Die Vermeidung der juristischen Doppelbesteuerung im EG-Binnenmarkt: Die Vereinbarkeit der Anrechnungs- und der Freistellungsmethode mit den EG-Grundfreiheiten [1 ed.] 9783428530274, 9783428130276

Ein wesentliches Hemmnis für den EG-Binnenmarkt stellt die internationale Doppelbesteuerung dar, die durch Anwendung der

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Die Vermeidung der juristischen Doppelbesteuerung im EG-Binnenmarkt: Die Vereinbarkeit der Anrechnungs- und der Freistellungsmethode mit den EG-Grundfreiheiten [1 ed.]
 9783428530274, 9783428130276

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Schriften zum Steuerrecht Herausgegeben von Prof. Dr. Joachim Lang und Prof. Dr. Jens Peter Meincke

Band 105

Die Vermeidung der juristischen Doppelbesteuerung im EG-Binnenmarkt Die Vereinbarkeit der Anrechnungs- und der Freistellungsmethode mit den EG-Grundfreiheiten

Von Markus Keuthen

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

MARKUS KEUTHEN

Die Vermeidung der juristischen Doppelbesteuerung im EG-Binnenmarkt

Schriften zum Steuer recht Herausgegeben von Prof. Dr. Joachim Lang und Prof. Dr. Jens Peter Meincke

Band 105

Die Vermeidung der juristischen Doppelbesteuerung im EG-Binnenmarkt Die Vereinbarkeit der Anrechnungs- und der Freistellungsmethode mit den EG-Grundfreiheiten

Von Markus Keuthen

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität zu Köln hat diese Arbeit im Sommersemester 2008 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2009 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0235 ISBN 978-3-428-13027-6 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern

Vorwort Ein wesentliches Hemmnis für einen gemeinsamen Binnenmarkt der EG stellt die internationale Doppelbesteuerung dar, die durch Anwendung der Anrechnungs- und Freistellungsmethode vermieden werden soll. Die Vermeidung internationaler Doppelbesteuerung ist bisher nur vereinzelt Gegenstand der Rechtsprechung des EuGH gewesen, ohne dass dieser abschließende Antworten auf die Frage der gemeinschaftsrechtlichen Würdigung internationaler Doppelbesteuerung und deren Vermeidung gegeben hätte. Unklar ist deshalb weiterhin, ob es ein gemeinschaftsrechtliches Verbot internationaler Doppelbesteuerung gibt und welche Konsequenzen sich aus einem solchen Verbot für die Anrechnungs- und die Freistellungsmethode ergeben. Die Arbeit konzentriert sich auf die aufgezeigte Problematik, indem sie sich zum Ziel setzt, die in diesem Zusammenhang aufgeworfenen Fragen zu beantworten. Diese Arbeit ist im Sommersemester 2008 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln als Dissertation angenommen worden. Gesetzgebung, Rechtsprechung und Literatur konnten im Wesentlichen bis Ende 2007 berücksichtigt werden. Zu danken habe ich an erster Stelle Frau Prof. Dr. Johanna Hey, die das Thema dieser Arbeit angeregt und das Promotionsvorhaben in jeder Hinsicht unterstützt hat. Als ihr wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Unternehmenssteuerrecht an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf konnte ich wertvolle Erfahrungen sammeln. Auch dafür bin ich und bleibe ich ihr sehr verbunden. Herrn Prof. Dr. Joachim Lang danke ich für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Ihm und Herrn Prof. Dr. Jens Peter Meincke möchte ich zugleich für die Aufnahme der Arbeit in die vorliegende Schriftenreihe danken. Bedanken möchte ich mich auch beim Freundeskreis der Düsseldorfer Juristischen Fakultät e. V. für die Förderung dieser Arbeit im Rahmen des gewährten Promotionsstipendiums. Mein Dank gilt zudem meinen ehemaligen Kollegen am Institut für Unternehmenssteuerrecht, die stets für eine förderliche Arbeitsatmosphäre sorgten. Frau Dr. Dorothee Rammert und Herrn Dr. Tom Kirschbaum gebührt herzlicher Dank für die mühe- und wertvolle Korrektur des Manuskripts. Von ganzem Herzen danke ich meinen Eltern für ihre stetige Unterstützung, die sie mir während meiner gesamten Ausbildung gewährt haben. Ihnen ist diese Arbeit gewidmet. Markus Keuthen

Inhaltsverzeichnis A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Gegenstand und Ziel der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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B. Begriff und Ursachen internationaler Doppelbesteuerung . . . . . . . . . . . . . . . I. Durch völkerrechtliches Territorialitätsprinzip begrenzte Steuerhoheit . . . II. Überschneidung von Welteinkommensprinzip und Quellenprinzip . . . . . . .

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C. Beseitigung der internationalen Doppelbesteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Unilaterale Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht (§ 34c EStG) . . . . . . . . . a) Anrechnung ausländischer Steuern nach § 34c Abs. 1 EStG . . . . . aa) Persönlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Identität des Steuersubjekts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Ausländische Einkünfte i. S. v. § 34d EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Ermittlung der ausländischen Einkünfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Sachliche Identität des Abgabegegenstandes . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Keine zeitliche Identität des Abgabegegenstandes . . . . . . . . . . . gg) Entsprechende ausländische Steuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . hh) Festgesetzte, gezahlte und um Ermäßigungsanspruch gekürzte ausländische Steuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ii) Erhebung der ausländischen Steuer im Staat, aus dem die Einkünfte stammen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . jj) Ermittlung des Anrechnungshöchstbetrages . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Anrechnungshöchstbetrag/Durchschnittsbelastung . . . . . . . . (2) Auswirkung auf Berücksichtigung persönlicher Abzugsbeträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) „Per-country-limitation“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . kk) Verluste im Regelungsgefüge der Anrechnungsmethode . . . . . . ll) Verfahrensfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Abzugsmöglichkeit nach § 34c Abs. 2 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Abzugsmethode nach § 34c Abs. 3 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Sonstige Maßnahmen nach § 34c Abs. 5 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht (§ 50 Abs. 6 EStG) . . . . . II. Beseitigung der Doppelbesteuerung durch DBA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis 1. Verhältnis zwischen DBA und innerstaatlichem Recht . . . . . . . . . . . . . . 2. Zweck von DBA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Systematik von DBA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Funktions- und Wirkungsweise – „freiwillige“ Begrenzungsnormen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Aufbau und Struktur: Unterscheidung der Verteilungs- und Vermeidungsnormen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung . . . . . . . . . . . . . a) Anrechnungsmethode in Anlehnung an das OECD-MA . . . . . . . . . . aa) Vorrang der abkommensrechtlichen Anrechnung nach § 34c Abs. 6 S. 1 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Ausgestaltung durch innerstaatliches Recht nach § 34c Abs. 6 S. 2 bis 4 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Wirkungsweise der Anrechnungsmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Ökonomische Neutralität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Vor- und Nachteile der Anrechnungsmethode . . . . . . . . . . . b) Freistellungsmethode in Anlehnung an das OECD-MA . . . . . . . . . . aa) Grundkonzeption der Freistellungsmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Ermittlung der freizustellenden Einkünfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Einschlägigkeit deutscher Ermittlungsvorschriften: Notwendige Unterscheidung zwischen Freistellung von Einkünften und Einnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Divergierender Veranlassungszusammenhang je nach Umfang der Freistellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Einkünfte-Freistellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Reichweite der Freistellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Freistellung im Ansässigkeitsstaat: Symmetrie von Gewinnen und Verlusten . . . . . . . . . . . . . . . aa) Rechtsprechung zur Symmetriethese . . . . bb) Erkenntnis des öVwGH vom 25.09.2001 b) Freistellung im Quellenstaat . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Erweiterung des Verlustabzugs nach § 2a Abs. 3 und 4 EStG a. F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Einnahmen-Freistellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang . . (bb) Begrenzung des Abzugsverbots („soweit“) . . . . . . (3) Berücksichtigung persönlicher Abzugsbeträge . . . . . . . . . . . (4) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Wirkung der Freistellung von Einkünften auf den Steuersatz . . (1) Progressionsvorbehalt nach Art. 23A Abs. 3 OECD-MA . . (2) Innerstaatliche Ausgestaltung durch § 32b EStG . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis (a) Progressionsvorbehalt im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) § 32b Abs. 1 Nr. 3 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) § 32b Abs. 1 Nr. 2 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (cc) § 32b Abs. 1 Nr. 4 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (dd) Wirkung bei negativen Einkünften . . . . . . . . . . . . . (ee) Ermittlung des besonderen Steuertarifs . . . . . . . . . (b) Progressionsvorbehalt im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht/fiktiven unbeschränkten Steuerpflicht . . . (aa) Grundsatz: Kein Progressionsvorbehalt . . . . . . . . . (bb) Ausnahme: § 32b Abs. 1 Nr. 5 EStG . . . . . . . . . . . (cc) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Wirkungsweise der Freistellungsmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Ökonomische Neutralität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Vor- und Nachteile der Freistellungsmethode . . . . . . . . . . . . D. Die Grundfreiheiten des EG-Vertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Bedeutung der Vermeidung internationaler Doppelbesteuerung im EGBinnenmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Vorgaben des primären Gemeinschaftsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vorgaben durch Art. 293 2. Spiegelstrich EGV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vorgaben durch die Grundfreiheiten des EG-Vertrages . . . . . . . . . . . . . . a) Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts gegenüber nationalem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beschränkter Anwendungsvorrang der Grundfreiheiten gegenüber DBA-Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Ausdifferenzierung durch Art. 307 EGV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Gilly-Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Anwendungsbereich der einzelnen Grundfreiheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Warenverkehrsfreiheit (Artt. 28 ff. EGV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Arbeitnehmerfreizügigkeit (Artt. 39 ff. EGV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Niederlassungsfreiheit (Artt. 43 ff. EGV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Dienstleistungsverkehrsfreiheit (Artt. 49 ff. EGV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 56 Abs. 1 EGV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Zusammenfassung: Umfänglicher Schutz der grenzüberschreitenden wirtschaftlichen Betätigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Verpflichtete der Grundfreiheiten: Bestimmungs- und Herkunftsstaat . . . . V. Gewährleistungsgehalt der Grundfreiheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Konvergenz der Grundfreiheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Grundfreiheiten als die Marktgleichheit gewährleistende Diskriminierungsverbote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis a) b) c) d)

Personenverkehrsfreiheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Produktverkehrsfreiheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vergleichbarkeit von grenzüberschreitendem Sachverhalt und Binnensachverhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Keine staatenübergreifende Gesamtbetrachtung . . . . . . . . . . . . . (1) Rechtsprechung des EuGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Unterscheidung „inbound“- und „outbound“-Investment . . . . . . (1) „Inbound“-Konstellation: Vergleichbarkeit von beschränkter und unbeschränkter Steuerpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Vergleichbarkeit im Bereich der Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) EuGH-Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Kritik an der Rechtsprechung des EuGH . . . . . . . . . . . . (c) Lösung: Fraktionierte Besteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) „Outbound“-Konstellation: Vergleichbarkeit von in- und ausländischen Einkünften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Steuerliches Territorialitätsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Futura Participations und Singer-Judikatur: Steuerliches Territorialitätsprinzip als Ausdruck einer gemeinschaftsrechtlich hinzunehmenden Steuerwürdigkeitsentscheidung im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht . . . . . . . . . . . . . (2) Bosal- und Marks & Spencer-Judikatur: Wandel hin zu einem rein völkerrechtlichen Verständnis des Territorialitätsprinzips im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht (3) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Folgen: Vergleichbarkeitsbegrenzung auf die territoriale Schnittmenge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Bilateraler Besteuerungsverzicht als Ausdruck steuerlicher Territorialität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Spürbarkeitserfordernis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Grundfreiheiten als den Marktzugang bzw. -abgang gewährleistende Beschränkungsverbote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rechtsprechung des EuGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Beschränkungen im Einkommensteuerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Beschränkung durch formell-rechtliche Doppelregulierung . . . bb) Beschränkung durch materiell-rechtliche Doppelregulierung (internationale Doppelbesteuerung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis

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(1) Bisherige Rechtsprechung des EuGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Spezifischer Steuerbelastungsvergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Verantwortlichkeit für die Vermeidung internationaler Doppelbesteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Vorgaben durch Grundfreiheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Prinzip der gegenseitigen Anerkennung . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Andere Erwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Sekundäres Gemeinschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) DBA und Grundsatz der Gemeinschaftstreue . . . . . . . . (4) Dreieckssachverhalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Behebung von Symmetriedefiziten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. „Erga omnes“-Wirkung der Kapitalverkehrsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Meinungsbild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Gebot der rechtsformneutralen Besteuerung (Art. 43 S. 2 EGV) . . . . . 6. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Rechtfertigung von Diskriminierungen und Beschränkungen . . . . . . . . . . . 1. Konvergenz auf Rechtfertigungsebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vom EuGH zurückgewiesene Rechtfertigungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . a) Fehlende Harmonisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vorteilsausgleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Verpflichtungen aus Doppelbesteuerungsabkommen . . . . . . . . . . . . . d) Schutz des Steueraufkommens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Verwaltungstechnische Schwierigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Anerkannte Rechtfertigungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Wirksame steuerliche Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Sachverhaltsermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Realisierung von Besteuerungsansprüchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Verhinderung von Steuerflucht (Missbrauchsvermeidung) . . . . b) Wahrung der Kohärenz der Steuerregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Rechtsprechung des EuGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vermeidung von Doppelbegünstigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Rechtsprechung des EuGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Stellungnahme und Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

155 159 160 160 160 161 164 166 166 169 173 173 174 174 176 178 179 182 182 185 186 187 188 188 189 190 191 191 191 192 193 193 195 195 198 200 200 201

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Inhaltsverzeichnis d) Rechtfertigungstrias: Wahrung der Ausgewogenheit der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Rechtsprechung des EuGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) EuGH-Urteil Marks & Spencer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) EuGH-Urteil Cadbury Schweppes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) EuGH-Urteil Rewe Zentralfinanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) EuGH-Urteil Oy AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

E. Die Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Sekundäres Gemeinschaftsrecht als Indiz für Gemeinschaftsrechtskonformität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Zielkongruenz zwischen DBA und EG-Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Wettbewerbswirkungen und spezifische Ausgestaltung der Vermeidungsmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Wettbewerbsneutralität von Anrechnungs- und Freistellungsmethode . . a) Kapitalexportneutralität vs. Kapitalimportneutralität . . . . . . . . . . . . . aa) Vorrang von Kapitalimportneutralität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Ableitung aus grundfreiheitlichem Beschränkungsverbot . . (a) Argumentationsansatz Wattels u. a. . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Prinzip der gegenseitigen Anerkennung . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Argumentationsansatz Schönfelds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beeinträchtigung der Grundfreiheiten durch uneinheitliche Anwendung der Methoden – Meistbegünstigungsgebot bei der Vermeidung von Doppelbesteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Forderungen im Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Rechtsprechung des EuGH – Urteil in der Rechtssache D . . . . cc) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Methodenwechsel: „switch-over“ als Verstoß gegen die Grundfreiheiten? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Spezifische Ausgestaltung der Anrechnungs- und Freistellungsmethode . . 1. Vermeidung der Doppelbesteuerung im Ansässigkeitsstaat . . . . . . . . . . a) Spezifische Ausgestaltung der Anrechnungsmethode . . . . . . . . . . . . aa) Staatenbezogene Höchstbetragsberechnung („ordinary-credit“ mit „per-country-limitation“) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) „ordinary-credit“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

203 203 203 205 206 207 208 211 211 213 214 215 215 216 217 217 217 218 218 219 220

220 221 223 223 226 228 229 229 229 230 230

Inhaltsverzeichnis (a) Verstoß gegen Grundfreiheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) „per country-limitation“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Verstoß gegen Grundfreiheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Erfordernis einer periodenübergreifenden Betrachtungsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Vortrag von Anrechnungsüberhängen im Fall von Inlandsverlusten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Verstoß gegen Grundfreiheiten – AMID-Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Vermeidung von Doppelbesteuerung bei inkongruenter zeitlicher Zuordnung von Erwerbsaufwendungen im Ansässigkeits- und Quellenstaat: Vortrag von Anrechnungsüberhängen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) „Per-item-limitation“ nach § 34c Abs. 1 S. 3 EStG . . . . . . . . . . cc) Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse . . . . . . . . . . . . . dd) Beurteilung des § 34c Abs. 1 S. 4 EStG i.V. m. § 34c Abs. 6 S. 2 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Zuordnung von Gemeinkosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Verfahrensrechtliche Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . gg) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Spezifische Ausgestaltung der Freistellungsmethode . . . . . . . . . . . . . aa) Abkommensrechtliche Freistellung von Einkünften: Symmetriethese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Initiativen der EU-Kommission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Bisherige Rechtsprechung des EuGH zu Verlustkonstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Verstoß der Symmetriethese gegen die Grundfreiheiten . . . (a) Diskriminierungsvorwurf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Mögliche Rechtfertigungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Territorialitätsprinzip (uneingeschränkte Symmetrie) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Kohärenzprinzip (eingeschränkte Symmetrie) . . . . (cc) Rechtfertigungstrias: Ausgewogenheit der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . (dd) Vermeidung einer doppelten Verlustnutzung . . . . . (ee) Sonstige Rechtfertigungsversuche . . . . . . . . . . . . . . (c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

15 230 231 233 233 234 235 235 235 236

239 240 241 243 245 246 247 247 248 248 250 252 252 255 255 255 256 257 260 261 262 263

16

Inhaltsverzeichnis (4) Gemeinschaftskonformität der Nachversteuerungsmethode gem. § 2a Abs. 3 und 4 EStG a. F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Kohärenz (eingeschränkte Symmetrie) . . . . . . . . . . . . . . (b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Exkurs: Erkenntnis des öVwGH vom 25.09.2001 und § 2 Abs. 8 öEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Erkenntnis des öVwGH vom 25.09.2001 . . . . . . . . . . . . (b) Reaktion des Gesetzgebers: § 2 Abs. 8 öEStG . . . . . . . (c) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Abkommensrechtliche Freistellung von Einnahmen: § 3c Abs. 1 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Periodenübergreifende Betrachtung: „AMID“ auch im Rahmen der Freistellungsmethode? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Progressionsvorbehalt: Notwendiges Institut zur Vermeidung einer grundfreiheitswidrigen Diskriminierung bei progressivem Steuertarif . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse . . . . . . . . . . . . . ff) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vermeidung der Doppelbesteuerung im Quellenstaat . . . . . . . . . . . . . . . a) Vermeidung durch Anwendung der Freistellungsmethode . . . . . . . . b) Steuerbemessungsgrundlage: Verlustberücksichtigung im Quellenstaat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Diskriminierung durch Nichtberücksichtigung . . . . . . . . . . . . . . bb) Rechtfertigungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Rechtfertigungstrias: Ausgewogenheit der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Kohärenzprinzip (eingeschränkte Symmetrie) . . . . . . . . . . . (3) Vermeidung von Doppelbegünstigungen . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Doppelte Verlustberücksichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Verantwortlichkeit des Quellenstaates . . . . . . . . . . . . . . . c) Steuersatz: Pflicht zur Anwendung des Progressionsvorbehaltes im Quellenstaat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) EuGH-Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Meinungsbild im Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Vermeidung von Doppelbesteuerung in Dreieckssachverhalten . . . . e) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

264 264 265 267 267 268 269 270 271

272 273 273 275 276 276 277 278 278 278 279 279 280 280 281 282 283 286 287

F. Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324

Abkürzungsverzeichnis a. A. ABl. Abs. Abschn. a. F. AfA AIG AO Art. Artt. AStG Aug. AWD BB BFH BFR BGBl. BRD BR-Drucks. bspw. BStBl. BT-Drucks. BVerfG BVerfGE bzw. CFC DB DBA dens. ders. Dez. d.h. Dok. DStJG DStR DStRE

andere Ansicht Amtsblatt Absatz Abschnitt alte Fassung Abschreibung für Abnutzung Auslandsinvestitionsgesetz Abgabenordnung Artikel (Singular) Artikel (Plural) Außensteuergesetz August Aussenwirtschaftsdienst Betriebs-Berater Bundesfinanzhof Belgische Francs Bundesgesetzblatt Bundesrepublik Deutschland Bundesratsdrucksache beispielsweise Bundessteuerblatt Bundestagsdrucksache Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts beziehungsweise Controlled Foreign Company Der Betrieb Doppelbesteuerungsabkommen denselben derselbe Dezember das heißt Dokument Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft Deutsches Steuerrecht (seit 1962/63, zuvor Deutsche Steuer-Rundschau) Deutsches Steuerrecht Entscheidungsdienst

18 DStZ EFG EFTA EG EGV EL endg. EStDV EStG EStRG ET EU EuGH EuR EUV EuZW EWR EWS f. Febr. ff. FG Fn. FR FS GA G.d.E. GewStG GG ggf. GmbHR grds. Grundl. h. M. Hrsg. i. d. F. i. H. v. insb. i. S. d. IStR i. S. v. i.V. m.

Abkürzungsverzeichnis Deutsche Steuer-Zeitung Entscheidungen der Finanzgerichte Europäische Freihandelsassoziation Europäische Gemeinschaft Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft Ergänzungslieferung endgültig Einkommensteuer-Durchführungsverordnung Einkommensteuergesetz Einkommensteuerreformgesetz European Taxation Europäische Union Europäischer Gerichtshof Europarecht Vertrag über die Europäische Union Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Europäischer Wirtschaftsraum Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht folgende Seite Februar folgende Seiten Finanzgericht Fußnote Finanz-Rundschau Festschrift Generalanwältin/Generalanwalt Gesamtbetrag der Einkünfte Gewerbesteuergesetz Grundgesetz gegebenenfalls GmbH-Rundschau grundsätzlich Grundlagen herrschende Meinung Herausgeber in der Fassung in Höhe von insbesondere im Sinne der/im Sinne des Internationales Steuerrecht im Sinne von in Verbindung mit

Abkürzungsverzeichnis IWB Jan. JbFSt JBl. Jura JZ KStG LFR lit. Mio. m.w. N. NJ NJW Nov. Nr. NVwZ NWB OECD-MA öEStG o. g. Okt. ÖStZ öVwGH RFH RGZ RIW Rn RStBl. S. Sept. SEStEG

Slg. sog. StbJb StReformG

StuB

19

Internationale Wirtschafts-Briefe Januar Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht Juristische Blätter Juristische Ausbildung Juristenzeitung Körperschaftsteuergesetz Luxemburgische Francs Litera, Buchstabe Millionen mit weiteren Nachweisen Neue Justiz Neue Juristische Wochenschrift November Nummer Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Neue Wirtschafts-Briefe OECD-Musterabkommen 2003 österreichisches Einkommensteuergesetz oben genannten Oktober Österreichische Steuer-Zeitung österreichischer Verwaltungsgerichtshof Reichsfinanzhof Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Recht der Internationalen Wirtschaft Randnummer Reichssteuerblatt Seite September Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften Sammlung der Rechtsprechung des EuGH sogenannte/sogenannter Steuerberater Jahrbuch Österreichisches Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Mineralölsteuergesetz 1995, das Schaumweinsteuergesetz 1995, das Biersteuergesetz 1995, das Finanzstrafgesetz, die Bundesabgabenordnung und das Finanzausgleichsgesetz 2001 geändert werden und ein Pauschalabgabegesetz eingeführt wird (sog. Steuerreformgesetz 2005) Steuern und Bilanzen

20 StuW SWI u. u. a. UM v. vgl. Vorbem. vs. z. B. zit. z.v. E.

Abkürzungsverzeichnis Steuer und Wirtschaft Steuer und Wirtschaft International und unter anderem Unternehmensbewertung & Management vom vergleiche Vorbemerkung versus zum Beispiel zitiert zu versteuerndes Einkommen

A. Einleitung I. Gegenstand und Ziel der Arbeit Die Europäische Wirtschaftsunion ist vollendet. Das Europäische Währungssystem ist mittlerweile in 16 Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft eingerichtet1. Die Steuerrechtsordnungen beginnen jedoch erst langsam den damit einhergehenden rechtlichen Veränderungen Rechnung zu tragen. Insbesondere die nationalen Regelungen zur Besteuerung grenzüberschreitender Unternehmenstätigkeit werden häufig nicht vom Gedanken eines gemeinsamen Binnenmarktes i. S. v. Art. 14 Abs. 2 EGV getragen, sondern sind noch oftmals Ergebnis einer protektionistischen Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten. Dieser Umstand hat in der Vergangenheit mehrfach dazu geführt, dass der EuGH die Unvereinbarkeit nationaler Regelungen mit dem EG-Vertrag feststellen musste. Ein wesentliches Hemmnis für einen gemeinsamen Binnenmarkt in der Europäischen Gemeinschaft stellt in diesem Zusammenhang die internationale Doppelbesteuerung dar, die im schlimmsten Fall eine wirtschaftliche Betätigung im Binnenmarkt aus ökonomischen Gründen unmöglich macht. Dementsprechend fordert Art. 293 2. Spiegelstrich EGV die Mitgliedstaaten zur Einleitung von Verhandlungen auf, um zugunsten ihrer Staatsangehörigen die Beseitigung der internationalen Doppelbesteuerung sicherzustellen. Diese wird innerhalb der Europäischen Gemeinschaft durch ein flächendeckendes Netz bilateraler DBA gewährleistet2. Die DBA der Mitgliedstaaten der EU, insbesondere die DBA Deutschlands folgen in Inhalt und Aufbau dabei weitestgehend dem Abkommensmuster der OECD. Demzufolge erfolgt in den deutschen DBA die Vermeidung von Doppelbesteuerung entsprechend Art. 23A und Art. 23B des OECDMusterabkommens (hiernach: OECD-MA) stets durch Anwendung der Freistellungs- und Anrechnungsmethode (Methodenartikel). Angelegt auf die Vermeidung internationaler Doppelbesteuerung leisten die DBA Deutschlands und die der übrigen Mitgliedstaaten damit einen wesentlichen Beitrag zur Verwirklichung des gemeinsamen Binnenmarktes i. S. v. Art. 14 Abs. 2 EGV.

1 Belgien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Portugal, Slowakei, Slowenien, Spanien, Malta und Zypern. 2 Deutschland hat mit 91 Staaten, insbesondere mit allen EG-Staaten, DBA abgeschlossen.

22

A. Einleitung

Von den Methodenartikeln wird gemeinschaftsrechtlich jedoch nicht nur verlangt, die internationale Doppelbesteuerung zu vermeiden. Als Schnittstelle zwischen den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten wird von den Methoden zudem gefordert, die zwischen den nicht harmonisierten Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten bestehenden Verschiedenheiten in Einklang zu bringen und damit einen Beitrag zur Verwirklichung des gemeinsamen EG-Binnenmarktes zu leisten. Wegen der in der Vergangenheit eingesetzten Aufwertung der für den EGBinnenmarkt konstitutiven Grundfreiheiten durch die EuGH-Rechtsprechung müssen die Methoden zur Vermeidung internationaler Doppelbesteuerung deshalb heute auch den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben der Grundfreiheiten gerecht werden. Als „Sonderrecht“ für den grenzüberschreitenden Wirtschaftsverkehr sind die Methodenartikel zwar in besonderer Weise dem Verdacht einer grundfreiheitlichen Diskriminierung ausgesetzt. Urteile des EuGH zur Vereinbarkeit der Methoden zur Vermeidung von Doppelbesteuerung sind jedoch bisher selten geblieben. Inwieweit die Freistellungs- und Anrechnungsmethoden mit den Grundfreiheiten zu vereinbaren sind, ist deshalb noch unklar. Ziel dieser Arbeit ist es deshalb, festzustellen, ob die Anwendung und derzeitige Ausgestaltung von Freistellungs- und Anrechnungsmethode mit dem Gemeinschaftsrecht zu vereinbaren ist.

II. Gang der Untersuchung Zur Erreichung dieses Ziels ist es zu allererst nötig, Begriff und Ursache der internationalen Doppelbesteuerung darzulegen. Da den einschlägigen Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung unterschiedliche Konzepte mit unterschiedlichen steuerlichen Auswirkungen zu Grunde liegen, bedarf es danach einer tiefer gehenden Auseinandersetzung mit den Wirkungen der verschiedenen Methodenartikel auf den grenzüberschreitenden Sachverhalt. Dabei sind stets sowohl die Gewinn- als auch die Verlustkonstellation mit in die Betrachtung einzubeziehen. Im Anschluss daran gilt es, die bisherige vom EuGH in seiner Rechtsprechung eingeleitete Entwicklung der Grundfreiheiten aufzugreifen und einer für die Falllösung handhabbaren Dogmatik zuzuführen. Dazu wird der sachliche und personelle Anwendungsbereich und der Gewährleistungsgehalt der einzelnen für den Binnenmarkt konstitutiven Grundfreiheiten zu untersuchen sein. Da nicht nur der Ansässigkeitsstaat nach den DBA, sondern auch der Quellenstaat zur Vermeidung der Doppelbesteuerung verpflichtet ist, muss der Fokus der Betrachtung auch auf den Quellenstaat erweitert werden. Insoweit werden die grundfreiheitlichen Vorgaben einerseits in Bezug auf den Ansässigkeitsstaat

II. Gang der Untersuchung

23

im Rahmen einer „outbound“-Konstellation und andererseits in Bezug auf den Quellenstaat im Rahmen einer sog. „inbound“-Konstellation untersucht. In diesem Zusammenhang stellt sich dann die Frage, inwieweit den Grundfreiheiten überhaupt eine Pflicht zur Vermeidung internationaler Doppelbesteuerung entnommen werden kann.

B. Begriff und Ursachen internationaler Doppelbesteuerung I. Durch völkerrechtliches Territorialitätsprinzip begrenzte Steuerhoheit Bestandteil der staatlichen Souveränität ist die Finanzhoheit eines jeden Staates, aus der sich das Recht des Staates ergibt, Steuern zu erheben1. Dieses Recht wird allerdings durch das völkerrechtliche Territorialitätsprinzip begrenzt, das sich aus dem Gebot der internationalen Rücksichtnahme ableitet2. Danach ist die Erstreckung des sachlichen Anwendungsbereichs einer innerstaatlichen Norm nicht ohne weitere Voraussetzungen zulässig3. Die Besteuerung ausländischer Wirtschaftsvorgänge ist nur dann zulässig, wenn der Steuerpflichtige zum besteuernden Staat eine adäquate Beziehung hat4. Das Gebot internationaler Rücksichtnahme verbietet daher Einkünfte zu besteuern, die unter keinem denkbaren Gesichtspunkt über einen Anknüpfungspunkt zum Inland verfügen5. Für die Auferlegung einer Steuer gegen einen im Ausland lebenden ausländischen Steuerpflichtigen, die an einen Sachverhalt anknüpft, der ganz oder teilweise im Ausland verwirklicht worden ist, bedarf es deshalb hinreichend sachgerechter Anknüpfungsmomente zum besteuernden Staat (sog. „genuine link“ bzw. substanziell hinreichende Verbindung)6. Dieses Erfordernis bildet eine wesentliche tatbestandliche Einschränkung der zulässigerweise von einem Staat mit 1 Bühler, Prinzipien des int. Steuerrechts, S. 30; Weber-Fas, Staatsverträge im int. Steuerrecht, S. 33. 2 Vgl. Ritter, BB 1984, 1109 (1110 ff.); Hey in: Gassner/Lang/Lechner/Schuch/Staringer, Beschränkte Steuerpflicht, S. 15 (17 f.). 3 Vgl. Tipke, Steuerrechtsordnung, Bd. III, S. 1076; Kluge, Int. Steuerrecht, S. 79; BVerfG, Urteil v. 22.03.1983 – 2 BvR 475/78, BVerfGE 63, 343 (369). 4 BVerfG, Urteil v. 22.03.1983 – 2 BvR 475/78, BVerfGE 63, 343 (369); WeberFas, Staatsverträge im int. Steuerrecht, S. 38; Epping/Gloria in: Ipsen, Völkerrecht, § 23 Rn. 88; Lehner/Waldhoff in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 1 Rn. A 463 ff. (101. EL Aug. 2000); Lehner in: FS Wassermeyer, S. 241 (244). 5 Vgl. Lang in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 5 Rn. 33; Verdross/Simma/Geiger, Territoriale Souveränität, S. 90 f.; Kluge, Int. Steuerrecht, S. 79; von Beckerath, Durchgriff, S. 143; Schaumburg, Int. Steuerrecht, Rn. 5.2; Jacobs, Int. Unternehmensbesteuerung, S. 8; Hey, IWB, Fach 3, Gruppe 1, 2003 (2004); Wassermeyer, DStJG Bd. 8 (1985), S. 49 (53 f.); a. A. Vogel, DStR 1968, 427 (428 ff.). 6 BVerfG, Urteil v. 22.03.1983 – 2 BvR 475/78, BVerfGE 63, 343 (369); Kluge, Int. Steuerrecht, S. 653 ff.; vgl. zu der unterschiedlichen Terminologie Lehner/Waldhoff in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 1 Rn. A 463 ff. (101. EL Aug. 2000).

II. Überschneidung von Welteinkommensprinzip und Quellenprinzip

25

Regelungen seiner eigenen Rechtsordnung zu erfassenden Sachverhalte und damit eine Begrenzung seiner internationalen Regelungskompetenz. Fehlt es an einer solchen Verknüpfung, ist die Rechtsetzung als verbotene Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines anderen Staates als völkerrechtswidrig anzusehen7. Das Recht Deutschlands zur Besteuerung wird damit durch das Erfordernis der territorialen Anknüpfung begrenzt. Von einer territorialen Anknüpfung wird dann ausgegangen, wenn das Steuersubjekt entweder im Staatsgebiet ansässig ist, dessen Staatsangehörigkeit besitzt (sog. persönlichen Verbindung) oder die Einkünfte einen territorialen Bezug zum Staatsgebiet des besteuernden Staates aufweisen (sog. sachliche Verbindung)8. Nur soweit eine solche Verknüpfung vorhanden ist, steht dem Staat völkerrechtlich ein Besteuerungsrecht zu. Im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht i. S. v. § 1 Abs. 1 EStG ist diese Verknüpfung stets unproblematisch gegeben, da sie allein durch die Wohnsitznahme oder durch die Begründung des gewöhnlichen Aufenthalts im Inland begründet wird9. Im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht bietet das Territorialitätsprinzip allerdings nur einen groben Orientierungsrahmen für die Bestimmung inländischer Einkünfte. Weder dem innerstaatlichen (Verfassungs-)Recht noch dem Gemeinschaftsrecht lassen sich in diesem Zusammenhang Vorgaben darüber entnehmen, ob und in welchem Umfang die Mitgliedstaaten die beschränkte Steuerpflicht auszugestalten haben10. Der genaue Umfang ist demnach den Wertungen der einzelnen Staaten überlassen und kann folglich erheblich differenzieren11.

II. Überschneidung von Welteinkommensprinzip und Quellenprinzip Der jeweilige Anknüpfungspunkt des Steueranspruchs hat dabei unmittelbare Auswirkung auf das Recht des Staates, Steuern zu erheben. Denn der Anknüpfungspunkt bestimmt auch den Umfang der nach nationalem Steuerrecht ausgestalteten Steuerpflicht.

7 Vgl. BVerfG, Urteil v. 22.03.1983 – 2 BvR 475/78, BVerfGE 63, 343 (369); Lehner/Waldhoff in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 1 Rn. A 463 ff. (101. EL Aug. 2000). 8 BVerfG, Urteil v. 22.03.1983 – 2 BvR 475/78, BVerfGE 63, 343 (369); Jacobs, Int. Unternehmensbesteuerung, S. 6. 9 Auch die Staatsangehörigkeit kann zulässiges Anknüpfungsmoment sein. In den Steuerrechtsordnungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft spielt dieser Anknüpfungspunkt allerdings keine Rolle. 10 Vgl. Lehner/Waldhoff in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 1 EStG Rn. A 458 (101. EL Aug. 2000). 11 Vgl. nur Hey, IWB, Fach 3, Gruppe 1, 2003 (2005).

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B. Begriff und Ursachen internationaler Doppelbesteuerung

Wird der Steuererhebungsanspruch aufgrund persönlicher Merkmale begründet (Wohnsitz, so ist der Staat völkerrechtlich legitimiert, das gesamte Welteinkommen des Steuerpflichtigen zu besteuern. Denn jedwedes Welteinkommen weist durch den Wohnsitz des Steuerpflichtigen einen Inlandsbezug auf. Folge ist die unbeschränkte Steuerpflicht i. S. v. § 1 Abs. 1 EStG bzw. § 1 Abs. 1 KStG, deren Umfang auf die Erfassung des Welteinkommens gerichtet ist (sog. Welteinkommensprinzip). Liegt hingegen lediglich eine sachliche Zugehörigkeit vor, so wird die sog. beschränkte Steuerpflicht ausgelöst (§ 1 Abs. 4 EStG bzw. § 2 KStG), bei der sich der Staat mit der steuerlichen Erfassung der aus seinem Gebiet stammenden Einkünfte begnügen muss (sog. Quellenprinzip)12. Im Gegensatz zur unbeschränkten Steuerpflicht ist Regelungsgegenstand der beschränkten Steuerpflicht also nicht die Erfassung des Welteinkommens, sondern die steuerliche Erfassung der Inlandsaktivitäten von Steuerausländern13. Da die Staaten ihren Steuererhebungsanspruch nicht auf die unbeschränkt steuerpflichtigen Inländer beschränken, sondern auch nach dem Quellenprinzip auf das Einkommen der beschränkt steuerpflichtigen Steuerausländer zugreifen, das in ihrem Staatsgebiet erwirtschaftet wird, werden Welteinkommensprinzip und Quellenprinzip in der Regel gleichzeitig angewandt14. Dies gilt insbesondere für das deutsche Einkommensteuerrecht, das gem. §§ 1 Abs. 1, 1 Abs. 4 EStG in Verbindung mit §§ 2 Abs. 1, 49 EStG bzw. §§ 1 Abs. 1, 2 KStG sowohl die unbeschränkte als auch die auf das deutsche Hoheitsgebiet beschränkte Steuerpflicht kennt. Die Kombination beider Prinzipien in den verschiedenen Staaten führt unausweichlich zu einer Überschneidung der Steuererhebungsansprüche der beteiligten Staaten15. Liegt eine Überschneidung derart vor, dass mehrere Staaten von demselben Steuersubjekt wegen ein und desselben wirtschaftlichen Vorgangs eine wesentlich gleichartige Steuer erheben, so liegt ein Fall von internationaler juristischer Doppelbesteuerung vor16. Juristische Doppelbesteuerung resultiert damit letztlich aus sich deckenden Steuererhebungsansprüchen verschiedener Staaten bezogen auf einen einzelnen wirtschaftlichen Vorgang bei demselben 12 Vgl. Schaumburg, Int. Steuerrecht, Rn. 5.3 ff.; Kluge, Int. Steuerrecht, S. 30; Rose, Int. Steuerrecht, S. 28; Frotscher, Int. Steuerrecht, § 4 Rn. 110 ff. 13 Ruppe in: Herrmann/Heuer/Raupach EStG/KStG, Einf. EStG Rn. 122 (162. EL 1990); Lehner/Waldhoff in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 1 EStG Rn. E 2 (102. EL Sept. 2000). 14 Schaumburg in: FS Tipke, S. 125 (129); Rose, Int. Steuerrecht, S. 29 f. 15 Schaumburg, Int. Steuerrecht, Rn. 13.2 ff.; Schaumburg in: FS Tipke, S. 125 (129); Burmester, JZ 1993, 698 (700). 16 Vgl. Weber-Fas, Staatsverträge im int. Steuerrecht, S. 45; Burmester in: Gassner/ Lang/Lechner, Vermeidungsmethoden, S. 241 (243); Jacobs, Int. Unternehmensbesteuerung, S. 8.

II. Überschneidung von Welteinkommensprinzip und Quellenprinzip

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Steuerpflichtigen. Als konstitutives Merkmal der juristischen Doppelbesteuerung wird nach der offiziellen Kommentierung zum OECD-MA zusätzlich noch das Merkmal der Periodenidentität in Bezug auf die in den Staaten erhobenen Steuern verlangt17. Es leuchtet allerdings nicht ein, warum das Vorliegen einer internationalen Doppelbesteuerung verneint werden soll, wenn aufgrund unterschiedlicher Bestimmungen über den Zufluss von Einnahmen eine Periodenverschiebung bei der Besteuerung eintritt18. Denn auch dann werden die Einkünfte von zwei Staaten mit einer Steuer belegt. Auf eine Periodenidentität kann es demnach für den Begriff der internationalen Doppelbesteuerung nicht ankommen. Über die vorbezeichnete Standardkonstellation der Überschneidung unbeschränkter und beschränkter Steuerpflicht sind Fälle der juristischen Doppelbesteuerung auch bei einer Überschneidung von jeweils beschränkter oder unbeschränkter Steuerpflicht in verschiedenen Staaten möglich19. Streng von der juristischen Doppelbesteuerung müssen die Fälle wirtschaftlicher Doppelbelastung unterschieden werden. Im Fall der wirtschaftlichen Doppelbelastung wird zwar auch derselbe Steuergegenstand besteuert. Die Besteuerung tritt aber bei zwei verschiedenen Steuerpflichtigen ein20. Sie ist nicht Thema dieser Arbeit.

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Vgl. Kommentar zum OECD-MA, Einl. Rn. 1. Vgl. Spitaler, Doppelbesteuerung, S. 198; Weber-Fas, Staatsverträge im int. Steuerrecht, S. 39 f.; Mössner, DStJG Bd. 8 (1985), S. 135 (139); Grotherr in: Gosch/Kroppen/Grotherr DBA, Grundlagen Abschn. 1 Rn. 15 (12. EL Jan. 2003). 19 Vgl. Vogel in: Vogel/Lehner, DBA, Einl. Rn. 2; Schaumburg, Int. Steuerrecht, Rn. 13.6; Burmester, Grundlagen internationaler Regelungskumulation und -kollision, S. 246 ff. 20 Schaumburg, Int. Steuerrecht, Rn. 12.2; Lehner in: Birk, Europäisches Steuerrecht, § 31 Rn. 1. 18

C. Beseitigung der internationalen Doppelbesteuerung Die Vermeidung internationaler Doppelbesteuerung kann entweder im Rahmen unilateraler Maßnahmen, also einseitig durch nationale Vorschriften, oder aber im Rahmen bilateraler Maßnahmen durch Abschluss von DBA erfolgen1. Im Vergleich zu den unilateralen Maßnahmen haben sich in der Besteuerungspraxis DBA als besonders vorteilhaft erwiesen. So kann im Rahmen von DBA der Umfang der Vermeidung von Doppelbesteuerung an den steuerlichen und wirtschaftlichen Belangen der Vertragsstaaten ausgerichtet werden2. Darüber hinaus sind DBA ein wirksames Instrument, um auf die Besteuerung im Ausland Einfluss zu nehmen und ausländische Staaten zu wirksamen Maßnahmen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung anzuhalten3. Es überrascht daher nicht, dass Deutschland auf dem Gebiet der Einkommensbesteuerung mit allen EUMitgliedstaaten Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung abgeschlossen hat4. DBA stellen aus deutscher Sicht damit auf dem Gebiet der Ertragssteuern das zentrale Instrument zur Vermeidung von internationaler juristischer Doppelbesteuerung dar5. Besteht mit dem Auslandsstaat ein Doppelbesteuerungsabkommen, so richtet sich die Vermeidung der Doppelbesteuerung gem. § 34c Abs. 6 S. 1 EStG (ggf. i.V. m. § 26 Abs. 6 KStG) nach dem bilateralen Abkommen. Nur für den Fall, dass es an einer bilateralen Vereinbarung zur Vermeidung der Doppelbesteuerung fehlt, wird die Doppelbesteuerung durch unilaterale Vorschriften vermieden (vgl. § 34c EStG und § 26 Abs. 1 KStG). Unilaterale Maßnahmen spielen aufgrund der umfassenden DBA-Lage innerhalb der Europäischen Gemeinschaft allerdings nur eine geringe Rolle. Den unilateralen Vorschriften zur Vermeidung der Doppelbesteuerung kann aber bei Investitionen in Drittstaaten, mit denen kein DBA besteht, insbeson1 Nur in Ausnahmefällen wird die Doppelbesteuerung durch multilaterale Abkommen, so beispielsweise im Fall des „Nordischen Übereinkommens“ zwischen Dänemark, Norwegen, Schweden, Finnland, Island und die Färöer beseitigt, vgl. Vogel in: Vogel/Lehner DBA, Einl. Rn. 39. 2 Schaumburg, Int. Steuerrecht, Rn. 14.38. 3 Schaumburg, Int. Steuerrecht, Rn. 14.38. 4 Vgl. Übersicht der DBA bei Vogel/Lehner DBA, S. 1 ff. Im Verhältnis zu Slowenien gilt das mit der Republik Jugoslawien vereinbarte DBA fort, im Verhältnis zu Tschechien und der Slowakei gilt das mit der Tschechoslowakischen Republik vereinbarte DBA fort. 5 Knobbe-Keuk, Unternehmenssteuerrecht, S. 314.

I. Unilaterale Maßnahmen

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dere vor dem Hintergrund der Erstreckung des Anwendungsbereichs der Kapitalverkehrsfreiheit auf Kapitalverkehr zwischen Mitgliedstaaten und Drittstaaten, eine Bedeutung zukommen. Auch der unilateralen Regelung des § 50 Abs. 6 EStG, die die Vermeidung von internationaler Doppelbesteuerung innerhalb der beschränkten Steuerpflicht zum Regelungsgegenstand hat, kommt im Binnenmarkt eine bedeutende Rolle zu. Im Folgenden werden deshalb sowohl die bilateralen als auch die unilateralen Maßnahmen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung dargestellt.

I. Unilaterale Maßnahmen Die im System der DBA bestehenden Lücken sollen durch die unilateralen Vermeidungsvorschriften § 34c Abs. 1 bis 5 EStG und § 26 Abs. 1 KStG geschlossen werden. Der Anwendungsbereich dieser unilateralen Normen ist eröffnet, wenn Steuern im Ausland von einem Staat erhoben werden, mit dem kein DBA besteht, oder wenn Steuern im Ausland erhoben werden, die nicht von dem vereinbarten DBA erfasst werden (vgl. § 34c Abs. 6 und § 26 Abs. 6 KStG). 1. Im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht (§ 34c EStG) § 34c EStG enthält mehrere Regelungsbereiche, die allesamt darauf ausgerichtet sind, die internationale Doppelbesteuerung zu beseitigen. Während § 34c Abs. 1 EStG als Tarifermäßigung ausgestaltet ist6, setzt der in § 34 Abs. 2 und 3 EStG vorgesehene Steuerabzug bei der Einkünfteermittlung und die Pauschalierung nach § 34c Abs. 5 EStG beim Steuersatz an. a) Anrechnung ausländischer Steuern nach § 34c Abs. 1 EStG aa) Persönlicher Anwendungsbereich Die Anwendung der Anrechnungsmethode nach § 34c Abs. 1 EStG verlangt in persönlicher Hinsicht zunächst die unbeschränkte Steuerpflicht. Diesbezüglich kann auf § 1 Abs. 1 bis 3 EStG verwiesen werden, die die unbeschränkte Steuerpflicht abschließend regeln. Insbesondere gilt § 1 Abs. 2 EStG, so dass auch im Ausland ansässige Steuerpflichtige, die zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis stehen, unter den dort genannten Voraussetzungen in den Anwendungsbereich des § 34c EStG fallen. Beschränkt Steuerpflichtige sind grundsätzlich nicht zur Anrech6 So BFH, Urteil v. 04.06.1991 – X R 35/88, BStBl. II 1992, 187 (189); BFH, Urteil v. 27.03.1996 – I R 49/95, BStBl. II 1997, 91 (92).

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C. Beseitigung der internationalen Doppelbesteuerung

nung nach § 34c Abs. 1 EStG berechtigt. Insoweit sieht § 50 Abs. 6 EStG allerdings eine entsprechende Anwendung des § 34c Abs. 1 bis Abs. 3 EStG vor7. bb) Identität des Steuersubjekts Nach dem Wortlaut des § 34c Abs. 1 EStG muss der im Inland unbeschränkt Steuerpflichtige mit dem im Ausland besteuerten Steuersubjekt identisch sein8. Der unbeschränkt Steuerpflichtige, der die ausländischen Einkünfte nach deutschem Steuerrecht erzielt, muss also zugleich Schuldner der ausländischen Steuer sein, deren Anrechnung er begehrt. Die Identität des Steuersubjekts erklärt sich aus dem Zweck des § 34c Abs. 1 EStG, die juristische Doppelbesteuerung zu vermeiden, die im Gegensatz zur wirtschaftlichen Doppelbelastung Personenidentität voraussetzt. Aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten kann aber bei subjektiven Qualifikationskonflikten ein Abrücken von der Voraussetzung der Steuersubjektidentität und damit vom Begriff der juristischen Doppelbesteuerung erforderlich sein9. Diese Konflikte entstehen dann, wenn die Frage nach dem Steuersubjekt aus ausländischer und deutscher Sicht unterschiedlich beantwortet wird und deshalb keine Steuersubjektidentität mehr gegeben ist. Ausgangslage dieser Problematik ist die Rechtsprechung des BFH, der in Anlehnung an eine Entscheidung des RFH10 die Ansicht vertritt, dass es sich „ausschließlich nach deutschem Steuerrecht“ richtet11, ob eine ausländische Gesellschaft eigenständiges Steuersubjekt ist oder nicht. Unabhängig von der zivil- und steuerrechtlichen Anerkennung der Gesellschaft als eigenständiges Rechts- und Steuersubjekt im Ausland und gleichermaßen unabhängig von der international-privatrechtlichen Behandlung dieses Rechtsgebildes im Inland, folgt das deutsche Steuerrecht also eigenständigen Beurteilungskriterien. Die Entscheidung über die steuerliche Behandlung ausländischer Gesellschaften wird dabei „nach den leitenden Gedanken des Einkommens- und Körperschaftsteuerrechts“12 getroffen. Die Abgrenzung erfolgt deshalb anhand von § 1 Abs. 1 EStG und § 1 Abs. 1 KStG. Die Annahme einer Körperschaft bietet sich nach der Ansicht des BFH an, wenn eine Gesamtwürdigung der maßgebenden ausländischen Bestimmungen über die Organisation und Struktur der Gesellschaft ergibt, dass diese rechtlich und wirtschaftlich einer 7

Dazu unten Kapitel C.I.2., S. 45 ff. BFH, Urteil v. 04.06.1991 – X R 35/88, BStBl. II 1992, 187 (190); Wied in: Blümich EStG/KStG/GewStG, § 34c EStG Rn. 32 (93. EL März 2007); Kuhn in: Herrmann/Heuer/Raupach EStG/KStG, § 34c EStG Rn. 61 (225. EL Okt. 2006). 9 Vgl. dazu Burmester in: Gassner/Lang/Lechner, Vermeidungsmethoden, S. 241 (246 f.). 10 RFH, Urteil v. 12.02.1930 – VI A 899/27, RStBl. 1930, 444. 11 BFH, Urteil v. 17.07.1968 – I 121/64, BStBl. II 1968, S. 695 (696). 12 BFH, Urteil v. 03.02.1988 – I R 134/84, BStBl. II 1988, 588 (590) m.w. N. 8

I. Unilaterale Maßnahmen

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inländischen Kapitalgesellschaft oder einer juristischen Person des privaten Rechts gleicht13. Vor diesem Hintergrund besteht die Gefahr, dass die Personengesellschaft im Ausland als selbstständiges Abgabensubjekt behandelt wird, aus deutscher Sicht der Gesellschafter aber als Mitunternehmer einen Gewinnanteil zu versteuern hat. Umgekehrt ist es denkbar, dass sich die Beteiligung an einer ausländischen Gesellschaft aus deutscher Sicht als Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft beurteilt, während die Gesellschaft im Ausland als transparent und damit als unselbstständiges Steuersubjekt behandelt wird. In beiden Konstellationen fehlt es an der von § 34c EStG geforderten Subjektidentität (sog. subjektiver Qualifikationskonflikt). Wird im Ausland von steuerlicher Selbstständigkeit ausgegangen, und nimmt das deutsche Steuerrecht eine Mitunternehmerschaft an, so wird die ausländische Steuer allerdings vom Gesamtgewinn der Gesellschaft in eine Steuer der Gesellschafter umgedeutet14. Diese Umdeutung löst den subjektiven Qualifikationskonflikt, so dass auch in dieser Konstellation die Steuersubjektidentität gewahrt bleibt und die Doppelbesteuerung vermieden wird. Liegt entgegen ausländischem Rechtsverständnis nach deutschem Recht eine selbstständige Gesellschaft im Ausland vor, wird die eigentlich erforderliche Gewinnausschüttung in der Gewinnzuweisung bei einem Gesellschafter angesehen15. Im Ergebnis wird auf diese Weise die Gewinnzuweisung bei dem Gesellschafter zur Gewinnausschüttung umgedeutet und damit ebenfalls Subjektidentität hergestellt. Diese Vorgehensweise ist insoweit bemerkenswert, als sie vom juristischen Begriff der Doppelbesteuerung abrückt und ihre Annahme durch wirtschaftliche Aspekte gerechtfertigt wird. Für eine Anrechnung wird daher keine Identität im formalen, sondern im wirtschaftlich-materiellen Sinn gefordert. Nur diese Auslegung wird dem Zweck des § 34c EStG gerecht16, denn nur so kann eine Doppelbesteuerung vermieden werden. cc) Ausländische Einkünfte i. S. v. § 34d EStG In sachlicher Hinsicht muss der Steuerpflichtige Auslandseinkünfte im Sinne des § 34d EStG beziehen. § 34d EStG definiert den Begriff der ausländischen Einkünfte i. S. v. § 34c EStG. Insoweit enthält er einen abschließenden Katalog 13 So zusammenfassend BFH, Urteil v. 23.06.1992 – IX R 182/87, BStBl. II 1992, 972 (974). 14 Wied in: Blümich EStG/KStG/GewStG, § 34c EStG Rn. 35 (86. EL Mai 2005). 15 Wied in: Blümich EStG/KStG/GewStG, § 34c EStG Rn. 35 (86. EL Mai 2005). 16 Hildesheim in: Bordewin/Brandt EStG, § 34c EStG Rn. 16 (179. EL Sept. 1998).

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C. Beseitigung der internationalen Doppelbesteuerung

von Einkunftsarten, die als ausländische Einkünfte i. S. d. § 34c EStG angesehen werden17. Ferner legt er die Anknüpfungspunkte fest, die dazu führen, dass die Einkünfte als ausländische qualifiziert werden, und bestimmt dadurch auch, aus welchem Staat die Einkünfte stammen18. Zur Bestimmung des Ursprungslandes der Einkünfte ist auf lokale ausländische Anknüpfungspunkte des jeweiligen Tatbestandes der Einkünfteerzielung abzustellen. Wegen der Anknüpfung der Definitionen der ausländischen Einkünfte in § 34d EStG an die beschränkt steuerpflichtigen inländischen Einkünfte i. S. d. § 49 Abs. 1 EStG erfolgt auch im Rahmen des § 34d EStG eine isolierende Betrachtungsweise. In Umkehrung zu § 49 Abs. 2 EStG hat dies zur Folge, dass die im Inland vorhandenen Besteuerungsmerkmale grds. unbeachtet bleiben, soweit sie die Annahme ausländischer Einkünfte ausschließen19. Damit wird die Einordnung als ausländische Einkünfte i. S. d. § 34d EStG allein aus der Sicht des Wohnsitzstaates vorgenommen. dd) Ermittlung der ausländischen Einkünfte Die Ermittlung der ausländischen Einkünfte i. S. v. § 34d EStG erfolgt gemäß einem allgemein anerkannten Grundsatz des internationalen Steuerrechts nach den Vorschriften des nationalen Steuerrechts. Mithin finden §§ 4 ff. EStG und damit das allgemeine Veranlassungsprinzip Anwendung20, das über § 8 Abs. 1 KStG auch für die Ermittlung der Einkünfte von Körperschaften gilt. Erwerbseinnahmen und -ausgaben sind demnach dann bei der Ermittlung der Einkünfte zu berücksichtigen, wenn diese aus der Sicht des Steuerpflichtigen einen tatsächlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang zum Betrieb aufweisen. Dies gilt nunmehr auch für Einkünfte i. S. d. § 34d Nr. 3, 4, 6, 7 und 8c EStG, d.h. auch für ausländische Einkünfte aus Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung und aus Leistungen i. S. v. § 49 Abs. 1 Nr. 9 EStG, die zum Gewinn eines inländischen Betriebes gehören. Denn nunmehr sind gem. § 34d Abs. 1 S. 4 EStG auch bei Ermittlung dieser Einkünfte Betriebsausgaben abzu17 Wassermeyer/Lüdicke in: Flick/Wassermeyer/Baumhoff, § 34d EStG Rn. 13 (23. EL Jan. 1988); Wied in: Blümich EStG/KStG/GewStG, § 34d EStG Rn. 2 (86. EL Mai 2005). 18 BFH, Urteil v. 24.03.1998 – I R 38/97, BStBl. II 1998, 471; BFH, Urteil v. 01.04.2003 – I R 39/02, BStBl. II 2003, 869. 19 Wassermeyer/Lüdicke in: Flick/Wassermeyer/Baumhoff, § 34d EStG Rn. 14 (23. EL Jan. 1988); Wied in: Blümich EStG/KStG/GewStG, § 34d EStG Rn. 9 (86. EL Mai 2005). 20 Vgl. BFH, Urteil v. 02.02.1994 – I R 66/92, BStBl. II 1994, 727 (730); Hellwig, DB 1984, 2264; Frotscher in: Frotscher EStG, § 34c EStG Rn. 15 (101. EL Sept. 2000); Hildesheim in: Bordewin/Brandt EStG, § 34c EStG Rn. 30 (179. EL Sept. 1998); Wied in: Blümich EStG/KStG/GewStG, § 34d EStG Rn. 11 (86. EL Mai 2005); Gosch in: Kirchhof EStG, § 34d EStG Rn. 21.

I. Unilaterale Maßnahmen

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ziehen, die mit den, diesen Einkünften zu Grunde liegenden Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Hintergrund dieser neuen Regelung ist die (überholte) Rechtsprechung des BFH, wonach bei der Ermittlung solcher Einkünfte im Rahmen der Anrechnungsmethode nur Aufwendungen zugeordnet werden konnten, die in einem direkten wirtschaftlichen Zusammenhang zu den Einnahmen standen21. Der Gesetzgeber sah darin eine „sachlich nicht gerechtfertigte Erhöhung der ausländischen Einkünfte als Bezugsgröße bei der Berechnung des Höchstbetrages der auf die deutsche Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer anrechenbaren ausländischen Steuern“22. Insbesondere durch die Neuregelung können nunmehr die nur im mittelbaren Zusammenhang mit ausländischen Portfolioanlagen gezahlten Refinanzierungsaufwendungen bei der Ermittlung der ausländischen Einkünfte den ausländischen Einnahmen zugeordnet werden23. Folge ist, dass nunmehr auch Aufwendungen bei der Ermittlung der ausländischen Einkünfte berücksichtigt werden, die nur einen allgemeinen wirtschaftlichen Zusammenhang zu den Einnahmen haben, die den ausländischen Einkünften zugrunde liegen. Die Formulierung des § 34c Abs. 1 S. 4 EStG ist allerdings so offen gehalten24, dass nicht nur die nach der gesetzgeberischen Intention bezweckten vorgenannten Refinanzierungszinsen, sondern darüber hinaus wohl auch ganz allgemeine, in wirtschaftlichem Zusammenhang mit den ausländischen Einkünften stehende Aufwendungen, wie bspw. allgemeine Verwaltungs-, Marketing oder sonstige Gemeinkosten, über eine anteilige Zuordnung bei der Ermittlung der Auslandseinkünfte zu berücksichtigen sind25. Demnach werden die o. g. ausländischen Einkünfte bei der Berechnung des Anrechnungshöchstbetrages auch unter Anwendung des allgemeinen Veranlassungsprinzips i. S. v. § 4 Abs. 4 EStG bzw. § 9 EStG ermittelt. Der Anrechnungshöchstbetrag wird sich dadurch in vielen Fällen signifikant verringern. 21 BFH, Urteil v. 16.03.1994 – I R 42/93, BStBl. II 1994, (801 f.); BFH, Urteil v. 09.04.1997 – I R 178/94, BStBl. II 1997, 657 (659); BFH, Urteil v. 29.03.2000 – I R 15/99, BStBl. II 2000, 577 (578); Kuhn in: Herrmann/Heuer/Raupach EStG/KStG, § 34c EStG, Rn. 93 (225. EL Okt. 2006); Kramer, IStR 1998, 15; Wied in: Blümich EStG/KStG/GewStG, § 34c EStG Rn. 60 (86. EL Mai 2005); Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer, DBA, Art. 23B OECD-MA Rn. 18 (87. EL Okt. 2002); dens., Aufwand und Verluste, S. 37 ff. (42 f.). 22 Vgl. BT-Drucks. 15/119, S. 40 und BR-Drucks. 866/02, S. 61. 23 Vgl. BT-Drucks. 15/119, S. 40 und BR-Drucks. 866/02, S. 61. 24 Vgl. zu den Rechtsunsicherheiten in Bezug auf den Umfang des von § 34c Abs. 1 S. 4 EStG geforderten wirtschaftlichen Zusammenhangs, Schnitger, IStR 2003, 73 (74); Lüdicke, IStR 2003, 433 (434); Amann/Göttsche/Stockmann, RIW 2003, 815; Müller-Dott, DB 2003, 1468; Grotherr in: FS Wassermeyer, S. 303 (313 ff.). 25 Vgl. Amann/Göttschke/Stockmann, RIW 2003, 814 (815); Heinicke in: Schmidt EStG, § 34c EStG Rn. 15; Köhler, DStR 2003, 1156 (1157); Müller-Dott, DB 2003, 1468 (1460); kritisch dazu u. a. Lüdicke, IStR 2003, 433 (434); Geurts in: Ernst & Young KStG, § 26 KStG, Rn. 84.2 (44. EL Jan. 2005).

