Die Studie untersucht das literarische Phäauml;nomen, dass an entscheidenden Wegpunkten die Verheißungslinie „Israel&quo
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German Pages 404 Year 2011
Table of contents :
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Teil A: Grundlagen
1. Fragestellung und Ziele
2. Forschungsstand
2.1 Christopher Heard, Dynamics of Diselection
2.2 Roger Syrén, The Forsaken First-Born
2.3 Frederick E. Greenspahn, When Brothers Dwell together
2.4 Historisch orientierte Ansätze
2.5 Synchrone Ansätze
3. Anlage der Studie – Zur Methode
3.1 Vorgehensweise
3.2 Methodische Grundlegung
3.2.1 Das Verhältnis Autor – Text – Leser
3.2.2 Auslegung im Kontext des Kanons
4. Inhaltliche Vorüberlegungen und Definitionen
4.1 Zur Sonderstellung des Erstgeborenen im TeNaK
4.2 Genealogien als Grundstruktur der Genesis
4.2.1 Das Buch Genesis als Buch der Toledot
4.2.2 Gliederung der Genesis anhand der Toledot-Formeln
4.3 Begriffsklärungen
4.3.1 Zur Unterscheidung von „Erstgeborenem“ und „Erstling“
4.3.2 Zur Unterscheidung einer theologischen und historischen Größe „Israel“
Teil B: Analyse der Texte im Kontext
1. Kain, Abel und Set (Gen 4-5)
1.1 Kains Disqualifizierung als Erstgeborener (Gen 4,1-16.17-24)
1.1.1 Kains Erstlingstum unter der Perspektive der familiären Solidarität
1.1.2 Bestätigung der Disqualifizierung
1.2. Sets Qualifizierung zum Erstling (Gen 4,25f; 5,1-32)
1.2.1 Set als Ersatz des natürlichen Erstgeborenen (Gen 4,25-26)
1.2.2 Genealogische Weiterführung
1.2.3 Set als Kontrastfigur zu Kain (Gen 5,1-32)
1.3 Zusammenfassung
2. Ham, Japhet und Sem (Gen 5,32; 9,18-11,26)
2.1 Hams Disqualifizierung und Sems Qualifizierung (Gen 9,18-29)
2.1.1 Hams Disqualifizierung als potentieller Erstling
2.1.2 Sems Qualifizierung als Erstling
2.1.3 Bestätigung von Disqualifizierung und Qualifizierung (Gen 9,25-27)
2.2 Legitimierung Sems als Erstling (Gen 10,1-11,26)
2.2.1 Genealogische Gegenüberstellungen (Gen 10)
2.2.2 Narrative und genealogische Bestätigung Sems (Gen 11,1-9.10-26)
2.3 Gen 9-11 als Vertauschungserzählung
2.4 Zusammenfassung
3. Haran, Nahor und Abraham (Gen 11,27-25,11)
3.1. Exposition des Konflikts (Gen 11,27-32)
3.2 Qualifizierung Abrahams
3.2.1 Erstlingstum im Kontext der Landverheißung (Gen 12-14)
3.2.2 Erstlingstum im Kontext der Nachkommenverheißung (Gen 15-21)
3.2.3 Legitimierung des Erstlings durch JHWH (Gen 22,1-19)
3.3 Erstlingstum und JHWH
3.3.1 Gen 12,10-20 als Tiefpunkt und Wendepunkt der Qualifizierung Abrahams
3.3.2 Gen 20,1-18 als Tiefpunkt und Wendepunkt der Qualifizierung Abrahams
3.4 Disqualifizierung der Brüder Abrahams
3.4.1 Lot (Gen 13,1-14,24;18/19)
3.4.2 Nahor (Gen 22,20-24)
3.5 Endgültige Bestätigung von Abrahams Erstlingstum (Gen 22,20-25,11)
3.5.1 Erstlingstum und Landnahme (Gen 23)
3.5.2 Genealogische Weiterführung
3.6 Zusammenfassung
4. Ismael und Isaak (Gen 15-22; 24; 25,12ff)
4.1 Qualifizierung Isaaks - Disqualifizierung Ismaels (Gen 15-21)
4.1.1 Die Geburt Ismaels (Gen 16,1-6.7-16)
4.1.2 Gen 17,1-21,7: Ankündigung und Geburt Isaaks
4.1.3 Bestätigung Isaaks als Erstling (Gen 21,8-21)
4.1.4 Ismael-Erzählungen (Gen 16; 21,8-21) als Rahmung der Isaak-Erzählungen
4.2 Bestätigung Isaaks als Erstling
4.2.1 Gen 22,1-19
4.2.2 Genealogische Weiterführungen (Gen 24; 25)
4.2.3 Letztgültige Bestätigung: Isaak als Segensmittler (Gen 26,1-33)
4.3 Zur Erzählstruktur der Vertauschungserzählung
4.4 Zusammenfassung
5. Esau und Jakob (Gen 25,12-36,43)
5.1 Exposition des Konflikts (Gen 25,19-34)
5.1.1 Geburt von Esau und Jakob (Gen 25,19-28)
5.1.2 Das Gotteswort und die dadurch geweckten Erwartungen (Gen 25,23)
5.1.3 Disqualifizierung Esaus und vorläufige Qualifizierung Jakobs (Gen 25,29-34)
5.2 Qualifizierungsprozess Jakobs (Gen 26,1-33,17)
5.2.1 Erschleichung des Erstgeburtssegens (Gen 26,34-28,9)
5.2.2 Endgültige Disqualifizierung Esaus (Gen 26,34f;28,6-9)
5.2.3 Neueinsatz des Qualifizierungsprozesses (Gen 28,10-22)
5.2.4 Jakobs Aufenthalt bei Laban (Gen 29,1-32,1)
5.2.5 Versöhnung als Bestätigung des Erstlingssegens (Gen 32,2-33,17)
5.2.5.1 Versöhnung und Segen (Gen 32,23-33)
5.2.5.2 Reïnterpretation der Versöhnung durch Gen 32,23-33
5.2.5.3 Versöhnung der Brüder (Gen 33,1-17)
5.3 Bestätigung Jakobs als Erstling (Gen 33,18-35,29)
5.3.1 Bestätigung im Kontext der Landverheißung (Gen 33,18-35,15)
5.3.2 Genealogische Bestätigung Jakobs (Gen 35,16-26; 36; 37,1ff)
5.4 Zusammenfassung
6. Vertauschungen innerhalb Israels: die Joseph-Juda-Erzählung (Gen 37,1-50,26)
6.1 Gen 37.38 als Exposition des Konflikts zwischen Joseph und Juda
6.1.1 Gegenüberstellung von Joseph (Gen 37) und Juda (Gen 38)
6.1.2 Zur Stellung von Gen 38 im Kontext und zur Nomenklatur „Joseph-Juda-Erzählung“
6.2 Ruben, Simeon, Levi und Juda
6.2.1 Disqualifizierung Rubens
6.2.2 Disqualifizierung Simeons und Levis
6.2.3 Qualifizierung Judas
6.2.3.1 Juda und Ruben (Gen 37)
6.2.3.2 Juda als potentieller Erstling (Gen 38)
6.2.3.3 Juda und seine Brüder (Gen 42,1-45,28; 49,8-12)
6.3 Serach und Perez (Gen 38,27-30)
6.4 Manasse und Ephraim (Gen 48,1-22)
6.4.1 Adoption als Doppelanteil des Segens für Joseph
6.4.2 Joseph als Segensmittler
6.4.3 Die beiden Zwillingsgeburten und ihre Funktion in Gen 37-50
6.5 Juda und Joseph – Konkurrenz um Erstlingstum und Königtum
6.5.1 Die Frage nach legitimer Herrschaft als Thema von Gen 37-50
6.5.2 Judas Königtum
6.5.3 Josephs Erstlingstum
6.6 Zusammenfassung
7. Das Vertauschungsmotiv außerhalb der Genesis
7.1 Kürzere Vertauschungsnotizen
7.2 Aaron und Mose (Ex-Dtn; 1 Chr 23)
7.2.1 Qualifizierung und Legitimierung Moses (Ex 6,14-27)
7.2.2 Disqualifizierung Aarons
7.3 Davidisches Königtum (Aufstiegs- und Thronfolgegeschichte)
7.4 Zusammenfassung
Teil C: Systematisierende Synthese
1. Analyse der Motivelemente und Erzählstrategien
1.1 Die Vertauschung als Prozess: Disqualifizierungen und Qualifizierungen
1.2 Innerfamiliäre Solidarität als Kriterium des Erstlingstums
1.3 Abschluss des Vertauschungsprozesses
1.4 Göttliche Interventionen
1.4.1 Verhältnis von Qualifizierung und göttlicher Erwählung
1.4.2 JHWH als Movens des gesamten Vertauschungsprozesses
1.5 Literarische Verknüpfung einzelner Vertauschungen
1.6. Fazit
2. Zum Verhältnis von Genealogien und Erzählungen
2.1 Invertierung von Haupt- und Nebenlinie in den Genealogien
2.2 Erzählung und Genealogie in Gen 5,1-11,26
3. Zu den Funktionen des Vertauschungsmotivs
3.1 Literarische Funktion
3.1.1 Die Vertauschungen im Erzählzusammenhang der Genesis
3.1.2 Die rroa als Identitätskriterium Israels: Wahrnehmung aus unterschiedlichen Perspektiven
3.1.2.1 Erstlingstum im Angesicht der Völker (Gen 1-4.5-35)
3.1.2.2 Reïnterpretation des Motivs auf seinem Höhepunkt: Gen 36.37-50
3.1.2.3 Endgültige Bestätigung des Erstlingstums für Israel: Gen 48
3.2 Theologische Funktion
3.2.1 Legitimierung der Sonderrolle Israels
3.2.2 JHWH als Garant der Sonderrolle Israels
3.2.3 JHWH als Garant der Institutionen Israels (Gen 36-50)
3.2.4 Erstlingstum in ethischer Dimension
3.3 Realgeschichtliche Funktion: Erstlingstum in inter-nationaler Perspektive (Gen 1-35)
3.4 Realgeschichtliche Funktion: Erstlingstum in inner-israelitischer Perspektive (Gen 36-50)
3.4.1 „Samaria“ im Lichte neuerer epigraphischer und archäologischer Evidenzen
3.4.2 Die Tora als Kompromissdokument von Samaria und Jehud
3.4.3 Die Vertauschungserzählungen als Chiffre des Kompromisses
3.5 Kanonische Funktion
3.5.1 Toraperspektive des TeNaK
3.5.2 „Erstlingstum“ als besonderes Konzept von Erwählung
Teil D: Methodischer und exegetischer Ertrag
1. Methodenreflexion
2. Deutungsaspekte der Vertauschungserzählungen
2.1 Formen
2.2 Kontexte
2.3 Funktionen
Literaturverzeichnis
Stellenregister
Benedikt Hensel Die Vertauschung des Erstgeburtssegens in der Genesis
Beihefte zur Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft Herausgegeben von John Barton · Reinhard G. Kratz Choon-Leong Seow · Markus Witte
Band 423
De Gruyter
Benedikt Hensel
Die Vertauschung des Erstgeburtssegens in der Genesis Eine Analyse der narrativ-theologischen Grundstruktur des ersten Buches der Tora
De Gruyter
ISBN 978-3-11-024792-3 e-ISBN 978-3-11-024793-0 ISSN 0934-2575 Library of Congress Cataloging-in-Publication Data Hensel, Benedikt. Die Vertauschung des Erstgeburtssegens in der Genesis : eine Analyse der narrativ-theologischen Grundstruktur des ersten Buches der Tora / Benedikt Hensel. p. cm. - (Beihefte zur Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft, ISSN 0934-2575 ; Bd. 423) Includes bibliographical references (p. ) and index. ISBN 978-3-11-024792-3 (hardcover : alk. paper) 1. First-born children in the Bible. 2. Blessing and cursing in the Bible. 3. Bible. O.T. Genesis - Criticism, Narrative. 4. Bible. O.T. Genesis - Theology. I. Title. BS1238.F34H70 2011 2221.11066-dc22 2010034768
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. 쑔 2011 Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, Berlin/New York Druck: Hubert & Co. GmbH & Co. KG, Göttingen ⬁ Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com
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FürȱmeineȱEltern,ȱȱ ChristaȱundȱGernotȱHenselȱ
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Vorwortȱ Dieȱ vorliegendeȱ Arbeitȱ wurdeȱ imȱ Wintersemesterȱ 2009/2010ȱ vonȱ derȱ EvangelischȬTheologischenȱFakultätȱderȱJohannesȱGutenbergȬUniversiȬ tätȱMainzȱunterȱdemȱTitelȱ„DerȱjüngereȱBruder:ȱDieȱVertauschungȱdesȱ Erstgeburtssegensȱimȱ Buchȱ Genesis“ȱ alsȱ DissertationsschriftȱangenomȬ men.ȱ Fürȱ denȱ Druckȱ wurdeȱ sieȱ geringfügigȱ überarbeitetȱ undȱ seitdemȱ erschieneneȱLiteraturȱkonnteȱberücksichtigȱwerden.ȱ Meinȱ außerordentlicherȱ Dankȱ giltȱ Herrnȱ Prof.ȱ Dr.ȱ Thomasȱ Hiekeȱ (Mainz),ȱ derȱ michȱ gefördert,ȱ begeistert,ȱ herausgefordertȱ undȱ überȱ dieȱ gesamteȱEntstehungsphaseȱdieserȱUntersuchungȱbegleitetȱhatȱundȱmirȱ mitȱ beharrlicherȱ undȱ konstruktiverȱ Kritikȱ stetsȱ wertvolleȱ theologischeȱ AnregungenȱfürȱdieseȱArbeitȱgegebenȱhat.ȱ VorȱallemȱdieȱreligionsgeschichtlichenȱAnteileȱderȱArbeitȱ–ȱnamentȬ lichȱ dieȱ kritischeȱ Auseinandersetzungȱ mitȱ derȱ Samaritanerfrageȱ zurȱ Perserzeitȱ–ȱhatȱHerrȱProf.ȱDr.ȱSebastianȱGrätzȱ(Mainz)ȱbegleitet.ȱDafürȱ sowieȱ fürȱ dieȱ immerȱ wiederȱ kritischȬhinterfragendenȱ methodologiȬ schenȱDiskussionenȱundȱfürȱdieȱErstellungȱdesȱErstgutachtensȱgiltȱihmȱ meinȱaufrichtigerȱDank.ȱȱ HerrnȱProf.ȱDr.ȱWolfgangȱZwickelȱ(Mainz)ȱdankeȱichȱfürȱdieȱErstelȬ lungȱdesȱZweitgutachtensȱundȱseineȱanregendeȱKritik.ȱȱ Weitererȱ Dankȱ richtetȱ sichȱ anȱ Herrnȱ Prof.ȱ Dr.ȱ Berndȱ J.ȱ Diebnerȱ (Heidelberg)ȱ undȱ Herrnȱ Prof.ȱ Dr.ȱ Karelȱ A.ȱ Deurlooȱ (Amsterdam,ȱ NieȬ derlande),ȱ dieȱ michȱ schonȱ zuȱ Beginnȱ meinesȱ Studiumsȱ fürȱ dasȱ Alteȱ Testamentȱ begeisternȱ konnten,ȱ michȱ imȱ Studiumȱ freundschaftlichȱ beȬ gleitetenȱundȱförderten,ȱundȱnichtȱzuletztȱdenȱGrundsteinȱfürȱdieȱvorȬ liegendeȱUntersuchungȱgelegtȱhaben.ȱ Durchȱ SonderȬȱ undȱ Vorabdruckeȱ sowieȱ durchȱ anregendeȱ GespräȬ cheȱ habenȱ mich,ȱ nebenȱ denȱ schonȱ genannten,ȱ auchȱ Prof.ȱ Dr.ȱ Martinȱ Prudkyȱ (Prag),ȱ Prof.ȱ Dr.ȱ Joepȱ Dubbinkȱ (Amsterdam),ȱ Prof.ȱ Dr.ȱ Egbertȱ Roozeȱ(Antwerpen),ȱProf.ȱDr.ȱKlaasȱSpronkȱ(Kampen),ȱProf.ȱDr.ȱChristaȱ Reichȱ (Mainz),ȱ Prof.ȱ Dr.ȱ Yehoyadaȱ Amirȱ (Jerusalem)ȱ undȱ AkademiȬ scherȱ Ratȱ Dr.ȱ Joachimȱ Vetteȱ (Heidelberg)ȱ unterstützt.ȱ Auchȱ ihnenȱ giltȱ meinȱ Dank.ȱ Hervorgehobenȱ seienȱ dieȱ Teilnehmendenȱ desȱ Pragerȱ „InȬ ternationalenȱColloquiumȱBiblicum“,ȱdieȱmirȱseitȱ2003ȱdieȱMöglichkeitȱ gaben,ȱimȱRahmenȱderȱKonferrenzȱkontinuierlichȱErgebnisseȱvorstellenȱ undȱdieseȱmitȱdenȱanwesendenȱTeilnehmernȱaufȱAugenhöheȱdiskutieȬ renȱzuȱkönnen.ȱSieȱhabenȱzumȱGelingenȱdieserȱArbeitȱbeigetragen.ȱȱ
Vorwortȱ VIIIȱ ȱ Dankȱ derȱ dreijährigenȱ Arbeitȱ alsȱ wissenschaftlicherȱ Assistentȱ amȱ SeminarȱfürȱSystematikȱuhdȱSozialethikȱ(LehrstuhlȱvonȱProf.ȱDr.ȱChrisȬ tianeȱ Tietz,ȱ Mainz)ȱ konnteȱ ichȱ systematischȬtheologischeȱ FragstellunȬ genȱ mitȱ alttestamentlichenȱ verknüpfen.ȱ Dieseȱ fandenȱ auchȱ Eingangȱ inȱ denȱ methodischenȱ Teilȱ derȱ Arbeit.ȱ Namentlichȱ dieȱ lebendigeȱ ZusamȬ menarbeitȱ undȱ kritischeȱ Auseinandersetzungȱ mitȱ denȱ Studierendenȱ meinerȱ universitärenȱ Seminareȱ inȱ Mainzȱ habenȱ michȱ zusätzlichȱ motiȬ viert,ȱdieseȱwissenschaftlicheȱStudieȱinȱangemessenerȱWeiseȱzuȱvollenȬ den.ȱ Weiterführendȱ fürȱ dieȱ Entwicklungȱ derȱ Arbeitȱ warenȱ außerdemȱ dieȱtheologischenȱGespräche,ȱdieȱichȱinȱundȱnebenȱdenȱMainzerȱKolloȬ quienȱ führenȱ konnte;ȱ hiervonȱ seienȱ ausdrücklichȱ meineȱ Mainzerȱ (teilsȱ ehemaligen)ȱ Kollegenȱ Pfr.ȱ Dr.ȱ Florianȱ Ihsen,ȱ Pfr.ȱ Dr.ȱ Tobiasȱ Kaspariȱ undȱProf.ȱDr.ȱStephanȱWeyerȬMenkhoffȱgenannt.ȱȱ DerȱKonradȱAdenauerȱStiftungȱhabeȱichȱȱzuȱdankenȱfürȱdieȱinspirieȬ rendenȱinterdisziplinärenȱSeminareȱwährendȱmeinerȱGraduiertenfördeȬ rung.ȱ Esȱ istȱ eineȱ großeȱ Chance,ȱ mitȱ engagiertenȱ Nachwuchskräftenȱ verschiedensterȱ Fachrichtungenȱ zuȱ fächerübergreifendenȱ Themenȱ zuȱ arbeiten.ȱ Fürȱ michȱ warȱ esȱ eineȱ sehrȱ ermutigendeȱ Erfahrung,ȱ dassȱ dasȱ InteresseȱanȱdenȱtheologischenȱFragenȱaußerhalbȱderȱKircheȱvielȱgrößerȱ istȱalsȱbinnenkirchlichȱoftȱangenommenȱwird.ȱȱ DieȱMüheȱdesȱKorrekturlesensȱundȱderȱErstellungȱderȱDruckvorlaȬ geȱhabenȱsichȱMeikeȱMelchinger,ȱGeroȱHensel,ȱFranziskaȱNimmlerȱundȱ AnnaȱSchneiderȱunterzogen.ȱIhnenȱbinȱichȱsehrȱzuȱDankȱverpflichtet.ȱȱ Meinȱ Dankȱ giltȱ fernerȱ denȱ Herausgebernȱ derȱ Reiheȱ BZAWȱ sowieȱ demȱ Verlagȱ Walterȱ deȱ Gruyterȱ fürȱ dieȱ Aufnahmeȱ undȱ verlegerischeȱ BegleitungȱderȱArbeit.ȱȱ Dieȱ Johannesȱ GutenbergȬUniversitätȱ Mainzȱ hatȱ dankenswerterȱ Weiseȱ dieȱ Drucklegungȱ mitȱ einemȱ namhaftenȱ Druckkostenzuschussȱ ermöglicht.ȱ DerȱerfolgreicheȱAbschlussȱdieserȱArbeitȱverdanktȱsichȱnichtȱzuletztȱ demȱ Rückhaltȱ undȱ derȱ Untersützungȱ durchȱ meineȱ Familieȱ undȱ meineȱ Freunde.ȱȱ ȱ ȱ Mainz,ȱimȱOktoberȱ2010ȱ ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱBenediktȱHenselȱȱ
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Inhaltsverzeichnisȱ ȱ Vorwortȱ........................................................................................................ȱVII ȱ ȱ TEILȱA:ȱGRUNDLAGENȱ.....................................................................................ȱ1 1.ȱȱ ȱ ȱ 2.ȱȱ ȱ 2.1ȱȱ 2.2ȱȱ 2.3ȱȱ 2.4ȱȱ 2.5ȱȱ
FragestellungȱundȱZieleȱ................................................................ȱ1
3.ȱȱ ȱ 3.1ȱȱ 3.2ȱȱ 3.2.1ȱȱ 3.2.2ȱȱ
AnlageȱderȱStudieȱ–ȱZurȱMethodeȱ............................................ȱ19 Vorgehensweiseȱ...........................................................................ȱ19 MethodischeȱGrundlegungȱ........................................................ȱ20 DasȱVerhältnisȱAutorȱ–ȱTextȱ–ȱLeserȱ.........................................ȱ20 AuslegungȱimȱKontextȱdesȱKanonsȱ..........................................ȱ26
4.ȱȱ ȱ 4.1ȱȱ 4.2ȱȱ 4.2.1ȱȱ 4.2.2ȱȱ 4.3ȱȱ 4.3.1ȱȱ
InhaltlicheȱVorüberlegungenȱundȱDefinitionenȱ......................ȱ32 ZurȱSonderstellungȱdesȱErstgeborenenȱimȱTeNaKȱ.................ȱ32 GenealogienȱalsȱGrundstrukturȱderȱGenesisȱ...........................ȱ35 DasȱBuchȱGenesisȱalsȱBuchȱderȱToledotȱ...................................ȱ36 GliederungȱderȱGenesisȱanhandȱderȱToledotȬFormelnȱ..........ȱ41 Begriffsklärungenȱ........................................................................ȱ42 ZurȱUnterscheidungȱvonȱ„Erstgeborenem“ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ undȱ„Erstling“ȱ..............................................................................ȱ42 ZurȱUnterscheidungȱeinerȱtheologischenȱundȱhistorischenȱȱȱȱȱȱȱȱ Größeȱ„Israel“ȱ..............................................................................ȱ43
4.3.2ȱȱ
Forschungsstandȱ............................................................................ȱ5 ChristopherȱHeard,ȱDynamicsȱofȱDiselection............................ȱ6 RogerȱSyrén,ȱTheȱForsakenȱFirstȬBornȱ........................................ȱ8 FrederickȱE.ȱGreenspahn,ȱWhenȱBrothersȱDwellȱtogetherȱ....ȱ10 HistorischȱorientierteȱAnsätzeȱ...................................................ȱ12 SynchroneȱAnsätzeȱ......................................................................ȱ16
ȱ TEILȱB:ȱANALYSEȱDERȱTEXTEȱIMȱKONTEXTȱ....................................................ȱ45 1.ȱȱ ȱ
Kain,ȱAbelȱundȱSetȱ(Genȱ4Ȭ5)ȱ.....................................................ȱ45
Xȱ
Inhaltsverzeichnisȱ
ȱ 1.1ȱȱ 1.1.1ȱȱ 1.1.2ȱȱ 1.2.ȱȱ 1.2.1ȱȱ 1.2.2ȱȱ 1.2.3ȱȱ 1.3ȱȱ 2.ȱȱ ȱ 2.1ȱȱ 2.1.1ȱȱ 2.1.2ȱȱ 2.1.3ȱȱ 2.2ȱȱ 2.2.1ȱȱ 2.2.2ȱȱ 2.3ȱȱ 2.4ȱȱ 3.ȱȱ ȱ 3.1.ȱȱ 3.2ȱȱ 3.2.1ȱȱ 3.2.2ȱȱ 3.2.3ȱȱ 3.3ȱȱ 3.3.1ȱȱ 3.3.2ȱȱ 3.4ȱȱ 3.4.1ȱȱ 3.4.2ȱȱ 3.5ȱȱ 3.5.1ȱȱ
KainsȱDisqualifizierungȱalsȱErstgeborenerȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ (Genȱ4,1Ȭ16.17Ȭ24)ȱ........................................................................ȱ45 KainsȱErstlingstumȱunterȱderȱPerspektiveȱderȱfamiliärenȱ Solidaritätȱ.....................................................................................ȱ45 BestätigungȱderȱDisqualifizierungȱ............................................ȱ49 SetsȱQualifizierungȱzumȱErstlingȱ(Genȱ4,25f;ȱ5,1Ȭ32)ȱ..............ȱ50 SetȱalsȱErsatzȱdesȱnatürlichenȱErstgeborenenȱ(Genȱ4,25Ȭ26)ȱ..ȱ50 GenealogischeȱWeiterführungȱ...................................................ȱ52 SetȱalsȱKontrastfigurȱzuȱKainȱ(Genȱ5,1Ȭ32)ȱ...............................ȱ53 Zusammenfassungȱ......................................................................ȱ57 Ham,ȱJaphetȱundȱSemȱ(Genȱ5,32;ȱ9,18Ȭ11,26)ȱ...........................ȱ58 HamsȱDisqualifizierungȱundȱSemsȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ Qualifizierungȱ(Genȱ9,18Ȭ29)ȱ......................................................ȱ60 HamsȱDisqualifizierungȱalsȱpotentiellerȱErstlingȱ...................ȱ61 SemsȱQualifizierungȱalsȱErstlingȱ...............................................ȱ64 BestätigungȱvonȱDisqualifizierungȱundȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ Qualifizierungȱ(Genȱ9,25Ȭ27)ȱ......................................................ȱ65 LegitimierungȱSemsȱalsȱErstlingȱ(Genȱ10,1Ȭ11,26)ȱ...................ȱ67 GenealogischeȱGegenüberstellungenȱ(Genȱ10)ȱ........................ȱ67 NarrativeȱundȱgenealogischeȱBestätigungȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ Semsȱ(Genȱ11,1Ȭ9.10Ȭ26)ȱ..............................................................ȱ71 Genȱ9Ȭ11ȱalsȱVertauschungserzählungȱ.....................................ȱ74 Zusammenfassungȱ......................................................................ȱ78 Haran,ȱNahorȱundȱAbrahamȱ(Genȱ11,27Ȭ25,11)ȱ......................ȱ79 ExpositionȱdesȱKonfliktsȱ(Genȱ11,27Ȭ32)ȱ..................................ȱ80 QualifizierungȱAbrahamsȱ..........................................................ȱ82 ErstlingstumȱimȱKontextȱderȱLandverheißungȱ(Genȱ12Ȭ14)ȱ..ȱ84 ErstlingstumȱimȱKontextȱderȱNachkommenverheißungȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ (Genȱ15Ȭ21)ȱ...................................................................................ȱ87 LegitimierungȱdesȱErstlingsȱdurchȱJHWHȱ(Genȱ22,1Ȭ19)ȱ......ȱ91 ErstlingstumȱundȱJHWHȱ............................................................ȱ97 Genȱ12,10Ȭ20ȱalsȱTiefpunktȱundȱWendepunktȱderȱ QualifizierungȱAbrahamsȱ..........................................................ȱ98 Genȱ20,1Ȭ18ȱalsȱTiefpunktȱundȱWendepunktȱderȱ QualifizierungȱAbrahamsȱ........................................................ȱ100 DisqualifizierungȱderȱBrüderȱAbrahamsȱ...............................ȱ102 Lotȱ(Genȱ13,1Ȭ14,24;18/19)ȱ........................................................ȱ102 Nahorȱ(Genȱ22,20Ȭ24)ȱ................................................................ȱ107 EndgültigeȱBestätigungȱvonȱAbrahamsȱErstlingstumȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ (Genȱ22,20Ȭ25,11)ȱ.......................................................................ȱ107 ErstlingstumȱundȱLandnahmeȱ(Genȱ23)ȱ.................................ȱ108
Inhaltsverzeichnisȱ
XI
3.5.2ȱȱ 3.6ȱȱ
GenealogischeȱWeiterführungȱ.................................................ȱ109 Zusammenfassungȱ....................................................................ȱ110
4.ȱȱ ȱ 4.1ȱȱ
IsmaelȱundȱIsaakȱ(Genȱ15Ȭ22;ȱ24;ȱ25,12ff)ȱ...............................ȱ112 QualifizierungȱIsaaksȱȬȱDisqualifizierungȱIsmaelsȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ (Genȱ15Ȭ21)ȱ.................................................................................ȱ113 DieȱGeburtȱIsmaelsȱ(Genȱ16,1Ȭ6.7Ȭ16)ȱ.....................................ȱ113 Genȱ17,1Ȭ21,7:ȱAnkündigungȱundȱGeburtȱIsaaksȱ..................ȱ117 BestätigungȱIsaaksȱalsȱErstlingȱ(Genȱ21,8Ȭ21)ȱ........................ȱ121 IsmaelȬErzählungenȱ(Genȱ16;ȱ21,8Ȭ21)ȱalsȱRahmungȱderȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ IsaakȬErzählungenȱ....................................................................ȱ124 BestätigungȱIsaaksȱalsȱErstlingȱ................................................ȱ126 Genȱ22,1Ȭ19ȱ.................................................................................ȱ126 GenealogischeȱWeiterführungenȱ(Genȱ24;ȱ25)ȱ.......................ȱ127 LetztgültigeȱBestätigung:ȱIsaakȱalsȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ Segensmittlerȱ(Genȱ26,1Ȭ33)ȱ.....................................................ȱ130 ZurȱErzählstrukturȱderȱVertauschungserzählungȱ................ȱ132 Zusammenfassungȱ....................................................................ȱ135
4.1.1ȱȱ 4.1.2ȱȱ 4.1.3ȱȱ 4.1.4ȱȱ 4.2ȱȱ 4.2.1ȱȱ 4.2.2ȱȱ 4.2.3ȱȱ 4.3ȱȱ 4.4ȱȱ 5.ȱȱ ȱ 5.1ȱȱ 5.1.1ȱȱ 5.1.2ȱȱ 5.1.3ȱȱ 5.2ȱȱ 5.2.1ȱȱ 5.2.2ȱȱ 5.2.3ȱȱ 5.2.4ȱȱ 5.2.5ȱȱ 5.2.5.1ȱȱ 5.2.5.2ȱȱ 5.2.5.3ȱȱ 5.3ȱȱ 5.3.1ȱȱ 5.3.2ȱȱ 5.4ȱȱ
EsauȱundȱJakobȱ(Genȱ25,12Ȭ36,43)ȱ...........................................ȱ135 ExpositionȱdesȱKonfliktsȱ(Genȱ25,19Ȭ34)ȱ................................ȱ137 GeburtȱvonȱEsauȱundȱJakobȱ(Genȱ25,19Ȭ28)ȱ...........................ȱ137 DasȱGotteswortȱundȱdieȱdadurchȱgewecktenȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ Erwartungenȱ(Genȱ25,23)ȱ.........................................................ȱ141 DisqualifizierungȱEsausȱundȱvorläufigeȱQualifizierungȱȱȱȱȱȱ Jakobsȱ(Genȱ25,29Ȭ34)ȱ................................................................ȱ144 QualifizierungsprozessȱJakobsȱ(Genȱ26,1Ȭ33,17)ȱ...................ȱ145 ErschleichungȱdesȱErstgeburtssegensȱ(Genȱ26,34Ȭ28,9)ȱ........ȱ145 EndgültigeȱDisqualifizierungȱEsausȱ(Genȱ26,34f;28,6Ȭ9)ȱ......ȱ151 NeueinsatzȱdesȱQualifizierungsprozessesȱ(Genȱ28,10Ȭ22)ȱ...ȱ153 JakobsȱAufenthaltȱbeiȱLabanȱ(Genȱ29,1Ȭ32,1)ȱ.........................ȱ156 VersöhnungȱalsȱBestätigungȱdesȱErstlingssegensȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ (Genȱ32,2Ȭ33,17)ȱ.........................................................................ȱ161 VersöhnungȱundȱSegenȱ(Genȱ32,23Ȭ33)ȱ..................................ȱ162 ReïnterpretationȱderȱVersöhnungȱdurchȱGenȱ32,23Ȭ33ȱ........ȱ165 VersöhnungȱderȱBrüderȱ(Genȱ33,1Ȭ17)ȱ....................................ȱ169 BestätigungȱJakobsȱalsȱErstlingȱ(Genȱ33,18Ȭ35,29)ȱ................ȱ173 BestätigungȱimȱKontextȱderȱLandverheißungȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ (Genȱ33,18Ȭ35,15)ȱ.......................................................................ȱ173 GenealogischeȱBestätigungȱJakobsȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ (Genȱ35,16Ȭ26;ȱ36;ȱ37,1ff)ȱ...........................................................ȱ179 Zusammenfassungȱ....................................................................ȱ180
XIIȱ
Inhaltsverzeichnisȱ
ȱ 6.ȱȱ 6.1ȱȱ 6.1.1ȱȱ 6.1.2ȱȱ 6.2ȱȱ 6.2.1ȱȱ 6.2.2ȱȱ 6.2.3ȱȱ 6.2.3.1ȱȱ 6.2.3.2ȱȱ 6.2.3.3ȱȱ 6.3ȱȱ 6.4ȱȱ 6.4.1ȱȱ 6.4.2ȱȱ 6.4.3ȱȱ 6.5ȱȱ 6.5.1ȱȱ 6.5.2ȱȱ 6.5.3ȱȱ 6.6ȱȱ 7.ȱȱ ȱ 7.1ȱȱ 7.2ȱȱ 7.2.1ȱȱ 7.2.2ȱȱ 7.3ȱȱ 7.4ȱȱ
VertauschungenȱinnerhalbȱIsraels:ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ dieȱJosephȬJudaȬErzählungȱ(Genȱ37,1Ȭ50,26)ȱ.........................ȱ182 Genȱ37.38ȱalsȱExpositionȱdesȱKonfliktsȱzwischenȱJosephȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ undȱJudaȱ.....................................................................................ȱ184 GegenüberstellungȱvonȱJosephȱ(Genȱ37)ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ undȱJudaȱ(Genȱ38)ȱ.....................................................................ȱ185 ZurȱStellungȱvonȱGenȱ38ȱimȱKontextȱundȱzurȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ Nomenklaturȱ„JosephȬJudaȬErzählung“ȱ................................ȱ186 Ruben,ȱSimeon,ȱLeviȱundȱJudaȱ................................................ȱ191 DisqualifizierungȱRubensȱ.........................................................ȱ191 DisqualifizierungȱSimeonsȱundȱLevisȱ....................................ȱ195 QualifizierungȱJudasȱ.................................................................ȱ197 JudaȱundȱRubenȱ(Genȱ37)ȱ.........................................................ȱ197 JudaȱalsȱpotentiellerȱErstlingȱ(Genȱ38)ȱ....................................ȱ200 JudaȱundȱseineȱBrüderȱ(Genȱ42,1Ȭ45,28;ȱ49,8Ȭ12)ȱ...................ȱ204 SerachȱundȱPerezȱ(Genȱ38,27Ȭ30)ȱ.............................................ȱ206 ManasseȱundȱEphraimȱ(Genȱ48,1Ȭ22)ȱ......................................ȱ208 AdoptionȱalsȱDoppelanteilȱdesȱSegensȱfürȱJosephȱ................ȱ208 JosephȱalsȱSegensmittlerȱ...........................................................ȱ211 DieȱbeidenȱZwillingsgeburtenȱundȱihreȱFunktionȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ inȱGenȱ37Ȭ50ȱ................................................................................ȱ212 JudaȱundȱJosephȱ–ȱKonkurrenzȱumȱErstlingstumȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ undȱKönigtumȱ...........................................................................ȱ214 DieȱFrageȱnachȱlegitimerȱHerrschaftȱalsȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ThemaȱvonȱGenȱ37Ȭ50ȱ...............................................................ȱ214 JudasȱKönigtumȱ.........................................................................ȱ217 JosephsȱErstlingstumȱ................................................................ȱ223 Zusammenfassungȱ....................................................................ȱ225 DasȱVertauschungsmotivȱaußerhalbȱderȱGenesisȱ.................ȱ227 KürzereȱVertauschungsnotizenȱ...............................................ȱ227 AaronȱundȱMoseȱ(ExȬDtn;ȱ1ȱChrȱ23)ȱ.......................................ȱ228 QualifizierungȱundȱLegitimierungȱMosesȱ(Exȱ6,14Ȭ27)ȱ........ȱ228 DisqualifizierungȱAaronsȱ.........................................................ȱ230 DavidischesȱKönigtumȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ (AufstiegsȬȱundȱThronfolgegeschichte)ȱ..................................ȱ231 Zusammenfassungȱ....................................................................ȱ238
ȱ TEILȱC:ȱSYSTEMATISIERENDEȱSYNTHESEȱ......................................................ȱ239 1.ȱȱ ȱ
AnalyseȱderȱMotivelementeȱundȱErzählstrategienȱ...............ȱ239
Inhaltsverzeichnisȱ
1.1ȱȱ 1.2ȱȱ 1.3ȱȱ 1.4ȱȱ 1.4.1ȱȱ 1.4.2ȱȱ 1.5ȱȱ 1.6.ȱȱ 2.ȱȱ ȱ 2.1ȱ 2.2ȱȱ 3.ȱȱ ȱ 3.1ȱȱ 3.1.1ȱȱ 3.1.2ȱȱ 3.1.2.1ȱȱ 3.1.2.2ȱȱ 3.1.2.3ȱȱ 3.2ȱȱ 3.2.1ȱȱ 3.2.2ȱȱ 3.2.3ȱȱ 3.2.4ȱȱ 3.3ȱȱ 3.4ȱȱ 3.4.1ȱȱ 3.4.2ȱȱ 3.4.3ȱȱ
XIII
DieȱVertauschungȱalsȱProzess:ȱDisqualifizierungenȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ undȱQualifizierungenȱ...............................................................ȱ240 InnerfamiliäreȱSolidaritätȱalsȱKriteriumȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ desȱErstlingstumsȱ......................................................................ȱ243 AbschlussȱdesȱVertauschungsprozessesȱ................................ȱ245 GöttlicheȱInterventionenȱ..........................................................ȱ249 VerhältnisȱvonȱQualifizierungȱundȱgöttlicherȱErwählungȱ..ȱ249 JHWHȱalsȱMovensȱdesȱgesamtenȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ Vertauschungsprozessesȱ..........................................................ȱ250 LiterarischeȱVerknüpfungȱeinzelnerȱVertauschungenȱ.........ȱ251 Fazitȱ.............................................................................................ȱ253 ZumȱVerhältnisȱvonȱGenealogienȱundȱErzählungenȱ...........ȱ254 ȱInvertierungȱvonȱHauptȬȱundȱNebenlinieȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ inȱdenȱGenealogienȱ...................................................................ȱ256 ErzählungȱundȱGenealogieȱinȱGenȱ5,1Ȭ11,26ȱ.........................ȱ258 ZuȱdenȱFunktionenȱdesȱVertauschungsmotivsȱ.....................ȱ260 LiterarischeȱFunktionȱ................................................................ȱ260 DieȱVertauschungenȱimȱErzählzusammenhangȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ derȱGenesisȱ.................................................................................ȱ261 Dieȱhr'koB. alsȱIdentitätskriteriumȱIsraels:ȱWahrnehmungȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ausȱunterschiedlichenȱPerspektivenȱ.......................................ȱ263 ErstlingstumȱimȱAngesichtȱderȱVölkerȱ(Genȱ1Ȭ4.5Ȭ35)ȱ.........ȱ264 ReïnterpretationȱdesȱMotivsȱaufȱseinemȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ Höhepunkt:ȱGenȱ36.37Ȭ50ȱ.........................................................ȱ266 EndgültigeȱBestätigungȱdesȱErstlingstumsȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ fürȱIsrael:ȱGenȱ48ȱ.......................................................................ȱ268 TheologischeȱFunktionȱ.............................................................ȱ270 LegitimierungȱderȱSonderrolleȱIsraelsȱ....................................ȱ270 JHWHȱalsȱGarantȱderȱSonderrolleȱIsraelsȱ..............................ȱ272 JHWHȱalsȱGarantȱderȱInstitutionenȱIsraelsȱ(Genȱ36Ȭ50)ȱ.......ȱ277 ErstlingstumȱinȱethischerȱDimensionȱ.....................................ȱ280 RealgeschichtlicheȱFunktion:ȱErstlingstumȱinȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ interȬnationalerȱPerspektiveȱ(Genȱ1Ȭ35)ȱ.................................ȱ284 RealgeschichtlicheȱFunktion:ȱErstlingstumȱinȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ innerȬisraelitischerȱPerspektiveȱ(Genȱ36Ȭ50)ȱ..........................ȱ290 „Samaria“ȱimȱLichteȱneuererȱepigraphischerȱundȱ archäologischerȱEvidenzenȱ......................................................ȱ292 DieȱToraȱalsȱKompromissdokumentȱvonȱSamariaȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ undȱJehudȱ...................................................................................ȱ305 DieȱVertauschungserzählungenȱalsȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ChiffreȱdesȱKompromissesȱ.......................................................ȱ312
XIVȱ ȱ 3.5ȱȱ 3.5.1ȱȱ 3.5.2ȱȱ
Inhaltsverzeichnisȱ
KanonischeȱFunktionȱ................................................................ȱ314 ToraperspektiveȱdesȱTeNaKȱ....................................................ȱ314 „Erstlingstum“ȱalsȱbesonderesȱKonzeptȱvonȱErwählungȱ....ȱ316
ȱ TEILȱD:ȱMETHODISCHERȱUNDȱEXEGETISCHERȱERTRAGȱ...............................ȱ319 1.ȱȱ ȱ 2.ȱȱ ȱ 2.1ȱȱ 2.2ȱȱ 2.3ȱȱ
Methodenreflexionȱ....................................................................ȱ319 DeutungsaspekteȱderȱVertauschungserzählungenȱ...............ȱ326 Formenȱ........................................................................................ȱ328 Kontexteȱ......................................................................................ȱ330 Funktionenȱ.................................................................................ȱ331
Literaturverzeichnisȱ...................................................................................ȱ341 ȱ Stellenregisterȱ.............................................................................................ȱ379 379ȱ
ȱ
TeilȱA:ȱGrundlagenȱ 1.ȱFragestellungȱundȱZieleȱ Imȱ Erstgeborenenȱ derȱ Familieȱ verwirklichtȱ sichȱ nachȱ biblischerȱ wieȱ allgemeinȱaltorientalischerȱVorstellungȱetwasȱEinzigartiges.ȱDieȱErstgeȬ burtȱgiltȱalsȱidealeȱRepräsentationȱihrerȱStammlinie,ȱweshalbȱderȱStatusȱ einesȱErstgeborenenȱauchȱmitȱbestimmtenȱPrivilegienȱverknüpftȱistȱundȱ derȱ besondereȱ Segenȱ desȱ Vatersȱ aufȱ ihmȱ liegt.ȱ Dieserȱ Erstgeburtssegenȱ konkretisiertȱsichȱnachȱbiblischerȱVorstellungȱinȱdessenȱNachkommen,ȱ weshalbȱdieȱgenealogischenȱLinienȱregelmäßigȱüberȱdenȱErstgeborenenȱ weiterȬȱ undȱ fortgeführtȱ werden.ȱ Somitȱ gewährleistetȱ derȱ Erstgeboreneȱ (rAkB.)ȱdasȱFortbestehenȱundȱWohlergehenȱderȱgesamtenȱSippe.ȱGeradeȱ wegenȱ seinerȱ privilegiertenȱ Stellungȱ istȱ esȱ auffällig,ȱ dassȱ inȱ denȱ bibliȬ schenȱ Traditionenȱ derȱ natürliche,ȱ d.h.ȱ derȱ biologischeȱ Erstgeboreneȱ oftȱ geradeȱnichtȱTrägerȱdesȱErstgeburtssegensȱist,ȱsondernȱdessenȱjüngererȱ Bruder.ȱ Soȱ wirdȱ dieȱ geburtlicheȱ Reihenfolgeȱ inȱ zahlreichenȱ biblischenȱ Erzählungenȱvertauscht.ȱȱ Amȱ prägnantestenȱ istȱ inȱ diesemȱ Zusammenhangȱ wohlȱ dieȱ ErzähȬ lungȱvonȱJakobȱundȱEsau.ȱEsauȱverkauftȱseinȱErstgeburtsrechtȱ(Genȱ25)ȱ anȱ seinenȱ jüngerenȱ Bruderȱ Jakobȱ undȱ dieserȱ betrügtȱ ihnȱ anschließendȱ auchȱnochȱumȱseinenȱErstgeburtssegenȱ(Genȱ27).ȱSoȱfragwürdigȱJakobsȱ Handlungenȱ auchȱ sindȱ (inȱ derȱ Erzählungȱ selbstȱ werdenȱ sieȱ inȱ einemȱ durchausȱ kritischenȱ Lichtȱ gesehen),ȱ letztlichȱ führtȱ Jakob,ȱ undȱ ebenȱ nichtȱ derȱ natürlicheȱ Erstgeboreneȱ Esau,ȱ dieȱ genealogischeȱ Linieȱ weiter:ȱ AusȱJakobȱkommtȱ„Israel“ȱhervor,ȱnichtȱausȱEsau.ȱȱ DiesesȱBeispielȱstehtȱparadigmatischȱfürȱeineȱfundamentaleȱErzählȬ linie.ȱ Ebensoȱ führtȱ nichtȱ derȱ natürlicheȱ Erstgeboreneȱ Hamȱ Noahsȱ Erblinieȱweiter,ȱsondernȱSemȱ(Genȱ9Ȭ11).ȱNichtȱAbrahamsȱbiologischerȱ Erstgeborenerȱ Ismaelȱ istȱ dieȱ Erfüllungȱ derȱ Sohnesverheißungȱ JHWHs,ȱ sondernȱ Isaak,ȱ derȱ zudemȱ nochȱ vonȱ derȱ unfruchtbarenȱ Saraȱ geborenȱ werdenȱmuss.ȱNichtȱmitȱSerach,ȱderȱalsȱersterȱderȱZwillingeȱTamarsȱdieȱ HandȱbeiȱderȱGeburtȱherausstreckteȱundȱeinenȱFadenȱangebundenȱbeȬ kam,ȱ sondernȱ mitȱ Perez,ȱ derȱ dannȱ alsȱ ersterȱ „durchbrach“,ȱ gehtȱ dieȱ Verheißungsgeschichteȱ weiterȱ(Genȱ38;ȱ vgl.ȱ Rutȱ4,18).ȱAuchȱJudaȱsetztȱ sichȱ letztlichȱ gegenüberȱ seinenȱ dreiȱ älterenȱ Brüdernȱ durchȱ (Genȱ 44).ȱ Jedochȱ scheintȱ inȱ derȱ Josephserzählungȱ auchȱ Josephȱ seineȱ Rolleȱ alsȱ
2ȱ
TeilȱA:ȱGrundlagenȱ
ȱ Erstgeborenerȱeinzufordern,ȱdennȱimmerhinȱistȱerȱzwarȱnichtȱderȱältesȬ teȱ Sohnȱ Jakobs,ȱ aberȱ dochȱ zumindestȱ derȱ Erstgeboreneȱ vonȱ dessenȱ LieblingsfrauȱRahel.ȱAußerhalbȱderȱGenesisȱbegegnetȱdiesesȱPhänomenȱ ebenfalls:ȱ Mose,ȱ derȱ Befreierȱ undȱ Gesetzeslehrerȱ Israels,ȱ nimmtȱ dieȱ VorrangstellungȱvorȱseinemȱälterenȱBruderȱAaronȱein,ȱundȱDavidȱwirdȱ alsȱjüngsterȱseinerȱBrüderȱzumȱKönigȱgesalbtȱ(1ȱSamȱ16).ȱDiesȱwiederȬ holtȱsichȱauchȱbeiȱDavidsȱSohnȱSalomo,ȱderȱseinenȱBrüdernȱvorgezogenȱ wird.ȱ Dieȱ Erzählungenȱ umȱ dieȱ Vertauschungȱ desȱ Erstgeburtssegensȱ tretenȱvorȱallemȱinnerhalbȱderȱGenesisȱsehrȱgehäuftȱaufȱundȱsindȱdortȱ gleichmäßigȱüberȱdenȱgesamtenȱErzählstoffȱverteilt.ȱHierȱkommenȱdieȬ seȱErzählungenȱzwölfmalȱvorȱundȱdurchziehenȱdabeiȱdasȱersteȱbiblischeȱ BuchȱvonȱAnfangȱbisȱEnde.ȱKonkretȱhandeltȱesȱsichȱumȱfolgendeȱTexte:ȱ ȱ 1. Kain,ȱAbelȱundȱSetȱ(Genȱ4/5)ȱ 2. Ham,ȱJaphetȱundȱSemȱ(Genȱ9,18Ȭ11,26)ȱ 3. JoktanȱundȱPelegȱ(Genȱ10,25.26Ȭ29;ȱ11,18)ȱ 4. Elam,ȱAssur,ȱArpachschad,ȱLudȱundȱAramȱ(Genȱ10,22Ȭ24)ȱ 5. Haran,ȱNahorȱundȱAbrahamȱ(Genȱ11,27Ȭ25,11)ȱ 6. IsmaelȱundȱIsaakȱ(Genȱ15Ȭ22)ȱ 7. EsauȱundȱJakobȱ(Genȱ25,12Ȭ36,43)ȱ 8. Ruben,ȱ Simeon,ȱ Leviȱ undȱ Judaȱ (Genȱ 34;ȱ 35,22;ȱ JosephsgeȬ schichte)ȱ 9. JudaȱundȱJosephȱ(Josephsgeschichte)ȱ 10. ErȱundȱPerezȱ(Genȱ38)ȱ 11. SerachȱundȱPerezȱ(Genȱ38,ȱ27Ȭ30)ȱ 12. ManasseȱundȱEphraimȱ(Genȱ48,ȱ1Ȭ22)ȱ ȱ AußerhalbȱderȱGenesisȱistȱdasȱPhänomenȱderȱVertauschungenȱlediglichȱ siebenmalȱanzutreffen.ȱDortȱlassenȱsichȱfolgendeȱ„VertauschungskonsȬ tellationen“ȱbeobachten:ȱ(1)ȱMoseȱundȱAaronȱ(ExȬDtn;ȱ1ȱChrȱ23);ȱ(2)ȱdieȱ Aaronsöhneȱ Nadab,ȱ Abihu,ȱ Eleasarȱ undȱ Itamarȱ (Levȱ 10,1Ȭ5.6Ȭ20);ȱ (3)ȱ Gideonȱ undȱ seineȱ Brüderȱ (Riȱ 6,11Ȭ24);ȱ (4)ȱ Davidȱ undȱ seineȱ Brüderȱ (1ȱ Samȱ16,1Ȭ13);ȱ(5)ȱDavidȱundȱSaulȱ(sog.ȱ„Aufstiegsgeschichte“ȱ1/2ȱSam);ȱ (6)ȱBatsebasȱSöhneȱ(2ȱSamȱ12);ȱ(7)ȱSalomoȱundȱseineȱBrüder.ȱTeilsȱereigȬ nenȱ sichȱ dieseȱ Vertauschungenȱ inȱ narrativerȱ Hinsichtȱ rechtȱ unvermitȬ telt,ȱinȱanderenȱFällenȱistȱjedochȱeineȱausführlicheȱliterarischeȱAufarbeiȬ tungȱ desȱ Vertauschungsprozessesȱ wahrzunehmen.ȱ Daȱ dieȱ VertauȬ schungenȱgeradeȱeineȱAusnahmeȱvonȱderȱRegelȱbilden,ȱbedürfenȱsieȱimȱ biblischenȱ Kontextȱ einerȱ entsprechendenȱ Erklärung.ȱ Resultatȱ derȱ VerȬ tauschungȱ derȱ Geburtenreihenfolgeȱ istȱ immerȱ eineȱ Bevorzugungȱ desȱ jüngerenȱ vorȱ demȱ älterenȱ Bruder.ȱ Dasȱ Erstgeburtsrechtȱ (hr'kB o .)ȱ scheintȱ inȱ diesenȱ Fällenȱ faktischȱ ausgehebeltȱ zuȱ werden.ȱ Dieȱ Dispensierungȱ
1.ȱFragestellungȱundȱZieleȱ
3
diesesȱ geburtlichenȱ Rechtsȱ birgtȱ eineȱ Fülleȱ interessanterȱ literarischerȱ wieȱtheologischerȱFragen:ȱȱ Dieȱ Gründeȱ fürȱ Ursacheȱ undȱ Rechtfertigungȱ einerȱ Vertauschungȱ sindȱ nichtȱohneȱweiteresȱersichtlich.ȱDieȱErzählungenȱkönnenȱeinerseitsȱaufȱ eineȱbesondereȱundȱunbegründeteȱFavorisierungȱdesȱjüngerenȱBrudersȱ durchȱ Gottȱ abhebenȱ (David);ȱ andererseitsȱ kannȱ eineȱ väterlicheȱ BevorȬ zugungȱ desȱ jüngerenȱ Sohnesȱ (Joseph)ȱ vorliegen.ȱ Manchmalȱ scheinenȱ aberȱauchȱdieȱjüngerenȱBrüderȱihrȱGeschickȱselbstȱinȱdieȱHandȱnehmenȱ zuȱ wollenȱ (Jakob).ȱ Jedochȱ wirkenȱ dieȱ Vertauschungenȱ nichtȱ vollkomȬ menȱwillkürlichȱoderȱgarȱanarchistisch,ȱdennȱletztlichȱlegenȱdieȱErzähȬ lungenȱwertȱaufȱeineȱLegitimierungȱderȱneuenȱRangfolgeȱdurchȱJHWH.ȱ Aufȱ derȱ anderenȱ Seiteȱ aberȱ wirdȱ derȱ jüngereȱ Bruderȱ nichtȱ schlechterȬ dingsȱgöttlichȱerwähltȱundȱderȱältereȱdurchȱJHWHȱverworfen,ȱvielmehrȱ entfaltenȱdieȱgrößerenȱErzählungenȱdurchgängig,ȱwieȱsichȱderȱjüngereȱ BruderȱSchrittȱfürȱSchrittȱgegenüberȱseinemȱälterenȱdurchsetzen,ȱqualiȬ fizierenȱundȱerweisenȱmuss.ȱUmgekehrtȱwirdȱauchȱdaraufȱWertȱgelegt,ȱ dassȱ derȱ ältereȱ Bruderȱ sichȱ selbsttätigȱ seinerȱ Rolleȱ disqualifiziert.ȱ Istȱ dennȱdieȱFavorisierungȱdesȱjüngerenȱBrudersȱinȱtheologischerȱHinsichtȱ dannȱnochȱmitȱ„Erwählung“ȱgleichzusetzen?ȱȱ DieȱsignifikanteȱHäufungȱdieserȱErzählungenȱinȱderȱGenesisȱistȱauȬ ßerdemȱ bemerkenswert.ȱ Dieȱ Vertauschungȱ desȱ Erstgeburtssegensȱ scheintȱ damitȱ einȱ fundamentalesȱ Themaȱ derȱ Genesisȱ zuȱsein.ȱ Dieȱ Genesisȱ istȱalsȱerstesȱBuchȱderȱToraȱsowieȱdesȱTeNaKȱeinȱwichtigerȱhermeneutiȬ scherȱSchlüsselȱfürȱdasȱVerständnisȱderȱgesamtenȱBibel.ȱInȱderȱGenesisȱ werdenȱ grundlegendeȱ Verhältnisseȱ geschildert,ȱ dieȱ geeignetȱ sind,ȱ Normenȱ zuȱ begründen.ȱ Dortȱ wirdȱ dasȱ beschrieben,ȱ wasȱ „Israel“ȱ inȱ seinenȱFundamentenȱträgtȱundȱvonȱseinemȱSelbstverständnisȱherȱidenȬ titätsstiftendȱ ist.1ȱ Esȱ könnteȱ sichȱ beiȱ denȱ Vertauschungenȱ daherȱ auchȱ umȱeinȱThemaȱhandeln,ȱdasȱinȱentscheidenderȱWeiseȱanȱderȱSelbstdefiȬ nitionȱ „Israel“ȱ innerhalbȱ derȱ Genesisȱ partizipiert,ȱ dennȱ innerhalbȱ derȱ GenesisȱwirdȱIsraelsȱSonderrolleȱgeradeȱüberȱgenealogischeȱBezügeȱundȱ Zuordnungenȱgeklärtȱundȱgrundgelegt.ȱȱ DaȱdieseȱVertauschungenȱnichtȱseltenȱimȱbiblischenȱKontextȱauftreȬ ten,ȱ istȱ zuȱ fragen,ȱ obȱ esȱ sichȱ hierȱ lediglichȱ umȱ theologischȱ pointierteȱ AusnahmenȱvonȱderȱRegelȱhandelt,ȱoderȱobȱhierȱmithinȱeinȱumfangreiȬ cheresȱ theologischesȱ Konzeptȱ entwickeltȱ wird,ȱ inȱ demȱ derȱ Titelȱ rAkB.ȱ einemȱ Bruderȱ denȱ Vorrangȱ gegenüberȱ anderenȱ verleihtȱ –ȱ undȱ zwarȱ unabhängigȱ vomȱ Zeitpunktȱ derȱ Geburt.ȱ Mitȱ anderenȱ Worten:ȱ Esȱ scheint,ȱ dassȱ inȱ biblischemȱ Kontextȱ eineȱ andereȱ Vorstellungȱ vonȱ hr'kB o ȱ. ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱȱ
S.ȱdazuȱTeilȱB.4.2ȱundȱC.3.5.ȱ
4ȱ
TeilȱA:ȱGrundlagenȱ
ȱ vertretenȱ undȱ narrativȱ entfaltetȱ wird,ȱ welcheȱ dieȱ üblicheȱ Vorstellungȱ vonȱhr'koB.ȱ pointiertȱkonterkariert.ȱȱ Dieȱ wichtigstenȱ Fragestellungenȱ fürȱ dieseȱ Untersuchungȱ richtenȱ sichȱdemnachȱaufȱdieȱFormen,ȱdieȱKontexteȱundȱdieȱFunktionenȱderȱTexteȱ innerhalbȱderȱGenesis.ȱDabeiȱkönnenȱdieȱdreiȱFrageebenenȱnichtȱlosgeȬ löstȱ voneinanderȱ betrachtetȱ werden:ȱ Dieȱ Vertauschungenȱ erscheinenȱ sowohlȱ innerhalbȱ narrativerȱ wieȱ genealogischerȱ Texteȱ undȱ Kontexte,ȱ dieȱnochȱdazuȱmiteinanderȱverschränktȱauftreten.ȱDarüberȱhinausȱsindȱ dieȱVertauschungenȱthematischȱaufsȱengsteȱmitȱanderenȱMotiven,ȱMoȬ tivelementenȱundȱThemenȱderȱGenesisȱverwobenȱundȱkönnenȱdemzuȬ folgeȱ auchȱ wechselseitigȱ aufeinanderȱ einwirken.ȱ Fürȱ dieseȱ UntersuȬ chungȱ istȱ nachdrücklichȱ auchȱ derȱ weitereȱ Kontextȱ desȱ biblischenȱ Kanonsȱzuȱberücksichtigen.ȱVorȱdemȱHintergrund,ȱdassȱdasȱliterarischeȱ PhänomenȱderȱVertauschungenȱinȱderȱGenesisȱsignifikantȱgehäuftȱaufȬ tritt,ȱ aberȱ praktischȱ (bisȱ aufȱ einige,ȱ auffälligeȱ Ausnahmen)ȱ aufȱ diesesȱ ersteȱBuchȱbeschränktȱbleibt,ȱlässtȱsichȱdannȱnämlichȱdieȱFrageȱnachȱderȱ Bedeutungȱ desȱ Vertauschungsmotivsȱ weiterȱ präzisieren:ȱ Warumȱ undȱ mitȱ welcherȱ Intentionȱ wurdeȱ geradeȱ diesesȱ Motivȱ inȱ derȱ Genesisȱ undȱ damitȱ anȱ inhaltlichȱ soȱ bedeutenderȱ Stelleȱ überliefertȱ undȱ nichtȱ inȱ denȱ anderenȱ Teilenȱ desȱ TeNaK?ȱ Mitȱ dieserȱ Fragestellungȱ wirdȱ impliziert,ȱ dassȱdasȱFehlenȱderȱVertauschungenȱaußerhalbȱderȱToraȱnichtȱaufȱeinerȱ literarischenȱZufälligkeitȱberuht.ȱȱ UmȱjedochȱdasȱdichteȱundȱvielschichtigeȱVerweissystemȱderȱGeneȬ sisȱangemessenȱbeschreibenȱzuȱkönnen,ȱistȱesȱerforderlich,ȱdieȱGenesisȱ inȱ ihrerȱ „Endgestalt“ȱ wahrzunehmen.ȱ Dieȱ „Genesis“ȱ wirdȱ hierȱ alsȱ einȱ Textȱ wahrgenommen,ȱ ohneȱ damitȱ zuȱ implizierenȱ oderȱ zuȱ postulieren,ȱ derȱTextȱseiȱeinheitlichȱentstanden.ȱDarumȱwirdȱdieȱTextgeneseȱausȱmeȬ thodischȱzwingendenȱGründenȱnurȱinȱeinemȱNebenstrangȱderȱDiskusȬ sionȱverhandelt.ȱ Dasȱ Zielȱ derȱ Untersuchungȱ istȱ dieȱ formaleȱ Beschreibungȱ derȱ VerȬ tauschungserzählungenȱ undȱ derenȱ Einzelelemente.ȱ Beiȱ derȱ VertauȬ schungsthematikȱscheintȱesȱsichȱumȱeinȱErzählmotivȱzuȱhandeln,ȱdasȱfürȱ größereȱ narrative,ȱ intertextuelleȱ Zusammenhängeȱ konstitutivȱ istȱ undȱ sinnstiftendȱ wirkt.ȱ Zielȱ derȱ Darlegungȱ istȱ esȱ daherȱ auch,ȱ dieȱ Validitätȱ dieserȱAnnahmeȱimȱEinzelnenȱzuȱprüfen.ȱDesȱWeiterenȱistȱeineȱgenaueȱ BeschreibungȱundȱdetaillierteȱAuswertungȱderȱVernetzungȱdieserȱVerȬ tauschungserzählungenȱ innerhalbȱ derȱ Genesisȱ sowieȱ innerhalbȱ desȱ Kanonsȱ vorzunehmen.ȱ Dieȱ relevantenȱ Texteȱ sollenȱ nichtȱ primärȱ vonȱ einemȱ(konstruierten)ȱhistorischenȱHintergrundȱherȱgelesenȱundȱerklärtȱ werden,ȱ sondernȱ innerhalbȱ ihresȱ vorliegendenȱ literarischenȱ Kontextesȱ betrachtetȱwerden.ȱDennȱunabhängigȱvonȱderȱFrage,ȱobȱundȱinwieweitȱ sichȱdieȱbiblischenȱTexteȱüberhauptȱdazuȱeignen,ȱausȱihnenȱhistorischeȱ
2.ȱForschungsstandȱ
5
Faktenȱzuȱerheben,2ȱstehtȱfest,ȱdassȱesȱsichȱbeiȱdenȱbiblischenȱumȱliteraȬ rische,ȱ mithinȱ poetische,ȱ Texteȱ handelt.ȱ Somitȱ liegtȱ esȱ nahe,ȱ sieȱ zuerstȱ einmalȱinȱihrerȱgenuinenȱLesartȱwahrzunehmen.ȱȱ DurchȱeineȱdetaillierteȱAnalyseȱderȱjeweiligenȱTexteȱsollenȱdieȱtextȬ immanentenȱ Erzählstrategienȱ erhelltȱ werdenȱ undȱ dasȱ Sinnganzeȱ desȱ ErȬ zähltenȱhervortreten.ȱErstȱaufȱdieserȱGrundlageȱsollȱeineȱdifferenzierteȱ Funktionsbestimmungȱ desȱ Vertauschungsmotivsȱ erfolgen,ȱ innerhalbȱ dererȱ dannȱ auchȱ dieȱ sozioȬkulturelleȱ Pragmatikȱ derȱ Texteȱ reflektiertȱ undȱeinȱVersuchȱihrerȱZuordnungȱzuȱhistorischenȱKonstellationenȱunȬ ternommenȱwerdenȱsoll.ȱ
2.ȱForschungsstandȱ Dasȱ Phänomenȱ derȱ Bevorzugungȱ desȱ jüngerenȱ Brudersȱ wirdȱ schonȱ inȱ derȱältestenȱjüdischenȱTraditionȱgelegentlichȱbeschriebenȱundȱverschieȬ denȱgedeutet.ȱEineȱsolcheȱDeutungȱliegtȱbeispielsweiseȱinȱPesRȱ29/30,1ȱ (138a)ȱvor,ȱeinerȱSammlungȱvonȱAuslegungenȱzuȱbesonderenȱSabbatenȱ undȱFeiertagen.ȱNebenȱdieserȱvergleichsweiseȱlängerenȱPassage,ȱdieȱdieȱ Brüderpaareȱ KainȬAbel,ȱ IsmaelȬIsaak,ȱ EsauȬJakobȱ undȱ dieȱ Josephȱ seiȬ nenȱ Brüdernȱ gegenüberstellt,ȱ gibtȱ esȱ zahlreicheȱ weitereȱ rabbinischeȱ Einzelvergleicheȱ vonȱ Brüdern,ȱ dieȱ jedochȱ jüngerenȱ Datumsȱ sind.ȱ Inȱ amoräischerȱ Zeitȱ wirdȱ dieȱ Anwendungȱ derȱ antithetischenȱ Typologieȱ rechtȱ freiȱ gestaltet,ȱ soȱ beispielsweiseȱ inȱ LevRȱ 27.5ȱ (zuȱ Levȱ 22,27),ȱ woȱ AbelȬKain,ȱ NoahȬGenerationȱ Noahs,ȱ AbrahamȬNimrod,ȱ IsaakȬIsmael,ȱ JakobȬEsau,ȱ MoseȬPharaoȱ undȱ DavidȬSaulȱ gegenübergestelltȱ werden:ȱ Hierȱ werdenȱ einerseitsȱ Brüderpaareȱ vorgestellt,ȱ andererseitsȱ tretenȱ anȱ dieȱ Stelleȱ vonȱ Ismaelȱ dieȱ Philisterȱ alsȱ Widerpartȱ Isaaks.ȱ Dieȱ aktuelleȱ Forschungslageȱzeigt,ȱdassȱsichȱlediglichȱdieȱStudienȱvonȱSyrénȱ(1993),ȱ Greenspahnȱ(1994)ȱundȱHeardȱ(2001)ȱinȱmonographischemȱUmfangȱmitȱ demȱThemaȱderȱVertauschungȱdesȱErstgeburtssegensȱbefassen.ȱSieȱtunȱ diesȱ ausȱ unterschiedlichenȱ methodischenȱ Blickrichtungen,ȱ wieȱ imȱ FolȬ gendenȱ gezeigtȱ wird.ȱ Dieȱ übrigeȱ Forschungȱ widmetȱ sichȱ äußerstȱ verȬ einzeltȱderȱThematikȱinȱkürzerenȱAbhandlungenȱoderȱEinzelbeiträgen,ȱ dieȱ sichȱ diachronȱ wieȱ synchronȱ derȱ Frageȱ nähern.ȱ Auchȱ sieȱ sollenȱ inȱ diesemȱForschungsüberblickȱbeachtetȱwerden.ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 2ȱȱ
ZumȱProblemȱderȱVerhältnisbestimmungȱvonȱatl.ȱLiteraturwissenschaftȱundȱArchäoȬ logieȱs.ȱdieȱForschungsbilanzȱvonȱHARDMEIERȱin:ȱDERS.,ȱ(Hg.),ȱSteineȱ–ȱBilderȱ–ȱTexȬ te,ȱ11Ȭ24.ȱFürȱeineȱneueȱVerhältnisbestimmungȱvgl.ȱdieȱThesenȱbeiȱKNAUF,ȱTowardsȱ anȱArchaeologyȱofȱtheȱHexateuch,ȱ275Ȭ294ȱundȱgrundlegendȱDERS.,ȱ FromȱHistoryȱtoȱ Interpretation,ȱ26Ȭ64.ȱ
6ȱ
TeilȱA:ȱGrundlagenȱ
ȱ 2.1ȱChristopherȱHeard,ȱDynamicsȱofȱDiselectionȱ Heardȱ (2001)3ȱ nähertȱ sichȱ mitȱ verschiedenenȱ synchronȱ fragendenȱ ZuȬ gängenȱ („literaryȬaestheticȱ readings,ȱ feministicȬadvocacyȱ interpretatiȬ ons,ȱ andȱ newerȱ sociologicalȬideologicalȱ readings“)ȱ einerȱ dezidiertȱ hisȬ torischenȱFragestellung:4ȱHeardȱfokussiertȱaufȱeinȱbesonderesȱ„literaryȱ feature“,ȱ nämlichȱ„theȱambiguitiesȱ inȱ theȱ characterizationsȱ ofȱ Lot,ȱ IshȬ mael,ȱEsau,ȱandȱLaban.“5ȱDieseȱ„ambiguity“ȱsiehtȱHeardȱinȱdenȱAuseiȬ nandersetzungenȱ derȱ Erzelternȱ Israels,ȱ dieȱ jeweilsȱ dazuȱ führen,ȱ dassȱ einerȱ –ȱ namentlichȱ derȱ Erstgeboreneȱ –ȱ ohneȱ erkennbarenȱ Grundȱ ausȱ derȱ Verheißungslinieȱ ausgeschlossenȱ wird.ȱ Nachȱ Heardȱ korrespondiertȱ inȱ Genȱ12Ȭ36ȱderȱErwählungȱeinerȱPersonȱzumȱTrägerȱderȱgöttlichenȱVerȬ heißungȱ stetsȱ dieȱ NichtȬErwählungȱ („diselection“)ȱ einesȱ Verwandten.ȱ WobeiȱErwählterȱundȱNichtȬErwählterȱgenerellȱinȱuneindeutigerȱWeiseȱ („ambiguous“)ȱ geschildertȱ werden,ȱ nämlichȱ so,ȱ dassȱ sichȱ dieȱ Tatsacheȱ derȱ NichtȬErwählungȱundȱ derȱErwählungȱ nichtȱdamitȱ erklärenȱlassen,ȱ welcheȱErzählelementeȱhervortreten.ȱHeardȱfragtȱdaherȱdanach,ȱwarumȱ imȱ Judaȱ desȱ spätenȱ oderȱ frühenȱ 4.ȱ Jh.sȱ v.Chr.ȱ (demȱ angenommenenȱ historischenȱ Ortȱ fürȱ dieȱ Abfassungȱ derȱ Letztgestaltȱ vonȱ Genȱ 12Ȭ36),ȱ geradeȱderȱ„diselectedȱbrother“ȱnichtȱeindeutigerȱalsȱderȱ„verworfene“ȱ Bruderȱcharakterisiertȱwerdenȱkann.ȱȱ Inȱ denȱ ausführlichenȱ Einzelbesprechungenȱ derȱ Konstellationenȱ „Lotȱ undȱ Abraham“ȱ (S.ȱ 25Ȭ61),ȱ „Ismaelȱ undȱ Isaak“ȱ (S.ȱ 63Ȭ96),ȱ „Jakobȱ undȱEsau“ȱ(S.ȱ97Ȭ136),ȱ„JakobȱundȱLabanȱ(S.ȱ139Ȭ168)“ȱkannȱHeardȱzeiȬ gen,ȱ dassȱ dieȱ Doppelsinnigkeitȱ derȱ Vertauschungserzählungenȱ darinȱ besteht,ȱ dassȱ durchȱ diesesȱ Motivȱ nichtȱ nurȱ derȱ Erwählteȱ besondersȱ hervorgehobenȱwird,ȱsondernȱumgekehrtȱauchȱderȱverworfeneȱBruderȱ alsȱ solcherȱ deutlichȱ markiertȱ wird.ȱ Dabeiȱ stelltȱ sichȱ allerdingsȱ heraus,ȱ dassȱ derȱ Leserȱ beiȱ derȱ Lektüreȱ immerȱ wiederȱ gefordertȱ ist,ȱ zwischenȱ verschiedenenȱ Verstehensmöglichkeitenȱ einzelnerȱ Handlungenȱ oderȱ Charaktereȱ zuȱ wählen,ȱ währendȱ anȱ derȱ Tatsacheȱ derȱ Erwählungȱ bzw.ȱ NichtȬErwählungȱ durchȱ Gottȱ keinȱ Zweifelȱ bestehe.ȱ Derȱ Prozessȱ vonȱ VerwerfungȱundȱErwählungȱdurchȱJHWHȱgescheheȱgrundsätzlichȱohneȱ kausalenȱ Zusammenhangȱ mitȱ denȱ Tatenȱ derȱ Brüder.ȱ Dieȱ Erzählungenȱ zeigenȱ damit,ȱ dassȱ dieȱ NichtȬErwählungȱ alleinȱ inȱ derȱ göttlichenȱ EntȬ scheidungȱbegründetȱzuȱsehenȱsei.ȱEntsprechendȱistȱdiesȱauchȱfürȱdenȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 3ȱȱ 4ȱȱ 5ȱȱ
HEARD,ȱDynamicsȱofȱDiselection.ȱAmbiguityȱinȱGenesisȱ12Ȭ36ȱandȱEthnicȱBoundariesȱ inȱPostȬExilicȱJudahȱ(SBLSSȱ39),ȱAtlantaȱ2001.ȱ SoȱdasȱerklärteȱInteresseȱinȱderȱEinleitung:ȱHEARD,ȱDynamicsȱofȱDiselection,ȱ1Ȭ22.ȱ BeideȱZitateȱHEARD,ȱDynamicsȱofȱDiselection,ȱ4.ȱ
2.ȱForschungsstandȱ
7
Erwähltenȱ zuȱ erklären:ȱ Dieȱ göttlicheȱ Erwählungȱ istȱ eineȱ Tatsache,ȱ dieȱ HandlungenȱderȱBetroffenenȱsindȱdaraufȱbezogenȱnurȱmarginal.ȱȱ EineȱsozialȬȱundȱideologiegeschichtlicheȱEinordnungȱbeschließtȱdieȱ Untersuchung.ȱ Dieȱ Auswertungȱ desȱ literarischenȱ Befundesȱ stelltȱ sichȱ folgendermaßenȱ dar:ȱ Alleȱ vierȱ „diselectedȱ brothers“6ȱ seienȱ RepräsenȬ tantenȱ derȱ großenȱ Nachbarnȱ Israels:ȱ (1)ȱ Lotȱ steheȱ fürȱ Moabȱ undȱ AmȬ mon;ȱ(2)ȱIsmaelȱfürȱdieȱAraberȱundȱÄgyptenȱ(vgl.ȱHagar,ȱdieȱägyptischeȱ MutterȱIsmaels);ȱ(3)ȱEsauȱfürȱdieȱEdomiterȱundȱ(4)ȱLabanȱfürȱdieȱMesoȬ potamier.ȱ Somitȱ gelteȱ geradeȱ unabhängigȱ vonȱ persönlicherȱ Integritätȱ oderȱSympathie:ȱ„Achaemenidȱpolicyȱandȱtheȱdivineȱplanȱsayȱthatȱtheyȱ mustȱ beȱ differentiatedȱ fromȱ theȱ Yehudians”ȱ (S.ȱ 184).ȱ Derȱ „diselectedȱ brother“ȱ mussȱ strengȱ vonȱ demȱ „selectedȱ brother“ȱ getrenntȱ werden,ȱ „simply‚ȱbecauseȱGodȱsaidȱso“ȱ(S.ȱ183).ȱNurȱJHWHȱbestimmt,ȱwerȱverȬ worfenȱ undȱ erwähltȱ wird.ȱ Dieseȱ kompromisslose,ȱ unhinterfragbareȱ Souveränitätȱ Gottesȱ seiȱ geradezuȱ dasȱ politischeȱ Mottoȱ theokratischerȱ Kreiseȱ Israelsȱ inȱ derȱ Achämenidenzeitȱ gewesen.ȱ Dasȱ narrativeȱ KonȬ struktȱderȱBrüderkonflikteȱunterstützeȱdieȱidentitätsstiftendenȱAbgrenȬ zungsversucheȱ derȱ achämenidischenȱ Ideologie.ȱ Imȱ Rückschlussȱ seiȱ auchȱ dieȱ Achämenidenregierungȱ Ausdruckȱ desȱ Willensȱ Gottes.7ȱ Dieȱ Vertauschungenȱ werdenȱ damitȱ alsȱ reinesȱ Unterscheidungskriteriumȱ gedeutetȱ fürȱ einȱ Israel,ȱ dasȱ sichȱ inȱ persischerȱ Zeitȱ seineȱ Identitätȱ alsȱ Ethnieȱzuȱsichernȱsucht.ȱȱ HeardsȱThesenȱsindȱreizvoll,ȱjedochȱbleibenȱsie,ȱinȱderȱhistorischenȱ VerortungȱundȱaufȱdieȱTextpragmatikȱhinȱgesehen,ȱrechtȱallgemein.ȱEsȱ wirdȱ nichtȱ ersichtlich,ȱ warumȱ dieȱ Darstellungȱ geradeȱ aufȱ denȱ inȱ uneindeutigerȱ Weiseȱ geschildertenȱ NichtȬErwähltenȱ abzielt.ȱ Esȱ erȬ schließtȱsichȱnichtȱendgültig,ȱwarumȱimȱSinneȱderȱTheseȱHeardsȱnichtȱ eineȱeinfache,ȱklareȱAbqualifizierungȱdesȱNichtȬErwähltenȱgenügtȱhätȬ te.ȱ Heardsȱ Auswahlkriterienȱ fürȱ dieȱ zuȱ analysierendenȱ Texteȱ erschlieȬ ßenȱ sichȱ außerdemȱ nichtȱ eindeutig.ȱ Währendȱ erȱ imȱ Falleȱ vonȱ Lot/AbȬ raham,ȱ Ismael/Isaakȱ undȱ Esau/Jakobȱ nochȱ aufȱ denȱ „brüderlichenȱ Konflikt“ȱverweisenȱkann,ȱderȱalleȱErzählungenȱverbindet,ȱsoȱwirdȱdiesȱ hingegenȱ beiȱ derȱ Konstellationȱ Jakob/Labanȱ problematisch,ȱ daȱ esȱ sichȱ umȱ keinȱ Brüderpaarȱ imȱ eigentlichenȱ Sinneȱ handelt.ȱ Imȱ Fortgangȱ vonȱ Heardsȱ Untersuchungȱ wirdȱ darumȱ deutlich,ȱ dassȱ derȱ Autorȱ inȱ seinerȱ Studieȱ einenȱ Schwerpunktȱ aufȱ dieȱ Beschreibungȱ derȱ BruderȬKonflikteȱ undȱ derȱ darausȱ resultierendenȱ Trennungserzählungenȱ legt;ȱ dieȱ eigentliȬ chenȱ Vertauschungenȱ –ȱ inȱ derȱ Einleitungȱ nochȱ erklärtesȱ UntersuȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 6ȱȱ 7ȱȱ
Vgl.ȱzuȱdieserȱTheseȱdieȱSchlusstheseȱbeiȱHEARD,ȱDynamicsȱofȱDiselection,ȱ171Ȭ184.ȱ Inȱ denȱ Wortenȱ HEARDS:ȱ „theȱ willȱ ofȱ theȱ Achaemenidȱ rulersȱ isȱ anȱ expressionȱ ofȱ theȱ willȱofȱJahweh.“ȱ(HEARD,ȱDynamicsȱofȱDiselection,ȱ184).ȱ
8ȱ
TeilȱA:ȱGrundlagenȱ
ȱ chungszielȱ –ȱ tretenȱ inȱ derȱ Folgeȱ inȱ denȱ Hintergrund.ȱ Labanȱ aberȱ istȱ wederȱderȱBruderȱJakobs,ȱnochȱeinȱErstgeborener,ȱnochȱwohnenȱbeideȱ imȱselbenȱLand,ȱsoȱdassȱauchȱderenȱKonkurrenzȱalleinȱbestimmendȱseinȱ könnte.ȱ Lediglichȱ dasȱ Motivȱ derȱ „räumlichenȱ Trennung“ȱ bleibtȱ alsȱ Auswahlkriterium.8ȱ Dochȱ auchȱ dieseȱ Zuordnungȱ bleibtȱ nichtȱ unprobȬ lematisch,ȱdaȱdieȱTrennungȱnichtȱimmerȱeinȱErgebnisȱderȱKonflikteȱist,ȱ sondernȱgeradeȱseineȱVoraussetzung.ȱIndemȱJakobȱdieȱräumlicheȱTrenȬ nungȱvonȱLabanȱzuȱBeginnȱderȱLabanepisodeȱüberbrückt,ȱentstehenȱdieȱ Konflikteȱerst.ȱȱ
2.2ȱRogerȱSyrén,ȱTheȱForsakenȱFirstȬBornȱ Syrénȱ(1993)9ȱuntersuchtȱvorȱallemȱdieȱtraditionsgeschichtlichenȱAspekȬ teȱ derȱ Benachteiligungȱ derȱ natürlichenȱ Erstgeborenen.ȱ Nachȱ einerȱ deȬ tailliertenȱAnalyseȱderȱTexteȱumȱdieȱErstgeborenenȱIsmaelȱ(S.ȱ15Ȭ53.54Ȭ 65),ȱ Esauȱ (S.ȱ 66Ȭ129),ȱ Rubenȱ (S.ȱ 130Ȭ139)ȱ undȱ Manasseȱ (S.ȱ 136Ȭ140),ȱ kommtȱ Syrénȱ zuȱ derȱ Schlussfolgerung,ȱ dassȱ dieȱ Texteȱ nichtȱ etwaȱ denȱ ErwähltenȬStatusȱ desȱ bevorzugtenȱ jüngerenȱ Brudersȱ reflektieren,ȱ sonȬ dernȱ umȱ eineȱ Aufwertungȱ desȱ NichtȬErwähltenȱ Brudersȱ bemühtȱ sind.ȱ Nichtȱ derȱ Gegensatzȱ vonȱ „selectedȱ –ȱ diselectedȱ brother“ȱ (soȱ Heard)ȱ wirdȱbetont,ȱsondernȱdieȱälteren,ȱverworfenenȱBrüderȱseienȱ„alsoȬsons“ȱ bzw.ȱderȱ„alsoȬpeople“.10ȱDasȱErgebnisȱähneltȱzunächstȱdemjenigenȱvonȱ Heard:ȱDieȱTexteȱscheinenȱeinenȱReflexȱaufȱFragenȱderȱIdentitätȱ„IsraȬ els“ȱ zuȱ bildenȱ undȱ Abgrenzungstendenzenȱ nachȱ außenȱ inȱ „theȱ postȬ exilicȱ Jewishȱ community“ȱ (Syrénȱ bleibtȱ hierȱ zeitlichȱ sehrȱ ungenau)ȱ zuȱ eruierenȱ(143f).ȱDieȱPointeȱbeiȱSyrénȱliegtȱdarin,ȱdassȱerȱdieȱHauptfunkȬ tionȱ derȱ Vertauschungserzählungȱ darinȱ sieht,ȱ eineȱ Linieȱ „ofȱ inteȬ grationȱ andȱ ofȱ acceptingȱ foreignȱ influenceȱ andȱ influxȱ intoȱ Judahȱ andȱ earlyȱ Judaism“11ȱ zuȱ beschreiben.ȱ Dieȱ literarischeȱ Beobachtung,ȱ aufȱ dieȱ SyrénȱseinȱErgebnisȱgründet,ȱistȱzunächstȱschlüssig:ȱIsmaelȱwirdȱ„auchȱ zuȱ einemȱ Volk“ȱ undȱ nichtȱ einfachȱ nurȱ verstoßenȱ (soȱ Syrénsȱ HauptarȬ gument).ȱEsauȱwirdȱnichtȱausȱdemȱLandȱvertrieben,ȱsondernȱverlässtȱesȱ freiwillig.ȱ Auchȱ Rubenȱ kommtȱ währendȱ desȱ Durchzugsȱ durchȱ denȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 8ȱȱ
HEARDȱistȱsichȱdiesesȱProblemsȱbewusstȱ(s.ȱvorȱallemȱHEARD,ȱDynamicsȱofȱDiselecȬ tion,ȱ139ȱu.ȱ168f).ȱDasȱMotivȱderȱräumlichenȱTrennungȱbleibtȱfürȱihnȱjedochȱmaßgebȬ lich.ȱȱ 9ȱȱ SYREN,ȱ Theȱ Forsakenȱ FirstȬBorn.ȱ Aȱ Studyȱ ofȱ aȱ Recurrentȱ Motifȱ inȱ theȱ Patriarchalȱ Narrativesȱ(JSOT.Sȱ133),ȱSheffieldȱ1993.ȱ 10ȱȱ SYRÉN,ȱTheȱForsakenȱFirstȬBorn,ȱ143Ȭ145.ȱ 11ȱȱ SYRÉN,ȱTheȱForsakenȱFirstȬBorn,ȱ144.ȱ
2.ȱForschungsstandȱ
9
JordanȱeineȱführendeȱRolleȱinȱderȱGeschichteȱIsraelsȱzuȱ(Josȱ1,14;ȱ4,1212).ȱ SchlussendlichȱwerdenȱManasseȱundȱEphraimȱinȱGenȱ49ȱbeideȱzugleichȱ gesegnet:ȱ „Inȱthisȱway,ȱGod’sȱchoiceȱisȱnotȱchallenged,ȱbutȱsupplemented,ȱbyȱaddingȱ anȱideaȱofȱ‚alsoȬpeople’ȱtheȱchainȱofȱ‚alsoȬsons’ȱinȱtheȱpatriarchalȱnarratives.ȱ Inȱaddition,ȱtheȱscopeȱofȱtheȱstoriesȱthemselvesȱisȱbroadenedȱtoȱtakeȱinȱtheȱ experienceȱ ofȱ theȱ postexilicȱ circlesȱ whoȱ demonstratedȱ anȱ activeȱ interestȱ inȱ theȱworldȱaroundȱJudah.ȱTheirȱexperienceȱofȱrecentȱhistoricalȱchangesȱhadȱ taughtȱthatȱ‚alsoȬpeoples’ȱoutsideȱtheȱtinyȱareaȱofȱJudahȱhadȱsomeȱstandingȱ inȱGod’sȱplans.”13ȱȱ
Überȱ dieȱ Erzählungenȱ derȱ nichtȬerwähltenȱ Brüderȱ werdeȱ soȱ eineȱ uniȬ versalistischeȱTendenzȱinȱdieȱErzelternerzählungenȱundȱdamitȱauchȱinȱdieȱ Ursprüngeȱ Israelsȱ mitȱ eingetragen.ȱ Dieseȱ siehtȱ Syrénȱ schonȱ beiȱ DeuteroȬȱundȱTritoȬJesajaȱundȱderȱPriesterschriftȱgrundgelegtȱundȱidenȬ tifiziertȱ alsȱ Trägerkreiseȱ dieserȱ Traditionenȱ priesterlicheȱ GruppierunȬ gen,ȱdieȱeinenȱuniversalenȱHeilsplanȱfürȱalleȱVölkerȱalsȱheilsgeschichtliȬ chesȱ Konzeptȱ inȱ derȱ Genesisȱ schöpfungsȬȱ undȱ erwählungstheologischȱ verankern.ȱProblematischȱanȱdieserȱUntersuchungȱistȱdieȱAuswahlȱderȱ zuȱ behandelndenȱ Textbasis,ȱ dieȱ auchȱ inȱ derȱ Einleitungȱ nichtȱ eigensȱ begründetȱ wird.ȱ Untersuchtȱ werdenȱ sollȱ dasȱ gesamteȱ „literarischeȱ MoȬ tiv“ȱdesȱ„forsakenȱFirstȬBorn“ȱ(S.ȱ11Ȭ13);ȱKriteriumȱfürȱdieȱAuswahlȱderȱ Texteȱ istȱ aberȱ lediglichȱ dieȱ Vaterschaftȱ einesȱ übergangenenȱ ErstgeboreȬ nen,ȱdennȱesȱsollenȱnurȱdieȱErzählungenȱderȱErzväterȱAbraham,ȱIsaak,ȱ Jakobȱ undȱ Josephȱ behandeltȱ werdenȱ (S.ȱ 11).ȱ Freilichȱ sindȱ diesȱ dieȱ Hauptfigurenȱ derȱ „Israel“ȬErzählungȱ derȱ Genesis,ȱ dochȱ wirdȱ damitȱ letztlichȱ schonȱ dasȱ Ergebnisȱ derȱ Untersuchungȱ (Identitätsbestimmungȱ Israels)ȱinȱdieȱTextauswahlȱmitȱeingetragenȱoderȱzumindestȱausȱdieserȱ ganzȱbestimmtenȱthematischenȱPerspektiveȱaufȱdieȱTexteȱgeblickt.ȱ ȱ ȱ
ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 12ȱȱ S.ȱaberȱNumȱ32,20Ȭ27.ȱ 13ȱȱ SYRÉN,ȱTheȱForsakenȱFirstȬBorn,ȱ144fȱ(HervorhebungȱBH).ȱȱ
10ȱ
TeilȱA:ȱGrundlagenȱ
ȱ 2.3ȱFrederickȱE.ȱGreenspahn,ȱWhenȱBrothersȱDwellȱtogetherȱ Dieȱ bisherȱ umfangreichsteȱ undȱ gründlichsteȱ Studieȱ zumȱ Themaȱ legteȱ Greenspahnȱ(1994)14ȱvor.ȱGreenspahnȱstrebtȱeineȱmöglichstȱvollständigeȱ BeschreibungȱdesȱPhänomensȱderȱVertauschungenȱinȱderȱHebräischenȱ Bibelȱ anȱ (S.ȱ 9f).ȱ Seinȱ methodischerȱ Ansatzȱ istȱ synchronȱ ausgerichtet,ȱ dochȱwidmetȱGreenspahnȱdenȱHauptteilȱseinerȱUntersuchungȱzunächstȱ derȱ ausführlichenȱ Sichtungȱ vonȱ Vergleichsmaterialȱ derȱ altorientaliȬ schenȱUmwelt,ȱinȱderȱähnlicheȱoderȱzumindestȱvergleichbareȱVorgängeȱ belegtȱ sindȱ (S.ȱ 11Ȭ29.30Ȭ83).ȱ Erȱ gleichtȱ dieȱ hierausȱ gewonnenȱ ErkenntȬ nisseȱfortwährendȱmitȱdenȱliterarischenȱEigenartenȱundȱIntentionenȱderȱ biblischenȱ Erzählungenȱ abȱ undȱ kommtȱ schließlichȱ zuȱ demȱ nachvollȬ ziehbarenȱ Ergebnis,ȱ dassȱ sichȱ dieȱ Vertauschungserzählungenȱ wederȱ ausȱgesetzlichenȱBestimmungenȱableitenȱlassen,ȱnochȱeinȱfrühesȱStadiȬ umȱisraelitischerȱGeschichteȱzuȱreflektierenȱscheinen,ȱwieȱdiesȱinȱeinemȱ überwiegendenȱ Teilȱ derȱ Forschungsliteraturȱ immerȱ wiederȱ diskutiertȱ wurde.15ȱȱ Inȱ einemȱ zweitenȱ Teilȱ widmetȱ erȱ sichȱ einerȱ detailliertenȱ literariȬ schenȱ Analyseȱ derjenigenȱ biblischenȱ Texte,ȱ dieȱ vonȱ derȱ Bevorzugungȱ desȱjüngerenȱBrudersȱhandelnȱ(bes.ȱS.ȱ84Ȭ110.111Ȭ140),ȱetwaȱderȱJakobȬ EsauȬȱundȱderȱJosephȬErzählung;ȱaberȱauchȱdenȱErzählungenȱvonȱDaȬ vidȱundȱSalomo.ȱInȱderȱDeutungȱderȱVertauschungserzählungenȱbleibtȱ Greenspahnȱsehrȱ allgemeinȱ (S.ȱ141Ȭ160).ȱ Seinerȱ Meinungȱ nachȱ handeltȱ esȱ sichȱ zwarȱ umȱ einȱ komplexesȱ Motiv,ȱ dasȱ dieȱ Beziehungȱ Gottesȱ zuȱ seinemȱ erwähltenȱ Volkȱ beschreibt.ȱ Eineȱ einheitlicheȱ Textpragmatikȱ lasseȱsichȱaberȱdarüberȱhinausȱnichtȱfeststellen.ȱVielmehrȱseiȱdasȱMotivȱ aufgrundȱseinerȱVielzahlȱanȱSinnpotentialen,ȱdieȱinȱdenȱjeweiligenȱKonȬ textenȱ erzeugtȱ werdenȱ können,ȱ dazuȱ geeignet,ȱ dieȱ unterschiedlichstenȱ Erfahrungenȱ vonȱ Benachteiligungenȱ beiȱ gleichzeitigerȱ unerwarteterȱ ZuwendungȱJHWHsȱinȱderȱGeschichteȱIsraelsȱzuȱreflektierenȱ–ȱundȱzwarȱ aufȱderȱvolksgeschichtlichenȱwieȱaufȱderȱreinȱindividuellenȱEbene.ȱVerȬ pflichtetȱ bleibtȱ Greenspahnȱ seinemȱ betontȱ synchronenȱ Ansatzȱ darin,ȱ dassȱ erȱ sichȱ jeglicherȱ Datierungȱ undȱ historischenȱ Situierungȱ derȱ Texteȱ bzw.ȱdesȱMotivsȱenthält.ȱAllerdingsȱspitztȱerȱeinigeȱseinerȱBeobachtunȬ genȱ dahingehendȱ zu,ȱ dassȱ erȱ –ȱ imȱ Unterschiedȱ zuȱHeardȱ undȱ Syrénȱ –ȱ demȱMotivȱkeineȱpolitischeȱDimensionȱattestiert.ȱEsȱsei,ȱsoȱGreenspahn,ȱ geradeȱ auffällig,ȱ dassȱ dieȱ großenȱ Feindeȱ Israels,ȱ dieȱ Ägypter,ȱ Assyrerȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 14ȱȱ GREENSPAHN,ȱWhenȱBrothersȱDwellȱtogether.ȱTheȱPreeminenceȱofȱYoungerȱSiblingsȱ inȱtheȱHebrewȱBible,ȱNewȱYork/Oxfordȱ1994.ȱ 15ȱȱ S.ȱ dazuȱ dieȱ folgendenȱ Ausführungenȱ zuȱ denȱ historischȱ orientiertenȱ Ansätzenȱ (Teilȱ A.2.4).ȱ
2.ȱForschungsstandȱ
11
undȱ Philister,ȱ nichtȱ imȱ Modusȱ derȱ Brudererzählungenȱ eineȱ ZuȬȱ undȱ Unterordnungȱ gegenüberȱ demȱ erwählten,ȱ jüngerenȱ Bruderȱ „Israel“ȱ erfahrenȱ(S.ȱ139ȱu.ö.).ȱFürȱdieȱanderenȱErstgeborenenȱderȱErzählungenȱ gelteȱdaher:ȱȱ „[…]ȱthose,ȱpresentedȱasȱbrothersȱhad,ȱatȱvariousȱtimes,ȱcomeȱunderȱIsraeȬ liteȱ control,ȱ asȱ severalȱ ofȱ theȱ storiesȱ reviewedȱ hereȱ quiteȱ freelyȱ acknowlȬ edge.ȱ Thisȱ seemingȱ paradox,ȱ inȱ whichȱ theȱ fraternalȱ rivalsȱ ofȱ Genesisȱ representȱpeopleȱwhoȱwhereȱonlyȱminimallyȱproblematicȱforȱancientȱIsraelȱ fromȱ aȱ politicalȱ orȱ militaryȱ perspective,ȱ mirrorsȱ ourȱ commonȱ tendencyȱ toȱ focusȱ lessȱ onȱ thoseȱ forcesȱ whichȱ reallyȱ governȱ ourȱ livesȱ thanȱ onȱ thoseȱ whichȱareȱtheȱnearestȱandȱleastȱthreatening.”16ȱ
FolglichȱwerdeȱüberȱdasȱVertauschungsmotivȱkeinȱpolitischerȱLegitimatiȬ onsdruckȱ reflektiert,ȱ inȱ demȱ Sinne,ȱ dassȱ sichȱ Israelȱ gegenüberȱ denȱ esȱ umgebendenȱ Völkernȱ behauptenȱ müsse.ȱ Vielmehrȱ geheȱ esȱ fürȱ Israelȱ umȱeineȱArtȱReflexionȱdesȱeigenenȱHandelns.ȱDieȱ„Völker“ȱkommenȱsoȱ alsȱ diejenigenȱ inȱ denȱ Blick,ȱ anȱ denenȱ sichȱ Israelȱ geradeȱ wegenȱ seinerȱ Sonderrolleȱ positivȱ gegenüberȱ erweisenȱ müsse,ȱ dennȱ auchȱ sieȱ sindȱ „Brüderȱ Israels“.ȱ Greenspahnȱ kannȱ inȱ diesemȱ Zusammenhangȱ aufȱ dieȱ Josepherzählungȱverweisen:ȱȱ „Likeȱ Joseph,ȱ Israelȱ struggledȱ moreȱ withȱ herȱ equalsȱ thanȱ withȱ thoseȱ whoȱ actuallyȱcontrolledȱherȱfate.ȱTheȱfactȱthatȱtheȱotherȱtribesȱareȱportrayedȱasȱ brothersȱ itselfȱ suggestsȱ theȱ ambivalenceȱ ofȱ thisȱ relationship,ȱ whichȱ incorȬ poratesȱ bothȱ closenessȱ andȱ conflict.ȱ Unableȱ toȱ getȱ alongȱ withȱ theȱ siblingsȱ overȱwhomȱsheȱclaimedȱpriority,ȱIsraelȱbehavedȱlikeȱJoseph,ȱexploitingȱpaȬ ternalȱfavoritismȱatȱtheȱexpenseȱofȱfraternalȱharmony.”17ȱȱ
Überȱ dasȱ Vertauschungsmotivȱ übeȱ Israelȱ eineȱ Artȱ Selbstkritikȱ anȱ seiȬ nemȱ eigenenȱ Handeln,ȱ dasȱ demȱ eigenenȱ ethischȬsolidarischenȱ AnȬ spruchȱinȱderȱVölkerweltȱnichtȱgerechtȱzuȱwerdenȱscheint:ȱȱ „Inȱtheȱend,ȱtheȱBible’sȱambivalenceȱtowardsȱJacobȱ(„Israel“)ȱandȱhisȱfamilyȱ isȱthatȱwhichȱIsraelȱfeltȱaboutȱherself.ȱHerȱdeepestȱstruggleȱseemsȱtoȱhaveȱ hadȱlessȱtoȱdoȱwithȱforeignȱstatesȱandȱoutsideȱforcesȱthanȱwithȱsuppressedȱ aspectsȱ ofȱ herȱ ownȱ beingȱ –ȱ orȱ evenȱ thoseȱ sheȱ mostȱ proudlyȱ proclaimed.ȱ Deeplyȱ awareȱ ofȱ herȱ ownȱ shortcomings,ȱ bothȱ historicalȱ andȱ existential,ȱ
ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 16ȱȱ GREENSPAHN,ȱWhenȱBrothersȱDwellȱtogether,ȱ139f.ȱ 17ȱȱ GREENSPAHN,ȱWhenȱBrothersȱDwellȱtogether,ȱ140.ȱ
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TeilȱA:ȱGrundlagenȱ
ȱ Israel’sȱdoctrineȱofȱelectionȱwasȱitselfȱatȱoddsȱwithȱtheȱrealityȱofȱherȱdailyȱ existence.ȱ Onlyȱ eschatologicallyȱ didȱ sheȱ lookȱ forwardȱ toȱ someȱ kindȱ ofȱ reȬ conciliationȱ betweenȱ herȱ historicalȱ experienceȱ andȱ theologicalȱ reality,ȱ herȱ statusȱandȱherȱworth.”18ȱ
Mitȱ dieserȱ innerȬisraelitischen,ȱ unpolitischenȱ Dimensionȱ greiftȱ GreenȬ spahnȱ inȱ seinerȱ Interpretationȱ freilichȱ nurȱ denȱ Aspektȱ derȱ VertauȬ schungenȱ heraus,ȱ dassȱ sichȱ dieȱ jüngerenȱ Brüderȱ oftȱ garȱ nichtȱ selbstȬ ständigȱihrerȱneuen,ȱerwähltenȱRolleȱalsȱwürdigȱerweisenȱkönnenȱ(vgl.ȱ Jakob,ȱ Abrahamȱ undȱ dieȱ JakobȬSöhne),ȱ sondernȱ JHWHȱ hierȱ selbstȱ inȬ tervenierenȱ muss.ȱ Allerdingsȱ istȱ dieȱ Betonungȱ desȱ „scheiternȱ könnenȬ den“ȱErwähltenȱeineȱwichtigeȱFacetteȱderȱErzählungen,ȱdieȱbisherȱnochȱ nichtȱhinreichendȱdeutlichȱformuliertȱwurde.ȱȱ DerȱAufweisȱderȱunterschiedlichenȱAspekteȱderȱVertauschungenȱistȱ sehrȱverdienstvoll,ȱzugleichȱaberȱauchȱeineȱSchwächeȱdieserȱArbeit.ȱDieȱ reineȱBenennungȱderȱKomplexitätȱdesȱMotivsȱdurchȱGreenspahnȱbleibtȱ zuȱ allgemein,ȱ umȱ eineȱ spezifischereȱ Ausdifferenzierungȱ hinsichtlichȱ derȱ Textpragmatikȱ herauszuarbeiten.ȱ Einschlägigȱ istȱ Greenspahnsȱ ArȬ beitȱaberȱinȱjedemȱFallȱdankȱderȱumfangreichenȱAufarbeitungȱderȱForȬ schungsliteratur.ȱ Seineȱ Studieȱ stelltȱ denȱ Statusȱ quoȱ derȱ neuerenȱ ForȬ schungȱdar,ȱhinterȱdenȱnichtȱmehrȱzurückgegangenȱwerdenȱkann.ȱ
2.4ȱHistorischȱorientierteȱAnsätzeȱ Nebenȱ denȱ besprochenenȱ Monographienȱ gibtȱ esȱ Einzelbeiträge,ȱ dieȱ unterschiedlicheȱ Erklärungsmodelleȱ mitȱ psychologischen,ȱ ethischen,ȱ historischenȱ undȱ sozioȬökonomischenȱ Ansätzenȱ vorstellen.19ȱ Derȱ SchwerpunktȱdieserȱAnsätzeȱliegtȱaufȱderȱhistorischenȱRückfrageȱnachȱ derȱRolleȱdesȱErstgeburtsrechtsȱfürȱdasȱhistorischeȱIsraelȱinȱbestimmtenȱ StadienȱseinerȱEntstehungȱsowieȱaufȱdemȱVergleichȱderȱbiblischenȱPraȬ xisȱ mitȱ derȱ altorientalischenȱ Umwelt.ȱ Zweiȱ forschungsgeschichtlichȱ wirkmächtigeȱModelleȱseienȱhierȱskizziert:ȱȱ NachȱJacobsȱ(1888)20ȱreflektierenȱdieȱVertauschungserzählungenȱeinȱ Faktum,ȱ dasȱ imȱ Allgemeinenȱ mitȱ demȱ Ausdruckȱ „Ultimogenitur“ȱ beȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 18ȱȱ GREENSPAHN,ȱWhenȱBrothersȱDwellȱtogether,ȱ140.ȱ 19ȱȱ Fürȱ eineȱ ersteȱ Übersichtȱ vgl.ȱ dieȱ Zusammenstellungȱ derȱ Modelleȱ beiȱ FOX,ȱ Youngerȱ Brother,ȱ 45Ȭ68;ȱ GREENSPAHN,ȱ Whenȱ Brothersȱ Dwellȱ together,ȱ 142Ȭ151ȱ undȱ HIEKE,ȱ Genealogien,ȱ39f.ȱȱ 20ȱȱ JACOBS,ȱ JuniorȬRightȱinȱGenesis,ȱArchaeologicalȱReviewȱ1ȱ(1888),ȱ331Ȭ342ȱ(Neudruckȱ in:ȱJACOBS,ȱStudiesȱinȱBiblicalȱArchaeology,ȱLondonȱ1894,ȱ46Ȭ63).ȱȱ
2.ȱForschungsstandȱ
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zeichnetȱ wird,ȱ d.h.ȱ derȱ erblichenȱ Bevorzugungȱ desȱ Letztgeborenenȱ anstelleȱ desȱ Erstgeborenenȱ („Primogenitur“).ȱ Nachȱ Jacobsȱ reflektierenȱ dieȱGenesiserzählungenȱ„aȱsystemȱofȱsuccessionȱcorrespondingȱtoȱ‚BoȬ roughȱ English‘,ȱ byȱ whichȱ theȱ youngestȱ sonȱ succeededȱ toȱ hisȱ father’sȱ flocksȱandȱproperty,ȱtheȱelderȱonesȱhavingȱprobablyȱprovidedȱforȱthemȬ selvesȱ beforeȱ theirȱ father’sȱ decease.”21ȱ Dieȱ Primogeniturȱ seiȱ erstȱ eineȱ spätereȱEntwicklung,ȱdieȱvorȱallemȱdieȱPriesterschaftȱdurchsetzenȱwollȬ te.22ȱ Dieseȱ priesterlichenȱ Kreiseȱ hättenȱ auchȱ dieȱ VertauschungserzähȬ lungenȱ inȱ denȱ Pentateuchȱ eingetragen,ȱ umȱ darüberȱ zuȱ erklären,ȱ woȱ dieseȱ „ancientȱ irregularity”23,ȱ gemeintȱ istȱ dieȱ Ultimogenitur,ȱ ihreȱ UrȬ sprüngeȱhabe.ȱZeitlichȱseiȱdieserȱTraditionswechselȱzumȱÜbergangȱvonȱ einerȱvorȬmonarchischenȱGesellschaftȱzuȱeinemȱmonarchischenȱStaatȱzuȱ verorten.24ȱȱ Imȱ Anschlussȱ anȱ dieȱ Theseȱ Jacobsȱ wollenȱ Henningerȱ (1968)25ȱ undȱ Frazerȱ (1919)26ȱ weitereȱ Anzeichenȱ einerȱ ursprünglichenȱ Ultimogeniturȱ inȱ Israelȱ gefundenȱ haben.ȱ Ausȱ demȱ Material,ȱ dasȱ Henningerȱ inȱ seinerȱ Studieȱ zumȱ „Erstgeburtsrechtȱ beiȱ denȱ Semiten“ȱ beschreibt,ȱ folgertȱ er,ȱ dassȱ mitȱ ziemlicherȱ Sicherheitȱ ausȱ denȱ Quellenȱ hervorgehe,ȱ dassȱ dieȱ vorislamischenȱ Araberȱ eineȱ Bevorzugungȱ desȱ erstgeborenenȱ Sohnes,ȱ zumindestȱ erbrechtlich,ȱ nichtȱ gekanntȱ haben.27ȱ Abweichungenȱ vonȱ dieserȱNormȱ(derȱUltimogenitur!)ȱseienȱerstȱinȱspätererȱZeitȱfürȱPalästiȬ naȱ undȱ Transjordanienȱ gelegentlichȱ registriertȱ worden.28ȱ Henningerȱ erwägtȱ daherȱ dieȱ Möglichkeit,ȱ „daßȱ sichȱ dasȱ Erstgeburtsrechtȱ [scl.ȱ beiȱ denȱSemiten]ȱinȱeinerȱKulturȱderȱHalbnomadenȱgebildetȱhat.“29ȱJedochȱ lässtȱ erȱ sichȱ beiȱ derȱ Begründungȱ dieserȱ Theseȱ imȱ Wesentlichenȱ vonȱ allgemeingeschichtlichenȱ Gesichtspunktenȱ leiten.ȱ Frazerȱ sichtetȱ undȱ analysiertȱ dieȱ biblischenȱ Geschichten30ȱ undȱ diejenigenȱ Quellen,ȱ dieȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 21ȱȱ JACOBS,ȱJuniorȬRightȱinȱGenesis,ȱ60.ȱ 22ȱȱ Dazuȱ JABOBS:ȱ „thisȱ ruleȱ (scl.ȱ theȱ primogeniture)ȱ hadȱ theȱ supportȱ ofȱ theȱ priesthood,ȱ whoȱ dependedȱ forȱ theirȱ maintenanceȱ onȱ theȱ sanctityȱ ofȱ theȱ firstborn.”ȱ (JACOBS,ȱ JuȬ niorȬRightȱinȱGenesis,ȱ60).ȱ 23ȱȱ JACOBS,ȱJuniorȬRightȱinȱGenesis,ȱ61.ȱ 24ȱȱ S.ȱdazuȱdieȱergänzendenȱLiteraturhinweiseȱbeiȱFOX,ȱYoungerȱBrother,ȱ54f.ȱ 25ȱȱ HENNINGER,ȱ Zumȱ Erstgeburtsrechtȱ beiȱ denȱ Semiten.ȱ In:ȱ GRÄFȱ (Hg.),ȱ Festschriftȱ W.ȱ Caskel,ȱLeidenȱ1968,ȱ162Ȭ183.ȱ 26ȱȱ FRAZER,ȱFolkȬLoreȱinȱtheȱOldȱTestament:ȱDreiȱBände;ȱbes.ȱBd.ȱ1:ȱ„PartȱII:ȱTheȱPatriarȬ chalȱAge”ȱ(391Ȭ569)ȱundȱ„ChapterȱII:ȱTheȱHeirshipȱofȱJacobȱorȱUltimogeniture”ȱ(429Ȭ 566).ȱȱ 27ȱȱ Vgl.ȱHENNINGER,ȱZumȱErstgeburtsrechtȱbeiȱdenȱSemiten,ȱ162Ȭ183.ȱ 28ȱȱ S.ȱdazuȱauchȱTSEVAT,ȱArt.ȱrAkB.,ȱ645f.ȱ 29ȱȱ HENNINGER,ȱZumȱErstgeburtsrechtȱbeiȱdenȱSemiten,ȱ182.ȱ 30ȱȱ Vgl.ȱ„Theȱtracesȱofȱjuniorȱbirthrightȱorȱultimogenitureȱinȱpatriarchalȱhistory“ȱ(S.ȱ431Ȭ 433):ȱ Besprechungȱ vonȱ Jakob,ȱ Isaak,ȱ Joseph,ȱ Ephraimȱ undȱ Manasse.ȱ S.ȱ ebenso:ȱ
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TeilȱA:ȱGrundlagenȱ
ȱ seinerȱ Meinungȱ nachȱ fürȱ eineȱ „Ultimogenitur“ȱ inȱ derȱ „Umwelt“ȱ spreȬ chenȱ(S.ȱ433Ȭ439.442Ȭ567):ȱetwaȱausȱEuropaȱ(S.ȱ433Ȭ439),ȱSüdȬOstȬAsienȱ (S.ȱ442Ȭ473),ȱNordȬOstȬAsienȱ(S.ȱ473Ȭ476)ȱundȱAfrikaȱ(S.ȱ473Ȭ481).ȱHinzuȱ kommtȱ eineȱ Besprechungȱ derȱ Ultimogeniturȱ imȱ Verhältnisȱ zurȱ iusȱ primaeȱnoctisȱinȱverschiedenenȱKulturenȱ(S.ȱ481Ȭ534).ȱNachȱFrazerȱerhärȬ teȱ sichȱ dieȱ Annahmeȱ einerȱ ursprünglichenȱ Ultimogenitur,ȱ wennȱ manȱ sichȱ dieȱ Belegeȱ ausȱ derȱ Umweltȱ ansehe.ȱ Erȱ siehtȱ seineȱ Theseȱ derȱ Ultimogeniturȱsogarȱdurchȱdasȱ(allerdingsȱbeiȱihmȱfreilichȱnichtȱausreiȬ chendȱ belegte)ȱ Kinderopferȱ inȱ Israelȱ undȱ seinerȱ Umweltȱ bestätigt:ȱ Dieȱ Erstgeborenenȱkönnenȱgeopfertȱwerden,ȱdaȱdieȱBevorzugungȱdesȱzweiȬ tenȱSohnesȱvorherrscheȱ(S.ȱ562Ȭ564):ȱȱ „[…]ȱitȱmayȱnotȱbeȱirrelevantȱtoȱremarkȱonȱtheȱcoincidenceȱinȱancientȱIsraelȱ ofȱ tracesȱ ofȱ ultimogenitureȱ withȱ almostȱ indubitableȱ tracesȱ ofȱ aȱ systematicȱ practiceȱofȱputtingȱfirstbornȱchildrenȱtoȱdeath.“31ȱȱ
Dieseȱ Deutungȱ konnteȱ sichȱ letztlichȱ nichtȱ durchsetzen.ȱ Dieȱ BeantworȬ tungȱ derȱ Frageȱ nachȱ einemȱ möglicherweiseȱ praktiziertenȱ Kinderopferȱ inȱIsraelȱoderȱseinerȱUmweltȱistȱheuteȱmitȱäußersterȱVorsichtȱzuȱbehanȬ deln.ȱ Dieȱ Quellenlageȱ sprichtȱ beiȱ weitemȱ nichtȱ soȱ eindeutigȱ vonȱ einerȱ solchenȱPraxis,ȱwieȱbisherȱangenommenȱwurde.32ȱGeradeȱGenȱ22ȱwurdeȱ langeȱalsȱExempelȱfürȱKinderopferȱimȱTeNaKȱangeführt,ȱfolgtȱmanȱderȱ religionsgeschichtlichenȱ Deutungȱ inȱ Gunkelsȱ Genesiskommentar.ȱ Esȱ gibtȱ wenigȱ Resultateȱ derȱ kritischenȱ Bibelexegese,ȱ dieȱ soȱ erfolgreichȱ rezipiertȱ wordenȱ sind,ȱ wieȱ dieȱ religionsgeschichtlicheȱ „Rettung“ȱ vonȱ Genȱ22.ȱAllerdingsȱkannȱderȱTextȱheuteȱnichtȱmehrȱalsȱBelegȱeinerȱsolȬ chenȱ Praxisȱ angesehenȱ werden.ȱ Soȱ attraktivȱ dieȱ Deutungȱ zunächstȱ erȬ schien,ȱ soȱ unhaltbarȱ wurdeȱ sieȱ doch,ȱ wieȱ mittlerweileȱ weithinȱ zugeȬ standenȱ wird.33ȱ Dieȱ Quellenbasisȱ fürȱ dasȱ Erstgeburtsrechtȱ hatȱ sichȱ bisȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ „TracesȱofȱultimogenitureȱinȱtheȱhistoryȱofȱDavid“ȱ(S.ȱ433):ȱPerezȱ(Genȱ38);ȱDavidȱalsȱ jüngsterȱ Sohnȱ Isais;ȱ Davidȱ selbstȱ präferiertȱ Salomo,ȱ nichtȱ Adonija.ȱ Seinȱ Ergebnis:ȱ „AllȱtheseȱfactsȱtakenȱtogetherȱmayȱbeȱheldȱtoȱraiseȱaȱpresumptionȱthatȱinȱIsraelȱtheȱ customȱofȱprimogenitureȱ[…]ȱhadȱbeenȱprecededȱbyȱanȱolderȱcustomȱofȱultimogeniȬ tureȱ […].“ȱ (S.ȱ 433).ȱ Ähnlichȱ TSEVAT,ȱ Art. rAkB.,ȱ 649:ȱ „Esȱ istȱ nichtȱ unwahrscheinlich,ȱ daßȱdieȱPatriarchenerzählungenȱeineȱZeitȱbeschreibenȱwollen,ȱinȱderȱderȱErstgeboreȬ neȱsichȱ(oft)ȱkeinerȱSonderstellungȱerfreute.“ȱ 31ȱȱ FRAZER,ȱFolkȬLoreȱinȱtheȱOldȱTestament,ȱVl.ȱ1,ȱ563.ȱ 32ȱȱ SehrȱkritischȱsolchenȱThesenȱgegenüberȱistȱbes.ȱGREENSPAHN,ȱWhenȱBrothersȱDwellȱ together,ȱ 30Ȭ36ȱ (mitȱ weiterführenderȱ Literatur);ȱ s.ȱ nochȱ EBACH/RÜTERSWÖRDEN,ȱ ADRMLK,ȱ„Moloch“ȱundȱBA’ALȱADR,ȱ219Ȭ226.ȱ 33ȱȱ Vgl.ȱetwaȱZIMMERLI,ȱ 1.ȱMoseȱ12Ȭ25,ȱ110ȱu.ȱSCHMID,ȱDieȱRückgabeȱderȱVerheißungsȬ gabe,ȱ 275f.ȱ Dieȱ Hauptkritikpunkteȱ sind,ȱ dassȱ nirgendsȱ auchȱ nurȱ dieȱ leisesteȱ Kritikȱ amȱKinderopferȱdurchschimmertȱundȱweiterhinȱdieȱErzählungȱnichtȱaufȱdieȱEinrichȬ tungȱeinesȱErsatzopfersȱhinausläuft,ȱsondernȱdiesesȱbereitsȱalsȱgeläufigȱvoraussetzt.ȱ Selbstȱwennȱesȱreligionsgeschichtlichȱrichtigȱwäre,ȱsoȱwürdeȱsieȱdochȱnurȱdieȱVorgeȬ
2.ȱForschungsstandȱ
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heuteȱ dahingehendȱ erweitert,ȱ dassȱ dessenȱ Gültigkeitȱ fürȱ denȱ antikenȱ Orientȱ allgemeinȱ (mitȱ gewissenȱ Einschränkungen34)ȱ anerkanntȱ wird.35ȱ FürȱdieȱSitteȱeinerȱfrüheren,ȱallgemeinȱakzeptiertenȱUltimogeniturȱgibtȱ esȱpraktischȱkeineȱQuellenbasis.36ȱȱ Deȱ Vauxȱ (1978)37ȱ beschrittȱ inȱ seinerȱ Untersuchungȱ einenȱ anderenȱ Weg,ȱ umȱ dieȱ historischeȱ Plausibilitätȱ derȱ Bevorzugungȱ desȱ jüngerenȱ Brudersȱ zuȱ erklären.ȱ Erȱ nahmȱ an,ȱ dassȱ dieȱ Erzählungenȱ eineȱ Periodeȱ derȱ Geschichteȱ Israelsȱ reflektieren,ȱ inȱ derȱ dasȱ Erstgeburtsrechtȱ nochȱ nichtȱ vonȱ derȱ chronologischenȱ Prioritätȱ abhing,ȱ sondernȱ mehrȱ vomȱ „paternalȱ degree.“38ȱ Dieȱ Patriarchenzeitȱ basiereȱ aufȱ derȱ Anerkennungȱ undȱ Durchführungȱ derȱ patriaȱ potestas,ȱ soȱ dassȱ derȱ paterȱ familiasȱ auchȱ denȱlegitimenȱErbenȱselbstȱbestimmenȱkonnte.ȱErȱwarȱinȱkeinsterȱWeiseȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ
34ȱȱ
35ȱȱ
36ȱȱ 37ȱȱ 38ȱȱ
schichteȱderȱjetzigenȱErzählungȱbetreffen.ȱ„DerȱSinnȱderȱErzählungȱwirdȱhinterȱdemȱ TextȱinȱderȱReligionsgeschichteȱgesucht,ȱundȱderȱsoȱgefundeneȱSinnȱwirdȱdannȱzurȱ eigentlichenȱ Botschaftȱ desȱ Textesȱ hochstilisiert.“ȱ (VEIJOLA,ȱ Dasȱ Opferȱ Abrahams,ȱ 157).ȱ VANȱ SETERSȱhatȱaufȱderȱBasisȱakkadischerȱundȱugaritischerȱTexteȱangenommen,ȱdassȱ dieȱPrimogeniturȱbeiȱweitemȱnichtȱsoȱgebräuchlichȱsei,ȱwieȱallgemeinȱangenommenȱ (vgl.ȱ VANȱ SETERS,ȱ Abraham,ȱ 88Ȭ95),ȱ vielmehrȱ liegeȱ einȱ vielȱ flexibleresȱ Systemȱ desȱ Erbrechtesȱvor.ȱDazuȱjetztȱwiederȱKNOPPERS,ȱTheȱPreferentialȱStatus,ȱ116Ȭ121.ȱ„AȱfaȬ vouredȱ placeȱ forȱ theȱ firstbornȱ is,ȱ byȱ noȱ means,ȱ anȱ universalȱ customȱ inȱ theȱ ancientȱ NearȱEasternȱworld.ȱThereȱareȱclearȱexceptions.”ȱ(KNOPPERS,ȱTheȱPreferentialȱStatus,ȱ 117).ȱȱ Eineȱ zusammenfassendeȱ Studieȱ fürȱ dasȱ Erstgeburtsrechtȱ inȱ Mesopotamienȱ fehltȱ bisher.ȱ Dieȱ Arbeitenȱ vonȱ KLÍMA,ȱ Untersuchungenȱ zumȱ altbabylonischenȱ Erbrecht,ȱ bes.ȱ15Ȭ33ȱundȱKRAUS,ȱ VomȱaltmesopotamischenȱErbrecht,ȱ1Ȭ13,ȱdieȱaufȱdieȱaltbabyȬ lonischenȱ Verhältnisseȱ beschränktȱ sind,ȱ sindȱ dieȱ wichtigstenȱ Beiträgeȱ (S.ȱ nochȱ dieȱ kritischeȱ Sichtungȱ desȱ disparatenȱ Quellenbefundesȱ beiȱ DAVIES,ȱ Theȱ Inheritanceȱ ofȱ theȱFirstborn,ȱ175Ȭ191;ȱGREENSPAHN,ȱWhenȱBrothersȱDwellȱtogether,ȱ9Ȭ29.30Ȭ83;ȱFOX,ȱ Youngerȱ Brother,ȱ 47Ȭ49).ȱ Einȱ demȱ hebräischenȱ Terminusȱ „Erstgeborener“ȱ entspreȬ chendesȱWortȱgibtȱesȱnicht.ȱEinȱeinheitlichesȱRechtȱexistiertȱebenfallsȱnicht.ȱDieȱbabyȬ lonischenȱ Gesetzessammlungenȱ enthaltenȱ keineȱ einschlägigenȱ Bestimmungen,ȱ obȬ wohlȱ sichȱ imȱ Kodexȱ Hamurapisȱ dazuȱ reichlichȱ Gelegenheitȱ gebotenȱ hätte.ȱ Jedochȱ gehtȱausȱprivatrechtlichenȱUrkundenȱhervor,ȱdassȱ–ȱaufsȱGanzeȱgesehen,ȱinȱaltbabyȬ lonischerȱZeitȱderȱerstgeboreneȱSohnȱinȱSüdȬȱundȱMittelbabylonienȱsichȱinȱErbsachenȱ gewisserȱSonderrechteȱerfreute,ȱinȱNordbabylonienȱdagegenȱnichtȱ(vgl.ȱetwaȱTSEVAT,ȱ Art. rAkB.,ȱ 645f.).ȱ Dazuȱ DAVIES:ȱ „Itȱ isȱ clearȱ […]ȱ thatȱ theȱ rightȱ ofȱ theȱ firstbornȱ wasȱ aȱ principleȱwhichȱwasȱwidelyȱrecognizedȱinȱtheȱancientȱNearȱEastȱfromȱtheȱbeginningȱ ofȱtheȱsecondȱmillenniumȱBCEȱonwards.“ȱ(DAVIES,ȱTheȱInheritanceȱofȱtheȱFirstborn,ȱ 191).ȱ Zurȱ Kritikȱ sieheȱ außerdemȱ DAVIES,ȱ Theȱ Inheritanceȱ ofȱ theȱ Firstborn,ȱ 177ȱ undȱ GOLȬ DIN,ȱTheȱYoungestȱSon,ȱ35.ȱȱ DEȱVAUX,ȱTheȱEarlyȱHistoryȱofȱIsrael,ȱ2ȱBde.,ȱLondonȱ1978.ȱ Vgl.ȱ dazuȱ DEȱ VAUX,ȱ Theȱ Earlyȱ Historyȱ ofȱ Israel,ȱ 235.250.ȱ Zuȱ dieserȱ Theseȱ s.ȱ auchȱ DAVIES,ȱTheȱInheritanceȱofȱtheȱFirstborn,ȱ177f.ȱ
16ȱ
TeilȱA:ȱGrundlagenȱ
ȱ anȱ denȱ Präferenzstatusȱ desȱ ältestenȱ Sohnesȱ gebunden.39ȱ Zurȱ FundieȬ rungȱ dieserȱ Argumentationȱ wirdȱ Dtnȱ 21,15Ȭ17ȱ herangezogen.ȱ Einȱ GeȬ setzȱmacheȱnurȱdannȱSinn,ȱwennȱinȱderȱRealitätȱeineȱandereȱPraxisȱvollȬ zogenȱ wurde,ȱ alsȱ dasȱ Gesetzȱ regelnȱ will.ȱ Wennȱ alsoȱ Dtnȱ 21,15Ȭ17ȱ ausdrücklichȱ verbietet,ȱ denȱ Erstgeborenenȱ zuȱ ersetzen,ȱ soȱ solleȱ darinȱ eineȱfrühereȱSituationȱreflektiertȱsein,ȱinȱderȱderȱVaterȱdieȱMöglichkeitȱ derȱ freienȱ Wahlȱ desȱ „Erstgeborenen“ȱ gehabtȱ habe.ȱ Ähnlichesȱ folgertȱ auchȱFalkȱausȱDtnȱ21:ȱ„perhapsȱtheȱfirstȱlimitationȱonȱanȱAncientȱfreeȬ domȱ ofȱ disposition,ȱ obligingȱ theȱ fatherȱ toȱ respectȱ theȱ rightȱ ofȱ hisȱ firstbornȱbyȱgivingȱhimȱaȱdoubleȱportion.“40ȱDieseȱLösungȱerweistȱsichȱ jedochȱ alsȱ wenigȱ plausibel,ȱ daȱ dieȱ biblischenȱ Texteȱ nirgendwoȱ eineȱ solcheȱ Praxisȱ voraussetzen.ȱ Vielmehrȱ beruhtȱ dieseȱ Theorieȱ aufȱ einerȱ einseitigenȱAuslegungȱderȱbiblischenȱTexte:41ȱZwarȱgabȱAbrahamȱdemȱ zweitgeborenenȱ Isaakȱ denȱ Vorzug,ȱ obwohlȱ erȱ mitȱ Ismaelȱ zufriedenȱ war.ȱVielmehrȱwarȱesȱdieȱDynamikȱderȱGottȬMenschȬBeziehung,ȱdieȱabȱ Genȱ 15ȱ dasȱ Handelnȱ derȱ Erzelternȱ Abrahamȱ undȱ Saraȱ bestimmte,ȱ soȱ dassȱ sieȱ zurȱ endgültigenȱ Annahmeȱ Isaaksȱ alsȱ Sohnȱ Abrahamsȱ führteȱ (Genȱ 21,1Ȭ7;ȱ 22).ȱ Auchȱ könnenȱ Esauȱ undȱ Jakobȱ kaumȱ alsȱ Begründungȱ dieserȱ Sitteȱ angeführtȱ werdenȱ (Genȱ 27),ȱ dennȱ dieȱ Erzählungȱ gewinntȱ ihrȱtreibendesȱMomentȱdadurch,ȱdassȱderȱVaterȱIsaakȱgeradeȱnichtȱdenȱ falschenȱ Sohnȱ segnenȱ will.ȱ Mithinȱ dientȱ auchȱ derȱ Verweisȱ aufȱ dieȱ beȬ wussteȱVoranstellungȱEphraimsȱvorȱManasseȱdurchȱJakobȱselbstȱinȱGenȱ 48ȱ nichtȱ alsȱ hinreichendeȱ Begründungȱ dieserȱ These,ȱ dennȱ inȱ Genȱ 48ȱ läuftȱ schonȱ aufȱ derȱ Erzählebeneȱ dieȱ vergleichbareȱ Situationȱ –ȱ unterȱ umgekehrtenȱVorzeichenȱ–ȱinȱGenȱ27ȱmit.ȱ
