streit um die Tränke und die mit dem Aufenthalt in der Steppe verbundene Wanderung, sondern dient, zusammen mit der „Fürchte-dich-nicht"-Formel, als Einleitung der Segens- und Mehrungsverheißung, sie hat allgemeinen Charakter, vgl. 15, 1.» V. 24 enthält Elemente, die typisch für das „Heilsorakel" sind. A. de Pury behauptet, der Ausdruck „Fürchte dich nicht" in altorientalischen Quellen habe seinen natürlichen Ort im Heilsorakel, und: „dans tout les cas, la crainte que l'exhortation cherche à bannir est causée par une guerre imminente ou par un péril concret". 12

Entsprechend schreibt er im Hinblick auf das Alte Testament: „La péril auquel vient répondre, dans le cadre de l'oracle de salut, l'exhortation ,ne crains rien' est le plus souvent constitué par l'imminence d'un combat guerrier (...) ou (...) par une détresse ou un danger concrets auquels est exposé la destinataire de

hervorheben wollen, der von Abimelech konstatierte Beistand und Segen sei der, der sich bei den Brunnenzwistigkeiten erweise. Drei Indizien deuten an, daß dem nicht so ist: 1) In Gen 26, 3 sind Segen und Beistand nicht besonders eng mit den nomadischen Wanderungen verbunden, sondern mehr mit den Ereignissen in seßhafter Kultur. 2) Wenn schon Isaaks Reichtum besonders stark in den V. 12—14 betont wird, wo auch Jahwes Segen und (V. 16) das Kräfteverhältnis zwischen Abimelech und Isaak erwähnt werden, liegt es für den Leser nahe, anzunehmen, Abimelech habe sich in V. 28. 29 gerade auf diese Erfahrung bezogen. Nichts deutet darauf hin, der Verfasser habe einen solchen Eindruck bei seinen Lesern vermeiden wollen. 3) Falls sich V. 28. 29 nicht zumindest auch auf die V. 12—14 bezieht, bleibt unverständlich, warum Abimelech kommt und um einen Nicht-Angriffsvertrag bittet. 10 11 12

Siehe oben S. 117. Vgl. Westermann, a.a.O. 258. Promesse divine et legende cultuelle dans le cycle de Jacob,

1975, 228.

Gebrauch der Beistandsformel in Texten der Vätergeschichte

207

l'oracle. Dans Tun ou l'autre eas, l'exhortation ainsi que l'orade dans son ensemble, ont pour fonction d'apaiser les craintes de l'homme . . . " , 3

Das Heilsorakel antwortet der Klage einer Not. 14 Für V. 24 trifft dies jedoch nicht zu, da im unmittelbar vorangehenden Kontext weder eine Klage steht noch eine Not geschildert ist. Eine ähnliche Gottesrede wie in V. 24 findet sich auch in 46, 3—4. Diese Rede erscheint wie 26, 24 in der Form eines „Heilsorakels". Sie weist die göttliche Selbstvorstellungsformel als „Der Gott deines Vaters" auf, ebenso Gottes „Mitgehen" und die Mehrungsverheißung. Die Formulierungen weichen trotzdem an den beiden Stellen voneinander ab, ein literarischer Zusammenhang zwischen ihnen ist nicht anzunehmen. H. Seebass und A.. de Pury argumentieren für 46, 1 — 5 als Zeugnis einer alten Tradition, die im Bezug zum jetzigen Pentateuchkontext selbständig war, nach ihr stirbt Jakob in Ägypten und nur seine Nachkommen kehren zurück. 15 Es könnte sein, daß 26, 24 auch ein Beleg derselben Tradition ist, die 46, 1—5 bezeugt. Die Untersuchung des „Heilsorakels" legt die Vermutung nahe, der Verfasser von Gen 26, 24 habe in besonderer Weise von einem Stück alter Formelemente Gebrauch gemacht. 16 Die Aussage mit „Fürchte dich nicht" folgt nicht auf eine furchterregende Situation im vorhergehenden Text, oder auf eine von Furcht geprägte Äußerung Isaaks. Die Stelle der Aussage im Kontext läßt sich am einfachsten erklären, wenn man annimmt, der Verfasser habe ein traditionelles Stück alter Formelemente zur Verfügung gehabt, das hier gut unterzubringen war, da das Material dem Verfasser aus einer alten Beerscheba-Tradition bekannt war. Hier ist jedoch wesentlich, daß der Autor dem vorgefundenen Material eine andere Funktion gibt, — als allgemeine Einleitung einer Segens- und Mehrungsverheißung. 13

Ebd.

14

Ebd. 254. 282. Zu dem außerbiblischen Material vgl. auch P. B. Harner, „The Salvation Oracle in Second Isaiah", JBL 88 (1969), 4 1 8 ff. E. W. Conrad, „Second Isaiah and the Priestly Oracle of Salvation", ZAW 93 (1981), 234 ff., übt Kritik an der Vorstellung eines „Heilsorakels" in Deuterojesaja, seine Ausführungen berühren jedoch unsere Darstellung nur indirekt.

15

Seebass, „Gehörten Verheißungen zum ältesten Bestand der Väter-Erzählungen?" Bib 64 (1983), 202 f. De Pury, a. a. O. 1 8 8 - 9 4 . E. Blum, Die Komposition der Vätergeschichte, 1984, 247 weist die Annahme Seebass, hinter 46, 1 ff. stehe eine alte Tradition, zurück. A b e r sein Nachweis eines literarischen Zusammenhangs zwischen 4 6 , 2 — 4 und

31,11.13

begründet nicht ein Ausschließen einer alten Tradition hinter 46, 2—4. Blum hebt auch gemeinsame Züge zwischen 46, 2 ff. und Kap. 26 hervor. Daß 46, 2 ff. auf 26, 2 f. 24 zurückgreife, bleibt jedoch unbegründet. 16

H. M. Dion, „The Patriarchal Traditions and the Literary Form of the ,Oracle of Salvation'", CBQ 29 (1967), 205 bestreitet eine Frühdatierung des Heilsorakels in den Patriarchentraditionen, siehe jedoch de Pury, a. a. O. 226 f. u. a., und Harner, a. a. O. 423.

208

VI. „Die Beistandsformel"

Wir haben uns mit dem Gebrauch der Beistandsformel in den beiden untersuchten Schichten des nachelohistischen Gen 26 beschäftigt. Die Grundschicht schildert eine Lebensform, die mit der Lebensweise der Halbnomaden (Wanderung und zeitweiliger Aufenthalt) übereinstimmt. Zwar wird Beistand in Verbindung mit der Aufforderung an Isaak, in Gerar zu bleiben, zugesagt, eine wichtige Zusage für einen Halbnomaden, der während seines Aufenthalts in der Stadt auf das Wohlwollen der seßhaften Bevölkerung angewiesen ist. Der Inhalt der Beistandsformel wird aber nicht im Hinblick auf diese Situation entwickelt, in den V. 6 — 11 ist von besonderem göttlichen Schutz oder göttlicher „Fügung" nicht die Rede. Der Beistand wird auch nicht mit den Wanderungen außerhalb der Stadt oder den Brunnenstreitigkeiten verbunden, sondern er wird am Segen Isaaks veranschaulicht, ein Segen, der durch Isaaks Säen und reiches Ernten in Gerar sichtbar wird. Dabei treten keine speziell nomadischen Züge hervor. Nicht nur Abimelech versteht Gottes Mitsein auf eine der seßhaften Kultur gemäße Art; der Verfasser der Grundschicht des 26. Kapitels deutet selbst nirgends an, die Beistandsformel hätte besondere Bedeutung für Nomaden und deren Lebensumstände. — Der redaktionelle Zusatz V. 24 vermittelt den gleichen Eindruck. Der Autor kann eine Tradition gekannt haben, in der eine Beistandsverheißung bei halbnomadischen Wanderungen vorkam, sowie bei Aufenthalten in der Fremde, er selbst verrät jedoch nicht, daß er sich einer besonderen Bedeutung dieser Formel für solche Wanderungen bewußt wäre. b) Der Gebrauch der Beistandsformel

in Gen 2 8 f f .

H. Vorländer 17 beschreibt die Schilderung göttlichen Beistandes in der Jakobsgeschichte als Ausdruck allgemeinorientalischen Glaubens an einen persönlichen Gott: „Indem die Gottheit mit Jakob ist, ist diesem Wohlergehen, Nahrung und Kleidung sowie Gelingen seiner Unternehmungen beschieden. Er steht seinem Schützling bei und lenkt alle Dinge so, daß sie sich zu seinen Gunsten wenden."

Diesen Gesichtspunkt entfaltet Vorländer jedoch hauptsächlich in Verbindung mit nicht-jahwistischen Stellen. Ändert sich dieses Bild nach einer eingehenderen Untersuchung, die auf einer Scheidung zwischen jahwistischen und nicht-jahwistischen Texten basiert? Der Jahwist benutzt die Beistandsformel erst in Kap. 28, 15. Nach D. Vetter drückt die Aussage 'DIN HJm das gleiche Verhältnis Gottes zu dem Erzvater aus, das in 26, 3. 24 im „Mitsein" und „Segnen" anklang. 18 Gehen wir auf diese Behauptung näher ein. 17 18

Mein Gott, 1975, 195. Jahwes Mit-Sein ein Ausdruck des Segens, 1971, 6. Er unterstreicht allerdings auch, daß die Zusicherung in V. 15 die besondere Situation des auswandernden Jakob voraussetze.

Gebrauch der Beistandsformel in Texten der Vätergeschichte

209

Der Aufbau der V. 13 — 15 läßt sich wie folgt skizzieren: V: 13 aß: NS Göttliche Selbstvorstellung. V. 13 b: VS x — jiqtol. Das Objekt ist durch die Pendenskonstruktion betont. V. 14: Drei VS n>=qatal — x. Im ersten hat ¡"IT! Verbalfunktion. V. 15 a: mm + NS Beistandszusage. 19 Zwei VS m=qatal — x Es liegen zwei Verbalsatzreihen vor, beiden geht je ein NS voran. Die Wendung mm dient als Aufmerksamkeits- und Übergangssignal und hat einen gewissen Trennungseffekt. 20 In V. 14 meint N-St. + 3 wahrscheinlich, die Menschen sollen sich bzw. einander segnen, indem sie auf Jakob und sein Geschlecht hinweisen. Das schließt offensichtlich ein, daß Jakob selbst reicher Segen widerfahren wird. 21 — Die Beistandsformel steht in V. 15 a. Sie liegt aber nicht in einem Satz vor, der den in V. 14 b genannten Sachverhalt syntaktisch gleichgeordnet weiterführt. Dadurch unterscheidet sich Kap. 28,15 von 26, 3. 24. Stattdessen weist der Text einen Einschnitt auf, der durch mm und den Wechsel der Satzart gekennzeichnet ist. Der Beistandssatz selbst ist dagegen mit nachstehenden, weiterführenden Sätzen verbunden, die die Wirkungen der Zusage schildern. Diese stimmen genau mit der Auffassung überein, die Beistandsformel sei eine „konkrete Geleitzusage": In den beiden Sätzen der Formation w=qatal — x und auch in dem vielleicht sekundären Satz der Formation x — jiqtol, die eine sichere Zusage ausdrücken, 22 bekräftigt Jahwe, daß er Jakob auf Wanderungen ("]Vn) bewahren (10®) und zum Ausgangspunkt zurückführen (3W-St.) und ihn nicht verlassen wird. „Hier ergeht eine Verheißung Jahwes (...) an Jakob für eine Wanderung. (...) Das Mitsein wird konkret als Bewahrung auf der Wanderung ausgesagt".23

Eine direkte Koppelung wie in 26, 3. 24 zwischen der Beistandszusage in V. 15 und der Segens Verheißung in V. 14 liegt nicht vor. Die Aussagen sind nicht dermaßen miteinander verbunden, als daß man sagen könnte, Beistand und Segen wären Synonyme. Stattdessen liegen zwei selbständige, voneinander unabhängige Aussagen vor: Die Menschen werden sich bzw. einander unter Hinweis auf Jakob segnen, und der Herr wird auf seinen Wanderungen mit ihm sein. Wir können abschließend bemerken, daß Vetter wahrscheinlich zu schnell behauptet hat, die Beistandsformel drücke dasselbe Verhältnis Gottes zum Erzvater aus, das in 26, 3. 24 vorliege. Sehr wahrscheinlich impliziert der Konstruktionsunterschied zwischen 19 20 21 22 23

Zur literarkritischen Frage von V. 15 b siehe oben, S. 167. Vgl. W. Schneider, Grammatik des biblischen Hebräisch, 1974, 262. Siehe oben S. 50 zu 1 2 , 3 b. Vgl. W. Richter, Die sogenannten vorprophetischen Berufungsberichte, 1970, 147 f. H. D. Preuss, „... ich will mit dir sein!", ZAW 80 (1968), 141.

210

VI. „Die Beistandsformel"

28, 14 f. und 26, 3. 24 eine Differenz in dem Verhältnis zwischen Beistand und Segen. In Kap. 26 sind die Begriffe Mitsein und Segen enger miteinander verbunden. In dem elohistischen V. 20 liegt die Beistandsformel als Wunsch Jakobs vor. Formgeschichtlich handelt es sich um „ein Gelübde", 24 diese werden normalerweise mit einem Satz der Formation 'im qatol yiqtol eingeleitet. In 28, 20 fehlt der Inf. abs., wir haben 'im — yiqtol (¡TTI). Auf diesen Satz folgen drei der Formation w=qatal — x, die ebenfalls modale Funktion haben. 25 Gottes Beistand wird hier als Bewahrung auf dem Weg entfaltet ("p"T2 lEttf), den Jakob gehen soll, er wird zu essen haben und bekleidet sein und in Frieden zu seinem Aufbruchsort zurückkehren (3W). Der J-Text 30, 25 ff. berichtet, daß Jakob und Laban einen Lohn vereinbaren, V. 32 b, ebenso von Labans Vorsichtsmaßnahmen und Jakobs Machenschaften, sich Kleinvieh zu verschaffen. Auf diese Weise sichert er sich seinen verabredeten Lohn — kräftiges Kleinvieh Nach 31, 1 wird Jakob auf diese Weise sehr reich. Von Beistand ist in diesem Zusammenhang nicht die Rede. Kap. 30, 27. 30 spricht vom Segen: TlENU "[VVn mrr " « - i m (V. 27 und entsprechend V. 30). Jahwe hat Laban um Jakobs Willen gesegnet, d. h. die Herde Labans ist gewaltig angewachsen. In 31, 3 spricht der Jahwist von Jahwes Beistand: 3TO "JQ57 ¡TT7ÍO ""]Tll3N. Hier wird jedoch nicht erwähnt, daß Jahwe mit Jakob war als seine Herde zahlreich wurde, die Beistandsformel erscheint als Voluntativ, nfyiqtol — x,26 der an die Aufforderung zur Rückkehr gebunden ist. Die Formel greift also nicht auf den Bericht von Jakobs Reichtum zurück, sondern fungiert kataphorisch, d. h. sie ist mit seiner Rückreise verbunden. Kap. 31,42 a wird von mehreren Forschern als elohistischer Teil angesehen; es lassen sich aber auch Argumente für eine jahwistische Herkunft anführen. 27 Das Beistandselement wird hier durch ^ ¡"PH ausgedrückt, und nicht präpositional durch DS7 oder TIN. Der Satz mit ¡TD und vorzeitiger Zeitstufe sagt aus, daß Gott wahrhaft mit Jakob war, 24 25

26 27

Hierzu siehe oben, S. 163. Zu Gen 28, 20 vgl. W. Richter, „Das Gelübde als theologische Rahmung der Jakobserzählungen", BZ 11 (1967), 21 f. Vgl. Richter, Berufungsberichte, 147. Nach Gunkel, Gen 246 ein E-Text, siehe auch oben S. 182 f. Eissfeldt, Hexateuchsjnopse, 63* und Westermann, a. a. O. 606 schreiben jedoch die Perikope J zu. Blum, a. a. O. 124 f. 132 meint, die V. 1 f. 4—16 und die V. 28—43 gehörten der gleichen Interpretationsschicht an. Aber wenn diese Schicht beabsichtigte, so Blum, Jakobs Auftreten in Kap. 30 zu rechtfertigen und seinen Anspruch auf den erworbenen Reichtum zu verteidigen, ist V. 43 als Abschluß der Rede vom Kleinvieh unverständlich. V. 43 berichtet ja, daß diese Herde Laban gehört. Der Vers läßt sich einfacher erklären, indem er als Bestandteil einer vorgegebenen Schicht (J) anzusehen ist, oder aus einer selbständigen EQuelle stammte.

Gebrauch der Beistandsformel in Texten der Vätergeschichte

211

dieses Mitsein hinderte Laban daran, ihn mit leeren Händen wegzuschikken. Westermann 28 weist auf die analoge Formulierung in Psalm 124, 1 hin, Jahwes Beistand habe Israel vor Zerstörung beschützt. Zwar spricht Gen 31, 41 von Jakobs Lohn, und das kann ein Rückverweis auf Kap. 30 sein, nach dem Jakob sich viel kräftiges Kleinvieh verschaffte und reich wurde. Trotzdem ist Jahwes Beistand nicht mit dem Reichtum verbunden, sondern durch Gottes Beistand wurde Jakob nicht ohne Lohn entlassen. Der vorausgehende Text spricht ebenfalls nicht von Jakobs Reichtum, sondern von der Mühsal in Labans Dienst und der zehnfachen Änderung seines Lohns. Ansonsten konstatiert V. 42 b Jahwes rettendes Eingreifen, eine Aussage, die den Stellen entspricht, die besagen, daß Jahwe die Not „gesehen hat". V. 42 b geht höchstwahrscheinlich auf E zurück. V. 42 ist wohl am besten so zu verstehen: „Jakob redet von dem Gott, der sich des Armen annimmt und ihn v o r dem Mächtigen bewahrt." 2 9

Es fallt schwer anzunehmen, der Verfasser habe den Reichtum als eine inhaltliche Entfaltung der Beistandsformel verstanden. Eine Sache ist Jakobs Reichtum, eine andere, daß Jahwe mit ihm war und ihn vor dem stärkeren Laban in Schutz nahm. Gen 32, 10 ist ziemlich sicher ein jahwistischer Text, zu dem auch V. 12 gehört. 30 Die Beistandsformel kommt nicht vor, aber da Jakob hier die in 31, 3 berichtete Offenbarung referiert, stellt die Wendung WCHl somit Jakobs Auffassung der Beistandszusage in 31, 3 dar. Diese Auffassung motiviert Jakobs Gebet um Errettung aus Gefahren auf der Rückwanderung in das Kulturland Kanaans. In Gen 28 ff. J wird also die Beistandsformel einige Male gebraucht, immer mit einem klar begrenzten Bedeutungsinhalt, indem sie, so Preuss,31 konkret als Geleitzusage vor oder bei Wanderungen ausgesprochen wird. Sie erscheint entweder zu Beginn einer bevorstehenden Wanderung, oder rückblickend — falls 31,42 a auf J zurückgeht — in einer Situation, in der Jakob eindeutig ein „Fremder" war, er seinen Lohn erhalten und aufbrechen sollte. In dieser Situation ist der Beistand während seines Aufenthalts Schutz vor Übergriffen der Seßhaften auf seine Rechte. Wie erwähnt, benutzt E die Beistandsformel in 28, 20 in derselben Weise. In 31, 5 b ist es vielleicht auch nicht anders, wenn der Text nur im Rahmen der E-Schicht gelesen wird. Westermann 32 betrachtet die Stelle als 28 29

A. a. O. 606. Westermann, a.a.O.

606. V. Maag, „Der Hirte Israels", SThU 28 (1958), 11 versteht

ebenfalls 31, 42 als eine Aussage zum „Schutz" durch Jahwe. 30

Siehe oben S. 175 f.

31

A. a. O. 144 u. a. A. a. O. 599.

32

212

VI. „Die Beistandsformel"

sekundären Zusatz zu den V. 4—16, aber er führt keine Argumente dazu an. V. 5 b steht in sachlichem Zusammenhang mit V. 7 b. In V. 5 b konstatiert Jakob, daß Gott mit ihm war. Liest man die E-Schicht isoliert von ihrer Verbindung mit der J-Schicht, scheint sich die Formel auf den Schutz vor Laban, V. 7 b, zu beziehen. Liest man aber diese Schicht in Zusammenhang mit dem J-Text in V. 1, entsteht eher der Eindruck, Gottes Beistand habe Jakobs Reichtum herbeigeführt. Kap. 31, 10 — 13 ist literarkritisch gesehen offensichtlich eine Perikope, die nicht ohne Spannungen ist. Die V. 10 — 12 gelten offenbar „(der) Art, wie Jakobs Herdenzuwachs zustande kam", während V. 13 irgendwie V. 3 wiederhole. Westermanns 33 Rekonstruktion ist möglich, aber unsicher. In V. 13a erinnert Gott Jakob an die Offenbarung und an Jakobs Gelübde in 28, 20 ff. Die Beistandsaussage und ihre Entfaltung im Hinblick auf die Wanderung bildeten das wesentliche Element des Gelübdes, und man kann annehmen, daß Gott Jakob an sein Gelübde erinnert, um ihm den erwähnten Beistand besonders vor Augen zu führen: Die Selbstvorstellung mit dem Hinweis auf sein Gelübde soll ihn dazu motivieren, dem folgenden Befehl nachzukommen.34 Der Hinweis auf dieses Gelübde hat diese Funktion, denn Jakob kann, wenn er sich an das Gelübde erinnert, zurückschauen und feststellen, daß Gott ihn bis jet^t „auf dem Weg" bewahrt hat, 28, 20, u. a. dadurch, daß Gott „sah, was Laban Jakob angetan hat", 31, 12 b. — Hiermit aktualisiert der Text die Beistandsformel und -Entfaltung in 28, 20 in der Weise, daß sie mit dem Schutz vor Laban und der Bewahrung während der Wanderung von Laban zurück nach Kanaan in Verbindung gebracht wird. c) Andere Gen-Texte mit der

Beistandsformel

Außer in Kap. 39 kommt die Beistandsformel in 21,20.22; 35,3; 48,21 vor. In Kap. 21,20 (E) ist sie auf Ismael und sein Leben in der Wüste bezogen. Der wajjiqtol-Satz b i n bezeichnet wohl Konsekution (das Objekt des vorhergehenden Satzes ist Subjekt des ^TH-Satzes) und Ismaels Wachsen kann als Resultat göttlichen Beistands aufgefaßt werden. Die Formel ist hier in Verbindung mit der Rede von dem Wüstenaufenthalt gebraucht. Trotzdem wird die Beistandszusage nicht als eine speziell für die nomadische Lebensweise relevante Zusage von Geleit und Schutz auf den Wanderungen entfaltet, sondern der Text spricht allgemein vom Wachsen, das aus dem göttlichen Segen kommt.35 Eine entsprechende 33 34 35

Ebd. 599 f. Daraus auch das vorige Zitat. Zur Funktion dieser Selbstvorstellungen siehe oben S. 164 und die angeführte Literatur. Vgl. Vetter, a.a.O. 7. R. Albertz, Persönliche Frömmigkeit und offizielle Religion, 1978, 83 behauptet, die Stelle behandele eine besondere Bedrohung, die Kindersterblichkeit. Wir können jedoch in diesem Text keine derartige Bedrohung erkennen. — Oben, S. 34, haben wir für eine Zugehörigkeit des Textes zu E argumentiert.

Gebrauch der Beistandsformel in Texten der Vätergeschichte

213

Aussage findet sich in I Sam 3, 19, jedoch losgelöst von der Wüstensituation, sie bezieht sich auf den, der in besonderem Maß von Gott gesegnet ist. 36 In dem nachelohistischen Gen 21, 2237 erscheint die Beistandsformel als eine Feststellung Abimelechs. Hier ist der Beistand sichtbar, er zeigt sich in allem, was Abraham unternimmt: 38 WS7 firiN "TON "[ÖS DTlVx. Es handelt sich dabei um sein erfolgreiches Tun. — In 48, 21 (E) ist die Formel eine konkrete Geleitzusage bei der Rückkehr. Ähnlich verhält es sich in dem späten 35, 3. 39 An dieser Stelle bezieht sich der Beistand auf Jakobs Wanderung von Bethel zu Laban und zurück nach Kanaan. In dem nicht-j ahwistischen Gen 39 40 erscheint die Beistandsformel in einem ganz anderen Erzählzusammenhang, sie verweist hier nicht auf die Wanderungen, sondern auf das seßhafte Leben im Kulturland. Es wird eine Situation beschrieben, wo das Schutzelement der Formel wichtig gewesen wäre, trotzdem wird sie hier nicht in diesem Sinne gebraucht. Ruppert41 hebt hervor, daß Jahwes Mitsein in Gen 39 nicht so sehr Jahwes Behüten vor allem Bösen beinhalte, sondern Josephs Erfolg, er sei ein tZTK. Darüber hinaus weist er auf die enge Bindung des Beistands an den Segen Jahwes hin. Die Formel dient sowohl in V. 2 f. als auch in V. 21. 23 einer generellen Beschreibung Josephs als ein Mann des Gelingens; Jahwe ließ alles gelingen, was er im Haus seines Herrn und im Gefängnis unternimmt. 42 Der Beistand wird so als Ursache seines „Aufstiegs" gesehen. Dieser Gebrauch der Beistandsformel entspricht der Darstellung des Mitseins eines persönlichen Gottes in altorientalischen Texten. 43 36 37

38 39

40 41 42 43

Vgl. Preuss, a.a.O. 152. Vgl. J. van Seters, Abraham in History and Tradition, 1975, 186, und Westermann, a.a. 0. 423 f. Vgl. Preuss, a.a.O. 148. Nach Westermann, a. a. 0. 668 ist 35, 3 Teil einer späteren redaktionellen Bearbeitung, der Vers kann kaum einer elohistischen Quelle zugeschrieben werden. Zur Literarkritik siehe oben S. 185 ff. Die Josephser\ählung der Genesis, 1965, 54. 59. Vgl. M. Säbö, Art. nVs, THAT //, 553 f. Siehe auch unten S. 242 f. Vgl. hier nur Albertz, a. a. 0. 82. Segen und Erfolg waren selbstverständlich auch für einen Nomaden wichtig, vgl. auch V. Maag, a. a. O. 2 ff. und ders., „Malküt JHWH", Congress Volume Oxford 1959. VT.S 7, 1960, 129 ff., wo er die Väterreligion der Nomadenzeit behandelt und den führenden, mit-gehenden Vätergott beschreibt. Er schildert u. a. „eine besondere Form der Fürsorge", Gottes „Fügung" (SThU 1958, 11). Uns kommt es jedoch darauf an, daß dabei keine Besonderheit aus dem nomadischen Leben erwähnt ist. Die entscheidende Frage in diesem Zusammenhang ist: Scheint die literarische Schicht die speziell nomadische Relevanz des Mitseins Gottes hervorzuheben? Hier sind auch die Untersuchungen Vorländers und Albertz' {a.a.O. 115 u.a.) zu erwähnen, die nachgewiesen haben, daß die Verbindung von Beistand und Schutz keine nomadische

214

VI. „Die Beistandsformel"

d) Ergebnis und Beurteilung In der Jakobsgeschichte des Jahwisten wird die Beistandsformel gebraucht, um Jahwes Geleit und Behüten auf Jakobs Wanderungen außerhalb des gelobten Kulturlandes und bei seiner Rückkehr zu verheißen oder zu konstatieren (28, 15; 31, 3; vgl. auch 32, 10), und — falls 31, 42 a auf J zurückgeht — um Schutz vor Laban während Jakobs Aufenthalt außerhalb von nö"TNn (28, 15) zu versprechen. In 28, 14 f. werden „Beistand" und „Segen" nicht synonym gebraucht, die beiden relativ selbständigen Aussagen handeln vom Segen, der Jakob zuteil werden soll, und vom Mitsein und Behüten auf seinen Wanderungen und bei der Heimkehr in sein Land. Letzteres trifft auch dann zu, wenn der ki-Satz V. 15 b ursprünglich sein sollte und sich auf die ganze vorhergehende Verheißungsrede beziehen sollte, der Beistand wird trotzdem als ein „Nichtverlassen" entfaltet. — Der J-Bestand berichtet ebenfalls von Jakobs Reichtum, den er sich im Kulturland bei Laban erwarb, sowie vom Segen Jahwes. Aber der Reichtum wird nicht als Entfaltung der Beistandsformel dargestellt. Beachtenswert ist auch, daß Jakob seinen Wohlstand durch seine Arbeit als Hirte erwarb. Obwohl J auch seßhafte Begebenheiten schildert (30, 14), wird Jakob ganz im Rahmen der Lebensform eines Kleinviehnomaden gesehen. Entsprechend wird die Beistandsformel auch in den meisten E-Stellen gebraucht: 28, 20; 31, 5 b; 48, 21; auch 31, 13. Für mehrere Texte haben wir belegen können, daß ihr Verfasser die vorliegenden J-Texte gekannt habe (vgl. Kap. 20), vielleicht sind sie als redaktionelle Bearbeitungen eines vorgegebenen J-Stoffs entstanden (31, 2. 4 ff.).44 Wenn 28, 20 ff. nicht aus der Tradition stammt, ist es möglich, daß auch diese Aussage über den Beistand Gottes eine literarische Bildung auf dem Hintergrund von V. 15 ist.45 In diesem Fall wird auch verständlich, warum die E-Schicht die Beistandsformel in derselben Weise gebraucht wie die J-Schicht. Nun scheint E sie allerdings auch in einer nicht-typisch nomadischen Weise (nicht in bezug auf Wanderungen) zu gebrauchen. Ist 31,2. 4 ff. als elohistischer Zusatz zur J-Schicht entstanden, dann haben wir ebenfalls in 31, 5 b einen nicht speziell nomadischen Gebrauch der Beistandsformel schon bei E. Ist der elohistische Text ursprünglich selbständig, findet sich diese Verwendung erst bei R'e, also bei der Kombination von J und E.

44 45

Besonderheit sei. — Das Besondere von Kap. 28 ff.* J ist darin zu sehen, daß Mitsein nur in Verbindung mit Wanderungen beschrieben wird. Auch in 3 1 , 4 2 wird die Beistandsformel in Bezug zu einer Situation des Aufbruchs vor einer Wanderung gebraucht. Siehe oben S. 176 f. und S. 180. Siehe oben S. 170.

Gebrauch der Beistandsformel in Texten der Vätergeschichte

215

In diesem Zusammenhang ist jedoch der deutliche Unterschied im Gebrauch der Beistandsformel beim Jahwisten und in den nach-elohistischen Texten, speziell Gen 26 von besonderer Bedeutung. Der Unterschied zwischen Gen 28 ff.* J und Gen 26 ist insofern wichtig, da die beiden, ganz wie E in Gen 28 ff.*, von nomadischer Lebensweise und Wanderungen berichten. In Kap. 26 stellt der Verfasser (und der Redaktor) Jahwes Beistand hauptsächlich als Empfang der Segensgüter dar, die Isaak durch nicht-typische nomadische Tätigkeit im Kulturland erwarb. Dasselbe gilt für das nachelohistische 21, 22. — Aus 35, 3 läßt sich nicht erkennen, ob sich der Verfasser einer besonderen Relevanz der Beistandsformel im Hinblick auf Wanderungen bewußt war, die Stelle kann eine Bildung nach dem Muster von 28, 15 sein. 46 Die unterschiedliche Verwendung der Beistandsformel bei J (und in Teilen von E) einerseits, sowie andererseits in „jehowistischen" ( = R' c ) und nach-elohistischen Gen-Texten kann nicht auf einem Zufall beruhen. Das heißt, sie kann nicht durch den Bericht verschiedener Ereignisse verursacht worden sein. Man kann nicht behaupten, in Gen 28 ff. J (und E) werde von Jakobs Wanderungen erzählt, und daher sei es natürlich, die Beistandsformel auf den Schutz während dieser Wanderung zu beziehen; in Gen 26 werde aber dagegen von seßhaften Verhältnissen berichtet, und entsprechend ändere sich der Inhalt der Beistandsformel. Dieser Weg ist der Falsche, weil in Gen 26 nicht primär über seßhafte Verhältnisse im Kulturland berichtet wird, sondern halbnomadische Lebensweisen und Streitigkeiten in Verbindung mit halbnomadischen Wanderungen geschildert werden. Obwohl der Verfasser die Beistandsformel in diesem Kontext gebraucht, hat der Autor des 26. Kapitels offensichtlich kein Interesse daran, dem Beistand in diesen Situationen eine besondere Relevanz beizulegen. Im Gegenteil, er gibt der Beistandsformel eine Funktion und einen Inhalt, die in der Hauptsache, wenn auch nicht ausschließlich, auf das Leben und Gedeihen von Seßhaften bezogen sind. Andererseits könnte J sie in einer Weise verwendet haben, die der in Kap. 26 entspricht, wenn er in Kap. 30 schildert, wie Jakob zu seinem Besitz kam. Wie Isaak sich im Kulturland bei Abimelech aufhielt, Korn säte und sehr reich wurde, hielt sich Jakob bei Laban im Kulturland auf, wo man reichlich erntete (30, 14), und in diesem Land selbst zu Wohlstand kam. Es wird jedoch nicht gesagt, daß Jakobs Reichtum mit der Ernte zusammenhing. Nur das Kleinvieh wird erwähnt, J bleibt mit seiner Schilderung auch hier innerhalb des nomadischen Horizontes von Jakobs Leben. Wenn der Jahwist von Jakobs Wohlstand berichtet, benutzt er andere Formulierungen als die Beistandsformel. — Unseren Behauptungen zu den nomadischen Zügen bei J wird nicht dadurch widersprochen, daß J Jakobs Besitz nicht nur 46

So W. Richter, „Das Gelübde als theologische Rahmung der Jakobsüberlieferungen", BZ 11 (1967), 45ff., der die Stelle E zuschreibt. Anders jedoch E. Blum, a.a.O. 37f.

216

VI. „Die Beistandsformel"

aus Kleinvieh, Eseln und Kamelen bestehen läßt (30, 43), sondern auch Rinder erwähnt, 32, 6. 8. Es ist nicht ausgeschlossen, daß Rinderzucht auch bei Halbnomaden eine gewisse Rolle gespielt haben kann. 47 VI.3. DIE BEISTANDSFORMEL - EIN ALTER AUSDRUCK NOMADISCHEN FÜHRUNGSGLAUBENS?

Ehe wir uns den datierungsmäßigen Implikationen unserer Untersuchung zuwenden, greifen wir die Frage auf, ob der Jahwist in Gen 28 ff. in seinem Gebrauch der Beistandsformel von nomadischen Glaubensvorstellungen abhängt. In diesem Zusammenhang beschränken wir uns auf bereits vorliegende Studien. Vorländer und Albert% 1 haben in der außerbiblischen Literatur Texte der seßhaften Kultur gesammelt, die auf die eine oder andere Art von Gottes „Mitsein" mit den Menschen sprechen. Offenbar gehörte das „Mitsein" zu den altorientalischen Vorstellungen eines persönlichen Gottes. In den angeführten Belegen ist jedoch kaum die Rede von einem „Mitgehen" der Gottheit, wo es erwähnt wird, steht es im übertragenen Sinne. Nur in einem politischen Zusammenhang scheint eine konkretere Verwendung dieser Redewendung vorzuliegen. Es gibt jedoch auch andere Texte, die von einem göttlichen „Mitgehen" und einer göttlichen Rückführung sprechen. H. D. Preuss 2 und besonders T. W. Mann 3 haben solche Texte behandelt. Deuten diese an, daß der Verfasser von Gen 28 ff.* J dennoch die Beistandsformel in Übereinstimmung mit Vorstellungen gebraucht, die in der seßhaften Kultur verwurzelt sind; daß sie also keine spezifisch nomadischen Glaubensvorstellungen widerspiegeln, wie Preuss u. a. behaupten? Wir gehen zu dieser Frage über. a) Außerbiblische

Beistandsaussagen

auf

Wanderungen

Formulierungen, die der Beistandsformel entsprechen, scheinen in der außerbiblischen Literatur relativ selten vorzukommen. 4 Preuss erwähnt 47

1 2 3 4

O. Eissfeldt, „Achronische, anachronische und synchronische Elemente in der Genesis", 1964, jetzt in: ders., Kleine Schriften IV, 1968, 162 behandelt die in der Gen erwähnte Kamelhaltung als einen Anachronismus. Selbst wenn das zuträfe, ist die Kamelhaltung eine nomadische Tätigkeit, und gerade das ist hier wichtig. Eissfeldt geht auch auf die Schilderung der Väter als Eselnomaden ein und beschreibt mehrere Charakteristika ihrer Religionsform, doch ohne den Beistandsglauben als ein „synchrones" Element in der Gen zu erwähnen. Zur Rinderzucht vgl. J. Henninger, „Zum frühsemitischen Nomadentum", in: Viehwirtschaft und Hirtenkultur, hg. v. L. Földes, 1969, 46. Siehe oben S. 197 f. 202. „... ich will mit dir sein!", ZAW 80 (1968), 161 ff. Divine Presence and Guidance in Israelite Tradition, 1977. Siehe oben S. 195.

Die Beistandsformel

217

einige ägyptische Belege, die direkte Parallelen zur Formel enthalten. 5 Abgesehen von theophoren Eigennamen erwähnt er zwei Texte. Bei dem einen handelt es sich um eine Zusage an Ramses II vor einer Schlacht. Diese Beistandszusage findet sich in der Antwort Res auf das Gebet des Königs. Der zweite schildert eine Traumtheophanie Thutmosis' IV (1421 — 13, der Text selbst stammt aus dem 11. —7. Jahrhundert). Nach Anrede und Selbstpräsentation spricht die Gottheit: 6 „I shall give thee my kingdom ... Thou shalt wear the southern crown and the northern crown on the throne of Geb ... Thine is the land in its length and its breadth ... Approach thou! Behold! I am with thee, I am thy guide."

Der Beistand, der als Führung („thy guide") entfaltet wird, hat umfassenden Sinn und gilt dem Königtum Thutmosis'. Der allgemeinere Sinn ist wahrscheinlich jüngerer Sprachgebrauch im Verhältnis zu einem älteren, konkreteren. Wir haben es hier nicht mit einer Führung auf Wanderungen zu tun. Das Thema „guidance" hat einen übertragenen, keinen konkreten Inhalt. Die Gilgameschtafeln enthalten dagegen mehrere Belege für das Mitsein der Gottheit auf Wanderungen in der Fremde. In „Gilgamesch and the Land of the Living" 7 heißt es: „O Utu, I would enter the Land, be thou my ally".

Im Rahmen des Gilgamesch-Epos handelt es sich allerdings nicht um Schutz auf Reisen im eigentlichen Sinn, sondern um „die Verbundenheit des Gottes Utu mit Gilgamesch in dem Lande, in das Gilgamesch einreist". 8 In „The Epic of Gilgamesch" 9 kommen mehrere Aussagen vor, die dem Gebrauch der Beistandsformel im Alten Testament nahestehen, die Formel selbst kommt jedoch nicht vor: (Gilgamesch zu Enkidu:) „Let me go then before thee. Let thy mouth call to me: Advance, fear not!" 10 „Bring me back to the landing-place at Uruk, establish over me (thy) protection". 11 (Enkidu zu Gilgamesch:) „Let thy heart be un-afraid: Follow me!" 12 „Enkidu shall protect the friend, safeguard the companion". 13 (Schamasch zu Gilgamesch und Enkidu:) „Fear you not ... March, as long ...". 14 5 6

7 8 9

10 11 12 13 14

A.a.O. 170. Hierzu und zur Übersetzung vgl. ANEP, Ebd. 48. Preuss, a.a. O. 161. Hier nach AN ET zitiert. ANETT), col. IV. 11 f. Ebd. 80, col. V. 23 ff. Ebd. 80, col. VI. 40 ff. Ebd. 81, col. I. 9. Ebd. 83, col. IV.

449.

218

VI. „Die Beistandsformel"

Die Wanderung steht hier jedoch ganz unter der Perspektive des Kampfes gegen Humbaba: (Von Gilgamesch:) „And now thou didst affect him to go on a far journey, to the place of Humbaba, to face an uncertain battle, to travel an uncertain road! Until the day that he goes and — returns, until he reaches the Cedar Forest, until he has slain the fierce Humbaba."15

Soll Enkidu mit Gilgamesch ziehen und „den Freund" beschützen, 16 dann bezieht sich das auf diesen Kampf. Der göttliche Schutz und die Führung gelten also nicht der Reise an sich, sondern dem gefahrlichen Kampf gegen Humbaba. b) „Divine Presence and Guidance" (T. W. Mann) T. W. Mann hat das Thema „divine presence and guidance" untersucht. 17 Im ersten Teil seiner Abhandlung legt er mesopotamische Texte aus dem dritten Jahrtausend vor, sowohl epische als auch annalistische, die „motifs of divine presence" enthalten. 18 Diese Texte zeigen, daß „the particular literary expression of divine presence was often that of the vanguard motif', 1 9 d . h . die Gottheit zieht vor einem König in die Schlacht, um ihm zum Sieg zu verhelfen. 20 Häufig ist die Nähe der Gottheit furchterregend und mit Sturmerscheinungen verbunden. Im zweiten Teil untersucht Mann alttestamentliches Material und findet dort treffende Parallelen zu dem altorientalischen Stoff, u. a. gerade zum „vanguard motif'. 2 1 Im Bericht von der Etablierung der Dynastie Davids (II Sam 5 — 7) stellt er die meisten Ähnlichkeiten fest, Jahwe sei „mit" David, er erhöhe sein Königtum („the motif of exaltation") und kämpfe vor David. Mann stellt aber auch markante Unterschiede fest, u. a. „the way in which the vanguard motif has been used to represent Yahweh's presence and guidance on Israel's journey from the Reed Sea to the Jordan River". Nach ihm ist das „vanguard m o t i f , d. h. daß die Gottheit dem König voranschreitet hauptsächlich im Kampf ein wesentlicher Zug der altorientalischen Texte, aber nur im Alten Testament wird „the theme of guidance" zu einem wesentlichen Charakteristikum des „vanguard m o t i f .

15 16 17 18 19 20

21

Ebd. 81, col. II. 11 ff. Ebd. 81, col. VI. 8. A.a.O. Ebd. 25. Ebd. 234. Auch R. Albertz, Persönliche Frömmigkeit und offizielle Religion, 1978, 116 u. ö. hebt hervor, daß in mesopotamischen Quellen von einem „an-der-Seite-Gehen" in Verbindung mit den Feldzügen des Königs die Rede ist. Hierzu und zu dem Folgenden siehe Mann, a. a. 0. 234.

Die Beistandsformel

219

Woher stammt dieses „theme of guidance"? Mann ist der Meinung, es könne teilweise auf Traditionen der seminomadischen Vergangenheit Israels zurückgehen, aber ein weitaus stärkerer Impuls stamme aus Israels „historical Situation of the Wilderness March". 22 Infolge dieser Untersuchung besteht Grund zur Annahme, das Thema „divine guidance" habe in Israel jedenfalls eine weitaus größere Rolle gespielt als in den religiösen Vorstellungen der benachbarten Kulturländer. Sollte der Glaubensinhalt „divine guidance" in Israel hauptsächlich aus den Erfahrungen der Auszugsgruppen hervorgegangen sein, wie Mann behauptet, so muß dennoch betont werden, daß der Glaubensinhalt mit Wanderungen außerhalb des Kulturlandes und mit Wüstenwanderungen nach Aufenthalten in Oasen verbunden war (Ex 13, 17 f.; 15, 13; 32,34, vgl. auch 23, 20; Num 10, 29 — 32). Die Israeliten werden hier zwar nicht als Nomaden geschildert, 23 sondern als ein Volk, das in Ägypten ansässig und auf der Wüsten Wanderung auf Hilfe angewiesen war, Num 10, 29 — 32. Aber gerade diese Stelle weist in einem nicht-theologischen Zusammenhang Ausdrücke auf, die ein Führen durch die Wüste beschreiben, die gut mit den Bezeichnungen für eine göttliche „guidance" übereinstimmen: V. 29: liriN "(Vn V. 32: TM» "J^n V. 31: WIK 3t»D KJ-^K Hier liegt also ein anschauliches Bild einer Situation vor, wo eine Glaubensvorstellung göttlicher „guidance" ihren natürlichen Sitz im Leben gehabt haben kann. Mann erklärt jedoch, daß „the motif of divine presence and guidance", wie es in Ex vorhanden ist, nicht direkt von einer prämosaischen, seminomadischen Gottesverehrung der Patriarchen beeinflußt sei, die sich hinter den Traditionen in der Gen aufspüren lasse. 24 Mann stützt diese Auffassung darauf, daß, seiner Meinung nach, die Aussagen über göttlichen Beistand in Gen 28, 15. 20 u. ö. nicht „guidance", sondern „protection and general well-being" beinhalten. 25 Aber trifft Mann mit diesem Verständnis den Kern der Sache? Einige Anzeichen scheinen Manns These zu unterstützen: In Ex steht häufig das Verb ¡ITO als Ausdruck göttlicher „guidance": 13, 17 f.; 15, 13; 32, 24, in der Gen kommt es nur in 24, 27. 48 vor. Auch erscheint in der Gen pJ? als „a motif of divine guidance" 26 nicht. — Gegen Mann ist jedoch anzuführen, daß mehrere Ausdrücke für „guidance" in Ex und Num auffallende Parallelität zu Gen 28, 15. 20 u. a. aufweisen: In Ex 23, 20 steht: -[-na •paw'? -pia1? nVs? iDIN nin "TIIDH *TOK mpon-VK -is^nVi 22 23 24 25 26

Ebd. 236. Vgl. N. K. Gottwald, The Tribes of Yahweh, 1980, 454 f. Mann, a.a.O. 1 0 7 - 1 1 7 . Ebd. 111. 112. Ebd. 164.