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C. Beseitigung der internationalen Doppelbesteuerung

Folge ist eine erhöhte Gefahr von Anrechnungsüberhängen. Dies darf allerdings im Hinblick auf die Vermeidung internationaler Doppelbesteuerung nicht bemängelt werden. Die Neufassung führt allein dazu, dass die genannten ausländischen Einkünfte nunmehr wie inländische Einkünfte ermittelt werden und dadurch eine genaue Zuordnung der auf die ausländischen Einkünfte entfallenden deutschen Ertragssteuer erfolgen kann. ee) Sachliche Identität des Abgabegegenstandes Grundsätzlich ist die ausländische Steuer nur anrechenbar, wenn inländische und ausländische Steuer dieselben ausländischen Einkünfte betreffen. Es bedarf daher einer Identität des Abgabegegenstandes. Von einer Identität des Abgabengegenstandes ist immer dann auszugehen, wenn bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise die Anknüpfungspunkte der Besteuerung in beiden Vertragstaaten die gleiche wirtschaftliche Quelle betreffen26. Insoweit ist es unerheblich wie der ausländische Staat die Einkünfte qualifiziert27. Irrelevant ist es auch, wenn die Steuerbemessungsgrundlagen im In- und Ausland aufgrund divergierender Ermittlungsvorschriften voneinander abweichen. Da die Identität des Abgabegegenstandes voraussetzt, dass sowohl die ausländische als auch die inländische Rechtsordnung steuerlich auf denselben Abgabegegenstand zugreift, kann die Identität in zweifacher Weise durchbrochen werden. Die ausländischen Einkünfte können zum einen im Ausland, zum anderen im Inland nicht der Besteuerung unterliegen. Hinsichtlich des ersten Falls regelt nunmehr der durch das StVergAbG vom 16.05.200328 eingeführte § 34c Abs. 1 S. 3 EStG, dass die ausländischen Einkünfte, die im Ausland nicht besteuert werden, bei der Ermittlung des Anrechnungsbetrages nicht berücksichtigt werden dürfen29. Folge ist, dass diese Einkünfte nicht in die Berechnung des Anrechnungshöchstbetrages einfließen30. Grund für die Einfügung des § 34c Abs. 1 S. 3 EStG31 war die Rechtsprechung des BFH, der zufolge auch solche ausländischen Einkünfte bei der Ermittlung des Anrechnungsbetrages zu berücksichtigen waren, die im Ausland keiner Be26

Siehe nur BFH, Urteil v. 04.06.1991 – X R 35/88, BStBl. II 1992, 187. Vgl. zum Problem subjektiver Qualifikationskonflikte oben Kapitel C.I.1.a)bb), S. 30 f. 28 BGBl. I 2003, 660 ff. 29 Für den Fall, das rein faktisch eine Besteuerung im Quellenstaat unterbleibt, soll § 34c Abs. 1 S. 3 EStG allerdings nicht anwendbar sein, so Müller-Dott, DB 2003, 1468 (1469); Heinicke in: Schmidt EStG, § 34c EStG Rn. 15. 30 Gosch in: Kirchhof EStG, § 34c EStG Rn. 14; Heinicke in: Schmidt EStG, § 34c EStG Rn. 15; a. A. Schnitger, IStR 2003, 298 (300 f.). 31 Vgl. Gesetzesbegründung BT-Drucks. 15/119, S. 40; ebenso BT-Drucks. 15/481, S. 15. 27

I. Unilaterale Maßnahmen

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steuerung unterlagen32. Die Rechtsprechung hatte zur Folge, dass ausländische Steuern über das für die Vermeidung erforderliche Maß angerechnet wurden. Solche Überbegünstigungen werden nunmehr durch § 34c Abs. 1 S. 3 EStG vermieden. Die Änderung ist unter dem Gesichtspunkt der Vermeidung von Doppelbesteuerung nachvollziehbar. Denn hinsichtlich der im Ausland nicht steuerbaren Einkünfte bzw. der nach innerstaatlichem Recht nicht steuerbaren bzw. steuerfreien Einkünfte besteht in der Tat nicht die Gefahr einer Doppelbesteuerung33. § 34c EStG erhält dadurch partiell den Charakter einer „per-item-limitation“ 34. Hinsichtlich des zweiten Falls enthält § 34c Abs. 1 EStG keinerlei Regelung. Nach der Rechtsprechung35 und weit verbreiteter Meinung in der Literatur36 fehle es in dieser Konstellation aber ebenfalls an der Identität des Abgabegegenstandes. Folge ist, dass im Inland steuerfreie ausländische Einkünfte, z. B. die nach DBA freigestellten ausländischen Einkünfte, bei der Ermittlung der ausländischen Einkünfte für die Anwendung der Anrechnungsmethode nicht berücksichtigt werden. Daneben existiert jedoch in der Literatur die Auffassung, dass auch die im Inland steuerfreien ausländischen Einkünfte bei der Ermittlung des Anrechnungshöchstbetrages zu berücksichtigen sind37. Diese Ansicht stützt sich im Wesentlichen darauf, dass § 34c Abs. 1 EStG nur auf die ausländischen Einkünfte nach § 34d EStG abstellt. Da § 34d EStG jedoch lediglich auf der allgemeinen Einkünftedefinition der §§ 2, 13 ff. EStG aufbaue und insoweit keine Aussage über eine Steuerfreiheit enthalte, sei hiernach der Begriff der ausländischen Einkünfte des § 34d EStG unabhängig davon maßgeblich, ob die Einkünfte in Deutschland steuerbefreit seien oder nicht. § 34c Abs. 1 S. 2 EStG enthalte überdies nicht das Erfordernis, dass die jeweiligen Einkünfte in beiden Staaten der Besteuerung unterlägen. So enthalte § 34c Abs. 1 S. 2 EStG ledig32 BFH, Urteil v. 20.12.1995 – I R 57/94, BStBl. II 1996, 261 (263), wonach § 34c Abs. 1 S. 1 EStG darauf abstellt, dass die Steuer auf die Einkünfte aus dem ausländischen Staat anzurechnen ist und dort nicht etwa eine Beschränkung auf diejenigen Einkünfte, die tatsächlich besteuert wurden, vorgenommen wird. 33 Kaminski/Strunk, Stbg 2003, 253 (254); Amann/Göttsche/Stockmann, RIW 2003, 814 (814 f.); Heinicke in: Schmidt EStG, § 34c EStG Rn. 15; Gosch in: Kirchhof EStG, § 34c EStG Rn. 37; kritisch zur Neuregelung Lüdicke, IStR 2003, 433 (434); Loschelder in: Herrmann/Heuer/Raupach EStG/KStG, Jahresband 2004, § 34c EStG Rn. J 03-4; Müller-Dott, DB 2003, 1468 f. 34 Gosch in: Kirchhof, EStG, § 34c EStG Rn. 37; Schnitger, IStR 2003, 73 ff. 35 BFH, Urteil v. 04.06.1991 – X R 35/88, BStBl. II 1992, 187 (191). 36 Frotscher in: Frotscher EStG, § 34c EStG Rn. 28 (101. EL Sept. 2000); Wied in: Blümich EStG/KStG/GewStG, § 34c EStG Rn. 42 (86. EL Mai 2005); Heinicke in: Schmidt EStG, § 34c EStG Rn. 6; Gosch in: Kirchhof EStG, § 34c EStG Rn. 14. 37 Wassermeyer, FR 1991, 680 (682); Schaumburg, Int. Steuerrecht, Rn. 15.62; Schnitger, IStR 2003, 298 (300 f.).

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lich die Beschränkung der Anrechnung von Steuern im Sinne einer „per-country-limitation“38. Alles andere unterstelle, dass der Anrechnungsmethode im deutschen Steuerrecht eine „per-item-limitation“ zugrunde liege. Nach dieser Auffassung sind bei der Berechnung der Summe der Einkünfte die im Inland steuerfreien ausländischen Einkünfte bei der Berechnung des Anrechnungshöchstbetrages zu berücksichtigen. Vor Einfügung des § 34 Abs. 1 S. 3 EStG konnte die auf systematischen Erwägungen basierende Argumentation durchaus überzeugen. Denn nach § 34c Abs. 1 S. 2 EStG erfolgte eine Anrechnung der ausländischen Steuern, die auf die Einkünfte aus einem Staat entfallen („per-country-limitation“) und damit nach dem Gesetzeswortlaut unabhängig davon, ob diese im Inland steuerfrei waren. Durch Einfügung des § 34c Abs. 1 S. 3 EStG hat der Gesetzgeber aber den Schritt zu einer „per-item-limitation“ vollzogen und damit im Rahmen der Höchstbetragsberechnung eine nicht mehr nur länderbezogene, sondern auch einkünftebezogene Betrachtungsweise eingenommen39. Zwar beschränkt sich § 34c Abs. 1 S. 2 EStG insoweit auf die „per-country-limitation“, was darauf hinweisen könnte, dass es nur auf die Summe der Einkünfte aus dem betreffenden Staat ankommt, nicht aber darauf, dass die einzelnen Einkünfte im Inland steuerfrei sind. Die Einbeziehung solcher steuerfreien Einkünfte wird aber dem Regelungszweck der Vermeidung von internationaler Doppelbesteuerung nicht gerecht40. Denn für die Vermeidung von Doppelbesteuerung reicht es aus, nur diejenigen ausländischen Einkünfte bei der Ermittlung des Anrechnungshöchstbetrages zu berücksichtigen, die im Inland einer Besteuerung unterliegen. Letztlich kann die Einbeziehung solcher Einkunftsteile sogar das Ziel des § 34c EStG gänzlich vereiteln. So hat die Einbeziehung im Inland steuerfreier negativer ausländischer Einkünfte zur Folge, dass sich die im Rahmen der Anrechnungsmethode zu berücksichtigenden ausländischen Einkünfte erheblich reduzieren, mit der weiteren Folge, dass sich die auf die ausländischen Einkünfte entfallende inländische Steuer verringert. Ein dahingehendes Verständnis des § 34c Abs. 1 S. 3 EStG muss deshalb zurückgewiesen werden. Dieser erste Schritt zu einer „per-item-limitation“ führt im Ergebnis dazu, dass nur noch die Einkünfte in die Höchstbetragsberechnung einfließen, die in beiden Staaten der Besteuerung unterliegen. Insbesondere die Auslandseinkünfte, die nach dem DBA im Inland steuerfrei zu stellen sind, fließen deshalb nicht mehr in die Höchstbetragsberechnung mit ein. Dadurch gehen zwar die Vorteile der alten Rechtslage verloren, die darin bestanden, dass steuerfreie positive ausländische Einkünfte bei der Ermittlung des Höchstbetrages berück38

Wassermeyer, FR 1991, 680 (682); Schaumburg, Int. Steuerrecht, Rn. 15.62. Loschelder in: Herrmann/Heuer/Raupach EStG/KStG, Jahresband 2004, § 34c EStG, Rn. J 03-4. 40 So auch Gosch in: Kirchhof EStG, § 34c EStG Rn. 14. 39

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sichtigt wurden und damit den Anrechnungshöchstbetrag erhöhten. Andererseits wird aber auch die nachteilige Folge, die insbesondere die Berücksichtigung von steuerfreien ausländischen Verlusten im Rahmen der Höchstbetragsberechnung zur Folge hatte, nämlich die Minderung des Anrechnungshöchstbetrages, durch die Neuregelung und das hier zugrunde gelegte Verständnis abgewendet. ff) Keine zeitliche Identität des Abgabegegenstandes Gem. § 34c Abs. 1 S. 5 EStG sind die ausländischen Steuern insoweit anzurechnen, als sie „auf die im Veranlagungszeitraum bezogenen Einkünfte entfallen“. Die Anrechnung setzt demnach nicht voraus, dass die ausländische Steuer im Ausland für denselben Zeitraum festgesetzt und gezahlt worden ist, wie die entsprechende deutsche Steuer41. Maßgebend ist vielmehr, inwieweit die vom Quellenstaat besteuerten ausländischen Einkünfte bei der deutschen Veranlagung in die Ermittlung der Einkünfte einbezogen sind42. Für den Fall zeitlicher Verschiebungen zwischen inländischen und ausländischen Veranlagungszeiträumen ist damit auf die deutsche Steuer die ausländische Steuer anzurechnen, die für das Jahr erhoben wird, das dem deutschen Veranlagungszeitraum entspricht43. § 34c EStG setzt also keine zeitliche Identität der Veranlagungszeiträume voraus, da es im Ergebnis nicht darauf ankommt, für welchen Zeitraum die ausländische Steuer festgesetzt und gezahlt worden ist. Da es nicht auf den ausländischen Veranlagungszeitraum oder den Zeitpunkt der Zahlung der ausländischen Steuer ankommt, können auch früher oder später festgesetzte und gezahlte Steuern berücksichtigt werden44. Im Fall einer zeitlich nachfolgenden Besteuerung im Quellenstaat erweist sich die Anrechnung aus verfahrensrechtlicher Sicht allerdings als schwierig. Sofern die früher erfolgte deutsche Veranlagung bereits bestandskräftig ist, kann nur im Billigkeitswege die deutsche Steuer nach § 227 AO korrigiert werden. § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO scheidet aus, da die nachfolgende ausländische Besteuerung keine Tatsache ist, die erst nachträglich bekannt wird, sondern nur nachträglich eingetreten ist. Auch § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO kann die Bestandskraft des 41 Schaumburg, Int. Steuerrecht, Rn. 15.63; Grotherr in: Gosch/Kroppen/Grotherr DBA, Grundlagen Abschn. 1 Rn. 15 (12. EL Jan. 2003); Wied in: Blümich EStG/ KStG/GewStG, § 34c EStG Rn. 47 (86. EL Mai 2005); Gosch in: Kirchhof EStG, § 34c EStG Rn. 28; Timmermans in: Lademann EStG, § 34c EStG Rn. 70 (128. EL Juli 2000). 42 BFH, Urteil v. 31.07.1991 – I R 51/89, BStBl. II 1991, 922 (923); Wied in: Blümich EStG/KStG/GewStG, § 34c EStG Rn. 47 (86. EL Mai 2005), Hildesheim in: Bordewin/Brandt EStG, § 34c EStG Rn. 35 (179. EL Sept. 1998); Timmermans in: Lademann EStG, § 34c EStG Rn. 70 (128. EL Juli 2000). 43 Schaumburg, Int. Steuerrecht, Rn. 15.63. 44 Tillmanns/Mössner in: Mössner/Baumhoff u. a., Int. Unternehmenssteuerrecht, Abschn. B 281.

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Steuerbescheides nicht durchbrechen, da die ausländische Besteuerung kein Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung ist45. § 34c Abs. 1 EStG liegt damit im Ergebnis nicht das formale, auf zeitliche Identität abstellende Verständnis des offiziellen Kommentars zum OECD-MA zugrunde46. Stellt man wie das OECD-MA auf die – mehr oder weniger zufällige – Identität der Steuerperioden ab, ließe sich eine Doppelbesteuerung nicht immer vermeiden. Die Anrechnung liefe ins Leere, wenn der ausländischen Steuer im betreffenden Veranlagungszeitraum nicht entsprechende Einkünfte im Inland gegenüberstünden. gg) Entsprechende ausländische Steuer Die anzurechnende ausländische Steuer muss darüber hinaus der deutschen Einkommensteuer entsprechen. Eine Entsprechung liegt grundsätzlich vor, wenn die ausländische Steuer unbeachtlich ihrer Bezeichnung den gleichen Besteuerungsgegenstand erfasst47. Die Steuer muss dazu funktional gleichartig und unmittelbar auf die Besteuerung des Einkommens gerichtet sein48. Insoweit führt auch die durch subjektive Qualifikationskonflikte entstehende Erfassung des Besteuerungsgegenstandes in einem anderen Regelungssystem nicht zur Verneinung dieses Merkmals. Es ist deshalb unerheblich, ob der Vorgang im Ausland mit Körperschaftsteuer und im Inland mit Einkommensteuer belastet wird. Verbrauchs-, Verkehrs- und Realsteuern ebenso wie Steuerzinsen, Steuerstrafen, Säumniszuschläge, Gebühren oder Beiträge werden allerdings nicht erfasst49. hh) Festgesetzte, gezahlte und um Ermäßigungsanspruch gekürzte ausländische Steuer Anrechenbar auf die deutsche Steuer ist nur die festgesetzte, gezahlte und um einen entstandenen Ermäßigungsanspruch gekürzte ausländische Steuer. Die Festsetzung der Auslandssteuer soll vermeiden, dass eine zwar entstandene, aber nicht 45 Anders allerdings, wenn eine ursprüngliche Steuerfestsetzung im Ausland nachträglich geändert wird, vgl. Schaumburg, Int. Steuerrecht, Rn. 15.66; Heinicke in: Schmidt EStG, § 34c EStG Rn. 26. 46 Dazu oben Kapitel B.II., S. 25 f. 47 BFH, Urteil v. 27.03.1996 – I R 49/95, BStBl. II 1997, 91 (92); Hildesheim in: Bordewin/Brandt EStG, § 34c EStG Rn. 21 (179. EL Sept. 1998); Wied in: Blümich EStG/KStG/GewStG, § 34c EStG Rn. 29 (93. EL März 2007); Gosch in: Kirchhof EStG, § 34c EStG Rn. 27. 48 Frotscher in: Frotscher EStG, § 34c EStG Rn. 17 ff. (101. EL Sept. 2000); Gosch in: Kirchhof EStG, § 34c EStG Rn. 27. 49 Hildesheim in: Bordewin/Brandt EStG, § 34c EStG Rn. 21 (179. EL Sept. 1998); Kuhn in: Herrmann/Heuer/Raupach EStG/KStG, § 34c EStG Rn. 62 (225. EL Okt. 2006).

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erhobene Steuer angerechnet wird50. Auch soll durch die Zahlungsvoraussetzung sichergestellt werden, dass der Vergünstigung im Inland eine entsprechende Belastung im Ausland gegenübersteht51. Der Abzug eines entstandenen Ermäßigungsanspruchs dient den Interessen des deutschen Fiskus. Dadurch soll der Steuerpflichtige gezwungen werden, alle Ermäßigungsansprüche im Ausland auszunutzen. Dies bewirkt eine möglichst niedrige ausländische Steuer, die das Anrechnungsvolumen belastet. ii) Erhebung der ausländischen Steuer im Staat, aus dem die Einkünfte stammen Schließlich müssen die Steuern gem. § 34c Abs. 1 S. 1 EStG in dem Staat erhoben worden sein, aus dem die Einkünfte stammen. Eine Anrechnung ist folglich nicht möglich, wenn die ausländische Steuer in einem Land erhoben wurde, das nicht der Zuordnung nach § 34d EStG entspricht (sog. Drittstaat)52. In diesem Fall verbleibt dem Steuerpflichtigen nur der Abzug der ausländischen Drittstaatensteuern gem. § 34c Abs. 3 EStG53. jj) Ermittlung des Anrechnungshöchstbetrages Sind diese Voraussetzungen erfüllt, so bestimmt § 34c Abs. 1 EStG als Rechtsfolge, dass die ausländische auf die deutsche Steuer angerechnet wird. Die Anrechnung erfolgt im Wege einer Verhältnisrechnung. Die nach § 34c Abs. 1 EStG vorgesehene Anrechnung der im Quellenstaat angefallenen Steuer ist aber nur begrenzt möglich. § 34c Abs. 7 Nr. 1 EStG i.V. m. § 68a EStDV sieht eine Anrechnung ausländischer Steuern nur bis zur Höhe desjenigen Teils der inländischen Steuer vor, der auf die ausländischen Einkünfte entfällt (sog. „ordinarycredit“). Eine unbegrenzte Anrechnung (sog. „full-credit“) und damit die Aussicht auf Erstattung höherer ausländischer Steuern ist nicht vorgesehen. (1) Anrechnungshöchstbetrag/Durchschnittsbelastung Zur Berechnung der auf die ausländischen Einkünfte entfallenden deutschen Einkommensteuer wird zunächst die deutsche Einkommensteuer nach § 32a, 50 Frotscher in: Frotscher EStG, § 34c EStG Rn. 23 (101. EL Sept. 2000); Hildesheim in: Bordewin/Brandt EStG, § 34c EStG Rn. 23 (179. EL Sept. 1998). 51 Hildesheim in: Bordewin/Brandt EStG, § 34c EStG Rn. 23 (179. EL Sept. 1998). 52 Krabbe, BB 1980, 1146 (1148); Heinsen in: Löwenstein/Looks, Betriebsstättenbesteuerung, Rn. 359; Kuhn in: Herrmann/Heuer/Raupach EStG/KStG, § 34c EStG Rn. 64 (225. EL Okt. 2006). 53 Dazu unten Kapitel C.I.1.c), S. 43 ff.

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C. Beseitigung der internationalen Doppelbesteuerung

§ 32b, § 34a und § 34b EStG nach dem Welteinkommen berechnet. Die deutsche Steuer auf die ausländischen Einkünfte wird also unter Berücksichtigung des Progressionsvorbehaltes (§ 32b EStG) und nach Gewährung der Steuerermäßigungen nach § 34 und § 34b EStG berechnet. Aus dem Verhältnis von ausländischen Einkünften und der Summe aller inländischen und ausländischen Einkünfte ergibt sich dann der auf die ausländischen Einkünfte entfallende Anteil deutscher Ertragssteuer54. Das Ergebnis ist der sog. Anrechnungshöchstbetrag bis zu dem dann die ausländische Steuer angerechnet werden kann. Ist die gezahlte Auslandssteuer niedriger als der Anrechnungshöchstbetrag, so kann sie in voller Höhe abgezogen werden. Sofern die gezahlte Auslandssteuer höher als der Höchstbetrag ist, bildet dieser die obere Grenze der Abzugsmöglichkeit. Dies hat zur Folge, dass sich die Anrechnung im Rahmen der steuerlichen Durchschnittsbelastung auswirkt. (2) Auswirkung auf Berücksichtigung persönlicher Abzugsbeträge Die Berechnungsmethode bewirkt zudem, dass persönliche Abzugsbeträge wie bspw. Sonderausgaben (§§ 10 ff. EStG) oder außergewöhnliche Belastungen (§§ 33 ff. EStG) soweit anteilig nicht berücksichtigt werden, als ausländische Einkünfte in die Höchstbetragsberechnung einfließen55. Dies ist darauf zurückzuführen, dass nach § 34c Abs. 1 S. 2 EStG der Anrechnungshöchstbetrag nach dem Verhältnis der ausländischen Einkünfte zum Gesamtbetrag der Einkünfte ermittelt wird, während die auf die ausländischen Einkünfte entfallende deutsche Steuer unter Berücksichtigung anteiliger subjektiver Abzüge ermittelt wird56. Dieses Ergebnis wird damit begründet, dass die die persönlichen Lebensverhältnisse abbildenden Abzugsbeträge nicht mit bestimmten Einkunftsteilen in wirtschaftlichen Zusammenhang gebracht werden können und deshalb auf das gesamte Einkommen aufzuteilen sind57. Ein solches Vorgehen unterstellt damit, dass die persönlichen Verhältnisse anteilig beim Quellenstaat berücksichtigt werden.

54 Gosch in: Kirchhof EStG, § 34c EStG Rn. 56; Heinicke, in Schmidt EStG, § 34c EStG Rn. 15. 55 Z. B.: Steuersatz In- und Ausland: jeweils 50 %; private Abzüge: 10.000 A; ausländische Einkünfte: 50.000 A; inländische Einkünfte: 50.000 A; Berechnung: 50.000 A (ausländische Einkünfte)/100.000 A (G.d.E.) = 1/2; 1/2  45.000 A (50 % v. 90.000 A (z.v. E.) = 22.500 A. Die ausländischen Einkünfte sind zunächst um die anteiligen subjektiven Abzüge gekürzt worden. 56 Mössner, DStJG Bd. 8 (1985), S. 135 (162 f.); Mehnhorn, IStR 2002, 15 (16 ff.); Schnitger, FR 2003, 148 (153); Gosch in: Kirchhof EStG, § 34c EStG Rn. 36. 57 Mössner, DStJG Bd. 8 (1985), S. 135 (162 f.); Schaumburg, Int. Steuerrecht, Rn. 15.76.

I. Unilaterale Maßnahmen

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(3) „Per-country-limitation“ Die Höchstbetragsberechnung ist für jeden Staat gem. § 34c Abs. 7 Nr. 1 EStG i.V. m. § 68a S. 2 EStDV isoliert zu ermitteln (sog. „per-country-limitation“). Damit ist ein Belastungsausgleich zwischen Einkünften aus verschiedenen ausländischen Staaten nicht möglich (sog. „overall-limitation“). Da die ausländischen Einkünfte eines Staates zusammengefasst werden, liegt keine „per-item-limitation“ vor. Durch die neue Rechtslage, wonach freigestellte ausländische Einkünfte in die Höchstbetragsberechnung nicht mehr einfließen58, ist allerdings ein erster Schritt in Richtung der sog. „per-item-limitation“ vollzogen worden. kk) Verluste im Regelungsgefüge der Anrechnungsmethode Bei Anwendung der Anrechnungsmethode wird die inländische Steuer nach dem Welteinkommen berechnet. Im Zusammenhang mit der Anwendung der Anrechnungsmethode können demnach in- und ausländische Verluste anfallen. Fallen ausländische Verluste an, so mindern diese das Welteinkommen im gleichen Umfang wie inländische Verluste. Dies gilt auch dann, wenn sie im anderen Staat zurück- oder vorgetragen werden können. Fallen hingegen inländische Verluste an und stehen diesen Verlusten ebenso hohe oder höhere positive ausländische Einkünfte aus dem anderen Staat gegenüber, kommt es aufgrund des Verlustausgleichs im Inland zu keiner Besteuerung der ausländischen Einkünfte. In diesen Fällen geht eine Anrechnung der ausländischen Steuern mangels inländischer Steuerbelastung ins Leere. Vergleichbares gilt, wenn die ausländischen Steuern den Höchstbetrag überschreiten, weil Verluste die inländische Steuerpflicht zwar nicht ganz aufgehoben, sie aber ermäßigt haben. Da § 34c Abs. 1 EStG einen Vor- oder Rücktrag von Anrechnungsüberhängen nicht vorsieht, bleibt dem Steuerpflichtigen dann nur die Möglichkeit nach § 34c Abs. 2 EStG den Abzug der ausländischen Steuer bei der Ermittlung der Einkünfte zu beantragen. Wegen der fehlenden Möglichkeit, Anrechnungsüberhänge, die auf inländische Verluste zurückzuführen sind, voroder zurückzutragen, kann es in Folgeperioden zu einer Doppelbesteuerung kommen. ll) Verfahrensfragen Da die Anrechnungsmethode die Ermittlung der ausländischen Einkünfte nach deutschem Recht voraussetzt, wird der Steuerpflichtige regelmäßig für die ausländischen Einkünfte sowohl im Inland als auch im Ausland Buchführungs58

Dazu oben Kapitel C.I.1.a)ee), S. 34 f.

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C. Beseitigung der internationalen Doppelbesteuerung

pflichten unterliegen. Dies führt sowohl auf Seiten des Steuerpflichtigen als auch auf Seiten der Steuerbehörden zu hohem Verwaltungsaufwand. Um in den Genuss der Anrechnung bzw. des Abzugs der ausländischen Steuern zu kommen, muss der Steuerpflichtige zudem die Festsetzung und Zahlung der ausländischen Steuer nach § 68b S. 1 EStDV durch Vorlage deutschsprachiger Urkunden (z. B. Steuerbescheid, Quittung über die Zahlung) belegen, was ebenfalls erheblichen Verwaltungsaufwand begründen kann. Sind die Urkunden in einer fremden Sprache abgefasst, so kann das Finanzamt eine beglaubigte Übersetzung in die deutsche Sprache verlangen (§ 68b S. 2 EStDV). Ist keine Steuerfestsetzung erfolgt, kann ein Nachweis der Steuerfestsetzung aber nicht verlangt werden59. Der Steuerpflichtige hat dann nur darzulegen, in welcher Weise die Steuer erhoben wurde, und nachzuweisen, dass eine Zahlung der Steuer erfolgt ist. b) Abzugsmöglichkeit nach § 34c Abs. 2 EStG Nach dem Wortlaut des § 34c Abs. 2 EStG kann statt der Anrechnung nach § 34c Abs. 1 EStG die ausländische Steuer bei der Ermittlung der Einkünfte abgezogen werden, sofern sie auf ausländische Einkünfte entfällt, die nicht steuerfrei sind. Anders als bei § 34c Abs. 1 EStG vermindert sich dadurch nicht die Steuer, sondern deren Bemessungsgrundlage. Der Abzug erfolgt nur auf Antrag, so dass zwischen Anrechnungs- und Abzugsmethode ein Wahlrecht besteht. Der Antrag auf Abzug wird für alle Einkünfte aus einem bestimmten ausländischen Staat gestellt und nicht isoliert für einzelne Einkünfte. Als Folge der „per-country-limitation“ kann aber das Wahlrecht zwischen der Anrechnungsmethode und Abzugsmethode von Staat zu Staat unterschiedlich ausgeübt werden60. Welche Methode – Anrechnung oder Abzug – für den Steuerpflichtigen günstiger ist, muss im Einzelfall entschieden werden. Als Grundsatz lässt sich jedoch festhalten, dass die Anrechnungsmethode dann vorteilhafter ist, wenn die ausländische Steuer in vollem Umfang berücksichtigt werden kann61, also den Höchstbetrag nicht überschreitet. Die Abzugsmethode ist in diesem Fall regelmäßig ungünstiger, da sich durch das Herabsenken der Bemessungsgrundlage die Entlastung nur im Verhältnis des anzuwendenden Steuersatzes niederschlägt62. Ein Antrag auf Abzug nach § 34c Abs. 2 EStG kann sich aber im 59 BFH, Urteil v. 05.02.1992 – I R 9/90, BStBl. II 1992, 607 (609); BFH, Urteil v. 26.08.1993, I B 87/93, BFH/NV 1994, 175 (176). 60 Frotscher in: Frotscher EStG, § 34c EStG Rn. 38 (101. EL Sept. 2000); Wied in: Blümich EStG/KStG/GewStG, § 34c EStG Rn. 78 (93. EL März 2007). 61 Hildesheim in: Bordewin/Brandt EStG, § 34c EStG Rn. 43 (179. EL Sept. 1998). 62 Vgl. Michels, DB 1981, 22 ff.; Scheffler, DB 1993, 845 ff.

I. Unilaterale Maßnahmen

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Fall von hohen Anrechnungsüberhängen empfehlen. § 34c Abs. 2 EStG vermeidet im Ergebnis die juristische Doppelbesteuerung nicht in vollem Umfang. Lediglich in Höhe des marginalen Steuersatzes tritt eine Steuerentlastung und damit eine Beseitigung von Doppelbesteuerung ein. c) Abzugsmethode nach § 34c Abs. 3 EStG Sind die Voraussetzungen des § 34c Abs. 1 EStG nicht gegeben, so kommt ein Abzug gem. § 34c Abs. 3 EStG von Amts wegen in Betracht. Dies ist der Fall, wenn eine ausländische Steuer vorliegt, die nicht der deutschen Einkommensteuer entspricht, oder wenn die ausländische Steuer auf das Einkommen nicht von dem Staat erhoben wurde, aus dem die Einkünfte stammen63 sowie wenn keine ausländischen Einkünfte im Sinne des § 34d EStG vorliegen. Der ersten Fallgruppe kommt nur eine geringe Bedeutung zu, da der Begriff der Gleichartigkeit der Steuern sehr weit gefasst ist64. Der wesentliche Anwendungsbereich der zweiten Fallgruppe ist dort zu sehen, wo über eine ausländische Betriebsstätte Einkünfte aus einem Drittstaat erzielt werden65. In diesem Fall wird die der deutschen Steuer entsprechende ausländische Steuer von dem Drittstaat erhoben, der nach deutschem Steuerrecht nicht der Quellenstaat ist, so dass eine Anrechnung nach § 34c Abs. 1 EStG in diesen Fällen ausscheidet. Die dritte Fallgruppe hat in der Praxis die größte Bedeutung. Danach können ausländische Steuern bei der Ermittlung der Einkünfte abgezogen werden, wenn nach deutschem Steuerrecht keine ausländischen Einkünfte, sondern inländische Einkünfte vorliegen. Angesprochen sind demnach die Fälle, in denen ein ausländischer Staat eine Steuer auf Einkünfte erhebt, die wirtschaftlich in Deutschland angefallen sind66. Auch § 34c Abs. 3 EStG kann wie § 34c Abs. 2 EStG eine tatsächlich eintretende Doppelbesteuerung nicht gänzlich beseitigen, da er ebenfalls nur den Abzug einer ausländischen Steuer von der Steuerbemessungsgrundlage zulässt.

63 Z. B. Steuern eines Drittstaates auf Einkünfte, die über eine Betriebsstätte in dem Staat bezogen werden, aus dem die ausländischen Einkünfte im Sinne des § 34d EStG stammen, vgl. BT-Drucks. 8/3648, S. 21. 64 Vgl. oben Kapitel C.I.1.a)gg), S. 38. 65 Vgl. Krabbe, BB 1980, 1146 (1148 ff.); Frotscher in: Frotscher/Maas KStG/ UmwStG, § 26 KStG, Rn. 69 (85. EL Nov. 2006). 66 Bspw. Produktions- und Liefergewinne bei Montageleistungen. Diese können nach deutschem Recht als inländische, nach ausländischem Recht aber als ausländische Einkünfte qualifiziert werden; vgl. Kuhn in: Herrmann/Heuer/Raupach EStG/ KStG, § 34c EStG Rn. 118 (225. EL Okt. 2006); Frotscher in: Frotscher/Maas KStG/ UmwStG, § 26 KStG Rn. 70 (85. EL. Nov. 2006).

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C. Beseitigung der internationalen Doppelbesteuerung

d) Sonstige Maßnahmen nach § 34c Abs. 5 EStG Eine Auffangfunktion für den Fall, dass die primär vom Gesetzgeber vorgesehenen Lösungen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nach § 34c Abs. 1 bis 3 EStG im konkreten Einzelfall nicht zu sachgerechten, sondern zu volkswirtschaftlich unerwünschten Ergebnissen führen, enthält § 34c Abs. 5 EStG. Danach steht der Finanzverwaltung das Recht zu, die Einkommensteuer ganz oder teilweise zu erlassen oder zu pauschalieren. Auf dieser Grundlage sind der Auslandstätigkeitserlass67 und der Pauschalierungserlass68 ergangen. e) Zusammenfassung Konzeptionell liegt der Anrechnungsmethode das Welteinkommensprinzip zugrunde. Dies hat zur Folge, dass die Besteuerung grundsätzlich kapitalexportneutral erfolgt. Dies gilt uneingeschränkt allerdings nur dann, wenn man die Frage der Kapitalexportneutralität allein aus der Perspektive des anrechnenden Staates beurteilt. Nimmt man die Perspektive eines Steuerpflichtigen ein, stellt sich die Besteuerung einer Investition schon dann nicht mehr als kapitalexportneutral dar, wenn die ausländischen Steuern nicht umfassend auf die inländische Steuer angerechnet werden. Es kommt dann letztlich zu Besteuerung nach dem Niveau des Quellenstaates und damit zu einer kapitalimportneutralen Besteuerung. Da nur die im Ausland gezahlte Steuer angerechnet wird, vermeidet die Anrechnungsmethode im Gegensatz zur Freistellungsmethode nicht schon die sog. virtuelle Doppelbesteuerung, sondern nur die tatsächliche. Im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht ermöglicht § 34c EStG die Vermeidung internationaler Doppelbesteuerung u. a. durch Anrechnung der ausländischen Steuer auf die inländische Steuerbelastung. § 34c EStG knüpft dabei ersichtlich an die juristische Doppelbesteuerung an, indem als Voraussetzung für die Steuerermäßigung persönliche Identität des Steuersubjekts und sachliche Identität des Abgabegegenstandes gefordert wird. Das Tatbestandsmerkmal der persönlichen Identität des Steuersubjekts wird vom BFH weit ausgelegt, so dass es auch in Fällen subjektiver Qualifikationskonflikte zu einer Anrechnung ausländischer Steuern nach § 34c Abs. 1 EStG kommt. Beim Merkmal der sachlichen Identität hat sich die Anrechnungsmethode neuerdings einer „per-itemlimitation“ angenähert, da nunmehr nach § 34c Abs. 1 S. 3 EStG im Ausland nicht besteuerte Einkünfte und nach umstrittener Ansicht auch im Inland freigestellte Auslandseinkünfte nicht mehr in die Berechnung des Anrechnungshöchstbetrages mit einbezogen werden. 67 Vgl. BStBl. I 1983, S. 470 f., der ab dem 1.1.1984 den Montageerlass (BStBl. I 1975, S. 944 ff.) ablöste. 68 Vgl. BStBl. I 1984, S. 252 f.

I. Unilaterale Maßnahmen

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Die Anrechnung ausländischer Steuern erfolgt nur länderbezogen im Rahmen einer „per-country-limitation“. Damit kommt es innerhalb des EG-Binnenmarktes nicht zu einem staatenübergreifenden Ausgleich von Anrechnungsüberhängen im Sinne einer „per-community-limitaion“. Zudem setzt § 34c EStG keine zeitliche Identität der Veranlagungszeiträume voraus, so dass die im Ausland entrichtete Steuer auch dann auf die ausländischen Einkünfte angerechnet wird, wenn sie innerhalb eines anderen (ausländischen) Veranlagungszeitraums erhoben wird. Die Ermittlung der ausländischen Einkünfte für die Bemessung des Anrechnungshöchstbetrages erfolgt nach den allgemeinen innerstaatlichen Ermittlungsvorschriften. Die Ausgestaltung der Anrechnungsmethode hat zur Folge, dass sich die Anrechnung im Rahmen der steuerlichen Durchschnittsbelastung auswirkt. Bei der Anrechnung nach § 34c EStG mindern ausländische Verluste die Steuerbemessungsgrundlage wie inländische Verluste. Insoweit werden in- und ausländische Einkünfte gleichbehandelt. Sofern inländischen Verlusten gleich hohe oder höhere ausländische Gewinne gegenüberstehen, kommt es zwar zu keiner Besteuerung der ausländischen Gewinne im Inland und damit zunächst auch nicht zu einer Doppelbesteuerung. Einen Vor- oder Rücktrag von daraus resultierenden Anrechnungsüberhängen sieht § 34c EStG aber nicht vor, weshalb es in Folgeperioden zu einer Doppelbesteuerung kommen kann. Die der Anrechnungsmethode zugrunde liegende Berechnungsmethode bewirkt außerdem, dass persönliche Abzugsbeträge anteilig insoweit nicht berücksichtigt werden, als ausländische Einkünfte in die Höchstbetragsberechnung einfließen. Damit werden den ausländischen Einkünften anteilig persönliche Abzugsbeträge zugeordnet. Konzeptionell unterstellt § 34c EStG damit, dass die anteilig auf die ausländischen Einkünfte entfallenden persönlichen Abzüge anteilmäßig im besteuernden Ausland in Abzug gebracht werden können. Dieses Konzept steht freilich in Widerspruch zur eigenen Besteuerung von beschränkt Steuerpflichtigen, die nach derzeitiger Rechtslage nämlich unter Außerachtlassung ihrer persönlichen Verhältnisse besteuert werden. Gemessen an der deutschen Rechtslage ist damit keinesfalls gewährleistet, dass persönliche Abzugsbeträge berücksichtigt werden. Die subsidiär zur Anwendung gelangenden Abzugs- und Pauschalierungsmethoden des § 34c Abs. 2, 3 und 5 EStG können hingegen eine tatsächlich eintretende Doppelbesteuerung nicht gänzlich verhindern, sondern lediglich abmildern. 2. Im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht (§ 50 Abs. 6 EStG) § 50 Abs. 6 EStG sieht seit 1980 unter bestimmten Voraussetzungen auch bei beschränkt Steuerpflichtigen i. S. d. §§ 1 Abs. 4 i.V. m. 49 EStG bzw. § 2 Nr. 1 u. 2 KStG die Anrechnung ausländischer Steuern auf die festgesetzte Einkom-

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men- bzw. Körperschaftsteuer oder wahlweise den Abzug ausländischer Steuer bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte entsprechend § 34c Abs. 1 bis 3 EStG vor. Auf unilateraler Ebene schließt § 50 Abs. 6 EStG damit die Lücke, die dadurch entsteht, dass § 34c Abs. 1 bis 3 EStG nur in Fällen der unbeschränkten Steuerpflicht Anwendung findet. Demnach kann im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht die auf beschränkt steuerpflichtige Einkünfte gezahlte ausländische Steuer auf die deutsche Steuer nach § 34c Abs. 1 EStG angerechnet bzw. nach § 34c Abs. 2 und 3 EStG abgezogen werden. Voraussetzung für die Anwendung des § 50 Abs. 6 EStG ist aber, dass der beschränkt Steuerpflichtige im Inland Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (§ 13 EStG), Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) oder selbständiger Arbeit (§ 18 EStG) erzielt, für die im Inland eine Betriebsstätte unterhalten wird (vgl. § 49 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 EStG). Innerhalb dieser inländischen Einkünfte muss der beschränkt Steuerpflichtige ausländische Einkünfte i. S. d. § 34d EStG erwirtschaften69. Diese müssen wiederum in einem anderen Staat der Besteuerung unterliegen. In diesem Fall kann die ausländische Steuer auf die deutsche Steuer angerechnet oder in Abzug gebracht werden. Die Anwendung des § 50 Abs 6 EStG ist allerdings ausgeschlossen, wenn die von der inländischen Betriebsstätte erfassten ausländischen Einkünfte im besteuernden Staat nach Maßstäben der unbeschränkten Steuerpflicht besteuert werden. Konzeptionell geht der Gesetzgeber also davon aus, dass in erster Linie der Ansässigkeitsstaat bzw. Wohnsitzstaat zur Vermeidung der Doppelbesteuerung in diesen Konstellationen verantwortlich ist. Da ein Verweis auf § 34c Abs. 6 EStG fehlt, gilt § 50 Abs. 6 EStG auch im Verhältnis zu Staaten, mit denen ein DBA besteht. Voraussetzung ist aber auch hier, dass das DBA keine nach § 2 AO vorrangige Regelung enthält70. Auf bilateraler Ebene gleicht § 50 Abs. 6 EStG damit die den meisten DBA zugrunde liegende Schwäche der fehlenden Abkommensberechtigung von Betriebsstätten aus.

II. Beseitigung der Doppelbesteuerung durch DBA Die internationale Doppelbesteuerung wird in der EG weitestgehend durch die bestehenden DBA zwischen den EG-Mitgliedstaaten vermieden. Im Folgenden soll daher die Systematik und Wirkungsweise von DBA dargestellt werden. 69 Die Anwendbarkeit von § 34d EStG im Rahmen von § 50 Abs. 6 EStG bejahend: Wied in: Blümich EStG/KStG/GewStG, § 50 EStG Rn. 94 (84. EL Okt. 2004); Heinicke in: Schmidt EStG, § 34d EStG Rn. 1; widersprüchlich Herkenroth in: Herrmann/Heuer/Raupach EStG/KStG, § 50 EStG Rn. 453 und 456 (207. EL Aug. 2002). 70 Vgl. Gosch in: Kirchhof EStG, § 50 EStG, Rn. 40.

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1. Verhältnis zwischen DBA und innerstaatlichem Recht In Anlehnung an die Rechtsprechung des BVerfG71 stellen DBA keine allgemeinen Grundsätze des Völkerrechts dar, die schon aus verfassungsrechtlichen Gründen gem. Art. 25 S. 2 GG den nationalen Gesetzgeber binden. Auch binden DBA als völkerrechtliche Verträge lediglich die sie abschließenden Vertragsstaaten, nicht aber unmittelbar deren Bevölkerung. Durch den Abschluss eines DBA werden mithin keine unmittelbaren Rechte oder Pflichten für die der jeweiligen Steuergewalt unterfallenden Steuerpflichtigen begründet. Von der völkerrechtlichen Verbindlichkeit zu trennen ist die innerstaatliche Anwendbarkeit von DBA. In Deutschland wird die innerstaatliche Anwendbarkeit von DBA durch ein Zustimmungsgesetz gem. Art. 59 Abs. 2 GG bewirkt. Erst das Zustimmungsgesetz bewirkt die Einbeziehung von DBA in die innerstaatliche Rechtsordnung und verleiht ihrem Inhalt Geltung als innerstaatliches deutsches Recht72. Innerstaatliche rechts- und pflichtenbegründende Wirkung haben DBA als bilaterale Verträge daher ausschließlich aufgrund des jeweiligen Zustimmungsgesetzes73. Wie dieser Übergang zur Geltung im innerstaatlichen Recht zu verstehen ist, wird unterschiedlich erklärt. Die frühere Rechtssprechung des BVerfG ging davon aus, dass das Zustimmungsgesetz als Transformator die Vertragsnorm in innerstaatliches Recht umwandelt74. Die neuere Rechtsprechung des BVerfG tendiert hingegen zur sog. Vollzugstheorie. Danach erteilt das nationale Zustimmungsgesetz den „innerstaatlichen Rechtsanwendungsbefehl“75. Diese Sichtweise gilt als „dogmatisch leistungsfähiger“76. Insbesondere lässt sich, unabhängig von einer völkerrechtsfreundlichen Haltung des Grundgesetzes, auf diese Weise einfacher begründen, dass für die Auslegung völkerrechtlicher Verträge die Grundsätze maßgeblich sind, die das Völkerrecht enthält77. Da die Anwendbarkeit der bilateralen Vorschriften erst aufgrund des Zustimmungsgesetzes als einfaches Gesetz möglich ist, sind die anwendbaren Vorschriften von DBA rangmäßig dem einfachen Recht gleichzusetzen78. Ein be-

71 BVerfG, Urteil v. 26.03.1957 – 2 BvG1/55, BVerfGE 6, 309 (363); so auch BFH, Urteil v. 13.07.1994, BStBl. II 1995, 129 (130). 72 BVerfG, Urteil v. 30.07.1952 – 1 BvF 1/52, BVerfGE 1, 396 (411). 73 Vgl. BFH, Urteil v. 14.03.1989 – I R 20/87, BStBl. II 1989, 649 (650). 74 BVerfG, Urteil v. 30.07.1952 – 1 BvF 1/52, BVerfGE 1, 396 (411). 75 BVerfG, Urteil v. 12.07.1994 – 2 BvE 3/92, 5/93, 7/93, 8/93, BVerfGE 90, 286 (364). 76 Jarass in: Jarass/Pieroth GG, Art. 25 GG Rn. 1a. 77 Jarass in: Jarass/Pieroth GG, Art. 25 GG Rn. 1a; Rojahn in: von Münch/Rojahn GG, Art. 59 GG Rn. 33. 78 Gersch in: Klein AO, § 2 AO Rn. 3.

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sonderer Rang von DBA mit der Folge einer Überordnung über das einfache Gesetz besteht daher nicht. 2. Zweck von DBA Die deutsche Wirtschaft unterhält enge Beziehungen zum Ausland. Vor allem in Europa sind die Volkswirtschaften der einzelnen Staaten hochgradig von einander abhängig. Die Verflechtung verschiedener Volkswirtschaften bringt auch die Steuerrechtssysteme der Länder miteinander in Berührung. Dabei verursachen die unterschiedlichen Rechtssysteme bei internationalen Sachverhalten erhebliche Unstimmigkeiten, die eine internationale (Steuer-)Koordination notwendig machen. Im Bereich der Einkommensbesteuerung geschieht diese Koordination durch das Netz bilateraler DBA. Einen Beitrag zur Koordination leisten DBA dabei auf unterschiedliche Weise. Das Diskriminierungsverbot des Art. 24 OECD-MA gewährleistet, dass die Staatsangehörigen der Vertragsstaaten oder deren ausländischen Betriebsstätten keiner diskriminierenden Besteuerung im Ausland unterliegen (Art. 24 OECD-MA). Daneben bezwecken DBA auch die Vermeidung internationaler Steuerverkürzung durch Etablierung eines zwischenstaatlichen Informationsaustausches (Art. 26 OECD-MA). Namensgebender vorrangiger Zweck von DBA ist aber die Vermeidung juristischer Doppelbesteuerung. Ihre Aufgabe ist deshalb zuerst durch Vermeidung von Doppelbesteuerung eine angemessene Besteuerung auf der Ebene derer herbeizuführen, die von der Besteuerung betroffen sind (sog. „individual-equity“)79. Neben der Verwirklichung individueller Steuergerechtigkeit sind die Staaten aber gleichzeitig bemüht, durch DBA auch eine gerechte Aufteilung von Steuerquellen unter den beteiligten Staaten zu erreichen (sog. „inter-nation-equity“)80. Aufgrund ihrer besonderen wettbewerblichen Wirkungsweisen werden DBA auch zur Verfolgung finanzpolitischer Ziele eingesetzt, beispielsweise durch Vereinbarung der Freistellungs- oder der Anrechnungsmethode, die entweder zu einer kapitalimportneutralen oder kapitalexportneutralen Besteuerung führen. Insoweit geht es also nicht nur um die Verwirklichung von individueller Steuergerechtigkeit und angemessener Verteilung von Steuersubstrat, sondern auch um die Verwirklichung wettbewerbspolitischer Ziele im Rahmen der Besteuerung.

79 Menck in: Gosch/Kroppen/Grotherr DBA, Grundl. Teil 1 Abschn. 2 Rn. 121 (15. EL 2004). 80 Menck in: Gosch/Kroppen/Grotherr DBA, Grundl. Teil 1 Abschn. 2 Rn. 122 (15. EL 2004).

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3. Systematik von DBA a) Funktions- und Wirkungsweise – „freiwillige“ Begrenzungsnormen Angelehnt an das OECD-Musterabkommen hat sich zur Vermeidung von internationaler Doppelbesteuerung in den DBA ein eigenständiges Regelsystem herausgebildet81. Dieses Regelungssystem wird unterschiedlich beurteilt. Nach Vogel zeichnet es sich dadurch aus, dass es „für den Bereich, in dem Überschneidungen zu erwarten sind, die Steuertatbestände durch Zurücknahme des innerstaatlichen materiellen Steuerrechts unter den Vertragsstaaten aufteilt“82. Nach Vogels Vorstellungen kommt es durch DBA mithin zu einer Aufbzw. Zuteilung von Steuergütern. Niederschlag fand diese Sichtweise auch in der Rechtsprechung des RFH, der sich zum Verständnis und zur Wirkungsweise von DBA dahingehend eingelassen hat, dass diese den Zweck hätten, eine absolute Abgrenzung der Steuergewalt der beteiligten Staaten herbeizuführen83. Nach Debatin stellen DBA Rechtsnormen dar, die dem innerstaatlichen Steuerrecht Schranken setzen84. Wassermeyer ist hingegen in Anlehnung an einige Entscheidungen des BFH85 der Ansicht, dass DBA-Normen nicht als Aufteilungs- oder Schrankenrecht zu verstehen, sondern in ihrer Wirkungsweise auf eine Stufe mit den § 3 EStG und § 34c EStG zu stellen sind86. Der BFH, der sich in diesem Zusammenhang bisher unterschiedlich äußerte, hat sich u. a. dahingehend eingelassen, dass die Vertragsstaaten in den DBA auf Steueransprüche verzichteten87. Vogel stellt zutreffend heraus, dass es in diesem Zusammenhang gleichgültig ist, ob man von einem Verzicht auf Steueransprüche, von einer Auf- oder Zuteilung der Steuerquellen, von einem Schrankenrecht für das inländische Steuerrecht oder von einer absoluten Abgrenzung der Steuergewalten spricht, solange 81 Vgl. Debatin, AWD/BB 1969, 477 ff.; Wassermeyer, StuW 1990, 404 (405) m.w. N. 82 Vogel, DB 1986, 507 (508); ders. in: Vogel/Lehner DBA, Einl. Rn. 70. 83 RFH, Urteil v. 25.01.1933 – VI A 199/32, RStBl. 1933, 478; RFH, Urteil v. 02.03.1937 – I A 314/36, RStBl. 1937, 627 f.; im Ergebnis einst ebenso der BFH mit dem Hinweis „. . ., dass die BRD die . . . Verluste [bei Anwendung der Freistellungsmethode] nicht berücksichtigen darf“, vgl. BFH, Urteil v. 23.03.1972, BStBl. II 1972, 948 (949). 84 Debatin, RIW 1989, 551 (552 f.); ders., DStR 1992, Beihefter zu Heft 23, 2; so auch jüngst öVwGH, Erk. v. 25.09.2001 – 99/14/0217 E, IStR 2001, 754 (755), kritisch dazu Lang, SWI 2002, 86 (88). 85 BFH, Urteil v.14.03.1989 – I R 20/87, BStBl. II 1989, 649 (650); BFH, Urteil v. 01.10.1992 – I B 42 u. 43/92, BFH/NV 1993, 156. 86 Wassermeyer, IStR 1992, 103 f.; ders. in: Debatin/Wassermeyer DBA, Art. 1 OECD-MA Rn. 9 (82. EL Sept. 2000) bzw. Art. 23A OECD-MA, Rn. 1a (87. EL Okt. 2002). 87 BFH, Urteil v. 28.06.1972 – I R 35/70, BStBl. II 1972, 785 (789).

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aus der gewählten Beschreibung nicht nach einer „Begriffsjurisprudenz“ rechtliche Folgen hergeleitet werden88. Dass mit den unterschiedlichen Begriffen aber unterschiedliche Rechtsfolgen abgeleitet werden, zeigt insbesondere die Diskussion um die Abzugsfähigkeit ausländischer Verluste bei Anwendung der Freistellungsmethode im Ansässigkeitsstaat, die unter anderem von der Frage nach der Wirkungsweise von DBA abhängt. So hat der RFH die Wirkungsweise von DBA im Sinne einer absoluten Abgrenzung der Steuergewalten zur Begründung dafür herangezogen, dass abkommensrechtlich freigestellte negative ausländische Verluste im Ansässigkeitsstaat nicht berücksichtigt werden dürften. Im Ergebnis ebenso im Sinne einer absoluten „Zuteilungstheorie“ äußerte sich der in diesem Zusammenhang unbeständige BFH mit dem Hinweis, „[. . .], dass die BRD die [. . .] Verluste nicht berücksichtigen darf“89. Wesentliches Argument ist danach also, dass die Aufteilung von Besteuerungsrechten in den DBA dem jeweiligen Staat jede weitere Regelungskompetenz nimmt und eine Verlustberücksichtigung deshalb im Ansässigkeitsstaat nicht (mehr) erfolgen kann. Das Verständnis der Wirkungsweise von DBA ist allerdings in dieser Zuspitzung nicht richtig. DBA führen nicht zu einer absoluten „Aufteilung“ oder „Zuteilung“ von Besteuerungsrechten mit der Folge, dass der Ansässigkeitsstaat für den „zugeteilten“ Bereich über keinerlei Besteuerungskompetenz mehr verfügt. Staaten sind nach dem Staats- und Völkerrecht weiterhin kraft ihrer Souveränität frei, über das Besteuerungsrecht zu bestimmen, sofern der Sachverhalt lediglich eine hinreichend substanzielle Verknüpfung zum Hoheitsgebiet des Staates aufweist90. Davon geht teilweise offenbar auch der BFH aus, wenn er urteilt, dass DBA lediglich festlegen, „in welchem Umfang der nach innerstaatlichem Recht bestehende Steueranspruch entfallen soll“91, oder dass ein DBA das jedem Staat originär zustehende Besteuerungsrecht unberührt lässt92. Steht diese Souveränität außer Frage, kann das Recht des Staates zur Besteuerung auch nicht auf- oder zugeteilt, sondern lediglich freiwillig beschränkt werden93. Richtigerweise enthalten DBA deshalb lediglich „freiwillige“ Begrenzungs- oder 88

Vogel in: Vogel/Lehner DBA, Einl. Rn. 70. BFH, Urteil v. 23.03.1972 – I R 128/70, BStBl. II 1972, 948 (949). 90 Dazu oben Kapitel B.I., S. 24 ff. 91 So BFH, Urteil v. 26.03.1991 – I X R 162/85, BStBl. II 1991, S. 704 (706 f.); vgl. auch BFH, Urteil v. 12.03.1980 – I R 186/76, BStBl. II 1980, S. 531 (533): „Doppelbesteuerungsabkommen begründen keine Steuerpflicht und erhöhen keine Steuer über die innerstaatlichen Steuergesetze hinaus.“; dahingehend auch BFH, Urteil v. 05.06.1986 – IV R 268/82, BStBl. II 1986, 659; „Die Doppelbesteuerungsabkommen legen aber lediglich fest, in welchem Umfang der nach innerstaatlichem Recht bestehende Steueranspruch entfallen soll.“ 92 BFH, Urteil v. 21.05.1997 – I R 79/96, BStBl. II 1998, 113 (114). 93 So ausdrücklich auch der BFH, Beschluss v. 01.10.1992 – I B 42–43/92, I B 42/ 92, I B 43/92, IStR 1992, 103, wonach DBA-Normen als sachliche Steuerbefreiung bzw. Steuerermäßigung wirken mit der Maßgabe, dass die betroffenen Vertragsstaaten nur ihren eigenen Steueranspruch freiwillig der Höhe nach zurücknehmen. 89

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Grenznormen, die zu keiner absoluten Abgrenzung der Steuergewalten der Staaten führen94. b) Aufbau und Struktur: Unterscheidung der Verteilungs- und Vermeidungsnormen Von der systematischen Einordnung der DBA abgesehen, orientieren sich alle DBA Deutschlands am OECD-MA und weisen dementsprechend eine ähnliche Struktur auf. Insbesondere hinsichtlich der Artt. 1 bis 22 und 24 ff. OECD-MA stimmen die von Deutschland nach 1963 abgeschlossenen Abkommen im Wesentlichen mit dem OECD-MA überein. Der Inhalt der Methodenartikel (Art. 23A und Art. 23B OECD-MA) wird in den von Deutschland geschlossenen Abkommen allerdings stets zu einem Artikel zusammengefasst. Darin wird dann absatzweise geregelt, ob die Doppelbesteuerung im Ansässigkeitsstaat durch Anwendung der Befreiungs- oder Anrechnungsmethode erfolgt. So gesehen sind die in Art. 23A und Art. 23B OECD-MA vorgeschlagenen Regelungen nur als ein Angebot an die Vertragsstaaten zu sehen, entweder zu der einen oder der anderen Vorschrift zu optieren. Abkommensrechtlich wird mithin weder die Steuerpauschalierung noch der Steuerabzug angewendet wie sie aus dem deutschen innerstaatlichen Recht bekannt sind (§ 34c Abs. 2, 3 und 5 EStG)95. Die für diese Arbeit relevanten Bereiche von DBA sollen im Folgenden kurz dargestellt werden. Angelehnt an Artt. 1 und 2 OECD-MA werden zu Beginn der deutschen DBA regelmäßig der persönliche und sachliche Geltungsbereich des Abkommens geregelt. Gem. Art. 1 OECD-MA sind abkommensberechtigt nur Personen, die in einem der beiden Vertragsstaaten ansässig sind, wobei der Ausdruck „Person“ gem. Art. 3 Abs. 1 lit. a OECD-MA natürliche Personen, Gesellschaften und Personenvereinigungen umfasst. Während mithin Einkommen- und Körperschaftsteuersubjekte vom persönlichen Anwendungsbereich von DBA erfasst sind, sind Betriebsstätten als solche nicht abkommensberechtigt. Sachlich erfassen die DBA in Anlehnung an Art. 2 OECD-MA grundsätzlich alle Steuern von Einkommen. Angelehnt an Artt. 6 bis 23 OECD-MA finden sich im Mittelteil deutscher DBA stets die für diese Arbeit bedeutenden Verteilungs- und Vermeidungsnormen. Sie geben Auskunft darüber, welcher Vertragsstaat von seinem Besteuerungsrecht Gebrauch machen darf (Artt. 6 bis 22 OECD-MA) und wie der an94 So auch Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer DBA, Art. 1 OECD-MA, Rn. 9 (87. EL Okt. 2002) und Art. 23 A OECD-MA, Rn. 57 (87. EL Okt. 2002); Kluge, Int. Steuerrecht, S. 653 ff.; Vogel in: Vogel/Lehner DBA, Einl. Rn, 43, 68, 69; Prokisch, DStJG Bd. 28 (2005), S. 229 (236 ff.). 95 Schaumburg, Int. Steuerrecht, Rn. 16.525; Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer DBA, Art. 23A OECD-MA Rn. 2 (87. EL Okt. 2002).

