Die Welt am Anfang : zum Verhältnis von Vorwelt und Weltentstehung in Gen 1 und in der altorientalischen Literatur 9783788716196, 3788716193

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German Pages 362 [189] Year 1997

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Die Welt am Anfang : zum Verhältnis von Vorwelt und Weltentstehung in Gen 1 und in der altorientalischen Literatur
 9783788716196, 3788716193

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Wissenschaftliche Monographien zum Alten und Neuen Testament

Begründet von Günther Bornkamm und Gerhard von Rad

Michaela Bauks

Die Welt am Anfang

In Verbindung mit Erich Gräßer und Bernd Janowski herausgeg eben von Ferdinand Hahn und Odil Hannes Steck

Zum Verhältnis von Vorwelt und Weltentstehung in Gen 1 und in der altorientalischen Literatur

74. Band

1997

Neukirebener Verlag

Neukirchener Verlag

Michaela Bauks Die Welt am Anfang

C

1997 Neukirdu.-ner Verlag des Eniehungsvcrcins mbH. Neukirchen-VIuyn

Verlagsgesellschaft

Alle Rechte vorbehalten Umschlaggestaltung: Kurt Wolf(, Düsseldorf Satz und Druckvorlage: Michaela Bauks Gcsamtherstellung: Breklumcr Druck�rei Manfred Siegel KG Printed in Germany- ISBN

3-7887-1619-3

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheiuaufnahmt'

Bauks, Michaela: Die Welt

am

Frau Prof. Dr. Marie Louise Henry gewidmet

Anfang: zum Verhältnis von Vorwelt und

Literatur Neulcirchen-VIuyn: Neukirchener Verl 1997

Weltentstehung in Gen 1 und i n der altorientalischen I Michaela Bauks.

-

.•

(Wissenschaftliche Monographien zum Alten und Neuen Testament; Bd.

74)

Zugl.: Heidelberg, Univ

..

ISBN NE:GT

J-7887-1619-3

veränd. Diss., 1995

VORWORT

Die vorliegende Arbeit ist die überarbeitete und stark gekürzte Fassung der unter dem gleichen Titel von der Theologischen Fakultät der Universität Heidelberg im Sommersemester 1995 angenommenen Dissertationsschrift. Die Tatsache, daß die Arbeit vorwiegend die ersten drei Bibelverse behandelt, könnte den Eindruck erwecken, daß es ein Leichtes war, sich im Umfang zu beschränken und sich des Themas in relativ kurzer Zeit zu bemächtigen. Doch dem vorliegenden Band hätte man ohne Weiteres drei weitere Bände anfügen können. In einem zweiten Band hätte man die Traditionsgeschichte noch weitaus detaillierter illustrieren können, wie es in der eingereichten Fassung auch der Fall gewesen ist, die dem interessierten Leser über Mierefiche zugänglich ist. Diese Illustrierung mußte aus Gründen des Umfangs gekürzt werden. Außerdem hätte es weitaus mehr zur Rezeptionsgeschichte der alttestamentlieben Stellen im neutestamentlichen, jüdischen und frühchristlichen Schrifttum zu sagen gegeben. Diese Beschäftigung habe ich mir schweren Herzens untersagen müssen. Zuletzt wirft natürlich die philosophie- bzw. theologie- und dogmengeschichtliche Dimension des Themas Fragen auf, die ich den entsprechenden Kol­ legen in der Hoffnung überlasse, exegetisch gute Vorarbeit geleistet zu haben. Zu danken habe ich an erster Stelle meinem Doktorvater Prof. Dr. B. Janowski. Er war es, der mich auf die Fährte dieses spannenden und in vielerlei Hinsicht anregenden Themas gesetzt und die Doktorarbeit mit stets gleichem Einsatz beispielhaft betreut hat. Er war mir wichtiger »Lehrer« und Kritiker zugleich. Ihm danke ich auch für die Aufnahme der Arbeit in die Reihe WMANT. Die in Harnburg 1988 in Angriff genommene Arbeit hat eine eigene Geschichte, in der noch andere »Lehrer« wie auch Kollegen, Kom­ militonen und Freunde durch ihre Gespräche Spuren hinterlassen haben. Ich kann sie nicht alle nennen. Sie seien an dieser Stelle aber wenigstens dankbar erwähnt. In besonderem Maße haben sich jedoch dieses auf lnterdisziplinarität und Austausch angewiesenen Projekts angenommen der alttestamentliche Zweitkorrektor Prof. Dr. Man­ fred Weippert (Heidelberg), sowie der Ägyptologe Prof. Dr. Jan

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VIII

Vorwort

Assmann (Heidelberg) und der Assyriologe Prof. Dr. Karlheinz Deller (Heidelberg). Die drei Genannten haben durch Gespräche und eigens zum Thema eingerichtete Seminare nicht unerheblich zur profunden Einarbeitung in die fachübergreifende Materie beige­ tragen und mich darüber hinaus in philologischen Fragen beraten. Auch ihnen möchte ich nochmals herzlichen Dank sagen. Für zahlreiche Gespräche und Diskussionen möchte ich Frau Angelika Berlejung (Heidelberg) und Herrn Wolfgang Hüllstrung (Tübingen) danken. Ohne das umsichtige und kenntnisreiche Korrekturlesen der Abgabefassung durch Frau Comelia Weber (Heidelberg) wäre die vorliegende Druckvorlage sicherlich noch um einige Fehler und Mißverständnisse reicher. Für einen letzten Korrekturdurchgang und die mühevolle Überarbeitung des Registers habe ich Herrn Markus Saur (Erlangen!Montpellier) zu danken. Das Buch ist der ersten Professorin für Altes Testament in Deutsch­ land, Frau Prof. Dr. Marie Louise Henry (Hamburg), gewidmet, die ich in meiner Hamburger Zeit kennengelernt und in vielerlei Hinsicht als Vorbild empfunden habe.

Montpellier, im Januar 1 997

Michaela Bauks

INHALT

V o r w o r t . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII A) Einleitung: Zur Fragestellung und Methodik der Arbeit........................... I. Einführung in das Thema . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Exegetische Probleme und Vorgehensweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B) Auslegungs- und Forschungsgeschichte von Gen 1 , 1 -3 ......................... I. Zur Auslegungsgeschichte . . . . . . .. . . .. . . . .. . . .. . . . .. . . . . . . .. . . . .. . ... . . .. . . .. . .. . . 1 . Gen 1 ,2 und die Schöpfung aus präexistentem Urstoff .................. 2. Gen 1 ,2 und die Schöpfung aus dem Nichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Das nicht-ontologische Verständnis von Gen 1 ,2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ... II. Zur Forschungsgeschichte . . . ... . .. . . .. . . . . . . . . . . . ...... . ... . . . .. . ...... . . . . . . ... I. Anfänge der historisch-kritischen Forschung.............................. 2. Die Reaktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Erste Ansätze religionswissenschaftliehen Denkens ..... . . . . . .. . ... . ..... 4. Höhepunkt der Literarkritik .................................................. 5. Babel-Bibel-Streit ...... . . . . . . ... . . . .. . .... . ....... . .... . ... . . ....... . ..... . . . . 6. Religionsgeschichtliche Schule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Im Umfeld der Dialektischen Theologie . ..... . . ...... . ... . . ...... . ... . .... . 8. Heilsgeschichte versus Religionsgeschichte die Heidelberger Antipoden . . . . . . . . . . . . . . . . ..... . .... . ......... .... . ... . . . . . . a) G. von Rad ................................................................. b) C. Westennano ............................................................ 9. Neuere Ansätze zum Verständnis von Gen 1 ,2 ........... . ........ . . . . . . . . a) W.H. Schmidt .............................. ..................... ....... ... b) O.H. Steck ................................................................. c) E. Zenger . . . ..... . . . .. . . . . .............. . . .. . . . .. . . .. . . ... . . .. . . .. . . .. . . . . . . III. Zusammenfassung.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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C) Syntaktisch-semantische Untersuchungen zu Gen 1 , 1 -3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 I. Zur Textgeschichte von Gen 1 , 1-3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 II. Syntaktische Struktur von Gen 1 , 1 -3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 1 . Das hypotaktische Übersetzungsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 a) Das dreigliedrige Modell (Protasis- Parenthesis- Apodosis) ... . . . . 70 b) Das zweigliedr!ge Modell (Protasis- Apodosis) .. . .......... . . ..... . . 73 2. Das parataktische Ubersetzungsmodell .... . . . ................ . ... . .. . . ... . . 76 a) Gen 1 , 1 -3 als drei unabhängige Hauptsätze ....... . . . .. . . . . . .. . . ....... 77 b) Gen I, 1 als Hauptsatz mit Gen 1 ,2 als hypotaktisch untergeordnetem Temporalsatz .......................... 7 9 c) Gen l, 1 als eingliedriger Naminalsatz mit asyndetischem Attributivsatz....................... ................. 8 1 a) Syntaktische Analyse .................................................. 83 ß) Fazit ..................................................................... 85

Inhalt

X Exkurs I: Einleitungen zu hebräischen Erzählungen durch

überschriftartige Mottoverse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 3. Die syntaktische Struktur von Gen 1 , 1 -3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 m. Terminologie und Semantik von Gen 1 ,1-3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 1 . Grundsätzliche Erwägungen zur Semantik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 2. Zur Semantik von Gen 1, 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 a) n•t:)tot"):;I 93 b) 1'11:::1 99 Exkurs 2: Verben des Schaffens im Hebräischen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 c) r;�::r1 o:ot;;i:J. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 07 3. Zur Semantik von Gen 1,2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1 0 a) 1i1!:l) 1i1i'l . . . 111 b) l!\ih 1 18 c) t:liilrl und t:l'tiliJ . . 122 d) o·;f,� n)1 . . . . . . 1 27 a) t:l"H'?� n)1 im Alten Testament . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 27 ß) iTJii: m1 im Alten Testament. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 28 'Y) 1111 im Schöpfung skontext.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 29 ö) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 3 1 E) t:l'iJ'?�S 1111 i n Gen 1 ,2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 4. Die semantische Struktur von Gen 1,1-3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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D) Religion sgeschichtliche Untersuchungen zu Gen 1,1 -3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ...... 147 I. Relevanz des religionsgeschichtlichen Vergleichs für die Deutung von Gen 1 ,1-3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 1 . Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . 150 2. Ägyptische Traditionen in Gen 1 ,1-3? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 II. Parallelen und Differenzen in altägyptischen Weltentstehungsaussagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 1 . Formgeschichtliche Aspekte: Negative Bestimmungen der Vorwelt- Zu den altägyptischen »Als-noch-nicht«Formulierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 55 2. Motivgeschichtliche Aspekte: Die altägyptischen Aussagen zur Vorwelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . 1 60 a) Die Achtheit von Hermopolis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 a) Hermopolis als Ort der Urschöpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 63 ß) Das Wesen der Achtheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 69 b) Die Selbstwerdung des Urgottes Atum in Heliopolis als Voraussetzung für Kosmos und Geschichte . . . . . . . . . . . . . .. . 173 c) Die Entwicklung vom Urgott als vorweltlicher Größe zum transzendenten Gott im thebanischen Amunkult.. . . . . . . . . ....... 179 3. Systematik der vorgeschöpfliehen Welt. . . . . . . . . .. .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 84 a) Die verbreitetsten Topoi der Vorwelt . . . . . . . . . . .. . . .. . . .. . . . . . . . . . . . . . . . 185 a) Die einzelnen Topoi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 ß) Das »erste Mal« (sp tpj) als Schöpfungsbeginn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 b) Vorweltschilderungen als »Negation des Kosmos« . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 Exkurs 3: >>Chaos« und Vorwelt in der altägyptischen Literatur . . . . . . 196 c) Anmerkungen zum altägyptischen Weltbild . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . 200 m. Parallelen und Differenzen in mesopotamischen Weltentstehungsaussagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 1 . Formgeschichtliche Aspekte: Zur Funktion von Einleitungssätzen in Texten mythischen Inhalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 1 1 a) Erzählanfänge mit temporalem Nebensatz (enüma) in mythischen Texten . . . . . . . . . . . .. ... ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . .... ... 211 b) Weitere Belege von enüma >>als« in kosmogonem Kontext.. ....... 2 1 8

Inhalt

XI

c) Z �m _Yorko�en anders strukturierter temporaler Emlettungssatze am Textbeginn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . 220 d) Zu den »Als-noch-nicht«-Formulierungen in mesopotarnischen Texten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 2. Motivgeschichtliche Aspekte: Die mesopotarnischen Aussagen zur Vorwelt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 a) S umerische Weltentstehungstexte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 a) Aus Nippur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 ß ) Aus Eridu . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 Exkurs 4: Theogonien und Götterlisten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 'Y) Sumerische Vorwelt- und Weltentstehungsmotivik . . . . . . . . . . . . . . 241 b) B abylonische und assyrische Weltentstehungstexte unter besonderer Berücksichtigung des Enüma elis . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 a) Die Göttertriade Anu - Enlil - Ea als schöpferische Einheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 ß) Zum Motiv der genealogischen Abstammung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 Exkurs 5: Theogonie und Theomachie in antiker Mythologie . . . . . . . . . 247 'Y) Zum Motiv der Trennung von Himmel und Erde . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 ö) Zum Motiv des >>Chaoskampfes« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 1 Exkurs 6: Das Chaoskampfmotiv in norwestsernitischen Texten . . . . . . 254 E) Schöpfung und Weltentstehung in Enüma elis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 c) Die assyrische Rezeption von Enüma elis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 a) Die assyrische Version von Enüma elis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 ß) Die sogenannten Mardukordale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 'Y) Die Königsinschriften Sanheribs . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 3. Systematik der vorgeschöpfliehen Welt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 1 a) Die lmplikationen der Uruk-Nippur-Theologie und der Eridu-Babylon-Theologie für die Vorweltthematik . . . . . . . . . . . . . . 262 b) Anmerkungen zu den mesopotarnischen Weltbildern . . . . . . . . . . . . . . . . 265 IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 E) Vergleich der alttestamentlichen Vorweltaussagen mit den altorientalischen Texten. : . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Formgeschichtliche Uberlegungen zu den Erzählanfängen kosmogoner Texte im Alten Orient und im Alten Testament . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 . >>Al s-noch-nicht«-Aussagen in Ägypten und Mesopotamien ............ 2. Erzählanfänge mit Vorweltaussagen in altorientalischen und alttestamentlichen Texten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Exkurs 7: Ee. I,1 �.8 - Gen 1 ,2 - Gen 2,5 f - Prv 8,24-26 . . . . . . . . . . . . . . II. Motivgeschichtliche Uberlegungen zu den Vorweltaussagen im Alten Orient und im Alten Testament . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I . Vorweltgrößen als schöpferische Potenz . . . . .. . . . . . . . . .... . . . . .. . . . . . . . . . . a) Die Bedeutung der nJ1 in Gen 1 ,2 im Vergleich mit altorientalischen Topoi . ... . .. . . .. . . .. . . . . . . . . .. . . .. . . . .. . . . . . . . . . . . . Exkurs 8: Amun und die hermopolitan. Achtheit (�rnn.t) als Modell für Gen 1 ,2? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Urgottheiten als aktive schöpferische Prinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vorweltgrößen als Ausgangspunkt für die Weltwerdung . . . . . . . . . . . . . . . a) Nun - Apsfi Oiiir'J . b) Finsternis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Theogonien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vorweltgrößen als materielle Grundlage der Weltwerdung . . . . . . . . . . . . . a) Trennung von Himmel und Erde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Schöpfung als Differenzierung von Wasser in Himmel und Erde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . -

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269 270 270 275 276 279 279 280 282 286 287 287 292 295 296 296 299

Inhalt

XII 4. Zum Verhältnis von Weltschöpfung und

Kosmogonie in altorientalischen Texten . a) Die Umschreibungen für den Schöpfungs- bzw. Weltbeginn . b) Zur Funktion und zum Sitz im Leben von Weltentstehungsaussagen

..... . . .. . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . .

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306

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A) Einleitung: Zur Fragestellung und Methodik der Arbeit

F) Abschließende Überlegungen zu Gen 1 , 1-3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 1 1 Literaturverzeichnis Register

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321 353

Selon Ia premiere idee, l'univers entier doit former une masse solide et indivisible; selon Ia seconde, il ne doit former qu'un fluide epars et incoherent, sans qu'il soit jamais possible que deux atomes se reunissent. Sur quelle direction se fera ce mouvement commun de toute Ia matiere? Sera-ce en droite ligne, en haut, en bas, a droite ou a gauche? Si chaque molecule de matiere a sa direction particuliere, quelles seront !es causes de toutes ces directions et de toutes ces differences? Si chaque atome ou molecule de matiere ne faisait que toumer sur son propre centre, jamais rien ne sortirait de sa place, et il n'y aurait point de mouvement communique; encore meme faudrait-il que ce mouvement circulaire ftlt determine dans quelques sens. Donner a Ia matiere le mouvement par abstraction, c'est dire des mots qui ne signifient rien; et lui donner un mouvement determine, c'est supposer une cause qui le determine. Plus je multiplie !es forces particulieres, plus j'ai des nouvelles causes a expliquer, sans jamais trouver aucun agent commun qui les dirige. Loin de pouvoir imaginer aucun ordre dans Je concours fortuit des elements, je n'en puis meme imaginer Je combat, et le chaos de l'univers m'est plus inconcevable que son harmonie. Je comprends que le mecanisme du monde peut n'etre pas intelligible a l'esprit humain; mais sitöt qu'un homme se mele de l'expliquer, il doit dire des choses que les hommes entendent. *

I.

Einführung in das Thema

Seit Menschengedenken ist die Frage nach dem "Vorher" von Welt und Leben gestellt und je nach kulturellem Kontext beantwortet worden. Während die christliche Theologie die Frage in dem Glaubenssatz zuspitzt: Der biblische Gott ist souverän und allmächtig. Folglich handelt er voraussetzungslos und ohne jegliche Bedingtheit!, scheinen die alttestamentlichen Texte davon auszugehen, daß dem göttlichen Schöpfungshandeln ein vorweltlicher Zustand (Vorwelt) JEAN-JACQUES ROUSSEAU, Emile ou de l'education, Livre 4 (Profession de foi du vicaire savoyard), Paris 1966, 356f. 1 Vgl. BEYSCHLAG, Grundriß der Dogmengeschichte I, 62.12 1 .

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2

Einleitwzg: Zur Fragestellung und Methodik der Arbeit

vorgegeben ist, ohne daß die göttliche Allmacht und Souveränität angezweifelt würde. Wie Rousseau es dem aufklärerischen Vikar in den Mund legt, so scheint auch der alttestamentliche Mensch die Weltordnung nicht ohne die Vorstellung einer voranstehenden Nicht­ ordnung gedacht zu haben. Er entspricht in seiner Ausdrucksweise dem kulturellen Erwartungshorizont seiner Zeit, indem er die Rede von der Vorwelt neben den Ausschließlichkeitsanspruch Gottes stellt. Der Beginn des priesterschriftlichen Schöpfungsberichts (bes . Gen 1,2) dürfte als das prominenteste Beispiel zur Illustration dieses Ge­ dankens im Alten Testament gelten. Deshalb dient Gen 1 ,1-3 als Ausgangspunkt und Zentrum der vorliegenden Untersuchung. Traditionellerweise ist in diesem Kontext vom »Chaos«2 die Rede. Dabei handelt es sich um einen unpräzisen Sammelbegriff für das, was ungeordnet, unsichtbar, nichtig oder lediglich negativ konnotiert ist. 31ii::l11iin (Gen 1,2) gilt als hebräisches Äquivalent. Dem in der Tat schwer zu übersetzenden Hendiadyoin wird die Übersetzung »Chaos« aber keineswegs gerecht. Das bei Resiod erstmals belegte griechische Substantiv xaoc; »infinite space; unformed matter« oder auch »infinitive darkness« 4 charakterisiert einen anfänglichen Zustand, aus dem heraus sich Kosmo­ gonie und Theogonie entwickeln.5 Bereits die frühe Wirkungs- und Auslegungs­ geschichte des Chaosbegriffs bei Resiod läßt eine abstrahierende Bedeutungs­ verschiebung erkennen. Während der Begriff bei Resiod kosmisch-raumzeitlich im Sinne von Leere als Unendlichkeit und Ewigkeit6 verwendet wird, deutet Aristoteles ihn lediglich als leeren Raum.? Die Stoiker begreifen Chaos als etwas Fließendes bzw. Sprühendes8 im Sinne von Unbestimmtheit, Formlosigkeit oder Unordnung.9 Eine Synthese dieser Vorstellungen bilden die Eklektiker, indem sie das Chaos als 2 So bereits GUNKEL, Schöpfung und Chaos, 17f. l 37ff. Vgl. DERS., Art. Chaos, RGGI, 1 6 19f, und DERS., Art. Chaos, RGG2, 1485f; Zur Begriffsge­ schichte s. HÜLSEWIESCHE, Chaos; Zur Problematik des Begriffs vgl. auch GÖRG, Art. Chaos, 363f. 3 Wakeman (Art. Chaos, 143) gibt folgende Definition: »Chaos is a state of utter confusion, totally lacking in organization or predictability. It is the antithesis of cosmos«. 4 So LIDDELL I SCOTT, Greek-English Lexicon, II, 1976. Als etymologische Ableitungen kommen die Verben xa>Schöpfung und Chaos«, bes. 4f .l6ff, in Folge von F. Delitzsch, der die mesopotamischen und biblischen Schöpfungserzählungen auf eine einzige Quelle zurückgeführt hat (so in seinem Nachwort zu SMITH, Chaldäische Genesis, 30Sf). so Solche Einflüsse lassen sich vor allem archäologisch und ikonographisch für die SBZ, EZ I und II nachweisen; s. dazu zuletzt KEEL I UEHLINGER, Göttinnen. Diese Ergebnisse lassen sich aber auf die Geschichte der biblischen Literatur nicht ohne weiteres übertragen. Diese Annahme diente den Vertretern der Religionsgeschichtlichen Schule als Ausgangspunkt. Als das prominenteste Beispiel zur Auseinandersetzung über die

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10

Einleitung: Zur Fragestellung und Methodik der Arbeit

Augenfällige Parallelen ergeben sich aus dem Vergleich der aus un­ terschiedlichen Epochen und Kulturen stammenden Texte mit dem biblischen Material.52 Diese betreffen nicht nur die Motivgeschichte (zur Funktion von Wasser, Wind und Finsternis etc. in kosmogoni­ schen Texten), sondern auch formgeschichtliche Merkmale.53 Wie werden im alten Orient Vorweltaussagen sprachlich realisiert: entweder als Kontrastschilderungen zur Lebenswelt (im Sinne von »als-noch-nicht-war«) in negierten Aussagesätzen oder als knappe Zustandsschilderungen der vor dem Welt- bzw. Schöpfungsbeginn vorhandenen Qualitäten? Für beide Konstruktionsweisen lassen sich im Alten Testament Beispiele finden.54 Diese Überlegungen führen zu folgender Vorgehensweise und Gliederung der Arbeit: Im Anschluß an diese Einleitung (A.) folgt eine Darstellung der theologisch-systematischen Implikationen, die den Diskussionsrahmen dieser Arbeit bilden (B.). Die Auslegungsgeschichte von Gen 1,1-3 steht weitgehend im Zeichen der Lehre von der »creatio ex nihilo«. In einem ersten Kapitel (1. ) geht es darum, den Prozeß der Ausbildung dieser Lehre aufzuzeigen und ihre Aporien für die altte­ stamentliche Textauslegung zu verdeutlichen. Es werden die drei möglichen hermeneutischen Herangehensweisen an die Vorwelt­ thematik besprochen. In einem ersten Kapitel geht es um den Ausgangspunkt der Schöpfung aus präexistenten Stoffen, in einem zweiten um den der Schöpfung aus dem Nichts. Mit beiden handelt es sich um ontologisch orientierte Denkansätze. In einem dritten Kapitel wird die Möglichkeit einer nicht-ontologische Sichtweise vorgestellt, die den altorientalischen und alttestamentlichen Vorstellungen sehr viel näher zu sein scheint. Darauf folgt ein Kapitel (II.) zur alttesta­ mentlichen Forschungsgeschichte. In ihr zeichnen sich zwar frühzei­ tig Tendenzen ab, die der dogmatisch beeinflußten Textauslegung zu­ gunsten einer historisch-kritischen bzw. religionsgeschichtlich orien­ tierten Exegese zu entgehen suchen, aber in der Regel wurde ein re­ ligionsgeschichtlicher oder systematisch-theologisch ausgerichteter Ansatz verfolgt.55 Eine Arbeit, die sich den alttestamentlichen Vorstellungen von Vorwelt sowohl systematisch-theologisch als auch religionswissenschaftlich zuwendet, blieb bislang ein Desiderat. Der sich daran anschließende exegetische Teil der Untersuchung (C.) beschäftigt sich mit der Textgeschichte sowie mit der syntaktischen und der semantischen Struktur von Gen 1 , 1-3. Die Entwicklung, Q.ie literarische Abhängigkeiten und Überlieferungswege im Alten Orient darf der Babel­ Bibel-Streit gelten. S. dazu unten, 44ff. 5 2 S. besonders Gen l , l-3 und 2,4b-7, Prv 8,22ff, Ps 90,2 und Ez l 6,4f, aber auch 4Esra 6, l ff. Vgl. dazu SCHMIDT, Schöpfungsgeschichte, 78 m. Anm. 2. 5 3 Vgl. dazu ausführlicher bereits WESTERMANN, Genesis, 58-64 u.ö. 5 4 So i n Gen 1,2; Gen 2,5f; Prv 8,24-26; s. unten Exkurs 7. 5 5 Als Ausnahme seien hier die Monographien von Schmidt und Westermann sowie ansatzweise von Zenger genannt. S. dazu unten, 55ff.

Exegetische Probleme und Vorgehensweise

11

der Text in den Targumim, der LXX und bei den in der Hexapla des Origines gesammelten Textzeugen56 nimmt, scheint eine bestimmte �yntaktische Struktur zu favorisieren, die noch heute die verbreitetste Ubersetzung darstellt. Nicht weniger bedeutsam sind diese Text­ �.eugen für das Verständnis einiger semantischer Probleme in der Ubersetzung. Die eigentliche Exegese verfahrt traditionsgeschichtlich.57 Ausgangs­ punkt für die Untersuchung ist die Beobachtung, daß mit der Vorweltmotivik in Gen 1,2 und der syntaktischen Struktur von Gen 1 , 1 -3 ein »geprägter Sachverhalt«ss vorliegt, ohne daß auf eine literarische Abhängigkeit oder die Aufnahme eines Überlieferungs­ stücks geschlossen werden könnte. Mittels Begriffsexegese59 wird versucht, die Intention des Textes im Rekurs auf das gesamte prie­ sterschriftliche Textkorpus, auf andere alttestamentliche und sonstige altorientalische Parallelen zu erschließen. Dieser Befund darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß den Aussagen in Gen 1, 1-3 eine sehr spezielle Intention zukommt, die als der eigentliche Beginn der Wirkungsgeschichte von traditionell Vorgegebenem anzusehen ist60 und somit eine eigene theologische Bewertung erwarten läßt. Die Vorgaben beziehen sich nicht nur auf die Semantik und Motivik, son­ dern auch auf die Form. Von daher ist im Rahmen dieser Arbeit die formgeschichtliche Untersuchung ebenso wichtig.6 I Die vorliegende Arbeit verzichtet auf die Untersuchung möglicher Vorstufen von Gen l , die vor der Textabfassung als mündlich oder schriftlich überlieferte Textab­ schnitte eingeflossen sein mögen. So versuchen vor allem die der überlieferungs­ geschichtlichen und der literarkritischen Methode verpflichteten Untersuchungen, den syntaktischen und hermeneutischen Problemen in Gen l , l -3 mittels Textkor­ rekturen beizukommen. Indem man die grammatisch nicht regelkonform gesetzten Partikel oder ganze Versteile eliminiert, versucht man, einen schlüssigen lite­ rarischen Text zu generieren.62 Im Rahmen dieser Untersuchung wird deutlich wer-

56

Die Vf.in beschränkt sich hier auf die Auflistung der für diesen Text bedeutsamen Textzeugen. S. dazu unten, 65-68. 57 Zur Definition und Abgrenzung (von Überlieferungs- und Redaktions­ geschichte) vgl. STECK, Exegese, l27ff m. Anm. 128. 5 8 Steck (aaO: 125) definiert folgendermaßen: »Gleiche Denkstrukturen begegnen _ Wieder ... , gleiche geprägte Bilder .. , gleiche geprägte Themen . , glei che Themenensembles und nicht zuletzt gleiche Wortensembles, die einer geprägten Fachsprache anzugehören scheinen« (Hervorhebung im Original). 59 Vgl. STECK, Tradition und Theologie, 93f; DERS., Exegese, l30f. 6 0 Hierauf weist STECK, Schöpfungsbericht, 228ff zurecht hin; vgl. DERS . , Exegese, 129 m. Anm. l 36. 61 Vgl. dazu KOCH, Formgeschichte, 3-20; vgl. auch STECK, Exegese des AT, 96- 123. Während die formgeschichtliche Methode bei Gunkel und Koch in Kombination mit der Überlieferungs- und redaktionsgeschichtlichen Untersuchung gesehen wird, verbleibt diese Arbeit im traditionsgeschichtlichen Rahmen. 62 S z.�. Schmidt (Schöpfungsgeschichte, 75f), der in seiner überlieferungs­ ? geschichtlichen Untersuchung Gen 1 , 1 der späteren Interpretation und V.2 der .

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Einleitung: Zur Fragestellung und Metlwdik der Arbeit

den, daß solche - stets im Hypothetischen verbleibenden - Eingriffe in den Text zu dessen inhaltlicher Plausibilisierung gar nicht nötig sind. Deshalb folgen wir der an­ deren methodologischen Prämisse, von der Einheitlichkeit des masoretischen Textes ausgehend, eine durchgängige Komposition anzunehmen und nach bestimmten Formelementen Ausschau zu halten.6 3 Demgemäß stellen sich für diese Arbeit fol­ gende Fragen: Wie sehen � Erzählanfange in anderen biblischen Texten aus? In welchem Kontext finden sich Vorweltschilderungen und wie sind sie sprachlich realisiert?

Angesichts des geringen Textumfangs von drei Versen kann es bei der formgeschichtlichen Untersuchung von Gen 1, 1-3 nicht um eine Gattungszuweisung gehen64, sondern lediglich um die Untersuchung der sprachlichen Gestaltung von Vorweltschilderungen in einem be­ stimmten Motivkomplex. Zieht man die anderen alttestamentlichen Belege zu Rate, fallen die Negativformulierungen auf, in denen Vorwelt als Kontrastbild zur Schöpfung (im Sinne von »als . . . noch nicht war«) dargestellt wird. 65 Mit ihnen liegt eine formal auffällige Konstruktion, respektive eine Formel vor. Vergleicht man damit Gen 1 ,2, fällt die sehr viel geringere Formelhaftigkeit auf, da es sich in dem Vers nicht um eine »Als-noch-nicht«-Formulierung66, sondern um eine inhaltlich negativ gestaltete Vorweltschilderung zu handeln scheint.67 Da beide Phänomene in Prv 8,24ff im Kontext einer Vor­ weltschilderung hintereinander vorkommen, kann von der Äqui­ valenz der Konstruktionen ausgegangen werden. 68 Einen weiteren Untersuchungsgegenstand bilden Textanfänge im Alten Testament. Wie sehen die Buchanfange aus? Kennt die hebräi­ sche Literatur Überschriften oder Mottoverse?69 Welche grammati­ schen Konstruktionen werden verwendet, wenn an einem Textanfang

Tradition zuzählt; und Zenger (Gottes Bogen, 1 85), der Gen 1,2c streicht, da die Motivik dieses Teilverses in die - mit der Lebensmotiv von Gen 1 kontrastierenden - Chaosmotivik in V.2 nicht zu passen scheint (aaO, 8 1 ff). S. zuletzt auch LEVIN, Tatbericht. 6 3 Siehe als Untersuchung zum Thema bereits STECK, Schöpfungsbericht. 64 Koch unterscheidet in diesem Kontext in Glied- und Rahmengattungen. Zu den Gliedgattungen als Subkategorie gehören z.B. Formeln als »die kleinsten Ausprä­ gungen sprachlicher Einheiten«, die >>fast stets größeren Gattungen zu- oder einge­ ordnet« werden müssen (aaO, 29; s. auch 6), in diesem FaJI in die Gattung der Schöpfungstexte. 6 5 So in Gen 2,4bff; Prv 8,22ff. 66 Dazu vgl. ausführlich WESTERMANN, Genesis, 59-64.86-88; vorher schon GRAPOW, Welt vor der Schöpfung, 37 mit Bezugnahme auf Gen 2,4bff. 67 Vgl. auch Jes 45, 1 8 und Hi 26,7. 6 8 Kritisch äußert sich STECK, Schöpfungsbericht, 224 m. Anm. 920, der in Gen 1 , 1-3 und 2,4b-7 keine Parallele sieht und auch die Passage Prv 8,22ff außen vor läßt. S. dazu unten Exkurs 7. 69 In den Literarischen Katalogen werden sumerische Texte stets und akkadische Texte häufig mit ihren Anfangsworten zitiert. Vgl. dazu VON SODEN, Mottoverse.

Exegetische Probleme und Vorgehensweise

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ein Beginnen thematisiert ist?7o Anband dieser Untersuchung ist wei­ terer Aufschluß zur syntaktischen Struktur von Gen 1, 1 zu erwarten. Um das Vergleichsmaterial für die Vorwelt- und Schöpfungs­ schilderungen zu erweitern, ist es sinnvoll, die vorderorientalische Traditions- und Formgeschichte mitzuberücksichtigen (D). Denn im gesamten alten Orient bilden Vorweltaussagen einen festen Topos. Sie finden sich in sehr verschiedenen literarischen Kontexten und weisen unterschiedliche formale und motivliehe Ausprägungen auf. Diese Differenzierung ergibt für die religionsgeschichtlichen Unter­ suchungen folgende Gliederung: Das jeweils erste Kapitel der religionsgeschichtlichen Untersuchun­ gen (D.II. und III.) hat die sprachliche Realisierung der Vorwelt­ aussagen zum Gegenstand. Auch in den altorientalischen Vergleichs­ texten lassen sich eindeutige Formmerkmale erkennen. Von besonde­ rem Interesse sind die Beobachtungen zu den Anfangen kosmogoner Texte in Mesopotamien - dieser Topos fehlt in den ägyptischen Tex­ ten ganz -, die struktural und sprachlich Rückschlüsse auf Gen 1, 1-3 zulassen. Das zweite Kapitel behandelt die Motivik von Vorweltaussagen. Welche Götter und kosmischen Größen, welche Handlungsabläufe werden geschildert, um die Kosmogonie vorzubereiten? Der auswertende Teil der Arbeit (E.) mündet in einen Vergleich bib­ lischer, ägyptischer, mesopotamischer und griechischer Vorweltschil­ derungen hinsichtlich ihrer sprachlichen und motivliehen Ausge­ staltung. Hieran schließt sich die Frage nach der Intention der Vor­ weltschilderung in dem jeweils eigenen Kontext an. In Teil F, dem Schluß der Arbeit, werden die Ergebnisse in ihrer Relevanz und Anwendbarkeit auf Gen 1, 1-3 hin untersucht. Den ersten Bezugsrahmen der vorliegenden Untersuchung bilden Schöpfungs- und Weltentstehungstexte, welche wiederum in eigene Kontexte gestellt sind. Sie haben meist legitimierende Funktion in Toten- oder Königstexten, in Sukzessionsmythen oder Herrschafts­ apologien. Das priesterschriftliche Geschichtswerk unterscheidet sich von ihnen durch einen demokratisierten Zugriff, indem es - unter Aussparung des Königs oder eines religiösen Vermittlers - die Geschichte des von der Vernichtung bedrohten und in seinen Grundfesten erschütterten Volkes Israel in eine direkte Relation zu seinem Gott stellt. Trotz dieser Differenz ist auffällig, daß die altorientalischen Religionen wie auch Israel keine Schöpfungslehre als Analogon zur Gottes- bzw. Götterlehre ausgeprägt haben. Immer wenn Schöpfung und Weltentstehung thematisiert werden, geschieht das nicht um der Anfänge selbst, sondern um der Bestätigung der vorliegenden Weltordnung willen. 70

Z.B. Jer 26, 1 ; 27, 1 ; 28, 1 ; 49,34; Hos 1 ,2 etc., aber auch Gen 2,4bff; 5,1 .

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Zur Auslegungsgeschichte

B) Auslegungs- und Gen 1,1-3

Forschungsgeschichte von

15

1. Gen 1 ,2 und die Schöpfung aus präexistentem Urstoff Ihren Ursprung hat die Vorstellung von der Schöpfung aus bereits vorgegebenem Urstoff im Platonismus (4.Jh.v.Chr.). In Platons Timaios ist die Rede von der Güte des 6TJ 1.nou pyos, der »alles [nahm,] was sichtbar war und keine Ruhe hielt, sondern in ungehöriger und ordnungsloser Bewegung war, und führte es aus der Unordnung zur Ordnung, da ihm dieser Zustand in jeder Beziehung besser schien als jener«2.

I. Zur Auslegungsgeschichte Gen 1 , 1-3 hat eine breite Auslegungs- und Wirkungsgeschichte er­ fahren, die von apokryphen Schriften', über Joh 1 , 1 im Neuen Testament, die frührabbinischen Schriften bis in die Alte Kirche und die mittelalterliche Theologie hinein reicht. An dieser Stelle können nur die drei hermeneutischen Grundmodelle für das Verständnis der drei Anfangsverse der B ibel vorgestellt werden. Im ersten Modell ist die Frage nach dem der Schöpfung präexistenten Urstoff gegeben. Gen 1 wird allgemein verstanden als ein Schöp­ fungsbericht, demgemäß Gott aus den in Gen 1 ,2 vorgegebenen Dingen die Welt gestaltet. Es stellt sich die Frage, auf welchem gei­ stesgeschichtlichen Hintergrund diese Vorstellung erwachsen und auf den ersten Schöpfungsbericht übertragen worden ist. Desweiteren ist zu untersuchen, ob dieses Modell auf Gen 1 anwendbar und ob das Verständnis von Gen 1,2 als Vorweltmaterie dienlich ist. Das zweite Modell hat im Gegenzug zu dieser Anschauung, an die sich die Frage nach der Ewigkeit der Materie und nach der Allmacht Gottes anschließt, eine Konzeption entwickelt, die die systematische Theologie mit der Formel von der »creatio ex nihilo« umschreibt. Dieses Modell war über Jahrhunderte hinweg das beherrschende. Es soll aufgezeigt werden, wo der Ursprung dieser Formel liegt und inwieweit sie auf alttestamentliche Texte überhaupt anwendbar ist. Zuletzt bleibt zu untersuchen, inwieweit nicht beide Konzeptionen an der Aussageabsicht des alttestamentlichen Textes vorbeizielen. Wenn dem so ist - das zu untersuchen, ist Gegenstand dieser Arbeit -, bleibt aufzuspüren, in welchen Traditionen sich ein alternatives Ver­ ständnis andeutet und wie dieses die Intention von Gen 1,2 im Einzelfall wiedergibt.

Wie z.B. 4Esr 5,56-6,6 und Jub 2, 1-3; vgl. dazu STECK, Schöpfungsbericht, 291 -318.

Dieser Gott schafft daraus zuerst die Ideenwelt und nach deren Abbild die sichtbare Welt.3 �s darf als sehr wahrscheinlich gelten, daß dieser Gedanke dem Ubersetzer(kreis) der Genesis-LXX4 zugrunde lag, die den hebräi­ schen Text folgendermaßen wiedergab: 2 � 8€ y� �V 1 : 1 'Ev apxu ETIOtl]CJEV b 9EOS' TOV oupavov Kat T�V y�v. a6paTOS' Kat a.KaTaCJKEUaCJTOS', Ka'i. CJKOTOS' ETiavw T�S' d:ßuooou, Kat nvEÜfla 9Eoü ETIE>Ideenwelt versus sichtbare Welt« an1 8 und weist zu­ dem noch innertextlich auf das in Gen 1,7ff geschilderte Geschehen hin: die Erde wird gleich dem Meer aus dem Urgewässer herausgebildet. l 9 Der zweite Begriff ist eine deutliche Anleihe an die platonische Weltentstehungsvorstellung, >>daß die Welt aus einem anfanglieh chaotischen Zustand in den der Ordnung und Harmonie über­ führt werden muß, wobei die Harmonie der unsichtbaren Welt das Vorbild dar­ stellt«2o. Damit überzeichnet LXX die ursprüngliche Aussageabsicht, das Noch­ Nicht hervorzuheben und unterlegt dem Text eine Deutung, die auf ein Schöpfungsgeschehen in zwei Akten hinzielt: In einem ersten Schritt wird >>ge­ macht«21, was in einem zweiten Schritt »herausgetrennt«22 werden muß. Somit wird eine Kontinität zwischen Gen I ,2 und V.7ff hergestellt. Schwierig ist an Rösels Deutung, daß er V.2 als einen Hinweis auf die von Gott geschaffene Materie ansieht23 , die dem Schöpfungswerk zugrundeliegt, jedoch noch ungeformt ist.

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der Ideen geschaffen (vgl. Gebrauch von notEt v gemäß dem platonischen Textvorbild) und erst im zweiten Teil geht es um die materiale Welt. 1 4 Denn der Begriff beschreibt einen handwerklich-technischen Vorgang, der die Materie voraussetzt; vgl. FOERSTER, aaO, 1023.1025. 1 5 Das erste Wort kommt in LXX sonst nur an zwei weiteren Stellen vor, in Jes 45,3 + 2 Makk 9,5, während es für das zweite keine weitere Belegstelle - weder in der LXX noch im NT - gibt. Vgl. REHKOPF, Septuaginta-Vokabular, 29.9. Anders Schaller (Gen 1,2, 9ff.44ff), der davon ausgeht, daß die Wendung >>nicht den Einfluß der platonischen Ideenleere auf die LXX wider[spiegelt] , sondern . . . auf eine ältere Deutungstradition zurück[geht], die zu übersetzen wäre: >Die Erde aber war noch nicht erschienen, weil sie aus dem Chaos von Gott noch nicht gestaltet war< « (aaO, 10). 1 6 So HARL, La Bible d'Alexandrie, 87. 1 7 Übersetzung, 31ff. 1 8 S. bei Platon und Philon; vgl. dazu WEISS, Untersuchungen, 35-38; KRANZ, Die griechische Philosophie, 209f. 1 9 Josephus (Ant. I,27) deutet diesen Gedanken um in die Unsichtbarkeit wegen Dunkelheit; s. unten, 22. 20 So RÖSEL, Übersetzung, 33 mit Hinweis auf Platon, Tim. 30a. 21 nodw »schaffen, machen, verfertigen u.a.«. S. dazu oben, Anm. 13f. 22 c5taxwp{'w >>gänzlich absondern, trennen«; vgl. dazu RöSEL, Übersetzung, 37ff. 2 3 AaO, 33. Auch Harl (aaO, 87) weist auf die Möglichkeit eines solchen Verständnisses hin und sieht es bereits in dem o\Je€v bei Aquila und Theodotion und in 2Makk 7,28 angelegt. Vgl. dazu aber die minutiöse Widerlegung dieser ange-

-

Auslegungs- und Forschungsgeschichte von Gen 1, 1-3

18

Somit deutet sich seiner Meinung nach in LXX die Vorstellung der »creatio ex ni­ hilo« bereits an. 24 Denselben Gedanken äußert Börner-Klein, indem sie als eine mögliche Textdeutung zuläßt, »daß Gott in einem ersten Schöpfungswerk die Erde als Plan entwarf und den Plan anschließend ausführte«. Als zweite Möglichkeit räumt sie jedoch ein, »daß die Erde zunächst aufgrund ihrer Unförmigkeit und der sie umgebenden Finsternis unsichtbar gewesen ist«25, ein Gedanke, der sich ja auch bei Josephus belegt findet. Gerade wegen der Nähe der LXX zum Platonismus er­ scheint uns diese zweite Interpretation, die von der Schöpfung auf der Grundlage von präexistenten Dingen ausgeht, wahrscheinlicher. 26 Gestützt wird diese Annahme durch die Übersetzungen von Aquila und Symmachus, die beide den Aspekt des Leeren bis hin zum Nichtigen betonen. 27 Zudem ist es von der ge­ samten Komposition Gen l -2 LXX her unwahrscheinlich, daß der Schöpfergott in drei Phasen schafft: zuerst die Materie (V . 1f)2 8, darauf die Ideenwelt (Gen l ,3-2,7 LXX) und zuletzt die vorfindliehe Welt (Gen 2,8ff LXX), wobei sich der Übergang von Phase 2 zu 3 formal durch den Wechsel des Schöpfungsverbs begründen läßt. 29 Ein ähnliches Indiz fehlt jedoch für die Einteilung in Phase 1 und 2.

uKoTos-30 kann neben der allgemeinen Bedeutung »Dunkelheit« auch für die in der Toten- und Unterwelt bestehende Finstemis3 1 stehen. Im übertragenen Sinne liegt auch die Bedeutung Blindheit, Unklarheit3 2 vor. So bemerkt Rösel richtig : »Die Dunkelheit vor Beginn der Schöpfung läßt sich so als dem Leben unzuträgliche Finsternis verstehen, die durch die Taten Gottes verdrängt werden muß«33. nommenen Doppeldeutigkeit durch Weiss (Untersuchungen, 36). Die Weltbildung bei Platon und Phiion erscheint als das Zusammenfügen eines dem Demiurgen vorgegebenen Stoffes (vgl. auch aaO, 63.74). 2 4 AaO, 32. 2 5 Tohu und Bohu, 6. 26 So auch HARL, La B ible d'Alexandrie, 87. Sie weist auf Tim. 5 1 a und Sap Sal 1 1 , 17 als Parallelen hin, wo von einer präexistenten Materie ausdrücklich die Rede ist. - In diese Richtung weist auch Philos und Josephus' Interpretation des mosai­ schen Schöpfungsberichts (s. unten, 21 m. Anm. 46f); vgl. dazu NODET, F. Josephe, 10 m. Anm. 7 und zuletzt PAUL, Recit, 1 3 1 . 2 7 Sei es im Sinne des Nichtvorhandenseins der Materie, so z.B. Aquila: KEVW�J.a Kat ou6EV »leerer Raum und nichts« oder Symmachus apyov Kat a6taKplTOV »roh und ungeschieden« im Sinne der noch unbearbeiteten Materie; vgl. dazu HÖRNER­ KLEIN, Tohu und Bohu, 6f. Zu Theodotions Übersetzung KEVOV Kat ov6Ev »leer und nichts« s. unten, 3 1 f. 2 8 Rösel spricht nicht von drei Phasen, sondern sieht in Gen 1 , I f eine »Überschrift für das in der Folge geschilderte Schöpfungsgeschehen«, deren Sinn darin liegt, die Unvollkommenheit der von Gott geschaffenen Erde hervorzuheben (aaO, 35). Eine Annahme, die uns sehr hypothetisch erscheint, zumal das Imperfekt von dvat auf einen Zustand hinweist; vgl. HARL, La Bible d'Alexandrie, 87. 29 S. oben, Anm. 13. 3 0 Vgl. CONZELMANN, Art. oKoTos etc., 424-446, bes. 429-43 1 . 3 1 Vgl. CONZELMANN, Art. oKoTos etc., 429. S. dazu auch unten, 1 8 8f zu äg.

I

II

kkw sm3w.

32 33

Vgl. CONZELMANN, ebd. RöSEL, Übersetzung, 33.

Zur Auslegungsgeschichte

19

aßuuuoc;

heißt eigentlich »Tiefe« und ist erstmals in diesem Kontext (vgl. auch Gen 7 , 1 1 LXX; 8,2 LXX) im kosmologischen Sinn als Masse der Urgewässer eingeführt worden.34 nvEu 11-a hat von vornherein die Konnotation »Wind, Luft, Lebens­ hauch, göttliche Präsenz«, entspricht also dem hebräischen Vorbild (vgl. Philo) und außerdem dem Prinzip der Stoa, daß Luft und Feuer die W eltbeweger sind. Rösels Meinung nach verbirgt sich hier »eine selbständige göttliche Macht. . . , die als Grundvoraussetzung für die folgende Schöpfung auf das Wasser gelegt wird«35. Den zentralen Gegenstand der Konfrontation bildet also der Platonismus.36 Er wurde von den späthellenistischen Philosophen seit dem 1 . Jh.v.Chr. wiederentdeckt wegen seines kosmologischen Ge­ dankenguts, das über den Gedanken der uuts- als einer der Welt innewohnenden Natur hinausweist. Platons Timaios war die einzig bekannte Kosmogonie. Die seit dem 2./l.Jh.v.Chr. aufkommende Pla­ tonrenaissance37 bot die Voraussetzung für erste kosmologische Kon34 Vgl. JEREMIAS, Art. aßuoooc:;, 9 (mit Belegstellen); vgl. dazu auch HARL, La Bible d'Alexandrie, 87 und RÖSEL, aaO, 34 m. Anm. 25. 35 AaO, 33; vgl. ähnlich HARL, La Bible d'Alexandrie, 87. Für diese Deutung spricht auch das Imperfekt im griechischen Text anstelle des Partizips in V.2bß

(MT).

36 Daß es den Platonismus als uniforme Bewegung bereits in der Antike kaum gegeben hat, zeigt die Untersuchung von DÖRRIE, Von Platon zum Platonismus. ­ Görg weist darauf hin, daß auch ägyptische Spätzeitkosmogonien die LXX beeinflußt haben dürften; vgl. DERS ., Ptolemäische Theologie, und Zur Rede, 144ff. Zur Kritik vgl. RÖSEL, Übersetzung, 33f m. Anm. 23.25. 37 Das Problem dieser Renaissance war die Rezeption der platonischen Werke. Die noch z.Zt. Platons gestiftete »Akademie« brachte sich selbst in die Defensive. Durch die methodologische Reduzierung der platonischen Lehre auf den Kernsatz, daß positive und negative Argumente einander aufheben, wurde auf ein inhaltliches Konzept verzichtet. Somit war die Akademie unfähig, auf aufkommende Fragen zu reagieren (DÖRRIE, Von Platon zum Platonismus, 1 5f). Nach dem Alexander­ feldzug und der damit verbundenen Aufgabe der attischen Vormachtstellung ver­ lagerte sich der kulturelle Schwerpunkt nach Alexandrien, wo das Museion gegrün­ det wurde, das jedoch mehr auf praktisch ausgerichtete Disziplinen versiert war, wodurch eine Ablösung des platonischen Weltbildes zugunsten von Aristoteles unabwendbar war. Erst im 2./ l . Jh. entstand hier eine rein philologisch begründete Edition der platonischen Schriften bei jedoch weiter anhaltender Platonpolernik. Erst die Stoiker Panaitios und Posidonios griffen gedanklich auf Platon zurück (vgl. dazu U. GRONAU, Posidonius und die jüdisch-christliche Genesisexegese, Leipzig/ Berlin 19 14, I. 193ff). Das besondere, ja beinahe ausschließliche Interesse galt dem Timaios. Problematisch ist der Überlieferungsweg: man berief sich nicht auf die platonischen Schriften selbst, sondern nahm Vorlieb mit den Doxographien (vgl. Doxographie graeci, hg. von H. DIELS, Berlin 1 879). Somit war viel Raum für das Mißverstehen der platonischen Schriften bzw. einer Standardisierung des Platon­ verständnisses gegeben. Dörrie nennt hier als Beispiel die Aufnahme der Drei­ Prinzipien-Lehre (Demiurg - Idee - Materie), die in den Handbüchern insofern ver­ kürzt wiedergegeben worden ist, als die Zweckgebundenheit der Schöpfertat - näm­ lich zum Guten (Tim. 29e) - außer acht gelassen wurde, was ein sehr mechanisti-

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zeptionen, die im Neoplatonismus ihren Höhepunkt fanden.3 8 LXX und andere Textzeugen dürften in reger Auseinandersetzung mit dem platonischen Gedankengut gestanden haben. .. LXX und die drei in der Hexapla überlieferten Ubersetzungen39 vermitteln ein zweifaches Bild des Verständnisses von Vorwelt. LXX und Symmachus verstehen die Vorwelt recht konkret als noch nicht geordneten Lebensraum bzw. als brachliegendes Land. Aquila und Theodotion hingegen formulieren abstrakter und betonen den Zu­ stand der Nichtigkeit und Unbewohnbarkeit. Anleihen an die »creatio ex nihilo«-Vorstellung fehlen ganz.4o >>Die uns zugängliche Literatur des hellenistischen Judentums bringt die Vorstellung von einer creatio ex nihilo zumindest nicht direkt zum Ausdruck. ( . . . ) Die Problematik des Kausalprinzips (>aus nichts wird nichts>bis hin zur Generation Plotins, der Timaios den Platonismus prägte; den eigentlichen Aufbruch in eine Ontologie, die alle Anschaulichkeit abstreifte, vollzog erst Plotin« (DÖRRIE, Von Platon zum Platonismus, 45). Dieser Wandel hatte eine Hinwendung zum Transzendenten zur Folge, der wiederum aufs Engste einherging mit den gnostischen Bewegungen in der frühchristlichen Zeit. Somit sind der Neo­ platonismus wie das frühe Christentum als zwei Fluchtlinien zu sehen, deren Ziel es ist, sich von den wie auch immer ausgerichteten gnostischen Bewegungen abzu­ grenzen und das eigene System überlebensfähig auszugestalten. Die in der gemeinsamen Polemik angelegte Zweckgemeinschaft hat zur Folge, daß eine Grenz­ ziehung zwischen neuplatonistischem und altkirchlichem Denken äußerst prekär war. Andererseits weist der Neoplatonismus über das heterogene Weltbild von Bibel und Platonismus hinaus, wenn er die Welt aus Emanation entstanden als Theophanie ansieht (LANDMANN, Weltschöpfung, 1 48 ; vgl. auch WOLFSON, Meaning, 208ff: die Schöpfung der Welt erfolgt aus dem Nichts durch den Vater). 3 9 Vgl. dazu oben, Anm. 9. 1 1 .27. 4 0 Anders RöSEL, Übersetzung, 35. S. dazu oben, 1 8 m. Anm. 24. 4 1 Schmuttermayr (Schöpfung aus dem Nichts) stellt aufgrund semantisch­ syntaktischer (Unterschied von ouKI!lTi öv/ov'fa und der Stellung von Präposition und Negation [21 8]) sowie kontextueller Untersuchungen (Belege in biblischer oder patristischer Literatur [21 9ff]) heraus, daß die vorliegende Stelle kein Nachweis für die >>creatio ex nihilo« ist. Die Formulierung 2Makk 7,28 lege nahe, daß ein >>Gegensatz in Gedanken ergänzt werden muß«, der sehr wohl an die Formulierung in Gen 1 ,2 denken läßt: >>nicht aus seienden, vorfindliehen (Einzel-)Dingen (Plural !), sondern aus im Sinn von Gen 1,2 Vorgegebenem ist die Welt geschaffen worden« (224). Das entsprechende Problembewußtsein zeigen auch WOLFSON,

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Ein weiterer Vertreter der jüdisch-hellenistischen Bewegung ist Philo von Alexandrien (ca. 20/10 v.Chr.-45 n.Chr.).44 Er zitiert 'Ev a pxfj ETTOlTJcreatio ex nihilo« ist; kritisch äußert sich dazu LORETZ, Schöpfung und Mythos, 8 1 . 4 2 Sap Sal 1 1 , 1 7 ist nach Schaller (Gen. 1 ,2, 79) als jüdische Polemik gegen das Heidentum zu verstehen, die in sachlicher und formaler Ähnlichkeit zu Rö 1 , 20-23 steht. Die Stelle wird von der traditionellen katholischen Dogmatik als Schriftbeweis für die »creatio ex nihilo« angeführt (E:e a11-opideale« Schöpfung � ersten Tag findet sich in dem Fehlen der Ordnungszahl in V.3; es wäre nach Phll o zu übersetzen: das war ein Tag, und nicht: das war der erste Tag. In Folge der



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unterscheidet auf der Textgrundlage von Gen 1 ,2 (als »unsichtbare Welt«) hier, wie oben beschrieben, in einen KooiJ.oc; VOT)Toc; (»Welt der Ideen«) und in einen Koo �oc; o\hoc;/ ai.oEIT) Toc;/ 6 paToc; (»reale Welt«). In Anlehnung an Platons Timaios (Tim 37d-38b) interpre­ tiert er das 'Ev cipx-Q gegen die weitverbreiteteso zeitliche Deutung numerisch als »zuerst schuf Gott«5I mit der Begründung, daß die Zeit mit oder erst nach der Weltschöpfung geschaffen wurde (Op. Mund. 26t). Eine alternative Deutung, die Gen 1 als Synthese von rabbinischem und hellenistischem Gedankengut interpretiert, liefert Josephus (37/38- 1 00 n.Chr.)5 2 . In seiner Übertragung von Gen 1 , 1 - � 53 ve�­ wertet er einerseits eine Reihe hellenistisch beeinflußter Begnffe w1e ÜA.T) (1,28); u E T woo p (1,30); OT) IJ.t ou pyEt V (1,32) und KOO IJ.oc; (1,33), andererseits brin�t er auf erzählerischer Ebene im Sinne der rabbi�i­ schen Exegese Änderungen an, indem er nicht mit LXX und Ph1lo die Aussage der Unsichtbarkeit der Erde gemäß der platonisch-dua­ listischen Anschauung deutet, sondern in Gen 1 ,2 die Verborgenheit der Erde in der Tiefe der Finsternis sieht.54

( 1 . 1 5f; 1 . 36). Philo gibt auch eine genaue Reihenf�lge der Werke de� idealen Schöpfung: Die Erschaffung a) des unkörperlichen H1mm�ls; b) der unsichtbaren _ Erde; c) der Idee der Luft; d) des leeren Raumes (Fmsterms und Abgrund); e) der unkörperlichen Substanz des Wassers; f) des Lufthauches : g) der Idee des Lichts (dem Modell für die Sonne und die lichtspendenden Gestirne) (1 .29). Besonders hervorgehoben sind der Lufthauch (durch die Bezeichnung als »Hauch Gottes«) sowie das Licht (durch die Billigungsformel) als das Abbild der göttlichen Vernunft ( 1 .30). Zu der Frage, ob in Philos Werk - die Art der Trennung von Licht u�d Finsternis betreffend - eine andere kosmogonische Anschauung zum Vorschem kommt; vgl. VON MUTIUS, Trennung, 32-34. 49 SASSE, Art. KO>denn in ihm (sc. dem 1iin) ist keine Wirklichkeit« (ROTTZOLL, aaO, 43). 7 0 Der Begriff der Materie fehlt bei Ibn Esra; vgl. dazu und zum Vorausgehenden SIMON, Geschichte 104ff; vgl. auch ROTTZOLL, aaO, XXXI. 7 1· Wenn auch von einer noch älteren Tradition auszugehen ist; s. dazu SCHÄFER, BERESIT, 163 mit �inweis auf Mech p. 50s. (n'rziMi::J �i::J c·m�) als Korrektiv zu der hypotaktischen Ubersetzung, da sie den Textsinn in Richtung des Nacheinan­ ders verschiedener Schöpfungstaten verdeutlicht und Gott als den Verursacher herausstellt; vgl. auch ROTTZOLL, aaO, XVII-XX. S. dazu unten wie folgt.

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Auslegungs- und Forschungsgeschichte von Gen 1, 1 -3

Somit hat Raschi den in der rabbinischen Auslegungsliteratur häufi­ ger angedeuteten Sachverhalt von der Weltschöpfung aufgrund von Vorhergegebenem philologisch untermauert und akzentuiert.n 2. Gen 1 ,2 und die Schöpfung aus dem Nichts

Das Unbehagen gegenüber der oben genannten Schöpfungsvor­ stellung beruht darauf, daß dem allmächtigen Gott das Material für seine Schöpfung vorgegeben ist. Das kann sowohl eine Einschrän­ kung seines Handeins zur Folge haben, als auch eine dualistische Gegenmacht voraussetzen, gegen die er sich zu beweisen hat. Der allmächtige Gott droht in seiner Freiheit beschnitten zu sein. So definiert G. Gloege73 die Rede von der »creatio ex nihilo« folgen­ dermaßen: Die dogmatische Formel »Schöpfung aus nichts« »ist primär Gottesprädikation«. a) Sie »sichert Gottes strenge Transzendenz gegenüber der Welt [ . . . ]. Gott ist weder (ontologisch) Weltgrund, der die Einheit der Welt verbürgte; noch (kosmologisch) Weltursache, die die folgenden Ursachenketten begreiflich machte; noch (metaphysisch) Weltbaumeister, der aus vorgegebenem oder er­ zeugtem Material das All verfertigte.« b) Sie »Sichert des S.rs Welt-Überlegenheit gegenüber der S .. [Gen 1 ist doxologisches Interpretament des ersten Gebotes Ex 20,2f in Form berichtender Sage.]« c) Sie »sichert des S.rs Welt-Zugewandtheit zu seiner S.« - Gottes Schaffen als »Akt grundloser Güte«.

Zudem betont Gloege, daß die Wendung »keineswegs das >nichts< zum negativen Etwas« macht, sondern »eine Gott vorgegebene >Urmöglichkeit< gerade als >Unmöglichkeit«< ausschließt. Die Formel »creatio ex nihilo« ist jung. Sie findet sich in den drei monotheistischen Offenbarungsreligionen74, ist jedoch in den bibli­ schen Texten noch nicht gegeben. Vielmehr handelt es sich um eine Lehre, die ihren Ausgangspunkt in der altkirchlichen Polemik gegen­ über den andersdenkenden religiösen Bewegungen (Gnosis und Judentum) genommen hat. Es geht in ihr um die Sicherung der abso­ luten Freiheit des Schöpfers. Nach D. Winston ist die Lehre von der »creatio ex nihilo« von Islam und Christentum im Gegenzug zum Hellenismus und zur Emanations­ lehre ausgebildet und von da aus ins jüdische Denken übernommen 7 2 Hier zeigt sich bereits zu einer Zeit, als die Formel der »creatio ex nihilo« ihren

Höhepunkt fand, ein erster Ausweg aus dem vorgegebenen dogmatischen Muster. 73 Art. Schöpfung, 1485f. 7 4 Koran, s. bes. Suren 6, 1 -3; 7,54-57; 1 5 , 1 6-25; 1 6,3- 1 6; 4 1 ,9- 1 2; 55, 1 -30; vgl. auch BUSSE, Die theologischen Beziehungen, 68ff, sowie MAlER, Geschichte, §30, 263ff sowie auch WOLFSON, Meaning, bes. 2 10ff zur Auslegung des »ex nihilo« im Kalam im Sinne von a) Schöpfung der Welt aus einem Urstoff (in Anlehnung an Plotin), b) Schöpfung der Welt aus einem idealen Stoff.

l Iicreatio ex nihilo< meint zunächst nur die souveräne Allmacht Gottes [ . . . ]. Erst später tritt die Abgrenzung gegen die platon. Lehre von der Schöpfung aus amorpher Materie hinzu«.93

Durch die Auseinandersetzung mit dem Hellenismus hat eine Polarisierung stattgefunden. Es galt, die Entscheidung im Rahmen der Ontologie zu treffen zwischen einem omnipotenten Schöpfergott, der aus dem Nichts schafft, und einem Demiurgen, der aus der ewi­ gen, präexistenten Materie die Welt formt. Die christliche Auslegung hat - entsprechend den Vorgaben der Gotteslehre - die polyvalente Aussage von Gen 1,2 (MT) im Sinne der »creatio ex nihilo« präzi­ siert. Das Handeln Gottes in Gen 1 wurde als ein mehrphasiges Geschehen innerhalb der Schöpfung verstanden. Gott ist derjenige, der die der Welt zugrundeliegenden Stoffe schafft und in einem zweiten Schritt ordnet. Somit liegt eine Fortsetzung des platonischen Gedankens der Erschaffung der Welt als Ideenwelt und deren Neu­ ordnung durch den Demiurgen vor, mit dem Unterschied aber, daß die präexistenten Stoffe wie auch die Welt von Gott geschaffen sind. 3. Das nicht-ontologische Verständnis von Gen 1 ,2 Wie Kapitel 1 gezeigt hat, ist in der Forschung immer wieder ange­ deutet worden, daß bereits die hellenistisch geprägte Ausle­ gungstradition94 von Gen 1 ,2, die landläufig als das platonische Erbe vom Vorhandensein eines präexistenten Urstoffes gilt, gleichsam Tendenzen zur »creatio ex nihilo« aufzuweisen scheint.95 Wie bereits kurz skizziert, ist die Rede von der Schöpfung aus dem Nichts jedoch als ein späteres geistesgeschichtliches Phänomen anzusehen. Zu untersuchen ist, warum die »creatio ex nihilo« immer wieder im GESE, Johannesprolog; BULTMANN, Johannes, 6ff, der jeglichen überlieferungs­ geschichtlichen Zusammenhang zwischen Joh 1 , 1 ff und Gen 1 , 1 ff bzw. Prv 8,22ff bestreitet. - Einen kurzen Überblick zur neutestamentlichen Exegese von Gen 1 -3 erhält man bei FOERSTER, Art. Knt;;w , 1 027- 1 034. 9 2 LoRETZ, Schöpfung und Mythos, 78f; LANDMANN, Weltschöpfung, 158. 9 3 BEYSCHLAG, Grundriß 1 , 62 m. Anm. 13. 94 Wie ungenau die Unterteilung in hellenistische und palästinische bzw. rabbinische Auslegungstradition ist, haben Weiss (Untersuchungen, 1 6f) und Rengel (Judentum und Hellenismus, 1 9 1 ff) hervorgehoben. 95 S. dazu oben, Anm. 23.

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Kontext der hellenistischen und frühjüdischen96 Literatur geltend gemacht wird. In der Auseinandersetzung mit der seit Platon im kosmologischen Kontext verankerten Rede vom Urstoff und dem sich seit Aristoteles etablierten Materiebegriff und der daraus erwachsenen Ontologie97 scheint es nahezu unmöglich zu sein, eine vor-ontologische Sichtweise einzunehmen. Die immer wieder begegnende Terminologie, die vom Übergang des Nichtseienden zum Sein redet, darf in diesem geistes­ geschichtlichen Stadium nicht abstrakt verstanden werden. Vielmehr handelt es sich um eine Aussage über das Noch-nicht-Vorhandensein eines Zustands. Die häufig zitierten Passagen9B sind keinesfalls im Sinne eines Nichtvorhandenseins der Materie zu verstehen. Für das Nichtseiende gibt es verschiedene Umschreibungen, so z.B. Resiods Chaos als Kluft zwischen Himmel und Erde99, die ungeordnete Masse bei OvidlDO, der leere Raum bei Platon!OI und das Nichtseiende, das von Gott zum Sein geführt wird, bei Philon l 02 . Das Gleiche gilt für 2Makk 7,28 sowie für KEVOV I KEVW ila Kat ou 8€v bei Theodotion und AquilaloJ. Selbst an den beiden letztgenannten Stellen, an denen nicht vom Nichtseienden, sondern explizit vom Nichts die Rede ist, haben die Termini konkrete Bedeutung, wie das Beiwort KEvos I K€v­ Wila »leer, leerer Raum« zeigt.

9 6 So z.B. für BerR 1,9. S. oben, 23. 97 Zur Geschichte des Materiebegriffs von den Vorsokratikern bis zu Aristoteles

vgl. KRANz, Die griechische Philosophie, 2 10f.225ff mit weiteren Verweisen. Zu den Vorläufern von philosophischen Kosmogonien vgl. KIRK I RAVEN I SCHO­ FIELD, Die vorsokratischen Philosophen, 8-8 1 . 9 8 Platon, Tim 30a (s. oben, 1 5 m. Anm. 2); Philo, Op. Mund. 8 1 ; 2Makk 7,28 (s. oben, Anm. 41) und Aquilas und Theodotions Übersetzungen von Gen 1 ,2 in der Hexapla (s. oben, Anm. 27). Weitere Textbelege nennt WEISS, Unter­ suchungen, 59-74. 99 Theog. 1 16: �H Tot �E:v 11pwnna Xaos- y€vET', . . . Wahrlich, als erstes ist

Chaos entstanden, . . . , ein Terminus hinter dem sich die Kluft zwischen Himmel und Erde verbirgt; so KIRK I RAVEN I SCHOFIELD, Die Vorsokratischen Philosophen, 38f (Text, Übersetzung).40 (Kommentierung); vgl. auch die Einführung von E.G. Schrnidt zu Resiods Theogonie, 1 80. 1 00 Metam. 1,7: . . . quem dixere Chaos: rudis indigestaque moles.l nec quicquam

nisi pondus iners congestaque eodem I non bene iunctarum discordia semina rerum. » Chaos ward es benannt: eine rohe gestaltlose Masse, nichts als träges Gewicht und, uneins untereinander, Keime der Dinge, zusammengehäuft in wirrem Gemenge. « 10 1 Tim 52d; vgl. dazu WEISS, Untersuchungen, 67. S. oben, Anm. 2.

I 02 Op. Mund. 8 1 ; s. oben, 21 m. Anm. 42.44; vgl. dazu auch WEISS, Untersu­ chungen, 63 m. Anm. 1 , wo er weitere Stellen bei Phiion nennt. I 0 3 Origenis Hexap1orum, 7.

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Doppeldeutig ist die Formulierung von Theodotion i} o€ y� tiv KEvov Kat ou9€v »aber die Erde war leer und nichtig>Wasser« und lflih >>Finsternis« ist im folgenden Bericht (vgl. V.4f. l 0) die Rede, nicht aber von t:Jiill'J in der Bedeutung »Tiefe« oder »unterirdische Wasser« sowie t:J'iJ?� f11i >>Geist«, was an einer stufenweise erfolgenden Um­ kehrung der chaotischen Elemente in Schöpfungsordnung zweifeln läßt.

Hervorzuheben ist jedoch, daß es Weilhausen gelingt, den von Delitzsch eingeschlagenen apologetisch heilsgeschichtlichen Kurs zu verlassen und stattdessen dem Alten Testament eine historisch aus­ wertbare Eigenständigigkeit zukommen zu lassen. 1 79 5. Babel-Bibel-StreitiBO Seit 1 850 kündigte sich angesichts der Entdeckung und Erforschung der altorientalischen Kulturen die Notwendigkeit einer umfassenden Revidierung des Geschichts- und Überlieferungsmodells an. Das idealistische Bild von der israelitischen Religion, die geboren wurde und sich quasi analogielos und unbeeinflußt entwickelt hat, mußte revidiert werden . t s t Die zahlreichen Parallelen und der Nachweis von verschiedenartigen Beeinflussungen durch die Nachbarkulturen ließ Israel den Anspruch der Einzigartigkeit verlieren, was zu schwerwiegenden Konflikten in der Kirche sowie in der theologi­ schen Wissenschaft führte.JB2 Es wurde deutlich, daß Israel ein klei­ nes, zumindest von den beiden Großreichen Mesopotamien und Ägypten abhängiges Volk gewesen ist, das sich zudem noch zur Zeit seiner Ansiedlung in Palästina mit der dort ansässigen kanaanäischen Kultur vermischt hatte. Zudem zeigte sich, daß Religionsgeschichte und politische Geschichte Israels nicht die gleichbleibend homogene Entwicklung genommen hatten, von der man bisher ausgegangen war. Aus der Verunsicherung gegenüber den neuen Erkenntnissen entstand der aus der Assyriologie hervorgehende Kreis der »Pan­ babylonisten«. Zu seinen Begründern zählt H. Winkler, der das 1 79 Andererseits erreicht der historische Positivismus und Evolutionismus bei Weilhausen und einigen seiner Schüler einen Höhepunkt, der einige Korrekturen im 20. Jh. erforderlich macht (vgl. REVENTLOW, Hauptprobleme, 6f). I B O Vgl. hierzu: KRAUS, Geschichte der historisch-kritischen Erforschung, Kap. 1 1 ; JONSSON, Image of God, 29f; KLATT, Hermann Gunkel, 1 5 ; JOHANNING, Bibel-Babel-Streit, sowie LEHMANN, Friedrich Delitzsch. 1 8 1 Vgl. dazu LORETZ, Ende der Inspirationstheologie I, 1 1 5ff. 1 8 2 Wie wenig die ja bereits älteren Funde und Erkenntnisse der Archäologie in das theologische Bewußtsein der Fakultäten oder gar der Gemeinden eingedrungen war, hebt Lebmann hervor, ein Faktum, das bei einer historischen Beurteilung des Streits allzuoft außer acht gelassen worden ist (Friedrich Delitzsch, 5-30, bes. 2 1 f); vgl. auch seine kritische Beurteilung von Kraus' Darstellungsweise (in: DERS . , Geschichte des Alten Testaments, 230-24 1 ) wegen seines zu simplen Bildes (aaO, 15ff).

