Die Wiedereinführung des Berufsbeamtentums in den neuen Ländern [1 ed.] 9783428496631, 9783428096633

Die Übergangsregelungen des Einigungsvertrages zur Begründung von Beamtenverhältnissen im Beitrittsgebiet haben zu Abwei

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Die Wiedereinführung des Berufsbeamtentums in den neuen Ländern [1 ed.]
 9783428496631, 9783428096633

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Beiträge zum Beamtenrecht Band 6

Die Wiedereinführung des Berufsbeamtentums in den neuen Ländern Von

Wito Schwanengel

Duncker & Humblot · Berlin

W I T O SCHWANENGEL

Die Wiedereinführung des Berufsbeamtentums in den neuen Ländern

Beiträge zum Beamtenrecht Herausgegeben von Prof. Dr. Dr. Detlef Merten und Prof. Dr. Helmut Lecheler

Band 6

Die Wiedereinführang des Berafsbeamtentums in den neuen Ländern Von Wito Schwanengel

Duncker & Humblot • Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Schwanengel, Wito: Die Wiedereinführung des Berufsbeamtentums in den neuen Ländern / von Wito Schwanengel. - Berlin : Duncker und Humblot, 1999 (Beiträge zum Beamtenrecht; Bd. 6) Zugl.: Speyer, Hochsch. für Verwaltungswiss., Diss., 1998 ISBN 3-428-09663-0

Alle Rechte vorbehalten © 1999 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0940-676X ISBN 3-428-09663-0 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706©

Meinen Eltern in Liebe und Dankbarkeit

Vorwort Das Berufsbeamtentum ist Gegenstand des Verfassungsrechts, das sein Leitbild aus den hergebrachten Grundsätzen entwickelt. Dabei rechtfertigt es sich nicht aus der Tradition, sondern aus seiner Funktion i m modernen Verfassungsstaat. Die Grundsätze der pluralistischen Demokratie, des republikanischen Amtes, der Gewaltentrennung und der Rechtsstaatlichkeit erfordern das Beamtentum als Garant für die Legalität und Neutralität der Verwaltung. Die Legitimationskrisen in die das Beamtentum immer wieder geraten ist, mögen aus unterschiedlichen Quellen gespeist sein. Wie sehr aber das Schicksal des Staatsdienstes vom Schicksal des Staates abhängt, dem der Beamte dient, zeigt nicht zuletzt die Beseitigung des Berufsbeamtentums in der ehemaligen DDR. Auch die einigungsveranlaßten Übergangsregelungen belegen die staatsgrundsätzliche Bedeutung, die einem unabhängigen, auf Sachwissen und fachlicher Leistung beruhenden Amtsträger für die effektive Realisierung des Verfassungsgebots der gesetzesgebundenen Verwaltung zukommt. Diesem Thema widmet sich die vorliegende Arbeit. Sie enthält einerseits einen Rückblick auf das Staatsbedienstetenverhältnis in der DDR und beschäftigt sich andererseits mit den Vorgaben des Einigungsvertrages und den diese Vorgaben ausfüllenden Normen zur Gestaltung des Beamtenrechts in den neuen Ländern. Die Aibeit entstand während meiner Abordnung von der Thüringer Fachhochschule für öffentliche Verwaltung an das Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung bei der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer. Der Hochschule lag die Untersuchung Ende 1997 als Dissertation vor und wurde mit dem Rigorosum i m Juli 1998 abgeschlossen. Für die Drucklegung wurden, ohne größere Eingriffe in den Text, substantielle Änderungen der Rechtslage und neuere Entwicklungen durch entsprechende Hinweise in den Fußnoten berücksichtigt. Meinem akademischen Lehrer, Herrn Univ.-Prof. Dr. Dr. Detlef Merten , bin ich für die Betreuung der Dissertation und die mir zuteil gewordene stetige Förderung zu bleibendem Dank verpflichtet. Sowohl wissenschaftlich als auch menschlich war diese Zusammenarbeit eine große Bereicherung. Er verstand es, mein Urteilsvermögen für staats- und verwaltungsrechtliche Fragen zu schärfen und mir durch seine konstruktiven Hinweise Einsichten zu vermitteln, ohne die meine Arbeit nicht die vorliegende Gestalt erhalten hätte. Herzlichen Dank schulde ich auch Herrn Univ.-Prof. Dr. Willi Blümel , der nicht nur das Zweitgutachten übernahm, sondern meine ersten Erfahrungen

8

Vorwort

mit Wissenschaft und Rechtsordnung der Bundesrepublik ebenso nachhaltig prägte, wie meinen Werdegang durch sein förderndes Interesse des wissenschaftlichen Nachwuchses. In freundschaftlicher Verbundenheit sei Herrn Univ.-Prof. Dr. Karl-Peter Sommermann herzlich Dank gesagt, der in seiner wissenschaftlich anregenden und menschlich angenehmen Art meine wissenschaftliche Arbeit stets mit Rat und Tat begleitete. Danken darf ich darüber hinaus den zahlreichen Forschungsreferentinnen und -referenten sowie wissenschaftlichen Mitarbeitern der Hochschule, die Weggefährten meiner Speyerer Zeit waren. Nicht unerwähnt bleiben dürfen die Mitarbeiterinnen des Sekretariats des Forschungsinstituts, namentlich Frau Elisabeth Lerchenmüller, die mich bei der Erstellung des Druckmanuskripts unterstützte, sowie die Mitarbeiter der Hochschulverwaltung und der Bibliothek. In Dankbarkeit ist die vorliegende Arbeit meinen Eltern gewidmet. Ohne ihren Beistand hätte die Arbeit nicht entstehen können. Meinem Vater, dem ich anders nicht mehr danken kann, war es eine Herzenssache, die meine Mutter, auch mit persönlichem Verzicht, fortführte. Nicht zuletzt gebührt den Herausgebern der Schriftenreihe „Beiträge zum Beamtenrecht", Herrn Univ.-Prof. Dr. Helmut Lecheler und Herrn Univ.-Prof. Dr. Dr. Detlef Merten, und dem Verlag Duncker & Humblot, namentlich seinem Geschäftsführer Herrn Prof. Dr. h.c. Norbert Simon, für die Aufnahme in das Verlagsprogramm sowie dem Deutschen Beamtenbund für die großzügige Förderung der Publikation Dank.

Speyer, i m März 1999

Wito Schwanengel

Inhaltsverzeichnis Einführung

13

A. Die theoretische Grundlage und rechtliche Gestaltung des Staatsdienstes in der DDR

19

I.

Der Staatsdienst i n der Lehre des Marxismus / Leninismus

19

1. Die Instrumentalisierung des Staates und seiner Bediensteten

19

2. Die Marxsche Bürokratiekritik und das Modell der universellen Laienverwaltung

21

3. Die Fortentwicklung der Marxschen Theorie durch Lenin und sein Konzept der personellen Elite

23

4. Die Umsetzung der Elitekonzeption auf den Staatsapparat der DDR

25

5. Die Abschaffung des Berufsbeamtentums als Abwendung vom Rechtsstaatsgedanken

28

II. Die Beseitigung tradierter Strukturen des Berufsbeamtentums

34

1. Die Personalpolitik der SED als Instrument der Machteroberung und-erhaltung

34

2. Die Umstellung des Staatsdienstes auf eine sozialistische Rechtsgrundlage

41

a) Die Rechtsverhältnisse der Staatsbediensteten i n den Provinzen und Ländern der SBZ

41

b) Das Staatsbedienstetenverhältnis i n der Gründungsphase der DDR und die These von seiner„Doppelnatur"

49

III. Die rechtliche Gestaltung des Arbeitsverhältnisses der Staatsbediensteten und sein Charakter als Sonderrechtsverhältnis

61

1. Die Formen der Begründung und Beendigung des Staatsbedienstetenverhältnisses

61

2. Das Staatsbedienstetenverhältnis als personelle Absicherung staatlicher Machtstrukturen

65

a) Die besondere Pflichtenstruktur - ideologische Verhaltens- und systembindende Dienstpflichten des Staatsbediensteten

65

10

Inhaltsverzeichnis b) Das besondere Weisungsrecht - Parteilichkeits- versus Rechtmäßigkeitsbindung

67

c) Das besondere Disziplinarrecht - Ausdruck und Mittel zur Durchsetzung einer gesteigerten Systemloyalität

70

IV. Öffentliche Verwaltung i m Beitrittsgebiet und Staatsapparat in der DDR

74

1. Der personelle Geltungsbereich des Bewährungsmodells und der Begriff des Staatsbediensteten

74

2. Die Rekrutierung und Qualifizierung der Staatsbediensteten

80

B. Die Wiedereinführung rungsmodell I.

des Berufsbeamtentums

nach dem Bewäh90

Zur verfassungsrechtlichen Ausgangslage

90

1. Die Entwicklung zum Einigungsvertrag und das Ringen um die Wahrung der Besitzstände

90

2. Der Funktionsvorbehalt des Art. 33 I V GG und das Verbeamtungsgebot des Einigungsvertrages

95

3. Die Reichweite des Funktionsvorbehalts als verfassungsrechtliche Vorgabe einer Verbeamtung

99

a) Die kontroverse Bestimmung des Verfassungsbegriffs der hoheitsrechtlichen Befugnisse

99

b) Die personelle Absicherung des Rechtsstaatsprinzips als ratio legis des Funktionsvorbehalts

102

II. Die Verbeamtungspraxis in den neuen Ländern

104

1. Die Verbeamtungskonzepte und die These von den „Kernbereichen hoheitlicher Aufgaben"

104

2. Die Verbeamtung der Lehrer als Beispiel

107

a) Das Modell der Verbeamtung von Funktionsträgern als rechtsmißbräuchliche Formenwahl

107

b) Die Verbeamtung der Lehrer als Verfassungsgebot - Schulverhältnis und Staatsrepräsentanz des Lehramtes als Rechtfertigung des Beamtenstatus

110

ID. Das Bewährungsbeamtenverhältnis als Beamtenverhältnis sui generis ...

118

1. Das Modell des geteilten Erwerbs der Laufbahnbefähigung

118

2. Die bereichsgebundene Laufbahnbefahigung und die Möglichkeit einer Gleichwertigkeitsfeststellung

123

Inhaltsverzeichnis 3. Die Dienstpostenbewährung als Voraussetzung vorläufiger Laufbahnbefähigung

125

b) Der geeignete Bewährungsdienstposten als Grundlage beamtenrechtlicher Bewährungsfeststellung

128

4. Die Bestätigung der Laufbahnbefähigung durch Bewährung in der Probezeit

132

a) Das Beamtenverhältnis auf Probe als besonderes Bewährungsdienstverhältnis

132

b) Mindestprobezeit und Probezeitverkürzung

134

c) Bewährungsentscheidung und Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit

139

d) Das Gebot der Anstellung im Eingangsamt und mögliche Ausnahmen für Bewährungsbeamte

142

e) Die Nachqualifizierung der Bewährungsbeamten - Modelle und Rechtscharakter

145

C. Die Besonderheiten des Besoldungs- und Versorgungsrechts in den neuen Ländern I.

125

a) Die Festsetzung der Bewährungszeit

149

Die besoldungsrechtlichen Sonderregelungen

149

1. Die Kompetenzzuweisungen und der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besoldung

149

2. Die inhaltliche Gestaltung der besoldungsrechtlichen Übergangsregelungen

153

a) Die Regelungsbereiche und der personelle Geltungsbereich

153

b) Der Grundsatz amtsangemessener Alimentation und die Festsetzung des Besoldungsniveaus

154

c) Die Verfassungsmäßigkeit des Besoldungszuschusses und der besonderen Funktionszulage

158

d) Die Anerkennung von Vordienstzeiten und die Festsetzung des Besoldungsdienstalters

165

II. Die versorgungsrechtlichen Sonderregelungen

169

1. Die Regelungsbereiche und der personelle Geltungsbereich

169

2. Die inhaltliche Gestaltung der versorgungsrechtlichen Übergangsregelungen

171

D. Die persönliche Eignung des Beamten vor dem Hintergrund politischer Vorbelastung

177

12

Inhaltsverzeichnis I.

Der Grundsatz der Verfassungstreue als Eignungsprognose und -maßstab

177

1. Die Verfassungstreue als hergebrachter Grundsatz und vorrechtsstaatliche Vergangenheit als normative Dimension

177

2. Die Typologie der einfachgesetzlichen Maßstäbe

180

I L Die besonderen persönlichen Voraussetzungen der Berufung in ein Beamtenverhältnis

182

1. Die Nichteignung wegen Verstoßes gegen die Grundsätze der Menschlichkeit und Rechtsstaatlichkeit

182

2. Die Nichteignung wegen Tätigkeit für das MfS

184

a) Das Erfordernis bewußter und finaler Tätigkeit für das MfS

184

b) Das Auskunftsverlangen der Ernennungsbehörde - Zulässigkeit und Grenzen

188

c) Die Sonderfälle einer Tätigkeit für das MfS

192

d) Das Erfordernis differenzierender Einzelfallprüfung und Eignungsprognose

194

e) Die Sachverhaltsermittlung Eignungsprognose

203

f)

i m Lichte

einzelfallorientierter

Die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis wegen Tätigkeit für das MfS

208

g) Die Rücknahme der Ernennung wegen arglistiger Täuschung ....

213

3. Die Nichteignung wegen herausgehobener Funktion oder Position i m DDR-System

219

a) Das Verfassungsgebot einer Gesamtwürdigung systemkonformen Verhaltens

219

b) Die Verfassungsmäßigkeit typisierender Kataloge

221

E. Resümee

227

Anhang I: Verbeamtung von Bewährungsbewerbern in Thüringen

233

Anhang I I : Verbeamtung von Bewährungsbewerbern in Sachsen-Anhalt ...

237

Literaturverzeichnis

239

Stichwortverzeichnis

259

Einführung Die Tradition des Berufsbeamtentums bildet in Deutschland eine sinnstiftende Grundlage des Verfassungsstaates 1 und ist eine der Säulen, auf denen der Staat ruht 2 . Bewußt knüpft das Grundgesetz an die gewachsene Rechtstradition an und nimmt sie in seine Ordnung als Vorbedingung für den Wirkbereich des Staates auf. Das Berufsbeamtentum, so wie es in Art. 33 V GG Gestalt gefunden hat, spiegelt die Verbindung der Aufbauprinzipien der staatlichen Ordnung, 3 indem es die rechtsstaatliche Bindung der Verwaltung an Gesetz und Recht von der institutionellen auf die dienstrechtliche Ebene überträgt 4. Die sachliche, unparteiische, von wechselnden Beutegesichtspunkten freie Erfüllung der Staatsaufgaben durch sachkundige und vom Ethos sachgerechter Leistung erfüllte Fachleute der Verwaltung ist das gewichtigste Argument, das für die Rechtfertigung des Berufsbeamtentums in einer demokratischen Verfassungsordnung vorgebracht werden kann.5 Als Institution von staatsgrundsätzlicher Bedeutung gewährleistet es die Durchsetzung des demokratisch gebildeten Willens und wird somit selbst zum Träger des Rechtsstaatsgedankens.6

1 Josef Isensee, Vorwort, in: ders. (Hrsg.), Walter Leisner - Beamtentum, Berlin 1995, S.V. 2 So bereits im Mai 1948 der Beamtenausschuß der LDP (Ost) in seinem „Entwurf eines Grundgesetzes zur Wiedereinführung des Berufsbeamtentums", abgedruckt in: Hans Kuhnd, Um die Wiedereinführung des Berufsbeamtentums, Berlin (Ost) 1948, S. 7 f. 3 Helmut Lecheler, Der öffentliche Dienst, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. III, Heidelberg 1988, § 72 Rn.15. 4 Josef Isensee, Öffentlicher Dienst, in: Benda / Maihofer / Vogel, Handbuch des Verfassungsrechts, 2. Auflage, Berlin 1994, § 32 Rn.23. 5 Wilhelm Grewe, Inwieweit läßt Art. 33 Abs. 5 des Grundgesetzes eine Reform des Beamtenrechts zu?, in: Verhandlungen des neununddreißigsten Deutschen Juristentages, Tübingen 1952, Teil D, S. D 3, D 27 f. 6 Abgeordneter Dr. Strauß , 12. Sitzung des Zuständigkeitsausschusses des Parlamentarischen Rates, abgedruckt in: Schneider (Hrsg.), Das Grundgesetz - Dokumentation seiner Entstehung, Bd. 10, Frankfurt a.M. 1996, Art 33 4 u. 5, S. 413; CarlHermann Ule, Öffentlicher Dienst, in: Bettermann / Nipperdey (Hrsg.), Die Grundrechte, Bd. IV/2. Halbd., Berlin 1962, S. 537, 649; ders., Beamter oder Staatsfunktionär?, in: Studi in onre di Silvio Lessona, Bologna 1963, S. 475, 496; Walter Leisner, Grundlagen des Berufsbeamtentums, in: Isensee (Hrsg.), Walter Leisner - Beamtentum (Fn. 1), S. 109, 116 f. u. 114; Detlef Merten, Das Berufsbeamtentum als Element

14

Einführung

Mit der Amtsidee, die es ermöglicht, die Vollzugsgewalt in einer festen und auf die Interessen der Allgemeinheit orientierten Ordnung überschaubar, lenkbar und kontrollierbar zu machen, ist eine Instrumentalisierung der Staatsgewalt und ein an den ideologischen Werten der staatstragenden Partei ausgerichteter Status seiner Bediensteten unvereinbar. Im Prinzip des Amtes, durch das die Staatsfunktionen aus dem Aggregatzustand der Macht in den des Rechts überführt werden 7, erscheint die Staatsgewalt für den Amtsinhaber als ein Konglomerat von dienstrechtlichen wie ethischen8 Pflichten, die im Interesse der Allgemeinheit zu erfüllen sind. Das instrumentalisierte Staatsbedienstetenverhältnis der vormaligen DDR steht somit diametral zur Tradition der funktionalen Legitimation des Beamtenstatus, wie sie das Grundgesetz als dienstrechtlich-organisatorischen Ausdruck rechtsstaatlicher Mäßigung der Staatsmacht in hergebrachter Begründung 9 kennt. Das Aliudverhältnis 10 zwischen den beiden Systemen spiegelt sich auch in den beiden Formen des Staatsbedienstetenverhältnisses, die nicht miteinander in Einklang zu bringen sind, weil sie auf grundverschiedenen Staatsvorstellungen beruhen. 11 War die Ablehnung und Abschaffung des Berufsbeamtentums in der Sowjetischen Besatzungszone und später in der DDR eine Folge der Abwendung vom Rechtsstaatsgedanken, so ist sein Wiederaufbau keine randständige Routineaufgabe, sondern ein Schlüsselelement i m Prozeß tatsächlicher Einigung Deutschlands. Die Nachwirkungen dieses Fundamentaldissenses abzubauen, ist Aufgabe der inneren Wiedervereinigung. Mit der Erstreckung des Grundgesetzes auf das Beitrittsgebiet (Art. 3 des Einigungsvertrags) wurde Art. 33 IV, VGG auch dort ohne Vorbehalte in Kraft gesetzt, verbunden mit der in Art. 20 I I S. 1 EINIGUNGSVERTRAG bekräftigten, objektiv-rechtlichen Verpflichtung, durch Schaffung der rechtlichen Voraussetzungen die Wahrnehmimg von hoheitsrechtlichen Befugnissen durch Beamte zu ermöglichen. Die Einführung des Beamtenrechts selbst

deutscher Rechtsstaatlichkeit, in: Lüder (Hrsg.), Staat und Verwaltung, Berlin 1997, S. 145,149 f. u. 152. 7 Josef Isensee (Fn. 4), § 32 Rn.16. 8 Vgl. zu den Anforderungen eines modernen Beamtenethos: Klaus Vogelgesang, Ethos des Berufsbeamtentums in der Gegenwart, ZBR 1997, S. 33, 36, für den Pflichtund Verantwortungsbewußtsein, Loyalität gegenüber dem Rechtsstaat und aktives Eintreten für diesen keine antiquierten Sekundärtugenden sind, sondern gerade angesichts wachsender und sich wandelnder Anforderungen an den Staat benötigt werden, um die Kontinuität rechtsstaatlichen Handelns zu gewährleisten. 9 Walter Leisner, Legitimation des Berufsbeamtentums aus der Aufgabenerfüllung, in: Isensee (Hrsg.), Walter Leisner - Beamtentum (Fn. 1), S. 162,162 f. 10 Ulrich Battis, Aufbau des öffentlichen Dienstes in den neuen Bundesländern, in: Isensee (Hrsg.), Vergangenheitsbewältigung durch Recht, Berlin 1992, S. 65, 66. 11 Carl-Hermann Ule, Beamter oder Staatsfunktionär? (Fn. 6), S. 497; Peter M. Huber, Das Berufsbeamtentum im Umbruch, Die Verwaltung 1996, S. 437, 438.

Einführung sollte gemäß Art. 20 I I S. 2 EINIGUNGSVERTRAG nach Maßgabe der in Anlage I vereinbarten Regelungen erfolgen. Betrachtet man Art. 20 I I Einigungsvertrag deshalb im Lichte des Art. 33 GG, ergeben sich zahlreiche Umsetzungsprobleme. Diese von tradierten Grundzügen des Beamtenrechts abweichenden Übergangsregelungen sollen im Zentrum der nachfolgenden Untersuchung stehen. Der erste Teil der Arbeit beschäftigt sich mit den staatstheoretischen und normativen Grundlagen des Staatsdienstes in der DDR. Ausgehend von den Doktrinen des Marxismus/Leninismus zum Staatsdienst, insbesondere der Marxschen Bürokratiekritik und ihrer Fortentwicklung zum leninistischen Konzept der personellen Elite, wird die Umsetzung der sozialistischen Personalkonzeption auf den Staatsapparat der DDR dargestellt. Anhand der unterschiedlichen Rechtsauffassungen und normativen Ausgestaltungen des Staatsbedienstetenverhältnisses in den einzelnen Ländern und Provinzen der SBZ sowie der personalpolitischen Maßnahmen der KPD/SED, der SMAD und der Regierung der DDR soll der frühzeitigen Beseitigung tradierter Strukturen des Berufsbeamtentums nachgegangen werden, die sich auch in der rigiden Ablehnung von Gegenvorstellungen widerspiegelte. Entgegen der von der sozialistischen Rechtslehre vertretenen These von der grundsätzlichen Gleichstellung des Staatsbedienstetenverhältnisses im Rahmen des allgemeinen Arbeitsrechts, wird sein Charakter als „Sonderrechtsverhältnis" herausgearbeitet, um daraus Rückschlüsse für die Ausgestaltung des Bewährungsbeamtenverhältnisses und die persönliche Eignung als Vorbedingung einer Übernahme in das Beamtenverhältnis zu ziehen. Da der Laufbahnbewerber als Regeltyp des Berufsbeamten 12 in den neuen Bundesländern zunächst nicht zur Verfügung stand, schuf der Einigungsvertrag den Typ des sogenannten Bewährungsbeamten, bei dem es sich angesichts der systemfremden Ausnahmeregelung einer nachbestätigten Laufbahnbefähigung um ein Beamtenverhältnis sui generis handelt. 13 Erscheint das Bewährungsbeamtenverhältnis auch als beitrittsveranlaßte und grundsätzlich geeignete Form zur Wiedereinführung des Berufsbeamtentums, bedürfen zahlreiche Einzelregelungen gleichwohl einer kritischen Auseinandersetzung, was Gegenstand des zweiten Teils der Arbeit ist. Dazu gehören die Anforderungen der am konkret-funktionellen Amt orientierten Bewährungsfeststellungen als 12

Vgl. Walther Fürst (Hrsg.), GKÖD, Bd. I / Teil 2a, K § 7 Rn.25; Walter Scheerbarth / Heinz Höffken / Hans-Joachim Bauschke / Lutz Schmidt, Beamtenrecht, 6. Auflage, Siegburg 1992, § 13 I I 3; Maximilian Baßlsperger, Laufbahnwechsel, ZBR 1994, S.111,114. 13 Vgl. Walther Fürst (Hrsg.), GKÖD, Bd.I / Teil 2a, K § 7 Rn.48; Helmut Lecheler, Der öffentliche Dienst in den neuen Bundesländern, ZBR 1991, S. 48, 49; Hartmut Krüger, Die Wiedereinführung des Berufsbeamtentums nach Maßgabe des Einigungsvertrages, ThürVBl. 1992, S. 193, 197.

16

Einführung

Ersatz der Laufbahnbefähigung, die problematische Ausnahmeregelung einer Anerkennung von DDR-Vordienstzeiten und Bildungsabschlüssen, die Kürzungsmöglichkeiten der Bewährungs- und Probezeit auf Grundlage der Grundsatzbeschlüsse der Personalausschüsse, die erweiterten Möglichkeiten einer Anstellung in einem Beförderungsamt und die Frage, ob und in welchem Umfang die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit von einer ergänzenden Nachqualifizierung abhängig gemacht werden soll und kann. Durch das Dienstrechtsreformgesetz wurde überdies die Möglichkeit einer Probezeitverkürzung durch eine Anrechnung amtsentsprechender Zeiten neu geregelt und an die allgemeinen Vorschriften über eine Mindestprobezeit angeglichen. Neben der Erläuterung der rechtlichen Ausgestaltung und systematischen Einordnung dieser Anrechnungsregelung werden ihre praktischen Auswirkungen und Probleme dargestellt, die sich vor allem aus der Festsetzung der nicht anrechenbaren Bewährungszeiten ergeben. Da das Laufbahnprinzip einen Bewerber fordert, der nicht nur für eine einzelne Stelle, sondern für eine Laufbahn und damit für zahlreiche gleichartige Beamtenstellen geeignet und ausgebildet ist 1 4 , werden aufgrund der Spezifik einer nur bereichsbezogenen Laufbahnbefähigung der Bewährungsbewerber und der damit verbundenen Einschränkung ihrer Mobilität die Möglichkeit einer Gleichwertigkeitsfeststellung des Befähigungsnachweises bei einem Wechsel der obersten Dienstbehörde oder des Dienstherrn erörtert. Darüber hinaus enthält Art. 20 II S. 1 EINIGUNGSVERTRAG mit seiner Formulierung, daß öffentliche Aufgaben „sobald wie möglich" Beamten zu übertragen sind, ein in sachlichem Zusammenhang mit Art. 33 I V GG stehendes Verbeamtungsgebot und verweist mit seiner Definition der „öffentlichen Aufgaben" als hoheitsrechtliche Befugnisse im Sinne des Art. 33 I V GG erneut auf die kontroverse Bestimmung des Funktionsvorbehalts. Nachdem in einigen Ländern der Versuch unternommen wird, eine in den Landesbeamtengesetzen normativ nicht vorgesehene Begrenzung des Beamteneinsatzes auf „Kernbereiche" hoheitlicher Aufgaben 15 durchzusetzen, wird, ausgehend von einer funktionellen Interpretation des Art. 33 I V GG, die Verbeamtungspraxis der Länder näher untersucht und dabei die kontrovers diskutierte Verbeamtung der Lehrer und die rechtliche Zulässigkeit einer Zweiteilung der Lehrerschaft in hoheitliches und dienstleistendes Lehrpersonal erörtert. Die allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und die abweichende Struktur des öffentlichen Dienstes in den neuen Ländern machen es unmöglich, das i m bisherigen Bundesgebiet geltende Besoldungsrecht um14 Vgl. Detlef Merten , Das Recht des öffentlichen Dienstes in Deutschland, in: Magiera / Siedentopf, Das Recht des öffentlichen Dienstes in den Mitgliedsstaaten der EG, Berlin 1994, S. 181,221. 15 Bejahend: Hartmut Krüger ( Fn. 13), S. 198.

Einführung fassend zu übertragen 16, weshalb § 73 BBesG eine Verordnungsermächtigung zu dessen schrittweiser Einführung durch zeitlich befristete Übergangsregelungen enthält 17 . In einem dritten Teil werden deshalb diese Besonderheiten des Besoldungs- und Versorgungsrechts in den neuen Ländern behandelt. Im Mittelpunkt stehen die abweichende Festsetzung des allgemeinen Bezügeniveaus i m Lichte des hergebrachten Grundsatzes der amtsangemessenen Alimentation 18 und die Frage, inwieweit diese durch Rechtsverordnimg erfolgte Regelung mit dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besoldung 19 vereinbar ist. Außerdem wird die Verfassungsmäßigkeit des sogenannten Besoldungszuschusses unter dem Aspekt einer am Leistungsprinzip orientierten Besoldungseinstufung untersucht und die Neuregelung zur Anerkennimg von DDRVordienstzeiten bei der Festsetzung des Besoldungsdienstalters dargestellt. Letzteres wird mit der Frage einer verfassungskonformen Auslegung des § 30 I, I I BBesG i m Lichte der neuesten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verbunden. Da der hergebrachte und zu beachtende Grundsatz der Verfassungstreue 20 als Konkretisierung des Merkmals der Eignung in Art. 33 II GG eine unabdingbare Voraussetzung für die Begründung und den Fortbestand des Beamtenverhältnisses ist 2 1 , beschäftigt sich die Arbeit abschließend mit der persönlichen Eignung von Beamten(-bewerbern) vor dem Hintergrund politischer Vorbelastung, auf die die Landesgesetzgeber auf höchst unterschiedliche Weise und mit charakteristisch voneinander abweichenden Konzepten reagiert haben. Dabei wird unter Beachtung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den Sonderkündigungstatbeständen des Einigungsvertrages 22 zunächst der Frage einer Nichteignung wegen Tätigkeit für das MfS nachgegangen und erörtert, wann von einer bewußten und finalen MfS-Mitarbeit als Eignungsmangel ausgegangen werden kann und wie in diesem Zusammenhang die Abgabe einer Verpflichtungserklärung, falsche Angaben im Personalfragebogen sowie der Zeitpunkt der Tätigkeit und der entstandene materielle und immaterielle Schaden rechtlich zu beurteilen sind. Besonderes Augen-

16 Bruno Schwegmann / Rudolf Summer, BBesG - Kommentar, Bd. II, Teil I I / 1, § 73 BBesG, Rn.2. 17 Vgl. Anke Warbeck, Beamtenversorgungsrechtliche Übergangsregelungen nach der Wiedervereinigung i m Beitrittsgebiet, RiA 1994, S. 131 ff. 18 Vgl. Theodor Maunz, in: Maunz / Dürig, GG-Kommentar, Art. 33 Rn. 69; Norbert Günther, Die Anpassung der Beamtenbesoldung an die allgemeinen wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse, Berlin 1987, S. 85 ff. 19 Vgl. Bruno Schwegmann / Rudolf Summer, BBesG - Kommentar, Bd. II, Teil H/1, § 2 BBesG, Rn. lc. 20 BVerfGE 39, 334, Leits. 1. 21 Vgl. Klaus Stern, Zur Verfassungstreue der Beamten, München 1974, S. 25. 22 BVerfGE 96, 171 ff.; 96, 189 ff.

2 Schwanengel

18

Einführung

merk verdient in diesem Zusammenhang die Rücknahme der Ernennung wegen arglistiger Täuschung und die Frage nach einem möglichen Wiederaufleben eines vorausgegangenen Arbeitsverhältnisses i m Lichte der dazu ergangenen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. 23 Eine am hergebrachten Grundsatz der Verfassungstreue ausgerichtete Rezeption der Grundaussagen des Bundesverfassungsgerichts verdeutlicht die Notwendigkeit einer die Gesamtpersönlichkeit des Bewerbers würdigenden Prognoseentscheidung 24, deren Prämissen i m Zusammenhang mit einer verwertbaren MfS-Mitaibeit deshalb ausführlich diskutiert werden. Ausgehend von der Schlußfolgerung des Bundesverfassungsgerichts, daß einer früher innegehabten Position nicht das Gewicht eines gesetzlich vermuteten Eignungsmangels beigemessen werden kann 25 , wird zudem das Problem der Verfassungsmäßigkeit typisierender Kataloge in den Landesbeamtengesetzen von Sachsen und Thüringen erörtert. Im Lichte des durch Art. 33 I I GG vorgegebenen Differenzierungsziels der persönlichen Eignung wird dabei der Frage nachgegangen, ob eine Ungleichbehandlung herausgehobener Funktionsträger nicht gegen die Grundsätze des Willkürverbots verstößt beziehungsweise unter dem Aspekt der Verhältnismäßigkeit zu einer unzulässigen Verkürzung der Befahigungsprognose führt.

23

BAG, N Z A 1997, S. 1045 ff. BVerfGE 39, 335, 353; BVerfGE 96, 152, 165; vgl. auch: Albrecht Zeuner, Zur Kündigung von Arbeitsverhältnissen des öffentlichen Dienstes in den neuen Bundesländern aus Gründen einer Vorbelastung, in: Becker / Bull / Seewald (Hrsg.), Festschrift für Werner Thieme, S. 380, 377; Helmut Quaritsch, Strafrechtliche und berufsrechtliche Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit, in: ebda., S. 329, 337; Ulrich Battis (Fn. 10), S. 81. 25 BVerfGE 96, 152, Leits.2 u. S. 165, in Anlehnung an BVerfGE 39, 334, 354 f. 24

A. Die theoretische Grundlage und rechtliche Gestaltung des Staatsdienstes in der D D R I. Der Staatsdienst in der Lehre des Marxismus / Leninismus Um die Strukturen und die rechtliche Gestaltung des DDR-Staatsdienstes näher charakterisieren zu können, müssen zunächst die marxistisch-leninistischen Grundthesen zur Rolle des Staates und seiner Bediensteten herausgearbeitet werden. Wie die gesamte Gesellschaftstheorie basierte auch die Organisation der Verwaltung auf den Lehren und Gedankenfragmenten von Marx und Lenin, die den gewandelten Bedingungen und gewollten Strukturen angepaßt und durch Einflüsse unterschiedlichster Provinienz überlagert wurden.

1. Die Instrumentalisierung des Staates und seiner Bediensteten Nach der marxistisch-leninistischen Grunddoktrin von der Diktatur des Proletariats 1 war der Staat als umfassende politische Organisation das Hauptinstrument 2 bei der Umsetzung der von der Partei getroffenen Grundentscheidungen3 und der Staatsbedienstete, der als personelles Element den wichtigsten Teil des Staatsapparates verkörperte 4, der Vollstrecker dieser einmal gegebenen politischen Linie 5 . Dahinter verbarg sich das Wesen einer Staats1

Karl Marx, Kritik des Gothaer Programms, in: Marx / Engels-Werke, Bd. 19, Berlin (Ost) 1962, S. 11, 28; Wladimir-Iljitsch Lenin, Staat und Revolution, in: LeninWerke, Bd. 25, Berlin (Ost) 1960, S. 393,414 f. 2 Einführung in die marxistisch-leninistische Staats- und Rechtslehre, 2. Auflage, Berlin (Ost) 1986, S. 73 f. 3 Marxistisch-leninistische allgemeine Theorie des Staates und des Rechts - Der sozialistische Staat, Berlin (Ost) 1975, S. 316, wobei nach dem offiziellen Sprachgebrauch die Parteiorgane die Staatsorgane nicht ersetzen, sondern nur anleiten sollten (S. 317 f.), um die Parteiherrschaft von politischer Verantwortung freizustellen. Vgl. Georg Brunner, Staatsapparat und Parteiherrschaft in der DDR, in: Machtstrukturen und Entscheidungsmechanismen i m SED-Staat und die Frage der Verantwortung, Materialien der Enquete-Kommission "Aufarbeitung von Geschichte und Folgen der SED-Diktatur", Hrsg. vom Deutschen Bundestag, Bd. I I / 2, S. 989,1002. 4 Karl Bönninger, Der Staatsdienst in der Deutschen Demokratischen Republik, in: Bönninger / Hochbaum / Lekschas / Schulze, Das Verwaltungsrecht der Deutschen Demokratischen Republik, Allgemeiner Teil Berlin (Ost) 1957, S. 137,137. 5 Otmar Schneider, Rechtsgedanken und Rechtstechniken totalitärer Herrschaft, Berlin 1988, S. 126. 2*

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A. Grundlagen des DDR-Staatsdienstes

(Partei-) Struktur, die den Staat zum Instrument dieser Herrschaft machte und den Staatsbediensteten zum politischen Funktionär. Nutzt man den Begriff des "Totalitarismus" als Mittel allgemeiner Herrschaftserkenntnis, wonach die unterschiedliche Herrschaftspraxis nicht ohne den Herrschaftszweck begreifbar ist 6 , so läßt sich das Staatssystem der DDR als totalitäre Diktatur charakterisieren 7. Totalitär durch den toleranzunwilligen Anspruch auf Herrschaft, legitimiert durch eine Systemideologie, die formbar zur Disposition der Herrschenden stand und auf radikale Durchsetzung des eigenen Gesellschaftsmodells ausgerichtet war; diktatorisch durch die auf Überwindung der Gewaltenteilung, Abschaffung des Parteienpluralismus und der Herrschaftskontrolle basierenden Konzentration politischer Macht in einem Herrschaftszentrum 8. Mit einer solchen Funktionalisierung des Staates und seiner Bediensteten ist die rechtliche Eigenständigkeit, die der deutsche Beamte seit dem Spätabsolutismus gewonnen hatte, unvereinbar. Deshalb forderte bereits Marx "nicht mehr wie bisher die bürokratischmilitärische Maschinerie aus einer Hand in die andere zu übertragen, sondern sie zu zerbrechen" 9, worin Lenin "die Hauptlehre des Marxismus von den Aufgaben des Proletariats in der Revolution gegenüber dem Staat sah" 10 . Während die bürgerliche Demokratie das Schwergewicht auf die "pompöse Proklamierung von allerlei Freiheiten und Rechten" lege, müsse die Sowjetorganisation "den Massen in der Praxis den tatsächlichen Zugang zur Verwaltung des Staates einräumen" 11 . Auf diese so proklamierte Einheit von Partei, Staat und Volk 1 2 , die als eine allgemeingültige Gesetzmäßigkeit mit absoluten Wahrheitsanspruch postuliert wurde 13 , baute die sozialistische Rechtslehre 6 Vgl. Manfred Funke, Braune und rote Diktaturen - Zwei Seiten einer Medaille?: Historikerstreit und Totalitarismustheorie, in: Jesse (Hrsg.), Totalitarismus im 20. Jahrhundert, Bonn 1996, S. 152, 153 ff., der vor allem auf die formalen Gemeinsamkeiten totalitärer Herrschaft verweist, auch wenn daraus keine übergreifende Identität ideologischer Zwecke und Instrumentarien abzuleiten ist. 7 Georg Brunner (Fn. 3), S. 990 f. 8 Manfred Funke (Fn. 6), S. 152. 9 Karl Marx, Brief an Kugelmann vom 12.4.1871, in: Marx / Engels-Werke, Bd. 17, Berlin (Ost) 1962, Anmerkung 236 (S. 709) zu der Aussage "die Arbeiterklasse kann nicht die fertige Staatsmaschinerie einfach in Besitz nehmen und diese für ihre Zwecke in Bewegung setzen", Karl Marx, Der Bürgerkrieg in Frankreich, in: Marx / Engels-Werke, Bd. 17, Berlin (Ost) 1962 S. 313, 336. 10 Wladimir-Iljitsch Lenin (Fn. 1), S. 428. 11 Wladimir-Iljitsch Lenin, , Entwurf des Programms der KPR (B), in: LeninWerke, Bd. 29, Berlin (Ost) 1963, S. 81, 94. 12 Diese wurde von Karl Polak, der nach 1945 zum einflußreichsten Rechtswissenschaftler der DDR avancierte, für die DDR-Staatsorganisation rezipiert; Vgl. Karl Polak, Zur Dialektik in der Staatslehre, 3. Auflage, Berlin (Ost), 1963, S. 252. 13 Karl-Heinz Schöneburg / Werner Wippold, Entstehung und Form des sozialistischen Staates in der DDR, StuR 1974, S. 1444, 1445.

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den Unterschied zwischen Beamten und Staatsbediensteten auf. Danach war die auf der Trennung von legislativer und exekutiver Gewalt beruhende Isolierung des Staatsapparates von den Volksmassen zu überwinden 14 , und war durch die Besetzung der führenden Positionen der Verwaltung mit Vertretern der Arbeiterklasse eine wichtige Vorbedingung für die schnelle Veränderung i m Aufbau und in der Struktur der Verwaltungsorgane zu verwirklichen, die letztlich der Durchsetzung der Führungsrolle der Partei i m Staatsapparat diente 15 .

2. Die Marxsche Bürokratiekritik und das Modell der universellen Laienverwaltung Für Marx war die Kritik an der Bürokratie ein wichtiger theoretischer Ansatz seiner Staatsauffassung: Während die Nation i m Parlament ihren allgemeinen Willen zum Gesetz erhebe, danke sie vor der Exekutivgewalt "jedem eigenen Willen ab und unterwirft sich dem Machtgebot des fremden, der Autorität; die Exekutivgewalt im Gegensatz zur Legislativen drückt die Hetronomie der Nation i m Gegensatz zu ihrer Autonomie aus" 16 . Bürokratie war für ihn der Motor und das Produkt der gesellschaftlichen Entfremdung und damit eine der typischsten Formationen der bürgerlichen Gesellschaft. In Auseinandersetzung mit seinem Lehrer Hegel, der eine geistige Identität von Staat und Gesellschaft annahm, bezeichnet Marx in seiner Analyse der französischen und preußischen Bürokratie die Beamten als "Staatsjesuiten und Staatstheologen" und schreibt: "Die Identität, die er (Hegel) zwischen bürgerlicher Gesellschaft und Staat konstruiert hat, ist die Identität zweier feindlicher Heere, wo jeder Soldat die 'Möglichkeit' hat durch 'Desertation' Mitglied des 'feindlichen Heeres zu werden" 17 , denn, so Marx auf seine Grundthese des Antagonismus sozialer Klassen anspielend, "solange jeder die Möglichkeit hat, das Recht einer andern Sphäre zu erwerben, (ist) seine eigene Sphäre nicht die Wirklichkeit dieses Rechts" 18 . Marx lehnt deshalb die Bürokratie als Staatsformalismus der bürgerlichen Gesellschaft 19 und Merkmal der Entfrem-

14

Michael Benjamin / Doris Machalz-Urban / Gerhard Schulze / Werner Sieber, Verwaltungsrecht und staatliche Leitung, StuR 1975, S. 368, 373. 15 Karl-Heinz Schöneburg / Werner Wippold (Fn. 13), 1448 f. 16 Karl Marx, Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte, in: Marx / EngelsWerke, Bd. 8, Berlin (Ost) 1960, S. 110, 196. 17 Karl Marx, Aus der Kritik der Hegeischen Rechtsphilosophie. Kritik des Hegelschen Staatsrechts (§§ 261-313), in: Marx / Engels-Werke, Bd. 1, Berlin (Ost) 1961, S. 201,253. Karl Marx (Fn. 17), S. 253. 19 Karl Marx (Fn. 17), S. 248.

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A. Grundlagen des DDR-Staatsdienstes

dung ab, weil dadurch "jedes gemeinsame Interesse ... sofort von der Gesellschaft losgelöst, als höheres, allgemeines Interesse ihr gegenübergestellt, der Selbsttätigkeit der Gesellschaftglieder entrissen und zum Gegenstand der Regierungstätigkeit gemacht (würde)" 20 . Diese These untermauert er durch das Prinzip der Teilung der Aibeit, womit er nachweisen will, daß der Apparat des Staates nur eine Nachbildung und ein Werkzeug der kapitalistischen Ordnung selber ist, die durch die fabrikmäßige Teilung der Aibeit die Zersplitterung der Gesellschaft auf den Höhepunkt treibt. Durch die Teilung der Aibeit, so Marx, entfremdet sich der Arbeiter von seiner Aibeit, weil er mit dem Aibeitsprodukt, das sich der Kapitalist aneignet, nichts mehr zu tun hat, weshalb sich Kapitalist und Proletarier in einem durch die Aibeit vermittelten Ausbeutungsverhältnis gegenüberstehen, worauf er letztlich seine These vom antagonistischen Klassengegensatz aufbaut. " I n dem Maß", so Marx weiter, "wie der Fortschritt der modernen Industrie den Klassengegensatz zwischen Kapital und Arbeit entwickelte, erweiterte, vertiefte, in demselben Maß erhielt die Staatsmacht mehr und mehr den Charakter einer öffentlichen Gewalt zur Unterdrückung der Arbeiterklasse, eine Maschine der Klassenherrschaft." 21 Für die Bürokratie gelte die Regel der Teilung der Arbeit nicht nur in gesamtgesellschaftlicher Dimension, sondern auch für den einzelnen Staatsbeamten. Aibeitsteilung bedeutete für Marx Hierarchisierung, die Subordination und passiven Gehorsam zur Folge hat, weshalb der "Privatzweck" des einzelnen Beamten zu einem "Jagen nach höheren Posten, zu einem Machen von Karriere" werde 22 . Deshalb lehnt er auch das Spezialistentum der Staatsbeamten ab, in dem er "die gesetzliche Anerkennung des staatsbürgerlichen Wissens als eines Privilegiums" 23 sieht und dem er deshalb eine zentrale Rolle bei der Absonderung der Beamten von der restlichen Gesellschaft zuschreibt. In derselben Zwangsläufigkeit, mit der er die kommunistische Gemeinschaft an die Stelle der bürgerlichen Gesellschaft setzt, fordert er die Ersetzung der Bürokratie durch eine Verwaltung universellen Typs. "Die Aufhebung der Bürokratie kann nur sein, daß das allgemeine Interesse wirklich und nicht wie bei Hegel, bloß i m Gedanken, in der Abstraktion zum besonderen Interesse wird, was nur dadurch möglich ist, daß das besondere Interesse wirklich zum allgemeinen wird." 2 4 Seine Forderung, daß die Amtsträger der neuen Verwaltung aus dem Volke ausgewählt und den öffentlichen Dienst für Arbeiterlohn besorgen sollen, führt zwangsläufig zur Favorisierung einer all20 21 22 23 24

Karl Karl Karl Karl Karl

Marx Marx, Marx Marx Marx

(Fn. Der (Fn. (Fn. (Fn.

16), S. 197. Bürgerkrieg in Frankreich (Fn. 9), S. 336. 17), S. 249. 17), S. 253. 17), S. 250.

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gemeinen Laienverwaltung, von der keiner aus Qualifikationsgründen ferngehalten werden kann. Ergänzt durch die jederzeitige Absetzbarkeit beinhaltet das Modell der Laienverwaltung die Aufhebung des durch Berufsmäßigkeit und laufbahnmäßige Gebundenheit geprägten Lebenszeitprinzips, das den Beamten die Besoldung durch den Staat eintrage und deshalb seine Ausgeliefertheit an den Staat konstituiere.

3. Die Fortentwicklung der Marxschen Theorie durch Lenin und sein Konzept der personellen Elite Im Gegensatz zu Marx bewertet Lenin Arbeitsteilung, Berufsmäßigkeit und Spezialisierung positiver und verwendet die technische Funktionalität bürgerlicher Verwaltung als Vorlage seiner Sowjetverwaltung. Seine Theorie, die auf die Organisation der Macht und die Beantwortung der Frage gerichtet ist, wodurch der zerstörte Staatsapparat ersetzt werden soll, geht davon aus, daß der "Übergangsstaat" der Diktatur des Proletariats nicht ohne Verwaltung, nicht ohne Unterordnung bestehen kann. " I n der sozialistischen Gesellschaft", so Lenin, "wird natürlich 'eine Art Parlament' von Arbeiterdeputierten die 'Arbeitsordnungen feststellen' und die 'Verwaltung des Apparates überwachen', aber dieser Apparat wird nicht 'bürokratisch' sein. Die Arbeiter werden nach Eroberung der politischen Macht den alten bürokratischen Apparat zerschlagen ...; sie werden ihn durch einen neuen Apparat ersetzen, gebildet aus eben diesen Arbeitern und Angestellten, gegen deren Verwandlung in Bürokraten man sofort die von Marx und Engels eingehend untersuchten Maßnahmen treffen wird: 1. nicht nur Wählbarkeit, sondern jederzeitige Absetzbarkeit; 2. eine dem Arbeitslohn nicht übersteigende Bezahlung; 3. sofortiger Übergang dazu, daß alle die Funktionen der Kontrolle und Aufsicht verrichten, daß alle eine zeitlang 'Bürokraten' werden, so daß daher niemand zum 'Bürokraten' werden kann." 25 Er lehnt also die Strukturmerkmale der Bürokratie nicht pauschal ab, da er in dem Charakter der Bürokratie einen positiven Wert entdeckt, verbindet aber das Marxsche Kommunemodell mit seiner Transmissionstheorie. Der Staat wird so zu einer "zentralisierte^) Organisation der Macht... zur Leitung der ungeheuren Masse der Bevölkerung" 26 , was später in der Theorie des Staates als "umfassendster politischer Organisation" mündete, die als einzige über die Organe, Einrichtungen und Mittel zur Füh-

25 26

Wladimir-Iljitsch Wladimir-Iljitsch

Lenin (Fn. 1), S. 496. Lenin (Fn. 1) S. 416.

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A. Grundlagen des DDR-Staatsdienstes

rung der Gesellschaft verfüge und von daher die "potenzierte Kraft und Macht" der politischen Kräfte verkörpere 27 . Auf der Aussage von Marx, daß es Verdienst der Pariser Kommune gewesen sei, die Beamten ihrer scheinbaren Unabhängigkeit zu entkleiden, "die nur dazu gedient hatte, ihre Unterwürfigkeit unter alle aufeinanderfolgenden Regierungen zu verdecken" 28 , basiert die These Lenins, die "Staatsbediensteten zu einfachen Vollstreckern unserer Aufträge, zu verantwortlichen, absetzbaren, bescheiden bezahlten, 'Aufsehern und Buchhaltern'" zu machen, wodurch es "von selbst zum allmählichen 'Absterben' jedweden Beamtentums" komme, was auch eine "Sonderfxxriktion einer besonderen Schicht von Menschen" entbehrlich mache 29 . Zugleich ist er realistisch genug zu erkennen, daß nicht jeder ungelernte Arbeiter imstande ist, an der Verwaltung des Staates mitzuwirken 30 , weshalb er empfiehlt "so vorsichtig und geduldig wie möglich wirkliche Organisatoren zu erproben und ausfindig zu machen, ... Menschen, die die Treue zum Sozialismus mit der Fähigkeit verbinden, ohne Lärm ... eine feste und einmütige gemeinsame Arbeit einer großen Zahl von Menschen im Rahmen der sowjetischen Organisation zustande zu bringen. Nur solche Menschen sollte man nach zehnfacher Erprobung, wobei man sie von einfachsten zu schwierigsten Aufgaben übergehen läßt, auf die verantwortlichen Posten von Leitern der Volksarbeit, Leitern der Verwaltung stellen" 31 . Während die Revolutionstheoretiker Marx und Engels noch der Auffassung waren, daß der Aufbau des Sozialismus vom Proletariat als Ganzes bewerkstelligt werde 32 , führte der Revolutionspraktiker Lenin angesichts der Widerlegung dieses Automatismus die "Avantgarde" - Theorie ein, wonach die Arbeiterklasse einer straff organisierten Elitepartei disziplinierter und konspirativer Berufsrevolutionäre bedarf, woraus sich zwangsläufig ihre Führungsrolle ergab, die später auch als Gesetzmäßigkeit tituliert wurde 33 .

27 Einführung in die marxistisch-leninistische Staats- und Rechtslehre (Fn. 2), S. 75; Marxistisch-leninistische Staats- und Rechtstheorie - Lehrbuch, Berlin (Ost) 1980, S. 250 ff. 2 * Karl Marx (Fn. 9), S. 339. 29 Wladimir-Iljitsch Lenin (Fn. 1), S. 439. 30 Wladimir-Iljitsch Lenin, Werden die Bolschewiki die Staatsmacht behaupten ?, in: Lenin-Werke, Bd. 26, Berlin (Ost) 1961, S. 69, 97. 31 Wladimir-Iljitsch Lenin, Die nächsten Aufgaben der Sowjetmacht, in: LeninWerke, Bd. 27, Berlin (Ost) 1960, S. 225, 253. 32 Karl Marx, Der Bürgerkrieg in Frankreich (Fn. 9), S. 313, 340; Vgl. auch: Karl Marx, Erster Entwurf zum "Bürgerkrieg in Frankreich", in: Marx / Engels-Werke, Bd. 17, Berlin (Ost) 1962, S. 493, 545. 33 Gerhard Schüßler, Partei, Staat und Recht in der sozialistischen Gesellschaft, StuR 1974, S. 1941, 1942, der die führende Rolle der Partei mit einem Bezug auf "die Geschichte" als "bewiesen" ansieht.

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4. Die Umsetzung der Elitekonzeption auf den Staatsapparat der DDR Für die sozialistische Staatslehre war das Berufsbeamtentum folglich eine Institution des kapitalistischen Klassenstaates, dessen scheinbare Interessengemeinschaft mit der herrschenden Bourgeoisie durch elitäres Auswahlsystem, Alimentation, Unabsetzbarkeit vorgetäuscht und durch die politische Treuepflicht abgesichert wurde 34 . Weil die Werktätigen nunmehr selbst die Staatsgewalt ausüben würden, könnten die Angestellten des Staates keine selbständige, priviligierte Gesellschaftsschicht mehr darstellen, weshalb alle "Privilegien der persönlichen Sicherung", wie Unabsetzbarkeit und Unabhängigkeit zu beseitigen waren 35 . So wie die sozialistische Staatslehre auf zentrale Leitung i m Organisatorischen baute, wonach die Partei die Einheit von Beschlußfassung, Durchführung und Kontrolle verwirklichte und damit bewirkte, daß der demokratische Zentralismus und "der im Gesetz verankerte Wille der Arbeiterklasse unverfälscht und direkt staatsorganisatorisch und gesellschaftlich wirksam" werden konnte 36 , so baute sie im Personellen auf eine Avantgarde, die aufgrund ihrer ideologischen Qualifikation geeignet war, diese Transmissionsfunktion des Parteiwillens zu erfüllen 37 , weshalb nur der Staatsbediensteter werden konnte, der selbst von der Richtigkeit dieser Politik überzeugt war 38 . Bezogen auf die DDR wurde diese Elitekonzeption erstmals im zweiten Parteistatut der SED von 1950 39 festgeschrieben und durch das dritte Parteistatut der SED von 1954 40 explizit auch auf die staatliche Organisation bezogen, was mit kleinen ideologisch bedingten Änderungen auch bis zum letzten Parteistatut der SED von 1976 41 beibehalten wurde. Nun mag die Regelung in einem Parteistatut vom Standpunkt des Rechts eine relativ schwache Normativität aufweisen, indem sie sich aber auf die institutionalisierte Machtstellung in der gesamtstaatlichen Organisation bezog, verlor das Parteistatut seinen pri-

34 M Premßler,Der Staatsdienst im bürgerlichen Staat, in: Menzel / Lieberam / Meister, Staatsrecht bürgerlicher Staaten, 2. Auflage, Berlin (Ost) 1986, S. 141,144. 35 Klaus Stelter, Das Wesen der Rechtsverhältnisse der Staatsfunktionäre in der Deutschen Demokratischen Republik, in: Bönninger / Such / Arzinger (Hrsg.), Festschrift für Erwin Jacobi, Berlin (Ost) 1957, S. 428,432 u. 434. 36 Gerhard Schüßler(Fn. 33), S. 1946. 37 Klaus König, , Kaderverwaltung und Verwaltungsrecht, VerwArch 1982, S. 37, 37 f. ™ Karl Bönninger (Fn. 4), S. 139. 39 Dokumente der SED, Bd. III, Berlin (Ost) 1952, S. 162. 40 Dokumente der SED, Bd. V , Berlin (Ost) 1956, S. 90. 41 Dokumente der SED, Bd. X V I , Berlin (Ost) 1980, S. 82.

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vatrechtlichen Charakter und wurde zum Kern materieller Rechtsverfassung 42, weshalb die Verankerung der Einparteienherrschaft in der Gesetzgebung43 nur für rechtliche Klarstellung sorgte und auch die Aufführung in der Verfassung der DDR von 1968 44 lediglich Ausdruck formellen Verfassungsrechts war. Die Verbindlichkeit der Parteibeschlüsse für den Staatsapparat ergab sich aus diesem ideologisch begründeten und verfassungsrechtlich abgesicherten Führungsmonopol der SED eigentlich schon zwangsläufig, zumal es in der sozialistischen Gesellschaft keine Gegensätze zwischen Politik und Recht geben konnte, da die neue Rechtsordnung "nicht als ein positivistisches Normengebäude" sondern als ein Gesetzeswerk entstand, "das unmittelbar die revolutionäre Entwicklung zur Verwirklichung der Politik der marxistischleninistischen Partei vorantrieb" 45 . Da die Parteibeschlüsse als ihrem Wesen nach erkannte und bewußt gemachte Gesetzmäßigkeiten der gesellschaftlichen Entwicklung begriffen wurden, konnte das Recht und seine Anwendung nicht von den Parteibeschlüssen getrennt werden. Es wurde vielmehr als Instrument des Staates zur Durchsetzung gesellschaftlicher Umwälzungen begriffen und eingesetzt46. Dies war auch im Verfassungsprinzip der "sozialistischen Gesetzlichkeit" (Art. 86 I DDRVerf.) 47 enthalten, das der Sache nach den Vorrang der in den Parteibeschlüssen ausgedrückten politischen Zweckmäßigkeiten gegenüber dem Recht festlegte 48. Die Funktion des Rechts, ein Ordnungsrahmen für die Subjekte der Gesellschaft zu sein, verkam in einem überdimensionalen Dirigismus, in dem der verwaltete Mensch,

42 Boris Meissner, Die Rechtsstellung der SED und ihrer Gefolgsparteien, ROW 1973, S. 245,253. 43 Signifikant ist, daß das erste Gesetz, in dem die fuhrende Rolle der SED zum Ausdruck kam, daß Gesetz über die örtlichen Organe der Staatsmacht vom 17.01.1957 war; GBl. D D R I 1957, S. 65. 44 Vgl. Siegfried Mampel, Die sozialistische Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik - Kommentar, 3. Auflage, Goldbach 1997, A r t . l Rn. 42, der die Führungsrolle der SED erst von dem Zeitpunkt an zum materiellen Verfassungsrecht rechnet, an dem sie erstmals in einer Rechtsnorm (Fn. 43) genannt wurde, d.h. Staatsorgane tätig wurden, weil andernfalls die Unterscheidung von faktischen und normativ begründeten Machtverhältnissen an Schärfe verlöre. 45 GerhardSchüßler (Fn. 33), S. 1953. 46 Siegfried Petzold, Die Beschlüsse der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands - das feste Fundament des sozialistischen Rechts in der Deutschen Demokratischen Republik, StuR 1961, S. 658, 660 u. 664 f. 47 Vgl. Siegfried Mampel (Fn. 44), Rn.5, der darin vor allem eine Absicherung der Strukturprinzipien des sozialistischen Staates sieht, von denen die Suprematie der SED - in Art. 86 I DDR Verf. als "politische Macht des werktätigen Volkes" deklariert - die entscheidende Rolle spielt. 48 Georg Brunner(Fn. 3), S. 1016.

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nicht eine dem Menschen dienende Verwaltung zum Credo wurde 49 . Als Ende der 80er Jahre der Begriff des "sozialistischen Rechtsstaates"50 reanimiert wurde 51 , so war dies nur eine aus Propagandazwecken eingeführte Surrogatbezeichnung, die deshalb auch als logisches Kontinuum und Weiterentwicklung der sozialistischen Gesetzlichkeit gefeiert wurde 52 . Was die Institutionen des Staatsapparates anbelangte, so wurde zunächst im Ministerratsgesetz 53 klargestellt, daß dieser die Durchführung der Staatspolitik "unter Führung der Partei der Arbeiterklasse" zu leiten hatte 54 , was sich als nicht minder deutliche Rechtspflicht der örtlichen Staatsorgane für ihren Zuständigkeitsbereich aus dem Gesetz über örtliche Volksvertretungen 55 ergab. Im personellen Bereich führte dies zu einer Art "überlappender Mitgliedschaft". Einerseits waren alle wichtigen Positionen im Staatsapparat mit SEDMitgliedern besetzt, die auch in ihrer Eigenschaft als Staatsfunktionäre der Parteidisziplin unterworfen waren. Andererseits wurden die Inhaber staatlicher Leitungsfunktionen in die Führungsgremien der SED integriert, damit ihre Verantwortung für die Durchführung der Parteibeschlüsse unmittelbar festgelegt werden konnte 56 . Der Personalkompetenz der SED tat auch die Be49 Wolfgang Bernet, Rechtsstaatlichkeit - wesentliche Existenzform der DDR-Staatsverwaltung, StuR 1990, S. 105, 109. 50 Vgl. Die DDR ein sozialistischer Rechtsstaat, Berlin (Ost) 1988, S. 66 f. 51 Die Formel vom "sozialistischen Rechtsstaat" wurde zuletzt von Meister in den 60er Jahren gebraucht, bis sie i m Zuge der Verfassungsgebung von 1968 durch den Begriff der "sozialistischen Gesetzlichkeit" abgelöst wurde; Vgl. Roland Meister, Das Rechtsstaatsproblem in der westdeutschen Gegenwart, Berlin (Ost) 1966, S. 268 ff. Für ihn ist das Wesen des "sozialistischen Rechtsstaates" im Charakter sozialistischer Staatlichkeit selbst begründet. Zwar ist mit dem sozialistischen Rechtsstaat auch ein System gesicherter Rechte verbunden, allerdings würden sich diese nicht in einer Abgrenzung vom Staate, sondern i m Gegenteil nur in der Hinwendung zur Gemeinschaft begreifen lassen (S. 273 f.). 52 Michael Benjamin, Zum sozialistischen Rechtsstaat, StuR 1989, S. 99, 101 u. 103 f. 53 § 1 I S. 2 Gesetz über den Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik vom 16.10.1972, GBl. D D R I 1972, S. 253. 54 I m Lehrbuch Staatsrecht heißt es dazu: "Das Wirken des Ministerrats ist darauf gerichtet, die Politik der SED, die den objektiven Erfordernissen der weiteren Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft entspricht, in der konkreten ... Tätigkeit des Staatsapparates erfolgreich zu verwirklichen." Lehrbuch Staatsrecht der DDR, 2. Auflage, Berlin (Ost) 1984, S. 305. 55 §§ 1 I S. 1 , 9 I I S . 1 Gesetz über die örtlichen Volksvertreungen in der Deutschen Demokratischen Republik - GÖV - vom 4.7.1985, GBl. DDR 1985, S. 213; Vgl. Gesetz über die örtlichen Volksvertretungen in der DDR - Kommentar (GÖV-Kommentar), Berlin (Ost), 1989, § 1 Ziffl.2., mit fast identischer Wiederholung des Wortlauts i m Lehrbuch Staatsrecht der DDR (Fn. 54). 56 Dem rund 200 Mitglieder zählenden Z K der SED, das weniger ein Entscheidungs- als vielmehr ein Informationsgremium war, gehörten rund zwei Drittel der Minister und anderen Leiter zentraler Staatsorgane an; Vgl. Helmut Alt, Das Zentral-

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A. Grundlagen des DDR-Staatsdienstes

rücksichtigung von Mitgliedern der Blockparteien keinen Abbruch, da diese den Führungsanspruch der SED anerkannt und sich somit in die Herrschaftssyprematie eingebunden hatten, wofür der Nationalrat der Nationalen Front ein beredtes Beispiel ist, dessen Beratungen spätestens seit Ende der 60er Jahre die Aufgabe eines Legitimationsorgans der SED mit reiner Akklamationsfunktion erfüllten 57 . Abgesichert wurde die personelle Suprematie der SED durch das Nomenklatursystem als eines, nachfolgend noch näher zu erläuternden Mittels, das die Exklusivität bestimmter Positionen und ihrer Inhaber sicherte, indem bestimmte Funktionen auf der jeweiligen Hierarchieebene einer bestimmten Nomenklaturstufe zugeordnet und gleichzeitig bestimmt wurde, wer für die Besetzung der jeweiligen Position verantwortlich war 5 8 . Grundlage war dabei das Nomenklatursystem der Partei, das komplementär zu dem des Staatsapparates existierte, so daß ein System doppelter Nomenklaturordnung bestand. Für Stalin waren die Kader der "Kommandobestand der Partei", die wegen der Herrschaft dieser Partei "zugleich den Kommandobestand der leitenden Staatsorgane" darstellen, denn "um die richtige politische Linie in die Tat umzusetzen, braucht man Menschen, die die politische Linie der Partei verstehen, die diese Linie als ihre eigene Linie betrachten" 59 .

5. Die Abschaffung des Berufsbeamtentums als Abwendung vom Rechtsstaatsgedanken Wenn Marx i m Beamtentum der absoluten Monarchie ein Werkzeug in den Händen des selbstherrlich den Kurs der Verwaltung steuernden Monarchen sah 60 , so liegt darin sicherlich ein rationaler Kern, dessen undifferenzierte Fortschreibung anhand der antagonistischen Klassentheorie jedoch die geschichtliche Entwicklung negiert. In Deutschland hängt die Entstehung des Berufsbeamtentums in seiner überkommenen Gestalt gerade mit der Überwin-

kommitee der SED als Integrationsorgan, Deutschland Archiv 1986, S. 1332, 1339. Außerdem waren die Vorsitzenden der Räte der Bezirke / Kreise und die Voritzenden der Bezirks und Kreisplankommissionen Mitglieder des Sekretariats der jeweiligen SED-Bezirks- oder Kreisleitung. 57 Vgl. Christel Nehrig, Rolle, Bedeutung und Wirkungsmöglichkeiten der Blockparteien. Die DBD, in: Machtstrukturen und Entscheidungsmechanismen im SEDStaat und die Frage der Verantwortung (Fn. 3), Bd. I I / 4. S. 2375, 2383. 58 Vgl. Gero Neugebauer, Partei und Staatsapparat in der DDR, Opladen 1978, S. 157. 59 Josef Stalin, Rechenschaftsbericht an den X V I I I . Parteitag über die Arbeit des Z K der KPdSU (B), in: Stalin-Fragen des Leninismus, Moskau 1947, S. 680, 715. 60 Karl Marx (Fn. 32), S. 336.

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dung des absolutistischen Staatsgedankens und der Ausdehnung des Rechtsstaatsgedanken zusammen. Indem der Staat zur juristischen Person und der Fürst zum Organ dieser Person wurde 61 , der diesem Staat, wie schon Friedrich der Große formuliert hatte, als premier serviteur diente, wurde auch der Beamte von einem Fürsten- zu einem Staatsdiener 62. Erst mit diesem Wechsel seines Dienstherrn und der Bindung des Beamten an die durch Verfassung und Gesetze bestimmte rechtliche Ordnung, gewinnt das Berufsbeamtentum jenes prägende Wesensmerkmal der Eigenständigkeit, das es als Organ und Reprä63

sentanten des Staates ausweist . Die Abschaffung des Berufsbeamtentums war daher eine zwingende Folge der Abwendung vom Rechtsstaatsgedanken, denn Rechtsstaatlichkeit verlangt Vorhersehbarkeit staatlicher Entscheidungen, Rechtssicherheit und materielle Gerechtigkeit, weshalb auch immer wieder auf die stabilisierende, eine neutrale und kontinuierliche Verwaltung sichernde Funktion des Berufsbeamtentums hingewiesen wird 6 4 . Auch aus der Entstehungsgeschichte des Grundgesetzes ergibt sich, daß die Institution des Berufsbeamtentums "zur Wahrung der Legalität der Verwaltung durch unabhängige Berufsbeamte" gedacht war 6 5 . So unterstrichen maßgebende Mitglieder des Parlamentarischen Rates, daß es gerade unter dem Gesichtspunkt der Verhältnisse im Osten von sehr großer Bedeutung wäre, „wenn vom Beamtentum in der Verfassung gesprochen wird". 6 6 Der Vorschlag für eine institutionelle Sicherung des Berufsbeamtentums wurde damit begründet, daß das Bekenntnis des Grundgesetzes zum Rechtsstaat ein Berufsbeamtentum erfordere, weil das Prinzip der Legalität der Verwaltung nur dann rein durchzuführen 61

Vgl. Walter Leisner, Grundlagen des Berufsbeamtentums, in: Isensee (Hrsg.), Walter Leisner - Beamtentum, Berlin 1995, S. 109,135. 62 Vgl. Walter Wiese, Der Staatsdienst i n der Bundesrepublik Deutschland, Newied 1972, S. 61 ff. 63 Carl-Hermann Ule, Beamter oder Staatsfunktionär?, in: Studi in onre di Silvio Lessona, volume secondo, Bologna 1963, S. 475, 490 (= VOP 1990, S. 151-162). 64 Ernst Kern, Die Verfassungsfunktion des Berufsbeamtentums, DÖV 1951, S. 432, 433; Wilhelm Grewe, Inwieweit läßt Art. 33 Abs. 5 des Grundgesetzes eine Reform des Beamtenrechts zu ?, in: Verhandlungen des neununddreißigsten Deutschen Juristentages, Tübingen 1952, S. D 3, D 10; Werner Weber, Beamtentum zwischen Parteien und Verbänden, in: Weber / Neeße / Baring (Hrsg.), Der deutsche Beamte heute, Baden-Baden 1959, S. 17, 19; Friedrich Giese, Braucht die Bundesrepublik noch ein Berufsbeamtentum?, ZBR 1962, S. 270, 272; Helmut Lecheler, Der öffentliche Dienst, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd III, Heidelberg 1988, § 72 Rn. 15; Josef Isensse, Öffentlicher Dienst, in: Benda / Maihofer / Vogel, Handbuch des Verfassungsrechts, 2. Auflage, Berlin 1994, § 32 Rn. 12. 65

BVerfGE 3, 58, 137. Vgl. Klaus-Berto Doeming / Rudolf Werner Füsslein / Werner Matz, Entstehungsgeschichte der Artikel des Grundgesetzes, JÖR 1951, S. 1, 315, Ausfuhrungen der Abgeordneten Dr. Strauß (CDU) und Dr. Reif (FD?), denen auch der Abgeordnete Wagner (SPD) zustimmte, aber zu bedenken gab, „ob wir mit einer solchen Bestimmung i m GG (nicht) Bindungen schaffen, die für die Dauer nicht gut sind". 66

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A. Grundlagen des DDR-Staatsdienstes

sei, wenn es von Personen ausgeübt wird, „die das hauptberuflich tun und die eine gewisse innere Sicherheit und Unabhängigkeit besitzen". 67 Durch die Aufnahme des Art. 33 IV, V GG hat sich der Grundgesetzgeber also für eine bestimmte, geschichtlich geprägte Form des öffentlichen Dienstes entschieden und damit nach Ansicht von Ule die Sicherung der rechtsstaatlichen Struktur der deutschen Verwaltung in die Hand von Beamten gelegt. 68 Die Staatsbediensteten, die dem als solchen nicht handlungsfähigen Staat erst zur Handlungsfähigkeit verhelfen, waren demnach im DDR-Staat ein Werkzeug in der Hand der Führung, nicht eigentlich Bedienstete des Staates, sondern der herrschenden Klasse und ihrer Partei 69 . Bezugspunkt ihres Handelns war der von inhaltlichen Anforderungen befreite Wille der Staats-, genauer Parteiführung, nicht der Gedanke des Gesetzesvollzugs, der seinen Ursprung in der Gesetzesgebundenheit der Verwaltimg, im Vorbehalt des Gesetzes hat, da der Rechtsstaat Rechtssicherheit und materielle Gerechtigkeit vor allem mit dem erstrebt, was letztlich Voraussetzung jeder Vorhersehbarkeit ist: der Legalität. Wenn der Bedienstete im sozialistischen Staat nach Lenin nur ein einfacher Vollstrecker von Aufträgen war, die ihm letztlich von der Partei erteilt wurden, so umschreibt der Begriff des "Staatsfunktionärs" in angemessener Form seine Stellung im Staat. Stalin, der seine militante Herrschaftstechnik durch eine absolute Systemloyalität seiner Funktionärselite absicherte, indem er soziale Anreize und Privilegierungen mit individueller Existenzverunsicherung verband, sah in den Staatsfunktionären "die Führungskräfte der Partei und des durch die Partei gesteuerten, gesamten Staatsund Wirtschaftsapparates", die "nicht persönlich frei", lediglich über ihre Mitgliedsrolle an die Organisation gebunden waren, sondern von dieser total beansprucht und auf die Ziele des Apparates verpflichtet wurden, wodurch sie das personalpolitische Gegenstück zum Prinzip der Einheit sämtlicher Systemteile darstellten 70 . Hingegen wird der Begriff des Beamten durch seine Verbindung mit dem (öffentlichen) "Amt" charakterisiert. Schon Max Weber hob hervor, daß das Wesen des "Amtes" in der Beziehung des Amtsträgers "zu einem unpersönli-

67 Vgl. Klaus-Berto Doming / Rudolf Werner Füsslein / Werner Matz (Fn. 66), S. 315, Begründung des Antrages des Abgeordneten Dr. Strauß namens der CDUFraktion i n der Sitzung des Zuständigkeitsausschusses vom 14.12.1948. Vgl. auch: Udo Wengst, Beamtentum zwischen Reform und Tradition, Düsseldorf 1988, S. 34, 38. 68 Carl-Hermann Ule, Verfassungsrechtliche Grenzen einer Reform des öffentlichen Dienstrechts -Rechtsgutachten, in: Studienkommission für die Reform des öffentlichen Dienstrechts, Bd. 5, Baden-Baden 1973, S. 441, 449. 69 Carl-Hermann Ule (Fn. 63), S. 485. 70 Josef Stalin (Fn. 59), S. 715. Vgl. auch: Balint Balla, "Bürokratische" oder "Kader-" Verwaltung?, Zeitschrift für Soziologie 1973, S. 101, 110.

I. Staatsdienst im Marxismus/Leninismus

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chen sachlichen Zweck" 7 1 besteht, hinter dem "Kulturweltideen" wie der "Staat" stehen und das deshalb von persönlichen Bindungen möglichst frei gehalten werden muß. Voraussetzung dafür ist die "Lebenslänglichkeit der Stellung", die kein "'Besitzstand' des Beamten am Amt" ist, sondern als Rechtsgarantie "gegen willkürliche Absetzung und Versetzung" den Zweck hat, "eine Garantie für die streng sachliche, von persönlichen Rücksichtnahmen freie Ableistung der betreffenden spezifischen Amtspflicht zu bieten" 72 . Die Amtsidee hat i m Konstitutionalismus des 19. Jahrhunderts dazu beigetragen, den Absolutismus des 17. und 18. Jahrhunderts zu überwinden und widerspiegelt heute, indem sie es ermöglicht, die Vollzugsgewalt in einer festen Ordnung überschaubar lenkbar und kontrollierbar zu machen, die persönliche Seite der Staatsstrukturprinzipien in ihrer Verbindung von Demokratie und sozialem Rechtsstaat.73 Im Amt werden die Staatsfunktionen aus dem Aggregatzustand der Macht umgewandelt in den des Rechts und überführt in das Substrat rechtlicher wie ethischer Pflichten 74 . Damit wird durch das Berufsbeamtentum die Bindung der Verwaltung an Gesetz und Recht von der institutionellen Ebene auf die dienstrechtliche übertragen 75, weshalb der rechtsstaatliche Sondercharakter des Staates vernachlässigt würde, wenn man ihn lediglich als Unternehmen, der Art nach gleich denen der Privatwirtschaft betrachtet. 7 6 Die Aufgabe eines sich von anderen Arbeitnehmern unterscheidenden Funktionsträgers führt letztlich zur Aufgabe der rechtsstaatlichen Distanz von Staat und Gesellschaft und zu einer Vergesellschaftung der Staatsfunktio77

nen. So wie das Grundgesetz den Staat als eigenständigen Wert anerkennt und den Parteien nicht die Herrschaft über den Staat, sondern durch Art. 2 1 1 GG nur das Recht an der Mitwirkung der politischen Willensbildung einräumt, lebt das Berufsbeamtentum durch seine verfassungsrechtlich abgesicherte Allgemeinwohlverpflichtung, wobei die auf dem Lebenszeitprinzip beruhende 71 Max Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, 4. Auflage, Tübingen 1956, 2. HalbBd., S. 561. 72 Max Weber (Fn. 71), S. 563. 73 Helmut Lecheler (Fn. 6 4 ) , S. 723. 74 Josef Isensee (Fn. 64), § 32 Rn. 16. 75 Josef Isensee (Fn. 64), § 32 Rn. 23. 16 Josef Isensee (Fn. 64); § 32 Rn. 12. V g l auch: Franz Ronneberger, Zum zukünftigen Bild des Beamten, Die Verwaltung 1973, S. 129, 133. 77 Friedrich Wilhelm Siburg, Neuordnung oder Beseitigung des Beamtenrechts?, ZBR 1970, S. 273, 275; Rupert Scholz, Öffentlicher Dienst zwischen öffentlicher Amtsverfassung und privater Arbeitsverfassung?, in: Leisner (Hrsg.), Das Berufsbeamtentum im demokratischen Staat, Berlin 1975, S. 179, 181, der betont, daß dem Beamtenrecht umgekehrt auch keine „Verstaatlichung der Gesellschaft" zugrunde liegt, weil es genuines Organisationsrecht des Staates und nicht Recht zur Organisation der Gesellschaft ist.

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A. Grundlagen des DDR-Staatsdienstes

Stellung der Beamtenschaft es letztlich allein dieser erlaubt, den Gesetz gewordenen Volkswillen allen partikularen Interessen gegenüber durchzusetzen 78 . Auch wenn die Beamtenschaft heute nicht mehr den Staat als Ganzes repräsentiert, weil dieser kein Beamtenstaat ist, so kann ihr diese Rolle des Trägers von Legalität i m Gesetzesvollzug nicht abgesprochen werden. 79 Das Zuordnungsdenken i m rechtsstaatlich-freiheitlichen System ist also institutionell geprägt, der Beamte repräsentiert keine konkreten gesellschaftlichen Kräfte oder politischen Richtungen, sondern eine abstrakte Institution. Sein Dienstherr ist die öffentlich-rechtliche Körperschaft, und Gehorsam schuldet er dem Vorgesetzten als Amtsinhaber in einer Behördenhierarchie, weshalb auch die Unterordnung institutionell und nicht materiell geprägt ist. Wegen des institutionellen Zuordnungsdenkens schuldet der Beamte ausschließlich dem Staat Loyalität, anderweitige Loyalitätsbindungen widersprechen der Neutralität des Amtes. Der Staatsfunktionär hingegen unterliegt wegen seiner materiellen Zuordnung einer an den ideologischen Werten und wechselnden Wahrheitsdekreten der staatstragenden Partei ausgerichteten Loyalität. 80 Die scheinbare doppelte Loyalität gegenüber dem Staat und der Partei löst sich damit in der Parteilichkeit auf. Die institutionelle Bindung des Beamten rechtfertigt letztlich auch die Ausgestaltung seines Rechtsverhältnisses als eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses, weshalb die Frage nach dem Fortbestand des Berufsbeamtentums mit dem Wandel der Staatsvorstellungen untrennbar verbunden ist 8 1 . Zumindest ergeben sich aus dem demokratischen, sozial- und rechtsstaatlichen Verfassungsprinzip des Art. 20 GG unabweisliche Vorbehalte für die Ausgestaltung - jedenfalls eines Teils - der Rechtsverhältnisse i m öffentlichen Dienst, unabhängig von dem Funktionsvorbehalt und der institutionellen Sicherung des Berufsbeamtentums in Art. 33 IV, V GG. Zwar werden die Absätze 4 und 5 des Art. 33 GG als solche vom dritten Schutzbereich des Art. 79 I I I GG nach herrschender Meinung nicht mitumfaßt und sind daher grundsätzlich aufhebbar, allerdings nicht uneingeschränkt und ersatzlos, da die Regelung der Rechtsverhältnisse jener Dienstnehmer, von denen das Funktionieren der Staatsorganisation entscheidend abhängt, so ausgestaltet sein müssen, daß der Staat die ihm verfassungsmäßig vorgeschriebenen Aufgaben erfüllen kann, weshalb ein neues öffentliches Dienstrecht i m Falle einer Verfassungsänderung nicht wesentlich anders strukturiert sein kann, als das derzeiti-

78

Walter Leisner (Fn. 61), S. 145; Helmut Lecheler (Fn. 73), S. 749; Rupert Scholz (Fn. 77), S. 179. 79 V g l dazu: Wilhelm Grewe (Fn. 64), S. D 6 ff. 80 Vgl. Josef Isensee (Fn. 64), § 32 Rn. 17. 81 Carl-Hermann Ule (Fn. 63), S. 497.

I. Staatsdienst im Marxismus/Leninismus

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ge Beamtenrecht. 82 So fordert das demokratische Prinzip, als eine auf dem Willen der Mehrheit gegründete Entscheidungsordnung, einen öffentlichen Dienst, der in das parlamentarisch-demokratische Verfassungsystem eingeordnet, die politische Willensbildung des demokratischen legitimierten Entscheidungsträgers vorbereitet und den verfassungsmäßig gebildeten Staatswillen vollzieht, was eine funktionsbezogene Loyalität der Bediensteten gegenüber den am Allgemeinwohl orientierten Gesetzen fordert, die nur durch ein auf Uneigennützigkeit, Unparteilichkeit und Sachlichkeit gegründetes Rechtsverhältnis möglich ist. 83 Der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, den das Grundgesetz als entscheidenden Bestandteil der Rechtsstaatlichkeit begreift (Art. 20 I I I i.V.m. Art. 79 I I I GG) 8 4 , fordert als funktionsspezifische und sachlogische Folge ein öffentlich-rechtliches Dienst- und Treueverhältnis, da die sachliche Unabhängigkeit der staatlichen Verwaltung nur durch die persönliche Unabhängigkeit ihrer Amtsträger gewährleistet wird 8 5 und nicht wie i m DDR-Staat der Opportunität des Parteiwillens unterliegt. Wenn Forsthoff mit Bezug auf Lorenz von Stein betont, daß i m Schutz des Staatsdieners gegen die oberen Organe der Schutz der Rechte des einzelnen gegen die absolute Vollziehung liegt 8 6 , so forderte der auf die staatliche Lei-

82 Vgl. Willi Thiele , Zur Problematik der sogeannten hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums, DÖV 1981, S. 773, 775; Walter Rudolf, Der öffentliche Dienst im Staat der Gegenwart, W D S t R L , Bd. 37, Berlin 1979, S. 175, 199 f.; Ingo v. Münch, Verfassungsrechtliche Grenzen einer Reform des öffentlichen Dienstrechts Rechtsgutachten, in: Studienkommission für die Reform des öffentlichen Dienstrechts, Bd. 5, Baden-Baden 1973, S. 71, 93; Klaus Stern, Empfiehlt es sich, das Beamtenrecht unter Berücksichtigung der Wandlungen von Staat und Gesellschaft neu zu ordnen? - Diskussionsbeitrag, in: Verhandlungen des achtundvierzigsten Deutschen Juristentages, Bd. I I , Teil O, München 1970, S. O 60, O 61; Rupert Scholz (Fn. 77), S. 197; Studienkommission für die Reform des öffentlichen Dienstrechts, Bericht der Kommission, Baden-Baden 1973, S. 120. 83 Vgl. Walter Leisner (Fn. 61), S. 115 f.; Josef Kölble, Empfiehlt es sich, das Beamtenrecht unter Berücksichtigung der Wandlungen von Staat und Gesellschaft neu zu ordnen? - Diskussionsbeitrag, in: Verhandlungen des achtundvierzigsten Deutschen Juristentages, Bd. II, Teil O, München 1970, S. O 91, O 93. 84 BVerfGE 30, 1, 24; v. Münch , GG-Kommentar, Art. 79 Rn. 42; Was zum Rechtsstaatsprinzip gehört, „ergibt sich aus einer Zusammenschau der Bestimmungen des Art. 20 Abs. 3 GG über die Bindung der Einzelgewalten und der Art. 1 Abs. 3, 19 Abs. 4, 28 Abs. 1 Satz 1 GG sowie aus der Gesamtkonzeption des Grundgesetzes", BVerfGE 2, 380,403. 85 Klaus Stern (Fn. 82), S. O 61; Franz Mayer, Verfassungsrechtliche Grenzen einer Reform des öffentlichen Dienstes, ZBR 1974, S. 275, 280; Josef Isensse, Beamtenstreik - Zur rechtlichen Zulässigkeit des Dienstkampfes, Bonn 1971, S. 134; Detlef Merten, Das Berufsbeamtentum als Element deutscher Rechtsstaatlichkeit, in: Lüder (Hrsg.), Staat und Verwaltung, Berlin 1997, S. 145, 152. 86 Ernst Forsthoff, Verfassungsrechtliche Prolegomena zu Art. 33 Abs. 5 GG, DÖV 1951, S. 460, 462.

3 Schwanengel

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A. Grundlagen des DDR-Staatsdienstes

tung der gesamten Gesellschaft orientierte Charakter der „vollziehendverfugenden Tätigkeit" der Staatsbediensteten i m Sozialismus geradezu einen systemnotwendigen Verzicht auf Lebenslänglichkeit und Unkündbarkeit des Dienstverhältnisses. Der als „Machtinstrument der herrschenden Klasse" definierte sozialistische Staat und das seinem Eigenwert beraubte sozialistische Recht als der zum Gesetz erhobene Wille dieser Klasse bedingten eine ideologisch unterlegte Systembindung der Staatsbediensteten, kraft derer die Durchsetzung der Politik von Partei- und Staatsführung kontrollierend und steuernd gesichert werden konnte. Während der Rechtsstaat im öffentlichen Recht einen Moment der Abgrenzung von staatlichem und privatem Willensbereich sah, lehnte der sozialistische Staat mit der Formel der Einheit von Staat und Volk, Gesellschaft und Individuum subjektive Rechte des Bürgers ab und strukturierte im Recht den Parteiwillen mit universellem Anspruch, weshalb die Bindung der Staatsbediensteten an das Gesetz, zugleich der Anknüpfungspunkt für ihre systemorientierte Ausrichtung war. Zudem verkamen die Rechtsvorschriften vielfach zu einer bloßen Dekoration für (partei-) administrative Entscheidungen, was sich i m Fehlen eines einheitlichen und subjektive Rechte sichernden Verwaltungsverfahrensrechtes sowie einer wirksamen gerichtlichen Nachprüfung von Verwaltungsentscheidungen 87 ebenso spiegelte, wie i m Verdrängen form- und fristgebundener Rechtsmittel 88 durch ein exorbitantes Eingabenwesen89.

II. Die Beseitigung tradierter Strukturen des Berufsbeamtentums 1. Die Personalpolitik der SED als Instrument der Machteroberung und -erhaltung Im Einvernehmen mit der sowjetischen Besatzungsmacht lehnte es die KPD nach dem Zusammenbruch zunächst ab, ein Sowjetsystem einzuführen.

87 Das Gesetz über die Zuständigkeit und das Verfahren der Gerichte zur Nachprüfung von Verwaltungsentscheidungen vom 14.12.1988, GBL DDR I 1988, S. 327, hatte keine praktische Relevanz mehr erlangt; Vgl. auch: Wolfgang Bernet, Das Problem der Gerichtsbarkeit über Verwaltungssachen in der Entwicklung der DDR, DÖV 1990; S. 409, 409 ff.; Klaus-Jürgen Kuss, Gerichtliche Verwaltungskontrolle in der DDR, ROW 1989, S. 209, 209 ff.; Horst Sendler, Verwaltungsgerichtsbarkeit in der DDR - Wie können wir helfen, DtZ 1990, S. 166, 166 ff. 88 Vgl. Wolfgang Bernet, Probleme des Verwaltungsrechts der ehemaligen DDR, RiA 1990, S. 209, 209 ff. 89 I n den letzten Monaten der Existenz der DDR betrug der Berg unerledigter Eingaben bei den örtlichen Staatsorganen über 2 Mio; vgl. Wolfgang Bernet, Eingaben als Ersatz für Rechte gegen die Verwaltung der DDR, Kritische Justiz 1990, S. 153, 158.

II. Beseitigung des Berufsbeamtentums

35

Vielmehr proklamierte sie in Fortführung ihrer Volksfront-Strategie 90 auf der Brüsseler- 91 und Berner-Parteikonferenz 92 in ihrem Aufruf vom 11.6.1945 die Errichtung einer parlamentarisch-demokratischen Republik 93 , deren Staatsorgane sowohl in ihrer Struktur als auch in ihrem Aufbau an überkommene Strukturen anknüpfen, dennoch von Anfang an keinen bürgerlich-demokratischen Charakter besitzen sollten 94 . Machtpolitisch abgesichert durch das Besatzungsregime, sollte der alte Staatsapparat "strukturell, personell und arbeitsmethodisch" 95 aufgelöst und durch neue Verwaltungsorgane ersetzt werden, die in der Etappe der sogenannten "antifaschistisch-demokratischen Umwälzung" 96 allmählich zum Führungsinstrument der i m April 1946 aus einer Zwangsvereinigung von KPD und SPD entstandenen SED werden sollten. Dieses strategische Konzept stand vor dem Hintergrund, daß die Kommunisten zunächst eine Politik der "antifaschistischen Partnerschaft" proklamierten, die vor allem für den Neuaufbau der Verwaltung notwendig war, da die Kader der KPD und die als "Berater" von der Sowjetischen Militäradministration (SMAD) eingesetzten sowjetischen Verwaltungsfunktiönäre allein nicht in der Lage waren, die Verwaltung in Gang zu bringen 97 . Die ideologische Grundlage dieser Strategie bildete die Lehre Lenins von den "zwei Tak-

90

V g l dazu: Richtlinien der KPD für die Ausarbeitung einer politischen Plattform der deutschen Volksfront vom 16.7.1936, in: Karl-Heinz Schöneburg (Hrsg.), Geschichte des Staates und des Rechts der DDR, Bd. I - Dokumente 1945-1949, Berlin (Ost) 1984, S. 35 ff. 91 Der neue Weg zum gemeinsamen Kampf aller Werktätigen. Für den Sturz der Hitlerdiktatur ! - Resolution der Brüsseler Parteikonferenz der KPD vom 15.10.1935, in: Karl-Heinz Schöneburg (Fn. 90), S. 34 ff. 92 Der Weg zum Sturze Hitlers und der Kampf um die neue demokratische Republik - Resolution der Berner Konferenz der KPD vom 1.2.1939, in: Karl-Heinz Schöneburg (Fn. 90), S. 37 ff., wobei die KPD ausdrücklich betonte, daß die demokratische Republik kein Verzicht auf den Kampf um den Sozialismus, sondern vielmehr dessen organisatorische Vorbedingung sei (S. 38). 93 Aufruf der Kommunistischen Partei Deutschlands vom 11.6.1945, in: Karl-Heinz Schöneburg, (Fn. 90) S. 47, 47 f., wobei ausdrücklich betont wurde, "daß der Weg, Deutschland das Sowjetsystem aufzuzwingen, falsch wäre, denn dieser Weg entspricht nicht den gegenwärtigen Entwicklungsbedingungen in Deutschland". 94 Karl-Heinz Schöneburg / Werner Wippold (Fn. 13), S. 1448. 95 Karl-Heinz Schöneburg, Staat und Recht in der Geschichte der DDR, Berlin (Ost) 1973, S. 28. 96 Vgl. Einführung in die marxistisch-leninistische Staats- und Rechtslehre (Fn. 27), S. 34 ff. Dabei gilt festzuhalten, daß die Periodisierung mehrfach geändert wurde: Zunächst wurde das Ende der antifaschistisch-demokratischen Übergangsperiode von 1952 auf das Jahr 1949 zurückdatiert, weil bereits zu dieser Zeit die sozialistischen Elemente dominant waren, später wurde sogar vom ersten Teil einer einheitlichen volksdemokratischen Revolution gesprochen. 97 Rudolf Schwarzenbach, Die Kaderpolitik der SED in der Staatsverwaltung, Köln 1976, S. 69.

3*

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A. Grundlagen des DDR-Staatsdienstes

tiken der Sozialdemokratie in der demokratischen Revolution" 98 , wonach an die Stelle des zerschlagenen bürgerlichen Staatsapparates ein neuer, von "formal-demokratischen Vorstellungen" freier Staatsapparat tritt, der über eine bürgerlich-demokratische Etappe zur Diktatur des Proletariats führt, mit deren Errichtung erst die Grundfrage der Revolution, die Frage der Macht, entschieden sei". Demgemäß wurde später eingeschätzt, daß i m Gegensatz zur Entstehung des Sowjetstaates die Bildung der neuen Staatsorgane "nicht der Höhepunkt einer revolutionären Kampfaktion der Volksmassen (war), sondern vielmehr ein Prozeß, um die Volksmassen in ihm erst gesellschaftlich zu revolutionieren" 100 . Institutionell wurden dazu von Initiativgruppen der KPD lokale Verwaltungsorgane aufgebaut 101 , während die SMAD frühzeitig als politische Zentralinstanz errichtet wurde 1 0 2 , der neben der Verwaltung in den Gemeinden und Kreisen auch die durch die SMAD eingesetzten Deutschen Zentralverwaltungen unterstanden 103. So betonte Schöneburg, daß es den Initiativgruppen der KPD bis Ende Juni 1945 gelungen war, in allen Städten und Kreisen und in fast allen Gemeinden Verwaltungsorgane zu bilden, in denen, abgesehen von wenigen Ausnahmen, die führende Rolle der Arbeiterklasse aufgrund der Volksfrontpolitik gesichert war und die ihrem Wesen nach "Staatsorgane der revolutionär-demokratischen Diktatur der Arbeiter und Bauern, Keimzellen der neuen ... Staatsmacht" waren 104 . Im März 1948 wurde schließlich die im Juli 1947 gegründete Deutsche Wirtschaftskommission (DWK) zu einem ge-

98 Wladimir-Iljitsch Lenin, Zwei Taktiken der Sozialdemokratie in der demokratischen Revolution, in: Lenin-Werke, Bd. 9, Berlin (Ost) 1964, S. 1 ff. 99 Wladimir-Iljitsch Lenin (Fn. 98), S. 74 f. 100 Karl-Heinz Schöne bürg / Werner Wipppold (Fn. 13), S. 1449. 101 Karl-Heinz Schöneburg / Karl Urban, Das Entstehen der antifaschistischdemokratischen Staatsmacht - Mai 1945 bis Ende 1946, StuR 1965, S. 698, 702 f.; Wolfgang Wilhelmus, Die Anfange der Machtentfaltung des Volkes in den Jahren 1945/46, StuR 1969, S. 753, 756, der zugleich die Bildung der Landesverwaltung Mecklenburg dokumentiert und diese als "demokratische Koalitionsregierung" charakterisiert, in der allerdings die Kommunisten bereits die entscheidenden Funktionen innehatten. 102 SMAD-Befehl N r . l vom 9.7.1945, in: Befehle des Obersten Chefs der Sowjetischen Militärverwaltung in Deutschland und amtliche Bekanntmachungen des Stabes der Sowjetischen Militärverwaltung in Deutschland, Sammelheft 1 / 1945, Berlin 1946, S. 9, wobei in der Übersetzung noch der Begriff der "Sowjetischen Militärverwaltung" gebraucht wurde. 103 V g l zur tatsächlichen politischen Gewalt der SMAD: Karl-Heinz Schöneburg, (Fn. 95), S. 24; Staatsrecht der DDR (Fn. 54), S. 53, wonach deren Tätigkeit ein wesentlicher Schritt zur Verwirklichung des Zentralismus in der Staatsorganisation war. 104 Karl-Heinz Schöneburg / Richard Mand / Hans Leichtfuß / Karl Urban, Vom Werden unseres Staates - Eine Chronik, Bd. I - 1945-1949, Berlin (Ost) 1966, S. 38.

II. Beseitigung des Berufsbeamtentums

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samtstaatlichen Leitungsorgan ausgebaut 105 , indem die wichtigsten Zentralverwaltungen in die D W K eingebracht und die führenden Positionen mit Kommunisten besetzt wurden 106 . Außerdem erhielt die D W K das Recht, Beschlüsse, Anordnungen und Verordnungen mit Gesetzeskraft zu erlassen, an die alle Verwaltungsinstanzen in den Ländern gebunden waren 107 . Damit war schon vor der offiziellen Staatsgründung ein immer stärker zentralisierter Staatsapparat entstanden, der als Instrument zur Vermittlung und Proklamierung des Parteiwillens diente und in dem rückblickend eine "Vorform sozialistischer Staatlichkeit" gesehen wurde, die bereits den radikalen Bruch mit der Tradition bürgerlicher Staatsorganisation enthalten habe 108 . Personell hatte die KPD/SED die Frage zu entscheiden, wie eine kleine Gruppe in Moskau geschulter Funktionäre die Macht erlangen und vor allem die gesamte Personalverwaltung des Staates in den Griff bekommen konnte. Bereits in ihrem Aufruf von 1945 hatte die KPD besonderes Augenmerk auf die personelle Zerschlagung des alten Staatsapparates gelegt und zunächst gefordert, die Mitglieder, die Bestandteil des "faschistischen Terrorsystems" 109

gewesen sind, aus dem Staatsdienst zu entfernen . Daraufhin wurden auf Basis des Kontrollratsgesetzes Nr. 10 in der Zeit von Mai 1945 bis Dezember 1964 insgesamt 16.572 Personen als ehemalige Nazis angeklagt und 12.807 von ihnen verurteilt, darunter 77 leitende Beamte der Ministerien und 120 der örtlichen Organe 110 . Außerdem arbeiteten unter Kontrolle der SMAD 262 Entnazifizierungskommissionen, die vor allem die Aufgabe hatten, die Ver-

105 Gert-Joachim Glaeßner, Herrschaft durch Kader, Opladen 1977, S. 88. Vgl. SMAD-Befehl Nr.32 über die Zusammensetzung und Vollmachten der Deutschen Wirtschaftskommission vom 12.2.1948, in: Um ein antifaschistisch demokratisches Deutschland, Dokumente aus den Jahren 1945 - 1949, Berlin (Ost) 1968, S. 585 f. und Erklärung des Präsidenten der Deutschen Wirtschaftskommission, Heinrich Rau, auf der konstituierenden Sitzung der D W K zum SMAD-Befehl Nr. 32 (Protokollauszug), in: ebda., S. 610 ff, der in diesem Befehl einen wichtigen Markstein zum Aufbau einer einheitlichen Verwaltung sah, S. 610. 106 Karl Heinz Schöneburg/Richard Mandl Hans Leichtfuß/Karl Urban (Fn. 104), S. 226. 107 SMAD-Befehl Nr. 32, Ziff.4 (Fn. 105) und Mitteilung der Deutschen Wirtschaftskommission über die Bestätigung des Antrags der D W K auf Gewährung des Rechts zum Erlaß verbindlicher Verordnungen und Anordnungen durch den obersten Chef der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland, in: Um ein antifaschistisch demokratisches Deutschland (Fn. 105), S. 623. 108 Karl Heinz Schöneburg/RichardMand/Hans Leichtfuß/Karl Urban (Fn. 104), S. 274 f. 109 Aufruf der Kommunistischen Partei Deutschlands vom 11. 6.1945 (Fn. 93), S. 48. 110 Karl Heinz Schöneburg/RichardMand/Hans Leichtfuß/Karl Urban (Fn. 104), S. 118 f.