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dere Staat die Doppelbesteuerung zu vermeiden hat. Insoweit kann man zwischen sog. Verteilungsnormen (Artt. 6 bis 22 OECD-MA) und sog. Vermeidungsnormen (Art. 23A und Art. 23B OECD-MA) unterscheiden. Sofern der Quellenstaat sein Besteuerungsrecht nach den Bestimmungen der Artt. 6 bis 22 OECD-MA behält, werden die Vermeidungsnormen der Art. 23A und der Art. 23B OECD-MA relevant. Der Ansässigkeitsstaat ist dann zur Vermeidung der Doppelbesteuerung verpflichtet. Er muss die Einkünfte i. S. v. Artt. 6 bis 22 OECD-MA entweder nach Art. 23A OECD-MA freistellen oder die auf die Einkünfte erhobene ausländische Steuer nach Maßgabe des Art. 23B OECD-MA auf die inländische Steuer anrechnen. Insoweit steht dem Ansässigkeitsstaat ein Methodenwahlrecht zu. Sofern allerdings der Ansässigkeitsstaat nach den Verteilungsnormen sein Besteuerungsrecht behält, sind die Freistellungs- und Anrechnungsmethode in der Regel nicht unmittelbar anwendbar. Denn dann enthalten die Verteilungsnormen bereits Angaben darüber wie die Doppelbesteuerung im Quellenstaat zu vermeiden ist (sog. Verteilungsnormen mit abschließender Rechtsfolge)96. Diese Rechtsfolge wird mit dem Wortlaut der jeweiligen Verteilungsnorm begründet. Vorwiegend verwenden die Verteilungsnormen die Worte „können nur in [. . .] besteuert werden“, woraus geschlossen wird, dass die entsprechenden Einkünfte im Quellenstaat freizustellen sind. Da insoweit die Verteilungsnormen die Rechtsfolge selbst festlegen, ist für die Anwendung der Vermeidungsnormen i. S. v. Art. 23A und Art. 23B OECD-MA kein Raum mehr97. Art. 6 OECD-MA betrifft Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen, wenn die in einem Vertragsstaat ansässige Person Einkünfte aus dem anderen Vertragsstaat bezieht. Diese Vorschrift gilt als Spezialgesetz gegenüber den übrigen Vorschriften des OECD-MA98. Art. 6 Abs. 4 OECD-MA legt fest, dass die nach Art. 6 Abs. 3 OECD-MA relevanten Einkünfte aus der Nutzung von unbeweglichem Vermögen dem Belegenheitsstaat zustehen. Daher werden alle mit der Nutzung verbundenen Einkünfte, auch wenn sie der Ausübung eines Gewerbes dienen, dem Quellenstaat zugerechnet. Eine Umqualifizierung im Sinne von § 21 Abs. 3 EStG findet nicht statt. Als Verteilungsnorm mit offener Rechtsfolge lässt Art. 6 OECD-MA offen, wie eine Doppelbesteuerung im Ansässigkeitsstaat zu vermeiden ist, ob also die Einkünfte dort freigestellt werden (vgl. Art. 23A OECD-MA) oder die Steuer des Quellenstaates angerechnet wird (Art. 23B OECD-MA). Art. 7 OECD-MA ist die Kernvorschrift für den Bereich der grenzüberschreitenden unternehmerischen Tätigkeit. Als Fortsetzung und Ergänzung des Art. 5 96

Vogel in: Vogel/Lehner DBA, Vor Art. 6-22 OECD-MA Rn. 4 ff. Vogel in: Vogel/Lehner DBA, Art. 23 OECD-MA Rn. 34. 98 Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer DBA, Art. 6 OECD-MA Rn. 101 (100. EL Jan. 2007); Vogel in: Vogel/Lehner DBA, Art. 6 OECD-MA Rn. 5. 97

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OECD-MA über die Betriebsstätte legt sie das Betriebsstättenprinzip fest und stellt damit einen Unterfall des allgemeinen Belegenheitsprinzips dar. Nach dieser Vorschrift werden Gewinne grundsätzlich im Ansässigkeitsstaat des Unternehmens besteuert, es sei denn, das Unternehmen unterhält eine ausländische Betriebsstätte im Sinne des Art. 5 OECD-MA. Die dieser Betriebsstätte zurechenbaren Gewinne werden im Belegenheitsstaat besteuert. Die Streichung des Art. 14 OECD-MA (selbständige Arbeit) hat zur Folge, dass nunmehr auch Einkünfte aus freiem Beruf oder sonstiger selbständiger Tätigkeit als Unternehmensgewinne i. S. v. Art. 7 OECD-MA behandelt werden. Wie der Ansässigkeitsstaat die Doppelbesteuerung vermeidet, sofern das Besteuerungsrecht dem Quellenstaat zugeordnet ist, lässt Art. 7 OECD-MA offen99. Der Ansässigkeitsstaat entscheidet daher, ob er die Doppelbesteuerung durch Freistellung gem. Art. 23A OECD-MA oder durch Anrechnung der ausländischen Steuer gem. Art. 23B OECD-MA vermeidet. Unterhält das Unternehmen keine Betriebsstätte im Tätigkeitsstaat, so behält der Ansässigkeitsstaat das Besteuerungsrecht, und zwar auch dann, wenn die Gewinne durch eine Tätigkeit im anderen Staat erwirtschaftet wurden. Der Quellenstaat hat die Gewinne in diesem Fall gem. Art. 7 Abs. 1 OECD-MA freizustellen (insoweit Verteilungsnorm mit abschließender Rechtsfolge)100. Art. 8 OECD-MA ist eine den Bedürfnissen der gewerblichen Seeschifffahrt, Binnenschifffahrt und Luftschifffahrt entsprechende Verteilungsnorm. Gewinne aus Seeschifffahrt, Luftfahrt und Binnenschifffahrt besteuert danach allein der Staat der tatsächlichen Geschäftsleitung des Unternehmens als Quellenstaat. Die Besteuerung im Staat in dem die Tätigkeit ausgeübt wird, im Betriebsstättenstaat oder auch im Ansässigkeitsstaat ist ausgeschlossen101. Tätigkeitsstaat, Betriebsstättenstaat und Ansässigkeitsstaat haben in diesem Fall gem. Art. 8 OECD-MA die Gewinne freizustellen (Verteilungsnorm mit abschließender Rechtsfolge). Abweichend von der Regel des OECD-MA hat der zur Vermeidung der Doppelbesteuerung verpflichtete Ansässigkeitsstaat in diesen Fällen damit kein Wahlrecht zwischen Anwendung der Freistellungs- und Anrechnungsmethode nach Art. 23A oder Art. 23B OECD-MA. Während Artt. 6 bis 8 OECD-MA auf eine juristische Doppelbesteuerung abstellen, tritt Art. 9 OECD-MA der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung bei verbundenen Unternehmen entgegen102. Er dient nicht der hier im Fokus stehenden Vermeidung der juristischen Doppelbesteuerung.

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Hemmelrath in: Vogel/Lehner DBA, Art. 7 OECD-MA Rn. 16. Vogel in: Vogel/Lehner DBA, Vor Art. 6-22 OECD-MA Rn. 4; Hemmelrath in: Vogel/Lehner DBA, Art. 7 OECD-MA, Rn. 16. 101 Hemmelrath in: Vogel/Lehner DBA, Art. 8 OECD-MA Rn. 3. 102 Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer DBA, Art. 9 OECD-MA Rn. 1 (93. EL Mai 2004); Lehner in: Vogel/Lehner DBA, Art. 10 OECD-MA Rn. 9. 100

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Für Dividenden und Zinsen wird grundsätzlich gem. Art. 10 Abs. 1 OECDMA und Art. 11 Abs. 1 OECD-MA dem Ansässigkeitsstaat das Besteuerungsrecht zugewiesen. Das OECD-MA sieht jedoch in Art. 10 Abs. 2 OECD-MA und Art. 11 Abs. 2 OECD-MA auch eine Aufteilung zwischen Quellen- und Ansässigkeitsstaat vor, wobei die Besteuerung im Quellenstaat der Höhe nach begrenzt ist. Bei Dividendeneinkünften muss hier unterschieden werden zwischen Dividenden aus einem Portfolioinvestment, für die gem. Art. 10 Abs. 2b OECD-MA eine 15%ige Quellensteuer gilt und Dividenden aus Direktinvestitionen (mind. 25% Beteiligung), für die gem. Art. 10 Abs. 2a OECD-MA eine 5%ige Quellensteuer gilt. Für Zinsen sieht Art. 11 Abs. 2 OECD-MA maximal eine Quellensteuer von 10% vor. Im Zusammenhang mit Dividenden und Zinsen, die nach deutschem Recht Einkünfte i. S. v. § 13, § 15 oder § 18 EStG darstellen, haben diese Vorschriften ebenfalls eine lex-specialis-Wirkung103. Art. 7 OECD-MA gilt hier deshalb grundsätzlich nicht. Systematisch treten die genannten Regelungen aber nach Art. 10 Abs. 4 OECD-MA und Art. 11 Abs. 4 OECD-MA hinter Art. 7 OECD-MA zurück, wenn der Einkünftebezieher eine Betriebsstätte unterhält und die Dividenden bzw. Zinsen zum Gewinn dieser Betriebsstätte gehören. Insoweit gelten die obigen Ausführungen zu Art. 7 OECDMA. Nur sofern die Dividenden und Zinsen nicht dem Gewinn einer Betriebsstätte zuzurechnen sind, beurteilt sich die Vermeidung der Doppelbesteuerung also nach Art. 10 OECD-MA und Art. 11 OECD-MA. Die Doppelbesteuerung wird dann, sofern Quellensteuer im Quellenstaat erhoben wird, gem. Art. 23A Abs. 2 OECD-MA bzw. Art. 23B OECD-MA im Ansässigkeitsstaat durch Anrechnung beseitigt. Das Besteuerungsrecht für Lizenzgebühren steht gem. Art. 12 Abs. 1 OECDMA dem Ansässigkeitsstaat zu. Der Systematik der Art. 10 OECD-MA und Art. 11 OECD-MA folgend geht die Vorschrift des Art. 7 OECD-MA der Anwendung des Art. 12 Abs. 1 OECD-MA vor, wenn die zugrunde liegenden Rechte oder Vermögenswerte, für die die Lizenzgebühren gezahlt werden, zu einer im Quellenstaat belegenen Betriebsstätte gehören (Art. 12 Abs. 3 OECDMA). Auch insoweit gelten die obigen Ausführungen zu Art. 7 OECD-MA. Im Übrigen stellt der Quellenstaat die Lizenzgebühren regelmäßig von der Besteuerung frei104. Bei der Veräußerung von Betriebsvermögen wird nach Art. 13 OECD-MA grundsätzlich auf das Belegenheitsprinzip abgestellt, wobei auch hier ein Betriebsstättenvorbehalt vorgesehen ist (Art. 13 Abs. 2 OECD-MA). Wie der Ansässigkeitsstaat die Doppelbesteuerung vermeidet, lässt Art. 13 OECD-MA of-

103

Vogel in: Vogel/Lehner DBA, Art. 10 OECD-MA Rn. 9. Vogel in: Vogel/Lehner DBA, Art. 12 OECD-MA Rn. 17, Vor Art. 6-22 OECDMA Rn. 4 ff. 104

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fen, so dass es auch hier dem Ansässigkeitsstaat überlassen ist, ob er freistellt (Art. 23A OECD-MA) oder anrechnet (Art. 23B OECD-MA)105. Auch die Artt. 15 bis 20 OECD-MA enthalten für den Bereich der Einkünfte aus unselbständiger Arbeit im weitesten Sinne und den Einkünften von Sportlern und Künstlern Verteilungsnormen mit abschließender oder offener Rechtsfolge. Für Einkünfte, die nicht unter Artt. 6 bis 20 OECD-MA fallen, begründet Art. 21 OECD-MA als Auffangnorm ein ausschließliches Besteuerungsrecht des Ansässigkeitsstaates. Nach Art. 21 Abs. 1 OECD-MA „können [diese Einkünfte] nur in diesem Staat besteuert werden“, weshalb Art. 21 OECD-MA als Verteilungsnorm mit abschließender Rechtsfolge ein materiellrechtliches Gebot zur Freistellung bewirkt. 4. Die Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung Die deutschen DBA sehen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung entweder Verteilungsnormen mit abschließender Rechtsfolge oder mit offener Rechtsfolge vor. Bei den Verteilungsnormen mit offener Rechtsfolge kann die Doppelbesteuerung alternativ durch die Freistellungsmethode (vgl. Art. 23A OECD-MA) oder durch die Anrechnungsmethode (vgl. Art. 23B OECD-MA) vermieden werden106. Der Ansässigkeitsstaat kann insoweit im DBA darüber entscheiden, wie die Doppelbesteuerung vermieden werden soll. Sofern der Ansässigkeitsstaat zur Besteuerung berechtigt bleibt, enthalten die DBA regelmäßig Verteilungsnormen mit abschließender Rechtsfolge, wonach der Quellenstaat dann stets zur Freistellung verpflichtet ist. Die allgemein für die Freistellungsmethode (Art. 23A OECD-MA) entwickelten Grundsätze werden in den genannten Fällen jedoch entsprechend angewendet107. Die Freistellungsmethode kommt mithin sowohl im Ansässigkeitsstaat als auch im Quellenstaat zur Anwendung. a) Anrechnungsmethode in Anlehnung an das OECD-MA Als den einen der beiden Wege zur Vermeidung der Doppelbesteuerung formuliert Art. 23B OECD-MA bzw. Art. 23A Abs. 2 OECD-MA die Anrechnungsmethode. Für den Fall, dass eine im Wohnsitzstaat ansässige Person Einkünfte bezieht und diese Einkünfte nach dem DBA im Vertragsstaat besteuert werden können, hat der Ansässigkeitsstaat gem. Art. 23B Abs. 1 lit. a OECDMA auf die vom Einkommen dieser Person zu erhebende Steuer den Betrag 105 106 107

Prokisch in: Vogel/Lehner DBA, Art. 13 OECD-MA Rn. 9. Dazu oben Kapitel C.II.3.b), S. 51 ff. Vogel in: Vogel/Lehner DBA, Art. 23 OECD-MA Rn. 34.

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anzurechnen, der der im Vertragsstaat gezahlten Steuer vom Einkommen entspricht. Regelungsadressat der im OECD-MA vorgesehenen Anrechnungsmethode ist demnach der Ansässigkeitsstaat. Im Quellenstaat erfolgt die Vermeidung von Doppelbesteuerung nach der Konzeption des OECD-MA in keinem Fall durch Anwendung der Anrechnungsmethode, sondern stets durch Freistellung. Auch die von Deutschland vereinbarten DBA folgen einheitlich diesem Konzept. Damit ist die Bedeutung der im Abkommen vorgesehenen Anrechnungsmethode auf die Besteuerung im Ansässigkeitsstaat begrenzt. aa) Vorrang der abkommensrechtlichen Anrechnung nach § 34c Abs. 6 S. 1 EStG Sofern die Einkünfte aus einem ausländischen Staat stammen, mit dem ein DBA vereinbart ist, tritt gem. § 34c Abs. 6 S. 1 EStG die unilateral vorgesehenen Anrechnungsmethode i. S. v. § 34c Abs. 1 bis 3 EStG zurück108. Ausnahmslos gilt diese Subsidiarität aber nur für den Fall, dass das DBA die ausländischen Einkünfte der deutschen Besteuerung nach der Freistellungsmethode entzieht. Denn sieht ein DBA die Anrechnungsmethode vor, bleibt § 34c Abs. 1 S. 2 bis 5 und Abs. 2 EStG auf die nach dem DBA anzurechnende ausländische Steuer entsprechend anwendbar, wenn das DBA als spezialgesetzliche Regelung nicht bereits die Anrechnung im Einzelnen regelt. Da die deutschen DBA keine Detailregelungen über das Anrechnungsverfahren enthalten, sind die unilateralen Regelungen stets ergänzend heranzuziehen109. Da in § 50 Abs. 6 EStG ein Verweis auf § 34c Abs. 6 EStG S. 1 fehlt, gilt § 50 Abs. 6 EStG auch im Verhältnis zu Staaten, mit denen ein DBA besteht110. Sofern allerdings das DBA eine dem § 50 Abs. 6 EStG entsprechende Regelungen enthält, geht dieses als „lex specialis“ vor. Nach den deutschen DBA sind Betriebsstätten allerdings nicht abkommensberechtigt, so dass den DBA insoweit kein Vorrang zukommt. bb) Ausgestaltung durch innerstaatliches Recht nach § 34c Abs. 6 S. 2 bis 4 EStG Im Unterschied zur Freistellungsmethode ist die Anrechnungsmethode stärker auf eine Ergänzung durch das innerstaatliche Recht angewiesen. Zahlreiche Bezugsgrößen sind so stark vom Steuerrecht des anrechnenden Staates abhängig, 108 BFH, Urteil v. 15.03.1995 – I R 98/94, BStBl. II 1995, 580 (581); BFH, Urteil v. 20.12.1995 – I R 57/94, BStBl. II 1996, 261 (263). 109 BFH, Urteil v. 20.12.1995 – I R 57/94, BStBl. II 1996, 261 (263); Krabbe, BB 1980, 1146 (1148); Vogel in: Vogel/Lehner DBA, Art. 23 OECD-MA Rn. 153. 110 Gosch in: Kirchhof EStG, § 50 EStG Rn. 40.

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dass sie durch ein Musterabkommen nicht näher geregelt werden können, aber auch von den Einzelabkommen regelmäßig nicht näher bestimmt werden. Die geltenden deutschen DBA sehen häufig vor, dass die Anrechnung „unter Beachtung“ oder „nach Maßgabe“ des deutschen Steuerrechts zu erfolgen hat. Vor allem für die verschiedenen Faktoren, aus denen sich der Höchstbetrag der Anrechnung errechnet sowie für den Anrechnungszeitraum ist das nationale Recht zu beachten111. Zwar finden gem. § 34c Abs. 6 S. 1 EStG die innerstaatlichen Vermeidungsvorschriften keine Anwendung, wenn die Einkünfte aus einem ausländischen Staat stammen, mit dem ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung besteht. Soweit allerdings in einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung die Anrechnung einer ausländischen Steuer auf die deutsche Einkommensteuer vorgesehen ist und das Abkommen keine eigenen Anrechnungsvorschriften enthält, ist § 34c Abs. 1 S. 2 bis 5 und Abs. 2 EStG entsprechend auf die anzurechnende ausländische Steuer anzuwenden (vgl. § 34c Abs. 6 S. 2 EStG). Die entsprechende Anwendung der innerstaatlichen Anrechnungsvorschriften gilt namentlich für die Ermittlung des Höchstbetrages der Anrechnung sowie die sachliche und zeitliche Zuordnung der ausländischen Steuer112. Da zur Ausfüllung eines DBA die innerstaatlichen Berechnungsvorschriften heranzuziehen sind, ist die abkommensrechtliche Anrechnung wesentlich durch das nationale Recht bestimmt und damit im Wesentlichen durch nationale Interessen geprägt. cc) Wirkungsweise der Anrechnungsmethode Die Anrechnungsmethode geht davon aus, dass der Ansässigkeitsstaat sowohl die im Inland als auch die im Ausland erwirtschafteten Einkünfte besteuert. Konzeptionell liegt der Anrechnungsmethode daher das Welteinkommensprinzip zugrunde, wonach alle Einkünfte, einschließlich der im Ausland besteuerten Einkünfte, im Ansässigkeitsstaat zur Besteuerung herangezogen werden können. Diese Anrechnungstechnik bewirkt, dass die Steuerbelastung des Welteinkommens einschließlich der ausländischen Steuer auf die Höhe festgesetzt wird, die sich nach deutschem Steuerrecht ergibt. Die Gesamtsteuerbelastung wird, sofern die Belastung im Quellenstaat niedriger als in Deutschland ist, auf das inländische Steuerniveau „hoch geschleust“113. Allerdings erfolgt keine Herabschleu111

Vogel in: Vogel/Lehner DBA, Art. 23 OECD-MA Rn. 136. Ständige Rechtsprechung, vgl. BFH, Urteil v. 16.03.1993 – I R 42/93, BStBl. II 1994, 799 (801); BFH, Urteil v. 09.04.1997 – I R 178/94, BStBl. II 1997, 657 (658); BFH, Urteil v. 29.03.2000 – I R 15/99, BStBl. II 2000, 577; BFH, Urteil v. 16.05. 2001 – I R 102/00, BStBl. II 2001, 710 (712). 113 Gandenberger, DStJG Bd. 8 (1985), S. 33 ff. Vogel in: Vogel, Freistellung im int. Steuerrecht, S. 1 (3); vgl. auch Schaumburg, Int. Steuerrecht, Rn. 14.27. 112

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sung auf das deutsche Steuerniveau, wenn die Belastung im Ausland die deutsche Steuerbelastung übersteigt. Auch ein Vor- bzw. Rücktrag von entstandenen Anrechnungsüberhängen ist nicht vorgesehen. Dem Welteinkommensprinzip folgend mindern grundsätzlich auch die im Ausland erwirtschafteten Verluste die inländische Steuerbemessungsgrundlage. Die Anrechungsmethode führt deshalb zu einer Gleichbehandlung aller inländischen Steuerpflichtigen, unabhängig davon, ob sie ihre Aktivitäten im In- oder Ausland ausüben. Bei der Besteuerung im Ansässigkeitsstaat kann deshalb auch die individuelle, durch das Welteinkommen erzeugte Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen nach dem Verständnis des Ansässigkeitsstaates erfasst werden114. (1) Ökonomische Neutralität Da jeder inländische Steuerpflichtige mit seinen Einkünften in gleicher Höhe besteuert wird, unabhängig davon, ob diese aus dem In- oder Ausland stammen, führt die Anrechnungsmethode zur Verwirklichung von Kapitalexportneutralität, jedenfalls aus der Sicht des Ansässigkeitsstaates115. Unter steuerlichen Gesichtspunkten ist es im Ansässigkeitsstaat bei Anwendung der Anrechnungsmethode deshalb gleichgültig, ob der Steuerpflichtige Kapital im Inland oder im Ausland investiert. (2) Vor- und Nachteile der Anrechnungsmethode Die Vermeidung der Doppelbesteuerung erfolgt bei der Anrechnungsmethode durch Anrechnung von im Ausland gezahlter ausländischer Steuer. Da nur die im Ausland gezahlte Steuer angerechnet wird, vermeidet die Anrechnungsmethode im Gegensatz zur Freistellungsmethode nicht schon eine virtuelle Doppelbesteuerung, sondern nur die tatsächliche Doppelbesteuerung. Wettbewerbsverzerrungen durch nicht besteuerte „weiße“ Einkünfte werden dadurch vermieden. Der Heraufschleusungseffekt hat zudem zur Folge, dass schädliches Steuerdumping anderer Mitgliedstaaten im Ergebnis leer läuft. Als Vorteil der Anrechnungsmethode wird genannt, dass diese eine effiziente Allokation von Kapital im internationalen Raum gewährleiste116. Diese Bewertung stimmt allerdings nur dann, wenn man als Maßstab einer Investitionsent114 Lang in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 2 Rn. 37; Hey, Unternehmensbesteuerung, S. 153. 115 Jacobs, Int. Unternehmensbesteuerung, S. 20. 116 Vgl. hierzu Hey, Unternehmensbesteuerung, S. 154 f.; kritisch Vogel, StuW 1993, 380 (386 f.); Gandenberger, DStJG Bd. 8 (1985), S. 33 (44 f.); Jacobs, Int. Unternehmensbesteuerung, S. 25 ff.

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scheidung die Bruttorendite betrachtet. Denn unter Berücksichtigung der Steuerbelastung kommt es bei Geltung der Anrechnungsmethode nur dann zu einer Allokation von Kapital im Ausland, wenn die Investition besonderes hohe Vorsteuergewinne erwarten lässt. Nachteil der Kapitalexportneutralität ist allerdings, dass der Steuerpflichtige im Ausland unter den heimischen steuerlichen Rahmenbedingungen im Wettbewerb steht und damit ggf. einen Wettbewerbsnachteil hinnehmen muss117. Der Hauptnachteil der Anrechnungsmethode dürfte aus der Sicht des Fiskus allerdings in der schwierigen Beschaffung von Informationen über den im Ausland verwirklichten Sachverhalt bestehen118. Die zunehmende Verbesserung des Informationsaustausches zwischen den Mitgliedstaaten der EG wird allerdings in dieser Hinsicht zu erheblichen Erleichterungen führen. b) Freistellungsmethode in Anlehnung an das OECD-MA Die Freistellungsmethode spielt auf bilateraler Ebene eine bedeutende Rolle. Sie findet stets Anwendung, wenn der Quellenstaat auf sein Besteuerungsrecht verzichtet hat. Aber auch auf Seiten des Ansässigkeitsstaates erfolgt die Vermeidung der Doppelbesteuerung oftmals durch Anwendung der Freistellungsmethode. So hat sich Deutschland für den im internationalen Geschäftsverkehr besonderes relevanten Bereich der Betriebsstättenbesteuerung in den mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft vereinbarten Doppelbesteuerungsabkommen einheitlich für die Anwendung der Freistellungsmethode119 mit Progressionsvorbehalt120 entschieden. In der Regel wird die Freistellungsme117

Jacobs, Int. Unternehmensbesteuerung, S. 23. Jacobs, Int. Unternehmensbesteuerung, S. 23; Hey, StuW, 2004 193 (201). 119 Vgl. Art. 23 Abs. 1 Nr. 1 DBA Belgien; Art. 24 Abs. 1 lit. a) DBA Dänemark; Art. 23 Abs. 1 lit. a) DBA Estland; Art. 23 Abs. 5 lit. a) DBA Finnland 1979; Art. 20 Abs. 1 lit. a) DBA Frankreich; Art. XVII Abs. 2 Nr. 1 DBA Griechenland; Art. XXII Abs. 2 lit. a) aa) DBA Irland; Art. 24 Abs. 3 lit. a) DBA Italien; Art. 23 Abs. 1 lit. a) DBA Lettland; Art. 23 Abs. 1 lit. a) DBA Litauen; Art. 20 Abs. 2 DBA Luxemburg; Art. 23 Abs. 1 lit. a) DBA Malta; Art. 20 Abs. 2 DBA Niederlande; Art. 23 Abs. 1 lit. a) DBA Österreich; Art. 21 Abs. 1 lit. a) DBA Polen 1972/79; Art. 24 Abs. 2 lit. a) DBA Portugal; Art. 23 Abs. 1 lit. a) DBA Schweden; Art. 23 Abs. 1 lit. a) DBA Tschechoslowakei (gilt gem. zwischenstaatlicher Vereinbarung für die Slowakei und Tschechien); Art. 24 Abs. 1 lit. a) DBA Jugoslawien (gilt gem. zwischenstaatlicher Vereinbarung für Slowenien); Art. 23 Abs. 1 lit. a) DBA Spanien; Art. 23 Abs. 1 lit. a) DBA Ungarn; Art. XVIII Abs. 2 lit. a) DBA Großbritannien und Nordirland; Art. 23 Abs. 1 lit. a) DBA Zypern. 120 Vgl. Art. 23 Abs. 1 Nr. 1 DBA Belgien; Art. 24 Abs. 1 lit. a) DBA Dänemark; Art. 23 Abs. 1 lit. a) DBA Estland; Art. 23 Abs. 5 lit. a) DBA Finnland; Art. 20 Abs. 1 lit. a) DBA Frankreich; Art. XVII Abs. 2 Nr. 1 DBA Griechenland; Art. XXII Abs. 2 lit. a) aa) DBA Irland; Art. 24 Abs. 3 lit. a) DBA Italien; Art. 23 Abs. 1 lit. a) DBA Lettland; Art. 23 Abs. 1 lit. a) DBA Litauen; Art. 20 Abs. 2 DBA Luxemburg; Art. 23 Abs. 1 lit. a) DBA Malta; Art. 20 Abs. 2 DBA Niederlande; Art. 23 Abs. 1 118

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thode zudem auf Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen, auf Veräußerungsgewinne i. S. v. Art. 13 OECD-MA sowie auf Einkünfte aus selbständiger und aus unselbständiger Arbeit angewendet. Auch bei Ausschüttungen oder sonstigen Bezügen aus Schachtelbeteiligungen sehen deutsche DBA regelmäßig die Freistellungsmethode vor121. Für alle übrigen Einkünfte gilt oftmals die Anrechnungsmethode. Obwohl die deutsche Abkommenspraxis die Freistellungsmethode in weiten Bereichen als Regel vorsieht, ist ihr Anwendungsbereich in den letzten Jahrzehnten durch Vereinbarung besonderer Klauseln zunehmend eingeengt worden (sog. Aktivitäts- und Rückfallklauseln). So steht die Anwendung der Freistellungsmethode heutzutage mehr und mehr unter dem Vorbehalt, dass die im Ausland erzielten Einkünfte aus näher definierten „aktiven“ Tätigkeiten122 stammen123. Solchen Vereinbarungen liegt die Erwägung zu Grunde, dass aus Wettbewerbsgründen nur bei „aktiven“ Tätigkeiten im Vertragsstaat eine Freistellung erforderlich ist. Aktivitätsvorbehalte sind vor allem bei Betriebsstätteneinkünften und bei Schachteldividenden anzutreffen. Sind die Voraussetzungen für eine „aktive“ Tätigkeit nicht gegeben, so tritt an die Stelle der Freistellungsmethode die Anrechnungsmethode. In diesem Fall steht die Anwendung der Freistellungsmethode unter sog. Aktivitätsvorbehalt. Da die Freistellungsmethode grundsätzlich unabhängig davon gilt, ob der andere Vertragsstaat von seinem Besteuerungsrecht Gebrauch macht (Vermeidung der sog. virtuellen Doppelbesteuerung)124, wird international vermehrt auch auf sog. Rückfallklauseln zurückgegriffen, wonach im Fall der Nichtbesteuerung das lit. a) DBA Österreich; Art. 21 Abs. 1 lit. a) DBA Polen 1972/79; Art. 24 Abs. 2 lit. a) DBA Portugal; Art. 23 Abs. 1 lit. a) DBA Schweden; Art. 23 Abs. 1 lit. a) DBA Tschechoslowakei (gilt gem. zwischenstaatlicher Vereinbarung für die Slowakei und Tschechien); Art. 24 Abs. 1 lit. a) DBA Jugoslawien (gilt gem. zwischenstaatlicher Vereinbarung für Slowenien); Art. 23 Abs. 1 lit. a) DBA Spanien; Art. 23 Abs. 1 lit. a) DBA Ungarn; Art. XVIII Abs. 2 lit. a) DBA Großbritannien und Nordirland; Art. 23 Abs. 1 lit. a) DBA Zypern. 121 Die Freistellung von Bezügen aus Schachtelbeteiligungen nach DBA wird seit dem 01.01.2002 allerdings weitgehend durch § 8b Abs. 1 KStG überlagert. 122 Die DBA verwenden den Ausdruck der „aktiven“ Tätigkeit erst in neuerer Zeit. In der Verwaltungspraxis und im Schrifttum wird dieser Ausdruck aber seit langem verwandt. Welche Tätigkeiten aktive Tätigkeiten darstellen, lässt sich dem Abkommen entnehmen, das enumerativ die Tätigkeiten bestimmt. 123 Von den deutschen DBA enthalten das spanische, finnische, portugiesiche, polnische und das ungarische DBA sowie das tschechoslowakische DBA, welches nunmehr gem. zwischenstaatlicher Vereinbarung auch für Tschechien und Slowakei gilt, eine Aktivitätsvorbehalt. 124 Vgl. BFH, Urteil v. 31.07.1974 – I R 27/73, BStBl. II 1975, 61; BFH, Urteil v. 14.12.1988 – I R 148/87, BStBl. II 1989, 319; BFH, Urteil v. 19.05.1993 – I R 64/92, BFH/NV 1994, 11; Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer DBA, Art. 23a OECD-MA Rn. 4 (87. EL Okt. 2002).

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Recht zur Besteuerung an den „Vermeidungsstaat“ zurückfällt125. Rückfallklauseln zielen somit auf die Vermeidung „weißer“ Einkünfte ab. Um eine doppelte Nichtbesteuerung durch Freistellung im Ansässigkeitsstaat und Nichtbesteuerung im Quellenstaat zu vermeiden, findet dann ein Wechsel von der Freistellungs- zur Anrechnungsmethode statt. Deutschland hat innerhalb der EG Rückfallklauseln mit Italien, Dänemark und Schweden für den Fall vereinbart, dass die Einkünfte im Vertragsstaat aus rechtlichen Gründen nicht besteuert werden126. Sog. „switch-over“-Klauseln als besondere Form der Rückfallklausel sollen in künftigen von Deutschland abzuschließenden DBA Berücksichtigung finden127. Danach ist ein Übergang bei Qualifikationskonflikten oder Zurechnungskonflikten von der Freistellungs- zur Anrechnungsmethode vorgesehen, wenn die Gefahr der doppelten Nichtbesteuerung besteht. Auch wird die Vereinbarung von sog. „subject-to-tax“-Klauseln diskutiert, die schon dann zu einem Wechsel der Methoden führen, wenn eine Besteuerung im Vertragsstaat aus anderen Gründen unterbleibt128. Schließlich kann es auch aufgrund eines „treaty-overriding“ zu einem Wechsel der Methoden kommen. Insoweit ist auf § 20 Abs. 2 AStG hinzuweisen, der immer dann einen Wechsel von der Freistellungsmethode zur Anrechnungsmethode vorsieht, wenn bei einem unbeschränkt Steuerpflichtigen in einer ausländischen Betriebsstätte Einkünfte anfallen, die als Zwischeneinkünfte i. S. v. §§ 7 ff. AStG steuerpflichtig wären, sofern man unterstellt, dass die ausländische Betriebsstätte eine ausländische Gesellschaft ist. Hintergrund dieser Regelung ist der Umstand, dass in der Praxis zur Umgehung der Hinzurechnungs125 Der Begriff der Rückfallklausel stellt insoweit nur einen Oberbegriff für verschiedene Klauseln dar. Von einer „subject-to-tax“-Klausel spricht man, wenn eine Besteuerung im Quellenstaat aus welchem Grund auch immer nicht erfolgt. Von einer „switch-over“-Klausel spricht man hingegen, wenn es aufgrund eines Qualifikationsoder Zurechnungskonfliktes zu einer Nichtbesteuerung von Einkünften kommt und deshalb ein Wechsel von der Freistellungsmethode zur Anrechnungsmethode angebracht erscheint. Eine Rückfallklausel enthält auch Art. 23A Abs. 4 OECD-MA, die zur Anwendung gelangt, wenn zwischen den Vertragsstaaten Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der Anwendung eines DBA mit der Folge der doppelten Nichtbesteuerung bestehen, was jedenfalls in Gewinnsituationen selten der Fall sein dürfte. 126 Vgl. Protokoll zum DBA-Italien Abs. 2: „Die in den Artikeln 6 bis 23 vorgesehenen Beschränkungen des Besteuerungsrechts des anderen Vertragsstaates gelten jedoch nur insoweit, als die Einkünfte aus diesem Staat . . . der Besteuerung im erstgenannten Staat unterworfen sind.“; Art. 24 Abs. 3 DBA Dänemark: „Für Zwecke dieses Artikels gelten Gewinne und Einkünfte . . . als aus Quellen des anderen Vertragsstaates stammend, wenn sie . . . im anderen Vertragsstaat besteuert werden.“; Art. 23 Abs. 1 DBA Schweden: „. . . Im Sinne dieses Absatzes gelten Gewinne und Einkünfte . . . als aus Schweden stammend, wenn sie in Übereinstimmung mit diesem Abkommen in Schweden besteuert werden.“ 127 Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer DBA, Art. 23A OECD-MA Rn. 162 (87. EL Okt. 2002). 128 Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer DBA, Art. 23A OECD-MA Rn. 162 (87. EL Okt. 2002).

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besteuerung nach §§ 7 ff. AStG eine Umqualifizierung von ausländischen Gesellschaften in ausländische Betriebsstätten erfolgte129. Bei Vereinbarung der Freistellungsmethode konnte so die Hinzurechnungsbesteuerung umgangen werden. Der Anwendungsbereich der Freistellungsmethode erfährt damit zurzeit und wohl auch in Zukunft einen zunehmend reduzierten Anwendungsbereich, wohingegen der Anrechnungsmethode eine immer größere Bedeutung zukommt. aa) Grundkonzeption der Freistellungsmethode Die Freistellungsmethode ist eine der beiden Lösungen, die dem Wohnsitzstaat zur Vermeidung der internationalen Doppelbesteuerung zur Wahl steht. Sofern der Quellenstaat zur Vermeidung verpflichtet ist, besteht ein solches Wahlrecht nach dem OECD-MA nicht. Der Quellenstaat hat unter entsprechender Anwendung des Art. 23A OECD-MA die Einkünfte freizustellen. Die Vermeidung der Doppelbesteuerung geschieht dann dadurch, dass der verpflichtete Staat die betreffenden Einkünfte von der Besteuerung ausnimmt. Obwohl sich die deutschen DBA durchweg am OECD-MA orientieren, ist der Wortlaut der die Freistellungsmethode jeweils betreffenden DBA-Vorschrift uneinheitlich130. 129

Vgl. BT-Drucks. 12/1506, S. 181. Vgl. Art. 23 Abs. 1 Nr. 1 DBA Belgien „Die aus Belgien stammenden Einkünfte . . ., die . . . in diesem Staat besteuert werden können, sind . . . von der Steuer befreit; Art. 24 Abs. 1 lit. a) DBA Dänemark „. . . werden von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer die Einkünfte . . . ausgenommen, die . . . in Dänemark besteuert werden können“; Art. 23 Abs. 1 lit. a) DBA Estland „. . . werden von der deutschen Steuer die Einkünfte aus der Republik Estland . . . ausgenommen, die nach dem Abkommen in der Republik Estland besteuert werden dürfen“; Art. 23 Abs. 5 lit. a) DBA Finnland 1979 „. . . werden von der Bemessungsgrundlage, der in der Bundesrepublik erhobenen Steuer, die Einkünfte aus Quellen innerhalb der Republik Finnland . . . ausgenommen, die . . . in der Republik Finnland besteuert werden können.“; Art. 20 Abs. 1 lit. a) DBA Frankreich „Von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer werden . . . die aus Frankreich stammenden Einkünfte . . . ausgenommen, die . . . in Frankreich besteuert werden können.“; Art. XVII Abs. 2 Nr. 1 DBA Griechenland „Von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer werden die Einkünfte aus Quellen innerhalb . . . Griechenland(s) ausgenommen, die . . . im Königreich Griechenland besteuert werden dürfen.“; Art. XXII Abs. 2 lit. a) aa) DBA Irland „Von der Bemessungsgrundlage für die Steuer der Bundesrepublik werden die Einkünfte aus Quellen . . . Irlands . . . ausgenommen, die . . . in Irland besteuert werden können“; Art. 24 Abs. 3 lit. a) DBA Italien „. . . von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer die Einkünfte aus der Italienischen Republik . . . ausgenommen, die . . . in der Italienischen Republik besteuert werden können.“; Art. 23 Abs. 1 lit. a) DBA Lettland „. . . werden von der deutschen Steuer die Einkünfte aus . . . Lettland . . . ausgenommen, die . . . in Lettland besteuert werden können.“; Art. 23 Abs. 1 lit. a) DBA Litauen „werden von der deutschen Steuer die Einkünfte aus . . . Litauen . . . ausgenommen, die . . . in Litauen besteuert werden können.“; Art. 20 Abs. 2 DBA Luxemburg „Von der Bemessungsgrundlage für die Steuer des Wohnsitzstaates werden die Einkünfte . . . ausgenommen, für die . . . der andere Staat ein Besteuerungsrecht hat“; Art. 23 Abs. 1 lit. a) 130

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So werden entweder die Einkünfte von der Steuer befreit oder von der deutschen Steuer ausgenommen. Hauptsächlich formulieren die DBA aber, dass die Einkünfte von der Bemessungsgrundlage ausgenommen werden sollen131. bb) Ermittlung der freizustellenden Einkünfte Sind Einkünfte aufgrund eines Abkommens von der deutschen Besteuerung freizustellen, ist fraglich, nach welchen Vorschriften die steuerfreien Einkünfte zu ermitteln sind. Dies ist insbesondere für die Zuordnung von erwerbsbezogenen Aufwendungen zu den steuerfreien Einkünften von Bedeutung.

DBA Malta „Von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer werde die Einkünfte aus Malta . . . ausgenommen, die . . . in Malta besteuert werden können“; Art. 20 Abs. 2 DBA Niederlande „. . . Deutschland . . . wird . . . die Einkünfte aus der Bemessungsgrundlage ausnehmen, für die . . . die Niederlande ein Besteuerungsrecht haben“; Art. 23 Abs. 1 lit. a) DBA Österreich „Von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer werden die Einkünfte aus . . . Österreich . . . ausgenommen, die . . . in Österreich besteuert werden dürfen“; Art. 21 Abs. 1 lit. a) DBA Polen 1972/79 „Von der Bemessungsgrundlage für die Steuer der Bundesrepublik Deutschland werden die Einkünfte aus Quellen innerhalb der Volksrepublik Polen . . . ausgenommen, die nach diesem Abkommen in der Volksrepublik Polen besteuert werden können“; Art. 24 Abs. 2 lit. a) DBA Portugal „werden von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer die Einkünfte aus Portugal . . . ausgenommen, die . . . in Portugal besteuert werden können.“; Art. 23 Abs. 1 lit. a) DBA Schweden „Von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer werden die Einkünfte aus Schweden . . . ausgenommen, die . . . in Schweden besteuert werden können“; Art. 23 Abs. 1 lit. a) DBA Tschechoslowakei (gilt gem. zwischenstaatlicher Vereinbarung für die Slowakei und Tschechien) „. . . werden die Einkünfte aus Quellen innerhalb der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik . . ., die in . . . der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik besteuert werden können, von der Bemessungsgrundlage für die Steuer der Bundesrepublik Deutschland ausgenommen.“; Art. 24 Abs. 1 lit. a) DBA Jugoslawien (gilt gem. zwischenstaatlicher Vereinbarung für Slowenien) „werden von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer die Einkünfte aus Jugoslawien . . . ausgenommen, die . . . in Jugoslawien besteuert werden können.“; Art. 23 Abs. 1 lit. a) DBA Spanien „Von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer werde die Einkünfte aus Quellen innerhalb Spaniens . . . ausgenommen, die . . . in Spanien besteuert werden können“; Art. 23 Abs. 1 lit. a) DBA Ungarn „. . . werden die Einkünfte . . ., die . . . in der Ungarischen Volksrepublik besteuert werden dürfen, von der Bemessungsgrundlage für die Steuer der Bundesrepublik Deutschland ausgenommen.“; Art. XVIII Abs. 2 lit. a) DBA Großbritannien und Nordirland „Von der Bemessungsgrundlage für die Steuer der Bundesrepublik werden die Einkünfte aus Quellen innerhalb des Vereinigten Königreichs . . . ausgenommen, die . . . im Vereinigten Königreich besteuert werden können.“; Art. 23 Abs. 1 lit. a) DBA Zypern „. . . werden von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer die Einkünfte aus Zypern . . . ausgenommen, die . . . in Zypern besteuert werden können.“ 131 Vgl. Fn. 130 des Kapitels C.

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(1) Einschlägigkeit deutscher Ermittlungsvorschriften: Notwendige Unterscheidung zwischen Freistellung von Einkünften und Einnahmen Nach der Rechtsprechung des BFH erfolgt die Ermittlung der freizustellenden Einkünfte grundsätzlich nach den einschlägigen Vorschriften des deutschen Steuerrechts132. Nur wenn das DBA Regelungen über die Einkünfteermittlung enthält, gehen diese den nationalen Bestimmungen als lex specialis vor. Überwiegend ist dies allerdings nicht der Fall, so dass regelmäßig auf das innerstaatliche Steuerrecht zur Ermittlung der Einkünfte zurückgegriffen werden muss133. Das bedeutet, dass sich insbesondere die Frage nach der anzuwendenden Ermittlungsart grundsätzlich nach dem innerstaatlichen deutschen Steuerrecht richtet. Es stellt sich deshalb die Frage, wie die freizustellenden Einkünfte zu ermitteln sind. Das deutsche Einkommensteuerrecht unterscheidet die Begriffe „Einkünfte“ (§ 2 Abs. 1 u. 2 EStG) und „Einnahmen“ (§§ 2 Abs. 2 Nr. 2, 8 Abs. 1 EStG)134. Sofern Einkünfte von der Besteuerung freigestellt werden, richtet sich deren Ermittlung nach dem allgemeinen Veranlassungsprinzip nach §§ 4 Abs. 4, 9 Abs. 1 S. 1 EStG bzw. nach § 50 Abs. 1 S. 1 EStG im Fall der beschränkten Steuerpflicht. Sieht das Steuerrecht allerdings eine Steuerbefreiung von Einnahmen vor, so sind nach § 3c Abs. 1 EStG nur die in „unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang“ mit den Einnahmen stehenden Aufwendungen bei der Ermittlung der Einkünfte zu berücksichtigen. Während also einerseits die Einkünfte nach dem allgemeinen Veranlassungsprinzip ermittelt werden und dementsprechend auch die im mittelbaren Zusammenhang mit den Einnahmen stehenden Aufwendungen berücksichtigt werden, werden andererseits den steuerfreien Einnahmen nur die in unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Aufwendungen zugeordnet. Wie freizustellende „Einkünfte“ zu ermitteln sind, hängt folglich maßgeblich davon ab, ob nach dem DBA Einkünfte oder Einnahmen freizustellen sind. Art. 23A OECD-MA und die im Einzelnen von Deutschland im EG-Binnenmarkt geschlossenen DBA135 verwenden insoweit einheitlich den Begriff „Ein132 BFH, Urteil v. 13.09.1989 – I R 117/87, BStBl. II 1990, 57; BFH, Urteil v. 22.05.1991 – I R 32/90, BStBl. II 1992, 94; BFH, Urteil v. 29.05.1996 – I R 167/94, BStBl. II 1997, 60 (61); vgl. auch Grotherr in: Gosch/Kroppen/Grotherr DBA, Art. 23A/23B OECD-MA Rn. 76 (10. EL 2002); Vogel in: Vogel/Lehner DBA, Art. 23 OECD-MA Rn. 67; Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer DBA, Art. 23A OECDMA Rn. 23; (87. EL Okt. 2002); dens. in: Piltz/Schaumburg, Aufwand und Verluste, S. 37 (39 ff.); dens. in: Vogel, Freistellung im int. Steuerrecht, S. 21 ff. 133 Vgl. Art. 23 OECD-MA Nr. 38 ff. u. 60 ff. OECD-MA-Kommentar; Vogel in: Vogel/Lehner DBA, Art. 23 OECD-MA Rn. 9. 134 Birk/Jahndorf in: Herrmann/Heuer/Raupach EStG/KStG, § 3c EStG Rn. 40 m.w. N. (200. EL Okt. 2000).

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künfte“, so dass vordergründig davon ausgegangen werden könnte, dass nach dem DBA auch Einkünfte und eben nicht Einnahmen freizustellen sind, womit für § 3c EStG kein Anwendungsbereich bliebe. Richtigerweise handelt es sich bei dem in den Abkommen verwendeten Ausdruck „Einkünfte“ allerdings um einen abkommensrechtlichen Begriff136, dessen Bedeutung nicht mit den nationalen Begriffen gleichzusetzen ist. Nach der abkommensrechtlichen Auslegung des BFH umfasst der Ausdruck „Einkünfte“ im Sinne des Methodenartikels deshalb alle in den Verteilungsnormen des DBA genannten Einkünfte und damit je nach Verteilungsnorm einen Nettobetrag i. S. v. Einkünfte (z. B. Gewinne, Veräußerungsgewinne oder Einkünfte aus selbständiger Arbeit) oder einen Bruttobetrag i. S. v. Einnahmen (z. B. Gehälter, Löhne, Aufsichtsratvergütungen, Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren)137. Im Ergebnis liegt damit der Freistellungsklausel ein dualer Einkünftebegriff zugrunde. Für jede abkommensrechtliche Einkunftsart ist folglich gesondert zu entscheiden, ob sich die Steuerbefreiung nach dem Vermeidungsartikel auf Einkünfte i. S. d. § 2 Abs. 2 EStG oder auf Einnahmen i. S. d. § 8 Abs. 1 EStG bezieht. (2) Divergierender Veranlassungszusammenhang je nach Umfang der Freistellung Werden abkommensrechtlich nach einer Verteilungsnorm Einkünfte freigestellt, richtet sich die Ermittlung der Einkünfte nach dem allgemeinen Veranlassungsprinzip, wie es für die unbeschränkte Steuerpflicht in § 4 Abs. 4 EStG und für die beschränkte Steuerpflicht nach § 50 Abs. 1 EStG normiert ist. Werden hingegen Einnahmen freigestellt, richtet sich die Ermittlung der freizustellenden Einkünfte nach § 3c Abs. 1 EStG, der auch im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht gilt138. (a) Einkünfte-Freistellung Damit gilt für die Ermittlung von nach DBA freigestellten Einkünften grundsätzlich das in § 4 Abs. 4 und § 50 Abs. 1 EStG normierte allgemeine Veran135

Dazu oben Kapitel C.II.4.b)aa), S. 62 ff., insbesondere Fn. 130 des Kapitels C. Vogel in: Vogel/Lehner DBA, Art. 23 OECD-MA Rn. 36; Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer DBA, Art. 23A OECD-MA Rn. 21 (87. EL Okt. 2002). 137 BFH, Urteil v. 29.05.1996 – I R 15/94, BStBl. II 1997, 57 (58 f.); BFH, Urteil v. 29.05.1996 – I R 167/94, BStBl. II 1997, 60 (61); BFH, Urteil v. 29.05.1996 – I R 21/95, BStBl. II 1997, 63 (64); vgl. auch Wassermeyer in: Piltz/Schaumburg, Aufwand und Verluste, S. 37 (46); ders. in: Debatin/Wassermeyer DBA, Art. 23A OECDMA Rn. 21 ff. (87. EL Okt. 2002); Schnitger, IStR 2003, 298 (302 f.); Schaumburg, Int. Steuerrecht, Rn. 16.537; Prokisch, DStJG Bd. 28 (2005), S. 229 (238). 138 BFH, Urteil v. 14.11.1986 – VI 209/82, BStBl. II 1989, 351; Birk/Jahndorf in: Herrmann/Heuer/Raupach EStG/KStG, § 3c EStG, Rn. 31 (200. EL Okt. 2000). 136

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lassungsprinzip. Zwar fordert § 50 Abs. 1 S. 1 EStG in Abweichung zu § 4 Abs. 4 EStG im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht einen scheinbar über den bloßen Veranlassungszusammenhang hinausgehenden „wirtschaftlichen“ Zusammenhang der Aufwendungen mit den inländischen Einkünften. Durch diese Formulierung soll allerdings sichergestellt werden, dass im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht nur die erwerbsbezogenen Aufwendungen zum Abzug kommen, die Ausdruck der für die inländische Besteuerung maßgeblichen Leistungsfähigkeit sind139. Sofern also Deutschland als Quellenstaat aufgrund einer Verteilungsnorm mit abschließender Rechtsfolge zur Freistellung verpflichtet ist, gilt auch insoweit grundsätzlich das allgemeine Veranlassungsprinzip140. Dieses ist vom Großen Senat des BFH dahingehend konkretisiert worden, dass die Aufwendungen zu der Einkunftsart in einem steuerrechtlich anzuerkennenden wirtschaftlichen Zusammenhang stehen müssen. Dies ist dann anzunehmen, wenn das die Aufwendung auslösende Moment aus der Sicht des Steuerpflichtigen im betrieblichen Bereich liegt141. Entsprechend der Ermittlung von Einkünften ohne DBA-Bezug muss deshalb bei der Freistellung von Einkünften im Einzelfall geprüft werden, ob die Aufwendungen danach den freigestellten Einkünften zugeordnet werden können. Bei der Ermittlung von Betriebsstätteneinkünften sehen die DBA entsprechend Art. 7 Abs. 2 bis 6 OECD-MA eine besondere Regelung vor. Danach gilt für die Zuordnung von Gewinnen bzw. Verlusten zu einer Betriebsstätte der Fremdvergleichsgrundsatz (sog. „dealing at arm’s length“-Prinzip), welcher aber vom BFH wohl nur als eine besondere Ausprägung des allgemeinen Veranlassungsprinzips angesehen wird142. (aa) Reichweite der Freistellung Soweit positive Einkünfte vorliegen, führt die Anwendung der Freistellungsmethode dazu, dass die Einkünfte von der Besteuerung auszunehmen sind. Zu erörtern ist, ob auch Verluste im Rahmen einer freigestellten Einkunftsart (sog. freigestellte Verluste) von der Besteuerung auszunehmen sind. Insoweit steht die 139 Birk/Jahndorf in: Herrmann/Heuer/Raupach EStG/KStG, § 3c EStG, Rn. 31 (200. EL Okt. 2000). 140 Heinicke in: Schmidt EStG, § 50 EStG, Rn. 21. 141 BFH, Beschluss v. 04.07.1990 – GrS 2–3/88, BStBl. II 1990, S. 817; ebenso Lang in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 9 Rn. 229; Heinicke in: Schmidt EStG, § 4 EStG Rn. 28; Crezelius in: Kirchhof EStG, § 4 EStG Rn. 144; a. A. Wassermeyer in: DStJG Bd. 3 (1980), S. 315 (321 ff.); ders. StuW 1982, 352 (358); Kreft in: Herrmann/ Heuer/Raupach EStG/KStG, § 9 EStG Rn. 149 (217. EL Jan. 2005); Prinz, FR 1986, 397 (402 ff.). 142 Zum Fremdvergleich als Kriterium eines Veranlassungszusammenhangs im Fall einer verdeckten Gewinnausschüttung vgl. BFH, Urteil v. 17.05.1995 – I R 147/93, BStBl. II 1996, 204 (205); Wassermeyer in: Piltz/Schaumburg, Aufwand und Verluste, S. 37 (39).

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Frage im Raum, ob die freigestellten Verluste gegen inländische positive Einkünfte verrechnet (§ 2 Abs. 3 EStG) und gegebenenfalls vor- oder zurückgetragen (§ 10d EStG) werden können. Diese Frage stellt sich nicht nur in dem Fall, dass Deutschland als Ansässigkeitsstaat nach einer Art. 23A OECD-MA entsprechenden DBA-Regelung zur Freistellung verpflichtet ist, sondern auch dann, wenn Deutschland als Quellenstaat aufgrund einer Verteilungsnorm mit abschließender Rechtsfolge auf das Recht zur Besteuerung der inländisch radizierten Einkünfte verzichtet hat und insoweit zur Freistellung verpflichtet ist. Denn grundsätzlich gibt auch § 2 Abs. 3 EStG – sieht man von den Einschränkungen des § 50 Abs. 2 S. 1 EStG ab – im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht die Möglichkeit zum intraperiodischen Verlustausgleich. Indem § 50 Abs. 1 S. 2 EStG auf § 10d EStG verweist, ist ein Verlustausgleich auch zwischen unterschiedlichen Besteuerungsperioden möglich, sofern nicht Einkünfte vorliegen, die dem Steuerabzug unterliegen,143 bzw. Einkünfte i. S. v. § 20 Abs. 1 Nr. 5 und Nr. 7 EStG anfallen (vgl. § 50 Abs. 2 EStG)144. a) Freistellung im Ansässigkeitsstaat: Symmetrie von Gewinnen und Verlusten Während die im innerstaatlichen Recht vorgesehene Verlustberücksichtigung in Form von Verlustausgleich und Verlustabzug von der herrschenden Ansicht als „Akt richtiger Leistungsfähigkeitsbemessung“145 nach dem objektiven Nettoprinzip gesehen wird146, verneint der BFH in ständiger Rechtsprechung eine Berücksichtigung freigestellter negativer Einkünfte bei der Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlage im Ansässigkeitsstaat147. 143 Bspw. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit i. S. v. § 38 Abs. 1 i.V. m. § 39d EStG, steuerabzugspflichtige Kapitalerträge i. S. v. §§ 43 ff. EStG oder steuerabzugspflichtige Einkünfte i. S. v. § 50a EStG. 144 § 50 Abs. 1 S. 2 EStG verlangt insoweit zwar, dass sich die Verluste aus Unterlagen ergeben, die in einem EU-Mitgliedstaat aufbewahrt werden. Der EuGH hat aber bereits festgestellt, dass das gesetzliche Erfordernis von Inlandsunterlagen gegen die Niederlassungsfreiheit verstößt, vgl. EuGH, Urteil v. 15.05.1997, Rs. C-250/95, Slg. 1997, I-2471 ff. – Futura Participations und Singer. 145 Lang in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 9 Rn. 61. 146 Lang in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 9 Rn. 61; Vogel, BB 1983, 180 (182); Schulze-Osterloh, JbFSt 1984/85, S. 267 (268); Lehner in: Lehner, Verluste, S. 1 ff.; Schuch in: Lehner, Verluste, S. 63. 147 Vgl. BFH, Urteil v. 11.03.1970 – I B 50/68, 3/69, BStBl. II 1970, 569; BFH, Urteil v. 23.09.1972 – I R 128/70, BStBl. II 1972, 948; BFH, Urteil v. 23.03.1972 – I R 128/70, BStBl. II 1972, 948; BFH, Urteil v. 28.03.1973 – I R 59/71, BStBl. II 1973, 531; BFH, Urteil v. 20.07.1973 – VI R 198/69, BStBl. II 1973, 732; BFH, Urteil v. 20.11.1974 – I R 1/73, BFHE 114, 530; BFH, Urteil v. 25.02.1976 – I R 150/73, BStBl. II 1976, 454; BFH, Urteil v. 12.01.1983 – I R 90/79, BStBl. II 1983, 382; BFH, Urteil v. 28.04.1983 – IV R 123/79, BStBl. II 1983, 566; BFH, Urteil v. 05.06.1986 – IV R 268/82, BStBl. II 1986, 659; BFH, Urteil v. 02.03.1989 – IV R 128/86, BStBl. II 1989, 543; BFH, Urteil v. 09.08.1989 – I B 118/88, BStBl. II 1990,

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aa) Rechtsprechung zur Symmetriethese Der BFH begründet seine Ansicht damit, dass nicht nur positive sondern auch negative ausländische Einkünfte von der inländischen Besteuerung freigestellt seien. Diese Symmetriethese des BFH geht zurück auf zwei Urteile des RFH148. Im ersten Urteil des RFH aus dem Jahr 1933 wird die Problematik der Berücksichtigung ausländischer Verluste allerdings nicht besonders erötert, sondern das Verlustabzugsverbot als Kehrseite der Freistellungsmethode als gegeben hingenommen149. Korrespondierend zu den positiven Einkünften müssten auch negative Einkünfte aus der Bemessungsgrundlage im Wohnsitzstaat ausscheiden150. Der RFH begründete seine Ansicht damit, dass DBA den Vertragsstaaten Kompetenzen zur Besteuerung einzelner Gruppen von Einkünften zuwiesen und dadurch eine Abgrenzung der Steuergewalt der Staaten herbeiführten151. Eine Fortsetzung dieser Rechtsprechung erfolgte in einem Urteil des RFH aus dem Jahr 1935152. Der Staat, dem das DBA keine Kompetenz zur Besteuerung zuweise, habe mit den Einkünften „überhaupt [. . .] in keiner Weise zu rechnen“153. Später führte der RFH dazu aus, dass die „Beziehungen des inländischen Staates zu der ausländischen Steuerquelle durch Zuweisung des Besteuerungsrechts an den Quellenstaat vollständig losgelöst seien“154. Die Normen seien insoweit als Zuteilungsnormen zu verstehen155. Weniger grundlegend führte er zudem an, dass die Steuerfreistellung ausländischer Verluste dem Steuerpflichtigen zwar Nachteile bringe, die Berücksichtigung dieser Verluste wegen des generellen Vorteils, den die Steuerfreistellung durch das DBA mit sich 175; BFH, Urteil v. 17.10.1990 – I R 182/87, BStBl. II 1991, 136 (137); BFH, Urteil v. 26.03.1991 – IX R 162/85, BStBl. II 1991, 704 (707); BFH, Urteil v. 06.10.1993 – I R 32/93, BFHE 172, 285; BFH, Urteil v. 16.12.1996 – I R 43/95, BStBl. II 1997, 128 (130 ff.); BFH, Urteil v. 17.11.1999 – I R 7/99, BStBl. II 2000, 605; BFH, Urteil v. 18.07.2001 – I R 70/00, BStBl. II 2003, 48; BFH, Beschluss v. 13.11.2002 – I R 13/02, BStBl. II 2003, 795; BFH, Beschluss v. 28.06.2006 – I R 84/04, BStBl. II 2006, 861; BFH, Urteil v. 22.08.2006, I R 116/04, BStBl. II 2006, 864 (865); BFH, Urteil v. 29.11.2006 – I R 45/05, IStR 2006, 326 (329); ebenso BVerfG, Urteil v. 10.03.1971 – 2 BvL 3/68, BStBl. II 1973, 431, gestützt auf § 3 Nr. 41 EStG in der Fassung vom 23.09.1958, BGBl. I 1958, 673 (677). 148 RFH, Urteil v. 25.01.1933, VI A 199/32, RStBl. 1933, 478 (478); RFH, Urteil v. 26.06.1935, VI A 414/35, RStBl. 1935, 1358. 149 RFH, Urteil v. 25.01.1933 – VI A 199/32, RStBl. 1933, 478 (478). 150 RFH, Urteil v. 25.01.1933 – VI A 199/32, RStBl. 1933, 478 (478). 151 RFH, Urteil v. 25.01.1933 – VI A 199/32, RStBl. 1933, 478 (478). 152 RFH, Urteil v. 26.06.1935 – VI A 414/35, RStBl. 1935, 1358. 153 RFH, Urteil v. 26.06.1935 – VI A 414/35, RStBl. 1935, 1358 (1359); ähnlich auch BVerfG, Urteil v. 10.03.1971 – 2 BvL 3/68, BVerfGE 30, 272 (280 f.). 154 So der RFH in späteren Urteilen, vgl. RFH, Urteil v. 21.10.1936 – VI A 473/35, RStBl. 1937, 424 (424); RFH, Urteil v. 23.06.1937 – VI A 842/36, RStBl. 1937, 831 (831 f.); RFH, Urteil v. 12.04.1938 – I 143/37, RStBl. 1938, 620 (621); RFH, Urteil v. 07.02.1938 – VI 735/38, RStBl. 1939, 252. 155 So RFH, Urteil v. 26.06.1935 – VI A 414/35, RStBl. 1935, 1358 (1359).