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Weltbild Babyloniens als Modell für alle Kulturen apostrophierte . t83 Von eher gesellschaftspolitischer als theologischer Relevanz t 84 war eine V ortragsreihe des Assyriologen Friedrich Delitzsch t ss , in wel­ cher dieser eine direkte Abhängigkeit des Alten Testaments von Mesopotamien propagiert und das Fernziel formulierte, daß durch die Ideen der Aufklärung angesichts der neuen Entdeckungen eine neue religiöse und weltanschauliche Position gefunden werden müsse. Somit hat er den Offenbarungsanspruch der Bibel hinterfragtt 86 und 1 8 3 Vgl. JOHANNING, Bibel-Babel-Streit, 265ff. Besonders z.Zt. des Bibel-Babel­ Streits gewann diese Bewegung Anhänger aus dem Kreis der konservativen Bibel­ wissenschaft (so z.B. A. Jeremias !), da sie die >modernen< religionswissenschaft­ liehen Erkenntnisse mit einbezog gegen die historisch kritische Betrachtungsweise der Neueren Urkundenhypothese Wellhausens: die interkulturellen Bezüge schienen eine Historizität der Patriarchengeschichte sowie eine Frühdatierung des Gesetzes wieder zu ermöglichliehen (aaO, 268); vgl. dazu auch auch LEHMANN, Friedrich Delitzsch, 1 24- 1 5 1 . 1 8 4 >>>Babel und Bibel< war nicht das Problem der alttestamentlichen Avantgarde, sondern das des kirchlichen Konservativismus, der angesichts veränderter bibli­ scher Horizonte an einem starren Offenbarungsbegriff festzuhalten versuchte« (so LEHMANN, Friedrich Delitzsch, 273). Den Trend, Teile des Alten Testaments auf eine mesopotamische Herkunft hin zu hinterfragen, bzw. literar- und religionsge­ schichtliche Erkenntnisse auf die Bibel anzuwenden, war nichts Neues (vgl. Monographien wie E. SCHRADER, Die Keilinschriften und das Alte Testament [ 1 1 879], in der Überarbeitung von H. WINCKLER und H. ZIMMERN [3 1 90 1 ] , sowie von theologischer Seite GUNKEL, Schöpfung und Chaos [ 1 1885], u m nur zwei unter vielen herauszugreifen). Doch erst der Bibel-Babel-Streit hatte >>aus der Arbeit der Studierstuben und Universitäten eine Volksbewegung« gemacht (LEHMANN, aaO, 34). Etwas anders JOHANNING, Bibel-B abel-Streit, 19: >»Babel und Bibel< löste eine Bewegung aus, die die Theologie . . . zu einer Integration der religionsgeschichtlichen Frage in die alttestamentliche Bibelwissenschaft zwang« (vgl. auch aaO, 325). Dazu die Kritik Gunkels (Israel und Babylonien, 2f): >>De­ litzsch hatte es leider versäumt, im Text seines Vortrages mit ganz unmissver­ ständlichen Worten festzustellen, dass das von ihm zusammengestellte Material im wesentlichen . . . ein gemeinsamer Besitz einer ganzen Generation von Forschern ist; ein Teil des Publikums . . . hat ihn daher gänzlich missverstanden und seinen Vortrag als eine grosse wissenschaftliche Tat aufgefasst«, ein Faktum, daß von vomherein eine Verärgerung der Fachkollegen nach sich zog. ! 8 5 Der Sohn von Franz Delitzsch hielt zwischen Januar 1902 und Februar 1 905 drei Vorträge mit dem Titel >>Babel und Bibel«, davon den ersten vor der Deutschen Orientgesellschaft in Berlin unter Anwesenheit des Kaisers. Zu Anfang und Ende des Streites vgl. LEHMANN, Friedrich Delitzsch, 3 1 -35. Auf die Aufsatzreihe folg­ ten weitere kleinere Veröffentlichungen bis hin zu dem letzten Werk >>Die Grosse Täuschung« (I: 1 920 I II: 1 92 1 ), das als eine antisemitische Schmähschrift gelesen worden ist (aaO, 36) - ein Vorwurf, den Lebmann so nicht berechtigt findet und demgegenüber er es vorzieht, von >>religiöse(m), theologische(n) Antijudaismus« zu sprechen (aaO, 27 1 ; mit Hinweis auf Große Täuschung II,4 [ebd., Anm. 1 1 9]). 1 8 6 Lehmann betont, daß es in dem Streit zu keinem Zeitpunkt darum gegangen ist, Babel dem Alten Testament vorzuordnen (aaO, 1 00- 1 03.142- 1 52). So ist es erst von E. KöNIG in seinen zahlreichen Schriften zu diesem Thema gedeutet worden (z.B . Bibel und Babel. bzw. DERS., Die Gottesfrage und der Ursprung des Alten

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ist über das Anliegen der Panbabylonisten, zu denen er sich selbst nicht zählte, noch hinausgegangen. Ein grundsätzlicher Unterschied beider Strömungen besteht darin, daß Delitzsch an dem literarischen Überlieferungsweg festhält, den die Panbabylonisten insgesamt ab­ lehnen. 1 87 Die positive Seite des Babel-Bibel-Streits liegt in dem Anstoß zu weiterer Beschäftigung mit einer Methodologie, die die Erkenntnisse der Altorientalistik und der Religionswissenschaft mit­ berücksichtigt 1 88 ; negativ dagegen ist der polemische Grundton der Streitenden, der die Bereitschaft zu voreiligen Analogieschlüssen, wie sie dann häufig erfolgt sind, nur forciert hat, die weder der orientali­ schen Kultur noch den biblischen Überlieferungen gerecht wurden. »Aber erst der Babel-Bibel-Streit förderte die Einsicht, daß hier nicht nur schwerwiegende Versäumnisse seitens der Kirche vorlagen, sondern daß von dieser Seite vorläufig auch keine Besserung zu erwarten war. Die Folge war eine bis dahin einzigartige Popularisierungswelle der theologischen Forschung, die vor allem von der religionsgeschichtlichen Schule getragen war, und vielleicht die bleibende Erkenntnis, daß Popularisierung der kritischen theologischen Forschung keine Destruktion der Kirche betreibt, sondern eine wirkliche, im guten und klassischen Sinne apologetische Aufgabe einer verantwortlichen Theologie im 20. und 2 1 . Jahrhundert darstellt.« 189

6. Religionsgeschichtliche Schule In den Arbeiten der Religionsgeschichtlichen Schule, als deren bedeu­ tendster Protagonist H. Gunkel gilt, findet sich eine konstruktive Reaktion190 auf die Entdeckungen und die darauf basierenden verwirTestaments, Berlin 1 903). Infolge seiner polemischen Veröffentlichungen sind einige Assyriologen für Delitzschs Anliegen eingetreten; vgl. LEHMANN, Friedrich Delitzsch, 47-49 (vonseiten der Panbabylonisten aus propagandistischen Gründen). 1 53 - 1 69 (vonseiten der Assyriologen, die als Schüler von Delitzsch mit wenigen Ausnahmen lediglich die methodologische Unschärfe des Lehrers kritisierten); vgl. auch JOHANNING , Bibel-Babel-Streit, 90- 104. 1 8 7 LEHMANN, Friedrich Delitzsch, 48, sowie LORETZ, Ugarit und die Bibel, 22. 1 88 Vgl. dazu LORETZ, Ende der Inspirations-Theologie, 1 1 9, sowie DER S . , Ugarit und die Bibel, 20ff. Negativ führt Loretz hier aber an, daß durch die Debatten im Rahmen der Assyriologie »der syrisch-kanaanäische Raum aus dem Blickfeld« fiel und erst nach dem Ersten Weltkrieg (Ausgrabungen in Mari und vor allem Ugarit) neu ins Bewußtsein gerückt wurde (aaO, 23). Dieselbe negative Erscheinung betraf m.E. auch den ägyptischen Raum - der, obwohl Gunkel bereits in Israel und Babylonien, 14, auf diese Verwandtschaft anspielte - für das Alte Testament erst durch S. Herrmann, 0. Kaiser, K. Koch und W.H. Schmidt in den 60er Jahren fruchtbar gemacht wurde (s. unten, 1 54). 1 8 9 So lautet Lebmanns Schlußsatz zum Babel-Bibel-Streit (aaO, 275f). 1 9 0 Es bleibt zu betonen, daß es sich mit der Religionsgeschichtlichen Schule um eine Parallelbewegung handelt, deren »Weichen schon vorher gestellt>Klassiker« bereits geschrieben waren, als der Streit ausbrach, wie z.B. GUNKEL, Schöpfung und Chaos ( 1 895) und Genesis ( l .Aufl. 1 90 1 ) . Seine Schrift »Israel

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renden Thesen der Panbabylonisten sowie die durch den Babel-Bibel­ Streit öffentlich in Mißkredit geratene Beschäftigung der Theologie mit den alten Nachbarkulturen. Durch die Unterscheidung in schrift­ liche und mündliche Überlieferungswege gelang Gunkel die Dar­ stellung eines sehr viel realistischeren Traditionsprozesses sowie die Widerlegung der These Friedrich Delitzschs, daß die biblischen Texte in einem literarischen Abhängigkeitsverhältnis zu den mesopo­ tamischen stünden. 1 9 1 Damit wurde auch dem Anspruch alttestament­ licher Wissenschaft als einer theologischen Disziplin Rechnung getra­ gen. Auch scheute Gunkel1 92 nicht die Auseinandersetzung mit den Iiteratur- und religionswissenschaftliehen Forschungstendenzen. Gunkel richtet sich zugleich gegen WeHhausens These, daß es sich mit Gen 1 um eine freie Konstruktion des Verfassers der Priester­ schrift handele, der unter der (traditionellen) Vorgabe des Chaos eine kosmologische Theorie bieten will193, wenn er in Gen 1 die Nieder­ schrift einer Tradition von mündlichen Überlieferungen sieht. Dem­ nach ist die Übernahme nicht z.Zt. des Exils erfolgt, sondern gestaltet sich als ein lang andauernder Traditionsprozeß, der etwa seit dem 14.Jh.v.Chr. z.Zt. der Anfänge Israels durch permanente Infiltration in die israelitische Gedankenwelt eingedrungen und erst Jahrhunderte später interpretierend niedergeschrieben worden ist. 1 94 Auch litera­ turwissenschaftliche Probleme werden in seinem Genesiskommentar verhandelt. Im Sinne Herders u.a. ist das erklärte Ziel aller Exegese, das Verständnis des Schriftstellers, seiner Persönlichkeit und seines

und Babylonien« ( 1 .,2. Aufl. 1 903) ist als vorsichtiger Eingriff in den Streit zu verstehen (vgl. LEHMANN, aaO, 272f m.Anm. 2.3; JOHANNING, aaO, 174f). 1 9 1 Lebmann betont, daß die Religionsgeschichtliche Schule - und allen voran Gunkel selbst - bereits vor dem Babel-Bibel-Streit die Auseinandersetzung mit den Nachbarwissenschaften und deren neuen Erkenntnissen gesucht hatte, und das insofern fruchtbarer, als man auf die Rekonstruktion eines literarischen Überliefe­ rungsweges zugunsten eines mündlichen verzichtete, und damit den durch die Entdeckungen scheinbar infragegestellten Offenbarungsbegriff zugunsten des geschichtlich vermittelten Charakters göttlicher Offenbarung zu retten vermochte (aaO, 272-274). 1 92 GUNKEL, Schöpfung und Chaos; vgl. auch JOHANNING, Bibel-Babel-Streit, 1 68- 1 84, bes. 1 69. 1 93 S. oben, 43 m. Anm. 1 74f. 1 94 GUNKEL, Schöpfung und Chaos, 1 39ff. - So sei z.B. die noch als Unterschrift in Gen 2,4a erhaltene Toledotformel ursprünglich die einleitende Überschrift dieser Tradition gewesen (vgl. Gen 5 , 1 ), die aber aus redaktionellen Gründen an den Schluß gesetzt wurde, um die Erzählung mit Gen 1 , 1 einsetzen zu lassen (Hinweis auf B. STADE, [Biblische Theologie des Alten Testaments I, Tübingen 1 12 1 905], und dadurch »die Schöpfung in Gegensatz setze zu dem mit der messianischen Zeit beginnenden Abschlusse des Weltprozesses und hierdurch zugleich die uran­ fängliche Selbständigkeit Elohims noch stärker betonte«, was jedoch nicht auf die »creatio ex nihilo« schließen läßt [349]) oder auch nur zur leichteren Verbindung mit dem zweiten Schöpfungsbericht (GUNKEL, Genesis316, 101).

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Auslegungs- und Forschungsgeschichte von Gen 1, 1-3

Werkes l95 zu eruieren. Gunkel wendet sich - im Gefolge Herders ­ intensiv der Sagenforschung zu, untersucht den Sitz im Leben sowie die Überlieferungsgeschichte der Formen und Gattungen. Die Form­ geschichte wird zu einem neuen Arbeitsfeld, das Theologen darauf stößt, daß biblische Texte nicht unreflektiert als Zeugnisse der Religi­ on Israels angesehen werden können, sondern jeweilige Zeit- und Be­ gleitumstände mitbedacht werden müssen, um dem oben genannten literaturwissenschaftliehen Grundsatz Genüge zu tun. I 96 Über die methodologischen Korrekturen hinaus hat Gunkel zudem eine entscheidende Theorie zur Übersetzung von Gen 1 , 1 -3 1 97 ent­ wickelt. Er stellt die parataktische und die hypotaktische Übersetzung von V. 1 sinngemäß in den gleichen Bedeutungszusammenhang und weist nach, daß, auch wenn beide Übersetzungen bei unterschiedli­ cher grammatischer Bedeutung möglich sindi9B, die Ableitung der Vorstellung der »creatio ex nihilo« aus diesen Versen keineswegs zwingend ist. Gen 1 , 1 -5 sei die Beschreibung des Urzustandes199 und des ersten Tages in Folge von V. 1 , der das analogielose Dogma zum Ausdruck bringt, daß Gott die Welt geschaffen hat. In diesem Sta­ dium der alttestamentlichen Wissenschaft angekommen, ist eines klar: 1 95 Vgl. REVENlLOW, Hauptprobleme, 7f und KRAUS, Geschichte, 362f. 1 9 6 GUNKEL, Genesis2, 6 (s.bes. die Einleitungen zu den verschiedenen

Kommentarauflagen); vgl. KLATT, Herrmann Gunkel, 1 6f. 1 97 Im Mittelalter hatten die beiden jüdischen Exegeten Raschi und Ibn Esra erst­ mals zwei hypotaktische Übersetzungen vorgeschlagen, um der Lehre von der »creatio ex nihilo« inhaltlich zu entgehen. S. dazu oben, 25 und unten, 69f. 1 9 8 Vgl. bereits Herder, s. oben, 37 m. Anm. 133. - In den ersten beiden Auflagen des Kommentars gibt er der hypotaktischen Übersetzung den Vorrang, da der Be­ ginn der zweiten Schöpfungserzählung - wie ja auch der Anfang von Enuma Elis so konstruiert ist (290), was er später aber für weniger bedeutend hält: Vielmehr scheint ihm Gen 1 , 1 ein Hauptsatz zu sein, der das analogielose Dogma, daß Gott die Welt geschaffen hat, zum Ausdruck bringt und durch die folgenden Verse illustriert wird (316, 1 0 1 ). Zu beiden Versionen stellt er fest: »Auf keinen Fall aber ist es erlaubt, (aufgrund der ersten Kstr.) n�iJ1 o:orq;:� als Bezeichnung der urzeitigen, noch chaotischen Welt zu verstehen und zu behaupten, Vers 1 enthalte die Schöpfung der Welt als Chaos (so WELLHAUSEN, Prolegomena, 296; DERS. , Composition, 105), wobei dann 2 den chaotischen Zustand dieser ersten Schöpfung und erst 3ff die Entstehung der gegenwärtigen geordneten Welt schildern müßte« (Genesis316, 102). 1 99 In V.2 1ägen zwei unterschiedliche Vorstellungen von Chaos zugrunde: 1i1::J) 1i1i'l deutet auf die Vorstellung der Erde als Wüste hin (vgl. J); während l�i1, t::im') (Identifikation mit der babylon. Tiämat) und l:l'r,l auf die Vorstellung anspielen, daß die Erde ursprünglich Finsternis und Wasser war, wie sie bei Berossus, also in Babylonien wie auch in anderen Kulturen überliefert wird. tl'i1'?1;\ 17)1 ist zu überset­ zen mit »der Geist Gottes«, der auf der Fläche der Wasser brütet, und verkörpert die göttliche Kraft bzw. den lebensschaffenden Geist oder Hauch Gottes (vgl. Ps 104,29f und Philo v. Byblos bei EUSEB, praep. ev. I 1 0); vgl. GUNKEL, Schöp­ fung und Chaos, 7ff; DERS., Genesis6, 1 03f. »Daß P eine solche Schilderung des Chaos aufnehmen konnte, zeigt, daß auch er den Gedanken einer creatio ex nihilo (II Mak 72 8 Hbr 1 1 3) noch nicht deutlich erfaßt hatte« (GUNKEL, Genesis6, 103).

Zur Forschungsgeschichte

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»Der zeitliche und gedankliche Abstand des Alten Testaments zu uns, aber auch der Abstand zwischen Altem und Neuern Testament verbieten es, das Alte Testament wie das Neue als Quelle christlicher Lehre zu verwenden; seine tradi­ tionelle dogmatische Inanspruchnahme für das Christentum ist nicht mehr mög­ lich.«200

Offen blieb die Frage, wie sich das Alte Testament seinen Sondersta­ tus gegenüber den anderen antiken Religionen bewahren konnte, den selbst die Vertreter der religionsgeschichtlichen Schule befürworte­ ten. Unter anderem infolge des Babel-Bibel-Streits und der unbeant­ worteten Frage nach dem biblischen Offenbarungsanspruch geriet der exegetische Ansatz der Religionsgeschichtlichen Schule in Miß­ kredit 20 t und überließ stark theologisch argumentierenden Kon­ zeptionen das Feld, die zumeist an der Formel der »creatio ex nihilo« z.T. unbedacht festhielten. 7. Im Umfeld der Dialektischen Theologie Methodelogisch weit vorangeschritten stellte sich die Frage nach dem Nichtrationalen von Religion und Theologie, die über die historisch­ kritisch erforschbaren Ergebnisse hinausweist. Einen Angelpunkt, der dieses Problem unter seinem religionswissenschaftliehen Aspekt aufgreift, bildet R. Ottos Buch »Das Heilige« ( 1 9 17)202 , mit seinen Untersuchungen zum Doppelcharakter des Nomens als des Irrationalen schlechthin, welcher sich mit »mysterium tremen­ dum« 203 und »fascinans« 204 umschreiben läßt. Die Wende in der Theologie manifestiert sich in den Barthschen Entwürfen zu einer Dialektischen Theologie. Ohne der historisch-kritischen Forschung Absage erteilen zu wollen, geht es Barth darum, eben das darüber Hinausweisende zu erfassen. 205 Er will aber zugleich klar stellen, daß die historisch-kritische Forschung Hilfswissenschaft ist und lediglich 200 REVENlLOW, Hauptprobleme, 9. 20 1 Dies bestreitet Lehmann, wenn er feststellt, daß der Werdegang der alttestamentlichen Wissenschaft durch den Babel-Bibel-Streit unwesentlich beein­ flußt worden wäre, und das »jähe Ende« religionsgeschichtlicher Forschungsrich­ tungen lediglich auf den Zusammenbruch nach dem ersten Weltkrieg und das Auf­ kommen der dialektischen Theologie zurückzuführen sei (aaO, 272). 202 R.Orro, Das Heilige. Über das Irrationale in der Idee des Göttlichen und sein Verhältnis zum Rationalen, Gotha 161927. 2 03 AaO, 1 3ff. 204 AaO, 42ff. 20 5 >>Nun werden wir, gerade wenn wir die Menschlichkeit der Bibel ganz ernst nehmen, auch damit ganz Ernst machen müssen, daß sie eben als menschli�hes Wort über sich selbst hinausweist, daß sie als Wort auf eine Sache, auf emen Gegenstand hinweist« (K.BARTH, Kirchliche Dogmati�, 1,2, Zürich 3 1 945 5 1 3) : _ ist für Kraus (Geschichte, 420) der Ausgangspunkt der Dialektischen Theologie.

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Auslegungs- und Forschungsgeschichte von Gen 1,1-3

eine Funktion in der theologischen Auslegung ausübt. zo6 Auch die Bi­ belexegese bleibt von diesem Programm nicht unberührt. Es formiert sich die sogenannte >pneumatische Exegese>theologisch«. Zum methodischen Arbeitsprinzip wird >>die prinzipielle Scheidung zwischen objektivierender (>empirischer>Schöpfung als freie Setzung eines geistig-personhaf­ ten Willens« angesehen wird, richtet sich Eichrodt >>gegen den Dualismus, der ne­ ben Gott ein zweites Prinzip der Welterklärung stellt, und gegen den Pantheismus, der Gott und Welt identifiziert und die Gottheit zu einer unpersönlichen Kraft macht« und spricht ihr Einmaligkeit in der antiken Welt zu. Aufgabe alttestamentli­ cher Wissenschaft sei es, >>die alttestamentliche Glaubenswelt in ihrer strukturellen Einheit zu begreifen und unter Berücksichtigung ihrer religiösen Umwelt einerseits, ihres Wesenszusammenhanges mit dem Neuen Testament andererseits, in ihrem tiefsten Sinngehalt zu deuten«. 212

In Anknüpfung an die historisch-kritischen Bemühungen spricht er sich zwar gegen die Aufoktroyierung eines dogmatischen Schemas und für eine Orientierung an der dem Alten Testament eigenen Dia­ lektik aus. Da er die alttestamentliche Stelle aber allzusehr in die Nähe christlicher Auslegungstraditionen rückt, scheint er sie somit erneut dogmatischen Prämissen zu unterwerfen. Etwas differenzierter äußert sich Köhler2 1 3 und versteht den Gedanken, daß Gott die Welt erschaffen hat, als »Folgesatz der altte­ stamentlichen Offenbarung«. »Schöpfung ist gemeint als die Eröff­ nung der Geschichte. [ . . . ] Die Schöpfung ist [ . . . ] nicht eine naturwis­ senschaftliche, sondern eine menschheitsgeschichtliche Aussage.«2 1 4 Schöpfung ist ein eschatologischer Begriff, der auf Erfüllung hin konzipiert ist. Konkret zu Gen l , l ff heißt es : »Gegeben aber ist dies, daß die vorhandene Welt in ihrem Bestande unausgesetzt durch das Meer, die Urflut bedroht ist. [ . . . ] Wenn es Gen 1 ,2 heißt, daß Finsternis über der Fläche der Urflut lag und der Geist Gottes über die Fläche des Wassers >Zitternd schwebte< (so ist zu übersetzen), bis Gott sagt: Es werde Licht: und (dann wirklich) Licht wird: dann ist das ein Rest des Mythologems, daß die Götter im Kampf den Schauplatz des Menschengeschehens dem Chaos abgerun­ gen haben. [ . . . ] Auch hier ragt ein polytheistischer Rest in die alttestamentliche Offenbarung noch irgendwie lebendig hinein«. 2 15

Damit scheint eine Anknüpfung an Gunkels religionsgeschichtlichen Ansatz gegeben zu sein. Der Akzent seiner theologischen Unter­ suchungen, deren Ziel eine systematisch aufgebaute Theologie des Alten Testaments ist, liegt jedoch auf dem monotheistischen Grund­ satz von der Alleinwirksamkeit Gottes, ohne daß dem wider­ sprüchlichen >>polytheistischen Rest« und der Frage seiner Bedeutung im Rahmen einer alttestamentlichen Theologie ernsthaft nachge­ gangen würde. 2 1 6 21 2 213 21 4 21 5 21 6

DERS., Theologie 1 , 6f. KÖHLER, Theologie4, 69. AaO, 7 1 . AaO, 73. Tief verwurzelt fand sich dieser noch in der katholischen Theologie; vgl. HEINISCH, Genesis, wo die Vorstellung der >>Creatio ex nihilo« weiterhin unan­ gefochten in Gen 1 hineingelegt wurde aufgrund der Deutung von �i:J (s. auch

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Auslegungs- und Forschungsgeschichte von Gen 1,1-3

8. Heilsgeschichte versus Religionsgeschichte - die Heidelberger Antipoden Die bisher dargestellte Forschungsgeschichte läßt unterschiedliche Tendenzen erkennen, die sich nach dem Zweiten Weltkrieg gewis­ sermaßen zu Schulen formiert haben. Der Vergleichbarkeit bibli­ scher Texte mit zeitlich und räumlich verwandten Kulturen einerseits steht die theologische Unvergleichbarkeit dieser Texte andererseits entgegen. Die Extreme dieser beiden Positionen lassen sich wohl am prägnantesten anband der Ausführungen zu Franz und Friedeich Delitzsch darstellen. Die aus dem Babel-Bibel-Streit resultierende Gegen-Bewegung richtet sich gegen eine pagane Bibelauslegung und impliziert darüber hinaus einen grundsätzlichen Vorbehalt gegenüber den Erkenntnissen der Religionsgeschichtlichen Schule2 1 7 . An dieser Stelle soll ein schematischer Abriß der zwei schulbildenden Interpre­ tationsweisen von Schöpfung im Alten Testament gegeben werden.

a) G. von Rad2I B Vor allem die form- und überlieferungsgeschichtlichen Unter­ suchungen Gunkels 2 1 9 sind im Werk von G. von Rad unter beson­ derer Berücksichtigung explizit theologischer Deutungskriterien aufgenommen worden. 22o Gegen die Tendenzen, in historisch-kri­ tisches und theologisches Fragen zu unterscheiden, entwirft von Rad S CHWEGLER, Urgeschichte2, 62 und noch SCHEFFCZYK, Einführung, 48). Ähnlich ist auch die Position eines Repräsentanten der jüdischen Exegese. JACOB, Genesis, versteht V. I als toledi)t, dem Leitmotiv der Genesis, V.2 als Einsatz des Sechs-Tage-Werks, wo Erde und Himmel als Ergänzung zum irdischen Leben des Menschen zubereitet werden ( 1 9). Gott ist der letzte Urheber, der erst das Chaos schafft und daraus die Welt bildet (explizit gegen Gunkel) ist als st.abs. aufzufassen (explizit gegen Raschi) bei unkonventioneller Deutung der neuesten Entdeckungen ( !): »Die syntaktische Zulässigkeit kann auch im Hebräischen nicht bestritten werden. Wenn aber die babylonische Parallele der Tora bekannt war, so ist Gen 1 1 im bewußten Gegensatz zu ihr geformt worden, indem Gott selbst als die ewig daseiende vorweltliche Existenz zum Schöpfer gemacht und das Weltall von ihm mit Eins ins Dasein gerufen wird« (25). 2 1 7 An diese Forschungstradition wurde erst in den 60er Jahren mit den Arbeiten von 0. Kaiser, R. Rendtorff, K. Koch und W.H. Schmidt wieder angeknüpft. 2 1 8 Eine systematische Würdigung des Ansatzes von Rads im Spannungsfeld von Offenbarungsreligion und natürlicher Theologie findet sich bei LINK, Welt als Gleichnis, 268-285, bes. 282f. 2 1 9 Von Rad stellt die ägyptischen anstelle der babylonischen Parallelen in den Vordergrund (Theologie I, 1 57), wodurch sich ein ganz neuer Schwerpunkt in der theologischen Beschäftigung mit den Nachbarreligionen gebildet hat, der auch die folgenden Generationen noch nachhaltig beschäftigt. 22 0 VON RAD, Priesterschrift im Hexateuch; DERS., Problem des alttestamentlichen Schöpfungsglaubens; DERS . , Das formgeschichtliche Problem des Hexateuch; DERS., Genesis; DERS., Theologie.

Zur Forschungsgeschichte

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eine alttestamentliche Theologie, die (Iiteratur-)geschichtlich und nicht systematisch angelegt ist. Diese innerbiblisch angelegte Traditionsgeschichte erzählt die Geschichte Israels mit Gott, in wel­ cher die theologischen Aussagen über JHWH im Zentrum stehen. 22t Dem traditionsgeschichtlichen Vergleich mit den Nachbarkulturen räumt er hingegen einen weitaus geringeren Stellenwert als Gunkel ein. Diese Akzentuierung hat vor allem für die Auslegung der Urgeschichte Konsequenzen: Der alttestamentliche Schöpfungsglaube wird im Zusammenhang der Heilsgeschichte verstanden: »Die Schöpfung wird als ein Geschichtswerk Jahwes, als ein Werk in der Zeitstrecke angesehen. [ . . . ] Besonders der priesterschriftliche Schöpfungsbericht betont dieses Stehen in der Zeit, denn er hat die Schöpfung in das Toledot­ schema, das große genealogische Gerüst der Priesterschrift einbezogen (Gen.2,4a), ja, die Schöpfung selbst hat einen zeitlichen Ablauf, der genau nach Tagen vermerkt wird«222 .

Von Rad ist der erste, der die häufig »atomistische« Genesisaus­ legung kritisiert, die das Grundthema des gesamten Hexateuchs außer Acht läßt, welches vom Schöpferhandeln Gottes über die Patriarchen­ erzählungen zum Geschichtshandeln am Volk Israel überleitet. 22 3 Unter dem letztgenannten Thema sind unterschiedliche Traditionen subsumiert worden, denen voran die Urgeschichte in Form einer Protologie steht, die als Ausgangspunkt, nicht aber als Zentrum der Verkündigung gilt. Gen 1 selbst sieht von Rad als einen komponierten Text an, der als »die Essenz priesterlichen Wissens in konzentrierter Form«224 wört­ lich zu verstehen und in seiner vorliegenden Gestalt auszulegen ist. Das bedeutet für Gen 1 , 1-3, daß der Text in seinen »Einzelaussagen einen theologischen Beziehungsreichtum von kaum umfassender Fülle« beinhaltet. 225 V. l stellt einen »theologischen Hauptsatz« dar, der besagt, daß »Gott aus der Freiheit seines Willens heraus >Himmel und ErdeScheidensGrund­ lagenreflexion< über Voraussetzung und Ziel eines Neuaufbruchs«270 angestellt wird, die ihren Ausgang im Gründungsgeschehen der Schöpfung nimmt. Diese Thematik exemplifiziert er in seiner Auslegung von Gen 1 , 1-3. Das n'��i� zu Beginn des Schöpfungsberichts thematisiert Zengers Meinung nach nicht den Anfang der Welt, sondern den der Ge­ schichte Israels im Sinne einer exemplarischen Geschichte.m Gen 1 , 1 264 26 5 2 66 26 7 268 26 9

AaO, 236. S . dazu ausführlicher unten, 1 30f. 1 33f. S. dazu unten, 1 39ff.280ff. Die Polyvalez findet sich semantisch in 1111. Schöpfungsbericht, 254. So lautet der Untertitel von »Gottes Bogen«. Gottes Bogen, 36. AaO, 43. Jüngst schlägt Zenger als Schluß der pG Lev 9,24 vor bzw. zieht mit Pola Ex 40, 16. 1 7a.33b als Schluß der pG zumindest in Erwägung (Einleitung in das Alte Testament, 1 995, 94-96). 2 70 AaO, 45. 2 7 1 Diese Beobachtung führt ihn zu der Übersetzung »als Anfang« (aaO, 65).

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Auslegungs- und Forschungsgeschichte von Gen 1,1-3

ist als selbständige Überschrift anzusehen und dient als »der her­ meneutische Schlüssel für die Gesamtdarstellung der PG«. V.2 ist eine - ebenfalls grammatisch selbständige - Schilderung des Chaos, »in das hinein der Schöpfergott den Kosmos als >Lebenshaus für alle Lebendigen< machtvoll und souverän errichtet.«272 Auch für Zenger beginnt der eigentliche Schöpfungsbericht in V.3. . . Von besonderem Interesse ist, wie Zenger diese Chaosschilderung m V.2 weiter expliziert.m Zunächst fällt bereits anband der von ihm gegebenen Übersetzung274 auf, daß er V. 2bß nich� zu PG zählt u�d aus literarkritischen Gründen streicht.275 Die verbleibenden Verstelle charakterisiert er als ein Kontrastbild, als »das Bild einer >Nicht­ Erde< . . . , einer >Erde-vor-der-SchöpfungLebenshaus< auszeichnet«.276 Beide Versteile beinhalten im Alten Orient und im Alten Testament beheimatete » Todesbilder, deren le­ bensbedrohende Gefährlichkeit nicht nur in Schöpfungserzählungen, sondern auch in der Geschichtstheologie und besonders in der Notschilderung der Klage artikuliert wird. «277 Ähnlich wie Steck sieht auch Zenger Gen 1 ,2 in Referenz auf Gen 1 ,3-10 dargestellt. Finsternis, Wasserwüste und Trockenwüste des ersten bis dritten Tages sind in Gen 1,2 in umgekehrter Reihenfolge aufgelistet27 8, eine Gliederung, die nur infolge der Streichung des dritten Teilverses möglich ist. Als ein wichtiger Forschungsbeitrag ist die Untersuchung des pG_ Rahmenwerkes anzusehen, in das der erste Schöpfungsbericht einge­ bettet ist.279 Fragwürdig ist die etwas künstlich anmutende, literar­ kritische Herangehensweise an Gen 1 als einen Text, der in der Forschung einigermaßen einhellig als aus einem Guß gefertigt an�e­ sehen wird.280 Mittels der Korrektur in V.2bß wird Gen 1 , 1 -3 eme Struktur unterlegt, die zwar semantische Ungereimtheiten glättet, aber wegen des in V.2ba. ß vorliegenden Aufbaus im parallelism�s _ membrorum die vermutlich genuine Textstruktur sprengt. Inwieweit 8l die Textkorrektur nötig ist, bleibt zu untersuchen.2

272 273 274 275 27 6 277 27 8 279

AaO, 66. Vgl. dazu Gottes Bogen, 62-66.8 1-84. AaO, 1 85. AaO, 81 m. Anm. 97. AaO, 8 1 . AaO, 82. AaO, 83. Vgl. dazu aber vor allem auch die Arbeiten von Weimar; bes. den Aufsatz »Struktur und Kompostion«, indem der Aufbau dieses Rahmenwerkes detailliert dargestellt und besprochen wird, während Zenger - unter Anfügung kleinerer Korrekturen - lediglich einige für ihn relevante Forschungsergebnisse präsentiert. 2 8 0 Anders zuletzt LEVIN, Tatbericht. 2 8 1 S . unten, 1 36f.

Zusammenfassung

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111. Zusammenfassung

Ziel dieser beiden ersten Kapitel zur Forschungsgeschichte war es, den Werdegang der christlich-abendländisch geprägten Exegese des priesterschriftlichen Schöpfungstextes zur Darstellung zu bringen, die der Aussageabsicht des Textes nicht vollends gerecht wird. We­ stermann bemerkt zu Recht: »Es ist nun gewiß kein Zufall, wenn der Begriff der creatio ex nihilo zeitlich und räumlich in der Nähe jener Stelle aus der Weisheit Salomos begegnet, die von der >formlosen Materie< spricht: 2. Makk 7 28 28 2 [ . . . ]. Beide Formu­ lierungen, daß Gott die Welt aus dem Nichts geschaffen habe und daß vor der Schöpfung eine gestaltlose Materie dagewesen sei, treffen wir zuerst dort, wo griechisches Denken und griechische Begriffe in das Judentum aufgenommen werden. Daß diese Begriffe sich in der Erklärung des Anfangs der Genesis so zäh durchgehalten haben (wir fanden sie von F. Delitzsch bis U. Cassuto), zeigt die Bedeutung, die sie von jener Begegnung im Spätjudentum an durch die gesamte abendländische Auslegungsgeschichte gehabt haben. Wenn aber erkannt ist, daß diese Begriffe der Sprache und dem Denken des P nicht gemäß sind, muß auch die Fragestellung abgewiesen werden, ob es nach Meinung des P vor der Erschaffung von Himmel und Erde eine präexistente gestaltlose Materie gegeben habe oder ob P eine Schöpfung aus dem Nichts beschreiben wollte [ . . . ] . Der Text von Gn 1 wollte weder das eine noch das andere sagen; er bleibt bei der Aussage stehen, daß Gott den Himmel und die Erde geschaffen hat.«283

Nun ist der Topos von der »creatio ex nihilo« beinahe unbeirrt in der Literatur weiterverwendet worden, weil man vermutete, daß, hätte man P diese Frage gestellt, dieser sich zweifelsohne für die Möglichkeit der »creatio ex nihilo« ausgesprochen hätte.284 Das ist insofern fraglich, als der Priesterschrift das dualistische Denken gegenüber einem monistischen viel näher gelegen haben dürfte. Angesichts der N achbarkulturen, mit denen das kleine Israel historisch und kulturgeschichtlich in ständiger Berührung war, ist anzunehmen, daß die biblischen Schriften in ständiger Auseinander­ setzung mit den fremden Traditionen standen. Dualistische Vorstel­ lungen sind dem Alten Testament nicht grundsätzlich fremd2 8 5 . Demnach ist das in der alten Kirche entstandene hoch philosophische Konstrukt der »creatio ex nihilo« auf die hebräische Bibel kaum an­ wendbar, da die Formel in die seit Aristoteles aufgekommene Ontologisierung des Denkens gehört. So wird weder der Ansatz der 28 2 Einschränkend ist auf die Arbeiten von Schmuttermayr und May zu verweisen, die mit der Ausbildung der Lehre von der creatio ex nihilo erst seit dem 2. Jh.n.Chr. rechnen. S. dazu oben, 26ff. 28 3 WESTERMANN, Genesis, 1 52. 28 4 Vgl. aaO, 149. 28 5 Vgl. dazu zuletzt PODELLA, Chaoskampfmythos (mit ausführlicher Literatur).

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Auslegungs- und Forschungsgeschichte von Gen 1 , 1 -3

Schöpfung aus dem Nichts noch der vom präexistenten Urstoff dem biblischen Denken gerecht. Von daher hat sich die Auseinander­ setzung um die »creatio ex nihilo« als wenig erhellend für das Verständnis von Gen 1 , 1-3 erwiesen, wenn auch im Laufe der Arbeit deutlich werden wird, daß das dualistische Verständnis der besagten Verse ebenfalls am Text vorbeizielt. Eine alternative Sicht liegt in der Darstellung der Negation der vorfindliehen Welt als Stilfigur zwecks Erhöhung der Taten Gottes. Sie läßt sich vereinzelt in frühjüdischen, breiter in altorientalischen Texten nachweisen, hat in der theologischen Auseinandersetzung um Gen 1 , 1 -3 jedoch wenig Niederschlag gefunden. Die Forschungsgeschichte selbst hat gezeigt, daß methodologisch drei Entwicklungsstufen für die Exegese von Gen 1 , 1 -3 von Bedeutung sind: • die Ergebnisse der historisch-kritischen Forschung auf Literar­ ebene, die spätestens mit Wellhausen über die Zeit der Abfassung und somit über die historische Situierung des Textes Aussagen zuließen und eine literarische Zuordnung innerhalb des Pentateuch ermöglich­ ten; die Ergebnisse der Vertreter des traditionsgeschichtlichen Ansatzes (Religionsgeschichtliche Schule), die auch das mündliche Textstadium mitberücksichtigten und somit den Zugang zum religionsgeschichtli­ chen Vergleich mit den für das Geschick Israels bedeutsamen Nach­ barkulturen eröffneten. Die Wiederaufnahme dieser Forschungsrichtung, die aufgrund hi­ storischer Umstände (Babel-Bibel-Streit) sowie der Ausprägung der Dialektischen Theologie als einer geradezu entgegenlaufenden Kon­ zeption zum Stillstand verurteilt gewesen war, erfolgte erst seit Ende der 50er Jahre. Dank der altorientalischen Textfunde und -editionen der vergangeneo Jahrzehnte war eine breitere Materialbasis geschaf­ fen und eine methodologisch ausgefeiltere Komparatistik möglich geworden. Ein methodisches Problem, das nach wie vor offen ist, besteht in der Frage nach dem Traditionszusammenhang israelitischer Vorstellungen mit dem altorientalischen Erbe : Wie sahen die Über­ lieferungswege aus? Sind diese überhaupt noch im Einzelfall rekon­ struierbar?286 In den vorhergehenden Kapiteln ist behandelt worden, wie es in der geistes- und kulturgeschichtlichen Entwicklung zu den genannten Vorurteilen und Fehldeutungen kommen konnte. In den folgenden Teilen der Arbeit wird gezeigt werden, wie eine zutreffendere Auslegung mit Hilfe einer religionsgeschichtlich komparatistischen Untersuchung erlangt wird. •

C) Syntaktisch-semantische Untersuchungen zu Gen 1 , 1 -3

Die ersten Verse des priesterschriftlichen Schöpfungsberichts bein­ halten zahlreiche semantische, syntaktische und somit auch herme­ neutische Probleme. Die Frage nach der Übersetzung dieses Textes und seiner theologischen Deutung innerhalb des ersten Schöpfungs­ berichts sowie innerhalb des gesamten priesterschriftlichen Ge­ schichtswerks (PG) ist nach wie vor offen. Ausgangspunkt der Untersuchung soll die textgeschichtliche Proble­ matik von Gen 1 , 1 f sein (I.), an die sich die Frage nach der Syntax anschließt (II .). Hierher gehören Überlegungen zu hebräischen Er­ zähleinleitungen und Textanfängen, die für die innere Logik der drei Verse von großer Bedeutung sind. Das folgende Kapitel widmet sich den semantischen Problemen in Gen 1 , 1 -3 (III.).



·

286 Vgl. dazu unten, 1 52f.

I. Zur Textgeschichte von Gen 1 , 1 -3 Bereits das erste Wort der hebräischen Bibel n'��,-� bringt eine Reihe von Problemen mit sich. Der Apparat der BHK3 liest mit Origenes' , Hexapla, B p 11 ut8 oder B a p 11 0 11 8 (-oE8). Dabei dürfte es sich aber nicht um eine Textvariante, sondern vielmehr um eine Transkriptionsvariante handeln. 2 Auch die Lesung barasat mit dem Samaritanus ist fraglich, da die samaritanischen Belegstellen in aller

Dazu FIELD, Origines Hexaplorum, 7; vgl. einschränkend RÜTERSWÖRDEN 1 WARMUTH, r1'1;i�1:;J, 1 67ff (hier auch zur neueren Literatur), die anmerken, daß hexaplansche Anmerkungen keineswegs als maßgebliche Zeugen für die hebräische Urform anzusehen sind, da es sich in realiter um Randnotizen handelt, die frühestens aus dem 1 1 . Jh. stammen. 2 Vgl. dazu aaO, 17 1f: Zudem kann ßa- auch für masoretisches :::1 mit Schewa mobile stehen. Somit handelte es sich nicht um eine textkritische Variante, als vielmehr um eine Umschriftvariante.

Syntaktisch-semantische Untersuchungen zu Gen 1, 1-3

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Regel unpunktiert3 sind und somit für Fragen der Vokalisierung gar nicht in Betracht kommen. Einen weiteren Beleg liefern die LXX-Handschriften 57; 73; 78; 4 1 3 der Gruppe cl4, allesamt Catenenhandschriften aus dem 1 1 .- 1 3 Jh. n.Chr. aus Rom bzw. KonstantinopeLS Diese Textzeugen korrigieren den MT dergestalt, daß sie eine den Regeln der hebräischen Grammatik gemäße Rekonstruktion von m:iNl im status absolutus + :;1 + Artikel nahelegen. 6 Da es sich jedoch ausschließlich um Randno� tizen bzw. im Falle des Samaritanus um mündlich überlieferte und somit unsichere Traditionen handelt, ist diese Lesart nicht für ur­ sprünglich zu halten. Auch die Auslegungsgeschichte bestätigt die im MT vorliegende Lesung, wie Targum Onkelos und die meisten LXX­ Handschriften erkennen lassen. 7 Anderson untersucht das unterschiedliche Verständnis des ersten Wortes der Bibel

in den Targumim und zeigt zwei Traditionen auf, die beide rl'�l:ll� als st. abs. auf­ fassen. Da im nachbiblischen Hebräisch die Konstruktion des asyndetischen Relativsatzes zunächst 8 nicht mehr gebräuchlich war, schien dies die einzig mögli­ che Übersetzung zu sein.9 Die erste Tradition faßt

rl'rlillll:;l

als präpositionale Zeitbestimmung auf, die einem

Hauptsatz voransteht Von besonderem Interesse sind hier die Targumim Onkelos

und Pseudo-Jonathan z. St. TO läßt Gen 1 , 1 mit quities« beginnen. TPsJon dagegen ersetzt

]'01p::J

rl'rD1:11::J

»in ancient times

durch

1:1.,111:1 JO

I in anti­

das bedeu­

tungsgleich mit der vorherigen Version ist, aber im Unterschied zu dieser durch den Artikel determiniert ist. Der folgende V.2 wurde als Ergänzung zu der Schöpfungs-

Zur Textgeschichte von Gen 1, 1-3

67

aussage in V .1 verstande�: 1 0 Von besonderem Interesse ist diese in TPsJon gege­ _ bene erweiterte Fassung. Uber den hebräischen Text hinausgehend liefert der Tar­

gum als Begründung für den Zustand der Leere auf Erden das Fehlen von Lebe­ wese � . S �mit �on�retisiert er �en Gehalt des Verses von der abstrakten Deutung des Nichtigen m Richtung auf d1e als Unbewohntsein. l l

Eine zweite Tradition fördert ein midraschisches Verständnis zu Tage. Sie faßt das �

instrumental auf und übersetzt rl'�llll:;l in Anlehnung an Prv 8,22ff durch »Mit Weisheit« (TFrag) . l 2 TN kombiniert beide Anschauungen in der Übersetzung

»From the beginning with wisdom the Memra [= Sohn] of the Lord created and perfected the heavens and the earth«. Anderson weist nach, daß die Problematik, die in der Reihenfolge des Schöpfungshandeins lag, dem Verfasser des TN bereits be­

wußt war und er sich dem auf sehr eigene Weise zu stellen wußte, indem auch er V.2 als ergänzende Aussage über den noch unvollkommenen Zustand der Erde

gedeutet hat

(litll li1M

= Fehlen der Fauna und der Flora, und nicht etwa Beschrei­

bung des vorliegenden chaotischen Stoffes

I Grundzustands - so z.B. TO).

Das Ziel dieser beiden Targumim lag darin, über TO und TPsJon hinausgehend »Gen 1 : 1 into a prefatory statement about the entire creation process and not a first act in the creative process« 1 3 zu transformieren. Das erreichten sie verstärkt indem

sie V. l MT durch das Verb skll (kll im Saf'el: »aufhören«) im Rekurs auf ergänzten. 1 4

Gen 2, 1 f

Erst die beiden ersten philologisch ausgerichteten Bibel- und Talmudkommentare von Raschi und Ibn Esra brechen mit der bisherigen Übersetzungstradition, die V . 1

als präpositionalen Hauptsatz verstanden wissen wollte, und sehen Gen 1 , I als

einen asyndetischen Relativsatz zu V.3 bzw. 2 an. Raschi bezieht sich in seiner Auslegung von Gen 1 , 1 -3 auf die oben aufgeführte Passage aus GenR 1,41 5 , um

dann aber auf die philologische Auslegung zu kommen: »Am Anfang der Erschaffung von Himmel und Erde, als die Erde noch wüst und öde und Finsternis

war, da sprach Gott, es werde Licht« 1 6. In dieser Auslegung kommt es Raschi be­

sonders darauf an, daß es mit 1:11::3

ri'�1::J nicht um das zeitliche Nacheinander der

einzelnen Schöpfungswerke geht (den Nachweis liefert er anhand einiger Stellen­

3

WüRTHWEIN, Text des Alten Testaments 4, 1 72; vgl. P.E. KAHLE, The Cairo

Geniza, Oxford 2 J 959, 1 5 3-1 57, bes. 1 55, der die Vokalisierung aus der aktuellen

samaritanischen Lesung ableitet. 4 Vgl. dazu WEVERS, Septuaginta, 56f; ROTIZOLL, Vorbedingungen, 25 1 (m. Anm. 1 8).252; RÜTERSWÖRDEN I WARMUTH, ri'!Zillll�, 1 69 f. 5 WEVERS, Septuaginta, 12; vgl. auch RÜTERSWORDEN I WARMUTH,

1 69[

6

Vgl . ANGERSTOR FER, Schöpfergott,

rl'rDI:Il:;l, .

1 8 l ff. Von Soden (Rhytmische

Gestaltung, 202) befürwortet unter Verweis auf den Samaritanus (nach Kahle) und

Origines die Wahrscheinlichkeit der vokalisierten Form wegen der Alliteration mit

1:11::3.

Seiner Meinung nach könnte die ganze Formulierung eine früher als Vers 2 zu

datierende »ganz kurze Credo-Aussage« sein, die »lange selbständig existierte« (ebd.); vgl. bereits BAYER, Althebräische Syntax; unter Vorbehalt auch ROTIZOLL, Vorbedingungen, 252.

7

8

S . dazu oben, 1 5ff zu LXX und Hexapla. Eine Konstruktion, die erstmals wieder bei Raschi belegt zu sein scheint. S.

dazu unten, 70 m. Anm. 3 1 . 9 Diese findet sich j a auch in LXX, in dem neutestamentlichen Zitat von Gen 1 , 1

in Joh 1 , 1 und später in der Vulgata. Die midraschische Auslegung hat auch Paral­ lelkonstruktionen zu Gen 1 , 1 , nämlich Hos 1 , 2 und Ps 8 1 ,6(?), in Hauptsätze umgewandelt; vgl. ANDERSON, Interpretation of Genesis 1 : 1 , 22 Anm. 4 (mit Literatur).

belege), sondern um den Anfang schlechthin. Ibn Esra stellt den st.cstr. 10

rl'�llll:;l

in

Es ist mit Nachdruck darauf hinzuweisen, daß die Konzeption der »creatio ex

nihilo« auch im antiken Judentum noch nicht entwickelt war. S. dazu oben, 30f. 11 Vgl. dazu auch BÖRNER-KLEIN, Tohu und Bohu, I Of. Sie führt als weitere

Belege für dieses Verständnis die Anfänge von TFrag und TN an. 1 2 Vgl . azu auch RÜTERSWÖRDEN I WARMUTH, rl'!\illll:;l, 173 m. Anm. 22 (mit � . we1terer Literatur). 1 3 ANDERSON, Gen 1 : 1 , 26. 1 4_ Vg� . dazu usführlich WEISS, Untersuchungen, 1 1 5- 1 1 8: Durch die Ergänzung � Wtrd semer Memung nach erreicht, daß das Modell einer Schöpfung in mehreren

Phase � aufgegeben wird zugunsten der Vorstellung, daß die Schöpfung bereits zu Anbegmn vollendet war. Somit kann in V.2 nicht von einem Urstoff die Rede sein. 1 5 S. dazu oben, 24 m. Anm. 58. - Zu Bereschit Rabba als Raschis Textgrund­

lage �gl . ausführlich Schäfer (s. oben, 23 m. Anm. 56) und ALEXANDER, Pre­ Emptlve Exegesis, 232ft 1 6 �ashi's Commentary , l f. Hier bricht Raschi mit der bisherigen Übersetzungs­ . . tradttwn, dte V. 1 als präpositionalen Hauptsatz verstanden wissen wollte (vgl.

versch. Targume, LXX und Vulgata). Durch diesen Bruch ist es ihm gelungen, der Problematik auszuweichen, wie denn V .2 zu übersetzen ist, wenn V . 1 die abgeschlossene Schöpfung des Himmels und der Erde bereits voraussetzt. Was das

Problem einer Zuordnung der Targume zur rabbinischen Literatur betrifft, vgl. WEISS, Untersuchungen, 1 15- 1 1 8.

68

Syntaktisch-semantische Untersuchungen zu Gen 1,1-3

Rechnung und entscheidet sich für die zweiteilige Hypotaxe (vgl. Hos 1 ,2). Er gibt folgende umschreibende Übersetzung: »Die Bedeutung (von Genesis 1 , 1f) aber ist, daß es zu Beginn (n't!itn:J) der Schaffung der Himmelsfeste und des Festlandes auf der Erde keinen bewohnbaren (Ort) gab, denn sie war (noch ganz) von Wassem bedeckt« l7.

Syntaktische Struktur von Gen 1,1-3 II. Syntaktische Struktur von Gen 1 , 1 -323 ;: : ·:

Die einschneidende Bedeutung dieser beiden mittelalterlichen Kommentare liegt in der hypotaktischen Auffassung der Genesisperikope 1, 1 -3, die sich bis in die ge­ genwärtige Forschung hinein überliefert hat und für die theologische Textinter­ pretation weitreichende Folgen hatte.l 8

Im textkritischen Apparat der BHK wird erwogen, die vorliegende Verbform (Perfekt qal) in den Inf. cstr. qal �i::;l umzuwandeln. Dieser Vorschlag ist jedoch wegen fehlender Belege von Textzeugen keinesfalls zwingend. l 9 Die verschiedenen Übersetzungsvorschläge und die dazu nötigen textkritischen Korrekturen hat E. Jenni20 ausführlich dargestellt. Er hat dabei - aus grammatischer Sicht - nachgewiesen, daß Korrek­ turen am MT entbehrlich sind. Diese Ansicht ist neuerdings von G. Warmuth und U. Rüterswörden nach einer ausführlichen Unter­ suchung des vorhandenen Textmaterials bestätigt worden. Die Ver­ fasser kommen zu dem Ergebnis: »Die Änderung des masoretischen Textes in

n·iD�!� ist eine freie Konjektur, die

sich weder auf griechische Transkriptionen der Väter noch auf das samaritanische Material stützen kann.« 2 1

Somit wird in dieser Arbeit davon ausgegangen, daß der vorliegende masoretische Text als Grundlage für die Exegese zu dienen hat. Es ist weder zulässig noch nötig, die kompliziert angelegte Struktur von Gen 1 , 1-3 mittels Textveränderungen aufzulösen, da die textkriti­ schen Zeugen neben dem MT im Sinne der lectio facilior auf gram­ matische und inhaltliche Harmonisierung bedacht sind. Die korrigie­ rende Lesart der meisten Targumim liegt sprachgeschichtlich darin begründet, daß das nachbiblische Hebräisch die Konstruktion von asyndetisch angeschlossenen Relativsätzen nicht mehr erkennt.22 Der unpunktiert überlieferte samaritanische Text hilft ebenfalls nicht weiter.

·•



Im Verlauf der Auslegungsgeschichte von Gen 1 haben sich zwei gramm atisch mögliche Übersetzungsmodelle herausgebildet, die eine jeweils eigene theologische Gewichtung und Intention24 verfolgen. Zum einen gibt es das parataktische Übersetzungsmodell (2.a-c), wel­ ches das Textgefüge von Gen 1 , 1-3 als drei eigenständige Verbalsätze beschreibt. Diesem traditionellen Modell gaben - wie im Abschnitt zur Auslegungsgeschichte nachgewiesen werden konnte - die Targumim, LXX, die Kirchenväter und die Reformatoren den Vorzug. Im 20. Jahrhundert erfuhr es insofern eine Aufwertung, als an die Stelle gewisser theologischer Prämissen sprachwissenschaftli­ che Erklärungen rückten. Wegen einiger Probleme grammatischer und theologischer Art, die das parataktische Übersetzungsmodell mit sich bringt, hat sich bereits im Mittelalter das hypotaktische Modell herausgebildet, das die Übersetzung von Gen 1 , 1 -3 als temporales Nebensatzgefüge bevor­ zugt ( l .a-b). Ihm gemäß wird V. l zum untergeordneten Vordersatz von V.22s bzw. V.326 gemacht. Neben diesen beiden Grundmodellen27 existieren einige Varianten, wie die Auffassung V.2 als temporalen Nebensatz zu V.3 anzusehen, oder aber V. l als eingliedrigen Nominalsatz mit asyndetischem Attributivsatz. 28 1 . Das hypotaktische Übersetzungsmodell ' In der mittelalterlichen jüdischen Literatur ist erstmals das relativi­ sche Verständnis von n'��'��!.::;l belegt und somit die Annahme einer hypotaktischen Satzkonstruktion, die sich über das gesamte Satz­ gefüge Gen 1 , 1 -3 erstreckt. Nach Raschi ( 1 040- 1 1 05 n.Chr.)29 han23

Vgl. die ausführlichen Überblicke bei SCHMIDT, Schöpfungsgeschichte,

24 25 26

S. dazu oben B .l. zur Wirkungs- und Auslegungsgeschichte.

73ff.88ff; BEAUCHAMP, Creation et separation, 150- 1 60; WESTERMANN , Genesis, 1 30- 1 3 5; JENNI, Erwägungen, 1 2 1 f u.a.

27

I7

So Abraham Ibn Esra, Kommentar zur Genesis, z.St. (ROTIZOLL, aaO, 32ff, hier: 44). S. dazu unten, 70 m. Anm. 3 1 . 18 S. unten, 69f. 1 9 Zur grammatischen Analyse vgl. unten, 7 1 f m. Anm. 4 1 . 2 0 JENNI, Erwägungen, 1 2 1 f. 21

22

AaO, 175. S. dazu oben. 66 m. Anm. 9.

69

Vgl. dazu unten 1b) mit dem Ansatz von W. Gross (s. bes. 73 m. Anm. 49). Vgl. dazu unten 1 a) mit dem Ansatz von K. Beyer (s. bes. 70 m. Anm. 32). Es bleibt darauf hinzuweisen, daß die Bezeichnungen »Hypotaxe« und

»Parataxe« auf die Struktur der Übersetzung abzielen und nicht auf die des hebräi­ schen Textes. Der MT präsentiert Gen 1 , 1-3 als sechs parataktisch angeordnete Sätze, in denen Partikel der Subordination wie Konjunktionen oder Präpositionen fehlen. V gl. zur Satzaufteilung SCHNEIDER, Grammatik, §44. 1 . 2 8 S o z.B. die Übersetzung von D.U. Rottzoll (s. unten, 79 m. Anm. 93) bzw. diejenige der Vf.in (s. unten, 8 1 ff).

29

Siehe dazu Raschis Pentateuchkommentar, l f, und 1 60 und oben, 25.

EICHRODT, Im Anfang,

70

Syntaktisch-semantische Untersuchungen zu Gen 1, 1 -3

delt es sich bei Gen 1 , 1 um eine relative Zeitbestirnrnung3o, die über die Parenthese von V.2 zum Handlungseinsatz in V.3 überleitet. We­ nige Jahre später entwickelt Ibn Esra ( 1 089- 1 164 n.Chr.)3 I die These von einer zweigliedrigen Hypotaxe: Gen 1 ,1 beschreibt in einem temporalen Nebensatz den Zustand der Welt vor der Schöpfung, während in V .2 mit einem unabhängigen Hauptsatz die eigentliche Handlung beginnt.

a) Das dreigliedrige hypotaktische Übersetzungsmodell (Protasis Parenthesis - Apodosis) »Zu Beginn der Weltschöpfung Gottes, als die Erde noch öde und leer war und Dunkel über der Oberfläche des Urmeeres lag, aber der Sturmwind Gottes schon über der Wasseroberfläche tobte, sagte Gott: . . . «3 2 .

Hierbei handelt es sich um das arn häufigsten vertretene hypotaktische ÜbersetzungsmodelL Seine Vertreter setzen voraus, daß in Gen 1 , 1 3 eine zu Gen 2,4bff analoge Konstruktion vorliegt, die die traditio­ nelle Form der Einleitung von Schöpfungsberichten übernirnrnt.J3 Beyers Ansicht nach handelt es sich hier »um die geläufige hebräi­ sche Konstruktion, durch Eine [sie !] oder mehrere Zeitbestimmungen (dann meist präpositionaler Ausdruck + Norninalsätze) die allgerneine Situation zu verdeutlichen, bevor im Imperfektum consecutivurn (= einmalige Handlung in der Vergangenheit) das eigentliche Geschehen beginnt«34. Textinternes Argument für die dreiteilige Neben­ satzstruktur ist nach Beyer, daß im Gegensatz zu der Konstruktion 30

Eine Deutung, die sich für ihn aus der Deutung des st.cstr. ergibt: » . . . for you

have no [occurrence of the word] n•�"J in Scripture, which is not in construct to the

word following it [i.e. in the construct state]. As for example, (ibid. [Jer] 27. 1 ) , >In

the beginning of the reign of Jehoiakimthe beginning of his kingdom< (Gen.

1 0. 1 0) , >The beginning (firstfruits) of thy com< (Deut. 1 8 .4). So here also you

should propound . . . as if [it were] in the beginning of [Gods] creating. And similar

to it is >At the beginning of the Lord's speaking unto Hosea< (Hos 1 .2) . . . «, aaO, 2. 3 1 Siehe dazu: Abraham Ibn Esra, Kommentar zur Genesis, z.St. (ROTTZOLL, aaO, 32 [mit Anm. 1 0. 1 2] .44); sowie Eichrodts Übersetzung: Im Anfang, da Gott den Himmel und die Erde schuf, da war die Erde . . (aaO, 1 6 1 ) . Diese Deutungs­ möglichkeit wurde zuletzt von Gross (Syntaktische Erscheinungen, 1 42ff, bes. auch Anm. 47) ausführlich dargestellt.

.

32

BEYER, Althebräische Syntax, 77.79-82; vgl. u.a. EWALD, Glaubenslehre

III/2 , 37ff; DILLMANN, Genesis, 1 7f; HOLZINGER, Genesis, 1 f; GU NKEL, Genesis ! , 93f (s.o.); EISSFELDT, Chaos, 258; ZIMMERLI, 1 . Mose 1 - 1 1 , 33; HERRMANN, Naturlehre, 415; SPEISER, Genesis, 8ff. 3 3 So GUNKEL, Genesis1, 93; 2, 90, - der aber ab der 3. Auflage die parataktische Version (unter Voranstellung von Gen 2,4a als Überschrift in Analogie zu Gen 5 , 1 ) bevorzugt; vgl. BEYER, Althebräische Syntax, 80f. Die bisher fehlende formge­ schichtliche Untersuchung über die Anfänge von Schöpfungserzählungen findet sich unten in Exkurs 7. 3 4 AaO, 80.

71

Syntaktische Struktur von Gen 1, 1-3

Ci':;l »an dem Tage, an dem«, der eine Verbform im (Im-)Perfekt fol­ gen kann, die Übersetzung von n-r�i�'1� »an dem Anfang, an dem« gar nicht sinnvoll ist, »weil es nicht mehrere solcher Anfänge gibt. Dann kommt aber nur ein Infinitiv cstr. in Frage« , womit eine Ver­ änderung des MT erforderlich würde.35 Nach MT ist �l:;I als Perfekt zu verstehen, was für einige Ausleger im Bezug auf eine Nebensatzkonstruktion ein textkritisches Problem darstellt. Jenni betont, daß es

für b + desemantisiertem (=absolutem) Zeitbegriff im st.cstr. drei Kombinations­ möglichkeiten gibt: nämlich st.cstr. + Nomen I Infinitiv I Attributivsatz. Dagegen

sind für b + Teil-Zeit-Begriffe (= relative Zeitbestimmung) ausschließlich Infinitiv­

konstruktionen ohne asyndetische Attributivsätze belegt.36 Jenni kommt zu dem Schluß, daß sich somit »die Verwendung von beresit als gängiger temporaler

:

Konjunktion nicht genügend absichern« läß� 7 bzw. die Umvokalisierung von �1:::1 in einen Inf. cstr. qal bei der hypotaktischen Ubersetzung unumgänglich wäre.3 8

Gegen eine dreiteilige hypotaktische Übersetzung sprechen verschie­ dene Gründe : Wie bereits die textkritischen Untersuchungen ergaben, ist die Konjektur eines Infinitivs statt des Perfekts von �i::J. ein textlich nicht abzusichernder, bestenfalls an die Bedürfnisse der grammatischen Regelkonformität des Hebräischen angelehnter Notbehelf.39 Diese Konjektur ist aber auch insoweit kein vollwertiges Argument, das gegen die dreiteilige Hypotaxe spricht40 , als sie gar nicht unbedingt vonnöten ist4 I , sondern lediglich eine Angleichung an vergleichbare

35

BEYER, Althebräische Syntax, 8 1 ; vgl. auch ZENGER, Gottes Bogen, 63 . S .

36

Als einzige Ausnahme führt er Hos 1 ,2 an, wo aber die Präposition � fehlt;

37

JENNI, Erwägungen, 1 22.

dazu aber unten, Anm. 4 1 . vgl. dazu unten, Anm. 76. 38

39

S. aber unten, Anm. 4 1 .

Siehe dazu oben, 67 m . Anm. 9. 4 0 In erster Linie sprechen nach Gross das handlungseinleitende il'il - in der Annahme, daß in V.2a eine Handlung eingeleitet wird - gegen die dreigliedrige Hypotaxe in Gen 1 , 1 - 3 . Damit kommt Gross zu einem Befund, der mit der Untersuchung von Bartelmus nicht übereinstimmt. S. dazu unten, Anm. 55. - Vgl.

auch schon GESENIUS I KAUTZSCH, Hebräische Grammatik, § 1 4 1 i (und § 1 42c),

die die Funktion von il'il darin sehen, »die Aussage, die als Beschreibung eines Zu­ ständlichen auch in Gestalt eines reinen Nominalsatzes auftreten könnte, in die

Sphäre der Vergangenheit zu verweisen; vgl. [sc. Gen] 3 , 1 .«

41

Die Notwendigkeit der Konjektur wird durch Gross entkräftet.

Die

Umvokalisierung in einen Inf.cstr. hält er auch bei einer dreiteiligen Konstruktion

für nicht zwingend (GROSS, Syntaktische Erscheinungen, 1 42 Anm. 38, sowie

DER S . , Pendenskonstruktion, 53). Er legt unter Angabe zahlreicher Textbelege (Pendenskonstruktion, 53 m. Anm. 49) dar, daß Zeit- und Ortsangaben im Hebrä­ ischen häufig in st.cstr.-Verbindung + asyndetisch bzw. mit ,�� angeschlossenem

Attributsatz stehen. Vgl. z.B. Ex 6,28 (+'il'1); Num 3 , 1 ; Ps 1 38,3; Jer 6, 1 5 ; Sach 8,9. S. dazu oben, 68 und unten, 83f m. Anm. 1 20.

Syntaktisch-semantische Untersuchungen zu Gen 1,1-3

72

Konstruktionen in Gen 2,4b; 5 , 1 (vgl. auch Ez 28 , 1 3)42 darstellt. Hinzu kommen jedoch grammatische Einwände: Im Hebräischen sind syndetisch eingefaßte Parenthesen unüblich.43 Ein anderes Ver­ ständnis legt auch die Funktionsbestimmung von ii'ii in V.2a nahe. Wenn V.2 ein Einschub zwischen dem temporalen Nebensatz in Gen 1 , 1 und dem dazu gehörigen Hauptsatz in V.3 ist, läßt sich die Zeit­ zuweisung in die Vergangenheit, die das ansonsten funktionslose ii'ii mit sich bringt, logisch nicht begründen. Ein simpler Nominalsatz ohne den Tempusmarker ii'ii würde reichen, da bereits das Perfekt in V. l beide Verse der stativischen Vergangenheit zuweist.44 Im übrigen ist es unter stilistischen Gesichtspunkten fraglich, ob an­ gesichts der knappen Satzstruktur von Gen 1 bei einem solch aus­ führlichen Einschub von einer syntaktisch in das Gefüge zu integrie­ renden Synthese die Rede sein kann. Stattdessen scheint es sinnvoller, für Gen 1 ,2 von einem - grammatisch unabhängigen - Hintergrund­ satz auszugehen. 45 Ein kompositionskritisches Argument lautet, daß die über die ersten drei Verse ge­

hende Phrase die Gesamtstruktur von Gen 1 empfindlich stört, indem nämlich

gleich am ersten Tag die allen sechs Schöpfungstagen voranstehende Rede­

einleitungsformel nicht den Handlungseinsatz bildet.46 Dem ist noch hinzuzufügen, 42

Daß auch bei dieser zweigliedrigen hypotaktischen Übersetzung die Analogie zu Gen 2,4b-7 nicht in jedem Fall ausgeschlossen werden muß - denn diese

Analogie dient ja als gewichtiges formgeschichtliches Argument für die Annahme

einer Hypotaxe -, demonstriert Gross. Er läßt für diese Verse zwei syntaktische Muster zu:

I.

überwiegend sieht man den Anschluß der pendierenden Zeitangabe

von 4b in dem wa::::y : iqtol . . . von V.7 - V.5+6 wären demnach Parenthesen; 2. es

Syntaktische Struktur von Gen 1,1-3

73

daß die Zusammenbindung der Aussagen von V.2 und V.3 zu einer hypotaktischen Konstruktion die Gegensätzlichkeit ihrer Aussagen abschwächt. Denn Gott schafft das Licht nicht aus der Finsternis, sondern als Gegenpol zu ihr.47

Als Fazit der Bewertung dieses häufig vertretenen Übersetzungs­ modells bleibt festzustellen, daß, außer der Berücksichtigung des n't4't��!:;l als st.cstr. und der daraus zu folgemden Konsequenzen für die Syntax von V. l , eine dreiteilige hypotaktische Satzkonstruktion nicht zwingend erscheint, ja, daß der syndetische Anschluß in V.2 gerade gegen diese Lösungsmöglichkeit spricht.48

b) Das zweigliedrige hypotaktische Übersetzungsmodell (Protasis Apodosis) >>Am Anfang, als Gott sich daran machte, den Himmel und die Erde zu erschaf­

fen, war die Erde wüst und wirr . . . «49.

Diese nur sehr selten vertretene Übersetzung von Gen 1 , 1 -2a5o ist am ausführlichsten und überzeugendsten von W. Grass dargelegt wor­ den. Seine Argumentation ist ausschließlich an der hebräischen Syntax orientiert. Seine These lautet, daß in V. 1 eine pendierende Zeitangabe von n•tliNj� im st.cstr. mit anschließendem Attributivsatz vorliege, auf welche V.2 als eigentlicher Aussagesatz folge. 51 Den Ausgangspunkt seiner richtungsweisenden Untersuchung bildet die Beobach­

tung, daß für Textanfänge, die von Vergangenern handeln und die keine Redesätze sind, bestimmte syndetische Satzkonstruktionen typisch sind52, um in den

Hinter-

wäre aber grundsätzlich auch möglich, die Fortsetzung der pendierenden Zeitangabe

von 2,4b in V.Sa (vgl. LXX) zu sehen, wodurch die parallele Konstruktionsweise

mit Gen 1 , 1 ff. bewahrt bliebe (GROSS, Pendenskonstruktion, 54). Siehe aber dazu unten, 89 (Übersicht).

43

GROSS, Syntaktische Erscheinungen, 1 42f; DERS ., Pendenskonstruktion, 53.

Zudem kann die Abfolge Protasis - Parenthesis - Apodosis >>nicht erklären, warum HYY in 1 , 2a in Position w:::::x-qa�al steht.« Siehe dazu wie folgt. - Vgl. auch

47

Vgl. SCHMIDT, Schöpfungsgeschichte, 93f, dessen 3. Argument, daß V.2 zur

Tradition und V.3 zur Interpretation gezählt werden muß, in diesem Kontext nicht weiter nachgegangen werden soll. 4 8 Vgl. GROSS, Syntaktische Erscheinungen, 142 und oben, Anm. 43.