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A. Grundlagen des DDR-Staatsdienstes

waltungen von wirklichen oder auch nur vermeintlichen Nazis zu säubern 111. Aufgrund ihrer Entscheidungen wurden 520.000 Personen aus Ämtern, Dienststellen und anderen Einrichtungen entfernt 112 . Parallel und zum Teil unabhängig vom Votum der Kommissionen wurden zudem, entsprechend des Verwaltungsaufbau von unten nach oben, Überprüfungen angeordnet, in deren Ergebnis vor allem die leitenden Beamten in den Kreisen und Städten ihrer Stellung enthoben wurden 113 , soweit sie nicht bereits unmittelbar nach der Besetzung durch die Ortskommandanten der Sowjettruppen abgesetzt worden waren 114 . Der dadurch stark dezimierte Personalbestand konnte kaum durch auch nur einigermaßen qualifiziertes Verwaltungspersonal ersetzt werden 115 , zumal die KPD / SED dem Aufbau des Parteiapparates den Vorzug gab. Die personalpolitische Konzeption mußte deshalb berücksichtigen, daß die Mehrheit der Staatsbediensteten auf längere Zeit aus Parteilosen bestehen würde, woraus die Schlußfolgerung gezogen wurde, zumindestens die Schaltstellen des Transformationsprozesses mit Parteikadern zu besetzen und die "bürgerlichen Fachleute" nach dem sowjetischen "Kommissaiprinzip" kontrollieren zu lassen. In den "Kommunalpolitischen Richtlinien der SED" vom 17.7.1946 wurde deshalb die Heranbildung von geeigneten Nachwuchskadern beschlossen 116 . In den Forderungen zur "Beseitigung der Bürokratie" und zur "dauernden Überwachung der gesamten Verwaltung" sowie in der Aussage, den Bediensteten "keine lebenslängliche Anstellung" zu gewähren 117 , wurde

111 Vgl. A.-B. Tschernow, Über die Entnazifizierung Deutschlands, in: Weißel, Bernhard, Befreiung und Neubeginn - Zur Stellung des 8. Mai in der deutschen Geschichte, Berlin (Ost) 1968, S. 243, 249, der vor allem auf den Widerstand der CDU und LDP (D) gegen eine weitflächige Entnazifizierung aufmerksam machte. 112 Vgl. Karl Heinz Schöneburg / Richard Mand / Hans Leichtfuß / Karl Urban (Fn. 104), S. 224 f., wonach in Thüringen 62.656, in Sachsen-Anhalt 49.935, in Mecklenburg rd. 12.000 und in Sachsen 5.881 Personen aus der Verwaltung entlassen, beziehungsweise in Sachsen weitere 16.511 nicht wieder zur Verwaltungsarbeit zugelassen wurden. 113 So berichtet Bernhard Bechler, 1. Vizepräsident der Provinzialverwaltung Mark Brandenburg, daß in der Provinz während des ersten Jahres von 22 Landräten 14, von 22 Kreisräten (Stellvertretenden Landräten) 10 und von 9 Oberbürgermeistern 5 abgelöst wurden, denen aufgrund einer angeordneten Überprüfung im Januar 1946 96 Bürgermeister der Gemeinden folgten; Bernhard Bechler; Personalpolitische Erfahrungen i m ersten Jahr, Demokratischer Aufbau 1946, S. 107 f. 114 Gustav Leissner, Verwaltung und öffentlicher Dienst in der SBZ, Stuttgart 1961, S. 257. 115 Vgl. Joachim Schultz, Der Funktionär in der Einheitspartei - Kaderpolitik und Bürokratisierung in der SED, Stuttgart 1956, S. 211. 116 Beschluß des Parteivorstandes der SED - Kommunalpolitische Richtlinien vom 17.7.1946, in: Karl-Heinz Schöneburg (Fn. 90), S. 74, 75. 117 Kommunalpolitische Richtlinien (Fn. 116), S. 75.

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später eine Absage der SED an das Berufsbeamtentum und die Grundlage gesehen, "nach der sich in der Folgezeit die Beseitigung nachwirkender bürgerlicher Staats- und Rechtsformen ... i m örtlichen Bereich" vollzog 1 1 8 . Eine weitere Zäsur leitete die staatspolitische Konferenz der SED in Werder 1948 ein, auf der neue Personalrichtlinien herausgegeben wurden 119 , die darauf abzielten, die Zusammensetzung des Verwaltungspersonals zu ändern und die Kräfte zu isolieren, die auf eine Wiedereinführung des Berufsbeamtentums und die politische Neutralität der Verwaltung setzten. In diesem Zusammenhang wandte sich die SED gegen ein Memorandum der Deutschen Verwaltung für Volksbildung, das eine Veibeamtung der Lehrer vorsah, und betonte, daß die Mitarbeiter der Verwaltung keine Berufsbeamten, sondern Angestellte eines neuen Typus sein sollten 120 . Vor allem die LDP(D), die bereits in ihrem Gründungsaufruf die "Wiederherstellung eines unabhängigen, leistungsfähigen Berufsbeamtentums" gefordert hatte 1 2 1 , betonte in dieser Zeit immer wieder die Notwendigkeit des Berufsbeamtentums als Voraussetzung für eine "saubere, geordnete, billige und die Grundrechte des Staatsbürgers achtende demokratische Verwaltung" 1 2 2 . In der Schrift " U m die Wiedereinführung des Berufsbeamtentums" bekräftigte Kuhnd die Auffassung der Partei, daß eine geordnete öffentliche Verwaltung unmöglich auf Dauer ohne ein Berufsbeamtentum auskommen könne, da nur ein Beamtenkörper, der durch entsprechende Vorbereitung beste fachliche Qualität biete und der in seiner Lebenshaltung durch den Staat geschützt sei, das Vertrauen der Bevölkerung gewinnen beziehungsweise wiedergewinnen kann 1 2 3 . Die Verantwortung, die die Staats- und Selbstverwaltung der Allgemeinheit gegenüber trägt, so Kuhnd, lege dem Staat die Verpflichtung auf, bei der Anstellung seiner Mitarbeiter Anstellungsformen zu suchen, die Gewähr dafür bieten, daß die Interessen der Allgemeinheit gewahrt bleiben. Dezidiert forderte er ein durch Alimentation in seiner Unabhängigkeit geschütztes und auf dem Lebenszeitprinzip beruhendes "Berufs-" 118 Karl Heinz Schöneburg/RichardMand/Hans Leichtfuß/Karl Urban (Fn. 104), S. 146, 147. 119 Die Stellung der SED zur Personalpolitik in der Verwaltung - Beschluß der Konferenz zu Werder in: Die neuen Aufgaben der demokratischen Verwaltung, Berlin (Ost) 1948, S. 95 ff. 120 So Mielke i n seinem die Grundlage des personalpolitischen Beschlusses bildenden Referat; Erich Mielke, Die Personalpolitik in der Verwaltung, in: Die neuen Aufgaben der demokratischen Verwaltung (Fn. 119) S. 59, 61. 121 Gründungsaufruf der Liberal-Demokratischen Partei Deutschlands vom 5.7.1945, Ziff. 14, in: Karl-Heinz Schöneburg (Fn. 90), S. 56, 58. 122 Entschließung des 2. Parteitages der LDP in Eisenach vom 4.-7.7.1947, in: Hans Kuhnd, U m die Wiedereinführung des Berufsbeamtentums, Schriftenreihe der LDP, Berlin 1948, S. 17. 123 Hans Kuhnd (Fn. 122), S. 3.

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Beamtentum und wandte sich damit gegen die Rekrutierungspraxis aufgrund politischer Überzeugung. "Kein Maurer wird von einem Tischlermeister eingestellt", so Kuhnd, " i n den Behörden aber ..., wo es bei den Entscheidungen oft um Menschenschicksale geht, wo an der Arbeit dieser Sachbearbeiter sehr oft schwerwiegende finanzielle Folgen für Einzelne wie auch für Teile des Volkes hängen u.a.m., da meint man, ohne Bedenken auch einfach Laien einsetzen zu können!" 1 2 4 In dem der Broschüre beigefügten Gesetzentwurf des Beamtenausschusses der LDP(D), dem ein vorsichtig positives Votum der sowjetischen Besatzungsorgane zum Berufsbeamtentum vorausgegangen war 1 2 5 , wurde ein Beamtenverhältnis als "Hoheits- und Schutzverhältnis" vorgeschlagen, das als "Lebensaufgabe und Lebensberuf' die Pflicht des Staates beinhaltete, "den Beamten wirtschaftlich sicherzustellen und ihm eine auskömmliche Besoldung ... zu gewähren" 1 2 6 . In der Formulierung des Art. I des Gesetzentwurfes, wonach Berufsbeamte in dem Umfange einzustellen sind, wie die geordnete Erledigung hoheitlicher Aufgaben dies erfordere, spiegelte sich die Diskussion innerhalb der Kommision um die Reichweite des Beamtenvorbehalts wider, wobei als Kriterien die "Erfüllung staatseigentümlicher Aufgaben" und die "Tätigkeit im staatswichtigen Interesse" benannt wurden 1 2 7 . Die SED sah darin vor allem den Versuch, das "alte Prinzip der Gewaltenteilung wieder einzuführen" und ihr Hegemoniestreben zu blockieren 128 . So hatte sie bereits auf ihrem 2. Parteitag die Auffassung einer Trennung von Partei und Staat als "sektiererisch" zurückgewiesen und den "preußischen Formalismus" alter Fachleute beklagt, der sich immer mehr auf die gesamte 129

Verwaltung übertrug . Während der Verwaltungsbeamte seine Aufgabe darin gesehen habe, nur das zu tun, was ihm die Paragraphen vorgeschrieben hätten, "besteht die Aufgabe des Angestellten in der heutigen Verwaltung 124

Hans Kuhnd (Fn. 122), S. 4. A u f die Frage des LDP(D) Vorsitzenden Dr. Külz nach der Zukunft des Beamtentums antwortete Marschall Sokolowskij, daß es selbstverständlich sei, daß man ohne Berufsbeamten den Staat nicht leiten könne, diese sich aber nicht zu einer abgeschlossenen Kaste entwickeln dürften, sondern sich aus dem Volke rekrutieren müßten. Vgl. Kommunique der Beratung vom 7.2.1948, in: Hans Kuhnd (Fn. 122), S. 17. 126 Entwurf des Grundgesetzes zur Wiedereinführung des Berufsbeamtentums, Mai 1948, in: Hans Kuhnd (Fn. 122), S. 19 f. 127 Vgl. Hans Kuhnd (Fn. 122), S. 10, der vor allem das Kriterium der "obrigkeitlichen (hoheitlichen) Befugnisse" für wenig praktikabel hielt, da es derartige Befugnisse auch in nur untergeordneter Form gebe, während bei einer derartigen Abgrenzung die Wahrnehmung anderer staatswichtiger Aufgaben den Erwerb der Beamteneigenschaft ausschließen würde. 128 Vgl. Klaus Sorgenicht / Karl Urban, Die Partei wies der Arbeiterklasse und dem ganzen Volk den Weg zur Ausübung der Staatsmacht, StuR 1971, S. 545, 546 f. 129 Klaus Sorgenicht/Karl Urban (Fn. 128), S. 548 u. 553. 125

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darin, mitzuarbeiten an der Gestaltung der neuen Ordnung" 130 . Auf der Konferenz von Werder forderte die SED deshalb, nur "ehrliche Demokraten" an die Spitze der Verwaltung zu setzen, während "jene Beamten, die die besten Absichten zunichte machten", indem sie "die Beschlüsse nicht durchführten", als "Saboteure" zu entlarven und zu entlassen waren 131 . Hatte die SMAD anfangs ihr Ziel, eine "feste Ordnung" als "notwendige Bedingung für die ... politische Betätigung der deutschen Bevölkerung zu installieren, noch sehr allgemein umschrieben 132 , konnte die SED i m Ergebnis dieser personalpolitischen Entwicklung einschätzen, daß die führende Rolle der Partei i m Staatsapparat und damit die Stellung der SED als Staatspartei bereits 1948 weitgehend durchgesetzt war 1 3 3 .

2. Die Umstellung des Staatsdienstes auf eine sozialistische Rechtsgrundlage a) Die Rechtsverhältnisse der Staatsbediensteten in den Provinzen und Ländern der SBZ In ihren praktischen Auswirkungen führten die personalpolitischen Maßnahmen der KPD / SED sowohl für die aus dem alten Staatsapparat Verbliebenen als auch für die neu Hinzugekommenen dazu, daß bereits frühzeitig die allgemeinen Grundsätze des Berufsbeamtentums faktisch unbeachtet blieben, da die festgefügter und hierarchischer Ordnung unterliegende Beamtenschaft als eine Bedrohung für den noch in Geburtswehen befindlichen sozialistischen Staat angesehen wurde 1 3 4 . Trotzdem war 1945 noch unklar, inwieweit an überkommenen Strukturen des Beamtenrechts festgehalten werden sollte. Zum einen hatten die nationalsozialistischen Beamtengesetze noch bis zum Sommer 1945 Bestand, zum anderen äußerte sich die SMAD in ihrem, diese Gesetze aufhebenden Befehl Nr. 66 vom 17.9.1945 135 nicht zur Zukunft des

130 So die Aussage Ulbrichts auf dem 2. Parteitag der SED, nach: Klaus Sorgenicht/ Karl Urban (Fn. 128), S. 554. 131 Die Stellung der SED zur Personalpolitik in der Verwaltung (Fn. 119), S. 96. 132 SMAD-Befehl Nr.2 vom 10.6.1945, in: Befehle des Obersten Chefs der Sowjetischen Militärverwaltung i n Deutschland (Fn. 102), S. 9,10. 133 Karl-Heinz Schöneburg/Werner Wippold (Fn. 13), S. 1449 f., der als Beleg dafür anführt, daß zu diesem Zeitpunkt 43 % der Mitarbeiter im Staatsapparat der SED angehörten. 134 Helmut Jacobs, Das Recht des Staatsdienstes in der DDR, Würzburg 1975, S. 63 f. 135 SMAD-Befehl Nr. 66 vom 17.9.1945, in: Um ein antifaschistisch demokratisches Deutschland (Fn. 105) S. 156 f.

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Beamtentums und ließ damit die unterschiedlichen Auffassungen zwischen der KPD und den anderen Parteien ungeklärt 136 . Dies führte vor allem zu einer unterschiedlichen Rechtsauffassung und normativen Ausgestaltung der Rechtsverhältnisse der Staatsbediensteten in den einzelnen Provinzen und Ländern 137 . So bestimmte die Landesverwaltung Sachsen in der ersten von ihr erlassenen Verordnung 138 , daß jede Wieder- oder Neueinstellung als Beamter oder Angestellter nur vorläufig und jederzeit widerruflich zu erfolgen hatte und erließ am 17.8.1945 eine Verordnung über den personellen Neuaufbau der Verwaltung 139 , in der eine Berufung in das Beamtenverhältnis gar nicht mehr vorgesehen war, womit vor allem zum Ausdruck gebracht werden sollte, daß aus der Zugehörigkeit zur früheren Verwaltung kein Anspruch auf Wiederverwendung geltend gemacht werden konnte 140 . Auch die Landesverwaltung Mecklenburg- Vorpommern verwies in einem Besoldungserlaß ausdrücklich darauf, daß die Beamten als Angestellte zu gelten hatten und ihre Arbeitsverhältnisse durch eine Tarifordnung zu regeln waren 141 . In der Mark Brandenburg wurde gar der Weg beschritten, alle Berufsbeamten aus ihren Ämtern zu entlassen, um sie nach Prüfung ihrer politischen Zuverlässigkeit als Angestellte wieder einzustellen 142 . Dagegen wurde in der Provinz Sachsen (dem späteren Sachsen-Anhalt) eine Regelung getroffen, die in Anlehnung an "hergebrachte Grundsätze des Beamtenrechts" die Übernahme in ein Beamtenverhältnis ausdrücklich vorsah und auch Laufbahn» und Besoldungsgruppen beinhaltete 143 . Vor allem sollte die Vorschrift sicherstellen, daß die aus politischen Gründen entlassenen Beamten bei Wiedereinstellung ihr altes Besoldungsdienstalter und ihre frühere Besoldungsgruppe wiedererhielten. Daneben traf sie jedoch auch (Sonder-) Regelungen

136 Vgl. Hans Kuhnd (Fn. 122), S. 5, der noch 1948 davon ausging, daß man aus den verschiedenen Verlautbarungen der Besatzungsmacht keinen Rückschluß auf die Zukunft des Berufsbeamtentums ziehen konnte. 137 Vgl. Gustav Leissner (Fn. 114), S. 256; Fiedrich Heller, Das Recht des öffentlichen Dienstes i n der sowjetischen Besatzungszone, Neue Deutsche Beamtenzeitung 1959, S. 1,1 f. 138 § 1 Verordnung über die Beschäftigung im öffentlichen Dienst vom 12.7.1945, Amtliche Nachrichten der Landesverwaltung Sachsen 1945, N r . l , S. 1. 139 Verordnung über den personellen Neuaufbau der öffentlichen Verwaltung vom 17.8.1945, Amtliche Nachrichten der Landesverwaltung Sachsen 1945, Nr.4/45, S. 19. 140 V g l Ziff. I I Abs.4 der Verordnung über den personellen Neuaufbau der Verwaltung (Fn. 139). 141 Runderlaß Nr.26 betr. Besoldung vom 13.11.1945, Amtsblatt der Landesverwaltung Mecklenburg-Vorpommern 1946, S. 46. 142 Bernhard Bechler (Fn. 113), S. 107. 143 Verordnung betr. die "Wiedergutmachung für aus politischen Gründen gemaßregelte Beamte sowie in den öffentlichen Dienst übernommene Personen" vom 15.10.1945, VOB1. der Provinz Sachsen 1945, N r . l , S. 40.

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für die Übernahme bisher nicht beamteter Personen in das Beamtenverhältnis. Als Voraussetzung für eine Berufung in das Beamtenverhältnis war ein "dringendes dienstliches Bedürfnis" erforderlich, wobei die Auslegung dieses unbestimmten Rechtsbegriffes den Bezirkspräsidenten oder den ihnen gleichgestellten Behörden übetragen und ausdrücklich darauf verwiesen wurde, daß dabei "nicht kleinlich zu verfahren" war 1 4 4 . Außerdem war in Anknüpfung an überkommene besoldungsrechtliche Regelungen eine Heraufsetzung anrechnungsfähiger Dienstzeiten normiert 145 . Allerdings wäre es verfehlt, von dieser Vorschrift auf eine entsprechende Verwaltungspraxis zu schließen, da sich die von den Ortskommandanten eingesetzten und erst allmählich von der Provinzialverwaltung bestätigten Bürgermeister und Behördenleiter kaum an formelle Mindestanforderungen bei der Auswahl ihres Personals hielten und damit das Bestreben nach rechtlicher Ordnung konterkarierten 146 . So kam es offenbar kaum zur Begründung von Beamtenverhältnissen, auch weil niemand da war, der - wenn er schon wußte, wie dabei zu verfahren war - sich legitimiert gefühlt hätte, weitgehende Rechtsansprüche zu begründen 147 . Gleichwohl war diese Regelung ein bemerkenswertes Bekenntnis zu tradierten Strukturen des Beamtenrechts, was ihre eigentliche Bedeutung ausmacht. Die KPD / SED, die i m SMAD-Befehl Nr. 66 zugleich eine Absage an die tradierten Strukturen des Berufsbeamtentums sah 148 , orientierte von Anfang an darauf, die Bediensteten der Verwaltung arbeitsrechtlich allen anderen Werktätigen gleichzustellen und ihre Rechte und Pflichten in einem Tarifvertrag festzulegen. Dies kam erstmals in einem Runderlaß der von der KPD dominierten und von der SMAD installierten Deutschen Zentralfinanzverwaltung zum Ausdruck, in dem trotz übergangsweiser Geltung der Reichsbesoldungsordnung bestimmt war, daß Beamte als Angestellte zu gelten hatten 149 , und wurde in den personalpolitischen Richtlinien der Konferenz von Werder 1948 explizit ausgeführt 150 . In den Gebietsteilen Thüringens und der Provinz Sachsen, die zunächst von den amerikanischen Truppen besetzt waren, behielten die Besatzungsorgane, 144

Ziff. I I / 2 der Verordnung. Ziff. H / 1 der Verordnung. 146 Gustav Leissner (Fn. 114), S. 273. 147 Gustav Leissner (Fn. 114), S. 257 f. 148 Klaus Stelter (Fn. 35) S. 432. 149 Runderlaß Nr.26 des Präsidenten der Deutschen Zentralfinanzverwaltung vom 26.11.1945, Gz. 087 000-3, auf den ein zweiter Besoldungserlaß der Landesverwaltung Mecklenburg-Vorpommern (vgl. zum ersten, in gleicher Diktion stehenden, Erlaß Fn. 141) ausdrücklich Bezug nahm; Erlaß betr. Besoldung vom 7.1.1946, Amtsblatt der Landesverwaltung Mecklenburg-Vorpommern 1946, S. 45. 150 Die Stellung der SED zur Personalpolitik in der Verwaltung (Fn. 119) Ziff. V/1, S. 98. 145

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vor allem aus Gründen der Verwaltungskontinuität, im wesentlichen die alten Strukturen bei und entfernten nur die exponiertesten Personen, zumeist an der Spitze der Verwaltung, aus ihren Ämtern. So wurde in der Provinz Thüringen am 30.7.1945 eine Verordnung 151 erlassen, die bestimmte, daß alle Beamten, die am 1.7.1945 i m Dienste des Landes Thüringen oder seiner Verbände beziehungsweise i m Dienste einer preußischen Staats- oder Kommunalverwaltung standen, als mittelbare Beamte der Provinz Thüringen übernommen wurden 1 5 2 . Zudem eröffnete die Verordnung die Möglichkeit, in Anwendung der §§ 27-30 des Deutschen Beamtengesetzes von 1937 153 , neue Beamte für die Provinzialverwaltung zu ernennen 154 . Mit der Unterstellung Thüringens unter die Sowjetische Militäradministration und der Aufhebung des Deutschen Beamtengesetzes von 1937 wurde durch Gesetz vom 5.10.1945 155 die Wiederanwendung des Thüringischen Staatsbeamtengesetzes von 1923 bestimmt, das jedoch kaum praktische Relevanz erlangte, da es 1948 rückwirkend (!) wieder aufgehoben wurde. Während die Entnazifizierung der Verwaltung in Sachsen, Brandenburg und Mecklenburg keiner spezifischen Regelung bedurfte, sahen sich die SMAD und die von ihr installierten Regierungen vor die Notwendigkeit gestellt, diesen Prozeß durch eine Verordnung der Provinz Sachsen vom 6.9.1945 156 und ein Gesetz des Landes Thüringen vom 23.7.1945 157 normativ auszugestalten. So sah die Verordnung der Provinz Sachsen die Entlassung aller "Naziverbrecher" und "aktivistischen Nazis" aufgrund der Empfehlungen einer mit umfassenden Auskunfts- und Akteneinsichtsrechten ausgestatte-

151 Verordnung betreffend die Übernahme der Beamten und Angestellten des Landes Thüringen, des Regierungsbezirks Erfurt, des Kreises Herrschaft Schmalkalden und der ehemaligen Reichsbehörden im Gebiet der Provinz Thüringen sowie betreffs die Anstellung der Beamten der Provinz Thüringen vom 30.7.1945, Regierungsblatt für die Provinz Thüringen 1945, S. 1; womit sich die amerikanische Besatzungsmacht trotz ihrer grundsätzlich ablehnenden Haltung für beamtenrechtliche Kontinuität aussprach. 152 § 2 I Verordnung betreffend die Übernahme der Beamten und Angestellten des Landes Thüringen (Fn. 151). 153 Deutsches Beamtengesetz vom 61.1.1937, RGBl. 1 1937, S. 39. 154 § 1 I Verordnung betreffend die Übernahme der Beamten und Angestellten des Landes Thüringen (Fn. 151). 155 Gesetz betreffend die Anwendung des Thüringischen Staatsbeamtengesetzes vom 14. März 1923 auf das Land Thüringen vom 5.10.1945, Regierungsblatt für das Land Thüringen 1945, S. 41. 156 Verordnung über die Säuberung der Verwaltung vom 6.9.1945, VOB1. der Provinz Sachsen 1945, N r . l , S. 38. 157 Gesetz über die Reinigung der öffentlichen Verwaltung von Nazi-Elementen vom 23.7.1945, Regierungsblatt für das Land Thüringen 1945, S. 6.

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ten Kommision vor 158. Gleichermaßen galten die Richtlinien dieser Verordnung auch für alle Wieder- und Neueinstellungen von Beamten, Angestellten und Arbeitern in den öffentlichen Dienst der Provinz. Da sich die "Säuberung" in den Selbstverwaltungskörperschaften aus Sicht der SMAD nur zögernd vollzog, sah sich der Präsident der Provinz zu einer ergänzenden Verordnung veranlaßt 159 . Außerdem waren in der ersten Verordnung vom 6.9.1945 einfache NSDAP-Mitglieder von einer Entlassung ausgenommen, was in Widerspruch zu den Anordnungen und Forderungen der SMAD stand, weshalb in einer dritten Verordnung eine Auslegung der Richtlinien dergestalt vorgeschrieben wurde, daß alle NSDAP-Mitglieder unabhängig von ihrer Stellung in Partei und Verwaltung zu entlassen waren 160 . Im Ergebnis des Vollzugs der Verordnung über die Säuberung der Verwaltung konnte ein Beamter in ein Amt mit niedrigerem Grundgehalt eingewiesen werden 161 , während aus politischen Gründen ohne Ruhegehaltsanspruch entlassene Beamte so gestellt wurden, als ob sie bis zum Erreichen der Altersgrenze im Dienst verblieben waren 162 . Nach der gesetzlichen Regelung in Thüringen waren alle Beamten (und Angestellten) unabhängig von dem von ihnen bekleideten Amt zu entlassen, wenn sie entweder vor dem 1.4.1933 der NSDAP beigetreten 163 oder in ihr eine näher bezeichnete Funktion ausgeübt hatten 164 . Aber auch die

158 Als "Naziverbrecher" galten gemäß Ziff. I V / A der Verordnung vor allem Personen, die durch Handlungen oder Unterlassungen gröblich gegen Menschlichkeit oder Sittlichkeit verstoßen hatten oder an solchen Verstößen beteiligt waren, während der Begriff der "aktivistischen Nazis" - Ziff. I V / B der Verordnung - hauptamtlich leitende Mitglieder der NSDAP, ihrer Gliederungen, angeschlossenen Verbänden und betreuten Organen erfaßte. Zu Kommissionsmitglieder bestimmte Ziff. V I I I der Verordnung Vertreter der neu gegründeten beziehungsweise wieder zugelassenen Parteien. 159 Verordnung über die politische Säuberung der Verwaltung vom 15.10.1945, VOB1. der Provinz Sachsen, Nr. 3, S. 13, worin die Kommissionen aufgefordert wurden, innerhalb von nur vierzehn Tagen einen entscheidungsreifen Vorschlag vorzulegen. 160 Verordnung betr. die "Auslegung der Richtlinien über die Säuberung der Verwaltung" vom 17.10.1945, VOB1. der Provinz Sachsen 1945, Nr. 4-6, S. 17, was in einer Verordnung vom 9.11.1945 bekräftigt und auf Ruhegehaltsempfang er in dem Sinne ausgedehnt wurde, daß ihnen die Gewährung von Ruhegehaltsbezügen entzogen wurde, VOB1. der Provinz Sachsen 1945, Nr. 7, S. 9. 161 Verordnung betr. die "Verwendung von Beamten in niedrigeren Stellen" vom 5.11.1945, VOB1. der Provinz Sachsen 1945, Nr.7, S. 9. 162 Verordnung betr. die "Zahlung von Ruhegehalt im Wege der Wiedergutmachung" vom 5.11.1945, VOB1. der Provinz Sachsen 1945, Nr.7, S. 9. 163 § 2 Gesetz über die Reinigung der öffentlichen Verwaltung (Fn. 157). 164 § 4 Gesetz über die Reinigung der öffentlichen Verwaltung (Fn. 157), wobei von einer Entlassung abgesehen wurde, wenn der Beamte nachweislich aus weltanschaulichen Gründen aus der NSDAP entweder ausgetreten oder ausgeschlossen worden war (§5).

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übrigen NSDAP-Mitglieder waren grundsätzlich zu entlassen, wenn sie ein Amt vom Regierungsdirektor an aufwärts innehatten beziehungsweise als Landrat, Oberbürgermeister, hauptamtlicher Beigeordneter, Universitätsrektor oder Schulrat tätig waren 165 . Inwieweit in der gesetzlichen Differenzierung nach dem statusrechtlichen Amt eine Unterscheidung zwischen nominellen Parteimitgliedern und aktiven Verfechtern des Systems erfolgte, wie dies eine Interpretation in der DDR-Literatur behauptet 166 , muß bezweifelt werden, wenn man beachtet, daß das Bundesverfassungsgericht in seinem ersten Beamten-Urteil betonte, daß die NSDAP-Mitgliedschaft für die rechtliche Beurteilung des Beamtenverhältnisses als solches ohne Bedeutung war, da neben überzeugten Nationalsozialisten zahlreiche Beamte nur deshalb "positiv" mitgearbeitet hatten, weil sie glaubten, sich der Entwicklung aus übergeordneten Gesichtspunkten, insbesondere wegen ihres Treueverhältnisses, nicht entgegenstellen zu dürfen 167 . Die Parteigebundenheit oder zumindestens -Verbundenheit wurde letztlich allen Beamten zum Vorwurf gemacht, die nicht nachweisen konnten, daß sie dem Nationalsozialismus aktiv Widerstand geleistet oder zumindestens von ihm verfolgt worden waren 168 . Die Gleichsetzung von Beamten mit Anhängern des Nationalsozialismus war insofern ein willkommener Vorwand für die Beendigung der Beamtenverhältnisse und die Entlassung der Beamten nach dem vorgefaßten Plan der "Entnazifizierung", der sich folglich nicht so sehr gegen den Mißbrauch des Berufsbeamtentums, sondern vielmehr gegen sein Wesen richtete169. " A n der Frage des Berufsbeamtentums - und damit zugleich an der Frage der Aufrechterhaltung des staatsorganisatorischen Prinzips der Gewaltenteilung", schieden sich nach Auffassung der sozialistischen Staatsrechtslehre "gleichsam die Geister hinsichtlich des Wesens, der Zielrichtung und der verfassungsrechtlichen Ausgestaltung der neuen, antifaschi170

stisch-demokratischen Staatlichkeit" Von daher verbietet sich auch jede Parallele zu der in der Bundesrepublik kontrovers diskutierten Frage nach dem automatischen Erlöschen der Beamtenverhältnisse mit dem Zusammenbruch des "Dritten Reiches". Nicht nur, daß die sozialistische Staatsrechtslehre die gemeinsame Basis der Staatsfortbestandslehre leugnete, vielmehr verstand sie den vom Bundesverfassungsge-

165

§ 3 Gesetz über die Reinigung der öffentlichen Verwaltung (Fn. 157), wobei auch auf diese Personengruppe die Regelung des § 5 Anwendung fand. 166 Karl Heinz Schöneburg / Richard Mandl Hans Leichtfuß / Karl Urban (Fn. 104), S. 76. 167 BVerfGE 3, 58,114. 168 Gustav Leissner (Fn. 114), S. 259. 169 Gustav Leissner (Fn. 114), S. 259. 170 Karl-Heinz Schöneburg (Fn. 95), S. 59.

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rieht zugrunde gelegten Tatbestand der "Gleichschaltung" ideologisch im Sinne des "Klasseninhalts faschistischer Macht". 1 7 1 Demgegenüber ging das Bundesverfassungsgericht davon aus, daß das Beamtentum ein substantielles, konkretes Verfassungselement ist, das mit dem normativ bestimmten Gesamtverfassungszustand stehen oder fallen kann. Das Gericht sah i m Berufsbeamtentum also nicht nur einen institutionalisierten Repräsentanten der Staatsgewalt, weshalb es einen inneren Bedingungszusammenhang zwischen Staatskontinuität und Beamtenverhältnis verneinte, während die bisherige Rechtsprechimg aus der These des Fortbestandes des Deutschen Reiches die Folgerung gezogen hatte, daß auch der Dienstherr der bisherigen Reichsbeamten jedenfalls als staatliches Zuordnungssubjekt des einzelnen Beamtenverhältnisses erhalten geblieben war 1 7 2 . "Die Auffassung, daß der Wechsel der Staatsform das Beamtenverhältnis unberührt lasse, ist zwar grundsätzlich richtig", so das Bundesverfassungsgericht, setze aber voraus, "daß es sich wirklich um ein 'Beamtenverhältnis' i m traditionell-rechtsstaatlichen Sinne handelt", was nur angenommen werden kann, wenn "dieses Verhältnis den Beamten mit dem Staat als einer von seinem jeweiligen obersten Repräsentation einerseits, von den politischen Gruppen andererseits unabhängigen, in diesem Sinne neutralen Rechtsperson verbindet" 173 . Mit diesem Befund konnte die sozialistische Staatsrechtslehre keinesfalls übereinstimmen, da die vorbehaltslose Verpflichtung des Staatsbediensteten auf die herrschende Staatsideologie tragendes Element ihrer Staatskonzeption war. Demgemäß läßt sich trotz aller Unterschiedlichkeit der beiden Systeme die Einschätzung des Bundesverfassungsgerichts, daß der nationalsozialistische Staat nur ein Werkzeug in der Hand der den vermeintlichen Volkswillen bestimmenden und darstellenden Partei war, auch auf die sozialistische Staatsidee übertragen 174 . Die rechtswissenschaftliche Kritik an dem Urteil erkannte zunächst ausdrücklich an, daß sich das Bundesverfassungsgericht von der hohen Auffassung des Beamtentums als parteipolitisch neutraler, dem Recht verpflichteter Staatsdienerschaft hat leiten lassen, warf dem Gericht aber den methodischen Fehler einer Vermischung von rechtswissenschaftlicher Erörterung und sozialwissenschaftlicher Betrachtung v o r 1 7 5 und stellte in Abrede, ob bei einer juristischen Analyse des Inhalts des Beamtenverhältnisses als Status- und 171

Karl-Heinz Schöneburg (Fn. 95), S. 57. Vgl. Dienststrafhof beim Personalamt des Vereinten Wirtschaftsgebietes, Urt. v. 30.5.1949, DÖV 1949, S. 354; BezVG Berlin-Charlottenhof, Urt. v. 17.11.1949, DÖV 1950, S. 181; Württ.-Bad. VGH, Beschluß v. 30.9.1948, DÖV 1949, S. 97; OVG Lüneburg, Urt. v. 8.2.1950, DVB1. 1950, S. 377. 172

173

BVerfGE 3, 58,116. BVerfGE 3, 58, 86. 175 Richard Naumann, Die Berufsbeamten und die Staatskrisen, in: W D S t R L , Bd. 13, Berlin 1955, S. 88, 112 f. 174

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staatsveipflichteten Rechtsverhältnis wirklich von einer den tradierten Wesenskern treffenden Strukturveränderung gesprochen werden kann, da der Gedanke des personenbezogenen Gefolgschaftsverhältnisses angesichts der ungenügenden Anerkennung durch die Rechtsgemeinschaft eher ein nationalsozialistisches Wunschbild war 1 7 6 Deshalb entbehre die während der nationalsozialistischen Herrschaft erfolgte Entrechtung des Beamtenverhältnisses wegen des Verstoßes gegen das übergeordnete Recht auch der Rechtsgültigkeit: "Ex iniuria non oritur ius"; die nationalsozialistische Umbildung des Beamtentums dürfe nicht dessen endgültige Beendigung bewirken 177 . Gleichwohl beließ es das Bundesverfassungsgericht bei seinem außergewöhnlich umfangreichen Bestätigungsbeschluß bei der Feststellung, daß die Institution des Berufsbeamtentums mehr nationalsozialistisch als staatsinstitutionell geprägt war 1 7 8 . Folgt man der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts, so muß man das Berufsbeamtentum als durch die konkreten Wirkungszusammenhänge des Staates und seiner Verfassungsordnung begründete und geordnete Einrichtung begreifen 179 . Die "Überlegenheit des Staates gegenüber den gesellschaftlichen Bereichen", welche für ihn eine "regulierbare Umwelt" darstellen, läßt sich damit nur durch Amtsträger verwirklichen, die vor Loyalitätskonflikten bewahrt bleiben, die ihrer Amtstätigkeit ausschließlich das jeweilige Handlungsprogramm des Staates zugrunde legen, weshalb jede auf Überwindung der - zumindestens denknotwendigen - Trennung von Staat und Gesellschaft beruhende Konzeption nur um den Preis des totalitären Einparteienstaates zu haben ist 1 8 0 .

176 Ernst Forsthoff, Das Bundesverfassungsgericht und das Berufsbeamtentum, DVB1. 1954, S. 69, 70, der mit Bezug auf die Ausgestaltung des Beamtenverhältnisses durch das Deutsche Beamtengesetz von 1937 betonte, daß die institutionalisierte Staatlichkeit stärker als jedes denkbare politische Streben sei, S. 71; Otto Bachof, Das Bundesverfassungsgericht und die Beamtenverhältnisse, DÖV 1954, S. 33, S. 35 f. 177 BGHZ 13, 265, 297. 178 BVerfGE 6, 132, 198. 179 RolfGrawert, Der Zusammenbruch des Staates und das Schicksal seiner Beamtenschaft i m Spiegel der Nachkriegsjudikatur. in: Schwegmann (Hrsg.), Die Wiederherstellung des Berufsbeamtentums nach 1945, Düsseldorf 1986, S. 25, 46. 180 Helmut Quaritsch, Empfiehlt es sich, das Beamtenrecht unter Berücksichtigung der Wandlungen von Staat und Gesellschaft neu zu ordnen?, in: Verhandlungen des achtundvierzigsten Deutschen Juristentages, Bd. II, München 1970, S. O 34, O 36 f. Vgl. auch: Rupert Scholz (Fn. 77), S. 181.

I

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b) Das Staatsbedienstetenverhältnis in der Gründungsphase der DDR und die These von seiner „ Doppelnatur " Gerade auf dieser Systemkonzeption einer Einheit von Staat und Gesellschaft baute die sozialistische Staatsrechtslehre den Rechtscharakter des Staatsbedienstetenverhältnisses auf. 1 8 1 So stand der in Art. 3 V I DDR-Verfassung von 1949 rezipierte Grundsatz des Art. 130 S.l WRV, wonach die i m öffentlichen Dienst Tätigen Diener der Gesamtheit und nicht einer Partei sind, im offenen Widerspruch zu dem tragenden Konstruktionsprinzip der sogenannten "Volkssouveränität", das den Staatsapparat, die Justiz und die Wirtschaft der Volksvertretung unterordnete und in dessen Konsequenz einer Gewalteneinheit "das Berufsbeamtentum beseitigt und ein gegenüber der Volksvertretung und damit dem Gesetz verselbständigte Justiz mit 'unabsetzbaren' Richtern abgelehnt" 182 wurde. Ansonsten sagte die Verfassung nichts über die Stellung der Staatsbediensteten aus und befand sich insoweit in Übereinstimmung mit den zuvor erlassenen Landesverfassungen, die darüber hinaus jedoch eine Zugangsgleichheit aller Bürger zum öffentlichen Dienst entsprechend ihrer Befähigung normiert hatten 183 . Deutlicher wurde in dieser Beziehung eine Dienstordnung der Regierung der DDR vom 7.11.1949 184 , die politische Positionslosigkeit und gesellschaftliche Inaktivität als mit der Tätigkeit i m Dienst des neuen Staatswesens unvereinbar erklärte, womit verhindert werden sollte, daß sich "Rudimente beamtenmäßigen Verhaltens" konservierten

181

Vgl. Friedrich Heller; Partei und staatliche Verwaltung in der Sowjetzone, ROW 1957, S. 192, 193, der verdeutlichte, daß die Verfügungen und Maßnahmen der Staatsfunktionäre zwar lediglich amtlichen Charakter trugen und als solche des Staatsapparates erschienen, daß dahinter aber immer auch die Billigung durch den Parteiapparat stand, der seinen Führungsanspruch vor allem durch die Besetzung leitender Positionen mit Parteimitgliedern absicherte. 182 Karl-Heinz Schöneburg, Wesen und Wirken der DDR-Verfassung vom 7. Oktober 1949, in: Schöneburg / Weichelt / Petzold, Unsere Verfassung - Geschichte und Gegenwart, Berlin (Ost) 1985, S. 5, 13. 183 Art. 5 I V , V Verfassung des Landes Thüringen vom 20.12.1946, Regierungsblatt für das Land Thüringen, Teil I, 1947, S. 1; Art. 4 I, 5 Verfassung der Provinz Sachsen-Anhalt vom 10.1.1947, GBl. der Provinz Sachsen-Anhalt, Teil I, 1947, S. 9; Art. 5, 6 Verfassung des Landes Mecklenburg vom 16.1.1947, Regierungsblatt für Mecklenburg 1947, S. 1; Art. 4 III, I V Verfassung für die Mark Brandenburg vom 6.2.1947, GVB1. der Provinzialregierung Mark Brandenburg, Teil I, S. 4; Art. 5 I, 6 Verfassung des Landes Sachsen vom 28.2.1947, Gesetze / Befehle / Verordnungen / Bekanntmachungen der Landesregierung Sachsen 1947, S. 103. 184 Dienstordnung der Regierung der DDR vom 7.11.1949, MinBl. 1949, S. 1 u.3. 185 Karl Heinz Schöneburg / Richard Mand / Hans Leichtfuß / Karl Urban, Vom Wesen unseres Staates - Eine Chronik, Bd. I I - 1949 - 1955, Berlin (Ost) 1968, S. 48. 4 Schwanengel

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Obwohl drei Tage nach Gründung der DDR alle Verwaltungsftmktionen der SMAD auf die DDR-Regierung übertragen wurden 186 , dauerte es insgesamt recht lange bis Ansätze eines neuen Staatsbedienstetenrechts erkennbar waren. Zunächst wurden mit der zunehmenden Besetzung leitender Funktionen mit systemloyalen Staatsfunktionären Wege zu ihrer Besserstellung gesucht. Als Hauptmittel nutzte man hierzu den sogenannten "Einzelvertrag" 187 . Ursprünglich ein Instrument, um die Abwanderung der sogenannten "technischen Intelligenz" aus der sowjetischen Besatzungszone zu hindern 188 , wurde der Einzelvertrag zunächst stillschweigend 189 und dann offiziell auf die Mitarbeiter in staatlichen Organen und deren Einrichtungen ausgedehnt190. 1950 erging das erste "Gesetz der Arbeit" 1 9 1 , dessen Bestimmungen auch für den Staatsdienst galten, sofern nicht spezielle Regelungen auf Basis des Einzelvertrages getroffen wurden. Insgesamt blieb das Gesetz jedoch sehr rudimentär, da es insbesondere nichts über das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses aussagte. Außer einer Bestimmung über die Kündigung des (nicht normierten) Arbeitsvertrages und Regelungen zu Urlaub, Arbeitszeit und Arbeitsschutz, konzentrierte sich sein Inhalt vor allem auf die Steigerung der Arbeitsproduktivität, die Wettbewerbsbewegung und die Planung des Einsatzes und der Verwendung der Arbeitskräfte. Erst als auf der zweiten Parteikonferenz der SED 1952 der Aufbau des Sozialismus beschlossen wurde, richtete sich auch das gesetzgeberische Augenmerk stärker auf den Staatsapparat. Begonnen wurde mit einer zentralistischen Neugliederung der Staatsorgane, indem die Länder in 14 Verwaltungsbezirke und Berlin (Ost) als Hauptstadt der DDR und 15. Bezirk aufgeteilt und die Länder damit faktisch abgeschafft wurden, ohne daß dies bis 1968 jemals in 186

Vgl. Karl Heinz Schöneburg / Richard Mand / Hans Leichtfuß / Karl Urban (Fn. 185), S. 35. 187 Verordnung über den Abschluß von Einzelverträgen mit Angehörigen der Intelligenz, die in wissenschaftlichen, medizinischen, pädagogischen und künstlerischen Einrichtungen der Deutschen Demokratischen Republik tätig sind - vom 12.7.1951, GBl. D D R I 1951, S. 681. 188 Zu den Vergünstigungen, die entsprechend eines Musters in den Einzelverträgen festzulegen waren, gehörten u.a. die Einbeziehung in eine zusätzliche Altersversorgung, eine Vereinbarung, daß die Kinder des Begünstigten die von ihm gewünschte Ausbildung erhielten und eine Vereinbarung zur Zahlung von Prämien bei vorbildlicher Arbeit; Vgl. § 5 der Einzelvertrags-VO. 189 Nach der Fassung der ersten Einzelvertrags-VO gehörten die Mitarbeiter des Staatsapparates nicht zum Kreis potentieller Anwärter eines solchen Vertrages. 190 § 1 I der Verordnung über die Neuregelung des Abschlusses von Einzelverträgen mit Angehörigen der Intelligenz in der Deutschen Demokratischen Republik vom 23.7.1953, GBl. D D R I 1953, S. 897. 191 Gesetz der Arbeit zur Förderung und Pflege der Arbeitskräfte, zur Steigerung der Arbeitsproduktivität und zur weiteren Verbesserung der materiellen und kulturellen Lage der Arbeiter und Angestellten vom 19.4.1950, GBl. DDR I 1950, S. 349.

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einer Verfassungsänderung seinen Niederschlag fand 192 . In ebenfalls offenem Widerspruch zu Artikel 139 der DDR-Verfassung von 1949, der den Gemeinden und Gemeindeverbänden das Recht der Selbstverwaltung für alle örtlichen Angelegenheiten des wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Lebens zubilligte, wurden durch das Gesetz über die örtlichen Organe der Staatsmacht (GöO) vom 18.1.1957 193 sogenannte örtliche Volksvertretungen installiert, die als oberste Organe der Staatsmacht i m Territorium ( § 1 1 GöO) nach dem Prinzip des "demokratischen Zentralismus" 194 aufgebaut waren ( § 5 1 GöO). Die Verantwortung für die staatlichen und wirtschaftlichen Aufgaben in ihrem Zuständigkeitsbereich (§ 6 I GöO) korrespondierte dabei nicht mehr mit einer freien Entscheidungsbefugnis im Rahmen gesetzlicher Bestimmungen, sondern beinhaltete die Ausführung konkreter Rahmenaufträge in einer vorbestimmten Richtung, wofür der exemplarische Aufgabenkatalog des § 6 I I GöO ein beredtes Beispiel darstellt, der den örtlichen Volksvertretungen vor allem die territoriale Wirtschaftsplanung auf der Grundlage des zentralen Volkswirtschaftsplanes übertrug. Unmittelbare Konsequenz der zentralen Staatsleitung war die doppelte Unterstellung 195 der als vollziehend-verfügende Organe der Volksvertretungen postulierten Räte der Bezirke, Kreise und Gemeinden (§§ 4, 28 I GöO), die infolge ihrer gleichzeitigen Unterstellung unter den Ministerrat und den übergeordneten Rat die eigentlich dominanten Organe waren, während die Volksvertretungen im Rahmen dieses zentralstaatlichen Dirigismus eine bloße Legitimations- und Akklamationsfunktion ausübten. Das eigentliche Ziel dieser Reformen, den Staatsapparat den neuen Strukturen der Wirtschaftsverwaltung anzupassen, verdeutlichte das Gesetz über die Vervollkommnung und Vereinfachung der Arbeit des Staatsapparates vom 11.2.1958 196 , das den "demokratischen Zentralismus" auch zum maßge-

192 Gesetz über die weiterte Demokratisierung des Aufbaus und der Arbeitsweise der staatlichen Organe in den Ländern der DDR vom 23.7.1952, GBl. DDR I 1952, S. 613. 193 Gesetz über die örtlichen Organe der Staatsmacht vom 18.1.1957 - GöO GBl. DDR I I 957, S. 65. 194 Der Begriff des "demokratischen Zentralismus" bildete die Grundlage für die territoriale Gliederung des Staates, um die örtlichen Organe in den zentralen Entscheidungsprozeß mit dem Ziel einzubeziehen, örtlichen Besonderheiten Rechnung tragen zu können und zugleich den übergeordneten Staatsorganen die Kompetenz für eine einheitliche Leitung der Gesellschaft zu geben; Vgl. Christoph Hauschild, Die örtliche Verwaltung im Staats- und Verwaltungssystem der DDR, Berlin 1991, S. 55 f. Zutreffend spricht Brunner deshalb von einer "bürokratischen Befehlsstruktur", Georg Brunner, Einführung in das Recht der DDR, 2. Auflage, München 1979, S. 57. 195 Vgl. Christoph Hauschild (Fn. 194), S. 68 f. 196 Gesetz über die Vervollkommnung und Vereinfachung der Arbeit des Staatsapparates in der Deutschen Demokrastischen Republik vom 11.2.1958 - Vereinfachungsgesetz -, GBl. D D R I 1958, S. 117.

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benden Organisationsprinzip der Wirtschaftsverfassung erklärte 197 und die Wirtschaftsplanimg und -lenkung auf die weisungsgebundenen örtlichen Räte dekonzentrierte, während alle Überwachungs- und Koordinierungsaufgaben bei der institutionell gestärkten Staatlichen Plankommission verblieben 198 . Mit dem Erlaß der Disziplinarordnung (DiszO) vom 10.3.1955 199 wurde schließlich auch das Rechtsverhältnis der Staatsbediensteten vollständig auf eine sozialistische, systemadäquate Grundlage gestellt, die mit der Bestimmung des § 2 DiszO, wonach Mitarbeiter der staatlichen Verwaltungsorgane Bürger waren, die durch Ernennung oder Arbeitsvertrag eine entgeltliche Tätigkeit ausübten, auch eine Absage an letzte Elemente des Beamtenrechts enthielt. Vor allem mit dem umfangreichen Pflichtenkatalog (Teil I I DiszO) und dem besonderen Disziplinarrecht (Teil I V DiszO) wurde das Staatsbedienstetenverhältnis zugleich als ein sich vom allgemeinen Arbeitsrecht abhebendes Sonderrechtsverhältnis ausgestaltet200. So mußte sich der Staatsbedienstete nach § 3 DiszO aktiv für die Verwirklichung der politischen und wirtschaftlichen Ziele der DDR einsetzen und war nach § 5 DiszO auf die Wahrung der, an politischen Zweckmäßigkeiten orientierten, "sozialistischen Gesetzlichkeit" verpflichtet, die nach offizieller Lesart nicht als eine "papierne Erfüllung" der Gesetze zu verstehen war, die dazu führe "die Disziplin zwischen unter- und übergeordneten Mitarbeiter zu lockern oder durch sie die 'Entscheidungsfreudigkeit' zu lähmen" 201 . Die Mitarbeiter trugen nach § 13 DiszO die persönliche Verantwortung für den ihnen übertragenen Arbeitsbereich und mußten sich bei ihnen zugemuteten Gesetzesverletzungen ihren Vorgesetzten oder die übergeordnete Dienststelle einschalten, waren jedoch i m Gegensatz zu den Grundsätzen des Remonstrationsrechts 202 bei der Bestä197 Vgl. Friedrich Heller, Umbau der Staats- und Wirtschaftsverwaltung in der SBZ i m Zeichen von Konzentration und Dekonzentration, ROW 1958, S. 73, 74. 198 Im Zeichen einer zentralistischen staatlichen Wirtschaftslenkung wurden die wirtschaftsleitenden Ministerien aufgelöst und deren Befugnisse weitgehend auf die Zentrale Plankommission übertragen (§§ 3 I, 7 Vereinfachungsgesetz). Einen Teil der Aufgaben der Industrieministerien übertrug das Gesetz den neu geschaffenen Wirtschaftsräten der Bezirke, die als Organe der zentralen Plankommission sowohl dieser als auch dem jeweiligen Rat des Bezirkes unterstellt wurden ( § 1 2 Vereinfachungsgesetz). 199 Verordnung über die Pflichten und Rechte der Mitarbeiter der staatlichen Verwaltungsorgane - Disziplinarordnung (DiszO) - vom 10.3.1955, GBl. DDR I 1955, S. 217. 200 Helmut Jacobs (Fn. 134), S. 72 f. 201 Karl Bönninger (Fn. 4), S. 153 f.; was § 5 I DiszO in die Formulierung kleidete, daß die Mitarbeiter keine Verzögerung in der Durchführung der gegebenen Anweisungen dulden dürften. 202 Vgl. die - schon damals gültige - Regelung des § 56 I , I I BBG, womit der Grundsatz der persönlichen Verantwortung zu Gunsten des Beamten und zu Lasten des Vorgesetzten aufgehoben wird; Carl-Hermann Ule, Beamtenrecht, Köln 1970,

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tigung der Anordnung nicht von persönlicher Verantwortung und damit von schuldhafter (Amts-) Pflichtverletzung befreit 203 . Vielmehr konnten sie bei einer schuldhaften Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten gemäß § 20 I I DiszO durch ein abgestuftes System von Disziplinarstrafen 204 zur Verantwortung gezogen werden, dessen Einsatz sich nach dem Grad der Gesellschaftsgefährdung, der Höhe des verusachten Schadens, der Art der Begehung und den persönlichen Umständen des Pflichtverletzers richtete 205 . Die Disziplinarbefugnis lag beim Leiter des jeweiligen Staatsorgans (§ 23 I DiszO), der diese für die Disziplinarstrafen "Verweis" und "Rüge" auf die Abteilungsleiter delegieren konnte (§ 23 I V DiszO). Der Leiter des übergeordneten Staatsorgans konnte bis zum Ablauf eines Jahres die Disziplinarbefugnis uneingeschränkt an sich ziehen, ohne an eventuell bereits ausgesprochene Disziplinarstrafen gebunden zu sein (§ 23 I V DiszO). Die Entziehung der Funktion beziehungsweise die fristlose Entlassung als die schärfsten und nicht aufhebbaren Disziplinarstrafen (vgl. § 33 I I DiszO) bedurften lediglich der Zustimmung des Leiters des übergeordneten Staatsorgans (§ 24 DiszO). Da ein gerichtlicher Rechtsschutz ausgeschlossen war (§ 30 I V DiszO), verblieb den Betroffenen nur das ineffektive Beschwerderecht an den nächsthöheren Disziplinarbefugten (§ 30 I DiszO), was damit begründet wurde, daß sich Rechts- und Verwaltungsweg nicht als etwas Gegensätzliches gegenüberstellen lassen und der "Rechtsschutz" i m übrigen nicht einseitig vom Standpunkt des Betroffenen aus betrachtet werden kann, sondern als Sache der Gesetzlichkeit stets vom gesamtgesellschaftlichen Standpunkt aus gesehen werden muß 2 0 6 . In der Folge wurden für Staatsbedienstete, denen in ihrem Arbeitsbereich spezielle Aufgaben mit besonderer Verantwortung oblagen, eigene Disziplinarordnungen erlassen, die nochmals, soweit erforderlich, die Ausführungen der 207

Disziplinarordnung konkretisierten

§ 38 Rn. 2; zur heutigen Rechtsauffassung, insbesondere zur fortbestehenden Rechtswidrigkeit der Anordnung: Walther Fürst (Hrsg.), GKÖD Bd. I / Teil 2a, K § 56 Rn. 6. 203 Vgl. Karl Bönninger, Die disziplinarische Verantwortlichkeit der Mitarbeiter des Staatsapparates, StuR 1955, S. 763, 771; der ausdrücklich formulierte, daß der i n der Nichtdurchfiihrung einer Anordnung liegende schwere Vorwurf gegen einen Vorgesetzten von dem Mitarbeiter selbst voll zu verantworten sei. 204 § 22 I DiszO kannte als Disziplinarstrafen den Verweis, die Rüge, den strengen Verweis, die Versetzung i n eine niedere Funktion oder eine geringer entlohnte Beschäftigung bis zu einem Zeitraum von acht Monaten und die Entziehung der Funktion beziehungsweise die fristlose Entlassung. 205 Karl Bönninger (Fn. 4), S. 160. 206 Karl Bönninger (Fn. 203), S. 777. 207 Anordnung über die disziplinarische Verantwortlichkeit der Hochschullehrer vom 8.2.1957, GBl. DDR I 1957, S. 177; Anordnung über die disziplinarische Verantwortlichkeit der Hochschullehrer an künstlerischen Hochschulen vom 6.12.1957,

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A. Grundlagen des DDR-Staatsdienstes

Mit dem Geltungsbereich der Disziplinarordnung, der sich auf alle in staatlichen Organen und Einrichtungen Tätige (§ 1 I DiszO) und die Leitungskader der volkseigenen Betriebe - W B - (§1 I I DiszO) erstreckte, wurde auch erstmals der Versuch unternommen, den Begriff der "Mitarbeiter des Staatsapparates" zu definieren 208 , der jedoch rudimentär blieb, da er nicht auf die nach Art und Weise der Einstellung zu differenzierenden Dienstverhältnisse einging. Dabei entspann sich gerade an der unterschiedlichen Art der Dienstverhältnisse eine in den fünfziger Jahren kontrovers geführte Diskussion um den Rechtscharakter des Staatsbedienstetenverhältnisses, die verdeutlichte, daß die These von der grundsätzlichen Gleichstellung aller Werktätigen ein Etikettenschwindel war, da gerade die Disziplinarordnung ein besonderes Treueverhältnis begründete, nur eben mit umgekehrten, auf strikte Linientreue zu politischen Führung ausgerichteten Vorzeichen. Die Auffassung der Sowjetwissenschaft, wonach das Staatsbedienstetenverhältnis eine "Doppelnatur" hatte, in dem der Staatsbedienstete zum einen Träger staatlicher Rechte und Pflichten in einem Staatsdienstverhältnis und zum anderen Träger persönlicher Rechte und Pflichten in einem Arbeitsverhältnis war 2 0 9 , wurde vor allem von Bönninger aufgegriffen, der dabei zwischen gewählten, ernannten oder durch Arbeitsvertrag eingestellten Mitarbeitern differenzierte 210 . In Wahl und Ernennung sah er staats- und verwaltungsrechtliche Akte, von denen die arbeitsrechtliche Seite der persönlichen Rechte (Gehalt, Urlaub, Sozialversicherung etc.) zu trennen war 2 1 1 . Diese einseitig begründeten Dienstverhältnisse konnten deshalb auch einseitig durch Abwahl 2 1 2 beziehungsweise Abberufung oder Entziehung der Funktion 213 been-

GB1. DDR I 1957, S. 680; Verordnung über die Pflichten und Rechte der Lehrkräfte und Erzieher (Fn. 352); Verordnung über Rechte und Pflichten der Fachschullehrer der Deutschen Demokratischen Republik vom 4.7.1962, GBl. DDR II, S. 465. 208 I m Lehrbuch Verwaltungsrecht von 1957 wurden als Mitarbeiter des Staatsapparates (in Übereinstimmung mit dem Prinzip der Gewalteneinheit) die in den Gerichten, vollziehend-verfügenden Organen und in den Leitungen der staatlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Einrichtungen tätigen Personen bezeichnet, während die Angehörigen der volkseigenen Betriebe (ohne Leitungsfunktion), die Abgeordneten der Volksvertretungen, die Mitarbeiter der Parteien und sogenannten gesellschaftlichen Organisationen ausdrücklich aus dieser Kategorie ausgeklammert wurden; Karl Bönninger (Fn. 4), S. 142 f. 209 S. S. Studenkin / W. A. Wlassow / /. I. Jewtichijew, Sowjetisches Verwaltungsrecht, Allgemeiner Teil, Berlin (Ost) 1954, S. 173 f. 210 Karl Bönninger (Fn. 4), S. 146 ff.; Vgl. auch Wolf gang Menzel, Zur Rechtsstellung der Leiter volkseigener Industriebetriebe, StuR 1956, S. 599, 600, der die These vom verwaltungsrechtlichen Charakter des Dienstverhältnisses am Beispiel der Ernennung beschrieb. 211 Karl Bönninger (Fn. 4), S. 147 f. 212 Der Wahlkörperschaft sollte die Möglichkeit gegeben werden, einen gewählten Mitarbeiter "aus jedem möglichen politischen Grund" seiner Funktion zu entheben,

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det werden, ohne daß sie von den (Arbeits-) Gerichten überprüfbar waren, während das durch Arbeitsvertrag begründete Dienstverhältnis nur durch beiderseitige Kündigung nach den allgemeinen Vorschriften der Kündigungsverordnung 214 beendbar und grundsätzlich arbeitsgerichtlich überprüfbar war 2 1 5 . Erstmals führte Bönninger auch eine Unterscheidung zwischen dem, eher einen Oberbegriff darstellenden Staatsbediensteten und dem Staatsfunktionär ein. Als Staatsfunktionäre bezeichnete er Personen, die eine staatliche Funktion innehatten, kraft derer sie zur Vollziehung des staatlichen Willens berechtigt und verpflichtet waren 216 . Wegen der herausragenden Bedeutung ihrer Befugnisse stand ihr Arbeitsvertrag unter einem Bestätigungsvorbehalt des übergeordneten Staatsorgans, der nicht nur den Beginn des Arbeitsvertrages auslöste, sondern eine durch Verwaltungsakt erfolgte Übertragung staatlicher Befugnisse beinhaltete. Mit der Bestätigung erhielt auch dieses Rechtsverhältnis einen verwaltungsrechtlichen Charakter, der es in seinem Bestand und seiner Gültigkeit den gleichen Vorschriften unterwarf, wie das einseitig durch Ernennung begründete Dienstverhältnis 217 . Da ein die Lebenswirklichkeit erfassendes Rechtsverhältnis nicht in zwei rechtliche Beziehungen aufgespalten werden kann, wenn die so getrennten Sachverhalte nicht unabhängig voneinander unter die in Betracht kommenden Tatbestände des öffentlichen und privaten Rechts subsumierbar sind 218 , waren die grundlegenden rechtsdogmatischen Bedenken an dieser Theorie durchaus zutreffend. Für Stelter waren dies nur zwei Seiten ein und desselben Rechtsverhältnisses, da auf eines von ihnen nicht eingewirkt werden konnte, ohne das andere substantiell zu berühren 219 . Da er erkannte, daß die Auffassung ohne auch nur an ein förmliches Disziplinarverfahren gebunden zu sein. Vgl. Karl Bönninger (Fn. 4), S. 149. 213 Die Abberufung sollte auch bei (unverschuldeten) Organisationsänderungen in Betracht kommen, während die Entziehung der Funktion immer auf schuldhaftem Verhalten basieren und damit auf disziplinarischen Wege erfolgen mußte, wobei beiden Beendigungsformen ausdrücklich der Rechtscharakter von Verwaltungsakten zugeschrieben wurde. Vgl. Karl Bönninger (Fn. 4), S. 149 f. 214 Verordnung über das Kündigungsrecht vom 7.7.1951, GBl. DDR 11951, S. 550. 215 Nach § 30 V DiszO waren die Konfliktkommissionen und Arbeitsgerichte nicht zur Überprüfung von Disziplinarstrafen befugt, zu denen auch der Entzug der Funktion und die fristlose Entlassung gehörten (§ 22 I e DiszO). 216 Karl Bönninger (Fn. 4), S. 144; Ähnlich: Wiktor Jaskiewicz, Allgemeines Gutachten zu besonderen Fragen des öffentlichen Dienstes in den sozialistischen Staaten, in: Studienkommission für die Reform des öffentlichen Dienstes, 3. Ergänzungsband, Baden-Baden 1973, S. 65, 74 f.; Siegfried Mampel, Das Recht in Mitteldeutschland, Köln 1966, §43 Rn. 1179. 217 Karl Bönninger (Fn. 203), S. 775; Wiktor Jaskiewicz (Fn. 216), S. 75. 218 BVerwGE 35, 170, 171. 219 Klaus Stelter (Fn. 35), S. 447; Grundlegende Bedenken zu dem Rechtsinstitut eines zweiseitigen Rechtsverhältnis äußerte: Carl-Hermann Ule (Fn. 63), S. 486.

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A. Grundlagen des DDR-Staatsdienstes

vom Staatsbedienstetenverhältnis als Verwaltungsrechtsverhältnis letztlich in der Forderung eines selbständigen Dienstrechts mündet 220 , zog er sich in seiner Schlußfolgerung auf die ideologische Prämisse des Staatsbediensteten als Werktätigen zurück, dessen Rechte und Pflichten aus dem Rechtsverhältnis in den für alle Bürger geltenden arbeitsrechtlichen Vorschriften geregelt sein müßten 221 . Damit gelangte die sozialistische Rechtslehre in ein gewisses Dilemma: Im Grunde verlangte der marxistische Standpunkt die Rücknahme der Verwaltung in die Gesellschaft, was von Rechts wegen darin zum Ausdruck kam, daß das allgemeine Arbeitsrecht auf Staatsbedienstete ausgedehnt wurde, während andererseits der leninistische Gedanke von den avantgardistischen Kadern verlangte, diese in eine eigene Personalstruktur einzubeziehen und auf eigene, öffentlich-rechtlichen Bindungen unterworfene Rechtsgrundlage zu stellen 222 . Es blieb also nicht die Alternative zwischen Arbeits- und Sonderrechtsverhältnis, sondern zwischen klarer dogmatischer Trennung oder Vermischung mit dem Arbeitsrecht. Als auf der 3. Parteikonferenz der SED 1956 im Zusammenhang mit dem Auftrag zur Erarbeitung eines neuen Arbeitsgesetzbuches der sich vom einfachen Vertragsverhältnis abhebende und auf einem gesteigerten Vertrauensverhältnis beruhende Rechtscharakter des "Dienstes" in den staatlichen Organen betont wurde 2 2 3 , unternahmen die Rechtswissenschaftler Bönninger und Büchner-Uhder den Versuch einer klareren dogmatischen Trennung, indem sie für die mit Vollzugsaufgaben betrauten Staatsfunktionäre die auf einer öffentlich-rechtlichen Regelung basierende Einrichtung eines besonderen Statusverhältnisses vorschlugen, das abgesehen von Wahlfunktionen durch Ernennung begründet werden sollte 224 . Die ausdrücklich als mitwirkungsbedürftiger Verwaltungsakt bezeichnete Ernennung sollte kraft der ihr innewohnenden Rechtsgestaltungswirkung den Abschluß eines Arbeitsvertrages entbehrlich und die Ernennung von der Aushändigung einer konstitutiv wirkenden Urkunde abhängig machen, aus der sich die Rechtsstellung des Staatsfunktionärs ergeben sollte 225 . Dieser trotz seiner ideologischen Abschirmung und rechtsstaatlichen Mängel als bemerkenswert kühn eingestufte Vorschlag 226 , baute zudem auf Eignungs- und Befähigungskriterien und sah ein an den 220

Klaus Steher (Fn. 35), S. 445. Klaus Steher (Fn. 35), S. 441. 222 Klaus König (Fn. 37), S. 47; Carl-Hermann Ule (Fn. 63), S. 486. 223 Otto Grotewohl, Die Verbesserung der Arbeit des Staatsapparates zur Erfüllung der Wirtschafts- und Verwaltungsaufgaben, Berlin (Ost) 1956, S. 16. 224 Karl Bönninger / Willi Büchner-Uhder, Vorschläge für eine künftige Regelung des Staatsdienstes in der Deutschen Demokratischen Republik, StuR 1956, S. 1012 ff. 225 Karl Bönninger/Willi Büchner-Uhder (Fn. 224), S. 1019 f. 226 Gustav Leissner, Das Disziplinarrecht im Verwaltungssystem der Sowjetzone, ROW 1957, S. 60, 68 f. 221

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Ausbildungsvoraussetzungen orientiertes dreigliedriges System für den Eintritt in den Staatsdienst vor, wobei immer auch ein differenziert umschriebenes Niveau von Verwaltungs- und Rechtskenntnissen gefordert wurde, das in einer speziellen Prüfung nachzuweisen war 2 2 7 . Auch das Disziplinarrecht sollte, wenn auch letztlich unzureichend, modifiziert werden. So sollte formell ein Ermittlungsverfahren vorgeschaltet und die Einleitung des eigentlichen Disziplinarverfahrens vom Erlaß eines begründeten Bescheids abhängig gemacht werden. Materiell sollten aus Gründen der Rechtsklarheit und Sicherheit die einzelnen Disziplinarstrafen durch Legaldefinitionen erläutert und insbesondere die Voraussetzungen für eine fristlose Entlassung klar umrissen werden. Auch wenn in bewußter Abkehr vom bloßen Beschwerderecht die Einrichtung eines Beschwerdeausschusses vorgesehen war, blieben die Vorschläge für die Regelung des subjektiven Rechtsschutzes unbefriedigend, da neben dem Ausschluß des gerichtlichen Rechtsschutzes die Ausschüsse nicht den Charakter einer unabhängigen, kontradiktorischen Instanz erhalten sollten 228 . Während das Verwaltungsrecht der Abrenzung von staatlichem und privatem Willensbereich dient, das damit die Grenzlinie zwischen staatlicher Hoheit und privater Autonomie markiert, wurde mit dem Verdikt gegen das Verwaltungsrecht auf der Babelsberger Konferenz 1958 229 letztlich jedoch der Gedanke eines einheitlichen Arbeitsrechts in den Vordergrund gestellt und das Staatsbedienstetenverhältnis als ein i m allgemeinen Arbeitsrecht wurzelndes, zugleich durch Spezialvorschriften aus ihm herausgehobenes Sonderrechtsverhältnis ausgestaltet. In einem öffentlich-rechtlich ausgestalteten Staatsbedienstetenverhältnis wie in einer eigenständigen Verwaltungsrechtslehre überhaupt wurde die Gefahr eines gewissen, staatlichen Direktiven entzogenen Freifeldes gesehen230. Die Position Bönningers wurde deshalb als "formaljuristische Herangehensweise" diskreditiert 231 , da es doch bekannt gewesen

227 D i e erste Kategorie sollte über einen Facharbeiterabschluß mit einem Minimum an Verwaltungs- und Rechtskenntnissen, die zweite Kategorie über einen Fachschulabschluß mit einem höheren Maß an Verwaltungs- und Rechskenntnissen und die dritte Kategorie über einen Hochschulabschluß mit soliden Staats- und Rechtskenntnissen verfügen. Vgl. Karl Bönninger / Willi Büchner-Uhder (Fn. 224), S. 1018. 228 Karl Bönninger/ Willi Büchner-Uhder (Fn. 224), S. 1024 f. 229 Vgl. Referat Walter Ulbrichts auf der Staats- und rechtswissenschaftlichen Konferenz am 2.4.1958, Auszug abgedruckt in: Ralf Dreier / Jörn Eckert / Karl-A. Mollnau / Hubert Rottleuthner, (Hrsg.), Rechtswissenschaft in der DDR 1949-1971, Baden-Baden 1996, S. 195, 204 ff., das auf den Thesen Karl Polaks beruhte; Vgl. Karl Polak, Disposition zum Referat Walter Ulbrichts, in: ebda. S. 188 ff. 230 Helmut Jacobs (Fn. 134), S. 78. 231 Vgl. Beschluß des Sekretariats der SED über Prof. Dr. Karl Bönninger vom 29.5.1958, in: Ralf Dreier / Jörn Eckert/Karl-A. Mollnau / Hubert Rottleuthner (Fn. 229) S. 243.

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A. Grundlagen des DDR-Staatsdienstes

sei, "daß der spezifische Zweig des Verwaltungsrechts mit der Vervollkommnung der bürokratischen Staatsmaschine aufkam, daß er auf das engste verbunden ist mit den bürgerlichen Tendenzen, die staatliche Tätigkeit als politisch neutral darzustellen ... Unser ganzes Bestreben ist hingegen, die Einheit von Beschlußfassung und Durchführung herzustellen, die Verwaltungstätigkeit als unmittelbare staatliche Tätigkeit zu verstehen und zu entwickeln" 232 . Obwohl auch in der Folgezeit immer wieder die Theorie vom "besonderen Arbeitsverhältnis" favorisiert wurde 233 , führte die Besonderheit des Dienstverhältnisses, die im Charakter des Staates als Arbeitgeber (subjektive Seite) und in der Art der für den Staat geleisteten Dienste (objektive Seite) lagen, notgedrungen zur Konstruktion des "Doppelverhältnisses" zurück, da zumindestens nicht bezweifelt werden konnte, daß die mit Wahl-, Berufungs- und Ernennungsakten verbundene Verleihung staatlicher Befugnisse Verwaltungsrechtsfolgen auslöste, auch wenn darin zugleich der im Arbeitsrecht wurzelnde Beginn des Arbeitsverhältnisses gesehen wurde 234 . Das Gesetzbuch der Arbeit (GBA) vom 12.4.1961 235 bildete fortan den allgemeinen Bezugsrahmen, nach dem das Staatsbedienstetenverhältnis in die Leitidee eines einheitlichen und zweckorientierten Arbeitsrechts eingefügt wurde. Es regelte die Grundsätze über Beginn und Ende des Arbeitsverhältnisses (§§ 20-38 GBA), wobei neben Berufung (d.h. Ernennung) und Wahl, deren Anwendung an eine spezialgesetzliche Regelung geknüpft war (§ 37 I GBA), der Arbeitsvertrag auch i m Bereich des Staatsdienstes vorherrschend war, wobei er für die große Mehrheit der Staatsbediensteten auf Grundlage eines Kollektivvertrages abgeschlossen wurde. Entsprechend den allgemeinen Normen des Arbeitsrechts bedurfte der Arbeitsvertrag der Schriftform, mußte mindestens den Termin der Arbeitsaufnahme, die Arbeitsaufgabe und den Arbeitsort beinhalten und durfte den gesetzlichen und den zwingenden Rechtscharakter tragenden kollektiwertraglichen Regelungen nicht widersprechen (§ 20 I GBA). Darüber hinaus orientierte sich sein Inhalt i m wesentlichen an einem Musterarbeitsvertrag 236. Auch konnten weiterhin Einzelverträge abgeschlossen werden ( § 2 1 GBA), wobei der Kreis der durch einen solchen Vertrag begünstigten Personen in einer speziellen Kontingentierungsverord-

232 Referat Walter Ulbrichts auf der Staats- und rechtswissenschaftlichen Konferenz am 2.4.1958 (Fn. 229) S. 209. 233 Vgl. Lehrbuch Verwaltungsrecht der DDR, 2. Auflage, Berlin (Ost) 1988, S. 82. 234 Wiktor Jaskiewicz (Fn. 216), S. 74 f. 235 Gesetzbuch der Arbeit - GBA - vom 12.4.1961, GBl. D D R I 1 9 6 1 , S. 27. 236 Vgl. Siegfried Mampel, Arbeitsverfassung und Arbeitsrecht in Mitteldeutschland, Köln 1966, S. 207 f.

II. Beseitigung des Berufsbeamtentums

59

nung 2 3 7 festgelegt war. Daneben bestand für die Mitarbeiter zentraler Staatsorgane eine Rahmenarbeitsordnung, die vor allem Bestimmungen hinsichtlich der Arbeitsorganisation enthielt. 238 Weiterhin beinhaltete das allgemeine Arbeitsrecht Regelungen über Lohn und Prämie (§§39-60 GBA), Berufsausbildung und Qualifikation (§§61-66 GBA), Arbeitszeit (§§ 67-78 GBA), Erholungsurlaub (§§ 79-86 GBA), Gesundheits- und Arbeitsschutz sowie Sozialversicherung (§§ 87-105 GBA) und das Verfahren bei Arbeitsstreitigkeiten (§§ 142-156 GBA). Neben dieser grundsätzlichen Gleichstellung im Rahmen des allgemeinen Arbeitsrechts ergaben sich auch weiterhin die bereits dargestellten Unterschiede aus Disziplinar- und Sonderordnungen, die sich vor allem durch einen besonderen Pflichtenstatus, schärfere Disziplinarvorschriften und eine weitgehende Beseitigung des Rechtsschutzes auszeichneten und die Stellung des Staatsbediensteten als Organwalter des Staates widerspiegelten. Auch wenn nach dem Erlaß des Gesetzbuches der Arbeit Jahre vergingen, während derer auf dem Gebiet des Staatsdienstes keine Neuerungen zu vermelden waren, mußte i m Zuge der Entwicklung dennoch die Disziplinarordnung von 1955 in einigen wesentlichen Punkten als überholungsbedürftig gelten. 239 So waren die Grundnormen, etwa der allgemeinen Rechte und Pflichten und der materiellen und disziplinarischen Verantwortlichkeit, nunmehr einheitlich für das gesamte Arbeitsrecht geregelt, so daß die Sonderordnungen nur noch den berufs-, genauer staatsbedingten Spezifika Rechnung tragen mußten. Diesem Erfordernis versuchte die neue Mitaibeiterverordnung vom 19.2.1969 240 nachzukommen. Da sie jedoch die Ausgestaltung des Staatsbedienstetenverhältnisses als Sonderrechtsverhältnis markierte, wie es Basis für die Regelungen des Einigungsvertrages zur Übernahme in das Beamtenverhältnis war, soll auf die Regelungen dieser Verordnung erst im nachfolgenden Kapitel eingegangen werden. Lediglich auf dem Gebiet des allgemeinen Arbeitsrechts wurden in den siebziger Jahren Bestrebungen initiiert, das Gesetzbuch der Arbeit durch eine

237

Anordnung über die Kontingentierung und den Abschluß von Einzelverträgen mit Angehörigen der Intelligenz in der DDR vom 16.7.1964, GBl. DDR I I 1964, S. 641. 238 Beschluß über die Rahmenarbeitsordnung für die Mitarbeiter der zentralen staatlichen Organe, vom 12.4.1956, GBl. D D R I 1956, S. 397. 239 Vgl. Walter Assmann / Heinz Bartz, Pflichten, Rechte und disziplinarische Verantwortlichkeit der Leiter und Mitarbeiter in den Staats- und Wirtschaftsorganen, StuR 1967, S. 255,257. 240 Verordnung über die Pflichten, die Rechte und die Verantwortlichkeit der Mitarbeiter in den Staatsorganen vom 19.2.1969, GBl. DDR I I 1969, S. 163.

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A. Grundlagen des DDR-Staatsdienstes

Neuregelung z u ersetzen. 2 4 1 Z i e l dieser Bestrebungen war neben einer neuen Systematisierung des Arbeitsrechts und einer den politisch-gesellschaftlichen Bedingungen entsprechenden Qualifizierung seiner Rechtsinstitute 2 4 2 v o r all e m eine größere Überschaubarkeit des allgemeinen Arbeitsrechts. Dazu sollten Teilbereiche, die bislang i n begleitenden Verordungen geregelt w a r e n 2 4 3 , i n das neue Gesetzbuch integriert werden, was j e d o c h gleichzeitig zu einer wesentlich umfassenderen K o d i f i k a t i o n führen m u ß t e 2 4 4 .

Mit

der

DDR-

Verfassung v o n 1 9 6 8 2 4 5 waren zudem die sozialistischen Produktionsverhältnisse staatsrechtlich fixiert und m i t der Neufassung 1 9 7 4 2 4 6 präzisiert und verv o l l k o m m n e t worden. H i n z u k o m m e n d wurde 1975 das B G B durch das Z i v i l gesetzbuch der D D R 2 4 7 abgelöst, eine neue Z i v i l p r o z e ß o r d n u n g 2 4 8 sowie ein neues Jugendgesetz 2 4 9 und ein neues Gesetz über örtliche Volksvertretun-

241 Grundlage hierfür bildete ein Beschluß des Politbüros des Z K der SED zur "Schaffung der Voraussetzungen für die Neugestaltung des Gesetzbuches der Arbeit"; Vgl. dazu: Günter Leifert, Aufgaben der Arbeitsrechtswissenschaft bei der Schaffung der Voraussetzungen für ein neues Gesetzbuch der Arbeit, StuR 1972, S. 1760, 1760 ff; Alfred Baumgart, Überlegungen der Arbeitsrechtswissenschaft zur Neugestaltung des Gesetzbuches der Arbeit, StuR 1973, S. 656, 656 ff.; Frithjof Kunz / Heinz Wolf, Erfahrungen der sowjetischen Arbeitsgesetzgebung und Arbeitsrechtswissenschaft, StuR 1972, S. 1162, 1163, die auf ein wichtiges Initial dieser Bestrebungen, nämlich das gegenüber dem GBA wesentlich konkretere und stärker auf das politische System abstellende Arbeitsgesetzbuch der Sowjetunion vom 15.7.1970 aufmerksam machen. 242

Frithjof Kunz / Erhard Pätzold, Überschaubares Arbeitsrecht - wirksames Mittel zur Lösung der Hauptaufgabe, StuR 1973, S. 1757,1760. 243 Das GBA war im Laufe eines Jahrzehnts zu einer Art Rahmengesetz denaturiert, von dem sich über 1.400 verschiedene Einzelgesetze, Verordnungen, Verfügungen und Durchfuhrungsbestimmungen ableiteten; Vgl. Arbeitsrecht der DDR-Lehrbuch, 2. Auflage, Berlin (Ost) 1984, S. 482. 244 Harry Bredernitz / Frithjof Kunz, Arbeitsverhältnisse und Arbeitsrecht im entwickelten gesellschaftlichen System des Sozialismus, StuR 1969, S. 191, 200 f.; Frithjof Kunz / Erhard Pätzold (Fn. 242), S. 1762; Frithjof Kunz, Herausbildung und Entwicklung des Arbeitsrechts der Deutschen Demokratischen Republik, in: Zum Stand der Theorie der sozialistischen Gesetzgebung in der DDR, Potsdam-Babelsberg 1984, S. 85, 102. 245 Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik vom 6.4.1968, GBl. DDR I 1968, S. 199. 246 Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik vom 6.4.1968 i.d.F. des Gesetzes zur Ergänzung und Änderung der Verfassung vom 7.10.1974, GBl. DDR I 1974, S. 432. 247 Zivilgesetzbuch der Deutschen Demokratischen Republik vom 19.6.1975, GBl. DDR I I 975, S. 465. 248 Gesetz über das gerichtliche Verfahren in Zivil-, Familien- und Arbeitsrechtssachen vom 19.6.1975, GBl. D D R I 1975, S. 533. 249 Gesetz über die Teilnahme der Jugend an der Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft und über ihre allseitige Förderung in der Deutschen Demo-

III. Gestaltung des Sonderrechtsverhältnisses

61

250

gen erlassen. Nachdem eine Arbeitsgruppe knapp fünf Jahre an dem Entwurf eines neuen Arbeitsgesetzbuches gearbeitet und diesen im Januar 1977 veröffentlich hatte, 251 wurde das neue Gesetzeswerk bereits 252 am 16.6.1977 verabschiedet und dessen Inkrafttreten auf den 1.1.1978 festgelegt 253 . Seiner Zielsetzung entsprechend, wurde es als Gesetzbuch der „zweiten Generation" gewertet, das von der durchgehenden Herrschaft der sozialistischen Produktionsverhältnisse und einer Synchronisation mit den Zielsetzungen des SEDParteiprogramms ausging. 254

III. Die rechtliche Gestaltung des Arbeitsverhältnisses der Staatsbediensteten und sein Charakter als Sonderrechtsverhältnis 1. Die Formen der Begründung und Beendigung des Staatsbedienstetenverhältnisses Bei der Charakterisierung des Rechtsverhältnisses der Staatsbediensteten ist zunächst nach der Art und Weise seiner Begründung zwischen dem Abschluß eines Arbeitsvertrages (§§ 38 I, 40-43 AGB) sowie der Berufung und Wahl (§§ 38 II, 61, 66 AGB) auf der Grundlage spezieller Rechtsvorschriften und Beschlüsse zu unterscheiden. Unter diesen Begründungsmöglichkeiten blieb im Bereich der Staatsverwaltung auch weiterhin der Arbeitsvertrag bei weitem vorherrschend, der auf der Grundlage eines Kollektivvertrages 255 ab-

kratischen Republik - Jugendgesetz der DDR - vom 28.1.1974, GBl. DDR I 1974, S. 45. 250 Gesetz über die örtlichen Volksvertretungen und ihre Organe in der Deutschen Demokratischen Republik vom 12.7.1973, GBl. D D R I 1973, S. 313. 251 Vgl. zur Entstehung: Das Arbeitsgesetzbuch der DDR, 2. Auflage, Bonn 1985, S. 9 ff. 252 Das Tempo des Gesetzgebungsprozesses war nicht nur auf den rein formalen Charakter der öffentlichen Diskussion, sondern auch auf das Bestreben der Führung zurückzuführen, das Gesetz als Argumentationshilfe gegen die zu erwartende Kritik an der Nichtgewährung wichtiger Menschenrechte auf der KSZE-Nachfolgekonferenz einzusetzen, Vgl. dazu: Das Arbeitsgesetzbuch der DDR (Fn. 251), S. 12. 253 Arbeitsgesetzbuch der Deutschen Demokratischen Republik - AGB - vom 16.6.1977, GBl. D D R I 1977, S. 185. 254 Frithjof Kunz, Arbeitsrechtsschöpfung und Arbeitsrechtswissenschaft, in: Rechtswissenschaft und Gesetzgebung, Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften der DDR, Nr. W 2, Berlin (Ost) 1983, S. 65, 59; ders. (Fn. 244), S. 101. 255 Vgl. §§ 28, 29 A G B i.V.m. Beschluß des Ministerrats der DDR und des Bundesvorstandes des FDGB über die Richtlinie zur Arbeit mit dem Betriebskollektivvertrag vom 23.5.1985, GBl. DDR I 1985, S. 173; dessen Grundsätze auch für die Kollektivverträge der Staatsorgane galten, die darüber hinaus Festlegungen zur Rationalisierung der Verwaltungsarbeit, zur politisch-fachlichen Qualifizierung und zum fi-

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A . Grundlagen des DDR-Staatsdienstes

geschlossen wurde, soweit an seine Stelle nicht ein nach § 46 A G B m i t besonderen Rechten und Pflichten ausgestatteter Einzelvertrag 2 5 6 trat. Berufen wurden jene Mitarbeiter, die i n hohem Maße für die Lösung staatlicher Aufgaben verantwortlich waren, so z u m Beispiel die leitenden M i t a r beiter zentraler Staatsorgane 2 5 7 , die Leiter der Fachorgane der örtlichen Rät e 2 5 8 und die Leiter diesen unterstellter E i n r i c h t u n g e n 2 5 9 , die Hochschullehr e r 2 6 0 und die Leiter der Einrichtungen des Bildungswesens 2 6 1 . I m Falle der Berufung wurde d e m Bediensteten eine Berufungsurkunde ausgehändigt, die gemäß § 61 I I S.2 A G B den Beginn der Wirksamkeit der Berufung und gegebenenfalls die Dauer der Berufungsperiode sowie die Funktion zu enthalten hatte und die damit den Charakter eines einseitigen Begründungsaktes t r u g . 2 6 2 Z u r Berufungsurkunde wurde dem Staatsbediensteten ein Ergänzungsschreiben übergeben, das nach § 61 I I I A G B die wesentlichen Rechte u n d Pflichten auf der Grundlage der arbeitsrechtlichen Bestimmungen auswies. 2 6 3

nanziellen Anreizsystem enthielten, vgl. Arbeitsrecht-Grundriß, Berlin (Ost) 1980, S. 81. 256 Verordnung über die Neuregelung des Abschlusses von Einzelverträgen (Fn. 190) i.d.F. der Verordnung zur Veränderung von Bestimmungen über den Abschluß von Einzelverträgen vom 15.3.1963, GBL DDR I I 1963, S. 229 und der Anordnung über die Kontigentierung und den Abschluß von Einzelverträgen vom 16.7.1964, GBl. DDR I I 1964, S. 641; der als Privilegierungsinstrument kaum erläutert wurde, vgl. Arbeitsrecht-Grundriß (Fn. 255), S. 81. 257 Nach § 10 H I des Gesetzes über den Ministerrat der DDR berief der Vorsitzende die Mitglieder des Ministerrats, während die jeweiligen Minister die Leiter der einzelnen Verantwortungsbereiche auf der Grundlage der Nomenklaturen und Statuten der Ministerien beriefen; Vgl.; Rahmenstatut fiir Industrieministerien - Beschluß des Ministerrats vom 9.1.1975, GBl. DDR I 1975, S. 133; Statut des Ministeriums für Hoch- und Fachschulwesen vom 15.10.1969, GBl. DDR I I 1969, S. 547; Verordnung über das Statut des Ministeriums fiir Auswertige Angelegenheiten vom 18.2.1970, GBl. DDR I I 1970, S. 173; Statut des Staatssekretariats für Berufsbildung - Beschluß des Ministerrats vom 10.7.1975, GBl. DDR I 1975, S. 637; Statut des Amtes fiir Jugendfragen - Beschluß des Ministerrats vom 1.12.1980, GBl. D D R I 1980, S. 369. 258 § 7 1 f i.V.m. § 11 I S. 2 GÖV, Vgl. GÖV - Kommentar (Fn. 55), S. 46 f., 62. 259 § 12 H GÖV; vgl. GÖV - Kommentar (Fn. 55), S. 66. 260 Verordnung über die Berufung und die Stellung der Hochschullehrer an den wissenschaftlichen Hochschulen - HBVO - vom 6.11.1968, GBl. DDR I I 1968, S. 997 i.d.F: der 2. Verordnung vom 16.8.1973, GBl. DDR I 1973, S. 401, der 3. Verordnung vom 8.4.1981, GBl. DDR I 1981, S. 121 und der 4. Verordnung vom 19.2.1985, GBl. D D R I 1985, S. 81. 261 Vgl. § 51 V GÖV; Verordnung über die Pflichten und Rechte der Lehrkräfte und Erzieher (Fn. 352); Lehrbuch Verwaltungsrecht (Fn. 233), S. 313. 262 Matthias Renger, Einführung des Berufsbeamtentums in den neuen Bundesländern, Regensburg 1991, S. 23. 263 Vgl. Arbeitsrecht - Grundriß (Fn. 255), S. 94.

III. Gestaltung des Sonderrechtsverhältnisses

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Im Gegensatz zur Berufung konnte ein Arbeitsverhältnisses nur im Staatsbereich durch Wahl (§ 66 AGB) begründet werden, da das Wahlorgan mit diesem einseitigen Akt staatliche Machtbefugnisse auf die gewählte Person übertrug. Neben dem Präsidenten und den Vizepräsidenten des Obersten Gerichts, den Direktoren der Bezirks- und Kreisgerichte und den Richtern 264 wurden i m Bereich des Staatsapparates der Vorsitzende und die Mitglieder des Ministerrats von der Volkskammer 265 und die Vorsitzenden und Mitglieder der örtlichen Räte von den Volksvertretungen der jeweiligen Ebene 266 Bezirkstag, Kreistag, Stadtverordnetenversammlung - gewählt. Angesichts der Suprematie der SED, wonach die Volksvertretungen als Organe der einheitlichen Staatsmacht ihre Aufgaben unter Führung der SED zu lösen hatten (vgl. § 11 GÖV) 2 6 7 und eingedenk der Tatsache, daß jeder zu Wählende der vorgelagerten Bestätigung durch die nomenklaturführende Stelle des übergeordneten Staats- und Parteiorgans bedurfte, handelte es sich jedoch weniger um eine Wahl, denn um eine formale Bestellung 268 . Die Beendigung des Staatsbedienstetenverhältnisses hing ebenfalls von der Art und Weise seiner Begründimg ab. 2 6 9 Ein durch Arbeitsvertrag begründetes Arbeitsverhältnis konnte durch Kündigung (§ 54 AGB), den Abschluß eines Aufhebungs- oder Überleitungsvertrages ( § 5 1 AGB) oder eine fristlose Entlassung als Disziplinarmaßnahme (§ 56 AGB) beendet werden. Dabei wurde der erstmals i m AGB normierte Überleitungsvertrag favorisiert. Im Gegensatz zur Kündigung wegen mangelnder Eignung 270 und dem Aufhebungsvertrag 271 ermöglichte er durch seine Vereinbarung zwischem dem bisherigen Betrieb 264 §§ 46, 48 Gesetz über die Verfassung der Gerichte der Deutschen Demokratischen Republik - G V G - vom 27.9.1974, GBl. DDR 1 1974, S. 457. 265 Art. 50, 79 I I I DDRVerf., wobei nach der Fassung des Art. 80 I DDRVerf. von 1968 der Vorsitzende des Staatsrats das Vorschlagsrecht hatte, was jedoch nach der Auflösung der Personalunion zwischen den Ämtern des Staatsratsvorsitzenden und des 1. Sekretärs des Z K der SED 1971 contra legem durch letzteren erfolgte und erst mit der Verfassungsnovelle von 1974 zum Inhalt des Art. 79 I I wurde, wenn auch versteckt hinter dem Vorschlagsrecht der „stärksten Fraktion"; vgl. Siegfried Mampel (Fn. 44), Art. 50 Rn. 6. 266 Art. 83 I DDRVerf. i.V.m. § 7 1 f. GÖV, wobei bereits durch Vorgaben über die Zusammensetzung der örtlichen Räte die Suprematie der SED gesichert wurde; vgl. GÖV-Kommentar (Fn. 55), S. 47, 57 f.; Lehrbuch Verwaltungsrecht (Fn. 233), S. 706. 267 Vgl. Siegfried Mampel (Fn. 44), Art. 81 Rn. 11. 268 Vgl. Siegfried Mampel (Fn. 44), Art. 83 Rn. 6. 269 Vgl. Georg Brunner (Fn. 194), S. 126. 270 Bei der Überprüfung der Kündigungsgründe nach § 54 I I AGB legte die Rechtsprechung i.d.R. einen strengeren, wenn auch zwischen Staatsapparat und Betrieb unterschiedlich gewichteten, Maßstab an; vgl. Georg Brunner (Fn. 194), S. 126. 271 Vgl. zu den Voraussetzungen eines Aufhebungsvertrages § 51 I I S. 2 AGB, aus denen insbesondere die Subsidiarität des Aufhebungs- gegenüber dem Überleitungsvertrag deutlich wird, vgl. auch: Arbeitsrecht-Grundriß (Fn. 255), S. 87.

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A. Grundlagen des DDR-Staatsdienstes

(Staatsorgan), dem Bediensteten und dem aufnehmenden Betrieb einen Arbeitsplatzwechsel ohne Beschäftigungsunterbrechung und entsprach damit den ideologischen Prämissen des „Rechtes auf Arbeit" 2 7 2 und der „Übereinstimmung individueller und gesellschaftlicher Interessen" 273 . Vor allem war es ein geeignetes Instrument, um mißliebige Staatsbedienstete nicht nur ihrer Funktion i m Staatsapparat zu entheben, sondern ihnen auch einen vorbestimmten Arbeitsplatz zuzuweisen, da durch die umfangreiche Arbeitskräfte274

planung , die administrative Arbeitskräftelenkung durch die Amter für Arbeit 2 7 5 und die strafrechtlichen Sanktionsmöglichkeiten bei einer Verletzung der Arbeitspflicht 276 dem einzelnen trotz des Charakters einer übereinstimmenden Willenserklärung der Arbeitsvertragspartner die Entscheidungsfreiheit über den Abschluß eines Überleitungsvertrages weitgehend genommen war. Als zusätzliches Instrument der Disziplinierung wurde auch der Delegierungsvertrag nach § 50 I AGB genutzt, mittels dessen ideologisch noch nicht als gefestigt eingestufte Staatsbedienstete vorübergehend zu einer Bewährung in einer untergeordneten Funktion oder die Produktion abkommandiert werden konnten. 277 Durch Berufung oder Wahl begründete Arbeitsverhältnisse konnten außer durch Zeitablauf nur durch Abberufung (§§ 62-64 AGB) beendet werden. Die fristgemäße oder fristlose Abberufung erfolgte auf Antrag des Bediensteten oder auf Initiative des Staatsorgans, wobei die fristlose Abberufung nur unter den als Disziplinarmaßnahme deklarierten Voraussetzungen der fristlosen Entlassung (§ 254 I i. V.m. § 56 AGB) möglich war und von daher ebenfalls den Charakter einer Disziplinarmaßnahme erlangte. Den verschiedenen Privilegien, die mit dem durch Berufung oder Wahl begründeten Funktionärsstatus verbunden waren, entsprachen auf der anderen Seite ein hö-

272

Das in Art. 24 I DDRVerf. niedergelegte „Recht auf Arbeit" als soziales Grundrecht i.S.d. Art. 19 DDR-Verf., das mit entsprechenden Pflichten (zur Arbeit) korrespondierte und von staatlichen Leistungen abhängig war, wurde durch seine Einbindung in die „gesellschaftlichen Erfordernisse (Satz 2) und dem dahinter stehenden Vorbehalt des Wohlverhaltens gegenüber der Gesellschafts- und Staatsordnung eingeschränkt; Vgl. SiegfriedMampel (Fn. 44), Art. 19 Rn. 35 u. Art. 24 Rn. 16. 273 Arbeitsrecht- Grundriß (Fn. 255), S. 86. 274 Vgl. Georg Brunner (Fn. 194), S. 122 275 Vgl. Anordnung zur Erhöhung der Wirksamkeit des gesellschaftlichen Arbeitsvermögens vom 25.5.1979, GBl. DDR I 1979, S. 115; Arbeitsrecht von A-Z, Berlin (Ost) 1987, S. 17. 276 Nach § 249 StGB wurde, wer sich aus ,Arbeitsscheu einer geregelten Arbeit" entzog, strafrechtlich verantwortlich gemacht und gegebenenfalls mit Aufenthaltsbeschränkung und Kontroll- und Erziehungsaufsicht belegt. 277 Vgl. den, wenn auch bereits aus dem Jahre 1958 stammenden, so doch aufschlußreichen Beschluß des Sekretariats der SED über Prof. Dr. Karl Bönninger, in: Ralf Dreier / Jörn Eckert / Karl-A. Mollnau / Hubert Rottleuthner (Fn. 229), S. 243 f.

I . Gestaltung des Sonderrechtsverhältnisses

65

heres Maß an Bindung und ein geringeres Maß an Sicherheit und Rechts278

schütz. Auffallend ist, daß das Staatsorgan den fristgemäß abberufenen Staatsfunktionär „rechtzeitig eine zumutbare andere Arbeit anzubieten" hatte, während es bei einer fristlosen Abberufung nur verpflichtet war, den Betroffenen bei der „Aufnahme einer anderen Arbeit zu unterstützen" (§ 64 I I I AGB). Ausgeschlossen war auch das bei fristgemäßer Kündigung und fristloser Entlassung eröffnete Einspruchsrecht bei den Kreisgerichten (§ 65 I I I i.V.m. § 60 I A G B ) . 2 7 9 Während den gewählten Staatsfunktionären überhaupt kein Rechtsschutz zustand, war für einen eingeschränkten Kreis berufener Staatsfunktionäre (vgl. § 65 I I AGB) ein zweistufiges Beschwerderecht nach § 65 AGB normiert.