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bringe, aber abgegolten sei; dies umso mehr, als der Steuerpflichtige im Regelfall ohnehin Gewinne erziele156. Ferner griff der RFH als Argument die mangelnde finanzbehördliche Orts- und Sachkenntnis auf, die zu einer doppelten Verlustberücksichtigung führen könne, wenn das ausländische Einkommen durch deutsche Behörden nicht festzustellen sei157. Dieses Verständnis von der Freistellungsmethode und die daraus resultierende Ablehnung des grenzüberschreitenden Verlustausgleichs, bestätigte der RFH mehrfach in späteren Urteilen158. Der BFH behandelte diese Problematik erstmals in einem Beschluss aus dem Jahr 1970159 und knüpfte dabei an die Rechtsprechung des RFH an. Der vom RFH geprägten Rechtsansicht folgend, geht der BFH ohne nähere Begründung davon aus, dass DBA ausländischen Staaten Besteuerungsrechte zuweisen160. Im Sinne einer absoluten Zuteilungstheorie äußerte sich der BFH auch in einem späteren Urteil in der Weise „[. . .], daß die BRD die [. . .] Verluste nicht berücksichtigen darf“161. Maßgeblich für die Entscheidung des BFH, ob ausländische Verluste berücksichtigt werden müssen, ist aber nicht allein das Verständnis von Funktion und Wirkung von DBA. Sofern nach einem Abkommen Einkünfte freizustellen sind, legt der BFH mangels einer im Abkommen selbst enthaltenen Definition den Begriff nach deutschem innerstaatlichem Recht aus162, mit der Folge, dass sowohl Gewinne/Überschüsse als auch Verluste vom Einkünftebegriff erfasst werden und deshalb bei der Steuerbemessungsgrundlage keine Berücksichtigung finden163. In einem späteren Urteil sieht sich der BFH in dieser Auffassung dadurch bestätigt, dass in § 2 Abs. 4 S. 1 EStG i. d. F. des Jahres 1975 die Worte „nach Ausgleich mit Verlusten“ gestrichen wurden, weil es sich dabei um eine Selbstverständlichkeit handele164. Verluste seien eben nur negative Einkünfte. 156

RFH, Urteil v. 26.06.1935 – VI A 414/35, RStBl. 1935, 1358 (1359). RFH, Urteil v. 26.06.1935 – VI A 414/35, RStBl. 1935, 1358 (1359). 158 Z. B. RFH, Urteil v. 21.10.1936 – VI A 473/35, RStBl. 1937, 424 (424); RFH, Urteil v. 23.06.1937 – VI A 842/36, RStBl. 1937, 831 (831 f.); RFH, Urteil v. 12.05. 1938 – IV 143/37, RStBl. 1938, 620 (621); RFH, Urteil v. 07.02.1938 – VI 735/38, RStBl. 1939, 252. 159 BFH, Urteil v. 11.03.1970 – I B 50/68, I B 3/69, BStBl. II 1970, 569; in diesem Sinne später BFH, Urteil v. 23.03.1972 – I R 128/70, BStBl. II 1972, 948 (949). 160 BFH, Urteil v. 11.03.1970 – I B 50/68, I B 3/69, BStBl. II 1970, 569 (571). 161 BFH, Urteil v. 23.03.1972 – I R 128/70, BStBl. II 1972, S. 948 (949); vgl. hierzu auch oben Kapitel C.II.3.a), S. 49 ff. 162 BFH, Urteil v. 11.03.1970 – I B 50/68 – I B 3/69, BStBl. II 1970, 569 (571); ebenso z. B. BFH, Urteil v. 12. 01.1983 – I R 90/79, BStBl. 1983, 382 (384). 163 Im Ergebnis folgt der BFH auch hier dem RFH, der in einem Urteil aus dem Jahr 1936 den abkommensrechtlichen Einkünftebegriff bereits als „terminus technicus“ im Sinne des EStG bzw. KStG verstanden und sich dazu auf § 2 Abs. 2 EStG bezogen hatte, vgl. RFH, Urteil v. 21.10.1936 – VI A 473/35, RStBl. 1937, 424. 164 BFH, Urteil v. 25.02.1976 – I R 150/73, BStBl. II 1976, 454, unter Bezugnahme auf Gérard/Söffing, FR 1974, 361 (363). 157

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Weiter führt der BFH zur Begründung aus, dass der Verlustausgleich zwar dem innerstaatlichen Recht angehöre, aber durch ein DBA verloren gehen könne165. Ausländische Verluste müssten, „schon auf Grund der Systematik der DBA bei der inländischen Besteuerung außer Ansatz“ bleiben166. Im Beschluss vom 13.11.2002167 bezieht der BFH in die Begründung seiner Auffassung die innerstaatliche Regelung des § 2a Abs. 3 EStG a. F.168 ein. Diese baue darauf auf, dass ausländische Verluste nicht bei der Steuerbemessungsgrundlage berücksichtigt werden, wenn ausländische Einkünfte aufgrund eines DBA freizustellen sind169. Insoweit wird davon gesprochen, dass § 2a Abs. 3 EStG a. F. das ursprüngliche Richterrecht – also die Rechsprechung, nach der bei Freistellung ein Verlustausgleich außerhalb des § 2 Abs. 3 EStG a. F. nicht zulässig sei – in das Gesetzgebungsrecht aufgenommen und insofern zementiert worden sei. Trotz erheblicher Kritik aus dem Schrifttum,170 welches sich bis heute intensiv mit den Argumenten des RFH und BFH auseinandersetzt, zeigt der jüngste 165

BFH, Urteil v. 28.03.1973 – I R 59/71, BStBl. II 1973, 531 (531). BFH, Urteil v. 06.10.1993 – I R 32/93, BStBl. II 1994, 113. 167 BFH, Beschluss v. 13.11.2002 – I R 13/02, BStBl. II 2003, 795; ebenso BFH, Beschluss v. 28.06.2006 – I R 84/04, BStBl. II 2006, 861. Auch insoweit greift der BFH ebenfalls ein Argument des RFH auf, welcher bereits frühzeitig die Funktion und Wirkungsweise von DBA als Argument für seine Sicht ins Feld geführt hatte. 168 Für Veranlagungszeiträume ab 1969 bis einschließlich 1998 eröffnete § 2 AIG (§ 2 des Gesetzes über steuerliche Maßnahmen bei Auslandsinvestitionen der deutschen Wirtschaft v. 18.08.1969, BGBl. I 1969, 1211 [1214], BStBl. I 1969, 477 [480]), der ab 1990 sachlich unverändert in § 2a Abs. 3 S. 1 u. 2 EStG a. F. fortbestand, auf Antrag die Möglichkeit der Berücksichtigung aus dem DBA-Ausland stammender Betriebsstättenverluste aus gewerblicher Tätigkeit im Inland. Dadurch sollten in Gestalt einer vorübergehenden Investitionshilfe – die Berücksichtigung erfolgte unter der Bedingung der späteren Hinzurechnung (§ 2a Abs. 3. S. 3 EStG a. F.) – nicht gewünschte Benachteiligungen von gewerblichen Auslandsinvestitionen in DBA-Staaten mit Freistellungsmethode abgemildert werden, vgl. Heinicke in: Schmidt EStG, § 2a EStG Rn. 50. 169 Vgl. BFH, Beschluss v. 13.11.2002 – I R 13/02, BStBl. II 2003, 795. 170 Vgl. u. a. Knauer, StuW 1964, 155 (157 ff.), Spitaler, Doppelbesteuerung, S. 408 f., Kiehne, AWD/BB 1967, 187 (189 ff.); Freudling, AWD 1969; 108 (109); Krabbe, DStJG Bd. 8 (1985), S. 79 (80 f.); Knobbe-Keuk, Unternehmenssteuerrecht, S. 322; Schaumburg, Int. Steuerrecht, Rn. 16.539; Prokisch, DStJG Bd. 28 (2005), S. 229 (236 ff.); Kessler/Schmitt/Janson, IStR 2001, 729 (732); Cordewener/Dahlberg/Pistone/Reimer/Romano, ET 2004, 135 (140); zur Kritik an der Argumentation der absoluten Abgrenzung von Steuergewalten vgl. Mössner, DStJG Bd. 8 (1985), S. 135 (151); Lechner in: Gassner/Lang/Lechner, Vermeidungsmethoden, S. 137 (144 ff.); Vogel in: Vogel/Lehner DBA, Art. 23 OECD-MA Rn. 46 ff.; Vogel in: Vogel, Freistellung im int. Steuerrecht, S. 1 (4); Kessler in: Lehner, Verluste, S. 83 (89); Cordewener/Dahlberg/Pistone/Reimer/Romano, ET 2004, 135 (140); der Rechtsprechung zustimmend Schuch, Verluste, 169 ff.; ders. in: Lehner, Verluste, S. 63 (76 ff.); zur Kritik an der Auslegung des Begriffs „Einkünfte“ vgl. Knauer, StuW 1964, 155 (158); Kiehne, AWD/BB 1967, 187 (189 ff.); Mössner, DStJG Bd. 8 (1985), S. 135 (153); 166

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Beschluss des BFH171, dass dieser an seiner Rechtsprechung festhält. Erste Zweifel hieran hat der BFH aber nunmehr in einem Vorlagebeschluss zum EuGH hinsichtlich gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben erkennen lassen172. Der BFH hat die Frage, ob die Nichtberücksichtigung ausländischer Verluste bei der Einkommensermittlung gegen Art. 43 EG und Art. 56 EG verstößt, dem EuGH zur Entscheidung vorgelegt. Das im Vorabentscheidungsverfahren ergangene Urteil in dieser Sache hat allerdings keine Klärung gebracht173. bb) Erkenntnis des öVwGH vom 25.09.2001 Obschon der öVwGH lange Zeit der Rechtsansicht des BFH folgte174, hat er mit der Entscheidung vom 25.09.2001175 seine Gefolgschaft aufgekündigt. Der öVwGH begründet seine Entscheidung im Wesentlichen damit, dass es Zweck von DBA sei, Doppelbesteuerung zu vermeiden und nicht die Verlustverrechnung auszuschließen176. Durch die Berücksichtigung ausländischer Verluste bei der Ermittlung des Einkommens würde der Steuerpflichtige nicht im Sinne des einschlägigen DBA „doppelt zur Steuer herangezogen“177. Der öVwGH ist der Auffassung, dass Verluste bei der Ermittlung des österreichischen Einkommens nach innerstaatlichem Recht178 berücksichtigt werden können und dass DBA als Schrankrecht nur den innerstaatlichen Steueranspruch einschränken, nicht aber einen nach innerstaatlichem Steuerrecht fehlenden Besteuerungsanspruch begründen können179. Im Gegensatz zum BFH, der gemeinschaftsrechtliche Bedenken hinsichtlich der Nichtberücksichtigung von ausländischen Verlusten zu erkennen gab, hat der öVwGH lediglich auf das Gemeinschaftsrecht verwiesen,

Prokisch, DStJG Bd. 28 (2005), S. 229 (238); Vogel in: Vogel/Lehner DBA, Art. 23 OECD-MA Rn. 36; Kessler in: Lehner, Verluste, S. 83 (89) a. A. Mössner, DStJG Bd. 17 (1994), S. 231 (251 f.); Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer DBA, Art. 23A OECD-MA, Rn. 22 (87. EL Okt. 2002); zur Kritik am Gedanken des Vorteilsausgleichs vgl. nur Mössner, DStJG Bd. 17 (1994), S. 231 (251 f.); Prokisch, DStJG Bd. 28 (2005), S. 229 (238); zur Kritik an Gefahr des doppelten Verlustausgleichs vgl. Prokisch, DStJG Bd. 28 (2005), S. 229 (239). 171 BFH, Beschluss v. 13.11.2002 – I R 13/02, BStBl. II 2003, 795. 172 BFH, Beschluss v. 13.11.2002 – I R 13/02, BStBl. II 2003, 795. 173 Dazu unten Kapitel E.IV.1.b)aa)(2), S. 250 ff. 174 Vgl. öVwGH, Erkenntnis v. 06.03.1984 – 83/14/0107; öVwGH, Erkenntnis v. 21.05.1985 – 85/14/0001. 175 ÖVwGH, Erkenntnis v. 25.09.2001 – 99/14/0217, IStR 2001, 754. 176 ÖVwGH, Erkenntnis v. 25.09.2001 – 99/14/0217, IStR 2001, 754 (755); vgl. hierzu auch Loukota, SWI 2001, 466; Trenkwalder/Firlinger, SWI 2001, 514; Vogel, IStR 2002, 91; Zorn, SWI 2001, 456 (458 ff.); kritisch Lang, SWI 2002, 86 (92). 177 ÖVwGH, Erkenntnis v. 25.09.2001 – 99/14/0217, IStR 2001, 754 (755). 178 § 2 Abs. 2 öEStG. 179 ÖVwGH, Erkenntnis v. 25.09.2001 – 99/14/0217, IStR 2001, 754 (755); kritisch dazu Lang, SWI 2002, 92.

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um darzulegen, warum trotz Änderung seiner Rechtsprechung kein nach dem österreichischem Verfahrensrecht verstärkter Senat mit der Entscheidung zu befassen sei180. Die Rechtsprechungsänderung des öVwGH ist vom Schrifttum grundsätzlich positiv aufgenommen worden181, hat sich der öVwGH doch die kritschen Argumente desselben für die Begründung seiner Entscheidung zu Eigen gemacht. Von der Kritik des Schrifttums und den Ausführungen des öVwGH unbeeindruckt, hält der BFH allerdings an seiner Rechtsprechung weiterhin fest, wie der zeitlich später ergangene Beschluss des BFH182 zeigt. b) Freistellung im Quellenstaat Für den Fall, dass negative Einkünfte nach einem DBA im Quellenstaat freigestellt sind, ist die Frage der Verlustberücksichtigung im Quellenstaat bislang nicht diskutiert worden. Dieser Umstand ist erstaunlich, da es im Fall von anderweitig verrechenbaren positiven Einkünften im Quellenstaat zu einer erheblichen Verkürzung der dortigen Steuerlast kommen kann. Ein Grund für das Ausbleiben einer dahingehenden Diskussion liegt sicherlich darin begründet, dass der beschränkt Steuerpflichtige im Fall der Freistellungsverpflichtung des Quellenstaates den Verlust in der Regel im Ansässigkeitsstaat mit anderen positiven Einkünften verrechnen kann. Denn der Ansässigkeitsstaat wird regelmäßig das Welteinkommen besteuern und damit sämtliche zur Verrechnung offen stehenden (positiven) Einkünfte in die Verrechnung mit einbeziehen. Indem der Ansässigkeitsstaat die im Quellenstaat erwirtschafteten negativen Einkünfte berücksichtigt, ist dem Bedürfnis nach einer Verlustverrechnung beim Steuerpflichtigen regelmäßig Genüge getan. Die Rechtsprechung des BFH zur Berücksichtigung „freigesteller“ Verluste im Ansässigkeitsstaat wird insoweit allerdings zu übertragen sein, weshalb negative Einkünfte im Fall der Freistellung im Quellenstaat nicht berücksichtigt werden. Entsprechend verfährt die Praxis, die im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht „freigestellte“ Verluste in keiner Weise bei Ermittlung der steuerlichen Bemessungsgrundlage berücksichtigt.

180 ÖVwGH, Erkenntnis v. 25.09.2001 – 99/14/0217, IStR 2001, 754 (755); kritisch dazu Vogel, IStR 2002, 91 ff.; Lang, SWI 2002, 86 (94); Cordewener, DStJG Bd. 28 (2005), S. 255 (283); a. A. Wassermeyer, IStR 2001, 755 (756), der davon ausgeht, dass der öVwGH damit auch gemeinschaftsrechtliche Bedenken gegenüber der Symmetriethese zum Ausdruck gebracht hat. 181 Vgl. zur Kritik Loukota, SWI 2001, 466 (470 ff.); Jirousek, ÖStZ 2001, 569 (570 f.); Lang, SWI 2002, 86 (92). 182 BFH, Beschluss v. 13.11.2002 – I R 13/02, BStBl. II 2003, 795.

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(bb) Erweiterung des Verlustabzugs nach § 2a Abs. 3 und 4 EStG a. F. Die Folgen dieser Rechtsprechung des BFH hatte der Gesetzgeber für die Veranlagungszeiträume 1969 bis 1998 durch Einführung des § 2a Abs. 3 und 4 EStG (vormals § 2 AIG)183 stark eingeschränkt. Über § 8 Abs. 1 KStG, der für das Einkommen auf das EStG verweist, galt § 2a Abs. 3 und 4 EStG auch für unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften184. Ziel dieser Regelung war es, die in diesem Fall nachteiligen Folgen der Freistellungsmethode zu beseitigen, um deutsche Auslandsinvestitionen zu fördern185. Darüber hinaus empfand man es als unbefriedigend, dass durch Abschluss eines DBA der im Ausland investierende Steuerpflichtige schlechter gestellt war als ohne eine solche bilaterale Vereinbarung186. Die Regelung § 2a Abs. 3 und 4 EStG a. F. war allerdings auf ausländische Betriebsstätteneinkünfte unbeschränkt Steuperpflichtiger begrenzt, so dass Verluste im Rahmen anderer DBA-Einkunftsarten seinerzeit keine Berücksichtigung bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage fanden. Auch die Verlustberücksichtigung im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht wurde im Rahmen des § 2a Abs. 3 und 4 EStG a. F. gänzlich ausgeblendet, womit auch weiterhin eine Verlustverrechnung bei Freistellung im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht nicht möglich war. § 2a Abs. 3 S. 1 EStG a. F. gestattete unbeschränkt Steuerpflichtigen bis einschließlich Veranlagungszeitraum 1998 auf Antrag gewerbliche Verluste aus einer in einem ausländischen DBA-Staat belegenen Betriebsstätte bei der inländischen Besteuerung insoweit zu berücksichtigen, als sie die nach dem DBA freigestellten gewerblichen Gewinne aus anderen im DBA-Staat belegenen Betriebsstätten überstiegen. Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 10d EStG war gem. § 2a Abs. 3 S. 2 EStG a. F. auch der intertemporale Verlustabzug zulässig. § 2a Abs. 3 S. 3 EStG a. F. machte die Berücksichtigung allerdings davon abhängig, dass die ausländischen Verluste in Abzug gebracht werden könnten, wenn sie (hypothetisch) im Inland erzielt werden. Dadurch sollte sicherge-

183 Von 1969 bis 1989 wurde die geschilderte Rechtsprechung des BFH durch § 2 AIG (BGBl. I 1969, 1211) weitgehend eingeschränkt. Die Regelung des § 2 AIG entspricht weitgehend der bis 1998 bzw. 2008 geltenden Regelung des § 2a Abs. 3 und 4 EStG. § 2 AIG wurde durch das Steuerreformgesetz 1990 v. 25.07.1988 (BGBl. I 1988, 1093) mit Wirkung ab VZ 1990 aufgehoben. § 2a Abs. 3 und 4 EStG eingeführt durch Haushaltsbegleitgesetz 1983 v. 20.12.1982 (BGBl. I 1982, 1857) § 2a Abs. 3 EStG a. F. wurde durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 v. 24.03. 1999, BGBl. I 1999, 402 ff. mit Wirkung ab Veranlagungszeitraum 1999 abgeschafft. 184 Probst in: Flick/Wassermeyer/Baumhoff, § 2a EStG Rn. 254 (52. EL April 2003); Portner in: Lademann EStG, § 2a EStG Rn. 101 (98. EL Jan. 1993); Mössner in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff EStG, § 2a EStG Rn. D 25 (96. EL März 2000). 185 BT-Drucks. 5/4287, S. 5; Eggers in: Piltz/Schaumburg, Aufwand und Verluste, S. 123 (125 f.); Heinicke in: Schmidt EStG, § 2a EStG Rn. 50. 186 Eggers in: Piltz/Schaumburg, Aufwand und Verluste, S. 123 (124).

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stellt werden, dass nicht ausländische Verluste berücksichtigt werden, deren Abzug im Fall von inländischen Verlusten ausgeschlossen wäre187. Der steuerliche Vorteil aus der Verlustberücksichtigung verbleibt jedoch in der Regel nicht endgültig. Vielmehr sieht § 2a Abs. 3 S. 3 vor, dass die ausgeglichenen (§ 2a Abs. 3 S. 1 EStG) und abgezogenen (§ 2a Abs. 3 S. 2 EStG) Verluste nachversteuert werden, soweit in den folgenden Jahren entsprechende Gewinne im Ausland anfallen. Dadurch sollt eine doppelte Verlustberücksichtigung sowohl in Deutschland als auch im Belegenheitsstaat der Betriebsstätte verhindert werden. § 2a Abs. 4 EStG normiert in diesem Zusammenhang einen gesonderten Hinzurechnungstatbestand, um der „Umgehung“ der Rechtsfolgen des § 2a Abs. 3 EStG durch einen Rechtsträgerwechsel188, beispielsweise durch Umwandlung ausländischer Betriebsstätten in Kapitalgesellschaften oder durch entgeltliche bzw. unentgeltliche Übertragung von Betriebsstätten, entgegenzuwirken. Neuerdings kommt es auch beim Wegfall der unbeschränkten Steuerpflicht zu einer Nachversteuerung (§ 2a Abs. 4 S. 2 EStG)189. Zu einer Hinzurechnung zum Gesamtbetrag der Einkünfte kam es bis zum Veranlagungszeitraum 1999 allerdings nicht190, wenn der Steuerpflichtige nachweisen konnte, dass nach den für ihn geltenden Vorschriften des ausländischen Staates ein Abzug von Verlusten in anderen Jahren als dem Verlustjahr allgemein nicht beansprucht werden kann (§ 2a Abs. 3 S. 4 EStG a. F.). Dabei ist die Besteuerung des hinzugerechneten Betrages nicht als Besteuerung des in dem Folgejahr erzielten ausländischen Gewinns zu verstehen, sozusagen im Widerspruch zu der für diesen Gewinn im DBA vereinbarten Freistellung,191 sondern als nachträgliche Besteuerung der in den früheren Jahren gegen den Verlust verrechneten inländischen positiven Einkünfte. Dies zeigt sich darin, dass, sofern der verrechnete inländische Gewinn einem ermäßigten Steuersatz unterlag, auch bei der nachträglichen Versteuerung der ermäßigte Steuersatz zur Anwendung ge187 Die Begünstigung galt demnach insbesondere nicht, soweit nach § 2a Abs. 1 Nr. 2 EStG eine Verlustverrechnung nicht möglich war. Verluste konnten deshalb nur dann den Gesamtbetrag der Einkünfte mindern, wenn sie aus „aktiven“ Tätigkeit i. S. v. § 2a Abs. 2 EStG stammten; vgl. Mössner in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff EStG, § 2a EStG Rn. D73 (96. EL März 2000); Probst in: Flick/Wassermeyer/Baumhoff, § 2a EStG Rn. 322 (52. EL April 2003). 188 Vgl. Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 14/2070, S. 22; BR-Drucks. 12/98, S. 34; zu dahin gehenden vormaligen Gestaltungsregelungen siehe Niepoth/ Kamphaus, IStR 1996, 11; Pyszka, IStR 1997, 18; Inzelmann/Mutscher, IStR 1999, 40. 189 § 2a Abs. 4 S. 2 EStG in der Fassung nach dem SEStEG v. 07.12.2006, BStBl. I 2007, 4. 190 § 2a Abs. 3 S. 4 EStG wurde mit Wirkung zum Veranlagungszeitraum 1999 durch das Steuerbereinigungsgesetz 1999 vom 22.12.1999 aufgehoben, vgl. BGBl. I 1999, 2601. 191 So aber das Konzept der Nachversteuerung nach dem Verständnis des öVwGH (Erkenntnis v. 25.09.2001 – 99/14/0217 E, IStR 2001, 754 f.); vgl. Wassermeyer, IStR 2001, 755 (756).

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langte192. Der ausländische Gewinn wird damit nur zum Anlass für die Rückgängigmachung des Verlustabzugs bzw. des Verlustausgleichs genommen. Die Verlustberücksichtigung erweist sich damit letztlich nur als provisorisch. Grund für die Nachversteuerungsregelung war der Umstand, dass die Rückgängigmachung der vorangegangenen Verlustberücksichtigung durch Besteuerung von späteren Gewinnen einen Verstoß gegen die abkommensrechtliche Freistellungspflicht begründet hätte193. Die Gesetzesbegründung zum AIG sprach deshalb von „Nachholung der Besteuerung“ 194 bzw. „Nachversteuerung“ 195. Da § 2a Abs. 3 und Abs. 4 EStG mit Wirkung zum 01.01.1999 aufgehoben wurde, ist die oben wiedergegebene Rechtsprechung des BFH zur Verlustberücksichtigung im Rahmen der Freistellungsmethode auch wieder für Betriebsstättenverluste zu beachten. (b) Einnahmen-Freistellung Sofern nach einer Verteilungsnorm Einnahmen freizustellen sind, richtet sich die Zuordnung von Aufwendungen grundsätzlich nach § 3c Abs. 1 EStG, der eine Modifikation gegenüber dem allgemeinen Veranlassungszusammenhang enthält196. Indem nach § 3c Abs. 1 EStG lediglich Aufwendungen den Einnahmen zuzuordnen sind, die einen unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit diesen aufweisen, begrenzt er den nach § 4 Abs. 4 EStG und § 50 Abs. 1 S. 1 EStG erforderlichen „wirtschaftlichen Zusammenhang“. (aa) Unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang Aus dem Erfordernis der Unmittelbarkeit des wirtschaftlichen Zusammenhangs leitet der BFH ab, dass lediglich solche Aufwendungen den Einnahmen zugeordnet werden können, die nach ihrer Entstehung oder Zweckbestimmung mit den steuerfreien Einnahmen in einem unlösbaren Zusammenhang stehen, d.h. ohne diese nicht angefallen wären197. In einigen Entscheidungen nimmt 192 BFH, Urteil v. 02.03.1989 – IV 128/86, BStBl. II 1989, 543 (544); BFH, Urteil v. 23.01.1991 – I B 35/90, BFH/NV 1992, 108; Eggesiecker, BB 1987, 1008 (1013); Probst in: Flick/Wassermeyer/Baumhoff, § 2a EStG Rn. 340 (52. EL. April 2003); Krabbe, RIW 1978, 240 (242); Richter, RIW 1979, 325 (326). 193 BFH, Urteil v. 02.03.1989 – IV R 128/86, BStBl. II 1989, 543 (544). 194 BT-Drucks. 5/3890, S. 20. 195 BT-Drucks. 5/4287, S. 6. 196 Kraft/Kraft in: FS Debatin, S. 235 (252); Wassermeyer in: Piltz/Schaumburg, Aufwand und Verluste, S. 37 (40 ff.); von Beckerath in: Kirchhof EStG, § 3c EStG Rn. 5. 197 Vgl. nur BFH, Urteil v. 29.01.1986 – I R 22/85, BStBl. II 1986, 479 (481); BFH, Urteil v. 11.02.1993 – VI R 66/91, BStBl. II 1993, 450 (451); vgl. auch Birk/

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der BFH auch einen unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang an, wenn Einnahmen und Ausgaben durch dasselbe Ereignis veranlasst sind, wobei es auf einen finalen Zusammenhang nicht ankomme198. Maßgeblich sei die Feststellung einer erkennbaren und abgrenzbaren Beziehung zwischen den Einnahmen und Aufwendungen im Sinne einer unlösbaren wirtschaftlichen Verbindung, die zudem konkret feststellbar sein müsse199. Danach können bei Anwendung des § 3c Abs. 1 EStG – im Unterschied zum allgemeinen Veranlassungsprinzip – sog. Gemeinkosten, insbesondere die in diesem Bereich anfallenden Personal- und sonstigen Verwaltungskosten, nicht den steuerfreien Einnahmen zugeordnet werden, da diese regelmäßig auch dann entstehen, wenn die freigestellten Einnahmen nicht anfallen200. (bb) Begrenzung des Abzugsverbots („soweit“) Im Unterschied zum allgemeinen Veranlassungsprinzip gilt diese Einschränkung aufgrund des Wortlauts des § 3c Abs. 1 EStG allerdings nur, „soweit“ die Aufwendungen mit steuerfreien Einnahmen in unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Unklar ist, wie diese Formulierung zu verstehen ist. Einerseits kann § 3c Abs. 1 EStG so verstanden werden, dass ein Abzugsverbot der Aufwendungen nur auf die Höhe der Einnahmen begrenzt ist. Nach diesem Verständnis können die Aufwendungen, soweit sie die steuerfreien Einnahmen übersteigen von der Steuerbemessungsgrundlage abgezogen werden201. Danach normiert § 3c Abs. 1 EStG nur ein der Höhe nach auf die Einnahmen begrenztes Abzugsverbot. Andererseits kann die Formulierung als ein bloßes Aufteilungsgebot interpretiert werden, das dann zu beachten ist, wenn die Aufwendungen sowohl durch steuerfreie als auch durch steuerpflichtige Einnahmen veranlasst sind und desJahndorf in: Herrmann/Heuer/Raupach EStG/KStG, § 3c EStG Rn. 61 (200. EL Okt. 2000). 198 Vgl. nur BFH, Urteil v. 29.01.1986 – I R 22/85, BStBl. II 1986, 479 (481); BFH, Urteil v. 11.10.1989 – I R 208/85, BStBl. II 1990, 88 (89); BFH, Urteil v. 26.03.2002 – VI R 26/00, BStBl. II 2002, 823 (826) m.w. N. 199 BFH, Urteil v. 11.02.1993 – VI R 66/91, BStBl. II 1993, 450 (451) BFH, Urteil v. 20.10.2004 – I R 11/03, BStBl. II 2005, 581 (584 f.); BFH, Urteil v. 26.03.2002 – VI R 26/00, BStBl. II 2002, 823 (827) m.w. N. 200 Die Literatur steht weitestgehend dem Erfordernis eines unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhangs kritisch gegenüber. Dieses sei systemwidrig, vgl. nur Wassermeyer, DB 1998, 642; dens. in: Piltz/Schaumburg, Aufwand und Verluste, S. 37 (49); von Beckerath in: Kirchhof EStG, § 3 EStG Rn. 13; Erhard in: Blümich EStG/ KStG/GewStG, § 3c EStG Rn. 41 (93. EL März 2007). 201 So Birk/Jahndorf in: Herrmann/Heuer/Raupach EStG/KStG, § 3c EStG Rn. 81 ff. (200. EL Okt. 2000); Heinicke in: Schmidt EStG § 3c EStG Rn. 3; vgl. hierzu auch Herzig, DB 2003, 1459 (1463 ff.).

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halb eine Zuordnung erforderlich ist202. Misst man der Formulierung diese Bedeutung bei, so stellt § 3c Abs. 1 EStG ein unbegrenztes Abzugsverbot dar, mit der Folge, dass alle mit den Einnahmen im unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Aufwendungen nicht abziehbar sind. Dieses Auslegungsergebnis beruht auf dem Gedanken, dass aus der Nichtberücksichtigung von Einnahmen korrespondierend die Nichtberücksichtigung von Aufwendungen folgt (Korrespondenzgedanke). § 3c EStG bewirkt danach, dass nicht Einnahmen, sondern ein aus Einnahmen und Aufwendungen gebildeter Saldoposten freigestellt wird. Die abkommensrechtliche Freistellung von Einnahmen führt danach im Ergebnis zu einer Freistellung von Einkunftsteilen und entspricht damit der Rechtsprechung des BFH zur Freistellung von (negativen) Einkünften. Nach Ansicht des BFH besteht der Zweck des § 3c Abs. 1 EStG darin, bei steuerfreien Einnahmen einen doppelten steuerlichen Vorteil durch Abzug der damit zusammenhängenden Aufwendungen zu vermeiden203. Der Steuerpflichtige soll neben der Steuerfreiheit der Einnahmen nicht noch Aufwendungen, die mit den steuerfreien Einnahmen in Zusammenhang stehen, von anderen steuerpflichtigen Einnahmen abziehen dürfen. Um einem solchen doppelten Vorteil entgegenzuwirken, reicht es aber aus, wenn die Aufwendungen nur soweit vom Abzug ausgeschlossen werden, wie entsprechende steuerfreie Einnahmen vorliegen. Richtet man die Auslegung des Tatbestandsmerkmals „soweit“ an diesem Telos aus, müsste § 3c Abs. 1 EStG nur ein begrenztes Abzugsverbot normieren. Ein solches begrenztes Abzugsverbot nimmt der BFH aber nur an, wenn der Betrag der steuerfreien Einnahmen der Höhe nach begrenzt ist, also im Übrigen steuerpflichtige Einnahmen vorliegen204. Dem folgt auch das Schrifttum und interpretiert § 3c Abs. 1 EStG in diesem Fall nur als ein begrenztes Abzugsverbot205. Diesem Auslegungsergebnis ist zuzustimmen. Denn dass Aufwendungen in Abzug gebracht werden können, soweit sie den steuerfreien Betrag übertreffen, folgt letztlich schon aus dem Leistungsfähigkeitsprinzip. 202 So die h. M. vgl. von Beckerath in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff EStG, § 3c EStG Rn. B 91 ff. (166. EL Juni 2006); Kraft/Kraft in: FS Debatin, 235 (252); Erhard in: Blümich EStG/KStG/GewStG, § 3c EStG Rn. 6 f. u. 46 (93. EL März 2007); Frotscher in: Frotscher EStG, § 3c EStG Rn. 2 (136. EL Jan. 2007); Lindemann in: Littmann/Bitz/Pust EStG, § 3c EStG Rn. 53 ff. (61. EL Mai 2004). 203 Vgl. nur BFH, Urteil v. 04.03.1977 – VI R 213/75, BStBl. II 1977, 507; BFH, Urteil v. 14.11.1986 – VI R 226/80, BStBl. II 1987, 385 (386); BFH, Urteil v. 14.11.1986 – VI R 209/82, BStBl. II 1989, 351; BFH, Urteil v. 27.04.1993 – IX R 26/92, BStBl. II 1993, 784 (785); BFH, Urteil v. 11.02.1993 – VI R 66/91, BStBl. II 1993, 450 (451); BFH, Urteil v. 09.06.1989 – VI R 33/86, BStBl. II 1990, 119 (121). 204 BFH, Urteil v. 14.11.1986 – VI R 226/80, BStBl. II 1987, 385 (386); BFH, Urteil v. 15.11.1991 – VI R 81/88, BStBl. II 1992, 367 (368). 205 Vgl. insbesondere Erhard in: Blümich EStG/KStG/GewStG, § 3c EStG Rn. 47 (96. EL Sept. 2007); von Beckerath in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff EStG, § 3c EStG Rn. B 101 ff. (166. EL Juni 2006); Lindemann in: Littmann/Bitz/Pust EStG, § 3c EStG Rn. 54 f. (61. EL Mai 2004).

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Sofern allerdings Einnahmen dem Grunde nach steuerbefreit sind, hat der BFH § 3c Abs. 1 EStG die Funktion eines unbegrenzten Abzugsverbots i. S. d. Korrespondenzgedankens beigemessen206. Insoweit behandelt der BFH eine steuerfreie Tätigkeit nicht anders als eine Tätigkeit, die auf die Erzielung von nicht steuerbaren Einkünften abzielt. Dieser Rechtsprechung folgt weitestgehend auch das Schrifttum207. Birk und Jahndorf sind dem entgegen getreten. Aus dem Leistungsfähigkeitsprinzip folge, dass erwerbsbezogene Aufwendungen abgezogen werden müssen, da der Steuerpflichtige nur aus dem eingenommenen Vermögen Steuern zahlen könne208. Allerdings sei ein unbeschränktes Abzugsverbot im Zusammenhang mit der Erschließung von steuerfreien Einnahmequellen, bspw. aufgrund einer ausländischen Einnahmequelle, gerechtfertigt209. (3) Berücksichtigung persönlicher Abzugsbeträge Anders als bei der Anrechnungsmethode kommt es bei Anwendung der Freistellungsmethode zu einer vollständigen Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse im Ansässigkeitsstaat. Dies ist darauf zurückzuführen, dass auch bei der Freistellung von Einkünften die persönliche Abzugsbeträge bspw. in Form von Sonderausgaben (§ 10 EStG) oder außergewöhnlichen Belastungen (§§ 33 ff. EStG) vollumfänglich in Abzug gebracht werden können. (4) Zwischenergebnis Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass die Einkünfte grundsätzlich nach den innerstaatlichen Ermittlungsvorschriften zu ermitteln sind. Wesentlicher Maßstab ist das Veranlassungsprinzip gem. § 4 Abs. 4 EStG und § 50 Abs. 1 S. 1 EStG, sofern nach dem DBA Einkünfte vom Ansässigkeitsstaat bzw. Quellenstaat freizustellen sind. Sofern allerdings das DBA Einnahmen freistellt, gilt das 206 BFH, Urteil v. 28.04.1983 – IV R 122/79, BStBl. II 1983, 566 (569); BFH, Urteil v. 29.01.1986 – I R 22/85, BStBl. II 1986, 479 (480 f.); BFH, Urteil v. 06.10.1993 – I R 32/93, BFHE 172, 385 (386); BFH, Urteil v. 27.03.1991 – I R 31/89, BStBl. II 1992, 103. 207 Von Beckerath in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff EStG, § 3c EStG B 91 ff. (166. EL Juni 2006); ders. in: Kirchhof EStG, § 3c EStG Rn. 14 f.; Erhard in: Blümich EStG/KStG/GewStG, § 3c EStG Rn. 47 (96. EL Sept. 2007); a. A. Birk/Jahndorf in: Herrmann/Heuer/Raupach EStG/KStG, § 3c EStG Rn. 81 (200. EL Okt. 2000). 208 Birk/Jahndorf in: Herrmann/Heuer/Raupach EStG/KStG, § 3c EStG Rn. 81 (200. EL Okt. 2000). 209 Birk/Jahndorf in: Herrmann/Heuer/Raupach EStG/KStG, § 3c EStG Rn. 81 (200. EL Okt. 2000), wobei diese Erweiterung des Abzugsverbots nicht mit dem derzeitigen Wortlaut des § 3c Abs. 1 EStG gedeckt sei und deshalb ein unbeschränktes Abzugsverbot auch im Fall der Erschließung ausländischer Einnahmequellen nur „de lege ferenda“ möglich wäre.

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Veranlassungsprinzip in der nach § 3c Abs. 1 EStG modifizierten Weise. In diesem Fall werden nur Aufwendungen den Einnahmen zugeordnet, die einen unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang zu den Einnahmen aufweisen210. Bei der Freistellung von Einnahmen gilt das Korrespondenzprinzip. Hieraus folgt, dass auch für Aufwendungen, die die steuerfreien Einnahmen übersteigen ein, Abzugsverbot eingreift. Dies gilt nach der Rechtsprechung des BFH und allgemeiner Ansicht im Schrifttum insbesondere im Fall der Freistellung von Einnahmen aus ausländischen Einkunftsquellen. Da die Freistellung von Einkünften die persönlichen Abzugsbeträge vollständig unberührt lässt, kommt es bei Anwendung der Freistellungsmethode zu einer vollständigen Berücksichtigung der persönlichen Lebensverhältnisse im Ansässigkeitsstaat. cc) Wirkung der Freistellung von Einkünften auf den Steuersatz Die obigen Ausführungen beschreiben die Auswirkungen der Freistellungsmethode auf Ebene der Steuerbemessungsgrundlage für den Fall erwirtschafteter positiver und negativer Einkünfte. Die Freistellungsmethode wirkt dem Grunde nach allerdings auf zwei Ebenen: einerseits bei der Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlage und andererseits bei der Ermittlung der Steuersatzbemessungsgrundlage211. Das Ausnehmen der Einkünfte aus der Steuerbemessungsgrundlage und die dadurch eintretende Verminderung des Einkommens hat auch immer Auswirkungen auf den anzuwendenden Steuersatz, sofern dieser einen progressiven Verlauf aufweist. Denn der progressive Verlauf eines Steuersatzes bewirkt, dass sich der Steuersatz nach der Höhe der Steuerbemessungsgrundlage richtet. Die Steuerbemessungsgrundlage ist daher zugleich auch Steuersatzbemessungsgrundlage. Aus den genannten Gründen enthält das OECD-MA in Art. 23 Abs. 3 eine Regelung, wonach die nach dem DBA freigestellten Einkünfte bei der Festsetzung der Steuer für das übrige Einkommen mit einbezogen werden können. 210 Im Fall von nach Abkommensrecht steuerfreien Schachteldividenden wird die Anwendung des § 3c Abs. 1 EStG durch § 8b Abs. 1 KStG i.V. m. § 8b Abs. 5 KStG überlagert. § 8b Abs. 5 KStG pauschaliert den Abzug von Aufwendungen dahingehend, dass 5 % der Dividende als Betriebsausgaben gelten. § 3c Abs. 1 EStG findet demnach in einer pauschalierten Form Anwendung, vgl. Menck in: Blümich EStG/ KStG/GewStG, § 8b KStG Rn. 60d (94. EL April 2007); Frotscher, DStR 2001, 2045 (2047). Bei der Ermittlung von Veräußerungsgewinnen bzw. -verlusten aus dem Veräußerung eines Anteils an einer Körperschaft i. S. v. § 8 Abs. 2 KStG gilt gem. § 8b Abs. 3 KStG Entsprechendes. Diese Regelungen haben Fiktionswirkung, so dass auf die Höhe der tatsächlichen in unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Aufwendungen nicht ankommt. 211 Vgl. BFH, Urteil v. 17.10.1990 – I R 182/87, BStBl. II 1991, 136 (137); BFH, Urteil v. 06.10.1993 – I R 32/93, BStBl. II 1994, 113.

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Sinn und Zweck des Progressionsvorbehaltes212 ist es, den Effekt der Freistellungsmethode auf den Steuersatz abzuwenden. Die steuerpflichtigen Einkünfte sollen nach einem Steuersatz besteuert werden, der der objektiven Leistungsfähigkeit unter Berücksichtigung der freigestellten Einkünfte entspricht213. Die Verteilung von Einkunftsquellen auf verschiedene Staaten soll sich nicht auf den Steuersatz auswirken214. Dem Steuerpflichtigen entsteht durch den Bezug steuerfreier Einkünfte dadurch im Ergebnis weder ein Steuersatzvorteil noch ein Steuersatznachteil. Denn konsequenterweise müssen dazu auch negative Einkünfte bei Ermittlung des Steuersatzes berücksichtigt werden. Das OECD-MA sieht in Art. 23 Abs. 3 allerdings lediglich für den Ansässigkeitsstaat einen Progressionsvorbehalt vor. Eine entsprechende Regelung für den Quellenstaat, sofern dieser nach einer Verteilungsnorm mit abschließender Rechtsfolge zur Freistellstellung inländischer Einkünfte verpflichtet ist, findet sich im OECD-MA nicht. (1) Progressionsvorbehalt nach Art. 23A Abs. 3 OECD-MA Art. 23A Abs. 3 OECD-MA enthält zugunsten des freistellenden Ansässigkeitsstaates den Vorbehalt, dass die von ihm steuerfrei zu stellenden Einkünfte bei der Ermittlung des Steuersatzes für das übrige steuerpflichtige Einkommen einbezogen werden können. Der Progressionsvorbehalt des Art. 23A Abs. 3 OECD-MA enthält damit eine Öffnungsklausel, die es dem Ansässigkeitsstaat gestattet, die steuerfreien Einkünfte bei der Berechnung des Steuersatzes für die übrigen Einkünften einzubeziehen215. Nach früherer Ansicht des BFH kam dem abkommensrechtlichen Progressionsvorbehalt eine konstitutive Wirkung zu. Deshalb war bei fehlender abkommensrechtlicher Öffnungsklausel die Berücksichtigung der freigestellten Einkünfte bei der Ermittlung des Steuersatzes nicht möglich216. Eine Besteuerung 212 Kritisch zur Begrifflichkeit Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer DBA, Art. 23A OECD-MA Rn. 121 (87. EL Okt. 2002). 213 Vgl. BFH, Urteil v. 19.12.2001 – I R 63/00, BStBl. II 2003, 302 (305). 214 BFH, Urteil v. 25.05.1970 – I R 109/68, BStBl. II 1970, 660 (661); BFH, Urteil v. 01.08.1986 – VI R 181/83, BStBl. II 1986, 902; BFH, Urteil v. 11.09.1987 – VI R 19/84, BStBl. II 1987, 856. 215 Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer DBA, Art. 23A OECD-MA Rn. 122 u. 132 (87. EL Okt. 2002). 216 BFH, Urteil v. 09.11.1966 – I 29/65, BStBl. III, 1967, 88; BFH, Urteil v. 04.10.1967 – I 422/62, BStBl. II 1968, 101 (102); BFH, Urteil v. 11.10.1967 – I R 86/67, BStBl. III 1967, 729; BFH, Urteil v. 25.05.1970 – I R 109/68, BStBl. II 1970, 660 (661); BFH, Urteil v. 04.08.1976 – I R 152, 153/74, BStBl. II 1976, 662; BFH, Urteil v. 12.03.1980 – I R 186/76, BStBl. II 1980, 531; BFH, Urteil v. 28.04.1982 – I R 151/78, BStBl. II 1982, 566; BFH, Urteil v. 06.10.1982 – I R 121/79, BStBl. II 1983, 84; BFH, Urteil v. 23. 10. 1985, I R 274/82, BStBl. II 1986, 133; BFH, Urteil

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unter Berücksichtigung der steuerfreien Einkünfte war danach nur dann nicht möglich, wenn die Freistellung nicht nach einer dem Art. 23A OECD-MA entsprechenden Regelung, sondern aufgrund einer Verteilungsnorm mit abschließender Rechtsfolge erfolgte, also dann, wenn Deuschland als Quellenstaat auf sein Besteuerungsrecht verzichtet hatte und zur Freistellung verpflicht war. Da eine Besteuerung im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht allerdings nur in seltenen Ausnahmefällen unter Progressionsvorbehalt erfolgt217, waren die Folgen dieser Rechtsprechung gering. Im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht zeigte die Rechtsprechung aber in Fällen fehlender abkommensrechtlicher Ansässigkeit i. S. v. Art. 1 OECD-MA Wirkung. Denn die dem Art. 23A Abs. 3 OECD-MA entsprechenden Artikel der deutschen DBA geben lediglich dem Staat der abkommensrechtlichen Ansässigkeit das Recht zur Besteuerung unter Progressionsvorbehalt. Insbesondere in Fällen sog. Doppelansässigkeit, bei denen Deutschland über die sog. „tie breaker rule“ des Art. 4 Abs. 3 OECDMA seinen „Status“ als Ansässigkeitsstaat i. S. v. Art. 1 OECD-MA verlor, führte die Rechtsprechung deshalb auch im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht zu einer Besteuerung ohne Progressionsvorbehalt. Nach neuer Rechtsprechung des BFH kommt den abkommensrechtlichen Öffnungsklauseln aber nur noch eine deklaratorische Bedeutung zu218. Nur wenn die Anwendung eines Progressionsvorbehaltes nach Abkommensrecht ausdrücklich ausgeschlossen ist – was allerdings in keinem DBA der Fall ist219 –, ist es Deutschland verwehrt, unter Berücksichtigung der steuerfreien Einkünfte den Steuersatz zu bestimmen. In seiner neuen Rechtsprechung verdeutlicht der BFH dies mit dem Hinweis: „die Berücksichtigung des Progressionsvorbehaltes [setzt] nicht voraus, dass das DBA sie erlaubt, sie ist vielmehr nur dann ausgeschlossen, wenn ein einschlägiges DBA sie verbietet“220. Diesem Verständnis steht auch nicht das Urteil des BVerfG221 vom 10.03.1971 entgegen222. Zwar v. 09.08.1989 – I B 118/88, BStBl. II 1990, 175 (176); BFH, Urteil v. 13.11.1991 – I R 3/91, BStBl. II 1992, 345. 217 Dazu unten Kapitel C.II.4.b)cc)(2)(b)(aa), S. 86 ff. 218 Unter Aufgabe der alten Rechtsprechung BFH, Urteil v. 19.12.2001 – I R 63/00, BStBl. II 2003, 302 (304); BFH, Urteil v. 15.05.2002 – I R 40/01, BStBl. II 2002, 660; vgl. auch Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer DBA, Art. 23A OECD-MA Rn. 123 (87. EL Okt. 2002); dens., IStR 2003, 421; Grotherr in: Gosch/Kroppen/Grotherr DBA, Art. 23A/23B OECD-MA Rn. 137/5 (10. EL 2002); Schiffers in: Korn EStG, § 32b EStG Rn. 16 (32. EL Okt. 2006); Wied in: Blümich EStG/KStG/ GewStG, § 32b EStG Rn. 23 (93. EL März 2007); Mössner, RIW 2003, 294 (295); a. A. Vogel in: Vogel/Lehner DBA, Art. 23 OECD-MA Rn. 213. 219 Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer DBA, Art. 23A OECD-MA Rn. 122 (87. EL Okt. 2002); ders., IStR 2002, 289 (290). 220 BFH, Urteil v. 15.05.2002, BStBl. II 2002, 660 (661). 221 BVerfG, Urteil v. 10.03.1971 – 2 BvL 3/68, BStBl. II 1973, 431. 222 So auch Wassermeyer, IStR 2003, 421; Frotscher in: Frotscher EStG, § 32b EStG Rn. 39 (119. EL Febr. 2002); a. A. Vogel, IStR 2003, 419.

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hat das BVerfG dort entschieden, dass ein Progressionsvorbehalt nur angewendet werden darf, wenn dies in dem jeweiligen Abkommen vereinbart ist. Das BVerfG begründet diese Auffassung aber ausdrücklich damit, dass das EStG zum damaligen Zeitpunkt keine Bestimmung enthielt, wonach der Steuersatz unter Einbeziehung der aufgrund internationaler Verträge steuerfreien Bezüge zu ermitteln sei223. Der BFH trägt damit dem gewandelten Verständnis von DBA Rechnung, die grundsätzlich Steuerbefreiungs- bzw. Ermäßigungsvorschriften, nicht aber steuerbegründende oder steuerverschärfende Vorschriften enthalten. Zudem ist dieses Verständnis folgerichtiges Ergebnis einer am Zweck von DBA orientierten Auslegung. Denn DBA sollen grundsätzlich keinem Vertragsstaat vorschreiben, wie dieser Einkünfte zu besteuern hat, die allein seinem Besteuerungsrecht unterliegen224. Der Progressionsvorbehalt bleibt Bestandteil der nach Abkommensrecht verbleibenden Besteuerungskompetenz des nationalen Steuergesetzgebers. Insoweit ist Deutschland unabhängig von einem abkommensrechtlichen Progressionsvorbehalt dazu berechtigt, die freigestellten Einkünfte bei der Ermittlung des Steuersatzes zu berücksichtigen. Hier enthält § 32b EStG die wesentlichen Regelungen zu einer Besteuerung unter Berücksichtigung von Einkünften, die ohne Auswirkung auf die Steuerbemessungsgrundlage geblieben sind. (2) Innerstaatliche Ausgestaltung durch § 32b EStG Die innerstaatliche Ausgestaltung des Progressionsvorbehaltes richtet sich in Deutschland seit 1975 nach § 32b EStG225. Im Rahmen der Körperschaftsteuer ist § 32b EStG nicht anwendbar, da das KStG nicht auf § 32b EStG verweist226. § 32b EStG kommt deshalb schon – unabhängig davon, dass das Körperschaftsteuerrecht bereits keinen progressiven Steuertarif vorsieht (vgl. § 23 223

Vgl. dazu auch Wassermeyer, IStR 2002, 289 (290). Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer DBA, Art. 23A OECD-MA Rn. 122 (87. EL Okt. 2002); Mössner, IStR 2003, 242 (243); a. A. Schaumburg, Int. Steuerrecht, Rn. 16.541 ff.; differenzierend Vogel wonach der Progressionsvorbehalt nur klarstelle, was auch ohne ausdrücklichen Vorbehalt gelten würde. Wenn der im DBA normierte Progressionsvorbehalt sich allerdings nur auf bestimmte Einkünfte beziehe, dann dürfe der freistellende Staat die übrigen freigestellten Einkünfte nicht im Rahmen eines Progressionsvorbehaltes berücksichtigen (negative Abgrenzungswirkung), Vogel in: Vogel/ Lehner DBA, Art. 23 OECD-MA Rn. 213. 225 § 32b EStG wurde eingefügt durch das EStRG 1974 v. 05.08.1974, BGBl. I 1974, 1768. 226 Allgemeine Ansicht, Frenz in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff EStG, § 32b EStG Rn. A 72 (111. EL Juli 2001); Probst in: Herrmann/Heuer/Raupach EStG/KStG, § 32b EStG Rn. 18 (217. EL Jan. 2005); Debatin, AWD 1965, 41 (46 ff.); Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer DBA, Art. 23A OECD-MA Rn. 124 (87. EL Okt. 2002); a. A. Herzig, RIW/AWD 1979, 545 ff.; Schwedhelm in: Streck KStG, § 8 KStG, Rn. 18. 224

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Abs. 1 KStG) und ein Progressionsvorbehalt ohnehin wirkungslos bliebe – mangels Verweisung im KStG nicht zur Anwendung. Die Besteuerung unter Progressionsvorbehalt entspricht nach der Rechtsprechung des BFH dabei dem Prinzip der Besteuerung nach der persönlichen Leistungsfähigkeit und zwar sowohl im Fall der unbeschränkten als auch der beschränkten Steuerpflicht227. Der BFH hat diesbezüglich ausgeführt, „dass die Berücksichtigung des Progressionsvorbehalts dem Prinzip der Besteuerung eines jeden nach seiner Leistungsfähigkeit entspricht“228. Dies gelte im Grundsatz für unbeschränkt und beschränkt Steuerpflichtige, wobei für beschränkt Steuerpflichtige aus Praktikabilitätserwägungen eine Ausnahme gerechtfertigt sein könne229. (a) Progressionsvorbehalt im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht Bei der Anwendung des Progressionsvorbehalts ist wegen des unterschiedlichen Umfangs zwischen der unbeschränkten und der beschränkten Steuerpflicht zu unterscheiden. (aa) § 32b Abs. 1 Nr. 3 EStG Für Einkünfte, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung steuerfrei sind, sieht § 32b Abs. 1 Nr. 3 EStG die Berücksichtigung derselben bei der Steuersatzermittlung im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht vor. Von der Regelung sind mithin die hier relevanten steuerfreien Einkünfte erfasst, die während der unbeschränkten Steuerpflicht in Deutschland aufgrund eines DBA freizustellen sind. (bb) § 32b Abs. 1 Nr. 2 EStG § 32b Abs. 1 Nr. 2 EStG, welcher die Einbeziehung von ausländischen Einkünften, die im Veranlagungszeitraum nicht der deutschen Einkommensteuer unterlegen haben, im Fall der zeitweisen unbeschränkten Steuerpflicht erlaubt, kommt hinsichtlich der Berücksichtigung von nach DBA freigestellten Einkünfte im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht kein eigenständiger Anwendungsbereich zu. Denn die in der Zeit der unbeschränkten Steuerpflicht steuerfreien Einkünfte werden bereits von § 32b Abs. 1 Nr. 3 EStG erfasst werden. 227 228 229

BFH, Urteil v. 19.12.2001 – I R 63/00, BStBl. II 2003, 302 (305). BFH, Urteil v. 19.12.2001 – I R 63/00, BStBl. II 2003, 302 (305). BFH, Urteil v. 19.12.2001 – I R 63/00, BStBl. II 2003, 302 (305).

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(cc) § 32b Abs. 1 Nr. 4 EStG Einkünfte, die nach einem sonstigen zwischenstaatlichen Übereinkommen steuerfrei sind, werden gem. § 32b Abs. 1 Nr. 4 EStG bei der Ermittlung des Steuersatzes berücksichtigt. Damit sind insbesondere multilaterale Vereinbarungen angesprochen, die nach dem jeweiligen zwischenstaatlichen Übereinkommen Einkünfte von der deutschen Steuer freistellen230. Die Berücksichtigung des Progressionsvorbehalts setzt allerdings voraus, dass diese unter dem Vorbehalt der Einbeziehung stehen. § 32b Abs. 1 Nr. 4 EStG macht damit die Berücksichtigung solcher steuerfreien Einkünfte nach seinem Wortlaut von der Existenz eines abkommensrechtlichen Vorbehalts abhängig. (dd) Wirkung bei negativen Einkünften Da der Einkünftebegriff des § 32b Abs. 1 Nr. 3 und Nr. 4 EStG im EStG einheitlich verwendet wird und damit nicht vom Einkünftebegriff des § 2 Abs. 2 EStG abweicht231, hat die deutsche Rechtsprechung die Berücksichtigung der freigestellten Einkünfte bei Vereinbarung eines Progressionsvorbehalts sowohl bei freigestellten positiven als auch bei negativen Einkünften stets bejaht232. Sie hat dabei sogar die Absenkung des Steuersatzes bis auf Null hingenommen233. Die Ermittung der hinzuzurechnenden bzw. abzuziehenden steuerfreien Einkünfte erfolgt nach innerstaatlichem Steuerrecht234. Standen den negativen Einkünften keine hinreichenden positiven Einkünfte gegenüber, so war in der Vergangenheit aufgrund der sog. „Schattenveranlagung“ sogar ein Vor- oder Rücktrag des Verlusts nach § 10d EStG mit unmittel-

230 Wied in: Blümich EStG/KStG/GewStG, § 32b EStG Rn. 54 (93. EL März 2007). 231 BFH, Urteil v. 15.05.2002 – I B 73/01 BFH/NV 2002, 1295 (1296). 232 Z. B. BFH, Urteil v. 25.05.1970 – I R 109/68, BStBl. II 1970, 660 (661); BFH, Urteil v. 25.05.1970, I R 146/68, BStBl. II 1970, 755 (757); BFH, Urteil v. 11.10. 1989 – I R 124/86, BStBl. II 1990, 57 (58). 233 BFH, Urteil v. 25.05.1970 – I R 109/68, BStBl. II 1970, 660 (661); BFH, Urteil v. 25.05.1970 – I R 146/68, BStBl. II 1970, 755 (757); BFH, Urteil v. 28.04.1982 – I R 151/78, BStBl. II 1982, 566; vgl. auch Debatin, AWD/BB 1965, 41 (49 f.); Richter, AWD/BB 1967, 191 (193); Winter, AWD BB 1969, 443 (445); Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer DBA, Art. 23A OECD-MA Rn. 132 (87. EL Okt. 2002); Vogel in: Vogel/Lehner DBA, Art. 23 OECD-MA Rn. 221; Grotherr in: Gosch/Kroppen/Grotherr DBA, Art. 23A/23B OECD-MA Rn. 194 (10. EL 2002); Wied in: Blümich EStG/KStG/GewStG, § 32b EStG Rn. 72 (93. EL März 2007). 234 BFH, Urteil v. 06.10.1982 – I R 121/79, BStBl. II 1983, 34 (35); BFH, Urteil v. 24.9.1985 – IX R 143/83, BStBl. II 1986, 287; BFH, Urteil v. 13.09.1989 – I R 117/ 87, BStBl. II 1990, 57 (58); BFH, Urteil v. 22.05.1991 – I R 32/90, BStBl. II 1992, 94; BFH, Urteil v. 31.07.1991 – I R 47/90, BFHE 165, 392 = DStR 1992, 67; BFH, Urteil v. 29.04.1992 – I R 102/91, BStBl. II 1993, 149 (150).

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barer Auswirkung auf den Steuersatz zulässig235. Die Anwendung des Progressionsvorbehalts erforderte nämlich aufgrund des damaligen Wortlauts des § 32b Abs. 2 EStG eine umfassende „Schattenveranlagung“236. Aufgrund der Änderung des Einleitungssatzes des § 32b Abs. 2 EStG dürfen steuerfreie Einkünfte allerdings nicht mehr „bei der Berechnung der Steuer einbezogen“237 werden, sondern mehren oder mindern nunmehr lediglich das nach § 32a Abs. 1 EStG zu versteuernde Einkommen238. Der Progressionsvorbehalt berechnet sich gegenwärtig also nach der sog. Hinzurechnungs- bzw. Abrechnungsmethode239. Damit ist ein Vor- oder Rücktrag eines negativen Progressionsvorbehalts nicht mehr möglich240. (ee) Ermittlung des besonderen Steuertarifs Erfolgt eine Besteuerung unter Progressionsvorbehalt, ist für das zu versteuernde Einkommen ein besonderer Steuersatz zu ermitteln. Der besondere Steuersatz ist gem. § 32b Abs. 2 EStG der Steuersatz, der sich ergibt, wenn bei der Berechnung der Einkommensteuer das nach § 32a Abs. 1 EStG zu versteuernde Einkommen um die in § 32b Abs. 1 bezeichneten und nach innerstaatlichen Recht ermittelten241 Einkünfte vermehrt oder vermindert wird. Hierbei sind die darin enthaltenen außerordentlichen Einkünfte mit einem Fünftel zu berücksichtigen. Bei der Ermittlung der Einkünfte ist der Arbeitnehmer-Pauschbetrag (§ 9a Satz 1 Nr. 1 lit. a EStG) abzuziehen, soweit er nicht bei der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit abziehbar ist (§ 32b Abs. 2 S. 1 Nr. 2 lit. a EStG). Außerdem sind Werbungskosten nur insoweit abzuziehen, als sie zusammen mit den bei der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit abziehbaren Werbungskosten den Arbeitnehmer-Pauschbetrag

235 BFH, Urteil v. 25.05.1970 – I R 146/68, BStBl. II 1970, 755 (757); BFH, Urteil v. 10.11.1989 – I R 124/86, BStBl. II 1990, 157; BFH, Urteil v. 13.11.1991 – I R 3/ 91, BStBl. II 1992, 345 (346); vgl. auch Laudan, DB 1996, 856 f. 236 BFH, Urteil v. 13.05.1983 – IV R 69/92, BFH/NV 1994, 101; BFH, Urteil 11.10.1989 – I R 124/86, BStBl. II 1990, 157; BFH, Urteil v. 30.05.1990 – I R 179/ 86, BStBl. II 1990, 906; Heinicke in: Schmidt EStG, § 32b EStG Rn. 2; Schiffers in: Korn EStG, § 32b EStG Rn. 39 (32. EL Okt. 2006); Wied in: Blümich EStG/KStG/ GewStG, § 32b EStG Rn. 48 (93. EL März 2007). 237 § 32b Abs. 2 EStG a. F. 238 Zur Neuregelung BFH, Urteil v.17.12.2003 – I R 75/03, BStBl. II 2005, 96; Heinicke in: Schmidt EStG, § 32b EStG Rn. 2. 239 Frenz in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff EStG, § 32b EStG Rn. A 82 (11. EL Juli 2001); Probst in: Piltz/Schaumburg, Aufwand und Verluste, S. 13 (34). 240 Wied in: Blümich EStG/KStG/GewStG, § 32b EStG Rn. 48 (93. EL März 2007); Probst in: Herrmann/Heuer/Raupach EStG/KStG, § 32b EStG Rn. 136 Stichwort „Verlustabzug“ (217. EL Jan. 2005). 241 BFH, Urteil v. 13.09.1989 – I R 117/87, BStBl. II 1990, 57 (59).