220

VI. „Die Beistandsformel"

Wenn „the vanguard motif" hier von einem anderen Element beeinflußt ist als die entsprechenden Aussagen in mesopotamischen Texten, wie Mann darlegt, nämlich vom „theme of guidance", so wird dies nicht vorrangig durch Thw und ,20l7 "|Vn ausgedrückt, V. 20. 23. Denn in den mesopotamischen Texten finden sich entsprechende Formulierungen (vgl. auch die Kriegssituation in V. 22 f.); „the theme of guidance" muß daher besonders mit der Wendung TTT3 und Nia H-St. + verbunden sein. Wir können auch auf folgenden Satz in Ex 13, 18 hinweisen: «•pO-D'' - m a n "pH a s n - n « DT!1™ atm. Hier liegt „the motif of guidance" vor. 27 Ex 33, 16: 11ÖS "[bn kommt der Beistandsformel besonders nahe. In diesem Abschnitt, V. 12—17, wird das Thema „guidance" auf verschiedene Weise behandelt. 28 Wie erwähnt, erscheint dasselbe Thema in einem nichttheologischen Zusammenhang in Num 10, 29 — 32. Die Wendung DS7/HN -|Vn, das Verb an? in negierter Form sowie das Verb 3Ü"' stimmen mit Gen 28, 15 und 32, 10 überein. Zwar vermittelt der Kontext in Ex und Num stärker als in der Jakobsgeschichte den Eindruck, daß die Führung während der Wanderung das Volk in unbekannte Richtungen und zu unbekannten Orten aufbrechen ließ, die es selbst nicht gewählt hätte. Und wenn Mann von „guidance" spricht, dürfte er besonders an diese Tatsache gedacht haben. Aber die Wendungen, die zum Ausdruck von „guidance" gebraucht werden, gleichen sehr denen in der Jakobsgeschichte. Wenn das Thema „guidance" in Ex und Num in Worte gefaßt werden soll, geschieht das mit denselben Worten, die auch in der Gen 28 ff. gebraucht werden. Mann arbeitet mit „the motifs" und „the themes", und seine unzureichende Beachtung des Wortgebrauchs verhindert eine sachgemäße Untersuchung der relevanten alttestamentlichen Belegstellen. — Im Unterschied zum „vanguard m o t i f der von Mann herangezogenen außerbiblischen Texte, fehlt in Gen 28 ff. eine militärische Verknüpfung mit der Rede vom göttlichen Beistand, es handelt sich um eine Wanderung von einem Ausgangspunkt zu einem Ziel, ohne Implikation eines Kriegszuges. Dies entspricht auch dem weiteren „Horizont" des Themas „guidance" in Ex und Num. 29

27 28 29

Ebd. 130. 1 6 4 / Ebd. 157. A. de Pury, Promesse divine et légende cultuelle dans le cycle de Jacob, 1975, 181 schreibt, entsprechend Mann, V. 15 verheiße „la conduite et la protection de Jakob et son retour sur la terre qui à été promise", und deshalb bestehe ein großer Unterschied zwischen diesem Thema und dem Thema „la conduite dans le desert" in Ex und der Landnahmetradition. — Es bestehen zwar Unterschiede, jedoch liegen mehrere gemeinsame Ausdrucksweisen vor, beide Textzusammenhänge sprechen von Reisen außerhalb des Kulturlandes von einem Ausgangspunkt zu einem festgesetzten Ziel, und die Kriegssituation ist ebenfalls kein notwendiger Bestandteil.

Die Beistandsformel

221

Unsere Überlegungen zu den Arbeiten von Preuss und Mann sowie Vorländer und Albert^ können wir mit folgender Schlußfolgerung abschließen: Die Aussagen über Gottes Beistand oder Führung, denen wir nicht nur in Ex und Num begegnen, sondern auch in Gen 28 ff., scheinen im Vergleich mit Texten der seßhaften altorientalischen Kultur einen anderen Inhalt zu haben. Altorientalische Parallelen reden zwar auch häufig von göttlichem Schutz in Verbindung mit göttlichem Beistand oder Mitsein, aber das Besondere der Beistandsformel, wie sie in Gen 28 ff.* gebraucht wird, liegt in ihrer Verbindung mit der Wanderung als solcher (ohne Kampfsituation) und vorübergehenden Aufenthalten als „Fremder" inmitten der seßhaften Bevölkerung. Dieser Gebrauch der Formel entspricht nicht den Vorstellungen, die die Seßhaften vom göttlichen „Beistand" hatten, so wie die bisher behandelten Texte sie beschreiben. In den altorientalischen Texten der seßhaften Kultur ist nicht die Wanderung an sich das Hauptthema, mit der sich die Vorstellung göttlichen Mitseins verbindet. Obwohl teilweise ein gemeinsamer Sprachgebrauch vorkommen kann, liegt in Gen 28 ff.* J eine ganz andere Situation vor als in den Texten der Seßhaften. Die „nomadische" Verwendung der Beistandsformel in Gen 28 ff. ist wahrscheinlich von einer anderen Quelle beeinflußt. — Wir haben auch auf einen Text (Num 10, 29 — 32) hingewiesen, der zwischenmenschliche Beziehungen während der Wüstenwanderung schildert und anschaulich zeigt, wie die Vorstellung vom „Mitgehen" der Gottheit in Israel ihren ursprünglichen Sitz in den nomadischen Wanderungen gehabt haben kann. T. W. Mann zieht allerdings einen altorientalischen Text heran, der gut zu den Beistandsaussagen in der Gen und in Ex paßt. 3 0 Die Übereinstimmungen zwischen diesem Text und den Gen-Stellen können seiner Auffassung nach bedeuten, daß „the two texts have preserved an ancient and analogous religious tradition of divine presence and blessing ...". 3 1 Auch stammt jener Fund aus der seßhaften Bevölkerung, genauer aus Bogazkoi, und spiegelt das letzte Stadium des Mitannireiches (ca. 1350) wider. Mann hebt hervor, daß ein großer Teil dieser Menschen Hurriter waren, die nach der Auffassung vieler die in den Patriarchengeschichten erwähnten Sitten beeinflußt haben müßten. 32 Wir bringen den Text in der Übersetzung von Mann-. „Thus (says) Mattiwaza, the king's son, and thus (say) the Hurri people: If we keep this treaty and oath with the Sun, Suppiluliuma, the great king, the king of the land of Hatti the hero, the beloved of Tesub, may the gods whose names we invoke go with us, make us great, protect us, (and) do good f o r us. A s Lord may Mattiwaza go

30

A.a.O.

31

Ebd.

32

Vgl. die hurritischen Funde in Nuzi, hierzu nur T. L. Thompson, The Historicity of the

108ff. 110.

Patriarchal Narratives,

1974, 1 9 7 f f .

222

VI. „Die Beistandsformel" in front. Under his protection we wish to consume a rich harvest. Goodness and rest we wish to see. May Tesub, the prince of heaven and earth, forever be our protector."

Dieser Auszug weist mehrere Übereinstimmungen mit den Beistandsaussagen in der Gen und den Texten in Ex und N u m auf, die „the guidance" in der Wüste beschreiben. Die Wendungen „go with us" und „protect us" entsprechen dem 12DS7 "jbn in Ex 33, 16 u. ö., sowie dem Verb "ID® in Ex 23, 20; Gen 28, 15. 20. Zu „do good for us" gibt es eine Analogie in Gen 32, 10. Gen 26 enthält Feststellungen, die den Aussagen „make us great" und „consume a rich harvest" entsprechen, in beiden Fällen handelt es sich um Entfaltungen der Beistandsformel. Die Beistandszusage in Gen 28 f f * J ist dennoch nicht zum Großteil aus einer gemeinsamen Tradition göttlicher Nähe und göttlichen Segens zu erklären, wie sie im Mattiwaza-Text zum Ausdruck kommt. Dieser zeigt eine mehr spiritualisierte Sprache. Die erwähnte Wanderung ist verbunden mit „a settled community with little similarity to the proposed lifestyle of the patriarchs". 33 Konkreter: Das Mitgehen der Gottheit wird im Mattiwaza-Text nicht durch Führen und Leiten entfaltet, sondern durch „make us great" und das etwas entferntere „consume a rich harvest". Diese Anknüpfungspunkte passen schlecht in einen Wanderungszusammenhang, stimmen dafür aber mit den Wünschen und Bedürfnissen einer im Kulturland seßhaften Bevölkerung überein. — Im Gegensatz dazu ist der Sprachgebrauch in Gen 28 ff.* J und 28,20 f. ganz und gar der Wanderungssituation angepaßt. Die Wendung D2 iTH hat hier einen konkreten Sinn und wird als Schutz auf Wanderungen und während der Aufenthalte in der Fremde sowie als Zurückbringen gekennzeichnet. Auch ist die erbetene Ausstattung in Gen 28, 20 f. eine Reiseausrüstung. Wenn nun hinter Gen 28 ff.* J (und E vor seiner Verbindung mit J?) und dem Mattiwaza-Text eine gemeinsame Tradition stehen sollte, so daß die alttestamentlichen Texte überwiegend aus ihr erklärt werden könnten, dann wäre unverständlich, warum der Verfasser von 28 ff.* J Wert darauf legte, daß der Beistandsformel ein so konkreter, begrenzter Inhalt, wie es der Fall ist, gegeben wird, und sie nicht auch Jakobs Reichwerden im Kulturland einschließen kann. Dies wird dagegen verständlich, wenn man damit rechnet, daß J hauptsächlich auf einer alten Tradition über göttlichen Beistand auf nomadischen Wanderungen beruhe. Die Formulierungen, die denen des Mattiwaza-Textes gleichen, lassen sich aus dem relativ engen Kontakt der Halbnomaden mit der seßhaften Bevölkerung erklären. Außerdem hat der Verfasser von Gen 28 f f * J im Kulturland gelebt und dessen Traditionen und Sprachgebrauch gekannt. Allerdings ist nicht das Vorkommen einer gemeinsamen „Beistands"-Vorstellung wesentlich, sondern ihre Anpassung in Gen 28 ff.* J an eine ganz andere Situation, die

33

Vgl. Mann, a.a.O.

110.

223

Die Beistandsformel

der seßhaften Kultur fremd ist, d. h. an die Wanderungssituation der Nomaden. Anders verhält es sich mit Gen 26. An und für sich könnte der Mattiwaza-Text (ca. 1350) andeuten, daß der spiritualisierte Sprachgebrauch in Verbindung mit der Rede vom göttlichen Beistand, der auch in Gen 26 und anderen Gen-Texten vorkommt, alt sei, vgl. auch den bereits erwähnten Thutmosis-Text. Es ist jedoch wesentlich, daß der Verfasser von Gen 26 von „Beistand" ganz und gar in Übereinstimmung mit den Aussagen des Mattiwaza-Textes spricht, selbst da wo Gen 26 von Wanderungen berichtet, wird die Beistandsformel immer im Rahmen der Voraussetzungen der Seßhaften entfaltet. Der Verfasser läßt nicht erkennen, ob er sich einer besonderen Relevanz der Beistandsformel für die halbnomadische Lebensweise, die er schildert, bewußt ist. c) Der Beistand im „Wanderungs^usammenhang'

anderer

AT-Texte

Abgesehen von den behandelten alttestamentlichen Texten kommt die Beistandsformel in Verbindung mit Wanderungen der Nichtseßhaften an relativ wenigen Stellen vor. Sie findet sich häufig in Jdc-II Reg, aber hier stehen die militärischen Aktivitäten der Rettergestalten und die Politik der Könige im Vordergrund. Es ist daher von vornherein unwahrscheinlich, daß diese Stellen einen „nomadischen" Beistandsglauben reflektieren. Hier wird die Formel so gebraucht, wie es infolge des altorientalischen Materials im Kontext der Kultur der Seßhaften und der politischen Verhältnisse zu erwarten ist. Das gilt auch für II Sam 7, 9, wo das Verb "jVn im übertragenen Sinne in Verbindung mit Davids Aufstieg gebraucht wird. DtrG zuzurechnen ist wahrscheinlich Dtn 31, 8. 23; Jos 1, 5. 17; 3, 7, während Jos 1, 9 spät-dtr. ist. 34 Dtn 31, 8. 23; Jos 1, 5 bringen die Beistandsformel im Rahmen einer „formula of institution to an office". 35 Josua soll das Volk in das gelobte Land führen. Die zweigliedrige Beistandszusage in Jos 1, 5 entspricht V. 17 und 3, 7 sowie I Sam 20, 13; I Reg 1, 37. Der Redaktor hat wahrscheinlich die Absicht, mitzuteilen, daß Josua jetzt an Moses Stelle tritt. In den erwähnten Stellen kommen mehrere Wendungen vor, die Gen 28 relativ ähnlich sind: XV, 1, 5; die Beistandsformel + "[bn "WN 1, 9. Hier handelt es sich jedoch nicht um eine Nomadenwanderung, sondern um den rituellen Durchzug durch

34

Zu Jos 1 vgl. R. Smend, „Das Gesetz und die Völker. Ein Beitrag zur dtr. Redaktionsgeschichte", FS G. von Rad, 1971, 4 9 4 ff.

35

Vgl. A . D. H. Mayes, Deuteronomy, 1979, 372. 74.

224

VI. „Die Beistandsformel"

den Jordan und die Einnahme des Landes, 3, 10f.; 1, 10f. 36 Der Beistand in 1, 5 gilt der ganzen Führerschaft Josuas, vgl. auch V. 17. In den spätdtr. V. 7 —9 ist der Beistand mit dem Halten des Gesetzes verknüpft, die Wanderung steht hier metaphorisch für die Lebensführung. Die Zusage mit D-St. entspricht 4, 14. Der Zug durch den Jordan mit der Bundeslade, die Jahwes Nähe und sein Voranschreiten symbolisiert, macht Josua groß. 37 Zwischen dem spät-dtr. I Reg 8, 5738 und Gen 28 bestehen gewisse terminologische Gemeinsamkeiten. Der Beistand ist jedoch auch hier allgemeiner Art: so wie Jahwe mit den Vätern war, muß er auch mit „uns", den zur Ruhe Gekommenen, sein. „Die Wanderung" bezieht sich auf die mit dem Gesetz im Einklang stehende Lebensführung. Gen 28 ff. läßt keine Bindung des Beistands an die Erfüllung des Gesetzes erkennen. Im Vergleich zu dem Text in I Reg 8 wirkt der Gebrauch der Formel in Gen 28 ff.* J (und E) viel konkreter und begrenzter. — Auch in I Reg 11, 38 (dtr.) 39 ist das Mitsein an das Halten des Gesetzes gebunden. An einigen Stellen erscheint die Formel jedoch im Kontext einer „nomadischen" Existenzweise. Hier ist zuerst Num 23, 21 zu erwähnen. Der Vers gilt nicht als jahwistisch, er kann im Gegenteil von einem älteren J-Text, 24, 3 —9. 15 — 19, abhängig sein. 40 Die Verhältnisse, die in V. 21 geschildert werden, lassen sich als Folge von Bileams Segen, den Jahwe zuließ, verstehen, V. 20. Damit kann der Beistand vielleicht als Entfaltung des Segens verstanden werden. Hier ist jedoch eine Beobachtung wichtig: W. H. Schmidt41 hebt hervor, daß die Vorstellung von Jahwe als König nicht als „eine Urgegebenheit der israelitischen Religion" angesehen werden kann. Nach Schmidt haben wir in V. 21 f. eine Tradition vor uns, die in Kanaan entstanden sei. Der Text wird dadurch aber nicht mit dem in Gen 28 ff.* J vergleichbar, denn er zeichnet kein Bild der halbnomadischen Vergangenheit Israels. Ausgehend von den Verhältnissen der Seßhaften schildert die gesamte Perikope das Volk Israel während der Wüstenwanderung im Konflikt mit einem anderen Volk. Zweitens muß hervorgehoben werden, daß V. 21 nicht von den typischen Segensgütern, Fruchtbarkeit und Reichtum, spricht, wie Gen 26, sondern von „kein Unglück",

36

37 38 35 40

41

Siehe hierzu Mann, a.a. O. 196 ff.: „We would suggest that this correlation of divine and human vanguard is strikingly similar to that used for the Assyrian king, ... and that adds weight to the argument to those who see a royal background for the transmission of office pattern, and Joshua himself as, in part, a royal figure". Ebd. 204. 235. Vgl. E. Würthwein, Die Bücher der Könige. 1. Konige 1-16, 1977, 96 ff. Ebd. 144. Vgl. W. H. Schmidt, Königtum Gottes in Ugarit und Israel, 1966, 82 f.; L. Schmidt, „Die alttestamentliche Bileamüberlieferung", BZ 23 (1979), 234 ff. A. a. O. 80. 83.

Die Beistandsformel

225

„kein Unheil". Die Formel erscheint also in Verbindung mit göttlichem Schutz. Dtn 2 , 7 (dtr.) ist besonders interessant, weil diese Stelle Israels Wanderung in der Wüste schildert. Sowohl das Verb S7T mit göttlichem Subjekt, als auch das hier gebrauchte "lOn scheinen dem Vertrauensmoment in den Psalmen zu entsprechen, Ps 31, 8; 144, 3 und besonders 23, 1. Jahwe war mit ihnen, als sie in der Wüste umherzogen, deshalb litten sie keine Not. Die Wendung "pT iTO»» VD3 "["13 ist ausgeprägt dtr. In der dtr. Sprache gehört sie zu einem seßhaften, ackerbautreibenden Volk, 42 sie ist mit landwirtschaftlichem Erfolg verbunden. An dieser Stelle wird deutlich, wie Dtr. die Tradition der Wüstenwanderung, auch im Hinblick auf Jahwes Beistand während dieser, den Seßhaften gegenüber aktualisiert, indem er ihn der Landwirtschaft anpaßt. An dem Punkt, wo Grund zu der Annahme besteht, die Beistandsformel könnte entsprechend Gen 28 ff.* J gebraucht sein, also besonders in Dtn 2, 7, wo es um Beistand auf der Wüstenwanderung geht, stellt sich heraus, daß zwischen Gen 28 ff.* J und Dtr. ein markanter Unterschied besteht, dergestalt, daß Dtr. die Formel ganz einer seßhaften, Ackerbau betreibenden Bevölkerung angleicht. Spuren der seßhaften Kulturlandsituation kommen offensichtlich auch in dem nach-jahwistischen Num 23, 21 zum Vorschein. — Dieser Unterschied scheint unsere Annahme zu bestätigen, daß J in Gen 28 ff. eine andere Tradition des Beistands Jahwes kennt als die der Seßhaften. Außerdem zeigt jene Differenz, die wir herausgearbeitet haben, auch, daß die Zugehörigkeit von Gen 28 ff.* J und der dtr. Verfasserschaft zum gleichen Traditionszusammenhang unwahrscheinlich ist. 43 42

43

Vgl. Mayes, a.a. O. 136. Zur Wendung vgl. auch THAT II, 365 f. M. Weinfeld, Deuteronomy and the Deuteronomic Schoo!, 1983, 312 f. verbindet 2, 7 mit dem Belohnungsgedanken der Weisheit. Eine Untersuchung des Sprachgebrauchs deutet jedoch eher auf eine Verbindung mit den historischen Traditionen Israels und dem Vertrauensmoment der Psalmen hin. Siehe unten Kap. VIII. Der Jahwist hat auch sonst in besonderer Weise Vorstellungszüge bewahrt, die auf eine Entstehung in der Wüste zurückverweisen. V. Maag, „Alttestamentliche Anthropogonie in ihrem Verhältnis zur altorientalischen Mythologie", AsSt 9 (1955), jetzt in: ders., Kultur, Kulturkontakt und Religion, 1980, 60 ff., behauptet, die „gesonderte Erschaffung der Frau" in der jahwistischen Schöpfungsgeschichte sei aus dem „Mythenschatz alter Pflanzenkultur" übernommen worden (68). Das gelte auch für den ganzen Bericht in Gen 2, 4 b ff.: „Die ganze Atmosphäre, die diese biblische Erzählung noch immer atmet, weist auf ihren Ursprung in der Pflanzerkultur der Oase. Zug um Zug wird das Bild von der Oase lebendig; in der unfruchtbaren Öde bricht ein Wasserschwall hervor, der die Wüste dem pflanzlichen Leben erschließt, worauf Gott als Pflanzer den Ort zum Garten werden läßt" (S. 68). Im Anschluß an Maag äußert sich H.-P. Müller („Gott und die Götter in den Anfängen der biblischen Religion", in: Monotheismus im Alten Israel und seiner Umwelt, hg. v. O. Keel, 1980, 104 ff. Er findet Maags Vermutung, mehrere Elemente

226

VI. „Die Beistandsformel" VI.4. DATIERUNGSMÄSSIGE IMPLIKATIONEN

Es fragt sich, ob die herausgearbeiteten Unterschiede die Feststellung der absoluten oder relativen Chronologie der Texte beeinflussen. Sowohl Gen 26 als auch 28 ff. berichten von Wanderungen und zeitweiligen Aufenthalten im Kulturland, beide Texte gebrauchen die Beistandsformel und das Verb "["13. In Gen 28 ff.* J verwendet der Verfasser diese Formel ausschließlich in Verbindung mit Wanderungen und entfaltet sie als Schutz auf den Wegen und während des Aufenthalts im fremden Kulturland (bei Laban), sowie der (Zurück-)Führung. Die Beistands Verheißung ergeht vor dem Aufbruch. Der Autor von Gen 28 ff.* J benutzt also die Beistandsformel in „nomadischer" Weise, d. h. er gibt ihr Funktion und Inhalt, die besonders einer Wanderungssituation und einem Aufenthalt in „fremder" seßhafter Kultur angepaßt sind. Der Verfasser von Gen 26 dagegen hat offensichtlich nicht darüber reflektiert, ob die Beistandsformel von besonderer Relevanz für die (halb)nomadische Lebensweise Isaaks gewesen sein kann. Der Verfasser läßt in Gen 26 nicht nur die seßhaften Einwohner des Kulturlandes die Formel gebrauchen, wie sie einer seßhaften Bevölkerung geläufig war; er selbst legt ihren Inhalt auch auf dieselbe Weise dar. Beide Verfasser haben zweifellos ihre Texte in einer seßhaften Kultur geschrieben. Die Erfahrungen, die ihnen als Voraussetzung der Schilderung göttlichen Beistandes dienten, waren die Existenzbedingungen der Seßhaften und das daraus erwachsende Verständnis vom Beistand. Der Autor von Gen 26 entfaltet die Beistandsformel in Übereinstimmung mit dieser Erfahrungsgrundlage. Derjenige von Gen 28 ff.* J schreibt dagegen von Gottes Mitsein in einer Weise, die sich nicht aus dieser Erfahrung ergibt, da er ihr einen Inhalt beilegt, der nomadischer Existenz entspricht. Man kann somit annehmen, daß der Verfasser von Gen 28 ff.* J bei seinem Gebrauch der Beistandsformel unter einem ausschließlich „nomadischen" Gesichtspunkt auf eine in seiner Umgebung lebendige Tradition zurückgriff: Er kannte eine lebendige Vorstellung, daß die Beistandsformel auch einen anderen Inhalt und Funktion haben konnte als die, die sich aus dem seßhaften Kulturzusammenhang ergaben, nämlich einen „nomadischen" Inhalt und eine „nomadische" Funktion: die Beistandsformel drückt das „Mitgehen" der Gottheit und ihren Schutz auf Wanderungen sowie, während des zeitweiligen Aufenthalts bei der seßhaften Bevölkerung im „fremden" Kulturland aus. Es ist leichter, anzunehmen, daß diese Vorstellung in einer Zeit lebendig war, die den Erfahrungen und Einder Paradieserzählung stammten aus einer Oasenkultur östlich von Palästina, bestätigt. Jetzt sei die Vorstellung jedoch der Bauernkultur des palästinischen Berglandes angepaßt. — Es hat den Anschein, als habe der Jahwist in besonderer Weise die im Bereich der Wüste entstandenen Glaubensvorstellungen gekannt.

Datierungsmäßige Implikationen

227

drücken der nomadischen Wanderungen nicht allzu fern stand, als in einer Zeit, da diese Erlebnisse bereits einer fernen Vergangenheit angehörten. Beim Gebrauch der Beistandsformel als Datierungskriterium für J ist zu beachten, daß ihre „nomadische" Verwendung in der späten alttestamentlichen Literatur selten vorkommt. Mehrere Hinweise, die auf Israels nomadische Lebensform zurückweisen, sind zwar in der späten Literatur bewahrt und gebraucht, aber die Beistandszusage mit nomadischen Inhalt wurde nur selten benutzt. Viel häufiger war der Gebrauch, der sich aus der seßhaften Kultursituation ergibt. Der Jahwist stellt in dieser Hinsicht eine Ausnahme dar. Im großen Ganzen verwendet auch E die Formel in dieser Weise; das kann jedoch von J beeinflußt sein. Dasselbe kann auch für Gen 35, 3 gelten. Der Verfasser von Gen 26 stellt die Formel in einen Zusammenhang, wie sie dem Erfahrungshorizont der seßhaften Kulturlandbewohner entspricht, obwohl er von (halb)nomadischer Lebensweise spricht. Auch in Dtn 2, 7 (dtr.) ist sie von den Verhältnissen der Seßhaften her bei der Schilderung von Wanderungen außerhalb des Kulturlandes geprägt. Die Vorstellung eines nomadischen Gebrauchs war also nicht zu allen Zeiten und in allen Schichten hinter der alttestamentlichen Literatur so lebendig, als daß sich der Verfasser dessen bewußt war, obwohl es zu jeder Zeit in der Geschichte Israels (Halb-)Nomaden in der Umgebung gab, vielleicht auch in Israel selbst. J's konsequente nomadische Verwendung der Beistandsformel im Gegensatz zu R'e, Gen 26 und der dtr. Tradition, obwohl auch sie von nomadischen Situationen berichten, erklärt sich am besten dadurch, daß der Jahwist zu einer Zeit schrieb, als er noch von Vorstellungen beeinflußt war, die hinsichtlich des Beistandselements von der Wanderungs- und Wüstensituation geprägt waren, während das schon nicht mehr für die übrigen Verfasser zutraf. Diese Beobachtung kann eine Entstehung von Gen 28 ff.* J kurz nach Israels Seßhaftwerden im Kulturland andeuten, wahrscheinlich kaum nachdem das davidisch-salomonische Großreich Leben und Denken Israels entscheidend geprägt hatte.

VII. „Segen für die Völker" — ein Datierungskriterium für

J? VII. 1. DAS THEMA „SEGEN FÜR DIE VÖLKER" IN DER VÄTERGESCHICHTE

a)

Problemstellung

Wir haben im Vorhergehenden1 keine expliziten Ausdrücke für eine Thematisierung „der Völker" in Gen 12, 1—3 als politische Größen gefunden. Wir sind hier auf keine inhaltlichen Anzeichen gestoßen, die Abraham/Israel als universalen Segensmittler für die ganze „unglückliche Völkerwelt" thematisierten. Der Segen, der anderen aufgrund ihres Verhältnisses zu der Nation zuteil wird, die in Abraham ihren Ursprung haben soll, gilt einem wesentlich engeren Kreis von Menschen, die unmittelbar mit ihr zu tun hatten. Wir beziehen weitere Texte in unsere Untersuchung mit ein und beschäftigen uns jetzt mit defi Aussagen der Vätererzählungen zum Verhältnis zwischen Israel und den Völkern unter dem Thema „Segen für die Völker". Indem Gen 12, 3 b als Ausdruck der Vorstellung „Israel ein Segen für die Völker" verstanden wird, ist dieses Element in die Debatte um die Datierung des Jahwisten einbezogen worden. Wurde diese Vorstellung früher mit der Epoche des Großreichs verbunden, 2 behaupten mehrere jüngere Exegeten, sie spiegele eine spätere Zeit wider und deute gerade dadurch eine spätere Abfassung des Textstücks an. Nach H.H. Schmid3 ist sonst im AT erst bei Jer (dtr. Teile) und Deuterojesaja (Deut.Jes) die Rede von einem Segensauftrag für die Völker. Auch J. van Seters 4 weist auf Deut.Jes hin und hebt außerdem hervor, daß diese „kind of beneficient imperialism toward the nations" der Vorstellung einer „imperial monarchy" entspringe und als Nachahmung der großen assyrischen und babylonischen Imperien des 8 . - 6 . Jahrhunderts anzusehen sei. Später hat H.C. Schmitt5 ziemlich ausführlich untersucht, in welchen Schichten der 1 2

3 4 5

Siehe oben Kap. II.3. Vgl. H.W. Wolff, „Das Kerygma des Jahwisten", jetzt in: ders., Ges.Stud., 357; und L. Schmidt, „Israel ein Segen für die Völker?", ThViat 12 (1973/74), 138f. 145. Der sogenannte Jahwist, 1976, 135 f. Abraham in History and Tradition, 1975, 274 f. Die nichtpriesterliche Josephsgeschichte, 1980, 100 f.

230

VII. „Segen für die Völker"

Genesis die Vorstellung „Israel als Segen für die Völker" vorkommt, und er schließt damit, daß sie nur in späteren (nach-elohistischen) Texten belegt ist. 6 Wir gehen nun zu den Stellen der Vätergeschichte über, die nach Meinung der Forscher die Vorstellung „Israel als ein Segen für die Völker" ausdrücken. Das Hauptgewicht liegt auf jahwistischen Texten, wir stellen aber auch Vergleiche mit nicht-jahwistischen Perikopen in der Gen an, um eventuelle Unterschiede festzuhalten. Abschließend fragen wir nach den Folgerungen hinsichtlich der Datierung. Die eben erwähnten Gesichtspunkte werden im Hinblick auf die Vätergeschichte von G. von Rad und H.W. Wolff entfaltet. Nach G. von Rad1 schreibt Gen 12, 1—3 Abraham eine Rolle als Segensmittler für die Völkerwelt zu. Abraham werde eine universale Bestimmung gegeben, die auch in Jes 2, 2 —4 und Deut.Jes vorliege {von Rad leitet daraus keine Schlüsse für die Datierung ab). Wolff% führt die Auffassung von Rads weiter. Das Stichwort „Segen" ist für ihn das Schlüsselwort für das Verhältnis Israels zur Völkerwelt. Aus dem Leitwort des Jahwisten ergebe sich nun die Frage: „Hat Abrahams Volk für sie (d. h. die unterworfenen Völker) bisher schon zum Segen gewirkt? Haben die Völker in Israel Segen gefunden?"

— L. Schmidt9 hat später Wolff und von Rad an einem Punkt korrigiert: In Gen 12 und der Vätergeschichte werde Abraham/Israel keine Aufgabe an der Völkerwelt zu Teil. An der Auffassung, Abraham/Israel werde große Bedeutung für „die gesamte Menschheit" zuerkannt, hält er jedoch fest: Die Segenshandlung Gottes werde Auswirkungen auf alle Menschen haben, „je nachdem wie sie sich zu diesem Geschehen stellen". Gen 12, 1—3 hebt nach Schmidt die wichtige politische Stellung des Großreichs hervor. Dadurch komme Abraham/Israel in Gen 12, 1 — 3 eine universale Bedeutung zu. 10 6

7 8 9 10

Auch H. Vorländer, Die Entstehungszeit des jehowistischen Geschichtswerkes, 1978, 358 weist darauf hin, daß der in V. 3 geschilderte Universalismus erst seit dem Exil belegt ist. Gen 122. A.a.O. 357. A.a.O. 128f. u.a. Vgl. ebenfalls Kilian, Die vorpriesterlichen Abrahamsüberlieferungen, 1966, 11. Er behauptet, J habe mit V. 2 f. den „Gedanken eines universalen Segens und Heiles ..., die in Abraham in die Welt hineingegeben sind" in den Kontext eingebracht. Nach Kilian ist dies eine programmatische Aussage J's (S. 12). Vgl. W. Zimmerli, „Abraham", JNSL 6 (1978), 53: „(Israel) has to be the mediator of blessing — a blessing that radiates into the whole world." Eine entsprechende Auffassung findet sich auch in P. Altmanns Rede vom „universalistischen nationalen Erwählungsverständnis" (Erwählungstheologie und Universalismus im Alten Testament, 1964, 11).

Das Thema „Segen für die Völker" in der Vätergeschichte

231

Im Folgenden werden wir das Textmaterial zum Ausgangspunkt machen, das Wolff als Beleg für seine Auffassung vom Kerygma des Jahwisten anführt. Seine Zusammenfassung dieses Kerygmas lautet: „ ,Alle Sippen der Erde' führt er beispielhaft in Moabitern und Ammonitern, Philistern und Aramäern vor. Wie sollen sie in Israel Segen finden? Durch dessen Fürsprache bei Abraham . . . , durch Wirtschaftshilfe .. ." , 1

Wir untersuchen dieses Material im Hinblick darauf, ob und wie es das Thema „Israel als Segen für die Völker" zum Ausdruck bringt. b) Untersuchung der Texte Gen 28, 14. Wir haben behauptet,12 die V. 13—15 seien ein einheitlicher J-Text, abgesehen von dem sekundären "|Snt31 V. 14 bß und dem Schluß von V. 15, der vielleicht auch hinzugefügt sein kann. Die Wendung in V. 14 b: HOTHn "[3 1D-Q11 ist identisch mit der in 12, 3 b. Wir setzen da ein, da wir hier die deutlichste Übereinstimmung mit 12, 3 b vor uns haben. — Innerhalb des jahwistischen Kontextes muß die genannte Aussage im Zusammenhang mit den V. 13 — 15 gelesen werden. Die geographische Ausdehnung des verheißenen Gebietes in V. 13 ist unklar.13 Der Text berichtet jedenfalls, daß Jakob und sein Geschlecht über Land verfügen werden, das von seinem Übernachtungsort in Bethel her bestimmt wird. In V. 14 stehen drei Verbalsätze der Formation w—qatal — x. Dabei wird in V. 14 aa von der zukünftigen Mehrung des Geschlechts Jakobs gesprochen, eine Formulierung, die sich nicht als spät erweist.14 Der Ausdruck in V. Maß mit f I S ist in den Väterverheißungen einmalig.15 Mit dieser Aussage „du wirst (die Grenzen) durchbrechen ..." ist Aus11 12 13

14 15

A.a.O. 365. Oben S. 164 ff. H. Seebass, Der Erzvater Israel, 1966, 23, dann ders., „Gehörten Verheißungen zum ältesten Bestand der Väter-Erzählungen?", Bib. 64 (1983), 196 und abhängig von ihm, A. de Pury, Promesse divine et légende cultuelle dans le cycle de Jacob, 1975, 177, der in V. 13 b eine überlieferungsgeschichtlich alte Verheißung sieht, aus der Umgebung von Bethel. Nach Seebass, Bib. 1983, 196 f. bezeugt diese Landverheißungstradition „nichts als die Nutzung des Territoriums von Betel durch nichtseßhafte Elemente". Seebass hält das Gebiet für relativ groß; J. Scharbert, „Die Landverheißungen als Urgestein der Patriarchen-Tradition", in: FS M. Delcor (uns im Manuskript zugänglich) meint, das in der alten Tradition verheißenes Gebiet beschränke sich auf die nähere Umgebung von Bethel: „es kann . . . ein kleineres Gebiet im Einflußbereich von Bet-El gemeint sein". Anders O.H. Steck, „Genesis 12,1 — 3 und die Urgeschichte des Jahwisten", in: FS G. von Rad, 1971, 552 Anm. 71, und C. Westermann, Gen I, 2, 554, sie erklären, das Gebiet lasse sich nicht auf diese Weise einschränken, — vgl. auch E. Blum, Die Komposition der Vätergeschichte, 1984, 17. Vgl. die Literarkritik zu Gen 28,10 ff., oben S. 150 ff.; 165 ff. Vgl. Scharbert, a. a. O.

232

VII. „Segen für die Völker"

breitung des Jakobsgeschlechts von Bethel in alle Himmelsrichtungen gemeint. Lesen wir sie in Anbetracht von V. 13, dann bezieht sich die Ausbreitung auf das Kulturland, das Jakob und seinem Geschlecht mit Bethel als Ausgangspunkt zuteil werden soll. Im Anschluß daran spricht V. 14 b davon, daß Jakob durch die Ausbreitung im Kulturland, über das er und sein Geschlecht verfügen werden, ein Segen für nOTKn nnötPD'VD werden wird, d. h. die Menschen werden sich/einander unter Hinweis auf Jakob segnen (und dadurch auch Segen von Jahwe erhalten). Das Wort HDlNn erhält so seine Bestimmung durch den Kontext, d. h. es bezeichnet genau das Kulturland, in dem sich Jakobs Geschlecht ausbreiten und das ihm zur Verfügung gegeben wird. In diesem Fall bezieht sich die Segensaussage auf die Geschlechter, die sich in diesem Kulturland befinden. 16 Dasselbe Wort, jedoch näher bestimmt als DStH n»"7Nn steht in V. 15. Wir finden nicht, daß das hier vorkommende DPron gegen die vorhergehenden Beweise ausreicht, um zu belegen, daß HÖTNn ohne DPron in V. 14 Erde in universaler Bedeutung beinhaltet. 17 — V. 15 b (ki-Sa.tz) ist vielleicht kein ursprünglicher jahwistischer Satz. Durch die Wendung "lEWriN "jV T n a T schließt er rückwärts an die Verheißungen in V. 13 ff. an. Und aus der Verknüpfung mit der Verheißung einer Rückführung nach MNtn nü"TNn wird deutlich, daß Bethel und seine Umgebung der Orientierungspunkt aller vorigen Verheißungen, einschließlich der in V. 14 b ist. 18 In diesem vielleicht späteren Zusatz läßt sich kein Universalismus sehen. — Selbst wenn das Wort nnBIPÖ nicht exklusiv zu verstehen sein sollte, so daß einige Völkergruppen ausgeschlossen werden, öffnet sich dennoch in V. 14 keine weltweite Perspektive, die eine Erwähnung der Völker und Nationen außerhalb des von Jakobs Nachkommen bewohnten Gebietes einschließt. Der Horizont der Aussage von ¡IQTNn nnB®!3-17D in V. 14 b ist offensichtlich das Kulturland, wo Jakob und seinem Geschlecht Ausbreitung und Besitzrecht verheißen werden. 19 In diesem Text werden Jakob und seine Nachkommen nicht zu Völkern und Nationen in Beziehung gesetzt, sondern zu Geschlechtern 16

17

18 19

Entsprechend J. Scharbert, „In te benedicentur universae cognationes terrae (Gen 12, 3 b)", FS J.K. Döpfner, 1973, 8. Wir weisen besonders auf W. Richter, „Urgeschichte und Hoftheologie", BZ 10 (1966), 99: Gerade 28, 15 zeige, daß TO7NH „das Kulturland Palästinas" bezeichne. Steck behauptet gegen Richter (siehe oben Anm. 13 und 16), daß „diese Adama" nicht mit „der Adama" identisch sei. Da wir keine hinter IIOIS stehende universale Perspektive in 12, 3 b gefunden haben, liegt folglich kein Grund vor, eine solche in 28, 14 b anzunehmen. Die Wendung in V. 15: nxin nmKfl kann zwar eine engere Bedeutung als das Wort n m s n in V. 14 b haben, aber daraus kann man nicht schließen, daß V. 14 b universalistisch zu sehen sei. Vgl. Westermann, Gen I, 2, 555. Anders aber Steck (siehe oben, Anm. 13); Westermann, Gen I, 2, 554 und vgl. oben Kap. II.3 (S. 72).

Das Thema „Segen für die Völker" in der Vätergeschichte

233

und Stämmen, die wahrscheinlich im genannten Gebiet leben. 20 Staatspolitisches wird nicht thematisiert. Jakob wird nicht als Staatsmann dargestellt, der zu anderen Nationen Beziehungen aufnimmt, sondern als umherziehende Einzelperson, die Ahnvater eines Geschlechts werden soll, andere Geschlechter und Stämme im Kulturland, über das seine Nachkommen verfügen werden, bilden den Rahmen für die Bedeutung seiner Person. — Außerdem ist anzuführen, daß die Unterschiede zwischen Israel und anderen Völkern kein Thema dieser Perikope sind, der J-Text unterscheidet nicht explizit zwischen Israels Geschlechtern und Stämmen und möglichen anderen Einwohnern dieses Gebiets. Erst durch den Zusatz V. 14 bß wird ausdrücklich gesagt, daß Jakobs Geschlecht für den Segen anderer Geschlechter Bedeutung hat. 21 Wir vergleichen unsere Ergebnisse mit den Aussagen in Gen 26. Es besteht Grund zu der Annahme, daß hier nachjahwistische und nachelohistisches Textmaterial vorliegt. 22 Wahrscheinlich finden sich in den V. 2 und 3 b —5 zusätzliche Elemente, die im Kontext von Kap. 26 sekundär sind. In zentralen Stellen des ursprünglichen Textbestandes in Kap. 26 wird beschrieben, wie Isaak von Jahwe gesegnet wird, vgl. V. 3 (Verheißung), V. 12 f. und V. 29, sowie die sekundären V. 4 b und V. 24. In V. 29 wird nicht wie in 12, 2 b das Wort HDT3 gebraucht, sondern die Wendung "p~)3 mn\ Isaaks Reichtum und Größe sind eine Folge des Segens Jahwes. Der Streit mit den Philistern wird also durch die Wirkung des Segens ausgelöst, seine Folgen machen sie neidisch, V. 14. Jener Segen, der Isaak zuteil wurde, ist es auch, der Abimelech zu Isaak führt, um mit ihm einen Vertrag zu schließen, V. 28. Die Vereinbarung zielt allerdings nicht darauf ab, daß auch die Philister an den Segensgütern Isaaks teilhaben sollen, sondern darauf, daß Isaak in seiner Größe nicht zu einer Gefahr für sie werde, V. 29. Abimelech wünscht sich also eine Übereinkunft, die die Philister gegenüber der Bedrohung absichert, die Isaak durch sein Gesegnetsein darstellt. Diese Vereinbarung führt zur Trennung. Zwar kann das Wort nVtP (V. 31) den Inhalt des Segens bezeichnen,23 aber in den V. 29 — 31

20

Zum fehlenden völkerpolitischen Aspekt vgl. oben Kap. II.3 (S. 62)

21

U. a. hat Seebass, Bib. (1983), 196 darauf hingewiesen, daß der Sprachgebrauch in den V. 13 — 15 teilweise von Jakob als Einzelperson, z. B. in V. 13 b. 14 b (selbstverständlich auch V. 15) spricht; teilweise als Repräsentant seines Geschlechts (corporate personality), V. 14 aß spricht. — A u f jeden Fall hat die älteste bekannte Auslegung von V. 14, der Zusatz "|Sni31, "|3 auf Jakob selbst bezogen. Selbst wenn ^3 in V. 14 b inklusiv zu verstehen wäre, ist trotzdem keine Trennung zwischen Israel und anderen Völkern (Nationen) explizit ausgedrückt.

22

Siehe oben Kap. III.2, S. 114.

23

Vgl. Num 6, 26.

234

VII. „Segen für die Völker"

beschränkt sich die Bedeutung von DVE? darauf, daß die beiden Partner einander keinen Schaden zufügen werden. 24 So weit der Segen Isaaks. Darüber, daß auch die Philister an diesem teilhaben sollen, sagt der Text nichts. Abimelech muß erkennen, daß Isaak miT 1*n3 ist, V. 29. Das ändert sich vielleicht etwas durch den sekundären V. 4 b: pxn

Va *]snra iD-ianm

Ob " p a tD-St. dieselbe Bedeutung hat wie N-St., ist unklar. J. 25 Scharbert weist in einer neueren Arbeit darauf hin, daß " p 3 N-St. „sich Segen wünschen" bedeute, während 1*13 tD-St. „sich des Segens rühmen, sich Segen zuschreiben" ausdrücke. Bedeutsam ist auf jeden Fall, daß diese „Zuschreibung" unter Hinweis auf die Nachkommen Isaaks geschieht. 26 Damit kommt ihnen Bedeutung zu, wenn andere sich auf den Segen Jahwes berufen wollen, und diese „anderen" die f l N n , v 0 sind. Neu in Bezug zu 12, 3 ist daher nicht die Bedeutung der Nachkommen des Ahnvaters für die Teilhabe anderer Menschen am Segen, sondern daß die Nachkommen explizit in Beziehung zu anderen „Nationen", D^l, gesetzt werden, die Völker werden als politische Größen dargestellt. 27 Dasselbe gilt allerdings auch für den Grundbestand in Kap. 26. In V. 26 ff. ist Isaak nicht mehr Oberhaupt einer kleinen Nomadenfamilie, sondern Verhandlungspartner eines (Stadt-)Königs, er bedroht die Macht des Königs, vgl. V. 26, wo dieser als politisch-militärischer Befehlshaber („Staatsmann") mit seinem Heerführer auftritt. Es ist darauf hingeweisen worden, daß hier ein anachronistischer Zug vorliegt, der nur zu einer Zeit möglich war, als man von der „Zeit der Väter" keine klaren Vorstellungen mehr hatte. 28 Der Text schildert den wandernden Halbnomaden Isaak, in V. 26 ff. jedoch mit Zügen, deren Hintergrund in den politischen Machtverhältnissen unter „den Völkern" zu suchen ist, da Isaak als „Staatsmann" auftritt. Aus der politischen Machtstellung, die Isaak hier einnimmt, und der Bedeutung, die seinen Nachkommen für den Segen anderer Nationen zukommt, ergibt sich ein wesentlicher Unterschied zwischen Kap. 26 und 12, 2 f.; 28, 13 f., dem van Seters 29 kein Gewicht beimißt.

24

Vgl. Westermann, Gen I, 2, 524. Dadurch wird jedoch Westermanns Fortsetzung unverständlich: „Dieser Friede aber wird allein durch den Segen Jahwes ermöglicht, den er Isaak verheißen V. 3 und verliehen V. 13 hat".

25

FS Döpfner 6, w o er eine andere Auffassung als in seinen älteren Arbeiten vertritt.

26

Vgl. J. Scharbert, „,Fluchen' und .Segnen' im Alten Testament", Bib. 39 (1958), 2 4 f.

27

Zum Wort 'na siehe oben S. 52.

28

Vgl. Westermann, Gen I, 2, 424, vgl. auch van Seters, a.a.O.

29

A.a.O.

187.

187.