BEAUCHAMP, Creation et separation, 1 5 1 . Anders JÖUON I MURAOKA, Grammar,

49 GROSS, Syntaktische Erscheinungen, 1 45; vgl. DERS., Pendenskonstruktion, bes. 43-55.

Satzparenthesen, sondern um ausschweifende, als grammatische Sätze unabhängige

Vertreter dieses Übersetzungstyps nennt; vgl. auch HUMBERT, Trois notes, 1 93ff; sowie: DERS., Encore Je premier mot: Er erkl ärt die hypotaktische Übersetzung zur

§ 1 59f, die von einer >Art Parenthese< mit 1 eingeleitet sprechen (z.B. in Gen 1 3 ,3; 24, 1 6; Jon 3 ,3). Eine Durchsicht der Stellen ergibt aber, daß es sich nicht um

Hintergrundschilderungen, nämlich um Umstandsätze, handelt; vgl. dazu auch

GESENIUS I KAUTZSCH, Hebräische Grammatik, § 1 56: häufige Bildeweise für

Umstandssätze ist

1

gefolgt vom Subjekt eines Nominalsatzes. Auch die nach von

Soden selten belegte Konstruktion von Parenthesen im Akkadischen ist asyndetisch

gebildet (GAG § 1 82). Vgl. die Anfangszeilen von Atr. l, l f (s. dazu unten, 2 1 2). 44 Vgl. auch GROSS, Pendenskonstruktion, 53. Das spricht an dieser Stelle gegen

die Annahme, daß V.2 Hal-Satz zu V . l ist. 4 5 So strukturieren die jüngeren Vertreter des parataktischen Übersetzungs­ modells. S. dazu unten, 74f m. Anm. 6 1 . 4 6 S . oben, Anm. 43; vgl. GROSS, Syntaktische Erscheinungen, 1 43 ; SCHMIDT, Schöpfungsgeschichte, 93f.

so

Vgl. GROSS, Syntaktische Erscheinungen, 1 45 m. Anm. 47, wo er weitere

einzig richtigen mit der Begründung, daß überall dort, wo im Alten Testament n'�")

temporale Bedeutung hat, es zugleich auch relativisch verwendet wird. Als Gründe für diese Entscheidung nennt er das Ausweichen vor den zeitlich-logischen Problemen, die eine parataktische Übersetzung mit sich bringt, sowie den Erhalt einer traditionellen Formulierung zur Einleitung von Schöpfungsberichten (Encore Je premier mot, 1 27); vgl. auch SKINNER, Commentary on Genesis, 1 2f. S. unten Exkurs 7.

51 Syntaktische Erscheinungen, 1 42f; vgl. Pendenskonstruktion, 5 3 ; vgl. dazu oben, 72 m. Anm. 44. 5 2 Er nennt w::::: x-qatal, w:::::Partizipia1satz, w::::N : ominalsatz und wayyiq�ol als gängi ge Satzmuster (vgl. Syntaktische Erscheinungen, 1 3 3 ).

Syntaktisch-semantische Untersuchungen zu Gen 1 , 1 -3

74

gruruJ53 einer Erzählung außerhalb von wörtlicher Rede einzuführen. In Gen

1 , 1 -2a liegt seiner Meinung nach das Satzmuster pendierende Zeitangabe + determi­ nierender Attributivsatz + w=x-qa�al vor, das folgendermaßen zu übersetzen ist: >>Am Anfang, als Gott sich daran machte, den Himmel und die Erde zu schaffen, war die Erde wüst und wirr . . . «54 Demzufolge wäre V.2a dem Erzählvordergrund zuzuordnen. Gross hat zwar das vorliegende Satzschema als typische Hintergrund­

Syntaktische Struktur von Gen 1,1-3

75

folgt61 , in dem die im ersten Satz eingeführte Person zu Beginn des zweiten (ohne waw !) wieder aufgegriffen wird. Gross' Hinweis darauf, daß gegen die parataktische Übersetzung von Gen 1 , 1 f die

sonstige Verwendung von Toledotformeln in P spricht, ist insofern fraglich, als eine Analogie der Standardformel62 mit rl't\i�!:;t nicht nahe liegt und die

rlii(h ii'(.�(1)

aussage qualifiziert, tritt aber im Fortgang seiner Untersuchung hinter dieses Urteil

Formel in Gen 2,4a als Textunterschrift begegnet.63 Es handelt sich bei beiden

Es stellt sich jedoch die Frage, warum Gross nicht eine der anderen, die Hin­ tergrundaussage befürwortenden, syntaktischen Möglichkeiten in Betracht zieht.

Gemeinsamkeit lediglich in ihrer Funktion besteht, einen Erzählabschnitt zu eröffnen und den gesamten Erzählverlauf zu strukturieren. Auch die Hinweise auf

zurück mit der Begründung, daß das Verb i1'iT in V.2 Aktionsverb55 sei.56

Unter Ausschluß der Annahme, daß der casus pendens über V. 1 -2 reicht, ließe sich V . 1 als ein eingliedriger Nominalsatz ansehen, auf dessen einziges Glied n·�--9 ein determinierender Attributivsatz folgt, der durch seine Struktur auf den

Erzählvordergrund verweist.57 Demnach wäre Gen 1 , 1 ein in sich abgeschlossener eingliedriger Nominalsatz im st.cstr., von dem ein genetivischer Attributivsatz ab­ hängt; auf diesen Anfangssatz folgt eine Hintergrundschilderung des Musters w=x­ qa�al (ii'ii).58

Im Kontext seiner Untersuchung von Zeitanfängen am Satz- bzw. Erzähl(ab­

Wendungen um syntaktisch völlig unterschiedliche Konstruktionsweisen, deren

die sonst asyndetische Verknüpfung der Toledotschilderung mit dem nachfolgenden Satz ist lediglich in sieben der insgesamt zwölf Belege richtig. 64 Neben den Stellen, an denen im Anschluß an die Konstruktusverbindung (z.B. Gen

n'1(ii'1 ;;'(.�)

1"!i der st.abs. am folgenden Satzbeginn asyndetisch erneut aufge­ nommen wird, lassen sich andere Konstruktionsweisen finden: in Gen 2,4a folgt

6.9:

auf die Konstruktusverbindung ein Nominalsatz + Partizip, in Gen 5 , 1 und Num 3 , 1 (RP ) ein temporaler Nebensatz (Cli':l + Inf.cstr. bzw. Perfekt) oder ein itli�

-Satz. D.h. das Argument von Gross trifft nur bedingt zu, könnte sogar - z.B. im

schnitts)anfang führt Gross Belege für die Fortführung dieses, die Zeitangabe umfassenden VerbaJ59_ oder Nominalsatzes60 durch das Satzmuster präpositionale

Falle von Num 3 , 1 - als Argument für eine parataktische Übersetzungsversion ins

gestellte - Frage: >>Wo wird dann der mit br'syt eröffnete Satz weitergeführt?«

Zum anderen berücksichtigt auch dieses Übersetzungsmodell den Befund, daß n·�l'l;-p als st.cstr. relativisch zu übersetzen ist66 - eine Forderung, die jedoch auch in der dreigliedrigen Hypotaxe berück­ sichtigt wäre, und im übrigen, wie wir sehen werden, zu ganz ande­ ren Ergebnissen führen kann. Da Gross seiner eigenen Argumentation widerspricht67 , indem er feststellt, daß die in V.2 typische Struktur einer Hintergrundaussage

Zeitangabe - qa�al-x bzw. w=x-qa�al an. Demnach ließe sich die - auch von ihm

entsprechend seinen eigenen Untersuchungsergebnissen zweifach beantworten: in dem auf die Zeitangabe folgenden Satz in V. 1 oder aber in V.2.

Für sein eigenes Übersetzungsmodell sprechen nach Gross' Meinung zwei Gründe: Zum einen ist zu beobachten, daß im Kontext von P auf die Erzählanfänge in der Regel ein asyndetischer Vordergrundsatz 53

Ein Hintergrundsatz ist nicht dem Vorausgehenden, sondern dem Folgenden

zuzuordnen; vgl. dazu GROSS, Syntaktische Erscheinungen, 1 37.

54

Humbert übersetzt: »Lorsque Dieu comment;a de creer I'Univers, Je monde etait

alors en etat chaotique. Tenebres a Ia surface de I'Ocean. Mais Je souffle de Dieu se

mouvait sur les eaux et Dieu dit: . . . «. Zuzüglich zur Problematik, ob die Struktur

Protasis - Apodosis richtig ist, tritt bei dieser Übersetzung die Frage hinzu, ob das

adversative 1 in V.2bß mit der Überleitung zu V.3 syntaktisch zu rechtfertigen ist, da so der parallelismus membrorum in V.2ba.ß gestört ist. Falsch ist auch die inhalt­

liche Überleitung von V.2bß zu V.3. Denn V.2bß zählt zu der Vorweltschilderung

und ist nicht mit der Schöpfungshandlung (wayyiq�ol) in Verbindung zu bringen. 5 5 Vgl. GROSS, Syntaktische Erscheinungen, 1 45. Ob diese Funktionszuweisung

richtig ist, ist fraglich. Zur Funktion und Bedeutungsspanne von ii'ii vgl. BARTEL­ M U S , HYH, und KILWING, hyh als Kopula, 36ff, und Gross selbst, der ii'ii grundsätzlich als Si gnal für einen vergangeneo Hintergrund ansieht (Syntaktische Erscheinungen, 1 4 1 ). 5 6 Zur Struktur von Gen 1 ,2 s . unten, 84f. 5 7 Das entsprechende Satzmuster lautete [wyhy] x-qa�al, wobei x eine Zeitbestim­ mung ist. S. dazu GROSS, Syntaktische Erscheinungen, 1 3 8 und unten, Anm. 1 20. 58 Zur Übersetzung s. unten, 92. 59 Eingeleitet mit 'ii'1; zu den Belegen vgl. GROSS, Syntaktische Erscheinungen, 145 mit Anm. 48-50.

60

So liegt z.B. in Jes 6 , 1 eine mehrgliedrige präpositionale Zeitangabe, gefolgt von wayyiq�ol, vor, an die Gross Gen 1 , 1 f strukturell angleicht (aaO, 145).

Feld geführt werden.65

61

Zu den Belegen s. unten, Anm. 64. - Wenn auch Gross selbst dieses

Argument aus literarkritischen Gründen entkräftet, aaO, 144. 6 2 S. dazu ausführlich TENGSTRÖM, Toledotformel. Eine Ausnahme bildet z.B.

Gen 5 , 1 . Zum Thema s. zuletzt CARR, Reading, 68-75.93- 1 0 1 . Vgl. dazu ausführlich STECK, Schöpfun gsbericht, 240ff. Weimar schließt nicht

63

aus, daß Gen 2,4a der ursprüngliche Beginn einer Erzählung war und erst redaktio­ nell zur Unterschrift gemacht worden ist (DERS ., Struktur und Komposition, 89 m.

Anm. 29); vgl. bereits GUNKEL, Genesis 3 , 101 ; zuletzt CARR, aaO, 73-75. 64 Gross nennt jedoch nur Gen 6,9 und 37,2 (aaO, 142). Zu den übrigen Belege

vgl. TENGSTRÖM, Toledotformel, und zuletzt SCHREINER, Art.

rlii'?in,

572.

65 66

Zu Num 3 , 1 vgl. unten, Anm. 1 1 9.

67

Gross ( Syntaktische Erscheinungen, 1 45) erklärt die Widersprüchlichkeit in

Denn die wenigen Belege von rl'�! I �; + Präposition in hebräischen Texten gehören der poetischen Diktion an. Siehe dazu unten, Anm. 70. seiner Untersuchung mit folgender Bemerkung: >>Diese Interpretation weist die

Sätze von Vers 2 nicht dem Hintergrund, sondern dem Vordergrund der Darstellung zu, obgleich sie inhaltlich Größen benennen, die dem in Vers 3 einsetzenden

Schöpfungswirken vorgegeben sind.« Durch die Kombination syntaktischer Kategorien mit kompositorischen, nämlich über die Zuweisung von Vorder- und Hintergrund, versucht er den Widerspruch auflösen (aaO, 142). Nun finden wir bei Schneider (Hebräische Grammatik, §44.2, bes. 44.2. 1 . 2) folgenden Hinweis: >>Nominalsätze [zweigliedrige und zusammengesetze] enthalten Voraussetzungen,

Syntaktisch-semantische Untersuchungen zu Gen 1, 1-3

76

wegen des i1'i1 doch Vordergrundcharakter habe6s, scheint es plau­ sibler, sich seine grundsätzlich interessanten syntaktischen Er­ wägungen zugunsten einer ganz anderen Lösungsmöglichkeit zunutze zu machen (s.u.2.c). 2. Das parataktische Übersetzungsmodell Das traditionelle Übersetzungsmodell sieht in dem n·rzi�i::l eine Präpositionalverbindung mit Nomen im st.abs., deren Funktion es ist, den zeitlichen Anfang der Weltschöpfung zu umschreiben. 69 Als grammatisch korrekte Form wird n·��!.f * (� + Artikel + st.abs. von n·��!) gefordert. 7ü Wie bereits in Teil B dargestellt, verband sich mit dieser Übersetzung lange Zeit das Problem des zweifachen Schöp­ fungsbeginns. Das sukzessive Verständnis von Gen 1 , 1 -3 legt nahe, daß Gott zuerst Himmel und Erde geschaffen hat, die Erde jedoch noch unbrauchbar war und der Nachbesserung bedurfte. Dieser Deutung widerspricht jedoch die Tempusfolge in V . 1 f.

Das Perfekt von i1'i1 in dem als Nominalsatzgefüge konstruierten V.2 läßt sich nur erklären, wenn man den gesamten Vers als vorzeitig zu V. l bestimmt. Demnach stellt sich V. l als eine den gesamten

Syntaktische Struktur von Gen 1, 1-3

77

Schöpfungsbericht vorwegnehmende Überschrift7 t bzw. als einen Mottovers72 dar, auf den in einem Hintergrundsatz eine Vorwelt­ schilderung folgt, an die sich a) als eigenständiger Satz oder b) als regierender Hauptsatz zu V.2 der dritte Vers anschließt. Die in dieser Arbeit bevorzugte Übersetzung (s. unten c) orientiert sich an der dreiteiligen parataktischen Struktur (s. unten a), stellt aber den st.cstr. in Rechnung.

a) Gen 1, 1-3 als drei unabhängige Hauptsätze »Am Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde. Die Erde war noch öde

Wüste, und Finsternis lag auf der Urtiefe, und Gottessturm bewegte sich über der Wasseroberfläche. Und Gott sprach: . . . >Anfang des Redens JHWHs durch Hosea«) als auch als ein durch accusativus temporis eingelei­ teter Nebensatz (»Im Anfang, als JHWH mit Hosea redete«) zu übersetzen ist. J 05 Somit lautet die Übersetzung für Gen 1 , 1 : »Im Anfangl06 von Gott schuf den Himmel und die Erde (= als Gott den Himmel

und die Erde geschaffen hat«) [war es]:

Somit behielte Gen 1 , 1 Überschriftcharakterl 07, während V.2 einen Rückgriff auf den Zustand vor der Schöpfung darstellt l OS und in V.3 der eigentliche Schöpfungsbericht einsetzt. Für die Beibehaltung des

n•t!l�"l :!f

als st.cstr. hat sich auch Gordon 1 0 9 aus

sprachgeschichtlicher Sicht ausgesprochen. Unter Beibringung weiterer Belege für

1 03

Vgl. bereits DOHMEN, Schöpfung und Tod, 43f, der diese Strukturierung ­

wie wir finden zu recht (vgl. dazu BAUKS I BAUMANN, Im Anfang war, 28, und

unten Exkurs 7) - von Gen 2,4b ausgehend auch für Gen 1 , 1 geltend macht. Er

83

Syntaktische Struktur von Gen 1, 1-3

die Konstruktionsweise aus der hebräischen 1 10 und ugaritischen 1 1 1 Literatur, stellt Gordon fest, daß die Konstruktion eines Nomens im st.cstr. mit nachfolgendem

finiten Verb häufig relative Funktion hat und eine gemeinsemitische Erscheinung ist. 1 1 2 In Gen 1 , 1 ist die temporale Bedeutung der relativischen Funktion vorzuziehen. 1 1 3 Dennoch scheint die Berücksichtigung analoger Formulierungen aus den Texten der Umwelt einmal mehr gerechtfertigt. 1 1 4

a) Syntaktische Analyse

Gen 1 1 ist ein eingliedriger Nominalsatz 1 1 5 , bestehend aus :;J + n·��! im st.cstr., von dem ein mit Perfekt eingeleiteter Verbalsatz als ge­ netivischer Attributivsatz abhängt. Dieses Perfekt ist ein typisches Merkmal für Erzähleinleitungen hebräischer Texte. 1 1 6 Gen 1 , 1 dient der Schilderung einer Vorhandlungleines Hintergrunds, bevor der Haupterzählstrang (in V.3) mit dem Narrativ eröffnet wird. Als Prototyp gibt W. Schneider 1 Kön 14, 1 1 17 an. Es handelt sich hier um eine determinierte Zeitbestimmung, an die zwecks Näherbestimmung ein Demonstrativpronomen angefügt ist, wohingegen Gen 1 , 1 a im st.cstr. steht, also das Regens zum folgenden Teilsatz (V. 1b) ist. Zu­ sammengenommen handelt es sich um einen Nominalsatz des Typs Präposition + Zeit-Nomen - qatal - Subjekt - direktes Objekt 1 1 S . Ein anderes Beispiel mit indeterminierter Zeitbestimmung + qatal findet sich in Hos 1 ,2 (ohne Präposition) und in Num 3 , 1 1 19 (Zweitsetzung des RP) . 1 20

versteht V.4b als Aposiopese (vgl. dazu GESENIUS I KAUTZSCH, Hebräische

Grammatik, § 1 67a), »d.h. V.4b ist ein temporaler Nebensatz, dessen zugehöriger

Hauptsatz >ausgefallen< ist, der aber paraphrasierend lauten müßte: >Da geschah

folgendes< . Ein derartiger Satz ist sehr gut >unterdrückbarin den Tagen, WO>in jenen Tagen« (s. oben, Anm. 146; vgl. VON SODEN, Mottoverse, 236 m. Anm.7; D IETRICH, ina ümi ulluti. Eine andere Ausdrucksweise findet sich in der Beschwörung gegen ein Gerstenkorn: ina surrf >>am Anfang>Erde« als Kontrast zur kultivierten Erde im Stil der >>Als noch nicht>Nebel>Welt«. In beiden Fällen regiert das Nomen im st.cstr. den folgenden Satz1 52, be­ stehend aus nominaler bzw. flektierter Verbform, Subjekt und Objekt. Auf diese Überschriften folgt dann jeweils die Vorweltschilderung. In Gen 1 ,2 be­ steht diese aus einer Auflistung der der Vorwelt zugesprochenen Qualitäten, wobei der Akzent auf der als Lebensraum noch nicht ausgebildeten Erde liegt. !53 Diese war als solche noch nicht vorhanden; an ihrer Statt war Finsternis sowie ein von Gott kommender Windhauch über dem - alles umgebenden - Urgewässer. Auch die Vorweltschilderung in Gen 2,5f ist zweiteilig. In V.5a finden sich zwei auf den Zu­ stand der Erde abzielende >>Als-noch-nicht«-Schilderungen (C")f.? + Imperfekt), auf die in V.5b die Begründung dieses Zustands geliefert wird (�'? ':;> + Perfekt mit Subjekt >>Gott« sowie ein mit 1'� negierter Nominalsatz) : der Leser erfährt, daß die von Gott noch nicht beseitigte Trockenheit und das Fehlen des Menschen die Erde wüstengleich sein ließen. In V.6 ist von einer zweiten Qualität neben der Erde (V.5) die Rede: von dem von der Erde aufsteigenden Süßwasserstrom bzw. Nebel ("illl ). An diese beiden Vorweltschilderungen schließen sich dann jeweils die eigentlichen Schöpfungsberichte an: In Gen 1 ,3ff der Beginn der Weltschöpfung mit der Er­ schaffung des Lichts und daraus resultierend die Ausprägung der Kategorie Zeit; in Gen 2,7 der Beginn der Menschenschöpfung als Grund und Ursache zugleich für die Kultivierung der bereits vorhandenen Erde.154 Bei allen grammatischen Unterschieden, die für die Eingangsphrasen der beiden biblischen Schöpfungsberichte bestehen bleiben - wie z.B . die Verbform in den Überschriften (Gen 1 , I ; 2,4b) sowie die Art von Vorweltqualifizierung -, lassen sich die aus der Gliederung hervorgehenden Gemeinsamkeiten nicht verhehlen. Die Intention beider Vorweltaussagen ist es, auf bereits Bestehendes hinzuweisen, wel­ ches aber im Vergleich mit der zum menschlichen Lebensraum ausgestalteten Schöpfung Gottes als rein negativ, da unbrauchbar, zu charakterisieren ist. Es han­ delt sich keineswegs um Aussagen über eine Gegenwelt155 als vielmehr um solche über eine Vorwelt, wie sie zu Beginn des göttlichen Schöpfungshandeins gegeben war. Während Gen 1 ,2 - im Anschluß an die den Vers einleitende Aussage, daß die Erde noch nicht zum Lebensraum ausgeformt ist - die Vorwelt qualitativ umschreibt als 1t!ih, Ciill;l, C'r;liJ und als C'ii'?� l"!,i, charakterisiert Gen 2,5f die Vorwelt mittels negierter Nominalsätze als Gegensatz zur vorfindliehen Welt, als »Noch-Nicht«­ Welt, die unausgebildet - nämlich als Wüstenlandschaft - mangels Kultivierung

1 5 2 Alternativ zum Perfekt könnte in Gen 1 , 1 auch der Infinitiv 1''1:;1 oder aber ein ­ . im Altheb. nicht belegtes - Nomen des Stammes stehen. Zu vergleichbaren Konstruktionsweisen s. oben, Anm. 4 1 . 1 53 S . dazu ausführlich unten, 1 1 0. 1 54 Beiden Texten ist außerdem in inhaltlicher Hinsicht gemeinsam, daß die Schöpfungswelt aus bereits Vorhandenem ausdifferenziert wird. So wird in Gen 1 ,3-5 berichtet, daß Gott zwar >>durch sein Wort« das Licht werden ließ, also als etwas Neues bewirkt, der Tageszeitenwechsel - und darin die Kategorie Zeit - aber nur alternierend zur bereits vorhandenen Finsternis existiert. Mittels des erschaf­ fenen Lichts als Gegengröße zur unerschaffenen Finsternis vermag Gott, indem er beide Größen voneinander scheidet (1?1::l hif. in V.4), Tag und Nacht durch sein Wort zu erschaffen (V.5). - Zum Thema »Schöpfung durch das Wort« vgl. Schmidt (Schöpfungsgeschichte, 1 73- 1 78), der dieses Phänomen aus der inner­ israelitisch-prophetischen Tradition zu erklären versucht ( 1 76) und einen Sachzu­ sammenhang mit dem ägyptischen >Denkmal memphitischer Theologie< ausschließt ( 1 75), anders KOCH, Wort und Einheit, 280ff. 155 An dieser Stelle sei als Beleg für dualistisches Denken im Alten Testament ledig­ lich auf den Topos »Chaosdrachenkampf>Im Anfang, als Gott den Himmel und die Erde schuf, - die Erde aber war wüst und öde, und Finsternis lag auf der Urflut, und Gotteswind wehte über den Wassem - da sprach Gott: . . . «. Fraglich ist an Zimmerlis Vo��chlag jedoch die Übersetzung in Anlehnung an das dreigliedrige hypotaktische Ubersetzungsmodell. 1 5 8 Vgl. zur Kritik auch DOHMEN, Schöpfung und Tod, 41 m. Anm. 19. 1 59 Auf die literar- bzw. überlieferungsgeschichtlichen Implikationen dieser Aussage soll hier nicht weiter eingegangen werden. Die These, daß Gen 1 ,2 eine alte Tradition ist, ist weit verbreitet. S. dazu mit Literaturhinweisen SCHMIDT Schöpfungsbericht, 88ff; vgl. WESTERMANN, Genesis, 1 32. Zur Literarkritik vo Gen 2,4bff vgl. zuletzt ausführlich DOHMEN, Schöpfung und Tod, 47-6 1 . 193-205. 1 6 0 »Im Unterschied zu W-X-Qatal-Sätzen, die Personen einführen und Hintergrundverhältnisse schildern, berichten Qatal-X-Sätze nach einleitendem TP ein Geschehen, mit dem ein erster Schritt in die Erzählung hinein getan, diese aber noch nicht in ihrem Hauptstrang eröffnet wird. Der beginnt erst mit >Wayyiqtok Semantik< 1 64 umfaßt mehr als eine etymo­ logische Begriffsuntersuchung. Zudem trägt diese nur in Ausnahme­ fällen etwas aus (so evtl . für t:Jiill'l und iilJ) iilh). 1 65 Weitaus größere Bedeutung kommt der Wortfelduntersuchung 1 66 zu. Es ist zu untersu1 6 2 Wörtlich müßte die Übersetzung lauten »Im Anfang des: Gott schuf den Himmel und die Erde«. 1 63 Vgl. dazu einführend KO C H , Formgeschichte, 298-324; LOUW , Art.

Semantics, 1 077ff; KEDAR, Biblische Semantik; Themaheft in ZAH 6 ( 1 993).

1 64

Eine allgemein anerkannte Theorie dieser linguistischen Teildisziplin fehlt

bislang; vgl. dazu

KE DAR, Biblische Semantik, 44ff. Ein Überblick zum Forschungsstand findet sich bei SWIGGERS, Paradigmatical Semantics, 44ff.

1 65

Es ist auffällig, daß in Gen 1 , 1-3 Begriffe Verwendung finden, die entweder eher selten oder aber typisch für die nachexilische Literatur sind. Gleich das erste Wort ist eine nur dreimal belegte Wendung mit umstrittener Bedeutung.

oder folgen; paradigmatische Beziehungen hat das Wort zu jenen Zeichen, die es im

Kontext ersetzen können«

1 67

(aaO, 46; Hervorhebungen im Text).

Vgl. dazu KOCH, Formgeschichte, 302. S. dazu auch Dictionary of Classical

Hebrew I ( 1 993) 1 9, in dessen Vorwort ein Grundsatz der Artikelstrukturierung

Auf die Mißverständlichkeit etymologischer Rückbezüge weist explizit Kedar unter Anführung einiger Beispiele hin (aaO, 85f). Er betont aber auch, daß vor

deklariert wird, der besagt, daß die WOrtbedeutung nicht in der Reihenfolge konkret - metaphorisch, sondern nach Häufigkeit der Belege in einer bestimmten Bedeutung

benennungen . . . die Etymologie [hilft,] die genauere Bedeutungsnuance zu bestimmen« (aaO, 88); vgl. auch BARR , Etymology, 1 5ff. 1 66 Grundsätzlich ist hier eine syntagmatische und eine paradigmatische Ebene zu

deutung« ihre Berechtigung abgesprochen wird. 1 68 Vgl. dazu allgemein SWIGGERS, Paradigmatical Semantics, 44f mit weiterer Literatur. 1 69 Dazu vgl. KOCH, Formgeschichte, 308f. 1 70 S. dazu unten, 279ff.

allem bei »Seltenen und schwierigen Wörtern, bei Fachausdrücken und Sach­

unterscheiden, die Kedar folgendermaßen definiert: >>In syntagmatischen Bezie­ hungen steht das Wort zu jenen Zeichen, die ihm in einer Äußerung vorangehen

anzugeben ist, und damit der Unterteilung >>eigentliche - uneigentliche Wortbe­

94

Syntaktisch-semantische Untersuchungen zu Gen 1, 1 -3

GB 11 hält n·��"'J. für eine Analogiebildung zu rno� und schlägt als Übersetzung »Anfang«l7 1 vor. HAL übersetzt Gen 1 , 1 mit »Anfang, Ausgangspunkt«. Das Derivat n·��"'J. gilt als eine abstrahierende Bil­ dung.m In seiner Bedeutung entspricht es dem figurativ verwendeten tti�i und dessen Gebrauch im zeitlichen 1 73 (vgl. die Unterscheidung im Lateinischen in prior - primus) und wertenden Sinne. Es kann in seiner temporalen Verwendung sowohl eine begrenzte Zeitspanne 1 74 wie auch den Anfang der Zeit überhaupt 1 75 oder aber allgemeiner den »Erstling« 1 76 bezeichnen. Für die jüdische Exegese ist die wertende Konnotation bedeutsam gewesen, da sie es zuließ, ;tt;�=?D n•t!iMl (Ps 1 1 1 , 1 0) im Sinne von >>Inbegriff der Weisheit« zu über­ setzen 1 77 und damit sowohl für die frühjüdischel7 8 wie auch für die christliche1 79 Auslegung ein neues Verständnis eröffnete.

Eine Wortuntersuchung von n·��"'J. + Präpositioni BO in biblischen Texten ergibt, daß es - neben anderen Bedeutungen - als absolute und relative Zeitbestimmung verwendet worden ist. ' 8 1 Es tritt in Verbindung mit drei Präpositionen auf:

1 7 1 Vgl. Sir 1 5 , 1 4 und Prv 8,22. 1 7 2 MÜLLER, Art. ttiM1, 709f; vgl. auch RAITRAY I MILGROM, Art. n'ttiMj, 29 1 -

294. 1 73 Ergänzend s. dazu JENNI, Erwägungen, 1 25, mit der Unterscheidung von extremem und nicht-extremem Gebrauch von b + Ausdruck für »Anfang« bzw. >>Ende«; DERS., Präposition Beth, 308f. 1 74 Dtn 1 1 , 1 2 u.a. 1 75 Jes 46, 1 0 im Zusammenhang mit dem antonymen B egriff cn;p . Daneben existiert das Derivat (+Präposition) JittiM!l;l >>von Anbeginn« (Jer 17, 12). 1 7 6 Ps 105,36; Gen 49,3; Ex 23, 1 9; 34,26; Num 1 5,20; Dtn 1 8 ,4; 21, 17; 26, 10; ! S am 15,2 1 ; Jer 2,3; Ez 20,40; 44,30; 2Chr 3 1 ,5; Neh 10,38; - Lev 2, 1 2 »ErstlingsgabeErstgeborener« (vgl. auch P.� 78,5 1 ; Dan 1 1 ,41); D�n 33,2 1 >>Erstlingserbe Erst1ingsgabe«. Die Ubersetzung von n't!iM1 m Prv 8,22 ist umstritten; vgl. dazu Meinhold (Sprüche I, 133.144), der mit >>Anfang« und >>Erstgeborene« übersetzt, wie auch schon Plöger (Sprüche, 85,9 1 ) die Übersetzung mit »Erstling>Anfang« gleich­ setzt (aaO, 92); vgl. dazu ausführlicher B AU KS I BAUMANN, Im Anfang war, 47f und BAUMANN, Studien, 147ff, die die temporale Konnotation von n't!iM1 an dieser Stelle hervorheben und mit einem intertextuellen Verweis auf Gen 1 , 1 rechnen. 1 77 Anders VON RAD, Weisheit, 93 , Anm. 10. 1 7 8 S . Bereschit Rabba usw. S. oben, 67f. 1 79 S. Joh 1 , 1 usw.; vgl. dazu GESE, Johannesprolog, 1 6 1 ff. l 7 8f. l 90ff. Diese Konnotation kann aber in unserem Kontext nicht weiter berücksichtigt werden. 1 8 0 Daneben ist auch ttiM1Q >>Von Anfang an« belegt (Jes 40,21 ; 41 ,4.26; 48, 16; Prv 8,23; Qoh 3,1 1). 1 8 1 Vgl. zur Definition von relativen und absoluten Zeitvorstellungen - nicht zu verwechseln mit Zeitbestimmungen im st.cstr. bzw. st.abs. KRONHOLM, Art. Cl""(J?., 1 167f; Jenni (Präposition Beth, 309f) spricht in diesem Zusammenhang von extremen und nicht-extremen Zeitaussagen. -

Terminologie und Semantik von Gen 1, 1-3

95

n'll;iN") + '? (+ Artikel): In dieser Konstruktion erhält das dativisch zu bestimmende

Nomen die Bedeutung >>Erstlingsgabe« (so Neh 12,44). Weitere Belege, zumal im Sinne einer Zeitangabe, fehlen. n'tz:IN1 + 1� + Nomen: Hier findet sich der Übergang zum temporalen Verständnis: neben >>Vom Erstling des Teiges« (Num 15,2 1 ) bzw. >>der Früchte« (Dtn 26,2) und >>von den Ersten I Besten aller Opfer Israels« ( ! S am 2,29) steht die Wendung parallel zu c1,p1:1 >>Von Anfang an, von Vorzeit her « + Objekt n'!IJ� (Jes 46, 1 0 1 82) oder in'�1r;l + Akk.objekt n'11Jt.n1M (Hiob 42, 12); Dtn 1 1 , 1 2 - wobei in Jes 46, 1 0 und Dtn 1 1 , 1 2 absolute Zeitangaben vorliegen, i n Hiob 42, 1 2 eine relative. n'ttiM! + :;1: ist mit einer Verbalform (Gen 1 , 1 ) oder mit Nomen im st.cstr. m:J'?�O (Jer 26, 1 ) I n=?'?�� (Jer 27, 1 ; 28, 1 ) bzw. + m::J'?l;l (Jer 49,34) >>ZU Beginn der Herr­ schaft« (relativer Zeitbegriff)l 8 3 belegt. Daneben findet sich ein Beleg in adjektivi­ scher Bedeutung mit Suffix + Bezugswort ;t11::;.:;1 (Hos 9,10) in der Bedeutung >>Seine ersten (Trauben)«.

Diese Auflistung läßt erkennen, daß die übrigen Belege für n·��l + :;J als relative Zeitbestimmungen im st.cstr. vorliegen. Wegen fehlender Belege läßt sich eine Verwendungsweise als absolute Zeitbestimmung nicht eindeutig bestimmen. Vielmehr ist davon auszugehen, daß n·��i. + :;J mit n·tb�"} + ]0 18 4 gleichbedeutend ist, so daß von absoluten wie von relativen Zeitangaben auszugehen ist. 1 85 Neben dem grammatischen Problem, ob n·�tolli� in Gen 1 , 1 im st.abs. oder aber im st.cstr. steht 1 86 , rückt nun die Frage nach dem semantischen Gehalt des Nomens in den Vordergrund. In den diesbezüglichen Untersuchungen 1 87 ist häufig eine Vermischung der Kategorien gegeben, indem die syntaktischen Erwägungen über relativ und absolut konstruierte Zeitbestimmungen mit den inhaltli­ chen über relative und absolute Zeitaussagen im Sinne von prior primus verkoppelt werden. Humbert 188 referiert ein immer wieder konstatiertes Problem. Es sei im theologi­ schen Sinne ein Widerspruch, V . I absolut zu verstehen, da so die Chaosbeschrei-

1 8 2 Jes 46, 10a (vgl. auch Jes 45,21): Der (ich) vom Anfang verkündigt (e) den Ausgang und vordem, was noch nicht geschehen (Bauks).

n•'inN 'n't!iN11:1 1'�1:1 1\?t! 'cr1p'o.1

1t;1P.i::..�.,

Vgl. zur Übersetzung auch DUHM, Jesaja, 325f; HERMISSON, Deuteroj esaja, 7 1 . 1 24f. 132f; anders HUMBERT, Le prernier mot, 1 94f. S . dazu im Folgenden. 1 83 Belegt auch ohne Artikel, durch das Nomen proprium in '?�:;J im'?ol;l n•(\iN1 determiniert. S. dazu JENNI, Präposition Beth, 3 10. 1 84 Bei dem Beleg + '? fehlt die Kategorie Zeitangabe. 1 85 Dafür sprechen auch Num 10, 1 0 und 28, 1 1 (CJ=?'tlill) 'tliNl::l) >>am ersten Tag eurer Monate>an euren NeumondenVorher« zu übersetzen ist, nimmt er nicht etwa Selbiges für Gen 1 , 1 an (wenn auch im absoluten bzw. extremen Sinne), sondern sieht darin einen Beleg mehr für das Verständnis von n•(\i�·p als st.cstr. im relativen zeitlichen Sinne (Le premier mot,

195).

1 9 2 Daneben gibt es Beispiele für relative Zeitaussagen in Jes 4 1 ,26; 48, 1 6 u.a. (EICHRODT, Im Anfang, 1 63f). Jenni ergänzt noch Koh 3 , 1 1 (Präposition Beth, 3 1 1 ); vgl. auch MÜLLER, Art. rz.i�i, 708f. 1 93 S. dazu ausführlicher MEINHOLD, Sprüche I, 133. 1 94 S. auch Jes 4 1 ,4. 1 95 Somit läge hier ein absoluter Zeitaussagewert vor; vgl. EICHRODT, aaO, 1 66f. 1 9 6 AaO, 1 70f. 197 S. oben, Anm. 1 82. 1 9 1 ; vgl. auch MÜLLER, Art. rz.i�i, 709. 1 9 8 Und das nicht nur, weil für Eichrodt das Verständnis als st.abs. automatisch die >>creatio ex nihilo« impliziert; vgl. aaO, 1 67f. l70. 1 99 V gl. zu dieser Kritik, wenn auch nur auf Humbert bezogen, RIDDERBOS, Gen 1 , 1 und 2, 217. 200 Weitere Beispiele führt Jenni (Präposition Beth, 3 1 0) auf.

Terminologie und Semantik von Gen 1, 1-3

97

Sehr viel problembewußter geht Jenni mit dem hier zu verhandelnden Sachverhalt um. Aber auch er vermischt die syntaktische Ebene mit der semantischen. Er ver­ sucht, die crux, daß n·��!� in einem nicht-poetischen Text im st.abs. ohne Artikel steht, aufzulösen mit dem semantischen Argument, daß in Gen 1 , 1 eine relative bzw. nicht-extreme Zeitaussage (im Sinne eines Anfangszeitraums) vorliegt. Verantwortlich für das Vorkommen von n•tzi�i!l . bei fehlendem Artikel sei die Strukturdifferenz zwischen der hebräischen �nd der lateinischen Grammatik, die darin bestehe, daß das Hebräische bei Zeitaussagen den Extremwert (z.B. >>zuletzt«) von dem Nicht-Extremwert (>>danachElativ-Begriffs>nicht das tatsächliche handwerkliche Erbauen und Errichten, sondern benennt den entscheidenden, grundlegenden Willensakt zur Errichtung, Gründung und Stiftung, dem die handwerkliche Ausführung . . . erst folgt« (aaO, 1024). Bereits bei Homer war das Verb verwendet im Sinne von >>ein Land bewohnbar machen«, »eine Stadt ergründen I bauenGott der Ewigkeit«253 umfaßt Vergangenes und Zukünftiges und darin die gesamte Geschichte. Da er derjenige ist, der die Enden der Erde geschaffen hat, obliegt ihm auch alles, was sich dazwischen befindet. Dieser und den drei übrigen Textstellen ist gemeinsam, daß sie sich auf das göttliche Schöpfungshandeln in seiner Gesamtheit beziehen. In Jes 42,5 ist die geschichtstheologische Aussage mit der Schöpfung von Himmel und Erde verbunden. In Jes 45,7f254 werden die Merismen Licht­ Finsternis I Heil-Unheil einander gegenübergestellt, und in Jes 45, 1 8 wird Ge­ schichtstheologie wiederum im Kontext von Himmel-Erde zum Ausdruck ge-

i1?� �1Y'r.l '1�11 CJ::l'l' 11 CJi'1o-1�tv Erhebt eure Augen in die Höhe und seht, wer �· . ' . �"lP� CJ�::l CJ'(�'? CJ��� 1fil9r.l::l �·�ioiJ hat diese geschaffen ? Der herausführt nach � 1 : 1lll '? t.!i·� nS f'P�1 b•Ji� ::!'")r.l der Zahl ihr Heer, sie alle ruft er beim Namen. Vor dem Kräftereichen und dem Machtstarken kein einziger fehlt! (Eiliger). ,.

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.

1 03

bracht. Die beiden letztgenannten Stellen verwenden 1:!' gleichbedeutend mit �1::!. Das erste wird in Verbindung mit dem Himmel, das zweite in Bezug auf die Erde gebrauc�t. Die Frage, ob die Kombination von �1::J mit den Negativbegriffen - jf\ih und l.'l m Jes 45, 1 8 - theologisch zu bewerten ist, ist umstritten. Denn die Anto­ nyme können eben auch als Merismus im Sinne von >>Gesamtheit«255 verstanden werden statt als dezidierte Aussage über die Erschaffung des Negativen und Bö­ sen.256 Dafür scheint auch der Folgevers zu sprechen, in dem �1::! im Kontext von Gerec tigkeit verw�ndet ist.257 Auffällig ist die Betonung der Ausformung und Funkbon der Erde m Jes 42,5 und 45, 1 8258. Der Fluchtpunkt des göttlichen Schaf ens ist hier der Mensch in der Geschichte. So wird ausdrücklich festgestellt, daß die Erde als Lebensraum des Menschen geschaffen worden ist.259 Allen fünf Belegen ist gemeinsam, daß von der Erschaffung der Welt in Hinsicht auf die Funktion JHWHs als Herr der Geschichte die Rede ist. Der Gott, der alles geschaf­ fen hat, behauptet sich - auch in historischen Krisenzeiten - als Herr der Welt (der Geschichte). 260

� �

.

Zur Übersetzung vgl. DUHM, Jesaja, 273; ELLIGER, Deuterojesaja, 59 (m. App. 63).87ff; ANGERSTORFER, Schöpfergott, 140f. 249 Die Kommentare heben hervor, daß die Betonung der Gestirne die Differenz zur mesopotamischen Religion hervorhebt, in der die Gestirne Götter symbolisieren (so z.B. ELLIGER, aaO, 87f). Es muß aber darauf hingewiesen werden, daß solche Art des Machterweises in Ee. IV ,25ff selbst thematisiert ist: Marduk läßt als Beweis seiner göttlichen Potenz ein Sternbild am Himmel verschwinden und wiedererscheinen. Somit präsentiert sich auch Marduk als Herr über die Sterne (wenn auch nicht als ihr Schöpfer). Neben der Götterpolemik geht es auch hier um die Betonung der Urnfassenheit des göttlichen Machtbereichs. 25 0 Die Sterne repräsentieren bei den Babyioniern das Götterpantheon; vgl. dazu ELLIGER, Deuterojesaja, 87f; und oben, Anm. 249. Zum Gestirnkult in assyrischer Zeit und der diesbezüglichen biblischen Götterpolemik seit Josianischer Zeit vgl. den Exkurs bei SPIECKERMANN , Juda, 22 1 ff (ohne Berücksichtigung der Stelle). 25 1 Eiliger betont die in diesem Vers vorliegende Heeressprache (aaü, 89f). 252 Jes 40,28ba:

Ein Gott der Ewigkeit ist JHWH, der die Enden der Erde geschaffen hat. . . (Bauks).

Vgl . zur Übersetzung DUHM , Jesaja, 274; ELLIGER, Deuterojesaja, 93.98f; ANGERSTORFER, Schöpfergott, 142. 25 3 Dazu ELLIGER, Deuterojesaja, 198. 254 Jes 45,7f: ltlih �')i::l1 '1i� 1�i· 7 Der das Licht bildet und die Finsternis

schafft, I Der das Heil wirkt und das Unheil schafft, IIch bin Jahwe, der alles dies wirkt. (Eiliger) Lasset rieseln, (ihr) Himmel droben, und Wolken sollenfließen von Recht! Erde wird Heil erblühen lassen und Gerechtigkeit sprossen lassen zumal! Ich, Jahwe, erschaffe es! (Hermisson).

Terminologie und Semantik von Gen 1, 1 -3

1'1 �1i::l1 CJi'?r.:i iltvll :i1?�-'?:l �tv:v A1i1· ;l� p-gn'?1� Ci'i?Ot\i1 '?�or,� ·o�·o� ,�;·,t"iJ. 8 1!)� 'n't;I�I:l i1i21�1 l'rq:-n!;)'1 nlrno�r, :1'\.l�l� i1)i1� '.l�

V gl. zur Übersetzung von V.8: ELLIGER, Deuterojesaja, 48 1 ; zur Übersetzung und Textkritik von V.9: HERMISSON, Deuterojesaja, lf; zu beiden Versen vgl. außer­ dem DUHM, Jesaja, 3 14f.

Weiche Bedeutungsentwicklung t-�:1::1 durchlaufen hat, ist umstritten. Nach Eiliger weist die Tatsache, daß sieben der sechzehn Belege von t-�:1::1 »schaffen« bei Deuterojesaja im Part. akt. qal stehen, darauf hin, daß das Verbum ursprünglich der hymnischen Sprache entstammt, als deren besonderes Gattungsmerkmal der hymnische Partizipialstil gilt .26 1 Angerstorfer greift diesen Gedanken auf und sieht die seiner Meinung nach Vorexilischen Hymnen in Am 4, 1 3 und Ps 89, 1 3 als Quelle für die Anleihen Deuterojesajas an, welcher sie schließlich an das neue Thema der Geschiehtsaussage bindet, 262 Westermann äußert sich kritisch zu der Annahme, daß t-1:1::1 bereits in spät-vorexilischer Zeit Schöpfungsverb war. Er weist auf die Differenzen bezüglich der 255 So ELLIGER, aaü, 500f; vgl. auch DUHM, Jesaja, 3 1 4; DE ROCHE, lsaiah XLV,7, 20f; CAQUOT, Breves remarques, 12. 25 6 So z.B. DELITZSCH, Jesaja, 472f mit Verweis auf Marcion, der u.a. auf dieser Stelle seine dualistische Gotteslehre fußen läßt. - Jes 5,20 als thematische Parallele ist auszuschließen, da hier ::Jit!l und nicht CJi'?r.:; dem Begriff l'l entgegengestellt wird. 257 Vgl. HERMISSON, Deuterojesaja, l f. Zur Frage nach dem vorliegenden Schöpferwort als sekundärem Einschub vgl. aaü, 3 mit weiterer Literatur. Hermisson hält diesen Vers für inhaltlich zum Folgenden gehörig (vgl. schon ELLIGER, Deuterojesaja, 49 1), so daß für den semantischen Vergleich geradezu davon ausgegangen werden muß, daß �1::! hier keineswegs im Kontext der Schöpfung von Negativa aufgeführt ist. 258 Diese Bibelstelle weist weitere semantische Parallelen mit Gen l,lf auf; s. dazu SCHMIDT, Schöpfungsgeschichte, 1 65 Anm. 2 und unten, Anm. 280. 259 Jes 42,5: i1� CJ'::;>'?H'?; Jes 45, 1 8 : n:;�f!i'?; vgl. dazu HERMISSON, Deuterojesaja,

64.

2 60 Vgl. dazu ELLIGER, Deuterojesaja, 49 1 , der davon ausgeht, daß sich diese Intention in Jes 44,24-45,8 konzentriert dargelegt findet; s. auch ANGERSTORFER, Schöpfergott, l 70f; HERMISSON, Deuterojesaja, 6. 2 6 1 Vgl. dazu GUNKEL, Einleitung, 44f.5 1 ; CRÜSEMANN, Studien, 83- 154, bes. 97ff. 1 04f. Diese Partizipien können sowohl im vorzeitigen also auch im gleich­ zeitigen Sinne übersetzt werden. 2 62 ANGERSTORFER, Schöpfergott, 1 66ff.

104

Syntaktisch-semantische Untersuchungen zu Gen 1,1-3

Datierung der Stellen hin263 und auf die kleine Anzahl an Belegen. Zu betonen bleibt für ihn die Synonymität mit ,�, , die eine Relati­ vierung des theologischen Gehaltes von �i:::l zur Folge hat. 264 Für die Synonymität und die vorexilische Tradition von �i:::l als Schöpfungs­ verb könnte Ez 28, 1 3 . 1 5 sprechen. Hier wird - im Rekurs auf Gen 2,4bff, wo sich im Rahmen der Menschenschöpfung ,�, findet - �,:::1 als Terminus der Menschenschöpfung265 eingetragen, wobei es als si­ cher gelten kann, daß dem Verfasser des Ezechielbuches zumindest Gen 1 als Vorlage nicht zur Verfügung gestanden hat, er also auf andere Traditionen jenseits von Priesterschrift und Deuterojesaj a zurückgegriffen haben muß. 266 Exkurs 2:

Verben des Schaffens im Hebräischen Neben tlli:::l gibt es im Hebräischen weitere Verben mit der Bedeutung »schaffen«. Das Verb iltD.ll »machen, tun« ist insgesamt das dritthäufigste Verb überhaupt und in jedem biblischen Buch belegt. Im theologischen Gebrauch umschreibt es das Tun JHWHs in Natur und Geschichte, in Menschen- und Völkerwelt, in Bezug auf Vergangenes, Gegenwärtiges und Zukünftiges. In P findet es kontrastive Verwen­ dung zu tlli:::l, bei J zu i::>' - beides Verben, die, wie der jeweilige Kontext zeigt, syn­ onym gebraucht worden sind. Ursprünglich hat das bereits erwähnte Verb i::.' die Bedeutung »formen«, »bilden« und ist für alle Arten des Herstellens (z.B. töpfern, schmieden, gießen, behauen und schnitzen) belegt267, am häufigsten jedoch in der Bedeutung »töpfern«2 68 im Rahmen eines tendenziell anthropomorphen Schöpfungsglaubens. Dabei liegt die Vorstellung des Schöpfergottes als Töpfer269 zugrunde. Hinzu kommt aber die allgemeine Bedeutung »schaffen« bei gleichem Aussagegehalt wie tlli::J270 . Ähnlich konkret ist das Verb iTJ:::l »bauen«. Es handelt sich im Hebräischen um kein explizites Schöpfungsverb.27I An einigen Stellen ist es aber dennoch in kosmogo-

26 3 Genesis, 1 37f; s. bereits oben, Anm. 234 zu den Differenzen der Stellenaus­ wahl und Datierung zwischen Humbert und Angerstorfer. 2 64 So auch HERMISSON, Deuterojesaja, 64. 26 5 Vgl. auch bei Deuterojesaja; dazu ANGERSTORFER, aaO, 166ff. 266 Zur Traditionsgeschichte von Ez 28 vgl. ZIMMERLI, Ezechiel, 680-682; AN­ GERSTORFER, aaO, 1 12. 1 15; VAN SETERS, Prologue, 1 1 9ff. 26 7 Vgl. dazu die entsprechenden Artikel von 01ZEN und SCHMID. 2 68 Jes 29, 16; 41 ,25; 45,9; Jer 1 8,2.3.4.6; 1 Chr 4,23 (?). 269 V gl. auch Gen 2: wo im Kontext von i::>' von der Erschaffung des Menschen und der Tiere die Rede ist, oder aber bei Deuterojesaja (wie in den Heils­ orakeln und Klagen des Einzelnen, so ALBERTZ, Weltschöpfung, 50f) von der Erschaffung und Erwählung Israels; vgl. dazu und zu den Belegstellen 01ZEN, Art. i::>'' 836. 270 S. auch schon Gen 2; deutlicher aber Jes 45,18 und Am 4,13, wo verschiedene Verben des Schaffens inklusive tll i:::l synonym nebeneinander gebraucht werden; vgl. HERMISSON, Deuterojesaja, 62f und oben, 1 0 1 f. 2 7 1 Anders als im Akk., wo bana eines der häufigsten Verben des Schaffens ist; vgl. AHw 1 , 103; CAD 2, 83-90. Vgl. auch im Ug. das Epitheton Eis bnj bnwt »Schöpfer der Geschöpfe« - dazu HULST, Art. iTJ:::l, 325; SCHMIDT, Königtum Gottes, 59; DE MOOR, EI the Creator, 1 82f; SMITH, Ugaritic Baal Cycle, 83.

105

Terminologie und Semantik von Gen 1 , 1 -3

nem Kontext belegt. So in Gen 2,22, wo die Rede davon ist, daß JHWH aus der Rippe des Mannes die Frau »baut«, oder Am 9,6, wo JHWH den Himmel baut (ill:::l) und die Erde gründet (itl'). Auch wird die Festigkeit von Himmel und Erde als Vergleichspunkt für den Tempelbau durch JHWH verwendet.272 Recht selten tritt mp »kaufen, erwerben« in der Bedeutung »schaffen«273 bzw. >>Zeugen>ein Wirken zur Sicherung elementarer Lebensbedürfnisse [dazu gehören Städtebau277 wie Lebensunterhalt im Allgemeinen278], auf Kriegsrüstung und auf Sicherung der Wahrheit von Aussagen« zum Ausdruck.279 Hinzu treten Belege im Hifil und Hofal für den kultischen Bereich (das Zubereiten von Opfern), im Kontext der Rede vom rechten Lebenswandel vor Gott sowie im kosmogonen Kontext. Es kommt besonders der Ausrüstungs- und Erhaltungsaspekt zur Sprache. )1:> impliziert den Folge- und Zweckcharakter göttlichen Handelns. So bes. in Jes 45, 1 8280, wo die Rede davon ist, daß Gott den Himmel geschaffen (llli:::l) und die Erde bereitet (i::>', iltv.ll , )1:>) hat. Dahinter verbergen sich nach Koch drei Epitheta Gottes: Er ist der Bildner, Macher und Zurüster.28I 10' hat in unterschiedlichen Stämmen die Bedeutung >>errichten«, >>begründen« in einem räumlichen Sinn282 auf ganze Gebäude, das Heiligtum/den Zion oder gar die ganze Welt bezogen. Häufig ist die Rede von den Grundfesten der Erde283, aber auch andere Kombinationen284 sind belegt. Von diesem recht konkreten Wortfeld 272 Vgl. dazu WAGNER, Art. ilJ:::l, 697. 273 So SCHMIDT, Art. mp, 655-58. 274 So LIPlNSKI, Art. mp, 66 aufgrund altsüdarab. und ug. Ableitungen. 2 75 Während Schmidt bei n�1 c•o�g illp (Gen 1 4, 1 9 .22) von dem Schöpferepitheton EI Eljons ausgeht, rechnet Lipinski mit dem Epitheton Herr im Sinne von Besitzer des Himmels. Gen 4, 1 hält Schmidt für unübersetzbar; vgl. aber Borger, VT 9 ( 1 959) 85f, der zwei assyrische Eigennamen anführt, in denen die Vorstellung des von einem Gott »gekauften« Kindes vorliegt. - Baumann (Studien, 145-147 unter Anführung weiterer Stellen) hält Prv 8,22 für doppeldeutig. 276 Genesis, 395. 277 Vgl. Num 2 1 ,27; Hab 2,12; Ps 107,36; Prv 24,3. 278 So etwa Gen 43, 1 6; Prv 6,8 ; 24,27; 30,25. 279 So KOCH, Art. )1:>, 1 0 1 . 280 Jes 45,1 8a:

[Denn] so spricht JHWH, der die Himmel geschaffen; er ist Gott. Der die Erde gebildet und gemacht, er hat sie befestigt. Nicht um öde/leer zu sein, hat er sie geschaffen, sondern zum Wohnen hat er sie gebildet (Bauks).

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Vgl. zur Übersetzung DUHM, Jesaja, 3 19; HERMISSON, Deuterojesaja, 170f; s. auch unten, Anm. 35 1 . 28 1 Vgl. KOCH, aaO, 104. 28 2 So schwingt in Ps 104,8 neben der Bestimmung des Ortes die Darstellung seiner Einrichtung durch Gott mit; vgl. MOSIS, Art.10', 674. 28 3 Prv 8,29; Jes 24, 1 8 ; Jer 3 1 ,37; Mi 6,2; Ps 82,5: n� 'J9i1:1. 284 Himmel: 2 Sam 22,8; Berge: Ps 1 8,8; meristische Wendungen: Ps 102,26; Jes 48, 1 3 ; 5 1 , 13. 16; Sach 12, 1 (vgl. Ps 78,69; 104,5; Prv 3, 19) Ps 24,2; 89, 1 2; Hi 38,4 u.a., vgl. dazu MOSIS, aaO, 674.

1 06

Syntaktisch-semantische Untersuchungen zu Gen 1, 1 -3

ausgehend, kann es aber auch gleichbedeutend mit den anderen Schöpfungsverben gebraucht werden. 285 Vergleicht man Ps 74, 12- 1 7 mit Ps 89, 1 0- 13, stellt man die gleiche kosmologische Themenfolge fest, auch wenn das Vokabular bezüglich der Verben des Schaffens variiert: Ps 89 Ps 74 V9 Lob des ni�:::l� 'il?� il1il' V12a Lob des C1P.O ':;J'?� c•ii?t� V13 Schwanken Jassen des Meeres (c;) V lO Bändigung d�s Me�re� (c;iJ) Zerstörung der Köpfe der Tanninim V 1 1 Zerschlagung Rahabs, Zerstreuung Vl4 Zerbrechen der Köpfe Leviatans der Feinde Gottes V15 (Folge:) Hervorquellen der Bäche; Versiegen der Ströme V12 »Dein ist« (1'?) Himmel und Erde V 1 6 »Dein ist>du hast sie gegründet>Chaoskampfmythologem und Schöpfungsaussagen sind Themen­ bereiche, die JHWHs Königsmacht entfalten>Welt«, eine zweite Gruppe reiht die Nomen im Rahmen einer Handlung aneinander (vgl. z.B. Gen 1, 1 7.20.26), eine dritte konstruiert aus der Nomenreihe ein Weltbild - oft unter Hinzunahme von c•o (z.B. Ex 20,4), c:;nl{i!_r?!:l (Ex 20, 1 1 ); rm (Sach 1 2 , 1 ) ; ?:;m (Jer 1 0, 1 2; Jer 5 1 , 1 5); neben C'� nir:liilt'l. bzw. il:::l. 1.Ti. (Hag 2 , 6). 294 HAL, 88; vgl. ausführlich HOUTMAN, Himmel, 49-55 mit weiteren Belegen bei gründlicher Diskussion des derzeitigen Forschungsstands.

f!

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Syntaktisch-semantische Untersuchungen zu Gen 1, 1 -3

Ausdruck für »Welt«295 im Sinne der persönlich erfahrbaren (z.B. in Gen 1 , 1 ; 2,1 .4; 14, 19.22 u.ö.) ist296: Eine alternative Umschrei­ bung bietet '� »Alles, das All« (Schmid297), eine dritte Variante findet sich in 1'?1J »Lebensdauer« (wenn auch mit einem zeitlichen Akzent: z.B. Ps ·49,2). Daneben gibt es noch weitere Redewendungen zur Umschreibung der Welt.298 In Ex 20,4 ist die Rede »von dem, was oben im Himmel, . . . was unten auf der Erde, und was im Wasser unter der Erde ist« - also von einem dreigeteilten Weltbild. 299 Das Wasser kann als zur Erde gehörige Größe gedacht werden.3oo Da­ neben gibt es Hinweise auf ein viergeteiltes Weltbild, bestehend aus Himmel, Erde, Meer und Urfluten/Tiefen.301 C. Houtman hebt in seiner Untersuchung hervor, daß eventuelle Erweiterungen des Me­ rismus faktisch überflüssig seien und überwiegend stilistische Gründe haben. Andererseits impliziert die Nennung von zwei Kategorien (wie Himmel und Erde) keinesfalls den bewußten Ausschluß anderer Kategorien (wie Berge, Meer, Unterwelt). Vielmehr ist der gesamte Kosmos in der Wendung enthalten.302 295 Vgl. dazu .KRASOVEC, Merismus, 1 6-25. Gegen die Auffassung, daß ein Me­

rismus vorliegt, wendet sich wenig überzeugend SASSON, Time, 1 88: »I never­ theless treat >heaven and earth< (O'Otzi and fi�1) as a merismus, that is, as one unit of thought formed of two juxtaposed opposites« mit dem Hinweis auf Gen 2,17. 29 6 Nach Welker (Was ist 'Schöpfung'?, 21 7f) bezieht sich »Himmel und Erde« nicht nur auf die natürliche Realität, die dem menschlichen Wesen relativ unmittelbar zugänglich ist, sondern auch auf die kulturgestaltenden Kräfte. Besonders viel­ schichtig sei der Himmel zu bewerten, da »mit dem Ausdruck Himmel verschiedene Vorstellungsbereiche und Bezugssysteme zusammengefaßt werden« (2 1 8). Die Vf.in geht von einem sehr viel lebensweltlicher orientierten Weltbild in Gen 1 aus, in dem die Gestaltung des himmlischen Bereichs überraschend zurücktritt. 2 97 Art. n�. 230 (Jes 44,24; Jer 10, 1 6; Ps 103 , 1 9). 298 Neben diesem Weltbild gibt es ein dreiteiliges bestehehend aus Himmel - Erde - Wasser (stets: o;). TSUMURA, A >Hyponymous< Word Pair, 268f. Zur kos­ mischen Bedeutung von o:;:� in 1 Kön 7,23-26 und dessen Parallelen im Akka­ dischen, wo apsu sowohl der Name für den unterirdischen Süßwasser-Ozean wie auch für ein Tempelbecken war, ikonographisch wie auch ti'amtu als Drache dargestellt wurde, eine Darstellungsweise, die sich auch im Kanaanäischen und Hebräischen erhalten hat, vgl. ALBRIGHT, Religion Israels, 1 66 m. Anm. 72. Zum Weltbild vgl. bes. KEEL, Welt der Altorientalischen B ildsymbolik, 24f.29ff, und DERS., Das sogenannte altorientalische Weltbild, 1 57 - 1 63. 299 Z.B. : Ex 20,4. 1 1 ; Dtn 5,8; Am 9,6; Ps 89, 1 2 (Himmel-Erde-Unterwelt vgl. auch Ps 77, 1 7ff); 96, 1 1 ; 1 46,6 - in denen auf das Meer I die Wasser mit o; oder O'O rekurriert wird, und nicht mit Oiiit;J ; vgl. TSUMURA, Earth, 58 und unten, 1 25 m. Anm. 439. 3 00 Differenzierter ist die Darstellung in Ps 1 48, wo O'OiJ über dem Himmel lokalisiert ist (V.4), während nioi;Tt;J zur Erde gerechnet werden (V.7). 3 01 Vgl. Ps 1 35, 6. Fraglich ist auch die Funktion des Trockenen (ii:;!lr;t) in Hag 2,6 sowie die der Berge in Jes 40, 12. 3 02 HOUTMAN, Himmel, 32. Anders beurteilt Dohmen die Wendung in Gen 1 , 1 und 2,4a im Unterschied zu 2,4b: An den ersten beiden Stellen verschiebt sich »durch die Determination die Bedeutung vom reinen Merismus weg hin zur

Terminologie und Semantik von Gen 1,1-3

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Gesenius 1 8 weist darauf hin, daß dieselbe Umschreibung schon im Akk. in 5ame u erfietu vorliegt303, wie auch in Ägypten p.t und t3 einander gegenübergestellt

werden.304 Es entsprechen sich aber nicht nur die Wendungen, sondern auch die dahinterliegenden konkreten Vorstellungen vom Weltaufbau: nach mesopotarnischen Vorstellungen wird erfietu in kibrät arba 'im »Vier Weltgegenden« unterteilt, die auf dem Apsu »Süßwasserozean« ruhen, der sie umgibt305 . Daneben existiert die Vorstellung von einem kippatu »U �kreis, Rand« bzw. von vier kippiHi des _ Himmels und der Erde.3 06 So wie in Agypten die Welt (p.t, t3) von vier Stütz­ pfeilern bzw. von den beiden Randgebirgen begrenzt ist, so ist in Mesopotarnien mit einem zweiten Begriff von den vier Rändern (kib-rat er-bet-n) die Rede.307 Auch in Texten, die Auskunft geben über das biblische Weltbild, ist wiederholt die Rede von den vier Ecken der Erde (f"')�;;r ni� ll�'"]�)308 bzw. vom Rand der Erde (f"')�;;r ��:j) ). Vom Rand (o��) der Erde ist auch in Ps 72,8 die Rede. Daneben sprechen die Texte vom (örtlichen) Ende (�j?)309 bzw. von den Enden (nill:p )3 1 0 der Erde oder »von einem Ende der Erde zum anderen«3 1 1 . Auch die Metapher vom »Nabel (= Mittelpunkt) der Erde« mit Bezug auf Jerusalem kommt vor.3 1 2 Nach ägyptischen Vorstellungen ruht der Himmel als eine Platte auf seinen Enden3 1 3 oder aber auf vier PCeilern.3 1 4 In Pyr 257 §305 ist die Rede davon, daß der Himmel (p.t) aus »Erz, Eisen« (bj3) gefertigt ist.3 1 5 Die Erde stellte sich der ägyptische Mensch - wie es die Hieroglyphenschreibungen erkennen lassen - als Scheibe (zumeist3 16 äg. t3) oder aber als eine von dem Weltmeer umflossene Erdplatte (+ Determinativ bzw. Ideogramm für »Fremdland, Wüste«) vor317, auf Aufreihung zweier kosmischer Räume, die in Addition das >All< umschreiben« (Schöpfung und Tod, 46). Hierbei handelt es sich um eine allzu spitzfindige Ansicht, die die Gesamtstruktur von Gen 1 außer acht läßt. Denn nirgends ist im folgenden Text von der Ausformung des Himmels als Himmel die Rede. 303 Vgl. auch OTTOSSON, Art. f"')�. 42 1 . AHw 1 , 245 z.B. Codex Harnmurabi I, 23; Ee. VI,44.46 . 14 1 . 144 + weitere Belege; CAD S I, 342f und CAD E, 309f mit zahlreichen Belegen. 304 BERGMAN, Art. fi,�, 4 1 9. Wb V, 214; CAD E, 308-313, und unten, 200ff. 265ff. 30 5 Zu den Belegen vgl AHw 1 , 47 1 . CAD K, 334-336. 306 AHw 1 , 47 1 .482; CAD K, 397-399. 307 Vgl. AHw 1 , 47 1 mit Textbelegstellen (s. bes. 3d.). 308 So in Jes 1 1 , 1 2; Ez 7,2 - ohne ll�'l� in Hi 37,3; 38, 1 3. 309 Jes 5,26; 42, 10; 43,6; 48,20; 49,6; Ps 46, 10; 6 1 ,3; Prv 17,24. 3 1 0 Jes 40,28; 4 1 ,5.9; Hi 28,24. 3 1 1 Dtn 13,8; 28,64; Jer 1 2, 1 2; 25,33. 3 1 2 Ri 9,37; Ez 38,12; Jub 8, 19; 1 Hen 26, 1 ; zu den Problemen vgl. ÜTTOSSON, Art. n�. 426; HAL 1 , 352. Man hat diese Wendung mit der ägyptischen Urhü­ gelvorstellung zusammenzubringen versucht; vgl. dazu WENSINCK, The Navel; MORENZ, Ägyptische Religion, 44f; DE BUCK, Oerheuvel, 1 3 : zum Verhältnis von Urhügelmotiv mit Gen 1 , 7ff und Ps 1 04, 5ff. S. dazu unten, 300 m. Anm. 1 86. 3 1 3 In Pyr 486 § 1040 sind das die beiden Randgebirge (5mn.tj), s. unten, 201 m. Anm. 343. 3 1 4 Vgl. dazu SCHÄFER, Weltgebäude, 96f mit Abb. 18. 1 03 mit Abb. 27. 1 1 1 mit Abb. 37, und JANOWSKI, Tempel und Schöpfung, 41-44. 3 1 5 Was wiederum mit der Rede von .IJ'Pl »Himmelsplatte« von ll p i pi »breithämmern« (von Blech) korrespondiert. S. dazu Görg, Art. -P"Pl, 668f; zur äg. Vorstellung aaO, 673. 3 1 6 Andere Begriffe führt ÜTTO, Art. Erde, 1 264, auf. 3 1 7 AaO, 85. Siehe dazu OTTO, ebd.

1 10

Syntaktisch-semantische Untersuchungen zu Gen /, 1-3

deren Enden sich die vier tragenden Stützen befinden3 1 7 oder aber die zwei Randgebirge, auf denen der Himmel ruht318 - eine Vorstellung, die der tatsächli­ chen geographischen Lage des ägyptischen Kulturlandes entspricht.319

In Gen 1 ,2 rekurriert fl�iJ auf den Merismus von V. l .3 20 Ist in V. 1 von der gesamten Welt die Rede, konzentriert sich V .2 ausschnitthaft auf die Erde als Lebensraum der Kreatur.3 2 1 Es geht hier nicht um den Kosmos als eine mehrgliedrige Weltordnung, sondern um den menschlichen Lebensraum. Wie die Strukturierung des gesamten er­ sten Schöpfungsberichts zeigt, geht es ebensowenig um eine natura­ listische Weltsicht. Handelte es sich in Gen 1 um eine Kosmologie, wären nähere Angaben zu Himmel und Unterwelt zu erwarten. Stattdessen erfährt V.2 durch die ausschließliche Nennung der Erde eine Zuspitzung auf das den Menschen Betreffende.3 22 Man könnte den Sachverhalt folgendermaßen pointieren: Die Perspektive von Gen 1 ist in dieser scheinbaren Anthropozentrik geozentrisch ausgerichtet und unterscheidet sich darin grundsätzlich von dem »Theokosmos Babylon«, wie er z.B. in Ee. dargestellt ist.3 23

., Terminologie und Semantik von Gen 1, 1-3

111

a) 1ii::J.j 1i11'1 Die Wendung 1i1::J.1 1iii'J3 25 ist neben Gen 1 ,2 nur noch zweimal belegt, in Jes 34, 1 1 in der Bedeutung »Nichtiges«326 und in Jer 4,23 in der Bedeutung }}Leere«327. Jer 4,23 rekurriert zwar in seiner Metaphorik auf Gen 1 ,2, indem der vorzeitliche Zustand in einer Gerichtsrede auf die historische Krisensituation des Landverlustes übertragen wird. Doch wie Schmidt zurecht hervorhebt, wäre die Übersetzung >>Wüste, Öde« zu einfach, »denn gemeint ist mehr als das Unbewohnbare: die totale Umkehrung des jetzt Bestehenden. Sie auszudrücken verwendet man Bilder der Wüste und Einöde, die aber nicht als positiv bestimmt werden, sondern als Gegensatz zur vor­ handenen Ordnung gelten.«328 Die Wortkombination 1i1:::J) 1i1h, von einigen Exegeten als »Wortspiel«3 29 oder als >>Lautmalerei«330 bezeichnet, ist eine Art Hendiadyoin, dessen zweiter Bestandteil sich mit dem ersten reimt und keine eigene Bedeutung hat. Das 1i1� dient der reinen Verstärkung. Daß 1i1� allein nicht vorkommt, ist nach Caquot ein Hinweis dafür,

3. Zur Semantik von Gen 1 ,2

In V .2 wird durch drei Einzelaussagen der Zustand der Welt vor der Schöpfung beschrieben. Es gibt vier zentrale B egriffe zur Qualifizierung des urzeitliehen Zustands in Gen 1 ,2: 1it:ll 1i1h, lf?ih, l:liiit;l I l:l'�iJ (in pausa) und c•;:r?� !11, .

3 2 5 Im Laufe der Auslegungsgeschichte kristallisierten sich zwei Übersetzungen heraus: »Unorganisierter Raum, Chaos« (Symmachus, LXX) oder >>Nichts, Nichtiges« (AT-Belege: !Sam 1 2,2 1 ; Jes 4 1 ,29; Hiob 26,7 u.a. sowie Aquil� und Theodotion), von denen Caquot die zweite für die richtige hält: »Gen 1 ,2 revtent a dire que Ia terre n'existait pas« (Breves remarques, 1 6). 3 26 Jes 34, 1 l b (vgl. Hi 26,7, s .. unten, Anm. 350): :1i1�-·p�) 1i1�-,P. ;:1'7-\' ��1 Und er hat ausgespannt über es (das Land Edom) die Meßschnur des Nichtigen und die Steine/das Lot des Nichtigen (Bauks).