2. Das Staatsbedienstetenverhältnis als personelle Absicherung staatlicher Machtstrukturen a) Die besondere Pflichtenstruktur - ideologische Verhaltens- und systembindende Dienstpflichten des Staatsbediensteten Durch die enge Verbindung der Rechte des Staatsbediensteten, die sich im wesentlichen aus dem Anspruch auf Gehalt (§ 95 AGB), Urlaub (§ 190 AGB), Leistungen der Sozialversicherung (§ 274 AGB) und besonderen Förderungsmaßnahmen (§ 8 MVO) ergaben, mit einem umfangreichen Pflichten- beziehungsweise Aufgabenkatalog (§§ 2-11 MVO) wurde der besondere Charakter des Staatsbedienstetenverhältnisses als eines auf politische Linientreue ausgerichteten Sonderrechtsverhältnisses unterstrichen. 280 Die besondere Stellung der Staatsbediensteten wurde mit deren Verantwortung für die Erledigung der staatlichen Aufgaben und der Befugnis staatlicher Machtausübung legitimiert, was es notwendig machte, den Inhalt ihrer Arbeitsaufgabe wesentlich unter Berücksichtigung der staats- und verwaltungsrechtlichen Anforderungen zu 278

Georg Brunner(Fn. 194), S. 127. Angesichts der Parteilichkeit der Rechtsprechung handelte es sich aber nicht um einen Rechtsschutz durch unabhängige Gerichte: Nach § 21 I S . 1 GVG war das M i nisterium der Justiz für die Anleitung und Kontrolle der Bezirks- und Kreisgerichte zur „Durchführung der Beschlüsse der Partei der Arbeiterklasse, der Gesetze und anderen Rechtsvorschriften verantwortlich; die Richter mußten gemäß § 44 I GVG dem Staat treu ergeben sein und konnten nach § 53 I I I S. 1 GVG jederzeit (!) abgesetzt werden, wobei die Pflichten, deren gröbliche Verletzung eine Abberufung rechtfertigten, i n § 45 G V G sehr allgemein gehalten waren; vgl. auch: Otmar Schneider (Fn. 5), S. 175 ff. 280 Hartmut Krüger, Die Wiedereinführung des Berufsbeamtentums nach Maßgabe des Einigungsvertrages, ThürVBL 1992, S. 193, 194; aus DDR-Sicht: Michael Benjamin /Harry Möbis, Verantwortung, Pflichten und Rechte in der staatlichen Leitung, StuR 1974, S. 1601, 1603. 279

5 Schwanengel

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A. Grundlagen des DDR-Staatsdienstes

regeln. 281 I m Ergebnis unterlagen sie damit einer aus dem allgemeinen Arbeitsrecht herausragenden besonderen Rechtsstellung, durch die die Allgemeingültigkeit des Arbeitsverhältnisses relativiert und ein eigener Status als personelle Ergänzung zum organisatorischen Prinzip des demokratischen Zentralismus statuiert wurde. 2 8 2 Während die allgemeinen Arbeitspflichten (§ 80 AGB) eher unideologisch formuliert und in erster Linie auf eine ordnungs- und fristgerechte Arbeitserfüllung gerichtet waren und nur durch die Möglichkeit einer fristlosen Entlassung wegen „schwerwiegender Verletzung staatsbürgerlicher Pflichten" (§ 56 I AGB) ein Minimum systemkonformen Verhaltens beinhalteten 283 , war die Pflichtenbindung der Staatsbediensteten erheblich verschärft. § 4 I M V O verpflichtete die Staatsbediensteten zu einer „hohen Staats- und Arbeitsdisziplin". Auf den ersten Blick erscheint der Begriff der „Staatsdisziplin" mit dem der „staatsbürgerlichen Pflichten" nach dem AGB identisch. Allerdings hebt die Mitarbeiterverordnung diese Pflicht in den gleichen Rang wie die Einhaltung der Arbeitsdisziplin und macht sie damit zu einer arbeitsrechtlichen Pflicht, die das Wesen des Dienstverhältnisses prägt. Die Bindung der Staatsbediensteten an die politischen Anschauungen der Führung sicherte § 4 I S. 2 M V O ab, wonach das Verhalten der Mitarbeiter innerhalb und außerhalb der dienstlichen Tätigkeit der Verfassung der D D R 2 8 4 und den Grundsätzen der sozialistischen Moral 2 8 5 entsprechen mußte. Diese eher ideologisch unterlegten Verhaltenspflichten wurden durch eine Systembindung der Staatsbediensteten im Rahmen ihrer dienstlichen Tätigkeit ergänzt. Ausgehend von der Präambel, die das Staatsbedienstetenverhältnis in das - wenn auch durch die vom IX. Parteitag der SED proklamierte „Gestaltung der entwickelten sozia-

281

Arbeitsrecht-Grundriß (Fn. 255), S. 110. Klaus König (Fn. 37), S. 47 f.; Wiktor Jaskiewicz (Fn. 216), S. 76 f. 283 Die Aufführung dieses Tatbestandes im Rahmen der Kündigungsvorschriften machte deutlich, daß arbeitsrechtlich nicht eine Übereinstimmung mit der Führung verlangt wurde, sondern oppositionelles Verhalten sanktioniert werden sollte, was jedoch zugleich den Charakter des Arbeitsrechts als allgemeines Instrument politischer Disziplinierung unterstrich; vgl. Bernd Schulze-Willebrand, Der Schutz der Rechte des Arbeitnehmers, in: Westen / Meissner / Schroeder (Hrsg.), Der Schutz individueller Rechte und Interessen im Recht sozialistischer Staaten, Berlin 1980, S. 123, 149. 284 M i t der Verpflichtung auf die Verfassung erfolgte eine Orientierung auf die wichtigsten Strukturprinzipien des Staatsaufbaus, wie die Ausübung der politischen Macht durch die Partei (Art. 1 I S . 1, 2 I S. 1 DDRVerf.), die auf dem sozialistischen Eigentum beruhende Volkswirtschaft (Art. 9 I S. 1 DDRVerf.) und den demokratischen Zentralismus (Art. 47 I I DDRVerf.); vgl. Lehrbuch Staatsrecht der DDR (Fn. 54), S. 32. 282

285 Der Begriff der „sozialistischen Moral" war kein auslegbarer Rechts-, sondern ein rein pragmatischer, weil in der Definitionsmacht der politischen Führung liegender Begriff; vgl. Otto Luchterhand, Der verstaatlichte Mensch, Köln 1985, S. 230 ff.

IE. Gestaltung des Sonderrechtsverhältnisses

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listischen Gesellschaft" 286 überholte - Gesamtkonzept einband, bestimmte § 2 I I M V O die Beschlüsse der Partei, die Verfassung, die Gesetze und Beschlüsse der Volkskammer, die Erlasse und Beschlüsse des Staatsrats, die Verordnungen und Beschlüsse des Ministerrats sowie die Beschlüsse der örtlichen Volksvertretungen und Räte als Grundlage ihrer Tätigkeit. Die Prämisse, daß in dieser Normenhierarchie die Parteibeschlüsse noch vor der Verfassung und den anderen Rechtsnormen rangierten, verdeutlichte die Stellung der Staatsbediensteten als personelles Element der Machterhaltung und -festigung 287 , die damit nicht nur abstrakt auf die kommunistische Ideologie, sondern konkret auf die Parteibeschlüsse festgelegt waren 288 . Dies entsprach nach der sozialistischen Rechtstheorie der Rolle des Rechts als eines objektivierten und zum Gesetz erhobenen Willens der herrschenden Klasse, eines Willens, der dem Recht materiell innewohnte und der durch die formale Transformation mittels einer Norm rechtlich verbindlichen Charakter erlangte. 289 Dieser Diktion folgend, verpflichtete § 2 I I I S.l M V O die Staatsbediensteten zur konsequenten Durchführung der in Absatz 2 genannten und an dieser Stelle wiederholten Handlungsgrundlagen.

b) Das besondere Weisungsrecht Parteilichkeits- versus Rechtmäßigkeitsbindung Nach § 82 I I S.l AGB konnte der Betriebsleiter dem Werktätigen zur Konkretisierung der i m Arbeitsvertrag vereinbarten Bedingungen, insbesondere zur Aibeitsaufgabe und zum Verhalten i m Zusammenhang mit der Arbeit, Weisungen erteilen, die gemäß § 83 I AGB mit Umsicht und Initiative zu erfüllen waren. Ausdrücklich bestimmte § 82 I I S. 2 HS 1 AGB, daß Weisungen, die weitergehende Arbeitspflichten begründeten, grundsätzlich unzulässig waren, womit es sich beim Weisungsrecht nach dem AGB um ein Rechtsinstitut handelte, das keine originären Pflichten schuf, sondern nur die sich aus der Arbeitsaufgabe und den betrieblichen Anforderungen ergebenden

286 j x Parteitag der SED, Programm der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, Berlin (Ost) 1976, S. 40 f. 287 Wolfgang Bernet, Zur normativen Regelung des Staatsdienstes in der DDR und zum Rechtsverständnis der Staatsfunktionäre, ZBR1991, S. 40,43. 288 Otmar Schneider (Fn. 5), S. 141. 289 Vgl. Marxistisch-leninistische allgemeine Theorie des Staates und des Rechts Das sozialistische Recht, Berlin (Ost) 1976, S. 328; wobei systemimmanent der Prozeß der Gesetzesauslegung als Feststellung des in den Normativakten objektivierten Staatswillens definiert wurde, der jedoch kein anderer als der Wille der an der Macht befindlichen Klasse sein konnte.

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A. Grundlagen des DDR-Staatsdienstes

Pflichten konkretisierte. 290 Von der Möglichkeit des § 82 I I S.2 HS 2 AGB wurde in § 6 I S. 2 M V O Gebrauch gemacht, der ein auf weitergehende (Arbeits-) Pflichten ausgedehntes und in seinem Gegenstand und Umfang nicht präzisiertes Weisungsrecht normierte. 291 Nach § 83 I I AGB bestand für die Werktätigen ein Weisungsverweigerungsrecht, das es ihnen erlaubte, von Unbefugten erteilte und über die Arbeitspflichten hinausgehende Weisungen abzulehnen, und sie verpflichtete, Weisungen, deren Durchführung einen Straftatbestand erfüllen würde, nicht zu befolgen. 292 Für den Staatsbediensteten kam es hinsichtlich des Verweigerungsrechts nicht auf den Widerspruch der Weisung zu den rechtlich begründeten Arbeitspflichten, sondern nur auf die Strafrechtswidrigkeit an. Nach § 6 I S. 2 M V O war er verpflichtet, die ihm gegebene Weisung zu erfüllen. Die Ausführung rechtswidriger Weisungen durfte nicht wie nach dem AGB verweigert werden, sondern es bestand nach § 6 I I S.l M V O nur die Möglichkeit eines Einspruchs beim zuständigen Leiter. 2 9 3 Wie schon bei der Regelung der Disziplinarordnung war dabei im Gegensatz zum beamtenrechtlichen Remonstrationsrecht 294 der Grundsatz der persönlichen Verantwortung (§ 6 I S.l MVO) im Konfliktfall nicht zu Gunsten des Bediensteten und zu Lasten des Vorgesetzten aufgehoben. 295 Vergleicht man zudem die persönliche Verantwortung des Staatsbediensteten ganz allgemein mit der des Beamten nach § 56 I BBG, fällt auf, daß letztere an die „Rechtmäßigkeit dienstlicher Handlungen" geknüpft wurde, während die des Staatsbediensteten ganz allgemein mit dem Begriff des „Aufgabenbereichs" umschrieben war. Die der Remonstration vorgelagerte, durch Art. 20 I I I GG verfassungsrechtlich geschützte Rechtmäßigkeitsprüfung des Beamten dient der Gemeinwohlverpflichtung und Neutralität seines Handelns. Die Remonstration führt damit nicht nur zur straf-, disziplinar- und haftungsrechtlichen Entlastung des Beamten, sondern ist zudem ein Instrument zur Verwirklichung des Rechtsstaatsgebots.296 Die Bindung der vollzie290 Eine gegenüber dem Direktionsrecht des Arbeitgebers hinausgehende Weisungsbefugnis ergab sich vor allem aus den Bestimmungen der §§ 84-90, 172-179 und 198 AGB; vgl. auch: Arbeitsrecht von A-Z, (Fn. 275), S. 396. 291 Vgl. Arbeitsrecht von A-Z, (Fn. 275), S. 397. 292 Arbeitsrecht von A-Z, (Fn. 275), S. 397. 293 Lexikon der Wirtschaft - Arbeit, Bildung, Soziales, Berlin (Ost) 1982, S. 942 f.; zur Tatsache, daß das Einspruchsrecht das Weisungsverweigerungsrecht ersetzte und nicht nur ergänzte. 294 Vgl. Fn. 202 / 203 sowie: Roman Herzog, Allgemeine Staatslehre, Frankfurt a.M. 1971, S. 190, Friedrich E. Schnapp, Amtsrecht und Beamtenrecht, Berlin 1977, S. 182 f. 295 Zur Freistellung des Beamten von seiner persönlichen Verantwortung: Dagmar Felix, Das Remonstrationsrecht und seine Bedeutung für den Rechtsschutz des Beamten, Köln 1993, S. 7 ff. 296 Klaus Stern (Fn. 82), S. O 62.

I. Gestaltung des Sonderrechtsverhältnisses

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henden Gewalt an Gesetz und Recht gemäß Art. 20 I I I GG wird durch das Postulat der vollen persönlichen Verantwortung nach § 56 I BBG transformiert und auf die dienstliche Handlung des einzelnen Beamten individualisiert, woraus sich inzident dessen vorgeschaltete Verpflichtung zur gewissenhaften Prüfung der vorzunehmenden Maßnahme ergibt. 297 Hingegen konnte der dem Staatsbediensteten übertragene Aufgabenbereich nur i m Lichte des § 2 I I I M V O gesehen werden, der ihn zur konsequenten Durchführung der Parteibeschlüsse, Gesetze und anderen Rechtsvorschriften verpflichtete, weshalb er das Einspruchsrecht nicht ohne weiteres bei vermeintlicher Rechtswidrigkeit in Anspruch nehmen konnte, sondern nur dann, wenn die Weisung zugleich von der politischen Führung mißbilligt wurde. 298 Da nicht der Wille des Gesetzes, sondern der von politischen Zweckmäßigkeiten bestimmte Partei- und Staatswille maßgebend für die Auslegung einer Rechtsnorm war, konnte einer Weisimg nicht die bloß formelle Qualität eines Normativaktes entgegengehalten werden. Die durch die Verwaltungshierarchie und Weisungsbefugnis errichtete Macht blieb allerdings i m staatlichen Bereich; der Partei wurde durch die Rechtsvorschriften kein direktes Weisungsrecht eingeräumt. Sie nahm jedoch 299

nach dem Prinzip der führenden Rolle Einfluß auf die staatliche Verwaltung. Die Bindung der Staatsbediensteten an die Beschlüsse der Partei (§ 2 II, I I I MVO) erfolgte ohne eine inhaltliche Begrenzung und ohne eine Grenze der Detailliertheit. Nach den Organisationsprinzipien der SED waren für die Staatsorgane die Beschlüsse der jeweils parallelen Territorialeinheiten maßgebend 300 , wobei die Beschlüsse der höheren Parteiorgane immer solchen der nachgeordneten vorgingen 301 . Ersichtlich sollten die politischen Entscheidungen von der Partei getroffen werden, während die bürokratische Durchführung bei den Staatsorganen lag. Eine Pflicht der Leiter zum Zusammenwirken mit der Partei findet sich i m staatlichen Recht nur versteckt hinter dem Begriff der „gesellschaftlichen Organisationen" in § 111, I I MVO.

297 Dieter Romann, Remonstrationsrecht und Remonstrationspflicht i m Beamtenrecht, Speyer 1996, S. 44. 298 Schneider, Otmar (Fn. 5), S. 148. 299 Art. 1 S. 1 DDR-Verf.; vgl. dazu: Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik - Dokumente, Kommentar, Bd. I, Berlin (Ost) 1969, S. 226 f.; Lehrbuch Verwaltungsrecht (Fn. 233), S. 24 f. 300 Vgl. Ziff. 49a, 55, 64 Statut der SED, Berlin (Ost) 1976. 301 Ziff. 23 c Statut der SED (Fn. 300).

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A. Grundlagen des DDR-Staatsdienstes c) Das besondere Disziplinarrecht - Ausdruck und Mittel zur Durchsetzung einer gesteigerten Systemloyalität

Die Verletzung von Pflichten wurde vor allem im Rahmen disziplinarischer Verantwortlichkeit geahndet. Um die Abweichungen im Disziplinarrecht der Staatsbediensteten herauszustellen, sind zunächst die allgemeinen Regeln kurz zu skizzieren. Mit einer Disziplinarstrafe konnte nach § 254 I AGB belegt werden, wer seine „Arbeitspflichten schuldhaft verletzt" hatte. Die arbeitsrechtliche Verantwortlichkeit setzte deshalb eine klare Bestimmung der persönlichen Verantwortung mit Hilfe der i m Arbeitsvertrag festgelegten Arbeitsaufgabe und des durch das AGB gezogenen Rahmens für vorübergehende Ausnahmen voraus. Deshalb war nach Auffassung der DDR-Arbeitsrechtswissenschaft das eigentliche Fundament, auf dem durch schuldhafte Pflichtverletzung arbeitsrechtliche Verantwortlichkeit entstehen konnte, immer von dem in rechtlich erheblicher Form geäußerten Willen zum Ausfüllen eines durch die vereinbarte Arbeitsaufgabe charakterisierten Verantwortungsbereichs bestimmt. 302 Als Disziplinarstrafen kamen der Verweis, der strenge Verweis und die fristlose Entlassung in Frage, wobei auf die Schwere des Disziplinarverstoßes, den Grad des Verschuldens, die bisherigen Leistungen und die anderen in § 253 AGB genannten Umstände Rücksicht zu nehmen war. 3 0 3 Die Disziplinarbefugnis entsprach dem Prinzip der Einzelleitung und lag grundsätzlich beim Betriebsleiter (§ 254 II, I I I AGB). Der Ausspruch einer Disziplinarstrafe stand am Ende eines Disziplinarverfahrens (§ 255-257 AGB), von dessen Einleitung, die grundsätzlich innerhalb von fünf Monaten zu erfolgen hatte (§ 256 I I AGB) 3 0 4 , dem Werktätigen unter Angabe der ihm zur Last gelegten Disziplinarverletzung Mitteilung zu machen war und in dessen Verlauf dem Betroffenen ein Anhörungsrecht zustand. Hielt der Betriebsleiter eine erzieherische Maßnahme 305 für ausreichend, übergab er die Sache der Konfliktkommission 3 0 6 , was den Ausspruch einer Disziplinarstrafe in selber Sache ausschloß. Die verhängten Disziplinarstrafen erloschen gemäß § 258 I AGB nach be302 Eva Hein / Frithjof Kunz, Zur engen Verbindung der arbeitsrechtlichen Verantwortung und Verantwortlichkeit, in: Grundprobleme der rechtlichen Verantwortlichkeit, Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften der DDR, Nr. W 1, Berlin (Ost) 1982, S. 47, 50; wobei der Zusammenhang zwischen der Festlegung der Arbeitsdisziplin und der Regelung der Arbeitsorganisation betont wurde. 303 Vgl. Arbeitsrecht von A-Z, (Fn. 275), S. 115 f. 304 Vgl. Arbeitsrecht von A-Z, (Fn. 275), S. 116; um die mit der Disziplinarverletzung zeitlich und sachliche Wirkung zu gewährleisten. 305 Worunter vor allem die Erteilung einer Rüge fiel ( § 23 I I Konfliktkommissionsordnung); vgl. Arbeitsrecht von A-Z, (Fn. 275), S. 134. 306 Zur Zuständigkeit und Arbeitsweise der Konfliktkommissionen: ArbeitsrechtGrundriß (Fn. 255), S. 262, zum Verfahren S. 236.

III. Gestaltung des Sonderrechtsverhältnisses

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stimmten Zeiten, wobei die durch eine fristlose Entlassung bewirkte Beendigung des Arbeitsverhältnisses (§ 56 I AGB) dadurch nicht rückgängig gemacht wurde (§ 258 I I AGB). Bei der fristlosen Entlassung wurde nach § 56 I I I AGB zudem ein sozialer Abstieg bewußt in Kauf genommen, da der Betrieb nur verpflichtet war, den Entlassenen bei der Aufnahme einer „anderen" Arbeit zu unterstützen. Gemäß § 257 I I I AGB stand dem Werktätigen das schon erwähnte Einspruchsrecht bei der Konfliktkommission beziehungsweise bei der Kammer für Arbeitsrecht des Kreisgerichtes zu. Die Direktoren der Kombinats- und volkseigenen Betriebe, deren Arbeitsverhältnis nach § 38 I I AGB durch Berufimg begründet wurde 307 , konnten i m Falle der Abberufung (§ 62 AGB) ebenfalls nur das eingeschränkte zweistufige Beschwerderecht in Anspruch nehmen (§ 65 AGB). In der Mitarbeiterverordnung wurde von der Möglichkeit des § 259 AGB Gebrauch gemacht und ein eigenes, dem verschärften Pflichtenstatus der Staatsbediensteten entsprechendes Disziplinarrecht geschaffen, das, seinem Anspruch einer umfassenden Regelung entsprechend 308, die Anwendung des AGB nur subsidiär zuließ 309 , insbesondere hinsichtlich einiger Regelungslükken i m Verfahrensrecht. § 17 I S. 1 M V O setzte als Tatbestand einer Disziplinarstrafe eine schuldhafte Verletzung der Pflichten durch den Staatsbediensteten voraus, wobei dieser gegenüber den „Arbeitspflichten" (vgl. § 254 I AGB) allgemeinere Begriff darauf hindeutete, daß es sich dabei um den normativ nur blankettartig umschriebenen Pflichtenkreis handelte, der ausdrücklich über das als „Rechtspflicht" Niedergelegte hinausging und sich gegenüber den eher betrieblichen und effizienzbezogenen Arbeitspflichten des AGB an systembedingten Erforderlichkeiten orientierte. Als Vorstufe konnte der Disziplinarbefugte nach § 17 I V M V O eine Mißbilligung aussprechen, die nicht den Charakter einer Disziplinarmaßnahme trug und deshalb auch außerhalb eines förmlichen Disziplinarverfahrens erfolgte. Zu den Disziplinarunterworfenen gehörten neben den Staatsbediensteten310 auch die Leiter von Wirt-

307

Vgl. §§ 25 I, 32 I I Verordnung über die volkseigenen Kombinate, Kombinatsbetriebe und volkseigenen Betriebe - KombinatsVO - vom 8.11.1979, GBl. DDR I 1979, S. 355. 308 Arbeitsrecht-Grundriß (Fn. 255), S. 235, wobei es jedoch dem Anspruch einer zugleich abschließender Regelung nicht gerecht wurde. 309 Lehrbuch Verwaltungsrecht (Fn. 233), S. 89 ff., wonach Zumindestens für das Disziplinarverfahren „ i m Prinzip" (?) die im AGB geregelten Grundsätze gelten sollten; das subsidiäre Verhältnis kann zudem auch aus dem Gedanken des einheitlichen Arbeitsrechts abgeleitet werden, vgl. Helmut Jacobs (Fn. 134), S. 163 f; Gerhard Schulze, Verwaltungspersonal und Verwaltungsausbildung, in: König (Hrsg.), Verwaltungsstrukturen der DDR, Baden-Baden 1991, S. 147, 154. 310 Ausgenommen waren gemäß § 26 I I M V O die Mitglieder des Ministerrats und die Vorsitzenden der Räte der Bezirke, deren Verantwortung primär nach unmittelbar politischen Maßstäben gemessen wurde; vgl. Helmut Jacobs (Fn. 134), S. 163 f.

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A. Grundlagen des DDR-Staatsdienstes

schaftseinheiten, für die die Bestimmungen mit Ausnahme der gewerkschaftlichen Beteiligungsregelungen entsprechend Anwendung fanden (§ 26 I MVO). Abweichend von den Regelungen des AGB war der Kreis der Disziplinarbefugten ausgedehnt und umfaßte neben den Leitern der jeweiligen Staatsorgane ausdrücklich auch deren Stellvertreter für den ihnen unterstellten Mitarbeiterkreis (§ 18 MVO). Außerdem konnte der Disziplinarbefugte zur Sachverhaltsaufklärung einen Disziplinarausschuß einsetzen (§ 19 I S. 2 MVO). Um den Nomenklaturregelungen entsprechend Einfluß auf die Disziplinierung der Staatsbediensteten zu erlangen, wurde die Personalhoheit des Dienststellenleiters dadurch durchbrochen, daß gemäß § 20 I I I M V O der übergeordnete Disziplinarbefugte das Verfahren jederzeit an sich ziehen konnte. Entgegen der Regelung im AGB sah die Mitarbeiterverordnung eine auf zwölf Monate ausgedehnte Frist für die Einleitung eines Disziplinarverfahrens vor (§ 19 I I S. 1 MVO) und gab dem Disziplinarbefugten die Möglichkeit> nach Bekanntwerden der schuldhaften Pflichtverletzung und damit auch schon vor Einleitung des Verfahrens, den Betroffenen befristet zu beurlauben (§ 19 I S. 4 M V O ) 3 1 1 . Die Übergabe an die Konfliktkommission zur Durchführung eines erzieherischen Verfahrens war hingegen erst nach Einleitung des Disziplinarverfahrens möglich ( § 2 1 I I I MVO). Die in § 62 I I I AGB zur Beendigimg eines Arbeitsverhältnisses vorgesehene Abberufung ohne Einhaltung einer Frist wurde in § 21 I V MVO ausdrücklich als eine (zusätzliche) Disziplinarstrafe charakterisiert, die im Falle einer Bestätigung der Berufung durch die örtliche Volksvertretung auch deren Zustimmung erforderte (§ 22 I I S. 1 MVO). Auch die Anfechtung der Disziplinarstrafen war in der Mitarbeiterverordnung zum Teil anders geregelt als im AGB. Nach § 24 MVO mußten die Staatsbediensteten zunächst Einspruch bei der Konfliktkommission einlegen, nach deren Entscheidung gemäß § 53 I S. 1 KKO erst ein Einspruch beim Kreisgericht zulässig war. Nach § 23 I M V O hatten gewählte oder berufene Staatsfunktionäre auch bei Disziplinarmaßnahmen unterhalb der fristlosen Abberufung nur die Möglichkeit des Einspruchs auf dem Dienstweg, die Anrufung der Gerichte war ihnen generell verwehrt (§ 23 III S. 2 MVO). Die ebenfalls dem Einspruchsrecht nach § 23 I MVO unterfallende Abberufung ohne Einhaltung einer Frist war jedoch nach Auffassung der DDRArbeitsrechtswissenschaft gemäß § 12 I EGAGB in Einklang mit dem (später) erlassenen AGB nur noch mit dem Beschwerderecht des § 65 AGB anfecht-

311 Das A G B sah für diesen Fall nur die Übertragung einer anderen Arbeit vor (§ 256 AGB), wobei der Betroffene einen Anspruch auf seinen bisherigen Durchschnittslohn hatte (§§ 89 III, 90 I V AGB).

III. Gestaltung des Sonderrechtsverhältnisses

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312

bar , was jedoch nur zu marginalen Änderungen (zweistufiges Verfahren) führte, da nach § 65 I I I AGB auch in diesem Verfahren eine Anrufung der Gerichte ausgeschlossen war. Neben der disziplinarischen Verantwortlichkeit unterlagen die Staatsbediensteten zudem einer ordnungs- und strafrechtlichen sowie einer materiellen Verantwortlichkeit. 313 Dabei schlossen disziplinarische und materielle Verantwortlichkeit einander nicht aus (§ 17 I S. 3 MVO). Soweit der Staatsbedienstete durch Verletzung seiner (Arbeits-) Pflichten schuldhaft (vorsätzlich oder fahrlässig) einen Schaden am sozialistischen Eigentum verursacht hatte, konnte er auf Grundlage der §§ 260-266 AGB materiell verantwortlich gemacht werden, wobei bemerkenswert ist, daß davon nur in geringem Umfang Gebrauch gemacht wurde. 314 Neben der Verletzung von Arbeitspflichten, dem Verschulden und dem Eintritt eines Schadens, war Voraussetzung einer materiellen Verantwortlichkeit die Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden.315 Nur bei vorsätzlicher Verursachung war der Schaden in voller Höhe zu ersetzen (§ 261 I I I AGB), während bei Fahrlässigkeit der direkte Schaden grundsätzlich nur in Höhe des monatlichen Tariflohns (§ 261 I I AGB) und nur unter den Voraussetzungen des § 262 AGB in einer Höhe bis zum dreifachen Monatslohn zu ersetzen war. 3 1 6 Die materielle Verantwortlichkeit konnte vor der Konfliktkommission (§§ 24, 25 KKO), i m Strafverfahren (§§ 17 I, 198 StPO) und vor den Kammern für Arbeitsrecht der Kreisgerichte ( § 2 1 AGO) geltend gemacht werden. Wenn die Staatsbediensteten schuldhaft Rechtspflichten verletzten, die in speziellen Rechtsvorschriften als Ordnungswidrigkeitstatbestand normiert waren 317 , konnten sie weiterhin in ei-

312

Arbeitsrecht-Grundriß (Fn.255), S. 236. Vgl. zur unterschiedlichen Bestimmung der verwaltungsrechtlichen Verantwortlichkeit: Elfriede Leymann, Stand und Entwicklungstendenzen der wissenschaftlichen Arbeit zur rechtlichen Verantwortlichkeit i m Verwaltungsrecht, in: Grundprobleme der rechtlichen Verantwortlichkeit, Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften der DDR, Nr. W 1, Berlin (Ost) 1982, S. 23, 23 f. 314 Horst Toeplitz, Die Aufgaben der Rechtsprechung der Gerichte i m 25. Jahr der DDR, NJ 1974, S. 381, S. 382; Gerhard Schulze (Fn. 309), S. 153. 315 Lehrbuch Verwaltungsrecht (Fn. 233), S. 92 f. Vgl. auch: Urteil des Obersten Gerichts der DDR vom 21.4.1974, NJ 1974, S. 463 f. 316 Arbeitsrecht von A-Z, (Fn. 275), S. 228 f. 317 Ordnungswidrigkeitstatbestände enthielten u.a.: ABI-Beschluß vom 6.8.1974, GBl. DDR I 1974, S. 389; Verordnung zur Bekämpfung von Ordnungswidrigkeiten OWVO - vom 22.3.1984, GBl. DDR I 1984, S. 173; sowie verschiedene spezielle Rechtsvorschriften, wie die Verordnung über die Energiewirtschaft in der DDR EnergieVO - vom 30.10.1980, GBl. DDR I 1980, S. 321 und die Verordnung über die Material-, Ausrüstungs- und Konsumgüterbilanzierung - BilanzierungsVO - vom 15. 11.1979, GBl. D D R I 1980, S. 1. 313

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A. Grundlagen des DDR-Staatsdienstes

nem Verfahren nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz (OWG) 3 1 8 verantwortlich gemacht werden. Ergab sich zudem im Verlauf eines Disziplinarverfahrens der begründete Verdacht einer strafbaren Handlung, so mußte der Disziplinarbefugte der Staatsanwaltschaft davon Mitteilung machen. Straftatbestände wie Falschmeldung, Vorteilserschleichung, Vertrauensmißbrauch, Wahlfälschung und Anmaßung staatlicher Befugnisse konnten dabei i m Zusammenhang mit der Ausübung staatlicher Befugnisse durch die strafrechtliche Verantwortlichkeit sanktioniert werden, was jedoch in der Praxis kaum erfolgte 3 1 9 , schon weil zahlreiche dieser Tatbestände in bezug auf die staatliche Tätigkeit nur formal waren, wie die Vorgänge um die Wahlfälschungen bei den Kommunalwahlen 1989 deutlich zeigten 320 .

IV. Öffentliche Verwaltung im Beitrittsgebiet und Staatsapparat in der DDR 1. Der personelle Geltungsbereich des Bewährungsmodells und der Begriff des Staatsbediensteten Wenn die Personen, die nach dem Bewährungsmodell Zugang zum Beam321

tenstatus erhalten, grundsätzlich dem Bereich deijenigen Beschäftigten entstammen, die in der öffentlichen Verwaltung des Beitrittsgebietes beschäftigt waren und sind 3 2 2 , so bedarf es für die Klärung des persönlichen Geltungsbereiches dieser Regelung einer Definition der Begriffe „öffentliche Verwaltung" und „öffentlicher Dienst", zumal deren Genesis auf ein westlichdemokratisches Staatswesen abstellt und keine vorbehaltlose Erstreckung auf das DDR-System zuläßt, weil der „bisherige öffentliche Dienst in der Deutschen Demokratischen Republik ... weder in seinen rechtlichen Strukturen noch in seinem Umfang mit den Gegebenheiten in der Bundesrepublik 318 Gesetz zu Bekämpfung von Ordnungswidrigkeiten - OWG - vom 12.1.1968, GBl. DDR I 1968, S. 101 i.d.F. des Devisengesetzes vom 19.12.1973, GBl. DDR I 1973, S. 574; des 3. Strafrechtsänderungsgesetzes vom 28.6.1979, GBl. DDR I 1979; S. 139 und des Gesetzes über die gesellschaftlichen Gerichte der DDR vom 25.3.1982, GBl. DDR I I 982, S. 269. 319 Gerhard Schulze (Fn. 309), S. 157. 320 Vgl. BGH, Urt. v. 26.11.1992, NJW 1993, S. 1019, 1019 f. - dazu: Peter König, Anmerkung, JZ 1993, S. 207, 209; BVerfG, Beschl. v. 31.3.1993, NJW 1993, S. 2524, 2524. 321 Vgl. Anl. I, Kap. X I X , Ab sehn. IE, Nr. 3c Einigungsvertrag, die eine subsidiäre Ausdehnung der beamtenrechtlichen Übergangsregelungen auf Bewerber normiert, die nicht in der öffentlichen Verwaltung beschäftigt sind. 322 Anl. I, Kap. X I X , Abschn. III, Nr. 3b mit Bezug auf die arbeitsrechtlichen Regelungen der Nr. 1 I.

IV. Staatsapparat in der DDR

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Deutschland vergleichbar (ist)" 3 2 3 . Auch wenn der Einigungsvertrag bewußt auf eine Begriffsbestimmung verzichtet und all jene Bereiche erfassen will, „die bei einer entsprechenden Erstreckung des räumlichen Geltungsbereichs des Rechts des öffentlichen Dienstes im übrigen Bundesgebiet zu zählen wären" 3 2 4 , bleibt gleichsam als eine Basis dieser Kompatibilitätsprüfung die Notwendigkeit erhalten, die Organe des Staatsapparates und den Kreis der Staatsbediensteten positiv zu bestimmen. Einerseits wird auch der Begriff des „öffentlichen Dienstes" in der Rechtsordnung der Bundesrepublik weniger funktionell 325 denn formell nach dem Status desjenigen, dem man Dienst schuldet, d.h. der öffentlich-rechtlichen Form der Anstellungskörperschaft definiert 326 und erweist sich deshalb angesichts der Tatsache, daß dem Staatsapparat der DDR oder seinen Organen nicht der Charakter einer juristischen Person des öffentlichen Rechts zukam, als ebenso wenig kompatibel. Andererseits knüpfen verschiedene Regelungen, wie die Anrechnung von Bewährungszeiten 327 und mittelbar auch die Berücksichtigung von Vor- und Ausbildungsgängen328 an die Tätigkeit im Staatsapparat der DDR an. Beachtet man, daß in der DDR der Staat die Leitung und Planung auf politischem und wirtschaftlichem Gebiet voll in seine Hand genommen hatte, würde man zu einem viel zu weit gefaßten Begriff des „Staatsdienstes" kommen, dem in letzter Konsequenz wohl alle in sämtlichen Verzweigungen des staatlichen und wirtschaftlichen Lebens Tätigen unterfallen würden. Dabei gab es auch in der DDR keinen einheitlichen Begriff des Staatsbediensteten. Während die Mitarbeiterverordnung allgemein von „Mitarbeitern in den Staatsorganen" sprach 329 , differenzierte die Verwaltungsrechtswissenschaft zwischen Leitern und anderen Beschäftigten, wobei unter letzteren diejenigen verstanden wurden, die ihre Funktion weder durch Wahl noch Berufung erhalten hatten 330 . Dabei umfaßte dieser Begriff nicht alle Leiter und Mitarbeiter in den Staatsorganen, sondern begrenzte ihren Kreis im Gegensatz zum staats-

323

Denkschrift zum Einigungsvertrag, BT-Drucks. 11/ 7760, S. 364. Erläuterungen zum Einigungsvertrag, BT-Drucks. 11/ 7817, S. 179. 325 Josef Isensee (Fn. 64), Rn. 1 f.; Klaus Stern , Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, München 1977, S. 260 f. m.w.N., der eine Definition nach der Art der wahrgenommenen Aufgabe für problematisch hält, weil das die Klärung der Frage voraussetzt, was überhaupt öffentliche Aufgaben sind. 326 BVerfGE 55, 207, 230; BVerwGE 30, 81, 83 f. 327 Vgl. § 2 I S. 3 BewährungsanforderungsVO, wobei eine Zusammenschau mit § 11 u. I I I ergibt, daß damit nur Zeiten gemeint sind, die vor dem 3.10.1990 in der öffentlichen Verwaltung des Beitrittsgebietes zurückgelegt worden sind. 328 § 1 I S. 2 BewährungsanforderungsVO. 329 § 1 I Mitarbeiterverordnung - M V O -. 330 Lehrbuch Verwaltungsrecht der DDR (Fn. 233), S. 87 f.; Gerhard Schulze (Fn. 309), S. 149. 324

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A. Grundlagen des DDR-Staatsdienstes

rechtlichen Begriff 3 3 1 auf jene Bediensteten, die mit staatlichen Befugnissen ausgestattet, vollziehend-verfügend 332 tätig wurden 333 . Da eine funktionelle, auf die Art der wahrgenommenen Tätigkeit abstellende Begriffsbestimmung des „Staatsbediensteten" offensichtlich ebenso konturlos bleiben muß, erscheint auch hier eine formelle, an der Struktur des Staatsapparates und dem Sonderrechtscharakter des Dienstverhältnisses orientierte Unterscheidimg sinnvoll, für die der Geltungsbereich der Mitarbeiterverordnung ein tragfähiges Gerüst liefert. Danach zählten zu den Staatsbediensteten zunächst die Leiter und Mitarbeiter in den zentralen und örtlichen Staatsorganen (§ 1 I I 1. u. 2. Spiegelstrich MVO), soweit sie - und hier erfolgt eine funktionelle Ergänzung - hauptamtlich tätig (§ 1 I V 1. Spiegelstrich MVO) und mit staatlichen Befugnissen ausgestattet waren (§ 1 I I I M V O ) 3 3 4 . Zu den zentralen Staatsorganen zählten der Ministerrat, der an der Spitze der Organe des Staatsapparates stand 335 , die Ministerien als Organe des Ministerrates 336 und die anderen, vorwiegend mit Querschnittsaufgaben befaßten, zentralen Staatsorgane 337. Alle Minister und die Leiter einiger zentraler Staatsorgane gehörten dem Ministerrat an und leiteten ihre Behörde nach dem Prinzip der Einzelleitung, welches aber nicht mit dem Ressortprinzip vergleichbar war, da sie gegenüber dem Vorsitzenden des

331 Vgl. Lehrbuch Staatsrecht der DDR (Fn. 54), S. 275, wonach auch Richter, Staatsanwälte und Angehörige der bewaffneten Organe - insoweit in Übereinstimmung mit dem Lehrbuch Verwaltungsrecht von 1957 (vgl. Fn. 208) - zu den Mitarbeitern i m Staatsapparat zählten und sogar die leitenden Mitarbeiter der Wirtschaftseinheiten. 332 Vgl. zum Begriff der „vollziehend-verfügenden Tätigkeit": Lehrbuch Verwaltungsrecht der DDR (Fn. 233), S. 30 ff. 333 Lehrbuch Verwaltungsrecht der DDR (Fn. 233), S. 83. 334 § 1 m M V O schloß Mitarbeiter mit bloßen Hilfsfunktionen (Sekretärinnen, Kraftfahrer, Pflege- und Wartungspersonal etc.) vom Geltungsbereich der Verordnung aus, soweit nicht besondere Arbeitsordnungen eine ausdrückliche Geltung normierten und dies i m Arbeitsvertrag aufgenommen wurde. 335 Art. 78 i.V.m. 79, 80 DDR-Verfassung; Gesetz über den Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik vom 16.10.1972, GBl. DDR 1 1972, S. 253. 336 Art. 79 I I DDR-Verfassung, wobei zwischen Industrie- und wirtschaftsleitenden Ministerien, Ministerien für die Leitung gesellschaftlicher Bereiche, Ministerien für auswärtige Angelegenheiten, Sicherheit und Landesverteidigung und Ministerien mit Querschnittsaufgaben unterschieden wurde; vgl. Lehrbuch Verwaltungsrecht der DDR (Fn. 233), S. 60 f. mit einer Übersicht über die zentralen Organe des Staatsapparates. 337 Dabei wurde zwischen staatlichen Ämtern (z.B. Amt für Jugendfragen), staatlichen Komitees (z.B. Staatliches Komitee für Rundfunk), staatlichen Verwaltungen (z.B. Staatliche Zentralverwaltung für Statistik) und Staatssekretariaten (z.B. Staatssekretariat für Kirchenfragen) unterschieden, vgl. Lehrbuch Verwaltungsrecht der DDR (Fn. 233), S. 65 f.

IV. Staatsapparat in der DDR

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Ministerrats weisungsgebunden und disziplinarisch verantwortlich waren. 338 Die tragenden Säulen der (allgemeinen) örtlichen Verwaltung waren die Räte der Bezirke, Kreise, Städte, Stadtbezirke und Gemeinden. 339 Als Organe ihrer Volksvertretung waren sie gemäß dem Prinzip des demokratischen Zentralismus (Art. 47 I I DDR-Verfassung) doppelt unterstellt und sowohl ihrer Volksvertretung als auch dem übergeordneten Rat für ihre Tätigkeit verantwortlich und rechenschaftspflichtig (Art. 83 I I DDR-Verfassung, § 9 I GÖV). Dabei besaß nur die vertikale Unterstellung wirkliches Gewicht, da die Volksvertretungen infolge ihrer reinen Akklamationsfunktion über keine realpolitische Bedeutung verfugten 340 , was durch die ebenfalls doppelte Unterstellung der Fachorgane des Rates (§11 GÖV) unter den Vorsitzenden ihres Rates und das Fachorgan des übergeordneten Rates zusätzlich abgesichert wurde 341 . Bei letzterer standen sich zwei Ebenen realer Verwaltungsmacht gegenüber, wobei auch hier der vertikale Weisungsstrang als Verbindung der einzelnen Verwaltungsebenen die Dominanz besaß. 342 Nach § 1 II 3. Spiegelstrich M V O gehörten auch die Vorsitzenden und Beschäftigten der Bezirkswirtschaftsräte 3 4 3 , die 1974 als besondere Organe in die Räte der Bezirke integriert wurden 3 4 4 , und der Räte für Land- und Nahrungsgüterwirtschaft 345 zu den Mitarbeitern i m Staatsapparat. Eine spezielle Organisationsform des Staates stellten die staatlichen Einrichtungen dar, bei denen nicht die vollziehend-verfugende Tätigkeit, sondern das Erbringen staatlicher Leistungen i m Vordergrund ihres Wirkens stand 346 ,

338

Vgl. § 12 I V , V I Gesetz über den Ministerrat der DDR. Art. 83 i.V.m. Art. 81, 82, 84, 85 DDR-Verfassung; Gesetz über die örtlichen Volksvertretungen in der DDR vom 4.7.1985 - GÖV -, GBl. DDR I 1985, S. 213; wobei es 15 Bezirke (einschließlich Berlin / Ost), 227 Kreise ( 189 Landkreise, 27 Stadtkreise und die 11 Stadtbezirke in Berlin / Ost) sowie 7.587 Gemeinden gab. 339

340

Georg Brunner (Fn. 3), S. 1009.

341

Vgl. GÖV-Kommentar (Fn. 55), S. 63. 342 Vgl. § 12 V Gesetz über den Ministerrat der DDR, § 11 m GÖV, wobei der Vorrang der Anleitung und Unterstützung letztlich zum gleichen Ergebnis führte; vgl. GÖV-Kommentar (Fn. 341), S. 64. 343 Vgl. GÖV-Kommentar (Fn. 341), S. 106. 344 Beschluß des Ministerrats über die Zusammensetzung der Räte der örtlichen Volksvertretungen in der Deutschen Demokratischen Republik - Auszug - GBl. DDR I 1974, S. 189. 345 Vgl. GÖV-Kommentar (Fn. 341), S. 210; dem Rat für Land- und Nahrungsgüterwirtschaft gehörten die Vorsitzenden der LPG'en, der V E G / VEB der Land- und Nahrungsgüterwirtschaft und von der Kreisbauernvertretung gewählte Vertreter an, vgl. Rahmenordnung des Rates für Land- und Nahrungsgüterwirtschaft vom 11.07.1987, GBl. D D R I 1987, S. 177. 346

Vgl. Willi Bilchner-Uhder / Wolfgang Kemnitzer,

Die staatlichen Einrichtungen

in der politischen Organisation der sozialistischen Gesellschaft, StuR 1980, S. 885, 886; Sighart Lörler, Aufgabenstruktur und Tätigkeit der staatlichen Einrichtungen der

78

A . Grundlagen des DDR-Staatsdienstes

und deren Führungspersonal (Leiter, Stellvertreter, Bereichsdirektoren) zu den Staatsbediensteten nach d e m

Geltungsbereich

der

Mitarbeiterverordnung

zählten, soweit die Einrichtungen nicht nach dem Prinzip der wirtschaftlichen Rechnungsführung arbeiteten (§ 1 I I 5. Spiegelstrich M V O ) 3 4 7 . Z u den staatlichen Einrichtungen, die auf Grundlage v o n Rechtsvorschriften oder bloßen Organisationsentscheidungen der sie tragenden Staatsorgane errichtet wurd e n 3 4 8 , und deren Aufgaben i n Statuten und Ordnungen festgelegt w a r e n 3 4 9 , zählten Einrichtungen i m Bereich der Volksbildung, des Hoch- u n d Fachschulwesens, des Gesundheits- u n d Sozialwesens und der K u l t u r 3 5 0 . Z u den Staatsbediensteten sind darüber hinaus auch jene Mitarbeiter staatlicher Einrichtungen

zu rechnen, für die gemäß § 80 I I A G B besondere Arbeitsordnun-

gen bestanden 3 5 1 , u n d deren Geltungsbereich z u m T e i l sämtliche Bedienstete erfaßte, weshalb hier nicht nur die Leitungsebene den Staatsbediensteten zuzurechnen w a r (z.B. L e h r e r 3 5 2 und Mitarbeiter der Hoch- und Fachschulen 3 5 3 ).

örtlichen Räte, StuR 1981, S. 1017, 1019 f., mit einer Einteilung der staatlichen Einrichtungen nach den Arten ihrer Tätigkeiten. 347 Die meisten staatlichen Einrichtungen wurden bruttofinanziert, d.h. sie erhielten ihre Mittel auf der Grundlage des bestätigten Haushaltsvoranschlags, unabhängig von eventuell geplanten Einnahmen. 348 Vgl. z.B. Volkshochschulordnung vom 5.5.1982, GBl. DDR Sdr. 1094; A O über die Berufsberatungszentren und Berufsberatungskabinette vom 7.4.1975, GBl. DDR I 1975, S. 334 i.d.F. der V O vom 6.11.1986, GBl. DDR 1986, S. 497. 349 Vgl. z.B. Rahmen-Krankenhausordnung vom 14.11.1979, GBl. DDR I 1980, S. 29. 350 Zu den staatlichen Einrichtungen zählten u.a.: Schulen, Kindergärten und Kinderkrippen, Berufsberatungszentren, Universitäten, Hoch- und Fachschulen, Theater, Museen, Kulturhäuser, Krankenhäuser und Polikliniken. 351 Vgl. V O über die Aufgaben und Verantwortung der Justitiare - Justitiar-VO vom 25.3.1976, GBl. DDR I 1976, S. 204; V O über die Aufgaben und die Arbeitsweise der Staatlichen Bilanzinspektion bei der Staatlichen Plankommission vom 15.1.1981, GBl. DDR I 1981, S. 65; V O über die Pflichten und Rechte der Eisenbahner - Eisenbahner-VO - vom 28.3.1973, GBl. DDR I 1973, S. 217; V O über die Pflichten und Rechte der Mitarbeiter der Deutschen Post - Postdienst-VO - vom 28.3.1973, GBl. D D R I 1973, S. 222, wobei die Zugehörigkeit der Postbediensteten zu den Mitarbeitern i m Staatsapparat umstritten war, da die Post nach dem Prinzip der wirtschaftlichen Rechnungsführung arbeitete. 352 V O über die Pflichten und Rechte der Lehrkräfte und Erzieher - Arbeitsordnung für pädagogische Kräfte der Volksbildung - vom 22.9.1962, GBl. DDR I I 1962, S. 657; 1. DB zur Arbeitsordnung - Fürsorge- und Aufsichtsordnung - vom 5.1.1966, GBl. D D R n 1966, S. 19. 35j V O über die Aufgaben der Universitäten, wissenschaftlichen Hochschulen und wissenschaftlichen Einrichtungen mit Hochschulcharakter - Hochschul-VO - vom 25.2.1970, GBl. DDR I I 1970, S. 189; V O über die Berufung und die Stellung der Hochschullehrer an den wissenschaftlichen Hochschulen - HochschullehrerberufungsV O - vom 6.11.1968, GBl. DDR I I 1968, S. 997 i.d.F. der V O vom 19.2.1985, GBl.

IV. Staatsapparat in der DDR

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Weiterhin sind auch die Beschäftigten in den Gerichten, der Staatsanwaltschaft und den Staatlichen Notariaten, mit Ausnahme der Richter und Staatsanwälte, als Staatsbedienstete einzustufen (§ 1 I I 4. Spiegelstrich MVO). Zweifelhaft ist hingegen, ob dies auch auf die Generaldirektoren der Kombinate, die Direktoren der volkseigenen Betriebe und die anderen leitenden Mitarbeiter der Wirtschaftseinheiten zutrifft. 354 Die Abgrenzungsschwierigkeiten ergeben sich aus der Funktion des Staates als Repräsentant eines gesellschaftlichen Gesamtsubjekts, dem auf Grundlage des sozialistischen Eigentums auch die Leitung und Planung der gesamten Volkswirtschaft oblag. So hatten die Generaldirektoren der Kombinate eine Reihe staatlicher Befugnisse wahrzunehmen, die sonst bei den Organen des Staatsapparates angesiedelt waren. 3 5 5 Versucht man den Begriff des Staatsbediensteten funktionell zu definieren, kommt es darauf an, ob man darunter generell jede Person versteht, die zur Wahrnehmung staatlicher Aufgaben und Funktionen bevollmächtigt war 3 5 6 , oder dies auf die vollziehend-verfügende Tätigkeit beschränkt 357 . Bleibt man hingegen bei der hier vorgeschlagenen formellen Betrachtungsweise, so wird man aufgrund der Trennung von Organen des Staatsapparates und Wirtschaftseinheiten 358 die Direktoren und leitenden Mitarbeiter nicht zu den Staatsbediensteten zählen können. Diese Einschätzung wird auch durch § 26 I M V O gestützt, der die Disziplinarregelungen der Mitarbeiterverordnung für die leitenden Bediensteten der Betriebe nur für „entsprechend" anwendbar erklärte. Angesichts der - wenn auch nur formalen - Trennung von Staat und Partei 359 , mit der die Parteiherrschaft von politischer Verantwortung freigestellt werden sollte, sind auch die Funktionsträger der Parteien und gesellschaftlichen Organisationen nicht als Bedienstete des Staates aufzufassen.

DDR 1 1985, S. 81; V O über die wissenschaftlichen Mitarbeiter an den wissenschaftlichen Hochschulen - Mitarbeiter-VO - vom 6.11.1968, GBl. DDR I I 1968, S. 1007. 354 Dies bejahend: Lehrbuch Staatsrecht der DDR (Fn. 54), S. 275. 355 Vgl. §§ 4 I, 10, 11, 13, 16 V O über die volkseigenen Kombinate, Kombinatsbetriebe und volkseigenen Betriebe vom 8.11.1979, GBl. D D R I 1979, S. 355. 356 So das Lehrbuch Staatsrecht der DDR (Fn. 54), S. 355, wonach Staatsbedienstete (-funktionäre) jene Personen waren, „die aufgrund ihrer Wahl, ihrer Berufung oder eines Arbeitsvertrages ständig oder befristet eine staatliche Leitungsfunktion i n zentralen oder örtlichen Staatsorganen, i n staatlichen Einrichtungen, bewaffneten Organen, i n Kombinaten und Betrieben" ausübten. 357 So das Lehrbuch Verwaltungsrecht der DDR (Fn. 233), S. 82 f.; vgl. auch Hel-

mut Jacobs (Fn. 134), S. 25 f. 358

Vgl. Lehrbuch Staatsrecht der DDR (Fn. 54), S. 266: „Kombinate, Betriebe und Genossenschaften sind ... keine Staatsorgane. Sie sind ... Wirtschaftseinheiten, die auf der Basis des sozialistischen Volkseigentums beziehungsweise des genossenschaftlich-sozialistischen Eigentums Produktionsaufgaben erfüllen". 359 Vgl. Ausführungen i n Fn. 3.

80

A. Grundlagen des DDR-Staatsdienstes

Hingegen firmierten die Sicherheitsapparate als Staatsorgane, auch wenn sie als Sonderverwaltungen weitgehend aus der allgemeinen Gliederung des Staatsapparates herausgelöst und einer eigenen hierarchischen Ordnung unterstellt waren, so daß auch die Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit 3 6 0 , der Deutschen Volkspolizei 361 , der Feuerwehr 362 , der Nationalen Volksarmee 363 und der Grenztruppen der D D R 3 6 4 zu den Staatsbediensteten zu rechnen sind.

2. Die Rekrutierung und Qualifizierung der Staatsbediensteten Die Einstellungs- und Beförderungspraxis der Staatsbediensteten wurde in den Rechtsvorschriften nur marginal behandelt. So legte § 13 M V O den Leitern der Staatsorgane die Verpflichtung für eine langfristige Kadeiplanung und den notwendigen Vorlauf für die Auswahl, Heranbildung und den Einsatz der Kader auf. Ebenso verpflichtete § 12 I GÖV die örtlichen Räte zur Verwirklichung der Grundsätze der Kaderpolitik. Im wesentlichen war die als Kaderarbeit apostrophierte Personalpolitik jedoch eine kaum justitiable Domäne der SED. Dabei verstand man unter dem der Militärsprache entlehnten 3 6 5 Begriff der „Kader" Personen, die innerhalb der strukturell gegliederten

360 Die Tätigkeit des MfS beruhte auf Gesetz über die Bildung des Ministeriums für Staatssicherheit vom 8.2.1950, GBl. DDR 1950, S. 95. 361 Gesetz über die Aufgaben und Befugnisse der Deutschen Volkspolizei - VPGesetz - vom 11.6.1968, GBl. DDR 1 1968, S. 232 i.d.F. des Gesetzes vom 24.6.1971, GB1. D D R I 1 9 7 1 , S. 49 und des Gesetzes vom 14.12.1988, GBL DDR I 1988, S. 329. So wurde die Polizei vom Minister des Innern und Chef der DVP zentral geführt, dem auch die Bezirksbehörden der DVP, die Volkspolizei-Kreisämter und die Volkspolizei-Inspektionen direkt nachgeordnet waren. 362 Gesetz über den Brandschutz in der DDR - Brandschutzgesetz - vom 19.12.1974, GBl. DDR I 1974, S. 575; A O über die Aufgaben und Organisation der örtlichen freiwilligen und betrieblichen Feuerwehren sowie die Rechte und Pflichten ihrer Angehörigen vom 2.2.1976, GBl. DDR I 1976, S. 150 i.d.F. der A O Nr. 2 vom 20.8.1983, GBl. DDR I 1983, S. 247; wobei nach dem Kriterium der Hauptberuflichkeit (vgl. § 4 I 1. Spiegelstrich M V O analog) nur die Mitglieder der betrieblichen Feuerwehren den Staatsbediensteten zuzuordnen sind. 363 Gesetz über die Landesverteidigung der DDR - Verteidigungsgesetz - vom 13.10.1978, GBl. D D R I 1978, S. 377. 364 Gesetz über die Staatsgrenze der DDR - Grenzgesetz - vom 25.3.1982, GBl. DDR I 1982, S. 197; wobei zu beachten ist, daß die Grenztruppen 1973 in 74 von der N V A getrennte Einheiten, die dem Ministerium für Nationale Verteidigung direkt unterstanden, organisiert wurden. 365 Der französische Begriff „cadre" bezeichnete in seiner ursprünglichen Bedeutung ein Korps von berufsmäßigen Offizieren, das den Auftrag hatte, die Angeworbenen einzuüben, zu organisieren und die Armee einzugliedern; vgl. Balint Balla, Kaderverwaltung, Stuttgart 1972, S. 154 f.

IV. Staatsapparat in der DDR

81

und hierarchisch aufgebauten Staatsorgane eine Schlüssel- oder Leitungsfunktion innehatten 366 . Damit wurde die von Stalin 367 und Dimitroff 3 6 8 geprägte Bestimmung des Kaders als eines in die Partei eingebundenen Exekutors des Parteiwillens 369 durch eine an der Funktion und Stellung in der staatlichen Leitungshierarchie orientierte Definition modifiziert, ohne daß der Begriff damit auf die unmittelbaren Führungskräfte eingeengt wurde 370 . Die Kaderpolitik umfaßte sowohl die quantitative Seite, das heißt die Bestimmung der Anzahl der für die verschiedenen Positionen benötigten Kader, wie auch die qualitative Seite der Anforderungen an ihre Ausbildung und Erziehung. Dabei waren die kaderpolitischen Ziele in den sogenannten Kaderbeschlüssen des Z K der SED 3 7 1 niedergelegt, die als wesentlicher Bestandteil der wissenschaftlichen Führungstätigkeit der leitenden Organe apostrophiert wurden. Sie befaßten sich vor allem mit der Planung des Kaderbedarfs, den Methoden der Selektion und Erprobung des Nachwuchses für Leitungsfunktionen, den Aufgaben des Kaderapparates und den Formen der Einflußnahme der SED auf die Kaderpolitik des Staatsapparates. Ein wesentliches Mittel zur Organisation der kaderpolitischen Vorstellungen der SED, das die Exklusivität bestimmter Positionen und ihrer Inhaber sicherte, war das 1949 i m Bereich der Partei eingeführte und später auf alle Leitungsebenen ausgedehnte Nomenklatursystem. 372 So ordnete die Nomenklatur des Staatsapparates die Funktionsträger auf den verschiedenen Leitungsebenen bestimmten Nomenklaturstufen zu und legte damit den Stellen-

366 Richard Huber / Herbert Jung, Wissenschaftliche Leitung und Entwicklung der Kader, Berlin (Ost) 1964, S. 10; Wolfgang Lipp, Bürokratische, partizipative und Kaderorganisation als Instrumente sozialer Steuerung, Die Verwaltung 1978, S. 3, 16; Wiktor Jaskiewicz (Fn. 216), S. 74; Gero Neugebauer (Fn. 58), S. 155; Gert-Joachim Glaeßner (Fn. 105), S. 221. 367 Josef Stalin (Fn. 59), S. 715, für den die „Parteikader die entscheidende Kraft der Partei und Staatsführung" waren; vgl. auch: ders., Rede vor den Absolventen der Akademien der Roten Armee, in: Stalin-Fragen des Leninismus (Fn. 59), S. 595, mit der dort geprägten Losung „Die Kader entscheiden alles". 368 Georgi Dimitroff, Für die Einheit der Arbeiterklasse gegen den Faschismus, Ausgewählte Schriften, Bd. I I , Berlin (Ost) 1958, S. 656 f. 369 Vgl. zur Entwicklung des Begriffs „Parteikader": Balint Baila (Fn. 365), S. 157 ff. 370 Vgl. Kurt Pöschel / Joachim Tripoczky, Probleme der Kaderarbeit in der sozialistischen Industrie, Berlin (Ost) 1966, S . l l . 37 E r s t e r Beschluß: Grundsätze über die planmäßige Entwicklung, Ausbildung, Erziehung und Verteilung der Kader i n den Partei-, Staats- und Wirtschaftsorganen sowie den Massenorganisationen und auf dem Gebiet der Kultur und der Volksbildung vom 17.2.1965, Neuer Weg 1965, S. 337 ff; abgelöst durch: Beschluß des Sekretariats des Z K der SED über die Arbeit mit den Kadern vom 7.6.1977, Neuer Weg 1977, S. 597 ff. i.D.F. des Beschlusses vom 30.9.1986, Neuer Weg 1986, S. 783 ff. 372 Vgl. Gero Neugebauer (Fn. 58), S. 157; Gert-Joachim Glaeßner (Fn. 105), S. 239; Gerhard Schulze (Fn. 330), S. 159.

6 Schwanengel

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A. Grundlagen des DDR-Staatsdienstes

wert dieser Funktion in der Leitungshierarchie fest. 373 Mit dieser Zuordnung wurde zugleich die nomenklaturführende Stelle bestimmt, die über die Besetzung bestimmter Positionen oder die Abberufung bestimmter Positionsinhaber entschied. Entsprechend den drei Nomenklaturstufen war dies entweder die Kaderabteilung des jeweiligen Staatsorgans selbst (Nomenklaturstufe III), die Kaderabteilung des übergeordneten Organs (Nomenklaturstufe II) oder für herausragende Positionen der Ministerrat als oberste personalführende Stelle (Nomenklaturstufe I ) . 3 7 4 Die Übertragung bestimmter Positionen, die der Nomenklatur unterstanden, machte aus dem Staatsbediensteten einen „Nomenklaturkader", der mit dem 375

Begriff des Staatsfunktionärs i.e.S. umschrieben werden kann. Ein solcher Kader unterstand nicht mehr uneingeschränkt der Kaderabteilung seiner Arbeitsstelle und damit der Personalhoheit des Dienststellenleiters, sondern der nomenklaturführenden Stelle. Selbst wenn diese mit der Arbeitsstelle identisch war, waren die Entscheidungsbefugnisse beschränkt, weil der Kader nicht nur in der Nomenklatur des Staatsapparates geführt wurde, sondern zugleich in die der Partei aufgenommen und dort der gleichen Nomenklaturstufe zugeordnet war. Formal galt dies zwar nur, soweit die betreffende Person Parteimitglied war. Jedoch wurde im Stellenplan des Staatsapparates festgelegt, welche Position nur mit Zustimmung welcher Parteileitung beziehungsweise sogar nur mit Parteimitgliedern besetzt werden durfte. 376 Dabei gingen die internen Abstimmungs- und Bestätigungsverfahren zwischen den jeweiligen Ebenen des Staats- und Parteiapparates in jedem Fall der offiziellen Wahl oder Berufung durch die Volksvertretung oder den zuständigen staatlichen 373 Vgl. Ordnung über die Arbeit mit der Kadernomenklatur des Rates des Bezirkes - Nomenklaturordnung - vom 1.11.1978, in : Klaus König (Hrsg.), Verwaltungsstrukturen der DDR, Baden-Baden 1991, S. 395 ff. 374 In der Nomenklaturstufe des Ministerrats waren die Schlüsselpositionen, zu denen auch die Spitzenfunktionen in Bezirk und Kreis gehörten, aufgeführt (z.B. Minister, Leiter und Stellvertreter zentraler Staatsorgane, Vorsitzende, 1. Stellvertreter und Leitungskader des Rates des Bezirkes, Vorsitzende der Räte der Kreise), während in der Nomenklatur des Bezirkes die übrigen Leitungskader des Bezirkes (z.B. Leiter der Fachorgane, Abteilungsleiter) geführt wurden. Die Nomenklaturstufe I I I schließlich enthielt alle übrigen Leitungskader der Kreise (z.B. Abteilungsleiter, Leiter der Fachorgane); vgl. Nomenklaturübersicht bei: Gert-Joachim Glaeßner (Fn. 105), S. 240; Gero Neugebauer (Fn. 58), S. 159. 375 Vgl. zu den geforderten Eigenschaften und Fähigkeiten der Nomenklaturkader: Nomenklaturordnung des Rates des Bezirkes (Fn. 373), S. 397 (Ziff. 1.3); wobei auffällt, daß in exorbitanter Form vor allem eine „kompromißlose Bereitschaft zur Durchführung der Parteibeschlüsse" und „feste politisch-ideologische Standhaftigkeit" gefordert wurden, während „fundierte fachliche Kenntnisse" nur am Rande Erwähnung fanden. 376 Otmar Schneider (Fn. 5), S. 163; vgl. auch: Nomenklaturordnung des Rates des Bezirkes (Fn. 373), S. 399 (Ziff. 2.3).

IV. Staatsapparat in der DDR

83

Leiter vor. 3 7 7 Die mit diesem System der „Doppelnomenklatur" 378 intendierte zweifache Erfassung der Kader sicherte der SED den personalpolitischen Zugriff auf den Staatsapparat. Es bleibt deshalb zu fragen, welche Verantwortung dem staatlichen Leiter für die Auswahl, den Einsatz, die Beförderung oder die Abberufung zumindestens der nomenklaturgesteuerten Staatsfunktionäre noch verblieb, wenn die Partei nicht nur dieselben Instrumentarien verwandte, sondern sich auch die entscheidenden Koordinations- und Kontrollfunktionen vorbehielt. Die Aufnahme in die Nomenklatur bildete den Abschluß eines gestuften Verfahrens, in dessen Verlauf die Personen ausgewählt wurden, die aufgrund ihrer politischen und fachlichen Qualifikation für die Besetzung von Leitungsfunktionen vorgesehen waren. Neben der Gewinnung von Staatsbediensteten konzentrierte sich die Nachwuchssuche auf Absolventen der Hoch- und Fachschulen, die Mitarbeiter der Parteien und Massenorganisationen und die Leitungsmitglieder der Wirtschaftseinheiten. Dabei wurden drei verschiedene Kaderebenen unterschieden. Aus dem Kaderreservoir als einem relativ breiten Kreis von Personen, die aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit, fachlichen Qualifikation oder ihres politischen Engagements für die Ausübung staatlicher Leitungsfunktionen geeignet erschienen, wurde eine Kaderreserve gebildet, die Nachwuchskader für konkrete Tätigkeitsfelder, nicht jedoch für bestimmte Positionen enthielt. Im Verlaufe einer individuell zugeschnittenen Qualifikation und Erprobung wurde danach entschieden, ob die betreffende Person als Kaderreserve für eine konkrete Position vorzusehen war. 3 7 9 Mit jedem sogenannten Reservekader wurde dann eine individuelle Kadervereinbarung getroffen, die die Zeit der Vorbereitung auf die zu übernehmende Funktion, den Zeitpunkt des voraussichtlichen Einsatzes, das Entwicklungsprogramm und die Rechte und Pflichten der Vertragspartner festlegte. 380 Die Planung der Kaderentwicklung erfolgte in fünf- und einjährigen Kaderprogrammen. Diese verdeutlichten zugleich die praktischen Schwächen dieses Systems, da vielfach entweder keine lückenlose Kaderreserve für die drei Nomenklaturstufen zur Verfügung stand oder mit dem Aufrücken eines Reservekaders kein geeigneter Nachfolger gefunden werden konnte. 381 Zur Kompensation nutzte man neben der Abkommandierung von Parteimitglie-

377

Gerhard Schulze (Fn. 330), S. 159. Gero Neugebauer (Fn. 58), S. 160; Otmar Schneider (Fn. 5), S. 163. 379 Günther Liebe, Entwicklung von Nachwuchskadern für den Einsatz in den örtlichen Organen der Staatsmacht, Berlin (Ost) 1973, S. 47, 82; vgl. auch: Nomenklaturordnung des Rates des Bezirkes (Fn. 373), S. 398 (Ziff. 1.5). 380 Gerhard Schulze (Fn. 330), S. 160 f. 381 Gerhard Schulze (Fn. 330), S. 161; Gert-Joachim Glaeßner(Fn. 105), S. 249. 378

6*

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A. Grundlagen des DDR-Staatsdienstes

dem in den Staatsapparat 382 das Mittel der allgemeinen Arbeitskräftelenkung, um insbesondere Hoch- und Fachschulabsolventen für eine Tätigkeit im Staatsapparat zu gewinnen. 383 Genoß dabei ursprünglich die politische Qualifikation absoluten Vorrang vor den fachlichen Fähigkeiten, verstärkte sich die Fachkomponente in dem Maße, in dem die Aufgaben des Staatsapparates auf die Erfüllung wirtschaftlicher Ziele und damit die Beherrschung arbeitsteilig zu bewältigender Prozesse konzentriert wurden. 384 Die langandauernde Diskussion über die Doppeldeutigkeit des Qualifikationsbildes hat letztlich keineswegs zu einem einheitlichen Kaderbild geführt. Gleichwohl läßt sich festhalten, daß die leitenden Kader ihre Funktionen im wesentlichen aufgrund einer auf Parteischulen erworbenen politischen Qualifikation ausübten, während die Tätigkeit der übrigen Mitarbeiter, zumindest in nicht rein politisch strukturierten Abteilungen, komplimentär durch die fachlichen Bedingungen ihrer Arbeitsbereiche bestimmt waren. 385 Die Partei versuchte den Kadern i m Staatsapparat über ein differenziertes System von Schulungs- und Weiterbildungsmaßnahmen die von ihr für notwendig erachtete Qualifikation zu verschaffen. Die sehr unterschiedlichen Formen, die vom Besuch eines Parteilehijahrs über die Teilnahme an bestimmten Einzelveranstaltungen bis hin zum Besuch von Parteischulen 386 reichten, dienten dazu, die Inhaber bestimmter Funktionen mit der für diese Position verlangten politischen Qualifikation zu versehen. Mitglieder der Blockparteien besuchten entweder als Gäste die Parteilehijahre oder Kreisschulen der SED oder absolvierten einen, in seinen Lehrinhalten mit den

382

Besonders drastisch war dies bei den 7.500 Bürgermeistern kreisangehöriger Städte; vgl: Wolfgang Bernet, Vom Staatsdienst zum öffentlichen Dienst, DOV 1991, S. 185, 188, der darauf verwies, daß bei den Kommunalwahlen im Bezirk Gera 1988 nur 38% der Stellen freiwillig besetzt werden konnten. 383 Vgl. dazu allgemein: Hartmann Kleiner, Rechtsfragen der Arbeitskräftelenkung und -Vermittlung i m geteilten Deutschland, Köln 1971, S. 46 ff. 384 Manfred Ebel / Horst Schneider, Anforderungen an die ökonomischen Kenntnisse und Fähigkeiten von Staatsfunktionären, StuR 1976, S. 392, 392 ff.; Klaus Sorgenicht, Die Erhöhung der Wirksamkeit der staatlichen Leitung, StuR 1974, S. 1765, 1774 ff. 385 Wolfgang Bernet, (Fn. 287), 43. 386 Es gab Kreisschulen Marxismus / Leninismus mit i.d.R. einjährigen Lehrgängen, Bezirksparteischulen, die Dreimonats-, Jahres- und zweijährige Fernunterrichtslehrgänge anboten, sowie ein dreijähriges Studium an der Parteihochschule „Karl Marx", das mit dem Grad eines Diplom-Gesellschaftswissenschaftlers abschloß und i.d.R. als die adäquate Qualifikation der Vorsitzenden und 1. Stellvertreter der örtlichen Räte angesehen wurde. Als höchste Parteiqualiiikation konnte eine vierjährige Aspirantur an der Akademie für Gesellschaftswissenschaften absolviert werden. Vgl.: DDR-Handbuch, Hrsg. vom Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen, 3. Auflage, Köln 1995, S. 968 ff.

IV. Staatsapparat in der DDR

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SED-Parteischulen weitgehend identischen Lehrgang an der entsprechenden Parteischule ihrer Partei. Neben der Rekrutierung von Absolventen der allgemeinen Hoch- und Fachschulen für die zum Teil sehr spezialisierten Fachabteilungen387 war das fachliche Qualifikationssystem des Staatsapparates anders als das der Wirtschaft nicht auf die Weiterbildung reduziert, sondern umfaßte eigene Ausbildungsgänge und -einrichtungen. Seine Exklusivität wurde durch ein Delegierungssystem auf Grundlage der Nomenklaturen und Kaderpläne gesichert, während sonst i m Hochschulwesen ein Auswahlverfahren vorherrschte. Der Aufbau dieses abgestuften Qualifikationssystems für Staatsfunktionäre und seine Einbindung in die vorhandene Struktur des Bildungssystems erfolgte durch einen Ministerratsbeschluß vom 23.4.1969. 388 Es war gekennzeichnet durch aufeinander aufbauende Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen und eine institutionelle Zuordnung. An der Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft der DDR in PotsdamBabelsberg 389 , die aus der 1948 für die SBZ gegründeten Deutschen Verwaltungsakademie hervorgegangen und 1953 mit der Hochschule der Justiz zur Akademie vereint worden war, erfolgte die Aus- und Weiterbildung der leitenden Kader der zentralen und örtlichen Staatsorgane. War ihre wesentliche Aufgabe in den 50er Jahren die juristisch orientierte Ausbildung zukünftiger Mitarbeiter der Verwaltung, Justiz und Rechtspflege, wurde ihre Leitungsfunktion für den Bereich der Justiz Anfang der 60er Jahre in Frage gestellt. 390 Mit der Einstellung der Juristenausbildung im Jahre 1963 und ihrer Überführung an die Universitäten vollzog sich zugleich die Umwandlung der Akademie zu einer Bildungsinstitution für die Kader des Staatsapparates, die in der Einführung eines staatswissenschaftlichen Studienganges Ende der 60er

387 So waren in den Fachabteilungen Gesundheitswesen (zahlreiche) Ärzte, in den Bauämtern Architekten und Bauingenieure, in den Abteilungen Volksbildung Lehrer etc. beschäftigt; vgl. zu den verschiedenen Fachabteilungen eines örtlichen Rates: Christian Schubel / Wito Schwanengel, Funktionelle Probleme beim Aufbau von Landkreisverwaltungen in Thüringen, L K V 1991, S. 249, 251. 388 Vgl. Harry Möbis, Die nächsten Aufgaben zur Entwicklung eines Systems der Aus- und Weiterbildung i m Staatsapparat, Sozialistische Demokratie 1969, Heft 30, Beilage, S. 2 ff.; Klaus Sorgenicht, Für eine hohe Qualität der Aus- und Weiterbildung, in: ebda, S. 12 ff. 389 Beschluß über das Statut der Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft der DDR vom 31.1.1985, GBl. D D R I 1985, S. 73. 390 Dabei ging es um einen Streit zwischen der Abteilung Staats- und Rechtsfragen, der die Akademie unterstand, und der Abteilung Wissenschaft des Z K der SED, die in Übereinstimmung mit dem Justizministerium bemüht war, Einfluß auf die Ausbildung der Juristen, vor allem der Justizjuristen, zu gewinnen. Vgl. dazu: Ralf Dreier, / Jörn Eckert / Karl-A. Mollnau / Hubert Rottleuthner (Fn. 229), S. 373 ff.

A. Grundlagen des DDR-Staatsdienstes

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Jahre gipfelte 391 , nachdem sie bereits seit 1964 für die Schulung der leitenden Staatsfunktionäre verantwortlich gewesen war 3 9 2 . Diese Konzeption implizierte eine Absage an Versuche, die Staatsfunktionäre an den Universitäten und Hochschulen auszubilden und ihnen erst dann die erforderlichen organisatorischen und politischen Kenntnisse durch eine Qualifizierungsinstitution des Staatsapparates zu vermitteln. 393 Neben einem durchgängigen System von vier- bis sechswöchigen Weiterbildungslehrgängen für Führungskräfte zentraler und örtlicher Staatsorgane, die in einem Turnus von 3 bis 4 Jahren zu besuchen waren, wurde 1970 zunächst ein Zweijahresstudium zur Ausbildung von Diplom-Staatswissenschaftlern eingeführt. Es diente vor allem der Weiterbildung von Hoch- und Fachschulabsolventen und von Absolventen der Fachschule für Staatswissenschaft für eine Leitungsfunktion i m örtlichen Staatsapparat. Vorausgesetzt wurde neben einem Hoch- oder Fachschulabschluß eine mehrjährige praktische Tätigkeit i m Staatsapparat. Die Lehrkomplexe zeugten von einer engen Bindung der Ausbildung an praktische Aufgaben und sich daraus ergebende thematische Schwerpunkte, wobei neben der Vermittlung von Kenntnissen des Marxismus / Leninismus, der Staats- und Rechtstheorie und der staatlichen Leitung und Planung verstärkt ökonomische Fragen in den Mittelpunkt gerückt wurden. 394 Die in dieser Aufbaustudienform bereits erkennbare Tendenz, die Ausbildung der Staatsfunktionäre in eine apparateigene Bildungsinstitution zu verlagern, fand ihre Bestätigung mit der 1974 erfolgten Einrichtung eines vieijährigen Hochschulstudiums zum Diplom-Staatswissenschaftler. Die Lehrkomplexe lassen sich dabei als die Vermittlung einer Trias aus ideologischen, staats- und verwaltungsrechtlichen und ökonomischen Kenntnissen zusammenfassen. 395 Ab 1971 gab es zudem ein ca. vieijähriges organisiertes Selbststudium 396 , das es ermöglichte, die Qualifikation eines Diplom-Staatswissen-

391

Beschluß des Politbüros des Z K der SED über die Aufgaben der Deutschen Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft „Walter Ulbricht" in Forschung und Lehre und bei der Ausbildung leitender Staatsfunktionäre vom 25.2.1969, in: Ralf Dreier, / Jörn Eckert / Karl-A. Mollnau / Hubert Rottleuthner (Fn. 229), S. 518, 532 ff. 392 Vgl. Der VI. Parteitag der SED und die Aufgaben der Deutschen Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft „Walter Ulbricht" - Leitartikel -, StuR 1963, S. 1057, 1068 ff. 393 Gert-Joachim Glaeßner (Fn. 105), S. 269. 394 Vgl. Dieter Moschütz - Interview -, Neue Anforderungen an das System der Ausbildung sozialistischer Staatsfunktionäre, StuR 1970, S. 1060, 1060 f. 395 Walter Assmann / Günter Gerlach, Höhere Anforderungen an die Aus- und Weiterbildung von Staatsfunktionären in den 80er Jahren, StuR 1981, S. 13, 16 f. 396 Gerhard Burgold, Zur Weiterbildung der Staatskader im organisierten Selbststudium, StuR 1971, S. 1215, 1218 f.

IV. Staatsapparat in der DDR

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schaftlers ohne längere Unterbrechung der jeweiligen Tätigkeit zu erlangen. Seine Einrichtung war eine Reaktion auf die Tatsache, daß ca. 50% der Staatsbediensteten beim Eintritt in den Staatsapparat ohne eine adäquate fachliche Qualifikation waren, da sie vordergründig nach politischen Zweckmäßigkeiten aus Industrie und Landwirtschaft rekrutiert wurden. 397 Daneben war das Studium auch für Kader gedacht, die schon einen Hochschulabschluß erworben hatten und entweder einen weiteren Abschluß als Diplom-Staatswissenschaftler anstrebten oder aber Teilgebiete dieser Ausbildung mit dem Ziel eines Teilabschlusses absolvierten. Um die Nachteile eines Fernstudiums zu kompensieren, unterlag das Studium einem straff geregelten Studienablauf mit festgelegten Etappen und einer systematischen Kontrolle. Als Konsultationsstützpunkte für das organisierte Selbststudium fungierten die Betriebsakademien der Räte der Bezirke, die darüber hinaus als Weiterbildungseinrichtungen Lehrgänge zu speziellen Problemen staatlicher Leitungstätigkeit anboten und die Qualifikationsmaßnahmen der Räte der Kreise koordinierten. 398 Insgesamt absolvierten jedoch lediglich 499 Staatsfunktionäre ein vieijähriges und 438 ein zweijähriges Direktstudium, während das organisierte Selbststudium immerhin von 5.019 Staatsfunktionären abgeschlossen wurde. 3 9 9 Als Einsatzgebiete und Tätigkeiten der Diplom-Staatswissenschaftler waren vor allem Wahlfunktionen in den örtlichen Räten sowie Funktionen als Leiter und Mitarbeiter in zentralen und örtlichen Staatsorganen vorgesehen. 400 Das Qualifikationsprofil des Diplom-Staatswissenschaftlers als eines „politisch verantwortungsbewußt handelnden, eng mit der Arbeiterklasse und ihrer marxistisch-leninistischen Partei verbundenen Beauftragten der Arbeiter-undBauern-Macht" 401 , in dessen Lehrinhalten und Studienhinweisen sich neben den fachspezifischen Materialien immer wieder auch die Axiome der Parteiprogramme fanden 402 , verhindert es sicherlich, diesen Abschluß als gleichwertig i.S.d. § 37 I S. 1 Einigungsvertrag einzustufen. Übereinstimmend mit § 9 I I S. 4 DRiG kann das staatswissenschaftliche Studium i m Gegensatz zur

397

Wolfgang Bernet (Fn. 382), S. 188. Kurt Pöschel / Alfred Ulrich, Kaderarbeit in den örtlichen Räten, Berlin (Ost) 1976, S. 37. 399 Gerhard Schulze (Fn. 330), S. 164, wobei sich die von ihm zudem ausgewiesenen Zahlen von 11.167 Direkt- und 12.264 Fernstudenten vor allem aus der umfangreichen Ausbildung in den 50er Jahren erklären. A n der Weiterbildung nahmen zudem 7.289 leitende Funktionäre teil. 400 Vgl. Qualifikationsbild des Diplom-Staatswissenschaftlers, bestätigt durch den 1. Stellvertreter des Vorsitzenden des Ministerrats, vom 18.6.1985, in: Klaus König (Hrsg.) Verwaltungsstrukturen der DDR, Baden-Baden 1991, S. 411 ff. 401 Qualifikationsbild des Diplom-Staatswissenschaftlers (Fn. 400), S. 413. 402 Wolfgang Bernet (Fn. 385), S. 46 f. 398

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A. Grundlagen des DDR-Staatsdienstes

Ausbildung der Diplom-Juristen 403 wegen der Unterschiedlichkeit der Lehrinhalte zwar nicht dem Studium nach §§ 5, 5a DRiG gleichgestellt werden 404 . Dem Diplom-Staatswissenschaftler jedoch wegen der nur selektiven Vermittlung von Rechtskenntnissen die Beherrschung handwerklicher Kenntnisse über die (systembezogene) Verwaltungstätigkeit abzusprechen 405 oder daraus gar eine prinzipielle Unterschiedlichkeit der beiden Studiengänge für die Bewährungsfeststellung abzuleiten (vgl. § 11 S. 2 BewährungsanforderungsVO), führt zu einer unzulässigen Differenzierung und Gewichtverschiebung. 406 Beides waren systemimmanente und damit ideologiebelastete Studiengänge, die in ihren identischen Studieninhalten auf den selben Lehrmaterialien beruhten, auch wenn i m Rahmen des staatswissenschaftlichen Studiums wegen des vordergründig etatistischen Charakters des Verwaltungshandelns Parteiäußerungen in besonderer Weise zu offiziellen Lehrmeinungen hochstilisiert wurden. Neben den für den Staatsdienst erforderlichen Rechtsgebieten des Staats-, Verwaltungs-, Wirtschafts- und Agrarrechts konzentrierte sich das staatswissenschaftliche Studium in seinen fachorientierten Bestandteilen auch auf die Vermittlung der Grundprinzipien und Instrumentarien der Planung und Bilanzierung, der wirtschaftlichen Rechnungsführung und Territorialentwicklung sowie der Leitungswissenschaften (Arbeitsorganisation, Gestaltung von Entscheidungsprozessen, Informationsverarbeitung). 407 Für die Kader der mittleren Leitungsebene, vor allem für Bürgermeister von Gemeinden und kleinen Städten, bot die Fachschule für Staatswissenschaft „Edwin Hoernle" in Weimar, die aus der 1950 eröffneten zentralen Verwaltungsschule des Landes Thüringen hervorgegangen war und 1969 von einer Verwaltungs- zu einer Fachschule mit dem Anspruch einer Fachschulausbildung umgebildet wurde, ein zweijähriges Direkt- oder Fernstudium an. 4 0 8 Die Studieninhalte entsprachen dabei im wesentlichen denen des Zweijahresstudiums an der Akademie, für das die Fachschulausbildung auch als Bildungsvoraussetzung anerkannt war. Durch dieses gestufte System, das sich auch in der Ausarbeitimg von Lehrplänen und der Ausbildung von Lehrkräften durch die Akademie widerspiegelte, war es möglich, daß auch Staatsfunktionäre ohne Abitur ein Diplom erlangen und damit für Leitungsfunktionen

403

Anl. I, Kap. III, Sachg. A , Abschn. III, Ziff. 8, y, gg Einigungsvertrag. Erläuterungen zu Anlage I des Einigungsvertrages, in: Stern / Schmidt-Bleibtreu (Hrsg.), Verträge und Rechtsakte zur Deutschen Einheit, Bd. II, S. 276. 405 Tendenziell: Wolfgang Bernet (Fn. 382), S. 189. 406 So auch: Matthias Renger (Fn. 262), S. 38, der angesichts der Nichtgleichwertigkeit von geistes- und wirtschaftswissenschaftlichen Studiengängen ausdrücklich auf den Charakter einer dienstpostenbezogenen Bewährung hinweist, die es ermöglicht, alle Abschlüsse einer differenzierten Bewertung zu unterziehen. 407 Qualifikationsbild des Diplom-Staatswissenschaftlers (Fn. 400), S. 415 f. 408 Gerhard Schulze (Fn. 330), S. 165. 404

IV. Staatsapparat in der DDR

89

qualifiziert werden konnten. Für die Direktstudenten, die i m Studienjahr 1988/89 und in den beiden darauffolgenden Studienjahren ihre Ausbildung an der inzwischen formal umbenannten Fachschule für Verwaltung und Rechtspflege begonnen hatten und zum 31.12.1990 noch an der Fachschule immatrikuliert waren, richtete das Land Thüringen auf der Grundlage einer speziellen Ausbildungs- und Prüfungsordnung einen besonderen Vorbereitungsdienst für die Laufbahn des mittleren nichttechnischen Verwaltungsdienstes ein, der unter Anrechnung der früheren Ausbildungszeiten eine fachtheoretische Ausbildung von 450 bis 500 Stunden und eine berufspraktische Ausbildung von mindestens zwei Monaten umfaßte. 409 Neben der staatsspezifischen Aus- und Weiterbildung erhielten die leitenden Mitarbeiter spezieller Tätigkeitsbereiche eine fachorientierte Weiterbildung an den jeweiligen zentralen Fortbildungsinstitutionen. So wurden die Mitarbeiter der Abteilungen Gesundheits- und Sozialwesen an der Akademie für ärztliche Fortbildung, die der Bauabteilungen an der Bauakademie und die Bediensteten der Abteilung Volksbildung sowie die Lehrer an der Akademie der pädagogischen Wissenschaften weiterqualifiziert. 410 Insgesamt muß aber festgehalten werden, daß der Großteil der Bediensteten über keine adäquate Ausbildung verfügte.

409

Vorläufige Zulassungs-, Ausbildungs- und Prüfungsordnung für den mittleren nichttechnischen Verwaltungsdienst - Vorl-ZAPOmVD - vom 25.3.1991, GVB1. Thüringen 1991, S. 98, insbesondere §§ 3,4 und 10; wobei das Hauptgewicht der fachtheoretischen Ausbildung auf der Vermittlung des erforderlichen Grundlagenwissens lag (§10 II). 410 Wolfgang Bernet (Fn. 382), S. 189.

B. Die Wiedereinführung des Berufsbeamtentums nach dem Bewährungsmodell I. Zur verfassungsrechtlichen Ausgangslage 1. Die Entwicklung zum Einigungsvertrag und das Ringen um die Wahrung der Besitzstände Angesichts der latenten Tendenz zum Einheitsdienstrecht in den alten Bundesländern blieb die Wiedereinführung des Berufsbeamtentums naturgemäß umstritten, auch wenn dies zu den wenigen Essentialia der DDR-Verhandlungsdelegation zum Einigungsvertrag gehörte und niemals Konfliktstoff zwischen den verhandelnden Parteien heraufbeschwor. So wurde der Gedanke eines einheitlichen europäischen Dienstrechts, mit der Forderung, daß es keine Verfestigung von Verhältnissen geben dürfe, die i m Zuge der demokratischen Entwicklung und europäischen Einigung reformiert werden müssen, in den Dienst nationaler Forderungen nach Abschaffung des Berufsbeamtentums gestellt, das in seiner tradierten Struktur einem obrigkeitlichen Leitbild folge, in dem der Staat als Selbstzweck erscheine und deshalb mit einem modernen, partizipativen Staatsverständnis unvereinbar wäre 1. Erneut aufgegriffen wurde diese apodiktische These während der zweiten Lesung des Entwurfs des Sächsischen Beamtengesetzes.2 Dabei wurde insbesondere die Auffassung vertreten, daß das Festhalten an den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums nichts anderes als die Etablierung einer Hierarchie anstelle des Kollegialprinzips sei und dieses, auf König Friedrich Wilhelm I. von Preußen zurückgehende, inhaltliche Fundament den Aufbau einer effektiven Verwaltung behindere. 3 Hingegen wurde der Wert des Berufsbeamtentums und seine Konstituierung aus den hergebrachten Grundsätzen in der Literatur immer wieder her-

1 Vgl. Beschluß-Antrag der Fraktion „Die Grünen" im Bundestag „Kein Berufsbeamtentum i n einem vereinten Deutschland" vom 1.6.1990, BT-Drucks. 11/7328. 2 Walter Woydera, Das Beamtengesetz für den Freistaat Sachsen, ZBR 1993, S. 178,178; 2. Lesung des Entwurfs Beamtengesetz für den Freistaat Sachsen, Sächsischer Landtag, LT-Drucks. 1. Wahlperiode, 56. Sitzung, S. 3878 ff. 3 2. Lesung des Entwurfs Beamtengesetz für den Freistaat Sachsen (Fn. 2), Abgeordneter Richter (SPD), S. 3880.

I. Verfassungsrechtliche Ausgangslage

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vorgehoben 4, und auch die Rechtsprechung betonte, daß der moderne Verwaltungsstaat auf einen „loyalen, pflichttreuen, dem Staat und seiner verfassungsmäßigen Ordnung innerlich verbundenen Beamtenkörper angewiesen" sei5. Es wurde sogar von einer „Gewaltenteilung zwischen Berufsbeamtentum und Politik" gesprochen, die zwar nicht unmittelbar im Grundgesetz vorgesehen, aber durch die Prinzipien des Art. 33 GG fundiert sei6. Auf das Gewaltentrennungsschema übertragen, stellt die Verwaltung mit ihrer Stabilität und Neutralität das notwendige Gegengewicht zu der durch Wahlperiodizität und persönlicher wie sachlicher Diskontinutität gekennzeichneten Legislative und Gubernative dar und ist damit inzidenter Bestandteil des Gewaltentrennungspostulats.7 Mit der Erstreckung des Grundgesetzes stellte sich angesichts der Geltung des Art. 33 GG die Frage des Einheitsdienstrechts nicht mehr, und auch die grundsätzliche Reform des öffentlichen Dienstes wurde auf der Grundlage eines rechtspolitischen Konsenses8 zugunsten der Übernahme bewährter Strukturen zunächst aufgegeben, was heute zu der Eigentümlichkeit führt, daß die Wiedereinführung tradierter Strukturen nicht nur die Frage nach Anpassungsnotwendigkeiten stellt, sondern einhergeht mit neuerlichen Reformansätzen, die eine Bündelung sehr heterogener Problemkreise unter den Stichworten „Stärkung des Leistungsprinzips" und „Erhöhung der Flexibilität" erfassen 9. Während ein Teil der Literatur die Ursache für die neuen Reformüberlegungen in einer „moralischen Krise des öffentlichen Dienstes" 10 und einer „Ze4 Vgl. Carl-Hermann Ule, Beamtenrecht, Köln 1970, § 36 BRRG, Anm. 1, 2; Helmut Lecheler, Der öffentliche Dienst, Handbuch des Staatsrechts, Bd. III, Heidelberg 1988, § 72 Rn.14; Walter Rudolf, Der öffentliche Dienst im Staat der Gegenwart, W D S t R L , Bd. 37, Berlin 1979, S. 175, 193. 5 BVerfGE 39, 334, 347; ebenso: BVerwGE 47, 330, 334. 6 Günter Püttner, Der öffentliche Dienst im geeinten Deutschland, DVB1. 1992, S. 204, 204. 7 Detlef Merten, Das Berufsbeamtentum als Element deutscher Rechtsstaatlichkeit, in: Lüder (Hrsg.), Staat und Verwaltung, Berlin 1997, S. 145,161. 8 Hans-Dietrich Weiß, Wiedereinführung des Berufsbeamtentums im beigetretenen Teil Deutschlands, ZBR 1991, S. 1, 22, mit einer Darstellung des Konsenses i m Bund/ Länder Arbeitskreis. 9 Dazu gehören die Eprobungszeit i n Führungspositionen, erleichterte Abordnungsund Versetzungsmöglichkeiten, voraussetzungslose Antrags- und Zwangsteilzeit, die Minimierung der Frühpensionierung durch Verstärkung des Grundsatzes „Rehabilitation vor Versorgung" und die Einführung leistungsbezogener Besoldungselemente aufgrund einer gesetzlichen Plafondierung. V g l Gesetz zur Reform des öffentlichen Dienstrechts (Reformgesetz) v. 24.2.1997, BGBl. 1 1997, S. 322. 10 Erwin Quambusch, Die moralische Krise des öffentlichen Dienstes, DÖD 1992, S. 97, 98 f., der die Ursache dafür in einem Verzicht auf Eigeninitiative aufgrund eines Konformitätszwangs durch den regelnden Zugriff auf Gestaltungsspielräume sieht, der zwar nicht neu aber heute darauf ausgerichtet sei, die Amtsträger viel umfassender zu binden als noch vor einigen Jahrzehnten.

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B. Berufsbeamtentum und Bewährungsmodell

mentierung alles Althergebrachten" 11 sieht, ist für andere Autoren die öffentlichen Beamtenkritik i m Kern Staatskritik, weshalb der Eindruck entstünde, daß die Abschaffung des Berufsbeamtentums politisch leichter durchsetzbar sei als eine konsequente Reform 12 . Dabei erscheinen finanzielle Restriktionen vielfach nicht als Ursache und Grund, sondern als Vorwand und Anlaß für einen Zugriff auf die Beamtenschaft. 13 Für die Wiedereinführung des Berufsbeamtentums setzte sich Anfang Januar 1990 eine Bürgerinitiative mit einem Aufruf ein, der vor allem bei den in ihren Zukunftserwartungen verunsicherten Staatsbediensteten auf große Resonanz stieß. 14 Bereits Ende des Monats wurde auf der Grundlage der Vereinigungs-VO 15 die Gründung eines Interessenbundes Beamtenbund (IBB) beim DDR-Innenministerium beantragt, der sich auf seinem Gründungskongreß am 24.2.1990 als „Berufsvertretung von Mitarbeitern des öffentlichen Dienstes" definierte und neben seiner Einbeziehung in alle diesen Personenkreis betreffenden Entscheidungen den möglichst umgehenden Aufbau eines Berufsbeamtentums auf der Grundlage eines öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnisses forderte. 16 Unterstützung erhielten diese Forderungen auch i m rechtswissenschaftlichen Schrifttum der DDR im Zusammenhang mit Überlegungen zur Etablierung einer an rechtsstaatlichen Grundsätzen ausgerichteten Staatsverwaltung. 17 Erwähnenswert ist, daß die Initialimpulse vor allem von politikbelasteten Spitzenbediensteten in den DDR-Ministerien ausgingen, die i m Lichte der sich abzeichnenden Wiedervereinigung 18 versuchten, ihre Be-

11 Hans-Peter Bull, Umsteuern im Beamtenrecht - aber wie?, DÖV 1995, S. 592, 596, der einen ausreichenden Gestaltungsspielraum für eine Reform nur dann als gegeben ansieht, wenn Art. 33 V GG angesichts seiner konservativen Interpretation gestrichen würde. 12 Helmut Lecheler, Die Zukunft des Berufsbeamtentums, ZBR 1996, S. 1, 3. 13 Detlef Merten (Fn. 7), S. 146. 14 Vgl. Helmut Melzer, Die Verwaltungsreform in der DDR, DVB1. 1990, S. 404, 409; Hans-Dietrich Weiß (Fn. 8), S. 9. 15 Verordnung über die Gründung und Tätigkeit von Vereinigungen vom 6.11.1975, GBl. DDR I 1975, S. 723 i.d.F. der Verordnung zur Anpassung von Regelungen über Rechtsmittel der Bürger vom 14.12.1988, GBl. D D R I 1988, S. 330. 16 Grundpositionen, Wertvorstellungen und Ziele - Programmatische Erklärung des Interessenverbandes „Beamtenbund der DDR", Hrsg. vom DBB, S. 6; Vgl. CarlAugust Lückerath, IBB-GBB-DBB-Landesbünde, ZBR 1993, S. 48,48. 17 Wolf gang Bernet, Rechtsstaatlichkeit - wesentliche Existenzform der DDR-Staatsverwaltung, StuR 1990, S. 105, 111. 18 Zu diesem Zeitpunkt war lediglich an die Schaffung einer „Währungs- und Wirtschaftsgemeinschaft" gedacht, während der Weg einer staatsrechtlichen Vereinigung nach Art.23 S. 2 oder 146 GG noch i m Bereich politischer Spekulationen lag. Vgl. Bruno Schmidt-Bleibtreu, Der Staatsvertrag in seiner rechtlichen Gestaltung und Umsetzung, in: Stern / Schmidt-Bleibtreu (Hrsg.), Verträge und Rechtsakte zur Deutschen Einheit, Bd. I, München 1990, S. 47, 47 ff. Zur Diskussion um den geeigneten Weg

I. Verfassungsrechtliche Ausgangslage

93

sitzstände durch die erhofften Vorteile eines, möglichst sogleich auf Lebenszeit ausgelegten Beamtenstatus abzusichern. 19 Signifikant dafür sind die in der programmatischen Erklärung des IBB erhobenen Forderungen nach Erarbeitung zentraler „Arbeitsplatzbeschaffungsprogramme für den sozialadäquaten Wiedereinsatz von Mitarbeitern ... die im Ergebnis der Wirtschafts- und Verwaltungsreform ihren Arbeitsplatz verlieren" und zur Sicherung der „vorrangigen Besetzung von im Rahmen der Einführung marktwirtschaftlicher Prinzipien neu geschaffenen Stellen beziehungsweise freiwerdenden Stellen i m öffentlichen Dienst... durch freigesetzte Mitarbeiter aus diesen Bereichen". 20 Bereits i m März 1990 wurden zwei, die Einführung des Beamtenrechts regelnde Gesetzentwürfe des IBB und der Modrow-Regierung vorgelegt, die in teils wörtlicher Übernahme einzelner Bestimmungen des Bundesbeamtenrechts Regelungen über die Begründung, Änderung und Beendigung von Beamtenverhältnissen, die Rechte und Pflichten der Beamten enthielten, darüber hinaus jedoch recht unvergoren waren. 21 So verband der IBB-Entwurf 22 beamtenrechtliche Grundsätze mit einem letztlich nur als Arbeitsrechtsverhältnis sui generis qualifizierbaren Staatsbedienstetenverhältnis, was vor allem durch die ergänzende Anwendung des AGB (§§ 2 I, 20) unterstrichen wurde. Die eigentliche Entwurfsabsicht offenlegend, enthielt § 21 eine Überleitungsvorschrift, nach der das vorhandene Personal bei entsprechender „Beamten"tätigkeit und feststellbarer Qualifikation verbeamtet werden mußte. Nachdem die Modrow-Regierung schon recht frühzeitig mit ersten beamtenrechtsähnlichen Normierungen zur Absicherung des vorhandenen Personals spekulierte, legte sie am 16.3.1990 den Entwurf eines „Gesetzes über den Staatsdienst in der DDR - Beamtenrechtsrahmengesetz -" vor. 2 3 In ihm fand sich der vorgenannte § 21 des IBB-Entwurfs in nahezu wortgleicher Fassung in § 26 wieder. Ebenso wie der IBB-Entwurf sah auch dieser Regierungsentwurf trotz aller beamtenrechtlicher Prämissen und der Bestimmung über ein „öffentlichzur deutschen Einheit: Christian Tomuschat, Wege zur deutschen Einheit, in: W D S t R L , Bd. 49, Berlin 1990, S. 70, 70 ff; Christoph Degenhart, Verfassungsfragen der deutschen Einheit, DVB1. 1990, S. 973, 974 ff.; Christian Starck, Deutschland auf dem Weg zur staatlichen Einheit, JZ 1990, S. 349, 352 f.; Peter Häherle, Verfassungspolitik für die Freiheit und Einheit Deutschlands, JZ 1990, S. 358, 358 ff. 19 Hannes Bahrmann, DDR-Beamtenbund und Gewerkschaft Öffentliche Dienste gegründet, Behörden-Spiegel, Februar 1990, S. 7. 20 Programmatische Erklärung des IBB (Fn. 16), S. 6 f.; Carl-August Lückerath (Fn. 16), S. 49. 21 Hans-Dietrich Weiß (Fn. 8), S. 10. 22 Entwurf eines Gesetzes über den Staatsdienst in der DDR - Beamtengesetz -, Archiv des Deutschen Beamtenbundes (unveröffentlicht). 23 Entwurf eines Gesetzes über den Staatsdienst in der DDR - Beamtenrechtsrahmengesetz Archiv des Deutschen Beamtenbundes (unveröffentlicht).