Das Thema „Segen für die Völker" in der Vätergeschichte

235

Gen 12, 10-20 ist wahrscheinlich jahwistisch. H. W. W o l f f 3 0 und später P. Weimar31 haben behauptet, 12, 10—20 stehe in einem „Korrespondenzverhältnis" zu 12,1—3. Sie sehen in 12,10 — 20 ein negatives Paradigma zur Aufforderung in 12,2 b, Abraham solle ein Segen sein: Abraham war hier für den Pharao und Ägypten gerade kein Segen. — In 12, 10 — 20 wird jedoch nirgends explizit gesagt, daß Abraham ein Segen für die Ägypter sein sollte. Falls die V. 10 — 20 von einer Realisierung der Segensverheißung in 12, 2—3 sprechen, gilt dies Abraham und nicht dem Pharao oder den Ägyptern. 32 In V. 18ff. wird Abraham beschuldigt, 33 aber nicht weil er dem Pharao keinen Segen verschafft hat; die „Beschuldigungsfrage" 34 des Pharao bezieht sich darauf, daß Abraham Sara, seine Frau, als seine Schwester ausgegeben hat. Dies ist durch das doppelte Hö1? betont. Demnach ist auch in diesem jahwistischen Text keine Rede davon, daß Abraham Bedeutung für den Segen eines Volkes (der Ägypter) zukommt. Die Perikope spricht nicht von einem Segen für andere, nur evtl. für Abraham selbst. Wie in Kap. 26 hat der Träger der Verheißung auch hier mit einem Staatsmann, dem Pharao in Ägypten, zu tun. Trotzdem besteht ein wesentlicher Unterschied zwischen Kap. 12 und dem späten Kap. 26. In Kap. 12 ist der Pharao der Überlegene, er befiehlt Abraham und schickt ihn fort. Abraham steht vor dem Pharao als Untertan, nicht als Verhandlungspartner, der ihm gefahrlich werden kann. Gen 13 ist wahrscheinlich größten Teils ein Text des Jahwisten. 35 Nach Wolff ist auch Kap. 13 im Licht des sogenannten Kerygmas des Jahwisten zu lesen: Wie gelangt durch Abraham der Segen zu den Völkern? Die Abraham-Lot-Erzählung in Kap. 13 stellt fest, so W o l f f . „Der Gesegnete wird zum Segen, indem er dem anderen in Freiheit gutes Land läßt". 36 Wir weisen jedoch daraufhin, daß der Text nicht ein Verhältnis zwischen Abraham und den „Völkern" expliziert, sondern einen Konflikt 30 31

32

33

34 35 36

A.a.O., 363. Untersuchungen %ur Redaktionsgeschichte des Pentateuch, 1977, 51: „Der an Abraham gerichteten Aufforderung in 12, 2 b, ein Segen zu sein, mit der die erste Aussagereihe der Zusagen in 12, 1—3 abgeschlossen wird, steht das in der Ahnfraugeschichte geschilderte Geschehen antitypisch gegenüber, insofern Abraham hier für den Pharao/Ägyptern eben kein Segen ist." Vgl. hierzu R. Polzin, „ ,The Ancestress of Israel in Danger' in Danger", Semeia 3 (1975), 81 ff., der 12, 10—20 im vorliegenden Kontext auslegt, ohne nach den verschiedenen Schichten des Entstehungsprozesses zu fragen: Die drei Versionen der Ahnfraugeschichte entwickelten dasselbe Thema: „When in fact is a man blessed by God?" (S. 95). Hierzu vgl. W. Berg, „Nochmals: Ein Sündenfall Abrahams — der erste — in Gen 1 2 , 1 0 - 2 0 " , BN 21 (1983), 12f. Ebd. 13. Siehe oben S. 172. A.a.O., 363.

236

VII. „Segen für die Völker"

zwischen zwei Hirtengruppen und dessen Beilegung. 37 Abraham und Lot werden als Anführer ihrer Gruppen dargestellt. Bei dem geschilderten Streit geht es um Weideland für zwei umherziehende, kleinviehzüchtende Gruppen. Der Schwerpunkt liegt auf der Beilegung des Streites. Westermann 38 unterstreicht, daß die Erzählung gut der Lebensweise der „wandernden Gruppe der Kleinviehhirten" entspreche. In diesem Zusammenhang treten Abraham und Lot als Einzelpersonen auf. Zwar werden in V. 7 Völkergruppen genannt, aber dabei handelt es sich um eine Rahmennotiz zu den Ereignissen um Abraham und Lot. Inwieweit Kap. 13 in seiner ältesten literarischen Schicht an den Sodom-Bericht in Kap. 18f. anknüpft, ist umstritten. 39 Unzweifelhaft ist dagegen die Zugehörigkeit des Hauptbestandes von Kap. 13 4 0 und Kap. 19 zur jahwistischen Schicht. — In Kap. 13 finden sich keine Rückverweise auf Kap. 12, 3, die andeuten, Abraham habe in Kap. 13 Bedeutung für Lots Segen. Von einem Segen für Lot ist überhaupt nicht die Rede. Das gilt auch, wenn man den jahwistischen Zusammenhang zwischen Kap. 13 und 19 beachtet. Der Streit der beiden Hirtengruppen endet mit der Trennung. Lot wählte den wasserreichen Teil des Landes, aber gerade dort wird eine Katastrophe eintreffen. 41 Aufgrund seiner Wahl gelangt Lot an einen Ort, den Jahwe wegen der dort herrschenden Sünde heimsuchen wird. Lots Freiheit zu wählen war für ihn in keiner Hinsicht segensreich.42 37

38 39

40

41

42

Kilian, a. a. O. 29 ff. schreibt, hier liege eine „Landbesitzätiologie" vor, die die Frage beantworte, warum Israel nur einen Teil des Abraham verhießenen Landes bewohne. Dadurch tritten Abraham und Lot seiner Auffassung nach nicht als Individuen, sondern als korporative Personen auf (vgl. auch ders., „Zur Überlieferungsgeschichte Lots", BZ 14 (1970), 26). C. Westermann, Die Verheißungen an die Väter, 1976, 66—69 hebt dagegen hervor, daß wir hier nicht eine Ätiologie, sondern eine Erzählung aus dem Kreis der „Streiterzählungen" vor uns haben, und deren Ziel der Ausgang des Streites sei, vgl. auch ders., Gen I, 2, 202. Gen I, 2, 200. Nach Gunkel, Gen 173. 176 ist 13, 2. 5 — 18 nicht ohne die Fortsetzung in Kap. 18 f. zu verstehen. Von Rad, Gen 177 f. behauptet, der Stoff in Kap. 13. 18 f. sei bereits eine Einheit gewesen, bevor J ihn in sein Werk aufgenommen habe. Siehe oben Kap. V.2, besonders Anm. 5 (S. 171). Die Diskussion bezieht sich darauf, ob die V. 10 b. 13 sekundär oder ursprünglich sind, des weiteren, ob p T n "03 in V. 10a ein anderes Gebiet meint als "ßsn in 19, 17. 25. 29, — siehe oben Kap. V.2 (S. 173) und Anm. 9. Es wird auch die These vertreten, daß V. 12 auf P zurückgehe, vgl. Westermann, Gen I. 2, 201. — Wir finden keine zuverlässigen Hinweise, nach denen die Verse 10 b. 13 literarisch sekundär sind. Hierzu vgl. F. Crüsemann, „Die Eigenständigkeit der Urgeschichte", in: FS H.W. W o l f f , 1982, 20. Zu Kapitel 19 siehe auch Westermann, Gen 1,2, 366. Die literarkritische Verteilung des Textes in Kap. 18 und 19 auf mehrere verschiedene Schichten, wie E. Haag sie vornimmt, halten wir für wenig überzeugend („Abraham und Lot in Gen 18-19", in: FS H. Capelles, 1981, 173 ff.). Kap. 19, 29 spricht auch nicht von einem Segen für Lot; im übrigen gehört diese Stelle zu P.

Das Thema „Segen für die Völker" in der Vätergeschichte

237

Auch Kap. 19 schildert Lot als Einzelperson, die einem Kollektiv, T » n "TWN gegenübersteht. In den V. 30. 38 wird er zwar als der Ahnvater zweier Völker beschrieben, der Ammoniter und der Moabiter, aber erst durch seine Nachkommen wird er zu zwei Völkern. Die Erzählung stellt ihn als Einzelperson dar. 43 Gen 18, 1 8 f f . wird von Wolff als Teil des Jahwisten angesehen, folglich entfaltet dieser Text das Kerygma des Jahwisten. Wolff legt V. 18 folgendermaßen aus: „In Abraham-Israel sollen alle Völker Lebensrettung finden können". Diese Lebensrettung soll durch Abrahams unermüdliche Fürbitte erreicht werden. 44 — In der neueren Forschung gilt jedoch das Gespräch Abrahams mit Jahwe in V. 23 — 32 allgemein als ein spätes Textstück. 45 V. 17 f. kann aber nicht ohne den Dialog vorgelegen haben, 46 auch wenn nicht klar ist, ob der Vers derselben oder einer späteren Schicht entstammt. In diesem Zusammenhang spielt eine eventuell noch spätere Entstehung von V. 19 keine Rolle. 47 Die Formulierung in V. 18 ähnelt der in 12, 2f., weist aber dennoch beachtliche Unterschiede auf. Während in 12, 3 und 28, 14 n o i s n nnS®a-VD Subjekt von p 3 N-St. ist, steht in 18, 18 folgendes Subjekt: f~IXn ,VU *7D wie in dem nachelohistischen 22, 18 und 26, 4. Abraham, und wohl auch seine Nachkommen werden hier zu anderen, nichtisraelitischen staatspolitischen Größen in Beziehung gebracht, was weder für 12, 3 noch 28, 14 zutrifft. 48 Bedeutung als Fürbitter hat er allerdings nicht. Komplizierter ist der Sachverhalt in Gen 30. In Anschluß an V. 27 und V. 30 schreibt Wolff49: „Im reichen Herdenbesitz kommt diesmal der 43

44 45

46 47 48

49

Wir können hier nicht näher auf das Problem eingehen, das sich aus der Darstellung in Kap. 19 ergibt, wo Lot nicht als Führer einer Hirtengruppe, sondern als allein umherziehendes Familienoberhaupt beschrieben wird. Van Seters, a.a.O. 2 1 6 f f . gelangt mit seinem literarischen Modell zu keiner Lösung dieses Problems, wenn man ihm folgend an der Zugehörigkeit der Kap. 13 und 19 zur selben literarischen „J"-Schicht festhält. Wahrscheinlich muß man, wie Kilian und Westermann, eine traditionsgeschichtliche Lösung dieses Problems voraussetzen. Es kann sich um einen alten, vielleicht vorisraelitischen Stoff handeln, den J übernommen hat. A.a.O. 362. Vgl. besonders die grundlegende Diskussion bei L. Schmidt, De Deo, 1976, 139 — 64: Indem 18, 22 b ff. darauf basiere, daß „das Ergehen des Gerechten unter keinen Umständen von dem Geschick abhängen darf, das die Gesamtheit verdient hat" (149), stehen wir nach Schmidt einer Anschauung gegenüber, die ohne die Verkündigung Ezechiels undenkbar sei (158). — Hier knüpft Westermann, Gen 1,2, 348 f. an. Auch van Seters, a.a.O. 2 1 4 f . weist auf Ezechiel als Hintergrund der V. 23 — 32 hin. J. Blenkinsopp, „Abraham and the Righteous of Sodom", JJS 33 (1982), 119 ff. nimmt eine sehr späte Entstehungszeit an. Hierzu vgl. besonders Schmidt, a.a. O. 136 und van Seters, a.a. O. 213. Zur Auslegung dieser Stelle siehe unten Kap. VIII.2, S. 302. Zu dem Wort Dil siehe oben Kap. II.3 (S. 52). A. a. O. 365.

238

VII. „Segen f ü r die Völker"

Segen zu den Völkern, mit seiner Hirtenkunst wirkt Jakob als Segen unter den Aramäern". — Auf die literarkritischen Fragen, die diese Verse aufweisen, gehen wir hier nicht näher ein. Der Hauptbestandteil gilt allgemein als jahwistisch. 50 V. 27 hat zum Inhalt, daß Jahwe Laban V713 Jakob segnete, in V. 30 sagt Jakob, daß Jahwe Laban ""VnV gesegnet hat. Beide Aussagen gelten als jahwistisch, ohne eine Verankerung in einer vorjahwistischen Tradition. 51 Die Wendung "'Vll1? in V. 30 bezieht sich auf Jakobs Dienst für Laban, der zu so großen Ergebnissen geführt hat. Durch Jakobs Hirtendienst hat Jahwe Laban gesegnet. V. 27 muß ebenfalls auf entsprechende Weise ausgelegt werden. 52 Demnach wird Jakob durch seine Anwesenheit und sein Wirken bei Laban zu einem „Segensmittler". Aber ist Laban, der Aramäer (31, 24), im Kontext des Jahwisten ein Repräsentant der „Völker", so, daß man sagen kann, hier werde Israels Rolle als „Segen für die Völker" thematisiert? Gunkel äußert generell zur „Jakob-Laban-Sage", die Tradition in ihrer jetzigen Gestalt spreche nicht von Jakob und Laban als Völkern, sie seien eher Einzelpersonen. Nur in dem Friedensschluß und der Grenzregelung (V. 52) trete „Völkergeschichtliches" hervor. 53 Westermann54 meint, die Erzählungen, die dem Text in 29, 1—30 zugrunde liegen, seien Familiengeschichten. — Auch in dem überlieferungsgeschichtlich späteren, aber vorliterarischen V. 4 — 8. 1255 weist der Text nicht über den Familienzusammenhang hinaus, Jakob ist Labans Schwiegersohn. Die Erzählung von 50

Siehe hierzu oben Kap. V I (S. 175).

51

Vgl. E. Ott o Jakob

52

W i r teilen somit nicht den Standpunkt Schmidts, ThViat (1973/74), 149, den er f ü r G e n

in Sichern, 1979, 61.

30, 27. 30 geltend macht: Nicht die Hirtenkunst Jakobs, sondern Jahwes eigenes W i r k e n habe Laban Segen gebracht. Die Segensaussage in V. 27. 30 konstatiert, daß Jahwe Laban gesegnet hat, Laban und Jakob können den Segen an Labans Reichtum feststellen. Der Wohlstand ist eine Folge des Hirtendienstes Jakobs. Was in V. 27 als „Offenbarung" hervorgehoben wird, ist keineswegs die Segnung Labans durch Jahwe, sondern daß diese Jakobs wegen geschehen ist. Jakob wird dadurch zu einem Segensträger; der Text deutet allerdings nicht an, daß Jakobs Person v o n seinem Tun zu trennen sei; beide sind eine Einheit, aber das Gewicht liegt auf Jakobs Tun. 53

Gunkel, Gen 323, vgl. S. 352, er konstatiert, daß „die Beziehung auf Nationales hier ganz unvermittelt auftritt, nur in diesem einen Punkte, dem Vertrage, und nur bei J ist ein Zug eingedrungen, der sich auf Israel und A r a m bezieht". Die ganze Jakob-Laban-Sage handele ursprünglich überhaupt nicht v o n den geschichtlichen Völkern Israel und Aram. — Gunkel erwähnt jedoch auch, S. 323, daß der Jakob-Laban-Sage anscheinend gewisse ethnographische, d. h. f ü r Israel prähistorische Verhältnisse zugrundeliegen, Beziehungen zwischen „hebräischen" und „ostländischen" Nomadenstämmen.

54

Gen I, 2, 565.

55

Vgl. Otto, a. a. O. 54.

Das Thema „Segen für die Völker" in der Vätergeschichte

239

der Geburt der Jakobssöhne hängt vom Stämmeschema ab. 56 Aber in der jetzigen Form der Erzählung von der Geburt wird der Familienrahmen nicht durchbrochen. Die Namenserklärungen drücken nur die Gefühle einer Mutter bei der Geburt ihrer Kinder aus. 57 Auch in der Geschichte von Jakobs Reichtum, 30, 25 ff., bleibt der Text innerhalb dieses Rahmens. Laban wird als Einzelperson geschildert, die Kleinvieh hält und Ackerbau treibt (vgl. V. 14). Jakob dient ihm als Kleinviehhirte (30, 31. 36; vgl. 31, 38 — 40). Der Wohlstand, den er für Laban und sich gewinnt, ist nach dem Text des Jahwisten Kleinvieh. 58 Der Jahwist zeichnet demnach das Bild des Kleinviehhirten Jakob, der für Laban, dem Aramäer, arbeitet, seinem Verwandten, und der mit seiner Familie und seinem verdienten Lohn abreisen will. Nach Westermann 59 steht die Form der Erzählung in Gen 29 — 31 „ganz am Rande der Familien-Erzählung, im Übergang zur Stammes- und Geschichtserzählung". Er begründet diese Auffassung mit dem Hinweis darauf, daß der geschilderte Streit sich nicht auf den Bereich des Elementaren und Personalen beschränke, sondern auch Institutionen spielten mit, besonders „die Institutionen des Rechts". 60 Dazu kommt hauptsächlich 31, 22—42 in Betracht. Während die Anklage gegen Jakob in den V. 26 — 28. 30 „vorgerichtlich" sei, verweise Jakob die letzte Anklage an ein forensisches Gerichtverfahren, damit werde der Rahmen des Privaten überschritten, die Angelegenheit dem Rechtsleben als Institution überlassen. 61 Die V. 36 — 42 deuteten ebenfalls auf das Rechtsleben hin, jeder der Sätze in den V. 36—37 entstammten der Rechtssprache. Hierzu haben wir folgende Bemerkungen anzuführen. Das „Institutionelle", das in 31, 22 — 42 gezeichnet wird, ist die „Institution", die sich mit Streitigkeiten zwischen Einzelpersonen und Personengruppen in einer Rechtsgesellschaft beschäftigt. In diesem Sinn spricht der Text von einem „vormilitärischen" und „vorpolitischen" Gegensatz. 62 So gesehen stimmt es, daß hier Verhältnisse geschildert werden, die über den Familienkreis 56

57

58

55 60 61

62

Ebd. 56. 57. Es ist „ein in Erzählung gekleidetes Stämmeschema". Ausführlicher und zur Datierung dieses Schemas siehe S. 59 f. Zu letzterem siehe außerdem R. de Vaux, The Early History of Israel, 1978, 719. Betont von Westermann, Gen I, 2, 575f. Vgl. auch de Vaux, a.a.O. 719. Selbst wenn ein Stämmeschema zugrunde liege, besteht die Pointe hier darin, daß der Text Einzelpersonen nicht als Stämme darstellt, sondern als Familienmitglieder. Der Familienvater ist Kleinviehhirte bei Laban. Nicht nur die ursprüngliche Jakobsfigur (nach Gunkel, „Jakob", PrJ 176 (1919), 356), sondern auch die in der Labanerzählung des Jahwisten ist ein Hirte. Die Verheißungen an die Väter, 82. Ebd. Westermann, Gen I, 2, 604 f. Vgl. auch H.J. Boecker, Redeformen des Rechtslebens im Alten Testament, 1970, 4 1 - 4 5 . Vgl. Westermann, Gen I, 2, 604.

240

VII. „Segen für die Völker"

hinaus „weitere Kreise der Gemeinschaft" berühren, 63 das bedeutet aber nicht, daß der Text Verhältnisse zwischen Stämmen oder Völkern schildert. Die Schilderung eines Streites als Rechtsstreit zeigt im Gegenteil, daß Einzelpersonen dargestellt werden. Im jahwistischen Kontext wird diese Ansicht durch die Angabe einer Streitursache bestätigt, nämlich durch die Frage, ob Jakob ein Recht darauf hat, seine Frauen und Kinder mitzunehmen, 30,26; 31,26; vgl. 31,43. Streitigkeiten dieser Art können nur zwischen Einzelnen und Familien, nicht zwischen Völkern und Nationen entstehen. Damit steht nur die Vereinbarung zwischen Jakob und Laban noch aus, die eventuell andeuten könnte, daß der Jahwist mit der Jakob-LabanErzählung etwas zum Verhältnis Israels zu „den Völkern" zu sagen beabsichtigte. 64 Der Text ist anscheinend literarkritisch mehrschichtig, einige Forscher schreiben die V. 51— 53a J zu. 65 Gunkel macht darauf aufmerksam, daß zwei Abmachungen beschworen werden, eine private, V. 50, und eine völkerrechtliche, V. 52. 66 Nur bei einer Regulierung zwischen Stämmen und Nationen kann der Steinhaufen und Malstein als die in V. 52 genannte Markierung von Grenzen dienen. Der Eid, der unter Anrufung der Götter der Vertragspartner geschworen wird, deutet ebenfalls an, daß stammes- oder völkerrechtliche Verhältnisse bei der Darstellung der Vereinbarung zwischen Jakob und Laban an diesem Punkt Modell gestanden haben. 67 — Uns interessiert, was der Text in seiner vorliegenden jahwisti63 64 65

66

67

Ebd. 565. Vgl. oben Anm. 53. Vgl. Noth, ÜP 31. Blum, a.a. O. 132 ff. legt eine neue Untersuchung der Schichtenfrage dieser Einheit vor. Seiner Auffassung nach enthalten die V. 46. 51 — 53 eine ursprünglich selbständige Uberlieferung. Gen 350, vgl. S. 351, wo er im Anschluß an V. 51 schreibt: „Hier leuchtet deutlich Völkergeschichtliches . . . hindurch: Die Grenzansetzung wäre aus den Privatverhältnissen Labans und Jakobs nicht mehr zu erklären, aber sie soll . . . auch von den Nachkommen der Väter, von den Volkern Aram und Israel, geachtet werden." Während Gunkel also von einem völkerrechtlichen Vertrag spricht, meint Otto, a. a. O. 50 — 53, daß es sich hier um einen alten Überlieferungskern der Jakob-Laban-Erzählung handele, der Text lasse immer noch erkennen, im Gegensatz zu den übrigen JakobLaban-Überlieferungen, daß Jakob und Laban Sippen repräsentierten, S. 52 Anm. 1. Die jahwistische Überlieferung gehe auf „eine alte Grenzabmachung, die das Verhältnis zwischen Jakobsippe und aramäischer Labansippe in Gilead regelt", zurück (S. 52). Westermann, Gen I, 2, 609 schreibt seinerseits, es handele sich um „eine Art Nichtangriffspakt zwischen zwei Gruppen, wobei Jakob und Laban diese Gruppe repräsentieren, es geht dabei um Grenzkämpfe zwischen Aram und Israel". Westermann meint vielleicht, der Sitz im Leben des Nichtangriffspaktes sei der Friedenschluß, der den Grenzkämpfen zwischen Israel und Aram folgte. In dem Fall deckt sich seine Auffassung mit der von Gunkel, beide sehen das „völkerpolitische" Verhältnis zwischen Israel und Aram als Grundlage dieser Aussage an. In dem Text „geht es" jedoch unter keinen Umständen um Grenzkämpfe, sondern um Verträge und Grenzziehungen.

Das Thema „Segen für die Völker" in der Vätergeschichte

241

sehen Gestalt sagt. Geht aus dem oben Gesagten hervor, daß Jakob und Laban auch bei J Israel und Aram vertreten? — Erstens ist festzuhalten, daß der jahwistische Bericht den Vertrag als eine Abmachung zwischen zwei Familienoberhäuptern darstellt, die Kleinvieh halten und miteinander verwandt sind, 31, 17 f. 38 — 40. V. 52 spricht nicht von einer militärischen Bedrohung, sondern allgemein vom Bösen. Zweitens reichen die von Jakob und Laban getroffenen, eigentlich im Hinblick auf Staaten sinnvollen Maßnahmen nicht aus, um zu behaupten, sie repräsentierten hier Staaten oder Völker. Das trifft selbstverständlich noch weniger zu, wenn bewiesen werden kann, daß die Maßnahmen auch bei einer Regelung von Sippenverhältnissen sinnvoll sind, wie E. Otto anführt. 68 Drittens gehen aus unserer Untersuchung keine weiteren Anzeichen aus dem Text hervor, nach denen Jakob und Laban als Repräsentanten zweier Völker zu verstehen wären. An diesem Punkt unterscheidet sich die Jakob-Laban-Perikope wesentlich von Gen 25, 23 und 27, 29. (37. 40). Diese beiden Stellen der Jakob-Esau-Erzählung sprechen ausdrücklich von zwei Völkern bzw. Nationen und lassen den Leser nicht im Zweifel, daß Jakob und Esau als Vertreter zweier Nationen zu verstehen sind: Hier, wie bei Abraham und Jakob in Gen 12, 2 f. und 28, 13—15 (J), wird Jakob und Esau vorhergesagt, was mit den Völkern, deren Ursprung sie sind, geschehen soll. In Gen 31 wird berichtet, wie Jakob und Laban einen Vertrag eingehen; man dürfte wohl erwarten, der Jahwist hätte sich genau so explizit ausgedrückt, wenn er diesen Vertrag auf die Völker, die aus Jakob und Laban entstehen, beziehen wollte, vorausgesetzt dies ist der Inhalt seines „Kerygmas". Stattdessen schweigt der Text zu dieser ganzen Angelegenheit, und wir können daher nicht annehmen, Jakob und Laban in Kap. 31 (J) repräsentierten Israel und Aram in der Weise, daß es sich bei dem Vertrag um eine Abmachung handelte, die nach J dem Verhältnis zwischen Israel und Aram gelten sollte. Wir können nicht erkennen, daß der Jahwist Staatspolitisches in seinem Textgefüge thematisiert: Unserer Auffassung nach repräsentieren weder Jakob noch Laban Israel und Aram in einer Weise, die dazu berechtigt, die Aussage von Jakobs „Segensvermittlung" an Laban als Aussage des Jahwisten zu verstehen, in welcher Israel ein Segensmittler für Aram ist oder sein soll. Zwar enthält der jahwistische Text Elemente, die formgeschichtlich in Völker- oder stammespolitischen Zusammenhängen entstanden sein können, sie sind aber bei J in den Rahmen der Begegnung des Kleinviehhirten Jakob mit seinem Verwandten, dem kleinviehzüchtenden und ackerbautreibenden Laban, eingesetzt. Demnach bestätigt sich in diesem Textzusammenhang nicht, daß das Werk des Jahwisten die Vorstellung „Israel ein Segen für die Völker" zum Thema hat. 68

Siehe Anm. 67.

242

VII. „Segen für die Völker"

Während Gen 39 in mehreren Arbeiten, die wir eingangs erwähnt haben, einen gewichtigen Teil darstellt, sind wir zu dem Ergebnis gelangt, daß es sich bei diesem Kapitel um einen sekundären Zusatz im Kontext handelt, der jünger als Kap. 40 und 41 ist. Der Grundbestand dieser beiden Kapitel gilt als elohistische Bearbeitung einer älteren Schicht der Josephsgeschichte.69 Außerdem haben wir keine Anzeichen gefunden, nach denen der Text dem Jahwisten zuzuschreiben wäre, der sich in Kap. 30 zu erkennen gibt. 70 Dieser Text kann daher nicht als Beleg der Behauptung, der Jahwist thematisiere „Israel als ein Segen für die Völker", herangezogen werden. Exkurs: Zum Sinngebalt in Kap 39 Nach H.-C. Schmitt 7 ' finden wir vor allem in diesem Kapitel eine Anknüpfung an die Vorstellung „Israel ein Segen für die Völker", die nach ihm in 12, 3 b vorliege. Wir untersuchen, ob das redaktionelle Kap. 39 die Geschichte von Josephs „Aufstieg" in Ägypten (Kap. 40 f.) so auslegt, daß Joseph zu einem Segensmittler für Ägypten wird, — und wie das eventuell geschieht. Gen 40; 41 berichtet von Josephs Aufstieg, vom Sklaven im Gefängnis, zum Aufseher über das Haus des Pharao, 41, 40. Durch diese Autorität wird Joseph in Ägypten zum zweiten Mann nach dem Pharao (V. 33: f l X ' ^ B ) . Er hatte den Getreidevorrat zu verwalten, um eine Hungerkatastrophe während der sieben Notjahre zu verhindern. Joseph erreicht diese Position, weil der Pharao in ihm einen „klügeren und weiseren Mann" als in allen anderen erkennt, 41,39. Die Bezeichnung 11 OVl^K rvn "l»K WK deutet in diesem Zusammenhang an, daß sich Joseph hervorragend dazu eignet, die Versorgung der Bevölkerung in der bevorstehenden schweren Zeit sicherzustellen. 72 Der Text hebt hervor, daß die Traumdeutungen von Gott gegeben sind, — das wird auch vom Pharao erkannt, 41, 39. Aber er macht Joseph zum Staatsadministrator, weil Joseph als D3m paj wie niemand sonst charakterisiert wird. 73 Er ist der Mann, der für diese Aufgabe befähigt ist. Nicht wegen der Traumdeutung, die von Gott kommt, sondern wegen seiner politisch-wirtschaftlichen Begabung hat der Pharao ihn ausgewählt. Kap. 39 erzählt einen noch tieferen „Sturz" und fügt sich dadurch gut in die Josephsgeschichte ein, indem die Spannung der Erzählung durch diesen Zusatz gesteigert wird. 74 Zugleich wird auch das Bild des fähigen Administrators verstärkt. 75 Joseph ist nicht nur der kluge und weise Berater (41,39), er hält auch seinem Vorgesetzten, der ihn gewählt hat, die Treue. 76 Dazu ist er schön von Gestalt. Aber das eigentliche 69

70 71 72 73 74 75 76

Wir folgen hier hauptsächlich Schmitt, a. a. O., und seiner Textanalyse, vgl. sein Ergebnis S. 163. 197. Siehe oben S. 191 ff. A.a.O. 101. Westermann, Gen I. 3, 96 f. Hierzu siehe besonders G.W. Coats, From Canaan to Egypt, 1976, 19 ff.; 27. 87. Vgl. Westermann, Gen 1,3, 55 f. Hierzu vgl. besonders Coats, a.a. O. 19 ff. Im Gegensatz zu Coats, a. a. O. 87. 88 können wir in den Erzählungen von den Traumdeutungen im Gefängnis und bei dem Pharao nicht erkennen, daß sie Joseph als einen Mann zeichnen wollen, der das in ihn gesetzte Vertrauen nicht mißbraucht. Dieses Ansinnen expliziert erst Kap. 39.

Das Thema „Segen für die Völker" in der Vätergeschichte

243

Thema dieses Kapitels ist Gottes Mit-Sein mit Joseph, dadurch wird er zu einem Mann des Gelingens, er hat Erfolg in allem, was er tut. Hier liegt die Ursache seines Aufstiegs. 77 Sein Erfolg verschafft ihm Potiphars Gunst, 39, 4, vgl. V. 21; er brachte ihm Autorität und Macht, V. 4, vgl. 40, 4. Wenn dieser Mann, dem alles gelingt, eine leitende Position einnimmt, erstreckt sich der Segen Jahwes über alles, was ihm anvertraut ist, 39, 5. U. a. erweist sich der Segen in reichen Ernten, vgl. V. 5. Während der Amtszeit Josephs werden große Mengen Getreide gespeichert, 41, 49. Der Mann, durch dessen Wirken Segen über alles ausströmt, was ihm überlassen ist, wird zum Großwesir in Ägypten. Kap. 39 und 40; 41 zeichnen das Bild des idealen Staatsadministrators, in seiner Verwaltung wird er als Segensmittler dargestellt, und dieser Segen kommt jetzt über die Ägypter. Aber weder der ursprüngliche E-Bestand noch das später hinzugefügte Kap. 39 scheinen Josephs Segensvermittlung an die Ägypter als eine Vermittlung eines Abraham-Nachfolgers an ein Volk außerhalb Israels zu beschreiben. Das Thema ist Josephs Aufstieg und dessen Ursache, der Text zeichnet das Bild des idealen Verwalters. Der in 39, 5 erwähnte Segen scheint eher das allgemeine Bild von einem gesegneten Mann auszudrücken, dessen Gesegnetsein sich auch seiner Umgebung mitteilt. 78

c)

Schlußfolgerung

Wir haben jahwistisches und nicht-j ahwistisches Material in der Vätergeschichte im Hinblick auf die Entfaltung des Themas „Israel ein Segen für die Völker" untersucht. Wir benutzten in erster Linie dieselben Texte wie W o l f f . In dem jahwistischen Text Gen 28, 13 — 15 können wir kein Interesse an einer Thematisierung des Verhältnisses Israels zu anderen Völkern — verstanden als staatspolitische Größen (Nationen) — feststellen. Der Horizont des Segens für Jakob scheint das Kulturland zu sein, über das seine Nachkommen verfügen werden, und die Geschlechter, die sich dort befinden. In 12, 10 —20 deutet nichts darauf hin, daß Ägypten an Abrahams Segen teilhaben wird. Nach diesem Text kommt Abraham überhaupt keine Bedeutung zu im Hinblick auf ein etwaiges Gesegnetsein Ägyptens. In dem jahwistischen Bericht über Lot steht auch nichts von einer Rolle Abrahams für den Segen Lots (Kap. 13. 19). Bezeichnenderweise werden die Verheißungen an Abraham nach Lots Aufbruch wiederholt, 13, 14 ff., sie gelten demnach nur Abraham, nicht Lot. In Kap. 30 (J) liegen die Dinge ein wenig anders. Hier „vermittelt" Jakob Jahwes Segen an Laban, indem er ihm als Hirte dient. Laban selbst muß das erkennen. Dabei geht es aber um Jakobs Bemühungen, mit seinem rechtmäßigen Lohn von Laban wegziehen zu können. Die in Frage kommenden Formulierungen gehen auf den Jahwisten zurück. Hätte er seinen Lesern mitteilen wollen, Jakob erfüllte hier einen Auftrag, oder 77 78

Westermann, Gen I, 3, 57. Vgl. u. a. J. Pedersen, Israel /, 1959, 193.

244

VII. „Segen für die Völker"

komme einer Bestimmung nach, die in Gen 12, 2 f. vorprogrammiert war, dann wirkt es überraschend, daß der Jahwist nicht deutlicher an den Wortlaut von 12, 2 f. und 28, 14 anknüpft. — Kap. 30 bietet den Lesern des jahwistischen Werkes auch keinen Grund, in Laban den Repräsentanten nichtisraelitischer Völker (Nationen) zu sehen, die durch Jakob-Israel an Jahwes Segen teilhaben sollen. Im Gegenteil, der Text unterstreicht, in der Darstellung von J, die Verwandtschaft zweier Einzelpersonen. Die übrigen oben erwähnten jahwistischen Stellen weisen auch kein Interesse an anderen Völkern bzw. Nationen auf. Politische Konsequenzen, die sich auf das Verhältnis Israels zu anderen Nationen beziehen, werden nicht in die Texte miteinbezogen. Die nachelohistischen Texte zeigen ein anderes Bild. Bereits in 18, 18 werden Abraham und seine Nachkommen zu anderen Nationen in Beziehung gesetzt. In 26, 4 wird dies noch deutlicher. Vielleicht beabsichtigt der Vers nicht mehr, als daß andere Nationen das Gesegnetsein des Geschlechts Isaaks anerkennen sollen. Aber schon dadurch wird Israel mit anderen Nationen der Welt in Verbindung gebracht. Wesentlich ist auch, daß die bedeutungsvolle Position, die dem Segen Israels unter den Völkern zukommt, mit Israels Gehorsam gegenüber dem Gesetz begründet wird, V. 5. Wir können somit in den jahwistischen Texten der Vätergeschichte keine Aussagen erkennen, die eindeutig auf die universale Bestimmung des Segens Abrahams weisen in dem Sinne, daß dieser Segen durch Israels Geschlecht alle Nationen der Erde erreichen soll. In allen diesen Stellen ist der Horizont der jahwistischen Segensaussagen der „unpolitisch" geschilderte Existenzbereich der Patriarchen.

VII.2. DAS VERHÄLTNIS ZWISCHEN GEN 12, 3 b; 28, 14 b UND DER SPÄTEN LITERATUR. EINE DISKUSSION MIT SCHMID UND VAN SETERS

Wir wenden uns nun den Argumenten derer zu, die eine Entsprechung zu der in Gen 12, 3 b angeblich vorfindlichen Vorstellung 1 erst in Aussagen der späten Literatur, aus der Zeit des Exils und der nachexilischen Periode, zu finden meinen. Dies gilt in erster Linie den bereits erwähnten Behauptungen H.H. Schmids und J. van Seters.2 Für beide gilt, daß die Argumentation der Verheißung „eines Segens für die Völker" zugunsten einer späten Anset1

2

H. Vorländer, Die Entstebungs^eit des jehowistischen Geschichtswerkes, 1978, 359 gebraucht das Wort „Vorstellung" in Anschluß an Gen 12, 3. H.H. Schmid, Der sogenannte Jahwist, 1976, spricht in einem größeren Zusammenhang von einer Segensthematik und Motiven, entsprechend auch J. van Seters, Abraham in Historj and Tradition, 1975, 274. Siehe oben Kap. VII. 1 (S. 229).

Das Verhältnis zwischen Gen 12, 3 b; 28, 14 b und der späten Literatur

245

zung von Gen 12, 2 f. mit dem übergeordneten Gesichtspunkt, in 12, 2 f. handele es sich um auf Abraham übertragene („demokratisierte") Königsvorstellungen, verbunden ist. 3 Nach der Auffassung beider ist ein derartiger „Demokratisierungsprozeß" königsideologischer Vorstellungen spät zu datieren. Wir können diese umfassende Frage erst nach einer detaillierten Untersuchung ihrer Argumentation beurteilen. Zuerst untersuchen wir deren Argumentation bei der vermeintlichen Verheißung „eines Segens für die Völker" in Gen 12, 3 b und den damit verbundenen Aussagen, V. 2b. 3a. a) Zu Schmids

Argumentation

In Hinsicht auf Gen 12, 2 f. u. a. sagt Schmid 4, Israel selbst bekomme — zumindest mittelbar — einen Segensauftrag an die Völker, ein Auftrag, von dem sonst erst bei Jer (dtr.) und Deut.Jes die Rede sei. Er schreibt, es bestehe eine sprachliche „Verwandtschaft" zwischen den Aussagen in Gen 12, 3 b u. a. und Jer 4, 2, vgl. auch 1, 5. „Und wie zentral (aber auch völlig neu) der entsprechende Heils- und Segensauftrag Israels an den Völkern bei Deuterojesaja ist, ist bekannt."

Er zitiert G. von Rad, der u. a. schreibt:5 „Sowohl Jesaja (2, 2—4) wie Deuterojesaja haben von dieser universalen Bestimmung Israels geweissagt"

— das bezieht sich auf den Geltungsbereich der Segensverheißung — „die unglückliche Völkerwelt". Damit liefert von Rad, so Schmid, ein Argument für die Spätdatierung des Jahwisten. Wir halten Schmids Argumentation zunächst aus methodischen Gründen für problematisch. Methodisch zweifelhaft ist, daß er auf der Basis von Behauptungen zu „dem entsprechenden Heils- und Segensauftrag Israels an den Völkern bei Deuterojesaja" für die Spätdatierung der Segensverheißungen plädiert. Außerdem baut er seine Beweisführung entsprechend für die Ähnlichkeit mit Jer (dtr.) auf. Methodisch anfechtbar finden wir auch seine Anwendung des Zitats von von Rad, Israels universale Bestimmung in Gen 12, 2 f. sei auch in Jes und Deut.Jes geweissagt. Zuletzt richten sich unsere Einwände gegen seine Feststellung einer sprachlichen „Verwandtschaft" zwischen „Typ II" der Segensverheißung, Gen 12, 3; 28, 14; 18, 18; 22, 18; 26, 4 einerseits und Jer 4, 2 (vgl. 1, 5) andererseits. 3

4 5

Schmid, a. a. O. 133 — 135; van Seters, a. a. O. 274 f. Siehe auch M. Köckert, Vätergott und Väterverheißungen, 1988, 276 ff.; hierzu siehe unten. A.a.O. 135f. Gen 122 f.

246

VII. „Segen für die Völker"

Schmids Arbeit ist vom methodischen Standpunkt her gesehen zunächst problematisch, weil er den semantischen Inhalt der Wörter nicht ausreichend berücksichtigt. Was man in Gen 12, 2 f. und Jes 49, 1—66 als einen „entsprechenden Heils- und Segensauftrag" Israels gegenüber den Völkern bezeichnen kann, das bringen die beiden Texte sehr unterschiedlich zum Ausdruck. In Gen 12, 3 erhalten nö"TNn nriBlTD Teil am Segen, aufgrund ihres Verhältnisses zu Abraham (und zu seinem Volk), in Jes 49 dagegen macht Jahwe den Knecht zu DTl TIN, wodurch das Heil (HS7W) Jahwes bis zu den Enden der Welt gelangt. In Jes 49 besagen UN und HSlttP anscheinend etwas anderes als "["13, von Heil und Rettung ist die Rede, nicht von Segen. 7 — Außerdem gilt „der Auftrag" in beiden Fällen nicht derselben Zielgruppe. In Jes 49 handelt es sich um das Politicum D,U, die Reichweite wird durch f l N n HXj? bestimmt. In Gen 12 wird das Staatspolitische (mit Ausnahme von Israel selbst) jedenfalls nicht explizit erwähnt, die Reichweite der Wendung HEINn nnSPÖ Vs ist das von Israel bewohnte Kulturland und seine nächste Umgebung. Methodisch problematisch ist zweitens, daß Schmid ein Vorstellungselement aus einer Reihe mehrerer Inhaltselemente isoliert und dieses mit einem entsprechenden, isolierten Element aus einem anderen Sinnzusammenhang vergleicht. Am deutlichsten tritt dies in Schmids Anwendung des Zitats von Rad hervor. „Diese universale Bestimmung", die von Rad erwähnt, und mit der Schmid argumentiert, bezieht sich nur auf ein Element, das seiner Auffassung nach Gen 12, 2 f. und Jes 2, 2 —4 gemeinsam ist: „Den Völkern", die in 12, 3 ... nnDWaVD; in Jes 2, 2 - 4 Dlin-Vs, ÜVX3 D"l3"l usw. genannt werden, wird durch Abraham/Israel ein Gut vermittelt. In Gen 12, 3 ist dieses Gut jedoch Segen, der anderen Menschen durch ihre Solidarität mit Abraham zuteil wird, 8 in Jes 2 handelt es sich dabei um das von Zion ausgehende Gottesrecht, das unter den Völkern durchgesetzt wird. Friede kann zwar ein Segensbestand sein, aber in Jes 2 folgt der Friede nicht aus dem Segen, sondern aus der Durchsetzung des Gottesrechts unter den Völkern. In Gen 12, 3 a spricht der Kontext von Solidarität mit Abraham, während es sich in Jes 2 um den Aufbruch der Völker zum Zion handelt, um dort das Gottesrecht zu lernen. — Dies genügt, um das methodisch Unhaltbare des Isolierens eines Elements („universale Bestimmung"), das man dann mit einem anderen, ebenso aus einem anderen Sinnzusammenhang gelösten Element („universaler Bestimmung") vergleicht, aufzuzeigen. 6 7

8

Die Stelle wird von Schmid, a.a. O. 136 Anm. 82 erwähnt. Zu TIN vgl. besonders S. Aalen, Art. TIN, ThWAT /, 160 ff.; 177 f. „Licht" und „Segen" kommen zwar beide in Num 6, 25 vor, aber seiner Auffassung nach steht der Ausdruck „Jahwe lasse sein Angesicht leuchten" „etwas für sich". Hierzu siehe oben Kap. II.3 (S. 48).

Das Verhältnis zwischen Gen 12, 3 b; 28, 1 4 b und der späten Literatur

247

Drittens kann man nicht Texte in einer Gruppe zusammenfassen, die sich zumindest durch sprachlich verschiedene Äußerungen voneinander unterscheiden, und generell von „sprachlicher Verwandtschaft" dieser Textgruppe mit Jer-Texten sprechen, ohne vorher zu untersuchen, an welchen Punkten eine sprachliche Übereinstimmung der genannten Texte der Genesis besteht, und dann wie die Texte Jeremias mit jedem der genannten Genesis-Texte sprachlich verwandt sind. Eine solche Untersuchung zeigt, daß der sprachliche Verwandtschaftsgrad zwischen den GenTexten und den Stellen bei Jer variiert, je nach dem, mit welchen GenText man heranzieht. Die sprachliche Äußerung in Jer 4, 2: IDIDnm C l l C p ) 13 ist eng mit Gen 22, 18; 26, 4 verwandt. Letzterer Vers hat sich als nachjahwistisch und nachelohistisch herausgestellt, da er einer anderen und jüngeren Schicht als 12,3 entstammt. 9 Gen 22,18 scheint entsprechenden Ursprungs zu sein aufgrund der Ähnlichkeit mit 26, 4, auch ist diese Stelle ein sekundärer Zusatz zu dem vorhergehenden elohistischen Text. 10 Beide Texte haben p N f l Vo "|SnT3 1D~l3nm. Die Übereinstimmung besteht im Gebrauch von " p 3 tD-St. + 3 in der Formation w—qatal — x sowie im Vorkommen von D,11 im Subjektsglied. Im Gegensatz dazu ist die sprachliche Verwandtschaft zwischen Jer 4, 2 und Gen 12,3 b; 28,14 (liaiSH nnDüa Vd - p IDnan) bedeutend geringer. Hier besteht eine Übereinstimmung im Gebrauch von 3 " p 3 in der Formation n>=qatal—x, im übrigen ist die Stammbildung eine andere, und das Subjektsglied weist andere Wörter zur Bezeichnung der Menschengruppen auf. Die sprachliche Verwandtschaft ist also sehr verschiedenartig, je nach dem, welche Gen-Texte man mit dem Jer-Text vergleicht. — Die Texte unterscheiden sich auch in thematischer Hinsicht. In Jer 4, 2 und Gen 22, 18; 26,4 werden verschiedene Nationen thematisiert, das gilt jedoch nicht für 12, 3 und 28, 14. Zum Verhältnis von Jer 4, 2 zu den beiden letztgenannten Stellen ( J ) ist zu bemerken, daß auf jeden Fall Gen 12, 3 deutlich von anderen Menschen spricht, die durch ihr Verhältnis zu Abraham/Israel am Segen teilhaben können, während Jer 4, 2 wahrscheinlich nichts von einem Segen für die Völker weiß, sondern nur von der Größe des Segens Israels. 11 In Jer 4 ist außerdem an den Segen eine Bedingung religiöser Art geknüpft, das trifft für Gen 12 und 28 nicht zu, jedoch für 22, 18 und 26, 4, hierzu siehe weiter unten. 12 Die Behauptung einer sprachlichen Verwandtschaft muß auf der Analyse des konkreten Sprachgebrauchs basieren, nicht auf allgemeinen 9

Siehe oben, Kap. III.2 (S. 114).

10

Vgl. hier nur Westermann, Gen I. 2, 445.

11

Vgl. J. Schreiner, „Segen für die Völker in der Verheißung an die Väter", BZ 6 (1962), 1 4 f.

12

Kap. VIII.2 (S. 303 f.).