2.5ȱSynchroneȱAnsätzeȱ Vonȱ denȱ synchronȱ orientiertenȱ Ansätzenȱ istȱ dieȱ Studieȱ Kaminskysȱ (2007)42ȱ zuȱ erwähnen.ȱ Innerhalbȱ seinerȱ Untersuchungȱ zuȱ ErwählungsȬ vorstellungenȱ imȱ Altenȱ wieȱ imȱ Neuenȱ Testamentȱ behandeltȱ erȱ auchȱ einigeȱ Vertauschungserzählungenȱ derȱ Genesis.ȱ Erȱ konzentriertȱ sichȱ dabeiȱ aufȱ Kainȱ undȱ Abelȱ (S.ȱ 19Ȭ28),ȱ Ismaelȱ undȱ Isaakȱ (S.ȱ 29Ȭ42),ȱ Jakobȱ undȱ Esauȱ (S.ȱ 43Ȭ58)ȱ undȱ Josephȱ undȱ seineȱ Brüderȱ (S.ȱ 59Ȭ80).ȱ Überȱ dieȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 39ȱȱ Vgl.ȱ FALK,ȱ Testateȱ Successionȱ inȱ Jewishȱ Law,ȱ 72f;ȱ NEUFELD,ȱ Ancientȱ Hebrewȱ MarȬ riageȱLaw,ȱ261f.ȱ 40ȱȱ Vgl.ȱFALK,ȱTestateȱSuccessionȱinȱJewishȱLaw,ȱ76.ȱȱ 41ȱȱ S.ȱDAVIES,ȱTheȱInheritanceȱofȱtheȱFirstborn,ȱ178.ȱ 42ȱȱ KAMINSKY,ȱ YetȱIȱLovedȱJacob.ȱReclaimingȱtheȱBiblicalȱConceptȱofȱElection,ȱNashvilleȱ 2007.ȱ
2.ȱForschungsstandȱ
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AuswahlkriterienȱderȱBesprechungȱgenauȱdieserȱVertauschungenȱgibtȱerȱ jedochȱ keineȱ Auskunft;ȱ erȱ strebtȱ dennochȱ eineȱ vollständigeȱ Erfassungȱ desȱ Motivsȱ an.43ȱ Dieȱ konsequentȱ literarischeȱ Auswertungȱ derȱ Texteȱ führtȱzuȱderȱrechtȱknappenȱundȱleiderȱrechtȱunspezifischenȱSchlussfolȬ gerung,ȱdasȱMotivȱseiȱ„connectedȱtoȱIsrael’sȱsenseȱofȱherȱlateȬbornȱstaȬ tus“44ȱunterȱdenȱanderenȱVölkern.ȱProblematischȱscheintȱhier,ȱdassȱgeȬ radeȱ inȱ derȱ Josephsgeschichte,ȱ aufȱ dieȱ Kaminskyȱ hauptsächlichȱ seineȱ Theseȱ stützt,ȱ geradeȱ nichtȱ dasȱ Verhältnisȱ Israelsȱ zuȱ denȱ anderenȱ VölȬ kernȱthematisiertȱwird,ȱsondernȱeineȱinnerȬisraelitischeȱAusdifferenzieȬ rung.45ȱ Entsprechendȱ derȱ literarischenȱ Ausrichtungȱ seinerȱ UntersuȬ chungȱ verzichtetȱ Kaminskyȱ völligȱ aufȱ eineȱ historischeȱ Situierungȱ desȱ Motivs.ȱLetztlichȱistȱfürȱihnȱvorȱallemȱderȱtheologischeȱAspektȱwichtig,ȱ nämlichȱdassȱȱ „inȱaȱnumberȱofȱthemȱ(scl.ȱtheseȱstories)ȱtheȱyoungerȱsiblingȱwhoȱeventualȬ lyȱ triumphsȱ isȱ portrayedȱ asȱ aȱ character,ȱ whoȱ […]ȱ isȱ seriouslyȱ flawed.ȱ […]ȱ Theȱ emphasisȱ ofȱ theseȱ storiesȱ onȱ theȱ upsettingȱ ofȱ humanȱ expectationsȱ byȱ notingȱ god’sȱ mysteriousȱ electionȱ ofȱ theȱ youngestȱ child,ȱ evenȱ whenȱ heȱ isȱ flawed,ȱ mustȱ certainlyȱ reflectȱ aȱ deepȬseatedȱ Israeliteȱ perceptionȱ thatȱ theirȱ nationȱ isȱ blessed,ȱ butȱ hasȱ notȱ earnedȱ thisȱ blessednessȱ primarilyȱ throughȱ merit.“46ȱ
DamitȱrücktȱKaminskyȱdieȱgöttlicheȱSouveränitätȱbeiȱderȱ„Erwählung”ȱ inȱ denȱ Vordergrund:ȱ Israel,ȱ symbolisiertȱ inȱ denȱ „jüngerenȱ Brüdern“,ȱ derȱ durchȱ Gottȱ zumȱ Erstlingȱ ernanntȱ wird,ȱ habeȱ diesȱ nichtȱ sichȱ selbstȱ zuȱverdanken.ȱVielmehrȱzeigeȱsichȱgeradeȱinȱderȱErzählungȱvonȱJakobsȱ Segensbetrugȱ (Genȱ 27),ȱ dassȱ sieȱ desȱ Segensȱ eigentlichȱ nichtȱ würdigȱ seien.ȱDassȱsieȱdennochȱzuȱdenȱerwähltenȱJHWHsȱgehörten,ȱseiȱaufȱeineȱ nichtȱnachvollziehbareȱErwählungȱdurchȱJHWHȱzurückzuführen.ȱDesȬ senȱseiȱsichȱIsraelȱimmerȱbewusstȱgewesen.ȱȱ Andereȱ synchronȱ vorgehendeȱ Untersuchungenȱ beschränkenȱ sichȱ häufigȱ nurȱ aufȱ Teilaspekteȱ derȱ Vertauschungen.ȱ Soȱ kommtȱ beispielsȬ weiseȱ Millardȱ inȱ seinerȱ umfangreichenȱ Monographieȱ zurȱ Genesisȱ alsȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 43ȱȱ Vgl.ȱKAMINSKY,ȱ YetȱIȱLovedȱJacob,ȱ15Ȭ18.ȱAufgrundȱseinerȱBeschreibungȱdesȱVertauȬ schungsmotivesȱ müsstenȱ grundsätzlichȱ alleȱ anderenȱ Genesiserzählungen,ȱ dieȱ auchȱ inȱ dieserȱ Untersuchungȱ behandeltȱ werdenȱ sollen,ȱ beiȱ KAMINSKYȱ nochȱ mitȱ besproȬ chenȱwerden.ȱȱ 44ȱȱ KAMINSKY,ȱ YetȱIȱLovedȱJacob,ȱ77.ȱÄhnlichȱdasȱErgebnisȱvonȱFOX:ȱ„Theȱreaderȱofȱtheȱ biblicalȱ textȱ isȱ leftȱ withȱ theȱ portraitȱ ofȱ anȱ Israelȱ helplessȱ inȱ theȱ faceȱ ofȱ theȱ worldȱ events.”ȱ(FOX,ȱYoungerȱBrother,ȱ63).ȱ 45ȱȱ InȱGenȱ35ȱwirdȱ„Israel“ȱinȱseinenȱzwölfȱSöhnenȱzumȱerstenȱMalȱvollständigȱgenannt.ȱ AbȱGenȱ37,1ȱgehtȱesȱinȱderȱJosephsgeschichteȱumȱeineȱbinnenisraelitischeȱAusdiffeȬ renzierung.ȱDerȱKonfliktȱumȱdasȱErstgeburtsrechtȱfindetȱinnerhalbȱIsraelsȱstatt.ȱȱ 46ȱȱ KAMINSKY,ȱYetȱIȱLovedȱJacob,ȱ77.ȱ
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TeilȱA:ȱGrundlagenȱ
ȱ EröffnungȱderȱToraȱauchȱaufȱdieȱThematikȱderȱVertauschungenȱzuȱspreȬ chen:ȱ „Bereitsȱ aufȱ derȱ biblischenȱ Ebeneȱ derȱ Genesisȱ konstituiertȱ derȱ ersteȱ BruȬ dermordȱ auchȱ eineȱ Menschheitsethikȱ alsȱ Geschwisterethik.ȱ Einenȱ deutliȬ chenȱHinweisȱaufȱeineȱsolcheȱMenschheitsethikȱalsȱGeschwisterethikȱfindetȱ sichȱimȱKontextȱderȱpriesterlichenȱLiteraturȱinȱGenȱ9,5f.“47ȱȱ
Unterȱ derȱ qualifizierendenȱ Überschriftȱ derȱ „Bruderkonflikte“ȱ schließtȱ sichȱbeiȱMillardȱeineȱBesprechungȱderȱ„Konflikterzählungen“ȱumȱKainȱ undȱAbelȱalsȱethischemȱGrundtyposȱundȱdessenȱexemplarischerȱAusgeȬ staltungȱbeiȱAbrahamȱundȱLot,ȱIsmaelȱundȱIsaak,ȱJakobȱundȱEsauȱundȱ JosephȱundȱseineȱBrüderȱan.ȱDieseȱaufȱdenȱethischenȱAspektȱreduzierteȱ DeutungȱistȱinȱneuererȱZeitȱbreitȱrezipiertȱworden.48ȱNichtȱaufȱdieȱVerȬ tauschungenȱkommeȱesȱentsprechendȱinȱdenȱbiblischenȱTextenȱan,ȱsonȬ dernȱaufȱdieȱanthropologischeȱGrundeinsicht,ȱdassȱderȱMenschȱimȱUmȬ gangȱmitȱseinemȱMitmenschenȱzuȱKonfliktenȱneigeȱundȱsichȱdadurchȱinȱ Schuldȱverstrickenȱkönne.ȱManȱkannȱdieȱTexteȱfreilichȱinȱdiesemȱHoriȬ zontȱ lesen,ȱ dochȱ erscheintȱ esȱ m.E.ȱalsȱ problematisch,ȱ wennȱ einȱ EinzelȬ aspekt,ȱ inȱ diesemȱ Fallȱ dieȱ „Konflikte“,ȱ ausȱ einemȱ komplexenȱ literariȬ schenȱ Zusammenhangȱ einerȱ Erzählungȱ abstrahiertȱ undȱ dieseȱ AbȬ straktionȱdannȱaufȱweitereȱTexteȱmitȱübertragenȱwird.ȱAufgrundȱderȱzuȱ großenȱVerallgemeinerungstendenzȱkannȱmanȱdieȱTexteȱdannȱnurȱnochȱ imȱ Blickȱ aufȱ eineȱ übergreifendeȱ Menschheitsethikȱ oderȱ Anthropologieȱ auslegen.ȱDieȱkonkreteȱliterarischeȱDarstellungȱbzw.ȱdieȱunterschiedliȬ chenȱ literarischenȱ Formen,ȱ inȱ derȱ dieserȱ Aspektȱ textlichȱ verarbeitetȱ wird,ȱ scheinenȱ hierȱ wenigȱ inȱ denȱ Blickȱ zuȱ kommen.ȱ Diesȱ giltȱ auchȱ inȱ theologischerȱ Hinsicht:ȱ Grundsätzlichȱ wirdȱ inȱ derȱ Genesisȱ nieȱ allgeȬ mein,ȱd.h.ȱlosgelöstȱvonȱJHWHsȱVerhältnisȱzuȱIsrael,ȱvonȱeinerȱmenschȬ lichenȱEthikȱoderȱallgemeinenȱAnthropologieȱgesprochenȱ(dasȱistȱopinioȱ communisȱ derȱ Exegese),ȱ selbstȱ wennȱ dieȱ literarhistorischeȱ UnterscheiȬ dungȱzwischenȱ(allgemeiner)ȱUrȬȱundȱ(israelitischer)ȱErzelterngeschichȬ teȱ diesȱ suggerierenȱ mag.ȱ Eineȱ Anthropologieȱ kannȱ selbstverständlichȱ Aussagenȱ überȱ „denȱ Menschen“ȱ anȱ sichȱ treffen,ȱ dochȱ mussȱ sieȱ ihreȱ AussagenȱamȱkonkretenȱTextȱimmerȱwiederȱüberprüfenȱundȱreflektieren.ȱ
ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 47ȱȱ MILLARD,ȱEröffnungȱderȱTora,ȱ75Ȭ89ȱhier:ȱ75.ȱȱ 48ȱȱ Zuȱ neuerenȱ monographischenȱ Ansätzenȱ vgl.ȱ SYKES,ȱ Patterns;ȱ TURNER,ȱ AnnouncementsȱundȱSTEINMETZ,ȱFather;ȱsowieȱdenȱmotivischȱoffenerenȱAufsatzȱvonȱ CARR,ȱ̅ϟΆΏΓΖȱ·ΉΑνΗΉΝΖȱ Revisited,ȱ327Ȭ347,ȱdortȱS.ȱ329ȱAnm.ȱ2ȱmitȱweitererȱLiteraȬ tur.ȱ
3.ȱAnlageȱderȱStudieȱ–ȱZurȱMethodeȱ
19
3.ȱAnlageȱderȱStudieȱ–ȱZurȱMethodeȱ 3.1ȱVorgehensweiseȱ Dieȱ bisherigeȱ Forschungȱ hatȱ wichtigeȱ Einzelaspekteȱ zumȱ Phänomenȱ derȱVertauschungserzählungenȱbereitsȱherausgearbeitet.ȱEineȱsystematiȬ scheȱ undȱ durchgängigeȱ Gesamtdarstellungȱ undȱ Funktionsbestimmungȱ diesesȱ komplexenȱ Motivsȱ innerhalbȱ derȱ Genesisȱ mitȱ seinenȱ QuerverȬ bindungenȱ innerhalbȱ desȱ gesamtenȱ Kanonsȱ wurdeȱ bisherȱ nochȱ nichtȱ durchgeführt.ȱ Derȱ Schwerpunktȱ dieserȱ Untersuchungȱ liegtȱ darumȱ aufȱ derȱ kanonischenȱ Erschließungȱ diesesȱ Motivsȱ inȱ seinerȱ literarischenȱ Breite.ȱHierausȱergebenȱsichȱdieȱfolgendenȱAspekteȱderȱDarstellungȱdesȱ Vertauschungsmotivs:ȱȱ Nachȱ denȱ Vorbemerkungenȱ wirdȱ esȱ inȱ einemȱ erstenȱ Teilȱ umȱ dieȱ motivlichenȱsowieȱstrukturellȬkontextuellenȱVoraussetzungenȱdesȱVerȬ tauschungsmotivsȱinȱderȱGenesisȱgehenȱ(TeilȱA).ȱȱ DasȱHauptgewichtȱderȱUntersuchungȱsollȱaufȱdemȱzweitenȱSchrittȱ liegen:ȱ Dasȱ Vertauschungsmotivȱ inȱ derȱ Genesisȱ wirdȱ innerhalbȱ seinesȱ literarischenȱ Kontextesȱ beschriebenȱ undȱ literaturwissenschaftlichȱ anaȬ lysiertȱ(TeilȱB).ȱImȱVordergrundȱderȱUntersuchungȱstehtȱzumȱeinenȱdieȱ formaleȱ Beschreibungȱ desȱ Vertauschungsmotivsȱ inȱ seinemȱ narrativenȱ Aufbauȱ sowieȱ inȱ derȱ Abfolgeȱ derȱ Einzelelemente.ȱ Zumȱ anderenȱ liegtȱ einȱFokusȱaufȱderȱAnalyseȱderȱnarrativenȱEinbettungȱderȱTexteȱinȱihrenȱ jeweiligenȱ Kontext.ȱ Esȱ zeigtȱ sich,ȱ dassȱ dieȱ narrativenȱ Texteȱ inȱ engerȱ Verknüpfungȱ mitȱ denȱ Genealogienȱ stehen,ȱ weshalbȱ diesesȱ WechselȬ spielȱzuȱbeschreibenȱist.ȱDabeiȱwirdȱsichȱherausstellen,ȱdassȱesȱunangeȬ brachtȱist,ȱdieȱGenealogienȱalsȱUnterbrechungȱderȱErzählungenȱzuȱwerȬ ten:ȱ Esȱ giltȱ vielmehrȱ einȱ komplexes,ȱ intertextuellesȱ Bezugssystemȱ zuȱ beschreiben,ȱinȱdemȱjedeȱVertauschungserzählungȱeinerseitsȱihrenȱfesȬ tenȱOrtȱhatȱundȱandererseitsȱauchȱumgekehrtȱwiederȱaufȱvorausgeganȬ geneȱ wieȱ nachfolgendeȱ Vertauschungenȱ verweist.ȱ Dieȱ Analyseȱ derȱ jeweiligenȱ Vertauschungserzählungenȱ erfolgtȱ inȱ derȱ Reihenfolgeȱ derȱ ErzählfolgeȱderȱGenesistexte.ȱDiesesȱVorgehenȱträgtȱderȱTatsacheȱRechȬ nung,ȱ dassȱ dieȱ Einzeltexteȱ nichtȱ nurȱ fürȱ sich,ȱ sondernȱ auchȱ undȱ vorȱ allemȱ imȱ Gesamtkontextȱ –ȱ undȱ dasȱ heißtȱ vorȱ allem:ȱ inȱ ihrerȱ konkretenȱ AnordnungȱinnerhalbȱderȱGenesisȱ–ȱihreȱSinnpotentialeȱentfalten.ȱDieseȱ sindȱwiederumȱfürȱdieȱDeutungȱderȱEinzeltexteȱwichtig.ȱȱ UntersuchungsgegenstandȱsindȱdieȱobenȱgenanntenȱTexteȱundȱPerȬ sonenkonstellationen,ȱ beiȱ denenȱ dieȱ Konkurrenzȱ umȱ dasȱ ErstgeburtsȬ rechtȱimȱVordergrundȱsteht.ȱDasȱMotivȱbleibtȱimȱWesentlichenȱaufȱdieȱ Genesisȱbeschränkt.ȱJedochȱgibtȱesȱeinigeȱTexteȱaußerhalbȱderȱGenesis,ȱ dieȱ zumindestȱ inȱ bestimmtenȱ Einzelzügenȱ imȱ Kontextȱ derȱ VertauȬ
20ȱ
TeilȱA:ȱGrundlagenȱ
ȱ schungserzählungenȱgelesenȱwerdenȱkönnen.ȱFürȱdieȱBestimmungȱderȱ FunktionenȱdesȱVertauschungsmotivsȱerscheintȱesȱdaherȱebensoȱwichȬ tig,ȱdieseȱTexteȱzuȱuntersuchenȱundȱihreȱVerbindungȱzuȱdenȱGenesiserȬ zählungenȱzuȱprüfen.ȱ InȱdenȱVertauschungserzählungenȱlassenȱsichȱvieleȱGemeinsamkeiȬ tenȱ erkennen,ȱ dieȱ einȱ engȱ verwobenesȱ Gesamtsystemȱ schaffen.ȱ Dieȱ Beobachtungenȱ ausȱ derȱ Textanalyseȱ lassenȱ sichȱ systematisierenȱ undȱ zusammenfassendȱinterpretierenȱ(TeilȱC).ȱDieseȱSyntheseȱwirdȱdieȱkonȬ stitutivenȱElementeȱdesȱVertauschungsmotivsȱerfassen.ȱUmȱRedundanȬ zenȱzuȱvermeiden,ȱwirdȱdaherȱnurȱaufȱdieȱEinzeltextanalyseȱdesȱzweiȬ tenȱ Teilsȱ verwiesenȱ werden.ȱ Eineȱ interpretatorischeȱ Systematisierungȱ istȱ fernerȱ fürȱ dieȱ Funktionsbeschreibungȱ desȱ Vertauschungsmotivsȱ notwendig.ȱ Dieȱ Funktionenȱ desȱ Motivsȱ sollenȱ inȱ literarische,ȱ theologiȬ scheȱundȱrealgeschichtlicheȱAspekteȱunterschiedenȱundȱdarinȱjeȱeinzelnȱ untersuchtȱwerden.ȱȱ Imȱ Schlussteilȱ (Teilȱ D)ȱ werdenȱ dieȱ exegetischenȱ Ergebnisseȱ dieserȱ Untersuchungȱ gebündelt.ȱ Danebenȱ sollȱ derȱ Versuchȱ unternommenȱ werden,ȱ dieȱ Erkenntnisseȱ derȱ Synchronieȱ inȱ einenȱ Dialogȱ mitȱ denȱ ErȬ gebnissenȱderȱhistorischȬkritischenȱExegeseȱzuȱführen,ȱumȱdarausȱweiȬ terführendeȱ methodologischeȱ Schlussfolgerungenȱ zuȱ ziehen.ȱ Dieserȱ Schrittȱdientȱmithinȱdazu,ȱdieȱeigeneȱMethodikȱzuȱreflektieren.ȱ
3.2ȱMethodischeȱGrundlegungȱ DieȱFragestellungenȱundȱdieȱZielvorgabenȱdieserȱUntersuchungȱbedürȬ fenȱ einesȱ Ansatzes,ȱ derȱ beiȱ derȱ Wahrnehmungȱ desȱ gesamtenȱ Textesȱ inȬ nerhalbȱ seinerȱ Kontexteȱ inȱ ihrerȱ konkretenȱ Erscheinungsformȱ alsȱ bibliȬ scherȱKanonȱbeginnt.ȱDieseȱmethodologischenȱ„Koordinaten“ȱsollenȱimȱ Folgendenȱdargelegtȱwerden.ȱȱ 3.2.1ȱDasȱVerhältnisȱAutorȱ–ȱTextȱ–ȱLeserȱ Mitȱ derȱ Fokussierungȱ aufȱ denȱ Kanonȱ istȱ eineȱ Akzentverlagerungȱ verȬ bunden,ȱ nämlichȱ dieȱ Anerkennungȱ derȱ Dominanzȱ derȱ Endgestaltȱ desȱ Textesȱ überȱ alleȱ vorangehendenȱ Entwicklungsstadienȱ desȱ Textes.ȱ Derȱ Ägyptologeȱ Janȱ Assmannȱ gibtȱ inȱ seinemȱ Vortragȱ zurȱ Entstehungȱ desȱ KanonsȱimȱJudentumȱanlässlichȱseinerȱEhrenpromotionȱinȱMünsterȱimȱ Januarȱ1998ȱeineȱwichtigeȱEinschätzungȱzumȱVerhältnisȱdesȱvorliegenȬ den,ȱkanonischenȱTextesȱzuȱseinenȱ(hypothetischen)ȱVorstufen:ȱ „Dieȱ Normativitätȱ desȱ Textes,ȱ seineȱ Autoritätȱ undȱ Hochverbindlichkeit,ȱ beziehtȱsichȱausschließlichȱaufȱdieȱEndgestalt,ȱnichtȱaufȱirgendwelcheȱVorȬȱ
3.ȱAnlageȱderȱStudieȱ–ȱZurȱMethodeȱ
21
undȱ Urstufen.ȱ Esȱ gibtȱ innerhalbȱ dieserȱ kanonischenȱ Endgestaltȱ keinȱ mehrȱ oderȱ wenigerȱ anȱ Verbindlichkeit,ȱ keineȱ wichtigerenȱ oderȱ unwichtigerenȱ Sätze,ȱkeineȱursprünglichenȱundȱsekundärenȱPartien.ȱMitȱderȱEndgestaltȱistȱ dasȱgeschichtlicheȱWerdenȱdesȱTextesȱvergessen.“ȱ49ȱ
Fürȱ dieȱ Methodikȱ dieserȱ Untersuchungȱ folgtȱ daraus,ȱ dassȱ „[a]nȱ dieȱ Stelleȱ derȱ Frageȱ nachȱ demȱ Entstehenȱ desȱ Textesȱ […]ȱ dieȱ Sucheȱ nachȱ demȱ Verstehenȱ gesetztȱ [wird],ȱ undȱ diesȱ bedarfȱ einerȱ leserorientiertenȱ undȱtextzentriertenȱMethodik.“50ȱȱ Dieȱ Wahrnehmungȱ derȱ Intertextualitätȱ biblischerȱ Texteȱ besagtȱ alȬ lerdingsȱ nochȱ nicht,ȱ aufȱ welcherȱ Ebeneȱ dieseȱ dichteȱ Vernetzungȱ entȬ steht.ȱPrinzipiellȱistȱhierbeiȱanȱdieȱInstanzȱ(1)ȱdes/derȱAutoren,ȱ(2)ȱdesȱ Erzählers/Textesȱoderȱ(3)ȱderȱLeserin/desȱLesersȱzuȱdenken,ȱdieȱderartiȬ geȱ Sinnbezügeȱ herstellen.ȱ Derȱ gegenwärtigeȱ Methodenstreitȱ umȱ dieȱ angemesseneȱ Bibelauslegungȱ kannȱ ausȱ falschenȱ Alternativenȱ befreitȱ werden,ȱ wennȱ Ergebnisseȱ derȱ neuerenȱ Literaturwissenschaftenȱ inȱ dieȱ Diskussionȱeinbezogenȱwerden.51ȱDieseȱhabenȱnachgewiesen,ȱdassȱjedesȱ Verstehenȱ einesȱ Textesȱ immerȱ schonȱ zugleichȱ eineȱ Formȱ derȱ AneigȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 49ȱȱ ASSMANN,ȱFünfȱStufenȱaufȱdemȱWegȱzumȱKanon,ȱ14.ȱȱ 50ȱȱ HIEKE,ȱDerȱSeherȱJohannesȱalsȱneuerȱEzechiel,ȱ2.ȱ–ȱDieȱwissenschaftlichenȱLeistungenȱ derȱ historischȬkritischenȱ Methodeȱ verdienenȱ dabeiȱ höchstenȱ Respekt,ȱ daȱ dieȱ BibelȬ wissenschaftȱ derȱ Rationalitätȱ desȱ neuzeitlichenȱ Denkensȱ Rechnungȱ trägt.ȱ Ihrȱ AnȬ spruchȱistȱes,ȱohneȱdogmatischeȱVorurteileȱoderȱTabusȱdieȱBibelȱmitȱallenȱMittelnȱderȱ Wissenschaftȱ zuȱ untersuchen.ȱ Mitȱ demȱ Postulat,ȱ sieȱ soȱ auszulegenȱ etsiȱ deusȱ nonȱ dareturȱ–ȱentsprichtȱsieȱderȱmodernenȱAutonomieȱderȱVernunft.ȱSieȱführtȱdenȱtheoloȬ gischenȱDiskursȱmitȱderȱatheistischenȱWeltȱinȱdenȱKategorienȱdesȱHistorischen.ȱGeȬ genüberȱeinerȱpauschalenȱBeurteilungȱderȱBibelȱalsȱMärchen,ȱLüge,ȱTäuschungȱoderȱ PriesterbetrugȱdifferenziertȱsieȱzwischenȱhistorischȱSicheremȱoderȱWahrscheinlichemȱ undȱ zwischenȱ Faktumȱ undȱ Glaubensbekenntnis.ȱ Sieȱ entlastetȱ damitȱ dieȱ Texteȱ zumȱ Teilȱ auchȱ davon,ȱ etwasȱ seinȱ zuȱ müssen,ȱ wasȱ sieȱ nichtȱ seinȱ wollen,ȱ nämlichȱ TatsaȬ chenreportagen.ȱ Dieȱ Bibelȱ istȱ Kerygma,ȱ Glaubensverkündigungȱ vonȱ Menschenȱ inȱ unterschiedlichenȱgeschichtlichenȱSituationen.ȱDieȱkritischeȱForschungȱhatȱdenȱBlickȱ dafürȱgeöffnet,ȱdassȱdieȱTexteȱdesȱAltenȱundȱdesȱNeuenȱTestamentsȱdurchȱeineȱlangeȱ Geschichteȱ derȱ Entstehungȱ hindurchgelaufenȱ sind,ȱ derenȱ Aufklärungȱ eineȱ enormeȱ Erleichterungȱ ihresȱ Verständnissesȱ bedeutet.ȱ Mitȱ ihrerȱ großenȱ intellektuellenȱ RedȬ lichkeitȱundȱMutȱzuȱunaufhörlichemȱFragenȱhatȱdieȱhistorischȬkritischeȱWissenschaftȱ denȱ biblischenȱ Textenȱ Bodenhaftungȱ verschafft.ȱ Durchȱ genaueȱ Analyseȱ derȱ unterȬ schiedlichenȱtheologischenȱKonzeptionenȱinnerhalbȱderȱBibelȱbewahrtȱsieȱdieȱTexteȱ davor,ȱzuȱeinemȱdogmatischenȱ„Steinbruch“ȱzuȱwerdenȱundȱsichertȱsoȱdieȱFülleȱundȱ WeiteȱdesȱWortesȱGottes.ȱInsbesondereȱschütztȱsieȱvorȱfundamentalistischerȱVereinȬ nahmung.ȱȱ 51ȱȱ EinenȱÜberblickȱüberȱdieȱliteraturwissenschaftlicheȱDiskussionȱgibtȱWARNINGȱ(Hg.),ȱ Rezeptionsästhetik.ȱZurȱRezeptionȱderȱliteraturwissenschaftlichenȱDebatteȱinnerhalbȱ derȱbiblischenȱExegeseȱs.ȱFREY,ȱDerȱimpliziteȱLeser,ȱ266Ȭ290;ȱMÜLLER,ȱ‚Verstehstȱduȱ auch,ȱwasȱduȱliest?‘,ȱbes.ȱ120Ȭ128.ȱZurȱAufgabenstellungȱeinerȱTheologieȱdesȱLesensȱ sieheȱgrundsätzlichȱHUIZING/KÖRTNER/MÜLLER,ȱLesenȱundȱLeben.ȱȱ
22ȱ
TeilȱA:ȱGrundlagenȱ
ȱ nungȱist.ȱSieȱzeigenȱaußerdem,ȱdassȱderȱbuchstäblicheȱSinnȱeinesȱTextesȱ keineswegsȱ soȱ eindeutigȱ feststeht,ȱ wieȱ dieȱ historischȬkritischeȱ Exegeseȱ esȱzuweilenȱanstrebt.ȱNachȱAuffassungȱderȱhistorischȬkritischenȱBibelȬ auslegungȱbestehtȱderȱSinnȱeinesȱTextesȱinȱdem,ȱwasȱeinȱVerfasserȱseiȬ nenȱ einstigenȱ Leserinnenȱ undȱ Lesernȱ kommunizierenȱ wollteȱ (intentioȱ auctoris).ȱIhrȱZielȱistȱdaherȱdieȱRekonstruktionȱderȱAussageabsichtȱdesȱ historischenȱ Autors.ȱ Esȱ verhältȱ sichȱ jedochȱ nichtȱ einfachȱ so,ȱ dassȱ derȱ Autorȱ dieȱ Bedeutungȱ seinesȱ Textesȱ autoritativȱ undȱ einlinigȱ festlegenȱ könnte.ȱDerȱTextȱkannȱmehrȱHinweiseȱundȱStrategienȱenthaltenȱalsȱderȱ historischeȱAutorȱbewusstȱhineingelegtȱhat.ȱDerȱLeserȱundȱdieȱLeserinȱ sindȱes,ȱdieȱdenȱSinnȱeinesȱTextesȱimȱAktȱdesȱLesensȱjeweilsȱneu,ȱundȱ zwarȱvermutungsweise,ȱfestlegenȱmüssen.52ȱDerȱTextȱerhältȱimȱAktȱdesȱ LesensȱerstȱseinenȱSinn,ȱindemȱdieȱLeserinnenȱundȱLeserȱdieȱLeerstellenȱ ausfüllen,ȱwelcheȱjeder,ȱvorȱallemȱaberȱeinȱpoetischerȱTextȱhat:ȱRäumeȱ desȱ„NichtȬGesagten“ȱundȱdesȱ„SchonȬGesagten“.53ȱDabeiȱstellenȱLeserȬ innenȱ undȱ Leserȱ Sinnbezügeȱ zuȱ ihrerȱ eigenenȱ Lebensweltȱ sowieȱ zuȱ anderenȱTextenȱherȱ(intentioȱlectoris),ȱdieȱderȱAutorȱkeineswegsȱgekanntȱ oderȱ imȱ Blickȱ gehabtȱ habenȱ muss.ȱ Nichtȱ nurȱ dieȱ Überlieferungȱ vonȱ Texten,ȱsondernȱauchȱihreȱLektüreȱhatȱzudemȱeineȱGeschichte,ȱinȱderenȱ Verlaufȱ sichȱ dieȱ Sinnfülleȱ derȱ Texteȱ immerȱ weiterȱ steigert.ȱ Imȱ Laufeȱ seinerȱÜberlieferungsgeschichteȱprovoziertȱeinȱTextȱständigȱneueȱSinnȬ verbindungen.54ȱ Dieȱ alteȱ Lehreȱ vomȱ vierfachenȱ Schriftsinnȱ hatȱ dieseȱ Zusammenhängeȱ bereitsȱinȱAnsätzenȱdurchausȱrichtigȱerkannt.ȱSoȱwieȱjedochȱdieȱheutigeȱ historischȬkritischeȱ Exegeseȱ dieȱ Autonomieȱ desȱ Textesȱ gegenüberȱ seiȬ nemȱAutorȱvernachlässigt,ȱsoȱkannȱfreilichȱdieȱaltkirchlicheȱAllegoreseȱ
ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 52ȱȱ Vgl.ȱFRANK,ȱDieȱGrenzenȱderȱBeherrschbarkeitȱderȱSprache,ȱ181Ȭ213,ȱbes.ȱ202.ȱ 53ȱȱ S.ȱ dazuȱ vorȱ allemȱ ISER,ȱ Derȱ Aktȱ desȱ Lesens;ȱ DERS.,ȱ Derȱ impliziteȱ Leserȱ undȱ ECO,ȱ Lectorȱinȱfabula.ȱȱ 54ȱȱ Dazuȱ schonȱ BUBERȱ undȱ ROSENZWEIG:ȱ Bekanntermaßenȱ wirdȱ vonȱ BUBERȱ dasȱ Redaktorensiglumȱ „R“ȱ zuȱ „Rabbenu“,ȱ unserȱ Lehrer,ȱ ergänzt.ȱ Hierzuȱ ROSENZWEIG:ȱ „WirȱnennenȱihnȱunterȱunsȱmitȱdemȱSigel,ȱmitȱdemȱdieȱkritischeȱWissenschaftȱihrenȱ angenommenenȱRedaktorȱbezeichnet.ȱR.ȱAberȱwirȱergänzenȱdiesesȱRȱnichtȱzuȱRedakȬ tor,ȱsondernȱzuȱRabbenu.ȱDenn,ȱwerȱerȱauchȱwarȱundȱwasȱihmȱauchȱvorgelegenȱhaȬ benȱmag,ȱerȱistȱunserȱLehrer,ȱseineȱTheologieȱunsreȱLehre.ȱEinȱBeispiel:ȱhätteȱdieȱKriȬ tikȱ auchȱ rechtȱ undȱ wärenȱ Genesisȱ 1ȱ undȱ 2ȱ wirklichȱ vonȱ verschiedenenȱ Verfassernȱ (worüberȱichȱnichtȱentscheidenȱmöchte,ȱnachdemȱmirȱeinȱMannȱwieȱB.ȱJacobȱgesagtȱ hat,ȱ erȱ glaubeȱ esȱ nicht),ȱ soȱ wäreȱ auchȱ dannȱ wasȱ unsȱ vonȱ derȱ Schöpfungȱ zuȱ wissenȱ nottut,ȱnichtȱausȱeinemȱderȱbeidenȱKapitelȱalleinȱzuȱlernen,ȱsondernȱerstȱausȱihremȱ Zusammenstehnȱ undȱ Zusammenklingen.ȱ Undȱ geradeȱ ausȱ demȱ Zusammenklingenȱ ihrerȱanscheinendenȱWidersprüche,ȱvonȱdenenȱdieȱkritischeȱScheidungȱausgeht:ȱ[…].ȱ Erstȱ diesesȱ […]ȱ istȱ dieȱ Lehre.“ȱ (vgl.ȱ BUBER/ROSENZWEIG,ȱ Dieȱ Schriftȱ undȱ Ihreȱ VerȬ deutschung,ȱ47f).ȱ
3.ȱAnlageȱderȱStudieȱ–ȱZurȱMethodeȱ
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seineȱAutonomieȱgegenüberȱdemȱLeserȱübersehen.ȱDessenȱungeachtetȱ behaltenȱ Typologieȱ undȱ Allegoreseȱ ihrȱ Recht,ȱ insofernȱ jederȱ Aktȱ desȱ Bibellesensȱ einȱ doppelterȱ Auslegungsvorgangȱ ist:ȱ Inȱ ihmȱ wirdȱ nichtȱ etwaȱnurȱderȱTextȱdurchȱdenȱLeserȱausgelegt,ȱsondernȱauchȱumgekehrtȱ derȱLeserȱdurchȱdenȱText.ȱAllegorischeȱoderȱtypologischeȱExegeseȱlegtȱ wenigerȱ denȱ Textȱ alsȱ seinenȱ Leserȱ aus,ȱ gehörtȱ aberȱ insofernȱ legitimerweiseȱinȱeinenȱganzheitlichenȱAktȱdesȱLesens.ȱImȱbestenȱFallȱ erinnertȱdieȱalteȱLehreȱvomȱvierfachenȱSchriftsinnȱdaran,ȱdassȱdieȱTexȬ teȱ derȱ Bibelȱ eineȱ poetischeȱ Qualitätȱ haben.ȱ Sieȱ sindȱ darumȱ polyphonȱ wieȱ eineȱ vielstimmigeȱ Musik,ȱ mehrdeutig,ȱ offenȱ fürȱ Übertragungenȱ undȱAssoziationen.ȱSieȱbringenȱihreȱLeserȱundȱHörerȱwieȱResonanzböȬ denȱzumȱKlingen.ȱȱ
Dasȱ angestrebteȱ methodischeȱ Verfahrenȱ führtȱ insofernȱ immerȱ nurȱ zuȱ einemȱAnnäherungswert,ȱweilȱdieȱZeitbedingtheitȱderȱLeserȱundȱLeserȬ innenȱdemȱEntdeckenȱvonȱTextstrategienȱundȱliterarischenȱSteuerungsȬ elementenȱGrenzenȱauferlegt.ȱAndereȱLeserinnenȱundȱLeserȱinȱanderenȱ Zeitenȱ undȱ Kontextenȱ könnenȱ unterschiedlicheȱ Bezugspunkteȱ undȱ LeitlinienȱimȱTextȱfinden.ȱDerȱVorgangȱistȱprinzipiellȱunabgeschlossen,ȱ jedochȱ nichtȱ beliebig,ȱ „daȱ dieȱ Grenzenȱ derȱ Interpretationȱ dannȱ überȬ schrittenȱ werden,ȱ wennȱ derȱ Textȱ nurȱ nochȱ denȱ Interessenȱ empirischerȱ Leserinnenȱ undȱ Leserȱ (intentioȱ lectoris)ȱ dient,“55ȱ undȱ derȱ Textȱ mithinȱ nichtȱinterpretiert,ȱsondernȱgebrauchtȱwird.ȱȱ Daȱ dieȱ Aussageabsichtȱ desȱ Autorsȱ bzw.ȱ derȱ AutorenȬ/ȱ Redaktorengruppeȱ undȱ dessen/derenȱ Erzählstrategienȱ folglichȱ nichtȱ mehrȱmitȱSicherheitȱfestgestelltȱwerdenȱkönnen,ȱundȱeinȱzeitȬȱundȱkonȬ textgebundenerȱ „empirischerȱ Leser“ȱ nichtȱ Maßstabȱ einerȱ Auslegungȱ werdenȱ kann,ȱ istȱ mitȱ Nachdruckȱ anȱ denȱ imȱ vorliegendenȱ Textȱ zuȱ beȬ obachtendenȱ Steuerungsstrategienȱ (intentioȱ operis)ȱ festzuhalten.ȱ Dieȱ demȱLeserȱbzw.ȱderȱLeserinȱzurȱVerfügungȱstehendeȱTextweltȱsollȱdabeiȱ alsȱkonkreterȱDeutehorizontȱderȱAuslegungȱdienen.ȱDieȱsog.ȱ„AmsterȬ damerȱTradition“ȱbetontȱseitȱspätestensȱdenȱ60erȱJahrenȱdesȱvergangeȬ nenȱJahrhundertsȱdieȱVorrangstellungȱdesȱTextesȱgegenüberȱhistorisieȬ rendenȱ bzw.ȱ (teilsȱ sehrȱ einseitig)ȱ leserorientiertenȱ Ansätzen.ȱ Inȱ einemȱ DiktumȱdesȱNiederländischenȱAlttestamentlersȱKarelȱA.ȱDeurlooȱwirdȱ diesȱ zumȱ exegetischenȱ Prinzipȱ erhoben:ȱ „Deȱ tekstȱ magȱ hetȱ zeggen“:ȱ „DerȱTextȱsollȱesȱsagen“,ȱoderȱparaphrasiert:ȱDerȱTextȱbleibtȱdasȱSubjektȱ seinerȱ Auslegungȱ undȱ dasȱ Korrektivȱ seinerȱ Kritik.ȱ Dieȱ „Amsterdamerȱ Tradition“56ȱhatȱihreȱWurzelnȱinȱderȱreformiertenȱTraditionȱwieȱauchȱinȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 55ȱȱ HIEKE,ȱ Derȱ Seherȱ Johannesȱ alsȱ neuerȱ Ezechiel,ȱ 3ȱ Anm.ȱ 7.ȱ Dortȱ auchȱ dieȱ Kritikȱ anȱ entsprechendenȱAnsätzen.ȱȱ 56ȱȱ Daȱ zurȱ „Amsterdamerȱ Tradition“ȱ verschiedeneȱ Richtungenȱ ausȱ demȱ Umfeldȱ derȱ reformiertenȱ Theologieȱ inȱ denȱ Niederlandenȱ gehören,ȱ kannȱ manȱ mittlerweileȱ nichtȱ
24ȱ
TeilȱA:ȱGrundlagenȱ
ȱ derȱ jüdischenȱ Exegeseȱ desȱ 20.ȱ Jahrhundertsȱ (Buber,ȱ Rosenzweig,ȱ Palache).ȱIhrȱliegtȱeineȱHermeneutikȱzugrunde,ȱdieȱihreȱPrinzipienȱweiȬ testgehendȱinȱdenȱBibeltextenȱselbstȱsucht.ȱHierbeiȱspielenȱdieȱEigenheiȬ tenȱderȱhebräischenȱSpracheȱundȱErzählkunstȱeineȱwichtigeȱRolle,ȱwoȬ beiȱ demȱ sog.ȱ „Leitwortstil“57,ȱ sowieȱ derȱ Wurzelverwandtschaftȱ vonȱ WortenȱundȱderȱrhythmischenȱGliederungȱdesȱhebräischenȱTextesȱeineȱ besondereȱ Bedeutungȱ zukommt.ȱ Zugleichȱ wirdȱ inȱ derȱ Amsterdamerȱ Traditionȱ betont,ȱ dassȱ Formȱ undȱ Inhaltȱ unauflöslichȱ zusammenȱ gehöȬ renȱundȱjederȱeinzelneȱ(biblische)ȱTextȱsowieȱderȱTeNaKȱalsȱGanzesȱalsȱ Einheitȱgelesenȱwerdenȱwollen.58ȱȱ AlsȱeinerȱderȱHauptvertreterȱderȱ„AmsterdamerȱTradition“ȱistȱKarelȱA.ȱ Deurlooȱ zuȱ nennen.ȱ Nachȱ Deurlooȱ istȱ Voraussetzungȱ desȱ Lesensȱ einȱ konkreterȱText.ȱErȱlegtȱdieȱbiblischenȱTexteȱimȱHorizontȱdesȱobenȱskizȬ ziertenȱhermeneutischenȱDreiecksȱvonȱAutorȬTextȬLeser/Hörerȱaus,ȱjeȬ dochȱ mitȱ demȱ ihmȱ eigenen,ȱ theologischenȱ Profil:ȱ Einȱ Bibeltextȱ speiȬ chertȱ dieȱ Informationȱ derȱ Tatenȱ Gottesȱ (~yrIb'D>,ȱ „Tatworte“)ȱ inȱ literarischȱverarbeiteterȱForm,ȱmitȱdemȱZiel,ȱdassȱGottȱzuȱandererȱZeitȱ diesenȱBibeltextȱinȱDienstȱnimmt,ȱumȱerneutȱeineȱhistorischeȱPraxisȱdesȱ Tatwortesȱ Gottesȱ zuȱ bewirkenȱ undȱ Menschenȱ inȱ diesesȱ geschehendeȱ Wortȱmitȱhineinzuziehen.59ȱOderȱandersȱgesagt:ȱ„SoȱwurdeȱIsraelsȱGeȬ
ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ mehrȱ imȱ strengenȱ Sinneȱ desȱ Wortesȱ vonȱ einerȱ „Schule“ȱ sprechenȱ (vgl.ȱ dieȱ frühereȱ Bezeichnungȱalsȱ„AmsterdamerȱSchule“).ȱVonȱca.ȱ1960ȱbisȱ2001ȱlagȱdasȱinspirierendeȱ ZentrumȱderȱAmsterdamerȱTraditionȱanȱderȱTheologischenȱFakultätȱbzw.ȱamȱTheoȬ logischenȱInstitutȱderȱUniversitätȱvonȱAmsterdam.ȱSeitȱbeideȱaufgelöstȱundȱdieȱTheȬ ologieȱ alsȱ Religionswissenschaftȱ 2002ȱ inȱ dieȱ Geisteswissenschaftlicheȱ Fakultätȱ inteȬ griertȱ wurde,ȱ istȱ dasȱ Koloritȱ derȱ Amsterdamerȱ Traditionȱ anȱ derȱ Universitätȱ vonȱ Amsterdamȱ weitgehendȱ verlorenȱ gegangen,ȱ wirktȱ aberȱ anȱ anderenȱ Stellenȱ weiter.ȱ Zuȱ denȱ unterschiedlichenȱ Richtungenȱ derȱ „Amsterdamerȱ Tradition“ȱ s.ȱ BAUER,ȱ Allȱ dieseȱWorteȱsowieȱBAUERSȱWiBiLexȬArtikelȱ„AmsterdamerȱSchule“.ȱ 57ȱȱ Zumȱ Leitwortstilȱ grundlegendȱ BUBER/ROSENZWEIG,ȱ Dieȱ Schriftȱ undȱ Ihreȱ VerdeutȬ schungȱ undȱ programmatisch:ȱ BUBER,ȱ Leitwortstilȱ inȱ derȱ Erzählungȱ desȱ Pentateuch,ȱ 1131Ȭ1149.ȱ„DieȱbiblischeȱLehreȱträgtȱoftȱihrȱHöchstesȱnichtȱvor,ȱsondernȱlässtȱesȱsichȱ auftunȱ–nichtȱdurchȱKryptologieȱundȱAllegorese,ȱsondernȱdurchȱdieseȱjedemȱunbeȬ fangenȱ aufmerksamenȱ Hörleserȱ erkennbarenȱ vonȱ Stelleȱ zuȱ Stelleȱ geschlagenenȱ BoȬ genȱbedeutsamerȱWiederholung“ȱ(BUBER,ȱDerȱMenschȱvonȱheute,ȱ32f).ȱ 58ȱȱ Zurȱ Methodeȱ s.ȱ DEURLOO,ȱ Amsterdamseȱ traditie,ȱ 188Ȭ198;ȱ DERS.,ȱ Deȱ bijbelȱ maaktȱ school;ȱ DEURLOO/VENEMA,ȱ Exegesisȱ Accordingȱ toȱ Amsterdamȱ Tradition,ȱ 3Ȭ14ȱ u.ȱ BAUER,ȱAllȱdieseȱWorte.ȱȱ 59ȱȱ Inȱ DEURLOOSȱ Worten,ȱ dieȱ dasselbeȱ wenigerȱ dogmatischȱ ausdrücken:ȱ „Wieȱ durchȬ dringenȱ nunȱ Personen,ȱ Worte,ȱ Ereignisse,ȱ Dingeȱ –ȱ dieȱ Generationen,ȱ dieȱ Tage,ȱ dieȱ Zeiten?ȱDadurch,ȱdassȱsieȱsichȱgedenkenȱlassen.ȱSieȱmachenȱsichȱzuȱText,ȱundȱzwarȱso,ȱ dassȱdasȱLesenȱdesȱmündlichȱoderȱschriftlichȱFixiertenȱnichtȱinȱderȱSucheȱnachȱdemȱ SinnȱdesȱInhaltsȱbesteht,ȱsondernȱdarin,ȱartikulierendȱundȱgestikulierend,ȱhandelndȱ undȱwandelndȱselbstȱdieserȱTextȱzuȱwerden.“ȱ (DEURLOO,ȱSchrijfȱditȱterȱgedachtenisȱ inȱ hetȱ boek,ȱ 10;ȱ Übersetzungȱ desȱ niederländischenȱ Textesȱ nachȱ BAUER,ȱ Allȱ dieseȱ
3.ȱAnlageȱderȱStudieȱ–ȱZurȱMethodeȱ
25
schichteȱinȱWorteȱgefasst,ȱumȱalsȱWorteȱIsraelsȱselbstȱwiederȱGeschichȬ teȱzuȱmachen.ȱDieȱGeschichteȱkommtȱinȱGang,ȱwennȱerneutȱeineȱBezieȬ hungȱ zwischenȱ Wortenȱ undȱ menschlichemȱ Lebenȱ entsteht.“60ȱ Dieserȱ Ansatzȱ hängtȱ mitȱ Deurloosȱ hermeneutischȬgrundsätzlichenȱ AuffasȬ sungȱ vomȱ „unhistorischenȱ Charakterȱ derȱ biblischenȱ Erzählungen“61ȱ zusammen.ȱDieȱbiblischenȱErzählerȱwollenȱihreȱGlaubenswahrheitȱbeȬ zeugenȱundȱkeineȱ„TraditionsȬArchäologie“ȱbetreiben.62ȱWirklichesȱLeȬ senȱeinesȱBibeltextesȱkannȱkeinȱausschließlichȱkognitiverȱProzessȱsein.ȱ EsȱistȱvielmehrȱeinȱexistentiellerȱProzess,ȱderȱdieȱganzeȱPersonȱerfasstȱ undȱ inȱ eineȱ neue,ȱ engagierteȱ Praxisȱ führt.ȱ Derȱ „Tenachȱ funktioniertȱ erstȱinȱBeziehungȱmitȱdemȱLeben.“63ȱEsȱkommtȱdabeiȱzuȱeinerȱWechselȬ wirkungȱ bzw.ȱ zuȱ einemȱ hermeneutischenȱ Zirkel:ȱ Derȱ Leserȱ liestȱ denȱ Textȱ mitȱ einemȱ bestimmtenȱ Vorverständnis,ȱ welchesȱ durchȱ denȱ Textȱ alsȱSubjektȱderȱKritikȱkorrigiertȱoderȱbestätigtȱwird.ȱ Umgekehrtȱbringtȱ dieȱneueȱPraxisȱdesȱLesersȱdenȱTextȱerstȱwirklichȱzurȱGeltung,ȱdennȱdieȱ „historischeȱPointe“ȱdesȱTextesȱliegtȱbeimȱHörer,ȱderȱdenȱTextȱ‚gescheȬ henȱ lässt‘.ȱ Eineȱ biblischeȱ Erzählungȱ istȱ damitȱ keineȱ Historieȱ imȱ herȬ kömmlichenȱSinne,ȱsondernȱ„geschehendeȱGeschichte“.64ȱ
Eineȱ letzteȱ Differenzierungȱ istȱ inȱ diesemȱ Zusammenhangȱ nochȱ erforȬ derlich:ȱWennȱimȱFolgendenȱvomȱ„Leser“ȱgesprochenȱwird,ȱsoȱistȱdiesȱ imȱ Sinneȱ desȱ „ModellȬLesers“ȱzuȱ verstehen.ȱ DieserȱBegriffȱ wurdeȱ vonȱ U.ȱEcoȱimȱZusammenhangȱmitȱseinenȱÜberlegungenȱzurȱintentioȱoperisȱ eingeführtȱundȱtheoretischȱgrundgelegt.ȱEcoȱlöstȱdamitȱdieȱProblematikȱ derȱintentioȱlectorisȱaufȱsinnvolleȱWeise:ȱBeimȱ(ModellȬ)Leserȱhandeltȱesȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ Worte,ȱ 126f).ȱ Vgl.ȱ außerdemȱ BOUHUIJS/DEURLOO,ȱ Gegroeideȱ geschriften,ȱ 16ȱ undȱ CASALIS,ȱDieȱrichtigenȱIdeenȱfallenȱnichtȱvomȱHimmel,ȱ53Ȭ60.ȱ 60ȱȱ BOUHUIJS/DEURLOO,ȱ Deȱ stemȱ inȱ hetȱ gebeuren,ȱ 37ȱ (eigeneȱ Übersetzungȱ ausȱ demȱ Niederländischen).ȱ 61ȱȱ „Onhistorischȱcharakterȱvanȱbijbelseȱverhalen.“ȱDiesemȱThemaȱistȱeineȱganzeȱMonoȬ graphieȱ gewidmet:ȱ DEURLOO,ȱ Waarȱ gebeurt.ȱ Overȱ hetȱ onhistorischȱ charakterȱ vanȱ bijbelseȱverhalen,ȱBarnȱ1981.ȱ 62ȱȱ Ganzȱ ähnlichȱ bringtȱ auchȱ MARTINȱ BUBERȱ dieȱ Unterscheidungȱ vonȱ Historieȱ undȱ BotschaftȱaufȱdenȱPunkt:ȱ„DieȱhebräischeȱBibelȱistȱwesentlichȱdurchȱdieȱSpracheȱderȱ Botschaftȱgeprägtȱundȱgefügt.ȱDieȱ‚Prophetie’ȱistȱ nurȱdieȱ deutlichste,ȱdieȱgleichsamȱ nackteȱErscheinungȱderȱBotschaft;ȱdaȱwirdȱoffenȱgekündet,ȱwasȱzuȱkündenȱist.ȱAberȱ esȱgibtȱkaumȱirgendeinenȱTeil,ȱkaumȱirgendeineȱStilformȱderȱSchrift,ȱdieȱnichtȱunmitȬ telbarȱoderȱmittelbarȱanȱdieȱBotschaftȱgebundenȱundȱvonȱihrȱgetragenȱwäre.ȱWirȱleȬ senȱ dieȱ frühenȱ Genealogien,ȱ dieȱ scheinbarȱ absichtsledigenȱ Namenreihenȱ erweisenȱ sich,ȱ inȱ Auswahlȱ undȱ Anordnung,ȱ alsȱ Sendlingeȱ derȱ Botschaft.ȱ […]“ȱ (BUȬ BER/ROSENZWEIG,ȱDieȱSchriftȱundȱIhreȱVerdeutschung,ȱ55Ȭ75ȱhier:ȱ55).ȱ 63ȱȱ BOUHUIJS/DEURLOO,ȱ Deȱ stemȱ inȱ hetȱ gebeuren,ȱ 42fȱ (eigeneȱ Übersetzungȱ ausȱ demȱ Niederländischen).Vgl.ȱzumȱFolgendemȱauchȱS.ȱ92f.ȱundȱDEURLOO,ȱDeȱvoorrangȱderȱ werkelijkheid,ȱ268Ȭ275.ȱEineȱumfassendeȱDarstellungȱderȱArbeitsweiseȱundȱTheoloȬ gieȱKARELȱDEURLOOSȱbeiȱBAUER,ȱAllȱdieseȱWorte,ȱ126Ȭ146.ȱ 64ȱȱ DEURLOO,ȱLesen,ȱwasȱgeschriebenȱsteht,ȱ17.ȱ
26ȱ
TeilȱA:ȱGrundlagenȱ
ȱ sichȱ umȱ einȱ textbasiertes,ȱ anthropomorphes,ȱ nichtȬempirischesȱ KonȬ strukt65,ȱ dasȱ gewissermaßenȱ Ausdruckȱ textimmanenterȱ Strategienȱ ist:ȱ EineȱArtȱSummeȱallerȱEigenschaftenȱundȱTextmerkmale,ȱdieȱdieȱLektüȬ reȱderȱempirischenȱLeserinnenȱundȱLeserȱsteuernȱundȱWirkungenȱerzieȬ lenȱwollen.66ȱPrimärerȱRelationspunktȱdesȱLesensȱundȱVerstehensȱbleibtȱ damitȱimmerȱnochȱderȱTextȱalsȱsolcher.ȱ 3.2.2ȱAuslegungȱimȱKontextȱdesȱKanonsȱ Derȱ textȬȱ sowieȱ leserzentrierteȱ Ansatzȱ analysiertȱ denȱ Textȱ inȱ seinenȱ Kontexten.ȱ Derȱ Gesamtkontextȱ derȱ Einzeltexteȱ istȱ derȱ konkrete,ȱ bibliȬ scheȱ Schriftenkanon.ȱ Inȱ methodischerȱ Sichtȱ willȱ dieseȱ Arbeitȱ anȱ denȱ Diskursȱ umȱ dieȱ neuerenȱ profiliertenȱ Ansätzeȱ sog.ȱ „kanonischȬ intertextueller“ȱ Methodikȱ anschließen.ȱ Wieȱ derȱ vonȱ Berndȱ Janowskiȱ herausgegebeneȱ Sammelbandȱ „Kanonhermeneutik.ȱ Vomȱ Lesenȱ undȱ Verstehenȱ derȱ christlichenȱ Bibel“ȱ (dieserȱ dokumentiertȱ dieȱ Vorträge,ȱ dieȱimȱJuniȱ2006ȱaufȱeinemȱTübingerȱSymposiumȱzumȱThemaȱ„KanonȬ hermeneutik“ȱ gehaltenȱ wurden67)ȱ sowieȱ derȱ gleichzeitigȱ erschieneneȱ BandȱEgbertȱBallhornȱundȱ GeorgȱSteinsȱ (Hg.),ȱ„DerȱBibelkanonȱ inȱ derȱ Bibelauslegung.ȱ Methodenreflexionȱ undȱ Beispielexegesen“ȱ zeigen,ȱ istȱ derȱ„Kanon“ȱzuȱeinemȱSchlüsselbegriffȱinȱderȱneuerenȱBibelauslegungȱ geworden.68ȱ Derȱ Begriffȱ verweistȱ nachdrücklichȱ aufȱ dieȱ theologischeȱ Bedeutungȱ desȱ Bibelkanons,ȱ alsoȱ dessenȱ theologischeȱ Botschaft,ȱ nichtȱ nurȱdiejenigeȱderȱEinzeltexte.ȱȱ DieȱStruktur,ȱdieȱeinemȱTextȱvomȱAutorȱ(oderȱeinerȱAutorenȬȱbzw.ȱ Redaktorengruppe)ȱ verliehenȱ wird,ȱ prägtȱ nichtȱ nurȱ denȱ innerenȱ AufȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 65ȱȱ DasȱerübrigtȱauchȱeineȱgenderȬsensibleȱDifferenzierung.ȱ 66ȱȱ S.ȱECO,ȱLectorȱinȱfabula;ȱDERS.,ȱDieȱGrenzenȱderȱInterpretation,ȱpassim;ȱundȱDERS.,ȱImȱ WaldȱderȱFiktionen,ȱ18.ȱ 67ȱȱ Vgl.ȱ JANOWKSI,ȱ (Hg.),ȱ Kanonhermeneutik.ȱ Vomȱ Lesenȱ undȱ Verstehenȱ derȱ christliȬ chenȱBibelȱ(Theologieȱinterdisziplinärȱ1),ȱNeukirchenȬVluynȱ2007.ȱ 68ȱȱ Eineȱ Forschungsübersichtȱ zurȱ neuerenȱ Debatteȱ beiȱ BARTHEL,ȱ Dieȱ kanonȬ hermeneutischeȱ Debatteȱ seitȱ Gerhardȱ vonȱ Rad,ȱ 1Ȭ26.ȱ Imȱ Hintergrundȱ stehenȱ eineȱ Reiheȱ vonȱ Entwicklungenȱ undȱ Fragestellungenȱ zurȱ Methodikȱ einerȱ intertextuellȬ kanonischenȱExegese;ȱs.ȱbes.ȱdieȱprogrammatischenȱUntersuchungenȱvonȱSTEINSȱundȱ HIEKE:ȱ STEINS,ȱ Dieȱ „Bindungȱ Isaaks“ȱ imȱ Kanonȱ (Genȱ 22).ȱ Grundlagenȱ undȱ ProȬ grammȱeinerȱkanonischȬintertextuellenȱLektüre,ȱFreiburg/Baselȱu.a.ȱ1999ȱbzw.ȱHIEKE,ȱ Dieȱ Genealogienȱ derȱ Genesisȱ (HBSȱ 39),ȱ Freiburg/Baselȱ u.a.ȱ 2003.ȱ Zurȱ Beschreibungȱ vonȱ Grundlagen,ȱ Programmȱ undȱ Methodeninstrumentariumȱ einerȱ kanonischȬ intertextuellenȱLektüreȱs.ȱvorȱallemȱdieȱmethodischenȱGrundlegungenȱinȱbeiderȱHaȬ bilitationsschrift;ȱzusätzlich:ȱSTEINS,ȱ Kanonischȱlesen,ȱ45Ȭ64;ȱHIEKE,ȱ Mtȱ1,1ȱvomȱBuchȱ Genesisȱ herȱ gelesen,ȱ 635Ȭ649;ȱ DERS.,ȱ Vomȱ Verstehenȱ biblischerȱ Texte,ȱ 71Ȭ89;ȱ DERS.,ȱ NeueȱHorizonte.ȱBiblischeȱAuslegungȱalsȱWegȱzuȱungewöhnlichenȱPerspektiven,ȱ65Ȭ 76.ȱ
3.ȱAnlageȱderȱStudieȱ–ȱZurȱMethodeȱ
27
bauȱ desȱ Textes,ȱ sondernȱ bestimmtȱ auchȱ dessenȱ Wahrnehmungȱ durchȱ LeserȱoderȱHörer.ȱDieseȱStrukturȱschlägtȱsichȱz.B.ȱimȱAufbauȱeinesȱTexȬ tesȱ oderȱ durchȱ dieȱ Bezugnahmeȱ einzelnerȱ Texteȱ aufeinanderȱ nieder,ȱ bestimmtȱdieȱArtȱundȱWeiseȱderȱRezeptionȱundȱwirdȱ(nebenȱsyntaktiȬ schenȱundȱsemantischenȱAspekten)ȱgleichsamȱselbstȱzumȱTeilȱderȱBotȬ schaft.ȱDaherȱsollȱdieȱTatsache,ȱdassȱesȱbeiȱderȱFrageȱnachȱdemȱKanonȱ derȱzweigeteiltenȱchristlichenȱBibelȱumȱetwasȱgeht,ȱwasȱtiefȱinȱderȱAnȬ lageȱ derȱ biblischenȱ Bücherȱ verankertȱ ist,ȱ inȱ dieserȱ Untersuchungȱ beȬ leuchtetȱwerden.ȱWährendȱdieȱErforschungȱdesȱbiblischenȱKanonsȱlanȬ geȱZeitȱalsȱausschließlichȱhistorischeȱFrageȱnachȱZeitpunkt,ȱAnlassȱundȱ Umfangȱ derȱ Festlegungȱ verbindlicherȱ Schriftensammlungenȱ imȱ VorȬ dergrundȱdesȱInteressesȱstand,ȱhatȱdieȱBibelwissenschaftȱ–ȱaufȱevangeȬ lischerȱwieȱaufȱkatholischerȱSeiteȱ–ȱinȱdenȱletztenȱJahrenȱverstärktȱnachȱ denȱsachlichenȱMotivenȱgefragt69,ȱdieȱzurȱHerausbildungȱdesȱbiblischenȱ Kanonsȱ undȱ seinesȱ theologischenȱ Profilsȱ geführtȱ haben.ȱ Aufbauendȱ aufȱ denȱVorarbeitenȱvonȱMartinȱBuberȱ(„Leitwortstil“70)ȱundȱanderenȱlieferȬ teȱbereitsȱabȱdenȱ1960erȬJahrenȱderȱNiederländerȱundȱreformierteȱTheoȬ logeȱFransȱBreukelmanȱeinȱinspirierendesȱkanontheologischesȱKonzeptȱ desȱTeNaK.71ȱDiesȱwurdeȱspäterȱvonȱKarelȱA.ȱDeurlooȱundȱderȱ„AmsȬ terdamerȱ Tradition“ȱ aufgegriffenȱ undȱ profiliert.ȱ Allerdingsȱ sindȱ dieȱ niederländischenȱkanontheologischenȱModelleȱ–ȱwohlȱwegenȱfehlenderȱ Übersetzungenȱ –ȱ inȱ derȱ deutschenȱ Forschungsweltȱ weitestgehendȱ unȬ bekannt.ȱ Sieȱ erfasstenȱ dieȱ textimmanentenȱ Erzählstrategienȱ schonȱ daȬ malsȱ mitȱ bemerkenswerterȱ theologischerȱ Präzisionȱ undȱ einzigartigemȱ Gespürȱ fürȱ dieȱ biblischenȱ Texte.ȱ Dieȱ exegetischenȱ Erkenntnisseȱ dieserȱ speziellȱ reformiertenȱ AuslegungsȬTraditionȱ sollenȱ inȱ dieserȱ UntersuȬ chungȱ inȱ besondererȱ Weiseȱ berücksichtigtȱ undȱ inȱ denȱ hiesigenȱ ForȬ schungsdiskursȱeingebrachtȱwerden.ȱ GegenüberȱeinemȱengenȱVerständnisȱvonȱKanon,ȱwelchesȱnurȱeineȱ Auswahl,ȱAnordnungȱ und/oderȱ autoritativeȱ Inkraftsetzungȱ einerȱListeȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 69ȱȱ Eineȱ Forschungsübersichtȱ derȱ kanonhermeneutischenȱ Debatteȱ (leiderȱ vorwiegendȱ nurȱüberȱdieȱdeutscheȱForschung)ȱbietenȱneuerdingsȱBARTHEL,ȱDieȱkanonhermeneuȬ tischeȱDebatteȱseitȱGerhardȱvonȱRad,ȱ1Ȭ26ȱundȱBEHRENS,ȱKanon,ȱ274Ȭ297.ȱ 70ȱȱ Vgl.ȱdazuȱAnm.ȱ57.ȱ 71ȱȱ S.ȱvorȱallemȱBREUKELMAN,ȱBijbelseȱTheologie.ȱDeelȱI,2:ȱtoledoth.ȱImȱAllgemeinenȱlässtȱ sichȱinȱdenȱreformatorischenȱTraditionenȱreformierterȱPrägungȱeineȱbesondersȱhoheȱ Wertschätzungȱ derȱ Bedeutungȱ derȱ Einheitȱ desȱ gesamtenȱ biblischenȱ Kanonsȱ wahrnehȬ menȱ –ȱ undȱ zwarȱ vonȱ Beginnȱ an;ȱ zumȱ „kanonischen“ȱ Denkenȱ maßgeblicherȱ reforȬ mierterȱRichtungenȱundȱzuȱderȱdarausȱresultierendenȱbesondersȱakzentuiertenȱVerȬ hältnisbestimmungȱvonȱAltemȱundȱNeuemȱTestamentȱ(namentlichȱbeiȱKARLȱ BARTH,ȱ VANȱ RULERȱ undȱ MISKOTTE)ȱ s.ȱ jetztȱ HENSEL,ȱ Dieȱ Verhältnisbestimmungȱ vonȱ Altemȱ undȱ Neuemȱ Testamentȱ alsȱ Fundamentȱ einerȱ christlichenȱ Theologie,ȱ CVȱ 51ȱ (2009),ȱ 141Ȭ172.ȱ
28ȱ
TeilȱA:ȱGrundlagenȱ
ȱ biblischerȱ Bücherȱ berücksichtigt,ȱ sollȱ hierȱ „Kanon“ȱ alsȱ Ausdruckȱ desȱ „Glaubensbewußtseinsȱ derȱ Glaubensgemeinschaft“72ȱ inȱ denȱ Blickȱ kommen.ȱ Dieȱ Bindungȱ anȱ dieȱ (imȱ Falleȱ desȱ TeNaK)ȱ jüdischeȱ bzw.ȱ christlicheȱ Glaubensgemeinschaftȱ trittȱ nichtȱ sekundärȱ zurȱ Bibelȱ hinzu,ȱ sondernȱ gehörtȱ primärȱ zurȱ rezeptivenȱ Gestaltȱ desȱ Kanons.ȱ Soȱ werdenȱ dieȱbiblischenȱSchriftenȱinȱdiesemȱSinnȱnichtȱerstȱzumȱKanon,ȱsondernȱ sieȱ entstehenȱ alsȱ Kanon,ȱ „undȱ zwarȱ nichtȱ zuletztȱ durchȱ SchriftausleȬ gung.“73ȱ Kanonisierungȱ istȱ damitȱ imȱ aktivenȱ undȱ prozessualenȱ Sinneȱ zuȱ verstehen:ȱ Seineȱ Autoritätȱ gewinntȱ derȱ Kanonȱ imȱ fortschreitendenȱ Prozessȱ derȱ verstehendenȱ Aneignung,ȱ inȱ demȱ dieȱ Gemeinschaftȱ dieȱ lebenserhellendeȱ undȱ Ȭveränderndeȱ Kraftȱ derȱ kanonischenȱ Schriftenȱ erkenntȱundȱzugleichȱanerkennt.74ȱDennȱeinȱSchriftenkanonȱistȱnichtȱunȬ abhängigȱvonȱderȱRezeptionsȬȱbzw.ȱGlaubensgemeinschaftȱzuȱdenken,ȱ derenȱidentitätsstiftenderȱMaßstabȱerȱist.75ȱInȱundȱmitȱderȱIdentifikationȱ ihrerȱ Texteȱ identifiziertȱ dieȱ Gemeinschaftȱ sichȱ selbst,ȱ auchȱ wennȱ dieȱ IdentitätȱderȱGemeinschaftȱebensoȱwieȱdieȱdesȱKanonsȱstetsȱeineȱpluraleȱ undȱgebrocheneȱbleibt.76ȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 72ȱȱ DOHMEN/STEINS,ȱArt.ȱ„Schriftauslegung:ȱI.ȱBiblischȬtheologisch“,ȱ253.ȱȱ 73ȱȱ DOHMEN/STEINS,ȱArt.ȱ„Schriftauslegung:ȱI.ȱBiblischȬtheologisch“,ȱ254.ȱ 74ȱȱ ZurȱBeziehungȱvonȱText,ȱKanonȱundȱGemeinschaftȱs.ȱauchȱMORGAN.ȱ Erȱsprichtȱvonȱ „communityȱ andȱ textȱ inȱ dialogue”ȱ (MORGAN,ȱ Betweenȱ Textȱ andȱ Community,ȱ 11Ȭ29,ȱ Zitatȱ 15;ȱ Hervorhebungȱ BH).ȱ MORGANȱ weiter:ȱ „Inȱ theȱ processȱ ofȱ thisȱ dialogue,ȱ theȱ textȱisȱshapedȱbyȱtheȱcommunityȱandȱitsȱparticularȱneeds“ȱ(MORGAN,ȱBetweenȱTextȱ andȱCommunity,ȱ15).ȱ 75ȱȱ Vgl.ȱ VANȱ DERȱ KOOI,ȱ Kircheȱ alsȱ Lesegemeinschaft,ȱ 63Ȭ72.ȱ Dieseȱ Kanondeutungȱ istȱ sinnvoll,ȱdaȱderȱliterarischeȱProzessȱderȱproduktivenȱFortschreibungȱbzw.ȱRezeption,ȱ derȱ zurȱ Bibelȱ alsȱ Heiligerȱ Schriftȱ geführtȱ hat,ȱ aufȱ weitenȱ Streckenȱ auchȱ immerȱ einȱ ProzessȱderȱSchriftauslegungȱist,ȱinȱdemȱdieȱGlaubensgemeinschaftȱihreȱGlaubenserȬ fahrungenȱ undȱ ihrenȱ Gebrauchȱ derȱ Glaubenszeugnisseȱ inȱ Gottesdienstȱ undȱ UnterȬ weisungȱfestgehaltenȱhat.ȱȱ 76ȱȱ ZurȱRelationȱvonȱKanonȱundȱKircheȱvgl.ȱdieȱArtikelȱvonȱHERMSȱundȱTIETZȱimȱSamȬ melbandȱJANOWSKIȱ (Hg.),ȱKanonhermeneutik.ȱVomȱLesenȱundȱVerstehenȱderȱchristȬ lichenȱ Bibelȱ (Theologieȱ interdisziplinärȱ 1),ȱ NeukirchenȬVluynȱ 2007.ȱ HERMSȱ arbeitetȱ inȱ höchsterȱ Differenziertheitȱ undȱ Präzisionȱ dieȱ verschiedenenȱ Bedeutungsebenenȱ heraus,ȱdieȱhinterȱdemȱBegriffȱ„Kanon“ȱstehenȱ(s.ȱHERMS,ȱDieȱHeiligeȱSchriftȱalsȱKaȬ non,ȱ69Ȭ98).ȱNachȱdemȱVerhältnisȱvonȱ„KanonȱundȱKirche“ȱundȱdamitȱnachȱderȱBeȬ deutungȱ desȱ Kanonsȱ fürȱ Einheitȱ undȱ Vielfaltȱ derȱ Kircheȱ fragtȱ TIETZȱ undȱ entfaltetȱ damitȱeinenȱvonȱHERMSȱzumȱSchlussȱangesprochenenȱPunktȱweiter.ȱSieȱkannȱzeigen,ȱ dassȱ derȱ Kanonȱ einerseitsȱ dieȱ Vielfaltȱ derȱ Kircheȱ bezeugtȱ undȱ damitȱ eineȱ Vielzahlȱ vonȱKonfessionenȱundȱsachlicheȱDifferenziertheitȱinnerhalbȱderȱKircheȱausdrücklichȱ zulässt.ȱAndererseitsȱseiȱderȱKanonȱinȱallenȱseinenȱTeilenȱaufȱeinȱundȱdenselbenȱGeȬ schehenszusammenhangȱaußerhalbȱseinerȱselbstȱwieȱaufȱeinenȱFluchtpunktȱbezogen,ȱ wasȱdieȱEinheitȱderȱKircheȱbegründet.ȱEinheitȱderȱKircheȱalsȱEinheitȱinȱVielfaltȱdurchȱ Jesusȱ Christusȱ seiȱ durchȱ alleȱ Kirchentrennungȱ hindurchȱ schonȱ längstȱ gegeben,ȱ soȱ TIETZ.ȱDiesȱlässtȱnachȱderȱAutoritätȱdesȱKanonsȱfragen:ȱDieȱVerbindlichkeitȱdesȱKaȬ
3.ȱAnlageȱderȱStudieȱ–ȱZurȱMethodeȱ
29
MitȱderȱRelationȱTextȱundȱGemeinschaft,ȱderȱReferenzȱdesȱKanonsȱaufȱ eineȱWeltȱvorȱdemȱTextȱundȱdemȱkanonischenȱProzessȱsindȱdieȱgrundȬ legendenȱKoordinatenȱderȱneuerenȱkanonȬhermeneutischenȱDiskussionȱ angesprochen,ȱdieȱinȱdieserȱUntersuchungȱzuȱberücksichtigenȱsind.77ȱȱ Eineȱ abschließendeȱ methodischeȱ Präzisierungȱ zumȱ „biblischen“ȱ KanonȱistȱanȱdieserȱStelleȱnochȱvonȱBedeutung.ȱDaȱinȱtextȬȱundȱliteraȬ turtheoretischemȱ Sinneȱ derȱ Kanonȱ keineȱ bloßeȱ Sammlungȱ oderȱ reineȱ Rahmungȱ einesȱ Textencorpusȱ ist,ȱ sondernȱ einȱ eigenerȱ Text,78ȱ wirdȱ eineȱ begrifflicheȱDifferenzierungȱzwischenȱ„Kanon“ȱalsȱtheologischemȱKonȬ zeptȱ undȱ derȱ konkretenȱ Kanonausprägungȱ entscheidendȱ undȱ nötig.79ȱ Dennȱ dieȱ Ideeȱ desȱ Kanonsȱ hatȱ zuȱ einerȱ Vielzahlȱ verschiedenerȱ Kanonausprägungenȱ geführt,ȱ dieȱ alleȱ ihrȱ eigenesȱ Rechtȱ habenȱ undȱ inȱ obenȱ beschriebenemȱ Sinneȱ alsȱ eigenerȱ Textȱ anzusehenȱ sind.ȱ Derȱ eineȱ Urkanonȱistȱnichtȱauszumachen,ȱzumalȱderȱKanonisierungsprozess,ȱwieȱ obenȱ gezeigt,ȱ einȱ komplexesȱ Wechselspielȱ zwischenȱ Text,ȱ AutorenȬ gruppe(n)ȱundȱLesegemeinschaftȱist:ȱPeterȱBrandtȱhatȱinȱeinerȱgrundleȬ gendenȱ Studieȱ dieȱ historischȱ bedingtenȱ verschiedenenȱ Ausprägungenȱ bzw.ȱ Endgestaltenȱ desȱ Kanons,ȱ dieȱ fürȱ jeweilsȱ unterschiedlicheȱ GlauȬ bensgemeinschaftenȱ stehen,ȱ aufgearbeitetȱ undȱ ausgewertet.80ȱ Dieȱ unȬ terschiedlicheȱ Auswahlȱ undȱ Anordnungȱ derȱ biblischenȱ Bücherȱ inȱ denȱ verschiedenenȱ Endgestaltenȱ bewirkenȱ einenȱ jeweilsȱ unterschiedlichenȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ
77ȱȱ
78ȱȱ
79ȱȱ 80ȱȱ
nonsȱ seiȱ –ȱ soȱ TIETZȱ weiterȱ –ȱ durchȱ seineȱ Rezeptionȱ undȱ seinenȱ Gebrauchȱ begründet,ȱ dennȱdarinȱspiegeleȱsichȱdieȱTatsache,ȱdassȱdieȱKircheȱdasȱeineȱGeschehen,ȱaufȱdasȱ sichȱdieȱTexteȱfluchtpunktartigȱbeziehen,ȱalsȱwahrȱerfahrenȱhatȱ(s.ȱTIETZ,ȱKanonȱundȱ Kirche,ȱ99Ȭ119).ȱ Dieȱ Diskussionȱ dieserȱ Koordinatenȱ imȱ Detailȱ istȱ hierȱ nichtȱ möglich;ȱ verwiesenȱ seiȱ aufȱ dieȱ ausführlicheȱ Darstellungȱ beiȱ HIEKE,ȱ Vomȱ Verstehenȱ biblischerȱ Texte,ȱ 71Ȭ89ȱ undȱDERS.,ȱ„BiblischeȱTexteȱalsȱTexteȱderȱBibelȱauslegen“,ȱ331Ȭ345.ȱ Vgl.ȱ SCHWIENHORSTȬSCHÖNBERGER,ȱ Einheit,ȱ 67:ȱ „Ihreȱ letztlicheȱ normativeȱ BedeuȬ tungȱgewinnenȱ dieȱTexteȱderȱBibelȱnichtȱalsȱEinzeltexte,ȱsondernȱalsȱTeiltexteȱeinesȱ Makrokontextes,ȱ denȱ wirȱ alsȱ Kanonȱ bezeichnenȱ […]ȱ Derȱ kanonischeȱ Textȱ istȱ (letztȬ lich)ȱalsȱeinȱTextȱzuȱverstehen.“ȱInȱAnalogieȱzurȱMontagetechnikȱinȱderȱmoderneȱMaȬ lerei,ȱPoesie,ȱbildendenȱKunstȱundȱFilmkunstȱbeschreibtȱKÖRTNERȱdieȱFunktionȱdesȱ Kanonsȱwieȱfolgt:ȱ„ManȱwirdȱsogarȱnochȱeinenȱSchrittȱweiterȱgehenȱundȱsagenȱkönȬ nen,ȱdassȱschonȱderȱbiblischeȱKanonȱeineȱliterarischeȱMontageȱist.ȱIndemȱdieȱalttesȬ tamentlichenȱ undȱ neutestamentlichenȱ Schriftenȱ ausȱ einerȱ umfangreichenȱ religiösenȱ LiteraturȱausgesondertȱundȱzuȱheiligenȱTextenȱerklärtȱwurden,ȱhatȱmanȱsieȱalsȱTeileȱ zuȱeinemȱneuenȱGanzenȱzusammengefügt,ȱinȱwelcherȱderȱLeserȱimmerȱneueȱSinnbeȬ zügeȱentdeckenȱkannȱundȱsoll.ȱ[…]ȱDerȱKanonȱistȱnichtȱnurȱeinȱLeitfadenȱdesȱGlauȬ bens,ȱ sondernȱ eineȱ Anweisungȱ zumȱ Lesenȱ […]ȱ [D]ieȱ Schriftȱ [ist]ȱ eineȱ Anleitungȱ zuȱ fortgesetzterȱ gemeinschaftlicherȱ synchronerȱ Lektüreȱ derȱ inȱ ihrȱ zusammengestelltenȱ Texte.“ȱ (KÖRTNER,ȱ Spiritualität,ȱ 51).ȱ S.ȱ dazuȱ auchȱ HIEKE,ȱ Vomȱ Verstehenȱ biblischerȱ Texte,ȱ77f.ȱ Hierzuȱmaßgeblich:ȱHIEKE,ȱVomȱVerstehen,ȱ71Ȭ89,ȱbes.ȱ72Ȭ74.78Ȭ80.ȱ S.ȱBRANDT,ȱEndgestaltenȱdesȱKanons.ȱ
30ȱ
TeilȱA:ȱGrundlagenȱ
ȱ KanonȬTextȱundȱdamitȱeinenȱjeȱverschiedenenȱKontextȱdesȱzuȱuntersuȬ chendenȱEinzeltextes.ȱȱ Freilichȱ verhältȱ esȱ sichȱ nunȱ nichtȱ so,ȱ dassȱ dasȱ Arrangementȱ derȱ SchriftenȱIsraelsȱinȱderȱjüdischenȱundȱchristlichenȱBibelȱeineȱvölligȱbeȬ liebige,ȱjeweilsȱbuntȱabwechselndeȱAnordnungȱist.ȱDieȱÜberschneidunȬ genȱ undȱ Gemeinsamkeitenȱ überwiegenȱ dieȱ Unterschiedeȱ beiȱ Weitem.ȱ Vereinfachendȱ könnenȱ hierȱ dreiȱ Endgestaltenȱ desȱ Kanonsȱ unterschieȬ denȱwerden:ȱderȱKanonȱderȱhebräischenȱBibelȱ(Tora,ȱNebi’imȱundȱKetuȬ bimȱ=ȱTeNaK),ȱderȱKanonȱderȱgriechischenȱBibelȱ(LXX),ȱsowieȱderȱKaȬ nonȱ derȱ christlichenȱ Kirchenȱ ausȱ Altemȱ undȱ Neuemȱ Testament.81ȱ Brandtȱ gelingtȱ es,ȱ gewisseȱ „Grundstrukturen“ȱ herauszuarbeiten,ȱ dieȱ (mitȱ gewisserȱ Abstraktion)ȱ inȱ allenȱ Arrangementsȱ gleichȱ bleiben.82ȱ Gleichwohlȱ seiȱ eingeräumt,ȱ dassȱ esȱ eineȱ Reiheȱ vonȱ interessanten,ȱ geȬ schichtlichȱbedingtenȱVariantenȱgibt.ȱȱ Brandtȱ hebtȱ nunȱ ausdrücklichȱ hervor,ȱ dassȱ dieȱ Vielzahlȱ möglicherȱ Arrangementsȱ imȱ Prinzipȱ „jeȱ eigensȱ synchronȱ lesbarȱ wären.“83ȱ Dieȱ theologischenȱImplikationenȱdieserȱArrangementsȱsindȱteilsȱsehrȱprofiȬ liert:ȱ Währendȱ derȱ dreiteiligeȱ hebräischeȱ Kanonȱ inȱ allenȱ Unterteilenȱ stetsȱaufȱdieȱToraȱalsȱinhaltlichemȱZentrumȱverweist,84ȱzeigtȱderȱSeptuȬ agintaȬKanonȱeineȱvölligȱandereȱAnordnungȱderȱBücher,ȱdieȱeinȱhistoȬ risierendesȱ Konzeptȱ erkennenȱ lässt:ȱ Esȱ wirdȱ einȱ heilsgeschichtlicherȱ Bogenȱ gespanntȱ vonȱ derȱ Schöpfungȱ bisȱ zurȱ Verkündigungȱ undȱ denȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 81ȱȱ Mitȱ denȱ konfessionellenȱ Unterschiedenȱ hinsichtlichȱ derȱ Gewichtungȱ deuteroȬ kanonischerȱ Bücher.ȱ Dieȱ kanonischeȱ Bewertungȱ istȱ hierȱ teilsȱ sehrȱ diffizil:ȱ beispielsȬ weiseȱgehtȱdieȱrömischȬkatholischeȱKircheȱinȱihrerȱAnordnungȱderȱBücherȱüberȱdieȱ Vulgataȱ aufȱ dieȱ Reihenfolgeȱ derȱ LXXȱ zurück;ȱ Lutherȱ hingegenȱ führteȱ einȱ seltsamȱ hybridesȱModellȱein:ȱErȱwollteȱzurückȱzuȱdenȱWurzeln,ȱalsoȱzumȱhebräischenȱText,ȱ behieltȱaberȱdieȱReihenfolgeȱderȱLXXȱbei.ȱKonsequenterweiseȱmüssteȱdieȱAnordnungȱ inȱ derȱ Reihenfolgeȱ desȱ TeNaKȱ erfolgen.ȱ Dieȱ TeNaKȬReihenfolgeȱ fürȱ dieȱ christlicheȱ Bibelȱ machtȱ wiederȱ dieȱ „Bibelȱ inȱ gerechterȱ Sprache“ȱ stark;ȱ vgl.ȱ nochȱ dieȱ vielfachenȱ Versucheȱ inȱ denȱ reformiertenȱ Niederlanden,ȱ dieseȱ Kanonformȱ fürȱ dieȱ Gemeindenȱ einzuführen.ȱ 82ȱȱ Vgl.ȱ BRANDT:ȱ „Imȱ Judentumȱ hatȱ sichȱ eineȱ relativȱ klarȱ strukturierteȱ Bibelȱ durchgeȬ setztȱ[…]ȱMitȱderȱStrukturierungȱistȱallerȱWahrscheinlichkeitȱnachȱeinȱtheologischesȱ Programmȱ intendiertȱ gewesen,ȱ dessenȱ Bedeutungȱ inȱ derȱ Rezeptionȱ offenbarȱ ‚verȬ standen‘ȱundȱbeibehaltenȱwurde.“ȱ(BRANDT,ȱEndgestaltenȱdesȱKanons,ȱ347).ȱBRANDTȱ erschließtȱ ausȱ denȱ unzähligenȱ verschiedenenȱ Arrangementsȱ eineȱ „Hauptform“ȱ (BRANDT,ȱEndgestaltenȱdesȱKanons,ȱ352):ȱErȱsiehtȱalsȱKernpunkteȱdieserȱHauptformȱ dieȱdreiȱBlöckeȱ„historischeȱBücher“ȱ(mitȱjeweiligerȱAkzentuierungȱdesȱPentaȬ,ȱoderȱ Hexateuchsȱ undȱ derȱ „zweiten“ȱ Abteilungȱ Samȱ bisȱ Kön),ȱ „salomonischerȱ Bücher“ȱ (Spr,ȱ Koh,ȱ Hld)ȱ undȱ 16ȱ „prophetischen“ȱ Büchernȱ (Jes,ȱ Jer,ȱ mitȱ Klgl,ȱ Ez,ȱ Dan,ȱ Dodekapropheton).ȱDieȱrestlichenȱBücherȱnehmenȱunterschiedlicheȱPlätzeȱein.ȱȱ 83ȱȱ BRANDT,ȱEndgestaltenȱdesȱKanons,ȱ397.ȱ 84ȱȱ Vgl.ȱdazuȱausführlicherȱTeilȱC.3.5.1.ȱ
3.ȱAnlageȱderȱStudieȱ–ȱZurȱMethodeȱ
31
VerheißungenȱderȱPropheten.ȱDieseȱKanonausprägungȱbegünstigtȱwieȬ derumȱeineȱbestimmteȱLesartȱdesȱNeuenȱTestaments,ȱdieȱsichȱ(vereinfaȬ chendȱgesprochen)ȱamȱSchemaȱvonȱVerheißungȱ(Propheten)ȱundȱErfülȬ lungȱ(vgl.ȱdieȱsog.ȱ„Erfüllungszitate“ȱimȱMtEv)ȱausrichtenȱkann.85ȱ Dieseȱ Unterschiedeȱ giltȱ esȱ inȱ dieserȱ Untersuchungȱ zuȱ bedenken,ȱ machenȱaberȱdieȱArbeitȱmitȱeinemȱprimärenȱKontextȱnichtȱunmöglich.86ȱ Soȱ betontȱ Steins:ȱ „Eineȱ kanonischȬintertextuelleȱ Lektüreȱ istȱ beiȱ jederȱ Kanongestaltȱ undȱ Textformȱ möglich;ȱ welcheȱ Kanongestaltȱ gewähltȱ wird,ȱberuhtȱaufȱVorentscheidungen,ȱdieȱnichtȱmitȱderȱgewähltenȱMeȬ thodeȱzusammenhängen.”87ȱȱ DieȱGenesis,ȱderenȱkanonischeȱStellungȱinȱBezugȱaufȱdieȱFunktionȱ derȱ Vertauschungserzählungenȱ eruiertȱ werdenȱ soll,ȱ istȱ insofernȱ inȱ kaȬ nonischerȱ Hinsichtȱ einȱ günstigerȱ Untersuchungsgegenstand,ȱ alsȱ dieseȱ inȱdenȱunterschiedlichstenȱKanonausprägungenȱimmerȱzuȱEingangȱderȱ BibelȱundȱinȱdenȱjüdischenȱTraditionenȱauchȱimmerȱzuȱBeginnȱderȱToraȱ platziertȱ ist.ȱ Dieȱ fürȱ eineȱ bestimmteȱ Kanonausprägungȱ getroffenenȱ Aussagenȱ könnenȱ damitȱ leichtȱ aufȱ andereȱ Ausformungenȱ appliziertȱ werden.ȱ Vorȱ demȱ Hintergrundȱ dieserȱ Beobachtungenȱ istȱ dieȱ Reflexionȱ derȱ EndgestaltenȱdesȱKanonsȱfürȱdieȱamȱKanonȱorientierteȱAuslegungȱvonȱ erheblicherȱBedeutung:ȱManȱmussȱsichȱstetsȱbewusstȱsein,ȱvonȱwelcherȱ KanonausprägungȱmanȱimȱkonkretenȱFallȱderȱAuslegungȱausgeht.ȱDasȱ istȱm.E.ȱeinesȱderȱgrundsätzlichenȱDefiziteȱdesȱ„CanonicalȱApproach“,ȱ derenȱ prominentesterȱ Vertreterȱ Childsȱ seinȱ dürfte:88ȱ Dieȱ bestimmteȱ Kanonausprägung,ȱ innerhalbȱ dererȱ dieȱ Texteȱ gelesenȱ wurden,ȱ wurdeȱ nichtȱeigensȱreflektiert.ȱThomasȱHiekeȱhatȱjüngstȱeineȱhilfreicheȱbegriffȬ licheȱPräzisierungȱvorgeschlagen,ȱdieȱdieseȱDifferenzierungȱaufnimmt:ȱ Derȱ Begriffȱ „Bibeln“ȱ (Plural!)ȱ wirdȱ vonȱ Hiekeȱ alsȱ materielleȱ KonkretiȬ sierungenȱ desȱ Kanonsȱ verstanden.89ȱ Kanonausprägungȱ undȱ KanonȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 85ȱȱ Soȱ wirdȱ etwaȱ dieȱ Verheißungȱ desȱ wiederkommendenȱ Elijaȱ inȱ Malȱ 3,23,ȱ alsoȱ zumȱ unmittelbarenȱ Ausgangȱ desȱ SeptuagintaȬKanons,ȱ direktȱ imȱ Matthäusevangelium,ȱ demȱ Beginnȱ desȱ neutestamentlichenȱ Kanons,ȱ alsȱ erfülltȱ angesehenȱ (Mtȱ 11,14).ȱ Dieȱ Beispieleȱ ließenȱ sichȱ mühelosȱ vermehren;ȱ dazuȱ ausführlicherȱ HENSEL,ȱ Dieȱ VerhältȬ nisbestimmungȱvonȱAltemȱundȱNeuemȱTestamentȱalsȱFundamentȱeinerȱchristlichenȱ Theologie,ȱ141Ȭ172.ȱ 86ȱȱ SoȱbetontȱSTEINS,ȱDieȱBindungȱIsaaks,ȱ32:ȱ„EineȱkanonischȬintertextuelleȱLektüreȱistȱ beiȱ jederȱ Kanongestaltȱ undȱ Textformȱ möglich;ȱ welcheȱ Kanongestaltȱ gewähltȱ wird,ȱ beruhtȱ aufȱ Vorentscheidungen,ȱ dieȱ nichtȱ mitȱ derȱ gewähltenȱ Methodeȱ zusammenȬ hängen.”ȱȱ 87ȱȱ STEINS,ȱDieȱBindungȱIsaaks,ȱ32.ȱ 88ȱȱ Vgl.ȱ denȱ programmatischenȱ Entwurfȱ vonȱ CHILDS,ȱ Oldȱ Testamentȱ Theologyȱ inȱ aȱ CanonicalȱContext.ȱ 89ȱȱ S.ȱHIEKE,ȱ„BiblischeȱTexteȱalsȱTexteȱderȱBibelȱauslegen“,ȱ331Ȭ345ȱbes.ȱ342Ȭ345.ȱ
32ȱ
TeilȱA:ȱGrundlagenȱ
ȱ „Idee“ȱ werdenȱ soȱ voneinanderȱ begrifflichȱ geschieden.ȱ Inȱ Konsequenzȱ dieserȱ Überlegungenȱ plädiertȱ Hiekeȱ (ebensoȱ wieȱ Dohmen)ȱ dafür,ȱ dieȱ beschriebeneȱ Methodeȱ alsȱ „biblischeȱ Auslegung“ȱ zuȱ bezeichnen.90ȱ DieȬ serȱ Begriffȱ ersetztȱ denȱ bisherȱ verwendetenȱ Begriffȱ „kanonischeȱ AusleȬ gung“ȱ(Lohfink,ȱRendtorff,ȱSteinsȱundȱZenger91).ȱ Fürȱ dieseȱ Untersuchungȱ sollȱ dieȱ konkreteȱ Kanonausprägungȱ derȱ hebräischenȱ Bibelȱ berücksichtigtȱ werden,ȱ d.h.ȱ dieȱ dreiteiligeȱ AnordȬ nungȱ derȱ biblischenȱ Bücherȱ alsȱ Tora,ȱ Nebi’imȱ undȱ Ketubim.ȱ Umȱ diesȱ anzugeben,ȱ sollȱ stattȱ derȱ fürȱ dieȱ christlicheȱ Exegeseȱ üblichenȱ BezeichȬ nungȱ „Altesȱ Testament“ȱ dasȱ ausȱ derȱ Dreigliederungȱ desȱ hebräischenȱ Kanonsȱ abgeleiteteȱ Kunstwortȱ „TeNaK“ȱ fürȱ dieseȱ Schriftensammlungȱ gebrauchtȱwerden.92ȱȱ Alsȱ Textgrundlageȱ dientȱ inȱ dieserȱ Untersuchungȱ derȱ masoretischeȱ TextȱderȱhebräischenȱBibel,ȱwieȱerȱinȱderȱBibliaȱHebraicaȱStuttgartensiaȱ inȱeinerȱwissenschaftlichȱfundiertenȱAusgabeȱvorliegt.ȱ
4.ȱInhaltlicheȱVorüberlegungenȱundȱDefinitionenȱ 4.1ȱZurȱSonderstellungȱdesȱErstgeborenenȱimȱTeNaKȱ Dieȱ Klärungȱ derȱ Stellungȱ desȱ Erstgeborenenȱ undȱ dieȱ Bewertungȱ desȱ ErstgeburtsrechtsȱimȱTeNaKȱsowieȱseinenȱKontextenȱsindȱunabdingbar,ȱ umȱ dieȱ Vertauschungsthematikȱ angemessenȱ zuȱ erfassen.ȱ Dasȱ ErstgeȬ burtsrechtȱ vonȱ Menschen93ȱ undȱ Tieren94ȱ undȱ dieȱ Erstlingeȱ derȱ FeldȬ früchte95ȱwerdenȱimȱTeNaKȱalsȱbesondersȱbedeutsamȱhervorgehoben.96ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 90ȱȱ Zuȱ DOHMENSȱ Positionȱ s.ȱ vorȱ allem:ȱ DOHMEN,ȱ Biblischeȱ Auslegung,ȱ 174–191ȱ undȱ DERS.,ȱTexte,ȱ35Ȭ38.ȱHIEKESȱPosition:ȱHIEKE,ȱVomȱVerstehen,ȱ71Ȭ89ȱundȱDERS.,ȱGeneaȬ logien,ȱ329Ȭ332;ȱvgl.ȱnochȱDERS.,ȱ„BiblischeȱTexteȱalsȱTexteȱderȱBibelȱauslegen“,ȱ331Ȭ 345.ȱ 91ȱȱ Fürȱ dieȱ Positionȱ STEINSȱ s.ȱ vorȱ allemȱ STEINS,ȱ Dieȱ Bindungȱ Isaaksȱ undȱ DERS.,ȱ KanoȬ nischȱlesen,ȱ45Ȭ64.ȱȱ 92ȱȱ Derȱ Begriffȱ „Altesȱ Testament“ȱ impliziertȱ immerȱ schonȱ eineȱ christlicheȱ LeseȬȱ undȱ Interpretationsweise,ȱdamitȱaberȱalsȱTextgrundlageȱauchȱdenȱchristlichenȱKanonȱausȱ AltemȱundȱNeuemȱTestament.ȱ 93ȱȱ Vgl.ȱGenȱ25,13;ȱExȱ11,5;ȱ13,13.15;ȱNumȱ3,40f;ȱSachȱ12,10;ȱNehȱ10,37.ȱ 94ȱȱ Vgl.ȱExȱ13,12.15;ȱ34,19;ȱEzȱ20,26;ȱvgl.ȱauchȱNumȱ8,16.ȱ 95ȱȱ Vgl.ȱExȱ23,16ȱ(Getreide);ȱ34,22ȱ(Weizen);ȱNumȱ13,20ȱ(Trauben);ȱ18,13ȱ(alles,ȱwasȱimȱ Landȱwächst);ȱNahȱ3,12ȱ(Feigen);ȱSprȱ3.ȱ 96ȱȱ Zuȱ denȱ unterschiedlichenȱ hebräischenȱ terminiȱ s.ȱ dieȱ Zusammenstellungenȱ beiȱ TSEVAT,ȱ Art. rAkB..,ȱ643Ȭ648ȱundȱBOROWSKI,ȱArt.ȱ„Erstlinge”,ȱ1472f.ȱZumȱErstgeburtsȬ rechtȱ inȱ Bibelȱ s.ȱ dieȱ einschlägigenȱ Lexikonartikel.ȱ Sehrȱ empfehlenswertȱ istȱ dieȱ DisȬ kussionȱ beiȱ GREENSPAHN,ȱ Whenȱ Brothersȱ Dwellȱ together,ȱ 11Ȭ29.30Ȭ83.ȱ Erȱ besprichtȱ
4.ȱInhaltlicheȱVorüberlegungenȱundȱDefinitionenȱ
33
Imȱ„HausȱdesȱVaters“,ȱderȱpatriarchalischȱorganisiertenȱFamilie,ȱistȱderȱ erstgeboreneȱ Sohnȱ inmittenȱ allȱ derȱ anderenȱ aufȱ einzigartigeȱ Weiseȱ reȬ präsentativȱfürȱdasȱGanze.ȱErȱgarantiertȱdasȱFortbestehenȱderȱgesamtenȱ Sippeȱ undȱ inȱ ihmȱ konzentrierenȱ sichȱ derȱ väterlicheȱ undȱ derȱ göttlicheȱ SegenȱinȱbesondererȱWeise.ȱȱ Inȱ biblischemȱ Kontextȱ wirdȱ dieȱ Sonderrolleȱ desȱ Erstgeborenenȱ soȬ wohlȱ innerhalbȱ derȱ genealogischenȱ Texteȱ wieȱ auchȱ derȱ narrativenȱ undȱ gesetzestextlichenȱ Teileȱ reflektiertȱ undȱ dessenȱ besondererȱ Statusȱ ausȬ drücklichȱbetont.ȱMitȱderȱBezeichnungȱ rAkB.ȱ wirdȱregelmäßigȱmarkiert,ȱ welcherȱderȱSöhneȱalsȱ„Erstgeborener“ȱgilt.ȱ Soȱ werdenȱ imȱBereichȱ derȱ GenesisȱfolgendeȱPersonenȱgekennzeichnet:ȱSidonȱ(Genȱ10,15);ȱUzȱ(Genȱ 22,21);ȱNebajotȱ(Genȱ25,13);ȱJakob,ȱderȱvorgibt,ȱEsauȱzuȱseinȱ(Genȱ27,19);ȱ Esauȱ (Genȱ 27,32);ȱ Rubenȱ (Genȱ 35,23;ȱ 43,33;ȱ 46,8;ȱ 49,3);ȱ Eliphasȱ (Genȱ 36,15);ȱErȱ(Genȱ38.6.7);ȱManasseȱ(Genȱ41,51;ȱ48,14.18).97ȱInȱderȱRegelȱistȱ auchȱ derȱ Erstgenannteȱ inȱ einerȱ Reiheȱ derȱ Erstgeborene,ȱ auchȱ wennȱ erȱ mitȱ diesemȱ Begriffȱ nichtȱ eigensȱ hervorgehobenȱ wird.ȱ Dieȱ Sonderrolleȱ desȱErstgeborenenȱwirdȱdurchȱeinȱstereotypesȱundȱsomitȱaufȱKontinuiȬ tätȱhinȱangelegtesȱFormularȱhervorgehoben,ȱdasȱinȱGenȱ5,1ffȱeingeführtȱ wird.ȱ Nachȱ derȱ Überschriftȱ „Dasȱ sindȱ dieȱ Toledotȱ Adams,ȱ desȱ MenȬ schen“ȱ (Genȱ 5,1)ȱ folgenȱ zehnȱ gleichȱ aufgebauteȱ Textabschnitte,ȱ inȱ deȬ nenȱ dasȱ „Hervorbringen“98ȱ desȱ Erstgeborenenȱ jeweilsȱ imȱ Zentrumȱ steht.ȱDasȱFormularȱlässtȱsichȱinȱReinformȱanȱdemȱaufȱdieȱStrukturȱderȱ ElementeȱreduziertenȱSethȬȱundȱEnoschȬEintragȱablesen:ȱ ȱ Genȱ5,6Ȭ8:ȱ (1)ȱȱ UndȱSetȱlebteȱ105ȱJahreȱundȱerȱzeugteȱEnosch.ȱȱ (2)ȱȱ UndȱSetȱlebte,ȱnachdemȱerȱEnoschȱgezeugtȱhatte,ȱ807ȱJahreȱȱ undȱerȱzeugteȱSöhneȱundȱTöchter.ȱ (3) SoȱwarenȱalleȱTageȱSetsȱ912ȱJahre,ȱdannȱstarbȱer.ȱ ȱ Genȱ5,9Ȭ11:ȱ (1‘)ȱȱUndȱEnoschȱlebteȱ90ȱJahreȱundȱerȱzeugteȱKenan.ȱ (2‘)ȱȱUndȱEnoschȱlebte,ȱnachdemȱerȱKenanȱgezeugtȱhatte,ȱ815ȱJahreȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ denȱ biblischenȱ Befund,ȱ sowieȱ dieȱ Quellenȱ ausȱ derȱ sog.ȱ „zwischentestamentlichen“ȱ Zeit.ȱ Zuȱ denȱ relevantenȱ biblischenȱ Textenȱ derȱ Erstlingsgabeȱ zuletztȱ wiederȱ FINSTERBUSCH,ȱVomȱOpferȱzurȱAuslösung,ȱ21Ȭ45,ȱmitȱeinerȱdetailliertenȱBesprechungȱ vorȱallemȱderȱentsprechendenȱTorastellen.ȱȱ 97ȱȱ Außerdemȱnochȱ(imȱRahmenȱdesȱinȱderȱGenesisȱbegonnenȱgenealogischenȱSystems):ȱ IsraelȱalsȱGottesȱSohnȱ(Exȱ4,22);ȱderȱSohnȱdesȱPharaosȱ(Exȱ4,23);ȱRubenȱ(Exȱ6,14;ȱvgl.ȱ Numȱ1,20)ȱundȱNadabȱ(Numȱ3,2).ȱ 98ȱȱ InȱGenȱ5,3Ȭ32ȱwirdȱinȱjedemȱderȱdreizeiligenȱAbschnitteȱdurchgängigȱeinȱdreimaligesȱ dlyȱ(zeugen,ȱhervorbringen)ȱimȱHifilȱgebraucht.ȱȱ
34ȱ
TeilȱA:ȱGrundlagenȱ
ȱ ȱ undȱerȱzeugteȱSöhneȱundȱTöchter.ȱȱ (3‘)ȱȱSoȱwarenȱalleȱTageȱEnoschsȱ905ȱJahre,ȱdannȱstarbȱer.ȱ ȱ FürȱdieȱlinearenȱGenealogienȱvonȱSetȱbisȱAbrahamȱwirdȱvorausgesetzt,ȱ dassȱesȱsichȱbeiȱdemȱgenanntenȱSohnȱauchȱumȱdenȱErstgeborenenȱhanȬ delt,ȱ währendȱ dieȱ namenlosenȱ „Söhneȱ undȱ Töchter“/tAnb'W ~ynIB'ȱ nurȱ erȬ gänzendȱ angeführtȱ werden.ȱ Dieȱ Formȱ unterstreicht,ȱ dassȱ esȱ vornehmȬ lichȱaufȱdieȱErstgeburt,ȱd.h.ȱaufȱdieȱgenealogischeȱLinearitätȱankommt.ȱ Dieȱ ersteȱ Zeileȱ besagt,ȱ wieȱ langeȱ Setȱ vorȱ demȱ mitȱ Namenȱ genanntenȱ Erstgeborenenȱ lebte.ȱ Dieȱ zweiteȱ Zeileȱ beschreibt,ȱ wieȱ langeȱ Setȱ nachȱ demȱ mitȱ Namenȱ genanntenȱ Erstgeborenenȱ lebte.ȱ Inȱ derȱ drittenȱ Zeileȱ schließlichȱ wirdȱ dasȱ Gesamtalterȱ Setsȱ angegeben,ȱ nämlichȱ dieȱ Summeȱ seinerȱ Jahreȱ vorȱ undȱ nachȱ demȱ Erstgeborenen.ȱ Imȱ „Buchȱ derȱ Toledot“ȱ (~d"a' tdol.AT rp,se,ȱGenȱ5,1Ȭ50,26)ȱwirdȱalsoȱgelebtȱvorȱundȱnachȱdemȱErstȬ geborenen.ȱ Vonȱ ihmȱ herȱ wirdȱ dieȱ Zeitȱ bestimmt.ȱ Erȱ istȱ dasȱ entscheiȬ dendeȱEreignisȱimȱLebenȱderȱVäter.99ȱ FernerȱwirdȱauchȱinȱnarrativenȱTextenȱdieȱVorstellungȱvomȱVorrangȱ desȱ Erstgeborenenȱ aufgenommen.ȱ Dieȱ Erzähltexteȱ derȱ Genesisȱ setzenȱ dieȱVorrangstellungȱdesȱErstgeborenenȱganzȱselbstverständlichȱvoraus:ȱ AbrahamȱistȱmitȱseinemȱerstgeborenenȱSohnȱIsmaelȱalsȱErbenȱglücklichȱ (Genȱ 17,18);ȱ Isaakȱ gehtȱ davonȱ aus,ȱ seinenȱ Erstgeborenenȱ Esauȱ zuȱ segȬ nenȱ (Genȱ21,1Ȭ40);ȱ alsȱJakobȱ denȱ jüngerenȱ Enkelȱ Ephraimȱdemȱ ErstgeȬ borenenȱ Manasseȱ vorziehtȱ (Genȱ 48,17Ȭ19),ȱ istȱ Josephȱ aufgebracht;ȱ dieȱ Ägypterȱ werdenȱ mitȱ demȱ Todȱ ihrerȱ Erstgeburtȱ geschlagen,ȱ weilȱ derȱ PharaoȱIsrael,ȱdenȱ„ErstgeborenenȱGottes“,ȱnichtȱziehenȱlässtȱ(Exȱ4,22Ȭ 23).ȱ Vonȱ derȱ Betonungȱ desȱ Erstgeborenenȱ herȱ istȱ zuȱ erwarten,ȱ dassȱ erȱ bestimmteȱRechteȱhatȱundȱeinenȱhöherenȱErbteilȱbekommt.ȱEinȱderartiȬ gesȱ Rechtȱ setztȱ wohlȱ auchȱ dasȱ Bestrebenȱ Jakobsȱ voraus,ȱ dasȱ ErstgeȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 99ȱȱ EsȱwirdȱhierȱvonȱeinemȱdreizeiligenȱSchemaȱgesprochen,ȱdaȱdieȱjeweiligenȱStammväȬ terȱinȱallenȱdreiȱZeilenȱSubjektȱdesȱGeschehensȱsind.ȱDemgegenüberȱwäreȱesȱnatürȬ lichȱauchȱmöglich,ȱvonȱverschiedenenȱDarstellungsȬElementenȱzuȱsprechen;ȱsoȱunterȬ scheidetȱ z.B.ȱ ARNETH,ȱ „Durchȱ Adamsȱ Fallȱ istȱ ganzȱ verderbt…“,ȱ 35,ȱ sechsȱ Teilkomponenten:ȱ(1)ȱLebensalterȱbeiȱderȱZeugungȱdesȱ1.ȱSohnes;ȱ(2)ȱZeugungȱdesȱ1.ȱ Sohnes;ȱ(3)ȱLebenszeitȱnachȱderȱZeugungȱdesȱ1.ȱSohnes;ȱ(4)ȱZeugungȱweitererȱSöhne;ȱ (5)ȱGesamtsummeȱderȱLebensjahre;ȱ(6)ȱSterbevermerk;ȱsoȱauchȱHOLZINGER,ȱ Genesis,ȱ 59;ȱMCEVENUE,ȱTheȱNarrativeȱStyle,ȱ38.ȱLUX,ȱGenealogie,ȱ253ȱgehtȱlediglichȱvonȱfünfȱ Elementenȱ aus.ȱ Hingegenȱ rechnetȱ TENGSTRÖM,ȱ Toledotformel,ȱ 21,ȱ mitȱ siebenȱ EleȬ menten.ȱDieȱ Abweichungenȱkommenȱ daher,ȱobȱmanȱetwaȱdieȱ Namensnennungȱalsȱ selbstständigȱ ansiehtȱ oderȱ nicht.ȱ Dasȱ dreizeiligeȱ Schemaȱ istȱ beschriebenȱ beiȱ BREUȬ KELMAN,ȱ Bijbelseȱ Theologieȱ I/2,30f.ȱ Esȱ findetȱ sichȱ inȱ variierterȱ Formȱ auchȱ inȱ Genȱ 11,10ff.ȱ Hierȱ fehltȱ allerdingsȱ dieȱ dritteȱ Zeile;ȱ sieȱ wirdȱ nurȱ beiȱ Terachȱ nochȱ nachgeȬ reicht:ȱvgl.ȱGenȱ11,32.ȱ
4.ȱInhaltlicheȱVorüberlegungenȱundȱDefinitionenȱ
35
burtsrechtȱ (hr'koB.)ȱ vonȱ Esauȱ zuȱ erkaufenȱ (Genȱ 25,19Ȭ26)ȱ bzw.ȱ sichȱ zuȱ erschleichenȱ(Genȱ 27).ȱ Esauȱ deutetȱ denȱ Handelȱ späterȱ alsȱ Betrugȱ(Genȱ 27,36).ȱ Dieȱ rechtlicheȱ Regelungȱ desȱ Erbteilsȱ desȱ erstgeborenenȱ Sohnesȱ findetȱ sichȱ inȱ Dtnȱ 21,15Ȭ17,ȱ woȱ dieȱ Bevorzugungȱ desȱ Erstgeborenenȱ ausdrücklichȱgarantiertȱwirdȱ(inȱFormȱdesȱ„Doppelanteils“ȱdesȱErbes).ȱ Imȱ kultischenȱ Bereichȱ nimmtȱ dasȱ „Erstlingsopfer“ȱ eineȱ wichtigeȱ StelȬ lungȱ ein.ȱ Insgesamtȱ kannȱ manȱ festhalten,ȱ dassȱ dieȱ sakraleȱ undȱ zivileȱ Gesetzgebungȱ inȱ denȱ Büchernȱ Exodus,ȱ Levitikus,ȱ Numeriȱ undȱ DeuteȬ ronomiumȱdieȱbesondereȱStellungȱdesȱerstgeborenenȱSohnesȱfestȱetabȬ lieren,100ȱ soȱ dassȱ manȱ sichȱ derȱ Einschätzungȱ Knoppersȱ anzuschließenȱ vermag:ȱ„ItȱisȱrareȱforȱtheȱvariousȱstrataȱofȱtheȱPentateuchȱtoȱagreeȱonȱ anything,ȱ butȱ theȱ civilȱ andȱ theȱ sacralȱ legislationȱ ofȱ Exodus,ȱ Leviticus,ȱ Numbers,ȱandȱDeuteronomyȱfirmlyȱestablishesȱtheȱpositionȱofȱtheȱfirstȬ born.“101ȱ Dieseȱ rechtlicheȱ Sonderstellungȱ desȱ Erstgeborenenȱ giltȱ (mitȱ einigenȱAbweichungen)ȱfürȱdenȱgesamtenȱantikenȱOrient.102ȱ
4.2ȱGenealogienȱalsȱGrundstrukturȱderȱGenesisȱȱ Zielȱ dieserȱ Untersuchungȱ istȱ es,ȱ dasȱ Vertauschungsmotivȱ innerhalbȱ seinerȱKontexteȱzuȱbeschreibenȱundȱzuȱanalysieren.ȱDenȱMakrokontextȱ derȱGenesisȱbildetȱdasȱgenealogischeȱSystem,ȱdasȱdieȱVertauschungserȬ zählungenȱ regelmäßigȱ durchbrechen.ȱ Folglichȱ istȱ dasȱ VertauschungsȬ themaȱ auchȱ inȱ Bezugȱ aufȱ diesenȱ Kontextȱ angemessenȱ zuȱ besprechen.ȱ Dieȱ Genealogienȱ bildenȱ dieȱ Grundstrukturȱ derȱ Genesisȱ undȱ leistenȱ einenȱ wesentlichenȱ Beitragȱ fürȱ dasȱ Verständnisȱ desȱ gesamtenȱ Buches.ȱ HiekeȱkonnteȱinȱeinerȱumfangreichenȱStudieȱüberȱdieȱ„Genealogienȱderȱ Genesis“ȱ überzeugendȱ darlegen,103ȱ dassȱ dieȱ genealogischenȱ InformatiȬ onenȱ derȱ Genesisȱ untrennbarȱ mitȱ demȱ Gesamtzusammenhangȱ derȱ ErȬ zähltexteȱverwobenȱsind.ȱZuȱeinerȱähnlichenȱSchlussfolgerungȱgelangtȱ auchȱCrüsemann,ȱderȱmitȱNachdruckȱunterstreicht:ȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 100ȱȱ Vgl.ȱ dazuȱ HIEKE,ȱ Genealogien,ȱ 37fȱ (mitȱ weiterenȱ Literaturhinweisen)ȱ undȱ auchȱ TSEVAT,ȱArt. rAkB..,ȱ643Ȭ650.ȱ 101ȱȱ KNOPPERS,ȱTheȱPreferentialȱStatus,ȱ116.ȱ 102ȱȱ ZurȱSonderstellungȱdesȱErstgeborenenȱinȱderȱAntikeȱvgl.ȱnebenȱderȱimȱForschungsȬ überblickȱ besprochenenȱ Literaturȱ noch:ȱ HENNINGER,ȱ Zumȱ Erstgeburtsrechtȱ beiȱ denȱ Semiten,ȱ 170Ȭ174;ȱ TSEVAT,ȱ Art. rAkB.,ȱ 646f;ȱ SYRÉN,ȱ Theȱ Forsakenȱ FirstȬBorn,ȱ 88Ȭ91;ȱ HIEKE,ȱ Genealogien,ȱ 38;ȱ DAVIES,ȱ Theȱ Inheritanceȱ ofȱ theȱ Firstborn,ȱ 175Ȭ191ȱ undȱ GREENSPAHN,ȱWhenȱBrothersȱDwellȱtogether,ȱbes.ȱ47Ȭ49.ȱ 103ȱ Vgl.ȱ HIEKE,ȱ Dieȱ Genealogienȱ derȱ Genesisȱ (HBSȱ 39),ȱ Freiburg/Baselȱ u.a.ȱ 2003.ȱ Beiȱ dieserȱStudieȱhandeltȱesȱsichȱumȱdieȱersteȱUntersuchung,ȱdieȱsystematischȱalleȱGeneȬ alogienȱ derȱ Genesisȱ beschreibtȱ undȱ analysiertȱ undȱ derenȱ Verhältnisȱ zuȱ denȱ EinzelȬ textenȱsowieȱderenȱFunktionȱfürȱdieȱGesamtgestaltȱdesȱBuchesȱbestimmt.ȱȱ
36ȱ
TeilȱA:ȱGrundlagenȱ
ȱ ȱ„TrotzȱallerȱSpannungenȱistȱeineȱsinnvolleȱEinheitȱentstanden,ȱderenȱSinnȱ esȱzuȱerfassenȱgilt.ȱDieȱVerbindungȱvonȱErzählungenȱundȱGenealogienȱ[…]ȱ istȱ offenbarȱ durchdachtȱ undȱ bewusstȱ gestaltet.ȱ Beiȱ literarischerȱ Zerlegungȱ ergebenȱ sichȱ nichtȱ seltenȱ unzusammenhängendeȱ Fragmente,ȱ aufȱ dieȱ dieȱ Forschungȱnichtȱfixiertȱbleibenȱkann.“104ȱȱ
Dieȱ Genealogienȱ habenȱ einenȱ entsprechendȱ großenȱ Anteilȱ daran,ȱ beȬ stimmteȱ Themenȱ undȱ Aussagenȱ desȱ Buchesȱ Genesisȱ voranzutreibenȱ undȱzuȱtransportieren.ȱSoȱistȱz.B.ȱgeradeȱdasȱThemaȱ„Segen“ȱundȱ„VerȬ heißung“ȱuntrennbarȱmitȱeinerȱgenealogischenȱLinieȱverbunden.ȱDiesesȱ genealogischeȱSystemȱistȱwieȱeinȱroterȱFaden:ȱ „Dieȱ Erzählungenȱ konvergierenȱ […]ȱ mitȱ demȱ genealogischenȱ Systemȱ zuȱ einerȱGesamtentwicklungȱvonȱderȱSchöpfungȱüberȱdieȱMenschheitȱaufȱderȱ ganzenȱ Erde,ȱ dieȱ Verheißungenȱ anȱ dieȱ Erzeltern,ȱ bisȱ hinȱ zurȱ KonstituieȬ rungȱ undȱ Erwählungȱ Israels,ȱ dasȱ imȱ Übergangȱ vomȱ Buchȱ Genesisȱ zumȱ BuchȱExodusȱausȱeinerȱFamilieȱ[…]ȱzuȱeinemȱVolkȱwird.“105ȱȱ
Deshalbȱ liegtȱ esȱ nahe,ȱ dasȱ Buchȱ Genesisȱ vonȱ denȱ Genealogienȱ herȱ zuȱ erschließenȱundȱdieseȱalsȱLeseanleitungȱzuȱbetrachten.ȱDamitȱwirdȱdieȱ konventionelleȱ Blickrichtungȱ umgekehrt:ȱ Nichtȱ vonȱ denȱ Erzählungenȱ wirdȱ aufȱ dieȱ Genealogienȱ geblickt,ȱ dieȱ dannȱ alsȱ abstraktesȱ FüllȬȱ undȱ Brückenmaterialȱerscheinen,ȱsondernȱvonȱdenȱGenealogienȱherȱwerdenȱ dieȱErzählungenȱneuȱerschlossen.106ȱȱ 4.2.1ȱDasȱBuchȱGenesisȱalsȱBuchȱderȱToledotȱ InnerhalbȱdesȱgenealogischenȱSystemsȱfungiertȱvorȱallemȱdieȱsog.ȱToleȬ dotȬFormelȱ (tAdl.AT hL,ae)ȱ alsȱ einprägsamesȱ Strukturelementȱ derȱ GeneȬ sis.107ȱ Dieseȱ genealogischeȱ Gliederungȱ kannȱ sichȱ alsȱ beherrschendesȱ Gliederungsprinzipȱ aufȱ derȱ Makroebeneȱ desȱ Buchesȱ Genesisȱ erweisenȱ undȱsollȱimȱFolgendenȱalsȱToledotȬStrukturȱbezeichnetȱwerden.108ȱȱ
ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 104ȱȱ CRÜSEMANN,ȱMenschheitȱundȱVolk,ȱ185f.ȱ 105ȱȱ HIEKE,ȱGenealogien,ȱ338.ȱ 106ȱȱ Vgl.ȱauchȱSTEINBERG,ȱFramework,ȱ41:ȱ„Genesisȱisȱaȱbookȱwhoseȱplotȱisȱgenealogy.”ȱ 107ȱȱ DasȱToledotȬSystemȱistȱTeilȱdesȱumfassenderenȱgenealogischenȱSystems,ȱvgl.ȱHIEKE,ȱ Genealogien;ȱs.ȱauchȱCRÜSEMANN,ȱMenschheitȱundȱVolk.ȱIsraelsȱSelbstdefinitionȱimȱ genealogischenȱSystemȱderȱGenesis,ȱEvThȱ58ȱ(1998),ȱ180Ȭ195,ȱdeutscheȱFassungȱvonȱ DERS.,ȱ Humanȱ Solidarityȱ andȱ Ethnicȱ Identity.ȱ Israel’sȱ SelfȬDefinitionȱ inȱ theȱ GeneaȬ logicalȱSystemȱofȱGenesis,ȱ57Ȭ76.ȱ 108ȱȱ NachȱCARRȱistȱdasȱToledotȬSystemȱ„theȱclearestȱindicatorȱofȱstructureȱinȱtheȱbookȱofȱ ‚Genesis’“ȱ (CARR,ȱ ̅ϟΆΏΓΖȱ ·ΉΑνΗΉΝΖȱ Revisited,ȱ 161.ȱ CARRȱ zumȱ ToledotȬSystemȱ vgl.ȱ DERS.,ȱ̅ϟΆΏΓΖȱ·ΉΑνΗΉΝΖȱRevisited,ȱ161Ȭ172).ȱ
4.ȱInhaltlicheȱVorüberlegungenȱundȱDefinitionenȱ
37
Dasȱ Wortȱ tAdl.ATȱ istȱ einȱ mitȱ Präformativȱ „t“ȱ gebildetesȱ Nomenȱ actionisȱ derȱ HifilȬFormȱ dyliAh („zeugen“).109ȱ Esȱ kommtȱ 13Ȭmalȱ inȱ derȱ Genesisȱ vor.ȱ Eineȱ genaueȱ Übersetzungȱ desȱ Begriffsȱ tAdl.AT mitȱ einemȱ Wortȱerscheintȱkaumȱmöglich,ȱdaȱderȱBegriffȱinȱdenȱunterschiedlichenȱ KontextenȱdurchausȱverschiedeneȱFunktionenȱhat.110ȱAufȱeineȱÜbertraȬ gungȱdurchȱdieȱBeschreibungȱdesȱPhänomensȱwirdȱhierȱverzichtetȱundȱ dieȱ vereinfachteȱ Umschriftȱ „Toledot“ȱ verwendet.ȱ Dieȱ üblicherweiseȱ gebrauchteȱÜbersetzungȱ„Genealogien“ȱbzw.ȱ„Geschlechtsregister“ȱhatȱ denȱ Nachteil,ȱ dassȱ einȱ abgeschlossener,ȱ vergangenheitsorientierterȱ Standpunktȱsuggeriertȱwird.ȱDieȱ„Toledot“ȱallerdingsȱsindȱaufȱdieȱZuȬ kunftȱ hinȱ ausgerichtetȱ (nomenȱ actionis).111ȱ Bauer112ȱ undȱ Breukelman113ȱ schlagenȱdarumȱvor,ȱdenȱterminusȱinȱAnlehnungȱanȱdieȱEtymologieȱvonȱ dly mitȱ „Zeugungen“/„verwekkingen“ȱ zuȱ übersetzen.ȱ Zuȱ problematiȬ sierenȱ istȱ daranȱ u.a.,ȱ dassȱ dly/„zeugen“ȱ nurȱ inȱ Verbindungȱ mitȱ einemȱ männlichenȱSubjektȱ„zeugen“ȱheißt,ȱmitȱeinemȱweiblichenȱaberȱ„gebäȬ ren“,ȱ wasȱ imȱ Buchȱ Genesisȱ ebenfallsȱ sehrȱ häufigȱ vorkommt.114ȱ Manȱ müssteȱ daherȱ vonȱ „Hervorbringungen“ȱ (soȱ Martinȱ Buber)ȱ sprechen.ȱ Dochȱ auchȱ dieseȱ künstlicheȱ Bildungȱ istȱ stilistischȱ undȱ ästhetischȱ nichtȱ besserȱalsȱdieȱUmschriftȱ„Toledot“.115ȱȱ ȱ AlsȱToledotȬFormelȱwirdȱdieȱKombinationȱ tAdl.ATȱhL,ae/hz< bezeichnet.ȱSieȱ kommtȱzehnmalȱinnerhalbȱderȱGenesisȱvor.116ȱDieseȱFormelȱistȱimȱKonȬ textȱderȱGenesisȱschonȱoftȱbesprochenȱworden,ȱzumeistȱimȱRahmenȱderȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 109ȱȱ Vgl.ȱBAUER,ȱPrinzip,ȱ25.ȱ 110ȱȱ Inȱ einerȱ fürȱ BREUKELMANȱ typischȱ aphoristischenȱ Formulierungȱ heißtȱ esȱ zuȱ diesemȱ Problem:ȱ„DasȱWortȱtAdleATȱbedeutetȱwederȱ‚Stammbaum‘ȱnochȱ‚Nachkommenschaft‘ȱ nochȱ‚Familiengeschichte‘,ȱoderȱbesserȱgesagt:ȱDasȱWortȱtAdleATȱbedeutetȱinȱjederȱdieȬ serȱ Überschriftenȱ jeweilsȱ allesȱ diesesȱ zugleich.“ȱ (BREUKELMAN,ȱ Dasȱ Buchȱ Genesis,ȱ 89).ȱ 111ȱȱ ZuȱdenȱÜbersetzungsschwierigkeitenȱundȱderȱUnmöglichkeitȱeinerȱeindeutigenȱundȱ konkordantenȱ (gleichȱ bleibenden)ȱ Wiedergabeȱ imȱ Deutschenȱ vgl.ȱ denȱ Eintragȱ inȱ HALATȱs.v.ȱundȱdieȱbeiȱHIEKE,ȱGenealogien,ȱ20fȱbesprocheneȱLiteratur.ȱDieȱantikenȱ undȱ modernenȱ Übersetzungsversucheȱ diskutiertȱ BREUKELMAN,ȱ Dasȱ Buchȱ Genesis,ȱ 87Ȭ90.ȱZurȱEtymologieȱvgl.ȱauchȱBAUER,ȱ Prinzip,ȱ26ȱu.ȱ BREUKELMAN,ȱ DasȱBuchȱ GeneȬ sis,ȱ75;ȱDERS.,ȱBijbelseȱTheologieȱI,2,ȱ12.49f.ȱȱ 112ȱȱ S.ȱBAUER,ȱPrinzip,ȱ26.ȱ 113ȱȱ S.ȱBREUKELMAN,ȱDasȱBuchȱGenesis,ȱ75;ȱDERS.,ȱBijbelseȱTheologieȱI,2,ȱ12.49f.ȱȱ 114ȱȱ ZurȱKritikȱs.ȱHIEKE,ȱGenealogien,ȱ20fȱAnm.ȱ38.ȱ 115ȱȱ Diesenȱ Wegȱ hatȱ z.B.ȱ auchȱ JACOB,ȱ Genesisȱ (1934)ȱ inȱ seinenȱ Übersetzungenȱ gewählt;ȱ vgl.ȱnochȱHIEKE,ȱGenealogien,ȱ20f.29f.ȱȱ 116ȱȱ DieȱToledotformelȱkommtȱnochȱeinȱelftesȱMalȱinnerhalbȱderȱToledotȱEsausȱvorȱ(diesȱ betonenȱ BAUER,ȱ Prinzip,ȱ 25,ȱ KOCH,ȱ ToledotȬFormeln,ȱ 184;ȱ sowieȱ BREUKELMAN,ȱ Dasȱ BuchȱGenesis,ȱ76),ȱnämlichȱinȱGenȱ36,9.ȱAllerdingsȱhatȱsieȱdiesesȱMalȱrekapitulierenȬ denȱCharakterȱ–ȱsieȱverweistȱentsprechendȱaufȱdieȱToledotformelȱinȱGenȱ36,1.ȱ
38ȱ
TeilȱA:ȱGrundlagenȱ
ȱ Pentateuchhypothesen.117ȱ Wegenȱ ihrerȱ monotonenȱ Formulierungȱ wurȬ deȱdieȱToledotȬFormelȱalsȱtypischesȱTextelementȱderȱPriesterschriftȱ(P)ȱ ausgemacht.118ȱ Syntaktischȱ istȱ dieȱ Formelȱ alsȱ ConstructusȬVerbindungȱ aufzufassen,ȱderenȱnomenȱregensȱdasȱWortȱ tAdl.AT ist.ȱInȱderȱRegelȱfunȬ giertȱeinȱPersonennameȱalsȱnomenȱrectum.ȱDieȱConstructusȬVerbindungȱ istȱ meistȱ inȱ einenȱ Nominalsatzȱ eingebettet,ȱ dessenȱ Subjektȱ einȱ DeȬ monstrativumȱ(hz-ta,)ȱ korrigiert.ȱ JHWHȱistȱsomitȱderȱeigentlicheȱ„Hervorbringer“ȱKains.ȱMitunterȱistȱinȱ diesemȱ Zusammenhangȱ dieȱ Aussageȱ sehrȱ ungewöhnlich,ȱ dassȱ Evaȱ inȱ Kainȱeinenȱ„Mann“ȱ(vyai)ȱzurȱWeltȱgebrachtȱhabenȱsoll.ȱImȱKontextȱeiȬ nerȱ Geburtsgeschichteȱ wäreȱ eigentlichȱ dasȱ Substantivȱ „Sohn“ȱ oderȱ „Kind“ȱzuȱerwarten.ȱEineȱmöglicheȱDeutungȱdieserȱwohlȱnichtȱzufälliȬ genȱ Wortwahlȱ ergibtȱ sichȱ ausȱ derȱ Verbindungȱ mitȱ Genȱ 2Ȭ3,ȱ woȱ überȱ mehrereȱ Wortspieleȱ derȱunabhängigeȱSchöpfungsaktȱ JHWHsȱ mitȱ demȱ selbständigenȱSchöpfungsvorgangȱvonȱErdeȱundȱMenschȱinȱAbhängigȬ keitȱ zueinanderȱ gesetztȱ werden.ȱ Dortȱ wirdȱ dieȱ Erde,ȱ hm'da ' ],ȱ alsȱ Quelleȱ desȱLebensȱgenannt,7ȱdieȱPflanzenȱundȱTiere,ȱvorȱallemȱaberȱdenȱMenȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 3ȱȱ
4ȱȱ 5ȱȱ 6ȱȱ 7ȱȱ
Fallȱistȱganzȱverderbt…“,ȱ148Ȭ165ȱundȱWITTE,ȱUrgeschichte,ȱ166Ȭ171ȱ(dortȱmitȱweiteȬ renȱBeispielen).ȱ ZurȱBedeutungȱdesȱNamensȱKainȱundȱseinerȱmöglichenȱsemitischenȱAbleitungȱvgl.ȱ HESS,ȱ Personalȱ Names,ȱ 24Ȭ27ȱ u.ȱ KÖHLER/BAUMGARTNER,ȱ HALAT,ȱ 394:ȱ !yIq; scheintȱ vonȱderȱsemitischenȱWurzelȱ!yqȱabgeleitetȱzuȱsein,ȱdieȱesȱjedochȱimȱbiblischenȱHebräȬ ischȱ nichtȱgibt.ȱSieȱerscheintȱerstȱ inȱarabischerȱSpracheȱzuȱeinerȱspäterenȱEpocheȱinȱ derȱ Bedeutungȱ „Schmied“ȱ (vgl.ȱ dieȱ inhaltlicheȱ Paralleleȱ mitȱ Genȱ 4,17Ȭ24:ȱ „TubalȬ Kain“,ȱderȱMetallschmied).ȱDieseȱDeutungȱbleibtȱwegenȱdesȱunsicherenȱhebräischenȱ KontextesȱjedochȱnurȱeineȱVermutungȱ(soȱauchȱHESS,ȱPersonalȱNames,ȱ24f;ȱWESTERȬ MANN,ȱGenesisȱI/1,ȱ394ȱu.ȱKÖHLER/BAUMGARTNER,ȱHALAT,ȱ1025).ȱNochȱunsichererȱ istȱdieȱAbleitungȱvon hn"yqi/„Lied“.ȱȱ FürȱeineȱÜbersichtȱüberȱdieȱvielfältigenȱErklärungsversucheȱs.ȱWESTERMANN,ȱGeneȬ sisȱI/1,ȱ394Ȭ397;ȱVANȱWOLDE,ȱCainȱandȱAbel,ȱ50;ȱCASSUTO,ȱGenesisȱI,ȱ198Ȭ202.ȱ Soȱz.B.ȱGenȱ14,19.22;ȱDtnȱ32,6.ȱ Auchȱ WESTERMANN,ȱ Genesisȱ I/1,ȱ 394Ȭ397ȱ plädiertȱ fürȱ „schaffen“,ȱ übersetztȱ aberȱ S.ȱ 383ȱmitȱ„gewinnen“.ȱȱ Vgl.ȱGenȱ2,5Ȭ9.16.19;ȱGenȱ3,19Ȭ24.ȱ
1.ȱKain,ȱAbelȱundȱSetȱ(Genȱ4Ȭ5)ȱ
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schen,ȱ ~d'a',ȱ hervorbringt.ȱ Inȱ Genȱ 4,1ȱ wirdȱ dasȱ paronomastischeȱ WortȬ paarȱ hm'da ' Ȭ] ~d'aȱ' umȱeinȱweiteresȱergänzt:ȱJederȱ vyai wirdȱdurchȱeineȱ hV'aiȱ geboren.ȱ Dieȱ Pointeȱ dieserȱ Wortspieleȱ liegtȱ darin,ȱ dassȱ sieȱ letztlichȱ jeȬ weilsȱaufȱJHWHȱverweisen:ȱEbensoȱwieȱdieȱ hm'da ' ] nurȱ„mitȱJHWH“ȱdenȱ ~d'a' hervorbringenȱ kann,ȱ kannȱ auchȱ Evasȱ Weiterführungȱ derȱ SchöpȬ fungȱ nurȱ „mitȱ JHWH“ȱ erfolgen.ȱ Dieȱ Beziehungȱ zwischenȱ JHWHȱ undȱ Kainȱ wirdȱ schonȱ beiȱ dessenȱ Geburtȱ durchȱ JHWHȱ aufgerichtet.8ȱ Demȱ korrespondiertȱ dasȱ Endeȱ derȱ Perikope,ȱ daȱ dortȱ dieȱ Beziehungȱ durchȱ JHWHȱ selbstȱ wiederȱ abgebrochenȱ bzw.ȱ (vgl.ȱ Genȱ 4,15:ȱ dasȱ Schutzmalȱ desȱ Kain)ȱ aufȱ einȱ Minimumȱ reduziert.ȱ JHWHsȱ ersteȱ undȱ letzteȱ HandȬ lungȱrahmenȱdamitȱdieȱgesamteȱErzählung.ȱȱ Nachȱ derȱ knappenȱ Einleitungȱ fokussiertȱ dieȱ Erzählungȱ aufȱ dieȱ handelndenȱ Personenȱ Kainȱ undȱ JHWH.ȱ Deurlooȱ hatȱ inȱ diesemȱ ZuȬ sammenhangȱ eineȱ weitereȱ Deutungsebeneȱ fürȱ denȱ ungewöhnlichenȱ GebrauchȱdesȱWortesȱ vyai imȱKontextȱderȱGeburtȱKainsȱherausgearbeiȬ tet.ȱErȱweistȱdaraufȱhin,ȱdassȱV.ȱ1ȱinȱKombinationȱmitȱV.ȱ2ȱgelesenȱdasȱ eigentlicheȱThemaȱderȱ„KainȱundȱAbel“ȬErzählungȱhervorheben,ȱdennȱ dortȱgehtȱesȱumȱ„denȱMann“ȱ(vyai;ȱV.ȱ1)ȱundȱ„seinenȱBruder“ȱ(wyxia'-ta,).ȱ DieserȱzwischenmenschlichenȱRelationȱkorrespondiereȱdieȱersteȱPersoȬ nenkonstellationȱinȱGenȱ2Ȭ3,ȱdennȱdortȱgingȱesȱthematischȱumȱdenȱ vyai undȱseineȱ hV'a.i ȱGenȱ2Ȭ4,ȱalsȱTeilȱdesȱPrologsȱzumȱToledotȬBuch9,ȱleistenȱ damitȱeineȱanthropologischeȱGrundbestimmungȱdesȱMenschenȱinȱseinemȱ Menschseinȱ alsȱ „MitȬMenschsein“.10ȱ Dieȱ Einleitungȱ zuȱ Genȱ 4ȱ streichtȱ somitȱinȱnurȱwenigenȱSätzenȱheraus,ȱdassȱimȱFolgendenȱinȱfundamenȬ talerȱWeiseȱdasȱThemaȱderȱfamiliärenȱSolidaritätȱfokussiertȱwerdenȱsoll.ȱ Anȱ Kainsȱ brüderlichenȱ Verhaltenȱ gegenüberȱ Abelȱ mussȱ sichȱ Kainȱ imȱ Folgendenȱmessenȱlassenȱundȱgenauȱanȱseinemȱfehlendenȱbrüderlichenȱ VerhaltenȱwirdȱKainȱalsȱErstlingȱscheitern.ȱ DamitȱwirdȱdieȱFigurȱdesȱAbelȱzumȱ„Kristallisationspunkt“ȱderȱErȬ zählung:ȱ Kainȱ wirdȱ beschriebenȱ alsȱ jemand,ȱ derȱ seinenȱ Bruderȱ Abelȱ vollkommenȱ übergeht,ȱ nichtȱ angemessenȱ mitȱ ihmȱ umgehtȱ undȱ ihnȱ schlussendlichȱsogarȱtötet.ȱAuchȱderȱErzählerȱselbstȱschenktȱAbelȱkaumȱ Aufmerksamkeit,ȱ dennȱ dieȱ Geburtȱ Abelsȱ wirdȱ ohneȱ Angabeȱ vonȱ EinȬ zelheitenȱ nurȱ nebenbeiȱ erwähntȱ (V.ȱ 2),ȱ auchȱ erscheintȱ Abelȱ nurȱ inȱ eiȬ nemȱ einzigenȱ Halbsatzȱ alsȱ handelndeȱ Personȱ (Genȱ 4,4a).ȱ Seinȱ Nameȱ undȱseineȱBeziehungȱzuȱJHWHȱwerdenȱkaumȱausgearbeitet.ȱAuchȱwirdȱ erȱ nurȱ alsȱ „Bruderȱ Kains“ȱ inȱ dieȱ Erzählungȱ eingeführtȱ undȱ nichtȱ alsȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 8ȱȱ HierzuȱausführlicherȱVANȱWOLDE,ȱCainȱandȱAbel,ȱ49Ȭ51.ȱ 9ȱȱ DerȱPrologcharakterȱvonȱGenȱ1.2Ȭ4ȱwurdeȱinȱTeilȱA.4.2ȱnäherȱerörtert.ȱ 10ȱȱ Vgl.ȱ DEURLOO,ȱ Kainȱ enȱ Abel,ȱ 94ȱ undȱ ausführlicherȱ DERS.,ȱ Deȱ mensȱ alsȱ raadselȱ enȱ geheim,ȱ101Ȭ103.ȱ
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TeilȱB:ȱAnalyseȱderȱTexteȱimȱKontextȱ
eigenständigeȱPerson.ȱDiesȱsetztȱsichȱauchȱinȱderȱErzählungȱfort,ȱdennȱ AbelȱwirdȱinȱderȱErzählungȱkonsequentȱalsȱ„BruderȱKains“ȱ(V.ȱ2.8.a.b:ȱ wyxia' [2x];ȱ V.ȱ 9.10.11: ^yxiaȱ' [3x])ȱ bezeichnet,ȱ wohingegenȱ Kainȱ niemalsȱ derȱ„BruderȱAbels“ȱgenanntȱwird.ȱAbelȱhatȱfolglichȱkeinenȱBruder,ȱerȱistȱ nurȱeinȱBruder.ȱ DerȱLogikȱderȱEinleitungȱentsprechendȱistȱesȱJHWH,ȱderȱKainȱmitȱ dessenȱ Beziehungȱ zuȱ seinemȱ Bruderȱ konfrontiert.ȱ JHWHsȱ einleitendeȱ RedeȱinȱGenȱ4,6Ȭ7.9Ȭ12ȱhatȱvorȱallemȱdieseȱBeziehungȱzumȱThema,ȱdennȱ JHWHȱ erinnertȱ Kainȱ mehrfachȱ anȱ seineȱ mangelndeȱ Solidaritätȱ seinemȱ Bruderȱ gegenüber.ȱ Erȱ erwähntȱ wiederholtȱ Kainsȱ Bruder,ȱ wohingegenȱ KainȱnurȱeinȱeinzigesȱMalȱvonȱ„meinemȱBruder“ȱ(yxia,' ȱV.ȱ9)ȱsprichtȱundȱ dannȱnurȱinȱeinemȱnegativenȱSinnȱundȱumȱsichȱselbstȱhervorzuheben,ȱ dennȱdieȱexponierteȱStellungȱdesȱ ykina O ȱ' amȱEndeȱvonȱVersȱ9ȱlegtȱdieȱEmȬ phaseȱgeradeȱaufȱKainȱselbst.11ȱZugleichȱistȱJHWHsȱFrageȱanȱKain,ȱ„Woȱ istȱAbel,ȱdeinȱBruder?“ȱ(V.ȱ9a: ^yxia' lb,h, yae),ȱalsȱdieȱZuspitzungȱderȱanȱ denȱ Menschenȱ gestelltenȱ Frage,ȱ „Adam,ȱ woȱ bistȱ du?“ȱ (Genȱ 3,9),ȱ zuȱ verstehen.ȱ Dortȱ nahmȱ dieȱ Frageȱ denȱ Menschenȱ inȱ radikalerȱ Weiseȱ inȱ dieȱVerantwortungȱfürȱseinȱHandeln.ȱWennȱJHWHȱnachȱdemȱBruderȬ mordȱ Kainȱ nachȱ demȱ Verbleibenȱ Abelsȱ fragt,ȱ istȱ diesȱ nichtȱ nurȱ eineȱ rhetorischeȱ Frage,ȱ umȱ Kainȱ alsȱ demȱ erstenȱ Mörderȱ mitȱ dessenȱ Schuldȱ zuȱkonfrontieren.ȱVielmehrȱmachtȱJHWHsȱRedeȱdeutlich,ȱdassȱKainȱalsȱ seinȱältererȱBruderȱfürȱAbelȱVerantwortungȱzuȱtragenȱhatte.ȱȱ HingegenȱverkenntȱKainȱjeglicheȱVerantwortung,ȱdieȱerȱfürȱseinenȱ Bruderȱträgt.ȱInȱseinerȱAntwortȱaufȱJHWHsȱFrageȱ(V.ȱ9b)ȱliegtȱdieȱBetoȬ nungȱ aufȱ demȱ Personalpronomenȱ derȱ 1.ȱ Personȱ Singular.ȱ Diesesȱ ykina O ȱ' verleihtȱderȱAussageȱeineȱvorwurfsvolleȱNote:ȱȱ „BinȱichȱmeinesȱBrudersȱHüter?“ȱ
ȱ
ȱ
ȱȱȱykinOa'
yxia' rmevoh]ȱ