3 1 7 In Ee. ist die Viererzahl im Weltbild selbst verankert in der Aufteilung in oberen und unteren Himmel, Erde und Unterwelt; siehe auch unten, 265ff. 3 1 8 So in Pyr 486 § 1040 (s. oben, Anm. 3 1 3) und auf einer Wandmalerei im Grab Ramses' X.; dazu SCHÄFER, Weltgebäude 89 m. Abb. 4. 3 1 9 SCHÄFER, Weltgebäude, 9 1 . 3 2 0 Das 1 signalisiert die formale Aufnahme des i n V . I bereits genannten letzten Wortes, sagt jedoch nichts über dessen semantisch_en Gehalt in V.2 aus. S. dazu oben, 108f m. Anm. 302. 3 2 1 Eine Alternativbegriff für nt:'iJ wäre wohl '?::liJ »Erdkreis«; so z.B . in ! Sam 2,8; Ps 89, 12; Hi 37, 1 2; Prv 8,26.3 1 . 3 22 Vgl. dazu KAISER, Bedeutung des Meeres, 1 3 ; SCHMIDT , Schöpfungs­ geschichte, 86 m. Anm. 3; TSUMURA , Earth, 4lff; STECK, Schöpfungsbericht, 233 m. Anm. 957. 3 2 3 Zur theozentrischen Ausrichtung der mesopotamischen Mythen, s. unten, 258 mit Anm. 780.

Vgl. zur Übersetzung der zweiten Vershäl�te DUHM, Jesaja 225f; WILDBERGER, _ _ Jesaja, 1 346 mit weiterer Literatur. Daß die Wendung an dieser Stelle aus�man­ dergezogen ist, erklärt Caquot mit der Neigung des Hebräischen zum Parallehsmus membrorum - was aber am Sachverhalt nichts ändere (aaO, 1 5). S. dazu SCHMIDT, Schöpfungsgeschichte, 79, Anm. 3. 3 2 7 Jer 4,23a: 1i1�) 1i1�-i11.i!1 n�y-n� \1:1'�"1 Ich sah die Erde, und siehe, (sie war) wüst (und leer), und hinaufzum Himmel: dahin :C']i � 1'�1 C'9�iJ-'?�1 war sein Licht (Weippert). Vgl. zur Übersetzung DIES ., Schöpfer des Himmels, 50; RUDOLPH, Jeremia, 33; CARROLL, Jeremiah, 1 68ff. 3 2 8 AaO, 79 Anm 3; vgl. dazu WEIPPERT, aaO, 5 1 : »Abweichend vom priesterschriftlichen Schöpfungsbericht, aber wieder in Übereinstimmung mit dem jahwistischen, spielt die Urflut (f!hbm) in der Chaosschilderung v�n Jer 4,2 -26 keine Rolle. An ihre Stelle tritt wie beim Jahwisten (Gen 2,5) das Bild der Wuste, des regenlosen Landes ohne Vegetation.« In diesem Text manifestiert sich JHWHs Gericht als Rücknahme der Schöpfungswelt 3 2 9 So SCHMIDT, Schöpfungsgeschichte, 80, für den 1i1:::J) 1i1h »den Gegensatz zur geordneten Schöpfung« im Sinne von Nicht-Vermögendes zum Ausdruck bringt. 330 Vgl. Ewalds Nachbildungsversuch: »und während die Erde öde und wöde war« (Glaubenslehre 11/3, 64 Anm. 1). ,



Syntaktisch-semantische Untersuchungen zu Gen 1,1-3

1 12

daß diese in verschiedenen semitischen Sprachen bekannte Stilfigur hier wie auch in Jer 4,23331 und Jes 34, 1 1 vorliegt.332 Am häufigsten wird �;t:q mn aus anderen semitischen Sprachen etymologisch

abgeleitet. Man hat sowohl die Rückführung auf die Nachtgöttin Baau bei Philo von Byblos als auch die auf die sumerische Muttergöttin und Stadtgöttin von Laga5 Bau (bzw. dba-ba ) vorgeschlagen_333 Dazu äußerte sich zuletzt auch Tsumura: Er 6 versteht 1) �;;h (vgl. auch Dtn 32, 1 0, wo es wohl synonym zu i�"!� steht) in der Bedeutung von »Wüste, Öde«, in Analogie zu arab.

tfh

»wasserarme Wüste«334-

problematisch ist, daß er das auslautende Iu/ nicht erklären kann-, sowie in Ver­ wandtschaft zu ug.

thw,

das wie das hebräische Wort von einer gemeinsamen

westsemitischen Wurzel *thw stammt;335 und 2) �it:l in der Bedeutung von »Leere«, in Analogie zu arab. bahiya »leer sein« und akk. bubutu > buhbutu

>>Leere, Hunger«.336 Die Wendung 1i't.l) 1ill'l kommt einer analogen Formulierung in einer polyglotten Vokabelliste aus Ugarit337 nahe: >>BAL I na-bal-ku-tum I tap-su­

hu-(u)m-me

I

tu-a-bi-(u)«

. Der akk. Begriff

nabalkutum

trägt nach Aussage

Nougayrols die Bedeutung »renverser, bouleverser«. CAD und AHw geben als

Grundbedeutung >>to turn/cross over« bzw. »überschreiten« an. Tsumura eruiert

anhand des Gebrauchs dieses Verbs mit dem Bezugswort er[ietu die Bedeutung >>to be out of order, to be unproductive«.338 Geläufig, wenn auch unsicher, ist folgende Ableitung: ug. thw(tt) (akk.).

>

*ltuhwu-1 (Nomen des qutl-Typs) > ltuhWal > ltuhal > tu-a

D.h. tu-a-bi-u hätte sich über tuha bihu > tuhwa bfhwu bzw. *ltuhwu wa­

bihwu > tuhwu wa-buhwu > tuhu wa-buhul zu heb. tohU wabohU. entwickelt.339 3 3 1 Zu Jer 4,23 s. oben, Anm. 327.

332 Vgl. dazu CAQUOT, Breves remarques, 1 5 (samt Verweis auf ! Sam 2 1 ,3 ·�io'?� ·�?� >>irgendwelche«). Ähnlich wenn auch bei anderer Deutung (s. unten, Anm. 360) Girardet (Tohu wabohu, 21), der �;;:J versteht als >>un sinonimo di töhfi , messo h1 evidenterneute per rafforzarne il senso«; vgl. auch Westermann (Genesis, 143), für den 1it! »als Alliteration nur eine das

�;;h verstärkende Beifügung ist«. Das

Hebräische kennt ähnliche Phänomene wie z.B. die Verstärkung eines finiten Verbs durch den Infinitivus absolutus oder die Koppelung einer finiten Form von 101' mit

'? + Infinitiv desselben Stammes.- Eine exakte Parallele fehlt jedoch

333 Vgl. dazu kritisch EBACH, Weltentstehung, 1 04 mit Literatur (Anm. 17-2 1);

vgl. TALLQVIST, Akkadische Götterepitheta, 268ff. 334 Herr Weippert wies mich darauf hin, daß die Konnotation >>wasserlos« bei dem

arab. Wort keine Rolle spielt, bedeutsam ist die des >> Herumirrens« und der

Terminologie und Semantik von Gen 1,1-3

1 13

Einen weiteren Ableitungsversuch hat Görg unternommen, indem er die - textlich als Nominalwendungen nicht belegbaren- ägyptischen Verbwurzeln th3 »abwei­

chen, verfehlen im Bezug auf Sinnhaftigkeit (Ma'at)« und bh3 >>kopflos fliehen« als Parallelwendungen zu 1ii!:l) 1iih angibt.340 Die hebräischen Begriffe dürften seiner M einung nach Abstraktbildungen des Nominaltyps mit aw.t in der Bedeutung >>Ziellosigkeit, Nichtigkeit« sein.341 Dazu führt er als ikonographischen Beleg die

Darstellung des auf dem Streitwagen stehenden und die Feinde niederwerfenden Pharao aus dem Ramesseum an. Görg verbindet das ikonographische Motiv mit der

Textstelle aus Urk. 11 1 4, 1

n(n) st(t) r th(t) >>ohne fehlzuschlagen« und deutet es fol­

gendermaßen: Der kämpfende Pharao gilt als der Garant der Ordnung, indem er die Feinde niederschlägt, deren Flucht das Chaos nur vergrößert (mit Verweis auf Urk.

IV 7 1 1 , 1 ). Schon zuvor hatte Ebach bei seinem Ableitungsversuch auf ägyptische Traditionen verwiesen: Er vermutete hinter dem 1i1J den Namen der phönizischen Göttin Baau, die bei Philo von Byblos als Partnerin des Luftgottes Kolpia (in Analogie zu dem äg. Gott Schu) auftritt342 und deren Name auf äg. b3. w >>Mächtigkeiten, Erschei­ nungsformen« zurückzuführen sei, - eine These, die lautgeschichtlich jedoch unhaltbar ist.343

Die etymologischen Ableitungen aus anderen semitischen Sprachen wie die Parallelisierung mit arab. tfh »Wüste« und bahiya »leer sein« belegen zwar einen Aspekt der hebräischen Wendung - nämlich die Konnotation »Wüste; Unbewohntsein« -, sagen aber nichts über die übrigen alttestamentlichen Belege aus. Das Problem der etymolo­ gischen Ableitungsversuche und deren möglicher Implikationen für die Übersetzung liegt darin, daß, selbst wenn die Ableitungen richtig sein sollten344, sie nichts Definitives über die Bedeutungsentwicklung aussagen können, die der Begriff im hebräischen Sprachraum im Laufe der Geschichte genommen hat. Auch wenn thw im Ugariti­ schen immer die Bedeutung »Wüste« hätte, sagte das noch nichts über eine mögliche übertragene Bedeutung im Hebräischen aus. Von daher scheint es wichtiger zu sein, das unterschiedliche Vorkommen des Begriffs in den alttestamentlichen Texten zu untersuchen.

»Wegelosigkeit«.

335 Ausführlich dazu vgl. TSUMURA, Earth, 1 7-20. Textlich basiert seine

lbim thw - an!Jr b ym aber an!Jr »Delphin« in

Argumentation auf dem Parallelismus in KTU 1.5: I : 1 4- 1 6 »Löwen der Wüste(n) - Delphine

seiner Bedeutung nicht eindeutig ist. 336 TSUMURA, Earth, 2 l f.

(?)

im Meer«, wobei

242f, s. bes. Z.23'. S. unten Exkurs 6. 26-29. .

3 39 So TSUMURA, Nabalkutu, tu-a-bi-[u], 3 1 0f ; DERS., Earth, 24- jeweils bei

eingefügtem intervokalischen ;;; vgl. auch DE MOOR, EI, the Creator, 18lm. Anm. 58. Dagegen wendet Huehnergard (Ugaritic Vocabulary, 84) ein, daß es sich bei tu­ in Anlehnung an die akk. und hurrit. Formenbildung um einen Infinitiv

a-bi-(u)

handelte, der als regelmäßige Form mit !tuhapikku/ wiedergegeben werden müßte, einer Form im tD-Stamm von hpk >>to upset« (= umstürzen, kentern, in Unordnung bringen); vgl.

1Elil

>>wenden, umstürzen, verwandeln« und syr. hpak (GORDON,

UT 392a, no. 788) sowie arab. tD-Stamm

Stamm in Texten (noch) nicht nachgewiesen werden konnte ; vgl. dazu ausführlich

TSUMURA, Earth, 25f mit weiterführender Literatur. In jedem Fall bleibt die

Ableitung aufgrund Ergänzung ausgesprochen hypothetisch. S. dazu unten, Anm.

337 Die polyglotte Liste RS 20.123 [sum., akk . , hurrit., ug.] wurde publiziert von

Nougayrol, in: Ug. V, 3 3 8 TSUMURA, Earth,

LAMBERT, A Further Note. Problematisch bleibt jedoch, daß dieser Infinitiv im tD­

tahaffaka

>>torkeln, wanken«; so auch

344 und Exkurs 8.

340 Vgl. dazu unten Exkurs 8.

341 GöRG, Deutungsvorschlag, 434. 342 Vgl. dazu EBACH, Weltentstehung, 1 06f; anders TSUMURA, 2 1 f m. Anm. 23.

343 So G Ö R G , aaO, 432, der alternativ dazu von der Nisbebildung bj3. w >> Himmel« ausgeht (s. dazu auch oben, 1 1 2 m. Anm. 333). Zur Kritik vgl. Tsumura (Earth, 22), der Görgs Vorschlag als zu spekulativ ablehnt. Allgemeiner s.

oben,

92 m. Anm. 1 65.

344 Was hier nicht entschieden werden kann; vgl. zum Für und Wider ausführlich TSUMURA, Earth, 17ff mit Literatur; dazu LAMBERT, A Further Note, und die Rezension von Rendsburg ( 1 38), der das Hauptproblem in der Restaurierung des in tu-a-bi-(u) sieht.

u

1 14

Syntaktisch-semantische Untersuchungen zu Gen 1, 1 -3

Neben der dreimalig belegten Wortkombination gibt es noch 1 7 weitere Belege von 1 il M i n der B edeutung »Wüste, Öde« (3mal)345,»Leere«(3ma1)346 , »Nicht(iges)« (etwa 1 0mal)347_ In dieser Gruppe finden sich einige Stellen, in denen das Vokabular aus Gen I z.T. wiederkehrt: Jes 4 1 ,2934 8 stellt Wind und unseren Begriff in der Bedeutung »Nichtigkeit« zur Abqualifizierung der Götzen nebeneinander; Jes 45, 18 betont die Erschaffung der Erde und daß sie nicht dazu geschaffen ist (M1�). 1i1f'l zu sein. In Dtn 32, 10f349 findet sich 1iTf:1 in der Bedeutung »Öde, Wüste>nicht(s)« über­ setzt, in Gen 1 ,2 aber die >>creatio ex nihilo« hineinliest: >>Ia terra . . . era un non essere, non era. Cioe, come e gia espresso dal termine bara , creo, Ia creazione e dal nulla . . . il mondo fisico e opera diretta di Dio.« 361 Vgl. auch Dtn 32, 10 und Hi 6, 18, die im thematischen Bereich der Wüste verbleiben; anders aber Ps 107 ,3f, wo die verschiedenen Bereiche (Wüste, Fin­ sternis, Meer und Kulturraum) hintereinander aufgelistet werden als Bereiche, aus denen Gott rettet. 362 So stellt bereits Gunkel fest: >>Beide Vorstellungen: dass der Uranfang die >LeereFinsternis über dem Urmeer< gewesen sei, schliessen sich eigentlich aus, oder gehören wenigstens nicht notwendig zusammen« (Genesis2, 9 1 ); vgl. auch AALEN, Begriffe, 12. . 363 Vgl. zu diesem Komplex auch: Hasenfratz' Rede von der >>Topographie der Un-Weit«, in die die Wüste, Berge und das Meer gehören (Die toten Lebenden, 1424). 364 Vgl. dazu WEIPPERT, Schöpfer des Himmels, 50f; TSUMURA, Earth, 36ff. 365 Vgl. dazu KEEL, Jahwes Entgegnung an Ijob, 57f mit Hinweis auf einen spä­ teren Beispiel in äth. Hen. 60,7-9, wo bis zum Tage des Gerichts Behemot die Wüste und Leviatan das Meer als Aufenthaltsort zugewiesen werden. 366 Anders in Jes 45, 1 8 und Jer 4,23, wo die Konnotation >>leer« gemeint ist. '

Terminologie und Semantik von Gen 1 , 1 -3

1 17

überholt. Denn dort ist die Erde als das »Trockene« dem Urmeer entnommen und nicht etwa als Kulturland der Wüste abgerungen. Die Interpretation von ii1:J) 1i1h als das Unkultiviertsein und Unbe­ wohntsein der Erde367 trifft die Aussage insofern, als es auch hier nicht um eine Chaosmacht sondern um eine Vorfindlichkeit geht. Die Wendung ist aber auch anschlußfähig an den folgenden Schöp­ fungsbericht, demgemäß es die Erde als uns bekannte Größe noch gar nicht sichtbar gab (vgl. Gen 1 ,3-10). Von besonderer Bedeutung für die vorliegende Arbeit ist die umfassende Untersuchung von Tsumura, in welcher er darauf hinweist, daß die drei biblischen Belege für 1i1jj 1i1i'l stets n� in der Bedeutung »Erde, Lebensraum« (Gen 1 ,2 ; Jer 4,23) bzw. Land (= Edom, in Jes 34, 1 1 ) als Bezugswort haben. Die drei Stellen implizieren also weniger eine kosmische als eine sozio-kulturelle Kategorie, die im negativen Zustand der Unbewohnbarkeit, Unproduktivität und Verwüstung >>brach liegt«. Tsumura zieht zudem drei Texte der mesopotarnischen Literatur368 heran, in denen das Verb nabalkutum neben er!fetu im Kontext des Noch-nicht von Vegetation und Menschen, also einer unbrauchbaren Welt belegt ist.369 Es leuchtet hingegen nicht ein, warum Tsumura 1i1jj 1i1i'l sehr konkret mit »desert and emptiness«370 übersetzt, wo beide Begriffe doch von der einen ugaritischen Wendung tu-a-bi-(ü) abgeleitet werden sollen, die die Bedeutung >>to be out of order, to be unproductive« trägt. Dementsprechend scheint die Übersetzung als Hendiadyoin vorzuziehen zu sein. Eine weitere Unverständlichkeit liegt in Tsumuras Aussage, daß die Bedeutung des »Nichtigen« in diesem Kontext zu vernachlässigen sei, weil sie im Alten Testament nie in Verbindung mit n� auftritt.37 1 Als Belege für 1ili'l + Ortsbezeichnung sind Jes 24, 1 0; Jes 45, 1 8f und Hi 26,7 anzuführen, die sehr wohl die Bedeutung des Nichtigen implizieren. In Jes 24, 10372 ist in Verbindung mit 1:::10 nif >>Zerbrochen, zerschmettert werden« die Bedeutung >>Nichtigkeit« gemeint.373 Gleiches gilt für Hi 26,7374, wo 1i1i'l der hebräischen Wendung i19-''?f >>nicht etwas« gegenübersteht. An dieser Stelle ist von der synonymen Verwendung beider Begriffe auszu­ gehen.375 In Jes 45, 1 8f ist das erste 1i1h als Gegenbegriff zu n:;i�7 zu sehen, was 3 67 Vgl. dazu SUTCLIFFE, Primeval Chaos, 203-2 1 5 , sowie die Targurnim und die rabbinische Auslegung. S. dazu oben, 30ff. 368 Atr. IV,49; 58bf und Ritual des kalu IV, 1 6 (sie !). (RAcc, 34f). 369 Zum Verhältnis von nabalkutum und ;i1jj 1i1h s. oben, 1 1 2f m. Anm. 339. 3 70 TSUMURA, Earth, 29. 3 7 1 TSUMURA, Earth, 32. 372 Jes 24, 1 0:

Es wurde zerstört die nichtige Stadt, verschlossen alle Häuser um einzutreten

:Ki�O n•;i!-'?:;> 1�1? 1i1t;m:[p ii";)ftql

(Wildberger). Vgl. zur Übersetzung und Kommentierung DERS., Jesaja, 886ff. 373 So auch WILDBERGER, Jesaja, 886; vgl. HAL 4, 1 305 ; anders Tsumura (Earth, 32), der >>desert-like« oder >>desolate« vorzieht, was insofern nicht überzeugt, als eine verwüstete Stadt nicht mehr zerstört zu werden braucht. 374 Zum Text vgl. oben, Anm. 350. 375 Anders FüHRER, Hiob, 3 8 1 . Er übersetzt zwar >>Der da den Norden über die Öde ausbreitet, die Erde über dem Nichts aufhängt«, merkt aber an, daß in stärkerer Parallele zu i11;J-''?f auch »über der Leere, dem leeren Raum« übersetzt werden

118

Syntaktisch-semantische Untersuchungen zu Gen 1, 1-3

die Bedeutung »leer, unbewohnt« nahelegt In V.19 versucht Tsumura durch eine neue Texteinteilung die Bedeutung »desolation« plausibel zu machen. Indem er das 1i1h als Ortsangabe auf 'l1tqp:;l 1i1i) :::lt?�� .!l"U'? 'I'1l(:l� t��? bezieht, kommt er zu der Übersetzung »I did not say to Jacob's descendants (in a land of) desolation (= [in] a desolate place)«. 376

Es bleibt also festzuhalten, daß ,i1h Bedeutungsnuancen enthält, die die Unterschiede zwischen »leer« und »nichtig« verschwimmen las­ sen. Im Kontext der Rede von Kulturland und Lebenswelt impliziert auch die Rede von der vorhandenen Leere die Qualität des Nichtigen. Denn: »Die Erde wäre nichtig, wenn sie nicht ausrichtete, wozu sie geschaffen ist, nämlich Lebensraum zu gewähren«377. Mißver­ ständlich ist hingegen die Übersetzung mit »Wüste«. Nur an einer Stelle (Dtn 32, 1 0) findet sich m·n in Parallele mit "1�\0, in Gen 1 ,2 hingegen in Parallele zu Cii1r;J, impliziert also vorstellungsmäßig eine Wasser-, und keine Trockenwüste. Daß es sich dabei um einen verbreiteten Vorwelttopos in altorientalischen Texten handelt, werden wir im Folgenden noch sehen.

Der Terminus ltqf1 379 kommt außer in der konkreten Bedeutung »Dunkelheit, Lichtlosigkeit, Finsternis« auch in übertragenem Sinne vor als Metapher für »böse Kraft, Unwissenheit, Unheil, Tod und Gericht«. J80 In der vorliegenden Untersuchung interessiert ausschließlich die kon­ krete Bedeutung innerhalb des kosmogonischen Bezugsrahmens. Hier ist die Finsternis nie negativ beurteilt, sondern stets der Herrschaft Gottes unterworfen.381 In Gen 1 ,2 wird sie dem Schöpfungshandeln Gottes als präexistent vorangestellt und im Laufe des göttlichen Tuns der Schöpfungsordnung einverleibt. In diesem Vers ist Finsternis eine der drei Qualitäten, in die hinein die Schöpfung sich ereignet.

könnte, womit er der Konnotation »über dem Nichts« (s. oben, Anm. 326.350) sehr nahe rückt; vgl. HABEL, Job, 364f, der anmerkt, »befima literally >without anything< is linked here with töhü, >Chaos, voidwunderbare religiöse Verklärung des Naturlebens< (nämlich dem Brüllen des Löwen als Gebet zu seinem Schöpfer) deutet. 398 Vgl dazu GROSS I KUSCHEL, Ich schaffe Finsternis, 4 1 f. 399 AaO, 36f. ,

drei Vorweltkategorien, die dem Schöpfungshandeln ·vorausgehen, aber auch in die Schöpfungswelt übernommen werden.

400 Vgl. dazu auch AALEN, Begriffe, 1 5f. 40 1 Die rm zählt für die Autoren bereits zur göttlichen Sphäre. Die Vf.in hält Gen 1 ,2a für ein Monokolon, das den beiden Bikola vorangestellt ist und als positiv formulierte Aussage das Noch-Nicht des Lebensraums hervorhebt, während die ei­ gentlichen Vorweltqualitäten erst in V.2ba+ß genannt sind. S. dazu unten, 142ff. 402 Etwas schwieriger gestaltet sich im übrigen Prv 8,22ff: s. dazu ebenfalls GROSS I KUSCHEL, Ich schaffe Finsternis, 38ff; BAUKS I BAUMANN, Im Anfang war, 37. 403 Einige Forscher versuchen, über Jes 45,7 die »creatio ex nihilo« im Alten Testament neu zu etablieren; so z.B. STADELMANN, Hebrew Conception, 28; LEVENSON, Creation, 27. Zur (berechtigten) Kritik vgl. DE ROCHE, Isaiah LXV, 7, 13. 404 Gross und Kusche! (Ich schaffe Finsternis, 46) kommen zu folgender Aussage: >>YHWHs Macht zum Guten ist unbegrenzt, weil überhaupt alles, selbst das Übel, von YHWH erschaffen ist. Daß YHWH die negativen Größen erschaffen hat, wird also zwar uneingeschränkt behauptet und sogar, weil ungewohnt, durch die Formulierung hervorgehoben, ist aber nicht das eigentliche Aussageziel Deuterojesajas im Kyrosorakel.>initial stages in the self-manifestation of the deity>(Ur)Flut« I >>(Ur)Tiefe« zugunsten von »Urmeer«, »Urgewässer« verzichtet werden müßte, da die erste Bedeutung für C'l;l nicht belegt ist. Das dürfte Auswirkungen haben auf die Relationierung von Schöpfung und Chaos-(Drachen-)Kampf bzw. von Schöpfung und Flut. In Gen 1 ,2 ist nicht das aufwallende Wasser gemeint, sondern das inaktive, stehende Urmeer. Vgl. dazu die Befunde des religionsgeschichtlichen Vergleichs, insbes. Ägyptens, s. unten, 287ff.

1 26

Syntaktisch-semantische Untersuchungen zu Gen 1, 1-3

eine .ll�Pl zwischen den Wassern, durch welche er diese voneinander scheidet (V.6). Aus dem einen Teil werden die über dem Himmelsgewölbe441 liegenden Wasser, aus dem anderen die darunter liegenden gemacht.442 Durch die Sammlung der unterhalb des Himmels befindlichen Wasser wird die Möglichkeit zum Sichtbarwerden des Trockenen, d.h. der Erde, erst gegeben - während die Wasser über dem Himmel nicht weiter thematisiert werden. Sie sind es, die die Rücknahme der Schöpfung ermöglichen.443 Obwohl der Merismus in V. l auf das traditionelle zweigliedrige Weltbild - bestehend aus Himmel und Erde - hinweist, läßt V.2 diese Ganzheit außer Betracht und wendet sich ausschließlich der Erde zu, jedoch nicht im kosmologischen Sinne, sondern im soziokulturellen Sinne als Lebensraum des Menschen.444 Die Perspektive des Menschen wird auch im Anschluß an den Einschub (V.2) beibehalten. So fehlt etwa eine genauere Beschreibung dessen, was über dem Himmelsgewölbe liegt - und das nicht etwa, weil es an Theorien fehlte445, sondern weil das außerhalb der menschlichen Sphäre Liegende den prie­ sterschriftlichen Autor nicht interessierte.446

Es weisen also sowohl die etymologischen Überlegungen als auch die inneralttestamentlichen Belege auf den Parallelgebrauch von Cii1r;J und C'�iJ wie außerdem auch die Erzählstruktur von Gen 1 , 1 - 10447 darauf hin, daß es sich bei den beiden Begriffen um Synonyme handelt, die die Vorwelt als eine ruhende Wassermasse charakterisieren, in die hinein sich die Schöpfung als Abfolge von Werken der Scheidung ereignet. 44 1 Die Nennung des Himmels ohne Artikel könnte dadurch erklärt werden, daß er

- trotz der Erwähnung in der Überschrift - erst hier errichtet wird. Daß die Erde in V.2 mit Artikel versehen ist, ist mit der Position direkt hinter der Nennung des Merismus zu erklären. 442 Darauf rekurriert bis in die kleinste Einzelheit Prv 8,27ff:

. . .als er aufstellte den Himmel, da war ich dabei; als er absteckte den (Erd-) Kreis über der Urflut; als er stark machte die Wolken droben, als kräftig waren die Quellen der Urflut [Urmeer], als erfestsetzte dem Meer dessen Grenze, damit die Wasser seinen Befehl nicht überträten; als erfeststeckte die Grundfesten der Erde . . . (Baumann).

'l� c� C'l;l�, �·�q:;:� 27 :ci;:Tt;l ·��-?.p l1Ji ip1J;!� ?.p� C'j?.IJ� i;>�t9 28 :Ciiit;l nit.P liiJ?:;:I' 1'�n;:;w� �'? C'l;l\ iptf 1 c-:7 i911b� 29 :n� ''1t?i9 ip1n�

Vgl. dazu BAUKS I DIES . , Im Anfang war, 3 lf; Baumann, Studien, 141.

443 Vgl. Gen 7, 1 1 . 444 S. oben, 1 10 m. Anm. 32 l f. 445 Vgl. dazu HOUTMAN, Himmel, 65f, der ohne Rücksicht auf einen inneralt­

testamentlichen Traditionsprozeß von folgendem ausgeht: »Für den Israeliten ist der Himmel, von dessen Schöpfung 1 :8 redet, kein anderer als der Himmel JHWH's, sein Dominium (Ps 1 1 5 : 1 6). Eine Unterscheidung zwischen >Himmel< als dem Wohnort JHWH's und >Himmel< als dem zur Erde gehörenden Himmel, wofür im Hebräisch ein und dasselbe Wort C'O� verwendet wird, kennt das AT nicht.« Diese Anschauung trifft m.E. für Gen 1 nicht zu, da hier nur von der obigen Grenze des Himmels (.P'Pl) die Rede ist. 44 6 So wie auch Angaben über das, was unterhalb der Welt liegt, fehlen. Vgl. dazu oben, 32f zu den Verboten von Vorweltspekulationen in frühjüdischer Literatur. 447 S. dazu ausführlicher den Ausblick auf die Gesamtkomposition von Gen I unten, 3 1 9ff.

Terminologie und Semantik von Gen 1, 1-3

127

Der vor allem in exilisch-nachexilischer Zeit oftmals belegte B egriff der 11�, zeichnet sich durch ein breites Bedeutungsspektrum aus, das ausgehend von den beiden Grundbedeutungen448 »Wind« und »Atem«, die Konnotation von »Geist« (Gottes oder von Menschen) und »Nichtigkeit«449 haben kann. H. Cazelles45 0 unterscheidet vier Verwendungsarten: die kosmologische, die physikalische (=meteo­ rologische), die psychologische und die theologische. Doch selbst bei diesen Kategorien bleibt die Bedeutungsunklarheit, die dem B egriff anhaftet, bestehen.451 So sind der theologische und profane Gebrauch nicht immer klar zu trennen.45 2 Angesichts zahlreicher Untersu­ chungen zu den einzelnen Themenkomplexen beschränkt sich die Vf.in auf zwei semantische Beleggruppen: Zum einen die Belege, welche von m, + Gottesprädikation (c•;:t?� [a] bzw. JHWH [ß] ) spre­ chen, und zum anderen die, welche in einen Schöpfungskontext gehören (y). Ein letzter Abschnitt (6) widmet sich dem Verständnis von rrn in Gen 1 ,2.

a) c•;:t?� rrn im Alten Testament Die Sichtung der Belege453 ergibt, daß in unserem Kontext vor allem drei Stellen von Interesse sind: Ez 1 1 ,24454 ist ein Beleg für die

448 Da die Etymologie ungewiß ist und somit zu unserer Problematik wegen der

herrschenden Uneinigkeit nichts Erhellendes beiträgt, sei an dieser Stelle für die Ableitung des Begriffs lediglich auf HAL IV, 1 1 1 7 m. Literatur; ALBERTZ 1 WESTERMANN, Art. rm, 726f; TENGSTRÖM, Art. 1"!1i, 388-393; CAZELLES, Art. Saint E�prit, 128-133, sowie auf die die Einführungskapitel von DREYTZA, Der theologische Gebrauch, 1 6-37, und SCHÜNGEL-STRAUMANN Rfiah 9-2 1 hingewiesen. 449 Als Synonym zu '?:;1i) tritt der Begriff häufig in prophetischen Texten auf; vgl. dazu TENGSTRÖM, Art. 1"!1i, 393-396; ALBERTZ I WESTERMANN, Art. J"!1i, 73 1 . 45 0 Art. Saint Esprit, 1 34f. 451 Zur Bedeutungsgeschichte vgl. GÖRG, Zur Rede. Die B edeutungsunschärfe wird in den frühen griechischen Übersetzungen durch die Wortwahl TTVEU IJ- a beibehalten; vgl. BAUMGÄRTEL I BIEDER, ThWNT 6 , 366-373. S. dazu ausführ­ lich unten, 280ff. 452 Vgl. dazu ALBERTZ I WESTERMANN, Art. 1"!1i, 742; TENGSTRÖM, Art. 1"!1i, 394, und SCHÜNGEL-STRAUMANN, Rfia.Q., 27ff. Diese Feststellung hindert Albertz und Westermann jedoch nicht daran, die Kategorien in ihrem Artikel dennoch beizubehalten. 453 S. dazu ALBERTZ I WESTERMANN, aaO, 743. 454 Ez 1 1 ,24: '

Und ein Wind hob mich aufund brachte mich nach Chaldäa zu den Exilierten, in der Vision durch [den]Geist I einen Wind Gottes. Und es verschwand vor mir die Vision, die ich gesehen hatte (Bauks).

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128

Syntaktisch-semantische Untersuchungen zu Gen 1,1-3

intendierte Zweideutigkeit des Begriffs l"!�i. Hier finden sich Wind und Geist nebeneinander.455 In Hi 27,3 und 33,4 rekurrieren die Wendungen auf die mit dem Atem Gottes thematisch verwobene Menschenschöpfung (im Parallelismus mit i19tq�456). Der für die Kreatur lebensnotwendige, von Gott gegebene Hauch wird bei P jedoch mit C"IJ mi »Hauch des Lebens« statt mit C'i:t""� mi umschrie­ ben.457 Das legt nahe, daß die Wendung in Gen 1,2 von den drei oben genannten Stellen zu unterscheiden ist.458 ß) i1ji1� 1"[1i im Alten Testament Etwa 1 8 der insgesamt 27 Stellen459 lassen auf die Bedeutung »Geist« schließen. Von ihnen verweist aber keine in einen Schöpfungs­ kontext.460 Zwei weitere Belege thematisieren eine Geisteshaltung JHWHs und gehören dem psychologischen Bedeutungsspektrum an.461 Die übrigen haben die Bedeutung Wind im meteorologischen462 oder aber im übertragenen bzw. theologischen Sinne im Kontext der Prophetenentführungen, in denen ein WindiGeistwesen den Prophe­ ten davonträgt.463

Vgl. zur Übersetzung auch GREENBERG, Ezekiel, 1 86; Zimmerli (Ezechiel, 1 90) übersetzt: » Und (der) Geisthauch hob mich empor und brachte mich nach

Chaldäa, zu den Verbannten im Gesicht im Geist Gottes. Dann hob sich das Gesicht, das ich geschaut hatte, von mir weg« (zu iltfl� vgl. ergänzend aaO, 46f) .

Es stellt sich jedoch die Frage, ob der zweite Beleg nicht synonym mit dem ersten ist und das :t instrumental aufgefaßt werden kann, was zu dem Übersetzungsvorschlag führt: »Der Wind brachte mich in der Vision durch den Hauch/Wind Gottes zu den Exilierten . . . «; so auch JENNI, Präposition Beth, 1 26. Für die Übersetzung mit »Wind« spricht außerdem der Gebrauch des Verbums �(t)l (so ALBER'I'Z I WESTERMANN, Art. !'!11, 734; vgl. STOLZ, Art. �tlll, 1 1 1). 455 Die Übersetzung des 2. Belegs in 1 1 ,24 (D'r.t'?� rr1·p mit Geist Gottes ist häufig belegt; vgl. ZIMMERLI, Ezechiel, 1 90; GREENBERG, Ezekiel, 1 86, und auch ALBERTZ I WESTERMANN, Art. T'!1i, 734. - Schüngel-Straumann (Rfial), 38ff) bevorzugt hingegen die Übersetzung »göttliche Kraft«, im Sinne einer »Kraft, die lebendig macht und in Bewegung setzt« (aaO, 39). In dieser Bedeutung sieht sie rrn neunmal verwendet, darunter fallen Ez 8,3 ; 1 1 ,24 und »evtl. noch 37, 1 « (aaO, 38 Anm. 98). S. dazu im Folgenden. 456 V gl. Gen 2,7, wo von der Cl"IJ n�l die Rede ist. 457 Gen 6,17; 7, 1 5 ; vgl. TENGSTRÖM, Art. T'!1i, 399. 458 So bereits STECK, Schöpfungsbericht, 235 m. Anm. 969. 459 Vgl. dazu ALBERTZ I WESTERMANN, Art. T'!1i, 742. 460 Eine Liste der Belege findet sich bei ALBERTZ I WESTERMANN, Art. rrn, 743. 46 1 In Mi 2,7 ist von JHWHs Ungeduld die Rede, von illf") ilF 1111 in !Sam 19,9 - einem von JHWH gesandten bösen Geist, der Saul in Form einer seelischen Krankheit befallt. 46 2 So Jes 40,7 ; 59, 1 9 ; Hos 1 3, 1 5 ; vgl. dazu ALBERTZ I WESTERMANN, Art. T'!1i, 732.742. 463 1 Kön 1 8, 12; 2Kön 2, 16; Ez 8,3; 1 1 ,24; 37, 1 .

il�l��)

Terminologie und Semantik von Gen 1, 1-3

129

Von besonderem Interesse ist die Vision von der Wiederbelebung der Totengebeine in Ez 37, 1 - 1 4464, bes. V.9465. In dieser Passage ist t'!1i zehnmal belegt. Zimmerli übersetzt an zwei Stellen (V. l . l4) mit »Geist (JHWHs)«, siebenmal mit »Lebens­ geist« (V.5.6.8.9. 1 0) und einmal mit >>Winde« (nimi pl . in V.9). Eine Kumulation der Belege liegt in V.9 vor, wo sich insgesamt vier der zehn Belege finden. Immer wieder ist wohl zurecht darauf hingewiesen worden, daß die Rede von der Belebung der Totengebeine Assoziationen an den Bericht von der Menschen­ schöpfung in Gen 2 erweckt und daß 1111 hier mit ilr;J!i1� (in Gen 2,7) gleichzusetzen ist.466 Zimmerli merkt gerade zu Ez 37,9 an, daß T'!1i von »der Bezeichnung der Windrichtungen, welche vom Phänomen des in der Natur draußen wehenden Windes herkommt, . . . hier unmerklich in die Rede vom menschlichen Lebenshauch über[geht]« und bevorzugt lediglich für T'!1i + JHWH als Subjekt (V. l . l4) die Bedeutung »Geist« als eine notwendige Akzentuierung des im Hebräischen in seiner >>merkwürdigen Unschärfe« auffälligen Begriffs.467 Fraglich ist aber, ob nicht auch in V. 1 . 14 die Konnotation »Wind«468 bzw. >>Lebenshauch, Atem« gemeint sein könnte. Schon H. Schüngel-Straumann hat darauf hingewiesen, daß diese Kritik Zimmerlis und seine Verbesserung im Sinne einer klaren Differenzierung des Begriffs der oben dargelegten intendierten Vieldeutigkeit (Polyvalenz) entgegenwirke und somit dem Textverständnis nicht gerecht werde.469 y)

l'!�i im Schöpfungskontext

Auch im expliziten Schöpfungskontext ist der Terminus gebraucht. Ein Beleg findet sich in Am 4, 13 (sek.)47 o, wo davon die Rede ist, daß Gott die Berge macht (i1ttl.\l) und den Wind schafft (�i�). Hier ist vom Wind in eindeutig meteorologischem Sinne die Rede. 4 64 Vgl. dazu ZIMMERLI, Ezechiel, 885ff. l 662ff; HOSSFELD, Untersuchungen, 358ff; SCHÜNGEL-STRAUMANN, Rfial), 53ff.

46 5 Ez 37,9:

Da sprach er zu mir: Prophezeie über die rwJJ, prophezeie, Menschensohn, und sage zur rwJJ: So hat JHWH gesprochen: Von den vier Winden (rwJtwt) komme rwJJ und hauche diese Erschlagenen an, damit sie wieder lebendig werden (Schüngel-St.).

m;il-?.- �::J�il ·?� i0*'1 m"l;;r��, 'r;rio�i.. i:i1��i� ���� ' iliil� 'F�'-' I ip�-il� T'!1iiJ ·�:;J mm; ll;ill�Q :;;r:r.:1 il?,�;;r o•.mo� ·r�,

Vgl. zur Übersetzung SCHÜNGEL-STRAUMANN, Rfial), 58: gemeint ist >>Atem, Lebenskraft«. Zimmerli hingegen übersetzt mit >>Lebensgeist« (Ezechiel, 885). 466 So ZI MMERLI, Ezechiel, 895f; HOS S FE L D , Untersuchungen, 379f; SCHÜNGEL-STRAUMANN, Rfial), 56f; Tengström, Art. T'!1i, 399f. 46 7 ZIMMERLI, Ezechiel, 1 263. - >>Der Lebenshauch (f11iiJ), der von den vier Winden (nimi herangerufen worden ist, wandelt sich hier unversehens zu Jahwes eigenem Geist ('!J1i), den Israel bekommen wird« (ebd.); vgl. ähnlich auch GöRG, Zur Rede, 143f. 46 8 Vgl. dazu Greenbergs Übersetzung von Ez 8,3 und 1 1 ,24 ( 1 . Beleg) mit >>Wind«. Es handelt sich um das Anfangs- und Schlußszenario der großen Jerusalem-Vision, in der i'T)i den Propheten davonträgt (Ezekiel 1 -20, 1 64f. 1 86). Für die Übersetzung mit Wind spricht der Gebrauch des Verbs .-fll l >>tragen, emporheben« (so ALBERTZ I WESTERMANN, Art. T'!1i, 734). Zimmerli übersetzt in Ez 8,3 und 1 1 ,24 aber mit >>Geisthauch>Wehen lassen«) und 148,8 sind die beiden hebräischen Begriffe im Parallelismus membrorum genannt, von denen beide Stellen jedoch auf die Bedeutung Wind hinweisen.477 An diesen Stellen umschreibt 1111 - ähnlich wie auch in Ps 104,3 - »die Bewegung, die das Wort dahin bringt, wo es seine Wirkungen zu entfalten hat«478 . Wir haben es hier mit zwei unterschiedlichen Positionen zu tun, die die Psalmenstelle für ihr jeweiliges Textverständnis von Gen I ,2 zu Rate ziehen, aber von unterschiedlichen Übersetzungen ausgehen. Während Steck für die Übersetzung »Hauch, Atem« plädiert und ein eher anthropomorphes Verständnis bezüglich der Wortschöpfung Gottes hat, unterstreicht Schüngel-Straumann das Moment der Bewegung, welches dem Wort zu seiner Effizienz verhilft und mehr auf die Bedeutungsnuance »Wind« verweisen läßt. Nicht einleuchtend an Stecks Vorschlag ist, warum in Ps 33,6 das »Wort Gottes« vor dem »Hauch seines Mundes« genannt wird. Ist es nicht näherliegend, dieses Bild synonym mit »Wort JHWHs« zu setzen und beide Wendungen als Ausdruck der Leichtigkeit des göttlichen Schaffens zu verstehen? Im Kontext mit anderen meteorologischen Termini dürften die beiden anderen Psalmbelege, auf die auch Steck zurückgreift479, tatsächlich eher für die Bedeutung »Wind, Sturm« sprechen lassen, wie Schüngel-Straumann dargelegt hat.480

O.H. Steck475 hat diesem Vers größere Beachtung geschenkt und herausgestellt, daß in diesem Hymnus eine Gen 1,2 verwandte Vorstellung der 1111 belegt ist. Den größeren Referenzrahmen bildet die in dem Hymnus wie in Gen I maßgebliche Rede vom selbstschöpferischen Wort Gottes. Steck selbst legt dar, daß es dennoch einen gewichtigen Unterschied gibt: Während es sich in dem Psalm um ein perfektisches Geschehen (im Rückblick) handelt, sind Gen 1 ,2bß und V.3 unterschiedlichen Handlungsebenen zuzuordnen. Auch Steck richtet sich vehement gegen die Anschauung, daß in V. 1 ,2bß die Schöpfungshandlung bereits einsetzt476 und schlägt vor, davon auszugehen, daß in Ps 33,6 die Rede ist vom »Hauch Got­ tes beim Sprechen«, während in Gen 1 ,2 differenziert ist zwischen dem »Hauch I

8) Fazit

47 1 Auch in Ez 1 0,17 wird 1111 (aber mask.) in Verbindung mit den Kernbenflügeln

erwähnt. Zum Problem des maskulinen und femininen Gebrauchs von 1111 vgl. ZIMMERLI, Ezechiel, 1 263; DREYTZA, Der theologische Gebrauch, 1 82- 1 87 ; VON SODEN, Genuswechsel ; SCHÜNGEL-STRAUMANN, Rfi� , 66-70.99 (zu von Soden). 47 2 Vgl. bereits Ez 37, 1 - 14; siehe oben, 129 m. Anm. 465. 473 AaO, 75. . 474 Vgl. auch hier SCHÜNGEL-STRAUMANN, aaü, 74f, und unten, 280f. 475 Ps 33,6:

. . . durch das Wort JHWHs sind die Himmel gemacht und durch den Hauch seines Mundes all ihr Heer (Steck)

:Ll!$��r.,;> i'El 1"!1"):;11 1(!l�l Ll'9t\i i1]i1'" 1;1\:;:i

Vgl. zur Übersetzung STECK, Schöpfungsbericht, 236 Anm. 97 1 ; den Zusammen­ hang bestreitet bereits GUNKEL, Schöpfung und Chaos, 7 m. Anm. 4. 476 Vgl. auch aaO, 233f.

Wir kommen noch einmal auf die Textpassagen zurück, in denen der Begriff rm unterschiedliche Verwendung fand. Es handelt sich um ein bewußt eingesetztes Stilmittel, dessen Zweck darin liegen dürfte, daß nicht klar abgrenzbare Vorgänge semantisch aufeinander bezogen werden. So ist z.B. in Ez 37, 1 - 1 4 vom Lebensgeist I Le­ benshauch die Rede, der die Totengebeine belebt48l , sowie von Wind I Windhauch, der den Propheten an einen Ort bringt48 2 bzw. den Lebensgeist I Lebenshauch herbeiträgt483. Vor allem in V . 9 wird deutlich, daß Wind und Lebenshauch ( + Bezugswort Gott) nicht zu trennen sind: Auch die vier Winde dienen als Medium, das den von

477 Als religionsgeschichtlichen Beleg führt sie ein sumerische Gebet an den Mondgott Nanna an; vgl. SAHG, 224. 47 8 So SCHÜNGEL-STRAUMANN, Rfi�, 78. 479 AaO, 236 Anm. 97 1 , auch wenn er eingesteht, daß die beiden einzigen Belege für seine Deutung in ihrer Vorstellung »etwas anders akzentuiert erschein[en], wie Parallelismus und Kontext zeigen«. 48 0 S . dazu unten, 1 34. 48 1 Gegen die Übersetzung von V. l . 14 mit »Geist« - s. dazu oben, Anm. 465ff. 482 In V. I i1ii1' m1. 483 In V.9 nin;1 ·ll:;ll�t;l.

132

Syntaktisch-semantische Untersuchungen zu Gen

1, 1-3

Gott ausgehenden Lebenshauch bewegt484, wie der Wind auch in den Visionsschilderungen das »Transportmittel« des Propheten ist.4ss Der zweite Text486 , in dem 111i mit großem Bedeutungsspielraum verwendet ist (Ps 104, 3f.29f), nutzt die Polyvalenz zur Betonung der Verbundenheit von Geschöpf und Gott.487 In der Theophanieschil­ derung zu Beginn des Psalms dient der Wind nicht etwa der Spaltung der Fluten488, sondern als Gefährt und als Bote Gottes. Es geht um Bewegung ausdrückende Eigenschaften, die das Zentralthema von Ps 1 04 - das Umsorgtsein der Geschöpfe durch Gott - hervorheben. In V .29f ist von dem von Gott verabreichten Lebenshauch (= Belebung) der Geschöpfe die Rede. Wind, göttlicher Lebenshauch zur Lebensermöglichung und menschlicher Atem als Zeichen des Belebtseins durch Gott stehen in einer Relation zueinander, die das Beziehungsgeflecht von Schöpfer und Geschöpf auch semantisch zum Ausdruck bringt. Wind und Lebenshauch erweisen sich als zwei ein­ ander ergänzende Bedeutungsfelder, wobei der eine Begriff häufig auf den anderen zu verweisen scheint, was eine eindeutige Unterscheidung unmöglich macht.

e) c•;:t?� 111i in Gen 1,2 Die Sichtung der exegetischen Literatur zu Gen 1 ,2 ergibt, daß »Geist Gottes« die am häufigsten anzutreffende Übersetzung ist. 489 Hinter ihr verbirgt sich das Verständnis von c•;:t?� 111i als etwas Über­ natürlichem, das dem Schöpfungshandeln Gottes in V. 3ff voraus­ geht. 490 Folgendes grammatische und inhaltliche Argument für die Lesung von Gen 1 ,2c als »Geist Gottes« schlägt W. von Soden vor:

Terminologie und Semantik von Gen 1, 1 -3

1 33

Urchaos ein aufwühlendes Gegeneinander von Winden aus allen Richtungen erwarten sollte; eine erste Ordnung brachte doch erst der erste Schöpfungs­ tag.«49 1

Schüngel-Straumann führt jedoch eine Reihe von Belegen an, aus denen hervorgeht, daß vor allem der zerstörerisch wirkende Sturm mit 111i als maskulinem Nomen umschrieben wird, während �>Wind« sehr wohl als feminines Nomen belegbar ist. Sie weist aber auch darauf hin, daß wegen der wenigen eindeutigen B elege492 die Zuweisung von Eigenschaften hypothetisch bleibt. Moscati schlägt angesichts der großen Ambiguität des Wortes 111i vor, daß ebenso die Bedeutung »Hauch, Odem«493 vorliegen kann und verweist als Parallelstellen auf Ps 1 04,29f (und Hi 34, 14f). Diese Meinung vertritt auch 0. Kaiser494, wenn er schreibt: »Da Gen 1 2 gleichsam die Materialien beschreibt, aus denen nachher die geord­ nete Welt geschaffen wird, ist das zweite Moment [Ausdruck für die >gebundene göttliche Lebenskraft>the wind is both one of the precreated elements as weil as a divine being that contributes to the establishment of the cosmos«, wofür er Beispiele aus Enüma elis und äg. Kosmogonien liefert. 500 VON R A D, Genesis, 37; vgl. auch WESTERMANN, Genesis, 1 48ff unter Angabe w�iterer Belege. Smith (A Semotactical Approach, 104) weist darauf hin, daß diese Ubersetzung dem semantischen und grammatischen Kontext von Gen 1 ,2 voll entspricht: >>It is therefore clear that, in whatever way this original condition of ha 'ares is conceived of, the meaning of ruah 'eloh!m is synonymously related to that of hosek and tohu wabohu, and can therefore not be interpreted as >the Spirit of Goda terrible storm>Sturm« schließt sich an die n_;;- Tradition in den Theophanieschilderungen an. 50 2 So z.B. Luyster (Wind and water, 7): >>We have seen . . . that the antipode to the restless, surging waters is not Yahwh's spirit but his breath, voice, or wind and that the rfi a.l.t of Yahweh is characteristically (though not necessarily) employed to drive away the waters and reveal the dry land beneath.« 503 Es gibt Belege dafür (z.B. 2Sam 9,3; Jon 3,3; Ps 80, 1 1), daß c•ii'?� Umschrei­ .. bung für einen Superlativ sein kann: So zuerst J. Mariana, Scholia in Vetus et Novum Testamentum, Tom. I, 1 620 (vgl. dazu SMORONSKI, Et spiritus ferebat super aquas, 278). Diese Annahme wurde aber nur sehr vereinzelt vertreten (z.B. von J.M.P. SMITH, Use of divine names, 2 1 2f; ders., Syntax and Meaning, 1 1 1 -

Terminologie und Semantik von Gen 1, 1-3

1 35

sondern als superlativische Umschreibung anzusehen und mit >>sehr starker Wind« zu übersetzen sei.504 Diese Erklärung dürfte aber unhaltbar sein. Zum einen ist es unwahrscheinlich, daß in der Folge von V . l -3, wo c•n?� dreimal vorkommt, die zweite Nennung nicht die Gottesbezeichnung meinen soll.505 Auch das Argument, es könne sich um eine Interpolation halten, die eine ältere Formulierung übernimmt, ist eine textkritisch nicht begründbare Konjektur. Als weiteres Argument ist angeführt worden, daß das Alte Testament >>Starker Wind«, >>Sturm« in keinem an­ deren Text mit dieser c•;:r?�-Formulierung umschreibt.506 Ein viertes Argument berücksichtigt den Wortgehalt von "]iii. Es handelt sich um ein Verb, das weder in den beiden Piei-Belegen noch in dem einzigen Qal-Beleg (Jer 23,9) ein Aktionsverb im Sinne von >>dahinfegen« ist.507 Bei ")iii pi. handelt es sich um ein Verb, das neben Gen 1 ,2 noch in Dtn 32, 1 1 belegt ist und dort mit dem Subjekt >>Adler« durch >>schweben« bzw. >>wehen« zu übersetzen ist.508 In beiden Fällen steht das Verb (Partizip bzw. yiq�ol) in Verbindung mit der Präposition '?.p.509 Es geht um die Darstellung einer Bewegung, gemäß der Beobachtung, daß die meisten Vorkommen von 1"!1i im Alten Testament mit einem Verbum der Bewegung bzw. des In-Bewegung-Setzens kombiniert sind510, eine Beobachtung, die durch das Vorkommen als Partizip abgeschwächt ist. Aufgrund der sonstigen Verwendung des Verbs ")iii, das an keiner Stelle ein In­ Bewegung-Setzen impliziert, kann somit als wahrscheinlich gelten, daß in Gen 1 ,2 von einem trägen, über dem Wasser schwebenden - und nicht fegenden - Wind I Lufthauch Gottes die Rede ist.5 1 1 Andernorts ist der Wind Bestandteil der ge-

p 3), zuletzt von P.J. SMITH, A Sell!?tactical Approach, 99- 1 04, der einen guten Uberblick über die unterschiedlichen Ubersetzungen und deren Konsequenzen gibt. 504 So zuerst J.M.P. SMITH, Syntax and Meaning, 21 2f. In Folge: EISSFELDT, Chaos, 258; vorsichtiger THOMAS, Consideration, 2 1 7 . Als weitere Beispiele dienen Ex 9,28 und Ps 36,7, ebenfalls wie in Gen 1 ,2 ein Genetivus auctoris ! 5 0 5 Darauf weist Moscati (Wind, 307) mit Nachdruck zurecht hin. 50 6 Ps 107,25; 148,8 (iil-!'9 ITii ); Ps 48,8 (C''JP, J"l1i); vgl. MOSCATI, Wind, 307. 507 So MOSCATI, aaO, 207f; gegen CASSUTO, Genesis, 25. 508 Vgl. Von Rad (Genesis, 37): >>schweben« ; Zimmerli ( 1 . Mose 1 - 1 1 , 44): >>Wehen«. Jacob (Genesis, 25) zieht >>flattern« vor. Anders Ewald (Gotteslehre, IW2, 64 m. Anm. 2), Delitzsch (Genesis2, 84; 470), WeBhausen (Prolegomena, 297) und Gunkel, die >>und der Geist Gottes brütete« übersetzen. Gunkel entdeckte hinter dem >>brütenden« Geist Gottes eine Anspielung auf den äg. Mythos vom Weltenei, welches von der Urgöttin ausgebrütet wird; vgl. GUNKEL, Genesis!, 95; 3 J 04 mit einem Hinweis auf Delitzsch und Dillmann. H. u. M. Weippert betonen, daß ein solches Verständnis angesichts ug. Belege auszuschließen ist, denen gemäß das Verb die Flugbewegung von Raubvögeln bezeichnet, welche auch auf den ­ ebenfalls geflügelt gedachten Wind - übertragbar ist (Bileam, 94f m. Anm. 85ff). 509 Zu den verschiedenen Übersetzungen, die in Anlehnung an syrische und arabische Verbwurzeln vorgeschlagen worden sind, vgl. Moscati (Wind, 307), der das Fazit zieht, daß selbst, wenn diese Ableitungen richtig sein sollten, stets die Umschreibung einer >>protective action« vorliegt. Görg (Zur Rede, 135) weist darauf hin, daß >>die Valenz des Verbums . . . in den konkreten Bereich [zielt] . Es verbietet sich, hier einen spiritualisierenden Gebrauch zu postulieren, der für die Basis sonst nirgends belegt wäre.« 5 1 0 So ALBERlZ I WESTERMANN , Art. J"l1i, 730. 5 1 1 Eigentlich ist n�Qi� Partizip pi. von ")iii >>schweben, flattern«; mit der Bedeutung >>brüten« liegt eine Ableitung aus dem Syr. vor (so z.B . KÖNIG, Genesis, 143 Anm. 1).

1 36

Syntaktisch-semantische Untersuchungen zu Gen 1, 1-3

schaffenen Welt5 1 2 und kann sogar befähigt werden, das göttliche Wort in der Schöpfung zu vollstrecken.513

Auf diesem Hintergrund scheint in Gen 1 ,2 eine gewisse Polyvalenz des Begriffs vorzuliegen, die weniger auf den Schöpfungsablauf bezogen ist als auf den vorgeschöpfliehen Zustand. Ein ähnliches Phänomen ist in der Umwelt Israels belegt. Ägyptische, phönizische und griechische Überlieferungen kennen die Existenz eines vorgeschöpfliehen Windes, der dazu dient, die Werke der Scheidung als Ausgangspunkt der Schöpfung zu ermöglichen.514 Ebenso lassen sich auch Belege finden, die die Entwicklung von göttlicher Potenz, Wind und Luft zu einem Luftgott I unsichtbaren Wesen belegen.515 Es bleibt aber HAL darin recht zu geben, daß beide Übersetzungen von Wind als gleichbedeutend angesehen werden können. Es ist nicht auszuschließen, daß der Gotteswind ein starker Wind ist - entschei­ dend ist: der Genetivus auctoris bleibt in j edem Fall gegeben.51 6 Von entscheidender Bedeutung für das Verständnis von C'i1?� T1'!1 in Gen 1 , 2 ist folgende Frage: Ist der Bezugspunkt Gott oder aber das »Chaotische«? Handelt es sich um eine supranaturalistische Größe oder lediglich um ein Merkmal des Urzustands?517 M.E. ist davon auszugehen, daß der Wind die Veränderung zwar ankündigt - was auch erklärt, warum er im weiteren Verlauf nicht transformiert oder in die Schöpfung eingepaßt werden muß. Das schließt aber nicht aus, daß er aus traditionsgeschichtlicher Sicht heraus sehr wohl auf Vor5 1 2 Vgl. Jer 1 0, 1 3 ; hier liegt ein dreigestuftes Weltbild (Himmel - Erdkreis ­ Erde) vor zu dessen Kontext Donner, Wasser, Wolken, Blitze und Winde zählen (par Jer 5 1 , 1 6; vgl. Ps 1 35,7; Prv 30,4; Hi 28,25f). 5 1 3 Vgl. Ps 148,8: :i"'):;J-1 ;'1\Qll ;,i-t't? 1'!1"') iit;l'P1 J(\9 1"'):;J.\ � [Lobet JHWH] »Feuer und Hagel, Schnee und Nebel, stürmischer Wind, der sein Wort vollzieht« (so KRAUS, Psalmen II, 1 140); Steck (Schöpfungsbericht, 236 Anm. 97 1 ) führt Ps 33,6 an: Schöpfung durch das Wort Gottes und den Hauch seines Mundes. Gegen diese Referenz wendet er selbst implizit ein, daß in Gen 1 ,3 von einem »selbst­ schöpferischen Sprechen« die Rede ist, während V.2 den »Hauch/Atem Gottes vor dem Sprechen« im Allgemeinen meint. 5 1 4 V gl. dazu MOSCA TI, Wind, 309; SCHMIDT, Schöpfungsgeschichte, 30ff; ÜRLINSKY, Gen 1 .2, 176- 1 8 1 ; LUYSTER, Wind and Water; Notter (Biblischer Schöpfungsbericht, 53) betont, daß »die Vorstellung vom Schöpfer als eines Vogels über dem Chaos am Weltenmorgen« in anderen altorientalischen Texten nicht weiter belegt ist. 5 1 5 S. dazu bes. unten, 179ff (zur Amuntheologie) und 280ff m. Exkurs 8. 5 1 6 HAL 4, 1 1 20; vgl. auch SCHMIDT, Schöpfungsgeschichte, 84. 5 1 7 Vgl. dazu P.J. SMITH, A Semotactical Approach, 99- 104; de Roche (The rfiah 'elohim, 307f) konstatiert, daß auch in den anderen Kosmogonien des Alten Orients >>the wind is both one of the precreated elements as weil as a divine being that contributes to the establishment of the cosmos«, wofür er Beispiele aus Enüma.eliS und äg. Kosmogonien liefert; diese Vorstellung kommt auch in der biblischen Flut­ erzählung zum Tragen.

Terminologie und Semantik von Gen 1 , 1 -3

1 37

Geschöpfliebes - wenn auch keinesfalls im Sinne einer Chaos-Gegen­ Macht - rekurriert.51 8 Wie wir oben gesehen haben, zählt Gen 1 ,2bß aus syntaktischen Gründen eindeutig zur Vorweltschilderung dazu. Dieser Sachverhalt läßt eine möglichst offene Übersetzung angemessen erscheinen. Gegen diese Textstrukturierung wendet sich Schüngel-Straumann.51 9 Sie spricht sich dafür aus, den dritten Teilvers von Gen 1 ,2 als sekundär abzutrennen520 bzw. direkt auf Gen 1 , 1 rekurrieren zu lassen521, da m; als »lebensförderliche Kraft« weder in die »Chaosschilderung« noch in den Schöpfungsbericht insgesamt hinein­ passe. 522 Die Beweiskraft des vorliegenden Parallelismus membrorum versucht sie mit dem Hinweis auf die unterschiedlichen Termini für Wasser zu entkräften, be­ rücksichtigt aber weder, daß die Koppelung von cim;I und C'�iJ im Alten Testament häufig belegt ist523, noch, daß im Schöpfungsbericht selbst gerade der »redaktionell ergänzte« Begriff C�r;liJ vorkommt und nicht etwa ci;,l'l aus Gen 1 ,2ba .524 Für Schüngel-Straumann ist »die weiblich vorgestellte rw� 'lohim . . . die potenziert vorgestellte Schöpferkraft Gottes, die ansetzt, die geordnete Welt zu schaffen«525. 1'!1i stehe auch in Gen 1 ,2 in enger Beziehung zum Wort Gottes - wenn auch der im Kontext der Menschenschöpfungstradition gängige Parallelismus mit i::;l"! in Gen 1 fehlt - und sei somit eng verwandt mit der Vorstellung von Ps 33,65 26. Sie ver­ knüpft somit die 1'!1i aus Gen 1 ,2 mit der sonst im Kontext der Menschenschöpfung beheimateten Vorstellung vom göttlichen Hauch bzw. Atem und übergeht die ­ ebenfalls von ihr breit entfaltete - Tradition der Beziehung von Wind und Wort.527 In ihrer Exegese zu Gen 1 ,2 gibt Schüngel-Straumann leider die von ihr zurecht eingeklagte Polyvalenz des Begriffs 1"!1i wieder auf, um 1'!1i hier »als potenziert vorgestellte Schöpferkraft Gottes« zu plausibilisieren.

5 1 8 BEYER, Althebräische Syntax, 82; vgl. GALLING, Chaosschilderung. 5 1 9 RfiaJ;t, 80f, in Auseiandersetzung mit Westermann, Genesis, 147f, der die

Wendung mit Starker Wind I Gottessturm übersetzt und zu der Chaosschilderung unbedingt dazuzählt 520 AaO, 79f mit Verweis auf ZENGER, Gottes Bogen, 81 Anm. 97. 5 2 1 Diesen Vorschlage machte bereits Humbert (Trois notes, 195f). Dagegen spricht das Partizip, das auf eine Zustandsbeschreibung hinweist und die Formulierung von Gen 1 ,2b+c (bzw. ba+ß) im Parallelismus membrorum. 5 22 Schüngel-Straumann geht davon aus, daß alle in V.2 genannten Begrifflichkeilen im Laufe des Schöpfungsberichts wiederaufgegriffen und in das Sieben-Tage-Werk integriert werden. Hier falle lediglich C'i!?� r:!1i heraus. Sie berücksichtigt jedoch nicht, daß auch der Terminus r::rim;I im Schöpfungsbericht nicht weiter vorkommt. Erst in der Fluterzählung findet er sich wieder. Aber dort stoßen wir auch auf die J"[1i in der Bedeutung »Wind«. 523 S. dazu oben, Anm. 434. 524 S. dazu oben, Anm. 435. 525 AaO, 83. 5 2 6 S. dazu oben, 133 m. Anm. 495f. Schüngel-Straumann beruft sich auf Steck, ohne seine Andersdeutung der 1111 als »Atem Gottes vorm Sprechen« weiter zu thematisieren bzw. in ihre Konzeption einzupassen. 527 Zu der sie anders als Steck auch Ps 33,6 zählt aufgrund einer umfassenden Analyse der Einheit V.4-9 (aaO, 76).

138

Syntaktisch-semantische Untersuchungen zu Gen 1 , 1 -3

Wie oben bereits dargelegt, ist das von ihr zugrunde gelegte syntaktische Modell keinesfalls haltbar.528 Auch die semantischen Argumente waren nicht überzeugend. Zuletzt ist auch der literarkritische Lösungsversuch fraglich, der die der Wendung t:l';:i'?" 11'1i positiv anmutende Konnotation zu erhalten versucht, indem die Wendung in Gen 1,2 aus der Vorweltschilderung529 entfernt wird. Wie wir sehen werden, ist es ein weit belegtes Motiv in altorientalischen Traditionen, daß >>windhafte« Er­ scheinungen in Vorweltschilderungen, wenn schon nicht die potenzierte, so doch die potentielle Schöpferkraft eines Gottes, verkörpern. 530 Einen anderen Ansatz vertritt Steck. Der Umstand, daß 1!1i >>Wind« als einzige der Vorwelteigenschaften nicht weiter im folgenden Schöpfungsbericht genannt ist, obwohl dieser in V.9 problemlos hätte eingepaßt werden können, spricht seiner Meinung nach für die Übersetzung mit >>Atem oder Hauch Gottes«, welcher mit dem schöpferischen Sprechen in V.3 in Relation gesetzt werden könnte.531 Dem Ansatz an sich ist zuzustimmen. Das Verständnis von t:l';:i'?� 11'1i als Hinweis auf das Noch-Nicht göttlichen S�höpfungshandelns entsprich t Y.ollends den oben dargelegten syntaktischen Uberlegungen. Die semantischen Uberlegungen haben hingegen ergeben, daß die Konnotation >>Wind« keineswegs aus.�uschließen ist. M . E. geht Steck von einer falschen Prämisse aus, wenn er seine Ubersetzung struk­ turell begründet: Denn, liegt das Problem wirklich darin, daß V. 2 >>für sich genommen, im Unterschied zu anderwärts belegten Aussagen über den Zustand vor der Schöpfung in dem, was er über diesen Zustand sagt, keine zusammenhängende Vorstellung [bietet], sondern nur einzelne Züge, so daß man den Eindruck gewinnt, diese Formulierung erhalte in Abfolge und Auswahl der Züge des Urzustandes ihre Notwendigkeit erst von einer sich anschließenden Schöpfungsdarstellung her«532? Woher kann man die Sicherheit nehmen, daß der priesterschriftliche Schöpfungs­ bericht sich von traditionellen Vorweltschilderungen unterscheidet, indem die genannten Vorwelteigenschaften in einer direkten Beziehung zum Schöpfungs­ geschehen stehen müssen? Wäre zudem die Kompatibilität >>traditioneller Wissens­ materialien« mit der priesterlichen Darstellung nicht ebenso gegeben, wenn der t:l'i!?!l! 111i im Zuge des gesamten priesterschriftlichen Geschichtswerks eine Funktion zukäme?

Unter den alttestamentlichen Textstellenm, in denen von Gottes bzw. JHWHs Wind die Rede ist, lassen sich einige Belege finden, die den Wind als von Gott herkommend klassifizieren und zudem in einen quasi kosmologischen Kontext verweisen.534 Der Wind manifestiert 5 2 8 S . dazu oben, 85.9 l f. Die Sichtweise von Ridderbos, daß hier ein anti­ thetischer Parallelismus vorliegt (Gen 1 ,2, 244) bzw. von De Roche, der in dem Parallelismus keine Synonymität, sondern Simultanität ausgedrückt sehen will (The rilah 'elohim, 3 1 5) ist keine Alternative. 529 Hier zeigt sich ein weiterer Vorteil der Rede von der Vorwelt anstelle vom Chaos, da der zweite Begriff einen pejorativen Anklang behält. 53 0 S. dazu unten, 280ff. 5 3 1 AaO, 233-237; s. dazu bereits oben, 1 33. 532 AaO, 230. 533 Vgl. dazu auch WESTERMANN, Art. 1!1i, 729.732-734. 534 Vgl. dazu die Untersuchungen von SKA, Separation.

Terminologie und Semantik von Gen 1, 1-3

1 39

das kosmische Eingreifen Gottes in der Geschichte der Menschen bzw. Israels535: Gott schickt den Wind, der das Meer zurücktreibt, und rettet so die Menschen.536 In der Priesterschrift selbst ist die Rede in Gen 8 , 1 die Rede von einem Wind als Instrument Gottes: »Und Gott führte Wind auf die Erde und es senkten sich die Wasser«. Eine ähnliche Vorstellung begegnet uns in Ex 14, 2 1 (J) , wo JHWH mit Hilfe des Ostwinds das Meer zurückweichen und es zu trockenem Boden werden 1äßt.537 Vor allem die erste der beiden genannten Stellen ist im Kontext des priesterschriftlichen Konzepts bedeut­ sam.538 Von großer Bedeutung ist in diesem Kontext neben der priesterschriftlichen Fluter­ zählung (Gen 8,1) und der jahwistischen Auszugsgeschichte (bes. Ex 14,2 1 ) die jüdische Auslegungsgeschichte von Gen 1 , 1 -3539. Bei den gen�nnten St�lle!l wird deutlich, daß rtn >>Wind>Setzenmachen>hinübergehen lassenhinführen>In der gesamten Umwelt und Vorwelt Israels kann in der gleichen Weise von der Erschaffung von Göttern geredet werden wie von der Erschaffung der Welt oder des Menschen. Weil dies in Israel nicht möglich ist, haben die Begriffe des Erschaffens - gleich, ob es >schaffen< oder >bilden< oder >machen< heißt - einen anderen Klang als in der Umwelt: ihr Gegenstand ist ausnahmslos jenseits der Sphäre des Göttlichen; der Vorgang des Erschaffens ist ausschließlich von Gott auf Irdisch-Weltliches gerichtet. Geschaffensein ist von vornherein das von allem Göttlichen Unter­ sche idende.« 5 V gl. dazu in Auseinandersetzung mit Assmann BICKEL, La cosmogonie, 1 26ff.