248

VII. „Segen für die Völker"

Aussagen zu Textgruppen mit unterschiedlichen sprachlichen Äußerungen, deren Kontexte teilweise auch eine verschiedene Thematik aufweisen. Diese methodischen Einwände gegen Schmids Argumentation bieten Anlaß, die Thesen einer Beziehung zwischen Gen 12, 3 b; 28, 14 und den späten Texten grundsätzlich zu prüfen. Nach Schmid deutet die Verwandtschaft, die er findet, auf eine gleiche Entstehungszeit der Textgruppen hin. Wir untersuchen die Stellen im Hinblick auf diese Frage und knüpfen dabei auch an die Argumentation von van Seters an. b ) 1y an Seters' Argumentation,

Kommentar und Textstudium

Van Seters 13 argumentiert mit der Verheißung „des Segens für die Völker" zugunsten einer Spätdatierung von Gen 12,2—3 u. a., diese Beweisführung erscheint bei ihm im Zusammenhang seiner Behandlung von mehreren Verheißungsmotiven in 12, 2 f. Wir greifen hier drei Gründe auf, die seiner Auffassung nach für eine Spätdatierung sprechen: 1. In Gen 12, 2—3 sowie 18, 18; 22, 18; 28, 14 gingen die Segnungen über die Nation Israel hinaus „and have imperial dimensions" wie in Ps 72, 17. Die Themen entsprängen dem „concept of an imperial monarchy"; „Such an imperial monarchy does not have in mind the Davidic-Salomonic period, which never had such effective dimensions. It is, instead, an imitation of the great Assyrian and Babylonian empires of the eight to sixth centuries."14

Er hebt dann die Ähnlichkeit mit Deuterojesaja an diesem Punkt hervor: „In both Gen 12,1—3 and Deutero-Isaiah there is a kind of beneficient imperialism toward the nations."15

In Gen 12, 1—3 handele es sich um „democratization of royal forms", — was auch in Gen 15, 1 und entsprechend in Deut.Jes der Fall sei, wo der Pakt mit David auf das ganze Volk reappliziert sei (55, 3 —5).16 2. Die Verheißungen zahlreicher Nachkommen und zum H313 zu werden, ließen sich am besten als Antwort auf die durch das Exil entstandene Not verstehen. 17 Van Seters weist auf Jer 30, 19 und Sach 8, 13 hin. 3. Die Verknüpfung der Mehrungs- und Segensverheißungen mit Abrahams Berufung und damit der Entstehung Israels stimme gut mit der 13 14 15 16

17

A.a.O. 2 7 4 - 7 8 . Ebd. 274 f. Ebd. 275. Mit der Stelle Jes 15, 3 — 5 ist offensichtlich 55, 3—5 gemeint, vgl. ders., „Tradition and Social Change in Ancient Israel", in: Perspectives in Religious Studies 7 (1980), 108 f. Abraham in History and Tradition, 278, vgl. 275, und entsprechend in seinem Aufsatz „Tradition and Social Change ..." (sie Anm. 16). In gleicher Weise argumentiert Vorländer, a.a.O. 357.

Das Verhältnis zwischen Gen 12, 3 b; 28, 14 b und der späten Literatur

249

„Orientierung" Deuterojesajas überein, so van Seters, der besonders auf Jes 51,1—2 und auf Deuterojesajas Betonung des Ursprungs Israels verweist. 18 Zu Punkt 7: Hier können wir denselben Einwand hinsichtlich der Methode geltend machen wie gegenüber Schmid. Bei van Seters fehlt eine Darstellung, welche „imperial dimensions" die einzelnen Gen-Verheißungen aufweisen, und inwieweit diese in allen Texten den Rahmen des davidisch-salomonischen Großreichs sprengen. Wie wir oben nachgewiesen haben, finden sich weder in Gen 12, 3 noch in 28, 14 Andeutungen, die über die Grenzen Israels hinaus auf eine weltweite Perspektive weisen, in der Israel in Beziehung zu anderen Nationen gesetzt wird. — Vom sachlichen Standpunkt her ist zu fragen, ob die israelitischen Verfasser während des Exils die assyrischen und babylonischen Großreiche so aufgefaßt haben, daß sie als Modell einer Vorstellung von Israels „beneficient imperialism" gegenüber anderen Nationen dienen konnten. Das könnte eigentlich nur für die Perser und Kyros gelten. Das Bild, das Deut.Jes von Kyros zeichnet, wird allerdings nicht dazu angetan, in dem König einen Wohltäter der Nationen zu sehen, eher ist das Gegenteil der Fall, vgl. Jes 41, l f f . 25 ff. Aus methodischen Gründen müssen wir auch seiner Spätdatierung aufgrund eines „beneficient imperialism" in Gen 12 und Deut. Jes widersprechen. Das Vorkommen einer „kind of beneficient imperialism" in beiden Texten fällt in der Datierungsdebatte solange nicht ins Gewicht, ehe festgestellt ist, um welche „Art" es sich in den einzelnen Fällen handelt. Mindestens auf der Vorstellungsebene muß eine näher zu beschreibende thematische Ubereinstimmung herrschen, bevor dieses Argument für eine Entstehung der Texte im gleichen Zusammenhang angeführt werden kann. Wir vergleichen das von van Seters angeführte Textmaterial, das den erwähnten „beneficient imperialism" ausdrücken soll, mit Gen 12, 3 b und 28, 14. Darüber hinaus nehmen wir auch einen Vergleich mit den übrigen relevanten Texten vor, die Schmid als Argument für eine Spätdatierung des Themas in den beiden Gen-Texten anführt. J. Schreiner 19 hat bereits die meisten der relevanten Stellen untersucht, und teilweise auch J. Muilenburg,20 wir führen hier einen Vergleich mit Gen 12 und 28 durch. Van Seters schließt seine oben referierte Darstellung an P. Ackroyd21 an, der folgende Stellen behandelt: Jes 49, 6 („the extension of God's saving power to the ends of the earth"), 49, 7 („the nations will see and prostrate themselves because of Yahweh's choice again of Israel, for in this . . . they will see the justice of divine action"), 52, 13 —53,12 („the 18 19 20 21

Abraham ..., 275 f., vgl. 278. A.a.O.. „Abraham and the Nations", Interp. Exile and Restoration, 1968, 136 ff.

19 (1965), 394 ff.

250

VII. „Segen für die Völker"

nations as the witnesses"), 2, 1— 4 = Mi 4, 1—4 („Zion . . . as central to the life of the world"). Diese Vorstellungen werden eng mit Israels Gedanken zur eigenen Befreiung verbunden, der alte Segen wird erneuert (51, 1 f.), in der Zukunft wird es nichts geben, worüber sich das Volk, das Jahwe gerettet hat, schämen müßte (45,17). Jes 49, 1-6. 7 f f . 22 Der Knecht wendet sich an D"« und pimO 0,0N1?. Sie erfahren von seinem Auftrag, der bisher hauptsächlich prophetischer Natur gegenüber Israel gewesen ist, 23 jetzt erweitert sich die Perspektive und umfaßt die ganze Welt, f~lNn HSp. Der Knecht soll allen Völkern das Heil vermitteln. „Das Licht" kann als das heilsbringende Recht (OQWD) aufgefaßt werden, das der Knecht vermittelt, vgl. 42, 1 — 6 und 51, 4. 24 Jes 49, 1—6 unterscheidet sich von der Vätergeschichte des Jahwisten dadurch, daß in Jes 49 nur von einer Berufung des Knechts zum Vermittler von Jahwes Heil an die Völker die Rede ist. Ob dieser Knecht nun kollektiv oder individuell zu verstehen sei, — daß er selbst gesegnet werden soll, wird nirgends gesagt. In Gen 12 dagegen vermittelt der Gesegnete selbst, weil er so reich gesegnet ist, Segen an andere, wenn sie mit ihm solidarisch sind. Gen 12, 3 a. b ist Glied der Schilderung des reich gesegneten Abraham und seines Volkes. Als Segensträger ist er auch Segensmittler an seine Umgebung. Ebenso verhält es sich mit Gen 28, 14. Jes 49,1—6 thematisiert möglicherweise die rettende Ausbreitung des Gottesrechts bis an die Enden der Welt und an die Nationen in der Ferne, während die Vätergeschichte des Jahwisten eine weltweite Heilsoder Segensverbreitung nicht bietet. Der Text deutet nirgends an, daß der Verfasser über diese Frage nachgedacht hat. Der Jahwist spricht dagegen von dem engeren Kreis der Geschlechter, die sich mit Abraham/Israel solidarisieren (Gen 12), oder sich innerhalb des Horizonts des Kulturlandes befinden, wo Jakob und seine Nachkommen sich ausbreiten (Gen 28): Diese Menschen werden Teil haben am Gesegnetsein der Segensträger. In Gen 12 und 28 fehlt auch eine Erwähnung der Nationen (d. h. der staatspolitische Aspekt). 22

23

24

Zum Unterschied zwischen diesem Text und Gen 12,1 ff. vgl. die Bemerkungen gleich oben. Zum Jesaja-Text vgl. besonders C. Westermann, Das Buch Jesaja, 1966, 166 ff.; zum Ausdruck „Licht für die Völker", vgl. Aalen, a.a.O. 177. Die komplizierten text- und Iiterarkritischen Probleme (V. 7) haben in diesem Zusammenhang keinen Einfluß auf den Sachverhalt. Vgl. aber auch V. 4, der auf „die Klage des Mittlers wie bei Mose, Elia und Jeremia" anspielt (Westermann, Jesaja, 170). Vgl. Aalen, a.a.O. 178. Hierzu auch O.H. Steck, Friedensvorstellungen im alten Jerusalem, 1972, 66 f.: Der Knecht „verkündet der Völkerwelt die umfassende Rechts- und Lebensordnung Jahwes". Vgl. ein wenig anders A. Lauha, „Der Bund des Volkes", in: FS W. Zimmerli, 1977, 259 f.

Das Verhältnis zwischen Gen 12, 3 b; 28, 14 b und der späten Literatur

251

Damit ergibt sich ein wesentlicher Unterschied zwischen der Segensvermittlung des Gesegneten an seine nächste Umgebung (Gen 12 und 28) und dem Auftrag des Knechts gegenüber den Nationen in Jes 49, 6. Jes 49, 7 ff. spricht von der neuen Zukunft Israels. V. 7 beschreibt die Reaktionen der Könige und Fürsten auf das, was Jahwe mit dem Volk tun wird. Hier ist beachtenswert, daß V. 7 an die Klage des Volkes anknüpft, vgl. auch V. 4. 25 Die Reaktion der Völker auf Jahwes Eingreifen ist also das Ergebnis der Antwort Jahwes auf die Klagen seines Volkes: Die Herrscher und Nationen haben bisher Israel verachtet, vgl. 40, 12 ff.; 41, 11 f., vgl. auch 45, 17. In den jahwistischen Väterverheißungen fehlt ein solches Element der Klage. Eine Ausgangssituation, geprägt von der Niedrigkeit im Vergleich zu anderen Völkern oder von einer negativen Beurteilung ihrerseits, die sich nun ändern wird, ist nirgends angedeutet. Eine politische Perspektive (D'oVö, D"HtP) ist auch nicht festzustellen. Es muß auch erwähnt werden, daß die Wurzel "J13 in diesem Zusammenhang in Jes 49 nicht vorkommt. Jes 52, 13—53, 12. Diese Stelle steht Gen 12 noch ferner als Jes 49. Die CaT •VU und D,D170 werden als Zeugen dessen, was mit dem Knecht geschieht, beschrieben, sie sind Zeugen seiner Erniedrigung und Erhöhung. Von einer solchen Erniedrigung ist in Gen 12 keine Rede. Jes 52 f. spricht nicht von einer Segensvermittlung an die Völker. Jes 51, 1 — 2.26 Hier wird die Exilsgeneration mit Abraham in Verbindung gebracht: Abraham und Sara sind der Ursprung dieser. Abrahams Berufung (Nlp), Segnung und Mehrung werden erwähnt. Die Ähnlichkeit mit Gen 12, 1—3 besteht darin, daß „the themes of blessing and numerous offspring are directly connected with Abraham's call", so van Seters?1 Trotzdem gibt es beträchtliche Unterschiede im Verhältnis zu Gen 12, 1—3, terminologische und thematische: In der Gen (J) geht es nicht um „Berufung" (das Verb In Jes 51 werden Abrahams Gesegnetsein und seine Mehrung in Beziehung zu einem negativen Gegensatz gesetzt — „als einzelnen Mann hat Gott . . . ihn gesegnet". Die Gen (J) sieht die Verheißung des Sohnes vor dem Hintergrund der Kinderlosigkeit Abrahams und Saras, damit muß auch die Verheißung eines großen Volks und eines großen Geschlechts in diesem Licht gesehen werden. Problematisch ist dabei allerdings nicht, daß Abraham allein war, sondern daß Abraham und Sara keine Kinder bekommen konnten, vgl. Kap. 16 und 18. Das Problem in der Gen (J) liegt nicht in der kleinen Zahl, sondern darin, daß es keinen Sohn als Verheißungsträger gab, durch den die Verheißungen erfüllt werden konnten. Im übrigen liegt in Gen 12 auch ein anderer Sprachge25

Vgl. Westermann, Jesaja, 173 f.

26

Zur Stelle vgl. auch Vorländer, a. a. O. 54 f. Abraham ..., 276.

27

252

VII. „Segen für die Völker"

brauch vor, Jes 51 stimmt eher mit den späten Stellen in Gen 22, 17; 26, 3 f. überein, vgl. die Verben ~J~D und H3") H-St. Jes 2, 2—4/Mi 4, 1 — 3. In dieser „eschatologischen Weissagung" 28 werden „die Völker", O^ai CÖS thematisiert, hier aber geht es um „die Durchsetzung des Gottesrechtes in der Völkerwelt", 29 eine Beziehung zwischen diesen Aussagen und der Gen (J) finden wir nicht. 30 Israel wird nicht als ein Segen für die Völker dargestellt, sondern Zion als Sitz des Rechts auch für die Nationen. Wir konstatieren, daß der „benficient imperialism" in Gen 12, 3; 28, 14 sich stark von dem in den von uns behandelten Deut.Jes-Stellen unterscheidet. Zunächst ist wesentlich, daß Deut.Jes nicht explizit von einer Segensvermittlung spricht, obwohl der Verfasser offensichtlich die mit Abraham verbundene Segensthematik gekannt hat, Jes 51, 2. Das Problem der kleinen Anzahl wird in Gen 12 auch nicht angesprochen. Zweitens halten wir es für bedeutend, daß die Gen-Stellen keine Segensvermittlung an andere Nationen in weltweiter Perspektive behandeln. Das staatspolitische Anliegen, Israels Verhältnis zu anderen Nationen und Königen, das mehrere Deut.Jes-Texte deutlich zum Ausdruck bringen, finden wir nicht als Thema der jahwistischen Verheißungstexte. Wesentlich ist auch, daß Deut. Jes das verheißene Heil von einer durch Klagetermini beschriebenen Situation her verkündet. Bei den Verheißungen des Jahwisten ist keine entsprechend negative Lage festzustellen. Mehrere der Anliegen von Deut.Jes sind bei J offenbar überhaupt nicht bedacht worden. Dies und die wichtigen Detailunterschiede in Thema und Terminologie zeigen unserer Auffassung nach an, daß das den Textgruppen gemeinsame Gepräge, das man im Hinblick auf thematische Einzelzüge, wie das von van Seters als „beneficient imperialism" Bezeichnete, erkennen kann, hier nicht als Argument für eine Entstehung der Texte in demselben Verfasserkreis gebraucht werden kann. Daß J sich nicht mit den für Deut.Jes wichtigen Problemen beschäftigt hat, weist eher auf verschiedene Verfasserkreise als auf eine gemeinsame Herkunft. Die J-Texte sind offensichtlich in einer Umgebung entstanden, die die Anliegen Deuterojesajas (noch) nicht kannte. Zu Punkt 2\ Zu dem zweiten Moment, das van Seters für eine Spätdatierung der Verheißungsaussage in Gen 12 anführt, 31 merken wir an: Eine Behauptung, die Verheißungen seien am besten aus der durch das Exil entstandenen Not zu verstehen, muß darauf aufbauen, daß diese Not irgendwie im Zusammenhang mit diesen reflektiert wird. Das wird deutlich 28 29 30

31

Vgl. H. Wildberger, Jesaja 1-12, 1972, 82. Zum Text vgl. auch Steck, a.a.O., 6 9 - 7 1 . Wildberger, a. a. O. 89. Vgl. auch Schreiner, a. a. O. 28: „Mit der Abrahamverheißung stehen diese Stücke . . . nicht in einer direkten Verbindung", vgl. darüber hinaus Muilenburg, a. a. O. 396. Siehe oben, S. 248.

Das Verhältnis zwischen Gen 12, 3 b; 28, 14 b und der späten Literatur

253

bei den Stellen in Deut.Jes, die wir behandelt haben. Die Not bestand darin, Sklaven von Königen zu sein, verachtet, niedrig und gering (vgl. Abraham, der nur einer war, als er berufen wurde), auf diese Bedrückung antwortet Deuterojesaja mit Verheißungen einer neuen, positiven Zukunft. Niedrigkeit wird sich in Größe verwandeln. Nichts dergleichen findet sich in den jahwistischen Gen-Texten. Dieser Unterschied tritt auch deutlich hervor, wenn wir Sach 8, 13 hinzunehmen, eine Stelle, die van Seters zur Stütze seines Arguments anführt. Wir gehen näher auf diesen Text in Verbindung mit Jes 19, 24 ein. In Jes 19, 24 und Sach 8, 13 liegen die nächsten sprachlichen Parallelen zur Wendung NN yihyä b'raka in Gen 12, 2 b vor, die außer Gen 12 nur an diesen beiden Stellen vorkommt. In Jes 19, 24f. werden „die Völker" als politische Größen geschildert, d. h. als die Großmächte Assur und Ägypten. V. 24 erklärt, daß Israel „als dritter neben Assur und Ägypten" ein rona in der Welt sein wird. 32 Der Text spricht vom unmittelbaren Segen Jahwes an die Großmächte, indem sie mit Israel auf eine Ebene gestellt werden. Der Segen geht auch für Ägypten und Assur direkt von Jahwe aus. Daß Israel hier eine Mittlerstellung bei diesem hat, läßt sich daraus aber nicht entnehmen. 33 Die Botschaft des Textes, daß die zwei Großmächte zusammen mit Israel in einem direkten Segensverhältnis zu Jahwe stehen, ist einzigartig im AT. V. 24 geht durch die Erwähnung der Großmächte nicht nur weit über Gen 12, 2 f.; 28, 14 b hinaus, er sprengt auch den Rahmen späterer Stellen wie Gen 22, 18; 26, 4, in denen nichtisraelitische Völker explizit erwähnt werden. Wenn diesen Völkern hier überhaupt ein Segen zuerkannt wird, dann geschieht dies durch den großen Segen Israels. Von einem gleichwertigen Verhältnis, in dem die Völker zusammen mit Israel in einer direkten Beziehung zu Jahwe stehen, ist überhaupt keine Rede. — Im übrigen steht Jes 19 im Widerspruch zu Gen 27. Jakob-Israel wird dort der eine Segen auf Kosten Esau-Edoms zugesprochen. In Sach 8, 13 wird zuerst der Ausgangspunkt der Not erwähnt, der schlechte Ruf unter den Völkern. Abgesehen davon bezieht sich dieser Text nicht auf die Völker, sondern auf Israel. Im vorangehenden Kontext werden die typischen Segensgüter des Kulturlandes aufgezählt. „Die Völker" (D^Tin) dienen nur zur Hervorhebung des Unglücks Israel und Juda: So wie Israel und Juda für die anderen Völker zum Inbegriff eines Volkes geworden sind, das von einem schrecklichen Unglück betroffen ist, 34 so werden sie durch Jahwes Tätigkeit zum Inbegriff des Segens werden. 32 33

34

Zur Stelle, vgl. Wüdberger, Jesaja 13-27, 1974ff., 744ff. Vgl. ebenfalls Schreiner, a. a. O. 25 ff.: Die beiden anderen Völker sind hier mit Israel gleichgestellt. Vgl. J. Scharbert, „.Fluchen' und .Segnen' im AT", Bib. 39 (1958), 11 f. 25, vgl. auch ders., Art. 1 1 3 , ThWAT I, 832.

254

VII. „Segen für die Völker"

Außerdem können wir nicht ein gleiches Motiv wie in Jes 19 ausmachen. 35 Was ¡"D~n auch immer beinhalten mag, hier ist jedenfalls nicht die Rede davon, daß nicht-israelitische Nationen mit Israel auf dieselbe Ebene als Empfanger des Segens gestellt werden. Allenfalls werden die Völker mittelbar durch Israels Gesegnetsein Empfanger des Segens. Im Kontext von Sach 8 ist Israel das Thema, im Kontext von Jes 19 zumindest auch noch die Großmächte. — Im Hinblick auf Gen 12, 2 f. muß hervorgehoben werden, daß ein HD12 zu werden in Sach 8 nur ein Einzelmotiv ist, während es in Gen 12 eng mit einer umständlichen Erläuterung der Segensgüter verbunden ist. Van Seters weist auch auf Jer 30, 19 hin. Die Stelle spricht aber von Mehrung und Ehre, nicht von einem HD13. Die in der Gen ( J ) fehlende Reflexion der erwähnten Not des Exils deutet eine Entstehung dieser Texte in einer Umgebung an, in der die Probleme des Exils, die in den Verheißungstexten Deuterojesajas ihren Niederschlag fanden, unbekannt waren. Das läßt sich am besten mit einer Entstehung vor dem Exil erklären. Zu Punkt 3, dem letzten Argument von van Seters für eine Spätdatierung von Gen 12,3 b: Nur zwei Stellen des Deut.Jes. sprechen von Abraham als dem Ursprung Israels — 41, 8 und 51, 2. Nicht alle Aussagen, Jahwe habe Israel erschaffen, 36 beziehen sich auf Israels Anfang in Abraham. 37 Man kann daher kaum die Verbindung zu Abraham als ein betontes Element bei Deut.Jes. bezeichnen. 38 Auf den Unterschied zwischen Jes 51, 2 und J haben wir oben hingewiesen. Van Seters Argumentation wird in bezug auf diesen Unterschied allzu generell. Deut.Jes hat anscheinend die Abrahamsgeschichte in der Gen gekannt, höchst wahrscheinlich mit den späteren Zusätzen in Gen 22, 27 und 26, 4, 39 das kann der Grund für die Ausdrucks weise in 51, 2 sein. c) Gen 28, 15; 12, 1 und Deuterojesajas

Verheißung einer Rückkehr

In Verbindung mit Jes 49, 6 taucht ein anderes Problem mit datierungsrelevanten Konsequenzen auf. Dabei handelt es sich um die Wiederaufrichtung von und ihrer „Rückführung". Dasselbe Verb (31Ü? H-St.) kommt auch in Gen 28, 15 vor. Ohne Hinweis auf Jes 49, dafür 35

Das scheint Muilenburg, a. a. O. 396 vorauszusetzen.

36

Belege bei van Seters, Abraham

37

Zu den einzelnen Stellen vgl. K . Elliger, Deuterojesaja, 1978, z. St.

38

Gegen van Seters, Abraham

39

Da wir für den Stoff in Gen 12, 1 — 3 keine Traditionsgeschichte erwiesen haben, können

..., 276.

..., 276.

wir nicht mit Vorländer, a.a. O. 54 annehmen, Gen 12 und Jes 51 hätten aus derselben vorjahwistischen Tradition geschöpft.

Das Verhältnis zwischen Gen 12, 3 b; 28, 14 b und der späten Literatur

255

aber auf 41, 8 f. setzt van Seters 40 Gen 28, 13. 15 in Beziehung zum Exil und zu Deut.Jes, indem er schreibt: „This looks very much like a promise that Yahweh will be with his people in exile and will bring them back to their own land."

Entsprechend schreibt er im Anschluß an Gen 12,1, daß Abrahams Migration aus Ur und Haran „... makes good sense as paradigm for a return of the exiles who live in these same regions."41

Wir müssen uns ausführlich mit diesen Thesen beschäftigen. Das Verb 318?, das auch in Gen 28, 15 vorkommt, wird eindeutig als von der Rückkehr des Volkes aus dem Exil bei Deut.Jes in 51, 11 (G-St. von 31E?) gebraucht, zudem drückt die Aussage mit 3W H-St. in 42, 22 vielleicht eine Klage aus, daß man aus dem Exil nicht zurückkehren kann. 42 In 52, 8 steht das Verb 3W (G-St.) in bezug auf Jahwes Rückkehr zum Zion, in 44, 22 und 55, 7 in Bezug zu einer Umkehr des Volkes zu Jahwe. Wahrscheinlich ist das Verb in entsprechendem oder einem anderen, übertragenen Sinn auch in 49, 6 benutzt. 43 Nach Jes 51, 11 werden die miT " H S mit Freude nach Zion heimkehren. Die begleitende Freude ist stark betont. 44 Klagen und Sorgen werden für immer vorbei sein. Die Wurzel fHB 45 wird weder in der Gen noch in Ex für die Herausführung aus Ägypten gebraucht. Von den beiden Verben mit verwandtem semantischen Inhalt, und die in Deut.Jes in Verbindung mit der Heimkehr aus dem Exil und im Zusammenhang mit m B und 3W 46 verwendet werden, steht in Ex 2, 19 und 3, 8 (J), in Gen 48, 16, wahrscheinlich nicht von J, 4 7 sowie in Gen 32, 12, wo jedoch auch 3HP steht, V. 10; hier wird ebenfalls Jakobs Furcht erwähnt, diese bezieht sich allerdings auf eine konkrete, bevorstehende Situation. Während Jes 51 von Sorgen und Klagen spricht, und im Gegensatz dazu 40 41 42 43

44 45

46

47

Perspectives ... (1980), 105. Ebd. Vgl. Westermann, Jesaja, 92, etwas anders Elliger, a. a. O. 288 f. C.R. North, The Second Isaiah, 1977, 190: „the political rehabilitation of Isaiah", Westermann, Jesaja 171: „das Zurückbringen Israels zu Jahwe". Zur Auslegung vgl. Westermann, Jesaja, 194 ff. Vgl. 35, 10. Hierzu J.J. Stamm, Art, m s , TU AT II, 403 ff. Zudem Jes 5 0 , 2 und von Abraham in 29, 22. Das Verb V«!: 43, 1; (44, 22 von Jakob;) 48, 20 (Jakob); 51, 10 (Der Auszug aus Ägypten als Vorbild der Rückkehr aus dem Exil); 52, 3; vgl. auch die Substantiwerbindung "781 •781ST u. dgl. Das Verb Vsi: 42, 22 (zusammen mit 31® H-St.). Nach Westermann, Gen I, 3, 242 haben wir hier einen jahwistischen Text vor uns, doch vgl. S. 214. Nach H.-C. Schmitt, Die nichtpriesterliche Josephsgeschichte, 1980, 72 ist V. 15 ein sekundärer Zusatz. H. Seebass, Geschichtliche Zeit und theonome Tradition in der JosephErzählung, 1978, 78, behauptet, V. 15 f. gehöre zu E.

256

VII. „Segen für die Völker"

von Freude, ist dies in Gen 32 nicht der Fall. 48 Eine Klage wird dagegen in der vielleicht selbständigen Überlieferung in Hos 12, 5 erwähnt. 49 Soweit ist also Gen 28, 13. 15 weder durch den Anschluß an eine Klage, noch durch die Rede von der Heimkehr als Auslösung (¡"HB, Vsi, noch durch die begleitende Freude „very much like" (van Seters) den Verheißungen der Heimkehr aus dem Exil in Deut.Jes. In Deut.Jes ist das Ziel der Heimreise immer Zion und Jerusalem, während in Gen 28, 15 das Ziel der Rückkehr sich an dem Landgebiet mit Bethel als Zentrum orientiert. Bethel wird bei Deut.Jes nich erwähnt. Es ist unverständlich, warum ein Verfasser aus der Zeit des Exils Grund haben sollte, Jakob die Rückkehr nach Bethel zu verheißen. Bethel galt ja als Sitz des Abfalls von Jahwe, vgl. Jer 48, 13. Eine Beistandszusage gibt es allerdings in Jes 41, 10 und 43, 2. 5. 50 In 41, 8—10 wird Israels (Jakobs) Erwählung auf Abraham zurückgeführt, und die Heimkehr aus dem Exil wird mit ihrer Berufung verbunden. J verwendet nie das Verb anx 5 1 in Verbindung mit Abraham, von einer Erwählung (IHD) der Väter durch Gott ist auch keine Rede. Ebensowenig wird angedeutet, Jakob und Abraham wären von den äußersten Grenzen der Erde geholt worden (vgl. 49, 6), hier findet sich keine solche universale Perspektive. Das Verb ptn H-St. über das Eingreifen Jahwes wird nur in Gen 19, 6 und 21, 18, aber nicht von den Patriarchen gebraucht. Von ihnen wird auch nicht gesagt, daß Jahwe sie rief, abgesehen von Gen 22, 11 (E), wo es Abraham gilt. Unserer Auffassung nach hat somit die Beistands- und Berufungsaussage in Jes 41, 8 — 10 weder thematisch noch terminologisch viel mit Gen 28, 15 und 12, 1—3 gemein. — In Jes 43, 2. 5 kommt zwar das Wanderungsmoment wie in Gen 28 vor. Aber die Beistandsaussage ist hier mit der „Erlösungs"-Aussage, ViC, und der Berufung, Xlp, Elemente, die der Gen (J) fremd sind, verbunden. Eine Wanderung durch Wasser, Flüsse und Feuer wird in der Gen nicht in Verbindung mit der Beistandsformel erwähnt. Der Gedanke, daß Völker 48 49

50

51

Gen 32, 11. 13 ist wahrscheinlich sekundär, siehe oben, Kap. V.2 (S. 181). Wahrscheinlich handelt es sich um eine selbständige Uberlieferung, vgl. E. Otto, „Jakob in Bethel", ZAW 88 (1976), 176, und A.W. Jenks, The Elohist and North Israelite Traditions, 1977, 113. Vgl. auch Vorländer, a.a.O. 70 f. F. Diedrich, Die Anspielungen auf die JakobTradition in Hosea 12, 1— 13, 3, 1977 legt eine relativ umfassende Untersuchung vor, doch bietet er keine Folgerungen hinsichtlich der Frage literarischer Abhängigkeit von Gen. Indem er nach „der Gedankentradition, die hinter dem Hoseatext steht", fragt, sagt er von diesem, „daß . . . die paränetische Tendenz, wie sie das elohistische Werk bietet, noch weiter verstärkt ist" (S. 479). Ein solches Element findet sich an diesem Punkt bei J nicht. D. Vetter, Jahwes Mitsein ein Ausdruck des Segens, 1971, 4. 24f.; und H.D. Preuß, „,ich will mit dir sein!'", ZAW 80 (1968), 143. Zu den Jes-Stellen vgl. Elliger, a. a. O. z. St. Zur Bedeutung siehe Elliger, a.a.O. 138. Siehe auch Vorländers Vergleich mit Gen (a.a. O. 53 f.).

Das Verhältnis zwischen Gen 12, 3 b; 28, 14 b und der späten Literatur

257

als Lösegeld für die Väter/Israel gegeben werden, fehlt auch. Das Vorkommen der Beistandsformel allein bildet keine Grundlage für eine Behauptung, die Verheißungen seien sich so ähnlich, daß sie zur selben Zeit entstanden sein müßten. Zum Schluß ist zu fragen, ob der Jahwist in der Gen erkennen läßt, daß der Jakob auf seiner Wanderung verhießene Beistand Jahwes Beistand für das Volk Israel präfiguriert. Aus dem jahwistischen Text geht nicht eindeutig hervor, daß Gen 28, 15 ausschließlich Jakob gilt. Jahwes Erfüllung (V. 15 b) umfaßt auch, daß die Nachkommen wie Staub werden sollen. Damit scheint die Aussage "J3TBX sich auf Jakob als den Repräsentanten seines Geschlechts zu beziehen. V. 15 a weist aber innerhalb der jahwistischen Jakobserzählung auf Jakobs Flucht, seinen Aufenthalt bei Laban und seine Heimkehr hin. Allerdings ist nicht gesichert, daß V. 15 b wirklich zu J gehört. 52 In den Texten, die bei J das Beistandselement aufgreifen (31, 3 und evtl. V. 42, dazu 32, 10), wird nicht angedeutet, daß die Beistands- und Heimkehrverheißung eine über Jakob selbst hinausgehende Perspektive hat. 53 Wir können in der Jakobserzählung keine Spuren finden, die auf eine Vorwegnahme der Heimkehr Israels aus dem Exil in den Beistands- und Rückkehrverheißungen an Jakob hinweisen. Im Hinblick auf Jes 49, 6, dem Ausgangspunkt unserer Untersuchung, mußten wir außerdem feststellen, daß 3W in Gen 28, 15 weit anschaulicher gebraucht wird als in dem Jesajatext. Das Verb bezeichnet Aufbruch und Wiederkehr der Person Jakob. Wir können nach den obigen Darlegungen nur wenige Übereinstimmungen zwischen Gen 28, 13. 15 und den Verheißungen Deuterojesajas über Beistand während des Exils und der Heimkehr nach Jerusalem — so van Seters — erkennen. Van Seters Behauptung in Zusammenhang mit Gen 12, 1 halten wir auch nicht für überzeugend. Er weist darauf hin, daß Ur und Haran während der Zeit des Neo-Babylonischen Reiches bedeutungsvolle Städte wurden, in beiden lebten Exulanten aus Israel (in Nord-Mesopotamien unter Assur) und Juda (im Süden Mesopotamiens). „So Abraham's migration from Ur and Harran makes good sense as paradigm for a return of the exiles who live in these same regions."54

52 53

54

Siehe oben, Kap. V.l (S. 167). Vgl. J. Scharbert, „Die Landverheißung als ,Urgestein' der Patriarchen-Tradition", FS Delcor (uns als Manuskript zugänglich): Kap. 28,15 stammt von J, er wollte die Verheißung an Jakob mit der Erzählung von Jakobs Flucht zusammenbringen. Nach Otto, a. a. O. 178 sind dagegen Beistands- und Heimkehr-Motiv vorjahwistische Elemente einer Kultätiologie für Bethel. Siehe hierzu oben Kap. V.l (S. 149). Zu erwähnen ist auch Gunkel, Gen 318: V. 15 a bezieht sich auf Jakobs persönliches Schicksal. Perspectives ... (1980), 105.

258

VII. „Segen für die Völker"

Die Ortsbestimmung D'TO "TIN kommt jedoch nur in Gen 11, 28. 31; 15,7; Neh 9 , 7 vor. Gen 11, 27 ff. ist wahrscheinlich nicht jahwistisch, doch gehen wir hierauf nicht näher ein. 55 Gen 15, 7 kann auch nicht als J-Text angesehen werden. 56 Man kann sich nur schwer einen Verfasser der „late exilic period", also einen Zeitgenossen Deuterojesajas, 57 vorstellen, der Abrahams Migration und Jakobs Hin- und Rückreise als Paradigma der Heimkehr der Exulanten darstellen wollte, dann aber nur über die Verbindung der Patriarchen zu Haran schrieb (27, 43; 28, 10; 29, 4) und gerade nichts über eine Beziehung zu Süd-Mesopotamien. Die mit Haran verbundenen geschichtlichen Fragen greifen wir hier nicht auf. Van Seters 58 hebt hervor, daß Haran zwischen dem 18. und 8. Jahrhundert kaum eine Rolle spielte. Trotzdem ist es nicht unmöglich, daß ein Verfasser der frühen Königszeit Haran so beschrieben haben könnte wie der Jahwist. Die Stadt Haran wird auch im 13. Jahrhundert erwähnt. 59 Nach H. Donner 60 habe sich Israel mit den obermesopotamischen Aramäern des späten 2. Jt. verwandt gefühlt. M. Leineweber 61 nimmt einen Kontakt zwischen den nördlichen Stämmen Israels und den aramäischen Nachbarn (vor und) während der davidischen Zeit als Ursache der Erwähnung der mit Haran verbundenen Personennamen an. Wenn diese Beziehung der Erwähnung Harans zugrunde liegt, dann ist man nicht dazu gezwungen, für eine Erklärung der Erwähnung eine so späte Zeit wie ca. 750 anzunehmen, wie van Seters behauptet. Van Seters führt auch Jes 54, 3 an und setzt diese Stelle in Beziehung zu Gen 28, 14.62 Hier ist zwar, wie in Gen 28, 14, von einer Ausbreitung in mehrere Richtungen die Rede, doch kommt sie bei Jes in einem Kontext vor, der von dem des Gen-Verses verschieden ist. Bei Jes ist die Ausbreitung mit dem Motiv der Freude verbunden, dem Auslöschen der früheren Schande und der Vertreibung der Völker, — dieser Zug kommt allerdings auch in Ex 34, 11 vor, einem Text, der vielleicht von J stammt. Die übrigen Motive sind jedoch nicht bei J zu finden. Unserer Auffassung nach reichen die Übereinstimmungen zwischen Jes 54, 3 und Gen 28 nicht aus, um darauf die Behauptung aufzustellen, Gen 28 (und Gen 12) sei in derselben Umgebung entstanden wie Deut.Jes. 63

55 56 57 58 59

60 61 62 63

Siehe oben, Kap. II.l Anm. 27 (S. 16). Siehe oben, Kap. II.2 (S. 43). Van Seters, Abraham . . . 278. Ebd. 24. R. de Vaux, The Early History of Israel, 1978, 195 f.; vgl. T.L. Thompson, The Historcity of the Patriarchat Narratives, 1974, 304. Geschichte des Volkes Israel und seiner Nachbarn in Grundlagen, 1984, 56 — 58. Die Patriarchen im Licht der archäologischen Entdeckungen, 1979, 46. Abraham . . 2 7 7 . Im Hinblick auf Gen 28, 15 behaupten P. Langlamet, Bespr. v. A. de Pury, Promesse

Das Verhältnis zwischen Gen 12, 3 b; 28, 14 b und der späten Literatur

d) „Demokratisierte

259

Königsideologie" in Gen 12, 3 b

Wir haben bisher keine Grundlage für die These gefunden, die Bemerkungen über Abrahams Gesegetsein und über das Teilnehmen anderer Menschen an dem Segen durch ihr Verhältnis zu Abraham, Gen 12, 2 b. 3, seien im Umkreis der späten, angeblich gleichartigen, besonders in Deut.Jes vorliegenden Aussagen entstanden. Wir wenden uns jetzt der Behauptung zu, hinter den erwähnten Aussagen in Gen 12, 2 f. (und 28, 14 b) stehe eine „demokratisierte Königsideologie", die einen spät zu datierenden Prozeß voraussetze. divine . . . , RB 84 (1977), 431 ff. und E. Blum, Die Komposition der Vätergeschichte, 1984, 158ff., der Vers sei eine späte, redaktionelle Zufügung und also nicht Teil einer jahwistischen Quelle. Nach Blum ist der Vers dtr. Ursprungs. — Eine Untersuchung der angeführten Parallelen zeigt jedoch, daß nur V. 15b Spuren einer dtr. Verknüpfung aufweist, und auch da ist diese höchst unklar. Nach Blum soll die Wendung "|"?n "WS "733 in V. 15 a in mehr oder weniger eindeutig dtn./dtr. Texten vorkommen. Aber II Sam 7, 9 a ist wahrscheinlich vor-dtr. (so T. Veijola, Die ewige Dynastie, 1975, 73). Blum legt besonderen Wert auf die dtr. Parallelen zu der Wendung DKin nrnsn" 1 ?« yrOTim (I Reg 8, 34; Jer 16, 15; 24, 6; 29, 10. 14). — Wollte man jedoch eine Wanderung und Heimkehr unter dem Schutz Jahwes beschreiben, müßte man sich in großen Zügen einer ähnlichen Sprache bedienen wie in Gen 28, 15 a; es ist schwer zu verstehen, daß diese Formulierung nur dtr. sein soll. Folgendes spricht andererseits gegen dtr. Ursprung: In I Reg 8, 33 — 36 steht die Aussage von der Heimführung durch Jahwe in einem Zusammenhang, der von der Umkehr des Volkes zu Jahwe spricht; sie werden beten, und Jahwe wird ihnen vergeben und sie n3~13V,~"TOK HlüH "|"nn lehren. Die konkrete Heimkehr ist mit der „geistigen" verbunden, der Umkehr zu Jahwe und dem guten Lebenswandel des Volkes. Entsprechend verhält es sich in Jer 24, 6. Jahwe wird nicht nur heimführen, er wird bauen und pflanzen, er wird ihnen ein Herz geben, daß sie Jahwe erkennen, sie werden sein Volk sein, und er ihr Gott (dies fehlt in Gen 28 J, aber vgl. den vielleicht nachelohistischen V. 21 b), dann werden sie zu Jahwe umkehren. Jer 29, 10. 14 gehört auch in diesen Zusammenhang: die konkrete Heimkehr ist mit dem Suchen des Volkes nach Jahwe verbunden, V. 12 f., das Verb "J^n wird hier auch im übertragenen Sinne gebraucht. — In Gen 28, 15 ist die Verheißung des Mitgehens und der Rückkehr nur konkret in Verbindung mit Jakobs Wanderung und Heimkehr zu verstehen. An keinem Punkt erscheinen Wanderung und Heimkehr „geistig", als handele es sich um Umkehr, Anrufung Jahwes und Lebensführung nach seinem Willen. — Alles deutet darauf hin, daß Gen 28, 15 in einem Milieu entstanden ist, das die dtn.-dtr. Traditionsbildung weder kannte noch benutzte. Wir verstehen nicht, wie Blum, a. a. O. 159 f. von „einer inhaltlichkonzeptionellen Übereinstimmung" sprechen kann, ohne diese Verhältnisse zu berücksichtigen. — Im Hinblick auf V. 15 b kann auf Jes 6, 11 als Parallele zur Wendung 19 Q» "IBN hingewiesen werden, die keinen späten Sprachgebrauch andeutet. Das Verb das eine Verheißungsrede zusammenfaßt, scheint zwar auf dtn.-dtr. Sprachgebrauch zu verweisen (so Blum, a. a. O. 160); es ist jedoch anzumerken, daß die 131-Aussage in Gen 28, 15 keine Spuren des weiteren Rahmens aufweist, innerhalb dessen "131 im Dtn vorkommt, d. h. im Zusammenhang der Erwähnung eines zugeschworenen Eides (Dtn 29, 12).

260

VII. „Segen für die Völker"

Innerhalb der Forschungsgeschichte ist die Arbeit O.H. Stecks hervorzuheben, die auf traditionsgeschichtlicher Grundlage in G e n 12, 1 — 3 Königsvorstellungen nachgewiesen hat. 6 4 Steck begnügt sich zwar in dieser Arbeit aus dem Jahr 1971 für G e n 12, 1 — 3 nur mit einem Hinweis auf die Möglichkeit „hier einwirkender Königsvorstellungen", indem er auf mehrere Belege hinweist, die die Herleitung des „Zusammenbestandes charakteristischer Verheißungsinhalte" in G e n 1 2 , 1 — 3 aus K ö n i g s v o r stellungen andeuten. 6 5 Er sagt aber auch: 64

„Genesis 12, 1—3 und die Urgeschichte des Jahwisten", in: FS G. von Rad, 1971, 552 Anm. 70. — Zur Literatur ist zu erwähnen, daß H.W. Wolff, „Das Kerygma des Jahwisten", jetzt in: ders., Ges.Stud. 1977, 356 in der Erwähnung des großen Volkes und Namens eine Widerspiegelung des davidischen Großkönigs sieht. Er erwähnt auch die Verbindung mit Ps 47 (S. 370 f.), jedoch soll die letztgenannte Stelle die Aussage aus Gen 12 übernommen haben. W. Brueggemann, „David and his Theologian", CBQ 30 (1968), 178 f. legt Wert darauf, daß Gen 12, 1 - 3 die Dynastie Davids anspricht, vgl. S. 176: „Thus Genesis becomes quite clearly a theology for the monarchy." W. Richter, „Urgeschichte und Hoftheologie", BZ 10 (1966), 104f., schreibt generell und unter Einschluß von 12,3; 28, 14 (S. 98 f.): „Der Jahwist, der alte Traditionen sammelt und ordnet, tut dies somit unter besonderer Berücksichtigung der Gegebenheiten und theologischen Konzeptionen des Hofes in Jerusalem." Ausführlicher ist die Arbeit von R.E. Clements, Abraham and David, 1967. Er beschäftigt sich hauptsächlich mit dem Zusammenhang zwischen dem Davidsbund (II Sam 7) und Gen 15. Der Davidsbund in II Sam 7 sei von den Traditionen des Stämmeverbandes und der kanaanäischen Königsideologie beeinflußt (S. 47 ff.). Auch er ist der Meinung, Gen 12, 1—3 richte sich an die Davidsmonarchie. Die Aussage des „Segens für andere" werde in Ps 72, 17 reflektiert (S. 57 ff.). Auch Clements weist auf Ps 47 hin (S. 64) und versteht ihn so, daß der Bund mit Abraham in den Kult aufgenommen wurde. Eine „Demokratisierung" des Abrahamsbundes erkennt er erst bei Dtn. N.E. Wagner, „Abraham and David?", in: FS F.V. Winmtt, 1972, 117 ff. ist gegenüber Wolff und Clements kritisch eingestellt. — Auch J. Bright, Covenant and Promise, 1977, 70 ff. u. a. weist auf den Zusammenhang zwischen Vaterbund und Davidsbund hin, letzterer „follows the pattern of the patriarchal covenant" (S. 70). Ein wesentlicher Unterschied besteht jedoch darin, daß die David auferlegte Verpflichtung im Abrahamsbund nicht explizit vorkommt. Er rechnet allerdings mit einer gegenseitigen Beeinflußung beider Ausformungen des Bundesbegriffs (S. 71). Hier spielt jedoch besonders Gen 15 eine Rolle, im Hinblick auf 12, t—3 konkretisiert er die Verwandtschaft nur für den Universalismus (S. 72).

65

Hier sei auch verwiesen auf EM. Cross, Canaanite Myth and Hebron Epic, 1973, 260—63: J habe den Inhalt des Abrahamsbundes auf der Grundlage des Davidsbundes reformuliert, d. h. ausgehend von dem unbedingten Eid, der dem Hause Davids zugeschworen war: „Thus the royal theology of the type found in 2 Samuel 7 and Psalm 89: 20—38 stands behind the Yawistic reformulation of the patriarchal covenants" (S. 261). Er weist besonders auf Gen 15 hin, aber auch in 12, 3 a. b findet er „the universalism of mythic kingship". — Wir können hier keine umfassende Untersuchung des Verhältnisses der Abrahamsverheißungen und der jerusalemischen Hoftheologie vorlegen. Es handelt sich hier um die Frage, ob die Verheißungen an die Vater bei J Spuren bearbeiteter Jerusalemer Königsideologie, wie wir sie aus II Sam 7; Ps 89 und 132 u. ö. kennen, aufweisen.