Inȱ diesemȱ Zusammenhangȱ weistȱ Janowskiȱ mitȱ Rechtȱ daraufȱ hin,ȱ dassȱ geradeȱ inȱ poetischenȱ Textenȱ meistȱ JHWHȱ alsȱ derȱ Hüterȱ (rmevo)ȱ Israelsȱ bezeichnetȱ wirdȱ (vgl.ȱ etwaȱ Psȱ 145,20;ȱ 127,1).12ȱ Demzufolgeȱ impliziertȱ Kainsȱ Vorwurfȱ gegenüberȱ JHWHȱ folgendeȱ Aussage:ȱ ‚Ich,ȱ Kain,ȱ wäreȱ derȱHüterȱmeinesȱBruders,ȱnichtȱdu,ȱoȱHerr?‘ȱKainsȱAntwortȱistȱdamitȱ geradeȱkeineȱeinfacheȱAusredeȱoderȱLeugnung,ȱsondernȱtrotzendeȱAbȬ lehnungȱ jeglicherȱ Verantwortung.ȱ Inȱ seinerȱ eigenenȱ Wahrnehmungȱ hatȱ Kainȱ zwarȱ einenȱ Bruder,ȱ erȱ verhältȱ sichȱ ihmȱ gegenüberȱ aberȱ nichtȱ wieȱ einer.ȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 11ȱȱ VonȱdenȱsiebenȱVorkommenȱdesȱWortesȱxa'ȱinȱGenȱ4,1ffȱentfallenȱdreiȱaufȱdenȱErzähȬ lerȱ(V.2.8[2x],ȱeineȱaufȱKainȱ(V.ȱ9)ȱundȱalleȱrestlichenȱdreiȱaufȱJHWHȱ(V.ȱ9.10.11).ȱ 12ȱȱ Vgl.ȱ JANOWSKI,ȱ Jenseitsȱ vonȱ Eden,ȱ 150ȱ undȱ seinȱ Übersetzungsvorschlag:ȱ „Binȱ ichȱ etwaȱderȱHüterȱmeinesȱBruders?“ȱ(142).ȱS.ȱauchȱWILLI,ȱDerȱOrtȱvonȱGenȱ4,1Ȭ16,ȱ105ȱ Anm.ȱ17;ȱzuȱrmvȱmitȱGottȱalsȱSubjektȱs.ȱGARCÍAȱLÓPEZ,ȱrmv,ȱ302f.ȱȱ
1.ȱKain,ȱAbelȱundȱSetȱ(Genȱ4Ȭ5)ȱ
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KainȱwirdȱsoȱalsȱPrototypȱdesȱseinenȱVorzugȱsuchendenȱErstgeboȬ renenȱ dargestellt,ȱ dennȱ inȱ seinerȱ Eigenwahrnehmungȱ wirdȱ Abelȱ vonȱ Gottȱbevorzugt.ȱLetztlichȱmüsseȱdochȱihm,ȱKain,ȱalsȱErstgeborenemȱdieȱ religiöseȱ Anerkennungȱ zustehen.ȱ Dieseȱ „religiöseȱ Brüskierungȱ durchȱ dieȱAnnahmeverweigerung“ȱ 13ȱbzw.ȱKainsȱ„religiöseȱEifersucht“14ȱsindȱ dieȱ eigentlicheȱ Ursacheȱ seinerȱ Tat.ȱ Erȱ hatȱ Abel,ȱ seinenȱ Konkurrenten,ȱ beseitigtȱundȱglaubtȱdamit,ȱdieȱmitȱdemȱErstlingstumȱverbundeneȱpriȬ vilegierteȱStellungȱwiederȱzurückgewonnenȱzuȱhaben.ȱJedochȱvernachȬ lässigtȱKainȱdieȱmitȱdemȱErstlingstumȱebenfallsȱverbundenenȱPflichten,ȱ indemȱerȱsichȱseinerȱbrüderlichenȱVerantwortungȱgegenüberȱAbelȱentȬ zieht.ȱ Kainsȱ eigenesȱ Versagenȱ wirdȱihmȱ durchȱ dasȱkonträreȱVerhaltenȱ JHWHsȱvorgeführt:ȱAlleinȱerȱistȱes,ȱderȱAbelȱrichtigȱbehandelt,ȱdennȱerȱ widmetȱ ihmȱ Aufmerksamkeit,ȱ schautȱ wohlwollendȱ aufȱ seinȱ Opfer,ȱ erwähntȱ denȱ Bruderȱ gleichȱ siebenmal,ȱ derȱ sonstȱ vonȱ Kainȱ wieȱ demȱ ErzählerȱübergangenȱwirdȱundȱkonfrontiertȱKainȱmitȱseinemȱVersagenȱ inȱBezugȱaufȱdasȱBrudersein.ȱȱ Aufȱ dieȱ rechteȱ Praxisȱ desȱ Erstlingsȱ kommtȱ esȱ demnachȱ an,ȱ willȱ erȱ sichȱ alsȱ Erstlingȱ positionieren,ȱ nichtȱ aufȱ seineȱ Dispositionȱ alsȱ biologiȬ scherȱ Erstgeborener.ȱ Kainȱ scheitertȱ genauȱ anȱ dieserȱ Aufgabeȱ undȱ verȬ sagtȱ damitȱ inȱ seinerȱ Rolleȱ alsȱ Erstling.ȱ Seinȱ Fehlerȱ lagȱ letztlichȱ auchȱ darin,ȱ dassȱ erȱ Gottesȱ Entscheidungȱ inȱ derȱ Abweisungȱ seinesȱ Opfersȱ undȱderȱAnnahmeȱdesȱOpfersȱAbelsȱnichtȱanerkennenȱkonnte.ȱDieȱfehȬ lendeȱ Fähigkeitȱ zurückzustehenȱ hinterȱ Gottesȱ Vorstellungenȱ undȱ denȱ BruderȱimmerȱalsȱBruderȱ(undȱnichtȱalsȱKonkurrenten)ȱzuȱsehen,ȱkostetȱ Kainȱ dasȱ Erstlingstum.ȱ Erȱ wirdȱ schlussendlichȱ vertriebenȱ wieȱ Adamȱ undȱEvaȱausȱdemȱParadiesȱ(Genȱ4,15.16).ȱȱ 1.1.2ȱBestätigungȱderȱDisqualifizierungȱ DieȱfolgendeȱGenealogieȱKainsȱbestätigtȱdieȱnarrativeȱEntwicklungȱundȱ DisqualifizierungȱKainsȱalsȱErstlingȱ(Genȱ4,17Ȭ24).ȱInȱGenȱ4,17ȱsetztȱdieȱ Geschichteȱ mitȱ einerȱ neuenȱ Handlungȱ undȱ einerȱ neuenȱ Person,ȱ Kainsȱ Frau,ȱ ein.ȱ Dieȱ Kainitenȱ sindȱ trotzȱ derȱ erzählerischenȱ Qualifikationȱ mitȱ denȱKulturleistungenȱStädtebau,ȱViehzucht,ȱMusikȱundȱEisenhandwerkȱ negativȱoderȱzumindestȱambivalentȱgezeichnet.ȱHierȱläuftȱdieȱGenealoȬ gieȱ vonȱ einemȱ Mörderȱ (Kain:ȱ Brudermord)ȱ zumȱ nächstenȱ Mörderȱ (Lamech:ȱ unmäßigeȱ Rache).ȱ Diesȱ widersprichtȱ inȱ ironischerȱ Weiseȱ derȱ innerenȱ Logikȱ einerȱ Genealogie,ȱ inȱ derȱ esȱ umȱ dieȱ Weitergabeȱ desȱ LeȬ bensȱ geht.ȱ Daherȱ wirdȱ dieseȱ Linieȱ auchȱ nichtȱ weitergeführt.ȱ Sieȱ bleibtȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 13ȱȱ ARNETH,ȱ„DurchȱAdamsȱFallȱistȱganzȱverderbt…“,ȱ152.ȱ 14ȱȱ S.ȱWELLHAUSEN,ȱProlegomena,ȱ314.ȱ
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TeilȱB:ȱAnalyseȱderȱTexteȱimȱKontextȱ
alsȱ erschreckendesȱ Bildȱ undȱ damitȱ alsȱ Warnungȱ stehen.ȱ Auffälligȱ ist,ȱ dassȱ derȱ letzteȱ Sohnȱ Lamechsȱ denȱ Beinamenȱ „Kain“ȱ bekommtȱ (Genȱ 4,23).ȱDiesesȱGeschlechtȱhatȱmitȱeinemȱ„Kain“ȱbegonnenȱundȱwirdȱmitȱ einemȱ„Kain“ȱbeendet.15ȱDieȱLinieȱdesȱnatürlichenȱErstgeborenenȱKainȱ hatȱ damitȱ keineȱ Zukunft,ȱ weshalbȱ erȱ völligȱ ausȱ demȱ genealogischenȱ Systemȱausscheidet.16ȱ
1.2.ȱSetsȱQualifizierungȱzumȱErstlingȱ(Genȱ4,25f;ȱ5,1Ȭ32)ȱ 1.2.1ȱSetȱalsȱErsatzȱdesȱnatürlichenȱErstgeborenenȱ(Genȱ4,25Ȭ26)ȱ NachȱdemȱTodeȱAbelsȱundȱdemȱAusscheidenȱKainsȱausȱderȱgenealogiȬ schenȱ Linieȱ bedarfȱ esȱ einesȱ Neuanfangsȱ beimȱ erstenȱ Menschenpaar.ȱ Entsprechendȱ fokussiertȱ Genȱ 4,25ȱ mitȱ derȱ Formulierungȱ dA[ ~d"a' [d:YwE :ȱ ATv.ai-ta, wiederȱaufȱAdamȱundȱEva,ȱdenenȱseitȱGenȱ4,1ȱkeineȱnarrativeȱ Funktionȱmehrȱzukam.ȱDieȱVerseȱ25Ȭ26ȱschildernȱSetsȱGeburtȱundȱdesȬ senȱ genealogischeȱ Linie,ȱ dieȱ vonȱ Adamȱ überȱ Setȱ bisȱ zuȱ Enoschȱ läuft.ȱ Derȱ genealogischeȱ Neuansatzȱ geschieht,ȱ „alsȱ habeȱ esȱ Kainȱ nieȱ gegeȬ ben“,17ȱ undȱ unterstreichtȱ damitȱ denȱ positivenȱ Kontrapunktȱ zuȱ Kainsȱ abbrechenderȱ undȱ verfluchterȱ Linie.ȱ Dassȱ inȱ Set,ȱ demȱ drittenȱ Sohnȱ Adams,ȱ einȱ positiverȱ Neuanfangȱ gesetztȱ wird,ȱ wirdȱdadurchȱ deutlich,ȱ dassȱimȱVergleichȱzuȱdenȱähnlichenȱGeburtsnotizenȱinȱV.ȱ1ȱ(AdamȱerȬ kannteȱ seineȱ Frau)ȱ undȱ 17ȱ (Kainȱ erkannteȱ seineȱ Frau)ȱ zweiȱ Momenteȱ hinzukommen,ȱdieȱauchȱfürȱdieȱübrigenȱbiblischenȱGeburtsgeschichtenȱ prägendȱsind:ȱ „Adamȱ erkannteȱ abermalsȱ seineȱ Frau,ȱ undȱ sieȱ gebarȱ eiȬ nenȱ Sohn,ȱ denȱ nannteȱ sieȱSet.“ȱ Dieȱ Geburtȱ endetȱ erstȱ mitȱ dieserȱ BenenȬ nungȱ desȱ Sohnesȱ undȱ istȱ damitȱ vollständigȱ abgeschlossen.18ȱ Dasȱ Wortȱ „Sohn“ȱ erscheintȱ hierȱ zumȱ erstenȱ Malȱ explizit.ȱ Inȱ V.ȱ 1ȱ sowieȱ 17ȱ standȱ lediglichȱderȱEigennameȱdesȱSohnes.ȱȱ VonȱderȱAbfolgeȱderȱTexteȱherȱergibtȱsichȱdamitȱderȱEindruck,ȱdassȱ dieȱgenealogischeȱErzählungȱüberȱSetȱundȱEnoschȱ4,25Ȭ26ȱeinȱpositivesȱ parallelesȱ Gegenstückȱ zuȱ denȱ Kainitenȱ darstellenȱ soll.ȱ Währendȱ dieȱ NachkommenschaftȱKainsȱwieȱihrȱAhnherrȱunterȱdemȱKennzeichenȱderȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 15ȱȱ Vgl.ȱJACOB,ȱGenesis,ȱ148.ȱ 16ȱȱ Auchȱwennȱdieȱ Linieȱendet,ȱlässtȱsichȱaberȱausȱdenȱKulturleistungenȱerahnen,ȱdassȱ damitȱdasȱBöseȱundȱdieȱGewaltȱnichtȱausȱderȱWeltȱgeschafftȱsind.ȱDasȱThemaȱwirdȱinȱ Genȱ6,5ffȱwiederȱaufkommenȱundȱführtȱzurȱdrastischenȱMaßnahmeȱderȱgroßenȱFlut.ȱ 17ȱȱ VONȱLOEWENCLAU,ȱGenȱIVȱ6Ȭ7,ȱ181.ȱȱ 18ȱȱ EineȱAuflistungȱderjenigenȱElemente,ȱdieȱzuȱdenȱgewöhnlichenȱGeburtserzählungenȱȱ sowieȱzuȱdenȱErzählungenȱumȱdieȱunfruchtbarenȱMütterȱgehörenȱbeiȱBREUKELMAN,ȱ BijbelseȱTheologieȱIII/1,ȱ33ȱundȱKETELAAR,ȱDeȱ„onvruchtbare“ȱmoeders,ȱ10Ȭ11ȱ(dortȱ mitȱweitererȱLiteratur).ȱȱ
1.ȱKain,ȱAbelȱundȱSetȱ(Genȱ4Ȭ5)ȱ
51
gesteigertenȱGewaltȱsteht,ȱwerdenȱparallelȱdazuȱSetȱundȱEnoschȱpositivȱ qualifiziert.ȱ Setsȱ undȱ Enoschsȱ Geburtȱ stehtȱ damitȱ unterȱ einemȱ gutenȱ Zeichen.ȱ Ebensoȱ scheintȱ hinterȱ derȱ Angabeȱ inȱ Genȱ 4,26ȱ („Damalsȱ beȬ gannȱ manȱ denȱ Namenȱ JHWHsȱ anzurufen“19)ȱ derȱ Versuchȱ zuȱ stecken,ȱ eineȱpositivȱkonnotierteȱAnalogieȱzuȱdenȱKulturleistungenȱderȱKainitenȱ zuȱ schaffen.ȱ Dieȱ positivenȱ Vorzeichenȱ derȱ AdamȬSetȬEnoschȬLinieȱ werdenȱ durchȱ dieȱ Namensätiologieȱ expliziert,ȱ dieȱ Adamsȱ Frauȱ Evaȱ überȱihrenȱSohnȱSetȱspricht:ȱȱ
!yIq' Agr"h] yKi lb,h, tx;T; rxea; [r:z< ~yhil{a/ yli-tv' yKi tve Amv.-ta, ar"q.Tiw: ȱ„UndȱsieȱgabȱihmȱdenȱNamenȱSetȱ(tve):ȱDennȱGottȱhatȱmirȱeinenȱanderenȱ Nachkommenȱ gesetztȱ (yli-tv')ȱ anȱ Stelleȱ Abels,ȱ weilȱ Kainȱ ihnȱ erschlagenȱ hat.“ȱ(V.ȱ25)ȱ
ȱ DieȱNamensbegründungȱlässtȱdieȱtheologischeȱDifferenzȱzuȱV.ȱ1ȱdeutȬ lichȱ hervortreten:ȱ Evaȱ bezeichnetȱ dortȱ dieȱ Geburtȱ desȱ „Mannesȱ Kain“ȱ selbstbewusstȱ alsȱ einenȱ eigenständigenȱ Schöpfungsaktȱ unterȱ derȱ MitȬ hilfeȱJHWHs.ȱManȱkannȱdiesȱsoȱdeuten,ȱdassȱEvaȱsichȱdamitȱbrüstet,ȱsieȱ habeȱ –ȱ wieȱ Gottȱ –ȱ einenȱ Menschenȱ geschaffen.ȱ Imȱ Ausrufȱ Evasȱ stecktȱ alsoȱ etwasȱ vonȱ jenemȱ Verlangenȱ nachȱ Gottesähnlichkeit,ȱ dasȱ zumȱ GeȬ nussȱderȱverbotenenȱFruchtȱgeführtȱhat.20ȱDieseȱInterpretationȱerscheintȱ nichtȱ völligȱ abwegig,ȱ daȱ dieȱ Sacheȱ mitȱ demȱ Sohnȱ amȱ Endeȱ nichtȱ gutȱ ausgeht.ȱ Inȱ V.ȱ 25ȱ hatȱ sichȱ jedochȱ Evasȱ Ansichtȱ zumȱ Positivenȱ gewanȬ delt.ȱ Hierȱ wirdȱ derȱ ersehnteȱ Nachwuchsȱ nunȱ alsȱ Geschenkȱ Gottesȱ anȬ gesehen.ȱȱ DasȱexpliziteȱWortspielȱmitȱderȱsemitischenȱWurzelȱ tyv/„aufstellen,ȱ einsetzen“ȱinȱderȱNamensdeutungȱsowieȱderȱVerweisȱdesȱNamensȱaufȱ dasȱ gleichlautendeȱ Lexemȱ tve/„Fundament“21ȱ nuancierenȱ dieȱ Funktionȱ Setsȱ dahingehend,ȱ dassȱ dasȱ „Ersetzen“ȱ undȱ „Neubegründen“ȱ dieȱ leiȬ tendenȱGesichtspunkteȱseinerȱLinieȱinȱdenȱVersenȱ25fȱbilden.ȱDerȱzweiȬ teȱ Menschheitsstrangȱ kannȱ darumȱ aufȱ dieȱ Entstehungȱ desȱ JHWHȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 19ȱȱ DieȱÜbersetzungȱergibtȱsichȱaufgrundȱderȱParalleleȱmitȱGenȱ12,8b,ȱwoȱdieȱWendungȱ imȱZusammenhangȱderȱKultpraxisȱerscheintȱ(vgl.ȱnochȱJesȱ64,6;ȱPsȱ79,6).ȱFürȱsichȱbeȬ trachtetȱ könnteȱ V.26ȱ auchȱ grundsätzlicherȱ übersetztȱ werdenȱ mit:ȱ Damalsȱ begannȱ manȱdenȱNamenȱJHWHsȱzuȱnennen.ȱȱ 20ȱȱ Vgl.ȱdazuȱWITTE,ȱUrgeschichte,ȱ61ȱundȱKRAUSS/KÜCHLER,ȱ Erzählungenȱ derȱBibelȱ1,ȱ 121.ȱ 21ȱȱ Vielleichtȱ wirdȱ aufȱ „Set“ȱ schonȱ inȱ Genȱ 1,1ȱ angespielt.ȱ Manȱ kannȱ tyviarEB.ȱ (Genȱ 1,1a)ȱ nämlichȱunpunktiertȱlesenȱ(undȱdamitȱaufȱjeneȱmehrdeutigeȱWeise,ȱwieȱdieȱTexteȱvorȱ denȱMasoretenȱverstandenȱwurden)ȱalsȱ tyv arB:ȱ„EsȱwurdeȱgeschaffenȱSet.“ȱ(soȱeinȱ mündlicherȱHinweisȱvonȱBERNDȱJ.ȱDIEBNER).ȱ
52
TeilȱB:ȱAnalyseȱderȱTexteȱimȱKontextȱ
Kultesȱ hinauslaufen:ȱ hw"hy> ~veB. aroq.li lx;Wh za' (V.ȱ 26).22ȱ Innerhalbȱ desȱ narrativenȱZusammenhangsȱderȱGenesisȱistȱdiesȱzunächstȱeinȱAnachroȬ nismus,ȱdaȱerstȱinȱExȱ3ȱderȱNameȱJHWHsȱoffenbartȱwirdȱundȱdamitȱaufȱ derȱErzählebeneȱeingeführtȱwird.ȱDaherȱistȱderȱSatzȱbesserȱaufȱderȱMeȬ taebeneȱ alsȱ direktesȱ Signalȱ anȱ denȱ Leserȱ zuȱ verstehen:ȱ Derȱ positiveȱ Neubeginnȱ imȱ Erstlingȱ Setȱ wirdȱ mitȱ einerȱ religiösenȱ Umorientierungȱ verbundenȱundȱpositivȱkonnotiert.ȱMitȱSetȱundȱEnosch,ȱundȱnichtȱetwaȱ schonȱmitȱKain,ȱbeginntȱinȱderȱZuwendungȱzumȱwahrenȱundȱeinzigenȱ GottȱdieȱGeschichteȱderȱMenschheit.ȱDieȱBedeutungȱderȱNamensanruȬ fungȱ innerhalbȱ derȱ Setitenlinieȱ wirdȱ mithinȱ dadurchȱ verstärkt,ȱ dassȱ Genȱ 4,26ȱ dieȱ Anrufungȱ desȱ Namensȱ durchȱ Abrahamȱ imȱ verheißenenȱ Landȱ(Genȱ12,8b)ȱnahezuȱwörtlichȱzitiert:ȱȱ
hw"hy> ~veB. aroq.li
hw"hy> ~veB. ar"q.YIw:ȱ Dieȱ religiöseȱ Praxisȱ derȱ Setitenȱ nimmtȱ soȱ einenȱ derȱ Höhepunkteȱ derȱ HeilsgeschichteȱIsraelsȱbereitsȱproleptischȱvorweg.ȱDieseȱreligiöseȱNeuȬ orientierungȱanȱJHWHȱqualifiziertȱdenȱStammhalterȱSetȱalsȱErstling;ȱinȱ denȱ Wortenȱ Yashars:ȱ „Denȱ Tagenȱ seinesȱ Sohnesȱ Enoschȱ wirdȱ derȱ AnȬ fangȱ (geregelten?)ȱ Gottesdienstesȱ zugeschriebenȱ (Genȱ 4,27),ȱ also:ȱ dasȱ vornehmsteȱAmtȱderȱErstgeburt“.23ȱ 1.2.2ȱGenealogischeȱWeiterführungȱ DieȱGeburtserzählungȱumȱdenȱneuenȱErstlingȱSetȱwirdȱmitȱderȱWeiterȬ führungȱseinerȱGenealogieȱinȱV.ȱ26ȱabgeschlossen.ȱDieȱKontinuitätȱderȱ genealogischenȱ Linieȱ demonstriert,ȱ dassȱ Setȱ tatsächlichȱ dasȱ Potentialȱ zumȱErstlingȱhat.ȱDerȱletzteȱEigennameȱinȱderȱSetitenlinieȱistȱ„Enosch“/ vAna/.ȱ Hinterȱ demȱ Namenȱ stecktȱ eineȱ Wurzelȱ mitȱ derȱ Bedeutungȱ „Mensch“.24ȱDasȱWortȱ vAna/ȱ istȱimȱUnterschiedȱzuȱ ~d"a' auchȱbeiȱdenȱälȬ testenȱ Vertreternȱ derȱ semitischenȱ Sprachgruppeȱ bekannt,ȱ undȱ bereitsȱ imȱältestenȱAramäischȱsehrȱgeläufig.25ȱImȱbiblischenȱAramäisch,ȱinȱdemȱ ~d"a' fehlt,ȱbegegnetȱ vAna/ 25ȱmal.ȱDasȱWortȱ vAna/ kommtȱfastȱnurȱinȱdichȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 22ȱȱ S.ȱHORST,ȱDieȱNotizȱvomȱAnfangȱdesȱJahwekultes,ȱbes.ȱ72Ȭ74ȱundȱARNETH,ȱ „Durchȱ AdamsȱFallȱistȱganzȱverderbt…“,ȱ162f.ȱKLEMM,ȱKainȱundȱdieȱKainiten,ȱ392,ȱsiehtȱdaȬ rinȱ „dieȱ religiösȬkonstitutiveȱ Verbindungȱ mitȱ Gottȱ ohneȱ unmittelbareȱ GottesbegegȬ nung“.ȱ Dieseȱ sollȱ nachȱ KLEMMȱ inȱ denȱ Zusammenhangȱ derȱ Abweisungȱ einesȱ HeroȬ enkultesȱ gehören;ȱ ähnlichȱ argumentiertȱ auchȱ HORST,ȱ Dieȱ Notizȱ vomȱ Anfangȱ desȱ Jahwekultes,ȱ68Ȭ74.ȱ 23ȱȱ YASHAR,ȱzuȱGenȱ4,7,ȱ637.ȱȱ 24ȱȱ Vgl.ȱauchȱDEURLOO,ȱNaȱdeȱmoord,ȱ37;ȱFOKKELMAN,ȱDeȱsectieȱGenesisȱ1Ȭ11,ȱ23;ȱHESS,ȱ PersonalȱNames,ȱ66f;ȱBUBERȱübersetztȱmitȱ„Menschlein“.ȱ 25ȱȱ Vgl.ȱdazuȱMAASS,ȱArt. vAna/,ȱ373Ȭ375ȱundȱHESS,ȱPersonalȱNames,ȱ66.ȱ
1.ȱKain,ȱAbelȱundȱSetȱ(Genȱ4Ȭ5)ȱ
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terischenȱ Textenȱ vor26ȱ undȱ istȱ meistȱ gleichbedeutendȱ mitȱ ~d"a.' ȱ Beideȱ bezeichnenȱ dieȱ Kreatürlichkeit,ȱ Hinfälligkeit,ȱ Sterblichkeitȱ undȱ Bedrohtheitȱ desȱ Menschen.ȱ Inȱ vielenȱ poetischenȱ Textenȱ werdenȱ beideȱ Wörterȱ imȱ Parallelismusȱ gebraucht.27ȱ Inȱ derȱ narrativenȱ Einheitȱ Genȱ 2,4aȬ4,26ȱ gingȱ esȱ umȱ dasȱ Geschaffenseinȱ desȱ ~d"a' vorȱ JHWHȱ aufȱ derȱ hm'd'a]..ȱMitȱAdam,ȱdemȱMenschen,ȱbeginntȱdieseȱErzählungȱundȱschlägtȱ einenȱ Bogenȱ bishinȱ zuȱ Enosch,ȱ demȱ Menschen.ȱ Dieseȱ Inklusionȱ marȬ kiertȱdenȱinȱSetȱgesetztenȱNeuanfangȱderȱMenschheitȱaufsȱNeue:ȱWähȬ rendȱ Adam,ȱ derȱ Mensch,ȱ dasȱ Gebotȱ JHWHsȱ übertrittȱ (vgl.ȱ Genȱ 2,16f;ȱ 3,1ff),ȱ wendetȱ sichȱ Enosch,ȱ „Mensch“,ȱ JHWHȱ imȱ Gebetȱ zu.ȱ Undȱ nochȱ einȱzweiterȱGegensatzȱwirdȱerzeugt:ȱKainȱvertieftȱdieȱinȱderȱsog.ȱ„SünȬ denfallerzählung“ȱ berichteteȱ Entfernungȱ zwischenȱ Gottȱ undȱ Menschȱ (Genȱ 3,24)ȱ nochȱ weiterȱ (Genȱ 4,16).ȱ Hingegenȱ versuchtȱ Setsȱ Sohnȱ Enosch,ȱderȱneueȱMensch,ȱdieȱGottesferneȱdurchȱAnrufenȱdesȱNamensȱ JHWHsȱzuȱüberbrücken.28ȱKainsȱLinieȱistȱhiermitȱendgültigȱüberholt.ȱȱ 1.2.3ȱSetȱalsȱKontrastfigurȱzuȱKainȱ(Genȱ5,1Ȭ32)ȱ ErstȱnachȱderȱKonturierungȱSetsȱalsȱErstlingȱundȱmitȱEnoschȱalsȱrepräȬ sentativemȱMenschenȱbeginntȱauchȱdasȱ„BuchȱderȱToledotȱAdams,ȱdesȱ Menschen“ȱinȱGenȱ5,1ȱundȱdamitȱderȱeigentlicheȱHauptteilȱderȱGenesis.ȱ Nachȱ demȱ erstenȱ erzählerischenȱ Anlaufȱ zurȱ Überwindungȱ derȱ Kainitengeschichteȱinȱ4,25Ȭ26ȱstartetȱdasȱ„BuchȱderȱToledotȱAdamsȱdesȱ Menschen“ȱ inȱ 5,1Ȭ32ȱ seinenȱ zweitenȱ undȱ eigentlichen:ȱ Dieȱ Genealogieȱ wirdȱ durchȱ eineȱ einleitendeȱ Passageȱ V.ȱ 1Ȭ3ȱ eröffnet.ȱ Hierȱ erfolgtȱ zuȬ nächstȱeinȱRückgriffȱaufȱdieȱErschaffungȱdesȱMenschenȱnachȱGenȱ1,26Ȭ 28:ȱ Dieȱ Gottesbildlichkeitȱ undȱ derȱ damitȱ verbundeneȱ Segenȱ werdenȱ ausdrücklichȱerinnertȱundȱdamitȱaktualisiert.29ȱDeshalbȱwirdȱinȱGenȱ5,2ȱ nochmalsȱausdrücklichȱaufȱdenȱSegenȱfürȱdenȱMenschenȱausȱGenȱ1,27Ȭ 28ȱzurückgegriffen.ȱȱ DieȱAdamȬGenealogieȱistȱdamitȱfestȱimȱSchöpfungsberichtȱvonȱGenȱ lȱ verankert,ȱ undȱ zugleichȱ istȱ dieȱ Nachkommenschaftȱ Adamsȱ mitȱ demȱ Schöpfungssegenȱ verbunden.ȱ Beginnendȱ mitȱ Adamȱ setztȱ abȱ Genȱ 5,3ȱ eineȱregelmäßigȱgestalteteȱlineareȱGenealogieȱein.ȱAufȱAdamȱfolgenȱSetȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 26ȱȱ AmȱstärkstenȱvertretenȱistȱesȱbeiȱHiobȱ(18mal),ȱinȱdenȱPsalmenȱ(13mal)ȱundȱimȱBuchȱ Jesajaȱ(9mal).ȱȱ 27ȱȱ Vgl.ȱPsȱ8,5:ȱ„WasȱistȱderȱMensch,ȱdassȱduȱseinerȱgedenkst;ȱundȱdesȱMenschenȱSohn,ȱ dassȱ duȱ dichȱ umȱ ihnȱ kümmerst?“ȱ (~d"a'/-!B,ȱ, Ȭȱ vAna/);ȱ 144,3:ȱ vAna/-!B, Ȭ ~d"a'-hm';ȱ Jesȱ 13,12:ȱȱ
~d"aw' > Ȭ vAna/;ȱ51,12:ȱvAna/me Ȭȱ~d"a'-!B,miW;ȱsowieȱJesȱ56,2;ȱPsȱ73,5;ȱ90,3;ȱHiȱ25,6;ȱ36,25.ȱ 28ȱȱ DieseȱwichtigeȱBeobachtungȱbeiȱSPINA,ȱCain’sȱRejection,ȱ329.ȱȱ 29ȱȱ Ihreȱ Weitergabeȱ wirdȱ vermitteltȱ durchȱ dieȱ Weitergabeȱ desȱ Lebensȱ überȱ Zeugungȱ undȱGeburtȱvonȱGenerationȱzuȱGeneration.ȱVgl.ȱhierzuȱHIEKE,ȱGenealogien,ȱ67f.71.ȱ
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TeilȱB:ȱAnalyseȱderȱTexteȱimȱKontextȱ
(5,6Ȭ11),ȱ Kenanȱ (5,12Ȭ14),ȱ Mahalalelȱ (5,15Ȭ17),ȱ Jaredȱ (5,18Ȭ20),ȱ Henochȱ (5,21Ȭ24),ȱMetuselachȱ(5,25Ȭ27),ȱLamechȱ(5,28Ȭ31)ȱundȱNoahȱ(5,32[Ȭ9,29]).ȱ Imȱ Ganzenȱ enthältȱ dieȱ Listeȱ zehnȱ vorsintflutlicheȱ Generationen,ȱ dieȱ nachȱeinemȱfestenȱdreizeiligenȱSchemaȱvorgestelltȱwerdenȱundȱinȱdesȬ senȱ Zentrumȱ dieȱ Geburtȱ desȱ Erstgeborenenȱ steht.30ȱ Erstȱ inȱ Genȱ 5,32ȱ wirdȱvomȱdreizeiligenȱgenealogischenȱMusterȱabgewichenȱundȱinȱeineȱ segmentäreȱ Genealogieȱ übergegangen:ȱ Nichtȱ mehrȱ nurȱ einȱ Sohnȱ wirdȱ namentlichȱ genannt,ȱ sondernȱ gleichȱ alleȱ dreiȱ Söhneȱ Noahsȱ werdenȱ erwähnt:ȱ Sem,ȱ Hamȱ undȱ Japhet.31ȱ Allerdingsȱ istȱ dieȱ genealogischeȱ InȬ formationȱ vonȱ Noahȱ inȱ Genȱ 5,32ȱ ȱ nichtȱ vollständig.ȱ Manȱ brauchtȱ hierȱ nichtȱanzunehmen,ȱdassȱimȱLaufeȱderȱÜberlieferungȱeinȱStückȱweggeȬ fallenȱ ist.ȱ Dieȱ sachlicheȱ Fortsetzungȱ erhältȱ Noahsȱ Genealogieȱ inȱ Genȱ 9,28Ȭ29.ȱȱ Dieȱ Vorstellungȱ derȱ 10.ȱ Generationȱ Noahsȱ erstrecktȱ sichȱ demnachȱ vonȱGenȱ5,32ȱbisȱ9,29ȱ(tmoYw" ::ȱ„undȱerȱstarb“).ȱDieȱGenealogieȱAdams/Setsȱ istȱaberȱmitȱGenȱ5,32ȱvorläufigȱabgeschlossen.ȱInȱGenȱ6,1Ȭ4ȱbeginntȱeinȱ neuerȱ Zusammenhang.ȱ Dieȱ Zehnzahlȱ derȱ Generationenȱ stehtȱ fürȱ VollȬ kommenheitȱderȱgenealogischenȱLinieȱüberȱAdamȱundȱSet.ȱGenȱ5,1Ȭ32ȱ korreliertȱ dabeiȱ mitȱ denȱ zehnȱ nachsintflutlichenȱ Generationenȱ inȱ Genȱ 11,10Ȭ26ȱ wieȱ auchȱ mitȱ denȱ zehnȱ ToledotȬFormelnȱ derȱ Genesis.32ȱ Setȱ führtȱ alsȱ Erstlingȱ entsprechendȱ inȱ vollkommenerȱ Weiseȱ dieȱ Linieȱ desȱ Vatersȱ weiter.ȱ Kainȱ findetȱ hingegenȱ inȱ Genȱ 5ȱ keineȱ Erwähnungȱ mehr.ȱ ErȱistȱvollständigȱabgelöstȱundȱausȱdieserȱgenealogischenȱLinieȱausgeȬ schlossen.ȱ Inȱ Genȱ 5ȱ sindȱ dieȱ gleichȱ zweifachenȱ Namensgleichheitenȱ undȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȬähnlichkeitenȱzuȱdenȱbeidenȱListenȱinȱGenȱ4ȱauffällig.ȱDieseȱschließenȱ anȱ Genȱ 4ȱ inȱ Kontrastȱ undȱ Übereinstimmungȱ an.ȱ Zumȱ einenȱ wirdȱ dieȱ genealogischeȱErzählungȱderȱLinieȱAdamȬSetȬEnoschȱ(4,25Ȭ26)ȱinȱFormȱ derȱGenealogieȱinȱ5,3Ȭ8ȱwiederholt.ȱInȱGenȱ5,3ȱerfolgtȱeineȱausdrückliȬ cheȱNamensgebungȱdesȱSohnesȱSet,ȱdiesmalȱallerdingsȱdurchȱdenȱVaterȱ Adam,ȱandersȱalsȱinȱGenȱ4,25,ȱwoȱausȱderȱPerspektiveȱderȱMutterȱEvaȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 30ȱȱ ZuȱdiesemȱSchemaȱinȱGenȱ5ȱundȱinȱGenȱ11ȱvgl.ȱTeilȱA.4.1.ȱ 31ȱȱ Vgl.ȱdasȱEndeȱderȱebenfallsȱzehntenȱnachȬsintflutlichenȱGenerationȱinȱGenȱ11,26ȱmitȱ Abram,ȱNahorȱundȱHaran.ȱ 32ȱȱ AuchȱdieȱBabylonierȱzähltenȱvonȱderȱWeltschöpfungȱbisȱzurȱgroßenȱFlutȱzehnȱGeneȬ rationen,ȱallerdingsȱnichtȱvonȱgewöhnlichenȱMenschen,ȱsondernȱvonȱ„Königen,ȱdieȱ vomȱHimmelȱherabstiegen.“ȱIhreȱNamenȱhabenȱzwarȱmitȱdenenȱderȱbiblischenȱListeȱ nichtsȱgemein,ȱdochȱwirdȱdiesenȱKönigenȱgenausoȱwieȱdenȱbiblischenȱvorsintflutliȬ chenȱ Patriarchenȱ einȱ außerordentlichȱ hohesȱ Alterȱ zugeschrieben.ȱ Dieȱ Annahmeȱ eventuellerȱentstehungsgeschichtlicherȱBezügeȱistȱaberȱalsȱäußerstȱproblematischȱabȬ zulehnen.ȱZurȱDiskussionȱundȱschließlichenȱAblehnungȱderȱmöglichenȱBerührungenȱ zwischenȱ derȱ sumerischenȱ Königslisteȱ undȱ Genȱ 5ȱ vgl.ȱ WESTERMANN,ȱ Genesisȱ I/1,ȱ 476fȱu.ȱetwasȱaktuellerȱSEEBASS,ȱGenesisȱI,ȱ181Ȭ183f.ȱȱ
1.ȱKain,ȱAbelȱundȱSetȱ(Genȱ4Ȭ5)ȱ
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formuliertȱ wurde:ȱ tve Amv.-ta, ar"q.YIw: […]ȱ ~d"a.' ȱ Dieȱ volksetymologischeȱ BegründungȱvonȱSetsȱNamensȱdurchȱseineȱMutterȱEvaȱinȱGenȱ4,25ȱchaȬ rakterisierteȱSetȱalsȱeinzigesȱGliedȱderȱSetitenlisteȱausdrücklichȱnichtȱalsȱ Erstgeborener,ȱsondernȱalsȱjüngererȱBruderȱAbelsȱundȱdamitȱauchȱKains,ȱ alsoȱ alsȱ Drittgeborenen.ȱ Genauȱ dieseȱ numerischeȱ Information,ȱ dieȱ ihnȱ vonȱ allenȱ anderenȱ Väternȱ unterscheidet,ȱ findetȱ sichȱ inȱ seinenȱ LebensȬ jahrenȱinȱGenȱ5,4Ȭ6ȱwieder:ȱAusschließlichȱbeiȱSetȱsindȱalleȱimȱTextȱanȬ gegebenenȱsowieȱalleȱauszurechnendenȱZahlenȱdurchȱdreiȱteilbar.33ȱ ZumȱanderenȱwirdȱSetsȱLinieȱmitȱdenȱKainitenȱverglichen.ȱObwohlȱ vonȱ seinenȱ Nachkommenȱ gesagtȱ wird,ȱ dassȱ sieȱ mitȱ Gottȱ wandeltenȱ (Genȱ5,22Ȭ24)ȱundȱausȱihmȱschließlichȱNoah,ȱderȱeinzigȱ„gerechte,ȱtadelȬ loseȱ Mann“ȱ (Genȱ 6,9)ȱ seinerȱ Generation,ȱ hervorging,ȱ ähnelnȱ sichȱ dieȱ Namenȱ derȱ Kainiterȱ undȱ derȱ Setiter:ȱ Kain/Kenan,ȱ Henoch,ȱ Irad,ȱ Metuschael/MetuschalemȱundȱLamechȱ(Genȱ4,17Ȭ24;ȱ5,9Ȭ28).ȱAußerdemȱ umfasstȱ dieȱ Nachkommenschaftȱ Kainsȱ zwölfȱ Namenȱ (einschließlichȱ KainsȱselbstȱundȱderȱnamentlichȱgenanntenȱFrauen),ȱebensoȱdieȱNachȬ kommenschaftȱ Setsȱ (einschließlichȱ Sets;ȱ Frauennamenȱ werdenȱ nichtȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 33ȱȱ ZahlenȱimȱText:ȱ105;ȱ807;ȱ912;ȱauszurechnendeȱZahlen:ȱ132ȱ(Geburtsjahr);ȱ237ȱ(ZeuȬ gungȱ desȱ Sohnes);ȱ 1044ȱ (Todesjahr).ȱ Zuȱ denȱ übrigenȱ Zahlenȱ inȱ Genȱ 5,1Ȭ32ȱ vgl.ȱ dieȱ Aufstellungȱ beiȱ ZIEMER,ȱ Erklärungȱ derȱ Zahlen,ȱ 1Ȭ18,ȱ bes.ȱ 12.17.ȱ Dieserȱ ZusammenȬ hangȱ istȱ allerdingsȱ nurȱ mitȱ denȱ Zahlenȱ desȱ masoretischenȱ Textesȱ möglich.ȱ SeptuaȬ gintaȱundȱsamaritanischerȱPentateuchȱhabenȱhierȱabweichendeȱZahlenangaben.ȱDieȱ UnterschiedeȱderȱJahreszahlenȱinȱMT,ȱSamPenȱundȱLXXȱwerdenȱinȱfastȱjedemȱKomȬ mentarȱ verzeichnet;ȱ übersichtlicheȱ Tabellenȱ beiȱ SEEBASS,ȱ Genesisȱ I,ȱ 178ȱ undȱ DEURȬ LOO/ZUURMOND,ȱDeȱdagenȱanȱNoah,ȱ221fȱ(beiȱletzterenȱnochȱzusätzlichȱdieȱZahlenȱ vonȱJosephus,ȱJubiläenȱundȱPsPhilo).ȱWelchesȱSystemȱsichȱhinterȱdenȱhohenȱAltersȬ angabenȱ derȱ zehnȱ Urväterȱ verbirgt,ȱ istȱ schwierigȱ zuȱ bestimmen.ȱ Nimmtȱ manȱ nochȱ hinzu,ȱdassȱdieȱ AltersangabenȱimȱmasoretischenȱText,ȱderȱSeptuagintaȱundȱ denȱsaȬ maritanischenȱ Pentateuchȱ auffallendȱ divergieren,ȱ istȱ esȱ nichtȱ verwunderlich,ȱ dassȱ dasȱPhänomenȱeineȱwahreȱFlutȱvonȱDeutungsversuchenȱerfahrenȱ hat.ȱZuȱeinerȱforȬ schungsgeschichtlichenȱ Übersichtȱ vgl.ȱ dieȱ neuesteȱ Zusammenstellungȱ vonȱ HIEKE,ȱ Genealogien,ȱ77fȱu.ȱSEEBASS,ȱGenesisȱI,ȱ181Ȭ183.ȱZuȱdenȱunterschiedlichenȱchronoloȬ gischenȱSystemenȱinȱdenȱGenealogienȱvonȱMT,ȱLXXȱundȱSamPentȱhatȱzuletztȱwiederȱ NORTHCOTEȱ gearbeitetȱ (vgl.ȱ NORTHCOTE,ȱ Theȱ Lifespansȱ ofȱ theȱ Patriarchs,ȱ 243Ȭ257).ȱ Fürȱ eineȱ Weiterarbeitȱ istȱ dessenȱ kritischeȱ Synopseȱ S.ȱ 245ȱ sehrȱ hilfreich.ȱ Auchȱ seineȱ Deutungȱ bleibtȱ imȱ Bereichȱ derȱ Spekulation.ȱ Fürȱ denȱ masoretischenȱ Textȱ schlägtȱ erȱ vor,ȱ dieȱ ausȱ derȱ Additionȱ allerȱ Generationenȱ beruhendeȱ Jahreszahlȱ 12.600ȱ aufȱ dieȱ eschatologischenȱTraditionenȱzuȱbeziehen,ȱdieȱsichȱauchȱinȱdenȱapokalyptischenȱBüȬ chernȱ Danielȱ undȱ Offenbarungȱ niedergeschlagenȱ haben.ȱ Jedochȱ istȱ seinemȱ Urteilȱ bezüglichȱderȱSchwierigkeitȱderȱAuslegungȱdesȱZahlenmaterialsȱzuzustimmen:ȱ„Theȱ difficultyȱ involvedȱ inȱ understandingȱ thisȱ materialȱ isȱ notȱ surprising,ȱ given,ȱ thatȱ theȱ ancientȱ chronologersȱ seemȱ toȱ haveȱ notȱ wantedȱ theirȱ numericalȱ symbolismȱ toȱ beȱ madeȱtooȱaccessible.ȱInȱitsȱdays,ȱinȱfact,ȱfullȱcomprehensionȱofȱitȱwasȱlikelyȱrestrictedȱ toȱ smallȱ ‘inner’ȱ priestlyȱ circles,ȱ withȱ onlyȱ hintsȱ ofȱ itsȱ meaningȱ passedȱ onȱ inȱ theȱ caȬ nonicalȱliterature.”ȱ(DERS.,ȱTheȱLifespansȱofȱtheȱPatriarchs,ȱ257).ȱ
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TeilȱB:ȱAnalyseȱderȱTexteȱimȱKontextȱ
überliefert).ȱEineȱweitereȱEntsprechungȱliegtȱdarin,ȱdassȱsowohlȱinȱGenȱ 4ȱalsȱauchȱinȱGenȱ5ȱjeweilsȱeineȱlineareȱGenealogieȱdurchȱeineȱSegmenȬ tierungȱinȱdreiȱBrüderȱ(Genȱ4,20Ȭ22:ȱJabal,ȱJubal,ȱTubalȬKain;ȱGenȱ5,32:ȱ Sem,ȱHamȱundȱJaphet)ȱbeendetȱwird.ȱȱ DieȱParallelenȱzwischenȱbeidenȱListenȱsindȱ–ȱtrotzȱderȱUnterschiedeȱ inȱKlängeȱundȱunterschiedlicherȱFormȱ–ȱlängstȱbemerktȱworden.34ȱLiteȬ rarhistorischȱmagȱesȱsichȱinȱGenȱ5ȱumȱeineȱParallelversionȱzuȱGenȱ4,17Ȭ 24.25Ȭ26ȱhandeln.35ȱAndereȱwiederumȱschließenȱdiesȱaus,ȱdaȱeineȱliteraȬ rischeȱ Abhängigkeitȱ zwischenȱ beidenȱ Listenȱ aufgrundȱ derȱ vorhandeȬ nenȱ Differenzenȱ inȱ Länge,ȱ Anordnungȱ undȱ Schreibweiseȱ derȱ Namenȱ sowieȱ literarischerȱ Formȱ nichtȱ naheȱ liege.ȱ Eherȱ könneȱ manȱ darumȱ anȬ nehmen,ȱ dassȱ beideȱ Listenȱ aufȱ gleichesȱ oderȱ ähnlichesȱ genealogischesȱ Materialȱ zurückgreifen.36ȱ Hiervonȱ abweichendȱ gehtȱ Bryanȱ davonȱ aus,ȱ dassȱdieȱMaterialienȱgenuinȱunterschiedenȱwarenȱundȱerstȱnachträglichȱ traditionsgeschichtlichȱinȱNamensgestaltȱundȱReihenfolgeȱpartiellȱaneiȬ nanderȱ angeglichenȱ wurden.37ȱ Esȱ bleibtȱ allerdingsȱ dieȱ Frageȱ bestehen,ȱ welcheȱ literarischeȱ Pragmatikȱ hinterȱ derȱ Parallelisierungȱ beiderȱ Listenȱ steht.38ȱImȱEndtextȱbeginntȱmitȱGenȱ5ȱdieȱMenschheitsgeschichteȱinsgeȬ samtȱneu.ȱDarumȱentfaltenȱsichȱdieȱerstenȱGenerationenȱparallelȱzuȱdenȱ Kainiten,ȱsoȱdassȱKainsȱLinieȱersetztȱwird.ȱSetsȱNameȱ(„Ersatz“)ȱwirdȱinȱ Genȱ 5ȱ zumȱ Programm.ȱ Derȱ Kontrastȱ SetȬKainȱ wirdȱ auchȱ numerischȱ aufgegriffen.ȱKainsȱLinieȱläuftȱausȱundȱendetȱmitȱdemȱ7Ȭȱundȱ77Ȭfachenȱ RacheschwurȱLamechsȱinȱGenȱ4,24.ȱDagegenȱendetȱSetsȱgenealogischerȱ VermerkȱnichtȱnurȱmitȱdemȱAnrufenȱGottesȱmitȱseinemȱNamenȱJHWH.ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 34ȱȱ Dieȱ Übereinstimmungenȱ derȱ Kainitenlisteȱ undȱ derȱ Setitenlisteȱ wirdȱ inȱ jedemȱ KomȬ mentarȱ notiert;ȱ vgl.ȱ zuletztȱ wiederȱ ARNETH,ȱ „Durchȱ Adamsȱ Fallȱ istȱ ganzȱ verȬ derbt…“,ȱ165Ȭ169;ȱSCHÜLE,ȱProlog,ȱ209f;ȱCARR,ȱReadingȱtheȱFracturesȱofȱGenesis,ȱ68Ȭ 73ȱundȱHIEKE,ȱGenealogien,ȱ67Ȭ69.ȱ 35ȱȱ DafürȱsprichtȱsichȱdieȱMehrheitȱmitȱNachdruckȱaus;ȱstattȱvielerȱs.ȱWITTE,ȱUrgeschichȬ te,ȱ 55f;ȱ OTTO,ȱ Paradieserzählung,ȱ 185Ȭ188;ȱ zumȱ Problemȱ derȱ literarischenȱ EinheitȬ lichkeitȱ vonȱ Genȱ 2Ȭ4ȱ imȱ Übergangȱ zuȱ Kap.ȱ 5ȱ s.ȱ jetztȱ GERTZ,ȱ Vonȱ Adamȱ zuȱ Enosch,ȱ 215Ȭ236.ȱ Andersȱ WESTERMANN,ȱ Genesisȱ I/1,ȱ 472:ȱ Durchȱ einfacheȱ Umstellungenȱ derȱ Abfolgeȱ derȱ Namenȱ vonȱ Genȱ 5ȱ seiȱ dieȱ Reihenfolgeȱ vonȱ Genȱ 4,17Ȭ26ȱ erreichbar,ȱ soȱ dassȱGenȱ4,17Ȭ26ȱeineȱkünstlichȱerzeugteȱVarianteȱvonȱGenȱ5ȱsei.ȱDerȱ„Jahwist“ȱhabeȱ dieȱListeȱgeteiltȱundȱunterschiedlichenȱLebensstilenȱundȱKulturenȱzugeordnet:ȱ4,17Ȭ 22ȱbetreffeȱdieȱnichtȬagrarischenȱVölkerȱmitȱ(halb)nomadischerȱLebenshaltung,ȱ4,25Ȭ 26ȱdieȱübrigenȱ(agrarischen)ȱVölker.ȱWiederumȱgenauȱdieȱgegenteiligeȱAnsichtȱverȬ trittȱVERMEYLEN,ȱLaȱdescendance,184,ȱnachȱdemȱPȱinȱGenȱ5ȱeineȱLinieȱvonȱzehnȱGeȬ nerationenȱgeschaffenȱhabeȱundȱsichȱdabeiȱvonȱderȱKainitenlisteȱinspirierenȱließ.ȱ 36ȱȱ S.ȱMILLER,ȱDescendentsȱofȱCain,ȱ712;ȱsowieȱSCHÜLE,ȱProlog,ȱ209f.ȱ 37ȱȱ DazuȱBRYAN,ȱAȱReevaluationȱofȱGenȱ4,ȱ182Ȭ186.ȱȱ 38ȱȱ HIEKEȱ istȱ darinȱ zuzustimmen,ȱ dassȱ inȱ diesemȱ Fallȱ dasȱ „Wissenȱ umȱ dieȱ Geneseȱ derȱ Parallelitätȱ […]ȱ nichtȱ dasȱ Wissenȱ umȱ dieȱ Bedeutungȱ diesesȱ Phänomensȱ fürȱ denȱ ErȬ zählfortschrittȱ[ersetzt].“ȱ(HIEKE,ȱGenealogien,ȱ81ȱAnm.ȱ231).ȱ
1.ȱKain,ȱAbelȱundȱSetȱ(Genȱ4Ȭ5)ȱ
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Siebenȱ Generationenȱ sindȱ esȱ vonȱ Adamȱ überȱ Kainȱ bisȱ zuȱ Lamech.ȱ Lamechsȱ besondereȱ Beziehungȱ zurȱ Siebenzahlȱ wirdȱ nochȱ durchȱ dieȱ Bemerkungȱ überȱ Kainsȱ siebenfachȱ undȱ Lamechsȱ 77Ȭfacheȱ Racheȱ herȬ vorgehobenȱ(Genȱ4,15.24).ȱDerȱLamechȱderȱSetitenreiheȱwirdȱ777ȱJahreȱ alt.ȱ Außerdemȱ sindȱ alleȱ dreiȱ imȱ Textȱ angegebenenȱ Zahlenȱ (sonstȱ nurȱ nochȱbeiȱKenan)ȱdurchȱsiebenȱteilbar.39ȱDamitȱweistȱdieseȱZahlȱdeutlichȱ aufȱ dieȱ Kainitengeschichteȱ zurück,ȱ konterkariertȱ undȱ überbietetȱ sieȱ aberȱ zugleich.ȱ Manȱ kannȱ denȱ setitischenȱ Lamechȱ alsȱ denȱ Ersatzȱ desȱ kainitischenȱLamechȱverstehen,ȱderȱdieȱAusuferungȱvonȱGewaltȱinȱGenȱ 4ȱ(7Ȭȱundȱ77Ȭfach)ȱaufȱpositiveȱundȱfastȱschonȱironischeȱWeiseȱwiderlegtȱ undȱübersteigertȱ(777Ȭfach).ȱȱ ȱ Wasȱ alsoȱ mitȱ Setsȱ Namensdeutungȱ („Ersatz“)ȱ schonȱ angeklungenȱ warȱ undȱinȱseinemȱSohnȱEnosch/„Mensch“,ȱalsȱwahrerȱVertreterȱdesȱrepräȬ sentativenȱ Adamȱ schonȱ verdeutlichtȱ wurde,ȱ wirdȱ imȱ genealogischenȱ Systemȱnochȱeinmalȱverdeutlicht:ȱMitȱSetȱistȱeinȱwürdigerȱ„Ersatz“ȱfürȱ Kainȱ geborenȱ worden,ȱ dessenȱ Nachkommenȱ letztlichȱ dieȱ Ausuferungȱ vonȱ Gewaltȱ undȱ fehlenderȱ Brüderlichkeitȱ überwindenȱ werden,ȱ dieȱ KainsȱNachkommenȱinsȱLebenȱgerufenȱhaben.ȱDieȱSetitenȱhabenȱkeineȱ genealogischenȱ Berührungenȱ mitȱ denȱ Kainiten,ȱ vielmehrȱ habenȱ sieȱ ihrenȱ„eigenenȱLamech“,ȱihreȱeigenenȱuraltenȱAhnväter,ȱjetztȱaberȱunȬ terȱ anderen,ȱ positivenȱ Vorzeichen:ȱ Währendȱ derȱ Lamechȱ derȱ Kainitenȱ unmäßigeȱ Racheȱ nimmtȱ undȱ einȱ grausamer,ȱ prahlerischerȱ Mörderȱ ist,ȱ istȱ derȱ Lamechȱ inȱ derȱ Genealogieȱ Adamsȱ durchȱ Setȱ derȱ Vaterȱ dessen,ȱ derȱ dieȱ Menschheitȱ durchȱ dieȱ Flutȱ hindurchȱ rettet.ȱ Dieȱ zumȱ Teilȱ gleiȬ chenȱundȱähnlichenȱNamenȱvonȱGenȱ5,1Ȭ32ȱimȱVergleichȱmitȱGenȱ4,17Ȭ 22ȱ neutralisierenȱ gleichsamȱ dieȱ unterȱdemȱ Vorzeichenȱ derȱ Gewaltȱ steȬ hendeȱ Genealogieȱ Kainsȱ undȱ überwindenȱ damitȱ denȱ natürlichenȱ ErstȬ geborenen,ȱderȱinȱBezugȱaufȱdieȱinnerfamiliäreȱSolidaritätȱversagte.ȱȱ
1.3ȱZusammenfassungȱ DieȱGenealogienȱ4,17Ȭ24ȱundȱ5,1Ȭ32ȱsowieȱdieȱgenealogischeȱErzählungȱ 4,1Ȭ17.25Ȭ26ȱbildenȱeineȱlogischeȱundȱkohärenteȱAbfolgeȱundȱschildernȱ dieȱbeidenȱKontrahentenȱumȱdasȱErstlingstumȱKainȱundȱSetȱinȱkontrasȬ tierenderȱWeise.ȱDieȱbeidenȱSöhneȱvonȱAdamȱundȱEvaȱsindȱKainȱundȱ Abelȱ (Genȱ 4,1).ȱ Kainȱ wirdȱ alsȱ natürlicherȱ Erstgeborenerȱ eingeführtȱ (V.ȱ 1).ȱAbelȱistȱseinȱjüngererȱBruderȱ(V.ȱ2).ȱAbelȱwirdȱallerdingsȱdurchȱseiȬ nenȱBruderȱermordetȱundȱKainȱgelingtȱesȱdadurchȱnicht,ȱseineȱPositionȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 39ȱȱ 182ȱ=ȱ26x7;ȱ595ȱ=ȱ85x7;ȱ777ȱ=ȱ111x7.ȱ
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TeilȱB:ȱAnalyseȱderȱTexteȱimȱKontextȱ
alsȱErstlingȱzuȱerhalten.ȱSeineȱGenealogieȱendetȱinȱGenȱ4,17Ȭ22ȱundȱhatȱ keineȱVerbindungȱzuȱdenȱweiterenȱGenealogienȱderȱGenesis.ȱDieȱgeneȬ alogischeȱ Linieȱ läuftȱ überȱ Setȱ weiterȱ (Genȱ 4,25f).ȱ Genȱ 4,25fȱ vermerkt,ȱ dassȱSetȱanȱdieȱStelleȱvonȱKainȱundȱAbelȱgetretenȱist.ȱEsȱsindȱdannȱauchȱ lediglichȱSetsȱNachkommen,ȱdieȱunterȱdemȱTitelȱ„DasȱBuchȱderȱToledotȱ Adams,ȱdesȱMenschen“ȱ(Genȱ5,1)ȱdenȱeigentlichenȱHauptteilȱderȱGeneȬ sisȱalsȱBuchȱderȱToledotȱeröffnenȱdürfen.ȱKainȱwirdȱinȱGenȱ5,1ffȱschonȱ nichtȱmehrȱerwähnt.ȱAllerdingsȱzeigenȱdieȱNamenȱinȱ5,1Ȭ32ȱÄhnlichkeiȬ tenȱundȱGleichheitenȱmitȱdenȱNamenȱinȱderȱKainitengenealogieȱ4,17Ȭ22.ȱ Dieȱ Parallelitätȱ derȱ LinieȱKainȬLamechȱ vonȱ Genȱ 4,17Ȭ24ȱ einerseitsȱ undȱ AdamȬSetȬEnoschȱ andererseitsȱ weistȱ denȱ Weg:ȱ Dieȱ Linieȱ Kainsȱ wirdȱ nichtȱfortgesetztȱundȱsollȱnichtsȱmitȱderȱLinieȱdesȱ„wahren“ȱMenschenȱ seitȱAdamȱzuȱtunȱhaben.ȱDieserȱNeueinsatzȱ(„Set“)ȱwirdȱauchȱdurchȱeinȱ verstecktesȱ Wortspielȱ markiert:ȱ Hinterȱ demȱ Namenȱ Enoschȱ stecktȱ dieȱ WurzelȱmitȱderȱBedeutungȱ„Mensch“,ȱsoȱdassȱeineȱformaleȱParalleleȱzuȱ demȱ entsprechendenȱ Wortspielȱ zwischenȱ demȱ Namenȱ „Adam“ȱ undȱ derȱ Gattungsbezeichnungȱ„Mensch“ȱentsteht.ȱ Enoschȱ hatȱ dementspreȬ chendȱdieȱKapazitäten,ȱdenȱPlatzȱvonȱadam/„Mensch“ȱzuȱübernehmen.ȱ InȱSetȱkannȱwirklichȱeinȱNeunanfangȱgemachtȱwerden,ȱwodurchȱseineȱ LinieȱdieȱLinieȱKainsȱinȱvollkommenerȱWeiseȱersetzt.ȱ
2.ȱHam,ȱJaphetȱundȱSemȱ(Genȱ5,32;ȱ9,18Ȭ11,26)ȱ Dieȱ inȱ Genȱ 5,1ȱ beginnendeȱ lineareȱ Genealogieȱ endetȱ inȱ derȱ zehntenȱ Generationȱ beiȱ denȱ Nachkommenȱ Noahs.ȱ Inȱ Genȱ 5,32ȱ wirdȱ allerdingsȱ inȱeineȱsegmentäreȱGenealogieȱübergegangen:ȱNichtȱmehrȱnurȱeinȱSohnȱ wirdȱ namentlichȱ genannt,ȱ sondernȱ alleȱ dreiȱ Söhneȱ Noahsȱ werdenȱ erȬ wähnt:ȱSem,ȱHamȱundȱJaphet.ȱ Esȱgibtȱnunȱ keinenȱ zwingendenȱ Grundȱ zuȱderȱAnnahme,ȱdassȱinȱGenȱ5,32ȱSem,ȱHamȱundȱJaphetȱDrillingeȱseiȬ en,ȱ soȱ dassȱ alleȱ gleichȱ altȱ seinȱ könntenȱ undȱ esȱ inȱ demȱ Sinneȱ keinenȱ „Erstgeborenen“ȱ gebe.40ȱ Wennȱ dasȱ Buchȱ Genesisȱ umȱ dieȱ ZwillingsgeȬ burtenȱvonȱRebekkaȱ(Genȱ25)ȱundȱTamarȱ(Genȱ38)ȱeinȱentsprechendesȱ Aufhebenȱmacht,ȱistȱeinȱvölligȱselbstverständliches,ȱbeiläufigesȱErwähȬ nenȱeinerȱ(vielȱselteneren)ȱDrillingsgeburtȱundenkbar.41ȱSomitȱwirdȱfürȱ denȱLeserȱdieȱGeburtenreihenfolgeȱderȱSöhneȱinteressant,ȱdennȱausȱdemȱ SchemaȱinȱGenȱ5,1ffȱwarȱbisherȱimmerȱeindeutigȱersichtig,ȱwerȱalsȱnaȬ türlicherȱErstgeborenerȱgaltȱundȱdamitȱdieȱväterlicheȱLinieȱweiterführȬ te.ȱ Dieseȱ Reihenfolgeȱ istȱ nunȱ fürȱ denȱ Leserȱ nichtȱ mehrȱ ohneȱ Weiteresȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 40ȱȱ SoȱdieȱspekulativeȱAnnahmeȱvonȱGUNKEL,ȱGenesis,ȱ157.ȱ 41ȱȱ EbensoȱHIEKE,ȱGenealogien,ȱ119.ȱ
2.ȱHam,ȱJaphetȱundȱSemȱ(Genȱ5,32;ȱ9,18Ȭ11,26)ȱ
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ausȱV.ȱ32ȱablesbar,42ȱzumalȱwennȱmanȱsichȱdenȱKontextȱvergegenwärȬ tigt,ȱ derȱ dieȱ Leseerwartungȱ lenkt:ȱ Vonȱ derȱ Erzählsequenzȱ umȱ Kain,ȱ AbelȱundȱSetȱherȱkommendȱ(TeilȱB.1)ȱistȱklar,ȱdassȱgeburtlicheȱDisposiȬ tionȱ undȱ tatsächlicheȱ Rangfolgeȱ sowieȱ Durchsetzungsfähigkeitȱ derȱ Brüderȱ nichtȱ kongruentȱ seinȱ müssen.ȱ Derȱ gesamteȱ ErzählzusammenȬ hangȱumȱdieȱdreiȱBrüderȱSem,ȱHamȱundȱJaphetȱ–ȱalsoȱGenȱ9,18Ȭ29;ȱ10,1Ȭ 32;ȱ 11,1Ȭ9ȱ undȱ 11,10Ȭ26ȱ –ȱ bestätigtȱ dieseȱ Leseerwartung:ȱ Zwarȱ legtȱ dieȱ amȱhäufigstenȱanzutreffendeȱReihenfolgeȱ„Sem,ȱHamȱundȱJaphet“ȱ(Genȱ 5,32;ȱ 6,10;ȱ 7,13;ȱ 9,18;ȱ 10,1)ȱ nahe,ȱ dassȱ Semȱ derȱ ältesteȱ undȱ Japhetȱ derȱ jüngsteȱ Sohnȱ Noahsȱ gewesenȱ seien,ȱ dennȱ letztlichȱ führtȱ auchȱ Semȱ dieȱ genealogischeȱ Linieȱ bisȱ zuȱ denȱ Terachidenȱ fortȱ (Genȱ 11,10Ȭ20).ȱ Jedochȱ findenȱ sichȱ auchȱ davonȱ abweichendeȱ genealogischeȱ Reihungen:ȱ Soȱ erfolgtȱdieȱNennungȱderȱGenealogieȱderȱNoahidenȱinȱGenȱ10ȱgeradeȱinȱ umgekehrterȱ Reihenfolge:ȱ Japhetȱ (V.2Ȭ5),ȱ Hamȱ (6Ȭ20)ȱ undȱ Semȱ (V.ȱ 21Ȭ 31).ȱAuchȱdasȱnichtȱeindeutigȱzuȱübersetzendeȱEpithetonȱSemsȱ tp,y< yxia] lAdG"h; (Genȱ 10,21)ȱ sowieȱ dieȱ Umschreibungȱ Hamsȱ alsȱ !j'Q'h; AnB. (Genȱ 9,24)ȱstellenȱeinȱProblemȱdar,ȱdaȱsomitȱSemȱoderȱJaphetȱderȱältesteȱSohnȱ Noahsȱ(Genȱ10,21)ȱundȱHamȱderȱjüngsteȱBruderȱ(Genȱ9,24)ȱseinȱkönnȬ ten.43ȱ Auchȱ derȱ narrativeȱ Verlaufȱ vonȱ Genȱ 9Ȭ11,ȱ inȱ demȱ dieȱ Rangfolgeȱ derȱdreiȱBrüderȱzueinanderȱgenauestensȱausgelotetȱwird,ȱlässtȱdenȱLeȬ serȱ vermuten,ȱ dassȱ dieȱ inȱ Genȱ 5,32ȱ genannteȱ Reihenfolgeȱ nichtȱ ohneȱ Weiteresȱ derȱ natürlichenȱ entspricht.ȱ Sicherȱ istȱ zunächstȱ nur,ȱ dassȱ dieȱ beschriebeneȱ Ambivalenzȱ inȱ derȱ Darstellungȱ derȱ Geburtsreihenfolgeȱ fürȱdieȱTexteinheitȱGenȱ9Ȭ11ȱeinenȱSpannungsbogenȱerzeugt,ȱderȱbereitsȱ mitȱ Genȱ 5,32ȱangedeutetȱ wird:ȱWerȱ sichȱ alsȱ Erstlingȱunterȱ seinenȱBrüȬ dernȱerweisenȱwird,ȱmussȱsichȱerstȱnochȱzeigen.44ȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 42ȱȱ Diesȱ wirdȱ fastȱ durchgängigȱ vermerkt;ȱ vgl.ȱ etwaȱ JACOB,ȱ Genesis,ȱ 306Ȭ308ȱ undȱ CASSUTO,ȱ Genesisȱ II,ȱ 216Ȭ218.ȱ DEURLOO/ZUURMOND,ȱ Deȱ dagenȱ vanȱ Noach,ȱ 86;ȱ KAȬ MINSKI,ȱFromȱNoahȱtoȱIsrael,ȱ61;ȱVonȱjüdischerȱSeiteȱseiȱIBNȱ ESRASȱgroßerȱKommenȬ tarȱ zuȱ Genȱ 9,24ȱ erwähnt:ȱ „Sem,ȱ Hamȱ undȱ Japhet,ȱ dasȱ kannȱ nichtȱ derȱ Literalsinnȱ sein“ȱ (Textȱ undȱ Kommentarȱ beiȱ ROTTZOLL,ȱ Ibnȱ Esrasȱ Kommentar,ȱ 203).ȱ Dasȱ beȬ schriebeneȱPhänomenȱhatȱeineȱReiheȱentstehungsgeschichtlicherȱLösungsvorschlägeȱ hervorgebracht.ȱSoȱnimmtȱWITTEȱalsȱursprünglicheȱGestaltȱvonȱGenȱ9,20Ȭ27ȱeineȱErȬ zählungȱvonȱNoahȱundȱseinenȱzweiȱSöhnenȱSemȱundȱKanaanȱanȱ(WITTE,ȱUrgeschichȬ te,ȱ 103).ȱ WESTERMANNȱ hingegenȱ lehntȱ esȱ auchȱ beiȱ einemȱ diachronenȱ Ansatzȱ ab,ȱ Ham/KanaanȱalsȱursprünglichenȱdrittenȱSohnȱNoahsȱanzusehenȱ(WESTERMANN,ȱGeȬ nesisȱ I/1,ȱ 646Ȭ648;ȱ dortȱ inȱ derȱ Besprechungȱ vonȱ Genȱ 9,18Ȭ29).ȱ Grundȱ undȱ Intentionȱ derȱvorfindlichenȱDifferenzenȱkonntenȱjedochȱnichtȱbefriedigendȱerklärtȱwerden.ȱDieȱ hypothetischȱ soȱ rekonstruierteȱ Geschichteȱ löstȱ nurȱ scheinbarȱ dieȱ Schwierigkeiten,ȱ dennȱeineȱdiachroneȱRekonstruktionȱvonȱhypothetischenȱVorstufenȱlöstȱleiderȱnichtȱ dieȱVerständnisschwierigkeitenȱdesȱvorliegendenȱTextes.ȱ 43ȱȱ HierzuȱausführlicherȱTeilȱB.2.3.ȱ 44ȱȱ DieseȱknappeȱProblemskizzeȱzurȱnatürlichenȱGeburtsreihenfolgeȱvonȱSem,ȱHamȱundȱ JaphetȱsollȱanȱdieserȱStelleȱgenügen.ȱDieȱFragestellungȱwirdȱnochȱeinmalȱausführliȬ
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TeilȱB:ȱAnalyseȱderȱTexteȱimȱKontextȱ
2.1ȱHamsȱDisqualifizierungȱundȱSemsȱQualifizierungȱ(Genȱ9,18Ȭ29)ȱ Genȱ 9,18Ȭ29ȱ istȱ sorgsamȱ strukturiertȱ undȱ planvollȱ aufgebaut:ȱ Formalȱ kannȱ dieȱ Gesamterzählungȱ inȱ einenȱ erzählendenȱ Teilȱ (V.ȱ 20Ȭ24)ȱ undȱ einenȱ diskursivenȱ Teilȱ (V.ȱ 25Ȭ27)ȱ untergliedertȱ werden.ȱ Dieȱ Strukturȱ desȱ narrativenȱ Teilsȱ wirdȱ vonȱ denȱ Sprüchenȱ Noahsȱ exaktȱ aufgenomȬ men.ȱ Dieȱ genanntenȱ Personenȱ entsprechenȱ derȱ Reihenfolgeȱ derȱ HanȬ delndenȱinȱdenȱVersenȱ20Ȭ23:ȱNoah,ȱHam,ȱSemȱundȱJaphet.ȱDerȱHauptȬ teilȱ derȱ Erzählungȱ (V.ȱ 20Ȭ27)ȱ wirdȱ vonȱ Noahȱ umschlossen,ȱ dessenȱ Handelnȱ (20Ȭ21.24Ȭ26)ȱ dasjenigeȱ vonȱ Hamȱ (V.ȱ 22)ȱ undȱ vonȱ Semȱ sowieȱ Japhetȱ(V.ȱ23)ȱrahmt.ȱImȱZentrumȱvonȱGenȱ9,18Ȭ29ȱstehenȱsomitȱnarraȬ tivȱwieȱstrukturellȱdieȱdreiȱBrüderȱSem,ȱHamȱundȱJaphet.ȱ Dieȱ Erzählungȱ setztȱ mitȱ einerȱ doppeltenȱ Einleitungȱ inȱ denȱ Versenȱ 18ȱundȱ19ȱneuȱein.ȱDieȱFormulierungȱV.ȱ18aȱverknüpftȱdieȱPerikopeȱmitȱ demȱFlutzyklus:ȱ45ȱ tp,y"w" ~x'w>ȱ ~ve hb'Teh;-!mi ~yaic.YOh; x:nO-ynEb..ȱ V.ȱ19ȱbereitetȱhinȬ gegenȱ dieȱ folgendeȱ Völkergeschichteȱ Genȱ 10Ȭ11ȱ vor.ȱ Genȱ 10,1ȱ beginntȱ mitȱderȱNamenstriasȱderȱSöhneȱNoahsȱundȱGenȱ10,32bȱerinnertȱverbalȱ wieȱthematischȱanȱGenȱ9,19:ȱ
#r[,ȱ (V.ȱ 21.23a+b)ȱhatȱeineȱdeutlichȱsexuelleȱKonnotationȱundȱistȱamȱbestenȱmitȱ „Scham“ȱ oderȱ „Nacktheit“ȱ zuȱ übersetzen.51ȱ V.ȱ 22bȱ vermerktȱ anschlieȬ ßend,ȱdassȱHamȱdiesȱseinenȱBrüdernȱvorȱdemȱZeltȱ(#WxB;)ȱmeldete.ȱDassȱ dieseȱ Mitteilungȱ „draußen“ȱ geschieht,ȱ istȱ deshalbȱ wichtig,ȱ daȱ inȱ V.ȱ 23ȱ hervorgehobenȱ werdenȱ soll,ȱ dassȱ Semȱ undȱ Japhetȱ dieȱ Blößeȱ ihresȱ VaȬ tersȱ keinesfallsȱ zuȱ Gesichtȱ bekommenȱ wollen,ȱ wasȱ durchȱ ihrȱ RückȬ wärtsgehenȱerneutȱunterstrichenȱwird.ȱDiesȱverweistȱaufȱdieȱeigentlicheȱ Pointeȱ desȱ Textes,ȱ indemȱ explizitȱ dieȱ konträrenȱ Verhaltensweisenȱ vonȱ Hamȱ einerseitsȱ undȱ Semȱ sowieȱ Japhetȱ andererseitsȱ zurȱ Darstellungȱ kommen.ȱDerȱTextȱmussȱanȱdieserȱStelleȱeigentlichȱnichtȱmehrȱsagen:52ȱ Semȱ undȱ Japhetȱ habenȱ bewusstȱ dasȱ Sehenȱ derȱ Blößeȱ desȱ Vatersȱ verȬ mieden;ȱ Hamȱ hingegenȱ hat,ȱ ebensoȱ bewusst,ȱ dasȱ Gegenteilȱ getan,ȱ wenngleichȱerȱauchȱdenȱZustandȱdesȱVatersȱnichtȱselbstȱverursachtȱhat.ȱ DamitȱkehrtȱinȱGenȱ9ȱdasȱausȱderȱParadieserzählungȱbekannteȱThemaȱ derȱ Schamȱ nunȱ alsȱ Tabuthemaȱ wieder.ȱ „Dieȱ Notwendigkeitȱ vonȱ KleiȬ dungȱergibtȱsichȱhierȱausȱderȱÜberzeugung,ȱdassȱdasȱAnsehenȱentblößȬ terȱ Geschlechtsteileȱ einesȱ Menschenȱ dessenȱ personaleȱ Integritätȱ undȱ Würdeȱ verletzt.“53ȱ Auchȱ Westermannȱ undȱ andereȱ sehenȱ denȱ Fehltrittȱ Hamsȱ geradeȱ darin,ȱ dassȱ Hamȱ seinemȱ Vaterȱ nichtȱ beisteht,ȱ alsȱ erȱ sichȱ imȱWeinrauschȱentblößtȱhat,ȱundȱweilȱHamȱdenȱfürȱdenȱZusammenhaltȱ derȱ Gesellschaftȱ notwendigenȱ Respektȱ desȱ Jüngerenȱ gegenüberȱ demȱ Älterenȱnichtȱerbrachtȱhabe,ȱgreifeȱNoahȱzumȱMittelȱdesȱFluchs.54ȱDieȬ serȱ Einschätzungȱ kannȱ manȱ imȱ Grundeȱ zustimmen.ȱ Dieȱ GeringschätȬ zungȱ derȱ väterlichenȱ Ehreȱ geschiehtȱ dadurch,ȱ dassȱ Hamȱ denȱ Vaterȱ nacktȱimȱZeltȱdesȱVatersȱvorfindetȱundȱdiesȱauchȱnochȱ–ȱwasȱwohlȱvielȱ schwererȱ wiegenȱ dürfteȱ –ȱ seinenȱ Brüdernȱ mitteilt.55ȱ Erstȱ seineȱ Brüderȱ führenȱ dannȱ denȱ gefordertenȱ Aktȱ derȱ Ehrerbietungȱ gegenüberȱ demȱ VaterȱdurchȱundȱbedeckenȱNoahsȱBlößeȱ(V.ȱ23).ȱȱ Obȱ hinterȱ Genȱ 9,22ȱ möglicherweiseȱ nochȱ einȱ sehrȱ gravierenderesȱ DeliktȱstehtȱalsȱdieȱÜbertretungȱderȱTabuzone,ȱistȱimmerȱwiederȱdiskuȬ tiertȱ worden.ȱ Dabeiȱ konnteȱ aufȱ einschlägigeȱ Texteȱ wieȱ Levȱ 20,11ȱ oderȱ Levȱ 18ȱ verwiesenȱ werden.ȱ Inȱ Levȱ 20,11ȱ findetȱ sichȱ dieȱ Wendungȱ „dieȱ BlößeȱdesȱVatersȱaufdecken“ȱ(hL'GI wybia' tw:r>[,)ȱalsȱEuphemismusȱfürȱdenȱ Geschlechtsverkehrȱ mitȱ einerȱ Frauȱ desȱ Vaters,ȱ diesȱ solleȱ mitȱ demȱ Todȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 51ȱȱ 52ȱȱ 53ȱȱ 54ȱȱ
ZurȱWortbedeutungȱvgl.ȱdenȱÜberblickȱbeiȱVERVENNE,ȱDronkenȱzeeman,ȱ61.70f.ȱȱ SoȱauchȱARNETH,ȱ„DurchȱAdamsȱFallȱistȱganzȱverderbt…“,ȱ205f.ȱ SCHÜLE,ȱProlog,ȱ356.ȱ Vgl.ȱVANȱSELMS,ȱGenesisȱI,ȱ140:ȱ„Onsȱgedeelteȱprediktȱeerbiedȱvoorȱdeȱvader,ȱzelfsȱinȱ zijnȱzwakheid“;ȱebensoȱWESTERMANN,ȱGenesisȱI/1,ȱ655.658ȱundȱWENHAM,ȱGenesisȱI,ȱ 199f.ȱ 55ȱȱ SoȱVANȱDERȱSPEK,ȱDeȱzonenȱvanȱNoach,ȱ29.ȱȱ
2.ȱHam,ȱJaphetȱundȱSemȱ(Genȱ5,32;ȱ9,18Ȭ11,26)ȱ
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bestraftȱwerden.ȱObȱesȱsichȱinȱGenȱ9,22ȱumȱdasȱgleicheȱDeliktȱhandelt,ȱ istȱ nichtȱ klar.56ȱ Mitȱ Verweisȱ aufȱ Levȱ 18,3ȱ wirdȱ auchȱ anȱ Unzucht,ȱ EntȬ mannungȱ oderȱ garȱsexuellemȱ Missbrauchȱ gedacht.57ȱ Ebenfallsȱ istȱfragȬ lich,ȱobȱesȱumȱeineȱandereȱinzestuöseȱHandlungȱgeht.58ȱFürȱdenȱnarraȬ tivenȱ Zusammenhangȱ vonȱ Genȱ 9,18ffȱ undȱ dieȱ Vorbereitungȱ derȱ Sprücheȱ V.ȱ 26fȱ genügtȱ jedenfallsȱ imȱ Grundeȱ schonȱ dieȱ Andeutung,ȱ dieȱ dieȱRedeȱvonȱderȱBlößeȱdesȱVatersȱumgibt.ȱDiesȱreichtȱbereitsȱaus,ȱumȱ ausȱHamȱeinenȱMenschenȱzuȱmachen,ȱdemȱmanȱdieȱinȱFrageȱstehendenȱ Vergehenȱ inȱ jedemȱ Fallȱ zutrauenȱ kann.ȱ Inȱ diesemȱ Sinneȱ argumentiertȱ auchȱ Jacob:ȱ „Aberȱ derȱ Textȱ genügt,ȱ dasȱ Benehmenȱ Hamsȱ vonȱ Anfangȱ bisȱzumȱEndeȱabscheulichȱzuȱfinden.“59ȱȱ Eventuellȱ lässtȱ derȱ Textȱ nochȱ eineȱ weitereȱ Konnotationȱ erkennen:ȱ Imȱ Anschlussȱ anȱ Arnethȱ kannȱ daraufȱ verwiesenȱ werden,ȱ dassȱ Levȱ 20,20ffȱdenȱLandesverlustȱderȱkanaanäischenȱBevölkerungȱalsȱFolgeȱderȱ bedenklichenȱ sexuellenȱ Praktikenȱ undȱ Verfehlungenȱ darstellen,ȱ dieȱ inȱ Levȱ18ȱundȱ20ȱbeschriebenȱwerden.ȱSoȱverwundertȱesȱauchȱnicht,ȱdassȱ Genȱ 9,26aȱ dieȱ Verfluchungȱ „Kanaans“ȱ enthält.60ȱ Manȱ mussȱ hierȱ zwarȱ nichtȱgleichȱeineȱnarrativeȱ„UmsetzungȱvonȱLevȱ20ȱinȱdenȱredaktionelȬ lenȱ Stückenȱ Genȱ 8,20Ȭ22;ȱ 9,20Ȭ27“61ȱ vermuten,ȱ jedochȱ scheintȱ eineȱ Artȱ StichwortanschlussȱinȱjedemȱFallȱgegeben.ȱEsȱkönnteȱdaherȱnichtȱallzuȱ fernȱliegen,ȱwennȱmanȱinȱGenȱ9,22fȱeinenȱsubtilenȱHinweisȱdaraufȱverȬ mutet,ȱ dassȱ sichȱ Hamȱ –ȱ überȱ „Kanaan“ȱ –ȱ inȱ dieȱ heidnischenȱ Völkerȱ einreihtȱundȱmitȱihnenȱauchȱderenȱabweichendeȱAuffassungenȱvonȱSexualiȬ tätȱ undȱ Fortpflanzungȱ teilt.ȱ Siehtȱ manȱ dieȱ Erzählungȱ imȱ größerenȱ RahȬ menȱderȱGenesis,ȱinȱderȱesȱumȱeineȱDefinitionȱ„Israels“ȱgegenüberȱdenȱ anderenȱVölkernȱgeht62,ȱsoȱhießeȱdiesȱauch:ȱHamȱreihtȱsichȱinsofernȱinȱ dieȱ sexuellenȱ Vorstellungenȱ derȱ übrigenȱ Völkerȱ ein,ȱ alsȱ erȱ meint,ȱ dasȱ Geheimnisȱ derȱ Nachkommenschaftȱ liegeȱ inȱ derȱ „Blöße“ȱ undȱ MannesȬ kraftȱdesȱVaters.ȱDieseȱErkenntnisȱwillȱerȱsofortȱseinenȱBrüdernȱberichȬ ten.63ȱ Nachȱ Auffassungȱ derȱ Genesisȱ istȱ fürȱ dasȱ Fortbestehenȱ „Israels“ȱ aberȱ geradeȱ nichtȱ dieȱ natürlicheȱ Fortpflanzungȱ essentiell,ȱ sondernȱ JHWHȱselbstȱistȱfürȱdasȱFortbestehenȱseinesȱVolkesȱverantwortlich.ȱWoȱ esȱ fürȱ dieȱ Völkerȱ alsȱ eineȱ Selbstverständlichkeitȱ erscheint,ȱ NachkomȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 56ȱȱ Soȱz.B.ȱBASSETT,ȱNoah’sȱNakedness,ȱ236.ȱ 57ȱȱ Zurȱ Diskussionȱ s.ȱ VERVENNE,ȱ Dronkenȱ zeeman,ȱ 54;ȱ SCHÜLE,ȱ Prolog,ȱ 356fȱ undȱ ARNETH,ȱ„DurchȱAdamsȱFallȱistȱganzȱverderbt…“,ȱ205Ȭ208.ȱ 58ȱȱ SoȱLEVIN,ȱJahwist,ȱ119.ȱ 59ȱȱ JACOB,ȱGenesis,ȱ261.ȱ 60ȱȱ Vgl.ȱARNETH,ȱ„DurchȱAdamsȱFallȱistȱganzȱverderbt…“,ȱ206f.ȱ 61ȱȱ ARNETH,ȱ„DurchȱAdamsȱFallȱistȱganzȱverderbt…“,ȱ207.ȱ 62ȱȱ DazuȱausführlicherȱinȱTeilȱC.3.1.ȱ 63ȱȱ SoȱauchȱVANȱDERȱSPEK,ȱDeȱzonenȱvanȱNoach,ȱ29f.ȱ
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TeilȱB:ȱAnalyseȱderȱTexteȱimȱKontextȱ
menȱ zuȱ bekommen,ȱ istȱ Israelsȱ Zukunftȱ immerȱ wiederȱ bedroht.ȱ Israelsȱ Erzmütterȱ Sara,ȱ Rebekka,ȱ Rahelȱ undȱ Leaȱ sindȱ alleȱ unfruchtbarȱ –ȱ eineȱ Unfruchtbarkeit,ȱ dieȱ erstȱ durchȱJHWHȱüberwundenȱwird.64ȱ Dieȱ AburȬ teilungȱHamsȱdurchȱdenȱFluchȱdesȱVatersȱfälltȱinȱdieserȱvolksgeschichtȬ lichenȱPerspektiveȱentsprechendȱnochȱvielȱgrundsätzlicherȱaus.ȱȱ 2.1.2ȱSemsȱQualifizierungȱalsȱErstlingȱ Demȱ Fehlverhaltenȱ Hamsȱ wirdȱ nunȱ dasȱ positiveȱ Verhaltenȱ Semsȱ undȱ Japhetsȱgegenübergestellt.ȱBeideȱbedeckenȱdieȱBlößeȱihresȱVaters,ȱohneȱ dieseȱzuȱsehenȱ(War" al{ ~h,ybia] tw:r>[,w>;ȱV.ȱ23).ȱGenauȱanȱdieserȱStelleȱwirdȱ dieȱ stereotypeȱ Abfolgeȱ derȱ dreizehnȱ wajjiqtolȬVerbalsätzeȱ durchbroȬ chen,ȱdieȱdenȱnarrativenȱTeilȱbestimmen:ȱȱ ȱtyNIr:xoa] ~h,ynEp.W
War" al{ ~h,ybia] tw:r>[,w> ihreȱGesichterȱaberȱrückwärtsȱgewandt,ȱȱ undȱdieȱBlößeȱihresȱVatersȱsahenȱsieȱnicht.ȱ
DieȱVeränderungȱimȱsyntaktischenȱSystemȱdrücktȱnichtȱalleineȱGleichȬ zeitigkeitȱ ausȱ („währendȱ ihrȱ Gesichtȱ abgewandtȱ warȱ undȱ sieȱ dieȱ Nacktheitȱ ihresȱ Vatersȱ nichtȱ sahen“),ȱ sondernȱ hatȱ auchȱ eineȱ emphatiȬ scheȱ Funktion:ȱ Semsȱ undȱ Japhetsȱ „NichtȬSehenȱ derȱ Blöße“ȱ wirdȱ soȱ stärkerȱ betontȱ undȱ derȱ Kontrastȱ zumȱ Sehenȱ Hamsȱ verschärft.ȱ Fernerȱ stehtȱwiederȱdasȱsolidarischeȱVerhaltenȱimȱZentrumȱderȱQualifizierungȱ desȱ Erstlings.ȱ Semȱ hilftȱ zusammenȱ mitȱ seinemȱ Bruderȱ Japhetȱ seinemȱ Vater.ȱ Derȱ Hauptakzentȱ derȱ Handlungȱ vonȱ V.ȱ 23ȱ liegtȱ dabeiȱ deutlichȱ aufȱSem.ȱNurȱdieȱletztenȱdreiȱVerbalformenȱinȱV.ȱ23ȱsindȱPluralformen:ȱ ȱȱȱȱ
~h,ybia] tw:r>[, tae WSk;y>w: tyNIr:xoa] Wkl.YEw: ~h,ynEv. ~k,v.-l[; WmyfiY"w: ȱ undȱ sieȱ legtenȱ esȱ (dasȱ Obergewand)ȱ beideȱ aufȱ ihreȱ Schulternȱ undȱ gingenȱ damitȱrückwärtsȱundȱbedecktenȱsoȱdieȱBlößeȱihresȱVaters.ȱ
Dasȱ dieserȱ Reiheȱ voranstehendeȱ Verbumȱ stehtȱ allerdingsȱ imȱ Singular:ȱ tp,ymiȱaufȱ„ZiȬ tadelle“ȱoderȱ„Akropolis“ȱistȱgutȱmöglichȱ(vgl.ȱRiȱ9,46Ȭ49),ȱaberȱnichtȱzwingendȱ(vgl.ȱ auchȱUEHLINGER,ȱWeltreichȱundȱ„eineȱRede“,ȱ380ȱAnm.ȱ176).ȱ 93ȱȱ Vgl.ȱ Genȱ 11,4a:ȱ „[…]ȱ wirȱ wollenȱ unsȱ eineȱ Stadtȱ undȱ einenȱ Turmȱ bauen,ȱ undȱ seineȱ SpitzeȱbisȱanȱdenȱHimmel!ȱSoȱwollenȱwirȱunsȱeinenȱNamenȱmachenȱ[…].“ȱ 94ȱȱ S.ȱdazuȱVANȱWOLDE,ȱTowerȱofȱBabel,ȱ93.ȱ
2.ȱHam,ȱJaphetȱundȱSemȱ(Genȱ5,32;ȱ9,18Ȭ11,26)ȱ
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EntwicklungȱderȱbesprochenenȱKapitelȱdiesȱnichtȱsehrȱwahrscheinlich:ȱ Esȱ konnteȱ gezeigtȱ werden,ȱ dassȱ derȱ Zusammenhangȱ Genȱ 5,32;ȱ 9,18Ȭ 11,26ȱsichȱbipolarȱzwischenȱdenȱbeidenȱAntipodenȱHamȱundȱSemȱentȬ wickelt:ȱHamȱwirdȱinȱseinerȱRolleȱalsȱmöglicherȱErstlingȱdisqualifiziert,ȱ wohingegenȱ Semsȱ Sonderrolleȱ zugleichȱ immerȱ wiederȱ eigensȱ herausȬ gearbeitetȱwird.ȱLetzteresȱwäreȱnarrativȱnichtȱnötig,ȱwäreȱSemȱsowiesoȱ derȱ natürlicheȱ Erstgeboreneȱ –ȱ immerhinȱ geschiehtȱ diesȱ inȱ Genȱ 5,1ffȱ auchȱnichtȱeigens:ȱwieȱselbstverständlichȱwirdȱvorausgesetzt,ȱdassȱderȱ namentlichȱ genannteȱ Erstgeboreneȱ auchȱ dieȱ väterlicheȱ Linieȱ fortsetztȱ (vgl.ȱTeilȱA.4.2).ȱUmgekehrtȱmüssteȱsichȱdieȱErzählungȱauchȱnichtȱderȬ artȱ nuancenreichȱ anȱ derȱ Disqualifizierungȱ Hamsȱ abarbeiten,ȱ wieȱ diesȱ vorȱallemȱinȱGenȱ9,18ffȱundȱGenȱ10ȱ(dieȱNennungȱÄgyptens,ȱKanaansȱ inȱHamsȱStammbaum)ȱgeschieht,ȱwennȱHamȱlediglichȱderȱZweitgeboȬ reneȱ Noahsȱ wäre.ȱ Esȱ legtȱ sichȱ dieȱ Vermutungȱ nahe,ȱ dassȱ dieȱ Triasȱ „Sem,ȱ Hamȱ undȱ Japhet“ȱ nichtȱ dieȱ natürlicheȱ Rangfolgeȱ repräsentiert.ȱ M.E.ȱwirdȱdieȱnarrativeȱMakrostrukturȱvonȱGenȱ9Ȭ11ȱnurȱdannȱsinnvollȱ erfasst,ȱwennȱmanȱHamȱalsȱnatürlichenȱErstgeborenenȱansieht:ȱvonȱdaherȱ erklärtȱsich,ȱwarumȱerȱinȱderȱErzählungȱGenȱ9,18Ȭ29ȱeineȱsoȱprominenteȱ Rolleȱeinnehmenȱmuss.ȱBeiȱSemȱkönnteȱesȱsichȱumgekehrtȱwohlȱumȱdenȱ jüngstenȱ derȱ dreiȱ Brüderȱ handeln.ȱ Diesȱ würdeȱ erklären,ȱ warumȱ Semȱ erstȱ Schrittȱ fürȱ Schrittȱ alsȱ potentiellerȱ Erstlingȱ präsentiertȱ (Genȱ 9,18ff)ȱ undȱdannȱsukzessiveȱalsȱsolcherȱauchȱbestätigtȱwirdȱ(Genȱ9,25f;ȱ10;ȱ11).ȱ Beiȱ Japhetȱ hingegenȱ wirdȱ nochȱ eigensȱ erwähnt,ȱ dassȱ erȱ Semȱ zuȬȱ undȱ untergeordnetȱistȱ(Genȱ9,18Ȭ29),ȱfolglichȱmüssteȱerȱauchȱinȱderȱnatürliȬ chenȱRangfolgeȱvorȱSemȱstehen.ȱSomitȱergibtȱsichȱalsȱliterarischȱvorausȬ gesetzteȱ Geburtsreihenfolgeȱ „Ham,ȱ Japhetȱ undȱ Sem“.ȱ Dieȱ durchȱ dieȱ Vertauschungȱ erstȱ entstehendeȱ Reihenfolgeȱ „Sem,ȱ Hamȱ undȱ Japhet“ȱ wirdȱ beiȱ derȱ erstenȱ Nennungȱ inȱ Genȱ 5,32ȱ lediglichȱ schonȱ vorweggeȬ nommen,ȱumȱsieȱdemȱLeserȱeinzuprägen.ȱȱ Wasȱ sichȱ ausȱ derȱ narrativenȱ Analyseȱ derȱ Sem,ȱ Ham,ȱ JaphetȬ Erzählungȱ folgernȱ lässt,ȱ kannȱ überȱ jeneȱ Notizenȱ bestätigtȱ werden,ȱ dieȱ dasȱ Verhältnisȱ derȱ Brüderȱ zueinanderȱ bestimmen:ȱ Dieȱ Interpretationȱ derȱ Geburtsreihenfolgeȱ hängtȱ hauptsächlichȱ anȱ derȱ Deutungȱ derȱ schwierigȱ zuȱ übersetzendenȱ Passagenȱ Genȱ 10,21ȱ (lAdG"h; tp,y< yxia])ȱ undȱ Genȱ9,24ȱ(!j'Q'h; AnB.).ȱAusȱGenȱ10,21ȱlässtȱsichȱdieȱmöglicheȱGeburtenfolȬ geȱvonȱSemȱundȱJaphetȱeruieren:ȱDieserȱVersȱleitetȱSemsȱToledotȱeinȱundȱ charakterisiertȱihnȱalsȱ lAdG"h; tp,y< yxia].ȱAllerdingsȱliegtȱeineȱSchwierigkeitȱ derȱ Verhältnisbestimmungȱ darin,ȱ dassȱ lAdG"h;ȱ alsȱ Superlativȱ oderȱ KomȬ parativȱ aufgefasstȱ werdenȱ kann.ȱ Andererseitsȱ gehtȱ ausȱ derȱ WortstelȬ lungȱnichtȱdeutlichȱhervor,ȱwelchesȱderȱbeidenȱmöglichenȱNominaȱdasȱ Adjektivȱ modifiziert.ȱ Semȱ könnteȱ derȱ ältesteȱ Bruderȱ Japhetsȱ sein,ȱ wasȱ ihnȱzumȱErstgeborenenȱNoahsȱmachenȱwürde.ȱInȱdiesemȱFallȱwäreȱdasȱ
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TeilȱB:ȱAnalyseȱderȱTexteȱimȱKontextȱ
Adjektivȱ lAdG"ȱ demȱ yxiaȱ] zugeordnet.ȱ Reinȱ grammatikalischȱ wäreȱ auchȱ denkbar,ȱdassȱJaphetȱderȱältereȱbzw.ȱältesteȱBruderȱSemsȱist,ȱwennȱderȱ Eigennameȱ „Japhet“ȱ durchȱ dasȱ Adjektivȱ modifiziertȱ würde.95ȱ EntspreȬ chendȱdisparatȱistȱdieȱDeutungȱderȱPassageȱinȱdenȱÜbersetzungenȱundȱ derȱ Forschungsliteratur.ȱ Seitȱ derȱ Vulgataȱ (fratreȱ Iafethȱ maiore)ȱ wirdȱ inȱ denȱmeistenȱjüdischenȱwieȱchristlichenȱÜbersetzungen96ȱundȱKommenȬ taren97ȱGenȱ10,21ȱalsȱ„Sem,ȱderȱältereȱBruderȱJaphets“ȱinterpretiert.ȱSoȱ schlussfolgertȱ beispielsweiseȱ Bennoȱ Jacobȱ inȱ seinemȱ GenesiskommenȬ tar:ȱ„Unerschütterlichȱfestȱstehtȱendlich,ȱdassȱSemȱälterȱwarȱalsȱJaphet.ȱ Esȱ istȱ unmöglich,ȱ 10,21ȱ andersȱ zuȱ erklären.“98ȱ Dieȱ Rabbinenȱ sindȱ sich,ȱ wasȱ dieȱ Auslegungȱ vonȱ Genȱ 10,21ȱ betrifft,ȱ nichtȱ einig,ȱ tendierenȱ aberȱ dazu,ȱ Japhetȱ alsȱ älterenȱ Bruderȱ anzusehen.99ȱ Dieȱ Septuagintaȱ siehtȱ JaȬ phetȱalsȱälterenȱBruderȱSemsȱanȱundȱübersetztȱmit:ȱΦΈΉΏΚХȱ̌΅ΚΉΌȱΘΓІȱ ΐΉϟΊΓΑΓΖ:ȱ„Sem,ȱdemȱBruderȱJaphets,ȱdesȱÄlteren“.ȱMartinȱBuberȱfolgtȱ dieserȱLesart:ȱ„AuchȱdemȱSchemȱwurdenȱKinderȱgeboren:ȱdemȱUrvaterȱ allerȱSöhneȱEbers,ȱJafetsȱdesȱÄlterenȱBruder.“100ȱȱ Trotzȱ allerȱ Unsicherheitenȱ scheintȱ esȱ nichtȱ ungerechtfertigt,ȱ Japhetȱ alsȱdenȱälterenȱ(nichtȱältesten101)ȱBruderȱSemsȱanzusehen.ȱWillȱmanȱnämȬ lichȱ umgekehrtȱ Semȱ alsȱ älterenȱ bzw.ȱ ältestenȱ Bruderȱ Japhetsȱ ansehen,ȱ entstehtȱdasȱProblem,ȱdassȱimȱzweitenȱVersteilȱvonȱV.ȱ21ȱplötzlichȱdieȱ PerspektiveȱJaphetsȱeingenommenȱwürde:ȱVonȱJaphetȱausȱgesehenȱwäreȱ Semȱälterȱbzw.ȱderȱÄlteste.ȱV.ȱ21ȱlenktȱaberȱschonȱdurchȱdieȱuntypischeȱ Einleitungȱ mitȱ aWh-~G:ȱ dieȱ Aufmerksamkeitȱ aufȱ Semȱ undȱ durchbrichtȱ damitȱ dieȱ stereotypeȱ Einleitungȱ derȱ entsprechendenȱ Genealogienȱ vonȱ Japhetȱ(V.ȱ2)ȱundȱHamȱ(V.ȱ6).ȱBeiȱdiesemȱSatzȱhandeltȱesȱsichȱumȱeinenȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 95ȱȱ Weiterführendeȱ Literaturȱ zumȱ beschriebenenȱ Problemȱ inȱ Genȱ 10,21ȱ beiȱ KAMINSKI,ȱ FromȱNoahȱtoȱIsrael,ȱ60f.ȱ 96ȱȱ Vgl.ȱz.B.ȱdieȱLutherübersetzungȱoderȱdieȱNeueȱElberfelderȱBibel.ȱ 97ȱȱ Vgl.ȱz.B.ȱJAGERSMA,ȱGenesisȱ1:1Ȭ25:11,ȱ127:ȱ„Semȱ[…]ȱdeȱ[…]ȱoudereȱbroerȱvanȱJafet.“;ȱ GUNKEL,ȱGenesis,ȱ91:ȱ„demȱälterenȱBruderȱJaphets“;ȱJACOB,ȱGenesis,ȱ291:ȱ„[…]ȱkannȱ unmöglichȱ heißen:ȱ „Japhetsȱ desȱ Älteren.“ȱ Dieȱ ältereȱ rabbinischeȱ Diskussionȱ inȱ IBNȱ ESRASȱ Kommentarȱ zuȱ Genȱ 5,32ȱ undȱ 11,1ȱ (Textȱ undȱ Kommentarȱ beiȱ ROTTZOLL,ȱ Ibnȱ EsrasȱKommentar,ȱ204f).ȱ 98ȱȱ JACOB,ȱGenesis,ȱ306.ȱ 99ȱȱ Vgl.ȱetwaȱdenȱKommentarȱvonȱGenRȱ37,7ȱzuȱGenȱ10,21.ȱAuchȱIBNȱ ESRAȱsiehtȱJaphetȱ inȱseinemȱGenesiskommentarȱalsȱdenȱältestenȱSohnȱNoahsȱanȱ(TextȱundȱKommentarȱ beiȱROTTZOLL,ȱIbnȱEsrasȱKommentar,ȱ202Ȭ205).ȱ 100ȱȱ BUBER/ROSENZWEIG,ȱDieȱSchrift,ȱGenȱ10,21.ȱ Ebensoȱ DEURLOO/ZUURMOND,ȱDeȱdagenȱ vanȱNoach,ȱ86.ȱ 101ȱȱ DieseȱSondermeinungȱnurȱbeiȱCASSUTO.ȱ Erȱdeutetȱ lAdG"hȱ; alsȱSuperlativ:ȱ„Theȱbrotherȱ ofȱ Japhet,ȱ theȱ eldest.“ȱ (vgl.ȱ CASSUTO,ȱ Genesisȱ II,ȱ 216.218);ȱ „Theȱ Hebrewȱ doesȱ notȱ mean:ȱtheȱeldestȱbrotherȱofȱJapheth,ȱbutȱtheȱbrotherȱofȱJapheth,ȱwhoȱwasȱtheȱeldest,ȱ theȱfirstborn.”ȱ(S.ȱ218).ȱ
2.ȱHam,ȱJaphetȱundȱSemȱ(Genȱ5,32;ȱ9,18Ȭ11,26)ȱ
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invertiertenȱVerbalsatz,ȱdessenȱFunktionȱnichtȱinȱderȱBeschreibungȱderȱ Handlungȱ(dL;yU/„ihmȱwurdeȱgeboren“),ȱsondernȱinȱderȱPrädikationȱdesȱ nominalenȱSatzgliedesȱanȱderȱVersspitzeȱbesteht:ȱSemȱistȱes,ȱseineȱNachȬ kommenȱsollenȱabȱV.ȱ21ȱbeschriebenȱwerden.ȱErȱistȱderȱVaterȱallerȱSöhȬ neȱEbersȱundȱerȱwirdȱqualifiziertȱalsȱderȱBruderȱvonȱJaphet,ȱdemȱÄlteȬ ren.102ȱȱ Zuȱ derȱ damitȱ entstehendenȱ Reihenfolgeȱ „Japhetȱ undȱ Sem“ȱ verhältȱ sichȱHamȱfolgendermaßen:ȱNachȱGenȱ9,24ȱscheintȱnunȱHamȱderȱjüngsteȱ SohnȱNoahsȱzuȱsein.ȱDochȱkannȱdieȱWendungȱ !j'Qh ' ; AnB.ȱ nurȱdannȱ„seinȱ jüngsterȱSohn“ȱheißen,ȱwennȱderȱEigennameȱgenanntȱwird,ȱsoȱetwaȱinȱ Genȱ 27,1.15.42;ȱ Riȱ 9,5;ȱ 2ȱ Chrȱ 22,1.103ȱ Daherȱ istȱ eineȱ moralischeȱ QualiȬ fizierungȱHamsȱanȱdieserȱStelleȱwahrscheinlicherȱalsȱeineȱAltersangabe:ȱ „seinȱminderwertigerȱoderȱunreiferȱSohn“.104ȱDiesȱpasstȱauchȱzumȱKonȬ textȱderȱErzählung,ȱdaȱderȱVaterȱerstȱdieȱSchuldȱseinesȱSohnesȱbeklagtȱ undȱHamȱanschließendȱverfluchtȱ(V.ȱ24.25).ȱÜberȱdieseȱDeutungȱwürdeȱ esȱnunȱermöglicht,ȱHamȱalsȱdenȱältestenȱSohnȱNoahsȱaufzufassen.ȱDasȱ !j'Q'h; AnB.ȱ imȱMundeȱNoahsȱerhältȱsoȱerstȱdieȱrechteȱSchärfe:ȱAlsȱErstgeȬ borenerȱhätteȱHamȱderȱ„Große“ȱunterȱseinenȱBrüdernȱseinȱsollen,ȱdurchȱ seinȱ Fehlverhaltenȱ wirdȱ erȱ aberȱ zumȱ „Niedrigsten“.ȱ Folglichȱ ergäbeȱ sichȱ ausȱ diesenȱ Beobachtungenȱ dieȱ geburtlicheȱ Reihenfolgeȱ „Ham,ȱ JaȬ phetȱundȱSem.“ȱ ȱ Dieȱ beschriebeneȱ Deutungȱ vonȱ Genȱ 9Ȭ11ȱ alsȱ Vertauschungserzählungȱ wirdȱ mithinȱ dadurchȱ plausibel,ȱ dassȱ inȱ Genȱ 4Ȭ5ȱ eineȱ Vertauschungȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 102ȱȱ GanzȱähnlichȱsiehtȱdiesȱauchȱCASSUTO:ȱ „ItȱisȱaȱdesignationȱofȱShemȱandȱpartȱofȱhisȱ name,ȱaccordingȱtoȱtheȱancientȱsystemȱofȱfratriarchyȱorȱtheȱhegemonyȱofȱ theȱeldestȱ brother.ȱAccordingȱtoȱthisȱsystemȱpeopleȱareȱcalledȱafterȱtheȱfirstbornȱbrother,ȱjustȱinȱ theȱ stateȱ ofȱ patriarchyȱ […]ȱ theyȱ areȱ calledȱ afterȱ theȱ fatherȱ (soȬandȬsoȱ theȱ sonȱ ofȱ soȬ andȬso)”ȱ (CASSUTO,ȱ Genesisȱ II,ȱ 218).ȱ Alsȱ Beispieleȱ fürȱ dieseȱ Benennungȱ nachȱ demȱ ErstgeborenenȱführtȱerȱGenȱ22,21:ȱ„Uz,ȱderȱErstgeboreneȱundȱBuz,ȱseinȱBruder”ȱsoȬ wieȱ Genȱ 28,9:ȱ „Mahalat,ȱ dieȱ Tochterȱ vonȱ Ismael,ȱ Abrahamsȱ Sohn,ȱ dieȱ Schwesterȱ Nebajots“ȱ an.ȱ CASSUTOSȱ Ansichtȱ istȱ allerdingsȱ nurȱ dannȱ schlüssig,ȱ wennȱ Semȱ auchȱ alsȱderȱErstgeboreneȱangesehenȱwird.ȱ 103ȱȱ EntsprechendȱauchȱHIEKE,ȱGenealogien,ȱ119.ȱ 104ȱȱ Zurȱ Deutungȱ vonȱ !j'Q'h; AnB.ȱ alsȱ „niedrig,ȱ gering“ȱ vgl.ȱ JACOB,ȱ Genesis,ȱ 264Ȭ265.308.ȱ JACOB,ȱ Genesis,ȱ 291ȱ schlägtȱ auchȱ vor,ȱ Genȱ 10,21ȱ ebensoȱ wieȱ Genȱ 9,24ȱ nichtȱ alsȱ AlȬ tersangabe,ȱ sondernȱ inȱ übertragenemȱ Sinneȱ zuȱ deuten:ȱ Dannȱ nämlichȱ würdeȱ Genȱ 10,21ȱ nichtsȱ überȱ dasȱ Altersverhältnisȱ derȱ Brüderȱ untereinanderȱ aussagen.ȱ „Inȱ derȱ TatȱistȱdieserȱSinnȱvonȱ ldgȱ=ȱbedeutend,ȱerhabenȱsogarȱderȱgewöhnlicheȱdesȱWortes,ȱ währendȱdieȱBeziehungȱaufȱdasȱAlterȱnurȱseltenȱist.ȱEineȱtreffendeȱParalleleȱkönnteȱ Genȱ48,19ȱsein:ȱaberȱderȱJüngereȱ wirdȱgrößerȱwerdenȱ (ldgy)ȱalsȱer.ȱ WieȱdiesesȱWortȱ derȱsegnendeȱJakobȱausspricht,ȱsoȱkönnteȱ ldgȱanȱunsererȱStelleȱdenȱSinnȱdesȱSegensȱ Noahsȱ wiedergeben.“ȱ Allerdingsȱ lässtȱ derȱ genealogischeȱ Kontextȱ vonȱ Genȱ 10ȱ m.E.ȱ nichtȱanȱeineȱwertendeȱBedeutungȱvonȱldgȱinȱdiesemȱFallȱdenken.ȱȱ
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TeilȱB:ȱAnalyseȱderȱTexteȱimȱKontextȱ
beschriebenȱ wird,ȱ dieȱ entsprechendȱ dieȱ Leseerwartungȱ fürȱ Genȱ 5,32;ȱ 9,18ffȱsteuert.ȱWeitausȱauffallenderȱundȱdamitȱfürȱdenȱLeserȱnachvollȬ ziehbarerȱ sindȱ jedochȱ dieȱ Parallelenȱ derȱ Namenstriasȱ inȱ Genȱ 5,32ȱ undȱ Genȱ11,26:ȱJeweilsȱimȱzehntenȱGliedȱendetȱdieȱGenealogieȱinȱderȱNenȬ nungȱvonȱdreiȱSöhnen.105ȱAuchȱimȱFalleȱAbrams,ȱNachorsȱundȱHaransȱ repräsentiertȱ dieseȱ Triasȱ nichtȱ dieȱ geburtlicheȱ Rangfolgeȱ (s.ȱ Teilȱ B.3).ȱ WeiterhinȱkannȱderȱLeserȱinȱdenȱübrigenȱVertauschungenȱderȱGenesisȱ dasȱSchemaȱvonȱDisqualifizierungȬQualifizierungȬBestätigungȱdesȱErstȬ lings,ȱ wieȱ esȱ inȱ Genȱ 9Ȭ11ȱ vorgeführtȱ wird,ȱ immerȱ wiederȱ entdeckenȱ (vgl.ȱTeilȱC.1)ȱundȱsomitȱimȱNachgangȱundȱdurchȱeigeneȱKombinatorikȱ auchȱ aufȱ dieȱ Erzählungȱ derȱ Noachidenȱ anwenden.ȱ Somitȱ verliertȱ Genȱ 9Ȭ11ȱ vonȱ seinenȱ Kontextenȱ herȱ dieȱ Ambivalenzȱ beiȱ derȱ Rangfolgeȱ derȱ BrüderȱundȱistȱdamitȱzugleichȱeinȱhervorragendesȱBeispielȱdafür,ȱdassȱ biblischeȱTexteȱinȱihrenȱKontextenȱgelesenȱwerdenȱsollten.ȱȱ
2.4ȱZusammenfassungȱ InȱGenȱ5,32Ȭ11,26ȱkannȱsichȱSemȱalsȱErstlingȱgegenüberȱseinenȱBrüdernȱ Hamȱ undȱ Japhetȱ erweisen.ȱ Hamȱ fehltȱ esȱ anȱ familiärerȱ Solidaritätȱ undȱ gebührendemȱ Verhaltenȱ seinemȱ Vaterȱ gegenüberȱ (Genȱ 9,22f).ȱ Derȱ ErȬ zählzusammenhangȱ Genȱ 9,22fȱ deutetȱ fernerȱ an,ȱ dassȱ sichȱ Hamȱ durchȱ seinȱFehlverhaltenȱdenȱzweifelhaftenȱsexuellenȱAuffassungenȱderȱübriȬ genȱ Völkerȱ (namentlichȱ Kanaans)ȱ gleichstellt.ȱ Erȱ scheidetȱ alsȱ natürliȬ cherȱErstgeborenerȱausȱderȱgenealogischenȱLinieȱaus.ȱInȱderȱErzählungȱ Genȱ 9,18Ȭ29ȱ verschwindetȱ Hamȱ sukzessiveȱ ausȱ derȱ Erzählung:ȱ Hamȱ wirdȱvonȱ„Ham,ȱerȱistȱderȱVaterȱvonȱKanaan“ȱ(Genȱ9,18),ȱüberȱ„Ham,ȱ derȱVaterȱvonȱKanaan“ȱ(V.ȱ22)ȱundȱ„Noahsȱkleinster/geringsterȱSohn“ȱ (V.ȱ24)ȱzuȱ„Kanaan“ȱ(V.ȱ25).ȱDerȱNameȱ„Ham“ȱistȱdamitȱzumȱEndeȱderȱ Disqualifizierungȱ völligȱ ausȱ derȱ Erzählungȱ verschwunden.ȱ Semȱ dageȬ genȱ erweistȱ sichȱ durchȱ seinȱ Verhaltenȱ alsȱ Erstlingȱ (Genȱ 9,23f),ȱ wasȱ durchȱdenȱSegenȱdesȱVatersȱnochȱbestätigtȱwirdȱ(Genȱ9,26).ȱȱ DieseȱVertauschungȱwirdȱdannȱinȱderȱkleinenȱKompositionȱGenȱ10Ȭ 11ȱ bestätigtȱ undȱ legitimiert.ȱ Dieȱ Einzeltexteȱ Genȱ 10ȱ (dieȱ Völkertafel),ȱ dieȱ Erzählungȱ vomȱ Turmbauȱ zuȱ Babelȱ (Genȱ 11,1Ȭ9)ȱ sowieȱ dieȱ denȱ geȬ samtenȱerstenȱToledotȬHauptteilȱGenȱ5,1Ȭ11,26ȱabschließendenȱToledotȱ Semsȱ(Genȱ11,10Ȭ26)ȱkönnenȱimȱZusammenhangȱgelesenȱwerden.ȱJederȱ Textȱ hebtȱ bestimmteȱ Aspekteȱ derȱ Vertauschungȱ vonȱ Hamȱ mitȱ Semȱ hervor:ȱ Genȱ 10Ȭ11ȱ dienenȱ derȱ genealogischenȱ wieȱ narrativenȱ BestätiȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 105ȱȱ Überhauptȱ sindȱ Genȱ 5ȱ undȱ 11ȱ sehrȱ ähnlichȱ aufgebaut.ȱ Zuȱ denȱ übrigenȱ parallelenȱ StrukturenȱinnerhalbȱvonȱGenȱ5Ȭ11ȱs.ȱTeilȱC.2.2.ȱ
3.ȱHaran,ȱNahorȱundȱAbrahamȱ(Genȱ11,27Ȭ25,11)ȱ
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gungȱderȱQualifizierungȱSemsȱalsȱErstlingȱsowieȱderȱBetonungȱderȱDisȬ qualifizierungȱ Hamsȱ alsȱ natürlichemȱ Erstgeborenen.ȱ Dieȱ Genealogienȱ derȱ dreiȱ Söhneȱ Noahsȱ greifenȱ dieȱ Erzählperspektiveȱ vonȱ Genȱ 9,18Ȭ29ȱ wiederȱ aufȱ undȱ führenȱ denȱ Vergleichȱ derȱ Vertauschungserzählungȱ weiter.ȱȱ Auchȱ inȱ ihrenȱ Nachkommenȱ werdenȱ dieȱ Brüderȱ miteinanderȱ verȬ glichen.ȱDieȱDarstellungstendenzȱvonȱGenȱ10ȱläuftȱdabeiȱaufȱSemȱhinȬ ausȱundȱbestätigtȱseineȱSonderstellung.ȱGenȱ10ȱdemonstriert,ȱdassȱsichȱ derȱErstgeburtssegenȱgeradeȱinȱSemȱverwirklichtȱundȱdieȱgenealogischeȱ GegenüberstellungȱbestätigtȱSemȱalsȱStammvaterȱderȱväterlichenȱLinie.ȱ NurȱSemȱdarfȱdarumȱdieȱinȱAdamȱbegonneneȱLinieȱweiterführen.ȱUndȱ wieȱ beiȱ Kainȱ undȱ Abelȱ verschwindenȱ auchȱ Hamȱ undȱ Japhetȱ narrativȱ ausȱ derȱ genealogischenȱ Hauptlinie.ȱ Lediglichȱ dieȱ Toledotȱ Semsȱ (Genȱ 11,10Ȭ26)ȱ beschließenȱ denȱ erstenȱ ToledotȬHauptteilȱ derȱ Genesisȱ (Genȱ 5,1Ȭ11,26).ȱ Semsȱ Nachkommenȱ werdenȱ zwarȱ schonȱ inȱ Genȱ 10ȱ präsenȬ tiertȱ (abȱ V.ȱ 21),ȱ allerdingsȱ wirdȱ dortȱ nurȱ derȱ halbeȱ Stammbaumȱ Semsȱ genannt:ȱ Nurȱ dieȱ Nachfahrenȱ Joktansȱ undȱ nichtȱ dieȱ seinesȱ Brudersȱ Pelegȱ werdenȱ genannt.ȱ Dieȱ Fortsetzungȱ dieserȱ Linieȱ folgtȱ erstȱ inȱ Genȱ 11,10Ȭ26.ȱ„Sem“ȱinkludiertȱsomitȱdieȱDarstellungȱderȱGenealogienȱnachȱ derȱFlutȱundȱwirdȱzurȱherausragendenȱFigurȱunterȱseinenȱBrüdern.ȱ
3.ȱHaran,ȱNahorȱundȱAbrahamȱ(Genȱ11,27Ȭ25,11)ȱ Mitȱ derȱ ToledotȬFormelȱinȱ Genȱ 11,27ȱwerdenȱ dieȱ Erzählungenȱ umȱ dieȱ Terachidenȱ Abraham106,ȱ Haranȱ undȱ Nahorȱ eröffnet.ȱ Erstȱ Todȱ undȱ BeȬ gräbnisȱ Abrahamsȱ inȱ Genȱ 25,7Ȭ11ȱ schließenȱ dieȱ Gesamterzählungȱ abȱ undȱeineȱerneuteȱToledotȬFormelȱinȱGenȱ25,12ȱbeginntȱschließlichȱeinenȱ neuenȱ Erzählzusammenhang.ȱ Inȱ engemȱ Anschlussȱ anȱ denȱ vorausgeȬ gangenenȱ ToledotȬHauptteilȱ (Genȱ5,1Ȭ11,26)ȱ wirdȱ dieȱ Namenstriasȱ derȱ SöhneȱTerachsȱausȱGenȱ11,26ȱaufgegriffen:ȱ„UndȱTerachȱzeugteȱAbram,ȱ Nahorȱ undȱ Haran“ȱ (Genȱ 11,27).ȱ Diesȱ lenktȱ dieȱ Leseerwartungȱ aufȱ dieȱ Frage,ȱ beiȱ welchenȱ Terachidenȱ esȱ sichȱ umȱ denȱ Erstlingȱ handelt,ȱ ganzȱ ähnlichȱwieȱinȱderȱVertauschungsgeschichteȱumȱSem,ȱHamȱundȱJaphetȱ (Genȱ5,32):ȱInȱbeidenȱZyklenȱwirdȱimȱAnschlussȱanȱdieȱoffeneȱNamensȬ triasȱaufȱeineȱFamiliengeschichteȱfokussiertȱ(Genȱ6Ȭ9;ȱGenȱ11Ȭ25),ȱumȱinȱ diesemȱ Rahmenȱ dieȱ Frageȱ nachȱ demȱ Erstlingȱ zuȱ beantworten.ȱ Analogȱ zurȱ Genealogieȱ Noahsȱ kommenȱ alleȱ dreiȱ Terachidenȱ alsȱ Prätendentenȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 106ȱȱ Imȱ Folgendenȱ immerȱ „Abraham“,ȱ obwohlȱ dieserȱ erstȱ inȱ Genȱ 17ȱ vonȱ „Abram“ȱ inȱ „Abraham“ȱumbenanntȱwird.ȱEbensoȱverhältȱesȱsichȱmitȱ„Sara“ȱstattȱ„Sarai“.ȱȱ
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TeilȱB:ȱAnalyseȱderȱTexteȱimȱKontextȱ
fürȱdieȱPositionȱdesȱErstlingsȱinȱFrage,ȱweshalbȱalleȱdreiȱBrüderȱinȱderȱ Gesamterzählungȱpräsentȱsind.107ȱ
3.1.ȱExpositionȱdesȱKonfliktsȱ(Genȱ11,27Ȭ32)ȱ Dieȱ Terachgenealogieȱ inȱ Genȱ 11,27Ȭ32ȱ dientȱ alsȱ Expositionȱ derȱ gesamȬ tenȱ Erzählung.ȱ Hierȱ werdenȱ bestimmteȱ Informationenȱ bereitsȱ andeuȬ tungsweiseȱ vorweggenommen,ȱ umȱ einȱ Spannungspotentialȱ aufzubauȬ en:ȱ dieȱ Konfliktpartnerȱ Abraham,ȱ Nahor,ȱ Haranȱ undȱ Lotȱ werdenȱ eingeführtȱ undȱ einanderȱ vergleichendȱ gegenübergestellt.ȱ Trotzȱ derȱ Dominanzȱ Abrahamsȱ inȱ derȱ eigentlichenȱ Erzählungȱ bekommtȱ AbraȬ hamȱ hierȱkeineȱ herausragendeȱRolleȱunterȱ seinenȱ Brüdernȱ zugeschrieȬ ben:ȱErȱhatȱselbstȱkeineȱNachkommenȱundȱihmȱistȱeineȱscheinbarȱunbeȬ deutendeȱ Frauȱ anvertraut,ȱ dennȱ imȱ Gegensatzȱ zuȱ Milka,ȱ derenȱ verwandtschaftlicheȱ Verhältnisseȱ genauestensȱ beleuchtetȱ werden,108ȱ erscheintȱ Saraȱ inȱ diesemȱ Textstückȱ alsȱ vergangenheitsȬȱ undȱ damitȱ naȬ menloseȱ„fremdeȱFrau“109,ȱdieȱdemȱantikenȱLeserȱsuspektȱvorkommenȱ musste.110ȱ Mehrȱ noch:ȱ Abrahamsȱ Frauȱ warȱ darüberȱ hinausȱ nochȱ unȬ fruchtbarȱ (Genȱ 11,30a),ȱ wasȱ imȱ Nachsatzȱ durchȱ dieȱ Ergänzungȱ Hl' !yae dl'w"/„sieȱhatteȱkeinȱKind“ȱnochmalsȱhervorgehobenȱwird.ȱDieȱarchaisieȬ rendeȱ Formȱ dl'w"ȱ („Kind“,ȱ stattȱ desȱ üblichenȱ dl,ya; rv,a] #rb'y>w:)ȱ undȱ sprach:ȱ „Gesegnetȱ (%WrB')ȱ seiȱ Abramȱ vonȱGott,ȱdemȱHöchsten,ȱderȱHimmelȱundȱErdeȱgeschaffenȱhat.“ȱDaneȬ benȱ demonstriertȱ Abrahamȱ seinenȱ Statusȱ alsȱ Erstlingȱ durchȱ seineȱ FürȬ sorgeȱ fürȱ seinenȱ Bruderȱ Lot.ȱ Inȱ derȱ Episodeȱ umȱ dieȱ vierȱ Könige,ȱ dieȱ KanaanȱmitȱKriegȱüberziehenȱ(Genȱ14,1Ȭ17),ȱstehtȱAbrahamȱfürȱseinenȱ „Bruder“ȱLotȱ(Genȱ14,14.16)ȱeinȱundȱrettetȱihnȱunterȱEinsatzȱseinesȱLeȬ bens,ȱalsȱerȱhört,ȱdassȱLotȱgefangenȱgesetztȱwurdeȱ(Genȱ14,12).ȱ 3.2.2ȱErstlingstumȱimȱKontextȱderȱNachkommenverheißungȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ (Genȱ15Ȭ21)ȱ InȱGenȱ15,1ȱsetztȱmitȱderȱFormulierungȱ hL,aeh' ~yrIb'D>h; rx;a;/„Nachȱdiesenȱ Begebenheiten“ȱ dieȱ Abrahamgeschichteȱ neuȱ ein.ȱ Dieȱ ÜberleitungsforȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 131ȱȱ ZuȱGenȱ12,10ffȱvgl.ȱTeilȱB.3.3.1.ȱ
88
TeilȱB:ȱAnalyseȱderȱTexteȱimȱKontextȱ
melȱ istȱ imȱ Kontextȱ vonȱ Genȱ 12Ȭ25ȱ eherȱ untypisch,ȱ daȱ inȱ denȱ übrigenȱ Erzählungenȱ inȱ derȱ Regelȱ ohneȱ Überleitungȱ direktȱ inȱ dasȱ Geschehenȱ eingeführtȱ wird.ȱ Inȱ derȱ Abrahamerzählungȱ begegnetȱ dieȱ Formelȱ nurȱ hierȱundȱinȱGenȱ22,1,ȱsowieȱmitȱleichtȱabgewandelterȱFormulierungȱinȱ Genȱ22,20ȱ(hL,aeh' ~yrIb'D>h; yrEx]a; yhiy>w:).ȱAnȱallenȱdreiȱStellenȱwerdenȱWenȬ depunkteȱderȱAbrahamgeschichteȱeingeleitet.ȱDieȱFormulierungȱbindetȱ dabeiȱ jeweilsȱ dieȱ neuȱ einsetzendeȱ Episodeȱ anȱ dieȱ gesamteȱ AbrahamȬ geschichteȱ zurückȱ undȱ ordnetȱ sieȱ inȱ denȱ Gesamtzusammenhangȱ vonȱ Genȱ 12Ȭ21ȱ ein.ȱ Nachdemȱ dieȱ Landverheißungȱ imȱ Zentrumȱ desȱ erstenȱ Hauptteilsȱ derȱ Abrahamerzählungȱ stand,ȱ wirdȱ dieȱ nochȱ ausstehendeȱ NachkommenschaftȱerstȱabȱGenȱ15ȱzumȱHauptthema.ȱSchonȱdieȱquanȬ titativeȱ Verteilungȱ desȱ Wortesȱ !Be/„Sohn“ȱ überȱ dieȱ Abrahamerzählungȱ sprichtȱfürȱsich:ȱInȱdenȱKapitelnȱ12Ȭ14ȱkommtȱ !Be nichtȱeinȱeinzigesȱMalȱ vor.ȱ Zwarȱ werdenȱ dortȱ Abrahamȱ dieȱ Nachkommenȱ schonȱ verheißen,ȱ dochȱ bleibtȱ dieseȱ Nachkommenverheißungȱ mitȱ derȱ Umschreibungȱ [r;z/< „Samen“ȱ rechtȱ unkonkret.132ȱ Dieȱ Verheißungszusageȱ konkretisiertȱ sichȱ abȱ Genȱ 15ȱ inȱ Formȱ derȱ Erwartungȱ einesȱ Sohnes.ȱ Inȱ denȱ Kapitelnȱ 15Ȭ22ȱ kommtȱ !Beȱ mehrȱ alsȱ 50malȱ vor.133ȱ Auchȱ dasȱ Problemȱ derȱ UnȬ fruchtbarkeitȱSaras,ȱdasȱschonȱinȱderȱEinleitungȱknappȱkonstatiertȱwurȬ deȱ (Genȱ 11,30),ȱ kommtȱ erstȱ jetztȱ wiederȱ zumȱ Tragen.ȱ Inȱ Genȱ 15,2Ȭ3ȱ weistȱAbrahamȱaufȱseineȱKinderlosigkeitȱhin,ȱdieȱseinerȱMeinungȱnachȱ dieȱNachkommenverheißungȱinȱFrageȱstellt:ȱ ȱ
aWh ytiyBe qv,m,-!b,Wȱ yrIyrI[] %leAh ykinOa'w> yli-!T,Ti-hm; hwIhy/ yn"doa] ~r"b.a; rm,aYOwȱ: (V.ȱ 2) rz [r:z" hT't;n" al{ yli !he ~r"b.a; rm,aYOw:ȱ(V.ȱ3)ȱ ȱ„UndȱAbramȱsagte:ȱSiehe,ȱmirȱhastȱduȱkeinenȱNachkommenȱgegeben,ȱundȱ siehe,ȱderȱSohnȱmeinesȱHausesȱwirdȱmichȱbeerben.“ȱ
BisȱzuȱBeginnȱdesȱKapitelsȱ15ȱwarȱjedeȱReaktionȱAbrahamsȱaufȱGottesȱ Befehleȱ schweigsamerȱ Gehorsamȱ gewesen.134ȱ Erstȱ durchȱ dasȱ AusbleiȬ benȱseinerȱNachkommenschaftȱscheintȱbeiȱAbrahamȱDiskussionsbedarfȱ zuȱentstehen.ȱDieȱsofortigeȱWiederholungȱdesȱ ~r"b.a; rm,aYOw:ȱ inȱV.ȱ3ȱbetontȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 132ȱȱ S.ȱ inȱ Genȱ 12,7;ȱ 13,15;ȱ 13,16ȱ (2x);ȱ 15,3.8ȱ u.ö.ȱ Dieȱ allgemeinereȱ NachkommenȬ verheißungȱinȱGenȱ12,2f;ȱ13,14fȱ(LandȱundȱNachkommen);ȱGenȱ15,2;ȱ15,5.18.ȱ 133ȱȱNimmtȱmanȱdieȱSchlusskapitelȱGenȱ23Ȭ24ȱnochȱhinzu,ȱerhöhtȱsichȱdieȱZahlȱaufȱüberȱ 80ȱVorkommen.ȱ 134ȱȱ Vgl.ȱ schonȱ Genȱ 12,1Ȭ4:ȱ „Gehȱ du!ȱ […]ȱ Undȱ Abramȱ ging,ȱ wieȱ JHWHȱ zuȱ ihmȱ geredetȱ hatte.“ȱȱ
3.ȱHaran,ȱNahorȱundȱAbrahamȱ(Genȱ11,27Ȭ25,11)ȱ
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dieȱDringlichkeitȱderȱFrageȱAbrahamsȱundȱlegtȱdieȱEmphaseȱaufȱdessenȱ Zweifel.ȱDerȱTextȱspiegeltȱinȱAbrahamȱdieȱErwartungenȱdesȱLesers,ȱbeiȱ demȱsichȱmittlerweileȱdieselbeȱAnfrageȱaufdrängt.ȱȱ Dieȱ Feststellungȱ derȱ Unfruchtbarkeitȱ Sarasȱ stehtȱ inȱ starkerȱ SpanȬ nungȱzumȱMehrungsauftragȱ(Genȱ1,28;ȱ9,1),ȱsowieȱzumȱbisherigenȱErȬ folgȱ derȱ Vermehrung,ȱ derȱ inȱ denȱ Genealogienȱ vonȱ Genȱ 5;ȱ 10ȱ undȱ 11ȱ ausgedrücktȱist.ȱDurchȱdieȱErneuerungȱderȱNachkommenverheißungȱinȱ Genȱ 15,4ȱ undȱ derȱ Konkretisierungȱ dieserȱ Verheißungȱ durchȱ dieȱ AnȬ kündigungȱderȱGeburtȱeinesȱSohnesȱbestätigtȱJHWHȱseineȱursprüngliȬ cheȱ Verheißung.ȱ Jedochȱ stehtȱ derȱ sichȱ daranȱ anschließendeȱ BundesȬ schlussȱnochȱganzȱimȱKontextȱderȱLandgabeȱ(V.ȱ18b).ȱDasȱLandȱ–ȱsoȱdieȱ Aussageȱ desȱ Textesȱ –ȱ bildetȱ damitȱ dieȱ Grundlageȱ derȱ NachkommenȬ verheißung.135ȱȱ Daȱ Saraȱ inȱ derȱ Folgeȱ aberȱ kinderlosȱ bleibtȱ (Genȱ 16,1),ȱ ergreiftȱ sieȱ nunȱselbstȱdieȱInitiativeȱundȱüberredetȱAbraham,ȱmitȱihrerȱägyptischenȱ Magdȱ Hagarȱ einenȱ Nachkommenȱ zuȱ zeugenȱ (Genȱ 16,1Ȭ5).136ȱ Dochȱ scheintȱ dieȱ inȱ Genȱ 16ȱ berichteteȱ Geburtȱ Ismaelsȱ fürȱ dieȱ immerȱ nochȱ unfruchtbareȱSaraȱkeineȱannehmbareȱLösungȱzuȱsein.ȱVielmehrȱzwingtȱ sieȱdieȱmitȱIsmaelȱschwangereȱHagarȱzurȱFluchtȱinȱdieȱWüsteȱ(Genȱ16,6Ȭ 16),ȱ damitȱ Ismaelȱ nichtȱ zumȱ legitimenȱ Erbfolgerȱ Abrahamsȱ werde.ȱ JHWHȱbestätigtȱdiesenȱEntschlussȱSarasȱinsofern,ȱalsȱdassȱerȱinȱGenȱ17ȱ betont,ȱ dassȱ Saraȱ esȱ seinȱ soll,ȱ dieȱ Abrahamȱ einȱ Kindȱ zurȱ Weltȱ bringtȱ (Genȱ 17,18.19).ȱ Vorȱ allemȱ I.ȱ Fischerȱ hatȱ daraufȱ aufmerksamȱ gemacht,ȱ dassȱ Saraȱ eineȱ herausragendeȱ Rolleȱ inȱ derȱ „Erzeltern“ȬErzählungȱ undȱ imȱ Besonderenȱ inȱ Genȱ 17ȱ zukommt.ȱ Überȱ Saraȱ wirdȱ dieselbeȱ VerheiȬ ßungȱ undȱ Gottesȱ Segenȱ ausgesprochenȱ wieȱ überȱ denȱ Erzvater.ȱ Einzigȱ derȱBundȱwirdȱexplizitȱnurȱmitȱAbrahamȱgeschlossen.ȱȱ „WenngleichȱdieȱsprachlicheȱGestaltȱderȱZusagenȱanȱSaraȱalsȱRedeȱanȱAbȬ rahamȱ gestaltetȱ sind,ȱ undȱ daherȱ nurȱ vermitteltȱ durchȱ denȱ Mannȱ anȱ dieȱ Frauȱ ergehen,ȱ stehenȱ sieȱ inȱ ihrerȱ kraftvollenȱ Aussageȱ aufȱ gleicherȱ Ebene.ȱ DasȱInsistierenȱGottesȱdarauf,ȱdaßȱderȱSohnȱSarasȱBundesträgerȱseinȱwirdȱ undȱ nichtȱ Abrahamsȱ Erstgeborenerȱ Ismael,ȱ hebtȱ dieȱ Bedeutungȱ Sarasȱ fürȱ dieȱVerwirklichungȱderȱVerheißungȱhervor“137ȱȱ
ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 135ȱȱ MehrungsȬȱ undȱ Landverheißungenȱ gehörenȱ sachlichȱ zusammen;ȱ gegenȱ WESTERȬ MANN,ȱderȱverschiedene,ȱ unabhängigeȱvorȬȱundȱ nachexilischeȱVerheißungstraditioȬ nenȱ postuliert:ȱ Dasȱ Landȱ müsseȱ erstȱ nachȱ demȱ Exilȱ wiederȱ verheißenȱ werden;ȱ dieȱ SohnesverheißungenȱstammenȱnochȱausȱZeitȱderȱVäter,ȱweilȱsieȱaufȱeinȱtypischȱnoȬ madischesȱ Koloritȱ derȱ Erzählungenȱ zurückgingen,ȱ s.ȱ vorȱ allem:ȱ WESTERMANN,ȱ Dieȱ Verheißungenȱ anȱ dieȱ Väter.ȱ Studienȱ zurȱ Vätergeschichteȱ (FRLANTȱ 116),ȱ Göttingenȱ 1976.ȱ 136ȱȱ S.ȱdazuȱdieȱAusführungenȱTeilȱB.4.1.1.ȱ 137ȱȱ I.ȱFISCHER,ȱErzeltern,ȱ13.ȱ
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TeilȱB:ȱAnalyseȱderȱTexteȱimȱKontextȱ
JHWHȱ betontȱ damitȱ aberȱ auch,ȱ dassȱ Sarasȱ undȱ Abrahamsȱ zuvorige,ȱ eigenmächtigeȱ Initiativeȱ keinȱ adäquatesȱ Mittelȱ war,ȱ umȱ dieȱ KinderloȬ sigkeitȱ zuȱ überwinden.138ȱ Inȱ Genȱ 17ȱ erfolgtȱ dieȱ NachkommenȬ verheißungȱ dannȱ ausdrücklichȱ imȱ Kontextȱ desȱ Bundesȱ (Genȱ 17,4Ȭ5).ȱ DortȱwirdȱnochmalsȱdieȱGeburtȱdesȱverheißenenȱNachkommenȱbekräfȬ tigt,ȱwasȱvorȱallemȱinȱderȱUmbenennungȱvonȱ„Abram“ȱinȱ„Abraham“ȱ undȱ durchȱ dieȱ Deutungȱ alsȱ ~yIAG !Amh] ba;l. t'yyIh'wȱ> („Duȱ wirstȱ zumȱ Vaterȱ einerȱ Mengeȱ vonȱ Nationenȱ werden“;ȱ Genȱ 17,4f)ȱ hervorgehobenȱ wird.ȱ Hierinȱ zeigtȱ sichȱ JHWHsȱ Geschichtsmacht,ȱ dieȱ Abrahamȱ eineȱ neueȱ RolleȱimȱgöttlichenȱPlanȱzuschreibt.ȱȱ InȱdenȱfolgendenȱErzählungenȱspitztȱsichȱdieȱdringlicheȱFrageȱnachȱ derȱ Wahrscheinlichkeitȱ bzw.ȱ Unwahrscheinlichkeitȱ derȱ Erfüllungȱ dieȬ serȱ erneuertenȱ Verheißungȱ immerȱ weiterȱ zu.ȱVonȱderȱ zunehmendȱ unȬ glaubwürdigerȱwerdendenȱNachkommenverheißungȱanȱdieȱinȱdieȱJahȬ reȱ gekommeneȱ Sara139,ȱ überȱ dieȱ anschließendeȱ Vernichtungȱ einesȱ ganzenȱ Volkesȱ inȱ Sodomȱ undȱ Gomorra140ȱ undȱ denȱ inzestuösenȱ VerȬ such,ȱ angesichtsȱ derȱ vermeintlichenȱ totalenȱ Vernichtungȱ derȱ MenschȬ heitȱmitȱdemȱVaterȱnochȱNachkommenȱzuȱzeugenȱ(Genȱ19,30Ȭ38),ȱwirdȱ inȱGenȱ20ȱsogarȱeinȱganzesȱKönigreichȱvonȱderȱAußerkraftsetzungȱderȱ natürlichenȱ Fortpflanzungȱ getroffenȱ (Genȱ 20,18).141ȱ Dieȱ Dramatikȱ istȱ hierȱ aufȱ ihremȱ Höhepunktȱ angelangt,ȱ dennȱ immerhinȱ könnteȱ AbimelechȱundȱnichtȱAbrahamȱderȱVaterȱdesȱverheißenenȱSohnesȱsein.ȱ GeradeȱanȱdiesemȱtiefstenȱPunktȱderȱAbrahamerzählung,ȱzeigtȱJHWHȱ seinȱgeschichtsmächtigesȱHandeln:ȱerstȱdurchȱseinȱrettendesȱEingreifenȱ wirdȱ dieȱ Gefahrȱ überwundenȱ undȱ kannȱ imȱ Folgendenȱ Isaak,ȱ derȱ verȬ heißeneȱSohn,ȱschließlichȱdochȱnochȱgeborenȱwerden.ȱȱ Derȱ Berichtȱ derȱ Geburtȱ Isaaks,ȱ Genȱ 21,1Ȭ7,ȱ wirdȱ inȱ derȱ Formȱ einerȱ GebärnotizȱmitȱNamensbegründungȱgestaltet.ȱDieȱGeburtȱwirdȱinȱgroȬ ßerȱ Analogieȱ zurȱ Geburtȱ Ismaelsȱ inȱ Genȱ 16,15Ȭ16ȱ dargestellt.ȱ Beiȱ allerȱ formalenȱGleichbehandlungȱvonȱIsmaelȱundȱIsaak142ȱwirdȱletztererȱweȬ sentlichȱ stärkerȱ akzentuiert.ȱ Ismaelȱ istȱ ebenȱ nichtȱ derȱ erwarteteȱ Sohn,ȱ sondernȱIsaak.ȱGenȱ21,1Ȭ7ȱistȱvonȱgroßerȱRedundanzȱgeprägt:ȱFünfmalȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 138ȱȱ Analogȱ dazu:ȱ Terachsȱ eigenmächtigerȱ Entschlussȱ nachȱ Kanaanȱ zuȱ ziehen,ȱ führtȱ dazu,ȱ dassȱ sieȱ nieȱ inȱ Kanaanȱ ankommenȱ (Genȱ 11,31).ȱ Erstȱ derȱ vonȱ Gottȱ initiierteȱ AufbruchȱführtȱzumȱZielȱ(Genȱ12,1ff).ȱ 139ȱȱ Dieȱ Unwahrscheinlichkeitȱ einerȱ solchenȱ Geburtȱ wirdȱ eigensȱ hervorgehoben:ȱ Genȱ 17,17ȱausȱdemȱMundeȱAbrahams;ȱGenȱ18,11ȱausȱSichtȱdesȱErzählers;ȱGenȱ18,12ȱausȱ demȱMundeȱSaras.ȱVgl.ȱnoch.ȱVgl.ȱGenȱ15,18.ȱ 140ȱȱ Vgl.ȱGenȱ18,16Ȭ33;ȱ19,1Ȭ29.ȱ 141ȱȱ ZuȱGenȱ20ȱvgl.ȱTeilȱB.3.3.2.ȱ 142ȱȱ AusführlichȱzuȱGenȱ21,1Ȭ7ȱundȱderȱRahmungȱdurchȱdieȱHagarȬIsmaelȬErzählungenȱ Genȱ16;ȱ21,8Ȭ21ȱs.ȱTeilȱB.4.1.2.ȱ
3.ȱHaran,ȱNahorȱundȱAbrahamȱ(Genȱ11,27Ȭ25,11)ȱ
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wirdȱ derȱ Verbalstammȱ dlyȱ gebraucht,ȱ sechsmalȱ dasȱ Substantivȱ !Beȱ undȱ viermalȱ wirdȱ betont,ȱ dassȱ allesȱ soȱ geschiehtȱ wieȱ JHWHȱ gesagtȱ (rv,a]K;ȱ rm'a' V.1a),ȱ geredetȱ (rBeDI rv,a]K;ȱ V.1b;ȱ rB,DI-rv,a] V.ȱ 2)ȱ undȱ gebotenȱ (rv,a]K; ~yhil{a/ Atao hW"ci V.ȱ4)ȱhatte.ȱDieȱGeburtȱdesȱSohnes,ȱdieȱinȱderȱgesamtenȱ Abrahamerzählungȱ vorbereitetȱ wurde,ȱ bekommtȱ hierȱ einenȱ effektvolȬ lenȱ Abschluss.ȱ Dabeiȱ wirdȱ Abrahamsȱ Geschlechtsaktȱ bewusstȱ verȬ schwiegen,ȱ dennȱ esȱ istȱ letzlichȱ JHWH,ȱ derȱ sichȱ hierȱ anȱ seinȱ VerheiȬ ßungswortȱ hält.143ȱ Alsȱ imȱ Anschlussȱ daranȱ Ismaelȱ alsȱ Isaaksȱ direkterȱ Erbfolgekonkurrentȱ endgültigȱ ausȱ demȱ Landȱ vertriebenȱ wirdȱ (Genȱ 21,8Ȭ21),ȱ istȱ Isaakȱ auchȱ tatsächlichȱ derȱ legitimeȱ erstgeboreneȱ Sohnȱ AbȬ rahams.ȱInȱderȱErfüllungȱderȱSohnesverheißungȱweistȱsichȱAbrahamȱalsȱ Erstlingȱaus:ȱZumȱeinenȱbestätigtȱihnȱdieȱWeiterführungȱseinerȱLinieȱalsȱ solchenȱundȱzumȱanderenȱlegitimiertȱdieȱdirekteȱgöttlicheȱInterventionȱ zurȱErmöglichungȱdieserȱNachkommenschaftȱdieseȱprivilegierteȱFunkȬ tionȱdesȱErzvaters.ȱȱ 3.2.3ȱLegitimierungȱdesȱErstlingsȱdurchȱJHWHȱ(Genȱ22,1Ȭ19)ȱ DieȱPerikopeȱwirdȱinȱV.ȱ1aȱmitȱderȱÜberleitungsformel ~yrIb'D>h; rx;a; yhiy>wȱ: hL,aeh'/„nachȱ diesenȱ Geschehnissen“ȱ eingeleitet.ȱ Hierüberȱ wirdȱ derȱ GeȬ samtzusammenhangȱvonȱGenȱ12Ȭ21ȱalsȱSubtextȱmitȱeingespieltȱundȱderȱ Übergangȱ zuȱ einemȱ neuenȱ Erzählabschnittȱ markiert.144ȱ Allerdingsȱ schließtȱ Genȱ 22,1ȱ nichtȱ einfachȱ diffusȱ anȱ seinenȱ vorgehendenȱ Kontextȱ an,ȱvielmehrȱgibtȱderȱTextȱdeutlicheȱSignale,ȱwelchenȱvorausgehendenȱ KontextȱerȱfortschreibtȱundȱaufȱdieȱWeiseȱre˳nterpretiertȱsowieȱtheoloȬ gischȱ neuȱ interpretiert.ȱ Namentlichȱ inȱ derȱ neuerenȱ Exegeseȱ konnteȱ deutlichȱ gezeigtȱ werden,ȱ dassȱ Genȱ 22ȱ besondersȱ mitȱ Genȱ 12,1Ȭ8145;ȱ 13,14Ȭ17ȱsowieȱGenȱ21146ȱintertextuellȱverbundenȱist.ȱVorȱallemȱGenȱ12ȱ wirdȱ durchȱ dieȱ Wiederholungȱ derȱ bemerkenswertenȱ ImperativverbinȬ dungȱ ^l.-%l,ȱ inȱGenȱ22,2ȱzuȱeinemȱderȱwesentlichenȱVerweistexte.ȱDennȱ erstȱinȱGenȱ22ȱkommtȱmitȱderȱerneutenȱNennungȱderȱImperativverbinȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 143ȱȱ Vgl.ȱGenȱ21,2:ȱ ~yhil{a/ Atao rB,DI-rv,a] d[eAMl;/„zuȱderȱbestimmtenȱZeit,ȱdieȱGottȱihmȱgesagtȱ hatte“ȱ inȱ Wiederaufnahmeȱ derȱ Verheißungȱ vonȱ Genȱ 18,14:ȱ „Zurȱ bestimmtenȱ Zeitȱ kommeȱichȱwiederȱzuȱdirȱ(^yl,ae bWva' d[eAMl;),ȱübersȱJahrȱumȱdieseȱZeit,ȱdannȱhatȱSaraȱ einenȱSohn“.ȱ 144ȱȱ Dieselbeȱ Funktionȱ erfüllenȱ dieȱ Formulierungenȱ auchȱ inȱ Genȱ 15,1ȱ (Einleitungȱ desȱ zweitenȱ Hauptteilsȱ derȱ Abrahamgeschichte)ȱ undȱ inȱ Genȱ 22,20ȱ (Einleitungȱ desȱ EpiȬ logsȱderȱAbrahamgeschichte).ȱȱ 145ȱȱ Vgl.ȱhierzuȱTeilȱB.3.2.ȱ 146ȱȱ ListenȱderȱausdrucksformalenȱundȱinhaltlichenȱParallelenȱzwischenȱGenȱ21ȱundȱGenȱ 22,1Ȭ19ȱbeiȱI.ȱFISCHER,ȱOpferung,ȱ26Ȭ31ȱundȱSTEINS,ȱDieȱBindungȱIsaaks,ȱ147Ȭ163ȱ(bes.ȱ 153Ȭ163).ȱ
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TeilȱB:ȱAnalyseȱderȱTexteȱimȱKontextȱ