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Religionsgeschichtliche Untersuchungen zu Gen 1,1-3

1. Problemstellung Der Vergleich von Gen 1 mit mesopotamischen und nordsyrischen Texten vor allem aber mit dem sogenannten Weltschöpfungsepos Enüm� elis, ist ein beliebter Untersuchungsgegenstand im Rahmen der Schöpfungsthematik. 6 Sehr viel seltener hat man sich auf ägyp­ tische Parallelen bezogen.? Diese Bevorzugung der mesopotamischen Mate?ali�n8 mag aus dr�i Gründen gerechtfertigt erscheinen. Zum einen hegt 1m mesopotarm­ sehen Bereich ein in sich geschlossener Text zum Thema Schöpfung vor, während aus Ägypten lediglich ein Fragment überliefert ist, der Schabaka-Stein mit dem >>Denkmal memphitischer Theologie«, und eine über die gesamte Literatur verstreute Anzahl von zudem wider­ sprüchlichen Anspielungen auf ein Schöpfungsereignis, ohne daß von einem regelrechten »Weltschöpfungsepos« die Rede sein könnte.9 Zum zweiten scheint ein Vergleich mit den mesopotamischen Texten schon allein wegen der sprachgeschichtlichen Verwandtschaft nahe­ liegender. Vor allem anband der etymologischen Ableitungen hebrä­ ischer Begriffe hat man detailgetreue Parallelität auf motivgeschicht­ licher Ebene nachzuweisen versucht. Zum dritten wird ein Vergleich mit Ägypten weg�!l der großen zeit­ lichen Differenz sowie der Schwierigkeit, einen Uberlieferungsweg nachzuzeichnen, für äußerst hypothetisch erachtet. Läßt man sich aber trotz dieser zweifellos bedenkenswerten Argumente auf einen Vergleich biblischer Schöpfungstexte mit ägyp­ tischen Texten ein, liegt die kulturgeschichtliche Nähe auf der 6

Spätestens seit dem Babel-Bibel-Streit - s. dazu oben, 44ff. Ohne Vollständig­ keit anzustreben, sei auf folgende Untersuchungen hingewiesen: GUNKEL, Schö�­ fung und Chaos; ALBRIGHT, Contributions, 363ff; WATERMAN, Cosmog�mc Affinities, 177ff; HEIDEL, Babylonian Genesis; KAPELRU D , Mythologtcal Features, 178ff; LAMBERT, A New Look; NIDITCH, Chaos to Cosmos, bes. 1 5-22; ANDERSON, Creation versus Chaos, 1 6f.39; BATTO, Slaying the dragon, 33ff, sowie Exkurse in den meisten Genesiskommentaren. Die Untersuchungen von DAY, God's conflict; KLoos, YHWH's Combat bieten den Vergleich mit kanaanä­ ischen Texten (s. dazu unten Exkurs 6). 7 So äußert auch J. Wilson Bedenken: »Zu bemerken ist ferner, daß es leichter ist, enge Parallelen zwischen den babylonischen Berichten und der hebräischen Genesis zu erkennen, als die ägyptischen Berichte in Verbindung mit jenen zu bringen. Im Vergleich mit den weitgehenden Ähnlich ��iten der �lgem�inen �nt­ wicklung im Vorderen Orient steht auf diesem Gebiet Agypten em wemg absetts« (DERS . , Ägypten, in: FRANKFORT u.a., Alter Orien�. 58) ! s Lambert (Art. Babylonien und Israel, 71 f) weist aber ausdrücklich darauf hm, daß es sich bei dem Motiv vom »wässerigen Anfang« um ein »gemeinorientalisches Erbstück« (7 1) handelt, und für keines der Motive >>eine Abhängigkeit von babylonischen Quellen sicher« (72) ist. . 9 Daß aus dieser Art von Anspielungen sehr wohl ganze Systeme abgelettet werden können, bei denen jedoch diachrone Verschiebungen zu berücksichtigen sind, beschreibt Schott in seinem Aufsatz >>Spuren der Mythenbildung« ( lf.6f) am Beispiel der heliopolitanischen Mythologie.

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Relevanz des religionsgeschichtlichen Vergleichs

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Hand.JO Denn die beiden Hauptargumente, die für einen Vergleich von Gen 1 mit dem mesopotamischen Material sprechen, lassen sich schnell ausräumen: 1 . Es ist ein Mißverständnis, Ee. als ein Weltschöpfungsepos anzuse­ hen, in dem es um eine Ätiologie der vorfindliehen Welt als Kosmos ginge. Es handelt sich vielmehr um den Gründungsmythos des vor­ herrschenden Stadtstaats Babyions als einer politischen Größe mit ei­ nem neu zu etablierenden Kult. I I Die Texte sind nirgends als Vorweltspekulationen, sondern als Ätiologien zu verstehen, die durch den Aspekt der Urzeitlichkeit das Gesellschaftssystem in seiner theo­ logischen und politischen Dimension als von alters her legitimieren wollen. I 2 Eines ist den vorderorientalischen Kulturen gemeinsam: Wenn von Schöpfung als Abgrenzung vom »Chaos« 13 die Rede ist, hat dieses Geschehen einen direkten Bezug zur gesellschaftlichen Situation. Wenn ägyptische Texte erst nach der 1 . Zwischenzeit - als einem wenig rekonstruierbaren historischen Einschnitt - in Königs­ hymnen (also außerordentlich positiv konnotierten Texten) Chaos­ schilderungen integrieren, ist das ein Verweis auf die Gefährdung der kosmischen Ordnung durch eine Infragestellung des konkreten politisch-gesellschaftlichen Gefüges. 1 4 Ähnliches ist für die Funktion von Enüma elis im Rahmen des babylonischen Neujahrsfestes zu ver­ muten: Wenn der Götterkönig Marduk nach der Spaltung der Tiämat und der darauffolgenden Begrenzung und Anordnung der kosmi­ schen Welt in Babyion inthronisiert wird, ist darin nichts anderes zu sehen als die alljährliche Erinnerung und Bestätigung der Welt­ ordnung, die der kosmischen (= anfänglichen Schöpfungs-) Ordnung entspricht. Und auch die Schöpfungserzählung in Gen 1 steht nicht für sich, sondern ist - unter anderem - eingebettet in das priesterschriftliche Geschichtswerk, dessen Intention darin besteht, in einer politisch-theologischen Krisen- bzw. Umbruchzeit eine gültige

I o V gl. dazu unter Nennung einiger Literatur auch KEEL, Altägyptische und biblische Weltbilder, 127f. I I Vgl. dazu zuletzt PONGRATZ-LEISTEN, INA SULMI lRUB, 16f; anders z.B. ASSMANN, Ma'at, 1 66. Er geht fälschlicherweise davon aus, daß Texte außerhalb Ägyptens wie der biblische Schöpfungsbericht oder Resiods Theogonie »>Schöpfung< um ihrer selbst willen thematisieren«. 1 2 Vgl. dazu BOTTERO, L'epopee, 1 1 5: >>Car Je but essentiel de l'Ee ... , c'est de justifier et d'expliquer cette promotion de Marduk au titre de Souverain de l'Univers: des dieux et des homrnes, ce que fait Je Poeme en Je presentant comrne Je sauveur des premiers et Je createur des seconds du Monde ... Pour de�on�rer Ia vertu et Ia valeur sureminentes de ce dieu, l'Ee retrace donc toute une >htstOire< de l'Univers - dont !es dieux font partie - depuis ses plus reculees origines.« 1 3 Was bedeutet der Begriff >>Chaos«; wie sind Schöpfungserzählungen im Alten Orient dimensioniert, s. dazu unten Exkurs 8 und 25 1 ff mit Exkurs 6. 1 4 V gl. ASSMANN, Königsdogma und Heilserwartung, und unten Exkurs 3.

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Religionsgeschichtliche Untersuchungen zu Gen 1, 1-3

Konzeption von Welt zu entwerfenls, die für den Menschen bzw. für ein ganzes Volk Anhaltspunkte zum sinnvollen Leben liefert. 2. Auch das Argument der engeren Verbindung Palästinas mit Mesopotamien aufgrund von Sprachverwandschaftl 6 und Weitläufige­ ren politischen Verknüpfungen stellt eine unsachgemäße Verein­ fachung historischer Fakten dar. Palästina ist nicht nur geographisch zwischen den beiden Großmächten gelegen und war diesen somit wechselweise untergeben. 1 7 Die Verschränkungen bezogen sich darüberhinaus auf die beiden Großmächte selbst. Man denke nur an die in akkadischer Keilschrift verfaßte Amarna-Korrespondenz, die als ein Indikator für die Vielschichtigkeit der Abhängigkeiten im Alten Orient steht. Zudem ist gerade in Bezug auf die Schöpfungs­ terminologie von Gen 1 zu vermerken, daß trotz der zahlreich vor­ handenen Wurzelparallelen mit dem Akkadischen in Gen 1 die gerade nicht verwandten Termini verwendet worden sind (s. bes. die Verben des Schaffens). lS Bisher vernachlässigt ist eine gründliche Aufarbeitung der Überlie­ ferungswege. 1 9 Daß ein kultureller Austausch stattgefunden hat, gilt als sicher20, doch das Ausmaß ist nur zu erahnen und punktuell zu fixieren. 21 Um jedoch nicht allzu vage Bezüge herzustellen, ist es nötig, die Wir­ kungs- und Rezeptionsgeschichte eines Textes22 innerhalb seiner ei­ genen Text- und Motivgeschichte zu berücksichtigen.23 Nur wenn 1 5 Daß die Struktur von Gen 1 Ähnlichkeit mit der von Enüma elis aufweist, ist grundsätzlich richtig; vgl. dazu KAPELRUD, Mythological features, 1 8 1 ff, und unten Exkurs 7. 1 6 Zudem lassen sich eine Reihe äg. Lehnwörter im Hebräischen nachweisen; vgl. dazu LAMBDIN, Egyptian Loan Words, 145ff, der seinerseits auf einen Aufsatz von ERMAN, Das Verhältnis des Ägyptischen zu den semitischen Sprachen, verweist. 1 7 Vgl. dazu z.B. A. MALAMAT, in: The World History of Jewish People, vol. IV, 1 : The Age of the Monarchies: Political History, Jerusalem, 1979, 205-22 1 , bes. 205-2 1 9, der die letzten 20 Jahre von Juda als eine Zeit, beschreibt in der sich mindestens sechs Brüche in der Loyalität gegenüber einem der beiden großen Bündnis»partner« zugunsten des anderen nachweisen lassen. 1 8 S. unten, 1 54. 1 9 Trotz der immer umfangreicher werdenden Literatur sei hier nur auf drei Titel hingewiesen: HELCK, Die Beziehungen Ägyptens; MORENZ, Die ägyptische Literatur, 369-382; neuerdings RAINEY (Hg.), Egypt. Israel. Sinai, und die Rezension von H. WEIPPERT, WO 22 ( 1 99 1 ) 207-2 1 2. 20 So auch das archäologische Material: s. dazu ausführlicher zuletzt KEEL I UEHLINGER, Göttinnen, bes. §48f.61 -72.83f. 2 1 Um dieses Thema verdient gemacht hat sich R.J. Williams in einer Reihe von Untersuchungen zum Verhältnis von Israel und Ägypten, auf die hier jedoch nicht weiter eingegangen werden kann. 22 Vgl. dazu GöRG, Komparatistische Untersuchungen, 200. 2 3 Solch einen Überlieferungsweg zeichnet Morenz von ägyptischen Weltentste­ hungslehren zu altorphischen Kosmogonien über den (scheinbaren) Umweg der

Relevanz des religionsgeschichtlichen Vergleichs

153

sich ein Thema im heimischen Raum (also in Ägypten) zeitlich bis in die Entstehungszeit der Priesterschrift bzw. deren traditionsge­ schichtlicher Vorläufer belegen läßt, kann ihm für unsere Untersuchung volle Aussagekraft zugesprochen werden. Andernfalls wäre eine Traditionsgeschichte in einem zu hypothetischen Rahmen angesiedelt. Da gerade die Spätzeittempel (bes. Dendera, Esna und Edfu) Hauptzeugnisse für ägyptische Schöpfungsvorstellungen sind, gibt es einige Belege aus ptolemäischer Zeit. Inwieweit diese wie­ derum von hellenisierenden Tendenzen beeinflußt sind, der traditi­ onsgeschichtliche Rahmen folglich noch weiter zu spannen wäre, bliebe zu untersuchen. Auch die untereinander sehr divergierenden mesopotamischen Traditionen vererben sich zumindest bis in die spätassyrische Zeit, wenn nicht gar bis in die hellenistische Zeit fort. 2. Ägyptische Traditionen in Gen 1 , 1 -3 ?

Sondiert man die Literatur, stößt man nur vereinzelt auf den Versuch, das ägyptische Material mit Gen 1 in einen Zusammenhang zu bringen. So wagte schon K. Sethe24 in seiner umfassenden Untersuchung über die hermopolitanische Schöpfungslehre einen Vergleich der acht Urgötter als personifizierte Form des wässrigen Chaos mit der Urzustandsbeschreibung in Gen 1 , 1 -2. Dieser Gedanke wird von A.H. Sayce 25 aufgegriffen und konkretisiert, indem er die einzelnen Erzählstadien vergleichend nebeneinanderstellt und feststellt, daß der einzige Unterschied in der Funktion des Gottes liegt. Auch S. Morenz26 weist darauf hin, daß ein Zusammenhang - den er an dieser Stelle nicht weiter ausführt - besteht und daß das ägyptische Material zur Erhellung der biblischen Schöpfungsaussagen geeignet scheint.

Totenliteratur (Totenbuch als Verbindungsglied) nach (DERS., Ägypten und die alt­ orphischen Kosmogonien). 2 4 SETIIE, Amun und die acht Urgötter, 6 1 . Die Aussage der Vergleichbarkeit mit Gen 1 wird von GRAPOW, Welt vor der Schöpfung, 37 m. Anm. 1 bestritten; er läßt einen Vergleich nur für Gen 2,4b ff. sowie Ps 90,2 und Prv 8,24ff wegen ihrer »Als-noch-nicht«-Formulierungen zu. 2 5 SAYCE, E&yptian Background on Genesis 1 , 41 9-423. 2 6 MORENZ, Agyptische Religion, 190.

Religionsgeschichtliche Untersuchungen zu Gen 1,1-3

154

Von biblisch-exegetischer Seite ist dieses Anliegen von 0. Kaiser27, S. Herrmannzs , K. Koch29, R. Kilian3o, W.H. Schmidt31, V. Notter32 , M. Görg33 und zuletzt von J.D. Currid34 aufgegriffen worden, die versucht haben, direkte Parallelen mit Gen 1 herzustellen, wobei sie zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Eine sehr interessante und umfassende Arbeit zu diesem Thema liegt bereits aus dem Jahr 1928 von A.S . Yahuda35 vor. Dieser weist ausdrücklich darauf hin, daß es weder starke literarische noch sprachliche Abhängigkeiten von Gen 1 mit dem ak­ kadischen Vergleichsmaterial gibt. So ist z.B. der Merismus same u er!fetu i m Akkadischen viel weniger gebräuchlich als i m Hebräischen.36 Der Hinweis der Ableitung von l:lii1!'1 aus Tiämat wurde bereits von ihm als falsch erkannt. Vielmehr l iegt eine etymologische Verwandtschaft mit dem sehr viel geläufigeren Begriff tamtum »Meer, See« vor.37 Divergenzen lassen sich darüber hinaus in der Wahl der Verben von Enuma elis und Gen 1 nachweisen. In Gen ! liegen gerade nicht die mit dem Akkadischen verwandten Wurzeln vor. So verwendet pG �i:J und nicht i1J:J (banu »erzeugen, schaffen, bilden«) oder rip (kar8.!fU »abkneifen [von Lehm]«) adi�ch�n oder p;, (kunnu >>schaffen [des Himmels]«).3 8 Zudem fehlen in den Mythen ganze Vorstellungsbereiche der biblischen Schöpfu�gsm?tlVlk wte d�e Entstehung des Lichts aus dem Urmeer, das Schweben des Getst!Wmd Gottes, dte Vorstellung der Gottebenbildlichkeit sowie die des Einblasen von Lebenshauch in den geformten Menschen.39



Das Ziel unserer Untersuchung wird keinesfalls sein, nach literari­ schen Abhängigkeiten zu suchen. Die thematischen, motivgeschichtli­ chen wie die archäologisch nachweisbaren Anleihen aus den verschie­ denen Kulturen des Alten Orients verweisen lediglich auf weitaus größere Verflechtungen im Denken als bisher angenommen wurde. Und diese Beobachtung führt wiederum dazu, dem seit Beginn dieses Jahrhunderts für die Exegese von Gen 1 , 1 -3 immer wieder zu Rate gezogenen mesopotamischen Vergleichsmaterial die ägyptischen Be­ lege zur Seite zu stellen. Beide Kulturen haben auf unterschiedliche Weise auf die alttestamentlichen Vorstellungen Einfluß ausgeübt.

27

Bedeutung des Meeres, 9-39. Naturlehre, 4 1 3ft. KOCH, Wort und Einheit. s. zuletzt DERS . , Geschichte. KILIAN, Gen 1 ,2. SCHMIDT, Schöpfungsgeschichte, 24-27.32-35. 3 2 NOTTER, Biblischer Schöpfungsbericht. 33 Siehe bes. GÖRG, Religionsgeschichtliche Beob-achtungen, 1 29ff. 34 CURRID, Exarnination of the Egyptian Background. 3 5 YAHUDA, Sprache des Pentateuch, s . bes. Abschnitt li: »Die Sagen der Vorzeit in der Genesis«. 36 Vgl. dazu die in AHw 3, 1 160 aufgeführten Belege. 37 AaO, 1 0 1 . S. dazu ausführlich oben, l 22ff. 3 8 AaO, l 05ff. 3 9 AaO, 1 1 5. - Für das letztere gibt e s i n Atr. ein Äquivalent.

28 29 30 31

KAISER,

HERRMANN,

1 55

Parallelen und Differenzen in ägyptischen Weltentstehungsaussagen

li. Parallelen und Differenzen in altägyptischen Weltentstehungsaus­

sagen

Sichtet man das ägyptische Material40 zum Thema Weltentstehungs­ lehren, stellt man fest, daß es mit Ausnahme des Schabaka-Steins41 in der ägyptischen Literatur nur se�r partikular um Schöpfung geht.42 Wie bereits gesagt, ist auch in Agypten das Thema Schöpfung ge­ danklich integriert in die Auseinandersetzung mit den kultischen und gesellschaftspolitischen Ereignissen in der vorfindliehen �elt. So muß man sich dem Material behutsam nähern, um der disparaten Textgrundlage angemessen zu begegnen. Zur Gliederung ist folgen­ des zu sagen: • Das erste Kapitel von Teil II widmet sich den ägyptischen »Als­ noch-nicht«-Aussagen und ihrer sprachlichen Realisation (Kapitel l). • Die darauf erfolgende Darstellung von Schöpfungskonzeptionen und -motivik, die sich scheinbar unabhängig von bestimmten Gattun­ gen und Epochen nachzeichnen läßt (Kapitel 2), mündet in eine syste­ matisierende Darstellung des ägyptischen Materials zur Vorwelt und in einige Anmerkungen zum ägyptischen Weltbild (Kap. 3). • Eine Übersicht der zitierten Quellentexte sowie der Editionen und gängigen Übersetzung findet sich im Literaturverzeichnis. 1. Formgeschichtliche Aspekte: Negative Bestimmungen der Vorwelt - Zu den altägyptischen »Als-noch-nicht«-Formulierungen

Wie wir bereits oben sahen, gibt es zwei Kategorien von Vor­ weltschilderungen43: zum einen die abstrahierte Form der »Als-noch4 0 Umfassende Textzusammenstellungen finden sich in

SAUNERON I YOYOTTE, Ägyptische Schöpfungsmythen; ALLEN, Genesis in Egypt; ASSMANN, Re und Amun, 2 1 8-246. 4 1 Der Text ist wegen der späteren Verwendung der Stele als Mühlstein nur teilweise zu entziffern; vgl. dazu ASSMANN, Ma'at, 1 66, der neben der uns überlie­ ferten >Götterlehre< des Denkmals memphitischer Theologie (Schabaka-Stein) als ausführlichen Schöpfungstext noch die >Aretalogie des Urgottes< des Apophis­ Buches (pBrernner-Rhind 26, 21 ff und 28, 20ff) nennt. 42 »Aber es gibt darüber hinaus [nämlich über die oben in Anm. 41 ge�_annten . . Texte] eine reiche Fülle von Hymnen an Schöpfergötter, dte m der Form l�ngerer oder kürzerer Summarien auf den Schöpfungsprozeß Bezug nehmen, zuweilen so­ gar in der Form einer breiter angelegten Erzählung« - so ASSMANN, Ma'at, 1 66 mit einem Hinweis auf DERS., Re und Amun, 226-246. 4 3 Vgl. GRAPOW, Welt vor der Schöpfung, 34ff. Dem widerspricht ickel (La - _ cosmogonie, 3 1 ) in ihrer Untersuchung. Sie hält Schilderu�gen der_ praextstent �n Welt für grundsätzlich positiv formuliert. Hingegen gehören threr Memung nach die Als-noch-nicht-Aussagen in den thematischen Bereich des Schöpfungsprozesses und haben die Funktion, eine relative Vorzeitigkeit zum Geschehen zum Ausdruck



156

Religionsgeschichtliche Untersuchungen zu Gen 1, 1-3

nicht«-Formulierungen, zum anderen die motivlieh angelegten Vorweltaussagen. In diesem Kapitel geht es um die erste Gruppe, die sich dadurch auszeichnet, daß formal durch grammatisch negierte Aussagen ein Kontrastbild zur Schöpfungswelt entworfen wird, in dem ohne eine innere Logik verschiedene Bereiche der Welt als noch nicht vorhanden aufgezählt werden. Nur vereinzelt finden sich in ägyptischen Texten Sätze, die die Vorwelt als Zustand des »Als-noch-nicht« der Schöpfungswelt be­ schreiben. Wie wir im Unterschied zu den biblischen und mesopo­ tamischen Belegen sehen werden, befmden sich diese negierten tem­ poralen Nebensätze an keiner Stelle am Text- oder gar Erzählanfang. Vielmehr handelt es sich um in die Textkomposition eingebundene Hintergrundsätze. Ihre Funktion besteht darin, die hervorgehobene Textaussage als vorzeitlich zu kennzeichnen und ihr somit hohe Bedeutung zuzuweisen. Vor allem in der Totenliteratur stößt man auf Formulierungen, die hinter den Weltanfang zurückgehen, ohne eine Aussage über ihren konkreten Zustand treffen zu wollen. Sie konsta­ tieren nämlich lediglich die Nichtexistenz der bestehenden Welt. Die übliche grammatische Form dieser Kontrastbilder ist die negierte sgm. t.f Form44, die für ein »Noch-Nicht« steht. Daneben gibt es seit dem NR aber noch zahlreiche Belege für Satzkonstruktion mit nn sgm.fbei gleichem Aussagegehalt.45 Eine klassische »als-noch-nicht«­ Formulierung findet sich in Pyr 486 § 1 04046 : Es wurde N.N. im Nun geboren, als der Himmel noch nicht geworden war, als die Erde noch nicht geworden war (n

l.Jpr. t p.t n l.Jpr. t t3),

als noch nicht geworden waren die beiden Randgebirge, als noch nicht geworden war der Streit,

zu bringen, um das Geschehen selbst durch sein hohes Alter zu legitimieren. Wir halten die Kritik insofern nicht für einleuchtend, als Bickel selbst hervorhebt, daß die Schöpfungs-, also auch die Vorweltthematik an keiner Stelle in den klassischen ägyptischen Texten um ihrer Selbst thematisiert worden ist (aaO, 300). Deshalb fehlt auch ein eigenes Schöpfungsepos. Somit spricht nichts dagegen, daß auch hier Allusionen auf die Vorzeit mit apologetischem Interesse vorliegen. 44 Siehe dazu EDEL, Altägyptische Grammatik, §737f, 370ff. BRUNNER, Mittelägyptische Grammatik, §54; vgl. auch dan Aufsatz von ERM AN, Die ägyptischen Ausdrücke für >noch nichteheemphatiquesImport>Ptolemee IX Soter II face a Re-Behedety et l'Ogdoade d'Hermopolis Titre et formule: Offrir Je Iotus. A reciter: >Recevez ce dieu qui est au milieu de sa (piece) d'eau et qui est sorti (bs) de votre corps. (C'est aussi) Je grand Iotus qui est sorti de Ja Terre Irriguee Primordiale dans l'Ile de l'Embrasement du District Initial qui inaugura Ia Jumiere (53 ' hi;Jgwt) Jors de Ja Premiere Fois (gr sp-tpy). (C'est) Je Tertre Eleve au commen­ cement de l'existence. Vous voyez son eclat, vous respirez son parfume et votre na­ rine se dilate gräce a Jui. Votre fils se presente sous Ia forme d'un jeune enfant et il eclaire Je pays de ses yeux>Unsichtbar machen« vgl. auch nj3.w, mit dem Amun wohl iden­ tisch ist. Amun als Luftgott 1 3 1 (zumindest in griech. Zeit) ist auch in der Titulatur von Medinet Habu belegt: >>Amun, der herrliche Gott, der zuerst entstand, das ist der Hauch, der in allen Dingen bleibt, und durch den man lebt immerdar. . . . Amaunet, das ist der Nordwind, der Speisen und Nahrung entstehen läßt durch sein Wirken, der die Bäume wachsen läßt«. 1 3 2

Der aus Sethes Argumentation resultierenden Datierung ist E. Otto abgeneigt, da der Name in Aufzählungen der Achtheit erst in der 26. 1 28 Vgl. dazu auch, MORENZ, Ägyptische Religion, 1 84f.

1 29 SETHE, Amun, § 1 50; vgl. DERS., Urgeschichte § 164. Dagegen wendet sich Kilian, Gen 1,2, 427: Die Urgötterpaare sind für ihn Eigenschaften des Nun, d.h. Nun repräsentiert die Welt vor der Schöpfung und wird durch Unbegrenztheit, Finsternis und Verborgenheit charakterisiert, Eigenschaften, die dann in die Schöp­ fung mit übernommen werden. Anders Bilolo, der die vier Götter autonom nebeneinanderstellt und in ihrer Einheit die Grundvoraussetzungen für die Schöpfung sieht (Cosmo-theologies li, 190f). 1 3 0 Die ursprüngliche Zugehörigkeit Amuns zur Achtheit ist aber längst nicht mehr unbestritten; s. z.B. HORNUNG, Der Eine, 75 mit Anm. 60. 1 3 1 Spiegelberg (Amon, 127f) vermerkt, daß Amun vor allem in Spätzeittexten als >>Gott der Luft oder des Windes« belegt ist (s. bes. pBrernner Rhind I 6,3-4); vgl. dagegen ASSMANN, Primat und Transzendenz, zur Lehre von den lebensspen­ denden Elementen; sowie DERS., in TUAT Il/1 Hibishymnus, Lehre von den 1 0 B3s (Schu steht hier fü r Wind, nicht Amun !). 1 3 2 SETHE, Amun, § 154. _

Parallelen und Differenzen in ägyptischen Weltentstehungsaussagen

173

Dyn. begegnet (Louvre D 29). Vielmehr ist davon auszugehen, daß die »verschiedenen Mythologemen entstammenden Urgottvorstellun­ gen ... auf ein allumfassendes Wesen übertragen« worden sind. I 33 Auch die Charakterisierung Amuns als »alles bewegender Hauch« ist nicht unumstritten. So betont Kilian 1 34, daß sich anband der Texte dieses »Bewegen des Urgewässers« durch Amun nicht ableiten läßt (es sich vielmehr um eine - zudem noch umstrittene - Anleihe aus dem Alten Testament handelt). Die für Amun I Amaunet auftretenden »Ersatzgötter« - das Götterpaar Nj3w I Njwt (=»Luft«) ist austausch­ bar mit Amun und Amaunet, wie auch Gere}J I Ger}Jet »Mangel« im Hibis-Tempel der Oase Charga belegt - als zu Amun und Amaunet alternative Mitglieder der Achtheit gelten_ I 35 Die acht Urgötter aus Hennapolis bringen allesamt einen negativen bzw. privativen Bezug zum Ausdruck: Die Paare implizieren Eigen­ schaften wie Leere I Nichtiges, Mangel und Umherirren (= Ortlosig­ keit) und bilden den Vorzustand zum »Ersten Mal« des Sonnen­ aufgangs, worin sich der Zeitaspekt bereits andeutet. b) Die Selbstwerdung des Urgottes Atum in Heliopolis als Voraussetzung für Kosmos und Geschichte

Das zweite vorzuführende Modell folgt ganz anderen Mustern. B ereits im AR in Pyr 527 § 1 248 1 3 6 ist die Rede von der Selbstwerdung Atums in Einsamkeit und die darauf erfolgende Er­ schaffung Schus und Tefnuts: Atum ist der, der entstanden ist, der an sich masturbierte in Heliopolis. Er nahm seinen Phallus in seine Faust, damit er in sie ejakuliere.137 Es wurden geboren die Zwillinge, Schu und Tefnut.

Zu vergleichen ist Pyr 600 § 1 652: Atum-Chepri, du wurdest hoch als Urhügel, du erschienst I gingst auf als der Bnbn-Stein im Bnw-Vogel-Haus ( Phönixhaus) in Heliopolis, 1 38 du spieest aus als Schu, du hustetest aus als Tefnut.J39 =

1 3 3 OTIO, Art. Amun, 244. S. dazu ausführlich unten Exkurs 8. 1 34 Gen 1 ,2, 424f. l 35 Hornung (Art. Gereh-Gerhet, 533), richtet sich zwar gegen Sethes Ableitung (Amun § 1 34) von kopt. grwj >>Mangel«, schließt einen Doppelsinn aber nicht aus. l36 Auf diesen Pyramidenspruch rekurriert CT 77 li 18. 1 3 7 Vgl. auch pBremner-Rhind 28,27 und Denkmal memphitischer Theologie, 55. 1 3 8 Zum Verhältnis von bnw, bnbn und Heliopolis vgl. KAKOSY, Art. Phönix, l 03 1 . 1 033f; zur Übersetzung von bnw mit >>der Feuerglänzende« vgl. KEES, Götterglaube2, 2 1 7 mit Anm. 7, und zuletzt BICKEL, La cosmogonie, 68ff.240. 288. 1 39 Vgl. CT 76 II 3f.

Religionsgeschichtliche Untersuchungen zu Gen 1, 1-3

174

In all diesen Szenen geht es um den Gedanken der Einsamkeit des Schöpfergottes. So ist in Pyr 527 § 1 248 bei der Selbstbefruchtungs­ szene sowie in Pyr 600 § 1 652 bei dem Erscheinen Atums als Urhü�el 1 40 der gleiche charakteristische Zug des Gottes dargestellt, aus s1ch selbst zu entstehen (.!Jpr gs./) . 1 4 1 Zwar ist auch der Schöpfergott (= Sonnengott) der sogenannten hermopolitanischen Tradition uner��haffen. Auch er hat sich aus dem Vorgegebenen _ Doch der Gott Atum ist ein Aktiver 1 42, von »herausknstalhslert«. dem sogar gesagt wirdl43, daß er sich in Einsamkeit 1 44 ohne Zeugen 1 45 gleichwie am eigenen Schopfe aus dem Wasser zog, indem er mehrere Transformationen (.!Jprw) durchläuft und somit die Ge­ schichte einleitet. Als sehr charakteristisch in der Schilderung dieser Beschaffenheit Atums erweist sich CT 80 II 33f: Als ich allein war mit dem Urwasser in Bewegungslosigkeit/Trägheit, fand ich keinen Platz, an dem ich aufstehen konnte' fand ich keinen Ort, an dem ich sitzen konnte, bevor Heliopolis gegründet war, in dem ich wohnen konnte, II34 bevor der Lotus zusammengesetzt war, damit ich auf ihm sitzen konnte, noch bevor ich Nut machte, daß sie über meinem Kopf war, damit sie Geb machtl46, bevor die erste Generation geboren war, noch bevor die urzeitliehe Neunheit entstanden war damit sie bei mir sein können. Da sprach Atum zu Nun: Ich bin ein Schwimmender/Treibender auf der großen Flut.

J. Assmann beurteilt diese Passage folgendermaßen:

"Y

? �

» as hier esc rieben wird, ist der kosmogonische Augenblick, an dem _ m Existenz umschlägt. ... Dargestellt wird der Moment, in dem der Praex1stenz

1 40 Vgl. auch Pyr 58� § 1 587: »Sei gegrüßt, Atum. Oh, sei gegrüßt Chepri (d.h. Werdender), der aus s1ch selbst entstandene. Du bist hoch in deinem Namen' der >Urhügel< ist. Du entstehst in deinem Namen, der Chepri ist.«

1 4 1 Vgl. dazu ausführlich BICKEL, La cosmogonie, 35ff. 1 42 Vgl. die äg. Tätigkeitsverben. 1 43 So C� 75, I 338.344; vgl. im Denkmal memphitischer Theologie sj3 und �w. 1 44 Klassische Stelle hierfür ist Pyr 527 § 1 248; vgl. CT 77, II 18, pBremner­ . 28,27. In CT 714 VI 343f wird die Einsamkeit zu Beginn von Nun gesagt. Rhmd 1 45 In CT 75 I 324.332f liegt dieser Gedanke auf Schu bezogen vor. S. hierzu Prv ·

_ »Mythos von der List der Isis« auf Amun bezogen ; dazu 8,22ff. Ebenso 1m AssMANN, Re und Amun, 173. 1 46 Allen übersetzt >>before I had made Nut so she could be over my head and Geb could marry her« (Genesis in Egypt, 22).

Parallelen und Differenzen in ägyptischen Weltentstehungsaussagen

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bewußtlos im Urwasser treibende Urgott zu Bewußtsein kommt und aus hand­ lungsunfahiger Mattigkeit in Bewußtsein, Wille und Handlung eintritt«. l 47

Dieses erste Handeln äußert sich in einem androgynenl 4 8 Schöpfungsakt: »als er (= Atum) einer war und als er zu dreien wurde« 1 49 stellt den Beginn der Schöpfung als einen Übergang von der Einheit zur Vielheit dar, wie sie sich in der Erschaffung von Schu und Tefnut vollzieht. Schu, der auch Leben, und Tefnut, die auch Ma'at heißt, zählen zu den »Lebensgottheiten«, verkörpern zwei »intransitive, kosmogonische Prinzipien. Sie erschaffen nicht die Welt, sondern ermöglichen die Weltwerdung Gottes«.I50 Die Triade gehört der Urzeit und somit dem transitorischen Vorhinein der sichtbaren Welt an, liegt aber bereits jenseits der Vorwelt. J5 1 Dieser Text beschreibt den der Schöpfung vorausgehenden Zustand wiederum als viergliedriges Gebilde (s. oben a), in dem Atum einsam und müde treibt. I 52 Die Schöpfung setzt ein, indem Nichtexistenz (= die Wasser) und Potentialität (= Atum) miteinander ins Gespräch kommen (II 34 Ende) und setzt sich fort in der Erschaffung Schus und Tefnuts über die Spaltung von Nut und Geh bis zur Entstehung der beiden Neunheiten - allesamt Elemente der heliopolitanischen Konzeption. l53 Ein wichtiges Charakteristikum der Vorwelt ist die Ortlosigkeit. l54 Das eigentliche Thema dieses Spruchs ist nach J.P. Allenl55 das Verhältnis von Schöpfung und vorfindlieber Welt: Schu (= Leben) und Tefnut (= Ma'at) stehen repräsentativ für dieses Beziehungs­ geflecht. Allen sieht in der Verbwahl von wnn und .!Jpr ein weiteres Indiz für dieses Gefüge von Statik und Dynamik. l 56 1 47 ASSMANN, Ma'at, 1 68f. 1 4 8 Zur Androgynie Atums s. CT 136 II 1 6 1 a ink pn tn »ich bin derjenige,

diejenige« (selbständiges Personalpronomen gefolgt vom männlichen und

weiblichen Demonstrativpronomen jeweils mit Gottes-, Göttinnendeterminativ versehen); vgl. dazu ausführlich BICKEL, La cosmogonie, 37f. 1 49 Der Text lautet: m wn.f w 'y m prt m rj; vgl. dazu BICKEL, La cosmogonie, 37 m. Anm. 20. 1 50 AaO, 172. S. dazu CT 80 II 32b-33a. 1 5 1 Das Phänomen der Undifferenziertheit als Charakteristikum der Vorwelt ist in CT 26 1 , III 389 zudem noch in eine »Als-noch-nicht«-Formulierung gekleidet: n !Jprt jst snwt m t3 pn »als noch nicht zwei Dinge entstanden waren« ; vgl. dazu BICKEL, La cosmogonie, 1 52- 1 54; WESTENDORFF, Art. Urgott, 870. 1 5 2 Vgl. eine ähnliche Aussage in pBremner-Rhind, 28,24 und über die Göttin Neith als A�et-Kuh in Esna (206,4). 1 53 Vgl. dazu ALLEN, Genesis in Egypt, 24f. 1 54 Vgl. zu diesem Zug der Vorweltdarstellung bereits die >>als-noch-nicht«-For­ mulierungen. S . dazu oben, 155ff. 1 55 AaO, 25. 1 5 6 So ALLEN, Genesis in Egypt, 25f. Zu diesem Kontext s. auch ASSMANN, Ma'at, 168f.

176

Religionsgeschichtliche Untersuchungen zu Gen 1,1-3

Einen weiteren Beleg bietet TB 17,2: »Ich bin der Große Gott, der von selbst entstand.

Was bedeutet das? >Der Große Gott, der von selbst entstand< - das (Ur)wasser ist; der Urozean (NUN), der Vater der Götter. Andere Lesart: RE ist es.« 1 57

Dieser Totenbuchtext unterscheidet sich von den vorangehenden To­ tentexten darin, daß hier der Sonnengott als der eigentliche Schöpfergott eingeführt wird, während im Kontext der Pyramiden­ texte und der Sargtexte Atum der Ausgangspunkt ist. '5 8 Bereits in den Pyramidentexten ist wiederholt die Rede von dem Gott, der aus sich selbst entstand (!Jpr g5.f) 1 59, dessen Name ffpr »Werden« ist. In den Sargtexten erzählt Schu von seinen ffprw »Entstehungsweisen« aus dem Leibe Atums. Atum ist es, der das auf ihn Folgende in der Grenzenlosigkeit (m .(l{tw), Urflut (m njw), in der Finsternis (m kkw) und Wegelosigkeit (m tnmw) bewirkt. 160 Atum (tm »noch nicht geteilt sein, alles sein, ganz sein, vollendet sein« 161 ) repräsentiert »das All im Zustand des Noch-Nicht« 162 . Er ist die Präexistenz und die ursprüngliche Einheit in einem. Er setzt den kosmogonischen Prozeß 163 eher unintentional in Gang, indem er aus sich selbst entsteht und Fuß faßt auf dem Urhügel in Heliopolis. Er läßt eine Theogonie folgen. Das erste Götterpaar 164 Schu (Luft,

Parallelen und Differenzen in ägyptischen Weltentstehungsaussagen

177

Leere) und Tefnut (Feuchte 165) erzeugt er während seiner Selbstbe­ fruchtung. Aus ihnen entstehen dann Erde (Geb) und Himmel (Nut) usw. 166 Schöpfung wird hier verstanden als Emanation (jss »speien«, tfj »husten« etc.) oder als Verwandlungsprozeß (!Jpr). Assmann kommt zu dem Schluß: »Atum ist nicht Schöpfer, sondern Ursprung« 167, wie es sein Name ffpr ja auch zeigt. ' 68 Paradigmatisch für diese Transformationslehre (= »Genesis«) ist der Gebrauch der Wurzel !Jpr (+ Derivate) »werden, entstehen, sich verkörpern, Gestalt annehmen«. Nach pBremner-Rhind - der »umfassendsten Lehre des Werdens« 169 - schafft Atum sich selbst aus dem Nun, um dann mit Hilfe seines Mundes (r3) und der Magie (.Qk3) 1 70 weiteres Entstehen (Schu und Tefnut als »Leere«) zu ermöglichen. Am Ende dieser Reihe des »Werdens«l7 1 steht die Neunheit. Die Aktivitäten des Ur- und Schöpfergottes bewirken eine Theogonie, aus der sich wiederum eine Kosmo- 172 und Kratogonie entfaltet, wie es das folgende Schaubild illustriert: 1 73

1 57 1 58

Übersetzung von HORNUNG, Totenbuch, 59. Zur Parallelisierung von Atum und Re und zu Re als Erscheinungsform Atums vgl. ausführlich BICKEL, La cosmogonie, 39ff mit weiterer Literatur. Sie definiert das Verhältnis folgendermaßen: »Re est Ia forme d'Atoum qui est active apres Ia creation, qui garantit Je maintien de l'univers« (aaO, 42), im Funktionieren des Sonnenlaufs. S. dazu bereits ASSMANN , Re und Amun, 220. 1 59 So z.B. Pyr 587 § 1 587; vgl. CT 75, I 3 14.324.337.350.385. 1 60 So in CT 76 11,4; 79, II 24; 80, II 27 u.ö. 161 Vgl. hierzu Barta (Untersuchungen, 78), der die im Verlauf der Forschungs­ geschichte auftretenden Schwierigkeiten aufführt, die diese gegensätzliche Wortbedeutung des Namens mit sich brachte und folgende Lösung vorschlägt: »Es ist deshalb vielleicht vorzuziehen, sich ausschließlich auf die beiden Begriffe >nicht sein< und >Vollständig sein< zu beschränken und den Gott Atum kosmogonisch als den noch nicht Seienden, d.h. den vor allem Geschaffenen Existierenden, zu ver­ stehen, der jedoch die Vollständigkeit der später von ihm ausgehenden Schöpfung schon als Programm in sich trägt«. Barta sieht diese Anschauung in CT II 1 74e bestätigt, »WO Jtmw durch das Negationsdeterminativ als Nichtseiender erscheint, aber gleichzeitig mit Hilfe des ihm beigefügten passiven Partizips tmm >der voll­ ständig gemacht worden ist< als Schöpfergott bezeichnet werden soll, der das von ihm Geschaffene im wahrsten Sinne des Wortes verkörpert, da es ihn vollständig macht« (aaO, Anm. 5); vgl. auch BICKEL, La cosmogonie, 33f. 1 62 ASSMANN , Theologie und Frömmigkeit, 145. 1 6 3 Zum Verhältnis von Neunheit und Kosmogonie vgl. BARTA, Untersuchungen, 1 96-205. 1 64 Eine interessante Ausdeutung dieses Paares findet sich nach BARTA, Untersuchungen, 91f in der »als-noch-nicht«-Formulierung von CT 660, wo

»bevor Himmel und Erde entstanden waren« auf Schu und >>bevor das Wasser entstanden war« auf Tefnut gemünzt sind, was man daraus ablesen kann, daß die anderen Glieder der Neunheit in Folge namentlich genannt sind. 1 65 So KOCH, Religion, 1 1 5f; ausführlicher BICKEL, La cosmogonie, 168- 1 7 1 , bes. 169 m. Anm. 1 54; kritisch hingegen VANDERHOEVEN, Art. Tefnut, 297. 1 66 Vgl. Pyr 600 § 1 655f. 1 67 ASSMANN, Theologie und Frömmigkeit, 146. 1 6 8 Pyr 587 § 1587. 1 69 Vgl. pBremner-Rhind 28,20-23. 1 7 0 Vgl. CT 26 1 II1 382-389. 1 7 1 Zuerst nur Atum, dann die Triade Atum-Schu-Tefnut, dann die Ne�nheit, die Allen (Genesis in Egypt, 30f) zufolge, implizit auf den Sonne!llauf verw�1sen, denn »these elements exist ... as background to the greatest determmant of ex1stence, the daily cycle of the sun« (s. dazu explizit CT 335 IV 1 84f und TB 17, 1 -5). 1 7 2 Zur Verwandtschaft mit der griechischen Zeitaltervorstellung und Vier­ Elemente-Lehre vgl. KAKOSY, Ideas (St Aeg 7). 1 73 Vgl. dazu ASSMANN, Theologie und Frömmigkeit, 144- 1 5 1 ; DERS ., �t. Schöpfung, 767f und D E R S . , Art. Gott, 1 67. S. zuerst ANTHES , Egyptian Theology, 1 69ff, bes. 1 72 ; s. dazu LESKO, Cosmogonies, 93 m. Anm. 7, und zuletzt KOCH, Geschichte, 1 1 9.

Religionsgeschichtliche Untersuchungen zu Gen 1, 1-3

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Atum

Urzustand

l_

primäre Elemente

Schu (Luft, Leere)

sekundäre Elemente

Geh (Himmel) Osiris

Geschichte

I

Isis

l_ l_

Tefnut (Feuchte?)

Kosmogonie

T H E

0

Nut Seth

179

c) Die Entwicklung vom Urgott als vorweltlicher Größe zum trans­ zendenten Gott im thebanischen Amunkult

Skizze I: Die Neunheit von Heliopolis174 Präexistenz

Parallelen und Differenzen in ägyptischen Weltentstehungsaussagen

G (Erde)

Nephtys Kratogonie

0

N I E

Horus (Königtum als Erbe der Neunheit)

Assmann weist darauf hin, daß die Einsamkeit des Schöpfergottes »der Inbegriff eines Mangelzustands [ist], den es in der Götterwelt nur im Urzustand gab und der aufgrund seiner Unhaltbarkeit die Fülle der Schöpfung zur Folge hatte«175. Auf die Einsamkeit und Einzigkeit des Gottes in der Urzeit folgt die Differenziertheil im Verlauf des Schöpfungsereignisses, die als konstituierendes Merkmal die Schöpfungswelt prägt. Dieses Motiv ist - wie wir oben sehen seit dem AR im Kontext der Sonnentheologie breit belegt. Eine Variante dieses Modells fi ndet sich in der memphitischen Schöpfungslehre. Auch hier entsteht die Welt aus Emanationen (hier: Worte) des Urgottes Pta.tJ_. Daneben kommt aber auch der Urhügelvorstellung große Bedeutung zu (Pta.tJ_­ Tatenen). Die Schöpfung selbst erfolgt durch Scheidung. l76

Dieser Konzeption gemäß ist der Zustand der Undifferenziertheit und Ortlosigkeit das Charakteristikum der Vorwelt. Die Potentialität des Urgottes enthät die zu entfaltende Welt und führt über die Emanation des Raumes hinüber zum Beginn der Geschichte, also zur Kategorie der Zeit.

1 74 Zum Problem der Neunheit und ihrer verschiedenen Mitglieder vgl. die ausführliche Studie von BARTA, Untersuchungen, 6 1 -78. Als frühesten Text der die in der Skizze aufgeführte »Besetzung« aufzählt, nennt er Pyr 600 (aaO, 6 1 ; vgl. auch 63: Isis und Nephtys können in Pyr sonst auch fehlen). 1 75 ASSMANN, Re und Amun, 98; vgl. HORNUNG, Der Eine, 1 80f. 1 7 6 AS SMANN, Re und Amun, 220, weist aber auch darauf hin, daß die mem­ phitische Tradition in »bewusster Opposition zur heliopolitanischen Kosmogonie>die Welt aus dem planenden Entwurf eines Demiurgen hervorgehen Transforma­ tionen< eines einzigen Gottes. 1 s 1 »Nach dieser Lehre verteilen sich die zentralen Gedanken der mit den drei religiösen Zentren des Landes, Theben, Memphis und Heliopolis verbundenen Schöpfungs­ lehren auf drei aufeinanderfolgende Stadien des kosmologischen Prozesses« 182 , die an die drei Gottheiten der thebanischen Reichs­ triadel 83 geknüpft werden: - »Präexistenz« : Die l)prw (»erste Verkörperung«) des allumfassen­ den Gottes »bilden die >Acht Urgötter>Dem entspricht, daß es im Weltbild von Amarna den Begriff der Urzeit nicht zu geben scheint; er spielt, sehr im Unterschied zur sonstigen religiösen Literatur des alten Ägypten, in den Texten keine Rolle. Hier ist die Urzeit aufgehoben und in die Gegenwart geholt. Die Schöpfung durch das Licht ist fortwährend im Gange. Der Eine ist aus der Verborgenheit in die Offenbarkeit getreten.>Ausdruck einer spezifisch thebanischen LehreAcht< waren deine erste Verkörperung, damit du sie vollzählig machst, der du doch Einer bist. Geheim war dein Leib unter den Uralten, du hast dich verborgen als AMUN an der Spitze der Götter.«

I m folgenden werden Aussagen über den Schöpfergott getroffen, der voraussetzungslos schafft, der allem, was ist, »väterlich« voran­ geht. 189

- »erste Selbstverfestiiung«: »die >zweite Verkörperung< ist [die in der Gestalt Tatenens als] der aus dem Urwasser auftauchende >UrhügelUrgötterZauberUr­ götter< auftretende Gottheiten gemeint sind« 186: »(Dann) hast du dich verwandelt in (den Erdgott) TA-TENEN, um die Urgötter hervorzubringen in deiner ersten Urzeit. Du begannst das Werden, als noch nichts war, die Erde war nicht leer von dir am Anbeginn. Die Götter sind nach dir entstanden [ . . . ] « 1 87 . »Neunzigstes Lied Die Neunheit ist in deinem Leibe vereinigt; jeder Gott ist ein Abbild von dir, vereinigt mit deinem Leib (Wesen). Du kamst als erster hervor, du begannst am Anfang, AMUN, der seinen Namen verbirgt vor den Göttern. Ältester Urgott, der älter ist als diese, TA-TENEN, der sich selbst formte als PrAH; die Zehen seines Leibes sind die >AchtDas bin ich! < Der selbst sein E i formte, Macht, geheim an Geburt, Schöpfer seiner Schönheit, göttlichster Gott, der von selbst entstand, alle Götter entstanden, seitdem er sich begann.« I90

- »Entfernung«: Erschaffung des Himmels und die Entfernung des Gottes als Sonnengott Re.l 9 1 »Zweihundertstes Lied. Verkörperung und Verborgenheit Geheim an Verwandlungen, funkelnd an Erscheinungsformen, wundertätiger Gott, reich an Gestalten! Alle Götter rühmen sich seiner, um sich mit seiner Schönheit so zu erhöhen, wie er göttlich ist.

RE selbst ist mit seinem Wesen vereint, er ist der Große in Heliopolis. Man sagt auch >TA1ENEN< zu ihm, AMUN, der aus dem NUN hervorkam, um die >Gesichter< zu leiten. Eine andere seiner Transformationen sind die >Acht>Hier wird der Eine nicht als der Urgott vor den Vielen gesehen, dessen Einheit in der Schöpfung als Vielheit aufgehoben ist, sondern als der Eine in den Vielen, eine verborgene Macht (B3), die in den vielen Göttern Gestalt annimmt (JJpr), wordurch diese erst Götter sindZum Problem wird die Einheit Gottes erst dort, wo sie mit der im Polytheismus realisierten Vorstellung von der Göttlichkeit der Welt in Einklang gebracht wer­ den muss, ohne auf die Vorher-Nachher-Relation der schöpfungstheologischen Lösung reduziert werden zu können. Das ist die Situation der Ramessidenzeit. Die Einheit Gottes wird weder als Präexistenz, noch als Monotheismus realisiert, sondern als Transzendenz, als eine >verborgene< Einheit, in der alle lebendige Vielfalt auf Erden ihren Ursprung hat und deren unerforschliches Wesen nur im >farbigen Abglanz< der polytheistischen Götterwelt erfahrbar und aussagbar ist.>Quant a l'infinie foule des dieux, meme s'ils sont, dans ce systeme, des emanations d'Amon, ils possedent tous une existence propre et l'on ne peut parler de monotheisme. Antecreation, creation et monde vivant forment un ensemble indissociable et actuel.>Trägheitda der Himmel und die Erde noch nicht

entstanden, die Flut noch nicht hervorgedrungen war ... Du [= Tatenen] standest auf aus dem Land in seiner TrägheitUrhügel< .{cJJ 224 ist der Ort, an dem der Schöpfergott erstmals aus dem Urgewässer heraus in Erscheinung trat, auf dem er Fuß faßte225 und zu sich selbst kommen konnte. 226 Sein traditioneller Ort ist Heliopolis. 227 Von dort ist er aber auch auf andere Orte über­ tragen worden. 228 So liegt z.B. eine detaillierte Beschreibung des Ur­ hügels in Esna im Kontext vom »Fest der Ergreifung des Hirten­ stabes« durch Chnum vor: •

Esna III,4 ( 196, 1 )229 >>Was nun Pr-Hnmw-nj-sb.t anbetrifft, so ist es das Land der Überschwemmung, das Gebiet, das sich erhöhte aus dem St!.t-Gewässer [ (?) ].Das Urgewässer wur­ de zurückgedrängt, der Sand vermischte sich mit dem (kultivierten) Land, wobei es das erste Auftauchen aus dem Urgewässer im Urbeginn darstellte, bevor noch Himmel, Erde und Unterwelt entstanden waren; der Hauch des Lebens, Wind und Licht kamen (nun) selbst zwischen ihnen hervor«.

Der Urhügel ist auch der Ort, an den letztlich jede Tempelgründung anknüpft und somit ihren Kult in ein Verhältnis zum Schöpfungs­ geschehen stellt. 23 0 Eine Form der Personifizierung des Urhügels findet sich seit dem NR in dem Gott Tatenen.m Wie bereits erwähnt, gab es im MR zwei Schreibungen für Tatenen T3 + rnj »sich erheben« und T3 + nnj >>müde, schlaff sein«.232 >>Dabei weist die Namensform T3nn zwar auf die schöpferische Kraft des Gottes hin, spricht aber deutlich den bezeichnet), und ASSMANN, Liturgische Lieder, 3 17. Tatenen wird >>als der Gott des noch nicht zusammengefügten Zustandes der Erde vor der Schöpfung verstanden«. S. dazu aber auch unten, Anm. 227f. 224 Vgl. dazu MARTIN, Art> Urhügel, 873ff; BICKEL, La cosmogonie, 67-70. 22 5 Vgl. CT 80 II 33; pBrernner-Rhind 28,24. 22 6 V gl. TB 1 7, 1 ; pLeiden I 350, 80. Lied (?) vgl. 90. Lied. 22 7 DE BUCK, Oerheuvel, 63-7 1 . - Martin (Art. Urhügel, 874 Anm. 2) weist aber darauf hin, daß es sich dabei lediglich um eine Hypothese handelt, die sich aufgrund der Quellenlage - im AR ist der Hügel eben nur in Pyr belegbar - ergibt. 228 Martin (aaO, 874) hingegen nennt Memphis und Hermopolis als traditionelle Orte des Urhügels. Darüber hinaus nennt er Abydos, Kamak, Armant, Esna, Edfu, Philae, Deir el-Bahari und Biahmu. In Hermopolis beheimatet ist die wohl gleichbedeutende Vorstellung von der Flammeninsel (jw nsrsr); vgl. dazu GRIES­ HAMMER, Art. Flammeninsel, 258f m. Anm. 4. 22 9 Vgl. Text und Übersetzung bei STERNBERG, Mythische Motive, 106- 1 09; SAUNERON, Esna V, 3 17-20. 324-28. 2 3 0 Belege sind aufgeführt bei SAUNERON I YOYOTTE, in: Schöpfungsmythen, 55; dieser Gedanke liegt bereits im AR vor; vgl. Pyr 600 § 1652f. Martin (Art. Urhügel, 874) setzt nicht nur den Tempel, sondern auch den Thron in Relation zum Urhügel. Die Anschauung findet sich aber ebenso in der Spätzeit (s. Esna, Hymnus der Neith [Sauneron, Esna III, 28-34; V, 253-27 1 ] und Edfu [vgl. KURTH, Ursprung, 1 98f]). 2 3 1 Zur EtymologieT3 +rnn »sich erheben« vgl. pLeiden I 350, 80. Lied, wo »sich der Urgott [= Amun] nach der Präexistenz in der Achtheit als zweite Transformation in Tatenen als personifizierter Urhügel konkretisiert« (SCHLÖGL, Tatenen, 76). 2 3 2 Vgl. pBerlin 3048 und oben, Anm. 222.

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Zustand der Erde vor Beginn der Schöpfung an und beinhaltet nicht das kosmogo­ nische Bild des Urhügels. Die Namensform T3-tnn dagegen lässt sich [im MR] nicht in einem kosmogonischen Kontext nachweisen, vielmehr tritt hier der Gott als Spender von Erzen und Mineralien auf.« 233 In einem späteren Kapitel weist er auf Belege aus der Zeit Amenophis' III. hin, zu der Tatenen auf Inschriften in Privatgräbern als Ur- und Schöpfergott genannt wird. 23 4 Erst z.Zt. Ramses' II. findet sich die synkretistische Verbindung von Pta.Q-Tatenen, in diesem Kontext interessant mit dem Epitheton 5n wr »großes Gewässer«235 , worin Schlögl ein »(mythisches ?) Gewässer« sieht, eine Vorstellung, die zu der ebenfalls zu dieser Zeit aufkommenden Vorstellung von Tatenen als Personizierung des Urhügels zu passen scheint. 236 Daneben gibt es in dieser Zeit einige Beispiele für die Identifikation Tatenens mit Amun. 237

Daß anstelle des Urhügels auch andere Phänomene den Gedanken vom Hervorgehen der zukünftigen Schöpfung aus dem Nun eintreten können, zeigt ein Textbeispiel aus Edfu, wo an die Stelle des Hügels ein Schilf tritt.m Neben Urgewässer und Urhügel finden wir k k w (s m 3 w ) »Finsternis« als Charakteristikum der Vorwelt. Diese existiert bereits vor der Schöpfung und bleibt auch nach deren Abschluß - wie n(j)w fester Bestandteil der geschaffenen Welt239: auf der zeitlichen Ebene als Entsprechung zum Tag und zur Lebenszeit24o , auf der räumlichen als äußerste Grenze des Himmels24 1 , der Welt242 wie der Unterwelt243. Neben kkw finden wir in den Texten kkw sm3w. Das erste gehört zur erschaffenen Welt, das zweite ausschließlich zur •

-

233 SCHLÖGL, Tatenen, 19; der Autor weist die von Schenkel (in MDAIK 3 1 [ 1 975] 1 1 2) und von Helck (in MDAIK 34 [ 1 978] 74) vorgebrachten Gegenbelege zurück, die für ein kosmogonisches Vorkommen Tatenens (bei Helck mit Pta.Q) im MR sprechen sollen, da die angegebenen Texte wegen ihres Zerstörungsgrades uneindeutig sind. 234 Vgl. die Belege bei SCHLÖGL, Tatenen, 39ff. 235 Wb IV, 489, 1 gibt an: »Gewässer, das gross und rund ist«; Wb IV, 493: >Ozean< und >Meer im Norden Aegyptens< sowie das Rote Meer . 236 SCHLÖGL, Tatenen, 70-72, hier: 7 1 ; vgl. schon 27f.54f. 237 Vgl. pLeiden I 350, 80. Lied (s. oben, 1 80); 90. Lied; 200. �.ied; magischer pHarris 501 (G IV,4-IV,6 nach Lange) und Hymnus aus Hibis (AHG 1 28, 290, Z.58-6 1 ); vgl. dazu SCHLÖGL, Tatenen, 75-78. 23 8 KURTII, Ursprung, 1 98; DERS ., Treffpunkt der Götter, 1 80. 239 Vgl. MORENZ, Ägyptische Religion, 176; JANQWSKI, Rettungsgewißheit, bes. 145ff. 240 Vgl. z.B. den Großen Sonnenhymnus des Echnaton, ÄHG 93, 27-4 1 . 241 pCarlsberg 1,11 19; vgl. HORNUNG, Chaotische Bereiche, 29. 242 Urk. IV 248 , 1 6; und Philae; vgl. Wb V, 144,5. 243 Dazu vgl. HORNUNG, Chaotische Bereiche, 30, und DERS., Nacht und Finsternis im Weltbild der Alten Ägypter, Diss. 1956 (war mir nicht zugänglich); DERS., Art. Dunkelheit, l l 53f mit den Belegstellen Pyr 323. 499. 605f; CT VI 1 89ef u.a. (aaO, Anm. 1).

Parallelen und Differenzen in ägyptischen Weltentstehungsaussagen

1 89

Vor- und Unterwelt.244 Daß kkw sm3w auch mit »Dämmerung« im Sinne eines Übergangs von der Nacht zum Tag zu übersetzen ist245, bestreitet Hornung nachdrücklich. Der Ägypter verstehe unter dem Begriff die absolute Lichtlosigkeit im Sinne einer Urfinstemis mit der eindeutig positiven Konnotation von Fruchtbarkeit und Regene­ rierungskraft in der Schöpfung.246 • Ein weiteres Motiv der geschöpfliehen Vorwelt findet sich neben der »Welteivorstellung«247 in der vom »Urlotus« (sm)248 . So heißt es in TB 85249:

»Ich (= der Tote) bin der Ba des Re, der aus dem Urgewässer hervorging. Nicht wird mein Nest erblickt, nicht wird mein Ei zerbrochen. Ich bin der Herr der Millionen, ich habe mein Nest in den Grenzen des Himmels gebaut .. . «

Wie auch im pHarris VI, l0- 1 2250 die Rede ist von einem Ei (5w.(l. t), aus dem der Sonnengott hervorgeht: 0 Ei des Wassers, Speichel des Landes, Same der Achtheit, Großer im Himmel, Großer in der Unterwelt, im Neste Befindlicher, Erster vom See der beiden Messer, ich bin zusammen mit dir aus dem Wasser gekommen, ich gehe zusammen mit dir aus deinem Nest«. 25 1 • Es gibt verschiedene Überlieferungsstränge der Vorstellung vom Urei (5w.(l.t).252 Seit dem NR hat die Vorstellung ihren festen Ort in Hermopolis, wo - wie die Inschriften im Grab des Priesters Petosiris (300 v.Chr.) aus Hermopolis253 bezeugen -, es sogar eine Reliquie

244 Ebd. 245 So Wb V, 143; s. auch Wb III, 452. 246 HORNUNG, Chaotische Bereiche, 29f; BICKEL, La cosmogonie, 26.44. 247 S. wie folgt; vgl. MORENZ, Altorphische Kosmogonien, 400ff; LEFEBVRE,

L'reuf divin d'Hermopolis, 67; BICKEL , La cosmogonie, 233-24 1 . 24 8 Vgl. dazu MORENZ I SCHUBERT, Gott auf der Blume, und RYHINER, L'offrande du Lotus. 249 Übersetzung aus HORNUNG, Totenbuch, 173f. 25 0 BUDGE, Hieratic Papyri, 37 mit pl. XXV; vgl. LANGE, Der magische Pap. Harris. 25 1 Übersetzung von MORENZ, Altorphische Kosmogonien, 465. 252 Vgl. dazu LEFEBVRE, L'reuf divin; MORENZ, Altorphische Kosmogonien, 46 1 ff; DERS., Ägyptische Religion, 1 87ff; CAMINOS, Art. Ei, 1 1 85ff; BIC KEL, La cosmogonie, 237f. 2 53 Morenz (Ägyptische Religion, 1 88) erwägt, ob nicht »Thot als Ibis aus dem sumpfreichen Dorado der Vögel die Vorstellung vom Ur-Ei mit sich nach Hermopolis gezogen hat, wo sie sich u.a. mit der dort heimischen Weltentste­ hungslehre um die acht Urgötter assoziieren konnte und wohin man später

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gegeben haben soll.254 Daneben verweisen Texte wie der Hymnus im Hibistempel von El-Kargeh255 - ein Hymnus der Achtheit auf Amun­ Re - auf die Entstehung des Sonnengottes in Hennapolis aus einem Ei.256 Das Ei kommt von einem Vogel, dem großen Gackerer (ngng wr).257 Nach der ältesten Überlieferungsquelle - CT 223 - »war das kosmische Ei von einem sagenhaften Vogel herbeigetragen worden, einer vergöttlichten Nilente, von der niemand sagen kann, ob sie ein solares oder chthonisches Wesen war; der Inhalt der Schale aber war der Lebenshauch der Welt«258 , nämlich Schu, der Hüter über das Getrenntsein von Himmel und Erde. S. Bickel weist darauf hin, daß die Vorstellung vom Urei z.Zt. des MR nicht auf die Schöpfungswelt insgesamt rekurriert, sondern lediglich auf eine frühe Entwick­ lungsstufe der ersten Kreatur.259 Der Vogel260 , der das Ei herbei­ trägt, repräsentiert Atum, das Ei seinen Sohn Schu. Im Rahmen der Amuntheologie wird Amun selbst dem großen Gackerer gleich­ gesetztz6 1, während der Sonnengott sonst bezeichnet wird als der, der »hervorkam aus dem verborgenen Ei als Kind der acht Urgötter«262. Morenz siedelt die Vorstellung von der Entstehung aus dem Ei als Form der Vermittlung »zwischen der Lehre vom materiellen Weltwerden und der schöpferischen Zeugung«26 3 an. In späten thebanischen Inschriften ist die Rede von »Ptah, der das Ei schuf (�m '), das (oder der) aus dem Nun hervorging (prj)«264.

überhaupt auf jede Weise den Ursprung von Welt und Leben verlegte« - mit Hinweis auf KEEs, Götterglaube, 48; MORENZ, Altorphische Kosmogonie, 465. 254 Vgl. ROEDER, Kosmogonie, 25, und MORENZ, Altorphische Kosmogonien, 466. 255 ÄHG 129, Z.37-4 1 . 25 6 Vgl. pMag. Harris III. l0-IV.8; VI. 1 0ff; siehe auch TB 77,2; TB 17,23 - vgl. schon CT 338 IV 335. Weitere Belege finden sich bei MORENZ, Altorphische Kosmogonien, 46 1 ff; SAUNERONIYOYOTIE, in: Schöpfungsmythen, 8 1 f. 2 57 Z.B . CT 223 III 208c-209a; TB 54,2; 59,4. Gemeint ist ein Falke, die 5mn­ Gans oder der Ibis; vgl. dazu MORENZ, Altorphische Kosmogonien, 465 ; BICKEL, La cosmogonie, 235 m. Anm. 5 . 25 8 Zum Verhältnis von Ei und Windhauch vgl. MORENZ, Altorphische Kosmogo­ nien, 463.485f; BICKEL, La cosmogonie, 235. 259 BICKEL, La cosmogonie, 237f. 260 Zum Verhältnis von ngng »Schnatterer« und bnw »Phönix« vgl. BICKEL, La cosmogonie, 239f. 26 1 So z.B. pLeiden I 350, 90. Lied: »Er [ Amun] ließ seine Stimme erschallen .

=

als >Großer Gackerer< an dem Bezirk, den er gesc��ffen hatte, als er allein war«

(ASSMANN, ÄHG, 3 1 6); vgl. Art. Schnatterer, LA 5 ( 1 984) 670 (Artikel ohne Vf.angabe). 2 6 2 SETIIE Amun, § 160; vgl. MORENZ, Altorphische Kosmogonien, 468; DERS., Ägyptische Religion, 187. 2 6 3 Ebd. 26 4 SETIIE, Amun, § 122; anders Faulkner, Coffin Texts, z.St. ,

Parallelen und Differenzen in ägyptischen Weltentstehungsaussagen

191

• Der Urlotus (sfu u.a.)265 ist ein weiteres Thema um die allmorgend­ liche Wiederkehr der Sonne aus dem Urgewässer. Seit der 2 1 . Dyn. werden in der Rolle des jugendlichen Sonnengottes266 Rarpakrates und andere mit ihm identifizierte Götter mit dem Lotus in Verbin­ dung gebracht.267 Ikonographisch belegt ist das Motiv auf verschie­ denen Bildträgem bis nach Samaria268 , textlich vor allem in Inschrif­ ten der späten Zeit insbesondere in Edfu und Dendera sowie in magi­ schen Papyri. Vom Sonnenlauf ausgehend war die Vorstellung seit dem NR269 in der Zeit nach Amarna auf die Weltentstehung über­ tragen worden.27 0 Die ältesten Textbelege der kosmogonischen Vorstellung des Sonnengottes auf der Lotusblüte finden sich in Totenbuchtexten271 der 19. Dyn. und in Hymnen an den Sonnengott der Ramessidenzeit. Schlögl kennzeichnet den Charakter der Lotus­ kosmogonie in der Spätzeit272 als zyklisch, da sie dem jungen Sonnen­ gott am Morgen den Greis am Abend entgegenstellt273, was zu For­ mulierungen geführt hat wie »Der Alte [= Amun-Re], der aus dem Lotus kam«274 Der häufigste Ort der Anbringung von diesen Szenen

265

Vgl. BRUNNER-TRAUT, Art. Lotos, 109 1ff; RYHINER, L'offrande du Lotus, 3 - 1 4. 266 Zum Motiv des (Sonnen-)Gottes auf der Blume vgl. SCHLÖGL, Sonnengott; DERS ., Art. Gott auf der Blume, 786ff. Morenz (Gott auf der Blume, 70) geht von einer »Suprematie, die der Sonnengott als Träger des Typus gewann« aus . Die theologisch-literarischen Belege für das Motiv stammen aus dem MR (SCHLÖGL, Art. Gott, 786: seit dem AR - nämlich Anspielungen in Pyr 284; 541 und dann wieder in CT I 94), die ersten bildliehen aus dem Anfang des N.R. (ebd.). 2 6 7 B RUNNER-TRAUT, Art. Lotus, 1092. Dazu ausführlich SCHLÖGL, Sonnengott, 25f; vorher MORENZ, Gott auf der Blume, 48-68. Auf das Verhältnis des Gottes Nefertem zum Lotus soll hier nicht weiter eingegangen werden, da es sich nicht um einen kosmogonen Kontext handelt; vgl. dazu MORENZ, Gott auf der Blume, 1422; SCHLÖGL, Sonnengott, 30-33; anders BONNET, RÄRG, 509. 268 RYHINER, L'offrande de Iotus, 20 mit Anm. 27 (mit Literatur). 269 S CHLÖGL, Art. Gott auf der Blume, 786. Erste Belege vgl. SCHLÖGL, Sonnengott, 17ff.20f; anders Morenz (Gott auf der Blume, 74f), der bereits im AR Belege für den Lotus im kosmogonen Kontext zu finden glaubt (dazu SCHLÖGL, Sonnengott, 1 1 -16.3 3f). Auch Ryhiner sieht die Tradition als älter an (Verweis auf Pyr 378 §663f »Horus, le jeune enfant dont Ia main est a Ia bouche«; CT 505, VI 95i »Horus sur sa feuille de Lotus«), ohne hier thematisch zu unterscheiden (aaO, 1 5f), ikonographisch dagegen schon (aaO, 20-22). Ryhiner geht von einer anderen Entwicklung aus: seit dem AR ist das (Königs-)Kind mit der Hand am Mund belegt, seit der Amamazeit erfolgte eine Verschmelzung von König und Sonnengott in diesem Motiv samt Lotus als Metapher für den zyklisch erfolgenden Sonnenlauf Unklar ist, wann ihrer Meinung nach kosmogone Züge mitaufgenommen werden. 270 Vgl. dazu SAUNERON I YOYOTI'E, in: Schöpfungsmythen, 78f. 2 7 1 Schlögl (Sonnengott, 21) gibt TB 1 5 A IV an, eine Version, die �ur durch die . Totenbuch-Handschrift des Ngt-Imn (pBerlin 3002) belegt ist (vgl. AHG 43, 1 -9). Einschränkend dazu RYHINER, aaO, 1 8f mit Anm. 2 1 . 27 2 Vgl. dazu auch RYHINER, aaO, 2 l f. 273 SCHLÖGL, Sonnengott, 22.33; vgl. bereits HORNUNG, Der Eine, 145. 274 Urk. VIII, 1 32b (ptol. Zeit).

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sind die Mammisis, in denen die Geburt des Horus wie des Königs rituell begangen werden.m Das Lotusopfer - der König bringt einer Göttin eine Lotusblüte dar - ist erstmals auf den Wänden einer Kapelle in Dendera ( 1 1 . Dyn.) belegt. Darüberhinaus ist der Kult an einigen Spätzeittempeln belegt - vor allem in Esna, Ed.fu und Dendera -, wo den jeweiligen ortsansässigen Sonnengottheiten das Lotusopfer gebracht wird. 276 Wichtige Hinweise finden sich auch in den Festkalendern aus Edfu und Dendera. Da es einige Hinweise auf den Lotuskult in den Mammisis der Tempel gibt277, ist davon auszugehen, daß der Kult aufs engste mit dem König verwoben ist, der sei­ nerseits in späterer Zeit ja häufig als Hornssohn auf dem Lotus bildlich und figürlich dargestellt wird.278

Der demotische Papyrus 1 3 603 des Berliner Museums berichtet von Pta� . der aus dem Nun entstand und als Voraussetzung für die Erschaffung des Lichts die Achtheit schuf: die männlichen Glieder als schwarze Stiere, die weiblichen als schwarze Kühe, und nannte sie Amun und Amaunet. So heißt es dort: »Es eilte der Stier [so schnell] zu der Kuh, daß er den Samen ergoß auf das Wasser im großen Teich von Hermopolis, der eine [Lotusblüte] und eine Lotusknospe trug [. . . ] Sie nahm die Gestalt eines Kindes an , dessen Finger [auf seinem Munde liegt. Er trug] eine Uräuskrone.«279

Am Beginn der Schöpfung steht auch in dieser Lehre nicht der Son­ nengott, sondern - wie hier - die Blume, aus der erst der Schöpfer­ und Sonnengott hervorgeht. Die Weltentstehung aus einem Urei oder aus dem Urlotus folgt dem Prinzip der »Biogonie«280 . Daneben gibt es Texte, die zwar vom Erscheinen des Lotus aus dem Urgewässer reden, nicht aber von der Entstehung der Sonne I des Sonnengottes aus dem Lotus. Wahrscheinlich handelt es sich in die­ sem Fall um eine Identifizierung von Lotus und Sonne. 28I Wie die Vorstellung vom Urei, ist auch die vom Urlotus - besonders spätzeit­ liehen Texten zufolge282 - an Hermopolis gebunden. 283 275 RYHINER, aaO, 22 mit Anm. 43 (Literatur). 27 6 Dazu vgl. RYHINER, aaO, 1 77- 195. 2 77 AaO, 22.203ff. 2 7 8 Dazu vgl . SCHLÖGL, Sonnengott auf der B lume, mit Abb. im Anhang; Ryhiner, aaO, 20-22. 2 79 Übersetzung von SAUNERON I YOYOTIE, in Schöpfungsmythen, 79. 280 So MORENZ, Gott auf der Blume, 73. 2 8 1 Vgl. MORENZ, Gott auf der Blume, 46f, der als Beleg einen Ostrakon der 20. Dyn. aus Biban el-Moluk nennt (publiziert von ERMAN, ÄZ 38 [1900] 24). 282 Siehe oben, 1 66ff. 28 3 MORENZ, Gott auf der Blume, 47.75, zufolge dürfte der Lotus aber seinen Ursprung in Herakleopolis haben, da er eher nach Ober- denn nach Unterägypten

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ß) Das »erste Mal« (sp tpj) als Schöpfungsbeginn Angesichts dieser Einzelelemente eines vorgeschöpfliehen Zustands, kommt Morenz zu folgender These: »Das meiste, was von Nun ge­ sagt, und fast alles, was von Ur-Ei und Ur-Lotus erzählt wird, er­ klärt oder beschreibt nur den Zustand, daß vor der eigentlich rele­ vanten Schöpfung etwas da war; darüber hinaus bilden Ei und Lotus bisweilen das Medium zwischen der Ursubstanz und der ersten Zeugung oder Schöpfung.«284 Diese Einschätzung des Materials führt zu folgendem Schöpfungs­ modell: Skizze II: Von der Vorwelt zur Schöpfung (»Biogonie«) Präexistenz =>

Urzustand I =>

Nnw!Njw!Nwn rNnw(.t) Kkw (sm3w) I Kk(.t) I e./J(.t)

Urhügel (�3)

fjmnwl.t

Lotus (s5n u.a.)