Das Verhältnis zwischen Gen 12, 3 b; 28, 14 b und der späten Literatur

261

„Die Repräsentanz Abraham — Israel — König, die Gen 12 voraussetzte, ist allerdings von der Königsauffassung der Jerusalemer Kultüberlieferung, wie sie die Königspsalmen spiegeln, unterschieden; dort spielt Israel im Blick auf das Königtum keine Rolle; das Königtum ist vielmehr ausschließlich auf den Weltkönig Jahwe auf dem Gottesberg Zion bezogen . . ," 66

J stehe, abgesehen von den Königstraditionen, „dem Prozeß der israelitischen Adaption jebusitischer Überlieferungen" fern. Steck weist darauf hin, daß die vorstaatlichen und die zu den Landbewohnern gehörenden Vorstellungen und gesellschaftlichen Einrichtungen bei J eingeräumt seien, und er fragt, ob im Territorium des Südreiches (zur Zeit Salomos) nicht zwei verschiedene theologische Strömungen zu unterscheiden seien, die Jerusalemer Theologie und „die theologische Prägung des Landjudäertums", zu dessen ersten Exponenten der Jahwist gehört habe.67 Im Vergleich zu Steck drückt sich H.H. Schmid bedeutend kategorischer aus:68 „Es kann m. E. kein Zweifel daran bestehen, daß die Segensverheißung an die Erzväter insgesamt auf der Übertragung einer ursprünglich auf den König bezogenen Thematik in einen Traditionszusammenhang beruht, dessen Hauptgestalten von Hause aus kaum königlich gezeichnet waren."

Sind diese Königsmotive in Gen 12, 1—3 (u. a.) von ihrem ursprünglichen Sitz im Leben gelöst, so setze dies eine gewisse Freiheit gegenüber den (kultisch) festgelegten Königsvorstellungen voraus. Aber in Salomos Zeiten vollzog sich erst „die Übertragung der jebusitischen Königsideologie auf das davidische Königshaus", d. h. die sprachlichen Formen wären noch nicht von ihrem Sitz im Leben gelöst. Eine Anwendung der Königsmotive auf die Patriarchen setze jedoch voraus, daß das Jerusalemer Denken mit „den mehr von Sippe und Volk sprechenden israelitischen (bzw. judäischen) Überlieferungen" verbunden sei, das sei aber s. E. erst im Bereich des dtn.-dtr. Denkens geschehen. Eine kritische Durchsicht der Argumente Schmids wird zumindest durch zwei Gesichtspunkte hervorgerufen: 66

67

68

FS G. von Rad, 552 Anm. 70, und zur Fortsetzung 553 Anm. 73. Vgl. ders. , Friedensvorstellungen ..." 13 Anm. 14: Auch mit Gen 12, 1 — 3 stehe J „trotz Integration einzelner Jerusalemer Elemente" an dem theologiegeschichtlichen Ort der landjudäischen Auffassungen aus der vorexilischen Zeit. Siehe auch ders., „Strömungen theologischer Tradition im Alten Israel", in: Zur Tradition und Theologie im Alten Testament, hg.v. O.H. Steck, 1978, 43. H. Schmid, „Die Gestalt Abrahams und das Volk des Landes", Jud. 36 (1980), 73 ff. hat später die Ansätze Stecks aufgegriffen, indem er behauptet, dieses „Landjudäertum" durch deren offiziellen Repräsentanz in Jerusalem, das Volk des Landes, sei Träger der Abrahamtradition gewesen, und diese Tradition sei durch den Zerfall des Staates wieder in den Vordergrund getreten (S. 78). A.a.O. 133f.

262

VII. „Segen für die Völker"

1 . Schmid argumentiert für einen späten Gebrauch der angenommenen Königsmotive in Gen 12, 1—3, indem er von einer gedachten formgeschichtlichen Entwicklung dieser Motive aus der jebusitischen Königsideologie ausgeht: Diese Königsideologie werde zuerst auf den Jerusalemer König und erst nach der Loslösung der sprachlichen Formen von ihrem ursprünglichen Sitz im Leben auf die Erzväter des Volkes übertragen. Sollte dieser formgeschichtlichen Argumentation entscheidendes Gewicht zukommen, dann müßte es sich tatsächlich so verhalten, daß Gen 12, 1—3 Motive aus den Königsvorstellungen der Jerusalemer Kulttradition zufielen, die auf jebusitische Tradition zurückgingen. Allgemein bekannte königsideologische Züge aus dem Vorderen Orient stimmen allerdings weitgehend mit denen in Gen 12, 1 — 3 überein. Z. B. ist das Motiv vom König als Segensmittler aus altorientalischen Vorstellungen außerhalb Kanaans bekannt.69 Solche Motive können daher auch in Israel bekannt gewesen und verwendet worden sein, ohne daß sie über die Jerusalemer Königsideologie aus dem jebusitischen Vorstellungskomplex auf die Patriarchen übertragen wurden. — Dabei ist zu beachten, daß besonders auf Gen 15 als Beleg für die Ubereinstimmung der Abrahamtexte mit Jerusalemer Königsideologie hingewiesen wird, 70 aber gerade diesen Text können wir nicht als jahwistisch ansehen.71

2. Als nächstes wäre zu fragen, ob sich in Gen 12, 1—3 Spuren einer Vereinigung Jerusalemer Kulttraditionen und alter, israelitischer Stämmetraditionen nachweisen lassen, die zeigen, daß der Text in die Zeit des Dtn-dtr. und Deut.Jes gehört, oder ob die „Königselemente" in Gen 12, 1—3 so begrenzt sind, daß man kaum eine solche Vereinigung voraussetzen kann. Vor diesem Hintergrund beschäftigen wir uns mit den wichtigsten Belegstellen, die Steck (später auch Schmid) für eine Annahme Jerusalemer 69

Vgl. E. Ruprecht, „Der traditionsgeschichtliche Hintergrund der einzelnen Elemente von Genesis 12, 2 - 3 " , VT 29 (1979), 4 4 4 f f . ; 457 ff.; M. Weinfeld, Deuteronomy and Deuteronomic School, 1983, 74 — 81, aber ausführlicher ders., „The Covenant of Grant in the Old Testament and in the Ancient Near East", J AOS 90 (1970). Er macht auf Parallelen zwischen dem Abrahams- und Davidsbund und altorientalischen „grant"-Formulierungen aufmerksam. Die beiden „grants" an Abraham (Gen 26, 5; 22, 16. 18) und David schienen ihren Formulierungen nach relativ spät zu sein; die Verheißungen selbst seien jedoch wesentlich älter (S. 189). Nach ihm wurde die Davidsverheißung v o n Dtr. unter einer Bedingung gebracht, und dieselbe Bedingung wurde den Patriarchenverheißungen v o n Dtn hinzugefügt (S. 195). W i r können hier keine näheren Vergleiche mit „the grant formulation" vornehmen.

70

Vgl. außer H.H. Schmid, a.a.O.

134 auch Clements (siehe oben A n m . 64) und Cross

(siehe oben A n m . 65), der 15, 18 und I Reg 5, 1 vergleicht, vgl. ebenfalls van Seters,

Abraham ..., 71

263ff.

Siehe oben S. 43.

Das Verhältnis zwischen Gen 12, 3 b; 28, 14 b und der späten Literatur

263

Königsvorstellungen in Gen 12,1—3 anführt. Steck12 erwähnt die Ähnlichkeit zwischen Gen 12 und Ps 21, 4. 7; 47, 10; 73 72, 17; II Sam 6, 18; 7, 9. 29; 74 I Reg 8, 14. 55. Schmid nennt zusätzlich noch I Reg 1, 47. Wir gehen bei unserer Untersuchung zuerst von II Sam 7 aus. Steck weist auf die Bemerkungen zum großen Namen (V. 7) und Segen (V. 29) als Anzeichen eines möglichen Einflusses Jerusalemer Königsvorstellungen in Gen 12, 2 hin. 75 T. Veijola 76 und T. Mettinger 77 meinen, einen vor-dtr. Textbestand in II Sam 7 zu finden. Nach Mettinger besteht dieser aus zwei Schichten, a) eine, die sich auf Salomo bezog, V. 1 a. 2. 4—7. 12—14a. 16LXX. 17; und b) eine dynastische Redaktion, V. 3. 8 - 9 . 11 b. 1 4 b - 1 5 . 16TM. 1 8 - 2 2 a . 2 7 - 2 9 . Die V. 1 b. 1 0 - 1 1 a. 2 2 b - 2 6 sind seiner Auffassung nach dtr. 78 In der alten salomonischen Schicht gehe es um „Solomon's personal legitimation", 79 sie werde durch eine Darstellung des Verhältnisses zwischen Jahwe und dem König „in the categories of divine sonship" ausgedrückt mittels pV'SN 1 ? rPH V. 14. 80 Jahwe soll auch Salomos Königsherrschaft sichern, V. 12 b. 13 b. 16LXX, vgl. das Verb pD. Die Wendung HPK f - i n x - j m r r i N ist nach Mettinger hier individuell, auf Salomo bezogen, zu verstehen. In der jüngeren dynastischen Redaktion stehe die Verheißung, Davids Dynastie werde fortbestehen, V. I I b . 16TM (IVa), und das von Generation zu Generation erneuerte göttliche Sohnverhältnis im Vordergrund. 81 Mit dem Wort SHT in V. 12 a werde jetzt die ganze Davidslinie bezeichnet, Davids eigene göttliche Erwählung werde mit dem Wort TU beschrieben. 82 Die Gehorsamsforderung gegenüber Gott werde in V. 14 b —15 erwähnt, aber gleichzeitig werde auch der unbedingte Charakter der Verheißung

72 71

Vgl. A n m . 66. Seiner Auffassung nach ist dies ein Beleg für die Wechselwirkungen zwischen der Jerusalemer Theologie und „der theologischen Prägung des Landjudäertums".

74

II Sam 7, 8-16 ist nach Steck, FS G. von Rad,

553 A n m . 73 Exponent der erwähnten

landjudäischen Theologie.

77

Ebd. 552 A n m . 70. A. a. O. 68 ff. King and Messiah, 1976, 48 ff., mit Forschungsübersicht.

78

Die wesentlichen Unterschiede zu Veijola bestehen darin, daß dieser V. 13 als eine dtr.

79

Mettinger, a. a. O. 254, vgl. S. 57.

80

Ebd. 61. Ebd. 61, vgl. S. 254.

75 76

Redaktion ansieht, das gilt auch für V. 11 b. 16 und den Abschnitt V. 18—29.

81 82

Ebd. 61 f. 172; Veijola, a.a. O. 76 f. meint zwar, sowohl 1 3 S in V. 4 und der ganze Vers 8 b mit dem W o r t TU seien sekundär, doch siehe Mettinger, a.a. O. 45 Anm. 56.

264

VII. „Segen für die Völker"

explizit ausgesprochen. 83 Davids Dynastie sei gesichert und habe ewiger Bestand. 84 In V. 10—11 a führt die dtr. Redaktion die Verheißung einer Wohnstätte für Israel ein. Während in der Nathanweissagung von Anfang an die Legitimation des Königs durch ein göttliches Sohnverhältnis eine zentrale Stelle einnimmt, finden wir diesen Gedanken in Gen 12 nicht wieder. Diese Feststellung ist wichtig, weil in Hos 2, 1; 11,1 p zur Bezeichnung des Verhältnisses zwischen dem Volk und Jahwe gebraucht wird, also vielleicht doch ein „demokratisierter" Königszug vorliegt. 85 Auch in Gen 12 hätte ein solcher Zug vorkommen können, — hätte der Verfasser in der Tradition der Königsideologie gestanden, wie sie in II Sam 7 vorliegt, dann wäre es merkwürdig, daß er diesen Aspekt nicht eingebaut hätte. Im übrigen können wir in Gen 12 auch keine Spuren der Aussagen zur Sicherung des salomonischen Königtums oder zum Bestand der Dynastie Davids feststellen. In Gen 12, 2 steht selbstverständlich implizit hinter der Verheißung eines großen Volkes, daß Abraham zahlreiche Nachkommen haben wird, die zu einem politischen Machtfaktor werden. Aber zu dem in II Sam 7 expliziten und betonten Anliegen, nämlich dem festen Bestand des Königtums Davids (IVa V. 11 b. 16; pD V. 12b. 13b. 16), gibt es in Gen 12 auf expliziter Ebene keine Parallelen. Nicht Bestand und Festigung, sondern das Werden zu einer großen Nation ist der Inhalt der Verheißung in Gen 12, 2. Obwohl dies selbstverständlich eine weitreichende Sicherung der Nachkommenschaft einschließt, wird diese nicht thematisiert. Ein ewiger Bestand, wie in II Sam 7, 16, wird nicht erwähnt. Statt eines 2V3 wird Abraham ein ""U verheißen. Das Wort rP3 zur Bezeichnung des Volkes, Israel und Juda, kommt im AT mehrmals vor, 86 aber J verwendet es gerade nicht zur Bezeichnung von Abrahams Nachkommen. In 13, 16 ( J ) wird zwar Abrahams SHT genannt, hier ist jedoch nicht von dem ewigen Bestand, sondern der großen Zahl die Rede, vgl. entsprechend 28, 14, wo ebenfalls von der Ausbreitung des Geschlechts, aber nicht von seinem Bestand gesprochen wird. In der Landverheißung 13, 15 b ist implizit das Bestehen des Geschlechts D^IS? 757 enthalten, hier wird aber der immerwährende Landbesitz angesprochen, nicht das weitere Bestehen des Geschlechts. Das Thema des ewigen Landbesitzes entspricht sowohl sehr alten als auch jungen „grant formulations" im Orient, auf dieser Grundlage läßt sich keine Abhängigkeit von II Sam 7 postulieren. 87 Gen 15, 4 steht

83 84 85 86 87

Ebd. 260. Hierzu vgl. Cross, a.a.O. 247.256-59. So Mettinger, a. a. O. 268. Vgl. z. B. Jes 8, 14; vgl. E. Jenni, Art. IVO, THAT I, 311 f. Vgl. Weinfeld, JAOS (1970), 199; ders., Deuteronomy and Deuteronomic

School, 78.

Das Verhältnis zwischen Gen 12, 3 b; 28, 14 b und der späten Literatur

265

dagegen an diesem Punkt II Sam 7 wesentlich näher. 88 — Gen 16 kann auch nicht als Parallele zu II Sam 7 herangezogen werden. Kinderlosigkeit und der Wunsch nach einem Sohn bilden hier das Thema. 89 In Gen 18 ist das nicht anders. Eine Beistandszusage wie in II Sam 7, 9 a kommt auch in Gen 28, 15 vor. Der Beistand wird aber in Gen 28 nicht explizit als Ausrottung der Feinde entfaltet. 90 Wir haben oben behauptet, daß J's Gebrauch der Beistandsformel einen anderen traditionsgeschichtlichen Ursprung haben kann als die Verwendung der Zusage in Verbindung mit den Aufgaben eines Königs und der Kriegsführung. 91 Der umfassende Sinn der Formel in II Sam 7, 9 weist auf ein traditionsgeschichtlich späteres Stadium als der konkrete Gebrauch in Gen 28 ff. J hin. Weder die Gehorsamsforderung noch die explizite Unbedingtheit der Zusage lassen sich in den Verheißungen in der Gen (J) wiederfinden. Wir behandeln dieses Problem im nächsten Kapitel. „Der Name" wird in II Sam 7, 9 b. 23. 26; 8, 13; I Reg 1, 47; 5, 11 erwähnt. 92 Während II Sam 7 , 9 a Ereignisse der Vergangenheit konstatiert, verheißt V. 9 b David einen großen Namen. 93 Nach Mettingers literarkritischer Analyse spricht der vor-dtr. Text nicht expressis verbis aus, daß der große Name direkt mit dem Sieg über die Feinde zusammenhängt; als Verheißung ist er eher mit dem sicheren Bestehen der Davidsdynastie verbunden. Der enge Anschluß an den voranstehenden Sieg über die Feinde verdeutlicht dennoch, daß der militärische Aspekt auch zu dem zukünftigen großen Namen gehört. 94 In 8, 13 verschaffen der Sieg über die Nachbarvölker und die reiche Kriegsbeute David „einen Namen" (0® 7H ffSTl)95. In 7, 23. 26 (dtr.) handelt es sich um den Namen Jahwes. Jahwe schuf sich einen Namen durch seine Befreiung des Volkes von den Ägyptern, V. 23. In V. 26 ist die Erhöhung Jahwes „für immer" eng mit dem Bestehen der Dynastie Davids verbunden (p33).96 I Reg 1,47 (se-

88 89

90 91 92

93

94

95 96

Hierzu vgl. R.A. Carlson, David, the Chosen King, 1964, 122. Dies gilt auch dann, wenn V. 10 ursprünglich jahwistisch sein sollte. Siehe hierzu nur Westermann, Gen I, 2, 292 f. Zum Wechsel der Zeitstufe in V. 9 siehe Anm. 93. Siehe Kap. VI (S. 227). Zu den Belegstellen vgl. Cross, a. a. O. 253 Pkt. 11. Hier ist Ruth 4, 11. 14 zu erwähnen, die Stelle entspricht dem angeführten I Sam 18, 30. Carlson, a.a.O. 107. 114 und danach Veijola, a.a.O. 76 f. machen auf den Wechsel der Zeitstufe aufmerksam. Ruprecht, a. a. O. 444 ff. hat auf mehrere altorientalische Texte hingewiesen, für die dasselbe zutrifft. Carlson, a.a.O. 115. Ebd. 127.

266

VII. „Segen für die Völker"

kundär, dtr? 97 ) verknüpft den „Namen" Salomos mit dem großen Königtum. 98 In Gen 12, 2 ist DtP ebenfalls mit einem politischen Verhältnis verbunden, vgl. "'II, der militärische Aspekt wird aber nicht zum Thema gemacht, im Gegensatz zu 8, 13 und zum vor-dtr. Kontext von II Sam 7, 9 b. Ein Anschluß an eine Rede von Bestand und Festigung findet sich nicht. So wie in Gen 12, 2 der große Name mit dem Volk verbunden ist, wird auch in der dtr. Redaktion von II Sam 7, 10—11 a von einem großen Namen für den König in Verbindung mit der Rede vom Volk Israel gesprochen. 99 Aber in Gen 12, 2 gilt die Verheißung dem Werden Abrahams zu einem großen Volk, während in II Sam 7 nichts zur Größe des Volkes gesagt wird, dort wird Israel eine Stätte (QIpO) verheißen, an der es sich nicht mehr vor Unterdrückern fürchten muß. 100 In dem vielleicht vor-dtr. II Sam 7, 29 wird der Segen der Davidsdynastie angesprochen, das Ziel dieses Segens (*? + Inf.cstr.) ist allerdings das Bestehen dieses „Hauses" oVlS?1?, während in Gen 12, 2 kein entsprechender Gedanke vorkommt. Gen 12, 2 unterscheidet sich terminologisch von den erwähnten Stellen. Am nächsten kommt ihr II Sam 7, 26, aber hier handelt es sich um den Namen Jahwes. In Gen 12 wird auch keine "700 erwähnt (7, 15), und Abraham wird erst in nachjahwistischen Texten als "T357 bezeichnet. Wesentlich ist ebenfalls, daß „der Name" in II Sam nicht mit Aussagen über den König als Segen verbunden ist. Wir können nach den obigen Darlegungen keine Übereinstimmungen zwischen den angenommenen „alten" Bestandteilen in II Sam 7 und Gen 12, 2 feststellen, die eine literarische oder traditionsgeschichtliche Abhängigkeit der „Königsvorstellungen" in Gen 12, 2 von der in II Sam 7 ausgedrückten „Königsideologie" rechtfertigten. Die Rede vom großen Namen knüpft weder an die Rede vom Sohnverhältnis zu Jahwe, noch an 97 98

99

100

Mettinger, a.a.O. 28, vgl. auch E. Würthwein, 1. Könige 1—16, 8. Köckert, a. a. 0.283 erwähnt drei Aspekte des großen Namens: Der kriegerische Aspekt; die Vorstellung vom Namen als Inbegriff der Taten und des daraus erwachsenen Ruhms (I Reg 1, 47; 5, 11 f.; I Chr 14, 17); und der Aspekt der Dauer der Dynastie (Ps 72, 17; 89, 37; II Sam 7, 12) - Zu Ps 72, 17 siehe unten. Der ewige Bestand (Ps 89, 37) des Volkes wird, wie schon gesagt, in Gen (J) nicht explizit thematisiert. Hinsichtlich des ersten Aspektes ist zu sagen: 5, 11 fallt ganz aus diesem Zusammenhang heraus, da hier nur von Salomos großer Weisheit die Rede ist. I Chr 14, 17 kommt auch nicht als Beleg für auf Gen 12 einwirkende jerusalemische Königsvorstellungen in Frage, da der Aspekt der Angst der Völker in Gen 12 gegenstandslos ist. Es bleibt nur noch I Reg 1, 47, was zur Grundlage eines Abhängigkeitspostulats nicht ausreicht, siehe unten. Zur Zusammenstellung von Aussagen über den König und das Volk, vgl. D. McCarthy, „II Samuel 7 and the Structure of the Deuteronomic History", JBL 84 (1965), 132 f. Carlson, a.a.O. 116 hebt den Zusammenhang mit den übrigen dtr. Aussagen an dieser Stelle hervor.

Das Verhältnis zwischen Gen 12, 3 b; 28, 14 b und der späten Literatur

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das gesicherte Bestehen des Geschlechts Abrahams (das liegt zwar implizit vor, wird aber nicht entfaltet), noch an einen Sieg über die Feinde an. Gen 12, 2 unterscheidet sich auch wesentlich von den kultischen Texten, deren Zugehörigkeit zum selben Traditionszusammenhang nachgewiesen werden kann, Ps 89; 132; vgl. auch 2 und 110. Wir gehen in diesem Zusammenhang nicht näher auf die genannten Stellen ein. 101 Die Einbeziehung des politischen Elementes in die Rede vom großen Namen in Gen 12, 2 entspricht allgemeiner altorientalischer Tradition. Dieser „Königszug" muß nicht aus jerusalemischer Königsideologie übernommen sein. Eine Abhängigkeit von dieser, wie sie II Sam 7 zum Ausdruck bringt, läßt sich nicht von unsicheren Übereinstimmungen zwischen einzelnen Formulierungen (die ebenfalls große Unterschiede aufweisen) her postulieren. Traditionsgeschichtliche Abhängigkeit können wir nur behaupten, wenn sich nachweisen läßt, daß das Thema vom großen Namen mit Vorstellungen und Ausdrucksweisen verbunden ist, die in II Sam 7 vorliegen. Das gilt auch hinsichtlich der Segensaussage. In Gen 12, 2 f. sind diese Formulierungen nur Einzelelemente, die nicht mit dem Vorstellungszusammenhang verbunden sind, der in II Sam 7 vorliegt. Wir können auch keine gemeinsamen Züge in der Thematik und den Formulierungen zwischen Gen 12, 2 und der dtr. Redaktion von II Sam 7 und den übrigen untersuchten Stellen feststellen, die Anlaß zu der Annahme geben, beide stammten aus demselben Verfasserkreis. In Gen 12, 2 wird von dem Volk anders gesprochen als in II Sam 7; von dem großen Namen Jahwes ist überhaupt nicht die Rede. In I Reg 1, 47 verhält es sich auch nichts anders, dort handelt es sich um einen großen Thron, nicht um ein großes Volk, ebenfalls fehlt die Segensthematik. 102 Die Segensthematik in Gen 12, 2 f. weist allerdings gewisse Übereinstimmungen mit Ps 21, 4. 7 auf; nach Steck könnten diese auf einen Einfluß Jerusalemer Königsvorstellungen auf Gen 12 hinweisen. Er sieht in den Gemeinsamkeiten zwischen Ps 47, 10 und Gen 12, 3 gewisse Wechselwirkungen. 103 Wir gehen ausführlicher auf diese Punkte ein. Ps 21,4. 7. Diese Stellen unterscheiden sich von Gen 12 sowohl im Hinblick auf die Phraseologie wie auch auf die Vorstellungen. Das Verb 101

102

103

Zu Ps 89 und 132 vgl. außer Cross, a.a.O. auch Bright, a.a.O. 58ff. Selbst wenn hinsichtlich des Verhältnisses Bund — Verpflichtung Unterschiede bestehen (vgl. S. 64), wird das Thema in jedem Fall expliziert. Nach Veijola, Verheißung in der Krise, 1982 sind die Aussagen zum ewigen, unbedingten Bestehen der Dynastie in Ps 89 — wie in II Sam 7 — dtr. Glaubensaussagen aus der Zeit des Exils (S. 66. 118). — Steck, FS G. von Rad, 552 Anm. 70; 553 Anm. 73 hebt „die ganz anders geartete jerusalemische Ausprägung" für Ps 89, 20 ff. und entsprechend Ps 2 hervor. Das Verb "pa bezeichnet hier den Gruß, und nicht „Vermittlung von Segensgütern" wie in Gen 12, 2, vgl. Würthwein, a. a. O. 5. FS G. von Rad, 553 Anm. 73.

268

VII. „Segen für die Völker"

mp> weist den Leser vielleicht auf eine Prozession hin.104 Ansonsten steht es in Gebeten, die den Klagen in den Klagepsalmen folgen, 105 in den Notschilderungen der Danklieder106 und in dem Vertrauensbekenntnis in Ps 59, 11, der in Verbindung mit Jerusalemer Kulttraditionen Jahwes Eingreifen gegenüber den Feinden schildert. In Gen 12, 1—3 finden wir keine Spuren einer Notschilderung oder eines Gebets, das die Segensverheißung erwidert, wie in Ps 21, 3. — Der Ausdruck 3Ü I"D"13 kann entweder „Segensgüter" oder allgemeiner „Lebenssteigerung" im umfassenden Sinne bezeichnen.107 In V. 7 kann es sich um die Segensgüter, die der König empfangt, handeln, oder darum, daß er als DD13 eingesetzt wird. In beiden Fällen weicht der Sprachgebrauch von Gen 12, 2 f. ab. Dort lassen sich auch keine Anhaltspunkte der Ausdrucksweise vom Kontext der V. 4 und V. 7 feststellen, wo der Text vom Leben des Königs spricht (•'W "pN, D"n usw.), seine Pracht und Ehre mit den Wörtern n n , "Tin, TDD beschreibt, seine Freude (nnOE>) über die Macht Jahwes schildert (V. 2. 4), und von seinem Kampf gegen drohende Feinde berichtet. Das Motiv steht an zentraler Stelle in der Jerusalemer Kulttradition108 und ist auch in Ps 21 betont, fehlt aber ganz in Gen 12, 1—3. Ps 47, 10. Das Thema dieses Psalms, der wohl ein Festritual widerspiegelt, ist Jahwes universale Königsherrschaft. HJ. Kraus stellt die Frage, „ob mit der Erwähnung des DD13K TI^N der Universalismus der I^S-Tradition Jerusalems auf die Verheißungen an Abraham in Gen 12, 1 ff.; 22,18 Bezug nimmt". 109 Eine Abhängigkeit der Verse Gen 12, 1—3 von den hinter diesem Psalm stehenden Traditionen läßt sich nicht nachweisen. Das zentrale Moment dieses Psalms ist Jahwes Weltherrschaft, er ist König D ^ l - d a m i t ist auch sein Unterwerfen der D^DV und unter die Füße Israels verbunden, V. 4. In Gen 12 sind keine Spuren solcher zentralen Elemente der Jerusalemer Königsideologie festzuhalten, von einer universalistischen Königsherrschaft ist dort nicht die Rede.110 Wäre Gen 12 von einer solchen Tradition beeinflußt, dann wäre es auffallend, daß sich von ihr keine Anzeichen fänden. Ps 72, 17. Die Fürbitte gilt zuerst der gerechten Herrschaft des Königs, ausgedrückt mit den Worten Ü0B7Ö und nj?"TS sowie mV». Die 104

105 106 107

108 109

1,0

Vgl. Ps. 68, 26; 95, 2. Ps 89, 15 weist vielleicht auch auf eine Zeremonie hin. Hierzu H.J. Kraus, Psalmen, 1978, 315 f. Ps. 17, 13; 79, 8; 88, 14; vgl. 119, 147 f. Ps. 18, 6. 19. Zur Stelle vgl. G. Wehmeier, Der Segen im Alten Testament, 1970, 78f.; Kraus, a.a.O. 314. Vgl. Steck, Friedensvorstellungen ... 18; Bright, a.a. O. 70 f. A.a.O. 507. Zum Vergleich mit Gen 12, siehe Schreiner, a.a.O. 13. Vgl. auch Steck, Friedensvorstellungen ..., 15 Anm. 16. Zu Gen 12 siehe oben Kap. II.3 (S. 72).

Das Verhältnis zwischen Gen 12, 3 b; 28, 14 b und der späten Literatur

269

beiden ersten kommen in Verbindung mit der Verheißung an Abraham in dem späten Gen 18, 19 vor, aber gerade nicht in Gen 12. Mit dem König verbinden sich Vorstellungen der Fruchtbarkeit und Segensgüter der Natur, solche Elemente fehlen ebenfalls in Gen 12. Nur die Verheißung eines großen Volkes und reichen Ruhmes wird erwähnt. Ps 72, 8 beschreibt die weltweite Herrschaft des Königs. 111 Der Name des Königs (V38?) kommt in V. 17 vor, aber da geht es um den Bestand dieses Namens, und nicht um seine Größe wie in Gen 12. Die nächsten Parallelen einer Formulierung mit "p3 in V. 17 aß stehen in Jer 4, 2 und Gen 22, 18; 26, 4 — also gerade nicht in Gen 12 und 28. Der universale staatspolitische Aspekt wird in V. 17 b aufgenommen, eine solche Perspektive fehlt in Gen 12. In diesem Zusammenhang seien auch einige Stellen zu kommentieren, die Köckert112 als Hintergrund der „spannungsvollen Relation von .großen Volk' und ,allen Sippen der Erde' unter dem Leitwort Segen" in Gen 12, 2 f. anführt: Ps 2, 8 f. und 18, 44 f. 49. - Erstens ist anzuführen, daß Gen 12 keine universalistische Perspektive aufweist. Die Völker werden auch nicht als politische Größen thematisiert. Darüber hinaus haben die Ausdrücke des Herrschens des Königs, die in Ps 2, 8 f. vorliegen, keine entsprechenden Parallelen in Gen 12. Hinsichtlich der untersuchten Stellen aus den Psalmen ergibt sich im wesentlichen dasselbe wie für II Sam 7 u. a. Die Übereinstimmung zwischen den Psalmenstellen und Gen 12 und 28 gilt einzelnen Zügen, abgesehen von diesen weisen die Gen-Stellen keine Spuren des Vorstellungszusammenhangs auf, in dem sich diese Motive in den Psalmen befinden. Hat J die aktuellen Züge in Gen 12, 2 f. u. a. aus dieser kultischen Tradition übernommen, fällt das Fehlen jeglicher Spur dieses Traditionszusammenhangs auf. Wir können somit gegenüber Schmids Argumentation einwenden, daß die behandelten Texte nicht die Behauptung stützen, Gen 12, 1—3 habe seine „Königsvorstellungen" aus der jerusalemischen Kulttradition, so wie die behandelten Texte diese darlegen, übernommen. Eine rückwärtige traditionsgeschichtliche Linie von Gen 12 über die genannten Ausdrücke der Jerusalemer Kulttradition zur jebusitischen Königsideologie läßt sich nicht nachweisen. Noch weniger können wir eine literarische Abhängigkeit von Gen 12, 1 ff. von den behandelten Texten feststellen. Während die oben behandelten Texte eine umfassende Bearbeitung jerusalemischer Kulttheologie aufweisen, haben wir für Gen 12 keine solche Bearbeitung feststellen können. Wenn die Verheißung an Abraham in Gen 12 eine Verbindung der beiden erwähnten „Denk- und Traditionslinien" zur Zeit des dtn.-dtr. voraussetzte, wäre merkwürdig, daß J — im 1.1

1.2

Zur Tradition der universalen Herrschaft, vgl. M. Saebö, „Vom Großreich zum Weltreich", 1978, jetzt in: ders., Ordern og Ordet, 1979, 84ff. A.a.O. 287ff.

270

VII. „Segen für die Völker"

Unterschied zu sowohl Deut.Jes wie den dtr. Texten in II Sam — II Reg — nicht mehr von der Zionstheologie und den jerusalemischen Vorstellungsinhalten erkennen ließe. Dies spricht gegen die Annahme Schmids, die Segensthematik in Gen 12,1—3 setze eine dtn.-dtr. „Demokratisierung" der jerusalemischen Königsideologie voraus. Wir sind jetzt auch in der Lage, van Seters diesbezügliche Argumentation zu kommentieren. Er argumentiert ein wenig anders als Schmid.ui Die Verheißung an Abraham von einem großen Namen „by means of which the nations would obtain a blessing" begreift van Seters als Antwort auf die durch den Untergang des Königtums eingetretene Krise. Diese ursprüngliche Königsideologie (vgl. Ps 72, 17) — „the eternal covenant with David — in which the greatness and the survival of the name in a perpetual dynasty was central" — ist nach ihm bei J auf Abraham, den ersten Diener Jahwes, bezogen. „But in this way the royal covenant was, in fact, democratized so that all the ,sons of Abraham' where the recipients of that first eternal .dynastic' promise."

Er stellt in Jes 55, 3 — 5 eine entsprechende Demokratisierung des Königsbundes fest. Wir gehen hier nicht näher auf den „Bund" ein. Wir haben kaum Anzeichen einer traditionsgeschichtlichen Abhängigkeit von Gen 12 von „the eternal covenant with David" gefunden. Gen 12 spiegelt auch weder eine Identitätskrise noch eine Notlage wider. In Deut.Jes 55, 3 b —5 wird der Bund mit David als ein ewiger Bund mit dem Volk geschildert. „Die in der Nathanverheißung (2. Sam 7) dem David zugesagten Gnadenverheißungen werden jetzt Israel zugesagt." 114 Die Terminologie ist 0*71» r v u und CIDNIH "711 HOfl. Das Ewige, Andauernde und Sichere wird betont. Man hat auf eine Verbindung des Textes mit Ps 89 hingewiesen. Weder terminologisch noch thematisch (Betonung des Sicheren und Bleibenden) gibt es eine Übereinstimmung mit Gen 12, 1—3. Hier ist von einem „Bund" oder einer Gnade ebenfalls keine Rede. In Gen 27, 27 ff. steht D,aXl7, aber es wird nicht gesagt, daß die Patriarchen ihre „Zeugen" sind. Es handelt sich zwar um die Herrschaft Jakobs-Israels über „die Völker", aber die Ausdrucksweise ist eine andere. Die Tatsache, daß der eine Text David als den von Jahwe eingesetzten T3U und HISÖ bezeichnet, während der zweite aussagt, daß Israel ein "V3) über andere Völker sein wird (Gen 27, 29), reicht nicht aus, beiden dasselbe Ursprungsmilieu zuzuweisen. Wir halten demnach van Seters Argumente für eine Spätdatierung von Gen 12 aufgrund der These einer „demokratisierten Königsideologie" für unzureichend. 1,3 114

Perspectives in Religious Studies (1980), 108, vgl. übrigens unten Kap. VIII.2.a (S. 286 f). Westermann, Jesaja, 228.

Das Verhältnis zwischen Gen 12, 3 b; 28, 14 b und der späten Literatur

e)

271

Ergebnis

Wir haben uns in diesem Kapitel hauptsächlich mit H.H. Schmid und J. van Seters auseinandergesetzt, beide behaupten, die Segensthematik und das Motiv des großen Namens würden auf späte Entstehung (dtn.-dtr. Milieu oder das Milieu um Deut.Jes) hinweisen. Beide gehen in ihrer Argumentation davon aus, daß die in Gen 12 (und 28) ausgedrückten Vorstellungen erst im dtn.-dtr. Umkreis — eventuell im spätprophetischen — ihre Parallelen haben. Dem schließt sich eine traditionsgeschichtliche Argumentation an, in der behauptet wird, daß wir es hier mit einer „Demokratisierung" jerusalemischer Königsideologie zu tun haben, und daß eine solche „Demokratisierung", wie 12, 2 f. sie voraussetze, erst als späte Umbildung der jerusalemischen Königsideologie stattgefunden haben kann. Unser Ergebnis ist in erster Linie negativ: Die jahwistischen GenTexte scheinen nicht unter dem Einfluß von Anliegen zu stehen, die eine zentrale Stellung in der dtn.-dtr. Theologie an diesem Punkt einnahmen. Sie weisen auch keine Kenntnis der wesentlichen Themen Deut.Jes und einiger anderer spätprophetischer Kreise auf, mit denen man Vergleiche angestellt hat. Dieser fehlende Einfluß der genannten Themen auf den JText sowie die fehlende Bewußtheit des jahwistischen Textes hinsichtlich der genannten Themen deuten eine Entstehung der J-Texte in einer Umgebung und zu einer Zeit an, in der diese Anliegen noch nicht aktuell waren, also auf eine relative Frühdatierung im Verhältnis zu dtn.-dtr. Literatur und Deut.Jes. Wir können auch keine Abhängigkeit des Jahwisten von den hier untersuchten Punkten der jerusalemischen Königsideologie erkennen, deren späte Umbildung als Voraussetzung von Gen 12, 2 f. u. a. anzunehmen wäre. Die hier vorkommenden „königsideologischen" Züge können einer allgemeinen Kenntnis altorientalischer Königsideologie entstammen, sie müssen nicht Einfluß umgeformter jerusalemischer Traditionen sein. 115 Mehrere Gen-Stellen dagegen, die aus anderen Gründen J aberkannt und spätdatiert werden, weisen große thematische Bezüge zu den untersuchten Texten auf. Bei einem Vergleich mit anderen Texten und einer Untersuchung ihrer Traditionszusammenhänge ist zwischen den verschiedenen Verheißungen in Gen zu differenzieren.

115

Köckert, a.a. O. 276 ff., scheint diese Möglichkeit nicht erwogen zu haben, wenn er eine ganze Fülle altorientalischer Belege anführt.

VIII. „Die Segensverheißung" VIII.l. DIE FORMGESCHICHTE DER SEGENSVERHEISSUNG BEDEUTUNG FÜR DIE DATIERUNG VON GEN 1 2 , 1 - 3 ?

a) Problemstellung

und

-

Forschungssituation

In diesem Kapitel behandeln wir die Formgeschichte der Segensverheißung und die formgeschichtlichen Voraussetzungen der Struktur von Befehl und Segens Verheißung in Gen 12,1—3 — soweit sie für die Datierung der Verheißungstexte in der Vätergeschichte von Bedeutung sind. Wir präzisieren das Problem im weiteren Verlauf unserer Arbeit. j . van Seters1 und H.H. Schmid2 legen eine Argumentation vor, die zumindest teilweise formgeschichtlicher Art ist, indem sie für eine Nähe der Väterverheißungen zur dtn.-dtr. Literatur votieren. C. Westermann3 hat Erwägungen dargeboten, die in die frühe Königszeit als terminus a quo der Segensverheißungen in Gen 12, 1 —3 u. a. führen. — Ausgangspunkt dieser Arbeiten ist die Ansicht, die Segensverheißung sei sekundär im Verhältnis zur Segenszusage, die ein unmittelbar wirkendes Machtwort darstelle. Die späteren Arbeiten zu diesem Thema greifen hauptsächlich auf H. GunkelA zurück. Schmid5 bezieht sich auf Gunkel, der festgestellt hat, daß die Segensverheißung formgeschichtlich sekundär im Verhältnis zum eigentlichen Segensspruch (oder Zusage) sei und damit auch historisch jünger als dieser. Im Anschluß daran fragt er nach dem Zeitpunkt der Umsetzung des Segensspruchs / der -zusage in eine Verheißung. Seiner Auffassung nach stammen alle Belege der Segensverheißung außerhalb der Vätergeschichte des Jahwisten aus späten Texten, und der Übergang vom Zuspruch zur Verheißung läßt sich nach ihm an den Segens- und Fluchformularen von Dtn 28; Lev 26 und Ex 23, 20 ff. beobachten. In Dtn 28, 3 ff. 16 ff. werde der Segen noch in einer strengen Baruk-Form zugesagt — mit der Formel nnN -p~D. In der dtr. Einleitung V. 1 f. (vgl. V. 15) sei der Segen in die Verheißungsform umgesetzt — wodurch er in die Zukunft verschoben 1 2 3 4 5

Abraham in History and Tradition, 1975. Der sogenannte Jahwist, 1976. Die Verheißungen an die Väter, 1976. H. Gunkel - J. Begrich, Einleitung in die Psalmen, A.a.O. 136ff.

3 1975,

293 ff.

274

VIII. „Die Segensverheißung"

werde. Ein weiterer Schritt der Entwicklung liege in Lev 26 vor, wo der Segens- und Fluchankündigung ganz in den paränetischen Rahmen integriert sei. — Auf dieser Grundlage kommt Schmid zu dem Schluß, daß die Umsetzung des ursprünglichen Segensspruches in die Segensverheißung in dtn.-dtr. Zeit begonnen haben muß. Van Seters 6 stellt die formgeschichtliche Frage nach dem Ursprung der Segensverheißung. Er sieht den ursprünglichen Sitz im Leben des göttlichen Segens in einem kultischen Zusammenhang, in dem die Segensworte direkt zugesprochen wurden. Dieser kultische Segensakt konnte aber nie den Segen auf ein bestimmtes zukünftiges Datum projizieren. Zu dem Satz in Gen 12, 2 a, „Ich will dich segnen", schreibt van Seters, daß „the term suggests the promise of blessing but not the blessing itself". Danach findet er theologiegeschichtliche Gründe für die Annahme, die Segensverheißungen der Vätergeschichte seien eine Weiterführung dtr. Theologie. Wir kommen später hierauf zurück. 7 Diese Arbeiten werfen folgende Fragen auf: Ist es sachlich berechtigt, innerhalb der alttestamentlichen Literaturgeschichte nach einem Zeitpunkt der Umsetzung der Baruk-Formel, d. h. der Zusage HIIN "pia, in eine Segensaussage in der Form verbaler Verheißung zu suchen — wie Schmid es tut? Die zweite Frage gilt dem formgeschichtlichen Verhältnis zwischen Segens-„Zuspruch" und „-Verheißung". Bringen die erwähnten Arbeiten eine sachlich richtige Bestimmung dieses Verhältnisses? Für uns ist folgende Frage wichtig: Ist dieses Verhältnis so, daß es eine Grundlage für die Annahme bildet, die Segensverheißung als „Formtyp" sei Ergebnis einer dtn.-dtr. theologischen Bearbeitung der Segensaussage? Wir legen wesentliche Beobachtungen zu diesem Punkt auch unten in Kap. VIII.2 vor. Im Folgenden präzisieren wir die Probleme mit Feststellungen aus der Forschungsliteratur. Wir entnehmen ihr auch wesentliche Momente zur Beantwortung der oben angeführten Fragen. Für die hier diskutierte Sache weisen mehrere der genannten Arbeiten auf Gunkels formgeschichtliche Standpunkte hin. Er geht von der religionsgeschichtlichen Sicht aus, der Segen wurzele in magischen Vorstellungen. 8 Ursprünglich handele es sich beim Segen um ein „Zauberwort", das aus eigener Kraft wirksam wäre. Von diesem Ausgangspunkt schließt Gunkel auf die Formgeschichte. 9 Der magische Charakter komme am stärksten bei den imperativischen Formen der Segenszusage (Gen 1, 28: „Seid fruchtbar und mehret euch", vgl. auch 24, 60) und den indikativi6 7 8 5

A.a.O. 272f. Punkt 2 unten. A.a.O. 293. Ebd. 295.

Die Formgeschichte der Segensverheißung

275

sehen (Gen 27, 29: „Gesegnet ist, wer dich segnet", vgl. auch I Sam 25, 33) zum Ausdruck, daher seien diese formgeschichtlich am ältesten. Gunkel bezeichnet besonders den letztgenannten als „Segensspruch", der ursprünglich die Form baruk NN gehabt habe. Hinzu komme der Segenswunsch (Gen 24, 60, „in Besitz nehmen möge dein Same das Tor seiner Feinde"), der nach ihm ursprünglich mit den imperativischen Segensformen gleichwertig gewesen sei; aber mit der Zeit, als der Glaube des Menschen, er könne aus eigener Kraft segnen, abgenommen habe, sei die jussivische Form mehr zu einem Wunsch geworden. — Gunkel schildert dann den Verlauf der formgeschichtlichen Entwicklung bis zur Segensverheißung, die ein spätes Stadium des Segenswunsches sei. 10 Diese Form scheint er speziell mit der nachexilischen Zeit zu verbinden. Wichtig ist seine Behauptung, der Segensinhalt werde mehrmals in einer Rede vom Zukünftigen entfaltet, wodurch die Segensworte Verheißungscharakter annehmen. 11 W. Schottroff12 wendet sich hinsichtlich der Form gegen GUnkels Verständnis der Segensverheißung. Er unterscheidet zwischen den Segensverheißungen in Gen 12, 1 - 3 ; 17, 16; 22, 1 6 - 1 8 ; 2 6 , 2 - 5 . 24 u. a., die als göttliche Segensankündigungen anzusehen seien, und den göttlichen Segenssprüchen, besonders vertreten durch die imperativischen Formen (Gen 1, 22. 28; 9, 1 u. a.). Der Unterschied bestehe darin, daß die ersteren eine bestimmte Lebenssteigerung für die Zukunft in Aussicht stellten, während letztere diese zusprächen. Aus Num 6, 22 — 27; Ps 91 gehe hervor, daß die Segensankündigung formgeschichtlich als göttliche Heilsworte zu bezeichnen seien, nur vom Thema her (dem Segen) stünden sie in Verbin10 11

12

Ebd. 298 f. Gunkel stellt sich offensichtlich eine religionsgeschichtliche Entwicklung vor, die tatsächlich im Lauf der Zeit stattgefunden habe. Die in magischen Vorstellungen gegründeten Segensvorstellungen würden dem Machtbereich Jahwes nach und nach unterstellt (S. 295), wobei der Glaube an das Segnen Jahwes sich mehr und mehr verstärke. Während man anfangs noch glaube, der Mensch selbst könne wirksam segnen (S. 295), nähmen die Zweifel hieran nach und nach zu (S. 299 Pkt. 9), bis in die nachexilische Zeit (S. 298, Pkt. 8). Damit zusammenhängend entwickele sich der Segensspruch formgeschichtlich und werde umgebildet (S. 296), z. B. träten die Wunschformen stärker hervor (S. 300). In der Zeit nach dem Exil zweifele man so sehr an der Fähigkeit des Laien zu segnen, daß er nur auf eine Verheißung des Segens als Belohnung frommen Wandels hinweisen könne (S. 298). — Die eigentliche Argumentation für dieses Verständnis der Formgeschichte liegt in Gunkels Auffassung der religionsgeschichtlichen Entwicklung des Segensverständnisses, sie läßt sich also als ständig zunehmende „Entmagisierung" bezeichnen. Eine eigentliche Beweisführung anhand der Texte selbst führt Gunkel nicht durch. Seine Texthinweise sind als Beispiele zu verstehen, die sein Verständnis der Entwicklung illustrieren. Der altisraelitische Fluchspruch, 1969, 170 ff. M. Köckert, Vätergott und 1988, 274 f., schließt sich Schottroff an.