dungȱ derȱ inȱ Genȱ 12,1ȱ begonneneȱ Spannungsbogenȱ zumȱ Ziel.147ȱ AllerȬ dingsȱ beschränktȱ sichȱ dasȱ Verhältnisȱ vonȱ Genȱ 22ȱ mitȱ Kapitelȱ 12ȱ nichtȱ aufȱ punktuelleȱ Parallelen:ȱ Steinsȱ kannȱ zeigen,ȱ dassȱ „dieȱ Bezügeȱ zwiȬ schenȱ Genȱ 12ȱ undȱ Genȱ 22ȱ […]ȱ weitȱ überȱ dieȱ Ebeneȱ derȱ Wörterȱ undȱ Wendungenȱhinausȱ[gehen]ȱundȱauchȱstrukturelleȱAspekteȱundȱInhalteȱ ein[schließen].“148ȱGenȱ12ȱwirdȱdamitȱdurchȱdieȱgroßeȱZahlȱderȱBezügeȱ undȱ derenȱ Positionierungȱ zuȱ einerȱ Genȱ 22ȱ insgesamtȱ durchziehendenȱ „Ebene“.ȱGenȱ12ȱundȱ22ȱmarkierenȱdamitȱAnfangȱundȱEndeȱdesȱSpanȬ nungsbogens,ȱ zwischenȱ denenȱ sichȱ dieȱ gesamteȱ Abrahamgeschichteȱ entspannen.ȱAbrahamȱgelangtȱinȱGenȱ22,1Ȭ19ȱfolglichȱzumȱletztenȱundȱ eigentlichenȱZielȱseinesȱWeges.ȱ Dieȱ Fortführungȱ derȱ Überleitungsformelȱ mitȱ einemȱ invertiertenȱ Verbalsatzȱ (V.ȱ 1a)ȱ machtȱ einenȱ Sprungȱ aufȱ dieȱ metakommunikativeȱ EbeneȱvonȱAutorȱundȱLeser149ȱundȱkommentiertȱzugleichȱdasȱgesamteȱ nachfolgendeȱ Geschehenȱ nachȱ Artȱ einerȱ vorwegnehmendenȱ ÜberȬ schriftȱ theologisch:150ȱ „Gottȱ stellteȱ Abrahamȱ aufȱ dieȱ Probe“ȱ (Genȱ 22,1a).151ȱDurchȱdieseȱLeserinformationȱliegtȱdieȱSpannungȱnichtȱbeiȱderȱ Auflösung,ȱ sondernȱ aufȱ demȱ Handelnȱ undȱ Wortȱ Abrahams.152ȱ AbraȬ hamȱselbstȱwirdȱdieȱgöttlicheȱIntentionȱdesȱAuftragesȱerstȱinȱGenȱ22,12ȱ enthüllt.ȱAberȱaufȱderȱErzählebeneȱwirdȱdeutlich,ȱdassȱmitȱderȱAufforȬ derungȱzurȱOpferungȱIsaaksȱdieȱgesamtenȱVerheißungenȱanȱAbrahamȱ undȱ damitȱ dieȱ zukünftigeȱ Geschichteȱ desȱ Volkesȱ Israelȱ bedrohtȱ sind.ȱ DieȱPerikopeȱistȱgerahmtȱdurchȱdieȱemphatischeȱBetonung,ȱdassȱIsaakȱ derȱ langersehnte,ȱ aberȱ einzigeȱ Sohnȱ Abrahamsȱ ist,ȱ derȱ nunȱ mitȱ demȱ Lebenȱbedrohtȱist.153ȱ„Fulfilmentȱofȱallȱpriorȱpromisesȱareȱboundȱtoȱtheȱ obedienceȱofȱAbrahamȱ(22:18).ȱHere,ȱAbrahamȱbecomesȱaȱrealȱqyDIc;.“154ȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 147ȱȱ ZurȱnurȱinȱGenȱ12,1ȱundȱ22,2ȱvorkommendenȱVerbindungȱ^l.-%l,ȱvgl.ȱTeilȱB.3.2.ȱ 148ȱȱ STEINS,ȱDieȱBindungȱIsaaks,ȱ137.ȱ 149ȱȱ DasȱPerfektumȱimȱerzählendenȱTeilȱdientȱzurȱEinleitungȱvonȱ„HintergrundinformaȬ tionen“ȱundȱistȱNebenȬȱbzw.ȱHintergrundtempusȱ(vgl.ȱSCHNEIDER,ȱGrammatik,ȱbes.ȱ 159ff;ȱzumȱGanzenȱBAUER,ȱPrinzip,ȱ29ȱu.ȱDEURLOO,ȱOmdatȱgeȱgehoordȱhebt,ȱ43Ȭ45.ȱ 150ȱȱ Vgl.ȱSTEINS,ȱDieȱBindungȱIsaaks,ȱ140.ȱEinȱvergleichbaresȱPrinzipȱfindetȱsichȱauchȱinȱ derȱHimmelsszeneȱdesȱHiobbuchesȱ(Hiȱ1Ȭ2).ȱȱ 151ȱȱ Beiȱderȱ„Prüfung“ȱ(Wurzelȱhsn/pi)ȱgehtȱesȱdarum,ȱetwasȱzuȱlernen:ȱDiesȱexplizitȱinȱExȱ 20,18Ȭ21;ȱRiȱ3,1Ȭ4ȱ(jeweilsȱWurzel hsn/pi).ȱ 152ȱȱ Dieȱ Formelȱ hL,aeh' ~yrIb'D>h; rx;a; yhiy>w:ȱ sollteȱ daherȱ auchȱ nichtȱ alsȱ redaktionellerȱ Zusatzȱ angesehenȱwerden.ȱSieȱistȱvielmehrȱfestȱinȱ derȱErzählungȱverankert.ȱDieȱmitȱeinemȱ Perfektumȱ gebildeteȱ Nominalkonstruktionȱ ~h'r"b.a;-ta, hS'nI ~yhil{a/h'w> setztȱ dieȱ NarrativȬ Formȱ yhiy>w:ȱ zwingendȱ vorausȱ (ebensoȱ VEIJOLA,ȱ Dasȱ Opferȱ Abrahams,ȱ 139ȱ undȱ NEEF,ȱ Prüfung,ȱ51).ȱ 153ȱȱ Vgl.ȱ Genȱ 22,2:ȱ qx'c.yI-ta, T'b.h;a'-rv,a] ^d>yxiy>-ta, ^n>Bi-ta, an"-xq;/„Nimmȱ deinenȱ Sohn,ȱ deinenȱ einzigen,ȱdenȱduȱliebȱhast,ȱIsaak.“ȱDieselbeȱFormulierungȱfindetȱsichȱinȱV.ȱ16ȱundȱ18.ȱ 154ȱȱ NOORT,ȱHumanȱSacrificeȱandȱTheology,ȱ4.ȱ
3.ȱHaran,ȱNahorȱundȱAbrahamȱ(Genȱ11,27Ȭ25,11)ȱ
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Beiȱ derȱ Erzählungȱ vonȱ derȱ „Prüfungȱ Abrahams“ȱ inȱ Genȱ 22,1Ȭ19ȱ hanȬ deltȱ esȱ sichȱ umȱ einenȱ herausragendenȱ Textȱ derȱ biblischenȱ Literatur155ȱ undȱderȱjüdischenȱundȱchristlichenȱTradition.156ȱGerhardȱvonȱRadȱhatȱ dieȱErzählungȱvomȱ„OpferȱAbrahams“ȱ–ȱoderȱwieȱsieȱimȱJudentumȱgeȬ nanntȱwirdȱ–ȱvonȱderȱ„BindungȱIsaaks“ȱ(Genȱ22,1Ȭ19)ȱalsȱ„formvollenȬ detsteȱundȱabgründigsteȱallerȱVätergeschichten“157ȱbezeichnet.ȱDieseȱinȱ jederȱHinsichtȱaußergewöhnliche,ȱjaȱextremeȱundȱwegenȱseinesȱGottesȬȱ undȱMenschenbildesȱimmerȱschonȱalsȱanstößigȱempfundeneȱErzählungȱ hatȱ inȱ derȱ Theologie,ȱ inȱ derȱ Literaturȱ undȱ inȱ derȱ Kunstȱ eineȱ lebhafteȱ Deutungȱ undȱ Rezeptionȱ erfahren.ȱ Schlichterȱ kannȱ manȱ dieseȱ Prüfungȱ nichtȱerzählen158,ȱaberȱauchȱkaumȱeindrücklicher.ȱDerȱGesamteindruckȱ
ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 155ȱȱ Genȱ22ȱistȱeinȱausgesprochenȱvielbeachteterȱTextȱderȱalttestamentlichenȱExegese;ȱvgl.ȱ ausȱderȱneuerenȱZeitȱvorȱallemȱ(nebenȱdenȱKomm.)ȱSTEINS,ȱDieȱ„BindungȱIsaaks“ȱimȱ Kanonȱ (Genȱ 22);ȱ DERS.,ȱ Abrahamsȱ Opfer.ȱ Exegetischeȱ Annäherungenȱ anȱ einenȱ abȬ gründigenȱText,ȱ311Ȭ324;ȱDERS.,ȱDieȱVersuchungȱAbrahamsȱ(Genȱ22,1Ȭ19).ȱEinȱneuerȱ Versuch,ȱ509Ȭ519;ȱDEURLOO,ȱOmdatȱgeȱgehoordȱhebtȱnaarȱmijnȱstemȱ(Gen.ȱ22),ȱ40Ȭ60;ȱ Diebner,ȱWasȱsichȱaufȱdemȱBergeȱimȱLandeȱMoriyahȱabspielte.ȱGenȱ22ȱerklärtȱalsȱTeilȱ derȱ„israelitischen“ȱTorah,ȱ47Ȭ57;ȱDERS.,ȱNochȱeinmalȱzuȱGenȱ22,2:ȱ hY"rIMoh; #r)ȱundȱsachlicheȱVerbundenheitȱhierzuȱ auffälligȱ sind.162ȱ Nurȱ anȱ diesenȱ beidenȱ Stellenȱ istȱ vomȱ „Berg“ȱ (V.ȱ 2:ȱ ~yrIh'h, dx;a; l[;/ȱ V.ȱ 14:ȱ ha,r"yE hw"hy> rh;B.)163ȱ dieȱ Rede,ȱ derȱ sonstȱ konstantȱ ~Aqm',ȱ „Ort“ȱ oderȱ wegenȱ derȱ quasiȬkultischenȱ Terminologien164ȱ besser:ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ technikȱ inȱ Genȱ 22ȱ bleibtȱ bisȱ heuteȱ dieȱ Untersuchungȱ desȱ Altphilologenȱ AUERBACHȱ (DERS.,ȱ Mimesis.ȱ Dargestellteȱ Wirklichkeitȱ inȱ derȱ abendländischenȱ Literatur,ȱ Bern/Münchenȱ 92001),ȱ derȱ imȱ erstenȱ Kapitelȱ anhandȱ vonȱ Genȱ 22,1Ȭ19ȱ dieȱ alttestaȬ mentlicheȱErzählkunstȱmitȱderjenigenȱderȱgroßenȱEpenȱHomersȱmitȱHilfeȱderȱ„Narbeȱ desȱOdysseus“ȱvergleicht.ȱȱ 159ȱȱ Fürȱ einenȱ Überblickȱ sieheȱ dieȱ hilfreicheȱ Auflistungȱ beiȱ NEEF,ȱ Prüfung,ȱ 38Ȭ50;ȱ vgl.ȱ auchȱSTEINS,ȱDieȱBindungȱIsaaks,ȱ107.ȱ 160ȱȱ DazuȱKÖNIG,ȱStilistik,ȱ298.ȱ 161ȱȱ Eineȱ umfangreicheȱ Forschungsübersichtȱ zuȱ denȱ zahlreichenȱ Versuchen,ȱ dieȱ Geneseȱ desȱTextesȱzuȱrekonstruierenȱbeiȱSTEINS,ȱDieȱBindungȱIsaaks,ȱ104Ȭ114.ȱ 162ȱȱ V.ȱ2:ȱ„inȱdasȱLandȱMorijaȱ(hY"rIMoh; #ryI hw"hy>)ȱ[…].ȱAufȱdemȱBergȱJHWHsȱwirdȱerȬ sehen.“)ȱ 163ȱȱ Vgl.ȱ nochȱ 2ȱ Chrȱ 3,1.ȱ Hierȱ wirdȱ derȱ Bergȱ Morijaȱ mitȱ demȱ Jerusalemerȱ Tempelbergȱ identifiziert.ȱȱ 164ȱȱ Zuȱ derȱ (angedeutetenȱ wieȱ expliziten)ȱ Kultterminologieȱ undȱ Ritualelementeȱ (dieȱ Gegenständeȱ „Messer“,ȱ „Feuer“ȱ undȱ „Altar“ȱ undȱ dieȱ Opfermaterieȱ sindȱ schonȱ beiȱ derȱ erstenȱ Erwähnungȱ determiniertȱ [Genȱ 22,6.9],ȱ wasȱ sichȱ dadurchȱ erklärt,ȱ dassȱ esȱ sichȱ umȱ selbstverständlicheȱ Requisitenȱ derȱ Opferszenerieȱ handeltȱ [vgl.ȱ STEINS,ȱ Dieȱ
3.ȱHaran,ȱNahorȱundȱAbrahamȱ(Genȱ11,27Ȭ25,11)ȱ
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„Kultort“,ȱ genanntȱ wirdȱ (vgl.ȱ Genȱ 22,ȱ 3.4.9.14).ȱ Geradeȱ wegenȱ derȱ BeȬ deutungȱ diesesȱ Bergesȱ überraschtȱ dieȱ einführendeȱ Bezeichnungȱ desȱ ZielpunktesȱderȱReiseȱalsȱ„LandesȱMorija“ȱ(hY"rIMoh; #r I/V.ȱ 14b: ha,r"yE)ȱ inȱ Bezugȱ aufȱ denȱ OrtsȬ namenȱvor.ȱInȱV.ȱ14bȱexplizitȱalsȱ„JHWHȱerscheint“ȱgedeutet:ȱ„aufȱdemȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ BindungȱIsaaks,ȱ161ȱundȱKÖNIG,ȱGenesis,ȱ550ȱAnm.ȱ2])ȱinȱGenȱ22,ȱdieȱdieȱganzeȱOpȬ ferungserzählungȱ durchzieht,ȱ s.ȱ dieȱ Auflistungenȱ beiȱ STEINS,ȱ Dieȱ Bindungȱ Isaaks,ȱ 160Ȭ163.ȱ Aufȱ dieȱ textprägendeȱ Funktionȱ kultischerȱ Vorstellungenȱ undȱ dieȱ Häufungȱ desȱentsprechendenȱVokabularsȱweistȱauchȱhinȱHUNTER,ȱFatherȱAbraham,ȱ23ȱAnm.ȱ 16:ȱ „Theȱ extendȱ ofȱ whichȱ theȱ vocabularyȱ ofȱ theȱ Leviticalȱ sacrificialȱ systemȱ ofȱ theȱ wholeȱ offeringȱ informsȱ theȱ accountȱ isȱ veryȱ striking“.ȱ Ebensoȱ WALTERS,ȱ Wood,ȱ 17:ȱ VonȱGenȱ22,7fȱbisȱ13fȱlaufeȱeineȱSinnachseȱmitȱkultischerȱAusrichtung.ȱZumȱ„RitualȬ konzept“ȱ vonȱ Genȱ 22ȱ vgl.ȱ WILLIȬPLEIN,ȱ Opfer,ȱ 87Ȭ90ȱ (weitereȱ Literaturȱ beiȱ STEINS,ȱ DieȱBindungȱIsaaks,ȱ161);ȱvgl.ȱauchȱDEURLOO,ȱOmdatȱgeȱgehoordȱhebt,ȱ49;ȱWESTERȬ MANN,ȱGenesisȱI/2,ȱ441.ȱ 165ȱȱ S.ȱnochȱEDȱ NOORT:ȱ„ThatȱtheȱfirstȱversesȱofȱGenȱ22ȱspeakȱofȱtheȱlandȱMoriah,ȱwhichȱ isȱlaterȱreplacedȱbyȱtheȱmountainȱMoriah,ȱisȱrelatedȱtoȱtheȱintentionȱofȱtheȱauthorȱtoȱ connectȱ12ȱwithȱ22,1.”ȱ(NOORT,ȱHumanȱSacrificeȱandȱTheology,ȱ6).ȱ 166ȱȱ Vgl.ȱTeilȱB.3.2.1.ȱ 167ȱȱ Dasȱ Motivwortȱ inȱ derȱ Gesamterzählung:ȱ Genȱ 12,1.7;ȱ 13,10.14.15;ȱ 16,13Ȭ14;ȱ 20,10;ȱ 21,19;ȱ22,4.8.13.14;ȱ24,62;ȱ25,11.ȱ 168ȱȱ DieȱVulgataȱübersetzt:ȱ„inȱterramȱvisionis“.ȱ
96
TeilȱB:ȱAnalyseȱderȱTexteȱimȱKontextȱ
Bergȱ JHWHs,ȱ aufȱ demȱ erȱ erscheintȱ (har/Nif)“.169ȱ Darumȱ hatȱ derȱ AufȬ bruchȱAbrahamsȱ(Genȱ22,2b)ȱseinȱZielȱinȱgenauȱdiesemȱOrt.ȱȱ Inȱ Analogieȱ zuȱ Genȱ 12Ȭ13ȱ errichtetȱ Abrahamȱ deshalbȱ aufȱ diesemȱ „ersehenenȱ Land“ȱ einenȱ Altarȱ (Genȱ 22,9;ȱ vgl.ȱ Genȱ 12.13).170ȱ Soȱ korresȬ pondiertȱ dasȱ „Ersehenȱ desȱ Landes“ȱ (Genȱ 13)ȱ mitȱ demȱ „Ersehen“ȱ desȱ einenȱbestimmtenȱKultortesȱinȱGenȱ22.ȱDamitȱkommtȱderȱgesamteȱAufȬ bruchȱAbrahamsȱinsȱverheißeneȱLandȱimȱErrichtenȱdesȱAltarsȱaufȱdemȱ BergȱMorijaȱzuȱseinemȱZiel.ȱDieserȱbesondereȱAltarȱistȱdarumȱauchȱderȱ einzige,ȱanȱdemȱAbrahamȱJHWHȱauchȱtatsächlichȱeinȱOpferȱdarbringtȱ (Genȱ22,13).ȱDerȱErstlingȱistȱsomitȱinȱKanaanȱangekommenȱundȱhatȱdasȱ verheißeneȱ Landȱ symbolischȱ undȱ inȱ Überbietungȱ zuȱ Genȱ 13fȱ eingeȬ nommen.ȱ Dieserȱ letzteȱ Altarbauȱ bekommtȱ eineȱ zusätzlicheȱ Betonung,ȱ daȱ imȱ unmittelbarenȱ Kontextȱ berichtetȱ wird,ȱ dassȱ Abrahamȱ inȱ BeerȬ schebaȱ geradeȱ keinenȱ Altarȱ bautȱ (Genȱ 21,22Ȭ34),ȱ aberȱ trotzdemȱ denȱ Namenȱ JHWHsȱ anruftȱ (Genȱ 22,33).ȱ Derȱ Altarbauȱ inȱ Beerschebaȱ wirdȱ Isaakȱ überlassenȱ (vgl.ȱ Genȱ 26,25).171ȱ Damitȱ istȱ Genȱ 21,22Ȭ34ȱ nichtȱ etwaȱ nurȱ Zwischenspiel172,ȱ dasȱ dieȱ beidenȱ Erzählungenȱ überȱ dieȱ LebensbeȬ drohungȱ derȱ beidenȱ Söhneȱ Ismaelȱ undȱ Isaakȱ voneinanderȱ trennt,ȱ esȱ bildetȱdieȱVorbereitung173ȱdesȱAltarsȱaufȱdemȱBergȱJHWHs.ȱȱ ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 169ȱȱ SoȱbeiȱBeachtungȱderȱmasoretischenȱAkzenteȱ(vgl.ȱSTEINS,ȱDieȱBindungȱIsaaks,ȱ145).ȱ ha,r"yEȱlässtȱsichȱdannȱnurȱalsȱasyndetischerȱRelativsatzȱverstehen.ȱEineȱAlternativeȱbieȬ tetȱ sichȱ durchȱdieȱAnlehnungȱanȱ dieȱVersionenȱvonȱLXXȱ undȱVulg;ȱvgl.ȱBLUM,ȱ VäȬ tergeschichte,ȱ 324:ȱ „aufȱ demȱ Berg,ȱ aufȱ demȱ JHWHȱ erscheint.“ȱ Beiȱ Änderungȱ derȱ PunktationȱvonȱNifȱinȱQalȱentsprichtȱdasȱVerbȱdemȱinȱV.ȱ14aȱ(=ȱ„erȱsieht“):ȱ„aufȱdemȱ Berg,ȱaufȱdemȱJHWHȱsieht“.ȱAllerdingsȱkannȱMTȱbeibehaltenȱwerden,ȱdaȱerȱsinnvollȱ istȱ(vgl.ȱSTEINS,ȱDieȱBindungȱIsaaks,ȱ145ȱAnm.ȱ43).ȱ 170ȱȱ ZuȱdenȱAltarbautenȱinȱGenȱ12ȱundȱ13ȱvgl.ȱTeilȱB.3.2.1.ȱAuchȱdieȱBeschreibungenȱderȱ LokalitätenȱderȱerstenȱAltäreȱklingenȱanȱdenȱNamenȱMorijaȱinȱseinemȱgesamtenȱpaȬ ronomastischenȱ Spektrumȱ („sehen“/har,ȱ „lehren“/hryȱ undȱ „fürchten“/ary)170ȱ an:ȱ beiȱ derȱ„EicheȱMoreh“ȱ(hr)ȱ(JHWHȱjireh)ȱinȱ V.ȱ 14ȱ gegenüber,ȱ worinȱ manȱ eineȱ paronomastischeȱ Beziehungȱ zumȱ Namenȱ Morijaȱ sehenȱ kann:ȱ Dasȱ Ersehenȱ desȱ Ortesȱ korrespondiertȱ derȱ Qualifizierungȱ Abrahamsȱzumȱ Gottesfürchtigen.175ȱ Inȱ derȱ abschließenȬ denȱGottesredeȱ(V.ȱ17f)ȱerfolgtȱdaherȱdieȱendgültigeȱBestätigungȱAbraȬ hamsȱalsȱErstling:ȱ ȱ ȱȱ
ȱ
ȱ
ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ[…]ȱ^[]r>z:-ta,
hB,r>a; hB'r>h;w> ^k.r/„Gerar“ȱundȱrGE/„Fremder“.ȱȱ 187ȱȱ Abimelechȱunterstreichtȱdiesȱextra:ȱ„Undȱsie,ȱauchȱsieȱ(awhi-~g:-ayhiw>)ȱselbstȱhatȱgesagt:ȱ ErȱistȱmeinȱBruder.“ȱ(Genȱ20,5).ȱȱ
3.ȱHaran,ȱNahorȱundȱAbrahamȱ(Genȱ11,27Ȭ25,11)ȱ
101
Durchȱ dieȱ Preisgabeȱ derȱ Erzmutterȱ entstehtȱ nunȱ dieȱ Gefahr,ȱ dassȱ AbimelechȱderȱVaterȱdesȱNachkommenȱAbrahamsȱseinȱkönnte.188ȱGottȱ selbstȱ stelltȱ darumȱ Königȱ Abimelechȱ inȱ einemȱ Traumȱ zurȱ Redeȱ (Genȱ 20,3).ȱ Dieserȱ Traumȱ erweistȱ sichȱ alsȱ Gerichtsverfahren,ȱ worinȱ Abimelechȱunverzüglichȱalsȱschuldigȱbefundenȱwird.ȱAlsȱFolgeȱdavonȱ wirdȱ Abimelechȱ impotentȱ undȱ alleȱ Frauenȱ seinesȱ Reichesȱ werdenȱ unȬ fruchtbarȱ (Genȱ 20,17.18).189ȱ Sieȱ erleidenȱ damitȱ dasselbeȱ Schicksalȱ wieȱ Sara.190ȱȱ ErstȱnachȱdiesemȱEingreifenȱJHWHsȱkannȱnunȱderȱSohnȱAbrahamsȱ geborenȱwerdenȱ(Genȱ21,1Ȭ7).ȱUndȱdurchȱdasȱVerschweigenȱvonȱAbraȬ hamsȱRolleȱ beiȱ dieserȱ Geburtȱ wirdȱ derȱAkzentȱ ganzȱaufȱ JHWHsȱHanȬ delnȱgelegt.ȱȱ DieȱdreiȱErzählungenȱvonȱderȱGefährdungȱderȱAhnfrauȱsindȱinȱderȱaltȬ testamentlichenȱForschungȱoftȱverglichenȱworden.ȱAlsȱ„Glücksfallȱfürȱ dieȱExegese“ȱwerdenȱsieȱgerneȱalsȱMusterbeispielȱfürȱeineȱexegetischeȱ Falluntersuchungȱ mitȱ literarhistorischerȱ Intentionȱ verwendet.191ȱ Sieȱ geltenȱ nichtȱ seltenȱ alsȱ Musterbeispieleȱ fürȱ einenȱ mündlichenȱ HinterȬ grundȱ derȱ derȱschriftlichenȱ Formenȱ vonȱ Erzählungen.192ȱ Insbesondereȱ dieȱAbhängigkeitenȱderȱdreiȱErzählungenȱvoneinanderȱundȱderenȱzeitȬ licheȱ Prioritätȱ sindȱ oftȱ diskutiertȱ worden.ȱ Dieȱ Bewertungȱ derȱ unterȬ schiedlichenȱ „geprägtenȱ Elemente“,ȱ dieȱ manȱ inȱ denȱdreiȱErzählungenȱ
ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 188ȱȱ Gottesȱ Eingriffȱ durchȱ dieȱ Plagenȱ suggeriertȱ zumindest,ȱ dassȱ derȱ Pharaoȱ Saraȱ nichtȱ angerührtȱhabe.ȱCASSUTOȱinterpretiertȱdieȱPlagenȱinȱGenȱ12,10Ȭ20ȱalsȱVersuchȱGottes,ȱ denȱ Pharaoȱ anȱ derȱ Annäherungȱ anȱ Saraȱ zuȱ hindern;ȱ vgl.ȱ CASSUTO,ȱ Genesisȱ II,ȱ 356Ȭ 358.ȱ Soȱ auchȱ klarȱ IBNȱ EZRAȱ (Komm.ȱ zuȱ Genȱ 12,19)ȱ inȱ Aufnahmeȱ derȱ haggadischenȱ Midraschim:ȱ „Undȱ JHWHȱ (wörtlich:ȱ derȱ Name)ȱ brachteȱ überȱ ihnȱ Plagen,ȱ damitȱ erȱ sieȱ nichtȱ anrührte.“ȱ (vgl.ȱ dazuȱ MILLARD,ȱ Eröffnungȱ derȱ Tora,ȱ 324f).ȱ Erȱ erinnertȱ daȬ ran,ȱdassȱeineȱVerunreinigungȱSarasȱdurchȱeinenȱaußerehelichenȱGeschlechtsverkehrȱ damitȱauchȱganzȱIsraelȱverunreinigtȱhätte,ȱ„andȱitȱisȱevenȱharderȱtoȱbelieveȱthatȱtheȱ Torahȱ wouldȱ haveȱ incorporatedȱ suchȱ aȱ tale.“ȱ (CASSUTO,ȱ Genesisȱ II,ȱ 357).ȱ Imȱ Sinneȱ vonȱCASSUTOȱistȱderȱEingriffȱGottesȱsomitȱprophylaktischȱerfolgt.ȱȱ 189ȱȱ Wasȱ inȱ Genȱ 12,10Ȭ20ȱ nurȱ kurzȱ mitȱ demȱ unkonkretenȱ Begriffȱ „Plagen“ȱ angedeutetȱ wurde,ȱwirdȱhierȱalsȱkonkretesȱHandelnȱGottesȱbeschrieben.ȱȱ 190ȱȱ Vgl.ȱdieȱparallelenȱFormulierungen:ȱInȱGenȱ20,18:ȱ„AlleȱSchößeȱwerdenȱverschlosȬ sen“ȱ (hw"hy> rc;[' rco[')ȱ undȱ inȱ Genȱ 16,2ȱ beiȱ Sara:ȱ „Sieheȱ doch,ȱ JHWHȱ hatȱ michȱ verȬ schlossenȱ(hw"hy> ynIr:c'[]),ȱdassȱichȱnichtȱgebäre.“ȱȱ 191ȱȱ Zitatȱ KOCH,ȱ Formgeschichte,ȱ 136;ȱ aufgenommenȱ u.a.ȱ beiȱ WEIMAR,ȱ RedaktionsgeȬ schichteȱdesȱPentateuch,ȱ4,ȱderȱmitȱdieserȱDreifachüberlieferungȱseineȱredaktionsgeȬ schichtlicheȱSichtȱdesȱPentateuchsȱbegründet.ȱ 192ȱȱ Vgl.ȱGUNKEL,ȱGenesis,ȱLXXXIII;ȱWESTERMANN,ȱErzählungen,ȱ22ȱu.a;ȱdieȱforschungsȬ geschichtlicheȱDebatteȱumȱmündlicheȱVorstadienȱetc.ȱbeiȱDEURLOO,ȱGefährdungȱderȱ Ahnfrau,ȱ 17f.;ȱ I.ȱ FISCHER,ȱ Erzeltern,ȱ 190Ȭ258;ȱ MILLARD,ȱ Eröffnungȱ derȱ Tora,ȱ314Ȭ353ȱ (dortȱ eineȱ Besprechungȱ diachronerȱ wieȱ synchronerȱ Ansätze)ȱ undȱ imȱ Aufsatzbandȱ vonȱ BECKING/SMELIK:ȱ Eenȱ patriarchaleȱ leugen:ȱ Hetȱ verhaalȱ inȱ Genesisȱ 12ȱ verschillendȱbelicht,ȱBaarnȱ1989.ȱȱ
102
TeilȱB:ȱAnalyseȱderȱTexteȱimȱKontextȱ
zuȱentdeckenȱmeint,ȱführenȱzuȱüberausȱdisparatenȱErgebnissen.ȱSchonȱ dieȱ Beurteilungȱ dessen,ȱ wasȱ nunȱ wirklichȱ dieȱ konstitutivenȱ Zügeȱ derȱ Erzählungȱ seien,ȱ hängtȱ vonȱ denȱ Prämissenȱ ab,ȱ mitȱ denenȱ manȱ anȱ dieȱ dreiȱTeileȱheranȱgeht.ȱVerstehtȱmanȱGenȱ26ȱalsȱältestenȱText193,ȱsoȱfallenȱ dieȱ Schlüsseȱ wesentlichȱ andersȱ aus,ȱ alsȱ wennȱ Genȱ 12ȱ alsȱ „Grundtext“ȱ angesehenȱ wird.ȱ Kriteriumȱ fürȱ dasȱ Alterȱ scheinenȱ Urteileȱ darüberȱ zuȱ sein,ȱ wieȱ manȱ sichȱ eineȱ „alte“ȱ Erzählungȱ vorzustellenȱ habe:ȱ z.B.ȱ proȬ fan,ȱundramatisch,ȱmitȱ„reinȱnatürlichemȱHandlungsverlauf“ȱoderȱmitȱ einemȱ (fastȱ naiven)ȱ Umgangȱ mitȱ Gottesȱ Eingreifenȱ inȱ menschlicheȱ Schicksale.194ȱ Dieȱ auffallendȱ vielenȱ gemeinsamenȱ Elementeȱ legenȱ aberȱ nunȱ nahe,ȱ dassȱ dieseȱ Häufungȱ vonȱ Gemeinsamkeitenȱ nurȱ überliefeȬ rungsgeschichtlichȱ durchȱ mündlichȱ vorliegendesȱ Erzählmaterialȱ geȬ klärtȱwerdenȱkann,ȱzumalȱdaȱ–ȱhieraufȱweisenȱinsbesondereȱI.ȱFischerȱ undȱ Millardȱ hinȱ –,ȱ dieȱ Einzelelementeȱ sehrȱ freiȱ narrativȱ eingebundenȱ werdenȱ könnenȱ undȱ soȱ mitȱ denselbenȱ geprägtenȱ Elementenȱ einȱ sehrȱ unterschiedlicherȱ Handlungsverlaufȱ konstruiertȱ wird.195ȱ Dieȱ antikeȱ undȱmittelalterlicheȱjüdischeȱBibelauslegungȱhatȱdieȱdreiȱTexteȱnurȱselȬ tenȱ explizitȱ verglichen.ȱ Implizitȱ sindȱ dieȱ Bezügeȱ allerdingsȱ sehrȱ vielȱ häufigerȱ undȱ dichter.ȱ Vieleȱ thematischeȱ Einzelfragenȱ werdenȱ inȱ denȱ Kommentierungenȱ durchȱ RückȬȱ undȱ Vorgriffeȱ innerhalbȱ dieserȱ Texteȱ behandelt.ȱRaschiȱbeispielsweiseȱgreiftȱinȱderȱKommentierungȱvonȱGenȱ 12,19ȱaufȱGenȱ20,15ȱvor.196ȱDieȱinȱdieserȱUntersuchungȱvorgeschlageneȱ Deutungȱ derȱ dreiȱ Erzählungenȱ versuchtȱ eineȱ konsequentȱ literarischeȱ BestimmungȱdesȱVerhältnissesȱderȱdreiȱErzählungenȱzueinander.ȱEntȬ stehungsgeschichtlichȱ betrachtetȱ handeltȱ esȱ sichȱ möglicherweiseȱ umȱ unterschiedlicheȱ Geschichten,ȱ Quellenȱ oderȱ Traditionen.ȱAufȱ derȱ synȬ chronenȱ Ebeneȱ werdenȱ darausȱ jedochȱ Varianten,ȱ dieȱ sichȱ gegenseitigȱ intertextuellȱergänzen.ȱ
3.4ȱDisqualifizierungȱderȱBrüderȱAbrahamsȱ 3.4.1ȱLotȱ(Genȱ13,1Ȭ14,24;18/19)ȱ LotȱistȱalsȱSohnȱdesȱverstorbenenȱHaranȱanȱdessenȱStelleȱgetretenȱ(Genȱ 11,28f)ȱ undȱ kommtȱ damitȱ alsȱ potentiellerȱ Erstlingȱ nebenȱ Abrahamȱ inȱ Frage.ȱDeshalbȱwirdȱseineȱRolleȱgegenüberȱAbrahamȱinȱGenȱ13,1Ȭ14,24ȱ 13Ȭ14ȱnäherȱkonturiert.ȱDaȱLotȱgeradeȱhierȱalsȱ„Bruder“ȱAbrahamsȱbeȬ zeichnetȱwirdȱ(Genȱ13,8;ȱ14,14.16),ȱwirdȱderȱLeserȱdaraufȱhingewiesen,ȱ dassȱ nunȱ wiederȱ aufȱ denȱ Bruderkonfliktȱ umȱ dasȱ Erstlingstumȱ fokusȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 193ȱȱ SoȱWEIMAR,ȱRedaktionsgeschichteȱdesȱPentateuch,ȱ89.ȱ 194ȱȱ S.ȱMALY,ȱGenesisȱ12,10Ȭ20;ȱ20,1Ȭ18;ȱ26,7Ȭ11.ȱ 195ȱȱ Vgl.ȱMILLARD,ȱEröffnungȱderȱTora,ȱ314ȱundȱFISCHER,ȱErzeltern,ȱ211Ȭ228.ȱ 196ȱȱ Vgl.ȱhierzuȱMILLARD,ȱEröffnungȱderȱTora,ȱ314f.ȱ
3.ȱHaran,ȱNahorȱundȱAbrahamȱ(Genȱ11,27Ȭ25,11)ȱ
103
siertȱwird.197ȱAbrahamȱistȱnichtȱalleineȱinȱdasȱverheißeneȱLandȱgezogen,ȱ sondernȱ „Lotȱ zogȱ mitȱ ihm“ȱ (Genȱ 12,4a).ȱ Ebensoȱ ziehtȱ Lotȱ wiederȱ mitȱ Abrahamȱ ausȱ Ägyptenȱ herausȱ (Genȱ 13,1).ȱ Diesȱ wirftȱ beimȱ Leserȱ dieȱ Frageȱ auf,ȱ beiȱ welchenȱ derȱ beidenȱ esȱ sichȱ tatsächlichȱ umȱ denȱ Erstlingȱ handelt.ȱDerȱ„MitläuferȱLot“ȱ(Genȱ13,5)ȱstehtȱsoȱdemȱBerufenenȱAbraȬ hamȱ(Genȱ12,1Ȭ3)ȱgegenüber.ȱȱ Daȱ Abrahamȱ reichȱ beschenktȱ undȱ mitȱ einerȱ großenȱ Rinderherdeȱ ausgestattetȱ ausȱ Ägyptenȱ zurückkehrtȱ (Genȱ 13,2)ȱ undȱ auchȱ Lotȱ überȱ einenȱ ansehnlichenȱ Viehbestandȱ verfügtȱ (Genȱ 13,5),ȱ istȱ dasȱ Landȱ fürȱ beideȱzuȱkleinȱgeworden.ȱDasȱProblemȱkannȱnurȱgelöstȱwerden,ȱindemȱ sichȱ Lotȱ undȱ Abrahamȱ voneinanderȱ trennen.198ȱ Abrahamȱ schlägtȱ desȬ halbȱLotȱvor,ȱsichȱeinȱStückȱLandȱzuȱwählen,ȱinȱdasȱerȱziehenȱwillȱ(Genȱ 13,8f).ȱ Währendȱ Abrahamȱ Lotȱ vorschlägt,ȱ dasȱ Landȱ zuȱ seinerȱ Linkenȱ oderȱ zurȱ Rechtenȱ zuȱ wählenȱ (V.ȱ 9),ȱ wähltȱ Lotȱ geradeȱ dasȱ fruchtbareȱ Land,ȱwasȱvorȱihmȱliegtȱ(V.ȱ10).ȱLotȱwähltȱalsoȱdasȱJordanlandȱ(V.ȱ11),ȱ undȱkehrtȱdamitȱdemȱverheißenenȱLandȱdenȱRückenȱzu.ȱDieȱmehrfacheȱ Erwähnungȱ negativȱ konnotierterȱ OrtsȬȱ undȱ Eigennamenȱ inȱ diesemȱ Kontextȱ sensibilisierenȱ bereitsȱ dafür,ȱ dassȱ Lotȱ hierbeiȱ eineȱ FehlentȬ scheidungȱgetroffenȱhat:199ȱ„Ägypten“ȱ(Genȱ13,10)ȱistȱzwarȱalsȱfruchtbaȬ resȱ Landȱ bekannt200,ȱ dochȱ istȱ esȱ wegenȱ Genȱ 12,10Ȭ20ȱ nochȱ eindeutigȱ negativȱbesetzt.ȱSodom,ȱGomorraȱundȱZoarȱ(Genȱ13,10.12.13)ȱverweisenȱ bereitsȱ aufȱ dieȱ Katastropheȱ inȱ Genȱ 18/19.ȱ „Zoar“ȱ wirdȱ imȱ Kontextȱ zuȬ sätzlichȱmitȱdemȱKönigȱvonȱBelaȱidentifiziertȱ(Genȱ14,2.8),ȱderȱalsȱeinerȱ derȱneunȱrivalisierendenȱKönigeȱinȱKanaanȱKriegȱführenȱundȱdadurchȱ Lotsȱ Lebenȱ bedrohenȱ wird.ȱ Dasȱ Gefälleȱ zwischenȱ Abrahamsȱ positiverȱ undȱLotsȱfalscherȱEntscheidungȱwirdȱaufȱdieȱWeiseȱauchȱaufȱdieȱGeoȬ graphieȱderȱErzählungȱübertragen:ȱNachȱderȱTrennungȱkannȱAbrahamȱ vonȱ denȱ Höhenȱ „zwischenȱ Bethelȱ undȱ Ai“ȱ (Genȱ 13,3f)ȱ dasȱ gesamteȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 197ȱȱ EineȱÜbersetzungȱsollteȱdasȱscheinbarȱwidersprüchlicheȱxa'/„Bruder“ȱanȱdieserȱStelleȱ deswegenȱ nichtȱ durchȱ eineȱ stimmigereȱ Übersetzungȱ verändern;ȱ soȱ gebrauchtȱ beiȬ spielsweiseȱ dieȱ Elberfelderȱ Bibelübersetzungȱ inȱ Genȱ 14ȱ durchwegȱ „Neffe“.ȱ Esȱ gibtȱ verschiedeneȱModelleȱderȱAuslegungȱdesȱAusdrucksȱinȱdenȱKommentaren:ȱGUNKEL,ȱ Genesis,ȱ174,ȱVONȱRAD,ȱGenesis,ȱ131,ȱSPEISER,ȱGenesis,ȱ94,ȱWESTERMANN,ȱGenesisȱI/2,ȱ 206ȱsindȱderȱAnsicht,ȱdassȱdurchȱdasȱ xa'ȱ inȱGenȱ13,8ȱdieȱnäherenȱVerwandtenȱimȱAllȬ gemeinenȱrepräsentiertȱseien.ȱDieseȱAuslegungȱhatȱihrȱRecht.ȱDochȱistȱesȱebensoȱmögȬ lich,ȱ denȱ Sohnȱ desȱ Brudersȱ alsȱ seinȱ Rechtsnachfolgerȱ aberȱ auchȱ inȱ einemȱ engerenȱ Sinneȱalsȱ„Bruder“ȱanzusprechenȱ(soȱmitȱJACOB,ȱGenesis,ȱ360).ȱȱ 198ȱGenȱ13,5Ȭ13;ȱdrp/NifȱinȱGenȱ13,9.11.14ȱderȱSacheȱnachȱnochȱGenȱ13,6.ȱ 199ȱȱ Vgl.ȱDEURLOO,ȱTekstverwijzingen,ȱ84f.ȱ 200ȱȱ SowohlȱAbrahamȱ(Genȱ12,10)ȱalsȱauchȱIsaakȱundȱJakobȱ(Genȱ26,1;ȱ42,1)ȱfliehenȱweȬ genȱeinerȱHungersnotȱdorthin.ȱȱ
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TeilȱB:ȱAnalyseȱderȱTexteȱimȱKontextȱ
verheißeneȱ Landȱ überblicken.ȱ Lotȱ hingegenȱ ziehtȱ inȱ dieȱ „Ebeneȱ desȱ Jordan“ȱ(!DEr>Y:h; rK;Ki-lK')ȱhinunterȱ(Genȱ13,11).ȱ ȱ NachȱderȱTrennungȱLotsȱvonȱAbrahamȱistȱdemȱLeserȱbewusst,ȱdassȱLotȱ seineȱRolleȱalsȱErstlingȱverspieltȱhat,ȱdaȱerȱdasȱverheißeneȱLandȱerstȱgarȱ nichtȱ betretenȱ wollte.ȱ Genȱ 18Ȭ19ȱ bestätigenȱ dieseȱ Disqualifizierungȱ nochmals.ȱDieȱErzählungenȱumȱGottesȱBesuchȱbeiȱAbrahamȱsowieȱvomȱ GerichtȱüberȱSodomȱundȱGomorraȱdienenȱalsȱretardierendesȱElement201,ȱ bevorȱ dieȱ eigentlicheȱ Abrahamgeschichteȱ mitȱ derȱ Geburtȱ derȱ beidenȱ Söhneȱwiederȱaufgenommenȱwirdȱ(Genȱ16ff).ȱDieȱTexteȱvergleichenȱLotȱ undȱAbrahamȱüberȱeinȱSystemȱvonȱParallelenȱundȱKontrasten:ȱ Abrahamsȱ verheißungsvolleȱ Begegnungȱ mitȱ Gottȱ stehtȱ demȱ VerȬ nichtungȱbringendenȱBesuchȱGottesȱundȱseinerȱbeidenȱBotenȱinȱSodomȱ gegenüber.ȱ Undȱ Abrahamȱ wieȱ Lotȱ sitzenȱ anȱ einemȱ Eingang,202ȱ alsȱ derȱ Besuchȱ ankommt.203ȱ Beiȱ Abrahamȱ geschiehtȱ diesȱ zurȱ Mittagszeit,ȱ woȬ hingegenȱLotsȱBesucherȱbeiȱNachteinbruchȱkommen,ȱzuȱeinerȱZeitȱalso,ȱ inȱderȱesȱinȱSodomȱsehrȱgefährlichȱseinȱkonnte.ȱBeideȱladenȱihreȱGästeȱ freundlichȱ zumȱ Einkehrenȱ inȱ ihrȱ Hausȱ einȱ (Genȱ 18,2Ȭ4;ȱ 19,2).ȱ Imȱ VerȬ gleichȱ zuȱ Abrahamsȱ Festessenȱ (Genȱ 18,5Ȭ8:ȱ Brot,ȱ Kuchen,ȱ Grieß,ȱ Kalbȱ undȱMilch)ȱwirktȱLotsȱMahlzeitȱjedochȱetwasȱkargȱ(Genȱ19,3:ȱungesäuȬ ertesȱ Brot;ȱ tACm;).ȱ Mithinȱ stehtȱ dieȱ vorbildlicheȱ Gastfreundschaftȱ demȱ fremdenfeindlichenȱ Verhaltenȱ derȱ Bewohnerȱ vonȱ Sodomȱ schroffȱ geȬ genüber.204ȱ Darüberhinausȱ kommtȱ JHWHȱ selbstȱ inȱ Gestaltȱ derȱ dreiȱ Männerȱ beiȱ Abrahamȱ zuȱ Besuchȱ (Genȱ 18,1).ȱ Diesȱ erinnertȱ anȱ denȱ auȬ ßergewöhnlichenȱ göttlichenȱ Umgangȱinȱ Genȱ 2Ȭ3.4.ȱ Zudemȱ wirdȱ AbraȬ hamȱ einesȱ direktenȱ Gesprächsȱ mitȱ Gottȱ gewürdigt,ȱ inȱ demȱ erȱ alsȱ menschlicherȱ Gesprächspartnerȱ zuerstȱ dasȱ Wortȱ ergreiftȱ (Genȱ 18,16bȬ 33).ȱDerȱdirekteȱKontaktȱmitȱJHWHȱkennzeichnetȱihnȱalsȱdenȱErstling,ȱ wasȱ derȱ Rückgriffȱ aufȱ dieȱ ersteȱ Verheißungȱ inȱ Genȱ 12,2a.3bȱ anȱ AbraȬ hamȱ nochȱ verstärkt.205ȱ Abrahamȱ wirdȱ außerdemȱ zweimalȱ alsȱ Prophetȱ gekennzeichnet.ȱDiesȱgeschahȱschonȱeinmalȱinȱGenȱ15,1Ȭ6,ȱundȱinȱGenȱ 20,7ȱwirdȱAbrahamȱexplizitȱalsȱaybin" bezeichnetȱwerden.ȱDamitȱstelltȱdasȱ Selbstgesprächȱ Gottesȱ (Genȱ 18,17a)ȱ Abrahamȱ inȱ eineȱ Reiheȱ mitȱ denȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 201ȱȱ Vgl.ȱHIEKE,ȱGenealogien,ȱ140.ȱ 202ȱȱ Vgl.ȱ dieȱ identischeȱ Partizipialsatzkonstruktionȱ inȱ Genȱ 18,1:ȱ lh,aoh'-xt;P, bveyO aWhw>ȱ undȱ Genȱ19,1:ȱ~dos.-r[;v;B. bveyO jAlw>.ȱ 203ȱȱ Hierbeiȱ fälltȱ derȱ antithetischeȱ Gebrauchȱ vonȱ „Zelteingang“ȱ (lh,aoh'-xt;P,)ȱ undȱ „StadtȬ tor“ȱ(~dos.-r[;v;B). ȱauf.ȱ 204ȱȱ Dieȱ Parallelenȱ derȱ beidenȱ Kapitelȱ werdenȱ nurȱ gelegentlichȱ notiert,ȱ vgl.ȱ BRODIE,ȱ GenesisȱasȱDialogue,ȱ298ȱundȱHAMILTON,ȱGenesisȱ18Ȭ50,ȱ30.ȱ 205ȱȱ Imȱ Übrigenȱ sprichtȱ auchȱ Mose,ȱ wieȱ Abraham,ȱ aberȱ nochȱ häufigerȱ alsȱ dieser,ȱ direktȱ mitȱJHWH.ȱȱ
3.ȱHaran,ȱNahorȱundȱAbrahamȱ(Genȱ11,27Ȭ25,11)ȱ
105
Prophetenȱ wieȱ Mose,ȱ denenȱ JHWHȱ insbesondereȱ seinȱ GerichtsvorhaȬ benȱimȱVorausȱmitteilt.206ȱWieȱderȱimȱdtrȱSinneȱwahreȱProphetȱerfährtȱ AbrahamȱnachȱGenȱ19,28ȱumgehend,ȱdassȱGottȱdasȱGerichtȱanȱSodomȱ unverzüglichȱvollstreckt.207ȱȱ Imȱ Gegenzugȱ liegtȱ imȱ weiterenȱ Verlaufȱderȱ Erzählungȱ derȱ Akzentȱ aufȱ derȱ negativenȱ Charakterisierungȱ Lots.ȱ Soȱ bietetȱ Lotsȱ Lebenȱ eineȱ Aneinanderreihungȱ vonȱ Unglückenȱ undȱ Fehlentscheidungen.208ȱ Lotȱ wirdȱ währendȱ derȱ ganzenȱ Katastropheȱ alsȱ jemandȱ geschildert,ȱ derȱ nichtȱbegreift,ȱinȱwelcherȱGefahrȱerȱsichȱbefindet.209ȱUmȱLotsȱVersagenȱ zuȱ unterstreichenȱ spieltȱ derȱ Textȱ zusätzlichȱ dieȱ Sintfluterzählungȱ alsȱ Subtextȱmitȱein:210ȱNurȱinȱGenȱ6,5ȱwieȱauchȱinȱGenȱ18,20ȱwirdȱimȱKonȬ textȱ vonȱ drohenderȱ Vernichtungȱ davonȱ gesprochen,ȱ dassȱ dieȱ Bosheitȱ bzw.ȱdieȱSündeȱ„großȱwar“ȱunterȱdenȱMenschen:ȱ hB'r: yKi.ȱDa yKi inȱGenȱ 18,20ȱsyntaktischȱunnötigȱist,ȱkannȱmanȱesȱalsȱVerweisȱaufȱGenȱ6,5ȱverȬ stehen,ȱdennȱdortȱmussȱdasȱvorausgehendeȱ„SehenȱJHWHs“ȱzwingendȱ mitȱ yKi konstruiertȱ werden211ȱ Diesȱ führteȱ schonȱ dieȱ Rabbinenȱ zuȱ derȱ Annahme,ȱdassȱesȱsichȱbeiȱderȱBestrafungȱvonȱSodomȱundȱGomorraȱumȱ dieselbeȱ StrafȬKategorieȱ gehandeltȱ habeȱ wieȱ zurȱ Zeitȱ derȱ Sintflut.212ȱ Auchȱ einzelneȱ Erzählzügeȱ verweisenȱ aufeinander:ȱ Wieȱ JHWHȱ inȱ Genȱ 7,16ȱ eigenhändigȱ dieȱ Türȱ derȱ Archeȱ ausȱ Schutzȱ vorȱ demȱ kommendenȱ Unheilȱverschließt,ȱsoȱtunȱdiesȱauchȱdieȱBotenȱJHWHsȱimȱHauseȱLots,ȱ umȱihnȱvorȱderȱwildenȱMengeȱdraußenȱzuȱbewahrenȱ(Genȱ19,10).ȱWähȬ rendȱ Noahȱ Gottesȱ Willenȱ entsprechendȱ handeltȱ (Genȱ 6,22;ȱ 7,5),ȱ folgenȱ allerdingsȱLotȱundȱseineȱFamilieȱihrenȱeigenenȱEinsichten,ȱwodurchȱeinȱ Teilȱ derȱ Familieȱ inȱ derȱ Katastropheȱ umkommt;ȱ undȱ daȱ derȱ Boteȱ dasȱ Versprechenȱ gibt,ȱ Zoarȱ zuȱ verschonen,ȱ bekommtȱ derȱ Ortȱ dieselbeȱ FunktionȱwieȱdieȱArcheȱinȱderȱFluterzählung.ȱDochȱmisslingtȱauchȱdies,ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 206ȱȱ MoseȱbittetȱGottȱanȱeinerȱStelleȱsogarȱexplizitȱdarum,ȱihnȱinsȱVertrauenȱzuȱziehenȱ(Exȱ 33,13).ȱ 207ȱȱ Vgl.ȱ Dtnȱ 18,21Ȭ22ȱ zumȱ Grundsatz;ȱ Jerȱ 28,15Ȭ17ȱ erfülltȱ sichȱ binnenȱ zweierȱ Monateȱ JeremiasȱProphezeiungȱanȱHananja.ȱVgl.ȱfernerȱEzȱ33,12Ȭ22,ȱwoȱEzechielȱerfährt,ȱdassȱ seineȱGerichtsverkündigungȱeingetretenȱist.ȱȱ 208ȱȱ Vgl.ȱdieȱkurzeȱZusammenstellungȱbeiȱHIEKE,ȱGenealogien,ȱ135Ȭ137.ȱ 209ȱȱ Soȱ willȱ Lotȱ beispielsweiseȱ erstȱ garȱ nichtȱ ausȱ Sodomȱ insȱ Gebirgeȱ fliehen,ȱ weilȱ erȱ denkt,ȱdortȱundȱnichtȱinȱderȱEbeneȱvonȱSodomȱdroheȱihmȱLebensgefahr.ȱDieȱBotenȱ Gottesȱ müssenȱ ihnȱ erstȱ dazuȱ überredenȱ (Genȱ 19,17Ȭ20).ȱ Ausführlicherȱ vgl.ȱ SMELIK,ȱ LotȱtussenȱNoachȱenȱAbraham,ȱ34f.ȱ 210ȱȱ DieȱgrundlegendeȱBeobachtungȱbeiȱSMELIK,ȱLotȱtussenȱNoachȱenȱAbraham,ȱ31.37.ȱ 211ȱȱ Dieȱ Aussageȱ desȱ „Sehens,ȱ dassȱ dieȱ Bosheitȱ großȱ war”ȱ (Genȱ 6)ȱ widersprichtȱ demȱ „Undȱerȱsah,ȱdassȱesȱgutȱwar”,ȱGenȱ1,25ȱu.ö.ȱDasȱHandelnȱderȱMenschenȱstehtȱalsoȱ gänzlichȱimȱGegensatzȱzuȱderȱdurchȱJHWHȱgesetztenȱSchöpfungsgüte.ȱȱ 212ȱȱ LiteraturhinweiseȱbeiȱSMELIK,ȱLotȱtussenȱNoachȱenȱAbraham,ȱ32.ȱȱ
106
TeilȱB:ȱAnalyseȱderȱTexteȱimȱKontextȱ
dennȱLotsȱFrauȱblicktȱhinterȱsichȱundȱerstarrtȱdamitȱzurȱSalzsäuleȱ(Genȱ 19,26).ȱȱ AmȱEndeȱdiesesȱVergleichesȱstehtȱfürȱdenȱLeserȱunmissverständlichȱ fest,ȱdassȱesȱLotȱnichtȱgelingt,ȱmitȱAbrahamȱzuȱkonkurrieren,ȱdennȱdieȱ ganzeȱEpisodeȱendetȱmitȱdemȱVersuchȱderȱTöchterȱLots,ȱmitȱdemȱVaterȱ nachȱ derȱ Zerstörungȱ nochȱ Kinderȱ zuȱ zeugen.ȱ Dieȱ Kinderȱ dieserȱ deutȬ lichȱ negativȱ belegtenȱ Verbindung213ȱ tragenȱ dieȱ Namenȱ derȱ zweiȱ ErzȬ feindeȱIsraels,ȱMoabȱundȱAmmonȱ(Genȱ19,30Ȭ38).ȱI.ȱFischerȱu.a.ȱsehenȱinȱ derȱErzählungȱvonȱdenȱTöchternȱLotsȱallerdingsȱkeineȱeindeutigȱnegaȬ tiveȱKonnotation.214ȱDieȱdahinterȱstehendeȱBeobachtungȱistȱrichtig:ȱDerȱ Inzestvorschlagȱ derȱ Töchterȱ habeȱ alsȱ einzigesȱ Ziel,ȱ Lebenȱ zuȱ erhaltenȱ undȱsichȱKinderȱzuȱverschaffenȱ(Genȱ19,32b)ȱundȱseiȱdaherȱnichtȱmoraȬ lischȱ abzuqualifizieren.ȱ Manȱ kannȱ hierȱ aufȱ Genȱ 38ȱ verweisen,ȱ woȱ TaȬ marȱ auchȱ mitȱ ihremȱ Schwiegervaterȱ verkehrt,ȱ umȱ dieȱ Zukunftȱ derȱ eiȬ genenȱ Familieȱ zuȱ sichern.ȱ Dasȱ Anliegenȱ istȱ auchȱ dortȱ keineȱ sexuelleȱ Zügellosigkeitȱ o.ä.,ȱ sondernȱ ausschließlichȱ dasȱ (legitime;ȱ I.ȱ Fischer215)ȱ Anliegenȱ derȱ Fortsetzungȱ derȱ genealogischenȱ Linie.ȱ Selbstȱ Gunkelȱ merktȱan,ȱdassȱeinȱabwertendesȱVerständnisȱderȱErzählungȱwohlȱerstȱinȱ spätererȱ Zeitȱ anzunehmenȱ sei.216ȱ Insofernȱ istȱ auchȱ inȱ jedemȱ Fallȱ vonȱ RadsȱharschemȱUrteilȱzuȱwidersprechen.ȱErȱhältȱdieȱErzählungȱfürȱ„einȱ scharfesȱUrteilȱüberȱdieȱBlutschandeȱimȱHauseȱLots,ȱdessenȱLebenȱdaȬ mitȱ inȱ einemȱ großenȱ innerenȱ undȱ äußerenȱ Bankrottȱ ausmündet“,ȱ derȱ zwarȱ anfangsȱ „nochȱ vonȱ Gottesȱ Gnadeȱ gehaltenȱ […]ȱ dannȱ dochȱ derȱ geschichtsführendenȱHandȱGottesȱvölligȱentglitten“ȱseiȱundȱ„zuletztȱimȱ RauschȱdenȱvitalenȱMächtenȱerliegt“.217ȱAllerdingsȱscheintȱdieȱnegativeȱ BeurteilungȱderȱHandlungȱdurchausȱvertretbar,ȱdaȱ–ȱzumindestȱinȱderȱ Lesewahrnehmungȱ –ȱ dieȱ eindeutigȱ negativȱ konnotiertenȱ Völkerȱ Moabȱ undȱ Ammon,ȱ dieȱ ausȱ dieserȱ Verbindungȱ entstehen,ȱ imȱ Rückblickȱ dieȱ Tatȱ entsprechendȱ wertenȱ lassen.ȱ Dieȱ damitȱ vorgenommeneȱ IdentifikaȬ tionȱ Lotsȱ mitȱ Moabȱ undȱ Ammonȱ schließtȱ Lotȱ jedenfallsȱ alsȱ Erstlingȱ endgültigȱaus.ȱ
ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 213ȱȱ DasȱGenȱ19ȱentsprechendeȱInzestverbotȱstehtȱinȱLevȱ18,6:ȱVerbotenȱsindȱalleȱsexuelȬ lenȱ Beziehungenȱ zuȱ Blutsverwandten.ȱ Derȱ Verkehrȱ vomȱ Vaterȱ mitȱ seinerȱ Tochterȱ wirdȱdortȱnichtȱausdrücklichȱerwähnt,ȱmanȱkönnteȱdafürȱallerdingsȱLevȱ18,17ȱheranȬ ziehen:ȱ Dortȱ wirdȱ derȱ Verkehrȱ mitȱ einerȱ Frauȱ undȱ gleichzeitigȱ mitȱ derenȱ Tochterȱ verbotenȱ(vgl.ȱdazuȱGUNKEL,ȱGenesis,ȱ219;ȱHIEKE,ȱGenealogien,ȱ139ȱAnm.ȱ397).ȱ 214ȱȱ S.ȱI.ȱFISCHER,ȱErzeltern,ȱ37f.ȱ 215ȱȱ I.ȱFISCHER,ȱErzeltern,ȱ38.ȱ 216ȱȱ GUNKEL,ȱGenesis,ȱ217;ȱs.ȱauchȱBRUEGGEMANN,ȱGenesis,ȱ176.ȱ 217ȱȱ VONȱRAD,ȱGenesis,ȱ177.ȱ
3.ȱHaran,ȱNahorȱundȱAbrahamȱ(Genȱ11,27Ȭ25,11)ȱ
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3.4.2ȱNahorȱ(Genȱ22,20Ȭ24)ȱ Zweimalȱ wirdȱ inȱ Genȱ 22,20Ȭ24ȱ betont,ȱ dassȱ Nahorȱ derȱ Bruderȱ AbraȬ hamsȱistȱ(Genȱ22,20.23).ȱErȱwarȱalsȱKonkurrentȱumȱdieȱErstgeburtsfrageȱ nochȱ übrigȱ geblieben.ȱ Dieseȱ potentielleȱ Konkurrenzsituationȱ wirdȱ soȬ gleichȱ zuȱ Beginnȱ derȱ Perikopeȱ wiederȱ aktiviert:ȱ Demȱ „Sohn,ȱ deinenȱ Einzigen,ȱ denȱ duȱ liebȱ hast“ȱ (Genȱ 22,2.16.18)ȱ werdenȱ dieȱ zwölfȱ NachȬ kommenȱ Nahorsȱ gegenübergestellt.ȱ Dieȱ Zwölfzahlȱ wirdȱ dabeiȱ nichtȱ direktȱ erwähnt,ȱ sieȱ sollȱ vomȱ Leserȱ durchȱ eigeneȱ Kombinatorikȱ (achtȱ vonȱMilkaȱundȱvierȱvonȱRëumaȱsindȱzwölf)ȱentdecktȱwerden.218ȱȱ Währendȱ derȱ Erstlingȱ Abrahamȱ vonȱ derȱ Nachkommenverheißungȱ inȱ Genȱ 12ȱ bisȱ zurȱ Geburtȱ seinesȱ einzigenȱ Sohnesȱ großeȱ Hindernisseȱ überwindenȱ musste,ȱ erfreuenȱ sichȱ seineȱ Verwandtenȱ schonȱ einesȱ groȬ ßenȱ Nachwuchses:ȱ Haransȱ direkterȱ Bruderȱ hatȱ bereitsȱ inȱ Genȱ 11,27fȱ Nachkommen;ȱNahorȱundȱselbstȱIsmaelȱ(Genȱ17,20;ȱvgl.ȱGenȱ25,13Ȭ15)ȱ bekommenȱ symbolischȱ zwölfȱ Nachkommen,ȱ womitȱ sieȱ dieȱ Zwölfzahlȱ derȱ Stämmeȱ Israelsȱ präfigurieren,ȱ dieȱ Israelȱ inȱ Abrahamȱ nochȱ vorentȬ haltenȱ bleiben.ȱ Dieȱ Zwölfzahlȱ derȱ israelitischenȱ Stämmeȱ wirdȱ erstȱ inȱ Genȱ35,22Ȭ26ȱvollständigȱerreicht.ȱAllerdingsȱwarȱNahorȱerstȱgarȱnichtȱ mitȱinȱdasȱverheißeneȱLandȱKanaanȱgezogen,ȱsondernȱinȱUrȱgebliebenȱ (Genȱ11,27Ȭ32).ȱDiesȱwirdȱerzählerischȱgeschicktȱgelöst:ȱSoȱerhältȱAbraȬ hamȱ Nachrichtȱ vonȱ Nahorsȱ Familieȱ überȱ einenȱ Botenȱ ausȱ Ferne,ȱ dennȱ Nahorȱ istȱ schließlichȱ fernabȱ vonȱ Kanaanȱ geblieben.ȱ Damitȱ scheidetȱ NahorȱalsȱpotentiellerȱErstlingȱaus,ȱweshalbȱseineȱLinieȱauchȱnichtȱweiȬ terȱverfolgtȱwird,ȱsondernȱmitȱdessenȱGenealogieȱschließt.ȱ
3.5ȱEndgültigeȱBestätigungȱvonȱAbrahamsȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ Erstlingstumȱ(Genȱ22,20Ȭ25,11)ȱ DerȱletzteȱAbschnittȱderȱAbrahamerzählungȱwirdȱinȱGenȱ22,20ȱmitȱderȱ bereitsȱausȱGenȱ15,1ȱundȱ22,1ȱbekanntenȱFormulierungȱ~yrIb'D>h; yrEx]a; yhiy>w:ȱ hL,aeh' eingeleitet.ȱDieȱFormelȱerfülltȱdortȱdieselbeȱFunktionȱwieȱinȱdenȱ Kapitelnȱ zuvorȱ undȱ leitetȱ damitȱ denȱ Schlussteilȱ Genȱ 22,20Ȭ25,11ȱ alsȱ epiloghaftenȱ Übergangȱ zuȱ denȱ Toledotȱ Ismaelsȱ undȱ Isaaksȱ inȱ Genȱ 25,12ffȱ ein.219ȱ Durchȱ diesesȱ „Nachspiel“ȱ zurȱ eigentlichenȱ AbrahamȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 218ȱȱ Vgl.ȱHIEKE,ȱGenealogien,ȱ131.ȱ 219ȱȱ HierzuȱMISCALL:ȱ„AttentionȱisȱdrawnȱtoȱtheȱcovenantȱstoryȱinȱGenesisȱ15ȱandȱtoȱtheȱ sacrificeȱofȱIsaacȱinȱGenesisȱ22ȱbecauseȱbothȱhappenedȱ‘afterȱtheseȱthings’,ȱwhereasȱ manyȱ otherȱ events,ȱ inȱ contradistinction,ȱ areȱ datedȱ toȱ specificȱ yearsȱ inȱ Abraham`sȱ live.”ȱ(MISCALL,ȱOldȱTestamentȱNarrative,ȱ13).ȱȱ
108
TeilȱB:ȱAnalyseȱderȱTexteȱimȱKontextȱ
erzählungȱwirdȱnochmalsȱsichergestellt,ȱdassȱAbrahamȱsichȱalsȱErstlingȱ Terachsȱerwiesenȱhat.ȱ 3.5.1ȱErstlingstumȱundȱLandnahmeȱ(Genȱ23)ȱ DerȱKaufȱderȱGrabstätteȱfürȱseineȱverstorbeneȱFrauȱSaraȱ(Genȱ23)ȱverȬ dientȱ besondereȱ Beachtung,ȱ daȱ Todȱ undȱ Begräbnisȱ einerȱ Frauȱ imȱ geȬ samtenȱ TeNaKȱ nurȱ hierȱ berichtetȱ werden.ȱ Inȱ dieserȱ Erzählungȱ erfährtȱ AbrahamȱeineȱzusätzlicheȱBestätigungȱseinesȱErstlingstum.ȱDennȱüberȱ einȱraffiniertesȱVerweissystemȱwirdȱnochmalsȱaufȱdieȱVerbindungȱvonȱ Landverheißungȱ undȱ Erstlingstumȱ angespielt,ȱ dieȱ schonȱ inȱ Genȱ 12Ȭ14ȱ dieȱ Erzähldynamikȱ bestimmte.220ȱ Undȱ anȱ denȱ Rändernȱ derȱ Perikopeȱ wirdȱderȱLeserȱbereitsȱfürȱdasȱThemaȱ„Landverheißung“ȱsensibilisiert.ȱ Soȱ wirdȱ derȱ Ausdruckȱ ![;n"K. #ra;ȱ nurȱ hierȱ inȱ Genȱ 25,25;ȱ dasȱWortȱ findetȱ manȱ nurȱnochȱinȱ1ȱSamȱ16,10;ȱ17,42ȱzurȱBezeichnungȱderȱSchönheitȱDavids.ȱ
5.ȱEsauȱundȱJakobȱ(Genȱ25,12Ȭ36,43)ȱ
141
5.1.2ȱDasȱGotteswortȱundȱdieȱdadurchȱgewecktenȱErwartungenȱȱȱȱȱȱȱ (Genȱ25,23)ȱ DasȱGotteswortȱinȱV.ȱ23ȱverdientȱbesondereȱAufmerksamkeit,ȱdaȱesȱdieȱ Rivalitätȱ zwischenȱ denȱ beidenȱ Söhnenȱ Isaaksȱ undȱ Rebekkasȱ durchȱ JHWHȱ selbstȱ bestätigt,ȱ deutetȱ undȱ religiösȱ verankert.ȱ Dasȱ „GottesoraȬ kel“ȱistȱpoetischȱgeformt334ȱundȱklarȱinȱzweiȱDoppelverseȱgegliedert:335ȱ ȱ Aȱ(27a΅):ȱ„ZweiȱNationenȱ(~yyIg)O ȱsindȱinȱdeinemȱLeib,ȱ A‘ȱ(27aΆ):ȱundȱzweiȱVolksstämmeȱ(~yMiaul.)336ȱscheidenȱsichȱausȱdeinemȱInnern;ȱ Bȱ(23b΅):ȱundȱeinȱVolksstammȱ(~aol.)ȱwirdȱstärkerȱseinȱalsȱderȱandere,ȱ B‘ȱ(23bΆ):ȱundȱderȱÄltereȱ(br:)ȱwirdȱdemȱJüngerenȱdienenȱ(ry[ic)' .“ȱ
ȱ ZunächstȱfälltȱdieȱVermeidungȱdesȱBegriffsȱ rAkB.ȱ auf,ȱdennȱdasȱGegenȬ satzpaarȱ br;Ȭry[ic'ȱ (V.ȱ 23bΆ)ȱ weichtȱ vomȱ übrigenȱ Sprachgebrauchȱ derȱ Genesisȱ ab.ȱ Anȱ anderenȱ Stellenȱ werdenȱ Geschwisterpaareȱ häufigȱ mitȱ denȱBegriffspaarenȱrAkB. undȱry[ic' inȱBeziehungȱzueinanderȱgesetztȱ(vgl.ȱ Genȱ 19,31.34.35.38;ȱ 29,26;ȱ 43,33).ȱ Allerdingsȱ lässtȱ sichȱ diesȱ alsȱ Teilȱ derȱ Textstrategieȱinterpretieren:ȱWerȱzumȱErstlingȱvonȱIsaaksȱSöhnenȱwird,ȱ stehtȱjaȱgeradeȱnochȱaus.ȱȱ Darüberhinausȱ verlässtȱ dieȱ Deutungȱ desȱ Konfliktsȱ durchȱ dasȱ GotȬ teswortȱ dieȱ Ebeneȱ derȱ Familiengeschichteȱ undȱ trägtȱ denȱ Aspektȱ desȱ KonfliktsȱzwischenȱEdomȱundȱIsraelȱinȱdieȱGeburtsgeschichteȱein,ȱnochȱ eheȱderȱLeserȱweiß,ȱdassȱEsauȱderȱStammvaterȱderȱEdomiterȱist.337ȱDerȱ Brüderkonfliktȱ bekommtȱ damitȱ einenȱ paradigmatischenȱ Anstrich:ȱ dieȱ Geschichteȱ vonȱ denȱ Konfliktenȱ innerhalbȱ einerȱ Familieȱ wirdȱ zuȱ derȱ Geschichteȱ derȱ Auseinandersetzungȱ zweierȱ Völker.338ȱ Daȱ Esauȱ außerȬ demȱ seinenȱ Volksnamenȱ schonȱ zuȱ Beginnȱ derȱ JakobȬEsauȬErzählungȱ bekommt,ȱ wirdȱ zusätzlichȱ dieȱ Frageȱ nachȱ derȱ Volkswerdungȱ Jakobsȱ unterstrichen.ȱDerȱdamitȱeröffneteȱSpannungsbogenȱwirdȱsichȱerstȱmitȱ dessenȱUmbenennungȱundȱVolkswerdungȱinȱGenȱ32ȱbzw.ȱ35ȱschließen.ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 334ȱȱ Vgl.ȱBOECKER,ȱ1.ȱMoseȱ25,12Ȭ37,1.ȱIsaakȱundȱJakob,ȱ17Ȭ19.ȱ 335ȱȱ Vgl.ȱTASCHNER,ȱVerheißungȱundȱErfüllung,ȱ24.ȱ 336ȱȱInȱGenȱ25,23ȱnebenȱGenȱ27,29ȱeinzigerȱBelegȱvonȱ ~aol.ȱ inȱderȱTora.ȱ ~aol.ȱ istȱpoetischerȱ AusdruckȱfürȱVolk,ȱNation,ȱVolksstammȱ(inȱPsȱundȱJesȱbesondersȱhäufig).ȱImȱAltenȱ Testamentȱ fastȱ immerȱ imȱ Pluralȱ gebraucht.ȱ LXXȱ übersetztȱ σΌΑȱ oderȱ Ώ΅Γϟ,ȱ sowieȱ manchmalȱ mitȱ ΩΕΛΓΑΘΉΖȱ (Genȱ 27,29;ȱ Jesȱ 34,1;ȱ 41,1;ȱ 43,4.9)ȱ undȱ Ά΅ΗΏΉϧΖȱ (Jesȱ 51,4)ȱ undȱ ΚΙΏφȱ (Provȱ 14,34).ȱ Imȱ Parallelismusȱ zuȱ ~yyIgO stehtȱ ~yMiaul:. ȱ inȱ Genȱ 25,23;ȱ Jesȱ 34,1;ȱ 43,9;ȱPsȱ2,1;ȱ44,3.15;ȱ105,44;ȱ149,7).ȱ 337ȱȱ Vgl.ȱHAGEDORN,ȱHausmannȱundȱJäger,ȱ142.ȱ 338ȱȱ HierzuȱausführlicherȱTeilȱC.3.1.2.1.ȱ
142
TeilȱB:ȱAnalyseȱderȱTexteȱimȱKontextȱ
Allerdingsȱ hatȱ dasȱ Gottesorakelȱ dieselbeȱ Mehrdeutigkeitȱ wieȱ seinȱ griechischesȱPendantȱinȱ Delphi,ȱdaȱ dieȱBestimmungȱdesȱ genauenȱVerȬ hältnissesȱ derȱ beidenȱ Brüderȱ bzw.ȱ Völkerȱ zueinanderȱ offenȱ gelassenȱ wird.339ȱ Überȱ bestimmteȱ syntaktische,ȱ semantischeȱ wieȱ paronomastiȬ scheȱ Signaleȱ werdenȱ unterschiedlicheȱ Lesererwartungenȱ hervorgeruȬ fen,ȱ dieȱ einenȱ Spannungsbogenȱ eröffnen,ȱ derȱ dieȱ gesamteȱ JakobȬEsauȬ Geschichteȱ bestimmt:ȱ Dieȱ grundsätzlicheȱ Ambivalenzȱ desȱ Versesȱ lässtȱ sichȱamȱbestenȱvomȱEndeȱ herȱbestimmen:ȱ ry[ic' dbo[]y: br:w>.ȱDasȱProblemȱ entstehtȱdadurch,ȱdassȱwederȱdieȱBedeutungenȱvonȱbr:ȱundȱry[ic' eindeuȬ tigȱzuȱbestimmenȱsind,ȱnochȱderenȱsyntaktischesȱVerhältnisȱzueinanderȱ undȱdarüberȱhinausȱsichȱbeideȱAdjektiveȱsowohlȱaufȱdieȱbeidenȱBrüderȱ wieȱ auchȱ aufȱ dieȱ inȱ V.ȱ 23aȱ erwähntenȱ Völkerȱ beziehenȱ können.ȱ Derȱ VerbalsatzȱV.ȱ23bΆȱlässtȱoffen,ȱobȱsichȱ br:ȱ oderȱ ry[ic' alsȱSubjektȱaufȱ dbo[]y: bezieht.ȱ Inȱ typischȱ poetischemȱ Stilȱ istȱ wederȱ br: nochȱ ry[ic' mitȱ KasusȬ markernȱversehen.ȱȱ DieȱgebräuchlicheȱÜbersetzungȱmitȱ„derȱÄltereȱwirdȱdemȱJüngerenȱ dienen“340ȱmussȱentsprechendȱnichtȱzwangsläufigȱerfolgenȱundȱistȱunȬ problematisch,ȱ daȱ sieȱ dasȱ br;w> alsȱ nominativusȱ absolutusȱ auffasstȱ (casusȱ pendens),ȱ währendȱ dieȱ dafürȱ typischenȱ syntaktischenȱ Markerȱ wieȱ dieȱ WendungȱzuȱeinemȱunabhängigenȱSatzȱmitȱeigenemȱSubjekt341ȱoderȱeinȱ pleonastischesȱ Pronomen342ȱ fehlen.ȱ Fernerȱ deutetȱ dieȱ Übersetzungȱ dieȱ Versstrukturȱ alsȱ Abfolgeȱ vonȱ SubjektȬVerbȬObjekt,ȱ dieȱ imȱ Hebräischenȱ äußerstȱseltenȱist.ȱAlsȱgewöhnlicheȱWortstellungȱinnerhalbȱdesȱVerbalȬ satzesȱistȱdieȱFolgeȱVerbȬSubjektȬObjektȱ(alsȱhäufigsterȱTyp)ȱzuȱbetrachȬ ten;ȱnichtȱseltenȱtretenȱhiervonȱabweichendeȱWortfolgenȱauf,ȱwennȱeinȱ Satzgliedȱ durchȱ Voranstellungȱ nachdrücklichȱ hervorgehobenȱ werdenȱ soll;ȱsoȱfolgenȱeinanderȱObjektȬVerbȬSubjekt,ȱVerbȬObjektȬSubjekt,ȱSubjektȬ ObjektȬVerbȱ bzw.ȱ ObjektȬSubjektȬVerb.343ȱ Lediglichȱ dieȱ Strukturȱ derȱ voȬ rangehendenȱVerszeilenȱkönnteȱdieȱWortfolgeȱSubjektȬVerbȬObjektȱevenȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 339ȱȱ GegenȱFOKKELMAN,ȱNarrativeȱArtȱinȱGenesis,ȱ89,ȱderȱdasȱOrakelȱalsȱ„unambiguous“ȱ kennzeichnet.ȱȱ 340ȱȱ Soȱ deutetȱ schonȱ dieȱ LXX:ȱ ϳȱ ΐΉϟΊΝΑȱ ΈΓΙΏΉϾΗΉȱ ΘХȱ πΏΣΗΗΓΑ;ȱ vgl.ȱ nochȱ ALTER,ȱ Theȱ FiveȱBooksȱofȱMoses,129;ȱDICOU,ȱTheȱRoleȱofȱEdom,ȱ116;ȱGUNKEL,ȱGenesis,ȱ289;ȱvonȱ Rad,ȱ Genesis,ȱ 264;ȱ SPEISER,ȱ Genesis,ȱ 193;ȱ SYREN,ȱ Theȱ Forsakenȱ FirstȬBorn,ȱ 82;ȱ TURNER,ȱAnnouncementsȱofȱaȱPlot,ȱ119;ȱWENHAM,ȱGenesisȱII,175f;ȱSEEBASS,ȱGenesisȱ II/2,ȱ269;ȱWESTERMANN,ȱGenesisȱI/2,ȱ411.ȱ 341ȱȱ Vgl.ȱGenȱ17,15:ȱ Hm'v. hr"f' yKi yr"f':ȱ„(DeineȱFrauȱSaraiȱsollstȱduȱnichtȱmehr)ȱSaraiȱ(nenȬ nen),ȱsondernȱSaraȱsollȱihrȱNameȱsein“.ȱ 342ȱȱ Vgl.ȱ Genȱ 36,8:ȱ ~Ada/ aWh wf'[e:ȱ „Esau,ȱ dasȱ istȱ Edom.“ȱ Zumȱ Ganzenȱ s.ȱ WALTKE/ȱ O’CONNOR,ȱHebrewȱSyntax,ȱ§§ȱ4.7bȬc;ȱ8,4b;ȱ33,24a;ȱ37,5a;ȱ38,2d.ȱ 343ȱȱ S.ȱ GESENIUS/KNAUTZSCH/BERGSTRÄSSER,ȱ Hebräischeȱ Grammatik,ȱ §ȱ 142.2;ȱ vgl.ȱ nochȱ HEARD,ȱDynamicsȱofȱDiselection,ȱ99.ȱ
5.ȱEsauȱundȱJakobȱ(Genȱ25,12Ȭ36,43)ȱ
143
tuellȱ nochȱ vertretbarȱ erscheinenȱ lassen,ȱ dochȱ istȱ dieȱ syntaktischeȱ GeȬ samtstrukturȱ derȱ vorangehendenȱ Verseȱ völligȱ anders.ȱ Diesȱ bedeutetȱ nunȱnicht,ȱdassȱnichtȱinȱderȱüblichenȱWeiseȱübersetztȱwerdenȱkannȱoderȱ sollte,ȱ dochȱ istȱ dieȱ umgekehrteȱ Zuordnungȱ ebensoȱ wahrscheinlich.ȱ Manȱ könnteȱ versuchen,ȱ dieȱ Ambivalenzȱ vonȱ V.ȱ 23bΆȱ inȱ derȱ ÜbersetȬ zungȱ festzuhalten.ȱ Imȱ Deutschenȱ kannȱ diesȱ leiderȱ nichtȱ nachgeahmtȱ werden.ȱ Einȱ brauchbarerȱ Vorschlagȱ findetȱ sichȱ fürȱ denȱ englischenȱ SprachbereichȱbeiȱHeard:ȱ„Theȱolderȱtheȱyoungerȱshallȱserve.“344ȱȱ DieȱsyntaktischeȱMehrdeutigkeitȱwirdȱdurchȱdieȱsemantischeȱnochȱ verstärkt.ȱ Dieȱ Begriffeȱ br; undȱ ry[ic' könnenȱ jeweilsȱ eineȱ quantitativeȱ (großȬklein)ȱ oderȱ eineȱ zeitlicheȱ (altȬjung)ȱ Bedeutungȱ haben.345ȱ Dieȱ Übersetzungsmöglichkeitenȱ schillernȱ entsprechendȱ zwischenȱ „derȱ GrößereȱsollȱdemȱKleinerenȱdienen“346ȱbisȱ„derȱÄltereȱsollȱdemȱJüngeȬ renȱ dienen.“ȱ Letztereȱ Übersetzungȱ istȱ zwarȱ dieȱ übliche,ȱ dochȱ istȱ derȱ Begriffȱ br; geradeȱ inȱ volksgeschichtlichemȱ Kontextȱ häufigȱ belegtȱ (vgl.ȱ Dtnȱ 7,1;ȱ 9,14;ȱ 26,5;ȱ Numȱ 22,3ȱ u.ö.).347ȱ Derȱ Gebrauchȱ inȱ V.ȱ 23bȱ korresȬ pondiertȱinsofernȱdemȱ ~yyIgOȱ undȱ ~aol.ȱ inȱV.ȱ23a.ȱDieȱausȱdieserȱBeobachȬ tungȱ resultierendeȱ Deutungsmöglichkeitȱ „dasȱ größereȱ Volkȱ wirdȱ demȱ kleinerenȱVolkȱdienen“348ȱistȱdaherȱnichtȱzuȱvernachlässigen.ȱAuchȱaufȱ paronomastischerȱEbeneȱwirdȱdieseȱUndeutlichkeitȱnochȱverstärkt:ȱDasȱ „dienen“ȱ(dbo[y] :)ȱreimtȱzwarȱaufȱ bqo[]y.: 349ȱDasȱ ry[icȱ' („derȱJüngere“)ȱscheintȱ aberȱ aufȱ ry[ife („Seïr“)ȱ bzw.ȱ imȱ unmittelbarenȱ Kontextȱ aufȱ r['fe („beȬ haart“;ȱGenȱ25,25)ȱundȱdamitȱaufȱEsauȱanzuspielen.ȱȱ DieȱverschiedenenȱDeutungsmöglichkeitenȱakzentuierenȱdieȱLeserȬ erwartungenȱjeweilsȱinȱunterschiedlicherȱWeiseȱundȱführenȱsieȱteilsȱadȱ absurdum:ȱDieȱvolksgeschichtlicheȱPerspektiveȱ(„dasȱgrößereȱwirdȱdemȱ kleinerenȱVolkȱdienen“),ȱstelltȱdieȱVerheißungȱGottesȱgeradeȱinȱFrage,ȱ dennȱIsraelȱwirdȱüberȱAbraham,ȱIsaakȱundȱspäterȱauchȱüberȱJakobȱverȬ heißen,ȱdassȱesȱ„zahllos“ȱseinȱwird.ȱFallsȱaberȱJakobȱanȱdieȱStelleȱEsausȱ tretenȱ sollte,ȱ bedeutetȱ dies,ȱ dassȱ Jakobȱ geradeȱ dasȱ kleinereȱ Volkȱ seinȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 344ȱȱ HEARD,ȱ Dynamicsȱ ofȱ Diselection,ȱ 99.ȱ Zumȱ Problemȱ vgl.ȱ nochȱ HEARD,ȱ Dynamicsȱ ofȱ Diselection,ȱ98Ȭ102ȱ(mitȱweiterführenderȱLiteratur).ȱ 345ȱȱ br;ȱ istȱ inȱ derȱ Grundbedeutungȱ „viel/groß“ȱ geläufigȱ (s.ȱ HEARD,ȱ Dynamicsȱ ofȱ Diselection,ȱ101).ȱSeltenerȱistȱdieȱBedeutungȱ„alt“:ȱdieȱ~yBirȱ: inȱHiȱ32,9ȱsindȱ„dieȱBetagȬ ten“ȱ(vgl.ȱassyr.ȱrabû).ȱ ry[icȱ' kannȱsowohlȱ„klein“ȱalsȱgelegentlichȱauchȱ„jung“ȱheißenȱ (vgl.ȱSEEBASS,ȱGenesisȱII/2,ȱ271).ȱ 346ȱȱ Soȱ schonȱ dieȱ LXX;ȱ vgl.ȱ nochȱ HEARD,ȱ Dynamicsȱ ofȱ Diselection,ȱ 101:ȱ „theȱ lesserȱ willȱ serveȱtheȱgreater.“ȱ 347ȱȱ br;ȱ istȱ inȱ derȱ Grundbedeutungȱ „viel/groß“ȱ geläufigȱ (s.ȱ HEARD,ȱ Dynamicsȱ ofȱ DiseȬ lection,ȱ101).ȱȱ 348ȱȱ Soȱ schonȱ dieȱ LXX;ȱ vgl.ȱ nochȱ HEARD,ȱ Dynamicsȱ ofȱ Diselection,ȱ 101:ȱ „theȱ lesserȱ willȱ serveȱtheȱgreater.“ȱ 349ȱȱ DieseȱBeobachtungȱbeiȱWENHAM,ȱGenesisȱII,ȱ175f.ȱ
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TeilȱB:ȱAnalyseȱderȱTexteȱimȱKontextȱ
wird.ȱ Dieȱ familiengeschichtlicheȱ Perspektiveȱ lässtȱ dasȱ Problemȱ entsteȬ hen,ȱ dassȱ wederȱ Esauȱ nochȱ Edomȱ jeȱ Jakobȱ bzw.ȱ Israelȱ gedientȱ haben.ȱ Jakobȱ istȱ geradeȱ derȱ Dienerȱ Labansȱundȱ bezeichnetȱEsauȱ inȱ Genȱ32/33ȱ wiederholtȱalsȱseinenȱ„Herrn“.350ȱȱ 5.1.3ȱDisqualifizierungȱEsausȱundȱvorläufigeȱQualifizierungȱJakobsȱ (Genȱ25,29Ȭ34)ȱ Dieȱ Erzählungȱ Genȱ 25,29Ȭ34ȱ hatȱ ganzȱ dieȱ Disqualifizierungȱ Esausȱ imȱ Blick.ȱ Dieȱ Frageȱ nachȱ derȱ hr'koB. stehtȱ imȱ Zentrumȱ derȱ Erzählungȱ vomȱ Linsengerichtȱ(Genȱ25,29Ȭ34).ȱDasȱStichwortȱhr'koB.ȱkommtȱhierinȱviermalȱ vorȱ(vgl.ȱV.ȱ31.32.33.34)ȱundȱbeendetȱalsȱletztesȱWortȱdieȱknappȱerzählteȱ Episode.ȱWieȱFokkelmanȱnachwies,ȱistȱderȱTextȱchiastischȱaufgebaut:ȱ351ȱȱ ȱ AȱJakobȱkochtȱseinȱGerichtȱ(V.ȱ29a)ȱ ȱ BȱEsauȱkommtȱ(V.ȱ29b)ȱ ȱ ȱ CȱEsau:ȱ„Lassȱmichȱschlingen“ȱ(V.ȱ30)ȱ ȱ ȱ ȱ DȱJakobȱsagt:ȱVerkaufeȱdeinȱErstgeburtsrechtȱ(V.ȱ31)ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ EȱEsau:ȱIchȱbinȱamȱSterbenȱ(V.ȱ32)ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ E‘ȱJakob:ȱSchwöreȱ(V.ȱ33a)ȱ ȱ ȱ ȱ D’ȱEsauȱverkauftȱseinȱErstgeburtsrechtȱ(V.ȱ33b)ȱ ȱ ȱ C’ȱJakobȱgibtȱBrotȱundȱdasȱLinsengerichtȱ(V.ȱ34a)ȱ ȱ B’ȱEsauȱgehtȱȱ A’ȱEsauȱmissachtetȱseinȱErstgeburtsrechtȱ(V.ȱ34b)ȱ
ȱ Dasȱ Zentrumȱ desȱ Chiasmusȱ bildenȱ dieȱ Verseȱ 32Ȭ33a:ȱ Esauȱ istȱ derȱ eiȬ gentlicheȱWertȱderȱ hr'kB o . nichtȱbewusst,ȱalsȱerȱesȱvonȱreinerȱEssgierȱbeȬ stimmtȱ verkauft.ȱ Undȱ „erȱ aßȱ undȱ trank,ȱ standȱ aufȱ undȱ erȱ gingȱ seinesȱ Weges“ȱ (V.ȱ 34),ȱ alsȱ wäreȱ nichtsȱ geschehen.ȱ Dieȱ Erzählungȱ zieltȱ aufȱ EsausȱselbstverschuldeteȱMissachtungȱderȱ hr'koB.,ȱdurchȱdieȱerȱsichȱfolgȬ lichȱalsȱErstlingȱdisqualifiziert.ȱȱ Inȱ Genȱ 25,25ȱ warȱ implizitȱ bereitsȱ aufȱ dieȱ Gleichsetzungȱ vonȱ Esauȱ mitȱ Edomȱ verwiesenȱ worden.ȱ Nunȱ wirdȱ dieȱ expliziteȱ EdomȬ Identifikationȱ inȱ Genȱ 25,30bȱ nachgereicht352ȱ undȱ zusätzlichȱ überȱ dasȱ Wortspielȱ ~doa'h' ~doa'h' (V.ȱ 30a)/~Ada/ȱ (V.ȱ 30b)ȱ unterstrichen.ȱ Manȱ kannȱ darausȱ schließen,ȱ dassȱ dieȱ Gleichsetzungȱ mitȱ Edomȱ bewusstȱ imȱ KonȬ textȱdesȱVerkaufsȱderȱ hr'kB o . gesehenȱwerdenȱsoll.ȱImȱErzählzusammenȬ hangȱ wirdȱ soȱ daraufȱ abgehoben,ȱ „daßȱ manȱ nichtȱ durchȱ Geburtȱ zumȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 350ȱȱ Genȱ 33,8.13.14.15;ȱ vgl.ȱ nochȱ Genȱ 32,5.6.19.ȱ Dazuȱ passt,ȱ dassȱ Jakobȱ sichȱ selbstȱ alsȱ „deinȱKnecht“ȱbezeichnetȱ(Genȱ33,5.14;ȱvgl.ȱ32,5.6.11.17[2x].19.21).ȱ 351ȱȱ Vgl.ȱFOKKELMAN,ȱNarrativeȱArtȱinȱGenesis,ȱ94Ȭ97.ȱ 352ȱȱ Vgl.ȱnochȱGenȱ36,8ȱu.ö.:ȱ„Esau,ȱdasȱistȱEdom.“ȱ
5.ȱEsauȱundȱJakobȱ(Genȱ25,12Ȭ36,43)ȱ
145
ErzfeindȱIsraelsȱwird,ȱsondernȱsichȱdiesenȱStatusȱ‚verdienen‘ȱmuss.“353ȱ ZumȱAbschlussȱderȱEpisodeȱerfolgtȱzumȱerstenȱMalȱinnerhalbȱderȱGeȬ nesisȱ eineȱ qualifizierendeȱ Beurteilungȱ durchȱ denȱ Erzählerȱ selbst:ȱ hr"koB.h;-ta, wf'[e zb,YIw:ȱ (V.ȱ34:ȱ„SoȱverachteteȱEsauȱseineȱErstgeburt“).ȱEsausȱ selbstverschuldeteȱDisqualifizierungȱalsȱErstlingȱwirdȱdamitȱendgültigȱ bestätigt.ȱȱ ImȱGegenzugȱhatȱsichȱJakobȱ–ȱaufȱwelcheȱbedenklicheȱArtȱundȱWeiȬ seȱauchȱimmerȱ–ȱanȱseinerȱStattȱzumȱ„Erstling“ȱetabliert.ȱZwarȱistȱauchȱ Jakobsȱ Rolleȱ innerhalbȱ derȱ Erzählungȱ mehrȱ alsȱ dubios,ȱ daȱ erȱ dieȱ SchwächesituationȱseinesȱBrudersȱEsau,ȱderȱhierȱalsȱsehrȱgrobschlächtigȱ gezeichnetȱ wird,ȱ ausnutzt,ȱ umȱ überȱ dessenȱ Schwurȱ anȱ dessenȱ ErstgeȬ burtsrechtȱ zuȱ gelangen.354ȱ Jedochȱ scheintȱ schließlichȱ Jakobȱ dasȱ ErstgeȬ burtsrechtȱaufȱ legaleȱ Weiseȱ erworbenȱ zuȱ haben.355ȱ Dieȱ Erzählungȱzumȱ Linsengerichtȱ dientȱ auchȱ derȱ moralischenȱ Entlastungȱ Jakobsȱ inȱ Genȱ 27,1Ȭ40.ȱDieȱKritikȱanȱJakobȱerfolgtȱhöchstensȱsubtil,ȱwobeiȱderȱErzählerȱ wohlȱ nichtȱ aufȱ eineȱ moralischeȱ Wertungȱ desȱ Geschehenenȱ abzielt.ȱ Inȱ Genȱ27,36ȱklingtȱdieȱZweifelhaftigkeitȱdesȱErwerbsȱnochȱnach:ȱ ȱ„Heißtȱ erȱ darumȱ Jakob,ȱ weilȱ erȱ michȱ nunȱ schonȱ zweimalȱ betrogenȱ (~yIm;[]p;; ȱ Dual)ȱhat?ȱMeinȱErstgeburtsrechtȱhatȱerȱgenommen,ȱundȱsiehe,ȱjetztȱhatȱerȱ auchȱmeinenȱSegenȱgenommen!“356ȱ
DerȱErzählerȱlässtȱEsauȱdenȱKaufȱdesȱErstgeburtsrechtsȱimȱNachhineinȱ alsȱBetrugȱwerten,ȱdieȱErzählungȱselbstȱhältȱdieȱRolleȱJakobsȱaberȱvorȬ erstȱinȱdieserȱAmbivalenzȱoffen.ȱ
5.2ȱQualifizierungsprozessȱJakobsȱ(Genȱ26,1Ȭ33,17)ȱ 5.2.1ȱErschleichungȱdesȱErstgeburtssegensȱ(Genȱ26,34Ȭ28,9)ȱ BevorȱweiterȱüberȱJakobȱundȱEsauȱberichtetȱwird,ȱwirdȱeinȱKapitelȱeinȬ geschoben,ȱ dasȱ inȱ auffälligerȱ Ausführlichkeitȱ nochȱ einmalȱ vonȱ derenȱ Vaterȱ Isaakȱ erzähltȱ (Genȱ 26,1Ȭ33).357ȱ Imȱ Fokusȱ derȱ Erzählungȱ liegtȱ derȱ göttlicheȱSegenȱfürȱIsaakȱ(V.ȱ12Ȭ14358;ȱvgl.ȱV.ȱ29:ȱ hw"hy> %WrB.).ȱDieȱErzähȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 353ȱȱ SoȱdieȱschöneȱBeobachtungȱHAGEDORNSȱ(s.ȱHAGEDORN,ȱHausmannȱundȱJäger,ȱ144).ȱ 354ȱȱ Vgl.ȱJACOBS,ȱGenesis,ȱ545Ȭ546.ȱ 355ȱȱ DarumȱlügtȱJakobȱauchȱnicht,ȱwennȱerȱsichȱseinemȱVaterȱvorstelltȱmit:ȱ„Ichȱbinȱdeinȱ Erstling“ȱ(Genȱ27,19).ȱErstȱhiernachȱfolgtȱdieȱLügeȱJakobs:ȱ„IchȱbinȱEsau“.ȱȱ 356ȱȱ Vgl.ȱauchȱHosȱ12,4.ȱ 357ȱȱ ZurȱDetailanalyseȱvonȱGenȱ26ȱvgl.ȱTeilȱB.4.2.3.ȱ 358ȱȱ Auchȱ innerhalbȱ derȱ Gesamtkonstruktionȱ derȱ Perikopeȱ bildetȱ derȱ Segenȱ dieȱ Mitte:ȱ DerȱchiastischeȱAufbauȱvonȱGenȱ26ȱhatȱdenȱgöttlichenȱSegenȱinȱdenȱVersenȱ12Ȭ14ȱzurȱ Mitte.ȱ
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TeilȱB:ȱAnalyseȱderȱTexteȱimȱKontextȱ
lungenȱakzentuierenȱIsaakȱalsȱtatsächlichenȱVerheißungsȬȱundȱSegensträȬ gerȱundȱleitenȱdamitȱdasȱzentraleȱThemaȱvonȱGenȱ26,34Ȭ28,9ȱein,ȱwoȱesȱ umȱdieȱwichtigeȱWeitergabeȱdesȱväterlichenȱSegensȱgeht.359ȱSpätestensȱ inȱGenȱ26ȱwirdȱdemȱLeserȱklar,ȱwieȱvielȱdieserȱgöttlicheȱSegenȱwertȱist,ȱ derȱsichȱgeradeȱinȱIsaakȱweiterȱdurchsetzt.360ȱȱ MitȱGenȱ26,34ȱbeginntȱeineȱneueȱnarrativeȱEinheitȱmitȱdemȱTextsigȬ nal yhiyw> : undȱ derȱ abruptenȱ Einführungȱ Esaus.ȱ Dieȱ Verseȱ überȱ Esausȱ ersteȱ Heiratȱ fremderȱ Frauenȱ (26,34Ȭ35)ȱ undȱ seineȱ nochmaligeȱ Heiratȱ (28,6Ȭ8;ȱ vgl.ȱ 27,46;ȱ 28,6Ȭ9)ȱ bildenȱ einenȱ Rahmen,ȱ innerhalbȱ dessenȱ sichȱ dieȱ Betrugserzählungȱ entfaltetȱ (Genȱ 27,1Ȭ28,5).ȱ Derȱ neueȱ Erzähleinsatzȱ inȱ Genȱ 27,1ȱ erfolgtȱ mitȱ einemȱ yhiy>w: undȱ derȱ Markierungȱ einesȱ ZeitȬ sprungsȱ zuȱ demȱ inȱ Genȱ 26ȱ dargestelltenȱ Geschehen.ȱ Dieȱ Erzählungȱ beginntȱmitȱeinemȱimȱTeNaKȱ„weitȱverbreitetenȱMotiv“361:ȱIsaakȱistȱaltȱ undȱ seineȱ Augenȱ sindȱ schwach.ȱ Vieleȱ Berichte,ȱ dieȱ vonȱ einerȱ Erbfolgeȱ oderȱ einerȱ Nachfolgeȱ handeln,ȱ weisenȱ einenȱ vergleichbarenȱ Anfangȱ auf.362ȱ Jedochȱ wirdȱ Isaaksȱ Altersschwächeȱ durchȱ denȱ Kontrastȱ zumȱ inȱ Genȱ26ȱgeschildertenȱselbstbewusstenȱSegensträgerȱbesondersȱakzentuȬ iert.ȱDieȱSehschwächeȱIsaaksȱ(V.ȱ1:ȱ taor>me wyn"y[e !'yh,k.Tiw:)ȱistȱalsȱVoraussetȬ zungȱ desȱ folgendenȱ Betrugesȱ unabdingbar.363ȱ Allerdingsȱ kannȱ derȱ Hinweisȱ aufȱ dieȱ verminderteȱ Sehfähigkeitȱ auchȱ inȱ metaphorischemȱ
ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 359ȱȱ S.ȱauchȱFOKKELMAN,ȱOogȱinȱoog,ȱ19Ȭ22:ȱImmerhinȱistȱdieȱTat,ȱworaufȱallesȱankommt,ȱ derȱSegenȱinȱGenȱ27.ȱ 360ȱȱ Folglichȱ istȱ esȱ auchȱ nichtȱ unproblematischȱ davonȱ auszugehen,ȱ dassȱ imȱ jetzigenȱ Kontextȱ„Genȱ26,1Ȭ33ȱverstelltȱist“ȱ(SEEBASS,ȱGenesisȱII/2,ȱ267)ȱoderȱ„Kap.ȱ26ȱimȱKonȬ textȱ anȱ verfehlterȱ Stelle“ȱ eingefügtȱ seiȱ (SEEBASS,ȱ Genesisȱ II/2,ȱ 278;ȱ beideȱ Zitateȱ alsȱ Beispieleȱderȱopinioȱcommunis.ȱGenȱ26ȱistȱgeradeȱeinȱzentralerȱBestandteilȱderȱJakobȬ EsauȬErzählungȱundȱergibtȱinȱseinerȱPlatzierungȱdurchausȱeinenȱSinn.ȱ 361ȱȱ TASCHNER,ȱVerheißungȱundȱErfüllung,ȱ38.ȱ 362ȱȱ Vgl.ȱGenȱ24ȱ(Abraham);ȱGenȱ48Ȭ49ȱ(Jakob);ȱGenȱ50,24fȱ(Joseph);ȱDtnȱ33ȱ(Mose);ȱJosȱ23ȱ (Josua);ȱ1ȱSamȱ3ȱ(Eli);ȱ1ȱSamȱ23,1Ȭ7ȱundȱ1ȱKönȱ2,19ȱ(David).ȱȱ 363ȱȱ DieȱvergleichbareȱSituationȱliegtȱinȱGenȱ24ȱvor.ȱDerȱaltgewordeneȱAbrahamȱwillȱhierȱ wieȱIsaakȱseinenȱSegenȱanȱdieȱNachkommenȱweitergebenȱ(WENHAMȱ bezeichnetȱbeiȬ deȱErzählungenȱalsȱ„deathȬbedȱblessingȱscene“;ȱDERS.,ȱGenesisȱII,ȱ203f).ȱBeideȱErzähȬ lungenȱhebenȱgleichȱzuȱBeginnȱdasȱGesegnetseinȱderȱVäterȱhervorȱ(Genȱ24,1b;ȱdassȱ IsaakȱderȱGesegneteȱJHWHsȱist,ȱwurdeȱinȱGenȱ26,1Ȭ33ȱbereitsȱbreitȱausgeführt).ȱWieȱ inȱGenȱ27,1ȱwirdȱauchȱhierȱAbrahamsȱAlterȱbetont,ȱallerdingsȱohneȱeineȱSehschwäȬ cheȱ Abrahamsȱ zuȱ erwähnen.ȱ Dieȱ Verbindungȱ vonȱ Genȱ 24ȱ undȱ 27ȱ mitȱ Genȱ 28,1Ȭ5ȱ wurdeȱ schonȱ häufigȱ gesehen.ȱ Beideȱ Textstückeȱ wurdenȱ daherȱ derselbenȱ Quellenȱ (nämlichȱ„J“)ȱzugeschriebenȱ(vgl.ȱetwaȱGUNKEL,ȱGenesis,ȱz.St.:ȱGenȱ28,1Ȭ2ȱalsȱ„Echo“ȱ zuȱGenȱ27,1Ȭ40;ȱSKINNER,ȱGenesis,ȱz.St.:ȱGenȱ28,1Ȭ2ȱ„isȱmodelledȱon“ȱGenȱ24,3Ȭ4;ȱundȱ STRUS,ȱNomenȬOmen,ȱ112f:ȱ„theȱcontentȱofȱtheȱblessingȱofȱIsaacȱ(28,3Ȭ4)ȱparticularlyȱ recallsȱthatȱofȱ26,2Ȭ5,24“.ȱ
5.ȱEsauȱundȱJakobȱ(Genȱ25,12Ȭ36,43)ȱ
147
Sinneȱ gebrauchtȱ werden.364ȱ Sieȱ kündigtȱ an,ȱ dassȱ eineȱKonfliktsituationȱ bevorsteht,ȱ inȱ derȱ derȱ verantwortlicheȱ Hauptakteurȱ seinȱ problematiȬ schesȱ Handelnȱ nichtȱ klarȱ überblickenȱ kannȱ undȱ folglichȱ inȱ übertrageȬ nemȱSinneȱ„schlechtȱsieht“.365ȱDieȱeigentlicheȱBetrugserzählungȱgliedertȱ sichȱ inȱ siebenȱ Szenen,ȱ inȱ denenȱ inȱ ständigȱ wechselnderȱ Konstellationȱ jeweilsȱnurȱzweiȱPersonenȱauftreten:ȱ366ȱ IsaakȱȬȱEsauȱ(V.ȱ1Ȭ5)ȱ RebekkaȱȬȱJakobȱ(V.ȱ6Ȭ17)ȱ JakobȱȬȱIsaakȱ(V.ȱ18Ȭ29)ȱ Esauȱ–ȱIsaakȱ(V.ȱ30Ȭ40)ȱ RebekkaȱȬȱJakobȱ(V.ȱ41Ȭ45)ȱ RebekkaȱȬȱIsaakȱ(V.ȱ46)ȱ IsaakȱȬȱJakobȱ(28,1Ȭ5)ȱ
Derȱ Aufbauȱ spiegeltȱ nochmalsȱ dieȱ sichȱ inȱ Genȱ 25,20Ȭ26ȱ abzeichnendeȱ undȱinȱGenȱ25,28ȱerwähnteȱTrennungȱinnerhalbȱderȱPatriarchenfamilie:ȱ DieȱbeidenȱKontrahentenȱEsauȱundȱJakobȱbegegnenȱsichȱinȱkeinerȱSzeȬ neȱdirekt.ȱAuchȱEsauȱistȱseinerȱMutterȱnieȱszenischȱzugeordnet,ȱwasȱinȱ Genȱ25,28ȱnarrativȱerläutertȱwurde.ȱDieȱErzählungȱziehtȱihreȱDynamikȱ größtenteilsȱ ausȱ derȱ konfliktgeladenenȱ Zuordnungȱ IsaakȬEsauȱ undȱ RebekkaȬJakobȱinȱGenȱ25,28,ȱdieȱhierȱgleichȱzuȱBeginnȱwiederȱaufgegrifȬ fenȱ wird:ȱ Isaakȱ willȱ Esauȱ segnenȱ (V.1Ȭ5),ȱ wohingegenȱ Rebekkaȱ umȱ jeȬ denȱ Preisȱ Jakobȱ alsȱ Erstlingȱ durchsetzenȱ willȱ (V.6Ȭ8).ȱ Derȱ BrüderkonȬ fliktȱ wirdȱ implizitȱ überȱ dieȱ Bezeichnungȱ Jakobsȱ alsȱ ql'x',ȱ „glatt“,ȱ mitȱ eingespielt.ȱ Derȱ Begriffȱ klingtȱ anȱ dasȱ HalakȬGebirgeȱ anȱ (ql'x'h, rh'h'),ȱ
ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 364ȱȱ Nebenȱ1ȱSamȱ3,2;ȱ1ȱKönȱ14,4ȱvgl.ȱvorȱallemȱGenȱ48,10Ȭ13.ȱAuchȱdortȱistȱderȱZusamȬ menhangȱ derȱ Sehschwächeȱ mitȱ einerȱ Segensvertauschungȱ gegeben:ȱ Ephraimȱ undȱ Manasseȱ werdenȱ miteinanderȱ vertauschtȱ –ȱ undȱ zwarȱ imȱ Gegensatzȱ zuȱ Genȱ 27ȱ abȬ sichtlichȱ(vgl.ȱGenȱ48,18f);ȱvgl.ȱSTEINBERG,ȱPoeticsȱofȱBiblicalȱNarrative,ȱ349Ȭ354.ȱ 365ȱȱ GanzȱandersȱdieȱHervorhebungȱderȱ„klarenȱSicht“ȱbeiȱMoseȱ(Dtnȱ34,7):ȱSeineȱAugenȱ warenȱgeradeȱnichtȱtrübeȱgewordenȱ(Any[e ht'h]k'-al{).ȱ 366ȱȱ Ähnlichȱ auchȱ dieȱ siebenȱ Szenen,ȱ dieȱ FOKKELMAN,ȱ Narrativeȱ Artȱ inȱ Genesis,ȱ 102fȱ vorschlägt.ȱ Fürȱ gewöhnlichȱ wirdȱ nachȱ demȱ Handlungsgeschehenȱ eingeteilt,ȱ nichtȱ nachȱdenȱbeteiligtenȱPersonenkonstellationen.ȱAberȱauchȱsoȱkommtȱmanȱaufȱsiebenȱ Szenenȱ(vgl.ȱdazuȱWENHAM,ȱGenesisȱII,ȱ202:ȱGenȱ26,34f,ȱ27,1Ȭ5;ȱ6Ȭ17;ȱ1Ȭ29;ȱ30Ȭ40;ȱ41Ȭ 28,5;ȱ 6Ȭ9).ȱ Allerdingsȱ gehörenȱ dieȱ Ehenȱ Esausȱ (Genȱ 26,34f;ȱ 28,6Ȭ9)ȱzurȱ thematischenȱ Klammerȱ undȱ nichtȱ zurȱ eigentlichenȱ Erzählung.ȱ Außerdemȱ kommtȱ esȱ inȱ derȱ BeȬ trugserzählungȱ geradeȱ aufȱ dieȱ Personeninteraktionȱ an.ȱ Dieȱ hoheȱ Erzählkunstȱ vonȱ Genȱ 27ȱ istȱ vonȱ vielenȱ Auslegernȱ immerȱ wiederȱ gelobtȱ worden.ȱ EISING,ȱ UntersuȬ chung,ȱ69,ȱ sprichtȱinȱdiesemȱZusammenhangȱvonȱeinemȱ„MeisterwerkȱdesȱSzenenȬ aufbaus“.ȱS.ȱVOLZ/RUDOLPH,ȱDerȱElohist,ȱ70;ȱBLUM,ȱVätergeschichte,ȱ85ȱAnm.ȱ101.ȱ
148
TeilȱB:ȱAnalyseȱderȱTexteȱimȱKontextȱ
„dasȱgegenȱSeïrȱansteigt“ȱ(Josȱ11,17;ȱ12,7).ȱDasȱHalakȬGebirgeȱmarkiertȱ IsraelsȱsüdlichstenȱTeilȱundȱdamitȱdieȱGrenzeȱzuȱEdom/Esau.367ȱȱ DenȱinhaltlichenȱMittelpunktȱderȱErzählungȱbildetȱderȱ„ErstlingsseȬ gen“.ȱ Dasȱ Schlüsselwortȱ hk'r'B. wirdȱ genauȱ siebenmalȱ wiederholtȱ undȱ korrespondiertȱ damitȱ denȱ siebenȱ Schlüsselszenen.368ȱ Dieȱ Erzählungȱ vermeidetȱ dieȱ Bezeichnungȱ rAkB./„Erstgeborener“ȱ fürȱ Esau,ȱ wennȱ vonȱ ihmȱ berichtetȱ wird.ȱ Sowohlȱ imȱ Zusammenhangȱ mitȱ Isaakȱ (V.ȱ 1:ȱ AnB.. ldoG"h;)ȱ alsȱ auchȱ mitȱ Rebekkaȱ (ldoG"h; Hn"B.;ȱ V.ȱ 15)ȱ wirdȱ nurȱ vomȱ „älterenȱ Sohn“ȱ gesprochen,ȱ umȱ dieȱ VerwechslungsȬȱ undȱ Täuschungsthematikȱ zwischenȱ Esauȱ undȱ Jakobȱ deutlicherȱ hervortretenȱ zuȱ lassen.369ȱ Nurȱ anȱ denȱ beidenȱ Schlüsselstellen,ȱ derȱ TäuschungsȬȱ undȱ derȱ WiedererkenȬ nungsszeneȱinȱdenȱVersenȱ19ȱbzw.ȱ32,ȱgebrauchtȱderȱErzählerȱdenȱTerȬ minusȱ„Erstling“.ȱȱ Derȱ Segensbetrugȱ vonȱ Rebekkaȱ undȱ Jakobȱ bestehtȱ ausȱ dreiȱ Teilen:ȱ dasȱ Zubereitenȱ derȱ Ziegenböckeȱ anstelleȱ desȱ Wildbretsȱ (V.ȱ 14.17),ȱ dasȱ AnziehenȱvonȱEsausȱKleidernȱ(V.ȱ15)ȱundȱdasȱBekleidenȱmitȱdemȱZieȬ genfell,ȱ umȱ Esausȱ Körperbehaarungȱ nachzuahmenȱ (V.ȱ 16).ȱ Dieseȱ dreiȱ ElementeȱkommenȱwiederȱvorȱinȱGenȱ27,21Ȭ27ȱ(nacheinander,ȱinȱandeȬ rerȱ Reihenfolge).ȱ Dreimalȱ sagtȱ Isaakȱ zuȱ seinemȱ Sohn:ȱ „Kommȱ näherȱ (oder:ȱ bringe)ȱ heranȱ (V.ȱ 21.25.26;ȱvgnȱ imȱ Qal),ȱ undȱ dreimalȱ folgtȱ Jakobȱ dieserȱAufforderung:ȱ„undȱerȱtrat/brachteȱheran“ȱ(V.ȱ22.25.27).ȱDreimalȱ hätteȱ Isaakȱ alsoȱ denȱ Betrugȱ entdeckenȱ können,ȱ aberȱ wederȱ durchȱ dasȱ Betastenȱ vonȱ Jakobsȱ Fellenȱ (V.ȱ 21f),ȱ nochȱ beimȱ Essenȱ desȱ falschenȱ „Wildbret“ȱ(V.ȱ26),ȱnochȱbeimȱKüssenȱ(wobeiȱerȱdenȱGeruchȱvonȱEsausȱ Kleidernȱriecht)ȱ(V.ȱ26f),ȱfliegtȱJakobsȱTarnungȱauf.ȱDieȱdreifacheȱWieȬ derholungȱ derȱ Schlüsselbegriffeȱ bildetȱ eineȱ wichtigeȱ Grundstrukturȱ dieserȱPerikope.370ȱEsȱgehtȱganzȱundȱgarȱumȱdasȱHervorhebenȱderȱTäuȬ schungȱ durchȱ Jakob.ȱ Derȱ Höhepunktȱ derȱ Erzählungȱ istȱ entsprechendȱ beiȱ denȱ beidenȱ TäuschungsȬȱ bzw.ȱ Enthüllungsszenenȱ zwischenȱ Isaakȱ undȱ Jakobȱ (V.ȱ 18f)ȱ sowieȱ zwischenȱ Isaakȱ undȱ Esauȱ (V.ȱ 32)ȱ zuȱ suchen.ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 367ȱȱ Vgl.ȱDICOU,ȱTheȱ RoleȱofȱEdom,ȱ120;ȱBLUM,ȱ Vätergeschichte,ȱ71ȱ(Anm.ȱ19ȱallerdingsȱ kritisch).191;ȱ FOKKELMAN,ȱ Narrativeȱ Artȱ inȱ Genesis,ȱ 199fȱ Anm.ȱ 6ȱ undȱ BÖHL,ȱ WortȬ spiele,ȱ18f.ȱ 368ȱȱ Vgl.ȱ hk'r'B.ȱ inȱGenȱ27,12.35.36(2x).38.41;ȱ28,4.ȱNebenȱdemȱSubstantivȱkommtȱdasȱVerȬ bumȱ $rb/„segnen“ȱ hingegenȱ gleichȱ 19ȱ malȱ vor:ȱ Genȱ 27,4.7.10.19.23.25.27(2x).29(2x).ȱ 30.31.33(2x).34.38.41;ȱ28,1.3.ȱ 369ȱȱ DazuȱDEURLOO,ȱGenesisȬKommentar,ȱ127.ȱ 370ȱȱ Ausführlicherȱ hierzuȱ nochȱ DICOU,ȱ Wanneerȱ zegentȱ Izaak,ȱ 14ȱ undȱ DERS.,ȱ Jakobȱ enȱ Esau,ȱIsraëlȱenȱEdom,ȱ25f.ȱVgl.ȱnochȱFOKKELMAN,ȱNarrativeȱArtȱinȱGenesis,ȱ102ȱfürȱ weitereȱ dreimaligeȱ Wiederholungenȱ inȱ Genȱ 27ȱ undȱ ebensoȱ DICOU,ȱ Jakobȱ enȱ Esau,ȱ Israëlȱ enȱ Edom,ȱ 20ȱ überȱ dieȱ Zahlȱ „Drei“ȱ inȱ denȱ gesamtenȱ Erzählungenȱ überȱ Jakobȱ undȱ Esau.ȱSieheȱFISHBANE,ȱTextȱandȱTexture,ȱ49ȱundȱFOKKELMAN,ȱ NarrativeȱArtȱinȱ Genesis,ȱ98Ȭ102ȱfürȱdenȱAufbauȱvonȱKapitelȱ27ȱinȱ2xȱdreiȱTeile.ȱȱ
5.ȱEsauȱundȱJakobȱ(Genȱ25,12Ȭ36,43)ȱ
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Beideȱ Söhneȱ gebenȱ sichȱ dortȱ alsȱ „Esau“ȱ zuȱ erkennen.ȱ Dieȱ Szenenȱ korȬ respondierenȱeinander:ȱ
ȱȱynIB. hT'a; ymi yNINBi ynIa] rm,aYOw:ȱ(V.ȱ32)ȱ V.ȱ32ȱgreiftȱzunächstȱdieȱFrageȱdesȱVatersȱnachȱderȱIdentitätȱdesȱSohnesȱ inȱ V.ȱ 18ȱ wörtlichȱ auf,ȱ jedochȱ fehltȱ dasȱ nachgestellteȱ ynIB. inȱ V.ȱ 32.ȱ Esauȱ antwortetȱ aufȱ dieȱ Frageȱ seinesȱ Vatersȱ wahrheitsgemäß:ȱ „Ichȱ binȱ deinȱ Sohn,ȱdeinȱErstgeborener,ȱEsau.“ȱ(wf'[e ^r>kob. ^n>Bi ynIa];ȱV.ȱ32b).ȱDieseȱAntȬ wortȱunterscheidetȱsichȱinȱeinemȱzentralenȱPunktȱvonȱJakobsȱAntwortȱ inȱV.ȱ18:ȱEsauȱbeginntȱdamit,ȱsichȱalsȱSohnȱIsaaksȱzuȱidentifizieren,ȱfolgȬ lichȱ mitȱ derjenigenȱ Eigenschaft,ȱ dieȱ derȱ Vaterȱ ausȱ derȱ Frageȱ geradeȱ weggelassenȱhatte.ȱDannȱerstȱbezeichnetȱsichȱEsauȱselbstȱalsȱErstgeboȬ renerȱ (^r>kob.)ȱ –ȱ einȱ Titel,ȱ denȱ erȱ inȱ Genȱ 25ȱ bereitsȱ rechtmäßigȱ anȱ Jakobȱ verkauftȱhatte;ȱerstȱalsȱletztesȱnenntȱerȱseinenȱNamen.ȱJakobȱhingegenȱ beginntȱ dieȱ Antwortȱ mitȱ derȱ Lüge:ȱ Esauȱ seiȱ seinȱ Name.ȱ Erstȱ daraufȱ folgtȱ derȱ (legalȱ erworbene)ȱ Titel:ȱ „derȱ Erstgeborene.“ȱ (V.ȱ 19).ȱ Erstȱ alsȱ derȱwahreȱEsauȱvorȱihmȱsteht,ȱerkenntȱderȱVaterȱschließlichȱseinenȱFehȬ lerȱundȱdenȱBetrugȱJakobsȱ(V.ȱ33Ȭ35).ȱV.ȱ36ȱunterstreicht,ȱdassȱEsauȱnunȱ nichtȱnurȱseinȱErstlingstum,ȱsondernȱauchȱdenȱErstlingssegenȱverlorenȱ hat:ȱ „MeinȱErstlingstumȱhatȱerȱgenommenȱ(xq'l'
ytir"koB.-ta,),ȱ
undȱsieheȱ(hNEhiw)> ,ȱ jetztȱhatȱerȱauchȱmeinenȱSegenȱgenommenȱ(ytik'r>Bi
xq;l').“ȱ
DieȱchiastischeȱKonstruktionȱvonȱ xq'l' mit ytirk " Bo .ȱ undȱ ytik'rB> iȱ stelltȱeinenȱ intensivenȱ inhaltlichenȱ Bezugȱ beiderȱ Begriffeȱ her.ȱ Dieȱ ohnehinȱ orthoȬ graphischȱwieȱklanglichȱähnlichenȱWörterȱhk'r'B. undȱhr'koB.371ȱähnelnȱsichȱ bisȱinȱdasȱSuffixȱhinein.ȱȱ ȱ Letztlichȱ erlangtȱ Jakobȱ durchȱ dieȱ listenreicheȱ Täuschungȱ desȱ sterbenȬ denȱ Isaakȱ denȱ väterlichenȱ Erstgeburtssegenȱ (Genȱ 27,23.27:ȱ Whker]b'y>w): .372ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 371ȱȱ Zuȱ dieserȱ Beobachtungȱ vgl.ȱ BUBER/ROSENZWEIG,ȱ Dieȱ Schriftȱ undȱ ihreȱ VerdeutȬ schung,ȱ224ȱundȱBREUKELMAN,ȱDasȱBuchȱGenesis,ȱ79Ȭ81ȱu.ȱDERS.,ȱBijbelseȱTheologieȱ I/2,ȱ49Ȭ60.ȱ 372ȱȱ WegenȱderȱidentischenȱVerbalformenȱinȱGenȱ27,27ȱundȱ27,23bȱ(Whker>b'y>w): ȱstelltȱsichȱdieȱ Frage,ȱwannȱdennȱnunȱeigentlichȱIsaakȱJakobȱsegnete.ȱDeutlichȱist,ȱdassȱIsaakȱJakobȱ nichtȱzweimalȱgesegnetȱhabenȱkann,ȱdennȱdieȱErzählungȱbetontȱjaȱgeradeȱdieȱEinmaȬ
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TeilȱB:ȱAnalyseȱderȱTexteȱimȱKontextȱ
Daȱ Esauȱ seinemȱ Bruderȱ dasȱ Erstgeburtsrechtȱ verkauftȱ undȱ esȱ zudemȱ Jakobȱgelingt,ȱihmȱdenȱSegenȱIsaaksȱabzulisten,ȱscheintȱsichȱdasȱOrakelȱ zuȱ bestätigen:ȱ Derȱ Jüngereȱ istȱ tatsächlichȱ demȱ Älterenȱ überlegen.ȱ AlȬ lerdingsȱ scheintȱ einȱ Endeȱ derȱ Rivalitätȱ zwischenȱ denȱ beidenȱ zunächstȱ nichtȱinȱSicht.ȱDieȱRedeȱIsaaksȱdeutetȱdiesȱbereitsȱan,ȱdennȱsieȱgreiftȱdieȱ Ambivalenzȱ desȱ Gottesorakelsȱ inȱ bemerkenswerterȱ Übereinstimmungȱ wiederȱauf:ȱ ȱ Genȱ25,23:ȱ Zweiȱ Nationenȱ (~yyIg)O ȱ sindȱ inȱ deinemȱ Leib,ȱȱ ȱ undȱ zweiȱ Völkerschaftenȱ (~yMiaul.)ȱ scheidenȱsichȱausȱdeinemȱInnern;ȱȱ ȱ undȱeinȱVolksstammȱwirdȱstärkerȱseinȱ alsȱ derȱ andere,ȱ undȱ derȱ Ältereȱ wirdȱ demȱJüngerenȱdienenȱ(dbo[y] :).ȱ ȱ
Genȱ27,29:ȱ Völkerȱ (~yMi[;)ȱ sollenȱ dirȱ dienenȱ (^Wdb.[;y:)ȱ ȱ undȱ Völkerschaftenȱ (~yMiaul.)ȱ sichȱ vorȱ dirȱniederbeugen!ȱȱ ȱ SeiȱHerrȱüberȱdeineȱBrüder,ȱȱ undȱvorȱdirȱsollenȱsichȱniederbeugenȱ dieȱSöhneȱdeinerȱMutter!ȱ
Dieȱ Kombinationȱ derȱ Begriffeȱ „dienen“ȱ (db[),ȱ „Nationen“ȱ (~yyIg)O ȱ undȱ „Völkerschaften“(~yMial u ). ȱ inȱ Genȱ 27,29ȱ verweistȱ aufȱ Genȱ 25,23.ȱ Inȱ Genȱ 25,23ȱwarȱoffenȱgeblieben,ȱwelcherȱderȱbeidenȱBrüderȱdieȱentsprechenȬ deȱFunktionȱzugesprochenȱbekommt.ȱInȱGenȱ27,29ȱbekommtȱnunȱzwarȱ reinȱformalȱJakobȱdenȱväterlichenȱSegenȱzugesprochen.ȱAllerdingsȱentȬ behrtȱdieȱErzählungȱnichtȱeinesȱscharfen,ȱironischenȱUntertones.ȱJakobȱ mussȱ imȱ Anschlussȱ anȱ denȱ Segenserwerbȱ vorȱ seinemȱ Bruderȱ fliehenȱ (Genȱ 27,41Ȭ45),ȱ dasȱ verheißeneȱ Landȱ verlassenȱ (Genȱ 28,1Ȭ5)373ȱ undȱ seiȬ nemȱ Onkelȱ Labanȱ dienenȱ (Genȱ 29Ȭ30).ȱ Imȱ Gegenzugȱ wirdȱ sichȱ auchȱ Esauȱ nieȱ vorȱ Jakobȱ verbeugenȱ undȱ ihmȱ dienenȱ (vgl.ȱ Genȱ 27,40).ȱ Dasȱ GegenteilȱwirdȱderȱFallȱsein,ȱdaȱsichȱJakobȱvorȱEsauȱmehrmalsȱverbeuȬ genȱwirdȱ(Genȱ33,1Ȭ11).ȱDieȱWurzelȱ hx'v'/„niederbeugen“ȱkommtȱinȱderȱ JakoberzählungȱnurȱhierȱinȱGenȱ27ȱundȱinȱGenȱ33ȱvor.ȱȱ Ausȱ derȱ Schilderungȱ desȱ „Segensbetrugs“ȱ gehtȱ klarȱ herȱ vor,ȱ dassȱ dasȱ Tunȱ Rebekkasȱ undȱ Jakobsȱ keineswegsȱ beschönigtȱ werdenȱ soll.ȱ Isaakȱ(Genȱ27,35: hm'rm > Bi .)ȱwieȱEsauȱselbstȱ(Genȱ27,36:ȱ ynIbeq.[.Y:w:)ȱqualifizieȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ligkeitȱ desȱ väterlichenȱ Erstlingssegensȱ (V.ȱ 36.39f).ȱ Dasȱ Problemȱ wirdȱ meistȱ durchȱ quellenkritischeȱScheidungenȱ„aufgelöst“ȱ(zumȱPropriumȱvgl.ȱSEEBASS,ȱGenesisȱII/2,ȱ 301.306f).ȱM.E.ȱhandeltȱesȱsichȱinȱV.ȱ23ȱaberȱvielmehrȱumȱeineȱvorausblickendeȱundȱ zusammenfassendeȱParentheseȱ(zumȱProblemȱmitȱeinerȱdetailliertenȱAuswertungȱs.ȱ DICOU,ȱWanneerȱzegentȱIzaak,ȱ14Ȭ22).ȱ 373ȱȱ Dasȱ Trennungsmotivȱ inȱ Kombinationȱ mitȱ demȱ Verlassenȱ desȱ Landesȱ warȱ zuvorȱ beimȱBrunnenstreitȱinȱGenȱ26,12Ȭ33ȱangeklungen.ȱ
5.ȱEsauȱundȱJakobȱ(Genȱ25,12Ȭ36,43)ȱ
151
renȱ dasȱ Handelnȱ Jakobsȱ alsȱ Betrug.ȱ Auchȱ sindȱ sichȱ Rebekkaȱ undȱ ihrȱ Sohnȱ Jakobȱ bewusst,ȱ dassȱ ihrȱ Auftrittȱ dieȱ Verfluchungȱ verdientȱ (Genȱ 27,12.13).ȱȱ Unterstrichenȱ wirdȱ derȱ Betrugȱ Jakobsȱ durchȱ dasȱ Wortspielȱ bqo[]y:ȱ Ȭȱ bqe[' ȬȱynIbeq.[.Y:w::ȱDurchȱdieȱKombinationȱvonȱGenȱ25,26ȱ(„anȱderȱFerse/ȱbqe[ȱ' festhalten“)ȱ mitȱ Genȱ 27,36ȱ (ynIbeq.[.Y:w:ȱ „betrügen“;ȱ wörtlich:ȱ „hinterherȱ schleichen“;ȱvgl.ȱauchȱJerȱ9,3)ȱistȱamȱEndeȱdesȱerstenȱTeilsȱderȱJakoberȬ zählungȱ einȱ subtilerȱ Schuldaufweisȱ Jakobs/bqo[]y:ȱ entstanden,ȱ derȱ schonȱ inȱ seinemȱ Namenȱ aufgehobenȱ ist.ȱ Martinȱ Buberȱ übersetztȱ daherȱ denȱ Eigennamenȱ bqo[]y: anȱ denȱ bedeutsamenȱ Stellenȱ mitȱ „FersenschleiȬ cher.“374ȱ Folglichȱ scheintȱ auchȱ derȱ soebenȱ erworbeneȱ Erstgeburtssegenȱ JakobȱnichtȱausreichendȱalsȱErstlingȱzuȱqualifizieren.ȱJakobsȱerschlicheȬ nerȱundȱmitȱSchuldȱbelasteterȱSegenȱmussȱnochȱzuȱseinemȱeigenenȱSeȬ genȱ werden.ȱ Diesȱ wirdȱ inȱ Genȱ 28,10Ȭ35,29ȱ thematisiert.ȱ Entsprechendȱ istȱ dasȱ Themaȱ „Erstlingstum“ȱ nunȱ auchȱ inhaltlichȱ abgeschlossen.ȱ Derȱ Begriffȱ hr'kB o . erscheintȱ zumȱ letztenȱ Malȱ inȱ Genȱ 27,36ȱ innerhalbȱ derȱ JaȬ koberzählung.ȱAuchȱderȱBegriffȱ rAkB. erscheintȱinȱKapitelȱ27ȱzumȱletzȬ tenȱMalȱ(V.ȱ32)ȱundȱwirdȱerstȱwiederȱbeiȱderȱAuflistungȱderȱSöhneȱJaȬ kobsȱgebrauchtȱ(Genȱ35,23).ȱ 5.2.2ȱEndgültigeȱDisqualifizierungȱEsausȱ(Genȱ26,34f;28,6Ȭ9)ȱ Derȱ Segensbetrugȱ Genȱ 27,1Ȭ28,5ȱ wirdȱ durchȱ zweiȱ Notizenȱ überȱ Esausȱ Ehenȱ gerahmtȱ (Genȱ 26,34fȱ undȱ Genȱ 28,6Ȭ9).ȱ Derȱ Rahmenȱ dientȱ zumȱ einenȱ alsȱ Interpretationshilfeȱ undȱ setztȱ Rebekka,ȱ dieȱ Jakobȱ zuȱ einemȱ Betrugsmanöverȱ anstifteteȱ undȱ sichȱ ihremȱ Mannȱ gegenüberȱ illoyalȱ verhaltenȱ hat,ȱ insȱ Recht.ȱ Rebekkaȱ bringtȱ denȱ Vaterȱ dazu,ȱ derȱ Fluchtȱ Jakobsȱ nichtȱ nurȱ denȱ rechtenȱ Anstrich,ȱ sondernȱ wegenȱ Esausȱ FehlverȬ haltenȱ auchȱ zwingendeȱ Notwendigkeitȱ zuȱ geben.ȱ Derȱ Kreisȱ schließtȱ sichȱhier,ȱweilȱderȱVaterȱsichȱderȱbesserenȱEinsichtȱseinerȱFrauȱauchȱinȱ SachenȱEsausȱfügenȱmussȱundȱnunȱJakobȱsowohlȱdieȱWahlȱderȱrechtenȱ FrauȱnahelegtȱalsȱauchȱdenȱSegenȱderȱFamilientraditionȱvonȱAbrahamȱ herȱ(Genȱ28,4)ȱweitergibt.ȱRebekkaȱsetztȱdenȱzuȱSegnendenȱdurch,ȱundȱ JHWHȱstehtȱihrȱbeiȱ–ȱzumalȱsichȱIsaakȱimȱNachhineinȱmitȱseinerȱFrauȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 374ȱȱ Dasȱ moralischeȱ Urteilȱ fälltȱ allerdingsȱ nichtȱ soȱ starkȱ ausȱ wieȱ inȱ Hosȱ 12,4.ȱ Dortȱ wirdȱ dieȱTatȱJakobsȱfreilichȱsehrȱabwertendȱgeschildert:ȱ„ImȱMutterleibȱhintergingȱ(bq;[')ȱerȱ seinenȱBruder.“ȱDasȱgingȱinȱderȱToraȱfreilichȱnichtȱsoȱoffen:ȱDasȱistȱbewusstȱdoppelȬ sinnigȱ formuliertȱ undȱ kombiniertȱ Genȱ 25,26ȱ undȱ Genȱ 27,36ȱ („betrügen“/wörtlich:ȱ „hinterherschleichen“ȱ ynIbeq.[.Y:w:;ȱ vglȱ auchȱ Jerȱ 9,3).ȱ Durchȱ dieȱ Kombinationȱ entstehtȱ einȱ eindeutigerȱ Schuldaufweisȱ Jakobsȱ (=ȱ Israels).ȱ Schonȱ vomȱ Mutterleibȱ anȱ istȱ Jakobȱ (undȱ damitȱ seineȱ Nachkommen)ȱ verdorben.ȱ Inȱ Hosȱ 12ȱ dientȱ diesȱ demȱ SchuldaufȬ weis:ȱIsraelsȱSchuldȱistȱnichtȱzufälligȱundȱvermeidbar,ȱsondernȱschonȱimȱStammvaterȱ grundgelegt;ȱvgl.ȱhierzuȱnochȱHIEKE,ȱGenealogien,ȱ169f.ȱ
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TeilȱB:ȱAnalyseȱderȱTexteȱimȱKontextȱ
solidarisiertȱ(Genȱ28,1;ȱvgl.ȱGenȱ27,46).ȱSieȱhatȱJHWHsȱOrakelȱverstanȬ denȱ (Genȱ 25,23)ȱ undȱ nichtȱ falschȱ gewählt,ȱ auchȱ wennȱ ihreȱ Methodenȱ nichtȱohneȱFolgenȱbleiben.375ȱȱ Zumȱ anderenȱ bildenȱ dieȱ beidenȱ Ehenȱ Esausȱ denȱ letztenȱ Versuchȱ desȱnatürlichenȱErstgeborenen,ȱsichȱalsȱErstlingȱzuȱpositionieren.ȱEsausȱ exogameȱHeiratȱmitȱdenȱHetiterinnenȱJehuditȱundȱBasematȱ(Genȱ26,34)ȱ wirdȱ allerdingsȱ vonȱ beidenȱ Elternȱ ausdrücklichȱ negativȱ bewertet.ȱ Dieȱ Feststellung,ȱ dassȱ diesȱ denȱ Gramȱ derȱ Elternȱ auslöstȱ (vgl.ȱ Genȱ 26,35376ȱ undȱGenȱ27,46377),ȱwirdȱ„auchȱaufȱderȱpragmatischenȱEbeneȱderȱErzähȬ lungȱ verurteilt.ȱ Esauȱ grenztȱ sichȱ selbstȱ aus.“378ȱ Inȱ derȱ Genesisȱ könnenȱ zudemȱdieȱHetiterȱmitȱdeutlichȱnegativȱkonnotiertenȱKanaanäernȱidenȬ tifiziertȱ werden.379ȱ Dieȱ Erzählabschnitteȱ inȱ Genȱ 24ȱ undȱ Genȱ 28,1Ȭ5ȱ unȬ terstreichenȱgeradeȱdenȱAufwand,ȱderȱbetriebenȱwird,ȱumȱgeradeȱkeineȱ kanaanäischenȱ Frauenȱ zuȱ heiraten,ȱ sondernȱ zurȱ Notȱ langeȱ Strapazenȱ undȱReisenȱaufȱsichȱzuȱnehmen,ȱumȱimȱfernenȱMesopotamienȱendogamȱ zuȱheiraten.ȱErstȱinȱGenȱ28,6Ȭ8ȱwirdȱauchȱEsauȱgewahr,ȱdassȱerȱmitȱderȱ exogamenȱHeiratȱderȱbeidenȱHetiterinnenȱfalschȱlag.ȱUmȱdenȱMakelȱinȱ denȱ Augenȱ desȱ Vatersȱ dochȱ nochȱ zuȱ verringern,ȱ nimmtȱ sichȱ Esauȱ dieȱ TochterȱIsmaels,ȱMahalat,ȱzurȱFrauȱ(Genȱ28,9).ȱAllerdingsȱistȱauchȱdieȬ serȱ–ȱnunȱzumindestȱbedingtȱendogameȱ–ȱVersuchȱzumȱScheiternȱverȬ urteilt,ȱdaȱ Ismaelsȱ Nachkommenschaftȱ bereitsȱ ausȱderȱ Hauptlinieȱ ausȬ geschiedenȱ war.ȱ Damitȱ korrespondiert,ȱ dassȱ derȱ Nameȱ vonȱ Esausȱ dritterȱ Frauȱ inȱ keinemȱ genealogischenȱSystemȱ mehrȱ auftauchtȱ –ȱselbstȱ inȱderȱToledotȱEsausȱnichtȱ(vgl.ȱGenȱ36).ȱȱ DieȱnegativeȱSichtȱaufȱEsausȱQualifizierungsbestrebungenȱgehtȱsoȬ garȱsoweit,ȱdassȱbeideȱEhenȱEsausȱimȱNachhineinȱunterschiedslosȱmitȬ einanderȱ identifiziertȱ werdenȱ können:ȱ Inȱ Genȱ 36,2Ȭ3ȱ heiratetȱ Esauȱ –ȱ nebenȱeinerȱHetiterinȱundȱeinerȱHeviterinȱ–ȱIsmaelsȱTochter.ȱDiesȱentȬ sprichtȱzunächstȱderȱInformationȱausȱGenȱ28,9.ȱJedochȱheißtȱdieseȱFrauȱ nunȱnichtȱmehrȱMahalat,ȱsondernȱBasemat,ȱwelcheȱwiederumȱeineȱderȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 375ȱȱ ÄhnlichȱwieȱinȱKap.ȱ38ȱ(Tamar)ȱrühmtȱdiesesȱKapitelȱdieȱEntschlossenheitȱderȱFrau,ȱ sichȱgegenüberȱdemȱStammvaterȱdurchzusetzen.ȱȱ 376ȱȱ „UndȱsieȱwarenȱeinȱHerzeleidȱ(x:Wr tr:mo)ȱfürȱIsaakȱundȱRebekka.“ȱ 377ȱȱ „Undȱ Rebekkaȱ sagteȱ zuȱ Isaak:ȱ Ichȱ binȱ desȱ Lebensȱ überdrüssigȱ wegenȱ derȱ Töchterȱ Hets.ȱWennȱJakobȱauchȱeineȱFrauȱwieȱdieseȱnimmt,ȱvonȱdenȱTöchternȱHets,ȱvonȱdenȱ TöchternȱdesȱLandesȱ(#rYIw: vm,V,h;)ȱmarkierenȱjeweilsȱdieȱWendepunkteȱderȱHandlung:ȱbeimȱerstenȱ Malȱ vorȱ demȱ Verlassenȱ desȱ Landesȱ imȱ Kontextȱ vonȱ Verheißungȱ undȱ erhoffterȱ Erfüllung;ȱ beimȱ zweitenȱ Malȱ kurzȱ vorȱ derȱ Rückkehrȱ insȱ Land394ȱ undȱ derȱ Aussöhnungȱ mitȱ seinemȱ Bruderȱ Esauȱ undȱ derȱ damitȱ verbundenenȱ Bestätigungȱ desȱ Erstlingssegensȱ fürȱ Jakob.ȱ Jakobsȱ AufȬ enthaltȱ inȱ Bethelȱ (Genȱ 28,10Ȭ22)ȱ gibtȱ damitȱ denȱ Auftaktȱ fürȱ dieȱ komȬ mendenȱ Episodenȱ umȱ Jakobsȱ Wegȱ zumȱ eigenenȱ Erstlingssegenȱ (Genȱ 28,10Ȭ35,29).ȱȱ 5.2.4ȱJakobsȱAufenthaltȱbeiȱLabanȱ(Genȱ29,1Ȭ32,1)ȱ Dasȱ Ereignisȱ inȱ derȱ Jakoberzählung,ȱ dasȱ denȱ zunächstȱ gewecktenȱ LeȬ sererwartungenȱ amȱ entschiedenstenȱ zuwiderläuft,ȱ istȱ dieȱ friedlicheȱ Wiederbegegnungȱ Jakobsȱ undȱ Esausȱ inȱ Genȱ 33.ȱ Esȱ stelltȱ denȱ HöheȬ punktȱderȱHandlungȱdarȱundȱverkörpertȱzugleichȱdenȱhintergründigenȱ theologischenȱGehaltȱderȱJakoberzählung.ȱImȱfolgendenȱAbschnittȱwirdȱ diesȱnochȱnäherȱbesprochenȱwerden.ȱAufȱdenȱerstenȱBlickȱscheintȱnunȱ dieȱ Handlungȱ derȱ JakobȬLabanȬEpisodeȱ (Genȱ 29,1Ȭ32,1)ȱ inȱ keinemȱ erȬ kennbarenȱZusammenhangȱmitȱdemȱSpannungsbogenȱderȱJakoberzähȬ lungȱ zuȱ stehen,ȱ derȱ vorȱ allemȱ denȱ Konfliktȱ zwischenȱ denȱ beidenȱ BrüȬ dernȱJakobȱundȱEsauȱbetrifft.395ȱDieȱLabanȬEpisodeȱhandeltȱvonȱJakobsȱ Dienstȱ inȱ derȱ Fremde,ȱ inȱ dessenȱ Verlaufȱ erȱ zuȱ einemȱ gesegnetenȱ undȱ reichenȱ Mannȱ wird.ȱ Beiȱ nähererȱ Betrachtungȱ ergebenȱ sichȱ allerdingsȱ beachtlicheȱ Querverbindungen,ȱ dieȱ einȱ bezeichnendesȱ Lichtȱ aufȱ dieȱ UrsachenȱundȱdieȱLösungȱdesȱKonfliktesȱsowieȱdieȱSchuldȱJakobsȱwerfen:ȱ Beimȱ Konfliktȱ zwischenȱ Jakobȱ undȱ Labanȱ tragenȱ beideȱ durchȱ BeȬ trügereienȱ undȱ „freieȱ Auslegungen“ȱ derȱ getroffenenȱ Vereinbarungenȱ dazuȱ bei,ȱ dassȱ sichȱ dasȱ Verhältnisȱ zunächstȱ zusehendsȱ verschlechtert.ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 393ȱȱ Derȱ~yhil{a/ %a;l.mȱ; (sg.)ȱkommtȱnurȱnochȱinȱGenȱ21,17ȱundȱ31,11ȱvor;ȱhäufigerȱistȱhingeȬ genȱinȱderȱGenesisȱdieȱRedeȱvomȱhw"hy> %a;l.m;;ȱvgl.ȱGenȱ16,7.9.10.11;ȱ22,11.15.ȱ 394ȱȱ DerȱSonnenaufgangȱ(Genȱ32,27)ȱistȱderȱentscheidendeȱMomentȱinȱGenȱ32,23Ȭ33.ȱErstȱ durchȱdenȱdrohendenȱSonnenaufgangȱwirdȱesȱJakobȱmöglich,ȱdieȱSituationȱfürȱsichȱ positivȱzuȱwenden.ȱ 395ȱȱ Soȱ urteiltȱ z.B.ȱ SEEBASS:ȱ „Kap.ȱ 31ȱ istȱ zweifellosȱ Höhepunktȱ undȱ Zielȱ derȱ kleinenȱ SammlungȱvonȱJakobȬLabanȬErzählungen,ȱzuȱdenenȱnochȱ29,31Ȭ30,24ȱgehört.ȱAbgeȬ sehenȱvonȱderȱAnspielungȱ29,26bȱfindetȱmanȱkeineȱBeziehungȱzuȱdenȱvorhergehenȬ denȱEsauerzählungen.“ȱ(SEEBASS,ȱGenesisȱII/2,ȱ376).ȱEbendort:ȱ„ManȱhätteȱzwischenȬ durchȱ denȱ inȱ Genȱ 25,19Ȭ28ȱ angebahntenȱ Konfliktȱ mitȱ Esauȱ beinaheȱ vergessenȱ können,ȱsoȱwenigȱwarȱvonȱseinemȱKonfliktȱzuȱspüren.“ȱ
5.ȱEsauȱundȱJakobȱ(Genȱ25,12Ȭ36,43)ȱ
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Hierüberȱ wirdȱ derȱ Betrugȱ Jakobsȱ anȱ Esauȱ mitȱ eingespieltȱ undȱ damitȱ JakobsȱschuldhafteȱRolleȱinȱdemȱBrüderkonfliktȱfestgehaltenȱundȱaktuaȬ lisiert.ȱGleichȱzuȱBeginnȱgreifenȱdieȱimmerȱwiederkehrenden,ȱlangwieȬ rigenȱ Lohnverhandlungenȱ dasȱ Themaȱ Betrugȱ wiederȱ auf.ȱ Auchȱ aufȱ demȱ Höhepunktȱ derȱ Episodeȱ vonȱ Jakobsȱ Hochzeitȱ (Genȱ 29,15Ȭ30)ȱ fälltȱ dasȱStichwortȱ hm'r'/Piȱ(betrügen;ȱV.ȱ26396).ȱInȱderȱFormulierungȱLabans,ȱ „soȱtutȱmanȱnichtȱanȱunseremȱOrt“ȱ(WnmeAqm.Bi !ke hf,['yE-al{),ȱistȱdieȱAnspieȬ lungȱaufȱJakobsȱvielȱweitergehendenȱBetrugȱnichtȱzuȱüberhören.ȱȱ Labanȱ hatȱ alsȱ betontȱ verwandtschaftlichȱ Handelnderȱ (V.ȱ 13a.14a)ȱ letztlichȱseinenȱVerwandtenȱgründlichȱhintergangen,ȱweilȱerȱdasȱRichȬ tigeȱnichtȱvonȱAnfangȱanȱgesagtȱhat.397ȱAuchȱdasȱMotivȱderȱ„VerschleieȬ rung“ȱ beiȱ derȱ Hochzeitȱ Jakobsȱ mitȱ Leaȱ spieltȱ eventuellȱ aufȱ dieȱ fürȱ dieȱ Listȱ Jakobsȱ benötigteȱ Einkleidungȱ mitȱ denȱ Tierfellenȱ an.ȱ Dieȱ LabanȬ Episodeȱ nimmtȱ dabeiȱ dieȱ Ambivalenzȱ derȱ Zukunftsvorhersagenȱ fürȱ JakobȱausȱGenȱ25/27ȱwiederȱauf.ȱWennȱJakobȱ20ȱJahreȱinȱeinȱVerhältnisȱ eingebundenȱ wird,ȱ dasȱ wiederholtȱ durchȱ dieȱ Stichworteȱ db[398ȱ undȱ rk'f'399ȱcharakterisiertȱwird,ȱdrängtȱsichȱimȱHinblickȱaufȱdieȱimȱSterbeseȬ genȱvorausgesagtenȱVerhältnisseȱ(Genȱ27,29)ȱderȱEindruckȱeinerȱ„meisȬ terhaftȱinszeniertenȱIronie“400ȱauf.ȱȱ DieserȱEindruckȱverstärktȱsichȱnochȱdadurch,ȱdassȱsichȱderȱKonfliktȱ derȱ beidenȱ Schwesternȱ umȱ dieȱ Vorrangstellungȱ (Genȱ 29,31Ȭ30,24),ȱ derȱ inȱ Rahelsȱ Diebstahlȱ derȱ Teraphimȱ mündet,ȱ alsȱ Spiegelungȱ derȱ HandȬ lungȱinȱGenȱ25/27ȱbegreifenȱlässt:ȱDieȱRivalitätȱderȱbeidenȱSchwesternȱ beginntȱ bereitsȱ damit,ȱ dassȱ Rahelȱ dieȱ eigentlicheȱ geliebteȱ Frauȱ Jakobsȱ istȱ(Genȱ29,18),ȱwährendȱLeaȱaufgrundȱdesȱBetrugsȱvonȱLabanȱanȱJakobȱ eineȱunfreiwilligeȱBeigabeȱdarstelltȱ(Genȱ29,27).ȱAuchȱdasȱWirkenȱGotȬ tesȱwirdȱhierȱinȱgewisserȱWeiseȱgespiegelt:ȱWarȱdieȱjüngereȱSchwesterȱ RahelȱzwarȱJakobsȱGeliebteȱundȱLeaȱdieȱverschmähteȱErstgeborene,ȱsoȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 396ȱȱ DasȱVerbum/PiȱnurȱhierȱinȱderȱTora.ȱ 397ȱȱ Vgl.ȱ GUNKEL,ȱ Genesis,ȱ 329.ȱ Zurȱ Formulierungȱ „soȱ tutȱ manȱ nicht“ȱ (!ke hf,['yE-al{)ȱ vgl.ȱ nochȱGenȱ34,7ȱundȱ1ȱSamȱ13,12.ȱDieȱältereȱTochterȱgibtȱauchȱSaulȱ(1ȱSamȱ18,17;ȱbreitȱ ausgeführtȱinȱJubȱ28).ȱ„TäuschungȱbeiȱderȱBrautwerbungȱistȱeinȱhäufigesȱMotivȱvgl.ȱ Grimmsȱ Märchenȱ Nr.ȱ 89ȱ [scil.ȱ „Dieȱ Gänsemagd“]ȱ vgl.ȱ Nr.ȱ 13ȱ [scil.ȱ „Derȱ FroschköȬ nig“]“ȱ(GUNKEL,ȱGenesis,ȱ328),ȱvgl.ȱnochȱHERODOT,ȱHistorien,ȱIII,1.ȱDieȱEheȱmitȱzweiȱ SchwesternȱwirdȱinȱLevȱ18,18ȱverboten.ȱDieȱSchlussfolgerungȱvonȱSEEBASS,ȱdassȱdieȱ Eheȱ mitȱdenȱSchwesternȱaberȱinȱ „früherȱZeit“ȱalsȱ„unanstößig“ȱempfundenȱwurde,ȱ istȱ nichtȱ zwingendȱ (DERS.,ȱ Genesisȱ II/2,ȱ 331),ȱ daȱ esȱ inȱ Genȱ 29/30ȱ geradeȱ umȱ denȱ SchuldaufweisȱJakobsȱgeht.ȱ 398ȱȱ Vgl.ȱGenȱ29,15.18.20.25.27[2x].30;30,26[3x].29;ȱ31,6.ȱ 399ȱȱ Vgl.ȱ Genȱ 30,28.32.33;31,6Ȭ8.ȱ Zuȱ denȱ beidenȱ charakteristischenȱ Begriffenȱ vgl.ȱ TASCHȬ NER,ȱVerheißungȱundȱErfüllung,ȱ89.98Ȭ102ȱundȱFOKKELMAN,ȱNarrativeȱArtȱinȱGeneȬ sis,ȱ130.ȱ 400ȱȱ TASCHNER,ȱVerheißungȱundȱErfüllung,ȱ138.ȱȱ
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TeilȱB:ȱAnalyseȱderȱTexteȱimȱKontextȱ
fandȱLeaȱvonȱAnfangȱanȱGunstȱinȱdenȱAugenȱJHWHs,ȱwährendȱRahelȱ einenȱ Kampfȱ zuȱ bestehen,ȱ alsoȱ langeȱ zuȱ wartenȱ hatte.ȱ Demgegenüberȱ wirdȱschonȱimȱGottesorakelȱinȱGenȱ25,23ȱeineȱBevorzugungȱdesȱZweitȬ geborenenȱ Jakobȱ oderȱ –ȱ umȱ dieȱ bewussteȱ Ambivalenzȱ desȱ GottesȬ spruchsȱzuȱberücksichtigenȱ–ȱzumindestȱdieȱdurchȱgöttlicheȱInterventiȬ onȱermöglichteȱUmkehrȱderȱnatürlichenȱGeburtsreihenfolgeȱdurchȱGottȱ selbstȱunterstrichen.ȱAufȱJakobȱundȱnichtȱaufȱdenȱnatürlichenȱErstgeboȬ renenȱkonzentriertȱsichȱdasȱHandelnȱGottes.ȱInȱdenȱGeburtsgeschichtenȱ (Genȱ 29,31Ȭ30,24)ȱ setztȱ sichȱ derȱ Konfliktȱ derȱ beidenȱ weiterȱ fort.ȱ Dieȱ Wortspieleȱ undȱ Ätiologienȱ derȱ Namenȱ derȱ Söhneȱ derȱ beidenȱ SchwesȬ ternȱundȱihrerȱMägdeȱbasierenȱaufȱdemȱRingenȱderȱbeidenȱSchwesternȱ miteinander.401ȱ Dieȱ Geburtsgeschichtenȱ derȱ Söhneȱ Jakobsȱ machenȱ entȬ sprechendȱ einenȱ beträchtlichenȱ Anteilȱ anȱ derȱ LabanȬEpisodeȱ aus.ȱ Inȱ Genȱ 29,31ȱ liegtȱ eineȱ Expositionȱ vor,ȱ derenȱ Elementeȱ (Leaȱ wirdȱ verȬ schmähtȱ –ȱ Rahelȱ istȱ unfruchtbar)ȱ alleȱ folgendenȱ Handlungenȱ durchȬ dringen.ȱ Ausgerechnetȱ dieȱ geliebteȱ Rahelȱ bleibtȱ zunächstȱ unfruchtbar,ȱ währendȱLeaȱmitȱKindernȱgesegnetȱwird.ȱRahelsȱUnfruchtbarkeitȱwirdȱ abschließendȱerstȱinȱGenȱ30,22Ȭ24ȱüberwunden.ȱȱ Dieȱ Geburtsgeschichtenȱ werdenȱ dadurchȱ gerahmt,ȱ dassȱ sichȱ beimȱ erstenȱSohnȱ(Ruben)ȱundȱbeimȱletztenȱ(Joseph)ȱdieȱNamensbegründunȬ genȱnachȱdenȱNamensgebungenȱgebotenȱwerdenȱundȱnichtȱwieȱbeiȱdenȱ restlichenȱ neunȱ Söhnenȱ davor.ȱ Obwohlȱ Leaȱ ebenfallsȱ kurzfristigȱ unȬ fruchtbarȱ bleibtȱ (wasȱ erzähltechnischȱ denȱ Einsatzȱ ihrerȱ Magdȱ Silpaȱ begründet),ȱsoȱbringtȱsieȱesȱdochȱimmerhinȱaufȱsechsȱKinder,ȱwährendȱ RahelȱlediglichȱzweiȱKinderȱgebärenȱkannȱ–ȱundȱdarüberȱhinausȱspäterȱ anȱderȱGeburtȱdesȱJüngsten,ȱBenjamin,ȱstirbtȱ(vgl.ȱGenȱ35,19).ȱDennochȱ sindȱ geradeȱ dieseȱ beidenȱ Kinder,ȱ Josephȱ undȱ Benjamin,ȱ dieȱ LieblingsȬ söhneȱJakobs.ȱJosephȱwirdȱspäterȱeineȱbesondereȱRolleȱspielen,ȱwennȱesȱ darumȱ geht,ȱ dieȱ Israelitenȱ mitȱ Ägyptenȱ zuȱ verbinden.ȱ Fernerȱ suchtȱ RahelȱinȱGenȱ30,14Ȭ16ȱihreȱHilfeȱnichtȱmehrȱinȱeinerȱgöttlichenȱInstanz,ȱ sondernȱ stattdessenȱ inȱ einerȱ imȱ orientalischenȱ Kulturraumȱ alsȱ AphroȬ disiakumȱ bekannten,ȱ mitȱ derȱ Hoffnungȱ aufȱ eineȱ Fertilitätssteigerungȱ verwendetenȱ Pflanze,ȱ denȱ ~yaid'WDȱ (Genȱ 30,14).402ȱ Rahelȱ „verkauft“ȱ imȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 401ȱȱ SoȱauchȱdieȱBeobachtungȱvonȱHIEKE,ȱGenealogien,ȱ170f.ȱZurȱEtymologieȱderȱNamenȱ vgl.ȱ u.a.ȱ LACOCQUE,ȱ Uneȱ descendance,ȱ 119Ȭ123ȱ undȱ MEURER,ȱ Gebärwettstreit,ȱ 93Ȭ 108.ȱ 402ȱȱ Gemeintȱ istȱ hierȱ dieȱ Mandragoraȱ vernalis.ȱ Einigeȱ knappeȱ Hinweiseȱ findenȱ sichȱ beiȱ ZOHARY,ȱ Pflanzenȱ derȱ Bibel,ȱ 188Ȭ189,ȱ beiȱ JACOB,ȱ Genesis,ȱ 597fȱ (mitȱ Sprȱ 7,17fȱ gegenȱ dieȱ Vorstellung,ȱ dassȱ dieȱ Dudaimȱ alsȱ Aphrodisiakumȱ verwendetȱ wurden:ȱ „Dieȱ DudaimȱsindȱalsoȱnichtȱinȱhöheremȱGradeȱStimulantienȱalsȱsonstȱduftendeȱBlumen,ȱ undȱ dieȱ ganzeȱ Gelehrsamkeitȱ vonȱ Alraunen,ȱ Liebesäpfelnȱ undȱ ihremȱ Liebeszauberȱ istȱüberflüssig.“)ȱundȱbeiȱVONȱRAD,ȱGenesis,ȱ238.ȱ