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(§ 9a Satz 1 Nr. 1 lit. a EStG) übersteigen (§ 32b Abs. 2 S. 1 Nr. 2 lit. b EStG). Demnach wird auf die steuerpflichtigen Einkünfte grundsätzlich ein Steuersatz angewendet, der sich ergeben würde, wenn Deutschland für sämtliche Einkünfte das Besteuerungsrecht hätte. § 32b Abs. 2 S. 2 und 3 EStG sorgt in diesem Zusammenhang dafür, dass steuerpflichtige Gewinneinkünfte nicht aufgrund hoher steuerfreier Einkünfte einer Progression von über 42 % unterliegen und damit die für Gewinneinkünfte geltende Tarifbegrenzung des § 32c EStG unterlaufen wird242. Umgekehrt soll § 32b Abs. 2 S. 2 und 3 EStG nicht zu einer Günstigerbesteuerung von Gewinneinkünften führen243. Denn § 32c EStG stellt für die Tarifentlastung nur auf die Höhe des zu versteuernden Einkommens ab, lässt also den tatsächlich anzuwendenden Steuertarif außer Acht. Im Falle von hohen abkommensrechtlich freigestellten Verlusten kann sich dadurch eine Begünstigung derart ergeben, dass die Tarifentlastung für Gewinneinkünfte die Steuerschuld mindert, obwohl die Gewinneinkünfte nur mit einem Steuersatz von unter 42 % besteuert werden. Für diese Fälle schließt § 32c Abs. 4 EStG die Tarifermäßigung aus. (b) Progressionsvorbehalt im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht/fiktiven unbeschränkten Steuerpflicht (aa) Grundsatz: Kein Progressionsvorbehalt Im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht findet die Ermittlung des Steuersatzes unter Berücksichtigung von nach DBA freigestellten Einkünften grundsätzlich nicht statt, obwohl nach der Rechtsprechung des BFH die Besteuerung unter Berücksichtigung eines Progressionsvorbehalts auch im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht Ausdruck des Prinzips der Besteuerung nach der objektiven Leistungsfähigkeit ist244. Nach § 50 Abs. 3 S. 1 EStG bestimmt sich der Steuertarif im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht grundsätzlich lediglich gem. § 32a Abs. 1 EStG nach den steuerpflichtigen Einkünften und damit unter Außerachtlassung abkommensrechtlich befreiter Einkünfte. Auch § 32b Abs. 1 EStG knüpft an die unbeschränkte Steuerpflicht für die Anwendung des Progressionsvorbehaltes an, so dass grundsätzlich im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht die Ermittlung des Steuersatzes unter Berücksichtigung von steuerfreien Einkünften nicht erfolgt. Diese prinzipielle Nichtberücksichtigung des Progressionsvorbehaltes bei beschränkt Steuerpflichtigen führt zu einer Ungleichbehandlung zwischen be242 243 244

Heinicke in: Schmidt EStG, § 32b EStG Rn. 7. Heinicke in: Schmidt EStG, § 32b EStG Rn. 7. BFH, Urteil v. 19.12.2001 – I R 63/00, BStBl. II 2003, 302 (305).

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schränkter und unbeschränkter Steuerpflicht. Der BFH rechtfertigt sie mit praktischen Erwägungen. Die Feststellung der weltweiten Einkünfte eines beschränkt Steuerpflichtigen stoße auf unüberwindliche Schwierigkeiten245. (bb) Ausnahme: § 32b Abs. 1 Nr. 5 EStG Lediglich bei beschränkt steuerpflichtige Personen, auf die § 50 Abs. 5 S. 2 Nr. 2 EStG Anwendung findet, können über einen Progressionsvorbehalt abkommensrechlich freigestellte Einkünfte auch bei der Ermittlung des Steuersatzes berücksichtigt werden (vgl. § 32b Abs. 1 Nr. 5 2. Var. EStG). Dies betrifft beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer mit Staatsangehörigkeit eines der Mitgliedstaaten der EU oder des EWR, die Einkünfte i. S. v. § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG erzielen und für die aufgrund eines Antrags eine Veranlagung durchgeführt wird. Der Progressionsvorbehalt soll ungerechtfertigte Vorteile vermeiden und einen Auslgeich dafür schaffen, dass der Steuerpflichtige die vollen Freiund Pauschbeträge abziehen kann246. Insoweit wirken also auch abkommensrechtlich freigestellte Einkünfte im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht auf den Steuersatz ein. Dabei wird es sich mangels abkommensrechtlicher Ansässigkeit des Steuerpflichtigen im Inland stets um Einkünfte handeln, die aufgrund einer Verteilungsnorm mit abschließender Rechtsfolge steuerfrei sind247. Eingeschränkt ist der Progressionsvorbehalt allerdings insoweit, als er nur dann zur Anwendung kommt, wenn die Summe der zu berücksichtigenden Einkünfte insgesamt positiv ist (vgl. § 32b Abs 1 Nr. 5 EStG). Darüber hinaus findet die Ermittlung des Steuersatzes unter Berücksichtigung abkommensrechtlich freigestellter Einkünfte auch bei sog. fiktiv unbeschränkt Steuerpflichtigen nach § 1 Abs. 3 EStG bzw. nach § 1 Abs. 3 i.V. m. § 1a EStG nach § 32b Abs. 1 Nr. 5 Var. 1 EStG statt248. § 32b Abs. 1 Nr. 5 EStG gestattet es, bei der Ermittlung des Steuersatzes die Einkünfte zu berücksichtigen, die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegen. Der Personenkreis der fiktiven unbeschränkt Steuerpflichtigen soll hinsichtlich des Steuersatzes nicht besser gestellt werden als der Personenkreis der Steuerinländer249. Damit werden beim fiktiv unbeschränkt Steuerpflichtigen bei Ermittlung des Steuersatzes auch 245

BFH, Urteil v. 19.12.2001 – I R 63/00, BStBl. II 2003, 302 (305). Wied in: Blümich EStG/KStG/GewStG, § 32b EStG Rn. 60 (93. EL März 2007). 247 Probst in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 32b EStG Rn. 92 (217. EL Jan. 2005). 248 Zwar spricht § 1 Abs. 3 EStG insoweit von unbeschränkter Steuerpflicht. Tatsächlich beschränkt sich die unbeschränkte Steuerpflicht i. S. v. § 1 Abs. 3 EStG aber auf inländische Einkünfte i. S. v. § 49 EStG, so dass sie letztlich einem Steuerumfang unterliegt, der dem des beschränkt Steuerpflichtigen entspricht. 249 Probst in: Herrmann/Heuer/Raupach EStG/KStG, §32b EStG Rn. 89 (217. EL Jan. 2005); Frenz in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff EStG, § 32b EStG Rn. E 70 (111. EL Juli 2001); Kaefer, BB 1995, 1615 (1619). 246

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die Einkünfte berücksichtigt, die nach einem DBA aufgrund einer Verteilungsnorm mit abschließender Rechtsfolge vom Quellenstaat freizustellen sind. Dies gilt, sofern der Steuerpflichtige auf Antrag mit seinem Ehegatten gem. § 1a EStG zusammenveranlagt wird, auch hinsichtlich der abkommensrechtlich befreiten Einkünfte des Ehegatten. Ein negativer Progressionsvobehalt ist allerdings auch insoweit ausgeschlossen (vgl. § 32b Abs 1 Nr. 5 EStG). Damit wird im Rahmen der Besteuerung von fiktiv unbeschränkt Steuerpflichtigen nach § 1 Abs. 3 EStG (ggf. i.V. m. § 1a EStG) der Steuersatz auch nur bedingt unter Berücksichtigung der nach einer Verteilungsnorm mit abschließender Rechtsfolge freigestellten Einkünfte ermittelt. (cc) Zwischenergebnis Die Besteuerung unter Progressionsvorbehalt entspricht nach der Rechtsprechung des BFH dem Prinzip der Besteuerung nach der persönlichen Leistungsfähigkeit, und zwar sowohl im Bereich der unbeschränkten als auch im Bereich der beschränkten Steuerpflicht, wobei für beschränkt Steuerpflichtige aus Praktikabilitätserwägungen eine Ausnahme gerechtfertigt sein kann. Im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht gestattet der Progressionsvorbehalt grundsätzlich die Einbeziehung positiver oder negativer abkommensrechtlich freigestellter Einkünfte bei der Ermittlung des Steuersatzes. Dabei erfolgt aufgrund der innerstaatlichen Ausgestaltung des Progressionsvorbehalts nach § 32b Abs. 2 EStG im Ergebnis eine Besteuerung nach dem Steuersatz, der gelten würde, wenn Deutschland auch für die freigestellten Einkünfte das Besteuerungsrecht hätte. Die Regelungen des § 32b Abs. 2 S. 2 u. 3 EStG und § 32c EStG sorgen in diesem Zusammenhang dafür, dass die Gewinneinkünfte auch unter Anwendung des Progressionsvorbehalts tariflich begünstigt bzw. nicht überbegünstigt werden. Ein Verlustvor- oder rücktrag, wie er früher möglich war, ist allerdings nicht mehr möglich. Im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht werden abkommensrechtlich freigestellte Einkünfte hingegen grundsätzlich nicht bei der Ermittlung des Steuersatzes berücksichtigt. Lediglich in eng umgrenzten Ausnahmefällen sieht das EStG bei der Besteuerung von beschränkt Steuerpflichtigen eine Einbeziehung abkommensrechtlich freigestellter Einkünfte bei der Ermittlung des Steuersatzes vor. Ein negativer Progressionsvorbehalt ist aber auch in den Ausnahmefällen ausgeschlossen. Ohne Auwirkung bleibt der Progressionsvorbehalt bei der Körperschaftsteuer. dd) Wirkungsweise der Freistellungsmethode Die Freistellungsmethode geht davon aus, dass der Quellenstaat die erwirtschafteten Einkünfte besteuert. Konzeptionell liegt der Anrechnungsmethode da-

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her das Quellenprinzip und damit das steuerliche Territorialitätsprinzip zugrunde. Der freistellende Staat überlässt dem besteuernden Staat allein die Erfassung der steuerlichen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen. Die freigestellten Einkünfte nehmen lediglich Einfluss auf die Ermittlung des Steuersatzes, der auf das übrige steuerpflichtige Einkommen des Steuerpflichtigen Anwendung findet. (1) Ökonomische Neutralität Wenn die Einkünfte im Wohnsitzstaat von der Besteuerung ausgenommen werden, erfolgt allein eine Besteuerung auf dem Niveau des Quellenstaates. Der Ansässigkeitsstaat erkennt durch Vereinbarung der Freistellungsmethode letztlich die Besteuerungsmaßstäbe des Quellenstaates als gleichwertig an250. Die Freistellungsmethode bewirkt damit, dass der Steuerausländer im Quellenstaat den gleichen steuerrechtlichen Bedingungen ausgesetzt ist, wie die im Quellenstaat ansässigen Wettbewerber251. Aus wettbewerbstheoretischer Sicht verwirklicht die Freistellungsmethode damit Kapitalimportneutralität252. Denn die ausländischen Einkünfte werden nur im Quellenstaat der Besteuerung unterworfen253. Insoweit wird auch von der partiellen Verwirklichung des Territorialitätsprinzips unter Durchbrechung des Welteinkommensprinzips gesprochen254. Vermeidet der Quellenstaat die Doppelbesteuerung durch Freistellung erkennt, er die Besteuerung im Ansässigkeitsstaat als gleichwertig an. Wettbewerbsneutralität wird in diesem Fall im Ansässigkeitsstaat realisiert, denn dort werden inländische und ausländische Investition steuerlich gleich behandelt (Kapitalexportneutralität). (2) Vor- und Nachteile der Freistellungsmethode Als Vorteil der Freistellungsmethode ist zu nennen, dass die unternehmerische Geschäftsentfaltung bei Freistellung im Ansässigkeitsstaat allein den Rahmenbedingungen – und damit auch dem Steuerniveau – des Quellenstaates unterliegt, so dass keine Wettbewerbsverzerrungen auf dem Investitionsmarkt auf-

250

Jacobs, Int. Unternehmensbesteuerung, S. 22. Wassermeyer in: Debatin/Wassermeyer DBA, Art. 23A OECD-MA Rn. 3 (87. EL Okt. 2002); Grotherr in: Gosch/Kroppen/Grotherr DBA, Art. 23A/23B OECD Rn. 34 (10. EL 2000); Vogel in: Vogel/Lehner DBA, Einl. Rn. 25; Jacobs, Int. Unternehmensbesteuerung, S. 20 f. 252 Vogel in: Vogel/Lehner DBA, Einl. Rn. 25 m.w. N. 253 Schaumburg, Int. Steuerrecht, Rn. 14.17. 254 Vgl. dazu Debatin FR 1969, 277; Mössner in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff EStG, § 2a EStG Rn. A 14 (96. EL März 2000). 251

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treten255. Dem Vorteil der kapitalimportneutralen Besteuerung im Quellenstaat steht aber insoweit eine verzerrende Wettbewerbssituation im Ansässigkeitsstaat gegenüber. Als nachteilhaft erweist sich der Umstand, dass die Freistellungsmethode im Grundsatz darauf ausgerichtet ist, bereits die sog. virtuelle Doppelbesteuerung zu vermeiden, also für die Freistellung von Einkünften bereits die abstrakte Möglichkeit der Doppelbesteuerung ausreicht256. Diese Wirkungsweise macht die Freistellungsmethode gegenüber Abkommensmissbrauch anfällig, denn sie eröffnet die Chance auf eine Nichtbesteuerung von Einkünften257. Zur Vermeidung einer solchen Nichtbesteuerung behelfen sich die Staaten in der Abkommenspraxis u. a. durch Vereinbarung sog. Vorbehaltsklauseln, welche die Freistellung von Einkünften an bestimmte Voraussetzungen knüpfen258. Als besonders nachteilig erweist sich die Freistellungsmethode in diesem Zusammenhang in Verlustkonstellationen, da nach der Rechtsprechung des BFH Verluste bei Anwendung der Freistellungsmethode keine Berücksichtigung finden. In der technischen Durchführung reduziert sich bei der Freistellungsmethode gegenüber der Anrechnungsmethode hingegen der Aufwand, da es neben den jeweils nationalen Aufzeichnungspflichten des besteuernden Staates grundsätzlich keiner weiteren Buchführung bedarf. Zu beachten ist allerdings, dass im Fall der Freistellung unter Progressionvorbehalt eine Ermittlung der steuerfreien Einkünfte nach innerstaatlichem Recht erforderlich ist.

255 256 257 258

Jacobs, Int. Unternehmensbesteuerung, S. 22. Dazu oben Kapitel C.II.4.b), S. 59 ff. Selling, IStR 2000, 225 (226). Dazu oben Kapitel C.II.4.b), S. 59 ff.

D. Die Grundfreiheiten des EG-Vertrages Der EG-Vertrag ist von ökonomischen Zielsetzungen bestimmt. Das Hauptziel der Europäischen Gemeinschaft besteht darin, den Lebensstandard in allen Mitgliedstaaten zu erhöhen (vgl. Art. 2 EGV). Zur Verwirklichung sieht der EG-Vertrag in Art. 2 EGV für die Gemeinschaft gleich drei miteinander verbundene Verwirklichungswege vor: zuerst die Errichtung eines Gemeinsamen Marktes, zum zweiten die Errichtung einer Wirtschafts- und Währungsunion und schließlich eine näher spezifizierte Gemeinschaftspolitik1. Als wesentliches Instrument zur Verwirklichung der in Art. 2 EGV genannten Ziele wird in diesem Zusammenhang die Verwirklichung des Gemeinsamen Marktes gesehen2. Der Gemeinsame Markt soll die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Marktmechanismen zu einer optimalen Allokation von Ressourcen und damit zu der effizientesten Produktion des gesamtwirtschaftlichen Bedarfs führen, um letztlich wirtschaftliche Prosperität in der Gemeinschaft zu schaffen. Grundvoraussetzung dafür ist es, die verschiedenen nationalen Märkte zu einem einheitlichen Markt zu integrieren3. Ein Gemeinsamer Markt ist deshalb, wie vom EuGH zutreffend beurteilt, „auf die Beseitigung aller Hemmnisse im innergemeinschaftlichen Handel mit dem Ziel der Verschmelzung der nationalen Märkte zu einem einheitlichen Markt“4 gerichtet. Der Gemeinsame Markt stellt sich damit im Idealfall als ein Markt dar, in dem alle Marktteilnehmer grundsätzlich die gleichen Rechtsregeln vorfinden oder aber verbleibende Differenzen ohne Einfluss auf ihre ökonomischen Entscheidungen bleiben. Dieses vom EuGH angesprochene Binnenmarktkonzept wurde im Jahre 1987 ausdrücklich durch die Einheitliche Europäische Akte als Zielbeschreibung in Art. 14 EGV und Art. 3 lit. c EGV in den EG-Vertrag aufgenommen5 und prä1

Vgl. zur Gemeinschaftspolitik Art. 3 und Art. 4 EGV. Vgl. Art. 2 EGV, der den Gemeinsames Markt als Mittel und damit als Zwischenziel der Europäischen Gemeinschaft bezeichnet; hierzu Zuleeg in: von der Groeben/ Schwarze EUV/EGV, Art. 2 EGV Rn. 13; Ruffert in: Calliess/Ruffert EUV/EGV, Art. 2 EGV Rn. 13. 3 Von Bogdandy in: Grabitz/Hilf EUV/EGV, Art. 2 EGV Rn. 40 (15. EL Jan. 2000). 4 EuGH, Urteil v. 05.05.1982, Rs. 15/81, Slg. 1982, 1409 ff. Rn. 33 – Schul I; EuGH, Urteil v. 25.02.1988, Rs. 299/86, Slg. 1988, 1213 ff., Rn. 24 – Drexl; EuGH, Urteil v. 17.05.1994, Rs. C-41/93, Slg. 1994, I-1829 ff. Rn. 19 – Kommission/Frankreich. 5 Zum umstrittenen Verhältnis dieser Begriffe vgl. Leible in: Streinz EUV/EGV, Art. 14 EGV Rn. 10 ff.; Hatje in: Schwarze EUV/EGV, Art. 14 EGV Rn. 4; Pipkorn/ 2

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D. Die Grundfreiheiten des EG-Vertrages

zisierte dadurch wesentliche Elemente des Gemeinsamen Marktes und dessen Verwirklichung6. Der EG-Binnenmarkt in diesem Sinne ist ein Raum ohne Binnengrenzen, in dem der freie Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital gewährleistet ist7. In ihm sollen sich die wesentlichen Produktionsfaktoren derart frei und unbehindert durch staatliche Grenzen bewegen können, dass sie dort zum Einsatz gelangen, wo sie den größten wirtschaftlichen Nutzen bewirken.

I. Bedeutung der Vermeidung internationaler Doppelbesteuerung im EG-Binnenmarkt Die internationale Doppelbesteuerung beeinträchtigt in großem Maße den grenzüberschreitenden Wirtschaftsverkehr, indem sie die grenzüberschreitende Wirtschaftsaktivität erheblich belastet. Sie verhindert damit die bestmögliche Allokation von Kapital im EG-Binnenmarkt und steht damit dem Ziel des EGVertrages im Weg. Grundsätzlich kann deshalb im EG-Binnenmarkt keinerlei internationale Doppelbesteuerung geduldet werden8. Die Beseitigung internationaler Doppelbesteuerung wird deshalb als ein wesentliches Grundanliegen des EG-Binnenmarktes gesehen9. In diesem Sinne greift Art. 293 2. Spiegelstrich EGV als einzige die direkten Steuern betreffende Norm des EG-Vertrages die Problematik der internationalen Doppelbesteuerung auf. Dort heißt es: „Soweit erforderlich, leiten die Mitgliedstaaten untereinander Verhandlungen ein, um zugunsten ihrer Staatsangehörigen Folgendes sicherzustellen: [. . .] die Beseitigung der Doppelbesteuerung innerhalb der Gemeinschaft“. Die durch Art. 293 2. Spiegelstrich EGV primärrechtlich hervorgehobene Bedeutung der Vermeidung von Doppelbesteuerung kommt auch durch die von der Europäischen Gemeinschaft ergriffenen sekundärrechtlichen Maßnahmen zum Ausdruck. Zwar beschränkt sich die Harmonisierung im Bereich der direkten Bardenhewer-Rating/Taschner in: von der Groeben/Schwarze EUV/EGV, Art. 14 EGV Rn. 10; Müller-Graff in: Dauses EUV/EGV, Abschn. A. I. Rn. 142 ff. (8. EL Nov. 1999); Kahl in: Calliess/Ruffert EUV/EGV, Art. 14 EGV Rn. 5 ff. 6 Zuleeg in: von der Groeben/Schwarze EUV/EGV, Art. 14 EGV Rn. 10; von Bogdandy in: Grabitz/Hilf EUV/EGV, Art. 14 EGV Rn. 6 (15. EL Jan. 2000). 7 Zuleeg in: von der Groeben/Schwarze EUV/EGV, Art. 2 EGV Rn. 13; Schön, IStR 2004, 289. 8 Vgl. zur Notwendigkeit der Vermeidung einer Doppelbesteuerung im Binnenmarkt die Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament und den Wirtschafts- und Sozialausschuss „Ein Binnenmarkt ohne steuerliche Hindernisse – Strategie zur Schaffung einer konsolidierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage für die grenzüberschreitende Unternehmenstätigkeit in der EU“, KOM (2001), 582 endg., S. 395, 478 u. 486. 9 Saß, SWI 1996, 108 (112); Scherer, Doppelbesteuerung, S. 88; Bröhmer in: Calliess/Ruffert EUV/EGV, Art. 293 EGV Rn. 8; Schwartz/Mölls in: von der Groeben/ Schwarze EUV/EGV, Art. 293 EGV Rn. 78.

I. Vermeidung internationaler Doppelbesteuerung im EG-Binnenmarkt

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Steuern nur auf wenige Gemeinschaftsakte. Auffallend ist dabei allerdings, dass fast immer auch die Vermeidung internationaler Doppelbesteuerung Bestandteil des jeweiligen Regelungsgefüges ist. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang die Richtlinie des Rates über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten vom 23.07.199010 (sog. Mutter-Tochter-Richtlinie), die Richtlinie des Rates über eine gemeinsame Steuerregelung für Zahlungen von Zinsen und Lizenzgebühren zwischen verbundenen Unternehmen verschiedener Mitgliedstaaten vom 03.06.200311 (sog. Zins- und Lizenzrichtlinie) und die Richtlinie des Rates im Bereich der Besteuerung von Zinserträgen vom 3.06.200312 (sog. Zinsrichtlinie)13. Die Richtlinien normieren erste Vorgaben hinsichtlich der Frage, wie die Mitgliedstaaten die Doppelbesteuerung zu vermeiden haben. Zudem haben die Mitgliedstaaten die Vermeidung von Doppelbesteuerung im Rahmen des Übereinkommens über die Beseitigung der Doppelbesteuerung im Falle von Gewinnberichtigungen zwischen verbundenen Unternehmen auf der Basis eines multilateralen Abkommens thematisiert (sog. EG-Schiedskonvention)14. Für die Anwendung dieses Übereinkommens gilt die Betriebsstätte eines Unternehmens, die in einem anderen Vertragsstaat gelegen ist, als Unternehmen des Staates, in dem sie gelegen ist, so dass die EG-Schiedskonvention auch die Vermeidung der juristischen und nicht nur der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung verfolgt. Darüber hinaus hat es Vorschläge seitens der Europäischen Kommission gegeben, die die Vermeidung der juristischen Doppelbesteuerung unmittelbar bzw. 10 Richtlinie 90/435/EWG des Rates vom 23.07.1990 über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten, ABl. EG 1990 L 225/6, geändert durch Richtlinie 2006/98/EG des Rates vom 20.11.2006, ABl. EG 2006 L 363/129. 11 Richtlinie 2003/49/EG des Rates vom 03.06.2003 über eine gemeinsame Steuerregelung für Zahlungen von Zinsen und Lizenzgebühren zwischen verbundenen Unternehmen verschiedener Mitgliedstaaten, ABl. EG 2003 L 157/49, zuletzt geändert durch Richtlinie 2006/98/EG des Rates vom 20.11.2006, ABl. EG 2006 L 363/129. 12 Richtlinie 2003/48/EG des Rates vom 03.06.2003 im Bereich der Besteuerung von Zinserträgen, ABl. EG 2003 L 157/38, zuletzt geändert durch Richtlinie 2006/98/ EG des Rates vom 20.11.2006, ABl. EG 2006 L 363/129. 13 Ohne spezielle Bedeutung für die Beseitigung einer internationalen Doppelbesteuerung ist die Richtlinie 90/434/EWG des Rates vom 23.07.1990 über das gemeinsame Steuersystem für Fusionen, Spaltungen, die Einbringung von Unternehmensteilen und den Austausch von Anteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten treffen, ABl. EG 1990 L 225/1, zuletzt geändert durch Richtlinie 2006/98/EG des Rates vom 20.11.2006, ABl. EG 2006 L 363/129 (sog. Fusionsrichtlinie), weil sie in ihrem Regelungsschwerpunkt nicht auf die laufende, sondern auf die Vermeidung einer verfrühten Liquiditätsbesteuerung zielt, vgl. Lehner in: Birk, Europäisches Steuerrecht, § 31 Rn. 11. 14 Übereinkommen 90/436/EWG über die Beseitigung der Doppelbesteuerung im Falle von Gewinnberichtigungen zwischen verbundenen Unternehmen vom 20.08.1990, ABl. EG 1990 L 225/10, zuletzt geändert durch Übereinkommen v. 30.06.2005, ABl. EG 2005 C 160/11.

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D. Die Grundfreiheiten des EG-Vertrages

mittelbar betrafen. Zu nennen ist hier der Vorentwurf für ein multilaterales europäisches DBA15, der weitgehend auf dem OECD-MA aus dem Jahr 1963 basierte. Dieser ging zurück auf einen Vorschlag des Ausschusses zu Steuer- und Finanzfragen unter dem Vorsitz von Neumark, der im Jahr 1962 den Vorschlag zum Abschluss eines multilateralen DBA gemacht hatte16. Das Vorhaben wurde jedoch wegen der damals großen rechtlichen Unterschiede zwischen den einzelnen Steuersystemen aufgegeben. Auch der Richtlinienvorschlag der Kommission zur Berücksichtigung grenzüberschreitender Unternehmensverluste sah Regelungen zur Berücksichtigung von Verlusten von im Ausland belegenen Betriebsstätten vor17. Während der Vorentwurf für ein multilaterales europäisches DBA unmittelbar die internationale Doppelbesteuerung betraf, nahm der Richtlinienvorschlag eine Sonderstellung ein, weil er nicht primär Maßnahmen zur Beseitigung der Doppelbesteuerung, sondern die nachteiligen Folgen der Freistellungsmethode zum Gegenstand hatte. Diesen Richtlinienvorschlag hat die Kommission mittlerweile zurückgezogen18. In einer Mitteilung der Kommission vom Oktober 2001, die sich auf die ausführlich Studie „Unternehmensbesteuerung im Binnenmarkt“19 bezieht, wurde die juristische Doppelbesteuerung als potentielle Quellen von Verzerrungen bei der grenzüberschreitenden Wirtschaftstätigkeit erkannt20. Im Jahr 2005 hat die Kommission ein Arbeitspapier zum Thema „Doppelbesteuerungsabkommen und Recht der Europäischen Gemeinschaft“ erarbeitet und darin zum Ausdruck gebracht, dass das Ziel des Binnenmarktes nicht erreicht sei, wenn ein- und dieselben Einkünfte doppelt besteuert werden21. Zuletzt hat die Kommission Ende 2006 in einer Mitteilung den Abbau von juristischer 15 Vorentwurf vom 01.07.1968 zu einem multilateralen Abkommen der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften zur Vermeidung der Doppelbesteuerung des Einkommens und des Vermögens und über gegenseitige Amtshilfe auf dem Gebiet der direkten Steuern, vgl. EG-Dok. 11.414/XIV/68-D, abgedruckt bei Regul/Megow, Steuern u. Zölle, Bd. VIII, V B/2. 16 Report of the Fiscal and Financial Committee (sog. Neumark-Bericht). 17 Mitteilung der Kommission vom 28.11.1990: „Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über eine Regelung für Unternehmen zur Berücksichtigung der Verluste ihrer in anderen Mitgliedstaaten belegenen Betriebsstätten und Tochtergesellschaften“, KOM (1990) 595 endg. 18 Mitteilung der Kommission vom 21.12.2001: „Vorschlägen die von der Kommission zurückgezogen wurden – überholte Vorschläge“, KOM(2001) 763 endg./2. 19 Arbeitsdokument der Dienststellen v. 23.10.2001 der Kommission „Unternehmensbesteuerung im Binnenmarkt“, SEK(2001) 1681. 20 Mitteilung der Kommission vom 23.10.2001 an den Rat, das Europäische Parlament und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss: „Ein Binnenmarkt ohne steuerliche Hindernisse – Strategie zur Schaffung einer konsolidierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage für die grenzüberschreitende Unternehmenstätigkeit in der EU“, KOM(2001) 582 endg., S. 12.

II. Vorgaben des primären Gemeinschaftsrechts

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Doppelbesteuerung gefordert, weil sie ein wesentliches Hindernis für grenzüberschreitende Tätigkeiten und Investitionen in der EU sei22.

II. Vorgaben des primären Gemeinschaftsrechts Dass die Beseitigung internationaler Doppelbesteuerung Voraussetzung für die Verwirklichung eines Binnenmarktes ist, wird nicht bezweifelt. Es stellt sich allerdings die Frage, ob dem EG-Vertrag eine Verpflichtung zur Vermeidung internationaler Doppelbesteuerung entnommen werden kann. In Betracht kommt hier zunächst die Regelung des Art. 293 2. Spiegelstrich EGV. Darüber hinaus ist zu untersuchen, ob den Grundfreiheiten ein Verbot zur internationalen Doppelbesteuerung entnommen werden kann. Diese sind wesentlicher Bestandteil des in Art. 14 EGV normierten Binnenmarktkonzepts und gestalten dieses rechtlich aus. 1. Vorgaben durch Art. 293 2. Spiegelstrich EGV Art. 293 2. Spiegelstrich EGV bestimmt, dass die Mitgliedstaaten, „soweit erforderlich“, Verhandlungen einleiten, um zu Gunsten ihrer Staatsangehörigen die Beseitigung von Doppelbesteuerung innerhalb der Gemeinschaft sicherzustellen. Der Gerichtshof hat hierzu wiederholt entschieden, dass Artikel 293 2. Spiegelstrich EGV keinen unmittelbar geltenden Rechtssatz aufstellen will. Er steckt nach Ansicht des EuGH nur den Rahmen für von den Mitgliedstaaten untereinander einzuleitende Verhandlungen ab23. Die Beseitigung der Doppelbesteuerung innerhalb der Gemeinschaft wird von Art. 293 2. Spiegelstrich EGV danach lediglich als bloßes Ziel der Gemeinschaft formuliert24. Dem EuGH ist zuzustimmen, dass Art. 293 2. Spiegelstrich EGV eine darüber hinausgehende Bedeutung nicht entnommen werden kann25. Der Wortlaut 21 Europäische Kommission, Doppelbesteuerung und Recht der Europäischen Gemeinschaft, DOC(05) 2306, Rn. 2. 22 Mitteilung der Kommission vom 19.12.2006 an den Rat, an das Europäische Parlament und an den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss: „Koordinierung der Regelungen der Mitgliedstaaten zu den direkten Steuern im Binnenmarkt“, KOM (2006) 823 endg., 5 f. 23 Vgl. nur EuGH, Urteil v. 11.07.1985, Rs. 137/84, Slg. 1985, 2681 ff. Rn. 11 – Mutsch; EuGH, Urteil v. 12.05.1998, Rs. C-336/96, Slg. 1998, I-2793 ff. Rn. 16 f. – Gilly; EuGH, Urteil v. 05.11.2002, Rs. C-208/00, Slg. I-2002, 9919 ff., Rn. 53 ff. – Überseering. 24 A. A. Beul, IStR 1997, 1 ff.; wohl auch Wassermeyer, DStJG Bd. 19 (1996), S. 151 (158). 25 Wessel, Doppelbesteuerung und EWG-Vertrag, S. 135 ff.; Knobbe-Keuk, EC Tax Review 1994, 74 (76); Kischel, IWB, Fach 11 Gruppe 2, S. 289 ff.; Tumpel, DStJG, 23 (2000), S. 321 (341).

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D. Die Grundfreiheiten des EG-Vertrages

des Artikels verlangt lediglich ein „Einleiten von Verhandlungen“ soweit es zur Beseitigung von Doppelbesteuerung erforderlich ist. Eine unmittelbare Pflicht zur Beseitigung der Doppelbesteuerung enthält Art. 293 EGV deshalb nicht. 2. Vorgaben durch die Grundfreiheiten des EG-Vertrages Da ein allgemeiner Auftrag zur Harmonisierung der direkten Steuern sich weder aus Art. 93 EGV noch aus Art. 293 2. Spiegelstrich EGV herleiten lässt, wurde in der Vergangenheit, insbesondere von Regierungsvertretern, die Anwendbarkeit der Grundfreiheiten auf dem Gebiet der direkten Steuern verneint. Der EuGH hat jedoch einer solchen Argumentation bereits im ersten hierzu ergangenen Urteil in der Rechtssache avoir fiscal eine Absage erteilt26. Der EuGH sprach damals und in allen folgenden Urteilen aus, dass zwar der Bereich der direkten Steuern als solcher beim gegenwärtigen Stand des Gemeinschaftsrechts nicht in den Zuständigkeitsbereich der Gemeinschaft fällt, die Mitgliedstaaten die ihnen verbliebenen Befugnisse jedoch unter Wahrung des Gemeinschaftsrecht ausüben müssen und deshalb jede offensichtliche oder versteckte Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit unterlassen werden müsse27. Der EuGH trägt damit dem Umstand Rechnung, dass die mit der Wirkung der Grundfreiheiten einhergehende Verwirklichung des Binnenmarktes erheblich beeinträchtigt wäre, wenn steuerrechtliche Regelungen nicht an den Vorgaben der Grundfreiheiten gemessen werden könnten. Dementsprechend kann auch Art. 293 EGV kein Rechtsetzungsvorbehalt in der Weise entnommen werden, dass die Grundfreiheiten vom Abschluss eines DBA i. S. d. Art. 293 2. Spiegelstrich EGV abhängig sind, wie dies von einigen Mitgliedstaaten bereits vorgetragen wurde. Dieses Vorbringen hat der EuGH ausdrücklich in der Rechtssache Überseering zurückgewiesen28. Die Mitgliedstaaten sind daher trotz der ihnen verbliebenen Befugnisse auf dem Gebiet der direkten Steuern verpflichtet, ihre Befugnisse innerhalb des von 26

EuGH, Urteil v. 28.01.1986, Rs. 270/83, Slg. 1986, 273 ff., Rn. 24 – avoir fiscal. Vgl. nur EuGH, Urteil v. 11.08.1995, Rs. C-80/94, Slg. 1995, I-2493 ff., Rn. 16 – Wielockx; EuGH, Urteil v. 27.06.1996, Rs. C-107/94, Slg. 1996, I-3089 ff., Rn. 36 – Asscher; EuGH, Urteil v. 29.04.1999, Rs. C-311/97, Slg. 1999, I-2651 ff., Rn. 19 – Royal Bank of Scotland; EuGH, Urteil v. 13.04.2000, Rs. C-251/98, Slg. 2000, I2787 ff., Rn. 17 – Baars; EuGH, Urteil v. 08.03.2001, Rs. C-397/98 u. 410/97, Slg. 2001, I-1727 ff., Rn. 37 – Metallgesellschaft u. a.; EuGH, Urteil v. 13.12.2005, Rs. C446/03, Slg. 2005, I-10837 ff., Rn. 29 – Marks & Spencer; EuGH, Urteil v. 29.03. 2007, Rs. C-347/04, Slg. 2007, I-2647 ff., Rn. 21 – Rewe Zentralfinanz. 28 EuGH, Urteil v. 05.11.2002, Rs. C-208/00, Slg. I-2002, 9919 ff., Rn. 53 ff. – Überseering, so wohl auch schon EuGH, Urteil v. 28.01.1986, Rs. 270/83, Slg. 1986, 273 ff. Rn. 23 ff. – avoir fiscal allerdings ohne Bezugnahme auf Art. 293 EGV; vgl. auch Schwartz/Mölls in: von der Groeben/Schwarze EUV/EGV, Art. 293 EGV Rn. 6 ff.; Scherer, Doppelbesteuerung, S. 175. 27

II. Vorgaben des primären Gemeinschaftsrechts

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den Grundfreiheiten gesteckten Rahmens auszuüben. Die Ausgestaltung der Systeme der direkten Steuern fällt deshalb zwar nach wie vor in die von den sekundärrechtlichen Vorgaben nahezu verschonte Kompetenz der Mitgliedstaaten. Diese müssen ihre Befugnisse allerdings unter Wahrung des Gemeinschaftsrechts ausüben und sich dabei unmittelbar an den Grundfreiheiten messen lassen. Der Warenverkehrsfreiheit (Artt. 28 ff. EGV), der Arbeitnehmerfreizügigkeit (Artt. 39 ff. EGV), der Niederlassungsfreiheit (Artt. 43 ff. EGV), der Dienstleistungsfreiheit (Artt. 49 ff. EGV) und der Freiheit des Kapitalverkehrs (Artt. 56 ff. EGV) kommt damit eine erheblich Bedeutung im Binnenmarkt der Europäischen Gemeinschaft zu. Der besondere Einfluss der Grundfreiheiten im Bereich der direkten Steuern ist dabei maßgeblich auf die Rechtsprechung des EuGH zurückzuführen, der für die grenzüberschreitende Besteuerung immer konkretere grundfreiheitsrechtliche Vorgaben zu entnehmen sind. Es stellt sich deshalb die Frage, ob den Grundfreiheiten ein Verbot zur internationalen Doppelbesteuerung entnommen werden kann, und ob sie darüber hinaus Antworten auf die Frage geben, wie eine drohende Doppelbesteuerung im EG-Binnenmarkt zu vermeiden ist. a) Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts gegenüber nationalem Recht Ausgangspunkt der Bedeutung der Grundfreiheiten ist die vom EuGH entwickelte, in ständiger Rechtsprechung bestätigte und inzwischen einhellig anerkannte These der unmittelbaren und vorrangigen Geltung der Grundfreiheiten gegenüber nationalen Bestimmungen. Aus Sicht der Europäischen Gemeinschaft setzt sich das Gemeinschaftsrecht im Kollisionsfall nämlich uneingeschränkt gegen entgegenstehendes nationales Recht, sogar Verfassungsrecht durch29. Der EuGH hat den Vorrang des Gemeinschaftsrechts aus der Rechtsnatur der Europäischen Gemeinschaft sowie den wesentlichen Rechtsnormen des EG-Vertrages abgeleitet30. Hieraus hat der EuGH geschlossen, „dass dem vom Vertrag geschaffenen, somit aus einer autonomen Rechtsquelle fließenden Rechts wegen dieser seiner Eigenständigkeit keine wie immer gearteten innerstaatlichen Rechtsvorschriften vorgehen können, wenn ihm nicht sein Charakter als Ge29 Vgl. EuGH, Urteil v. 15.07.1964, Rs. 6/64, Slg. 1964, 1251 (1270) – Costa/ E.N.E.L.; EuGH, Urteil v. 13.02.1969, Rs. 14/68, Slg. 1969, 1 ff., Rn. 6 – Wilhelm/ Bundeskartellamt; EuGH, Urteil v. 09.03.1978, Rs. 106/77, Slg. 1978, 629 ff., Rn. 14 ff. – Simmenthal II. 30 Hierzu führte er die Schaffung einer eigenen Rechtsordnung durch den EG-Vertrag, die Beschränkung der Souveränität der Mitgliedstaaten durch Übertragung von Hoheitsrechten auf die Gemeinschaft, den Grundsatz der Vertragstreue (Art. 10 EGV), das allgemeine Diskriminierungsverbot (Art. 12 EGV) und die unmittelbare Geltung von Verordnungen in jedem Mitgliedstaat (Art. 249 Abs. 2 EGV) als Gründe an.

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D. Die Grundfreiheiten des EG-Vertrages

meinschaftsrecht aberkannt und wenn nicht die Rechtsgrundlage der Gemeinschaft selbst in Frage gestellt werden soll“31. Die einheitliche Geltung des Gemeinschaftsrechts lässt es nämlich nicht zu, dass sich einzelne Mitgliedstaaten außerhalb besonderer vertraglicher Ermächtigungen zur Rechtfertigung eines nationalen Alleinganges auf nationales Recht berufen können. Dieser Grundsatz gilt für das primäre wie für das sekundäre Gemeinschaftsrecht. Die Folgen des gemeinschaftsrechtlichen Vorrangs in Bezug auf das jeweils entgegenstehende nationale Recht sind grundsätzlich in zweierlei Weise vorstellbar. Einem radikalen Ansatz folgend, wäre der Vorrang im Sinne eines „Brechens“ des nationalen Rechts mit der Konsequenz der Nichtigkeit des nachrangigen, nationalen Rechts zu verstehen (sog. Geltungsvorrang)32. Die Rechtsprechung des EuGH geht indessen den behutsameren Weg, indem sie die gemeinschaftswidrige, nationale Norm lediglich für „ohne weiteres unanwendbar“33 erklärt. Folge ist, dass das gemeinschaftswidrige innerstaatliche Recht lediglich im konkreten Fall ohne Anwendung bleibt. Im Kollisionsfall setzt sich also das Gemeinschaftsrecht aufgrund seines Anwendungsvorrangs uneingeschränkt gegen die betroffenen einzelstaatlichen Steuergesetze durch. b) Beschränkter Anwendungsvorrang der Grundfreiheiten gegenüber DBA-Recht Diese Aussagen gelten originär nicht nur für rein innerstaatliche Vorschriften der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der direkten Steuern, sondern im Grundsatz auch für die von den Mitgliedstaaten abgeschlossenen DBA34. Deshalb können 31

EuGH, Urteil v. 15.07.1964, Rs. 6/64, Slg. 1964, 1251 (1270) – Costa/E.N.E.L. So der Vorschlag von Grabitz, Gemeinschaftsrecht bricht nationales Recht, S. 1 ff. 33 Ständige Rechtsprechung vgl. nur EuGH, Urteil v. 15.07.1964, Rs. 6/64, Slg. 1964, 1251 ff. – Costa/E.N.E.L.; EuGH, Urteil v. 07.07.1976, Rs. 118/75, Slg. 1976, 1185 ff., Rn. 16 – Watson; EuGH, Urteil v. 09.03.1978, Rs. 106/77, Slg. 1978, 629 ff., Rn. 14 ff. – Simmenthal II; EuGH, Urteil v. 22.06.1989, Rs. 103/88, Slg. 1989, 1839 ff., Rn. 30 f. – Fratelli Costanzo; EuGH, Urteil v. 07.02.1991, Rs. C-184/89, Slg. 1991, I-297 ff., Rn. 17 ff. – Nimz; zustimmend u. a. Herdegen, Europarecht, § 11 Rn. 2; Wernsmann, EuR 1999, S. 754 (755); Grabitz, DStJG Bd. 11 (1988), S. 33 (43 f.). Das BVerfG war zunächst in der Formulierung dem EuGH gefolgt (BVerfG, Urteil v. 21.05.1974 – 1 BvL 22/71 u. 21/72 – Solange I, BVerfGE 37, 217 (277 f.). In neueren Entscheidungen begründet es den Anwendungsvorrang aber anders als der EuGH nicht mit der Eigenständigkeit der Gemeinschaftsordnung, sondern leitet ihn aus dem nationalen Recht ab. Rechtsakten der Gemeinschaft komme im Falle des Widerspruchs zu innerstaatlichem Gesetzesrecht auch vor deutschen Gerichten der Anwendungsvorrang zu. Dieser beruhe auf einer ungeschriebenen Norm des primären Gemeinschaftsrechts, der durch das Zustimmungsgesetz zu den Gemeinschaftsverträgen in Verbindung mit Art. 24 Abs. GG a. F. der innerstaatliche Rechtsanwendungsbefehl erteilt worden sei (vgl. BVerfG, Urteil v. 08.04.1987 – 2 BvR 687/85; BVerfGE 75, 223 (244); ähnlich schon BVerfG, Urteil v. 25.07.1979 – 2 BvL 6/77, BVerfGE 52, 189 (199); BVerfG, Urteil v. 22.10.1986 – 2 BvR 197/83 – Solange II, BVerfGE 73, 339 (375) zu Art. 24 GG a. F. 32

II. Vorgaben des primären Gemeinschaftsrechts

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auch DBA grundsätzlich an den Grundfreiheiten gemessen werden. Hinsichtlich des Transformationsgesetzes i. S. d. Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG ergibt sich dies bereits daraus, dass das Transformationsgesetz dem Rang nach einfaches Recht darstellt und deshalb im Einklang mit den Grundfreiheiten stehen muss. Das Verhältnis des Gemeinschaftsrechts zu völkerrechtlichen Verträgen der Mitgliedstaaten erschließt sich indessen aus Art. 307 EGV. Die uneingeschränkte Bindungswirkung der Grundfreiheiten wird danach partiell eingeschränkt. aa) Ausdifferenzierung durch Art. 307 EGV Für Abkommen zwischen Mitgliedstaaten und Drittstaaten, die vor Inkrafttreten des EG-Vertrages bzw. vor dem Beitritt des Mitgliedstaates zur Gemeinschaft geschlossen wurden (sog. Altabkommen mit Drittstaaten), enthält Art. 307 Abs. 1 EGV eine ausdrückliche Konkurrenzregelung, wonach die aus den völkerrechtlichen Verträgen resultierenden Rechte und Pflichten vom Gemeinschaftsrecht nicht berührt werden. Art. 307 Abs. 1 EGV stellt damit in Übereinstimmung mit den Grundsätzen des Völkerrechts klar, dass die Geltung des EGVertrages die Verpflichtungen von Mitgliedstaaten aus früheren völkerrechtlichen Verträgen nicht berührt. Diese sog. Unberührtheitsklausel dient auf der einen Seite dem Schutz der Rechtspositionen von Drittstaaten35, und ermöglicht auf der anderen Seite den Mitgliedstaaten ihren abkommensrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen. Die Unberührtheitsklausel des Art. 307 Abs. 1 EGV gewährleistet somit den Vorrang von „älteren“ DBA vor dem Gemeinschaftsrecht zugunsten von Drittstaaten36 und schlägt auch auf das nationale Transformationsgesetz durch. Soweit das Abkommen aber mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar ist, ergibt sich aus Art. 307 Abs. 2 EGV für die Mitgliedstaaten allerdings die Pflicht, alle geeigneten Maßnahmen zu ergreifen, um die Unvereinbarkeit zu beheben, was auch bedeuten kann, das Abkommen als „ultima ratio“ zu kündigen37. 34 Vgl. EuGH, Urteil v. 28.01.1986 Rs. 270/83, Slg. 1986, 273 ff., Rn. 26 – avoir fiscal; EuGH, Urteil v. 21.09.1999, Rs. C-307/97, Slg. 1999, I-6161 ff., Rn. 57 – Saint Gobain; Lang in: Gassner/Lang/Lechner, DBA und EU-Recht, S. 25 (27); Toifl in: Gassner/Lang/Lechner: DBA und EU-Recht, S. 139 (170); Herzig/Dautzenberg, DB 1992, 2519 (2521); Hinnekens, EC Tax Review 1994, 146 (156); Hinnekens, EC Tax Review 1995, 202 ff. 35 EuGH, Urteil v. 10.07.1991, Rs. T-69/89, Slg. 1991, II-485 ff., Rn. 102 f. – Radio Telefis Eireann; EuGH, Urteil v. 10.07.1991, Rs. T-70/89, Slg. 1991, II-535 ff., Rn. 76 – BBC. 36 Eicker, ET 1998, 322 f.; Scherer, Doppelbesteuerung, S. 54 u. S. 110. 37 Scherer, Doppelbesteuerung, S. 48 ff.; ders. in: Debatin/Wassermeyer DBA, Vor Art. 1 OECD-MA, Rn. 105 (82. EL Sept. 2000); Lehner in: Vogel/Lehner DBA, Einl. Rn. 259 ff.

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D. Die Grundfreiheiten des EG-Vertrages

Hinsichtlich Neuabkommen mit Drittstaaten enthält Art. 307 EGV keine Unberührtheitsklausel, so dass die Kompetenzen der Mitgliedstaaten insoweit durch das Gemeinschaftsrecht eingeschränkt sind. In den nach Inkrafttreten des EGVertrages bzw. nach Beitritt zur EG begründeten Rechtsbeziehungen zu Drittstaaten darf sich ein Mitgliedstaat also nicht in Widerspruch zum Gemeinschaftsrecht setzen38. Entsprechendes gilt in Bezug auf völkerrechtliche Verträge zwischen den Mitgliedstaaten (sog. Inter-se-Abkommen). Weder in Bezug auf „alte“ noch auf „neue“ derartiger Abkommen enthält Art. 307 Abs. 1 EGV Einschränkungen. Im Umkehrschluss geht deshalb auch insoweit das Gemeinschaftsrecht den zwischen den Mitgliedstaaten vereinbarten Inter-se-Abkommen vor. Dies ergibt sich in Bezug auf Altabkommen auch daraus, dass das Gemeinschaftsrecht als späteres (Völker-)Recht dem älteren Abkommensrecht vorgeht. Für die inhaltliche Vereinbarkeit von Inter-se-Abkommen mit dem Gemeinschaftsrecht besteht demgemäß kein Unterschied, ob das Abkommen zeitlich vor oder nach Inkrafttreten bzw. vor oder nach dem wirksamen Beitritt zur Europäischen Gemeinschaft abgeschlossen wurde. Alle von Deutschland geschlossenen Drittstaaten-DBA auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen sind nach dem 01.01.1958 vereinbart worden39, so dass für die von Deutschland vereinbarten DBA die Unberührtheitsklausel bedeutungslos ist. Damit sind auch die in den DBA vereinbarten Vermeidungsmethoden den primärrechtlichen Vorgaben nicht entzogen. bb) Gilly-Rechtsprechung In Bezug auf die grundfreiheitlichen Vorgaben hat daran auch das Urteil des EuGH in der Rechtssache Gilly40 keine Änderung gebracht. Der Gerichtshof hat darin lediglich ausgesprochen, dass – wie sich aus Art. 293 2. Spiegelstrich EGV ergibt – die Mitgliedstaaten befugt sind, die Kriterien der Aufteilung der Steuerhoheit untereinander festzulegen, selbst wenn in diesem Zusammenhang das grundsätzlich gemeinschaftsrechtlich unzulässige Kriterium der Staatsangehörigkeit herangezogen werde. Solange kein entsprechendes multilaterales Ab38 Herzig/Dautzenberg, DB 1992, 2519 (2521); Scherer, Doppelbesteuerung, S. 138 f. 39 Das gilt mittlerweile auch für das DBA-Österreich, nachdem das ursprünglich zwischen Deutschland und Österreich am 04.10.1954 vereinbarte DBA (BGBl. II 1955, 755 ff.) durch den Abschluss des Neuabkommen vom 24.08.2000 mit Wirkung zum 18.08.2002 außer Kraft getreten ist; vgl. Übersicht der Doppelbesteuerungsabkommen am 01.01.2007, BMF-Schreiben vom 17.01.2007 – IV B 5 – S 1301 – 68/06. 40 EuGH, Urteil v. 12.05.1998, Rs. C-336/96, Slg. 1998, I-2793 ff. – Gilly.

III. Anwendungsbereich der einzelnen Grundfreiheiten

101

kommen abgeschlossen ist, sei es den Mitgliedstaaten unbenommen, sich in bilateralen Vereinbarungen zur Aufteilung der Steuerhoheit und zur Vermeidung der Doppelbesteuerung am Kriterium der Staatsangehörigkeit zu orientieren, ohne dass hierin schon eine Diskriminierung liege41. Dieser Schluss ist ohne weiteres nachvollziehbar, da durch die Aufteilung von Steuerhoheiten in DBA unmittelbar noch keine benachteiligenden Rechtsfolgen bzw. Wirkungen entstehen. Erst die Anwendung der Vermeidungsnormen kann eine Grundfreiheitsbeeinträchtigung begründen. Diese hat der EuGH richtigerweise deshalb auch nicht dem Anwendungsbereich der Grundfreiheiten entzogen. In der Rechtssache Saint-Gobain hat er unter Bezugnahme auf die Entscheidung in den Rechtssachen Gilly und ICI hinsichtlich der Anwendung von DBA insoweit zutreffend ausgeführt, dass „bei der Ausübung der [. . .] aufgeteilten Steuerhoheit die Mitgliedstaaten sich nicht über die gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften hinwegsetzen“42 können. Abkommensrechtliche Vorschriften sind damit grundsätzlich nicht vom Anwendungsbereich der Grundfreiheiten des EG-Vertrages ausgenommen43. Jedes andere Verständnis würde dazu führen, dass es die Mitgliedstaaten in der Hand hätten, sich durch Abschluss eines völkerrechtlichen Vertrages den grundfreiheitlichen Vorgaben zu entziehen44. Im Übrigen unterscheiden sich die durch abkommensrechtliche Bestimmungen hervorgerufenen Diskriminierungen nicht von Diskriminierungen, die durch rein innerstaatliche Rechtsvorschriften bewirkt werden. Lediglich die Verteilungsnormen der DBA sind neutral und können als solche keine Diskriminierung hervorrufen45.

III. Anwendungsbereich der einzelnen Grundfreiheiten Nachdem nunmehr feststeht, dass die Grundfreiheiten dem innerstaatlichen Recht und dem Abkommensrecht vorgehen und damit auch die Methoden zur 41 EuGH, Urteil v. 12.05.1998, Rs. C-336/96, Slg. 1998, I-2793 ff., Rn. 30 – Gilly; EuGH, Urteil v. 12.12.2002, Rs. C-385/00, Slg. 2002, I-11819 ff., Rn. 93 – de Groot; EuGH, Urteil v. 05.07.2005, Rs. C-376/03, Slg. 2005, I-5821 ff., Rn. 50 f. – D; EuGH, Urteil v. 23.02.2006, Rs. C-513/03, Slg. 2006, I-1957 ff., Rn. 47 – van Hiltenvan der Heijden; EuGH, Urteil v. 07.09.2006, Rs. C-470/04, Slg. 2006, I-7409 ff. Rn. 43 f. – N. 42 EuGH, Urteil v. 21.09.1999, Rs. C-307/97, Slg. 1999, I-6161 ff., Rn. 56 f. – Saint-Gobain; EuGH, Urteil v. 16.07.1998, Rs. C-264/96, Slg. 1998, I-4695 ff., Rn. 19 – ICI. 43 Vgl. nur EuGH, Urteil v. 12.12.2002, Rs. C-385/00, Slg. 2002, I-11819 ff., Rn. 102 – de Groot; EuGH, Urteil v. 19.01.2006, Rs. C-265/04, Slg. 2006, I-923 ff., Rn. 49 f. – Bouanich m.w. N. 44 Lang in: Gassner/Lang/Lechner, DBA u. EU-Recht, S. 30; Scherer, Doppelbesteuerung, S. 4; Dautzenberg, DB 1997, 1354 ff. 45 Ebenso Kostense, EC Tax Review 2000, 220 (229); Eicker, ET 1998, S. 322 (324); Hahn, IStR 2003, 64 (65); Thiel/Achilles, IStR 2003, 553 (555).

102

D. Die Grundfreiheiten des EG-Vertrages

Vermeidung internationaler Doppelbesteuerung mit den Grundfreiheiten in Einklang stehen müssen, soll zunächst der sachliche und persönliche Anwendungsbereich der einzelnen Grundfreiheiten aufgezeigt werden. Im Anschluss sollen der spezifische Gewährleistungsgehalt der Grundfreiheiten und mögliche Rechtfertigungsgründe abgebildet werden. Der EuGH verzichtet zwar oftmals auf eine solche Abstufung und beschränkt sich darauf, einstufig die Verletzung der Grundfreiheiten zu prüfen46. Damit die Grundfreiheiten für die im Rahmen dieser Arbeit zu behandelnden Probleme handhabbar sind, wird hier aber einer abgestuften Darstellung der Grundfreiheiten der Vorzug gegeben. 1. Warenverkehrsfreiheit (Artt. 28 ff. EGV) Zweck der in Art. 28 und Art. 29 EGV festgelegten Warenverkehrsfreiheit liegt darin, den freien innergemeinschaftlichen Warenverkehr zu gewährleisten. Sachlich ist die Warenverkehrsfreiheit deshalb auf den Warenverkehr begrenzt, der zwischen den Mitgliedstaaten stattfindet. Art. 28 EGV und Art. 29 EGV ergänzen sich dahingehend, dass ersterer den Warenimport und letzterer den Warenexport umfasst. Unter Waren versteht der EuGH Erzeugnisse, die einen Geldwert haben und deshalb Gegenstand von Handelsgeschäften sein können47. In Abgrenzung zur Dienstleistungsfreiheit des Art. 49 EGV ist die Wareneigenschaft auf körperliche Gegenstände beschränkt48. Da die Warenverkehrsfreiheit keine Eingrenzungen hinsichtlich persönlicher Merkmale des die Warenbewegung Vornehmenden erkennen lässt, sind sowohl natürliche Personen als auch Gesellschaften im Sinne von Art. 48 EGV vom persönlichen Anwendungsbereich erfasst. Auf die Staatsangehörigkeit bzw. auf die Gründung nach dem Recht eines Mitgliedstaates kommt es nicht an49. Der die Warenbewegung Vornehmende muss lediglich im Gebiet eines Mitgliedstaates ansässig sein. 2. Arbeitnehmerfreizügigkeit (Artt. 39 ff. EGV) Die Arbeitnehmerfreizügigkeit im Sinne von Art. 39 EGV soll den Arbeitnehmern der Mitgliedstaaten die Möglichkeit eröffnen, ihren Arbeitsplatz im

46

Vgl. Kingreen, Grundfreiheiten, S. 74. EuGH, Urteil v. 10.12.1968, Rs. 7/68, Slg. 1968, 634 ff. – Kommission/Italien; EuGH, Urteil v. 28.03.1995, Rs. C-324/93, Slg. 1995, I-563 ff.; Rn. 20 – Evans. 48 Vgl. EuGH, Urteil v. 24.03.1994, Rs. C-275/92, Slg. 1994, I-1039 ff., Rn. 23 – Schindler; Müller-Graff in: von der Groeben/Schwarze EUV/EGV, Art. 28 EGV Rn. 276 ff. 49 Kingreen, Grundfreiheiten, S. 81; Kellersmann/Treisch, Europäische Unternehmensbesteuerung, S. 141. 47

III. Anwendungsbereich der einzelnen Grundfreiheiten

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gesamten Gebiet der Gemeinschaft frei zu wählen50. Sachlich wird der Anwendungsbereich der Arbeitnehmerfreizügigkeit durch den von der Rechtsprechung entwickelten Arbeitnehmerbegriff geprägt. Danach ist eine Person dann als Arbeitnehmer anzusehen, wenn sie eine nicht völlig untergeordnete Leistung gegen Vergütung für einen anderen erbringt und dabei dessen Weisungen untersteht51. Da durch den Arbeitnehmerbegriff der Geltungsbereich der Arbeitnehmerfreizügigkeit festgelegt wird, ist nach Ansicht des EuGH der Arbeitnehmerbegriff weit auszulegen52. Dass das Weisungsrecht begründende Arbeitsverhältnis muss dabei ein grenzüberschreitendes Element aufweisen53. Der persönliche Anwendungsbereich ist auf Arbeitnehmer mit der Staatsangehörigkeit der Mitgliedstaaten beschränkt. Dies ergibt sich zwar nicht direkt aus dem Wortlaut des Art. 39 EGV, lässt sich aber aus systematischen und teleologischen Erwägungen schließen54. So verbietet Art. 39 Abs. 2 EGV die Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit in Bezug auf „Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten“55. Zudem wäre die Verwirklichung des in Art. 2 EGV genannten Ziels der Schaffung eines hohen Beschäftigungsniveaus in der Gemeinschaft ansonsten kaum zu realisieren56. Auch der EuGH geht deshalb – ohne weitere Begründung davon aus – dass der Anwendungsbereich der Arbeitnehmerfreizügigkeit auf Staatsangehörige der Mitgliedstaaten beschränkt ist57. Angehörige dritter Staaten können sich daher nicht unmittelbar auf Art. 39 EGV berufen58.