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B. Berufsbeamtentum und Bewährungsmodell

rechtliches Dienst- und Treueverhältnis" die Ersetzung des gesetzlichen Besoldungsvorbehalts durch ein Tarifvertragsmodell vor (§ 24), das wesentlich von dem Status- und Folgerecht-Modell 24 geprägt war. Die Einführung dieses nur vordergründig beamtenrechtsähnlichen Staatsbedienstetenverhältnisses sollte zudem mit einer dahingehenden Verfassungsänderung abgesichert werden, deren Wortlaut zwar die Bestimmungen des Art. 33 I I und I V GG rezipierte, allerdings auf die hergebrachte Gestalt des Beamtentums i.S.d. Art. 5 verzichtete und stattdessen einen Gesetzesvorbehalt für die nähere Ausgestaltung dieses neuerlichen Sonderrechtsverhältnisses statuierte. 25 Nach der Volkskammerwahl am 18.3.1990 und dem mit ihr verbundenen Votum für eine Wiedervereinigung nach Art. 23 GG a.F. wurde zwar das Verlangen nach einer sofortigen Schaffung von Beamtenrecht weiterverfolgt. Die Regierung de Maiziere erkannte jedoch die dahinter stehende Absicht der Besitzstandwahrung und deklarierte deshalb die Wiedereinführung des Berufsbeamtentums in Übereinstimmung mit der Bundesregierung als eine erst nach dem Beitritt näher zu verfolgende Frage. 26 Gerade i m Hinblick auf die hohen Anforderungen, die das Berufsbeamtentum an die fachliche und persönliche Eignung des einzelnen Beamten stellt, mußte es beiden Regierungen darum gehen, eine vorzeitige Veibeamtung auf Lebenszeit großer Teile des in der DDR vorhandenen Verwaltungspersonals zu vermeiden. 27 Dem entsprach auch die Tatsache, daß die in Form von Leitsätzen vorgenommene ideologische Entschlackung der DDR-Verfassung 28 , an der trotz Wegfall ihres Geltungsgrundes irrtümlicherweise festgehalten wurde 29 , im Gegensatz zum Verfassungsentwurf des Runden Tisches 30 keine explizite Regelung zum zukünftigen Status der Staatsbediensteten enthalten war.

24

Vgl. Bericht der Kommission, in: Studienkommission für die Reform des öffentlichen Dienstrechts, Baden-Baden 1973, S. 356 ff. 25 Abdruck des Wortlauts bei: Hans-Dietrich Weiß (Fn. 8), S . l l . 26 Vgl. Franz Hoppenstedt, Der öffentliche Dienst der Zukunft, ZBR 1990, S. 197, 198. 27 Hans-Joachim Niksch, Die Einfuhrung des Berufsbeamtentums im Gebiet der früheren DDR nach dem Einigungsvertrag, DtZ 1990, S. 340, 341. 28 Gesetz zur Änderung und Ergänzung der Verfassung der DDR - Verfassungsgrundsätzegesetz - vom 17.6.1990, GBl. D D R I 1990, S. 299. 29 Helmut Quaritsch, Eigenarten und Rechtsfragen der DDR-Revolution, Verw.Archiv 1992, S. 314, 319 ff., für den die Partei mit dem Verzicht und der formellen Liquidation der Alleinherrschaft als Verfassungsgeber abgetreten und damit auch der Geltungsgrund entfallen war (S. 321); vgl. Gesetz über die Änderung der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik vom 1.12.1989, GBl. DDR 1 1989, S. 265. 30 Art. 21 I I I S. 3 Verfassungsentwurf des Runden Tisches, in: Verfassungsentwurf für die DDR, Berlin (Ost) 1990, S. 17; Vgl. Ulrich Karl Preuß, A u f der Suche nach der Zivilgesellschaft, in: Guggenberger / Stein (Hrsg.), Die Verfassungsdiskussion im

I. Verfassungsrechtliche Ausgangslage

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2. Der Funktionsvorbehalt des Art. 33 IV GG und das Verbeamtungsgebot des Einigungsvertrages Das Aliud-Verhältnis 31 hinsichtlich Aufgaben, Organisation und Personal zwischen dem sozialistischen Staatsapparat und der rechtsstaatlichen, horizontal und vertikal gewaltengeteilten öffentlichen Verwaltung erforderte auch einen grundlegenden Systemwandel32 zwischen den beiden Konzepten des Staats- beziehungsweise öffentlichen Dienstes33. Dieser in der deutschen Verwaltungsgeschichte einmalige Vorgang ist weder mit der Situation nach 1945 vergleichbar 34 , noch in seiner Radikalität mit den napoleonischen Reformen, mit denen Frankreich die Verwaltung des ancien regime in den Rheinbundstaaten und in den deutschen Gebieten des Kaiserreichs so nachhaltig veränderte 35. Die Basis für die Neu- und nicht nur Umgestaltung des Staatsdienstes in einen rechtsstaatlichen öffentlichen Dienst bildeten die beiden Verträge zur deutschen Einheit. Obwohl das Berufsbeamtentum im Staatsvertrag I 3 6 mit keinem Wort explizit angesprochen wurde, enthielt dieser doch ganz wesentliche Weichenstellungen für seine Wiedereinführung. Dies nicht nur, weil der Vertrag erste konstitutive Elemente einer der sozialen Marktwirtschaft komplementären öffentlichen Verwaltung vorgab, sondern vor allem, was Art. 29 I mit seiner bewußten Bezugnahme auf Art. 2 I S.l Staatsvertrag I deutlich macht, weil das „Bekenntnis der Vertragspartner in Artikel 2 zur freiheitlichen, demokratischen und sozialen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes ... sich auch auf die in Artikel 33 GG vorgegebenen Strukturen des öffent-

Jahr der deutschen Einheit, München 1991, S. 357, 365; Gerd Rollecke, Dritter Weg zum zweiten Fall, in: ebda, S. 367, 370. 31 Ulrich Battis, Aufbau des öffentlichen Dienstes in den neuen Bundesländern Recht und Realität, in: Isensee (Hrsg.), Vergangenheitsbewältigung durch Recht, Berlin 1992, S. 65, 66 f. 32 Dieser Systemwandel wird verwaltungswissenschaftlich teils als Transformations-, teils als Integrationsprozeß definiert; Vgl. Klaus König, Zur Transformation einer real sozialistischen Verwaltung in eine klassisch-europäische Verwaltung, VerwArchiv 1992, S. 229 ff.; Rainer Pitschas, Verwaltungsintegration in den neuen Bundesländern, NJ 1993, S. 49, 50. 33 Peter M Huber; Das Berufsbeamtentum i m Umbruch, Die Verwaltung 1996, S. 437, 438. 34 Ulrich Battis (Fn. 31), S. 67, der als Beispiel auf die strukturell unverändert gebliebene kommunale Selbstverwaltung nach 1945 verweist. 35 Jürgen Brand/M Maggioni /D. Stein, Die Umgestaltung der Verwaltung i n den neuen Bundesländern, V R 1994, S. 253, 253. 36 Vertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik vom 18.5.1990, BGBl. I I 1990, S. 537.

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B. Berufsbeamtentum und Bewährungsmodell

liehen Dienstes" bezog 37 und damit der im ersten Kapitel vertretenen These vom Beamtentum als Garanten und Teil dieser Grundordnung stützte. Die eigentliche Grundentscheidung traf jedoch Art. 3 Einigungsvertrag 38 in Umsetzung des in Art. 23 S.2 GG a.F. enthaltenen Inkraftsetzungsauftrags 39, der mit seiner Erstreckung des grundgesetzlichen Geltungsbereichs auch Art. 33 GG ohne Vorbehalte in Kraft setzte, da die beitrittsbedingten oder besser veranlaßten 40 Änderungen des Grundgesetzes nach Art. 4 Einigungsvertrag für das Beamtenrecht ohne Auswirkungen blieben. Damit handelt es sich bei dem, die Ebene des Verfassungsrechts betreffenden Art. 3 Einigungsvertrag um die i m Grunde wichtigste Regelung 41 , die durch den in seinem Wortlaut verunglückten Art. 20 I I S.l Einigungsvertrag konditioniert wurde, wonach die Wahrnehmung „öffentlicher Aufgaben", die in einem Klammerzusatz im selben Atemzug als „hoheitsrechtliche Befugnisse i.S.d. Art. 33 I V GG" definiert wurden, so bald wie möglich Beamten zu übertragen waren. Die Einführung des Beamtenrechts selbst sollte gemäß Art. 20 I I S.2 Einigungsvertrag nach Maßgabe der in Anlage I vereinbarten Übergangsregelungen erfolgen, der sich damit als lex specialis zu Art. 8 Einigungsvertrag erwies. Betrachtet man Art. 20 I I Einigungsvertrag deshalb i m Lichte des Art. 33 GG, wiederholt dieser zunächst lediglich den Regelungsvoibehalt des Art. 33 I V GG und verweist damit auf die umstrittene Direktionskraft des Funktionsvorbehalts. 42 Darüberhinaus enthält Art. 20 I I S.l Einigungsvertrag mit seiner Formulierung, daß öffentliche Aufgaben „sobald wie möglich" Beamten zu übertragen sind, ein in sachlichem Zusammenhang mit Art. 33 I V GG stehendes „Veibeamtungsgebot" 43 , mit dem einerseits die Charakteristik der Beam37

Denkschrift zum Staatsvertrag, BT-Drucks. 11/7350, S. 97,111. Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands - Einigungsvertrag vom 31.8.1990, BGBl. H 1990, S. 889. 39 Detlef Merten, Grundfragen des Einigung svertrages unter Berücksichtigung beamtenrechtlicher Probleme, Berlin 1991, S. 32. 40 Vgl. zur verunglückten Terminologie: Detlef Merten (Fn. 39), S. 35. 41 Ulrich Battis, Entwicklungstendenzen und Probleme der Einführung des Dienstrechts i n den neuen Bundesländern, NJ 1991, S. 89, 89; Helmut Lecheler, Der öffentliche Dienst i n den neuen Bundesländern, ZBR 1991, S. 48, 48, Ulrich Karpen / Volker Maaß, Der schwierige Weg zur Einheit, N V w Z 1992, S. 942, 943. 42 Rupert Scholz/ Josef Aulehner, Berufsbeamtentum nach der deutschen Wiedervereinigung, APT 1993, S. 5, 7. 43 Ulrich Karpen / Volker Maaß (Fn. 41), S. 943; Hans-Dietrich Weiß (Fn. 8), S. 27; Hans-Joachim Niksch (Fn. 27), S. 342; Begründung zum Einigungsvertrag, in: Stern / Schmidt-Bleibtreu (Hrsg.) Verträge und Rechtsakte zur Deutschen Einheit, Bd. II, München 1990, S. 144; hingegen: Hartmut Krüger, Die Wiedereinführung des Berufsbeamtentums nach Maßgabe des Einigungsvertrages, ThürVBl. 1992, S. 193, 197, der darin keine verbindliche Zeitschiene, sondern nur den Verweis auf die fachlichen und persönlichen Ernennungsvoraussetzungen sieht. 38

I. Verfassungsrechtliche Ausgangslage

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tenernennung als einzelfallorientierten Rechtsakts unterstrichen, andererseits aber zugleich die Verpflichtung ausgesprochen wurde, ohne zeitliche Verzögerung Beamtenverhältnisse zu begründen. Dies intendiert einen Widerspruch zwischen den verfassungsrechtlich durch Art. 33 I I GG vorgegeben fachlichen und persönlichen Zugangs- (Ernennungs-) Voraussetzungen und der politisch getroffenen und durch Art. 33 I V GG implizierten Prämisse „sobald wie möglich" Beamte ernennen zu können, der nur i m Weg praktischer Konkordanz 44 zu lösen ist. Entgegen der Diskontinuitätsentscheidimg des Bundesverfassungsgerichts über das Erlöschen aller Beamtenverhältnisse mit Untergang der nationalsozialistischen Herrschaft trotz Fortbestands des Deutschen Reiches 45 verblieben gemäß Art. 20 I Einigungsvertrag die Beschäftigten „ i m Interesse der Verwaltungskontinuität und der Beschäftigten" 46 nach Maßgabe der Anlage I in ihrem Beschäftigungsverhältnis. Dabei knüpft der Einigungsvertrag an die institutionelle Seite der Übergangsvorschriften des Art. 13 Einigungsvertrag an, der aufgaben- und nicht personenorientiert 47 die Überführung der „öffentlichen Einrichtungen" nach dem Prinzip der Belegenheit 48 auf das jeweilige Land, bei länderübergreifendem Wirkungskreis auf die betreffenden Länder und bei Aufgaben, die nach der Kompetenzordnung des Grundgesetzes zur Verwaltungstätigkeit des Bundes gehören, auf die zuständigen obersten Bundesbehörden regelte. Dem so entstandenen Rechtsnachfolger 49 wurde die Entscheidung über die Weiterführung oder Abwicklung der Einrichtungen und damit das Fortbestehen der Arbeitsverhältnisse übertragen. 50 Der etwas verwirrende Sprachgebrauch von „Verwaltungsorganen", „sonstigen der öffentlichen Verwaltung oder Rechtspflege dienenden Einrichtungen", „Einrichtungen, deren Rechtsträger die öffentliche Verwaltung ist" und „Einrichtungen" als Oberbegriff in Art. 13 Einigungsvertrag verdeutlicht lediglich das Bestreben, die vom Grundgesetz vorausgesetzte Grenzlinie zwischen Staat und Gesellschaft klar zu ziehen und die Übergangsregelungen letztlich auf die i m ersten Kapitel dargestellten Or44 Vgl. Konrad Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Heidelberg 1993, Rn. 317 ff. 45 BVerfGE 3, 58, 76. 46 Erläuterungen zu Anlage I des Einigungsvertrages, in: Stern / Schmidt-Bleibtreu (Fn. 43), S. 713. 47 BVerwG, DVB1. 1992, S. 1298, 1298; mit kritischer Anmerkung: Fritz Czermak, DVB1. 1993, S. 38. 48 Philip Kunig, Verwaltung und Verwaltungsrecht im Einigungsprozeß, Jura 1994, S. 595, 597. 49 BVerfGE 84, 133, 147. 50 Vgl. Art. 13 I S. 4, I I S. 2 i.V.m. Anl. I, Kap X I X , Sachg. A., Abschn. III, Ziff. 1 I I u. m Einigungsvertrag.

7 Schwanengel

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B. Berufsbeamtentum und Bewährungsmodell

gane des Staatsapparates, ergänzt um die der Rechtspflege, zu begrenzen. 51 Die Abgrenzung mag i m einzelnen Schwierigkeiten bereitet haben, weil sich nicht alle Aufgaben, die von Staatsorganen wahrgenommen worden sind, anhand der Kompetenzordnung des Grundgesetzes einordnen ließen. Die Begriffe wurden aber als inhaltlich konkret genug angesehen, um Jedenfalls im Wege sachgerechter Auslegung des Einigungsvertrages" auftretende Probleme zu meistern. 52 Die Grundentscheidung des Einigungsvertrages für Kontinuität wird außerdem durch die detaillierten Regelungen über die ordentlichen und außerordentlichen Kündigungsgründe 53 bestätigt und nicht etwa in Frage gestellt 54 . Diese waren notwendig, weil bis zum 31.12.1990 befristet nur für staatliche, nicht für kommunale Einrichtungen 55 , das Instrument der Abwicklung zur Verfügung stand. Die dadurch relativ stabile arbeitsrechtliche Stellung der ehemaligen Staatsbediensteten56 entsprach der Intention, das übernommene „fachlich und persönlich geeignete Personal in einen rechtsstaatlich ausgerichteten, leistungsfähigen und zeitgemäßen öffentlichen Dienst" 57 zu integrieren. Zugleich bildeten die so überführten Beschäftigungsverhältnisse den Ansatz für den persönlichen Geltungsbereich des Bewährungsbeamtenverhältnisses, wonach grundsätzlich überhaupt nur Probebeamter werden konnte, wer bereits i m Staatsdienst beschäftigt war und im öffentlichen Dienst weiterbeschäftigt wurde. 58 Diese auf Perpetuierung der Dienstposteninhaber hinauslaufende Regelung mußte als politisch gewollt hingenommen werden. 59 Eine gewisse Ausdehnung des persönlichen Geltungsbereichs erfolgte durch die entsprechende Anwendung der beamtenrechtlichen Übergangsregelungen auf Bewerber, die „nicht in der öffentlichen Verwaltung beschäftigt sind". 60 Diese Rege-

51 Vgl. Philip Kunig (Fn. 48), S. 597. Zur Warteschleife: Henner Wolter, Das Bundesverfassungsgericht zur „Warteschleife" nach dem Einigungsvertrag, ZTR 1991, S. 273. 52 BVerfGE 84, 133, 149. 53 Anl. I, Kap. X I X , Sachg. A , Abschn. III, Ziff. 1 III, I V Einigungsvertrag. 54 Ulrich Battis (Fn. 31), S. 73. 55 Hubert Schmalz, Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zur „Warteschleife", Der Personalrat 1991, S. 153, 154. 56 Heinz-Peter Moritz, Die (Weiter-) Beschäftigung der ehemaligen Staatsdiener der DDR im öffentlichen Dienst des vereinigten Deutschland, DÖD 1991, S. 125, 126. 57 Bericht der Bundesregierung zum Aufbau und Ausbau der öffentlichen Verwaltung und der Justiz in den neuen Bundesländern vom 8.4.1991, BT-Drucks. 12/347, S. 17. 58 Anlage I, Kap. X I X , Sachg. A., Abschn. III, Ziff. 3b Einigungsvertrag. 59 Hans-Dietrich Weiß (Fn. 8), S. 31; Hans-Heinrich Trute, Die Überleitung des Personals der ehemaligen DDR zwischen Kontinuität und Neubeginn, Dresden 1997, S. 19. 60 Anlage I, Kap. X I X , Sachg. A , Abschn. III, Ziff. 3c Einigungsvertrag.

I. Verfassungsrechtliche Ausgangslage

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lung ist insofern interessant, als sie den Grundsatz einer statusgerechten Verwendung des vorhandenen Personals durchbrach und damit ein Einfallstor für zusätzliche Personalgewinnung öffnete. Auch wenn durch die entsprechende Anwendung der Ziff. 3 b die Bewährung auf einem Dienstposten erforderlich war, konnte der Fassung der Ziff. 3 c entgegen dem gewollten Zuschnitt auf „Berufsaussteiger" aus persönlichen oder politischen Gründen 61 eine Einschränkung auf einen bestimmten Personenkreis nicht mehr entnommen werden 62 .

3. Die Reichweite des Funktionsvorbehalts als verfassungsrechtliche Vorgabe einer Verbeamtung a) Die kontroverse Bestimmung des Verfassungsbegriffs der hoheitsrechtlichen Befugnisse Mit seiner Definition der „öffentlichen Aufgaben" als hoheitsrechtliche Befugnisse i.S.d. Art. 33 I V GG verweist Art. 20 I I S.l Einigungsvertrag zunächst auf die kontroverse Bestimmung des Funktions- oder Beamtenvorbehalts, bei dem die Antinomie von Eingriffs- und Leistungsverwaltung eher eine verwaltungswissenschaftliche Kategorie ist 6 3 , da im modernen Sozialstaat die Ablehnung einer staatlichen Leistung für den Bürger oft die gleiche Qualität wie ein hoheitlicher Eingriff besitzt 64 und auch der Begriff der Sicherungsaufgaben 65 keine klare Abgrenzung zuläßt. Zudem dogmatisiert die These von der Rückführung des Berufsbeamtentums auf Hoheits- oder Kernaufgaben einen falschen Ansatz, da bei zunehmender Vermischung von öffentlichem und privatem Sektor der Einsatz eines allgemeinwohlverpflichteten Bedienst etentypes umso notwendiger erscheint. 66 Der mit der Artikelformulierung verfolgte Zweck, Beamte in den neuen Bundesländern in den Aufgabenbereichen einzusetzen, „wie es sich in der alten Bundesrepublik Deutschland bewährt

61

Hans-Dietrich Weiß (Fn. 8), S. 31. Walther Fürst (Hrsg.), GKÖD, Bd. I / Teil 2a, K § 7 Rn. 45. 63 Detlef Merten, Das Recht des öffentlichen Dienstes in Deutschland, in: Magiera/ Siedentopf, Das Recht des öffentlichen Dienstes in den Mitgliedsstaaten der EG, Berlin 1994, S. 181, 193; Philip Kunig, in: v. Münch / Kunig, GG-Kommentar, Bd. II, Art. 33 Rn. 48. 64 Dies widerspiegelt anschaulich die Rechtsprechung zur „Wesentlichkeitstheorie", vgl. BVerfGE 49, 89, 126; 61, 270, 275; BVerwGE 65, 323, 325; 68, 69, 72; so auch bereits: Ernst Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, Bd. I, Allgemeiner Teil, München 1950, S. 62; ders., 10. Auflage, München 1973, S. 74. 65 Vgl. § 2 I I BRRG; § 4 Ziff. 2 BBG. 66 Helmut Lecheler (Fn. 12), S. 3. 62



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B. Berufsbeamtentum und Bewährungsmodell

hat" 6 7 , löst folglich das gerade auch für die Wiedereinführung wesentliche Strukturproblem nicht. Einigkeit besteht darin, daß es sich bei Art. 33 I V GG nicht lediglich um einen Programmsatz oder Verfassungsauftrag an den Gesetzgeber handelt, sondern um einen objektiven, Gesetzgeber und Exekutive unmittelbar bindenden, Verfassungsgrundsatz 68, der seinen Sinn vor allem aus der Funktion des Berufsbeamtentums heraus erfährt und deshalb nur in Zusammenschau mit Art. 33 V GG vollständig erfaßbar ist 6 9 Die Auffassung, daß der Begriff „hoheitsrechtlicher Befugnisse" notwendig auf den behördenmäßig organisierten Einsatz von Befehl und Zwang 7 0 und damit auf den freiheitsbeschränkenden Eingriff 71 reduzierbar ist, dürfte sich lediglich aus der Entstehungsgeschichte rechtfertigen lassen72, entspricht aber nicht mehr der eingangs benannten Änderung der Verfassungswirklichkeit und Intention des Funktionsvorbehalts 73. Die Auffassung von der Eingriffsverwaltung als Residuum des Beamtentums geht davon aus, daß die Rechtsstaatlichkeit der Verwaltung durch Art. 20 und 28 GG garantiert, Beamte wie Angestellte an Gesetz und Recht gebunden sind 74 und es ein Fehlschluß sei, von der Ordnung der staatlichen Aufgaben auf die dienstrechtliche Struktur des Personalbestandes zu schließen75. Diese Auffassung verkennt jedoch, daß die Verfassung die Ausübung „hoheitsrechtlicher Befugnisse" nicht nur materiellen und verfahrensrechtlichen Kriterien unterwirft, sondern in der ratio des Funktionsvorbehalts gerade durch eine personelle Garantie ergänzt, den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung personell zu gewährleisten 76, wobei da-

67

Denkschrift zum Einigungsvertrag, BT-Drucks. 11/7760, S. 355, 365. BVerfGE 9, 268, 286; Theodor Maunz, in: Maunz / Dürig, GG-Kommentar, Art. 33 Rn. 40; Gerold Lehnguth, Die Entwicklung des Funktionsvorbehalts nach Art. 33 Abs. 4 GGund seine Bedeutung in der heutigen Zeit, ZBR 1991, S. 266, 268. 69 Peter M. Huber (Fn. 33), S. 439; Rupert Scholz/JosefAulehner( Fn. 42), S. 14. 70 Franz-Joseph Peine, Der Funktionsvorbehalt des Berufsbeamtentums, Die Verwaltung 1984, S. 415, 436, auch wenn er dies nicht unmittelbar identisch mit dem Begriff der Eingriffsverwaltung setzt. 71 Werner Thieme, Der öffentliche Dienst in der Verfassungsordnung des Grundgesetzes, Göttingen 1961, S. 57; JoergJung, Die Zweispurigkeit des öffentlichen Dienstes, Berlin 1971, S. 132 ff.; Erich Feindt, Zum Schicksal des Funktionsvorbehalts für Beamte, DÖD 1974, S. 73 u. 105, S. 107 f. 72 Vgl. Klaus-Berto Doemming / Rudolf Werner Füsslein / Werner Matz, Entstehungsgeschichte der Artikel des Grundgesetzes, JÖRn.F., Bd. 1 1951, S. 323. 73 Vgl. Erich Lindgen, Der Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG und seine Durchbrechungen, DÖD 1972, S. 1, 4. 74 Franz-Joseph Peine (Fn. 70), S. 438. 75 GunnarFolke Schuppert, GG-Alternativ-Kommentar, Art. 33 Rn. 30 f. 76 Peter Badura, Reichweite des Funktionsvorbehalts nach Art. 33 Abs. 4 GG unter Berücksichtigung aktueller Privatisierungstendenzen sowie der Auswirkungen der eu68

I. Verfassungsrechtliche Ausgangslage

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hingestellt bleiben kann, ob Beamte oder Angestellte „besser qualifiziert" sind, wenn die Verfassung das Beamtentum angesichts seiner auf Hauptberuflichkeit beruhenden Unabhängigkeit und parteipolitischen Neutralität 77 für die Erfüllung bestimmter (hoheitlicher) Aufgaben höher wertet 78 . Außerdem erfolgt dadurch eine unzulässige Uminterpretation des Begriffs „hoheitsrechtlich" in „obrigkeitlich". 79 Die als herrschende Lehre bezeichnete Auffassung 80 w i l l den Begriff der Hoheitsgewalt dagegen in einem weiteren, zeitgemäßen Verfassungsverständnis an die Entwicklung der Staatsaufgaben anpassen und den Inhalt des Funktionsvorbehalts „dynamisch" interpretieren, denn so wie bei der Auslegung der „öffentlichen Gewalt" i.S.d. Art. 19 I V GG nicht mehr allein auf die Eingriffsverwaltung abgestellt werden kann, müsse auch bei der Inhaltsbestimmung des Art. 33 I V GG der sich wandelnde Schwerpunkt des Verwaltungshandelns herangezogen werden 81 . Aus der Substanz der Staatsfunktionen rechtfertigt sich demnach die Eigenart des Beamtenstatus. Das gilt auch für nicht notwendig dem Staat obliegende Leistungen, denn wenn der Kultur- und Sozialstaat Aufgaben an sich zieht, bedarf es der besonderen Legitimation, diese gemeinwohlwichtige Aufgabe nicht den Zufälligkeiten und Unsicherheiten des gesellschaftlichen Lebens zu überlassen, sondern der Gesetzmäßigkeit und Stetigkeit zu unterwerfen, weshalb sich der Staat selbst widerspreche, 82

wenn er derartige Aufgaben dem Tarifpersonal allein überlasse. Eine in der Reichweite vermittelnde Auffassung w i l l schließlich auf die jeweiligen Handlungsformen der Verwaltung abstellen und den Funktionsvorbehalt auf all jene Betätigungsfelder der Verwaltung erstrecken, auf denen sie sich öffentlich-rechtlicher Handlungsformen bedient. 83

ropäischen Integration und der Entwicklung in den neuen Ländern, Forschungsprojekt des B M I , München 1995, S. 5. 77 Klaus-Berto v. Doemming / Rudolf Werner Füsslein / Matz, Werner (Fn. 72), S. 315, mit Bezug auf die Aussage des Abgeordneten Strauß, der unter Zustimmung anderer Mitglieder des Parlamentarischen Rates das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung am besten durch Berufsbeamte gesichert sah. 78 Walter Leisner, Der Beamte als Leistungsträger, in: Isensee (Hrsg.), Walter Leisner-Beamtentum, Berlin 1995, S. 201, 203 f. 19 Detlef Merten (Fn. 39), S. 193. 80 Walter Leisner (Fn. 78), S. 203; Gerold Lehnguth (Fn. 68), S. 268. 81 Theodor Maunz, in: Maunz / Dürig, GG-Kommentar, Art. 33 Rn. 33; Roman Herzog, Verwaltung und Verwaltungsrecht in einer freiheitlichen Industriegesellschaft, in: Verhandlungen des 48. Deutschen Juristentages, Bd. II, München 1970, S . L 5 , L 14. 82 Josef Isensee, Öffentlicher Dienst, in: Benda / Maihofer / Vogel (Hrsg.), Handbuch des Verfassungsrechts, 2. Auflage, Berlin 1994, § 32 Rn. 57. 83 Walter Rudolf (Fn. 4), S. 202 f.

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B. Berufsbeamtentum und Bewährungsmodell b) Die personelle Absicherung des Rechtsstaatsprinzips als ratio legis des Funktionsvorbehalts

Um der Gefahr einer Auflösung des Regelungsgehalts des Art. 33 I V GG durch eine offene dynamische Interpretation 84 entgegenzuwirken, bedarf es einer klaren und nachvollziehbaren Abgrenzung des Funktionsvoibehalts85. Dabei kann es keine entscheidende Rolle spielen, ob der Aufgabenkreis eines Beschäftigten i m öffentlichen Dienst der Eingriffs-, Leistungs- oder Fiskalverwaltung zuzordnen ist, dies schon deshalb, weil bei der Erfüllung von öffentlichen Aufgaben Daseinsvorsorge und Gefahrenabwehr vielfach miteinander verwoben sind. 86 Auch die Rechtsform, die sich die Verwaltung wählt, kann nicht ausschlaggebend sein, da sie sonst selbst über die Reichweite der Verfassungsnorm disponieren könnte. 87 Angesichts der Wahlfreiheit der Verwaltung 88 darf auch das Verwaltungsprivatrecht, verstanden als Tätigwerden 89

der Verwaltung in privatrechtlichen Handlungsformen , nicht zu einem Leerlauf des Funktionsvorbehalts führen, da dieser dem Beamtentum einen substantiell bedeutsamen Tätigkeitsbereich erhalten w i l l . 9 0 Damit unterfällt zwar nicht die fiskalprivatrechtliche 91, wohl aber die verwaltungsprivatrechtliche Aufgabenerfüllung grundsätzlich dem Geltungsbereich des Funktionsvorbehalts. Ob eine (bloß) formelle (Organisations-) Privatisierung 92 keine Auswirkungen auf die Verbeamtungsfrage hat 93 , muß bezweifelt werden, da in diesem Fall dem privatrechtlichen Rechtssubjekt die für das Berufsbeamtentum essentielle Dienstherrenfahigkeit fehlt 94 . Dies trifft nur insoweit zu, als hoheitsrechtliche Befugnisse, z.B. gem. Art. 87 e und 87 f GG, in bundesoder landeseigener Verwaltung verbleiben. Der Nichtgeltung des Funktionsvorbehalts steht auch nicht die Möglichkeit entgegen, daß der öffentlichrechtliche Dienstherr die Dienste der bei ihm beschäftigten Beamten an pri84

Peter M Huber (Fn. 33), S. 442. Detlef Merten (Fn. 39), S. 193. 86 Helmut Lecheler, Das Beamtentum in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, DVB1. 1978, S. 585, 586; Walter Leisner, Berufsbeamtentum und Entstaatlichung, DVB1. 1978, S. 733, 735. 87 Josef Isensee (Fn. 82), § 32 Rn. 54. 88 Vgl. BVerwGE 13, 47, 54; Bernhard Kempen, Die Formenwahlfreiheit der Verwaltung, München 1989, S. 91 ff. 89 Hartmut Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 10. Auflage, München 1995, § 17 Rn. 1. 90 Detlef Merten (Fn. 39), S. 194. 91 Walter Leisner (Fn. 86), S. 737. 92 Vgl. Hartmut Maurer (Fn. 89), § 22 Rn. 40. 93 Peter M. Huber (Fn. 33), S. 449. 94 Rolf Stober, in: W o l f f / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Auflage, München 1987, § 109 Rn. 8 ff. 85

I. Verfassungsrechtliche Ausgangslage

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vatrechtlich organisierte Unternehmen übertragen kann. 95 Da die Dienstüberlassung aber i m Widerspruch zum besonderen öffentlich-rechtlichen Dienstund Treueverhältnis steht, das eine unteilbare Gesamtheit der Dienstleistung des Beamten und eine ebenso unteilbare Gesamtverpflichtung des Dienstherrn begründet und der Beamte nach der Dienstüberlassung nicht mehr den Staat, sondern die Gesellschaft repräsentiert, ist diese nur auf einer gesetzlichen Grundlage zeitlich befristet und nur aus Bestandsschutzinteresse des schon verbeamteten Personals zulässig 96 . Demgemäß scheint die Verfassungsmäßigkeit der durch das Dienstrechtsreformgesetz eingefügte Privatisierungsklausel des § 123 a BRRG zumindest fraglich, die als allgemeine Ermächtigungsnorm nicht nur zur Einführung eines neuen Beamtentyps (des Privat- oder AGBeamten) führt, sondern die Zulässigkeit der Dienstüberlassung lediglich an das Vorliegen eines „dringenden öffentlichen Interesses" bindet. 97 Zieht sich der Staat darüber hinaus durch materielle Privatisierung aus bisher von ihm wahrgenommenen Aufgaben zurück, läßt sich dem Funktionsvorbehalt keine Privatisierungssperre entnehmen. Art. 33 GG ist damit nicht nur lex specialis zu Art. 12 GG, diese Vorschrift wirkt auch wiederum begrenzend auf Art. 33 GG zurück. 98 Die von den wesentlichen Staatsaufgaben gezogenen Grenzen der Privatisierungsmöglichkeiten bestimmen ex definitione auch die Grenzen des Funktionsvoibehalts und nicht umgekehrt. Damit rückt in Übereinstimmung mit der herrschenden Lehre die Wertigkeit der Aufgabe selbst in den Mittelpunkt der Betrachtung. Die Erkenntnis über das Wesen des Grundrechtseingriffs und die Bedeutung der Grundrechte für die Reichweite des Parlamentsvorbehalts, vor allem aber über das grundrechtsbeeinträchtigende Gewicht der Vorenthaltung bestimmter Leistungen, schließen es aus, den Gehalt des Begriffs der „hoheitsrechtlichen Befugnisse" in Sinne der Typisierung von Eingriffs- und Leistungsverwaltung bestimmen zu wollen. 99

95

Vgl. zur Zulässigkeit derartiger Dienstüberlassungsverträge: BVerwGE 69, 303 f f ; wobei das Gericht ein einfaches Gesetz (hier: § 55 S. 2 BBG) als hinreichende Rechtsgrundlage betrachtete, da die Dienstüberlassung weder Abordnung noch Versetzung sei und auch das A m t i m statusrechtlichen und funktionellen Sinne unverändert bleibe. 96 So: Rupert Scholz / Josef Aulehner (Fn. 42), S. 40; dagegen: Peter M Huber (Fn. 33), S. 449 f. 97 Vgl. Helmut Lecheler, Reform oder Deformation?, ZBR 1997, S. 206, 210 f. Auch i n seiner sehr weiten Auslegung der Dienstherrengewalt geht das Bundesverwaltungsgericht von ihrer grundsätzlichen Unteilbarkeit aus und betont, daß eine „Zuweisung von Beamten ... an juristische Personen des Privatrechts allgemein nicht zulässig" ist, BVerwGE 69, 303, 306. 98 Walter Leisner {Fn. 86), S. 737. 99 Philip Kunig, in: v. Münch / Kunig, GG-Kommentar, Bd. II, Art. 33 Rn. 48.

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B. Berufsbeamtentum und Bewährungsmodell

Geht man von der Auslegung des Art. 33 I V GG als personalrechtliche Absicherung des Rechtsstaatsprinzips aus, so ist rechtsfolgenorientiert der Beamtenstatus für solche Funktionsträger besonders funktionsadäquat, deren Aufgabe darin besteht, einen bestimmenden Einfluß auf die Begründung, Änderung oder Aufhebung von Rechtsverhältnissen des Bürgers auszuüben, was vor allem dann der Fall ist, wenn die entsprechende Verwaltungsaufgabe Grundrechtsrelevanz aufweist und von daher eine strikte Orientierung an Gesetz und Recht erforderlich ist 1 0 0 , wobei es nicht auf die effektive sondern die potentielle Kompetenzausübung ankommt 101 . Dabei muß der Amtswalter auch nicht selbst die Hoheitsbefugnis ausüben, sondern es genügt seine bestimmen102

de Einbindung in den Entscheidungsprozeß. Damit kann der mit dem Begriff der „hoheitsrechtlichen Befugnisse" beschriebene Beamtenvorbehalt auch nicht pauschaliert, sondern nur durch eine einzelfall- 103 oder gruppenbezogene 104 Dienstpostenbewertung festgelegt werden. Der Dienstherr muß dabei als Vorbedingung einer rationalen Verbeamtungsentscheidung eine typisierende und bewertende Aufgabenbeschreibung erstellen, die Aufschluß darüber gibt, ob aufgrund der Eigenheiten der Aufgabenwahrnehmung gerade die Besonderheiten des in Art. 33 V GG ausgestalteteten Beamtenverhältnisses in besonderem Maße adäquat sind. 105

II. Die Verbeamtungspraxis in den neuen Ländern 1. Die Verbeamtungskonzepte und die These von den „Kernbereichen hoheitlicher Aufgaben" Schon mit dem 3. Oktober 1990 waren Verbeamtungen auf dem Gebiet der neuen Länder möglich. Zwar fehlte es zunächst an landesrechtlichen Regelungen des Beamtenrechts. In Anlage I zum Einigungsvertrag 106 war jedoch bestimmt, daß bis zum Inkrafttreten der jeweiligen Landesbeamtengesetze die für Bundesbeamte bestimmten Vorschriften, einschließlich der im Einigungs100 Peter M Huber (Fn. 33), S. 445; Rupert Scholz / Josef Äulehner (Fn. 42), S. 14; Paul Kirchhof, Der Begriff der hoheitsrechtlichen Befugnisse in Artikel 33 Absatz I V des Grundgesetzes, München 1968, S. 117 ff. 101 Detlef Merten (Fn. 39), S. 195. 102 Detlef Merten (Fn. 39), S. 195; Peter M. Huber (Fn. 33), S. 445, weshalb auch die Mitwirkung bei der Rechts-, Fach- und Dienstaufsicht und die unmittelbare Zuarbeit für Regierung und Parlament in der Ministerialverwaltung dem Funktionsvorbehalt unterfällt. 103 Detlef Merten (Fn. 39), S. 195. 104 Peter M. Huber (Fn. 33), S. 446. 105 Philip Kunig, in: v. Münch / Kunig, GG-Kommentar, Bd. II, Art. 33 Rn. 49. 106 Anl. I, Kap. X I X , Sachg. A , Abschn III, Ziff. 2 a Einigungsvertrag.

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Verbeamtungspraxis

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vertrag vorgesehenen Übergangsregelungen, analog anzuwenden waren. Inzwischen verfügen die Länder jedoch über eigene Beamtengesetze.107 Als erstes der neuen Länder hatte Sachsen-Anhalt in weitgehender Übereinstimmung mit dem B B G 1 0 8 ein eigenes Landesbeamtengesetz109 erlassen. Während sich das Sächsische Beamtengesetz110 an den baden-württembergischen Regelungen orientierte und das Beamtengesetz für das Land MecklenburgVorpommern 111 seine Basis i m Landesbeamtengesetz Schlewig-Holstein fand, entschloß man sich in Brandenburg 112 , einen eigenen Weg zu gehen und die vorhandenen Möglichkeiten der Selbstgestaltung zu nutzen. 113 Als letztes der neuen Länder, und dabei die Frist des Einigungsvertrages deutlich übersteigend, erließ Thüringen am 10.6.1994 ein eigenes Beamtengesetz114, wobei es die Frist des Einigungsvertrages deutlich überschritt. 115 Die Situation ist vor allem von einer sehr heterogenen, zum Teil über das vom Funktionsvorbehalt vorgegebene Maß deutlich hinausgehenden Verbeamtung i m Bereich der Landesverwaltung gekennzeichnet, während im Bereich der Kommunalverwaltung, nunmehr bereits dauerhaft zentrale Staatsaufgaben durch Angestellte erfüllt werden. 116 Für den Bereich der Landesverwaltung liegt dies unter anderem am Status der übernommenen WestBeamten, während i m kommunalen Bereich die dringend erforderlichen Ge-

107 Vgl. Ulrich Battis /Hans Lühmann, Die Beamtengesetze in den neuen Bundesländern, L K V 1994, S. 197, 197 ff. 108 In der Zählung der einzelnen Normen stimmt es bis einschließlich § 104 mit dem B B G überein. 109 Beamtengesetz Sachsen-Anhalt - B G L S A - vom 14.5.1991, GVB1. LSA 1991, S. 61 - geändert durch Gesetz vom 14.11.1991, GVB1. LSA, S. 43; das Ausfuhrungsgesetz zum Betreuungsgesetz vom 17.6.1992, GVB1. LSA 1992, S.478; das SachsAnhVwZG vom 9.10.1992, GVBl. LSA 1992, S. 715 und das Gesetz zur Änderung des Beamtengesetzes und des Landesbesoldungsgesetzes vom 29.4.1993, GVBl. 1993, S. 213. 110 Beamtengesetz für den Freistaat Sachsen - SächsBG - vom 17.12.1992, Sächs. GVBl. 1992, S. 615. 111 Beamtengesetz für das Land Mecklenburg-Vorpommern - Landesbeamtengesetz, L B G M - V - vom 28.6.1993, GVBl. M - V 1993, S. 577. 112 Beamtengesetz für das Land Brandenburg - Landesbeamtengesetz, BbgLBG, vom 24.12.1992, Bbg. GVBl. 1992, S. 506. 113 Vgl. dazu: § 13 I I (Förderungsklausel), § 20 I I (Führungsgrundsätze), § 72 (Beteiligung srechte der Spitzenorganisationen), § 77 E I (Beförderungsverbot) BbgLBG. 114 Thüringer Beamtengesetz - ThürBG- vom 10.6.1994, Thür. GVBl. 1994, S. 589. 115 Gemäß Anl. I, Kap. X I X , Sachg. A., Abschn.IÜ, Ziff. 2 a Einigungsvertrag war für die Umsetzung des Gesetzesbefehls des § 1 BRRG eine Frist bis zum 31.12.1992 bestimmt. Da aber bis zum Inkrafttreten des jeweiligen Landesbeamtenrechts die Geltung des B B G bestimmt war, entstand insofern kein Rechtsvakuum. 116 Vgl. Peter M Huber (Fn. 33), S. 455 f., der angesichts des Aufgabenbestandes der Kommunen (von Ordnungs- bis Straßenbehörde) die Verbeamtungsquote von 11 % (Statistisches Bundesamt) für viel zu gering hält.

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B. Berufsbeamtentum und Bewährungsmodell

biets- und Verwaltungsreformen zu einer Verzögerung der Veibeamtung führten. 117 Eine Aussage über die Zahl der Verbeamtungen ostdeutscher Bediensteter nach dem Bewährungsmodell kann jedoch einheitlich und vergleichend nicht getroffen werden, da in den Ländern kein statistisches Material zu dieser Frage existiert. Um jedoch einen Einblick zu gewinnen, wurde in Thüringen eine entsprechende Erhebung durchgeführt (vgl. Anlage). Dabei macht die Statistik deutlich, daß die Mehrzahl der Bewerber in die Laufbahn des gehobenen Dienstes eingestellt wurde, wenn auch mit bereichsbezogenen Unterschieden, wie der verständlich hohe Anteil von Rechtspflegern i m Justizressort zeigt. Eine anfangs kontrovers diskutierte Begrenzung des Beamteneinsatzes auf „Kernbereiche" hoheitlicher Aufgaben wurde hingegen Zumindestens normativ nicht realisiert. Alle Landesbeamtengesetze enthalten eine mit § 2 II BRRG übereinstimmende Ausdehnung auf sogenannte „Sicherungsaufgaben" 1 1 8 , womit vor allem allgemein lebenswichtige Aufgaben des Dienstherrn gemeint sind 1 1 9 . Gleichwohl zeigt die statistische Erhebung in Thüringen eine deutliche Präferenz für die Veibeamtung i m Polizeivollzugsdienst, der auch in den anderen Ländern zu den Bereichen zählt, in denen eine Übernahme in das Beamtenverhältnis frühzeitig und umfassend erfolgte. Lediglich in Sachsen und Brandenburg versuchte man, die Verbeamtungspraxis durch entsprechende Konzepte zu steuern. Auf Grundlage einer Bestimmimg i m brandenburgischen Haushaltsgesetz von 1992, wonach Verbeamtungen nur nach Maßgabe eines vom Kabinett vorzulegenden Gesamtplanes erfolgen sollten, legte das Innenministerium den Entwurf eines auf Kernbereiche (Polizei, Justiz, Strafvollzug, Finanzen) begrenzten Veibeamtungskonzeptes vor, der jedoch bereits i m Abstimmungsverfahren mit den Ressorts aus Gründen der Personalgewinnung und des Personalaustauschs als zu eng abgelehnt wurde. 120 Während der Innenausschuß noch Diskussionsbedarf bei der Veibeamtung von Lehrern, Hochschullehrern und Förstern sah, stimmte der federführende Haushaltsausschuß dem überarbeiteten Konzept der Landesregierung i m Herbst 1992 zu, das Veibeamtungen in ähnlicher

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So wurde i n Brandenburg die Ernennung von Kommunalbeamten nach dem beamtenrechtlichen Vorschaltgesetzes durch eine Verordnung vom 13.12.1991 - Bbg. GVB1. 1991, S. 652 - auf Grundlage des § 17 m S. 1 BeamtVorschltG auf den 1.7.1992 hinausgeschoben. 118 § 2 n ThürBG; § 5 I SächsBG; § 4 B G LSA; § 4 I L B G M - V ; § 5 BbgLBG. 119 Vgl. Walther Fürst (Hrsg.), GKÖD, Bd. I / Teil 2 a, K § 4 Rn. 10 f., deren Bestimmung an sach- (aufgaben-) bezogenen Gesichtspunkten (wie Geheimhaltungsgründe, Gründe der Aufrechterhaltung des öffentlichen Lebens) erfolgen muß. 120 Vgl. Fritjof Wagner, Ein Verbeamtungskonzept für Brandenburg, DÖD 1993, S. 81,82.

II. Verbeamtungspraxis

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Weise ermöglichte wie in den anderen Bundesländern. 121 Lediglich durch die Vorgabe der einer Verbeamtung zugänglichen Aufgabenbereiche wird durch das Verbeamtungskonzept vom Ansatz her eine gewisse Einheitlichkeit und Überschaubarkeit garantiert 122 , auch wenn es inzwischen Anhaltspunkte gibt, daß dieses Konzept in der Verbeamtungspraxis nur noch geringe Beachtung erfährt 123 . Allein der Freistaat Sachsen verfolgt (noch) eine insgesamt restriktive Verbeamtung anhand eines einheitlich geltenden Verbeamtungskonzeption. Dazu hat die Sächsische Staatsregierung am 28.3.1995 ein Verbeamtungskonzept beschlossen, das Verbeamtungen praktisch nur noch im Bereich der klassischen Eingriffsverwaltung zuläßt und insbesondere Lehrer und Beschäftigte in Bereichen, in denen über eine Privatisierung nachgedacht wird, ausschließt. 124

2. Die Verbeamtung der Lehrer als Beispiel a) Das Modell der Verbeamtung von Funktionsträgern als rechtsmißbräuchliche Formenwahl Insbesondere die Frage, ob die Lehrer dem Funktionsvoibehalt des Art. 33 I V GG unterfallen und daher zu veibeamten sind, wird in den neuen Ländern unterschiedlich beantwortet. So hatten Sachsen und Thüringen beschlossen, zunächst keine Lehrer in ein Beamtenverhältnis zu berufen. Sachsen-Anhalt wollte in Übereinstimmung mit Schleswig-Holstein den Beamtenstatus generell auf „Kernbereiche" hoheitlicher Aufgaben in Polizei, Justiz und Steuerverwaltung begrenzen, wobei Lehrer lediglich „Füsorgeleistungen des Staates" erbrächten und folglich nicht zu diesem Kernbereich zu zählen seien. 125 Hingegen ist die Verbeamtung der Lehrer in Brandenburg entgegen ursprünglicher Zielsetzungen am weitesten fortgeschritten, wofür als Ursache die Wettbewerbssituation zu Berlin angeführt wird. Daß eine Verbeamtung der Lehrer bisher nicht stattfand beziehungsweise hinausgezögert wird, hat seine

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Fritjof Wagner (Fn. 120), S. 83. So sollen nach dem Verbeamtungskonzept im Bereich der Innenverwaltung die Behördenleiter einschließlich ihrer ständigen Vertreter, die Beschäftigten der personalaktenfiihrenden Stellen und die Mitarbeiter mit ordnungsbehördlichen- und Beurkundungsfunktionen (Ausländerbehörden, Polizeivollzugsdienst, Bußgeldstellen, Verfassungsschutz, Landesvermessungsamt) verbeamtet werden. 123 Peter M. Huber, Die Verankerung des Berufsbeamtentums in den neuen Ländern, in: Badura (Fn. 76), S. 34 ff. 124 Beschluß Nr. 02/0105 der Staatsregierung vom 28.3.1995 „Verbeamtungen im Freistaat Sachsen". 125 Vgl. Ulrich Battis / Hans Dieter Schlenga, Die Verbeamtung der Lehrer, ZBR 1995, S. 253. 122

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B. Berufsbeamtentum und Bewährungsmodell

Ursache jedoch auch in der noch nicht abgeschlossenen Bedarfsermittlung, der ungeklärten Fragen der Qualifikation und der (amts-) angemessenen besoldungsrechtlichen Einstufung. 126 Das Problem einer Verbeamtung der Lehrer stellt sich letztlich ebenfalls als eine Konkretisierung des Verfassungsbegriffs der „hoheitsrechtlichen Befugnisse" dar. 127 So wird seit längerem der Beamtenstatus für Lehrer generell in Frage gestellt, weil Lehren keine „Hoheitstätigkeit", sondern pädagogische Wissensvermittlung und damit lediglich die Erbringung einer Dienstleistung höherer Art sei. 1 2 8 Eine neuere, vermittelnde Auffassung versucht anhand der konkreten Ausgestaltung der Dienstverhältnisse nach dem jeweiligen Landesbeamten- und Landesschulgesetz eine Verbeamtung danach zu entscheiden, ob der Landesgesetzgeber den Lehrer in substantiellem Umfang mit Eingriffsbefugnissen ausgestattet oder ihm lediglich die Rolle eines „pädagogischen Dienstleisters" zugewiesen hat. 1 2 9 Diese Auffassung folgt einer Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu Art. 48 I V EGV, der zwischen grundlegender pädagogischer Orientierung des Unterrichts und Notengebung als Bereiche der allgemeinen Belange des Staates und der Lehrtätigkeit im schulischen Alltag differenziert. 130 So sind beispielsweise die Hoheitsbefugnisse nach § 42 SächsSchulG ausschließlich beim Schulleiter konzentriert, während der Lehrer nach § 40 II SächsSchulG lediglich die pädagogische Verantwortung für die Erziehung und Bildung der Schüler hat. Dies entspricht dem Vorhaben der sächsischen Staatsregierung, die Lehrer - mit Ausnahme der Schuldirektoren - in Zukunft nicht mehr zu verbeamten. 131 Auch Thüringen hat sich vorerst nur für eine Verbeamtung sogenannter Funktionsträger - Schulleiter, stellvertretende Schulleiter und Fachbereichsleiter - entschieden und diskutiert die Frage nach dem Beamtenstatus für Lehrer primär vor dem Hintergrund finanzieller Restriktonen. Im Gegensatz dazu hat sich Mecklenburg-Vorpommern eindeutig für eine Verbeamtung der Lehrer entschieden, indem es in das Landesbeamtengesetz eine Regelung aufgenommen hat, die die Lehrtätigkeit an öffentli126 Vgl. Ulrich Karpen / Volker Maaß (Fn. 41), S. 945; Heinz Putzhammer, Die Rechtsstellung der Lehrkräfte in den neuen Ländern, RdJB 1995, S. 16, 19 ff. 127 Albert v. Mutius / Bernd Röh, Obligatorische Teilzeitbeschäftigung i m Beamtenrecht, ZBR 1990, S. 365, 380. 128 Josef Kölble, Grundproblem einer Reform des öffentlichen Dienstrechts, DÖV 1970, S. 447, 458; Martin Stock, „Materielle Selbstverwaltung" der Schulen, AÖR 1971, S. 392, 393 f.; Klaus-Dieter Heymann / Ekkehart Stein, Das Recht auf Bildung, AÖR 1972, S. 185, 220. 129 Peter M. Huber (Fn. 33), S. 460. 130 EuGH Slg. 1986, S. 2121, 2147; Schlußantrag des deutschen Generalanwalts Lenz. 131 Vgl. Peter M. Huber (Fn. 123), S. 460.

II. Verbeamtungspraxis

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chen Schulen ausdrücklich als „hoheitsrechtliche Aufgabe" definiert (§ 4 I LBG M-V). Im Gegensatz zur inhaltsgleichen Regelung in Berlin, die jedoch mit einer entsprechenden Ausgestaltung des Lehrer-Dienstverhältnisses im Schulgesetz korrespondiert 132 , wird § 4 I LBG M - V als eine von Art. 33 I V GG losgelöste Entscheidung des Gesetzgebers begriffen. 133 Die Lehrtätigkeit an öffentlichen Schulen zu den hoheitsrechtlichen Aufgaben zu rechnen, sei eine nicht zwingend notwendige und für die zukünftige Entwicklung des öffentlichen Dienstrechts eher hinderliche Selbstbindung des Landesgesetzgebers. 134 Unabhängig davon, ob eine solche Zweiteilung der Lehrerschaft verfassungsrechtlich zulässig ist, erscheint sie zur Sicherung der Funktionsfähigkeit der Schule jedenfalls wenig praktikabel und sachgerecht. 135 Dies verdeutlicht nicht zuletzt die Situation in Thüringen und Sachsen-Anhalt. Die Schulgesetze weisen den Lehrer zwar wesentlich als pädagogischen Dienstleister aus, indem sie seine Tätigkeit vor allem auf die pädagogische Wissensvermittlung reduzieren (§ 34 ThürSchulG; § 30 SchulG LSA), betreuen ihn jedoch notwendigerweise auch mit der Wahrnehmung bestimmter Eingriffsbefugnisse, so daß die Frage nach einem Veibeamtungsgebot nach dem hier vorgestellten Anknüpfungspunkt der gesetzlichen Ausgestaltung der Dienstverhältnisse nur i m Einzelfall entschieden werden könnte. Im öffentlichen Lehrbereich wird die mangelnde rechtsdogmatische Trennschärfe der Einteilung der Staatsverwaltung in Eingriffs- und Leistungsverwaltung besonders deutlich. 136 Je nachdem, ob man bei der Subsumtion der vorliegenden Streitfrage die Schulpflicht, die Möglichkeiten des Schulzwangs oder die Prüfungsbefugnisse als wesentlich für die Zuordnung der Lehrtätigkeit zur eingreifenden Verwaltung im weiteren Sinne ansieht, oder den Bildungs- und Erziehungsauftrag der öffentlichen Schulen als eine Kategorie schlicht-hoheitlicher Leistungsverwaltung betont, könnte man den Funktionsvorbehalt - letztlich nach dem politisch gewünschten Ergebnis - entweder weit oder eng definieren. 137 Die an der Beschäftigungsposition orientierte Zweitei132

§ 6 I S. 2 Berl. L B G i.V.m. §§ 10, 12 BerlSchulVerfG. PeterM Huber (Fn. 33), S. 460 f. 134 Wilhelm Wahlers, Neues Beamtenrecht in Mecklenburg-Vorpommern, Die Personalvertretung 1994, S. 433,435. 135 Ulrich Battis /Hans Dieter Schlenga (Fn. 125), S. 258. 136 Albert v. Mutius /BerndRöh (Fn. 127), S. 380; Franz Ruland, Verfassungsrecht und Beamtenrecht, ZRP 1983, S. 278, 282 f. 137 Vgl. zur Untauglichkeit dieses Musters für die rechtliche Einordnung der Staatstätigkeit: Hans-Joachim Driehaus / Rainer Pietzner, Einführung in das Allgemeine Verwaltungsrecht, München 1996, § 3 Rn. 13, mit Verweis auf die ausschließlich darstellende und beschreibende Bedeutung dieser Unterscheidung; Elmar Giemulla / Nikolaus Jaworsky / Rolf Müller-Uri, Verwaltungsrecht - Ein Basisbuch, 5. Auflage, Köln 1994, Rn. 146, mit ausdrücklichem Verweis auf das Schul- und Hochschulwesen. 133

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B. Berufsbeamtentum und Bewährungsmodell

lung der Lehrerschaft fragt dabei gerade nicht, ob für die Aufgabenwahrnehmung die Besonderheiten des Beamtenverhältnisses i m Sinne des Art. 33 V GG in besonderem Maße adäquat sind, sondern danach, ob der Lehrer kraft öffentlich-rechtlicher Legitimation mit Verwaltungsaktcharakter tragenden Eingriffsbeftignissen ausgestattet ist.

b) Die Verbeamtung der Lehrer als Verfassungsgebot Schulverhältnis und Staatsrepräsentanz des Lehramtes als Rechtfertigung des Beamtenstatus M i t der funktionalen Interpretation des Art. 33 I V GG scheint es zunächst unvereinbar, den Funktionsvorbehalt auf einen tendenziell immer mehr schrumpfenden, interessenpolitisch segregierten Bereich staatlicher Tätigkeit zu reduzieren und damit das Berufsbeamtentum aus besonders wichtigen, zukunftsweisenden Staatstätigkeiten herauzudrängen. Fielen die Lehrer als größte Gruppe der Beamtenschaft aus dem Funktionsvorbehalt heraus, würde die personelle Reichweite der institutionellen Garantie wesentlich verkürzt. Bereits der Grundsatzausschuß des Parlamentarischen Rates hatte sich expressis veibis der Frage gestellt, ob durch die gewählte Formulierung des Art. 33 I V GG eine Verbeamtung der Lehrer ausgeschlossen werde, wozu der Abgeordnete v. Mangoldt feststellte: „Bei den Schulen betonen wir immer wieder, daß sie Aufgabe des Staates sind. Es besteht Schulpflicht. ... Die Frage ist nach unserem Recht kaum umstritten. Man hat die Lehrpersonen immer zu den Beamten gerechnet." 138 So enthielt bereits die Weimarer Reichsverfassung in Art. 143 I I I eine, auf die Formulierung des Art. 23 I I der Preußischen Verfassung von 1850 zurückgehende Bestimmung, daß Lehrer an öffentlichen Schulen die Rechte und Pflichten der Staatsbeamten haben. 139 Dieses historische Argument bekommt verfassungsrechtliches Gewicht, weil der Funktionsvoibehalt zugunsten der Beamten eine spezielle Ausprägung der institutionellen Garantie der hergebrachten Grundsätze ist. 1 4 0 Die Verbeamtung von Lehrpersonen i m Schuldienst entsprach zudem ständiger und allgemein verbreiteter Praxis, und sowohl in Rechtsprechung 141 als auch älterem und neuerem 138

Klaus-Berto v. Doemming /Rudolf Werner Füsslein / Werner Matz (Fn. 72), S. 320; vgl. auch: BayVGHE 4,251,275. 139 Rezipiert von Art. 133 I I Bayerische Landesverfassung. 140 Theodor Maunz, in: Maunz / Dürig, GG-Kommentar, Art. 33 Rn. 32; Walter Leisner, Müssen Lehrer Beamte sein?, in: Isensee (Hrsg.), Walter Leisner - Beamtentum (Fn. 78), S. 240, 248, der unabhängig davon, ob die Verbeamtung der Lehrer als ein hergebrachter Grundsatz zu betrachten ist, diese zumindestens als traditionelle Grundentscheidung verfassungskräftig garantiert ansieht. 141 BVerwGE 47, 330, 343; OVG Münster, DÖD 1983, S. 66, 67; V G Karlsruhe, DÖV 1979, S. 794, 795.

II. Verbeamtungspraxis

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Schrifttum 142 werden Lehrer als „typische deutsche Beamte" 143 benannt und die Feststellung unterstrichen, daß die Tätigkeit als Lehrer einen besonderen Amtsethos sowie eine strikte Rechtsbindung und dienstliche Zuverlässigkeit i

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verlangt . Wenn der Funktionsvorbehalt dem Beamtentum einen substantiell bedeutsamen Teil der Staatstätigkeit erhalten will, muß von dieser Zweckbestimmung her auch die Bedeutung des Begriffs der „hoheitsrechtlichen Befugnisse" bestimmt werden. 145 Auch i m Parlamentarischen Rat wurde der Funktionsvorbehalt als Mittel verstanden, die wesentlichsten Positionen mit Beamten zu besetzen. 146 Der Begriff des „Wesentlichen" läßt sich dabei nicht nur von der Position des Bediensteten in der Hierarchie der Verwaltung bestimmen, sondern wird, wie die Ausdehnung des Grundrechtsschutzes im Leistungsbereich 147 und die Rechtsprechung zum Parlamentsvorbehalt 148 zeigen, von den Grundrechten determiniert. Mag sich das Verständnis der Aufgaben und des Bildes der Lehrer entsprechend des Bildungsauftrages auch gewandelt haben, bleiben i m Bereich des Schulwesen gleichwohl die grundrechtsrelevanten Handlungs- und Entscheidungsbefugnisse bestehen. Je mehr mithin der Lehrer in Erfüllung seiner Funktion in der Lage ist, die Grundrechtssphäre des Einzelnen zu gestalten, um so mehr sind rechtsstaatliche Garantien seines Handelns notwendig. Das Schulverhältnis als Sonderrechtsverhältnis unterwirft den Einzelnen dem zeitlich und sachlich intensivsten staatlichen Einfluß. Lehren ist nicht nur Wissensvermittlung, sondern eröffnet auch Berufs- und Lebenschancen149 und gestaltet von daher die Grundrechtssphären des Schülers, vor allem aus Art. 2 und 12 GG, bis in den Kernbereich. Die rechtliche Ausgestaltung der Fragen der inneren Schul- und Unterrichtsgestaltung zeitigt durchgreifende Auswir142 Hans Heckel, Die Rechtsstellung des bergbaulichen Schulwesens in NordrheinWestfalen, DÖV 1961, S. 46, 49; Walter Leisner (Fn. 140), S. 243; Helmut Quaritsch, Empfiehlt es sich, das Beamtenrecht unter Berücksichtigung der Wandlungen von Staat und Gesellschaft neu zu ordnen?, in: Verhandlungen des achtundvierzigsten Deutschen Juristentages, Bd. II, München 1970, S. O 34, O 52; Albert v. Mutius / BerndRöh (Fn. 127), S. 368. 143 Frido Wagener, Der öffentliche Dienst im Staat der Gegenwart, in: W D S t R L , Bd. 37, Berlin 1979, S. 215, 220. 144 Josef Isensee (Fn. 82), § 32 Rn. 58. 145 TheodorMaunz, in: Maunz / Dürig, GG-Kommentar, Art. 33 Rn. 33. 146 Klaus-Bertov. Doemming /Rudolf Werner Füsslein/ Werner Matz (Fn. 72), S. 319 f. 147 Vgl. BVerfGE 40, 237, 248 f.; 47, 46, 48 f.; 49, 89, 126 f.; 61, 270, 275; BVerwGE 65, 323, 325, 68, 69, 72. 148 Vgl. für den Bereich der Schule: BVerfGE 34,165, 192 f.; 41, 251, 259 f; 47, 46, 78 ff.; 58, 257, 272. 149 BVerfGE 34, 165, 188; Hans-Ulrich Evers, Verwaltung und Schule, in: W D S t R L , Bd. 23, Berlin 1964, S. 147, 160 f.

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B. Berufsbeamtentum und Bewährungsmodell

kungen auf die Rechte der Schüler und ihrer Erziehungsberechtigten und steht damit i m engen Zusammenhang mit der rechtsstaatlichen Seite der Bildungsfreiheit, die den Einzelnen gegen staatliche Ingerenzen in der individuellen Bildungsentscheidung schützen w i l l . 1 5 0 Das Sonderrechtssverhältnis als immanente Grundrechtsschranke und Beschränkungsermächtigung 151 erfordert gerade i m nichtjustitiablen Bereich der (internen) Unterrichtsgestaltung, in dem der Lehrer mit notwendig großer Beurteilungsfreiheit handelt, alle Garantien rechtsstaatlicher Verwaltung, mithin auch die der Verbeamtung. Daß Lehrer zudem Hoheitsakte setzen können, ist ein zusätzliches, aber nicht das entscheidende Argument. Die Verpflichtung des Lehrers, dem heranwachsenden Staatsbürger die Werte der Staatsordnung bewußt zu machen, ist ihm „als ein den gesamten Unterricht durchwirkendes Unterrichtsprinzip aufgetragen...". 152 Die Bildungs- und Erziehungsfunktion ist damit zugleich „Staatsrepräsentanz" und verlangt, da der vom Lehrer verkörperte Staat als solcher politisch neutral und unideologisch ist, eine gewisse organisatorische Siehe153

rung der Unterrichtspersonen. Die Rechtsbeziehungen, welche den Lehrer an den Staat binden, müssen die Gewähr für diese Neutralität bilden; durch Gehorsamspflichten nach innen und durch Unabhängigkeit gegenüber Pressionen von außen. Beides gewährt der Beamtenstatus durch seine gesteigerte Treuepflicht und das Lebenszeitprinzip. Gerade für die Vermittlung der grundlegenden Wertvorstellungen, auf denen die staatliche Gemeinschaft und ihre Rechtsordnung beruhen, gewinnt die für das Beamtenverhältnis wesentliche Treuebindung i m Rahmen des staatlichen Bildungsauftrags ihre besondere Bedeutung. 154 In der an der Ausgestaltung der Dienstverhältnisse orientierten Zweiteilung der Lehrerschaft liegt folglich ein Formenmißbrauch, weil das instutionalisierte Beamtenverhältnis zwar nicht grundsätzlich für obsolet gehalten, jedoch soweit rückgängig gemacht wird, wie es die betreffenden Interessen erfordern, zu deren Schutz wiederum das Angestelltenverhältnis als adäquat unterstellt wird. 1 5 5 Eine andere Sicht ist auch nicht aus Art. 48 I V EGV herzuleiten, der im Gegensatz zur staatsorganisationsrechtlichen Prägung des Art. 33 I V GG eine individuelle Grundfreiheit garantiert und damit lediglich eine Aussage darüber enthält, welche Verwaltungszweige Inländern vorbehalten werden dürfen. 156 150 Ernst-Werner Fuß, Verwaltung und Schule, W D S t R L , Bd. 37, Berlin 1979, S. 199, 203 u. 243 Leitsatz 2. 151 Vgl. Detlef Merten (Fn. 63), S. 208 f. 152 BVerwGE 47, 330, 343. 153 Walter Leisner (Fn. 140), S. 250. 154 Hans-Joachim Niksch (Fn. 27), S. 342. 155 Vgl. Christian Pestalozza, Foimenmißbrauch des Staates, München 1973, S. 163 f. 156 Vgl. Helmut Lecheler, Die Konsequenzen des Art. 48 Abs.4 EWGV für den nationalen öffentlichen Dienst, ZBR 1994, S. 97, 97 f.; Wolfgang Loschelder, Der

II. Verbeamtungspraxis

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Daß zu diesem Vorbehaltsbereich die Lehrtätigkeit nicht gehört, ist inzwischen unstreitig. Daraus folgt jedoch lediglich, daß der nach deutschem Verfassungsrecht geltende Beamtenstatus für Lehrer auch für Arbeitnehmer aus anderen Mitgliedsstaaten der Gemeinschaft gelten muß. Nichts anderes besagt § 4 1 Ziff. 1BRRG. Die Verfassung selbst läßt allerdings Ausnahmen zu, wenngleich mit einem schmalen Inteipretationsspielraum. Auch hoheitsrechtliche Befugnisse können ausnahmsweise Angestellten übertragen werden. Der Funktionsvorbehalt gilt nur „ i n der Regel" und verlangt die Veibeamtung nur für die „ständige" Wahrnehmung einer Aufgabe. Der Hinweis auf die veibeamteten Funktionsträger reicht schon deshalb nicht aus, weil diese Ausnahmen keine Rechtfertigung aus sich selbst heraus erfahren, sondern stets durch einen sachlichen Grund legitimiert sein müssen. 157 Außerdem muß es bei dem durch Art. 33 I V GG aufgestellten Regel-Ausnahme-Verhältnis bleiben. 158 Würde die ständige Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse in größerem Umfang auf Nichtbeamte übertragen, wäre dies auch nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts mit dem Grundgesetz unvereinbar. 159 Deshalb ist die von den Befürwortern einer an der Beschäftigungsposition orientierten Zweiteilung der Lehrerschaft herangezogene Übertragungsbefugnis des Art. 33 I V GG 1 6 0 als verfassungsrechtliche Legitimation untauglich, da sie nicht nur qualitativ, sondern auch quantitativ begrenzt ist. 1 6 1 Auch auf das Vorliegen einer nichtständigen Aufgabe kann sich der Dienstherr nicht per se berufen, weil es sich bei der Lehrtätigkeit nicht von vornherein um eine zeitlich begrenzte Aufgabe handelt. 162 Eine Ausnahmesituation könnte jedoch einigungsveranlaßt darin gesehen werden, daß auch an den Schulen der neuen Länder wie in den übrigen Bereichen des öffentlichen Dienstes die personelle Ausstattung erheblich über der in der alten BundesreStaatsangehörigkeitsvorbehalt des deutschen Beamtenrechts und die gemeinschaftsrechtliche Freizügigkeit der Arbeitnehmer: zu den verfassungsrechtlichen Grenzen supranationaler Definitionsmacht, ZBR 1991, S. 102,109 f. 157 Theodor Maunz, in: Maunz / Dürig, GG-Kommentar, Art. 33 Rn. 42; Franz Ruland (Fn. 136), S. 281; vgl. auch: V G H Mannheim, NJW 1980, S. 1868 ff. 158 Klaus Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, 2. Auflage, München 1984, S. 349; Günter Hilg, Beamtenrecht, 3. Auflage, München 1990, § 1 7 1 2 a, bb. 159 BVerfGE 9, 268, 284; vgl. auch: BVerfGE 28, 191, 198, wo das Gericht, methodisch anfechtbar, aus den faktischen Ungereimtheiten einer vielfach gleichartigen Funktionswahrnehmung durch Beamte und Angestellte lediglich den Schluß auf die Gleichartigkeit der Pflichten zieht. 160 Vgl. Albert v. Mutius /BerndRöh (Fn. 127), S. 258. 161 Klaus Stern (Fn. 158), S. 348. 162 V g l zu dieser Voraussetzung: Philip Kunig, in: v. Münch / Kunig, GG-Kommentar, Bd.E, Art.33 Rn.50. 8 Schwanengel

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B. Berufsbeamtentum und Bewährungsmodell

publik lag. 1 6 3 Da alle Schulen gemäß Art. 13 I I Einigungsvertrag übergeleitet wurden, waren die Lehrer auch nicht von der Regelung über die Abwicklung betroffen und auch das zeitlich befristete Instrument der Bedarfskündigungen 1 6 4 blieb weitgehend ungenutzt. Zur Abwicklung dieser besonderen Situation ist es deshalb nicht ausgeschlossen, einen Teil der Lehrerschaft i m (befristeten) Angestelltenstatus zu beschäftigen. Der Dienstherr gibt seine verfassungsrechtlich begrenzte Entscheidungsbefugnis jedoch in den Fällen aus der Hand, in denen er mit einem Angestelltenverhältnis eine Dauerbeschäftigung oder gar die Zusage einer späteren Verbeamtung verbindet. Der Formenmißbrauch, der mit einer „Entbeamtung" der Lehrerschaft verbunden ist, wird anhand des Problems der Teilzeitbeschäftigung von Lehrern besonders deutlich. Denn könnte der Dienstherr von den verfassungsrechtlich begrenzten Möglichkeiten einer Teilzeitbeschäftigung für Beamte ohne weiteres auf eine entsprechende Teilzeitbeschäftigung im Angestelltenverhältnis ausweichen, wie dies die Länder Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Thüringen zur Milderung des Personalabbaus im Schulbereich mit den Gewerkschaften ausgehandelt haben 165 , läge darin ein Verstoß gegen Art. 33 I V GG. Dies zeigt sich besonders angesichts der vom Dienstrechtsreformgesetz 166 geschaffenen Möglichkeiten einer Teilzeitbeschäftigung. Auf Initiative des Bundesrates 167 und auf Vorschlag des Vermittlungsausschusses168 enthält § 44a BRRG eine Öffnungsklausel, die es den Ländern zumindestens kompetentiell ermöglicht, eine „Zwangsteilzeit" 169 einzuführen. Das immer wieder angeführte Argument einer „Steigerung der Effizienz des Personaleinsatzes" 170 de-

163 Vgl. Heinz Putzhammer (Fn. 126), S. 16, nach dessen Angaben die ClearingStelle davon ausging, daß von den knapp 200.000 zum Ende der DDR an den Schulen beschäftigten Lehrkräften mindestens 50.000 abzubauen waren. 164 Anl. I, Kap. X I X , Sachg. A , Abschn. III, Nr. 1 Abs. 4, Ziff. 2 Einigungsvertrag. 165 Vgl. Heinz Putzhammer (Fn. 126), S. 16. 166 Gesetz zur Reform des öffentlichen Dienstrechts - Reformgesetz - v. 24.2.1997, BGBl. I 1997, S. 322. 167 Stellungnahme des Bundesrates zur Begründung des Regierungsentwurfs, BTDrucks. 13/3994, S. 55 f. Der Bundesrat hatte in dieser Stellungnahme die Einführung eines § 3 a BRRG gefordert, der es gestatten sollte, verbindlich ein Beamtenverhältnis „unter der Voraussetzung ständiger Teilzeitarbeit von mindestens der Hälfte der jeweils regelmäßigen Arbeitszeit" zu begründen. 168 Beschlußempfehlung v. 29.1.1997, BT-Drucks. 13/6825, die Möglichkeit der Teilzeitbeschäftigung für Beamte ohne jede Restriktion und ohne Mindestzeiten festzulegen. 169 Der ebenfalls verwandte Begriff der „Einstellungsteilzeit" beschreibt das Rechtsinstitut nur unscharf. 170 Stellungnahme des Bundesrates zur Begründung des Regierungsentwurfs, BTDrucks. 13/3994, S. 56.

II. Verbeamtungspraxis

115

kuvrierend, begründete der federführende Innenausschuß des Bundesrates seine Empfehlung zur Einführung der Zwangsteilzeit gerade mit der dadurch entstehenden Möglichkeit des Dienstherrn, „Teilzeitbeschäftigungsverhältnisse i m Beamtenverhältnis begründen zu können und nicht in den Tarifbereich ausweichen zu müssen" 171 . Das Bundesverwaltungsgericht hält jedoch diese obligatorische Zwangsteilzeit mit dem Verweis auf die Hauptberuflichkeit als Leitbild und wesentlichem Strukturinhalt des Beamtenverhältnisses und den damit verbundenen Auswirkungen für das Alimentations- und Leistungsprinzip für verfassungswidrig 172 , weshalb auch die Bundesregierung 173 in Übereinstimmung mit den Auffassungen i m Schrifttum 174 eine solche Regelung ablehnt. Auch wenn das Bundesverwaltungsgericht entscheidendes Gewicht auf die Schutzfunktion des Antragserfordernisses legt, läßt sich daraus nicht schlußfolgern, daß jedwede Durchbrechung des Grundsatzes der Hauptberuflichkeit schon dann verfassungsrechtlich bedenkenfrei erscheint, wenn der Beamte nur damit einverstanden ist. 1 7 5 Auch durch die Einführung der voraussetzungslosen Antragsteilzeit wird in die vom Bundesverwaltungsgericht hervorgehobenen und für die Struktur des Beamtenverhältnisses maßgebenden Grundsätze des Art. 33 V GG eingegriffen, und zwar sowohl in die umfassende Verpflichtung des Beamten als auch durch den Verzicht auf die Vollalimentation in die Sicherung des Lebensunterhalts und damit in die verfassungsrechtlich gebotene Unabhängigkeit des 176

Beamten. Das Dienst- und Treueverhältnis ist umfassend und nicht deshalb teilbar, weil die zu leistende Arbeitszeit beschränkt wird. Der Maßstab der Alimentation ist nicht die individuell erbrachte Leistung, da Art. 33 I I GG müden Einstieg und den Aufstieg in der Ämterhierarchie daran anknüpft, sondern 171

Empfehlungen der Ausschüsse des Bundesrates zum Dienstrechtsreformgesetz, BR-Drucks. 499/11/96. 172 BVerwGE 82, 196, 203 f. 173 Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates, BTDrucks. 13 /3994, S. 79. 174 Helmut Lecheler (Fn. 97), S. 209; Helmut Schnellenbach, Das Gesetz zur Reform des öffentlichen Dienstrechts (Reformgesetz), N V w Z 1997, S. 521, 524; HansBernd Beus / Knut Bredendiek, Das Gesetz zur Reform des öffentlichen Dienstrechts, ZBR 1997, S. 201, 204; Burkhardt Ziemske, Öffentlicher Dienst zwischen Bewahrung und Umbruch, DÖV 1997, S. 605, 613; Ulrich Battis / Klaus Joachim Grigoleit, Zulässigkeit und Grenzen von Teilzeitbeamtenverhältnissen, Verantwortung und Leistung, Heft 30, 1997, S. 11, für die die Zwangsteilzeit als „staatlich oktroyierte lebenslange Teilzeitarbeitslosigkeit" erscheint. 175

Helmut Schnellenbach (Fn. 174), S. 524. Dies verdeutlicht die Rückkehrmöglichkeit zur Vollzeitbeschäftigung in § 80 a I I I S. 2 des Referentenentwurfs zur Novellierung des Landesbeamtengesetzes Rheinland-Pfalz, die aufgrund der zwingenden haushaltsrechtlichen und personalwirtschaftlichen Gegebenheiten unter dem Vorbehalt steht, daß einer solchen Rückkehr dienstliche Belange nicht entgegenstehen. 176

8*

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B. Berufsbeamtentum und Bewährungsmodell

die vom Aufgabeniveau und damit vom Amt umrissene, typischerweise geforderte Leistung. 177 Damit kann durch eine Anhebung des Vomhundertsatzes der i m Teilzeitbeamtenverhältnis zu leistenden Dienstzeit 178 zwar das Problem eines Heranrückens der Besoldung an die durchschnittlichen Sozialhilfesätze vermieden werden 179 , bestehen bleibt jedoch der aus dem synallagmatischen Verhältnis der vollen Hingabepflicht und amtsangemessenen Alimentation folgende verfassungsrechtliche Einwand. Dies trifft auch auf die in Thüringen anvisierte Regelung eines Beamtenverhältnisses in Teilzeit von mindestens zwei Dritteln der regelmäßigen Arbeitszeit zu. 1 8 0 Zwar soll die wirtschaftliche Unabhängigkeit des Beamten zusätzlich dadurch gesichert werden, daß die Einstellungsteilzeit erst ab der Besoldungsgruppe A 12 und auch nur dann zulässig sein soll, wenn der Beamte mindestens Dienstbezüge erhält, die der Besoldungsgruppe A 13 in der ersten Dienstalterstufe mit vergleichbarem Familienstand entsprechen. 181 Allerdings ist die Alimentation Staatsdienerbesoldung und nicht Staatsbürgervorsorge 182 und damit etwas „anderes und Eindeutigeres als staatliche Hilfe zur Erhaltung eines Mindestmaßes sozialer Sicherung und eines sozialen Standards für all e " 1 8 3 . Es geht also nicht um eine ausreichende Alimentation, sondern infolge der ihr innewohnenden Korrelation zwischen Dienstleistungsbereitschaft des

177 Vgl. Bruno Schwegmann /RudolfSummer, BBesG-Kommentar, Bd. I, Teil I I / l , Einf. vor § 1 BBesG, Rn. 5; Walter Fürst / Wolfgang Loschelder, Versorgungsgerechtigkeit beim Zusammentreffen von Ruhegehalt und Rente, ZBR 1983, S. 1, 6. Nach einer - wenn auch nicht herrschenden - Meinung von Weiß kann der Anspruch des Beamten durchaus an seinen Arbeitsbeitrag geknüpft werden, da die Denkfigur des Synallagmas kein Privileg des Vertragsrechts ist, so daß die Alimentation Gegenleistung des Dienstherrn zur Erhaltung der Leistung des Beamten ist, wobei dieser seine Leistung nur als Gegenleistung bereitstellt, um dafür die Alimentation einzutauschen; vgl. Hans-Dietrich Weiß, Das Alimentationsprinzip in den Grenzen seiner beschränkenden Wirkungen, ZBR 1972, S. 289, 292. 178 So wird in Thüringen eine Begrenzung der Dienstzeit bei Zwangsteilzeit auf 66 % der Regeldienstzeit diskutiert. 179 Vgl. zum Problem einer obligatorischen Begrenzung der Dienstzeit auf bis zu 50 %: Burkhardt Ziemske (Fn. 174), S. 613. 180 § 76 a des Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Thüringer Beamtengesetzes v. 11.7.1997. 181 Damit soll der Einschätzung der Bundesregierung Rechnung getragen werden, wonach allenfalls ledige Beamte und Beamte im höheren Dienst bei einer Reduzierung der Arbeitszeit auf 50 % noch über ein Einkommen verfügen, das über den durchschnittlichen Sozialhilfesätzen liegt; vgl. Knut Bredendiek / Wolf gang Meier, Die Novelle des öffentlichen Dienstrechts, Reform oder Reförmchen?, N v W Z 1996, S. 444, 447; Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drucks. 13/3994, S. 79. 182 Detlef Merten, Alimentationsprinzip und Beamtengesetzgebung, ZBR 1996, S. 353, 355. 183 BVerfGE 44, 249, 264 f.; vgl. auch: BVerfGE 81, 363, 378.

II. Verbeamtungspraxis

117

Beamten und Gegenleistung des Dienstherrn um einen nach Dienstrang und Bedeutung des Amtes angemessenen Lebensunterhalt. 184 Durch das Teilzeitbeamtenverhältnis als staatlich oktroyierte Teilzeitarbeitslosigkeit 185 wird dem Beamten ohne Gegenleistung die Verfügungsbefugnis über einen Teil seiner beruflichen Leistungsfähigkeit entzogen. Überdies sieht das Bundesverwaltungsgericht in einer derartigen Kürzungsmöglichkeit das Leistungsprinzip gefährdet. 186 Vorrangiges Kriterium bei der Vergabe eines Amtes ist nach dem Modell der Zwangsteilzeit nicht mehr das Verfassungsgebot der eignungs- und leistungsbezogenen Bewerberauswahl, sondern die Bereitschaft zur Teilzeitarbeit, also die Bereitschaft einen Teil der eigenen Leistungsfähigkeit ungenutzt zu lassen und entsprechend auch auf finananzielle Ausstattung zu verzichten. 187 Damit ist zugleich eine Gefährdung der funktionalen Integrität des Berufsbeamtentums verbunden, weil die Möglichkeit des Staates, sich unter den Bewerbern für die Leistungsfähigsten zu entscheiden, übermäßig verengt wird. 1 8 8 Lediglich die zweifache Befristung der Geltung der geplanten Vorschrift bis 2006 und der längstmöglichen Teilzeiteinstellung von 10 Jahren könnte angesichts der Ausnahmesituation eines stark überbestzten öffentlichen Dienstes in den neuen Ländern eine solche Sonderregelung rechtfertigen. So wurde auch die Verfassungsmäßigkeit der arbeitsmarktpolitischen Teilzeit nur als zeitlich befristete Ausnahmeregelung zu Gunsten speziell für den öffentlichen Dienst ausgebildeter Bewerber und zur Verwirklichung des Funktionsvorbehalts in bestimmten Verwaltungsbereichen angenommen. 189 Abgesehen davon, daß der öffentliche Dienst grundsätzlich kein taugliches Instrument der Arbeitsmarktpolitik ist, stellt sich angesichts des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit jedoch die Frage der Geeignetheit der Zwangsteilzeit zur Bewältigung der Sondeibelastungen. Wegen des prinzipiellen Rückkehranspruchs nach 10 Jahren vertagt die Teilzeitbeschäftigung das Problem des Lehrerüberhangs gegebenenfalls nur und birgt die Gefahr in sich, lediglich zur Senkung der Personalkosten und nicht zu einer im Zugangsrecht des Art. 33 I I GG enthaltenen Integration der nachfolgenden Generationen in den Staatsdienst der neuen Länder genutzt zu werden. Die Exklusivität der Zugangsklausel des Art. 33 I I GG sperrt diese jedoch gegen weitere gleich-

184

Vgl. BVerfGE 55, 207, 236 f.; 61,43, 56; 70, 69, 80. Ulrich Battis / Klaus Joachim Grigoleit (Fn. 174), S. 11. 186 BVerwGE 82,196, 204. 187 Ulrich Battis /Klaus Joachim Grigoleit (Fn. 174), S. 11. 188 Burkhardt Ziemske, (Fn. 174), S. 613; Knut Bredendiek / Wolfgang Meier (Fn. 181), S. 447. 189 Ulrich Battis / Klaus Joachim Grigoleit (Fn. 174), S. 13; Walter Rudolf (Fn. 4), S. 209. 185

118

B. Berufsbeamtentum und Bewährungsmodell

oder vorrangige Auswahlkriterien, die notwendigerweise die Trias der dort aufgeführten Voraussetzungen relativieren oder gar substantiieren würde. 190 Die Einführung der Zwangsteilzeit als faktische Etablierung eines neuen Beamtentyps und zusätzlichem Leitbild würde eine strukturelle Veränderung des Berufsbeamtentums bedeuten, die von der Garantie des Art. 33 V GG geradezu ausgeschlossen ist. Vor allem wird durch Zwangs- und obligatorische Antragsteilzeit das Regel-Ausnahme-Verhältnis von Voll- und Teilzeibeschäftigung in verfassungsrechtlich unzulässiger Weise durchbrochen. Ist deshalb vor allem die Zwangsteilzeit grundgesetzlich unzulässig, so muß es dem Staat als Dienstherrn auch verwehrt sein, auf die obligatorische Begründung von Teizeitarbeitsverhältnissen mit Lehrern mit der Begründung größerer Flexibilität und einer zukunftsoffenen Fortentwicklung des Beamtenrechts zurückgreifen zu können.Da die Lehrtätigkeit nicht auf den Einsatz von Hoheitsgewalt reduzierbar ist, sondern existenzielle, grundrechtsrelevante Bedeutung für den Bürger besitzt, hat dieser ein Recht darauf, i m Lehrer einer Person zu begegnen, die in besonderer Treue an die Gemeinschaft gebunden und durch Lebenszeitstellung und besondere Fürsorgepflicht des Staates vor Pressionen geschützt ist. Damit sind alle zentralen hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums für das Beschäftigungsverhältnis der Lehrer besonders sachgerecht, weshalb Lehrer - solange und soweit sie die Lehrtätigkeit als ständige Aufgabe ausüben - aufgrund des Funktionsvorbehaltes grundsätzlich den Beamtenstatus erhalten müssen.

III. Das Bewährungsbeamtenverhältnis als Beamtenverhältnis sui generis 1. Das Modell des geteilten Erwerbs der Laufbahnbefähigung Nach den Übergangsregelungen des Einigungsvertrages wurde für die laufbahnrechtliche Befähigung der Beamten neben dem allgemeinen Befähigungserwerb für Laufbahnbewerber 191 und der Sonderregelung für andere Bewerber 192 der Typus des sogenannten „Bewährungsbewerbers" statuiert 193 , den die Landesbeamtengesetze auf Grundlage der Maßgabe-Regelungen zum

190

Detlef Merten (Fn. 63), S. 200 f. § 4 I Ziff. 3 BRRG; § 7 I Ziff. 3a BBG; § 6 I Ziff. 5a ThürBG; § 8 I Ziff. 3a SächsBG; § 7 1 Ziff. 3a B G LSA; § 8 ffl S. 1 LGB M - V ; § 9 I Ziff. 4 BbgLBG. 192 § 4 I V BRRG, § 7 I Ziff. 3b BBG; § 6 I Ziff 5 b ThürBG; § 8 I Ziff. 3 b SächsBG; § 7 I Ziff. 3 b B G LSA; § 8 m Ziff.l L B G M - V ; § 9 I I I BbgLBG. 193 Anl. I, Kap. X I X , Sachg. A , Abschn. III, Ziff. 3 b u. c Einigungsvertrag. 191

I . Bewährungsbeamtenverhältnis

119

BRRG 1 9 4 durch Verweisungen inkorporierten 195 . Das Bewährungsbeamtenverhältnis ist der Versuch eines Ausgleichs zwischen teilweise widerstreitenden Grundsätzen 196 : Dem aus dem Funktionsvorbehalt des Art. 33 I V GG folgenden Gebot, „sobald wie möglich" Beamte zu ernennen und dem durch das Laufbahnprinzip abgesicherten sowie in Art. 33 I I GG und den Beamtengesetzen festgelegten Leistungsprinzip, das seit jeher zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums gehört 197 . Dabei beinhaltet die Eignung, verstanden als Oberbegriff der Zugangstrias des Art. 33 I I GG 1 9 8 , neben der (vergangenheitsbezogenen) Bewährung des Bewerbers i m Rahmen seiner fachlichen Leistung unter dem Aspekt der Befähigung ein Mindestmaß an Qualifikation als eine der wichtigsten Voraussetzungen für eine Verbe199

amtung . Da das Laufbahnprinzip als Kombination des Leistungs- mit dem Lebenszeitgrundsatz und der rechtsstaatlichen Formalisierung des Beamtenverhältnisses zu den tragenden Ordnungsprinzipien des Berufsbeamtentums 200 und damit zum Kreis der zu „beachtenden" hergebrachten Grundsätze zählt 2 0 1 , mußte dem Umstand Rechnung getragen werden, daß die wenigsten der i m öffentlichen Dienst des Beitrittsgebietes Beschäftigten über eine entsprechende Laufbahnbefahigung verfugten und ihnen eine solche nach den allgemeinen laufbahnrechtlichen Grundsätzen auch nicht zuerkannt werden konnte. Unbeschadet des allgemeinen Interesses am Aufbau des Berufsbeamtentums bestand deshalb kein Gestaltungsspielraum hinsichtlich des „Ob" der Beachtung dieser Grundsätze, sondern allenfalls hinsichtlich der Frage „Wie" ihnen unter Berücksichtigung der besonderen Umstände ausreichend Rechnung getragen werden konnte. Für diese Konstellation bot Art. 23 S.2 GG a.F. jedoch einen ausreichenden Spielraum. Schon nach den Vorstellungen des Parlamentarischen Rates sollte

194 Anl. I, Kap. X I X , Sachg. A , Abschn. EI, Ziff. 2 c Einigungsvertrag, wonach i m öffentlichen Dienst des Beitrittsgebiets Beschäftigte in entsprechender Anwendung der Ziff. 3 b u. c in ein Beamtenverhältnis auf Probe berufen werden können. 195 § 141 m S. 1 ThürBG; § 8 I Ziff. 3 c i.V.m. § 158 SächsBG; § 125 I B G LSA; § 8 m Ziff. 2 L B G M - V ; § 153 BbgLBG. 196 Vgl. Helmut Lecheler (Fn. 41), S. 50. 197 BVerfGE 56,146,163; BVerwGE 24,235,239. 198 BVerwGE 47, 330, 336 f. 199 Vgl. zur unterschiedlichen Typologie der Zulassungskriterien: Josef Isensee, Der Zugang zum öffentlichen Dienst, in: Bachof / Heigl / Redeker (Hrsg.), Verwaltungsrecht zwischen Freiheit, Teilhabe und Bindung, München 1978, S. 337, 343. 200 Helmut Lechler (Fn. 4), § 72 Rn. 116. 201 Vgl. in std. Rspr. BVerfGE 3, 58, 137; 25, 142, 148; Helmut Lecheler (Fn. 4), § 72 Rn. 66; Wolfgang Loschelder, „Systemgerechte Regelung" - Sachorganisation oder Leerformel der Dienstrechtsdiskussion?, ZBR 1978, S. 133, 137 m.w.N.

120

B. Berufsbeamtentum und Bewährungsmodell

die Vorschrift den Beitritt „so offen wie möglich gestalten" 202 und damit ein stufenweises und zunächst modifiziertes Inkraftsetzen des Grundgesetzes durch Übergangs-, Anpassungs und Sonderregelungen ermöglichen 203 , die ihre Grenze in der vom Bundesverfassungsgericht entwickelten „Annäherungstheorie" 2 0 4 findet, wonach Einschränkungen nur dann zulässig sind, wenn das verfassungsrechtlich gebotene Optimum nicht erreichbar ist und die gefundene Regelung „näher beim Grundgesetz steht" als der vorherige Zustand 205 . Normgebot des Art. 23 S.2 GG a.F. ist und bleibt das Grundgesetz, weshalb angesichts des klar vorgezeichneten Endziels der Spielraum lediglich temporär genutzt werden kann. Letzterem trug der Einigungsvertrag dadurch Rechnung, daß er die Übergangsregelungen bis zum 31.12.1996 befristete 206 , ohne daß damit die Probleme i m Zusammenhang mit dem Bewährungsbeamtenverhältnis erledigt sind, da die Defizite der fehlenden laufbahnrechtlichen Ausbildung und der eingeschränkten Laufbahnbefahigung allein bei Beförderungs- und Versetzungsentscheidungen über Jahrzehnte fortwirken 207 . Zudem bezog sich die Befristung nur auf die (erstmalige) Berufung in das Beamtenverhältnis. Da i m Bereich der einzelnen Dienstherrn die Voraussetzungen für eine Veibeamtung erst weit nach Inkrafttreten der rahmen- beziehungsweise landesrechtlichen Regelungen vorgelegen haben, erfolgte die Begründung von Beamtenverhältnissen i m großen Umfang erst ab 1994 208 , so daß die Besonderheiten des Probebeamtenverhältnisses als einer der abschließenden Zuerkennung der Laufbahnbefahigung dienenden Erprobungszeit auch weiterhin Gültigkeit besitzen. Das Bewährungsbeamtenverhältnis baut in fachlicher Hinsicht bezüglich des Leistungsgrundsatzes auf der Prognose auf, daß jemand, der sich über längere Zeit in der Erfüllung eines bestimmten Aufgabenbereichs bewährt hat, grundsätzlich auch befähigt sein soll, andere vergleichbare Aufgaben im Rahmen eines Beamtenverhältnisses zu erfüllen. Der Gedanke einer Befahi202

Klaus-Berto v. Doemming / Rudolf Werner Füsslein / Werner Matz (Fn. 72),

S. 219. 203 Peter Häberle (Fn. 18), S. 358; Christian Starck (Fn. 18), S. 353; Klaus Stern, Der Staatsvertrag im völkerrechtlichen und verfassungsrechtlichen Kontext, in: Klaus Stern / Bruno Schmidt-Bleibtreu (Fn. 18), S. 3, 38; Dietrich Rauschning, Deutschlands aktuelle Verfassungslage, DVB1. 1990, S. 393,401. 204 Vgl. Peter Lerche, Das Bundesverfassungsgericht und die Vorstellung der „Annäherung" an den verfassungsgewollten Zustand, DÖV 1971, S. 721, 721 ff. 205 Vgl. BVerfGE 4, 157, 169 f. in std. Rspr. BVerfGE 12, 281, 290 f.; 15, 337, 349; 18, 353, 365 f; 27 253,281 f. 206 Lediglich Thüringen hatte in § 141 I I I ThürBG die Frist irrtümlich auf den 31.12.1995 festgesetzt. 207 Ulrich Battis (Fn. 41), S. 93. 208 V g l Begründung zum Gesetzentwurf über die Anrechnung von Dienstzeiten, BT-Drucks. 13/4385, S. 4.

III. Bewährungsbeamtenverhältnis

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gungsprognose auf der Grundlage der bisherigen Tätigkeit ist auch dem bisherigen Beamtenrecht nicht fremd. So beruht die Möglichkeit des Aufstiegs (§ 12 I I I BRRG, § 25 BBG) allein auf einer in der bisherigen praktischen Tätigkeit bewiesenen Eignung, für deren Feststellung unterschiedliche Bewährungsvorzeiten 209 sowie eine Einfuhrungsausbildung 210 vorgesehen ist, die für den mittleren und gehobenen Dienst mit einer Aufstiegsprüfung 211 und für den höheren Dienst mit der Feststellung einer erfolgreichen Einführung 212 abgeschlossen wird. In rechtsdogmatischer Sicht sind zudem Anleihen beim Typ des „anderen Bewerbers" (§ 4 I V BRRG, § 7 I Ziff.3 b BBG) nicht zu übersehen, bei dem ausnahmsweise schon de lege lata die sonst zu fordernde Laufbahnbefähigung durch bloße Berufserfahrung kompensiert wird, 2 1 3 die allerdings nach Schwierigkeit und Niveau der Tätigkeit in der angestrebten Laufbahn vergleichbar und gleichwertig sein muß. 2 1 4 Die deutlichsten Parallelen bestehen jedoch zum Berliner Landesbeamtengesetz von 1952 215 , nach dem im Dienste des Landes stehende Angestellte in ein Beamtenverhältnis berufen werden konnten, wenn sie sich mindestens vier Jahre vor Inkrafttreten des Gesetzes in ihrer oder einer gleichwertigen Stelle bewährt hatten, wobei die Bewährung durch die Dienstbehörde oder i m Streitfall durch den Landespersonalausschuß beziehungsweise einem anderen unabhängigen Ausschuß festzustellen war (§ 171 Ziff.2 LBG). Ergänzt wurde diese Übergangsregelung durch den Typ des „Beamten auf Kündigung" ( § 4 1 Ziff.3 LBG), dem u.a. auch wegen mangelnder Bewährung oder Auflösung seiner Beschäftigungsstelle (§ 70 I Ziff.2 u. 4 LBG) gekündigt werden konnte, der aber im Gegenzug nach einer mindestens sechsjährigen Dienstzeit und einer mindestens dreijährigen Tätigkeit auf einer Beamtenstelle einen Anspruch auf Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit hatte (§ 4 I I I LBG). Nach dem Bewährungsmodell waren selbst bei Bediensteten, bei denen eine „Nachbewährung" unzumutbar erschien, Verbeamtungen nur in ein Beam-

209

Vgl. § 22 I Ziff.2 B L V , einjährige Bewährungszeit für den mittleren Dienst; § 28 I Ziff.2 B L V , fünfjährige Bewährungszeit und Erreichung eines Beförderungsamtes für den gehobenen Dienst und § 33 I Ziff. 2 B L V , achtjährige Bewährungszeit und Erreichung eines Beförderungsamtes für den höheren Dienst. 210 Vgl. §§22 I V , 28 V , 33 V I I I B L V , mindestens einjährige Einführungsausbildung. 211 §§ 22 I I I ; 28 I V B L V , die jeweils der Laufbahnprüfung zu entsprechen hat. 212 Vgl. § 33 I V B L V , wobei die Beamten den Nachweis über die erfolgreiche Einführung unter Berücksichtigung der erbrachten Leistungsnachweise (Abs. 2) und der vorgesehenen Verwendung durch Vorstellung beim Bundespersonalausschuß erbringen müssen. 213 Vgl. Walther Fürst (Hrsg.), GKÖD, Bd. I / Teil 2 a, K § 7 Rn. 24. 214 Walther Fürst (Hrsg.), GKÖD, Bd. I / Teil 2a, K § 7 Rn. 23 a. 215 Landesbeamtengesetz vom 24.7.1952, GVB1. Berlin 1952, S. 603.