5.ȱEsauȱundȱJakobȱ(Genȱ25,12Ȭ36,43)ȱ
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Grundeȱ denȱ Geschlechtsverkehrȱ mitȱ Jakobȱ fürȱ dieȱ vonȱ Ruben,ȱ ihremȱ Erstgeborenen,ȱfürȱseineȱMutterȱLeaȱgesammeltenȱDudaim.403ȱDieȱSzeneȱ vomȱVerkaufȱdesȱErstlingstumȱEsausȱscheintȱhierȱdeutlichȱdurch.ȱ Aufȱ einenȱ letztenȱ Punktȱ seiȱ hierȱ nochȱ hingewiesen,ȱ derȱ aufȱ dieȱ Schuldȱ Jakobsȱ rückverweist,ȱ bisherȱ aberȱ inȱ derȱ Forschungȱ nochȱ nichtȱ berücksichtigtȱwurde.ȱBeiȱderȱTäuschungserzählungȱinȱGenȱ27ȱsindȱdieȱ fünfȱ Sinneȱ wesentlich,ȱ daȱ sieȱ wegenȱ derȱ Altersschwächeȱ desȱ Vatersȱ dieȱ Segensvertauschungȱ überhauptȱ erstȱ ermöglichen.ȱ Erstȱ nachȱ demȱ DreiȬ schrittȱvonȱFühlenȱ(V.ȱ21Ȭ23),ȱSchmeckenȱ(V.ȱ25)ȱundȱRiechenȱ(V.ȱ27)ȱistȱ Isaakȱ vollkommenȱ überzeugt,ȱ denȱ richtigenȱ Sohnȱ zuȱ segnen.ȱ Daraufȱ kannȱGenȱ29/30ȱzurückgreifenȱundȱergänztȱdieȱSinneȱzurȱvollständigenȱ Fünfzahl.ȱM.E.ȱdürftenȱsichȱnichtȱzufälligȱdieȱNamenȱderȱerstenȱbeidenȱ SöhneȱJakobsȱebenfallsȱaufȱdieȱbeidenȱnochȱfehlendenȱSinneȱbeziehen:ȱ !beWar>ȱ (wörtlich:ȱ „Seht!ȱ Einȱ Sohn“;ȱ dieȱ Namensdeutungȱ inȱ Genȱ 29,32:ȱ hw"hy> ha'r"-yKi)ȱundȱ!A[m.viȱ(abzuleitenȱvonȱ[mv;ȱdieȱNamensdeutungȱinȱGenȱ 29,33:ȱ hw"hy> [m;v'-yKi).ȱ Dieȱ Söhneȱ sindȱ damitȱ gleichsamȱ einȱ Rückverweisȱ aufȱ Jakobsȱ eigeneȱ Schuldȱ inȱ Genȱ 27.ȱ Wieȱ inȱ Jakobsȱ Namenȱ („FersenȬ schleicher“;ȱ vgl.ȱ Genȱ 25/27)ȱ istȱ auchȱ inȱ seinenȱ Söhnenȱ dieȱ Schuldȱ fürȱ denȱ Leserȱ präsent.ȱ Diesȱ verstärktȱ denȱ Leseeindruck,ȱ dassȱ dieȱ Schuldȱ nichtȱohneȱweiteresȱzuȱüberwindenȱist,ȱdennȱsieȱhatȱsichȱ–ȱsoȱdasȱBildȱ–ȱ schonȱ inȱ dieȱ nächsteȱ Generationȱ hineinȱ fortgesetztȱ bzw.ȱ haftetȱ dieserȱ neuenȱGenerationȱnochȱan.ȱȱ Betontȱ werdenȱ sollȱ anȱ dieserȱ Stelleȱ nochȱ einmal,ȱ dassȱ esȱ sichȱ beiȱ denȱ beschriebenenȱMotivspiegelungenȱumȱLesehinweiseȱhandelt,ȱdieȱdieȱBeȬ deutungȱ bestimmterȱ Aspekteȱ derȱ JakobȬEsauȬErzählungȱ signalisierenȱ undȱreïnterpretieren.ȱSoȱsollenȱJakobsȱHandlungenȱwohlȱnichtȱdadurchȱ entschuldigtȱ werden,ȱ dassȱ inȱ derȱ LabanȬEpisodeȱ demonstriertȱ wird,ȱ wieȱ sehrȱ dieȱ Verhältnisseȱ inȱ derȱ Fremdeȱ undȱ dieȱ inȱ Genȱ 25/27ȱ dargeȬ stelltenȱPraktikenȱsichȱähneln.404ȱGanzȱundȱgarȱfernȱliegenȱinȱirgendeiȬ nerȱWeiseȱmoralisierendeȱoderȱpsychologisierendeȱDeutungen,ȱdieȱaufȱ eineȱBelehrungȱderȱJakobsfigurȱinnerhalbȱderȱLabanȬEpisodeȱzielen,ȱalȬ soȱ etwaȱ dieȱ Deutungȱ derȱ Episodeȱ alsȱ eineȱ Artȱ Nemesis:ȱ Jakobȱ müsseȱ etwaȱamȱeigenenȱLeibȱerfahren,ȱwasȱerȱanderenȱangetanȱhat.ȱSoȱformuȬ lierteȱ esȱ vonȱ Radȱ klassisch:ȱ „Soȱ zeigtȱ derȱ Erzähler,ȱ wieȱ inȱ diesemȱ SchwankȱderbsterȱSorteȱeineȱernsteȱNemesisȱwaltet.“405ȱAllerdingsȱwarȱ schonȱgezeigtȱworden,ȱdassȱdieȱListȱJakobsȱinȱGenȱ25ȱundȱ27ȱnurȱdurchȱ subtileȱ Andeutungenȱ desȱ Autorsȱ vomȱ Leserȱ alsȱ Betrugȱ gedeutetȱ werȬ
ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 403ȱȱ SEEBASS,ȱ Genesisȱ II/2,ȱ 341ȱ dazuȱ treffend:ȱ „Rahelȱ mußȱ inȱ ihrerȱ Selbstachtungȱ starkȱ heruntergekommenȱsein.“ȱȱ 404ȱȱ SoȱderȱHinweisȱbeiȱTASCHNER,ȱVerheißungȱundȱErfüllung,ȱ85.ȱ 405ȱȱ Vgl.ȱVONȱRAD,ȱGenesis,ȱ235ȱ(überȱJakobsȱHochzeitȱinȱGenȱ29,21Ȭ26).ȱ
160
TeilȱB:ȱAnalyseȱderȱTexteȱimȱKontextȱ
denȱkann.ȱAufȱderȱTextoberflächeȱgeschiehtȱdiesȱfreilichȱnichtȱsoȱstark,ȱ wieȱderȱNemesisȬGedankeȱesȱerwartenȱließe.ȱ
AufȱderȱanderenȱSeiteȱzeichnenȱsichȱinȱderȱEpisodeȱderȱBeginnȱderȱErȬ füllungȱ derȱ Bethelverheißungȱ sowieȱ derȱ Abschlussȱ derȱ Qualifizierungȱ JakobsȱalsȱErstlingȱab.ȱDerȱKonfliktȱderȱbeidenȱFrauenȱweitetȱsichȱzumȱ „Gotteskampf“ȱ ausȱ (yTil.T;p.nI ~yhil{a/ yleWTp.n:;ȱ Genȱ 30,8),ȱ inȱ dessenȱ Verlaufȱ insgesamtȱ elfȱ Söhneȱ geborenȱ werden,ȱ dieȱ alleȱ dieȱ Namenȱ derȱ Stämmeȱ Israelsȱ tragen.ȱ Inȱ denȱ elfȱ Söhnenȱ Jakobsȱ verwirklichtȱ sichȱ sichtbarȱ derȱ Erstlingssegen.ȱ Derȱ „Gotteskampf“ȱ derȱ Schwesternȱ weistȱ zudemȱ voȬ rausȱaufȱdenȱKampfȱamȱJabbokȱ(Genȱ32,23Ȭ33)406,ȱwoȱJakobȱseinenȱeigeȬ nenȱ Segenȱ zugesprochenȱ bekommt.ȱ Alsȱ sichȱ dasȱ Verhältnisȱ zwischenȱ LabanȱundȱJakobȱzusehendsȱverschlechtert,ȱbekommtȱJakobȱvonȱJHWHȱ selbstȱ denȱ Auftrag,ȱ inȱ dasȱ Landȱ zurückzukehren,ȱ dasȱ ihmȱ verheißenȱ wordenȱ istȱ (Genȱ 31,3).ȱ Inȱ derȱ Fluchtȱ Jakobsȱ vorȱ Labanȱ zuȱ Esauȱ (Genȱ 31,1Ȭ32,1)ȱspiegeltȱsichȱdieȱFluchtȱJakobsȱvorȱEsauȱzuȱLaban.ȱȱ DasȱZielȱderȱErzählungȱbestehtȱinȱeinerȱStreitschlichtungȱ(V.ȱ43Ȭ54),ȱ dieȱeindeutigȱaufȱGottesȱWirkenȱzugunstenȱJakobsȱzurückgeführtȱwirdȱ (V.ȱ24.29.42).ȱAuchȱdenȱStreitȱzwischenȱdenȱbeidenȱFrauenȱhatȱletztlichȱ Gottȱ zuȱ einemȱ versöhnlichenȱ Endeȱ geführt.ȱ Hierinȱ werdenȱ dieȱ bevorȬ stehendeȱBegegnungȱmitȱEsauȱundȱdieȱHoffnungȱaufȱVersöhnungȱpräȬ figuriert.ȱ Amȱ Endeȱ seinesȱ langenȱ Aufenthaltesȱ inȱ derȱ Ferneȱ hatȱ Jakobȱ nichtȱ nurȱ zweiȱ Frauen,ȱ dieȱ ihnȱ inȱ seinerȱ Verselbstständigung,ȱ Fluchtȱ undȱ Befolgungȱ desȱ Gotteswortesȱ rückhaltlosȱ unterstützenȱ (Genȱ 32,2Ȭ 24),ȱsondernȱauchȱelfȱSöhneȱundȱeinȱbeträchtlichesȱVermögenȱerworbenȱ (Genȱ30,25Ȭ31,1).ȱDadurchȱscheintȱJakobȱzumindestȱalsȱpotentiellerȱErstȬ lingȱ inȱ Frageȱ zuȱ kommen.ȱ Dieȱ LabanȬEpisodeȱ leistetȱ damitȱ zumȱ einenȱ wesentlichenȱ Erzählfortschrittȱ innerhalbȱ derȱ JakobȬEsauȬErzählung.ȱ Zumȱanderenȱspiegeltȱsieȱ–ȱausȱderȱLeserperspektiveȱ–ȱdenȱBruderkonȬ fliktȱ JakobȬEsau,ȱ worausȱ sichȱ fürȱ denȱ Leserȱ eineȱ Reiheȱ vonȱ déjàȬvùȬ Erlebnissenȱ auftun.407ȱ Soȱ regtȱ derȱ Textȱ dazuȱ an,ȱ vonȱ derȱ JakobȬLabanȬ Episodeȱ herȱ denȱ ungelöstȱ imȱ Raumȱ stehendenȱ Bruderkonfliktȱ weiterȬ zudenkenȱundȱeineȱLösungȱzuȱerwarten.ȱ
ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 406ȱȱ AlsȱVollverbȱ(„besiegen“;ȱnichtȱalsȱModalverb)ȱerscheintȱ lkyȱnurȱinȱGenȱ30,8ȱundȱinȱ Genȱ32,26.29ȱinnerhalbȱderȱGenesis.ȱȱ 407ȱȱ FürȱdieȱgezielteȱPlatzierungȱzwischenȱdenȱErzählungenȱumȱdenȱKonfliktȱderȱBrüderȱ sprechenȱ sichȱ dezidiertȱ DICOU,ȱ Theȱ Roleȱ ofȱ Edom,ȱ 129Ȭ131;ȱ DERS.,ȱ Jakobȱ enȱ Esau,ȱ IsraëlȱenȱEdom,ȱ129ȱundȱFOKKELMAN,ȱNarrativeȱArtȱinȱGenesis,ȱ140fȱausȱ(jedochȱmitȱ unterschiedlichenȱ Begründungen).ȱ Zumȱ Verhältnisȱ desȱ „JakobȬLabanȬKomplexes“ȱ zurȱ Peripetieȱ derȱ Jakoberzählungȱ vgl.ȱ auchȱ TASCHNER,ȱ Verheißungȱ undȱ Erfüllung,ȱ 137Ȭ139.ȱ
5.ȱEsauȱundȱJakobȱ(Genȱ25,12Ȭ36,43)ȱ
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5.2.5ȱVersöhnungȱalsȱBestätigungȱdesȱErstlingssegensȱ(Genȱ32,2Ȭ33,17)ȱ JakobȱkehrtȱmitȱeinerȱgroßenȱFamilieȱundȱgroßemȱReichtumȱzurück.ȱInȱ Genȱ32,2fȱwirdȱmitȱexplizitenȱwieȱimplizitenȱVerweisenȱaufȱdieȱBethelȬ episodeȱ Genȱ 28,10Ȭ22ȱ derȱ Erzählfadenȱ umȱ Bruderkonfliktȱ undȱ ErstȬ lingssegenȱwiederȱaufgegriffen.408ȱJakobȱhatȱsichȱnunȱbeiȱderȱRückkehrȱ mitȱ denȱ Folgenȱ seinesȱ Verhaltensȱ gegenüberȱ Esauȱ auseinanderzusetȬ zen.ȱDieȱausstehendeȱVersöhnungȱmitȱseinemȱBruderȱbestimmtȱnunȱdieȱ Dynamikȱ derȱ Erzählung.ȱ Derȱ gesamteȱ Abschnittȱ Genȱ 32,2Ȭ33,17ȱ istȱ alsȱ eineȱzusammenhängende,ȱwohlȱkomponierteȱErzählungȱzuȱlesen.409ȱ InnerhalbȱdieserȱKompositionȱbildetȱJakobsȱKampfȱmitȱdemȱunbeȬ kanntenȱ Mannȱ amȱ Jabbokȱ undȱ seineȱ Umbenennungȱ inȱ „Israel“ȱ (Genȱ 32,23Ȭ33)ȱ denȱ Kulminationspunktȱ derȱ Segensthematik.410ȱ Dieȱ JabbokȬ Episodeȱ istȱ damitȱ dasȱ Pendantȱ zuȱ Genȱ 25,29Ȭ34,ȱ woȱ derȱ Erwerbȱ desȱ ErstlingstumȱimȱZentrumȱstand.ȱDieȱErwähnungȱdesȱVolksnamenȱ„IsȬ rael“ȱ (dieȱ Umbenennungȱ Jakobsȱ inȱ Genȱ 32,29)ȱ entsprichtȱ derȱ ErwähȬ nungȱdesȱVolksnamenȱdesȱanderenȱBrudersȱgleichȱzuȱBeginnȱ(Edomȱinȱ Genȱ 25)ȱ undȱ verstärktȱ damitȱ dieȱ thematischeȱ Inklusion.ȱ Erstȱ Jakobsȱ BegegnungȱmitȱGottȱmachtȱihnȱzurȱBegegnungȱmitȱseinemȱBruderȱbeȬ reitȱ(Genȱ33,1Ȭ11).ȱGenȱ32,23Ȭ33ȱdientȱinnerhalbȱderȱVersöhnungserzähȬ lungȱ alsȱ retardierendesȱ undȱ sinnentscheidendesȱ Moment,ȱ dasȱ denȱ meisterhaftȱ konstruiertenȱ Spannungsbogenȱ inȱ Genȱ 32/33ȱ justȱ vorȱ derȱ LösungȱdesȱBruderkonfliktsȱnochȱeinmalȱunterbricht.ȱ Genȱ 32,23Ȭ33ȱ gehörtȱ damitȱ wesentlichȱ zumȱ Aufbauȱ derȱ VersöhnungsȬ episodeȱmitȱdazu.ȱV.ȱ23ȱmarkiertȱmitȱzweiȱRückverweisenȱaufȱdenȱvorȬ anstehendenȱKontextȱgeradeȱkeinenȱselbstständigenȱErzählanfang.ȱDasȱ SubjektȱJakobȱistȱnichtȱeingeführt,ȱundȱdieȱZeitangabeȱ„inȱjenerȱNacht“ȱ bindetȱ ausdrücklichȱ anȱ V.22ȱ undȱ V.ȱ 14ȱ zurück.ȱ Auchȱ setztȱ derȱ AufȬ bruchȱeinenȱOrtȱvoraus,ȱderȱüberȱdenȱRückverweisȱ„dort“ȱinȱV.ȱ14ȱaufȱ Machanajimȱ V.ȱ 3ȱ führt.ȱ Undȱ schließlichȱ bedarfȱ dieȱ Erwähnungȱ vonȱ FrauenȱundȱKindernȱdesȱvorausgegangenenȱKontextes.ȱ„MagȱdieȱSzeȬ neȱdurchȱihreȱBezügeȱzwischenȱAnfangȱundȱSchlussȱeineȱgewisseȱGeȬ
ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 408ȱȱ EineȱInklusionȱkannȱmanȱinȱGenȱ28,10Ȭ22ȱundȱGenȱ32,2fȱsehen,ȱdieȱunmittelbarȱnachȱ demȱVerlassenȱdesȱLandesȱbzw.ȱunmittelbarȱvorȱderȱRückkehrȱinȱdasȱLandȱstattfinȬ det.ȱDieȱBegegnungȱJakobsȱmitȱdenȱEngelnȱ(Genȱ28,12)ȱdirektȱnachȱseinemȱ„Auszug“ȱ (seinerȱ Flucht)ȱ entsprichtȱ derȱ Begegnungȱ mitȱ demȱ Engelȱ kurzȱ vorȱ seinerȱ Rückkehrȱ insȱLandȱ(Genȱ32,2).ȱHierȱsindȱesȱallerdingsȱdieȱEngel,ȱdieȱaufȱJakobȱtreffenȱ(Ab-W[G>p.YIw: ~yhil{a/ ykea]l.m;),ȱ nichtȱ umgekehrtȱ (Genȱ 28,12);ȱ vgl.ȱ auchȱ FOKKELMAN,ȱ Narrativeȱ Artȱ inȱ Genesis,ȱ198fȱsowieȱTASCHNER,ȱVerheißungȱundȱErfüllung,ȱ140Ȭ150.ȱ 409ȱȱ DieȱengeȱformaleȱwieȱtheologischȬnarrativeȱVernetzungȱwirdȱüberȱdieȱkonstitutivenȱ Wortspieleȱmitȱ hnmi geleistet.ȱS.ȱdazuȱweiterȱunȬ ten.ȱȱ 410ȱȱ SoȱauchȱDEURLOO,ȱDeȱnaamȱenȱdeȱnamen,ȱ37ȱundȱDERS.,ȱGenesisȬKommentar,ȱ151.ȱ
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TeilȱB:ȱAnalyseȱderȱTexteȱimȱKontextȱ
schlossenheitȱzeigen,ȱwozuȱnichtȱnurȱdasȱVerbȱ rb[,ȱsondernȱauchȱderȱ KontrastȱvonȱNachtȱundȱSonnenaufgangȱbeiträgt,ȱsoȱistȱsieȱdochȱohneȱ ihrenȱ Kontextȱ nichtȱ wirklichȱ funktionsfähig.“411ȱ Zurȱ KontexteinbinȬ dungȱvonȱGenȱ32,23Ȭ33ȱsindȱinȱdenȱletztenȱJahrenȱdieȱzahlreichenȱliteȬ rarischenȱ Bezügeȱ derȱ Szeneȱ amȱ Jabbokȱ herausgearbeitetȱ worden,ȱ soȱ u.a.ȱ vonȱ Fokkelman,ȱ Deurloo,ȱ Blumȱ undȱ Taschner.412ȱ Dieȱ starkeȱ KonȬ texteinbindungȱ derȱ JabbokȬErzählungȱ machtȱ esȱ schwer,ȱ inȱ ihrȱ eineȱ „unglücklich“413ȱ platzierteȱ Episodeȱ zuȱ vermuten,ȱ dieȱ alsȱ „eineȱ ausgeȬ sprocheneȱEinzelerzählung“414ȱbzw.ȱ„SageȱaufȱeignenȱFüßen“415,ȱretarȬ dierendȱ zwischenȱ derȱ Vorbereitungȱ Jakobsȱ aufȱ dieȱ Begegnungȱ mitȱ EsauȱinȱKapitelȱ32ȱundȱdieȱBegegnungȱselbstȱinȱKapitelȱ33ȱ„eingeschoȬ ben“ȱzuȱseinȱscheint.ȱ
5.2.5.1ȱVersöhnungȱundȱSegenȱ(Genȱ32,23Ȭ33)ȱ Beiȱ seinerȱ Rückkehrȱ fürchtetȱ Jakobȱ sichȱ sehrȱ vorȱ derȱ Begegnungȱ mitȱ seinemȱ Bruder.ȱ Dieseȱ Furchtȱ (Genȱ 32,12:ȱ Atao ykinOa' arEy"-yKi;ȱ vgl.ȱ V.8Ȭ9)ȱ rekurriertȱaufȱdieȱTötungsabsichtȱEsausȱinȱGenȱ27,41.ȱDieȱ„400ȱMann“ȱ (Genȱ 32,7;ȱ 33,1),ȱ mitȱ denenȱ Esauȱ Jakobȱ entgegenȱ zieht,ȱ versprechenȱ auchȱ wenigȱ Gutes.ȱ Dieȱ Begegnungȱ mitȱ Gottȱ amȱ Jabbokȱ leitetȱ nunȱ dieȱ entscheidendeȱ Wendeȱ imȱ Versöhnungsgeschehenȱ einȱ (Genȱ 32,23Ȭ32).ȱ VonȱdemȱGesprächȱJakobsȱmitȱLabanȱ(Genȱ31,25Ȭ32,1)ȱbisȱzurȱWiederȬ begegnungȱ derȱ beidenȱ Brüderȱ (Genȱ 33,17)ȱ vergehenȱ einigeȱ Tage,ȱ dieȱ überȱzweiȱKapitelȱhinwegȱausführlichȱgeschildertȱwerden.ȱWährendȱinȱ denȱvorausgegangenenȱPassagenȱdieȱZeitȱimmerȱwiederȱgerafftȱwurdeȱ (20ȱ Jahreȱ innerhalbȱ vonȱ zweiȱ Kapiteln),ȱ verlangsamtȱ sichȱ dasȱ ErzählȬ tempoȱhierȱamȱSchlussȱderȱJakoberzählungȱmerklich:416ȱErzählzeitȱundȱ erzählteȱ Zeitȱ näherenȱ sichȱ inȱ hohemȱ Maßeȱ an.ȱ Dasȱ Fehlenȱ vonȱ zeitliȬ chenȱLückenȱ(„Gaps“)ȱsteigertȱdieȱErzählintensitätȱenormȱundȱzeigtȱan,ȱ dassȱ dieȱ Jakoberzählungȱ nunȱ ihremȱ Höhepunktȱ entgegenȱ strebt.ȱ Einȱ vergleichbaresȱ Phänomenȱ vonȱ retardierendemȱ Erzählenȱ trittȱ nurȱ nochȱ inȱ Genȱ 22,1Ȭ19ȱ auf.ȱ Hierȱ wieȱ dortȱ laufenȱ dieȱ entscheidendenȱ ErzählfäȬ denȱ zusammen:ȱ Inȱ Genȱ 22,1Ȭ19ȱ gingȱ esȱ umȱ dieȱ abschließendeȱ QualifiȬ zierungȱ Abrahamsȱ zumȱ Erstling.ȱ Inȱ Genȱ 32,23Ȭ33ȱ stehtȱ ebensoȱ Jakobsȱ RolleȱalsȱErstlingȱaufȱdemȱSpiel.ȱDieȱKriseȱwirdȱhierȱwieȱdortȱerstȱdurchȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 411ȱȱ KÖCKERT,ȱJakobsȱGegner,ȱ167f.ȱȱ 412ȱȱ S.ȱ FOKKELMAN,ȱ Narrativeȱ Artȱ inȱ Genesis,ȱ 17Ȭ236;ȱ DEURLOO,ȱ GenesisȬKommentar,ȱ 152Ȭ154;ȱBLUM,ȱVätergeschichte,ȱ140Ȭ151ȱundȱTASCHNER,ȱ VerheißungȱundȱErfüllung,ȱ 140Ȭ195.ȱ 413ȱȱ NOTH,ȱPentateuch,ȱ111.ȱ 414ȱȱ NOTH,ȱPentateuch,ȱ104.ȱ 415ȱȱ GUNKEL,ȱGenesis,ȱ365.ȱ 416ȱȱ S.ȱvorȱallemȱFOKKELMAN,ȱNarrativeȱArtȱinȱGenesis,ȱ195.ȱ
5.ȱEsauȱundȱJakobȱ(Genȱ25,12Ȭ36,43)ȱ
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dasȱ Eingreifenȱ Gottes417ȱ undȱ dieȱ göttlicheȱ Bekräftigungȱ desȱ Erstlingsȱ überwundenȱ(Genȱ22,15Ȭ18;ȱ32,30).ȱȱ DieȱErzählungȱbeginntȱdamit,ȱdassȱJakobȱinȱderȱNachtȱseineȱFamilieȱ überȱdenȱFlussȱJabbokȱbringt.ȱErȱselbstȱaberȱbleibtȱdiesseitsȱdesȱFlussesȱ (V.ȱ22Ȭ24).ȱAlsȱJakobȱdieȱFurtȱüberquerenȱwill,ȱwirdȱerȱvonȱeinemȱunbeȬ kanntenȱ „Mann“ȱ (V.ȱ 25)ȱ angegriffen.ȱ Derȱ Textȱ deutetȱ späterȱ an,ȱ dassȱ diesȱwohlȱGottȱgewesenȱseiȱ(V.ȱ29.31;ȱvgl.ȱ laeynIP. undȱ laer'f.y)I .ȱDerȱKampfȱ mitȱ demȱ Bruder,ȱ denȱ erȱ fürchtet,ȱ scheintȱ einȱ Kampfȱ mitȱ Gottȱ zuȱ werȬ den.ȱȱ ErstȱalsȱderȱneueȱTagȱanbricht,ȱwirdȱderȱungleicheȱKampfȱentschieȬ den.ȱ Derȱ Übergangȱ vonȱ derȱ Nachtȱ zumȱ Tagȱ (V.ȱ 25)ȱ markiertȱ denȱ entȬ scheidendenȱWendepunktȱundȱweistȱaufȱV.ȱ14,ȱwoȱesȱNachtȱist.ȱInȱderȱ ForderungȱdesȱAngreifersȱinȱV.ȱ27ȱ(„Lassȱmich,ȱdennȱdieȱMorgenröteȱistȱ angebrochen“)ȱsahȱGunkelȱzuȱRechtȱeinȱszenischesȱ„Mittel,ȱumȱvonȱderȱ alsȱlängerȱdauerndȱvorgestelltenȱHandlungȱdesȱRingensȱanȱeinenȱEndȬ punktȱ zuȱ kommen,ȱ derȱ dieȱ Hauptsacheȱ bringenȱ muss.“418ȱ Inȱ derȱ ErȬ zählperspektiveȱkannȱdieȱForderungȱdesȱAngreifersȱdarüberȱhinausȱalsȱ AngebotȱzurȱBeendigungȱdesȱKampfesȱverstandenȱwerden.ȱȱ Dieȱ Frageȱ desȱ nächtlichenȱ Angreifersȱ nachȱ Jakobsȱ Namenȱ (V.ȱ 28a)ȱ leitetȱnunȱdieȱentscheidendeȱSzeneȱein.ȱDieseȱFrageȱgreiftȱdieȱväterlicheȱ FrageȱnachȱJakobsȱNamenȱinȱderȱSzeneȱvomȱSegensbetrugȱwiederȱauf,ȱ dieȱ Jakobȱ damalsȱ nochȱ mitȱ einerȱ Lügeȱ beantworteteȱ (wf'[e ykina O ;' ȱ Genȱ 27,19).ȱJetztȱantwortetȱJakobȱzumȱerstenȱMalȱmitȱseinemȱrichtigenȱNaȬ menȱ (V.ȱ 28b).ȱ Derȱ Ausspruchȱ desȱ Eigennamensȱ bqo[]yȱ: kommtȱ einemȱ Schuldbekenntnisȱ gleich:ȱ Überȱ dieȱ Wortspieleȱ inȱ Genȱ 25,26ȱ („anȱ derȱ Ferseȱ [bqe[]' ȱ festhalten“)ȱ undȱ Genȱ 27,36ȱ (ynIbeq.[.Y:w:/„betrügen“;ȱ wörtlich:ȱ „hinterherȱ schleichen“)ȱ warȱ Jakobsȱ Schuldȱ bereitsȱ inȱ seinenȱ EigennaȬ menȱmitȱeingetragen.ȱAuchȱimȱKämpfenȱ(Genȱ32,25.26:ȱ qba)ȱJakobsȱmitȱ demȱ„unbekanntenȱMann“ȱwarenȱschonȱdieȱvielenȱUnterȬȱundȱNebenȬ töneȱ derȱ paronomastischenȱ JakobȬEtymologienȱ wiederȱ zuȱ hörenȱ (vgl.ȱ auchȱ dieȱ Assonanzenȱ qBoy:Ȭbqo[]y): .ȱ Ebenȱ diesesȱ Schuldbekenntnisȱ wollteȱ derȱ nächtlicheȱ Angreiferȱ ausgesprochenȱ bekommen.ȱ Erstȱ durchȱ dieȱ göttlicheȱ Umbenennungȱ verschwindetȱ derȱ Makelȱ Jakobs:ȱ Ausȱ „Jakob“ȱ wirdȱ„Israel“ȱ(V.ȱ29).419ȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 417ȱȱ Bzw.ȱbeideȱMaleȱistȱesȱnichtȱJHWHȱselbst:ȱInȱGenȱ22,11ȱu.ö.ȱistȱesȱderȱEngelȱJHWHs.ȱ InȱGenȱ32ȱkannȱesȱsichȱdurchȱbewussteȱUndeutlichkeitȱumȱeinenȱMannȱ(32,25),ȱGottȱ (32,29)ȱoderȱeinenȱEngelȱ(32,2f;ȱvgl.ȱHosȱ12,5)ȱhandeln.ȱȱ 418ȱȱ GUNKEL,ȱGenesis,ȱ361;ȱs.ȱnochȱKÖCKERT,ȱJakobsȱGegner,ȱ165f.ȱÄhnlichȱargumentiertȱ auchȱBLUMS,ȱderȱdasȱMotivȱderȱaufsteigendenȱMorgenröteȱinȱGenȱ32ȱalsȱzeitlicheȱBeȬ grenzungȱdesȱKampfesȱansiehtȱ(vgl.ȱBLUM,ȱKomplexitätȱderȱÜberlieferung,ȱ15).ȱ 419ȱȱ Dieȱ begrifflicheȱ Spannungȱ sollteȱ darumȱ geradeȱ nichtȱ zuȱ überlieferungsgeschichtliȬ chenȱKonstruktionenȱführenȱ(eineȱÜbersichtȱdieserȱVersucheȱundȱLiteraturhinweiseȱ
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TeilȱB:ȱAnalyseȱderȱTexteȱimȱKontextȱ
AufȱGrundlageȱdieserȱArgumentationȱdürfteȱsichȱauchȱdasȱvielȱdisȬ kutierteȱProblemȱlösenȱlassen,ȱwarumȱzurȱDeutungȱdesȱneuenȱNamensȱ „Israel“ȱgeradeȱnichtȱmehrȱdasȱVerbumȱ qba („ringen“)ȱgebrauchtȱwird,ȱ sondernȱüberȱdieȱWurzelȱ hrfȱ(„kämpfen“)ȱeineȱEtymologieȱhergestelltȱ wird:ȱ ~yhil{a/-~[i t'yrIf'-yKiȱ „dennȱ duȱ hastȱmitȱ Gottȱ undȱ mitȱ Menschenȱ geȬ kämpft“ȱ (Genȱ 32,29b;ȱ darumȱ auchȱ laer'f.yI).420ȱ Dasȱ Verbumȱ qba spieltȱ zuvorȱ aufȱ dieȱ JakobȬParonomasienȱ anȱ undȱ betonteȱ soȱ dessenȱ SchuldȬ verstrickung.ȱ Inȱ „Israel“ȱ istȱ dieserȱ Makelȱ vollkommenȱ beseitigt.ȱ Erstȱ nachȱdemȱErhaltȱdesȱneuenȱNamensȱkannȱJakobȱnunȱauchȱseinenȱeigeȬ nenȱSegenȱerhaltenȱ(~v' Atao %rw:,ȱWurzelȱqbx).ȱȱ 420ȱȱ Zumȱ Problemȱ s.ȱ beispielsweiseȱ TASCHNER,ȱ Verheißungȱ undȱ Erfüllung,ȱ 154ȱ undȱ KÖCKERT,ȱJakobsȱGegner,ȱ173.ȱȱ 421ȱȱ Nurȱ anȱ diesenȱ beidenȱ Stellenȱ kommtȱ explizitȱ vm,v,ȱ inȱ derȱ Jakoberzählungȱ vor.ȱ Derȱ BezugȱvonȱGenȱ32ȱaufȱGenȱ28,10Ȭ22ȱwirdȱnochȱverstärkt:ȱInȱderȱJabbokepisodeȱwieȱinȱ Bethelȱ Genȱ 28,10Ȭ22ȱ spieltȱ derȱ „Ort“ȱ eineȱ entscheidendeȱ Rolleȱ (6xȱ ~AqM'hȱ; inȱ Genȱ 28:ȱ V.11ȱ[3x]ȱundȱdannȱwiederȱ3xȱamȱEndeȱinȱV.ȱ16,17,19,ȱwasȱinȱderȱUmbenennungȱdesȱ ~Aqm'ȱkulminiertȱ[V.ȱ19]),ȱdassȱerȱeinenȱneuenȱNamenȱbekommt.ȱErȱwirdȱdurchȱdieȱOfȬ fenbarungȱ zuȱ einemȱ Ort,ȱ derȱ fürȱ dasȱ Gottesverhältnisȱ Jakobsȱ vonȱ entscheidenderȱ Bedeutungȱist;ȱvgl.ȱdieȱWichtigkeitȱdesȱ~Aqm'ȱinȱGenȱ22.ȱ 422ȱȱ Soȱ dieȱ trefflicheȱ Übersetzungȱ MARTINȱ BUBERS.ȱ Derȱ Übersetzungȱ gelingtȱ es,ȱ zuminȬ destȱeinenȱTeilȱderȱAmbivalenzȱdesȱhebräischenȱBegriffsȱeinzufangen:ȱGedeutetȱwirdȱ derȱNameȱalsȱ„mitȱGottȱgekämpft“ȱ(V.ȱ29).ȱAllerdingsȱhabenȱEigennamenȱmitȱtheoȬ phoremȱElementȱ„El“ȱdurchgängigȱ„Gott“ȱalsȱSubjektȱdesȱVerbumsȱimȱNamen,ȱalso:ȱ „Gottȱkämpft“.ȱ
5.ȱEsauȱundȱJakobȱ(Genȱ25,12Ȭ36,43)ȱ
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derungȱ Jakobsȱ metaphorischȱ aufgenommen.ȱ Dasȱ „Überqueren“ȱ istȱ nichtȱ nurȱ Motivwortȱ derȱ gesamtenȱ Versöhnungsepisodeȱ Genȱ 32/33423,ȱ sondernȱinkludiertȱimȱBesonderenȱdieȱJabbokȬErzählung.ȱDieȱSequenzȱ rbo[]Y:w:ȱ(V.ȱ23;ȱundȱerȱüberschritt)ȱ–rb;[]mȱ; (V.ȱ23;ȱFurt)–~rEbi[]Y:w: (V.ȱ24;ȱundȱerȱ führteȱsieȱhinüber)–rbe[]Y:w: (V.ȱ24;ȱerȱführteȱhinüber)–rb;[' (V.ȱ32;ȱerȱüberȬ schritt)ȱrahmtȱdieȱeigentlicheȱHandlung.ȱSeineȱRückkehrȱinsȱLandȱwirdȱ durchȱdieȱBegegnungȱmitȱGottȱauchȱtatsächlichȱzurȱUmkehr.ȱNichtȱderȱ erschlicheneȱ Segenȱ vomȱ Vater,ȱ nochȱ derȱ (letztlichȱ auchȱ durchȱ Betrug)ȱ erworbeneȱ Segenȱ undȱ Reichtumȱ beiȱ Labanȱ machenȱ Jakobȱ zuȱ Israel,ȱ sondernȱerstȱdieserȱgöttlicheȱSegenȱqualifiziertȱJakobȱletztlichȱzumȱErstȬ ling.ȱAufȱdieseȱWeiseȱausgestattetȱundȱverändertȱkannȱJakobȱnunȱauchȱ seinemȱBruderȱbegegnen,ȱumȱsichȱmitȱihmȱzuȱversöhnen.ȱȱ 5.2.5.2ȱReïnterpretationȱderȱVersöhnungȱdurchȱGenȱ32,23Ȭ33ȱ EsȱvollziehtȱsichȱaberȱnochȱeineȱweitereȱVeränderungȱinnerhalbȱdieserȱ Erzählung,ȱderȱdieȱinȱGenȱ33ȱerwarteteȱVersöhnungȱneuȱperspektiviertȱ undȱ dieȱ Lesererwartungenȱ korrigiert.ȱ Alsȱ Jakobȱ inȱ Machanajimȱ lagertȱ (~yInx " m] ;;ȱ Genȱ 32,4Ȭ22),ȱ trifftȱ erȱ verschiedeneȱ Vorbereitungen,ȱ umȱ seinenȱ Bruderȱ zuȱ besänftigenȱ undȱ seineȱ Familieȱ undȱ seinȱ Habȱ undȱ Gutȱ zuȱ rettenȱ(Genȱ32,4Ȭ14a.14bȬ22).ȱDurchȱdasȱInnehaltenȱimȱGebetȱ(Genȱ32,4Ȭ 14a)ȱwirdȱJakobȱreifȱfürȱneueȱTaten.424ȱDieserȱAbschnittȱdientȱsomitȱalsȱ Expositionȱ zumȱ Folgenden.ȱ Zuerstȱ teiltȱ erȱ seinȱ Lagerȱ (hnmi) ȱistȱbemerkenswertȱundȱkonstitutivȱfürȱdenȱ Gesamtzusammenhangȱ Genȱ 32f.ȱ Imȱ Besonderenȱ verbindetȱ esȱ dieȱ EpiȬ sodeȱ vonȱ Jakobsȱ Kampfȱ amȱ Jabbokȱ (Genȱ 32,23Ȭ33)ȱ mitȱ derȱ Erzählungȱ umȱ dieȱ Begegnungȱ undȱ Versöhnungȱ mitȱ seinemȱ Bruderȱ Esau,ȱ dieȱ sieȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 423ȱȱ Vgl.ȱ Genȱ 32,17.22.23.24.32;ȱ 33.3.14;ȱ dazuȱ bereitsȱ GUNKEL,ȱ Genesis,ȱ 356;ȱ s.ȱ auchȱ FOKKELMAN,ȱ Narrativeȱ Artȱ inȱ Genesis,ȱ 206.212;ȱ BLUM,ȱ Komplexitätȱ derȱ ÜberliefeȬ rung,ȱ 11.15;ȱ TASCHNER,ȱ Verheißungȱ undȱ Erfüllung,ȱ 155f;ȱ KÖCKERT,ȱ Jakobsȱ Gegner,ȱ 165Ȭ168ȱundȱbesondersȱDEURLOO,ȱDeȱnaamȱenȱdeȱnamen,ȱ35Ȭ39.ȱ 424ȱȱ Vgl.ȱFOKKELMAN,ȱNarrativeȱArtȱinȱGenesis,ȱ204.ȱȱ 425ȱȱ Genȱ32,3,ȱvgl.ȱdazuȱBLUM,ȱVätergeschichte,ȱ142.ȱ 426ȱȱ Genȱ32,8.9.11.ȱ 427ȱȱ Genȱ32,14.19.21.22;ȱ33,10.ȱ
166
TeilȱB:ȱAnalyseȱderȱTexteȱimȱKontextȱ
unterbricht.428ȱ Dasȱ zentraleȱ Anliegenȱ Jakobs,ȱ Gnadeȱ (!xe)ȱ beiȱ Esauȱ zuȱ finden,ȱwirdȱdamitȱunterstrichen.ȱ429ȱ Dieȱ JabbokȬEpisodeȱ unterbrichtȱ jedochȱ diesesȱ Vorhabenȱ Jakobs.ȱ NachȱderȱBegegnungȱamȱJabbokȱwirdȱdannȱauchȱderȱOrtȱMachanajimȱ (Genȱ 32,3.14)ȱ umbenanntȱ inȱ Peniëlȱ bzw.ȱ Penuëlȱ (Genȱ 32,31f;ȱ laeynIP./ laeWnP.),ȱ „Angesichtȱ Gottes.“ȱ Dieȱ lokaleȱ Veränderungȱ spiegeltȱ eineȱ grundlegendeȱtheologischeȱVeränderungȱinȱJakobsȱDenken.ȱDurchȱdieȱ Umbenennungȱ wirdȱ nämlichȱ dieȱ ~yInx " m] ;ȬAssonanzȱ abgelöstȱ durchȱ einȱ Wortspielȱ mitȱ derȱ neuenȱ Ortsbezeichnungȱ Peniël/Penuëlȱ (laeynIP/. laeWnP. Ȭhnw,: ȱ Wurzelȱ qbx)ȱ konterkariertȱ denȱ soebenȱ ausgetrageȬ nen,ȱ bedrohlichenȱ Gotteskampfȱ (Genȱ 32,25:ȱ qbea'YEw:,ȱ Wurzel qba).ȱ Esȱ istȱ Esau,ȱderȱdiesesȱkonfliktbeladeneȱWortȱ„Bruder“ȱwiederȱinȱdenȱMundȱ nimmtȱ(V.ȱ4).ȱȱ Dasȱ eigentlicheȱ Versöhnungsgeschehenȱ inȱ Genȱ 33,9Ȭ11ȱ istȱ klarȱ strukturiertȱundȱchiastischȱkomponiert:ȱ450ȱȱ ȱ Aȱ(9):ȱDaȱsagteȱEsau:ȱIchȱhabeȱgenugȱ(yli-vy ȱ meinȱ Geschenkȱ (ytix'n>m)i ȱ ausȱ meiȬ nerȱHand.ȱ Dȱ(10c):ȱdennȱichȱsahȱdeinȱAngesichtȱ(^ynBi-ta,),ȱderȱdirȱgeȬ brachtȱist.ȱ B‘ȱ(11b):ȱDennȱGottȱhatȱsichȱüberȱmichȱerbarmtȱ(ynIN:x;).ȱ A‘ȱ(11c):ȱIchȱhabeȱvonȱallemȱgenugȱ(lko-yli-vyBi xq;l' [Esau]:ȱ„ErȱhatȱmeiȬ nenȱ Segenȱ genommen“)ȱ bzw.ȱ dieȱ Feststellungȱ Isaaksȱ inȱ Genȱ 27,35ȱ (^t,k'r>Bi xQ;YIw::ȱ „Erȱ hatȱ deinenȱ Segenȱ genommen“)ȱ wiederȱ auf.ȱ Nurȱ anȱ diesenȱ dreiȱ Stellenȱ trittȱ xql inȱ Kombinationȱ mitȱ hk'r'B. auf.ȱ Derȱ Bezugȱ zumȱ Segensbetrugȱ inȱ Genȱ 33,11ȱ wirdȱ hierdurchȱ überdeutlich.ȱ Damitȱ wirdȱ auchȱ klar,ȱ wasȱ Jakobȱ mitȱ seinerȱ Handlungȱ eigentlichȱ bezweckenȱ will:ȱ Jakobȱ gibtȱ inȱ Genȱ 33,11bȱ symbolischȱ denȱ erschlichenenȱ ErstgeȬ burtssegenȱ wiederȱ anȱ Esauȱ zurück.ȱ Daȱ imȱ Kontextȱ mitȱ demȱ anderenȱ Wortȱfürȱ„Geschenk“ȱ(hx'n>mi;ȱüberȱ~yInx " m] ; –ȱhnBi xq;lȱ' (Esau)ȱ bzw.ȱ27,35:ȱ^t,k'r>Bi xQ;YIw:ȱ(Isaak).ȱ
182
TeilȱB:ȱAnalyseȱderȱTexteȱimȱKontextȱ
WieȱschonȱbeiȱdenȱErzväternȱzuvorȱbestätigenȱdieȱräumlicheȱTrenȬ nungȱ derȱ beidenȱ Brüderȱ (Genȱ 33,12Ȭ16;ȱ vgl.ȱ Abrahamȱ undȱ Lotȱ sowieȱ IsaakȱundȱIsmael),ȱderȱLandeserwerbȱinȱSichemȱ(Genȱ33,19,ȱvgl.ȱAbraȬ hamȱGenȱ23)ȱundȱderȱAltarbauȱinȱBethelȱ(Genȱ35,7;ȱwieȱAbrahamȱundȱ Isaak)ȱJakobsȱErwählungȱzumȱErstling.ȱDieȱBethelȬEpisodeȱGenȱ35,1Ȭ15ȱ undȱ derȱ damitȱ verbundeneȱ Altarbauȱ könnenȱ alsȱ Erfüllungȱ desȱ GelübȬ desȱinȱGenȱ28,20Ȭ22ȱbetrachtetȱwerden.ȱInȱGenȱ35,10ȱsprichtȱGottȱselbstȱ dieȱErneuerungȱvonȱJakobȬIsraelȱausȱundȱvollziehtȱdamitȱdieȱendgültiȬ geȱ Anerkennungȱ Jakobsȱ zumȱ Erstling.ȱ Erstȱ jetztȱ kannȱ auchȱ derȱ letzteȱ SohnȱJakobsȱgeborenȱwerdenȱ(Genȱ35,16Ȭ18),ȱworaufȱdannȱzumȱerstenȱ Malȱ innerhalbȱ derȱ Genesisȱ alleȱ zwölfȱ Stämmeȱ Israelsȱ genanntȱ werdenȱ (Genȱ 35,22bȬ26).ȱ Derȱ genealogischeȱ Vergleichȱ zwischenȱ Esauȱ (Genȱ 36,1ff)ȱundȱJakobȱ(Genȱ37,2ff)ȱmarkierenȱdasȱEndeȱdesȱerfolgreichȱabgeȬ schlossenenȱ Vertauschungsprozesses:ȱ Esausȱ Linieȱ wirdȱ endgültigȱ zurȱ Nebenlinie.ȱÜberȱJakobȱwirdȱdieȱHauptlinieȱinȱdieȱnächsteȱGenerationȱ weitergeführt.495ȱ
6.ȱVertauschungenȱinnerhalbȱIsraels:ȱdieȱJosephȬJudaȬ Erzählungȱ Genȱ 36,1Ȭ50,26ȱ stehenȱ unterȱ demȱ Themaȱ desȱ Erstlingstumȱ innerhalbȱ Israels.ȱUnterȱderȱFrage,ȱwerȱderȱErstlingȱunterȱdenȱzwölfȱBrüdernȱseinȱ soll,ȱentfaltetȱsichȱeineȱkomplexeȱErzählungȱumȱdieȱKonflikteȱderȱBrüȬ derȱ untereinander.ȱ Dieȱ ToledotȬFormelnȱ inȱ Genȱ 36,1.9ȱ undȱ Genȱ 37,2ȱ eröffnenȱ denȱ viertenȱ undȱ damitȱ letztenȱ ToledotȬHauptteilȱ derȱ Genesisȱ (Genȱ 36,1Ȭ50,26),496ȱ derenȱ wesentlicherȱ Bestandteilȱ dieȱ sogenannteȱ JoȬ sephsgeschichteȱ (Genȱ 37,1Ȭ50,26)ȱ darstellt.ȱ Dasȱ Endeȱ desȱ ToledotȬ Hauptteilsȱ istȱ weitȱ schwierigerȱ zuȱ bestimmenȱ alsȱ dessenȱ Anfang:ȱ Daȱ dieȱnächsteȱToledotȬFormelȱerstȱinȱNumȱ3,1ȱfolgt,ȱentfälltȱdieȱOrientieȬ rungȱanȱ derȱ folgendenȱ Formel.ȱ Ziehtȱ manȱinȱ Analogieȱzuȱ denȱ bisheriȬ genȱToledotȬZyklenȱdieȱTodesȬȱbzw.ȱBegräbnisnotizenȱheran,ȱsoȱendenȱ dieȱ Toledotȱ Jakobsȱ inȱ Genȱ 49,33.ȱ Jedochȱ sindȱ dieȱ folgendenȱ BeschreiȬ bungenȱdesȱfeierlichenȱBegräbnissesȱmitȱheranzuziehenȱ(Genȱ50).ȱDenȬ nochȱendenȱJakobsȱToledotȱnichtȱmitȱseinemȱTodȱ(Genȱ49,33)ȱundȱseiȬ nemȱ Begräbnisȱ (Genȱ 50,1Ȭ14),ȱ sondernȱ erstȱ mitȱ derȱ Todesnotizȱ derȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 495ȱȱ Schonȱ mithilfeȱ desȱ Verhältnissesȱ vonȱ Erzählungenȱ undȱ Genealogieȱ werdenȱ dieȱ genealogischenȱLinienȱaufȬȱbzw.ȱabgewertet:ȱEsausȱToledotȱumfasstȱlediglichȱgeneaȬ logischeȱTexte,ȱJakobsȱhingegenȱvorȱallemȱErzählungen;ȱdieseȱBeobachtungȱauchȱbeiȱ HIEKE,ȱGenealogien,ȱbes.ȱ151.ȱȱ 496ȱȱ ZurȱGliederungȱderȱGenesisȱanhandȱderȱToledotȬFormelnȱs.ȱTeilȱA.4.2.2.ȱ
6.ȱVertauschungenȱinnerhalbȱIsraels:ȱdieȱJosephȬJudaȬErzählungȱ
183
Hauptpersonȱ Josephȱ (Genȱ 50,26).ȱ Hierȱ fälltȱ dieȱ strukturelleȱ Näheȱ zurȱ Toledotȱ Terachsȱ aufȱ (Genȱ 11,27Ȭ25,11),ȱ woȱ inȱ ähnlicherȱ Weiseȱ dieȱ ToȬ desnotizȱ desȱ Protagonistenȱ Abrahamsȱ dieȱ Toledotȱ desȱ Vatersȱ beenȬ det.497ȱ Vonȱ dieserȱ Beobachtungȱ ausgehendȱ lässtȱ sichȱ auchȱ dieȱ BedeuȬ tungȱ derȱ Erwähnungȱ vonȱ Josephsȱ Todȱ amȱ Endeȱ derȱ Genesisȱ nochȱ unterstreichen:ȱ Imȱ Übergangȱ vomȱ Buchȱ Genesisȱ zumȱ Buchȱ Exodusȱ kommtȱ derȱ Geschichteȱ eineȱ herausragendeȱ Funktionȱ zu,ȱ dennȱ sieȱ schlägtȱ denȱ großenȱ Bogenȱ vonȱ Kanaanȱ nachȱ Ägyptenȱ undȱ damitȱ denȱ Bogenȱ vonȱ denȱ Erzelternȱ zurȱ eigentlichenȱ Geburtȱ Israelsȱ alsȱ Volkȱ inȱ Ägyptenȱbzw.ȱinȱderȱWüste.ȱJosephȱwirdȱinȱderȱGenesisȱnichtȱbegraben,ȱ wasȱ schonȱ nachȱ demȱ ausführlichȱ berichtetenȱ Begräbniszugȱ fürȱ Jakobȱ deutlichȱhervortritt.ȱDieȱErwähnungȱdesȱnichtȱbestattetenȱSargsȱJosephsȱ imȱletztenȱVersȱderȱGenesisȱ(V.ȱ26:ȱ„undȱsieȱsalbtenȱihnȱundȱlegtenȱihnȱ inȱeinenȱSargȱinȱÄgypten“/~yIr"c.miB. !Ara'B' ~f,yYIw: Atao Wjn>x;Y:w:)ȱstehtȱliterarischȱ alsȱGarantȱundȱSymbolȱfürȱdasȱkommendeȱExodusereignis.ȱDerȱExodusȱ selbstȱ istȱ bereitsȱ durchȱ denȱ Begräbniszugȱ seinesȱ Vatersȱ vorgezeichnet,ȱ dennȱderȱverstorbeneȱJakobȱwirdȱinȱGenȱ50,1Ȭ14ȱdieȱRouteȱentlangȱgeȬ führt,ȱ dieȱ auchȱ Moseȱ beimȱ Auszugȱ ausȱ Ägyptenȱ nehmenȱ wird.ȱ Erstȱ Moseȱ wirdȱ dannȱ dieȱ Gebeineȱ Josephsȱ mitführenȱ (Exȱ 13,19)ȱ undȱ ihnȱ nachȱAbschlussȱdesȱExodus,ȱd.h.ȱnachȱdemȱEinzugȱinsȱLand,ȱbeiȱSichemȱ beerdigenȱ(Josȱ24,32).ȱErstȱdortȱschließtȱsichȱderȱnarrativeȱBogen.ȱ ȱ Dieȱ Erzählungȱ überȱ dieȱ Jakobsöhneȱ fälltȱ inȱ kompositorischerȱ Hinsichtȱ weitgehendȱausȱdemȱRahmenȱderȱbisherigenȱErzählungen,ȱinsofernȱsieȱ einenȱ großenȱ Spannungsbogenȱ entfaltet,ȱ derȱ dieȱ Geschichteȱ alsȱ großeȱ erzählerischeȱEinheitȱauftretenȱlässt.ȱManȱsprichtȱdeshalbȱzuȱRechtȱvonȱ einerȱ „Novelle“.ȱ Dieȱ unterschiedlichenȱ Konflikteȱ allerȱ zwölfȱ Brüderȱ spielenȱerzählerischȱinȱGenȱ37Ȭ50ȱdieȱentscheidendeȱRolle,ȱdennȱsieȱsindȱ es,ȱdieȱdieȱDynamikȱderȱHandlungȱbestimmenȱundȱzuȱihremȱZielȱfühȬ ren.ȱ Durchȱ ihrȱ Fehlverhaltenȱ disqualifizierenȱ sichȱ dieȱ dreiȱ erstgeboreȬ nenȱSöhneȱLeasȱRuben,ȱSimeonȱundȱLeviȱinȱihrerȱFunktionȱalsȱErstlinȬ ge,ȱsoȱdassȱnunȱfürȱdasȱAusfüllenȱdieserȱRolleȱinnerhalbȱIsraelsȱmehrereȱ Optionenȱmöglichȱsind.ȱInȱFrageȱkämenȱzweiȱlogischeȱFolgen:ȱDieȱeineȱ gingeȱ demȱ Alterȱ derȱ Jakobsöhneȱ entlangȱ undȱ müssteȱ nunȱ Judaȱ alsȱ poȬ tentiellenȱ Erstlingȱ erscheinenȱ lassenȱ (derȱ vierteȱ LeaȬSohn).ȱ Dieȱ AuseiȬ nandersetzungȱundȱQualifizierungȱJudasȱvorȱseinenȱBrüderȱ(vorȱallemȱ derȱKonfliktȱJudaȬRuben)ȱspieltȱdaherȱauchȱeineȱwichtigeȱRolle.ȱJedochȱ beginntȱ dieȱ Gesamterzählungȱ nachȱ derȱ Nennungȱ derȱ Toledotȱ Jakobsȱ (Genȱ37,2aa)ȱnichtȱmitȱdemȱzuȱerwartendenȱErstlingȱJuda,ȱsondernȱsetztȱ ihmȱ denȱ erstgeborenenȱ Rahelsohn,ȱ ebenȱ Joseph,ȱ alsȱ Prätendentenȱ geȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 497ȱȱ DieseȱBeobachtungȱauchȱbeiȱHIEKE,ȱGenealogien,ȱ248.ȱ
184
TeilȱB:ȱAnalyseȱderȱTexteȱimȱKontextȱ
genüber:ȱ „Diesȱ sindȱ dieȱ Toledotȱ Jakobs:ȱ Josephȱ […].”ȱ (Genȱ 37,2aΆ)ȱ –ȱ ebenȱ „Josephȱ undȱ seineȱ Brüder“.ȱ Vonȱ daherȱ erschließtȱ sichȱ auchȱ dasȱ relativeȱRechtȱderȱBenennungȱderȱErzählungȱalsȱ„Josephsgeschichte“.498ȱ Scheinbarȱ gibtȱ derȱ Einsatzȱ derȱ Josephsgeschichteȱ somitȱ implizitȱ eineȱ ersteȱmöglicheȱAntwortȱaufȱdieȱFrageȱnachȱdemȱErstgeborenenȱinȱIsraȬ el,ȱnochȱeheȱsieȱsichȱ(vorȱallemȱinȱGenȱ49)ȱvollendsȱklärt.ȱInȱjedemȱFallȱ wirdȱ dasȱ Leserinteresseȱ fürȱ dieȱ somitȱ markierteȱ Konkurrenzȱzwischenȱ Josephȱ undȱ Judaȱ geweckt.ȱ Jederȱ derȱ beidenȱ HauptȬKonkurrentenȱ beȬ kommtȱdarüberhinausȱeineȱeigeneȱVertauschungsszeneȱzugeordnet:ȱSoȱ durchbrechenȱ Judasȱ Söhneȱ Perezȱ undȱ Serachȱ (Genȱ 38,27Ȭ30)ȱ undȱ JoȬ sephsȱSöhneȱEphraimȱundȱManasseȱ(Genȱ48,1Ȭ22)ȱjeweilsȱdieȱnatürlicheȱ Erbfolge.ȱDabeiȱkonturierenȱdieȱEinzelaspekteȱdieserȱErzählungenȱwieȬ derumȱdieȱHauptkonfliktpartner.ȱȱ Ausȱ demȱ Beschriebenenȱ wirdȱ deutlich,ȱ dassȱ gleichȱ vierȱ VertauȬ schungskonstellationenȱ innerhalbȱ desȱ viertenȱ ToledotȬHauptteilsȱ imȱ Folgendenȱ zuȱ beschreibenȱ sind,ȱ nämlichȱ (1)ȱ Judaȱ gegenüberȱ seinenȱ Brüdernȱ Ruben,ȱ Simeonȱ undȱ Levi,ȱ (2)ȱ Perezȱ undȱ Serach,ȱ (3)ȱ Ephraimȱ undȱManasse.ȱ(4)ȱDerȱHauptkonfliktȱereignetȱsichȱzwischenȱJosephȱundȱ Juda.ȱȱ
6.1ȱGenȱ37.38ȱalsȱExpositionȱdesȱKonfliktsȱzwischenȱJosephȱundȱJudaȱ Nachȱ demȱ deutlichȱ abgegrenztenȱ Kapitelȱ überȱ Esauȱ undȱ seineȱ NachȬ kommenȱ(Genȱ36,1Ȭ43),ȱwelchesȱdurchȱseineȱVorordnungȱvorȱdieȱToleȬ dotȱ Jakobsȱ dasȱ Ergebnisȱ derȱ Vertauschungȱ vonȱ Esauȱ undȱ Jakobȱ nochȬ malsȱ einprägt,499ȱ wirdȱ inȱ Genȱ 37,2ȱ mitȱ derȱ ToledotȬFormelȱ hL,ae bqo[]y: tAdl.To neuȱ eingesetzt.ȱ Derȱ Abschnittȱ überȱ Jakobsȱ Linieȱ beginntȱ jedochȱ nichtȱ mitȱ derȱ ToledotȬFormel,ȱ sondernȱ mitȱ derȱ Siedlungsnotizȱ inȱ Genȱ 37,1500,ȱ welcheȱ alsȱ Äquivalentȱ zuȱ einerȱ analogenȱ Ortsangabeȱ beiȱ Esauȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 498ȱȱ DerȱLeserȱerwartetȱzunächstȱJudaȱalsȱErstling,ȱdennȱimmerhinȱstammtȱvonȱihmȱderȱ KönigsstammȱDavidsȱabȱ(Genȱ38;ȱvgl.ȱRutȱ4)ȱ–ȱMatthäusȱberichtetȱdarumȱauchȱvonȱ „JudaȱundȱseinenȱBrüdern“ȱ(vgl.ȱMtȱ1,2:в̌΅ΎАΆȱΈξȱπ·νΑΑΗΉΑȱΘϲΑȱв̌ΓϾΈ΅ΑȱΎ΅ϠȱΘΓϿΖȱ ΦΈΉΏΚΓϿΖȱ΅ЁΘΓІ).ȱȱ 499ȱȱ Dieȱ sog.ȱ „Invertierung“ȱ derȱ Stammbäumeȱ derȱ vertauschtenȱ Brüderȱ dientȱ alsȱ LeseȬ hinweisȱundȱmarkiertȱdieȱerstgenannteȱLinieȱalsȱNebenȬȱundȱdieȱnachfolgendeȱLinieȱ alsȱHauptlinie;ȱeineȱStruktur,ȱdieȱsichȱinȱfastȱallenȱVertauschungserzählungenȱfindet.ȱ ZurȱZusammenfassungȱundȱAuswertungȱdesȱBefundesȱs.ȱTeilȱC.2.1.ȱ 500ȱȱ Vgl.ȱ BLUM,ȱ Vätergeschichte,ȱ 234ȱ undȱ HIEKE,ȱ Genealogien,ȱ 192.203,ȱ denenȱ darinȱ zuzustimmenȱist,ȱdassȱGenȱ37,1ȱnichtȱderȱAbschlussȱderȱToledotȱEsausȱseiȱ–ȱu.a.ȱgeȬ genȱGUNKEL,ȱGenesis,ȱ395,ȱVONȱ RAD,ȱGesenius,ȱ303;ȱWENHAM,ȱGenesisȱII,ȱ341,ȱBREUȬ KELMAN.,ȱBijbelseȱTheologieȱI/2,ȱ15.ȱ
6.ȱVertauschungenȱinnerhalbȱIsraels:ȱdieȱJosephȬJudaȬErzählungȱ
185
(Genȱ 36,6Ȭ8)ȱ aufgefasstȱ werdenȱ darf.501ȱ Dieseȱ Siedlungsnotizȱ Jakobsȱ inȱ KanaanȱrekapituliertȱeinenȱentsprechendenȱHinweisȱüberȱJakobȱausȱderȱ Toledotȱ Isaaksȱ inȱ Genȱ 35,27ȱ undȱ überȱ Isaakȱ inȱ Genȱ 31,18.ȱ Durchȱ dieȱ proleptischeȱ Nennungȱ derȱ Siedlungsnotizȱ Jakobsȱ vorȱ dessenȱ eigentliȬ cherȱToledotȱinȱGenȱ37,2ȱwirdȱdieȱimȱKontextȱderȱVertauschungserzähȬ lungȱ wichtigeȱ Trennungsthematikȱ mitȱ eingespielt,ȱ dieȱ –ȱ ergänzendȱ zuȱ Genȱ 33,16ȱ –ȱ nochmalsȱ unterstreicht,ȱ dassȱ Jakobȱ undȱ Esauȱ wederȱ hinȬ sichtlichȱderȱweiterenȱFamilienentwicklungȱnochȱderȱSiedlungsgeograȬ phieȱBerührungspunkteȱhaben.502ȱ 6.1.1ȱGegenüberstellungȱvonȱJosephȱ(Genȱ37)ȱundȱJudaȱ(Genȱ38)ȱ Dieȱ Gesamterzählungȱ Genȱ 37Ȭ50ȱ wirdȱ mitȱ zweiȱ Konflikterzählungenȱ eröffnet,ȱ inȱ derenȱ Mittelpunktȱ einmalȱ Josephȱ (Genȱ 37)ȱ undȱ dannȱ Judaȱ (Genȱ 38)ȱ stehen.ȱ Erzähltechnischȱ bildenȱ beideȱ Kapitelȱ eineȱ Exposition,ȱ dieȱ dieȱ Protagonistenȱ vorȬȱ undȱ einanderȱ gegenüberstellt.ȱ Schonȱ dieȱ bloßeȱAnzahlȱreinerȱWortwiederholungenȱ–ȱwieȱ z[e/„Ziege“ȱ(Genȱ37,31;ȱ 38,17.20);ȱ @sy/„hinzufügen“ȱ(Genȱ37,5.8;ȱ38,5.26);ȱ hsk/„bedecken“,ȱ„verȬ bergen“ȱ (Genȱ 37,26;ȱ 38,14.15);ȱ dgn/„erzählen“ȱ (Genȱ 37,5;ȱ 38,13);ȱ acm/„finden“ȱ (Genȱ 37,15.32;ȱ 38,20.22.23)ȱ undȱ !aco/„Schaf“ȱ (Genȱ 37,2.12;ȱ 38,12.13.17)ȱ –ȱ schaffenȱ einȱ dichtesȱ Textgewebeȱ inȱ Genȱ 37ȱ undȱ 38ȱ undȱ hebenȱ dieȱ inhaltlichenȱ Bezügeȱ beiderȱ Kapitelȱ aufeinanderȱ besondersȱ hervor:ȱȱ DerȱBeginnȱderȱJosephsgeschichteȱerzähltȱzweimalȱdasȱZerbrechenȱ vonȱFamilien,ȱinȱGenȱ37ȱfürȱdieȱFamilieȱJakobs,ȱinȱGenȱ38ȱfürȱdieȱseinesȱ Sohnesȱ Juda.503ȱ Inȱ beidenȱ Erzählungenȱ wirdȱ jemandȱ mitȱ einemȱ KleiȬ dungsstückȱ betrogenȱ (Jakobȱ inȱ Genȱ 37,32f;ȱ Judaȱ besondersȱ inȱ Genȱ 38,15f)ȱ undȱ inȱ beidenȱ Fällenȱ spieltȱ dieȱ Identifikationȱ („untersucheȱ doch“/an"-rK,h;ȱ inȱGenȱ37,32ȱundȱ38,25)ȱundȱdasȱ„Erkennen“ȱ(Genȱ37,33;ȱ 38,26)ȱeinesȱdenȱTrägerȱkennzeichnendenȱKleidungsstücksȱbzw.ȱAccesȬ soiresȱ eineȱ entscheidendeȱ Rolle:ȱ Josephsȱ besonderesȱ Kleidȱ inȱ Genȱ 37,ȱ Tamarsȱ Verkleidungȱ undȱ Judasȱ Siegel,ȱ Stabȱ undȱ Schnurȱ inȱ Genȱ 38.ȱ DaherȱistȱAltersȱUrteilȱimȱWesentlichenȱzuzustimmen:ȱȱ „Theȱpreciseȱrecurrenceȱofȱtheȱverbȱ[scl.ȱofȱrecognition]ȱinȱidenticalȱformsȱatȱ theȱ endsȱ ofȱ Genesisȱ 37ȱ andȱ 38ȱ respectivelyȱ isȱ manifestlyȱ theȱ resultȱ notȱ ofȱ someȱ automaticȱ mechanismȱ ofȱ interpolatingȱ traditionalȱ materialsȱ butȱ ofȱ carefulȱ splicingȱ ofȱ sourcesȱ byȱ brilliantȱ literaryȱ artists.ȱ Theȱ firstȱ useȱ ofȱ theȱ
ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 501ȱȱ Soȱ mitȱ HIEKE:ȱ „Imȱ Bezugȱ aufȱ dieȱ vorausgehendeȱ Toledotȱ Esauȱ entsprichtȱ Genȱ 37,1ȱ derȱ Siedlungsnotizȱ überȱ Esauȱ imȱ Berglandȱ vonȱ Seïrȱ (36,8).“ȱ (HIEKE,ȱ Genealogien,ȱ 246).ȱ 502ȱȱ Vgl.ȱdazuȱTeilȱB.5.2.5.3.ȱ 503ȱȱ Vgl.ȱG.ȱFISCHER,ȱDieȱJosephsgeschichteȱalsȱModellȱfürȱVersöhnung,ȱ244.ȱȱ
186
TeilȱB:ȱAnalyseȱderȱTexteȱimȱKontextȱ
formulaȱ[scl.ȱofȱrecognition]ȱwasȱforȱanȱactȱofȱdeceptionȱ[scl.ȱtheȱdeceptionȱ ofȱJacob];ȱtheȱsecondȱuseȱisȱforȱanȱactȱofȱunmaskingȱ[scl.ȱtheȱunmaskingȱofȱ Judah].ȱ Judahȱ withȱ Tamarȱ afterȱ Judahȱ withȱ hisȱ brotherȱ isȱ anȱ exemplaryȱ narrativeȱinstanceȱofȱtheȱdeceiverȱdeceived.“504ȱ
BeiȱallenȱParallelenȱinȱdiesemȱFallȱsindȱjedochȱzugleichȱdieȱDifferenzenȱ zuȱ beachten:ȱ Inȱ Genȱ 37,32fȱ führtȱ dieȱ Identifizierungȱ zurȱ Täuschungȱ überȱdenȱtatsächlichenȱSachverhalt,ȱinȱGenȱ38,25fȱkommtȱesȱzurȱAufdeȬ ckungȱ desȱ tatsächlichenȱ Sachverhalts,ȱ wasȱ Judasȱ Entwicklungȱ innerȬ halbȱderȱGesamterzählungȱüberhauptȱerstȱermöglicht.ȱFernerȱsindȱauchȱ dieȱ familiärenȱ Beziehungenȱ beiderȱ vergleichbar:ȱ Auchȱ dieȱ Affäreȱ vonȱ TamarȱundȱJudaȱfindetȱinȱderjenigenȱvonȱPotifarȱundȱJosephȱihrȱGegenȬ stückȱ(Genȱ39)ȱ–ȱfreilichȱmitȱunterschiedlichemȱAusgang.ȱJudasȱSchwieȬ gertochterȱundȱzukünftigeȱKindsmutterȱTamarȱistȱimȱTeNaKȱfiliationsȬ losȱ (andersȱ Jubȱ 41,1:ȱ „Kanaanäerin“).ȱ Sieȱ hatȱ alsȱ StammȬMutterȱ derȱ Söhneȱ Judasȱ undȱ Mutterȱ derȱ jüdischenȱ Königeȱ jedochȱ einenȱ leichtenȱ VorteilȱgegenüberȱderȱStammȬMutterȱdesȱHausesȱJoseph,ȱdieȱeineȱzwarȱ unbescholtene,ȱ aberȱ eindeutigȱ „fremdeȱ Frau“ȱ istȱ (nämlichȱ Ägypterin,ȱ eineȱ Tatsache,ȱ dieȱ inȱ Genȱ 41ȱ erstaunlichȱ unpolemischȱ hingestelltȱ wird505).ȱȱ Damitȱ könnenȱ dieȱ Kapitelȱ Genȱ 37ȱundȱ38ȱ alsȱ „DoppelȬExposition“ȱ angesehenȱ werden,ȱ dieȱ amȱ Anfangȱ derȱ sog.ȱ Josephsgeschichteȱ denȱ Blickȱ aufȱ dieȱ zweiȱ Hauptfigurenȱ unterȱ denȱ Söhnenȱ Jakobsȱ lenktȱ undȱ dieseȱkurzȱundȱtreffendȱcharakterisiert:ȱ„Josefȱerscheintȱalsȱunsensibler,ȱ verwöhnterȱTräumer;ȱinȱGenȱ38ȱgelingtȱesȱTamar,ȱdenȱschwerȱsichȱverȬ gehendenȱJudaȱeinmalȱzurȱEinsichtȱseinesȱUnrechtsȱzuȱbringen.“506ȱDieȱ DoppelȬExpositionȱ skizziertȱ inȱ nuceȱ denȱ bevorstehendenȱ Konfliktȱ derȱ beidenȱBrüderȱundȱwirdȱdamitȱzumȱBestandteilȱvonȱGenȱ37Ȭ50.ȱ 6.1.2ȱZurȱStellungȱvonȱGenȱ38ȱimȱKontextȱundȱzurȱNomenklaturȱȱȱȱȱȱ „JosephȬJudaȬErzählung“ȱȱ Dieȱ hierȱ vorgenommeneȱ Deutungȱ setztȱ eineȱ Sichtȱ aufȱ dieȱ Abfolgeȱ derȱ Kapitelȱ 37ȱ undȱ 38ȱ voraus,ȱ dieȱ dieȱ Zugehörigkeitȱ desȱ JudaȬKapitelsȱ 38ȱ zuȱGenȱ37Ȭ50ȱstarkȱmacht.ȱDiesȱistȱforschungsgeschichtlichȱnichtȱunumȬ stritten.ȱMehrheitlichȱerkennenȱdieȱExegetenȱinȱGenesisȱ38ȱsowohlȱeineȱ inȱ sichȱ geschlosseneȱ Einzelerzählungȱ („erratischerȱ Block“507)ȱ alsȱ auchȱ eineȱsekundäreȱ(zumeistȱdemȱsog.ȱ„Jahwisten“ȱbzw.ȱderȱ„jahwistischenȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 504ȱȱ ALTER,ȱArtȱofȱBiblicalȱNarrative,ȱ10.ȱ 505ȱȱ S.ȱdazuȱEBACH,ȱGenesisȱ37Ȭ50,ȱ243Ȭ263,ȱbes.ȱ254f.ȱȱ 506ȱȱ G.ȱFISCHER,ȱDieȱJosephsgeschichteȱalsȱModellȱfürȱVersöhnung,ȱ246.ȱ 507ȱȱ S.ȱBRUEGGEMANN,ȱGenesis,ȱ307:ȱ„Thisȱchapterȱstandsȱalone,ȱwithoutȱconnectionȱtoȱitsȱ context.ȱItȱisȱisolatedȱinȱeveryȱwayȱandȱisȱmostȱenigmatic.”ȱ
6.ȱVertauschungenȱinnerhalbȱIsraels:ȱdieȱJosephȬJudaȬErzählungȱ
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Redaktion“ȱzugeschriebene)ȱEinschaltungȱinȱdieȱJosephsgeschichte.ȱFürȱ dieȱSelbständigkeitȱvonȱGenȱ38ȱsprichtȱsichȱbeispielsweiseȱWestermannȱ aus:ȱȱ „Kapitelȱ38ȱistȱeineȱinȱsichȱabgeschlosseneȱEinzelerzählungȱ[…].ȱDieȱErzähȬ lungȱ vonȱ Judaȱ undȱ Tamarȱ istȱ nicht,ȱ wieȱ bisherȱ gesagtȱ wurde,ȱ inȱ dieȱ JoȬ sephsgeschichteȱeingefügtȱworden,ȱsieȱhatȱmitȱihrȱnichtsȱzuȱtun,ȱsondernȱinȱ dieȱJakobsgeschichteȱbzw.ȱdenȱSchlußȱderȱJakobsgeschichteȱ(Genȱ37ȱVorlaȬ geȱ undȱ 46Ȭ50).ȱ […]ȱ Einerȱ […]ȱ ausführlichenȱ genealogischenȱ Rahmungȱ beȬ darfȱdieȱErzählung,ȱweilȱsieȱselbständigȱumlief,ȱähnlichȱwieȱbeiȱdemȱBuchȱ Rut.“508ȱȱ
InȱähnlicherȱWeiseȱpositionierenȱsichȱSchweizer,ȱBlumȱundȱCoats,ȱnachȱ denenȱ dieȱ Erzählungȱ vomȱ Jahwistenȱ stamme.509ȱ Alsȱ Gründeȱ fürȱ dieȱ SelbständigkeitȱvonȱGenȱ38ȱwerdenȱangeführt,ȱdassȱGenȱ38ȱdasȱeinzigeȱ KapitelȱinȱGenȱ37Ȭ50ȱsei,ȱinȱdemȱJosephȱnichtȱvorkommt.ȱDassȱGenȱ38ȱ auchȱ inȱ andererȱ Hinsichtȱ nichtȱ organischȱ inȱ denȱ Erzählkontextȱ eingeȬ fügtȱ ist,ȱ zeigeȱ sichȱ nochȱ deutlicherȱ daran,ȱ dassȱ dieȱ inȱ diesemȱ Kapitelȱ thematischȱ zentraleȱ Absonderungȱ Judasȱ vonȱ derȱ Jakobfamilieȱ nichtȱ wiederȱaufgelöstȱwird.ȱVonȱGenȱ42ȱanȱbefindetȱsichȱJudaȱauchȱräumlichȱ wiederȱimȱKreisȱderȱJakobsöhne,ȱohneȱdassȱanȱirgendeinerȱStelleȱgesagtȱ wäre,ȱdassȱundȱwieȱerȱwiederȱzuȱihnenȱzurückgekehrtȱsei.ȱAufȱweitereȱ ProblemeȱweistȱEbachȱhin:ȱ „AufȱderȱanderenȱSeiteȱfälltȱdieȱErzählungȱvonȱGenȱ38ȱebensoȱdeutlichȱausȱ demȱ Kontextȱ inȱ 37Ȭ50ȱ heraus.ȱ Dasȱ zeigtȱ sichȱ bereitsȱ […]ȱ imȱ Blickȱ aufȱ dasȱ ‚Personal‘ȱ derȱ Erzählung(en).ȱ Vonȱ denȱ vielenȱ inȱ Genȱ 38ȱ namentlichȱ beȬ zeichnetenȱPersonenȱ(nebenȱJudaȱundȱTamarȱsindȱesȱHiraȱausȱAdullam,ȱderȱ Kanaanäerȱ Schuaȱ undȱ seineȱ –ȱ nichtȱ namentlichȱ genannteȱ –ȱ Tochter,ȱ Judasȱ Frau,ȱdazuȱdieȱerstenȱSöhneȱJudas:ȱEr,ȱOnanȱundȱSchelaȱundȱschließlichȱPeȬ rezȱundȱSerach,ȱdieȱSöhne,ȱdieȱTamarȱvonȱJudaȱempfängt)ȱspieltȱnurȱJudaȱ inȱGenȱ37Ȭ50ȱaußerhalbȱdesȱKap.ȱ38ȱeine,ȱallerdingsȱbedeutende,ȱRolle;ȱJuȬ dasȱ Söhneȱ werdenȱ nochȱ einmalȱ inȱ derȱ Ȭȱ freilichȱ inȱ derȱ Formȱ ebenfallsȱ ausȱ demȱErzählkontextȱherausfallendenȱȬȱListeȱderȱnachȱÄgyptenȱÜbersiedelnȬ denȱ inȱ 46,8Ȭ27ȱ (hierȱ inȱ Vȱ 12)ȱ genannt.ȱ Alleȱ anderenȱ Personenȱ ausȱ Genȱ 38ȱ (einschließlichȱderȱTamar)ȱwerdenȱinȱ37Ȭ50ȱsonstȱnichtȱmehrȱerwähnt.“510ȱȱ
EsȱbleibtȱalsoȱderȱEindruckȱeinesȱinȱdenȱliterarischenȱKontextȱeingefügȬ tenȱ Kapitels.ȱ Dieȱ Frageȱ allerdings,ȱ obȱ dasȱ Kapitelȱ entwederȱ ursprüngȬ lichȱselbstständigȱexistiertȱhatȱundȱfürȱdieȱEinfügungȱüberarbeitetȱoderȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 508ȱȱ WESTERMANN,ȱGenesisȱI/3,ȱ42f.ȱ 509ȱȱ Vgl.ȱ SCHWEIZER,ȱ Dieȱ Josefsgeschichte,ȱ 325;ȱ BLUM,ȱ Vätergeschichte,ȱ 224;ȱ COATS,ȱ GeȬ nesisȱ withȱ anȱ Introduction,ȱ 8.53.273f.ȱ Auchȱ fürȱ GUNKELȱ istȱ Genȱ 38ȱ nachträglichȱ inȱ denȱHauptfadenȱdesȱJahwistenȱeingestellt.ȱS.ȱGUNKEL,ȱGenesis,ȱ395.410.ȱDieȱgleicheȱ ArgumentationȱbeiȱVONȱRAD,ȱGenesis,ȱ291,ȱallerdingsȱohneȱQuellenzuweisung.ȱ 510ȱȱ EBACH,ȱGenesisȱ37Ȭ50,ȱ119.ȱ
188
TeilȱB:ȱAnalyseȱderȱTexteȱimȱKontextȱ
inȱKenntnisȱderȱJosepherzählungȱverfasstȱwurde,ȱistȱsehrȱstrittig.ȱPeterȱ Weimarȱ siehtȱ inȱ einerȱ neuerenȱ Studieȱ zuȱ Genȱ 38ȱ dieȱ Annahme,ȱ dassȱ Genȱ 38ȱ einȱ Fremdkörperȱ imȱ Rahmenȱ derȱ Josephsgeschichteȱ darstelle,ȱ insofernȱbestätigt,ȱalsȱdassȱerȱeineȱursprünglicheȱErzähleinheitȱidentifiȬ ziertȱ(V.6Ȭ11*.13Ȭ19*.24Ȭ26a),ȱdieȱnichtȱfürȱdenȱgrößerenȱZusammenhangȱ konzipiertȱ sei.ȱ Erstȱ inȱ einemȱ nächstenȱ Schrittȱ seiȱ dannȱ (vielleichtȱ auchȱ aufȱ derȱ Ebeneȱ derȱ Endredaktion)ȱ Genȱ 38ȱ inȱ denȱ literarischenȱ ZusamȬ menhangȱderȱJosephgeschichteȱeinerseits,ȱsowieȱderȱGenesisȱimȱAllgeȬ meinen,ȱ integriertȱ worden.511ȱ Ebachȱ ziehtȱ ausȱ demȱ Befundȱ ähnlichȱ Schlüsse:ȱ „Soȱsprichtȱvielȱdafür,ȱdassȱesȱsichȱinȱderȱErzählungȱvonȱGenȱ38ȱumȱeinȱzuȬ nächstȱeigenesȱÜberlieferungsstückȱhandelt,ȱwelchesȱdannȱjedochȱnichtȱnurȱ redaktionellȱinȱdasȱGefügeȱvonȱ37Ȭ50ȱeinmontiert,ȱsondernȱbisȱinȱdenȱWortȬ lautȱaufȱdenȱKontextȱbezogenȱwurde.“ȱ
DennochȱbleibtȱEbachȱhinsichtlichȱderȱentstehungsgeschichtlichenȱPrioȬ ritätȱinȱderȱendgültigenȱEntscheidungȱvorsichtig:ȱȱ „Dassȱ Genȱ 38ȱ vonȱ vornhereinȱ alsȱ Bestandteilȱ derȱ Josefsgeschichteȱ konziȬ piertȱwurdeȱ(soȱCassutoȱ[…],),ȱistȱdaherȱnichtȱwahrscheinlich;ȱdieȱumstritteȬ neȱFrage,ȱobȱesȱunabhängigȱvonȱderȱJosefsgeschichteȱentstandȱundȱdannȱinȱ ihrenȱKontextȱeingefügtȱ(soȱbereitsȱM.ȱNoth,ȱÜberlieferungsgeschichteȱ1948,ȱ 252ȱ f.)ȱ undȱ ihmȱ angepasstȱ wurdeȱ oderȱ obȱ esȱ inȱ Kenntnisȱ derȱ JosefsȬ geschichteȱ verfasstȱ wurdeȱ (soȱ u.ȱ a.ȱ R.ȱ Alter,ȱ Artȱ 1981,ȱ 3Ȭ11;ȱ W.ȱ Dietrich,ȱ Josepherzählungȱ 1989,ȱ 51;ȱ E.ȱ Blum,ȱ Vätergeschichteȱ 1984,ȱ 245),ȱ lässtȱ sichȱ schwerȱentscheiden.“ȱ512ȱȱ
FolglichȱistȱauchȱdieȱDatierungȱvonȱGenȱ38ȱumstritten,ȱdaȱdieseȱwiedeȬ rumȱ davonȱ abhängigȱ ist,ȱ welcheȱ Tendenzȱ manȱ derȱ JudaȬErzählungȱ abzuspürenȱ meint.513ȱ Mittlerweileȱ konntenȱ verschiedeneȱ Studienȱ vonȱ etwaȱ Fokkelman514,ȱ Alter515,ȱ Levinson516,ȱ Deurloo517,ȱ G.ȱ Fischer518,ȱ KaȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 511ȱȱ Vgl.ȱ dazuȱ denȱ zweiteiligenȱ Aufsatz:ȱ WEIMAR,ȱ Genȱ 38ȱ Ȭȱ Eineȱ Einschaltungȱ inȱ dieȱ Josefsgeschichte:ȱ BNȱ 138ȱ (2008),ȱ 5Ȭ37ȱ undȱ BNȱ 140ȱ (2009),ȱ 5Ȭ30;ȱ s.ȱ auchȱ nochȱ DERS.,ȱ „UndȱerȱnannteȱseinenȱNamenȱPerez“ȱ(Genȱ38,29).ȱErwägungenȱzuȱKompositionȱundȱ literarischerȱ Gestaltȱ vonȱ Genȱ 38.ȱ Teilȱ 1:ȱ BZȱ 51/2ȱ (2007),ȱ 193Ȭ215ȱ undȱ Teilȱ 2:ȱ BZȱ 52/1ȱ (2008),ȱ1Ȭ18.ȱ 512ȱȱ BeideȱZitate:ȱEBACH,ȱGenesisȱ37Ȭ50,ȱ119f.ȱ 513ȱȱ EinenȱÜberblickȱgibtȱEBACH,ȱGenesisȱ37Ȭ50,ȱ120.ȱ 514ȱȱ Vgl.ȱFOKKELMAN,ȱ Genesisȱ37ȱandȱ38ȱatȱtheȱInterfaceȱofȱStructuralȱAnalysisȱandȱHerȬ meneutics,ȱ152Ȭ187.ȱ 515ȱȱ S.ȱALTER,ȱArtȱofȱBiblicalȱNarrative,ȱ5Ȭ11.ȱ 516ȱȱ S.ȱLEVENSON,ȱDeathȱandȱResurrection,ȱ157Ȭ164.ȱLEVENSONȱunterstreichtȱnochȱeinmal,ȱ dassȱ vieleȱ derȱ Verbindungen,ȱ dieȱ erȱ beobachtetȱ hat,ȱ schonȱ inȱ denȱ frühenȱ rabbiniȬ schenȱMidraschimȱdiskutiertȱundȱelaboriertȱwurden.ȱȱ 517ȱȱ Vgl.ȱ bes.ȱ DEURLOO,ȱ Eerstlingschapȱ enȱ koningschap,ȱ 62Ȭ73ȱ undȱ inȱ knappererȱ Form:ȱ DERS.,ȱGenesisȱ37,2Ȭ11ȱalsȱthematischerȱAuftakt,ȱ71Ȭ81.ȱ
6.ȱVertauschungenȱinnerhalbȱIsraels:ȱdieȱJosephȬJudaȬErzählungȱ
189
minsky519,ȱEbach520ȱsowieȱBrodie521ȱzeigen,ȱdassȱdieȱJudaȬTamarȱErzähȬ lungȱ signifikanteȱ intertextuelleȱ Verbindungenȱ zuȱ denȱ sieȱ unmittelbarȱ umgebendenȱTexten,ȱnamentlichȱmitȱGenȱ37,ȱaufweisen.522ȱNimmtȱmanȱ dieȱBezügeȱzumȱMakrokontextȱderȱGenesisȱnochȱhinzu523,ȱwirdȱGenȱ38ȱ zuȱeinemȱintegrierendenȱBestandteilȱderȱ„JosephȬErzählung“.ȱȱ AufgrundȱderȱhohenȱVernetzungsdichteȱvonȱGenȱ37ȱundȱ38ȱkönnenȱ entsprechendȱbeideȱKapitelȱalsȱ„DoppelȬExposition“ȱbegriffenȱwerden.ȱ Diesȱwirdȱzunehmendȱhäufigerȱvorgeschlagen.524ȱAllerdingsȱistȱbesonȬ dersȱhervorzuheben,ȱdassȱdieȱliterarischeȱIntegritätȱvonȱGenȱ38ȱinȱdieȬ serȱHinsichtȱkaumȱüberschätztȱwerdenȱkann.ȱM.E.ȱgreifenȱauchȱdiejeniȬ genȱ Deutungsversucheȱ etwasȱ zuȱ kurz,ȱ dieȱ zwarȱ denȱ Charakterȱ derȱ DoppelȬExpositionȱ vonȱ Genȱ 37.38ȱ bestätigen,ȱ inȱ Genȱ 38ȱ aberȱ lediglichȱ einenȱnarrativenȱ„Exkurs“ȱ(Hieke525)ȱoderȱeinȱ„retardierendesȱElement“ȱ (Coats)ȱsehen.ȱSoȱschreibtȱCoatsȱzuȱGenȱ38:ȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 518ȱȱ Vgl.ȱG.ȱFISCHER,ȱDieȱJosephsgeschichteȱalsȱModellȱfürȱVersöhnung,ȱ244Ȭ146ȱ 519ȱȱ Vgl.ȱKAMINSKY,ȱYetȱIȱLovedȱJacob,ȱ63Ȭf.ȱ 520ȱȱ S.ȱdenȱneuenȱKommentarȱEbachsȱzurȱJosephsgeschichte;ȱbes.ȱEBACH,ȱGenesisȱ37Ȭ50,ȱ 119Ȭ121.ȱ 521ȱȱ Vgl.ȱBRODIE,ȱGenesisȱasȱDialogue,ȱ297f.ȱ 522ȱȱ DieȱwichtigstenȱQuerverweiseȱsindȱobenȱschonȱbesprochen.ȱ 523ȱȱ Dieȱ Wurzel dryȱ inȱ Genȱ 38,1;ȱ 39,1ȱ (vgl.ȱ nochȱ denȱ Wunschȱ Jakobs,ȱ nachȱ derȱ TodesȬ nachrichtȱüberȱseinenȱSohn,ȱinȱdasȱTotenreichȱhinabzusteigenȱ[drEae;ȱGenȱ37,35]).ȱDasȱ ErkennungsmotivȱinȱGenȱ37,32.33;ȱ38,25.26;ȱ42,6.8.ȱDieȱZiege,ȱdieȱinȱGenȱ37ȱundȱ 38ȱ benutztȱwird,ȱebensoȱwieȱbeiȱRebekka,ȱumȱJakobȱzuȱhelfen,ȱEsausȱSegenȱzuȱstehlenȱ (Genȱ 27).ȱ Dasȱ Motiv,ȱ dassȱ mitȱ demȱ Vorweisenȱ einesȱ Kleidungsstücksȱ einȱ falscherȱ Scheinȱ zurȱ vorgeblichenȱ Wahrheitȱ erhobenȱ werdenȱ kannȱ (Genȱ 37.38),ȱ tauchtȱ dannȱ nochȱeinmalȱinȱKap.ȱ39ȱauf,ȱwennȱPotifarsȱFrauȱJosephsȱKleidȱzumȱErweisȱdesȱvorȬ geblichȱihrȱgegenüberȱvonȱJosephȱverübtenȱVergehensȱherzeigtȱ(dazuȱEBACH,ȱGeneȬ sisȱ37Ȭ50,ȱ106f);ȱebensoȱinȱKap.ȱ27.ȱDieȱZwillingsgeburtȱTamarsȱruftȱdieȱeinzigeȱandeȬ re,ȱweilȱauchȱexplizitȱmitȱdemȱTerminusȱ ~ymiAaT.ȱ markierteȱZwillingsgeburtȱvonȱEsauȱ undȱJakobȱinsȱGedächtnisȱ(dasȱLemmaȱ ~a'ATȱ innerhalbȱderȱGenesisȱnurȱinȱGenȱ25,24ȱ undȱ38,27),ȱsowieȱdieȱGeburtȱderȱJosephsöhneȱEphraimȱundȱManasse.ȱUndȱletztlichȱ nochȱ Juda,ȱ derȱ sichȱ weigert,ȱ nachȱ demȱ Verlustȱ vonȱ zweiȱ Söhnenȱ nochȱ denȱ drittenȱ aufzugeben,ȱebensoȱwieȱsichȱJakobȱinȱGenȱ42,36Ȭ38ȱzunächstȱweigert,ȱnachȱdemȱVerȬ lustȱvonȱJosephȱundȱSimeonȱauchȱnochȱBenjaminȱzuȱverlieren.ȱVgl.ȱnochȱEBACH,ȱderȱ dieȱintertextuellenȱBezügeȱzwischenȱdemȱSegenskapitelȱGenȱ49ȱundȱGenȱ38ȱherausȬ arbeitetȱ(EBACH,ȱGenesisȱ37Ȭ50,ȱ596f).ȱ 524ȱȱ Vgl.ȱhierzuȱPIRSON:ȱ„OnȱtheȱbasicȱofȱbothȱsyntacticȱindicationsȱandȱgroundsȱregardȬ ingȱ theȱ contentȱ ofȱ Genesisȱ 37ȱ andȱ 38ȱ itȱ isȱ inȱ allȱ respectȱ justifiedȱ toȱ considerȱ theseȱ chaptersȱ theȱ introductionȱ toȱ theȱ ensuingȱ narrative”ȱ (PIRSON,ȱ Lordȱ ofȱ theȱ Dreams,ȱ 127);ȱs.ȱauchȱEBACH,ȱGenesisȱ37Ȭ50,ȱ119ȱu.ö.,ȱsowieȱFOKKELMAN,ȱGenesisȱ37ȱandȱ38ȱatȱ theȱInterfaceȱofȱStructuralȱAnalysisȱandȱHermeneutics,ȱ152Ȭ187;ȱDEURLOO,ȱ EerstlingȬ schapȱ enȱ koningschap,ȱ 62Ȭ73ȱ undȱ DERS.,ȱ Genesisȱ 37,2Ȭ11ȱ alsȱ thematischerȱ Auftakt,ȱ 71Ȭ81.ȱEtwasȱanders,ȱaberȱimȱWesentlichenȱübereinstimmend:ȱWEIMAR,ȱErwägungenȱ zurȱEntstehungsgeschichte,ȱ329.ȱ 525ȱȱ Soȱz.B.ȱHIEKE,ȱGenealogien,ȱ255.ȱ
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TeilȱB:ȱAnalyseȱderȱTexteȱimȱKontextȱ
„TheȱJudaȬTamarȱnarrativeȱbreaksȱintoȱaȱfirmȱunityȱinȱtheȱJosephȱstoryȱ[…]ȱ andȱthusȱdelaysȱtheȱpaceȱofȱactionȱinȱtheȱJosephȱstoryȱplot.ȱ[…]ȱInȱcontrastȱ toȱtheȱunityȱbyȱcontextȱinȱtheȱpatriarchalȱnarratives,ȱthisȱstoryȱisȱcompletelyȱ isolatedȱfromȱtheȱJosephȱstory.”526ȱȱ
Inȱ narratologischerȱ Hinsichtȱ istȱ Genȱ 38ȱ dasȱ sicherlichȱ auch;ȱ jedochȱ müssteȱmanȱdemgegenüberȱwohlȱpräzisieren:ȱInȱGenȱ38ȱsetztȱeinȱneuerȱ Erzählabschnittȱein,ȱderȱdenȱProtagonistenȱJudaȱvorstelltȱ(insofernȱwäreȱ derȱ Begriffȱ „Exkurs“ȱ gerechtfertigt),ȱ derȱ aberȱ zusammenȱ mitȱ derȱ PräȬ sentationȱ Josephsȱ inȱ Genȱ 37ȱ derȱ Vorstellungȱ beiderȱ Hauptfigurenȱ derȱ gesamtenȱ Erzählungȱ umȱ denȱ Bruderkonfliktȱ dient.ȱ 527ȱ Daherȱ werdenȱ nurȱ mitȱ Genȱ 38ȱ dieȱ wesentlichenȱ Zügeȱ derȱ Gesamterzählungȱ begreifȬ bar.528ȱȱ DaȱGenȱ37ȱundȱ38ȱalsȱExpositionȱderȱGesamterzählungȱzweiȱderȱJaȬ kobsöhneȱbesondersȱhervorhebenȱȬȱderenȱKonkurrenzȱdieȱDynamikȱderȱ Gesamterzählungȱ inȱ essentiellerȱ Weiseȱ mitbestimmtȱ Ȭȱ scheintȱ esȱ angeȬ messen,ȱ vonȱ derȱ Bezeichnungȱ „Josephserzählung“ȱ abzuweichenȱ undȱ imȱFolgendenȱdenȱBegriffȱ„JosephȬJudaȬErzählung“ȱfürȱdieȱKapitelȱ37Ȭ 50ȱ starkȱ zuȱ machen.529ȱ Dieȱ gebräuchlicheȱ Bezeichnungȱ „JosephsgeȬ schichte“ȱ istȱ natürlichȱ nichtȱ falsch.ȱ 530ȱ Sieȱ hatȱ ihreȱ Berechtigungȱ darin,ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 526ȱȱ Vgl.ȱCOATS,ȱGenesisȱwithȱanȱIntroduction,ȱ273.ȱ 527ȱȱ Soȱ dezidiertȱ lediglichȱ FOKKELMAN,ȱ Genesisȱ 37ȱ andȱ 38ȱ atȱ theȱ Interfaceȱ ofȱ Structuralȱ AnalysisȱandȱHermeneutics,ȱ152Ȭ187;ȱDEURLOO,ȱ Eerstlingschapȱenȱ koningschap,ȱ62Ȭ 73ȱundȱDERS.,ȱGenesisȱ37,2Ȭ11ȱalsȱthematischerȱAuftakt,ȱ71Ȭ81;ȱvgl.ȱauchȱdieȱdemȱzuȬ stimmendeȱNebenbemerkungenȱbeiȱDIEBNER,ȱJudaȱundȱIsrael.ȱZurȱhermeneutischenȱ Bedeutung,ȱ130Ȭ132.ȱ 528ȱȱ DurchȱdieȱBetonungȱderȱliterarischenȱIntegritätȱvonȱGenȱ38ȱsollȱkeineȱtextgenetischeȱ Aussageȱgetroffenȱwerden,ȱsondernȱlediglichȱdieȱBedeutungȱvonȱGenȱ38ȱfürȱdasȱErȬ zählganzeȱunterstrichenȱwerden.ȱM.E.ȱgehtȱLAMBESȱArgumentationȱdannȱauchȱeinenȱ Schrittȱzuȱweit,ȱwennȱderȱvonȱderȱsynchronenȱBedeutungȱvonȱGenȱ38ȱdirektȱaufȱeineȱ ursprünglicheȱ Zugehörigkeitȱ vonȱ Genȱ 38ȱ zurȱ Josephsgeschichteȱ schließtȱ (LAMBE,ȱ JuȬ dah’sȱDevelopment,ȱ67f).ȱ 529ȱȱ Dafürȱ plädiertȱ DEURLOOȱ nachdrücklich,ȱ vgl.ȱ z.B.ȱ DEURLOO,ȱ GenesisȬKommentar,ȱ 165,ȱDERS.,ȱGenesisȱ37,2Ȭ11ȱalsȱthematischerȱAuftakt,ȱ71Ȭ81ȱundȱDERS.,ȱEerstlingschapȱ enȱkoningschap,ȱ62Ȭ73.ȱ 530ȱȱ EsȱgibtȱimmerȱwiederȱVersuche,ȱdenȱErzählkomplexȱGenȱ37Ȭ50ȱandersȱzuȱbenennen.ȱ Dochȱbeschreibenȱsieȱm.E.ȱjeweilsȱnurȱEinzelaspekte.ȱSoȱz.B.ȱ VONȱ RAD,ȱGenesis,ȱ229:ȱ „Aberȱ wennȱ unserȱ Blockȱ vonȱ Jakoberzählungenȱ überschriebenȱ wird:ȱ ‚Diesȱ istȱ dieȱ Familiengeschichteȱ Isaaks‘,ȱ undȱ wennȱ dieserȱ Erzählkomplexȱ mitȱ demȱ Berichtȱ vonȱ Isaaksȱ Todȱ endetȱ (Kap.ȱ 35,28),ȱ liegtȱ esȱ dochȱ vielȱ näher,ȱ dasȱ Ganzeȱ derȱ Absichtȱ derȱ SammlerȱdochȱeigentlichȱalsȱeineȱIsaakgeschichteȱzuȱverstehen.ȱManȱmussȱdannȱfreiȬ lichȱkonsequentȱseinȱundȱinȱunsererȱsogen.ȱ‚Josephsgeschichte‘ȱeineȱJakobsgeschichteȱ sehen.ȱ Dafürȱ sprichtȱ aberȱ auchȱ dieȱ Tatsache,ȱ daßȱ auchȱ dieserȱ großeȱ ErzählzusamȬ menhangȱ ganzȱ ähnlichȱ mitȱ ‚Diesȱ istȱ dieȱ Familiengeschichteȱ Jakobs‘ȱ beginntȱ (Kap.ȱ 37,2)ȱundȱmitȱdemȱBerichtȱvonȱJakobsȱTodȱundȱderȱÜberführungȱseinerȱLeicheȱnachȱ KanaanȱseinenȱAbschlussȱfindetȱ(Kap.ȱ50).“ȱSEEBASS,ȱJosephsgeschichte,ȱ6,ȱhingegenȱ
6.ȱVertauschungenȱinnerhalbȱIsraels:ȱdieȱJosephȬJudaȬErzählungȱ
191
dassȱüberȱweiteȱStreckenȱJosephȱdieȱHauptpersonȱistȱundȱseineȱTodesȬ notizȱ denȱ Abschnittȱ beendet.ȱ Jedochȱ wirdȱ mitȱ dieserȱ Bezeichnungȱ dieȱ Erzähldynamikȱ falschȱ akzentuiert,ȱ daȱ sichȱ dieseȱ letztlichȱ zwischenȱ JoȬ sephȱundȱJudaȱentwickelt.ȱ
6.2ȱRuben,ȱSimeon,ȱLeviȱundȱJudaȱ 6.2.1ȱDisqualifizierungȱRubensȱ RubenȱistȱderȱersteȱSohnȱJakobs,ȱderȱihmȱvonȱLeaȱgeborenȱwurdeȱ(Genȱ 29,32).ȱAlsȱ rAkB. wirdȱerȱimȱFortgangȱderȱErzählungenȱdannȱauchȱwieȬ derholtȱ gekennzeichnetȱ (Genȱ 35,23;ȱ 46,8;ȱ 49,3),ȱ jedochȱ verwirktȱ erȱ seinȱ Erstlingstum.ȱ Dieȱ narrativeȱ Entfaltungȱ diesesȱ Vorgangsȱ geschiehtȱ inȱ Genȱ 35ȱ äußerstȱ knapp:ȱ Kurzȱ bevorȱ inȱ Genȱ 35,22bȬ26ȱ zumȱ erstenȱ Malȱ alleȱzwölfȱSöhneȱIsraelsȱaufgezähltȱwerden,ȱundȱdamitȱIsraelȱinȱGänzeȱ erschienenȱist,ȱinformiertȱeineȱkurzeȱNotizȱdarüber,ȱdassȱRubenȱ–ȱwähȬ rendȱdieȱFamilieȱbeiȱMigdalȱEderȱlagerteȱ(V.ȱ21)ȱ–ȱmitȱJakobsȱNebenfrauȱ Bilhaȱschläftȱ(Genȱ35,22a).ȱDieȱzweiteȱVershälfteȱteiltȱlediglichȱmit,ȱdassȱ Israelȱesȱgehörtȱhabe.ȱDieȱLXXȱergänztȱdieȱoffenbarȱalsȱzuȱknappȱempȬ fundeneȱBemerkungȱdurchȱdenȱZusatz:ȱΎ΅ϠȱΔΓΑΕϲΑȱπΚΣΑȱπΑ΅ΑΘϟΓΑȱ ΅ЁΘΓΙ/„undȱböseȱerschienȱesȱvorȱihm.“ȱDochȱdieȱgeradezuȱ„verstörenȬ deȱLakonik“531ȱdesȱmasoretischenȱTextesȱinȱGenȱ35,22ȱhatȱihrenȱGrund.ȱ SieȱstelltȱeineȱLeerstelleȱdarȱundȱwecktȱeineȱErwartung,ȱdieȱerstȱinȱGenȱ 49,3fȱeingelöstȱwird.ȱBeimȱfinalenȱSegenȱJakobsȱüberȱseineȱSöhneȱlässtȱ derȱVaterȱimȱRubenȬSpruchȱkeinenȱZweifelȱdaran,ȱdassȱerȱdasȱVerhalȬ tenȱseinesȱSohnesȱdeutlichȱmissbilligt:ȱ „Ruben,ȱmeinȱErstgeborenerȱbistȱdu,ȱ[…].ȱ DuȱbistȱübergewalltȱwieȱdieȱWasser,ȱ duȱsollstȱkeinenȱVorrangȱhabenȱ(rt;AT-la;),ȱ dennȱduȱhastȱdasȱLagerȱdeinesȱVatersȱbestiegenȱ(^ybia' ybeK.v.mi daȱhastȱduȱesȱentweiht.ȱ MeinȱBettȱhatȱerȱbestiegenȱ(hl'[' y[iWcy>).”ȱ
t'yli[' yKi);ȱ
Genȱ49ȱkommentiertȱsoȱnachträglichȱGenȱ35,22aȱundȱbesiegeltȱendgülȬ tig,ȱ dassȱ Rubenȱ wegenȱ seinerȱ Tatȱ (^ybia' ybeK.v.mi t'yli[' yKi)ȱ dieȱ Rolleȱ alsȱ Erstlingȱ abgesprochenȱ bekommt.ȱ Denȱ Vorrangȱ bekommtȱ Rubenȱ (V.ȱ 3)ȱ vomȱ Vaterȱ rechtlichȱ entzogen.ȱ Nochȱ deutlicherȱ geschiehtȱ dieȱ AbwerȬ tungȱ Rubensȱ inȱ 1ȱ Chrȱ 5,1Ȭ3.ȱ Inȱ 1ȱ Chrȱ 5ȱ wirdȱ dasȱ semantischȱ offenereȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ hilftȱsichȱmitȱderȱneuenȱBezeichnungȱ„IsraelȬJosephȬGeschichte.“ȱAllerdingsȱistȱauchȱ dieseȱBezeichnungȱnichtȱunproblematisch,ȱdaȱesȱinȱderȱToledotȱJakobsȱnichtȱnurȱumȱ JosephȱundȱJakobȱgeht.ȱȱ 531ȱȱ EBACH,ȱGenesisȱ37Ȭ50,ȱ584.ȱȱ
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TeilȱB:ȱAnalyseȱderȱTexteȱimȱKontextȱ
rt;AT-la;ȱ ausȱ Genȱ 49,3ȱ („derȱ ersteȱ sollstȱ duȱ nichtȱ sein“ȱ bzw.ȱ „duȱ sollstȱ keinenȱVorrangȱhaben“)ȱnachdrücklichȱinterpretiertȱalsȱderȱVerlustȱvonȱ RubensȱErstlingstum:ȱ “UndȱdieȱSöhneȱRubens,ȱdesȱErstgeborenenȱIsraelsȱ(laer"f.yI-rAkB.)ȱ –ȱdennȱerȱ(scl.ȱRuben)ȱwarȱderȱErstlingȱ(rAkB.h;);ȱ weilȱerȱaberȱdasȱLagerȱseinesȱVatersȱentweihtȱhatte,ȱwurdeȱseinȱErstlingstumȱ (Atr"koB.)ȱdenȱSöhnenȱJosephs,ȱdesȱSohnesȱIsraels,ȱgegeben;ȱ undȱerȱwirdȱnichtȱnachȱdemȱErstlingstumȱ(hr"koB.l;)ȱimȱGeschlechtsregisterȱeingeȬ tragen;ȱ […]ȱJosephȱaberȱerhieltȱdasȱErstlingstumȱ(hr"koB.h;w)> ȱ–ȱ dieȱSöhneȱRubens,ȱdesȱErstgeborenenȱIsraelsȱ(laer"f.yI rAkB.):ȱ[…]”532ȱ
Gleichȱ viermalȱ wirdȱ aufȱ diesesȱ Erstlingstumȱ Bezugȱ genommenȱ undȱ RubenȱinȱdenȱrahmendenȱVersenȱ1ȱundȱ3ȱalsȱ„Erstling“ȱbezeichnet,ȱumȱ denȱ Verlustȱ desȱ Vorrechtsȱ nochȱ herauszustreichen.ȱ Dieȱ expliziteȱ HervorhebungȱdesȱErstlingsstatusȱRubensȱinȱderȱChronikȱvermagȱauchȱ daraufȱhinzuweisen,ȱdassȱdemȱTitelȱ rAkB.ȱ inȱmanchenȱFällenȱeineȱIndexȬ funktionȱ zuzukommenȱ scheint:ȱ Dieȱ Bezeichnungȱ „Erstling“ȱ kommtȱ zwarȱ inȱ derȱ Genesisȱ häufigȱ vor,ȱ jedochȱ findetȱ sichȱ dieȱ expliziteȱ BeȬ zeichnungȱ einesȱ Sohnesȱ innerhalbȱ derȱ HauptȬVerheißungslinieȱ desȱ ToȬ ledotȬSystemsȱ nurȱ dreimal,ȱ soȱ werdenȱ nebenȱ Rubenȱ (Genȱ 35,23;ȱ 46,8;ȱ 49,3)ȱ nurȱ nochȱ Judasȱ ersterȱ Sohnȱ Erȱ (Genȱ 38,6.7)ȱ undȱ Josephsȱ natürliȬ cherȱ Erstgeborenerȱ Manasseȱ (Genȱ 41,51;ȱ 48,14.18)ȱ alsȱ „Erstlinge“ȱ marȬ kiert.533ȱBeiȱallenȱdreienȱhandeltȱesȱsichȱumȱnatürlicheȱErstgeborene,ȱdieȱ ihrȱ Erstlingstumȱ jedochȱ verlieren.ȱ Inȱ Bezugȱ aufȱ Rubenȱ kannȱ derȱ Titelȱ rAkB. daherȱalsȱLesehinweisȱaufȱeineȱbevorstehendeȱUmkehrȱderȱnatürliȬ chenȱ Geburtsreihenfolgeȱ verstandenȱ werden.ȱ Durchȱ diesesȱ Textsignalȱ wirdȱ Rubenȱ gleichȱ beiȱ seinerȱ Einführungȱ alsȱ disqualifizierterȱ Erstlingȱ charakterisiert.ȱȱ ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 532ȱȱ Vgl.ȱ nochȱ (ohneȱ diesenȱ kritischenȱ Einschub)ȱ Exȱ 6,14:ȱ „Diesȱ sindȱ dieȱ Häupterȱ ihrerȱ Vaterhäuser:ȱ Dieȱ Söhneȱ Rubens,ȱ desȱ Erstgeborenenȱ Israels:ȱ Henoch,ȱ Pallu,ȱ Hezronȱ undȱKarmi;ȱdasȱwarenȱdieȱSippenverbändeȱRubens.”ȱZumȱAufbauȱderȱGenealogieȱ1ȱ Chrȱ5ȱundȱzuȱdenȱBeziehungenȱdieserȱGenealogieȱzuȱdenȱdenjenigenȱinȱderȱGenesisȱ s.ȱJAPHET,ȱ1ȱChronik,ȱ149Ȭ180,ȱbes.ȱ152Ȭ154ȱundȱDIES.,ȱIȱ&ȱIIȱChronicles,ȱ128Ȭ142.ȱ„Vȱ1Ȭ 2ȱ stellenȱ einesȱ derȱ markantestenȱ Beispieleȱ fürȱ Midraschȱ inȱ Chrȱ dar.ȱ Alsȱ Midraschȱ wirdȱderȱTextȱzumȱeinenȱdadurchȱausgewiesen,ȱdassȱerȱeinenȱvorhandenenȱVersȱinȬ terpretiert.ȱAufȱdasȱZitatȱvonȱExȱ6,14ȱ‚dieȱSöhneȱRubens,ȱdesȱErstgeborenenȱvonȱIsȬ rael‘ȱ folgtȱ eineȱ Deutung,ȱ worinȱ dieȱ Diskrepanzȱ zwischenȱ Rubensȱ offiziellemȱ Statusȱ alsȱ Erstgeborenemȱ undȱ seinerȱ tatsächlichenȱ historischenȱ Stellungȱ unterȱ denȱ StämȬ menȱgerechtfertigtȱwird.ȱAußerdemȱführtȱdieseȱInterpretationȱeinenȱneuenȱtheologiȬ schenȱGedankenȱein,ȱderȱseineȱFormȱdurchȱeineȱneuartigeȱKombinationȱvonȱvorhanȬ denenȱbiblischenȱTextenȱerhältȱ(scl.ȱGenȱ35,22;ȱ48,5)“ȱ(JAPHET,ȱ1ȱChronik,ȱ152).ȱȱ 533ȱȱ BeiȱEsauȱerscheintȱrAkB. nurȱinȱderȱSelbstbezeichnung:ȱGenȱ27,19.32.ȱ
6.ȱVertauschungenȱinnerhalbȱIsraels:ȱdieȱJosephȬJudaȬErzählungȱ
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Esȱ stelltȱ sichȱ dieȱ Frage,ȱ inwiefernȱ Rubenȱ falschȱ handelteȱ undȱ diesȱ zuȱ seinerȱ Verurteilungȱ führte.ȱ Vermutlichȱ gehtȱ esȱ nurȱ vordergründigȱ umȱ einenȱ Verstoßȱ gegenȱ dasȱ Verbot,ȱ mitȱ derȱ Frauȱ desȱ Vatersȱ zuȱ schlafen,ȱ welchesȱ nachȱ Levȱ 20,11ȱ mitȱ einerȱ Todessanktion534ȱ bewehrtȱ ist.535ȱ AufȬ fälligȱist,ȱdassȱBilhaȱinȱGenȱ35,22ȱ(undȱnurȱdort)ȱalsȱ vgc').“573ȱDamitȱ stelltȱderȱErzählerȱTamarsȱVerhaltenȱüberȱdasjenigeȱJudas.ȱErȱsagtȱnicht,ȱ dassȱ eine/rȱ vonȱ beidenȱ „gerecht“,ȱ alsoȱ toraȬkonformȱ gehandeltȱ habe,ȱ sondernȱbewertetȱlediglichȱTamarsȱVerhaltenȱalsȱ„relativȱbesser“.ȱDennȱ immerhinȱsetztȱsichȱTamarȱ–ȱwennȱauchȱmitȱproblematischenȱMittelnȱ–ȱ dafürȱein,ȱdassȱJudasȱLinieȱfortbesteht.574ȱSelbigesȱwäreȱeigentlichȱJudasȱ AufgabeȱalsȱpotentiellerȱErstlingȱgewesen.ȱStattdessenȱzeigtȱihmȱTamar,ȱ welcheȱ Verantwortungȱ erȱ alsȱ Erstlingȱ gegenüberȱ seinerȱ Familieȱ undȱ damitȱ auchȱ gegenüberȱ seinenȱ Brüdernȱ eigentlichȱ hätteȱ übernehmenȱ müssen.ȱ Inȱ dieserȱ Einsichtȱ liegtȱ derȱ Kernȱ derȱ wahrzunehmendenȱ VerȬ änderungȱJudasȱinnerhalbȱderȱJosephsgeschichte:ȱZwarȱbleibtȱJudaȱwieȱ Jakobȱ vorerstȱ einȱ eherȱ zweifelhafterȱ Charakter,ȱ dochȱ bildetȱ dieȱ SelbstȬ erkenntnisȱ Judasȱ dieȱ Grundlageȱ fürȱ seineȱ folgendeȱ Veränderung.ȱ Erȱ mussȱ erstȱ eineȱ Wandlungȱ wieȱ Jakobȱ durchlaufen,ȱ bevorȱ erȱ sichȱ selbstȱ
ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 573ȱȱ Dieȱ Wendungȱ yNIM,mi hq'd>c' lässtȱ mehrereȱ Übersetzungenȱ undȱ damitȱ auchȱ mehrereȱ Deutungsnuancenȱzu.ȱDieȱvielfacheȱMöglichkeit,ȱdasȱhebräischeȱʯʮʑ ȱaufzufassen,ȱwelȬ chesȱ einȱ räumlichesȱ „von“,ȱ eineȱ Relation,ȱ aberȱ auchȱ einenȱ Komparativȱ ausdrückenȱ kann,ȱ führtȱ jeȱ nachȱ Nuancierungȱ zuȱ denȱ genanntenȱ Übersetzungsvarianten.ȱ Dieȱ formalsteȱÜbersetzungȱwäreȱwohl:ȱ„Sieȱistȱvonȱmirȱherȱ[gesehen]ȱgerecht.“ȱ(fürȱdieȬ senȱ Vorschlagȱ plädiertȱ vorȱ allemȱ EBACH,ȱ Genesisȱ 37Ȭ50,ȱ 146ȱ u.ö.)ȱ (zumȱ Problemȱ s.ȱ nochȱEBACH,ȱGenesisȱ37Ȭ50,ȱbes.ȱ145Ȭ149).ȱDieȱhierȱvorgeschlageneȱÜbersetzungȱ(„Sieȱ hatȱgerechtȱgehandeltȱimȱVerhältnisȱzuȱmir“)ȱbleibtȱrechtȱwörtlich,ȱumȱmehrȱalsȱeineȱ Interpretationȱzuȱermöglichen.ȱSoȱgibtȱesȱnochȱfolgendeȱÜbersetzungsmöglichkeiten:ȱ (1)ȱ„SieȱistȱimȱRechtȱgegenȱmich“ȱ(soȱetwaȱdieȱNeueȱZüricher;ȱElberfelder;ȱSEEBASS,ȱ Josephsgeschichteȱ32;ȱBUBER:ȱ„Bewährtȱistȱsieȱgegenȱmich“ȱundȱWESTERMANN,ȱGeneȬ sisȱ I/3,ȱ 42).ȱ (2)ȱ „Sieȱ istȱ gerechterȱ alsȱ ich“ȱ (soȱ Luther;ȱ JACOB,ȱ Genesis,ȱ 718;ȱ VANȱ DERȱ MERWE/NAUDÉ/KROEZE,ȱ Biblicalȱ Hebrewȱ Referenceȱ Grammar,ȱ 290:ȱ „Sheȱ isȱ moreȱ righteousȱthanȱI.”ȱundȱLXX:ȱΈΉΈΎ΅ϟΝΘ΅ȱ̋΅ΐ΅Εȱύȱπ·Џ).ȱ(3)ȱ„SieȱistȱdieȱGerechte,ȱichȱ nicht.“ȱ(soȱDEURLOO,ȱOnzeȱlieveȱvrouwe,ȱ32;ȱDERS.,ȱ Eerstlingschapȱenȱkoningschap,ȱ 71);ȱ„Sheȱisȱinȱtheȱright,ȱnotȱI.”ȱ(WENHAM,ȱGenesisȱII,ȱ362;ȱfürȱdieseȱÜbersetzungȱ s.ȱ auchȱWALTKE/CONNOR,,ȱAnȱIntroductionȱtoȱBiblicalȱHebrewȱSyntax,ȱ265).ȱȱ 574ȱȱ Vgl.ȱDIEBNER,ȱBlickȱinȱdieȱSchublade,ȱ70.ȱ
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TeilȱB:ȱAnalyseȱderȱTexteȱimȱKontextȱ
rechtfertigenȱkannȱ(Genȱ44,16),ȱumȱsichȱdadurchȱalsȱErstlingȱgegenüberȱ seinenȱdreiȱerstgeborenenȱBrüdernȱdurchsetzenȱzuȱkönnen.575ȱȱ InȱderȱKonsequenzȱkannȱnunȱderȱeigentlicheȱgenealogischeȱErzählȬ strangȱ wiederȱ aufgegriffenȱ werden.ȱ Dieȱ weiblicheȱ Initiativeȱ Tamarsȱ bringtȱjedochȱdenȱgewünschtenȱErfolgȱ(PerezȱundȱSerach;ȱGenȱ38,27Ȭ30)ȱ undȱgarantiertȱdamitȱdenȱFortbestandȱderȱLinieȱJudas.ȱAufȱdieseȱWeiseȱ ersetzenȱ dieȱ beidenȱ Zwillingeȱ Perezȱ undȱ Serachȱ dieȱ beidenȱ Söhneȱ Erȱ undȱOnan,ȱdieȱJudaȱdurchȱdenȱTodȱverlorenȱhat.ȱDiesȱkannȱalsȱZeichenȱ dafürȱgedeutetȱwerden,ȱdassȱJudaȱvergebenȱwurde.576ȱSomitȱkannȱGenȱ 38ȱvollständigȱalsȱeineȱgenealogischeȱErzählungȱgesehenȱwerden577,ȱdaȱ dasȱKapitelȱtrotzȱallerȱerzähltechnischenȱDetailsȱundȱmotivlichenȱAusȬ gestaltungenȱ primärȱ umȱ dasȱ Themaȱ Nachkommenschaftȱ kreist.ȱ Inȱ derȱ GeburtȱderȱbeidenȱletztenȱSöhneȱzeigtȱsich,ȱdassȱJudaȱauchȱtatsächlichȱ dasȱPotentialȱhat,ȱseineȱRolleȱalsȱErstlingȱzuȱerfüllen,ȱindemȱerȱnämlichȱ dieȱLinieȱdesȱVatersȱfortführt.ȱȱ 6.2.3.3ȱJudaȱundȱseineȱBrüderȱ(Genȱ42,1Ȭ45,28;ȱ49,8Ȭ12)ȱ NochȱeinȱletztesȱMalȱtretenȱsichȱRubenȱundȱJudaȱinȱderȱGunstȱumȱdieȱ Anerkennungȱ desȱ Vatersȱ gegenüber.ȱ Wegenȱ derȱ weltweitenȱ HungersȬ notȱschicktȱJakobȱseineȱSöhneȱnachȱÄgypten,ȱumȱdortȱGetreideȱzuȱkauȬ fen.ȱSeinenȱjüngstenȱSohnȱBenjaminȱbehältȱerȱjedochȱzurück,ȱdaȱerȱdieȬ senȱSohnȱnichtȱauchȱnochȱverlierenȱwill.ȱȱ InȱÄgyptenȱangekommenȱbeginntȱJoseph,ȱderȱseineȱBrüderȱerkanntȱ hat,ȱmitȱseinerȱ„Lektion“,ȱdieȱsieȱzurȱEinsichtȱihresȱUnrechts,ȱaberȱauchȱ zurȱechtenȱAnnahmeȱihresȱBrudersȱführenȱsoll.ȱTatsächlichȱgehtȱesȱbeiȱ Josephsȱ Verhaltenȱ umȱ denȱ Testȱ derȱ Brüderlichkeit,ȱ umȱ eineȱ VersöhȬ nungȱzuȱermöglichen.ȱDasȱsoȱoftȱerwähnteȱMotivȱderȱ„Nemesis“ȱ(GunȬ kelȱ u.a.)ȱ dürfteȱ damitȱ überhauptȱ keineȱ Rolleȱ spielen.578ȱ Josephȱ stelltȱ seinenȱ Brüdernȱ dieȱ Bedingung,ȱ dassȱ sieȱ ihrenȱ jüngstenȱ Bruderȱ nachȱ Ägyptenȱ bringenȱ müssten,ȱ umȱ dieȱ Wahrheitȱ ihrerȱ Redenȱ zuȱ beweisenȱ (Genȱ42,1Ȭ35).ȱRubenȱversuchtȱwiederȱalsȱersterȱsichȱvorȱdemȱVaterȱzuȱ rehabilitieren,ȱ indemȱ erȱ demȱ Vaterȱ anbietet,ȱ fürȱ dessenȱ jüngstenȱ Sohnȱ Benjaminȱ einzustehen.ȱ Wieȱ inȱ Genȱ 37ȱ scheitertȱ Rubensȱ guteȱ Absichtȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 575ȱȱ SoȱauchȱEBACH,ȱGenesisȱ37Ȭ50,ȱ145ȱundȱLAMBE,ȱJudah’sȱDevelopment,ȱ53Ȭ68.ȱ 576ȱȱ SoȱauchȱHIEKE,ȱGenealogien,ȱ283;ȱGOLDIN,ȱYoungestȱSon,ȱ30;ȱSARNA,ȱGenesis,ȱ270.ȱȱ 577ȱȱ Zurȱ Analyseȱ undȱ formalenȱ Beschreibungȱ desȱ genealogischenȱ Verweissystemsȱ vonȱ Genȱ38ȱvgl.ȱHIEKE,ȱGenealogien,ȱ195fȱundȱI.ȱFISCHER,ȱErzeltern,ȱ31Ȭ35.ȱZurȱRezeptionȱ undȱ Ausfaltungȱ derȱ Genealogieȱ Judaȱ inȱ 1ȱ Chrȱ 2.3Ȭ4,23ȱ vgl.ȱ u.a.ȱ KNOPPERS,ȱ Intermarriage,ȱ15Ȭ30.ȱȱ 578ȱȱ ZumȱNemesisȬGedankenȱs.ȱdieȱkritischeȱAuswertungȱbeiȱG.ȱFISCHER,ȱDieȱJosephsgeȬ schichteȱalsȱModellȱfürȱVersöhnung,ȱ249.ȱ
6.ȱVertauschungenȱinnerhalbȱIsraels:ȱdieȱJosephȬJudaȬErzählungȱ
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wiederholtȱ anȱ seinerȱ Durchführung:ȱ Rubensȱ Angebot,ȱ seineȱ beidenȱ eigenenȱ Söhneȱ zuȱ töten,ȱ fallsȱ erȱ Benjaminȱ nichtȱ zurückbringeȱ (Genȱ 42,37),ȱmussȱaufȱdenȱVaterȱnurȱallzuȱzynischȱgewirktȱhaben.ȱDieserȱistȱ immerȱ nochȱ untröstlichȱ überȱ denȱ Todȱ seinesȱ Sohnesȱ Josephȱ undȱ hatȱ Angst,ȱ denȱ nochȱ verbliebenenȱ jüngstenȱ Sohnȱ ebenfallsȱ zuȱ verlierenȱ (Genȱ 42,38;ȱ 44,22.29Ȭ31).ȱ Folglichȱ wirdȱ Rubensȱ Vorschlagȱ vomȱ Vaterȱ abgewiesenȱ(V.ȱ38).ȱErstȱalsȱJudaȱanbietet,ȱmitȱseinemȱeigenenȱLebenȱalsȱ BürgeȱfürȱBenjaminȱeinzustehenȱ(Genȱ43,9),ȱlässtȱderȱVaterȱalleȱBrüderȱ ziehen.ȱȱ Beiȱ derȱ zweitenȱ Reiseȱ derȱ Brüderȱ nachȱ Ägyptenȱ (Genȱ 43,1Ȭ45,28)ȱ kommtȱ esȱ zurȱ entscheidendenȱ Wende.ȱ Zumȱ wiederholtenȱ Maleȱ willȱ Josephȱ testen,ȱ obȱ seineȱ Brüderȱ ausȱ ihremȱ damaligenȱ unsolidarischenȱ Verhaltenȱ gelerntȱ haben.ȱ Josephȱ lässtȱ dieȱ Taschenȱ inȱ derȱ Reihenfolgeȱ anordnen,ȱ wieȱ dieȱ Brüderȱ auchȱ beiȱ derȱ Mahlzeitȱ saßen,ȱ undȱ lässtȱ sieȱ durchȱseinenȱHausverwalterȱdurchsuchenȱundȱderȱReiheȱnachȱ–ȱbeginȬ nendȱ beimȱ Ältestenȱ –ȱ aufstellenȱ (Genȱ 44,12).ȱ Dieȱ erstenȱ zehn,ȱ dieȱ sichȱ alleȱzusammenȱ anȱJosephȱ schuldigȱ gemachtȱ hatten,ȱ kommenȱ frei.ȱ Nurȱ derȱ jüngsteȱ Sohnȱ Benjamin,ȱ derȱ unschuldigȱ ist,ȱ wirdȱ desȱ Diebstahlsȱ bezichtigt.ȱ Trotzȱ derȱ zuȱ Genesisȱ 37ȱ spiegelbildlichenȱ Situation579ȱ hanȬ delnȱalleȱBrüderȱanders:ȱSieȱzeigenȱTrauerȱundȱkehrenȱalleȱgemeinsamȱ umȱ (Genȱ 44,13),ȱ obwohlȱ sieȱ dasȱ Angebotȱ haben,ȱ freiȱ zuȱ gehenȱ(V.ȱ 10).ȱ EndlichȱzeigenȱdieȱBrüderȱdasjenigeȱbrüderlicheȱVerhalten,ȱdassȱsieȱzuȱ Beginnȱ derȱ Erzählungȱ habenȱ vermissenȱ lassen.ȱ Jetztȱ machtȱ auchȱ Judaȱ dasȱwahr,ȱwasȱerȱdemȱVaterȱzuvorȱzugesichertȱhatte.ȱErȱrechtfertigtȱsichȱ dadurch,ȱ dassȱ erȱ imȱNamenȱ seinerȱ Brüderȱ dieȱrhetorischeȱFrageȱstellt:ȱ „Wasȱ sollenȱ wirȱ redenȱ undȱ wieȱ unsȱ rechtfertigen?“ȱ (Genȱ 44,16).ȱ Dassȱ diesȱausgerechnetȱJudaȱerwähnt,ȱderȱvorȱTamarȱgezwungenȱwarȱzuzuȬ geben,ȱdassȱsieȱgerechterȱgehandeltȱhabeȱalsȱerȱ(Genȱ38,26),ȱistȱbemerȬ kenswert.ȱ Erȱ sprichtȱ fürȱ seineȱ Brüder,ȱ einmalȱ inȱ V.ȱ 16,ȱ weiterhinȱ (alsȱ längsteȱRedeȱderȱGenesis)ȱinȱseinemȱPlädoyerȱV.ȱ18Ȭ34.ȱEinȱgegenüberȱ Genesisȱ 37ȱ undȱ 38ȱ völligȱ gewandelterȱ Judaȱ istȱ nunȱ ganzȱ vomȱ Denkenȱ anȱ denȱ Vaterȱ (14ȱ Mal ba')ȱ erfüllt.ȱ Erȱ zitiertȱ ihnȱ –ȱ teilsȱ langȱ undȱ wörtȬ lich580ȱ –,ȱ undȱ kannȱ sogarȱ dieȱ Vorzugsliebeȱ desȱ Vatersȱ undȱ damitȱ dieȱ eigeneȱBenachteiligungȱansprechen.581ȱSeineȱRedeȱgipfeltȱinȱderȱHingaȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 579ȱȱ SCHENKER,ȱ Versöhnungȱ undȱ Sühne,ȱ 35ȱ sprichtȱ vonȱ einerȱ „vollkommenȱ symmetriȬ sche[n]ȱ Situation.“ȱ –ȱ Esȱ verbindetȱ auchȱ dasȱ Stichwortȱ r[;n:/„Knabe“,ȱ dasȱ inȱ Genȱ 37,2ȱ fürȱJosephȱverwendetȱwirdȱundȱvonȱJudaȱinȱseinemȱPlädoyerȱsiebenȱMalȱfürȱBenjaȬ min.ȱȱ 580ȱȱ Genȱ 44,25ȱ =ȱ 43,2;ȱ 44,27Ȭ29ȱ greifenȱ Formulierungenȱ ausȱ Genȱ 37,33ȱ undȱ 42,36.38ȱ auf.ȱ JudaȱhatȱsichȱSpracheȱundȱEinstellungȱdesȱVatersȱzuȱEigenȱgemacht.ȱȱ 581ȱȱ Genȱ44,20:ȱ„undȱseinȱVaterȱliebtȱihn.“;ȱV.ȱ30:ȱ„UndȱseineȱSeeleȱistȱgebundenȱanȱseineȱ Seele.“;ȱnochȱweitergehendȱinȱdiesemȱPunktȱistȱV.ȱ27:ȱ„Ihrȱwisst,ȱdassȱzweiȱmirȱmeiȬ
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TeilȱB:ȱAnalyseȱderȱTexteȱimȱKontextȱ
beȱ fürȱ denȱ „schuldigen“ȱ Bruder.ȱ Juda,ȱ derȱ denȱ Planȱ ersonnenȱ hatte,ȱ seinenȱ Bruderȱ Josephȱ inȱ dieȱ Sklavereiȱ zuȱ verkaufen,ȱ bietetȱ sichȱ nunȱ selbstȱ alsȱ Sklaveȱ anȱ fürȱ Benjamin,ȱ seinenȱ Bruder.582ȱ Damitȱ stehtȱ erȱ mitȱ seinemȱ Lebenȱ alsȱ Bürgeȱ (V.ȱ 32f)ȱ fürȱ denȱ kleinstenȱ Bruderȱ ein.ȱ Durchȱ seinȱ verantwortungsvollesȱ Handelnȱ demonstriertȱ Judaȱ dasjenigeȱ VerȬ halten,ȱ dasȱ ihnȱ alsȱ wahrenȱ Erstlingȱ unterȱ seinenȱ Brüdernȱ ausweisenȱ soll.583ȱ Aufȱ dieseȱ Weiseȱ rehabilitiertȱ sichȱ Judaȱ endgültigȱ vorȱ seinemȱ Vater.584ȱȱ Imȱ väterlichenȱ Segenȱ überȱ Judaȱ wirdȱ dessenȱ führendeȱ Rolleȱ nochȱ einmalȱ letztgültigȱ unterstrichenȱ (Genȱ 49,8Ȭ12).ȱ Genȱ 49,9ȱ enthältȱ sogarȱ nochȱeinenȱabschließendenȱVerweisȱaufȱdieȱKonkurrenzȱzwischenȱRuȬ benȱ undȱ Juda.ȱ Dasȱ hierȱ positivȱ konnotierteȱ „Hochkommen“ȱ (t'yli[')ȱ JuȬ dasȱistȱmitȱdemselbenȱVerbumȱbeschrieben,ȱdasȱzurȱCharakterisierungȱ vonȱRubensȱFehlverhaltenȱgebrauchtȱwirdȱ(Genȱ49,4)ȱundȱsichȱdortȱaufȱ dasȱ Besteigenȱ (t'yli[)' ȱ desȱ väterlichenȱ Bettesȱ bezog.ȱ Nachȱ derȱ selbsttätiȬ genȱ Disqualifizierungȱ derȱ dreiȱ erstgeborenenȱ Brüderȱ istȱ Judaȱ anȱ dieȱ freigewordeneȱStelleȱgerücktȱundȱhatȱsichȱalsȱköniglicheȱFigurȱetabliert.ȱ
6.3ȱSerachȱundȱPerezȱ(Genȱ38,27Ȭ30)ȱȱ DieȱknappeȱGeburtsnotizȱGenȱ38,27Ȭ30ȱderȱJudasöhneȱPerezȱundȱSerachȱ schließtȱdieȱErzählungȱGenȱ38ȱab.ȱJudaȱmussȱhierȱdieȱSöhneȱTamarsȱalsȱ dieȱ seinigenȱ anerkennen.ȱ Letztlichȱ greifenȱ dieȱ Verseȱ 27Ȭ30ȱ denȱ Beginnȱ derȱHandlungȱinȱV.ȱ1ffȱwiederȱaufȱundȱbildenȱsomitȱeineȱInklusionȱderȱ JudaȬTamarȬErzählung:ȱAnȱdieȱStelleȱvonȱErȱundȱOnanȱsindȱdannȱPerezȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ neȱFrauȱgeborenȱhat.“ȱDasȱimpliziert,ȱdassȱseineȱeigeneȱMutterȱLeaȱnichtȱinȱsoȱvollemȱ Maßeȱzählt.ȱHierȱkannȱJudaȱsogarȱdieseȱeineȱihmȱliebeȱPersonȱtreffendeȱZurücksetȬ zungȱalsȱRealitätȱbenennen.ȱSTEINBERG,ȱPoeticsȱofȱBiblicalȱNarrative,ȱ308ȱhebtȱhervor,ȱ dassȱdieȱVorzugsliebeȱdesȱVatersȱzumȱanderenȱBruderȱfürȱJudaȱGrundȱseinerȱHingaȬ beȱwird.ȱȱ 582ȱȱ SEEBASSȱbestreitetȱdies;ȱfürȱihnȱstreicheȱJudaȱdieȱganzeȱSorgeȱumȱdenȱVaterȱherausȱ(V.ȱ 34),ȱ demȱ nunȱ vonȱ Herzenȱ zugestandenȱ wird,ȱ einenȱ derȱ Brüderȱ mitȱ seinerȱ Seeleȱ zuȱ verbindenȱ (V.ȱ 30b)ȱ (s.ȱ SEEBASS,ȱ Josephsgeschichte,ȱ 101Ȭ103).ȱ Dieȱ Erzählentwicklungȱ allerdingsȱ legtȱ nahe,ȱ dassȱ dieȱ Pointeȱ derȱ JudaȬRedeȱ tatsächlichȱ inȱ seinemȱ Eintretenȱ fürȱBenjaminȱliegt.ȱ 583ȱȱ Dieȱ Entwicklung,ȱ dieȱ Judaȱ vonȱ Genȱ 37ȱ bisȱ zumȱ Endeȱ derȱ JosephȬJudaȬErzählungȱ durchläuft,ȱ istȱ wesentlichȱ fürȱ dasȱ Verständnis.ȱ Dasȱ Verweissystemȱ derȱ Einzeltexteȱ untereinanderȱ istȱ überausȱ dicht.ȱ Umsoȱ unverständlicherȱ wirktȱ daȱ dieȱ Beurteilungȱ SCHWEIZERS:ȱ„AufȱderȱEbeneȱderȱEndredaktionȱderȱKap.ȱ37Ȭ50ȱerhältȱJudaȱdurchȱdieȱ Informationȱ ausȱ Genȱ 38ȱ zweifelsohneȱ markanteȱ Züge,ȱ dieȱ jedochȱ fürȱ Genȱ 44ȱ völligȱ belanglosȱerscheinen.“ȱ(SCHWEIZER,ȱDieȱJosefsgeschichte,ȱ325).ȱ 584ȱȱ Vgl.ȱdazuȱȱG.ȱFISCHER,ȱDieȱJosephsgeschichteȱalsȱModellȱfürȱVersöhnung,ȱ250.ȱ
6.ȱVertauschungenȱinnerhalbȱIsraels:ȱdieȱJosephȬJudaȬErzählungȱ
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undȱSerachȱgetreten.ȱDieȱFormulierungȱinȱV.ȱ27,ȱ Hn"j.biB. ~ymiAat. hNEhiw>/„esȱ warenȱ Zwillingeȱ inȱ ihremȱ Leib“,ȱ zitiertȱ fastȱ wörtlichȱ Genȱ 25,24ȱ (hNEhiw> Hn"j.biB. ~miAt)ȱundȱspieltȱdamitȱdieȱKonfliktkonstellationȱderȱbeidenȱBrüȬ derȱEsauȱundȱJakobȱalsȱSubtextȱmitȱein.ȱInȱderȱParallelȬGeschichteȱGenȱ 25,19Ȭ26ȱwirdȱebenfallsȱeineȱ(fürȱdieȱGenesisȱsonstȱeinzigartige585)ȱZwilȬ lingsgeburtȱ mitȱ vorȱ derȱ Geburtȱ imȱ Streiteȱ liegenderȱ Brüderȱ berichtet.ȱ WieȱimȱGottesorakelȱinȱGenȱ25ȱbeeinträchtigtȱdieȱgöttlicheȱInterventionȱ inȱ Genȱ 38,7ȱ („Erȱ aberȱ warȱ böse,ȱ soȱ ließȱ JHWHȱ ihnȱ sterben“)ȱ zunächstȱ dasȱgenealogischeȱSystem.ȱInȱGenȱ25,25ȱistȱEsauȱderȱnatürlicheȱErstgeȬ borene,ȱ derȱ überȱ diverseȱ Wortspieleȱ imȱ Fortgangȱ derȱ Erzählungȱ mitȱ „Edom“ȱ =ȱ rot586ȱ identifiziertȱ wird.ȱ Derȱ natürlicheȱ Erstgeboreneȱ Serachȱ erhieltȱzurȱKennzeichnungȱalsȱursprünglicherȱErstgeborenerȱeinenȱ„roȬ ten“/„karmesinfarbenen“ȱ Fadenȱ (ynIv';ȱ V.ȱ 28),ȱ daherȱ dieȱ Namensgebungȱ xr;z< =ȱ „Morgenröte“ȱ bzw.ȱ „Sonnenaufgang“587ȱ –ȱ Seebassȱ deutetȱ denȱ Namenȱ mitȱ derȱ findigenȱ Übersetzung:ȱ „Strahlemann“588.ȱ Damitȱ wirdȱ Serachȱ ebenfallsȱ inȱ dieȱ Reiheȱ derȱ übergangenenȱ Erstgeborenenȱ eingeȬ reiht,ȱdennȱerȱgehtȱwieȱauchȱEsauȱseinerȱprivilegiertenȱRolleȱverlustig.ȱȱ AuchȱaufȱderȱgenealogischenȱEbeneȱwirdȱdieȱVerbindungȱzwischenȱ denȱbeidenȱnatürlichenȱErstgeborenenȱEsauȱundȱSerachȱdeutlich.ȱUnterȱ denȱ Nachkommenȱ Edomsȱ findetȱ sichȱ auchȱ einȱ „Serach“ȱ (Genȱ 36,13.17ȱ undȱV.ȱ33:ȱSerach,ȱderȱVaterȱdesȱedomitischenȱKönigsȱJobab;ȱvgl.ȱnochȱ1ȱ Chrȱ1,37).ȱDieȱErwähnungȱdesȱ„rotenȱFadens“ȱinȱV.ȱ28ȱermöglichtȱferȬ nerȱeinȱsubtilesȱWortspiel,ȱdasȱsichȱerstȱüberȱdenȱreinenȱKonsonantenȬ bestandȱerschließt:ȱAndersȱpunktiertȱließeȱsichȱdasȱ ynIv'ȱ auchȱalsȱ ynIve/„derȱ Zweite“ȱ lesen.ȱ Dieseȱ Doppeldeutigkeitȱ vonȱ ynIv' ist,ȱ wennȱ ichȱ esȱ richtigȱ sehe,ȱbisherȱnochȱnichtȱnotiertȱworden.ȱSieȱscheintȱmirȱaberȱsinntragendȱ
ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 585ȱȱ NurȱinȱGenȱ25,24ȱwieȱinȱGenȱ38,27ȱkommtȱinnerhalbȱderȱGenesisȱdasȱWortȱZwillingeȱ vor,ȱ mitȱ nurȱ einerȱ kleinenȱ Differenz:ȱ Inȱ Genȱ 25,24ȱ istȱ inȱ derȱ Kurzformȱ geschriebenȱ (~miAt),ȱ fürȱ Tamarsȱ Söhneȱ inȱ derȱ Langformȱ (~ymiAat.).ȱ Zurȱ lexikalischenȱ Grundformȱ ~ymiAat. undȱzurȱkontrahiertenȱFormȱ ~miAt,ȱs.ȱjetztȱauchȱHIEKE,ȱ Art.ȱ„Zwillinge“ȱ(WiBiȬ Lexȱ 2008).ȱ HIEKEȱ hebtȱ hervor,ȱ dassȱ derȱ Begriffȱ inȱ derȱ Bedeutungȱ „Zwilling“ȱ nurȱ inȱ derȱGenesisȱerscheintȱ–ȱundȱzwarȱnurȱinȱGenȱ25.38.ȱDieȱFormvarianteȱvonȱ~ymiAat.,ȱdieȱ imȱ Buchȱ Exȱ häufigerȱ vorkommt,ȱ bezeichnetȱ vorȱ allemȱ symmetrischeȱ Strukturenȱ inȱ derȱArchitekturȱ(vgl.ȱExȱ26,24;ȱ36,29);ȱvgl.ȱnochȱGREENSPAHN,ȱWhenȱBrothersȱDwellȱ together,ȱ129.ȱ 586ȱȱ InȱGenȱ25,25ȱynIAmd>aȱ; „rötlich“ȱ(inȱGenȱnurȱhier;ȱdasȱWortȱfindetȱmanȱnurȱnochȱinȱ1ȱSamȱ 16,10;ȱ17,42ȱzurȱBezeichnungȱderȱSchönheitȱDavids)ȱundȱ~doa'h'ȱ„dasȱRote“ȱ(Genȱ25,30:ȱ hZ ^B. (V.ȱ 20a).ȱ Innerhalbȱ diesesȱKontextesȱkannȱsichȱdasȱ ^B. nurȱaufȱJosephȱbeziehen603,ȱderȱdannȱ inȱ derȱ gesamtenȱ Passageȱ alsȱ ersterȱ Adressatȱ derȱ Worteȱ Jakobsȱ zuȱ verȬ stehenȱ ist.604ȱ „Soȱ dürfteȱ Josefȱ mitȱ diesemȱ ^B.ȱ inȱ dasȱ zweiteȱ Segenswortȱ ebensoȱ einbezogenȱ seinȱ wieȱ durchȱ dieȱ Adressierungȱ desȱ Segensȱ überȱ seineȱSöhneȱanȱihnȱ(V.ȱ15a)ȱinȱdasȱerste.“605ȱDiesesȱ ^B.ȱ lässtȱsichȱalsȱEchoȱ einesȱanderenȱSegenswortesȱhören,ȱnämlichȱderȱZusageȱanȱAbrahamȱinȱ Genȱ 12,3:ȱ Wkr>b.nIw> hm'd"a]h' txoP.v.mi lKo ^b./„Inȱ dirȱ sollenȱ sichȱ segnenȱ lassenȱ alleȱ Völkerȱ derȱ Erde“.ȱ Wasȱ dortȱ Blumȱ fürȱ Genȱ 12,3ȱ herausgearbeitetȱ hat,606ȱ trifftȱ jedenfallsȱ fürȱ Genȱ 48,20ȱ zu:ȱ Ephraimȱ undȱ Manasseȱ sindȱ paradigmatischȱ Gesegnete.ȱ Wennȱ jetztȱ inȱ Israelȱ Ephraimȱ undȱ Manasseȱ alsȱ paradigmatischȱ Gesegneteȱ aufgerufenȱ werden,ȱ dannȱ geschiehtȱ dasȱ „mitȱdir/durchȱdich/inȱdir“,ȱd.h.ȱmit,ȱdurchȱundȱinȱJoseph,ȱdemȱinȱGenȱ 48ȱ keinȱ eigenesȱ Segenswortȱ zugesprochenȱ wirdȱ undȱ derȱ dochȱ inȱ dieȱ Segensworteȱeinbegriffenȱist.ȱAufȱdieȱWeiseȱwirdȱJosephȱinȱGenȱ48ȱzumȱ Inbegriffȱ desȱ Segensȱ undȱ zugleichȱ zumȱ exemplarischenȱ Gesegneten,ȱ wasȱihnȱinȱseinerȱRolleȱalsȱErstlingȱkaumȱmehrȱauszeichnenȱkönnte.607ȱȱ 6.4.3ȱDieȱbeidenȱZwillingsgeburtenȱundȱihreȱFunktionȱinȱGenȱ37Ȭ50ȱ DieȱGeburtserzählungenȱumȱJudasȱSöhneȱPerezȱundȱSerachȱ(Genȱ38,27Ȭ 30)ȱ undȱ umȱ Josephsȱ Söhneȱ Ephraimȱ undȱ Manasseȱ (Genȱ 48)ȱ sindȱ aufȱ vielfältigeȱWeiseȱmitȱderȱHaupterzählungȱvernetzt.ȱEsȱlässtȱsichȱzeigen,ȱ dassȱ beideȱ Erzählungenȱ derȱ eigentlichenȱ Vertauschungȱ umȱ Judaȱ undȱ Josephȱ zugeordnetȱ sind,ȱ dennȱ Perezȱ undȱ Serachȱ sowieȱ Ephraimȱ undȱ Manasseȱ stehenȱ genealogischȱ aufȱ einerȱ Ebeneȱ undȱ sindȱ damitȱ miteiȬ nanderȱ vergleichbar.ȱ Jederȱ derȱ beidenȱ Konkurrentenȱ umȱ dieȱ Rolleȱ alsȱ Erstlingȱ bekommtȱ folglichȱ eineȱ Vertauschungserzählungȱ zugeschrieȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 603ȱȱ Umȱ dieȱ Schwierigkeitȱ zuȱ übergehen,ȱ verändertȱ LXXȱ zuȱ πΑȱ ЀΐϧΑ.ȱ Dieȱ LXXȱ bleibtȱ hierinȱ inȱ Bezugȱ aufȱ dieȱ Abänderungȱ V.ȱ 15aȱ (ЁΏϱ·ΗΉΑȱ ΅ЁΘΓϿΖȱ stattȱ @seAy-ta, %r (1ȱ Chrȱ 5,41).ȱ Genȱ 15Ȭ22ȱ wirdȱ hingegenȱmitȱeinemȱchiffriertenȱVerweisȱaufȱdasȱJerusalemerȱHeiligtumȱ abgeschlossenȱ(MorijahȱGenȱ22ȱ=ȱZion;ȱvgl.ȱ2ȱChrȱ3,1).ȱȱ Einȱ impliziterȱ Hinweisȱ aufȱ dasȱ davidischeȱ Königtumȱ findetȱ sichȱ nochȱ beiȱ derȱ Ortsangabeȱ derȱ Grabstätteȱ Rahels.ȱ Aufȱ demȱ Wegȱ nachȱ BethlehemȱistȱRahelsȱGrabȱzuȱfindenȱ(Genȱ35,19).ȱDiesȱwirdȱinȱGenȱ48ȱ wiederȱaufgenommen,ȱalsȱesȱumȱdieȱWeitergabeȱdesȱväterlichenȱSegensȱ geht:ȱ „Dortȱ habeȱ ichȱ sieȱ begraben,ȱ anȱ demȱ Wegȱ nachȱ Efrata,ȱ dasȱ istȱ Bethlehem.“ȱ (Genȱ 48,7).ȱ Dasȱ Grabmonumentȱ Rahelsȱ verweistȱ aufȱ dieȱ ZukunftȱIsraels,ȱdieȱausȱBethlehemȱkommenȱwird,ȱnämlichȱdieȱGeburtȱ desȱ davidischenȱ Herrschersȱ überȱ ganzȱ Israel.615ȱ Mithinȱ istȱ inȱ einerȱ ErȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 612ȱȱ Vgl.ȱ dazuȱ DEURLOO,ȱ Koningȱ enȱ tempel,ȱ 28;ȱ aberȱ auchȱ ELGAVISH,ȱ Theȱ Encounterȱ ofȱ AbramȱandȱMelchizedek,ȱ496fȱundȱVAWTER,ȱOnȱGenesis,ȱ199.ȱ 613ȱȱ S.ȱdazuȱdieȱAusführungenȱbeiȱELGAVISH,ȱTheȱEncounterȱofȱAbramȱandȱMelchizedek,ȱ 495Ȭ508.bes.ȱ495f.ȱ 614ȱȱ ZuȱdieserȱVerbindungȱs.ȱDEURLOO,ȱKoningȱenȱtempel,ȱ29.ȱ 615ȱȱ AlsȱHeimatortȱDavidsȱwirdȱBethlehemȱalsȱ„seine“ȱ(=ȱDavids)ȱStadtȱ(1ȱSamȱ20,6;ȱvgl.ȱ 1ȱ Samȱ 20,28)ȱ verstanden,ȱ erhältȱ aberȱ nie,ȱ wieȱ Jerusalem,ȱ denȱ Titelȱ „Stadtȱ Davids“ȱ (vgl.ȱ2ȱSamȱ5,7).ȱVgl.ȱnochȱdieȱAnkündigungȱdesȱdavidischenȱMessiasȱausȱBethlehemȱ inȱ Miȱ 5,1.ȱ Ausführlicherȱ zumȱ Ganzenȱ DEURLOO,ȱ Onzeȱ lieveȱ vrouwe,ȱ 34f.60f).ȱ Dasȱ
216
TeilȱB:ȱAnalyseȱderȱTexteȱimȱKontextȱ