Atum I Tatenen I Km3tfl Imn I Spsj - im Nun in Bewegungslosigkeit

I+ i Imn(.t) I bzw. I

I Nj/3w(.t)

l bzw.

l Gr./l(.t)

Autogenese Atums

Ei (.SW./l.t) Kuh (3./lt)

Urzustand II => Emanationen der Göttersöhnel -töchter bzw. der Neunheit (psl).t) durch -Ausfluß -Zeugung -Wort des Schöpfergottes

sp tpj s c

H

ö p

F

u

N G

Gr. Flut (M./lt-wrt) Heliopolis (lwnw)

Erläuterungen zur Skizze II: Zur Präexistenz: - Kkw bzw. Nnw stehen für Größen, die vor allem anderen vorhanden sind und für die Undifferenziertheit schlechthin stehen. - Nnw kann in dreifacher Beziehung zur fJmn.t stehen: 1 . aus dem Nun sind die acht Urgötter hervorgegangen; 2. die acht Urgötter repräsentieren Eigenschaften des Nun; 3. die fjmn.t repräsentiert ein System von vier Größen (in Paarbildung). - Km3tf, Imn und Spsj sind als drei Aspekte Amuns in seiner Funktion als »Vater der Achtheit« zu verstehen.

weist, was er aber später (Ägyptische Religion, 188 m. Anm. 99) noch einmal als Hypothese ausweist. 2 84 MORENZ, Ägyptische Religion, 1 89.

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- Auch Atum, der aus sich selbst Entstandene, erzeugt die Achtheit im Augenblick seiner Autogenese. Fazit: Die Achtheit kann a) Vorhergegebenes I Vorzustand oder aber b) das Produkt eines Urgottes sein (Textbeispiele zu a): pLeiden I 350, 80. Lied; Kuhbuch; Totenbuch 17; zu b) CT 76, II 7; 78, ll 19; 79, II 25. In mittelbarer Form (Km3tf etc.) in pBerlin 13603 sowie in zahlreichen thebanischen Hymnen). Zu Urzustand 1/ll: Transitus von Vorwelt zur Schöpfung wird mitunter in zwei Etappen geschildert. Zur Schöpfung: - Veräußerlichung des Urgottes in der Neunheit (Theogonie); - Trennung von Himmel und Erde; Ausformung und Erhalt des Kosmos (Kosmogonie - Raum) - erster Sonnenaufgang (Kosmogonie - Zeit)

Die Skizze zeigt, daß wir vor dem eigentlichen Schöpfungsbeginn mit mehreren Stadien zu rechnen haben: Das erste Stadium ist gekennzeichnet als Präexistenz. Es handelt sich entweder um Vorformen des Schöpfergottes (wie z.B. die Urschlange Km3tf) oder aber um von ihm unabhängige Größen (wie z.B. Njw und Kekw, bzw. als Erweiterung dieser beiden die acht Urgötter285) oder aber um seine Existenz in Bewegungslosigkeit. Das träge Ur­ wasser Njw ist oft als Basis all dessen, was sich ereignet bzw. entwik­ kelt, genannt. Das zweite Stadium - welches hier Urzustand I genannt ist - tritt nicht in allen Texten auf. Manchmal ist von der Erhebung des Schöpfergottes als Sonnengott aus dem Urgewässer direkt unter Verzicht auf ein »Medium« die Rede: der Schöpfungsbeginn wird an diesen Stellen ausschließlich als Vertreibung bzw. Ausgrenzung der Finsternis verstanden. Weitaus am häufigsten ist die Urhügel­ vorstellung belegt. Der Urhügel ist der Ort, an dem d�r Schöpferg�tt sich aufrichtet28 6 oder zu Bewußtsein kommt28 7. Ahnlieh ist dte Vorstellung vom Urlotus. 288 Auch der Lotus dient als Ort für die Bewußtwerdung und Aufrichtung des Schöpfergottes. Beiden Topoi ist gemeinsam, daß sie von einer konkreten Erfahrung ausgehen: Wie nach der alljährlichen Nilüberschwemmung beim Absinken des Wasserspiegels allmählich kleine Inseln erschienen bis das »Festland« wieder trocken und kultivierbar war, so konnte der ägyptische Mensch allmorgendlich beobachten, wie die (blaue)289 Lotusblüte aus dem Nil hervorkam und wieder aufblühte, nachdem sie ihre B lüten 28 5 286 28 7 288

V gl. dazu oben, l 69ff zur »Hermopolitanischen Konzeption«. Belege siehe oben, Anm. 225. Belege siehe oben, Anm. 226. S. z.B. CT 80 II 34 (s. oben, 174); Edfu V, 84, 1 2ff (RYHINER, L'offrande du Iotus, 45-49 [texte 9]); Urk. Vill 142 (aaO, 1 63; textes 79-8 1). 28 9 Zur Klassifizierung der verschiedenen Lotusarten vgl. MORENZ, Gott auf der Blume, 9 1f; SCHLÖGL, Sonnengott, 9.

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am Abend zuvor geschlossen hatte. Es handelt sich dabei um zwei Bilder für zyklisch erfolgende Regeneration. Etwas anders verhält es sich mit dem Urei. Dieser Vorstellung liegt der Gedanke an die Entstehung durch Geburt zugrunde, einer ganz anderen menschlichen Erfahrung. Wobei zu beachten ist, daß nicht in allen Texten, die diese Vorstellung des Urzustands vertreten - mit Ausnahme des Nun als räumliche Basis - ein Erzeuger (ein Vogel o.a.) genannt wird. Der Urzustand II impliziert bereits die erste Schöpfung des Urgottes. Aus der Emanation dieses Gottes entstehen konstitutive Teile der Welt verborgen in der Gestalt von Göttersöhnen und -töchtern. Deren Funktion besteht darin, die Welt zu strukturieren und in ihrer Struktur zu erhalten. Der Lebensgott Schu dient z.B. als Garant der Weltordnung, die sich in dem Zustand des Getrenntseins von Himmel und Erde manifestiert. 290 Der eigentliche Schöpfungsakt, der unmittelbar aus dem Urzustand II hervorgeht, was den Eindruck einer etwas künstlichen Trennung er­ wecken mag, vollzieht sich auf drei verschiedene Weisen: zum einen in der Einrichtung des Sonnenlaufes, zum zweiten in der Trennung von Himmel und Erde und der Einrichtung der räumlichen Welt und zum dritten in der Vorstellung vom Königtum, als einer geschichts­ bildenden Größe. b) Vorweltschilderungen als »Negation des Kosmos«

Es lassen sich anband des ägyptischen Materials zwei Arten von Vorweltschilderungen nachweisen29t: Zum einen finden wir im Konzept der hermopolitanischen Achtheit das Phänomen einer qualitativen Bestimmung von Vorwelt. Die vier Urgottpaare sind die Personifikationen von Eigenschaften, die das Fehlen von Ordnung und Differenziertheit umschreiben. Während die Götterneunheit - wie bereits oben dargelegtzn - schon in die erste Schaffensphase des Urgottes fällt und somit den Urzustand vor der Entfaltung293 der erlebbaren Welt darstellt, bildet die Achtheit eine bildhafte Darstellung des vorweltlichen Zustandes, 290 An dieser Stelle ist mit den Worten Kilians der strukturelle Unterschied von Acht- und Neunheit hervorzuheben: »Denn die Achtheit will ihrem Wesen nach nur etwas aussagen über den Zustand dieser Welt v o r der Schöpfung, während die Theogonien und Kosmogonien [im Neunersystem von Heliopolis; die Vf.in] etwas über die Entstehung der jetzigen Götterwelt, Natur- und Menschenwelt aussagen wollen« (Gen. 1 ,2, 429). 291 Vgl. dazu ASSMANN, Zeit und Ewigkeit, 21-23. 292 Siehe oben, 1 76ff. 29 3 Dieser Vorgang findet sich bildlich dargestellt in der Trennung des Paares Nut und Geb und in der andauernden Abstützung des Himmelsgewölbes durch Schu bzw. die l:lel}-Götter. Textliche Belege finden sich bei BARTA, Untersuchungen, 1 98, Anm. 1 .

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ist - wie Derchain formuliert - als »Negation des Kosmos« »eine flaue, unscharfe Spiegelung unserer Welt« 294. In der heliopolitani­ schen Tradition fehlt eine eigene Vorweltschilderung. Daß von so et­ was wie Vorwelt - und nicht etwa von einer »creatio ex nihilo« ausgegangen wird, erkennt man an dem Charakteristikum Atums, der Vielfältigkeit als potenzhafte Einheit vorauszugehen. Zudem ist auf­ fällig, daß die sogenannten »als-noch-nicht«-Formulierungen zumeist in Texten auftreten, die tendenziell - soweit man das aufgrund der sehr synkretistisch veranlagten ägyptischen Theologiebildung über­ haupt so sagen kann - der »heliopolitanischen Konzeption« zugehö­ ren. Diese Texte weichen der Frage nach einer inhaltlichen Be­ stimmung der Vorwelt aus, indem sie das Nicht-Vorhandensein des Bestehenden zum Ausdruck bringen. Seit dem NR verzeichnet die thebanische Theologie auch für den Schöpfungsglauben einen Einbruch: Während vor der thebanischen Wende die Schöpfungswelt (jwtt) vom Chaotischen (ntt) in Urzeit und Endzeit (!) umringt ist (Modell Chaos zu Kosmos zu Chaos)295, geht in der thebanischen Theologie Amun (im Bild der Schlange Km3tf) dem Kosmos, der sich seinerseits in ntt und jwtt aufsplittet, voran und beschließt den Kosmos auch (Modell der Einheit zur Viel­ heit zur Einheit). 296 Amun tritt in den thebanischen Hymnen als der personifizierte, alles umfassende Urzustand auf. 297 Entscheidend ist aber für alle Konzeptionen, daß der Schöpfung kein »>Nichts>Chaos« und Vorwelt in der altägyptischen Literatur

Ein zentraler Text für die Verbindung von Vorwelt und >>creatio continua« ist Pyr 30 1 . Es handelt sich mit dieser Anrufung der Urgötter um ein Opfergebet, das der verstorbene König zum Sonnenaufgang zu sprechen hat. In diesem Text wird das Thema des Sonnenaufgangs auf das des königlichen Herrschaftsantritts übertragen. Auf die Götter der Urzeit299 wird hier als Fürsprecher hingewiesen: sie sind es, die den für den Sonnenaufgang notwendigen Kult verrichten, indem sie Opferbrote (p3wtj) darbringen ( §446) - eine Opferform, die nach Sethe300 bereits in der vor­ weltlichen Urzeit festgesetzt worden war, und den Text somit in den Bereich der DERCHAIN, Art. Kosmogonie, 749. Vgl. hierzu ausführlicher JANOWSKI, Rettungsgewißheit, 145- 149. Hierzu AsSMANN, Zeit und Ewigkeit. ASSMANN, Zeit und Ewigkeit, 2 1 . AaO, 23. 299 Pars pro toto finden sich hier erstmalig in Njw I Naunet und Amun I Amaunet die Achtheit erwähnt. 300 Kommentar IV zu §446.

2 94 295 29 6 297 29 8

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Präexistenz verweisen läßt. Die darauffolgende Generation von Opfernden bildet die Triade Atum, Schu und Tefnut (= rwtj >>die beiden Löwenjungen«). Sie gehören ­ als »Schöpfer der Götter« (§447) - bereits in den Bereich der Existenz. Auf dieses zweiphasige Vorstadium des Sonnenaufgangs folgt die alltägliche Geburt der Sonne (= des Königs) in Horus (§450ff) . JOI Weltentstehung und Welterhaltung werden in anderen Texten302 durch eine Wen­ dung miteinander verklammert: sp tpj >>das erste Mal«303 eines sich zyklisch wiederholenden Geschehens.304 Morenz charakterisiert die Zweipoligkeit, die die­ ser Wendung inne ist, wie folgt: >>indem die Anfänglichkeit auf ein Geschehen ein­ geschränkt wird, bleibt Existenz ohne Geschehen vor der Schöpfung möglich [ ...]. Indem aber andererseits der Anfang nur ein Anfang war, insofern einem ersten Mal Wiederholungen folgen müssen, wird zwangsläufig entweder das Telos einer stän­ dig zur Vollendung strebenden Welt oder aber die Idee der Periodizität als des im­ mer neuen Schöpfungsvollzuges gesetzt«.305 Der Vorgang ereignet sich täglich im Sonnenlauf, alljährlich in der Nilüberschwem­ mung sowie bei jedem Herrschaftsantritt eines neuen Pharao306 und wird von der kosmischen Ebene auf die politisch-historische des Königtums übertragen. Er kenn­ zeichnet Schöpfung als einen nicht abgeschlossenen Prozeß. Es gehört zur Ingang­ haltung der Welt dazu, daß die beim ersten Mal bemühten Kräfte tätig bleiben. 307 Es bleibt in diesem Zusammenhang aber unbedingt darauf hinzuweisen, daß die nächtlichen Chaoskräfte von den vorweltlichen Gegebenheiten kategorial zu unter­ scheiden sind: dem Zustand der Präexistenz fehlt jegliche Negativität. Das Weltbild war ursprünglich nicht dualistisch.308 Vielmehr wird die Vorwelt beherrscht von Mattigkeit und Undifferenziertheit. Das eigentlich Negative tritt erst nach der erst­ mals eingerichteten Schöpfung zutage309 durch den Streit zwischen Horus und Seth bzw. durch Apophis3IO. 3 0 1 Vgl. hierzu ASSMANN, Ma'at, 200-2 12. 302 CT 335 IV 1 87d-f (Glosse); vgl. dazu ALLEN, Genesis in Egypt, 32; pBremner-Rhind, 28,20. 303 Wb 33. 1 , 438; vgl. dazu die Belege in Wb 3.2, 89f. 1 24 .. 304 Vgl. dazu K. SETHE, Die Entwicklung der Jahresdatierung bei den Alten Ägyptern (Untersuchungen 3), 1 905, bes. 75ff; dazu MORENZ, Ägyptische Religion, 1 75f. 305 AaO, 175. 306 Vgl. dazu SAUNERON I YOYOTTE, in: Schöpfungsmythen, 98f. 307 So während der Nacht-Fahrt des Sonnengottes, um die Katastrophe - das Aus­ saufen des Nun durch Apophis I die Gier des Wassers (Lehre für Merikare, 1 30ff) und die daraus resultierende Strandung der Barke - zu verhindern; vgl. ASSMANN, Art. Schöpfung, 685 m. Anm. 99; DERCHAIN, Art. Kosmogonie, 750; JANOWSKI, Rettungsgewißheit, 147ff und einschränkend dazu unten, 1 98ff m. Anm. 3 1 2. 30 8 Darin unterscheidet sich das ägyptische Material grundlegend vom mesopotamischen Epos Enüma-elis; vgl. BRANDON, Creation Legends, 62f; vgl. dazu. zuletzt ASSMANN, Maat und die gespaltene Welt, 93ff. Er weist auf ein denkwürdigen Motiv in der hermopolitanischen Schöpfungsvorstellung hin, und zwar auf das des Messersees I Flammensees (dsds'). S. dazu oben, 1 68f. 309 Vgl. dazu die >>als-noch-nicht«-Formulierungen z.B. in Pyr 486 § 1 040; 570 § 1463; TB 50,4; sowie das Kuhbuch, das Assmann zur Kategorie der >>Urverschul­ dungsmythen« zählt. Die einzige Ausnahme bildet der Hymnus 206 § 14 an Neith aus Esna (SAUNERON, Esna III, 32 [Text] ; V, 265f [Übersetzung+Kommentar]), wo die Geburt des Apophis im Rahmen des Schöpfungsgeschehens berichtet wird. 3 1 0 TRAUNECKER, Les Dieux, 92f, charakterisiert Apophis als »non-ordre« und Seth als >>desordre«. Zu dem gesamten Komplex vgl. ASSMANN, Art. Schöpfung,

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J. Assmann schreibt in seinem Buch »Stein und Zeit« im 10. Kapitel: »Eine Welt, die >Geschichte als Fest< (Hornung 1 966) versteht, in der jeder König schon mit seiner Thronbesteigung alle Chaosmächte überwunden und das Land in den Urzustand des Heils zurückgeführt hat, in der sogar jeder Sonnenaufgang den Feind niederwirft und die Schöpfung erneuert, lebt fortwährend im Heilszustand einer realisierten Eschatologie. Jeder König ist kraft Amtes fast ein Messias: bis auf den Umstand, daß er nie Gegenstand der Erwartung ist. Unheil gibt es in dieser Welt nur im Sinne einer dogmatischen Fiktion und kommt nur im Modus der Behobenheit, des Überwundenseins zur Sprache, um der Rolle des Königs als Heil­ bringer zum Objekt zu dienen«.31 1 Im Rahmen der Schöpfungslehre dagegen wird jeglicher Dualismus vermieden. Die Schöpfung als solche - das >erste Mal< (sp tpj) des Sonnenaufgangs und darin der Beginn der kosmischen wie der politischen Geschichte - ist positiv. Das Negative tritt - zumeist in Form eines Aufruhrs der Menschen (vgl. Buch von der Himmelskuh) - erst sekundär in das Weltgeschehen ein.3 1 2 Der vorweltliche Chaoskampf (richtiger: ChaosdrachenkaiD:pf313) - wie wir ihn aus dem babyloni­ schen Weltschöpfungsepos kennen - ist in Agypten kein Thema.314 An dieser Stelle entzündet sich eine forschungsgeschichtliche Auseinandersetzung. Denn über die Frage, in welchem Verhältnis Chaos bzw. besser: Vorwelt und Schöpfungswelt zueinanderstehen, gibt es zwei unterschiedliche Einschätzungen. So vertritt Erik Homung3 1 5 die Auffassung, »daß die Schöpfung nicht streng abge­ grenzt ist gegen das, was vor ihr war, sondern der chaotischen Unwirklichkeit of­ fensteht; und so hat die eschatologische Drohung des 175. Totenbuchkapitels, die Erde werde wieder >in den Nun und in den I:Ial:I kommen< [d.h. in die Urflut zu­ rückversinken], eine furchtbare Realität«, die sich nicht erst am Weitende, sondern auf individueller Ebene bereits in der Erfahrung von Schlaf und Tod manifestiert. So erklärt Hornung sich dann auch das immense Interesse am Totenkult: Denn die »Ordnung ist vergänglich, Unsterblichkeit gehört einzig der außerhalb des kosmi­ schen Kreislaufs liegenden chaotischen Weltsphäre«3 1 6 an. Dem widerspricht J. Assmann zumindest für die Texte seit dem NR und bemüht sich gleichsam um eine differenziertere Einschätzung des Verhältnisses von Vorwelt

685 ; ausführlich DERS., Ma'at, 2 1 ff, gegen HORNUNG, Chaotische Bereiche, 32; DERS., Der Eine, 175f und zuletzt DERCHAIN, Art. Kosmogonie, 750. 3 1 1 ASSMANN , Königsdogma und Heilserwartung, 259. 3 1 2 Die einzige Ausnahme, die diesbezüglich anzuführen wäre, ist ein Hymnus an die Göttin Neith aus Esna (aus der Zeit Trajans, d.h. ca. 98- 1 1 7 n.Chr.). In diesem Hymnus heißt es, nachdem von der Entstehung des Landes, der Achtheit und der Sonne durch Neith berichtet worden ist, dem Sinn nach: (206, 1 1 ) Die Urgötter stie­ ßen das Ausgespiene aus Neiths Mund, das sie inmitten des Urgewässers gemacht hatte, zurück; und es verwandelte sich in eine Schlange von 120 Ellen Länge, die Apophis genannt wurde. Sein Herz enthielt die Revolte gegen Re zusammen mit den aus seinem Auge hervorgegangenen Kumpanen. Übersetzung aus dem Französischen nach der äg-frz. Übersetzung von SAUNERON, Esna V, 265. 3 13 Vgl. dazu unten, 254ff. 3 1 4 Assmann (Maat und die gespaltene Welt, 95) formuliert folgendermaßen: »Die Welt, wie sie aus den primordialen Unterscheidungen entsteht, ist ohne Konflikt, und die Vorstellung eines kosmogonischen Chaoskampfes ist den ägyptischen Mythen fremd.« 3 1 5 Chaotische Bereiche, 29. 3 1 6 AaO, 32.

Parallelen und Differenzen in ägyptischen Weltentstehungsaussagen

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und Schöpfung. Seiner Ansicht nach3 17 handelt es sich in Ägypten in der Regel um einen »sekundären Dualismus«318. D.h., daß das in der Vorwelt Existierende nicht als negative Größe klassifiziert werden kann, sondern im Sinne von »Kontrasti­ vität« verstanden werden muß.319 Nun finden sich darüber hinaus in der ägyptischen Literatur seit dem MR320 aber auch Aussagen finden, die auf einen Chaoskampf im Modus der »behobenen Krise«321 hindeuten. Es handelt sich dabei um Texte, die »konkrete historische Details einbetten in die Topik allgemeinen Unheils«, welches jedoch in dieser Zeit noch nicht »ins Kosmische ausgeweitet« wird, sondern »strikt eingegrenzt auf den Bereich der vom Menschen zu verantwortenden Mißstände«.3 22 Das Chaos resul­ tiert also aus der menschlichen Unfähigkeit, die schöpfungsgemäße Ordnung (Ma'at) anzuerkennen und walten zu lassen, - und nicht etwa aus der Übermacht einer kosmischen Unheilsgröße. Es ist »deutlich, daß es in diesen Klagen zumindest in erster Linie weder um Naturkatastrophen, noch um politische Machtkämpfe geht, sondern um die Gefährdung der Kultur als einer Ordnung menschlichen Zu­ sammenlebens und die Angst vor dem Rückfall in die B arberei des Natur­ zustands . « 3 2 3 Ähnlich präsentiert sich das Bild in den politischen Chaos­ beschreibungen des NR3 24 Auch hier gilt: Kultur »ist die Schöpfung schlecht­ hin«3 2 5 . Bezugspunkt ist eindeutig das Königtum. Erst in der Spätzeit fällt die Zunahme kosmogonischer Sprache und Themen um ihrer selbst willen auf. Es han­ delt sich um religiöse Chaosbeschreibungen, die die Notwendigkeit der allmor­ gendlichen Chaosüberwindung im Sonnenlauf zum Thema haben. In ihnen werden die beiden Traditionen der politischen und kultischen Chaosbeschreibung einander angenähert und schließlich in der Asklepios-Apokalypse3 26 zusammengefaßt.

3 1 7 Vgl. dazu DERS., Theologie und Frömmigkeit, bes. 3. + 8. Kap. sowie zuletzt Ma'at, bes. 6. Kap., hier 1 76f. 3 1 8 ASSMANN, Ma'at, 176f; vgl. zuletzt DERS., Ägypten. Eine Sinngeschichte, 1 66. 3 1 9 Vgl. Sauneron I Yoyotte (in: Schöpfungsmythen, 40) : »Das Chaos kann nicht erklärt werden, es hat mit nichts Ähnlichkeit, es ist gewissermaßen das >Negativ< des Seienden.« 3 20 Die Textbasis bilden die sog. Admonitions, Klagen an den Schöpfergott in der Redeform von der »verkehrten Welt«, die die Intention einer »Totenklage über ganz Ägypten« verfolgen; vgl. ASSMANN, Königsdogma und Heilserwartung, 262. 3 2 1 Vgl. dazu zuletzt Assmann (Maat und die gespaltene Welt), der auf einer Unterscheidung in vorweltliches Chaos und innerweltliches Unheil besteht, während JANOWSKI, Rettungsgewißheit, 145f mit Verweis auf Hornung das chaotische Element als aus der Vorwelt übernommen in die Welt Hineinragendes begreift. 3 22 ASSMANN, Königsdogma und Heilserwartung, 264. 3 2 3 Assmann, aaO, 27 1 . 3 24 S o in der Prophezeiung des Nerferti ( 1 8. Dyn.); vgl. zum Text LICHTHEIM, Ancient Egyptian Literature I, 139- 145 mit Literatur, und eine genauere Analyse bei ASSMANN, Königsdogma, 27 1 -275. Zum Töpferorakel vgl. ASSMANN, aaO, 276278, und zu den Königsinschriften des NR aaO, 278-282. 3 2 5 AaO, 274. Sowie die Götterwelt mit dem Kosmos gleichzusetzen ist: »Der Polytheismus ist Ausdruck des differenzierten >Eigenlebens< der Schöpfungswelt im Sinne eines >bio-< und >soziomorphen< Weltmodells, das in Äg.[ypten] immer den Vorrang hat vor >technomorphen< Schöpfungs- und Weltvorstellungen« (so ASSMANN, Art. Gott, 768 ) . 3 2 6 Vgl. dazu aaO, 287.

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Trotz der inneren Entwicklung, die die Gattung »Chaosbeschreibung« vom MR bis zur Spätzeit durchläuft, bleibt zu betonen, daß es nirgends um urzeitliehe Ereignisse geht, sondern stets um solche, die die geschichtliche Lebenswelt betreffen. Hinweise auf einen Rückfall der Schöpfung in ihren Urzustand beziehen sich stets auf die Hoffnung einer Besserung der vorfindliehen Lage. 327 So ist es m.E. auch unzulässig, wenn M. Görg versucht, die crux interpretum von iii:lj 1iin anband ägyptischer Beg�ffe und Bilder zu erklären, die aus dem themati­ schen Komplex des königlichen Uberwindens der Feinde stammen. Sowohl seine etymologische Ableitung32 8 von th3 »abweichen, verfehlen«329 und bh3 »fiie­ hen«33 0 als auch der Hinweis »zur Ikonographie des Chaos«33l weichen weit ab von jeglichem kosmogonischen Kontext. In den beiden zitierten Tempelreliefs aus dem Ramesseum geht es ausschließlich um die Überwindung der fremdländischen Feinde im Verlauf der Schlacht bei Kadesch, und damit zwar um den thematischen Kreis des Welterhalts, aber keineswegs um vorzeitliches Geschehen im Sinne von Weltentstehung.332 Um einer Verwechslung von vorweltlicher »Chaos«schilderung und geschichtlichen Chaosbeschreibungen vorzubeugen, scheint es ratsamer, im kosmogonischen Kon­ text die Rede von der »Vorwelt« oder »Präexistenz« dem Terminus »Chaos« vorzuziehen.

c) Anmerkungen zum altägyptischen Weltbild

Wie bereits H. Schäfer in seinem Aufsatz333 betont hat, kann von dem ägyptischen Weltbild keine Rede sein. Wie die Schöpfungsvorstel­ lungen so sind auch die Vorstellungen vom Weltaufbau uneinheitlich, widersprüchlich und zudem nur selten systematisiert334 dargestellt. Wenn auch davon auszugehen ist, daß hinter »der komplexen Fülle der Einzelphänomene ... dieselben Grundprinzipien«335 stehen. Aus 3 27 Der in diesem Kontext immer wieder aufgeführte Totenbuchspruch 175, der das Weltende in Aussicht stellt, indem die Schöpfung in den Urzustand zurückfällt, ist insofern zu entschärfen, als dieses Ende in solch weite Feme gerückt wird, daß es das Ewigkeilsverständnis kaum aufzuheben vermag; vgl. dazu Assmann, Königsdogma und Heilserwartung, 266f mit Anm. 37, und kontrovers HORNUNG, Verfall, 447ff. 3 28 Deutungsvorschlag, 43 1 -434. Zu der Bewertung, s. oben, 1 1 5 m. Anm. 34 1 . 3 29 Als »Ausdruck einer grundsätzlichen Verkehrung der >OrdnungFlußprüfung< seine Relevanz für die assyrische Ordnung unter Beweis stellen, während seine eigentliche Investitur, wie sie im Enüma elis Thema ist393, auf den Stadtgott Assur übertragen wird. 394 Weitaus weniger polemisch ist die Auseinandersetzung mit dem Mardukkult in der Inschrift der Gründungsstele des Akitu-Hauses in Assur.395

Sein Nachfolger Asarhaddon baute Babyion wieder auf, führte den Kult wieder ein und rechtfertigte die Zerstörungsaktion Sanheribs, indem er sie auf ungünstige Omina, göttlichen Zorn und unloyales Verhalten der Einwohner Babyions zurückführte.396Marduktempe1J97 und Akitu-Haus39 8 sind Orte, die gleichermaßen im Kontext der 39 0 Text bei LIVINGSTONE, Explanatory Works, 203-253 (Textrekonstruktion); DERS., SAA III , 82-9 1 (Nr.34f) mit weiteren Literaturangaben.

39 1 Livingstone (SAA III , XXIX) zieht der Gattungsbezeichnung »commentary« die der >>explanatary composition« vor, da es sich weniger um einen Kommentar als um eine neue Darstellung in Anlehnung an das babylonische Vorbild handelt. 39 2 S. auch die assyrischen Versionen des Enüma elis (KAR 1 17 ; 1 43), in denen Marduk gegen Assur ausgetauscht wird; vgl. dazu LIVINGSTONE, Explanatory Works, 232 mit Anm. 12; DERS ., SAA III, XXII. 393 KAR 143, 54-60. 394 Vgl. dazu A. LIVINGSTONE, Explanatory Works, 232. Er weist aber auch auf eine Identifizierung Assurs mit Ansar seit sargonidischer Zeit hin (aaO 222.232; vgl. 22Sf); vgl. DERS., SAA III , XVII. S. unten, 259ff. 395 Vgl. LUCKENBILL, OIP 2, 1 34ff. 39 6 Wenn auch der Mardukkult erst wieder unter Assurbanipal (669-627 v.Chr.) aufgenommen wurde; vgl. dazu SOMMERFELD, Art. Marduk, 366; - anders Oates (Babylon, 8 1 f), die lediglich die Rückkehr der Mardukstatue und die Restaurierung Esagilas durch Assurbanipal feststellt, den Mardukkult an sich aber bereits z.Zt. Asarhaddons für restituiert hält. 397 Erste Hinweise auf Esagila als Marduktempel in Babyion reichen in die altbab. Zeit; vgl. SOMMERFELD, Aufstieg Marduks, 2 l f.26.33. Der Tempel selbst ist zwar bereits in der Ur III-Zeit belegt, war damals aber noch kein Mardukheiligtum (so 0ATES, B abylon, 60). Erst seit Harnmurabi wird Marduk außerhalb Babyions offiziell verehrt (dazu wiederum SOMMERFELD, aaO 34). - In Assyrien ist ein Marduktempel in mittelassyr. Zeit erstmals bei Assur-uballi� ( 1 356- 1 330 v.Chr.) belegt. Seit Tukulti-Ninurta I. ( 1 244- 1 208 v.Chr.), der nach der Eroberung Babyions die Mardukstatue aus Esagila nach Assur bringt, findet sich die Zelebration des Neujahrsfests mit Marduk als Hauptgott belegt. Der assyrische also nicht importierte - Ritualtext könnte darauf schließen lassen, daß es sich um eine Art Triumphfest anläßlich der Eroberung der Statue gehandelt habe; vgl. dazu SOMMERFELD, Aufstieg Marduks, 1 94. 398 In Babyion ist das Akitu-Haus (inschriftlich) erstmals z.Zt. Samsuilünas belegt (so HALDAR, Art. Festhaus, SO). In Assyrien ist es bereits seit mittelassyrischer Zeit belegt (aaO). - In neuassyrischer Zeit berichtet Sanherib in einer Bauinschrift, daß er auf Geheiß eines Orakels von Schamasch und Adad in Assur ein Akitu-Haus

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Religionsgeschichtliche Untersuchungen zu Gen I, 1-3

Parallelen und Differenzen in mesopotamischen Weltentstehungsaussagen

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babylonischen wie assyrischen Enuma elis-Rezeption von Bedeutung sind.399

1 . Formgeschichtliche Aspekte: Zur Funktion von Einleitungs­ sätzen4os in Texten mythischen Inhalts

Der Sitz im Leben von Akitu-Haus und Ee. ist u.a.400 das Neujahrsfest, im Laufe dessen am vierten Tag das Epos an eben diesem Ort deklamiert worden ist.401 Es ist aber davon auszugehen, daß das Ee. der Endpunkt der mesopotamischen Ent­ wicklung von Weltentstehungskonzeptionen ist, der, verglichen mit dem älteren Material, die umfangreichste Sammlung von verschiedensten Traditionen aus dem Blickwinkel der Investitur des Stadtgottes Marduk darstellt.402 W.G. Lambert403 qualifiziert das Ee. als »a sectarian and aberrant combination of mythological threads woven into an unparalleled composition«, die nicht vor 1 1 00 v.Chr. entstanden ist.404

E. Reiner406 nennt zwei verschiedene Einleitungsarten in mythischen Erzählungen: Einige dieser Texte beginnen Iiedhaft mit einer Einlei­ tungshymne407, andere erzählend mit der in ü(ma)/» als « Formel.408 In unserem Zusammenhang ist der zweite Typus von Interesse.409

Auch das vorliegende Kapitel untergliedert sich in drei thematische Unterabschnitte, von denen sich der erste (III. l ) den formgeschichtli­ chen Aspekten von Vorweltschilderungen widmet. Da kosmogonische Aussagen - im Unterschied zu ägyptischen Texten - in Mesopotamien häufig am Textbeginn stehen, impliziert dieser Sachverhalt eine Untersuchung von Textanfängen in mesopotamischen Texten im all­ gemeinen. Der zweite Unterabschnitt (III .2) befaßt sich mit den mo­ tivgeschichtlichen Fragen. Welche Vorweltmotivik herrscht zu wel­ cher Zeit in welcher theologischen oder kulturellen Tradition vor? In einem dritten Abschnitt werden einige kurze Anmerkungen zur Vorweltmotivik insgesamt und zum mesopotamischen Weltbild ge­ mäß dem Enüma elis gemacht.

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a) Erzählanfänge mit temporalem Nebensatz (eniima) in mythischen Texten

Als Beispiel für einen solchen Erzählanfang dienen die mittelbabylo­ nische Fassung der Geschichte von Nergal und Ereskigal, die altbab. Fassung des Atram-basis-Epos und das seit neubabylonischer Zeit belegbare Enüma elis.4 1 0 Ein typisches Merkmal dieses Einleitungs­ typus ist es, daß gleich zu Anfang im Anschluß an eine temporale Umstandsbestimmung in das Geschehen eingeführt wird. So in der rnittelbab. Fassung von Nergal und Ereskigal, Z. l -34 1 1 : i-nu-ma ilu is-ku-nu qe-re-e-ta a-na a-!Ja-ti-!iu-nu E-re-es-ki-i-ga-a-al is-pu-u-ru ma-a-ar Si-i-ip-ri »Als die Götter ein Gastmahl veranstalteten, Schickten sie zu ihrer Schwester Ereskigal einen Boten: ... «

4 05 In der sumerischen Literatur übernehmen diese Einleitungssätze zugleich auch

baut, um das Neujahrsfest zu feiern, einen längst in Vergessenheit geratenen Kult, den er in dem neuzuerrichtenden (zu restaurierenden Tempel ?) wiedereinführen will; vgl. LUCKENBILL, Ancient Records I, 1 83ff, hier no. 436, vgl. aber auch no. 435-36.44 mit variierenden Angaben; DERS., OIP 2, 1 35ff. 3 99 S. dazu unten, 258. 400 Zum Sitz im Leben vgl. VAN DER TOORN, New Year Festival, 337f; zuletzt PONGRA1Z-LEISTEN, INA SULMI IRUB, 74ff. 40 1 Siehe dazu BOTTERO, L'epopee, 1 14, in Anlehnung an THUREAU-DANGIN, Rituels accadiens, 1 36.280ff; vgl. LAMBERT, The Great Battle, 1 89f. 402 Marduk ist z.Zt. Harnmurabis zum Stadtgott Babyions aufgestiegen, was einige Forscher vermuten ließ, daß auch Enüma EliS l!ls Gründungslegende seines Tempels und Kults in diese Zeit zu datieren ist. Lambert geht von einer Entstehung des Epos im 12 ./1 1 . Jh. aus (2. Dyn. von Isin) z.Zt. Nebukadnezars I. Zur Diskussion vgl. BOTTERO, L'epopee, 1 14f mit Angaben von Literatur; vgl. auch SOMMERFELD, Aufstieg Marduks, und oben, Anm. 380. 403 A New Look, 99f; DERS., The Reign of Nebuchadnezar 1., 6f. l0. 404 Vgl. zur Datierung zuletzt ders. (in: TUAT III/4, 565 und auch 569), wo er die Datierung noch ins I . Jt. vorrückt wegen fehlender Keilschriftfunde, die über das 9./ 1 0. Jh. hinausgehen.

die Funktion von Überschriften; dazu KRECHER, in: Altorientalische Literaturen, 1 17 . Zu den babylonischen und assyrischen Texten vgl. REINER, in: Altorien­ talische Literaturen, 1 55f. Krecher (Art. Literarische Kataloge, 479f) weist darauf hin, daß sowohl die Zitation von literarischen Texten mit ihrem Anfangswortlaut als auch die mit einem Titel (seit dem s.n. Jh.), der sich auf den Charakter einer Serie oder die Fixierung einer Textgruppe bezieht, vorkommt. 406 AaO, 165. 407 Z.B. Gilgames, Erra und Anzil (REINER, aaO, 1 65); weitere Beispiele finden sich in CT XV 1 -2; CT XV 3-4; das Agusaja-Lied (altbab.), das Adad-Narari-Lied (mittelass.); vgl. WILCKE, Anfänge, und DERS., Formale Gesichtspunkte, 239ff. 408 Als Varianten sind in üma I enu I inu belegt. S. zu dem ganzen Komplex ausführlich WILCKE, Anfänge, 2 14ff. Daß diese Einteilung auch für die sumerische Literatur gilt, entfaltet Wilcke (Formale Gesichtspunkte, 239ff) und verweist darauf, daß erzählende Prologe bis auf eine Ausnahme (Hymne an Sulgi B ; aaO, 241 f) an erzählende Texte gebunden sind, während die liedhaften Prologe in ganz unterschiedlichen Kontexten auftreten. 409 Vgl. dazu die entsprechenden Artikel in AHw und CAD mit den angegebenen Textbelegen, von denen nur eine Auswahl der Stellen berücksichtigt wird, in denen es um die Belege von Temporalsätzen mit Vergangenheitsbezug (>>als« u.a.) am Textanfang oder mit kosmogonem Kontext geht. 4 1 0 Vgl. REINER, aaO, 1 65 ; ergänzend dazu WILCKE, Anfänge, 1 59- 1 74. 4 1 1 Text bei KNUDZON, EI-Amama-Tafeln, 357; Transkription und Übersetzung bei WILCKE, Anfänge, 1 59.

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Parallelen und Differenzen in mesopotamischen Weltentstehungsaussagen

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5) e Ames _su-nu iS-te-nis i-!Ji-qu-u-ma 6) e gi-pa-ra la ki-i!j-!fU-ra !fU-!ja-a la 5e- 'u 7) e e-nu-ma DINGmmes la 5u-pu-u ma-na-ma 8) e S!t-ma Ia zuk-ku-ru Si-ma-tU l[a Si-mu] 9) F i[b ]-ba-nu-ma DINGIR.DINGIR qf-rib-su-un 10) F l.a[!J]mu di.a-!Ja-mu 5u-ta-pu-u-5u-nu iz-zak-ru

oder in der altbab. Fassung des Atrambasis-Epos (Atr.), 1, 1 -74 12 : i-nu-ma i-lu a-wi-lum ub-lu du-ul-la iz-bi-lu S!t-up-Si-[i]k-ka S!t-up-Si-ik i-li ra-bi-[m]a du-ul-lu-um ka-bi-it ma-a-ad 5a-ap-5a-qum ra-bu-tum dA-nun-na-ku se-be-et-tarn du-ul-lam u-5a-az-ba-lu d[-g[i-g]i A-nu a-bu-5u-nu sa[r-r]u

29) i [i-nu]-S!t ZU.AB za-[(x)]-ri DINGIR.DINGIR ra-bf-u-tim 30) i [i]s-si-ma dMu-um-mu suk-kal-la-S!t i-zak-kar-S!t »Als man aufwärts die Himmel noch nicht benannt hatte, nach unten hin die Erde mit Namen nicht gerufen war417, war (schon) Apsi1, der erste, ihr Erzeuger, war (schon) Mummu-Tiämat ihrer aller Gebärerin ­ wobei sich ihre Wasser miteinander vermischten418. Das Röhricht? hatten sie noch nicht zusammengefügt, das Sumpfgebiet damit noch nicht gefüllt. 419 Als die Götter noch nicht hervorgebracht waren, kein einziger, sie mit Namen noch nicht gerufen waren, ihnen die Schicksale noch nicht bestimmt waren, da wurden die Götter in ihrem lnnem geformt. Lanmu und LatJämu wurden hervorgebracht, wurden mit Namen gerufen.

»Als die Götter Menschen waren,413 leisteten sie (Fron)arbeit, trugen sie das Ziegelbrett ­ Das Ziegelbrett der Götter war groß, und darum war die Fronarbeit schwer - viel gab es an Mühsal ­ wobei die großen Anunna siebenfach die Igigil die Fronarbeit verrichten ließen. Anu, ihr Vater war König; . . . «4 1 4.

Parallel dazu konstruiert scheint der Anfang des Ee. 14 1 5: 1 ) e t;-nu-ma [e]-lis ta na-bu-01 6 sa-ma-mu 2) e 5ap-lis a[m-ma]-tum S!t-ma la zak-rat 3) e ZU. AB-ma r[e]s-tu-u za-ru-S!t-un 4) e mu-um-mu Ti-amat mu-al-li-da-at gim-ri-su-un

Da rief Apsi1, der Erzeuger der großen Götter, seinen > Vesir( Mummu, indem er zu ihm sprach: ...(( ,

4 1 2 Text und Edition s. LAMBERT I MILLARD, Atra-basi.s; zuletzt VON SODEN, in: TUAT llll4, 6 12ff. 4 1 3 Zu den Übersetzungsproblemen der ersten Zeile vgl. WILCKE, Anfänge, 1 60f, Anm. 1 2 ; VON SODEN, Mottoverse, 235 (vgl. TUAT 11114, 6 1 3 . 6 1 8); POSTER, Before the Muses I, 1 59, Anm. 1 (mit Verweis auf Lamberts [Atra-basi.s, 42f] und Gronebergs abweichende Übersetzung). 4 1 4 Transkription und Übersetzung bei WILCKE, Anfänge, 1 60f; vgl. LAMBERT I MILLARD, Atra-t}asi.s, 42f. 4 1 5 Text: CT XIII 1 (K 541 9c); vgl. die Textzusammenstellung bei WILCKE, Anfänge, 1 63ff, zum vereinheitlichten Text LAMBERT I PARKER , Enüma Elis ( Ee.); Edition: LABAT, Le poeme babylonien; WILCKE, Anfänge, 1 64ff; Über­ setzung: ÜPPENHEIM, Mesopotamian Mythology I, bes. 207f; HEIDEL, Babylonian Genesis, 1 8-60; DALLEY, Myths from Mesopotamia, 228-277; BOTTERO, L'epopee, 1 1 3- 1 62; BOTTERO I KRAMER, Lorsque !es dieux, 602-679; POSTER, Before the Muses I, 3 5 1 -402 (mit ausführlichen Literaturangaben auf S.40 1 f; LAMBERT, in: TUAT 11114, 565ff. Zur Transkription und Übersetzung vgl. WILCKE, Anfänge, 1 64. 1 66f 4 1 6 Zur Übersetzung von nabu »benennen« bzw .. »existieren«: Wilcke übersetzt »Als man aufwärts die Himmel noch nicht benannt hatte« und versteht nabu als transitiven Stativ (aaO, 1 66 Anm. 1 5). Passivisch übersetzt Dietrich (Kosmogonie, 1 75): » ( l ) Als droben die Himmel nicht genannt waren, (2) als unten die Erde keinen Namen hatte, , . ,(( (vgl. VON SODEN, Mottoverse, 237). Heide! (Babylonian Genesis, 1 8 Anm. 1 8) weist auf die Bedeutung von nabu im Sinne von »existieren(( hin. Vgl. zuletzt ausführlicher PONGRATZ-LEISTEN, INA SULMI IRUB, 87 m. Anm. 9, die herhorhebt, daß im Akt der Namengebung Weltschöpfung und Welt­ ordnung als Synonyme behandelt werden . =

Alle genannten Beispiele sind durch die Satzfolge Protasis (eingeleitet durch enüma) - Apodosis charakterisiert. Trotz dieser Gemeinsam­ keit, sind die Textbeispiele syntagmatisch nicht gleichzusetzen: Während Nr. l durch einen unmittelbaren Erzählbeginn und Hand­ lungseinsatz (ab Z.2 Apodosis mit einem Abschnitt in wörtlicher Rede und infolge die Reaktion der Angesprochenen)420 hervorsticht, folgt auf den Einleitungssatz in den anderen beiden Beispielen ein

4 1 7 An dieser Stelle weist Wilcke auf eine andere Lesung (nabU als transitiven Stativ) hin als gemeinhin üblich; vgl. dazu aaO, 166 m. Anm. 1 5. 4 1 8 Auch an dieser Stelle findet sich eine Übersetzungsdifferenz, in der (mit C) das Verb als Präsens aufgefaßt wird im Sinne eines Zustandssatz (aaO, 1 66 Anm. 1 6 mit Hinweis auf Anm. 1 3). 4 1 9 Vgl. zum Diskussionsstand Dietrich (Kosmogonie, 175f), der Z.6 folgender­ maßen übersetzt: »als das abgestorbene Schilf(= giparu) sich noch nicht angehäuft hatte, Rohrdickicht nicht zu sehen war« (vgl. GARELLI I LEIBOVICI, in: Schöpfungsmythen, 1 34), und Oppenheim (Mesopotamian Mythology, 207f), der diesen Vers für ein sumerisches Relikt hält. - In jedem Fall ist das Motiv des Schilfrohrs in anderen Schöpfungstexten im Kontext von Vorweltschilderungen bzw. »Als-noch-nicht(>When Anu Enlil and Ea, the great gods, created heaven and earth and marle manifest the celestial signs, [they fixed the stations and estab]lished the positions ...«452

Ein weiteres Beispiel liefert der Prolog des Kodex Hammurabi: I 1) i-nu Anum (AN) :?i-ru-um 2) sar (LUGAL) dA-nun-na-ki 3) dEllil (EN.LfL) 4) be-el 5a-me-e 5) u er-:fe-tim 6) sa-i-im 7) si-ma-at mätim (KALAM) 8) a-na dMar­ duk (AMAR.UTU) 9) märim (DUMU) re-e5-ti-im 1 0) sa dEa (EN.KI) 1 1 ) dEflil (EN.LfL)-ut 1 2) ki�sat (KIS) ni-si q) i-si-mu-sum 14) in I-gi4-gi4 1 5) u-5ar-bl-u5u 1 6) Bäbilam (KA.DINGIR.RA)k1 1 7) sum-su :?i-ra-am ib-bu-u ... 27) i-nu-mi­ su 28) J!a-am-mu-ra-pf 29) ru-ba-am 30) na-a '-dam ... 45) Anum (AN) 46) u dEllil (EN.LIL) 47) a-na si-ir ni-si 48) pi-ub-bi-im 49) fu-mi ib-bu-u ...453 ,, 1 Als der erhabene Anu, 2 der König der Anunnaku, 3 und Enlil, 4 der Herr des Himmels 5 und der Erde, 6 der Bestimmer 7 der Geschicke des Landes, 8 dem Marduk, 9 dem erstgeborenen Sohn 1 0 des Ea, 1 1 die Enlil-Würde 1 2 über alle Menschen 1 3 bestimmten, 14 und unter den Igigu 1 5 ihn groß machten, Babel 1 7 mit seinem erhabenen Namen nannten, ... 27 damals haben mich, 28 Hammurapi, 30 den frommen 29 Fürsten, .. 45 Anu 46 und Enlil, 47 um für das Wohlergehen der Menschen 48 Sorge zu tragen, 49 mit meinem Namen ernannt.«454 .

Eine ähnliche Konstruktion findet sich auch im kalt2-Ritual455: 444 Vgl. aber oben, Anm. 426. 445 Zu diesen Kategorisierungen vgl. HECKER, Untersuchungen, 80ff, bes. 84f. 446 Als Beleg mag hier der Hymnus Assurbanipals an Marduk (ABRT 1,29-3 1 ; Edition: JENSEN, Texte, 108- 1 17) dienen: >>Ich huldige deinem Namen, I Marduk,

überlegenstarker unter den Göttern, I Deichgraf von Himmel und Erde, der schön erzeugt ward, I ganz allein hoch ist. Du bist Träger der Anuschaft, I Ellilschaft und Easchaft, I der Herrschaft und des Königtums; du vereinigst alle Weisheit, I Vollkommener an Kraft! Gehegter Berater, I hocherhabener Herrscher, I allgegenwärtiger, überaus großer, seine Herrschaft prächtig gestaltete, I den Widerstand für Anu organisierte! ... « (FALKENSTEIN I VON SODEN, SAHG, 249f [Text 6] ; vgl. HE CKER, in: TUAT 11/5, 765); .vgl. dazu auch HEC K E R ,

Untersuchungen, 73ff, der darauf hinweist, daß sich in dem Hymnus zwar Rekurse auf die Handlung des sog. Weltschöpfungsepos finden, daß diese aber nicht historisch ereignishaft, sondern iterativ zu verstehen sind, und somit in kein Handlungsschema gehören (aaO, 75). 447 Vgl. dazu WILCKE, Anfänge, 1 57ff. Zu Text, Edition und Übersetzung vgl. POSTER, Before the Muses I, 437-442.460. 448 Vgl. die Hinweise bei WILCKE, Anfänge, 1 59 Anm. 10; CAD I, 1 52f. 1 58ff; AHw 1 , 382ff, und allgemein zu temporalen Nebensätzen GAG § 1 70.

e-nu-ma dA-nu ib-nu-li 5ame-e dNu-dim-mud ib-nu-li apsa su-bat-su dt-a ina apsf iq-ru-$ll !i-ta[-am] ib-ni ...

449 K 598 1 und K 1 1 867 (Niniveh; VIROLLEAUD, Astrologie Chaldeenne, no. l ) ; vgl. KING, Seven Tablets I , 1 24ff; Textrekonstruktion bei WEIDNER, AfO 14, 1 93.

45 0 VAT 9805.9808 (Assur); vgl. WEIDNER, AfO 1 7, 89, und zuletzt ROCHBERG­

HALTON, Aspects, 252 (zur Rekonstruktion von E). 270f (Transkription und Über­ setzung) .

4 5 1 Die Transkription und Übersetzung dieser Version findet sich bei KING, Seven

Tablets I, 1 26f. 4 5 2 Transkription und Übersetzung der assyrischen Version stammen aus ROCHBERG-HALTON, Aspects, 270. 4 5 3 Zum 'ext s. BüRGER, BAL II, 286 und zur Transkription BAL I, 5. } stammt von BüRGER, in: TUAT 1/1 , 40. 454 Die Ubersetzung 455 BE. 1 3987 (BMisc. XII, 1 2), ediert von THUREAU-DANGIN, Rituels accadiens, 46f; vgl. LABAT, in: Les Religions du Proche-Orient, 76f; BOTIERO, Les textes cosmogoniques mineurs, 293ff; HECKER, in: TUAT 11114, 604f.

220

Religionsgeschichtliche Untersuchungen zu Gen 1 , 1 -3

»Lorsque Anu crea le ciel, que Nudimmud :_rea l'Abtm� (des �au�), sa demeure, Ea prit dans l'Abtme une p01gnee d argile et crea . . . «456 (Aufzählung der für den Tempelbau nötigen Götter und Werkstoffe).

Auch die >Spinnenfabel>when« so z.B. A.0.76. 17, Z. 1 4ff). 50 1 Vgl. HUROWITZ, I have Built, 95 . . . 50 2 Mit diesem Motiv handelt es sich um eine Anleihe aus der Kömgsideolog1e. Hurowitz verweist hier auf die Statue des Idrimi (aaO, 93). 503 Vgl. LAMBERT, in: TUAT 11114, 5 7 1 f; DALLEY, Myths from Mesopotamia, 235.

A

.

Parallelen und Differenzen in mesopotamischen Weltentstehungsaussagen

225

det hat (Ee. V,63), baut er Esagila und Babyion als Heimat der großen Götter (Ee. V, 1 1 3ff. VI,45ff). Zu diesem Pattern vom siegreichen Gott504 tritt als weiteres Motiv das des Tempel­ baus als Höhepunkt des Schöpfungsgeschehens hinzu505, eine Verbindung, die ja auch aus dem priesterschriftlichen Geschichtswerk bekannt ist506, wie auch aus anderen mesopotamischen507, ägyptischen und nordsyrischen50S Quellen.509

d) Zu den »Als-noch-nicht«-Formulierungen in mesopotamischen Texten

Neben der Eröffnung von Erzählungen durch mit u4, enüma etc. gebildete temporale Nebensätze bzw. mittels adverbieller Zeitbestimmungen gibt es noch eine ganz andere Form. Dabei handelt es sich um eine Art inhaltlichen Rekurses auf eine Vorvergangenheit oder Vorwelt, die weniger grammatisch als phraseologisch auffl:Hlig ist : Unter Ausschluß einer temporalen Einleitung setzt der Text un­ mittelbar mit einer Reihe von Negativbeschreibungen ein, die im Rahmen der Erzählhandlung informativen Hintergrundcharakter ha­ ben.5t o Ein B eispiel dafür aus der sumerischen Literatur bietet der Dilmun­ Mythos: ( 1 3)»A Dilmun, aucun corbeau ne crie >kalgudardarelulam< [ Freudensausruf], (30) ne pousse d'>ilu< [= Ausruf der Trauer], en brodure de la ville. Ninsikila adresse Ia parole a son pere Enki ... «.51 2 =

In dieser Auflistung geht es in Z. 1 3-2 1 um verschiedene Tiere der Luft und des Landes, die den ihrer Bestimmung5 1 3 gemäßen Beschäftigungen noch nicht nachgehen. In den folgenden neun Zeilen geht es um das Noch-Nicht-Sein von Menschen, bevor in Z. 3 1 Ninsikila5 1 4 das Wort erhebt und die Welt ihren Lauf nimmt. Die Metaphorik impliziert nicht das Perfektsein der Welt im Sinne eines paradiesischen Zustands5 1 5, sondern eben das Noch-Nicht-Sein: Wenn der Text berichtet, daß der Kranke sagt, er sei nicht krank, oder die alte Frau spricht, sie sei nicht alt, dann heißt das nicht, daß es Krankheit und Alter - als das die Weltordnung Bedrohende - noch nicht gab, sondern daß es das ganze Gefüge noch nicht gab: ein Löwe, der das Lamm nicht schlägt, ist kein Löwe, eine junge Frau, die keine (kultische) Reinigung vornimmt, ist keine junge Frau5 1 6, ein Wächter, der nicht umhergeht, ist kein Wächter. Es geht in die­ sem Text nicht um die moralische Prämisse, daß der Mensch das der Ordnung Gemäße zu tun hat, sondern darum, daß es einen Menschen, der das der Ordnung entsprechende nicht tut, gar nicht geben kann. Nur so ist die Gleichsetzung von Tier und Mensch in diesem Kontext verständlich. In dieser Beschreibung geht es um die bislang nur po-

5 1 2 PBS 101 1 ; no. 1 (Nippur); Edition: KRAMER, Sumerian Mythology, 54-59; zu­

letzt ATIINGER, Enki und Ninbursaga, 9 (Übersetzung); vgl. RÖMER, in: TUAT Ill/3, 366f). Weitere Belege bringt Michalowski (Negation as Description, 1 3 1 ff). 5 1 3 Sum. me. Der Begriff der me »göttliche Kräftegöttlichen Kräften«< (so FARBER, Art. me, 6 1 0). Zum me-Begriff vgl. ausführlicher VAN DIJK, Bemerkungen; FARBER-FLÜGGE, Mythos, bes. 97164 zur Liste der me im Mythos >>Inanna und Enki«; DIES., Art. me. 5 1 4 TALLQUIST, Akkadische Götterepitheta, 417: >>die reine Herrin«. 5 1 5 So KRAMER, Enki und Ninl}ursag, 4f; vgl. DERS./MAYER, Myths of Enki, 22ff. 5 1 6 Denn ihr fehlen die typischen Merkmale der Fruchtbarkeit und der kultisch vorgeschriebene Umgang damit.

Parallelen und Differenzen in mesopotamischen Weltentstehungsaussagen

227

tentiell vorhandene Schöpfungswelt, aus der sich mit Hilfe der Götter die Jetztwelt erst noch entwickeln muß.5 1 7 Eine weitere Anspielung liefert Lugal-e5 1 B : Auf die adverbielle Zeitbestimmung u4-bi-a folgt eine Negativ-Schilderung, die die nicht­ eingerichtete zweite Schöpfungswelt (nach der Flut) im Moment des Flutgeschehens mit der Metapher des nichtgebändigten, in sie in­ tegrierten Wassers umschreibt,5 1 9 Ein anderes Beispiel läßt sich in dem sumerischen Streitgespräch zwi­ schen Mutterschaf und Getreide (LatJ,ar und Asnan) finden. >> 1 .

Upon the Hili of Heaven and Earth When An had spawned the divine Godlings, Since godly Wheat had not been spawned with them, not been created them. Nor had been fashioned in the Land the yam of the godly Weaver, 5. Nor had the Ioom of the godly Weaver even been pegged out And Ewe had not appeared, so that tere were not numerous lambs; ... 20. The people of those distant days, They knew not bread to eat; They knew not cloth to wear; They went about with naked limbs in the Land, And like sheep they ate grass with their mouth, 25. Drinking water from the ditches. At that time, and at the birth-place of the Gods, In their own home, the Holy Hili, they fashioned Ewe and Wheat.«520

Es handelt sich hier um eine sehr ausführliche Negativschilderung von 27 Zeilen, die die Vorwelt als sukzessiv sich entwickelnde Theogonie umschreibt: Als der Himmelsgott An die Anunna schafft, gibt es weder Getreideanbau noch Viehhaltung, was zur Folge hat, daß es an Nahrung und Kleidung für die Menschen fehlt. Dieser (Vorwelt-) Zustand ändert sich, nachdem die Götter den Gott für das Getreide (Asnan) und den für das Vieh (LatJ,ar) geschaffen haben als die Verantwortlichen für beide Bereiche. Damit ist die Vorausset­ zung für menschliches Leben gegeben. 5 1 7 Zum Lokalisierungsversuch von Dilmun vgl. BURROWS, Tilmun - Bahrein ­

Paradise; BENITO, Enki und Ninmah, 4 mit Anm. 4 (Literatur); ALSTER, Enki and Ninhursag, 1 6 mit Anm. 7; ATTINGER, aaO, 32 mit Literatur, und zuletzt HOWARD­ CARTER, Dilmun, 72f. Vgl. auch ROSENBERG, Trois aspects, l 2f. 5 1 8 Zur Textedition vgl. VAN DIJK, Lugal; zum Vergleich aaO, 8.33. 5 1 9 Lugal-e I, 1 - 1 6 Hymnus I 1 7-2 1 »Als-Sätze« I 22 u -bi-a: Erzähleinsatz; vgl. 4 dazu WILCKE, Formale Gesichtspunkte, 244 m. Anm. 59. Eine Kombination von >>Als-« und >>Ais-noch-nicht«-Sätzen findet sich zu Beginn des Martu-Mythos (SEM 58; SRT 14ff; BOTTERO I KRAMER, Lorsque !es dieux, 430ff) und bei Berossus. 520 ALSTER I VA NSTIPH O U T , Lahar and Ashnan, 1 5 . Vgl. aber auch die abweichende Übersetzung von BOTTERG I KRAMER, Lorsque les dieux, 5 1 1 : >>( 1 )

Lorsque, sur !es Montagnes de l'univers, I An eut mit les Anunna a u monde, l ll ne mit pas, du meme coup, au monde, ni ne fit apparaitre Cereale (ASr!an), l Ni ne produisit, dans le pays, les jils d'Uttu I (5) Ni ne lui prepara de metier-a-tisser (?). I Brebis-mere n'existant, non plus, pas encore, ... « .

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Religionsgeschichtliche Untersuchungen zu Gen 1, 1-3

Auch die sog. sumerische Kosmogonie (NBC 1 1 108) kennt Als-noch­ nicht-Formulierungen und bildet den ausführlichsten Beleg für eine Vorweltschilderung: » ( I ) An, (etant) Bel, faisait resplen[dir] le ciel, Ia Terre etait dans l'obscurite, le monde infemal etait [invi]sible; !es eaux ne coulaient pas par Je trou (dans Ia terre), rien n'etait produit, sur Ia vaste terre Je sillon n'etait pas fait. Le pontife supreme d'Enlil n'existait pas, !es rites de purification n'etaient pas ac­ complis, l'h[ierodul]e ?? du Ciel n'etait pas omee, ne proclamait pas [les louanges ??] . (5) [Ciel (et) Te]rre etaient lies l'un a l'autre (faisant) une unite, ils ne s'etaient pas pris en [mariages]. La lune ne lu[isait] pas, l'obscurite s'etendait; Je Ciel montra sa face resplendissante dans Je Dagan, Ia oii il allait, il ne pouvait pas s'etendre dans !es pres. ( 10) L'empire d'Enlil sur !es pays n'etait pas encore constitue, Ia p[ure Dam]e?? de I'E'anna [ne recev]ait pas encore [d'offrandes] ?? . Les gr[ands dieux], !es Anunna, ne s'etaient pas mis en mouvement, !es dieux du ciel, les dieux de Ja te[rre] n'etaient pas encore Ja.«52J

Die hier beschriebene Vorwelt setzt sich aus positiv und negativ for­ mulierten Vorgaben zusammen. Zum einen gibt es dort den Him­ melsgott An: die Erde ist von Finsternis verborgen und auch die Unterwelt ist unsichtbar. 522 Zum anderen herrscht dort der Mangel: die Wasser sind noch nicht in ihre Bahnen gelenkt. In diesem unbe­ reiteten Zustand gab es noch keinen Kult und keine natürliche Ord­ nung; die Weltordnung war noch nicht eingerichtet. Die Vorwelt umfaßt den Zeitraum vor der Trennung von Himmel und Erde. Ein anderes Beispiel bietet die Eridu-Tempelgründungsinschrift523: »(Nulle) Demeure sainte, (nul) Temple, en (sa) Localite sainte, n'avait (encore) ete construit : (Nu!) roseau n'etait sorti (du so!), (nul) arbre n'avait ete produit; (Nulle) brique n'avait ete posee, (nul) moule-a-briques n'avait ete fabrique; (Nulle) demeure n'avait ete faite, (nulle) ville construite; (5) (Nulle) agglomeration n'avait ete faite, (nul) cheptel n'avait ete constitue ! Nippur n'avait pas ete faite, (ni) l'Ekur construit; Uruk n'avait pas ete faite, ni l' Eanna construit; Apsu n'avait pas ete faite, ni I'Eridu construit: (Bref :) de (nulle) Demeure sainte, de (nul) Temple n'avait ete prepare !Emplace­ ment : ( 1 0) Tous !es territoires ensemble n'etaient que Mer ! Lors (donc) que Je contenu de (cette) Mer (ne) forrnait-(encore qu') un fosse (?).

5 21 Zur Textrekonstruktion VAN DUK, Existe-t-il, 1 29; vgl. die Übersetzungen von

DIETRICH, Kosmogonie, 1 59f und RöMER, in: TUAT Ill/3, 553f. 522 Vgl. Gen 1 ,2 LXX. Dazu oben, 1 5ff. 523 CT XIII 35-38 (82-5-22, 1048, zweispr.) ist die vollständigste Version, zu den anderen Versionen und zur Übersetzung s. Bül'TERO, Les textes cosmogoniques mineurs, 301 ff.

Parallelen und Differenzen in mesopotamischen Weltentstehungsaussagen

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cc:est) alors (que) I' Eridu fut fait, fpuis I'Esagil construit : L'Eridu ( ! ) que Lugal-du-kuga (=Ea) eleva en plein Apsü ... «.

In diesem Text wird das Kontrastbild zur Schöpfung mit dem Fehlen von Tempeln und heiligen Bezirken umschrieben. Dieser Zustand rührt daher, daß es weder Schilf, Bäume (Z.2), noch Ziegel und Zie­ gelformen (Z.3) gab, so daß keine (Kult-)Bauten vorgenommen wer­ den konnten (Z.4ff). Das einzige, was es bereits gab, war das Meer524, das im Rahmen des Schöpfungshandeln Marduks erst zu ei­ ner Sumpflandschaft (Z.27), dann zum Lebensraum wird (28ff). Der Beginn des Schöpfungsberichts (Z. l7ff) wird wiederum mit u4/in u bzw. u4-bi-a I ina u4-ni-su eingeleitet.525 Daneben gibt es aber noch eine Reihe von Beispielen, die den Typus der »Als-noch-nicht«-Formulierung mit einem Temporalsatzgefüge oder einer temporalen Umstandsbestimmung kombinieren. >>Ce jour-Ja (u -ba), Enki (et) Eridu n'avaient pas commence a exister, 4 Enlil ne vivait pas encore, Ninlil ne vivait pas. 111 I La splendeur (des champs) eta[it] poussiere, Ja floraison eta[it] poussiere, !es jours ne luisaient pas, !es nouvelles lunes ne montaient pas au cieJ.«526

Auch dieser sehr fragmentarische kosmogonische Text beinhaltet eine Vorweltschilderung, die jedoch nicht in erster Linie auf den Tem­ pelbau rekurriert - nur Eridu als Wohnsitz Enkis wird genannt -, sondern auf die Theogonie und das Fehlen Enkis, Enlils und Ninlils. Als ein weiteres Beispiel ist Enüma EliS selbst aufzuführen, in dem ein temporales Nebensatzgefüge mit der »Als-noch-nicht«-Formu­ lierung kombiniert ist.527 Das erste Temporalsatzgefüge528 (Z. l-6) rekurriert auf die Oberflächengestalt des Kosmos und kommt zu der Aussage, daß mit Ausnahme der ineinander gemischten unteren und oberen Wasser noch nichts existierte. Das noch nicht zusammenge­ fügte Röhricht und noch nicht gefüllte Sumpfgebiet steht für die noch nicht erschaffene Plattform Erde.529 In dem zweiten Temporalsatz­ gefüge geht es um eine Theogonie, die in der Geburt von An und Ea mündet. Diese zweite Göttergeneration löst die erste (Apsu und Tiämat) ab und wird damit für die Ausbildung des Kosmos (Himmel

5 2 4 Vgl. dazu Bül'TERO, Les textes cosmogoniques rnineurs, 306f. 525 Vgl. die Transkription von KING, Seven Tablets I, 1 32f. 526 AO 4 1 53, NFT 1 80 (SOLLBERGER, Corpus, Ukg. 15, Tab. A III 1); vgl. VAN DUK, Le motif cosmique, 40ff; RÖMER, in: TUAT Ill/3 , 355f. 527 S. oben, 2 1 3ff und unten Exkurs 7. 52 8 Zur Gliederung s. oben, 21 4ff. 529 Zum kosmischen Schöpfungsakt Marduks s. unten, 266ff m. Anm. 827.

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Religionsgeschichtliche Untersuchungen zu Gen 1, 1-3

und Erde werden aus dem gespaltenen Leib der Tiämat gebildet530) verantwortlich. Die Vorbereitung des Schöpfungswerks teilen sich Ea und sein Sohn Marduk, indem Ea Apsu überwältigt und über ihm seinen Palast errichtet, während Marduk Tiämat schlachtet und aus ihr Himmel und Erde gestaltet (Ee., IV, 1 37f; V,62).53 1 2. Motivgeschichtliche Aspekte: Die mesopotamischen Aussagen zur Vorwelt a) Sumerische Weltentstehungstexte

Die sumerischen Texte mit Vorwelt- und Weltentstehungsaussagen lassen zwei unterschiedliche Traditionen erkennen.m Zum einen ist die Rede von einer autogenetischen Weltentfaltung (Emersio) in dem Trennungsakt von Himmel und Erde. Die entsprechende Umschrei­ bung der Vorwelt ist hier die undifferenzierte Urstadt (uru-ul-la), die Himmel und Erde vorausgeht. Diese Tradition gehört ursprüng­ lich in die Uruk-Nippur-Theologie.m Nach der anderen Tradition entsteht die Weltordnung als das Schöpfungswerk eines Gottes (Formatio). Der (räumliche) Ausgangspunkt dieses Schöpfergottes ist der Süßwasserozean Abzu534. Mit Hilfe des Quellwasser wird die Schöpfung ins Leben gerufen. Das Süßwasser ist das Kennzeichen des Urzustands. Diese zweite Vorstellung entstammt dem Kontext der Eridu-Theologie.m Fraglich ist, ob man tatsächlich ursprünglich von zwei gegenläufigen Weltent­ stehungskonzeptionen ausgehen kann, oder ob es sich nicht letztlich um ver­ schiedene Phasen der Weltentstehung handelt. So nennt H. Galter vier Phasen: 1 . die Schöpfung53 6 des Kosmos - Trennung von Himmel und Erde; 2 . die Organisation des Kosmos; 3 . die Erschaffung des Menschen; 4 . die Organisation der Erde und die Bestimmung der Schicksale537,

530 Vgl. Ee. IV, 1 35ff. Vgl. dazu LIVINGSTONE, Explanatory Works, 79ff. Vgl. dazu DIETRICH, Kosmogonie, 1 55-157; DERS ., Tötung, 49ff mit Hinweis auf VAN DIJK, Le motif cosrnique; DERS., Sumerische Religion; DERS., Existe-il. 533 VAN DIJK, Le motif cosmique, 57; vgl. KOMORÖCZY, Separation, 40f. 534 So der sum. Name; vgl. dazu EDZARD, Art. Schöpfung, 38.56. 535 GREEN, Eridu, 1 3 1ff. 536 Hervorhebung d. Vf.in. Exakter wäre es, hier von der Enstehung des Kosmos bzw. von Vorwelt zu reden. 537 GALTER, Der Gott Ea/Enki, 85 mit Textbeispielen; vgl. GREEN, Eridu, 1 74ff.