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B. Berufsbeamtentum und Bewährungsmodell

tenverhältnis auf Probe zulässig 216 , die allerdings sogleich in ein Beförderungsamt der Laufbahngruppe erfolgen konnten. 217 Charakteristisch für den Bewährungsbewerber ist die mit dem herkömmlichen Beamtenrecht nicht zu vereinbarende Regelung, daß jemand mit nur vermuteter Laufbahnbefähigung Beamter wird, diese dann aber in einer besonders ernst zu nehmenden Probezeit durch Bewährung auf dem Dienstposten und durch ergänzende, vom Dienstherrn anzubietende Aus- und Fortbildungsangebote nachzuerwerben hat. 2 1 8 In seiner inhaltlichen Ausgestaltung stellt das Bewährungsbeamtenverhältnis einen Systembruch 219 gegenüber den Grundsätzen des Laufbahnsystems dar, das eine leistungsstarke, möglichst vielseitig verwendbare, nach Eignung und Leistung ausgewählte und nach diesen Grundsätzen in den einzelnen Ämtern eingesetzte Beamtenschaft gewährleisten soll. 2 2 0 Demgemäß ist der Laufbahneinstieg, nicht dagegen der Laufbahnfortschritt, vor- und 221

ausbildungsabhängig. Im allgemeinen erfolgt der Befähigungserwerb oder die Befahigungsfeststellung vor der Begründung eines Beamtenverhältnisses, indem der Bewerber durch seine Ausbildung und Prüfung (als Laufbahnbewerber) oder aufgrund seiner besonderen Lebens- und Berufserfahrung (als anderer Bewerber) die für die Laufbahn allgemein erforderlichen Kentnisse und Fertigkeiten nachzuweisen hat. Das Bewährungsbeamtenverhältnis geht demgegenüber von einem geteilten Befähigungserwerb aus. Als Voraussetzung für die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe erfolgte eine auf berufliche Erfahrungen in einem Tätigkeitsbereich abstellende Bewährungsfeststellung als Verbeamtungsentscheidung. 222 Da die Bewährung als Ersatz für die Laufbahnbefähigung gedacht ist, kommt ihr rechtlich die Bedeutung einer vorläufigen Befähigung zu. 2 2 3 Durch eine Bewährung während der Probezeit und ergänzende Aus- und Fortbildungsmaßnahmen muß die Bewährung

216

Anl. I, Kap. X I X , Sachg. A , Abschn. III, Ziff. 3b S. 1 Einigungsvertrag. Dies bedarf i n den Laufbahngruppen des gehobenen und höheren Dienstes der Zustimmung des Bundes- oder Landespersonalausschusses, Ziff. 3b S. 4 Einigungsvertrag; vgl. ausdrückliche Regelung in § 158 I V SächsBG. 218 Hartmut Krüger (Fn. 43), S. 197. 219 Helmut Lecheler (Fn.41), S. 49; Hartmut Krüger (Fn. 43), S. 197, Walther Fürst (Hrsg.), GKÖD, Bd. I / Teil 2a, K § 7 Rn. 48; Information der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern „ B e a m t e n r e c h t l i c h e Situation der Bewährungsbewerber" (unveröffentlicht), S. 2. 220 Theodor Maunz, in: Maunz / Dürig, GG-Kommentar, Art. 33 Rn. 67. 221 Walter Scheerbarth / Heinz Höjjken / Hans-Joachim Bauschke / Lutz Schmidt, Beamtenrecht, 6. Auflage, Siegburg 1992, § 13 I I Ziff. 3. 222 Hans-Dietrich Weiß (Fn. 8), S. 33. 223 Walther Fürst, (Hrsg.), GKÖD, Bd. I / Teil 2a, K § 7 Rn. 48. 217

III. Bewährungsbeamtenverhältnis

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(nach-) bestätigt werden und erwächst am Ende der regelmäßig dreijährigen Probezeit zur eingeschränkten Laufbahnbefähigung. 224

2. Die bereichsgebundene Laufbahnbefähigung und die Möglichkeit einer Gleichwertigkeitsfeststellung Wichtig ist, daß beide Bewährungsfeststellungen von der zuständigen obersten Dienstbehörde nur für „ihren Bereich" getroffen werden und deshalb auch nur für diesen Geltung beanspruchen, wodurch das Prinzip der generellen Verwendbarkeit für die entsprechenden Laufbahnen aller Dienstherrn i.S.d. § 122 I I BRRG durchbrochen und damit die Mobilität des Bewährungsbewerbers entscheidend eingeschränkt wird. 2 2 5 Erstmals wurde von der Forderung, der Beamte müsse grundsätzlich in der ganzen Breite seiner Laufbahn einsetzbar sein, bei der Einführung des Bewährungsaufstiegs zur „besonderen Verwendung" 226 abgegangen. Das wichtigste Merkmal des besonderen Aufstiegs besteht gerade darin, daß sich die zu erwartende Befähigung nicht wie beim Regelaufstieg auf die nächsthöhere Laufbahn insgesamt erstreckt, sondern sich auf einen bestimmten „Bewährungsbereich" dieser Laufbahn richtet. Die Befähigung wird zwar wie beim Regelaufstieg durch die „Einführung in die Aufgaben der neuen Laufbahn" vermittelt, aber für diese Einführung sind die Anforderungen des Verwaltungsbereichs, nicht die der Gesamtlaufbahn maßgebend.227 In beiden Fällen wird nach näherer Maßgabe nur eine beschränkte Befähigung „für" die Laufbahn, nicht aber die Laufbahnbefähigung an sich erworben, da die eingeschränkten Befähigungs- und Verwendungsmerkmale auch den Begriff der „Eignung" bestimmen. Die Zuerkennung und Bestätigung dieser bereichsgebundenen Laufbahnbefahigung kann damit auch nur i m Wege einer Anerkennung als „gleichwertig" (vgl. § 6 I I B L V 2 2 8 ) auf andere oberste Dienstbehörden und andere Dienst-

224 Vgl. Erläuterungen zum Einigungsvertrag, in: Stern / Schmidt-Bleibtreu (Fn. 43), S. 718. 225 Hans-Dietrich Weiß (Fn. 8), S. 34; Hartmut Krüger (Fn. 43), S. 197. 226 §§ 23, 29 B L V i.d.F. vom 15.11.1978, BGBl. 1978, S. 1763. 227 Heinz Schröder / Bernt Lemhöfer / Ralf Krajft, Das Laufbahnrecht der Bundesbeamten - Kommentar zur B L V , § 23 Rn. 2. 228 Die Bestimmung des § 6 I I S. 1 BLV, wonach die Befähigungsanerkennung ausgeschlossen ist, wenn für die Laufbahn eine bestimmte Vorbildung erforderlich ist, bezieht sich nur auf durch besondere Rechtsvorschriften, d.h. durch Gesetz oder Rechtsverordnimg außerhalb der §§ 5 ff. BBG sowie der B L V vorgeschriebene Ausbildungsgänge; vgl. Heinz Schröder / Bernt Lemhöfer / Ralf Krajft, Das Laufbahnrecht der Bundesbeamten - Kommentar zur B L V , § 6 Rn. 4.

124

B. Berufsbeamtentum und Bewährungsmodell

herrn ausgedehnt werden. 229 Diese Regelung schränkt das grundsätzliche Erfordernis der Laufbahnbefähigung dadurch ein, daß dem für seine bisherige Laufbahn befähigten Beamten der zusätzliche Befähigungserwerb für eine verwandte Laufbahn besonders erleichtert wird. Das Merkmal der „Gleichwertigkeit" (= Vergleichbarkeit) ist nach den objektiven Gegebenheiten der betreffenden Laufbahn zu prüfen. 230 Dabei muß zu erwarten sein, daß ein durchschnittlich befähigter Beamter der einen Laufbahn auch den Anforderungen der neuen Laufbahn gewachsen ist. Soweit es sich aufgrund der Spezifik der bereichsbezogenen Laufbahnbefähigung materiell nicht um einen horizontalen Laufbahnwechsel, sondern nur um einen Wechsel der obersten Dienstbehörde oder des Dienstherm handelt, wird das Merkmal der „Gleichwertigkeit" infolge der weitgehend identischen Befähigungsvoraussetzungen allgemein zu bejahen sein. Dies um so mehr, als sich die Bewährungsfeststellungen auch auf das Amt im abstrakt-funktionellen Sinne beziehen mußten. Allerdings ist die zuständige oberste Dienstbehörde (vgl. § 6 III BLV) damit nicht etwa automatisch zur Befähigungsanerkennung i m Einzelfall verpflichtet. Sie hat vielmehr im Rahmen ihres pflichtgemäßen Ermessens die tatsäch231

liehen Fähigkeiten und Kenntnisse des Beamten zu berücksichtigen. Maßstab der Ermessensausübung muß der Zweck sein, im Interesse einer geordneten und leistungsfähigen Verwaltung nur solchen Bewährungsbeamten die Befähigung für die Laufbahn i m Bereich einer anderen obersten Dienstbehörde oder eines anderen Dienstherrn anzuerkennen, die den dort gestellten Aufgaben ebenso gewachsen sind wie den Anforderungen in dem Bereich, in dem ihre Befähigung geprüft wurde. In der Regel wird daher die Befähigung erst anerkannt werden können, wenn der Beamte in die Aufgaben des neuen Dienstpostens eingewiesen und der Erfolg der Unterweisung festgestellt worden ist. 2 3 2 Eine gewisse Ausdehnung des Geltungsbereichs der Laufbahnbefähigung enthalten bereits die Beamtengesetze von Sachsen und Sachsen-Anhalt 233, 229

Walter Scheerbarth / Heinz Hofften / Hans-Joachim Bauschke / Lutz Schmidt (Fn. 221), § 35 III. 230 Heinz Schröder / Bernt Lemhöfer / Ralf Krafft, Das Laufbahnrecht der Bundesbeamten - Kommentar zur B L V , § 6 Rn. 10. 231 Heinz Schröder / Bernt Lemhöfer / Ralf Krafft, Das Laufbahnrecht der Bundesbeamten - Kommentar zur B L V , § 6 Rn. 10 f. 232 Nachtrag: Der Entwurf des Versorgungsreformgesetzes sieht nunmehr in einem neu eingefügten § 122 I I I BRRG eine generelle Gleichwertigkeit der Laufbahnbefähigung nach erfolgreich abgeleisteter Probezeit und positiver Bewährungsfeststellung vor; vgl. BR-Drucks. 338/98, S. 2. Die Regelung geht auf eine Anregung des BundLänder-Arbeitskreises für Beamtenrechtsfragen zurück (vgl. BT-Drucks. 13/9527) und wurde auf Grundlage einer Beschlußempfehlung des Innenausschusses in den Gesetzentwurf eingefügt (BT-Drucks. 13/10322, S. 7). 233 § 158 I I S. 2 SächsBG; § 125 I S. 3 u. 4 B G L S A .

III. Bewährungsbeamtenverhältnis

125

wonach die Bewährungsfeststellung für die Beamten der Gemeinden und Landkreise nicht von der obersten Dienst-, sondern der obersten Aufsichtsbehörde ohne Einschränkung auf den Dienstbereich getroffen wird, woraus gefolgert werden muß, daß zumindest die Kommunalbeamten dieser Länder die Befähigung für die Laufbahn ihrer Fachrichtung im Geltungsbereich des jeweiligen Landesbeamtengesetzes besitzen. § 125 I S.3 BG LSA sieht zudem auch für die Landesbeamten eine einvernehmliche Entscheidung zwischen oberster Dienstbehörde, Fachministerium 234 und Ministerium des Innern über die Laufbahnbefähigung vor und bestätigt in § 38 I S. 4 LVO LSA den Charakter dieser Bewährungsfeststellung als Laufbahnbefähigung für alle Dienstherrn i m Geltungsbereich des Beamtengesetzes Sachsen-Anhalt. Aufgrund der mit den jeweiligen Fachministerien abgestimmten Bewährungskriterien hat das Ministerium des Innern dabei in der praktischen Handhabung sein Einvernehmen grundsätzlich erteilt, ohne eine Beteiligung an den Befähigungsfeststellungen im Einzelfall vorzunehmen.

3. Die Dienstpostenbewährung als Voraussetzung vorläufiger Laufbahnbefähigung a) Die Festsetzung der Bewährungszeit Da die Probezeit kein Ersatzvorbereitungsdienst ist, mußte die der Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe vorausgehende Bewährungsfeststellung schon aus Gründen des Gleichheitssatzes von einem möglichst gleichartigem Anforderungsprofil ausgehen, weshalb der Einigungsvertrag dem Bim235

desinnenministerium und (übergangsweise) in analoger Anwendung den zuständigen Ministerien der Länder 236 eine Verordnungsermächtigung erteilte, die sich nach dem Erlaß der Landesbeamtengesetze auf die Verordnungser237

mächtigung zu den Laufbahnvorschriften stützte . Die daraufhin erlassenen, nach § 13 III BRRG abgestimmten Bewährungsanforderungsverordnungen 238 234

Wobei das Fachministerium für die jeweilige Laufbahn weitgehend identisch mit der obersten Dienstbehörde i.S. d. § 3 I B G LSA sein wird. 235 Anl. I, Kap. X I X , Sachg. A , Abschn. III, Ziff. 3 e. 236 Anl. I, Kap. X I X , Sachg. A , Abschn. III, Ziff. 2c S. 4. 237 Vgl. § 17 I ThürBG; § 18 I SächsBG; § 15 B G LSA; § 17 B G M - V ; § 73 BbgLBG. 238 Verordnung über die Bewährungsanforderungen für die Einstellung von Bewerbern aus der öffentlichen Verwaltung i m Beitrittsgebiet in ein Bundesbeamtenverhältnis (BewA-VO Bund) vom 9.1.1991, BGBl. I 1991, S. 123, die gem. § 158 I SächsBG in ihrer jeweiligen Fassung (dynamische Verweisung) auch im Freistaat Sachsen gilt; Thüringer Verordnung über die Bewährungsanforderungen für die Einstellung von Bewerbern aus dem Beitrittsgebiet in ein Beamtenverhältnis (BewA-VO

126

B. Berufsbeatentum und Bewährungsmodell

regelten zeitlich die Dauer der Bewährungszeit, persönlich ein mit der Suspendierung des Ausbildungsabschlusses korrespondierendes Mindestalter und sachlich die Art der Bewährung. In Sachsen-Anhalt und in MecklenburgVorpommern wurde der Regelungsgehalt der Bewährungsanforderungsverordnungen 1994 in die jeweiligen Laufbahnordnungen integriert und zum Teil modifiziert. 239 Besondere Einstellungsvoraussetzung für einen Bewährungsbeamten war die Bewährung auf einem hinsichtlich seiner Schwierigkeit mindestens der zu übertragenden Funktion entsprechenden Dienstposten 240 und im Rahmen einer nach Laufbahngruppen gestaffelten Bewährungszeit, die für den einfachen Dienst ein, für den mittleren Dienst zwei, für den gehobenen Dienst drei und für den höheren Dienst vier Jahre betrug. 241 Da es sich stets nur um eine „Mindestdauer" handelte, konnte in begründeten Ausnahmefällen die Bewährungszeit durch die oberste Dienstbehörde verlängert werden, während eine Abkürzung nur mit Zustimmung des Bundes- beziehungsweise der Landespersonalausschüsse zulässig war. So hatte der Sächsische Landespersonalausschuß eine allgemeine Kürzung bis auf die Hälfte für generell zulässig erklärt. 2 4 2 Bedenken begegnen jedoch der Regelung angebracht werden, daß lediglich sechs Monate der Bewährungszeit nach dem Beitritt in der öffentlichen Verwaltung zurückzulegen waren. Die i m ersten Kapitel dargestellten systembedingten Unterschiede zwischen dem Staatsapparat der DDR und der öffentlichen Verwaltung der Bundesrepublik lassen solche Tätigkeiten kaum als „geeignet" für die Bewährung auf einem (Beamten-) Dienstposten und die Thür.) vom 2.2.1993, Thür. GVB1. 1993, S. 173; Verordnung über die Bewährungsanforderungen für die Einstellung von Bewerbern aus der öffentlichen Verwaltung im Sinne der Anlage I Kapitel X I X Sachgebiet A Abschnitt I I I Nr. 2 Buchst c. des Einigungsvertrages i n ein Beamtenverhältnis i m Land Sachsen-Anhalt vom 31.7.1991, GVB1. LSA 1991, S. 226; Landesverordnung über Bewährungsanforderungen für die Ernennung zum Beamten auf Probe vom 19.11.1991, GVB1. M - V 1991, S. 444; Verordnung über die Bewährungsanforderungen für die Einstellung von Bewerbern aus dem Beitrittsgebiet i n ein Beamtenverhältnis (BewA-VO Bbg.) vom 20.8.1991,Bbg. GVB1. Brandenburg 1991, S. 378. 239 §§ 32-38 Verordnung über die Laufbahnen der Beamten im Land SachsenAnhalt - L V O LSA - vom 15.8.1994, GVB1. LSA 1994, S. 920; §§ 37-44 Landesverordnung über die Laufbahnen der Beamten des Landes Mecklenburg-Vorpommern LaufbVO M - V - vom 28.9.1994, GVB1. M - V 1994, S. 861. 240 Ziff. 3b S. 2 Einigungsvertrag; § 11 S. 1 BewA-VO Bund / Sachsen; § 2 I Ziff.l BewA-VO Thür.; § 33 I S. 1 L V O LSA; § 38 I S. 1 LaufbVO M - V , § 2 I S. 1 BewAV O Bbg. 241 § 2 I S. 1 BewA-VO Bund / Sachsen; § 3 I S. 1 BewA-VO Thür.; § 33 H I S. 1 L V O LSA; § 39 I S. 1 LaufbVO M - V ; §§ 3 I S. 1 BewA-VO Bbg. 242 Grundsatzbeschluß des Landespersonalausschusses vom 29.10.1992, SächsAmtsBl. 1992, S. 1755 i.d.F. des Beschlusses vom 12.7.1994, SächsAmtsBl. 1994, S. 1068.

III. Bewährungsbeamtenverhältnis

127

damit verbundene Befähigungsprognose erscheinen. Ein Bediensteter, der früher über die Zulassung von Handwerksbetrieben nach Kontigentierungskriterien oder deren Materialbilanzierung entschied, ist deshalb nicht für die die an der Berufs- und Gewerbefreiheit orientierte und durch die Gewerbeordnung rechtsstaatlich gebundene Aufnahme von Gewerbeanzeigen oder die Präventivkontrolle erlaubnispflichtiger Gewerbetätigkeiten befähigt. Die Entscheidung des Landespersonalausschusses Sachsen-Anhalt, wonach die „Bewährungszeit zum Erwerb der Befähigung gemäß § 2 Abs.l BewährungsVO mindestens sechs Monate" betrug 243 , erfaßte zwar das dahinter stehende Problem einer de facto abgeschmolzenen Bewährungszeit korrekt, verstieß aber infolge der Bindungswirkung des LPA-Beschlusses 244 gegen die nach wie vor gültigen Mindestbewährungszeiten. Die Berücksichtung von DDR-Vordienstzeiten führte außerdem zu einer doppelten Peipetuierung der Stelleninhaber, indem die ehemaligen Staatsbediensteten nicht nur einen generell bevorzugten Zugang zum Beamtenstatus erlangten, sondern zudem laufbahnrechtlich in Abhängigkeit von ihrer früheren Stellung i m Nomenklatursystem eingestuft wurden. Dieses Problem hatte lediglich Mecklenburg-Vorpommern erkannt und in § 38 I S.3 LVO M - V normiert, daß Beschäftigungszeiten in Funktionen, die dem Grundsatz politischer Mäßigung widersprachen, unberücksichtigt bleiben, wenn der Bewerber dadurch einen ungerechtfertigten Vorteil erlangt hatte. Problematisch war ebenfalls die Regelung, „geeignete" Tätigkeiten außerhalb der öffentlichen Verwaltung auf die Bewährungszeit anzurechnen, da sich der Bewerber in einem Aufgabenbereich bewähren mußte, der mindestens dem Niveau des zu übertragenden Amtes entsprach. Starre Regelungen über vergleichbare Tätigkeiten außerhalb der öffentlichen Verwaltung ließen sich pauschal jedenfalls nicht finden. 245 Um zumindestens eine formelle Vergleichbarkeit erreichen zu können, wäre es sinnvoll gewesen, auf die Eingruppierungsvorschriften in Anlage l a zum BAT-Ost abzustellen, insbesondere auf die i m Allgemeinen Teil enthaltenen Legaldefinitionen für bestimmte

243

Beschluß des Landespersonalausschusses vom 25.7.1991 über die Dauer der Bewährungszeit für sogenannte Bewährungsbewerber nach dem Einigungsvertrag, in: Beamtenrecht in Sachsen-Anhalt, Grundwerk, Rn. 2.5.0.2. 244 Vgl. 103 I L B G LSA. Diese Bindungswirkung ist mit dem Gesetzmäßigkeitsgrundsatz deshalb vereinbar, weil eine Behörde auch an die das Gesetz konkretisierende Entscheidung anderer Verwaltungsbehörden gebunden sein kann, mit der Folge, daß die nach außen handelnde Behörde in ihrer Willensbildung an diese Entscheidung gebunden ist; Vgl. Günter Hilg (Fn. 158) § 10 I I I 1; Eyermann / Fröhler, VwGOKommentar, § 42 Rn.56 a. 245 Joachim Spors / Irmgard Weiß, Das Beamtengesetz für den Freistaat Sachsen, SächsVBl. 1993, S. 145 (-152), 149.

128

B. Berufsbeatentum und Bewährungsmodell

Tätigkeitsbereiche. 246 Durch die Bezugnahme auf die „zu übertragende Funktion" und damit das Amt i m konkret-funktionellen Sinne scheint für die Beurteilung des Schwierigkeitsgrades einer früheren Tätigkeit die vielfach vorgenommene Bezugnahme auf eine Eingruppierung in eine Gehaltsgruppe des Rahmenkollektiwertrages für sich genommen keinen ausreichend sachdienlichen Hinweis zu liefern. 247 Von entscheidendem Gewicht ist außerdem die Erwägung, daß die Bewährung nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung für die Übernahme in das Beamtenverhältnis nicht, jedenfalls nicht ausschließlich oder überwiegend aufgrund einer vor dem Erwerb der Befähigung ausgeübten Tätigkeit beurteilt werden kann. Eine abschließende Beurteilung war vielmehr erst aufgrund einer Verwendung auf einem entsprechenden (Beamten-) Dienstposten möglich.

b) Der geeignete Bewährungsdienstposten als Grundlage beamtenrechtlicher Bewährungsfeststellung Als besondere Ernennungsvoraussetzungen bedürfen auch die drei Bewährungstatbestände einer näheren Betrachtung. Der Begriff des „Dienstpostens" umschreibt zunächst den dienstlichen Aufgabenbereich, wie er i m Beamtenrecht dem Amt i m konkret-funktionalen Sinne entspricht. 248 In Analogie zum Beamten auf Probe 249 mußte dieser i m Zeitpunkt der Wahrnehmung zwar nicht als Beamtendienstposten ausgewiesen sein, allerdings mußte es sich um Aufgaben handeln, die unter Zugrundelegung des Art. 33 I V GG eine entsprechende Ausbringung gerechtfertigt hätten. Denn beim B ewährungsb ewerb er stand anders als beim Beamten auf Widerruf im Vorbereitungsdienst, nicht die Ausbildung, sondern die Wahrnehmung eines zu übertragenden funktionellen Amtes i m Vordergrund. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage nach der Auslegung des Begriffs der „Schwierigkeit", da der Rückgriff auf die mit dem Dienstposten verbundene Aufgabe kein aussagefähiges Kriterium für die Zuordnung eines Aufgabenbereichs zu einer bestimmten Laufbahn ist. Auch der Begriff der zu „übertragenden Funktion" deutet auf das Amt im konkret-funktionalen Sinne hin. Im Hinblick auf den Charakter der Bewährungsfeststellung als Zuerkennung einer (vorläufigen) Laufbahn- und nicht nur Dienstpostenbefähigung mußten in die Entscheidung neben den konkreten Aufgaben des Dienstpostens

246

Vgl. ManfredPetin (Hrsg.), BAT-O Jahrbuch, Regensburg 1991, Rn. F 2.3.1. Anders: Joachim Spors/Irmgard Weiß (Fn. 245), S. 149. 248 Walter Scheerbarth / Heinz Höffken / Hans-Joachim Bauschke / Lutz Schmidt (Fn. 221), § 9 n i Ziff. 5b. 249 Vgl. Hellmuth Günther, Probezeit - Probebeamtenzeit, DÖD 1985, S. 148,149 f. 247

III. Bewährungsbeamtenverhältnis

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auch die typischen Aufgaben der Laufbahn einbezogen werden. Anders ausgedrückt: Die sich am konkret-funktionellen Amt orientierende Bewährungsfeststellung mußte davon abstrahiert Aussagen über die Eignung des Bewerbers für ein Amt i m abstrakt-funktionellen Sinn enthalten, da nur dieses der laufbahnmäßigen Dienststellung des Beamten entspricht 250 . Dabei wird der Begriff des „Amtes i m abstrakt-funktionellen Sinn" nicht im Sinne eines der Rechtsstellung des Beamten entsprechenden abstrakten Aufgabenkreises und der damit verbundenen Eingliederung in den institutionellen Behördenaufbau verstanden 251 , sondern als ein i m Bedeutungszusammenhang mit dem Amt i m statusrechtlichen Sinne stehendes, durch Funktionsbeschreibung im Besoldungsgesetz (Ausnahme) oder nicht normierte Ämter- (Dienstposten-) Bewertung festgelegtes, potentielles Aufgabenfeld 252 . Dies folgt schon aus der organisationsrechtlichen Bedeutung des Begriffes „Amt" als eines von der (individuellen) Person des Amtswalters unabhängigen Aufgabenbereichs, weshalb ein Beamter zwar einen Anspruch aus amtsangemessene, seinem statusrechtlichen Amt entsprechende, Verwendung hat 2 5 3 , jedoch kein Recht am Amt i m konkret-funktionellen Sinne 254 , also keinen Anspruch darauf, i m Rahmen seines abstrakt-funktionellen Amtes ein bestimmtes Arbeitsgebiet zu erhalten oder beizubehalten. Bei einem Beamten mit einer zumindest im Geschäftsbereich seiner obersten Dienstbehörde zuerkannten Laufbahnbefähigung ist zu fordern, daß er diese für jedes gleichwertige Amt seiner Laufbahn besitzt 255 , so daß ihm durch Umsetzung oder Versetzimg auch ein neuer allgemeiner Aufgabenkreis übertragen werden kann. Deshalb bedurfte es als Entscheidungsgrundlage der Bewährungsfeststellung nicht nur einer summarischen, sondern einer analytischen Dienstpostenbewertung 256 , bei der die Dienstposten nicht nur i m Wege einer Bedeutsam-

250

Vgl. Günter Hilg (Fn. 158), § 6 I I I 2a. Zu diesem Konzept: Philip Kunig, Das Recht des öffentlichen Dienstes, in: Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, 10. Auflage, Berlin 1995, 6. Abschnitt Rn.70. Dieser Bedeutungsgehalt koppelt jedoch zwei vom rechtlichen Gehalt heterogene Komplexe (Dienstpostenbewertung und Behördenzuordnung), die im Falle ihrer Veränderung völlig anderen Regeln folgen; Vgl. Rudolf Summer, Versetzung, Abordnung, Umsetzung - Korrektur einer Systematik, PersV 1985, S. 441, 445 f. 251

252

BVerfGE 70, 251, 266; Walther Fürst (Hrsg.), GKÖD, Bd. I / Teil 2a, K § 6

Rn. 25. 253

BVerwGE 60, 144, 151; 65, 270, 273. BVerfGE 52, 303, 354; BVerwGE 65, 270, 273; 75, 138, 140. 255 Vgl. Walther Fürst, GKÖD, Bd. I / Teil 2a, K § 26 Rn. 11. 256 Grundlegend: Heinrich Siepmann / Ursula Siepmann, Arbeits- und Stellenbewertung i m öffentlichen Dienst, Köln 1984, S. 26 ff.; Christian Janosch, Konzeption des Bundesinnenministeriums zur Systematisierung der Funktionsbewertung - Grundzüge und Probleme, ZBR 1980, S. 373, 374. 254

9 Schwanengel

130

B. Berufsbeatentum und Bewährungsmodell

keitsprüfung gewichtet, sondern anhand einzelner Kriterien - wie Leistungsspanne, Entscheidungsbefugnis, Verantwortung und Kenntnisstand - in einem Anforderungsprofil bewertet wurden 257 . Auf Basis dieses objektiven, gerichtlicher Nachprüfung zugänglichen Vergleiches der Dienstposten mußte die Bewährungsentscheidung nicht nur ein Werturteil über die Art und Weise der mit dem Dienstposten verbundenen Aufgabenerfüllung, sondern als Grundlage einer vorläufigen Laufbahnbefähigung auch Aussagen darüber enthalten, inwieweit der Bedienstete in seiner beruflichen Tätigkeit gezeigt hatte, daß er dem allgemeinen Anforderungsprofil seiner Laufbahn gewachsen ist. Aus der nicht zu beanstandenden Aufgabenwahrnehmung muß eben nicht notwendigerweise die Bewährung als zukunftsbezogene Eignungs- und Befahigungs258

Prognose für die Laufbahn folgen. Als Grundlage für eine solche, die potentielle Verwendungsmöglichkeit des Bewerbers umfassende Bewährungsentscheidung, war eine über die bisher übliche Form der Leistungsbeurteilung hinausgehende Verwendungsbeurteilung zu erstellen, wofür das von der Studienkommission entwickelte Beurteilungssystem mit Anforderungs- und Befahigungsprofilen ein tragfähiges Konzept bot. 2 5 9 Der Forderung, daß die Bewährungsfeststellung generell weiter als die bloße Festlegung und Prüfung der Bewährungsanforderungen für das konkrete Amt greifen und Aussagen über die Verwendbarkeit des Beamten in seiner Laufbahn enthalten muß, wurde in der praktischen Umsetzung jedoch nur bedingt Rechnung getragen. Umfragen zeigen, daß lediglich der in der abschließenden Phase der Bewährungszeit wahrgenommene Dienstposten, auf dem der Bewerber zumeist auch verbeamtet werden sollte, Entscheidungsgegenstand war und demzufolge die Bewährungsentscheidung auch nur auf Grundlage einer bloßen Leistungsbeurteilung nach den allgemeinen Beurteilungskriterien 260 erfolgte.

257 Vgl. Otto Schmidt, Vor- und Nachteile der analytischen Dienstpostenbewertung, ZBR 1977, S. 20, 23 f.; Gerd B. Müller, Grundzüge der Stellenbewertung im öffentlichen Dienst, DÖD 1989, S. 155, 156 f.; zu den unterschiedlichen Verfahren: Heinrich Siepmann, Bewertung von Beamtendienstposten in der Kommunalverwaltung, ZBR 1977, S. 362, 362 f.; kritisch angesichts ungesicherter Methoden: Christian Millack / Rudolf Summer, Besoldungsrecht im Spiegel gesellschaftlicher Einflüsse, ZBR 1978, S. 138, 149 ff. 258 Walther Fürst (Hrsg.), GKÖD, Bd. I / Teil 2a, K § 7 Rn. 53. 259 Bericht der Kommission, Studienkommission für die Reform des öffentlichen Dienstrechts, Baden-Baden 1973, S. 2312 ff., insbesondere S. 216 f. 260 Vgl. exemplarisch: Richtlinien über die dienstliche Beurteilung der Beamten und Arbeitnehmer des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Erlaß des Innenministers vom 3.8.1994, AmtsBl. M - V 1994, S. 850, die keine besonderen Vorgaben für Bewährungsbewerber enthalten und in ihren Einzelmerkmalen eher retrospektiv sind; ein Vorschlag für die weitere dienstliche Verwendung ist nur als Möglichkeit im Rahmen des Gesamturteils vorgesehen.

III. Bewährungsbeamtenverhältnis

131

Bei der Prüfung der fachlichen Eignung des Bewährungsbewerbers konnten nach den Kriterien der Bewährungsanforderungs- und Laufbahnverordnungen zudem auch vorhandene Vor- und Ausbildungsgänge berücksichtigt werden 2 6 1 . was eingedenk der Tatsache, daß Grundlage des Bewährungsmodells gerade deren systembedingte Unvergleichbarkeit war 2 6 2 , ebenfalls Zweifel an der Geeignetheit dieses Befahigungskriteriums weckt. Da die Laufbahnbefahigung für das jeweilige Eingangsamt bei Bewährungsbewerbern rechtlich gerade nicht vom Vorliegen eines anerkannten Abschlusses, sondern von einer Bewährung im abstrakt-funktionellen Amt abhängig gemacht wird 2 6 3 , hätte man vorhandene Qualifikationen lediglich i m Rahmen der allgemeinen Befahigungsprognose und damit anhand einer Einzelfallprüfung ergänzend heranziehen können, insbesondere um Aufschlüsse für die Zuordnung eines Bewerbers zu einer bestimmten Laufbahn zu erhalten. Eine solche Praxis wurde sowohl in Thüringen als auch in Sachsen-Anhalt verfolgt. So enthielten die in Umsetzung des § 33 I V L V O LSA von den Fachministerien im Einvernehmen mit dem Ministerium des Innern erlassenen „Bewährungsbewerberkriterien" in Sachsen-Anhalt bestimmte Vorbildungsgänge zum Erwerb der jeweiligen Laufbahnbefahigung, wobei für den gehobenen Dienst grundsätzlich ein Fachschulabschluß und für den höheren Dienst ein Hochschulabschluß gefordert wurde. Um dieser Laufbahnzuordnung der Bildungsgänge und ihrer Abschlüsse aber keinen präjudizierenden Charakter in Hinblick auf die Laufbahnbefahigung zukommen zu lassen, was dem Charakter der Dienstpostenbewährung widerspräche, durften jedoch nicht nur die nach Art. 37 I S.2 u.3 Einigungsvertrag und den dazu ergangenen Bewertungskriterien der Kultusministerkonferenz als gleichwertig anerkannt werden, sondern mußten auch die niveaugleichen Abschlüsse Berücksichtigung finden 264 . So konnte einem Bewerber für die Laufbahn des gehobenen technischen Dienstes der Laufbahnzugang nicht allein deshalb versagt werden, weil sein Studium an einer Fach- oder Ingenieurschule wegen fehlender Entsprechung in den alten Bundesländern lediglich niveaugleich eingestuft wurde. Gleiches traf auf die wegen besonderer Systemnähe ebenfalls nur niveaugleichen Universitätsabschlüsse zu, die gera-

261 § 1 I S. 2 BewA-VO Bund / Sachsen; § 2 i n S. 2 BewA-VO Thür.; § 33 I S. 2 LVO LSA; § 38 I S. 3 LaufbVO M - V ; § 2 m S. 2 BewA-VO Bbg. 262 Walther Fürst (Hrsg.), GKÖD, Bd. I /Teil 2a, K § 7 Rn.48; Matthias Renger, Einführung des Berufsbeamtentums in den neuen Bundesländern, Regensburg 1991, S. 38; Ulrich Battis (Fn. 41), S. 92. 263 Vgl. Matthias Renger (Fn. 262), S. 38. 264 So auch: Matthias Renger (Fn. 262), S. 38 f.; vgl. zu den von der Kultusministerkonferenz entwickelten Fallgruppen: Petra Schelo, Berücksichtigung der DDRBildungsabschlüsse i m Laufbahnsystem der Beamten, ZBR 1990, S. 300, 302, die, ohne auf die Spezifik der Dienstpostenbewährung eingehend, laufbahnrechtlich (?) nur die gleichwertigen Bildungsabschlüsse für berücksichtigungsfähig hielt, S. 303.

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B. Berufsbeaintentum und Bewährungsmodell

de i m öffentlichen Dienst den Regelfall darstellen (z.B. Diplomökonom, Diplom-Staatswissenschaftler).

4. Die Bestätigung der Laufbahnbefähigung durch Bewährung in der Probezeit a) Das Beamtenverhältnis auf Probe als besonderes Bewährungsdienstverhältnis Der Gesetzgeber hat mit der Ableistung einer Probezeit als notwendiger Voraussetzung für die Übernahme in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit 265 der Erkenntnis Rechnung getragen, daß das Beamtenverhältnis auf Widerruf und das Beamtenverhältnis auf Probe zwei grundverschiedene Beamtentypen verkörpern 266 . In der Probezeit soll dem Beamten die Gelegenheit gegeben werden, sich nach dem Erwerb oder der Feststellung der Befähigung im praktischen Verwaltungsdienst zu bewähren. Auch nach den Bestimmungen des Einigungsvertrages 267 wurde an dem Erfordernis des Probebeamtenverhältnisses als Voraussetzung für die Übernahme in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit festgehalten. Der i m öffentlichen Interesse zu beachtende Grundsatz, daß nur in jeder Hinsicht geeignete Personen in das Beamtenverhältnis berufen werden sollen, ist zwar nicht erst bei der Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zu beachten, sondern auch schon bei der Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe. Der Dienstherr wird in diesem Zeitpunkt aber kaum in der Lage sein, die Eignung eines Bewerbers mit prognostischer Sicherheit zu überprüfen 268 , vor allem wenn dieser Bewerber über keine durch Vor- und Ausbildung vermittelte Laufbahnbefähigung verfügt. Nicht umsonst betont das Bundesverwaltungsgericht die besondere Bedeutung der Probezeit für die „Herausbildung eines leistungsfähigen Beamtentums" 269 , weil Fehleinschätzungen später - nach der Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit - grundsätzlich nicht mehr korrigierbar sind und deshalb durch die

265 Vgl. BT-Drucks. 1 /2846, S. 33 f. Dem Deutschen Beamtengesetz war der besondere Status eines Beamten auf Probe unbekannt, auch wenn in § 28 I I Ziff.2 DBG neben einem Vorbereitungsdienst eine Probezeit für die Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit vorgesehen war; vgl. Wihelm Mosbach, Probezeit, in: Bierfelder (Hrsg.), Handwörterbuch des öffentlichen Dienstes, Berlin 1976, S. 1367, 1368. 266 Ernst Plog / Alexander Wiedow / Gerhard Beck / Bernt Lemhöfer, Kommentar zum Bundesbeamtengesetz, § 5 Rn. 5. 267 Anl. I, Kap. X I X , Sachg. A , Abschn. III, Ziff. 3b Einigungsvertrag. 268 Josef Oswald, Die Rechtsstellung des Beamten auf Probe, Regensburg 1988, S. 10. 269 So das BVerwG (E, 28, 155, 161) zum Zweck der Vorschriften über das Beamtenverhältnis auf Probe.

I. Bewährungsbeamtenverhältnis

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Anstellung nicht geeigneter Bewerber zu Lasten der Allgemeinheit erheblicher Schaden entstehen kann. 2 7 0 Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts besteht der Sinn des Beamtenverhältnisses auf Probe darin, dem Dienstherrn die Möglichkeit zu geben, Eignung, Fähigkeiten und Leistung des Beschäftigten zu erproben und sich von ihm ohne Schwierigkeiten zu trennen, wenn er den Ansprüchen nicht genügt. 271 Das Beamtenverhältnis auf Probe dient damit der Überzeugungsbildung hinsichtlich der praktischen Verwendungsfähigkeit des Beamten. 272 Sein Wesen besteht in der Feststellung der Bewährung des Beamten für das ihm später zu übertragende Amt, weshalb dieses „Verhältnis mit Übergangscharakter" schon allgemein als Bewährungsdienstverhältnis zu qualifizieren ist. 2 7 3 Im Bewährungsbeamtenverhältnis ist eine besonders qualifizierte Probezeit abzuleisten 274 , die nicht nur der Bewährung, sondern darüber hinaus dem Erwerb der bereichsgebundenen Laufbahnbefähigung und damit dem Ziel einer fachlichen Qualifizierung dient. 275 Im Grunde handelt es sich um eine „Erprobungszeit", in der in fachlicher Hinsicht nicht nur die bereits aufgrund der Laufbahnbefähigung zu erwartenden Kenntnisse und Fähigkeiten bestätigt, sondern erst erworben werden sollen, weshalb der Probezeit nicht nur der Charakter einer praktischen, sondern auch einer fachlich-theoretischen Eingnungsprüfung zukommt. 2 7 6 Dabei kann in fachlich-theoretischer Sicht die Laufbahnbefähigung nur zuerkannt werden, wenn der Beamte unter Beachtung der dienstpostenbezogenen Bewährung vor der Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe in Verbindung mit der zusätzlichen Praxis während der Probezeit sowie den ergänzenden Aus- und Fortbildungsmaßnahmen über die Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt, die allgemein für eine ordnungsgemäße Erfüllung der dienstlichen Aufgaben der jeweiligen Laufbahn verlangt 277

werden.

270 BVerwGE 61, 200, 207; vgl. auch: Wilhelm Mosbach (Fn. 265), S. 1370; Walther Fürst (Hrsg.), GKÖD, Bd. I / Teil 2a, K § 22 Rn. 8. 271 BVerfGE43,154, 166. 272 Josef Oswald (Fn. 268), S. 11 f. 273 BVerwGE 10, 213, 215, wobei die zum damaligen Beamten auf Widerruf gemachten Aussagen heute auf den Beamten auf Probe zutreffen; Walter Wiese, Beamtenrecht, 3. Auflage, Köln 1988, S. 68; Erwin Schütz (Hrsg.), Beamtenrecht des Bundes und der Länder - Kommentar, § 5 Rn. 3. 274 Walther Fürst (Hrsg.), GKÖD, Bd. I / Teil 2a, K § 9 Rn. 8a. 275 Walter Scheerbarth / Heinz HöJJken / Hans-Joachim Bauschke / Lutz Schmidt (Fn. 221), § 35 IE. 276 Vgl. Erläuterungen zur Anlage I des Einigungsvertrages, in: Stern / SchmidtBleibtreu (Fn. 43), S. 718. 277 Walther Fürst (Hrsg.), GKÖD, Bd. I / Teil 2a, K § 9 Rn. 8b.

134

B. Berufsbeatentum und Bewährungsmodell

Der Status des Beamten auf Probe wird mit der Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe begründet und endet deshalb schon nach den allgemeinen Regelungen nicht automatisch mit Ablauf der laufbahnrechtlichen Probezeit. Während die Probezeit eine Zeit der Bewährung verkörpert und damit allein der Bewährungsfeststellung dient, ändert sich der Status des Beamten, der in ein Probebeamtenverhältnis berufen worden ist, erst durch die Umwandlung dieses Beamtenverhältnisses in ein solches anderer A r t 2 7 8 oder mit der ausdrücklichen Entlassung. Dabei sind neben den für alle Beamten anwendbaren Entlassungsgründen 279 für Beamte auf Probe spezielle Entlassungstatbestände geregelt. Für die hier in Rede stehende Frage der Bewährung ist der an die laufbahnrechtliche Probezeit anknüpfende Tatbestand „mangelnder Bewährung" einschlägig. 280

b) Mindestprobezeit

und Probezeitverkürzung

Die laufbahnrechtliche Probezeit dauert für Bewährungsbeamte einheitlich drei Jahre. 281 Die Bestimmung einer nicht gestaffelten Probezeit entspricht der Regelung für andere Bewerber und wird nach Sinn und Zweck der Probezeit verständlich. Der Beamte soll vor der endgültigen Bindung an den Dienstherrn nachweisen, daß er nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung für seine Laufbahn voll geeignet ist. Während der Laufbahnbewerber bereits i m Vorbereitungsdienst über den Status des Beamten auf Widerruf verfügt und damit in einem besonderen beamtenrechtlichen Dienst- und Treueverhältnis zum Dienstherrn steht, wird der Beamtenstatus beim Bewährungsbewerber bei der Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe erstmals begründet. Eine gewisse „Erprobungszeit" i m nichttechnischen Sinn hat der Laufbahnbewerber somit bereits absolviert. 282

278

§ 6 I Ziff.2 BBG; § 7 I Ziff.2 ThürBG, § 10 Ziff.2 SächsBG; § 6 I Ziff.2 B G LSA; § 7 I Ziff.2 L B G M - V ; § 7 I Ziff.2 BbgLBG; Da eine Umwandlung nur in ein Beamtenverhältnis mit höherem Bestandsschutz erfolgen kann, ist ein Beamtenverhältnis auf Probe auch nur in ein solches auf Lebenszeit umwandelbar, vgl. Matthias Bongartz / Achim Rogmann, Gibt es den „ewigen Beamten auf Probe"?, RIA 1994, S. 9,11. 279

§§ 28-30 BBG; §§ 33-35 ThürBG; §§ 39-41 SächsBG; §§ 28-30 B G LSA; §§ 34-36 L B G M - V ; §§ 93-95 BbgLBG. 280 § 31 I S. 1 Ziff. 1 BBG; § 36 I Ziff. 2 ThürBG; § 42 Ziff. 2 SächsBG, § 31 I Ziff. 2 B G LSA; § 371 S. 1 Ziff. 2 L B G M - V ; § 96 I Ziff. 2 BbgLBG. 281 Ziff. 3 b S. 5 Einigungsvertrag; § 6 I S. 1 BewA-VO Thür.; § 35 I S. 1 LVO LSA; § 41 S. 1 LaufbVO M - V ; § 6 I S. 1 BewA-VO Bbg. 282 Joachim Spors /Irmgard Weiß (Fn. 245), S. 150.

I . Bewährungsbeamtenverhältnis

135

Nach der ursprünglichen Maßgabe des Einigigungsvertrages 283 und den Regelungen der Bewährungsanforderungs- und Laufbahnverordnungen 284 konnte die grundsätzlich dreijährige Probezeit durch Entscheidung der Personalausschüsse ganz oder teilweise auf eine zweijährige Mindestprobezeit gesenkt werden. Dabei kam eine Anrechnung von i m Angestellten- oder Arbeiterverhältnis des öffentlichen Dienstes verbrachten Dienstzeiten i m Sinne der für Laufbanbeamte geltenden Regelungen des § 22 I I I BBG nicht in Betracht, da der Einigungsvertrag eine abschließende Regelung über die Mindestdauer der Probezeit enthielt. Hintergrund dessen war die Tatsache, daß durch eine Anrechnung von amtsentsprechenden Zeiten auf die Probezeit der besondere Charakter der vorgeschalteten Bewährungszeit nicht konterkariert werden sollte. Die einheitliche Mindestprobezeit von zwei Jahren stärkt damit spürbar die Bedeutung der Probezeit für die Wahrung des Leistungsprinzips. Lediglich in Thüringen und Brandenburg bestand die Möglichkeit, Dienstzeiten in einem Angestelltenverhältnis auf die Probezeit anzurechnen, wobei jedoch auch hier die Anrechnungs- und Kürzungszeiten die Dauer von insgesamt 12 285

Monaten nicht überschreiten durften. Da die Verbeamtungen in den neuen Ländern aus Gründen fehlender haushaltsrechtlicher Voraussetzungen und unzureichender Fortbildungskapazitäten i m größeren Maßstab erst ab 1994 vorgenommen wurden, hielt der Bundesrat eine Anpassung der geltenden Probezeitregelung aus Fürsorgegründen erforderlich. Der entsprechende Gesetzentwurf 286 sollte die Auswirkungen dieser Verzögerung für die Bewährungsbeamten ausgleichen, die diese bis zum Zeitpunkt ihrer Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit hinnehmen müssen, obwohl sie die Ursachen hierfür nicht zu vertreten haben 287 . So nahmen zahlreiche Bedienstete bereits seit dem 3.4.1991 - dem frühestmöglichen Zeitpunkt der Verbeamtung nach dem Bewährungsmodell - die Aufgaben eines Beamtendienstpostens wahr. Wären sie bereits zu diesem Zeitpunkt verbeamtet worden, wäre die Probezeit ohne Anwendung der bisherigen Kürzungsmöglichkeiten am 2.4.1994 abgelaufen. Aus diesem Grund hielt es der Bundesrat für geboten, über die bisherigen Kürzungsmöglichkeiten hinaus eine Anrechnung von amtsentsprechenden Zeiten auf die Probezeit zu ermögli-

283 £ i f f 3b S. 6 Einigungsvertrag a.F. 284 § 6 I S. 3 BewA-VO Thür.; § 35 I S. 3 L V O LSA; § 44 I Ziff.3 LaufbVO M - V ; § 6 I S. 2 BewA-VO Bbg. 285 § 6 I S. 2 BewA-VO Thür., der eine als Ermessensvorschrift ausgestaltete Anrechnung vorsieht; § 6 I S. 2 BewA-VO Bbg., der eine grundsätzliche Anrechnung von Dienstzeiten vorsah, die nach der Bewährungszeit absolviert wurden. 286 Entwurf eines Gesetzes über die Anrechnung von Dienstzeiten i m Angestelltenverhältnis auf die beamtenrechtliche Probezeit nach dem Einigungsvertrag, BTDrucks. 13/4385. 287 Begründung zum Gesetzentwurf des Bundesrates, BT-Drucks. 13/4385, S. 4.

136

B. Berufsbeatentum und Bewährungsmodell

chen. Zwar betonte die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme nochmals ausdrücklich das besondere Gewicht der Probezeit für den nachzubestätigenden Befähigungserweib, stellte ihre Bedenken aber angesichts der eingetretenen Verzögerungen bei der Verbeamtung zurück. 288 Auf Grundlage des novellierten Vorschlags der Bundesregierung wurde diese neue, auf Anrechnung von amtsentsprechenden Zeiten beruhende Kürzungsmöglichkeit i m Rahmen des Vermittlungsverfahrens in das Dienstrechtsreformgesetz eingefügt 289 und trat am 1.3.1997 in Kraft 2 9 0 . Die Neufassung der Probezeitverkürzung gleicht diese zunächst den allgemeinen Vorschriften über die Mindestprobezeit in § 8 I I I B L V an. In den Laufbahnen des höheren und des gehobenen Dienstes haben Bewährungsbeamte nunmehr eine Mindestprobezeit von einem Jahr, in Laufbahnen des mittleren und einfachen Dienstes eine solche von sechs Monaten zu leisten. In Anlehnung an § 7 I V B L V ist eine Kürzung der Probezeit durch Anrechnung von Vordienstzeiten möglich, die der Bewährungsbeamte vor dem 1.4.1991 i m öffentlichen Dienst 291 geleistet hat, wenn und soweit sie nicht schon als Bewährungszeiten berücksichtigt worden. Eine weitere Voraussetzung ist eine sachlich der Laufbahn entsprechende Dienstzeit. Aufgrund des auf Bewährungs- und Probezeit aufgeteilten, aber einheitlich zu betrachtenden Befähigungserweibs nach den Bewährungsanforderungs- und Laufbahnverordnungen erscheint die Nichtanrechenbarkeit der Bewährungszeit als sachgerecht. Dies entspricht auch den allgemeinen Anrechnungsregelungen, wonach Vordienstzeiten im öffentlichen Dienst, die im Zusammenhang mit dem Erwerb der Laufbahnbefähigung berücksichtigt worden sind, also dem Befahigungserwerb dienten und damit "verbraucht" sind, nicht auch als Bewährungszeiten (Probezeit) nach dem Erwerb der Befähigung behandelt werden können. 292 Die neue Kürzungsregelung stellt jedoch im Gegensatz zu den Intentionen des Bundesrates keine Ergänzung der ursprünglich voraussetzungslosen Kürzungsmöglichkeit dar, sondern ersetzt diese durch eine Anrechnung von amts293

entsprechenden Zeiten auf die Probezeit. 288

Dabei führt die Anrechnung von

Stellungnahme der Bundesregierung zum Gesetzentwurf des Bundesrates, BTDrucks. 13/4385, S. 5. 289 Artikel 10 - Gesetz über die Anrechnung von Dienstzeiten im öffentlichen Dienst auf die beamtenrechtliche Probezeit nach dem Einigungsvertrag, Dienstrechtsreformgesetz v. 24.2.1997, BGBl. 1997, S. 322, 339. 290 Artikel 15, § 3 I I Dienstrechtsreformgesetz. 291 Der nicht einheitliche Begriff des „öffentlichen Dienstes" ist hier i.S. d. § 29 I BBesG auszulegen; vgl. Heinz Schröder /Bernt Lemhöfer /Ralf Krafft, Das Laufbahnrecht der Bundesbeamten - Kommentar, § 7 Rn.14. 292 Walther Fürst (Hrsg.), GKÖD, Bd. I / Teil 2a, K § 22 Rn. 7b. 293 Der Gesetzentwurf des Bundesrates sah vor, daß eine Anrechnung über die Kürzungsregelung des Einigungsvertrages „hinaus" erfolgen sollte, während die auf den Gesetzentwurf der Bundesregierung zurückgehende Regelung des Dienstrechtsre-

III. Bewährungsbeamtenverhältnis

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Dienstzeiten zu keiner echten Kürzung der Probezeit, da hier die Bewährung im Beamtenverhältnis auf Probe vielmehr nur durch die Bewährung in einer vor der Berufung in das Beamtenverhältnis ausgeübten und nicht dem Erwerb der Laufbahnbefähigung dienenden Tätigkeit ersetzt wird. 2 9 4 Vor allem Bewährungsbeamte, bei denen eine Anrechnung von DDR-Vordienstzeiten nicht in Betracht kam, könnten infolge der Stichtagsregelung und der Nichtanrechenbarkeit der Bewährungszeit von einer Kürzung der Probezeit ausgenommen sein. Nach der bisherigen, voraussetzungslosen und im pflichtgemäßen Ermessen der Personalausschüsse stehenden Regelung war es beispielsweise möglich, die Probezeit auch dieses Beamten wegen erheblich über dem Durchschnitt liegender Leistungen zu kürzen. Zudem ist zu beachten, daß über die Dienstpostenbewährung als Verbeamtungsentscheidung vielfach nicht separat, sondern im Zusammenhang mit der Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit entschieden wurde. Eingedenk der besonderen Anforderungen an die vorläufige Zuerkennung der Laufbahnbefähigung erschien es zudem als sachgerecht, bei der Festsetzung der Bewährungszeiten nicht auf die für eine Befahigungsprognose kaum geeigneten DDR-Vordienstzeiten zurückzugreifen, sondern auf die in zeitlichem Zusammenhang mit der Verbeamtung stehenden Dienstzeiten, die der Bewährungsbewerber auf einem nach Schwierigkeit und Niveau vergleichbaren und gleichwertigen Beamtendienstposten absolviert hat. Eine derartige Praxis verkürzt aber gleichfalls eine Anrechnung amtsentsprechender Zeiten auf die Probezeit, zumal eine Berücksichtigung „geeigneter" DDR-Vordienstzeiten bei der Festsetzung der Bewährungszeit nicht zwingend vorgegeben war. 2 9 5 Durch die Einfügung der neuen Probezeitverkürzung in die Systematik des Einigungsvertrages ist sichergestellt, daß auch die Länder von dieser Regelung erfaßt werden. 296 Im Gegensatz zu § 7 I V B L V ist die Kürzung der Probezeit als „Kann"-Vorschrift gefaßt, so daß die Personalausschüsse nicht (grundsätzlich) zu einer Anrechnung von Dienstzeiten verpflichtet sind, sondern diese nach pflichtgemäßen Ermessen auch weiterhin von den Leistungen des Beamten in der Probezeit abhängig machen können. Der Beamte kann lediglich beanspruchen, daß die Personalausschüsse nicht grundlos von einer bestehenden Übung zu seinem Nachteil abweichen. Ob die Kürzung der Probezeit für jeden Fall gesondert durch die Personalausschüsse auszusprechen ist oder auch für Gruppen erteilt werden kann, ist nicht ausdrücklich geregelt. Eine Gruppenentscheidung wäre nur dann verformgesetzes die bisherige Regelung ersetzt, Vgl. BT-Drucks. 13/4385, S. 1 u. 3 sowie S. 5. 294 Walther Fürst (Hrsg.), GKÖD, Bd. I / Teil 2a, K § 22 Rn. 19. 295 Walther Fürst (Hrsg.), GKÖD, Bd. I / Teil 2a, K § 7 Rn. 50. 296 Anl. I, Kap. X I X , Sachg. A , Abschn. III, Nr. 2 c Einigungsvertrag.

138

B. Berufsbeatentum und Bewährungsmodell

tretbar, wenn die typischen Verhältnisse, die für die Kürzung maßgebend sind, in gleicher Weise auf Mitglieder der Gruppe anwendbar sind. 297 In Analogie zu den in § 21 I I LaufbVO M - V genannten Voraussetzungen für eine Kürzung der Probezeit von Laufbahnbewerbern 298 hat der Landesbeamtenausschuß Mecklenburg-Vorpommern eine generelle Kürzungsmöglichkeit für alle Laufbahnen zugelassen und die Entscheidung damit auf die Ernennungsbehörde übertragen, wenn die dienstliche Beurteilung (§ 5 I I S. 1 LaufbVO M - V ) gemäß den Beurteilungsrichtlinien 299 mindestens mit dem Gesamturteil „gut" abschließt. 300 In Brandenburg kann die Probezeit durch die oberste Dienstbehörde lediglich für Beamte des mittleren Dienstes verkürzt werden, wenn der Beamte auf dem Dienstposten überdurchschnittliche Leistungen erbracht und die zwingend vorgeschriebene Anpassungsfortbildung mindestens mit der Note „gut" abgeschlossen hat. 3 0 1 Außerdem kann die Probezeit i m Bereich des jeweiligen Dienstherrn nur für 40 v.H. der eingestellten Beamten eines Kalenderjahres verkürzt werden. Für die Ermessensbindung der am Leistungsgrundsatz orientierten Kürzungsmöglichkeit der laufbahnrechtlichen Probezeit durch einen derartigen Vomhundertsatz sind die gleichen Grundsätze maßgebend, wie für die Festsetzung von Richtwerten für die Zuerkennung von Beurteilungsnoten. 3 0 2 Das Problem besteht darin, daß die Bewährung nach dem Leistungsgrundsatz nur von der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung, nicht aber von der Zahl der in Betracht kommenden Beamten abhängen kann und darf. 303 Gleichwohl hat die Rechtsprechung eine Konkretisierung des Ermessensspielraums durch Erfahrungssätze für zulässig erachtet, wenn sie sich auf eine hinreichend große Zahl der zu bewertenden Beamten derselben Laufbahngruppe beziehen und einen genügenden Spielraum für Über- und Unterschreitungen belassen 304 , um dem Gebot einer individuellen Beurteilung des 297

Walther Fürst (Hrsg.), GKÖD, Bd. I / Teil 2a, K § 22 Rn.20a. Aus dem Erfordernis einer Mindestnote in der Laufbahnprüfung folgt, daß § 21 I I LaufbVO M - V nur für Laufbahnbewerber i n Regellaufbahnen gilt; vgl. zur analogen Regelung in § 7 V I B L V : BVerwG, RIA 1980, S. 238. 299 Beurteilungsrichtlinien des Landes Mecklenburg-Vorpommern vom 3.8.1994, AmtsBl. M - V 1994, S. 850. 300 Grundsatzbeschluß 9/91 des Landesbeamtenausschusses MecklenburgVorpommern i.d.F. des Beschlusses vom 16.6.1995, AmtsBl. M - V 1995, S. 183, 704. 301 Grundsatzbeschluß Nr. 9 des Landespersonalausschusses Brandenburg vom 14.7.1993, Bbg. AmtsBl. 1993, S. 1597. 302 Vgl. Helmut Schnellenbach, Die dienstliche Beurteilung der Beamten und Richter, 2. Auflage, Heidelberg 1995, S. 345 ff. 303 Vgl. Erwin Schütz, Die dienstliche Beurteilung i m Beamtenrecht, DÖV 1971, S. 121,124. 304 BVerwG DÖD 1980, S. 224, 225 f.; Helmut Günther, Dienstleistungsberichte, ZBR1984, S. 353, 362. 298

III. Bewährungsbeamtenverhältnis

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jeweiligen Beamten gerecht zu werden. Dieser Funktion zur Realisierung des Leistungsgrundsatzes kann aber gerade die starre Quote des Landespersonalausschusses nicht gerecht werden. Nicht unproblematisch erscheint in diesem Zusammenhang auch die am Lebensalter festgemachte allgemeine Ausnahme von der Regelprobezeit in Sachsen-Anhalt 305 , da das Lebensalter als Ausdruck erhöhter beruflicher und allgemeiner Erfahrung zwar einen gewissen Leistungsbezug aufweist 306 , allerdings nur als Hilfskriterium im Rahmen der Ermessensentscheidung zwischen i m wesentlichen gleich geeigneten Bewerbern herangezogen werden kann. Das Gewicht eines solchen Hilfskriteriums hängt von seinem Bezug zum Leistungsgrundsatz ab. Da der Grundsatzbeschluß des Landespersonalausschusses eine verwaltungsinterne Bindungswirkung für die Kürzungsmöglichkeit der laufbahnrechtlichen Probezeit besitzt, kommt ihm rechtlich der Charakter einer Verwaltungsvorschrift zu. 3 0 7 Für die Ermessensausübung kann hinsichtlich der Heranziehung von Hilfskriterien dadurch zwar eine Selbstbindung der Verwaltung und damit eine mittelbare Außenwirkung 308 erreicht werden, allerdings müssen derartige Richtlinien dann selbst den rechtlichen Anforderungen genügen. Die einseitige Betonung des Hilfskriteriums „Lebensalter" ohne Rücksicht auf andere Umstände, denen für eine Abwägung ein ebenbürtiges Gewicht zukommt, wird aber den an eine ordnungsgemäße Ermessensausübung zu stellenden Anforderungen nicht gerecht. 309

c) Bewährungsentscheidung und Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit Ob sich die vorläufig zuerkannte Befähigung des Beamten bestätigt hat und dieser auf Dauer den entsprechenden Anforderungen seiner Laufbahn gewachsen scheint, ist durch eine ausdrücklich normierte Bewährungsentscheidung 310 festzustellen, die damit neben der Bestätigung des Erwartungshorizontes den Charakter einer Prognoseentscheidung trägt. Auch wenn die Form der Feststellung nicht ausdrücklich geregelt ist, muß wegen der rechtlichen Tragweite 305

Beschluß des Landespersonalausschusses Sachsen-Anhalt vom 13.5.1993, abgedruckt in: Beamtenrecht in Sachsen-Anhalt, Ziff. 2.5.0.7. 306 Vgl. BVerwGE 80, 123,126. 307 Walther Fürst (Hrsg.), GKÖD, Bd. I / Teil 2b, K § 98 Rn.15. 308 Zum Charakter ermessensdirigierender Verwaltungsvorschriften als generalisierte Form der Ermessensausübung: OVG Münster, NVwZ-RR 1989, S. 169 f. m.w.N. 309 Vgl. Walther Fürst (Hrsg.), GKÖD, Bd. I / Teil 2a, K § 23 Rn. 57. 310 Ziff. 3 b S. 8 Einigungsvertrag; § 6 I I S. 1 BewA-VO Thür; § 38 U L V O LSA; § 41 S. 2 LaufbVO M - V ; § 6 I I S. 1 BewA-VO Bbg.

140

B. Berufsbeatentum und Bewährungsmodell

eine schriftliche Entscheidung gefordert werden, die in die Personalakte aufzunehmen ist. Die Begriffe „Bewährung" und „Nichtbewährung" sind imbestimmte Rechtsbegriffe, die zwar eine sorgfältige, substantiierte Klarstellung über die Erfüllimg des Erwartungshorizontes erfordern 311 , die aber infolge ihrer Abhängigkeit von den zahlreichen Anforderungen des konkreten und abstrakten Amtes nicht nach allgemein geltenden Wertmaßstäben beurteilt werden können, sondern als Akte wertender Erkenntnis 312 der obersten Dienstbehörde einen nur eingeschränkt nachprüfbaren Beurteilungsspielraum zubilligen. Dem Charakter einer Prognoseentscheidung entsprechend, reichen berechtigte Zweifel aus, die eine Bestätigung der vorläufig zuerkannten Laufbahnbefähigung nicht gerechtfertigt erscheinen lassen. Die oberste Dienstbehörde kann im Rahmen ihres Ermessens bestimmen, auf welche Weise und mit welchen Mitteln sie sich die tatsächliche Grundlage für die Bewährungsentscheidung verschafft, wobei grundsätzlich die Probezeitbeurteilung die formale Grundlage der Entscheidung bilden muß. Aus dem Charakter der Probezeit als Bewährungszeit ergibt sich, daß sich die oberste Dienstbehörde nach Ablauf der laufbahnrechtlichen Probezeit darüber schlüssig werden muß, ob der Beamte sich für seine Laufbahn bewährt hat. Nach den allgemeinen Regeln des Beamtenrechts kann die Probezeit bei Zweifeln an der Bewährung um maximal zwei Jahre verlängert werden. 313 Da die laufbahnrechtliche Probezeit aber mit Ablauf der dreijährigen Regelprobezeit beziehungsweise des individuell festgesetzten Zeitraums und nicht erst mit der Anstellung des Beamten oder der Umwandlung seines (statusrechtlichen) Probebeamtenverhältnisses endet, ist eine stillschweigende Verlängerung der Probezeit ausgeschlossen.314 Die oberste Dienstbehörde muß innerhalb einer angemessenen Überlegungsfrist 315 die Entscheidung treffen, ob sich der Beamte bewährt hat oder nicht. Trifft sie keine ausdrückliche Entscheidung über die Nichtbewährung des Beamten, kann dieser als Ausfluß der Fürsorgepflicht in der Regel darauf vertrauen, daß er sich nach Ansicht der ober-

311

Vgl. Walther Fürst (Hrsg.), GKÖD, Bd.I / Teil 2a, K § 31 Rn.26. BVerwGE 15, 39 , 40 f. in Anlehnung und Ergänzung zu BVerwGE 11, 139, 139 f.; vgl. auch: Walther Fürst (Hrsg.), GKÖD, Bd. I / Teil 2a, K § 31 Rn. 29. 313 § 22 I HS 2 BBG; § 26 I HS 2 ThürBG; § 28 I S. 3 SächsBG; § 22 I HS 2 B G LSA, § 2 7 1 S. 2 L B G M - V ; § 85 I BbgLBG. 314 Vgl. Matthias Bongartz /Achim Rogmann (Fn. 278), S . l l . 315 Die Rechtsprechung hat dabei eine Toleranzspanne (Überlegungsfrist) für eine weitere Sachverhaltsaufklärung und für die Entscheidungsfindung (Verfahren) zugebilligt, die i.d.R. bei sechs Monaten nach Ablauf der Probezeit liegt; vgl. Walther Fürst (Hrsg.), GKÖD, Bd. I / Teil 2a, K § 3 Rn. 34. 312

III. Bewährungsbeamtenverhältnis

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sten Dienstbehörde bewährt hat, weshalb aus diesem Grunde die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nicht mehr verwehrt werden kann. 3 1 6 Gegen diese Automatik spricht auch nicht die ausdrücklich normierte Bewährungsfeststellung und ihr Charakter einer (abschließenden) Zuerkennung der bereichsbezogenen Laufbahnbefähigung. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut der entsprechenden Regelungen, wonach die Bewährungsfeststellung eine Entscheidung über die Bewährung des Beamten in der Probezeit und „damit" über die Bestätigung seiner (Laufbahn-) Befähigung enthält, wodurch die generelle Unterscheidung zwischen laufbahnrechtlicher und statusrechtlicher Probezeit aufrechterhalten wird. Der Entscheidung kommt somit kein konstitutiver Charakter zu. Soweit die Bewährungsfeststellung keine über den Bezug zur obersten Dienstbehörde hinausreichenden Rechtspositionen (Laufbahnbefahigung) begründet, beinhaltet sie auch lediglich eine „Vorfrage" für die Übernahme des Beamten in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit. Anders stellt sich die Rechtslage dar, wenn die nach Ablauf der Probezeit festzustellende oder feststehende Laufbahnbefähigung für den Bereich anderer oberster Dienstbehörden oder sogar anderer Dienstherrn gilt. Zwar kann man auch hier die Auffassung vertreten, daß sich der Beamte mit Ablauf des maßgeblichen Zeitraums bewährt und damit seine zunächst vorläufig zuerkannte Laufbahnbefähigung mit Bindungswirkung für alle betreffenden Behörden und Dienstherrn bestätigt hat. Bei dieser grundlegenden und über den Bereich der feststellenden Behörde hinausreichenden Bedeutung der Bewährungsfeststellung verleiht jedoch das zu den wesentlichen Elementen der Rechtsstaat317

lichkeit gehörende Prinzip der Rechtssicherheit , das für den einzelnen in erster Linie Vertrauensschutz bedeutet, dem Beamten einen Anspruch auf förmliche Feststellung seiner Laufbahnbefähigung. Im Gegensatz zur dienstlichen Beurteilung 318 , die lediglich eine am Leistungsgrundsatz orientierte Entscheidung über die dienstliche Verwendung des Beamten sichern soll 3 1 9 , enthält diese Bewährungsfeststellung eine auf Rechtsverbindlichkeit angelegte Regelung.

316 BVerwGE 19, 344, 347 ff.; 85, 177, 183; vgl. auch: HessVGH, Urt. v. 14.7.1982, in: Erwin Schütz (Hrsg.), Beamtenrecht des Bundes und der Länder - Entscheidungssammlung, Bd. I V , A n 5.1 Nr. 17, S. 80, 81 sowie: BW V G H Urt. v. 29.6.1982, A I I 5.1 Nr. 10, S. 35, 39. 317 Vgl. zu den Vorgaben und Bindungswirkungen der Rechtssicherheit: BVerfGE 18,429, 439; 30, 367, 385 f; 45, 142, 167 f.; 45, 187, 245 f.; 72, 200, 242. 318 Nach Auffassung des BVerwG (E 28, 191, 192 f; 49, 351, 353 ff.) ist lediglich der Antrag auf Beseitigung, Änderung oder Neufeststellung der Beurteilung ein Verwaltungsakt. 319 BVerwGE 21, 127,129.

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B. Berufsbeatentum und Bewährungsmodell

Die Bewährungsfeststellung trifft die oberste Dienstbehörde, die ihre Befugnis bei den Laufbahnen des einfachen und mittleren Dienstes und zum Teil auch des gehobenen Dienstes auf nachgeordnete Behörden delegieren kann. 3 2 0 Da sich die Behörde bei dieser, zurückliegende Wertentscheidungen berücksichtigenden (Prognose-) Entscheidungen selbst ein Bild über die Person und ihren Werdegang machen muß, spricht sicherlich die größere Sachnähe für eine solche Delegierung, wobei jedoch Gefahren für eine sorgfältige, am Gleichheitssatz orientierte Bewährungsfeststellung nicht übersehen werden dürfen.

d) Das Gebot der Anstellung im Eingangsamt und mögliche Ausnahmen für Bewährungsbeamte Für die Anstellung der Bewährungsbeamten gelten grundsätzlich die allgemeinen Regelungen, das heißt, der Beamte wird nach erfolgreichem Abschluß der Probezeit i m Rahmen der besetzbaren Planstellen angestellt. Da die Anstellung die erste Verleihung eines statusrechtlichen Amtes ist, erfolgt sie grundsätzlich i m Eingangsamt der Laufbahn. 321 Von diesem Grundsatz sind zwar Ausnahmen durch die Personalausschüsse zulässig. Dabei handelt es sich aber begriffsnotwendig um die Berücksichtigung von besonderen Verhältnissen i m Einzelfall. Bei dieser Ausnahmeregelung ist im wesentlichen an Beamte gedacht, die in einer auch zeitlich entsprechenden Vortätigkeit außerhalb des Beamtenverhältnisses bereits eine dem Beförderungsamt vergleichbare 322

erhöhte Berufsposition erreicht hatten. Für die neuen Länder kommt der Frage einer Anstellung in einem höheren als dem Eingangsamt gesteigerte Bedeutung zu. Laufbahn- und besoldungsrechtlich wäre es zwar zulässig, Dienstposten, die an sich einem höherwertigen Amt i m abstrakt-funktionellen Sinne entsprechen, in Unteibesetzung einem Beamten mit einem niedrigeren Amt im statusrechtlichen Sinne zu übertragen, da sich nur aus letzterem die laufbahnrechtliche Einordnung des Beamten ergibt. 323 Die Ämteibewertung stellt eine Aibeitsplatzbeschreibung dar, bei der die personengebundenen Merkmale des Amtsinhabers außer Betracht bleiben, so daß die Bewertung keine immittelbare Rechtswirkung für die lauf320

Ziff. 3b S. 9 Einigungsvertrag §§ 2 I I S. 2, 6 I I S. 2 BewA-VO Thür.; § 38 II, I E S. 2 L V O LSA; §§ 38 I I I S. 2, 41 S. 2 HS 2 LaufbVO M - V ; §§ 2 m S. 2, 6 I I S. 2 BewA-VO Bgb.; wobei Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg dies auf die Laufbahnen des einfachen und mittleren Dienstes beschränkt hat. 321 Vgl. § 12 I B R R G . 322 Heinz Schröder / Bernt Lemhöfer / Ralf Krafft, Das Laufbahnrecht der Bundesbeamten - Kommentar, § 10 Rn.13. 323 Vgl. BVerwG, ZBR 1975, S. 226, 227; BVerwGE 65, 270, 272 m.w.N.

III. Bewährungsbeamtenverhältnis

143

bahn- und besoldungsrechtliche Einstufung des Amtsinhabers hat und dieser demgemäß auch keinen Rechtsanspruch aus der Wahrnehmung einer Funktion ableiten kann. 3 2 4 Nach dem Grundgedanken des Art. 33 I I GG sollen sich aber Qualifikation und zu erfüllende Aufgabe möglichst entsprechen. Überdies wäre es personalpolitisch nicht tragbar, den überwiegenden Teil der Beamtenschaft einer Laufbahn i m Eingangsamt zu belassen und zwar ohne Rücksicht auf unterschiedliche Aufgaben, hierarchische Unterschiede, Lebensalter und 325

Dauer der beruflichen Erfahrung. Die Übergangsregelungen des Einigungsvertrages setzen die Möglichkeit einer Anstellung in einem höheren als dem Eingangsamt voraus. Lediglich in formeller Hinsicht fordert er bei Beamten in den Laufbahnen des gehobenen und des höheren Dienstes in Übereinstimmung mit § 12 I BRRG (vgl. § 10 V I i.V.m. § 44 I BLV) eine Zustimmung des jeweiligen Personalausschusses. Daraus folgt, daß bei Beamten des einfachen und mittleren Dienstes die Ernennungsbehörde die alleinige Zuständigkeit besitzt. Dies wird auch durch die Erläuterungen zum Einigungsvertrag gedeckt, wonach die Einschaltung eines unabhängigen Gremiums für „herausgehobene Funktionsbereiche ein Höchstmaß an Objektivität und Einheitlichkeit" gewährleisten soll. 3 2 6 Als materielle Mindestvoraussetzung ist in entsprechender Anwendung der Regelung zur Übertragung eines höherwertigen Dienstpostens327 zu fordern, daß der Beamte mindestens einen dem Beförderungsamt entsprechenden Dienstposten angemessene Zeit vor der Anstellung wahrgenommen und dabei seine Eignung für den Dienstposten nachgewiesen hat. 3 2 8 In diesem Fall finden also die Bewährung für die Laufbahn i m Rahmen der Probezeit und die Erprobung für den höherwertigen Dienstposten gleichzeitig statt. Sowohl aus personalpolitischen als auch rechtssystematischen Erwägungen zum Laufbahnprinzip erscheint es zusätzlich geboten, daß der Beamte bei Nachzeichnung einer fiktiven Laufbahn bereits die Voraussetzungen für die Übertragung des höheren Amtes i m stastusrechtlichen Sinne erfüllen würde. Dabei ist klar, daß sich ein fiktiv berechneter Werdegang nur an vagen Daten und ungefähren Vorgaben orientieren kann, da auch in realen Lebenssituationen der berufliche Werdegang von am Anfang gleich gestellten Bewerbern völlig verschieden verlaufen kann.

324

Theodor Maunz, in: Maunz / Dürig, GG-Kommentar, Art. 74 a Rn. 10; Jürgen Monhemius, Beamtenrecht, München 1995, Rn. 58. 325 Walther Fürst (Hrsg.), GKÖD, Bd. I / Teil 2a, K § 7 Rn. 73. 326 Erläuterungen zu Anlage I des Einigungsvertrages, in: Stern / Schmidt-Bleibtreu (Fn. 43), S. 718. 327 Vgl. § 11 S. 4 B L V ; zum maßgeblichen Kriterium formaler Bewertung des Dienstpostens: OVG Münster, Urt. v. 11.3.1982, DÖD 1983, S. 134. 328 Heinz Schröder / Bernt Lemhöfer / RalfKrafft, Das Laufbahnrecht der Bundesbeamten - Kommentar, § 10 Rn.14.

144

B. Berufsbeatentum und Bewährungsmodell

Eine ausgleichende Einzelfallgerechtigkeit läßt sich deshalb nur schwer finden. Durch Grundsatzbeschlüsse haben die Landespersonalausschüsse von Sachsen, Mecklenburg- Vorpommern und Brandenburg generelle Voraussetzungen für eine Anstellung i m Beförderungsamt geregelt. 329 So hat der Sächsische Landespersonalausschuß 330 gemäß § 158 I V SächsBG in Umsetzung der zuvor genannten Prämissen die Anstellung von Bewährungsbewerbern in den Beförderungsämtern A 10 und A 11 des gehobenen und A 14 des höheren Dienstes davon abhängig gemacht, daß der Bewerber neben einem festgelegten Mindestalter seit mindestens einem Jahr in einer dem angestrebten Beförderungsamt vergleichbaren Vergütungsgruppe eingruppiert war und sich für dieses Beförderungsamt durch seine dienstlichen Leistungen qualifiziert hat. 3 3 1 Für den kommunalen Bereich gilt diese generelle Ausnahme nur, wenn der Bewerber die vom Staatsministerium des Innern festgelegte Fortbildungsmaßnahme seiner Laufbahngruppe nachweist. 332 Der Landesbeamtenausschuß Mecklenburg-Vorpommern hat eine Ausnahme zur Anstellung in einem Beförderungsamt nur für Beamte des gehobenen Dienstes erteilt, dabei jedoch nur allgemein bestimmt, daß das jeweils angstrebte Beförderungsamt nach dem individuell fiktiven Werdegang erreichbar und der wahrgenommene Dienstposten mindestens eine Besoldungsgruppe höher als das angestrebte Beförderungsamt sein muß. 3 3 3 Brandenburg hat die Voraussetzungen für die Anstellung i m ersten, zweiten und dritten Beförderungsamt detailliert geregelt, wobei letztere nur bei Beamten des mittleren Dienstes, die ein Mindestalter von 45 Jahren erreicht haben, zulässig ist.

329

Beschluß des Sächsischen Landespersonalausschusses Nr. 3 19192 (neu) vom 24.11.1993, SächsAmtsBl. 1993, S. 1406; Beschluß des Landesbeamtenausschusses Mecklenburg-Vorpommern 2/91, AmtsBl. M - V 1991, S. 828; AmtsBl. M - V 1992, S. 395; AmtsBl. M - V 1993, S. 615; Beschluß Nr. 1 des Landespersonalausschusses Brandenburg vom 11.3.1992, Bbg. AmtsBl. 1992, S. 741. 330 Vgl. dazu auch: Joachim Spors /Irmgard Weiß (Fn. 245), S. 150. 331 Ein Bewerber für die Besoldungsgruppe A 10 muß mindestens 28 Jahre alt und in die VergGr. I V b eingruppiert sein. Für die Besoldungsgruppe A 11 ist ein Lebensalter von 33 Jahren und die VergGr. I V a festgelegt und für die Beamten des höheren Dienstes, die i m Beförderung samt A 14 angestellt werden sollen, ist ein Mindestalter von 36 Jahren und die Eingruppierung in die VergGr. I b erforderlich; vgl. Anlage zum Beschluß des Landespersonalausschusses 3/9/92 (neu), (Fn. 329). 332 Vgl. Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Fortbildung der Bediensteten des Sächsischen Staatsministeriums des Innern - FobiVwV - vom 30.3.1992, SächsAmtsBl. 1992, S. 782. 333 Lediglich für die Besoldungsgruppe A 12 wurde ausdrücklich festgelegt, daß der Bewerber mindestens ein Jahr lang i n der VergGr. I I I tarifgerecht eingruppiert sein und das 35. Lebensjahr vollendet haben muß.

III. Bewährungsbeamtenverhältnis

145

e) Die Nachqualifizierung der Bewährungsbeamten -Modelle und Rechtscharakter Da die vorläufige nur angenommene Befähigung durch eine Bewährung in der Probezeit nachzubestätigen ist und durch die zweite, bei der Frage der Lebenszeitverbeamtung anstehende Bewährungsfeststellung zur Laufbahnbefähigung erwächst, kommt dieser atypischen Probezeit ein besonderes Gewicht zu. In diesem Zusammenhang stellt sich insbesondere die Frage, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit von der Teilnahme an ergänzenden Fortbildungsmaßnahmen abhängig gemacht werden kann und soll. Der Einigungsvertrag enthält für die Nachqualifizierung der Bewährungsbewerber lediglich die flexible, in erster Linie an den Verordnungsgeber gerichtete Vorgabe, den Beamten durch entsprechende Aus- und Fortbildungsangebote die Gelegenheit für eine laufbahnorientierte, fachliche Weiterqualifizierung zu geben 334 , um dadurch ein zusätzliches objektivierendes Kriterium 3 3 5 für die Entscheidung über die erfolgreiche Bewährung in der Probezeit zu erhalten 336 . Von dieser Möglichkeit haben die Länder in sehr unterschiedlicher Weise Gebrauch gemacht. So ist es im Bereich der Bundesverwaltung, ebenso wie in Sachsen und Sachsen-Anhalt, den obersten Dienstbehörden überlassen, ob sie die Ernennung von der Teilnahme an einer Fortbildungsveranstaltung abhängig machen wollen 3 3 7 , während die Laufbahnverordnung MecklenburgVorpommern eine grundsätzliche Nachweispflicht des Bewährungsbewerbers über die Teilnahme an einer Qualifizierungsmaßnahme statuiert 338 . Lediglich Thüringen und Brandenburg haben eine verpflichtende Teilnahme an Fortbildungsmaßnahmen normiert 339 . Die Nachqualifizierung kann sich dabei grund-

334

Anl. I, Kap. X I X , Sachg. A , Abschn. III, Ziff. 3 b S. 7 Einigungsvertrag. Die Auffassung von Vollmuth, daß die „kann"-Formulierung des Einigungsvertrages dem Dienstherrn auch „andere Möglichkeiten" zur Ersetzung der Laufbahnbefähigung einräumt, geht von einer falschen systematischen Auslegung dieser Bestimmung aus, die als Maßgabe-Regelung zum BBG (BRRG analog) dem Dienstherrn einen Entscheidungsspielraum hinsichtlich des Einsatzes von Laufbahn- oder Bewährungsbewerbern unter Ergänzung der sonst abschließenden und zwingenden Ernennungsvoraussetzungen ( § 4 1 Ziff.3 BRRG; § 7 I Ziff.3 BBG) durch eine Dienstpostenbewährung eröffnet; Vgl. Joachim Vollmuth, Vom Staatsfunktionär zum Beamten einer rechtsstaatlichen Verwaltung, DÖV 1992, S. 376, 383. 335

336

Vgl. Erwin Quambusch, Ausbildungskonzept zur Einführung der Dienstkräfte der östlichen Bundesländer in die neuen Verwaltungsaufgaben, DÖD 1991, S. 1,2. 337 § 1 I S. 3 BewA-VO Bund / Sachsen; § 33 I S. 3 L V O LSA. 338 § 42 I LaufbVO M - V . 339 § 5 I BewA-VO Thür.; § 5 I BewA-VO Bbg. 10 Schwanengel

146

B. Berufsbeatentum und Bewährungsmodell

sätzlich über die Bewährungs- und Probezeit erstrecken, die damit einen einheitlichen Qualifizierungszeitraum bilden. 3 4 0 Mit Ausnahme der Regelungen in Brandenburg sind auch die inhaltlichen Vorgaben eher gering. Während die Bewährungsanforderungsverordnungen des Bundes, Sachsens und SachsenAnhalts keine inhaltlichen Vorgaben enthalten, übertragen die wortgleichen Regelungen in Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern den obersten Dienstbehörden die Befugnis, Art und Inhalt der Fortbildungsmaßnahmen näher zu bestimmen, wobei die Inhalte an den Anforderungen der Laufbahn auszurichten sind und dem Bewährungsbeweiber grundlegende Kenntnisse des Verwaltungshandelns i m Rechtsstaat vermitteln sollen. 341 Die anfänglich auf eine übergreifende und vereinheitlichte Qualifizierungskonzeption gerichteten Bestrebungen mündeten letztlich in zwei grundsätzlich verschiedene Modelle. 3 4 2 So fordert die Bewährungsanforderungsverordnung des Landes Brandenburg von allen Bewährungsbewerbern die Teilnahme an einem zeitlich und inhaltlich auf die einzelnen Laufbahngruppen zugeschnittenen Fortbildungsprogramm, das den Charakter einer nachgeholten, wenn auch verkürzten Ausbildung trägt. 343 Dieses umfaßt für den mittleren Dienst 300, für den gehobenen und höheren Dienst jeweils 600 Stunden (§ 5 I I BewA-VO) und wird dienstzeitbegleitend realisiert, wobei das anfangliche Konzept wöchentlicher Fortbildung (1 bis 2 Tage) mit Rücksicht auf die Arbeitsbelastungen zugunsten mehrtägiger Veranstaltungsblöcke aufgegeben wurde. Unabhängig von der konkreten Verwendung des Beweibers sind in der Anlage zur Verordnung die Lehrthemen nach Laufbahngruppen detailliert festgeschrieben. Lediglich für den gehobenen Dienst sind gesonderte Fächerkataloge für die staatliche und kommunale Verwaltung vorgesehen, während der Themenkatalog für den höheren Dienst in Form eines Aufbaustudiums ausgestaltet ist. 3 4 4 Während der Fortbildung sind Leistungsnachweise zu er-

340 Lediglich § 1 I S. 3 BewA-VO Bund / Sachsen verlagert die mögliche Verpflichtung zur Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen auf die Bewährungszeit, da der Begriff der Ernennung" im systematischen Zusammenhang mit dem Regelungsgehalt des Absatzes 1 zu sehen ist, der sich ausdrücklich auf die Ernennung zum Beamten auf Probe bezieht. 341

§ 5 I I BewA-VO Thür.; § 42 I I LaufbVO M - V . Vgl. Joachim Vollmuth (Fn. 335), S. 378. 343 Joachim Vollmuth (Fn. 335), S. 378; Erko Grömig, Umstrukturierung der Verwaltung in den neuen Bundesländern, Verwaltungsrundschau 1993, S. 198, 201. 344 Vgl. Erko Grömig (Fn. 343), S. 203, wobei zunächst staats- und verwaltungsrechtliche Grundkenntnisse und Kenntnisse in Fachgebieten wie Finanzwirtschaft und B W L vermittelt werden, während sich der Aufbaustudiengang (mit einem Fortbildungsanteil von 150 Std.) inhaltlich im wesentlichen auf die Vermittlung von Aspekten der Personalführung und des Verhaltenstrainings konzentriert. 342

I . Bewährungsbeamtenverhältnis

147

bringen (§ 5 I V BewA-VO), die zeitlich so konzipiert sind, daß zumindestens ein Leistungsnachweis in die Bewährungszeit fällt. Im Hinblick auf den Gesamtumfang der Maßnahmen ist das brandenburgische Modell der konsequenteste Weg zur Qualifizierung der B ewährungsbewerber 345, der trotz anfanglicher Zweifel an seiner Realisierbarkeit 346 durchgehalten wurde. Dieses umfangreiche Programm mit der Tendenz zur nachgeholten Ausbildung wurde in den anderen Ländern angesichts begrenzter Fortbildungskapazitäten und deutlicher Vakanzen der Bewerber i m Grundlagenwissen recht schnell zugunsten eines Lehrgangskonzepts aufgegeben, das einer möglichst großen Zahl von Bewährungsbewerbern in vergleichsweise kurzer Zeit den Einstieg in die Verwaltungsarbeit ermöglichen und dazu breit angelegtes Orientierungswissen vermitteln sollte. Dieses sogenannte „Bopparder Modell" wurde Ende 1990 von der Tagung der Aus- und Fortbildungsreferenten der Länder angeregt und durch eine Arbeitsgruppe unter Federführung der Bundesakademie für öffentliche Verwaltung konzipert. 347 Die Lehrgangsdauer wurde auf vier Wochen mit insgesamt 120 Lehrgangstunden begrenzt, wobei auf eine Differenzierung der Lehrinhalte nach Laufbahngruppen weitgehend verzichtet wurde. Im Laufe seiner Anwendung wurde dieses Grundmodell von den einzelnen Ländern zum Teil stark modifiziert. So haben Sachsen und SachsenAnhalt den Grundlehrgang durch entsprechende Fachlehrgänge für einzelnen Laufbahnen ergänzt 348 , während Thüringen der Vorgabe des § 5 I I BewA-VO entsprechend, laufbahnorientierte Lehrgange anbot (zum Beispiel für Finanz-, Forst- und allgemeine Verwaltung). Träger dieser Maßnahmen waren dabei weitgehend die Verwaltungsfachhochschulen der Länder, während vor allem die Kommunen entsprechende Angebote der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien nutzten. Die Frage, ob durch Leistungsnachweise eine gewisse Verknüpfimg zwischen Fortbildungsergebnis und Laufbahnentscheidung hergestellt werden soll, blieb umstritten. Während der Bund, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern lediglich eine (bloße) Teilnahme fordern, sind in Thüringen und Brandenburg Leistungsnachweise zu erbringen, die damit in die Entscheidung über die erfolgreiche Bewährung in der Probezeit einbezogen werden, was § 6 II S.l BewA-VO des Landes Brandenburg ausdrücklich bestimmt. Da es sich

345

So auch: Ulrich Karpen / Volker Maaß (Fn. 41), S. 944. Joachim Vollmuth (Fn. 335), S. 378; Erko Grömig (Fn. 343), S. 203. 347 Vgl. Joachim Vollmuth (Fn. 335), S. 379; Erko Grömig (Fn. 343), S. 203. 348 Vgl. für die Anpassungsfortbildung des höheren Dienstes in Sachsen-Anhalt: Wolfram Moersch, Aus- und Fortbildungskonzept für den höheren allgemeinen Verwaltungsdienst in den neuen Bundesländern, 2. Auflage, Speyer 1994, S. 61 ff. 346

10*

148

B. Berufsbeatentum und Bewährungsmodell

hierbei jedoch nicht um Prüfungen mit unmittelbar laufbahnrechtlicher Relevanz handelt, kommt derartigen Tests auch nicht der Charakter einer zusätzlichen Ernennungsvoraussetzung zu. Als formalisiertes Kriterium kann ein solcher Leistungsnachweis jedoch ergänzende Aussagen darüber enthalten, ob der Bewerber neben seiner Befähigung für den konkreten Aufgabenbereich auch die Eignung für ein Amt i m abstrakt-funktionellen Sinne besitzt.

C. Die Besonderheiten des Besoldungsund Versorgungsrechts in den neuen Ländern I. Die besoldungsrechtlichen Sonderregelungen 1. Die Kompetenzzuweisungen und der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besoldung Die Besoldung der Beamten des Bundes und der Länder ist durch das Bundesbesoldungsgesetz in umfassender und einheitlicher Weise normiert und überläßt den Ländern nur in solchen Bereichen eine eigene Regelungskompetenz, in denen „landesrechtliche Spezialitäten" keine über das Land hinausreichende Bedeutung haben.1 Der Bundesgesetzgeber hat damit i m Bereich der Besoldung2 von der Gesetzgebungsbefugnis des Art. 74 a GG in erschöpfender Weise Gebrauch gemacht.3 Die Regelungsermächtigung erfaßt - wie sich aus der Aufrechterhaltung des Art. 73 Ziff. 8 GG ergibt und in Art. 74 a I GG klargestellt ist - die Besoldung aller in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis (Beamten-, Richter-, Soldatenverhältnis) zu den in § 1 I BBesG bezeichneten Dienstherren stehenden Personen in umfassender Weise, das heißt auf alle anspruchsbegründenden, -verändernden und -vernichtenden Tatbestände bezogen.

1 Vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum 2. BesVNG, BTDrucks. 7 / 1906, Teil B, S.78, § 1, Nr. 3. 2 Die in § 1 II, I I I BBesG vorgenommene Legaldefinition des Begriffs „Besoldung" ist dabei i m Zusammenhang mit der Kompetenzabgrenzung zwischen Bund und Ländern zu sehen, wobei der Bundesgesetzgeber mit der grundsätzlich abschließenden Aufzählung der Besoldungsbestandteile klarstellt, daß er von seiner Regelungskompetenz in umfassender Weise Gebrauch gemacht hat, weshalb die Länder gemäß Abs. 4 von der Rechtsetzung im Gesamtbereich dessen, was als Besoldung i.S.d. Art. 74 a GG zu verstehen ist, ausgeschlossen sind („Besoldungserflndungsverbot"). Vgl. Horst Clemens u.a., Besoldungsrecht des Bundes un der Länder-Kommentar, Bd. I, Teil II, § 1 Ziff. 3 (S. 12 f.); Rudolf Summer, Das Bayerische Anpassungsgesetz zum 2. BesVNG, ZBR 1977, S. 86, 87 f. 3 Der in § 1 I V BBesG enthaltenen Sperrwirkung für die Länder kommt damit vornehmlich klarstellende Wirkung mit Bezug auf die ohnehin bestehende Verfassungsrechtslage zu; Bruno Schwegmann /RudolfSummer, BBesG-Kommentar, Bd. I, Teil II/ 1, § 1 BBesG, Rn.24.; Horst Clemens u.a., Besoldungsrecht des Bundes und der Länder-Kommentar, Bd. I, Teil II, § 1 Ziff. 3 (S. 13).

150

C. Besoldungs- und Versorgungsrecht

Aufgrund der allein durch eine ausdrückliche bundesgesetzliche Regelung möglichen Kompetenzzuweisung an die Länder normiert § 20 I I I BBesG die Befugnis der Länder zum Erlaß von Landesbesoldungsordnungen. Von dieser inhaltlich 4 und strukturell 5 beschränkten Regelungskompetenz haben die neuen Länder inzwischen Gebrauch gemacht.6 Neben der Regelung bundesgesetzlicher Zuweisungen enthalten die Landesbesoldungsgesetze Ämter, die bei einem Vergleich mit allen bundesrechtlich geordneten Ämtern der in Betracht kommenden funktionalen Ebene wesentliche Unterschiede i m Amtsinhalt aufweisen, so daß eine Einstufung als landesspezifische Besonderheit erforderlich ist. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die den in der Bundesbesoldungsordnung ausgewiesenen Ämtern zugeordneten Funktionen nach Gegenstand, Umfang, Schwierigkeit und Bedeutimg nicht eng einzugrenzen sind, sondern eine gewisse Bandbreite umfassen. 7 In Ämtern der Besoldungsordnung A ist ein Herausfallen aus dieser Bandbreite selten, so daß weitgehend nur Sonderlaufbahnen landesgesetzlich geregelt sind.8 Die Bundesbesoldungsordnung B enthält dagegen eine Reihe unmittelbar funktionsbezogen eingestufter Leitungsämter, die durch die Bezeichnung einer bestimmten Behördenart und die Angabe spezieller Leitungsfunktionen eine Einordnung von Funktionen der Ländern nach deren Funktionsbeschreibung nicht ermöglicht. 9 Bis auf wenige, bestimmten „Eckämtern" zugeordnete Funktionen 10 , liegt

4 § 20 I I S. 1 BBesG, der neben der ausdrücklichen Befugnis zur Einstufung von Ämtern durch den Landesgesetzgeber (1. Alternative - „ausdrückliche Zuweisung") die Regelung von Ämtern vorsieht, die sich nach dem Inhalt der zugeordneten Funktion wesentlich von der BBesO A / B unterscheiden (2. Alternative - „landesspezifische Besonderheiten"). 5 § 20 I E S.2 BBesG, wodurch ein einheitliches Einstufungsschema mit einheitlichen Bewertungsmaßstäben fest vorgegeben ist. 6 Besoldungsgesetz für das Land Sachsen-Anhalt - Landesbesoldungsgesetz LBesG - v. 27.6.1991, GVB1. LSA 1991, S.123, ber. S.408; Sächsisches Besoldungsgesetz -SächsBesG - v. 5.2.1992, Sächs. GVB1. 1992, S.49; Besoldungsgetz für das Land Brandenburg - Brandenburgisches Besoldungsgesetz - BbgBesG - v. 4.3.1992, Bbg.GVBl. 1992, S.103; Besoldungsgesetz für das Land Mecklenburg-Vorpommern Landesbesoldungsgesertz - LBesG M - V - v. 28.6.1993, GVOB1. M - V 1993, S.612, ber. S.736; Thüringer Besoldungsgesetz - ThürBesG- v. 3.1.1994, Thür.GVBl. 1994, S. 1. 7 Walther Fürst (Hrsg.), GKÖD, Bd. m / Teil 2, K § 20 Rn. 18; Vgl. auch BayVerfGH24,159,165 ff. 8 Vgl. Bruno Schwegmann / Rudolf Summer, BBesG-Kommentar, Bd. II, Teil I I / l , § 20 BBesG, Rn. 15, wonach nur in den Fällen, in denen ein Regeleinstieg in der Laufbahn i m Ämtervergleich nicht möglich ist, eine landesgesetzliche Regelung sachgerecht erscheint. 9 Bruno Schwegmann /RudolfSummer, BBesG-Kommentar, Bd. II, Teil I I / l , § 20 BBesG, Rn. 5a u. 15. 10 Dazu zählen u.a.: Ministerialrat, Leitender Ministerialrat, Ministerialdirigent.