50

Franzen in: Streinz EUV/EGV, Art. 39 EGV Rn. 1. EuGH, Urteil v. 23.03.1982, Rs. 53/81, Slg. 1982, 1035 ff., Rn. 17 – Levin, EuGH, Urteil v. 13.04.2000, Rs. C-176/96, Slg. 2000. I-2681 ff., Rn. 42 ff. – Lehtonen; EuGH, Urteil v. 27.06.1996, Rs. C-107/94, Slg. 1996, I-3089 ff., Rn. 25 – Asscher; vgl. auch Wölker/Grill in: von der Groeben/Schwarze EUV/EGV, Vorbem. Art. 39 bis 41 EGV Rn. 27; Brechmann in: Calliess/Ruffert EUV/EGV, Art. 39 EGV Rn. 9 ff.; Scheuer in: Lenz/Borchardt EUV/EGV, Art. 39 EGV Rn. 3 ff. 52 EuGH, Urteil v. 03.06.1986, Rs. 139/85, Slg. 1986, 1741 ff., Rn. 13 – Kempf; EuGH, Urteil v. 26.02.1992, Rs. C-357/89, Slg. 1992, I-1027 ff., Rn. 10 – Raulin; EuGH, Urteil v. 31.05.1989, Rs. 344/87, Slg. 1989, 1621 ff., Rn. 11 – Bettray; EuGH, Urteil v. 26.11.1998, Rs. C-1/97, Slg. 1998, I-7747 ff., Rn. 24 – Birden; EuGH, Urteil v. 30.01.1997, Rs. C-340/94, Slg. 1997, I-461 ff., Rn. 25 – De Jaeck; EuGH, Urteil v. 09.11.2000, Rs. C-357/98, Slg. 2000, I-9265 ff., Rn. 24 – Yiadom. 53 Vgl. nur EuGH, Urteil v. 28.04.1979, Rs. 175/78, Slg. 1979, 1129 ff., Rn. 11 – Saunders; EuGH; Urteil v. 27.10.1982, Rs. 35/82 und 36/82, Slg. 1982, 3723 ff., Rn. 16 – Morson und Jhanjan; EuGH, Urteil v. 22.09.1992, Rs. C-153/91, Slg. 1992, I-4973 ff., Rn. 8 – Petit; EuGH, Urteil v. 16.12.1992, Rs. C-206/91, Slg. 1992, I6685 ff., Rn. 11 – Poirrez. 54 Vgl. nur Franzen in: Streinz EUV/EGV, Art. 39 EGV Rn. 39; Schneider/Wunderlich in: Schwarze EUV/EGV, Art. 39 EGV Rn. 21. 55 Geiger, EUV/EGV, Art. 39 EGV Rn. 8. 56 Wölker/Grill in: von der Groeben/Schwarze EUV/EGV, Art. 39 EGV Rn. 46. 57 EuGH, Urteil v. 05.07.1984, Rs. 238/83, Slg. 1984, 2631 ff., Rn. 7 – Meade. 58 Geiger, Art. 39 EGV, Rn. 9; Schneider/Wunderlich in: Schwarze EUV/EGV, Art. 39 EGV Rn. 23; Franzen in: Streinz EUV/EGV, Art. 39 EGV Rn. 43. 51

104

D. Die Grundfreiheiten des EG-Vertrages

Ihnen können aber als Familienangehörige von Angehörigen der Mitgliedstaaten abgeleitete Rechte zukommen59. 3. Niederlassungsfreiheit (Artt. 43 ff. EGV) Art. 43 S. 3 EGV gewährleistet das Recht, sich ohne Beschränkungen in einem anderen Mitgliedstaat niederzulassen, um dort eine selbstständige Erwerbstätigkeit aufzunehmen oder auszuüben. Dazu zählt gem. Art. 43 S. 2 EGV auch die Gründung von Agenturen, Zweigniederlassungen oder Tochtergesellschaften in einem anderen Mitgliedstaat sowie deren Leitung (vgl. Art. 43 S. 2 EGV). Für den sachlichen Anwendungsbereich ist es entscheidend, dass die Ausübung der wirtschaftlichen Tätigkeit mittels einer festen Einrichtung in einem anderen Mitgliedstaat auf unbestimmte Zeit erfolgt, sei es in Form einer Betriebsstätte, einer Tochtergesellschaft oder über die Beteiligung an einer Personengesellschaft60. Auch die Beteiligung an einer ausländischen Kapitalgesellschaft kann unter die Niederlassungsfreiheit fallen. Aufgrund des Tatbestandsmerkmals „Leitung“ wird einhellig angenommen, dass die in Art. 43 EGV vorausgesetzte Selbstständigkeit der Erwerbstätigkeit ein Mindestmaß an unternehmerischer Kontrolle und Beeinflussung erfordert. In Abgrenzung zur Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 56 EGV) ist der Anteilserwerb deshalb nur dann von der Niederlassungsfreiheit geschützt, wenn aufgrund der erworbenen Beteiligung ein solcher Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft ausgeübt werden kann, dass der Erwerber deren Tätigkeiten bestimmen kann61. Fehlt es mithin an einem solchen unternehmerischen Einfluss, ist nicht die Niederlassungsfreiheit gemeinschaftsrechtlicher Maßstab, sondern die Kapitalverkehrsfreiheit. Wie die Grenze zwischen Portfolioinvestment und unternehmerischen Engagement allerdings konkret zu ziehen ist, ist bisher vom EuGH nicht eindeutig festgestellt worden. Seit dem Urteil des EuGH in der Rechtssache Bosal ist jedoch geklärt, dass jedenfalls eine Beteiligung von 25 % am Nennkapital der Gesellschaft genügen muss, um den sachlichen Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit zu eröffnen62. In der Literatur wird teilweise noch eine geringere Beteiligung für ausreichend gehalten63. 59 Vgl. dazu Franzen in: Streinz EUV/EGV, Art. 39 EGV Rn. 140 ff.; Wölker/Grill in: von der Groeben/Schwarze EUV/EGV, Vorbem. Art. 39 bis 41 EGV Rn. 45; Brechmann in: Calliess/Ruffert EUV/EGV, Art. 39 EGV Rn. 74. 60 EuGH, Urteil v. 25.07.1991, Rs. C-221/89, Slg. 1991, I-3905 ff., 20 – Factortame; EuGH, Urteil v. 30.11.1995, Rs. C-55/94, Slg. 1995, I-4165 ff., Rn. 23 f. – Gebhard; Bröhmer in: Calliess/Ruffert EUV/EGV, Art. 43 EGV Rn. 12. 61 EuGH, Urteil v. 13.04.2000, Rs. C-251/98, Slg. 2000, I-2787 ff., Rn. 22 – Baars. 62 EuGH, Urteil v. 18.09.2003, Rs. C-168/01, Slg. 2003, I-9409 ff., Rn. 25 – Bosal; aber auch im Fall einer geringeren Beteiligung kann bei gleicher Interessenverfolgung mehrere Beteiligter bspw. durch einvernehmliche Entscheidung eines gemeinsamen Vertreter von einer ausreichenden Einflussnahme ausgegangen werden, vgl. EuGH,

III. Anwendungsbereich der einzelnen Grundfreiheiten

105

Der persönliche Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit ist zunächst natürlichen Personen eröffnet, die die Staatsangehörigkeit mindestens eines Mitgliedstaates besitzen, vgl. Art. 43 S. 1 EGV. Gem. Art. 43 S. 2 EGV müssen allerdings Staatsangehörige der Mitgliedstaaten, die die Freiheit zur Gründung einer sekundären Niederlassung beanspruchen, zusätzlich zum Merkmal der Staatsangehörigkeit, auch im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates ansässig sein64. Auf die Niederlassungsfreiheit können sich darüber hinaus gem. Art. 48 EGV auch die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates gegründeten Gesellschaften mit Sitz, Hauptverwaltung oder Hauptniederlassung im Gemeinschaftsgebiet berufen. Wegen der missverständlichen Formulierung des Art. 48 EGV ist nicht ganz eindeutig, ob dies nur für Gesellschaften gilt, die nach dem Recht ihres Sitzstaates als juristische Person zu qualifizieren sind oder ob sich alle wirtschaftlich tätigen Gesellschaften auf die Niederlassungsfreiheit berufen können65. In diesem Zusammenhang erscheint es sachgerecht, der herrschenden Ansicht zu folgen, wonach sich alle wirtschaftlich tätigen Gesellschaften auf die Niederlassungsfreiheit berufen können, da auch durch Gründung einer nichtrechtsfähigen Gesellschaft auf dem Gebiet eines Mitgliedstaats eine hinreichenden Verflechtung mit dessen Rechtsordnung und dem EG-Binnenmarkt anzunehmen ist. 4. Dienstleistungsverkehrsfreiheit (Artt. 49 ff. EGV) Der sachliche Anwendungsbereich der Dienstleistungsfreiheit ist maßgeblich durch den Dienstleistungsbegriff geprägt. Gem. Art. 50 S. 1 EGV sind Dienstleistung alle „Leistungen, die in der Regel gegen Entgelt erbracht werden, soweit sie nicht den Vorschriften über den freien Waren- und Kapitalverkehr und über die Freizügigkeit der Personen unterliegen“. Die Dienstleistungsfreiheit ist konzeptionell daher als Ergänzung und Vervollständigung der anderen vom EGVertrag garantierten Grundfreiheiten zu sehen66. Urteil v. 06.12.2007, Rs. C-298/05, Slg. 2007, I-10451 ff. – Columbus Container Services. 63 Troberg in: von der Groeben/Thiesing/Ehlermann, EUV/EGV, Art. 52 EGV Rn. 12; Sedlaczek, ET 2000, 14 (17), die eine Beteiligung von 20 % ausreichen lassen wollen. Maßgeblich ist hier wohl die Beteiligungsgrenze, die nach der jeweiligen Rechtsordnung einen Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft ermöglicht. 64 Scheuer in: Lenz/Borchardt EUV/EGV, Art. 43 EGV Rn. 3; Bröhmer in: Calliess/Ruffert EUV/EGV, Art. 43 EGV Rn. 19. 65 Für ein weites Verständnis des Art. 48 EGV Ehlers, Jura 2001, 266 (273); Bleckmann, Europarecht, Rn. 1609; Troberg/Tiedje in: von der Groeben/Schwarze EUV/ EGV, Art. 48 EGV Rn. 2; Troberg in: Groeben/Thiesing/Ehlermann EUV/EGV, Art. 58 EGV Rn. 2; Geiger, EUV/EGV, Art. 48 EGV Rn. 2. Für ein enges Verständnis Bröhmer in: Calliess/Ruffert EUV/EGV, Art. 48 EGV Rn. 4. 66 Kluth in: Calliess/Ruffert EUV/EGV, Art. 49/50 EGV Rn. 1; Tiedje/Troberg in: von der Groeben/Schwarze EUV/EGV, Art. 49 EGV Rn. 4.

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D. Die Grundfreiheiten des EG-Vertrages

Während das für den sachlichen Anwendungsbereich konstitutive Merkmal der Entgeltlichkeit leicht festzustellen ist – es reicht aus, wenn regelmäßig für die Leistung eine wirtschaftliche Gegenleistung erbracht wird67 –, erschließt sich der Begriff der Dienstleistung aufgrund des negativ definitorischen Ansatzes des Art. 50 S. 1 EGV nur aus der Systematik der gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten und deren Abgrenzung zur Dienstleistungsfreiheit. Eine vollständige positive Bestimmung des Dienstleistungsbegriffs ist aufgrund dieses Ansatzes bislang auch vom EuGH nicht entwickelt worden68. In Abgrenzung zu den übrigen Grundfreiheiten sind damit als Dienstleistungen alle Leistungen anzusehen, die nicht anderen Grundfreiheiten unterfallen69. In Abgrenzung zur Warenverkehrsfreiheit (Artt. 28 ff. EGV) umfasst die Dienstleistungsfreiheit nur den Austausch nicht-körperlicher Leistungen70, wobei wiederum in Abgrenzung zur Arbeitnehmerfreizügigkeit (Artt. 39 ff. EGV) der Austausch im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit erfolgen muss71. Wesentlicher Bestandteil des Dienstleistungsbegriffs ist auch das Merkmal der vorübergehenden Leistungserbringung, welches die Dienstleistungsfreiheit von der Niederlassungsfreiheit (Art. 43 EGV) unterscheidet72. In Abgrenzung zum Kapitaltransfer der Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 56 Abs. 1 EGV) stellt die Dienstleistung eine wirtschaftliche Tätigkeitsentfaltung dar, die über die bloße Wertübermittlung eines Kapitaltransfers hinausgeht73. Persönlich ist die Dienstleistungsfreiheit gem. Art. 49 Abs. 1 EGV auf Staatsangehörige eines Mitgliedstaates beschränkt, die in der Gemeinschaft ansässig sind. Den natürlichen Personen sind gem. Art. 55 EGV Gesellschaften i. S. v. Art. 48 EGV gleichgestellt. Diese müssen nach den Rechtsvorschriften eines

67 EuGH, Urteil v. 27.09.1988, Rs. C-263/86, Slg. 1988, 5365 ff., Rn. 17 – Humbel und Edel; EuGH, Urteil v. 28.03.1995, Rs. C-275/92, Slg. 1994, I-1039 ff., Rn. 33 f. – Schindler; EuGH, Urteil v. 21.09.1999, Rs. C-124/97, Slg. 1999, I-6067 ff., Rn. 27 – Läära. 68 Vgl. dazu GA Lenz, Schlussanträge v. 06.12.1988, Rs. 186/87, Slg. 1989, 185 ff., Rn. 6 – Cowan. 69 Randelzhofer/Forsthoff in: Grabitz/Hilf EUV/EGV, Art. 49/50 EGV Rn. 24 (18. EL Mai 2001). 70 Kluth in: Calliess/Ruffert EUV/EGV, Art. 49/50 EGV Rn. 1; Hakenberg in: Lenz/Borchardt EUV/EGV, Art. 49/50 EGV Rn. 8; Hailbronner/Nachbaur, EuZW 1992, 105 (106). 71 Kluth in: Calliess/Ruffert EUV/EGV, Art. 49/50 Rn. 6; Troberg in: von der Groeben/Thiesing/Ehlermann EUV/EGV, Art. 60 EGV Rn. 6. 72 Sofern nicht ein Dauerschuldverhältnis vorliegt, vgl. Roth in: Dauses EUV/EGV, Abschn. E. I. Rn. 99 (Grundwerk Febr. 1993); Randelzhofer/Forsthoff in: Grabitz/Hilf EUV/EGV, Art. 49/50 EGV Rn. 33 (18. EL Mai 2001). 73 Schürmann in: Lenz/Borchardt EUV/EGV, Vorb. Art. 56 EGV Rn. 13; Ohler, Kapitalverkehrsfreiheit, Art. 56 EGV Rn. 135 f.; Ress/Ukrow in: Grabitz/Hilf EUV/ EGV, Art. 56 EGV Rn. 23 f. (19. EL Febr. 2002).

III. Anwendungsbereich der einzelnen Grundfreiheiten

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Mitgliedstaates gegründet worden sein und eine tatsächliche und dauerhafte Verbindung mit der Wirtschaft eines Mitgliedstaates aufweisen74. 5. Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 56 Abs. 1 EGV) Seit der Neufassung des Art. 56 Abs. 1 EGV ist die Kapitalverkehrsfreiheit über ihre bloß subsidiäre Funktion im Hinblick auf die übrigen Grundfreiheiten hinausgewachsen75. Maßgeblich für den sachlichen Anwendungsbereich dieser Grundfreiheit ist der Begriff des Kapitalverkehrs. Letzterer wird im EG-Vertrag allerdings nicht näher spezifiziert. Auch der EuGH hat in seiner bisherigen, in den letzten Jahren zunehmenden kapitalverkehrsbezogenen Rechtsprechung auf eine umfassende Definition verzichtet, statt dessen aber einzelfallorientiert einen Beitrag zur Konkretisierung dieses Begriffs geleistet. Er hat in diesem Zusammenhang immer wieder auf die Begriffsverwendung der Kapitalverkehrsrichtlinie76 zurückgegriffen77. Die in dieser Richtlinie enthaltene Nomenklatur für Vorgänge des Kapitalverkehrs enthält darum nach allgemeiner Ansicht einen Hinweischarakter für den sachlichen Anwendungsbereich der Kapitalverkehrsfreiheit,78 wobei die in ihr enthaltene Aufzählung nicht abschließend ist. Allgemein lässt sich Kapitalverkehr in diesem Sinne als Übertragung von Geld- oder Sachkapital zu Anlagezwecken beschreiben79. Neben dem Erwerb von Beteiligungen an Gesellschaften, Wertpapieren sowie der Überlassung von Kapital, zeichnet sich die Kapitalverkehrsfreiheit auch durch die Nutzung des Kapitals in Form der Erzielung von Erträgen aus. Nach Auffassung des EuGH ist der Ertrag untrennbar mit der unter den Schutzbereich fallenden Transaktion verbunden, so dass auch dieser von der Kapitalverkehrsfreiheit erfasst wird80. Wenn gleich der Ertrag nicht selbst eine unter den Kapi74

Hakenberg in: Lenz/Borchardt EUV/EGV, Art. 49/50 EGV Rn. 2. Schön in: GS Knobbe-Keuk, S. 743 (748). 76 Richtlinie 88/361/EWG des Rates v. 24.06.1988 zur Durchführung von Art. 67 des Vertrages, ABl. EG 1988 L 178/5. 77 Vgl. nur EuGH, Urteil v. 14.12.1995, Rs. C-163/94, C-165/94, C-250/94, Slg. 1995, I-4821 ff. – Sanz de Lera; EuGH, Urteil v. 14.11.1995, Rs. C-484/93, Slg. 1995, I3955 ff., Rn. 6 f. – Svensson; EuGH, Urteil v. 16.03.1999, Rs. C-222/97, Slg. 1999, I1661 – Trummer und Mayer; EuGH, Urteil v. 06.06.2000, Rs. C-35/98, Slg. 2000, I4071 ff., Rn. 27 f. – Verkooijen; EuGH, Urteil v. 05.03.2002, Rs. C-515/99, C-519/99 bis C-524/99, C-526/99 bis C-540/99, Slg. 2002, I-2157 ff., Rn. 30 – Reisch u. a. 78 Vgl. nur Schürmann in: Lenz/Borchardt EUV/EGV, Art. 56 EGV, Rn. 3; Schön in: GS Knobbe-Keuk, S. 743 (747). 79 Ress/Ukrow in: von der Groeben/Schwarze EUV/EGV, Art. 56 EGV Rn. 32; Schweitzer/Hummer, Europarecht, Rn. 1213; Bleckmann, Europarecht, Rn. 1702; Schürmann in: Lenz/Borchardt EUV/EGV, Art. 56 EGV Rn. 3; Schön in: GS Knobbe-Keuk, 1997, S. 743 (747). 80 EuGH, Urteil v. 06.06.2000, Rs. C-35/98, Slg. 2000, I-4071 ff., Rn. 27 f. – Verkooijen jedoch noch zur Kapitalverkehrsrichtlinie; siehe auch GA Saggio, Schlussanträge v. 03.06.1999, Rs. C-200/98, Slg. 1999, I-8261 ff., Rn. 32 – X und Y. 75

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D. Die Grundfreiheiten des EG-Vertrages

talverkehr fallende Investition darstellt, weil die Vereinnahmung eines Ertrages an sich keine Kapitalbewegung zu Anlagezwecken darstellt81, ist dem zuzustimmen82. Denn Investitionen zielen regelmäßig final auf den späteren Ertrag ab und sind deshalb untrennbar mit dem Kapitaltransfer verwoben. Da Art. 56 Abs. 1 EGV sowohl Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen Mitgliedstaaten einerseits und Mitgliedstaaten und Drittstaaten anderseits verbietet, erstreckt sich der Anwendungsbereich auch auf in Drittstaaten ansässige Personen und Gesellschaften. Damit können sich auch Personen und Gesellschaften, die nicht innerhalb der Gemeinschaft ansässig sind bzw. ihren Sitz haben, auf die Kapitalverkehrsfreiheit berufen, soweit diese eine Transaktion über das Gemeinschaftsgebiet abwickeln83. Schlussfolgernd sind deshalb sowohl natürliche Personen als auch Gesellschaften im Sinne von Art. 48 EGV, die im Gebiet eines der Mitgliedstaaten ansässig sind, vom persönlichen Anwendungsbereich erfasst. Auf die Staatsangehörigkeit bzw. auf die Gründung nach dem Recht eines Mitgliedstaates kommt es nicht an84. Persönlich kann sich entweder der Inhaber oder der Empfänger des Kapitals auf die Kapitalverkehrsfreiheit berufen, weshalb die Kapitalverkehrsfreiheit neben einem aktiven, auf den Anbieter bezogenen auch einen passiven, auf den Nachfragenden bezogenen Anwendungsbereich enthält85. 6. Zusammenfassung: Umfänglicher Schutz der grenzüberschreitenden wirtschaftlichen Betätigung Zweck der Grundfreiheiten ist es, einen Raum ohne Binnengrenzen i. S. v. Art. 14 Abs. 2 EGV zu schaffen. Zur Schaffung eines Binnenmarktes ohne wirtschaftliche Grenzen ist es erforderlich, dass die für das Binnenmarktkonzept konstitutiven Grundfreiheiten jegliche grenzüberschreitende Betätigung erfassen. Dementsprechend wurde der sachliche Schutzbereich der einzelnen Grundfreiheiten inzwischen so weit ausgedehnt, dass wohl alle ökonomischen Betätigun-

81

So auch Dautzenberg, FR 2000, 725 (725 f.). Freitag, EWS 1997, 186 (187); Schön in: GS Knobbe-Keuk, S. 743 (757 f.); Dautzenberg, StuB 2000, 720 (723), Saß, FR 2000, 1270. 83 Bleckmann, Europarecht, Rn. 1711; Schweitzer/Hummer, Europarecht, Rn. 1212; Ress/Ukrow in: Grabitz/Hilf EGV, Art. 56 EGV Rn. 52 u. 73 (19. EL Febr. 2002); Schürmann in: Lenz/Borchardt EUV/EGV, Art. 56 EGV Rn. 14; Kiemel in: von der Groeben/Schwarze EUV/EGV, Art. 56 EGV Rn. 24; Glaesner in: Schwarze EUV/ EGV, Art. 56 EGV Rn. 18. 84 Ehlers, Jura 2001, 266 (273); Schweitzer/Hummer, Europarecht, Rn. 1212; Bleckmann, Europarecht, Rn. 1711; Kiemel in: Groeben/Thiesing/Ehlermann EUV/EGV, Art. 73b EGV Rn. 11. 85 EuGH, Urteil v. 14.11.1995, Rs. C-484/93, Slg. 1995, I-3955 ff., Rn. 10 – Svensson; Dautzenberg, StuB 2000, 720 (724); Ehlers, Jura 2001, 266 (277); Ress/Ukrow in: Grabitz/Hilf EUV/EGV, Art. 56 EGV Rn. 36 (19. EL Febr. 2002). 82

III. Anwendungsbereich der einzelnen Grundfreiheiten

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gen von den Grundfreiheiten erfasst werden und damit praktisch keine Schutzlücken mehr verbleiben. Der EuGH hat in diesem Zusammenhang festgestellt, dass sich die Grundfreiheiten häufig zu einem sinnhaften Gesamtschutz eines wirtschaftlichen Sachverhalts ergänzen86. Dieses umfassende Verständnis kommt auch im negativ definitorischen Ansatz der Dienstleistungsfreiheit und die daraus folgende Auffangfunktion dieser Grundfreiheit zum Ausdruck. Grundvoraussetzung ist allerdings immer, dass die Betätigung in irgendeiner Weise einen grenzüberschreitenden Element aufweist. Soweit sich dieses Erfordernis nicht aus den einzelnen Grundfreiheiten ergibt, folgt es jedenfalls aus der am Binnenmarktprinzip orientierten Auslegung der Grundfreiheiten. Das Merkmal des Grenzbezugs wird vom EuGH allerdings weit verstanden und lediglich bei Sachverhalten verneint, die sich in jeder Hinsicht nur auf einen Mitgliedstaat beschränken87. Die Grundfreiheiten bieten damit einen nahezu vollständigen Schutz sämtlicher grenzüberschreitender wirtschaftlicher Betätigung88. Einschränkungen erfahren die Grundfreiheiten lediglich im Bereich des persönlichen Anwendungsbereichs. Die Personenverkehrsfreiheiten (Arbeitnehmerfreizügigkeit, Niederlassungsfreiheit und Dienstleistungsfreiheit) gelten nur für Staatsangehörige der Mitgliedstaaten und für Gesellschaften, die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates gegründet wurden. Lässt man die Einschränkungen im persönlichen Anwendungsbereich außer Acht, erfassen die Grundfreiheiten aufgrund ihres umfassenden Schutzes aber alle Fälle internationaler Doppelbesteuerung im EG-Binnenmarkt. Denn der erforderliche Grenzbezug wird im Fall internationaler Doppelbesteuerung stets bejaht werden können, da der internationalen Doppelbesteuerung die territoriale Anknüpfung durch mindestens zwei Steuerrechtsordnungen immanent ist. Da die internationale Doppelbesteuerung losgelöst von einer spezifischen grenzüberschreitenden Betätigung auftritt, kann sie auch nicht einer besonderen Grundfreiheit zugeordnet werden. Entsprechendes gilt für die Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung, die letztlich an die internationale Doppelbesteuerung anknüpfen. Je nach grenzüberschreitender Tätigkeit müssen sich 86 So Schön in: FS Wassermeyer, S. 489 (500) mit Hinweis auf EuGH, Urteil v. 11.11.1981, Rs. 203/80, Slg. 1981, 2595 ff, Rn. 8 – Casati, wonach die Ausübung der Kapitalverkehrsfreiheit Voraussetzung für die wirksame Ausübung anderer vom EGVertrag garantierter Grundfreiheiten sei. 87 Die anfangs vom EuGH in der Rechtssache Werner eingenommene restriktive Position (vgl. EuGH, Urteil v. 26.01.1993, Rs. C-112/91, Slg. 1993, I-429 ff. Rn. 15 ff. – Werner), hat der EuGH in späteren Fällen wieder aufgegeben (vgl. EuGH, Urteil v. 12.04.1994, Rs. C-1/93, Slg. 1994, I-1137 ff., Rn. 20 – Halliburton; EuGH, Urteil v. 27.06.1996, Rs. C-107/94, Slg. 1996, I-3089 ff., Rn. 43 – Asscher; EuGH, Urteil v. 16.07.1998, Rs. C-264/96, Slg. 1998, I-4695 ff., Rn. 20 ff. – ICI; vgl. auch Thiel/ Achilles, IStR 2003, 530 (531). 88 So auch Epiney, Umgekehrte Diskriminierungen, S. 64; Cordewener, Grundfreiheiten, S. 837; ders., DStR 2004, 6 (7).

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D. Die Grundfreiheiten des EG-Vertrages

Freistellungs- und Anrechnungsmethode daher an den verschiedenen Grundfreiheiten messen lassen. Die nachfolgende Analyse der Grundfreiheiten wird allerdings zeigen, dass die von den Grundfreiheiten gesetzten Maßstäbe, die bei der Vermeidung der internationalen Besteuerung zu beachten sind, unabhängig von der einschlägigen Grundfreiheit die Gleichen sind89. Denn sowohl auf Tatbestands- als auch auf Rechtfertigungsebene lässt sich eine Konvergenz der Grundfreiheiten feststellen90. Insbesondere in Bezug auf die Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung ist dies unmittelbar einleuchtend. Denn die Antwort auf die Frage, ob und wie die internationale Doppelbesteuerung im Binnenmarkt zu vermeiden ist, kann nicht je nach einschlägiger Grundfreiheit differieren. Dies gilt umso mehr, als nach der Rechtsprechung des EuGH91 und nach allgemeiner Ansicht die Grundfreiheiten durchaus parallel zur Anwendung gelangen können92. Für die Frage der Ausgestaltung der Methoden zur Vermeidung der internationalen Besteuerung kommt es damit nicht auf die im konkreten Einzelfall einschlägige Grundfreiheit an. Entscheidend ist vielmehr die inhaltliche Reichweite des Gewährleistungsgehaltes der Grundfreiheiten. Dabei ist zunächst zu untersuchen, ob sowohl der Bestimmungsstaat als auch der Herkunftsstaat als Adressaten der Vermeidungsmethoden Verpflichtete der Grundfreiheiten sind.

IV. Verpflichtete der Grundfreiheiten: Bestimmungs- und Herkunftsstaat Die Bindung des Bestimmungsstaates, also des Staates, in dessen Territorium sich der jeweilige Grundfreiheitsgebrauch auswirkt, ergibt sich bereits teilweise aus dem Wortlaut der Grundfreiheiten. Zum Teil sind diese als Gebot der Inländergleichbehandlung formuliert, welches sich der Struktur nach an den Bestimmungsstaat richtet. Dieser muss den sich grenzüberschreitend Betätigenden aufnehmen und ihn rechtlich seinen eigenen Angehörigen gleichstellen. So gibt die 89 Eine Ausnahme gilt hier lediglich für die Kapitalverkehrsfreiheit, deren Anwendungsbereich im Unterschied zu den übrigen Grundfreiheiten auch Drittstaatensachverhalte umfasst, dazu unten Kapitel D.V.4., S. 174 ff. 90 Behrens, EuR 1992, 145 ff.; Jarass, EuR 1995, 202 (216); dens., EuR 2000, 705 (706); Roth in: GS Knobbe-Keuk, S. 729 (740 f.); Sedlaczek in: Lechner/Staringer/ Tumpel, Kapitalverkehrsfreiheit, S. 27 (38 ff.); Cordewener, Grundfreiheiten, S. 104 ff. m.w. N. 91 EuGH, Urteil v. 12.09.2006, Rs. C-196/04, Slg. 2006, I-7995 ff., Rn. 33 – Cadbury Schweppes; EuGH, Urteil v. 03.10.2006, Rs. C-452/04, Slg. 2006, I-9521 ff., Rn. 48 f. – Fidium Finanz; EuGH, Urteil v. 13.03.2007, Rs. C-524/04 Slg. 2007, I2107 ff., Rn. 34 – Test Claimants Thin Cap Group Litigation. 92 So u. a. Haferkamp, Kapitalverkehrsfreiheit, S. 223; Schön in: GS Knobbe-Keuk, 743 (748 ff.) ders. in: FS Wassermeyer, S. 489 (498 f.); Ress/Ukrow in: Grabitz/Hilf EUV/EGV, Art. 56 EGV Rn. 23 (19. EL Febr. 2002) zur parallelen Anwendbarkeit von Dienstleistungs- und Kapitalverkehrsfreiheit.

IV. Verpflichtete der Grundfreiheiten

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Arbeitnehmerfreizügigkeit gem. Art. 39 Abs. 3 lit. c EGV den Arbeitnehmern das Recht, eine Beschäftigung in einem anderen Mitgliedstaat nach den dort „für die Arbeitnehmer dieses Staates geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften“ auszuüben. Nach Art. 43 S. 3 EGV „umfasst die Niederlassungsfreiheit die Aufnahme und Ausübung selbstständiger Erwerbstätigkeiten [. . .] nach den Bestimmungen des Aufnahmestaates“. Gem. Art. 50 S. 3 EGV kann der Leistungserbringer seine Dienstleistung in einem Mitgliedstaat „unter den Voraussetzungen, welcher dieser für seine eigenen Angehörigen vorschreibt“ erbringen. Art. 28 EGV normiert ein an den Bestimmungsstaat gerichtetes Verbot von Einfuhrbeschränkungen. Auch die Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 56 Abs. 1 EGV verbietet es dem Bestimmungsstaat, für den grenzüberschreitenden Kapitalverkehr eine gegenüber dem reinen Inlandsgeschäft formell oder materiell abweichende Regelung vorzusehen93. Ein grenzüberschreitender Wirtschaftsvorgang betrifft notwendigerweise aber immer zwei Staaten. Neben dem Bestimmungsstaat kann auch der Herkunftsstaat, also der Staat, von dem die wirtschaftliche Transaktion ausgeht94, durch eine nationale Regelung auf denselben Vorgang einwirken und damit ein Hindernis für den Binnenmarkt, wie ihn die Art. 3 Abs. 1 lit. c EGV und Art. 14 Abs. 2 EGV festgeschrieben hat, bereiten95. Für den betroffenen Steuerpflichtigen macht es in diesem Zusammenhang keinen Unterschied, ob die von den Art. 28, Art. 39, Art. 43, Art. 49 und Art. 56 Abs. 1 EGV erfassten wirtschaftlichen Tätigkeiten vom Bestimmungsstaat oder vom Herkunftsstaat unterbunden oder erschwert werden. Will man den Anforderungen der Art. 3 Abs. 1 lit. c EGV und Art. 14 Abs. 2 EGV an eine umfassende Verwirklichung des Binnenmarktes gerecht werden, muss deshalb eine einseitige Ausrichtung der Grundfreiheiten auf Maßnahmen nur des Bestimmungsstaates ausgeschlossen werden. Art. 3 Abs. 1 lit. c EGV spricht deshalb auch von einer Beseitigung der Hindernisse „zwischen den Mitgliedstaaten“ und schließt damit den Herkunftsstaat mit ein. Die Grundfreiheiten werden deshalb ihrer Funktion nur gerecht, wenn sie auch Behinderungen durch 93 Kiemel in: von der Groeben/Schwarze EUV/EGV, Art. 56 EGV Rn. 7; Glaesner in: Schwarze EUV/EGV, Art. 56 EGV Rn. 16; Lang in: Lechner/Staringer/Tumpel, Kapitalverkehrsfreiheit, S. 181 (189); Mössner/Kellersmann, DStZ 1999, 505 (506); Schön in: GS Knobbe-Keuk, S. 743 (755). 94 Im Rahmen dieser Arbeit verdeutlicht der Begriff der Herkunft, die Richtung des wirtschaftlichen Vorgangs (Export-Konstellation), wohingegen beim Bestimmungsstaat die Import-Konstellation erfasst wird. Dem Begriff „Herkunftsstaat“ kommt im Rahmen dieser Arbeit mithin eine Bedeutung zu, die von der Begriffsdeutung des EuGH abweicht, wenn dieser von Herkunftsland spricht und damit den Staat bezeichnet, dessen Staatsangehörigkeit der Marktteilnehmer besitzt, vgl. nur EuGH, Urteil v. 17.02. 1979, Rs. 115/78, Slg. 1979, 399 ff., Rn. 24 – Knoors. 95 Fischer, Primäres Gemeinschaftsrecht, S. 165; Lackhoff/Raczinski, EWS 1997, 109 (111); Cordewener, Grundfreiheiten, S. 111 f.

112

D. Die Grundfreiheiten des EG-Vertrages

den Herkunftsstaat mit einbeziehen. Dementsprechend hat der EuGH schon in der Entscheidung Daily Mail ausgeführt, dass die von den Grundfreiheiten gewährten Rechte anderenfalls „sinnentleert“ wären96. Es ist daher notwendig, dass über die Bindung des Bestimmungsstaates hinaus auch der Herkunftsstaat die Grundfreiheiten und damit das Binnenmarktkonzept des EG-Vertrages beachtet97. Für die Warenverkehrsfreiheit folgt dies unmittelbar aus Art. 29 EGV, der mengenmäßige Ausfuhrbeschränkungen sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung untersagt98. Bei der Kapitalverkehrsfreiheit ergibt sich dies mittelbar aus Art. 58 Abs. 1 lit. a EGV, der es den Mitgliedstaaten u. a. erlaubt, steuerrechtlich nach den unterschiedlichen Kapitalanlageorten der Steuerpflichtigen zu unterscheiden. Diese Schutzklausel setzt gedanklich voraus, dass die in einem Mitgliedstaat ansässigen Staatsangehörigen in ihrer auf Export gerichteten Investition tatbestandlich von Art. 56 Abs. 1 EGV erfasst werden. Dementsprechend hat der EuGH in zahlreichen Urteilen Regelungen des Herkunftsstaates an der Kapitalverkehrsfreiheit gemessen99. Hinsichtlich der übrigen Grundfreiheiten lässt sich eine Adressierung an den Herkunftsstaat allerdings weder unmittelbar noch mittelbar aus dem Wortlaut herleiten. Das in der Arbeitnehmer-, Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit formulierte Inländergleichbehandlungsgebot erfasst nämlich die Export-Situation grundsätzlich nicht. Diese systemwidrige Lücke hat der EuGH jedoch in ständiger Rechtsprechung durch eine weite Auslegung des Tatbestandes dieser Grundfreiheiten geschlossen100. Sowohl der Bestimmungsstaat als auch der Herkunftsstaat sind mithin Verpflichtete der Grundfreiheiten. 96

EuGH, Urteil v. 27.09.1988, Rs. 81/87, Slg. 1988, 5483 ff., Rn. 16 – Daily Mail. Steindorff, EuR 1988, 19 (21); Knobbe-Keuk, DB 1990, 2573 (2574); Behrens, EuR 1992, 145 (151); Roth in: Dauses EUV/EGV, Abschn. E. I. Rn. 69 ff. (Grundwerk Febr. 1993); Seer, IStR 1997, 520 (521). 98 Vgl. insbesondere EuGH, Urteil v. 08.11.1979, Rs. 15/79, Slg. 1979, 3409 ff., Rn. 7 – Groenveld; EuGH, Urteil v. 14.07.1981, Rs. 155/80, Slg. 1981, 1993 ff., Rn. 17 ff. – Oebel; EuGH, Urteil v. 09.06.1992, Rs. C-47/90, Slg. 1992, I-3669 ff., Rn. 12 ff. – Delhaize Frères; EuGH, Urteil v. 22.06.1999, Rs. C-412/97, Slg. 1999, I3845 ff., Rn. 11 – ED. 99 Vgl. nur EuGH, Urteil v. 23.02.1995, Rs. C-358/93 u. C-416/93, Slg. 1995, I361 ff. – Bordessa u. a.; EuGH, Urteil v. 14.12.1995, Rs. C-163/94; C-165/94 u. C250/94, Slg. 1995, I-4821 ff. – Sanz de Lera; EuGH, Urteil v. 06.06.2000, Rs. C-35/ 98, Slg. 2000, I-4071 ff. – Verkooijen; EuGH, Urteil v. 15.07.2004, Rs. C-315/02, Slg. 2004, I-7063 ff. – Lenz; EuGH, Urteil v. 07.09.2004, Rs. C-319/02, Slg. 2004, I7477 ff. – Manninen; EuGH, Urteil v. 06.12.2007, Rs. C-298/05, Slg. 2007, I10451 ff. – Columbus Container Services; vgl. auch Schön in: GS Knobbe-Keuk, S. 743 (757 f.). 100 Vgl. zu Art. 39 EGV (Arbeitnehmerfreizügigkeit): EuGH, Urteil v. 07.07.1988, Rs. 154/87 u. 155/87, Slg. 1988, 3897 ff. – Wolf u. a.; EuGH, Urteil v. 07.07.1988, Rs. 143/87, Slg. 1988, 3877 ff. – Stanton; EuGH, Urteil v. 08.05.1990, Rs. 175/88, Slg. 1990, I-1779 ff. – Biehl; EuGH, Urteil v. 07.07.1992, Rs. C-370/90, Slg. 1992, I97

V. Gewährleistungsgehalt der Grundfreiheiten

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Dies bedeutet, dass im Fall internationaler Doppelbesteuerung die besteuernden Staaten, also sowohl der Quellenstaat als Bestimmungsstaat als auch der Ansässigkeitsstaat als Herkunftsstaat Adressaten der grundfreiheitlichen Gebote sind. Beide Staaten müssen die Vorgaben der Grundfreiheiten beachten.

V. Gewährleistungsgehalt der Grundfreiheiten Die Beantwortung der Frage, inwieweit die Anwendung der Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung durch Ansässigkeitsstaat oder Quellenstaat mit den Grundfreiheiten vereinbar ist, hängt entscheidend von deren spezifischem Gewährleistungsgehalt ab. Dieser hat in den letzten Jahren erhebliche inhaltliche Konkretisierungen durch die Rechtsprechung des EuGH erfahren. Es gilt in diesem Zusammenhang zu untersuchen, ob die Grundfreiheiten nunmehr über ein an die Staatsangehörigkeit anknüpfendes rechtliches Diskriminierungsverbot hinaus auch ein allgemeines, jede grenzüberschreitende Schlechterbehandlung umfassendes Diskriminierungsverbot enthalten. Zudem ist zu prüfen, ob auch unterschiedslos geltende, d.h. diskriminierungsfreie nationale Vorschriften gegen die Grundfreiheiten verstoßen können. Im Folgenden soll deshalb die inhaltliche Reichweite des Gewährleistungsgehalts der Grundfreiheiten bestimmt werden. 4265 ff. – Singh; EuGH, Urteil v. 15.12.1995, Rs. C-415/93, Slg. 1995, I-4921 ff. – Bosman; vgl. zu Art. 43 EGV (Niederlassungsfreiheit): EuGH, Urteil v. 27.09.1988, Rs. 81/87, Slg. 1988, 5483 ff. – Daily Mail; EuGH, Urteil v. 15.05.1997, Rs. C-250/ 95, Slg. 1997, I-2471 ff. – Futura Participations und Singer; EuGH, Urteil v. 16.07. 1998, Rs. C-264/96, Slg. 1998, I-4695 ff. – ICI; EuGH, Urteil v. 18.11.1999, Rs. C200/98, Slg. 1999, I-8261 ff., Rn. 26 – X und Y; EuGH, Urteil v. 13.04.2000, Rs. C251/98, Slg. 2000, I-2787 ff., Rn. 28 – Baars; EuGH, Urteil v. 14.12.2000, Rs. C-141/ 99, Slg. 2000, I-11619 ff., Rn. 21 ff. – AMID; EuGH, Urteil v. 08.03.2001, Rs. C-397/ 98 u. 410/97, Slg. 2001, I-1727 ff. – Metallgesellschaft u. a.; EuGH, Urteil v. 26.01. 1999, Rs. C-18/95, Slg. 1999, I-345 ff., Rn. 27 ff. – Terhoeve; EuGH, Urteil v. 12.12. 2002, Rs. C-385/00, Slg. 2002, I-11819 ff., Rn. 79 ff. – de Groot; vgl. zu Art. 49 EGV (Dienstleistungsfreiheit): EuGH, Urteil v. 17.05.1994, Rs. C-18/93, Slg. 1994, I1783 ff. – Corsica Ferries; EuGH, Urteil v. 10.05.1995, Rs. C-384/93, Slg. 1995, I1141 ff. – Alpine Investments; EuGH, Urteil v. 01.12.1998, Rs. C-410/96, Slg. 1998, I-7875 ff. – Ambry; EuGH, Urteil v. 29.04.1999, Rs. C-224/97, Slg. 1999, I-2517 ff., Rn. 11 f. – Ciola; EuGH, Urteil v. 28.10.1999, Rs. C-55/98, Slg. 1999, I-7641 ff., Rn. 19 – Vestergaard; EuGH, Urteil v. 11.04.2000; Rs. C-51/96 u. C-191/97, Slg. 2000, I-2549 ff. – Deliège; EuGH, Urteil v. 26.06.2001, Rs. C-70/99, Slg. 2001, I4845 ff. – Kommission/Portugal; ebenso Steindorff, EuR 1988, 19 (21 u. 27 f.); Knobbe-Keuk, DB 1990, 2573 (2574); Jarass, EuR 1995, 202 (215); ders. in: FS Everling, S. 593 (594); Zuleeg in: FS Everling, S. 1717 (1723); Thömmes, DStJG Bd. 19 (1996), S. 81 (88); Dautzenberg, FR 1997, 570; Lackhoff/Raczinski, EWS 1997, 109 (111); Fischer, Primäres Gemeinschaftsrecht, S. 165; Menhorn, SWI 2001, 62 (63); Ehlers, Jura 2001, 266 (273); Takacs, Europäisches Steuerrecht, S. 371 f.; Troberg in: von der Groeben/Thiesing/Ehlermann, EUV/EGV, Art. 52 EGV Rn. 65 f.; Reimer in: Lehner, Grundfreiheiten, S. 39 (71); Dautzenberg, BB 1992, 2400 (2401 f.); Cordewener, ET 2003, 294 (299); Englisch, ET 2004, 323 (325), ders., RIW 2005, 187 (188) a. A. Musil, IStR 2001, 483 ff.

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D. Die Grundfreiheiten des EG-Vertrages

Zunächst stellt sich die Frage, ob der Gewährleistungsgehalt der einzelnen Grundfreiheiten divergiert, oder ob er einheitlich für alle Grundfreiheiten im Sinne einer Konvergenz bestimmt werden kann. 1. Konvergenz der Grundfreiheiten Richtigerweise ist der Gewährleistungsgehalt einheitlich für alle Grundfreiheiten zu bestimmen101. Zwar weichen die sachlichen Anwendungsbereiche der Grundfreiheiten voneinander ab, sie dienen aber letztlich nach Art. 14 Abs. 2 EGV i.V. m. Art. 3 Abs. 1 lit. c EGV alle demselben Ziel, nämlich der Verwirklichung eines gemeinsamen Binnenmarktes102. In diesem Sinne zieht auch der EuGH Art. 3 Abs. 1 lit. c EGV bei der Auslegung aller Grundfreiheiten heran. Der EuGH versteht die verschiedenen Grundfreiheiten dementsprechend nicht als separate Bereiche, sondern als „Gesamtheit“103 und prüft zum Teil mehrere Grundfreiheiten gleichzeitig104. Es verwundert deshalb auch nicht, dass der EuGH im Gebhard-Urteil seine bisherige Rechtsprechung dahingehend zusammenfasst, dass alle nationalen Maßnahmen, die die Ausübung der durch den Vertrag garantierten Grundfreiheiten behindern oder weniger attraktiv machen, rechtfertigungsbedürftig sind105. Den Kritikern eines einheitlichen Gewährleistungsgehalts der Grundfreiheiten muss entgegengehalten werden, dass die Abgrenzung der sachlichen und persönlichen Schutzbereiche der einzelnen Grundfreiheiten nur in einfachen Sach101 So u. a. Behrens, EuR 1992, 145 ff.; Jarass, EuR 1995, 202 ff.; Claasen, EWS 1995, 97 ff.; Eberhartinger, EWS 1996, 43 ff.; Schneider, NJ 1996, 512 (514 f.); Seer, IStR 1997, 520 (522); Sedlaczek in: Lechner/Staringer/Tumpel, Kapitalverkehrsfreiheit, S. 27 (38 f.); Roth in: GS Knobbe-Keuk, S. 729 (741); Müller, Kapitalverkehrsfreiheit, S. 129 ff.; Eilmansberger, JBl. 1999, 345 ff. u. 434 ff.; Füßer, DÖV 1999, 96 (98); Weiß, EuZW 1999, 493 (496 ff.); Ehlers, Jura 2001, 482 (485); Schuch in: Gassner/Lang/Lechner, DBA und EU-Recht, S. 99 (121); Tumpel, DStJG 23 (2000), S. 321 (347); Epiney, Umgekehrte Diskriminierungen, S. 64; Cordewener, Grundfreiheiten, S. 200 ff., 249 ff., 325 ff.; Reuter/Klein, IStR 2003, 643 (635 f.); Thömmes in: FS Wassermeyer, S. 207 (210). 102 Knobbe-Keuk, DB 1990, 2573 (2574); GA Lenz, Schlussanträge v. 20.09.1995, Rs. C-415/93, Slg. 1995, I-4921 ff., Rn. 162 – Bosman. 103 So u. a. EuGH, Urteil v. 20.05.1992, Rs. C-106/91, Slg. 1992, I-3351 ff., Rn. 24 – Ramrath. 104 EuGH, Urteil v. 27.06.1996, Rs. 107/94, Slg. 1994, EuGH, Urteil v. 27.06.1996, Rs. C-107/94, Slg. 1996, I-3089 ff., Rn. 29 – Asscher; EuGH, Urteil v. 22.03.1994, Rs. C-375/92, Slg. 1994, I-923 ff., Rn. 9 ff. – Kommission/Spanien; EuGH, Urteil v. 20.05.1992, Rs. C-106/91, Slg. 1992, I-3351 ff., Rn. 17, 24 u. 28 – Ramrath; EuGH, Urteil v. 03.02.1993, Rs. C-148/91, Slg. 1993, I-487 ff., Rn. 6 ff. – Veronica; vgl. auch GA Lenz, Schlussanträge v. 20.09.1995, Rs. C-415/93, Slg. 1995, I-4921 ff., Rn. 162 – Bosman. 105 EuGH, Urteil v. 30.11.1995, Rs. C-55/94, Slg. 1995, I-4165 ff., Rn. 37 – Gebhard; vgl. auch Dautzenberg, Unternehmensbesteuerung, S. 74.

V. Gewährleistungsgehalt der Grundfreiheiten

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verhalten problemlos vorgenommen werden, in Randbereichen aber zu erheblichen Unklarheiten führen kann106. In diesen Grenzfällen ist nicht einzusehen, warum die „zufällige“ Zuordnung zu einer Grundfreiheit ein unterschiedliches Schutzniveau des Steuerpflichtigen zur Folge haben soll. So ist nicht einzusehen, warum dieselbe Tätigkeit, je nachdem ob sie als selbstständige oder unselbstständige Dienstleistung erbracht wird und damit entweder in den Anwendungsbereich des Art. 49 EGV oder des Art. 39 EGV fällt, eine unterschiedliche Behandlung erfahren soll107. Die teilweise schwierigen Abgrenzungsfragen zwischen den Grundfreiheiten und die damit einhergehenden Zufälligkeiten würden zudem zu erheblichen Rechtsunsicherheiten führen. Zwar können die verschiedenen wirtschaftlichen Betätigungen Unterschiede aufweisen, die auch im Rahmen der Grundfreiheiten eine Differenzierung notwendig machen. Eine differenzierte Lösung nach Art und Weise der grenzüberschreitenden Betätigung sollte aber aufgrund obiger Abgrenzungsschwierigkeiten108 im Rahmen der Rechtfertigungs-, insbesondere der Verhältnismäßigkeitsprüfung vorgenommen werden109. Es kann für den Gewährleistungsgehalt insoweit auch keinen Unterschied machen, ob der Bestimmungs- oder der Herkunftsstaat auf den grenzüberschreitenden Wirtschaftsvorgang einwirkt. Die anzutreffende Behauptung, dass für das Bestimmungsland ein bloßes Verbot der Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit und für das Herkunftsland ein allgemeines Beschränkungsverbot gilt110, muss als überholt angesehen werden111. Denn innerhalb eines Binnenmarktes kann die Richtung der wirtschaftlichen Betätigung (Import- oder Export-Konstellation) keine Rolle spielen112. Insbesondere die Rechtsprechung des EuGH zu den sog. Rückkehrerfällen113 hat gezeigt, dass das Differenzierungskriterium der Staatsangehörigkeit im Rahmen der an den Bestimmungsstaat gerichteten Diskriminierungsprüfung zu eng ist, um alle den Binnenmarkt beeinträchtigenden Maßnahmen des Bestimmungsstaates grundfreiheitsrechtlich zu 106

Vgl. dazu ausführlich Cordewener, Grundfreiheiten, S. 326 ff. Schuch in: Gassner/Lang/Lechner, DBA und EU-Recht, S. 99 (121 f.); Kofler, ÖStZ 2004, 558 (561). 108 Dazu oben Kapitel D.III., S. 101 ff. 109 Jarass, EuR 1995, 202 (214 ff.); ders. in: FS Everling, S. 593 (598 ff.); Roth in: GS Knobbe-Keuk, S. 729 (740 ff.). 110 Rainer, IStR 1998, 471; Weiß, EuZW 1999, 493 (494 ff.); Lehner IStR 2001, 329 (332); Jacobs in: FS Fischer, S. 85 (94); Kofler, ÖStZ 2003, 262 (263), Hinnekens, ET 2001, 206 (210); Thömmes in: FS Wassermeyer, S. 207 (211 ff.). 111 Cordewener, Grundfreiheiten, S. 322 ff. 112 Cordewener, Grundfreiheiten, S. 285. 113 EuGH, Urteil v. 07.02.1979, Rs. 115/78, Slg. 1979, 399 ff., Rn. 24 – Knoors; EuGH, Urteil v. 03.10.1990, Rs. C-61/89, Slg. 1990, I-3551 ff., Rn. 13 – Bouchoucha; EuGH, Urteil v. 31.03.1993, Rs. C-19/92, Slg. 1993, I-1663 ff., Rn. 15 – Kraus; EuGH, Urteil v. 23.02.1994, Rs. C-419/92, Slg. 1994, I-505 ff., Rn. 7 ff. – Scholz; EuGH, Urteil v. 27.06.1996, Rs. C-107/94, Slg. 1996, I-3089 ff., Rn. 32 – Asscher. 107

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D. Die Grundfreiheiten des EG-Vertrages

erfassen. Insbesondere die einheitliche Formulierung von Art. 28 und Art. 29 EGV, die sich zum einen an den Bestimmungsstaat richten und zum anderen an den Herkunftsstaat, zeigt, dass eine Differenzierung unangemessen ist114. Für den Umfang des Gewährleistungsgehaltes kann es deshalb grundsätzlich keinen Unterschied machen, ob der Bestimmungsstaat oder der Herkunftsstaat auf den wirtschaftlichen Vorgang einwirkt. Die nachfolgende Analyse der Rechtsprechung des EuGH wird den Befund eines einheitlichen Gewährleistungsgehaltes der Grundfreiheiten bestätigen. 2. Die Grundfreiheiten als die Marktgleichheit gewährleistende Diskriminierungsverbote a) Personenverkehrsfreiheiten Die Personenverkehrsfreiheiten115 hat der EuGH seit jeher als Diskriminierungsverbote verstanden. Den Begriff der Diskriminierung hatte der EuGH dabei zunächst sehr eng gefasst und als Diskriminierung zunächst nur die Ungleichbehandlung zweier Vergleichsgruppen anhand des Kriteriums der Staatsangehörigkeit des Marktteilnehmers angesehen116, wobei bei Gesellschaften i. S. v. Art. 48 EGV an die Stelle der Staatsangehörigkeit der satzungsmäßige Sitz, der Ort der Hauptverwaltung oder der Hauptniederlassung der Gesellschaft als Differenzierungskriterium trat117. Die Tatsache, dass eine hohe Zahl nationa114

Vgl. dazu insbesondere Mühl, Diskriminierung u. Beschränkung, S. 342. Zur Kategorisierung der Grundfreiheiten in Personen- und Produktverkehrsfreiheiten vgl. Mühl, Diskriminierung u. Beschränkung, S. 119 ff.; Jarass, EuR 1995, 202 (206 f.); Kingreen, Grundfreiheiten, S. 20 ff. Als Personenverkehrsfreiheiten sind in diesem Zusammenhang die Niederlassungsfreiheit (Art. 43 EGV), die Arbeitnehmerfreizügigkeit (Art. 39 EGV) und die Dienstleistungsfreiheit (Art. 49 EGV) anzusehen. A. A. hinsichtlich der Einordnung der Dienstleistungsfreiheit (Art. 49 EGV) Jarass, EuR 1995, 202 (205). 116 EuGH, Urteil v. 07.02.1979, Rs. 136/78, Slg. 1979, 437 ff., Rn. 23 f. – Auer; EuGH, Urteil v. 12.12.1987, Rs. 221/85, Slg. 1987, 719 ff., Rn. 5 ff. – Kommission/ Belgien; EuGH, Urteil v. 08.07.1999, Rs. C-203/98, Slg. 1999, I-4899 ff., Rn. 11 – Kommission/Belgien. 117 Der satzungsmäßige Sitz, die Hauptverwaltung oder die Hauptniederlassung einer Gesellschaft i. S. v. Art. 48 EGV entsprechen dem Merkmal der Staatsangehörigkeit bei natürlichen Personen. Diese Merkmale ordnen eine Gesellschaft einer bestimmten nationalen Rechtsordnung zu und stehen deshalb bei Gesellschaften stellvertretend für die Staatsangehörigkeit, vgl. EuGH v. 28.01.1986, Rs. 270/83, Slg. 1986, 273 ff., Rn. 18 – avoir fiscal; EuGH, Urteil v. 13.07.1993, Rs. C-330/91, Slg. 1993, S. I4017 ff., Rn. 13 – Commerzbank; EuGH, Urteil v. 13.03.2007, Rs. C-524/04, Slg. 2007, I-2107 ff., Rn. 37 – Test Claimants Thin Cap Group Litigation. Sofern im Folgenden das Differenzierungskriterium der Staatsangehörigkeit genannt wird, ist damit auch immer das der Staatsangehörigkeit entsprechende Differenzierungskriterium für Gesellschaften gemeint. 115

V. Gewährleistungsgehalt der Grundfreiheiten

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ler Regelungen jedoch nicht anhand des Merkmals der Staatsangehörigkeit differenzieren, sondern anhand anderer Kriterien, die typischerweise ausländische Staatsangehörige betreffen, hat den EuGH früh dazu übergehen lassen, auch sog. versteckte Diskriminierungen nach der Staatsangehörigkeit dem Gewährleistungsgehalt der Grundfreiheiten zuzurechnen118. Ziel des EuGH war es, alle versteckten Formen der Diskriminierung, die durch die Anwendung anderer Unterscheidungsmerkmale tatsächlich zu dem gleichen Ergebnis führten, zu erfassen. Eine endgültige Abkehr dieses immer noch zu engen, an der Staatsangehörigkeit orientierten Diskriminierungsbegriffs brachte letztlich die Rechtsprechung des EuGH zu den Beeinträchtigungen der Personenverkehrsfreiheiten durch den Herkunftsstaat. Ein bloßes Verbot der Ausländerdiskriminierung, sei es in Form der offenen oder verdeckten Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit, griff in diesen Fällen ersichtlich zu kurz, da beschränkende Maßnahmen des Herkunftsstaates sich regelmäßig zum Nachteil der eigenen Staatsangehörigen auswirkten119. Für den grundfreiheitsrechtlichen Schutz gegenüber Maßnahmen des Herkunftsstaates ist damit klar, dass die Staatsangehörigkeit des Marktteilnehmers als verbotenes Differenzierungskriterium allein nicht ausreicht120. Im Gilly-Urteil hat der EuGH dementsprechend ausdrücklich hervorgehoben, dass der Umstand, dass der Marktteilnehmer die Staatsangehörigkeit des belastenden Herkunftsstaates besitzt, nichts daran ändere, dass eine Beeinträchtigung der in diesem Fall einschlägigen Grundfreiheit angenommen werden kann121. Zur Dienstleistungsfreiheit formuliert der EuGH deshalb auch regelmäßig, dass „unter dem Gesichtspunkt eines einheitlichen Marktes und im Hinblick auf die Verwirklichung seiner Ziele, [. . .] diese Freiheit auch die Anwendung einer nationalen Regelung aus(schließt), die die Erbringung von Dienstleistungen zwischen Mitgliedstaaten gegenüber der Erbringung von Dienst118 Vgl. nur EuGH, Urteil v. 12.12.1974, Rs. 152/73, Slg. 1974, 153 ff., Rn. 11 – Sotgiu; EuGH, Urteil v. 28.01.1986, Rs. 270/83, Slg. 1987, 273 ff., Rn. 20 – avoir fiscal; EuGH, Urteil v. 05.12.1989, Rs. C-3/88, Slg. 1989, 4035 ff., Rn. 8 – Kommission/Italien; EuGH, Urteil v. 08.05.1990, Rs. 175/88, Slg. 1990, I-1779 ff., Rn. 13 ff. – Biehl; EuGH, Urteil v. 14.02.1995, Rs. C-279/93, Slg. 1995, I-225 ff., Rn. 21 ff. – Schumacker; EuGH, Urteil v. 27.06.1996, Rs. C-107/94, Slg. 1996, I-3089 ff., Rn. 36 ff. – Asscher; EuGH, Urteil v. 11.08.1995, Rs. C-80/94, Slg. 1995, S. I2493 ff., Rn. 16 – Wielockx; vgl. Hinnekens ET 1996, 286 (295); Hirsch DStZ 1998, 489 (492); Thömmes in: GS Knobbe-Keuk, S. 795 (801). 119 Knobbe-Keuk, DB 1990, 2573 (2574); dies., ZHR 154 (1990), 325 (354); Randelzhofer/Forsthoff in: Grabitz/Hilf EUV/EGV, Art. 43 EGV Rn. 61 (18. EL Mai 2001); Cordewener, Grundfreiheiten, S. 190 f. 120 Jarass in: FS Everling, S. 593 ff. (600); ders., EuR 1995, 202 (216 ff.); ders., EuR 2000 (712); Seer, IWB, Fach 11 Gruppe 2, 573 (583 f.). 121 EuGH, Urteil v. 12.05.1998, Rs. C-336/96, Slg. 1998, I-2793 ff., Rn. 21 – Gilly in Abkehr von EuGH, Urteil v. 23.01.1993, Rs. C-112/91, Slg. 1993, I-429 ff., Rn. 17 – Werner.

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D. Die Grundfreiheiten des EG-Vertrages

leistungen allein innerhalb eines Mitgliedstaats erschwert“122. Ein entsprechendes Verständnis hat der EuGH auch in Bezug auf die Niederlassungsfreiheit (Art. 43 EGV)123 und die Arbeitnehmerfreizügigkeit (Art. 39 EGV)124 zu erkennen gegeben. Häufig wird die Staatsangehörigkeit vom EuGH bei Beeinträchtigungen der Personenverkehrfreiheiten deshalb auch gar nicht mehr problematisiert125. Der Rechtsprechung des EuGH folgend, ist für die Annahme einer Diskriminierung mithin entscheidend, dass in der konkreten Situation der grenzüberschreitende gegenüber dem vergleichbaren rein innerstaatlichen Vorgang benachteiligt und damit ungleich behandelt wird126. In diesem Sinne hat auch GA Maduro in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache Marks & Spencer die bisherige Rechtsprechung des EuGH zusammengefasst127.

122 EuGH, Urteil v. 05.10.1994, Rs. C-381/93, Slg. 1994, I-5145 ff., Rn. 17 – Kommission/Frankreich; EuGH, Urteil v. 28.04.1998, Rs. C-118/96, Slg. 1998, I-1897 ff., Rn. 23 – Safir; EuGH, Urteil v. 26.06.2003, Rs. C-422/01, Slg. 2003, I-6817 ff., Rn. 26 – Skandia; EuGH, Urteil v. 04.03.2004, Rs. C-334/02, Slg. 2004, I-2229 ff., Rn. 23 – Kommission/Frankreich; ähnliche Formulierung EuGH, Urteil v. 12.07.2001, Rs. C-157/99, Slg. 2001, I-5473 ff., Rn. 61 – Smits; EuGH, Urteil v. 28.04.1998, Rs. C-158/96, Slg. 1998, I-1931 ff., Rn. 33 – Kohll. 123 EuGH, Urteil v. 16.07.1998, Rs. C-264/96, Slg. 1998, I-4695 ff., Rn. 2 – ICI; EuGH, Urteil v. 18.11.1999, Rs. C-200/98, Slg. 1999, I-8261 ff., Rn. 28 – X und Y; EuGH, Urteil v. 31.04.2000, Rs. C-251/98, Slg. 2000, I-2787 ff., Rn. 28 – Baars; EuGH, Urteil v. 13.12.2005, Rs. C-446/03, Slg. 2005, I-10837 ff., Rn. 34 ff. – Marks & Spencer. 124 EuGH, Urteil v. 07.07.1988, Rs. 154/87 u. 155/87, Slg. 1988, 3897 ff. – Wolf u. a.; EuGH, Urteil v. 07.07.1988, Rs. 143/87, Slg. 1988, 3877 ff. – Stanton; EuGH, Urteil v. 08.05.1990, Rs. 175/88, Slg. 1990, I-1779 ff., Rn. 2 – Biehl; EuGH, Urteil v. 15.12.1995, Rs. C-415/93, Slg. 1995, I-4921 ff., Rn. 94 ff. – Bosman; EuGH, Urteil v. 26.01.1999, Rs. C-18/95, Slg. 1999, I-345 ff., Rn. 27 ff. – Terhoeve; EuGH, Urteil v. 12.12.2002, Rs. C-385/00, Slg. 2002, I-11819 ff., Rn. 79 – de Groot. 125 EuGH, Urteil v. 15.12.1995, Rs. C-415/93, Slg. 1995, I-4921 ff., Rn. 88 ff. – Bosman: Zunächst untersucht der EuGH, ob eine grenzüberschreitende Situation vorliegt, nachdem er dies bejaht hat, geht er ohne weitere Prüfung zu der Frage über, ob in der Sache ein Beeinträchtigung der Arbeitnehmerfreizügigkeit vorliegt. Die Frage, ob ein Staatsbürger sich im Wegzugsfall gegenüber seinem eigenen Staat auf Art. 39 EGV berufen kann wird dabei unter Berufung auf die bisherige Rechtsprechung als selbstverständlich bejaht. 126 Vgl. nur EuGH, Urteil v. 05.10.1994, Rs. C-381/93, Slg. 1994, I-5145 ff., Rn. 17 – Kommission/Frankreich; EuGH, Urteil v. 28.04.1998, Rs. C-158/96, Slg. 1998, I1931 ff., Rn. 33 – Kohll; EuGH, Urteil v. 12.07.2001, Rs. C-157/99, Slg. 2001, I5473 ff., Rn. 61 – Smits; EuGH, Beschluss v. 12.09.2002, Rs. C-431/01, Slg. 2002, I7073 ff., Rn. 32 f. – Mertens; EuGH, Urteil v. 26.06.2003, Rs. C-422/01, Slg. 2003, I6817 ff., Rn. 26 – Skandia; vgl. auch Jarass in: FS Everling, S. 593 (599 f.); Kingreen, Grundfreiheiten, S. 115. 127 GA Maduro, Schlussanträge v. 07.04.2005, Rs. C-446/03, Slg. 2005, I-10837 ff., Rn. 37 ff. – Marks & Spencer.