Väterverheißungen,

276

VIII. „Die Segensverheißung"

dung mit dem Segensspruch. Auch C. Westermann 13 unterscheidet zwischen dem ursprünglich geschichtslosen Segen und der Segensverheißung (Gen 12, 1—3), die eine spätere Umformung des Segens zu einem geschichtlichen Begriff sei: die in die Zukunft weisende Segensverheißung. Dies habe sich erst in geschichtlicher Zeit vollzogen und könne nicht in die Zeit der Vater zurückgeführt werden. In dieser Zeit sei dem Segen noch vorgeschichtliche Bedeutung zugekommen, was aus mehreren Stellen der Vatergeschichte hervorgehe, an denen die beherrschende Aussage die des Konstatierens sei. In diesem konstatierenden Reden zeige sich der ursprüngliche Begriff des Segens: „Segen ist Kraft der Fruchtbarkeit und des Gelingens; die Wirkung des Segens kann in der Gegenwart wahrgenommen werden, er ist da oder nicht, er kann aber nicht erst für eine späte Zeit in Aussicht gestellt werden."

Mehrere der Stellen, die Westermann als Belege für seine Behauptung anführt, sind offensichtlich spät, sie sind literarische Gestaltungen, die auf einen Verfasser zurückgehen und kaum auf übernommene Tradition zurückzuführen sind. Dies gilt auf jeden Fall für Gen 26 und die Kap. 30, 27. 30; 32. 14 Sie können daher kaum als Belege für die von Westermann behauptete Umbildung eines angenommenen, älteren „ursprünglichen Begriff des Segens" in Betracht kommen. Weiter ist fraglich, ob bei den aktuellen Belegen die Wirkung des Segens schon in der Gegenwart wahrgenommen werden kann. Oft besteht die geschilderte Wirkung in einem langen Leben, zahlreiche Nachkommen usw., Gaben, die erst in der Zukunft erhalten werden können. Dadurch wird jedenfalls die Wirkung des Segens, das, was der Segen mit sich führen soll, für die Zukunft in Aussicht gestellt, ein futurisches Element ist damit bereits in der Segenszusage vorhanden. Wir beschäftigen uns weiter unten ausführlicher mit diesem Verhältnis. Man könnte nun nach der Zweckmäßigkeit der oben erwähnten Unterscheidung zwischen Segenszusage und -Verheißung fragen. Die von K. Koch 15 und S. Tengström 16 angeführten Standpunkte stellen diese Frage auf. Koch will die Bezeichnung „SegensVerheißung" aufgeben und stattdessen von wirklichen „Segenssprüchen" reden. Tengström argumentiert entsprechend (ohne Hinweis auf Koch). Er deutet an, daß die „Verheißungen an die Patriarchen" als in der vom Erzähler vorausgesetzten Situation ausgesprochene Segensworte aufgefaßt werden müssen. Sie sind also von der Perspektive des Erzvaters in die Zukunft weisende Segensworte 13 14 15 16

A.a.O. 145. Hierzu siehe oben S. 115 und 238, vgl. auch S. 175 f. „Tempeleinlaßliturgien und Dekaloge", in: FS. G. von Rad, 1971, 45 — 60. „Patriarklöfterna i Genesis", SEA 45 (1980), 96 — 99, vgl. entsprechend schon ders., Die Hexateucher^ählung, 1976, 111.

277

Die Formgeschichte der Segensverheißung

des Volkes Israels. Bei dieser Auffassung ist zu beachten, daß die Segensverheißungen an die Erzväter Vorhersagen ex eventu sind, die auf aktuelle Verhältnisse während der Entstehungszeit der Texte anspielen. Voraussetzung dieser Sicht Tengströms ist, daß es sich bei den „Segensverheißungen" um ein literarisches Hauptthema eines epischen Werks handelt, um nichts anderes. 17 Die Verheißungsform ist also eine literarische Schöpfung. — Tengström führt Folgendes zum Verhältnis zwischen „Zusage" und „Verheißung" des Segens an: Wenn in Gen 12, 1—3; 22, 16 — 18 gesagt wird, daß Jahwe segnen wird, ist das nicht unbedingt als Verheißung zukünftigen Segens zu verstehen, — andererseits meint er, im Gegensatz zu Westermann, daß es. kaum ganz richtig ist, daß der Segen nach alter Auffassung mit dem Moment des Aussprechens in Kraft trat. Tengström und vor ihm Koch bieten besonders mit diesem letzterwähnten Gedanken wesentliche Anstöße zu weiteren Überlegungen. Anstatt von den Verheißungen an die Väter als einem literarischen, ex eventu formulierten Thema der Vätergeschichte auszugehen, beginnen wir allerdings mit dem älteren, in der Forschung dargelegten Material zum Segen. Lassen sich Formen und Gedankenstrukturen im Segensthema abdecken, die wesentlich zu unserem Verständnis der Formgeschichte der „Segensverheißung", wie sie in Gen 12, 1 — 3 u. ö. erscheint, beitragen? Dabei läßt sich vielleicht die Frage nach der Relevanz bisher dargelegter formgeschichtlicher Überlegungen für die Datierung einzelner „Segensverheißungen" in der Vätergeschichte herausstellen. b) Die Baruk-Formel

und verbale

Segensaussagen

W. Schottroff18 hat das Material, in dem Baruk-Formel vorkommt, untersucht. In diesem Zusammenhang interessiert besonders seine Zusammenstellung altorientalischer Belege. J. Scharbert19 hat später eine formgeschichtliche Untersuchung der alttestamentlichen Baruk-Formel vorgelegt, in der er die Arbeit Schottroffs weiterführt und teilweise korrigiert. Die genannten Untersuchungen stellen fest, daß es im Kulturland des Alten Orients keine analogen Aussagen zur Baruk-Formel gibt. Ptz.pass. G.-St. von "["13 kommt vielleicht in dem ugaritischen Text 1. Aqht 20 und dem phönizischen Karatepe-Text21 vor. Der Segen erscheint ganz und gar in einem religiösen Zusammenhang. In der kanaanäischen Literatur seit dem 14. Jahrhundert sind die klaren Belege mit "|")3 wahrscheinlich verbale Segenswünsche oder -bitten. Die Gottheit ist ihr sachliches Subjekt, oder 17 18 19 20 21

Die Hexateucher^ählung 110. A.a.O. 178ff. „Die Geschichte der Baruk-Formel", BZ 17 (1973), 1 ff. Schottroff, a.a.O. 178f. H. Donner — W. Röllig, Kanaanäische und aramäische Inschriften,

1971: KAI 26 A.I.l.

278

VIII. „Die Segensverheißung"

es wird festgestellt, daß die Gottheit segnet. 22 Scharbert schließt folgendermaßen. „Demnach haben anscheinend die NWSemiten immer die Gottheit als eigentlichen Spender des Segens verstanden." 2 3

Das Material enthält weiterhin späte Texte aus der Perserzeit mit Belegen der Segensformel in der Form bryk NN, in nabatäischen Texten auch ohne Hinweis auf die Gottheit. Letzteres ist der Fall in den jüngsten Texten. Schottroff 2 4 nimmt jedoch an, daß sie einen formgeschichtlich ursprünglicher wirkenden Typ der partizipialen Segensformel repräsentieren. Daraus schließt er, daß die Formel baruk NN in der ethnischen Gruppe entstanden ist, der die Nabatäer angehören, d. h. den früharabischen Gruppen der syrisch-arabischen Wüste, einem Nomadengebiet. Da die nabatäischen Texte keinen Hinweis auf eine Gottheit enthalten, bezweifelt er eine ursprünglich religiöse Verwendung der Formel. 2 5 Er hat jedoch nicht nachgewiesen, daß die nabatäischen Texte formgeschichtlich älter sind als die Texte, die auf eine Gottheit hinweisen. Er vertritt diese Auffassung, gerade weil die Texte keinen Hinweis auf eine Gottheit enthalten. Man muß sich fragen, ob hier nicht ein Zirkelschluß vorliegt.

Schot t r o f f 2 6 deutet an, daß die Grußsituation als der ursprüngliche Sitz im Leben der alttestamentlichen Baruk-Formel anzusehen ist: Sie hatte ursprünglich eine soziale Funktion und diente dazu, Menschen „in den Heilsbereich der Clangemeinschaft" aufzunehmen, oder zur Bestätigung, daß man sich in dieser Gemeinschaft befand. 27 Scharbert28 äußert sich in dieselbe Richtung: Ursprünglich gehörte die Formel nicht der Kultsprache an, sondern brachte die Bereitschaft zu Freundschaft und Solidarität, Dankbarkeit und Anerkennung zum Ausdruck — nicht in alltäglichen Grußsituationen, sondern bei besonderen Anlässen. Ein magischer Gebrauch der Formel läßt sich nicht eindeutig nachweisen, auch nicht in dem wahrscheinlich ältesten alttestamentlichen Beleg Jdc 17, 2. 29 Hiernach bezweifeln wir, daß unser Material ausreicht, eine formgeschichtliche Entwicklung von der Baruk-Formel zu verbalen Segensaussagen mit göttlichem Subjekt zu postulieren. Selbst wenn man vom religionsgeschichtlichen Standpunkt her in den Segensvorstellungen magische Züge feststellen kann, so reicht unser Material nicht aus, um auf eine Entwicklung zu schließen, nach der die religiösen Segensaussagen 22

Vgl. Schottroff, a.a.O.

23

A r t . - p a , ThWAT

24

A.a.O.

25

Ebd. 193. Ebd. 195.

26 27 28 29

184.

I, 814.

189.

Ebd. 198 BZ (1973), 21 ff. u. ö. Vgl. Scharbert, BZ (1973), 21, und ders., Art. p a , ThWAT

I, 817.

Die Formgeschichte der Segensverheißung

279

spätere religions- und formgeschichtliche Stadien darstellen als ein ursprünglich magischer Ausgangspunkt, der besonders in der Baruk-Formel seinen Ausdruck fand. Formgeschichtlich ist auch die Annahme problematisch, die einfachen, kurzen Formulierungen, wie die Baruk-Formel, hätten sich zu komplizierten, längeren Formulierungen entwickelt. Die formgeschichtliche Entwicklung scheint häufig in umgekehrter Richtung verlaufen zu sein. 30 Im vorliegenden Zusammenhang ist jedoch zu beachten, daß eine eventuelle derartige Entwicklung im kanaanäischen Gebiet jedenfalls lange vor Beginn der alttestamentlichen Literaturgeschichte stattgefunden hat. Israel hätte seit Beginn der alttestamentlichen Literaturgeschichte beide Formen nebeneinander gebrauchen können, die partizipiale Baruk-Formel und den Ausspruch des Segens mit göttlichen Subjekt. Dann ist es verfehlt, nach einen Zeitpunkt innerhalb der alttestamentlichen Literaturgeschichte zu suchen, an dem eine formgeschichtliche Umgestaltung der Baruk-Formel zu verbalen Aussagen mit göttlichem Subjekt eingesetzt haben könnte. In Dtn 28 ist zwar ein Gebrauch der Baruk-Formel zu beobachten, der im Hinblick auf den ursprünglichen Gebrauch neu und genuin ist. Die Formel sanktioniert hier religiös-rechtliche Ordnungen. 31 Das bedeutet aber nicht, daß der Segen nicht auch vor Dtn 28, 1 f. (dtr.), so anscheinend Schmid, mit verbalen Aussagen vom Typ der Verheißung ausgedrückt werden konnte. Wenn Schmid den Ubergang vom Zuspruch zu verbalen Verheißungen in Dtn 28 u. a. zu finden meint, und er diese Stellen so interpretiert, daß keine verbale Segensaussage, die den Segen als etwas Zukünftiges beschreibt, vor Dtr. vorgelegen haben kann, beruht das auf einer zufalligen Auswahl der Belegstellen. Wir begründen dies näher unten in Kap. VIII.2. c) Die Struktur Befehl — Segensverheißung Noch haben wir nicht die Segensverheißung und ihren formgeschichtlichen Zusammenhang erreicht. Wir müssen den Kontext unserer Frage erweitern: Kann die Segensverheißung als eine späte Weiterentwicklung des Segenszuspruchs angesehen werden, wie wir eingangs dargelegt haben? Wir untersuchen zunächst, worin die Grundlage der Struktur von Befehl und „Verheißung" in Gen 12, 1—3 bestanden haben kann. Gen 12,1—3 ist wahrscheinlich eine literarische Schöpfung, deren wesentliche Struktur wie folgt beschrieben werden kann: 1. Imp I1?—[V + PV und RS, der das Ziel der mit dem Imp gegebenen Bewegung angibt. 30 31

Vgl. W. Richter, Exegese als Literaturwissenschaft, Vgl. Scharbert, BZ (1973), 15.

1971, 122.

280

VIII. „Die Segensverheißung"

2. Die folgenden drei Sätze haben, die Formation w=yiqtol — x und sind wahrscheinlich Kohortative, auch wenn das morphologisch nur im letzten Satz zu erkennen ist. Koh nach einem Imp hat finalen Sinn und gibt eine Folge/Absicht an. 32 Im Alten Testament erscheint dieselbe Struktur in der Schilderung einer menschlichen Segenshandlung in Gen 27. Das Alter des Textes läßt sich nicht eindeutig bestimmen. Nach E. Otto33 gehört er einer späten vorquellenschriftlichen Redaktion an, die Erzählung enthält keine Motive, die auf einen älteren überlieferungsgeschichtlich unabhängigen Kern deuten. Westermann 34 ist andererseits der Meinung, Gen 27 sei eine ursprünglich mündliche, selbständige Einzelerzählung, die bis in die Väterzeit zurückgehen könne. Nach E. Blum haben wir es mit einem überlieferungsgeschichtlichen Kern der Vätergeschichte zu tun, der allerdings nicht hinter den völkerpolitischen Aspekt zurückgeht. 35 Am wichtigsten ist hier, daß der Text häufig als eine Spieglung alter Segensvorstellungen und Segenshandlungen im Sinne von Kraftübertragung aufgefaßt wird. 36 Gen 27, 3 f. hat folgende Struktur. 1. Eine Reihe von Imperativen mit näheren Bestimmungen. 2. Das Verb VDS in einem Satz des Typ w—jiqtol — x mit finaler Bedeutung und ein untergeordneter Finalsatz ^ S l ~p~nn *YOS3. Der Sinn von V. 3 f. kann folgendermaßen wiedergegeben werden: „Nimm auf — gehe aus — tue — führ zu mir — damit ich essen kann — damit ich dich segnen kann." Der Koh nach dem Imp, und der untergeordnete Finalsatz, geben also an, daß das Segnen stattfinden wird, nachdem Esau den Befehl ausgeführt hat. Alle Bewegungen Esaus, die ihm mit der Imperativreihe befohlen werden, sind auf die Segenshandlung gerichtet, sie bereiten den bevorstehenden Segen vor. Der Befehl ist nicht in einer solchen Weise selbständig, daß der Segen als positive Sanktion eines Gebotes zu verstehen wäre. Im Verhältnis zu Kap. 27 ist die "]*?n-Aussage in 12, 1 semantisch weniger spezifiziert. Das Verb ist syntaktisch-semantisch im ingressiven und finalen Sinn näher bestimmt. Der Ton liegt auf dem Befehl zum Auflruch. In 12, 1 erscheint die gebotene Handlung nicht so deutlich wie in Kap. 27 als Vorbereitung einer Segenshandlung, aber andererseits finden 32 33 34 35 36

Vgl. E. Kühr, Die Ausdrucksmittel der konjunktionslosen Hypotaxe, 1929, 49. Jakob in Sichern, 1979, 28 ff. Gen I, 2, 530. Die Komposition der Vätergeschichte, 1984, 74. 86 ff. Z. B. J. Pedersen, Israel 1, 1959, 201; S. Mowinckel, Psalmenstudien V, 1961, 19ff.; vgl. auch C. Westermann, Gen I, 2, 532. Vgl. im übrigen hierzu G. Wehmeier, Der Segen im Alten Testament, 1970, 145, der sich aber nicht zur ganzen Erzählung, sondern nur zu einer charakteristischen Aussage äußert.

Die Formgeschichte der Segensverheißung

281

sich auch keine Anhaltspunkte in dem Text, die ein solches Verständnis verbieten. Das Unanschauliche im Vergleich zu Kap. 27 hängt u. a. mit den verschiedenen Subjekten der Segenshandlungen zusammen. Für uns ist wichtig, daß wir in Gen 27 eine anschauliche und klare Situation vor uns haben, die zeigt, daß man von der Segensvermittlung an einem Punkt so dachte wie in Gen 12, 1—3: Dem, der gesegnet werden soll, wird von dem Segnenden befohlen, gewisse Handlungen auszuführen, die die eigentliche Segensmitteilung vorbereiten. Nach der Ausführung dieser Handlungen wird der Segnende segnen. Falls es im alten Israel tatsächlich rituelle Segenshandlungen gegeben hat — wie behauptet wird —, scheinen die besprochenen Inhaltsstrukturen in Gen 27, 3 f. gut mit solchen Situationen übereinzustimmen: Es ist gut vorstellbar, daß der Segnende eine Segenshandlung so erwähnt haben könnte, die nach den Vorbereitungen stattfinden sollte. In diesem Fall haben wir eine Situation im zwischenmenschlichen Bereich vor uns, in der man es natürlich fand, von der Segensmitteilung als etwas Zukünftigem zu sprechen, das eintreffen wird, nachdem der zu Segnende etwas anderes ausgeführt hat. Wenn solche Segenshandlungen, z. B. die Segnung eines Sohnes durch den Vater, in Israel und seiner Umwelt alt waren, können wir auch annehmen, daß man seit alters von diesen Segensmitteilungen als etwas Zukünftigem gesprochen hat. Wir haben oben behauptet, Gen 12, 1 f. sei auf dieselbe Weise zu verstehen wie 27, 3 f., die vorliegende Aussage befiehlt eine Handlung, die einen dieser Handlung folgenden Segen vorbereitet. Der Unterschied zwischen den beiden Stellen besteht darin, daß Kap. 27 ein menschliches Subjekt der Segenshandlung; 12, 1 ff. dagegen ein göttliches Subjekt hat, und daß die befohlene Handlung in 12, 1 weniger auf eine konkrete Segenshandlung ausgerichtet ist. Die Ähnlichkeit der beiden Aussagen läßt die Annahme zu, daß wir für den zwischenmenschlichen Bereich eine Aussagestruktur gefunden haben, die als Modell für Segensaussagen mit göttlichem Subjekt gedient haben kann, — eine Struktur, in welcher der Akt der Segensmitteilung als etwas Zukünftiges versprochen wird. In dem Fall entfallt der Umweg über bedingte Segensverheißungen (gebunden an die Erfüllung des Gesetzes) in Zusammenhang mit Dtn-dtr., um eine Erklärung der „Segensverheißungen" in Gen 12, 1 — 3 u. a. zu finden. d) Futurische Inhaltselemente

der

Segensaussagen

Abschließend gehen wir — wenn auch pauschal — auf Inhaltselemente der Segensaussagen ein, die andeuten, daß zu einer strengen Unterscheidung zwischen Segens-„Zuspruch" und -„Verheißungen" kaum Grund besteht. Subjekt des Segens in Gen 12 ist Gott. Der Segen wird als Verheißung der Segensguter näher entfaltet, die sichtbaren Folgen treten erst nach Zeit

282

VIII. „Die Segensverheißung"

hervor. 37 In Gen 27 ist Isaak logisches Subjekt des Segens. "J~n bezeichnet die konkrete Segenshandlung mit dem Aussprechen des Segenswortes. Dieses selbst steht in V. 27 b —29. In V. 28 wird Isaaks Segens wort durch das Verb ]nj PK mit göttlichem Subjekt, wahrscheinlich einen Jussiv, weiter ausgeführt, die Sprachleistung ist also Appell. Semantisch ist der Satz als ein an Gott gerichtetes Gebet/Wunsch zu verstehen, er möge dem, der gesegnet wird, Anteil an den Segensgütern geben. In Gen 12, 2 a liegt wahrscheinlich eine Kohortativreihe mit der Sprachleistung „Kundgabe" vor. Der futurische Aspekt ist im selben Ausmaß im Segenswunsch Gen 27,28 wie in der Segens-„Verheißung" in 1 2 , 2 a vorhanden. Wir sehen keinen Grund, wegen des futurischen Aspekts zu behaupten, die „Verheißung" in 12, 2 gehöre einem anderen und späteren formgeschichtlichen Stadium an als der Segenswunsch. Gen 28, 27 b—29 ist wahrscheinlich eine sekundäre Zusammenstellung alter Einzelelemente. Wie bereits gesagt reflektiert V. 28 wohl eine alte Segensthematik, 38 und das Segenswort in Form eines an die Gottheit gerichteten Gebets oder Wunsches kann altes Gedankengut sein. Es entspricht alten ugaritischen und phönizischen Texten. 39 Wir wenden uns dem Inhalt dieser Wünsche zu. Der Inhalt der Wünsche kann zwar Kraft sein, so offensichtlich in einigen ugaritischen Texten. 40 Aber bereits hier, und besonders in einigen phönizischen Texten, liegt das ganze Gewicht auf den sichtbaren Segensgütern. Der Karatepe-Text illustriert dies. 41 mw m i BW "pN ... bsn Tin1? ... -nnn< rrx ... Vsn -71m Der Finalsatz Tin1? usw. entfaltet den Segenswunsch als einen Wunsch nach Frieden, großer politischer Stärke und „Länge der Tage und Fülle von Jahren", — eine typische Segensentfaltung. Ihr Hauptinhalt sind Güter, die erst im Laufe einer langen Zeit verwirklicht werden, also der Zukunft angehören. In mehreren ugaritischen Texten entspricht dem Segenswunsch eine Feststellung, daß die Gottheit gesegnet hat:

37

Pedersen, a.a. 0. 182 f.; Mowinckel, a.a. O. 5; z. B. haben daraufhingewiesen, daß nicht klar zwischen Segen als innerer K r a f t und Vermittlung dieser K r a f t auf der einen Seite, und den sichtbaren Resultaten, den geschenkten Gütern auf der anderen, unterschieden werden kann. Vgl. hierzu auch J. Chelhod, „La Baraka chez les Arabes", BHR

148

(1955), 6 8 - 8 8 . 38

Siehe oben S. 129.

39

Vgl. Belege bei Schottroff, a.a.O.

40

K T U 1.17, 1 6 f f . ; K T U 1.15: II, 1 2 f f . Vgl. J.C.L. Gibson, Canaanite Myths and Legends,

41

K A I 2 6 A III, 2ff.

1978.

178f.

283

Die Formgeschichte der Segensverheißung

j*brk

'il krt. 42ybrk,

(dn'i)l

mt

rp'i 43

Diese Feststellung wird durch eine Gottesrede entfaltet, die nicht der Kraft, sondern der zukünftigen Wirkung und dem zukünftigen Ergebnis dieser Kraft gilt; Kerets Frau wird einen Sohn gebären. Die Fortsetzung des ersten ugaritischen Textes ist hier besonders interessant. 44 j*brk

'il.krt

... tld.p'gt.t{—)>/

... fgrthn.

abkr*n*

Die Wendung s*grthn. abkr*»* (jqtl-Fotm) hat hier göttliches Subjekt in der 1. Pers. und sagt, was El auch dem jüngsten der zu gebärenden Kinder schenken wird. Hier wird also ein Segensakt in einer Gottesrede entfaltet, die eindeutig etwas verspricht, das El in der Zukunft, wenn die Kinder geboren sind, tun wird. Wir haben damit auch im Zusammenhang mit dem Segen eine klare „Verheißung" vor uns. Zwar ist der Segen in diesen Texten eine Kraftverleihung, aber wesentlich ist, daß er ebenfalls durch die Wörter entfaltet bzw. expliziert wird, mit denen die Gottheit Keret etwas für die Zukunft verspricht, — der Ton liegt eben auf diesem versprochenen Gut, nicht auf der Kraftverleihung. Damit haben wir einen frühen Beleg für die Bindung des Verheißungselementes an den Segen, es ist ein fester Bestandteil des Segens. Die futurischen Aussagen sind zwar nicht mit brk gebraucht; das hat aber nichts zu bedeuten, da der Segen so eindeutig von Verheißungen handelt, das für die Zukunft Verheißene der Inhalt des Segens ist. In Gen 12 steht die Kraftverleihung auch nicht im Vordergrund, sondern die Güter, die als Segensentfaltungen zu verstehen sind. Wir wenden uns einigen Pentateuchstellen zu und untersuchen das Verhältnis zwischen „Zusage" und „Verheißung". Nach Schottroff45, der behauptet, nicht formgeschichtlich sondern nur thematisch hätten die „Segenssprüche" etwas mit den „Segensankündigungen" zu tun, treten die Unterschiede am deutlichsten hervor, wenn man von den imperativischen „Segenssprüchen" ausgeht. Wir gehen zu diesen über. Gen 1, 22. 28; 9, 1 f. Auf einem Narrativ mit göttlichem Subjekt, folgt ein weiterer Narrativ der keine neue zusätzliche Handlung zu der mit *p3 beschreibt. Wie Westermann richtig geschrieben hat, haben wir es hier mit einem Segensvorgang zu tun, „der durch Aussprechen eines Wortes in Wirkung gesetzt wird." 4 6 Die Gottesrede besteht aus drei Imperativen: "INVöI 1311 IIS. Tiere und Menschen werden dabei — so Westermann — mit „der Kraft des Sich-Vermehrens" begabt. Der 42 43 44

45 46

KTU 1.15: II, 19. KTU 1.17: II, 34 f. KTU 1.15, besonders III, 16. Im Text fehlen mehrere Zeilen, doch scheint die Aussage zur Gottesrede zu gehören, die in II, 21 beginnt und den Segen Eis entfaltet, vgl. II, 18 f. A. a. O. 171 f. Gen I, 1, 191.

284

VIII. „Die Segensverheißung"

Segen sei „die Kraft, welche Fruchtbarkeit, Mehrung und Fülle verleiht". 47 Aber nicht nur der präsentisch-aktuelle Kraftaspekt, auch der futurische Aspekt ist vorhanden, ja, gerade dieser wird ausgesprochen und betont: Sie sollen sich mehren und die Erde füllen. Aus dem weiteren Verlauf der Erzählung geht hervor, daß dies erst viel später geschah. Westermann 48 versteht den Segen hier als Verleihung einer „vorwärtsdrängenden, in die Zukunft wirkenden Kraft". Aber nicht die Kraft, sondern ihre Wirkungen werden konstatiert. Sie liegen in der Zukunft, und zwar darin, daß die Menschen und die Tiere sich mehren werden. In unseren Texten ist der Segen wohl auch das Resultat selbst. — Es ist daher nicht richtig, daß das imperativische Segenswort (auch das Füllen der Erde ist eines seiner Elemente) die Lebenssteigerung zusagt, im Gegensatz zu den Verheißungen, die sie nur für die Zukunft in Aussicht stellen. 49 Gerade diese Stellen zeigen, daß das imperativische Segenswort Wert auf die „Lebenssteigerung" legt, die sich erst in der Zukunft realisiert: das Sich-Mehren. Gen 24, 60 und 35, 11 sind ebenso zu verstehen. In 24, 60 erscheinen zuerst zwei Narrative von "p3 und "ION, wie in den behandelten Versen, darauf folgt das eigentliche Segenswort, das Westermann wie folgt beschreibt: 50 „Es ist ein wirkendes Wort, das in die Zukunft des Fortgehenden hinein wirksam werden soll".

Hier ist nicht von einer Kraft die Rede, das Segenswort spricht vom Zahlreichwerden, und davon, daß die Nachkommen die Feinde besiegen werden. Das Segenswort in imperativischer (und evtl. wünschender) Form spricht deutlich aus, wie die Verhältnisse einmal in der Zukunft sein werden. — Entsprechend verhält es sich mit Gen 35, 11. Keine dieser Stellen hat eine Segenszusage, die sich durch eine präsentisch-aktuelle Zusage einer in der Gegenwart zu beobachtenden Lebenssteigerung von den Segensverheißungen unterscheidet. Ein Vergleich mit den Segens-„Verheißungen" ergibt, daß es sich da nicht sonderlich anders verhält. Sie verspechen nicht eine Kraft, die im Gegensatz zu den Zusagen jetzt für einen zukünftigen Zeitpunkt verheißen wird, sondern hier ist, wie bei den Zusagen, von den zukünftigen Segensgittern die Rede, vgl. 17, 16 u. a. Gen 26, 3. 24 ist interessant. Isaak befindet sich schon in „diesem Land", V. 3, mit dem die Beistandsverheißung verbunden ist, sie ist daher so zu verstehen, daß sie vom jetzigen Zeitpunkt an und für die Zukunft gilt — im Hinblick auf sein Bleiben im 47 48 49 50

Ebd. 194, vgl. 221. Ebd. 222. So Schottroff, a.a.O. Gen 1, 2, 477.

171.

Die Formgeschichte der Segensverheißung

285

Lande. Beistands- und Segensaussage haben offensichtlich dieselbe Zeitstufe, was bedeuten muß, daß Jahwe von nun an segnen wird. Erst in der Zukunft jedoch wird der Segen anschaulich werden. Im Hinblick auf den futurischen Aspekt können wir somit keinen Unterschied zwischen den Segenszusagen und den „Verheißungen" erkennen. e)

Ergebnis

Wir sind von van Seters und Schmids formgeschichtlicher Argumentation ausgegangen. Sie sehen in der Verheißungsform der Segensaussagen eine späte Umgestaltung der ursprünglich präsentischen Segenszusagen. Ihrer Auffassung nach hat eine solche Umgestaltung in dtr. Zusammenhang stattgefunden. Unsere Untersuchung hat ergeben, daß es auf zwischenmenschlichem Gebiet wahrscheinlich schon seit alters her eine Struktur von Befehl und Segens-„Verheißung" gab, die Gen 12, 1 ff. entsprach. Es ist daher wahrscheinlich, daß die „Verheißungsform" in Gen 12, 1 ff. gerade aus dieser Struktur zu erklären ist, nicht aber aus Dtn 28, 1 ff. (dtr.). Dies ist um so wahrscheinlicher, als sich in Gen 12, 1 ff. keine Spuren eines Gehorsamsaufrufs gegenüber dem Gesetz finden, der Bedingung für den Segen ist, — was ja nach Schmid (und van Seters) gerade die Ursache des futurischen Segensverständnisses in Dtn 28 sein soll. Damit ist aber nicht aus formgeschichtlichen Gründen anzunehmen, daß die Segensverheißung in Gen 12, 2 ein spätes Gebilde sei. Die Ausführungen, die Köckertsx zur Verbindung von Imperativ und Verheißung gemacht hat, sind hier ebenfalls zu kommentieren. Gegen die Behauptungen anderer Forscher, die Kombination von Imperativ und Verheißung beruhe auf dem Vorgang der Transmigration, führt Köckert an, alle Belege einer solchen Verbindung seien in Gen 12 ff. redaktionell und dienten dem kompositorischen Interesse. Wichtiger in unserem Zusammenhang ist jedoch seine Behauptung, mit Gen 12, 1 vergleichbare Imperative fanden sich in Prophetenbeauftragungen. Er führt Hos 1, 2 f.; Jon 3, 2 f.; Jer 13, 1—9 und besonders I Sam 16, 1 — 13 an: „Prophetisches, nicht nomadisches Erbe hat also bei der Gestaltung von Gen 12, 1 . 4 a Pate gestanden."

Dazu ist zu sagen: Wohl veranlassen und legitimieren sowohl Gen 12, 1 als auch die erwähnten Prophetenstellen Ortsveränderungen. Durch Befehl und Verheißung wird der Aufbruch so „göttlicher Planung und Leitung unterstellt". Daß Gen 12, 1—4 a auch an einem entscheidenden Wendepunkt der Geschichte steht, ist ebenfalls unbestritten. Die Annahme 51

A. a. O. 268 ff.

286

VIII. „Die Segensverheißung"

einer Abhängigkeit von der Schriftprophetie des 8 . - 6 . Jh. lassen die angeführten Belege allerdings nicht zu. Erstens gab es in Israel prophetische Elemente schon vor der Schriftprophetie. Zweitens kann der zukunftsbestimmende Charakter der Aussage in Gen 12, 2 f. seine Wurzel in den Segensvorstellungen haben. Wir haben weiterhin nur wenige semantische Unterschiede zwischen den Segenswünschen und -Verheißungen festgestellt, beide haben einen futurischen Aspekt. Derartige Segenswünsche sind weder im AT selbst noch in der Umgebung Israels besonders späte Schöpfungen (vgl. Gen 27, 28). Das futurische Moment findet sich im übrigen bereits in den imperativischen Segenszusagen, in dieser Hinsicht besteht somit kein Unterschied zwischen den Verheißungen und der Zusage. Das futurische Moment der Segensverheißung in Gen 12, 2 f. begründet daher nicht eine späte Datierung dieser Stelle. Nur hinsichtlich des Inhalts der versprochenen Segensgüter unterscheiden sich diese Verheißungen von (einigen) Segenszusagen, die Verheißungen beziehen sich auf das Nationale, Politische, das erst durch Staatenbildung und Königtum verwirklicht werden kann. Wir haben oben 52 nachgewiesen, daß diese Einzelverheißungen eher in die frühe Königszeit als in einen späten dtr. Zusammenhang weisen. Im übrigen zeigen die altorientalischen Belege, daß die Segensgüter nicht nur im Rahmen von Vasallen Verträgen (vgl. zu Dtn 28 weiter unten) als zukünftige Güter erscheinen, sie werden auch in anderen Zusammenhängen beschrieben.

VIII.2. „SEGEN" IN DER DTN.-DTR. LITERATUR: EINE VORAUSSETZUNG DER VERHEISSUNGEN IN DER GENESIS?

a)

Problemstellung

Wie bereits im vorigen Kapitel erwähnt, behaupten J. van Seters und H.H. Schmid, die Voraussetzung der Verheißungsform des Segens in Gen 12, 1 ff. u. a. sei in der dtn.-dtr. Reflektion zum Verhältnis zwischen Segen und Gesetzeserfüllung zu suchen. Wir untersuchen diese Beziehung. Schmid1 weist, wie schon gesagt, auf die dtr. Einleitung des Segens in Dtn 28 hin, der diesen vom Halten der Gebote Jahwes abhängig macht. Der Segen wird dadurch in eine bedingte Verheißung umgesetzt. Van Seters2 hält die Segensverheißung in Gen 12,2 u.a. für eine Weiterentwicklung des im Dtn vorkommenden Konzepts vom Verhältnis Segen — 52 1 2

Kap. II, 3. Der sogenannte Jahwist, 1976, 137. Abraham in History and Tradition, 1975, 273 f.

„Segen" in der Dtn.-Dtr. Literatur

287

Gesetz. Seiner Auffassung nach wird der Segen durch die Bedingung des Gehorsams gegenüber dem Gesetz in die Zukunft projiziert. Während das Dtn die direkte Verbindung zwischen Gesetz und Segen beibehalte, liege nach van Seters in der Gen ein anderes Verhältnis vor: Die eine gehorsame Tat Abrahams erwirke eine Segensverheißung (Gen 12, 2; 22, 16 — 18); ja, sie ziehe sogar den Segen der späteren Generationen (Gen 26, 3 — 5) nach sich. „It suggests that in spite of Israel's sin, which brought about the exile, the promises of land and offspring made to Abraham are still good."

Nach ihm stammt diese Auffassung aus der dtr. Darstellung des judäischen Königtums. Dtr. betont nämlich, daß Juda, besonders der König, um Davids willen von der endgültigen Vernichtung verschont wurde, — wegen der Erwählung Davids und wegen seiner Beachtung der Gebote Gottes (I Reg 11, 32. 34; II Reg 19, 34; 20, 6). Gleichzeitig wird jedoch auch gesagt, daß ein Übertreten der göttlichen Gebote eine zeitweilige Aufhebung des Segens nachsichziehen kann (II Sam 7, 14—16; Ps 132, 12). „It is this specifically dynastic principle that has been transferred by the Genesis writer to Abraham and hence to Israel as a whole."

Wir beschäftigen uns hier besonders mit der Behandlung des Segens im Dtn, um festzustellen, ob sich die Annahme begründen läßt, der Segen in der Gen sei von der „dtn.-dtr. Bewegung" abhängig: Gibt es formale und inhaltliche Züge in den beiden Textgefügen, die andeuten, die GenStellen seien von der Behandlung des Segens im Dtn und der dtr. Literatur abhängig? Auf einen großen Teil der wichtigen dtr. Literatur sind wir bereits eingegangen, für Stellen außerhalb des Dtn geht es im vorliegenden Zusammenhang daher nur um eine Zusammenfassung der Resultate. b) Der Segen im Dtn Das Verb " p 3 kommt in verschiedenen literarischen Schichten des Dtn vor. Die relativ ältesten Stellen mit " p 3 D-St. und göttlichem Subjekt finden sich offensichtlich im Gesetzesstoff der Kap. 14—16; 23f. 3 Das 3

Die mit dem Dtn verbundenen literarkritischen Fragen sind in der jüngeren Forschung häufig diskutiert worden. Die Ergebnisse der Untersuchungen weichen jedoch in mehreren Hinsichten voneinander ab. Die folgende Untersuchung basiert hauptsächlich auf dem Werk von G. Seitz, Redaktionsgeschichtliche Studien %um Deuteronomium, 1971, und J.G. Plöger, Literarkritische, formkritische und stilkritische Untersuchungen %um Deuteronomium, 1967. Außerdem greifen wir den Stand der Forschung auf, den H.D. Preuß, Deuteronomium, 1982, und A.D.H. Mayes, Deuterdnomy, 1979, vorgelegt haben. Bei der Behandlung der Texte in den Kap. 12—26 gehen wir auch auf einzelne literaturgeschichtliche Standpunkte von R.P. Merendino, Das deuteronomische Geset%, 1969 ein.

288

VIII. „Die Segensverheißung"

dtn. Segensmaterial kann in „Gesetze vornehmlich sozialen Charakters" und „Zentralisationsgesetze" eingeteilt werden. 4 Zur ersten Gruppe gehören 15, 10. 14. 18 (V. 4 - 6 ist ein späterer Zusatz) 5 ; 23, 21; 24, 19. Kap. 14, 28 f., den Zusatz zum Zentralisationsgesetz in V. 22 f., zählen wir zu dieser Gruppe, und zwar wegen des „Humanitäts-Themas". 6 Kap. 14, 24 und 16, 10. 15 gehören zu den Zentralisationsbestimmungen. In der ersten Gruppe steht das Verb ""|"n D-St. in gleichlautenden Satzkonstruktionen in 14, 29; 23, 21; 24, 19: "|T

f n 1 ? « mrr •pna 1 ' pjn1?

An diesen drei Stellen schließt sich der Finalsatz an vorhergehende Befehle an. In 14, 28 wird der Befehl durch die Verben Mir H-St. in der Formation x —yiqtol LF und ¡ITO H-St. (w=qatal — x) ausgedrückt, die beide als Sprachleistung den Appell haben. 7 Nach dem Subjektswechsel liegt eine Reihe von Sätzen der Formation w=qatal — x vor, das Subjekt wird ausführlich in zwei NS entfaltet. Hier wird also betont, wem der Befehl in V. 28 nützen soll, dem Leviten, dem Fremden, der Waisen und der Witze. In 23, 20 wird die Bestimmung durch den Prohibitiv V. 20 a ausgedrückt. Die Ausnahmeregel in V. 21 a antwortet auf die Frage nach dem Nutznießer der Bestimmung: „dein Bruder"; nicht aber der Ausländer. In 24, 19 ist der Befehl (nrOBfl) mit einer konditionalen Situationsbeschreibung verbunden, einem neuen Prohibitiv und einer Explikation (expl. Asyndese), die die Zielperson der Bestimmung angibt: der Fremde, die Waise und die Witwe. In 14, 28 f. und 24, 19 ist der landbesitzende Israelit angesprochen, in 23, 20 f. der reiche Israelit. Nutznießer der Bestimmungen sind die Leviten, die Armen und Notleidenden der Volksgemeinschaft. 8 Die Wendung *|T nVpö/rWBD-VDa kommt nur im Dtn vor, die nächste Parallele ist Hi 1, 10. Außer 14, 29; 24, 19 bezieht sich der Ausdruck auch in 16, 15; 28, 20; 30, 9 auf Israels Landwirtschaft. — In Gen 4 5 6

7

8

Zu Einteilung und Zuordnung der Texte siehe Seitz, a.a. O. 165. 187. Vgl. Merendino, a.a. O. 110; Seitz, a.a. O. 169; Mayes, a.a. O. 247. Nach Merendino, a.a.O. 96ff. 105 besteht die älteste, vor-dtn. Schicht aus den V. 22*. 28a. 29*, Teile der Segensaussage (V. 29) gehören auch hierher. Seitz, a.a.O. 195 behauptet dagegen, die Annahme, bei V. 28 f. handele es sich um einen alten, vor-dtn. Rechtssatz wie in V. 22, lasse sich nicht nachweisen. Das Gesetz vom „Armenzehnt", V. 28f. gilt allgemein als Konsequenz der dtn. Zentralisationsforderung, vgl. ders., a.a.O. 221 f. Zur Bezeichnung von V. 28 f. als „Humanitätsbestimmung", vgl. Merendino, a. a. O. 104, auch 399. Vgl. W. Groß, „Otto Rössler und die Diskussion um das althebräische Verbalsystem", BN 18 (1982), 65: „Gebot". Zur Bedeutung von 13, vgl. G. von Rad, „Das Gottesvolk in Deuteronomium", 1929, jetzt in: ders., Ges.Stud. II, 1973, 9 ff.; 53. Es gilt als gesichert, daß ein U in ganz anderer Weise als ,_Din zur Volksgemeinschaft gezählt wird, vgl. auch R. Martin-Achard, Art. D, THAT /, 409 ff.

,Segen" in der Dtn.-Dtr. Literatur

289

12, 2 findet sich dem kein entsprechender Kontext, hier gilt der Segen dem Politisch-Nationalen. Der Finalsat2 mit "["13 drückt den Zweck oder die Folge des befohlenen Handelns aus. Jahwe segnet den landbesitzenden Israeliten, wenn er sich gemäß den Bestimmungen zugunsten der Armen und derer, die kein Land besitzen, verhält. 9 Die Sätze mit "|~)3 finden sich nicht in den Rechtssätzen selbst, sondern in einer „katechismusartigen Unterweisung" zu den Rechtssätzen. 10 Sie sind als Motivation zu verstehen, die die Gesetzeserfüllung erleichtern sollen. 11 Die drei angeführten Stellen gelten als dtn.-Stoff, sie sind kaum vordtn. 12 Nach Seit^ u. a. ist auch 15, 10 dtn. Ursprungs. 13 Die "[13-Formulierungen entsprechen teilweise dem Vorhergehenden, weisen aber auch Unterschiede auf: l & s a - V D a -pnbN m r r - p i a 1 1 m n - m n VVia -o

Während die Finalsätze der drei vorhergehenden Stellen sich direkt an die Verordnung selbst anschließen und den Zweck oder die Folge des dort vorgeschriebenen Handelns angeben, schließt sich V. 10 b durch ki unmittelbar an den vorhergehenden Prohibitiv an, der sich auf das Verhältnis des Herzens zu den auferlegten Handlungen bezieht, und begründet ihn. Die p3-Aussage soll offensichtlich den Israeliten dazu motivieren,

9

10

11

12

13

Merendino, a. a. O. 288: Wer sich so gegenüber seinem „Bruder" verhalte, dem werde der Segen zugesprochen. Er spricht von „der Bedeutung des Segens als Vergeltung für diesen brüderlichen Dienst". M. Weinfeld, Deuteronomy and Deuteronomic School, 1983, 307ff. behandelt 14,29 u . a . unter dem Gesichtspunkt der Belohnung: „This blessing which inheres in the work of the rightous is his reward for aiding the poor and the destitute, his compensation for having given up part of his own wealth for the welfare of others" (312), Seitz, a.a.O. 182 spricht verhältnismäßig allgemein vom Segen als „Antwort Jahwes". Merendino, a.a. O. 103 f. zu 14, 29. Vgl. auch S. 288 zu 23, 20f.: Der Hinweis auf den Segen in Texten, die bestimmte Pflichten am Nächsten behandeln, „kennzeichnet den Vortrag dieser Gesetze in der Predigt . . . " . Siehe hierzu Seitz, a.a.O. 176. 180. 181 f.; C.M. Carmichael, The Lavs of Deuteronomy, 1974, 37 ff. spricht von „the motive clause — so called because they attempt to motivate the listener in accordance with the legal and moral instruction being given". Er unterscheidet zwischen drei Typen: Sätzen, die die Grundlage des Gesetzes erklären, Aussagen, die eine Belohnung für die Erfüllung des Gesetzes versprechen und Erklärungen der Intention des Gesetzes. Merendino, a.a. O. 104f. 298f. erklärt zwar, 14, 29 und 23, 21 seien auf jeden Fall vordtn., aber weder die "pa-Formulierungen, ausgeprägt dtn. Wendungen, noch der Vergleich mit parallelen Gesetzesformulierungen deuten auf Spuren der Segensformulierungen in einem vor-dtn. Stadium. Seitz, a.a.O. 1 6 7 - 7 1 ; Mayes, a.a. O. 246 ff.

290

VIII. „Die Segensverheißung"

die Verordnung aus ganzem Herzen auszuführen. 14 Der Ausdruck n r n " I 3 i n greift zurück auf die gesamte vorhergehende Verordnung zugunsten der Armen, indem die Fürsorge des Israeliten für seinen notleidenden Landsmann als Grund des Segens Jahwes dargestellt wird. 15 M. Schwantes^ macht darauf aufmerksam, daß die Konstatierung in V. I I a , Arme werde es immer geben, den nicht näher bestimmten Ausdruck f~INn hat, während die Aufforderung, sich der Armen anzunehmen, "pSlXa gilt, V. IIb, also der Landgabe, vgl. V. 8a. 1 7 Auf jeden Fall hat die Fürsorgeverordnung "pSIiO Geltung, in dem gelobten Land werden auch die Armen bekommen, was sie brauchen. Das sekundäre Stück V. 4—6 führt dieses letzte Moment weiter aus. Die Landgabe ist mit dem Segen Jahwes verbunden, der die Ursache dessen ist, daß es keine Armen im Land geben wird. Der Segen im Lande 18 erstreckt sich auf das gan^e Volk Israel. Dieser hängt jedoch von der Erfüllung der Verordnungen Jahwes durch die Israeliten ab, V. 5. Die Ausdrücke in V. 5 bezeichnen umfassende Sachverhältnisse, die V. 7 — 11 zeigen jedoch, daß Jahwe u. a. befiehlt, die armen Brüder zu unterstützen, V. 11. Dadurch stehen die V. 4—6 nicht in direktem Widerspruch zum Kontext: Im Zusammenhang mit den V. 7 — 11 hängt der Segen, der darin besteht, daß es keine Armen im Lande mehr geben wird, von der Erfüllung der Gebote ab, u. a. sich der Notleidenden anzunehmen. 19 — In V. 8 gilt das Leihen dem armen Landsmann, in V. 6 dagegen soll ganz Israel anderen Völkern, D 3 1 O B l , leihen. Bei der erwähnten Herrschaft handelt es sich wahrscheinlich um eine mit dem Verleihen verbundene Herrschaft, vgl. den Parallelismus V. 6 ba//6 bß. Hier wird Israels Verhältnis zu den anderen Völkern im Zusammenhang mit dem Segen explizit behandelt, für die ursprünglich dtn. Stellen trifft das nicht zu. In 15, 18 (dtn. 20 ) wird der Segen in einem der beiden mit ki eingeleiteten „motivierenden" Sätze angesprochen: ,

v

rrcran

14

M. Schwantes, Das Recht der Armen,

*WK

VDS "¡TIVK

m r r

- p i a i . . .