I. esoungsrechtliche Sonderregelungen

151

deshalb hier der größte und von den Ländern auch weitreichend genutzte Gestaltungsspielraum. Die allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und die andere Struktur des öffentlichen Dienstes in den neuen Ländern machten es jedoch unmöglich, das i m bisherigen Bundesgebiet geltende Besoldungsrecht ohne weiteres und umfassend i m Beitrittsgebiet anzuwenden.11 Durch § 73 BBesG 12 erhielt die Bundesregierung deshalb die Ermächtigung, Übergangsregelungen auf dem Gebiet des Besoldungsrechts zu schaffen, die den besonderen Verhältnissen in den neuen Ländern Rechnung tragen. Durch Rechtsverordnung wurde so ein eigenes Besoldungsrecht in den neuen Ländern eingeführt, das seinem Übergangscharakter gemäß befristet wurde, um so eine stetige Überprüfung und gegebenenfalls schrittweise Anpassung zu erreichen. 13 Ergebnis dieser kompromißhaften Übergangsregelung waren die Erste 14 und Zweite 1 5 Besoldungs-Übergangsverordnung. Durch Verlängerung der Frist zum Erlaß von Übergangsvorschriften 16 konnte die Geltungsdauer der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung schließlich von Ende 1996 auf Ende 1998 verlängert werden 17 . Durch § 73 BBesG hat der Gesetzgeber die Schaffung von Übergangsregelungen zum Besoldungsrecht für die neuen Länder dem Verordnungsgeber

11 Bruno Schwegmann /RudolfSummer, BBesG-Kommentar, Bd. II, Teil I I / l , § 73 BBesG, Rn. 2. 12 Eingeführt durch: Anl. I, Kap. X I X , Sachg. A , Abschn. II, Ziff. 3 Einigungsvertrag. 13 Vgl. Erläuterungen zu Anlage I des Einigungsvertrages, in: Stern / SchmidtBleibtreu (Hrsg.), Verträge und Rechtsakte zur Deutschen Einheit, Bd. n , München 1990, S. 711. 14 Erste Verordnung über besoldungsrechtliche Übergangsregelungen nach Herstellung der Einheit Deutschlands - Erste Besoldungs-Übergangsverordnung - 1. BesÜV v. 4.3.1991, BGBl. 11991, S. 622. 15 Zweite Verordnung über besoldungsrechtliche Übergangsregelungen nach Herstellung der Einheit Deutschlands - Zweite Besoldungs-Übergangsverordnung - 2 BesÜV, BGBl. I 1991, S.1345, i.d.F. der Bekanntmachung v. 2.6.1993 (BGBl. I S. 778, 1035), zuletzt geändert durch die Dritte Besoldungsübergangs-Änderungsverordnung - 3. BesÜVÄndV - v. 5.12.1996, BGBl. 1 1996, S. 1847. 16 Ursprünglich war die Frist i m Einigungsvertrag auf den 30.9.1992 festgesetzt, wurde dann auf den 31.12.1995 verlängert und nun durch das Datum 31.12.1996 ersetzt; vgl. Art. 4 Ziff. 6 des Gesetzes über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen i n Bund und Ländern 1995 - Bundesbesoldungs- und -Versorgungsanpassungsgesetz 1995 - BBVAnpG 95 - v. 18.12.1995, BGBl I 1995, S. 1942, 1945 i.d.F. der Bekanntmachung des BBesG v. 22.2.1996, BGBl. 1 1996, S. 262. 17 Art. 1 der Dritten Verordnung zur Änderung der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung - Dritte Besoldungsübergangs-Änderungsverordnung - 3. BesÜVÄndV v. 5.12.1996, BGBl. 1 1996, S. 1847.

152

C. Besoldungs- und Versorgungsrecht

übertragen. Diese inhaltlich weitreichende Befugnis scheint angesichts des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Besoldung nicht unproblematisch. Nach der Rechtsprechung ist es ein hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums i m Sinne des Art. 33 V GG, daß die Besoldung durch Gesetz geregelt werden muß (Gesetzesvorbehalt) und nur nach Maßgabe gesetzlicher Regelungen gezahlt werden kann (Gesetzesvorrang). 18 Es besteht also ein Regelungsmonopol und ein Handlungsauftrag für den Gesetzgeber. Der Gesetzesvorbehalt schließt zwar ergänzende Regelungen durch Rechtsverordnung nicht aus; diese müssen aber ihre Ermächtigung und grundsätzliche Bestimmimg von Inhalt, Zweck und Ausmaß i m Gesetz selbst haben und auf eng begrenzte Regelungssachverhalte beschränkt bleiben. 19 Die Regelungspunkte sind - wenn auch nicht erschöpfend - in § 73 BBesG bezeichnet und umfassen die abweichende Festsetzung und Angleichung der Besoldungshöhe, die Regelung von Übergangs-Besoldungsleistungen und Besonderheiten der Ämtereinstufung sowie die Angleichung der Ämter- und Laufbahnstrukturen, womit die Angleichung vorgefundener Funktonsebenen an die beamtenrechtliche Ämter- und Laufbahnstruktur gemeint ist. Der Gesetzesvorbehalt muß zudem aus dem Gesamtzusammenhang der Verfassung interpretiert werden. Aus dem Rechtsstaatsprinzip und damit aus Art. 20 GG ergibt sich der verfassungsrechtliche Grundsatz, daß alle wesentlichen Entscheidungen im normativen Bereich dem Gesetzgeber jedenfalls dann vorbehalten bleiben müssen, wenn eine Grundrechtsposition tangiert ist. 2 0 Dies gilt auch für die Rechtsstellung aus Art. 33 V GG. Die Besoldungsgesetze bestimmen nicht nur die Ansprüche auf Besoldung, sondern über die Amtsbezeichnung und Besoldungsgruppe auch die Ämter im statusrechtlichen Sinne. Zusammen mit der Art des Beamtenverhältnisses wird dadurch die Rechtsstellung des Beamten 21 gekennzeichnet und abstrakt Inhalt, Bedeutung und Verantwortung, das heißt die Wertigkeit des Amtes zum Ausdruck gebracht. 22 Die speziellen und inhaltlich beschränkten Einstufungen des § 7 2.

18 BVerfGE 8, 1, 15; 44, 249, 264; 81, 363, 386; BVerwGE 18, 293, 295 ff.; vgl. Walther Fürst (Hrsg.), GKÖD, Bd. I I I / Teil 1, K vor § 1, Rn. 9-12, unter besonderer Darlegung der Rechtsprechung des BVerwG; dieser sich aus der Verfassung ergebende Gesetzesvorbehalt wird in § 2 I BBesG deklaratorisch wiederholt. 19 Vgl. Bruno Schwegmann /RudolfSummer, BBesG-Kommentar, Bd. II, Teil I I /1, § 2 BBesG, Rn. 1. 20 BVerfGE 49, 89, 126; 61, 270, 275; BVerwGE 65, 323, 325; 68, 69, 72. 21 Das A m t im statusrechtlichen Sinne begründet vor allem folgende drei Rechte: das auf amtsangemessene (statusgemäße) Besoldung, das auf eine entsprechende Amtsbezeichnung und das auf ein dem statusrechtlichen Amt entsprechendes funktionelles Amt. 22 Walter Scheerbarth / Heinz Höffken / Hans-Joachim Bauschke / Lutz Schmidt, Beamtenrecht, 6. Auflage, Siegburg 1992, § 9 I I I Ziff. 5a.

I. esoungsrechtliche Sonderregelungen

153

BesÜV, die vor allem die Einstufung der Lehrer und Schulleiter betreffen 23 , sind dabei mit dem Gesetzesvorbehalt vereinbar, da für abgegrenzte Teilkomplexe eine Delegation der Ämterzuordnung auf Rechtsverordnungen vertretbar ist. 2 4 Darüber hinaus erfolgt die Bewertung der Funktionen und die besoldungrechtliche Zuordnung der Ämter auch in den neuen Ländern der (Bundes-) Besoldungsordnungen A / B, die als Bestandteile des Bundes- beziehungsweise des jeweilgen Landesbesoldungsgesetzes25 dem Gesetzesvorbehalt Rechnung tragen. Die Festlegung der Höhe des allgemeinen Besoldungsniveaus in der 2. Besoldungs-Übergangsverordnung scheint hingegen als eine für die amtsangemessene Alimentation wesentliche Frage mit dem Vorbehalt des Gesetzes unvereinbar, zumal damit dem Verordnungsgeber die Entscheidung über haushalts- und finanzpolitische Konsequenzen übertragen wurde. Gemäß der in § 14 BBesG enthaltenen Verpflichtung zur regelmäßigen Besoldungsanpassimg schien der Gesetzgeber von mehreren relativ rasch aufeinanderfolgenden Anpassungen ausgegangen zu sein, so daß sich die problematische Regelung des Besoldungsniveaus durch bloße Rechtsverordnung nur durch den befristeten Übergangscharakter der zu regelnden Materie rechtfertigen läßt, zumal damit gesichert wurde, daß am Ende der notwendigen Anpassungsphase keine Restregelungen bestehen bleiben, die ihre Berechtigung verloren haben.

2. Die inhaltliche Gestaltung der besoldungsrechtlichen Übergangsregelungen a) Die Regelungsbereiche und der personelle Geltungsbereich Nachdem der Normgeber bei der Ersten Besoldungs-Übergangsverordnung darauf bedacht gewesen war, zunächst einmal möglichst schnell eine Rechtsgrundlage für die Besoldung und damit für eine Ernennung von Beamten zu schaffen, wurde der sachliche Geltungsbereich der Zweiten BesoldungsÜbergangsverordnung auf Regelungsbereiche wie jährliche Sonderzuwendungen, Urlaubsgeld und Bezuschussung von Dienstbekleidung erweitert. Vom 23

Die anderen Sondereinstufungen bezogen sich auf - inzwischen erfolgte - rechtliche und organisatorische Anpassungen; die Anpassung des Landeshochschulrechts an das HRG als Voraussetzung für die Ämtereinstufung i.S.d. Vorbemerkung Nr. 20 zur BBesO A / B und die (Neu-) Organisation der Staatsanwaltschaft. 24 Bruno Schwegmann /RudolfSummer, BBesG-Kommentar, Bd. II, Teil I I / l , § 2 BBesG, Rn. 1 b. 25 Walther Fürst (Hrsg.), GKÖD, Bd. I I I / Teil 2, K § 20 Rn. 1; vgl. zur Zugehörigkeit der BBesO A / B zum BBesG: Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum 2. BesVNG, BT-Drucks. 7 / 1906, Teil A/H, S.76, Nr. 1.1.3 und Teil B, S. 81, zu §20.

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C. Besoldungs- und Versorgungsrecht

persönlichen Geltungsbereich werden alle Beamten erfaßt, die in den neuen Bundesländern „verwendet" werden 26 , unabhängig, ob die Grundlage für diese Verwendung eine erstmalige Ernennung, eine Wiederernennung oder Versetzung, Abordnung, Zuweisung oder Umsetzung aus den alten Bundesländern bildet. Geregelt wird damit vor allem die Besoldung der in den alten Bundesländern erstmals ernannten Beamten, da für sie das Bundesbesoldungsgesetz mit abweichenden27 und ergänzenden 28 Bestimmungen gilt, während für versetzte, dauerhaft umgesetzte und wiederernannte Beamte das mittelbar geltende Bundesbeamtengesetz grundsätzlich ohne Maßgaben mit Ausnahme der in § 5 2.BesÜV geregelten Funktionszulage Anwendung findet. Die abgeordneten oder zugewiesenen Beamten genießen eine Art besoldungsrechtlichen Doppelstatus. Wegen ihrer beamtenrechtlichen Verankerung bei Dienstherren in den alten Bundesländern gilt für sie das Besoldungsrecht des Bundes, oder soweit es sich um ein landesrechtlich geregeltes Amt handelt - das ihres Dienstherrn unmittelbar und vorrangig fort, allerdings ebenfalls ergänzt durch die Bestimmungen des § 5 2.BesÜV.

b) Der Grundsatz amtsangemessener Alimentation und die Festsetzung des Besoldungsniveaus Die wesentlichste Maßgabe enthält § 2 I 2.BesÜV mit der abweichenden Festsetzung des allgemeinen Bezügeniveaus durch einen Vomhundertsatz. Betrug das Niveau der Dienstbezüge anfänglich 60 % der Beträge des Bundesbesoldungsgesetzes, wurde es stufenweise 29 auf 85 % angehoben30. Den Ansatzpunkt für die niedrigere Besoldung i m Beitrittsgebiet bildet der Indexierungsgedanke 31, wonach sich die Besoldung an den Lebenshaltungskosten, den wirtschaftlichen Verhältnissen und nicht zuletzt auch an der finanziellen

26 § 1 2.BesÜV; Der „Verwendungsbegriff' erfaßt auch Anwärter, sowie Beamte, die sich i n Fällen des Satzes 2 zur Fortbildung oder Ableistung von Verwaltungspraktika i m bisherigen Bundesgebiet aufhalten, ohne eine Dienstposten wahrzunehmen. 27 Vgl. §§ 2, 3, 7,11,12 ffl, I V 2. BesÜV. 28 Vgl. §§4, 6,12 12. BesÜV. 29 60 % gem. V O v. 21.6.1991, 70% ab 1.5.1992, 74 % ab 1.12.1992, 80% ab 1.9.1993, 82 % ab 1.10.1994, 84 % ab 1.10.1995. 30 Art. 8 Gesetz über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 1996 / 97 - Bundesbesoldungs- und -Versorgungsanpassungsgesetz 1996 / 97 - BBVAnpG 96 ¡91 - v. 24.3.1997, BGBl. 1997, S.590, 592. Nachtrag. Der Bemessungssatz wurde ab 1.9.1998 auf 86,5% angehoben, Bundesbesoldungs- und »Versorgungsanpassungsgesetz 1998 - BBVAnpG 98v. 6.8.1998, BGBL 1 1998, S. 2026. 31 Ulrich Battis, Die Zweite Besoldungs-Übergangsverordnung, L K V 1992, S. 12,

12.

I. esoungsrechtliche Sonderregelungen

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Belastbarkeit der öffentlichen Haushalte zu orientieren habe 32 . In der amtlichen Begründung wurde bei der erstmaligen Festsetzung des niedrigeren Besoldungsnivaus zudem auf die inhalts- und zeitgleichen Ergebnisse der Tarifverhandlungen für Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes in den neuen Bundesländern Bezug genommen, womit trotz struktureller Loslösung des Besoldungs- vom Arbeitsrecht der in § 73 BBesG enthaltene Maßstab der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse nur eingeschränkt den Anhaltspunkt für die Festsetzung und stufenweise Erhöhung der Besoldung bildete. 3 3 Dabei stellt sich die Frage, ob das allgemein abgesenkte Besoldungsniveau und seine inhaltliche Ausrichtung im Einklang mit der amtsangemessenen Alimentation steht. Die Alimentationspflicht des Dienstherrn ist Korrelat der Dienstpflicht des Beamten, seine volle Arbeitskraft grundsätzlich auf Lebenszeit zur Verfügung zu stellen 34 , weshalb zwischen Alimentations- und Hingabepflicht ein gegenseitiges (synallagmatisches) Verhältnis besteht35. Es ist ein hergebrachter Grundsatz i m Sinne des Art. 33 V GG, daß den Beamten nach ihrem Dienstrang und der mit ihrem Amt verbundenen Verantwortung 36 ein der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards entsprechender Lebensunterhalt 37 zu gewähren ist 38 . Dabei ist

32

Bruno Schwegmann / Rudolf Summer, BBesG-Kommentar, Bd. I V / 24, § 2 2. BesÜV, Rn. 1. 33 Ulrich Battis / Hans Lühmann, Neuregelung des Besoldungs- und Versorgungsrechts, L K V 1993, S. 327, 328. 34 BVerfGE 39, 196, 201; Theodor Maunz, in: Maunz / Dürig, GG-Kommentar, Art. 33 Rn. 68; Helmut Lecheler, Der öffentliche Dienst, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. m , Heidelberg 1988, § 72 Rn. 55; Carl-Hermann Ule, Verfassungsrechtliche Grenzen einer Reform des öffentlichen Dienstrechts - Rechtsgutachten, in: Studienkommission für die Reform des öffentlichen Dienstrechts, Bd. 5, Baden-Baden 1973, S. 441, 520. 35 Detlef Merten, Die Sonderrolle der Beamtenversorgung bei der Harmonisierung der Alterssicherungssysteme, ZBR 1995, S. 353, 354. 36 Zur Abstufung des angemessenen Lebensunterhalts nach der Bedeutung des Amtes: i n std. Rspr. BVerfGE 4, 115, 135; 11, 203, 215; 56, 146, 164; zu besonderen Konstellationen (Alimentation bei Dienstenthebung, Untersagung der Dienstgeschäfte, bei Entlassung von Probebeamten): Manfred Fleig, Die Alimentationspflicht des Dienstherrn i n beamtenrechtlichen Grenzsituationen, DÖD 1996, S. 127,127 ff. 37 § 14 BBesG als Konkretisierung der „amtsangemessenen" Alimentation: BVerfGE 56, 353, 361 f. 38 BVerfGE 8, 1, 14; i n std. Rspr. BVerfGE 11, 203, 210; 16, 94, 115; 21, 329, 345; 44, 263, 265; 55, 372, 392; 70, 251, 266; 71, 255, 268; 76, 256, 298; 81, 363, 375; Theodor Maunz, in: Maunz / Dürig, GG-Kommentar, Art. 33 Rn. 69; Willi Thiele, Alimentation - ein unabdingbares Merkmal des Berufsbeamtentums, ZBR 1963, S. 129 ff; Carl-Hermann Ule, Öffentlicher Dienst, in: Bettermann / Nipperdey, Die Grundrechte, Bd. I V / 2, S. 537, S. 592; trotz Kritik am Ausdruck Alimentation auch: Ingo v. Münch, Verfassungsrechtliche Grenzen einer Reform des öffentlichen Dienst-

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C. Besoldungs- und Versorgungsrecht

die Alimentationspflicht nicht nur ein zu berücksichtigender, sondern zu beachtender hergebrachter Grundsatz. 39 Das bedeutet zunächst, daß eine sachgerechte Relation zu den allgemeinen Verhältnissen bestehen muß, die auch eine Verminderung der Bezüge rechtfertigt, da nicht zwischen positiver oder negativer Entwicklung unterschieden wird. 4 0 Das Alimentationsprinzip liefert somit einen zeitbezogen zu konkretisierenden Maßstabsbegriff. Der Gesetzgeber kann daher aus sachgerechten Gründen die Bezüge der Beamten herabsetzen 41 und die amtsangemessene Besoldung auf den Lebensstandard der übrigen Bevölkerung reduzieren. Für eine grundsätzliche Zulässigkeit der Kürzung von Besoldungsbestandteilen spricht auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach durch Art. 33 V GG kein summenmäßig bestimmtes Bezügeniveau des Beamten garantiert wird. 4 2 Eine Herabsetzung dergestalt, daß den einzelnen Amtsinhabern eine ihrem Amt entsprechende Lebensführung nicht mehr möglich wäre, ist jedoch mit Art. 33 V GG unvereinbar, denn wenn von der unteren Grenze gesprochen wird, so „darf nicht etwa der 'hinreichende' oder 'bescheidene' Unterhalt an die Stelle der objektiv gewährten 'amtsangemessenen' Alimentation treten" 43 , da sonst vom Ausgangspunkt der Beamtenalimentation - dem Amt und nicht dem Unterhaltsbedarf - nichts mehr übrig bleibt 44 . Der in § 73 BBesG für die Besoldungsanpassung - in Analogie zu § 14 BBesG - verwandte Begriff der „allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse" ist nicht eindeutig und bedarf einer sinngemäßen Auslerechts, in: Studienkommission für die Reform des öffentlichen Dienstrechts, Bd. 5, Baden-Baden 1973, S. 71, 157 ff.; Norbert Günther, Die Anpassung der Beamtenbesoldung an die allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse, Berlin 1987, S. 85 ff. m.w.N.; Detlef Merten, Das Recht des öffentlichen Dienstes in Deutschland, in: Magiera / Siedentopf, Das Recht des öffentlichen Dienstes i n den Mitgliedsstaaten der EG, Berlin 1994, S. 181, 190. 39

Vgl. Detlef Merten, Alimentationsprinzip und Beamtengesetzgebung, ZBR 1996, S. 353, 355 m.w.N. 40 Theodor Maunz, in: Maunz / Dürig, GG-Kommentar, Art. 33 Rn. 69; Bruno Schwegmann / Rudolf Summer, BBesG-Kommentar, Bd. II, Teil I I / l , § 14 BBesG, Rn. 3; Ulrich Battis (Fn. 31), S.12 f.; Carl-Hermann Ule (Fn. 38), S. 593. 41 I n std. Rspr. BVerfGE 18, 159, 166; 44, 249, 263; 55, 372, 392; 56, 146, 165; BVerwGE 57, 168, 177. 42 BVerfGE 8, 1, 13; 55, 372, 392; 61, 43, 57; vgl. auch: Dieter Carl, Besoldungskürzungen durch bundesgesetzliche und / oder landesgesetzliche Maßnahmen, N V w Z 1989, S. 510,511. 43 Willi Thiele, Können Beamten in der gegenwärtigen Situation „Sonderopfer" auferlegt werden?, DVP 1981, S. 36, 37. 44 Helmut Lecheler, Die „hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums" i n der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts, A Ö R 1978, S. 349, 369 f.

I. esoungsrechtliche Sonderregelungen

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gung. Die allgemeinen finanziellen Verhältnisse stellen auf die allgemeine Einkommens- und Vermögenslage ab und weisen einen Sachzusammenhang zur Finanzlage der öffentlichen Haushalte auf; dies aber nur als ein in die Gesamtbetrachtung einzustellendes Kriterium. Insbesondere darf die grundgesetzlich garantierte Alimentation nicht zu einer variablen Größe werden, „die sich einfach nach den 'wirtschaftlichen Möglichkeiten' der öffentlichen Hand oder nach den politischen Dringlichkeitsbewertungen hinsichtlich der verschiedenen vom Staat zu erfüllenden Aufgaben ..." richtet.45 Insoweit ergeben sich die Maßstäbe für die Besoldungsabweichung und Anpassung nicht unmittelbar aus den etatmäßigen Verhältnissen in den neuen Ländern, sondern aus den wirtschaftlichen Bedingungen und den Veränderungen in den Lebensgrundlagen. Es kann auch hier die Maßstabsgrenze des „allgemeinen Lebensstandards" nicht verlassen werden. Einen Anhaltspunkt bildet insofern der unterschiedliche Preisindex für die Lebenshaltung in den alten und neuen Bundesländern. So betrugen die monatlichen Ausgaben eines Vier-Personen-Haushalts mit mittlerem Einkommen in den neuen Bundesländern im Jahr 1995 nur 82 % des West-Niveaus. 46 Aber auch dieser Preisindex ist nur eine, wenn auch wichtige Bezugsgröße und kann nicht pauschal für die Besoldung maßgebend sein. Mit den gleichzeitig zu beachtenden allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnissen wird demgegenüber eine weitgehende Gesamtbetrachtung ermöglicht und zwingend vorgegeben. Der entscheidende Bezugspunkt ist hier das Realeinkommen der unselbständig Beschäftigten, da die Alimentation im herkömmlichen Sinne die materielle Lebensgrundlage des Beamten im wirtschaftlichen Gesamtgefüge umfaßt. 47 So stieg die Ost-West-Relation des Nettoeinkommen der abhängig Beschäftigten von 55, 7 % 1991 auf 78, 7 % 1994 48 und wird sich nach den Prognosen auch in absehbarer Zeit bei diesem Verhältnis einpendeln49, während im gleichen Zeitraum das Pro-Kopf-Volkseinkommen in den neuen Ländern nur von 36, 4 % auf 57, 1 % desjenigen der alten Länder stieg 50 , was die unzureichende Wettbewerbsfähigkeit der ostdeutschen Unternehmen widerspiegelt.

45

BVerfGE 44, 249, 264. Errechnet nach: Bundesministerium für Wirtschaft - Wirtschaft in Zahlen "96, Bonn 1996, S. 28. 47 Bruno Schwegmann / Rudolf Summer, BBesG-Kommentar, Bd. II, Teil I I / 1, § 14 BBesG, Rn. 3. 48 Errechnet nach: Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 1996 / 97, BT-Drucks. 13 / 6200, Tabelle 21. 49 Vgl. Frühjahrsgutachten der Wirtschaftsforschungsinstitute, in: D I W Wochenbericht 1997, S. 281, 306. 50 Vgl. Sachverständigenrat (Fn. 48), Tabelle 26. 46

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C. Besoldungs- und Versorgungsrecht

Eine eingeschränkte Sicht und Regelung der Besoldung in den neuen Bundesländern ist deshalb i m Bereich des Zulässigen, soweit sich die Entwicklung im Besoldungsrecht nicht allzuweit von der gesamten Fortbildung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse entfernt und Rückschlüsse auf die allgemeinen Lebensverhältnisse gezogen werden können. 51 Da weder verfassungsrechtlich noch einfachgesetzlich bestimmte Indices vorgegeben sind, muß der Gesetzgeber sich nicht starr an der Einkommens- und Kaufkraftentwicklung orientieren, sondern muß Verbesserungen nur in einer angemessenen Quote weitergeben, ohne daß eine volle Beteiligung am Durchschnittszuwachs geboten ist. 5 2 Zur Konkretisierung der Amtsangemessenheit besteht für den Gesetzgeber folglich ein weiter Gestaltungsspielraum, und das Bundesverfassungsgericht wird in zweifelhaften Fällen nur schwer einen Verstoß gegen Art. 33 V GG mit der für die richterliche Entscheidung erforderlichen Eindeutigkeit feststellen. 53 Deshalb bestehen auch für das Bundesverwaltungsgericht „ausgehend von den aus historischen Gründen noch unterschiedlichen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnissen i m bisherigen Bundesgebiet und in den neuen Ländern und dem in der Verordnungsermächtigung des § 73 BBesG i m Einklang mit Art. 33 V GG angestrebten Ziel einer einheitlichen Besoldung ... gegen die Höhe der Dienstbezüge nach § 2 2.BesÜV keine verfassungsrechtlichen Bedenken." 54

c) Die Verfassungsmäßigkeit des Besoldungszuschusses und der besonderen Funktionszulage Ob die Verfassungsmäßigkeit auch (noch) uneingeschränkt für die Gewährung des Besoldungszuschusses nach § 4 I S.l 2.BesÜV gilt, erscheint im Lichte des Willkürverbots des Art. 3 I GG hingegen fraglich. Abweichend von dem Grundsatz, daß i m Beitrittsgebiet ertmals ernannte und verwendete Beamte für eine Übergangszeit eine abgesenkte Besoldung erhalten, wird danach Besoldungsempfangern, die „auf Grund der im bisherigen Bundesgebiet erworbenen Befahigungsvoraussetzungen ernannt werden", ein ruhegehaltsfähiger Zuschuß bis zur Höhe der Dienstbezüge nach dem Bundesbesoldungsgesetz gezahlt. Hiermit soll ein Anreiz für qualifizierte Berufsanfänger, aber auch für Berufserfahrene außerhalb des öffentlichen Dienstes, die die lauf-

51

Ulrich Battis /Hans Lühmann (Fn. 33), S. 328. Detlef Merten (Fn. 39), S. 379; ders., Zur Problematik der Gewährung einheitlicher Festbeträge bei Besoldungsanpassungen, in: König / Laubinger / Wagener (Hrsg.), Öffentlicher Dienst, Köln 1977, S. 349, 359 f. 53 BVerfGE 8, 1, 22 f., i n std. Rspr. BVerfGE 11, 203, 210, 56, 146, 163; 64, 367, 378 f; 65,141, 148. 54 BVerwGE 101, 116, 121. 52

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bahnrechtlichen Voraussetzungen erfüllen, geschaffen werden, eine berufliche Karriere i m öffentlichen Dienst der neuen Länder zu beginnen. 55 Fraglich ist, ob diese Anreizfunktion angesichts des konsolidierten Aufbaus der staatlichen und kommunalen Verwaltung nach wie vor ein sachlich vertretbarer Grund für eine gesetzliche Differenzierung ist und dem Ziel der Gewinnung von Fachkräften für die Schaffung eines einheitlichen Rechtsraums dient. 56 Dabei ist zunächst zu klären, was unter dem nicht näher definierten Begriff der „Befahigungsvoraussetzungen" zu verstehen ist. Aus dem Wortlaut i m Zusammenhang mit der „erstmaligen Ernennung" von Beamten ergibt sich lediglich, daß mit diesem Begriff ganz allgemein auf die für die Ernennung von Beamten jeweils maßgebenden Rechtsvorschriften Bezug genommen werden soll, ohne daß § 4 S.l 2.BesÜV aus sich heraus klarstellen würde, welche „Befähigungsvoraussetzungen" i m einzelnen gemeint sind. Da der Begriff i m Besoldungsrecht bisher nicht verwandt wurde, besteht für eine eigenständige, rein besoldungsrechtliche Auslegung kein Anhaltspunkt. Auch die Ansicht des Verwaltungsgerichts Dresden 57, wonach der Begriff sehr eng gefaßt und mit der „Ablegung der Laufbahnprüfung" gleichgesetzt werden soll, mag nicht zu überzeugen, zumal in § 4 I S. 1 2.BesÜV von „Befähigungsvoraussetzungen" in der Mehrzahl die Rede ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts 58 und anderer Verwaltungsgerichte 59 muß der Begriff der „Befähigungsvoraussetzungen" vielmehr i m Einklang mit der übrigen, beamtenrechtlichen Terminologie ausgelegt und der laufbahnrechtliche Hintergrund der 2.BesÜV berücksichtigt werden. „Er umfaßt auch die dienstrechtlich für diesen Befähigungserwerb geforderten Vor- und Ausbildungsvoraussetzungen", das heißt es „müssen der nach dem Laufbahnrecht für die jeweilige Laufbahn erforderliche Vorbildungsabschluß, Vorbereitungsdienst i m laufbahnrechtlichen Rahmen und - soweit vorgeschrieben - die Laufbahnprüfung i m bisherigen Bundesgebiet absolviert worden sein". 60 Diese i m Ergebnis nicht zu beanstandende Auslegung bedeutet i m Umkehrschluß, daß zum Beispiel ein Studienabschluß bei einem Beamten des höheren Dienstes oder die Ablegung der Abiturprüfung bei einem Beamten des gehobenen Dienstes i m Beitrittsgebiet einen Anspruch auf einen Zuschuß auch dann

55 Vgl. Amtliche Begründung zum Entwurf der 2. BesÜV, BR-Drucks. 215/91, S. 26 zu § 4; Ulrich Battis (Fn. 31), S. 13; Walter Scheerbarth /Heinz Höffken /HansJoachim Bauschke / Lutz Schmidt (Fn. 22), § 35 I V ; Bruno Schwegmann / Rudolf Summer, BBesG-Kommentar, Bd. I V / 24, § 4 2. BesÜV, Rn. 1. 56 So: BVerwGE 101, 116, 122. 57 V G Dresden, NJ 1995, S. 384, 385. 58 BVerwGE 101, 116,118 ff. 59 Vgl. V G Weimar, ThürVBl. 1996, S. 163, 164 m.w.N. 60 BVerwGE 101, 116, 118.

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verhindert, wenn die eigentliche Laufbahnbefähigung im früheren Bundesgebiet erworben wurde. Nicht zu überzeugen mag die Auffassung des Verwaltungsgerichts Weimar, daß diese Ungleichbehandlung „durch vernünftige sachliche Gründe gerechtfertigt sei, und zwar zum einen durch die besonderen, nach wie vor fortdauernden Umstände i m Beitrittsgebiet und zum anderen durch den Charakter der 2. BesÜV als Übergangsregelung". 61 Die in Art. 33 V GG enthaltene Garantie eines „amtsangemessenen" Unterhalts stellt zwar eine den Besoldungsgesetzgeber in die Pflicht nehmende verfassungsrechtliche Gestaltungsalternative dar 62 , da die Höhe der Bezüge nicht unmittelbar der Verfassung zu entnehmen ist. Der i m Sinne der Verfassung dem Besoldungsgesetzgeber übertragene Gestaltungsspielraum wird verfassungsrechtlich jedoch durch die in Art. 33 V GG enthaltenen Vorgaben begrenzt. Neben der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse, die zwar eine Herabsetzung des allgemeinen Bezügeniveaus, nicht aber eine selektive Kompensation für einzelne Beamtengruppen desselben Dienstherrn rechtfertigt, bestimmt das Bundesverfassungsgericht die Angemessenheit primär nach dem jeweiligen Dienstrang und der mit dem Amt verbundenen Verantwortung. 63 Da das Amt im statusrechtlichen Sinne den Hauptanknüpfungspunkt für die Höhe der Bezüge bildet, erscheint die Angemessenheit der Besoldung nach der Rechtsprechung in erster Linie als eine Funktion des Amtes. 64 Aber auch bei der Gestaltung der Besoldungsstruktur besitzt der Gesetzgeber einen weiten Gestaltungsspielraum, da das bestimmte Besoldungsgefüge ebensowenig wie die Höhe der einzelnen Bezüge durch das Prinzip amtsangemessener Alimentation festgeschrieben ist. Die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers ist nur durch die Schranken des Willkürverbots begrenzt. 65 Er ist deshalb grundsätzlich nicht gehindert, „bei der besoldungsrechtlichen Regelung verschiedener Fallgruppen unterschiedlichen besoldungspolitischen Erwägungen zu folgen und verschiedene - sachliche - Anknüpfungspunkte zu wählen". 66 Er darf die Abstufung der Gehälter deshalb auch nach übergeordneten Gesichtspunkten wie der Nachwuchsgewinnung für einzelne Gruppen ausrichten. 67 Sofern sich aber für eine unterschiedliche Besoldung keine plausible nachvollziehbare Begrün61

V G Weimar, ThürVBl. 1996, S. 163, 167. Keinesfalls handelt es sich bei der „Amtsangemessenheit" um einen unbestimmten Rechtsbegriff oder um eine Frage des Ermessens, da dies Kategorien der verwaltungs-, nicht der verfassungsrechtlichen Dogmatik sind; vgl. Norbert Günther (Fn. 38), S. 160. 63 BVerfGE 4, 115,135; 8, 1, 14; 21, 329, 345; 56,146, 164. 64 Norbert Günther (Fn. 38), S. 102. 65 Vgl. BVerfGE 56, 146, 165. 66 BVerwG, ZBR 1987, S. 156 m.w.N. 67 BVerfGE 26, 141, 158; vgl. auch: Norbert Günther (Fn. 38), S. 104. 62

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dung finden läßt, fordern sowohl das Leistungsprinzip als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums als auch das verfassungsrechtliche Willkürverbot, daß für vergleichbare Ämter und Laufbahnen i m Hinblick auf die gleiche Tätigkeit, Verantwortung und Leistung die gleiche Besoldung gewährt wird. 6 8 Ausnahmeregelungen sind deshalb mit Art. 3 GG nur vereinbar, „wenn das Gewicht der für die Abweichung sprechenden Gründe der Intensität der getroffenen Ausnahmeregelung entspricht". 69 Unter dem Aspekt einer am Leistungsprinzip orientierten Besoldungseinstufung 70 , die auch unterschiedliche Aus- und Vorbildungen zu berücksichtigen hat, kann zwar der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts zugestimmt werden, daß ein sachlich vertretbarer Gesichtspunkt für eine Differenzierung darin besteht, daß ein Beamter neben dem erfolgreichen Abschluß des Vorbereitungsdienstes mit der zweiten juristischen Staatsprüfung in den alten Bundesländern nur über einen der ersten juristischen Staatsprüfung gleichgestellten71 Hochschulabschluß als Diplom-Jurist verfügt, da „die Regelung über die juristische Ausbildung und die dadurch erworbenen Qualifikationen i m Recht der Bundesrepublik Deutschland und im Recht der Deutschen Demokratischen Republik so gravierende Unterschiede aufweisen, daß differenzierte Übergangsregelungen wie u.a. das Angebot eines besonderen Vorbereitungsdienstes i m bisherigen Bundesgebiet... erforderlich sind" 72 . Auch der ursprüngliche Zweck der Zuschußregelung, zielgerichtete Anreize zur Gewinnung dringend benötigten Fachpersonals zu schaffen, war zwar zum Zeitpunkt des Inkrafttretetens der 2.BesÜV auf der Grundlage des Ziels des Einigungsvertrages, einen einheitlichen Rechtsraum zu schaffen und die Lebensverhältnisse möglichst schnell anzugleichen, sachlich vertretbar. Diese Übergangsregelung ist nach der wiederholten Verlängerung ihrer Geltungsdauer jedoch nicht mehr geeignet, diesen Zweck zu erreichen. Zutreffend betont das Verwaltungsgericht Dresden, daß der Begriff der „Fachkraft" nicht Personen mit besonderer fachlicher Erfahrung erfaßt, da es sich bei dem Kreis der nach § 4 2.BesÜV Begünstigten um die „erstmalig Ernannten" handelt, die außer ihrer erfolgreich absolvierten Laufbahnprüfung nichts 68

Detlef Merten, Zur Problematik der Gewährung einheitlicher Festbeträge bei Besoldungsanpassungen (Fn. 52), S. 373; Ferdinand Matthey, in: v. Münch / Kunig, GGKommentar, Art. 33 Rn. 37. 69 BVerfGE 18, 366, 372 f.; vgl. auch: Detlef Merten (Fn. 52), S. 374. 70 Vgl. Detlef Merten (Fn. 52), S. 375. 71 Anl. I, Kap. I I I , Sachg. A , Abschn. III, Ziff. 8, Maßgabe y, gg Einigungsvertrag. 72 BVerwGE 101, 116, 122 f., mit Bezug auf BT-Drucks. 11/7817, S. 22 f.; andere Aufassung: Josef Grieser, Anmerkung zum Urteil des V G Dresden v. 23.11.1994 - 2 K 424/94 -, NJ 1997, S.386, der in der Gleichsetzung des Hochschulabschlusses als Diplom-Jurist mit der ersten juristischen Staatsprüfung i.S.d. §§ 5, 6 DRiG auch eine Anerkennung der inhaltlichen Gleichwertigkeit sieht. 11 Schwanengel

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aufweisen, was eine erweiterte Auslegung des Begriffs „Fachkraft" rechtfertigen könnte. 73 Mittlerweile werden durch diese Norm deshalb auch die Besoldungsempfanger ungleich behandelt, die alle beamtenrechtlich vorgeschriebenen Befähigungsvoraussetzungen nach dem Beitritt in den neuen Bundesländern erworben haben und sich von ihren Mitbewerbern, die diese Voraussetzungen i m bisherigen Bundesgebiet nachgewiesen haben, nicht unterscheiden und i m übrigen gemäß § 122 I I BRRG auch im bisherigen Bundesgebiet ohne weitere (besoldungsrechtliche) Einschränkungen ernannt werden könnten. 74 Nicht nachvollziehbar ist in diesem Zusammenhang das Argument des Verwaltungsgerichts Weimar, daß ein Beamter, der lediglich „leihweise" im bisherigen Bundesgebiet ausgebildet wurde, „von vornherein auf eine Ernennung i m Beitrittsgebiet ausgerichtet gewesen ist". Diese allenfalls faktische berufliche Orientierung wird durch die, lediglich Art. 33 I I GG ausformende, einheitliche und unmittelbar geltende Regelung des § 122 I I BRRG 7 5 über die Zuerkennung der Befähigung für die entsprechenden Laufbahnen aller Dienstherrn rechtlich nicht gedeckt. Zwar differenziert § 4 2.BesÜV nicht nach der „Herkunft" des Beamten, so daß von daher keine Bedenken im Hinblick auf die besonderen Differenzierungsverbote des Art. 3 I I I GG bestehen. Allerdings stellt die Regelung als entscheidendes Kriterium auf den (typisierenden) Ort des Erwerbs der jeweiligen Befähigungsvoraussetzungen ab, der bereits i m Lichte der durch § 13 I I I BRRG geforderten Gleichwertigkeit der laufbahnrechtlichen Befahigungsvoraussetzungen kein Unterscheidungskriterium im Hinblick auf die amts- und laufbahnrechtliche Befähigung des Beamten ist beziehungsweise sein darf. Da es folglich an einem sachlich gerechtfertigten Grund für eine Ungleichbehandlung fehlt, verstößt die Gewährung eines Zuschusses gegen das Willkürverbot des Art. 3 I GG. 7 6

73

V G Dresden, NJ 1995, S. 384, 385. Vgl. auch: Liselotte Schweickhardt, Kollegiale Einheit und Verständigung, DRiZ 1995, S. 400, 401. 75 BVerwGE 68, 109, 111 f; 75, 133, 136. 76 Nachtrag: Die Neufassung des § 4 2.BesÜV stellt die Gewährung des Besoldungszuschusses nunmehr in das Ermessen des Dienstherrn und fordert neben dem Erwerb der Befähigungsvoraussetzungen im bisherigen Bundesgebiet ein „dringendes dienstliches Gewinnungsbedürfnis"; vgl. Zweite Besoldungs-Übergangsverordnung i.d.F. der Bekanntmachung vom 27.1997 (BGBl. I 1997, S. 2764), geändert durch Art. 5 der Besoldungsanpassungsverordnung v. 17.6.1998 (BGBl. I 1998, S. 1378) und Art. 3 desBBVAnpG v. 6.8.1998 (BGBl. I 1998, S. 2026). Das „Gewinnungsbedürfnis" geht dabei über das bloße Interesse an der Einstellung des Bewerbers hinaus und fordert als Ausnahmevorschrift zu § 2 I 2.BesÜV eine über die Laufbahnbefahigung hinausgehende, auf die spezielle dienstliche Verwendung bezogene Eignung des Bewerbers. Dies schließt Berufsanfanger begriffsnotwendig von der Gewährung des Besoldungszuschusses aus; vgl. Amt. Begründung zum Entwurf der 4. BesÜÄndV, BR-Drucks. 449/97, S. 5. 74

I. esoungsrechtliche Sonderregelungen

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Eine weitere besondere (Stellen-) Zulage wurde durch § 5 2.BesÜV geschaffen und ist auf die Wahrnehmung einer höherwertigen Tätigkeit über Status- und Laufbahngruppen hinweg bezogen. Danach erhalten Besoldungsempfänger aus dem bisherigen Bundesgebiet mit Anspruch auf Besoldung nach § 1 2. BesÜV bei Übertragung einer nach einer höheren Besoldungsgruppe bewerteten Funktion als dem verliehenen Amt eine Zulage, wenn die Funktionsübertragung vor dem 1.1.1992 und für eine Mindestverwendung von sechs Monaten erfolgte. Die Zulage bemißt sich nach dem Unterschied zwischen dem dem Besoldungsempfanger zustehenden Grundgehalt und dem Grundgehalt des Amtes, dem die wahrgenommene höherwertige Funktion zugeordnet ist. 77 Durch Einführung einer Kappungsgrenze wurde die Höhe der Zulage auf die Differenz zwischen zwei Besoldungsgruppen beschränkt und reicht höchstens bis zur Besoldungsgruppe B 3. Die Vorschrift trägt dem Umstand Rechnung, daß die Besoldung des Beamten aus seiner Rechtsstellung folgt und diese sich nicht aus der Funktion, sondern aus dem Amt i m statusrechtlichen Sinne ergibt 78 , das daher begriffsnotwendig den einzig legitimen Anknüpfungspunkt für die Bestimmung der individuellen Höhe des Besoldungsanspruchs bildet 79 . Wie bereits dargestellt, hat der Beamte allein aus der Wahrnehmung eines bestimmten festgelegten und besoldungsrechtlich bewerteten Tätigkeitsbereiches keinen Rechtsanspruch darauf, so besoldet zu werden, wie es der Bewertung des von ihm wahrgenommenen Amtes entspräche. Dies bedeutet aber nicht, daß der Beamte, dem die mit dem höheren Amt verbundene Funktion übertragen wurde, schlechthin keine geschützte Rechtssphäre hinsichtlich der höherwertigen Funktion hätte. Seine Rechtsstellung ergibt sich insoweit aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn, die es verbietet, höhere funktionsgebundene Ämter auf Dauer von Beamten in Unterbesetzung fuhren zu lassen, wenn nicht besondere Umstände dies rechtfertigen. 80 Vor allem die dauerhafte Entkopplung von Status und Funktion hat das Bundesverfassungsgericht als mit Art. 33 V GG unvereinbar erklärt 81 , weshalb der Dienstherr die Übertragung des höherwertigen statusrechtlichen Amtes bei Wahrnehmung der entsprechenden Funktion nicht ausschließen darf.

77 Zum Grundgehalt rechnen die Amtszulagen und die grundgehaltsergänzenden Stellenzulagen nach Vorbemerkung Nr. 27 BBesO A/B, während der Ortszuschlag unberücksichtigt bleibt; vgl. Bruno Schwegmann / Rudolf Summer, BBesG-Kommentar, Bd. I V / 24, § 5 2. BesÜV, Rn. 8. 78 Vgl. §§ 18, 19 BBesG, Bruno Schwegmann /RudolfSummer, BBesG-Kommentar, Bd. II, Teil I I / 1, § 18 BBesG, Rn. 10, § 19 BBesG, Rn. 11. 79 Walther Fürst (Hrsg.), GKÖD, Bd. m / Teil 2, K vor § 18 Rn. 9. 80 Bruno Schwegmann / RudolfSummer, BBesG-Kommentar, Bd. II, Teil I I / 1, § 19 BBesG, Rn. 12. 81 BVerfGE 70, 251, 266 ff.

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C. Besoldungs- und Versorgungsrecht

Die aufgrund der Besonderheiten des einigungsveranlaßten Personalbedarfs in den ersten Jahren legitimierte Zulage für die Wahrnehmung einer höherwertigen Funktion i m Beitrittsgebiet versucht diesen Grundsätzen Rechnung zu tragen. So ist diese Funktionszulage nicht an die unveränderte Wahrnehmung des am 31.12.1991 innegehabten Dienstpostens gebunden. Ein nahtloser Wechsel auf einen anderen höherbewerteten Dienstposten bleibt ohne Auswirkungen auf den Zulagenanspruch dem Grunde nach. Lediglich die Zulagenhöhe ändert sich entsprechend der Bewertung der neuen Funktion. Auch Beförderungen wirken sich lediglich entsprechend verringernd auf die Funktionszulage aus, es sei denn, die Funktion war bereits vor dem 1.1.1992 um mehr als zwei Besoldungsgruppen höher bewertet und die Zulage durch die Kappungsgrenze lediglich begrenzt. In diesem Fall wird die Begrenzung der bisherigen Zulage aufgehoben und die Zweistufengrenze oberhalb des durch die Beförderung erreichten neuen Amtes wirksam. Dadurch wird einerseits eine dauerhafte Entkopplung von Amt und Funktion ausgeschlossen. Andererseits wird durch die zumindestens unbefristete Stabilität des Verwendungsamtes, i m Gegensatz zur vergleichbaren Zulagenregelung des § 46 BBesG 82 , eine weitgehende Annäherung an das Amt i m statusrechtlichen Sinne erreicht. Lediglich bei Unterbrechung der Wahrnehmung der höherwertigen Funktion und Übertragung einer niedriger bewerteten oder dem verliehenen Amt entsprechenden Funktion nach dem 31.12.1991 endet diese besondere Rechtsstellung des Beamten. Insoweit besitzt das Verwendungsamt aber nur relative Stabilität und stellt ein „Weniger" gegenüber dem Amt im statusrechtlichen Sinne dar, da der Beamte in diesem Fall lediglich nach seinem bisherigen Basisamt besoldet wird. Überdies ist, für begrenzte Bereiche und durch besondere Umstände bedingt, die verfassungsrechtliche Schwelle für die Kopplung von Amt und Funktion geringer. 83 Nach ihrer Ausgestaltung, insbesondere wegen der zeitlichen Begrenzung der Funktionsübertragung, ist die Zulage nur für den Personenkreis vorgesehen, der sich zu einem frühen Zeitpunkt zur Übernahme solcher Aufgaben im Beitrittsgebiet entschlossen hat, die sich von der Wertigkeit des verliehenen Amtes abheben. Ganz i m Gegensatz zu der hier nicht näher zu behandelnden Frage der Übertragung von Führungspositionen auf Zeit 8 4 , handelt es sich nicht nur um eine quantitativ, 82 Das A m t i.S.d. § 46 BBesG besitzt infolge seines Charakters einer nur befristeten Übertragung eines Verwendungsamtes auch nur befristete Stabilität; vgl. Bruno Schwegmann /RudolfSummer, BBesG-Kommentar, Bd. II, Teil I I / 1, § 46 BBesG, Rn.4. 83 Vgl. Bruno Schwegmann /RudolfSummer, BBesG-Kommentar, Bd. II, Teil I I / 1, § 46 BBesG, Rn. 10. 84 Der durch das Dienstrechtsreformgesetz - BGBl. I 1997, S. 322 - eingeführte § 12 b BRRG enthält eine Öffnungsklausel zugunsten der Länder, die auf eine Stellungnahme des Bundesrates zurückgeht (vgl. BT.-Drucks. 13/3994, S. 56) und deren Gesetzesfassung auf einem Vorschlag des Vermittlungsausschusses (vgl. BT-Drucks.

I. esoungsrechtliche Sonderregelungen

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sondern auch qualitative Ausnahmeregelung zum Grundsatz der Verbindimg von Amt und Funktion, die überdies einigungsveranlaßt der Verwirklichung des Verfassungsauftrags des Art. 33 I V GG Rechnung trägt, möglichst frühzeitig Leitungsfunktionen in essentiellen Bereichen der Staatstätigkeit mit Beamten zu besetzen.

d) Die Anerkennung von Vordienstzeiten und die Festsetzung des Besoldungsdienstalters Einer Neuregelung unterlag die Berechnung des Besoldungsdienstalters. Dabei wurde der generelle Ausschluß von Dienstzeiten der Staatsbediensteten der DDR mit der Besoldungsübergangs-Änderungsverordnung vom 6.1.1993 geändert. 85 Die allgemein als unbefriedigend angesehene Regelung des § 2 I I 2. BesÜV vom 21.6.1991 86 ging noch davon aus, daß bei der Festsetzung des Besoldungsdienstalters die vor dem 1.7.1991 in Einrichtungen der ehemaligen DDR geleisteten Dienstzeiten keine Berücksichtigung finden sollten. Gemäß § 2 I I der novellierten 2.BesÜV i.V.m. § 28 I I S.4 87 und § 29 I BBesG sind nunmehr auch Vordienstzeiten der Staatsbediensteten der ehemaligen DDR grundsätzlich bei der Festsetzung des Besoldungsdienstalters zu berücksichtigen. 88 Mit der Beseitigung dieser Ungleichbehandlung ist der Verordnungsgeber einer Anregung des Bundesrates gefolgt. 89 Außerdem entspricht diese Regelung der vor der deutschen Einheit entwickelten Rechtsprechung und Ver-

13/6825) beruht. I n der Literatur begegnet diese Regelung wegen der Unvereinbarkeit mit dem hergebrachten Grundsatz der lebenszeitigen Übertragung aller einer Laufbahn zugeordneten Ämter und der damit einhergehenden Entkopplung von Status und A m t verfassungsrechtlichen Bedenken; Vgl. zu vorausgehenden Vorschlägen: Bruno Schwegmann /RudolfSummer, BBesG-Kommentar, Bd. II, Teil I I / 1, § 46 BBesG, Rn. 9 m.w.N.; RudolfSummer, Leistungsanreize / Unleistungssanktionen, ZBR 1995, S. 125, 133.; zu § 12 b BRRG: Helmut Schnellenbach, Das Gesetz zur Reform des öffentlichen Dienstrechts (Reformgesetz), N V w Z 1997, S. 521, 522; Peter Badura, Die hoheitlichen Aufgaben des Staates und die Verantwortung des Berufsbeamtentums, ZBR 1996, S. 321, 324 f.; Walter Leisner, Leitungsämter auf Zeit, ZBR 1996, S. 289, 290 f.; anders: Volker Neßler, Führungspositionen auf Zeit, RiA 1997, S. 157; Burkhardt Ziemske, Öffentlicher Dienst zwischen Bewahrung und Umbruch, DÖV 1997, S. 605,611 f. 85 Besoldungsübergangs-Änderungsverordnung - BesÜÄndV - v. 6.1.1993, BGBl. I 1993, S. 60. 86 Ulrich Battis (Fn. 31), S. 13; Ulrich Battis / Hans Lühmann (Fn. 33), S. 328; Herwig v. Zwehl, Änderungen der zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung, ZBR 1993, S. 50,51. 87 Eingefügt durch: Art. 5 Ziff. 1 des Gesetzes v. 11.12.1990, BGBl. I 1990, S. 2682. 88 Vgl. Amtliche Begründung der BesÜÄndV, BR-Drucks. 406/92, S. 5 f. 89 Vgl. BR-Drucks. 215 / 91, S. 21.

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C. Besoldungs- und Versorgungsrecht

waltungspraxis zu § 29 I BBesG 90 , die auch von den Übergangsregelungen nicht beseitigt wurde 91 . Das Besoldungsrecht enthält in § 29 I BBesG einen eigenen, von der Dienstherrnfahigkeit abgekoppelten und damit weitergehenden Dienstherrnbegriff als das allgemeine Beamtenrecht. Durch das Abstellen auf das Reichsgebiet sollen nach der Zielrichtung des § 29 I BBesG Dienstverhältnisse ehemaliger Staatsbediensteter der DDR in einem Aufgabenbereich, der vor der deutschen Einheit Zumindestens in seinem Kern auch regelmäßig im Dienst eines öffentlich-rechtlichen Dienstherrn i m bisherigen Bundesgebiet wahrgenommen wurde, bei der Ermittlung des Besoldungsdienstalters berücksichtigt werden. Durch Bezugnahme auf entsprechende Tätigkeiten im Bundesgebiet wurde eine Gleichstellung unabhängig von der Organisationsform des Arbeitgebers / Dienstherrn in der DDR bei gleichzeitigem Ausschluß einer Besserstellung angesichts des erheblich weitergehenden Staatsbegriffs in der DDR erreicht. Die Anerkennung von Vordienstzeiten in der Fassung des novellierten § 2 I I 2.BesÜV führt vorwiegend zu einer Verbesserung des Besoldungsdienstalters und damit der Bezüge der lebensälteren Beamten. Voraussetzung dafür ist nach § 28 I I S.4 BBesG, daß der Dienst bei einem ehemaligen Staatsorgan beziehungsweise einer staatlichen Einrichtung der DDR geleistet wurde, die entsprechend der grundgesetzlichen Ordnung vergleichbare Aufgaben erfüllte wie ein öffentlich-rechtlicher Dienstherr. 92 Nach einer i m ersten Teil favorisierten, formellen Bestimmung des Begriffs der „Staatsbediensteten" dürfte dies unzweifelhaft auf die Organe des zentralen und örtlichen Staatsapparates - Ministerien, Räte der Bezirke, Kreise, Städte, Gemeinden und Stadtbezirke -, die Gerichte und Staatsanwaltschaften zutreffen. Ausgeschlossen sind hingegen Tätigkeiten in Wirtschaftseinheiten und deren Verwaltungen, da deren Beschäftigte bereits nach dem einschränkenden, an der Trennung von Staatsorganen und Wirtschaftseinheiten orientierten, formellen Staatsbegriff, nicht zu den Staatsbediensteten zählten und es sich überdies um Tätigkeiten handelte, die nach der Rechtsvorstellung in der Bundesrepublik im Dienste privatwirtschaftlich organisierter Arbeitgeber ausgeübt werden. Einer (echten) Kompatibilitätsprüfung bedarf es hingegen vor allem bei der Bewertung von Tätigkeiten in staatlichen Einrichtungen der ehemaligen DDR. Dabei werden

90 BVerwGE 30, 219, 222; vgl. auch: Bruno Schwegmann / Rudolf Summer, BBesG-Kommentar, Bd. II, Teil I I / 1, § 29 BBesG, Rn. ld/1. 91 Vgl. Amtliche Begründung der BesÜÄndV, BR-Drucks. 406/92, S. 6, wodurch auch eine Konkurrenz zwischen beiden Regelungen entstehen kann. 92 Vgl. BVerwG, DVB1. 1992, S. 903, wonach die Beurteilung nach den Rechtsvorstellungen i m Geltungsbereich des Grundgesetzes selbstverständlich ist und keiner ausdrücklichen Festlegung im Gesetz bedurfte.

I. esoungsrechtliche Sonderregelungen

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die Aufgaben des Schuldienstes und der Universitäten auch in der Bundesrepublik überwiegend i m Dienst eines öffentlich-rechtlichen Dienstherrn wahrgenommen, während hinsichtlich der Aufgabenwahrnehmung in anderen Einrichtungen des sozialen und kulturellen Bereiches eine differenzierte Einzelfallprüfung geboten ist. 9 3 Durch die Änderung des § 2 I I der 2.BesÜV und der Einführung der Absätze 3 und 4 werden nur noch die dort aufgeführten Tätigkeiten von einer Gleichstellung ausgeschlossen. Durch die inhaltsgleiche Übernahme dieser Ausschlußregelungen in § 30 I, I I BBesG ist zudem eine einheitliche Verfahrensweise bezüglich der Anrechnung von DDR-Vordienstzeiten sowohl in den neuen Bundesländern, als auch i m bisherigen Bundesgebiet gegeben. Die Ausschlußtatbestände machen vor allem für die Tatbestände einen Sinn, in denen trotz vorhandener persönlicher Belastung eine Weiterbeschäftigung i m öffentlichen Dienst und eine Übernahme in das Beamtenverhältnis für den Dienstherrn zumutbar erscheint und eine positive Prognose über die zukünftige Verfassungstreue abgegeben werden kann. Angesichts der einer Verbeamtung vorangehenden Prüfung der persönlichen Eignung dürften die Anwendungsfalle dieser Regelungen zahlenmäßig von untergeordneter Bedeutung sein. Zunächst knüpfen die Ausschlußtatbestände an eine Tätigkeit des Beamten für das MfS oder ein Tätigwerden als Angehöriger der Grenztruppen der DDR an. 94 Für den Ausschluß von Grenztruppen-Zeiten kommt es allein auf die organisatorische Zugehörigkeit unabhängig vom Einsatzort 95 an, weshalb auch Zeiten, die i m Rahmen der Wehrpflicht bei den Grenztruppen abgeleistet wurden, mit unter diese Vorschrift fallen 96 . Als eine Tätigkeit für das MfS wird sowohl ein hauptamtliches als auch ein inoffizielles Tätigwerden aufgefaßt. Da es sich bereits nach dem Wortlaut der Regelung nur um Tätigkeiten „für" und nicht lediglich „beim" MfS handeln muß, rechtfertigen, in Anlehnung an die i m nachfolgenden Teil gemachten Ausführungen, nur Tätigkeiten bewußter, finaler Art eine Nichtberücksichtigung; die (bloße) Abgabe einer schriftlichen Verpflichtungserklärung erfüllt diesen Tatbestand nicht. 97 Besol-

93

Vgl. Herwig v. Zwehl (Fn. 86), S. 51. § 30 I BBesG, § 2 I I 2. BesÜV. 95 Kritisch dazu: Ulrich Battis/Hans Lühmann (Fn. 33), S. 329. 96 Vgl. Amtliche Begründung der BesÜÄndV, BR-Drucks. 406/92, S. 6; Bruno Schwegmann /RudolfSummer, BBesG-Kommentar, Bd. II, Teil I I / 1, § 30 BBesG, Rn. 4. Dies dürfte jedoch praktisch kaum relevant sein, da Auswirkungen auf das Besoldungsdienstalter ohnehin nur Zeiten haben, die vor dem 31. beziehungsweise 35. Lebensjahr liegen und die Wehrpflicht in der DDR bis dahin meist erfüllt war. 97 AndererAuffassung: Bruno Schwegmann / Rudolf Summer; BBesG-Kommentar, Bd. H, Teil H / 1, § 30 BBesG, Rn. 3a; Herwig v. Zwehl (Fn. 86), S. 51; so auch: Amtliche Begründung der BesÜÄndV, BR-Drucks. 406/92, S.6 sowie Bekanntma94

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C. Besoldungs- und Versorgungsrecht

dungsrechtlich i m Sinne einer Nichtberücksichtigung bei der Festsetzung des Besoldungsdienstalters sind überdies nur Zeiten einer Tätigkeit für das MfS relevant, die gemäß § 28 I BBesG nach dem 31. beziehungsweise 35. Lebensjahr lagen. Das Vorliegen des Ausschlußtatbestandes einer MfS-Tätigkeit führt, i m Gegensatz zu Zeiten einer Zugehörigkeit zu den Grenztruppen, zum generellen Ausschluß der Anrechnung auch von Beschäftigungszeiten i m öffentlichen Dienst der DDR, die vor dieser Tätigkeit geleistet wurden. 98 Nach den anderen Ausschlußtatbeständen99 sind von der Berücksichtigung auch die Zeiten ausgenommen, in denen die in der öffentlichen Verwaltung der DDR ausgeübte Tätigkeit aufgrund einer persönlichen Nähe zum DDRSystem übertragen war. Zweck dieser Nichtberücksichtigungsregelung ist nicht die Sanktion früheren Verhaltens 100 , sondern die Wahrung der Integrität der öffentlichen Verwaltung i m wiedervereinigten Deutschland, die es gebietet, Zeiten nicht zu berücksichtigen, die in einer rechtsstaatlichen Verwaltung niemals Anerkennung finden. 101 Dieser verfassungsrechtlich legitime Integritätszweck findet in § 30 I I S.lBBesG (§ 2 I I I S.l 2. BesÜV) seine einfachgesetzliche Ausprägung. Verfassungsrechtlich bedenklich erscheint hingegen die Regelung in § 30 I I S. 2 BBesG (§ 2 I I I S.2 2.BesÜV), nach der für einen nicht abschließend aufgezählten Regelkatalog die gesetzliche Vermutung aufgestellt wird, daß für die Übertragung der fraglichen Tätigkeit Kriterien der persönlichen Nähe zum System der früheren DDR als sachfremde Erwägungen ausschlaggebend waren. 1 0 2 Maßgebend für die Nichtberücksichtigung ist demnach allein die Übertragung einer i m Regelkatalog aufgeführten Funktion oder Position, der aber nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts nicht das Gewicht einer gesetzlichen Vermutung für einen Eignungsmangel beigemessen werden kann und die insofern nur Anhaltspunkte für einen besonders hohen Identifikationsgrad mit dem Herrschaftssystem der DDR bietet. 103 Verfassungskonform

chung des B M I v. 18.12.1991 zur Anrechnung von Vordienstzeiten im Tarifbereich, GMB1. 1992, S. 90, 92. 98 § 30 I S. 2 BBesG, § 2 I I S. 2 2. BesÜV; vgl. : Bruno Schwegmann / Rudolf Summer, BBesG-Kommentar, Bd. II, Teil I I / 1, § 30 BBesG, Rn. 3b, nach deren Auffassung die Vermeidung erheblicher Abgrenzungsprobleme für diese pauschalierende Regelung ausschlaggebend gewesen ist. 99 § 30 H BBesG, § 2 I I 2.BesÜV. 100 Anders: Ulrich Battis / Hans Lühmann (Fn. 33), S. 329, für die die „sanktionsbelastete Vermutung der Systemnähe (in ihren) Auswirkungen für den bereits ernannten Beamten einer Schuldvermutung nahekommt". 101 Bruno Schwegmann / Rudolf Summer, BBesG-Kommentar, Bd. II, Teil I I / 1, § 30 BBesG, Rn. lc. 102 Vgl. Amtliche Begründung der BesÜÄndV, BR-Drucks. 406/92, S. 6. 103 BVerfG, NJW 1997, S. 2312, 2313 f.

II. Versorgungsrechtliche Sonderregelungen

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könnte diese gesetzliche Vermutung nur deshalb sein, weil der Regelkatalog im Gegensatz zu den vom Bundesverfassungsgericht zu entscheidenden Fällen an wenige herausgehobene und einflußreiche Positionen in der Hierarchie der früheren DDR anknüpft 104 , die nur durch eine über die allgemein geforderte und übliche Loyalität des öffentlichen Dienstes hinausgehende Identifikation mit dem politischen System erreichbar waren, so daß es ihren Inhabern schon nach äußerem Anschein verwehrt sein muß, diese Tätigkeit mit der in einer rechtsstaatlichen öffentlichen Verwaltung gleichzusetzen.105 Eine verfassungskonforme Handhabung dieser Ausschlußtatbestände gebietet deshalb auch besoldungsrechtlich eine nachträgliche individuelle Einschätzung der Handlungen des Beamten vor und während der Dienstzeiten i m öffentlichen Dienst der DDR, einschließlich des Zeitraums, der Wertigkeit und der Bewertung der systemnahen Wahrnehmung der übertragenen Funktion. Dies muß sich letztlich auch in der Begründung des Festsetzungsbescheides widerspiegeln.

I I . Die versorgungsrechtlichen Sonderregelungen 1. Die Regelungsbereiche und der personelle Geltungsbereich Das Beamtenversorgungsgesetz wurde durch den Einigungsvertrag 106 um den § 107 a ergänzt, der die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates dazu ermächtigte, durch eine Rechtsverordnung übergangsweise das Versorgungsrecht an die besonderen Verhältnisse i m Beitrittsgebiet anzupassen. Die Änderungen betreffen insbesondere die versorgungsrechtliche Stellung der kommunalen Wahlbeamten der ersten Wahlperiode, eine ausgewogene Regelung zur Beachtung von Vordienstzeiten als ruhegehaltsfähige Dienstzeit sowie die Regelung beim Zusammentreffen von Versorgungsbezügen und

104 Durch Ziff. 1 werden Positionen erfaßt, bei denen eine kausale Verknüpfung von Partei- und Staatsfunktion besteht. Ziff. 2 beschränkt die Nichtanrechnung auf Abteilungs- und Bereichsleiter zentraler Staatsorgane, Mitglieder der Räte der Bezirke und Vorsitzende der Räte der Kreise. Ziff. 3 erfaßt Lehrende an staatstragenden Bildungseinrichtungen. Lediglich Ziff. 4 verläßt den Anknüpfungspunkt herausgehobener Positionen, da Absolventen der Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft nicht per se in Leitungsfunktionen übernommen wurden. 105

Vgl. BVerfG, NJW 1997, S. 2312, 2314, das gerade hervorhebt, daß sich Leitungsfunktionen i m Bereich der Schulparteileitung und Schulverwaltung nicht ohne Hinzutreten besonderer Umstände von einer über das allgemeine Maß hinausgehenden Identifikation der Staatsfunktionäre unterscheiden und ihnen von daher nicht das Gewicht einer gesetzlichen Vermutung beigemessen werden kann. 106 Anl. I, Kap. X I X , Sachg. A , Abschn. II, Nr. 2 Einigungsvertrag.

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C. Besoldungs- und Versorgungsrecht 107

Renten. Um einen raschen Umbau der Verwaltung zu gewährleisten, wurde es zudem erforderlich, besondere Regelungen für diejenigen Beamten zu erlassen, die zum Zwecke der Aufbauhilfe in den neuen Ländern eingesetzt wurden. Außerdem wurde das Beamtenversorgungsgesetz mit bestimmten Maßgaben übergeleitet. 108 Da für die nach dem Beitritt zu ernennenden und zu versorgenden Beamten keine schutzwürdigen Vertrauens- und Besitzstände zu beachten waren 109 , trat das Beamtenversorgungsgesetz nach der Maßgabe des Einigungsvertrages mit dem Wirksamwerden des Beitritts am 3.10.1990 bereits in der ab 1.1.1992 jeweils geltenden Fassung in Kraft. Überdies bestimmte der Einigungsvertrag, daß die in § 4 I S.l Ziff.l BeamtVG vorgeschriebene fünfjährige Wartefrist, die Voraussetzung für die Gewährung des Ruhegehalts ist, erst ab Wirksamwerden des Beitritts beginnt, so daß ein Anspruch auf Versorgung grundsätzl i c h 1 1 0 erst nach dem 2.10.1995 entstehen konnte. Dem Auftrag des Gesetzgebers in § 107 a BeamtVG kam die Bundesregierung bereits Anfang 1991 mit dem Erlaß der Beamtenversorgungs-Übergangsverordnung 111 nach. Da i m Interesse eines raschen und geordneten Verwaltungsaufbaus in großer Zahl Beamte aus dem bisherigen Bundesgebiet in die neuen Länder entsandt wurden, war es jedoch recht bald erforderlich, finanzielle Anreize für die Übernahme dieser Aufgabe zu schaffen und sicherzustellen, daß Verschlechterungen gegenüber dem bisherigen Rechtsstand vermieden werden. Durch die erste Änderungsverordnung 112 wurde deshalb für Beamte aus den alten Bundesländern, die zum Zwecke der Aufbauhilfe verwendet wurden, eine Erhöhung der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge vorgesehen. Durch eine weitere Änderung i m Jahre 1992 113 wurde insbesondere die Berücksichtigung von Vordienstzeiten als ruhegehaltsfähige Dienstzeit von erstmals i m Beitrittsgebiet ernannten Beamten neu geregelt. Die durch

107 Erläuterungen zu Anlage I des Einigungsvertrages, in: Stern / Schmidt-Bleibtreu (Fn. 13), S. 710 f. 108 Anl. I, Kap. X I X , Sachg. A , Abschn. m , Nr. 9 Einigungsvertrag. 109 Vgl. Erläuterungen zu Anlage I des Einigungsvertrages, in: Stern / SchmidtBleibtreu (Fn. 13), S. 720; Walther Fürst (Hrsg.), GKÖD, Bd I / Teil 4 / E, O § 107a Rn. 5a. 110 Dies galt allerdings dann nicht, wenn der Beamte infolge bestimmter Ausnahmetatbestände (§ 4 I S.l Ziff.2, 3 BeamtVG) dienstunfähig oder in den einstweiligen Ruhestand versetzt wurde; er erhielt dann unmittelbar Ruhegehalt (§§ 4 II, 14 BeamtVG). 111 Beamtenversorgungs-ÜbergangsVO - BeamtVÜV - v. 11.3.1991, BGBl. 11991, S. 630. 112 Erste Verordnung zur Änderung der Beamtversorgungs-Übergangsverordnung Erste BeamtV-Übergangs-ÄndV - v. 24.7. 1991, BGBl. 11991, S. 1709. 113 Zweite Verordnung zur Änderung der Beamtenversorgungs-Übergangsverordnung - Zweite BeamtV-Übergangs-ÄndV - v. 22.12.1992, BGBl. 1 1992, S. 2427.

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Versorgungsrechtliche Sonderregelungen

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die Neufassung des § 2 wesentlich veränderte Beamtenversorgungs-Übergangsverordnung gilt seither in der Fassung der Bekanntmachung der Beamtenversorgungs-Übergangsverordnung vom 19.3.1993. 114 Der personelle Geltungsbereich erstreckt sich nach § 1 I BeamtVÜV auf Beamte, die nach Inkrafttreten des Einigungsvertrages von ihrer ersten Ernennung und Wiederernennung an in den neuen Bundesländern verwendet oder dorthin versetzt worden sind. Durch den Begriff der „Verwendung" ist sichergestellt, daß der Beamte zum Stammpersonal einer Behörde im Beitrittsgebiet gehören muß 1 1 5 , weshalb Beamte, die i m Wege der Abordnung, Beurlaubung oder mit einem sogenannten „Beratervertrag" in den neuen Ländern tätig waren, diesen Übergangsregelungen nicht unterfallen. Auch für Beamte, die in unmittelbarem zeitlichen Anschluß an ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis i m früheren Bundesgebiet in die neuen Länder versetzt oder dort neu ernannt worden sind, gelten die sich aus dem Einigungsvertrag und § 2 Ziff. 37 BeamtVÜV ergebenden Maßgaben nicht. 1 1 6 Das hat zur Folge, daß auf die fünfjährige Wartefrist des § 4 I S.l Ziff.l BeamtVG auch die Zeiten anzurechnen sind, die vor dem 3.10.1990 zurückgelegt worden. Durch den Erhalt ihrer Anwartschaft auf Versorgung werden diese Beamten unter Vertrauensgesichtspunkten so behandelt, als wären sie in den alten Bundesländern verblieben.

2. Die inhaltliche Gestaltung der versorgungsrechtlichen Übergangsregelungen Eine erste Übergangsregelung betraf die kommunalen Wahlbeamten, die vor der Wiedervereinigung auf Grund der DDR-Kommunalverfassung 117 gewählt wurden und ihre Amtszeit nach der ersten Wahlperiode wegen Abwahl oder Gebietsreform beenden mußten. Zweck der Regelung des § 2 I BeamtV Ü V war es, den Kommunalbeamten eine entsprechende versorgungsrechtliche Absicherung zu gewährleisten, weil sie wegen der Kürze ihrer Amtszeit keinen Anspruch auf Ruhegehalt gehabt hätten 118 und auch eine weitergehen-

114 Beamtenversorgung-Übergangsverordnung v. 19.3.1993, BGBl. I 1993, S. 369, zuletzt geändert durch Gesetz v. 18.12.1995, BGBl. 1 1995, S. 1942,1947. 115 Walther Fürst (Hrsg.), GKÖD, Bd I / Teil 4 / E, O § 107a Rn. 8b. 116 § 1 I I BeamtVÜV, wobei gemäß § 85 EX BeamtVG der am 31.12.1991 erreichte Rechtsstand gewahrt bleibt. 117 Gesetz über die Selbstverwaltung der Gemeinden und Landkreise in der DDR - DDR-Kommunalverfassung - v. 17.5.1990, GBl. D D R I 1990, S. 255. 118 Da Bürgermeister und Landräte gemäß § 27 II, 89 I I DDR-Kommunalverfassung nur für die Dauer von vier Jahren gewählt wurden, war die vorgeschriebene

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C. Besoldungs- und Versorgungsrecht

de Berücksichtigung von Vordienstzeiten zu keiner nennenswerten Verbesserung ihrer Versorgungsansprüche geführt hätte 119 . Insofern bestand die Gefahr, daß der abgewählte oder nicht mehr benötigte Bürgermeister oder Landrat zum Sozialfall wurde. Um eine solche Situation auszuschließen, erhielten kommunale Wahlbeamte vor Ablauf des fünfzigsten Lebensjahres ein Übergangsgeld in Höhe des Sechsfachen der Dienstbezüge des letzten Monats ihrer Amtszeit und nach Ablauf des fünfzigsten Lebensjahres einen Unterhaltsbeitrag in Höhe des Ruhegehalts unter Anrechnung von Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen. 120 Mit dieser Regelung entsprach der Besoldungsgesetzgeber seiner aus dem Alimentationsgrundsatz folgenden Fürsorgepflicht gegenüber den ausscheidenden Wahlbeamten. Eine weitere Besonderheit betrifft die Anrechnung von Beschäftigungszeiten der Staatsbediensteten der ehemaligen DDR. Über die Berücksichtigung von Zeiten, die kraft Gesetzes ruhegehaltsfähig sind, wird grundsätzlich nicht gesondert entschieden. Ihre Berücksichtigung ist Teil der Versorgungsfestsetzung. Ob jedoch Vordienstzeiten in den neuen Ländern überhaupt als ruhegehaltsfähig zu berücksichtigen sind, sollte insoweit nicht erst bei Eintritt des Versorgungsfalles, sondern bereits bei der Berufung in das Beamtenverhältnis geklärt werden. 121 Dabei bemessen sich die ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge gemäß § 2 Ziff.2 BeamtVÜV nach den zuvor erläuterten Grundsätzen der Besoldungs-Übergangsverordnung. Im Gegensatz zur ursprünglichen Fassung der BeamtenversorgungsÜbergangsverordnung, die eine Berücksichtigung der Vordienstzeiten ohne zeitliche Einschränkung vorsah 122 , erlaubt es die novellierte Regelung des § 2 Ziff. 3-5 BeamtVÜV 1 2 3 nunmehr, lediglich fünf Jahre der bezeichneten Dienstzeiten als ruhegehaltsfähig anzurechnen. Dies betrifft berufsmäßig und nichtberufsmäßig zurückgelegte Wehrdienstzeiten 124 , Ausbildungs- und son-

Wartezeit von fünf Jahren (§ 4 I S.l Ziff. 1 BeamtVG) für eine Mindestversorgung nicht erreichbar. 119 Wegen der Ruhegehaltsskala des § 14 I BeamtVG war die erforderliche ruhegehaltsfähige Dienstzeit für das Niveau der Mindestversorgung ebenfalls (kaum) erreichbar, zumal solche Zeiten nur anrechenbar waren, soweit sie nicht bei der Berechnung der Rente zugrunde gelegt werden. 120 Walther Fürst (Hrsg.), GKÖD, Bd I / Teil 4 / II, O § 107 a Rn. 11. 121 Vgl. Herbert Stadler; Beamtenrechtliche Versorgung in den neuen Bundesländern, Finanwirtschaft 1994, S. 184, 185 f., mit einer Darstellung der Praxis in Sachsen. 122 Vgl. Ulrich Battis /Hans Lühmann (Fn. 33), S. 330. 123 Vgl. Amtliche Begründung zur Zweiten BeamtV-ÜbergangsÄndV, BR-Drucks. 407/92, S. 10. 124 Vgl. §§ 8, 9 BeamtVG. Für die ebenfalls anrechenbaren, mit dem Wehrdienst vergleichbaren Zeiten, hat das B A G (ZTR 1995, S. 33) entschieden, daß die Nichtbe-

II. Versorgungsrechtliche Sonderregelungen

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stige Zeiten nach §§ 11, 12 BeamtVG sowie Zeiten, die ein Beamter hauptberuflich und ohne eine von ihm zu vertretende Unterbrechung i m Staatsdienst der DDR zurückgelegt hat, soweit diese Dienstzeit zu seiner Ernennung geführt hat 1 2 5 . Dabei ist jedoch zu beachten, daß eine Anrechnung der vorgenannten Beschäftigungszeiten gemäß § 12 b BeamtVG 1 2 6 nicht erfolgt, wenn die allgemeine Wartefrist für die gesetzliche Rentenversicherung erfüllt ist und diese Zeiten bei der Berechnung der Rente Berücksichtigung finden 127 . Nach Ansicht des Gesetzgebers bedarf es einer zusätzlichen Berücksichtigung dieser Zeiten in der Beamtenversorgung deshalb nicht, weil diese bereits in der Alterssicherung der ehemaligen DDR rentenrechtlich erfaßt und daraus erworbene Rentenanwartschaften, einschließlich der aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen 128, in die gesetzliche Rentenversicherung überführt wurden. 129 Diese Übergangsregelungen sind vor allem auf Bewährungsbeamte zugeschnitten, die dem Dienstherrn nur noch einen Teil ihrer Lebensarbeitszeit zur Verfügung stellen können. Dieser Personenkreis kommt deshalb vielfach in den Genuß der amtsunabhängigen Mindestversorgung nach § 14 I V BeamtVG als Auffangsicherung und absolutem Versorgungsminimum. Diese Auffangsicherung ist zwar, wie schon die Abkoppelung vom Anspruch auf amtsbezogene (Mindest-) Versorgung verdeutlicht, nicht von Art. 33 V GG unabänderlich garantiert und eher eine sozialstaatlich ausgerichtete Versorgungsleistung, entspricht jedoch gleichwohl dem Charakter der beamtenrechtlichen Unterhaltssicherung als bedarfsunabhängiger und am Lebenszuschnitt orientierter Leistung. 130 Nach Auffassung des Versorgungsgesetzgebers besteht jedoch für

rücksichtigung von Zeiten des Grundwehrdienstes bei den Grenztruppen der DDR mit dem Gleichheitssatz vereinbar ist. 125 Vgl. § 10 BeamtVG. Dabei können Zeiten, in denen das Arbeitsverhältnis infolge der sogenannten „Warteschleife" ruhte ( Anl. I, Kap. X I X , Sachg. A , Abschn. E I , Nr. 1 Einigungsvertrag), nicht als ruhegehaltsfähige Dienstzeit berücksichtigt werden, da das Merkmal der „Tätigkeit" i.S.d. § 2 Ziff. 4 BeamtVÜV nicht erfüllt ist; vgl. Anke Warbeck, Beamtenversorgungsrechtliche Übergangsregelungen nach der Wiedervereinigung i m Beitrittsgebiet, RiA 1994, S. 131 (-134), 132. 126 Eingefügt durch Art. 1 Ziff. 9 BeamtVGÄndG 1993 v. 20.9.1994, BGBl. I 1994, S. 2442. 127 Vgl. Matthias Renger; Beamtenversorgung oder Rente, Verwaltungsorganisation 1993, S. 10,10. 128 Vgl. zur Überführung der Zusatz- und Sonderversorgungssysteme und der mit der Einführung einer Beitragsbemessungsgrenze einhergehenden Frage nach der Vereinbarkeit mit dem Gleichheitssatz: Detlef Merten, Verfassungsprobleme der Versorgungsüberleitung, 2. Auflage, Berlin 1994, S. 121 ff. 129 Vgl. Walther Fürst (Hrsg.), GKÖD, Bd I / Teil 4 / II, O § 12 b Rn. 2 u. O § 107a Rn. 15b. 130 Die Auffangsicherung dient also nicht nur der Sicherung des Existenzminimums; so: Amtliche Begründung zur Zweiten BeamtV-ÜbergangsÄndV, BR-Drucks.

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C. Besoldungs- und Versorgungsrecht

die Mindestversorgung dann kein begründeter Versorgungsbedarf mehr, als diese Mindestversorgung das erdiente Ruhegehalt übersteigt und der Beamte daneben noch eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht. 131 Deshalb wird nach § 14 V BeamtVG 1 3 2 i . V m . § 2 Ziff.9 BeamtVÜV in Anlehnung an § 55 BeamtVG die Rente auf den Versorgungsbezug bis zur Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen der Mindestversorgung und der erdienten Versorgung angerechnet, wobei die Gesamtversorgung aus dem RestVersorgungsbezug und der Rente den Betrag der Mindestversorgung nicht unterschreiten darf; gleichfalls darf auch der erdiente Versorgungsbezug nicht unterschritten werden. Das Bundesverfassungsgericht hat eine derartige Anrechnung von Renten auf die Versorgungsbezüge mit der Begründung für verfassungskonform erklärt, daß der Versorgungsberechtigte aus öffentlichen Kassen nur eine angemessene Versorgung beanspruchen und sich der Dienstherr i m Falle zusätzlicher Leistungen insoweit von seiner Alimentationspflicht befreien kann. 1 3 3 Die zahlreichen zum Aufbau einer rechtsstaatlichen Verwaltung eingesetzten Beamten aus dem bisherigen Bundesgebiet erhielten durch die Doppelanrechnung ihrer ruhegehaltsfähigen Dienstzeit nach § 3 BeamtVÜV auch versorgungsrechtlich einen besonderen Anreiz zur Übernahme einer solchen Tätigkeit. Diese ihrem Zweck nach bis Ende 1995 befristete Regelung setzt voraus, daß der Beamte bis zum 31.12.1994 in das Beitrittsgebiet umgesetzt, abgeordnet oder versetzt und dort mindestens ein Jahr ununterbrochen verwendet worden war. Der Begriff der „Aufbauhilfe" 1 3 4 begrenzt diese Doppelanrechnung zudem auf den Aufbau einer rechtsstaatlichen Verwaltungsstruktur und -Organisation in den neuen Ländern, weshalb die Verlagerung von Behörden und Dienststellen, die organisatorisch bereits in den alten Ländern eingerichtet waren, keinen derartigen Anspruch begründeten. Ebenfalls werden Tätigkeiten nicht erfaßt, die von Behörden i m bisherigen Bundesgebiet für die neuen Länder erbracht wurden, da in diesem Fall das Kriterium einer „Verwendung" im Beitrittsgebiet nicht erfüllt ist. Für Ruhe-

407/92, S.l 1 \Anke Warbeck (Fn. 125), S. 133. Vgl. zum Charakter der Versorgung als „erdienter" Gegenleistung: Detlef Merten (Fn. 35), S. 355; ders., Sozialrecht, Sozialpolitik, in: Benda / Maihofer / Vogel (Hrsg.) Handbuch des Verfassungsrechts, 2. Auflage, Berlin 1994, § 20 Rn. 89; Helmut Lecheler (Fn. 34), § 72 Rn. 55. 131 Vgl. Amtliche Begründung zur Zweiten BeamtV-ÜbergangsÄndV, BR-Drucks. 407/92, S. 11; Walther Fürst (Hrsg.), GKÖD, Bd I / Teil 4 / H, O § 12 b Rn. 2 u. O § 107 aRn. 17. 132 Die Überführung des § 2 Ziff. 9 BeamtVÜV in § 14 V BeamtVG erfolgte durch Art. 1 Ziff. 10b des BeamtVGÄndG 1993 v. 20.9.1994, BGBl. 1 1994, S. 2442. 133 BVerfGE 76,256,298. 134 Vgl. Axel Claus, Die Beamtenrechtsgesetzgebung des 12. Deutschen Bundestages von 1991 bis 1994, ZBR 1995, S. 1, 18 f.

II. Versorgungsrechtliche Sonderregelungen

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standsbeamte enthielt § 4 BeamtVÜV eine Sonderregelung, indem ihr Ruhegehalt erst dann gekürzt wurde, wenn es zusammen mit dem Verwendungseinkommen 130 v.H. der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge überstieg. 135 Dabei wurde eine Kürzung nur beim Ruhegehalt vorgenommen, während das Einkommen zum Zwecke der Aufbauhilfe gemäß § 65 S.l BeamtVG in voller Höhe gezahlt wurde. Soweit der Ruhestandsbeamte als vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer tätig war, erhöhte sich sein Ruhegehaltssatz bis zu 75 v.H. der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge. Da offensichtlich ein dringender Bedarf an den Fachkenntnissen dieser Ruhestandsbeamten, insbesondere i m Bereich der Justiz- und Steuerverwaltung bestand, wurde der Stichtag für diese Übergangsregelung mehrfach, zuletzt auf den 31.12.1996 verlängert 136 und soll auf Anregung des Bundesrates 137 aus demselben Grund nunmehr bis Ende 1999 gelten 138 . Zur Vermeidung eines unnötigen Verwaltungsaufwandes infolge der Höchstgrenze beim Zusammentreffen mehrerer ruhegehaltsfähiger Versorgungsbezüge nach § 54 BeamtVG und der Erstattungsregelung in § 107 c BeamtVG soll dem Ruhestandsbeamten die Möglichkeit gegeben werden, auf den infolge seiner Verwendung i m Beitrittsgebiet entstandenen Versorgungsanspruch zu verzichten. 139 Da eine solche Willenserklärung nur in den Fällen in Betracht kommt, in denen der frühere Versorgungsbezug höher als der neu erworbene Anspruch i m Beitrittsgebiet ist, dürfte eine Kollision mit dem Grundsatz amtsangemessener Alimentation und dem damit korrelierenden Verbot eines Verzichts auf Versorgungsansprüche (§ 3 I I I BeamtVG) nicht bestehen. Die Änderungen i m Besoldungs- und Versorgungsrecht der neuen Länder tragen sicherlich zur Konsolidierung der personellen Strukturen bei. Sie verdeutlichen aber zugleich die Verantwortung des Verordnungsgebers für eine stetige Überprüfung der einigungsveranlaßten Übergangsregelungen. Insbesondere durch eine zeitbezogene Veränderung der wirtschaftlichen und fi-

135 Die Erhöhung der in § 53 I I S.l Ziff. 1 BeamtVG genannten Kürzungsgrenze von 100 v.H. auf 130 v.H. der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge fand gemäß § 4 I BeamtVÜV erst nach dem 1.8.1991 Anwendung; zuvor erfolgte keine Kürzung des Ruhegehalts. 136 Der ursprüngliche Stichtag des 31.12.1992 wurde durch die Zweite BeamtVÜbergangs-ÄndV v. 22.12.1992 auf den 31.12.1994 festgesetzt und durch A r t . l l des Gesetzes v. 16.12.1995, BGBl. 1995, S. 1942, auf den 31.12.1996 verlängert. 137 Vgl. BR-Drucks. 144/97 v. 25.4.1997. 138 Art. 14, Ziff. 2a - Änderung der Beamtenversorgungs-Übergangsverordnung Gesetzentwurf zur Umsetzung des Versorgungsberichtes - Versorgungsreformgesetz 1988 - VReformG - v. 17.10.1997, BR-Drucks. 780/97, S. 25; vgl. auch: Amtliche Begründung des Gesetzentwurfs, S. 49. 139 Vgl. Gesetzentwurf Versorgungsreformgesetz (Fn. 138), Art. 14, Ziff. 2 b.

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C. Besoldungs- und Versorgungsrecht

nanziellen Verhältnisse und des weitgehend abgeschlossenen Aufbaus neuer Verwaltungsstrukturen können ursprünglich plausible besoldungspolitische Erwägungen ihre Sachgerechtigkeit und nachvollziehbare Begründung verlieren, wie die Ausfuhrungen zum Besoldungszuschuß nach § 4 I S.l 2.BesÜV belegen.

D. Die persönliche Eignung des Beamten vor dem Hintergrund politischer Vorbelastung I. Der Grundsatz der Verfassungstreue als Eignungsprognose und -maßstab 1. Die Verfassungstreue als hergebrachter Grundsatz und vorrechtsstaatliche Vergangenheit als normative Dimension Neben der Bewährung als Ersatz der Laufbahnbefähigung muß der Bewerber auch die allgemein für die Berufung in das Beamtenverhältnis geltenden persönlichen Voraussetzungen erfüllen. Dabei ist die Verfassungstreue eine grundgesetzlich vorgegebene unabdingbare Voraussetzung der Ernennung des Beamten, die aufgrund des Grund- und Gleichheitsrechtes des Art 33 I I GG als lex specialis1 eine Konkretisierung des Merkmals der Eignung ist 2 . Abgesehen davon, daß die Verfassungstreuepflicht ihre verfassungsrechtliche Rechtfertigung auch aus dem Verfassungsschutzgedanken der wehrhaften Demokratie erfahrt 3 und aus dem Gebot des demokratischen sozialen Rechtsstaates4 erklärbar ist, liegt ihre eigentliche verfassungsrechtliche Begründimg in Art. 33 V GG. Denn es ist ein „hergebrachter und zu beachtender Grundsatz des Berufsbeamtentums, daß den Beamten eine besondere politische Treuepflicht gegenüber dem Staat und seiner Verfassung obliegt" 5 . Da das Grundgesetz i m Kern wertgebunden und wehrhaft zugunsten einer freiheitlich

1

Vgl. Theodor Maunz, in: Maunz / Düng, GG-Kommentar, Art. 33 Rn. 72; Rupert Scholz, in: Maunz / Dürig, GG-Kommentar, Art. 12 Rn. 195 f.; Josef Isensee, Der Zugang zum öffentlichen Dienst, in: Bachof / Heigl / Redeker (Hrsg.), Verwaltungsrecht zwischen Freiheit, Teilhabe und Bindung, München 1978, S. 337, 348. 2 Josef Isensee, Der Beamte zwischen Parteifreiheit und Verfassungstreue, JuS 1973, S. 265, 270; Klaus Stern, Zur Verfassungstreue der Beamten, München 1974, S. 25; Bodo Pieroth, Regimebelastung und rechtsstaatlicher öffentlicher Dienst, NJ 192, S. 89, 89; Günter Hilg, Beamtenrecht, 3. Auflage, München 1990, § 17 I 3; Jürgen Monhemius, Beamtenrecht, München 1995, Rn. 60; Walter Scheerbarth / Heinz Höjfken / Hans-Joachim Bauschke / Lutz Schmidt, Beamtenrecht, 6. Auflage, Siegburg 1992, § 5 1 2 . 3 Vgl. Walther Fürst (Hrsg.), GKÖD, Bd. E / Teil 2, J 700 Rn. 42; Klaus Stern, Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, München 1984, S. 416; Eckart Bulla, Die Lehre von der streitbaren Demokratie, AOR 1973, S. 340. 4 Vgl. BVerwGE 47, 330, 335. 5

BVerfGE 39, 334, Leits.l.

12 Schwanengel

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D. Persönliche Eignung und Vorbelastung

demokratischen Grundordnung zu verstehen ist, ist der Grundsatz der Verfassungstreue geradezu als identitätsbegründentes Merkmal des Beamtenverhältnisses zu werten. 6 Als von der Verfassung geforderte und durch einfaches Gesetz konkretisierte Voraussetzung für den Eintritt in das Beamtenverhältnis 7, die auch nach der Einstellung fortzubestehen hat und von der schon nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht suspendiert werden darf 8 , wirft die eigentlich konsolidierte Frage der Verfassungstreue neuerlich schwierige Rechtsfragen auf, die in ihrem Charakter einer auch zurückliegende Tatsachen würdigenden Prognoseentscheidung liegen 9 . Wenn die Persönlichkeit des Bewerbers i m Hinblick auf die künftige Verfassungstreue nach seinem bisher zu Tage getretenen Erscheinungsbild zu bewerten ist, können frühere Verhaltensweisen als Indizien für eine mangelnde Verfassungstreue dienen. Würde aber das Verhalten der Betroffenen am grundgesetzlichen Maßstab der Verfassungstreue gemessen, wie er während der Zeit der Zweistaatlichkeit verstanden wurde, so könnte eine Vielzahl von Bewerbern für das Beamtenverhältnis nicht berücksichtigt werden. 10 Allerdings kommt eine schematische Rückerstattung der Verfassung auf eine Zeit, in der sie nicht gegolten hat nicht in Betracht 11 , was auch auf die Rückprojezierung rechtsstaatlicher Wertmaßstäbe auf totalitärstaatliche Realitäten zutrifft 12 . In seiner ersten Entscheidung zu loyalen Verhaltensweisen i m DDR-System betonte auch das Bundesverfassungsgericht, daß die von ihm entwickelten Grundsätze für die Beurteilung der Verfassungstreue von Bewerbern aus der Bundesrepublik „nicht rückwirkend auf das Verhalten

6

Josef Isensse (Fn. 2), S. 268; bereits frühzeitig: Oscar Georg Fischbach, Inwieweit läßt Art. 33 Abs. 5 des Grundgesetzes eine Reform des Beamtenrechts zu?, in: Verhandlungen des neununddreißigsten Deutschen Juristentages, Tübingen 1952, S. D 33, D 40; Carl-Hermann Ule, Öffentlicher Dienst, in: Bettermann / Nipperdey, Die Grundrechte, Bd. I V , 2. Halbbd., Berlin 1962, S. 537, 572. 7 § 4 I Ziff. 2 BRRG, § 6 I Ziff. 2 ThüBG, § 6 I Ziff. 2 SächsBG, § 7 I Ziff. 2 B G LSA; § 8 I Ziff. 2 L B G M - V ; § 9 I Ziff. 2 BbgLBG. 8 § 35 I S. 3 BRRG, Vgl. auch: Klaus Stern (Fn. 2), S. 25. 9 Vgl. Walther Fürst (Hrsg.), GKÖD, Bd. I / Teil 2a, K § 7 Rn. 13 c. 10 Philip Kunig, Verwaltung und Verwaltungsrecht im Einigungsprozeß, Jura 1994, S. 595, 604; Bodo Pieroth (Fn. 2), S. 89, der mit Verweis auf das BVerwG (E 73, 263, 280) den Bereich kompromittierender Handlungen sehr weit abgesteckt sieht und die Abkehr von bisher vertretenen Positionen als Folgerung aus dem Verhältnismäßigkeitsprinzip betrachtet. 11 BVerfGE 2, 237, 246 in std. Rspr.; Vgl. BVerfGE 29, 166, 175; 29, 423, 437; Josef Isensee, Staatseinheit und Verfassungskontinuität, in: W D S t R L , Nr. 49, Berlin 1990, S. 39, 61; ders., Der deutsche Rechtsstaat vor seinem unrechtsstaatlichen Erbe, in: ders. (Hrsg.), Vergangenheitsbewältigung durch Recht, Berlin 1992, S. 91, 104. 12 Vgl. Werner Münch, Aufarbeitung der SED-Vergangenheit - Aussöhnung mit den Mitteln des Rechtsstaates?, in: Goydke / Rauschning / Robra / Schreiber / Wulff (Hrsg.), Vertrauen in den Rechtsstaat, Köln 1995, S. 45, 60.

I. Verfassungstreue als Maßstab

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i m öffentlichen Dienst der DDR angewandt werden" können, sondern die fehlende Eignung dieser Staatsbediensteten aus „besonderen Umständen" begründet werden muß, wozu beispielsweise „Handlungen stark repressiven oder schädigenden Charakters" gehören. 13 Aus der früheren Legalität des Staatshandelns folgt aber ebenso wenig, daß die gegenwärtige Rechtsordnung dies auch so bewerten muß, weil die von den Betroffenen reklamierten Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes nur i m rechtsstaatlichen System gewährt werden. Deshalb muß die Frage nach der Grenze für die nachträgliche Umwertung früher legalen Verhaltens anhand der Grundsätze des positiven Verfassungsrechts beantwortet werden. 14 Wenn Kritiker des Rückwirkungsverbotes i m Konflikt zwischen Rechtssicherheit und Gerechtigkeit den letzteren Aspekt stärker betonen 15 , muß beachtet werden, daß beide Prinzipien zur Rechtsstaatlichkeit gehören 16, was eine generelle Präferenz für das eine oder andere ausschließt17. Gerechtigkeit ist ein Bezugsbegriff, und Gerechtigkeitsurteile stellen Werturteile dar. 18 Wenn die heutige Auffassung vom Rechtsstaat den formellen und materiellen Rechtsstaatsbegriff gedanklich zusammenfaßt, so ist damit ein Staat umschrieben, in welchem die staatliche Machtäußerung anhand von Gesetzen meßbar auf die Idee der Gerechtigkeit bezogen ist. 1 9 Positiv betrachtet geben damit die Grundrechte zusammen mit den Elementen des Rechtsstaatsprinzips an, was unter materieller Gerechtigkeit zu verstehen ist. Deshalb gebietet die von Art. 33 I I GG geforderte Beurteilungsgleichheit eine situationsadäquate Bewertung, welches Verhalten unter welchen Umständen für oder gegen die Annahme der Verfassungstreue spricht. 20 Für die Verfassungstreuepflicht gilt dasselbe wie für alle Grundrechtsschranken. Sie darf nicht enger ausgelegt werden als es den hergebrachten Grundsätzen

13 BVerfGE 92, 140, 150; vgl. dazu auch: Helmut Goerlich, Zur mangelnden persönlichen Eignung bei der Übernahme aus dem öffentlichen Dienst der DDR, JZ 1995, S. 900, 900 f. 14 Bodo Pieroth, Der Rechtsstaat und die Aufarbeitung der vor-rechtsstaatlichen Vergangenheit, W D S t R L , Nr. 51, Berlin 1992, S. 91, 99 ff. 15 Rudolf Wassermann, Verbrechen unter totalitärer Herrschaft - Zur Rolle des Rechts bei der Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit, NJW 1993, S. 895 ff. 16 Vgl. BVerfGE 25, 269, 290. 17 Ingo v. Münch, Rechtsstaat versus Gerechtigkeit ?, Der Staat 1994, S. 165, 177; Renate Jaeger, Noch einmal: Rechtsstaat und Gerechtigkeit, Berlin 1996, S. 6. 18 Vgl. Martin Kriele, Kriterien der Gerechtigkeit, Berlin 1963, S. 7; Alexander Hollerbach, Gerechtigkeit, in: Staatslexikon, 7. Auflage, Freiburg 1986, Sp. 902. 19 Ingo v. Münch (Fn. 17), S. 171. 20 Albrecht Zeuner, Zur Kündigung von Arbeitsverhältnissen des öffentlichen Dienstes in den neuen Bundesländern aus Gründen einer Vorbelastung, in: Becker / Bull / Seewald (Hrsg.), Festschrift für Werner Thieme, Köln 1993, S. 377, 382.