V. Gewährleistungsgehalt der Grundfreiheiten

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b) Produktverkehrsfreiheiten Dieses weite Verständnis des Diskriminierungsverbots findet sich auch in der Rechtsprechung des EuGH zu der rein verkehrsorientiert – und nicht personenorientiert – formulierten Waren- und Kapitalverkehrsfreiheit wieder128. Ausdrücklich nimmt der EuGH zwar innerhalb der Produktverkehrsfreiheiten keine Diskriminierungsprüfung vor. Der vom EuGH angelegte Maßstab entspricht aber dem einer Diskriminierung im oben genannten Sinne. Das auf Export-Konstellationen zugeschnittene Verbot von Ausfuhrbeschränkungen (Art. 29 EGV) verbietet nach ständiger Rechtsprechung des EuGH „nationale Maßnahmen, die spezifische Beschränkungen der Ausfuhrströme bezwecken oder bewirken und damit unterschiedliche Bedingungen für den Binnenhandel innerhalb eines Mitgliedstaates und seinen Außenhandel schaffen“129. Auch im Rahmen von Art. 29 EGV wird als Vergleichspaar also einerseits der rein innerstaatliche Wirtschaftsvorgang und andererseits der grenzüberschreitende Exportvorgang im Rahmen des Außenhandels aus dem Mitgliedstaat heraus in einen anderen Mitgliedstaat gewählt. Als verbotenes Differenzierungskriterium ist auch hier das grenzüberschreitende Element anzusehen. Art. 28 EGV enthält als korrespondierende Grundfreiheit dasselbe Differenzierungskriterium im Rahmen von Import-Konstellationen. Auch die Urteile des EuGH zur Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 56 Abs. 1 EGV) lassen ein entsprechendes Verständnis des Gewährleistungsgehaltes erkennen130. Der EuGH vergleicht auch hier den rein innerstaatlichen Sachverhalt mit dem grenzüberschreitenden Sachverhalt und nimmt eine Beeinträchtigung des Kapitalverkehrs dann an, wenn letzterer für den Kapitalanleger bzw. Kapitalempfänger weniger attraktiv gestaltet ist131.

128 Müller, Kapitalverkehrsfreiheit, S. 149 ff. u. 161 ff.; Ress/Ukrow in: Grabitz/ Hilf EUV/EGV, Art. 56 EGV Rn. 39 (19. EL: Febr. 2002); Leible in: Grabitz/Hilf EUV/EGV, Art. 28 EGV Rn. 8 (15. EL Jan. 2000); ders. in: Grabitz/Hilf EUV/EGV, Art. 29 EGV Rn. 3 (15. EL Jan. 2000). 129 Vgl. z. B. EuGH, Urteil v. 08.11.1979, Rs. 15/79, Slg. 1979, 3409 ff., Rn. 7 – Groenveld; EuGH, Urteil v. 14.07.1981, Rs. 155/80, Slg. 1981, 1993 ff., Rn. 15 – Oebel; EuGH, Urteil v. 24.03.1994, Rs. C-80/92, Slg. 1994, I-1019 ff., Rn. 24 – Kommission/Belgien. 130 Herzig in: GS Knobbe-Keuk, S. 627 (635). 131 Vgl. EuGH, Urteil v. 06.06.2000, Rs. C-35/98, Slg. 2000, I-4071 ff., Rn. 35 – Verkooijen; EuGH, Urteil v. 04.03.2004, Rs. C-334/02, Slg. 2004, I-2229 ff., Rn. 24 – Kommission/Frankreich; EuGH, Urteil v.15.07.2004, Rs. C-315/02, Slg. 2004, I7063 ff., Rn. 21 – Lenz; EuGH, Urteil v. 07.09.2004, Rs. C-319/02, Slg. 2004, I7477 ff., Rn. 23 – Manninen.

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D. Die Grundfreiheiten des EG-Vertrages

c) Stellungnahme Die Grundfreiheiten, insbesondere die Personenverkehrsfreiheiten, haben sich damit von Verboten der Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit zu umfassenden Diskriminierungsverboten entwickelt, die jedwede Schlechterbehandlung eines grenzüberschreitenden Sachverhalts gegenüber dem vergleichbaren rein innerstaatlichen Sachverhalt verbieten. Verbotenes Differenzierungskriterium ist deshalb nunmehr nicht mehr nur die Staatsangehörigkeit des Steuerpflichtigen, sondern darüber hinausgehend jedes grenzüberschreitende Element132. Der Effektivität der Grundfreiheiten wegen muss es dabei auch ohne Bedeutung sein, ob die nationale Regelung ausdrücklich anhand eines grenzüberschreitenden Merkmals differenziert133. Es reicht vielmehr aus, wenn aufgrund eines Auslandsbezugs der grenzüberschreitende Sachverhalt gegenüber dem äquivalenten innerstaatlichen Sachverhalt schlechter behandelt wird134. Ein solches weites Verständnis des Diskriminierungsverbots stellt eine notwendige Ausrichtung der Grundfreiheiten am Binnenmarktziel dar, wie es Art. 3 Abs. 1 lit. c EGV i.V. m. Art. 14 Abs. 2 EGV formuliert. Denn die Schlechterstellung der grenzüberschreitenden gegenüber der lediglich inländischen Betätigung hindert die Verwirklichung des Binnenmarktes nicht weniger als die unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit. Ein solches weites Verständnis liegt auch innerhalb der Wortlautgrenzen der einzelnen Grundfreiheiten135. Hinsichtlich der Produktverkehrsfreiheiten lässt es sich problemlos unter das explizite Verbot von „Beschränkungen“ fassen. Die Beschränkungsverbote können demnach zugleich als implizite Verbote von Diskriminierungen verstanden werden136. Entsprechendes gilt für die Dienstleistungsfreiheit, die „Beschränkungen“ des Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Gemeinschaft verbietet. Hinsichtlich der Niederlassungsfreiheit erwähnt Art. 43 S. 3 EGV zwar nur den Grundsatz der Inländergleichbehandlung. Die Formulierung, wonach die Niederlassungsfreiheit dieses Prinzip „umfasst“, lässt aber Raum für die Annahme, dass hier lediglich ein besonders relevanter Unterfall 132 Vgl. Claasen, EWS 1995, S. 97 (100); Staringer in: Lechner/Staringer/Tumpel, Kapitalverkehrsfreiheit, S. 93 (103); Jarass, EuR 1995, 202 (216); dens. in: FS Everling, S. 593 (599); Cordewener, Grundfreiheiten, S. 194 ff. u. 226 f.; in Bezug auf die Niederlassungsfreiheit Knobbe-Keuk, DB 1990, 2573 (2577); in Bezug auf die Kapitalverkehrsfreiheit Wimpissinger, SWI 2000, 313 (315). 133 Jarass, EuR 1995, 202 (219); Schön, GS Knobbe-Keuk, S. 743 (758). 134 In diesem Sinne EuGH, Urteil v. 21.11.2002, Rs. C-436/00, Slg. 2002, I10829 ff., Rn. 34 – X und Y. 135 Steindorff, EuR 1988, 19 (21); Knobbe-Keuk, DB 1990, 2573 (2574); Zuleeg in: FS Everling, S. 1717 (1724). 136 So zur Kapitalverkehrsfreiheit Schön in: FS Wassermeyer, S. 489 (495); Ohler, Kapitalverkehrsfreiheit, Art. 56 EGV Rn. 255; Kiemel in: von der Groeben/Schwarze EUV/EGV, Art. 56 EGV Rn. 27.

V. Gewährleistungsgehalt der Grundfreiheiten

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einer „Beschränkung“ i. S. v. Art. 43 S. 1 EGV vorliegt. Vergleichbar kann auch der Wortlaut der Arbeitnehmerfreizügigkeit ausgelegt werden, die nach Art. 39 Abs. 2 EGV auch die Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit „umfasst“. Dabei kann freilich eine Diskriminierung nicht nur darin bestehen, dass unterschiedliche Vorschriften auf vergleichbare Sachverhalte angewandt werden, sondern auch darin, dass dieselbe Vorschrift auf unterschiedliche Sachverhalte angewandt wird137. Besonderer Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang also der Vergleichbarkeit von grenzüberschreitendem und Binnensachverhalt zu. d) Vergleichbarkeit von grenzüberschreitendem Sachverhalt und Binnensachverhalt Aufgrund ihres relativen Charakters erhalten Diskriminierungsverbote ihren konkreten Inhalt erst durch eine vergleichende Betrachtung. Eine nationale Regelung kann nicht per se gegen eines der Diskriminierungsverbote der Grundfreiheiten verstoßen, sondern nur dann, wenn sie ihren Anwendungsbereich vergleichbaren Normadressaten verschließt oder ihn gerade nicht vergleichbaren Normadressaten „aufzwängt“. Die Grundfreiheiten verlangen also nicht, dass objektiv ungleiche Sachverhalte gleich behandelt werden138, sondern nur, dass der grenzüberschreitende Sachverhalt gegenüber dem vergleichbaren innerstaatlichen Sachverhalt nicht benachteiligt wird. Voraussetzung für die Annahme einer Diskriminierung ist deshalb, dass der benachteiligte grenzüberschreitende Sachverhalt mit dem Binnensachverhalt vergleichbar ist. Maßgeblich für die Beurteilung der Vergleichbarkeit kann nur der inhaltliche Bezug der Steuernorm zu den Vergleichssachverhalten sein139. Wann eine objektive Vergleichbarkeit der Sachverhalte vorliegt, ist deshalb durch wertende Betrachtung festzustellen. Entscheidend ist, ob der benachteiligte grenzüber137 EuGH, Urteil v. 14.02.1995, Rs. C-279/93, Slg. 1995, I-225 ff., Rn. 30 – Schumacker, EuGH, Urteil v. 29.04.1999, Rs. C-311/97, Slg. 1999, I-2651 ff., Rn. 26 – Royal Bank of Scotland; EuGH, Urteil v. 14.11.2006, Rs. C-513/04, Slg. 2006, I-10967 ff., Rn. 19 – Kerckhaert and Morres. 138 EuGH, Urteil v. 11.08.1995, Rs. C-80/94, Slg. 1995, I-2493 ff., Rn. 17 – Wielockx; EuGH, Urteil v. 27.06.1996, Rs. C-107/94, Slg. 1996, I-3089 ff., Rn. 40 – Asscher; EuGH, Urteil v. 29.04.1999, Rs. C-311/97, Slg. 1999, I-2651 ff., Rn. 26 – Royal Bank of Scotland; EuGH, Urteil v. 14.09.1999, Rs. C-391/97, Slg. 1999, I5451 ff., Rn. 21 – Gschwind; EuGH, Beschluss v. 12.09.2002, Rs. C-431/01, Slg. 2002, I-7073 ff., Rn. 32 – Mertens; EuGH, Urteil v. 07.09.2004, Rs. C-319/02, Slg. 2004, I-7477 ff., Rn. 39 – Manninen; vgl. auch Kellersmann/Treisch, Europäische Unternehmensbesteuerung, S. 155; Schön in: GS Knobbe-Keuk, S. 743 (758); Hinnekens, ET 1996, 286 ff. 139 EuGH, Urteil v. 15.07.2004, Rs. C-315/02, Slg. 2004, I-7063 ff., Rn. 32 – Lenz; Knobbe-Keuk, EC Tax Review 1994, 74 (77); Schön in: GS Knobbe-Keuk, S. 743 (760).

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D. Die Grundfreiheiten des EG-Vertrages

schreitende Sachverhalt „im Hinblick auf System und Zielsetzung“140 der einschlägigen Regelungen mit dem Binnensachverhalt vergleichbar ist. Es stellt sich daher die Frage, nach welchen Maßstäben die Besteuerung im Einkommen- bzw. Körperschaftssteuerrecht erfolgt und welcher Vergleichsmaßstab damit bei Anwendung der Anrechnungs- und Freistellungsmethode zum Tragen kommt. Die Besteuerung wird im Bereich der Einkommen- und Körperschaftsteuer im Wesentlichen durch die Auswahl und die Ausgestaltung der Steuerbemessungsgrundlage141 konkretisiert142. Diese wird hauptsächlich durch sog. Fiskalzwecknormen bestimmt, für die das Leistungsfähigkeitsprinzip als fundamentaler Maßstab gilt143. Es gebietet eine Besteuerung nach der persönlichen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen. Indikator für die objektive Leistungsfähigkeit sind nach Auffassung des Gesetzgebers insbesondere die steuerbaren Einkünfte des Steuerpflichtigen, die als Summe der Einkünfte (§ 2 Abs. 3 EStG bzw. § 8 Abs. 1 KStG) in die Steuerbemessungsgrundlage einfließen. Aber auch außerhalb der Erwerbssphäre liegende Umstände aus dem persönlichen Bereich des Steuerpflichtigen haben Einfluss auf die persönliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen und werden bei der Ermittlung der Einkommensteuerbemessungsgrundlage, bspw. in Form des Sonderausgabenabzugs gem. §§ 10 ff. EStG bzw. im Fall der Berücksichtigung von außergewöhnlichen Belastungen gem. §§ 33 ff. EStG berücksichtigt. Die Steuerbemessungsgrundlage wird zudem auch durch sog. Sozialzwecknormen, mit denen der Gesetzgeber andere Zwecke als eine Besteuerung nach der persönlichen Leistungsfähigkeit verfolgt, ausgestaltet144. Für diese können andere Vergleichsmaßstäbe im Steuerrecht anzulegen sein. Sowohl die Freistellungs- als auch die Anrechnungsmethode bezwecken die Vermeidung internationaler Doppelbesteuerung. Ziel der Methoden ist es, für den Fall, dass zwei Steuerrechtsordnungen auf dieselben steuerbaren Einkünfte zugreifen, eine Überbesteuerung und damit eine nicht mehr dem Leistungsfähigkeitsprinzip in Einklang stehende Besteuerung zu vermeiden. Insofern gilt insbesondere für den Bereich der Vermeidung von Doppelbesteuerung das Leis140 GA Lenz, Schlussanträge v. 10.02.1994, Rs. C-1/93, Slg. 1994, I-1137 ff., Rn. 74 ff. – Halliburton. 141 Steuerbemessungsgrundlage ist im EStG und KStG gem. § 2 Abs. 5 EStG bzw. § 7 Abs. 1 KStG das zu versteuernde Einkommen. 142 Lang in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 4 Rn. 92 ff.; Tipke, Steuerrechtsordnung, Bd. II, S. 494. 143 Das Leistungsfähigkeitsprinzip ist im Übrigen weltweit und in allen steuerwissenschaftlichen Disziplinen anerkannt ist, vgl. Tipke, Steuerrechtsordnung, Bd. II, S. 488 ff. Zum Begriff „Fiskalzwecknormen“ vgl. Lang in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 4 Rn. 20. 144 Lang in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 4 Rn. 21 ff. u. 85.

V. Gewährleistungsgehalt der Grundfreiheiten

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tungsfähigkeitsprinzip. Mit den Methoden zur Vermeidung von Doppelbesteuerung kann aber auch je nach Wahl das Ziel einer kapitalimportneutralen bzw. -exportneutralen Besteuerung anvisiert werden. Damit werden jedoch nicht Zwecke außerhalb des Leistungsfähigkeitsprinzips verfolgt, sondern nur darüber entschieden, ob die Besteuerung der Leistungsfähigkeit allein nach Maßgabe des Quellenstaates oder auch nach Maßgabe des Ansässigkeitsstaates erfolgen soll. Für die Frage der Vergleichbarkeit ist mithin allein das Merkmal der Leistungsfähigkeit heranzuziehen. Leistungsfähigkeit in diesem Sinne meint die objektive und subjektive Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen. Von einer Vergleichbarkeit ist deshalb im Folgenden immer dann auszugehen, wenn der grenzüberschreitende und der innerstaatliche Sachverhalt in Bezug auf die einschlägige Steuernomen die gleiche persönliche Leistungsfähigkeit vermittelt. aa) Keine staatenübergreifende Gesamtbetrachtung Bevor im Einzelnen auf die Vergleichbarkeit steuerrechtlicher Sachverhalte eingegangen wird, ist zunächst noch zu untersuchen, ob bei der Beurteilung der steuerlichen Leistungsfähigkeit die steuerliche Behandlung des Sachverhalts in beiden involvierten Staaten in die vergleichende Betrachtung miteinbezogen werden muss. Mit anderen Worten: Können Benachteiligungen innerhalb der Rechtsordnung eines Staates durch Vorteilsgewährung innerhalb der Rechtsordnung eines anderen Staates ausgeglichen werden und so den Diskriminierungsvorwurf entfallen lassen? (1) Rechtsprechung des EuGH Grundsätzlich prüft der EuGH die Frage, ob eine Diskriminierung vorliegt, punktuell unter expliziter Außerachtlassung der Regelungen im anderen betroffenen Mitgliedstaat145. In der Rechtssache de Groot146 hat der EuGH allerdings eine staatenübergreifende Gesamtbetrachtung im Bereich der objektiven Leistungsfähigkeit vorgenommen147. Der EuGH äußerte sich hier dahingehend, dass Aufwendungen nicht berücksichtigt werden müssen, wenn diese bereits in anderen Mitgliedstaaten berücksichtigt werden148. Es scheint hier so, als ob der 145 Vgl. nur EuGH, Urteil v. 28.01.1992, Rs. C-204/90, Slg. 1992, I-249 ff., Rn. 10 f. – Bachmann; vgl. auch Bieg, EuGH, S. 224 ff. u. 234; Reimer in: Lehner, Grundfreiheiten; S. 39 (50 f.). 146 EuGH, Urteil v. 12.02.2002, Rs. C-385/00, Slg. 2002, I-11819 ff., Rn. 100 ff. – de Groot. 147 Vgl. dazu Englisch, IStR 2004, 680 (684); Kofler, ÖStZ 2004, 582 (584); dens., ÖStZ 2005, 26 (29). 148 EuGH, Urteil v. 12.12.2002, Rs. C-385/00, Slg. 2002, I-11819 ff., Rn. 100 – de Groot.

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D. Die Grundfreiheiten des EG-Vertrages

EuGH eine Gesamtbetrachtung der Steuersituation im Ansässigkeits- und im Quellenstaat vornimmt, um dann zu entscheiden, ob eine Schlechterbehandlung der grenzüberschreitenden Betätigung gegenüber dem innerstaatlichen Sachverhalt vorliegt oder nicht. Die in der Rechtssache de Groot geäußerte Ansicht hat der EuGH allerdings in dem gleich gelagerten Fall in der Rechtssache Gerritse nicht wiederholt,149 so dass zunächst davon ausgegangen werden konnte, dass der Gerichtshof eine solche Gesamtschau verworfen hat. Im zeitlich danach erfolgten Manninen-Urteil150 führt der EuGH allerdings unter der vielerorts geforderten integrativen Sichtweise von körperschaftsteuerrechtlicher Vorbelastung und einkommensteuerrechtlicher Endbelastung bei der Dividendenbesteuerung aus, dass insbesondere dann eine Vergleichbarkeit nicht vorliege, „wenn die Steuerregelung des [anderen] Mitgliedstaates, in dem das Kapital angelegt wird, bereits die Gefahr einer Doppelbesteuerung [. . .] von Dividenden [mit Körperschaftsteuer und Einkommensteuer] dadurch verhindert, dass sie beispielsweise nur die vom betreffenden Unternehmen nicht ausgeschütteten Gewinne der Körperschaftsteuer unterwirft“151. Der EuGH ist hier also der Ansicht, dass die körperschaftsteuerliche Vorbelastung von ausländischen Dividenden im Rahmen einer anderen Rechtsordnung zu einer Unvergleichbarkeit mit inländischen Dividenden führen kann. Der EuGH beurteilt damit erneut die Frage der Diskriminierung unter Berücksichtigung der Behandlung in beiden involvierten Mitgliedstaaten. Ein entsprechendes Verständnis deutet der EuGH in der Rechtssache Amurta an152. Nachdem er zunächst feststellt, dass ein Mitgliedstaat sich nicht auf einen von einem anderen Mitgliedstaat gewährten Vorteil berufen kann, um seinen gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtungen zu entgehen153 und damit vorerst einer staatenübergreifenden Gesamtschau eine Absage erteilt, will er nachfolgend nicht ausschließen, dass ein Mitgliedstaat seinen gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtungen auch dadurch gerecht werden kann, dass er mit einem anderen Mitgliedstaat ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung abschließt154.

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EuGH, Urteil v. 12.06.2003, Rs. C-234/01, Slg. 2003, I-5933 ff. – Gerritse. EuGH, Urteil v. 07.09.2004, Rs. C-319/02, Slg. 2004, I-7477 ff. – Manninen. 151 EuGH, Urteil v. 07.09.2004, Rs. C-319/02, Slg. 2004, I-7477 ff., Rn. 34 – Manninen; vgl. auch Englisch, RIW 2005, 187 (192). 152 EuGH, Urteil v. 08.11.2007, Rs. C-379/05, Slg. 2007, I-9569 ff. – Amurta. 153 EuGH, Urteil v. 08.11.2007, Rs. C-379/05, Slg. 2007, I-9569 ff., Rn. 78 – Amurta. 154 EuGH, Urteil v. 08.11.2007, Rs. C-379/05, Slg. 2007, I-9569 ff., Rn. 79 – Amurta. 150

V. Gewährleistungsgehalt der Grundfreiheiten

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Eine staatenübergreifende Gesamtschau hat der EuGH auch in der Rechtssache Schumacker155 und Wielockx156 im Bereich der subjektiven Leistungsfähigkeit vorgenommen. Nicht allein die Regeln des deutschen Steuerrechts über die beschränkte Steuerpflicht, sondern erst der Zusammenhang mit der Freistellung durch den Staat der unbeschränkten Steuerpflicht führte nach Ansicht des EuGH zu der steuerrechtlichen Benachteiligung des beschränkt Steuerpflichtigen im Fall Schumacker. Die Diskriminierung im Staat der beschränkten Steuerpflicht begründete der EuGH also damit, dass sich die subjektiven Abzüge weder im Wohnsitzstaat noch im Quellenstaat auswirkten. Es stellt sich deshalb die Frage, ob nunmehr die Entscheidung der Diskriminierung aus einer staatenübergreifenden Perspektive zu treffen ist. Wenn dies so ist, könnten etwaige, durch die Methoden zu Vermeidung von Doppelbesteuerung eintretende Benachteiligungen durch eine Gesamtbetrachtung unter Einbeziehung der Besteuerung im anderen Mitgliedstaat ausgeglichen werden. (2) Stellungnahme Richtigerweise ist eine staatenübergreifende Betrachtung abzulehnen157. Sie vereitelt eine klare Verantwortungszuweisung und stellt den diskriminierenden Charakter einer nationalen Norm in ständiger Abhängigkeit von Regelungen eines anderen Mitgliedstaates158. Die Verpflichteten der Grundfreiheiten könnten sich zudem mit Hinweis auf die rechtliche Behandlung im anderen Staat ihrer Verantwortung entziehen. Bieg spricht in diesem Zusammenhang zu Recht vom „Verantwortungsprinzip“, das jeder Diskriminierungsprüfung immanent ist159. Der EFTA-Gerichtshof hat jüngst in seiner Fokus Bank-Entscheidung dieses Ar155 EuGH, Urteil v. 14.02.1995, Rs. C-279/93, Slg. 1995, I-225 ff., Rn. 38 – Schumacker; vgl. auch EuGH, Urteil v. 12.12.2002, Rs. C-385/00, Slg. 2002, I-11819 ff., Rn. 99 – de Groot; EuGH, Urteil v. 12.06.2003, Rs. C-234/01, Slg. 2003, I-5933 ff., Rn. 43 – Gerritse. 156 EuGH, Urteil v. 11.08.1995, Rs. C-80/94, Slg. 1995, I-2493 ff., Rn. 20 ff. – Wielockx. 157 So auch Toifl, EC Tax Review 1996, 165 (167); Schuch, EC Tax Review 1996, 161 (164); ders. in: Gassner/Lang/Lechner, DBA und EU-Recht, S. 99 (109); ders. in: Lehner, Verluste, S. 63 (69); Lang in: Gassner/Lang/Lechner, DBA und EU-Recht, S. 25 (36 f.); Wimpissinger, SWI 2000, 313 (318); Reimer in: Lehner, Grundfreiheiten, S. 39 (50); Schön, IStR 1995, 119 (121); ders. in: GS Knobbe-Keuk, S. 743 (761 ff.); ders. in: FS Wassermeyer, S. 489 (512); Dautzenberg, FR 2001, 809 (810); Cordewener, Grundfreiheiten, S. 913 f.; ders., ET 2003, 294 (300); Englisch, IStR 2004, 680 (684 f.); ders., RIW 2005, 187 (194); Haslinger, SWI 2005, 170 (176); GA Darmon, Schlussanträge v. 13.07.1993, Rs. C-330/91, Slg. 1993, I-4017 ff., Rn. 15 – Commerzbank; a. A. Menck, IWB, Fach 2, 715; wohl auch Mössner/Kellersmann, DStZ 1999, 505 (513 ff.); Lehner, RIW 2000, 724; Kluge, Int. Steuerrecht, S. 137. 158 Cordewener, Grundfreiheiten, S. 913 f.; Schön in: FS Wassermeyer, S. 489 (512); Englisch, RIW 2005, 187 (194). 159 Bieg, EuGH, S. 234.

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D. Die Grundfreiheiten des EG-Vertrages

gument bei der Prüfung der Grundfreiheiten aufgegriffen und ausgeführt, dass insbesondere der Grundsatz der Rechtssicherheit einem solchen Verständnis entgegenstehe160. Denn letztlich würde dies zu gegenseitigen Schuldzuweisungen der betroffenen Staaten untereinander führen. Außerdem steht diese Rechtsprechung des EuGH auch der bisherigen Rechtsprechung des EuGH zu den Rechtfertigungsgründen161 entgegen, wonach eine diskriminierende Regelung nicht durch den Hinweis auf anderweitige, nicht in unmittelbaren Zusammenhang stehende Vorteile des Steuerpflichtigen gerechtfertigt werden kann162. Es ist deshalb erfreulich, dass die staatenübergreifende Gesamtbetrachtung auf die wenigen zitierten Fälle sowie die Andeutung in der Rechtssache Amurta beschränkt geblieben ist und der EuGH nur ausnahmsweise, allerdings ohne erkennbaren Grund, in diese verfallen ist. Dementsprechend muss bei steuerrechtlichen Diskriminierungen die Prüfung auf diejenigen Behandlungen verengt bleiben, die der im Fokus stehende Mitgliedstaat dem Steuerpflichtigen auferlegt. Damit kann auch der für die internationale Doppelbesteuerung typische Umstand, dass zwei Steuerjurisdiktionen auf steuerbare Einkünfte zugreifen, nicht zur Annahme einer Unvergleichbarkeit der betroffenen Einkünfte mit rein innerstaatlichen Einkünften führen163. Die Behandlung des jeweiligen Sachverhalts im anderen Staat spielt deshalb für die Frage der Diskriminierung keine Rolle. bb) Unterscheidung „inbound“- und „outbound“-Investment Was die Vergleichbarkeit steuerrechtlicher Sachverhalte betrifft, so unterscheidet der EuGH zwischen Diskriminierungen im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht durch den Quellenstaat („inbound“-Konstellation) und Diskriminierungen im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht durch den Ansässigkeitsstaat („outbound“-Konstellation). Wie sich im Folgenden zeigen wird, erweist sich diese Unterscheidung bei genauer Betrachtung nur als vordergründig. Denn letztlich ist – das erkennt im Grunde auch der EuGH an – die durch eine Einkunftsquelle vermittelte Leistungsfähigkeit gleich, unabhängig davon, ob der Ansässigkeitsstaat oder der Quellenstaat nach ihrer jeweiligen Rechtsordnung 160 EFTA-Gerichtshof, Urteil v. 23.11.2004, E-1/04, IStR 2005, 255 ff., Rn. 37 – Fokus Bank; vgl. dazu Cordewener, FR 2005, 345 (350 ff.); Kofler, ÖStZ 2005, 169 (171). 161 EuGH, Urteil v. 28.01.1986, Rs. C-270/83, Slg. 1986, 273 ff., Rn. 21 – avoir fiscal; EuGH, Urteil v. 21.09.1999, Rs. C-307/97, Slg. 1999, I-6181 ff., Rn. 54 – Saint Gobain; EuGH, Urteil v. 26.10.1999, Rs. C-294/97, Slg. 1999, I-7447 ff., Rn. 43 f. – Eurowings; EuGH, Urteil v. 06.06.2000, Rs. C-35/98, Slg. 2000, I4071 ff., Rn. 61 – Verkooijen. 162 Cordewener, Grundfreiheiten, S. 919. 163 So insbesondere Dautzenberg, FR 2001, 809 (810); Cordewener, ET 2003, 294 (300).

V. Gewährleistungsgehalt der Grundfreiheiten

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auf die Steuerquelle zugreift. Eine Differenzierung macht allerdings insoweit Sinn, als das Besteuerungsrecht des Quellenstaates durch das Territorialitätsprinzip eine besondere Begrenzung erfährt. Zudem erlaubt die Unterscheidung eine anschauliche Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des EuGH, so dass auch im Folgenden zunächst die Vergleichbarkeit in der „inbound“-Konstellation und im Anschluss in der „outbound“-Konstellation untersucht werden soll. (1) „Inbound“-Konstellation: Vergleichbarkeit von beschränkter und unbeschränkter Steuerpflicht Hinsichtlich etwaiger Diskriminierungen durch den Quellenstaat (Bestimmungsstaat) geht es dem EuGH im Wesentlichen um die Frage der Vergleichbarkeit von unbeschränkter und beschränkter Steuerpflicht. Der EuGH hat diesbezüglich seine Judikatur mehrfach modifiziert164. Während er zunächst von einer Vergleichbarkeit von beschränkter Steuerpflicht und unbeschränkter Steuerpflicht ausging165, postulierte er in den Urteilen Schumacker166 und Wielockx167 eine grundsätzliche Unvergleichbarkeit derselben. Eine unterschiedliche Behandlung von Gebietsansässigen und Gebietsfremden sei „in Anbetracht der objektiven Unterschiede zwischen der Situation der Gebietsansässigen und derjenigen der Gebietsfremden sowohl hinsichtlich der Einkunftsquelle wie auch hinsichtlich der persönlichen Steuerkraft oder der persönlichen Lage und des Familienstands in der Regel nicht diskriminierend“168. Der Gerichtshof sah die verschiedenen Arten der Steuerpflicht deshalb als nicht vergleichbar an, weil die unbeschränkte Steuerpflicht die gesamte steuerrechtliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen in den Blick nimmt, während die beschränkte Steuerpflicht grundsätzlich nur einzelne Ausschnitte derselben in die Betrachtung einbezieht169. In neueren Urteilen hat der EuGH allerdings wieder eine Vergleichbarkeit von beschränkter und unbeschränkter Steuerpflicht angenommen170.

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Vgl. zum Wandel der Rechtsprechung Schön in: GS Knobbe-Keuk, S. 743 (759 f.). EuGH, Urteil v. 28.01.1986, Rs. 270/83, Slg. 1986, 273 ff., Rn. 19 – avoir fiscal; EuGH, Urteil v. 08.05.1990, Rs. 175/88, Slg. 1990, I-1779 ff., Rn. 9 ff. – Biehl; EuGH, Urteil v. 12.04.1994, Rs. C-1/93, Slg. 1994, I-1137 ff., Rn. 20 – Halliburton. 166 EuGH, Urteil v. 14.02.1995, Rs. C-279/93, Slg. 1995, I-225 ff., Rn. 31 ff. – Schumacker. 167 EuGH, Urteil v. 11.08.1995, Rs. C-80/94, Slg. 1995, I-2493 ff., Rn. 21 ff. – Wielockx. 168 EuGH, Urteil v. 14.09.1999, Rs. C-391/97, Slg. 1999, I-5451 ff., Rn. 23 – Gschwind. 169 EuGH, Urteil v. 27.06.1996, Rs. C-107/94, Slg. 1996, I-3089 ff., Rn. 41 ff. – Asscher. 170 Vgl. nur EuGH, Urteil v. 27.06.1996, Rs. C-107/94, Slg. 1996, I-3089 ff., Rn. 41 ff. – Asscher. 165

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D. Die Grundfreiheiten des EG-Vertrages

Der geänderten Rechtsprechung des EuGH ist zuzustimmen. Zwar bezieht die unbeschränkte Steuerpflicht die gesamte steuerrechtliche Leistungsfähigkeit, also die gesamten Einkunftsquellen eines Steuerpflichtigen, mit in die Beurteilung der persönlichen Leistungsfähigkeit ein, wohingegen die beschränkte Steuerpflicht die Leistungsfähigkeit nach nur wenigen, gegebenenfalls nach nur einer einzelnen Einkunftsquelle bemisst. Im Hinblick auf die konkrete Einkunftsquelle liegt jedoch eine Vergleichbarkeit vor, da diese letztlich die gleiche Leistungsfähigkeit vermittelt wie eine im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht erfasste Einkunftsquelle171. Für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit macht es deshalb aus der Sicht des Quellenstaates keinen Unterschied, ob der Träger der Leistungsfähigkeit als Gebietsfremder im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht oder als Gebietsansässiger im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflichtig im Inland seine Einkünfte bezieht172. Damit hat die vom EuGH bereits in der Rechtssache avoir fiscal vorgenommene quellenbezogene Betrachtungsweise grundsätzlich wieder Gültigkeit erlangt173. (2) Vergleichbarkeit im Bereich der Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse (a) EuGH-Rechtsprechung Für den Bereich der Besteuerung nach der subjektiven Leistungsfähigkeit hat der EuGH allerdings den Schritt von einer Vergleichbarkeit unbeschränkt und beschränkt Steuerpflichtiger noch nicht vollzogen. Seiner Ansicht nach ist die subjektive Leistungsfähigkeit grundsätzlich allein vom Ansässigkeitsstaat zu berücksichtigen174. Insoweit sind nach Ansicht des EuGH unbeschränkt und beschränkt Steuerpflichtige nicht vergleichbar. Folge ist, dass sich der Staat der beschränkten Steuerpflicht keines Diskriminierungsvorwurfs aussetzt, wenn er die persönlichen Lebensverhältnisse des Steuerpflichtigen bei der Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlage nicht berücksichtigt. Maßgebliche Entscheidung war in diesem Zusammenhang das Urteil des EuGH in der Rechtssache Schumacker175. Mit diesem Urteil folgte der EuGH 171

So auch Schön in: GS Knobbe-Keuk, S.743 (760 ff.). Wattel, ET 1995, 347 (348); ders., Common Market Law Review 33 (1996), 223 (229 ff.); van Raad, EC Tax Review 1995, 190 (195 f.); Schön in: GS Knobbe-Keuk, S. 743 (761); Cordewener, Grundfreiheiten, S. 893 ff. 173 EuGH, Urteil v. 28.01.1986, Rs. 270/83, Slg. 1986, 273 ff., Rn. 20 – avoir fiscal. 174 Thömmes in: GS Knobbe-Keuk, S. 795 (809 ff.); IMN, FR 2001, 214; Schnitger, FR 2003, 148 ff.; Seer, IWB, Fach 11 Gruppe 2, 573 (577 f.). 175 EuGH, Urteil v. 14.02.1995, Rs. C-279/93, Slg. 1995, I-225 ff., Rn. 31 ff. – Schumacker; in diesem Sinne auch EuGH, Urteil v. 11.08.1995, Rs. C-80/94, Slg. 1995, I-2493 ff., Rn. 21 f. – Wielockx; EuGH, Urteil v. 27.06.1996, Rs. C-107/94, Slg. 1996, I-3089 ff., Rn. 44 – Asscher; EuGH, Urteil v. 14.09.1999, Rs. C-391/97, Slg. 172

V. Gewährleistungsgehalt der Grundfreiheiten

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einer Empfehlung der Europäischen Kommission vom 21.12.1993176, wonach grundsätzlich die Berücksichtigung personenbezogener Besteuerungsmerkmale im Ansässigkeitsstaat zu erfolgen habe177. In der Urteilsbegründung verweist der EuGH auf Art. 24 Abs. 3 S. 2 OECD-MA, wonach es „grundsätzlich Sache des Wohnsitzstaates ist, den Steuerpflichtigen unter Berücksichtigung der seine persönliche Lage und seinen Familienstand kennzeichnenden Umstände umfassend zu besteuern“178. Außerdem führt der EuGH Praktikabilitätsgründe an. Da der Wohnsitzstaat schon über alle erforderlichen Informationen verfüge, könne er die subjektive Steuerkraft am besten beurteilen. Der EuGH ist damit der Ansicht, dass nach internationalem Steuerrecht die personenbezogenen Umstände grundsätzlich im Wohnsitzstaat zu erfassen sind, so dass sich Gebietsansässige und Gebietsfremde im Hinblick auf persönliche Abzugsbeträge im Quellenstaat „in der Regel nicht in einer vergleichbaren Situation“ befinden. Deutlich wird durch den Bezug auf das OECD-MA auch, dass es dem EuGH auf die abkommensrechtliche Ansässigkeit ankommt, so dass im Falle der mehrfachen Wohnsitznahme in verschiedenen Mitgliedstaaten die abkommensrechtliche Ansässigkeit über die Zuordnung der persönlichen Verhältnisse entscheidet. Damit ist nach Ansicht des EuGH der Ansässigkeitsstaat i. S. v. Art. 4 OECD-MA grundsätzlich zur Berücksichtigung der persönlichen Lebensverhältnisse verpflichtet. Diese Judikatur hat der EuGH jüngst in der Rechtssache Wallentin179 bestätigt. Eine Vergleichbarkeit erkennt der EuGH nur ausnahmsweise an, wenn der Gebietsfremde seine Gesamteinkünfte im Wesentlichen im Quellenstaat erzielt und daher vorbezeichnete Vergünstigung im Ansässigkeitsstaat nicht erhalten kann. Hier werde der Betroffene dadurch diskriminiert, „dass seine persönliche Lage und sein Familienstand weder im Wohnsitzstaat noch im Beschäftigungsstaat berücksichtigt werde“180. Solange mithin der Steuerpflichtige nicht den 1999, I-5451 ff., Rn. 26 ff. – Gschwind; EuGH, Urteil v. 12.12.2002, Rs. C-385/00, Slg. 2002, I-11819 ff., Rn. 89 f. – de Groot; EuGH; Urteil v. 01.07.2004, Rs. C-169/ 03, Slg. 2004, I-6443 ff., Rn. 16 ff. – Wallentin. 176 Empfehlung der Kommission v. 21.12.1993 betreffend die Besteuerung bestimmter Einkünfte, die von Nichtansässigen in einem anderen Mitgliedstaat als dem ihres Wohnsitzes erzielt werden, ABl. EG 1993 L 39/22 ff. 177 Thömmes in: GS Knobbe-Keuk, S. 795 (807); Schön in: GS Knobbe-Keuk, S. 743 (758 f.); ders., IStR 2004, 289 (292); Cordewener, Grundfreiheiten, S. 888 ff.; Seer, IWB, Fach 11, Gruppe 2, 573 (577); Englisch, StuW 2003, 88 (92). 178 EuGH, Urteil v. 14.02.1995, Rs. C-279/93, Slg. 1995, I-225 ff., Rn. 32 – Schumacker; ebenso EuGH, Urteil v. 12.12.2002, Rs. C-385/00, Slg. 2002, I-11819 ff., Rn. 98 – de Groot; EuGH, Urteil v. 27.06.1996, Rs. C-107/94, Slg. 1996, I-3089 ff., Rn. 44 – Asscher. 179 EuGH; Urteil v. 01.07.2004, Rs. C-169/03, Slg. 2004, I-6443 ff., Rn. 16 ff. – Wallentin. 180 EuGH, Urteil v. 14.02.1995, Rs. C-279/93, Slg. 1995, I-225 ff., Rn. 34 ff. – Schumacker; ebenso EuGH, Urteil v. 11.08.1995, Rs. C-80/94, Slg. 1995, I-2493 ff., Rn. 19 ff. – Wielockx; EuGH, Urteil v. 27.06.1996, Rs. C-107/94, Slg. 1996, I-

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wesentlichen Teil seiner Einkünfte im Quellenstaat erzielt, ist der Ansässigkeitsstaat zur Berücksichtigung subjektiver Vergünstigungen verpflichtet. In der Rechtssache de Groot führt er allerdings aus, der Ansässigkeitsstaat sei von der Erfüllung dieser Verpflichtung entbunden, wenn der Quellenstaat die persönlichen Lebensverhältnisse gebührend berücksichtigt181. Insoweit wird der Ansässigkeitsstaat neben dem im Fall Schumacker behandelten Fall auch dann von seiner Verpflichtung zur Berücksichtigung persönlicher Lebensverhältnisse frei, wenn feststeht, dass der Quellenstaat die persönlichen Lebensverhältnisse des Steuerpflichtigen berücksichtigt. Diese Befreiung des Ansässigkeitsstaates sah auch die Kommission in ihrer Empfehlung vom 21.12.1993 vor182. (b) Kritik an der Rechtsprechung des EuGH Die Rechtsprechung des EuGH kann in mehrfacher Hinsicht nicht überzeugen. Zum einen kann das Verständnis des EuGH von Art. 24 Abs. 3 S. 2 OECD-MA keine Zustimmung finden. Es erfährt in der vom EuGH genannten Allgemeinheit keine Stütze im OECD-MA und wurde deshalb zu Recht erheblich kritisiert183. Das OECD-MA verlangt nämlich keineswegs, dass der Ansässigkeitsstaat die persönlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen berücksichtigt. Der Kommentar zum OECD-MA lässt ganz im Gegenteil sogar ausdrücklich die anteilige Kürzung der auf die ausländischen Einkünfte entfallenden persönlichen Abzüge zu, und zwar sowohl bei Anwendung der Freistellungs-184 als auch der Anrechnungsmethode185. Auch die Praktikabilitätserwägungen überzeugen nicht. Denn nach eigener Rechtsprechung des EuGH können administrative Schwierigkeiten keine derartigen Unterschiede hervorrufen, die eine Vergleichbarkeit entfallen lassen. Durch Anwendung der Amtshilferichtlinie sowie gegebenenfalls durch erhöhte Anforderungen an die Nachweispflichten des Steuerpflichtigen, wie es der EuGH selbst in ständiger Rechtsprechung verlangt, können die erforderlichen Informationen erlangt werden186. 3089 ff., Rn. 39 ff. – Asscher; dahingehend auch EuGH, Urteil v. 14.09.1999, Rs. C391/97, Slg. 1999, I-5451 ff., Rn. 27 ff. – Gschwind; EuGH, Urteil v. 16.05.2000, Rs. C-87/99; Slg. 2000, I-3337 ff., Rn. 23 – Zurstrassen; EuGH, Urteil v. 12.12.2002, Rs. C-385/00, Slg. 2002, I-11819 ff., Rn. 89 – de Groot; EuGH, Urteil v. 18.07.2007, Rs. C-182/06, DStR 2007, 1339 ff., Rn. 30 – Lakebrink. 181 EuGH, Urteil v. 12.12.2002, Rs. C-385/00, Slg. 2002, I-11819 ff., Rn. 100 ff. – de Groot. 182 Empfehlung der Kommission v. 21.12.1993 betreffend die Besteuerung bestimmter Einkünfte, die von Nichtansässigen in einem anderen Mitgliedstaat als dem ihres Wohnsitzes erzielt werden, ABl. EG 1993 L 39/22 ff. 183 Lang in: Gassner/Lang/Lechner, DBA und EU-Recht, S. 25 (34); Cordewener, Grundfreiheiten, S. 917. 184 Kommentar zum OECD-MA, Art. 23A OECD-MA, Rn. 41 ff. 185 Kommentar zum OECD-MA, Art. 23B OECD-MA, Rn. 62.

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Aber nicht nur die Begründung des EuGH ist fragwürdig. Bereits der grundsätzliche Ansatz des EuGH, eine Diskriminierung mittels einer Zusammenschau des Rechts zweier Staaten zu begründen, ist – aus den bereits genannten Gründen – abzulehnen187. Die Gesamtschau führt dazu, dass der EuGH eine Zuordnung der persönlichen Abzüge zu den beteiligten Mitgliedstaaten vornehmen muss188. Eine solche Zuordnung kann der EuGH aber nicht im Sinne eines stimmigen Konzepts vornehmen. Das vom EuGH angeführte Element der Wesentlichkeit der Gesamteinkünfte überzeugt in diesem Zusammenhang schon wegen seiner inhaltlichen Unbestimmtheit nicht. Es stellt sich auch als ungeeignetes Kriterium dar, wenn der Steuerpflichtige seine Einkünfte gleichmäßig auf verschiedene Mitgliedstaaten verteilt und deshalb die „Wesentlichkeitsschwelle“ in keinem der involvierten Mitgliedstaaten überschreitet. Dann bleibt es nach dem Konzept des EuGH bei dem Grundsatz, dass der Wohnsitzstaat die persönlichen Lebensverhältnisse zu berücksichtigen hat. Zu einer angemessenen Besteuerung nach der subjektiven Leistungsfähigkeit kommt es dann nicht, wenn die Steuerbemessungsgrundlage im Ansässigkeitsstaat aufgrund von abkommensrechtlichen Freistellungen die persönlichen Abzugsbeträge nicht kompensiert. Steuerpflichtige, die ihre Einkünfte auf mehrere Mitgliedstaaten verteilen, werden dadurch schlechter gestellt189, obwohl gerade die Betätigung innerhalb verschiedener Mitgliedstaaten besonderer Ausdruck eines einheitlichen Binnenmarktes ist. Ein solcher Ansatz beruht auf der zum Binnenmarktkonzept in Widerspruch stehenden Prämisse, dass der in einem Staat ansässige Steuerpflichtige den Großteil seiner Einkünfte in seinem Wohnsitzstaat erzielt. Dieser Ansatz ist nicht mit dem Ziel der Verwirklichung eines Binnenmarktes ohne Binnengrenzen i. S. v. Art. 14 Abs. 2 EGV zu vereinbaren. (c) Lösung: Fraktionierte Besteuerung Nach der Konzeption einer fraktionierten Besteuerung (sog. „fractional taxation“), wie sie insbesondere von Wattel vertreten wird190, sollen die durch die Rechtsprechung auftretenden Probleme dadurch gelöst werden, dass die persön186 EuGH, Urteil v. 12.04.1994, Rs. C-1/93, Slg. 1994, I-1137 ff., Rn. 22 – Halliburton; EuGH, Urteil v. 14.02.1995, Rs. C-279/93, Slg. 1995, I-225 ff., Rn. 31 ff. – Schumacker; EuGH, Urteil v. 11.08.1995, Rs. C-80/94, Slg. 1995, I-2493 ff., Rn. 26 – Wielockx. 187 Dazu oben Kapitel D.V.2.d)aa)(2), S. 125 ff. 188 Hahn, IStR 2003, 64 (65). 189 Kaefer in: Fischer, Deutsche Unternehmen u. EU-Recht, S. 46 (59 ff.); Menhorn, IStR 2002, 15 (17 f.); Schnitger, IStR 2002, 478 (479 f.); ders., FR 2003, 148 (150) auch mit Hinweis auf eventuelle Doppelbegünstigungen; Prechtl, IStR 2003, 586 (588 f.). 190 Wattel, ET 1995, 347 (350); ders., Common Market Law Review 33 (1996), 223 (234); ders., ET 2000, 210 (222).

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D. Die Grundfreiheiten des EG-Vertrages

lichen Abzugsbeträge den jeweiligen Fisci unter Anwendung des Verhältnisses der steuerpflichtigen Einkünfte und der weltweiten Einkünfte zugeordnet werden. Menhorn und Prechtl sind hingegen der Ansicht, dass die Grundfreiheiten keine Grundlage für eine solche anteilige Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse bieten191. Sie wollen die mit der Rechtsprechung einhergehenden Probleme durch eine Erweiterung des Wesentlichkeitskriteriums lösen192. Zur Berücksichtigung sei immer der „Haupteinkunftsstaat“ verpflichtet, so Menhorn, oder nach Prechtl anteilig die Quellenstaaten, soweit der Wohnsitzstaat dazu nicht in der Lage sei. Danach ist zuallererst der Wohnsitzstaat und nur ausnahmsweise der Quellenstaat für die Berücksichtigung der persönlichen Lebensverhältnisse verantwortlich. Die von Menhorn und Prechtl vorgenommene Verantwortungszuweisung kann allerdings den Grundfreiheiten nicht entnommen werden. Sie resultiert letztlich aus der unrichtigen Beantwortung der Frage, ob Gebietsansässige und Gebietsfremde hinsichtlich der Berücksichtigung persönlicher Lebensverhältnisse vergleichbar sind. Hinsichtlich der Vergleichbarkeit von beschränkt und unbeschränkt Steuerpflichtigen sollte deshalb zunächst geprüft werden, inwieweit aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht objektive Umstände zwischen den beiden Gruppen bestehen, die eine Vergleichbarkeit entfallen lassen. Die vom EuGH benannten Gründe sind, wie bereits festgestellt, nicht stichhaltig. Es ist auch nicht erkennbar, warum die Leistungsfähigkeit nur ausschnittsweise, d.h. ohne Einbeziehung der persönlichen Lebensverhältnisse im Quellenstaat erfolgen soll. Tatsächlich besteht insoweit auch kein Unterschied zwischen Gebietsansässigen und Gebietsfremden193. Der beschränkt Steuerpflichtige ist nämlich nicht nur hinsichtlich der objektiven, durch die beschränkt steuerpflichtige Einkunftsquelle vermittelten Leistungsfähigkeit mit dem unbeschränkt Steuerpflichtigen vergleichbar, sondern auch hinsichtlich der subjektiven Leistungsfähigkeit. Es ist deshalb von einer grundsätzlichen Vergleichbarkeit auszugehen194. Bezieht der Wohnsitzstaat die persönlichen Verhältnisse mit in die Leistungsfähigkeitsbeurteilung ein, dann muss er das auch für beschränkt Steuerpflichtige tun und zwar in dem Umfang, in dem er diese zur Besteuerung heranzieht195. Anderenfalls setzt er sich dem Vorwurf einer Diskriminierung aus. Der ausschnittsweisen Erfassung der objektiven Leistungsfähigkeit folgt deshalb zwingend die ausschnittsweise Erfassung der subjektiven Leistungsfähig191

Menhorn, IStR 2002, 15 (17); Prechtl, IStR 2003, 586 (587 ff.). Menhorn, IStR 2002, 15 (17); Prechtl, IStR 2003, 586 (587 ff.). 193 So insb. Schön, StbJb. 2003/2004, S. 27 (62). 194 Van Raad, EC Tax Review 1995, 190 (195 f.); Siegers in: Dötsch/Eversberg/ Jost/Witt KStG, § 26 KStG Rn. 58 (53. EL März 2005). 195 Cordewener, Grundfreiheiten, S. 921. 192

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keit. Eine Schlechterstellung, wie es der Lösungsansatz des EuGH zur Folge hat, ist dadurch ausgeschlossen. Auch das vom EuGH verfolgte Ziel der Verhinderung von Doppelberücksichtigungen privater Abzüge im Wohnsitz- und im Quellenstaat wird erreicht. Damit spricht letztlich nichts dagegen, beschränkt und unbeschränkt Steuerpflichtige auch hinsichtlich der Berücksichtigung persönlicher Lebensverhältnisse gleich zu behandeln196. Diese Form der proratarischen Berücksichtigung personenbezogener Abzüge war bereits im Richtlinienvorschlag der Kommission vom Dezember 1979 zur Harmonisierung der Arbeitnehmerbesteuerung vorgesehen197. (3) „Outbound“-Konstellation: Vergleichbarkeit von in- und ausländischen Einkünften Im Hinblick auf Ungleichbehandlungen durch den Herkunftsstaat erweist sich die Rechtsprechung des EuGH als wesentlich stringenter. Es geht dem EuGH ersichtlich um die Frage, ob inländische und ausländische Erträge eines unbeschränkt Steuerpflichtigen vergleichbar sind. Indem Deutschland als Ansässigkeitsstaat nach dem Welteinkommensprinzip im Grundsatz unterschiedslos auf ausländische und inländische Einkünfte Zugriff nimmt, stellt es die notwendige Vergleichbarkeit von inländischen und ausländischen Einkünften selbst her198. Für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit eines Steuerpflichtigen macht es im Ergebnis deshalb keinen Unterschied, ob die Erträge aus einer ausländischen Einkunftsquelle oder aus einer inländischen Einkunftsquelle fließen199. Der EuGH hat daher stets eine Vergleichbarkeit von ausländischen und inländischen

196 Ebenso Saß, DB 1992, 857 (860); ders. BB 1995, 69 (70); Kaefer in: Fischer, Deutsche Unternehmen u. EU-Recht, S. 46 (59 ff.); Schulze zur Wiesche, IStR 1996, 105 (110); Kumpf/Roth, StuW 1996, 259 (265 f.); Lüdicke in: GS Knobbe-Keuk, S. 647 (651), Wattel, ET 1995, 347 (350); ders. Common Market Law Review 33 (1996), 223 (234); ders. ET 2000, 210 (222); Avery Jones, ET 2000, 375 ff.; Schnitger, IStR 2002, 478; ders. FR 2003, 148 ff.; Grams/Molenaar, IStR 2003, 267 ff.; Schnitger/Papantonopoulos, BB 2005, 407 (409); Schön, StbJb 2003/2004, S. 27 (63); Rödder/Schönfeld, IStR 2005, 523 (524). 197 Kommissionsvorschlag vom 21.12.1979 für eine Richtlinie des Rates zur Harmonisierung von Regelungen im Bereich der Einkommensteuer im Hinblick auf die Freizügigkeit der Arbeitnehmer in der Gemeinschaft, ABl. EG 1980 C 21/6 ff. Der Vorschlag ist inzwischen allerdings zurückgezogen worden. 198 EuGH, Urteil v. 28.01.1986, Rs. 270/83, Slg. 1986, 273 ff., Rn. 19 f. – avoir fiscal; ebenso Witzel, IStR 2002 758 (760); Englisch, StuW 2003, 88 (93); ders. UM 2004, 58 (59) ders., RIW 2005, 178 (188); Schnitger, IWB, Fach 11 Gruppe 2, 469 (471); Hahn; IStR 2001, 465 (467); Prokisch, DStJG Bd. 28 (2005), S. 229 (241); Cordewener, DStJG Bd. 28 (2005), S. 255 (286); Schön, IStR 2004, 289 (293). 199 Schnitger, IStR 2004, 320; ders., FR 2004, 1357 (1359); Kofler, ÖStZ 2004, 582 (585); Englisch, RiW 2005, 187 (189).

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Einkünften angenommen, sofern der Ansässigkeitsstaat nach dem Welteinkommensprinzip auf in- und ausländische Einkünfte zugreift200. (4) Zwischenergebnis Aus der Sicht des Quellenstaates in der „inbound“-Konstellation sind der beschränkt und unbeschränkt Steuerpflichtige sowohl hinsichtlich der durch die Einkunftsquelle vermittelten objektiven Leistungsfähigkeit als auch hinsichtlich der subjektiven Leistungsfähigkeit vergleichbar. Der Quellenstaat ist deshalb grundsätzlich zur Gleichbehandlung des Gebietsfremden und des Gebietsansässigen verpflichtet. Da die persönlichen Verhältnisse als Ausdruck der subjektiven Leistungsfähigkeit keiner konkreten Einkunftsquelle zugeordnet werden können, muss der Quellenstaat die persönlichen Verhältnisse entsprechend seines Anteils am Welteinkommen des Steuerpflichtigen berücksichtigen. Entgegen der Rechtsprechung des EuGH, der hinsichtlich der subjektiven Leistungsfähigkeit grundsätzlich eine Unvergleichbarkeit von beschränkt und unbeschränkt Steuerpflichtigen annimmt, ist eine solche fraktionierte Besteuerung zur Verwirklichung der Grundfreiheiten und damit des EG-Binnenmarktes notwendig. Sofern also dem Quellenstaat nach dem einschlägigen DBA das Besteuerungsrecht zusteht, muss er anteilig die persönlichen Verhältnisse nach den Wertungen seiner Rechtsordnung berücksichtigen. Dem Ansässigkeitsstaat ist es im Gegenzug erlaubt, die subjektive Leistungsfähigkeit unter Ausblendung der im Quellenstaat steuerpflichtigen Einkünfte zu bestimmen. In der „outbound“-Konstellation ist derweil immer dann von einer Vergleichbarkeit von ausländischen und inländischen Einkünften auszugehen, wenn der Ansässigkeitsstaat nach dem Welteinkommensprinzip sowohl auf inländische als auch auf ausländische Einkünfte zugreift. cc) Steuerliches Territorialitätsprinzip Das steuerliche Territorialitätsprinzip hat der EuGH erstmals in der Entscheidung Futura Participations und Singer aufgegriffen und unter Bezugnahme auf dieses bereits den Diskriminierungsvorwurf entkräftet201. Obwohl der EuGH da200 Vgl. nur EuGH, Urteil v. 28.01.1986, Rs. 270/83, Slg. 1986, 273 ff., Rn. 19 f. – avoir fiscal; EuGH, Urteil v. 06.06.2000, Rs. C-35/98, Slg. 2000, I-4071 ff., Rn. 33 ff. – Verkooijen; EuGH, Urteil v. 08.05.1990, Rs. 175/88, Slg. 1990, I-1779 ff., Rn. 16 – Biehl; EuGH, Urteil v. 28.01.1992, C-204/90, Slg. 1992, I-249 ff., Rn. 18 ff. – Bachmann; EuGH, Urteil v. 14.12.2000, Rs. C-141/99, Slg. 2000, I-11619 ff., Rn. 23 – AMID; EuGH, Beschluss v. 12.09.2002, Rs. C-431/01, Slg. 2002, I-7073 ff., Rn. 28 ff. – Mertens; EuGH, Urteil v. 15.07.2004, Rs. C-242/03, Slg. 2004, I-7379 ff., Rn. 13 ff. – Weidert und Paulus. 201 EuGH, Urteil v. 15.05.1997, Rs. C-250/95, Slg. 1997, I-2471 ff., Rn. 22 – Futura Participations und Singer.

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nach in einigen weiteren Verfahren das steuerliche Territorialitätsprinzip thematisierte, insbesondere in den Urteilen der Rechtssachen Bosal 202 und Manninen203, bestehen weiterhin Unklarheiten über den Inhalt dieses Prinzips204. Kürzlich hat sich der EuGH in der Rechtssache Marks & Spencer erneut mit dem steuerlichen Territorialitätsprinzip auseinandergesetzt205 und damit zu einer inhaltlichen Konkretisierung desselben beigetragen. (1) Futura Participations und Singer-Judikatur: Steuerliches Territorialitätsprinzip als Ausdruck einer gemeinschaftsrechtlich hinzunehmenden Steuerwürdigkeitsentscheidung im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht Das völkerrechtliche Territorialitätsprinzip gibt die äußere Grenze vor, innerhalb derer die Mitgliedstaaten von ihrem Besteuerungsrecht Gebrauch machen können206. Innerhalb der völkerrechtlichen Grenzen bestimmen die Staaten den Umfang der Besteuerung aufgrund ihrer staatlichen Souveränität dann selbst. Über den Umfang der Steuerpflicht können dem EG-Vertrag keine Vorgaben entnommen werden. Dementsprechend sind die Mitgliedstaaten bei der Ausgestaltung der sachlichen Steuerpflicht gemeinschaftsrechtlich frei. Dies bedeutet, dass die Entscheidung der Mitgliedstaaten über den Umfang der sachlichen Steuerpflicht als souveräne Steuerwürdigkeitsentscheidung vom Gemeinschaftsrecht zu respektieren ist. Das vom EuGH in der Rechtssache Futura Participations und Singer207 im Kontext der Grundfreiheiten erstmals angeführte steuerliche Territorialitätsprinzip muss als Ausdruck dieser Erkenntnis interpretiert werden. Dort urteilte der EuGH, dass der Quellenstaat nicht dazu verpflichtet ist, Erwerbsaufwendungen bei der Besteuerung zu berücksichtigen, die in keinem wirtschaftlichen Zusammenhang mit beschränkt steuerpflichtigen Einnahmen stehen208. Eine solche Regelung enthält, so der EuGH, weder eine offene noch eine verdeckte Diskri202 EuGH, Urteil v. 18.09.2003, Rs. C-168/01, Slg. 2003, I-9409 ff., Rn. 37 ff. – Bosal. 203 EuGH, Urteil v. 07.09.2004, Rs. C-319/02, Slg. 2004, I-7477 ff., Rn. 39 – Manninen. 204 Vgl. Englisch, UM 2004, 58 (599); Körner, BB 2003, 2436 (2438); Schnitger, FR 2003, 1149 (1150); Snel, ET 2003, 420 (421); Lehner in: FS Wassermeyer, 2005, S. 241 ff.; Lang, ET 2006, 54 (59); Kofler, ÖStZ 2005, 26 (30). 205 EuGH, Urteil v. 13.12.2005, Rs. C-446/03, Slg. 2005, I-10837 ff., Rn. 39 ff. – Marks & Spencer. 206 Dazu oben Kapitel B.I., S. 24 ff. 207 EuGH, Urteil v. 15.05.1997, Rs. C-250/95, Slg. 1997, I-2471 ff., Rn. 22 – Futura Participations und Singer. 208 Vgl. auch EuGH, Beschluss v. 12.09.2002, Rs. C-431/01, Slg. 2002, I-7073 ff., Rn. 31 – Mertens, in dem der EuGH ebenso darauf hinweist, dass im Wohnsitzstaat generierte Verluste nicht im Ausland berücksichtigt werden müssen.