•'D

1977, 68 f., übereinstimmend mit v o n Rad: Es

handele sich um „eine Predigt". 15

Schwantes, a. a. O. macht darauf aufmerksam, daß der Ton v o n V. 7 ff. nicht auf dem Ausleihen, sondern auf der Fürsorge für den A r m e n liegt.

16

Ebd. 70 f.

17

Der Zusatz zu "piS» in V. 7 a kann literarisch sekundär sein, vgl. Seitz, a.a.O.

18

von Rad, a. a. O. 45 ff. schreibt, Jahwes Segen sei „das Heilsgut kat' eksoxen", es gelte

170.

dem ganzen Volk, d. h. der Nation Israel als empirische Größe. Die Wallfahrtsgesetze seien daher v o n „den dt. Kategorien des göttlichen Segens" abzuleiten. Nach Schwantes, a. a. O. 73 komme eine derartige Ableitung in den Gesetzestexten nur selten vor. 15

Schwantes, a. a. O. 73 f.

20

Vgl. Seitz, a.a.O.

171 ff.

,Segen" in der Dtn.-Dtr. Literatur

291

Das begründende ki schließt sich unmittelbar an den vorhergehenden Prohibitiv an, auch hier geht es um das „Herzensverhältnis" zu dem vorgeschriebenen Gesetz. Das Halten des Sklavengesetzes führt zum Jahwesegen. — In 15, 14 (dtn. 21 ) ist er nicht eine Folge der Durchführung gegebener Gebote, sondern ihre Voraussetzung: Er ist durch einen RS in die Entfaltung des Gesetzes in V. 12 einbezogen, der RS nennt Kleinvieh und Landwirtschaftsprodukte von Tenne und Kelter als Segensgüter, von denen der Sklavenbesitzer dem freigelassenen Sklaven, seinem Landsmann, abgeben soll. In keinem der Fälle läßt sich nachweisen, daß der Segen vor-dtn. ist. Er steht immer in Zusammenhang mit der „katechetischen Unterweisung" des Dtn zu den Gesetzen. Am deutlichsten in 15, 10. 18; aber auch in 14,29; 23,21; 24, 19 hat die Erwähnung des Segens die Funktion, zur uneingeschränkten Einhaltung der entfalteten Rechtsbestimmungen zu motivieren. — Aus ihnen geht hervor, daß Jahwes Segen Zweck oder Folge des befohlenen Handelns ist: Der angesprochene Israelit wird gesegnet, wenn er auch seine Landsleute, die weder Land noch anderes Eigentum besitzen, an den Gütern des gottgegebenen Landes teilhaben läßt (14, 28 f.; 24, 19), oder wenn er von einem anderen Israeliten keinen Zins nimmt (23, 21). Die Gesetzesbeachtung führt zum Segen Jahwes (15, 10. 18). Er hängt davon ab, ob man sich den Geboten gemäß verhält (15, 4—6). — Etwas anders ist der Sachverhalt in 15, 14. Hier wird gesagt, daß die Landgüter der sozialen Verordnung Segensgüter sind. In den „Zentralisationsgesetzen" wird der Segen nicht als Resultat der Verordnungen, sondern als deren Voraussetzung dargestellt. Das Zukkot-Fest, 16, 13 ff., 22 soll als Erntedankfest gefeiert werden, V. 15 beschreibt dabei die Ernte als Segensgut. 23 In V. 10 bestimmt Jahwes Segen den Umfang der Opfergaben zum Wochenfest, vgl. entsprechend V. 17. In 14, 24 ist er Ursache der reichen Ernte, die man verzehnten soll. Der Zehnte kann so reichlich ausfallen, daß man ihn nicht zur Kultstätte tragen kann. Der Segen ist also Gegenstand einer kultischen Verordnung, der Zehnte soll „zu der Stätte gebracht werden, die Jahwe sich erwählt".

21

Ebd.

22

Merendino, a.a.O.

1 2 5 — 4 9 skizziert f ü r 1 6 , 1 — 18 eine komplexe vor-dtn. und dtn.

Entstehungsgeschichte. Seiner Meinung nach handele es sich bei den Segensaussagen V. 10. 15 (und 17) um redaktionelle Übertragungen aus den sozialen Gesetzen (S. 142), dem ursprünglichen Ort solcher Aussagen. Die Zentralisationsbestimmungen seien zu einem noch späteren (dtn.) Zeitpunkt beigefügt worden. Bei Seitz, a. a. O. 1 9 6 ff. findet sich eine etwas andere Darstellung, auch er sieht in 16, 10. 15 dtn. Stoff. 23

Zu der Darstellung des Dtn der Freude über die Ernte siehe K . Braulik, „Die Freude des Festes. Das Kultverständnis des Dtn.", in: FS K.F. König, 1980, 1 3 6 f f . : Die Freude im Dtn habe „ihren Grund und ihre Grenze letzlich im Segen Jahwes" (S. 147).

292

VIII. „Die Segensverheißung"

Dtn 12, 7 gehört einer späten Schicht des Dtn an — der dtr. Schicht. 2 4 Die Aussage mit " p 3 in V. 7 b scheint ein noch späterer Zusatz zu sein (die Sing.-Form). Die nächste Analogie zu 1 2 , 7 b ist 1 6 , 1 5 , aber die Formulierungen mit nöltf, " p 3 und DDT r r V X ö sind in 12, 7 anders als in 16, 15. In 16, 15 ist die gesegnete Arbeit Ursache der Freude. In 12, 7 heißt es, daß sich die Freude auf DDT nVlPÖ b'D beziehen soll, der "WN-Satz V. 7 b knüpft nur lose über die Wendung DDTiai DHN an das Vorhergehende an und entfaltet es als Ausdruck des Segens Jahwes. — In V. 15 ist der Segen Ursache des Fleischreichtums, der Gegenstand kultischer Bestimmungen ist, wie in Kap. 16. Die Frage der literarischen Zuordnung der Segensaussagen in Dtn 7, 13 f. erscheint kompliziert. V. 7. 8 a und 12 a gelten zwar als sekundäre dtr. Zusätze, vgl. die Plur.-Form, 2 5 aber ob der Rest der V. 8 b —15(16) einer späten dtn. Bearbeitung angehört 2 6 oder ein dtr. Einschub zwischen den V. 1—6* und 17 ff. ist, 27 ist ungesichert. Man hat auch behauptet, V. 8 b . 9 a gehöre einer älteren literarischen Schicht als das Folgende an. 2 8 Man hat ausführlich diskutiert, ob das Verhältnis zwischen V. 11 und 12 b. 13 ff. konditionaler A r t sei oder nicht, teilweise in Verbindung mit der Frage nach dem Sinn des Wortes rp~l3. G. von Rad 29 und L. Perlitt 30 legen Wert darauf, daß ITHS und "TOn zusammen auftreten. Diese Worte in V. 9 und 12 b knüpfen nach Per litt31 an V. 6 an: „Das angesprochene Israel steht in der Erbfolge der Treue Gottes von den Vätern her (V. 12 b). In diesem Ablauf ermöglicht also nicht das Halten des .Gesetzes', sondern vorgängig Jahwes Festhalten am Vätereid das Leben im Segen."

24 25

26

So Merendino, a.a. O. 56 f.; Mayes, a.a. O. 220 ff.; Preuß, a.a. O. 114 f. Siehe hierzu u. a. L. Perlitt, Bundestheologie im Alten Testament, 1969, 58; später G. Giesen, Die Wurzel sb' „schwören", 1981, 286. Seitz, a. a. O. 76 weist dies für V. 7. 8 zurück, indem er darauf aufmerksam macht, daß es sich hier um eine chiastische Struktur handele. In unserem Zusammenhang spielt diese Frage kaum eine Rolle. So offenbar Seitz, a. a. O. 79. 308: „Die dtn. Überarbeitung", vgl. auch Preuß, a. a. O. 102.

27 28

29

30

31

So M. Rose, Der Ausschließlichkeitsanspruch Jahwes, 1975, 119. Vgl. Rose, a.a. O. 119; Giesen, a.a. O. 287. F. Garcia Lopez, „Un peupe consacré", VT 32 (1982), 438ff. behauptet, die V. 8b—11. 12b gehörten einer älteren Schicht als die V. 1 3 - 1 6 an. (Siehe oben, Anm. 8) S. 34—36: „Das Halten des Gesetzes auf Seiten Israels ist ja schon als die Reaktion des Volkes auf die Erwählungstat Gottes angesehen". Im Dtn als Ganzes, schreibt er, werde das Halten der Gebote von der Dankbarkeit abgeleitet. Zum „Bund" in 7, 9. 12: „Wie rein der verheißene Klang dieses Bundesgedankens ist, zeigt am besten die schöne Koordination von berit und häsäd in 7, 9. 12." A.a.O. 54ff. Seine Darstellung knüpft an Ergebnisse, die von Rad in diesem Kontext herausgefunden hat, an, und führt sie weiter. Ebd. 60

,Segen" in der Dtn.-Dtr. Literatur

293

Perlitt will das Verhältnis zwischen V. 11 und 12 b nicht konditional verstehen. „Die Korrespondenz ist ermutigender, einladender Natur."32

Er bezeichnet es auch als ein reziprokes Verhältnis. 33 Anders als die Darstellungen von Rads und Perlitts haben N. Lohfink,34 /. Hoftij^er 35 und zuletzt G. Giesen 36 behauptet, die Erfüllung des Gesetzes sei eine notwendige Voraussetzung des Segens. Nach Giesen ist V. 8 b. 9 aba (pSJn bfctn) zwar eine Aussage zu Jahwes bedingungsloser Treue gegenüber seinen Verheißungen, sie gehöre jedoch einer späteren Schicht als die folgenden Aussagen an, und schon in V. 9 b. 10 „ist die Gesetzesbefolgung zum Kriterium dafür geworden, ob JHWH in positiver oder negativer Art seine Huld oder seinen Zorn den Menschen zuwendet". 37 Dieser Gedanke werde in V. 11. 12b —15 weiter entfaltet. Zwischen V. 11 und 12 b bestehe ein konditionales Verhältnis, was sich an der „gegenseitigen Bezogenheit" der beiden Teile ablesen lasse, — Giesen weist auf den strengen Parallelismus zwischen V. 11 und 12 b hin. Die Verheißung in V. 12 b stehe in „konditionaler Nachordnung" 38 im Verhältnis zum Gesetz, und für den ganzen Abschnitt V. 12 b —15 gelte, daß „diese Auswirkungen der Zusage JHWHs . . . nur als bedingt gegebene Verheißungen verstanden werden (können), deren Einlösung den Gebotsgehorsam der Israeliten zur Voraussetzung hat." 39 Die in V. 9 in Verbindung mit "TOn erwähnte TTH3 scheint relativ unspezifiziert „der hilfreichen und heilvollen Hinwendung Jahwes . . . zu seinem Volk Israel" zu gelten. 40 Die hymnische Prädikation, die sich an 32 33

34 35

36 37 38 39 40

Ebd. 59; vgl. 62. Ebd. 61. Haben von Rad und Perlitt hiermit tatsächlich eine Auslegung dieser Stelle vorgelegt, die mit einer Auslegung des Segens als bedingtem konkurriert? (siehe Perlitt, a.a. O. 60 Anm. 2.) Selbst wenn das Verhältnis zwischen V. 11 und 12 b „ermutigender, einladender Natur" sei, schließt das nicht aus, daß Gehorsam die, Grundlage für Jahwes Segen ist, vgl. 15. 10: Hier wird in „ermahnendem Predigtstil" dazu aufgefordert, ohne Abstriche die Verordnungen zur Armenfürsorge zu befolgen, gleichzeitig wird gesagt, daß die Befolgung die Ursache des Segens ist. Das Hauptgebot, 1963, 169 f. Die Verheißungen an die drei Erzväter, 1956, 60 — 62. Indem er auf mehrere Stellen hinweist, an denen „die weitere Erfüllung der Verheißungen und ihre weitere Instandhaltung" gerade von der Gesetzestreue abhängig ist, sagt er: „Auf diese Weise kann Gesetzestreue für die Verwirklichung und Bestätigung der Verheißungen notwendig sein, ohne daß man sagen kann, sie seien eine Frucht menschlicher Leistung." A.a.O. 2 8 6 - 8 8 . Ebd. 287. Ebd. 286. Ebd. 288. Vgl. E. Kutsch, Verheißung und Gesetz, 1973, 151, vgl. 122 f. Das Wort 70fl bezeichnet

294

VIII. „Die Segensverheißung"

HSTl V. 9 anschließt, zieht „(die) glaubensmäßige Schlußfolgerung" 41 aus der historischen Darstellung in V. 6 und V. 8 b: Jahwe hat sein Volk erwählt und aus dem Sklavenhaus Pharaos in Ägypten ausgelöst. Diese Ereignisse sollen bei den Hörern des Dtn die Grundlage zur Erkenntnis schaffen, daß Jahwe weiterhin seine Verheißung und Treue gegenüber dem Volk hält gegen wen wird durch den präpositionalen Ausdruck in V. 9 b näher bestimmt. Die, die sich nicht so verhalten wie es V. 9 b vorschreibt (die hassen statt zu lieben), bestraft er. — Schon V. 10 läßt uns die Darstellung Perlitts bezweifeln, nicht die Einhaltung des Gesetzes, sondern Jahwes Halten des Vätereides ermögliche das Leben im Segen: Ob Jahwe rp~)3n und TDnn bewahrt oder bestraft, hängt nicht von „Jahwes Festhalten am Vätereid" ab, sondern davon, ob der Mensch Jahwe liebt und seine Gebote hält, oder ihn haßt. Andererseits stimmen wir Perlitts zutreffender Auslegung von V. 9 ff. ohne Vorbehalt zu: „Der schenkende und erwählende G o t t ist durch Zusage und Treue bewährt, so daß Israel auf die Götter der Völker nicht nur verzichten soll, sondern das getrost auch

kann."* 2

Das müssen sie aber auch tun, denn Jahwe erweist seine Treue nur denen, die ihn lieben und seine Gebote halten. Für die, die ihn hassen, gilt das nicht. Wir können keinen Widerspruch zwischen dem „Ermutigenden, Einladenden" der Aussage und Jahwes bedingter Verheißungstreue erkennen. Perlitt schreibt allerdings, daß nSJTl (V. 9 a) im Dtn nie „die Forderung" einleitet, sondern immer „den Rückblick auf Jahwes vorausgegangene Wohltat . . . , an deren DSn Israels Geschichte und Gegenwart hängen". 43 — Die Verbindung zwischen Gotteserkenntnis und Gesetzesgehorsam wirkt jedoch im Dtn wie fest verankert, vgl. 4, 39 f. 44 und in diesem Zusammenhang besonders 8, 3 — 6 (vor-exilisch 45 ), wo eine Struktur vorliegt, die der in 7, 8 — 11 parallel ist: 8, 3//7, 8 b Narrativ und (in 8,4) x — qatal von vorzeitigen Ereignissen. „die Treue, . . . die Jahwe gegenüber Israel übt", und I V O ist nach ihm „seine Selbstverpflichtung, seine Zusage. Was diese beinhaltet, ist an keiner der Stellen gesagt oder auch nur zu erschließen. Es geht im Rahmen dieser hymnischen Aussage aber auch gar nicht um eine bestimmte Verheißung . . . " (122). 41

Lohfink, a.a. O. 125 ff.; vgl. Mayes, a.a. O. z.St.

42 43

A.a.O. 62. Ebd. 61. Nie leitet n S T l einen Rückblick auf vorangegangene Handlungen Jahwes ein. In 9, 3 wird ein zukünftiges Handeln Jahwes eingeführt.

44

Vgl. Giesen, a. a. O. 287 Anm. 772. Zur Sache vgl. auch W. Zimmerli, „Erkenntnis Gottes nach dem Buch Ezechiel", 1954, jetzt in: ders., Gottes Offenbarung. Ges.

Aufsätze,

1969, 66 — 69. Im Anschluß an 4, 39 sagt er, „daß das rechte Erkennen Jahwes . . . zum Halten der Satzungen und Gebote Jahwes führt" (S. 69). 45

Vgl. Seitz, a.a.O.

81; dagegen allerdings Mayes, Deuteronomj 190.

.Segen" in der Dtn.-Dtr. Literatur

295

8, 5//7, 9 a -O ... riSTI + Ptz. Jahwe-Prädikation. 8, 6//7, 11 m x ö - m m a s n (Sing./Plur. v o n msa).

In 8, 2 —6 besteht der Inhalt „der Erkenntnis" in Jahwes „Erziehung" Israels. Die „Erziehung" galt nicht nur Jahwes früherer Rettungstat, sondern auch der Bereitschaft Israels, Gottes Weisungen zu halten, V. 2. Dann kann man allerdings nicht behaupten, das Verb S T in seiner Position in 8, 5 und 7, 9 leite nur eine Erkenntnis der Heilstat Jahwes ein und habe nichts mit einer Verpflichtung zu tun. — Das ändert zwar nichts daran, daß n n a in 7, 9, vgl. V. 12, „Verheißung" meint und nicht „Gesetz", aber das Verb S T kann hier nicht als Argument für eine Behauptung angeführt werden, der Text spreche von Jahwes Halten seiner ITHS und "TOn auch den im Dtn Angesprochenen gegenüber, unabhängig vom Verhältnis der Adressaten zu den Geboten Jahwes. 46 Der Befehl in Dtn 7,11 zieht die Konsequenzen aus der allgemeinen Aussage V. 9 b —10 im Hinblick auf den Lebenswandel der Angesprochenen. Es liegt eine genaue Übereinstimmung zwischen V. 9 b und V. 11. 12 b vor, die auf der Ausdrucksebene durch eine chiastische Struktur erkennbar ist: 47 -V T o n m rr-inn i m (mrr)

lmsö'Hötf ... ... m s n - n « rnasn - b ... Tonn-nio rman-rtx -jb -pnVx mir inttn

Die Übereinstimmung zeigt, daß das Halten der Gebote eine Voraussetzung für Jahwes Halten seiner ITH3 und "Tön ist. 48 Ebenso wenig wie in V. 9 scheinen 1TH3 und "TOn hier besonders auf die Landverheißung anzuspielen, obwohl der RS mit S3E?2 sich sehr oft auf die Landverheißung bezieht. 49 Diese JTH2 und "TOn wurden den Vätern als sichere Zusage gegeben, ausgedrückt durch das Verb S3W. V. 11. 12 b besagt demnach, daß Jahwe an dieser sicheren Zusage der JTH3 und "TOf! auch gegenüber 46

Zwar wird in Kap. 8 die Gesetzeserfüllung bereits in V. 2 erwähnt, in Kap. 7 aber erst in „der Erkenntnisaussage" V. 9 f. Das ändert jedoch nichts an folgendem Beweis: Kap. 8

47

48

zeigt, daß das Verb V T in der hier behandelten Stellung „eine Schlußfolgerung" einleiten kann, die sich nicht nur auf das Glauben an die Treue Jahwes bezieht, sondern auch auf die Verpflichtung der Angesprochenen auf die Gebote Jahwes. Eine etwas abweichende Struktur ist von Lohfink, a.a.O. 181 f. und Seitz, a.a.O. 76 festgestellt worden. Vgl. Giesen, a.a. O. 288, zum Verhältnis zwischen V. 11 und 12 b: „Beide Teile sind zwar nur durch eine w-copulativum miteinander verbunden, doch ist ihr konditionales G e f ü g e eindeutig aus ihrer gegenseitigen Bezogenheit ableitbar", vgl. näher S. 3 1 2 f.

49

Hierzu siehe Kutsch, a.a.O. Giesen, a.a.O.

122, aber trotzdem auch S. 150. 151. Zum Verb S3B vgl.

2 2 9 f f . und zusammenfassend 3 1 5 f f . : A u s den Verheißungsbelegen des

Verbs sind 42 Stellen Aussagen zum zugeschworenen Land.

296

VIII. „Die Segensverheißung"

den Nachkommen der Väter festhalten wird, vorausgesetzt, diese gehorchen den Geboten Jahwes. Im Zusammenhang mit „der Erkenntnisaussage" V. 9 f. hat die Betonung der früheren Treue Jahwes gegenüber seiner m 2 und Ton und des Festhaltens Jahwes an der den Vätern gegebenen Zusage die Aufgabe, zu unterstreichen, daß Jahwe auch den angesprochenen Nachkommen der Väter die m a und "TOn halten wird, wenn die Nachkommen Jahwes Geboten folgen. Kap. 7, 13 — 15 kann als eine Entfaltung der erwähnten IV12 und TOn angesehen werden und eine Zusage ihrer Einlösung im Hinblick auf die Angesprochenen sein. Wesentlich ist die Erfüllung des Gesetzes als Bedingung der Zusage. Die einzelnen Segensgüter bestehen hauptsächlich aus landwirtschaftlichen Produkten, nach V. 13 bß sind die in V. 13 aufgezählten Segensgüter solche, die erst im gelobten Land gegeben werden. Es sind die Güter im Land; nicht die Landverleihung an sich, die in diesem Text an eine Bedingung gebunden sind. 50 Diese Bedingung ist in der dtr. Redaktion durch den Zusatz von V. 12 a noch verdeutlicht. Es fallt schwer, einen sachlichen Gegensatz zwischen V. 8 b. 9 a und V. 9 b. 10 zu erkennen, der, wie Giesen erklärt, 51 hier zwei verschiedene Schichten andeute. Das wäre nur dann der Fall, wenn Jahwes den Vätern gegebene sichere Zusage und zugeschworene „Güte" 52 auch für die Leser 50

51 52

Gegen Giesen, a.a. O. 288f.: Weil V. 13b im Kontext von V. 9 b - 1 6 stehe, stehe auch die Landverheißung V. 13 b unter der Voraussetzung der Gesetzeserfüllung. V. 13 b lasse jedoch „den ursprünglich unbedingten Charakter der Landverheißung" erkennen, was für das Anbringen von V. 13 in den Konditionalzusammenhang bedeute, daß das Verhältnis zwischen der Einlösung der Verheißungen und dem Gesetzesgehorsam nicht konsequent durchgeführt sei. — Dem ist zu erwidern, daß in V. 13 b die Segensgüter im zugeschworenen Land unter die Bedingung gestellt sind, von einer bedingten Landzuteilung wird nichts gesagt. Wie Giesen, a. a. O. 230 f. nachgewiesen hat, erscheint die Landverheißung als Eid an die Vater in zwei Formen: 'äräsj'adama 'asär nisba' YHWH l — x 'äräsj'adama 'asär nisba YHWH l — x latet l —y Wo die Zuteilung des zugeschworenen Landes unter einer ethischen Bedingung steht, wird die kurze Form gebraucht, Dtn 6, 18; 8, 1; nie die lange, weder im Dtn noch in anderen Schriften: Ex 13, 5; Dtn 1, 8; 6, 10; 7, 13; 10, 11; 11, 9. 21; 26, 3; 28, 11; 30, 20; 31, 7; Jos 1, 6; 5, 6; Jer 32, 22; vgl. Dtn 1, 35; Jos 21, 43. In Dtn 11, 9. 21 handelt es sich um das lange Leben im Lande, auch in 30, 20. In 28, 11 wie auch in 7, 13 bezieht sich die Bedingung auf die Segensgüter im zugeschworenen Land, n m x n . In Jos 5, 6 ist nur von einem Aufschub der Landzuteilung die Rede. Die Ausrichtung der Bedingung auf die ersten Stellen, die berichten, daß das Land den Vätern zugeschworen wurde, und nicht auf die letzten, ist nur konsequent: Ein Land, das Jahwe den Vätern geschworen hat, daß er den jetzigen Hörern des Dtn („euch") geben wird, kann nicht gleichzeitig unter eine Bedingung gestellt werden, die die Angesprochenen erst erfüllen müssen. Ebd. 286. Siehe hierzu außer Kutsch, a.a. O. 122 besonders H.J. Stöbe, Art. Ion, 'IIIAT /, 616. Vgl. auch C.F. Whitley, „The semantic Range of Hesed", Bib. 62 (1981), 5 1 9 - 2 6 .

.Segen" in der Dtn.-Dtr. Literatur

297

des Dtn eine unbedingte Gültigkeit hätte — unabhängig von ihrem Verhalten; — das dürfte jedoch kaum in V. 8 b. 9 a gemeint sein. Gerade die bedingten Aussagen mit der Formel ha 'aräsjha 'adama 'asär nisba JHWH le-NN ( = die Väter Israels), Dtn 6, 18; 8, 1, zeigen, daß der Verfasser keinen Widerspruch empfindet zwischen einem den Vätern zugeschworenen „Eid" und der Tatsache, daß das Halten bzw. Einlösen dieses Eides hinsichtlich der Hörer des Dtn an die Erfüllung des Gesetzes gebunden ist. Wenn ein Widerspruch zwischen diesen Aussagen ein literarkritisches Kriterium sein soll, müssen auch die RS in 6, 18 bß und 8, 1 bß als sekundär aus dem Kontext ausgeschieden werden. Die literarkritischen und redaktionsgeschichtlichen Fragen in Dtn 28 sind kompliziert und von der Forschung bisher nicht eindeutig beantwortet. Wir sind an den Segensaussagen in den V. 1 — 14 interessiert. Nach Seit\ 53 bilden die V. 1 a. 2 a ursprünglich eine Einleitung zu den V. 3 — 6. Im Folgenden seien die V. 13 b. 14 eine sekundäre Einfügung in den Zusammenhang, 54 aber auch die V. 7 —12a. 12b—13a wirkten wie eine spätere kompilatorische Arbeit, die „die Fluchvorlage . . . und zwar . . . in einer bereits erweiterten Form" voraussetze. 55 Nach Preuß sind die V. 7 — 14 ein dtr. Produkt. 56 Der Zusammenhang zwischen den V. 3 —6 und V. 1 kann vor-dtr. sein, also bereits dtn. Die V. 3 —6 als Ganzes oder Teile (V. 3 + 6) sind wahrscheinlich ein ursprünglich selbständiger Text, der vordtn. sein kann. Wie die V. 16 — 19 haben die V. 3 —6 auch keine Parallelen in altorientalischen Vertragstexten. 57 Man nimmt an, daß die gebundene Form einem kultischen Sitz im Leben entspringt. 58 Seit%59 unterstreicht, daß es sich hier um einen rein agrarischen Segen handelt, der dem israelitischen Bauer gelte. Der Segen kann hier schon von einem dtn. Verfasser in das Segens- und Fluchformular eingesetzt worden sein. Dadurch hat der Segen eine Gültigkeitserweiterung erfahren, die sich auf das ganze Volk bezieht und auch das politische Gebiet einschließt, vgl. V. 20 ff., die genau mit altorientalischen Vertragstexten übereinstimmen. 60 In diesem Zusammenhang wird der Segen an eine Bedingung geknüpft, V. 1, er liegt hier im Rahmen eines wohlbe-

53 54 55 56 57 56 59 60

A. a. O. 267. Ebd. 266. EbdllSi. A.a.O. 59. Preuß, a.a. O. 154; Seitz, a.a. O. 269 f.; Mayes, a.a. O. 351. Seitz, a. a. O. III-, Mayes, a. a. O. 350. A. a. O. 273. Vgl. außer McCarthy (siehe Anm. 61) besonders den Vergleich, den Weinfeld, a.a.O. 116 ff. zwischen Dtn 28, 23. 27 — 35 und den Vasallenverträgen Asarhaddons durchgeführt hat.

298

VIII. „Die Segensverheißung"

kannten altorientalischen Formulars vor, 61 wo die Bedingung der „Segnungen" deutlich beschrieben wird. Im Verhältnis zu diesem Text trägt Kap. 30 (V. 1. 15 f.) nichts wesentlich Neues bei. Beide Stellen sind dtr. 62 Das Segensgebet in Kap. 26, 15 ist wahrscheinlich eine späte Erweiterung der V. 12—14. 63 V. 14 a enthält wohl ein altes „Unschuldsbekenntnis", das sich auf rituelle Reinheit bezieht. Es handelt sich um eine Versicherung, daß der, der den Zehnten zum Heiligtum trägt, rituell dazu befähigt ist. 64 Im vorliegenden Kontext wird das Stück von einem allgemeinen Bekenntnis der Befolgung der Gebote Jahwes eingerahmt. Dadurch wird an die vorhergehende Verordnung vom Zehnten für die Armen angeknüpft (vgl. 14, 22. 28 f.) sowie an das Bekenntnis, daß diese auch ausgeführt ist. Damit wird das Gewicht in diesem Abschnitt auf die ethische Verpflichtung von Jahwes Geboten gelegt, konkretisiert durch die Zehntengabe für die Armen des Volkes. — Dieses Bekenntnis bildet die Voraussetzung der Bitte um Segen für das ganze Volk im Lande. Der Segenswunsch in 1, 11 ist Teil einer späten dtr. Schicht. 65 Die V. 9 — 18 verarbeiten entweder ältere literarische Texte, 66 Ex 18, 13 — 17; Num 11, 11 — 30, oder mündliche Tradition. 67 Die Bezeichnung der Menge Israels, V. 10, ist Eigengut des Dtn, die Wendung D , »»n kommt nur im Dtn vor, in 10, 22; 28, 62. Die Väterverheißungen haben entsprechende Wendungen in Gen 15, 5 (dtr.) und den späten 22,17; 26, 4; sie finden sich dagegen nicht in den Texten, die wir als jahwistisch erkannt haben. Der Wunsch nach Wachstum und Segen, V. 11, hat keine sachliche Grundlage in der Tradition, die Dtr in den V. 9—18 bearbeitet. Die 61

D. McCarthy, Treaty and Covenant, 1963, 1 2 1 — 2 4 : V. 1 und besonders die negative Formulierung in V. 1 5 („If you do not listen . . . " ) „reproduce closely the form in which certain treaties put their curses". Er meint, daß wir es hier mit „an established legal formula associated with the treaty tradition" zu tun hätten. Diese Einleitungsformeln „make the whole of the blessing and curses future and alternative possibilities as usual in the treaties . . . " .

62

Vgl. z. B. Mayes, a. a. O. z.St.

63

Vgl. Mayes, a. a. O. 335. Merendino, a. a. O. 371 ff. nimmt eine detaillierte Schichtenscheidung in den V. 12 — 15 vor, die jedoch besonders im Hinblick auf V. 15 von Giesen, a. a. O. 290 f. angegriffen wird. Giesen meint, daß sie nicht auf Beweisen innerhalb des Textes beruhe. W i r behaupten im Anschluß an Giesen, daß V. 15 wahrscheinlich ein späterer Zusatz ist. Preuß, a. a. O. 144 konstatiert, daß sich jetzt immer mehr die Auffassung durchsetze, 2 6 , 1 — 1 5 sei dtr.

64

Vgl. G. v o n Rad, Deuteronomium, 1964, 1 1 4 f . , und die Literatur in A n m . 63.

65

Das scheint in der heutigen Forschung allgemeiner Konsens zu sein, vgl. z. B. Mayes,

66 67

a.a.O. 1 1 8 f . ; Preuß, a.a.O. 46. So Mayes, a.a.O. 1 1 8 f . , und Preuß, a.a.O.

80ff.

So M. Rose, Deuteronomist und Jahmist, 1 9 8 1 , 236. Hierzu kritisch A . H . J . Gunneweg, „Anmerkungen und Anfragen zur neueren Pentateuchforschung", TR 48 (1983), 241.

Segen" in der Dtn.-Dtr. Literatur

299

Neuformulierung der Tradition in V. 10 und der dtr. Zusatz in V. 11 müssen demnach das eigene Anliegen des Dtr beinhalten. 68 V. 11 ist die einzige Stelle im Dtn, wo der Segen ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der Mehrung des Volkes (der Nation) gesehen wird. Abgesehen von 2, 7 ist er sonst immer mit dem Land verbunden. Auch 2, 7 ist spät dtr. 69 Der Ausdruck "|T n^n/TOSÖ "J13 ist, wie bereits erwähnt, eine geprägte dtn. Wendung. Alle übrigen Belege dieser Wendung beziehen sich auf eine seßhafte Kultur. Im Vergleich mit diesen weist unsere Stelle allerdings einige Besonderheiten auf: Als Feststellung dessen, was Jahwe bisher getan hat, steht die Wendung nur hier. Weinfeld 70 verbindet 2, 7 mit Prov und findet hier eine gemeinsame „conception of reward". — Die nächste Parallele zu V. 7 b findet sich in Neh 9, 21. An beiden Stellen bezieht sich die Wendung auf die ganze Wüstenwanderung, aber in Neh 9, 21 ist sie außerdem mit einem Hinweis auf den Ungehorsam Israels verbunden — wie in Ps 78. In geringerer Nähe zu Dtn 2, 7 steht Ex 16, 18 (P), wo das Verb "lOn jedoch nur auf das Mannawunder Bezug nimmt. In Dtn 8, 9 bezieht sich die Wendung mit ~)0n auf das Land, in das die Israeliten einziehen werden und wo es ihnen an nichts fehlen soll, so auch in Jdc 18, 10. — Die Weisheitsliteratur macht häufig von lOn Gebrauch, die Belege lassen sich dabei auf drei Gruppen verteilen: 1. Die, die Gott fürchten, leiden keinen Mangel, aber die Gottlosen geraten in Not, Ps 34, 10 f.; Prov 13, 25. 2. Wer den Armen gibt, wird selbst keinen Mangel leiden, der Geizige wird arm, Prov 11, 24 f.; 22, 16; 28, 22. 27. Hier findet sich die von Weinfeld erwähnte Vorstellung einer Belohnung. 3. Stellen, die von der Arbeit handeln: Faulheit bringt Verlust, Prov 6, 11 f.; 14, 23; 21, 5. 7; 24, 34; 12, 9. Inhaltlich stimmen keine der Stellen unmittelbar mit Dtn 2, 7 überein. Das Verb S7T mit göttlichem Subjekt, im Sinne von „sich kümmern, sich eines Menschen annehmen", kommt in Ps 31, 8; 144, 3; Nah 1, 7 vor. In den beiden ersten Versen, und wohl auch in dem letzten, wird das Vertrauen zu Jahwe behandelt. Bezeichnenderweise steht das Verb "lOn auch in dem Vertrauenspsalm Ps 23, 1. — Nach dem oben Gesagten können wir im Hinblick auf Weinfelds Behauptung diese Schlußfolgerung aufstellen: Dtn 2, 7 drückt nicht, wie — seiner Auffassung nach — die Weisheit, einen Belohnungsgedanken aus, sondern bezieht sich auf die Geschichte 68

69 70

Mayes, a.a.O. 121, zu V. 10 f.: „The deuteronomist clearly wished to correct any impression that the sources might give that the multiplication of the people is itself a cause of complaint . . . V. 11 then explicitly links the multiplication of the people to the patriarchal promise". Mayes, a. a. O. 1 3 4 - 3 6 ; PreuB, a. a. O. 83. A.a.O. 312f.

300

VIII. „Die Segensverheißung"

Israels, wie spätere Schriften sie beschreiben. Jahwes Fürsorge während der Wanderung bildet die Grundlage für Israels Vertrauen zu Jahwe. Dadurch wird der Befehl, Edom nicht anzugreifen, motiviert: Durch seine Verordnung, V. 6, wird Jahwe ihnen geben, was sie zum Leben brauchen. — Hier ist der Segen mit der Fürsorge Jahwes durch Essen und Trinken verbunden, das Israel in der Wüste zuteil wurde und durch das es keinen Mangel litt. Die Stellen mit in Dtn 33 unterscheiden sich deutlich von den übrigen im Dtn, sie tragen kaum etwas zur Klärung des theologiegeschichtlichen Verhältnisses zwischen dem Segen in der Gen und Dtn-dtr. bei. 71 c) Das Verhältnis £wischen dem Dtn und den

Väterverheißungen

Wir vergleichen jetzt den oben dargestellten Gebrauch der Wurzel ~|~n im Dtn mit dem Segen der Väterverheißungen, indem wir fragen, ob die Segensverheißungen in der Gen ein Resultat der im Dtn vorliegenden Kombination von Segen und Gesetz sind. Abgesehen von Dtn 33 hat das Dtn offenbar nur in 28, 3 — 6 vordtn. Segenstradition aufgenommen. Im Dtn wird die Wurzel "["13 durchgehend in Verbindung mit der dtn. Entfaltung der sozialen und kultischen Gesetze gebraucht, sowie in allgemeinen Aussagen zum Halten der Gebote und Gesetze Jahwes. In den sozialen Gesetzen in Kap. 14 f.; 23 f. ist Jahwes Segen Zweck oder Folge der Handlung, die die Entfaltung des Gesetzes vorschreibt (Ausnahme: 15, 14). Die Aussage mit ~p3 soll die Israeliten dazu motivieren, die vorgeschriebenen Handlungen auszuführen. An den späten Stellen 15, 4 —6; 26, 15 hängt Jahwes Segen vom Halten der Gebote von Seiten der Israeliten ab, u. a. von der Fürsorge für notleidende Volksgenossen. In 15, 14 sind die Segensgüter, die als landwirtschaftliche Produkte beschrieben sind, in die Verordnung selbst aufgenommen und Gegenstand einer sozialen Verordnung. In den Zentralisationsgesetzen in Kap. 16 und dem späten 12, 7 ff. liegt ein entsprechendes Verhältnis vor. Daß Israel im Lande Segensgüter empfangen soll, ist hier den Verordnungen zugrundegelegt, die die Segensgüter zum Gegenstand kultischer Bestimmungen machen. Der Segen erscheint als Gegenstand einer Zusage und einer Verordnung, die mit der zukünftigen Einnahme des Landes verbunden sind. Wir sehen keinen Grund, diese Stellen als sekundär im Verhältnis zu denen anzusehen, die vom Segen unter der Bedingung des Gesetzesgehorsams handeln. Van Seters und Schmid behaupten, durch die Bindung des Segens an den Gehorsam gegenüber dem Gesetz werde er in die Zukunft projiziert. 71

Zu diesem Text siehe oben, Kap. IV.2 (S. 139).

,Segen" in der Dtn.-Dtr. Literatur

301

Aus unserer Untersuchung geht jedoch hervor, daß die vom Gesetzesgehorsam bedingten Segensverheißungen nicht älter als die Texte sind, in denen der Segen die Ursache der gegebenen Anordnungen ist. In diesem Fall ist die Behauptung, die (literarische) Erwartung einer zukünftigen Landzuteilung verschiebe im Dtn den Segen in die Zukunft, genau so plausibel, wie die Behauptung van Seters' und Schmids, eine Kombination vom Segen und Gehorsam habe diese Verschiebung verursacht. Im Dtn ist der Segen mit dem Land verbunden. Nach dem Dtn ist dieses Land ein zukünftiges Gut, deshalb wird auch der Segen als etwas Zukünftiges angesehen. 72 Im Anschluß an allgemeinere Aussagen zum Halten der Gebote und Gesetze Jahwes steht die Wurzel "pn in Dtn 7, 13 f. und 28, 3 ff.; vgl. auch 30, 1. 16. Die beiden erstgenannten Stellen setzen den Gehorsam gegenüber Jahwes Geboten und Gesetz als Bedingung des Segens Jahwes voraus. Der Gesetzesgehorsam als Voraussetzung des Segens zeigt sich ebenfalls in 30, 1. 16. Der Rückblick auf Jahwes Segen in 2, 7 ist mit Israels Geschichtstraditionen verbunden, wie sie in sehr späten Schriften formuliert sind. Es fallt nicht leicht, sich Gen 12, 1 ff. u. a. in diesem Zusammenhang vorzustellen, auch aufgrund des andersartigen Sprachgebrauchs. Die enge Verbindung zwischen "p3-Aussagen und solchen, die vom Halten der Gebote Jahwes handeln, erscheint ebenfalls in den Väterverheißungen. Gen 18, 18 f. und Dtn 7, 9 ff. weisen Übereinstimmungen im Inhalt und den Formulierungen auf. 73 In Gen 18, 18a wird durch einen

72

73

Siehe hierzu G. von Rad, „Verheißenes Land und Jahwes Land im Hexateuch", 1943, jetzt in: ders., Ges.Stud., 1971, 87 ff., und ders., „Gottesvolk im Deuteronomium", in: GesStud. II, 50. Seit langem herrscht in der Forschung die Erkenntnis, daß zwischen Gen 18, 19 und Dtn/Dtr. nahe Berührungspunkte bestehen, vgl. Gunkel, Gen 202; von Rad, Gen 164; R. Kilian, Die vorpriesterlichen Abrahamsüberlieferungen, 1966, 106; und später L. Schmidt, De Deo, 1976, 136: V. 19 sei spät nachexilisch. Heute wird in der Literatur nicht mehr bestritten, daß zumindest 18, 19 jung sei, der Text sei entweder dtr. oder nach-dtr. Fraglich ist nur, ob auch Verheißungen wie 12, 2 f.; 28, 13 ff. demselben Verfasserkreis zuzurechnen sind. — Seit langem ist ebenfalls der Unterschied zwischen der bedingten Verheißung in 18, 18 f. und der unbedingten in 12,2—3 bekannt, und man hat daraus geschlossen, daß sie aus verschiedenen Zeiten stammen, vgl. Gunkel, Gen 202. Wenn wir nun dieses Verhältnis wieder aufgreifen, dann deshalb, weil mehrere der neueren Arbeiten zur Datierung von „ J " diesem Unterschied keine Bedeutung hinsichtlich der Datierung der einzelnen Verheißungstexte zumessen, vgl. van Seters, a. a. O. 273 f. und Schmid, a.a.O. 133ff. J.A. Emerton, „The Promises to the Patriarchs in the Older Sources of the Genesis", VT 12 (1982), 24 weist den Unterschied zwischen bedingter und unbedingter Verheißung als Kriterium einer relativen Chronologie explizit zurück: „Later ideas should not be read back into the O.T., and it may be doubted whether an ancient writer would have been conscious of any conflict of ideas here". — Selbst wenn dies

302

VIII. „Die Segensverheißung"

verstärkenden Inf.abs. hervorgehoben, daß Abraham zu einem großen und zahlreichen Volk, D1XST1 VlTS werden wird, diese Wendung wird im Dtn auf die Völker bezogen, die Israel bei der Eroberung des Landes besiegen wird, 4, 38; 11, 23; 9, 1, vgl. Jos 23, 9 (dtr.). Mit hinzugefügtem 2") bezieht sich der Ausdruck auf Israel in Dtn 26, 5, vgl. auch 9, 14 und (ohne 31) Num 14, 12. In Gen 18, 18 liegt der Ton auf der Verheißung an Abraham als einer festen Zusage. Auch in Dtn 7, 9 ff. wird, wie erwähnt, unterstrichen, daß Jahwes den Vätern zugeschworene TTH3 und "Tön feststehen, auf sie kann man sich verlassen. Das wird durch den Gebrauch des Verbes S73W deutlich. Im Dtn wird den Vätern zwar durchgehend die Verheißung des Landes zugeschworen, das wird in Dtn 7, 12 b jedoch nicht angesprochen (auch nicht in 7, 9), die nachfolgende Entfaltung spricht von der Mehrung des Volkes und den Segensgütern im Lande. Das einleitende in Gen 18, 19 kann entweder deiktisch oder begründend sein. 74 Die Wendung J^a1? + PK drückt die Absicht Jahwes mit seiner Erwählung Abrahams aus, er sollte seinen Nachkommen Gehorsam gegenüber dem „Weg Jahwes" lehren. Abraham wird hier hauptsächlich als Gesetzeslehrer dargestellt, der seine Nachkommen zum richtigen Handeln erzieht, — dazu wurde er erwählt. Dieser Zweck bildet jedoch die Prämisse einer übergeordneten Zielsetzung, V. 19 b: Das JS7Ö1? + Inf.cstr. der Absicht schließt asyndetisch an das vorhergehende an und dürfte daher wahrscheinlich dem unmittelbar voranstehenden 1172ETI usw. unterzuordnen sein. Der dem übergeordnete Zweck des Auftretens Abrahams als Gesetzeslehrer seiner Nachkommen ist Jahwes Erfüllung seiner Verheißung an Abraham. Das ist aber nur möglich, wenn seine Nachkommen „den Weg Jahwes" halten. — Dadurch wird Abraham große Würde im Hinblick auf das spätere Israel verliehen, 75 wobei allerdings zu beachten ist, daß der tatsächliche Gehorsam der Nachkommen zur ausgesprochenen Prämisse für Jahwes Einlösung seiner Verheißung an Abraham wird. Diese besagt, daß Abraham zu einem großen und zahlreichen Volk werden soll. Eine solche Verheißung kann jedoch nur durch die Nachkommen eingelöst werden. 76 Die Einlösung ist vom Gehorsam jener gegenüber dem Willen Jahwes abhängig. zutreffen sollte, ist es dennoch f ü r die Frage nach dem Entstehungsort der Verheißungen wichtig, ob, und wenn ja welche Stellen eine deutliche Reflexion über Bedingtheit oder Unbedingtheit der Verheißungen widerspiegeln. 74

Das nachfolgende ST im Sinne v o n „erwählen" kommt sonst nicht in der Vatergeschichte vor. A b e r Schottroff, A r t . ST,

THATI,

691 f. zeigt den schon vorisraelitischen Gebrauch

von ST" zur Bezeichnung eines Gottesverhältnisses auf. Vorexilisch steht das Verb in Bezug zu dem Verhältnis Jahwes zu seinem Volk in A m 3, 2 und Hos 13, 5. 75

Vgl. Westermann, Gen 1,2, 351.

76

Wann immer auch der Text aufgezeichnet wurde, der Verfasser wußte jedenfalls, daß nicht Abraham, sondern seine Nachkommen zu einem großen Volk wurde.