12*

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D. Persönliche Eignung und Vorbelastung

des Berufsbeamtentums entspricht, das heißt die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes erfordert und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zuläßt. 21 Dies impliziert eine Beschränkung der Zuverlässigkeitskontrolle auf den Staatsdienst ebenso wie eine Einzelfallprüfung 22 , die trotz der Einzelfallspezifik die Suche nach gemeinsamen Leitlinien erfordert 23.

2. Die Typologie der einfachgesetzlichen Maßstäbe Der Einigungsvertrag enthielt ergänzend zu den allgemein für die Entlassung von Beamten auf Probe geltenden Tatbeständen24 eine Verweisimgsregelung, nach der Probebeamte auch dann entlassen werden konnten, wenn die Voraussetzungen vorlagen, die bei einem Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen würden 25 . Die besonderen, dem allgemeinen Arbeits- und Kündigungsschutzrecht vorgehenden Kündigungstatbestände für Arbeitnehmer in der öffentlichen Verwaltung 2 6 stellen gewissermaßen ein Korrelat zu den für den einzelnen Arbeitnehmer zunächst günstigen Übergangsregelungen dar und schaffen ein unverzichtbares Instrumentarium zur strukturellen Gesundung und personellen Qualifizierung und Säuberung des öffentlichen Dienstes27. Dabei sind weniger die drei ordentlichen Kündigungstatbestände bedeutsam, die wegen ihres evident organisations- und personalwirtschaftsbezogen Einschlags zeitlich befri28

stet waren , als vielmehr der außerordentliche Kündigungsgrund wegen politischer Vorbelastung, der als beamtenrechtlicher Entlassungstatbestand in engem Zusammenhang mit der hier zu behandelnden Problematik der Verfassungstreue steht. Die Landesbeamtengesetze haben auf die Problematik einer Verbeamtung belasteter Personen auf höchst unterschiedliche Weise und mit charakteri21

Vgl. dazu: BVerfG, NJW 1997, S. 2305, 2310. Helmut Quaritsch, Strafrechtliche und berufsrechtliche Aufarbeitung der DDRVergangenheit, in: Becker / Bull / Seewald (Hrsg.), Festschrift für Werner Thieme, Köln 1993, S. 329, 337. 23 Albrecht Zeuner (Fn. 20), S. 343 u. 352. 24 § 23 i n BRRG, § 31 I BBG, § 36 I ThürBG, § 42 SächsBG, § 31 I B G LSA; § 371 L B G M - V ; § 96 I BbgLBG. 25 Anl. I, Kap. X I X , Abschn. III, Nr. 2 c i.V.m. Nr. 3 d S. 1 Einigungsvertrag. 26 Anl. I, Kap. X I X , Abschn. m , N r . l , Abs. 4 S. 1, 5 Einigungsvertrag. 27 BVerfGE 84, 133, 151; Vgl. auch: Erläuterungen zu Anlage I des Einigungsvertrages, in: Stern / Schmidt-Bleibtreu, Verträge und Rechtsakte zur Deutschen Einheit, Bd. II, München 1990, S. 715. 28 Ursprünglich war festgelegt, daß diese Bestimmungen am 3.10.1992 außer Kraft treten. Durch Gesetz vom 20.8.1992, BGBl. I 1992, S. 1546, wurde die Frist einmalig bis zum 31.12.1993 verlängert. 22

I. Verfassungstreue als Maßstab

181

stisch abweichenden Konzepten reagiert. So verzichten die Beamtengesetze von Brandenburg und Sachsen-Anhalt ganz auf eine spezielle Regelung und beschränken sich auf die allgemeine Einstellungsvoraussetzung der Verfassungstreue 29, was nicht nur die behördliche Feststellung der Nichteignung intendiert 30 , sondern diese auch in eine auf eine Zukunftsprognose ausgerichtete Entscheidung einbettet 31 . Bei der Regelung der persönlichen Voraussetzungen für die Berufung in das Beamtenverhältnis stützt sich das Landesbeamtengesetz Mecklenburg-Vorpommern zunächst auf die inhaltsgleichen Formulierungen der Entlassungstatbestände des Einigungsvertrages 32, enthält aber, entgegen einer auf der Zumutbarkeitsklausel i m Regierungsentwurf aufbauenden Bestimmimg 33 , eine Exkulpationspflicht des Bewerbers. Danach obliegt es dem Bewerber selbst, die gesetzlich vermuteten Zweifel an seiner Eignung auszuräumen, indem er beispielsweise nachweist, daß er durch Zwang oder Drohung 34 zu einer Tätigkeit für das MfS genötigt wurde. Die rigidesten Maßstäbe legen Sachsen und Thüringen an. In beiden Ländern enthalten bereits die Landesverfassungen eine als Einzelfallprüfung ausgestaltete (weil wiederlegbare) Vermutungsregelung der Nichteignung von Personen, die mit dem MfS zusammengearbeitet haben oder für dieses tätig gewesen sind. 35 Das Sächsische Landesbeamtengesetz schließt darüber hinaus diesen besonders belasteten Personenkreis grundsätzlich von einer Berufung in das Beamtenverhältnis aus 36 , während Thüringen auch hier auf den Grundsatz der Unzumutbarkeit zurückgreift 37 . Weiterhin enthalten beide Beamtengesetze einen sehr detaillierten und insoweit typisierenden Katalog von Funktions- und Berufsgruppen, bei denen wegen besonderer „Systemnähe" eine Eignung ebenfalls grundsätzlich verneint wird 3 8 .

29 § 9 I Ziff. 2 B G Bbg.; § 7 I Ziff. 2 B G LSA, mit dem Unterschied, daß das Gesetz ausdrücklich auf die Entlassungstatbestände für Probebeamte nach dem Einigungsvertrag verwies (vgl. § 125 B G L S A ) . 30 Vgl. BVerwGE 47, 330, 338. 31 BVerfGE 39, 334, 353; BVerwGE 18, 276, 280; 47 330, 338; 61, 176, 190 f. 32 § 8 II BGM-V. 33 Vgl. Erich Seeck, Das Landesbeamtengesetz Mecklenburg-Vorpommern, DÖD 1993, S. 241,244. 34 So die Ausnahmeregelung des § 2 des als Vorschaltgesetz übergangsweise geltenden Zweiten Beamtenrechtsregelungsgesetzes v. 24.3.1992, GVB1. 1992, S. 717. 35 Art. 96 H ThürVerf.; Art. 119 SächsVerf. 36 § 6 H SächsBG. 37 § 8 I E ThürBG. 38 § 6 E I SächsBG, § 8 I I I ThürBG.

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D. Persönliche Eignung und Vorbelastung

II. Die besonderen persönlichen Voraussetzungen der Berufung in ein Beamtenverhältnis 1. Die Nichteignung wegen Verstoßes gegen die Grundsätze der Menschlichkeit und Rechtsstaatlichkeit Soweit die Landesbeamtengesetze besondere Ernennungsvoraussetzungen wegen politischer Vorbelastung normiert haben, fällt zunächst auf, daß Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern bei der Formulierung der Tatbestandsmerkmale auf die beiden Alternativen des Einigungsvertrages zurückgegriffen haben, obwohl gerade die erste nicht glücklich formuliert ist und in der Praxis zu erheblichen Auslegungsschwierigkeiten führen dürfte. 39 Danach ist eine grundsätzliche Nichteignung gegeben, wenn der Bewerber gegen „Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit" verstoßen hat. Vom Ansatz her mag es sicherlich einleuchtend sein, daß etwa Fälle von Mißhandlungen, Erniedrigungen, willkürlichen Verhaftungen, Verletzungen des Briefgeheimnisses oder der Privatsphäre eine allgemein schwere Belastung darstellen, die entschieden gegen eine Verbeamtung der Betreffenden spricht. Probleme zeichnen sich jedoch ab, wenn man nach den weiteren Einzelheiten und nach der genauen Abgrenzung der Tatbestände fragt, da die Grundsätze als solche zu unbestimmt sind, als daß der Verstoß gegen sie einen Rechtsnachteil in zulässiger Weise indizieren könnte. 40 So hat das Bundesverfassungsgericht bereits frühzeitig betont, daß das Rechtsstaatsprinzip „keine in allen Einzelheiten eindeutig bestimmten Gebote oder Verbote von Verfassungsrang (enthält)", sondern ein Verfassungsgrundsatz ist, „der der Konkretisierung je nach den sachlichen Gegebenheiten bedarf, wobei allerdings fundamentale Elemente des Rechtsstaats und der Rechtsstaatlichkeit i m ganzen gewahrt bleiben müssen" 41 . Zur näheren Erläuterung wird auf die i m Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte vom 19.12.1966 gewährleisteten Menschenrechte und die in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vom 10.12.1948 enthaltenen Grundsätze Bezug genommen. Gewisse Zweifel können sich schon daraus ergeben, daß die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte diese nicht mittels einer völkerrechtlichen Rechtsquelle zur Geltung brachte, sondern - wie es in der Präambel heißt - ein „von allen Völkern und Nationen zu erreichendes gemeinsames Ideal" aufstellt. Diese als Empfehlung ohne Befolgungszwang verabschiedete Deklaration konnte deshalb nur zur Bildung

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Bodo Pieroth (Fn. 14), S. 111, nach dessen Auffassung die Formulierung „Rätsel aufgibt", zu deren Lösung die Entstehungsgeschichte der Regelung nicht beiträgt. 40 Josef Isensee (Fn. 11), Der deutsche Rechtsstaat, S. 105. 41 BVerfGE 7, 89, 92 f.

II. Besondere Berufungsvoraussetzungen

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einschlägigen Völkergewohnheitsrechts beitragen. 42 Darüber hinaus ist die DDR zwar dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte beigetreten, nichtsdestoweniger verstieß die in der DDR geltende Rechtsordnung in erheblichem Umfang gegen die darin enthaltenen Grundsätze. Während sich die Rechtsstellung des Bürgers in der Bundesrepublik durch einen verfassungsrechtlich verbrieften Freiheitsstatus auszeichnet, der in seinem Kernbereich unantastbar und grundrechtlich sowohl gegenüber unzulässigen Eingriffen seitens des Staates als auch von seiten der Mitmenschen gesichert ist, war das Menschenrechtsverständnis der DDR dogmatisch darauf fixiert, der natürlichen Person keine eigene Rechtsmacht gegen den Staat einzuräumen und derartige Rechte nur mittels der Staatsgewalt zu verwirklichen sowie diese in einen Pflichtenstatus einzubinden, der durch weltanschaulich definierte, obrigkeitlich durchsetzbare Grundpflichten konkretisiert war. 43 So bestritt die DDR trotz Ratifizierung die innerstaatliche Wirksamkeit der politischen Konvention und versuchte mit der Auffassung einer nur innerstaatlichen Bindung die Geltung des Auswanderrungsrechtes zu verneinen. 44 Allerdings beruhen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit auf der Vorstellung, daß einer jeden Rechtsordnung ein Bestand an unabdingbaren Rechten, insbesondere der Einzelpersönlichkeit, vorgegeben ist. Dieser kann zwar formalrechtlich konkretisiert, nicht aber erst zur Geltung gebracht oder beseitigt werden, weshalb ein Verstoß gegen diese Grundsätze nicht dadurch ausgeschlossen wird, daß das Verhalten durch geltende Gesetze oder obrigkeitliche Anordnungen formal erlaubt war. 45 Daraus jedoch die Erwägung zu ziehen, daß unter Bedingungen wie denen des DDR-Systems jeder Vollzug von Regelungen, die rechtsstaatlichen Mindestanforderungen nicht genügen, die daran Beteiligten als persönlich nicht integer und damit für ein Beamtenverhältnis ungeeignet erscheinen lassen, wäre in dieser Allgemeinheit schwerlich anzunehmen. 46 Da die beschriebenen Gesetzesvorschriften auf Formulierungen zurückgreifen, die in gleicher Weise als Kündigungstatbestände i m Einigungsvertrag enthalten sind 47 , kann zur Konkretisierung der Normen auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes zurückgegriffen werden 48 . Danach ge-

42

Knutlpsen, Völkerrecht, 3. Auflage, München 1990, § 44 Rn. 35. Knut Ipsen (Fn. 42), § 44 Rn. 37. Vgl. auch anschaulich: Staatsrecht der DDR Lehrbuch, 2. Auflage, Berlin (Ost) 1984, S. 214. 44 Vgl. Siegfried Mampel, Die sozialistische Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik, 3. Auflage, Goldbach 1997, Art. 32 Rn. 17. 45 Vgl. BVerwGE 9, 132, 141 in std. Rspr. BVerwGE 15, 336, 338 f.; 26, 82, 84 ff.; 31, 337, 338 ff. 46 Albrecht Zeuner (Fn. 20), S. 381; Walther Fürst (Hrsg.), GKÖD, Bd. I / Teil 2a, K § 7 Rn.60. 47 Anl. I, Kap X I X , Sachg, A., Abschn. HI, N r . l , Abs.5 Ziff. 1 Einigungsvertrag. 48 Vgl. BAG, N Z A 1994, S. 1026 ff. 43

184

D. Persönliche Eignung und Vorbelastung

nügt nicht jede unter dem Schutz der politischen Ordnung der DDR begangene Unrechtstat. Es muß sich vielmehr um eine erhebliche Zuwiderhandlung gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit handeln. 49 Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn der Bewerber entweder nach der Art seines Verwaltungshandelns oder sonstiger beruflicher Tätigkeit über den systemimmanenten Rahmen hinaus gegen diese Grundsätze verstoßen hat oder in einem Bereich tätig war, für den derartige Übergriffe typisch waren. Dazu muß sein Handeln auf vorsätzlicher Mißachtung dieser Grundsätze beruhen. 50 Wegen dieser engen Voraussetzungen ist jedoch zugleich der Grad der Belastung regelmäßig hoch, was die Prüfung der Zumutbarkeit i m Einzelfall zwar nicht ausschließt, aber faktisch einschränkt. 51

2. Die Nichteignung wegen Tätigkeit für das MfS a) Das Erfordernis

bewußter finaler Tätigkeit fur das MfS

Hintergrund der vorgenannten Regelungen ist die Notwendigkeit, durch eine Trennung von belastetem Personal eine moderne, effektive und nach rechtsstaatlichen Maßstäben arbeitende Verwaltung aufzubauen 52, um so auf Dauer das Vertrauen der Bürger gewinnen zu können 53 . Deshalb ist es verständlich, wenn das Beamtenrecht der neuen Länder i m Hinblick auf die jahrzehntelangen nicht rechtsstaatlichen Verhältnisse weitere besondere Zulassungsvoraussetzungen normiert hat, die insbesondere die Tätigkeit für das MfS betreffen. Dem Staatssicherheitsdienst der DDR 5 4 standen für überwachende, operative, repressive und sichernde Aufgaben insgesamt 85.000 hauptamtliche Mitarbeiter zur Verfügung, von denen jeder vierte operativ weitere inoffizielle Mitarbeiter führte, deren Zahl auf etwa 109.000 beziffert 49 BAG, N Z A 1994, S. 1026, 1027; vgl. auch: Hans-Heinrich Trute, Die Überleitung des Personals der ehemaligen DDR zwischen Kontinuität und Neubeginn, Dresden 1997, S. 27. 50 Vgl. Walther Fürst (Hrsg.), GKÖD, Bd. I / Teil 2a, K § 7 Rn.60; BAG, N Z A 1994, S. 1026, 1027, wonach ein Handeln aus verwerflicher Gesinnung dagegen nicht erforderlich ist. 51 BAG, N Z A 1994, S. 1026,1027. 52 Vgl. BVerfGE 84, 133, 151. 53 Erläuterungen zu Anlage I des Einigungsvertrages, in: Stern / Schmidt-Bleibtreu (Fn. 27), S. 715. 54 Vgl. Siegfried Mampel, Das Ministerium fiir Staatssicherheit der ehemaligen DDR als Ideologiepolizei, Berlin 1996; Clemens Vollnhals, Das Ministerium für Staatssicherheit - Ein Instrument totalitärer Machtausübung, Berlin 1995; Karl W. Fricke, Der Staatssicherheitsdienst, 3. Auflage, Köln 1989; ders., Macht, Strukturen - Auflösung der DDR-Staatssicherheit, Köln 1991; Albert Engel, Die rechtliche Aufarbeitung der Stasi-Unterlagen auf der Grundlage des StUG, Berlin 1995.

II. Besondere Berufungsvoraussetzungen

185

wird. 5 5 Das MfS unterhielt 216 Kreisdienststellen, und sein Etat betrug 1989 3,6 Mrd. Mark. Im Ergebnis hat die Staatssicherheit ca. 8 Milllionen Akten hinterlassen, in denen 6 Millionen Bürger der DDR und 2 Millionen Einwohner der Bundesrepublik erfaßt wurden 56 . Trotz des Ausmaßes des Schadens, den das MfS in der Befindlichkeit der Bevölkerung hinterlassen hat, wird in der Literatur die bereits durch die Entlassungstatbestände des Einigungsvertrages vorgenommene Heraushebimg einer einzigen Organisation unter dem Aspekt einer gleichmäßigen Verknüpfung von einstiger Systemunterstützung und heutiger Folgenzuweisung als politisch und rechtlich deplorabel 57 angesehen, weil dadurch die Vergangenheitsbewältigung auf eine „Entstasifizierung" und damit auf ein Symptom reduziert wird 5 8 . Soweit die Eignungsprognose - so wie in Sachsen-Anhalt und Brandenburg allein auf den Grundsätzen der Verfassungstreue beruht, ist das politische und gesellschaftliche Verhalten in der Vergangenheit als solches nicht mehr Beurteilungsmaßstab, da „Gewährbieten" i m Sinne der entsprechenden Regelungen 59 bedeutet, daß keine Umstände vorliegen dürfen, die nach der Überzeugung der Ernennungsbehörde von hinreichendem Gewicht und objektiv geeignet sind, ernste Besorgnis an der künftigen Erfüllung der Verfassungstreuepflicht auszulösen60. Dieses Urteil, das den sonstigen Eignungsbeurteilungen gleichsteht, beruht auf einer Vielzahl von Elementen, die das Erscheinungsbild des Bewerbers prägen, und von denen eine frühere MfS-Tätigkeit (nur) ein Indiz dafür sein kann, ob (noch) Zweifel an der Verfassungstreue anzunehmen sind. Ebenso notwendig wie die Differenzierung nach dem Gewicht der Tätigkeit wird damit die Berücksichtigung des zeitlichen Gesichtspunktes, da Grundlage für die Ausübung des der Prognose zugrunde liegenden Beurteilungsspielraums der Sachverhalt ist, wie er der zuständigen Behörde des Dienstherrn zum Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung bekannt ist 6 1 , weshalb frühere, bereits zurückliegende Gesichtspunkte an Gewicht verlieren,

55 Vgl. Ulrich Weisemann, Die arbeitsrechtliche Relevanz der Stasi-Mitarbeit, A u A 1992, S. 296, 297. 56 Erläuterungen zu Anlage I des Einigungsvertrages, in: Stern / Schmidt-Bleibtreu (Fn. 27), S. 219. 57 Helmut Quaritsch (Fn. 22), S. 337 f.; vgl. auch: Eckhard Jesse, Doppelte Vergangenheitsbewältigung in Deutschland, in: Jesse / Low (Hrsg.), Vergangenheitsbewältigung, Berlin 1997, S. 11, 24 f. 58 Josef Isensee (Fn. 11), Der deutsche Rechtsstaat, S. 99 f. 59 Vgl. § 7 1 Ziff. 2 B G LSA; § 9 I Ziff. 2 BbgLBG. 60 BVerwGE 47, 330, 338; 47, 365, 375; 61,176,180. 61 BVerwGE 61, 176, 192 ff.

186

D. Persönliche Eignung und Vorbelastung

insbesondere wenn die Verhaltensweise nicht fortgesetzt oder sogar auf eigene Initiative eingestellt wurde 62 . Zur Bewältigung der schwierigen MfS-Problematik enthalten die Landesbeamtengesetze von Sachsen, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern als Kriterium einer mangelnden persönlichen Eignung den sehr umfassenden Sachbegriff einer „Tätigkeit für das ehemalige Ministerium für Staatssicherheit / Amt für Nationale Sicherheit". 63 In Anlehnung an die arbeitsrechtliche Regelung i m Einigungsvertrag 64 leistet der Gesetzgeber damit einen bewußten Normverzicht zugunsten einer ihm mit gesetzlichen Mitteln nicht erreichbar scheinenden Fallgerechtigkeit 65 . Allein schon deshalb müssen pauschale Beurteilungen möglichst vermieden und verantwortliche Einzelfallprüfungen vorgenommen werden. Obwohl zum Sonderkündigungsrecht mittlerweile mehrere höchstrichterliche Entscheidungen vorliegen 66 , die bei den Interpretationsund Anwendungsproblemen der beamtenrechtlichen Regelungen herangezogen werden können, gibt es nach wie vor rechtlich umstrittene Fragen. Dazu gehören die Probleme, wann von einer rechtlich verwertbaren MfS-Tätigkeit auszugehen und wie der Verdacht einer inoffiziellen Tätigkeit zu bewerten ist, welche Anforderungen an eine einzelfallorientierte Sachverhaltsermittlung und Befahigungsprognose zu stellen sind und welche Rechtsfolgen sich aus einer entsprechenden Tätigkeit oder ihrem Verschweigen i m Personalfragebogen für die Ernennung und Entlassung von Beamten ergeben. Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts ist das Kriterium mangelnder persönlicher Eignung wegen Tätigkeit für das MfS aus verfassungsrechtlicher Sicht grundsätzlich nicht zu beanstanden, da zur Eignung auch „die Fähigkeit und die innere Bereitschaft (gehören), die dienstlichen Aufgaben nach den Grundsätzen der Verfassung wahrzunehmen, insbesondere die Freiheitsrechte der Bürger zu wahren und rechtsstaatliche Regeln einzuhalten". Eine MfS-Mitarbeit stellt diese innere Bereitschaft und die Integrität des Betroffenen, aber auch die rechtsstaatliche Integrität der öffentlichen Verwaltung bei der Bevölkerung in Frage. 67

62 63 64 65

Walther Fürst (Hrsg.), GKÖD, Bd. I / Teil 2a, K § 7 Rn.16 a. § 6 ü Ziff. 2 SächsBG, § 8 m ThürBG, § 8 D Ziff. 2 LGB M - V . Anl. I, Kap. X I X , Sachg. A , Abschn. m N r . l , Abs.5 Ziff. 2 Einigungsvertrag. Heinz Hillermeier, Stasi-Mitarbeiter i m öffentlichen Dienst, L K V 1995, S. 141,

141. 66

BverfG, Urt. v. 8.7.1997, NJW 1997, S. 2305 ff.; BVerfG, Urt. v. 8.7.1997, NJW 1997, S. 2307 ff., BAGE 70, 323 f f ; 74, 257 ff.; B A G Urt. v. 28.4.1994, S. 595; B A G Urt. v. 13.9.1995, N Z A 1996, S. 202 ff.; B A G Urt. v. 13.6.1996, DtZ 1997, S. 98 ff.; B A G Urt. v. 10.10.1996, ZTR 1997, S. 88 f. 67 BVerfG, NJW 1997, S. 2305, 2305 f., mit Verweis auf BVerfGE 92,140,151.

II. Besondere Berufungsvoraussetzungen

187

Auch wenn das Tatbestandsmerkmal nicht zwischen hauptamtlichen, inoffiziellen und gesellschaftlichen Mitarbeitern differenziert 68 , ist dem Wortlaut der Formulierung aber immerhin zu entnehmen, daß jemand „für" das MfS und nicht nur „bei" ihm tätig gewesen sein muß 69 , weshalb nur eine „bewußte finale Tätigkeit" 7 0 eine Nichteignung des Bewerbers rechtfertigt. Erfaßt werden damit zunächst alle Tätigkeiten, die im Rahmen einer haupt- oder nebenamtlichen Mitarbeitertätigkeit vorsätzlich ausgeführt wurden. 71 Die Tätigkeit muß also wissentlich mit dem Ziel einer Förderung der Interessen des MfS geleistet worden sein. 72 Das intellektuelle Element umfaßt das Bezugsobjekt und die Bewußtseinsform des Vorsatzes. Als Bezugsobjekt erfordert es die Kenntnis, für das MfS gearbeitet zu haben, wozu die Kenntnis der Umstände gehört, die eine Zusammenarbeit mit dem MfS ausmachen (Treffberichte des Führungsoffiziers, eigene Berichterstattung etc.), nicht dagegen die Kenntnis vom Erfolg der Handlung oder von der Kausalität zwischen Handlung und Erfolg. Für die Bewußtseinsform des Vorsatzes genügt es, daß dem Mitarbeiter seine Handlungen generell bewußt sind und in Einzelheiten jederzeit aktualisiert werden können. Was das voluntative Element angeht, so setzt der Vorsatz eine Willensentscheidung voraus, daß der Betreffende für das MfS arbeiten wollte. 7 3 Wie mit Recht hervorgehoben wird, erfüllt dabei die Abgabe einer Verpflichtungserklärung 74 den Tatbestand noch nicht; entscheidend ist vielmehr eine Tätigkeit als solche 75 und damit eine Handlung, welche nach Abgabe der

68

BAGE 74,120, 124; 74, 257, 263; V G Greifswald, Beschluß v. 27.8.1993 - 3 (1) B 226/93, vgl. ZBR 1994, S. 232 (Leitsatz). 69 Bernhard Schlink, Vergangenheit als Zumutung ?, in: Grawert / Schlink / Wahl / Wieland (Hrsg.), Offene Staatlichkeit, Berlin 1995, S. 341, 343; Peter Hantel, Tätigkeit für das MfS und die fehlende Verfassungstreue, NJ 1995, S. 169, 169; Udo Mayer, Kündigung nach Einigungsvertrag - Anmerkung, Arbeitsrecht im Betrieb 1993, S. 454, 454. 70 Vgl. BAGE 70, 309, 317; 323, 327. 71 Vgl. zum Begriff des (hauptamtlichen oder inoffiziellen) Mitarbeiters des Staatsicherheitsdienstes: § 6 I V StUG: zu den Abgrenzungsschwirigkeiten „hauptamtlicher" und „inoffizieller" Mitarbeiter des MfS: Albert Engel (Fn. 54), S. 245 ff. 72 Uwe R. Scholz, Fristlose Kündigung im öffentlichen Dienst wegen Tätigkeit für das frühere Ministerium für Staatssicherheit / A m t für Nationale Sicherheit (MfS), BB 1991, S. 2515, 2519. 73 Vgl. v. Thomas Lindheim, Zum Begriff der Zusammenarbeit des inoffiziellen und hauptamtlichen Mitarbeiters mit dem MfS, DtZ 1993, S. 358, 359. 74 Vgl. zum Inhalt der Verpflichtungserklärungen: David Gill / Ulrich Schröter, Das Ministerium für Staatssicherheit - Anatomie des Mielkeimperiums, Berlin 1991, S. 111 f. 75 Albrecht Zeuner (Fn. 20), S. 383; Uwe R. Scholz, (Fn. 72), S. 2520; Peter Hantel (Fn. 69), S. 171, Reiner Ascheid, Aktuelle Rechtsprechung zum Einigungsvertrag, N Z A 1993, S. 97,102.

188

D. Persönliche Eignung und Vorbelastung

Verpflichtungserklärung geleistet wurde. Demgemäß unterbleibt nach § 19 V I I I Ziff.2 3. StUÄndG auch eine Mitteilung des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes, wenn nach dem Inhalt der erschlossenen Unterlagen feststeht, daß trotz einer Verpflichtung zur Mitarbeit keine Informationen geliefert worden sind. Damit steht nunmehr unzweifelhaft fest, daß die für die Feststellung einer inoffiziellen Mitarbeit nach § 6 I V Ziff.2 StUG erforderliche Bereitschaftserklärung zur Lieferung von Informationen wissentlich und willentlich zu geschehen hatte und der Begriff der „Tätigkeit" als Voraussetzung einer Mitteilungspflicht nach §§ 20, 21 jeweils Abs. 1 Ziff.6 StUG enger zu fassen ist, als der Tatbestand, der die betreffende Person als inoffiziellen Mitarbeiter qualifiziert. 76 Problematisch ist der Sachverhalt dann, wenn der Bewerber, ohne daß eine rechtlich vorwerfbare Tätigkeit für das MfS vorliegt, allein eine Verpflichtungserklärung unterschrieben, dies allerdings im Personalfragebogen verschwiegen hat. Hierbei stellt sich die Frage, ob bei Verletzung der Pflicht zur wahrheitsgemäßen Beantwortung der Fragen eine persönliche Nichteignung des Betroffenen vorliegt oder, was wohl der relevantere Fall ist, ob die Tatsache des Verschweigens die Rücknahme einer bereits erfolgten Ernennung rechtfertigt, weil dies den Tatbestand der arglistigen Täuschung77 erfüllt 78 .

b) Das Auskunftsverlangen der Ernennungsbehörde Zulässigkeit und Grenzen Wenn für die Beurteilung der Eignung des Bewerbers die Tätigkeit für das MfS ein relevanter Umstand ist, muß dementsprechend die Frage danach er-

76

§ 6 I V StUG geht bei der Legaldefinition des „inoffiziellen Mitarbeiters" lediglich von der Bereitschaft" zu Lieferung von Informationen aus, weshalb die Auffassung vertreten wurde, daß der Begriff der „Tätigkeit" unter Berücksichtigung des Begriffs des „Mitarbeiters" zu definieren sei; vgl. Dietmar Schmidt / Erwin Dörr; StUGKommentar, § 20 Rn.13, anders: Klaus Stoltenberg, Weder Amnestie noch Schlußstrich - aber eine verfrühte Beschränkung des Zugangs, DuD 1997, S. 149, 151, der deshalb § 19 V m Ziff. 2 3.StUG lediglich deklaratorische Bedeutung beimißt. Auch den vom Beirat erlassenen Bewertungskriterien einer inoffiziellen MfS-Mitarbeit nach § 39 I I S. 2 Ziff. 4 StUG kommt in diesem Zusammenhang lediglich interne Bindungswirkung zu; vgl. Klaus Stoltenberg, StUG-Kommentar, § 39 Rn. 6. 77 § 13 I Ziff. 1 BRRG, § 12 I Ziff. 1 BBG, § 13 I Ziff. 1 ThürBG; § 15 I Ziff. 1 SächsBG, § 12 I Ziff. 1 B G L S A ; § 14 I Ziff. 1 B G M - V ; § 16 I Ziff. 1 BGBbg. 78 Bejahend: Wolfgang Loschelder, Die Weiterbeschäftigung von Funktionsträgem des SED-Regimes i m öffentlichen Dienst, in: Brunner (Hrsg.) Juristische Bewältigung des kommunistischen Unrechts in Osteuropa und Deutschland, Berlin 1995, S. 188,

200.

II. Besondere Berufungsvoraussetzungen

189

laubt sein. 79 Eine zwingende Verpflichtung, ohne Ausnahme belastende Sachverhalte zu offenbaren, ist hingegen unter verassungsrechtlichen Gesichtspunkten bedenklich. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gewährleistet das allgemeine Persönlichkeitsrecht die innere persönliche Lebenssphäre und die Erhaltung ihrer Grundbedingungen, die sich durch die anderen Freiheitsgarantien nicht abschließend erfassen lassen. In besonderer Weise verleiht es dem Einzelnen die Befugnis, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen er persönliche Sachverhalte offenbaren w i l l und schützt vor dem Verlangen, Informationen preizugeben, die ihn selbst belasten. 80 Eine Auskunftspflicht würde dann einen Eingriff in das vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht umfaßte Recht auf informationelle Selbstbestimmung darstellen, wenn es nicht auf gesetzlicher Grundlage durch gewichtige Gründe gerechtfertigt ist. 81 Unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit sind Einschränkungen aber zulässig, wenn sie zum Schutz eines wichtigen Gemeinschaftsgutes geeignet und erforderlich sind und wenn der Schutzzweck so schwer wiegt, daß er sie in ihrem Ausmaß rechtfertigt. 82 Ohne diese gesetzliche Rechtfertigung ist der Bewerber nicht verpflichtet, über Tatsachen aufzuklären, die zu Zweifeln hinsichtlich seiner Eignung Anlaß geben. 83 Deshalb darf eine Antwort folgenlos verweigert werden, wenn die Behörde Umstände ohne zumindest mittelbaren Dienstbezug abfragt. 84 Eine Auskunftspflicht ist zu bejahen bei Fällen schwerer moralischer Belastung, erheblicher Ansehensgefährdung des öffentlichen Dienstes und / oder Gefahr für die korrekte Erfüllung allgemeiner Dienstpflichten. 85 In Anlehnung an die Grundsatzentscheidungen des Bundesarbeitsgerichts 86 sind nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts 87 Fragen nach einer früheren MfS-Tätigkeit grundsätzlich zulässig, weil das Fragerecht der fachlichen Qualifikation und demokratischen Zuverlässigkeit des öffentlichen Dienstes

79

Vgl. zu diesem Verhältnis: Hans-Hugo Klein, Verfassungstreue und Schutz der Verfassung, in: W D S t R L , Bd.37, Berlin 1979, S. 53, 87. 80 BVerfGE 54, 148, 153; 65, 1,41; 85, 219, 224. 81 BVerfGE 56, 37,41; 65,1, 42. 82 BVerfG, NJW 1997, S. 2307, 2308, mit Verweis auf BVerfGE 90, 263, 271. 83 So bereits: BVerfGE 18, 276, 281; vgl. auch: Peter Neumann, Die MfS-Kündigung, A u A 1997, S. 50,51. 84 Hellmuth Günther, Die Tatbestände nichtiger, zurücknehmbarer oder rücknehmbarer Ernennung, DÖD 1990, S. 281, 292. 85 Vgl. § 54 BBG, wobei die in Satz 3 aufgeführten Begriffe „ A c h t u n g " (öffentlichkeitsbezogen) und „Vertrauen" (dienstbezogen) Formen der Anerkennung des allgemeinen Persönlichkeitswertes sind, die an Deutlichkeit gewinnen, wenn sie mit dem Begriff der „Integrität" in Verbindung gebracht werden; vgl. Walther Fürst (Hrsg.), GKÖD, Bd. I / Teil 2a, K § 54 Rn.l 1. 86 BAG, NJ 1994, S. 48; BAG, NJ 1996, S. 217, 218. 87 BVerwG, ZBR 1997, S. 97, 98.

190

D. Persönliche Eignung und Vorbelastung

und damit einem überwiegend wichtigen Gemeinschaftsgut diene, weshalb die Pflicht zur wahrheitsgemäßen Beantwortung der Fragen gegenüber dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung überwiege. 88 Zwar zielen die Fragen auf die persönlichen Lebensumstände des Betroffenen, deren Offenlegung mit erheblichen Nachteilen verbunden sein kann, gleichwohl sind sie nach Meinung des Bundesverfassungsgerichts verfassungsrechtlich imbedenklich, wenn und soweit mit ihnen der legitime Zweck der Eignungsprüfung verfolgt wird. 8 9 Für Bewerber um eine Beamtenstellung ist zudem der Grundsatz der Verfassungstreue als gewichtiger Grund der Auskunftspflicht heranzuziehen. Zur Entscheidungsgrundlage über die Gewähr der Verfassungstreue gehört auch die das bisherige Erscheinungsbild des Bewerbers prägende subjektive Haltung in bezug auf feststehende objektive Umstände. Deshalb können gegebenenfalls auch aus bestimmten Verhaltensweisen Schlüsse auf die subjektive Einstellung gezogen werden. 90 Der Mitwirkungslast des Bewerbers i m Rahmen des Ernennungsverfahrens kommt aber nur insoweit Bedeutung zu, als sie sich auf relevante tatsächliche Gründe für die Würdigung der Gewähr der Verfassungstreue beziehen.91 In einem Urteil zur Zulässigkeit von Fragebögen im Schuldienst des Freistaats Sachsen betonte das Bundesarbeitsgericht, daß der Individualschutz des Arbeitnehmers zurückzutreten hat, soweit es um die Sicherstellung der dem Land nach dem Grundgesetz obliegenden Aufgabe geht, nur solche Lehrer einzustellen, die zu den Werten der freiheitlich-demokratischen Grundordnung i m Sinne des Grundgesetzes stehen, weshalb Fragen zulässig sind, die Zweifel an der Eignung des Lehrers i m Zusammenhang mit einer früheren MfS-Tätigkeit betreffen. 92 Gleichzeitig lehnte das Gericht aber eine Auskunftspflicht zu erfolglosen Anwerbungsversuchen seitens des MfS ab, weil der Wunsch, allgemeine Erkenntnisse über das Vorgehen des MfS zu erlangen, die Eignung des Betroffenen nicht berührt und deshalb nicht ausreicht, ein Auskunftsverlangen zu rechtfertigen. 93 Insbesondere soweit es nach den Beamtengesetzen nur auf eine „Tätigkeit" für das MfS ankommt, ist eine entscheidungserhebliche Relevanz der Frage nach Anwerbungsversuchen nicht erkennbar. 94 Ist das Fragerecht durch das an sich legitime Ziel der Eignungs88 Vgl. auch: Heike Gading, Zur strafrechtlichen Beurteilung des Verschweigens früherer MfS-Tätigkeit bei der Einstellung in den öffentlichen Dienst, NJ 1996, S. 297, 297. 89 BVerfGNJW 1997, S. 2307, 2309. 90 Walther Fürst (Hrsg.), GKÖD, Bd. I / Teil 2a, K § 7 Rn. 15 e. 91 Vgl. BVerwGE 61,176,189. 92 BAG, NJ 1996, S. 217, 218. 93 BAG, NJ 1996, S. 217, 218. 94 OVG Bautzen, ZBR 1997, S. 132, 134; OVG Frankfurt (Oder), DtZ 1997, S. 267, 268.

II. Besondere Berufungsvoraussetzungen

191

prüfung nicht mehr in einer Weise gedeckt, die ein Zurücktreten des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes rechtfertigt, überschreitet es das Maß des Zumutbaren. 95 Da eine umfassende Überprüfung der politischen Vergangenheit aller Angehörigen des Staatsdienstes der früheren DDR in einem an die frühere „Entnazifizierung" erinnernden Verfahren weder gewollt noch zulässig wäre und die Ernennung des Bewerbers, soweit sie nicht die Gewähr der Verfassungstreue betrifft, nicht von der politischen Einstellung abhängig gemacht werden darf, besteht grundsätzlich auch keine allgemeine Auskunftspflicht über frühere politische Aktivitäten. 96 Lediglich wenn die Vollständigkeit der Antworten in Frage gestellt und dem Befragten ein unzulässiger Beurteilungsspielraum belassen würde, kann sich das Fragerecht auf Sachverhalte erstrecken, die für sich genommen noch keine mangelnde Eignung indizieren, wie dies bei Fragen nach Mandaten und Funktionen in Parteien und gesellschaftlichen Organisationen der DDR der Fall ist. 97 Die Frage nach Parteifunktionen ist zudem sachgerecht, weil die Wahrnehmung dieser Funktionen zumindestens Zweifel an der Eignung begründen und jedenfalls zur näheren Prüfung Anlaß geben kann. 98 Die Auskunftspflicht beginnt an der Schwelle, an der die frühere Tätigkeit die Grundlage für die allgemeine Eignimg des Bewerbers oder zur Prüfung der Gewähr der Verfassungstreue bildet. 99 Auch die §§ 20, 21 StUG gestatten eine Überprüfung nur „nach Maßgabe der dafür geltenden Vorschriften", womit der Gesetzgeber deutlich zum Ausdruck gebracht hat, daß sich die Zulässigkeit einer Anfrage nach den bereichsspezifischen Rechtsvorschriften bestimmt. 100 Deshalb ist eine Frage nur dann zulässig wenn sie für das Beamtenverhältnis von Bedeutung ist und der Dienstherr an der Beantwortung ein berechtigtes und schutzwürdiges Interesse hat. 1 0 1 Somit können falsche Angaben zur MfS-Problematik i m Personalfragebogen nur dann ein Kriterium für die Nichteignung des Bewerbers sein, wenn das Verschweigen i m Zusammenhang mit einer verwertbaren finalen MfS-Tätigkeit steht. 102 Dies bestätigte das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung zum Sonder-

95

BVerfG, NJW 1997, S. 2307, 2309. Vgl. TheodorMaunz, in: Maunz / Dürig, GG-Kommentar, Art. 33 Rn. 23. 97 O V G Bautzen, ZBR 1997, S. 132, 133 f., mit dem Hinweis darauf, daß eine Auflistung aller belastenden Mandate und Funktionen praktisch unmöglich gewesen ist. 98 BVerfGE 92,140, 155 f.; BVerfG NJW 1997, S. 2307, 2309. 99 Walther Fürst (Hrsg.), GKÖD, Bd. I / Teil 2a, K § 7 Rn. 64. 100 Vgl. Klaus Stoltenberg, StUG-Kommentar, § 20 Rn. 9. 101 BAGE 74, 120, 126; Bernhard Schlink (Fn. 69), S. 352 Fn. 32; Werner Jung, Der Zugang zum öffentlichen Dienst nach Art. 33 I I GG, Saarbrücken 1978, S. 54 m.w.N. vor allem älterer Auffassungen. 102 Peter Hantel (Fn. 69), S. 171. 96

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D. Persönliche Eignung und Vorbelastung

kündigungstatbestand des Einigungsvertrages, indem es betonte, daß die zeitlich unbefristete Frage nach einer Tätigkeit für das MfS das allgemeine Persönlichkeitsrecht verletzt, weil Tätigkeiten, die bereits länger zurückliegen genauer: vor 1970 abgeschlossen wurden - keine oder nur noch eine geringe Entscheidungsrelevanz besitzen. Der Auffassung, daß dem Zeitablauf nur eine geringe Bedeutung zukomme, weil bei unerheblich erachteten Tätigkeiten der Zeitpunkt unschädlich sei und bei besonders schwerwiegenden Verstrickungen nicht vom Eignungsmangel suspendiere 103, begegnete das Gericht mit dem Argument, daß eine derartig seltene Ausnahme der Relevanz lang zurückliegender Vorgänge bezogen auf das hier in Rede stehende Fragerecht „außer Verhältnis zu der Einschränkung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Befragten" stehe. Besonders schwerwiegende Verfehlungen würden ohnehin zumeist bekannt sein oder könnten leicht ermittelt werden. 104 Für Rückschlüsse auf die charakterliche Eignung des Bewerbers steht nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts zudem die Nichtbeantwortung von Fragen i m Personalfragebogen der wahrheitswidrigen Verneinung nicht gleich, da die offensichtlich bewußte Nichtbeantwortung zeige, daß der Betroffene vor falschen Angaben zurückschreckte. 105 Nach Meinung des Bundesverfassungsgerichts darf bei der hier maßgeblichen Einschätzung der Persönlichkeit zudem der Unterschied zwischen einer unwahren und einer ungenauen Antwort nicht außer Betracht bleiben. 106

c) Die Sonderfälle

einer Tätigkeit für das MfS

Eine sorgfältige Feststellung des Tatbestandsmerkmals Tätigkeit „für" das MfS in objektiver und subjektiver Sicht erfordern auch die Fälle, in denen Kontakte zum Staatssicherheitsdienst zu den früheren dienstlichen Tätigkeiten gehörten. Hier wurde der Bewerber aufgrund seines Arbeitsverhältnisses mit einem anderen Organ des Staatsapparates unmittelbar für dieses und nur mittelbar „für" das MfS tätig. Durch das zur Erörterung stehende Tatbestandsmerkmal werden jedoch nicht nur solche Tätigkeiten erfaßt, die i m Rahmen einer förmlich begründeten Dauerbeziehung zum MfS entfaltet wurden. 107

103

Andreas Patermann, Entlassung von Beamten wegen einer Tätigkeit für das MfS, DtZ 1997, S. 242, 245. 104 BVerfG, NJW 1997, S. 2307, 2310. 105 B A G , N J 1997, S. 52. 106 BVerfG, NJW 1997, S. 2307, 2309, wobei i m vorliegenden Fall eine Parteisekretärin lediglich angegeben hatte, sie sei Mitglied der Perteileitung gewesen, was nach Auffassung des Gerichts i m strengeren Sinne nicht unwahr war, da auch der Parteisekretär der dreiköpfigen Parteileitung angehörte. 107 Vgl. Albrecht Zeuner (Fn. 20), S. 384.

II. Besondere Berufungsvoraussetzungen

193

Tätigkeiten für dieses Ministerium können nach dem Sinn der Vorschrift vielmehr auch in gelegentlichen Einzeldiensten zur bewußten Förderung seiner spezifischen Funktion bestehen. Für die Beurteilung dieser Frage ist deshalb die subjektive Zielrichtung der Tätigkeit des Bewerbers besonders bedeutsam. 108 Handelte er nur, um seine dienstlichen Aufgaben zu erfüllen, so wird allein aus diesem Grund die hinter diesem Tatbestandsmerkmal stehende Frage der Gewähr der Verfassungstreue nicht verneint werden können. Handelte er hingegen auch aus der Überzeugung, den Staatssicherheitsdienst zu unterstützen, da er dessen Ziele bejahte, so erscheint zumindest das subjektive Merkmal einer Tätigkeit „für" das MfS erfüllt. Da Grundvoraussetzung einer Arbeit als inoffizieller Mitarbeiter die Freiwilligkeit der Tätigkeit war 1 0 9 , ist die Ernennungsvoraussetzung auch nicht ohne weiteres zu verneinen, wenn jemand i m Rahmen seines Wehrdienstes für das MfS tätig geworden ist. Dabei ist zu beachten, daß die Wehrpflichtigen in der DDR den sehr weitgehenden Beschränkungen des Wehrdienstverhältnisses unterstanden. 110 Zwar ist es auch nach allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätzen zulässig, die Wehrpflichtigen weitergehenden Freiheitsbeschränkungen zu unterwerfen, die sich aus der Notwendigkeit des besonderen Pflichtenverhältnisses ergeben. 111 Wenn aber unter entsprechender Anwendung dieser Grundsätze die Rechte des Betroffenen begrenzt sind, wird auch das Gewicht der individuellen Vorwerfbarkeit von Handlungen im Rahmen des Wehrdienstverhältnisses entsprechend geringer sein. Dies schließt ihre Berücksichtigung nicht generell aus, sondern fordert lediglich die Beachtung der besonderen Situation bei der Beurteilung des individuellen Maßes der Verstrikkung. Diesem Umstand einer „besonderen Zwangssituation" 112 versucht nunmehr auch das Dritte Gesetz zur Änderung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes Rechnung zu tragen. Nach § 19 V I I I Ziff.l 3. StUÄndG unterbleibt eine Mitteilung des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes, wenn sich die Informationen auf eine Tätigkeit während der Ableistung des gesetzlich vorgeschriebenen Wehrdienstes außerhalb des MfS beziehen, dabei keine personenbezogenen Informationen geliefert worden sind und die Tätigkeit nach Ablauf des Dienstes nicht fortgesetzt worden ist.

108 Leonhard Kathke, Verfassungstreueprüfung nach der deutschen Wiedervereinigung, ZBR 1992, S. 344, S. 352. 109 Vgl. Uwe R. Scholz (Fn. 72), S. 2517. 110 Vgl. Gesetz über den Wehrdienst in der Deutschen Demokratischen Republik Wehrdienstgesetz - vom 25.3.1982, GB1.DDR 1 1982, S. 221. 111 Vgl. grundlegend: BVerfGE 33,1, 16; 35, 311, 316; 57,170, 183. 112 Vgl. Begründung des Gesetzentwurfs zum Dritten Stasi-Unterlagen-Gesetz, BTDrucks.l 1/4356, S. 5.

13 Schwanengel

194

D. Persönliche Eignung und Vorbelastung

Eine vergleichbare Problematik besteht auch bei einer Tätigkeit von Minderjährigen oder Heranwachsenden für das MfS. Zum Schutz der Mindeijährigen enthält das Stasi-Unterlagen-Gesetz ein ausdrückliches Verwertungsverbot 1 1 3 mit der Folge, daß eine Nichteinstellung oder Entlassung eines Beamten nicht allein darauf gestützt werden kann, daß sich aus den Unterlagen des MfS eine Tätigkeit des Betroffenen als Mindeijähriger ergeben hat. Ausdrücklich normiert dies § 6 I Ziff.4 ThürBG, wonach sich die Erklärung des Beamten, ob er für das MfS tätig war und welche Funktionen oder Positionen er i m System innehatte, auf Sachverhalte nach Vollendung des 18. Lebensjahres zu beschränken hat. Schwieriger ist die Frage, wenn der Bewerber als Heranwachsender i m Sinne des § 1 I I JGG für das MfS tätig geworden ist. Da die Beurteilung der Gewähr der Verfassungstreue als verfassungsrechtlicher Maßstab zum Zeitpunkt der erstmaligen Berufung in das Beamtenverhältnis einen gewissermaßen vorläufigen Charakter gewinnt, ist bei der Bewertung einer solchen MfS-Tätigkeit eine entsprechende Zurückhaltung und sorgfaltige Gewichtung für die zukunftsbezogene Prognose erforderlich. 114 So hat das Bundesverfassungsgericht betont, daß ein Urteil über die Eignung eines Beamten nicht allein auf Handlungen gestützt werden darf, die dieser als Heranwachsender begangen hat, da diese sich wenig eignen, um einen Schluß auf die Persönlichkeit des zu Beurteilenden zu ziehen und deshalb „schwerlich vereinbar (sind) mit dem im Rechtsstaatsprinzip verankerten Gebot der Verhältnismäßigkeit". 115

d) Das Erfordernis differenzierender und Eignungsprognose

Einzelfallprüfung

Soweit die Landesbeamtengesetze im Rahmen der Ernennungsvoraussetzungen auf eine frühere Tätigkeit für das MfS rekurieren, stellt allein das Tätiggewordensein einen Grund mangelnder persönlicher Eignung dar. 1 1 6 Auf das Mehr oder Weniger der Tätigkeit kommt es bei der Erfüllung dieses Tatbestandsmerkmals nicht an, da dieses nicht auf besondere Einzelakte, sondern auf die Tätigkeit als solche abstellt. 113

117

Die adäquate Kündigungsregelung des

§§ 20, 21 jeweils Abs. 1 Ziff. 6 u. 7. StUG. Walther Fürst (Hrsg), GKÖD, Bd. I / Teil 2a, K § 7 Rn.16 c, was insbesondere für mehr oder weniger spontane Handlungen junger Menschen gilt. 115 BVerfGE 39, 334, 356 f. 116 Heinz Hillermeier (Fn. 65), S. 142; Uwe R. Scholz (Fn. 72), S. 2522; Bernhard Schlink(Fn. 69), S. 344. 117 Vgl. BAGE 70, 309, 317; 70, 323, 327; 74, 257, 263. Damit hat das B A G vor allem klargestellt, daß der Einigungsvertrag eine eigenständige und abschließene Regelung enthält und § 626 I BGB keine Anwendung findet, der vor allem darauf ab114

II. Besondere Berufungsvoraussetzungen

195

Einigungsvertrages verlangt jedoch als weitere Voraussetzung einer außerordentlichen Kündigung eine Abwägung, ob anhand der konkreten Umstände ein Festhalten am Arbeitsverhältnis unzumutbar erscheint. Sowohl Bundesarbeitsgericht als auch Bundesverfassungsgericht haben hieraus geschlossen, daß die alleinige MfS-Mitarbeit noch keinen absoluten Kündigungsgrund darstellt. 118 Dieser würde auch auf erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken stoßen, weil damit i m Ergebnis eine Kollektivschuld aller ehemaliegen Mitarbeiter des MfS etabliert würde. 119 Der Begriff der „Unzumutbarkeit" ist kein Blankettbegriff, der beliebige Wertungsspielräume eröffnet, sondern muß das Ergebnis einer Tatsachenbewertung sein. 2 0 Da sich die „Unzumutbarkeit" aus der früheren Tätigkeit herleitet - ihretwegen („deshalb") muß ein Festhalten am Arbeitsverhältnis unzumutbar erscheinen - ist in jedem Fall eine Einzelfallprüfung unerläßlich. 121 Das Erfordernis der Unzumutbarkeit ist daher nicht nur in dem Sinne zu verstehen, daß besondere Umstände das Kündigungsrecht des öffentlichen Arbeitgebers suspendieren. Vielmehr ist „neben der konkreten Belastung für den Arbeitgeber auch das Maß der Verstrickung des Betroffenen zu berücksichtigen" 122 , das damit wesentlich über die Auflösung des Arbeitsverhältnisses bestimmt. 123 Hierbei sind die frühere Stellung des (hauptamtlichen) Mitarbeiters, die Art der (inoffiziellen) Mitarbeit sowie Dauer der Tätigkeit, Zeit und Grund der Aufnahme und Beendigung ebenso zu berücksichtigen 124 , wie der durch die Tätigkeit entstandene materielle und immaterielle Schaden für andere Personen. Zudem stellt „Zumutbarkeit" auf die zukunftsorientierte Prognose der Weiterbeschäftigung ab, weshalb ein in

stellt, ob unter Berücksichtigung der zur Begründung der Kündigung vorgelegten Tatsachen eine Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist. 118 BVerfG, NJW 1997, S. 2305, 2306; BAGE 70, 309, 319; 70, 323, 329. I n der früheren war noch umstritten, ob eine Einzelfallprüfung erforderlich ist. Vor allem das Arbeitsgericht Berlin (vgl. Urteil v. 11.3.1991, NJ 1991, S. 230) vertrat die Auffassung, daß allein aus einer Zugehörigkeit zum MfS die Unzumutbarkeit einer Weiterbeschäftigung folge; vgl. dazu: Frank Lansnicker / Thomas Schwirtzek, Staatssicherheit und öffentlicher Dienst, DtZ 1993, S. 106, 108 f.; Ulrich Weisemann (Fn. 55), S. 297. 119 Frank Lansnicker /Thomas Schwirtzek (Fn. 118), S. 108. 120 Heinz Schroers, Außerordentliche Kündigung wegen Tätigkeit für das MfS, A u A 1994, S. 381, 381, 381; Udo Mayer (Fn. 69), S. 454. 121 BAGE 70, 309, 317; 70, 323, 327. 122 BVerfG, NJW 1997, S. 2305, 2306; vgl. auch: BAGE 70, 309, 319; 70, 323, 329. 123 Albrecht Zeuner (Fn. 20), S. 382; Frank Lansnicker / Thomas Schwirtzek (Fn. 118), S. 109; Ait Stapelfeld, Zum aktuellen Stand der Rechtsprechung und zur Praxis des Sonderkündigungsrechtes i m Einigungsvertrag wegen Tätigkeit für MfS /AfNS, DtZ 1995, S. 186, 188. 124 BAGE 70, 309, 319; 70, 323, 329; BAG, N Z A 1996, S. 202; vgl. auch: Andreas Patermann (Fn. 103), S. 243. 1*

196

D. Persönliche Eignung und Vorbelastung

der Vergangenheit liegender Grund die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nur rechtfertigen kann, wenn das dahingehende dienstliche Interesse auch aktuell noch besteht, wobei der Grad des Verschuldens zwingend Auswirkungen auf die Günstigkeit der Prognose haben muß. 1 2 5 Vergleicht man die Bestimmungen der Landesbeamtengesetze hinsichtlich der Tätigkeit für das MfS mit den arbeitsrechtlichen Regelungen i m Einigungsvertrag, so fallt zunächst auf, daß als Voraussetzung für die beamtenrechtliche Ungeeignetheit nur die Tätigkeit als solche normiert ist und i m Gegensatz zur arbeitsrechtlichen Lösung auf die ausdrückliche Regelung der Zumutbarkeitsprüfung als Korrektiv verzichtet wurde. Als beamtenrechtliches Ausschlußkriterium findet das Merkmal der „Tätigkeit für das MfS" seine verfassungsrechtliche Verankerung in der vom Bewerber geforderten Gewähr des jederzeitigen Eintretens für die freiheitlich demokratische Grundordnung und ist damit ein persönliches Eignungsmerkmal i m Sinne des Art. 33 I I GG. 1 2 6 Die Verfassung setzt in Art. 33 I I GG nicht nur die Existenz öffentlicher Ämter als gegeben voraus, sondern darüber hinaus ihre Besetzung durch die Bürger unter Beachtung ihrer Gleichheit. 127 Diese grundrechtliche Gleichheit verbietet einen pauschalierenden Ansatz und fordert deshalb schon von Verfassungs wegen eine differenzierende Einzelfallprüfung anhand der sachlichen Differenzierungsmaßstäbe. Neben der positiven Enumeration der Zugangskriterien in Art. 33 I I GG enthält Absatz 3 Differenzierungsverbote, die aber nur die Unabhängigkeit von religiösem Bekenntnis und Weltanschauung, nicht auch - wie Art. 3 I I I GG - von politischer Anschauung konstituieren, was i m Hinblick auf die vom Beamten zu fordernde Verfassungstreue nur konsequent ist. 1 2 8 Nicht nur i m Strafverfahren gilt das Prinzip der persönlichen Vorwerfbarkeit, auch bei der Beurteilung der Verfassungstreue i m öffentlichen Dienst muß nach rechtsstaatlichen Prinzipen jeder Einzelfall für sich geprüft werden, wie Bundesverfassungsgericht und Bundesverwaltungsgericht in ihren Ent129

Scheidungen zur Verfassungstreue postulieren. Fraglich ist, ob i m Rahmen der Einzelfallprüfung wegen MfS-Tätigkeit auch eine Prognose über das künftige Verhalten des Bewerbers zu treffen ist, wie dies für die Länder Sachsen-Anhalt und Brandenburg gilt, die auf eine

125

Franz-Michael Koch / Karola Pasinski, EV-Kündigungsregelungen im öffentlichen Dienst (Teil II), A u A 1992, S. 230, 231. 126 Vgl. Klaus Stern (Fn. 2), S. 25. 127 Werner Jung (Fr. 101), S. 35. 128 Ferdinand Matthey, in: v. Münch, GG-Kommentar, Art. 33 Rn. 2, 26 ff., der insoweit in Art. 33 I I I GG eine Sonderregelung gegenüber Art. 3 I I I GG sieht, während das BVerwG (E 47, 330, 353) beide Differenzierungsverbote wegen der hervorragenden Bedeutung der Verfassungstreuepflicht von Art. 33 I I GG eingeschränkt sieht. 129 BVerfGE 39, 335, 353; BVerwGE 47, 330, 339.

II. Besondere Berufungsvoraussetzungen

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Normierung dieses besonderen Eignungsmangels verzichtet haben. Berücksichtigt werden müßte dann, ob der Bewerber wegen seiner Tätigkeit für das MfS in der Vergangenheit auch künftig für den öffentlichen Dienst nicht tragbar erscheint. Nach der Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts zur Beurteilung der Verfassungstreue liegt der Überzeugungsbildung des Dienstherrn „ein Urteil zugrunde, das zugleich eine Prognose enthält; es hat nur den Einzelfall i m Auge und gründet sich jeweils auf eine von Fall zu Fall wechselnde Vielzahl von Elementen und deren Bewertung ... Es handelt sich um ein prognostisches Urteil über die Persönlichkeit des Bewerbers, nicht lediglich um die Feststellung einzelner Beurteilungselemente ...". 1 3 0 Nach dem Wortlaut der landesgesetzlichen Regelungen ist jedoch entscheidend, daß der Bewerber bei der Staatssicherheit „tätig war". Als Maßstab stellt das Kriterium deshalb auf Vorgänge ab, die in der Vergangenheit liegen. 131 Wenn jedoch Folgerungen, die aus einer früheren (legalen) Tätigkeit nachwirken, an den Grundsätzen des positiven Verfassungsrechts gemessen werden müssen, bedarf es einer verfassungskonformen Auslegung dieser Bestimmung. Unabhängig von der Tatsache, daß die Prüfung der Verfassungstreue einfachgesetzlich als eigenständiges Eingnungskriterium ausgestaltet ist, konkretisieren beide Vorschriften nur einen Unterfall der allgemeinen, in der Verfassung selbst angelegten Treueverpflichtung - die „politische Treuepflicht" des Beamten. Bei dieser politischen Treuepflicht des Beamten zur freiheitlich demokratischen Grundordnung handelt es sich jedoch um eine zwingende Voraussetzung für den Zugang zum Beamtenstatus.132 Ihr Vorliegen ist eine durch den Landesgesetzgeber nicht suspendierbare Ernennungsvoraussetzung. Dem entspricht auch, daß diese Regelung systematisch in die allgemeinen Grundvoraussetzungen für die Berufung in das Beamtenverhältnis eingeordnet ist. Demgemäß geht es auch hier um das Urteil der Ernennungsbehörde, wie die Persönlichkeit des Bewerbers im Hinblick auf seine „künftige" Tätigkeit als Beamter nach seinem bisherigen Erscheinungsbild zu bewerten ist. Es geht nicht um die Sanktionierung früheren Verhaltens, sondern um die Abwehr etwaiger aus dem Verhalten folgender Belastungen für die zukünftige Tätigkeit in der öffentlichen Verwaltung. 133 In seinen Entscheidungen zum Sonderkündigungsrecht bestätigte das Bundesverfassungsgericht, daß die Würdigung der Persönlichkeit auf der Grundlage seines gesamten Verhaltens vor und nach dem Beitritt zu erfolgen hat, weshalb bei der 130

BVerfGE, 39, 334, 353; vgl. auch: BVerwGE 18, 276, 280 f.; 47, 330, 337 u.

340. 131

Vgl. BAGE 70, 323, 328; 70, 309, 318. Helmut Lecheler, Der öffentliche Dienst, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg,), Handbuch des Staatsrechts, Bd. IE, Heidelberg 1988, § 72 Rn. 91. 133 Jörg Hopfe, in: Linck / Jutzi / Hopfe, Die Verfassung des Freistaats Thüringen Kommentar, Art. 97 Rn.10. 132

198

D. Persönliche Eignung und Vorbelastung

einzelfallbezogenen Eignungsprüfung die Entwicklung nicht ausgeblendet werden darf, die der Betroffene nach dem Beitritt genommen hat. 1 3 4 Je länger also die Frist ist, die ein Dossier des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes vom Datum der Einigung trennt, desto kürzer muß die Frist sein, die die Tätigkeit für das MfS vom selben Datum trennt, damit sie noch berücksichtigt werden kann. 1 3 5 Überdies muß auch ihr schädigendes Gewicht um so größer sein, je länger die Tätigkeit zurückliegt. Da zu den wesentlichen Prinzipien des Rechtsstaates auch die Veijährung von Unrecht als Ausdruck des Vertrauensschutzes zählt 1 3 6 , erscheint es fraglich, ob unter diesem Gesichtspunkt überhaupt noch von einer „Tätigkeit für das MfS" als Tatbestandsmerkmal fehlender persönlicher Eignung ausgegangen werden kann. 137 Auch das Bundesverfassungsgericht verweist im Zusammenhang mit einer am Maßstab des Art. 33 I I GG orientierten Eignungsprüfung auf die Berücksichtigung des Zeitfaktors, da sich persönliche Handlungen ebenso wie die Einstellung zur eigenen Vergangenheit ändern können. „Längere beanstandungsfreie Zeiträume können auf Bewährung, innere Distanz, Abkehr von früheren Einstellungen und Taten hinweisen. Auch die gesellschaftliche Ächtung von Fehlverhalten verliert sich mit der Zeit." 1 3 8 Durch eine Änderung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes (StUG) 1 3 9 wurde deshalb ein beschränktes 140 Mitteilungsveibot von Daten über eine inoffizielle MfS-Tätigkeit statuiert, wenn diese nach dem 31.12.1975 nicht mehr fortgesetzt worden war. Der Grund für diese Gesetzesänderung war dabei weniger die Förderung des Rechtsfriedens und die Eingliederung weniger belasteter MfS-Mitarbeiter, als vielmehr die Beseitigung eines möglichen verfassungsrechtlichen Risikos, das die bisherige Regelung allein infolge der inzwischen 134 BVerfGE 92, 140, LS 2 u. S. 155; BVerfGNJW 1997, S. 2312, 2313; vgl. zur insofern anderen Praxis: Gerhard Pschollkowski / Holger Kranzusch, Die „StasiAbwicklung" bei der Deutschen Bundespost Telekom und deren personelle Auswirkungen (Teil I), ZTR 1993, S. 409,411 u. 415. 135 Bernhard Schlink (Fn. 69), S. 354. 136 Vgl. zum Vertrauensschutz in strafrechtlichen Veijährungsvorschriften: BVerfGE 30, 272, 285 ff. 137 Peter Hantel (Fn. 69), S. 169 f. 138 BVerfG, NJW 1997, S. 2307, 2309. 139 Vgl. Gesetz über die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik - Stasi-Unterlagen-Gesetz - StUG - vom 20.12.1991, BGBl. 1991, S. 2272 i.d.F. des Dritten Gesetzes zur Änderung des StasiUnterlagen-Gesetzes - 3. StUÄndG - vom 20.12.1996, BGBl. 1996, S. 2026, § 19 I S. 2. 140 Dies gilt nicht in den Fällen der §§ 20 u. 21 jeweils Abs.l Ziff. 6 a - c oder Ziff. 7 a StUG, beziehungsweise wenn sich aus den Unterlagen Anhaltspunkte dafür ergeben, daß der Betroffene i m Zusammenhang mit seiner IM-Tätigkeit ein Verbrechen begangen oder gegen Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit verstoßen hat; vgl. § 19 I S. 3 , 4 StUÄndG.

II. Besondere Berufungsvoraussetzungen

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abgelaufenen Zeit in sich barg. 141 Wäre die Verpflichtung bestehen geblieben, Tätigkeiten mitzuteilen, die von vornherein keine Entscheidungsrelevanz besitzen, hätte dies möglicherweise einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bedeutet. Zwar ist der Bundesbeauftragte auch nach der bisherigen Regelung des § 19 I I I StUG verpflichtet, die Rechtmäßigkeit eines Ersuchens dem Grunde nach zu überprüfen, womit eine Ausnahme vom Grundsatz des Bundesdatenschutzgesetzes normiert wurde, wonach die ersuchende Stelle die Verantwortung für die Rechtmäßigkeit des Ersuchens trägt. 142 Damit soll jedoch nur eine grundsätzlich zweckwidrige Verwendung vermieden werden. Hingegen wäre es ein unzulässiger Eingriff in die Dienstherrenbefugnisse, wenn der Bundesbeauftragte selbst den Umfang seiner Mitteilungen nach den Umständen der konkreten dienstrechtlichen Entscheidung begrenzen könnte. Auch die Verpflichtung des Bundesbeauftragten anhand des § 19 I I I StUG, seine Mitteilungspflicht anhand der Rechtsprechung zur Verwertbarkeit der MfS-Unterlagen festzulegen, würde ihn in die angreifbare Lage versetzen, der ersuchenden Stelle gegenüber den Umfang des Erforderlichen begründen zu müssen. Dies wollte der Gesetzgeber mit der Neuregelung aus wohlerwogenen Gründen vermeiden. Dabei erschien der Termin für die Stichtagsregelung ursprünglich nicht willkürlich gewählt, da bei analoger Anwendung der strafrechtlichen Veijährungs- und registerrechtlichen Tilgungsvorschriften 143 deutlich wird, daß der Gesetzgeber die Verwerflichkeit einer inoffioziellen MfS-Tätigkeit zwischen mittleren und schweren Straftaten ansiedeln wollte. 1 4 4 Lediglich die Länder bestanden darauf, die noch nicht abgeschlossenen Überprüfungen i m öffentlichen Dienst nach alter Rechtslage zu Ende fuhren zu können 145 , weshalb der Bundesrat einem Kom-

141 Vgl. Dietmar Schmidt, Das Dritte Gesetz zur Änderung des Stasi-UnterlagenGesetzes, DtZ 1997, S. 106, 108. 142 Diese Ausnahme ist durch die besondere Qualität der MfS-Unterlagen gerechtfertigt; vgl. Dietmar Schmidt / Erwin Dörr, StUG-Kommtar, § 19 Rn. 15; Klaus Stoltenberg, StUG-Kommentar, § 19 Rn.4; Johannes Weberling, StUG-Kommentar, § 19 Rn. 3. 143 Die Verfolgungs- beziehungsweise Vollstreckungsverjährung von Straftaten mittlerer Schwere liegt bei 10 Jahren, bei schweren Verbrechen bei 20 beziehungsweise 25 Jahren, §§ 78 E I Ziff. 3, 79 m Ziff. 3 StGB. Nach den einschlägigen registerrechtlichen Vorschriften beträgt die höchste Tilgungsfrist 25 Jahre nach Verurteilung, wobei nach § 46 I Ziff. 3 BZRG sogar Schwerststrafen 15 Jahre nach der Eintragung über die rechtskräftige Verurteilung getilgt werden (die Frist verlängert sich allerdings um die Dauer der Freiheitsstrafe, § 46 m BZRG). 144 Vgl. Begründung zum Gesetzentwurf des Dritten Stasi-Unterlagen-Gesetzes, BT-Drucks. 13/4356, S. 4. Außerdem wurde in diesem Zusammenhang auf die mit der Unterzeichnung der KSZE-Schlußakte i m Herbst 1975 einsetzende Überwachung und Beeinflussung der DDR-Bevölkerung verwiesen; vgl. BT-Drucks. 13/4356, S. 5; Dietmar Schmidt (Yn. 141), S. 108. 145 Vgl. Bundesrat, Stenographischer Bericht, 706. Sitzung, S. 651.

200

D. Persönliche Eignung und Vorbelastung

promiß des Vermittlungsausschusses zustimmte 146 , nach dem die Stichtagsregelung erst am 1.8.1998 in Kraft tritt. Daraus ergeben sich jedoch nicht de lege lata ungünstigere dienstrechtliche Konsequenzen, da der Gesetzgeber nur ein Mitteilungs- und kein Verwertungsverbot geregelt hat. Vielmehr kann nur die Einzelfallprüfung ergeben, ob es sich um Vorkommnisse handelt, die nach Maßgabe der persönlichen Eignung und der Rechtsprechung dazu als relevant zu bewerten sind. So zieht das Bundesverfassungsgericht den Rechtsgedanken der Stichtagsregelung heran und betont, daß MfS-Tätigkeiten, die zumindestens vor dem Jahr 1970 abgeschlossen wurden, als Indiz für eine mangelnde Eignung regelmäßig untauglich sind, da sich aus ihnen kein verläßlicher Schluß auf die heutige Einstellung des Betreffenden zur freiheitlichen und demokratischen Verfassung des Grundgesetzes herleiten läßt. 147 Bei der Inpflichtnahme des Beamten aus seiner verfassungsrechtlichen Treuepflicht muß deshalb auch bei dem ausdrücklich normierten Eignungsmangel der MfS-Tätigkeit konkret dargetan werden, inwiefern diese Mitarbeit mit der Institution oder dem Ansehen des Berufsbeamtentums 148 beziehungsweise den Erfordernissen des zu übertragenden Amtes unvereinbar ist. Der Dienstherr muß deshalb vortragen, welche Behauptung mit welchen Unterlagen oder Auskünften konkretisiert wird; eine pauschale Verweisung auf MfS-Akten ist unzulässig. 149 Da es sich bei diesem Eignungsmerkmal um eine persönliche Einstellungsvoraussetzung handelt und es dabei regelmäßig um die erstmalige Berufung in das Beamtenverhältnis geht 1 5 0 , ist zu berücksichtigen, daß der Bewerber den besonderen beamtenrechtlichen Pflichten, wie der hier in Rede stehenden politischen Treuepflicht, bisher nicht unterlag, weshalb sein Verhalten in der Vergangenheit nach den für alle Staatsbürger geltenden Maßstäben, nicht nach den besonderen Anforderungen für Beamte zu beurteilen ist. 1 5 1 Lediglich bei der erneuten Berufung in das Beamtenverhältnis tritt zu den bereits vor der erstmaligen Berufung liegenden Umständen das während des Beamtenverhältnisses gezeigte Verhalten hinzu, das geeignet sein kann, die bestehenden Zweifel zu zerstreuen oder auch zu verfestigen. Soweit es sich um einen Bewährungsbewerber handelt, ist zudem zu berücksichtigen, daß der Betref146

Vgl. BT-Drucks. 13/6443; Bundesrat, Stenographischer Bericht, 707. Sitzung,

S. 665. 147

BVerfG, NJW 1997, S. 2307, 2309. Dieses rechtfertigt nach Ansicht des BVerwG (E 56, 212, 228) einen Grundrechtseingriff. 149 Peter Neumann (Fn. 83), S. 53. 150 Vgl. zum Begriff der Einstellung als erstmalige oder erneute Begründung eines Beamtenverhältnisses: Walter Schheerbarth / Heinz Höffken / Hans-Joachim Bauschke /Lutz Schmidt (Fn. 2), § 12 I I I 1 a; Günter Hilg (Fn. 2), § 11 I 1. 151 Walther Fürst (Hrsg.), GKÖD, Bd. I / Teil 2a, K § 7 Rn. 16 c. 148

II. Besondere Berufungsvoraussetzungen

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fende bereits längere Zeit i m öffentlichen Dienst tätig gewesen ist, so daß die Beurteilungsgrundlage kraft eigner Beobachtung regelmäßig umfassender sein wird, als bei der Einstellung von Laufbahnbewerbern in den Vorbereitungsdienst. Da ein anerkanntes und schutzwürdiges Interesse daran besteht, eine Daueibeschäftigung ehemaliger Angehöriger des MfS zu verhindern, rechtferigt sich auch die äußere Betrachtungsweise, bei der die Frage im Vordergrund steht, ob der Betroffene einer demokratisch legitimierten und rechtsstaatlich verfaßten Verwaltung angehören darf, 152 wobei das Bundesarbeitsgericht den Grundsatz aufgestellt hat, daß j e größer der Grad der Belastung ist, desto unwahrscheinlicher ist die Annahme, daß der Betroffene der Bevölkerung als Angehöriger des öffentlichen Dienstes zumutbar ist. 1 5 3 Problematisch daran ist allerdings, daß sich ein allgemeiner oder auch nur verbreitend geltender Wertmaßstab in der Beurteilung der Bedeutung einer früheren MfS-Tätigkeit für die Beschäftigung i m öffentlichen Dienst nur schwer finden läßt. Gleichwohl besteht die Verpflichtung, bei der Beinteilung des Einzelfalls und der in diesem Rahmen vorzunehmenden Prüfung der Verhältnismäßigkeit den Gesichtspunkt einfließen zu lassen, ob das dem Betreffenden zur Last gelegte Gesamtverhalten - bei dessen Beurteilung auch zu seinen Gunsten sprechende Umstände zu berücksichtigen sind 1 5 4 - seine persönliche Integrität in Frage stellt und die Besorgnis berechtigt erscheinen läßt, er werde nicht hinreichend bereit und fähig sein, sich künftig ernsthaft für die Grundsätze der freiheitlich demokratischen Grundordnung einzusetzen. Jedenfalls darf wegen der Akzeptanz in der Bevölkerung die Eignung eines Bewerbers aufgrund seiner exponierten Stellung i m DDR-System nicht (pauschal) verneint werden, ohne auf die Prognose über die zu erwartende Verfassungstreue abzustellen. 155 Hierbei handelt es sich aber allein um einen Gesichtspunkt der wertenden Beurteilung des Einzelfalls. Er kann für sich genommen die Ungeeignetheit wegen einer Mitarbeit für das MfS nicht ausschließen. Als Element der Persönlichkeitsbeurteilung, die sich nicht rationalisieren und typisieren läßt 1 5 6 , steht

152

Ait Stapelfeld (Fn. 123), S. 188. BAGE 70, 309, 320; 70, 323, 330. 154 Die Auffassung des B A G (E 70, 309, 320; 70, 323, 330), daß ein solcher Entlastungsbeweis ausgeschlossen ist, sofern solche Tatsachen sich nicht ebenso manifestiert haben wie die belastende Tätigkeit selbst, erscheint unter dem Grundsatz der Amtsermittlung nicht unbedenklich; vgl. auch: Frank Lansnicker / Thomas Schwirtzek (Fn. 118), S. 109, deren Bedenken sich i m Rahmen einer Weiterbeschäftigung auf die auch den öffentlichen Arbeitgeber treffende Fürsorgepflicht stützen. 155 Bodo Pieroth (Fn. 14), S. 109. 156 Dies verkennt offensichtlich Will, wenn sie der Rechtsprechung den apodiktischen Vorwurf macht, daß es ihr an verläßlichen Maßstäben bezogen auf Handlungen 153

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D. Persönliche Eignung und Vorbelastung

dem Dienstherrn dabei ein Beurteilungsspielraum eigenständiger, unvertretbarer Entscheidungshoheit zu. 1 5 7 Da im Rahmen der Feststellung einer „Tätigkeit für das MfS" keine Differenzierung erfolgt, kommt der einzelfallorientierten Eignungsprognose eine ganz wesentliche Korrektivfunktion zu. 1 5 8 Als Entlastungsmöglichkeit darf dabei gelten, daß der Betreffende als Mitarbeiter der Staatssicherheit lediglich einfache unspezifische Dienste zu leisten hatte, die nach ihrem Inhalt und der Ausgestaltung der Rahmenbedingungen nicht wesentlich durch die besonderen Funktionen des MfS geprägt waren. 159 Allerdings gestattet es die Prognoseentscheidung nicht, nach der Art des zu begründenden Beamtenverhältnisses oder der zu übertragenden Aufgabe zu unterscheiden. 160 Zwar darf die Beurteilung der chararakterlichen Eignung nicht zu einer von den Anforderungen des Beamtenstatus isolierten Persönlichkeitsbewertung werden, da dies mit der grundsätzlich freien Persönlichkeitssphäre des Beamtenbewerbers unvereinbar wäre. 161 Dies bedeutet jedoch nur, daß die in der Person des Bewerbers liegenden Voraussetzungen für das Beamtenverhältnis erfüllt sein müssen und nur durch diese Verbindung ihre besondere, verfassungsrechtlich abgesicherte und wesensgemäße Legitimation erfahren. „Die Institution des Berufsbeamtentums bildet den Rechtfertigungsgrund dafür, daß der Beamte in Genuß und Ausübung bestimmter, ihm zustehender Grundrechte eingeschränkt werden kann, soweit sich das aus dem ihm obliegenden Beamtenpflichten ergibt." 162 Die Einordnung des Beamtentums in den Staat und in dessen Verfassung bindet den Beamten an die Grundwerte, die die Verfassung zur Grundlage des Staates gemacht hat. Wenn das Grundgesetz in Art. 33 V bestimmt, daß das Recht des öffentlichen Dienstes unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln ist und die Verfassungstreue unmittelbarer Teil dieser Verfassungsentscheidung ist, und wenn das in Art. und deren Rechtswidrigkeit fehle; vgl. Rosemarie Will, Das Bundesverfassungsgericht und der Elitenwechsel i n Ostdeutschland, NJ 1997, S. 513, 515. 157 Vgl. Josef Isensee, Der Zugang zum öffentlichen Dienst, in: Bachof / Heigl / Redeker (Hrsg.), Verwaltungsrecht zwischen Freiheit, Teilhabe und Bindung, München 1978, S. 337, 346 f. 158 Franz Jürgen Säcker / Harmut Oetker, Münchener Kommentar zum BGB, Ergänzungsband, Zivilrecht i m Einigungsvertrag, München 1991, Rn. 1020; Frank Lansnicker/ Thomas Schwirtzek (Fn. 118), S. 109. 159 Albrecht Zeuner (Fn. 20), S. 386; Bernhard Schlink (Fn. 69), S. 349 ff., der zwischen der Beteiligung an der Erfüllung der Staatsfunktionen und der darüber hinausgehenden Beteiligung an der Erfüllung der diskriminierenden, unterdrückenden und entwürdigenden Systemfunktionen unterscheidet. 160 Vgl. BVerfGE 39, 334, 355; 47, 330, 340; vgl. auch: Hans-Hugo Klein (Fn. 79), S. 85. 161 Helmut Lecheler (Fn. 132), § 72 Rn. 79. 162 BVerwGE 47, 330, 353 m.w.N.

II. Besondere Berufungsvoraussetzungen

203

33 I V GG als „öffentlich-rechtliches Dienst- und Treueverhältnis" definierte Beamtenverhältnis ein Rechtsverhältnis zum Staat und im Dienste des Staates ist, gehört es zu den allgemeinen Kriterien dieses Dienstverhältnisses, daß der Beamte auf das Wertsystem des Staates, dem er dient, verpflichtet wird. Es wäre ein Selbstwiderspruch der Verfassung, wenn die Konkretisierung dieser Verfassungsgrundsätze durch die einfachgesetzlichen Eignungsvoraussetzungen abgestuft erfolgen würde. Demgemäß ist das Kriterium mangelnder Eignung wegen Tätigkeit für das MfS auch in den allgemeinen beamtenrechtlichen Vorschriften normiert und schon von daher einer Differenzierung oder Graduierung nach der dem Beamten zu übertragenden Funktion nicht zugänglich. Zudem ist für den Staat und seine Funktionsfahigkeit ein jedes Beamtenverhältnis von Bedeutung, eine Abstufung der Treuepflicht widerspricht dem Rechtsstaat, der auch nur eine unteilbare Gesetzestreue kennt. 163 Von daher ist es auch kein Widerspruch, wenn das Bundesverfassungsgericht in Bezug auf den Sonderkündigungstatbestand des Einigungsvertrages betont, daß „bei der Beantwortung der Frage, ob die Weiterbeschäftigung eines Arbeitnehmers zumutbar ist, in erster Linie die von ihm i m Zeitpunkt der Kündigung wahrgenommene Funktion in den Blick zu nehmen i s t " 1 6 4 und damit von unterschiedlichen Anforderungen an die Treuepflicht ausgeht, da die Eignungsprüfung bei Arbeitern und Angestellten immer auf den in Aussicht genommenen Dienstposten abstellt 165 . Aufgrund dieser arbeitsrechtlichen Differenzierung und der Ultima-ratioFunktion der Kündigung ist diese nur dann zumutbar, wenn ihr gegenüber jede andere in ihrer Wirkung für den Arbeitnehmer mildere Einzelmaßnahme (Versetzung, Umsetzung) ausscheidet.166 Hingegen ist eine am Verhältnismäßigkeitsprinzip orientierte Differenzierung nach den Erfordernissen des (abstrakten oder konkreten) Amtes wegen der Unteilbarkeit der von den Beamten zu fordernden Verfassungstreue ausgeschlossen.

e) Die Sachverhaltsermittlung im Lichte einzelfallorientierter Eignungsprognose Unter der Prämisse einer „finalen Tätigkeit für das MfS" stellt sich zudem die Frage des Nachweises einer bewußten und gewollten Zusammenarbeit mit

163

Klaus Stern (Fn. 2), S. 23. BVerfG, NJW 1997, S. 2305, 2306, weshalb das Bundesverfassungsgericht an dieser Stelle die Rechtsprechung des B A G (vgl. BAGE 28, 62) nicht zu korrigieren brauchte; anders: Rosemarie Will (Fn. 156), S. 517. 165 Helmut Lecheler(¥n. 132), § 72 Rn. 19. 166 Franz-Michael Koch /Karola Pasinski (Fn. 125), S. 231. 164

204

D. Persönliche Eignung und Vorbelastung

der Staatssicherheit. Nach dem für das Verwaltungsverfahren geltenden Untersuchungsgrundsatz hat die Ernennungsbehörde den Sachverhalt von Amts wegen zu untersuchen; eine Beweisführungslast der Beteiligten ist damit unvereinbar. 167 Aus dem Prinzip der Amtsermittlung folgt notwendig, daß die Behörde nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz selbst Art und Umfang der Ermittlungen bestimmt. 168 Innerhalb dieses Rahmens, sind die Grenzen der Sachverhaltsermittlung durch allgemeine Verfahrensregeln, insbesondere die Grundsätze des rechtsstaatlichen Verfahrens und des Grundrechtsschutzes im Verfahren, bestimmt. Hierzu gehört, daß Ermittlungen, die sich auf die Verarbeitung personenbezogener Daten beziehen, nur aufgrund besonderer gesetzlicher Ermächtigung durchgeführt werden können. 169 Im Hinblick auf die fortdauernde Gefährdung des Persönlichkeitsrechts steht deshalb auch die Nut170

zung der MfS-Akten unter Gesetzesvorbehalt. In diesem Sinne können nach dem Stasi-Unterlagen-Gesetz von Bewerbern um eine Einstellung in den öffentlichen Dienst, also insbesondere auch von Beamtenbeweibern, mit ihrer Einwilligung Unterlagen mit oder ohne personenbezogenen Informationen erhoben werden, soweit dies zur Feststellung einer offiziellen oder inoffiziellen MfS-Mitarbeit notwendig ist. 1 7 1 Liegen tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht einer Tätigkeit für den Staatssicherheitsdienst vor, so genügt anstelle der Einwilligung auch die Kenntnis der zu überprüfenden Person. Im Falle eines positiven Befundes der Nachforschungen des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes erhält die Ernennungsbehörde einen Aktenauszug, dem eine bewertende Stellungnahme der Behörde beigefügt ist. 1 7 2 I m Rahmen der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung haben sich jedoch Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit der MfS-Akten ergeben, was die Frage aufwirft, inwieweit diese Unterlagen einen Beweiswert 173

für die bewußte und zielgerichtete Zusammenarbeit mit dem MfS besitzen. 167 Vgl. § 24 VwVfG, BVerwG, NJW 19975, S. 1135, 1137; Von der Beweisführungslast ist jedoch die Mitwirkungs- und Darlegungs- (Behauptungs-) Last des Beteiligten zu unterscheiden. 168 Paul Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG-Kommentar, § 24 Rn. 23; Wolf gang Clausen, in: Knack, VwVfG-Kommentar, § 24 Rn. 3.1., der hinsichtlich materiell gebundenener Entscheidungen kein (Verfahrens-) Ermessen sieht, da andernfalls die Sachentscheidung selbst zur Ermessensentscheidung würde. 169 Paul Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG-Kommentar, § 24 Rn. 18; Wolfgang Clausen, in: Knack, VwVfG-Kommentar, § 24 Rn. 3.3. 170 BVerfGE 65, 1, 44; Christian Starck, Der Rechtsstaat und die Aufarbeitung der vor-rechtsstaatlichen Vergangenheit, in: W D S t R L , Bd. 51, Berlin 1992, S. 9, 40. 171 §§ 4 I u. 20 I i.V.m. §§ 20, 21 jeweils Abs. 1 Ziff. 6 StUG. 172 Vgl. Ait Stapelfeld (Fn. 123), S. 190. 173 Vgl. Frank Lansnicker / Thomas Schwirtzek, Der Beweiswert von StasiUnterlagen i m Arbeitsgerichtsprozeß, DtZ 1994, S. 162 f f , die den Beweiswert der MfS-Unterlagen weitgehend verneinen (S. 163); Thomas Kunze, Nochmals: Der Be-

II. Besondere Berufungsvoraussetzungen

205

Das Bundesarbeitsgericht stellt zwar nicht ihren generellen Beweiswert in Frage, betont aber, daß die „aus ihnen zu entnehmenden Informationen strenger und besonders kritischer Überprüfung (bedürfen), weil Aufgabenstellung und Arbeitsweise des MfS den Erfordernissen rechtsstaatlicher Sachverhaltsaufklärung in keiner Weise entsprochen haben" 174 . Die Unterlagen des MfS wie die schriftlichen Auskünfte des Bundesbeauftragten haben damit weder den Charakter öffentlicher Urkunden, die den Beweis für den darin niedergelegten Sachverhalt begründen können, noch die Wirkung eines feststellenden Verwaltungsaktes. 175 Die vom Bundesbeauftragten übergebenen Unterlagen stellen vielmehr Indzien 1 7 6 dar, deren Beweiswert sinkt, je dürftiger die Aktenlage ist und je substantiierter und glaubhafter vom Betroffenen eine MfSTätigkeit bestritten wird. Bei den einschlägigen Mitteilungen des Bundesbeauftragten handelt es sich um amtliche Auskünfte, die aufgrund ihrer über eine bloße Materialsammlung hinausgehenden Bewertung, den Charakter eines Sachverständigengutachtens besitzen. 177 Im übrigen stehen einer Verwertung von Unterlagen des MfS im Rahmen der Sachverhaltsermittlung verfassungsrechtliche Bedenken nicht entgegen, da ihre lediglich indizielle Bedeutung den Einzelnen nicht zum bloßen Objekt der Verwertung von Akten eines Unrechtsorgans macht. 178 Die Ernennungsbehörde muß deshalb nach Auswertung des Aktenauszuges und der Stellungnahme des Bundesbeauftragten die Tätigkeit für das MfS darlegen und sollte i m Rahmen der allgemeinen Anhörung den von ihr gewürdigten Sachverhalt mit dem Betroffenen erörtern, auch wenn eine persönliche Anhörung i m Einstellungsverfahren nicht zwingend vorgeschrieben ist. 1 7 9 Dazu haben verschiedene Dienstherrn sogenannte Anhörungs- oder Personalkommissionen eingesetzt, die für jeden Fall eine schriftliche Empfehlung abgeben. 180 Dabei ist beispielsweise i m Beschluß der Landesregierung Sachweiswert von Stasi-Unterlagen i m Arbeitsgerichtsprozeß, DtZ 1994, S. 399 ff., der davon ausgeht, daß die Unterlagen und Auskünfte als Privaturkunden je nach ihrem Inhalt als Mittel der Überzeugungsbildung geeignet sein können. 174 BAG, NJW 1992, S. 1975, 1976. 175 ArbG Berlin, Urt. v. 1.4.1992, N Z A 1992, S. 593, 595. 176 Vgl. BVerfG, NJW 1997, S. 2305, 2306; BAG, DtZ 1994, S. 190, 191, Thomas Kunze (Fn. 173), S. 400. 177 Der wertende Charakter der Auskünfte nach § 37 I Ziff. 4 i.V.m. § 19 I StUG ergibt sich bereits daraus, daß die Mitteilung über eine MfS-Tätigkeit nach § 6 I V StUG eine Beurteilung darüber voraussetzt, ob der betreffende als hauptamtlicher Mitarbeiter in einem Arbeits- oder Dienstverhältnis zum MfS gestanden hat oder sich als inoffizieller Mitarbeiter zur Lieferung von Informationen bereit erklärt hat. 178 BVerfG, NJW 1997, S. 2305, 2306. 179 BVerwGE 61,176,184; vgl. auch: Walther Fürst (Hrsg.), GKÖD, Bd. I / Teil 2 a, K § 7 Rn.17. 180 Vgl. Gerhard Pschollkowski / Holger Kranzusch (Fn. 134), S. 411 f.

206

D. Persönliche Eignung und Vorbelastung

sen-Anhalt über die Einrichtung von Personalausschüssen181 ausdrücklich bestimmt, daß diese über eine Stellungnahme lediglich „beratend" an der Entscheidung über die persönliche Eignung des Beamten (-bewerbers) mitwirken 1 8 2 , wodurch eine Kollission mit den beamtenrechtlichen Entscheidungs-, insbesondere Ernennungsbefugnissen, ausgeschlossen ist. Ergeben sich nach der Anhörung Zweifel an der Tatsache oder dem Umfang der MfS-Mitarbeit, ist der Dienstherr verpflichtet, weitere Sachverhaltsaufklärung zu betreiben. Dazu kann er um eine erweiterte Aktenmitteilung bitten oder Einsicht in das gesamte Aktenmaterial beantragen. 183 Eine solche Einsichtnahme kann unter Umständen erheblich mehr Erkenntnisse bringen, als der bereits gefilterte Aktenauszug des Bundesbeauftragten. Vor allem kann so ein vollständiges Bild hinsichtlich der durch die Akten dokumentierten Zusammenarbeit gewonnen werden. Da eine Norm nur dann angewandt werden kann, wenn der vom Gesetz abstrakt formulierte Tatbestand konkrete Wirklichkeit geworden ist, muß die Behörde zu der Überzeugung gelangen, daß der (abschließend) festgestellte Sachverhalt als eine bewußte und finale MfS-Tätigkeit bewertet (gewürdigt) werden muß. Die Behörde braucht dabei i m Rahmen ihrer Beweiswürdigung über die Richtigkeit der Entscheidungsgrundlagen keine absolute Gewißheit erlangt haben. Es muß vielmehr ein an Sicherheit grenzendes Maß an Wahrscheinlichkeit des der Entscheidung zugrunde zu legenden Sachverhalts vorliegen. 184 Da die Anforderungen an das Beweismaß einer Tätigkeit „für" das MfS relativ streng sind, stellt sich die Frage der materiellen Beweislast (objektiven Feststellungslast), wenn trotz aller Ermittlungen eine Sachverhaltsaufklärung nicht möglich ist. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn keine selbst gefertigten oder unterschriebenen Berichte des Betreffenden vorliegen und dieser glaubhaft machen kann, daß die Informationen nicht im regulären Mitarbeiter-Status, sondern i m Wege bloßer „Abschöpfung" durch Mittelspersonen gewonnen worden. Aus dem Normbegünstigungsprinzip, wonach derjenige die Folgen der Unerweislichkeit einer Tatsache zu tragen hat, der

181 Beschluß der Landesregierung Sachsen-Anhalt über die Einrichtung von Personalausschüssen v. 25.6.1991, MinBl. LSA 1991, S. 352. Diese Personalausschüsse bestehen aus einem Bediensteten mit Befähigung zum Richteramt, einem Mitglied mit besonderen Kenntnissen von Strukturen und Arbeitsweise des MfS und einem Bediensteten des Verwaltungszweiges, in dem der vom Votum des Ausschusses Betroffene eingesetzt ist beziehungsweise werden soll. 182

Vgl. zur Bedeutung von Evaluierungsverfahren: BVerfG, NJW 1997, S. 2310,

2311. 183

Vgl. § 19 V I , V H StUG. Paul Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG-Kommentar, § 24 Rn. 12; Wolfgang Clausen, in: Knack, VwVfG-Kommentar, § 24 Rn. 5. 184

II. Besondere Berufungsvoraussetzungen

207

aus dieser eine ihm günstige Rechtsfolge ableiten w i l l 1 8 5 , ergibt sich, daß die materielle Beweislast für die rechtshindernden Tatsachen des Zugangs zum Beamtenstatus bei der Behörde liegen und diese i m Falle eines „non liquet" eine Verbeamtung nicht verweigern darf. Anders ist die Rechtslage i m Rahmen der einzelfallorientierten Eignungsprognose. Da die Beamtengesetze i m Falle einer (erwiesenen) MfS-Tätigkeit die gesetzliche Vermutung einer Ungeeignetheit vorsehen, hat der Bewerber die durch Art und Umfang der Tätigkeit indizierten Zweifel an seiner Eignimg auszuräumen, da sich bei einem derartigen Regel-Ausnahme-Verhältnis die Beweislast in der Weise verteilt, daß deijenige, der sich auf die Ausnahmevorschrift beruft, die Feststellungslast für das Vorliegen ihrer tatsächlichen Voraussetzungen trägt. 1 8 6 Dies suspendiert die Behörde zwar nicht von der aus dem Amtsermittlungsgrundsatz folgenden Pflicht zur sorgfaltigen und umfassenden Ermittlung und Abwägung aller, auch der für den Betroffenen günstigen Umstände des Einzelfalls, überträgt aber dem Bewerber die Beweislast für die von ihm reklamierten, entlastenden Umstände. So gehört zu vielen Lebensläufen nicht nur die sogenannte Täter- sondern auch eine Opferakte; diese oder Mitteilungen darüber erhält der Dienstherr aber nicht. 1 8 7 In diesem Sinne sind sowohl das Regel-Ausnahme-Verhältnis des § 6 I I Ziff.2 SächsBG, die widerlegbare Vermutung des § 8 I I I ThürBG und die Exkulpationsmöglichkeit des Bewerbers nach § 8 I I Ziff.2 L B G M - V zu verstehen. Dabei ist jedoch zu beachten, daß sich aus dem Gebot der Waffengleichheit und dem Erfordernis der Rechtsanwendungsgleichheit eine Umkehr der Beweislast ergeben könnte, da der Dienstherr eine wesentlich größere Beweisnähe besitzt. 188 So hat der Betroffene nach einer äußerst einschränkenden Auslegung des § 29 I V StUG grundsätzlich kein Einsichtsrecht in die der Ernennungsbehörde vorliegenden Unterlagen des Bundesbeauftragten, da diese Informationen ausschließlich für die Überprüfungsentscheidung des Dienstherrn herhalten sollen. 189 Außerdem kann der Dienstherr die MfS-Unterlagen grund-

185 Vgl. BVerwGE 47, 330, 339; Paul Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG-Kommentar, § 24 Rn. 37 m.w.N.; Ferdinand O. Kopp, VwVfG-Kommentar, § 24 Rn. 27 ff.; Ferdinand O. Kopp, VwGO-Kommentar, § 108 Rn. 13 ff. 186 Eyermann / Fröhler, VwGO-Kommentar, § 86 Rn. 6; Michael Nierhaus, Beweismaß und Beweislast - Untersuchungsgrundsatz und Beteiligtenmitwirkung im Verwaltungsprozeß, München 1989, S. 441. 187 Vgl. § 13 StUG, Albert Engel (Fn. 54), S. 200 f. 188 Eindeutig abgelehnt wird eine solche Beweislastumkehr nur bei Tatsachen, die ihrer Natur nach schwer beweisbar sind; vgl. Ferdinand O. Kopp, VwGO-Kommentar, § 108 Rn. 13. 189 Peter Neumann (Fn. 83), S. 53.

208

D. Persönliche Eignung und Vorbelastung

sätzlich frühzeitiger 190 und umfassender einsehen als der Betroffene. Letzteres ergibt sich bereits aus § 16 StUG, wonach den „Mitarbeitern" nur ein beschränktes Akteneinsichtsrecht zugestanden wird, während öffentliche Stellen nach § 4 i.V.m. § 19 StUG über ein nahezu unbegrenztes Zugangsrecht zu den Akten verfügen. 191 Grundsätzlich läßt sich jedoch feststellen, daß von einer ebenbürtigen Stellung des Bürgers gegenüber der Verwaltung nicht ausgegangen werden kann, da diese regelmäßig über umfangreicheres und fundierteres tatsächliches Material und rechtliches Wissen verfugt. Vor allem der Untersuchungsgrundsatz mildert durch die Erforschung des Sachverhalts von Amts wegen eine möglicherweise bestehende Unterlegenheit des Bürgers gegenüber der Verwaltung ab, weshalb er zutreffenderweise als ein wesentlicher Faktor zur Herstellung der Waffengleichheit bezeichnet wird. 1 9 2 Die Beweislastverteilung nach dem Fairneßgebot der größeren Beweisnähe kann nur eine Auffangfunktion i m Sinne ergänzender Lückenfüllung haben. 193 Dazu muß der Bewerber nicht nur die möglichen entlastenden Tatsachen glaubhaft machen, sondern auch die Schwierigkeit, die als Nachweis dienenden Unterlagen oder Quellen zu erschließen.

f) Die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis wegen Tätigkeit für das MfS Wie bereits erwähnt, enthält der Einigungsvertrag besondere Entlassungstatbestände für Probebeamte, zu denen auch der einer früheren Tätigkeit für das MfS zählt. 1 9 4 Der dabei erfolgte Rückgriff auf die außerordentliche Kündigung von Arbeitsverhältnissen i m öffentlichen Dienst ist zwar als redaktionelle Vereinfachungsmaßnahme zu verstehen, gleichwohl kann nicht von der Hand gewiesen werden, daß dadurch eine unerwünschte Vermengung mit arbeitsrechtlichen Regelungen stattgefunden hat 1 9 5 , da bei Arbeitern und Angestellten die Anforderungen an die Verfassungstreuepflicht als Merkmal 190

Bei der Überprüfung von Personen zur Einstellung in den öffentlichen Dienst geht § 19 V Ziff. 3 StUG von einer grundsätzlichen Eilbedürftigkeit aus. 191 Vgl. Klaus Stoltenberg, Die historische Entscheidung für die Öffnung der StasiAkten, DtZ 1992, S. 65, 68, wobei sich entgegen seiner Auffassung das auf die Personalakte beschränkte Einsichtsrecht nicht erst aus der Systematik der Norm ergibt, sondern bereits aus dem Wortlaut des § 161 StUG, wonach Mitarbeiter nur Auskünfte über „ihre" personenbezogenen Informationen aus den zu ihrer Person geführten Unterlagen erhalten. 192 Michael Nierhaus (Fn. 186), S. 455 f. 193 Michael Nierhaus (Fn. 186), S. 471. 194 Kap. X I X , Sachg. A , Abschn. IE, Nr. 3 d Einigungsvertrag. 195 Hans-Dietrich Weiß, Wiedereinführung des Berufsbeamtentums i m beigetretenen Teil Deutschlands, ZBR 1991, S. 1, 35.