weiterungȱ derȱ Genealogieȱ Esausȱ inȱ Genȱ 36,31Ȭ39ȱ vonȱ „Königenȱ inȱ Edom“ȱdieȱRede.ȱInȱderȱEinleitungȱdiesesȱAbschnittsȱ(Genȱ36,31)ȱistȱdasȱ KönigtumȱinȱEdomȱdemȱnochȱnichtȱbestehendenȱinȱIsraelȱgegenübergeȬ stellt.ȱDieȱListeȱderȱachtȱedomitischenȱHerrscherȱweistȱdurchȱdieȱAngaȬ benȱ vonȱ Elternȱ undȱ Herkunftȱ daraufȱ hin,ȱ dassȱ keinerȱ vonȱ ihnenȱ vonȱ Esauȱ abstammte.ȱ Aufȱ dieȱ Weiseȱ wirdȱ ausgeschlossen,ȱ dassȱ dieȱ edomitischenȱKönigeȱinȱdenȱVerheißungenȱanȱAbrahamȱundȱSaraȱoderȱ anȱJakobȱ(Genȱ17,6ȱundȱ16ȱbzw.ȱ35,11)ȱgemeintȱseinȱkönnen.ȱȱ MitȱdemȱErstlingȱRubenȱwirdȱdieȱFrageȱnachȱdemȱlegitimenȱKönigȬ tumȱ innerhalbȱ Israelsȱ eingeführt.ȱ Seineȱ versuchteȱ Usurpationȱ (Genȱ 35,22)ȱ scheitertȱ allerdingsȱ undȱ seineȱ königlichenȱ Ambitionenȱ werdenȱ daraufhinȱ bedeutungslos.ȱ Dieȱ Dringlichkeitȱ derȱ Frageȱ nachȱ einerȱ legiȬ timenȱ Herrschaftȱ inȱ Israelȱ wirdȱ abȱ Genȱ 37ȱ weiterȱ zugespitzt.ȱ NamentȬ lichȱdieȱvielfachȱbemerktenȱAnspielungenȱaufȱdieȱ„ThronfolgegeschichȬ te“,ȱ dieȱ abȱ Genȱ 37ȱ aufȱ demȱ Erzählhintergrundȱ mitlaufen,ȱ erzeugenȱ einenȱspezifischenȱDeutehorizontȱderȱkommendenȱHandlungen.616ȱDieȱ Parallelenȱ zurȱ davidischenȱ Erzählungȱumȱ Herrschaftskonkurrenzȱsindȱ dabeiȱ sehrȱ vielfältigȱ undȱ findenȱ sichȱ aufȱ verschiedenenȱ Ebenen.ȱ Soȱ konnteȱetwaȱRendsburgȱdieȱParallelitätenȱderȱNamenȱvonȱGenȱ38ȱundȱ derjenigenȱ inȱ derȱ Davidgeschichteȱ aufzeigen.617ȱ Auffälligȱ istȱ vorȱ allemȱ derȱHauptcharakterȱTamar,ȱderȱinȱGenȱ38ȱwieȱinȱȱ2ȱSamȱinȱeineȱinzestuȬ öseȱ Beziehungȱ verwickeltȱ wird.ȱ Verwiesenȱ seiȱ auchȱ aufȱ dieȱ ähnlichȱ klingendenȱNamenȱderȱCharaktere:ȱBatȬSchuaȱinȱGenȱ38,ȱBatȬSchebaȱinȱ 2ȱ Samȱ 11;ȱ inȱ 1ȱ Chrȱ 3,5ȱ wirdȱ Salomosȱ Mutterȱ (eigentlichȱ BatȬScheba)ȱ schließlichȱBatȬSchuaȱgenannt.ȱVorȱallemȱdieȱsachlichenȱundȱnarrativenȱ Parallelenȱ sindȱ interessant:ȱ Inȱ beidenȱ gibtȱ esȱ einenȱ Freund,ȱ derȱ denȱ Protagonistenȱ begleitet,ȱ unmittelbarȱ bevorȱ dieserȱ mitȱ Tamarȱ verkehrtȱ (Hiraȱ inȱ Genȱ 38,12;ȱ Jonadabȱ inȱ 2ȱ Samȱ 13,3).ȱ Beideȱ benutzenȱ einȱ ungeȬ wöhnlichesȱWortȱfürȱKleidung:ȱ ~ySiP; tn aboY"w:;ȱ Genȱ 44,14;ȱ ebensoȱ inȱ Mtȱ 1,2!).ȱ Judaȱ istȱ dieȱ zentraleȱ Figurȱ unterȱ seinenȱ BrüȬ dernȱ –ȱ unterstrichenȱ durchȱ denȱ Singularȱ derȱ Verbalformȱ (aboY"w:)ȱ inȱ Genȱ 44,14:ȱ„UndȱJudaȱundȱseineȱBrüderȱ(=ȱJudaȱmitȱseinenȱBrüdern),ȱerȱkamȱ inȱdasȱHausȱJosephs.“ȱDieselbeȱgrammatikalischeȱBesonderheitȱimȱKonȬ textȱ derȱ Vertauschungserzählungenȱ findetȱ sichȱ auchȱ inȱ Genȱ 9,23:ȱ Semȱ nahmȱ mitȱ Japhetȱ (gewöhnlichȱ übersetztȱ mit:ȱ „Semȱ undȱ Japhetȱ nahȬ men…“).ȱDasȱVerbumȱstehtȱinȱderȱdrittenȱPers.ȱSg.:ȱ„Erȱnahm,ȱnämlichȱ Semȱ(undȱseinȱBruderȱJaphet),ȱdieȱDeckeȱfürȱseinenȱVater.“ȱSemȱistȱderȱ Hauptakteurȱ undȱ führtȱ dieȱ entscheidendeȱ Handlungȱ aus,ȱ dieȱ ihnȱ geȬ genüberȱseinenȱBrüdernȱalsȱErstlingȱauszeichnet.ȱBeiȱJakobsȱBesuchȱinȱ Ägyptenȱ (Genȱ 46,1Ȭ30)ȱistȱesȱ dannȱ auchȱ nichtȱ derȱ natürlicheȱ ErstgeboȬ reneȱRuben,ȱderȱzuvorȱnochȱalsȱersterȱinȱderȱNachkommenlisteȱJakobsȱ eingeführtȱ wurdeȱ (Genȱ 46,8),ȱ sondernȱ Juda,ȱ derȱ allenȱ Brüdernȱ vorausȱ demȱVaterȱdenȱWegȱnachȱGoschenȱzuȱJosephȱweisenȱsollȱ(Genȱ46,28).ȱȱ NachdemȱJudaȱnarrativȱalsȱköniglicheȱFigurȱetabliertȱist,ȱwirdȱseineȱ Funktionȱ inȱ Genȱ 49ȱ imȱ Segenȱ bestätigt.ȱ Inȱ Konsequenzȱ dieserȱ BestätiȬ gungȱverbeugenȱsichȱdieȱBrüderȱschließlichȱvorȱJuda:ȱ^ybia' ynEB. ^l. WWx]T;v.yI (Genȱ49,8).ȱDieseȱProskyneseȱ(WWx]T;v.yI)ȱdurchziehtȱwieȱobenȱalsȱLeitmotivȱ dieȱgesamteȱJosephȬJudaȬErzählungȱundȱistȱaufȱdasȱKönigtumȱbezogen.ȱ Wasȱ Rubenȱ sichȱ anȱ Dominanzȱ hatteȱ nehmenȱ wollen,ȱ sollenȱ dieȱ JakobȬ söhneȱJudaȱ(später)ȱfreiwilligȱgeben.ȱȱ DieȱVerbindungȱJudasȱmitȱderȱHerrschaftȱinȱIsraelȱwirdȱnochȱdeutȬ licher,ȱ wennȱ manȱ bedenkt,ȱ dassȱ nurȱ imȱ Judaspruchȱ (Genȱ 49,8b.9)ȱ einȬ deutigȱ staatlicheȱ Verhältnisseȱ vorkommen.633ȱ Dassȱ Judaȱ mitȱ V.ȱ 8bȱ dasȱ RechtȱderȱErstgeburtȱzufiele,634ȱwirdȱallerdingsȱnichtȱerwähntȱundȱsollteȱ auchȱ nichtȱ inȱ denȱ Textȱ hineingelesenȱ werden.635ȱ Erstlingstumȱ istȱ nämȬ lichȱgeradeȱnichtȱidentischȱmitȱHerrschaft.636ȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 633ȱȱ Mitȱ GUNKEL,ȱ Genesis,ȱ 481ȱ undȱ SEEBASS,ȱ Josephsgeschichte,ȱ 176ȱ gegenȱ SCHORN,ȱ Ruben,ȱ251ȱu.ö.ȱmitȱBerufungȱaufȱSCHMITT,ȱDieȱnichtpriesterlicheȱJosephsgeschichte,ȱ 180Ȭ198.ȱ 634ȱȱ SoȱdieȱmeistenȱAusleger;ȱs.ȱdazuȱdieȱkritischenȱAnmerkungenȱbeiȱSEEBASS,ȱJosephsȬ geschichte,ȱ173.ȱ 635ȱȱ SoȱmitȱWESTERMANN,ȱGenesisȱI/3,ȱ258f.ȱ 636ȱȱ Dasȱ zeigtȱ dieȱ Erzählentwicklungȱ derȱ gesamtenȱ JosephȬJudaȬErzählung;ȱ gegenȱ DEȱ HOOP,ȱGenesisȱ49ȱinȱItsȱLiteraryȱandȱHistoricalȱContext,ȱ352f.ȱ
222
TeilȱB:ȱAnalyseȱderȱTexteȱimȱKontextȱ
InȱGenȱ50,18ȱallerdingsȱfallenȱzumȱerstenȱMalȱalleȱBrüderȱvorȱJosephȱ niederȱ(jedochȱmitȱdemȱVerbumȱ„niederfallen“/lpnȱgebildet).ȱEsȱscheintȱ zunächstȱ so,ȱ alsȱ obȱ sichȱ derȱ Traumȱ Josephsȱ damitȱ erfülltȱ habe637ȱ undȱ Judasȱ königlicheȱ Rolleȱ aufȱ dieȱ Weiseȱrelativiertȱ sei.ȱ Imȱ Kontextȱ istȱ derȱ KniefallȱderȱBrüderȱallerdingsȱmitȱEbachȱalsȱ„Rückfall“ȱderȱBrüderȱzuȱ interpretieren:638ȱDieȱBrüderȱbietenȱalsȱversöhnendesȱHandelnȱihreȱVerȬ sklavungȱan.ȱSieȱverhaltenȱsichȱabermalsȱwieȱgegenüberȱeinemȱägyptiȬ schenȱ Herrn639ȱ undȱ sieȱ verhaltenȱ sichȱ so,ȱ wieȱ esȱ dieȱ Ägypterȱ selbstȱ taȬ ten,ȱalsȱsieȱsichȱJosephȱgegenüberȱfreiwilligȱinȱdenȱStatusȱvonȱSklavenȱ desȱ Pharaosȱ begabenȱ (Genȱ 47,13Ȭ26).ȱ Soȱ aberȱ sollȱ esȱ inȱ Israelȱ geradeȱ nichtȱsein,ȱdennȱdieȱBrüderȱsollenȱDienerȱGottesȱ(Genȱ50,17)ȱsein,ȱaberȱ nichtȱ Dienerȱ Josephs.ȱ Geradeȱ umȱ diesenȱ unversöhnlichenȱ Gegensatzȱ zwischenȱdemȱDienstȱfürȱdenȱPharaoȱundȱdemȱDienstȱfürȱGottȱwirdȱesȱ immerȱ wiederȱ inȱ denȱ erstenȱ Kapitelnȱ desȱ Exodusbuchesȱ gehen.ȱ Aufȱ demȱ Hintergrundȱ dieserȱ RückȬȱ undȱ Querbezügeȱ wirdȱ erstȱ deutlich,ȱ warumȱ Josephȱ aufȱ dasȱ Anerbietenȱ derȱ Brüderȱ mitȱ derȱ rhetorischenȱ Frageȱ antwortet:ȱ ynIa' ~yhil{a/ tx;t;h] „Ja,ȱ binȱ dennȱ ichȱ anȱ Gottesȱ Stelle?“ȱ (Genȱ 50,19).ȱ „Dieserȱ Satz,ȱ derȱ dieȱ Unterwerfungȱ derȱ Brüderȱ zurückȬ weistȱundȱdarumȱeineȱentschiedeneȱKorrekturȱderȱerstenȱTraumerwarȬ tungȱ (37,7ȱ f.)ȱ ist,“ȱ soȱ Ebach,ȱ „erweistȱ sichȱ alsȱ Schlüsselsatzȱ nichtȱ nurȱ dieserȱSzene,ȱsondernȱderȱganzenȱJosefsgeschichte.“640ȱDieȱtheologischeȱ Pointeȱ liegtȱ geradeȱ darin,ȱ dassȱ Gottȱ denȱ Familienkonfliktȱ inȱ eineȱ DiȬ mensionȱ erhobenȱ hatȱ (vgl.ȱ V.ȱ 19b.20),ȱ beiȱ derȱ Josephȱ sichȱ nebenȱ Gottȱ setzenȱmüsste,ȱumȱnochȱVergeltungȱzuȱüben.641ȱDieseȱrichterlicheȱRolleȱ kannȱJosephȱaberȱnurȱzurückweisenȱundȱsieȱalleinȱGottȱüberlassen.ȱȱ Dieȱ stilistischeȱ Feinheit,ȱ dassȱ inȱ Genȱ 50,18ȱ wieȱ schonȱ inȱ Genȱ 44,14ȱ dasȱ Niederfallenȱ derȱ Brüderȱ vorȱ Josephȱ nichtȱ mitȱ WWx]T;v.yIȱ (soȱ beiȱ Judaȱ Genȱ49),ȱsondernȱmitȱ WlP.YIw: bezeichnetȱwird,ȱräumtȱaufȱderȱErzählebeneȱ letzteȱ Zweifelȱ ausȱ demȱ Weg:ȱ Josephȱ willȱ seineȱ Brüderȱ nichtȱ beherrȬ schen.ȱ Damitȱ stelltȱ Genȱ 50,18ȱ geradeȱ nichtȱ Judasȱ königlicheȱ Rolleȱ inȱ Frage,ȱsondernȱunterstreichtȱdieseȱnoch:ȱJosephȱselbstȱweistȱdieseȱRolleȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 637ȱȱ Damitȱ gegenȱ GUNKEL,ȱ Genesis,ȱ 490ȱ undȱ SEEBASS,ȱ Josephsgeschichte,ȱ 200,ȱ dieȱ denȱ KniefallȱalsȱErfüllungȱvonȱGenȱ37ȱdeuten.ȱZurȱFrageȱderȱTraumerfüllungȱinȱderȱJoȬ sephserzählungȱ vgl.ȱ dieȱ Zusammenstellungȱ derȱ verschiedenenȱ Positionenȱ beiȱ EBACH,ȱGenesisȱ37Ȭ50,ȱ657Ȭ659.ȱȱ 638ȱȱ Vgl.ȱEBACH,ȱGenesisȱ37Ȭ50,ȱzuȱGenesisȱ50,ȱbes.ȱ657f.ȱ 639ȱȱ Vgl.ȱdieȱvielfachenȱinhaltlichenȱParallelenȱsowieȱintertextuellenȱBezügeȱzurȱProskyȬ neseȱderȱBrüderȱinȱGenȱ44,ȱdieȱEBACHȱherausarbeitet.ȱ 640ȱȱ EBACH,ȱGenesisȱ37Ȭ50,ȱ659.ȱ DieserȱSpannungsbogenȱvonȱderȱTraumerwartungȱbisȱzuȱ Genȱ 50ȱ wirdȱ beiȱEBACH,ȱ Beobachtungenȱ undȱ Überlegungenȱ zuȱ einemȱ Schlüsselsatzȱ derȱJosefsgeschichte,ȱ602Ȭ616ȱeingehendȱuntersuchtȱundȱbeschrieben.ȱ 641ȱȱ S.ȱPROCKSCH,ȱDasȱnordhebräischeȱSagenbuch,ȱ428.ȱ
6.ȱVertauschungenȱinnerhalbȱIsraels:ȱdieȱJosephȬJudaȬErzählungȱ
223
vonȱ sichȱ zurück.ȱ Zudemȱ schärftȱ dieȱ Ähnlichkeitȱ derȱ Formulierungȱ inȱ Genȱ 49ȱ (Juda)ȱ undȱ 50ȱ (Joseph)ȱ nochȱ einmalȱ denȱ Blickȱ aufȱ dieȱ unterȬ schiedlichenȱRollenȱvonȱJudaȱundȱJoseph.ȱȱ 6.5.3ȱJosephsȱErstlingstumȱ Josephȱ bekommtȱ nichtȱ dieȱ königlicheȱ Rolleȱ inȱ Israelȱ zugesprochen.ȱ AllerdingsȱwirdȱerȱinȱseinerȱnichtȱwenigerȱwichtigenȱFunktionȱalsȱErstȬ lingȱfürȱIsraelȱbeschriebenȱ–ȱeineȱRolle,ȱdieȱnunȱgeradeȱnichtȱJudaȱzugeȬ schriebenȱwird.ȱȱ ErsteȱHinweiseȱaufȱdieȱErstlingsrolleȱJosephsȱfindenȱsichȱschonȱbeiȱ denȱ Geburtsgeschichtenȱ derȱ JakobȬSöhneȱ (Genȱ 29Ȭ30):ȱ Derȱ Hinweis,ȱ dassȱ Leaȱ anfangsȱ problemlosȱ ihreȱ Kinderȱ gebärenȱ kann,ȱ kannȱ alsȱ VerȬ weisȱdaraufȱgewertetȱwerden,ȱdassȱJudaȱalsȱLeaȬSohnȱgeradeȱnichtȱderȱ erwählteȱErstlingȱseinȱwird.ȱDennȱsowohlȱeineȱ(zeitlichȱbegrenzte)ȱUnȬ fruchtbarkeitȱ derȱ Erzmütterȱ sowieȱ eineȱ problematischeȱ SchwangerȬ schaftȱ(vgl.ȱSara;ȱRebekka;ȱRahel)ȱcharakterisiertenȱbisȱdatoȱdieȱErstlinȬ ge.ȱ Fürȱ dieȱ Hauptverheißungslinieȱ scheintȱ geradeȱ nichtȱ einȱ „natürȬ licher“ȱ Wegȱ vorgesehen.ȱ Somitȱ istȱ Josephȱ alsȱ Sohnȱ derȱ zunächstȱ unȬ fruchtbarenȱRahelȱinȱGenȱ29ȱalsȱErstlingȱbereitsȱangedeutet.ȱȱ Josephȱ aberȱ istȱ inȱ einemȱ gewissenȱ Sinneȱ auchȱ alsȱ derȱ natürlicheȱ ErstgeboreneȱJakobsȱanzusehen,ȱnämlichȱalsȱderȱersteȱSohnȱvonȱJakobsȱ geliebterȱFrauȱRahel.ȱImȱKontrastȱdazuȱwarȱJudaȱnieȱderȱErstgeboreneȱ–ȱ auchȱ nachȱ Ausschaltungȱ derȱ dreiȱ erstgeborenenȱ Brüderȱ kommtȱ dieȱ Positionȱ lediglichȱ ihmȱ zu.ȱ Judaȱ wirdȱ zwarȱ politischeȱ Machtȱ inȱ Israelȱ zugesprochen,ȱ dochȱ denȱ mitȱ demȱ Erstlingstumȱ verbundenenȱ „Segen“ȱ bekommtȱnurȱJoseph.ȱInȱGenȱ48ȱempfängtȱJosephȱvonȱJakobȱsogarȱdenȱ „Doppelanteil“ȱ desȱ Segensȱ (implizitȱ inȱ Ephraimȱ undȱ Manasseȱ durchȱ dieȱ Adoptionȱ seinerȱ Söhneȱ Genȱ 48,1Ȭ7ȱ undȱ denȱ Segenȱ V.ȱ 15fȱ sowieȱ V.ȱ 20).ȱ Dieserȱ „Doppelanteil“ȱ wirdȱ nochȱ auffälliger,ȱ wennȱ manȱ bedenkt,ȱ dassȱlautȱDtnȱ21,15Ȭ17ȱinȱjedemȱFallȱnurȱdemȱerstgeborenenȱSohn,ȱauchȱ undȱgeradeȱwennȱerȱvonȱderȱungeliebtenȱFrauȱstammtȱ(alsoȱeigentlichȱ Judaȱ vonȱ seinerȱ Mutterȱ Lea),ȱ derȱ doppelteȱ Anteilȱ zusteht.ȱ Stattdessenȱ wirdȱ Josephȱ geradezuȱ zumȱ Inbegriffȱ vonȱ Segenȱ inȱ Israelȱ (Genȱ 48,20).ȱ Auffälligerweiseȱ wirdȱ Josephȱ nieȱ explizitȱ alsȱ rAkB. bezeichnet;ȱ inȱ Genȱ 49,26ȱ wirdȱ erȱ lediglichȱ alsȱ ryzIn" unterȱ seinenȱ Brüdernȱ betitelt.642ȱ Derȱ FunktionȱnachȱistȱerȱallerdingsȱdochȱsoȱetwasȱwieȱeinȱErstling,643ȱeiner,ȱ derȱ seineȱ Brüderȱ amȱ Lebenȱ erhält.ȱ Josephȱ gelingtȱ es,ȱ dasȱ „Hausȱ desȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 642ȱȱ DieȱBezeichnungȱJosephsȱalsȱ ryzInȱ" sowohlȱinȱGenȱ49,26ȱalsȱauchȱinȱDtnȱ33,16ȱistȱeherȱ alsȱ allgemeinerȱ Ausdruckȱ einerȱ herausgehobenenȱ Positionȱ zuȱ verstehenȱ (s.ȱ EBACH,ȱ Genesisȱ37Ȭ50,ȱ630f).ȱ 643ȱȱ SoȱmitȱDEURLOO,ȱGenesisȱ37,ȱ2Ȭ11ȱalsȱthematischerȱAuftakt,ȱ80.ȱ
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TeilȱB:ȱAnalyseȱderȱTexteȱimȱKontextȱ
Vaters“ȱzuȱretten.ȱIndemȱerȱfürȱseineȱBrüderȱSorgeȱträgtȱ(vgl.ȱGenȱ50,19Ȭ 21),ȱ übtȱ erȱ etwasȱ aus,ȱ wasȱ demȱ Erstlingȱ Rubenȱ ihmȱ gegenüberȱ nichtȱ gelungenȱ ist:ȱ Ihnȱ vorȱ Hungerȱ oderȱ Versklavungȱ zuȱ rettenȱ (Genȱ 37,21f.29f).644ȱ Ohneȱ Joseph,ȱ denȱ Erstling,ȱ gibtȱ esȱ damitȱ keineȱ Zukunftȱ fürȱJuda,ȱdenȱVorvaterȱderȱKönigeȱIsraels.645ȱȱ ȱ Dieȱ diffizileȱ Rollenverteilungȱ zwischenȱ Judaȱ undȱ Josephȱ manifestiertȱ sichȱ imȱ väterlichenȱ Segenȱ Genȱ 49.ȱ Judaȱ bekommtȱ dortȱ inȱ sechsfacherȱ FormȱHerrschermachtȱundȱdieȱpolitischeȱFührungsȬPositionȱzugesproȬ chenȱ (Genȱ 49,8Ȭ12)ȱ –ȱ ohneȱ expliziteȱ SegensȬZusage.ȱ Dieȱ sechsfacheȱ NennungȱfindetȱseineȱEntsprechungȱimȱJosephȬSegen,ȱwoȱJosephȱsechsȱ Malȱ terminologischȱ derȱ Segenȱ zugesprochenȱ wirdȱ (Genȱ 49,22Ȭ26).ȱ Zuȱ beachtenȱ istȱ imȱ Blickȱ aufȱ dieȱ Spruchsammlungȱ inȱ Genȱ 49ȱ (traditionellȱ „Segenȱ Jakobs“)ȱ imȱ Ganzen,ȱ dassȱ derȱ Textȱ sichȱ selbstȱ alsȱ Segenȱ desȱ VatersȱüberȱseineȱSöhneȱgibtȱ(V.ȱ28646),ȱdassȱaberȱinȱdenȱSprüchenȱselbstȱ vomȱ „Segen“ȱ explizitȱ nurȱ beiȱ Josephȱ dieȱ Redeȱ ist.ȱ Inȱ derȱ väterlichenȱ BestätigungȱJudasȱwirdȱauchȱdessenȱursprünglichesȱFehlverhaltenȱnichtȱ verschwiegen,647ȱdennȱüberȱeinȱsubtilesȱWortspielȱwirdȱGenȱ37ȱwiederȱ mitȱeingespielt:ȱInȱV.ȱ9ȱwirdȱJudaȱinȱpositiverȱWeiseȱmitȱeinemȱjungenȱ Löwenȱ verglichen,ȱ derȱ vomȱ Raubȱ (@r aboY"w:;ȱ Genȱ44,14).ȱJudaȱistȱdieȱzentraleȱFigurȱunterȱseinenȱBrüdern.ȱUnterstriȬ chenȱwirdȱdiesȱdurchȱdenȱSingularȱderȱVerbalformȱ(aboY"w): ȱinȱGenȱ44,14,ȱ derȱ derselbenȱ grammatikalischenȱ Betonungȱ beiȱ Semȱ inȱ Genȱ 9,23ȱ entȬ spricht:ȱ „Undȱ Judaȱ undȱ seineȱ Brüderȱ (=ȱ Judaȱ mitȱ seinenȱ Brüdern),ȱ erȱ kamȱinȱdasȱHausȱJosephs.“ȱBeiȱJakobsȱBesuchȱinȱÄgyptenȱ(Genȱ46,1Ȭ30)ȱ istȱ esȱ darumȱ Judaȱ (undȱ nichtȱ derȱ natürlicheȱ Erstgeboreneȱ Ruben,ȱ derȱ allenȱ Brüdernȱ vorausȱ demȱ Vaterȱ denȱ Wegȱ nachȱ Goschenȱ zuȱ Josephȱ weisenȱsollȱ(Genȱ46,28).ȱȱ
1.3ȱAbschlussȱdesȱVertauschungsprozessesȱ DerȱVertauschungsprozessȱgiltȱalsȱabgeschlossen,ȱsobaldȱdieȱQualifizieȬ rungȱdesȱErstlingsȱwieȱauchȱdieȱDisqualifizierungȱdesȱnatürlichenȱErstȬ geborenenȱ bestätigtȱ undȱ legitimiertȱ wordenȱ ist.ȱ Bestätigungȱ undȱ LegiȬ timierungȱerfolgenȱinȱmehreren,ȱaufeinanderfolgendenȱEinzelschritten:ȱ ȱ (1)ȱExpliziteȱBestätigungȱvonȱQualifizierungȱundȱDisqualifizierungȱ Eineȱ explizite,ȱ d.h.ȱ aufȱ derȱ Erzählebeneȱ artikulierteȱ Bestätigungȱ derȱ Qualifizierungȱ begegnetȱ innerhalbȱ derȱ Erzählungenȱ regelmäßig.ȱ Sieȱ kannȱüberȱdreiȱLegitimationsinstanzenȱerfolgen:ȱȱ a) entwederȱ durchȱ denȱ Vater,ȱ soȱ imȱ Segenȱ fürȱ Semȱ (Genȱ 9,26),ȱ Ephraimȱ(Genȱ48,19f)ȱundȱJudaȱ(Genȱ49,8Ȭ12).ȱȱ b) oderȱ durchȱ dieȱ Mutter:ȱ beiȱ Setȱ inȱ Genȱ 4,25ȱ durchȱ derenȱ NaȬ mensdeutungȱ„Ersatz“/„Fundament“.ȱ c) oderȱ unmittelbarȱ durchȱ JHWHȱ selbst:ȱ soȱ imȱ Gotteswortȱ undȱ Segenȱ JHWHsȱ anȱ Abrahamȱ (Genȱ 22,18)ȱ undȱ anȱ Jakobȱ (Genȱ
246
TeilȱC:ȱSystematisierendeȱSyntheseȱ
32,29;ȱ 35,10;ȱ Teilȱ B.5.3.1).ȱ Amȱ Endeȱ derȱ Abrahamerzählungȱ segnetȱ JHWHȱ letztlichȱ auchȱ Isaakȱ (Genȱ 25,11;ȱ vgl.ȱ Genȱ 22,18)ȱ undȱbestätigtȱdamitȱdenȱAhnherrnȱderȱzukünftigenȱGeneration.ȱ FernerȱcharakterisiertȱGenȱ26,1Ȭ33ȱIsaakȱalsȱvonȱGottȱlegitimierȬ tenȱ Segensmittlerȱ (Teilȱ 4.2.3).8ȱ Tamarȱ bekommtȱ inȱ Perezȱ undȱ Serachȱ (Genȱ 38,27Ȭ30)ȱ zweiȱ männlicheȱ Zwillinge,ȱ dieȱ mögliȬ cherweiseȱeinȱErsatzȱfürȱErȱundȱOnanȱ(Genȱ38,3.4)ȱseinȱkönntenȱ undȱ damitȱ einȱ göttlichesȱ Zeichenȱ dafür,ȱ dassȱ auchȱ Judaȱ vonȱ JHWHȱrehabilitiert9ȱundȱalsȱmöglicherȱErstlingȱlegitimiertȱwirdȱ (TeilȱB.6.3).ȱ ȱ HingegenȱerfolgtȱnurȱinȱAusnahmefällenȱeineȱBestätigungȱderȱDisqualiȬ fizierungȱ desȱ natürlichenȱ Erstgeborenen.ȱ Dieȱ Disqualifizierungȱ ergibtȱ sichȱ zumeistȱ durchȱ dieȱ Evidenzȱ desȱ Fehlverhaltens.ȱ Imȱ Falleȱ Kainsȱ weistȱallerdingsȱJHWHȱselbstȱaufȱdessenȱVersagenȱhinȱ(Genȱ4,6Ȭ7.9Ȭ12).ȱ InȱderȱRegelȱsprechenȱdieȱVäterȱdieȱVerfehlungenȱihrerȱErstgeborenenȱ ausȱundȱbestätigenȱdamitȱdieȱvollzogeneȱDisqualifizierung,ȱsoȱimȱFluchȱ Noahsȱ überȱ Hamȱ (Genȱ 9,25)ȱ undȱ imȱ Fluchwortȱ Jakobsȱ überȱ Ruben,ȱ Simeonȱ undȱ Leviȱ (Genȱ 49,3f.5Ȭ7).ȱ Auchȱ dieȱ Disqualifizierungȱ vonȱ AmmonsȱundȱAbschalomsȱVerhaltenȱwirdȱdurchȱDavidȱselbstȱexplizitȱ undȱabschließendȱangesprochenȱ(2ȱSamȱ13,31.39).ȱNurȱeinȱeinzigesȱMalȱ vollziehtȱ sichȱ dieȱ Bewertungȱ derȱ Handlungȱ außerhalbȱ derȱ Erzählebene.ȱ Zurȱ Disqualifizierungȱ Esausȱ bemerktȱ derȱ sonstȱ imȱ Hintergrundȱ bleiȬ bendeȱErzähler,ȱdassȱEsauȱseinȱErstgeburtsrechtȱ„verachtete“ȱ(zb,YIw:;ȱGenȱ 25,34).ȱ ȱ (2)ȱGenealogischeȱGegenüberstellungenȱ DieȱgenealogischenȱLinienȱdesȱErstlingsȱundȱdesȱnatürlichenȱErstgeboȬ renenȱ werdenȱ imȱ Anschlussȱ anȱ denȱ Vertauschungsprozessȱ einanderȱ gegenüberȱ gestellt:ȱ (1)ȱ Kainsȱ Nachkommenȱ (Genȱ 4,17Ȭ24)ȱ denjenigenȱ Setsȱ (Genȱ 4,25Ȭ26)ȱ (Teilȱ B.1.21);ȱ (2)ȱ Semsȱ Nachkommenȱ (Genȱ 10,21Ȭ31)ȱ denjenigenȱseinerȱBrüdernȱHamȱ(Genȱ10,12Ȭ20)ȱundȱJaphetȱ(Genȱ10,2Ȭ5)ȱ (TeilȱB.2.2.1).ȱ(3)ȱNachȱdenȱGeburtsnotizenȱvonȱHaran,ȱLotȱundȱNahorȱ erhältȱAbrahamȱinȱGenȱ21,1Ȭ7ȱmitȱgöttlicherȱHilfeȱschließlichȱdochȱnochȱ denȱ Nachwuchs.ȱ Letztlichȱ bekommtȱ Abrahamȱ mehrȱ Nachkommenȱ alsȱ seineȱ Verwandtenȱ (Genȱ 25,1Ȭ6),ȱ wasȱ sicherstellt,ȱ dassȱ sichȱ inȱ ihmȱ derȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 8ȱȱ
9ȱȱ
Vonȱ daherȱ erklärtȱ sichȱ dieȱ oftȱ alsȱ abwegigȱ empfundeneȱ Positionierungȱ derȱ IsaakȬ Episodeȱ Genȱ 26,1Ȭ33ȱ innerhalbȱ derȱ Erzählungȱ seinerȱ Söhne:ȱ Direktȱ vorȱ derȱ SegensȬ vertauschungȱinȱGenȱ27ȱwirdȱfürȱIsaakȱnochmalȱpointiertȱdaraufȱhingewiesen,ȱdassȱ sichȱ inȱ ihmȱ alsȱ Vaterȱ auchȱ tatsächlichȱ derȱ göttlicheȱ Segenȱ verwirklichenȱ kannȱ (Teilȱ B.5.2.1).ȱ S.ȱGOLDIN,ȱTheȱYoungestȱSon,ȱ30.ȱ
1.ȱAnalyseȱderȱMotivelementeȱundȱErzählstrategienȱ
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Segenȱ JHWHsȱ verwirklichtȱ (Teilȱ B.3.2.2ȱ mitȱ B.3.5).ȱ(4)ȱ Auchȱ dieȱ NachȬ kommenȱ vonȱ Ismaelȱ (Genȱ 25,12Ȭ17)ȱ undȱ Esauȱ (Genȱ 36)ȱ stehenȱ denenȱ ihrerȱ Konkurrentenȱ Isaakȱ (Genȱ 25,19ff)ȱ undȱ Jakobȱ (Genȱ 35,22bȬ26;ȱ 37,2ff)ȱunmittelbarȱgegenüberȱ(TeilȱB.4.2.2.//B.5.3.2).ȱ(5)ȱBeiȱderȱKonkurȬ renzȱ zwischenȱ Judaȱ undȱ Josephȱ stehtȱ derȱ genealogischeȱ Vergleichȱ beȬ sondersȱ imȱ Zentrum.ȱ Josephȱ wieȱ Judaȱ bekommenȱ inȱ ihrenȱ Söhnenȱ jeȱ eineȱ Vertauschungserzählungȱ zugeschriebenȱ (Juda:ȱ Perezȱ undȱ Serachȱ Genȱ38;ȱJoseph:ȱEphraimȱundȱManasseȱGenȱ48).ȱȱ ȱ (3)ȱGenealogischeȱWeiterführungȱ ErstȱnachȱdieserȱgenealogischenȱGegenüberstellungȱkannȱnunȱauchȱdieȱ genealogischeȱHauptlinieȱfortgesetztȱwerden:ȱDieȱGenealogienȱderȱErstȬ lingeȱSetȱ (Genȱ 5,1ff;ȱ Teilȱ B.1.2.3),ȱ Semȱ(Genȱ 11,10ff;ȱTeilȱ B.2.2.2),ȱAbraȬ hamȱ(Genȱ25,1Ȭ4;ȱTeilȱB.3.5.2),ȱIsaakȱ(Genȱ24;25,19ff;ȱTeilȱB.4.2.2)ȱsowieȱ Jakobȱ (Genȱ 35,16Ȭ20:ȱ „ganzȱ Israel“;ȱ sowieȱ Genȱ 37,2ff;ȱ Teilȱ B.5.3.2)ȱ beȬ schließenȱjeweilsȱdieȱVertauschungserzählung,ȱführenȱdieȱneueȱErblinieȱ weiterȱ undȱ leitenȱ überȱ zumȱ folgendenȱ Erzählkomplex.ȱ Vorȱ allemȱ denȱ ToledotȬFormelnȱ(TeilȱA.4.2.)ȱkommtȱdieseȱabschließendeȱundȱüberleiȬ tendeȱ Funktionȱ zu:ȱ soȱ imȱ Falleȱ Setsȱ (Genȱ 5,1ff),ȱ Semsȱ (Genȱ 11,10ff),ȱ Isaaksȱ(Genȱ25,19ff)ȱundȱJakobsȱ(Genȱ37,2ff).ȱInȱderȱWeiterführungȱderȱ väterlichenȱLinieȱerweistȱsichȱderȱjüngereȱBruderȱalsȱErstling.ȱDerȱErstȬ lingȱkannȱ–ȱsoȱdieȱBotschaftȱdesȱTextesȱ–ȱauchȱtatsächlichȱdenȱmitȱdemȱ ErstlingstumȱverbundenenȱSegenȱweitergeben.ȱErstȱmitȱdieserȱabschlieȬ ßendenȱ genealogischenȱ Legitimierungȱ desȱ Erstlingsȱ giltȱ dieȱ VertauȬ schungȱalsȱabgeschlossenȱundȱgültig.ȱ InȱzweiȱErzählungenȱsindȱQualifizierungsprozessȱundȱdieȱgenealoȬ gischeȱWeiterführungȱmiteinanderȱverschränkt:ȱ(1)ȱJakobȱbekommtȱmitȱ demȱvonȱEsauȱerstandenenȱ„Erstgeburtsrecht“ȱinȱderȱFremdeȱschonȱelfȱ Nachkommenȱ vonȱ Leaȱ undȱ Rahelȱ (Genȱ 29/30;ȱ Teilȱ B.5.2.4).ȱ Dochȱ erstȱ nachȱ derȱ Aussöhnungȱ mitȱ JHWHȱ undȱ Esauȱ undȱ desȱ Erwerbsȱ seinesȱ eigenenȱ Erstgeburtssegensȱ (Genȱ 32/33)ȱ istȱ Jakobsȱ Qualifizierungȱ abgeȬ schlossen.ȱNunȱkannȱderȱletzteȱSohnȱJakobs,ȱBenjamin,ȱgeborenȱwerdenȱ (Genȱ 35,18),ȱ woraufȱ dannȱ zumȱ erstenȱ Malȱ innerhalbȱ derȱ Genesisȱ alleȱ zwölfȱStämmeȱIsraelsȱgenanntȱwerdenȱ(Genȱ35,22bȬ26).ȱ(2)ȱEineȱweitereȱ AusnahmeȱbildetȱdieȱJosephȬJudaȬErzählungȱ(TeilȱB.6.1).ȱDaherȱerfolgtȱ dieȱ literarischeȱ Gegenüberstellungȱ ihrerȱ Nachkommenȱ nichtȱ amȱ Endeȱ derȱErzählung,ȱsondernȱwirdȱinȱdieȱnarrativeȱEntwicklungȱmitȱhineinȬ genommen:ȱimȱFalleȱJudasȱinȱGenȱ38,27Ȭ30ȱmitȱPerezȱundȱSerachȱ(Teilȱ B.6.3);ȱimȱFalleȱJosephsȱinȱGenȱ48,1Ȭ22ȱmitȱEphraimȱundȱManasseȱ(Teilȱ B.6.4).ȱȱ ȱ ȱ
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TeilȱC:ȱSystematisierendeȱSyntheseȱ
(4)ȱRäumlicheȱundȱgenealogischeȱTrennungenȱȱ DieȱinȱderȱWeiterführungȱderȱHauptlinieȱzuȱerkennendeȱgenealogischeȱ Trennungȱ derȱ Konkurrentenȱ machtȱ unmissverständlichȱ deutlich,ȱ dassȱ esȱnurȱinȱderȱHauptlinieȱmitȱdemȱSegenȱJHWHsȱweitergeht.ȱZwischenȱ denȱ Genealogienȱ derȱ Brüderȱ gibtȱ esȱ keineȱ Berührungspunkteȱ mehr.ȱ Diesesȱ Trennungsmotivȱ wirdȱ auchȱ inȱ geographischerȱ Hinsichtȱ aufgeȬ griffen,ȱdaȱsichȱdieȱkonkurrierendenȱBrüderȱnachȱBeendigungȱderȱAusȬ einandersetzungȱ umȱ dasȱ Erstlingstumȱ auchȱ räumlichȱ voneinanderȱ seȬ parieren:ȱ (1)ȱ Derȱ Erstlingȱ Setȱ beginntȱ mitȱ derȱ Anrufungȱ JHWHsȱ imȱ Landȱ (Genȱ 4,26),ȱ währendȱ Kainȱ dasȱ Landȱ verlassenȱ muss.ȱ Derȱ Zielortȱ derȱ Flucht,ȱ dAn,ȱ istȱ wenigerȱ geographischȱ alsȱ theologischȱ bedingt.ȱ Dasȱ „LandȱdesȱUmherirrens“ȱ(dwnȱQal:ȱumherschweifen,ȱȬirren)ȱverweistȱaufȱ denȱ paradigmatischenȱ Charakterȱ dieserȱ erstenȱ Trennung:ȱ Kainȱ verȬ schwindetȱ ausȱ demȱ Wirkbereichȱ JHWHs,ȱ nämlichȱ „vomȱ Angesichtȱ JHWHsȱ weg“ȱ (Genȱ 4,16)ȱ (Teilȱ B.1.2.2),ȱ währendȱ Setsȱ Linieȱ durchȱ dieȱ Anrufungȱ JHWHsȱ (Genȱ 4,26)ȱ dieseȱ Distanzȱ geradeȱ überwindetȱ (Teilȱ B.1.2.2).ȱ (2)ȱ Abrahamȱ trenntȱ sichȱ einerseitsȱ vonȱ Lotȱ (Genȱ 13,1Ȭ13;ȱ Teilȱ B.3.2.1)ȱ undȱ schicktȱ andererseitsȱ seineȱ Kinderȱ vonȱ Keturaȱ ausȱ demȱ Landȱ (Genȱ 25,6;ȱ Teilȱ B.3.5.2).ȱ (3)ȱ Ismaelȱ undȱ Hagarȱ werdenȱ vertriebenȱ (Genȱ 16;ȱ 21,8Ȭ21;ȱ Teilȱ B.4.14).ȱ (4)ȱ Auchȱ Esauȱ undȱ Jakobȱ trennenȱ sichȱ nachȱ ihrerȱ Aussöhnungȱ voneinanderȱ (Genȱ 33,12Ȭ16;ȱ vgl.ȱ Genȱ 36,6Ȭ7;ȱ Teilȱ5.2.5.3).ȱÜberȱdieȱproleptischeȱNennungȱderȱSiedlungsnotizȱJakobsȱ (Genȱ 37,1)ȱ vorȱ dessenȱ eigentlicherȱ Toledotȱ inȱ Genȱ 37,2ȱ wirdȱ dieȱ TrenȬ nungsthematikȱmitȱeingespielt,ȱdieȱwiederholtȱunterstreicht,ȱdassȱJakobȱ undȱEsauȱwederȱverwandtschaftlicheȱnochȱgeographischeȱBerührungsȬ punkteȱhabenȱ(vgl.ȱGenȱ36,1;ȱs.ȱTeilȱB.6.1.).ȱȱ ȱ (5)ȱBestätigungȱimȱKontextȱderȱLandverheißungȱ Einȱ letztesȱ Elementȱ derȱ Legitimierungȱ derȱ Vertauschungȱ kannȱ nochȱ hinzukommen.ȱBeiȱdenȱdreiȱErzväternȱAbraham,ȱIsaakȱundȱJakobȱwirdȱ zumȱ Abschlussȱ derȱ Vertauschungȱ nochȱ aufȱ dieȱ göttlicheȱ LandverheiȬ ßungȱ rekurriert.ȱ Dieȱ Legitimationȱ durchȱ JHWHȱ wirdȱ inȱ diesemȱ Falleȱ zusätzlichȱ verstärkt.ȱ Soȱ erwirbtȱ Abrahamȱ dasȱ ersteȱ Stückȱ Landȱ inȱ KaȬ naanȱ fürȱ „Israel“ȱ (dieȱ Höhleȱ vonȱ Machpelaȱ Genȱ 23;ȱ Teilȱ B.3.5.1)ȱ undȱ Jakobȱ inȱ Sichemȱ dasȱ zweiteȱ (Genȱ 33,19;ȱ Teilȱ B.5.3.1).ȱ Fernerȱ zeichnenȱ sichȱ alleȱ dreiȱ Erzväterȱ durchȱ denȱ Bauȱ einesȱ oderȱ mehrererȱ Altäreȱ imȱ verheißenenȱLandȱaus:ȱsoȱderȱmehrfacheȱAltarbauȱbeiȱAbrahamȱinȱGenȱ 13Ȭ14ȱ(TeilȱB.3.2.1)ȱundȱGenȱ22,1Ȭ19ȱ(TeilȱB.3.2.3);ȱbeiȱIsaakȱinȱBeerscheȬ baȱ(vgl.ȱGenȱ26,25;ȱTeilȱB.4.2.3)ȱundȱbeiȱJakobȱinȱBethelȱ(Genȱ35,1Ȭ15)ȱ–ȱ nachȱ einemȱ „missglückten“ȱ Versuchȱ inȱ Sichemȱ (Genȱ 33,18Ȭ22)ȱ (Teilȱ B.5.3.1).ȱDerȱAltarbauȱgiltȱalsȱZeichenȱderȱAnwesenheitȱGottesȱundȱdieȱ erwähltenȱErstlingeȱdürfenȱdieseȱAltäreȱbauenȱundȱdenȱNamenȱGottesȱ
1.ȱAnalyseȱderȱMotivelementeȱundȱErzählstrategienȱ
249
dortȱ anrufen.ȱ Derȱ Erstlingȱ nimmtȱ damitȱ symbolischȱ dasȱ verheißeneȱ Landȱein,ȱdennȱdortȱrealisiertȱsichȱdurchȱdieȱAnwesenheitȱJHWHsȱbeȬ reitsȱ inȱ nuceȱ eineȱ Vorwegnahmeȱ derȱ Landnahme,ȱ dieȱ vornehmlichȱ imȱ Josuabuchȱentfaltetȱwerdenȱwird.ȱȱ
1.4ȱGöttlicheȱInterventionenȱ 1.4.1ȱVerhältnisȱvonȱQualifizierungȱundȱgöttlicherȱErwählungȱȱ Zuȱ denȱ menschlichenȱ Streitpaarenȱ kommtȱ nochȱ JHWHȱ alsȱ dritteȱ hanȬ delndeȱPersonȱhinzu.ȱZwarȱgreiftȱerȱseltenȱoffensichtlichȱinȱdasȱWeltgeȬ schehenȱ ein,ȱ sondernȱ ziehtȱ imȱ Verborgenenȱ dieȱ Fäden,ȱ dochȱ wirdȱ erȱ stetsȱ alsȱ vertikaleȱ Dimensionȱ derȱ horizontalenȱ zwischenmenschlichenȱ Dimensionȱberücksichtigt.ȱ Esȱ istȱ durchgängigȱJHWHȱ selbst,ȱ derȱ dieȱVoraussetzungȱ derȱ MögȬ lichkeitȱeinesȱVertauschungsprozessesȱschafft.ȱDieseȱgöttlicheȱIntervenȬ tionȱ kannȱ alsȱ Erwählungȱ bezeichnetȱ werden;ȱ sieȱ wirdȱ innerhalbȱ derȱ Texteȱ wederȱ eigensȱ begründetȱ nochȱ narrativȱ reflektiert.ȱ Dieȱ Abrahamgeschichteȱ istȱ hierfürȱ einȱ bekanntesȱ Beispiel:ȱ Zwarȱ kämeȱ Lotȱ auchȱalsȱpotentiellerȱErstgeborenerȱnachȱdemȱTodeȱseinesȱVatersȱHaranȱ inȱ Frageȱ (Genȱ 11Ȭ1410),ȱ dochȱ sprichtȱ JHWHȱ Abrahamȱ anȱ (Genȱ 12,1Ȭ4)ȱ undȱgibtȱihmȱsoȱdieȱMöglichkeitȱsichȱalsȱErstlingȱzuȱerweisen,ȱindemȱerȱ ihmȱdieȱAnweisungȱzumȱAuszugȱnachȱKanaanȱgibt.ȱDieȱFavorisierungȱ Abrahamsȱ vorȱ seinenȱ Brüdernȱ bleibtȱ unbegründet.ȱ Allerdingsȱ lassenȱ sichȱvereinzelteȱVersucheȱderȱDeutungȱbzw.ȱliterarischenȱAufarbeitungȱ entdecken:ȱ Imȱ Konfliktȱ vonȱ Jakobȱ undȱ Esauȱ bereitetȱ JHWHȱ mitȱ demȱ vieldeutigenȱGottesorakelȱGenȱ25,23ȱdenȱBodenȱfürȱdieȱbevorstehendenȱ Auseinandersetzungen.ȱLetztlichȱaberȱwerdenȱdurchȱdenȱmehrdeutigenȱ „Orakelspruch“ȱ nurȱ bestimmteȱ Erwartungenȱ geweckt;ȱ ausȱ demȱ GotȬ teswortȱ selbstȱ istȱ nichtȱ mitȱ Sicherheitȱ zuȱ erheben,ȱ obȱ JHWHȱ nunȱ tatȬ sächlichȱJakobȱfavorisiertȱ(TeilȱB.5.1.2).ȱImȱFalleȱvonȱPerezȱundȱSerachȱ (Genȱ38,27Ȭ30)ȱbeeinträchtigtȱzunächstȱdieȱgöttlicheȱInterventionȱinȱGenȱ 38,7ȱ(„Erȱaberȱwarȱböse,ȱsoȱließȱJHWHȱihnȱsterben“)ȱdasȱgenealogischeȱ SystemȱundȱschafftȱsoȱdieȱVoraussetzungȱfürȱdieȱVertauschungserzähȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 10ȱȱ Soȱ jedenfallsȱ nachȱ demȱ dichtenȱ Erzählduktusȱ vonȱ Genȱ 11Ȭ14.ȱ Zwarȱ kämeȱ inȱ derȱ Erbfolgeȱ zuerstȱ derȱ Bruderȱ (alsoȱ Abrahamȱ oderȱ Nahor)ȱ undȱ dannȱ erstȱ derȱ Sohnȱ Harans,ȱ dochȱ wirdȱ Lotȱ gleichȱ zuȱ Beginnȱ inȱ Genȱ 11,27Ȭ32ȱ Abrahamȱ opponiertȱ (Teilȱ B.3.1).ȱDaȱinȱderȱFolgeȱLotȱwiederholtȱalsȱ„Bruder“ȱAbrahamsȱbezeichnetȱwirdȱ(Genȱ 13,8;ȱ14,14.16)ȱ–ȱdieseȱBezeichnungȱLotsȱtrittȱdamitȱnurȱinȱdemȱTextzusammenhangȱ auf,ȱinȱdemȱesȱ umȱdenȱdirektenȱ „Bruderkonflikt“ȱzwischenȱ AbrahamȱundȱLotȱgehtȱ (TeilȱB.3.4.1)ȱ–ȱentstehtȱderȱLeseeindruckȱeinerȱvergleichbarenȱErbfolgeberechtigungȱ beiderȱ„Brüder“.ȱ
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TeilȱC:ȱSystematisierendeȱSyntheseȱ
lungȱ vonȱ Perezȱ undȱ Serach.ȱ Außerhalbȱ derȱ Genesisȱ begegnetȱ dieȱ voȬ rausgehendeȱ undȱ unbegründeteȱ Erwählungȱ desȱ Erstlingsȱ inȱ gleicherȱ Weise:ȱ Bereitsȱ vorȱ derȱ Vertauschungȱ vonȱ demȱ jüngerenȱ Moseȱ mitȱ seiȬ nemȱerstgeborenenȱBruderȱAaronȱ(Exȱ6,14Ȭ27)ȱbietetȱdasȱGotteswortȱinȱ Exȱ6,13ȱdieȱReihenfolgeȱ„MoseȱundȱAaron“,ȱdieȱdasȱErgebnisȱderȱnochȱ erfolgendenȱ Vertauschungȱ bereitsȱ vorbereitet.ȱ Derenȱ Ursacheȱ wirdȱ damitȱaufȱdasȱgöttlicheȱMomentȱzurückgeführtȱ(TeilȱB.7.2).ȱAußerdemȱ wirdȱderȱRichterȱGideonȱdurchȱdenȱ„EngelȱJHWHs“ȱ(V.ȱ11ȱu.ö.)ȱberuȬ fenȱ(Riȱ6,11Ȭ24)ȱ(TeilȱB.7.1).ȱAuchȱDavidȱistȱzwarȱderȱjüngsteȱSohnȱIsaisȱ (1ȱ Samȱ 16,11),ȱ dochȱ erwähltȱ Gottȱ geradeȱ ihnȱ (V.ȱ 12f).ȱ Schließlichȱ wirdȱ dieȱ Wahlȱ Salomosȱ inȱ 2ȱ Samȱ 12,24ȱ lapidarȱ mitȱ derȱ Formulierungȱ hw"hyw:ȱ Abhea] begründetȱ(TeilȱB.7.3).ȱȱ 1.4.2ȱJHWHȱalsȱMovensȱdesȱgesamtenȱVertauschungsprozessesȱ JHWHȱ istȱ nichtȱ nurȱ Ursacheȱ desȱ Vertauschungsprozesses,ȱ sondernȱ greiftȱauchȱverschiedentlichȱinȱihnȱein.ȱZweiȱprägnanteȱBeispieleȱsollenȱ hierȱbesondersȱhervorgehobenȱwerden:ȱAbrahamsȱQualifizierungsproȬ zessȱgeschiehtȱeinmalȱunterȱderȱPerspektiveȱderȱLandverheißungȱ(Genȱ 12Ȭ14)ȱundȱeinmalȱunterȱderȱPerspektiveȱderȱNachkommenverheißungȱ (Genȱ 15Ȭ21).ȱ Vonȱ seinerȱ Erwählungȱ inȱ Genȱ 12,1ffȱ bisȱ zuȱ seinerȱ AnerȬ kennungȱalsȱErstlingȱ(Genȱ22,18)ȱ(TeilȱB.3.2)ȱistȱseineȱQualifizierungȱalsȱ Erstlingȱ vonȱ existenzbedrohendenȱ Tiefpunktenȱ geprägtȱ (s.ȱ vorȱ allemȱ Genȱ 12,10ff;ȱ 20,1ff):ȱ Abrahamȱ gefährdetȱ immerȱ wiederȱ selbsttätigȱ dieȱ ErfüllungȱderȱVerheißungen,ȱwasȱseineȱRolleȱalsȱErstlingȱgrundsätzlichȱ inȱFrageȱstellt.ȱLetztlichȱkönnenȱdieȱTiefpunkteȱeinzigȱundȱalleinȱdurchȱ JHWHsȱ Eingreifenȱ überwundenȱ werdenȱ (s.ȱ vorȱ allemȱ Genȱ 13;ȱ 21,1Ȭ7;ȱ dazuȱTeilȱB.3.3).ȱAuchȱJakobȱistȱeherȱderȱ„tragische“ȱTypȱeinesȱGewinȬ ners.ȱZwarȱistȱerȱnachȱErwerbȱvonȱErstlingstumȱ(Genȱ25)ȱundȱErstlingsȬ segenȱ alsȱ potentiellerȱ Erstlingȱ anzusehen,ȱ dochȱ heftetȱ ihmȱ derȱ Betrugȱ zunächstȱnochȱdeutlichȱanȱ(TeilȱB.5.2.1).ȱErstȱdieȱgöttlicheȱInterventionȱ inȱ Bethelȱ (Genȱ 28,10Ȭ22;ȱ Teilȱ B.5.2.3)ȱ läutetȱ eineȱ Wendeȱ ein,ȱ dieȱ einenȱ neuenȱErzählstrangȱeröffnet,ȱanȱderenȱEndeȱ–ȱabermalsȱdurchȱgöttlichesȱ Eingreifenȱ (Genȱ 32,23Ȭ33)ȱ –ȱ dieȱ Aussöhnungȱ Jakobsȱ mitȱ Esauȱ steht.ȱ DaherȱerhältȱJakobȱauchȱerstȱinȱGenȱ32/33ȱseinenȱeigenenȱErstgeburtsȬ segenȱ–ȱdurchȱJHWHȱselbstȱ(TeilȱB.5.2.5).11ȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 11ȱȱ KurzȱvorȱJakobsȱAussöhnungȱmitȱEsauȱ(Genȱ33,1Ȭ11)ȱnimmtȱJHWHȱdurchȱdieȱUmȬ benennungȱ Jakobsȱ inȱ „Israel“ȱ (Genȱ 32,29)ȱ dessenȱ mitȱ derȱ Schuldȱ verbundenenȱ NaȬ menȱ„Jakob“ȱ(„Fersenschleicher“)ȱvonȱihmȱundȱgibtȱihmȱseinenȱeigenenȱErstlingsseȬ genȱ(Genȱ32,30).ȱDieȱAussöhnungȱmitȱEsauȱundȱdieȱdamitȱverbundeneȱsymbolischeȱ RückgabeȱdesȱErstgeburtssegensȱanȱEsauȱkomplettierenȱdenȱVertauschungsprozess:ȱ Jakobȱ bittetȱ Esau,ȱ seinȱ Versöhnungsgeschenkȱ nichtȱ zuȱ verschmähenȱ (Genȱ 33,11):ȱ
1.ȱAnalyseȱderȱMotivelementeȱundȱErzählstrategienȱ
251
GottesȱHandelnȱbeschließtȱdurchgängigȱdieȱgesamteȱVertauschung,ȱdaȱ dieȱ letztgültigeȱ Legitimierungȱ desȱ Erstlingsȱ ausnahmslosȱ durchȱ JHWHȱ selbstȱ vollzogenȱ wird.ȱ Dieȱ Bestätigungȱ derȱ Vertauschungȱ durchȱ dasȱ Trennungsmotiv,ȱ dieȱ symbolischeȱ Erfüllungȱ derȱ Landverheißungȱ durchȱAltarbauȱundȱLandeserwerbȱsowieȱdieȱgenealogischeȱWeiterfühȬ rungȱ derȱ Hauptlinieȱ verweisenȱinȱ ihrerȱ Letztursacheȱ aufȱJHWHȱ selbstȱ (TeilȱC.1.3).ȱȱ
1.5ȱLiterarischeȱVerknüpfungȱeinzelnerȱVertauschungenȱ InȱdiesemȱKapitelȱsollȱderȱFrageȱnachgegangenȱwerden,ȱwieȱdieȱeinzelȬ nenȱ Vertauschungserzählungenȱ sowieȱ dieȱ kürzerenȱ VertauschungsnoȬ tizenȱmiteinanderȱverknüpftȱsind.ȱȱ Dieȱ beidenȱ Vertauschungenȱ vonȱ Kain,ȱ Abelȱ undȱ Setȱ sowieȱ Sem,ȱ HamȱundȱJaphetȱsindȱüberȱdasȱgenealogischeȱSystemȱaufȱengsteȱWeiseȱ miteinanderȱ verbunden.ȱ Beideȱ Vertauschungenȱ verweisenȱ innerhalbȱ desȱerstenȱToledotȬHauptteilsȱ(Genȱ5,1Ȭ11,2612)ȱgegenseitigȱaufeinanderȱ undȱerzeugenȱdarüberȱhinausȱneueȱSinnpotentiale,ȱdieȱüberȱdenȱGehaltȱ derȱ jeweiligenȱ Einzelerzählungȱ hinausgehen.ȱ Diesȱ wirdȱ inȱ Teilȱ C.2.2ȱ nochȱnäherȱentfaltetȱwerden.ȱFernerȱsindȱdieȱVertauschungenȱvonȱHaȬ ran/Lot,ȱNahorȱundȱAbrahamȱsowieȱIsaakȱundȱIsmaelȱstrukturellȱaufeiȬ nanderȱ bezogen:ȱ Dieȱ IsaakȬIsmaelȬErzählungȱ istȱ integrierenderȱ BeȬ standteilȱ desȱ Qualifizierungsprozessesȱ vonȱ Abraham.ȱ Bestandteilȱ derȱ Qualifizierungȱ Abrahamsȱ istȱ dieȱ Erfüllungȱ derȱ NachkommenȬ verheißung,ȱdieȱinȱGenȱ15Ȭ21ȱgeradeȱinȱderȱErwartungȱundȱderȱGeburtȱ vonȱ Ismaelȱ bzw.ȱ Isaakȱ zumȱ Hauptthemaȱ wird.ȱ Dieȱ AuseinandersetȬ zungȱzwischenȱIsmaelȱundȱIsaakȱspiegeltȱdasȱRingenȱderȱElternȱwider,ȱ aufȱwelcheȱWeiseȱdieȱKinderlosigkeitȱAbrahamsȱ(vgl.ȱGenȱ11,30;ȱ15;ȱ16)ȱ amȱ bestenȱ zuȱ überwindenȱ seiȱ (Teilȱ 3.2.3).ȱ Dassȱ amȱ Endeȱ derȱ VertauȬ schungȱsichȱIsaakȱalsȱderȱErstlingȱerweist,ȱistȱletztlichȱaufȱdieȱgöttlicheȱ Interventionȱ zurückzuführenȱ (Genȱ 21,1Ȭ7),ȱ dieȱ Sarasȱ Unfruchtbarkeitȱ überwindet.ȱ Damitȱ wirktȱ dieȱ IsmaelȬIsaakȬVertauschungȱ wiederȱ zuȬ rückȱaufȱdieȱErzählebeneȱderȱAbrahamgeschichte:ȱErstȱmitȱderȱGeburtȱ IsaaksȱinȱGenȱ21,1Ȭ7ȱ(undȱnichtȱmitȱderȱGeburtȱIsmaelsȱinȱGenȱ16,1Ȭ6.7Ȭ 16;ȱTeilȱB.4.1.1.1)ȱerweistȱsichȱAbrahamȱalsȱErstlingȱ(Teilȱ3.2.2),ȱderȱgeȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ytik'r>Bi-ta, an"-xq/; „NimmȱdochȱmeinenȱSegenȱ[,ȱderȱdirȱgebrachtȱwordenȱist.]“ȱDerȱVersȱ zitiertȱ Esausȱ Klageȱ inȱ Genȱ 27,36ȱ (ytik'r>Bi xq;l').ȱ Daȱ Esauȱ dasȱ Geschenkȱ (hx'n>m)i ȱ nunȱ anȬ nimmt,ȱistȱauchȱzwischenȱMenschȱundȱMenschȱ„Segen“ȱdurchȱ„Segen“ȱausgeglichenȱ (zurȱ Aussöhnungȱ zwischenȱ Esauȱ undȱ Jakobȱ dieȱ überȱ dieȱ Wortfelderȱ hnmi abȱGenȱ32ȱvorbereitetȱwird;ȱvgl.ȱTeilȱB.5.2.5).ȱ 12ȱȱ ZurȱGliederungȱderȱGenesisȱanhandȱderȱToledotȬFormelnȱs.ȱTeilȱA.4.2.ȱ
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TeilȱC:ȱSystematisierendeȱSyntheseȱ
mäßȱ desȱ Gotteswillensȱ handelt.ȱ Mitunterȱ warȱ bereitsȱaufgefallen,ȱdassȱ IsaakȱundȱIsmaelȱlediglichȱüberȱdieȱHandlungenȱihrerȱElternȱdisqualifiȬ ziertȱ bzw.ȱ qualifiziertȱ werdenȱ (Teilȱ C.1.1),ȱ soȱ dassȱ dieȱ „Passivität“ȱ desȱ Brüderpaaresȱ derenȱ Auseinandersetzungȱ gegenüberȱ derȱ eigentlichenȱ Abrahamerzählungȱ deutlichȱ inȱ denȱ Hintergrundȱ tretenȱ lässt.ȱ Dieȱ IsȬ maelȬIsaakȬErzählungȱ funktioniertȱ narrativȱ nurȱ alsȱ Nebenthemaȱ zurȱ Abrahamerzählung.13ȱȱ ȱ Dieȱ Vernetzungsdichteȱ zwischenȱ denȱ siebenȱ VertauschungsȬErzähȬ lungenȱundȱdenȱbisherȱnochȱnichtȱinȱdenȱBlickȱgekommenenȱkürzerenȱ VertauschungsȬNotizenȱ sindȱ mitunterȱ weitreichender:ȱ Dieȱ VertauȬ schungenȱ umȱ Joktanȱ undȱ Peleg;ȱ Elam,ȱ Assur,ȱ Arpachschad,ȱ Ludȱ undȱ Aram;ȱ Erȱ undȱ Perez;ȱ Serachȱ undȱ Perezȱ sowieȱ Manasseȱ undȱ Ephraimȱ sindȱdeutlichȱwenigerȱnarrativȱausgearbeitet.ȱSieȱstehenȱallerdingsȱnichtȱ literarischȱ unverbundenȱ nebenȱ denȱ größerenȱ Erzählungen,ȱ sondernȱ sindȱ allesamtȱ aufȱ charakteristischeȱ Weiseȱ mitȱ ihnenȱ verbunden:ȱ Dieȱ Vertauschungȱ umȱ Joktanȱ undȱ Pelegȱ (Genȱ 10,25.26Ȭ29;ȱ 11,18)14ȱ sowieȱ Elam,ȱ Assur,ȱ Arpachschad,ȱ Ludȱ undȱ Aramȱ (Genȱ 10,22Ȭ24)ȱ stehenȱ inȬ nerhalbȱ derȱ Genealogieȱ desȱ Erstlingsȱ Sem.ȱ Sieȱ nehmenȱ durchȱ ihreȱ inȬ vertierteȱAufgliederungȱderȱNachkommenslinienȱ(dazuȱTeilȱC.2.1)ȱdasȱ Vertauschungsmotivȱ derȱ Haupterzählungȱ umȱ Sem,ȱ Hamȱ undȱ Japhetȱ aufȱ undȱ verstärkenȱ dieȱ inȱbeidenȱ Semitengenealogienȱ (Genȱ 10;ȱ11)ȱ beȬ schlosseneȱBestätigungȱderȱQualifizierungȱSems.ȱȱ Inȱ besonderemȱ Maßeȱ sindȱ dieȱ vierȱ Vertauschungserzählungenȱ inȬ nerhalbȱ derȱ JosephȬJudaȬErzählungȱ miteinanderȱ vernetzt.ȱ Josephȱ undȱ Juda;ȱJudaȱgegenüberȱRuben,ȱSimeonȱundȱLevi;ȱEphraimȱundȱManasseȱ sowieȱPerezȱundȱSerachȱmüssenȱsichȱmitȱihrerȱRolleȱalsȱpotentielleȱErstȬ lingeȱ auseinandersetzen:ȱ Dieȱ Vertauschungserzählungenȱ vonȱ Ruben,ȱ Simeon,ȱ Leviȱ undȱ Judaȱ sindȱ nötig,ȱ umȱ Judaȱ alsȱ Prätendentenȱ desȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 13ȱȱ Dazuȱpasst,ȱdassȱdieȱGeschichtenȱdesȱErstlingsȱIsaakȱimȱVerhältnisȱzuȱdenȱErzählunȬ genȱderȱanderenȱStammväterȱkaumȱeinȱeigenesȱProfilȱerkennenȱlassen.ȱDieȱBindungȱ Isaaksȱ(Genȱ22)ȱistȱimȱBlickȱaufȱdieȱFigurȱAbrahamsȱhinȱgeschrieben,ȱdieȱBrautwerȬ bungȱ inȱ Mesopotamienȱ (Genȱ 24,1Ȭ61)ȱ verläuftȱ –ȱ andersȱ alsȱ späterȱ beiȱ Jakobȱ –ȱ ohneȱ Isaak.ȱ Dieȱ Geschichteȱ derȱ Geburtȱ Esausȱ undȱ Jakobsȱ sowieȱ derȱ Verkaufȱ desȱ ErstgeȬ burtsrechtsȱ(Genȱ25,19Ȭ34)ȱzieltȱbereitsȱaufȱJakobȱalsȱdenȱkommendenȱProtagonistenȱ ab,ȱdieȱErzählungȱvonȱderȱGefährdungȱderȱAhnfrauȱ(Genȱ26)ȱistȱzuȱgroßenȱTeilenȱeiȬ neȱ„Doppelüberlieferung“ȱvonȱGenȱ12ȱundȱ20.ȱDanebenȱfindenȱsichȱinȱdenȱGeschichȬ tenȱvomȱStreitȱumȱdenȱBrunnenȱ(Genȱ26,15Ȭ25)ȱundȱvomȱBundȱmitȱAbimelechȱ(Genȱ 26,26Ȭ33)ȱ starkeȱ motivischeȱ Aufnahmenȱ vonȱ Abrahamgeschichten.ȱ Auchȱ dasȱ VerȬ hältnisȱ zwischenȱ Isaakȱ undȱ Gottȱ wirdȱ nichtȱ eigensȱ ausgeleuchtet.ȱ Gottȱ erscheintȱ Isaakȱ zweimalȱ undȱ gibtȱ ihmȱ dieȱ Verheißung,ȱ dieȱ erȱ auchȱ Abrahamȱ schonȱ gegebenȱ hatȱ(großesȱVolk,ȱLandȱundȱSegenȱfürȱdieȱVölker.ȱGenȱ26,2Ȭ6ȱundȱGenȱ26,24f).ȱ 14ȱȱ ZurȱdetailliertenȱAuswertungȱs.ȱTeilȱC.2.1.ȱ
1.ȱAnalyseȱderȱMotivelementeȱundȱErzählstrategienȱ
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Erstlingstumȱ undȱ damitȱ alsȱ Kontrahentenȱ Josephsȱ zuȱ etablierenȱ (Teilȱ B.6.2),ȱ derȱ wiederȱ alsȱ Erstgeborenerȱ vonȱ Jakobsȱ Lieblingsfrauȱ Rahelȱ ebenfallsȱdieseȱRolleȱeinnehmenȱkönnte.ȱImȱZentrumȱderȱGesamterzähȬ lungȱ stehtȱ entsprechendȱ dieȱ Konkurrenzȱ dieserȱ beidenȱ Brüderȱ (Teilȱ B.6.1).ȱDieȱVertauschungenȱvonȱPerezȱundȱSerachȱ(Genȱ38,27Ȭ30)ȱsowieȱ EphraimȱundȱManasseȱ(Genȱ48)ȱwiederumȱverdeutlichenȱEinzelaspekteȱ desȱ Hauptkonfliktsȱ (Teilȱ B.6.4.2)15ȱ undȱ ermöglichenȱ eineȱ VergleichbarȬ keitȱ vonȱ Josephȱ undȱ Judaȱ bisȱ inȱ ihreȱ Nachkommenȱ hinein.ȱ Dassȱ EphȬ raimȱ undȱ Manasseȱ letztlichȱ beideȱ zugleichȱ gesegnetȱ werdenȱ (Genȱ 48,20),ȱistȱimȱKontextȱderȱVertauschungenȱauffälligȱundȱantizipiertȱdenȱ AusgleichȱzwischenȱJosephȱundȱJudaȱ(Teilȱ6.4.3).ȱ Eineȱ weitereȱ Verbindungȱ derȱ Einzelerzählungenȱ derȱ JosephȬJudaȬ Erzählungȱwirdȱdadurchȱhergestellt,ȱdassȱauchȱdieȱnatürlichenȱErstgeȬ borenenȱ derȱEinzelerzählungenȱ teilsȱ miteinanderȱ inȱBeziehungȱ gesetztȱ werden.ȱ Innerhalbȱ derȱ Vertauschungserzählungenȱ werdenȱ lediglichȱ Rubenȱ (Genȱ 35,23;ȱ 46,8;ȱ 49,3),ȱ sowieȱ Judasȱ ersterȱ Sohnȱ Erȱ (Genȱ 38,6.7)ȱ undȱ Josephsȱ natürlicherȱ Erstgeborenerȱ Manasseȱ (Genȱ 41,51;ȱ 48,14.18)ȱ explizitȱ alsȱ rAkB./„Erstling“ȱ markiert.ȱ Diesȱ istȱ auffällig,ȱ daȱ dieȱ BezeichȬ nungȱ alsȱ „Erstling“ȱ inȱ derȱ Genesisȱ zwarȱ häufigȱ vorkommt,ȱ aberȱ dieȱ expliziteȱ Bezeichnungȱ einesȱ Sohnesȱ innerhalbȱ derȱ HauptȬVerheiȬ ßungslinieȱäußerstȱseltenȱist.ȱBeiȱallenȱdreiȱhandeltȱesȱsichȱaberȱumȱnaȬ türlicheȱ Erstgeborene,ȱ dieȱ ihrȱ Erstlingstumȱ verlieren.ȱ Damitȱ kannȱ derȱ Titelȱ rAkB. durchausȱ alsȱ Lesehinweisȱ aufȱ eineȱ bevorstehendeȱ Umkehrȱ derȱnatürlichenȱGeburtsverhältnisseȱverstandenȱwerden.ȱȱ
1.6.ȱFazitȱ Dieȱ Textbeobachtungenȱ ließenȱ erkennen,ȱ dassȱ dieȱ kleinerenȱ VertauȬ schungskonstellationenȱ nurȱ imȱ Rahmenȱ derȱ größerenȱ Erzählungenȱ narrativȱ funktionierenȱ undȱ denȱ Erzählverlaufȱ derȱ jeweiligenȱ EinzelerȬ zählungȱvoranbringen.ȱZugleichȱkonnteȱgezeigtȱwerden,ȱdassȱdieȱVerȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 15ȱȱ Beiȱ derȱ Vertauschungserzählungȱ vonȱ Ruben,ȱ Simeon,ȱ Leviȱ undȱ Judaȱ erweistȱ Judaȱ sichȱdurchȱseinȱsolidarisches,ȱVerantwortungȱübernehmendesȱVerhaltenȱalsȱErstlingȱ (Genȱ44),ȱwasȱihnȱwiederumȱalsȱköniglicheȱFigurȱunterȱseinenȱBrüdernȱetabliert.ȱDieȱ VertauschungȱumȱPerezȱundȱ Ephraimȱdientȱderȱ Hauptintentionȱ desȱKap.ȱ38:ȱ Perezȱ undȱSerachȱersetzenȱErȱundȱOnanȱ(Inklusionȱ derȱ Geschichte)ȱundȱ setzenȱ damitȱdieȱ genealogischeȱ Linieȱ desȱ Königsstammesȱ fort.ȱ Inȱ Ephraimȱ undȱ Manasseȱ (Genȱ 48)ȱ wirdȱJosephȱ nichtȱ nurȱzumȱInbegriffȱdesȱSegensȱ inȱIsraelȱ(Genȱ48,20:ȱ„Mitȱdirȱwirdȱ Israelȱ segnen.”)ȱ sondernȱ auchȱ –ȱ jedenfallsȱ implizitȱ –ȱ zumȱ Erstlingȱ durchȱ denȱ DopȬ pelanteilȱSegenȱinȱEphraimȱundȱManasseȱ(vgl.ȱGenȱ48,15f:ȱJakobȱsegnetȱJoseph.ȱDerȱ InhaltȱdesȱSegensȱbeziehtȱsichȱjedochȱaufȱdessenȱSöhneȱ[V.ȱ16]).ȱȱ
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TeilȱC:ȱSystematisierendeȱSyntheseȱ
bindungenȱderȱEinzelerzählungenȱweitȱüberȱdieȱEbeneȱvonȱStichwortȬ anknüpfungenȱ undȱ motivlicherȱ Querverweiseȱ (Teilȱ C.1.1Ȭ1.4)ȱ hinausȬ gehenȱundȱdassȱdieȱErzählungenȱtrotzȱihrerȱrelativenȱEigenständigkeitȱ auchȱ miteinanderȱ verbundenȱ sindȱ (Teilȱ C.1.5).ȱ Erstȱ überȱ dieseȱ VerbinȬ dungenȱlässtȱsichȱeinȱErzählzusammenhangȱerkennen,ȱderȱüberȱdasȱVerȬ tauschungsmotivȱ konstituiertȱ wird.ȱ Dieserȱ Zusammenhangȱ wirdȱ GeȬ genstandȱ derȱ Untersuchungȱ inȱ Teilȱ C.3ȱ sein.ȱ Fernerȱ konnteȱ nochmalsȱ derȱ Blickȱ dafürȱ geschärftȱwerden,ȱ dassȱ dieȱ VertauschungskonstellatioȬ nenȱaußerhalbȱderȱGenesisȱnurȱsporadischȱvorkommen;ȱsieȱnehmenȱinȱ literarischerȱ Sichtȱ zumeistȱ nurȱ Einzelelementeȱ undȱ –aspekteȱ desȱ VerȬ tauschungsmotivsȱ aufȱ undȱ sindȱ darüberhinausȱ alsȱ Einzelerzählungenȱ nichtȱmiteinanderȱvernetzt.ȱFolglichȱlassenȱsichȱauchȱdieȱSinnpotentialeȱ dieserȱEinzeltexteȱnurȱaufgrundȱdesȱRückverweisesȱaufȱdieȱGenesistexȬ teȱ erheben.ȱ Mitunterȱ beschreibenȱ dieȱ Vertauschungenȱ vonȱ beispielsȬ weiseȱAaronȱmitȱMoseȱundȱSalomoȱmitȱseinenȱBrüdernȱnurȱeineȱFacetteȱ derȱ komplexerenȱ Haupthandlungenȱ undȱ sindȱ somitȱ alsȱ narrativerȱ Nebenzugȱzuȱdeuten.ȱDasȱVertauschungsmotivȱundȱderȱüberȱdasȱMotivȱ konstruierteȱ Erzählzusammenhangȱ erweisenȱ sichȱ alsȱ spezifischesȱ TheȬ maȱderȱGenesis.ȱȱ
2.ȱZumȱVerhältnisȱvonȱGenealogienȱundȱErzählungenȱ Dieȱ Systematisierungȱ derȱ Elementeȱ undȱ Erzählstrategienȱ desȱ VertauȬ schungsmotivsȱ konnteȱ zeigen,ȱ dassȱ narrativeȱ wieȱ genealogischeȱ AbȬ schnitteȱ gemeinsamȱ eineȱ Vertauschungserzählungȱ konstituieren,ȱ wobeiȱ allerdingsȱdieȱgenealogischeȱEntfaltungȱderȱThematikȱnichtȱeinfachȱalsȱ paralleleȱ Konstruktionȱ nebenȱ derȱ Entfaltungȱ innerhalbȱ derȱ narrativenȱ Passagenȱ erscheint,ȱ sondernȱ inȱ vielfältigerȱ Vernetzungȱ mitȱ diesenȱ aufȬ tritt.ȱNachȱdiesenȱVernetzungsmechanismenȱsollȱimȱFolgendenȱgefragtȱ werden.ȱȱ FürȱdenȱVertauschungsprozessȱkonnteȱschonȱgezeigtȱwerden,ȱdassȱ dieȱ genealogischenȱ Teileȱ wesentlichȱ zurȱ Grundstrukturȱ einerȱ VertauȬ schungserzählungȱ dazuȱ gehören,ȱ indemȱ sieȱ regelmäßigȱ überȱ einenȱ genealogischenȱ Vergleichȱ undȱ eineȱ genealogischeȱ Weiterführungȱ dieȱ Qualifizierungȱ bestätigenȱ undȱ dieȱ vollzogeneȱ Vertauschungȱ dadurchȱ legitimierenȱ (Teilȱ C.1.3).ȱ Darüberȱ hinausȱ werdenȱ mithilfeȱ desȱ VerhältȬ nissesȱ vonȱ Erzählanteilenȱ undȱ genealogischenȱ Elementenȱ dieȱ genealoȬ gischenȱLinienȱaufȬȱbzw.ȱabgewertet:ȱSoȱleitenȱdieȱToledotȱdesȱErstlingsȱ Terachȱ (Genȱ 11,27ff)ȱ sowieȱ desȱ Erstlingsȱ Isaakȱ (Genȱ 25,19Ȭ35,29)ȱ eineȱ Erzählungȱein.ȱ Aufȱ dieȱ ToledotȬFormelȱ folgtȱ dieȱ Geschichteȱ allerȱ NachȬ kommenȱ Terachsȱ (nämlichȱ Haran,ȱ Nahorȱ undȱ Abraham),ȱ wobeiȱ derȱ
2.ȱZumȱVerhältnisȱvonȱGenealogienȱundȱErzählungenȱ
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inhaltlicheȱFokusȱaufȱdemȱErstlingȱAbrahamȱliegt.ȱEbensoȱfolgtȱaufȱGenȱ 25ȱ dieȱ Geschichteȱ allerȱ Nachkommenȱ Isaaksȱ (Esauȱ undȱ Jakob),ȱ dessenȱ ErstlingȱJakobȱist.ȱDieȱdurchgehendeȱgenealogischeȱLinieȱwirdȱnarrativȱ entfaltet,ȱdieȱ‚Nebenlinien‘ȱwerdenȱmitȱGenealogienȱsummarischȱabgeȬ schlossenȱ (Nahorȱ Genȱ 22,20Ȭ24,ȱ dieȱ Söhneȱ Keturasȱ Genȱ 25,1Ȭ4,ȱ Ismaelȱ Genȱ 25,12Ȭ18).ȱ Auchȱ Esausȱ Toledotȱ umfasstȱ lediglichȱ genealogischeȱ Texteȱ(Genȱ36);ȱdieȱdesȱErstlingsȱJakobsȱhingegenȱvorȱallemȱErzählunȬ genȱ(Genȱ37Ȭ50).ȱEinȱähnlicherȱFallȱliegtȱbeiȱMoseȱundȱAaronȱvor:ȱAufȱ dieȱGeburtsnotizȱderȱBrüderȱAaronȱundȱMoseȱfolgtȱdieȱGenealogieȱdesȱ natürlichenȱErstgeborenenȱAaronȱ(Exȱ6,23Ȭ25).ȱMosesȱGenealogieȱwirdȱ nichtȱerwähnt,ȱjedochȱistȱerȱanschließendȱabȱExȱ6,28ffȱderȱHauptakteurȱ derȱEreignisse,ȱworüberȱMoseȱalsȱErstlingȱmarkiertȱwirdȱ–ȱdieȱvorausȬ gegangeneȱ undȱ dieȱ nachfolgendeȱ narrativeȱ Entwicklungȱ bestätigenȱ dies.ȱȱ DiesȱerzieltȱdenȱbesonderenȱEffekt,ȱdassȱderȱTextȱmitȱHilfeȱdesȱVerȬ hältnissesȱ vonȱ Erzählungȱ undȱ Genealogieȱ dieȱ erwählteȱ Linie,ȱ dieȱ dieȱ VerheißungȱundȱdenȱSegenȱgenealogischȱtransportiert,ȱquantitativȱundȱ qualitativȱdurchȱErzähltexteȱmarkiertȱundȱheraushebt,ȱwährendȱdieȱvonȱ VerheißungȱundȱSegensvermittlungȱausgeschlossenenȱLinienȱquantitaȬ tivȱundȱqualitativȱreduziertȱwerden.16ȱ Einȱ gutesȱ Beispielȱ dafür,ȱ dassȱ dieȱ Vertauschungenȱ nichtȱ etwaȱ nurȱ überȱ dasȱ ToledotȬSystemȱ aufgenommenȱ werden,ȱ sondernȱ teilweiseȱ inȱ einemȱ feinmaschigenȱ Wechselspielȱ verschiedenerȱ genealogischerȱ Grundtypenȱ dasȱ Vertauschungsmotivȱ literarischȱ verarbeiten,ȱ istȱ dieȱ Kain,ȱAbelȱundȱSetȬVertauschung.ȱDieȱKainitengenealogieȱGenȱ4,17Ȭ24,ȱ dieȱinȱGenȱ5,1ffȱbeginnendenȱToledotȱAdams,ȱdieȱgenealogischeȱNotizȱ Genȱ 4,25fȱ (AdamȬSetȬEnosch)ȱ undȱ dieȱ genealogischeȱ Erzählungȱ 4,1Ȭ17ȱ bildenȱeineȱlogischeȱundȱkohärenteȱAbfolge,ȱdieȱletztlichȱdaraufȱhinausȬ läuft,ȱdassȱSetȱKainȱalsȱErstlingȱablöstȱ(Genȱ4,25f).ȱDochȱistȱderȱQualifiȬ zierungsprozessȱ Setsȱ mitȱ dessenȱ Geburtsnotizȱ undȱ seinerȱ Genealogieȱ nochȱ nichtȱ abgeschlossen,ȱ dennȱ erstȱ durchȱ dieȱ Weiterführungȱ derȱ SetitenlinieȱimȱToledotȬSystemȱ(Genȱ5,1ff)ȱerweistȱsichȱSetȱalsȱwürdigerȱ ErsatzȱKainsȱ(dazuȱTeilȱB.1).ȱDieȱzumȱTeilȱgleichenȱundȱähnlichenȱNaȬ menȱvonȱGenȱ5,1Ȭ32ȱimȱVergleichȱmitȱdenȱKainitenȱGenȱ4,17Ȭ22ȱneutraȬ lisierenȱgleichsamȱdieȱunterȱdemȱVorzeichenȱderȱGewaltȱstehendeȱGeȬ nealogieȱKainsȱundȱüberwindenȱdamitȱdenȱnatürlichenȱErstgeborenen,ȱ derȱinȱBezugȱaufȱdieȱinnerfamiliäreȱSolidaritätȱversagte.ȱȱ Nachfolgendȱ sollȱ anȱ zweiȱ komplexerenȱ literarischenȱ Strukturenȱ demonstriertȱ werden,ȱ aufȱ welcheȱ Weiseȱ Erzählungȱ undȱ Genealogieȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 16ȱȱ DieseȱBeobachtungȱauchȱbeiȱHIEKE,ȱGenealogien,ȱ151f.ȱZurȱVerheißungslinieȱinnerȬ halbȱderȱGenesisȱs.ȱweiterȱuntenȱTeilȱC.3.1.ȱ
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TeilȱC:ȱSystematisierendeȱSyntheseȱ
ineinandergreifenȱ können.ȱ (1)ȱ Anhandȱ derȱ sog.ȱ „invertiertenȱ GenealoȬ gien“ȱ (2.1)ȱ wirdȱ verdeutlicht,ȱ wieȱ innerhalbȱ desȱ genealogischenȱ SysȬ temsȱ dieȱ VertauschungsȬErzählungenȱ reflektiertȱ bzw.ȱ vorbereitetȱ werȬ den.ȱ (2)ȱ Dasȱ Verweissystemȱ derȱ beidenȱ Vertauschungserzählungenȱ innerhalbȱdesȱerstenȱToledotȬHauptteilsȱ(Genȱ5,1Ȭ11,26)ȱsollȱdieȱEinordȬ nungȱderȱnarrativenȱElementeȱinȱdieȱToledotȬStrukturȱzeigenȱ(2.2).ȱȱ
2.1ȱInvertierungȱvonȱHauptȬȱundȱNebenlinieȱinȱdenȱGenealogienȱ Innerhalbȱ desȱ genealogischenȱ Systemsȱ fälltȱ eineȱ Darstellungsstrukturȱ auf,ȱdieȱdieȱnarrativeȱEntwicklungȱinnerhalbȱderȱVertauschungserzähȬ lungenȱinȱihrerȱKontrastierungȱvonȱHauptȬȱundȱNebenlinieȱeinerȱGeneȬ rationȱ aufnimmt,ȱ weiterführtȱ undȱ teilweiseȱ bereitsȱ vorwegnimmt:ȱ Imȱ KontextȱderȱVertauschungenȱbeschreibtȱdieȱzuerstȱgenannteȱGenealogieȱ dieȱ Nebenlinie,ȱ währendȱ esȱ sichȱ beiȱ derȱ daraufȱ folgendenȱ Genealogieȱ desȱ Brudersȱ umȱ dieȱ Hauptlinieȱ handelt,ȱ dieȱ sichȱ durchsetzenȱ kann.ȱ DiesesȱMusterȱsollȱalsȱ„genealogischeȱInvertierung“ȱbezeichnetȱwerden.ȱ Esȱ dientȱ alsȱ Lesehinweisȱundȱ kennzeichnetȱ dieȱ jeweiligeȱ Linieȱ desȱ naȬ türlichenȱErstgeborenenȱsowieȱdesȱErstlings.ȱȱ Dieȱ Invertierungȱ vollziehtȱ sichȱ innerhalbȱ desȱ gesamtenȱ Spektrumsȱ derȱ genealogischenȱ Elemente,ȱ bleibtȱ alsoȱ beispielsweiseȱ nichtȱ aufȱ dieȱ ToledotȬFormelnȱ beschränkt.ȱ Manȱ kannȱ insgesamtȱ dreiȱ DarstellungsȬ ebenenȱunterscheiden:ȱ (1)ȱ Regelmäßigȱ wirdȱ inȱ derȱ Forschungȱ dieȱ Invertierungȱ bemerkt,ȱ dieȱ sichȱ innerhalbȱ desȱ ToledotȬSystemsȱ vollzieht.ȱ Derȱ genealogischenȱ Hauptlinieȱ gehtȱ jeweilsȱ dieȱ genealogischeȱ Darstellungȱ derȱ Nebenlinieȱ voraus:ȱ dieȱ Toledotȱ Ismaelsȱ (Genȱ 25,12Ȭ18)ȱ vorȱ derjenigenȱ Isaaksȱ (Genȱ 25,19Ȭ35,29)ȱ undȱ Esausȱ Toledotȱ (Genȱ 36,1Ȭ43)ȱ vorȱ derȱ Jakoblinieȱ (Genȱ 37,1Ȭ50,26).ȱ Beimȱ Chronistenȱ begegnetȱ einȱ ähnlichesȱ Schema:ȱ Dieȱ NaȬ menȱ derȱ Söhneȱ Abrahamsȱ werdenȱ inȱ derȱ vertauschtenȱ Reihenfolgeȱ eingeführt:ȱ„IsaakȱundȱIsmael“ȱ(1ȱChrȱ1,28);ȱjedochȱwerdenȱihreȱGeneaȬ logienȱ anschließendȱ inȱ umgekehrterȱ Reihenfolgeȱ präsentiert:ȱ 1ȱ Chrȱ 1,29Ȭ31:ȱ Ismael,ȱ daraufȱ folgendȱ 1ȱ Chrȱ 1,34ff:ȱ Isaak.ȱ Inȱ gleicherȱ Weiseȱ stehtȱEsausȱGenealogieȱ(1ȱChrȱ1,35Ȭ54)ȱvorȱderjenigenȱJakobsȱ(1ȱChrȱ2,1Ȭ 2).ȱEineȱweitereȱInvertierungȱfindetȱsichȱinnerhalbȱderȱToledotȱderȱSöhȬ neȱNoahsȱ(Genȱ10,1ff).ȱHierȱwirdȱdieȱsonstȱgebräuchlicheȱNamenstriasȱ „Sem,ȱHam,ȱJaphet“ȱ(soȱnochȱinȱGenȱ10,117)ȱinȱderȱAbfolgeȱderȱfolgenȬ denȱ Darstellungȱ derȱ Einzelgenealogienȱ verkehrtȱ zuȱ „Japhet,ȱ Ham,ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 17ȱȱ ZurȱDiskussionȱ umȱdieȱ natürlicheȱGeburtsfolgeȱvonȱSem,ȱHamȱundȱ Japhetȱvgl.ȱdieȱ AusführungenȱinȱTeilȱB.2.3.ȱ
2.ȱZumȱVerhältnisȱvonȱGenealogienȱundȱErzählungenȱ
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Sem.“ȱ Erstȱ werdenȱ Japhetsȱ Nachkommenȱ (Genȱ 10,2Ȭ5),ȱ dannȱ Hamsȱ (Genȱ10,ȱ6Ȭ20)ȱundȱschließlichȱdiejenigenȱdesȱErstlingsȱSemȱpräsentiertȱ (Genȱ10,21Ȭ31).ȱDieȱAblösungȱHamsȱundȱJaphetsȱalsȱpotentielleȱErstlinȬ geȱ warȱ bereitsȱ inȱ derȱ Erzählungȱ Genȱ 9,18Ȭ29ȱ vollzogenȱ worden,ȱ dieȱ Invertierungȱnimmtȱdiesȱauf.ȱDerȱTurmbauȱzuȱBabelȱ(Genȱ11,1Ȭ9)ȱundȱ dieȱ denȱ erstenȱ ToledotȬHauptteilȱ abschließendeȱ Toledotȱ Semsȱ (Genȱ 11,10ff)ȱnehmenȱdiesȱdannȱaufȱundȱbestätigenȱSemȱalsȱErstlingȱNoahs.ȱ Derȱ Chronistȱ schließtȱ sichȱ anȱ dieserȱ Stelleȱ wiederȱ demȱ DarstellungsȬ musterȱderȱGenesisȱan:ȱJaphetsȱ(1ȱChrȱ1,5Ȭ7)ȱundȱHamsȱNachkommenȱ (1ȱChrȱ1,8Ȭ16)ȱwerdenȱvorȱderȱAuflistungȱderȱNachfahrenȱSemsȱgenanntȱ (1ȱChrȱ1,17Ȭ23).ȱȱ (2)ȱFernerȱsindȱauchȱInvertierungenȱzwischenȱunterschiedlichenȱgeneaȬ logischenȱ Systemenȱ zuȱ bemerken:ȱ Dieȱ Genealogieȱ desȱ natürlichenȱ ErstȬ geborenenȱ Kainsȱ (Genȱ 4,17Ȭ24)ȱ stehtȱ vorȱ derȱ Listeȱ derȱ Nachkommenȱ Setsȱ (Genȱ 4,25Ȭ26ȱ undȱ dieȱ Toledotȱ inȱ Genȱ 5,1ff).ȱ Dadurchȱ wirdȱ Kainsȱ Linieȱ wieȱ zuvorȱ inȱ derȱ Erzählungȱ Genȱ 4,1Ȭ16ȱ alsȱ sekundäreȱ undȱ Setsȱ GenealogieȱalsȱdieȱprimäreȱLinieȱmarkiert.ȱDiesȱwirdȱgestütztȱdurchȱdieȱ Beobachtung,ȱdassȱderȱChronistȱdieȱKainitenȱalsȱNebenlinieȱvölligȱausȬ lässtȱ (1ȱ Chrȱ 1,1Ȭ4).ȱ Aufȱ derȱ Mikroebeneȱ derȱ Genealogieȱ Semsȱ (Genȱ 10,21ff)ȱ kannȱ manȱ eineȱ Invertierungȱ feststellen,ȱ wennȱ manȱ dieseȱ inȱ Kombinationȱ mitȱ Semsȱ Toledotȱ Genȱ 11,10ffȱ liest:ȱ Dieȱ beidenȱ Söhneȱ Ebers,ȱ Joktanȱ undȱ Pelegȱ (Genȱ 10,25),ȱ werdenȱ miteinanderȱ vertauscht.ȱ Dieȱ Genealogieȱ desȱ Erstgeborenenȱ Joktanȱ wirdȱ zuerstȱ ausgeführtȱ (V.ȱ 26Ȭ29)ȱ undȱ Pelegsȱ Nachkommenȱ werdenȱ hiernachȱ überhauptȱ nichtȱ erwähnt.ȱ Dessenȱ Genealogieȱ erfolgtȱ wiederumȱ erstȱ inȱ Genȱ 11,18f.ȱ EntȬ sprechendȱdemȱInvertierungsmusterȱmüssteȱJoktanȱdieȱNebenlinieȱdesȱ natürlichenȱ Erstgeborenenȱ darstellenȱ undȱ Pelegȱ dieȱ Hauptlinieȱ derȱ Erstlingeȱ „Israels“.ȱ Diesȱ wirdȱ durchȱ dieȱ Genealogieȱ bestätigt:ȱ Joktanȱ wirdȱinȱGenȱ11ȱalsȱNachkommeȱEbersȱnichtȱeinmalȱmehrȱgenanntȱ(Genȱ 11,16).ȱ Beideȱ Listenȱ ergänzenȱ sichȱ also.ȱ Schließlichȱ gehtȱ überȱ Pelegsȱ LinieȱdieȱToledotȱAdamsȱweiter,ȱanȱdessenȱEndeȱdieȱdreiȱSöhneȱTerachsȱ stehenȱ(Genȱ11,26).ȱDieȱInvertierungȱderȱReihenfolgeȱderȱbeidenȱBrüderȱ kannȱinȱ1ȱChrȱ1,20Ȭ26ȱnochȱdeutlicherȱgesehenȱwerden,ȱwoȱdieȱbeidenȱ GenealogienȱnichtȱdurchȱdieȱBabelerzählungȱgetrenntȱsind.ȱ (3)ȱSchließlichȱerfolgenȱInvertierungenȱauchȱaufȱderȱMikroebeneȱderȬ jenigenȱGenealogie,ȱdieȱdenȱneuenȱErstlingȱinȱeinerȱVertauschungserzähȬ lungȱ auszeichnet.ȱ Inȱ Genȱ 10ȱ erfolgtȱ dieȱ Nennungȱ derȱ Nachkommenȱ JaphetsȱundȱHamsȱinȱderȱReihenfolgeȱihrerȱGeburten.ȱDerȱErstgenannteȱ istȱ auchȱ jeweilsȱ derȱ Erstgeborene.ȱ Derȱ linearenȱ Nennungȱ derȱ NachȬ kommenȱ (vgl.ȱ etwaȱ V.ȱ 6:ȱ Hamsȱ Nachkommen:ȱ Kusch,ȱ Ägypten,ȱ Putȱ undȱKanaan)ȱfolgenȱdieȱNachkommenslistenȱdieserȱSöhneȱinȱebenȱdieȬ serȱReihenfolge.ȱAndersȱjedochȱbeimȱErstlingȱSem:ȱSeineȱNachkommenȱ
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TeilȱC:ȱSystematisierendeȱSyntheseȱ
werdenȱinȱGenȱ10,22fȱteilweiseȱinvertiertȱaufgelistet:ȱV.ȱ22ȱnenntȱElam,ȱ Assur,ȱ Arpachschad,ȱ Ludȱ undȱ Aramȱ alsȱ Semsȱ Söhne.ȱ Imȱ folgendenȱ VersȱwirdȱderȱNameȱvonȱSemsȱfünftemȱSohnȱAramȱzuerstȱgenanntȱ(V.ȱ 23).ȱDannȱfolgtȱdieȱGenealogieȱdesȱdrittenȱSohnesȱ(Arpachschad;ȱV.ȱ24).ȱ Dasȱwürdeȱbedeuten,ȱdassȱesȱsichȱbeiȱAramȱumȱdieȱNebenlinieȱhandelt,ȱ währendȱArpachschadȱdieȱHauptlinieȱdarstellt.ȱDieseȱSichtȱwirdȱdeutȬ lichȱ erkennbarȱ beimȱ Chronisten,ȱ derȱ Aramsȱ Nachkommenȱ nochȱ nichtȱ einmalȱerwähntȱ(1ȱChrȱ1,18).ȱDieȱInvertierungȱdientȱauchȱaufȱderȱMikȬ roebeneȱ derȱ Genealogienȱ alsȱ Leseanleitungȱ undȱ unterstreichtȱ dieȱ BeȬ deutungȱderȱLinieȱSems.ȱEineȱzweiteȱInvertierungȱdieserȱArtȱfindetȱsichȱ innerhalbȱderȱLevitengenealogieȱExȱ6.ȱDieȱNennungȱderȱNachkommenȱ entsprichtȱ dortȱ zunächstȱ derȱ Geburtsreihenfolge.ȱ Aberȱ inȱ Exȱ 6,23Ȭ25ȱ wirdȱdiesesȱSchemaȱdurchbrochen:ȱAufȱdieȱNennungȱderȱSöhneȱAaronsȱ folgtȱ nichtȱ derenȱ Genealogie.ȱ Vielmehrȱ erfolgtȱ erstȱ einȱ Nachtragȱ überȱ Korach,ȱdenȱSohnȱdesȱBrudersȱAaronsȱ(V.ȱ24)ȱundȱdaraufȱdieȱGenealoȬ gieȱdesȱdrittgeborenenȱAaronsohnesȱEleasarȱ(V.ȱ26)ȱ–ȱohneȱNennungȱderȱ anderenȱ Söhne.ȱ Dieȱ Voranstellungȱ Eleasarsȱ bedeutetȱ zugleichȱ dessenȱ Vorrangȱ(vgl.ȱNumȱ3,32;ȱ4,16).ȱNadabȱundȱAbihu,ȱdieȱbeidenȱerstgeboȬ renenȱSöhneȱAarons,ȱwarenȱdurchȱihrȱkultischesȱFehlverhaltenȱvorzeiȬ tigȱzuȱTodeȱgekommenȱ(Levȱ10,1Ȭ5;ȱTeilȱB.7.1).ȱ
2.2ȱErzählungȱundȱGenealogieȱinȱGenȱ5,1Ȭ11,26ȱ DieȱVertauschungserzählungenȱumȱKain,ȱAbelȱundȱSetȱ(Genȱ4Ȭ5)ȱsowieȱ Ham,ȱJaphetȱundȱSemȱ(Genȱ5,32;ȱ9,18Ȭ11,26)ȱsindȱengȱmiteinanderȱverȬ knüpft.ȱ Dieȱ strukturelleȱ Voraussetzungȱ hierfürȱ bildetȱ dasȱ ToledotȬ SystemȱderȱGenesis,ȱdennȱbeideȱVertauschungenȱmarkierenȱdieȱRänderȱ desȱerstenȱToledotȬHauptteilsȱ(Genȱ5,1Ȭ11,26).18Dieȱersteȱundȱdieȱletzteȱ ToledotȱinnerhalbȱdieserȱEinheitȱpräsentierenȱjeweilsȱdieȱgenealogischeȱ Linieȱ desjenigenȱ Erstlings,ȱ derȱ sichȱ alsȱ solcherȱ erstȱ hatȱ erweisenȱ müsȬ sen:ȱ Setȱ (Genȱ 5,1ff)ȱ bzw.ȱ Semȱ (Genȱ 11,10Ȭ26).ȱ Dieȱ Genealogienȱ beiderȱ Erstlingeȱsindȱwiederumȱparallelȱaufgebaut:ȱȱ InȱGenȱ5,1ȱwieȱGenȱ11,10ȱleitetȱdieȱToledotȬFormelȱeineȱlineareȱGeȬ nealogieȱ einȱ –ȱ undȱ nichtȱ wieȱ Genȱ 2,4a;ȱ Genȱ 6,9;ȱ Genȱ 11,27;ȱ Genȱ 25,19;ȱ Genȱ37,2ȱeineȱErzählung.ȱDaraufȱfolgtȱinȱbeidenȱFällenȱdieȱVerbalwurȬ zelȱ dly/„zeugen“ȱgenauȱ27xȱalsȱKausativform.19ȱBeideȱGenealogienȱpräȬ sentierenȱ jeweilsȱ zehnȱ Generationenȱ mitȱ jeweilsȱ zwölfȱ namentlichȱ geȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 18ȱȱ ZurȱGliederungȱderȱGenesisȱüberȱdasȱToledotȬSystemȱs.ȱTeilȱA.4.2.ȱ 19ȱȱ Wenn dlyȱzumȱ28.ȱMalȱvorkommtȱ(Genȱ5,32),ȱistȱdasȱfesteȱSchemaȱbereitsȱverlassen.ȱ AuchȱGenȱ11,27ȱeröffnetȱbereitsȱdenȱzweitenȱZyklusȱumȱdieȱ„ToledotȱTerachs“.ȱȱ
2.ȱZumȱVerhältnisȱvonȱGenealogienȱundȱErzählungenȱ
259
nanntenȱ Repräsentantenȱ derȱ genealogischenȱ Hauptlinie,ȱ dieȱ überȱ dieȱ jeweiligenȱ namentlichȱ genanntenȱ Erstgeborenenȱ Söhneȱ etabliertȱ wird.ȱ Orientierungspunktȱ beiderȱ genealogischerȱ Systemeȱ istȱ dieȱ Sintflutȱ –ȱ zehnȱ Generationenȱ vorȱ derȱ Flutȱ (Genȱ 5,1Ȭ32)ȱ undȱ zehnȱ Generationenȱ nachȱderȱFlutȱ(Genȱ11,10Ȭ26)20ȱrahmenȱdieseȱMitte.ȱDieȱerstenȱneunȱGeȬ nerationenȱ umfassenȱ jeȱ nurȱ einenȱ mitȱ Namenȱ genanntenȱ Sohn.ȱ Genȱ 5,1ffȱ istȱ durchȱ einȱ gleichbleibendesȱ dreizeiligesȱ Schemaȱ rhythmisiertȱ (Teilȱ A.4.1),ȱ inȱ demȱ dieȱ Geburtȱ desȱ Erstgeborenenȱ alsȱ entscheidendesȱ EreignisȱimȱLebenȱdesȱVatersȱbeschriebenȱwird.ȱDiesȱgeschiehtȱebensoȱ inȱGenȱ11,10ff,ȱallerdingsȱfehltȱdortȱregelmäßigȱdieȱdritteȱZeile,ȱdieȱToȬ desnotizȱdesȱjeweiligenȱAhnvaters.ȱDieseȱwirdȱlediglichȱinȱderȱneuntenȱ GenerationȱbeiȱTerachȱnachgereicht:ȱȱ
!r"x'B. xr:T, tm'Y"w: hn"v' ~yIt;am'W ~ynIv' vmex' xr:t,-ymey> Wyh.YIwȱ: (Genȱ11,32).ȱȱ „UndȱdieȱTageȱTerachsȱbetrugenȱ205ȱJahre,ȱundȱTerachȱstarbȱinȱHaran.“ȱ
EineȱvergleichbareȱNachreichungȱauchȱbeiȱNoahȱinȱderȱerstenȱToledotȱ Genȱ 5,1ff,ȱ dortȱ ebenfallsȱ inȱ derȱ neuntenȱ Generation:ȱ Dieȱ Genealogieȱ Noahsȱ(Genȱ5,32)ȱwirdȱerstȱinȱGenȱ9,29ȱmitȱdessenȱTodesnotizȱbeschlosȬ sen.ȱBeiȱbeidenȱaufȱdieseȱWeiseȱhervorgehobenenȱAhnväternȱhandeltȱesȱ sichȱ umȱ dieȱ Elternȱ derer,ȱ dieȱ ebenfallsȱ überȱ eineȱ VertauschungserzähȬ lungȱcharakterisiertȱwerden,ȱdennȱdieȱjeweilsȱzehnteȱGenerationȱendetȱ mitȱ derȱ Geburtȱ vonȱ dreiȱ mitȱ Namenȱ genanntenȱ Söhnen,ȱ stattȱ mitȱ nurȱ einemȱnamentlichȱgenanntenȱErstling:ȱSem,ȱHamȱundȱJaphetȱ(Genȱ5,32)ȱ sowieȱ Haran,ȱ Nahorȱ undȱ Abramȱ (Genȱ 11,26).ȱ Inȱ beidenȱ Fällenȱ leitetȱ damitȱderȱAbschlussȱderȱeinenȱGenealogieȱdesȱErstlingsȱdenȱBeginnȱderȱ nächstenȱVertauschungserzählungȱein:ȱAufȱdieȱFamiliengeschichteȱderȱ dreiȱ Brüderȱ wirdȱ jeweilsȱ inȱ denȱ nachfolgendenȱ komplexenȱ narrativenȱ Zusammenhängenȱfokussiertȱ(vgl.ȱGenȱ6Ȭ9;ȱsowieȱGenȱ11,27Ȭ25,11).ȱȱ DieȱParallelenȱzwischenȱbeidenȱVertauschungserzählungenȱimȱersȬ tenȱ ToledotȬHauptteilȱ werdenȱ zugleichȱ überȱ weitereȱ genealogischeȱ Elementeȱverstärkt:ȱBeiȱSetȱwieȱauchȱSemȱgehtȱderȱDarstellungȱderȱToȬ ledotȱdesȱErstlingsȱ(SetȱGenȱ5,1ffȱbzw.ȱSemȱGenȱ11,10ff)ȱeineȱGenealogieȱ vorausȱ (Genȱ 4;ȱ 10)ȱ undȱ jeweilsȱ zuȱ Beginnȱ derȱ Toledotȱ kommenȱ einigeȱ derȱ Nachkommenȱ desȱ Erstlingsȱ vor,ȱ dieȱ bereitsȱ ausȱ einerȱ derȱ zuvorȱ präsentiertenȱGenealogienȱbekanntȱsind.ȱImȱerstenȱFallȱistȱdiesȱdieȱLinieȱ SetȬEnoschȱ (vgl.ȱ Genȱ 4,26ȱ mitȱ Genȱ 5,3.6);ȱ imȱ zweitenȱ Falleȱ istȱ diesȱ dieȱ LinieȱSemȬEberȬPelegȱ(vgl.ȱGenȱ10,21Ȭ25ȱmitȱGenȱ11,10Ȭ18).ȱ Dieȱ Betonungȱ undȱ Hervorhebungȱ derȱ Erstlingeȱ Setȱ undȱ Semȱ wirdȱ mithinȱdadurchȱerreicht,ȱdassȱderenȱgenealogischeȱLinieȱjeweilsȱmitȱderȱ imȱ Kontextȱ ungewöhnlichenȱ Wendungȱ „auchȱ ihmȱ [wurdenȱ Söhneȱ geȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 20ȱȱ Derȱ Hinweisȱ aufȱ dieȱ Flutȱ findetȱ sichȱ explizitȱ inȱ Genȱ 11,10:ȱ „zweiȱ Jahreȱ nachȱ derȱ Flut.“ȱ
260
TeilȱC:ȱSystematisierendeȱSyntheseȱ
boren]“ȱ(aWh-~G:)ȱeingeleitetȱwird.ȱDieseȱWendungȱdurchbrichtȱinȱbeidenȱ FällenȱdieȱstereotypeȱFormulierungȱbeiȱdenȱübrigenȱBrüdern:ȱȱ Setȱ(Genȱ4,26):ȱ !Be-dL;yU boren.“ȱȱ
aWh-~G: tvel.W/„UndȱSet,ȱauchȱihmȱwurdeȱeinȱSohnȱgeȬ
Semȱ(Genȱ10,21):ȱ aWh-~G: boren.“ȱȱ
dL;yU ~vel.W/„UndȱSem,ȱauchȱihmȱwurdenȱSöhneȱgeȬ
Beiȱ Setȱ wirdȱ dieȱ Formulierungȱ derȱ Kainitengenealogieȱ Genȱ 4,17ȱ undȱ derȱ Geburtenȱ derȱ Elternȱ (Genȱ 4,1.25)ȱ durchbrochen;ȱ beiȱ Semȱ wirdȱ dieȱ EinführungenȱvonȱJaphetȱ(Genȱ10,2)ȱundȱHamȱ(Genȱ10,6)ȱpointiertȱderȬ jenigenȱSemsȱgegenübergestellt.ȱȱ
3.ȱZuȱdenȱFunktionenȱdesȱVertauschungsmotivsȱ BeimȱBlickȱaufȱdieȱeinzelnenȱVertauschungskonstellationenȱdesȱBuchesȱ Genesisȱ sowieȱ beiȱ derȱ Analyseȱ derȱ einzelnenȱ Erzählelementeȱ wurdeȱ nachȱ derȱ Funktionȱ derȱ Teilelementeȱ fürȱ denȱ Gesamtaufbauȱ gefragt.ȱ Dabeiȱ wurdenȱ eineȱ ganzeȱ Reiheȱ wichtigerȱ Textfunktionenȱ entdeckt.ȱ Hierȱ gehtȱ esȱ nunȱ darum,ȱ dieȱ Beobachtungenȱ zusammenzufassenȱ undȱ mitȱBeobachtungenȱzuȱFunktionȱundȱAufbauȱderȱGenesisȱimȱweiterenȱ Sinneȱ sowieȱ derenȱ Stellungȱ imȱ Kanonganzenȱ zuȱ korrelieren.ȱ Imȱ Blickȱ aufȱdieȱTextfunktionenȱkönnenȱvierȱAspekteȱunterschiedenȱwerden:ȱdieȱ LeistungȱfürȱdenȱTextȱselbstȱ(literarischeȱFunktion;ȱ3.1),ȱfürȱdieȱtheoloȬ gischeȱ Botschaftȱ (theologischeȱ Funktion;ȱ 3.2),ȱ fürȱ dieȱ Beantwortungȱ gesellschaftlicher,ȱpolitischerȱundȱethnischerȱFragenȱ(realgeschichtlicheȱ Funktion;ȱ 3.3ȱ undȱ 3.4)ȱ sowieȱ fürȱ dieȱ Positionierungȱ desȱ Motivsȱ inȱ derȱ Kanonausprägungȱ derȱ hebräischenȱ Bibel,ȱ nämlichȱ zuȱ Beginnȱ desȱ TeȬ NaKȱ (kanonischeȱ Funktion;ȱ 3.5).ȱ Esȱ verstehtȱ sichȱ vonȱ selbst,ȱ dassȱ dieȱ Darstellung,ȱ Beschreibungȱ undȱ Erläuterungȱ dieserȱ Mechanismenȱ notȬ wendigerweiseȱ linearȱ erfolgenȱ muss,ȱ dassȱ aberȱ imȱ Textȱ selbstȱ dieȱ einȬ zelnenȱ textpragmatischenȱ Aspekteȱ immerȱ inȱ gleicherȱ Weiseȱ anwesendȱ sind.ȱ Dieȱ Textmechanismenȱ funktionierenȱ aufȱ denȱ unterschiedlichenȱ Ebenenȱauchȱparallel,ȱgehenȱwechselseitigȱineinanderȱüberȱbzw.ȱwirkenȱ aufeinanderȱein.ȱMitunterȱfolgtȱdaraus,ȱdassȱdieȱGrenzenȱzwischenȱdenȱ einzelnenȱ Funktionsebenenȱ nichtȱ vollkommenȱ eindeutigȱ zuȱ ziehenȱ sind.ȱȱ 3.1ȱLiterarischeȱFunktionȱ Dieȱ detaillierteȱ Beschreibungȱ derȱ Vertauschungserzählungenȱ entlangȱ desȱErzählfortschrittsȱderȱGenesisȱkonnteȱzeigen,ȱdassȱdieseȱErzählunȬ
3.ȱZuȱdenȱFunktionenȱdesȱVertauschungsmotivsȱ
261
genȱdieȱGenesisȱwieȱeinenȱrotenȱFadenȱvomȱAnfangȱbisȱzuȱihremȱEndeȱ durchziehenȱ (vgl.ȱ Teilȱ B).ȱ Imȱ Speziellenȱ konnteȱ gezeigtȱ werden,ȱ dassȱ dieȱ einzelnenȱ Vertauschungenȱ nichtȱ isoliertȱ nebeneinanderȱ stehen,ȱ sondernȱ einerseitsȱ überȱ einȱ festesȱ Inventarȱ anȱ Einzelelementenȱ undȱ ErzählstrategienȱsowieȱüberȱeinȱvielschichtigesȱSystemȱausȱVorȬ,ȱRückȬȱ undȱQuerverweisenȱuntereinanderȱverknüpftȱsindȱ(TeilȱC.1),ȱundȱandeȬ rerseitsȱ inȱ dieȱ narrativenȱ wieȱ genealogischenȱ Texteȱ derȱ Genesisȱ eingeȬ bundenȱ werdenȱ (Teilȱ C.2).ȱ Dadurchȱ erschließtȱ sichȱ demȱ Leserȱ einȱ ErȬ zählzusammenhang.ȱ Hiermitȱ sindȱ dieȱ beidenȱ Perspektivenȱ derȱ Fragestellungȱ diesesȱ Kapitelsȱ umrissen:ȱ Zumȱ einenȱ sollȱ dieserȱ ErzählȬ zusammenhangȱ beschriebenȱ werden;ȱ zumȱ anderenȱ sollȱ auchȱ nachȱ derȱ Leistungȱ diesesȱ Erzählstrangesȱ fürȱ denȱ Gesamtaufrissȱ derȱ Genesisȱ geȬ fragtȱ werden.ȱ Zuȱ fragenȱ ist,ȱ obȱ hierȱ nurȱ einȱ weitererȱ Erzählfadenȱ derȱ GenesisȱhinzugefügtȱwirdȱundȱnarrativȱNebenlinienȱgebündeltȱwerden,ȱ oderȱobȱsichȱdieȱVertauschungserzählungenȱinȱdenȱAufrissȱderȱGenesisȱ wesentlichȱmitȱeingliedern.ȱ 3.1.1ȱDieȱVertauschungenȱimȱErzählzusammenhangȱderȱGenesisȱ Eineȱ narrativeȱ Linieȱ inȱ Blickȱ aufȱ dieȱ Vertauschungenȱ lässtȱ sichȱ darinȱ erkennen,ȱ dassȱ dieȱ Vertauschungenȱ inȱ derȱ Hinsichtȱ einenȱ ZusammenȬ hangȱ herstellen,ȱ dassȱ alleȱ zwölfȱ Vertauschungenȱ derȱ Genesisȱ zusamȬ menȱeineȱeinzigeȱgenealogischeȱLinieȱkonstituieren,ȱdieȱsichȱvonȱAdamȱ bisȱzuȱJakob/ȱ„Israel“ȱhinȱdurchzieht:ȱNichtȱüberȱdieȱLinieȱderȱnatürliȬ chenȱErstgeborenenȱKain,ȱHam,ȱJoktan,ȱElam,ȱHaran,ȱIsmael,ȱEsauȱundȱ RubenȱläuftȱdieȱVerheißungslinie,ȱsondernȱüberȱSet,ȱSem,ȱPeleg,ȱAram,ȱ Abraham,ȱ Isaak,ȱ Jakobȱ undȱ Judaȱ bzw.ȱ Joseph.ȱ Ausnahmslosȱ alleȱ zwölfȱ Vertauschungskonstellationenȱ inȱ derȱ Genesisȱ stehenȱ imȱ Zusammenhangȱ mitȱdieserȱgenealogischenȱLinie.ȱDadurchȱwirdȱdasȱVertauschungsmoȬ tivȱ anȱ dieȱ IsraelȬVerheißungslinieȱ gekoppelt.ȱ Inȱ denȱ genealogischenȱ Nebenlinienȱ undȱ Seitenzweigenȱ findenȱ sichȱ keineȱ Vertauschungen.ȱ DieseȱgenealogischeȱLinieȱistȱzugleichȱdieȱHauptlinie,ȱdieȱimȱFokusȱdesȱ ErzählzusammenhangsȱderȱGenesisȱliegt.ȱEsȱwarȱbereitsȱhervorgehobenȱ worden,ȱdassȱdasȱgenealogischeȱSystemȱdieȱGrundstrukturȱderȱGenesisȱ bildetȱ undȱ eineȱ Lektüreanleitungȱ fürȱ denȱ Leserȱ darstelltȱ (Teilȱ A.4.2).ȱ InsbesondereȱdieȱToledotȬFormelnȱerweisenȱsichȱdabeiȱalsȱdasȱtragendeȱ Gerüstȱ derȱ fortschreitendenȱ Erzählungen,ȱ markierenȱ innerhalbȱ derȱ Genesisȱ deutlicheȱ Abschnittsgrenzenȱ undȱ gebenȱ demȱ Buchȱ eineȱ klareȱ literarischeȱ Struktur.ȱ Innerhalbȱ diesesȱ Systemsȱ wirdȱ aufȱ denȱ jeweilsȱ erstgeborenenȱ Nachkommenȱ fokussiert,ȱ derȱ dieȱ Linieȱ desȱ Vatersȱ fortȬ führt.ȱImȱgesamtenȱ„BuchȱderȱToledot“ȱ(~d"a' tdol.AT rp,se,ȱGenȱ5,1Ȭ50,26)ȱ istȱdasȱLebenȱaufȱdenȱErstgeborenenȱhinȱausgerichtet;ȱvonȱihmȱherȱwirdȱ
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TeilȱC:ȱSystematisierendeȱSyntheseȱ
dieȱ Zeitȱ bestimmt.21ȱ Begleitetȱ vonȱ vielenȱ Nebenthemenȱ wirdȱ soȱ innerȬ halbȱ desȱ genealogischenȱ Systemsȱ dasȱ Hauptthemaȱ derȱ Genesisȱ entfalȬ tet:ȱdieȱSonderrolleȱIsraelsȱinmittenȱderȱVölkerȱaufȱderȱErde.ȱ„Hierȱamȱ Eingangȱ derȱ Tora,“ȱ soȱ zutreffendȱ Crüsemann,ȱ „hatȱ sichȱ Israelȱ eingeȬ schriebenȱinȱdieȱweltweiteȱVölkerwelt,ȱhatȱseinenȱPlatzȱimȱRahmenȱderȱ gesamtenȱvonȱGottȱerschaffenenȱMenschheitȱbestimmt.“22ȱ Auchȱ dieȱ Zehnzahlȱ derȱ ToledotȬFormelnȱ istȱ wohlȱ nichtȱ zufällig,ȱ sondernȱ bezeichnetȱ einȱ geschlossenesȱ Ganzes.ȱ Damitȱ ergibtȱ sichȱ dasȱ Bild,ȱdassȱdieȱGenealogienȱinȱderȱsog.ȱUrȬȱundȱVätergeschichte,ȱdieȱeineȱ LinieȱvonȱderȱSchöpfungȱbisȱzumȱStammvaterȱJakobȱziehen,ȱvollständigȱ undȱvonȱAnfangȱanȱzielgerichtetȱsind:ȱDieȱSchöpfungȱgipfeltȱimȱErstgeȬ borenenȱ„Israel“.ȱEntlangȱdiesesȱErzählfadensȱgehtȱesȱumȱdasȱGeheimȬ nisȱdesȱUrsprungsȱIsraelsȱinmittenȱallerȱVölkerȱundȱumȱseineȱEinzigarȬ tigkeitȱimȱUnterschiedȱzuȱdenȱanderenȱVölkern,ȱmitȱanderenȱWorten:ȱesȱ gehtȱ umȱ „dasȱ Werdenȱ Israelsȱ inmittenȱ derȱ Völker“23.ȱ Dasȱ ToledotȬ Systemȱ führtȱ nachȱ verschiedentlichenȱ narrativenȱ Exkursionenȱ immerȱ wiederȱaufȱdieȱeigentlicheȱVerheißungslinieȱ„Israel“ȱzurück.ȱDabeiȱlässtȱ sichȱ vonȱ ToledotȬAbschnittȱ zuȱ ToledotȬAbschnittȱ eineȱ immerȱ engereȱ FokussierungȱaufȱdieȱeigentlicheȱVerheißungslinieȱbeobachten:ȱVonȱderȱ Toledotȱvonȱ„HimmelȱundȱErde“ȱ(Genȱ2,4a)ȱgehtȱdieȱLinieȱamȱEndeȱdesȱ BuchesȱGenesisȱbisȱzurȱToledotȱJakobsȱalsȱVaterȱallerȱzwölfȱSöhneȱIsraȬ els.ȱȱ Allerdingsȱ istȱ dieȱ zuȱ denȱ zwölfȱ Söhnenȱ Israelsȱ hinführendeȱ Linieȱ nichtȱdemȱbiologischenȱZufallȱoderȱderȱscheinbarenȱSelbstverständlichȬ keitȱ desȱ Erstgeburtsrechtsȱ überlassen,ȱ sondernȱ entspringtȱ einemȱ ZuȬ sammenspielȱgöttlicherȱwieȱmenschlicherȱInterventionen,ȱderenȱErgebȬ nisȱfürȱIsraelȱmeistȱdarinȱbesteht,ȱdassȱnichtȱderȱnatürlicheȱErstgeboreneȱ dieȱHauptlinieȱfortsetzt,ȱsondernȱderjenige,ȱderȱsichȱalsȱErstlingȱerweiȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 21ȱȱ DieȱSummeȱderȱLebensjahreȱdesȱVatersȱergibtȱsichȱausȱdenȱTeilsummenȱderȱLebensȬ jahreȱ vorȱ undȱ nachȱ derȱ Geburtȱ desȱ Erstgeborenen;ȱ diesȱ wirdȱ literarischȱ überȱ eineȱ Strukturȱhervorgehoben,ȱdieȱinȱGenȱ5,1ȱeingeführtȱwird.ȱNachȱderȱÜberschriftȱ„Dasȱ sindȱdieȱToledotȱAdams,ȱdesȱMenschen“ȱ(Genȱ5,1)ȱfolgenȱzehnȱidentischȱformulierteȱ Textabschnitte,ȱ inȱ denenȱ dasȱ „Hervorbringen“ȱ desȱ Erstgeborenenȱ jeweilsȱ imȱ ZentȬ rumȱ steht.ȱ Fürȱ dieȱ linearenȱ Genealogienȱ vonȱ Setȱ bisȱ Abrahamȱ wirdȱ vorausgesetzt,ȱ dassȱ jeweilsȱ derȱ mitȱ Namenȱ genannteȱ erstgeboreneȱ Sohnȱ dieȱ Linieȱ fortsetztȱ gegenȬ überȱ denȱ namenlosenȱ „Söhnenȱ undȱ Töchtern“/tAn*b'W ~ynIßB'ȱ (vgl.ȱ etwaȱ Genȱ 5,6Ȭ8).ȱ „(1)ȱ Undȱ Setȱ lebteȱ 105ȱ Jahreȱ undȱ erȱ zeugteȱ Enosch.ȱ (V.ȱ 6)ȱ (2)ȱ Undȱ Setȱ lebte,ȱ nachdemȱ erȱ Enoschȱgezeugtȱhatte,ȱ807ȱJahreȱundȱerȱzeugteȱSöhneȱundȱTöchter.ȱ(V.ȱ7).ȱ(3)ȱSoȱwaȬ renȱalleȱTageȱSetsȱ912ȱJahre,ȱdannȱstarbȱer.ȱ(V.ȱ8)“ȱSetȱlebtȱalsoȱvorȱ(1)ȱundȱnachȱ(2)ȱ demȱ mitȱ Namenȱ genanntenȱ Erstgeborenen.ȱ Seinȱ Gesamtalterȱ ergibtȱ sichȱ entspreȬ chendȱausȱderȱSummeȱseinerȱJahreȱvorȱundȱnachȱdemȱErstgeborenenȱ(3).ȱȱ 22ȱȱ CRÜSEMANN,ȱMenschheitȱundȱVolk,ȱ181.ȱ 23ȱȱ BREUKELMAN,ȱBijbelseȱTheologieȱI/2,ȱ20.ȱ
3.ȱZuȱdenȱFunktionenȱdesȱVertauschungsmotivsȱ
263
senȱkann.ȱDennȱobwohlȱderȱnatürlicheȱErstgeboreneȱinnerhalbȱdesȱgeȬ nealogischenȱ Systemsȱ eineȱ herausragendeȱ Stellungȱ einnimmt,ȱ wirdȱ geradeȱinȱBezugȱaufȱdieȱzentraleȱVerheißungslinieȱ„Israel“ȱdasȱSchemaȱ konsequentȱ durchbrochen.ȱ Fürȱ „Israel“ȱ verwirklichtȱ sichȱ demnachȱ dieȱ Verheißungȱ JHWHsȱ geradeȱ nichtȱ imȱ natürlichenȱ Erstgeborenen,ȱ sonȬ dernȱ inȱ dessenȱ jüngeremȱ Bruder,ȱ demȱ Erstling.ȱ Ausȱ derȱ Vielzahlȱ derȱ VölkerȱkommtȱaufȱdieseȱWeiseȱüberȱAbraham,ȱIsaakȱundȱJakobȱschließȬ lichȱ „Israel“ȱ alsȱ „erstgeborenesȱ Volkȱ JHWHs“ȱ (abȱ Exȱ 4,22)ȱ zumȱ VorȬ schein.ȱȱ DurchȱdieseȱFokussierungȱaufȱIsraelȱkristallisiertȱsichȱaberȱnichtȱnurȱ eineȱ durchgehendeȱ Verheißungslinieȱ heraus,ȱ sondernȱ auchȱ eineȱ beȬ stimmteȱIdentität,ȱdieȱdurchȱschrittweiseȱAbgrenzungenȱvonȱdenȱandeȬ renȱgeprägtȱist.ȱInnerhalbȱderȱGenesisȱkonstituiertȱsichȱdadurchȱbisȱzuȱ ihremȱEndeȱeineȱIdentitätȱIsraels,ȱdieȱdefiniert,ȱwerȱ„Israel“ȱistȱundȱwasȱ esȱvonȱ„denȱanderen“ȱ(denȱVölkern)ȱunterscheidet.ȱAllerdingsȱbautȱsichȱ ausschließlichȱ überȱ dieȱ Linieȱ allerȱ Erstlingeȱ letztlichȱ dieȱ HauptverheiȬ ßungslinieȱIsraelȱauf.ȱDieȱSonderolleȱIsraelsȱwirdȱüberȱdessenȱFunktionȱ alsȱ „Erstling“ȱ (rAkB.)ȱ unterȱ denȱ Völkernȱ theologischȱ präsentiertȱ undȱ narrativȱ entfaltet.ȱ Somitȱ erweisenȱ sichȱ dieȱ Vertauschungenȱ zuȱ einemȱ integrierendenȱBestandteilȱderȱGenesis,ȱdieȱinȱentscheidenderȱWeiseȱanȱ dieserȱ Identitätsbestimmungȱ partizipiert.ȱ Ohneȱ dieȱ Vertauschungenȱ würdeȱ folglichȱ einȱ wesentlicherȱ Aspektȱ derȱ Genesisȱ verlorenȱ gehen.ȱ Stärkerȱ noch:ȱ Innerhalbȱ derȱ Genesisȱ werdenȱ zweiȱ Konzepteȱ vonȱ hr'koB. pointiertȱeinanderȱgegenübergestellt.ȱInȱBezugȱaufȱdieȱVölkerȱzeigtȱsichȱ dieȱ hr'kB o .ȱ gemäßȱdenȱüblichenȱundȱdamalsȱwohlȱallgemeinȱakzeptiertenȱ Vorstellungen.ȱFürȱIsraelȱhingegenȱwirdȱdieȱ hr'koB. charakteristischȱumȬ gedeutet:ȱ Dieȱ göttlicheȱ Erwählungȱ ersetztȱ dieȱ geburtlicheȱ Disposition.ȱ Erstlingstumȱ inȱ Israelȱ istȱ anȱ JHWHȱ gebundenȱ undȱ nichtȱ anȱ einȱ GeȬ burts(vor)recht.ȱ Beiȱ demȱ überȱ dieȱ Vertauschungenȱ inȱ entscheidenderȱ WeiseȱkonturiertemȱErstlingstumȱIsraelsȱunterȱdenȱVölkernȱhandeltȱesȱ sichȱentsprechendȱumȱeinȱliterarischesȱMotiv,ȱdasȱgeeignetȱist,ȱaufȱganzȱ spezifischeȱ Weiseȱ Israelȱ alsȱ Gottesvolkȱ vonȱ denȱ anderenȱ Völkernȱ zuȱ unterscheidenȱundȱesȱgegenüberȱanderenȱVölkernȱzuȱdefinieren.ȱȱ 3.1.2ȱDieȱhr'kB o . alsȱIdentitätskriteriumȱIsraels:ȱWahrnehmungȱausȱȱȱȱȱ unterschiedlichenȱPerspektivenȱ Dieȱ Entfaltungȱ dessen,ȱ wasȱ dieȱ Sonderrolleȱ Israelsȱ alsȱ Erstlingstumȱ ausmacht,ȱgeschiehtȱinnerhalbȱderȱGenesisȱschrittweise,ȱd.h.ȱimȱErzählȬ verlaufȱerfolgtȱeineȱimmerȱpräzisereȱDefinitionȱundȱKonturierungȱihresȱ Erstlingstums.ȱErstȱvomȱEndeȱherȱerschließtȱsichȱdieȱvolleȱSemantikȱderȱ hr'koB.,ȱ dieȱ Israelȱ vorȱ denȱ anderenȱ Völkernȱ auszeichnet.ȱ Fürȱ dieȱ TextȬ
264
TeilȱC:ȱSystematisierendeȱSyntheseȱ
pragmatikȱistȱ entscheidend,ȱ dassȱ dieseȱ Begriffsdefinitionȱausȱ zweiȱ unȬ terschiedlichenȱPerspektivenȱvorgenommenȱwird:ȱȱ 3.1.2.1ȱErstlingstumȱimȱAngesichtȱderȱVölkerȱ(Genȱ1Ȭ4.5Ȭ35)ȱ VonȱderȱerstenȱVertauschungȱumȱKain,ȱAbelȱundȱSetȱ(Genȱ4Ȭ5)ȱanȱgehtȱ esȱumȱIsraelsȱErstlingstumȱinȱBezugȱaufȱdieȱVölker.ȱInȱderȱFamilienperȬ spektiveȱ desȱ Brüderkonfliktesȱ sindȱ dabeiȱ auchȱ immerȱ dieȱ volksgeȬ schichtlichenȱ Auseinandersetzungenȱ imȱ Blick.ȱ Dieȱ disqualifiziertenȱ Brüderȱ sindȱ dabeiȱ Repräsentantenȱ derȱ verfeindetenȱ Nachbarnȱ Israels:ȱ HamȱwirdȱbeispielsweiseȱmitȱKanaanȱidentifiziertȱ(Genȱ9,18ff),ȱLotȱmitȱ Moabȱ undȱ Ammonȱ (Genȱ 19),ȱ Ismaelȱ mitȱ denȱ Wüstenvölkernȱ undȱ Ägyptenȱ(Hagar;ȱGenȱ21)ȱundȱEsauȱmitȱEdomȱ(Genȱ25,19Ȭ29;ȱ36,1).ȱEiȬ nenȱ gewissenȱ Höhepunktȱ undȱ vorläufigenȱ Abschlussȱ dieserȱ Thematikȱ bildetȱ allerdingsȱ dieȱ Vertauschungȱ vonȱ Jakobȱ undȱ Esauȱ (Genȱ 25,12Ȭ 35,29).ȱ Dieȱ Identifikationenȱ derȱ beidenȱ Brüderȱ mitȱ denȱ Volksnamenȱ EdomȱundȱIsraelȱrahmenȱdieȱJakobȬEsauȬErzählung:ȱEsauȱwirdȱzuȱBeȬ ginnȱ bereitsȱ explizitȱ wieȱ implizitȱ mitȱ Edomȱ identifiziert.24ȱ Fürȱ Jakobȱ wirdȱdieseȱvolksgeschichtlicheȱIdentifizierungȱerstȱspäterȱnachgereicht.ȱ DerȱNameȱ„Israel“ȱwirdȱzumȱerstenȱMalȱinȱGenȱ32,29ȱ(vgl.ȱGenȱ35,10)ȱ erwähntȱ undȱ dieȱ „Söhneȱ Israels“ȱ werdenȱ erstmalsȱ inȱ Genȱ 32,33ȱ geȬ nannt.ȱAmȱEndeȱderȱIsaakȬToledotȱistȱ„Israel“ȱalsȱGanzesȱinnerhalbȱderȱ Völkerweltȱ erschienen.ȱ Jedochȱ geschiehtȱ dieȱ Erwähnungȱ Israelsȱ nichtȱ einfachȱ „spätȱ undȱ beiläufig.“25ȱ Dieȱ Volkwerdungȱ Israelsȱ istȱ Teilȱ desȱ QualifizierungsprozessesȱJakobs.ȱÜberȱihnȱalsȱErstlingȱwirdȱdieȱLinieȱzuȱ „Israel“ȱhinabgeführt.ȱDerȱBrüderkonfliktȱverlässtȱdamitȱdieȱreinȱfamiȬ liengeschichtlicheȱ Ebeneȱ undȱ wirdȱ hintergründigȱ zumȱ volksgeschichtȬ lichenȱKonfliktȱausgedeutet.26ȱWieȱDicouȱeigensȱbetont,ȱwirdȱderȱvolksȬ geschichtlicheȱ Aspektȱ inȱ keinerȱ anderenȱ Genesiserzählungȱ soȱ deutlichȱ ausgebaut:ȱ „OnlyȱinȱtheȱJacobȬEsauȱstoriesȱtheȱrelationȱbetweenȱIsraelȱandȱtheȱotherȱnaȬ tion(s)ȱ hasȱ beenȱ madeȱ aȱ majorȱ theme.ȱ Itȱ isȱ onlyȱ inȱ theseȱ storiesȱ thatȱ theȱ themeȱofȱGenesisȱ–ȱtheȱoriginȱofȱIsraelȱamongȱtheȱnationsȱandȱtheȱrelationȱ betweenȱIsraelȱandȱtheȱnationsȱ–ȱisȱfullyȱworkedȱout.“27ȱ
Dieȱ starkeȱ Fokussierungȱ aufȱ dieȱ Völkergeschichteȱ inȱ derȱ Gestaltȱ vonȱ Familiengeschichteȱistȱ–ȱmitȱKöckertȱ–ȱsicherlichȱdarinȱzuȱsuchen,ȱdassȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 24ȱȱ Vgl.ȱdazuȱTeilȱB.5.2.1ȱundȱ5.2.2.ȱ 25ȱȱ S.ȱSOGGIN,ȱGenesis,ȱ341;ȱs.ȱnochȱGARBINI,ȱHistoryȱandȱIdeology,ȱ81Ȭ84.ȱ 26ȱȱ Vgl.ȱ auchȱ denȱ volksgeschichtlichenȱ Untertonȱ desȱ Geburtsorakelsȱ Genȱ 25,23;ȱ daraufȱ BezugȱnehmendȱauchȱGenȱ27,29;ȱs.ȱdazuȱTeilȱB.5.1.2.ȱ 27ȱȱ Vgl.ȱDICOU,ȱTheȱRoleȱofȱEdom,ȱ135.ȱ
3.ȱZuȱdenȱFunktionenȱdesȱVertauschungsmotivsȱ
265
„einȱ genealogischȱ strukturiertesȱ Denkenȱ denȱ Ursprungȱ einesȱ Volkesȱ nichtȱ andersȱ alsȱ inȱ Geschichtenȱ vonȱ denȱ Ahnelternȱ zuȱ erzählenȱ verȬ mag.“28ȱDochȱtrifftȱdiesȱeigentlichȱaufȱalleȱErzählungenȱderȱGenesisȱzu:ȱ Volksgeschichteȱ istȱ dortȱ auchȱ immerȱ Familiengeschichte.ȱ Derȱ Grundȱ fürȱdieȱverstärkteȱvolksgeschichtlicheȱPerspektiveȱjustȱinȱderȱJakobȬEsauȬ Erzählungȱ scheintȱ vielmehrȱ inȱ einemȱ anderenȱ Aspektȱ begründetȱ zuȱ liegen:ȱMitȱderȱUmbenennungȱJakobsȱundȱderȱGeburtȱderȱzwölfȱSöhneȱ wirdȱ diesesȱ Themaȱ innerhalbȱ derȱ JakobȬErzählungȱ abgeschlossen.ȱ Inȱ denȱzwölfȱSöhnenȱkonzentriertȱsichȱjetztȱdieȱHauptlinie,ȱnichtȱmehrȱnurȱ inȱeinemȱeinzigenȱSohn.ȱDerȱZielpunktȱdesȱ„BuchesȱderȱToledot“ȱ(Genȱ 5,1)ȱistȱfolglichȱmitȱdemȱErscheinenȱvonȱ„ganzȱIsrael“ȱvorerstȱerreicht.ȱ Dieȱ Familiengeschichteȱ istȱ darumȱ genauȱ hierȱ zurȱ Volksgeschichteȱ geȬ worden.ȱȱ IsraelsȱVerhältnisȱzuȱdenȱVölkernȱwirdȱimȱSpeziellenȱüberȱdasȱStilȬ mittelȱvonȱKontrastierungȱundȱParallelisierungȱsowieȱüberȱdenȱProzessȱ vonȱ Qualifizierungȱ undȱ Disqualifizierungȱ (Teilȱ C.1.1)ȱ charakterisiert.ȱ Literarischȱ präsentiertȱ sichȱ Israelȱ inȱ gleicherȱ Weiseȱ inȱ Abgrenzungȱ vonȱ denȱVölkernȱwieȱauchȱinȱNäheȱzuȱihnen.ȱDurchȱdieȱParallelisierungȱderȱ Kontrahentenȱ wirdȱ inȱ narratologischerȱ Hinsichtȱ einȱ Spannungsbogenȱ erzeugt,ȱderȱbisȱzumȱEndeȱhinȱletztlichȱoffenȱlässt,ȱwelcherȱderȱbeidenȱ Brüderȱ sichȱ alsȱ Erstlingȱ qualifiziert.ȱ Fürȱ denȱ Leserȱ istȱ soȱ erstȱ inȱ derȱ Rückschauȱ eineȱ definitiveȱBeurteilungȱdesȱVertauschungsprozessesȱzuȱ bestimmenȱ(TeilȱC.1.1).ȱDieȱKontrastierungȱhingegenȱhilft,ȱdenȱBlickȱfürȱ denȱ Erstlingȱ undȱ seinȱ beförderndesȱ Handelnȱ zuȱ schärfen.ȱ Überȱ dasȱ Mittelȱ vonȱ Paralleleȱ undȱ Kontrastȱ wirdȱ soȱ aberȱ auchȱ gezeigt,ȱ dassȱ dieȱ Völkerȱ zurȱ Identitätsbestimmungȱ Israelsȱ wesentlichȱ mitȱ dazugehören.ȱ Schließlichȱ entfaltenȱ auchȱ dieȱ Vertauschungserzählungenȱ ausführlich,ȱ wieȱsichȱderȱjüngereȱBruderȱgegenüberȱdemȱnatürlichenȱErstgeborenenȱ durchsetzenȱ muss.ȱ Derȱ natürlicheȱ Erstgeboreneȱ disqualifiziertȱ sichȱ zwarȱimmerȱeigenverantwortlich,ȱbildetȱaberȱüberȱdasȱliterarischeȱMoȬ tivȱderȱVertauschungenȱeinenȱwesentlichenȱBestandteilȱderȱCharakteriȬ sierungȱ desȱ Erstlings,ȱ derȱ sichȱ nochȱ alsȱ solcherȱ erweisenȱ mussȱ (Teilȱ C.1.1).ȱDerȱältereȱBruderȱbleibtȱfolglichȱimmerȱOrientierungspunktȱderȱ Selbstdefinitionȱ Israels.ȱ Damitȱ existiertȱ derȱ Erstlingȱ alsȱ „jüngererȱ BruȬ der“ȱimmerȱimȱAngesichtȱdesȱälteren,ȱerstgeborenenȱBruders.ȱFolglichȱ istȱ auchȱ inȱ volksgeschichtlicherȱ Hinsichtȱ „Israel“ȱ durchȱ seineȱ privileȬ gierteȱ Sonderstellungȱ nichtȱ einfachȱ derȱ Völkerweltȱ enthobenȱ oderȱ bilȬ detȱ eineȱ anthropologischeȱ Kategorieȱ suiȱ generis.ȱ Vielmehrȱ präsentiertȱ sichȱ „Israel“ȱ inȱ seinerȱ literarischenȱ Konstruktionȱ alsȱ „kleinerȱ Bruder“ȱ imȱAngesichtȱderȱgroßenȱNationen,ȱderȱnurȱüberȱdieȱSegensvertauschungȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 28ȱȱ KÖCKERT,ȱAbraham:ȱAhnvater,ȱFremdling,ȱWeiser,ȱ139.ȱ
266
TeilȱC:ȱSystematisierendeȱSyntheseȱ
zumȱErstlingȱunterȱdenȱNationenȱavancierte;ȱmitȱanderenȱWorten:ȱDerȱ segensloseȱnatürlicheȱErstgeboreneȱbleibtȱinȱdenȱErzählungenȱimmerȱderȱ Bruder,ȱumȱdenȱderȱgesegneteȱErstlingȱnieȱumhinȱkommt.ȱ 3.1.2.2ȱReïnterpretationȱdesȱMotivsȱaufȱseinemȱHöhepunkt:ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ Genȱ36.37Ȭ50ȱ AufȱGenȱ35ȱfolgenȱnunȱnochȱvierȱweitereȱVertauschungserzählungen,29ȱ soȱdassȱmanȱzunächstȱannehmenȱkönnte,ȱdieȱobenȱkonstatierteȱKonverȬ genzȱderȱGenesisȬThematikȱmitȱdemȱErzählstrangȱderȱVertauschungenȱ würdeȱmitȱdemȱErreichenȱdesȱErzählzielsȱdesȱToledotȬBuchesȱinȱGenȱ35ȱ aufgegeben.ȱ Tatsächlichȱ istȱ aberȱ dasȱ Gegenteilȱ derȱ Fall.ȱ Nachȱ Genȱ 35ȱ wechseltȱ lediglichȱ dieȱ narrativeȱ Perspektive.ȱ Inȱ derȱ JosephȬJudaȬ Erzählungȱ (Genȱ 36.37Ȭ50)ȱ stehtȱ „ganzȱ Israel“ȱ imȱ Mittelpunkt,ȱ weshalbȱ esȱhierȱumȱdieȱFrageȱnachȱdenȱinnerenȱStrukturenȱderȱHerrschaftȱundȱ derȱ innerenȱ Solidaritätȱ inȱ Israelȱ geht.ȱ Unterȱ derȱ Frageȱ nachȱ demȱ Erstlingstumȱ innerhalbȱ Israelsȱ entfaltetȱ sichȱ eineȱ komplexeȱ Erzählungȱ umȱ dieȱ Konflikteȱ derȱ Brüderȱ untereinander.ȱ Gleichȱ vierȱ VertauschunȬ genȱ treibenȱ denȱ Erzählverlaufȱ voran,ȱ umȱ dieȱ Ausdifferenzierungȱ derȱ MachtstrukturenȱinnerhalbȱIsraelsȱimȱModusȱderȱVertauschungserzähȬ lungenȱ zuȱ beschreiben.ȱ Dieȱ inȱ Teilȱ C.1ȱ besprochenenȱ Erzählelementeȱ undȱ Ȭstrategienȱ tretenȱ hierȱ derartȱ verdichtetȱ undȱ untereinanderȱ verȬ netztȱauf,ȱdassȱmanȱdieȱJosephȬJudaȬErzählungȱalsȱnarrativenȱKulminaȬ tionspunktȱ derȱ Vertauschungserzählungenȱ ansehenȱ kannȱ (Teilȱ C.1.5).ȱ Entsprechendȱ liegtȱ dieȱ Vermutungȱ nahe,ȱ dassȱ dieseȱ Erzählungenȱ fürȱ dieȱ Identitätsbildungȱ Israelsȱ vonȱ besondererȱ Bedeutungȱ sind.ȱ Geradeȱ aufȱdemȱHöhepunktȱderȱVertauschungsthematikȱlassenȱsichȱallerdingsȱ zweiȱ charakteristischeȱ Besonderheitenȱ feststellen,ȱ dieȱ vonȱ derȱ bisheriȬ genȱnarrativenȱEntfaltungȱdesȱErstlingstumȬBegriffsȱabweichen:ȱȱ (1)ȱDaȱimȱUnterschiedȱzuȱdenȱvorausgegangenenȱErzählungenȱIsraȬ elȱinȱseinerȱAusdifferenzierungȱinȱzwölfȱSöhneȱalsȱGanzesȱdenȱErstlingsȬ segenȱempfängtȱ(Genȱ49),ȱkannȱderȱErzählrhythmusȱvonȱDisqualifizieȬ rungȱ desȱ natürlichenȱ Erstgeborenen,ȱ Qualifizierungȱ desȱ Erstlingsȱ undȱ letztgültigerȱLegitimationȱdesȱErstlingsȱhierȱnurȱnochȱbedingtȱfunktioȬ nieren.ȱ Amȱ Endeȱ derȱ Gesamterzählungȱ stehtȱ daherȱ keineȱ definitiveȱ Antwortȱ aufȱ dieȱ Erstlingstumfrage,ȱ dieȱ sichȱ vonȱ Beginnȱ anȱ zwischenȱ Josephȱ undȱ Judaȱ entwickelt.30ȱ Nichtȱ Judaȱ oderȱ Joseph,ȱ sondernȱ beideȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 29ȱȱ S.ȱ dazuȱ Teilȱ B.6:ȱ Ruben,ȱ Simeon,ȱ Leviȱ undȱ Ruben;ȱ Perezȱ undȱ Serach;ȱ Ephraimȱ undȱ ManasseȱsowieȱJudaȱundȱJoseph.ȱȱ 30ȱȱ WegenȱderȱFokussierungȱderȱGesamterzählungȱaufȱJudaȱundȱJosephȱwirdȱauchȱdieȱ Nomenklaturȱ „JosephȬJudaȬErzählung“ȱ derȱ üblichenȱ Bezeichnungȱ „JosephsgeȬ schichte“ȱvorgezogenȱ(s.ȱdazuȱTeilȱB.6.1.2;ȱzumȱInhaltlichen:ȱTeilȱB.6.5).ȱȱ