53 1 532

Parallelen und Differenzen in mesopotamischen Weltentstehungsaussagen

231

Ea/Enki kommt vor allem in den beiden letzten Phasen zum Zuge, während EniiJ538 für die beiden ersten verantwortlich ist. Lediglich in der babylonischen Göttertrias Anu, Enlil und Ea sind alle drei Götter für den Schöpfungsplan und dessen Ausführung gleichermaßen zuständig.539

Beide Vorstellungen finden sich im südmesopotamischen Raum be­ legt54o und treten zumeist vermischt in den Texten auf.54 1 a) Aus Nippur Anhand der Götterlisten542 läßt sich aufzeigen, daß die Trennung von Himmel und Erde ohne göttliches Dazutun erfolgt. Demnach ist in diesem Zusammenhang nicht von Schöpfung, sondern besser von Kosmogonie (= »Weltentstehung«) die Rede.543 Als Herr der Welt tritt Enli1544, der Hauptgott aus Nippur545, ohne eine aktive Schöp­ ferfunktion innezuhaben, auf. Seine Funktion besteht in der Siche­ rung des Fortbestandes alles Existierenden, wenn auch andeutungs­ weise davon die Rede ist, daß alles Existierende auf ihn zurück-

53 8 Enlil und Ea gelten als der »Herr der Schicksalsbestimmung«, s. dazu unten, Anm. 658ff. 539 AaO, 85, Anm. 7. Das gleiche Konzept trug bereits Kramer (Sumerian Mythology, 39; DERS . , Rez. A. Heide!, 72f) vor. Zur Kritik vgl. JACOBSEN, Sumerian Mythology, 1 38. S. dazu unten, 242ff. 54 0 Dietrich hält die Vorstellung der Weltentfaltung für sumerischen Ursprungs, die der Weltschöpfung für semitisch (Kosmogonie, 1 80), während van Dijk beide Traditionen für ursprünglich sumerisch und an die unterschiedlichen Daseinsformen - die nomadische und die bäuerliche - gebunden sieht (Le motif cosmique, 1 1 f; vgl. Sumerische Religion, 467). 54 1 Als Ausnahme nennt Dietrich die sogenannte >Sumerische Kosmogonie< (vgl. RÖMER, in: TUAT III/3 , 553f). Hier tritt uns das Modell der Weltentfaltung in seiner Reinform entgegen (aa0, 1 82); vgl. auch VAN DIJK, Le motif cosmique, 58f, der - geradezu in Umkehr zu Kramer (s. unten, Anm. 1 03) - annimmt, daß das chthonische Motiv (»motif chtonique«) im Laufe der Zeit dem kosmischen (»motif cosmique«) einverleibt worden ist. S. dazu im Folgenden. 542 Siehe dazu unten Exkurs 4. 543 Vgl. dazu KOMORÖCZY, Separation, 40f; vgl. zum Problem unten, 301f. 544 »Enlil ist vor allen Dingen H e r r , H e r r s c h e r , F ü r s t und K ö n i g , der wie Anu Herrscherstab und Ring von Enmesarra bekommen (. .. ) hat und alles im Himmel und auf der Erde regiert« (TALLQVIST, Akkadische Götterepitheta, 300). »Als summus deus bestimmt Enlil die G e s eh i c k e und gibt E n t s c h e i d u n g « (aaO, 30 1 ; vgl. dazu NÖTSCHER, Ellil, 53ff). 545 VAN DIJK, Le motif cosmique, lOf; Sumerische Religion, 461 -465; vgl. auch Bü'ITERO I KRAMER, Lorsque les dieux, 49 1 f. Eine Ausnahme bringt der Hymnus der Hacke (PETIINATO, Menschenbild, 83), in dem Enlil an dem Trennungsakt von Himmel und Erde direkt beteiligt ist, indem der sie mittels der von ihm geschaffenen Hacke vollzieht. An anderer Stelle gelten An und Enlil als Garanten der vollzogenen Tren nung, so Gilgames XII, Z. 1 2 f; vgl. dazu KRAMER, Sumerian Mythology, 36.3 9.4 1 ; DERS., Rezension A. Heide!, 72.

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geht.546 Was die Vorweltvorstellung betrifft, geht J. van Dijk anband der Götterliste TCL XV 1 Q547 von der Präexistenz eines embryonalen Zustands in der Weltentstehungslehre von Nippur aus, in dem es nichts als die Numina, die chthonischen Götter, gab, aus denen sich der Kosmos durch Entfaltung (emersio) entwickelt.548 Eine Metapher für diesen Urzustand findet sich in der Urstadt uru-ul-la. Daraus entwickelt sich An549, der auch als der Herr dieser Stadt angesehen wird. Er vereinigt sich mit der Erde (Uras), um dann im Akt der Trennung den Kosmos zu errichten. Aus der Vereinigung von Himmel und Erde gehen gleichzeitig durch Emersio die großen Götter hervor.55o An gilt als der Vater Enlils, hat ihm gegenüber in seiner Eigenschaft als deus otiosus in den Mythen aber an Bedeutung verloren.55 1 Der Akt der Trennung wird als ein undramatischer Vorgang geschildert. 5 5 2 V an Dijk prägte für diese Art der Weltentstehung als Abfolge der Vereinigung und Trennung von Himmel und Erde den Begriff motif cosmique im Gegensatz zum motif chtonique.m Die kosmogonischen Züge der Nippurtradition finden sich in Reinform nur selten in Texten.554 Van Dijk nennt drei Beispiele für das kosmogonische Motiv: NFf 1 80 (AO 4 1 53), die sogenannte Sumerische Kosmogonie und MBI 1 555: »Ce jour-13., c'etait a cause de ce jour, cette nuit-la, c'etait a cause de cette nuit, cette annee-13., c'etait a cause de cette annee: l'orage s'abattait, les eclairs etincelaient (Sur) Je [sanctu]aire de Nippour

546 Textbeispiele finden sich bei Nötscher (Ellil, 53f) und Bottero (Les textes cosmogoniques mineurs, 322).

547 S. unten Exkurs 4 m. Anm. 609 samt Textnachweis. 54 8 S. dazu unten, 239 mit Skizze III . 549 Vgl. TCL XV 1 0, Z.33; vgl. die »Sumerische Kosmogonie« (s. RöMER, in:

TUAT 111/3 , 553). 55 0 VAN DIJK, Le motif cosmique, 1 3.20f. 55 1 Dazu und zur Enlilschaft s. unten, Anm. 654ff, und WdM I, 6 1 (zum Prolog CH). 552 So in den Einführungen zu Gilgames XII, Z.8f; .Hymnus auf die Hacke, Z.4; Enki und Ninma.b, Z. l f; vgl. dazu LAMBERT, A New Look, 1 03 m. Anm. 27. 553 »Puisque dans Ia pensee sumerienne l'interdependance du ciel et de Ia terre . . . semble jouer u n röle si important non seulement dans Ia cosmogonie mais aussi dans Ia pensee religieuse, on peut se demander si le grand nombre de references peut se reduire a cette idee maitresse: Je motif cosmique« (Le motif cosmique, 5). 554 S. bereits oben, Anm. 54 1 . 555 MBI 1 , ediert von VAN DIJK, Le motif cosmique, 36ff.39ff; Existe-t-il, 1 28ff (der erste und zweite Text sind oben zitiert, 228f).

Parallelen und Differenzen in mesopotamischen Weltentstehungsaussagen

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l'orage s'abattait, les eclairs etincelaient: (c'etait) le ciel (An) qui parlait avec Ia terre (Ki), (c'etait) Ia terre (Ki) qui parlait avec le ciel (An) ... «556 Der erste Text setzt mit u -rf-a »an jenem Tage« den Zeitpunkt des Weltbeginns fest 4 mit dem Rekurs auf die Unterhaltung des Himniels mit der Erde in Form eines Unwetters. Van Dijk nimmt an, daß sich hinter diesem Motiv eine Metapher für die heilige Hochzeit verbirgt, in deren Folge eine Theogonie einsetzt, die von Nint!ur­ saga und Enlil ausgeht.557 Der zweite Text bezieht sich auf den Zeitpunkt unmittelbar vor oder nach der Trennung von Himmel und Erde. Es handelt sich um eine Zeit, in der weder andere Götter noch Bereiche des Kosmos bereits existierten. Die ersten fünf Zeilen be­ schreiben eine Art Vorwelt in der Gegenüberstellung von Trockenheit und Fruchtbarkeit (durch Bewässerung).Van Dijk hält diese Beschreibung für eine Konkretion des uru-ui-Ia-Motivs (»Urstadt«), über die An Herr ( En)558 ist. Darauf folgt wie bereits im vorangehenden Text ein >Dialog< zwischen An und Ki als Ausgangspunkt der Kosmogonie. Die daran anschließenden Negativschil­ derungen (grammatisch und inhaltlich) weisen abermals auf Vorwelt hin.559 Da Enlil in diesem Text explizit als noch nicht existent genannt wird, ist davon auszugehen, daß die Trennung von Himmel und Erde nicht durch ihn verursacht ist, sondern vielmehr er selbst deren Folge ist. Vermutlich geht die Nippurtradition von einer Vorherrschaft Ans über die Vorwelt aus5 60 , welche beim Übergang von der Vorwelt zur Welt im Akt der Trennung auf Enlil übertragen wird. Daß dieser Übergang in der Tradition anderer Sukzessionsmythen gestanden haben mag56 1 , ist nicht auszuschließen.562 Einen Hinweis darauf sieht van Dijk in dem dritten Beispieltext, der Sumerischen Kosmogonie. In der Gegenüberstellung von an-en-ne »An, (etant) Bel« (Z. l ) und me-den-H-13. »l'empire d'Enlil n'etant pas encore constitue« (Z. lO) kommt seiner Ansicht nach mehr als eine rhetorische Floskel zum Ausdruck, nämlich eine inhaltli­ che Aussage über die Ablösung der Himmelsherrschaft durch EnliJ.5 63 Diese Kosmogonie ist ein sehr eindrucksvolles Beispiel für die Vielgestaltigkeit von Vorweltaussagen. In diesem Text liegt eine Kombination von formaler und moti­ visch bestimmter Ausdrucksweise vor. Während in Z. l .5 .7b.8 Vorwelt inhaltlich dargestellt wird als dunkel und unsichtbar (Z. l . 7b) und als ungetrennter Zustand von Himmel und Erde (Z.5), enthalten die Zeilen 2-4.6-7a »Ais-noch-nicht«­ Formeln, die dazu dienen, ein kontrastives Gegenbild zum »comme il faut« der Weltordnung aufzuzeigen. Auch hier herrscht der Gedanke des Unausgebildeten, Unkultivierten und Nichtfunktionierens vor. =

556 Übersetzung und Gliederung von VAN DIJK, Le motif cosmique, 37.

557 Le motif cosmique, 38f. Der Rest der Theogonie ist nicht erhalten. 55 8 Zu en als Epitheton Enlils vgl. NÖTSCHER, Ellil, 2. 5 59 VAN DIJK, Le motif cosmique, 41 ff; vgl. Gen 2,4bff als auffällige Parallel­

darstellung. Dazu unten, 291 m. Anm. 1 37. 56 0 Vgl. An als den-uru-ul-la. 56 1 Vgl. dazu den Kumarbi-Mythos und Resiods Theogonie sowie Rudimente in Ee. S. dazu unten Exkurs 6. 5 62 Zur Sukzession der Götter in Nippur vgl. NÖTSCHER, Ellil, 38ff; VAN DIJK, Existe+il, 1 30. 563 AaO, 1 29f.

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Religionsgeschichtliche Untersuchungen zu Gen 1, 1-3

Die angestellten Beobachtungen lassen sich folgendermaßen über­ blickshaft darstellen: Skizze 1/l: Zur Vorweltmotivik in Nippur564 Präexistenz Cmotjf cosmique) uru-ul-la »Urstadt« Vorfahrengötter AN-KI

Urzustand Cu1-ri-al Trennung von AN und KI (= Himmel und Erde) Auftreten Enlils als Garant der Trennung

Weltentstehung Kosmogonie durch Emersio

Parallelen und Differenzen in mesopotamischen Weltentstehungsaussagen

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klärt572 oder aber mit der aus Nippur geläufigen Motivik umschrie­ ben wird. m Enki schafft auf zwei Weisen: Entweder wird Schöpfung als Formung/Bildung (formatio) aus dem Lehm des Apsu beschrieben oder als sexuelle Zeugung (Befruchtung und Geburt).574 Beide Konzepte finden sich nebeneinander in dem Mythos »Enki und Ninmab « belegt, in dem Enki durch die Befruchtung mehrerer Göttinnen575 verschiedene Daseinsbereiche erzeugt und an Ninmab den Befehl erteilt, ihrerseits die Menschen aus dem Lehm des Abzu zu formen.57 6 Enki ist zwar der Hauptschöpfergott, aber nicht der einzige. Oft steht ihm eine Muttergöttin zur Seite.m

Aus Eridu Auch in der Theologie, die in der Stadt Eridu, dem Kultsitz Enkis, beheimatet ist, geht es implizit um Weltentstehung. Enki fungiert als der handwerklich tätige Schöpfergott.56 5 Die Vorweltvorstellung ist hier chthonisch5 66 bzw. thalassisch567 geprägt. Das Urmeer geht der Welt voraus. Es befruchtet die Erde und macht Leben möglich. Ursprünglich handelt es sich bei der Eridu-Weltentstehungslehre um einen Sukzessionsmythos568 , dem gemäß Enki seinen Vater Abzu5 69 getötet und die Herrschaft an seiner Statt angetreten hat.570 In den Götterlisten wird Enki in das kosmische System von Nippur mit ein­ gegliedert. 57 1 Auch Enki ist kein Gott der Weltschöpfung, vielmehr handelt er in der bereits eingerichteten Welt, deren Ursprung nicht weiter er-

Vier Teile des aus sechs Mythen bestehenden Zyklus578 um den Gott Enki geben weiteren Aufschluß über den Handlungsspielraum des Gottes als Schöpfer. Im Dilmunmythos wird im Anschluß an die ausführliche »Als-noch-nicht­ Schilderung«579 erzählt, wie Enki die noch nicht in ihrer Ordnung etablierte Stadt mit Süßwasser versorgt. Durch die sexuelle Vereinigung mit der Göttin Nintu bewirkt er das Anschwellen der Flüsse und Kanäle, die für die Bewässerung und Urbarmachung des Landes bedeutsam sind. Direkt im Anschluß an die rein kontra­ stiv zur Jetztwelt angelegten Vorweltschilderung folgt - ohne eigentliche Kosmogonie - die Belebung der Erde durch Wasserzufuhr. Einige Göttinnen und die Pflanzenwelt entstehen durch Zeugung Enkis. In dem Mythos »Enki und die Weltordnung«580 fehlt die Vorweltthematik ganz. Das Thema des Mythos ist die Organisation Sumers, das als Metonymie für die Weltordnung insgesamt zu verstehen ist, durch Enki. Auch hier findet sich wie­ derum die Vorstellung von Enki, der ej akulierend Euphrat und Tigris zum Anschwellen bringt und die Erde fruchtbar macht.5 8! Das zweite wichtige Thema dieses Mythos ist die Bestimmung der Schicksale durch Enki. Die Einleitung von »Enki und Ninma!J« enthält eine Vorweltaussage582, die in ihrer Thematik - der Trennung von Himmel und Erde - der Nippur-Tradition entlehnt ist

5 6 4 Vgl. VAN DIJK, Existe-t-il, 1 26; DIETRICH, Tötung, 49ff: »Die Nippur­

57 2 Vgl. den Dilmun-Mythos oder »Enki und die Weltordnung« (zu den Texten s.

ß)

Theologie betrachtet alle Entwicklungen nach dem Umbruch der Embryonalen in die Jetzt-Welt als das Produkt einer autogenetischen Entfaltung aufgrund der Kräfte, die bei der Teilung von Himmel und Erde freigesetzt worden sind« (aaO, 73; Hervorhebungen im Text). 5 6 5 Vgl. dazu VAN DIJK, Sumerische Religion, 466-470; GALTER, Der Gott Ea/Enki, 85-95.287f. 5 66 VAN DIJK, Le motif cosmique, 10. 5 6 7 DIETRICH, Kosmogonie, 172; vgl. die von Caplice (Or.NS 39, 1 34, 2lff) ver­ öffentlichte Beschwörung aus einem namburbi-Ritual (= Lösungsritual). 5 68 Ein Beispiel dafür findet sich im neubabylonischen Dunnu- bzw. Harabmythos; vgl. dazu LAMBERT I WALCOT, A new Babylonian Theogony, 64ff; zuletzt JACOBSEN, Harab. 5 6 9 Zur Terminologie von sum. abzu bzw. akk. apsu vgl. GREEN, Eridu, 1 54f. 1 6 1 f 570 Vgl. VAN DIJK, Sumerische Religion, 466. Dem Motiv der Tötung einer Gottheit als Schöpfungshandeln widmet sich Dietrich in einem Aufsatz und stellt das Motiv als charakteristisches Merkmal der Eridu-Babylon-Mythologie heraus (Tötung, 72f). 571 So z.B. in der Nippurliste (s. unten, Anm. 606).

RÖMER, in: TUAT 11113, 366f.403f).

573 So z.B. im Enüma elis (vgl. dazu VAN DIJK, Le motif cosmique, l Of; LAMBERT, in: Schöpfungsmythen, 108), wenn auch das Trennungsmotiv von Him­ mel und Erde auf Salz- und Süßwasser übertragen wird. S. dazu unten, 255ff.

574 GREEN, Eridu, 1 32. Zum Lehm des Abzu aaO, 1 70. 1 72f. 575 Vgl. dazu BENITO, Enki und Ninmah, 1 ff (s. RÖMER, in: TUAT 11113, 388);

GREEN, Eridu, 73ff; KRAMERIMAYER, Myths of Enki, 3 l ff. 1 29f. 57 6 GREEN, Eridu, 1 69- 1 74. 577 G REEN, Eridu, 89: »0ne must conclude that at the time of the original

formulation of the Sumerian cosmogony, which Sumerian mythology reflects, Enki was looked upon as the creator of all forms of life, while there was also a mother­ goddess figure who gave birth to all life's forms.« 578 Vgl. BENITO, Enki und Ninmah, 2ff (s. Anm. 575); GREEN, Eridu, 1 20ff. 579 Z. 1 3-30. Textzitat s. oben, 225f. 5 80 Der rekonstruierte Text mit weiterer Literatur findet sich bei BENITO, Enki und Ninmah, 20ff (s. Anm. 575). 5 8 1 Z.250-260. 582 Die formal typisch konstruierte Aussage dient der Bestimmung des Zeitpunktes des Schöpfungs- bzw. Ordnungshandeln Enkis.

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(Z. l -2). Daran schließt sich die Rede vom Zeitpunkt der Bestimmung des Schicksals an, ein Motiv, das gerade mit Enki verbunden ist (Z.3). Enkis Handeln in diesem Mythos beschränkt sich anfangs darauf, der Muttergöttin Nammu, Anweisungen für die Menschenschöpfung zu geben. Es ist aber schließlich Ninma]J, die sich an die Tat macht. Enki soll lediglich die Schicksale festlegen. Als ihre Menschenschöpfungen sich als unzureichend herausstellen, schreitet Enki doch selbst zur Tat. In der Eriduhymne583 bezieht sich die knappe Vorweltaussage auf die Bestimmung des Schicksals, des von An geschaffenen Uberflusses und die Entstehung der Men­ schen. Zu diesem Zeitpunkt tritt Enki als Bestimmer des Schicksals und Erbauer seines Tempels und ganz Eridus in Erscheinung. Die Eriduhymne ist als Ver­ mittlung zwischen der Nippur- und der Eridu-Tradition anzusehen. Sie ist in einer Zeit entstanden, als Eridu seine Vorrangstellung an Nippur bereits verloren hat.584 Es ist aufnillig, daß der Vorweltthematik in der Eridu-Tradition nur wenig Raum zu­ kommt. Im Fall des Dilmunmythos wird die Vorwelt durch eine Anzahl von Negativaussagen beschrieben, deren Sinn darin besteht, auf das Noch-nicht­ Vorhandensein des der Weltordnung (im Sinne der vorfindliehen Wirklichkeit) Entsprechenden hinzuweisen. Die Einleitungen zu »Enki und Ninma]J« und zur Tempelgründungsinschrift aus Eridu enthalten knappe Vorweltaussagen, formal ge­ bildet mit u -ri-a »an jenen Tagen«585, einer typischen Formel in solchen Kon­ 4 texten. Inhaltlich wird in ihnen rekurriert auf den Zeitpunkt der Bestimmung der Schicksale, der charakteristischen Funktion Enkis, und auf die Trennung von Him­ mel und Erde als Anleihe der Nippurtradition. Für die Eridutradition scheint eine eigene Vorweltmotivik außer der Feststellung, daß nur Wasser war586, zu fehlen. In dem Streitgespräch »Vogel und Fisch« ist es Enki, der die Wasser einerseits sammelt und Lebensraum ausgrenzt (Z.5), andererseits mittels der von ihm einge­ richteten Flüsse und Kanäle die Bewässerung des Landes garantiert (Z.6-8). Daraufhin ruft er Flora, Fauna und Menschheit ins Leben.587 Eine weitere Darstellungsweise findet sich in der assyr. Version des Atra!_tasis­ Mythos I, 1 88ff, in dem auf die Schilderung der handwerklichen Schöpfung des Menschen durch Ea die rituelle Geburt durch die Muttergöttin folgt. Ea als Organisator der Erde ist hingegen in babylonischen und assyrischen Texten kaum belegt. Diese Funktion wird vielmehr auf Marduk übertragen.588

Der Handlungsablauf in den Myhen läßt sich folgendermaßen syste­ matisieren :

583 FALKENSTEIN I VON SODEN, SAHG, 1 33ff (Text 3 1 ). 584 Vgl. dazu BOTTERO I KRAMER, Lorsque !es dieux, 149; VAN DIJK, Sumeri­ sche Religion, 443; GREEN, Eridu, 249ff. 585 S. dazu oben, 222ff. . 586 Vgl. Tempelgründungsinschrift aus Eridu, Z. lO (Textzitat s. oben, 228f). 587 Vgl. GREEN, Eridu, 1 3 1 . Was das »Streitgespräch zwischen Mutterschaf und Getreide« (s. oben, 227) betrifft, besteht die Rolle Enkis darin, zusammen mit Enlil Mutterschaf und Getreide auf die Erde zu bringen (Z.37ff), die von An in der Vorwelt geschaffen worden waren (sum. tud akk. regu). 588 Zum Text vgl. BOTTERO I KRAMER, Lorsque !es dieux, 535ff (vgl. VON SODEN, in: TUAT IIII4, 6 1 2ff); vgl. dazu GALTER, Der Gott Ea!Enki, 87-94; GREEN, Eridu, 1 48. ==

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Parallelen und Differenzen in mesoparamischen Weltentstehungsaussagen

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Skizze IV: Zur Vorweltmotivik in Eridu5 89

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Weltentstehung Präexistenz (motif chtonjque) Urzustand Cu -ri-a) 4 Schöpfergott Enki ( Ea) Schöpfung durch Apsfi Forrnatio oder Zeugung überströmt die Erde ==

Es bleibt festzuhalten, daß die Vorweltthematik in Nippur und Eridu von zwei Motivkreisen bestimmt ist: Zum einen von dem unpersonal besetzten Motiv der Trennung und räumlichen Ausgrenzung in die verschiedenen Daseinsbereiche der Welt; zum anderen von dem per­ sonal besetzten Motiv der bisexuellen Reproduktion bzw. der For­ matio. Beide lassen sich seit der altbabylonischen Zeit anband der Götterlisten nachweisen. Exkurs 4: Theogonien und Götterlisten Nach W.G. Lambert590 besteht ihr Wert für die mesopotamische Religionsge­ schichtsschreibung in folgendem: Zum einen geben die Götterlisten Aufschluß über die Synkretismusbildung in den Panthea der verschiedenen Kultorte. Hier haben die Priester und Theologen Traditionen aufeinander bezogen und festgelegt. Zum an­ deren geben sie Aufschluß über die Attribute und Epitheta der verschiedenen Götter. Auffallig ist, daß jede Liste ein eigenständiges, in sich geschlossenes Gebilde ist. Es gibt verschiedene Arten von Götterlisten: lexikalische und theologische591 , ein­ oder mehrkolumnige, von denen die erste den Gottesnamen, die andere(n) die zuge­ hörige Göttin, eine Erläuterung bzw. einen gleichzusetzenden Gott beinhalten_592 Die meisten Listen beginnen damit, die beiden Hauptgötter An593 und En1i1594 auf 589 Vgl. VAN DIJK, Existe-t-il, 1 26 (unter Einbeziehung des in Ee. stattgefundenen Synkretismus); vgl. auch DIETRICH, Tötung, 49ff.7lff. 590 LAMBERT, Art. Götterlisten, 478f; vgl. DER S ., Mythos, ! Off; DERS . , Cosmology, SOff. 59! LAMBERT, Art. Götterlisten, 478f; KREBERNIK, Materialien, Xff. 592 Vgl. An:Anu:5a ameli (CT 26, 50); vgl. dazu LAMBERT, Art. Götterlisten 476f; die Textrekonstruktion findet sich bei LITKE, An: dA-nu-um, 248ff. 593 Der Himmelsgott sum. AN, akk. anu(m) - dessen Keilschriftzeichen dasselbe ist wie das des Götterdeterminativs dingir, das in der Regel Götternamen vorangestellt ist, was An zum »Inbegriff der Gottheit« stilisiert (so EBELING, Art. An, 1 55 ; vgl. LEIBOVICI, Le Dieu-Ciel, 50f) - gilt als Oberhaupt des sumerischen Pantheons. In den Texten ist er eher passiv dargestellt; vgl. dazu TALLQVIST, Akkadische Götterepitheta, 25 1 -254; WdM I, 40f; EBELING, Art. An, 1 55- 1 57; WOHLSTEIN, Gottheit. 594 Enlil, der >Sohn des Windhauches< ist der sum. Hauptgott; vgl. dazu NÖTSCHER, Art. Enlil, 382-39 1 ; TALLQVIST, Akkadische Götterepitheta, 295-303; WdM I, 59-61 . Daß Enlil als Sohn des An auch an erster Stelle einer Götterliste stehen kann, zeigen die >Kleinen Götterlisten aus Fära< SF 516; vgl. dazu KREBERNIK, Götterlisten, 1 89ff; DERS., Materialien II, 45ff; LITKE, An: dA-nu-um, 3f. Inwieweit An als Vorsitz der Götterliste stets an erster Stelle genannt sein muß, ist fraglich - vgl. eine Version von TCL XV 1 0, die mit En-Ki beginnt (Z. l -29), auf den An (Z.30-33) und zuletzt Enlil (37) folgen; vgl. dazu KREBERNIK, Materialien, 130f.

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einen deifizierten Urstoff zurückzuführen.595 So führen einige Listen Enlil (und Ninlil) auf die erdverbundenen Götter Enki596 (und Ninki) zurück.597 Die Reihe von Namen, die zwischen dem zu bestimmenden Hauptgott und seinen Ahnen steht, umfaßt entweder Identifikationen anderer Gottheiten mit ihm als pluralistische Er­ scheinungsformen der Gottheit598, oder sie spielen auf eine direkte genealogische Folge an. Meistens wird in den Listen beides kombiniert.599 Im Kontext dieser Arbeit interessieren die Aussagen, die sich über das dem Haupt­ gott (= Schöpfergott) eines Kultortes Vorausgehende äußern. Man redet in diesem Zusammenhang von Vorfahren- oder Urgöttern, die die Vermittlungsinstanz zwischen dem Hauptgott und seinem Ursprung bilden. 600 Lambert weist darauf hin, daß diese Ursprungsgottheiten drei Qualitäten präsentie­ ren: Erde, Wasser oder Zeit. 60 1 So wird der Hauptgott aus Nippur, Enlil, in der Re­ gel auf die Erde personifizierende Gottheiten 602 zurückgeführt, für deren Zustand der Trennung Enlil dann ja auch zuständig ist. 603 Anders sieht es aus mit dem Hirn595 Livingstone (Explanatory Works, 1 53) spricht von »speculation on pre­ history«. 5 9 6 »Herr der Erde«, der nicht zu verwechseln ist mit Ea/Enki. 597 Vgl. TCL XV 10; vgl. dazu VAN D IJK , Le motif cosmique, 6f (Tafel); LAMBERT, Cosmology, 52f. 5 9 8 So in SLT 122- 1 24, wo der Frau Enlils Ninlil weitere Muttergöttinnen an die Seite gestellt werden, also mit ihr identifiziert werden; vgl. dazu van Dijk (Le motif cosmique, 8), der in diesem Kontext wegen der parallelen Anordnung von einer »genealogie horizontale« spricht. 599 Z.B. TCL XV 1 0, Z.3 1-37: in Z.32.35.37 finden sich Gleichsetzungen bzw. Epitheta zu den vorher genannten Gottheiten, die in die Genealogie Ans gehören. 600 Was es mit dem seit altbabylonischer Zeit belegbaren Gott Qadmu I Qudmu auf sich hat, ist nicht eindeutig zu klären. CAD Q, 295 gibt als Bedeutung für qudmu >>early times, early existence«, also »Urzeit« an (s. heb. 01,p ; vgl. dazl! STEINKELLER, Eblaite Preposition, 36f). So ist z.B. in Biür 30, 1 80, Z.74 von E qu-ud-mi DINGIR 5A »dem Haus der Urzeit der? Götter« die Rede. Danben gibt es aber auch Belege für qudmu als Göttername in der lexikalischen Liste MSL 14, 344, Z. l 84f, in der qudmulqadmu mit TAR und dTAR geglichen ist (nach BüRGER, Zeichenliste, 59, 1 2 liegt bei beiden der gleiche Zeichenwert vor). In BWL 88 ,276 (Bab. Theodizee) ist die Rede von 5arri qcid-mi dNarru bänii apat[i] »the king of the gods, Narru (i.e. Enlil), who created mankind«. Inwieweit es sich in diesem Zusammenhang um Ur- bzw. Vorfahrengötter handelt, ist aus dem Text nicht ersichtlich (vgl. dazu CAD Q, 50; AHw 3, 891 mit Hinweisen auf An:Anum [K.2100 ;;; CT 25 18 iv 9]). 60 1 Lambert (Art. Kosmogonie, 2 1 9; A New Look, 102) weist darauf hin, daß die erste dieser drei Vorwelteigenschaften seit 2600 v.Chr. in Texten belegbar ist, die zweite seit 2000 v.Chr. und die dritte seit 1700 v.Chr. Walcot (Hesiod, 38) weist nach, daß diese drei Vorweltkategorien auch in den antiken griechischen Texten be­ legbar sind. Chronos bei Pherekydes von Syros (vgl. dazu KIRK I RAVEN I SCHO­ FIELD, Die Vorsokratischen Philosophen, 6 1 ), _ Okeanos bei Homer, Ilias XIV,201 .246 und Gaia in Resiods Theogonie l l 6ff. Auch in phönikischen Texten kommt der Zeit als Konstituente des Kosmos einige Bedeutung zu; vgl. dazu aus­ führlich Koch (Wind, 59ff.75), der die Mythographien des Pherekydes und Eude­ mos als »griechische Nachrichten« über phönikische Weltentstehungslehren ansieht. 60 2 V gl. dazu VAN D IJK , Le motif cosmique, 6f (Tafel): VA 1 2573 (Faräh); LAMBERT, Cosmology, 5 l f. 60 3 Vgl. dazu EDZARD, Art. Schöpfung, 60 und TALLQVIST, Akkadische Götterepitheta, 56.299. Er nennt be-el tar-kul-li »Herr des Pfahles = des Ankers der

Parallelen und Differenzen in mesopotamischen Weltentstehungsaussagen

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melsgott An, der auf Vorfahrengötter mit den Eigenschaften des Wassers 604 oder der Zeit605 zurückgeführt wird. In den meisten Listen ist die Reihenfolge An-Enlil eingehalten. So z.B. in der Nippurliste606, in der aus An und seiner Gattin Anturn bzw. duras 607 den-lfl als Sohn hervorgeht, der seinerseits mit diversen Mutter­ göttinnen und den-ki (Z.22) verbunden wird. 608 Eine Ausnahme bildet die altbaby­ lonische Liste TCL XV 10. 609 Diese einspaltig angelegte Liste mit theologischem Charakter setzt ein mit einer Theogonie des En1i1 610 , der auf 16 z.T. chthonische Urgötterpaare6 1 1 zurückgeführt wird (Z. 1-30), deren Liste mit den-ki und dnin-ki an erster Stelle (Z. 1 f) und die Unterwelt(- und Weltordnungs-)götter den-me-sar-ra und dnin-me-s ar-ra6 12 an letzter Stelle vor dem An-Kreis stehen (Z.30). W.G. Lamberts Meinung nach ist der An-Kreis, der im Gegensatz zum Enlil-Kreis linear und nicht paarweise sortiert ist, in dieser Liste (ab Z.31) von der Göttin Narnmu mit dem Epitheton Ama-tu-an-ki (»Mutter, die Himmel und Erde geboren hat«) (Z.37) aus in umgekehrter Reihenfolge zu lesen. Die Göttin Narnmu ist zugleich die Mutter von Ea!Enki und gilt selbst als Personifikation der unterirdischen Wassertiefe Apsfi. 6 1 3 Hier wird An folglich mit Göttern in Beziehung gese�t. die mit dem Was­ ser und nicht mit der Erde assoziiert sind. Wegen der großen Ubereinstimmung bei den Götternamen, wenn auch nicht mit deren Position6 1 4, wurde die Liste TCL XV 1 0 oft als Vorläuferin der großen Götterliste An:Anum6 1 5 angesehen. 6 1 6 Mit ihr liegt wohl die differenzierteste Auflistung von Urgottheiten vor. Die zweikolum-

Welt« als Epitheton Enlils, welches auf dessen Funktion als Weltberg hinweist. Dieser ist das Band zwischen Himmel und Erde (dazu NÖTSCHER, Art. Enlil, 385) sowie Nippur selbst als solches fungiert; vgl. dazu PONGRATZ-LEISTEN, INA SULMI IRUB, 15, und unten, 240 m. Anm. 624; s. auch Anm. 545 und 7 1 5 . 60 4 Vgl. TCL X V 10, Z.36: hier wird A n auf Nammu zurückgeführt. So LAMBERT, Cosmology, 53. S. dazu im folgenden. 60 5 Vgl. in Beschwörungstexten BAM IV, no. 338 rs. 1 5f (= KAR 233); MLVS II 8 no. 1 003, 7 . 6 0 6 Veröffentlicht von JEAN, i n RA 28, 179ff; vgl KREBERNIK, Materialien, l 49ff. 607 Dieser Gott gilt als ein Vorfahrengott des An, so z.B. in An:anum (CT 24,49, 2 u.ö.); vgl. TALLQVIST, Akkadische Götterepitheta, 480. Daneben ist Uras aber auch als Gattin des An belegt; vgl. dazu WdM I, 1 33 . 60 8 Vgl. dazu vAN DIJK, Le motif cosmique, 8f. 609 DE GENOUILLAC, Grande Iiste, 97ff; vgl. KREBERNIK, Materialien Il, 1 29ff. 6 1 0 Wenn dieser auch mitsamt seines Hofstaates erst ab Z.38ff genannt wird; vgl. dazu LAMBERT, Götterlisten 475. 6 1 1 Es handelt sich um die sogenannten dema-Gottheiten (Z.38-5 1 ) ; vgl. dazu PONGRATZ-LEISTEN, INA SULMI lRUB, 16 Anm. 85. 6 1 2 Vgl. dazu TALLQVIST, Akkadische Götterepitheta, 304 und 296: »Enmesarra hat Enlil (und Anu) die Insignien . . . der Herrschaft verliehen, wird aber nicht als Enlils Vater bezeichnet«. 6 1 3 So z.B. in Enki und NinmatJ , 17ff u.ö. (s. RöMER, in: TUAT Ill/3, 388). Vgl dazu WdM I, 1 07f, und JACOBSEN, Sumerian Mythology, 1 39ff (m. Anm. 2 1 ) ; LAMBERT, Cosmology, 5 3 . Vgl. dazu auch unten, 290 m. Anm. 1 3 5 . 6 1 4 Vgl. dazu die Gegenüberstellung bei KREBERNIK, Materialien, 1 30ff. 6 1 5 ZIMMERN, Herstellung (Rekonstruktion von CT 24, 1 ; 20); LITKE, An:dA-nu­ um, 40ff (Rekonstruktion von YEC 2401 * 10 u.a., auf die ich mich hier als Textgrundlage beziehe [Version c]). 6 1 6 So LAMBERT, Götterlisten, 475 ; KREBERNIK, Materialien, 1 29; LITKE, An:An:dA-nu-um" 5f m. Anm. 22.

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nige6 17 (in der Vertikale paarweise) angeordnete Liste6 1 8 erwähnt die Vorfahrengöt­ ter von An und Antum 6 1 9 (Z. 1 -2). In Z.3 werden beide als An.Ki gemeinsam dargestellt. Nach Version C (CT 24, 1 ff) beginnt bereits in Z.4 eine Liste von 2 1 620 Väter- und Muttergöttem, während Version B (Cf 24,20ff) erst eine Zeile später die chthonischen Urgötter d(u .ra. as)Iß 621 und seine Partnerin dNin.IB nennt. Es fol­ gen All (Ansargal I d Kisargal, Ansar 1 d Kisar) 6 22 , Ewigkeit (dDurf I dDarf) 623, Weltpfeiler (dL�ma I dL� ama) 624 , Berghaus (dEkurl dGara) 6 25 , >>Wasser der Fülle« (? dAJa.la und dBeJi.li) 626 und die Herren der Urstadt (dEn.uru.ul.la und d Nin.uru.ulJa627)_ 6 28 Hier liegt eine Synthese verschiedener Vorweltqualitäten vor, die präsidiert von Uras >>Erde« ihren kosmogonischen Ausgangspunkt mit An nimmt. 629 All diese Vorfahrengötter können jedoch auch mit An identifiziert wer­ den630, anstatt in ein genealogisches Verhältnis zu ihm gebracht zu werden. Neben den paarweise organisierten Theogonien6 3 1 , die ursprünglich in die Nippur­ Tradition gehören, gibt es auch einlinige, auf das Zeugungs- und Geburtmotiv ver­ zichtende Reihen 632, die ursprünglich der Eridu-Tradition entstammen. 6 1 7 In der zweiten Spalte finden sich vor allem Erläuterungen (sum.) zu den in der ersten Spalte genannten sumerischen Gottheiten; vgl. dazu LAMBERT, Götterlisten, 475. - Diese Erläuterungen beziehen sich entweder auf die Familienzusammen­ gehörigkeit eines Gottes (so z.B. I, 24: An.na.ke4 .ne; vgl. LITKE, An:dA-nu-um, 1 2) oder auf seine Identifikation mit einer bzw. mehreren vorher genannten Gott­ heit(en) (dazu vgl. ebenfalls I,24 2 1 en ama a.a, wo nicht deutlich ist, ob es sich bei den in Z.4-23 genannten Namen um Vorfahren oder Erscheinungsformen von An handelt - vgl. dazu LITKE, aaO, 43f m. Anm. 24). Daneben gibt es Erläuterungen, die einen Gott I eine Göttin in funktionale Beziehung zu dem vorher genannten (Haupt-)Gott setzen (z.B. I,32: sukkal An.na.ke >>Minister der zu An gehörigen« ­ 4 vgl. LITKE, aaO, 14 m. Anm. 48). - Zur Problematik der Dito und von sum. su vgl. LITKE, aaO, 20ff. 6 1 8 Zu der komplizierten Textrekonstruktion vgl. LITKE, An:dA-nu-um, 6-1 1 .40ff. 6 1 9 Anturn repräsentiert als Ans Frau die Erde; vgl. CT 24,20 ff, wo KI-t[um] ergänzt wird; vgl. dazu LITKE, An:dA-nu-um, 40 m. Anm. 2. Sie wird aber in einer ug. Götterliste auch mit Tiämat identifiziert, s. dazu unten, 250 m. Anm. 7 1 8ff. 6 20 Übrigens in beiden Versionen nicht komplett überlieferten - dazu LITKE, An: dA-nu-um, 41 m. Anm. 3). 6 2 1 S. oben, Anm. 607. 6 22 Vgl. TALLQVIST, Akkadische Götterepitheta, 263.306. 6 2 3 Vgl. TALLQVIST, Akkadische Götterepitheta, 283. 624 Vgl. TALLQVIST, Akkadische Götterepitheta, 346; GREEN, Eridu, 108f, und zuletzt LAMBERT, L�mu and L�amu, 99. Anders Jacobsen (Treasures, 1 69, und DERS., in: Alter Orient, 190), der in den beiden Gottheiten Verkörperungen undiffe­ renzierten Schlicks (>>original silt«) sieht. 6 25 Vgl. TALLQVIST, Akkadische Götterepitheta, 29 1 . 62 6 Vgl. TALLQVIST, Akkadische Götterepitheta, 250. 62 7 Vgl. TALLQVIST, Akkadische Götterepitheta, 309. 6 28 Vgl. LITKE, An:dA-nu-um, 4 1 ff mit Kommentierung. 6 2 9 Vgl. dazu LAMBERT, Cosmology, 54. 6 3 0 Vgl. TALLQVIST, Akkadische Götterepitheta, 252, und LITKE, An:dA-nu-um, 43f m. Anm. 24. 6 3 1 So z.B. TCL XV 10, Z. 1-30; CT 24, 1 ; 20, Z. 1 -24; Ee. 1,3f. l 0 . 1 2.79ff; Harab-Mythos, Z. 1ff; CT 46,43, Z. l ff. 6 3 2 So z.B. TCL XV 10, Z.3 1 ff; vgl. Ee. 1, 14. 1 6. Häufig sind die einlinigen Listen auf An bezogen.

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y) Sumerische Vorwelt- und Weltentstehungsmotivik Sowohl die literarischen Texte als auch die Götterlisten weisen darauf hin, daß sich die Trennung in eine reine Nippur- und Eridutradition nicht durchhalten läßt, da vielerorts die Wassermotivik neben der Trennungsmotivik belegt bzw. mit ihr kombiniert ist.633 So kann man die sumerischen Vorwelt- und Weltentstehungsaussagen in mehrere aneinander anschließende Phasen einteilen. 634 Himmel (An) und Erde (Ki) werden in vielen Texten der Vorge­ schöpflichen Welt zugerechnet. In einigen Texten geht dem Himmelsgott auch noch das Wasser voraus.635 So wird z.B. in TCL XV 1 0, Z.36 An auf Nammu, die das Epitheton dama- tu-an-ki »Mutter von Himmel und Erde« bei sich hat, zurückgeführt. Als Mutter von Enki/Ea wird sie selbst mit wässerigen Charakteristika belegt. Eine Variation liegt in dem sumerischen Streitgespräch La.bar und Asnan vor. In Z. l f63 6 ist die Rede davon, daß An die Annuna637 auf dem Hügel von Himmel und Erde hervorbringt. 63 8 Dieser Hügel repräsentiert Himmel und Erde in undifferenziertem Zustand. 639 Die Trennung beider mit640 oder ohne64 1 die Hilfe Enlils stellt den Übergang von der Vorwelt zur Weltentstehung dar. Darauf folgt die Phase der Ausstattung und Organisation des Himmels (mit den Gestirnen und Göttern) und der Erde (Menschen, Tiere, Pflanzen). Ein äußeres Verbindungsstück zwischen Himmel und Erde stellt der Tempelbau dar. 642 So wird z.B. in der Tempelgründungsinschrift aus Eridu 643 der Urzustand als Zeit der Nichtexistenz der Tempel und Kultorte beschrieben, an derer Statt alles Meer war und mittels eines Grabens die Einrichtung des heiligen Raums einsetzt. In der sume-

6 33 So besonders kunstfertig in den Anfangszeilen von Ee. S. dazu unten, 255. 6 34 S. bereits oben, 230 m. Anm. 536ff. 6 35 Kramer (Sumerian Mythology, 39) geht davon aus, daß Himmel und Erde grundsätzlich aus dem Urgewässer hervorgehen und bewirkt damit eine unzulässige Vereinheitlichung sumerischer kosmogoner Konzeptionen; vgl. dazu kritisch JACOBSEN, Sumerian Mythology, 1 3 8. 6 3 6 Textzitat s. oben, 227 m. Anm. 520. 6 37 Gleichbedeutend mit Anunnaki »Götter von Himmel und Erde«; vgl. TALLQVIST, Akkadische Götterepitheta, 255. 6 3 8 Kramers These (Sumerian Mythology, 40), daß das Urgewässer diesen Urhügel hervorgebracht hat, ist wohl als unzulässiger Analogieschluß zu den ägyp­ tischen Vorstellungen zu bewerten, die in Mesopotarnien so nicht belegbar sind. 6 39 KRAMER, Sumerian Mythology, 40; vgl. DERS., Rez. A. Heide!, 7 1 . 6 4 0 S o z.B. Gilgames, Enkidu und die Unterwelt XII, Z.9. l l f (s. BOTTERO I KRAMER, Lorsque !es dieux, 478f); Hymnus auf die Hacke, Z.5 (s. PETTINATO, Menschenbild, 83). 64 1 Vgl. den bruchstückhaften Textbeginn von Enki und Ninm� (s. RÖMER, in: TUAT 11113, 388) und KAR 4, Z. l (s. HECKER, in: TUAT IW4, 606) . 6 42 Zur Verbindung von Tempel und Schöpfung s. zuletzt den gleichnamigen Au fsatz von Janowski mit Angaben weiterer Literatur; PONGRATZ-LEISTEN, INA SULMI IRUB, 20ff; CASSIN, Art. Cosmogonie, 229f. 6 4 3 BOTI'ERO I KRAMER, Lorsque les dieux, 497f.

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Parallelen und Differenzen in mesopotamischen Weltentstehungsaussagen

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rischen Fassung der Gilgames-Erzählung644 dienen An und Enlil als Garanten für den getrennten Zustand von Himmel und Erde. In dem Hymnus auf die Hacke 645 ist Enlil sogar der Verursacher der Trennung eben mittels der von ihm geschaffenen Spitzhacke. 646 Neben der Tendenz zur Synkretismusbildung in der sumerischen Li­ teratur ist aber auch auf die Konkurrenz und Sukzession der Kultorte sowie auf ihren Kampf um die Vormachtstellung hinzuweisen. Die Angleichungstendenzen in den Götterlisten und vor allem auch die Berichte von Götterreisen geben Aufschluß über dieses Konkurrenz­ verhältnis. 647 So zieht Enki nach Nippur zu seinem > Vater< Enlil, der ihn und seinen neuerrichteten Tempel segnet.648 Infolge der Kultzen­ tralisation auf Eridu entstehen Götterreiseberichte anderer Götter, um Enki in Eridu aufzusuchen. 649 In den Götterlisten gelten Enki und Enlil beide als Söhne Ans 65o, ein Gedanke, der der Legitimation ihrer Position in den beiden Lokalpanthea dient. Die beabsichtigte Übertra­ gung der Bedeutung Nippurs auf Eridu mag sich auch in dem Gedan­ ken der Organisation der Welt durch Enki mittels Sukzession zeigen.

tieren die göttlichen Kräfte des Himmels, der Erde, des Apsfi und der Natur« 653. Ihre Funktion besteht neben der Wahrung der Machtver­ hältnissen in ihrer Schöpfungs- und Weltordnungstätigkeit.654 In den Kontext der Gestaltung und Ordnung des Kosmos gehört auch die Bestimmung der Schicksale. 655

b) Babylonische und assyrische Weltentstehungstexte unter besonde­ rer Berücksichtigung des Enüma elis

6 53 GALTER, Der Gott Ea/Enki, 145. 6 54 Livingstone (Explanatory Works,

a) Die Göttertriade Anu - Enlil - Ea als schöpferische Einheit Der aus dem sumerischen Kulturkreis stammende Schöpfungs- und Weltordnungsgedanke manifestiert sich in babylonischen Texten häufig in Anspielungen auf die Göttertriade Anu - Enlil -Ea. 65 1 Zu der Trias tritt in vielen Texten noch eine der Muttergöttinnen hinzu. 652 Die in der Triade zusammengefaSten Gottheiten »repräsen6 44 vAN DUK, Le motif cosmique, 1 8f. 6 45 PETIINATO, Menschenbild, 83. 646 So WILCKE , Art. Hacke, 36. S. oben, Anm. 545. 647 Vgl. dazu VAN DIJK, Sumerische Religion, 464f; SJÖBERG, Art. Götterreisen,

480ff. 64 8 FALKENSTEIN I VON SODEN, SAHG, 1 37, Z.9ff. 649 So z.B. der Inanna, des Ninurta und von Ningirsu; vgl. dazu SJÖBERG, Art. Götterreisen, 480 mit weiterer Literatur. 6 5 0 Dazu siehe GREEN, Eridu, 84f mit weiteren Belegen. AaO, finden sich Belege für Enlil und Enki als Brüder; vgl. auch Ee. I, 16, wo Marduk allerdings den Platz Enlils einnimmt; vgl. dazu bereits NÖTSCHER, Ellil, 63ff. 6 5 1 Eine Auswahl an Textbelegen gibt GALTER, De_r Gott Ea/Enki, 144; CASSIN, Art. Cosmogonie, 234, Anm. 1 2; so z.B. KAR 4; Ee.; Enüma Anu Enlil; BiOr 30. 6 52 Vgl. bereits die Götterliste aus Fära (KREBERNIK, Materialien II, 77), die zwar An, Enlil dnin-KID und Enki hintereinander nennt, wo aber nicht klar ist, ob die Götter hier bereits als Gruppe aufgefaßt wurden; vgl. dazu Gatter (Der Gott Ea/Enki, 145), der die Trias für aus altbabylonischer Zeit stammend hält. Nötscher (Eilil, 44f) hingegen findet erste Belege für die Trias bereits in später frühdynastischer Zeit bei Lugalzagesi (VAB I, 1 55, I , 1 4ff). Aber auch er rechnet mit einem vermehrten Vorkommen erst in der Zeit kurz vor Hammurabi.

Ursprünglich war es der Gott Enlil, dem die Herrschaft über die Welt, die >Enlilschaft»Lorsque Anu, Enlil et Ea creerent le ciel et Ia terre< tu chan[teras... ]« (ebd.). 68 1 Vanstiphout (Mesopotamian Debate Poems, 293f) stellt heraus, daß die ersten vie r Zeilen dazu dienen, den Ort Enkis inmitten der großen Götter zu bestimmen. Das kosmische Geschehen wird insoweit unterschieden, als An und Enlil für die Weltordnung, Enki dagegen für die Ausstattung und Belebung der Erde (mittels Wasserzufuhr) verantwortlich gemacht werden. 68 2 Eine Ausnahme bildet der Harabmythos (s. HECKER, in: TUAT III/4 , 6 1 0f).

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Das erste Beispiel findet sich in der Beschwörung gegen den Zahn­ schmerz. 683 Hier setzt die Genealogie mit dem Himmelsgott Anu, der die Erde schafft, ein und endet bei der Erschaffung eines Wurmes. Dieser bittet Samas und Ea darum, ihm als Lebensraum anstelle rei­ fer Früchte den menschlichen Zahn zuzuweisen. Die Bitte wird als nicht der Weltordnung entsprechend abgewiesen. Dieser Sachverhalt ist die Grundlage für das Gelingen der Beschwörung gegen den Zahnschmerz: Ea soll die Ordnung wieder in Kraft setzen, indem er den Zahnschmerz enfernt. 684 In diesem Kontext dient die Genealogie dazu, der Bestimmung des Geschöpfes die verfehlte Realität und zu­ gleich die Möglichkeit zur Rekonstituierung der Weltordnung entge­ genzusetzen. Indem der erste existente Zahnwurm an seinen Ort verwiesen wird, behält diese Ordnung Wirksamkeit für allezeit. Nach dem gleichen Muster verfährt die Beschwörung gegen das Ger­ stenkorn im menschlichen Auge. Wenn auch die Genealogie hier aus innerweltlichen Dingen besteht (Pflug - Furche - Keim - Stenge! Knospe - Ähre - Gerstenkorn)685, hat sie doch dieselbe Funktion, das Gerstenkorn als Verursacher der Augenkrankheit auf die Urzeit zu­ rückzuführen und es somit in der Beschwörung für die Götter handhabbar zu machen. Wegen der Verortung des Gerstenkorns in der Weltordnung hat die Beschwörung Aussicht auf Erfolg. 686 Eine andere Funktion hat der Dunnu- bzw. Harabmythos. Hier liegt eine Theogonie vor, die von Harab687 und Er�e (KI) ausgehend bis zu Enlil und seinem Sohn Ninurta führt. Zwei Motive beherrschen die­ sen Mythos: zum einen das der Götterheirat als Metapher für die Produktion neuer kosmischer Mächte durch zwei bereits existierende Gottheiten; zum anderen das des Göttertodes und der Sukzession in der Herrschaft. Während das erste Motiv kosmogonischen Ursprungs ist, gehört das zweite in die politische Fragestellung nach der jeweili­ gen Vormacht, die aus der geschichtlichen Zeit in die Urzeit zu­ rückverlegt wird. Derselbe Gedankengang findet sich in Ee. 688

683 B OTTERO I KRAMER, Lorsque !es dieux, 483ff (vgl. HECKER, in: TUAT

III/4, 603f).

684 Vgl. dazu BOTTERO, Les textes cosmogoniques mineurs, 283ff. 68 5 Die Version Ish. 35 - T. l 9 nennt Schlamm - Stenge! - Ähre - Gerstenkorn. 686 Vgl. dazu BOTTERO, Les textes cosmogoniques mineurs, 285ff. 687 Es handelt sich um einen nicht weiter belegten Gott mit der Funktion eines Hirtengottes; vgl. JACOBSEN, Harab, 2 1 . 688 S. dazu unten, 255ff und 306ff.

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Exkurs 5: Theogonie und Theomachie in antiker Mythologie Die Verquickung von Theogonie und Theomachie war in sumerischen Texten nur sehr peripher gegeben689, ist aber vor allem im Ee. von augenfälliger Bedeu­ tung.690 Auf der Suche nach weiteren Textbeispielen für die Verquickung von Theogonie und Theomachie stößt man auf den hurritisch-hethitischen Kumarbi-Mythos69I . Während e s in anderen Genealogien um die Rückführung auf einen Ausgangspunkt geht692, verhandelt der Kumarbimythos die Abfolge von verschiedenen Herr­ schaftssystemen am Beispiel von Göttergenerationen.693 Der auf die hurritische Mythologie694 zurückgehende Text in hethitischer Sprache bildet eine Kompilation aus sehr alten sumerischen und hurritischen Traditionen. Aus der sumerischen Literatur dürfte der Charakter einer Götterliste zur Erläuterung des Pantheons stam­ men. Denn auch der Kumarbi-Song695 beginnt erzählerisch mit einer Theogonie. Auch die sehr anthropomorphe Darstellungsweise weist auf sumerischen Ursprung hin, wie sie oben bereits im Enkizyklus zum Thema wurde. Die Motivik an sich Götterkampf und Kastration - dürfte eine eigene hurritische Traditionsbildung sein, die der Illustration und erzählerischen Ausgestaltung der sumerischen Listentradition gedient haben mag. Im Ullikummi-Song, einem der folgenden Textabschnitte des Zyklus, findet sich ein Rekurs auf die Trennung von Himmel und Erde696, dem einzigen Hinweis auf den Vorweltzustand in diesem Zyklus neben der Nennung der Urgötter am Textbeginn.697 Die letztlich in hethitischer Sprache abgefaßten Texte haben ihrerseits auf die babylonische Mythologie (so z.B. Ee.) sowie auch auf die griechischen698 Theogonien und Theomachien eingewirkt, wie vor allem die Identität von Namen bezeugt.699 Das Motiv des Götterkampfes taucht auch in su-

689 Vgl. KOMORÖCZY, Separation, 32 und oben, 23 1 m. Anm. 54 1 . 690 Dazu s. unten, 266ff. 6 9 1 CTH 344-345; Hoffner, Hittite Myths, bes. Texte 1 2 und 1 8 (vgl. ÜNAL, in: TUAT IIU4, 829.842). Weitere Literatur bei KOMORÖCZY, Separation, 28 m. Anm. 29. Zur Textgeschichte vgl. HAAS, Vorzeitmythen, 7-9. 69 2 Vgl. die beiden oben genannten Beschwörungen; aber auch An:anum. 693 Daß es sich bei . den Götterkämpfen und -morden um Parricid handele (so GÜTERBOCK, Kumarbi, 101), wird von der jüngeren Forschung ausgeschlossen. Vielmehr handelt es sich um das Abwechseln in der Herrschaftsfolge von zwei verschiedenen Götterdynastien (vgl. HOFFNER, Hittite Myths, 38f), zu denen noch eine dritte Göttergruppe - bestehend aus Ea, Ellil, LAMMA, Kubaba und den Urgöttern - hinzukommt. Die Urgötter sind die Adressaten des Mythos. 6 94 Kumarbi ist ein hurritischer Gott; vgl. zur Etymologie KOMORÖCZY, Separa­ tion, 29; vgl. auch WdM I, 185 . 6 95 Dieser Text gilt als der Anfang des aus fünf Einzeltexten bestehenden Kumarbi­ Zyklus; vgl. dazu HOFFNER, Hittite Myths, 38. 6 96 § 6 1 ; vgl. WALCOT, Hesiod, 8. 6 97 Vgl. dazu WALCOT, Hesiod, 6.8. 6 9 8 Es muß jedoch hervorgehoben werden, daß die griechischen Traditionen eher ein philosophisches Interesse denn ein kosmologisches verfolgen; vgl. dazu ausführlich HÖLSCHER, Anaximander, bes. 386ff.401 . Auf dem Boden der mytho­ logischen Kosmogonien des Orients haben sich seiner Anschauung nach die unmy­ thologischen Systeme der frühen griechischen Philosophen entwickelt (aaO, 4 1 2). 699 Vgl. dazu GÜTERBOCK, Kumarbi, 1 1 5; und vorsichtiger KOMORÖCZY, Separation, 44; KIRK I RAVEN, Die vorsokratischen Philosophen, 50. Es lassen sich im Kumarbi-Mythos, in Resiods Theogonie, bei Philo von Byblos und in den

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merischen Texten auf700, hat hier aber keinerlei kosmischen Bezug, sondern rekur­ riert auf die Wiederherstellung der bereits etablierten Weltordnung im Kontext der Chaosüberwindung. 70 I Das Vorwelt- und Trennungsmotiv findet sich ausführlich und gleich an zwei Stellen bei Resiod in der TheogonieJ02 Der erste Beleg findet sich ziemlich am

Im Kumarbi- wie auch im Harabmythos bewirken der Göttermord bzw. die Kastration nicht die Ausrottung eines Gottes. Vielmehr zeigt die Bemächtigung durch einen jüngeren Gott das Ende seiner Herrschaft über das kosmische Geschehen an. Der getötete Gott wird als Teil des Kosmos in diesen integriert _ 7 1 0

Anfang der Theogonie (Z. 1 1 6ff703 ), wo die Abstammung der Götter bis zum Weltbeginn zurückverfolgt wird. Den Ausgangspunkt bildet das Chaos (Xaos- >>die Kluft«), das »zwischen Himmel und Erde allererst entstand«704. Aus ihm geht Gaia

y) Zum Motiv der Trennung von Himmel und Erde In dem dieser Arbeit zugrundeliegenden Textkorpus findet sich das Trennungsmotiv in den nicht-sumerischen Texten nur vereinzelt. Einen Beleg bildet KAR 4, Z. 1 - 1 57 I I ;

»die Erde« und aus ihr wiederum Uranos »der Himmel« hervor. D.h., der Trennungsakt in Himmel und Erde stellt in der Theogonie Resiods die erste Stufe

der Kosmogonie dar.70S Eine zweite Anspielung auf den Trennungsakt findet sich in der Geschichte von der Kastration des Uranos durch Kronos (Z. l6 lff) . Hier wird berichtet, daß Gaia Uranos (aus der Umarmung) wegschickt und ihrem Sohn Kronos eine Sichel übergibt, damit der des Nachts während der Vereinigung Gaias mit Uranos

den

Vater verstümmelt.

Bei

Resiod findet

sich

also

das

Kastrationsmotiv mit dem kosmogonischen Trennungsmotiv706 verbunden und somit selbst in »kosmogonisierter« Form. Die Themen Sukzession707 und Götter­

und Weltwerdung70 8 finden sich bei Resiod miteinander verknüpft. Im Kumarbi­ mythos entbehrt das Sukzessionsthema jeglichen kosmogonischen Gehalts. Hier haben Kastration und Trennungsakt keinen Bezug zueinanderJ09 mesopotamischen Mythen die Himmelsgötter Anu und Uranos, die Götterväterl Weltherrscher Enlil, Kumarbi, EI und Kronos sowie die Wetter- bzw. Sturmgötter (Marduk), Tesub, Baal und Zeus parallel setzen. 700 Vgl. Ninurta als Überwinder in Lugal-e und An-gim dim-ma. 70 1 Der Kampf gegen Mächte (häufig drachenähnliche Wesen), die die Weltherrschaft an sich zu reißen versuchen, begegnet in allen möglichen Texten. So z.B. in Resiods Theogonie der Kampf gegen Typhon (Z.820ff) und im Labbu­ Mythos. S. dazu bereits oben den Exkurs 3 zu Ägypten und unten, 257ff. 70 2 KIRK I RAVEN I SCHOFIELD, Die vorsokratischen Philosophen, 39 (Text 3 1 ) .

»( I ) Nachdem der Himmel von der Erde - sie waren beide fest(gegründet) 7 1 2 - ge­ trennt wurde, (2) (und) die Muttergöttin hervorgesprossen waren, (3) nachdem die Erde gesetzt wurde, die Erde gegründet wurde, (4) nachdem (die Götter) die Regeln des Himmels und der Erde festgesetzt hatten, (5) nachdem (sie), um die Deiche und Kanäle zurechtzumachen, (6) die Ufer des Tigris und des Euphrates (fest)gesetzt hatten,7 1 3 (7) da nahmen An, Enlil, Utu (und) Enki,

(8) die großen Götter, (9) (und) die Anunna, die großen Götter,

( 1 0) an dem erhabenen Wohnsitz, der mit Furcht angetan ist, Platz

( I I ) (und) erzählten untereinander;

( 1 2) nachdem (die Götter) die Regeln des Himmels und der Erde festgesetzt hatten, ( 1 3) (und), um die Deiche und Kanäle zurechtzumachen, ( 14) die Ufer des Tigris und des Euphrates ( 15) festgesetzt hatten, ( 1 5a)

... «

RAVEN I SCHOFIELD, Die Vorsokratischen Philosophen, 40-

In diesem Text bildet die Trennung von Himmel und Erde die zeitli­ che Nahtstelle für den Übergang von der Vorwelt zur Weltordnung, wie sie sich auch in Ee. I, 1 -4 und IV, 137. V,62 belegt findet. Der Textbeginn des sogenannten Weltschöpfungsepos führt Himmel und Erde als noch nicht benannt und somit inexistent ein. Im

43, hier: 43 (Hervorhebung im Text). 70 S Mit von der Partie ist Eros, an dieser Stelle erstmalig belegt, als »jene kos­

motiv für grundsätzlich zusammengehörig (mit Verweis auf STAUDACHER, Tren­

49 (Text 39). 703 Die vorangehenden Zeilen 1 - 1 1 5 stehen dem Ganzen als eine Art rahmender Hymnus voran; vgl. zur Gliederung der Theogonie E.G. 176ff. 704 Vgl. dazu KIRK I

SCHMIDT, Einführung,

mische Urkraft ... , die als Zeugungsfähigkeit zu den Elementen der Weltentstehung gehört« (so DIERICHS, Erotik, 9) . Eros ist als eine Personifizierung des in der sumerischen Literatur abstrahiert verhandelten Fortpflanzungsmotivs zu verstehen. 70 6 Weitere Beispiele für das Trennungsmotiv in der vorsokratischen und nicht­ griechischen Literatur geben KIRKI RAVEN I SCHOFIELD, Die Vorsokratischen Phi­ losophen, 46ff. 707 Denn es geht in der Theogonie auch um die Herrschaftsfolge von Uranos, Kronos und Zeus. 70 8 »Der Akzent liegt dabei auf Einzelheiten der Weltentstehung, die j a ein Stück Göttergeschichte ist, denn alle wesentlichen Teile der Welt (Meer, Himmel usw.)

nung, 68f), ein Gedanke, der aufgrund der Tatsache, daß im Kumarbi-Lied die Nennung der Erde gänzlich fehlt, nicht plausibel erscheint. 7 1 0 Vgl. JACOBSEN, Harab, 1 6: als Erde, Meer, Fluß etc.; in Ee. als Himmel, Er­ de, Meer (Apsü, Tiämat) und im Menschen (Kingu); in Kumarbi als Himmel (Anu). 7 1 1 KAR 4 (VAT 9307); vgl. Borger, HKL 1 , 96; II, 55; Edition: PETI'INATO, Menschenbild, 77f; vgl. dazu auch DIETRICH, Tötung, 66ff. 7 1 2 So Pettinato in Anlehnung an VAN DIJK, Motif cosmique, 1 4 (aaO 79 mit Kommentar) . Vgl. BOTIERO I KRAMER, Lorsque ]es dieux, 503 und HECKER, in. TUAT 111/4 , 606. Anders übersetzen JACOBSEN, Sumerian Mythology, 143, Anm. 24 (»When heaven from earth - from the far removed trusty twin - had been

galten nach griechischer Auffassung zugleich als Gottheiten (V. 1 05- 1 1 5)« - so

parted.«) und HEIDEL, Babylonian Genesis, 68 (»When heaven had been separated from the earth, the distant trusty twin. «); ebenso GARELLI I LEIBOVICI, in:

Vgl. vor allem das Vorkommen der Motive in unterschiedlichen Kontexten: Um Kastration geht es im Kumarbi-Song, um die Trennung von Himmel und Erde im Ullikummi-Song. Haas (Vorzeitmythen , 1 1 ) hält das Kastrations- und Trennungs-

�.1 3

SCHMIDT, Einführung, 1 77. 709 Vgl. dazu KIR K I RAYEN I SCHOFIELD, Die vorsokratischen Philosophen, 50.

Schöpfungsmythen, 148. Dazu Pettinato (Menschenbild, 79), der sich gegen eine parataktische

Ubersetzung der Zeilen 5f (so HEIDEL, Babylonian Genesis, 69) unter Hinzunahme weiterer Belegstellen ausspricht.

250

Religionsgeschichtliche Untersuchungen zu Gen 1, 1-3

Anschluß werden Apsu und Tiämat (Süß- und Salzwasserozean) als voneinander ungetrennt aufgeführt. Im Grunde genommen finden sich hier das aus der Nippur-Tradition kommende Motiv von der Trennung in Himmel und Erde sowie das aus Eridu stammende Motiv vom Wasser als dem der Schöpfungswelt Vorgegebenen mit­ einander kombiniert. Himmel und Erde werden zwar erwähnt, doch der vorweltliche Zustand des Dogetrenntseins wird auf das Wasser als eine Art Urmeer übertragen.7 1 4 In der theogonen Folge von Labmu I Lab ämum, Ansar I Kisar7 1 6 und Anu findet sich ein Rekurs auf die Götterliste An: anum, w o die mit An und Ura5 (Erde) einsetzende Theogonie auf eine Reihe mit beiden in Beziehung stehenden Gottheiten zurückgeführt wird. Gleichermaßen kann aber TCL XV 10 herangezogen werden, wo An auf Nammu, die Mutter Enki I Eas zurückgeführt wird.7 1 7 Eine dritte Tradition, die hier greift, ist die ugaritische Götterliste An:anum poly­ glott7 1 8, in der die neben An gestellte Göttin an-tum mit ta-a-ma-tum ( Tiämat) gleichgesetzt wird. Van Dijk7 1 9 nimmt an, daß diese Angleichung aus einer ableh­ nenden Haltung gegenüber der Eridutheologie heraus geschehen ist, die bekanntlich alles Existierende aus dem Urgewässer hervorgehen läßt. Durch die Identifikation von an-tum und Urgewässer werden An und Urgewässer auf eine gemeinsame ho­ rizontale Linie gebracht. Zudem bleibt so das aus Nippur stammende Trennungsmotiv erhalten. Auch Athirat kann in ugaritischen Texten mit Tiämat identifiziert werden.720 In dem assyrischen Kultkommentar, dem sog. Marduk­ ordaJ7 21 wird auch der aus Lugal-e bekannte Asakku mit Tiämat und Anturn identifiziert und somit kosmisch dimensioniert.722 =

In der Reihe der drei Vorweltpaare in Ee. liegt eine Schilderung des embryonalen Zustands der Welt vor. D.h. Himmel und Erde sind be­ reits gegeben, aber noch nicht ausgeformt bzw. sichtbar. Es fehlt ein zweiter Akt.7 23 Dieser zweite Trennungsakt vollzieht sich in der Spaltung Tiämats, aus der Marduk das Himmelsgewölbe und die Erde schafft. So wie bereits Apsu als Palast für Ea dient, wird Tiämat als Material ver-

7 1 4 Aus dem werden dann an viel späterer Stelle der Erzählung Himmel und Erde

herausgeschieden. 7 1 5 Die Himmel und Erde miteinander verbindenden Pfeiler, s. dazu Anm. 624. 7 1 6 Den Vorfahrengöttern Himmel und Erde »Gesamtheit von Himmel und Erde«, s. dazu oben, 240 m. Anrn. 622. 7 1 7 Vgl. dazu BOTIERO, L'epopee, 1 53. 7 1 8 Edition: NOUGAYROL, Ug.V, no. 1 37 (240ff, hier: 246, Z.33ff). 7 1 9 Existe-t-il, 125f. 720 NOUGAYROL in: Ug.V,54. 7 2 1 Vgl. dazu VON SODEN, Zeugnis, 1 38, Z.58 und Kommentierung ( 1 5 1); zuletzt LIVINGSTONE, Explanatory Works, 229 ad Z.69f (SAA Ill, No.34). 7 22 Dazu vgl. VAN DIIK, Lugal, 26 und wie folgt. 7 2 3 Vgl. dazu NADDAF, Hesiode precurseur, 360.

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Parallelen und Differenzen in mesoparamischen Weltentstehungsaussagen

25 1

wendet, aus dem der Himmel als Raum der Götter (IV , 1 38) und die Erde als Raum für Götter und Menschen (V,6 1f) gebildet werden. Während der erste Trennungsakt in Ee. abstrakt und implizit auf die sumerische Tradition des Trennungsmotivs mit anschließender Emersio rekurriert, enthält der zweite einen recht genauen hand­ werklichen Bericht, steht also in der Tradition der Formatio. Aller­ dings ist der Hintergrund, auf dem sich diese konkrete Trennung vollzieht, ein anderer: hier handelt es sich nicht um den Übergang von Vorwelt zur Schöpfungswelt Wegen der ausgesprochen theozen­ trischen Ausrichtung des Epos ist der gesamte Teil von Tafel I, der auf den 28 Zeilen umfassenden Prolog folgtn4, als Geschehen inner­ halb der Götterwelt zu verstehen.725 Die Vorweltmotivik ist thema­ tisch um die anthropologische Dimension erweitert.