II. Besondere Berufungsvoraussetzungen

209

der persönlichen Eignung deutlich abgeschwächt sind 196 . Durch die Verweisung erfahrt der Entlassungstatbestand zudem eine Einschränkung seines Geltungsbereiches, da sich der Sonderkündigungstatbestand nur auf Arbeitsverhältnisse bezieht, die zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Beitritts bereits bestanden, beziehungsweise durch Überführung der Beschäftigungsstelle oder Verwendimg in einem anderen Verwaltungsbereich weitergeführt oder „neu" begründet wurden. 197 Für die Frage der Entlassung gilt auch hier der Grundsatz der „Unzumutbarkeit", bei dessen Prüfung die Besonderheiten des Einzelfalls zu berücksichtigen sind. Eines Rückgriffs auf die allgemeine Prüfung der Verfassungstreue bedarf es allerdings nicht, da der Gesetzgeber durch die Entlassungsregelung expressis veibis klargestellt hat, daß der Betreffende für eine Verbeamtung ungeeignet war. 1 9 8 Als Maßgabe zum Bundesbeamtenrecht gilt diese einigungsvertragliche Regelung unmittelbar jedoch nur für Bundesbeamte im Sinne des § 2 BBG. Ebenso wie die außerordentliche Kündigung wegen Unzumutbarkeit weiterer Beschäftigung i m öffentlichen Dienst ist auch die analoge beamtenrechtliche Regelung imbefristet 199 , da sich aus Wortlaut und Systematik der Maßgaben zum Bundesbeamtengesetz ergibt, daß nur die abweichenden Regelungen für die „Ernennung" von (Bundes-) Beamten bis zum 31.12.1996 befristet waren 2 0 0 . Für die Länder galt dieser besondere Entlassungstatbestand zunächst nur bis zum Erlaß eigener Landesbeamtengesetze, da zur Überwindung des bis dahin bestehenden Rechtsvakuums eine entsprechende Anwendung des Bundesbeamtenrechts einschließlich der im Einigungsvertrag normierten Übergangsregelungen vorgesehen war. 2 0 1 Zugleich wurde den Ländern jedoch die Möglichkeit eröffnet, unter entsprechender Anwendung der Maßgaben zum Bundesbeamtengesetz die besonderen Entlassungstatbestände in ihr Landesrecht zu übernehmen. 202 Dabei läßt sich der durch mehrere Verweisungen

196

BAGE 28, 62, 69. BAG, N Z A 1994, S. 847; Volker Strehle, Verschweigen einer Tätigkeit für das frühere Ministerium für Staatssicherheit bei Neueinstellungen i m öffentlichen Dienst, RiA 1994, S. 128, 128. Fraglich ist (lediglich) die Anwendbarkeit nach einem wiederholten Arbeitsplatzwechsel i m öffentlichen Dienst; vgl. dazu: Heinz Schroers (Fn. 120) 382 f.; Michael H. Korinth, Nochmals: Außerordentliche Kündigung wegen Stasi-Tätigkeit, A u A 1994, S. 148, 148, mit kritischer Anmerkung zu Schroers. 197

198

Walther Fürst (Hrsg.), GKÖD, Bd. I / Teil 2a, K § 7 Rn. 59. Obwohl sich dies für die außerordentlichen Kündigungstatbestände unzweifelhaft aus dem Einigungsvertrag ergibt, wird es in der Literatur für ausdrücklich feststellungsbedürftig erachtet: vgl. Franz Jürgen Säcker / Harmut Oetker, Münchener Kommentar zum BGB (Fn. 158), Rn. 1008. 200 Vgl. Kap. X I X , Sachg. A., Abschn. m , Br. 3 a Einigungsvertrag. 201 Kap. X I X , Sachg. A , Abschn. III, Nr. 2 a Einigungsvertrag. 202 Kap. X I X , Sachg. A., Abschn. I I , Nr 2 b i.V.m. Nr. 2 c Einigungsvertrag. 199

14 Schwanengel

210

D. Persönliche Eignung und Vorbelastung

unklaren Systematik dieser Ermächtigung 203 auf den ersten Blick nicht entnehmen, worauf sich die Verpflichtung der Ziffer 2 b zum BRRG bezieht, nach der die Länder die abweichenden Regelungen bis zum 31.12.1996 zu befristen hatten, da die Ernennung von Bewährungsbeamten ohnehin einer Befristung unterlag und die anderen Maßgaben bei einer „entsprechenden" Anwendung gerade unbefristet Geltung beanspruchen. Zwar betreffen die Rahmenvorschriften des Art. 75 Ziff. 1 GG nur den öffentlichen Dienst außerhalb der unmittelbaren und mittelbaren Bundesverwaltung und brauchen nicht notwendig der Einheit des öffentlichen Dienstes zu dienen, so daß der Bund auch bewußt abweichende Regelungen für das Beamtenrecht der Länder schaffen kann. 2 0 4 Eine teleologische Auslegung legt jedoch ebenfalls eine Ermächtigung der Länder zur unbefristeten Regelung der besonderen Entlassungstatbestände nahe. So beruht diese Maßgabe zum Beamtenrechtsrahmengesetz auf dem ausdrücklichen Wunsch der Länder wäh205

rend der Entwurfsabstimmung , und war von der Intention getragen, „die Übergangsregelungen zum BBG auch für die Ausfüllung des BRRG entsprechend" gelten zu lassen 206 . Außerdem hat das Bundesverfassungsgericht in einer frühen Entscheidung zum Kompetenzbereich des Art. 75 Ziff.l GG die grundsätzlich nicht abstrakt bestimmbaren Grenzen für die Rahmengesetzgebung im Bereich des Beamtenrechts eng gezogen, da die Regelung der Dienstverhältnisse ein bedeutsames Element der eigenstaatlichen Organisation der Länder ist, weshalb einschränkende Vorschriften im Lichte der grundsätzlichen Freiheit der Länder ausgelegt werden müssen, die Rechtsverhältnisse ihrer Beamten nach eigener Entschließung zu ordnen. 207 Entscheidend ist jedoch, daß es sinnwidrig wäre, die auf die grundsätzlich dreijährige (Bewährungs-) Probezeit bezogenen Entlassungstatbestände an die gleiche Übergangsfrist zu koppeln, wie die Möglichkeit einer Übernahme in dieses Beamtenverhältnis. 203 So eröffnet die Maßgabe 2 b zum BRRG den Ländern die Möglichkeit, abweichende Regelungen nach Ziff. 2 c zu schaffen, die ihrerseits (zunächst) auf die Maßgabe 3 a zum B B G verweist, wonach für eine Übergangszeit eine Berufung von Bewährungsbeamten unter den dort genannten Voraussetzungen möglich war. Außerdem bestimmt die Maßgabe 2 c zum BBRG, daß bei einer entsprechenden Regelung die Ziff. 3 b - d zum BBG, zu denen auch der besondere Entlassungstatbestand wegen Tätigkeit für das MfS gehört, „entsprechend" gelten. 204

Theodor Maunz, in: Maunz / Dürig, GG-Kommentar, Art. 75 Rn. 44. Hans-Dietrich Weiß (Fn. 195), S. 35. 206 Vgl. Erläuterungen zu Anlage I des Einigungsvertrages, in: Stern / SchmidtBleibtreu (Fn. 27), S. 716. 207 BVerfGE 4, 115, 136, wobei die auf Beamtenbesoldung bezogene Feststelltung, die zur Einführung des Art. 74 a GG geführt hat, allgemeine Bedeutung für das Beamtenrecht besitzt, vgl. Theodor Maunz, in: Maunz / Dürig, GG-Kommentar, Art. 33 Rn. 59. 205

II. Besondere Berufungsvoraussetzungen

211

Von einer derart befristeten Ermächtigung schienen jedoch die Gesetzgeber in Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern ausgegangen zu sein. Beide Landesbeamtengesetze enthalten zunächst eine bis zum 31.12.1996 befristete Geltung der sachlichen Voraussetzungen für eine Berufung in das Bewährungsbeamtenverhältnis 208 und bestimmen dann, daß bis zu diesem Zeitpunkt ein Beamter auf Probe auch entlassen werden kann, wenn die Voraussetzungen vorliegen, die bei einem Arbeitnehmer i m öffentlichen Dienst eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen würden 209 . Eine derart befristete Geltung der Entlassungstatbestände des Einigungsvertrages wurde auch in der Literatur favorisiert. 210 Sachsen-Anhalt hingegen verwies - wenn auch sprachlich mißglückt - nicht nur auf die „unberührte" (Weiter-) Geltung der beamtenrechtlichen Übergangsregelungen, sondern ausdrücklich auch auf die entsprechende Anwendbarkeit der außerordentlichen Kündigungsgründe für Landesbeamte. 211 Sachsen und Brandenburg reduzieren vom Wortlaut ihrer landesgesetzlichen Regelungen her die Anwendbarkeit der Übergangsregelungen des Einigungsvertrages auf die „Ernennung" von Bewährungsbewerbern, wobei Sachsen in § 15 I Ziff.3 SächsBG einen besonderen Rücknahmetatbestand für den Fall vorsieht, daß der Ernannte unter Verstoß gegen die Ausschlußtatbestände des § 6 II, I I I SächsBG berufen worden ist. Gerade die sächsische Regelung spricht für den Willen des Landesgesetzgebers, auf die Entlassungstatbestände des Einigungsvertrages zugunsten einer besonderen Rücknahmeregelung zu verzichten. Mit diesem Problem hatte sich auch das Sächsische Oberverwaltungsgericht zu beschäftigen. In dem zu entscheidenden Fall war der Betreffende vor Inkrafttreten der Sächsischen Verfassung und des Landesbeamtengesetzes in das Beamtenverhältnis auf Probe berufen worden. Nach seiner Ernennimg ergab sich eine Tätigkeit des Beamten als inoffizieller Mitarbeiter des MfS. Da mit der Aushändigung der Urkunde die Ernennung Wirksamkeit erlangt hatte, richtete sich die Rücknahmefahigkeit des Verwaltungsaktes nur nach den für ihn geltenden Regeln. Der Gesetzeswortlaut des inzwischen gültigen § 15 I Ziff.3 SächsBG stellt jedoch auf den Zeitpunkt des Vollzugs der Ernennung ab, so daß eine „theoretisch denkbare Lösung" den Schluß nahegelegt hätte, daß für den zu entscheidenden Fall „keine Rechtsgrundlage für die Beendigung des Beamtenverhältnisses vorhanden" war. Diese Auslegung schied jedoch nach Auffassung des Gerichts aus: „Zwar mag das Sächsische Beamtengesetz grundsätzlich als abschließende Kodifikation erscheinen, die das Beamtenrecht in Sachsen umfassend regelt. Doch kann dem Landesge-

208 209 210 211

14*

§ 141 I V S. 1 ThürBG, § 8 I I I Ziff. 2 B G M - V . § 141 I V S. 2 ThürBG, § 37 V I B G M - V . Vgl. Bernhard Schlink (Fn. 69), S. 342, Fn. 5. § 125 I B G L S A .

212

D. Persönliche Eignung und Vorbelastung

setzgeber, der erkennbar großen Wert auf die Erneuerung des öffentlichen Dienstes gelegt hat, nicht unterstellt werden, er habe für die hier vorliegende Fallgruppe keine Rechtsgrundlage für die Beendigung des Beamtenverhältnisses zur Verfügung stellen wollen. Ein derartiges Regelungssystem wäre zudem mit dem Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG) nicht zu vereinbaren. Wenn die Regelungslücke nicht anders geschlossen werden kann, hat es insofern mit der Anwendung der Vorschriften des Einigungsvertrages sein Bewenden." 212 Obwohl in der Entscheidung nicht explizit ausgeführt, bedeutet dies zugleich, daß die Bestimmung des § 158 I SächsBG dem Wortlaut gemäß eng auszulegen ist und sich nur auf die Anwendimg der entsprechenden Ernennungs-, nicht jedoch auf die Ziffer 3 d des Einigungsvertrages normierten Entlassungstatbestände bezieht. Soweit auf die Regelung der besonderen Entlassungstatbestände des Einigungsvertrages in den Landesbeamtengesetzen verzichtet wurde, kommt eine Entlassung des Beamten auf Probe wegen Tätigkeit für das frühere MfS nach den allgemeinen Entlassungsgründen i m Sinne des § 23 I I I BRRG nicht in Betracht. Zwar begründete für das Bundesarbeitsgericht eine MfS-Mitarbeit und deren Verschweigen i m Fragebogen eine grundsätzliche Ungeeignetheit des Betreffenden für eine Tätigkeit i m öffentlichen Dienst und damit die Anwendbarkeit des darauf bezogenen (befristeten) Entlassungstatbestandes.213 Gleichwohl ist - entgegen einer Auffassung in der Literatur 214 - eine Übertragung der Ansicht des Bundesarbeitsgerichtes auf das Beamtenrecht mit der Annahme einer die Entlassung rechtfertigenden Nichtbewährung ausgeschlossen. Die Befugnisnorm einer Entlassung wegen mangelnder Bewährung fordert, daß sich die mangelnde Eignung während der Probezeit und damit aufgrund und infolge der Erprobung herausstellt, weshalb auf Sachverhalte, die schon bei der Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe vorlagen und bereits damals geprüft wurden oder zu prüfen gewesen wären, eine entsprechende Wertung nicht gestützt werden kann. 215 Bis auf das in seinem Wortlaut mit dem Bundesbeamtengesetz übereinstimmende Beamtengesetz SachsenAnhalt 2 1 6 stellen dies auch alle Landesbeamtengesetze in ihren Formulierun-

212

Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluß v. 24.11.1993 - 2 S 246/93 -,

S. 10. 213

Vgl. BAGE 74,120,124 f. Andreas Patermann (Fn. 103) S. 245 f. 215 Walther Fürst (Hrsg.), GKÖD, Bd. I / Teil 2a, K § 31 Rn.30, wonach etwas anderes nur gilt, wenn das den Mangel bildende Verhalten oder der den Mangel begründende Zustand bei der Einstellung behebbar war oder Zumindestens als in der Probezeit behebbar angesehen wurde. 216 §§ 31 I Ziff. 2 B B G u n d B G L S A . 214

II. Besondere Berufungsvoraussetzungen

213

gen unzweifelhaft klar 2 1 7 . Insbesondere war die MfS-Mitarbeit schon vor der Berufung in das Beamtenverhältnis zu prüfen, unabhängig ob der Betreffende bei seiner Ernennung richtige oder falsche Angaben gemacht hat. Auch war der Dienstherr nach Auffassung des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts nicht gezwungen, den Betreffenden in das Beamtenverhältnis zu berufen, bevor die Auskunft des Bundesbeauftragten vorlag. 2 1 8 Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach die beamtengesetzlichen Entlassungstatbestände selbständig neben den einigungsvertraglichen bestehen, bezieht sich überdies nur auf die besondere Regelung des § 55 I i.V.m. § 46 I I Ziff.2 SG, wonach ein Soldat auf Zeit grundsätzlich zu entlassen ist, wenn er seine Ernennung durch arglistige Täuschung herbeigeführt hat. 2 1 9 Das allgemeine Beamtenrecht kennt diesen Tatbestand nur i m Zusammenhang mit der Rücknahme der Ernennung, wobei zu prüfen ist, inwieweit dieser bei einer verschwiegenen MfS-Tätigkeit erfüllt ist.

g) Die Rücknahme der Ernennung wegen arglistiger

Täuschung

Die Ernennungsbehörde ist zur Rücknahme der Ernennung verpflichtet, wenn diese durch arglistige Täuschung 220 herbeigeführt worden ist. Durch die Rücknahme soll in diesem Fall die durch unlauteres Verhalten beeinträchtigte Entschließungsfreiheit der Ernennungsbehörde rückwirkend wiederhergestellt werden. 221 Eine „Täuschung" kann durch die Vorspiegelung unwahrer oder das Verschweigen wahrer Tatsachen bewirkt werden. Unrichtige Angaben stellen stets eine Täuschung dar, gleichgültig, ob die Ernennungsbehörde insoweit Fragen gestellt hat oder nicht, 2 2 2 wobei jedoch die Irrtumserregung hinzugedacht werden muß, um so den Täuschungs-Versuch auszugrenzen 223. Das Verschweigen von Tatsachen ist als Täuschung anzusehen, wenn die Er-

217 § 96 I Ziff. 2 B G Bbg.; § 37 I Ziff. 2 B G M - V ; § 42 I Ziff. 2 SächsBG, § 36 I Ziff. 2 ThürBG, auch das die von Patermann behandelte Rechtslage in Berlin regelnde Landesbeamtengesetz enthält in § 67 I Ziff. 2 B G Berlin eine dementsprechend klarstellende Formulierung. 218 Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluß v. 24.11.1993 - 2 S 246/93 -, S. 7 f. 219 BVerwG, DtZ 1997, S. 140,140 f. 220 Dabei sind die Grundsätze des bürgerlichen Rechts (§ 123 BGB) für das Beamtenrecht entsprechend anwendbar; vgl. Walter Schheerbarth / Heinz Höffken / HansJoachim Bauschke /Lutz Schmidt (Fn. 2), § 12 V 4; zur Anfechtung eines Arbeitsvertrages wegen arglistiger Täuschung nach § 123 I BGB i m Falle des Verschweigens einer MfS-Tätigkeit vgl. Volker Strehle (Fn. 197), S. 19 f. 221 BVerwGE 12,42, 45; 16, 340, 342; 31,1, 4; 59, 366, 369. 222 BVerwG ZBR 1986, S. 52, 53. 223 Hellmuth Günther (Fn. 84), S. 292.

214

D. Persönliche Eignung und Vorbelastung

nennungsbehörde nach diesen Tatsachen gefragt hatte oder der Ernannte auch ohne Befragen wußte oder zumindestens damit rechnete, daß die verschwiegenen Tatsachen für die Entscheidung erheblich sind oder sein können. 224 Eine Täuschungshandlung kann mithin sowohl durch das Hervorrufen einer unrichtigen Vorstellung infolge unzutreffender Angaben im Personalfragebogen als auch durch das Verschweigen der für die Ernennung bedeutsamen Tatsache der Abgabe einer Verpflichtungserklärung erfolgen. 225 Eine Täuschung ist „arglistig", wenn der Bewerber zumindestens bedingt vorsätzlich täuscht, das heißt den Täuschungserfolg zumindestens für möglich hält (Wissenselement) und ihn billigend in Kauf nimmt (Willenselement). 226 Insoweit liegt in der wahrheitswidrigen Versicherung, keine Verpflichtungserklärung gegenüber dem MfS abgegeben zu haben, eine arglistige Täuschung, da der Beamte zumindestens Tatsachen unterdrückt hat, obwohl eine Aufklärungspflicht bestand sowie billigend in Kauf genommen hat, daß er mit seinen Angaben im Personalbogen einen Irrtum über einen Umstand hervorrufen würde, der für den Dienstherrn von Bedeutung war, und daß dieser hierdurch zu einer für ihn 227

günstigeren Entscheidung gelangen würde. Der Täuschungswillen setzt zwar voraus, daß der Beamte die Unrichtigkeit seiner Angaben kennen muß, jedoch kommt es nicht darauf an, welche Motive der Täuschung zugrunde liegen oder ob dem Dienstherrn dadurch ein Schaden entstanden ist. 2 2 8 Der Tatbestand der arglistigen Täuschung trifft auch auf unrichtige Angaben zu, die der Ernannte i m Zusammenhang mit seiner Einstellung oder Weiterbeschäftigung als Angestellter gemacht und auch vor seiner späteren Übernahme in das Beamtenverhältnis nicht offenbart hat, so daß der dadurch hervorgerufene Irrtum billigend aufrechterhalten wurde. Bei solchen nicht unmittelbar in bezug auf die Ernennung begangenen Täuschungshandlungen besteht auch bereits aufgrund der vorangegangenen positiven Täuschung die Pflicht, den wahren Sachverhalt der Ernennungsbehörde gegenüber zu offenbaren. 229 Der Beamte muß sich entgegenhalten lassen, auch zum Zeitpunkt seiner Ernennung nicht auf seine MfS-Vorbelastung hingewiesen zu haben, worin eine 224 Walther Fürst (Hrsg.), GKÖD, Bd. I / Teil 2a, K § 12 Rn. 9b; vgl. auch: V G Meiningen, ThürVBl. 1994, S. 65, 67. 225 Vgl. O V G Magdeburg, ZBR 1997, S. 191, 192, wobei es hier um das Verschweigen einer finalen MfS-Tätigkeit ging. 226 BVerwGE 13, 156, 158; ZBR 1986, S. 52, 53; ThürOVG, ThürVBl. 1995, S. 280, 282.; vgl. auch: Jürgen Monhemius (Fn. 2), Rn. 208; Günter Hilg (Fn. 2) § 14 Via. 227 Hellmuth Günther (Fn. 84), S. 292 f. m.w.N.; ThürOVG, ThürVBl. 1995, S. 280, 282; O V G Magdeburg, ZBR 1997, S. 191, 193. 228 BVerwG, ZBR 1970, S. 87; OVG Magdeburg, ZBR 1997, S. 191, 193, nach dessen Auffassung das Motiv der Sorge um die Weiterbeschäftigung für den Vorsatz ohne Bedeutung ist. 229 BVerwG, ZBR 1970, S. 87 m.w.N.

II. Besondere Berufungsvoraussetzungen

215

Täuschungshandlung in Form eines Verschweigens liegt. 2 3 0 „Herbeigeführt" ist die Ernennung durch arglistige Täuschung aber nur, wenn diese für die Ernennung eine nicht wegzudenkende Bedingung i m logischen Sinn (conditio sine qua non) war. 2 3 1 Zwischen arglistiger Täuschung und Ernennung muß insoweit eine Kausalität bestehen, als die Ernennungsbehörde bei Kenntnis des wahren Sachverhalts von der Ernennung, zu dem Zeitpunkt, zu dem sie tatsächlich ausgesprochen wurde, Abstand genommen hätte. 232 Rechtserheblich ist die Berücksichtigung der tatsächlichen Verwaltungspraxis, nicht aber, wie die Ernennungsbehörde bei Auslegung der entsprechenden beamtenrechtlichen Bestimmungen hätte verfahren können 233 , da Schutzgut der Rücknahmeregelung die Entscheidungsfreiheit der Ernennungsbehörde ist. Für die Annahme eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen Täuschungshandlung und Ernennung genügt deshalb das bloße Vorhandensein einer Verpflichtungserklärung nicht. Wäre hingegen die Ernennung bei Zugrundelegung des wahren Sachverhalts einer finalen MfS-Tätigkeit nach den geltenden Vorschriften einer einzelfallorientierten Zumutbarkeitsprüfung ausnahmsweise möglich gewesen, müssen umgekehrt besondere Umstände vorliegen, um die Ursächlichkeit der Täuschung für die Ernennung verneinen zu können. Auf die rechtliche Bewertung, ob die Weiterbeschäftigung des Beamten aufgrund seiner Tätigkeit für das MfS „untragbar erscheint", kommt es bei der Anwendung der Rücknahmevorschrift nicht an. 2 3 4 Die Ernennung ist nur bei positiver Kenntnis des Gegenstands und Umfangs der MfS-Tätigkeit nicht durch arglistige Täuschung herbeigeführt. 235 Die Ursächlichkeit der Täuschung wird dagegen nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Ernennungsbehörde den wahren Sachverhalt hätte kennen müssen. 236 Selbst wenn man die Auffassung vertritt, die Ernennungsbehörde sei verpflichtet, den Bewerber nicht vor dem - zumindestens in absehbarer Zeit zu erwartenden - Erhalt der Auskünfte des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes zu verbeamten, wäre dies für die Rücknahme unerheblich. Fahrlässige Unkenntnis des wahren Sachverhalts durch Mängel bei der Sachverhalts-

230

O V G Magdeburg, ZBR1997, S. 191,192. BVerwGE 16, 340, 342; 31,1; vgl. auch: Walther Fürst (Hrsg.), GKÖD, Bd. I / Teil 2a K § 12 Rn.l 1; Günter Hilg (Fn. 2), § 14 V la. 232 BVerwG, ZBR 1997, S. 97, 98, zu einer über die dienstlichen Verpflichtungen hinausgehenden Zusammenarbeit mit dem MfS. 233 Vgl. SächsOVG, SächsVBl. 1994, S. 269, 270. 234 SächsOVG, SächsVBl. 1994, S. 269, mit Verweis auf die insofern nicht einschlägige Bestimmung des Art. 119 Ziff. 2 SächsVerf. 235 BVerwGE 31,1,4. 236 BVerwGE 16, 340, 342; ZBR 1986, S. 148. 231

216

D. Persönliche Eignung und Vorbelastung

aufklärung schließt nach Wortlaut, Sinn und Zweck der einschlägigen Regelungen die Rücknahmepflicht der Ernennungsbehörde nicht aus. 237 Abschließend stellt sich die Frage nach der als Folge der Rücknahme entstandenen Rechtsbeziehung zwischen Dienstherrn und Betroffenem. In diesem Zusammenhanmg ist von besonderem Interesse, ob ein vorausgeganges Beschäftigungsverhältnis wieder auflebt. Da rechtserheblich für die Ursächlichkeit einer Täuschung nur die Frage ist, ob die Ernennungsbehörde zum damaligen Zeitpunkt tatsächlich von einer Verbeamtung abgesehen hätte, nicht aber wie sie bei entsprechender Auslegung der laufbahnrechtlichen Vorschrif238

ten hätte verfahren können , könnte das Problem entstehen, daß trotz Rechtmäßigkeit der Rücknahme ein eventuell wieder auflebendes Arbeitsverhältnis fortgesetzt werden muß, weil die Mitarbeit so unbedeutend war, daß eine außerordentliche Kündigung am Tatbestand der „Unzumutbarkeit" scheitert" . Mit der Rücknahme der Ernennung wird diese rückwirkend aufgehoben und damit die mit ihr begründete Rechtsstellung beseitigt. 240 Sie zeitigt damit die gleichen Rechtswirkungen wie eine nichtige Ernennung, so daß das Beamtenverhältnis als nicht existent zu betrachten ist, auch wenn dies bei der Rücknahme erst deren Ausspruch voraussetzt. 241 Die Rechtslage wird mithin so gestaltet, als wenn die Ernennung nie ausgesprochen worden wäre, mit der Folge, daß der Betreffende die mit seiner Ernennung beabsichtigte Rechtsstellung nie erlangt hat. Entgegen der Praxis in den neuen Ländern 242 ist damit nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts nicht zwingend belegt, daß das früher bestehende Arbeitsverhältnis revitalisiert werde. 243 In Übereinstimmung mit den wenigen Stimmen in der Literatur, die sich überhaupt diesem

237

So ausdrücklich: SächsOVG, SächsVBl. 1994, S. 269, 270. Vgl. BVerwGE 31, 1; Günter Hilg (Fn. 2), § 14 V la; Walther Fürst (Hrsg.), GKÖD, Bd. I /Teil 2a, § 12, Rn.12. 239 Vgl. L A G Sachsen, Urt. v. 4.12.1995 - 7 Sa 800/95 S. 14 ff. 240 Fürst, Walther (Hrsg.), GKÖD, Bd. I /Teil 2a, K § 10 Rn. 14. 241 Walter Scheerbarth / Heinz Hofften / Hans-Joachim Bauschke / Lutz Schmidt (Fn. 2), § 12 V 4 d; Philip Kunig, Das Recht des öffentlichen Dienstes, in: SchmidtAßmann (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, 10. Auflage, Berlin 1995, VI. Abschnitt, Rn. 103. 242 So auch: Helmut Goerlich, Regimebelastung und Systemnähe, in: Heinze / Schmitt (Hrsg.), Festschrift für Wolfgang Gitter, Wiesbaden 1995, S. 277, 290, der davon ausgeht, daß im Gegensatz zur Entlassung aus dem Beamtenverhältnis ein vorausgeganges Beschäftigungsverhältnis wieder auflebt, weil im Falle der Rücknahme die mit ihr behründete Rechtsstellung beseitigt wird. 243 B A G N Z A 1997, S. 1045, 1046. 238

II. Besondere Berufungsvoraussetzungen

217

Problem widmen 2 4 4 , beruft sich das Gericht dabei auf das Eingreifen der gesetzlichen Folge des § 10 I I I BBG und der analogen landesbeamtenrechtlichen Vorschriften 245 , wonach ein privatrechtliches Arbeitsverhältnis zum Dienstherrn mit der Ernennung erlischt. Auch durch die Rücknahme der Ernennung würde sich nichts an dieser gesetzlich geschaffenen Grundlage ändern. Das Landesarbeitsgericht Sachsen ging hingegen davon aus, daß die gesetzliche Rechtsfolge einer Auflösung des Arbeitsverhältnisses von der Wirksamkeit der Ernennung abhängt. 246 Die Anwendung dieser Vorschrift auf die Fälle unwirksamer Beamtenverhältnisse stellt zunächst die Frage, was unter „Ernennung" im Sinne dieser Vorschrift zu verstehen ist. Faßt man darunter den rechtlichen Gehalt der Ernennung i m Sinne des § 6 I BBG und der analogen landesrechtlichen Vorschriften, wäre damit der rechtsgestaltende Verwaltungsakt erfaßt, der jedoch mit der Rücknahme ex tunc beseitigt wird, so daß die Rechtsfolge des § 10 I I I BBG nicht eingreifen kann. Nur wenn man hingegen auf die „Tatsache" des Ernennungsaktes abstellt, könnte geschlußfolgert werden, daß mit der Ernennung das Arbeitsverhältnis endgültig entfallen ist. Da der Begriff der Ernennung jedoch immer den Rechtsakt erfaßt, der darauf gerichtet ist, „die rechtliche Stellung des Beamten nach Art oder Inhalt festzulegen" 247 , bestehen für eine solche Auslegung keine Anhaltspunkte. Das Bundesarbeitsgericht stellt jedoch auf den Sinn und Zweck des § 10 I I I BBG ab, der darin besteht, Kollissionen mit der vollen Hingabepflicht des Beamten aufgrund des Nebeneinanders von Beamten- und Arbeitsverhältnis zu vermeiden. 248 Obwohl i m Falle der Rücknahme ein Beamtenverhältnis nicht begründet wurde, ist unzweifelhaft, daß dieses Rechtsverhältnis nicht ungeregelt sein kann, vor allem wenn es zur Dienstleistung des Nichtbeamten und zur Zahlung von Dienstbezügen gekommen ist. Dafür hat die Rechtsprechung die Konstruktion eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses sui generis 249 geschaffen, mit dem nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichtes die „Annahme eines wiederaufgelebten, gleichzeitig bestehenden Arbeitsver-

244 Walter Scheerbarth / Heinz Höffken / Hans-Joachim Bauschke / Lutz Schmidt (Fn. 2), § 12 V 4 e; Erwin Schütz (Hrsg.), Beamtenrecht des Bundes und der Länder Kommentar, § 10 BBGRn. 10,13. 245 § 8 I I BbgLBG, § 13 I V SächsBG, § 10 m B G LSA; § 7 V ThürBG, § 12 B G M-V. 246 L A G Sachsen, Urt. v. 4.12.1995 - 7 SA 800/95 S. 9 (Vorinstanz zu BAG, N Z A 1997, S. 1045 ff.). 247 Vgl. Begründung der Regierungsvorlage zum BRRG, BT-Drucks. 2/149. 248 Walther Fürst (Hrsg.), GKÖD, Bd. I /Teil 2a, K § 10 Rn. 14. 249 BVerwG DÖV 1983, S. 898; vgl. auch: Philip Kunig (Fn. 241), VI. Abschnitt, Rn. 104; Günter Hilg (Fn. 2), § 14 V I 2b m.w.N.

218

D. Persönliche Eignung und Vorbelastung

hältnisses nicht vereinbar ist" 2 5 0 . Dabei ist zu beachten, daß die beamtenrechtlichen Vorschriften nur insoweit (analog) auf die „Hilfskonstruktion" des faktischen Dienstverhältnisses 251 anwendbar sind, als dies nach der zeitlichen Dauer dieser Rechtsbeziehung und der dabei ausgeübten Funktion notwendig ist. 2 5 2 Für das Außenverhältnis schafft § 14 S.l BBG Rechtsklarheit, indem es die Amtshandlungen eines Nichtbeamten i m Wege einer Fiktion ebenso gelten läßt, wie Amtshandlungen eines Beamten. Die das Innenverhältnis betreffenden Rechtsfragen unterliegen hingegen nur in einem Ausschnitt einer ausdrücklichen Regelung und betreffen insbesondere die an den Ernannten ohne Rechtsgrund geleisteten Dienstbezüge, die diesem trotz grundsätzlicher Rückforderbarkeit gemäß § 14 S.2 BBG belassen werden können. Überdies ist der Rechte- und Pflichtenkreis i m Innenverhältnis, etwa die Frage nach persönlicher Haftung oder die Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit, für den Adressaten einer zurückgenommenen Ernennung nicht geregelt und mit zivilrechtlichen Kategorien nicht angemessen erfaßbar. 253 Insoweit würde auch im Falle eines wiederaufgelebten Arbeitsverhältnisses die Notwendigkeit einer analogen Anwendung beamtenrechtlicher Vorschriften auf der Grundlage eines faktischen, öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses bestehen bleiben. Das Bundesarbeitsgericht weist in seiner Entscheidung ergänzend darauf hin, daß bei ähnlichen Konstellationen eines zunächst bestehenden Arbeitsverhältnisses, das durch ein Geschäftsführerverhältnis abgelöst wird, die neuere Rechtsprechung zu der Annahme neigt, daß der Abschluß eines neuen Arbeitsverhältnisses i m Zweifel zur Ablösung des früheren Arbeitsverhältnisses führt. 2 5 4 Dabei ist jedoch zu beachten, daß die Beamtenernennung durch einseitigen, mitwirkungsbedürftigen Verwaltungsakt erfolgt. Allerdings ist die Beteiligung des Betreffenden als Wirksamkeitsvoraussetzung in die Form der Zustimmung 255 als empfangsbedürftige (verwaltungsrechtliche) Willenserklärung gekleidet, mit der der Betreffende ausdrücklich oder konkludent zum Ausdruck bringt, daß er mit seiner Ernennung und den damit verbundenen

250

BAG, N Z A 1997, S. 1045,1047. Vgl. zur Anlehnung an das Phänomen des faktischen Arbeitsverhältnisses: Philip Kunig (Fn. 241), V I . Abschnitt, Rn. 104; zum faktischen Arbeitsverhältnis i m öffentlichen Dienst: Bernd Müller, Arbeitsrecht i m öffentlichen Dienst, 3. Auflage, München 1995, Rn. 884. 252 Günter Hilg (Fn. 2), § 14 V I 2 b. 253 Der Umdeutung des fehlerhaften Beamtenverhältnisses in einen privatrechtlichen Dienstvertrag steht überdies die Tatsache entgegen, daß Ernennungsbehörde und Ernannter nicht den Willen hatten, ein privatrechtliches Arbeitsverhältnis, sondern ein öffentlich rechtliches Rechtsverhältnis zu begründen - vgl. den Rechtsgedanken des § 47 D S. 1 VwVfG. 254 BAG, N Z A 1997, S. 1045, 1047, mit Verweis auf BAG, N Z A 1994, S. 212 und BAG, N Z A 1997, S. 509. 255 Vgl. BVerwGE 34, 168, 171. 251

II. Besondere Berufungsvoraussetzungen

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Rechtsfolgen, also auch dem Erlöschen des privatrechtlichen Arbeitsverhältnisses, einverstanden ist. Im Ergebnis kann deshalb festgestellt werden, daß mit der Begründung des Beamtenverhältnisses das früher bestehende privatrechtliche Arbeitsverhältnis endgültig entfallen ist und auch durch die Rücknahme der Ernennung nicht revitalisiert wird.

3. Die Nichteignung wegen herausgehobener Funktion oder Position im DDR-System a) Das Verfassungsgebot einer Gesamtwürdigung systemkonformen Verhaltens Neben der bisher besprochenen Ungeeignetheit wegen Tätigkeit für das MfS ergibt sich i m Zusammenhang mit den spezifisch politischen Verhältnissen in der ehemaligen DDR die Frage, ob für bestimmte Funktions- oder Berufsgruppen ebenfalls ein grundsätzliches Fehlen persönlicher Eignung indiziert werden kann. Dabei gilt es zunächst festzuhalten, daß die Gewähr der Verfassungstreue auch in den Beamtengesetzen der neuen Länder eine eigenständige und uneingeschränkte Einstellungsvoraussetzung ist. 2 5 6 Eine Verletzung der Verfassungstreue besteht aber nicht im Haben einer Überzeugung und ihrer bloßen Mitteilung, hinzukommen müssen Folgerungen für die Einstellung gegenüber der verfassungsmäßigen Ordnung, für die Art der Erfüllung der Dienstpflichten oder für politische Aktivitäten i m Sinne dieser politischen Überzeugung. 257 Es muß also ein nach außen wirkendes Verhalten vorliegen, dem ein gewisses Gewicht zukommt. Anders formuliert: Für die Annahme mangelnder Eignung reicht es nicht, daß jemand im Sinne des SED-Regimes gedacht hat oder gesonnen war, er muß vielmehr am repressiven System aktiv beteiligt gewesen sein. 258 Die Auffassung, wonach die Mitgliedschaft in einer nicht verbotenen, aber nach Auffassung des Dienstherrn „verfassungsfeindlichen" Partei „ein Stück des Verhaltens" sein könne, daß bei der Beurteilung der Gewähr der Verfassungstreue zu berücksichtigen sei 2 5 9 , kann als Argumenta-

256 § 6 I Ziff. 2 ThürBG, § 6 I Ziff. 2 SächsBG, § 7 I Ziff. 2 B G LSA; § 8 I Ziff. 2 B G M - V ; § 9 I Ziff. 2 B G Bbg. 257 Vgl. Walther Fürst (Hrsg.), GKÖD, Bd. I / Teil 2a, K § 7 Rn. 13 d. 258 Bodo Pieroth (Fn. 14), S. 108. 259 Vgl. zum Urteil des EGMR v. 26.9.1995 (ZBR 1996, S. 174), wonach die Entlassung eines Beamten wegen Tätigkeit für die DKP gegen die Art. 10, 11 EMRK verstieß:, Mitglieder extremistischer Parteien im Staatsdienst, ZBR 1997, S. 8, 10 ff. Nach ihrer Ulrich Hüde / Monika Jachmann Auffassung betrifft die Entscheidung des EGMR nur die Frage einer Entlassung wegen Mitgliedschaft und Tätigkeit in einer

220

D. Persönliche Eignung und Vorbelastung

tionsmuster für die Mitgliedschaft in der SED und den anderen Blockparteien nicht herangezogen werden, da es hierbei nicht um die Wertung des Engagements für eine Partei geht, die dem Schutz des Art. 21 GG unterstand und andererseits die vom Grundgesetz konstituierte freiheitlich demokratische Grundordnung nicht Maßstab für die Beurteilung des Verhaltens der DDRBürger während der Existenz dieses Staates sein kann. 2 6 0 Wie eingangs ausgeführt, erfordert die Beurteilungsgleichheit des Art. 33 I I GG eine situationsadäquate Bewertung dieses früher systemkonformen Verhaltens, wobei bedeutsam ist, daß angesichts des hohen Organisationsgrades und -druckes ein gewisses Mindestmaß der Organisiertheit und Mitarbeit mehr oder weniger unausweichlich war, um als Mitarbeiter eines Staatsorgans oder leitender Bediensteter eines Betriebes tätig sein zu können und ein durchschnittliches Fortkommen zu sichern. 261 Aus der bloßen Mitgliedschaft und einer untergeordneten Mitarbeit in der SED oder einer anderen Blockpartei kann folglich nicht ohne weiteres auf eine innere Identifikation mit deren Gedankengut und noch weniger auf eine über den Zeitpunkt der Wende hinausreichende ideologische Ausrichtung geschlossen werden. 262 Den mit der Beschäftigung und Fortkommen i m Staatsdienst verbundenen Positionen oder Funktionen kommt deshalb nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts grundsätzlich kein solches Gewicht zu, daß für sich allein einen Eignungsmangel rechtfertigt, auch wenn das systemkonforme Verhalten eine wesentliche Erkenntnisquelle für die Eignungsprognose und die darauf bezogene Würdigung des Gesamtverhaltens ist. 2 6 3 Für die Eignungsbeurteilung des Bewerbers ist vielmehr von Bedeutung, welchen Parteien und gesellschaftlichen Organisationen er angehörte und ob seine Funktion sowie aktive Betätigung eine solche Identifikation mit den Zielen des Systems nahelegt, daß begründete Zweifel bestehen, daß der Betreffende künftig für die freiheitlich demokratische Grundordnung eintreten werde. Zweifel an der Gewähr der Verfassungstreue bestehen damit bei Personen, die sich i m politischen System der ehemaligen DDR exponiert haben, nicht verbotenen Organisation, wobei die Stellung nicht mit einem Sicherheitsrisiko verbunden war. Sie hindert jedenfalls nicht die Entlassung wegen konkreter Pflichtverstöße. Überdies besteht keine unmittelbare Bindung deutscher Behörden und Gerichte an die Auslegung der E M R K durch den EGMR. 260 Josef Isensee (Fn. 11) Der deutsche Rechtsstaat, S. 104. 261 Walther Fürst (Hrsg.), GKÖD, Bd. I / Teil 2a, K § 7 Rn. 62. 262 Vgl. Wolfgang Schäuble, 1. Lesung des Einigungsvertrages, in: Stenographische Berichte des Deutschen Bundestages, 11. Wahlperiode, 222. Sitzung, S. 17493; Ulrich Battis, Entwicklungstendenzen und Probleme der Einfuhrung des Dienstrechts in den neuen Ländern, NJ 1991, S. 89, 92; Frank Lansnicker / Thomas Schwirtzek, Die Kündigung mangels fachlicher oder persönlicher Eignung nach Einigungsvertrag, DtZ 1993, S. 361, 362; Philipp Kunig (Fn. 10), S. 604; Albrecht Zeuner (Fn. 20), S. 390 f. 263 BVerfG, NJW 1997, S. 2312, 2313.

II. Besondere Berufungsvoraussetzungen

221

sei es, daß sie einflußreiche Stellen innehatten, in die man nur nach strenger politischer Vorauswahl i m Rahmen des Nomenklatursystems berufen wurde, oder daß sie herausgehobene Funktionen in der SED oder einer von ihr beherrschten Blockpartei beziehungsweise gesellschaftlichen Organisation bekleideten. 264 Diese substantiierten Zweifel an der Eignung des Bewerbers führen dabei nicht automatisch zu einer Ablehnung seiner Berufung in das Beamtenverhältnis, da das politische und gesellschaftliche Verhalten in der Vergangenheit und die daraus folgende Systemnähe nur ein Indiz für die (noch) anzunehmenden Zweifel an der Verfassungstreue im Rahmen der Würdigung seiner Gesamtpersönlichkeit sind. 265

b) Die Verfassungsmäßigkeit

typisierender

Kataloge

Nicht improblematisch sind deshalb die Vorschriften des Sächsischen und Thüringer Beamtengesetzes, die zur Verhinderung einer Verbeamtung ehemaliger Funktionsträger einen typisierenden Katalog enthalten, nach dem bei allen dort aufgezählten Angehörigen einer Funktions- oder Berufsgruppe vermutet wird, daß sie die für die Berufung in das Beamtenverhältnis erforderliche Eignung nicht besitzen. 266 Diese Vermutung, die über die Regelung i m Einigungsvertrag weit hinausgeht und auch die landesverfassungsrechtlichen Kriterien mangelnder Eignung 267 erheblich verschärft, kann zwar im Einzelfall widerlegt werden, birgt aber gleichwohl die Gefahr in sich, systemnahe Personengruppen durch eine rechtsstaatlich bedenkliche Pauschalierung auszugrenzen. 268 Wenn bereits die Innehabung einer mehr oder minder systemnahen Funktion rechtserheblich vorgeworfen wird, beruht dies praktisch auf einer Gesamtzurechnung in der DDR begangenen staatlichen Unrechts. Problematisch ist, ob und inwieweit Organisationsunrecht auf Personen projeziert werden darf, da weder die Person voll in der Organisation aufgeht, deren

264

Dies entspricht der Rechtsprechung des BVerwG (E 76, 157, 166), wonach die Mitgliedschaft in einer verfassungsfeindliche Tendenzen vertretenden Partei dann besonderes Gewicht besitzt, wenn der Bewerber eine führende Stellung als Funktionsträger oder Mandatsinhaber bekleidet und damit eine besondere Identifikation mit den Zielen und Aktionen der Partei erkennen läßt. 265 Matthias Renger , Einführung des Berufsbeamtentums in den neuen Bundesländern, Regensburg 1991, S. 48; Annemarie Langanke / Peter Hanau, Kündigungsmöglichkeiten in der öffentlichen Verwaltung nach dem Einigungsvertrag, NJ 1993, S. 437, 438. 266 § 6 m SächsBG, § 8 m ThürBG. 267 Art. 119 Ziff. 2 SächsVerf., Art 96 I I ThürVerf. 268

Wolfgang Loschelder ( Fn. 78), S. 199; Martin Kutscha, „Politische Säuberung" des öffentlichen Dienstes?, NJ 1995, S. 284, 287.

222

D. Persönliche Eignung und Vorbelastung

Mitglied sie ist, noch irgendeine Organisation ihre Mitglieder vollständig erfassen kann. 2 6 9 In seinem Radikalenbeschluß hielt es das Bundesverfassungsgericht bereits für verfassungsrechtlich bedenklich, „wenn ein Gesetz allgemein zwingend vorschreibt, daß einzelne konkrete Verhaltensweisen" die Gewähr der Verfassungstreue ausschließen270 und betonte im Urteil zu den Sonderkündigungstatbeständen, daß die verfassungsrechtlich gebotene Gesamtwürdigung nicht dadurch verkürzt werden darf, „daß der vom Mitarbeiter früher innegehabten Position das Gewicht einer gesetzlichen Vermutung beigemessen wird, die einen Eignungsmangel begründet, wenn sie nicht widerlegt wird" 2 7 1 . Dabei liegt der Akzent auf einer „zwingenden" gesetzlichen Vermutung für Positionen oder Funktionen, bei denen sich das geforderte Maß an Identifikation mit Partei und Staat „nicht so weitgehend von der i m dortigen öffentlichen Dienst geforderten und üblichen Loyalität und Kooperation (unterscheidet), daß sich allein daraus ... eine mangelnde Eignung herleiten ließe" 2 7 2 . Damit ist nicht ausgeschlossen, daß bei bestimmten herausgehobenen Betätigungen regelmäßig angenommen werden kann, daß sie notwendigerweise zu einer aktiven Beteiligung am System geführt haben. 273 Der andere Aspekt stellt auf „konkrete Verhaltensweisen" ab, die letztlich allein den Vorwurf mangelnder persönlicher Eignung zu stützen vermögen. Im Gegensatz zur „Tätigkeit" für das MfS enthält der Funktionärvorbehalt nur den pauschalen Verweis auf eine bestimmte Funktion oder Position ohne Benennung individuell-konkret vorwerfbarer Verfehlungen. Wenn die Feststellung mangelnder Eignung allein aufgrund des Indizes der ehemals innegehabten Funktion möglich sein soll, würde der Dienstherr von seiner einzelfallbezogenen Sachverhaltsermittlung freigestellt und eine Entscheidung getroffen, ohne daß die Persönlichkeit des Bewerbers irgendeine Würdigung erfahren hätte. Der Verstoß gegen das subjektiv-öffentliche Recht des Art. 33 I I GG auf sachgerechte Auswahl 274 wäre evident. Zu beachten ist auch, daß der Einigungsvertrag mit seiner Kontinuitätsentscheidung in Art. 20 eine Einzelfallprüfung über die Eignung zur Weiterverwendung vorschreibt, mit der eine „Auflösung von Arbeitsverhältnissen allein wegen der Funktion oder Position, die ein Arbeitnehmer in der DDR 275

ausgeübt oder innegehabt hat", unzulässig ist.

269 Gerd Roellecke, Zur Verfassungsmäßigkeit des Funktionärvorbehalts i m sächsischen Beamtenrecht, SächsVBl. 1996, S. 29, 31. 270 BVerfGE 39, 334, 354 f. 271 BVerfG, NJW 1997, S. 2312, Leits. 2 und S. 2313. 272 BVerfG, NJW 1997, S. 2312, 2313 f. mit Verweis auf BVerfGE 92, 140,156. 273 Bodo Pieroth (Fn. 14), S. 108 f.; Hans-Hugo Klein (Fn. 79), S. 87 Fn. 147. 274 Josef Isensee (Fn. 1), S. 350 f. 275 BVerfG, NJ 1995, S. 307.

II. Besondere Berufungsvoraussetzungen

223

Deshalb betont die Rechtsprechung, daß die mangelnde Eignung als eine der Person anhaftende Eigenschaft i m Einzelfall und anhand der konkreten Lebensführung belegt werden muß und sich nicht aus einer allgemeinen Verpflichtung auf das System ergibt. Wer sich jedoch über einen längeren Zeitraum i n besonderer Weise mit dem SED-Staat identifiziert hat, indem er ein Partei- oder Staatsamt innehatte, das mit Leitungs-, Kontroll- und Aufsichtsfunktionen verbunden war, erweckt Zweifel, ob er die Grundwerte der Verfassung glaubhaft vertreten kann. 2 7 6 Damit ist aber noch nichts darüber gesagt, woraus sich dieser Eignungsmangel i m einzelnen ergibt oder ergeben kann und was unter „besonderer Identifikation" zu verstehen ist. Letztlich würde nur ein Vergleich des Gesamtverhaltens des Funktionsinhabers mit dem Durchschnittsverhalten anderer vergleichbarer Funktionäre hilfreich sein; aber einen solchen Vergleich anzustellen, ist dem Dienstherrn angesichts der subtilen Lenkungs- und Kontrollmechanismen kaum möglich. 277 Außerdem scheitert die Überprüfung des individuellen Fehlverhaltens an der entsprechenden Aktenlage, da i m Gegensatz zu den mehr oder weniger vollständigen MfSUnterlagen die Personalakten von Bewerbern, die in der DDR lebten und arbeiteten, auf der Grundlage der von der Modrow-Regierung erlassenen Verordnung zur „Arbeit mit Personalunterlagen" 278 weitgehend bereinigt worden 2 7 9 und selbst dort, wo keine Bereinigung stattgefunden hat, der Dienstherr regelmäßig nicht von der Vollständigkeit der Personalakten ausgehen kann 2 8 0 . Eine andere Vorgehensweise als der Rückgriff auf die innegehabten Funktionen ist deshalb unter dem Gesichtspunkt nachprüfbarer Fakten kaum möglich. 2 8 1 Wenn aber die (mehr oder weniger) exponierte Organisationszugehörigkeit ein indizierendes Element des für die Beurteilung der Verfassungstreue erheblichen Verhaltens sein soll, erfordert eine verfassungskonforme Auslegung „die Bewertung eines solchen Verhaltens i m Zusammenhang mit anderen Gesichtspunkten" 282 , da es beim Persönlichkeitsurteil „nicht lediglich um die Feststellung einzelner Beurteilungselemente (... Zugehörigkeit zu irgend-

276

BVerfG, NJW 1997, S. 2305,2306; BAGE 75,46, LS 2 u. S. 55. Günter Püttner; Die Rechtsprechung zur Kündigung von Lehrern aus der ehemaligen DDR; RdJB 1995, S. 22, 25. 278 Vgl. § 4 I der Verordnung betreffend ,Arbeit mit Personalunterlagen" vom 22.2.1990, GBL D D R I 1990, S. 84. 279 Vgl. Hans-Dietrich Weiß (Fn. 195), S. 19, der die Möglichkeit der staatlichen Bediensteten zur „Personalaktenwäsche" als Politikum ersten Ranges bezeichnet, die es dem Verfasser des Einigungsvertrages unmöglich gemacht hätte, bei der Prüfung der politischen Vorbelastung auf die Personalakten abzustellen. 280 Vgl. OVG Bautzen, ZBR 1997, S. 132, 134 mit Verweis auf BAG, NJ 1996, S. 217, 218. 281 Günter Püttner (¥n. 277), S. 25; Gerd Roellecke (Fn. 269), S. 32. 277

282

BVerfGE 39, 334, 355.

224

D. Persönliche Eignung und Vorbelastung

welchen Gruppen, Vereinigungen oder politischen Parteien)"geht 283 . Unzulässig ist es deshalb, frühere Inhaber von auf Listen zusammengestellten Funktionen in der DDR generell vom Beamtenstatus auszuschließen,284 wie dies aufgrund einer typisierenden Beschlußempfehlung des Sächsischen Landtages für eine Vielzahl i m einzelnen genannter Funktionsträger anfängliche Praxis i m Freistaat Sachsen war. 2 8 5 Die für die Prüfung der persönlichen Eignung i m Beamtenverhältnis von der Sächsischen Staatsregierung erlassene Verwaltungsvorschrift betont dagegen, daß eine herausgehobene Funktion grundsätzlich daran zu messen ist, „auf welcher hierarchischen Stufe des Staats- oder Parteienaufbaus der DDR ... der einzelne diese Funktion ausübte und welche Stellung der Organisation oder der Dienststelle im Herrschaftssystem der DDR zukam" 2 8 6 . Für die Feststellung, ob eine herausgehobene Funktion wahrgenommen wurde, ist deshalb die Einordnung der Position in das - im ersten Kapitel erläuterte - System der Nomenklaturstufen und die hierarchische Stufe, auf der diese Nomenklaturfunktion ausgeübt wurde, von besonderem Gewicht. 287 Fraglich ist jedoch, ob die in den typisierenden Katalogen der beiden Beamtengesetze aufgeführten Funktions- oder Berufsgruppen eine Ungleichbehandlung sachlich rechtfertigen. Das aus dem Gleichheitssatz abgeleitete Willkürverbot fordert dabei vom Gesetzgeber einen aus der Natur der Sache sich ergebenden oder sonstwie sachlich gerechtfertigten Grund für die gesetzliche Differenzierung und ist vor allem dann verletzt, „wenn eine Gruppe von Normadressaten i m Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten" 288 . Dabei ist der Gesetzgeber nicht nur zu einer i m allgemeinen

283

BVerfGE 39, 334, 353. Vgl. Martin Kutscha (Fn. 268), S. 287, den eine solche Praxis fatal an die Poskriptionslisten des Diktators Sulla i m antiken Rom erinnert. 285 Beschlußempfehlung des Sonderausschusses des Sächsischen Landtages, LTDrucks. 1 /395, dazu: Leonhard Kathke (Fn. 108), S. 347, mit einer Auflistung des 51 Funktionsgruppen umfassenden Katalogs; Vgl. auch: Wolfgang Zekau, Zur persönlichen Eignung von Lehrern i n der ehemaligen DDR, ArbuR 1995, S. 84, 85, mit Verweis auf eine vom Sächsischen Staatsministerium für Kultus erlassene Richtlinie vom 12.6.1991 über die generelle politische Vorbelastung bei Lehrern. 286 Verwaltungsvorschrift der Sächsischen Staatsregierung zur Prüfung der persönlichen Eignung i m Beamtenverhältnis vom 14.12.1994, SächsAmtsBl. 1995, S. 40, 41 (Ziff. 4.2); Nur bei einigen wenigen, enumerativ aufgeführten Positionen wird betont, daß grundsätzlich von einer herausgehobenen Funktion ausgegangen werden kann (Ziff. 4.6,4.7). 287 Vgl. Verwaltungsvorschrift der Sächsischen Staatsregierung (Fn. 286), S. 41 (Ziff. 4.3). 288 BVerfGE 55, 72, 88 mit Verweis auf BVerfGE 22, 387, 415; 52 277, 280. 284

I

Besondere Berufungsvoraussetzungen

225

Verständnis sachgerechten, nicht willkürlichen Auswahl verpflichtet, sondern hat auch die spezifischen Differenzierungsge- oder -verböte der Verfassung zu beachten 289 , weshalb i m Lichte des durch Art. 33 I I GG vorgegebenen Differenzierungsmaßstabs der persönlichen Eignung eine Ungleichbehandlung herausgehobener Funktionsträger des DDR-Systems insofern gerechtfertigt ist, als damit die erforderliche Einzelfallprognose nicht verkürzt wird. In diesem Sinne ist gegen die generalklauselartige Vermutung mangelnder persönlicher Eignung „bei ehemaligen Mitarbeitern oder Angehörigen in herausgehobener Funktion von Parteien und Massenorganisationen, der bewaffneten Organe und Kampfgruppen sowie sonstiger staatlicher oder gemeindlicher Dienststellen oder Betriebe der ehemaligen DDR ...", wie sie § 6 I I I SächsBG enthält, nichts einzuwenden, weil der Dienstherr die vom Bewerber innegehabte Funktion einschließlich ihrer Bedeutung in der Verfassungswirklichkeit der DDR darlegen und würdigen muß 2 9 0 , um Rückschlüsse auf die Unglaubwürdigkeit des Eintretens für die Grundwerte der Verfassung und damit auf eine mangelnde Eignung vornehmen zu können 291 . Da es bei der Anwendung des Willkürverbots nicht nur um eine Differenzierungsplausibilität, sondern um die Frage der Rechtfertigung der Ungleichbehandlung i m Lichte des Verhältnismäßigkeitsprinzips geht 2 9 2 , bestehen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Auflistung einzelner Berufs- und Funktionsgruppen in den Katalogen der § 6 I I I SächsBG und § 8 I I I ThürBG. Die Beamtengesetze messen der Wahrnehmimg der genannten Funktionen der Sache nach die Bedeutung einer widerlegbaren Vermutung bei und können deshalb i m Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ungeeignet zur Erreichung des Differenzierungsziels einer Eignungsprognose sein, da sie die Gefahr in sich bergen, die verfassungsrechtlich gebotene Würdigung der Umstände des Einzelfalls zu verkürzen. 293 Im Gegensatz zu den vom Bundesverfassungsgericht zu entscheidenden Fällen der Ausübung von Leitungsfunktionen i m Bereich der Schulparteileitung und Schulverwaltung handelt es sich bei den hier aufgelisteten Funktionen um herausgehobene No289 290

BVerfGE 36, 237, 248 (abweichende Meinung der Richterin Rupp-v.Brünneck). BAGE, 75,46, 55; Günther Püttner (Fn. 277), S. 26; Wolfgang Zekau (Fn. 285),

S. 86. 291 Deshalb hat die Rechtsprechung die Ungeeignetheit nach dem Sonderkündigungstatbestand nur dann als gegeben angesehen, wenn bei Leitungsfunktionen das „Gesamtbild der früheren Tätigkeit" gewürdigt wurde; vgl. BVerfG, NJW 1997, S. 2312, 2313 f , BAGE 75,46, 56 f. 292 Reinhold Zippelius, Der Gleichheitssatz, in: W D S t R L , Bd.47, Berlin 1989, S. 7, 23. 293 So auch: Hans-Heinrich Trute (Fn. 49), S. 29, der vor allem die Vereinbarkeit der Vermutungsregelung des § 6 I I I SächsBG mit Art. 119 SächsVerf. bezweifelt, da diese Verfassungsnorm eine einzelfallbezogene Prognose der „Untragbarkeit" bei Vorliegen eines grundsätzlichen Eignungsmangels fordert.

15 Schwanengel

226

D. Persönliche Eignung und Vorbelastung

menklaturämter, so daß man die Auffassung vertreten kann, daß allein aus der Wahrnehmimg der einschlägigen Funktionen der Schluß mangelnder Eignung gezogen werden kann. Unzweifelhaft forderte die Wahrnehmung dieser Leitungsfunktionen eine über das übliche Maß hinausgehende Identifikation mit den Zielen der Partei- und Staatsführung. Dies verdeutlichen unter anderem die in § 6 I I I SächsBG aufgeführten Positionen des Staatsapperates der ehemaligen DDR. Es handelt sich dabei um jene Staatsbedienstetenverhältnisse, die durch Berufung oder Wahl begründet wurden. 294 Unter Beachtung der im ersten Teil getroffenen Aussagen war dieser durch Berufung oder Wahl begründete Funktionärsstatus mit besonderen Privilegien und Machtbefugnissen verbunden, dem auf der anderen Seite ein höheres Maß an Systembindung und ein geringeres Maß an Sicherheit gegenüber den durch die Mitarbeiterverordnung vermittelten Status des Staatsbediensteten entsprach. Gleichwohl können nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts die Partei- und Staatsfunktionen „nach Maßgabe ihres Ranges und des mit ihnen verbundenen Einflusses (nur) Anhaltspunkte für einen besonders hohen Identifikationsgrad mit dem Herrschaftssystem der DDR" liefern, machen aber eine Würdigung des grundsätzlichen Verhaltens ihrer Inhaber und ihrer Entwicklung nach dem Beitritt nicht entbehrlich. 295 Unabhängig von der Geeignetheit ist die Regelung dieses Funktionärvorbehalts überdies Zumindestens unangemessen sowie sach- und systemwidrig, weil sie willkürlich einzelne Funktionen auflistet, ohne daß systematisch erkennbar wird, warum gerade diese und nicht andere Funktionen eine Ungeeignetheit indizieren. Dies trifft insbesondere auf § 8 I I I ThürBG zu, der i m Gegensatz zum exemplarischen und insofern nicht abschließenden Katalog des Sächsischen Beamtengesetzes eine enumerative Regelung enthält. Nicht nur im Vergleich weisen die beiden typisierenden Kataloge ohne sachlich erkennbaren Differenzierungsgrund voneinander abweichende Funktions- und Berufsgruppen aus, sondern sind auch in sich widersprüchlich. So sind in § 8 III ThürBG zwar hauptamtliche Mitarbeiter der SED und hauptamtliche Parteisekretäre der Dienststellen der bewaffneten Organe aufgeführt, nicht jedoch die hauptamtlichen Mitarbeiter der Blockparteien. Deshalb bleibt festzustellen, daß die gesetzliche Vermutung eines Eignungsmangels der in den Katalogen aufgeführten Funktionsinhaber wegen Verstoßes gegen die verfassungsrechtliche gebotene Gesamtwürdigung der Persönlichkeit und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verfassungswidrig ist.

294 So wurden die in § 6 I I I SächsBG aufgeführten Abteilungsleiter der Ministerien und Räte der Bezirke sowie Leiter diplomatischer Vertretungen berufen (vgl. Teil A , Fn. 259), während die Mitglieder der örtlichen Räte (Räte der Bezirke) von den Volksvertretungen der jeweiligen Ebene gewählt wurden (vgl. Teil A , Fn. 268). 295 BVerfG, NJW 1997, S. 2312, 2313, mit Verweis auf BVerfGE 92, 140, 154 ff.

E. Resümee Für die Art der Ausübung von Staatsgewalt kommt es wesentlich darauf an, wie die Stellung der Staatsdiener i m Rahmen der jeweiligen staatlichen Organisation beschaffen ist. Es war von daher kein Zufall, daß die gesetzlichen Bestimmungen für Staatsbedienstete in der DDR die Tendenz zeigten, sich zu einem Sonderrechtsgebiet zu entwickeln, das sich trotz der mit allen Werktätigen gemeinsamen Grundlage in Gestalt des AGB immer mehr zu einem verwaltungsrechtlich geprägten Dienstverhältnis verfestigte. Die DDR trug damit den Erfordernissen Rechnung, die jeder Staat aus Gründen seiner Funktionsfahigkeit an die in seinem Apparat Tätigen stellen muß. Im Vergleich zum Recht des öffentlichen Dienstes der (alten) Bundesrepublik überwogen allerdings die systembedingten Eigentümlichkeiten und Unterschiede. Das durch die Mitarbeiterverordnung begründete, besondere „Dienst- und Treueverhältnis" war durch seine systembindende Pflichtenstruktur und sein exorbitantes politisches Disziplinarrecht diametral zu Art. 33 GG auf strikte Linientreue zur politischen Führung ausgerichtet. Zur Absicherung der Politisierung der Staatsbediensteten bestanden zahlreiche personelle Verschmelzungen zwischen Partei- und Staatsapparat, die ergänzt wurden durch eine Kaderpolitik, die nicht nur Personalpolitik i.e.S. war, sondern auch die fachliche Bildung und politische Ausrichtung zum Inhalt hatte. Mit dem Instrument der Doppelnomenklatur legte die Partei Kriterien fest, nach denen Auswahl, Aus- und Weiterbildung und Einsatz der Staatsfunktionäre zu erfolgen hatten. Deshalb verboten sich schon i m Lichte der Zugangstrias des Art. 33 I I GG pauschale Kriterien für eine Übernahme ehemaliger Staatsbediensteter in den öffentlichen Dienst des vereinten Deutschlands. Aber auch angesichts der unabdingbaren Maßgaben des Art. 33 V GG, namentlich des Laufbahn- und Leistungsprinzips und des Grundsatzes der Verfassungstreue, waren besondere Rechtsinstitute erforderlich, die angesichts des inkompatiblen Qualifikationsund persönlichen Eignungsprofils der Staatsbediensteten eine individuelle Überprüfung für eine Berufung in das Beamtenverhältnis erlaubten. Das i m Einigungsvertrag festgeschriebene und in die Landesbeamtengesetze übernommene Bewährungsbeamtenverhältnis verwirklicht dabei den Kompromiß zwischen der durch Art. 33 I V GG implizierten Prämisse, „sobald wie möglich" Beamte ernennen zu können und den durch Art. 33 I I GG vorgegebenen und durch die hergebrachten Grundsätze konstituierten Ernennungsvoraussetzungen. Seine charakteristische Regelung, wonach jemand mit nur vorläufiger Laufbahnbefahigung Beamter werden konnte, diese dann aber in der 15*

228

E. Resümee

Probezeit durch Dienstpostenbewährung und ergänzende Aus- und Fortbildung nachzubestätigen hatte, stellt zwar einen Systembruch gegenüber dem Grundsatz des Laufbahnrechts eines vor- und ausbildungsabhängigen Laufbahneinstiegs dar. Ohne diese Kompromißlösung wäre es jedoch unmöglich gewesen, der bereits in der Kontinuität der Beschäftigungsverhältnisse zum Ausdruck kommenden Grundentscheidung des Einigungsvertrages nachzukommen, den Wiederaufbau des Berufsbeamtentums (auch) mit Bediensteten zu verwirklichen, die bereits i m Staatsdienst der DDR beschäftigt waren und i m öffentlichen Dienst der neuen Länder weiterverwendet wurden. Problematisch war hingegen die aus der Berücksichtigung der DDR-Vordienstzeiten herrührende doppelte Peipetuierung der Stelleninhaber, nach der die ehemaligen Staatsbediensteten nicht nur einen generell bevorzugten Zugang zum Beamtenstatus erlangten, sondern zudem laufbahnrechtlich in Abhängigkeit von ihrer früheren Stellung, zumal derartige Tätigkeiten kaum als geeignet für die Bewährung auf einem Beamtendienstposten und die damit verbundene Befahigungsprognose erscheinen. Zwar ist das Bewährungsbeamtenverhältnis ein durch Art. 23 GG a.F. beitrittsveranlaßtes und damit Übergangscharakter tragendes Rechtsinstitut, gleichwohl muß beachtet werden, daß die so begründeten Beamtenverhältnisse auf Jahre fortwirken werden, was angesichts der nur schwer nachvollziehbaren Übernahmepraxis und der zum Teil inhaltlich nur unbestimmten Regelung der Bewährungskriterien und des Übernahmeverfahrens die Diskussion um eine generelle Anerkennung der nur eingeschränkten Laufbahnbefähigung i m Sinne des § 122 I I BRRG verdeutlicht. Nach den allgemeinen Regeln des Beamtenrechts kommt eine Ausdehnung der bereichsgebundenen Laufbahnbefähigung - mit Ausnahme der Regelungen in Sachsen und MecklenburgVorpommern - nur i m Wege der Anerkennung als „gleichwertig" in Betracht. Als problematisch erweist sich dabei, daß Entscheidungsgrundlage der Bewährungsfeststellung vielfach nur der zuletzt innegehabte Dienstposten war, auf dem der Bewerber auch verbeamtet wurde. Der Forderung, daß die Bewährungsfeststellung als Zuerkennung einer Laufbahn- und nicht nur Dienstpostenbefahigung weiter als die bloße Festlegung und Prüfung der Bewährungsanforderungen für das konkrete Amt greifen und Aussagen über die Eignung des Bewerbers für ein Amt i m abstrakt-funktionellen Sinne enthalten muß, wurde in der praktischen Umsetzung nur bedingt Rechnung getragen. Die Laufbahnbefähigung wird deshalb durch andere obere Dienstbehörden oder Dienstherrn erst dann als gleichwertig anerkannt werden können, wenn der Beamte in die Aufgaben des neuen Dienstposten eingewiesen und der Erfolg der Unterweisimg festgestellt wurde. Generell jedoch wird die Mobilität der Bewährungsbewerber gegenüber den Laufbahnbewerbern erheblich eingeschränkt bleiben.

E. Resümee Die für alle Bewährungsbeamten einheitliche, dreijährige Dauer der laufbahnrechtlichen Probezeit entspricht ihrem Charakter einer nicht nur praktischen, sondern auch fachlich-theoretischen Eignungsprüfung, die deshalb nach den ursprünglichen Maßgaben auch nur auf eine zweijährige Mindestprobezeit abgesenkt werden konnte. Die Neufassung der Probezeitverkürzung durch das Dienstrechtsreformgesetz gleicht diese nun den allgemeinen Vorschriften über die Mindestprobezeit der Laufbahnbeamten an und ersetzt die ursprünglich voraussetzungslose Kürzungsmöglichkeit durch eine Anrechnung amtsentsprechender Zeiten auf die Probezeit. Insbesondere diejenigen Bewährungsbeamten, bei denen eine Anrechnung von DDR-Vordienstzeiten nicht in Betracht kam oder nicht sachgerecht war, könnten deshalb infolge der Stichtagsregelung und der systemgerechten Nichtanrechenbarkeit der Bewährungszeit ungerechtfertigter Weise von einer Kürzung der Probezeit ausgenommen sein. Einer kontrovers geführten Diskussion unterliegt in den neuen Ländern insbesondere die Frage, ob die Lehrer dem Funktionsvorbehalt des Art. 33 I V GG unterfallen und daher zu verbeamten sind. Wenn der Funktionsvorbehalt dem Beamtentum einen substantiell bedeutsamen Teil der Staatstätigkeit erhalten will, muß von dieser Zweckbestimmung her auch die Bedeutung des Begriffs der „hoheitsrechtlichen Befugnisse" bestimmt werden. Der Begriff des „Wesentlichen" wird, wie die Ausdehnung des Grundrechtsschutzes i m Leistungsbereich und die Rechtsprechung zum Parlamentsvorbehalt zeigen, von den Grundrechten determiniert und schließt es deshalb aus, die Reichweite des Funktionsvorbehalts nach dem Schema von Eingriffs- und Leistungsverwaltung zu definieren. Die an der Beschäftigungsposition orientierte und in den neuen Ländern favorisierte Zweiteilung der Lehrerschaft in dienstleistendes und hoheitliches Lehrpersonal folgt aber gerade dieser Typisierung, indem für eine Verbeamtung lediglich danach gefragt wird, ob der Lehrer mit Verwaltungsaktcharakter tragenden Eingriffsbefugnissen ausgestattet ist. Da die Bildungs- und Erziehungsfunktion Staatsrepräsentanz und die Lehrtätigkeit nicht auf den Einsatz von Hoheitsgewalt reduzierbar ist, sondern gerade im Bereich (interner) Schul- und Unterrichtsgestaltung existentielle, grundrechtsrelevante Bedeutung besitzt, muß die Rechtsbeziehung, die den Lehrer an den Staat bindet, die Gewähr für dessen Neutralität bilden. Die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums, mit Gehorsamspflicht nach innen und Unabhängigkeit nach außen, sind deshalb für das Beschäftigungsverhältnis der Lehrer besonders sachgerecht, weshalb Lehrer - soweit sie die Lehrtätigkeit als ständige Aufgabe ausüben - grundsätzlich zu verbeamten sind. Finanzielle Restriktionen dürfen dabei nicht als Argument für eine Unterminierung des Funktionsvorbehalts herhalten. Das hergebrachte und zu beachtende Alimentationsprinzip gewährt auch den Beamten in den neuen Bundesländern eine amtsangemessene Besoldung,

230

E. Resümee

die ihnen und ihren Familien eine der Bedeutung des Amtes angemessene Lebensführung ermöglicht. Die wirtschaftliche Gesamtsituation und der allgemeine Lebensstandard in den neuen Ländern rechtfertigen aber zugleich das nach wie vor abgesenkte Bezügeniveau. Das dazu eingesetzte Instrument der Rechtsverordnung i m Unterschied zum Erlaß eines förmlichen Gesetzes ist angesichts der nicht vorhandenen Dauerhaftigkeit der Übergangsregelungen akzeptabel. I m Lichte dieses zeitlichen Übergangscharakters hat es jedoch zugleich seine Berechtigung für die Gewinnung von Fachpersonal verloren. Unter dem Aspekt einer am Leistungsprinzip orientierten Besoldungseinstufung trifft dies , insbesondere auf die Gewährung des Besoldungszuschusses nach § 4 I S.2 2.BesÜV zu. Durch den typisierenden Ort des Erwerbs der Befahigungsvoraussetzungen als Kriterium der Besoldungseinstufung werden durch diese Norm mittlerweile auch diejenigen Besoldungsempfanger ungleich behandelt, die alle beamtenrechtlich vorgeschriebenen Befahigungsvoraussetzungen nach dem Beitritt in den neuen Ländern erworben haben. Da diese i m Lichte des § 13 I I I BRRG aber kein Unterscheidungskriterium i m Hinblick auf die amts- und laufbahnrechtliche Befähigung des Beamten sein können, fehlt es auch an einem sachlich gerechtfertigten Grund für die besoldungsrechtliche Ungleichbehandlung, so daß die Gewährung des Besoldungszuschusses gegen das Willkürverbot des Art. 3 I GG verstößt. M i t der Ernennung zum Beamten entsteht die Treuepflicht als Dienstpflicht des Beamten mit Anforderungen an sein dienstliches und außerdienstliches Verhalten. Als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums muß Verfassungstreue deshalb durch das Beamtenrecht als Merkmal persönlicher Eignimg i m Rahmen der beamtengesetzlichen Zugangsvoraussetzungen eingefordert werden. Vielfaltige Fragen nach dem einfachgesetzlichen Gehalt der Treueanforderungen wie auch nach ihrem verfassungsrechtlichen Kontext wurden mit Blick auf die Folgen der Einheit neuartig stimuliert, was insbesondere die Frage eines Eignungsmangels wegen Tätigkeit für das MfS oder herausgehobener Funktion i m Partei- und Staatsapparat verdeutlicht. Das in den Landesbeamtengesetzen von Sachsen, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern enthaltene Kriterium mangelnder persönlicher Eignung wegen Tätigkeit für das MfS ist aus verfassungsrechtlicher Sicht grundsätzlich nicht zu beanstanden, da eine solche Mitarbeit die innere Bereitschaft und Fähigkeit des Betreffenden, die dienstlichen Aufgaben nach den Grundsätzen der Verfassung wahrzunehmen, aber auch die rechtsstaatliche Integrität der öffentlichen Verwaltung in Frage stellt. Dabei kann jedoch nur eine bewußte, finale Tätigkeit eine Nichteignung des Bewerbers rechtfertigen; die Abgabe einer Verpflichtungserklärung erfüllt den Tatbestand noch nicht. In Anlehnung an die höchstrichterliche Rechtsprechung sind auch Fragen nach einer früheren MfS-Tätigkeit grundsätzlich zulässig, da das Fragerecht der demokratischen Zuverlässigkeit des öffentlichen Dienstes und damit einem über-

E. Resümee wiegend wichtigen Gemeinschaftsgut dient, weshalb die Pflicht zur wahrheitsgemäßen Beantwortung der Fragen gegenüber dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung überwiegt. Die Auskunftspflicht beginnt an der Schwelle, an der die frühere Tätigkeit die Grundlage für die Eignungsprüfung des Beweibers bildet, weshalb Fragen nur dann zulässig sind, wenn sie für das Beamtenverhältnis von Bedeutung sind und der Dienstherr an der Beantwortung ein berechtigtes, schutzwürdiges Interesse hat. Weist das Fragerecht hingegen keinen unmittelbaren Dienstbezug auf, oder ist es durch das legitime Ziel der Eignungsprüfung nicht mehr in einer Weise gedeckt, die ein Zurücktreten des allgemeinen Persönlichkeitsrechts rechtfertigt, überschreitet es das Maß des Zulässigen. Das trifft insbesondere auf isolierte Fragen nach Abgabe einer Verpflichtungserklärung, erfolglosen Anwerbungsversuchen und lang zurückliegenden Tätigkeiten zu. Auch wenn die Landesbeamtengesetze hinsichtlich des Merkmals mangelnder Eignung wegen Tätigkeit für das MfS vom Wortlaut her auf Vorgänge abstellen, die in der Vergangenheit liegen und auf die Regelung einer Zumutbarkeitsprüfung als Korrektiv verzichten, ist von Verfassungs wegen eine differenzierte Einzelfallprüfung erforderlich, die überdies auf einer Befahigungsprognose beruht. Damit gewinnt auch die Berücksichtigung des zeitlichen Gesichtspunktes an Bedeutung, wie die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verdeutlicht, die unter Anwendung des Rechtsgedankens der Stichtagsregelung i m Stasi-Unterlagen-Gesetz betont, daß eine länger zurückliegende Tätigkeit als Indiz für einen Eignungsmangel grundsätzlich untauglich ist, da sich aus ihr kein verläßlicher Schluß auf die heutige Einstellung des Betreffenden zur freiheitlichen, demokratischen Grundordnung herleiten läßt. Zugleich gestattet es die Prognoseentscheidung jedoch nicht, nach der Art des begründenden Beamtenverhältnisses oder des zu übertragenden Amtes zu differenzieren, da die Verfassungstreue unteilbarer Bestandteil dieses Dienstverhältnisses ist. Da die Landesbeamtengesetze auf eine Regelung der besonderen Entlassungstatbestände des Einigungsvertrages weitgehend verzichtet haben, kommt eine Beendigung des Beamtenverhältnisses nur im Wege einer Rücknahme der Ernennung wegen arglistiger Täuschung in Betracht. Da Schutzgut der Rücknahmeregelung die Entscheidungsfreiheit der Ernennungsbehörde ist, kommt es für die Ursächlichkeit der Täuschung nur darauf an, ob die Ernennungsbehörde zum damaligen Zeitpunkt von einer Ernennung abgesehen hätte, nicht aber, ob eine Weiterbeschäftigung des Beamten untragbar erscheint. Mit der Rücknahme der Ernennung wird diese rückwirkend aufgehoben und die mit ihr begründete Rechtsstellung beseitigt. Gleichwohl kommt es in diesem Fall nicht zu einer Revitalisierung eines vorausgegangenen, privatrechtlichen Arbeitsverhältnisses. Dafür spricht eine sinngemäße Auslegung des § 10 I I I BBG und der entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften, da auch i m

232

E. Resümee

Falle eines wiederaufgelebten Arbeitsverhältnisses die Notwendigkeit einer analogen Anwendung beamtenrechtlicher Vorschriften auf der Grundlage eines faktischen, öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses bestehen bliebe. Überdies erfolgt die Ernennung zwar durch einseitigen Verwaltungsakt, ist jedoch in die Form einer empfangsbedürftigen Willenserklärung gekleidet, mit der der Betreffende ausdrücklich oder konkludent zum Ausdruck bringt, daß er mit seiner Ernennung und den damit verbundenen Rechtsfolgen, also auch dem Erlöschen des privatrechtlichen Arbeitsverhältnisses, einverstanden ist. In seiner Rechtsprechung hat das Bundesverfassungsericht mehrfach betont, daß die Feststellung mangelnder Eignung nicht allein aufgrund des Indizes einer früher innegehabten Funktion möglich ist, weil der Dienstherr dadurch von seiner einzelfallbezogenen Sachverhaltsermittlung freigestellt und eine Entscheidung treffen würde, ohne daß die Persönlichkeit des Bewerbers irgendeine Würdigung erfahren hat. Im Lichte des durch Art. 33 I I GG vorgegebenen Differenzierungsmaßstabs ist deshalb die gesetzliche Vermutung eines Eignungsmangels der in den Katalogen der § 6 III SächsBG und § 8 I I I ThürBG aufgelisteten Funktionsträger verfassungswidrig. Überdies enthalten die typisierenden Kataloge ohne sachlich erkennbaren Differenzierungsgrund bestimmte und voneinander abweichende Funktions- und Berufsgruppen. Die Wiedereinführung des Beamtenrechts im beigetretenen Teil Deutschlands war eine Bewährungsprobe für das Berufsbeamtentum, das trotz schwieriger Rahmenbedingungen erneut den Beweis erbracht hat, daß es in seiner hergebrachten Gestalt kein veraltetes Rechtsinstitut ist, sondern unverzichtbarer und tragender Bestandteil des demokratischen, gewaltengeteilten Rechtsstaates.

Anhang I: Verbeamtung von Bewährungsbewerbern in Thüringen

Das Zahlenmaterial beruht auf einer statistischen Erhebung, die i n Zusammenarbeit mit dem Thüringer Innenministerium durchgeführt wurde (Stand: 31.12.1996).

3

2

1

9

49

56

9^ 15^2 4,2

27 27

3

28/7

50

0

1

488

332 ljj9

0 34

70,4

100

100

28 51

-angelegenheiten2

0JB 0,13

Infrastruktur

9M 99JI 4

70^6

99

Justiz und Europa

290

[5J

6

Wirtschaft und

0

ministerium

55J 54

Kultus-

89,9

99

20

75 60

Staatskanzlei

95,T_

Ministerium für

34 54 15

595

5

Ministerium fflr

24

28

73 444 296

absolut

H34 2924

21

% der Beschäftigten

Komniunalverwaltiing

24/7 88 65

Polizei-(voll7.ugsdienst)

6

49 1

2^6 37^5 9

Ministerium fflr 21 76 6,6

18/75 6Z9 15

Soziales und

Ministeriumftlr Wissenschaft,

29

Gesundheit

13,4

Forschung und

9T2 0

]H

56 28

K7

6/70 33,07

ministerium

100

! 69

306 65

17

13 25,70

Finanz-

87^5

JA

34

10 14,49 37,78 459 12.77 1006

2

11

21

Rechnungshof

34

0

Kultur3

76

Dienst. Eine Aussage seitens des Thöringer Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur Ober die Anzahl der Bewährungsbewerber wurde nicht gemacht.

Eine Aussage in Prozenten konnte nicht gemacht werden. In der obersten Landesbehörde: höherer Dienst = Richter, gehobener Dienst = Staatsanwälte; mittlerer Dienst = Justizvollzug; im nachgeordneten Bereich: gehobener, mittlerer und einfacher Dienst, kein höherer

HötererDiensT™Gehobener Dienst Mittlerer Dienst

Mittlerer Dienst

Gehobener Dienst

HöhS^iensT"""™ Gehobener Dienst Mittlerer Dienst

Gehobener Dienst Mittlerer Dienst

H6h^rDieüü^

22

Höherer Dienst Gehobener Dienst Mittlerer Dienst

20^

47J 35,8

% der

Staatliche allgemeine Verwaltung Staatliche allgemeine Verwaltung Oberste 1 „indesbehörde nachgeordneter Bereich Oberste I .andesbehörde nachgeordneter Bereich absolut %der absolut %der absolut %der absolut %der Beschäftigten Beschäftigten Beschäftigten Beschäftigten Landtag Ministerium lllr Landwirtschaft. Naturschutz und Umwelt

0

65 34

Gehobener Dienst Mittlerer Dienst

MM

16

iSS^"

Innenministerium

Staatliche allgemeine Verwaltung Oberste Landesbehörde nachgeordneter Bereich absolut % der absolut % der absolut Beschäftigten Beschäftigten Beschäftigten

234 Anhang I

Landralsänrter Gemeinden Vervvaltungsgcnieinschaften Kreisfreie Städte

Kommunalvcrwaltung

Höherer Dienst Gehobener Dienst Mittlerer Dienst A 13 A 14 A 15 A 16 A 9 A I P A l l A 12 A 13 A5 A6 A7 10 4 1 116 71 57 19 1 19 20 63 31 5 6 3 46 45 49 13 4 18 24 58 36 17 4 5 14 2 - I 41 23 2 105 82 75 6 53 32 176 104 4

25 24

A8

A9

Anhang I

Anhang Q: Verbeamtung von Bewährungsbewerbern in Sachsen-Anhalt

Das Zahlenmaterial beruht auf einer statistischen Erhebung, die in Zusammenarbeit mit dem Ministerium des Innern Sachsen-Anhalt durchgeführt wurde (Stand: 31.12.1996).

Kommunale Dienstherrn

Landesdienst gesamt:

Ministerium der Justiz Ministerium der Finanzen Ministerium des Innern Ministerium für Arbeit, Soziales und Gesundheit Kultusministerium ~~ Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Europaangelegenheiten Ministerium für Raumordnung, Landwirtschaft und Umwelt Ministerium für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr Landesrechnungshof

Staatskan/.lci

Landtag

2611

136"

80 13543

153

1461 34

1596 902 8698 422"

23

Gesamt 38^

164

91

2525

1191

2 922

358 18

49

230 ÏÔ1

17 33

11

höherer Dienst 12_

15"

4946

85~

1094

279

326 446

76

62

1256

754Ö

5943

1118

~~[~2~

gehobener Dienst 26

42"

2

9

423

i

2

Ï35~

\35

mittlrer Dienst

einfacher Dienst

238 Anhang I I

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17 Schwanengel

Stichwortverzeichnis Abwicklung 98 f., 115

-Verwendung 171,174

Alimentation 115 f., 155 (siehe auch

Befähigung (siehe auch Bewährungsbe-

Besoldung und Versorgung) - Amtsangemessenheit 116 f, 155 f., 158,160 -Anspruch 117,159, 163, 170 -Maßstab 115 f., 156 f., 160

amter und Laufbahnbefähigung) -Befähigungserwerb 122, 124, 132,136 - Befahigungsvoraussetzungen 159, 162,177 Befugnisse, hoheitsrechtliche 96, 99,

-Unterhalt 116 f.

100f., 103 f., 108 (siehe auch Funkti-

Allgemeinwohl 31 f., 33, 68

onsvorbehalt)

Amt

Berufsbeamtentum

-Amtsbegriff 129 f., 152 f., 160

- Beseitigung 23 f., 25,29 f., 34 ff

-Amtsidee 30 f., 32

-Einführung 92 ff., 95 f.

-Amtsinhaber 32,129

- Geschichte 28 f., 90 f.

-Eingangsamt 131,142

- Institution 29 f., 31 ff, 90 ff.

-Beförderungsamt 122,142 ff., 163 f.

- Legitimation 90 f.

Anstellung 142 ff.

Besitzstände 92 ff.

Arbeitnehmer 194 f.

Besoldung 149 ff

Arbeitsrecht der DDR 50, 56, 58 f.

- Besoldungsanpassung 151,153

-Arbeitspflichten 52 f., 59, 66 ff., 70 f.

-Besoldungsdienstalter 165 ff.

-Arbeitsverhältnis 54, 58, 62 ff.

-Besoldungsniveau 154 ff., 166

-Arbeitsvertrag 50, 54 f., 58, 61 f.

-Besoldungsstruktur 160

Arbeitsverhältnis 216 ff.

-Besoldungszuschuß 158 ff.

Ausbildung 122,161 f.

Besoldungsgesetzgebung -Besoldungsordnungen 150 f., 153 f.

Beamtenkritik 90 f. Beamtenverhältnis

-Gesetzesvorbehalt 152 f.

- A r t e n 128, 132, 134 (siehe auch Probezeit)

Beurteilung 130,138

- Begründung 96 f., 104 f. -Berufung 122,125,132, 140,177,181

-Befähigungsprognose 120 ff, 131,

-Erlöschen 4 6 f . -Zugang 74, 98 f., 122,119 Beamter

-Bewährungsanforderungen 125 f.,

-Neutralität 32 f., 39,102 -Ruhestandsbeamter 174 f. -Unabhängigkeit 29 f., 116

17*

-Regelungskompetenz 149 f., 160 Bewährungsbeamter 98,118 ff 139 f. 128 ff., 131 - Bewährungsfeststellung 122 f., 139 ff. -Bewährungszeit 126 f. - Dienspostenbewährung 121,125 ff., 131

260

trtverzeichnis

-Probezeitbewährung 132 ff. Bewerber, anderer 121,134 Bezüge (siehe auch Besoldung und Versorgung)

Einigungsvertrag 75, 96 ff., 118,143, 180,208 ff. Entlassung -Probebeamter 208 f.

-Ruhegehaltsfähigkeit 170,172 f., 175 -Doppelanrechnung 174 Dienst, öffentlicher 74 f., 95, 97 f., 189 f.

-Entlassungstatbestände 134,180 f., 209 ff (siehe auch MfS-Tätigkeit) -Unzumutbarkeit 194,209 Entnazifizierung 37 f., 43 ff. Ernennung

- B e g r i f f 74 f. - Integrität 94,184, 188 ff., 201 -Zugang 74, 96 f., 117 f., 184 Dienstbehörde, oberste 123, 124 f., 140, 142,145

- B e g r i f f 159,217 - Rücknahme 213 ff, 216 f. -Voraussetzungen 97,126,177f., 181 Ernennungsbehörde 143

Dienstherr 124, 132, 166,205

Fortbildung

- Dienstherrnfähigkeit

- M o d e l l e 146 f.

102,166

Dienstpflicht 155

-Nachqualifizierung 122 f., 145 f.

Dienstposten 126,128 f., 142

-Prüfung 147 f.

Dienstpostenbewertung 129 f.

Funktionsträger der DDR 81 f., 168,

Dienstrecht 92 ff. -Einheitsdienstrecht 90f. Dienstrechtsreform 91 f., 103,114 f. Dienstüberlassung 102 f. Dienstverhältnis, öffentlich-rechtliches 32, 103,134,217 f. Diktatur des Proletariats 19,23,36 Disziplinarrecht der DDR 52 f., 59, 70ff

219 ff. - Differenzierungsgebot 191 f., 220 f., 223,225 - Leitungsfunktionen 169,220 f., 222,

226 - Typisierung 168 f., 181, 221 ff Funktionsvorbehalt 98ff,

107 ff., 117,

119 - B e g r i f f 100 f., 103,111

- Disziplinarbefugnis 53, 70, 72

- Regel-Ausnahme-Verhältnis 111 f.

- Disziplinarstrafen 53,70 f., 73 f.

- Reichweite 99, 102 ff, 108,110 ff. Fürsorgepflicht 140,172

Eignung 119, 131, 177,185 (siehe auch MfS-Tätigkeit) -Eignungprognose 130 f., 139,142, 185,196ff., 202,225 -Eignungsmangel 186,196,201 f., 219,

222 -Einzelfallprüfung 181,190 f., 195 f., 222 f. -persönliche 177, 185,198,200 f., 208 f., 219,222 Eingriffs-und Leistungsverwaltung 100,

Gesetzmäßigkeit der Verwaltung 29 f., 100 f. Gewaltenteilung 40, 91, 95 - Gewalteneinheit 20 f., 25, 34,40 f., 49, 58 (siehe auch Zentralismus) Grenztruppen der DDR 167 (siehe auch Wehrdienst) Grundgesetz -Entstehungsgeschichte 29 f., 110 -Erstreckung 91,119 f.

103, 109 (siehe auch Befugnisse, ho-

- Übergangsregelungen 94, 96,119f.

heitsrechtliche)

Grundrechte 103 f.

Stichwortverzeichnis Grundsätze, hergebrachte 90 f., 115,

261

- Verpflichtung 167, 187 f., 214 f. -Verschweigen 188 f., 191

119,155,177,202

-Verwertbarkeit 185 f., 187 f , 191 f. Hingabepflicht 155,217

-Wehrdienst 193 MfS-Unterlagen

Kader 80 ff.

- Akten des MfS 204 f., 206 f.

- B e g r i f f 80f.

- Dossier des Bundesbeauftragten

-Einsatz 82 f., 85 -Nomenklatur 28, 81 f., 83 f. - Qualifikation 84 ff - Rekrutierung 83, 85 Klassentheorie 22,25 Landesbeamtenrecht 104 f. Laufbahn 123,143 f. Laufbahnbefähigung 18 f., 123ff. ,133 (siehe auch Bewährungsbeamter) - E r w e r h 120,122 f., 133,145

198 f., 205 - Verwertbarkeit 198 ff, 205 Mitarbeiterverordnung 59, 66 f., 68 f., 71 f., 75 f. Organisationen (gesellschaftliche) der DDR 69, 79,220 Parlamentsvorbehalt 103,111 Partei, marxistisch-leninistische 24, 27 f., 42 (siehe auch SED)

-Gleichwertigkeit 123 f., 162

- Parteiapparat 28, 30, 38

-Laufbahnprüfung 132, 159, 161

- Parteibeschlüsse 26, 67, 69

Laufbahnprinzip 19,122 f., 143

Personal

Laufbahnverordnung 125 f., 135

-Fachpersonal 158 f., 160 f., 161 f.

Lebenszeitprinzip 31 f., 115,117,132 f.

- Personalgewinnung 98 f.

Legitimation, demokratische 33

Personalausschuß 135, 138 f., 143 f.,

Lehrer 107 ff (siehe auch Schule und Verbeamtung)

206 Persönlichkeitsrecht 189,204

Leistungsprinzip 117,19,160 f.

Privatisierung 102 f.

Leninismus (siehe auch Diktatur des

Probezeit

Proletariats) 23ff,

35 f.

Marxismus - Bürokratiekritik 20, 21 f. -Laienverwaltung 22 f. Menschenrechte 182 f. MfS-Tätigkeit 167,184 ff (siehe auch Sachverhaltsermittlung) -Anwerbung 190 -Auskunftsverlangen 188 ff, 191 f., 204 -Eignungsmangel 185 f., 191 f., 198

\22,132ff

-Anrechnungszeiten 136 ff. -Mindestzeit 135 f. -Verkürzung 136,137 ff. -Verlängerung 140 Recht, sozialistisches 25 f., 34, 56, 67 Rechtsstaatlichkeit 27,29 f., 104,179, 182 f. Remonstration 52 f., 68 f. Rückwirkungsverbot 178 f. Ruhegehalt 171,172 f., 175 (siehe auch Bezüge und Versorgung)

- Einzelfallprüfung. 192 f., 194 ff. - Finalität 167,187 f., 191,203

Sachverhaltsermittlung

- inoffizieller Mitarbeiter 193,197 f. - Mindeij ährige 194

-Amtsermittlung 204,215 - Beweis(Feststellungs-)last 206 f.

262

trtverzeichnis

- Beweiswürdigung 206

Täuschung, arglistige. 213 ff.

- Grenzen 207 f.

- Kausalität (Ernennung) 215 f.

Schule

- Täuschungshandlung 214 f.

-Lehrtätigkeit 108,109

-Täuschungswille 214

-Schulgesetze 108 f.

Teilzeit 114 ff.

-Schulverhältnis

lllf.

SED (siehe auch Parteibeschlüsse) - Führungsrolle 25,26 f., 30,41, 69

- Antragsteilzeit 115 f. - Zwangs- (Einstellungs-) teilzeit 114 f., 116 ff.

(siehe auch Partei, marxistisch-

Totalitarismus 20

leninistische)

Treueverhältnis 15,175,177,202 f.

-Mitgliedschaft 27,219 f.

(siehe auch Verfassungstreue)

- Personalpolitik 27 f., 38 f., 40 f., 80, Verantwortung, persönliche 68 f.

82 ff. Sonderkündigungsrecht 98

Verbeamtung 105 ff, 135

Sonderversorgungssysteme 173

- G e b o t 96 f., 119

Staat, sozialistischer 19 f., 23 f., 30, 34

-Konzepte 106 f.

-Instrumentalisierung 19 f., 27

- Lehrer 107ff.

Staatsapparat 23, 76,, 79 f.

Verfassung der DDR 49, 51, 60

- A u f b a u 36 f., 50 f., 76 ff.

Verfassungstreue 177 f., 179 f., 190,

- doppelte Unterstellung 51, 77

232 (siehe auch Eignung)

-Organe

- hergebrachter Grundsatz 177,202 f.

Staatsbedienstetenverhältnis 30, 32,42,

- einfachgesetzliche Maßstäbe 178,

52 (siehe auch Arbeitsrecht der DDR und Kader)

185, 200 f., 219

- Beendigung 63 f. - Begründung 54, 56, 61 Jf., 226 -Doppelnatur 54ff., 58 - Rechtscharakter 42 f., 49, 54, 56, 65 - Sonderrechtsverhältnis 52, 57, 65 (siehe auch Mitaibeiterverordnung) Staatsbediensteter - B e g r i f f 54, 75 ff., 82,166 -Pflichten 52 f., 66 f., 68 -Qualifikation 85ff,

180 f, 185, 197,219 - Einstellungsvoraussetzung 178,181,

131 f.

Staatskontinuität 47 Staatslehre, sozialistische 25, 34 f., 50, 67 Staatsvertrag 95 f. Staatswissenschaftler 86 f. Stalinismus 30, 81 Systemloyalität 30, 33 f., 65,, 67 f., 223 Systemnähe 168 f., 181,220 f.

- MfS-Tätigkeit 185 f.196 f., 201 f f Verhältnismäßigkeit 180, 189, 190 f., 199 Vermutung, gesetzliche 195,201,225 Versorgung

169 ff.

-Anspruch 171 f., 173 f., 175 -Mindestversorgung 173 -Übergangsregelungen 170 ff. -Versorgungsbezüge 174 -Versorgungsrecht 169 ff. -Wartefrist 170 Vertrauensschutz 179 Verwaltung, öffentliche - Aufbau (-hilfe) 170 - B e g r i f f 74 f., 102 -Handlungsformen 102 f. Verwaltungsrecht der DDR 57 f. Völkerrecht 182

Stichwortverzeichnis Volksfrontpolitik 35 Vorbereitungsdienst 134

Wehrdienst i n der DDR 167,193 (siehe auch MfS-Tätigkeit)

Vorbildung 127 f., 131

Weisungsrecht 67 ff.

Vordienstzeiten 126f., 137, 165 f.,

Willkürverbot 160 ff., 224 ff.

172 f. Zentralismus 25, 51 f., 77 Wahlbeamte, kommunale 171 f.

263