3.ȱZuȱdenȱFunktionenȱdesȱVertauschungsmotivsȱ
267
zugleichȱ bekommenȱ besondereȱ Rollenȱ innerhalbȱ Israelsȱ zugesprochen.ȱ Inȱ derȱ Vertauschungȱ vonȱEphraimȱundȱ Manasseȱ (Genȱ 48,2031),ȱ beiȱderȱ letztlichȱbeideȱBrüderȱzugleichȱgesegnetȱwerden,ȱistȱeineȱReflexionȱderȱ Ausgleichsbemühungenȱ zwischenȱ Judaȱ undȱ Josephȱ zuȱ sehen,ȱ dieȱ inȱ Ephraimȱ undȱ Manasseȱ einenȱ erzählerischenȱ Niederschlagȱ findenȱ undȱ denȱ inȱ Genȱ 49ȱ bevorstehendenȱ Ausgleichȱ präfigurieren.ȱ Dieȱ deutlicheȱ Qualifizierungȱ wieȱ Disqualifizierungȱ mussȱ demȱ Ausgleichȱ derȱ Mächteȱ weichen,ȱ sofernȱ esȱ umȱ dieȱ Verhältnisseȱ inȱ Israelȱ geht.ȱ Freilichȱ wollenȱ trotzȱ diesesȱ Ausgleichesȱ dieȱ Rollenȱ derȱ Brüderȱ untereinanderȱ gutȱ verȬ teiltȱ sein:ȱ Josephȱ erfülltȱ faktischȱ dieȱ Rolleȱ desȱ Erstlingsȱ (obwohlȱerȱ nieȱ alsȱ solcherȱ bezeichnetȱ wird),ȱ währendȱ Judaȱ dieȱ königlichȬherrȬ schaftlicheȱFunktionȱinȱIsraelȱübernimmt.32ȱInnerhalbȱdesȱHausesȱJakobsȱ sindȱdieȱUnterschiedeȱallerdingsȱlediglichȱgraduellerȱNatur.ȱDieseȱAusȬ gleichsbemühungȱ konterkariertȱ dieȱ Ausschließlichkeitȱ derȱ bisherigenȱ VerȬ tauschungserzählungen.ȱ (2)ȱ Aberȱ auchȱ inȱ derȱ Verhältnisbestimmungȱ vomȱ Erstlingȱ gegenȬ überȱdenȱanderenȱBrüdernȱliegtȱeineȱAbweichungȱzumȱBisherigenȱvor.ȱ Derȱ Erstlingȱ Josephȱ erfülltȱ schließlichȱ seinȱ Erstlingstum,ȱ indemȱ erȱ inȱ Ägyptenȱ fürȱseineȱ Brüderȱeinstehtȱ (Genȱ 50,15ff).ȱRuben,ȱ derȱ ErstgeboȬ reneȱ Leas,ȱ hatteȱ diesȱ nochȱ zuvorȱ fürȱ Josephȱ amȱ Brunnenȱ zuȱ tunȱ verȬ suchtȱ(Genȱ37).ȱAberȱauchȱdamitȱkonnteȱerȱsichȱnichtȱmehrȱrehabilitieȬ ren.ȱ Darausȱ folgt,ȱ dassȱ sichȱ dasȱ Erstlingstumȱ Israelsȱ imȱ Verhältnisȱ zuȱ denȱ Völkernȱundȱ dasȱ Erstlingstumȱ innerhalbȱ Israelsȱaufȱ gegensätzlicheȱ Weiseȱverwirklicht:ȱInȱGenȱ1Ȭ35ȱdefiniertȱsichȱ„Israel“ȱinȱseinerȱSonderȬ rolleȱ gegenüberȱ denȱ Völkern.ȱ Derȱ gesegneteȱ Erstlingȱ bleibtȱ unhinterȬ gehbarȱaufȱdenȱsegenslosenȱnatürlichenȱErstgeborenenȱbezogen.ȱInȱGenȱ 36Ȭ50ȱ wirdȱ diesȱ insȱ Gegenteilȱ verkehrt:ȱ Josephȱ istȱ derȱ Gesegneteȱ unterȱ seinenȱBrüdern,ȱumȱdenȱderȱsegensloseȱJudaȱnichtȱumhinȱkommt.ȱȱ ȱ Esȱ istȱ deutlichȱ geworden,ȱ dassȱ imȱ Blickȱ aufȱ dasȱ Erstlingstumȱ fürȱ dieȱ Verhältnisseȱ innerhalbȱ Israelsȱ undȱ außerhalbȱ Israelsȱ unterschiedlicheȱ Maßstäbeȱangelegtȱwerden.ȱInȱliterarischerȱHinsichtȱhandeltȱesȱsichȱumȱ weitereȱ Sinnpotentiale,ȱ dieȱ derȱ Semantikȱ desȱ Begriffsȱ „Erstlingstum“ȱ hinzugefügtȱ werden.ȱ Dieȱ Untersuchungȱ derȱ theologischenȱ Pragmatikȱ desȱ Motivsȱ wirdȱ allerdingsȱ nochȱ zeigenȱ können,ȱ dassȱ esȱ sichȱ hierbeiȱ auchȱ umȱ eineȱ spezifischeȱ undȱ sinntragendeȱ Umdeutungȱ desȱ Begriffesȱ handelt,ȱ dieȱ aufȱ dieȱ Bestimmungȱ desȱ Erstlingstumȱ unterȱ denȱ Völkerȱ zurückwirktȱ undȱ Israelsȱ Funktionȱ fürȱ dieȱ anderenȱ Völkerȱ bestimmt.ȱ VorerstȱsollȱanȱdieserȱStelleȱdieȱFeststellungȱderȱUnterschiedeȱgenügen.ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 31ȱȱ DazuȱTeilȱB.6.4.ȱ 32ȱȱ Vgl.ȱzurȱfeinsinnigenȱAustarierungȱderȱRollenȱTeilȱB.6.5.ȱ
268
TeilȱC:ȱSystematisierendeȱSyntheseȱ
Dieȱ Wahrnehmungȱ beiderȱ literarischerȱ Perspektiven,ȱ derȱ AußenȬȱ wieȱ derȱ Binnenperspektive,ȱ istȱ grundlegendȱ fürȱ dieȱ Deutungȱ desȱ VertauȬ schungsmotivs,ȱdaȱderȱTextȱunterschiedlicheȱtextpragmatischeȱInteresȬ senȱerkennenȱlässt,ȱdieȱauchȱaufȱdieȱübrigenȱFunktionsebenenȱdesȱMoȬ tivsȱ einwirken.33ȱ Dieseȱ Beobachtungȱ erlaubtȱ eineȱ differenzierteȱ Akzentuierungȱ derȱ Funktionsweisenȱ desȱ Motivs.ȱ Allerdingsȱ sindȱ dieȱ beidenȱPerspektivenȱaufȱdieȱRolleȱIsraelsȱinȱderȱForschungȱbisherȱnochȱ nichtȱ wahrgenommenȱ worden.ȱ Auchȱ dieȱ neueren,ȱ betontȱ literaturwisȬ senschaftlichȱ verfahrendenȱ Studienȱ vonȱ Kaminsky,ȱ Greenspahnȱ undȱ FoxȱdeutenȱdieȱVertauschungenȱgänzlichȱimȱKontextȱderȱanderenȱVölȬ ker.34ȱDerȱinnerȬisraelitischeȱPerspektivwechselȱwirdȱstetsȱübersehen.ȱ 3.1.2.3ȱEndgültigeȱBestätigungȱdesȱErstlingstumsȱfürȱIsrael:ȱGenȱ48ȱ Imȱ Blickȱ aufȱ denȱ gesamtenȱ Erzählfadenȱ derȱ Genesisȱ istȱ dieȱ letzteȱ VerȬ tauschungserzählungȱ (Genȱ 48,1Ȭ22)ȱ besondersȱ bedeutungsvoll.ȱ Jakobȱ handeltȱ beiȱ derȱ Bevorzugungȱ vonȱ Ephraimȱ vorȱ Manasseȱ wissentlich,ȱ eigenverantwortlichȱundȱaufȱeigeneȱInitiative.ȱJHWHȱgreiftȱvordergründigȱ nichtȱinȱdenȱVertauschungsprozessȱein.ȱDasȱistȱdeshalbȱauffallend,ȱweilȱ esȱ bisherȱ immerȱ Gottesȱ Wahlȱ war,ȱ dieȱ sichȱ durchsetzteȱ undȱ denȱ ErstȬ lingȱ legitimierte.ȱ Außerdemȱ warȱ geradeȱ Jakobsȱ selbstständigerȱ VerȬ such,ȱ denȱ Erstgeburtssegenȱ zuȱ erhaltenȱ (Genȱ 27),ȱ (zumindestȱ vorerst)ȱ gescheitert.ȱEntsprechendȱnegativȱkönnteȱauchȱJakobsȱerneuteȱInitiativeȱ inȱ Genȱ 48ȱ gewertetȱ werdenȱ –ȱ zumalȱ daȱ Genȱ 48ȱ geradeȱ mitȱ Genȱ 27ȱ inȱ einerȱ engenȱ literarischenȱ Beziehungȱ steht.35ȱ Dochȱ entsprichtȱ dieȱ BetoȬ nungȱ derȱ menschlichenȱ Seiteȱ derȱ innerenȱ Logikȱ derȱ gesamtenȱ VertauȬ schungsthematik:ȱ„Israel“ȱnimmtȱdieȱletzteȱVertauschungȱinȱeinerȱlanȬ genȱ Reiheȱ vonȱ aufȱ göttlicheȱ Interventionenȱ zurückzuführendenȱ Vertauschungenȱ persönlichȱ vor.ȱ Dieȱ Legitimitätȱ derȱ Vertauschungȱ fürȱ IsraelȱwirdȱdamitȱaufȱderȱnarrativenȱEbeneȱendgültigȱbestätigt,ȱsozusaȬ genȱ durchȱ dieȱ Autoritätȱ „Israel“ȱ selbst.ȱDamitȱ wirdȱdasȱ göttlicheȱ WirȬ kenȱnichtȱübergangen,ȱsondernȱanerkannt.ȱ
ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 33ȱȱ DieȱUnterschiedeȱkommenȱvorȱallemȱbeiȱderȱtheologischenȱ(TeilȱC.3.2.)ȱundȱbeiȱderȱ realgeschichtlichenȱFunktionȱ(TeilȱC.3.3ȱundȱ3.4)ȱzumȱTragen.ȱȱ 34ȱȱ Vgl.ȱ KAMINSKY,ȱ Yetȱ Iȱ Lovedȱ Jacob,ȱ bes.ȱ 77;ȱ GREENSPAHN,ȱ Whenȱ Brothersȱ Dwellȱ together,ȱ141Ȭ160ȱundȱFOX,ȱYoungerȱBrother,ȱbes.ȱ63.ȱ 35ȱȱ Genȱ27ȱläuftȱinȱGenȱ48ȱimmerȱalsȱSubtextȱmitȱ(vergleichbareȱSterbesegenszene;ȱ„AlȬ tersschwäche“;ȱ „Blindheit“;ȱ vgl.ȱ dazuȱ dieȱ Ausführungenȱ Teilȱ B.6.4.1).ȱ BLUMȱ sprichtȱ inȱBezugȱaufȱGenȱ27ȱundȱ48ȱzuȱRechtȱvonȱeinerȱ„erzählerische[n]ȱKlammer.“ȱ(BLUM,ȱ Vätergeschichte,ȱ 259).ȱ Wasȱ Jakobȱ inȱ Genȱ 48ȱ wissentlichȱ tut,ȱ tatȱ Isaakȱ inȱ derȱ verȬ gleichbarenȱSituationȱGenȱ27ȱunwissentlich.ȱ
3.ȱZuȱdenȱFunktionenȱdesȱVertauschungsmotivsȱ
269
Aufȱ derȱ Symbolebeneȱ wirdȱ dieseȱ Erzählstrategieȱ aufgegriffenȱ undȱ bestätigt.ȱDasȱVertauschungsmotivȱwirdȱnochȱeinȱletztesȱMalȱdurchȱdasȱ Bildȱ derȱ Überkreuzungȱ derȱ Händeȱ Jakobsȱ (V.ȱ 14)ȱ demȱ Leserȱ eingeprägt.ȱ Diesesȱ Bild,ȱ dasȱ nochȱ dadurchȱ erweitertȱ wird,ȱ dassȱ Josephȱ aufȱ denȱ scheinbarenȱ Irrtumȱ desȱ beinaheȱ erblindetenȱ Vatersȱ hinweist,ȱ dieserȱ aberȱ nochmalsȱ seineȱ volleȱ Absichtȱ betont,ȱ istȱ eineȱ Artȱ zusammenfasȬ sendesȱthematischesȱIdeogrammȱdesȱBuchesȱGenesis.ȱVorsichtigȱkönnteȱ manȱdiesesȱIdeogrammȱalsȱTaphȱdeutenȱ–ȱderȱletzteȱBuchstabeȱdesȱseȬ mitischenȱ Alphabets,ȱ derȱ imȱ phönikischȬhebräischenȱ Alphabetȱ dieȱ Formȱ einesȱ Markierungskreuzesȱ hatteȱ („x“ȱ oderȱ „+“).ȱ Nachȱ Ezȱ 9,4ȱ erȬ haltenȱ diejenigen,ȱ dieȱ beimȱ kommendenȱ Gerichtȱ nichtȱ angerührtȱ werȬ den,ȱ dieȱ Geretteten,ȱ einȱ eschatologischesȱ Siegelȱ aufgedrückt:ȱ t'ywIt.hiw> ~yvin"a]h' tAxc.mi-l[; wT'/„[…]ȱ zeichneȱ einȱ TaphȬZeichenȱ anȱ dieȱ Stirnenȱ derȱ Männer”.ȱ Dieseȱ eschatologischeȱ Versiegelungȱ mitȱ demȱ TaphȬZeichenȱ hatȱ bisȱ inȱ dieȱ christlicheȱ Symbolikȱ Eingangȱ gehaltenȱ (wohlȱ vorȱ allemȱ überȱ Offbȱ 7,1Ȭ436).ȱ Dieȱ Beobachtungȱ einerȱ Ähnlichkeitȱ desȱ lateinischenȱ „T“ȱ(demȱTaphȱentsprechend)ȱundȱdemȱKreuzȱistȱeinȱGemeinplatzȱderȱ christlichenȱ antikenȱ Literatur.ȱ Dasȱ Taphȱ wurdeȱ inȱ derȱ patristischenȱ AllegoreseȱimmerȱwiederȱalsȱgeheimnisvollesȱKreuzzeichenȱgedeutet.37ȱ Undȱ vonȱ dieserȱ–ȱstetsȱausdrücklichȱ oderȱ stillschweigendȱ aufȱ dasȱ ZeiȬ chenȱdesȱEzechielȱbezugnehmendenȱ–ȱTauȬSpekulationȱderȱKirchenväȬ terȱistȱauchȱdasȱ„T“ȱaufȱGrabverschlussplattenȱinȱdenȱKatakombenȱalsȱ „cruxȱcommissa“ȱzuȱverstehen.38ȱDeutetȱmanȱdieȱÜberkreuzungȱinȱdieȬ semȱ Sinneȱ alsȱ eschatologischesȱ undȱ endgültigesȱ Zeichen,ȱ soȱ leistetȱ dieseȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 36ȱȱ Dieȱ Rezeptionȱ vonȱ Ezȱ 9ȱ gehtȱ hierȱ wohlȱ überȱ dieȱ LXXȬVersionȱ vonȱ Ez:ȱ Inȱ derȱ LXXȱ wirdȱausȱdemȱ„Taph“ȱdasȱΘϲȱΗΐΉϧΓΑȱπΔϠȱΘΤȱΐνΘΝΔ΅,ȱ„dasȱZeichenȱaufȱderȱStirn.“ȱ Offbȱ7,1Ȭ4ȱsteigertȱinȱdeutlicherȱAufnahmeȱvonȱEzȱ9ȱ(dazuȱHIEKE,ȱDerȱSeherȱJohanȬ nesȱalsȱneuerȱEzechiel,ȱ1Ȭ30,ȱbes.ȱ9f)ȱdasȱMotivȱdesȱTaphȬZeichensȱzuȱeinerȱeschatoȬ logischenȱ Siegelung:ȱ ΩΛΕȱ ΗΚΕ΅·ϟΗΝΐΉΑȱ ΘΓϿΖȱ ΈΓϾΏΓΙΖȱ ΘΓІȱ ΌΉΓІȱ ψΐЗΑȱ πΔϠȱ ΘЗΑȱ ΐΉΘЏΔΝΑȱ΅ЁΘЗΑ./ȱ„[…]ȱbisȱwirȱdieȱKnechteȱunseresȱGottesȱanȱihrenȱStirnenȱversieȬ geltȱhaben.”ȱ(V.ȱ3).ȱȱ 37ȱȱ Grundlegendȱ ECKHART,ȱ Neueȱ Zeugnisseȱ desȱ frühenȱ Christentums,ȱ 39Ȭ45ȱ undȱ RAHȬ NER,ȱ Symboleȱ derȱ Kirche,ȱ 406Ȭ411ȱ (Kap.ȱ „Dasȱ mystischeȱ Tau).ȱ Vgl.ȱ noch:ȱ SAUSERȱ ,ȱ Art.ȱ„Tau“;ȱDERS.,ȱFrühchristlicheȱKunst,ȱ219f;ȱDINKLER,ȱSignumȱcrucis,ȱ15ȱf.,40ȱundȱ DERS.,ȱArt.ȱ„Versiegelung“.ȱ 38ȱȱ Undȱ nichtȱ alsȱ Ornamentȱ oderȱ (griech.)ȱ verbaleȱ Kurzformȱ einerȱ DämonenȬ beschwörungȱ zumȱ Schutzȱ desȱ Grabesȱ (dazuȱ ECKHART,ȱ Neueȱ Zeugnisseȱ desȱ frühenȱ Christentums,ȱ 40ȱ mitȱ einigenȱ Beispielen).ȱ Inȱ derȱ Eigenschaftȱ einesȱ SchutzȬȱ undȱ EiȬ gentumszeichensȱbegegnetȱdasȱTauȬKreuzȱfernerȱzahlreichȱanȱaltchristlichenȱHeiligȬ tümernȱundȱWohnhäusernȱalsȱTürsegnung,ȱinȱwelcherȱBedeutungȱesȱ–ȱgleichlaufendȱ mitȱ seinerȱ allegorischenȱ Erneuerungȱ imȱ 11./12.ȱ Jh.ȱ nachȱ demȱ Schwindenȱ desȱ VerȬ ständnissesȱfürȱdieȱSymbolikȱdesȱTauȱamȱEndeȱderȱKirchenväterzeitȱ–ȱnochȱdieȱNeuȬ zeitȱerreichtȱ(vgl.ȱRAHNER,ȱSymboleȱderȱKirche,ȱ423.426.428Ȭ433).ȱ
270
TeilȱC:ȱSystematisierendeȱSyntheseȱ
letzteȱ Vertauschungserzählungȱ zusätzlich,ȱ dassȱ dieȱ Vertauschungȱ einȱ fürȱallemalȱalsȱlegitimȱfürȱIsraelȱbestätigtȱwird.ȱ
3.2ȱTheologischeȱFunktionȱ Dieȱ literarischeȱ Entwicklungȱ derȱ Vertauschungsthematikȱ zieltȱ aufȱ dieȱ Beschreibungȱ derȱ Sonderrolleȱ Israelsȱ alsȱ Erstlingstumȱ unterȱ denȱ VölȬ kernȱ (Teilȱ C.3.1).ȱ Inȱ diesemȱ Kapitelȱ sollȱ derȱ Versuchȱ unternommenȱ werden,ȱ dieȱ inhaltlichenȱ Konturenȱ undȱ theologischenȱ Implikationenȱ dieserȱ Sonderrolleȱ näherȱ zuȱ entfalten.ȱ Dasȱ Identitätskriteriumȱ „Erstlingstum“ȱ erfährtȱ imȱ Rahmenȱ derȱ narrativenȱ Entwicklungȱ nichtȱ nurȱeineȱDefinition,ȱsondernȱbegründetȱundȱlegitimiertȱIsraelsȱSonderrolȬ leȱtheologischȱundȱprofiliertȱsoȱIsraelsȱFunktionȱfürȱdieȱVölkerwelt.ȱȱ 3.2.1ȱLegitimierungȱderȱSonderrolleȱIsraelsȱ BeiȱderȱDefinierungȱderȱSonderrolleȱIsraelsȱalsȱErstlingstumȱgehtȱesȱimȱ Besonderenȱ auchȱ umȱ dieȱ Legitimationȱ dieserȱ privilegiertenȱ Rolleȱ geȬ genüberȱdenȱVölkern.ȱÜberȱdenȱzweistrangigenȱVertauschungsprozessȱ wirdȱ eineȱ scharfeȱ Trennlinieȱ zwischenȱ qualifiziertemȱ Erwähltenȱ undȱ disqualifiziertenȱ NichtȬErwähltenȱ gezogen.ȱ Diesȱ unterstreichtȱ dasȱ Trennungsmotiv,ȱ dasȱ regelmäßigȱ dieȱ Vertauschungserzählungenȱ beȬ schließtȱ(TeilȱC.1.3).ȱDieȱgetrenntenȱgenealogischenȱLinienȱmachenȱunȬ missverständlichȱ deutlich,ȱ dassȱ esȱ nurȱ inȱ derȱ Hauptlinieȱ „Israel“ȱ mitȱ demȱSegenȱJHWHsȱweitergeht.ȱÜberȱdieȱräumlichenȱTrennungenȱwerȬ denȱzudemȱdieȱpotentiellenȱErbenȱKain,ȱLot,ȱIsmael,ȱdieȱKeturaȬSöhneȱ undȱ dieȱ Söhneȱ derȱ anderenȱ Nebenfrauenȱ Abrahamsȱ (Genȱ 25,6),ȱ sowieȱ Esauȱ siedlungsgeographischȱ außerhalbȱ desȱ verheißenenȱ Landsȱ verorȬ tet.ȱ Dieȱ reineȱ Konfliktvermeidungȱ stehtȱ dabeiȱ wohlȱ wenigerȱ imȱ VorȬ dergrund,39ȱdennȱimmerhinȱtrennenȱsichȱEsauȱundȱJakobȱfriedlich,ȱundȱ zwarȱnachȱihrerȱAussöhnung.ȱVielmehrȱwirdȱinȱtheologischerȱHinsichtȱ hervorgehoben,ȱdassȱsichȱnurȱinȱderȱHauptlinieȱdieȱVerheißungȱGottesȱ verwirklichtȱ undȱ nurȱ dieseȱ imȱ vonȱ JHWHȱ verheißenenȱ Landȱ wohnenȱ darf.ȱ Dieȱ Erzählungenȱ betonenȱ durchwegȱ dieȱ Qualifizierungȱ desȱ ErstȬ lings,ȱlegenȱaberȱgleichermaßenȱdieȱEmphaseȱaufȱdieȱselbstverschuldeteȱ Disqualifizierungȱ desȱ natürlichenȱ Erstgeborenenȱ (Teilȱ C.1.1).ȱ Derȱ erstȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 39ȱȱ Gegenȱ dieȱ einseitigeȱ Überbetonungȱ derȱ „Konfliktvermeidung“ȱ alsȱ Hauptgrundȱ derȱ TrennungenȱbeiȱMILLARD,ȱEröffnungȱderȱTora,ȱ79f.;ȱvgl.ȱdazuȱnochȱDICOU,ȱTheȱRoleȱ ofȱ Edom,ȱ 132Ȭ134ȱ mitȱ weiterenȱ Beispielen;ȱ allerdingsȱ nichtȱ imȱ Zusammenhangȱ mitȱ demȱVertauschungsmotiv.ȱȱ
3.ȱZuȱdenȱFunktionenȱdesȱVertauschungsmotivsȱ
271
geboreneȱBruderȱwirdȱdamitȱnichtȱeinfachȱnurȱübergangen,ȱsondernȱerȱ verschuldetȱ selbsttätigȱ denȱ Verlustȱ seinerȱ Position.ȱ Israelsȱ Sonderrolleȱ alsȱ Erstlingȱ JHWHsȱ wirdȱ aufȱ dieseȱ Weise,ȱ sozusagenȱ „rechtmäßig“,ȱ legitimiert.ȱȱ ImȱFolgendenȱsollȱnachȱderȱInstanzȱbzw.ȱdenȱInstanzenȱdieserȱLegiȬ timierungȱ gefragtȱ werden.ȱ Dieȱ Vertauschungserzählungenȱ betonen,ȱ dassȱdieȱErstlingeȱsichȱihrerȱprivilegiertenȱPositionȱnochȱerweisenȱmüsȬ sen.ȱSoȱkönnteȱderȱEindruckȱentstehen,ȱdassȱsichȱdieȱErstlingeȱdieȱVoȬ raussetzungenȱ ihrerȱ Positionȱ selbstȱ schaffenȱ könnten,ȱ indemȱ sieȱ etwaȱ durchȱ ihrȱ besseresȱ solidarischesȱ Verhaltenȱ (Teilȱ C.1.2)ȱ denȱ erstgeboreȬ nenȱBruderȱübertreffen.ȱDerȱVertauschungsprozessȱbekämeȱsoȱwillkürȬ liche,ȱfastȱanarchistischeȱZüge.40ȱTatsächlichȱaberȱzeichnetȱsichȱderȱErstȬȱ lingȱdurchȱkeineȱEigenschaftȱvorȱseinemȱbiologischȱerstgeborenenȱBruȬ derȱ aus.ȱ Beideȱ sindȱ sichȱ geradezuȱ zumȱ Verwechselnȱ ähnlich:ȱ Dasȱ StilȬ mittelȱ vonȱ Parallelisierungȱ undȱ Kontrastierungȱ (Teilȱ C.1.1)ȱ sowieȱ derȱ CharakterȱderȱVertauschungenȱalsȱProzessȱbetonenȱgeradeȱdasȱdenȱBrüȬ dernȱ Gemeinsame.ȱ Dieȱ Dramatikȱ undȱ Spannungȱ derȱ einzelnenȱ HandȬ lungenȱ –ȱ seiȱ esȱ desȱ natürlichenȱ Erstgeborenenȱ oderȱ desȱ potentiellenȱ Erstlingsȱ –ȱ entwickeltȱ sichȱ daraus,ȱ dassȱ fürȱ denȱ Leserȱ oftmalsȱ nichtȱ sofortȱ ersichtlichȱ ist,ȱ werȱ sichȱ unterȱ denȱ Brüdernȱ alsȱ derȱ Privilegierteȱ zeigtȱundȱobȱdannȱauchȱderȱfavorisierteȱKandidatȱsichȱaufgrundȱseinesȱ Fehlverhaltensȱ tatsächlichȱ alsȱ Erstlingȱ erweisenȱ kann.ȱ Oftȱ genugȱ entȬ sprechenȱ dieȱ Vertauschungenȱ auchȱ geradeȱ nichtȱ demȱ Wunschȱ derȱ VäȬ ter:ȱ Terachȱ siehtȱ inȱ Lotȱ seinenȱ rechtmäßigenȱ Nachfolgerȱ (Genȱ 11,31).ȱ AbrahamȱistȱmitȱseinemȱerstgeborenenȱSohnȱIsmaelȱalsȱErbenȱglücklichȱ (Genȱ 17,18).ȱ Isaakȱ gehtȱ davonȱ aus,ȱ seinenȱ Erstgeborenenȱ Esauȱ zuȱ segȬ nenȱ(Genȱ21,1Ȭ40).ȱAlsȱJakobȱdenȱjüngerenȱEnkelȱEphraimȱdemȱErstgeȬ borenenȱManasseȱvorziehtȱ(Genȱ48,17Ȭ19),ȱistȱJosephȱaufgebracht.ȱVielȬ mehrȱ istȱ esȱ so,ȱ dassȱ durchgängigȱ JHWHȱ selbstȱ dieȱ Voraussetzungȱ derȱ Möglichkeitȱ einesȱ Vertauschungsprozessesȱ schafftȱ (Teilȱ C.1.4).ȱ Dieȱ menschlicheȱQualifizierungȱhatȱletztlichȱihreȱUrsacheȱinȱderȱgöttlichenȱ Erwählungȱ desȱ Erstlings,ȱ welcheȱ wiederumȱ ihrerseitsȱ grundsätzlichȱ unbegründetȱundȱrätselhaftȱbleibtȱ(TeilȱC.1.4.1).ȱDiesȱunterstreicht,ȱdassȱ dieȱ Erwählungȱ ohneȱ Rücksichtȱ aufȱ dieȱ Qualitätȱ desȱ Menschenȱ oderȱ seinesȱVerhaltenȱvorȱGottȱerfolgt.ȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 40ȱȱ Alsȱ Beispielȱ kannȱ hierȱ Rubensȱ Usurpationsversuchȱ angeführtȱ werdenȱ (Genȱ 35,21):ȱ DieȱeigenständigeȱMachtergreifungȱwirdȱsofortȱverurteilt.ȱRubenȱverliertȱseineȱRolleȱ alsȱErstgeborenerȱ(TeilȱB.6.2.1).ȱZumȱanderenȱkannȱdieȱKonkurrenzsituationȱSalomosȱ mitȱ seinenȱ Brüdernȱ angeführtȱ werdenȱ (Teilȱ B.7.3):ȱ Salomosȱ Bruderȱ Adonijaȱ hatteȱ dortȱaktivȱdenȱThronȱangestrebtȱ(vgl.ȱetwaȱ1ȱKönȱ1,ȱ5f),ȱwasȱihmȱspäterȱauchȱvonȱDaȬ vidȱvorgeworfenȱwird.ȱDerȱ(bisȱ1ȱKönȱ1,46)ȱpassivȱgebliebeneȱSalomoȱwirdȱaberȱaufȱ diesenȱThronȱgehobenȱ(V.ȱ46).ȱ
272
TeilȱC:ȱSystematisierendeȱSyntheseȱ
WasȱfürȱdieȱErwählungȱgilt,ȱgiltȱallerdingsȱnichtȱohneȱweiteresȱfürȱ denȱQualifizierungsprozess,ȱderȱdenȱFokusȱgeradeȱaufȱdieȱVerantworȬ tungȱ übernehmendenȱ Handlungenȱ derȱ Hauptakteureȱ legt.ȱ Dieȱ ErzähȬ lungenȱ vonȱ Abrahamȱ undȱ Jakobȱ demonstrierenȱ paradigmatisch,ȱ dassȱ dieȱErwähltenȱauchȱscheiternȱkönnten.ȱZwischenȱErwählungȱundȱQuaȬ lifizierungȱ bestehtȱ geradeȱ keinȱ einfacherȱ Automatismusȱ (Teilȱ C.1.4.1)ȱ undȱ oftȱ genugȱ mussȱ JHWHȱ selbstȱ aufȱ vielerleiȱ Artenȱ inȱ denȱ VertauȬ schungsprozessȱaktivȱundȱentscheidendȱeingreifenȱ(TeilȱC.1.4.2).ȱDieserȱ BefundȱhatȱzweiȱImplikationen:ȱZumȱeinenȱwirdȱdamitȱbetont,ȱdassȱdasȱ ErstlingstumȱsichȱdurchȱeineȱstarkȱethischeȱDimensionȱauszeichnet.ȱDemȱ sollȱ weiterȱ untenȱ nochȱ nachgegangenȱ werdenȱ (s.ȱ Teilȱ C.3.2.4).ȱ Zumȱ anderenȱ wirdȱ damitȱ betont,ȱ dassȱ esȱ letztlichȱ immerȱ JHWHȱ selbstȱ ist,ȱ derȱ Gewinnerȱ undȱ Verliererȱ hervorruft.ȱ Damitȱ wirdȱ dieȱ theologischȱ wichtigeȱAussageȱgetroffen,ȱdassȱdasȱErwählungshandelnȱGottesȱallenȱ menschlichenȱ Bemühungenȱ vorausgeht.ȱ Desȱ Weiterenȱ wirdȱ deutlich,ȱ dassȱnichtȱnurȱdieȱUrsacheȱderȱErwählungȱundȱderȱVerlaufȱderȱQualifiȬ zierungȱ letztlichȱ aufȱ JHWHȱ zurückweisen.ȱ Durchgängigȱ istȱ esȱ auchȱ JHWH,ȱ derȱ abschließendȱ eineȱ vollzogeneȱ Vertauschungȱ bestätigtȱ undȱ legitimiert.41ȱErstȱvomȱEndeȱderȱVertauschungserzählungȱherȱerschließtȱ sichȱsoȱdasȱWirkenȱGottes,ȱindemȱErwählungȱundȱQualifizierungȱauchȱ zusammenfallenȱ undȱ soȱ einemȱ göttlichenȱ Planȱ entsprechen.ȱ Damitȱ istȱ fürȱ dieȱ Sonderrolleȱ nurȱ JHWHsȱ Handelnȱ konstitutiv,ȱ dasȱ Israelsȱ ErstlingstumȱunterȱdenȱVölkernȱlegitimiert.ȱȱ 3.2.2ȱJHWHȱalsȱGarantȱderȱSonderrolleȱIsraelsȱ DasȱMotivȱderȱVerwerfungȱdesȱErstgeborenenȱundȱderȱErwählungȱdesȱ jüngerenȱ Brudersȱ unterstreichtȱ Gottesȱ souveränesȱ geschichtsmächtigesȱ Handeln.ȱ Derȱ Begriffȱ „Erstlingstum“ȱ istȱ damitȱ inȱ besondererȱ Weiseȱ theologischȱ profiliert:ȱ Israelsȱ „Erstlingstumȱ unterȱ denȱ Völkern“ȱ verȬ weistȱ immerȱ undȱ grundsätzlichȱ aufȱ dieȱ Rolleȱ JHWHsȱ fürȱ Israel.ȱ Dieȱ natürlichenȱAbläufeȱwerdenȱdurchbrochen,ȱdaȱdieȱgöttlicheȱErwählungȱ imȱ Falleȱ Israelsȱ dieȱ geburtlicheȱ Dispositionȱ ersetzt:ȱ Erstlingstumȱ inȱ Israelȱ istȱ anȱ JHWHȱ gebundenȱ undȱ nichtȱ anȱ einȱ Geburtsrecht.ȱ Folglichȱ istȱauchȱIsraelȱinȱfundamentalerȱWeiseȱinȱseinerȱgesamtenȱExistenzȱaufȱ JHWHȱverwiesen,ȱderȱalsȱeinzigerȱwiederumȱIsraelsȱSonderrolleȱgaranȬ tierenȱkann.ȱDasȱBuchȱExodusȱgreiftȱdiesenȱAspektȱwiederȱauf:ȱDieȱGeȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 41ȱȱ Dieȱ Bestätigungȱ derȱ Vertauschungȱ durchȱ dasȱ Trennungsmotiv,ȱ dieȱ symbolischeȱ ErfüllungȱderȱLandverheißungȱdurchȱAltarbauȱundȱLandeserwerbȱsowieȱdieȱgeneaȬ logischeȱWeiterführungȱderȱHauptlinieȱ(vorȱallemȱinȱBezugȱaufȱdieȱkinderlosenȱErzȬ eltern)ȱverweisenȱinȱihrerȱLetztursacheȱaufȱJHWHȱselbstȱ(vgl.ȱdieȱAusführungenȱTeilȱ C.1.3).ȱ
3.ȱZuȱdenȱFunktionenȱdesȱVertauschungsmotivsȱ
273
nesisȱbeschreibtȱdasȱHervorkommenȱvonȱGottesȱErstlingȱausȱderȱMitteȱ derȱVölker.ȱInȱderȱExoduserzählungȱstehtȱJHWHȱganzȱexplizitȱfürȱseiȬ nenȱErstlingȱein.ȱSoȱheißtȱesȱgleichȱzuȱBeginnȱinȱderȱRedeȱJHWHsȱzumȱ Pharaoȱ(Exȱ4,22f):ȱȱ „MeinȱSohn,ȱmeinȱErstlingȱistȱIsraelȱ(laer"f.yI
yrIkob. ynIB.).ȱ[…]ȱ ^n>Bi-ta, grEho ykinOa').“ȱ
IchȱwerdeȱdeinenȱSohn,ȱdeinenȱErstlingȱtötenȱ(^r f[;Y:w: rm'a' rv,a]K; hr"f'-ta, dq;P' hw"hyw: !Beȱ („UndȱJHWHȱ suchteȱSaraȱheim,ȱwieȱerȱgesagtȱhatte,ȱundȱJHWHȱtatȱanȱSara,ȱwieȱerȱgeredetȱhatte.ȱ Undȱsieȱwurdeȱschwanger.“).ȱ 57ȱȱ Genȱ25,21:ȱ ATv.ai hq'b.rI rh;T;w: hw"hy> Al rt,['YEw: awhi hr"q'[] yKi ATv.ai xk;nOl. hw"hyl; qx'c.yI rT;[.YaoB. hk'l.nEw>/„LasstȱunsȱaufȱseinenȱWeȬ genȱ gehen“.ȱ Inȱ V.ȱ 5ȱ sindȱ dieȱ beidenȱ letztenȱ Silbenȱ weggelassen:ȱ hk'l.nEw>ȱ rAaB./„lasstȱ unsȱ gehenȱ imȱ Licht!“ȱ Dieȱ Verbindungȱ wirdȱ dadurchȱ deutȬ lich:ȱ Erstȱ wennȱ Israelȱ dieȱPfadeȱ Gottesȱ beschreitet,ȱ gibtȱ esȱ auchȱWege,ȱ ausȱ denenȱ JHWHȱ denȱ Völkernȱ Unterrichtȱ gebenȱ kann.ȱ Dieȱ Deutungȱ wirdȱimȱBlickȱaufȱdieȱtheologischeȱVerbindungȱvonȱJesȱ2,1Ȭ5ȱzuȱKapitelȱ 1ȱbestätigt.ȱDasȱMotiv,ȱdasȱdieȱbeidenȱTeileȱ–ȱWiederherstellungȱZionsȱ (Jesȱ1)ȱundȱWallfahrtȱderȱVölkerȱ(Jesȱ2)ȱ–ȱmiteinanderȱverbindet,ȱlautet:ȱ „dasȱ Wortȱ JHWHs/dieȱ Toraȱ unseresȱ Gottes“ȱ (Jesȱ 1,10)//ȱ „dieȱ Tora/dasȱ Wortȱ Gottes“ȱ (Jesȱ 2,3).89ȱ Wennȱ dieȱ Führerȱ undȱ dasȱ Volkȱ Jerusalemsȱ diesesȱWortȱannehmen,ȱumȱesȱzuȱbefolgen,ȱdannȱwerdenȱsichȱauchȱdieȱ VölkerȱzuȱdemȱGottȱhingezogenȱfühlen,ȱderȱdortȱWohnungȱgenommenȱ hatȱundȱdurchȱseineȱToraȱdemȱLebenȱderȱEinzelnenȱundȱderȱNationenȱ Richtungȱ verleiht.ȱ Soȱ wirdȱ derȱ Weltfriedenȱ inȱ Zionȱ seinenȱ Anfangȱ nehmen.ȱȱ IsraelȱwirdȱsoȱzumȱVorbildȱundȱzumȱSegensmittlerȱfürȱalleȱVölker.90ȱ Dieȱ Verantwortung,ȱ dieȱ Israelȱ durchȱ dasȱ Erstlingstumȱ aufgegebenȱ ist,ȱ verweistȱentsprechendȱauchȱaufȱGottesȱuniversalenȱPlanȱmitȱallenȱMenȬ schen.ȱȱ 3.3ȱRealgeschichtlicheȱFunktion:ȱErstlingstumȱinȱinterȬnationalerȱ Perspektiveȱ(Genȱ1Ȭ35)ȱ Dieȱ Frageȱ nachȱ denȱ gesellschaftlichen,ȱ politischenȱ undȱ ethnischenȱ (kurz:ȱ realgeschichtlichen)ȱ Funktionenȱ desȱ Vertauschungsmotivsȱ sollȱ anȱdieserȱStelleȱimȱVordergrundȱstehen.ȱEsȱseiȱanȱdieserȱStelleȱnochmalsȱ daraufȱ hingewiesen,ȱ dassȱ eineȱ konkreteȱ historischeȱ Situierungȱ diesesȱ MotivsȱnurȱbedingtȱmöglichȱistȱundȱaufgrundȱderȱgewähltenȱMethodeȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 88ȱȱ […]ȱ~Øil'v'Wrymi hw"hy>-rb;d>W hr"At aceTe !AYCimi yKi:ȱ„DennȱvomȱZionȱwirdȱToraȱausgehenȱundȱdasȱ WortȱJHWHsȱvonȱJerusalem.“ȱȱ 89ȱȱ Dieȱ umgekehrteȱ Reihenfolgeȱ ließeȱ vielleichtȱ einenȱ beabsichtigtenȱ Zusammenhangȱ vermutenȱ(s.ȱdazuȱBEENTJES,ȱQuotations,ȱ506–523).ȱȱ 90ȱȱ Dazuȱ PREUß:ȱ „Einȱ Erwählungsglaubeȱ undȱ einȱ Erwählungsdenkenȱ tendierenȱ aufȱ einenȱgewissenȱUniversalismusȱhin.“ȱ(PREUß,ȱTheologieȱdesȱAltenȱTestaments,ȱBd.ȱII,ȱ 306).ȱPREUßȱsprichtȱhierȱzwarȱallgemeinȱvonȱErwählungȱundȱnichtȱetwaȱvonȱVertauȬ schungȱ oderȱ Erstlingstum,ȱ seineȱ Schlüsseȱ zumȱ universalenȱ Heilsplanȱ Gottesȱ ziehtȱ PREUßȱallerdingsȱdurchȱVerweisȱaufȱbestimmteȱGenesisȬStellenȱ(soȱetwaȱGenȱ12).ȱ
3.ȱZuȱdenȱFunktionenȱdesȱVertauschungsmotivsȱ
285
inȱ dieserȱ Untersuchungȱauchȱ nichtȱ angezieltȱ ist.ȱ Lediglichȱ derȱ „Sitzȱ inȱ derȱLiteratur“ȱistȱamȱkonkretenȱTextȱmitȱeinigerȱSicherheitȱverifizierbar.ȱ Jedochȱ lassenȱ sichȱ anhandȱ derȱ erhobenenȱ Sinnpotentialeȱ desȱ Textesȱ vorsichtigȱ einigeȱ Aspekteȱ herausarbeiten,ȱ dieȱ fürȱ eineȱ möglicheȱ zeitliȬ cheȱVerortungȱhilfreichȱseinȱkönnen.ȱȱ Schautȱ manȱ inȱ dieȱ Forschungsgeschichte,ȱ soweitȱ sieȱ sichȱ mitȱ demȱ Phänomenȱ derȱ Vertauschungȱ desȱ Erstgeburtssegensȱ beschäftigte,ȱ fälltȱ sofortȱauf,ȱdassȱfürȱdieȱrealgeschichtlicheȱVerortungȱdiesesȱliterarischenȱ Phänomensȱ vorȱ allemȱ eineȱ spezifischeȱ Deutungskategorieȱ maßgeblichȱ ist:ȱ Dasȱ Vertauschungsmotivȱ wirdȱ aufgefasstȱ alsȱ Rechtfertigungȱ undȱ LegitimationȱderȱKönigsherrschaftȱSalomos91ȱbzw.ȱDavids.92ȱDieseȱangeȬ nommeneȱtextpragmatischeȱTendenzȱwirdȱvorȱallemȱdamitȱbegründet,ȱ dassȱ dieȱ Vertauschungenȱ beiȱ Davidȱ undȱ beiȱ Salomoȱ –ȱ jedenfallsȱ lautȱ denȱbiblischenȱErzählungen93ȱ–ȱvonȱentscheidenderȱBedeutungȱfürȱdeȬ renȱKönigtumȱsind.ȱDiesesȱLegitimationsdefizitȱderȱerstenȱisraelitischenȱ Königeȱ seiȱ dannȱ inȱ derȱ Genesisȱ sozusagenȱ schöpfungsȬȱ undȱ erwähȬ lungstheologischȱ verankertȱ wordenȱ undȱ damitȱ legitimiert.ȱ Zumeistȱ wirdȱdieȱTextgeneseȱdieserȱTraditionenȱauchȱinȱdiesemȱZeitraumȱverorȬ tet.ȱDasȱhoheȱAlterȱderȱTraditionenȱwirdȱinȱderleiȱKonzeptenȱmitȱHinȬ weisȱ aufȱ dieȱ altorientalischeȱ Literaturȱ bescheinigt,ȱ inȱ derȱ sichȱ fürȱ dieȱ VertauschungenȱAnalogienȱbenennenȱlassen:ȱȱ „Thisȱthesisȱ–ȱthatȱthereȱisȱaȱDavidic/SolomonicȱtendenzȱbehindȱtheȱfascinaȬ tionȱ withȱ theȱ son’sȱ eclipsingȱ theirȱ olderȱ brothersȱ –ȱ isȱ supported,ȱ thoughȱ hardlyȱproven,ȱbyȱancientȱanalogues,ȱwhichȱrangeȱfromȱancientȱNearȱEastȬ ernȱstoriesȱofȱIdrimi,ȱAshurbanipal,ȱEsarhaddon,ȱandȱHattusilisȱtoȱtheȱclasȬ sicalȱ accountsȱ ofȱ Romulusȱ undȱ Remusȱ orȱ Acrisiusȱ andȱ Proetus,ȱ andȱ beyond,ȱasȱinȱEgyptianȱmythsȱaboutȱHorusȱandȱSethȱorȱthoseȱofȱtheȱPersianȱ deitiesȱAhrimanȱandȱOhrmazd.”94ȱ
ZutreffendȱistȱhierȱzunächstȱdieȱBeobachtung,ȱdassȱsichȱGrundstruktuȬ renȱ desȱ Vertauschungsmotivsȱ inȱ derȱ Literaturȱ verschiedenerȱ antikerȱ Kulturenȱ findenȱ lassen,ȱ u.a.ȱ imȱ ugaritischenȱ KeretȬEposȱ oderȱ inȱ derȱ ägyptischenȱErzählungȱvonȱSethȱundȱdessenȱjüngeremȱBruderȱHorus.95ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 91ȱȱ Soȱz.B.ȱKOCHANEK,ȱLaȱtableȱdesȱnations,ȱ276;ȱs.ȱnochȱdieȱHinweiseȱbeiȱGREENSPAHN,ȱ WhenȱBrothersȱDwellȱtogether,ȱ7f.ȱ142Ȭ144,ȱdortȱbes.ȱAnm.ȱ7.ȱ 92ȱȱ Vgl.ȱdieȱHinweiseȱbeiȱFOX,ȱYoungerȱBrother,ȱ47Ȭ59ȱundȱGREENSPAHN,ȱWhenȱBrothersȱ Dwellȱtogether,ȱ9Ȭ29.ȱ 93ȱȱ DieȱDetailsȱmüssenȱhierȱnichtȱmehrȱausgeführtȱwerden,ȱs.ȱdazuȱTeilȱB.7.3.ȱ 94ȱȱ GREENSPAHN,ȱWhenȱBrothersȱDwellȱtogether,ȱ142f.ȱ 95ȱȱ DazuȱFOX,ȱYoungerȱBrother,ȱ47.ȱZumȱGanzenȱs.ȱnochȱdieȱHinweiseȱbeiȱFOX,ȱYoungerȱ Brother,ȱ 47;ȱ GREENSPAHN,ȱ Whenȱ Brothersȱ Dwellȱ together,ȱ 6ȱ u.ȱ HIEKE,ȱ Genealogien,ȱ 38f.ȱ Selbstȱ inȱ europäischenȱ Märchenȱ lässtȱ sichȱ dasȱ Motivȱ derȱ rivalisierendenȱ GeȬ
286
TeilȱC:ȱSystematisierendeȱSyntheseȱ
ProblematischȱistȱallerdingsȱdieȱAuswertungȱdesȱBefundes.ȱDieȱinȱdenȱ außerbiblischenȱ Textenȱ beschlossenenȱ Traditionenȱ reichenȱ vonȱ vorgeȬ burtlichenȱ Auseinandersetzungenȱ bisȱ hinȱ zuȱ persönlichenȱ Kämpfenȱ zweierȱ Konkurrenten.ȱ Dieȱ Vertauschungȱ desȱ Erstgeburtssegensȱ stehtȱ beiȱdenȱwenigstenȱimȱVordergrund.ȱGemeinsamȱistȱallenȱTextenȱsicherȬ lichȱdieȱFrageȱnachȱLegitimationȱvonȱHerrschaft,ȱdieȱauchȱinȱderȱGeneȬ sisȱeineȱwichtigeȱRolleȱspielt.ȱAllerdingsȱkannȱvonȱdieserȱBeobachtungȱ nochȱ keinȱ Rückschlussȱ aufȱ dieȱ Funktionȱ desȱ Vertauschungsmotivsȱ inȱ seinemȱ (hypothetischen)ȱ historischenȱ Kontextȱ erfolgen.ȱ Dieȱ dochȱ sehrȱ divergentenȱ Quellenȱ solltenȱ nichtȱ einfachȱ homogenisiertȱ werden,ȱ umȱ dadurchȱ einlinigȱ eineȱ Begründungȱ desȱ Vertauschungsmotivsȱ zuȱ stütȬ zen.ȱ Ziehtȱ manȱ dieȱ bisherigenȱ Erkenntnisseȱ derȱ vorliegendenȱ Arbeitȱ heran,ȱistȱ dieȱ etwasȱ einseitigeȱ Gleichungȱ „Legitimationȱ =ȱ Legitimationȱ derȱ Herrschaftȱ Davidsȱ oderȱ Salomos“ȱ dochȱ rechtȱ unwahrscheinlich.ȱ SchonȱdieȱbloßeȱtextlicheȱVerteilungȱdesȱVertauschungsmotivs,ȱdessenȱ textlichesȱHauptgewichtȱgeradeȱinȱderȱGenesisȱliegtȱundȱaußerhalbȱderȱ Genesisȱ nurȱ inȱ einzelnenȱ Grundelementenȱ auftrittȱ (Teilȱ B.7),ȱ sprichtȱ gegenȱdieseȱThese,ȱzumindestȱinȱdieserȱmonokausalenȱForm.ȱDieȱbisheȬ rigenȱErgebnisseȱdieserȱUntersuchungȱkonntenȱinȱderȱdetailliertenȱliteȬ rarischenȱ Beschreibungȱ(Teilȱ B)ȱ sowieȱ inȱ derȱ Beschreibungȱ derȱ EinzelȬ elementeȱ undȱ Erzählstrategienȱ (Teilȱ C.1)ȱ aberȱ auchȱ zeigen,ȱ dassȱ zweiȱ bisherȱ inȱ derȱ Forschungȱ alsȱ Grundkonstantenȱ geltendeȱ FunktionsbeȬ stimmungenȱundȱderenȱhistorischeȱVerortungȱnichtȱmehrȱohneȱWeiteȬ resȱ gegebenȱ sind:ȱ Wederȱ lassenȱ sichȱdieȱ Erzählungenȱ ausȱgesetzlichenȱ Bestimmungenȱableitenȱ(etwaȱeinerȱ„Ultimogenitur“96),ȱnochȱwirdȱüberȱ dieȱ Vertauschungenȱ einȱ früheresȱ Stadiumȱ israelitischerȱ ReligionsgeȬ schichteȱkonserviertȱ(deȱVaux97).ȱDieȱPointeȱderȱbiblischenȱTexteȱliegtȱjaȱ geradeȱdarin,ȱdassȱdasȱErstgeburtsrechtȱnachȱantikemȱVorbildȱundȱdasȱ Erstlingstumȱ nachȱ biblischerȱ Vorstellungȱ inȱ gleicherȱ Weiseȱ imȱ Textȱ präsentȱundȱeinanderȱgegenübergestelltȱwerdenȱ(TeilȱC.3.1).ȱȱ ȱ EsȱwirdȱanȱdieserȱStelleȱdaherȱeinȱandererȱWegȱvorgeschlagen,ȱumȱsichȱ derȱ realgeschichtlichenȱ Funktionȱ derȱ Texteȱ anzunähern.ȱ Daȱ fürȱ dieȱ VertauschungenȱinȱGenȱ1Ȭ4.5Ȭ35ȱundȱdiejenigenȱinȱGenȱ36.37Ȭ50ȱunterȬ schiedlicheȱ textpragmatischeȱ Tendenzenȱ beobachtetȱ wurdenȱ (Teilȱ C.3.2),ȱ sindȱ beideȱ Textabschnitteȱ auchȱ gesondertȱ aufȱ derenȱ realgeȬ schichtlicheȱFunktionȱhinȱzuȱuntersuchen.ȱFürȱdenȱAbschnittȱGenȱ1Ȭ4.5Ȭ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ schwisterȱaufgrundȱempfundenerȱUngerechtigkeitȱwiederfinden,ȱsoȱz.B.ȱinȱ„AschenȬ puttel“ȱoderȱinȱHansȱChristianȱAndersensȱ„DasȱhässlicheȱEntlein“.ȱ 96ȱȱ S.ȱdazuȱTeilȱA.2.4.ȱ 97ȱȱ S.ȱdazuȱTeilȱA.2.4.ȱ
3.ȱZuȱdenȱFunktionenȱdesȱVertauschungsmotivsȱ
287
35ȱ konnteȱ gezeigtȱ werden,ȱ dassȱ dieȱ Vertauschungserzählungenȱ eineȱ engeȱ Verbindungȱ mitȱ demȱ genealogischenȱ Systemȱ eingehenȱ (vgl.ȱ Teilȱ C.2;ȱ C.3.1)ȱ undȱ hierüberȱ nichtȱ nurȱ amȱ Erzählaufrissȱ derȱ gesamtenȱ GeȬ nesisȱpartizipieren,ȱsondernȱdiesenȱauchȱwesentlichȱmitbestimmen.ȱEinȱ Merkmalȱ derȱ biblischenȱ genealogischenȱ Systemeȱ istȱ es,ȱ dassȱ sichȱ derȱ Textȱ gegenȱ eineȱ allzuȱ engeȱ Festlegungȱ aufȱ konkreteȱ historischeȱ Datenȱ sperrtȱ undȱ immerȱ einerȱ gewissenȱ Variabilitätȱ (fluidity98)ȱ unterliegt.ȱ HierzuȱschreibtȱHieke:ȱȱ „DieȱTrägerȱderȱgenealogischenȱLinienȱ(derȱHauptlinienȱundȱderȱNebenliȬ nien)ȱsindȱnichtȱ1:1ȬCodes,ȱdieȱfürȱeineȱbestimmteȱhistorischeȱWirklichkeitȱ (einȱVolk,ȱeineȱGruppe)ȱstehen,ȱsondernȱIdentitätsfiguren,ȱdieȱdieȱMöglichȬ keitȱ zurȱ Identifizierungȱ („wir“)ȱ undȱ zurȱ Abgrenzungȱ („dieȱ anderen“)ȱ bieȬ ten.“99ȱȱ
TatsächlichȱistȱdieȱwohlȱwichtigsteȱAufgabeȱundȱFunktionȱvonȱGeneaȬ logienȱdieȱKonstruktionȱeinerȱIdentität.100ȱDerȱTextȱsprichtȱallerdingsȱinȱ Chiffrenȱ undȱ erlaubtȱ soȱ eineȱ Aktualisierungȱ undȱ Übertragung.ȱ Dasȱ kannȱ manȱ schonȱ daranȱ ablesen,ȱ dassȱ überwiegendȱ nichtȱ ethnischeȱ Terminiȱ(Völkerbezeichnungen)ȱauftauchen,ȱsondernȱFamiliengeschichȬ tenȱ erzähltȱ werden.ȱ Dieȱ Volksgeschichteȱ Israelȱ wirdȱ erzähltȱ alsȱ FamiȬ liengeschichte.ȱAusȱdemȱWissenȱumȱdieȱVeränderlichkeitȱderȱGenealoȬ gienȱ istȱ derȱ Rückschlussȱ aufȱ konkreteȱ geschichtlicheȱ Entwicklungenȱ daherȱ nichtȱ möglich.101ȱ Umgekehrtȱ kannȱ manȱ aberȱ davonȱ ausgehen,ȱ dassȱ imȱ genealogischenȱ Systemȱ derȱ Genesisȱ bestimmteȱ GrunderfahȬ rungenȱ narrativȬtheologischȱ entfaltetȱ werden,ȱ dieȱ fürȱ dieȱ Identitätȱ desȱ Volksganzenȱparadigmatischȱsind.102ȱDasselbeȱwürdeȱdannȱauchȱfürȱdieȱ Vertauschungserzählungenȱ gelten:ȱ Sieȱ artikulierenȱ eineȱ bestimmteȱ GrunderfahrungȱIsraels.ȱDiesȱermöglichtȱeineȱAnpassungȱanȱsichȱveränȬ derndeȱZeitumständeȱundȱgesellschaftlicheȱBedingungen.ȱ Dieseȱ Grunderfahrungȱ könnteȱ fürȱ Israelȱ inȱ derȱ geschichtlichenȱ Wirklichkeitȱ undȱ widersprüchlichenȱ Wirklichkeitserfahrungenȱ liegen.ȱ Folgtȱ manȱ demȱ Bildȱ Israels,ȱ wieȱ esȱ sichȱ inȱ derȱ Genesisȱ darstellt,ȱ wirdȱ hierȱIsraelȱalsȱderȱkleineȱBruderȱimȱAngesichtȱderȱgroßenȱNationenȱporȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 98ȱȱ Denȱ Gedankenȱ einerȱ genealogicalȱ fluidityȱ hatȱ u.a.ȱ imȱ Ansatzȱ schonȱ BERTHOLET,ȱ KulȬ turgeschichte,ȱ86f,ȱformuliert.ȱ 99ȱȱ HIEKE,ȱGenealogien,ȱ348.ȱ 100ȱȱ ZurȱBandbreiteȱderȱFunktionenȱvonȱGenealogienȱs.ȱgrundsätzlichȱdieȱAusführungenȱ vonȱWILSON,ȱz.B.ȱinȱseinemȱArtikelȱ„Betweenȱ‚Azel‘ȱandȱ‚Azel‘“,ȱ19.ȱ 101ȱȱ Grundlegendȱ hierzuȱ KUNIN,ȱ Logic,ȱ 178Ȭ182;ȱ WILSON,ȱ Genealogy,ȱ 27Ȭ36ȱ undȱ MALAMAT,ȱTribalȱSocieties,ȱ133.ȱ 102ȱȱ Zumȱ paradigmatischenȱ Charakterȱ vgl.ȱ nochȱ dieȱ Ausführungenȱ zurȱ kanonischenȱ Funktionȱ(TeilȱC.3.5).ȱ
288
TeilȱC:ȱSystematisierendeȱSyntheseȱ
trätiertȱ–ȱ„helplessȱinȱtheȱfaceȱofȱtheȱworldȱevents.”103ȱ(TeilȱC.3.1.2).ȱEsȱ gehtȱ inȱ denȱ Vertauschungserzählungenȱ umȱ dieȱ Daseinsberechtigungȱ Israels,ȱ dieȱ Legitimationȱ seinerȱ Sonderrolleȱ undȱ denȱ Geltungsanspruchȱ einesȱ kleinenȱ Volkesȱ inmittenȱ derȱ Vielzahlȱ teilsȱ größerer,ȱ ältererȱ undȱ kulturellȱdominierenderȱNationenȱ(TeilȱC.3.1ȱundȱ3.2).ȱIsraelȱmussȱsichȱ mitȱ demȱ großenȱ Bruder,ȱ denȱ größerenȱ Völkernȱ arrangieren,ȱ dennȱ esȱ existiertȱ immerȱ „imȱ Angesicht“ȱ derȱ übrigenȱ Nationen.ȱ Dieȱ Israelȱ umȬ ringendenȱ älterenȱ undȱ größerenȱ Nationenȱ sindȱ wesentlichȱ inȱ dessenȱ Identitätskonstruktionȱ integriert:ȱ Derȱ ältereȱ Bruderȱ bleibtȱ alsȱ natürliȬ cherȱErstgeborenerȱimmerȱimȱBlick.ȱMitȱKaminskyȱkannȱmanȱhierȱvonȱ „Israel’sȱ senseȱ ofȱ herȱ lateȬbornȱ status“ȱ 104ȱ unterȱ denȱ anderenȱ Völkernȱ sprechen.ȱ Derȱ gesegneteȱ jüngereȱ Bruderȱ existiertȱ imȱ Angesichtȱ desȱ nichtȬgesegnetenȱBruders.ȱ Dasȱ Vertauschungsmotivȱ kannȱ hierȱ alsȱ narrativȬtheologischerȱ NachȬ hallȱdessenȱverstandenȱwerden,ȱdassȱIsraelȱeineȱvölligȱ„unwahrscheinliȬ che“ȱGeschichteȱhat.ȱDieȱErzählungenȱversuchenȱdenȱscheinbaren,ȱaberȱ erfahrbarenȱ Widerspruchȱ zwischenȱ derȱ geglaubtenȱ Sonderrolleȱ Israelsȱ aufȱ derȱ einenȱ Seiteȱ undȱ derȱ „realityȱ ofȱ politicalȱ weakness“105ȱ aufȱ derȱ anderenȱtheologischȱzuȱdeutenȱundȱsoȱihrenȱPlatzȱinȱderȱVölkerweltȱzuȱ finden.ȱ Dieȱ widersprüchlichenȱ Wirklichkeitserfahrungenȱ Israelsȱ sindȱ geradeȱinȱeinerȱZeitȱplausibelȱzuȱmachen,ȱinȱderȱIsraelȱseineȱEigenstaatȬ lichkeitȱ verlorenȱ hatȱ undȱ durchȱ Fremdbeherrschungȱ umȱ dieȱ eigeneȱ RolleȱimȱVölkerganzenȱundȱdieȱGrundkoordinatenȱderȱeigenenȱIdentiȬ tätȱ ringt,ȱ alsoȱ nichtȱ vorȱ derȱ exilisch/nachexilischenȱ Zeit.ȱ Dieȱ inȱ dieserȱ geschichtlichenȱSituationȱimȱVergleichȱzuȱdenȱherrschendenȱundȱprosȬ perierendenȱ Völkernȱ fürȱ Israelȱ erfahrbareȱ „Zweitrangigkeit“ȱ wirdȱ durchȱ dasȱ Vertauschungsmotivȱ kompensiert:ȱ JHWHȱ schautȱ inȱ seinerȱ freienȱ Souveränitätȱ ebenȱ auchȱ aufȱ denȱ „jüngerenȱ Bruder“,ȱ ohneȱ dassȱ dieserȱsichȱdiesenȱStatusȱverdientȱhätte.ȱKaminskyȱerfasstȱdenȱtheologiȬ schenȱ Kernȱ desȱ Vertauschungsmotivsȱ völligȱ zutreffend,ȱ wennȱ erȱ zumȱ SchlussȱseinerȱStudieȱresümiert:ȱȱ „[…]ȱinȱaȱnumberȱofȱthemȱ(scl.ȱtheseȱstories)ȱtheȱyoungerȱsiblingȱwhoȱevenȬ tuallyȱ triumphsȱ isȱ portrayedȱ asȱ aȱ character,ȱ whoȱ […]ȱ isȱ seriouslyȱ flawed.ȱ […]ȱTheȱemphasisȱofȱtheseȱstoriesȱonȱtheȱupsettingȱofȱhumanȱexpectationsȱ byȱnotingȱgod’sȱmysteriousȱelectionȱofȱtheȱyoungestȱchild,ȱevenȱwhenȱheȱisȱ flawed,ȱ mustȱ certainlyȱ reflectȱ aȱ deepȬseatedȱ Israeliteȱ perceptionȱ thatȱ theirȱ
ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 103ȱȱ FOX,ȱYoungerȱBrother,ȱ63.ȱ ȱ 104ȱȱ KAMINSKY,ȱYetȱIȱLovedȱJacob,ȱ77.ȱ 105ȱȱ Zitatȱ s.ȱ Klappentextȱ desȱ Einbandes.ȱ Dieȱ Ausführungenȱ dazu:ȱ GREENSPAHN,ȱ Whenȱ BrothersȱDwellȱtogether,ȱ141Ȭ160.ȱ
3.ȱZuȱdenȱFunktionenȱdesȱVertauschungsmotivsȱ
289
nationȱ isȱ blessed,ȱ butȱ hasȱ notȱ earnedȱ thisȱ blessednessȱ primarilyȱ throughȱ meȬ rit.“106ȱȱ
DurchȱJHWHȱundȱnichtȱdurchȱhistorischeȱZufälligkeitenȱoderȱdenȱVorȬ rangȱ einesȱ Erstgeburtsrechtsȱ empfängtȱ Israelȱ seineȱ Legitimation.ȱ Aufȱ JHWHȱistȱIsraelȱverwiesen,ȱvonȱihmȱherȱweißȱIsraelȱsichȱinȱseinerȱExisȬ tenzȱbestimmt.ȱȱ Bemerkenswertȱist,ȱdassȱsichȱIsraelȱnichtȱ–ȱinȱeinerȱArtȱGegenbeweȬ gungȱzurȱWirklichkeitserfahrungȱ–ȱalsȱperȱseȱerwähltesȱundȱbevorzugtesȱ Volkȱcharakterisiert.ȱIsraelȱerfülltȱseineȱSonderrolleȱinȱdemȱBewusstseinȱ „Erstling“ȱzuȱseinȱundȱnichtȱeinfachȱnurȱalsȱ„natürlicherȱErstgeborener“ȱ unterȱdenȱVölkernȱzuȱexistieren,ȱd.h.ȱmitȱeinem,ȱetwaȱschöpfungstheoȬ logischȱ garantierten,ȱ Sonderrecht.ȱ Mitȱ derȱ Sonderrolleȱ Israelsȱ alsȱ ErstȬ lingȱunterȱdenȱVölkernȱgehtȱauchȱdieȱVerantwortungȱeinher,ȱdieȱIsraelȱ inȱdieserȱSonderrolleȱübernimmt.ȱErstlingstumȱinȱIsraelȱistȱkeinȱSelbstȬ zweck,ȱ sondernȱ immerȱ zugleichȱ Privilegȱ wieȱauchȱ Pflichtȱ undȱ VerantȬ wortungȱ(vgl.ȱTeilȱC.3.2.2).ȱEsȱistȱinȱdiesemȱZusammenhangȱnochȱeinȬ malȱ eigensȱ hervorzuheben,ȱ dassȱ Israelȱ sichȱ überȱ dieȱ VertauschungsȬ erzählungenȱ vorȱ allemȱ inȱ einerȱ ethischȬsittlichenȱ Dimensionȱ inȱ seinerȱ SonderrolleȱalsȱErstlingȱdefiniertȱ–ȱdafürȱsprechenȱderȱausführlichȱnarȬ rativȱentfalteteȱQualifizierungsprozess,ȱinȱderȱsichȱderȱErstlingȱerstȱalsȱ solcherȱ erweisenȱ muss,ȱ sowieȱ dieȱ innerfamiliäreȱ Solidarität,ȱ dieȱ durchȬ gängigȱalsȱKriteriumȱfürȱdieȱQualifizierungȱebensoȱwieȱfürȱdeȱDisqualiȬ fizierungȱ angewandtȱ wird.ȱ Dieȱ politischeȱ Dimensionȱ derȱ Sonderrolleȱ wirdȱ hingegenȱ nichtȱ gesondertȱ betont.ȱ Dasȱ istȱ sicherlichȱ zumȱ einenȱ ReflexȱeinerȱWirklichkeitserfahrung,ȱinȱderȱIsraelȱüberȱeineȱlängereȱZeitȱ undȱ ohneȱ absehbaresȱ Endeȱ vonȱ anderenȱ Völkernȱ fremdbestimmtȱ ist.ȱ ZumȱanderenȱmachtȱsichȱIsraelȱmitȱderȱIdentitätsbestimmungȱalsȱErstȬ lingȱ einenȱ großenȱ Anspruchȱ zuȱ eigen,ȱ derȱ esȱ vonȱ denȱ Fremdvölkernȱ fundamentalȱ unterscheidet.ȱ Dasȱ eigeneȱ Scheiternȱ anȱ diesemȱ ethischȬ sittlichenȱ Anspruchȱ wirdȱ fürȱ Israelȱ ebensoȱ eineȱ Grunderfahrungȱ sein.ȱ Allerdingsȱ wirdȱ Israelȱ dadurchȱ nieȱ vonȱ JHWHȱ verworfen.ȱ Erwählungȱ undȱ Qualifizierungȱ tretenȱ inȱ allenȱ Vertauschungserzählungenȱ nieȱ grundsätzlichȱ auseinander.ȱ Derȱ ethischeȱ Anspruchȱ istȱ entsprechendȱ eineȱKategorie,ȱaufȱdieȱalsȱIdentitätsmerkmalȱimmerȱwiederȱverwiesenȱ werdenȱkann.ȱDieserȱAnspruchȱbleibtȱgrundsätzlichȱbestehen.ȱHingegenȱ sindȱdieȱrealpolitischenȱUmständeȱimmerȱeinemȱWandelȱunterworfen.ȱ Würdeȱ Israelȱ sichȱ inȱ seinerȱ Sonderrolleȱ alsȱ politischeȱ Größeȱ definieren,ȱ wäreȱdiesesȱBildȱbeiȱverändertenȱKonstellationenȱschnellȱhinfälligȱundȱ theologischȱüberholt.ȱDasselbeȱgiltȱfürȱdieȱInstitutionenȱinnerhalbȱIsraȬ els,ȱdieȱüberȱdasȱVertauschungsmotivȱebenfallsȱinȱGottȱgegründetȱsindȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 106ȱȱ KAMINSKY,ȱYetȱIȱLovedȱJacob,ȱ77ȱ(HervorhebungenȱBH).ȱ
290
TeilȱC:ȱSystematisierendeȱSyntheseȱ
(TeilȱC.3.2.3).ȱÜberȱdieseȱVerankerungȱkönnenȱPriestertumȱundȱKönigȬ tumȱ alleȱ institutionellenȱ Krisenȱ (Zerstörungȱ desȱ erstenȱ Tempels;ȱ Exil,ȱ Rivalitätenȱetc.)ȱüberstehen.ȱDerȱethischȬsittlicheȱAnspruchȱdieserȱInstiȬ tutionenȱhingegenȱbleibtȱimmerȱbestehen.ȱȱ Zusammenfassendȱkannȱmanȱsagen,ȱdassȱdasȱVertauschungsmotivȱ sichȱinȱseinerȱVielschichtigkeitȱundȱAusdifferenzierungȱdazuȱeignet,ȱdieȱ KomplexitätȱderȱWirklichkeitȱdifferenziertȱwahrzunehmen,ȱdieseȱliteraȬ rischȱ zuȱ reflektierenȱ undȱ theologischȱ zuȱ interpretieren.ȱ Dieȱ Stärkeȱ desȱ Vertauschungsmotivsȱliegtȱgeradeȱdarin,ȱdassȱesȱnichtȱinȱeinerȱkonkreȬ tenȱhistorischenȱSituationȱseinenȱAnlassȱfindetȱundȱdarinȱaufgeht,ȱsonȬ dernȱ –ȱ undȱ hierȱ istȱ esȱ vergleichbarȱ mitȱ derȱ sog.ȱ fluidityȱ derȱ genealogiȬ schenȱ Systemeȱ –ȱ durchȱ seineȱ Variabilitätȱ anȱ unterschiedlicheȱ SituatioȬ nenȱundȱgesellschaftlicheȱBedingungenȱanpassbarȱist.ȱSomitȱkannȱgeneȬ rationsȬȱundȱsituationsübergreifendȱeineȱparadigmatischeȱGrunderfahrungȱ Israelsȱkommunizierbarȱgemachtȱwerden.ȱ
3.4ȱRealgeschichtlicheȱFunktion:ȱErstlingstumȱinȱinnerȬisraelitischerȱ Perspektiveȱ(Genȱ36Ȭ50)ȱ Genȱ 36Ȭ50,ȱ dieȱ Vertauschungserzählungȱ umȱ Josephȱ undȱ Juda,ȱ nimmtȱ innerhalbȱ derȱ Vertauschungsthematikȱ derȱ Genesisȱ eineȱ Sonderrolleȱ ein107,ȱ soȱ dassȱ hierfürȱ inȱ gesonderterȱ Weiseȱ nachȱ Textpragmatikȱ undȱ historischenȱ Hintergründenȱ gefragtȱ werdenȱ muss:ȱ Imȱ Gegensatzȱ zurȱ Ausschließlichkeitȱ vonȱ Erwählungȱ undȱ Qualifizierungȱ inȱ Genȱ 1Ȭ4.5Ȭ35ȱ stehtȱamȱEndeȱderȱJosephȬJudaȬErzählungȱeinȱAusgleichȱzwischenȱJudaȱ undȱ Joseph.ȱ Dieseȱ bipolareȱ Konstruktionȱ derȱ Herrschaftȱ inȱ Israelȱ überȱ dieȱRollenverteilungȱvonȱErstlingstumȱundȱKönigtumȱweistȱinȱgewisserȱ Weiseȱ bisȱ inȱ dieȱ Königbücherȱ voraus.ȱ Dieȱ Frageȱ nachȱ denȱ beidenȱ KöȬ nigtümernȱ inȱ Israelȱ bildetȱ dieȱ Grundkonstellationȱ derȱ Königbücher.ȱ Genȱ 37Ȭ50ȱ scheintȱ dieseȱ Konstellationȱ zuȱ reflektieren108,ȱ umȱ dannȱ eineȱ eigenständigeȱ Lösungȱ derȱ Problematikȱ inȱ Formȱ einesȱ Konzeptesȱ derȱ Rollenverteilungȱ zuȱ bieten.ȱ Inȱ literarischerȱ Perspektiveȱ gibtȱ sichȱ dieȱ JosephȬJudaȬErzählungȱalsȱgemeinsameȱErzählungȱvonȱ„Nordreich“ȱundȱ „Südreich“.ȱ Jedochȱ lassenȱ sichȱ m.E.ȱ dieȱ Feinsinnigkeitȱ undȱ dieȱ bisȱ insȱ kleinsteȱ Detailȱ austariertenȱ Nuancenȱ derȱ Rollenverteilungȱ nichtȱ reinȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 107ȱȱ Aufȱ dieȱ Sonderrolleȱ derȱ JosephȬJudaȬErzählungȱ istȱ innerhalbȱ dieserȱ Arbeitȱ schonȱ mehrfachȱhingewiesenȱworden;ȱvgl.ȱTeilȱC.1.5.ȱ 108ȱȱ Nachȱ1ȱKönȱ11,28ȱkommtȱderȱNordreichskönigȱJerobeamȱIȱausȱdemȱHauseȱEphraim.ȱ DieȱHinweiseȱaufȱdasȱKönigtumȱinȱIsraelȱimȱAllgemeinenȱundȱaufȱdasȱjudäischeȱimȱ SpeziellenȱwarenȱschonȱbeiȱderȱBesprechungȱderȱJosephȬJudaȬErzählungȱaufgefallenȱ (s.ȱdortȱTeilȱB.6.5.1).ȱ
3.ȱZuȱdenȱFunktionenȱdesȱVertauschungsmotivsȱ
291
narrativȱklären.ȱAllzuȱgreifbarȱundȱausdifferenziertȱistȱdasȱRingenȱumȱ dieȱ führendeȱ Positionȱ inȱ Israel,ȱ wieȱ esȱ inȱ derȱ JosephȬJudaȬErzählungȱ literarischȱ aufgearbeitetȱ wird.ȱ Dieȱ Spannungenȱ undȱ Differenzen,ȱ dieȱ dieȱ Fragenȱ nachȱ denȱ legitimenȱ Herrschaftsstrukturenȱ aufwerfen,ȱ sindȱ zuȱdeutlichȱwahrnehmbar,ȱalsȱdassȱesȱsichȱumȱbloßeȱhistorischeȱErinneȬ rungenȱ anȱ einȱ ehemalsȱ zweigeteiltesȱ Israelȱ (etwaȱ dasȱ davidischȬ salomonischeȱGroßreich)ȱhandelnȱkönnte,ȱdieȱüberȱverschiedeneȱQuelȬ lenȱ Eingangȱ inȱ dieȱ Erzählungȱ gefundenȱ hättenȱ undȱ darinȱ konserviertȱ wordenȱwären.ȱEsȱscheintȱsichȱumȱeinenȱ–ȱinȱderȱErzählzeitȱ–ȱaktuellenȱ undȱpräsentenȱKonfliktȱzwischenȱisraelitischenȱGruppierungenȱzuȱhanȬ deln,ȱdieȱumȱFührungȱundȱMachtansprücheȱinnerhalbȱ„Israels“ȱringen.ȱ BlicktȱmanȱaufȱdieȱGeschichteȱIsraels,ȱsoweitȱsieȱrekonstruierbarȱist,ȱ scheintȱdieseȱSituationȱnurȱerklärbarȱzuȱseinȱaufȱdemȱHintergrundȱderȱ durchausȱ konfliktreichenȱ Beziehungenȱ undȱ Rivalitätenȱ zwischenȱ denȱ verwandtenȱ samaritanischenȱ undȱ judäischenȱ Kultgemeindenȱ anȱ GariȬ zimȱundȱZionȱinȱderȱZeitȱnachȱdemȱbabylonischenȱExil.ȱDasȱProblemȱistȱ aufȱ derȱ einenȱ Seiteȱ derȱ herrschaftlicheȱ Machtanspruchȱ Judasȱ undȱ aufȱ derȱ anderenȱ Seiteȱ dieȱ kulturellȱ dominierendeȱ samaritanischeȱ GarizimȬ Gemeinde.ȱ Beideȱ Gemeindenȱ verstandenȱ sichȱ alsȱ dasȱ „wahreȱ Israel“,ȱ wodurchȱ esȱ zuȱ konfliktbehaftetenȱ Auseinandersetzungenȱ zwischenȱ beidenȱ Gemeinschaftenȱ kam,ȱ dieȱ sichȱ auchȱ literarisch,ȱ nämlichȱ inȱ derȱ Tora,ȱniederschlugen.ȱȱ Dieseȱ Theseȱ istȱ voraussetzungsreichȱ undȱ imȱ Rahmenȱ derȱ neuerenȱ PentateuchȬForschungȱ nichtȱ selbstverständlich.ȱ Mithinȱ istȱ esȱ dafürȱ erȬ forderlich,ȱdieȱgegenwärtigȱgreifbarenȱDaten,ȱdieȱRückschlüsseȱaufȱdasȱ Verhältnisȱ zwischenȱ Judaȱ undȱ Samariaȱ inȱ derȱ fürȱ dieȱ Entstehungȱ desȱ Pentateuchsȱ wichtigenȱ persischenȱ Epocheȱ zulassen,ȱ umfassendȱ auszuȬ werten.ȱ Allerdingsȱ istȱ einȱ zuverlässigesȱ Bildȱ derȱ Provinzȱ Samariaȱ –ȱ hieraufȱ hatȱ jüngstȱ Grätzȱ inȱ einerȱ Studieȱ erneutȱ hingewiesenȱ –ȱ immerȱ nochȱ„einȱDesideratȱderȱLiteraturȱderȱGeschichteȱIsraels,ȱdieȱsichȱabȱdemȱ Zeitpunktȱ derȱ Zerstörungȱ Samariasȱ zumeistȱ alleinȱ demȱ Schicksalȱ JuȬ das/Judäasȱ zugewendetȱ undȱ damitȱ vollȱ undȱ ganzȱ derȱ alttestamentliȬ chenȱ Darstellungȱ folgt.“109ȱ Vorȱ diesemȱ Problemhorizontȱ verstehtȱ sichȱ dieȱTheseȱausdrücklichȱalsȱeinȱmöglicherȱDeutungsȬVorschlag,ȱderȱinȱdieȱ gegenwärtigeȱ Diskussionȱ mitȱ eingebrachtȱ werdenȱ soll.ȱ Esȱ werdenȱ zuȬ nächstȱinȱdreiȱSchrittenȱdieȱVoraussetzungenȱderȱhistorischenȱundȱliteȬ rarhistorischenȱ Situierungȱ näherȱ dargelegtȱ (Kap.ȱ 3.4.1Ȭ3.4.2)ȱ bevorȱ abȬ schließendȱ (Kap.ȱ 3.4.3)ȱ einȱ Versuchȱ unternommenȱ wird,ȱ dieȱ VertauschungserzählungenȱvonȱGenȱ36Ȭ50ȱkonkretȱvorȱdiesemȱhistoriȬ schenȱHintergrundȱzuȱlesen.ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 109ȱȱ Vgl.ȱGRÄTZ,ȱZuȱeinemȱEssayȱvonȱAlbrechtȱAlt,ȱ171–184;ȱZitatȱ173.ȱ
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TeilȱC:ȱSystematisierendeȱSyntheseȱ
3.4.1ȱ„Samaria“ȱimȱLichteȱneuererȱepigraphischerȱundȱarchäologischerȱ Evidenzenȱ DieȱSamaritanerforschungȱistȱeinȱjungesȱundȱnichtȱunumstrittenesȱForȬ schungsgebiet.ȱ Vorȱ hundertfünfundvierzigȱ Jahrenȱ schriebȱ Geiger:ȱ „MögeȱdieȱAufmerksamkeitȱderȱGelehrtenȱdenȱvernachlässigtenȱSamaȬ ritanernȱ[…]ȱwiederȱernstlichȱzugewendetȱwerden!“110ȱTatsächlichȱsollteȱ esȱ aberȱ einigeȱ Zeitȱ dauern,ȱ bisȱ dieȱ Bedeutungȱ derȱ Samaritanerȱ fürȱ dieȱ israelitischeȱ Realgeschichteȱ mehrȱ undȱ mehrȱ inȱ denȱ Fokusȱ derȱ ForȬ schungȱ rückte.ȱ Diesȱ hatteȱ mithinȱ damitȱ zuȱ tun,ȱ dassȱ dieȱ Entwürfeȱ zuȱ denȱ Ursprüngenȱ dieserȱ Religionsgemeinschaft,ȱ mangelsȱ suffizienterȱ Quellenlage,ȱ bisherȱ rechtȱ hypothesenhaftȱ bleibenȱ mussten.ȱ Derȱ GariȬ zim,ȱderȱKultortȱderȱSamaritaner,ȱgaltȱalsȱOrtȱsynkretistischerȱPraktikenȱ einesȱ heidnischȱ inspiriertenȱ Mischvolkes.ȱ Besondersȱ dieȱ ätiologischeȱ Erzählungȱ vonȱ denȱ Fremdstämmen,ȱ dieȱ nachȱ derȱ assyrischenȱ ErobeȬ rungȱ inȱ Samarienȱ angesiedeltȱ wurdenȱ (2ȱ Könȱ 17)ȱ undȱ dieȱ Notizȱ vomȱ Vergrabenȱ derȱ Götzenbilderȱ unterȱ derȱ Terebintheȱ vonȱ Sichemȱ (Genȱ 35,4;ȱvgl.ȱschonȱJubȱ31,1Ȭ3)ȱspieltenȱeineȱRolleȱbeimȱVorwurf,ȱdieȱSamaȬ ritanerȱ würdenȱ Götzenȱ anbeten.111ȱ Gleichesȱ ergibtȱ sichȱ auchȱ ausȱ derȱ rabbinischenȱ Literatur,ȱ woȱ dieȱ Samaritanerȱ alsȱ „Kuthäer“,ȱ nämlichȱ „Heidenȱ ausȱ derȱ Stadtȱ Kutha“,ȱ bezeichnetȱ werden.112ȱ Diesesȱ Szenarioȱ hatȱ manȱ inȱ derȱ Forschungȱ langeȱ Zeitȱ fürȱ mehrȱ oderȱ minderȱ historischȱ zuverlässigȱgehalten,ȱweshalbȱdenȱSamaritanernȱallerleiȱsynkretistischeȱ Tendenzenȱ unterstelltȱ wurden,ȱ dieȱ dieseȱ angeblichȱ aufȱ demȱ Garizimȱ ausgelebtȱ hätten.113ȱ Dieȱ Samaritanerȱ galtenȱ alsȱ häretischeȱ ReligionsgeȬ meinschaft,ȱ dieȱ sichȱ vonȱ derȱ kulturellȱ wieȱ religiösȱ dominierendenȱ Hauptgruppierungȱ inȱ Judaȱ –ȱ mitȱ religiösemȱ Zentrumȱ inȱ Jerusalemȱ –ȱ undȱdamitȱvonȱ„Israel“ȱabsonderte.ȱMethodischȱentscheidendȱwarȱdaȬ bei,ȱ dassȱ manȱ dieȱ zahlreichenȱ Zeugnisseȱ derȱ antikenȱ jüdischenȱ LiteraȬ tur,ȱ dieȱ gegenȱ dieȱ Menschenȱ inȱ Sichemȱ undȱ aufȱ demȱ Garizimȱ polemiȬ sierten,ȱaufȱeineȱeinzigeȱGruppeȱbezog,ȱnämlichȱdieȱ„Samaritaner“,ȱundȱ dassȱ manȱ dieseȱ Texteȱ dannȱ alsȱ Quelleȱ zurȱ Rekonstruktionȱ vonȱ derenȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 110ȱȱ GEIGER,ȱNeuereȱMitteilungenȱüberȱdieȱSamaritaner,ȱ614f.ȱ 111ȱȱ Vgl.ȱJos.ȱAnt.ȱXI,ȱ340Ȭ346.ȱ 112ȱȱ S.ȱ LEHNHARDT,ȱ Dasȱ außerkanonischeȱ Talmudtraktatȱ Kutim,ȱ 111Ȭ138;ȱ ZANGENBERG,ȱ Samareia,ȱ92Ȭ166.ȱ 113ȱȱ Einenȱ Überblickȱ überȱ dieȱ zumeistȱ vonȱ religiösenȱ Vorurteilenȱ behafteteȱ Geschichteȱ derȱ Samaritanerforschungȱ imȱ 19.ȱ Jh.ȱ gibtȱ derȱ spannendeȱ Beitragȱ vonȱ FRANZȬ KLAUSER,ȱ Samaritanerforschungȱimȱ19.ȱJahrhundert,ȱ112Ȭ137.ȱÜberȱdieȱspäterenȱTenȬ denzenȱ derȱ Forschungȱ gibtȱ einenȱ gutenȱ Überblickȱ PUMMER,ȱ Theȱ Presentȱ Stateȱ ofȱ Samaritanȱ Studies,ȱ 48Ȭ51,ȱ sowieȱ dieȱ 2010ȱ erschieneneȱ hervorragendeȱ Monographieȱ vonȱKARTVEIT,ȱTheȱOriginȱofȱtheȱSamaritans,ȱbes.ȱ1Ȭ15.ȱ
3.ȱZuȱdenȱFunktionenȱdesȱVertauschungsmotivsȱ
293
Religiositätȱbenutzte.ȱSoȱsahȱmanȱinȱdemȱ„törichtenȱVolk,ȱdasȱinȱSichemȱ wohnte“ȱ(Sirȱ50,26),ȱdieȱSamaritaner.ȱHinzuȱkommenȱdiverse,ȱvonȱdenȱ biblischenȱ oderȱ rabbinischenȱ Textenȱ herrührendeȱ terminologischeȱ Schwierigkeiten:ȱ Dieȱ Provinzȱ Samariaȱ wirdȱ teilsȱ unkritischȱ mitȱ demȱ sog.ȱNordreichȱidentifiziert.ȱHistorischȱaberȱistȱdasȱ„israelitischeȱGroßȬ reich“,ȱ dessenȱ Teilungȱ inȱ NordȬȱ (Samaria)ȱ undȱ Südreichȱ (Juda)ȱ imȱ 10.ȱ Jh.v.Chr.ȱ erfolgtȱ seinȱ soll,ȱ nichtȱ ohneȱ weiteresȱ verifizierbar.ȱ Ebensoȱ wirdȱderȱinȱdiesemȱZusammenhangȱhistorischȱbedeutsameȱundȱtheoloȬ gischȱ qualifizierendeȱ Begriffȱ „Israel“ȱ alternierendȱ fürȱ dasȱ davidischȬ salomonischeȱGroßreich,ȱfürȱdasȱspätereȱSamariaȱoderȱdasȱspätereȱJudaȱ verwendet.ȱLetztereȱSichtȱentsprichtȱvorȱallemȱderȱbiblischen,ȱnämlichȱ judäischenȱTradition.ȱ DieȱRealitätȱscheintȱfreilichȱwesentlichȱkomplexerȱgewesenȱzuȱseinȱ undȱistȱimȱLichteȱneuerȱarchäologischerȱwieȱepigraphischerȱEvidenzenȱ fürȱdieȱProvinzȱSamariaȱinȱderȱpersischenȱundȱfrühhellenistischenȱEpoȬ cheȱ inȱ entscheidendemȱ Maßeȱ andersȱ zuȱ bewertenȱ alsȱ diesȱ dieȱ bisheriȬ genȱ Hypothesenȱ zuließen:ȱ Dieȱ neuereȱ Forschungȱ tendiertȱ daherȱ dazu,ȱ dieȱ Provinzȱ Samariaȱ inȱ ihrerȱ kontinuierlichenȱ Entwicklungȱ seitȱ derȱ assyrischenȱEroberungȱzuȱbeschreiben.ȱImȱGegensatzȱzuȱJuda,ȱdasȱvonȱ denȱBabyloniernȱzuȱgroßenȱTeilenȱzerstörtȱwurde,ȱistȱkonsequenterweiȬ seȱ Samariaȱ alsȱ dasȱ inȱ persischerȱ Zeitȱ besserȱ entwickelte,ȱ vonȱ derȱ EinȬ wohnerzahlȱherȱgrößereȱundȱwirtschaftlichȱstärkereȱGebietȱanzusehen.ȱ Dasȱ MachtȬȱ undȱ Kulturzentrumȱ Samariaȱ warȱ derȱ Provinzȱ Jehudȱ nichtȱ nurȱ kulturellȱ überlegen,ȱ sondernȱ zeichneteȱ sichȱ inȱ dieserȱ Zeitȱ geradeȱ durchȱ seineȱ geographische,ȱ kulturelleȱ undȱ religiöseȱ Näheȱ zuȱ seinenȱ konkurrierendenȱJHWHȬVerehrernȱinȱJehudȱaus.ȱDamitȱistȱauchȱinȱderȱ ProvinzȱSamariaȱeinȱZentrumȱderȱJHWHȬVerehrungȱmitȱeinemȱeigenenȱ Heiligtumȱ seitȱ demȱ 5.ȱ Jh.v.Chr.ȱ zuȱ sehen.ȱ Imȱ Folgendenȱ sollenȱ dieseȱ neuerenȱ Entwicklungen114ȱ exemplarischȱ skizziertȱ undȱ forschungsgeȬ schichtlichȱverortetȱwerden:ȱȱ ȱ Terminologischeȱ Differenzierungen:ȱ Besondersȱ wichtigȱ aufȱ demȱ Wegȱ zuȱ einerȱpräziserenȱErfassungȱderȱSamaritanerȱwarȱzunächstȱdieȱterminoȬ logischeȱ Differenzierungȱ zwischenȱ denȱ eigentlichenȱ Samaritanernȱ imȱ Sinneȱ vonȱ aufȱ denȱ Garizimȱ orientierten,ȱ aberȱ biblischenȱ Traditionenȱ verpflichtetenȱ „Israeliten“ȱ undȱ denȱ Samariernȱ imȱ Sinneȱ vonȱ zumeistȱ semitischenȱ undȱ heidnischenȱ Bewohnernȱ derȱ Regionȱ Samarien,ȱ dieȱ erstmalsȱ vonȱ Kippenbergȱ (1971)ȱ inȱ dieȱ Diskussionȱ eingeführtȱ wurde.ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 114ȱȱ EinenȱgutenȱÜberblickȱüberȱdenȱneuestenȱStandȱderȱSamaritanerforschungȱgebenȱdieȱ Einzelbeiträge,ȱdieȱimȱ2010ȱerschienenȱSammelbandȱ„Samaritans:ȱPastȱandȱPresent.ȱ CurrentȱStudies“ȱ(hg.ȱvonȱMORȱundȱREITERER)ȱvorliegen.ȱ
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TeilȱC:ȱSystematisierendeȱSyntheseȱ
Kippenbergȱ gelangȱ soȱ eineȱ wichtigeȱ Verfeinerungȱ desȱ BegriffsinstruȬ mentariums,ȱdieȱdieȱsachlichenȱUnterschiedeȱzwischenȱdenȱinȱderȱLiteȬ raturȱ genanntenȱ Gruppenȱ besserȱ erfassenȱ lässt;ȱ namentlichȱ wirdȱ eineȱ unkritischeȱ undȱ polemischȱ gefärbteȱ Gleichsetzungȱ derȱ GarizimȬ KultgemeindeȱmitȱderȱnachȱderȱassyrischenȱEroberungȱdesȱNordreichsȱ entstehendenȱ samarischenȱ Bevölkerungȱ vermieden.ȱ Kippenbergȱ überȬ windetȱsoȱeineȱgewisseȱTendenzȱderȱForschung,ȱalleȱGruppenȱalsȱidenȬ tischȱanzusehen.ȱDieseȱTendenzȱistȱfreilichȱnichtȱzuletztȱdaraufȱzurückȬ zuführen,ȱ dassȱ dieȱ antikenȱ Quellenȱ selbstȱ keinerleiȱ terminologischeȱ Differenzierungenȱ vornehmen.ȱ Dieȱ begrifflicheȱ Unterscheidungȱ hatȱ sukzessiveȱinȱderȱForschungȱbreiteȱAkzeptanzȱgefunden.115ȱEineȱweiteȬ reȱwichtigeȱDifferenzierungȱgehtȱaufȱDexingerȱzurück.ȱBesondersȱdesȬ senȱ Textanalysenȱ habenȱ ihnȱ zuȱ derȱ Annahmeȱ geführt,ȱ dassȱ manȱ imȱ 5.ȱ undȱ 4.ȱ Jh.ȱ v.Chr.ȱ eigentlichȱ nochȱ nichtȱ vonȱ „Samaritanern“ȱ sprechenȱ sollte,ȱ dassȱ aberȱ eineȱ deutlicheȱ Kontinuitätȱ zwischenȱ beidenȱ Gruppenȱ bestehe,ȱ dieȱ auchȱ inȱ denȱ Textenȱ thematisiertȱ werdeȱ (JHWHȬAffinität;ȱ WohnenȱinȱSamarien).116ȱDerȱwichtigsteȱFaktorȱfürȱdieȱEntstehungȱderȱ SamaritanerȱwarȱaberȱgeradeȱdieȱEtablierungȱdesȱKultesȱaufȱdemȱGariȬ zim.ȱ Dexingersȱ Differenzierungenȱ sindȱ vorȱ allemȱ deshalbȱ vonȱ BedeuȬ tung,ȱweilȱsieȱdieȱSichtȱeinigerȱExponentenȱderȱälterenȱForschungȱkorȬ rigieren,ȱwonachȱdieȱSamaritanerȱdirekteȱNachkommenȱdesȱNordreichsȱ Israelȱ darstellen,ȱ dieȱ dieȱ Katastropheȱ derȱ assyrischenȱ Eroberungȱ überȬ standenȱ undȱ genuineȱ Nordreichstraditionenȱ fortgesetztȱ hätten.ȱ DexinȬ gerȱ unterscheidetȱ daherȱzwischenȱsog.ȱ„ProtoȬSamaritanern“ȱundȱ „SaȬ maritanern“.ȱȱ Verbindetȱ manȱ dieȱ beidenȱ grundlegendenȱ Differenzierungenȱ vonȱ Kippenbergȱ undȱ Dexinger,ȱ kannȱ manȱ konstatieren,ȱ dassȱ dieȱ ProtoȬ Samaritanerȱ allesamtȱ Samarierȱ waren,ȱ dassȱ aberȱ nachȱ derȱ WeiterentȬ wicklungȱ mancherȱ ProtoȬSamaritanerȱ zuȱ Samaritanernȱ weiterhinȱnochȱ SamarierȱinȱderȱRegionȱlebten,ȱdieȱnichtsȱmitȱdemȱbiblischȱinspiriertenȱ Kultȱ aufȱ demȱ Hauptgipfelȱ desȱ Garizimȱ gemeinȱ hatten.ȱ Mittlerweileȱ wirdȱinȱderȱForschungsliteraturȱnebenȱdemȱBegriffȱ„ProtoȬSamaritaner“ȱ nochȱ parallelȱ derȱ Begriffȱ „PräȬSamaritaner“ȱ verwendet,ȱ dessenȱ UnterȬ scheidungȱsemantischȱnichtȱeindeutigȱgefasstȱistȱundȱderȱWortgebrauchȱ entsprechendȱ uneinheitlichȱ gehandhabtȱ wird.ȱ Freilichȱ istȱ auchȱ beiȱ derȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 115ȱȱ Vgl.ȱetwaȱEGGER,ȱJosephusȱFlaviusȱundȱdieȱSamaritanerȱȬȱDieȱheutigeȱsamaritanischeȱ GemeindeȱlehntȱdieȱBezeichnungȱ„Samarier“ȱallerdingsȱab.ȱBeimȱNamenȱ„SamaritaȬ ner“ȱhandeltȱesȱsichȱumȱeineȱSelbstbezeichnung,ȱdieȱnichtȱvonȱderȱfrüherenȱHauptȬ stadtȱdesȱNordreichesȱ„Samaria“ȱabgeleitet,ȱsondernȱmitȱ„hüten,ȱbewahren“ȱ(aram.ȱ schamrajinȱ „Hüter“)ȱ verbundenȱ undȱ imȱ Sinneȱ vonȱ „Bewahrerȱ derȱ göttlichenȱ Tora“ȱ verstandenȱwird.ȱ 116ȱȱ S.ȱDEXINGER,ȱDerȱUrsprungȱderȱSamaritaner.ȱ
3.ȱZuȱdenȱFunktionenȱdesȱVertauschungsmotivsȱ
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inzwischenȱ sehrȱ nuanciertenȱ Nomenklaturȱ Vorsichtȱ geboten,ȱ dennȱ dieseȱ hängtȱ entscheidendȱ damitȱ zusammen,ȱ welcheȱ Szenarienȱ fürȱ dieȱ UrsprüngeȱderȱSamaritanerȱangenommenȱwerden:ȱSoȱistȱm.E.ȱDexingersȱ Bewertungȱ derȱ Trennungȱ vonȱ Samaritanernȱ undȱ Judäernȱ undȱ derenȱ zeitlicherȱVerortungȱnichtȱmehrȱzuzustimmenȱ(alsȱDatierungskriteriumȱ giltȱ beiȱ Dexingerȱ immerȱ nochȱ dieȱ Errichtungȱ einesȱ Tempelsȱ aufȱ demȱ Garizim).ȱUmȱkeineȱForschungsergebnisseȱaufgrundȱderȱNomenklaturȱ undȱderȱdamitȱverbundenenȱForschungsrichtungȱzuȱpräjudizieren,ȱsollȱ esȱhierȱzunächstȱvorgezogenȱwerden,ȱeinheitlichȱdenȱTerminusȱ„SamaȬ ritaner“ȱ imȱ breitenȱ Sinneȱ fürȱ dieȱ zuȱ beschreibendeȱ Gruppierungȱ zuȱ gebrauchen.ȱ Diesȱ sollȱ nichtȱ dieȱ vorangegangeneȱ Forschungȱ negieren,ȱ dochȱistȱderȱsemantischȱoffenereȱBegriffȱaufgrundȱderȱobenȱbesprocheȬ nenȱProblematikȱvorzuziehen.117ȱ ȱ DasȱHeiligtumȱaufȱdemȱGarizim:ȱEineȱneueȱInterpretationȱdesȱGeschehensȱ aufȱdemȱantikenȱGarizimȱwarȱerstȱimȱZugeȱderȱgroßräumigenȱAusgraȬ bungenȱmöglich,ȱdieȱseitȱ1982ȱüberȱfastȱ20ȱJahreȱdurchȱdieȱZivilverwalȬ tungȱ derȱ israelischenȱ Militäradministrationȱ vonȱ „Judäaȱ undȱ Samaria“ȱ unterȱderȱLeitungȱvonȱMagenȱdurchgeführtȱwurden.ȱErstȱsieȱverhalfenȱ derȱNeubewertungȱderȱtextlichenȱAussagenȱzuȱdenȱSamaritanernȱdurchȱ Dexinger,ȱKippenbergȱundȱEggerȱzuȱeinemȱwirklichenȱDurchbruch.ȱDieȱ archäologischeȱEvidenzȱdesȱGarizimȬHeiligtumsȱistȱäußerstȱaufschlussȬ reichȱfürȱeineȱpräziseȱhistorischeȱErfassungȱderȱSamaritaner:ȱGabȱesȱamȱ GarizimȱeineȱumfangreicheȱTempelanlage?ȱWennȱja,ȱkonnteȱdieseȱvonȱ denȱdamaligenȱReligionsparteienȱalsȱ(samaritanisches)ȱAlternativȬȱbzw.ȱ vielleichtȱauchȱalsȱKonkurrenzheiligtumȱzumȱJerusalemerȱTempelȱverȬ standenȱ werden?ȱ Dieȱ Grabungenȱ sindȱ mittlerweileȱ abgeschlossen,ȱ einȱ ersterȱ Bandȱ derȱ Endpublikationȱ liegtȱ seitȱ 2004ȱ vor118;ȱ einȱ weitererȱ –ȱ inȱ hebräischerȱ Spracheȱ –ȱ kamȱ 2006ȱ zuȱ denȱ Grabungenȱ inȱ Neapolisȱ herȬ aus.119ȱ Obwohlȱ nochȱ nichtȱ dasȱ gesamteȱ Materialȱ publiziertȱ istȱ (insbeȬ sondereȱ nichtȱ dieȱ Keramikȱ undȱ dieȱ Datenȱ derȱ Stratigraphie)ȱ hatȱ sichȱ dasȱ Bildȱ desȱ Heiligtumsȱ amȱ Garizimȱ grundlegendȱ verändert:ȱ Dankȱ MagensȱAusgrabungenȱistȱnunȱklar,ȱdassȱnichtȱTellȱerȬRas,ȱsondernȱderȱ Hauptgipfelȱ Gebelȱ elȬIslamiyeȱ alsȱ maßgeblichȱ fürȱ dieȱ Rekonstruktionȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 117ȱȱ Dieseȱ Überlegungenȱ schließenȱ anȱ dieȱ diesbezüglichenȱ methodologischenȱ ErwägunȬ genȱbeiȱKARTVEITȱ an,ȱderȱ2009ȱeineȱneueȱundȱumfangreicheȱMonographieȱüberȱdenȱ UrsprungȱderȱSamaritanerȱvorgelegtȱhatȱ(s.ȱKARTVEIT,ȱTheȱOriginȱofȱtheȱSamaritans,ȱ bes.ȱ10f).ȱ 118ȱȱ MAGEN/MISGAV/TSFANIA,ȱ Mountȱ Gerizimȱ Excavationsȱ I.ȱ Dortȱ findenȱ sichȱ auchȱ einȱ Verzeichnisȱ derȱ früherenȱ Publikationenȱ vonȱ MAGENȱ sowieȱ eineȱ Diskussionȱ derȱ arȬ chäologischenȱBefundeȱaufȱdemȱBerg.ȱ 119ȱȱ MAGEN,ȱFlaviaȱNeapolis.ȱ
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TeilȱC:ȱSystematisierendeȱSyntheseȱ
samaritanischenȱ Lebensȱ herangezogenȱ werdenȱ muss.ȱ Alleinȱ hierȱ lagȱ dasȱ Heiligtumȱ derȱSamaritaner,ȱ dasȱ zudemȱ nochȱ Teilȱ einerȱ wesentlichȱ größerenȱAnlageȱwar,ȱalsȱbisherȱangenommenȱwurde.ȱImȱfrühenȱ2.ȱJh.ȱ v.Chr.ȱ wurdeȱ dieserȱ Tempelkomplexȱ erneuertȱ undȱ mitȱ einemȱ ausgeȬ dehntenȱ heiligenȱ Bezirkȱ ausgebaut.ȱ Diesesȱ Heiligtum,ȱ dessenȱ GrünȬ dungȱFl.ȱJosephusȱ(Ant.ȱXI,ȱ302ff)ȱmitȱderȱanstößigenȱVerschwägerungȱ zwischenȱdemȱPriesterȱManasseȱundȱdemȱStatthalterȱSanballatȱwährendȱ derȱZeitȱderȱAlexanderzügeȱinȱVerbindungȱbringt,ȱstammt,ȱMagenȱzuȬ folge,ȱbereitsȱausȱderȱpersischenȱEpocheȱ(5.ȱJh.)ȱundȱseineȱGründungsȬ umständeȱ sindȱ wahrscheinlichȱ wenigerȱ skandalösȱ alsȱ esȱ Josephusȱ beȬ richtet:120ȱ Dieȱ inȱ seinemȱ Kontextȱ gefundenenȱ Inschriftenȱ verraten121,ȱ dassȱJHWHȱanȱdiesemȱHeiligtumȱverehrtȱwurde,ȱsehrȱwahrscheinlichȱ–ȱ wieȱ inȱ Jerusalemȱ –ȱ ohneȱ Kultbild.ȱ Dieseȱ Bildlosigkeitȱ desȱ samariȬ tanischenȱ Kultesȱ könnteȱ sichȱ beispielsweiseȱ inȱ derȱ Darstellungspraxisȱ aufȱ samaritanischenȱ Siegelnȱ widerspiegeln:ȱ „(…)ȱ itȱ seemsȱ thatȱ theȱ SaȬ mariansȱ consciouslyȱ rejectedȱ someȱ veryȱ commonȱ Persian,ȱ Greekȱ andȱ Phoenicianȱ images;ȱ theyȱ mayȱ haveȱ feltȱ theseȱ figuresȱ conflictedȱ withȱ theirȱYahwismȱand/orȱtheirȱnationalȱidentity.“122ȱFreilichȱistȱauchȱdaraufȱ hinzuweisen,ȱdassȱdieȱinȱWadiȱedȬDaliyehȱgefundenenȱundȱinȱSamariaȱ geprägtenȱ Münzenȱ gleichwohlȱ eineȱ vielfältigeȱ Ikonographieȱ paganerȱ Motiveȱzeigen,123ȱsoȱdassȱderȱBefundȱeinerȱnochȱgenauerenȱAuswertungȱ bedarf.ȱȱ Mitȱ derȱ Neubewertungȱ undȱ Datierungȱ einigerȱ Ausgrabungsfundeȱ aufȱ demȱ Garizim,ȱ sowieȱ mitȱ derȱ neuerlichenȱ Rekonstruktionȱ diesesȱ HeiligtumsȱwerdenȱeineȱReiheȱvonȱFragenȱnachȱdenȱreligionsgeschichtȬ lichen,ȱ kulturellenȱ undȱ politischenȱ Umständenȱ derȱ Gründungȱ aufgeȬ worfen,ȱ dieȱ mangelsȱ ausreichenderȱ Datenȱ momentanȱ nochȱ nichtȱ abȬ schließendȱ beantwortetȱ werdenȱ können.ȱ Möglicherweiseȱ stehtȱ dasȱ Heiligtumȱ inȱ Kontinuitätȱ zuȱ einemȱ älteren,ȱ sichemitischenȱ Heiligtum:ȱ Sternȱ undȱ Magenȱ gehenȱ aufgrundȱ desȱ Fundesȱ dreierȱ protoȬionischerȱ Kapitelleȱ inȱ eisenzeitlicherȱ Traditionȱ vonȱ einemȱ frühenȱ sichemitischenȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 120ȱȱ S.ȱMAGEN,ȱTheȱDatingȱofȱtheȱFirstȱPhaseȱofȱtheȱSamaritanȱTemple,ȱ157Ȭ211.ȱ 121ȱȱ Dieȱfrühestenȱderȱ400ȱumȱdenȱGarizimȱgefundenenȱInschriften,ȱdieȱerstmalsȱüberȱdieȱ vonȱMAGEN,ȱ MISGAVȱ undȱ TSFANIAȱ 2004ȱpubliziertenȱAusgrabungsbändeȱvollständigȱ zugänglichȱ gemachtȱ wurden,ȱ stammenȱ ausȱ demȱ 5./4.ȱ Jh.v.Chr.ȱ undȱ deckenȱ dieȱ geȬ samteȱPeriodeȱab,ȱinȱderȱdasȱHeiligtumȱinȱGebrauchȱwar.ȱZwarȱistȱdieȱEditionȱnichtȱ inȱjederȱHinsichtȱzufriedenstellendȱ(paläographischeȱKlassifizierungenȱzurȱAltersbeȬ stimmungȱfehlen;ȱdieȱInformationenȱzuȱMaterialȱundȱFundkontextenȱsindȱspärlich),ȱ dochȱgebenȱdieȱpubliziertenȱTexteȱbisherȱeinenȱgutenȱEinblickȱinȱdieȱLebensweltȱundȱ denȱKultusȱderȱSamaritaner.ȱȱ 122ȱȱ LEITH,ȱWadiȱDaliyehȱI,ȱ25.ȱ 123ȱȱ Vgl.ȱzusammenfassendȱSTERN,ȱArchaeologyȱofȱtheȱBible,ȱ569f.ȱ
3.ȱZuȱdenȱFunktionenȱdesȱVertauschungsmotivsȱ
297
Heiligtumȱ imȱ 7.Jh.ȱ aus:ȱ „theseȱ capitalsȱ attestȱ anȱ earlyȱ phaseȱ ofȱ theȱ Templeȱ onȱ Mountȱ Gerizim,ȱ beforeȱ itȱ becameȱ aȱ centerȱ ofȱ monotheisticȱ religionȱinȱtheȱPersianȱPeriod”.124ȱLeiderȱistȱderȱursprünglicheȱbaulicheȱ KontextȱderȱKapitelleȱnichtȱzuȱermitteln.ȱSieȱwurdenȱallesamtȱinȱsekunȬ därerȱ Verwendungȱ gefunden.ȱ Esȱ erscheintȱ m.E.ȱ ebensoȱ plausibel,ȱ dieȱ KapitelleȱzurȱerstenȱBauphaseȱausȱderȱPerserzeitȱzuȱrechnen,ȱalsȱalleinȱ aufgrundȱihrerȱExistenzȱeineȱeisenzeitlicheȱBauphaseȱzuȱpostulieren.ȱ Währendȱ dieȱ Anfängeȱ desȱ Heiligtumsȱ aufȱ demȱ Garizimȱ GegenȬ standȱ unterschiedlicherȱ archäologischerȱ Einschätzungenȱ bleiben,ȱ dieȱ bisȱ insȱ fünfteȱ vorchristlicheȱ Jahrhundertȱ führen,ȱ lässtȱ sichȱ seinȱ Endeȱ besserȱdatieren:ȱAuchȱnachȱderȱEroberungȱAlexandersȱdesȱGroßenȱwarȱ derȱ Garizimȱ nochȱ einȱ wichtigerȱ religiöserȱ Ort125ȱ undȱ derȱ religiöseȱ BeȬ triebȱ wurdeȱ aufrechterhalten.126ȱ Erstȱ Endeȱ desȱ zweitenȱ Jahrhunderts,ȱ wahrscheinlichȱ112/111ȱv.Chr.,ȱistȱdasȱHeiligtumȱdurchȱJohannesȱHyrȬ kanȱ I.ȱ (143Ȭ104ȱ v.Chr.)ȱ endgültigȱ zerstörtȱ worden.ȱ Zwarȱ wirdȱ mitȱ Jos.ȱ Ant.ȱ XIII,ȱ 254Ȭ258ȱ dieȱ Tempelzerstörungȱ herkömmlichȱ umȱ 128ȱ v.Chr.ȱ datiert.ȱJedochȱwurdeȱnachȱAusweisȱderȱMünzfundeȱdasȱHeiligtumȱaufȱ demȱGarizimȱnichtȱvorȱ111ȱv.Chr.ȱzerstört,ȱsoȱdassȱeinȱZusammenhangȱ mitȱ derȱ Eroberungȱ Sichemsȱ angenommenȱ werdenȱ darf.127ȱ Damitȱ lässtȱ sichȱ deutlichȱ zeigen,ȱ dassȱ (spätestens)ȱ abȱ derȱ persischenȱ Epocheȱ einȱ alternativesȱkulturellesȱJHWHȬZentrumȱbestand,ȱdasȱzudemȱüberȱeinenȱ langenȱZeitraumȱinȱBetriebȱwar.128ȱȱ ȱ Kulturelleȱ undȱ religiöseȱ Kontinuitätȱ inȱ Samariaȱ seitȱ assyrischerȱ Zeit:ȱ Vonȱ ihremȱEndeȱherȱbetrachtet,ȱistȱdieȱsamaritanischeȱKultstätteȱZielscheibeȱ vonȱ Anfeindungenȱ gewesen,ȱ weilȱ manȱ inȱ ihrȱ eineȱ Konkurrenzȱ zumȱ Jerusalemerȱ Tempelȱ sah.ȱ Derȱ vorangegangeneȱ Machtverlustȱ Samariasȱ zuȱ Beginnȱ derȱ hellenistischenȱ Zeit,ȱ sowieȱ dieȱ anschließendenȱ kriegeriȬ schenȱAuseinandersetzungenȱkönntenȱdieseȱEntwicklungȱstarkȱbegünsȬ tigtȱhaben.ȱDieȱWurzelnȱderȱAuseinandersetzungenȱliegenȱinȱderȱwirtȬ schaftlichenȱ Entwicklungȱ derȱ erstenȱ Hälfteȱ desȱ erstenȱ Jahrtausendsȱ v.Chr.,ȱinȱderȱdasȱsog.ȱNordreichȱ–ȱentgegenȱderȱbiblischenȱDarstellungȱ –ȱ derȱ stärkere,ȱ politischȱ undȱ ökonomischȱ bedeutendereȱ Staatȱ gewesenȱ war.ȱ Obwohlȱ mitȱ demȱ Fallȱ Samariasȱ 722/720ȱ v.Chr.ȱ dasȱ sog.ȱ „NordȬ reich“ȱ gutȱ einȱ Jahrhundertȱ vorȱ demȱ „Südreich“ȱ Judaȱ untergegangenȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 124ȱȱ STERN,ȱ Theȱ Religiousȱ Revolutionȱ inȱ PersianȬPeriodȱ Judah,ȱ 202f;ȱ dazuȱ auchȱ MAȬ GEN/STERN,ȱArchaeologicalȱEvidenceȱforȱtheȱFirstȱStage,ȱ49Ȭ57.ȱ 125ȱȱ S.ȱPUMMER,ȱTheȱSamaritansȱandȱTheirȱPentateuch,ȱ237Ȭ269.ȱ 126ȱȱ Vgl.ȱMAGEN,ȱTheȱDatingȱofȱtheȱFirstȱPhaseȱofȱtheȱSamaritanȱTemple,ȱ157Ȭ211;ȱZANȬ GENBERG,ȱBergȱdesȱSegens,ȱBergȱdesȱStreits,ȱ289Ȭ309.ȱ 127ȱȱ DazuȱnochȱZANGENBERG,ȱBergȱdesȱSegens,ȱBergȱdesȱStreits,ȱ304f.ȱ 128ȱȱ S.ȱnochȱMAGEN,ȱMountȱGerizim:ȱAȱTempleȱCity,ȱ74Ȭ118.ȱ
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TeilȱC:ȱSystematisierendeȱSyntheseȱ
warȱ undȱ sichȱ auchȱ inȱ derȱ Perserzeitȱ nebenȱ Samariaȱ undȱ Sichemȱ keineȱ nennenswertenȱ urbanenȱ Zentrenȱ inȱ derȱ Provinzȱ Samariaȱ ausbildeten,ȱ setzteȱ sichȱ dasȱ Gefälleȱ inȱ nachexilischerȱ Zeitȱ fort.129ȱ Dieȱ persischeȱ ProȬ vinzȱSamariaȱwarȱseitȱihrerȱEinrichtungȱinȱassyrischerȱZeitȱnichtȱmehrȱ dasȱ Zielȱ größererȱ militärischerȱ Angriffe,ȱ sodassȱsieȱgegenüberȱ derȱ erstȱ inȱderȱRestaurationȱbegriffenenȱpersischenȱProvinzȱJehudȱwirtschaftlichȱ deutlichȱstärkerȱundȱbevölkerungsreicherȱdastand.ȱȱ Auchȱdieȱangeblichȱnachȱ722/720ȱv.Chr.ȱerfolgtenȱassyrischenȱMasȬ sendeportationenȱundȱAssimilierungstendenzenȱderȱehemaligenȱNordȬ reichbewohnerȱ könnenȱ inzwischenȱ alsȱ polemischeȱ Legendenbildungȱ vonȱjudäischerȱSeiteȱidentifiziertȱwerden:ȱKnoppersȱhatȱinȱjüngsterȱZeitȱ dasȱ neuereȱ archäologischeȱ Materialȱ aufgearbeitetȱ undȱ kommtȱ zuȱ demȱ überzeugendenȱ Ergebnis,ȱ dassȱ manȱ nachȱ derȱ assyrischenȱ Eroberungȱ nichtȱ vonȱ einemȱ Kulturabbruchȱ (durchȱ Abwanderungȱ undȱ UmsiedeȬ lungȱ assyrischerȱ Bevölkerungȱ inȱ dasȱ alteȱ Nordreich)ȱ sprechenȱ kann,130ȱ wieȱ2ȱKönȱ17ȱundȱverwandteȱTexteȱimplizieren.131ȱEsȱlässtȱsichȱlediglichȱ eineȱ kleineȱ „diminuationȱ ofȱ localȱ population“ȱ nachweisen,ȱ dieȱ erȱ verȬ mutungsweiseȱzurückführtȱaufȱ„deathȱbyȱwar,ȱdisease,ȱandȱstarvation,ȱ forcedȱ deportationsȱ toȱ otherȱ lands,ȱ andȱ migrationȱ toȱ otherȱ areas,ȱ includingȱsouthȱtoȱJudah.“132ȱInȱgleicherȱWeiseȱscheintȱauchȱdieȱAnzahlȱ ausländischerȱ Einwandererȱ nichtȱ soȱ zahlreichȱ gewesenȱ zuȱ sein,ȱ wieȱ bisherȱ angenommen,133ȱ dennȱ dieȱ Veränderungenȱ inȱ derȱ materiellenȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 129ȱȱ S.ȱ dazuȱ ZWICKEL,ȱ Jerusalemȱ undȱ Samariaȱ zurȱ Zeitȱ Nehemias,ȱ 201Ȭ222;ȱ KNOPPERS,ȱ RevisitingȱtheȱSamaritanȱQuestion,ȱ265Ȭ289.ȱ 130ȱȱ Vgl.ȱKNOPPERS,ȱ InȱSearchȱofȱPostȬExilicȱIsrael,ȱ160Ȭ172;ȱdazuȱauchȱGRÄTZ:ȱ„Dassȱeineȱ solcheȱPraxisȱ(scl.ȱderȱDeportation)ȱunterȱTiglatȬPilesarȱIII.ȱundȱdenȱSargonidenȱgänȬ gigȱwar,ȱistȱkaumȱzuȱbestreiten.ȱDieȱFrageȱistȱnur,ȱobȱdieȱZerstörungsȬȱundȱDeportaȬ tionspraxisȱ wirklichȱ soȱ weitreichendȱ war,ȱ wieȱ vorȱ allemȱ dieȱ biblischenȱ Quellenȱ beȬ richten,ȱdaȱgeradeȱderȱentscheidendeȱTextȱ2ȱKönȱ17,23ff.ȱnichtȱfreiȱvonȱVorbehaltenȱ gegenȱSamariaȱundȱdieȱdortȱansässigeȱBevölkerungȱseinȱdürfte.“ȱ(GRÄTZ,ȱZuȱeinemȱ EssayȱvonȱAlbrechtȱAlt,ȱ176f;ȱdortȱmitȱweitererȱLiteraturȱzumȱThema;ȱZitatȱ176).ȱ 131ȱȱ DazuȱauchȱZSENGELLÉR:ȱDieȱassyrischeȱDeportationȱ„didȱnotȱproduceȱdefinedȱeffectsȱ onȱ theȱ formationȱ ofȱ theȱ religionȱ andȱ societyȱ ofȱ thisȱ community.“ȱ (ZSENGELLÉR,ȱ CaȬ nonȱandȱtheȱSamaritans,ȱ161Ȭ171;ȱZitatȱ161).ȱ 132ȱȱ KNOPPERS,ȱInȱSearchȱofȱPostȬExilicȱIsrael,ȱ170.ȱ ZERTALȱschätzt,ȱdassȱdieȱPopulationsȬ größeȱungefährȱ70.000Ȭ75.000ȱbetrugȱ(ZERTAL,ȱTheȱHeartȱofȱtheȱMonarchy,ȱ44ȱAnm.ȱ 3).ȱ Hiervonȱ willȱ Sargonȱ IIȱ 27.290ȱ deportiertȱ haben.ȱ Inȱ einemȱ neuerenȱ Aufsatzȱ vonȱ 2003ȱschätztȱZERTALȱdieȱBevölkerungȱaufȱ60.000ȱbisȱ70.000ȱ(ZERTAL,ȱTheȱProvinceȱofȱ Samaria,ȱ385).ȱ 133ȱȱ „Mostȱ (scl.ȱ foreignȱ importees)ȱ seemȱ toȱ haveȱ absorbedȱ intoȱ theȱ localȱ population.“ȱ (KNOPPERS,ȱ Inȱ Searchȱ ofȱ PostȬExilicȱ Israel,ȱ 171).ȱ ZERTALȱ hältȱ esȱ fürȱ wahrscheinlich,ȱ dassȱdieȱAssyrerȱsichȱbewusstȱdafürȱentschieden,ȱkeineȱgemischtenȱSiedlungenȱzwiȬ schenȱ Israelitenȱ undȱ Neuankömmlingenȱ zuȱ errichtenȱ (s.ȱ ZERTAL,ȱ Theȱ Provinceȱ ofȱ Samaria,ȱ404).ȱ
3.ȱZuȱdenȱFunktionenȱdesȱVertauschungsmotivsȱ
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KulturȱbeschränkenȱsichȱausdrücklichȱaufȱmilitärischeȱundȱadministraȬ tiveȱZentrenȱderȱassyrischenȱBesatzer.134ȱDieȱausführlicheȱSichtungȱundȱ AuswertungȱdesȱarchäologischenȱBefundesȱlässtȱZertalȱzuȱdemȱplausibȬ lenȱ Schlussȱ kommen,ȱ dassȱ „inȱ mostȱ aspects,ȱ lifeȱ inȱ Ironȱ Ageȱ Palestineȱ seemsȱ toȱ haveȱ continuedȱ withoutȱ muchȱ change,ȱ asȱ farȱ asȱ dailyȱ lifeȱ isȱ concerned.“135ȱ Durchȱ dieseȱ kulturelleȱ Kontinuitätȱ seitȱ derȱ assyrischȬbabylonischenȱ ZeitȱhattenȱdieȱSamaritanerȱinȱderȱPerserzeitȱdenȱbesserenȱwirtschaftliȬ chenȱAusgangspunkt.ȱSamariaȱentwickelteȱsichȱinȱderȱpersischenȱEpoȬ cheȱ zurȱ größtenȱ Stadtȱ inȱ Palästina,ȱ derenȱ Einflussȱ relativȱ bedeutendȱ war:136ȱ Inȱ Samariaȱ residierteȱderȱ persischeȱ Statthalterȱ undȱ dortȱ sindȱ inȱ spätpersischerȱZeitȱauchȱinteressanteȱResteȱeinerȱMischkulturȱausȱpersiȬ schen,ȱ phönizischen,ȱ griechischenȱ undȱ einheimischenȱ Elementenȱ zuȱ erkennenȱ (Münzen,ȱ DaliyeȬBullen).ȱ Knoppersȱ fasstȱ diesbezüglichȱ zuȬ sammen:ȱ „Duringȱ theȱ Achaemenidȱ era,ȱ membersȱ ofȱ theȱ Judeanȱ eliteȱ wereȱ notȱ dealingȱ withȱ aȱ depopulatedȱ outbackȱ inȱ theȱ north.ȱ Quiteȱ theȱ contrary,ȱ theyȱ wereȱ dealingȱ withȱ aȱ provinceȱ thatȱ wasȱ larger,ȱ betterȬ established,ȱandȱconsiderablyȱmoreȱpopulousȱthanȱwasȱYehud.”137ȱȱ ȱ Kulturkontakteȱ zwischenȱ beidenȱ JHWHȬKultgemeindenȱ inȱ persischerȱ undȱ frühȬhellenistischerȱ Zeit:ȱ Esȱ istȱ daherȱ zuȱ vermuten,ȱ dassȱ esȱ aufȱ denȱ verȬ schiedenstenȱ Ebenenȱ Kontakteȱ undȱ Interaktionenȱ zwischenȱ beidenȱKultȬ gemeindenȱgegebenȱhabenȱmuss.ȱImȱGegensatzȱzurȱalttestamentlichenȱ DarstellungȱwarȱSamariaȱfürȱJudaȱinȱderȱPerserzeitȱundȱdarüberȱhinausȱ eineȱ ernstȱ zuȱ nehmendeȱ Größe,ȱ mitȱ derȱ manȱ sichȱ politisch,ȱ kulturell,ȱ vorȱ allemȱ aberȱ auchȱ theologischȱ auseinandersetzenȱ musste.ȱ Aufgrundȱ vonȱ entsprechendenȱ Münzfundenȱ lässtȱ sichȱ schließen,ȱ dassȱ dieȱ wirtȬ schaftlichenȱ Beziehungenȱ zwischenȱ denȱ Nachbarnȱ inȱ derȱ persischenȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 134ȱȱ S.ȱ dazuȱ ZERTAL:ȱ „mostȱ ofȱ theȱ Ironȱ Ageȱ IIIȱ (722Ȭ535ȱ B.C.E.)ȱ ceramicȱ inventoryȱ reȬ maindedȱlocalȱandȱcontinuedȱfromȱtheȱeighthȱintoȱtheȱseventh/sixthȱcenturies,ȱwithȱ someȱmodificationsȱandȱadditions.ȱTheȱAssyrianȱinfluenceȱisȱexpressedȱbyȱadditionȱ ofȱaȱfewȱimportedȱvesselsȱ(,placeȬware’),ȱwhichȱappearȱinȱsmallȱquantities”ȱ(ZERTAL,ȱ TheȱProvinceȱofȱSamaria,ȱ397).ȱ 135ȱȱ ZERTAL,ȱTheȱProvinceȱofȱSamaria,ȱ386.ȱ 136ȱȱ S.ȱhierzuȱZERTAL,ȱ TheȱProvinceȱofȱSamaria,ȱ377Ȭ412.ȱInȱdieȱgleicheȱRichtungȱgehtȱdieȱ Einschätzungȱ vonȱ GRÄTZ,ȱ Zuȱ einemȱ Essayȱ vonȱ Albrechtȱ Alt,ȱ 179.ȱ S.ȱ hierzuȱ nochȱ ZWICKEL:ȱ „unterȱ denȱ Babyloniernȱ undȱ dannȱ abȱ 538ȱ v.Chr.ȱ auchȱ unterȱ denȱ Persernȱ dasȱVerwaltungszentrumȱderȱsüdlichenȱLevante.ȱDortȱsaßȱderȱpersischeȱStatthalter,ȱ derȱdieȱGroßregionȱregierte.ȱDasȱpolitischeȱMachtzentrumȱzogȱauchȱEinwohnerȱan.ȱ InȱkeinerȱanderenȱPeriodeȱderȱgesamtenȱGeschichteȱdesȱLandesȱgabȱesȱsoȱvieleȱSiedȬ lungenȱimȱGroßraumȱSamariasȱwieȱinȱderȱPerserzeit.“ȱ(ZWICKEL,ȱDasȱHeiligeȱLand,ȱ 95).ȱ 137ȱȱ KNOPPERS,ȱRevisitingȱtheȱSamarianȱQuestionȱinȱtheȱPersianȱPeriod,ȱ273.ȱ
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TeilȱC:ȱSystematisierendeȱSyntheseȱ
Zeitȱeherȱgeringȱausfielen.ȱSoȱkommenȱMeshorer/QedarȱnachȱAuswerȬ tungȱdesȱnumismatischenȱMaterialsȱinȱSamariaȱzuȱdemȱErgebnis:ȱ„ObȬ servationsȱ ofȱ ourȱ findsȱ suggestȱ anȱ almostȱ closedȱ borderȱ toȱ theȱ southȱ betweenȱ Samariaȱ andȱ Judeaȱ […]“.138ȱ Diesȱ istȱ wahrscheinlichȱ demȱ UmȬ standȱ geschuldet,ȱ dassȱ dieȱ wirtschaftlicheȱ Ausrichtungȱ beiderȱ Gebieteȱ schonȱtraditionellȱinȱunterschiedlicheȱRichtungenȱging:ȱJudaȱorientierteȱ sichȱ vorȱ allemȱ nachȱ Südenȱ (Ägypten),ȱ Israelȱ nachȱ Nordenȱ (PhöniȬ zien).139ȱ Dennochȱ hatȱ esȱ inȱ dieserȱ Zeitȱ Verbindungenȱ undȱ vorȱ allemȱ Kommunikationȱ zwischenȱ denȱ beidenȱ Größenȱ Samariaȱ undȱ Judaȱ gegeȬ ben,ȱzumalȱmanȱmittlerweileȱauchȱzeigenȱkann,ȱdassȱsichȱbeideȱEthnienȱ nichtȱ nurȱ durchȱ ihreȱ geographische,ȱ sondernȱ vielmehrȱ auchȱ überȱ ihreȱ kulturelleȱundȱreligiöseȱNäheȱauszeichneten:ȱȱ NochȱEndeȱdesȱ5.ȱJh.sȱwendenȱsichȱdieȱ(ExilsȬ)JudäerȱinȱElephantineȱ (Ägypten)ȱ wegenȱ derȱ Wiedererrichtungȱ desȱ hiesigenȱ JahuȬTempelsȱ anȱ dieȱ Verantwortlichenȱ inȱ Jerusalemȱ undȱ inȱ Samariaȱ undȱ erhaltenȱ eineȱ gemeinsameȱ Antwortȱ (TADAEȱ A4.9ȱ [Portenȱ /Yardeni,ȱ 1986]).ȱ Derȱ epiȬ graphischeȱBefundȱzeigtȱmithin,ȱdassȱSpracheȱundȱSchrift,ȱdieȱvonȱPaȬ pyri,ȱMünzenȱundȱBullenȱbekanntȱsind,ȱinȱderȱSubstanzȱimȱpersischenȱ JehudȱwieȱauchȱinȱSamariaȱidentischȱwaren.ȱEinigeȱInschriftenȱamȱGaȬ rizimȱbelegen,ȱdassȱimȱ3.Ȭ2.ȱJh.ȱv.Chr.ȱPilgerȱausȱderȱStadtȱSamariaȱzumȱ Garizimȱkamen.140ȱDieȱInschriftenȱzeigen,ȱdassȱsichȱdieȱPersonennamenȱ derȱKultgängerȱinȱderȱhellenistischenȱEpocheȱinȱkeinerȱWeiseȱvonȱdenȱ NamenȱimȱJerusalemȱdieserȱZeitȱunterscheiden.141ȱHierunterȱfindenȱsichȱ Namenȱ wieȱ „Yehudah/Yehud“142ȱ sowieȱ biblischeȱ Namen,ȱ dieȱ wederȱ ausȱ demȱ Pentateuchȱ nochȱ ausȱ anderenȱ Schriftenȱ desȱ samaritanischenȱ Kanonsȱ stammen.143ȱ Auchȱ derȱ Großteilȱ derȱ wohlhabendenȱ Bürger,ȱ dieȱ ausȱderȱStadtȱSamariaȱvorȱAlexanderȱdemȱGroßenȱgeflohenȱwarenȱundȱ derenȱDokumenteȱimȱWadiȱedȬDaliyehȱüberliefertȱsind,ȱhattenȱJHWHȬ haltigeȱNamen144ȱ–ȱfürȱdieȱMünzprägungenȱausȱSamariaȱergibtȱsichȱeinȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 138ȱȱ MESHORER/QEDAR,ȱSamarianȱCoinage,ȱ70.ȱ 139ȱȱ Zuȱ denȱ Handelsbeziehungenȱ maßgeblich:ȱ SCHIPPER,ȱ Israelȱ undȱ Ägyptenȱ inȱ derȱ Königszeit,ȱ162ff.ȱ 140ȱȱ S.ȱ dafürȱ MAGEN/MISGAV/TSFANIA,ȱ Mountȱ Gerizimȱ Excavationsȱ I,ȱ 59ȱ (Inschriftȱ 14)ȱ undȱ60ȱ(Inschriftȱ15).ȱ 141ȱȱ MAGEN/MISGAV/TSFANIA,ȱMountȱGerizimȱExcavationsȱI,ȱ25Ȭ26.85.ȱ 142ȱȱ MAGEN/MISGAV/TSFANIA,ȱMountȱGerizimȱExcavationsȱI,ȱInschriftȱ43ȱundȱ49.ȱ 143ȱȱ Soȱz.B.ȱElnathan;ȱ2ȱKönȱ24,8;ȱJerȱ26,22;ȱDelaiah;ȱEsrȱ2,60;ȱZabdi;ȱJosȱ7,1.ȱDerȱGebrauchȱ dieserȱ Namenȱ setztȱ sichȱ nochȱ bisȱ inȱ spätereȱ Epochenȱ fortȱ (dazuȱ PUMMER,ȱ Theȱ SamaritansȱandȱTheirȱPentateuch,ȱ263).ȱ 144ȱȱ S.ȱ GROPP,ȱ Wadiȱ Daliyehȱ II,ȱ 6;ȱ ZSENGELLÉR,ȱ Personalȱ Namesȱ inȱ theȱ WadiadȬDaliyehȱ Papyri,ȱ182Ȭ189ȱundȱLEMAIRE,ȱDasȱAchämenidischeȱJuda,ȱ220Ȭ223.ȱ
3.ȱZuȱdenȱFunktionenȱdesȱVertauschungsmotivsȱ
301
ähnlichesȱBild.145ȱMitȱKnoppersȱkannȱmanȱhierȱzusammenfassen:ȱ„Theȱ PersianȱPeriodȱwasȱanȱeraȱofȱculturesȱinȱcontact.ȱForȱmanyȱresidentsȱofȱ Yehudȱ andȱ Samaria,ȱ closeȱ relationsȱ betweenȱ theirȱ twoȱ communitiesȱ wereȱaȱfact,ȱnotȱanȱissue.”146ȱȱ Auchȱ überȱ dieseȱ Epocheȱ hinausȱ bliebenȱ dieȱ Kontakteȱ nochȱ weiterȱ bestehen,ȱselbstȱwennȱmanȱdieȱZerstörungȱdesȱHeiligtumsȱdurchȱHyrȬ kanȱimȱzweitenȱJh.ȱv.Chr.ȱalsȱendgültigeȱTrennungȱzwischenȱJudaȱundȱ Samariaȱansieht.ȱAuchȱ2ȱMakkȱ15,1ȱzeigt,ȱdassȱanscheinendȱnochȱimȱ2.ȱ Jh.ȱv.Chr.ȱSamariaȱfürȱdieȱvertriebenenȱJudenȱeinȱgängigerȱOrtȱwar,ȱumȱ Zufluchtȱzuȱsuchen.ȱMithinȱerwähntȱ2ȱMakkȱ6,2ȱdenȱGarizimȱohneȱnegaȬ tiveȱ Konnotation.ȱ Dieȱ Forschungȱ siehtȱ sichȱ mithinȱ vorȱ demȱ Problem,ȱ dassȱdieȱmaterielleȱKulturȱderȱfrühenȱSamaritanerȱbisȱinȱdieȱbyzantiniȬ scheȱ Zeitȱ hineinȱ nichtȱ eindeutigȱ vonȱ derȱ jüdischenȱ zuȱ unterscheidenȱ ist.147ȱ Lediglichȱ dieȱ Inschriftenȱ inȱ samaritanischerȱ Schriftȱ erlaubenȱ dieȱ Identifikationȱ einerȱ Synagogeȱ alsȱ samaritanisch.ȱ Soȱ bleibenȱ trotzȱ allerȱ Unterschiedeȱ undȱ gegenseitigerȱ Gewaltausbrücheȱ dieȱ Samaritanerȱ bisȱ inȱ dieȱ Spätantikeȱ hineinȱ ideologischȱ aufsȱ Engsteȱ mitȱ ihrenȱ jüdischenȱ Brüdernȱ verbunden.ȱ Dieseȱ Erkenntnisseȱ verändernȱ dasȱ klassischeȱ SamaritanerbildȱderȱälterenȱForschung:ȱDerȱUrsprungȱderȱSamaritanerȱ wurdeȱbisherȱimȱAllgemeinenȱverbundenȱmitȱderȱEroberungȱundȱZerȬ störungȱ Samariasȱ durchȱ dieȱ Assyrerȱ undȱ derȱ Deportationȱ seinerȱ EinȬ wohner,ȱ wieȱ sieȱ inȱ 2ȱ Könȱ 17ȱ einenȱ textlichenȱ Niederschlagȱ gefundenȱ hat.ȱ Nachȱ traditionellerȱ jüdischerȱ Auffassungȱ –ȱ dieȱ sichȱ auchȱ inȱ denȱ späterenȱrabbinischenȱTextenȱwiderspiegeltȱ–ȱsindȱdieȱSamaritanerȱdieȱ Nachfahrenȱjenerȱfremden,ȱgemischtenȱVölker,ȱdieȱlautȱ2ȱKönȱ17,24Ȭ34ȱ nachȱdemȱFallȱdesȱNordreichsȱ(722ȱv.Chr.)ȱvonȱdenȱAssyrernȱinȱSamaȬ rienȱangesiedeltȱwurden.148ȱȱ ȱ Zweiȱ konkurrierende,ȱ israelitischeȱ Kultgemeindenȱ anȱ Garizimȱ undȱ Zionȱ abȱ persischerȱZeit:ȱEinzigartigȱsindȱzweiȱInschriftenȱausȱderȱNachbarschaftȱ derȱSynagogeȱausȱDelosȱ(2.ȱundȱ1.ȱJh.ȱv.Chr.),ȱaufȱdenenȱsichȱdieȱAufȬ traggeberȱalsȱ„IsraelitenȱaufȱDelos,ȱdieȱOpferȱdarbringenȱzumȱheiligen,ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 145ȱȱ S.ȱ MESHORER/QEDAR,ȱ Samarianȱ Coinage,ȱ 22.28:ȱ „Deliah“;ȱ „Schelemiah“.ȱ Zumȱ YHWHȬKultȱ inȱ derȱ Regionȱ Samariaȱ vgl.ȱ nochȱ HJELM,ȱ Mt.ȱ Gerizimȱ andȱ Samaritans,ȱ 32fȱ undȱ PUMMER,ȱ Samaritanismȱ –ȱ Aȱ Jewishȱ Sectȱ orȱ anȱ Independentȱ Fromȱ ofȱ JahwȬ ism?,ȱ 8Ȭ10:ȱ “Thereȱ isȱ everyȱ indicationȱ thatȱ northernȱ Yahwismȱ didȱ notȱ differȱ fromȱ southernȱ Yahwismȱ duringȱ theȱ timeȱ ofȱ theȱ unitedȱ kingdomȱ andȱ theȱ Archaemenidȱ rule.”ȱ(8).ȱ 146ȱȱ KNOPPERS,ȱRevisitingȱtheȱSamarianȱQuestionȱinȱtheȱPersianȱPeriod,ȱ280.ȱ 147ȱȱ DazuȱCROWN,ȱAnotherȱLookȱatȱSamaritanȱOrigins,ȱ133Ȭ155ȱundȱDERS.,ȱRedatingȱtheȱ Shism,ȱ17Ȭ50,ȱsowieȱPUMMER,ȱTheȱSamaritansȱundȱTheirȱPentateuch,ȱ251f.ȱ 148ȱȱ Jos.ȱAnt.ȱIX,ȱ277Ȭ291.ȱ
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TeilȱC:ȱSystematisierendeȱSyntheseȱ
geweihtenȱ Garizim“ȱ bezeichnen.149ȱ Dieseȱ Inschriftenȱ sindȱ nichtȱ nurȱ deshalbȱ bedeutsam,ȱ weilȱ sieȱ bisȱ vorȱ Kurzemȱ dieȱ einzigenȱ antikenȱ Zeugnisseȱ darstellten,ȱ dieȱ nachweislichȱ vonȱ Samaritanernȱ selbstȱ verȬ fasstȱ wurden,ȱ sondernȱ auchȱ inhaltlichȱ dadurch,ȱ dassȱ ihreȱ Autorenȱ dieȱ biblischeȱSelbstbezeichnungȱ„Israelitai“ȱfürȱsichȱreklamierenȱundȱdieseȱ durchȱ denȱ explizitenȱ Verweisȱ aufȱ denȱ Kultȱ amȱ Garizimȱ qualifizieren.ȱ Auchȱ dieȱ antikenȱ jüdischenȱ Quellenȱ sindȱ inȱ diesemȱ Zusammenhangȱ trotzȱ allerȱ SamaritanerȬPolemikȱ insofernȱ ernstȱ zuȱ nehmen,ȱ alsȱ sieȱ klarȱ eineȱ Gruppeȱ angreifen,ȱ dieȱ ganzȱ deutlichȱ aufȱ demȱ Bodenȱ desȱ PentaȬ teuchsȱ steht,ȱ dessenȱ Verheißungenȱ sichȱ aberȱ positivȱ aufȱ denȱ Garizimȱ beziehen.ȱDerȱGarizimȱgiltȱalsȱausschließlicherȱKultort,ȱanȱdemȱPriesterȱ undȱLaienȱihrenȱDienstȱverrichten,ȱundȱderȱBergȱspieltȱeineȱgroßeȱRolleȱ inȱderȱFrömmigkeitȱ(AnrufungȱbeimȱGebet)ȱsowieȱinȱeschatologischenȱ Kontexten.150ȱ Esȱ istȱ alsoȱ anzunehmen,ȱ dassȱ derȱ Streitȱ zwischenȱ Judenȱ undȱ Samaritanernȱ letztlichȱ darumȱ ging,ȱ werȱ dieȱ Heilstraditionenȱ desȱ Pentateuchsȱ zuȱ Rechtȱ fürȱ sichȱ beansprucht.ȱ Dieseȱ Sichtȱ wirdȱ indirektȱ dadurchȱbestätigt,ȱdassȱbereitsȱimȱ2.ȱJh.ȱv.Chr.ȱJudenȱundȱSamaritanerȱ inȱ Alexandriaȱ dadurchȱ aufgefallenȱ sind,ȱ dassȱ sieȱ überȱ dieȱ Legitimitätȱ ihrerȱbeidenȱKultorteȱstrittenȱ(Jos.ȱAnt.ȱXII,ȱ10;ȱXIII,ȱ74Ȭ79).151ȱVerbindetȱ manȱdieseȱBeobachtungȱmitȱdenȱobigenȱErkenntnissen,ȱhandeltȱesȱsichȱ beiȱSamariaȱundȱJudaȱumȱzweiȱkonkurrierendeȱGruppierungen,ȱdieȱsichȱ jeweilsȱalsȱisraelitische,ȱJHWHȬverehrendeȱKultgemeindeȱdefinierenȱundȱ–ȱ soȱmeineȱweiterführendeȱÜberlegungȱ–ȱüberȱdiesenȱAnspruch,ȱ„Israel“ȱ zuȱ sein,ȱ auchȱ miteinanderȱ inȱ theologischeȱ Auseinandersetzungenȱ treȬ ten.ȱȱ Mirȱscheintȱesȱdarüberȱhinausȱsehrȱplausibel,ȱdassȱSamariaȱinȱkultuȬ rellerȱwieȱinȱtheologischerȱHinsichtȱalsȱdasȱeigentlicheȱ„Israel“ȱanzusehenȱ ist,ȱ dasȱ bisȱ inȱ dieȱ hellenistischeȱ Zeitȱ hineinȱ diesenȱ Anspruchȱ auchȱ kommunizierteȱ undȱ aufgrundȱ seinerȱ (relativen)ȱ Machtstellungȱ auchȱ gegenüberȱ Jehudȱ kommunizierenȱ konnte.ȱ Imȱ Vergleichȱ zumȱ Nordenȱ warenȱ Judaȱ undȱ Jerusalemȱ inȱ derȱ persischenȱ Zeitȱ völligȱ unbedeutend.ȱ Zwickelȱ sprichtȱ vonȱ einerȱ geradezuȱ „gegenteiligenȱ Entwicklung“ȱ imȱ samarischenȱBerglandȱundȱinȱderȱProvinzȱJehud.152ȱDieȱsüdlicheȱEthnieȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 149ȱȱ Dazuȱ ZANGENBERG,ȱ Samareia;ȱ zumȱ literarischenȱ undȱ historischenȱ Kontextȱ s.ȱ LABAHN,ȱ AtaljaȱundȱJoscheba,ȱ2003,ȱ277Ȭ311ȱundȱKNOPPERS,ȱMt.ȱGerizimȱundȱMt.ȱZiȬ on,ȱ309Ȭ338.ȱ 150ȱȱ S.ȱZANGENBERG,ȱSamareia,ȱ82f.ȱ 151ȱȱ DieȱantikenȱQuellenȱzurȱGeschichteȱundȱKulturȱderȱSamaritanerȱkönnenȱmittlerweileȱ überȱdieȱdeutscheȱÜbersetzungȱvonȱZangenberg,ȱ194,ȱsowieȱüberȱdieȱmittlerweileȱalsȱ Standardwerkȱ anzusehendeȱ Ausgabeȱ vonȱ PUMMER,ȱ Earlyȱ Christianȱ Authorsȱ onȱ SamaritansȱandȱSamaritanismȱgutȱerschlossenȱwerden.ȱ 152ȱȱ ZWICKEL,ȱDasȱHeiligeȱLand,ȱ94Ȭ96;ȱZitatȱ95.ȱ