8) Zum Motiv des »Chaoskampfes« Der wohl bekannteste Kampf in der mesopotamischen Literatur ist der von Marduk und Tiämat im sogenannten Weltschöpfungsepos. Hinter dem Motiv verbirgt sich ein Zweifaches: Zum einen geht es um einen kosmogonischen Kampf. Um die Weltordnung errichten zu können, muß Marduk das personifizierte Chaos besiegen.7 26 Aus Tiämat werden materialher Himmel und Erde gebildet. Zum anderen geht es um eine Theomachie und Herrschaftssukzession. Die alten Urgötter - in diesem Fall Apsu und Tiämat - werden von der jungen Göttergeneration, die von Ansar und Kisarm angeführt wird, abge­ löst. Während Apsu und Tiämat für Undifferenziertheit und Passivität stehen, sind die jungen Götter die rührigen, verändernden, in unserer Erzählung als laut verschrieenen Götter, die das Eitern­ Götterpaar stören.7 28 724 S. dazu oben, 2 12ff. 725 Erst in Tafel VI ist von der Menschenschöpfung überhaupt die Rede mit der

_ Funktion, den Göttern die Arbeit zu erleichtern (Z.8); vgl. schon Atr. 1, 1 89ff (VON SODEN, in: TUAT III/4, 623). 726 Jacobsen (Treasures, 1 83- 1 86) sieht in dem Götterkampfmotiv ein politisches Them� verhandelt. yon ursprünglicher Anarchie in der Urzeit ausgehend, thematisiere Ee. den Ubergang von dieser Anarchie über die primitive Demokratie (der Götterversamrnlung) bis hin zur absolutistischen Monarchie (des Marduk); vgl. dazu auch FOSTER, Before the Muses I, 351 mit weiterer Literatur; MAUL, Ninurta­ E!'Semma, 329ff. 727 Die ihnen voranstehenden Götter Labmu und LatJämu sind maßgeblich für die Bestimmung von Marduks Schicksal (Ill,4ff) und den Auftrag, ihn zum König zu machen (lll , l 25ff; V,75ff. 107ff). 7 2 8 Vgl. zu diesem Motiv Gilgames, Taf. XI, l 68f (HECKER, in: TUAT 11114, 734), in dem es Enlil ist, der die Flut schickt, da ihn der Lärm der Menschen stört. Vgl. auch den Labbu-Mythos (CT XIII 33-34, Z.6; s. BOTIERO I KRAMER, Lorsque !es dieux, 473f), in dem der Drache allein durch die Flut I das Meer bezwungen werden kann mit Unterstützung des kämpferischen Einschubs von Tesub, dem Wettergott (s. dazu HEIDEL, Babylonian Genesis, 142).

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252

Religionsgeschichtliche Untersuchungen zu Gen 1, 1-3

Der Kampf eines Helden729 gegen ein die bestehende Ordnung bedrohendes Wesen ist das Thema von fünf weiteren mesopotamischen Mythen730, auf die die in Ee. be­ handelte Thematik zurückzuführen ist.731 Es handelt sich um den Anzu-Mythos732, Labbu733, den Angim-Mythos734, Lugal-e735 und »Ninurta und die Schild­ kröte«736. Das Thema dieser Mythen ist, daß ein Drache737 oder ein Dämon738 oder aber in metonymischer Sprache das Bergland (KUR)739, die Hybris besitzt, die Nähe zum höchsten Gott auszunutzen und sich der Weltherrschaft unrechtmäßig zu bemächtigen. Im Anzu-Mythos reißt Anzu in der Funktion des Türstehers Enlils die Schicksalstafel und damit die Herrschaft an sich. Ea740 fordert drei hohe Götter auf, die Herrschaft zurückzuerobern. Doch diese weigern sich. Daraufhin schlägt er der Götterversammlung vor74I, Ninurta, einen zweitrangigen Sohn Enlils, mit der nötigen Autorität auszustatten und ihn in den Kampf zu schicken. Ein erster Anlauf mißlingt, der zweite aber - unter Mithilfe Eas - ist ein Erfo!g_742 In Folge seines Sieges trotzt Ninurta seinem Vater Enlil die Herrschaft ab.743

729 In dieser Rolle steckt zumeist der Gott Ningirsu bzw. Ninurta - zur problematischen Identifikation vgl. VAN DIJK, Lugal, l ff; LIVINGSTONE, Explanatory Works, 1 54; MAUL, Ninurta-EI'Semma, 329ff. 73 0 Aus dem 3. bzw. 2.Jt. stammend; vgl. dazu LAMBERT, Old Testament Mytho­ logy, 140. Auf den Gudeazylinder A (FALKENSTEIN I VON SODEN, SAHG, Text 32) als weiteren Beispieltext soll hier nicht eingegangen werden, da er einen sehr viel mittelbareren Vergleichstext darstellt. Weiteres dazu findet sich bei VAN DIJK, Lugal, 17ff; LAMBERT, Ninurta Mythology, 58. 7 3 1 Lambert (Ninurta Mythology, 56) rechnet mit einer gemeinsamen Tradition, auf die die Mythen zurückzuführen sind, nicht mit einer direkten Abhängigkeit der Texte voneinander. - Weitere assyrische Rezensionen, die neben Ninurta und Marduk Erra als Kämpfer gegen Anu und NabO als Angreifer Anzus nennen, führt Living­ stone (Explanatory Works, 1 53-1 56) auf. Zur Rolle Assurs s. unten, 258ff. 732 VOGELZANG, BIN SAR DADME: der Kampf Ninurtas gegen Asakku; vgl. die Strukturskizze mit Erläuterung aaO, 1 84ff. 733 CT Xlll,33f; KAR 6. 734 COOPER, Return of Ninurta: im Angim-Mythos geht es um den Kampf Ninurtas gegen KUR. 735 VAN DIJK, Lugal. 736 ALSTER, JCS 24 ( 1 972) 20-25. 737 Labbu bzw. Tiämat. 73 8 Asakku (van Dijk, aaO, 20) oder Anzu (VOGELZANG, aaO, 1 5 1f). 739 KUR ist die Bezeichnung für das Feindesland, vgl. akk. $eru »Steppenland« und sadfl »Bergland« als »Bereich der Antiordnung« - s. dazu . PONGRATZ­ LEISTEN, INA SULMI lRUB, 1 8f. 740 Eine ähnliche Funktion bekleidet Ea im Adapa-, AtrarnlJasis-Mythos und Enuma em. 7 41 Vgl. auch Ee. und Angim - fehlt aber in Lugal-e. 742 Die erzählerische Funktion des Etappensieges liegt darin, die Schwierigkeit der Aufgabe und die Bedrohlichkeit des zu bekämpfenden Wesens zu betonen; vgl. dazu VOGELZANG, aaO, 1 53- 1 57, bes. 155f. 743 Vgl. dazu das Ende des AnzO-Mythos, veröffentlicht von H.W.F. SAGGS, Additions to AnzO, AfO 33 ( 1 986) 1 -29; vgl. POSTER, Before the Muses I, 48 1 484. Ein anderes Bild läßt sich aus »Ninurta and the Turtle« gewinnen, einer Satire auf Ninurta, in welcher der siegende Gott wegen seiner Hybris bestraft wird, die darin liegt, die Herrschaft an Enlil nicht zurückgeben zu wollen; vgl. zur Kommen­ tierung BOTTERO I KRAMER, Lorsque !es dieux, 421 -424. S. unten, Anm. 772.

Parallelen und Differenzen in mesopotamischen Weltentstehungsaussagen

253

In den letztgenannten Mythen fehlt aber im Unterschied zu Ee. der kosmogonische Bezug.744 Die geschilderten Ereignisse beziehen sich auf die Jetztwelt, nicht auf die Vorwelt. Anders als in Ee., wo erst im Anschluß an die umfassenden Götterkämpfe Himmel und Erde er­ schaffen und ausgestattet werden, entsteht z.B. der Dämon Asakk:u, der Antagonist Ninurtas in Lugal-e, durch Emersio nach der erfolg­ ten Trennung von Himmel und Erde. 745 Während Tiämat den Aus­ gangspunkt für das erste Schöpfungshandeln bildet, führt Asakk:u zu der zweiten Schöpfung. Sein Auftreten stellt die erste Schöpfungs­ ordnung in Frage. Ninurta vernichtet ihn mit Hilfe einer großen Flut, woraufhin die Neuerrichtung der Schöpfung folgt. Anders im Ee. An anderer Stelle ist zwar hervorgehoben worden, daß nicht die Schöpfung bzw. Weltentstehung das zentrale Thema des Epos sei, sondern vielmehr der »Aufstieg Marduks, des Stadtgottes von Babylon, von einem ursprünglich niederen Gott des babyloni­ schen Pantheons zu dessen Anführer«.746 Das darf aber nicht so ver­ standen werden, als ginge es in Ee. gar nicht um kosmogonische Ereignisse. Tatsächlich liegt mit dem Epos die umfassendste Kosmogonie des Alten Orients vor, die allerdings nicht um des Themas selbst willen konzipiert ist, sondern als dramatische Hinfüh­ rung zu Marduks Aufstieg und der Tempelgründung in B abylon,747 Das Kampfmotiv beruht auf einer zweiten Tradition: neben dem aus der sumerischen Tradition überlieferten - Motiv des Kampfes ge­ gen die drachenartigen Wesen748 , findet sich das des Kampfes eines Wettergottes gegen das Meer749. Eine erste Zusammenschau beider Traditionen findet sich im Labbu-Mythos,750

744 Vgl. hierzu aber van Dijk (Lugal, 26f), der darauf hinweist, daß in späteren ugaritischen Texten Asakku mit Tiämat (und Antu, s. oben, 250 m. Anm. 7 1 8) angeglichen worden ist. S. dazu ebd. auch die Belege seit der Kassitenzeit, die Asakku bereits vor der Überlieferung von Ee. kosmogone Züge zuwiesen, was auf eine Abhängigkeit dieser Motivik in Ee. von Lugal-e hinweisen könnte. 745 I, Z.26ff. D.h. die Erde wird durch Wasser befruchtet und bringt Asakku hervor; vgl. dazu VAN DIJK, aaO, 20. Dasselbe gilt übrigens auch für Anzu. Auch er geht aus der Flut hervor (I, Z.48; vgl. POSTER, Before the Muses I, 470). 746 So LAMBERT, in: TUAT IW4, 565. 747 Siehe dazu unten, 306ff. Für die immer wieder diskutierte Frage, inwieweit im Kontext des Neujahrsfestes der Kampf zwischen Marduk und Tiämat szenisch dargestellt wurde, verweise ich auf VAN DER TOORN, New Year Festival; PONGRATZ-LEISTEN, INA SULMI lRUB, bes. 74-78. 748 Dazu ausführlich LAMBERT, Ninurta Mythology, 57. 749 Dieses Motiv ist vor allem in ugaritischen Texten belegt in dem Kampf Baals gegen Jammu; vgl. dazu ausführlich JACOBSEN, Battle, 106f; zuletzt BOURDREUIL I PARDEE, Le combat, und unten wie folgt. 7 50 tam-tu-um-ma $i-ru übersetzt KING (Seven Tablets I, 1 17) mit »Tiamat was the dragon«. S. oben, Anm. 744f.

254

Religionsgeschichtliche Untersuchungen zu Gen 1, 1-3

Exkurs 6: Das Chaoskampfmotiv in norwestsemitischen Texten Es ist immer wieder betont worden, daß das Chaoskampfmotiv in nordwestsemiti­ schen Texten ohne kosmogonische Bezüge vorkommt und ausschließlich an die Frage des Königtums gebunden ist.751 Kosmogonische Anspielungen finden sich lediglich in einigen Epitheta des Götterpaares EI und Athirat.752 0. Loretz weist zu­ recht darauf hin, daß es eine Schöpfung aufgrund eines Sieges über das Meer weder in (nord-)westsemitischen noch in biblischen Texten gibt. Das Meerkampfmotiv ist an den thematischen Komplex des Schöpfungserhalts und nicht an den der Weltent­ stehung gebunden.753 So ist auch in Ugarit Baal der Protagonist dieses Kampfes und nicht EI.754 Er resümiert den Sachverhalt folgendermaßen: »Wenn man somit Schöpfung als einmaligen Akt am Anfang der Welt versteht, der nur einmal erfolgen konnte, besteht keine Möglichkeit, die Kämpfe Baals als Teil des Schöpfungsge­ schehens zu interpretieren. Wenn wir jedoch davon absehen, den Schöpfungsbe­ richt von Gen 1 , 1 auf diese Texte anzuwenden, besteht die Möglichkeit, das Wirken Baals als ein wahres, sekundäres Schöpfungsgeschehen zu verstehen.« 755 Da es im thematischen Kontext der Vorwelt ausschließlich um Erstschöpfung gehen kann, ist das ugaritische Material hier nicht weiter von Belang. W.G. Lambert756 äußerte be­ reits 1 965 die Möglichkeit des amoritischen Ursprungs des Chaoskampf-Meer­ Motivs.757 Die letzten Ergebnisse aus der Mari-Forschung scheinen diese Annahme einmal mehr zu stützen. J.-M. Durand hat einen Text veröffentlicht758, der darauf verweist, daß bereits 400 Jahre vor der Redaktion der ugaritischen Texte das Meerkampfmotiv belegt ist. 759 Auch der Chaosdrachenkampf ist nicht nur in der su­ merischen Tradition der Ninurta-Epen, sondern gleichfalls in Ugarit belegt. So wie Tiämat und die Gegner Ninurtas über ein Heer von Chaoswesen verfügen, die der kämpfende Gott zu besiegen hat, werden auch mit Jammu Wesen assoziiert, die denen der mesopotamischen Mythologie sehr verwandt scheinen.760 Die Befunde können aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß sich im Ee. eine »singuläre Abfolge >Kampf gegen Tiämat - Gestaltung des Kosmosals noch nicht warinnersemitischenUnd es sollen sich sammeln die Wasser unter dem Himmel an einem Ort und es soll die Erde sichtbar werden»breath (of Elohim)< moving on the waters«, »creation of light« und »emergence of the firmament in the middle I midst of the wa­ ters« bilden die gemeinsamen Punkte; ein wichtiger Unterschied liege jedoch in der Funktion des Schöpfergottes, der in Gen 1 ein überlegener und aktiver Gott sei, während die Vorgänge des Anfangs in Hermopolis recht unintentional stattfinden. Er verzichtet auf eine exakte Zuweisung der vier Chaosgötterpaare mit den in Gen 1 ,2 aufgezählten Begriffen. . Dem ist etwas genauer nachzugehen: Beiden Konzepten gememsam tst dte vorwelt­ liche Voraussetzung von Finsternis und Wasser. Schwieriger gestaltet sich jedoch die Zuordnung Amuns mit den ihm identifizierten Urgöttern und die �on I:Ie.l)u73. _ Amun dte »Urkraft als Zunächst zu dem ersten Paar. Wie gesagt, sah Sethe74 m Hauch« und das »Element in der Natur, durch das Bewegung in die in Trägheit ver­ harrende Materie kommen konnte«, welches »für den naiven Menschen nur die Luft sein kann«. Eine Bestätigung seiner These sah er in der Schreibung von Jmn mit dem Determinativ für Wind (Segel) in Pyr 399a und 434a. Auch die Alternativgröße

S

.

.

6 9 Im heliopolitanischen System steht Schu mit Tefnut an zweiter Stelle, in den

sumerischen Götterlisten eröffnet Enlil den 2. Götterkreis nach Anu. 70 Amun, § 120ff. 7 1 AaO, § 1 52. 7 2 The Egyptian Background of Gen 1 (mit Etymologien). 7 3 Zur Funktion von I:Ie.l)u siehe wie folgt und ausführlicher oben, 170f. 74 Amun, § 1 5 l f.

75

Infolge von DÜMICHEN, ZÄS 9 ( 1 894) vgl. SPIEGELBERG, Amon.

7 6 Zur Kritik an Sethe vgl. KILIAN, Gen 1 ,2, 424f. 77 So äußern sich aber auch GÖRG, Struktur, 1 4; HOFFMEIER, Thoughts, 43.

7 8 Vgl. dazu ASSMANN , Re und Amun, 222ff; vgl. Orro, Art. Amun, 239f.244. 7 9 So SETHE, Amun, § 179. 1 52; wiederaufgenommen von SCHMIDT, Schöp­ fungsgeschichte, 26. 8 0 So KILIAN, Gen. 1 ,2, 428f. 8 1 Vgl. dazu auch GöRG, Struktur, 1 3 . 8 2 Vgl. dazu GÖRG, Struktur, 14f. Einschränkend s . unten, Anm. 9 1 . . 8 3 So GÖRG, Struktur, 14f infolge von BARTA, Bedeutung der Persomfikatton, 7ff. Damit ist das Argument, daß die Nennung zwei verschiedener Begriffe für Wasser in Gen 1 ,2 auch unterschiedliche »Körper« meinen muß, nicht gestärkt. Denn nur weil diese Doppelung in Ägypten mit unterschiedlichem Gehalt verbunden .

284

Vergleich der alttestamentlichen Vorweltaussagen mit den altoriental. Texten

Motivgeschichtliche Überlegungen zu den Erzählanfängen kosmogoner Texte

285

Görg trennt V.2a als negativen Aussagesatz ab und kommt zu vier anders zuzuord­ nenden Größen, indem er l;le�u nicht zu 1iin84, sondern dem Meer zuordnet unter Preisgabe der Reihenfolge, wie sie in den späten Texten belegt ist.S5 Ein anderes Entsprechungsmodell liefert Kilian. Er kommt zu seiner Gliederung durch einen literarkritischen Eingriff: er erklärt »aber die Erde war« für eine spätere Hinzufügung und kommt somit auf vier Größen: Nichtigkeit: l;le�u = 1i'i:J') 1i'in, Finsternis: Keku = 1fPn, Wasser: Nun = Oiitr;'! und Wind = Amun etc. 1"!1186, wobei jede der letzteren drei Eigenschaften als Eigenschaft des Nun gilt. Das hieße, daß der gesamte Vers 2 eine Explizierung der Oiitr;'l wäre. Er geht davon aus, daß auch Amun im Verbund der Achtheit keine eigene schöpferische Kraft zukommt. Seiner Meinung nach muß das aber nicht für 1"!11 in Gen 1 ,2 gelten, wie das ergänzte Partizip andeutet. Das nämlich weise darauf hin, daß die aus Ägypten importierte Achtheit frei mit dem seit dem NR belegten Windgott Amun kombiniert worden sei und die Konnotation von Urvogel, Urei und Wind mit sich bringe als Vorstellun­ gen, die in thebanischen Hymnen mit Amun verknüpft worden sind. Ein drittes Modell stellt Notter vor, der etwas variiert, indem er O'�iJ mit Nun und Oiitt;l mit l;le�u gleicht; 1i'i::l') 1iin sei mit dem vierten Paar Amun I Nj3w etc. zu iden­ tifizieren. Damit ist die eigentliche hermopolitanische Tradition erschöpft. Die 1"!11 erklärt er als eine Kombination des thebanischen Amun- und des heliopolitanischen Atumkultes als Präsentationsformen eines Gottes, der vor dem Schöpfungbeginn vogelgleich über dem Urmeer schwebt und den Prozeß in Gang setzt.S7 - Auch hier wird (siehe bereits Sethe) ein Synkretismus vorgenommen, dessen Überlie­ ferungsweg nur schwer nachvollziehbar ist.S8 Das von Notter zu Rate gezogene Tausend-Strophen-Lied89 stellt zwar die Achtheit, Amun als Windgott, den großen Gackerer und Atum nebeneinander, tut das aber nicht im Sinne einer Verschmelzung, sondern eines Nebeneinanderaufführens verschiedener Traditio­ nen. Eine Übernahme dessen in Gen 1 ,2 mit der Assoziation Amuns als eines Hauptgottes ist überlieferungsgeschichtlich und theologisch unwahrscheinlich. 90 Wir haben es hier mit drei verschiedenen Deutungsmustern zu tun, die zwar der Achtheit jegliche schöpferische Potenz absprechen, dieselbe aber für Gen I ,2 - trotz einer Gleichsetzung mit der Achtheit - aufgrund synkretistischer Tendenzen anneh­ men. Letztlich scheint jeder der Lösungsansätze wenig überzeugend. Den Import der Achtheit in Gen 1 ,2 zu vertreten und zugleich diesen gewichtigen theologischen Unterschied der Rede von einem schöpferischen Prinzip versus den von einem vorweltlichen Ausgangspunkt in Kauf zu nehmen, ist eine nicht weiter belegbare

Hypothese, der zudem die syntaktische Struktur und Gliederung von Gen 1 , 2 wi­ derspricht. Es scheint glaubhafter, die Intention des hermopolitanischen Systems, die auf ein wie auch immer geartete Vorweltschilderung als Ausgangspunkt eines Geschehens abzielt, für Gen 1 ,2 zu übernehmen, ohne daß dieses Tableau dem altä­ gyptischen Vorbild exakt entsprechen müßte. Angesichts der fraglichen Parallelsetzungen91 beschränkt sich die Vergleichbarkeit unserer Meinung nach auf einige Grundzüge92; 1 . In Gen 1 sowie in der hermopolitanischen Lehre besteht der erste Schöpfungsakt in der Entstehung des Lichts (bzw. in der Geburt des Sonnengottes). 2. Die ganze Schöpfung entwickelt sich aus dem von Finsternis umgebenen und al­ les umsträmenden Urgewässer, aus dem die Erde im Laufe des Schöpfungsgesche­ hens emportaucht 3. Sowohl das in Gen 1,2 Aufgelistete als auch die Achtheit sind als Passiva zu verstehen.93 Sie sind als Phasen des vorangegangenen und nicht als Motoren des anschließenden Geschehens anzusehen. Ein grundsätzlicher Unterschied zwischen Achtheit und den in Gen 1 ,2 genannten Vorweltkategorien besteht in deren bereits von K. Koch vermerkten »Ungöttlichen Charakter>Tod« Tiämats nicht ihr Ende, sondern ihr Weiterleben in einer anderen Form (als Himmel und Erde) garantiert, hebt Dietrich (Tötung, 72) als charakteristisches Merkmal des kosmogonen Motivs der Tötung einer Gottheit hervor. Dasselbe trifft letztlich auch für ApsO zu, der in die Wohnstatt Eas transformiert wird. 1 3 3 Vgl. BOTTERO, L'epopee, 1 1 9. 134 s . dazu unten, 299f. 1 35 Wie Jacobsen (Sumerian Mythology, 139 Anm. 2 1 ) nachweist, wird Nammu u.a. im Yale Syllabar (YOS I 53.57-60) als >>Göttin des Abzu>Meer>Nach Meinung des Ägypters hatte die Welt als Schöpfung einen Anfang in der Zeit.« (Ägyptische Religion, 1 77) ist nicht als materieller Ursprung zu verstehen, sondern als konzeptioneller. S. dazu unten, 303ff. l 63 V gl. dazu ausführlich KOCH, Wind.

296

Vergleich der alttestamentlichen Vorweltaussagen mit den altoriental. Texten

sehen zum geschichtlichen Bereich. Die Theogonie erfolgt als Folge von Emanationen Atums. Und auch wenn diese Emanationen nicht explizit geschaffen sind, so sind sie doch ein Produkt der Selbst­ werdung Atums, die von der Einheit zur Vielheit führt. 3. Vorweltgrößen als materielle Grundlage der Weltwerdung

Eine dritte verbreitete Vorstellung des Überganges von Vorwelt zur Weltwerdung ist die der Trennung und Scheidung eines vorgegebe­ nen Stoffes. Belegt ist sie als Motiv der Trennung von Himmel und Erde in der ägyptischen und sumerischen Mythologie (a). Daneben gibt es die Scheidung von Wasser in verschiedene Daseinsbereiche (b), wie es beispielhaft in Ee. behandelt ist. Wie S. Morenz164 hervorhebt, sind Trennungsakte in den ägyptischen Traditionen niemals Schöpfungen aus einem präexistenten Stoff. Der Übergang von der Vorwelt zur Weltwerdung ist hier niemals hand­ werklich dargestellt, sondern als Aufeinanderfolge von mehr oder minder intentional eingeleiteten Phasen (Emersio). 1 65 Deshalb wer­ den ägyptische Texte und Traditionen in diesem Unterkapitel einen sehr viel geringeren Stellenwert einnehmen. Im Kontext der Rede von der Trennung in Himmel und Erde dürfen sie aber - und sei es als Kontrast zu den mesopotamischen Vorstellungen - nicht fehlen. a) Trennung von Himmel und Erde

Ein in Ägypten textlich und ikonographisch wie auch in sumerischen Vorweltaussagen häufig belegtes Motiv ist das der Trennung von Himmel und Erde. In Ägypten bilden Himmel und Erde im ungeschiedenen Zustand den Ausgangspunkt der Weltwerdung. 1 66 Den ägyptischen Traditionen gemäß geht dem Zustand vor der Trennung kein Fremdkörper vor­ aus. Sie umschreiben den Zustand in dem Bild der (sexuellen) Ver­ einigung des Erdgottes Geb mit der Himmelsgöttin Nut. Die Vorstel­ lung der Trennung findet ihre klassische Ausprägung in der Gestalt des Schu, der auf Geb stehend die Himmelsgöttin Nut hochhebt, eine

1 64 Ägyptische Religion, 1 8 1 ff. 1 6 5 Als Ausnahme nennt Morenz (Art. Himmel I, 33) Edfu IV 23, 1 0, wo es heißt:

>>Du [= Horns, die Vf.in] bist der, dessen Flügel den Himmel öffnen, du brichst auf >das Erz< (bj3) mit deinen Hörnern«, eine Stelle, die sich motivgeschichtlich an Pyr

305 anschließen läßt; vgl. dazu WEYERSBERG, Motiv der Himmelstütze, 1 14. 1 66 Vgl. den Fährmannspruch Pyr 519 § 1 208 als einen frühen Beleg. Häufig belegt ist das Motiv in den Hymnen des NR (so TE VELDE, Theme of Separation, 1 6 1 ) wie z.B. im Tura-Hymnus (s. ASSMANN, ÄHG, 207-209 [Text 88] und pHarris I (aaO, 4 14f [Text 199]).

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Motivgeschichtliche Überlegungen zu den Erzählanfängen kosmogoner Texte

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Darstellung die ikonographisch gut belegt ist.167 Auch dieser Vor­ stellung liegt der ägyptische Grundgedanke zugrunde, daß alles, was existiert, in Folge eines Prozesses der Ausdifferenzierung, geworden ist. Einheit hingegen ist Potentialität. 16B Somit ist die Trennung von Himmel und Erde als etwas den Kosmos Konstituierendes verstanden worden und nicht etwa als das Ende eines paradiesischen Zustands , 1 69 Durch die Trennung wird der Sonnenlauf am Himmel ermöglicht. Nut gebiert die Sonne jeden Morgen neu und verschluckt sie des Abends , 1 70 Das Trennungsmotiv ist in enger Anlehnung an die helio­ politanische Theologie konzipiert: Atum bringt Schu und Tefnut her­ vor, die ihrerseits Geb und Nut hervorbringen, welche durch ihren Vater Schu voneinander getrennt werden. 1 71 Am Ende der Theogonie steht Horus, der als Hornsknabe auch mit dem Sonnengott zu identi­ fizieren ist. Ebenso können aber auch Pt� aus Memphis und Chnum aus Esna als Erbeber des Himmels fungieren. 1 72 Der Zustand vor der Trennung wird in sumerischen Texten oft mit der Metapher der Urstadt, sum. uru-ul-la, umschrieben. In der Götterliste TCL XV 1 0 wird das kosmische Motiv verhandelt, wie An, als der Herr der Urstadt, und Ki, die Erde, auf eine Reihe von Urgöttern zurückgeführt werden. J. van Dijk 1 73 deutet die Abfolge der Götter folgendermaßen: der vorweltliche Zustand ist durch die Liste der chthonischen Götter umschrieben, die sich zusammenfassen lassen in dem Bild der Urstadt, als deren Herr An gilt. Himmel und Erde (Uras) vereinigen sich in der hierogamie cosmique, um sich in einem nicht weiter spezifizierbaren Moment wieder zu trennen und die Genese des Kosmos durch Emersio auszulösen. Der Vorgang der Kosmogenese durch Hervorsprießen von Pflanzen174 oder auch 1 6 7 Te Velde (aaO, 1 66) weist auf (häufiges) Vorkommen seit der 21 ./22. Dyn. hin. Abb. finden sich bei KEEL, Welt der altorientalischen Bildsymbolik, 25ff. S. dazu auch DERS., Weltbild. S. auch oben, 203 m. Anm. 350. 1 68 Vgl. HORNUNG, Der Eine, 1 69; TE VELDE, Theme of Separation, 1 6 1 . Er überträgt die ))Ontologie« Hornungs auch auf den Trennungsmythos. 1 69 Te Velde (aaO, 162) weist darauf hin, daß sich diese Vorstellung, die vor allem in außerorientalischen Kulturen belegt ist, im ägyptischen Kuhbuch angedeutet scheint (ebd. m. Anm. 1 0); vgl. dazu ausführlich HORNUNG, Mythos, bes. 77ff. Vorsichtiger äußert sich ASSMANN, Ma'at, 1 75ff. 1 7 0 Vgl. dazu Cenotaph Sethos I. (vgl. HORNUNG, Unterweltbücher, 485f) und das Buch der Nacht (aaO, 489ff). 1 7 1 Vgl. dazu OTTO, Ägypten, 54f; MORENZ, Ägyptische Religion, 1 83 ; TE VELDE, Theme of Separation, 1 63 mit Hinweis auf Cenotaph, II 82ff. 1 7 2 Vgl. dazu MORENZ, Ägyptische Religion, 183; WEYERSBERG, Motiv der Himmelsstütze, 128ff. l 73 Le motif cosmique, 1 3; vgl. LAMBERT, Cosmology, 52f. 1 74 Vgl. das Streitgespräch zwischen Holz und Rohr (s. RÖMER, in: TUAT III/3, 3 57f), in dem eine recht genaue Beschreibung dessen vorliegt, was van Dijk hierogamie cosmique nennt: der Himmel dringt im Geschlechtsakt in die Erde ein und befruchtet sie.

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Vergleich der alttestamentlichen Vorweltaussagen mit den altoriental. Texten

Menschen 1 75 wird mitunter ergänzt durch das Motiv des Regens oder des himmlischen Samens, der die Erde fruchtbar macht. Hier findet sich die klassische Ausprägung des sumerischen Trennungsmythos angedeutet, der ursprünglich in den Kult von Nippur gehörte und in der Theogonie auf Enlil hinzielt. l 7 6 In der zweiten großen Götterliste, in der es um kosmogone Ereignisse geht, An: anum, ist das System nicht eingehalten. In ihr liegt bereits durchgängig eine Vermischung mit aus Eridu stammenden Themen vor, was sich in der paarweisen Anordnung zeigt. Die oben genannte Erdgöttin Uras tritt hier männlich mit der Partnerin Nin-Uras auf und verkörpert nicht die Gattin von An, sondern ein Vorfahrengötterpaar, das An vorausgeht. Somit wird An gleich Enlil auf Erdgottheiten zurückge­ führt. Dasselbe gilt für den-uru-ul-la, dem eine Nin-uru-ul-la an die Seite gestellt wird und somit die Urstadtbedeutung aufgibt. Der Trennungsmythos fällt hier zugunsten einer Ahnenreihe aus. Schöpfung ereignet sich in diesem Text als eine Serie von Zeugun­ gen, wie die des Enki im Dilmunmythos oder im Mythos »Enki und die Weltordnung«. In den meisten sumerischen Texten liegen diese Traditionen vereint vor. Der vorweltliche terminus technicus u4-ri-a »an jenem Tag« re­ kurriert auf den Moment der Trennung. Auf sie erfolgt anstelle der Selbstbefruchtung in der Regel die Bewässerung des Landes mit Hilfe des bereits vorhandenen, nur noch zu kanalisierenden Wassers wo­ ran sich die Schöpfung anschließt. Vor dieser Trennung entsteh�n als Folge des Vereinigungsaktes von Himmel und Erde die Götter als personifizierte Naturphänomene. m Nach der Trennung wird das ebenfalls bereits vorhandene Urgewässer in Gestalt des Apsil. der Schöpfung einverleibt: Die Schöpfungswelt entsteht infolge von Enki/Eas Handeln.

175 So in der sog. Eridu-Hymne (OECT I, pl. 1-4), Z.3 nach der Übersetzung von al-Fouadi, Jacobsen, Falkenstein/von Soden (SAHG, 1 33): »(1) Als allem Gezeug­ ten das Schicksal bestimmt war , (2) als die Menschen in einem Jahr des Überflusses, das An geschaffen, I (3) wie Gras die Erde durchbrachen hatten, (4) 4.a baute der Herr des Abzu, der König Enki. .. « Andere Bezüge werden in der Ubersetzung von Bottero I Kramer (Lorsque les dieux, 142) hergestellt: ( 1 ) »En ce

temps-la, qm.md les destins eurent ete arretes, I Et qu'une annie d'opulence, venue du ciel,/ Se fut deployee ici-bas comme verdure et gazon, Sire Enki ... «; vgl. schon KRAMER, Myths of Enki, 69. Diese Übersetzung wird von SEUX (Rezension, 35f) verworfen, da es sich hier eindeutig um das Phänomen der Menschenschöpfung _ handelt und nicht um eine Theogonie. Zum Thema Men­ durch Emersto schenschöpfung vgl. den Hymnus auf die Hacke (PETIINATO, Menschenbild, 83). 1 7 6 Dazu VAN DIJK, Sumerische Religion, 453f; DERS ., Le motif cosmique, 1 3. Van Dijk hält die Nennung der Göttin Nammu an dieser Stelle bereits für eine synkretistische Ergänzung. 1 77 Vgl. dazu V AN DIJK, Sumerische Religion, 457.

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Man mag sich fragen, ob auf die oben hervorgehobene Trennung in der Nippur­ und Eridutradition nun doch quasi zu verzichten ist. 178 Doch wenn auch die Differenzierung in den wenigsten sumerischen Texten sinnvoll erscheint, weil die Traditionen nur sehr vereinzelt in Reinform belegt sind, so ist sie umso sinnvoller bei der Beschäftigung mit Ee. Denn die Überlagerung verschiedener Traditions­ komplexe ist am klarsten anhand der unterschiedlichen sumerischen Traditionen darzulegen.179

b) Schöpfung als Differenzierung von Wasser in Himmel und Erde

Die Herausbildung der Daseinsbereiche aus einer wässrigen Masse ist ein weiteres Motiv. Wie oben bereits dargelegt, hat das babylonische Epos Ee. die aus Nippur stammende Tradition der Kosmogonie in­ folge der Trennung von Himmel und Erde mit der Vorstellung vom wässrigen Chaos aus Eridu gekoppelt, indem es nicht um die Trennung von Himmel und Erde, sondern um die von Salz- und Süßwasser geht. So bilden Apsil. und Tiämat, zwei wässrige »göttliche Prinzipien« 180 , die der Theogonie 181 voranstehen, zugleich den sub­ stantiellen Ausgangspunkt für das Schöpfungswerk Marduks. Als er­ ste Handlung im Epos wird im Rahmen einer Theomachie das Paar getrennt, Apsil. von Ea getötet und zu dessen Wohnort gestaltet. 182 Im Anschluß an diese Tat findet - nach einigem Hin und Her im Götterrat - Marduks Kampf gegen Tiämat statt, an dessen Ende ihre Tötung und Spaltung in einen oberen (den himmlischen) und einen unteren (den irdischen) Bereich steht. Das bedeutet, daß das traditio­ nell recht abstrakt formulierte Motiv der Trennung in Himmel und Erde durch den Kampf mit der anschließenden Schlachtung illustriert und um die Wassermetaphorik erweitert worden ist. Gewissermaßen liegt eine doppelte Trennung vor, da die des Urpaares noch nicht in die Schöpfung von Himmel und Erde überführt. Die ist vielmehr das Ergebnis der Spaltung von Tiämat. 1 7 8 So wie Kramer und Lambert die Differenzierung in ihren Ausführungen kaum beachten. 1 7 9 Vgl. dazu DIETRICH, Kosmogonie, 1 55ff. 1 8 0 So BO'ITERO, L'epopee, 1 1 7. Heide! charakterisiert sie als >>inanimate matter, which was afterward separated into the waters above and below, into dry land and ocean« (Babylonian Genesis, 97). Ein drittes Element dieser Materie ist seiner M einung nach Mummu (aaO, 1 1 4f). - Mummu >>Gebärerin« ist nicht zu verwechseln mit dem Minister (sukkallu) des Apsfi (s. Z. 30 u.ö.). Die assyrische Version von Ee. geht von einer Chaostrias aus und präsentiert Mummu als dritte Person (vgl. Z. 4). Die gleiche Bedeutung nimmt Kragerod (Concept of Creation, 46) für Z. 4 der babylonischen Fassung an. - Zur Übersetzung von Mummu vgl. au sführlich MICHALOWSKI, Presence, 384ff mit weiterer Literatur. 1 8 1 Diese reicht von den Urgottpaaren Labmu - Labämu und Ansar - Kisar zu den großen Göttern des babylonischen Pantheons Anu, Ea und Marduk (als Substitut für Enlil). 1 8 2 An dieser Stelle wird deutlich, daß Ea nicht immer mit Apsfi identifiziert werden muß, da es hier keinen Sinn ergäbe. S. dazu oben, Anm. 83.

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Vergleich der alttestamentlichen Vorweltaussagen mit den altoriental. Texten

Das Motiv der Trennung von Himmel und Erde ist auch in CT 76 II 2f 1 83 mit der Wassermotivik verknüpft. In diesem Text ist davon die Rede, daß Geb zum König der Erde deklariert wird, nachdem er die Erde als seinen Bereich gebildet hat. Dieser Akt der Erdgründung vollzog sich, indem er die große Flut (m!Jj.t wr.t) zusammen­ zog für Atum, der seinerseits den Himmel (Nut) bevölkert. Das Zusammenziehen der alles umgebenden Flut ist als Metapher für die Trennung von Festland und Meer anzusehen. Auch in Gen 1 ,6ff etabliert Gott den Kosmos mittels Werken der Scheidung. Er teilt das U rmeer in einem ersten Schritt mit Hilfe der von ihm geschaffenen l"Pl in ,einen oberen und unteren Bereich. In einem zweiten Schritt teilt er die unten abgesonder­ ten Wasser in Land und Meer. Weder in Ee. noch in Gen 1 ist eine nähere Be­ schreibung der Gestaltung des Himmels gegeben. In Ee. IV, I41- 146 wird geschil­ dert, wie Marduk den Himmel durchschreitet, den Ausmaßen des Apsfi angeglichen und der Göttertriade als Wohnort zugewiesen wird) 84 In Gen I ist nur noch von dem Raum unterhalb des Himmels als Lebensraum der Vögel die Rede. Der Himmel selbst wird hier - als Wohnort Gottes oder zumindest als dem menschlichen Zugriff nicht verfügbar - aus dem Folgegeschehen ausgeklammert. Trotzdem wird man, was die Vergleichbarkeit beider Texte anbetrifft, vorsichtig sein müssen. Denn in Ee. wandelt sich die Darstellung von Tiämat von der anfangs wässrigen Urmasse in ein anthropomorph bzw. tierähnlichl 8 5 dargestelltes Wesen und wird so zu einem Körper, aus dem man den Kosmos bilden kann. In Gen I hingegen liegt die Vorstellung des Ausgrenzens von Wasser zugrunde. Indem den Wassermassen ihr Ort zugewiesen ist, werden Himmel und Erde sichtbar _ l 86 Auch Tiämats obere Hälfte dient als Abgrenzung gegen die oberen Wasser (IV,l 39f), doch damit stellt sie eher eine Parallele zur ll.'Pl dar und nicht zur Cii1t;J. Häufig ist vermutet worden, daß auch in Gen 1,2 die Vorstellung eines oberen und unteren Urmeeres vorliege, das im Laufe des Schöpfungsberichts in Himmel und Erde getrennt würde. 1 87 Man hat die Cii1n mit Tiämat gleichgesetzt und t:l'l;liJ mit Apsfi und die erste Entscheidung etymologisch begründet. 1 88 Nun haben die exegetischen Untersuchungen zu Gen 1 ,2 ergeben, daß hier keineswegs von einem oberen und unteren Gewässer die Rede ist, welches terminologisch differenziert wurde, sondern daß sich beide Begriffe - zwecks Vermeidung einer Wortwiederholung - auf das Urgewässer be­ ziehen. Daß dieses Urgewässer als eine den gesamten Kosmos umgebende Wassermasse gedacht ist, impliziert bereits der heb. Begriff cii1t;J, der weitaus mehr impliziert als akk. ti 'amtu(m) I tamtu(m). Während dieses sich lediglich auf das Meer, also Salzwasser bezieht (heb. c:), beinhaltet tlii1n »Urgewässer, Quellen«

1 8 3 S. oben, 202. 204. 1 84 Im mesopotamischen Weltbild (s. oben, 265ff) findet sich die Dreiteilung in Himmel - Erde - Unterwelt im dreigeteilten Aufbau des Himmels wiederholt. Jeder der Götter hat auch im Himmel eine Dependance seines Herrschaftsbereichs. Diese Zuweisung findet sich auch in Ee. IV, 141ff im Anschluß an die Errichtung des Himmels. 1 8 5 Worauf ihr Schwanz in Taf. V, 59 schließen läßt. 1 8 6 Vgl. auch Ps 104,5-9; Hi 38,8- 1 1 ; Prv 8,29-� 1 ; Jer 5,22; 3 1 ,35 - Gunkel (Schöpfung und Chaos, 95f) weist gerade diese Stellen nicht der gleichen Tradition wie Gen 1 zu. Stattdessen stellt er Gen 1 ,2 in den Kontext von Jes 5 1 , 10; Hi 26, 1 2; Ps 74, 1 3 ; 89, 1 0 etc., den sogenannten Chaoskampfschilderungen. Diese These erweist sich als nicht tragfähig (vgl. dazu PODELLA, Chaoskampfmythos, und oben, 14 1f; anders BATIO, Slaying the dragon, 77ff). 1 87 So z.B. HEIDEL, Babylonian Genesis, 1 28f. 1 3 5 , der jedoch in anderen Passagen solchen Vergleichen eher skeptisch gegenübersteht. 1 88 S. zu der nicht haltbaren etymologischen Ableitung oben, 1 22f.

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Bedeutungen, die in Mesopotamien Apsfi innehat. Im übrigen gestaltet sich die Raumaufteilung in Gen 1 in einem einzigen Wasserkörper, der nur im vorweltlichen Stadium Cii1t;l genannt wird, und in die Schöpfungswelt integriert als C'l;liJ begegnet. Somit stellt sich die Frage, inwieweit die Vorweltschilderung in Gen 1 ,2 zu der Schöpfungserzählung ab V.3 überhaupt in ein logisches Verhältnis gesetzt werden muß. Ist es nicht vielmehr möglich, daß sich in Gen 1 eine Reihe grundverschiede­ ner Traditionen finden, die gar nicht unbedingt in ein eindeutiges Verhältnis zuein­ ander zu bringen sind?

4. Zum Verhältnis von Weltschöpfung und Kosmogonie in altorien­ talischen Texten

Bei dieser immer wieder am Rande auftauchenden Frage geht es nicht um die Unterscheidung in Kosmologie und Theologie. 18 9 J. Assmanns Unterscheidung in ein transitives Modell der Schöpfung, dem ein intransitives Modell der Kosmogonie gegenübersteht, scheint sehr viel sinnvoller. 1 90 Der Unterschied beider Modelle liegt darin, daß Schöpfung als das Werk eines außenstehenden Gottes zu betrach­ ten ist, während Kosmogonie das Subjekt eines Selbstentfaltungspro­ zesses ist, aus dem sich (auch) die Götterwelt erst entwickelt. Nun weist Assmann darauf hin, daß beide Konzeptionen den ägyptischen Texten gemäß gar nicht voneinander zu trennen sind. Wie man an dem Gott Atum sehen kann, der gleichermaßen präexistentes Ursprungsprinzip als auch schöpferische Gottheit ist, entsprechen die Konzeptionen einander. Es geht in ihnen um »das erste Mal« (sp tpj) als den Beginn der Welt in unterschiedlicher Ausprägung (a). Wie man auch an der Tatsache ablesen kann, daß Schöpfung bzw. Weltentstehung in keinem ägyptischen Text um ihrer selbst willen thematisiert sind 1 9 1 , liegt die Intention beider Konzeptionen darin, eine Relation zwischen Welteinrichtung und dem Erhalt der Jetztwelt zum Ausdruck zu bringen (b)_ 1 92 S. Bickel hat Assmanns Ansatz übernommenl93 und dahingehend spezifiziert, daß sie - zunächst für die Texte des AR und MR - ein Phasenmodell erstellt, demgemäß am Anfang die Kosmogonie steht als das unintentionale Werden, das sich in Atum verkörpert findet, an das sich im »fils-createur« (Schu, 1 89 So unterscheidet z.B. Morenz (Ägyptische Religion, 189f), indem er das ge­ samte Kapitel zur Kosmogonie im Alten Ägypten in diesem Sinne mit »Weltschöpfung und Weltwerdenerstes Erscheinen« und sp wr >>die große Gelegenheit«) noch nicht auf den Anfang der gesamten Schöpfung als vielmehr auf das Erscheinen des Schöpfergottes rekurrieren. 2 03 Vgl. dazu MORENZ, Ägyptische Religion, 175f. 2 04 Vgl. dazu JANOWSKI, Rettungsgewißheit, 149f. 2 05 So MORENZ, Ägyptische Religion, 177. 2 06 Die expliziteste Erklärung findet sich im Kuhbuch, wo der »Sündenfall>primitivem Denken« zu tun226 . C. Westermann, der Pettazzonis Ansatz in seinem Kommentar

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aufgreift, sieht in den Schöpfungsaussagen >>das personale Element« als das »We­ sentlich Neue und Andere>le problerne de !'Origine premie re des choses ne semble pas avoir tant travaille

!es esprits, ... , que celui de leur Devenir, par transformations successives, a par­

tir d'une donnee premiere, confuse et infinie, ou plutöt indefinie, peu a peu diffe­

renciee et ordonnee jusqu'a Ia configuration presente de notre Cosmos>Dies ist das Buch der E�tstehung vo� Himmel und Erde, als es entstand. An dem Tag hat Gott (den) Htmmel und (dte) Erde gemacht und alles Grün, bevor es auf der Erde entstand« I6.

Gen 1 , 1 wie auch V .2,4b (MT) - verfolgen dieselbe Intention, nämlich in einem Satz vorwegzunehmen, wovon das im Folgenden Dargestellte handelt: Gott ist der Schöpfer der Welt. Es wäre falsch, n·t\i�,-� und ci·� als Analogon zu dem in Ee. I,l-2 vor­ liegenden temporalen Nebensatz mit eniima zu verstehen. Vielmehr handelt es sich in den biblischen Texten um zwei präpositionale Zeitbestimmungen im st.cstr., die in der Funktion eines eingliedrigen Nominalsatzes einen Zeitbegriff in den Erzählkontext einführen, und das nicht in der Bedeutung des »Zuerst«, sondern im Sinne von »zu der Zeit, als ... (Gott die Welt schu/) « . 1 1 Gemeint ist in Gen 1 , 1 neben dem Rekurs auf die Ur- bzw. Vorzeit zugleich auch der Beginn der Geschichte Gottes mit Israel. Nicht gemeint ist hingegen die zeitliche Reihenfolge des göttlichen Schöpfungshandeins - dessen Bericht erst mit Gen 1 ,3 bzw. 2,7 einsetzt. An die theologische Aussage des überschriftartigen Mottoverses schließt sich ein Exkurs an, der, in Anlehnung an religionsgeschicht­ liche Vorbilder, der voranstehenden Aussage großes Gewicht verleiht durch die Entgegensetzung eines drastisch gezeichneten Kontrast­ bildes. Gen 1 ,2 dient dazu, die göttliche Souveränität zu unter­ streichen, indem die Vorwelt als nichtig und negativ im Sinne einer umfassenden Lebensfeindlichkeit dargestellt wird. I S Wie wir gesehen haben, ist dieses Kontrastbild in altorientalischen Texten auf unterschiedliche Art und Weise gezeichnet worden: -

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Beachte den darin enthaltenden Rekurs u.a. auf Platon, Tim. 51 a: O:pxaL S. dazu oben, 1 5ff. 1 4 Vgl. daz� ausführlicher RöSEL, Übersetzung, 29. . 1 5 Vgl. z�_r Ubersetzung Rösel, aaO, 55ff mit Kommentierung (59). 1 6 Diese Ubersetzung impliziert zugleich, daß an einen zweifachen Schöpfungsakt in der Ideenwelt und in der sichtbaren Welt gedacht ist (vgl. auch die Verben Tiot€w und y{yvoiJ.at). Z. T. kritische Auseinandersetzungen mit den hellenisierten Weit­ entstehungsaussagen finden sich in einigen apokryphen Texten: vgl. Jub 2 und 4 Esr 6 (vgl. dazu STECK, Schöpfungsbericht, 29 1-3 1 8); 2Makk 7,28; SapSal 1 1 , 1 7 (vgl. Heb 1 1 ,3). 1 7 Eher zu vgl. mit ina reSim oder ina res surri; s. dazu oben, 304f. 1 8 Eine parallele Vorweltschilderung findet sich in 4Esr 5,56ff; vgl. dazu WESTERMANN, Genesis, 6 l f. I3

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Abschließende Überlegungen zu Gen

1,1-3

1 . Zum einen - wie in den äg. Pyramiden- und Sargtextenl 9 - als grammatisch und formal eindeutig identifizierbare »Als-noch-nicht«­ Formulierungen. Sie beschreiben die Noch-Nicht-Existenz von Him­ mel und Erde (= Lebensraum), seiner Bewohner, der Dinge insge­ samt und des Bösen/Negativen. Es handelt sich dabei um Begriffe, die als metonyme Ausdrucksweisen für das Nichtvorhandensein der Welt anzusehen sind, welche als ein sich aus vielen verschiedenen Aspekten zusammengesetztes und ausdifferenziertes Ganzes verstanden wurde. 2. Zum zweiten liegen aus Mesopotamien formal uneinheitliche, er­ zählerisch breit angelegte Schilderungen einer Vorwelt vor, wie z.B. im Dilmun-Mythos oder in der Tempelgründungsinschrift aus Eridu. Sie präsentieren sich als elaborierte, aus vielen kleinen Motiven zu­ sammengesetzte Negativschilderungen, deren Funktion darin besteht, ein elaboriertes Kontrastbild zur Jetztwelt zu entwerfen. Die Inten­ tion dieser Schilderungen liegt darin, den jetztweltlichen Zustand als Schöpfungsakt eines bzw. mehrerer Götter herauszustellen. 2o 3. Eine weitere Spielart findet sich in Texten, die dieses Kontrastbild zur Welt grammatisch positiv anhand verschiedener Vorwelteigen­ schaften entwerfen. Diese Vorwelteigenschaften sind weniger als der Schöpfung bzw. Weltentstehung vorgegebene, konkrete Urstoffe anzusehen, denn als Metapher für die Vorwelt, welche einen Zustand des Mangels und der Undifferenziertheit repräsentiert. Beispielhaft stehen hierfür in ägyptischen Texten die Achtheit von Hermopolis, deren Charakteristika (Wasser, Unendlichkeit, Finsternis und Ortlosigkeit) sowohl den Mangel an fest gefügter Ordnung (Urmeer/Land, dunkel/hell) als auch die Notwendigkeit zur Differenzierung und Begrenzung zum Ausdruck bringen. Dieser letzte Zug wird einmal mehr in den Schöpfungsaussagen um die Götter Atum und Amun deutlich. Atum ist der »Eine, der die Vielen macht«, während Amun das Alles- und das Nichtsein verkörpert. Sie sind Götter, die konkret (Atum schafft durch Niesen, Spucken etc. nacheinander Kosmos und Geschichte) oder abstrakt (Amun ist der Lebensgott, der selbst verschiedene Stadien durchläuft und durch seine Emanationen die Entwicklung der Welt zuläßt) zu den Urhebern der Welt durch Akte der Differenzierung werden. Ähnliche Vorwelttopoi sind auch für Mesopotamien belegt. Das Wasser als Urmeer, aus dem die kultivierte Welt herausgebildet wird, ist im Kontext der wohl nach Eridu gehörigen Theologie belegt. In dem zweiten sumerischen Kultort Nippur ist das Motiv der Trennung von Himmel und Erde beheimatet. Dieser Trennungsakt, als deren Garant der lokale Hauptgott Enlil gilt, repräsentiert ebenfalls den Gedanken einer Entwicklung von einer Einheit zur Vielheit.

Die Vorstellung, daß diesem Prozeß der Ausdifferenzierung der Welt ein Kampf vorausgeht, ist - wie wir darlegen konnten2I - als eine

II

19 20

S. dazu oben, 1 55ft. S. dazu oben, 225ft. 2 1 S . zur Diskussion die Differenzen in den Arbeiten von J. Assmann und E. Hornung, die oben in Exkurs 3 ausführlicher dargelegt sind; vgl. auch Lamberts

Abschließende Überlegungen zu Gen 1,1-3

315

Nebenlinie anzusehen, die ursprünglich nicht i n den Kontext der Weltwerdung als vielmehr in den des Welt- bzw. Herrschaftserhaltes gehört. Gibt man die in Analogie zu Ee. 1, 1ff formulierte These vom Aufbau der beiden Schöpfungseinleitungen gemäß dem Muster Protasis Parenthesis - Apodosis auf, vermag man die traditionsgeschichtlich gewachsene Konstruktionsweise von Gen 1 ,2 und 2,5f sehr viel bes­ ser zu verstehen. Die Anfangsverse beider Schöpfungsberichte bilden demnach eine Zusammenschau der drei skizzierten Vorwelt­ traditionen: Gen 1 , 1 bzw. 2,4b sind - wie oben dargelegt - überschriftartige Mot­ toverse, die die theologische Aussage des jeweiligen Schöpfungs­ berichts antizipieren. 22 Gen 1 ,2a und Gen 2,5 beinhalten »Noch-nicht«-Aussagen über den Zustand der Erde als Lebenswelt In Gen 1 ,2b und 2,6 werden hinge­ gen inhaltliche Aussagen getroffen, wie man sich das »Anstatt« vor­ stellen könnte: in Gen 1 ,2b ist die Rede von Finsternis, Wasser und Wind(hauch); in Gen 2,6 von einem Grundwasserstrom. 23 Im jeweils folgenden Vers schließt sich der eigentliche Schöpfungsbericht an. Auf die grammatisch positiv formulierte Feststellung des »Noch­ Nicht« der Lebenswelt (Gen 1 ,2a) folgt also eine semantische Negativschilderung, die die Vorwelt als »finster« und »bodenlos« umschreibt. In ihrer Metaphorik rekurriert Gen 1 ,2b auf uns bekannte altorienta­ lische Traditionen wie es die sumerische Tempelgründungsinschrift mit »Alles Land war Meer« pointiert zum Ausdruck bringt. Vorwelt als Finsternis und Wasser ist vor allem in ägyptischen, griechischen und phönizischen Texten nachweisbar. Es handelt sich um ein Paar von Vorwelteigenschaften, hinter dem sich das Fehlen der beiden Ordnungskategorien Raum und Zeit verbirgt. Finsternis als »Nicht­ Licht« steht für die fehlende Zeit, die in Gen 1 ,3ff mit der Einrichtung des Tag-Nacht-Wechsels geschaffen wird. Das alles um­ gebende Urgewässer steht für die Ungeschiedenheit in Himmel und Erde sowie in Meer und Land (vgl. Gen 1 ,7- 1 0). Es repräsentiert somit den noch nicht errichteten Raum. Beide - Zeit und Raum -

Ausführungen zum Ninurta-Mythologem, wonach das Motiv des Götterhelden, der durch die Wiedererlangung der Schicksalstafeln die väterliche Weltherrschaft wie­ deraufrichtet, in Ee. erstmals auf den Weltentstehungskomplex angewendet worden ist. S. dazu, 243f. 22 Anders von Soden, der diese Struktur auch für Ee. I, l ff annimmt. Zur unterschiedlichen Bestimmung der Textanfänge von Nergal & Ereskigal und Atr. s. oben, 2 1 1 ff. 2 3 S. dazu Exkurs 1 m. Anm. 150f.

316

Abschließende Überlegungen zu Gen 1, 1 -3

Abschließende Überlegungen zu Gen 1,1-3

sind konstitutiv für die Ermöglichung menschlichen Lebens und stehen somit für die Einrichtung des Kosmos als Lebensraum.24 Die Untersuchungen haben ergeben, daß die Vorweltschilderung in Gen 1 ,2 aus dem Erzählduktus des ersten Schöpfungsberichts inhalt­ lich herausfällt. Es handelt sich um eine Hintergrundschilderung. Nach dem überschriftartigen Mottovers und vor dem eigentlichen Erzählbeginn hat der priesterschriftliche Verfasser(-kreis) in einem Einschub das Vorher der Schöpfungswelt angesprochen und somit den Erzählhintergrund definiert. Die Vorweltschilderungen in Gen 1 ,2 bzw. 2,5f stehen dem eigentlichen Bericht weniger zeitlich als logisch voran. Der Verfasser hat sich dabei verschiedener traditions­ geschichtlicher Elemente bedient, die sich z. T. im Rahmen von Gen 1 als tote Motive darstellen. Sowohl t:Jii1r:J (Urmeer) als auch c•ry?� nJ, .. · werden in Gen 1 nicht weiter erwähnt. Die Terminologie findet sich erst im Laufe der Fluterzählung im thematischen Kontext der drohenden Rücknahme der Schöpfungswelt wieder. Die Negativcharakterisierung der Erde als noch-nicht-existierender Lebensraum (�ii:J) �iil'l) wird erzählerisch aufgelöst in dem Bericht über die Werke der Scheidung, die die Ausdifferenzierung von Him­ mel, Meer und Erde aus den Wassern zum Ergebnis haben. 25 In dieser Errichtung der Raumkategorie wird die menschliche Lebens­ welt konstituiert. Sie bezieht sich im Rahmen von Gen 1 auf den Lebensraum aller Lebewesen unter besonderer Berücksichtigung des Menschen und erfährt im Laufe der priesterschriftlichen Geschichts­ darstellung im Thema der Landverheißung eine Zuspitzung auf das Volk Israel. Komplementär dazu wird die Finsternis im Altemieren mit dem von Gott berufenen Licht zum tragenden Element der Kategorie Zeit. In Gen 1 erfährt diese Kategorie eine Spezifizierung im Sieben-Tage­ Werk, das seine letztliehe Bedeutung jedoch erst im am Sinai gestif­ teten Kult erhält.26 Zum zweiten rekurriert das Tagesschema aber auch auf die Einrichtung von zeitlicher Abfolge, wie sie sich im Kalender sowie in der Geschichte überhaupt darstellt. Sowohl die Raum- als auch die Zeitkategorie enthalten folglich eine kosmische wie politische Dimension. Der universale Charakter von Gen 1 bekommt im Fortgang des Erzählwerks eine Israel spezifische

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Vgl. dazu ausführlich ZENGER, Gottes Bogen. LXX und Josephus hingegen haben diese Auflösung in dem Akt der Licht­ schöpfung gesehen: Indem es hell wurde, wurde die Erde sichtbar. S. oben, 16f. 2 6 Vgl. dazu Janowski, Tempel und Schöpfung, 24 1 ff; sowie PO L A , Priesterschrift, 299ff, der die kompositionellen Erwägungen literarkritisch auswertet und die inklusorische Verklammerung von Ex 40, 16.17a.33b mit Gen 1 als gewich­ tiges Argument für den Abschluß des pG am Sinai ansieht.

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3 17

Funktion: Die Schöpfung wird dargestellt als der raum-zeitliche Rahmen bzw. als Lebenswelt Israels in Beziehung zu seinem Gott. Bereits die Lückenhaftigkeit in der Wiederaufnahme von Motiven wie auch die Mehrdeutigkeit von Bezügen machen deutlich, daß das Modell eines einfachen Entsprechungsverhältnisses von Gen 1 ,2 zum gesamten Schöpfungsbericht eine dem MT nicht gemäße Verein­ fachung darstellt. Vielmehr dürfte ein in verschiedene Richtungen zielendes Verweissystem vorliegen, das unter Berücksichtigung traditioneller Topoi die theologische Verheißung für Israel im Exil bzw. in der Zeit kurz danach reformuliert. Die in Gen 1 ,2 vorliegende »erzählende Definition der Urzeit«27 dient der Darstellung der Größe und Qualität des göttlichen Schöp­ fungswerkes in Kosmos und Geschichte durch die Stilfigur des Kontrastes. Im Unterschied zu den altorientalischen Texten, die selbst die Vorwelt in mehrere Phasen einteilen2s, d.h. für die Vorwelt eine Entwicklung zuzulassen scheinen, stellt Gen 1 das Vorher der Schöp­ fung als nichtig heraus, dem das abschließende Urteil über die Schöp­ fung in Gen 1 ,3 1 »Und siehe, es war sehr gut« krass entgegensteht. Ein Vergleich der fünf29 Skizzen zu den verschiedenen Typen von Vorweltschilderung im Alten Orient läßt erkennen, daß zumindest in zwei Phasen von Vorwelt zu unterscheiden ist, welche wir als Präexistenz und Urzustand bezeichnet haben. In das Stadium der Präexistenz gehören ein Gott I ein Götterkreis, der als im Zustand der Undifferenziertheit oder Bewegungslosigkeit befindlich charakte­ risiert ist. Ob als schöpferische Potenz, als Ausgangspunkt für eine schöpferische Aktivität oder als deren materielle Grundlage die Gottheit wird als präexistent gedacht und unterscheidet sich darin von dem zweiten genannten Stadium, dem Urzustand. Dieser impliziert den Moment des Überganges zur Weltentstehung und enthält bereits einzelne ihrer Teile, die sinnbildlich für das werdende Ganze stehen: Himmel, Erde, Luft, Wasser, Ei, Lotus, Urhügel oder Kuh sind die unmittelbaren Initiationspunkte, von denen aus die Weltentstehung sich entwickelt bzw. entfaltet wird. Vom Urzustand aus wird in die Schöpfung I Werdung der Welt und in die Geschichte übergeleitet. -

Diese beiden Phasen auf die Vorweltschilderung in Gen 1 ,2 bzw. 2,5f übertragen zu wollen, bedeutete eine Überinterpretation. Die biblischen Texte bescheiden sich, das Vorher metonymisch statt narrativ entfaltend zu umschreiben. In einigen ägyp­ tischen Amun-Hymnen, Spätzeittexten, im pBremner-Rhind sowie in den mesopotamischen Mythen finden sich hingegen weitaus umfassendere Dar­ stellungen der verschiedenen Stadien von Vorwelt.

27 28 29

So WESTERMANN, Genesis, 63. S . dazu oben die Skizzen II und V ( 193.309). S . oben, 1 78. 1 93.234.237 und 309.

318

Abschließende Überlegungen zu Gen 1, 1-3

Der Wechsel von Vorwelt in Welt mag sich andeuten in dem Wehen des göttlichen Windhauchs.JO Ähnlich einem israelitischen Pendant zum Urlotus, Urei oder zur Nilgans, scheint in dem Windhauch das Göttliche als anwesend gedacht zu sein, ohne zu agieren und seine Kraft bereits entfaltet zu haben. Man könnte die Einführung dieser Größe im Sinne eines Kontrastbildes zur in der Noah-, Abraham­ und Israelgeschichte erfolgenden göttlichen Offenbarung deuten. Denn die sich anschließende Geschichte Gottes mit seinem Volk knüpft in ihren Verheißungen, dem Volk Raum in der Landverhei­ ßung und Zeit in der Nachkommenverheißung zuzuweisen, an Gen 1 an. In Gen 1,2 fehlen nicht nur diese beiden kosmischen Grundkate­ gorien. Auch die Offenbarung Gottes gegenüber seinem Volk Israel bzw. gegenüber der von ihm zu gestaltenden Welt steht in dieser Vorwelt noch aus und ist in der Präsenz des göttlichen Windes in Aussicht gestellt. Wie vor allem der Vergleich mit Gen 1 , 1-3 (LXX) zeigt, wurde die traditionsgeschichtlich vorgegebene Form der Vorweltschilderung in einem sehr frühen Stadium der Auslegung umstrukturiert und theolo­ gisch vereindeutigt. Die sich in Gen 1 , 1 f (MT) andeutende Viel­ schichtigkeit, bestehend aus dem überschriftartigen Mottovers 1 und der zweigliedrigen Vorweltschilderung (des Noch-nicht-Vorhanden­ seins des Lebensraums und der Beschreibung eines Mangelzustands), schien für die Übersetzer nicht mehr akzeptabel gewesen zu sein. Indem sie Gen 1 ,2 in ein direktes Verhältnis zum Folgetext gesetzt haben, wurde zwar eine schlüssigere Handlungslogik erreicht, das traditionsgeschichtliche Erbe aber durch die »moderne« helle­ nistische Weltsicht ersetzt. Dadurch erfolgte eine Verkürzung des ur­ sprünglichen Textgehalts, die das Verständnis bis heute bestimmt hat. Gen 1 , 1-3 (MT) setzt ein polyvalentes Verständnis voraus und war somit an die unterschiedlichen theologischen und religionsgeschichtli­ chen Strömungen anschlußfähig. Diese AnknüpfungsHi.higkeit impli­ zierte jedoch keinesfalls die theologische Anpassung an eine vorgege­ bene Richtung. Die Texteinleitung zu Gen 1 , als dem Proömium der (priesterschriftlichen) Urgeschichte, vermittelt sehr geschickt zwi­ schen dem zum großen Teil aus Israels Umwelt stammenden Wissen und dem eigenen Glauben. Es bliebe an anderer Stelle zu untersuchen, in welchem Verhältnis Gen 1 , 2 und der sich anschließende priesterschriftliche Schöpfungsbericht gesehen worden sind und in welchem theologischen Kontext dessen Komposition Verwendung fand. 3 0 Auch an dieser Stelle greift LXX vereinheitlichend ein, indem das Partizip des heb. Textes im griech. Text mit einem Imperfekt wiedergeg��en wird, das einen eindeutigen Erzählfortschritt zur Folge hat; vgl. dazu RÖSEL, Ubersetzung, 34 und oben, 1 9 m. Anm. 35.

Abschließende Überlegungen zu Gen 1, 1-3

3 19

Kommen wir zu Rousseaus Glaubensbekenntnis31 zurück, von dem insbesondere die Schlußsätze hier von Interesse sind. Demgemäß macht es die Undurchdringlichkeit des Kosmos für den Menschen einfacher, sich dessen chaotischen Zustand vorzustellen. Denn der Mechanismus, dem gemäß der Kosmos funktioniert, übersteigt den menschlichen Horizont. Die Welt gehorcht entweder dem Zufall oder aber einem unsichtbaren Beweger. Die Entscheidung für das eine oder das andere Modell hängt jedoch ab von dem kulturellen Rahmen, in dem die Aussage getätigt wird: Der Mensch, der sich mit der Frage nach dem Vorher und der Welt auseinandersetzt, ist quasi verpflichtet, die von seinen Zeitgenossen erwartete und für sie verständliche Antwort zu suchen. Und diese fällt von Kultur zu Kultur, von Epoche zu Epoche unterschiedlich aus. Im priesterschriftlichen Geschichtswerk ist der »unsichtbare Bewe­ ger« der Gott Israels, dem spätestens durch die kosmogonische Verankerung, die der Geschichte Israels vorangeht, ein universaler Anspruch anhaftet. Gott ist der Herr der Welt. Seine Herrlichkeit wird hervorgehoben, in dem die Vorwelt als ein unheilsamer und lebensfeindlicher Zustand dem göttlichen Schöpfungsakt vorangestellt ist. Dieser Zustand dient als Folie, von welcher sich das göttliche Werk in seiner Größe abhebt. Die Vorweltdarstellungen erscheinen konkret und realistisch, da sie sich aus der Sprache lebensweltlicher Realität speisen. Besonders in Zeiten von Katastrophe und »Chaos« wird die Frage nach Gott und seiner Wirksamkeit laut. Wenn die Priesterschrift im Kontext von Schöpfung, Flut und Meerwunder der göttlichen Ordnung die Ordnungslosigkeit unter Verwendung sehr ähnlicher Motive gegenüberstellt, umschreibt sie einen außerhalb der göttlichen Aktivität bzw. neben der göttlichen Sphäre existierenden Raum, der jedoch von Beginn der Schöpfung an dem göttlichen Willen unterstellt ist. Ja, bereits vor der Schöpfung ist Gott in ihm zumindest vorhanden. So wird die Bildsprache lebensweltlicher Kata­ strophen zum kontrastiven Leitmotiv für göttliche Allmacht. Deshalb müssen sich das Dogma von der »creatio ex nihilo« und der Anfang des priesterschriftlichen Schöpfungungsberichts auch nicht wider­ sprechen. Doch eine biblische Verankerung des Dogmas ist - wie so oft behauptet - nicht gegeben. Es handelt sich vielmehr um ein anderes, gewissermaßen moderneres Bild, um den Glaubenssatz von der Allmacht Gottes zur Darstellung zu bringen.

31

V gl. oben, 1 .

Literatur Das Literaturverzeichnis enthält alle zitierten Werke. Die im Literaturverzeichnis genannten Titel werden in den Fußnoten durch Verfassername und Kurztitel (in der Regel das erste bedeutungstragende Nomen) wiedergegeben. Die Abkürzungen richten sich nach S. Schwertner, Internationales Abkürzungsverzeichnis für Theologie und Grenzgebiete (IATG2), Supplementband zur Theologischen Realenzyklopädie (TRE), Berlin!New York 2 t99 2 ; fiir die assyriologische Literatur nach dem Assyrian Dictionary of the Oriental Institute of the University of Chicago (CAD), vol. S/2 ( 1 993) und R. Borger, Handbuch der Keilschriftliteratur (HKL) IIII (1 967; 1975); für die ägyptologische Literatur nach dem Lexikon der Ägyptologie (LÄ), Bd. 6 (1986). 1 . Hilfsrnjttel Chicago Assyrian Dictionary, Chicago 1964ff BEYER, K., Althebräische Grammatik. Laut- und Formenlehre, Göttingen 1969 BüRGER, R., Handbuch der Keilschrift-Literatur, Bde 1 -3, Berlin 1 967; 1 975 - Babylonisch-Assyrische Lesestücke, Bde 1 -2 (AnOr 54), Rom 2 1979 BROCKELMANN, C., Hebräische Syntax, Neukirchen-Vluyn 1 956 BRUNNER, H., Abriss der Mittelägyptischen Grammatik, Graz 2 1 967 CLINES, D.J.A. (ed.),The Dictionary of Classical Hebrew, Sheffield 1 993ff EDEL, E., Altägyptische Grammatik, Bde 1-2 (AnOr 34 und 39), Rom 1955; 1964 ERMAN, A./H. GRAPOW, Wörterbuch der ägyptischen Sprache, Berlin 4 1982 EVEN-SHOSHAN, A., A New Concordance of the Old Testament Using the Hebrew and Aramaie Text, Jerus!ilem 2 1989 GARDINER, A.H., Egyptian Gramrnar, Oxford 3 1988 GESENIUS, W., Hebräisches und aramäisches Handwörterbuch über das Alte Testament, hg. von R. Meyer und H. Donner, Berlin 1 8 1 987ff - I E. KAUTZSCH, Hebräische Grammatik, Darmstadt 28 1985 (Neudruck) GLESSMER, U., Einleitung in die Targume zum Pentateuch (TSAJ 48), Tübingen 1 995 GORDON, C.H., Ugaritic Textbook, vol. 1: Grammar (AnOr 38), Rom 1965 HAUSSIG, H.W. (Hg.), Wörterbuch der Mythologie, Bd. 1: Götter und Mythen im Vorderen Orient, Stuttgart 1 965 HUEHNERGARD, J., Ugaritic Vocabulary in Syllabic Transcription (HSS 32), Atlanta/GA 1987 JASTROW, M., A Dictionary of the Targumim, the Talmud Babli and Yerushalrni and the Midrashic Literature, Philadelphia 1 992 (reprint) JOÜON, P./T. MURAOKA, Grammar of Biblical Hebrew (SubBi 14), Rome 1 99 1 KÖHLER, L./W. BAUMGARTNER, Hebräisches und aramäisches Lexikon zum Alten Testament, Leiden, 3 1967-1995 KöNIG, F.E., Historisch-kritisches Lehrgebäude des Hebräischen, Teil III: Historisch-Comparative Syntax der hebräischen Sprache, Leipzig 1 897 LIDDEL, H.G./SCOTT, R., A Greek-English Lexicon, vol. 1-II, Oxford 1 996 MEYER, R., Hebräische Grammatik, Bd. 3: Satzlehre, Berlin/New York 1 972 RECKENDORF, H., Arabische Syntax, Heidelberg 1 92 1 REHKOPF, F., Septuaginta-Vokabular, Göttingen 1 989

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