.Segen" in der Dtn.-Dtr. Literatur

303

Auf der Ebene der Formulierungen bestehen mehrere Gemeinsamkeiten zwischen Gen 18,(18.) 19 und dem Dtn, die auf einen Ursprung der Gen-Stelle in einem Verfasserkreis hindeuten, in dem die dtn.-dtr. Darstellung des Verhältnisses zwischen der Bedingung der Gesetzeserfüllung und der Einlösung der Verheißung eine zentrale Rolle spielte. Abraham sollte seinen Nachkommen in ethischen Fragen „befehlen", fTlX; Jahwe „befiehlt" den Nachfahren der Vater, Dtn 7, 11. Im Dtn ergehen die „Befehle" meistens von Jahwe, 6, 1. 20. 24 u. ö., aber auch Mose „befiehlt", 6, 2. 6; 8, 1 u. a. Jahwe heißt dem Volk den „Weg", den es wandern soll, Dtn 9, 12. 16, aber auch Mose, vgl. Dtn 31, 29. 77 „Jahwes Weg zu bewahren", mrr-"|"n m® 7 8 meint in Gen 18, 19 HpHS zu tun. Die Wendung IWS1? ist ein typischer dtn.-dtr. Ausdruck, 79 der sonst nicht in der Gen-Num belegt ist. Die Wendung OEJÜÖ1 HplS TWS kommt in Prov 21, 3; vgl. Ps 33, 5 vor; in umgekehrter Reihenfolge in II Sam 8, 15; I Reg 10, 9, und außerdem in Jer und Ez. 80 Zwei andere Verheißungstexte in der Gen weisen auch Ausdrücke einer Reflexion über das Verhältnis zwischen Gesetzesgehorsam und Verheißungserfüllung auf, Gen 22, 16—18 und 26, 5. Die Gottesrede in Gen 22 ist wahrscheinlich nach-elohistisch und gehört einer anderen Schicht als Gen 12 an. 81 Sie wird dadurch eingeleitet, daß Jahwe das Folgende als einen Eid erklärt: TS3W1 "'S, V. 16. Diese Erklärung unterstreicht, daß die ihr folgende Zusage eintreffen wird. 82 V. 17 enthält eine Segens- und Mehrungsaussage, beide Sätze haben die Formation x —yiqtol mit vorangestelltem Inf.abs., der die Festigkeit der Aussage unterstreicht, ein Moment, das noch durch das vorgezogene "O betont wird. Bis auf dieses letzte Moment entspricht die Konstruktion genau der in 18, 18. In 22, 16 ist jedoch ein Kausalsatz der Konstruktion ki j a 'an 'asär-qatal vorangestellt. Ursache der festen Segens- und Mehrungsverheißung ist, daß Abraham 77

78

79 80

81 82

Die Rede von „Jahwes Weg" in diesem umfassenden Sinne ist nach K. Koch, Art. " | T T , ThWAT II, 302 offensichtlich in überlieferungsgeschichtlich späten Texten belegt. In der Weisheitsliteratur und der späten Gesetzesfrömmigkeit wird oft vom „Weg", seltener vom „Weg Jahwes" gesprochen. Auch in Ps 18, 22 = II Sam 22, 22 ist vom Bewahren der „Wege Jahwes" (Plur.) die Rede, vgl. auch Ps 37, 34 und Jdc 2, 22. Ps 18 deutet auf einen kultischen Sitz hin, Hinweise auf das Alter der Formel sind in dem Psalm kaum zu finden, vgl. H.J. Kraus, Die Psalmen, 1978, z.St. Hierzu vgl. Weinfeld, a. a. O. 336. Westermann, Gen I, 2, 351 macht auf den Unterschied zwischen Gen 15, 6 und 18, 19 aufmerksam und schreibt zu 18, 19: „Damit sind wir eindeutig in der nachexilischen Zeit und den Kreisen, in denen die Frömmigkeit im Bewahren von ,Recht und Gerechtigkeit' bestand." Hierzu siehe oben S. 35. Vgl. Giesen, a. a. O. 20: Das primäre Ziel der Redensart „ist die Überwindung von Zweifeln an der Realisierung seines Wortes."

304

VIII. „Die Segensverheißung"

nrn i m n getan hat, ein Ausdruck, der sich auf seinen Gehorsam gegenüber dem Befehl Jahwes bezieht. Entsprechend verhält es sich in Dtn 15,10. In Gen 22, 18 b ist Abrahams Gehorsam als Ursache der festen Zusage noch besonders herausgestellt. 83 Gen 22, 16—18 vermittelt uns eine andere Darstellung des Verhältnisses Verheißung — Gehorsam als 18, 18 f. An der letztgenannten Stelle hängt die Einlösung der Abraham gegebenen Verheißung des großen Volkes von dem Gehorsam seiner Nachkommen ab. Auch in 22, 16 — 18 hat der Verfasser Abrahams Nachfahren vor Augen, V. 17 a: „Dein Geschlecht mache ich groß"; V. 17 b: „Dein Geschlecht wird den Feinden die Städte nehmen", entsprechend V. 18 b: " j s n n 1313nm anstatt "p/lS wie in 12, 3; 18, 18; 28, 14. Aber hier in Kap. 22 ist die Zusage, die sich auf die Nachkommen Abrahams bezieht, nicht an eine besondere Gehorsamsbedingung dieser Nachkommen geknüpft, sondern liegt in einer von Abraham bereits erfüllten Voraussetzung: Er war gehorsam, deshalb steht die Zusage im Hinblick auf die Nachkommen fest. Dieselbe Darstellung des Sachverhalts findet sich in Gen 26, 5, einem sekundären Zusatz zu einem nachjahwistischen Text. 84 Die Zusage an Isaak ist als eine Eidesbestätigung an Abraham formuliert, V. 3 b. Auch hier handelt es sich um eine den Nachfahren geltende Zusage, Jahwe wird Isaak zahlreiche Nachkommen geben und Land schenken, die Aussage mit 1~)3 tD-St. steht ebenfalls dort. Diese Zusage, die Isaaks Geschlecht gilt, wird mit Abrahams Gehorsam gegenüber den Geboten Jahwes begründet, V. 5. In unserem Zusammenhang ist zu bemerken, daß die drei genannten Gen-Stellen explizit eine Reflexion über das Verhältnis zwischen Jahwes Einlösung seiner Zusage an die Väter und dem Gesetzesgehorsam als ihrer Bedingung ausdrücken. Eine solche Reflexion liegt auch im Dtn vor; für Gen 18, 18 f. und Dtn 7, 11 f. haben sich mehrere gemeinsame Züge herausgestellt. Zwar kann im Dtn die Zusage zukünftiger Segensgüter sowohl bedingt wie auch unbedingt sein. In den letzterwähnten Fällen ist sie jedoch immer Gegenstand einer sozial-ethischen oder kultischen Verordnung. Die Reflexion im Dtn und den genannten Gen-Stellen ist weder in Gen 12 noch 28 explizit ausgesprochen. Zwar liegt in Gen 12, 1 f. eine Verbindung von Imperativ und „SegensVerheißung" vor; wie die Kombination der beiden Glieder sachlich zu verstehen ist, ist aber nicht klar. 85 83 84 85

Zum Ausdruck nirr sa® vgl. A.K. Fenz, Auf Jahwes Stimme hören, 1954, 83 f. Siehe oben Kap. III.2, S. 93. 114. Nach H.W. Wolff, „Das Kerygma des Jahwisten", 1964, jetzt in: ders., Ges. Stud. 1973, 352 enthält V. 2 f. zwar mehrere Konsekutivsätze, aber da sie das Gewicht tragen, hat der vorhergehende Imp keinen konditionalen Unterton, so als sei Jahwes Verheißung abhängig von Abrahams Gehorsam. „Er klingt vielmehr nur wie eine Aufforderung, die

.Segen" in der Dtn.-Dtr. Literatur

305

Zwischen Gen 12 und den erwähnten dtn.-dtr. Stellen besteht jedoch ein auffallender Unterschied. In Dtn 7 und 28 werden die Nachkommen der Patriarchen, die Israeliten zur Zeit des Dtn, angesprochen. Sie werden auf das Gesetz als Segensbedingung verpflichtet. Dasselbe gilt für die sozialen Gesetze im Dtn. Was die Kultgesetze betrifft, so werden die Segensgüter auch da unter die kultischen Verordnungen gestellt, regelmäßig und zu festgesetzten Zeiten sollen die Menschen diesen Anordnungen nachkommen. Gen 18, 18 f. entspricht Dtn 7 und 28. In Gen 22 und 26 fallt der Segen ebenfalls unter die Voraussetzung der Gesetzeserfüllung, — die Abraham allerdings gehalten hat. In Gen 12, 1 ergeht dagegen der Befehl an Abraham, ihm wird eine einmal auszuführende Handlung befohlen. Obwohl es in Israel mehrere „Wanderungen" zum verheißenden Land gab, ist 12, 1 keine Verpflichtung, die auch den Nachkommen — oder gerade ihnen — auferlegt ist. Es wird nichts davon berichtet, daß Abrahams Nachkommen an diesem Punkt etwas von ihm lernen sollen, z. B. Gesetzesgehorsam. Darin unterscheidet sich Gen 12,1 wesentlich von den Stellen im Dtn und Gen 18, 18 f. Außerdem enthält der Befehl in 12, 1 keine expliziten Aussagen zu den ethischen oder kultischen Verordnungen. Es finden sich keine Spuren einer Reflexion über das Verhältnis zwischen ethischer Verpflichtung und Einlösung des Segens, auch keine kultischen Anordnungen, die Abraham und seinen Nachkommen auf der Grundlage des Segens auferlegt werden. Das Gleiche gilt für den Verheißungstext in Gen 28, 13 — 15 und die mit ihm verbundenen Texte der Jakobsgeschichte. Hier liegt ebenfalls eine Zusage vor, Jakobs Nachkommen sollen zahlreich werden, entsprechend den Aussagen in 22, 16 — 18 und 26, 3 — 5. Eine Reflexion über die Gesetzeserfüllung als Bedingung findet sich jedoch nicht. Zwischen den Segensaussagen in Gen 30, 27 und Dtn 15, 10 besteht ein auffallender Unterschied. An beiden Stellen drückt WlD + Näherbestimmung die Ursache des Segens Jahwes aus. In Dtn 15, 10 ist es der Gehorsam gegenüber den sozialen vielfach zugesagte Gabe in Empfang zu nehmen." E. Ruprecht, „Vorgegebene Tradition und theologische Gestaltung in Genesis 12, 1—3", VT 29 (1979), 1 7 2 f f . hat versucht, das Verhältnis zwischen V. 1 und V. 2 f. von traditionsgeschichtlichen Überlegungen her zu klären. V. 1 versteht er als eine Aufforderung zur Transmigration. V. 2 f. faßt er als Begründung auf, wobei der Zusammenhang zwischen „göttlicher Weisung und Verheißung" derart gestaltet ist, daß „die Risiken und Strapazen einer Transmigration nur angesichts einer göttlichen Verheißung bewältigt werden können" (S. 175). Vor ihm brachte die Untersuchung von H.-P. Müller, „Imperativ und Verheißung im AT. Drei Beispiele", EvTh 28 (1968), 559 f. das Ergebnis, daß die Frage nach dem Verhältnis zwischen Imp und Verheißung offen bleiben muß. Er deutet an, daß es sich um „eine schicksalwirkende Tatsphäre" handele, „nach der Tat und Schicksal nur die beiden Seiten eines untrennbaren Zusammenhanges sind" (S. 560). „Gott und Mensch stehen einander in einer Art Dialog gegenüber."

306

VIII. „Die Segensverheißung"

Verordnungen, in Gen 30, 27 die Person Jakobs, aber daß der Segen auf seiner Erfüllung des Gesetzes oder seinem Gehorsam gegenüber Jahwe beruhe, wird nicht gesagt. d) Die Verheißungen eines ,großen

Volkes" in der Gen und im Dtn

Im Anschluß an die Segensaussage wird Israel in Dtn 1, 10 f. als eine große Menge bezeichnet. In den Väterverheißungen wird das Segens- und Mehrungsthema oft kombiniert. Schmid86 weist darauf hin, daß die Thematik der Mehrung sonst erst im dtn.-dtr. Bereich belegt ist und wichtig wird. Seiner Auffassung nach deute dies auf eine Herkunft von Gen 12, 2 u. a. aus demselben Kreis. Entsprechend argumentiert H. Vorländer,87 Wir wollen hier keine eingehende Untersuchung des Mehrungsproblems im Dtn vornehmen und beschränken uns auf folgende Hinweise: Gen 12, 2 verheißt Abraham „ein großes Volk", VlTl Tl. Dieser Ausdruck findet sich ebenfalls in Dtn 4 , 6 — 8. Die Wendung kommt in Sätzen vor, die Israel motivieren sollen, die Gebote zu halten. In V. 6 wird durch einen ki-Satz Israel mit einem Hinweis auf ein internationales Völkerforum zur Einhaltung der Satzungen angeregt. Die Völker werden Israels Weisheit anerkennen. In V. 7 wird die Motivation durch die Erwähnung der Einzigartigkeit Israels weitergeführt. Zum Gebrauch von V n i in Kap. 4 schreibt G. Braulik:88 „Es wird nur im Zusammenhang mit der Einzigartigkeit Israels aufgrund der Nähe seines Gottes und aufgrund seiner Gesetze einerseits (V. 6,7,8) und der Einzigartigkeit Jahwes in seinem geschichtsmächtigen Wirken an und für Israel ... gebraucht."

Er behauptet auch, daß eine internationale und universale Atmosphäre charakteristisch für diese Texte sei, wobei durch eine rhetorische Frage Israel mit den Völkern verglichen werde. 89 Gerade durch die Verbindung mit dem Gesetz und dem internationalen Aspekt des Vergleichs mit anderen Nationen unterscheidet sich die Erwähnung Israels als großes Volk in Dtn 4 von Gen 12, 2, wo diese 86 87

88 89

A.a.O. 130. Die Entstehungs^eit des jehowistischen Geschichtswerkes, 1978, 356 f. Zu erwähnen ist auch K. Galling, Die Erwählungstraditionen Israels, 1928. An mehreren Stellen geht er darauf ein, daß die vorexilischen Propheten nicht die Verheißungen an die Patriarchen aufgriffen; er ist der Meinung, daß sich bei ihnen eine bewußte Ablehnung der Patriarchentraditionen finde (S. 67). Wir gehen nicht weiter auf Gallings Darstellung ein. Die Mittel deuteronomischer Rhetorik, 1978, 87. Das Verhältnis zwischen Israel und den Nationen ist Thema der Arbeit O. Bächlis, Israel und die Völker, 1962. Er beschäftigt sich mit diesem Thema im Dtn. Zum Verhältnis der Völker zu Israel im Hinblick auf den Segen siehe S. 172. Hier wird ein ganz anderes Bild als das Unsrige von Gen 12, 3 gezeichnet.

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.Segen" in der Dtn.-Dtr. Literatur

Thematik fehlt. Eine ausschließlich terminologische Entsprechung kann nicht die Basis einer These hinsichtlich eines gemeinsamen Ursprungs der Texte sein. In der Gen steht die Wendung Vl"Tl ''II in bezug auf Ismael in dem nicht-jahwistischen 21, 18. In Ex 32, 10 sagt Jahwe, daß er Mose zu einem VlTl II machen wird. Wie sich diese Aussage zu der entsprechenden Aussage in Dtn 9, 14 verhält, ist unklar, — hier steht der typisch dtn.-dtr. Ausdruck 311 D12» VlTl Dtn 9, 14 ist vielleicht abhängig von Ex 32, 10 und auch später. 90 In Jer 50, 41 steht die Wendung von dem fremden Volk in einem Drohwort gegen Babylon. Im Dtn ist die Wendung ( a l l ) DlXS(l) V n i typisch: 26, 5 von Israel in Ägypten; 4, 38; 9, 1; 11, 23, vgl. 9, 2 und Jos 23, 9 von fremden Völkern, die Israel unterwirft. Diese Formulierungen haben eine Parallele in Gen 18, 18. Wir haben bereits die sprachliche und thematische Nähe dieses Textes zum Dtn festgestellt. Ein anderer, typischer Ausdruck des Mehrens ist ¡121 + ein Vergleich mit den Sternen, wir haben diesen oben, unter Pkt. c, behandelt. Entsprechende Formulierungen finden sich, wie bereits erwähnt, in Gen 22, 17 und 26, 4. Beide Stellen sind nachelohistisch, die letztgenannte ist ein sekundärer Zusatz zu einem nachjahwistischen Text. Beide weisen Reflexionen über das Thema der Gesetzeserfüllung auf, wie Dtn-Dtr, aber sie beantworten diese Frage anders als Gen 18. — Eine Formulierung mit Hai steht auch in Gen 16, 10, einem vielleicht sekundären Text. 91 Die Formulierungen der Mehrung in Gen 13, 16 und 28, 14 haben keine Parallelen im Dtn. 92 Die Mehrungsverheißungen in der Gen unterscheiden sich also in ihrem Verhältnis vom Dtn/Dtr. In den nachelohistischen und späten Texten Gen 22, 17; 26, 4 legen Formulierungen und Thematik die Annahme nahe, daß die Texte einem dtr. Traditionszusammenhang angehören. Auf jeden Fall hat sich 26, 4 als nach-jahwistisch erwiesen. Gen 18, 18 f. ist ebenfalls an diesem Punkt eng mit der dtn.-dtr. Theologie verbunden. Allgemein gilt die Stelle als nicht-jahwistisch und spät. Während die drei erwähnten Texte deutliche Zeichen eines Anschlusses an einen dtn.-dtr. Verfasserkreis erkennen lassen, läßt sich ein solcher nicht für die J-Texte 12, 2; 13, 16; 28, 14 feststellen. Der fehlende thematische Anschluß an die dtn.-dtr. Theologie (Gesetzesermahnung Dtn 4; 10, 22; 28, 62) und die andere Ausdrucksweise (Dtn 26, 5; I Reg 3, 8; 4, 20) deutet auf eine Herkunft der jahwistischen Gen-Stellen aus Kreisen, die nicht unter dem Einfluß einer dtn.-dtr. Theologie standen. 90

91 92

So M. Greenberg, „Moses' Intercessory Prayer", in: Ecumenical 1 9 7 7 - 7 8 , 33. Vgl. Westermann, Gen I, 2, 293. Zu diesen Stellen siehe oben S. 166 f.

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Tantur Yearbook

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VIII. „Die Segensverheißung"

Das Mehrungsthema und die Aussagen über das große Volk entsprechen teilweise altorientalischen Aussagen 93 , der Verfasser der jahwistischen Texte kann dies aus dem allgemeinen altorientalischen Zusammenhang übernommen haben; man braucht daher nicht vorauszusetzen, daß er die dtn.-dtr. Theologie gekannt habe.

e) Beurteilung Wir sind von van Seters und Schmids Thesen ausgegangen, die Verheißungsform des Segens in der Gen sei ein Resultat dtn.-dtr. Theologie. Die beiden Forscher führen als einen tragenden Beweis an, daß der Segen ursprünglich präsentisch zu verstehen gewesen wäre; der futurische Aspekt sei erst durch die deuteronom(ist)ische Bindung des Segens oder Fluchs an die Bedingungen des Gesetzesgehorsams oder Ungehorsams hinzugetreten. Indem der Segen im Dtn (dtr.) an den Gesetzesgehorsam gebunden sei, verschiebe er sich in die Zukunft. Daher kann nach Schmid der Beginn der Umsetzung der präsentischen Segensformulare in eine futurische Verheißung in der dtn.-dtr. Zeit stattgefunden haben, dieser Übergang sei in der dtr. Einleitung Dtn 28, 1 f. 15; vgl. Ex 23, 20 ff. (dtr.) zu beobachten; Lev 26 stelle eine spätere Stufe der Entwicklung dar. Wir sind dem Vorkommen der Wurzel in den verschiedenen Schichten des Dtn nachgegangen. Die Untersuchung hat ergeben, daß der futurische Gebrauch von ""["D auch in älteren Teilen des Dtn als Kap 28, 1 f. 15 (dtr.) vorkommt. Folglich fällt dieser Text, im Gegensatz zur Annahme Schmids, als Indiz für die Zeitbestimmung einer Umsetzung des Segens in eine Verheißung weg. Es ist auf die Ähnlichkeit zwischen (Teilen des) Dtn und altorientalischen Vasallenverträgen hingewiesen worden. 94 In solchen Vasallenverträgen erscheinen Segensgüter, wie die in Kap. 28, als zukünftige, die von der Loyalität gegenüber dem Vertrag bedingt sind. Es ist jedoch nicht klar, wie groß der mögliche Einfluß derartiger Vertragsformulare auf das Dtn ist. Ein deutlicher Einfluß läßt sich erst für spätere Schichten festhalten. 95 Hieraus ergibt sich jedoch wenig für eine Datierung der Segensverheißungen in unserem Kontext. Im übrigen finden sich in der altorientalischen Literatur auch Parallelen zu den Landverheißungen, wie sie in Teilen der Genesis vorkommen. 96 — Hier handelt es sich nicht um altorientalische Formen als Muster alttestamentlicher Aussagen, sondern um die Frage, inwieweit sich an den alttestamentlichen Texten selbst nach53

94 95 96

Hierzu vgl. E. Ruprecht, „Der traditionsgeschichtliche Hintergrund der einzelnen Elemente von Gen 12, 2 - 3 " , VT 29 (1979), 444ff. Vgl. Weinfeld, a. a. O. 59 ff. Hierzu vgl. Preuß, a.a. O. 45. 62 ff. Vgl. Weinfeld, a.a. O. 74ff.

.Segen" in der Dtn.-Dtr. Literatur

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weisen läßt, daß die Umsetzung der Segenszusagen in die Verheißungsform tatsächlich ein Resultat der deuteronom(ist)ischen Bindung des Segens an den Gesetzesgehorsam ist. Dabei ist zu beachten, daß die Wurzel "J~D im Sinn eines zukünftigen Segens bereits in den ältesten Schichten des Dtn auf zwei verschiedene Weisen gebraucht wird: Einige Texte stellen den Segen unter die Bedingung des Gesetzesgehorsams. Andere sprechen von dem zukünftigen Segen im Lande als einem unbedingten Gut, das die Basis der Verordnungen hinsichtlich der Segensgüter bildet. An mehreren der ältesten Dtn-Stellen ist also der Verheißungscharakter des Segens nicht Resultat einer Reflexion über Segen — Bedingung des Gesetzesgehorsams, sondern hängt mit der Darstellung der Segensgüter in einem Land zusammen, das Israel, nach dem Dtn, noch nicht erreicht hat. Wir können somit nicht aus dem dtn. Material folgern, die Bindung des Segens an den Gehorsam sei die Ursache des Verheißungscharakters des Segens. Können die jahwistischen Gen-Verheißungen als Spiegelung dtn.-dtr. Überlegungen zum Verhältnis Gesetz-Segen aufgefaßt werden? Die vorhergehende Untersuchung zeigt, daß diese Verheißungen keine Spuren dessen aufweisen, das den Rahmen der dtn. Segensaussagen bildet: nämlich die Gesetzesermahnung. In der Gen ( J ) ist das Verhältnis Segen — Gesetzesgehorsam, entweder als Bedingung oder als Folge, kein Reflexionsobjekt, dagegen aber klar erkennbar in den nichtjahwistischen und späten Stellen Gen 18, 18f.; 2 2 , 1 6 - 1 8 ; 26, 3 b - 5 . Da dieses Thema hier so deutlich hervortritt, ist es auffällig, daß es überhaupt nicht in Gen 12, 1 ff.; 13, 14 ff. und 28, 13 ff. erwähnt wird. Wären die Segensverheißungen hier Resultat einer Reflexion über das Verhältnis Segen — Gesetzesgehorsam — wie im Dtn, wären sie auch in diesen Versen zu erwarten. Dies deutet daher auf eine Entstehung der jahwistischen Gen-Texte in Kreisen, in denen diese Thematik noch nicht aktuell war. Datierungsmäßig ist daher eher mit einer vor-dtn. Zeit zu rechnen als mit einer späteren Epoche: Wir haben oben behauptet, daß die Problemstellung des Gesetzesgehorsams sowohl in bedingten Verheißungen (Gen 18, 18 f.) an die Hörer wie auch in unbedingten (22, 16 ff.; 26, 3 b —5) behandelt wird. Wären die jahwistischen Gen-Verheißungen nach-dtn., hätte man eine Reflexion über das Verhältnis erwartet, selbst wenn der Verfasser die Absicht hatte, eine unbedingte Verheißung zu beschreiben (vgl. Gen 17 P). Es wäre zu überlegen, ob J über das Verhältnis Verheißung — Gesetzesgehorsam als Bedingung in ähnlicher Weise wie Dtn-Dtr reflektiert hat; dieses aber durch die Komposition des ganzen Werkes, nicht in einem Teil (z. B. in der Vätergeschichte), zum Ausdruck bringt. Das Dtn geht gleichzeitig auf Verheißung und Bedingung ein. Man könnte fragen, ob J sich analog dadurch ausdrückt, daß die Verheißungen den Vätern gelten; das Gesetz als Bedingung der Einlösung der Verheißungen hinsichtlich der Nachkommen (d. h. eventuell den Lesern des Dtn) dagegen auf dem Sinai gegeben wird. — Im Dtn wird die Erfüllung der Väterver-

310

VIII. „Die Segensverheißung"

heißungen (von Land, Größe und Segen) an die Sinaigeneration unter die Gesetzesverpflichtung gestellt. Ein analoges Verhältnis läge in dem JBestand der Pentateuchtexte nur dann vor, wenn der Gesetzesgehorsam der Sinaigeneration als Bedingung der Erfüllung der Väterverheißungen dargestellt wäre. Eine Untersuchung der jahwistischen Sinaitexte sprenge den Rahmen dieser Arbeit. Ein vorausschauender Blick auf diese anhand der literarkritischen Ergebnisse Zengers deutet jedoch darauf hin, daß das für den J-Bestand der Sinaitexte nicht zutrifft: 97 Die Gültigkeit der Verheißungen an die Patriarchen für die Nachkommen ist nicht explizit an den Gesetzesgehorsam jener gebunden. Wir sind jetzt auch in der Lage, van Seters Behauptungen, die GenStellen insgesamt reflektierten „the concept of the merits of the fathers" in den angeführten dtr. Stellen (II Sam — II Reg), zu beurteilen. Wir haben festgestellt, daß die Problematik „the merits of the fathers", gemeint als Gesetzeserfüllung, die van Seters aufgreift, indem er auf diese dtr. Stellen weist, nicht in Gen 12 und 28 behandelt wird. Sie erscheint jedoch in den Texten, die aus anderen Gründen nicht dem Jahwisten zugerechnet werden. Das besondere dynastische Prinzip, das nach van Seters auf die Gen-Texte übertragen werde, finden wir nur in den nicht-jahwistischen Texten wieder. Im Hinblick auf Kap. 12 und 28 wird dieses Verhältnis jedoch gegenstandslos.

97

Zur Literarkritik der Sinaiperikope vgl. E. Zenger, Die Sinaitheopbanie, die Übersicht S. 164 ff.

1971, besonders

IX. Ergebnis Wir haben uns mit dieser Arbeit die Aufgabe gestellt, zu untersuchen, welcher Zeit „der Jahwist" angehört hat. Als Ausgangspunkt haben wir den Verheißungstext in Gen 12,1 ff. gewählt, weil nach allgemeiner Auffassung dieser Text einer der wesentlichsten Aussagen der jahwistischen Botschaft ist. In Kap. II haben wir zuerst bewiesen, daß der vorpriesterliche („jahwistische") Textbestand in Kap. 12, 1 ff. literarisch einheitlich ist. Wir haben keine Anhaltspunkte gefunden, um die V. 2 — 3 (und V. 7) als literarisch sekundäre Zusätze anzusehen. — Die Datierung des Textes ist hauptsächlich an das Verhältnis zwischen Abrahams „großem Volk" — dem staatspolitischen Israel — und den Zeitgenossen dieses Volkes gebunden. Andere Menschengruppen in der Umgebung der großen Nation Israel sollen teilhaben an dem Segen Jahwes, wenn sie das Gesegnetsein dieser Nation anerkennen und sich Anteil an diesem Segen wünschen. Außerdem behandelt die Perikope nur ein Politikum, die große Nation Abrahams. Die übrigen „Völker" erscheinen als solche ohne staatspolitische Bedeutung: als „Sippen" in dem Kulturland Israel und in seiner Nähe. — Diese Auseinandersetzung mit dem Segen, mit dem die Nation Israel ausgestattet ist, die Teilhabe anderer Menschengruppen an diesem Segen durch ihr Anschließen an Israel, und die fehlende Auseinandersetzung mit anderen Nationalstaaten, denen Israel gegenübersteht, trotz der Erwähnung anderer Menschengruppen, scheinen am besten mit den geschichtlichen Verhältnissen während des Großreichs übereinzustimmen, ehe größere Gruppen innerhalb und in der Nähe des Reiches dessen Sicherheit gefährdeten und als bedeutungsvolle politisch-militärische Faktoren auftraten, mit denen Israel rechnen mußte. Später stand Israel immer politischen Größen gegenüber, die wesentlichen Einfluß auf die Politik Israels/ Judas ausübten. Dem entspricht dann auch die Tatsache, daß offensichtlich späte Texte, die das Thema „Segen für andere" verfolgen, andere Nationen ansprechen, entweder indem Israel als eine Nation anderen Nationen der Welt gegenübergestellt wird (Gen 18, 18), oder indem Israel als die zahlreichen Nachkommen Abrahams zu politischen Größen, Nationen, in Beziehung gesetzt wird (Gen 22, 18; 26, 4). Letzteres scheint in eine Zeit zu weisen, da Israel — im staatspolitischen Sinne — keine „Nation" mehr war, sondern unter der Herrschaft anderer Nationen stand, d. h. während des Exils. Aus Kap. III geht hervor, daß man in der Frage ihrer Entstehungszeit zwischen verschiedenen literarischen Schichten der Verheißungstexte un-

312

IX. Ergebnis

terscheiden muß. Die Verheißungen in Kap. 26, 2 ff. 24 verteilen sich auf mehrere Schichten. Die in den V. 3 b—5 (und V. 24) sind aufgrund ihrer nächsten Parallelen zu jener Ausdrucksform offensichtlich späte Schöpfungen, vielleicht sogar so spät wie die abschließende Redaktion des Pentateuch. Die Verheißungen in 22, 16—18 sind wahrscheinlich desselben Ursprungs. — Aber gerade jene in 26, 2 ff. 24 und ihre Textzusammenhänge erweisen sich einer anderen und späteren Schicht zugehörig als die in Kap. 12 und denen in Kap. 13, die beide derselben Schicht angehören. Diese Schlußfolgerung beruht auf gewissen Voraussetzungen, u. a. darauf, daß Kap. 20 nicht aus derselben Schicht stammt wie Kap. 12 oder 26. Wir haben damit die Behauptungen mehrerer heutiger Forscher untermauert, nicht alle Väterverheißungen seien wegen des jungen Alters von Kap. 26, 2 ff. und 22, 16 ff., spät anzusetzen. Auch in Kap. V sind wir auf das Verhältnis zwischen den verschiedenen Schichten in der Gen eingegangen. Im Gegensatz zu einzelnen Forschern, die den elohistischen Textbestand in Kap. 28, 10 ff. für den ältesten halten und den jahwistischen Bestand als eine spätere redaktionelle Bearbeitung ansehen, haben wir festgestellt, daß der jahwistische Textbestand vor seiner Verbindung mit den elohistischen Elementen ein ursprünglich selbständiger Text war. Kriterien für eine absolute Datierung der jahwistischen Texte haben wir in Gen 27, 27 b—29 und in unserer Untersuchung der „Beistandsformel" (Kap. IV und VI) gefunden. In Kap. 27, 29 a halten wir es für wahrscheinlich, daß J alte Stammestraditionen bearbeitet hat, die sich auf das Verhältnis der israelitischen Stämme zueinander beziehen. Der Verfasser verwendet diese Traditionen jedoch in einem anderen Sinn, er bezieht sie auf das Verhältnis zwischen ganz Israel und nicht-israelitischen Völkern. — Diese gesamt-israelitische Umdeutung der Stammesspruchthematik kann sich zu einer Zeit vollzogen haben, als es noch ein lebendiges Stammesbewußtsein in Israel gab, sie kann entstanden sein, um die Einheit Israels trotz der Stammesunterschiede zu betonen. Gesammelte Stammessprüche finden sich auch in den Erzählungsgefügen anderer Verfasser, vgl. Gen 49 und Dtn 33. Hier hat man jedoch nicht berücksichtigt, daß der einzelne Spruch einen bestimmten Stamm hervorhebt und andere negativ beschreibt. In diesen Sammlungen werden die Sprüche nur aneinandergereiht, dadurch wird die Ganzheit ausgedrückt. Das muß zu einer späten Zeit geschehen sein, als das Stammesbewußtsein kaum noch ein wesentlicher politisch-kultureller Faktor war. Wenn J in Gen 27 gerade nicht auf diese Weise vorgeht, dann kann dies auf eine frühe Entstehungszeit hindeuten. J's Gebrauch der Beistandsformel scheint Beistandsvorstellungen widerzuspiegeln, die einer nomadischen Existenzform entsprechen, dies kann bei J beabsichtigt sein. J unterscheidet sich hier von späteren Schichten (Kap. 26 und R' e ), die, selbst wenn sie von (halbnomadischen) Wanderun-

IX. Ergebnis

313

gen in und außerhalb des Kulturlandes berichten, die Beistandsformel in einer Weise verwenden, die den Traditionen der seßhaften Bevölkerung entspricht. — Dies scheint anzudeuten, daß J sich Israels Erbe der nomadischen Kultur bewußt ist, anders als die Verfasser einer späteren Zeit. Bei J finden sich übrigens mehrere dementsprechende Züge, z. B. in Kap. 2, 4 ff. Sie lassen sich am einfachsten daraus erklären, daß J bis in eine Zeit zurückgeht, wo die nomadischen Glaubensvorstellungen noch lebendig waren; das zeigt uns wahrscheinlich eine ziemlich frühe Entstehungszeit an. In den beiden letzten Kapiteln diskutieren wir hauptsächlich mit den Forschern, die der Meinung sind, in den behandelten Texten Indizien gefunden zu haben, die eine späte Datierung erfordern. Die Kriterien ergeben sich vor allem aus einem Vergleich mit dtn.-dtr. und spätprophetischen Texten. Wir sind zu dem Ergebnis gelangt, daß weder die Verheißung, ein Segen für andere zu sein, noch die Segensverheißung an sich auf eine späte Zeit hinweisen. Unser Vergleich zeigt, daß die jahwistischen Gen-Texte nicht zentrale Anliegen zum Thema haben, die den Rahmen der Aussagen bilden, die den J-Texten entsprechen sollen. Einige dieser Anliegen (das Verhältnis Gesetz — Segen und der internationale, universale Horizont) werden auch in verschiedenen Gen-Stellen behandelt, die sich als nach- oder nicht-jahwistisch herausgestellt haben (Gen 26,2 ff.; 22, 16 ff.; 18, 18 f.). Das Fehlen jener in den J-Texten deutet auf eine Entstehung dieser Perikopen in einer Zeit, als diese Problemstellung noch nicht aktuell geworden war. Im Ganzen weisen die Indizien auf eine vor-dtn. Entstehungszeit der von uns untersuchten jahwistischen Gen-Texte, sie sind wahrscheinlich zur Zeit des davidisch-salomonischen Großreiches verfaßt worden. Mehrere der Textmerkmale, auf die wir hingewiesen haben, lassen sich am einfachsten dadurch erklären, wenn man annimmt, daß die Texte vor der Bedrohung des Großreichs durch äußere und innere Feinde entstanden sind. Die Auffassung der Forschung, das „jahwistische" Werk sei um 950 v. Chr. zu datieren, wird auch durch die von uns herausgearbeiteten Beweise gestützt. Die Tragfähigkeit der behandelten Indizien im Hinblick auf einen Standpunkt in der mit diesen Texten verbundenen Datierungsdebatte liegt darin, daß sie insgesamt auf ein- und dieselbe Zeit als die wahrscheinlichste Entstehungszeit hinweisen: auf die frühe Zeit des Großreiches. In dem Maß, in dem die erwähnten Stellen einer gemeinsamen Quellenschrift, „des Jahwisten" angehören, sind die genannten Kriterien auch Beweise einer möglichen Datierung des „Jahwisten" in diese Zeit.

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12.1-3 . . . 147, 229f., 235, 260-63 12.1 255, 257, 305 12.2-3 . . . 9, 124, 167, 244 12.2 306 f. 12.3 229, 236, 245 12,10-20 . . . 15, 115, 235, 243 12,10 81, 82 12,12—14a 28 12,16 115 13, 235 f., 243 13.1 . . . . 28, 109, 111, 115 13. 2 109, 110 13.3 f. . . . 28, 109, 110, 111 13. 4 109 13.5 110 109 13,5 ff. 13. 9 111 13.10 64, 65, 172 f. 13,14-17 170 f. 13.14 165, 167 13.15 82, 83 13.16 307 13,18 30 15, 43 15,7 164 15,18 39 16,12 . . 132, 140-43, 145 17,4.5 53 17,6.16 53 18,1 ff. 158 18,17f. 237 18,18 ff. 237 18,18 f. 301 18.18 . . . . 25 f., 44, 59, 74, 237, 244 18.19 82, 268, 302 18,23-32 237

19 , 237, 243 19,2 151 20 , 114 20.1 ff. 115,118 20,1 lllf. 20,11 112 20.13 112 f. 20.14 115 21,8-21 33, 35 21,20 212 21.22 213 22,1-14 35 22. 2 34 22.15-18 35,36,92 22.16-18 304 22.17 82, 252, 307 22.18 . . . . 59, 74, 247, 253 24,4.7 16 24,14 79 24,38.40.42 57 24,60 284 25,18 132 25.23 53 26, 10, 214, 223, 233, 276 26.1-11 111, 113 f. 26.2- 5 114 26.2 34, 113 26.3- 5 35 26.3 f. 252 26.3 113, 209, 284 26.4 . . . . 59, 74, 234, 244, 247 26.5 244, 304 26,12-33 116 26,12-22 117 26,12-14 114 26,12 64, 65 26,14 115

328 26.24 27, 27,3 f. 27,27 f. 27.27 b - 2 9 27.28 27.29 27,33-40 27,33-34 . . 27.33 27.34 27,35-38 . . 27.35 27.36 27.37 27.38 27.39 28,3 28,10-22 28,13-15 . . .

164, 209, 284 10 280 f. 65 282 282 25, 26 127, 128 124, 126, 127 125 124, 125 124, 126, 127 125, 126 125, 126 125 124, 125 126 53 9 . 9, 83, 209, 243, 305 28.13 201 28.14 . . . . 18, 44, 231, 307 28.15 201, 214 28,20-22 179, 182 28,20 210 29,1-30 238 30, . . . 185, 215, 237, 243 f. 30.25 ff. 210 30,27 . . . . 210, 237 f., 276, 305 f. 30.30 . . . . 167, 210, 237 f., 276 30,43 177 f. 31,1-6 177 31.1 177 31.2 . . . 1 7 7 - 8 0 , 182, 214 31.3 . . . 16 f., 36, 1 7 6 - 8 2 , 210, 214 31.4 ff. . . . . 178, 182, 214 3 1 , 4 - 1 6 . . . 178, 179, 180, 182 31. 5 180, 211 f., 214 31,13 . . . . 16 f., 36, 179 f., 214 31,10-13 212 31,19-21 182 f. 31,22-42 239

Bibelstellenregister 31.41 31.42 31,51-53 32, 32.1 ff. 32,10-13 32.10 32.11 32.12 32.13 32,22 f. 33,18.20 35,2-4 35. 3 35,6 f. 35,11 37,36 39-41 39 , 39.2 f. 39,21.23 40 , 40,1 40.3 a 40. 4 40.5 b 40,15 b 41.14 aß 45,5-8 46,1-5 48. 4 48,17-19 48.19 48.20 48.21 49 49,5-7 49,8-12 49.8 49.9 49,10-12 49,25 f. 49.25 49.26 50,17-21 50,24

211 210 f., 214 240 276 158 . . 175, 179, 181 16 f., 176, 182, 211, 214, 222 182 182, 255 176, 182 151 f. 36 37 213 36 f. 53 f., 284 185 189, 193 242 213 213 186-9 187 188 188 187 188 188 190 207 53 132, 145 53 f. 49 f. 213, 214 132, 134, 144 139 138 1 3 3 - 3 6 , 138 136, 145 136 142 65 139 190 39, 89, 90 Ex

3,2

158

13,18 23,20 ff. 23.20 32,10 33,16

220 273 219 307 220 Lev

26,

273 Num

5,8 6,21 10,29-32 21,16 23,10 23.21 24,7 24.9

. .

78 78 219, 220, 221 79 167 224 140 25 f., 145

Dtn 1,10.11 1,9-18 2.7 4,6-8 4,31 7. 8 7.9 7.1 0 7.11 7.1 2 7,13-15 7.13 f. 7,13 8,3-6 8,18 9,5 12,7 14,24 14,29 15,4-6 15.10 15,14 15.18 16,13 ff. 21,21 22,21 23,21 24.19

298, 306 298 225, 299 306 87 87f., 288, 296 293 f., 296 296 292, 295 87 f., 292 296 292 128 294 f. 87 f. 87 292 291 288 290 289 291 290 291 98 98 288 288

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Bibelstellenregister 26.15 28, 28,1-14 28,3-6 . . . . 28.68 28.69 30,1.15 f. 31.8.23 33, 33.9.24 33,13 ff. 33,13 33.16 34,4

128, 298 273, 279 297 128, 297, 300 79 77 f. 398 223 134 f., 144 139 142 129 139 90

Jos 1,5 1,9

223 f. 223 Jdc

1,1 ff. 17,2 18,2 f. 19,9

137 278 152 152 I Sam

3,19

7, 7,18 ff. 8,13 12,16

3,5 ff. 8,23-26 8,33-36 8,57 10,13 19,9 22,19 ff.

2,2 - 4 6, 6,8 19.24 41,8-10 41.8 f. 43,2.5 49,1-6 49.6 49.7 ff. 51,1-2 51. 2 51,11 52,13-53,12 54.3 55,3-5 Jer

58 245, 247 58 259 58 259 Ez

265, 267

256 Am

3,2

57

4,1-3 245 f., 252 156, 157 156 253 256 255 256 246, 250 254, 257 251 251 254 255 251 258 270

1,15 4,2 10.25 24,6 25. 9 29,10.14

IReg 1,47

Hos 12,5

Mi Jes

213 II Sam 260, 2 6 3 - 6 7 181 265 152

181 181 259 224 78 153 156, 157

20,32

58

252 Nah

3,4

58 Sach

8,13 14,16-19

253 59 Ps

21,4.7 22,28 47, 47,10 72,17 89, 132,

267 f. 58 260 268 50, 260, 268 f. 260, 267 260, 267 I Chr

13,2 16,28

84 58 II Chr

11,23 34,33

84 84

BEIHEFTE ZUR ZEITSCHRIFT FÜR DIE ALTTESTAMENTLICHE WISSENSCHAFT DIETHELM MICHEL

Untersuchungen zur Eigenart des Buches Qohelet Groß-Oktav. VII, 329 Seiten. 1989. Ganzleinen DM 118,ISBN 3 110121611 (Band 183) DIETHARD RÖMHELD

Wege der Weisheit Die Lehren Amenemopes und Proverbien 22,17 - 24,22 Groß-Oktav. X, 223 Seiten. 1989. Ganzleinen D M 86,ISBN 311011958 7 (Band 184)

Prophet und Prophetenbuch Festschrift für Otto Kaiser zum 65. Geburtstag

Herausgegeben von Volkmar Fritz • Karl-Friedrich Pohlmann • Hans-Christoph Schmitt Groß-Oktav. VII, 284 Seiten. Mit einem Frontispiz. 1989. Ganzleinen DM 144,-

ISBN 3 11011339 2 (Band 185)

CHRISTOF HARDMEIER

Prophetie im Streit vor dem Untergang Judas Erzählkommunikative Studien zur Entstehungssituation der Jesaja- und Jeremiaerzählungen in II Reg 18-20 und Jer 37-40 Groß-Oktav. XVII, 506 Seiten. 1990. Ganzleinen DM 178,ISBN 3 11011735 5 (Band 187)

In Vorbereitung ERHARD BLUM

Studien zur Komposition des Pentateuch Groß-Oktav. Etwa 368 Seiten. 1990. Ganzleinen etwa DM 128,ISBN 3 11012027 5 DWIGHT R. DANIELS

Hosea and Salvation History The Early Traditions of Israel in the Prophecy of Hosea 1990. Large-octavo. Approx. 232 pages. Cloth approx. DM 82,ISBN 3 11012143 3 Preisänderungen vorbehalten

Walter de Gruyter

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Berlin • New York

BEIHEFTE ZUR ZEITSCHRIFT FÜR DIE ALTTESTAMENTLICHE WISSENSCHAFT INGO KOTTSIEPER

Die Sprache der Ahiqarsprüche Groß-Oktav. Etwa 224 Seiten. 1990. Ganzleinen etwa DM 84,ISBN3110123312 HERBERT NIEHR

Der höchste Gott Alttestamentlicher J H W H - G l a u b e i m K o n t e x t syrisch-kanaanäischer R e l i g i o n des 1. J a h r t a u s e n d s v. C h r . Groß-Oktav. Etwa 256 Seiten. 1990. Ganzleinen etwa DM 96,ISBN 3 11012342 8 D O N G HYUN BÄK

Klagender Gott - Klagende Menschen S t u d i e n zur K l a g e i m J e r e m i a b u c h Groß-Oktav. Etwa 272 Seiten. 1990. Ganzleinen etwa DM 9 8 ISBN 3 11012341X MARTIN L. BRENNER

The Song of the Sea: Ex 15:1-21 1990. Large-octavo. Approx. 160 pages. Cloth approx. DM 78,ISBN 3 110123401 UWE BECKER

Richterzeit und Königtum Redaktionsgeschichtliche Studien zum Richterbuch Groß-Oktav. Etwa 368 Seiten. 1990. Ganzleinen etwa DM 126,ISBN 311012440 8 LUDGER SCHWIENHORST-SCHÖNBERGER

Das Bundesbuch (Ex 20,22 - 23,33) S t u d i e n z u seiner E n t s t e h u n g u n d T h e o l o g i e Groß-Oktav. Etwa 432 Seiten. 1990. Ganzleinen etwa DM 158,ISBN 3 110124041

Preisänderungen vorbehalten

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