3.ȱZuȱdenȱFunktionenȱdesȱVertauschungsmotivsȱ
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„Judäa“ȱ beerbteȱ dieseȱ Kulturȱ erstȱ vielȱ später.ȱ Nachȱ derȱ inȱ 1ȱ Könȱ 12,1fȱ überliefertenȱ Reichsteilungȱ erhältȱ derȱ Begriffȱ „Israel“ȱ erstmalsȱ eineȱ historischȱgreifbare,ȱgesicherteȱBedeutung:ȱErȱbezeichnetȱdasȱTerritoriȬ umȱ desȱ Nordreichsȱ –ȱ dasȱ Gebietȱ derȱ zehnȱ inȱ 1ȱ Könȱ 11,31ȱ genanntenȱ Stämme.ȱDerȱStammȱJudaȱgehörtȱnichtȱzuȱdiesemȱGebiet,ȱsondernȱwirdȱ alsȱunabhängigesȱKönigtumȱmitȱdemȱNamenȱJudaȱ(undȱderȱHauptstadtȱ Jerusalem)ȱ bezeichnet.ȱ Allerdingsȱ zeigenȱ dieȱ Bezeichnungȱ „dieȱ beidenȱ HäuserȱIsrael“ȱinȱJesȱ8,14ȱundȱdieȱimȱJesajabuchȱmehrfachȱbelegteȱGotȬ tesbezeichnungȱ„derȱHeiligeȱIsraels“,ȱdassȱdieȱIdeeȱeinesȱzusammengeȬ hörigen,ȱ alleȱ zwölfȱ Stämmeȱ umschließenden,ȱ Israelȱ nichtȱ aufgegebenȱ wurde.ȱ Alsȱ „Israel“ȱ verstandenȱ sichȱ wohlȱ frühestensȱ dieȱ judäischenȱ Rückkehrerȱ ausȱ demȱ Exilȱ imȱ 5.ȱ Jh..ȱ Diebnerȱ vermutet,ȱ dassȱ dieȱ judäȬ ischenȱ Exulantenȱ imȱ Exilȱ dieȱ dortȱ ebenfallsȱ expatriierteȱ israelitischeȱ Oberschichtȱ antrafen,ȱ dieseȱ Traditionenȱ kennenlerntenȱ undȱ sichȱ mitȱ diesenȱ weitgehendȱ identifiziertenȱ undȱ demzufolgeȱ mitȱ demȱ theologiȬ schenȱSelbstverständnis,ȱ(auch)ȱ„Israel“ȱzuȱsein,ȱinȱdieȱHeimatȱderȱVorȬ elternȱ zurückkehrten.153ȱ Zwarȱ bleibtȱ Diebnersȱ Hypotheseȱ weitgehendȱ Spekulation,ȱdochȱkönnteȱmanȱetwasȱallgemeinerȱdenȱÜbernahmeproȬ zessȱwohlȱdamitȱbegründen,ȱdassȱderȱVorsprungȱdesȱNordensȱvorȱdemȱ SüdenȱzuȱeinemȱLegitimationsdruckȱseitensȱderȱjudäischenȱReligionsparȬ teiȱ führte.ȱ Dieȱ Übernahmeȱ desȱ Israelbegriffsȱ inȱ seinerȱ vollenȱ theologiȬ schenȱ Bedeutungȱ durchȱ Judaȱ geschahȱ inȱ einemȱ langsamenȱ AbtrenȬ nungsprozessȱ undȱ bargȱ entsprechendȱ reichlichesȱ Konfliktpotenzial.154ȱ EineȱgenauereȱDatierungȱdiesesȱProzessesȱistȱindesȱschwierig.ȱZunächstȱ einmalȱ istȱ zuȱ konstatieren,ȱ dassȱ esȱ (gemäßȱ desȱ derzeitigenȱ KenntnisȬ standes)ȱ vorȱ denȱ Münzprägungenȱ ausȱ derȱ Zeitȱ desȱ erstenȱ jüdischenȱ Aufstandes155ȱgegenȱdieȱRömerȱkeineȱexternalȱevidencesȱdafürȱgibt,ȱdassȱ sichȱJudaȱalsȱ„Israel“ȱverstandenȱhätte.156ȱEsȱgibtȱbisȱdahinȱauchȱkeinenȱ evidenceȱ dafür,ȱ dassȱ Judaȱ externȱ vonȱ anderenȱ Mächtenȱ oderȱ Gruppenȱ alsȱ„Israel“ȱbezeichnetȱwordenȱwäre.157ȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 153ȱȱ DazuȱDIEBNER,ȱJudaȱundȱIsrael.ȱZurȱhermeneutischenȱBedeutung,ȱ101Ȭ103.ȱ 154ȱȱ S.ȱhierzuȱdieȱfolgendenȱAusführungenȱzumȱ„gemeinsamen“ȱPentateuch,ȱTeilȱC.3.4.2.ȱ 155ȱȱ MitȱderȱInschriftȱlarfy lqfȱ(vgl.ȱCARMON,ȱInscriptions,ȱ210ȱu.ȱ96)ȱ(mehrȱBeispieleȱbeiȱ DIEBNER,ȱJudaȱundȱIsrael.ȱZurȱhermeneutischenȱBedeutung,ȱ100).ȱȱ 156ȱȱ Wohlȱ aberȱ findenȱ sichȱ literarischeȱ Niederschlägeȱ diesesȱ Ringensȱ umȱ denȱ IsraelbeȬ griff:ȱInȱderȱSichtȱderȱBücherȱEsr/NehȱwirdȱJuda/JerusalemȱgegenüberȱdenȱSamaritaȬ nernȱregelrechtȱ„abgeschottet“.ȱJudaȱistȱinȱdiesemȱSinneȱ„Israel“,ȱnämlichȱohneȱSamaȬ ria.ȱ 157ȱȱ D.h.ȱz.B.ȱimȱdiplomatischenȱVerkehr.ȱDiesȱunterstreichtȱimmerȱwiederȱDIEBNERȱ (vgl.ȱ z.B.ȱDIEBNER,ȱJudaȱundȱIsrael.ȱZurȱhermeneutischenȱBedeutung,ȱ99Ȭ103).ȱDenȱgründȬ lichenȱNachweisȱdieserȱTheseȱliefertȱDIEBNERȱanhandȱeinerȱüberbordendenȱUntersuȬ chungȱsämtlichenȱzurȱVerfügungȱstehendenȱepigraphischenȱMaterialsȱinȱseinerȱAnȬ trittsvorlesungȱHeidelbergȱ2002ȱ(dieseȱistȱbisherȱleiderȱnochȱunpubliziert,ȱwirdȱaberȱ
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TeilȱC:ȱSystematisierendeȱSyntheseȱ
„Samaritanischesȱ Schisma“:ȱ Imȱ Horizontȱ dieserȱ neuenȱ Befundeȱ wirdȱ freilichȱdieȱinȱderȱForschungȱüblichȱgewordeneȱBegrifflichkeitȱ„SamariȬ tanischesȱSchisma“ȱproblematisch:ȱDennȱzumȱeinenȱistȱderȱausȱderȱKirȬ chengeschichtsschreibungȱ entlehnteȱ Begriffȱ insofernȱ schwierig,ȱ alsȱ „Schisma“ȱ stetsȱ dieȱ Abspaltungȱ einerȱ Sondergruppeȱ (inȱ diesemȱ Fallȱ „Samaria“)ȱvonȱeinerȱalsȱorthodoxȱdefiniertenȱHauptgruppeȱ(Judaȱ=ȱIsraȬ el)ȱ bezeichnet.ȱ Dieȱ Samaritanerȱ rekonstruieren,ȱ wieȱ kaumȱ andersȱ zuȱ erwarten,ȱ ihreȱ Identitätȱ genauȱ andersherum:ȱ Sieȱ glauben,ȱ dassȱ esȱ dieȱ Judenȱ waren,ȱ dieȱ sichȱ zurȱ Zeitȱ desȱ Priestersȱ Eliȱ imȱ 11.ȱ Jh.ȱ v.Chr.ȱ vomȱ Hauptstromȱ abgesondertȱ haben.ȱ Samaritanischeȱ Theologieȱ undȱ GeȬ schichtsschreibungȱ wirdȱ durchȱ dieȱ letztgenannteȱ Erklärungȱgeprägt.158ȱ DieseȱAuffassungȱistȱgeschichtlichȱnichtȱzuȱbelegen,159ȱaberȱhinsichtlichȱ derȱTraditionȱgrundlegend.ȱDerȱBegriffȱ„Schisma“ȱträgtȱschonȱdieȱbibȬ lischȱ fundierte,ȱ (judäische)ȱ polemischeȱ Sichtȱ inȱ sichȱ undȱ spiegeltȱ m.E.ȱ dieȱhistorischenȱRealitätenȱnichtȱwider:ȱInȱSamariaȱundȱJudaȱbegegnenȱ unsȱzweiȱ(zumindestȱinȱderȱEigenwahrnehmungȱgleichwertige)ȱisraelitiȬ scheȱ JHWHȬKulte.ȱ Zumȱ anderenȱ habenȱ derȱ australischeȱ Semitistȱ Crown160ȱ undȱ derȱ niederländischeȱ Judaistȱ vanȱ derȱ Horst161ȱ mitȱ NachȬ druckȱ daraufȱ hingewiesen,ȱ dassȱ trotzȱ allerȱ (möglichenȱ religiösenȱ undȱ kulturellen)ȱInnovationȱzuȱBeginnȱderȱGeschichteȱderȱSamaritanerȱundȱ allerȱfolgendenȱPolemikȱdasȱsog.ȱSchismaȱalsȱeinȱEndpunktȱeinerȱlängeȬ renȱ undȱ vonȱ wachsendenȱ Spannungenȱ geprägtenȱ Koexistenzȱ anzuseȬ henȱ sei:ȱ Unterȱ denȱ Samaritanologenȱ bestehtȱ inzwischenȱ weitgehendȱ Einigkeitȱ darüber,ȱ dassȱ dasȱ Schismaȱ nichtȱ inȱ Verbindungȱ mitȱ derȱ ErȬ richtungȱ einesȱ eigenenȱ Tempelsȱ aufȱ demȱ Garizimȱ zuȱ sehenȱ ist.ȱ Dochȱ bietetȱ derȱ Bauȱ desȱ Tempelsȱ aufȱ demȱ Garizimȱ keinenȱ ausreichendenȱ Grundȱ anzunehmen,ȱ dassȱ dieȱ Trennungȱ beiderȱ Kultgemeindenȱ inȱ derȱ ZeitȱseinerȱErrichtungȱbereitsȱvollzogenȱwar.ȱBekanntermaßenȱexistierȬ tenȱweitereȱJHWHȬTempelȱauchȱaußerhalbȱPalästinasȱ(Elephantineȱundȱ Leontopolis).ȱ Zudemȱ hatȱ Römerȱ daraufȱ hingewiesen,ȱ dassȱ „certainȱ textsȱ ofȱ theȱ Tetrateuchȱ (butȱ alsoȱ someȱ textsȱ inȱ Samuelȱ andȱ Kings)ȱ asȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ demnächstȱunterȱdemȱTitelȱ„Seitȱwannȱgibtȱesȱ,jenesȱIsrael‘ȱ(MartinȱNoth)?ȱ AnmerȬ kungenȱ zuȱ ,Israel‘ȱ alsȱ ekklesiologischeȱ Grösseȱ imȱ TaNaKȱ (Bibliaȱ Hebraicaȱ etȱ Aramaica)“ȱ inȱ demȱ vonȱ mirȱ inȱ Zusammenarbeitȱ mitȱ DINKELAKERȱ undȱ ZEIDLERȱ herȬ ausgegebenenȱSammelbandȱ„BerndȱJörgȱDiebner:ȱSeitȱwannȱgibtȱesȱjenesȱIsrael?ȱGeȬ sammelteȱBeiträgeȱausȱ35ȱJahrenȱNeuansatz“ȱerscheinen.ȱ 158ȱȱ DieȱPerspektiveȱderȱsamaritanischenȱTraditionȱanhandȱihrerȱQuellenȱstelltȱnunȱsehrȱ ausführlichȱdarȱKARTVEIT,ȱTheȱOriginsȱofȱtheȱSamaritans,ȱ22Ȭ43.ȱ 159ȱȱ NurȱGASTER,ȱ TheȱSamaritansȱ–ȱTheirȱHistory,ȱDoctrinesȱundȱLiteratureȱschlossȱsichȱ dieserȱSichtȱan.ȱ 160ȱȱ S.ȱ besondersȱ CROWN,ȱ Anotherȱ Lookȱ atȱ Samaritanȱ Origins,ȱ 133Ȭ155ȱ undȱ DERS.,ȱ AnotherȱLookȱatȱSamaritanȱOrigins,ȱ17Ȭ50.ȱ 161ȱȱ S.ȱbesondersȱVANȱDERȱHORST,ȱDeȱSamaritanen.ȱ
3.ȱZuȱdenȱFunktionenȱdesȱVertauschungsmotivsȱ
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sumeȱ theȱ existenceȱ ofȱ severalȱ Yawisticȱ sanctuaries,ȱ andȱ thisȱ withoutȱ apparentȱcriticism.”162ȱȱ VielmehrȱistȱdasȱEndeȱdesȱgemeinsamenȱWegesȱbeiderȱKultgemeinȬ schaftenȱmitȱderȱZerstörungȱdesȱsamaritanischenȱHeiligtumsȱsowieȱderȱ StadtȱSichemsȱ(110ȱv.Chr.)ȱdurchȱJohannesȱHyrkanȱI.ȱgekommen.ȱSeineȱ gewaltsameȱ Judaisierungspolitikȱ bedeuteteȱ einenȱ tiefenȱ Bruchȱ derȱ Kultgemeinschaft(en).ȱ Seitdemȱ betrachtenȱ dieȱ Samaritanerȱ nurȱ nochȱ denȱ Garizimȱ alsȱ legitimeȱ Opferstätteȱ (fürȱ dasȱ Passa)ȱ undȱ dieȱ eigeneȱ zadokidischeȱLinieȱalsȱlegitimeȱPriesterschaft,ȱdieȱmanȱaufȱEleasar,ȱdenȱ SohnȱAarons,ȱzurückführteȱ(vgl.ȱ1ȱChrȱ5,29Ȭ36).ȱDochȱauchȱdieserȱProȬ zessȱwarȱnichtȱpunktuell,ȱsondernȱdieȱTrennungsȬȱundȱAblöseprozesseȱ liefenȱ wohlȱ schrittweiseȱ undȱ überȱ einenȱ längerenȱ Zeitraumȱ ab.163ȱ NimmtȱmanȱdieseȱErkenntnisseȱzusammen,ȱscheintȱesȱangebracht,ȱstattȱ vonȱ einemȱ „Schisma“ȱ eherȱ vonȱ einerȱ graduellenȱ Entfremdungȱ zuȱ spreȬ chen,ȱanȱderenȱEndeȱerstȱzweiȱselbstständigeȱGruppenȱstanden.ȱ 3.4.2ȱDieȱToraȱalsȱKompromissdokumentȱvonȱSamariaȱundȱJehudȱ VorȱdiesemȱhistorischenȱHintergrundȱliegtȱesȱnahe,ȱdassȱauchȱdieȱspätȬ alttestamentlichenȱTexteȱaufȱdenȱverwandtenȱNachbarnȱreflektierenȱundȱ bezüglichȱderȱreligionsȬȱundȱkulturgeschichtlichȱgroßenȱErrungenschafȬ tenȱ derȱ nachexilischenȱ Epocheȱ (Tempelȱ undȱ Tora)ȱ aufȱ dieȱ parallelenȱ EntwicklungenȱinȱSamariaȱreagieren.ȱFreilichȱließȱsichȱdieȱimmensȱwichȬ tigeȱ Rolleȱ Samariasȱ beiȱ derȱ Literaturgeneseȱ derȱ alttestamentlichenȱ Schriftenȱbisherȱnurȱerahnen,ȱdaȱderȱhebräischeȱKanonȱimȱWesentlichenȱ ausȱ derȱ judäischenȱ Perspektiveȱ überliefertȱ istȱ undȱ dieȱ biblischenȱ Texteȱ außerhalbȱdesȱPentateuchsȱentsprechendȱnurȱmitȱeinerȱbestimmenȱideoȬ logischenȱ undȱ theologischenȱ Hermeneutikȱ aufȱ dieȱ Größeȱ „Samaria“ȱ eingehen.ȱȱ Dieȱ neuereȱ Samaritanerforschungȱ siehtȱ nunȱ geradeȱ imȱ Pentateuchȱ dieȱ literarischeȱ Reflexionȱ desȱ Konfliktesȱ zwischenȱ Judaȱ undȱ Samariaȱ prominentȱ vertreten.ȱ Bekanntlichȱ besitzenȱ beideȱ Kultgemeindenȱ ihreȱ eigeneȱ Formȱ desȱ Pentateuchs,ȱ derȱ geradeȱ fürȱ dieȱ GarizimȬGemeindeȱ vonȱentscheidenderȱBedeutungȱist:ȱSieȱakzeptiertȱnurȱdieȱToraȱinȱFormȱ desȱsamaritanischenȱPentateuchsȱalsȱeigentlicheȱ„Schrift“.164ȱDieȱbeidenȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 162ȱȱ RÖMER,ȱCultȱCentralizationȱinȱDeuteronomyȱ12,ȱ179ȱ(HervorhebungȱBH).ȱDemȱUrteilȱ RÖMERSȱschließtȱsichȱauchȱPUMMERȱanȱ(s.ȱPUMMER,ȱTheȱSamaritansȱundȱTheirȱPentaȬ teuch,ȱ250f).ȱ 163ȱȱ VielleichtȱsogarȱbisȱinȱnachȬchristlicheȱZeit;ȱvgl.ȱPUMMER,ȱTheȱSamaritansȱundȱTheirȱ Pentateuch,ȱ237Ȭ269.ȱ 164ȱȱ Dassȱ dieȱ Samaritanerȱ nurȱ dieȱ Toraȱ alsȱ Schriftȱ anerkennen,ȱ wurdeȱ schonȱ vonȱ denȱ frühenȱchristlichenȱAutorenȱangemerkt;ȱzuȱdenȱQuellenȱs.ȱPUMMER,ȱTheȱSamaritansȱ
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TeilȱC:ȱSystematisierendeȱSyntheseȱ
weiterenȱ Kanonteileȱ derȱ hebräischenȱ Bibel,ȱ dieȱ Nebi’imȱ sowieȱ dieȱ KeȬ tubim,ȱ sindȱ aufgrundȱ ihrerȱ deutlichȱ judäischenȱ Perspektiveȱ undȱ teilsȱ deutlichenȱ antisamaritanischenȱ Polemikȱ nurȱ alsȱ kanonischeȱ Schriftenȱ derȱJerusalemerȱKultgemeindeȱverständlich.165ȱDieȱmeistenȱPentateuchȬ Modelleȱgehenȱdavonȱaus,ȱdassȱderȱPentateuchȱzuerstȱundȱvorȱallemȱanȱ dieȱBewohnerȱderȱpersischenȱProvinzȱJehudȱadressiertȱwarȱundȱerstȱinȱ einemȱweiterenȱSchrittȱvonȱdenȱSamaritanernȱalsȱPentateuchȱakzeptiertȱ wurde.ȱ Dieȱ samaritanischeȱ Versionȱ desȱ Pentateuch,ȱ d.h.ȱ derȱ bisȱ heuteȱ rezipierteȱ Textȱ mitȱ denȱ speziellen,ȱ samaritanischenȱ Änderungenȱ undȱ Ergänzungenȱ (vorȱ allemȱ denȱ Kultortȱ betreffend)ȱ entstandȱ zwarȱ wohlȱ erstȱ imȱ 2./1.ȱ Jh.ȱ v.Chr.,ȱ dochȱ istȱ esȱ rechtȱ unwahrscheinlich,ȱ dassȱ dieȱ Samaritanerȱ erstȱ inȱ dieserȱ Zeitȱ denȱ Pentateuchȱ annahmenȱ undȱ diesenȱ dannȱ auchȱ sofortȱ ihrerȱ eigenenȱ Sichtȱ anpassten.ȱ Dennȱ immerhinȱ sindȱ dieȱbisherigenȱPentateuchȬHypothesenȱinsofernȱunbefriedigend,ȱdaȱsieȱ dieȱ fortwährendenȱ kulturellenȱ undȱ religiösenȱ Kontakteȱ zwischenȱ SaȬ mariaȱundȱJudaȱabȱdemȱ5.ȱJahrhundertȱaußerȱAchtȱzuȱlassenȱscheinen.ȱ ManȱkannȱsichȱderȱkritischenȱAnmerkungȱPummersȱnurȱanschließen:ȱȱ „[…]ȱtheȱSamaritanȱversionȱofȱtheȱPentateuchȱemergedȱinȱtheȱ2nd/1stȱcenȬ turyȱB.ȱC.ȱE.,ȱwhenȱtheȱspeciallyȱSamaritanȱreadingsȱwereȱintroducedȱintoȱ oneȱ ofȱ theȱ otherwiseȱ unchangedȱ textsȱ currentȱ alsoȱ inȱ Judah.ȱ Becauseȱ itȱ isȱ mostȱ unlikelyȱ thatȱ theȱ Northernȱ Yahwistȱ adoptedȱ theȱ Pentateuchȱ atȱ thisȱ lateȱ dateȱ andȱ immediatelyȱ adaptedȱ itȱ toȱ theirȱ ownȱ views,ȱ theyȱ mustȱ haveȱ beenȱfamiliarȱwithȱitȱforȱaȱconsiderableȱamountȱofȱtimeȱbeforeȱthat.“166ȱȱ
Warumȱ solltenȱ dieȱ Samaritanerȱ erstȱ soȱ spätȱ denȱ (judäischen)ȱ PentaȬ teuchȱeinfachȱnurȱübernommenȱhabenȱundȱnichtȱschonȱunmittelbarȱamȱ Entstehungsprozessȱbeteiligtȱgewesenȱsein?167ȱPummersȱentstehungsgeȬ schichtlicheȱ Folgerungȱ istȱ darumȱ auchȱ konsequent:ȱ „[…]ȱ everythingȱ speaksȱ forȱ theȱ assumptionȱ thatȱ theȱ Northernersȱ didȱ notȱ passivelyȱ andȱ suddenlyȱacceptȱtheȱPentateuchȱfromȱJudeans,ȱbutȱtheyȱmustȱhaveȱtakȬ
ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ undȱ Theirȱ Pentateuch,ȱ 239ȱ Anm.ȱ 11ȱ undȱ DERS.,ȱ Earlyȱ Christianȱ Authorsȱ onȱ SamaritansȱandȱSamaritanism,ȱ34f.ȱ 165ȱȱ Gelegentlichȱwirdȱdaraufȱhingewiesen,ȱdassȱdieȱSamaritanerȱauchȱeineȱeigeneȱTextȬ versionȱdesȱJosuabuchesȱsowieȱeinȱalsȱ„ChronikȱII“ȱbezeichnetes,ȱweiteresȱWerkȱzurȱ biblischenȱGeschichteȱbesitzenȱ(vgl.ȱz.B.ȱFABRY,ȱDerȱTextȱundȱseineȱGeschichte).ȱDiesȱ istȱ grundsätzlichȱ richtig.ȱ Daȱ allerdingsȱ beideȱ Werkeȱ nurȱ inȱ Handschriftenȱ ausȱ demȱ 19./20.ȱJahrhundertȱvorliegen,ȱstelltȱsichȱdieȱFrage,ȱobȱesȱsichȱnichtȱumȱneuzeitlicheȱ Kompilationenȱhandelt.ȱ 166ȱȱ PUMMER,ȱTheȱSamaritansȱundȱTheirȱPentateuch,ȱ257ȱ(HervorhebungȱBH).ȱ 167ȱȱ Vgl.ȱNochȱZSENGELLÉR:ȱ„TheȱSamaritanȱPentateuchȱhasȱaȱseriousȱroleȱinȱtheȱtheoryȱ ofȱcanonizationȱofȱtheȱHebrewȱBible.“ȱ(ZSENGELLÉR,ȱOriginȱorȱOriginalityȱofȱtheȱToȬ rah?,ȱ190).ȱȱ
3.ȱZuȱdenȱFunktionenȱdesȱVertauschungsmotivsȱ
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enȱpartȱinȱitsȱgrowth.”168ȱAnȱdieserȱStelleȱkannȱauchȱanȱeineȱdiesbezügȬ licheȱZwischenbemerkungȱAlbrechtȱAltsȱerinnertȱwerden:ȱȱ „DennȱdieserȱgemeinsameȱBesitzȱ(scl.ȱderȱPentateuch)ȱkannȱschwerlichȱdaȬ durchȱ zustandeȱ gekommenȱ sein,ȱ daßȱ dieȱ Samaritaner,ȱ nachdemȱ sieȱ sichȱ einmalȱ vonȱ Jerusalemȱ getrenntȱ hatten,ȱ denȱ fertigenȱ Pentateuchȱ vonȱ dortȱ übernahmen,ȱ sondernȱ istȱ vielȱ wahrscheinlicherȱ alsȱ eineȱ Erbschaftȱ ausȱ derȱ ZeitȱvorȱderȱTrennungȱaufzufassen,ȱdaȱderȱPentateuchȱerstȱdannȱdieȱJudenȱ undȱSamaritanernȱgemeinsameȱendgültigeȱGestaltȱgewann.“169ȱȱ
Nihanȱ hatȱ jüngstȱ Entsprechendesȱ anȱ Dtnȱ 27ȱ fürȱ dasȱ Deuteronomiumȱ exemplarischȱ vorführenȱ können:170ȱ Erȱ beziehtȱ sichȱ hierȱ aufȱ dieȱ sog.ȱ SichemȬTraditionȱ inȱ Dtnȱ undȱ Jos,ȱ daȱ hierȱ eineȱ literarischeȱ Verbindungȱ vonȱTora,ȱBundesschlusszeremonieȱundȱeinemȱKultortȱinȱSamariaȱ(beiȱ Sichem)ȱkreïertȱwirdȱ(Dtnȱ11,29f;ȱ27;ȱJosȱ8,30Ȭ35;ȱ24).ȱNihanȱkannȱüberȬ zeugendȱdarlegen,ȱdassȱesȱsichȱhierbeiȱkeinesfallsȱ–ȱwieȱsonstȱüblicherȬ weiseȱ angenommenȱ –ȱ umȱ eineȱ alteȱ Nordreichstraditionȱ handelt,ȱ sonȬ dernȱ dassȱ dieȱ Texteȱ alleȱ einerȱ spätenȱ Redaktion,ȱ wahrscheinlichȱ derȱ Endredaktionȱ vonȱ Pentateuchȱ undȱ Hexateuch,ȱ entstammen:ȱ Dieȱ BeȬ schreibungȱdesȱBausȱeinesȱHeiligtumsȱaufȱdemȱGarizimȱ(Dtnȱ27,4Ȭ8)ȱinȱ derȱ Näheȱ vonȱ Sichemȱ korrespondiertȱ semantischȱ wieȱ inhaltlichȱ mitȱ demȱAltargesetzȱExȱ20,24Ȭ26ȱ(vgl.ȱDtnȱ27,5Ȭ7),ȱdasȱimȱUnterschiedȱzumȱ dtrȱ Kultzentralisationsgesetzȱ Dtnȱ 12ȱ nochȱ eineȱ Vielzahlȱ vonȱ JHWHȬ AltärenȱimȱLandeȱzulässt.ȱNihanȱidentifiziertȱDtnȱ27ȱalsȱeinȱZugeständȬ nisȱanȱeinenȱlegitimenȱsamaritanischenȱJHWHȬKultȱaußerhalbȱdesȱLanȬ des.ȱ Hierzuȱ passtȱ auch,ȱ dassȱ dieȱ Erfüllungȱ derȱ Landesverheißungȱ erstȱ außerhalbȱderȱToraȱ(BuchȱJosua)ȱzuȱihremȱZielȱkommt.ȱDiesȱscheintȱdaȬ mitȱ zuȱ tunȱ zuȱ haben,ȱ dassȱ gewisseȱ Zugeständnisseȱ anȱ exilsȬjudäischeȱ Gemeinden171,ȱ wieȱ auchȱ anȱ dieȱ samaritanischeȱ Gruppierung,ȱ gemachtȱ wurden:ȱ Dieȱ Toraȱ warȱ soȱ lesbarȱ alsȱ gemeinsameȱ Urkundeȱ verschiedeȬ nerȱReligionsparteien.ȱInȱJosȱ24ȱseiȱnunȱallerdingsȱ–ȱsoȱNihanȱweiterȱ–ȱ nochȱ eineȱ vermittelnde,ȱ judäischeȱ Positionȱ zuȱ sehen:ȱ Derȱ BundesȬ schlussȱinȱSichemȱistȱverbundenȱmitȱderȱOffenbarungȱzusätzlicherȱGeȬ setzeȱundȱAnordnungenȱ (Josȱ 24,25)ȱ undȱ legitimiertȱ soȱ denȱsamaritaniȬ schenȱ Kultusȱ alsȱ toragemäßȱ undȱ gottgewollt.ȱErstȱspäterȱ sei,ȱ soȱ Nihanȱ weiter,ȱ dieȱ antiȬsamaritanischeȱ Polemikȱ Josȱ 8,30Ȭ35ȱ eingefügtȱ worden,ȱ dieȱvonȱhierȱwiederumȱdieȱTextänderungȱinȱDtnȱ27ȱvonȱ„BergȱGarizim“ȱ inȱ denȱ „Bergȱ Ebal“ȱ nachȱ sichȱ zogȱ undȱ soȱ demȱ Textȱ eineȱ antiȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 168ȱȱ Vgl.ȱPUMMER,ȱTheȱSamaritansȱundȱTheirȱPentateuch,ȱbes.ȱ252Ȭ266;ȱZitatȱ264.ȱ 169ȱȱ ALT,ȱZurȱGeschichteȱderȱGrenzeȱzwischenȱJudäaȱundȱSamaria,ȱ358.ȱ 170ȱȱ S.ȱNIHAN,ȱTheȱTorahȱbetweenȱSamariaȱandȱJudah,ȱ187Ȭ223.ȱ 171ȱȱ Vgl.ȱRÖMER,ȱLaȱfinȱdeȱL’historiographieȱdeutéronomiste,ȱ269Ȭ280;ȱOTTO,ȱDasȱDeuteȬ ronomiumȱimȱPentateuchȱundȱHexateuch,ȱ247f.ȱ
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TeilȱC:ȱSystematisierendeȱSyntheseȱ
samaritanischeȱSpitzeȱverlieh.ȱSoȱkannȱmanȱNihanȱinȱseinenȱSchlussfolȬ gerungenȱnurȱzustimmen:ȱȱ „Iȱ wouldȱ likeȱ toȱ proposeȱ thatȱ itȱ isȱ actuallyȱ possibleȱ toȱ identifyȱ someȱ inȬ stancesȱofȱconcessionsȱmadeȱtoȱSamariaȱatȱtheȱtimeȱofȱtheȱTorah’sȱredactionȱ inȱtheȱPersianȱPeriod.ȱThisȱsuggestsȱinȱturnȱthatȱtheȱtorah,ȱthoughȱprobablyȱ compiledȱ inȱ Jerusalem,ȱ wasȱ nonethelessȱ intendedȱ toȱ beȱ adoptedȱ byȱ JahwȬ istsȱinȱSamaria,ȱasȱwell,ȱfromȱtheȱveryȱtimeȱofȱitsȱinception.”172ȱ[...]ȱȱ „[E]venȱ thoughȱ theȱ Jerusalemȱ templeȱ probablyȱ wasȱ theȱ mostȱ likelyȱ placeȱ forȱtheȱcompositionȱofȱtheȱTorahȱduringȱtheȱsecondȱhalfȱofȱtheȱPersianȱPeȬ riod,ȱitȱwasȱneverȱwrittenȱforȱonlyȱoneȱcommunityȱbutȱwasȱintendedȱtoȱbeȱ acceptedȱbyȱbothȱJudeansȱandȱSamarians.”173ȱȱ
Dieseȱ weitreichendenȱ Überlegungenȱ lassenȱ sichȱ auchȱ textgeschichtlichȱ stützen:ȱ Unterȱ denȱ Schriftrollenȱ inȱ Qumranȱ befindenȱ sichȱ nichtȬ masoretischeȱ Handschriftenfragmente,ȱ dieȱ charakteristischeȱ GemeinȬ samkeitenȱ mitȱ demȱ Textȱ desȱ Samaritanusȱ zeigen,ȱ jedochȱ nochȱ keineȱ samaritanischenȱ Korrekturenȱ enthalten.ȱ Dadurchȱ widerlegenȱ sieȱ dasȱ frühereȱUrteil,ȱalsȱhandleȱesȱsichȱbeimȱsamaritanischenȱPentateuchȱinsȬ gesamtȱumȱeineȱnachträglicheȱundȱunterȱsamaritanischenȱGesichtspunkȬ tenȱ vorgenommeneȱ Bearbeitungȱ desȱ Masoretentextes.ȱ Stattdessenȱ beȬ weisenȱsie,ȱdassȱsichȱderȱsamaritanischeȱPentateuchȱtatsächlichȱanȱeineȱ eigenständigeȱ Texttraditionȱ anschließtȱ undȱ dieseȱ fortführt.ȱ Nichtȱ unȬ problematischȱistȱdieȱVerhältnisbestimmungȱdieserȱnichtȬmasoretischenȱ TexteȱzumȱSamaritanus.ȱDennȱbislangȱließȱsichȱinȱQumranȱkeineȱHandȬ schriftȱnachweisen,ȱdieȱnebenȱdenȱgemeinsamenȱharmonisierendenȱundȱ vereinfachendenȱ Textmerkmalenȱ desȱ Samaritanusȱ eineȱ unmittelbareȱ Beziehungȱ zumȱ samaritanischenȱ Pentateuchȱ zuȱ erkennenȱ gab.ȱ VielȬ mehrȱ beschreibenȱ dieȱ fraglichenȱ Texteȱ eine,ȱ wohlȱ imȱ 3./2.ȱ Jh.ȱ v.Chr.ȱ verbreitete,ȱ nichtȬmasoretischeȱ Grundlage,ȱ dieȱ sichȱ derȱ Samaritanus,ȱ aberȱ auchȱ andereȱ Handschriften,ȱ zuȱ Eigenȱ machten.ȱ Tovȱ hatȱ deshalbȱ vorgeschlagen,ȱdieȱzuȱdieserȱGruppeȱzählendenȱTexteȱnichtȱmehrȱ–ȱwieȱ bisȱdahinȱüblichȱ–ȱalsȱ„protoȬsamaritanisch“ȱzuȱbezeichnen,ȱsondernȱalsȱ „präsamaritanisch“,ȱ umȱ damitȱ demȱ Missverständnisȱ einesȱ direktenȱ Zusammenhangsȱ mitȱ demȱ Samaritanusȱ vorzubeugen.174ȱ Dieȱ Basisȱ derȱ präsamaritanischenȱ Texteȱ istȱ freilichȱ relativȱ schmal,ȱ soȱ dassȱ manȱ nurȱ eingeschränktȱ vonȱ einerȱ präsamaritanischenȱ Texttraditionȱ sprechenȱ undȱdieseȱbeschreibenȱkann.ȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 172ȱȱ NIHAN,ȱTheȱTorahȱbetweenȱSamariaȱandȱJudah,ȱ191.ȱ 173ȱȱ NIHAN,ȱ TheȱTorahȱbetweenȱSamariaȱandȱJudah,ȱ 223.ȱZuȱdemselbenȱSchlussȱkommtȱ auchȱ ZSENGELLÉR:ȱ„SinceȱitȱisȱtheȱsameȱTorahȱasȱthatȱofȱtheȱJews,ȱtheȱfinalȱformȱofȱitȱ hadȱ toȱ beȱ reachedȱ beforeȱ theȱ separationȱ ofȱ theȱ Samaritanȱ andȱ Jewishȱ communities.”ȱ (ZSENGELLÉR,ȱOriginȱorȱOriginalityȱofȱtheȱTorah?,ȱ190ȱ[HervorhebungȱBH]).ȱ 174ȱȱ DazuȱTOV,ȱDerȱTextȱderȱhebräischenȱBibel,ȱ66.ȱ
3.ȱZuȱdenȱFunktionenȱdesȱVertauschungsmotivsȱ
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Hinzukommtȱ dieȱ Problematikȱ beiȱ derȱ Erforschungȱ desȱ SamaritaniȬ schenȱ Pentateuchs:ȱ Dieseȱ Pentateuchversionȱ istȱ imȱ Wesentlichenȱ alsȱ Konsonantentextȱ überliefert.ȱ Zwarȱ entwickeltenȱ dieȱ Samaritanerȱ imȱ frühenȱMittelalterȱebenfallsȱVokalzeichen,ȱdochȱwurdenȱdieseȱnurȱspoȬ radischȱ verwendet.ȱ Vorȱ demȱ 20.ȱ Jahrhundertȱ existierteȱ keineȱ einzigeȱ Handschrift,ȱ dieȱ vollständigȱ vokalisiertȱ wordenȱ wäre.ȱ Leiderȱ gibtȱ esȱ zumȱSamaritanischenȱPentateuchȱimmerȱnochȱkeineȱzufriedenstellendeȱ kritischeȱEdition.ȱDieȱersteȱmoderneȱEditionȱdesȱSamaritanischenȱPenȬ tateuchsȱwurdeȱvonȱvonȱGallȱherausgegebenȱ(1914Ȭ1918)ȱundȱwirdȱfürȱ gewöhnlichȱ alsȱ Standardtextȱ herangezogen.ȱ Bedauerlicherweiseȱ hanȬ deltȱ esȱ sichȱ nachȱ heutigenȱ philologischenȱ Standardsȱ keineswegsȱ umȱ eineȱunproblematischeȱEdition.ȱDessenȱistȱsichȱvonȱGallȱselbstȱbewusst:ȱ „DerȱEntscheidȱwarȱnatürlichȱsubjektiv.ȱWemȱderȱvorgeschlageneȱTextȱ nichtȱpaßt,ȱkannȱsichȱjaȱausȱdenȱVariantenȱleichtȱeinenȱanderenȱherausȬ suchen.“175ȱ Obwohlȱ erȱ aufȱ eineȱ großeȱ Zahlȱ anȱ Manuskriptenȱ zurückȬ greifenȱ konnte,ȱ wählteȱ vonȱ Gallȱ inȱ vielenȱ Fällenȱ diejenigenȱ Lesarten,ȱ dieȱ vomȱ masoretischenȱ Textȱ gestütztȱ wurden.ȱ Ebensoȱ verhältȱ esȱ sichȱ mitȱderȱBevorzugungȱderȱscriptioȱdefectivaȱvorȱderȱscriptioȱplena;ȱletztereȱ wirdȱ aberȱ vonȱ derȱ Majoritätȱ derȱ Handschriftenȱ gestützt.ȱ Manȱ kannȱ demȱUrteilȱAbrahamȱTalsȱzurȱEditionȱdaherȱauchȱzustimmen,ȱwennȱerȱ diesȱ soȱ formuliert:ȱ „Unfortunately,ȱ theȱ extantȱ edition,ȱ producedȱ byȱ AugustȱvonȱGallȱmanyȱyearsȱagoȱ[…]ȱdoesȱnotȱfulfillȱtheȱrequirementsȱ ofȱ modernȱ philology.“176ȱ Dieȱ älterenȱ modernenȱ Editionen177ȱ konntenȱ nurȱ aufȱ eineȱ rechtȱ geringeȱ Auswahlȱ anȱ Manuskriptenȱ zurückgreifen.ȱ MittlerweileȱstehtȱeineȱFülleȱvonȱHandschriftenȱinȱBibliothekenȱinȱIsraȬ el,ȱ Europaȱ undȱ denȱ USAȱ zuȱ Verfügung178,ȱ derenȱ präziserȱ kritischerȱ Auswertungȱesȱallerdingsȱnochȱbedarf.ȱDerzeitȱistȱerfreulicherweiseȱeiȬ neȱkritischeȱEditionȱdesȱsamaritanischenȱPentateuchsȱinȱVorbereitung,ȱ dieȱdieȱbisherigeȱForschungslückeȱschließenȱsoll.ȱDieȱEditionȱwirdȱvonȱ einerȱinternationalenȱForschungsgruppeȱumȱStefanȱSchorchȱundȱJozsefȱ Zsengellérȱ getragenȱ undȱ dieȱ erstenȱ Veröffentlichungenȱ (geplantȱ sindȱ zunächstȱGenesisȱundȱExodus)ȱwerdenȱbereitsȱ2010ȱerwartet.ȱȱ
Hypothetischȱ lässtȱ sichȱ nunȱ folgendesȱ historischesȱ Szenarioȱ fürȱ dieȱ Entstehungȱ desȱ Samaritanischenȱ Pentateuchsȱ wahrscheinlichȱ machen:ȱ Nochȱ vorȱ derȱ Trennungȱ vonȱ Judaȱ undȱ Samariaȱ imȱ 2.ȱ Jh.ȱ wählteȱ dieȱ GarizimȬKultgemeinde,ȱ wohlȱ ausȱ denȱ (präȬsamaritanischen)ȱ harmoniȬ sierendenȱ Texten,ȱ fünfȱ Schriftrollenȱ einheitlichenȱ Charaktersȱ aus,ȱ dieȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 175ȱȱ VONȱGALL,ȱDerȱhebräischeȱPentateuch,ȱLXVIII.ȱ 176ȱȱ TAL,ȱSamaritanȱPentateuch,ȱVI.ȱ 177ȱȱ S.ȱdazuȱdieȱZusammenstellungȱbeiȱZSENGELLÉR,ȱ OriginȱorȱOriginalityȱofȱtheȱTorah?,ȱ 199Ȭ201.ȱ 178ȱȱ Vgl.ȱ dieȱ Listeȱ derȱ Publikationenȱ vonȱ Manuskriptenȱ inȱ CROWN/PUMMER,ȱ Aȱ Bibliographyȱ ofȱ theȱ Samaritans,ȱ 173ȱ Anm.ȱ 103ȱ undȱ ROTHSCHILD,ȱ Samaritanȱ ManuȬ skripts,ȱ778Ȭ794.ȱ
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TeilȱC:ȱSystematisierendeȱSyntheseȱ
sieȱ alsȱ wahreȱ Toraȱ betrachtete.ȱ Dieseȱ fünfȱ Schriftrollenȱ wurdenȱ dannȱ zumȱBasistextȱdesȱsamaritanischenȱPentateuchs,ȱinȱdenȱdieȱsamaritaniȬ schenȱ Korrekturenȱ sukzessiveȱ eingetragen,ȱ aberȱ keineȱ weiterenȱ HarȬ monisierungenȱ mehrȱ vorgenommenȱ wurden.ȱ Inȱ mehrerenȱ Studienȱ kommenȱdieȱSamaritanologenȱPummerȱundȱZsengellérȱzuȱvergleichbaȬ renȱ Ergebnissen,179ȱ soȱ dassȱ sichȱ dieȱ entsprechendenȱ Teilaspekteȱ derȱ Entstehungȱ derȱ Toraȱ nunȱ zusammentragenȱ lassen:ȱ Dieȱ vorliegendeȱ Tora,ȱ derȱ Pentateuch,ȱ istȱ dasȱ Kompromisswerk,ȱ dasȱ judäischeȱ undȱ saȬ maritanischeȱGelehrteȱinȱderȱvorgerücktenȱpersischenȱEpocheȱgeschafȬ fenȱhaben.ȱMitȱderȱToraȱhabenȱsichȱbeideȱKultgemeindenȱdieselbeȱliteȬ rarischeȱ undȱ identitätsstiftendeȱ Grundlageȱ gegeben.ȱ Folglichȱ wäreȱ dieȱ Toraȱ zuȱ verstehenȱ alsȱ narrativeȱ Präsentationȱ derȱ allenȱ Gruppierungenȱ desȱ „israelitischen“ȱ Kulturspektrumsȱ gemeinsamenȱ Merkmaleȱ undȱ Kriterienȱ–ȱunbeschadetȱallerȱinȱdiesemȱDokumentȱzusammengefasstenȱ älterenȱTraditionenȱundȱihrerȱHerkunft.ȱȱ WennȱallerdingsȱbeideȱGemeinschaftenȱdasselbeȱTextdokumentȱalsȱ „kanonischeȱUrkunde“ȱbeiderȱ„Israel“ȱakzeptieren,ȱhatȱdiesȱzurȱFolge,ȱ dassȱ zwarȱ alleȱ wesentlichen,ȱ beidenȱ Kultgemeindenȱ gemeinsamen,ȱ Merkmaleȱ darinȱ formuliertȱ seinȱ müssen,ȱ aberȱ aufȱ dieȱ Darstellungȱ derȱ jeweiligenȱ„konfessionellen“180ȱEigenartenȱverzichtetȱwerdenȱmuss.ȱTatȬ sächlichȱwirdȱderȱKultort,ȱderȱ„Ort,ȱdenȱJHWHȱwählenȱwird“,ȱnirgendsȱ inȱderȱToraȱausdrücklichȱgenannt.ȱEbensoȱfehltȱdieȱBenennungȱderȱ(inȱ denȱ Büchernȱ außerhalbȱ derȱ Tora)ȱ wichtigenȱ davidischenȱ KönigsȬȱ undȱ Jerusalemtradition.ȱ Alsȱ Zugeständnisȱ anȱ dieȱ Samaritanerȱ kannȱ manȱ ansehen,ȱdassȱEbalȬȱwieȱGarizimȬTraditionenȱebenfallsȱinȱdieȱToraȱinteȬ griertȱ wurdenȱ (Dtnȱ 27,4Ȭ26).ȱ Auchȱ dieȱ spezifischenȱ Eigenartenȱ desȱ SaȬ maritanischenȱPentateuchsȱweichenȱnurȱunwesentlichȱvonȱdieserȱKomȬ promissȬTaktikȱ ab.ȱ Dieȱ etwaȱ 6000ȱ Textabweichungenȱ desȱ samaritaniȬ schenȱ Pentateuchs181ȱ betreffenȱ fastȱ ausschließlichȱ orthographischeȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 179ȱȱ S.ȱbes.ȱPUMMER,ȱTheȱSamaritansȱundȱTheirȱPentateuch,ȱ237Ȭ269;ȱZSENGELLÉR,ȱOriginȱ orȱOriginalityȱofȱtheȱTorah?,ȱ189Ȭ202.ȱ 180ȱȱ Derȱ Begriffȱ „konfessionell“/„Konfession“ȱ istȱ zugegebenermaßenȱ anachronistisch,ȱ dientȱ hierȱ aberȱ alsȱ Arbeitsbegriff/Ȭthese,ȱ derȱ dieȱ unterȱ demȱ (theologischȱ verstandeȬ nen)ȱ „Israel“ȬBegriffȱ zusammengefasstenȱ religiösenȱ Ausdifferenzierungenȱ Samariaȱ undȱJudaȱvorerstȱgutȱumschreibenȱkann.ȱȱ 181ȱȱ Dieȱ Zahlȱ gehtȱ aufȱ denȱ Anhangȱ inȱ Bd.ȱ 4ȱ (S.ȱ 19Ȭ34)ȱ derȱ Londonerȱ Polyglotteȱ zurück,ȱ derȱ 1657ȱ publiziertȱ wurde.ȱ Seitdemȱ findetȱ sichȱ derȱ Hinweisȱ aufȱ dieȱ 6000ȱ AbweiȬ chungenȱ durchgängigȱ inȱ derȱ Forschungsliteratur.ȱ Eineȱ alternative,ȱ hiervonȱ abweiȬ chendeȱ Listeȱ findetȱ sichȱ beiȱ PETERMANN,ȱ Versuchȱ einerȱ hebräischenȱ Formenlehre,ȱ 219Ȭ326.ȱ Dieȱ neuesteȱ Klassifikationȱ derȱ Abweichungenȱ imȱ samaritanischenȱ PentaȬ teuchȱbeiȱEMANUELȱ TOVSȱ Studie:ȱTextualȱCriticismȱofȱtheȱHebrewȱBible,ȱ84.97.ȱZuȱeiȬ nerȱkritischenȱDiskussionȱvonȱTOVSȱKategorienȱzurȱBestimmungȱundȱKlassifizierungȱ
3.ȱZuȱdenȱFunktionenȱdesȱVertauschungsmotivsȱ
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VariantenȱundȱnurȱeineȱHandvollȱAbweichungenȱtatsächlichȱdenȱTextȬ sinn.ȱȱ Dieȱ Toraȱ inȱ diesemȱ Sinneȱ alsȱ „Kompromissdokument“ȱ zuȱ deuten,ȱ istȱ nichtȱ völligȱ neu.ȱ Ernstȱ Axelȱ Knaufȱ sprichtȱ inȱ Bezugȱ aufȱ dieȱ Toraȱ schonȱ seitȱ längeremȱ vonȱ einemȱ „Grundgesetz“ȱ derȱ persischenȱ ProvinȬ zenȱ Jehudȱ undȱ Samaria.182ȱ Vorȱ ihmȱ hatteȱ schonȱ Berndȱ Jørgȱ Diebnerȱ seineȱ Thesenȱ zurȱ Toraȱ alsȱ Kompromissdokumentȱ inȱ obenȱ besprocheȬ nemȱSinneȱausgearbeitet.183ȱDiebnerȱhebtȱmitȱderȱbewusstȱanachronistiȬ schenȱ Formulierungȱ „ökumenisches“ȱ Kompromissdokumentȱ nochȱ einȬ malȱ eigensȱ hervor,ȱ dassȱ esȱ sichȱ beiȱ derȱ Toraȱ umȱ eineȱ interneȱ Einigungȱ derȱ verschiedenenȱ Religionsparteienȱ handeltȱ –ȱundȱzwarȱ nichtȱ nurȱ inȬ nerhalbȱ derȱ judäischenȱ Gruppierungenȱ (wieȱ zumeistȱ angenommen),ȱ sondernȱ geradeȱ zwischenȱ denȱ unterschiedlichenȱ „Konfessionen“ȱ (Diebner)ȱJudaȱundȱSamaria.184ȱEckartȱOttoȱweistȱmittlerweileȱinȱeinemȱ aktuellenȱ Aufsatzȱ inȱ dieselbeȱ Richtung,ȱ wennȱ erȱ inȱ Bezugȱ aufȱ dieȱ Rechtstraditionenȱ desȱ Pentateuchsȱ formuliert:ȱ „Derȱ Pentateuchȱ istȱ inȱ diesemȱSinneȱ eineȱ Funktionȱ desȱ ErstenȱGebotesȱ desȱ Dekalogsȱundȱ geȬ radeȱnichtȱAusdruckȱeinerȱvonȱderȱpersischenȱReichsregierungȱinauguȬ riertenȱKompromißbildung.“185ȱȱ FreilichȱsindȱdieȱobenȱbeschriebenenȱRivalitätenȱzwischenȱSamariaȱ undȱ Judaȱ sowieȱ ihrerȱ spezifischerȱ Eigenartenȱ inȱ derȱ Toraȱ durchausȱ spürbar.ȱ Gegenseitigeȱ Polemikenȱ werdenȱ aberȱ nurȱ subtilȱ undȱ implizitȱ aufgenommen:ȱAlsȱantiȬsamaritanischeȱPolemikȱinnerhalbȱderȱToraȱwäreȱ beispielsweiseȱ dieȱ Ausrottungȱ derȱ Sichemitenȱ (alsȱ Chiffreȱ fürȱ „SamaȬ ria“186)ȱ inȱ Genȱ 34ȱ zuȱ deuten.ȱ Mithinȱ trägtȱ sichȱ dieȱ Jerusalemer,ȱ davidischȬköniglicheȱ Linieȱ überȱ impliziteȱ Verweise,ȱ vorȱ allemȱ innerȬ halbȱ derȱ Genesis,ȱ inȱ dieȱ Toraȱ einȱ (vgl.ȱ etwaȱ Genȱ 14ȱ [Melchisedek]/22ȱ [Morijah=Zion].38ȱ [Daviddynastie]187).ȱ Alsȱ Beispielȱ fürȱ dieȱ samaritaniȬ scheȱ Perspektiveȱ kannȱ dieȱ Aussageȱ überȱ denȱ Prophetenȱ Moseȱ inȱ Dtnȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ dieserȱ Unterschiedeȱ s.ȱ SCHORCH,ȱ Dieȱ (sogenannten)ȱ antiȬpolytheistischenȱ KorrektuȬ ren,ȱ7Ȭ9.ȱ 182ȱȱ Vgl.ȱ KNAUF,ȱ Dieȱ Umweltȱ desȱ Altenȱ Testaments,ȱ 173;ȱ vgl.ȱ auchȱ KNAUF,ȱ Audiatur,ȱ 122fȱ;ȱs.ȱauchȱALBERTZ,ȱReligionsgeschichteȱBd.ȱ2,ȱ588.ȱ 183ȱȱ ZurȱToraȱalsȱ„KompromissȬPapier“ȱDIEBNERȱseitȱ1983ȱ(DERS.,ȱUnhistorischȬkritischeȱ Spekulation,ȱ81Ȭ98)ȱu.ȱ1996ȱerstmalsȱmethodischȱausführlich:ȱDERS.,ȱEkklesiologischeȱ AspekteȱeinerȱKanonȬHermeneutikȱderȱhebräischenȱBibelȱ(TNK),ȱ37Ȭ54ȱ(einȱVortragȱ vonȱ1996;ȱinȱetwasȱabgewandelterȱFormȱdannȱ1998ȱinȱDBATȱ29ȱ[1998]),ȱ15Ȭ32).ȱȱ 184ȱȱ DIEBNERȱziehtȱzurȱVeranschaulichungȱdieȱheutigenȱökumenischenȱEinigungspapiereȱ derȱgroßenȱchristlichenȱKonfessionenȱheran.ȱ 185ȱȱ OTTO,ȱ Dieȱ Rechtshermeneutikȱ desȱ Pentateuchȱ undȱ dieȱ achämenidischeȱ RechtsideoȬ logie,ȱ105.ȱ 186ȱȱ SoȱmitȱDIEBNERS,ȱBere’shith,ȱ135Ȭ143.ȱ 187ȱȱ S.ȱdazuȱdieȱAusführungenȱTeilȱB.6.5.1.ȱ
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TeilȱC:ȱSystematisierendeȱSyntheseȱ
34,10ȱgelten,ȱderȱzufolgeȱesȱnachȱMoseȱkeinenȱProphetenȱmehrȱwieȱihnȱ inȱ Israelȱ gab.ȱ Dieseȱ Spitzenaussageȱ impliziertȱ eineȱ Deklassierungȱ derȱ großenȱ jüdischenȱ Prophetentraditionenȱ wieȱ Jesaja,ȱ Jeremiaȱ undȱ Ezechiel.188ȱ 3.4.3ȱDieȱVertauschungserzählungenȱalsȱChiffreȱdesȱKompromissesȱ Dieȱ Berücksichtigungȱ derȱ samaritanischenȱ Kultgemeindeȱ könnteȱ m.E.ȱ hierȱ neueȱ Akzenteȱ hinsichtlichȱ derȱ redaktionellenȱ Arbeitȱ desȱ PentaȬ teuchsȱ setzen.ȱ Dieȱ Josefsnovelle,ȱ dieȱ inȱ ihrerȱ narrativenȱ Gesamtschauȱ (d.h.ȱmitȱderȱEingliederungȱvonȱGenȱ38)ȱkorrekterweiseȱalsȱ„JosefȬJudaȬ Erzählung“ȱ bezeichnetȱ werdenȱ sollte,ȱ eröffnetȱ eineȱ beachtenswerteȱ Perspektive:ȱ Imȱ Zugeȱ desȱ Erzählbogensȱ wirdȱ eineȱ diffizileȱ undȱ feinȱ austarierteȱRollenverteilungȱzwischenȱJudaȱundȱJosefȱfürȱ„ganzȱIsrael“ȱ ausgearbeitet.ȱ Esȱ istȱ längstȱ bekannt,ȱ dassȱ hinterȱ denȱ Eponymenȱ Judaȱ undȱJosefȱdieȱVertreterȱderȱKönigreicheȱ„Judas“ȱundȱ„Israels“ȱundȱdeȬ renȱ Nachfahrenȱ inȱ persischȬhellenistischerȱ Zeitȱ zuȱ sehenȱ sind,ȱ inȱ welȬ cherȱmeinerȱMeinungȱnachȱauchȱdieȱJosefȬJudaȬErzählungȱzuȱverortenȱ ist.ȱ Dieseȱ reflektiertȱ dieȱ Arbeitȱ vonȱ unterschiedlichenȱ InteressengrupȬ penȱausȱSamariaȱundȱJudaȱdieserȱZeit.ȱDerȱvorliegendeȱTextȱistȱTeilȱdesȱ gemeinsamenȱPentateuchsȱundȱdamitȱzuȱverstehenȱalsȱeinȱgemeinsamesȱ jüdischȬsamaritanischesȱ Produkt,ȱ dieȱ ihreȱ Traditionenȱ undȱ Ansprücheȱ inȱ denȱgemeinsamenȱTextȱfließenȱließen.ȱDieȱJosefȬJudaȬErzählungȱscheintȱ imȱ Modusȱ derȱ Brudererzählungenȱ diesenȱ „erzwungenen“ȱ Konsensȱ zwischenȱJudaȱundȱSamariaȱzuȱchiffrieren:ȱȱ Entsprechendȱ desȱ obenȱ beschriebenenȱ historischenȱ Szenariosȱ istȱ deutlich,ȱdassȱJudaȱsichȱmitȱSamaria,ȱdemȱeigentlichenȱ„Israel“,ȱtheoloȬ gischȱ auseinandersetzenȱ muss,ȱ umȱ einenȱ fürȱ beideȱ Seitenȱ akzeptablenȱ „Israel“ȬBegriffȱ zuȱ formulierenȱ undȱ definieren,ȱ inȱ demȱ beideȱ KultgeȬ meindenȱsichȱwiederfindenȱkönnen.ȱÜberȱinsgesamtȱvierȱVertauschunȬ genȱ wirdȱ dieȱ Konkurrenzȱ derȱ beidenȱ Kultgemeindenȱ beschrieben,ȱ dieȱ letztlichȱinȱeinerȱRollenverteilung,ȱnichtȱinȱeinerȱQualifizierungȱdesȱeinenȱ undȱderȱDisqualifizierungȱdesȱanderen,ȱmündet:ȱInȱderȱFrageȱnachȱdemȱ Erstlingstumȱinnerhalbȱ„Israels“ȱbekommtȱJosephȱdieȱRolleȱdesȱgesegȬ netenȱErstlingsȱzugesprochen,ȱJudaȱhingegenȱwirdȱalsȱköniglicheȱFigurȱ unterȱseinenȱBrüdernȱentwickelt.ȱDabeiȱwerdenȱdenȱbeidenȱHauptfiguȬ renȱ aufȱ derȱ Erzählebeneȱ zunächstȱ völligȱ konträreȱ Rollenȱ zugetragen:ȱ Jakobȱ siehtȱ inȱ seinemȱ Lieblingssohnȱ Josephȱ denjenigen,ȱ derȱ eineȱ herrȬ
ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 188ȱȱ WeitereȱBeispieleȱmitȱAnspielungenȱaufȱdieȱjeweiligenȱ„konfessionellen“ȱEigenartenȱ beiȱDIEBNER,ȱJudaȱundȱIsrael.ȱZurȱhermeneutischenȱBedeutung,ȱ86Ȭ132.ȱ
3.ȱZuȱdenȱFunktionenȱdesȱVertauschungsmotivsȱ
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schendeȱ Funktionȱ unterȱ seinenȱ übrigenȱ Söhnenȱ einnehmenȱ wird.189ȱ Hingegenȱ erwartetȱ manȱ sichȱ geradeȱ vonȱ Judaȱ (derȱ überȱ Perezȱ Genȱ 38ȱ mitȱDavidȱinȱVerbindungȱgebrachtȱwird),ȱdassȱdieserȱdieȱRolleȱdesȱErstȬ lingsȱ unterȱ seinenȱ Brüdernȱ einnimmt,ȱ wasȱ erȱ auchȱ inȱ Genȱ 44ȱ zuȱ tunȱ scheint.ȱImȱKontrastȱdazuȱdarfȱJosephȱnieȱherrschen,ȱobwohlȱerȱimmerȱ wiederȱköniglicheȱAmbitionen190ȱzeigte.191ȱJedochȱlassenȱdieȱTexteȱindiȬ rektȱ dochȱ nochȱ einigeȱ Auseinandersetzungenȱ zwischenȱ Judaȱ undȱ JoȬ sephȱ erkennen.ȱ Esȱ fälltȱ beispielsweiseȱ auf,ȱ dassȱ Judaȱ imȱ Vergleichȱ zuȱ Josephȱ überhauptȱ keinenȱ Segenȱ zugesprochenȱ bekommt.ȱ Inȱ Genȱ 48ȱ empfängtȱJosephȱvonȱJakobȱsogarȱdenȱ„Doppelanteil“ȱdesȱSegensȱ(imȬ plizitȱ inȱ Ephraimȱ undȱ Manasseȱ durchȱ dieȱ Adoptionȱ seinerȱ Söhneȱ Genȱ 48,1Ȭ7ȱ undȱ denȱ Segenȱ V.ȱ 15fȱ sowieȱ V.ȱ 20)ȱ undȱ wirdȱ inȱ V.20ȱ geradezuȱ zumȱ Inbegriffȱ vonȱ Segenȱ inȱ Israel.ȱ Diesȱ wirdȱ inȱ Genȱ 49ȱ programmaȬ tisch,ȱ aberȱ subtilȱ erzähltȱ undȱ lässtȱ sichȱ alsȱ biblischȬtheologischeȱ KonȬ struktionȱinȱderȱgesamtenȱToraȱnachweisen.ȱDortȱwirdȱgeradezuȱpeniȬ belȱvermieden,ȱdassȱJudaȱmitȱdemȱWort[feld]ȱ„segnen“ȱinȱVerbindungȱ gebrachtȱwird.ȱSelbstȱinȱDtnȱ33,ȱdemȱMosesegenȱüberȱdieȱzwölfȱStämȬ me,ȱwirdȱvomȱ„Segen“ȱnurȱbeiȱJoseph,ȱnichtȱaberȱfürȱJudaȱgesprochen.ȱ Dasȱ istȱ auffallend,ȱ daȱ amȱ väterlichenȱ Segenȱ –ȱ wieȱ dieȱ JakobȬEsauȬ Geschichteȱ inȱ Genȱ 27ȱ zeigtȱ –ȱ dieȱ Legitimitätȱ derȱ Traditionslinieȱ hängt.ȱ Ausgerechnetȱ derȱ davidischeȱ Königstammȱ Judaȱ bekommtȱ dieseȱ nichtȱ zugesprochen.ȱ Dahinterȱ könnteȱ eineȱ Diskussionȱ stehen,ȱ dieȱ (eventuellȱ subversivȱkritisch)ȱJudaȱseineȱLegitimitätȱgegenüberȱJoseph,ȱdemȱ„ErstȬ ling“,ȱ absprechenȱ will.ȱ Zumindestȱ aberȱ wirdȱ dasȱ Königtumȱ inȱ Israel,ȱ genauer:ȱdasȱjudäischeȱKönigtum,ȱkritischerȱbetrachtet.ȱȱ MithinȱgehtȱdieȱGesamterzählungȱnichtȱnurȱbeiȱderȱAufgabenverteiȬ lungȱinnerhalbȱIsraelsȱäußerstȱakribischȱvor,ȱauchȱbeiȱderȱZuordnungȱderȱ beidenȱ Brüder/Kultgemeindenȱ wirdȱ sichȱ umȱ einȱ speziellesȱ Verhältnisȱ bemüht:ȱ Alsȱ gesegneterȱ Erstlingȱ stehtȱ Joseph/Samariaȱ alsȱ Garantȱ fürȱ dasȱ Fortbestehenȱ „ganzȱ Israels“.ȱ Ohneȱihnȱ gibtȱ esȱ auchȱ keineȱ Zukunftȱ fürȱ(denȱsegenslosen)ȱJudaȱ(vgl.ȱGenȱ50,15ff192).ȱDieȱTexteȱsindȱinȱdemȱ Bewusstseinȱ desȱ kulturellenȱ Vorrangesȱ Samariasȱ (=ȱ Israels)ȱ geschrieȬ ben.ȱDennȱdieȱPointeȱderȱGesamterzählungȱliegtȱgeradeȱdarin,ȱdassȱesȱ ohneȱ Joseph,ȱ d.h.ȱ dieȱ samaritanischeȱ Kultgemeinde,ȱ auchȱ keinȱ „GeȬ samtȬIsrael“ȱ gebenȱ kann.ȱ Judaȱ istȱ entsprechendȱ aufȱ Samariaȱ angewieȬ sen.ȱ Dasȱ Königtumȱ bzw.ȱ derȱ königlicheȱ Anspruchȱ überȱ GesamtȬIsraelȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 189ȱȱ InȱGenȱ37,2ffȱ wirdȱdiesȱbesondersȱdeutlich,ȱvgl.ȱnurȱdasȱ„königlicheȱGewand“,ȱ dasȱ JakobȱJosephȱschenkt.ȱ 190ȱȱ Vgl.ȱetwaȱJosephsȱ„Königsträume“ȱundȱdieȱErwartungȱderȱProskyneseȱallerȱBrüderȱ vorȱJoseph.ȱ 191ȱȱ DiesȱistȱbereitsȱinȱTeilȱB.6.5.2ȱsehrȱbreitȱausgeführt;ȱhieraufȱseiȱverwiesen.ȱ 192ȱȱ ZurȱAuslegungȱdieserȱStelleȱs.ȱTeilȱC.6.5.3.ȱ
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TeilȱC:ȱSystematisierendeȱSyntheseȱ
kommtȱ freilichȱ Judaȱ zu.ȱ Dieȱ samaritanischeȱ GarizimȬGemeindeȱ gehörtȱ allerdingsȱnichtȱeinfachȱzuȱJudaȱdazu,ȱsondernȱJudaȱkannȱohneȱSamariaȱ nichtȱ bestehen.ȱ Bleibtȱ manȱ imȱ Bildȱ derȱ Vertauschungserzählungen,ȱ hießeȱ das:ȱ derȱ „kleinere“ȱ Bruder,ȱ Juda,ȱ kommtȱ umȱ seinenȱ erstgeborenenȱ Bruderȱ„Joseph“,ȱSamaria,ȱnichtȱumhin.ȱ
3.5ȱKanonischeȱFunktionȱȱ 3.5.1ȱToraperspektiveȱdesȱTeNaKȱ DieȱKonzentrationȱdesȱVertauschungsmotivsȱaufȱdieȱGenesisȱistȱauffälȬ ligȱundȱbedarfȱeinerȱKlärung.ȱDerȱTeNaK193ȱnimmtȱinȱseinerȱEndgestaltȱ eineȱToraȬPerspektiveȱein.ȱNachȱjüdischemȱGlaubensverständnisȱistȱdieȱ ToraȱimȱSinneȱderȱfünfȱBücherȱMoseȱdieȱBasisȱjüdischenȱGlaubensȱ(jeȬ denfallsȱseitȱderȱfrühenȱZeitȱdesȱZweitenȱTempels),ȱsozusagenȱderȱ„KaȬ nonȱ imȱ Kanon“ȱ derȱ jüdischenȱ Bibel.194ȱ Entsprechendȱ könnenȱ dieȱ NeȬ bi’imȱ sowieȱ dieȱ Ketubimȱ alsȱ Aktualisierungenȱ derȱ Toraȱ verstandenȱ werden.195ȱDerȱGenesisȱkommtȱalsȱerstemȱBuchȱdieserȱToraȱeineȱhermeȬ neutischȱgrundlegendeȱFunktionȱzu.ȱInȱdenȱTextenȱderȱGenesisȱwerdenȱ geradeȱkeineȱhistorischenȱZufälligkeitenȱberichtet,ȱsondernȱGrundlegenȬ desȱundȱParadigmatisches,ȱdasȱgeeignetȱist,ȱeinerȱkonkretenȱhistorischenȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 193ȱȱ Zumȱ Problemȱ derȱ unterschiedlichenȱ Kanonformenȱ undȱ zurȱ Unterscheidungȱ vonȱ „Kanon“ȱundȱ„Kanonausprägung“ȱs.ȱTeilȱA.3.2.2.ȱ 194ȱȱ Diesȱ istȱ eineȱ keineswegsȱ neueȱ Erkenntnis.ȱ Ausführlichȱ dazuȱ BEHRENS,ȱ Kanon,ȱ 274Ȭ 297ȱundȱFISHBANE,ȱBiblicalȱInterpretation;ȱzusammenfassendȱREVENTLOW,ȱEpochenȱ derȱ Bibelauslegung,ȱ 15ff:ȱ „Dieȱ Toraȱ alsȱ RedaktionsȬȱ undȱ Auslegungsnorm“;ȱ nochȱ ausführlicherȱ KAISER,ȱ Derȱ Gottȱ desȱ Altenȱ Testaments,ȱ 329Ȭ353ȱ mitȱ derȱ Überschriftȱ „DieȱTorahȱalsȱMitteȱderȱSchrift“;ȱzurȱToraȱalsȱkanonischesȱBuchȱvgl.ȱauchȱ ZENGER,ȱ Einleitungȱ inȱ dasȱ Alteȱ Testament,ȱ 24.85fȱ undȱ denȱ vonȱ ihmȱ herausgegebenenȱ Bandȱ „DieȱToraȱalsȱKanonȱfürȱJudenȱundȱChristen.“ȱDieȱZentralbedeutungȱderȱToraȱauchȱ fürȱ Philonȱ undȱ fürȱ Qumranȱ betontȱ zuȱ Rechtȱ STEGEMANN,ȱ Dieȱ „Mitteȱ derȱ Schrift“,ȱ 149Ȭ184,ȱbes.ȱ158f.184.ȱZuȱdenȱhistorischenȱUmständenȱdesȱAufkommensȱderȱ„Tora“ȱ s.ȱdenȱvonȱKNOPPERSȱundȱLEVINSONȱherausgegebenenȱSammelbandȱ„TheȱPentateuchȱ asȱTorah.ȱNewȱModelsȱofȱUnderstandingȱItsȱPromulgationȱandȱAcceptance”,ȱWinoȬ naȱLakeȱ2007.ȱAusȱdemȱSammelbandȱsindȱvorȱallemȱfolgendeȱArtikelȱsehrȱerhellend:ȱ KNOPPERS/LEVINSON,ȱWhen,ȱWhere,ȱandȱWhyȱDidȱtheȱPentateuchȱBecomeȱTorah?,ȱ1Ȭ 19ȱsowieȱKRATZ,ȱTempleȱandȱTorah,ȱ77Ȭ103.ȱ 195ȱȱ ZuȱdenȱProphetenȱheißtȱesȱz.B.ȱbeiȱZENGER:ȱ„Dieȱ‚Propheten‘ȱgeltenȱalsȱKommentareȱ zurȱ Toraȱ […];ȱ fürȱ dieȱ liturgischeȱ Verlesungȱ wurdenȱ gezieltȱ solcheȱ Abschnitteȱ ausȱ denȱProphetenbüchernȱausgewählt,ȱdieȱdiesenȱKommentarȬCharakterȱbesondersȱunȬ terstreichenȱ(ProphetenȬHaftarot).“ȱ(DERS.,ȱDasȱErsteȱTestament,ȱ164.ȱHierȱbleibtȱalȬ lerdingsȱoffen,ȱwelchesȱAlterȱZENGERȱfürȱdieseȱPraxis,ȱdieȱauchȱinȱLkȱ4,17ȱundȱApgȱ 13,15ȱvorausgesetztȱwird,ȱansetztȱundȱwieȱaltȱletztlichȱdieȱvorausgesetzteȱfortlaufenȬ deȱLeseordnungȱderȱToraȱimȱSabbatgottesdienstȱwar).ȱȱ
3.ȱZuȱdenȱFunktionenȱdesȱVertauschungsmotivsȱ
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Verortungȱ zuȱ entsteigenȱ undȱ exemplarischȱ Gültigesȱ zuȱ artikulieren.ȱ Eineȱ solchȱ grundlegendeȱ Bestimmungȱ Israelsȱ wirdȱ durchȱ dieȱ VertauȬ schungserzählungenȱ vorgenommen.ȱ Diesȱ wurdeȱ anhandȱ derȱ literariȬ schenȱ Funktionsanalyseȱ schonȱ festgestelltȱ (Teilȱ C.3.1)ȱ undȱ inȱ realgeȬ schichtlicherȱ Perspektiveȱ inhaltlichȱ entfaltetȱ (Teilȱ C.3.3)ȱ undȱ kannȱ anȱ dieserȱStelleȱausȱkanonischerȱSichtȱnochmalsȱbestätigtȱwerden.ȱDasȱaufȱ denȱ Vertauschungenȱ basierendeȱ Erstlingstumȱ Israelsȱ artikuliertȱ aufȱ paradigmatischeȱ Weiseȱ einȱ wesentlichesȱ Konzeptȱ seinerȱ Identität.ȱ Inȱ diesemȱLichtȱwillȱsichȱIsraelȱvonȱBeginnȱanȱverstandenȱwissenȱundȱmitȱ dieserȱPerspektiveȱkönnenȱauchȱdieȱfolgendenȱkanonischenȱTexteȱgeleȬ senȱwerden.ȱȱ Dieȱ Ausführungenȱ zumȱ vermutetenȱ historischenȱ Hintergrundȱ derȱ Vertauschungenȱ inȱ Genȱ 36.37Ȭ50ȱ konntenȱ zeigen,ȱ dassȱ derȱ Toraȱ eineȱ entscheidendeȱBedeutungȱalsȱKompromissdokumentȱderȱunterschiedliȬ chenȱ „israelitischen“ȱ Religionsparteienȱ zukommt.ȱ Dasȱ VertauschungsȬ motivȱ spielteȱ hierȱ eineȱ entscheidendeȱ Rolle,ȱ indemȱ esȱ denȱ Ausgleichȱ zwischenȱJudaȱundȱSamariaȱchiffrierteȱ(TeilȱC.3.4).ȱDieseȱAusgleichsbeȬ strebungenȱlassenȱvermuten,ȱwarumȱdieȱVertauschungenȱaufȱdieȱGeneȬ sisȱ beschränktȱ bleiben.ȱ Sieȱ liefernȱ einȱ kompromissfähigesȱ Modell,ȱ umȱ fürȱJudaȱwieȱSamariaȱdieȱToraȱlesbarȱzuȱmachen.ȱBeideȱGemeinschaftenȱ könnenȱ sichȱ alsȱ „Israel“ȱ verstehen.ȱ Außerhalbȱ derȱ Toraȱ findetȱ manȱ einenȱ vielȱ offenerenȱ Diskursȱ überȱ denȱ „Israel“ȬBegriff.ȱ Dieȱ Bücherȱ Esr/Nehȱhabenȱeinȱsehrȱexklusivesȱ„Israel“ȬVerständnis,ȱdasȱnurȱJuda,ȱ nichtȱ aberȱ dieȱ Samaritanerȱ mitȱ einschließt!ȱ Inȱ derȱ Logikȱ desȱ KomproȬ missȬModellsȱ istȱ diesȱ schlüssigȱ erklärbar:ȱ Beiȱ denȱ Ketubimȱ handeltȱ esȱ sichȱ umȱ reinȱ judäischeȱ Literatur!ȱ Hierȱ konntenȱ eindeutigeȱ Ansprücheȱ undȱ Vorstellungenȱ formuliertȱ werden.196ȱ Allerdingsȱ findenȱ sichȱ auchȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 196ȱȱ Außenȱ vorȱ bleibtȱ hierȱ dieȱ Frageȱ nachȱ derȱ textgeschichtlichenȱ Prioritätȱ derȱ Tora,ȱ imȱ Speziellenȱ derȱ Genesis,ȱ sowieȱ einzelnerȱ Schriftenȱ derȱ übrigenȱ Kanonteile,ȱ daȱ derenȱ Erörterungȱ denȱ Rahmenȱ dieserȱ Arbeitȱ übersteigenȱ würde.ȱ Einȱ interessantesȱ KanonverständnisȱzeigtȱanȱdieserȱStelleȱDIEBNER.ȱFürȱihnȱistȱdieȱKanongestaltȱweniȬ gerȱhistorischesȱProdukt,ȱsondernȱdieȱAnordnungȱderȱKanonteileȱundȱderȱEinzelbüȬ cherȱvorȱallemȱ„ekklesiologisch“,ȱd.h.ȱinȱBezugȱaufȱdieȱIdentitätsfrage:ȱ„Werȱistȱundȱ gehörtȱzuȱIsrael?“,ȱangeordnet.ȱInȱseinenȱeigenenȱWorten:ȱ„DieȱDreiteilungȱdesȱ‚KaȬ nons‘ȱ derȱ BHȱ istȱ nichtȱ primärȱ begründet,ȱ sondernȱ ‚ekklesiologisch‘.ȱ Jederȱ derȱ dreiȱ ‚Kanon‘ȬTeileȱ repräsentiertȱ eineȱ andereȱ Definitionȱ dessen,ȱ wasȱ „Israel“ȱ alsȱ KultgeȬ meindeȱ sei:ȱ 1.ȱ Fürȱ dieȱ Toraȱ (T)ȱ bestehtȱ „Israel“ȱ wesentlichȱ ausȱ derȱ samaritanischenȱ (GarizimȬ)ȱ undȱ judäischenȱ (ZionsȬ)ȱ Kultgemeinde.ȱ Dabeiȱ scheintȱ Judaȱ dieȱ politischȱ dominierendeȱ Machtȱ zuȱ sein,ȱ währendȱ manchmalȱ fastȱ überdeutlichȱ derȱ ‚geistlicheȱ Vorrang‘ȱSamariensȱzutageȱtrittȱ(scl.ȱz.B.ȱGenȱ49).ȱ[…].ȱ2.ȱDieȱProphetenȱ(N)ȱvertretenȱ eineȱvielȱengereȱDefinition.ȱWasȱ‚Israel‘ȱist,ȱwirdȱausȱjudäischerȱPerspektiveȱformuȬ liert.ȱ[…]ȱ3.ȱDieȱtheologischȱ(ideologisch)ȱengsteȱBestimmungȱvonȱ„Israel“ȱvertretenȱ nunȱ dieȱ relevantenȱ Schriftenȱ derȱ Kȱ (bes.ȱ Chr,ȱ Esr/Neh).ȱ Hierȱ wirdȱ ‚Israel‘ȱ exklusivȱ vonȱ derȱ judäischȬjerusalemischenȱ Sichtȱ herȱ definiert,ȱ wobeiȱ auchȱ hierȱ verschiedeneȱ
316
TeilȱC:ȱSystematisierendeȱSyntheseȱ
andereȱ Tendenzenȱ undȱ Meinungenȱ inȱ derȱ ebenfallsȱ judäischenȱ NeȬ bi’imȬLiteratur:ȱ Inȱ Ezȱ 37,15Ȭ38ȱ wirdȱ einȱ mitȱ Genȱ 36Ȭ50ȱ vergleichbaresȱ Szenarioȱentworfen.ȱHierȱwirdȱdasȱHolzȱ„fürȱJuda“ȱmitȱdemȱHolzȱ„fürȱ Joseph“ȱzusammengefügt,ȱumȱerstȱdannȱvonȱ„ganzȱIsrael“ȱsprechenȱzuȱ können.ȱErstȱbeideȱzusammenȱformenȱdasȱeineȱHausȱ„Israel“ȱ–ȱfreilichȱ wieder,ȱwieȱinȱGenesisȱ–ȱunterȱeinemȱdavidischenȱHerrscher.ȱ 3.5.2ȱ„Erstlingstum“ȱalsȱbesonderesȱKonzeptȱvonȱErwählungȱ Dieȱ Vertauschungenȱ derȱ Genesisȱ gründenȱ letztlichȱ inȱ einerȱ wederȱ nachvollziehbarenȱ nochȱ thematisiertenȱ Erwählungȱ durchȱ JHWH.ȱ DaȬ mitȱ lassenȱ sichȱ mindestensȱ zweiȱ Erwählungskonzepteȱ alleinȱ innerhalbȱ derȱToraȱfinden.ȱ„Erwählung“ȱistȱeinȱBegriffȱderȱbiblischenȱTheologie,ȱ derȱ aufȱ demȱ theologischenȱ Gebrauchȱ desȱ hebräischenȱ Verbumsȱ rxb speziellȱimȱDeuteronomiumȱberuht.ȱErȱistȱzumȱInbegriffȱdessenȱgeworȬ den,ȱ wasȱ dieȱ Existenzȱ Israelsȱ begründet.197ȱ Allerdingsȱ wirdȱ imȱ Buchȱ Genesisȱ derȱ Ausdruckȱ rxb nirgendsȱ zurȱ Bezeichnungȱ desȱ göttlichenȱ Handelnsȱ bemüht.ȱ Demȱ Erwählungskonzeptȱ zumȱ Ausgangȱ derȱ Toraȱ stehtȱsoȱdasȱtheologischeȱKonzeptȱdesȱErstlingstumsȱinȱIsraelȱzuȱBeginnȱ derȱToraȱgegenüber.ȱDieserȱBefundȱistȱzunächstȱeinmalȱzuȱkonstatieren.ȱ InȱderȱForschungȱwirdȱdarüberȱmeistȱhinweggesehen.198ȱManȱkannȱsichȱ fragen,ȱobȱdieȱunterschiedlichenȱErwählungsvorstellungenȱvonȱGenesisȱ undȱ Deuteronomiumȱ nichtȱ aufeinanderȱ Bezugȱ nehmen.ȱ Dieȱ pointierteȱ SonderstellungȱjeweilsȱzuȱBeginnȱundȱamȱAusgangȱderȱToraȱlässtȱdiesȱ rechtȱwahrscheinlichȱerscheinen.ȱImȱRahmenȱdieserȱStudieȱkönnenȱnurȱ einigeȱ wesentlicheȱ Aspekteȱ undȱ Anfragenȱ desȱ komplexenȱ Themasȱ „Erwählung“ȱ behandeltȱ werden.ȱ Dieȱ Begriffeȱ rAkB./„Erstling“ȱ undȱ rWxb'//„Auserwählter”ȱ ähnelnȱ sichȱ phonetischȱ wieȱ orthographisch.ȱ EntȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ‚Meinungen‘ȱgreifbarȱsind.ȱDieȱChrȱistȱoffenȱfürȱ‚Überläufer‘ȱausȱdemȱ‚Norden‘ȱ[…].ȱ Esr/Nehȱ hingegenȱ verschliessenȱ (sic!)ȱ sichȱ radikalȱ denȱ Samaritanern.ȱ Dasȱ Buchȱ Rutȱ konterkariertȱ Dtnȱ 23,4fȱ […]:ȱ auchȱ dieȱ ‚Moabiterin‘ȱ kannȱ sichȱ zuȱ JHWHȱ ‚(beȬ)ȱ kehȬ ren‘!“ȱ(DIEBNER,ȱJudaȱundȱIsrael.ȱZurȱhermeneutischenȱBedeutung,ȱ87f;ȱgrundlegendȱ dessenȱ Ausführungȱ inȱ DIEBNER,ȱ Judaȱ undȱ Israel.ȱ Zurȱ hermeneutischenȱ Bedeutung,ȱ 86Ȭ132ȱ undȱ DERS.,ȱ Dieȱ Konzeptionȱ derȱ hebräischȬaramäischenȱ ‚Bibel’ȱ (TNK),ȱ 147Ȭ 165).ȱ 197ȱȱ Vgl.ȱ z.B.ȱ Dtnȱ oderȱ DtJes.ȱ Derȱ Begriffȱ „Erwählung“ȱ istȱ seitȱ GALLINGSȱ Monographieȱ (1928)ȱ fürȱ dieȱ verschiedenenȱ Facettenȱ derȱ hebräischenȱ Begrifflichkeitȱ etabliertȱ (vgl.ȱ GALLING,ȱ Dieȱ Erwählungstraditionenȱ inȱ Israel).ȱ Fürȱ eineȱ Detailanalyseȱ derȱ ErwähȬ lungsvorstellungȱ s.ȱ besondersȱ PREUß,ȱ Theologieȱ desȱ Altenȱ Testaments,ȱ Bd.ȱ I,ȱ 27Ȭ30;ȱ Bd.ȱII,ȱ305Ȭ327;ȱeineȱguteȱZusammenstellungȱderȱverschiedenenȱErwählungstraditioȬ nenȱ imȱ TeNaKȱ beiȱ RENDTORFF,ȱ Dieȱ „Erwählung“ȱ Israels,ȱ 319Ȭ327;ȱ SEYBOLD,ȱ Art.ȱ „Erwählung.ȱIȱAltesȱTestament“,ȱ1478Ȭ1481ȱundȱSEEBASS,ȱArt. rxb,ȱ594Ȭ608.ȱ 198ȱȱ Dieseȱ Differenzȱ übersiehtȱ insbesondereȱ KAMINSKY,ȱ Yetȱ Iȱ Lovedȱ Jacob,ȱ derȱ inȱ seinerȱ MonographieȱüberȱdasȱThemaȱ„Erwählung”ȱarbeitet.ȱȱ
3.ȱZuȱdenȱFunktionenȱdesȱVertauschungsmotivsȱ
317
sprechendȱ unterscheidenȱ sichȱ dieȱ „Erwählungskonzepte“ȱ inȱ Genesisȱ undȱ Deuteronomiumȱ nichtȱ grundlegend,ȱ setzenȱ jedochȱ unterschiedliȬ cheȱ Akzente.ȱ Alsȱ locusȱ classicusȱ fürȱ dasȱ Erwählungskonzeptȱ imȱDeuteȬ ronomiumȱgiltȱderȱPassusȱinȱDtnȱ7,6Ȭ8ȱausȱdemȱparänetischenȱRahmenȱ desȱ Dtn.ȱ Dieȱ Vorstellungȱ istȱ durchreflektiertȱ undȱ ausgeleuchtetȱ vomȱ Bekenntnisȱ zuȱ demȱ Gott,ȱ derȱ inȱ freierȱ Entscheidungȱ ausȱ grundloserȱ Zuneigungȱ„dichȱausȱallenȱVölkern,ȱdieȱaufȱErdenȱsind,ȱfürȱsichȱerwähltȱ hat,ȱdassȱduȱseinȱeigenȱseist.“ȱ(Dtnȱ7,6).ȱHierȱistȱdieȱAuswahlȱvorausgeȬ setzt,ȱ dasȱ Motivȱ istȱ ausgesprochenȱ undȱ aufȱ dieȱ Konsequenzenȱ derȱ ErȬ wählungȱwirdȱhingewiesen.ȱDamitȱwirdȱdasȱVerhältnisȱzwischenȱIsraelȱ undȱdenȱanderenȱinȱradikalerȱSchärfeȱerfasst:ȱErwählungȱerlaubtȱkeineȱ BerufungȱaufȱeigeneȱGerechtigkeitȱ(Dtnȱ9,4f),ȱschließtȱaberȱ–ȱwegenȱderȱ Ausschließlichkeitȱ derȱ Beziehungȱ –ȱ Verpflichtungȱ mitȱ einȱ (Dtnȱ 14,1fȱ u.a.).ȱ Nichtȱ dieȱ Qualitätȱ Israelsȱ (dasȱ kleinsteȱ Volk;ȱ Dtnȱ 7,7)ȱ warȱ derȱ GrundȱderȱErwählung,ȱsondernȱdieȱLiebeȱGottesȱzuȱseinemȱVolk.ȱSchonȱ dieseȱ starkeȱ Betonungȱ desȱ Begriffsȱ „Erwählung“ȱ unterstreichtȱ seineȱ Bedeutung.199ȱSieȱlenktȱletztlichȱaufȱdieȱAussageȱhin,ȱdassȱJHWHȱIsraelȱ ausȱallenȱVölkernȱderȱErdeȱzuȱseinemȱEigentumȱerwähltȱhat.200ȱȱ Natürlichȱ gehtȱ esȱ beiȱ denȱ Vertauschungserzählungenȱ derȱ Sacheȱ nachȱ auchȱ umȱ dieȱ allenȱ menschlichenȱ Handlungenȱ vorausgehendeȱ Erwählungȱ Israelsȱ durchȱ JHWH,ȱ dennȱ inȱ narratologischerȱ Hinsichtȱ nimmtȱ dasȱ Vertauschungsmotivȱ dieȱ „Erwählung“ȱ Israelsȱ inȱ Exȱ 19,5ffȱ proleptischȱvorweg.ȱDochȱakzentuierenȱdieȱVertauschungserzählungenȱ etwasȱanders:ȱDasȱHauptgewichtȱfälltȱaufȱdieȱausȱderȱErwählungȱresulȬ tierendenȱProzesseȱvonȱQualifizierungȱundȱDisqualifizierung.ȱDasȱZuȬ sammenspielȱ vonȱ menschlichemȱ Handelnȱ undȱ göttlicherȱ Interventionȱ stehtȱimȱVordergrund.ȱErstȱvomȱEndeȱherȱgesehenȱ–ȱmitȱderȱLegitimaȬ tionȱ derȱ Vertauschungȱ durchȱ JHWHȱ –ȱ fallenȱ Erwählungȱ undȱ QualifiȬ zierungȱwiederȱzusammen.ȱErwählungȱwirdȱnarrativȱalsȱProzessȱentfalȬ tet,ȱ theologischȱ aberȱ istȱ klar,ȱ dassȱ dieȱ Qualifizierungȱ letztlichȱ immerȱ demȱ Gotteswillenȱ entsprichtȱ undȱ entsprechendȱ Qualifizierungȱ undȱ Erwählungȱ nieȱ wirklichȱ auseinandertreten.ȱ Beiȱ denȱ ErwählungskonȬ zeptenȱ außerhalbȱ derȱ Genesisȱ verlagernȱ sichȱ dieȱ Schwerpunkteȱ undȱ variiertȱ dieȱ Reihenfolge:ȱ Demȱ Handelnȱ derȱ Menschenȱ gehtȱ nichtȱ nurȱ dieȱ göttlicheȱ Erwählungȱ voraus,ȱ sondernȱ derȱ Gotteswilleȱ artikuliertȱ sichȱ inȱ derȱ Bundeszusageȱ undȱ derȱ Toragabeȱ alsȱ konkreterȱ LebensweiȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 199ȱȱ Zumȱ Erwählungskonzeptȱ imȱ Dtnȱ vgl.ȱ dieȱ einschlägigenȱ Stellen:ȱ Dtnȱ 10,15ȱ ErwähȬ lungȱ Israels;ȱ Dtnȱ 12,5ȱ Erwählungȱ desȱ Ortesȱ desȱ Heiligtums;ȱ Dtnȱ 17,15ȱ Erwählungȱ desȱKönigs;ȱDtnȱ18,5ȱErwählungȱderȱLeviten.ȱ 200ȱȱ „Dennȱ duȱ bistȱ einȱ Volk,ȱ heiligȱ fürȱ Jahwe,ȱ deinenȱ Gott;ȱ dichȱ hatȱ JHWH,ȱ deinȱ Gott,ȱ erwählt,ȱihmȱzuȱgehörenȱalsȱEigentumsvolkȱunterȱallenȱVölkernȱaufȱErden.“ȱ(Dtnȱ7,6;ȱ vgl.ȱExȱ19,5).ȱ
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TeilȱC:ȱSystematisierendeȱSyntheseȱ
sung.ȱUmgekehrtȱstelltȱIsraelsȱVerhaltenȱeineȱReaktionȱaufȱdiesenȱGotȬ teswillenȱ dar,ȱ derȱ dementsprechendȱ keineȱ Qualifizierungȱ imȱ Sinneȱ derȱ Genesisȱ darstellt.ȱ Israelȱ mussȱ sichȱ nichtȱ alsȱ Erwählterȱ erweisen.ȱ Dieȱ Erwählungȱistȱ theologischȱwieȱ narrativȱ einȱ Faktum,ȱ dasȱ denȱBeginnȱ derȱ Erwählungsgeschichteȱ Israelsȱ setzt.ȱ Allerdingsȱ machenȱ natürlichȱ auchȱ erstȱ Israelsȱ Gehorsamȱ undȱ Bundestreueȱ Israelȱ zuȱ JHWHsȱ EigentumsȬ volk.ȱSoȱhandeltȱesȱsichȱbeispielsweiseȱinȱExȱ19,5f,ȱinȱderȱVorbereitungȱ desȱ Bundeschlusses,ȱ umȱ eineȱ Ermunterungȱ undȱ Motivationȱ zuȱ Treueȱ undȱ Loyalität.ȱ Diesȱ wirdȱ nochȱ deutlicher,ȱ wennȱderȱfolgendeȱ Versȱ dieȱ demȱ Volkȱ angekündigteȱ Existenzȱ alsȱ Eigentumȱ JHWHsȱ mitȱ anderenȱ Wortenȱ undȱ anderenȱ Vorstellungenȱ (priesterlicheȱ Gottesnähe)ȱ umȬ schreibt.ȱ Dieȱ Wesensbeschreibungȱ Israelsȱ nachȱ Exȱ 19,5Ȭ6,ȱ dieȱ mitȱ demȱ Begriffȱ desȱ „priesterlichenȱ Königreiches“ȱ umschriebenȱ wird,ȱ istȱ keineȱ BeschreibungȱeinesȱIstȬZustandes,ȱ„sondernȱdessen,ȱwasȱIsraelȱseinȱsoll.ȱ Inȱ derȱ Konzeptionȱ einesȱ ‚werde,ȱ wasȱ duȱ bist!‘ȱ wirdȱ Israelsȱ Identitätȱ festgehaltenȱ […].“201ȱ Fernerȱ fokussiertȱ dasȱ Vertauschungsmotivȱ weniȬ gerȱaufȱdieȱSonderrolleȱdesȱGottesvolkesȱundȱdasȱErwählungsbewusstȬ seinȱIsraels,ȱsondernȱbetontȱdieȱausȱderȱSonderrolleȱresultierendeȱFunkȬ tionȱ Israelsȱ fürȱ alleȱ Völkerȱ besondersȱ stark.ȱ Darausȱ resultiertȱ Israelsȱ VerantwortungȱundȱVorbildfunktionȱfürȱdieȱVölker.ȱ
ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 201ȱȱ ZumȱGanzenȱs.ȱDOHMEN,ȱExodusȱ19Ȭ40,ȱ62Ȭ64;ȱZitatȱ63.ȱ
ȱ
TeilȱD:ȱMethodischerȱundȱexegetischerȱErtragȱ 1.ȱMethodenreflexionȱ Esȱ warȱ dieȱ erklärteȱ Aufgabeȱ dieserȱ Arbeit,ȱ dieȱ unterschiedlichenȱ VerȬ tauschungskonstellationenȱ desȱ TeNaKȱ innerhalbȱ ihrerȱ Kontexteȱ zuȱ beschreibenȱ undȱ dabeiȱ dieȱ amȱ vorliegendenȱ Textȱ zuȱ beobachtendenȱ Steuerungsstrategienȱaufzuweisen,ȱdieȱdasȱVerständnisȱdesȱTextesȱausȬ lösenȱundȱlenkenȱ(intentioȱoperis).ȱAngesichtsȱdesȱkomplexenȱBildes,ȱdasȱ dieȱ historischeȱ Forschungȱ –ȱ unabhängigȱ vonȱ derȱ jeweilsȱ favorisiertenȱ Methodeȱ–ȱbezüglichȱderȱLiterarȬȱundȱTheologiegeschichteȱderȱGenesisȱ zuȱTageȱgefördertȱhat,ȱwurdeȱhierȱderȱVersuchȱunternommen,ȱzuminȬ destȱ fürȱ denȱ synchronȱ gelesenenȱ Textȱ einenȱ Kerngedankenȱ zuȱ entdeȬ cken,ȱ derȱ sichȱ inȱ allenȱ Teilenȱ derȱ Genesisȱ findenȱ lässt.ȱ Esȱ hatȱ sichȱ alsȱ sinnvollȱ erwiesen,ȱ sichȱ demȱ Phänomenȱ derȱ Vertauschungȱ desȱ ErstgeȬ burtssegensȱvomȱEndtextȱdesȱTeNaKȱherȱzuȱnähern,ȱdennȱdieȱinȱdieserȱ Weiseȱ vorgenommeneȱ Auslegungȱ derȱ Vertauschungserzählungenȱ hatȱ einenȱ beachtlichenȱ Sinnreichtumȱ undȱ einȱ facettenreichesȱ narrativesȱ Konzeptȱ entdeckenȱ können.ȱ Soȱ warȱ nichtȱ vonȱ vornehereinȱ damitȱ zuȱ rechnen,ȱ dassȱ manȱ durchȱ denȱ konzentriertenȱ Blickȱ aufȱ dieȱ VertauȬ schungserzählungenȱundȱderenȱKontexteȱvomȱEndtextȱherȱsoȱvielȱüberȱ denȱliterarischenȱEntwurfȱderȱVertauschungenȱwieȱauchȱüberȱdieȱGeneȬ sisȱimȱGanzenȱerfahrenȱkannȱ(s.ȱvorȱallemȱTeilȱC.3.1ȱundȱ3.2).ȱDieȱGeneȬ sisȱ erscheintȱ hierȱ nichtȱ alsȱ eineȱ Sammlungȱ vonȱ urtümlichenȱ EinzelsaȬ gen,ȱ derenȱ Abfolgeȱ kaumȱ etwasȱ überȱ ihreȱ Bedeutungȱ aussagt.ȱ Stattdessenȱ kannȱ einȱ inȱ sichȱ geschlossenerȱ Spannungsbogenȱ wahrgeȬ nommenȱ werden,ȱ derȱ sichȱ aufȱ höchstemȱ literarischemȱ undȱ theologiȬ schemȱNiveauȱmitȱdenȱThemenȱ„Erstlingssegen“ȱundȱ„Erwählung“ȱaufȱ charakteristischeȱ Weiseȱ auseinandersetzt.ȱ Damitȱ sollȱ allerdingsȱ nichtȱ impliziertȱ werden,ȱ dassȱ dasȱ Buchȱ Genesisȱ oderȱ garȱ derȱ Pentateuchȱ inȱ einemȱ Zugȱ entstandenȱ seien.ȱ Literargeschichtlichȱ betrachtetȱ istȱ diesesȱ komplexeȱ Gesamtbildȱ Ergebnisȱ einesȱ vielschichtigen,ȱ wohlȱ kaumȱ jeȱ ganzȱdurchdringbarenȱÜberlieferungsprozesses,ȱbeiȱdemȱauchȱeinanderȱ widersprechendeȱTexteȱaufgenommenȱundȱzusammengestelltȱwurden.ȱ Dieseȱ Textsammlungȱ ermöglichtȱ wiederȱ neueȱ Sinnzusammenhängeȱ undȱintertextuelleȱBeziehungen,ȱdieȱbeiȱisolierterȱBetrachtungȱderȱ(hyȬ pothetischȱ erschlossenen)ȱ Textteileȱ undȱ Quellenȱ garȱ nichtȱ oderȱ nochȱ
TeilȱD:ȱMethodischerȱundȱexegetischerȱErtragȱ
320
nichtȱ vorhandenȱ gewesenȱ seinȱ mögen.1ȱ Dieȱ beobachtetenȱ VerbindunȬ genȱ undȱ Sinnpotentialeȱ sindȱ inȱ ihrerȱ Gesamtheitȱ nurȱ vomȱ gesamtenȱ Endtextȱ zuȱ erheben.ȱ Esȱ hatȱ sichȱ fernerȱ gezeigt,ȱ dassȱ dieȱ Interpretationȱ einesȱ wichtigenȱ literarischenȱ undȱ zentralenȱ theologischenȱ Teilbereichsȱ einesȱbiblischenȱBuchesȱauchȱohneȱRekonstruktionȱseinerȱEntstehungsȬ geschichteȱmöglichȱist.ȱInsofernȱhatȱsichȱdasȱamȱAnfangȱgewählteȱmeȬ thodischeȱ Verfahrenȱ alsȱ angemessenȱ erwiesen.ȱ Anȱ dieserȱ Stelleȱ sollȱ dennochȱ nochȱ einmalȱ betontȱ werden,ȱ dassȱ damitȱ keinȱ entstehungsgeȬ schichtlichesȱ oderȱ methodenkritischesȱ Urteilȱ verbundenȱ ist.ȱ Dieȱ Frageȱ nachȱ derȱ Entstehungsgeschichteȱ bleibtȱ nachȱ wieȱ vorȱ berechtigt,ȱ dennȱ dasȱWissenȱumȱdieȱGeneseȱderȱGenesisȱfügtȱdemȱSinnpotential,ȱdasȱausȱ demȱEndtextȱerhobenȱwurde,ȱeinenȱwesentlichenȱAspektȱhinzu.ȱ ȱ FreilichȱaberȱbrauchenȱundȱsollenȱdieȱErgebnisseȱentstehungsgeschichtȬ licherȱ wieȱ literarischȱ orientierterȱ Arbeitenȱ nichtȱ unvermitteltȱ nebeneiȬ nanderȱstehen.ȱImȱSinneȱeinerȱVermittlungȱzwischenȱbeidenȱmethodoȬ logischenȱ Ansätzenȱ ließeȱ sichȱ hierȱ fragen,ȱ obȱ derȱ und/oderȱ dieȱ empirischenȱ Verfasserȱ derȱ Genesisȱ undȱ imȱ weiterenȱ Sinneȱ natürlichȱ auchȱ desȱ TeNaKȱ dieȱ entdecktenȱ Erzählzusammenhängeȱ beiȱ empiriȬ schenȱ Leserinnenȱ undȱ Lesernȱ nichtȱ auchȱ intendiertȱ habenȱ (intentioȱ auctoris).ȱDiesȱlässtȱsichȱzwarȱnichtȱmehrȱmitȱSicherheitȱfeststellenȱundȱ einȱdirekterȱRückschlussȱvonȱderȱintentioȱoperisȱaufȱentsprechendeȱentȬ stehungsgeschichtlicheȱ Hypothesenȱ istȱ ebenfallsȱ nichtȱ ohneȱ weiteresȱ möglichȱ (s.ȱ Teilȱ A.3.1).ȱ Allerdingsȱ drängenȱ sichȱ anhandȱ derȱ TextbeȬ obachtungenȱeineȱReiheȱentstehungsgeschichtlicherȱRückȬȱundȱAnfragenȱ geradezuȱauf:2ȱȱ Esȱ fälltȱ auf,ȱ dassȱ demȱ Phänomenȱ derȱ Bevorzugungȱ desȱ jüngerenȱ BrudersȱundȱderȱVerwerfungȱdesȱErstgeborenenȱinȱderȱForschungȱbisȬ herȱ wenigȱ Aufmerksamkeitȱ gewidmetȱ wurde.ȱ Diesȱ dürfteȱ damitȱ zuȱ erklärenȱsein,ȱdassȱdieȱjeweiligenȱEinzelerzählungenȱunterschiedlichenȱ QuellenȬ,ȱ TraditionsȬȱ und/oderȱ Redaktionsschichtenȱ zugeordnetȱ werȬ den,ȱ derenȱ literarhistorischeȱ Beurteilungȱ entsprechendȱ divergentȱ ausȬ fällt.ȱ Wennȱ esȱ allerdingsȱ zutrifft,ȱ dassȱ dieȱ Vertauschungenȱ zumȱ einenȱ überȱ einȱ feinmaschigesȱ Netzȱ vonȱ vergleichbarenȱ Motivelementen,ȱ Stichwortanschlüssen,ȱ Erzählstrategien,ȱ lexematischenȱ WiederholunȬ genȱ etc.ȱ miteinanderȱ verknüpftȱ sindȱ (Teilȱ C.1ȱ undȱ C.2),ȱ zumȱ anderenȱ eineȱ deutlichȱ wahrnehmbareȱ undȱ GenesisȬübergreifendeȱ theologischeȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 1ȱȱ 2ȱȱ
DamitȱkannȱauchȱnichtȱmehrȱdieȱIntentionȱvonȱeinemȱoderȱmehrerenȱAutor(en)ȱoderȱ Redaktor(en)ȱerschlossenȱwerden.ȱ Weiterführendeȱ RückȬSchlüsseȱ aufȱ eineȱ Entstehungsgeschichteȱ könnenȱ hierȱ allerȬ dingsȱausȱmethodologischenȱGründenȱnichtȱgegebenȱwerden.ȱȱ
1.ȱMethodenreflexionȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱ
ȱ
321ȱ
Gesamttendenzȱ erkennenȱ lassen,ȱ dieȱ auchȱ aufȱ andereȱ ErwählungsvorȬ stellungenȱinnerhalbȱderȱToraȱeinwirktȱ(Dtn;ȱTeilȱC.3.5),ȱdannȱsollteȱinȱ entstehungsgeschichtlicherȱ Perspektiveȱ danachȱ zuȱ fragenȱ sein,ȱ obȱ dieȱ Vertauschungenȱ undȱ ihreȱ Grundelementeȱ alsȱ Einzeltraditionenȱ oderȱ Traditionselementeȱanzusehenȱsind,ȱdieȱerstȱnachträglichȱinȱeinenȱgröȬ ßerenȱ theologischenȱ undȱ literarischenȱ Kontextȱ eingegliedertȱ wordenȱ sind.ȱSogleichȱergibtȱsichȱdarausȱdieȱFrage,ȱobȱdieȱliterarischeȱGesamtȬ tendenzȱ derȱ Vertauschungserzählungenȱ aufȱ derȱ endredaktionellenȱ Ebeneȱ derȱ Genesisȱ wieȱ auchȱ desȱ Pentateuchsȱ tatsächlichȱ zufälligȱ seinȱ kannȱ oderȱ aberȱ aufȱ dasȱ Werkȱ einerȱ oderȱ mehrererȱ Redaktion(en)ȱ zuȬ rückgeführtȱ werdenȱ muss.ȱ Dasȱ damitȱ angesprocheneȱ Verhältnisȱ vonȱ Autor(en)ȱundȱRedaktor(en)ȱstelltȱeinȱProblemȱdar,ȱdasȱzurȱZeitȱfürȱdenȱ PentaȬ/Enneateuchȱ kontroversȱ verhandeltȱ wird,ȱ aberȱ auchȱ fürȱ andereȱ SchriftenȱvonȱBelangȱist.ȱȱ Esȱ istȱ nunȱ weitgehenderȱ Konsensȱ derȱ Forschung,ȱ dassȱ dieȱ EndȬ kompositionȱ desȱ Pentateuchsȱ keinȱ reinesȱ Zufallsproduktȱ seinȱ kann,ȱ sondernȱaufȱplanvolleȱliterarischeȱArbeitȱzurückgeht.ȱDieȱMehrzahlȱderȱ Forscherȱnimmtȱan,ȱdassȱdieȱPentateuchredaktionȱvorwiegendȱinȱpriesȬ terlicherȱ Perspektiveȱ geschah.ȱ Andereȱ Autorenȱ insistierenȱ dagegenȱ darauf,ȱdassȱdieȱletzteȱRedaktionȱausȱ„nichtȬpriesterlicher“ȱbzw.ȱsogarȱ „antiȬpriesterlicher“ȱ Sichtȱ (z.B.ȱ prophetischȱ oderȱ weisheitlich)ȱ erfolgte.ȱ Wiederȱ andereȱ betonen,ȱ dassȱ dieȱ Redaktionȱ mehrereȱ Perspektivenȱ geȬ zieltȱnebeneinanderȱstellteȱ–ȱausgleichendȱundȱkontrastierendȱzugleich.ȱ W.ȱ Großȱ charakterisiertȱ mitȱ Rechtȱ dieȱ derzeitigeȱ Forschungslageȱ folȬ gendermaßen:ȱ„ÜberȱdieȱliterarischenȱTechnikenȱundȱdieȱäußerenȱUmȬ ständeȱderȱPentateuchredaktionȱistȱwenigȱbekannt.ȱ[…]ȱHandfesteȱKriȬ terienȱzurȱUnterscheidungȱzwischenȱderȱPentateuchredaktionȱundȱnochȱ jüngerenȱ theologischenȱ bzw.ȱ terminologischenȱ Ausgleichsversuchenȱ gibtȱesȱbisherȱnicht.“3ȱȱ Esȱ gehörtȱ zuȱ denȱ grundlegendenȱ Einsichtenȱ derȱ alttestamentlichenȱ Wissenschaftȱdesȱ19.ȱJahrhunderts,ȱdassȱderȱPentateuchȱinȱseinerȱvorȬ liegendenȱGestaltȱdieȱliterarischeȱHinterlassenschaftȱdesȱnachexilischenȱ JudentumsȱdesȱzweitenȱTempelsȱist.ȱDurchȱKrisenerfahrungenȱwieȱdenȱ UntergangȱderȱbeidenȱReicheȱIsraelȱundȱJudaȱhervorgerufen,ȱreflektieȬ renȱ dieȱ geschichtlichenȱ Überlieferungenȱ dieȱ Gottesbeziehungenȱ zwiȬ schenȱ JHWHȱ alsȱ demȱ Gottȱ Israelsȱ undȱ Israelȱ alsȱ demȱ Volkȱ JHWHs.ȱ Dieserȱ Sachverhaltȱ lässtȱ sichȱ mitȱ demȱ Begriffȱ „geglaubteȱ Geschichte“ȱ (vonȱ Rad)ȱ treffendȱ umschreiben.ȱ Freilichȱ standȱ unterȱ denȱ biblischenȱ AutorenȱnichtȱzurȱDebatte,ȱdassȱsichȱdieȱgeschichtlichenȱEreignisseȱtatȬ sächlichȱ auchȱ soȱ ereignetȱ haben.ȱ Dochȱ wurdenȱ dieȱ Texteȱ nichtȱ alleinȱ ausȱ einemȱ archäologischenȱ undȱ archivalischenȱ Interesseȱ herausȱ gesamȬ
ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 3ȱȱ
GROß,ȱZukunftȱfürȱIsrael,ȱ71.ȱ
TeilȱD:ȱMethodischerȱundȱexegetischerȱErtragȱ
322
meltȱ undȱ überliefert;ȱ entscheidendȱ fürȱ denȱ Prozessȱ derȱ Endredaktionȱ istȱ vielmehr,ȱ dassȱ sieȱ ausgewählt,ȱ kommentiertȱ undȱ ergänztȱ wurdenȱ imȱ Blickȱ aufȱ dieȱ theologischeȱ Tragfähigkeitȱ undȱ Anwendbarkeitȱ derȱ ÜberlieferungenȱfürȱdieȱdieseȱTexteȱrezipierendeȱGemeinschaft.ȱRedakȬ tionȱ heißtȱ dannȱ nichtȱ Tilgungȱ ältererȱ Texteȱ oderȱ Konzeptionen,ȱ sonȬ dernȱ istȱ umfassenderȱ aufzufassenȱ alsȱ Reformulierungȱ ihresȱ UrȬ sprungssinnsȱ unterȱ neuenȱ Verstehensbedingungenȱ zurȱ Deutungȱ derȱ Gegenwart.ȱ
BesondersȱinȱderȱGenesisȱistȱhinsichtlichȱderȱredaktionellenȱFrageȱschonȱ seitȱeinigerȱZeitȱeinȱUmbruchȱzuȱverzeichnen,ȱderȱmitȱeinemȱerhöhtenȱ Interesseȱ anȱ derȱ Urgeschichteȱ alsȱ überlieferungsgeschichtlichȱ eigenȬ ständigemȱAbschnittȱeinhergeht.ȱDieȱredaktionskritischenȱErwägungenȱ zurȱ Urgeschichteȱ lassenȱ sichȱ exemplarischȱ mitȱ derȱ inȱ dieserȱ UntersuȬ chungȱ vorgelegtenȱ Analyseȱ desȱ Vertauschungsmotivsȱ insȱ Gesprächȱ bringen,ȱ weshalbȱ derȱ neuereȱ Forschungsstandȱ anȱ dieserȱ Stelleȱ etwasȱ ausführlicherȱ referiertȱ werdenȱ soll.ȱ Betrachtetȱ manȱ dieȱ gegenwärtigeȱ Forschung,ȱ stehenȱ imȱ Wesentlichenȱ zweiȱ Ansichtenȱ gegenüber:ȱ Unterȱ denjenigen,ȱdieȱheuteȱgrundsätzlichȱnochȱanȱderȱExistenzȱdesȱJahwistenȱ festhaltenȱ(soȱbeiȱLevin4ȱundȱBerge5),ȱbesitztȱWellhausensȱAnalyseȱderȱ Urgeschichteȱ inȱ ihrenȱ prinzipiellenȱ Annahmenȱ weiterhinȱ Gültigkeit.ȱ Wieȱ Wellhausenȱ setztȱ auchȱ Levinȱ eineȱ dreistufigeȱ Entwicklungȱ vonȱ vorȬjahwistischenȱ Quellen,ȱ jahwistischerȱ Redaktionȱ undȱ Ergänzungenȱ an,ȱ dieȱ abgeschlossenȱ war,ȱ bevorȱ Jȱ mitȱ derȱ Priesterschriftȱ verknüpftȱ wurde.ȱInsgesamtȱanalogȱdazuȱhatȱKratzȱeineȱSchichtenanalyseȱvorgeȬ legt,ȱ dieȱ sichȱ vonȱ Levinȱ allerdingsȱ dadurchȱ unterscheidet,ȱ dassȱ dieȱ inȱ Frageȱ stehendeȱ Sintfluterzählungȱ nichtȱ mehrȱ alsȱ Ergänzungȱ innerhalbȱ desȱJahwistenȱangesehen,ȱsondernȱ(abgesehenȱvonȱdenȱgenuinȱpriesterȬ lichenȱ Anteilen)ȱ derȱ Jȱ undȱ Pȱ vereinigendenȱ Redaktionȱ zugeschriebenȱ wird.ȱ Entsprechendȱ gehtȱ einigesȱ vonȱ demȱ theologischenȱ Profil,ȱ dasȱ ehedemȱ Jȱ zukam,ȱ nunȱ aufȱ dieseȱ Redaktionsschichtȱ über.6ȱ Imȱ Großenȱ undȱGanzenȱbleibtȱesȱdabei,ȱdassȱJȱinsgesamtȱdieȱältereȱSchichtȱist,7ȱdieȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 4ȱȱ 5ȱȱ 6ȱȱ 7ȱȱ
LEVIN,ȱDerȱJahwist.ȱ BERGE,ȱDieȱZeitȱdesȱJahwisten.ȱ Vgl.ȱKRATZ,ȱKomposition,ȱ252Ȭ262;ȱundȱdasȱzusammenfassendeȱSchaubildȱ263.ȱ KRATZȱweistȱvorȱallemȱaufȱdasȱredaktionelleȱScharnierȱGenȱ12,1Ȭ3ȱamȱÜbergangȱvonȱ UrȬȱ undȱ Vätergeschichteȱ hin:ȱ „Dieȱ Verheißungȱ anȱ Abraham,ȱ inȱ derȱ derȱ Begriffȱ desȱ Segensȱdominiert,ȱbildetȱeinenȱKontrapunktȱzumȱFluchȱderȱUrgeschichte,ȱbesondersȱ Genȱ 2Ȭ4,ȱ undȱ spanntȱ einenȱ Bogenȱ zurȱ Jakobserzählungȱ inȱ Genȱ 27Ȭ28,ȱ besondersȱ 28,13Ȭ15.“ȱ(KRATZ,ȱKomposition,ȱ265).ȱNachȱKRATZȱschließtȱGenȱ12,1Ȭ3ȱursprünglichȱ ohneȱ weiteresȱ anȱ denȱ letztenȱ vorpriesterlichenȱ Textȱ derȱ jahwistischenȱ Urgeschichteȱ Genȱ11,1Ȭ8aȱan:ȱausȱderȱüberȱdieȱErdeȱzerstreuteȱMenschheitȱunterȱdemȱFluchȱgreiftȱ sichȱJHWHȱeinenȱherausȱundȱlegtȱdenȱSegenȱaufȱihn.ȱDieserȱSegenȱbeherrschtȱauchȱ denȱ Fortgangȱ derȱ Vätererzählung.ȱ KRATZȱ kannȱ beidenȱ literarischenȱ Einheitenȱ Genȱ
1.ȱMethodenreflexionȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱ
ȱ
323ȱ
vonȱ derȱ Priesterschriftȱ vorausgesetztȱ undȱ inȱ zahlreichenȱ Abschnittenȱ „imitiert“8ȱwird.9ȱ AufȱderȱanderenȱSeiteȱverlorȱderȱJahwistȱseineȱStellungȱalsȱältestesȱ Geschichtswerkȱ desȱ Pentateuchs,ȱ wasȱ traditionellȱ mitȱ derȱ Annahmeȱ gekoppeltȱwar,ȱJȱseiȱvonȱkeinerȱanderenȱÜberlieferungsschichtȱdesȱPenȬ tateuchsȱ beeinflusstȱ gewesen.ȱ Insbesondereȱ vanȱ Seters10ȱ undȱ H.H.ȱ Schmid11ȱ schlugenȱ demgegenüberȱ Spätdatierungenȱ vor,ȱ dieȱ denȱ Jahwistenȱ inȱ dieȱ exilischȬnachexilischeȱ Zeitȱ versetzten,ȱ undȱ vertraten,ȱ dassȱ Jȱ bereitsȱ imȱ Einflussbereichȱ deuteronomistischerȱ Theologieȱ undȱ auchȱ inȱ derȱ Wirkungsgeschichteȱ derȱ prophetischenȱ Überlieferungȱ stand.ȱDieȱzunehmendeȱSensibilitätȱfürȱdieȱVernetzungenȱmitȱanderenȱ Stimmenȱ desȱ Pentateuchsȱ hatȱ allerdingsȱ auchȱ zuȱ derȱ Einsichtȱ geführt,ȱ dassȱ sichȱ eineȱ eigenständigeȱ JȬKompositionȱ davonȱ garȱ nichtȱ mehrȱ abȬ hebenȱ lässt;ȱ womitȱ „J“ȱ immerȱ mehrȱ anȱ Konturȱ verlorȱ undȱ schließlichȱ ausȱ derȱ Pentateuchdiskussionȱ herausfiel.ȱ Beiȱ Blum12ȱ übernimmtȱ dieȱ deuteronomistischeȱ Kompositionȱ (Kd)ȱ dieȱ Aufgabeȱ derȱ Verknüpfungȱ vonȱ VäterȬȱ undȱ Exodustradition,ȱ eineȱ jahwistischeȱ Redaktionȱ hatteȱ damitȱkeineȱeigeneȱFunktionȱmehrȱ–ȱundȱkonnteȱsomitȱschließlichȱwegȬ fallen.13ȱ Fürȱ dieȱ Theoriebildungȱ istȱ allerdingsȱ festzuhalten,ȱ dassȱ dieȱ literarischeȱ Vernetzungȱ vonȱ Jȱ mitȱ derȱ Prophetieȱ undȱ demȱ Deuteronomismusȱ vorzugsweiseȱ anhandȱ derȱ VäterȬ,ȱ ExodusȬȱ undȱ Sinaiüberlieferungȱuntersuchtȱwurde.ȱBetrachtetȱmanȱvorȱdiesemȱHinȬ tergrundȱ nunȱ speziellȱ dieȱ Diskussionȱ umȱ dieȱ Urgeschichte,ȱ soȱ wirdȱ rechtȱschnellȱdeutlich,ȱdassȱdieȱfürȱdenȱPentateuchȱinsgesamtȱdiskutierȬ tenȱ Modelleȱ hierȱ nichtȱ inȱ gleicherȱ Weiseȱ anzuwendenȱ sind.ȱ Vorȱ allemȱ gibtȱ esȱ keineȱ einigermaßenȱ durchgängigȱ erkennbarenȱ Verbindungenȱ zurȱ deuteronomistischenȱTheologie.ȱ Dasȱ hatȱzurȱFolge,ȱ dassȱdieȱÜberȬ führungȱ derȱ traditionellȱ „J“ȱ zugeschlagenenȱ Texteȱ inȱ dieȱ DȬKomposiȬ tionȱdesȱPentateuchsȱeventuellȱkeineȱaussichtsreicheȱOptionȱdarstellt.ȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ
8ȱȱ 9ȱȱ 10ȱȱ 11ȱȱ 12ȱȱ 13ȱȱ
12,1Ȭ3.7ȱ undȱ 28,13Ȭ15ȱ alsȱ ältesteȱ Kompositionsschichtȱ inȱ derȱ Genesisȱ identifizieren,ȱ vonȱ denenȱ alleȱ anderenȱ Segensverheißungenȱ abhängenȱ undȱ dieȱ alsȱ redaktionelleȱ Klammerȱdienenȱ(zumȱGanzenȱKRATZ,ȱKomposition,ȱ252Ȭ262.266Ȭ269).ȱ KRATZ,ȱKomposition,ȱ262.ȱ Soȱz.B.ȱGenȱ2Ȭ3ȱinȱGenȱ1,ȱoderȱderȱKainitenstammbaumȱ(Genȱ4)ȱinȱderȱAdamitenlisteȱ (Genȱ5).ȱ VANȱSETERS,ȱAbraham.ȱ SCHMID,ȱDerȱsogenannteȱJahwist.ȱ BLUM,ȱVätergeschichteȱundȱDERS.,ȱStudienȱzurȱKompositionȱdesȱPentateuch.ȱ NachȱBLUMȱistȱdieȱKritikȱanȱderȱJȬHypotheseȱvonȱGERTZ,ȱTraditionȱundȱRedaktion;ȱ SCHMID,ȱErzväterȱundȱExodusȱundȱWITTE,ȱUrgeschichteȱweiterȱuntermauertȱworden;ȱ vgl.ȱAuchȱdenȱvonȱGERTZ,ȱ SCHMIDȱ undȱ WITTEȱ herausgegebenenȱ Sammelband:ȱ „AbȬ schiedȱvomȱJahwisten.“ȱ(2002).ȱ
324
TeilȱD:ȱMethodischerȱundȱexegetischerȱErtragȱ
WennȱsichȱdieȱTexte,ȱdieȱnachȱAbzugȱvonȱPȱübrigbleiben,ȱwederȱalsȱ Teilȱ einerȱ durchlaufendenȱ Quelleȱ nochȱ einerȱ übergreifendenȱ PentaȬ teuchkompositionȱ erweisenȱ lassen,ȱ dannȱ liegtȱ dieȱ Vermutungȱ nahe,ȱ dassȱ dieseȱ Texteȱ –ȱ undȱ mitȱ ihnenȱ dieȱ Entwicklungȱ derȱ Urgeschichteȱ –ȱ einenȱ gegenüberȱ derȱ VäterȬȱ undȱ derȱ Exodustraditionȱ ganzȱ eigenenȱ literaturgeschichtlichenȱWegȱgenommenȱhaben.ȱSoȱwirdȱsichȱinȱletzterȱ Zeitȱ immerȱ häufigerȱ fürȱ dieȱ diachroneȱ Selbständigkeitȱ derȱ nichtpriesȬ terlichenȱUrgeschichteȱausgesprochen.ȱDiesȱwirdȱu.a.ȱdamitȱbegründet,ȱ dassȱ dieȱ nichtȬpriesterschriftlicheȱ Urgeschichteȱ zwarȱ vonȱ einemȱ feinȬ maschigenȱ Netzȱ anȱ Querverweisenȱ durchzogenȱ ist,ȱ derȱ Kernbestandȱ aberȱnichtȱüberȱsichȱhinausweise.14ȱVorȱallemȱGenȱ12,1Ȭ3,ȱalsȱvermeintȬ lichesȱZielȱundȱFluchtpunktȱderȱnichtpriesterlichenȱUrgeschichte,ȱistȱimȱ AnschlussȱanȱCrüsemannsȱmehrfachȱaufgezeigtesȱFehlenȱeinesȱderartiȬ genȱRückverweises,ȱderȱauchȱnurȱannäherndȱmitȱdemȱBeziehungsnetzȱ innerhalbȱ derȱ nichtpriesterschriftlichenȱ Urgeschichteȱ vergleichbarȱ wäȬ re,ȱ tatsächlichȱ auffällig.15ȱ Dabeiȱ kommtȱ Crüsemannȱ zuȱ demȱ Ergebnis,ȱ dassȱesȱaußerhalbȱvonȱPȱkeineȱliterarischeȱBrückeȱgibt,ȱdieȱvonȱderȱUrȬ geschichteȱ zurȱ Vätergeschichteȱ führt.16ȱ Dieȱ nichtȬpriesterschriftlichenȱ Texteȱ vonȱ Genȱ 1Ȭ11ȱ stehenȱ damitȱ fürȱ sich.ȱ Derȱ Neuansatzȱ vonȱ CrüseȬ mannȱ bestehtȱ insbesondereȱ darin,ȱ dieȱ Überlieferungsgeschichteȱ alsȱ eigenenȱ Fallȱ zuȱ betrachten,ȱ derȱ nichtȱ vonȱ vornhereinȱ imȱ ZusammenȬ hangȱ einesȱ übergreifendenȱ Pentateuchmodellsȱ unterzubringenȱ ist.ȱ Inȱ derȱ Konsequenzȱ dieserȱ Beobachtungenȱ werdenȱ alsȱ Alternativeȱ zuȱ denȱ Quellenhypothesenȱ (Levin,ȱ Berge)ȱ undȱ redaktionsgeschichtlichenȱ LöȬ sungenȱ(Witte)ȱfürȱdieȱLiteraturgeschichteȱgegenwärtigȱModelleȱerwoȬ gen,ȱdieȱdaraufȱverzichten,ȱdieȱUrgeschichteȱimȱRahmenȱeinerȱumgreiȬ fendenȱ Pentateuchhypotheseȱ zuȱ behandeln,ȱ daȱ einȱ eigenerȱ überliefeȬ rungsgeschichtlicherȱProzessȱvorausgesetztȱwird.17ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 14ȱȱ S.ȱ CRÜSEMANN,ȱ Dieȱ Eigenständigkeitȱ derȱ Urgeschichte,ȱ 11Ȭ29ȱ undȱ vorȱ allemȱ BLUM,ȱ Vätergeschichte,ȱ359f;ȱDERS.,ȱArt.ȱ„Urgeschichte“,ȱ438f;ȱCARR,ȱReadingȱtheȱFracturesȱ ofȱGenesis,ȱ234Ȭ248;ȱWITTE,ȱUrgeschichte,ȱ192Ȭ205.ȱDieȱDiskussionȱbisȱ1983ȱistȱdargeȬ stelltȱbeiȱZENGER,ȱBeobachtungen,ȱ36Ȭ40.ȱFürȱdieȱseitherigeȱDiskussionȱkannȱaufȱgeȬ nannteȱ Beiträgeȱ vonȱ WITTEȱ undȱ BLUMȱ sowieȱ dasȱ Referatȱ beiȱ SCHMID,ȱ Erzväterȱ undȱ Exodus,ȱ165Ȭ169ȱverwiesenȱwerden.ȱ 15ȱȱ Vgl.ȱ CRÜSEMANN,ȱ Dieȱ Eigenständigkeitȱ derȱ Urgeschichte,ȱ 18Ȭ22;ȱ BLUM,ȱ VätergeȬ schichte,ȱ349Ȭ361;ȱWITTE,ȱUrgeschichte,ȱ192Ȭ200.ȱ 16ȱȱ Vgl.ȱCRÜSEMANN,ȱDieȱEigenständigkeitȱderȱUrgeschichte,ȱ16.ȱ 17 FreilichȱbleibtȱdasȱEndeȱundȱdamitȱderȱAuslegungshorizontȱeinerȱnichtpriesterlichenȱ VersionȱderȱUrgeschichteȱumstritten:ȱumfasstȱsieȱzunächstȱnurȱeineȱSchöpfungȱundȱ Flutȱ oderȱ warȱ sieȱ vonȱ vornhereinȱ aufȱ dieȱ Fortsetzungȱ inȱ derȱ Vätergeschichteȱ angeȬ legt?ȱDieseȱFrageȱbleibtȱunlösbarȱmitȱderȱFrageȱnachȱderȱursprünglichenȱliterarischenȱ Gestaltȱ derȱ nichtpriesterlichenȱ Textanteileȱ undȱ derȱ vielȱ diskutiertenȱ literarischenȱ SchichtungȱinnerhalbȱdesȱnichtȬpriesterlichenȱTextesȱverbunden. ȱ
ȱ
1.ȱMethodenreflexionȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱ
325ȱ
Bezüglichȱ derȱ Prioritätȱ vonȱ priesterschriftlichemȱ undȱ nichtȬ priesterschriftlichemȱ Textȱinnerhalbȱ derȱ Urgeschichteȱ rechnetȱ manȱ zuȬ nehmendȱ damit,ȱ dassȱ dieȱ nichtȬpriesterschriftlichenȱ Texteȱ zumȱ Teilȱ (Kratz)ȱ Ergänzungenȱ bzw.ȱ Fortschreibungenȱ zurȱ Priesterschriftȱ sind,ȱ dennȱ dieseȱ Texteȱ sindȱ überȱ weiteȱ Passagenȱ ohneȱ Bezugnahmeȱ aufȱ dieȱ Priesterschriftȱ schwerȱ vorstellbar.ȱ Oder,ȱ umȱ esȱ vorsichtigerȱ zuȱ formuȬ lieren:ȱ wennȱderȱVerfasserȱ vorliegendeȱStoffeȱ aufgenommenȱ hat,ȱwurȬ denȱdieseȱliterarischȱvölligȱneuȱstrukturiertȱundȱebenȱnichtȱnurȱumȱeinȬ zelneȱZusätze,ȱdieȱliterarkritischȱzuȱeruierenȱwären,ȱerweitert.18ȱȱ DieȱAnnahmeȱumfangreicherȱnachȬpriesterschriftlicherȱRedaktionenȱ inȱVerbindungȱmitȱderȱüberlieferungsgeschichtlichenȱSelbstständigkeitȱ derȱ Urgeschichteȱ eröffnetȱ eineȱ interessanteȱ literargeschichtlicheȱ undȱ theologischeȱ Perspektive:ȱ Dieȱ deutlicheȱ Bezogenheitȱ derȱ Urgeschichteȱ aufȱ dieȱ Priesterschrift,ȱ dieȱ traditionsgeschichtlichenȱ undȱ literarischenȱ Hintergründe,ȱdieȱNichtȬPȱerkennenȱlässt,ȱsowieȱdasȱBild,ȱdasȱderȱVerȬ fasserȱ derȱ nichtpriesterlichenȱ Texteȱ vonȱ denȱ urgeschichtlichenȱ AbläuȬ fenȱ nichtȱ zuletztȱ imȱ Horizontȱ derȱ charakteristischenȱ PentaȬteuchstoffeȱ (Gebotsgehorsam,ȱ Mosegestalt,ȱ Landnahme)ȱ entwirft,ȱ lassenȱ denȱ Schlussȱ zu,ȱ dassȱ erȱ dieȱ Formierungsprozesseȱ desȱ Pentateuchsȱ bereitsȱ vorȱ Augenȱ hat.19ȱ Dieȱ Ausarbeitungȱ vonȱGenȱ 1Ȭ11ȱstündeȱ demnachȱ amȱ Endeȱ derȱ Überlieferungsgeschichteȱ desȱ Pentateuchsȱ undȱ hatteȱ diesenȱ konstitutivenȱTextȱbereitsȱvorliegen.20ȱ VorȱdiesemȱforschungsgeschichtlichenȱHintergrundȱkönnenȱdieȱErȬ kenntnisseȱ dieserȱ Untersuchungȱ inȱ dieȱ Diskussionȱ mitȱ eingebrachtȱ werden:ȱFürȱdieȱVertauschungȱvonȱKain,ȱAbelȱundȱSetȱsowieȱSem,ȱHamȱ undȱJaphetȱ(Genȱ4.5Ȭ11)ȱkonnteȱgezeigtȱwerdenȱ(TeilȱC.2.2),ȱdassȱbeideȱ Vertauschungskomplexeȱ zwarȱ untereinanderȱ einȱ dichtesȱ VerweissysȬ temȱerkennenȱlassen,ȱaberȱwenigȱüberȱsichȱhinausȱ(undȱdasȱheißtȱfolgȬ lich:ȱ aufȱ dieȱ nachfolgendeȱ Erzelterngeschichteȱ verweisen).ȱ Insofernȱ würdeȱ diesȱ derȱ Grundüberlegungȱ einerȱ selbstständigenȱ Urgeschichteȱ nichtȱwidersprechen.ȱDetailliertȱbetrachtet,ȱistȱeinȱUrteilȱnichtȱmehrȱsoȱ leichtȱzuȱfällen,ȱdennȱdieȱEinzelelementeȱbeiderȱVertauschungenȱfindenȱ sichȱ inȱ nichtȬpriesterschriftlichenȱ wieȱ inȱ priesterschriftlichenȱ Textenȱ inȱ gleicherȱWeiseȱ(s.ȱnochȱTeilȱC.2.1).ȱImȱFalleȱderȱUrgeschichteȱmagȱmanȱ daraufȱ aufmerksamȱ machen,ȱ dassȱ dortȱ dieȱ Vertauschungenȱ lediglichȱ eineȱFacetteȱdesȱreichenȱThemenspektrumsȱvonȱGenȱ1Ȭ11ȱabdeckenȱundȱ folglichȱausȱderȱTextmasseȱleichtȱzuȱisolierenȱseienȱbzw.ȱdieȱEinzeleleȬ menteȱ derȱ Vertauschungenȱ auchȱ andersȱ gedeutetȱ werdenȱ könnten.ȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 18ȱȱ DazuȱARNETH,ȱ„DurchȱAdamsȱFallȱistȱganzȱverderbt…“,ȱ229Ȭ236.ȱ 19ȱȱ SoȱmitȱARNETH,ȱ„DurchȱAdamsȱFallȱistȱganzȱverderbt…“,ȱbes.ȱ227Ȭ236.ȱ 20ȱȱ Vgl.ȱhierzuȱSCHÜLE,ȱProlog.ȱ
TeilȱD:ȱMethodischerȱundȱexegetischerȱErtragȱ
326
BlicktȱmanȱhingegenȱüberȱdieȱUrgeschichteȱhinausȱaufȱdieȱJakobȬEsauȬȱ oderȱ dieȱ JosephȬJudaȬErzählung,ȱ soȱ scheintȱ esȱ mehrȱ alsȱ deutlich,ȱ dassȱ dieȱ Vertauschungenȱ Movensȱ undȱ narrativeȱ Grundstrukturȱ beiderȱ GeȬ samterzählungenȱ sind.ȱ Eineȱ redaktionelleȱ Ausscheidungȱ derȱ VertauȬ schungenȱwürdeȱeinenȱbeachtlichenȱEingriffȱinȱdieȱvorliegendeȱTextgeȬ staltȱnachȱsichȱziehen.ȱȱ Dieȱ Problematikȱ einerȱ redaktionellenȱ Zuweisungȱ spitztȱ sichȱ imȱ Blickȱ aufȱ dasȱ genealogischeȱ Systemȱ derȱ Genesisȱ imȱ Allgemeinenȱ nochȱ zu.ȱDerȱBlickȱaufȱdasȱVertauschungsmotivȱkonnteȱauchȱzeigen,ȱdassȱesȱ wegenȱ derȱ dichtenȱ Verschränkungȱ vonȱ genealogischenȱ wieȱ narrativenȱ Partienȱ entsprechendȱ erschwertȱ wird,ȱ quellenkritischȱ verschiedeneȱ Entstehungsebenenȱ voneinanderȱ abzuheben.ȱ Dennȱ wederȱ greifenȱ dieȱ genealogischenȱ Teileȱ einfachȱ dieȱ narrativȱ erfolgtenȱ Vertauschungenȱ auf,ȱ nochȱ reflektierenȱ dieȱ Erzählungenȱ dieȱ inȱ denȱ Genealogienȱ beȬ schlossenenȱ Vertauschungen,ȱ undȱ zwarȱ inȱ demȱ Sinne,ȱ dassȱ sieȱ eineȱ nachträgliche,ȱ narrativeȱ Deutungȱ derȱ vorgefundenenȱ Genealogie(n)ȱ liefern.ȱDieȱVertauschungenȱsindȱzudemȱnichtȱnurȱinȱden,ȱfürȱgewöhnȬ lichȱ derȱ Priesterschriftȱ „P“ȱ zugeschriebenen,ȱ ToledotȬFormelnȱ aufgeȬ nommen,ȱsondernȱauchȱinȱdenȱübrigenȱgenealogischenȱTeilen,ȱdieȱdenȱ NichtȬPȬTextenȱ zugeschriebenȱ werdenȱ können.ȱ Überȱ dieȱ „invertiertenȱ Genealogien“ȱ (Teilȱ C.2.1)ȱ wirdȱ dasȱ Vertauschungselementȱ nichtȱ nurȱ innerhalbȱ derȱ vertauschtenȱ Toledotȱ (etwaȱ Ismaelȱ vorȱ Isaak),ȱ sondernȱ auchȱzwischenȱToledotȬSystemȱundȱgenealogischerȱReiheȱ(vgl.ȱGenȱ4/5:ȱ KainȱundȱSet)21ȱpräsentiert.ȱEinȱUrteilȱüberȱdieȱliterarhistorischeȱPrioriȬ tätȱvonȱPȱoderȱNichtȬPȱwirdȱbeiȱBerücksichtigungȱderȱErgebnisseȱdieserȱ UntersuchungȱinȱjedemȱFallȱerschwert.ȱ
2.ȱDeutungsaspekteȱderȱVertauschungserzählungenȱ Dasȱ genealogischeȱ Systemȱ (insbesondereȱ dieȱ ToledotȬFormeln)ȱ bildetȱ dieȱGrundstrukturȱderȱGenesisȱundȱerweistȱsichȱdabeiȱalsȱdasȱtragendeȱ Gerüstȱ derȱ narrativenȱ Entwicklung.ȱ Liestȱ manȱ dieȱ Genealogienȱ mitȱ demȱ Erzählfortschritt,ȱ ergibtȱ sichȱ eineȱ trichterförmigeȱ Fokussierungȱ vonȱ derȱ Schöpfungȱ undȱ derȱ Menschheitȱ hinȱ zuȱ demȱ einenȱ Volkȱ unterȱ denȱvielenȱVölkern,ȱwelchesȱsichȱwiederumȱinȱzwölfȱStämmeȱausdiffeȬ renziert.ȱ Begleitetȱ vonȱ vielenȱ Nebenthemenȱ wirdȱ soȱ innerhalbȱ desȱ geȬ nealogischenȱ Systemsȱ Schrittȱ fürȱ Schrittȱ dieȱ Sonderrolleȱ Israelsȱ gegenȬ überȱ denȱ Völkernȱ thematisiert,ȱ inhaltlichȱ näherȱ bestimmtȱ undȱ schließȬ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ 21ȱȱ Vgl.ȱhierzuȱvorȱallemȱTeilȱC.2.ȱ
ȱ
2.ȱDeutungsaspekteȱderȱVertauschungserzählungenȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱ
327ȱ
lichȱ legitimiert.ȱ Derȱ Ursprungȱ diesesȱ Volkesȱ wirdȱ soȱ genealogischȱ geȬ klärtȱundȱgedeutetȱsowieȱschöpfungstheologischȱverankert.ȱ InnerhalbȱdiesesȱVerweissystemsȱnimmtȱderȱnatürlicheȱErstgeboreȬ neȱ (rAkB.)ȱ dieȱ entscheidendeȱ Sonderrolleȱ ein.ȱ Imȱ gesamtenȱ „Buchȱ derȱ Toledot“ȱ (~d"a' tdol.AT rp,se hz