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minierung209. In diesem Sinne hat der EuGH auch in den Urteilen Royal Bank of Scotland 210 und Marks & Spencer211 ausgeführt, dass es unproblematisch ist, wenn der unbeschränkt Steuerpflichtige mit seinem Welteinkommen, der beschränkt Steuerpflichtige hingegen nur mit seinem inländischen Einkunftsquellen in einem Mitgliedstaat zur Besteuerung herangezogen wird. Damit erkennt der EuGH den vom Quellenstaat bestimmten sachlichen Besteuerungsumfang als eine gemeinschaftsrechtlich zu respektierende Wertentscheidung an. Das steuerliche Territorialitätsprinzip umgrenzt damit als Folge einer zu respektierenden Wertentscheidung hinsichtlich der sachlichen Steuerpflicht den äußeren Bereich, der an den Grundfreiheiten gemessen werden kann. Soweit ein Staat für einen Sachverhalt mit Auslandsbezug tatbestandlich keine Besteuerung vorsieht, kann er nach den Grundsätzen von Futura Participations und Singer auch nicht dazu verpflichtet werden, für diesen Sachverhalt eine gemeinschaftsrechtskonforme Besteuerung zu gewährleisten212. Im Sinne eines Symmetriearguments kann das steuerliche Territorialitätsprinzip deshalb auch dahingehend beschrieben werden, dass ein Staat, sofern er sich entscheidet, einen Sachverhalt per se nicht zu besteuern, weder einen Gewinn noch einen daraus resultierenden Verlust berücksichtigen muss,213 und zwar selbst dann nicht, wenn der Verlust innerhalb des EG-Binnenmarktes weder in der Rechtsordnung des Ansässigkeitsstaates noch des Quellenstaates Berücksichtigung findet214. Eine solche doppelte Nichtberücksichtigung ist dann nämlich lediglich Ergebnis einer zwischen den einzelnen Rechtsordnungen bestehenden Regelungsdisparität. Diesem Verständnis folgend, stellt das steuerliche Territorialitätsprinzip dogmatisch auch keinen Rechtfertigungsgrund dar, da es bereits den hoheitlichen Regelungsbereich absteckt, im Rahmen dessen eine Grundfreiheitsprüfung überhaupt erfolgen kann215. 209 EuGH, Urteil v. 15.05.1997, Rs. C-250/95, Slg. 1997, I-2471 ff., Rn. 22 – Futura Participations und Singer. 210 EuGH, Urteil v. 29.04.1999, Rs. C-311/97, Slg. 1999, I-2651 ff., Rn. 29 – Royal Bank of Scotland. 211 EuGH, Urteil v. 13.12.2005, Rs. C-446/03, Slg. 2005, I-10837 ff., Rn. 39 – Marks & Spencer. 212 Schnitger, Grenzen der Grundfreiheiten, S. 361. 213 Cordewener, Grundfreiheiten, S. 632; Cordewener/Dahlberg/Pistone/Reimer/Romano, ET 2004, 218 (220); Kofler, ÖStZ 2005, 26 (30). 214 A. A. Hey, StuW 2004, 193 (201). 215 Weber, EC Tax Review 2003, 220 (228); Englisch, UM 2004, 58 (59); Kofler ÖStZ 2005, 26 (30); Sedemund/Sterner, DStZ 2006, 29 (31); Balmes/Grammel/Sedemund, BB 2006, 1474 (1477); a. A. u. a. Schnitger, FR 2003, 1149 (1150); ders. FR 2004, 1357 (1360); Hey, StuW 2004, 193 (201); dies., GmbHR 2006, 113 (120); Cordewener/Dahlberg/Pistone/Reimer/Romano, ET 2004, 218 (220). Vgl. aber EuGH, Urteil v. 18.09.2003, Rs. C-168/01, Slg. 2003, I-9409 ff. Rn. 38 – Bosal und EuGH, Urteil v. 13.12.2005, Rs. C-446/03, Slg. 2005, I-10837 ff., Rn. 39 – Marks & Spencer. Dort siedelt der EuGH das steuerliche Territorialitätsprinzip auf Rechtfertigungsebene an.

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(2) Bosal- und Marks & Spencer-Judikatur: Wandel hin zu einem rein völkerrechtlichen Verständnis des Territorialitätsprinzips im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht Von einer solchen Betrachtungsweise hat der EuGH in den Rechtssachen Bosal und Marks & Spencer Abstand genommen, und seinen Entscheidungen unter Einschränkung des steuerlichen Territorialitätsprinzips eine eher binnenmarktfreundliche Betrachtung zu Grunde gelegt. In der Rechtssache Bosal erklärte der EuGH eine Regelung des niederländischen Steuerrechts für gemeinschaftsrechtswidrig, wonach Refinanzierungsaufwendungen, die im Zusammenhang mit dem Erwerb einer ausländischen Tochterkapitalgesellschaft standen, auf der Ebene der Muttergesellschaft nur dann abzugsfähig waren, wenn die Einkünfte der Tochtergesellschaft der niederländischen Steuerhoheit unterlagen216. Die steuerliche Ungleichbehandlung in Form eines eingeschränkten Abzugs der Refinanzierungsaufwendungen wurde in dem Verfahren von der niederländischen Regierung mit dem Territorialitätsprinzip zu rechtfertigen versucht217. Diese Überlegung lag insofern nahe, als die Abzugsfähigkeit nach niederländischem Recht in der Tat unmittelbar an das Bestehen eines Bezugs von inländischen Einkünften gekoppelt war und somit auch nach innerstaatlichem Recht eine territoriale Betrachtung erfolgte218. Der EuGH verwarf das steuerliche Territorialitätsprinzip jedoch mit dem Argument, dass es nur bei der Besteuerung eines einzelnen Steuersubjekts zur Anwendung gelangen kann219. In der Rechtssache Marks & Spencer hatte der EuGH die Frage zu beantworten, ob Großbritannien als Sitzstaat einer Muttergesellschaft im Rahmen einer als „group relief“ konzipierten Gruppenbesteuerung zur Berücksichtigung der in der ausländischen Tochtergesellschaft erzielten negativen Einkünfte entsprechend der rein innerstaatlichen Konstellation verpflichtet ist, obwohl Großbritannien als Ansässigkeitsstaat der Muttergesellschaft die Einkünfte der ausländischen Tochtergesellschaft nicht besteuerte. Dem am steuerlichen Territorialitätsprinzip im Sinne von Futura Participations und Singer orientierten Argumentationsansatz einiger Mitgliedstaaten, dass die Gewinne einer ausländischen Tochtergesellschaft nicht der inländischen Besteuerung unterliegen und korrespondierend auch deren Erwerbsaufwendungen bzw. Verluste nicht bei der inländischen Be-

216 EuGH, Urteil v. 18.09.2003, Rs. C-168/01, Slg. 2003, I-9409 ff., Rn. 37 ff. – Bosal. 217 EuGH, Urteil v. 18.09.2003, Rs. C-168/01, Slg. 2003, I-9409 ff., Rn. 37 – Bosal. 218 Wattel, EC Tax Review 2003, 194 (200). 219 EuGH, Urteil v. 18.09.2003, Rs. C-168/01, Slg. 2003, I-9409 ff., Rn. 38 – Bosal.

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steuerung berücksichtigt werden dürfen220, folgte der EuGH nicht. Er führte aus, dass allein der Umstand, dass der Sitzstaat der Muttergesellschaft die Gewinne der ausländischen Tochtergesellschaft nicht besteuert, nicht ausreiche, um eine Diskriminierung durch Beschränkung des Verlustausgleichs auf gebietsansässige Tochtergesellschaften zu rechtfertigen221. Für den EuGH ist also der Umstand, dass der Sitzstaat der Muttergesellschaft die Gewinne der ausländischen Tochtergesellschaften nicht besteuert und damit territorial wegen der Abschirmwirkung von Kapitalgesellschaften beschränkt, zunächst unerheblich222. Damit gibt er zu verstehen, dass das steuerliche Territorialitätsprinzip nicht Ausdruck der Anerkennung einer den sachlichen Steuerumfang betreffenden gesetzgeberischen Wertentscheidung ist. Denn ob der Sitzstaat der Muttergesellschaft von seinem Recht zur Besteuerung der ausländischen Tochtergesellschaften, bspw. durch die Normierung von CFC-Regelungen, im Sinne einer Steuerwürdigkeitsentscheidung, Gebrauch gemacht hat, war für die Entscheidung des EuGH unerheblich223. Dahingehende Auseinandersetzungen fehlen in der Urteilsbegründung völlig, obwohl die Besteuerung von Einkünften ausländischer Tochtergesellschaften aufgrund des Trennungsprinzips und der dadurch bestehenden Abschirmwirkung ausländischer juristischer Gesellschaften eine gesetzgeberische Wertentscheidung voraussetzt224. Daraus muss geschlussfolgert werden, dass es für den EuGH nicht darauf ankommt, ob der Mitgliedstaat von seinem ggf. bestehenden Recht zur Besteuerung einer ausländischen Gesellschaft Gebrauch gemacht hat oder nicht. Für den EuGH ist allein maßgeblich, dass es dem Mitgliedstaat völkerrechtlich nicht verwehrt ist, den relevanten Sachverhalt zu besteuern. In diesem Sinne hat auch der GA Maduro in seinen Schlussanträgen zur Rechtssache Marks & Spencer ausgeführt, dass ein Mitgliedstaat nur insoweit nicht zur Verlustberücksichtigung verpflichtet ist, wie er völkerrechtlich aufgrund einer hinreichenden territorialen Verknüpfung zur Besteuerung entsprechender Gewinne nicht berechtigt ist225. Danach reicht der von Art. 14 EGV geforderte Binnenmarkt also weiter als die nationale ausgestaltete Steuerhoheit.

220 EuGH, Urteil v. 13.12.2005, Rs. C-446/03, Slg. 2005, I-10837 ff., Rn. 36 – Marks & Spencer. 221 EuGH, Urteil v. 13.12.2005, Rs. C-446/03, Slg. 2005, I-10837 ff., Rn. 40 – Marks & Spencer. 222 Vgl. Herzig/Englisch/Wagner, Der Konzern 2005, 298 (307). 223 Unter Berücksichtigung des britischen CFC-Reglements (vgl. Sections 747 ff. CTA), auf das es nach Ansicht des EuGH offensichtlich aber nicht ankommt, wäre man in der Entscheidung Marks & Spencer allerdings auch unter Beachtung des Territorialitätsprinzips zu einem entsprechenden Ergebnis gekommen, vgl. Englisch, IStR 2006, 22. 224 So insbesondere Vogel in: Vogel/Lehner DBA, Einl. Rn. 23. 225 GA Maduro, Schlussanträge v. 07.04.2005, Rs. C-446/03, Slg. 2005, I-10837 ff., Rn. 63 – Marks & Spencer.

V. Gewährleistungsgehalt der Grundfreiheiten

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Deutlich wird dieses Verständnis auch in der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Oy AA226. Dort hatte der EuGH die Frage zu beantworten, ob Art. 43 EGV einer Regelung im Recht eines Mitgliedstaats entgegensteht, wonach eine in diesem Mitgliedstaat ansässige Tochtergesellschaft einen an ihre ausländische Muttergesellschaft gezahlten Konzernbeitrag deshalb von ihren steuerpflichtigen Einkünften nicht abziehen kann, weil die Muttergesellschaft ihren Sitz nicht im Inland hat. Obwohl nach der innerstaatlichen Ausgestaltung die Konzernbeitragsregelungen auf (steuerpflichtige) Gesellschaften mit Sitz im Inland beschränkt waren, zog der EuGH auf der Ebene der Vergleichbarkeit die ausländische Muttergesellschaft mit in die Betrachtung ein227. Hierzu führt er an, dass es dem Mitgliedstaat möglich wäre, die Abzugsfähigkeit des Konzernbeitrags bei der Tochtergesellschaft von der Behandlung des Konzernbeitrags bei der im Ausland belegenen Muttergesellschaft abhängig zu machen228. Die territoriale Begrenzung des Sitzstaates der Tochtergesellschaft erkannte er nicht an. Nach diesem Verständnis des steuerlichen Territorialitätsprinzips kann sich ein Mitgliedstaat im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht bei der Besteuerung von Konzernen nur noch dann auf das steuerliche Territorialitätsprinzip berufen, wenn er bereits völkerrechtlich nicht mehr zur Besteuerung berechtigt ist. Damit reduziert sich im Bereich der unbeschränkten Steuerpflicht der Gehalt des steuerlichen Territorialitätsprinzips auf die im völkerrechtlichen Territorialitätsprinzip zum Ausdruck kommende Begrenzung der Besteuerungsrechte. Es erschöpft sich demzufolge in der Frage, ob der im Rahmen der Diskriminierungsprüfung einzubeziehende Sachverhalt noch eine derartige substanzielle Verknüpfung zum Inland des besteuernden Staates aufweist, dass dieser völkerrechtlich noch zur Besteuerung des Sachverhalts berechtigt ist. (3) Stellungnahme Das steuerliche Territorialitätsprinzip trägt mit seinen zwei Dimensionen einerseits dem völkerrechtlichen Willkürverbot Rechnung, wonach es den Mitgliedstaaten bereits völkerrechtlich verwehrt ist, Sachverhalte zu besteuern, die über keine hinreichende substantielle Verknüpfung zum besteuernden Staat verfügen. Daneben trägt es in seiner zweiten Dimension dem Umstand Rechnung, dass die Mitgliedstaaten in der Ausgestaltung des sachlichen Besteuerungsumfangs im Sinne einer Steuerwürdigkeitsentscheidung frei sind. Dementsprechend 226 227

EuGH, Urteil v. 18.07.2007, Rs. C-231/05, Slg. 2007, I-6373 ff. – Oy AA. EuGH, Urteil v. 18.07.2007, Rs. C-231/05, Slg. 2007, I-6373 ff., Rn. 38 – Oy

AA. 228

AA.

EuGH, Urteil v. 18.07.2007, Rs. C-231/05, Slg. 2007, I-6373 ff., Rn. 37 – Oy

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D. Die Grundfreiheiten des EG-Vertrages

grenzt es den rechtlichen Bereich ein, der in eine vergleichende grundfreiheitliche Betrachtung eingestellt werden kann229. Insoweit verdient die Rechtsprechung des EuGH zum steuerlichen Territorialitätsprinzip im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht Zustimmung, da sie den zwei Dimensionen des steuerlichen Territorialitätsprinzips Geltung verleiht. Der im Marks & Spencer-Urteil vom EuGH vorgenommenen Reduzierung des steuerlichen Territorialitätsprinzips auf ein rein völkerrechtliches Verständnis im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht kann bei der Besteuerung von Konzernen indes nicht zugestimmt werden. Zwar ist sie ersichtlich vom dem (binnenmarktfreundlichen) Ziel getragen, dass Erwerbsaufwendungen bzw. Verluste im europäischen Binnenmarkt zumindest innerhalb einer Steuerjurisdiktion berücksichtigt werden können. Ein solches Ziel konnte der EuGH aber nur unter Missachtung mitgliedstaatlicher Souveränitätsrechte erreichen. Denn der relevante Sachverhalt in der Marks & Spencer-Entscheidung spielte sich – wenn man wie der EuGH die britische CFC-Regelung außer acht lässt – außerhalb der von dem betroffenen Mitgliedstaat gestalteten sachlichen Steuerpflicht ab. Diese Rechtsprechung missachtet mithin das Recht der Mitgliedstaaten, die sachliche Steuerpflicht im Sinne einer Steuerwürdigkeitsentscheidung souverän auszugestalten. Insoweit ist dem EuGH seine eigene ständige Rechtsprechung vorzuhalten, wonach die direkten Steuern weiterhin in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen und die Mitgliedstaaten selbst festlegen, welche Einkünfte sie der Besteuerung unterwerfen230. Nur soweit sie von ihrem Besteuerungsrecht Gebrauch gemacht haben, kann den Mitgliedstaaten auch abverlangt werden, das Gemeinschaftsrecht zu beachten231. Das Gemeinschaftsrecht kann nämlich nur dort Wirkung entfalten, wo die Mitgliedstaaten von ihrem Besteuerungsrecht durch Normierung eines Steuertatbestandes Gebrauch gemacht haben und damit der grundfreiheitlichen Überprüfung „geöffnet“ haben232. In diesem Sinne äußerte sich der EuGH auch in der Rechtssache Test Claimants Thin Cap Group Litigation: „Nur wenn ein Mitgliedstaat beschließt, seine Steuerhoheit nicht nur im Hinblick auf die in ihm erzielten Gewinne der gebietsansässigen 229

Dazu oben Kapitel D.V.2.d)cc)(3), S. 139 ff. EuGH, Urteil v. 12.12.2006, Rs. C-446/04, Slg. 2006, I-11753 ff., Rn. 47 – Test Claimants in the FII Group Litigation. 231 Vgl. z. B. EuGH, Urteil v. 11.08.1995, Rs. C -80/94, Slg. 1995, I-2493 ff., Rn. 16 – Wielockx, EuGH, Urteil v. 27.06.1996, Rs. C-107/94, Slg. 1996, I-3089 ff., Rn. 36 – Asscher, EuGH, Urteil v. 29.04.1999; Rs. C-311/97, Slg. 1999, I-2651 ff., Rn. 19 – Royal Bank of Scotland; EuGH, Urteil v. 13.04.2000, Rs. C-251/98, Slg. 2000, I-2787 ff., Rn. 17 – Baars; EuGH, Urteil v. 13.12.2005, Rs. C-446/03, Slg. 2005, I-10837 ff., Rn. 29 – Marks & Spencer. 232 In diesem Sinne gegen eine Vergleichbarkeit auch Gutmann, EC Tax Review 2003, 154 (157); Lehner, DStJG Bd. 23 (2000), S. 263 (283 f.); Prokisch, DStJG Bd. 28 (2005), S. 229 (251); Dörr, Der Konzern 2003, 604 (611 f.); ders., Der Konzern 2004, 15 (17); ders., IStR 2004, 265 (267 f.); dahin tendierend auch Frotscher, Der Konzern 2003, 98 (103). 230

V. Gewährleistungsgehalt der Grundfreiheiten

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Tochtergesellschaft, sondern auch im Hinblick auf diejenigen Einkünfte auszuüben, die die gebietsfremde Empfängergesellschaft von dieser Tochtergesellschaft bezieht, hat dieser Mitgliedstaat dafür zu sorgen, dass die gebietsfremde Empfängergesellschaft im Rahmen des in seinem nationalen Recht vorgesehenen Mechanismus zur Vermeidung oder Abschwächung einer mehrfachen Belastung eine Behandlung erfährt, die derjenigen einer gebietsansässigen Empfängergesellschaft gleichwertig ist, damit sie sich nicht einer – nach Artikel 43 EG grundsätzlich verbotenen – Beschränkung der Niederlassungsfreiheit gegenübersieht“233. Vor diesem Hintergrund ist die Marks & Spencer-Judikatur und deren Folgerechtsprechung234 auch nicht, wie teilweise im Schrifttum geäußert, als ein Rückschritt hinsichtlich eines binnenmarktfreundlichen Verständnisses der Grundfreiheiten zu verstehen, weil nach der Marks & Spencer-Entscheidung nunmehr bspw. Zins- und Liquiditätsnachteile entgegen bisheriger Rechtsprechung235 hinzunehmen sind236. Vielmehr stellt die Marks & Spencer-Entscheidung vor dem Hintergrund der Missachtung des steuerlichen Territorialitätsprinzips und damit mitgliedstaatlicher Souveränitätsrechte eine binnenmarktfreundliche Auslegung der Grundfreiheiten dar. Denn grundsätzlich hätte das steuerliche Territorialitätsprinzip im Sinne der Futura Participations und Singer-Rechtsprechung insgesamt die Nichtberücksichtigung von Verlusten „rechtfertigen“ können, die nicht der Steuerjurisdiktion eines Mitgliedstaates unterliegen. Insoweit erklärt sich auch, warum der EuGH in seinen Entscheidungsgründen als milderes Mittel die Nachversteuerungsmethode („recapture rule“) unter Harmonisierungsvorbehalt stellte. Denn die Pflicht zur Berücksichtigung von Sachverhalten, die außerhalb des frei zu gestaltenden sachlichen Besteuerungsumfangs eines Mitgliedstaates liegen, kann nur durch sekundäres Gemeinschaftsrecht erfolgen. Das vom EuGH in dem Urteil in der Rechtssache Marks & Spencer für den Bereich der Besteuerung von Mutter- und Tochtergesellschaft zugrunde gelegten Verständnis des steuerlichen Territorialitätsprinzips kann aus den genannten Gründen nicht zugestimmt werden237. Ein rein völkerrechtliches Verständnis des steuerlichen Territorialitätsprinzips stellt in diesen Fällen eine Missachtung Souveränität der Mitgliedstaaten dar. Die Entscheidung über den Umfang der sachlichen Steuerpflicht obliegt nämlich allein den Mitgliedstaaten.

233 EuGH, Urteil v. 13.03.2007, Rs. C-524/04, Slg. 2007, I-2107 ff., Rn. 90 – Test Claimants Thin Cap Group Litigation. 234 Insbesondere EuGH, Urteil v. 18.07.2007, Rs. C-231/05, Slg. 2007, I-6373 ff. – Oy AA. 235 Dazu oben Kapitel D.V.2.e), S. 146. 236 So insbesondere Hey, GmbHR 2006, 113 (121 f.) Englisch, IStR 2006, 22; Wernsmann/Nippert, FR 2006, 153 (159). 237 A. A. Scheunemann, IStR 2005, 303 (306); Lang, ET 2006, 54 (59).

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D. Die Grundfreiheiten des EG-Vertrages

(4) Folgen: Vergleichbarkeitsbegrenzung auf die territoriale Schnittmenge Das steuerliche Territorialitätsprinzip verfügt nach dem hier zugrunde gelegten Verständnis über zwei Dimensionen, die vom Gemeinschaftsrecht zu respektieren sind. Mit seiner ersten völkerrechtlichen Dimension trägt es dem völkerrechtlichen Willkürverbot Rechnung, wonach es den Mitgliedstaaten bereits völkerrechtlich verwehrt ist, Sachverhalte zu besteuern, die über keine hinreichende substanzielle Verknüpfung zum besteuernden Staat verfügen238. Diese Dimension wird auch vom EuGH akzeptiert. Mit seiner zweiten Dimension trägt das steuerliche Territorialitätsprinzip dem Umstand Rechnung, dass die Mitgliedstaaten in der Ausgestaltung der sachlichen Steuerpflicht mangels gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben frei sind. Diese Dimension hat der EuGH insbesondere durch seine Entscheidung in der Rechtssache Marks & Spencer in seiner Absolutheit nicht anerkannt239. Unter Missachtung mitgliedstaatlicher Souveränitätsrechte geht der Gerichtshof davon aus, dass die Mitgliedstaaten bei der Besteuerung von Mutter- und Tochtergesellschaften nunmehr auch Sachverhalte in die Betrachtung einbeziehen müssen, die außerhalb des sachlichen Steuerumfangs liegen. Übertragen auf die grundfreiheitlichen Verpflichtungen des Quellenstaates bedeutet diese Rechtsprechung, dass Gebietsfremde und Gebietsansässige im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht nur hinsichtlich der „territorialen Schnittmenge“, also nur hinsichtlich des autonom durch die Mitgliedstaaten normierten Einkünftekatalogs, vergleichbar sind (vgl. § 49 Abs. 1 EStG bzw. § 2 KStG). Aufgrund der gemeinschaftsrechtlich hinzunehmenden Beschränkung der Besteuerung auf bestimmte inländische Einkunftsquellen reduziert sich die Vergleichbarkeit von unbeschränkter und beschränkter Steuerpflicht auf eine oder mehrere Einkunftsquellen, hinsichtlich derer der besteuernde Quellenstaat dann grundsätzlich zur diskriminierungsfreien Besteuerung verpflichtet ist. Für Deutschland als Quellenstaat bedeutet dies, dass es den beschränkt Steuerpflichtigen nur hinsichtlich seiner inlandsbezogenen Einkunftsquellen i. S. v. § 49 EStG bzw. § 2 KStG mit unbeschränkt Steuerpflichtigen gleichstellen muss. Richtigerweise kann damit von einer objektiven Vergleichbarkeit von unbeschränkter und beschränkter Steuerpflicht nur hinsichtlich der jeweils tatbestandlich als besteuerungswürdig eingestuften Einkunftsquelle ausgegangen werden. Will sich der Quellenstaat keinem Diskriminierungsvorwurf aussetzen, muss deshalb bspw. die Ermittlung der beschränkt steuerpflichtigen Einkünfte entsprechend der für unbeschränkt Steuerpflichtige geltenden Regelungen erfol238

Dazu oben Kapitel B.I., S. 24 ff. Dem steuerlichen Territorialitätsprinzip verleiht der EuGH allerdings teilweise auf Rechtfertigungsebene wieder Geltung, vgl. dazu unten Kapitel D.VI.4.d), S. 203 ff. 239

V. Gewährleistungsgehalt der Grundfreiheiten

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gen. Dies entspricht auch dem Verständnis des EuGH, der selbst im Marks & Spencer-Urteil ausführt, dass es mit dem steuerlichen Territorialitätsprinzip im Einklang steht, wenn der Mitgliedstaat des Sitzes der Muttergesellschaft die gebietsansässigen Gesellschaften für ihren weltweit erwirtschafteten Gewinn und die gebietsfremden Gesellschaften ausschließlich für den Gewinn aus ihrer inländischen Tätigkeit besteuert240. Für die grundfreiheitlichen Verpflichtungen des Ansässigkeitsstaates kommt dem steuerlichen Territorialitätsprinzip bei der Beurteilung der Vergleichbarkeit von grenzüberschreitendem und innerstaatlichem Sachverhalt grundsätzlich keine Bedeutung zu, sofern der Ansässigkeitsstaat im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht im Grundsatz das Welteinkommen besteuert. Dabei muss sich der Ansässigkeitsstaat bei der Besteuerung von Mutter- und ausländischer Tochtergesellschaft allerdings nach der hier vertretenen Ansicht entgegen der Rechtsprechung des EuGH auf das steuerliche Territorialitätsprinzip berufen können. Für die gemeinschaftsrechtliche Beurteilung der Methoden zur Vermeidung juristischer Doppelbesteuerung dürfte indes die in Marks & Spencer vorgenommene Beschränkung des Territorialitätsprinzips keine Bedeutung haben. Denn bei der Vermeidung der juristischen Doppelbesteuerung geht es anders als bei der wirtschaftlichen Doppelbelastung stets nur um die Beurteilung eines einzelnen Steuersubjekts, auf dessen Welteinkommen im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht zugriffen wird241. Im Fall der Besteuerung des Welteinkommens im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht kann sich der Ansässigkeitsstaat nämlich grundsätzlich nicht auf einen territorial begrenzten Besteuerungsumfang berufen. In diesem Zusammenhang ist vielmehr die Frage von besonderer Bedeutung, ob sich der bilateral erklärte Besteuerungsverzicht als eine gesetzgeberische Steuerwürdigkeitsentscheidung darstellt und damit Ausdruck des steuerlichen Territorialitätsprinzips ist. Dies soll im Folgenden erörtert werden. dd) Bilateraler Besteuerungsverzicht als Ausdruck steuerlicher Territorialität Es stellt sich die Frage, ob der Verzicht auf ein Besteuerungsrecht in einem DBA durch den Quellen- oder Ansässigkeitsstaat zu einer partiellen steuerlichen Territorialität führt, mit der Folge, dass der verzichtende Mitgliedstaat (Ansässigkeits- oder Quellenstaat) die relevanten Einkünfte nicht diskriminierungsfrei in die Besteuerung einbeziehen muss. Dies ist eine Problematik, die von der Literatur bisher weitestgehend nur bei einem abkommensrechtlichen Besteue-

240 EuGH, Urteil v. 13.12.2005, Rs. C-446/03, Slg. 2005, I-10837 ff., Rn. 39 – Marks & Spencer. 241 Vgl. zur Unterscheidung von juristischer Doppelbesteuerung und wirtschaftlicher Doppelbesteuerung oben Kapitel B.II., S. 25 ff.

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D. Die Grundfreiheiten des EG-Vertrages

rungsverzicht unter Anwendung der Freistellungsmethode diskutiert wird242. Insoweit wird die Ansicht vertreten, dass der Verzicht Ausdruck einer territorial begrenzten Besteuerungshoheit sei, die eine Vergleichbarkeit der freigestellten Einkünfte mit steuerpflichtigen Einkünften entfallen lasse243. In diesem Zusammenhang ist auf Entscheidungen des EuGH hinzuweisen, in denen er ganz allgemein auf die gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtungen des verzichtenden Staates hingewiesen hat. In der Entscheidung Saint Gobain führt er aus, dass die Mitgliedstaaten sich „bei der Ausübung der auf diese Weise aufgeteilten Steuerhoheit [. . .] nicht über die gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften hinwegsetzen“244 können. Im Urteil de Groot formulierte der EuGH: „Bei der Ausübung der in dieser Weise aufgeteilten Steuerhoheit sind die Mitgliedstaaten jedoch verpflichtet, den Gemeinschaftsvorschriften nachzukommen und insbesondere den Grundsatz der Inländerbehandlung von Staatsangehörigen der anderen Mitgliedstaaten und ihrer eigenen Staatsangehörigen zu wahren, die von den durch den EG-Vertrag garantierten Freiheiten Gebrauch gemacht haben [. . .]. Die zur Vermeidung der Doppelbesteuerung verwendeten Mechanismen oder die nationalen Steuersysteme, die eine Ausschließung oder Milderung der Doppelbesteuerung bewirken, müssen jedoch den Steuerpflichtigen der betreffenden Staaten gewährleisten, dass ihre gesamte persönliche und familiäre Situation im Ganzen gebührend berücksichtigt wird, unabhängig davon, wie die betreffenden Mitgliedstaaten diese Verpflichtung untereinander aufgeteilt haben, da anderenfalls eine mit den Vertragsbestimmungen über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer unvereinbare Ungleichbehandlung entstünde, die sich keineswegs aus den Unterschieden zwischen den nationalen Steuervorschriften ergeben würde.“ 245 Die Urteilsbegründungen machen deutlich, dass nach Überzeugung des EuGH der bilateral erklärte Besteuerungsverzicht keine steuerliche Territorialität begründet. In diesem Sinne sah der EuGH auch jüngst in der Rechtssache Keller Holding die Freistellung ausländischer steuerbarer Dividendeneinkünfte nicht als ausreichenden Besteuerungsverzicht an, der eine Anwendung des steuerlichen Territorialitätsprinzips gerechtfertigt hätte246. Der EuGH hat damit 242 Vgl. nur Dautzenberg, FR 2001, 809 (814); Schnitger, FR 2004, 1357 (1359); Prokisch, DStJG Bd. 28 (2005), S. 229 (247 f.); Cordewener, DStJG Bd. 28 (2005), S. 255 (286); Englisch, Intertax 2005, 310 (330). 243 Bernhard, IStR 2001, 366 (367 f.); Hahn, IStR 2001, 465 ff.; ders., IStR 2002, 681 (686); ders. IStR 2003, 734; Wattel, EC Tax Review 2003, 194 (199); Körner, Intertax 2003, 489 (491 ff.); Thiel, DB 2004, 2603 (2606). 244 EuGH, Urteil v. 21.09.1999, Rs. C-307/97, Slg. 1999, I-6181 ff., Rn. 57 – Saint Gobain. 245 EuGH, Urteil v. 12.12.2002, Rs. C-385/00, Slg. 2002, I-11819 ff., Rn. 94 u. 101 – de Groot. 246 EuGH, Urteil v. 23.02.2006, Rs. C-471/04, Slg. 2006, I-2107 ff., Rn. 44 – Keller Holding.

V. Gewährleistungsgehalt der Grundfreiheiten

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deutlich gemacht, dass auch der Verzicht übende Staat die Vorgaben der Grundfreiheiten beachten muss. Diese Rechtsprechung verdient Zustimmung. Die Frage, ob der bilateral erklärte Besteuerungsverzicht zu einer territorial begrenzten Besteuerungshoheit führt, ist anhand des Sinn und Zwecks des Besteuerungsverzichts zu beurteilen. Es stellt sich die Frage, ob der Gesetzgeber durch den Verzicht zum Ausdruck bringt, dass die jeweiligen Einkünfte keine Relevanz mehr für die Erfassung der persönlichen Leistungsfähigkeit haben, der Gesetzgeber sie mithin nicht mehr für besteuerungswürdig hält. Diese Entscheidung beträfe die Ausgestaltung des sachlichen Besteuerungsumfangs, so dass eine entsprechende Steuerwürdigkeitsentscheidung im Sinne der Futura Participations und Singer-Judikatur vom EG-Vertrag als Ausdruck steuerlich begrenzter Territorialität akzeptiert werden müsste. Ein Besteuerungsverzicht in einem DBA müsste demnach der Streichung eines Steuertatbestandes i. S. v. § 1 Abs. 4 EStG i.V. m. § 49 EStG bzw. § 2 KStG im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht gleichkommen. Im Rahmen der das Welteinkommen erfassenden unbeschränkten Steuerpflicht müsste sich der Verzicht als ein Wechsel vom Welteinkommensprinzip hin zum auf inländische Einkünfte begrenzten steuerlichen Territorialitätsprinzip darstellen. Beim abkommensrechtlich erklärten Besteuerungsverzicht ist dies allerdings nicht der Fall. Sinn eines solchen Besteuerungsverzichts ist es nämlich, durch Vermeidung von Doppelbesteuerung weiterhin eine an der persönlichen Leistungsfähigkeit orientierte Besteuerung sicherzustellen. Dem folgend sieht auch der auf sein Besteuerungsrecht verzichtende deutsche Fiskus nicht vollständig von einer Besteuerung ab, wie insbesondere die Anrechnungsmethode zeigt247. Auch die in den jüngeren DBA vereinbarten „subject-to-tax“-Klauseln offenbaren, dass der Verzicht auf die Besteuerung von Einkünften nicht dazu führt, dass der verzichtende Staat diese gänzlich im Sinne einer Steuerwürdigkeitsentscheidung bei der Besteuerung ausblendet. Dies zeigt auch der neu eingeführte § 50 Abs. 9 EStG, der in den dort bezeichneten Fällen der Nichtbesteuerung eine Besteuerung von zunächst freigestellten Einkünften vorsieht. Zudem zeigte § 2a Abs. 3 und 4 EStG a. F. – bezogen auf die dort erfassten ausländischen Betriebsstätteneinkünfte –, dass trotz eines vereinbarten Besteuerungsverzichts die Einkünfte bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit nicht völlig ausgeblendet werden sollten248. Der Umstand, dass bei Anwendung der Anrechnungsmethode etwaige negative ausländische Einkünfte bei der Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlage weiterhin berücksichtigt werden, bestätigt diesen Befund. Ein bilateral vereinbarter Besteuerungsverzicht stellt damit keine Steuerwürdigkeitsentscheidung 247

Schön, StbJb 2003/2004, S. 27 (42). Vgl. zu dieser Argumentation im Sinne einer Anerkennung der Vergleichbarkeit durch den Gesetzgeber Cordewener, DStR 2004, 1634 (1636); dens., ET 2003, 294 (300); Saß, FR 1991, 705 (706). 248

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D. Die Grundfreiheiten des EG-Vertrages

im Sinne der Futura Participations und Singer-Entscheidung dar. Jedes andere Verständnis hätte eine Fragmentierung in Teilmärkte zur Folge, welche mit dem Ziel eines EG-Binnenmarktes nicht zu vereinbaren wäre249. Der bilaterale Verzicht auf Besteuerung führt damit nicht zu einer objektiven Unvergleichbarkeit der Einkünfte250. e) Spürbarkeitserfordernis Auf das Ausmaß der Ungleichbehandlung kommt es dabei nicht an. In der Entscheidung Hughes de Lasteryie du Saillant251 hat der EuGH das Vorbringen zurückgewiesen, dass der entstandene Nachteil nur geringfügig und unbedeutend sei. Auch geringe Liquiditätsnachteile stellen deshalb bereits eine Beeinträchtigung der grundfreiheitsrechtlichen Diskriminierungsverbote dar252. Für den Bereich des Steuerrechts hat der EuGH in der Biehl-Entscheidung klargestellt, dass es für eine Beeinträchtigung ausreicht, wenn die Erträge einer wirtschaftlichen Tätigkeit belastet werden253. Für die Annahme einer Benachteiligung genügt es daher, wenn eine steuerliche Bestimmung nicht die grundfreiheitlich geschützte Tätigkeit unmittelbar als solche trifft, sondern ihre belastende Wirkung an die aus dieser Tätigkeit fließenden Erträge knüpft, und so über eine erweiterte Kausalkette die Diskriminierung bewirkt. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH ist damit jede Diskriminierung verboten, auch wenn diese kaum nennenswert sein mag254. 249

Vgl. Hey, StuW 2004, 193 (201); Mössner, ASA 2004, 673 (698). So im Ergebnis auch Schön, IStR 2004, 289 (293); Schnitger, FR 2004, 1357 (1360); Cordewener, DStJG Bd. 28 (2005), S. 255 (286); ders., IStR 2003, 413 (417 f.); ders. ET 2003, 294 ff.; Prokisch, DStJG Bd. 28 (2005), S. 229 (247 f.); Kessler in: Lehner, Verluste, S. 83 (103 f.); Englisch, Intertax 2005, 310 (330). 251 EuGH, Urteil v. 11.03.2004, Rs. C-9/02, Slg. 2004, I-2409 ff., Rn. 43 – de Lasteryie du Saillant. 252 EuGH, Urteil v. 28.01.1986, Rs. C-270/83, Slg. 1986, 273 ff., Rn. 21 – avoir fiscal; EuGH, Urteil v. 15.02.2000, Rs. C-34/98, Slg. 2000, I-995 ff., Rn. 49 – Kommission/Frankreich; EuGH, Urteil v. 28.01.1992, C-204/90, Slg. 1992, I-249 ff., Rn. 12 – Bachmann; EuGH, EuGH, Urteil v. 21.09.1999, Rs. C-307/97, Slg. 1999, I-6181 ff., Rn. 53 – Saint Gobain; EuGH, Urteil v. 14.12.2000, Rs. C-141/99, Slg. 2000, I11619 ff., Rn. 27 – AMID; EuGH, Urteil v. 08.03.2001, Rs. C-397/98 u. C-410/98, Slg. 2001, I-1727 ff., Rn. 47 – Metallgesellschaft u. a.; EuGH, Urteil v. 21.11.2002, Rs. C-436/00, Slg. 2002, I-10829 ff., Rn. 36 – X und Y. 253 EuGH, Urteil v. 08.05.1990, Rs. 175/88, Slg. 1990, I-1779 ff., Rn. 12 – Biehl; bestätigt durch EuGH, Urteil v. 06.06.2000, Rs. C-35/98, Slg. 2000, I-4071 ff., Rn. 36 – Verkooijen. 254 Vgl. zu Art. 28 EGV EuGH: Urteil v. 05.04.1984, Rs. 177/82 u.178/82, Slg. 1984, 1797 ff., Rn. 13 – Van de Haar u. a.; zu Art. 39 EGV EuGH: Urteil v. 04.04. 1974, Rs. 167/73, Slg. 1974, 359 ff., Rn. 45/47 – Kommission/Frankreich; zu Art. 43 EGV EuGH, Urteil v. 28.01.1986, Rs. 270/83, Slg. 1986, 273 ff., Rn. 21 – avoir fiscal; EuGH, Urteil v. 13.12.1989, Rs. C-49/89, Slg. 1989, 4441 ff., Rn. 8 – Corsica 250

V. Gewährleistungsgehalt der Grundfreiheiten

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f) Zwischenergebnis Hieraus folgt, dass aus der Perspektive des Bestimmungsstaates („inbound“Konstellation) steuerbare inländische Einkünfte mit Einkünften, die im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht erzielt werden, vergleichbar, sind. Denn unabhängig davon, ob sie von Gebietsansässigen oder Gebietsfremden erzielt werden, vermitteln sie die gleiche persönliche Leistungsfähigkeit, die Maßstab einer an der Leistungsfähigkeit orientierten Besteuerung ist. Aus der Perspektive des Herkunftsstaates („outbound“-Konstellation) macht es aus dem gleichen Grund keinen Unterschied, ob die Einkünfte im Inland oder im Ausland erzielt werden. In- und ausländische Einkünfte vermitteln die gleiche steuerliche Leistungsfähigkeit. Insoweit liegt grundsätzlich eine Vergleichbarkeit von steuerbaren Einkünften mit und ohne Auslandsbezug vor. Auch ein bilateral erklärter Besteuerungsverzicht lässt die Vergleichbarkeit des grenzüberschreitenden mit dem innerstaatlichen Sachverhalt nicht entfallen, da er sich nicht als eine Steuerwürdigkeitsentscheidung im Sinne des Territorialitätsprinzps darstellt. Die Vergleichbarkeit von Einkünften mit und ohne Auslandsbezug entfällt auch nicht bereits dadurch, dass die Einkünfte mit Auslandsbezug dem Zugriff zweier Steuerjurisdiktionen unterliegen. Dies hat der EuGH bereits in den Entscheidungen AMID und Mertens entschieden, indem er grundsätzlich nicht danach differenzierte, ob die Einkünfte Objekt zweier Steuerrechtsordnungen sind255. Nach der Rechtsprechung des EuGH sind auch kaum nennenswerte Diskriminierungen verboten. 3. Die Grundfreiheiten als den Marktzugang bzw. -abgang gewährleistende Beschränkungsverbote Aber auch rechtlich unterschiedslos geltende Regelungen können den grenzüberschreitenden Wirtschaftsverkehr beeinträchtigen. So hat der EuGH parallel zur Ausweitung der verbotenen rechtlichen Diskriminierung auch bloße tatsächliche Behinderungen unter den Gewährleistungsgehalt der Grundfreiheiten gefasst. Ferries France. Vgl. auch Plötscher, Diskriminierungsbegriff, S. 110 f.; Cordewener, Grundfreiheiten, S. 246 f.; Jarass, EuR 1995, 202 (219); ders. in: FS Everling, S. 593 (602); Hahn, DStZ 2005, 507 (510). 255 EuGH, Urteil v. 14.12.2000, Rs. C-141/99, Slg. 2000, I-11619 ff., Rn. 24 ff. – AMID; EuGH, Beschluss v. 12.09.2002, Rs. C-431/01, Slg. 2002, I-7073 ff., Rn. 29 – Mertens; vgl. auch Cordewener, ET 2003, 294 (300); Prokisch, DStJG Bd. 28 (2005), S. 229 (241).

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D. Die Grundfreiheiten des EG-Vertrages

a) Rechtsprechung des EuGH Für die Warenverkehrsfreiheit (Art. 28 EGV) erfolgte dies ausgehend vom Wortlaut des Art. 28 EGV, der von „Maßnahmen gleicher Wirkung“ spricht, bereits frühzeitig durch die Urteile in den Rechtssachen Dassonville256 und Cassis de Dijon257, sowie für die Dienstleistungsfreiheit (Art. 49 ff. EGV) durch das in der Rechtssache van Binsbergen ergangene Urteil258. Diese Rechtsprechung dehnte der EuGH später im Gebhard-Urteil259 auf die übrigen Grundfreiheiten aus260. Danach sind nunmehr nicht nur alle Maßnahmen rechtfertigungsbedürftig, die die grenzüberschreitende Betätigung im Sinne einer rechtlichen Diskriminierung weniger attraktiv machen, sondern zudem Maßnahmen, die die Ausübung der Grundfreiheiten tatsächlich behindern261. Ein solch weites Verständnis führte in der Folgezeit dazu, dass sich der EuGH mit Regelungen befassen musste, die nicht spezifisch den grenzüberschreitenden wirtschaftlichen Vorgang beeinträchtigten, sondern ganz allgemein die wirtschaftliche Betätigung einschränkten262. Nach diesem Verständnis konn256

EuGH, Urteil v. 11.07.1974, Rs. 8/74, Slg. 1974, 837 ff., Rn. 5 – Dassonville. EuGH, Urteil v. 20.02.1979, Rs. 120/78, Slg. 1979, 649 ff. – Cassis de Dijon, in dem der EuGH erstmals in praxi eine unterschiedslos anwendbare Regelung der Dassonville-Formel unterwarf. 258 EuGH, Urteil v. 03.12.1974, Rs. 33/74, Slg. 1974, 1299 ff., Rn. 10 ff. – van Binsbergen; bestätigende Urteile z. B. EuGH, Urteil v. 25.07.1991, Rs. C-76/90; Slg. 1991, I-4221 ff., Rn. 12 – Säger; EuGH, Urteil v. 28.03.1995, Rs. C-275/92, Slg. 1994, I-1039 ff., Rn. 43 – Schindler; EuGH, Urteil v. 09.08.1994, Rs. C-43/93, Slg. 1994, I-3803 ff., Rn. 14 – Vander Elst; EuGH, Urteil v. 28.03.1996, Rs. C-272/94, Slg. 1996, I-1905 ff., Rn. 10 – Guiot; EuGH, Urteil v. 23.11.1999, Rs. C-369/96 u. C376/96, Slg. 1999, I-8453 ff., Rn. 33 – Arblade u. a.; EuGH, Urteil v. 12.12.1996, Rs. C-3/95, Slg. 1996, I-6511 ff., Rn. 25 – Reisebüro Broede. 259 Vgl. EuGH, Urteil v. 30.11.1995, Rs. C-55/94, Slg. 1995, I-4165 ff., Rn. 37 – Gebhard. 260 Steindorff, EG-Vertrag u. Privatrecht, S. 85; Cordewener, Grundfreiheiten, S. 281. 261 Vgl. auch EuGH, Urteil v. 30.11.1995, Rs. C-55/94, Slg. 1995, I-4165 ff., Rn. 37 – Gebhard; so bereits EuGH, Urteil v. 31.03.1993, Rs. C-19/92, Slg. 1993, I-1663 ff., Rn. 32 – Kraus jedoch lediglich in Bezug auf Arbeitnehmerfreizügigkeit (Art. 39 EGV) und Niederlassungsfreiheit (Art. 43 EGV). Die Formulierungen in den Urteilen unterscheiden sich nur geringfügig. In Dassonville und Cassis de Dijon spricht der EuGH von „tatsächlich oder potentiell (zu) behindern; in van Binsbergen von „Anforderungen . . ., die . . . in anderer Weise geeignet sind, die Tätigkeit . . . zu unterbinden oder zu behindern“ und in Gebhard von „nationalen Maßnahmen, die die Ausübung der . . . Freiheiten behindern oder weniger attraktiv machen“. Den unterschiedlichen Formulierungen kommt keine Bedeutung zu. Vielmehr hat der EuGH diesbezüglich eine Konvergenz der Grundfreiheiten herbeigeführt; vgl. Cordewener, Grundfreiheiten, S. 322; Haferkamp, Kapitalverkehrsfreiheit, S. 59 f.; Baßler, IStR 2005, 822. 262 EuGH, Urteil v. 24.11.1993, Rs. C-267/91 u. 268/91, Slg. 1993, I-6097 ff., Rn. 14 – Keck u. a. Vgl. zu den vorgegangenen, wenig überzeugenden Begründungen des EuGH um nicht jede allgemein die wirtschaftliche Betätigung einschränkte Maßnahme an der Warenverkehrsfreiheit messen zu müssen Schroeder in: Streinz EUV/ EGV, Art. 28 EGV Rn. 41. 257

V. Gewährleistungsgehalt der Grundfreiheiten

149

te bereits die Erhebung einer Steuer als Beschränkung der wirtschaftlich geprägten Grundfreiheiten angesehen werden263. Einem solchen Verständnis entgegensteuernd stellte der EuGH zunächst für die Warenverkehrsfreiheit (Art. 28 EGV) in der Rechtssache Keck ausdrücklich klar, dass unterschiedslos geltende Regelungen nicht gegen die Warenverkehrsfreiheit verstoßen, wenn sie den Absatz der Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten und die inländischen Erzeugnisse rechtlich wie tatsächlich in der gleichen Weise berühren264. Dann nämlich seien die betreffenden Bestimmungen „nicht geeignet den Marktzugang265 [. . .] zu versperren oder stärker zu behindern, als [. . .] dies für inländische Erzeugnisse“ der Fall sei266. Damit nimmt der EuGH eine Beeinträchtigung der Warenverkehrsfreiheit durch unterschiedlose Regelungen nur noch dann an, wenn der Marktzugang für ausländische Produkte stärker behindert wird, als dies für inländische Produkte der Fall ist267. Der EuGH hat im Keck-Urteil auf diese Weise zu erkennen gegeben, dass es ihm letztlich um die Frage geht, wann bei unterschiedslosen Regelungen in Abgrenzung zu generell handelshemmenden Beschränkungen eine spezifische, den Grenzübertritt belastende Beschränkung vorliegt. Die Bedeutung der KeckRechtsprechung liegt mithin in der Betonung der Notwendigkeit einer spezi-

263 Vgl. GA Mischo, Schlussanträge v. 07.07.1998, Rs. C-255/97, Slg. 1999, I2835 ff., Rn. 58 – Pfeiffer; Cordewener, Grundfreiheiten, S. 289; Mueller, IStR 2002, 109 (110); Roth in: GS Knobbe-Keuk, S. 729 (739) Randelzhofer/Forsthoff in: Grabitz/Hilf EUV/EGV, Vor Art. 29–55 EGV Rn. 92 (18. EL Mai 2001); Mössner/Kellersmann, DStZ 1999, 505 (507), die in der Tat die Erhebung einer Steuer als gerechtfertigte Beschränkung sehen. 264 EuGH, Urteil v. 24.11.1993, Rs. C-267/91 u. 268/91, Slg. 1993, I-6097 ff., Rn. 16 – Keck u. a.; vgl. auch EuGH, Urteil v. 15.12.1993, Rs. C–292/92, Slg. 1993, I-6787 ff., Rn. 21 f. – Hünermund; EuGH, Urteil v. 02.06.1994, Rs. C-69/93 u. C258/93, Slg. 1994, I-2355 ff., Rn. 12 – Punto Casa u. a.; EuGH, Urteil v. 02.06.1994, Rs. C-401/92 u. C-402/92,Slg. 1994, I-2199 ff., Rn. 12 ff. – Tankstation ’t Heukske; EuGH, Urteil v. 25.03.2004, Rs. C-71/02, Slg. 2004, I-3025 ff. Rn. 37 f. – Karner. 265 Das Kriterium des Marktzugangs ist erstmals vom GA van Gerven vorgetragen worden (GA van Gerven, Schlussanträge v. 29.06.1989, Rs. 145/88, Slg. 1989, 3851 ff., Rn. 17 – Torfaen Borough Council) und vom EuGH sachentsprechend verwendet worden. 266 EuGH, Urteil v. 24.11.1993, Rs. C-267/91 u. 268/91, Slg. 1993, I-6097 ff., Rn. 17 – Keck u. a.; EuGH, Urteil v. 15.12.1993, Rs. C-292/92, Slg. 1993, I-6787 ff., Rn. 21 f. – Hünermund; EuGH, Urteil v. 02.06.1994, Rs. C-69/93 u. C-258/93, Slg. 1994, I-2355 ff., Rn. 12 – Punto Casa u. a.; EuGH, Urteil v. 02.06.1994 , Rs. C-401/ 92 u. C-402/92,Slg. 1994, I-2199 ff., Rn. 12 ff. – Tankstation ’t Heukske; EuGH, Urteil v. 25.03.2004, Rs. C-71/02, Slg. 2004, I-3025 ff. Rn. 37 f. – Karner. 267 Eine Beschränkung in diesem Sinne besteht nach richtiger Ansicht des EuGH auch dann, wenn ein für inländische Produkte bestehender Markt durch unterschiedslos geltende Regelung gänzlich für ausländische Produkte verschlossen wird. Eine Variante die für den Bereich der Besteuerung bedeutungslos ist.

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D. Die Grundfreiheiten des EG-Vertrages

fischen grenzüberschreitenden Beeinträchtigung268. Maßgeblich dafür ist nach Ansicht des EuGH, dass die Bestimmungen geeignet sind, den Marktzugang zu versperren bzw. zu behindern. Im Rahmen der Warenverkehrsfreiheit (Art. 28 EGV) sind nach Ansicht des Gerichtshofs unterschiedslos geltende produktbezogene Regelungen geeignet, eine solche spezifische Beeinträchtigung des Marktzugangs herbeizuführen. Nationalen Regelungen über Verkaufsmodalitäten fehlt hingegen prinzipiell diese Eignung, weil sie regelmäßig den Verkauf ausländischer Waren faktisch genauso beeinträchtigen wie den der inländischen Waren. Entsprechend hat der EuGH im Rahmen des Art. 29 EGV geurteilt, dass eine Beeinträchtigung durch unterschiedslose Regelungen des Herkunftsstaates nur bei spezifisch die Ausfuhr beschränkende Regelungen vorliegen kann269. Der EuGH hat die in Bezug auf die Warenverkehrsfreiheit (Art. 28 und Art. 29 EGV) vorgenommene Modifikation des Beschränkungsverbots auf die übrigen Grundfreiheiten übertragen270. So hat er in der Rechtssache Alpine Investments271 diese Rechtsprechung auf die Dienstleistungsfreiheit (Art. 49 EGV) erstreckt272. In der Bosman-Entscheidung273 hat der EuGH auf die Keck-Rechtsprechung Bezug genommen und so den Gewährleistungsgehalt der Arbeitnehmerfreizügigkeit (Art. 39 EGV) auf einen Umfang zurückgeführt, der dem Umfang der Keck-Rechtsprechung entspricht274. Vergleichbares gilt für die Nieder268 Claasen, EWS 1995, 97 (100); Feiden, Keck-Rechtsprechung, S. 66 u. 254; Müller-Graff in: von der Groeben/Thiesing/Ehlermann EUV/EGV, Art. 30 EGV Rn. 239 ff. 269 EuGH, Urteil v. 17.05.1984, Rs. 15/83, Slg. 1983, 2171 ff., Rn. 14 ff. – Denkavit; EuGH, Urteil v. 16.05.2000, Rs. C-388/95, Slg. 2000, I-3123 ff., Rn. 41 – Belgien/Spanien. 270 Eberhartinger, EWS 1997, 43 (49 ff.); Schön in: GS Knobbe-Keuk, S. 743 (755), ders., DStJG 23 (2000), S. 191 (210 f.); Everling in: GS Knobbe-Keuk, S. 607 (616); Sack, WRP 1998, 103 (112 f.); Füßer, DÖV 1999, 96 (98); Zuleeg in: FS Everling, S. 1717 (1726 f.); Feiden, Keck-Rechtsprechung, S. 256 m.w. N. 271 EuGH, Urteil v. 10.05.1995, Rs. C-384/93, Slg. 1995, I-1141 ff., Rn. 36 – Alpine Investments. 272 So insbesondere Becker, NJW 1996, 179 (180); Eberhartinger, EWS 1997, 43 (49); Kort, JZ 1996 132 (136); ausführlich Kingreen, Grundfreiheiten, S. 61 f.; Eilmansberger, JBL 1999, 434 ff.; Mühl, Diskriminierung u. Beschränkung, S. 216; Randelzhofer/Forsthoff in: Grabitz/Hilf EUV/EGV, Art. 49 EGV Rn. 93 (18. EL Mai 2001). Im Ergebnis ebenso Feiden, die allerdings der Ansicht ist, dass die Lehren aus der Keck-Rechtsprechung vom EuGH im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit immer schon praktiziert wurden, so dass es einer Rückführung nicht bedarf, vgl. Feiden, Keck-Rechtsprechung, S. 177 f.; a. A. Müller-Graff in: Streinz EUV/EGV, Art. 49 EGV Rn. 88; Sack, WRP 1998, 103 (112). 273 EuGH, Urteil v. 15.12.1995, Rs. C-415/93, Slg. 1995, I-4921 ff., Rn. 102 – Bosman; bestätigend EuGH, Urteil v. 26.01.1999, Rs. C-18/95, Slg. 1999, I-345 ff., Rn. 39 – Terhoeve; EuGH, Urteil v. 27.01.2000, Rs. C-190/98, Slg. 2000, I-493 ff., Rn. 23 – Graf.

V. Gewährleistungsgehalt der Grundfreiheiten

151

lassungsfreiheit (Art. 43 EGV)275. Zur Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 56 Abs. 1 EGV) fehlt insoweit eine entsprechende Rechtsprechung des EuGH. Allerdings hat der EuGH mehrfach die Parallelität der Warenverkehrs- und Dienstleistungsfreiheit mit der Kapitalverkehrsfreiheit betont276, so dass davon auszugehen ist, dass der EuGH die Keck-Rechtsprechung auf die Kapitalverkehrsfreiheit übertragen und so einen „Gleichklang“ der Grundfreiheiten herbeiführen wird. b) Stellungnahme Die tatbestandliche Begrenzung des Beschränkungsverbots auf spezifisch grenzüberschreitende Beeinträchtigungen verdient Zustimmung277. Die vom EuGH vorgenommene Einschränkung des Beschränkungsverbots ermöglicht es, 274 Schroeder, JZ 1996, 254 (255); Nettesheim, NVwZ 1996, 342 (344); Franzen in: Streinz EUV/EGV, Art. 39 EGV Rn. 92; Everling in: GS Knobbe-Keuk, S. 607 (621); Schön, DStJG Bd. 23 (2000), S. 191 (210 f.). Im Ergebnis ebenso Feiden, die allerdings der Ansicht ist, dass die Lehren aus der Keck-Rechtsprechung vom EuGH im Rahmen der Arbeitnehmerfreizügigkeit immer schon praktiziert wurden, so dass es einer Rückführung nicht bedarf, vgl. Feiden, Keck-Rechtsprechung, S. 227. 275 EuGH, Urteil v. 30.04.1986, Rs. 96/85, Slg. 1986, 1475 ff., Rn. 11 – Kommission/Frankreich; EuGH, Urteil v. 16.06.1992, Rs. C-351/90, Slg. 1992, I-3945 ff., Rn. 14 – Kommission/Luxemburg; EuGH; Urteil v. 20.06.1996, Rs. C-418/93, C-421/ 93, C-460 bis C-462/93, C-464/93, C-9/94 bis C-11/94, C-14/94, C-15/94, C-23/94, C-24/94 u. C-332/94, Slg. 1996, I-2975 ff., Rn. 24 – Semeraro Casa Uno u. a. Zwar bezieht sich der EuGH in den Urteilen nicht explizit auf die Keck-Rechtsprechung, er macht aber die Antwort auf die Frage nach einer Beschränkung jeweils davon abhängig, ob der Zugang zum Markt eines anderen Mitgliedstaates über das zur Erreichung des Ziels erforderliche Maß behindert wird. Auch in der Rechtssache Semeraro nimmt der EuGH nicht ausdrücklich Bezug auf die Keck-Rechtsprechung. Er verneint die Einschlägigkeit der Niederlassungsfreiheit allerdings mit Verweis auf seine zuvor zur Warenverkehrsfreiheit gemachten Ausführungen, welche die Keck-Rechtsprechung betrafen; vgl. hierzu auch Mühl, Diskriminierung u. Beschränkung, S. 338 f. Es wird dadurch deutlich, dass der EuGH den Gewährleistungsgehalt der Niederlassungsfreiheit bei unterschiedslos geltenden Maßnahmen auf ein entsprechendes Maß zurückgeführt hat. Für eine Übertragung auf die Niederlassungsfreiheit u. a. Behrens, Jura 1989, 561 (568 f.); Everling in: GS für Knobbe-Keuk, S. 607 (621); Roth in: GS für KnobbeKeuk, S. 729 (739 f.); Schön, DStJG 23 (2000), S. 191 (210 f.); Randelzhofer/Forsthoff in: Grabitz/Hilf EUV/EGV, Art. 43 EGV Rn. 89 ff. (18. EL Mai 2001); MüllerGraff in: Streinz EUV/EGV, Art. 43 EGV Rn. 62; Eberhartinger, EWS 1997, 43 (46 ff.); wohl auch Knobbe-Keuk, DB 1990, 2573. 276 Vgl. EuGH, Urteil v. 03.02.1993, Rs. C-148/91, Slg. 1993, I-487 ff., Rn. 14 f. – Veronica; ebenso Mühl, Diskriminierung u. Beschränkung, S. 216; Bröhmer in Calliess/Ruffert EUV/EGV, Art. 56 EGV Rn. 50 f.; Ress/Ukrow in Grabitz/Hilf EUV/ EGV, Art. 56 EGV Rn. 12, 35 u. 37 (19. EL Febr. 2002); Kiemel in: von der Groeben/ Schwarze EUV/EGV, Art. 56 EGV Rn. 11 f. 277 Ebenso Schön, DStJG 23 (2000), S. 191 (210 f.); Englisch, StuW 2003, 88 (89 ff.); Müller-Graff in: Streinz EUV/EGV, Art. 43 EGV Rn. 62; Randelzhofer/Forsthoff in: Grabitz/Hilf EUV/EGV, Vor Art. 39-55 EGV Rn. 91 (18. EL Mai 2001); Schroeder in: Streinz EUV/EGV, Art. 28 EGV Rn. 44; Sedlaczek in: Streinz EUV/ EGV, Art. 58 EGV Rn. 2.

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D. Die Grundfreiheiten des EG-Vertrages

die Grundfreiheiten auf ihre konzeptionelle Funktion zurückzuführen. Denn Zielrichtung des Binnenmarktkonzepts und der es verwirklichenden Grundfreiheiten ist nicht eine allgemeine Deregulierung durch die Beseitigung jeglicher handels- und wirtschaftshemmender Vorschriften. Beseitigt werden sollen nach Art. 3 Abs. 1 lit. c EGV vielmehr nur Hindernisse für den Wirtschaftsverkehr „zwischen den Mitgliedstaaten“ 278. Die Grundfreiheiten beziehen sich, das zeigt auch Art. 14 Abs. 2 EGV, eben nur auf die Binnengrenzen. Deshalb bezieht sich auch der EuGH zuweilen bei der Auslegung der Grundfreiheiten auf Art. 3 Abs. 1 lit. c EGV279. Jedes weitergehende Verständnis hätte zur Folge, dass nationale Steuerrechtsordnungen ganz allgemein unter Rechtfertigungszwang ständen. GA Mischo fasst dies bezogen auf die Niederlassungsfreiheit in die Worte: „Es wäre [. . .] unerträglich, wenn die Mitgliedstaaten nationalen Rechtsvorschriften aller Art, wie etwa höhere Gesellschaftssteuern [. . .] als in anderen Ländern [. . .] als „zwingende“ Erfordernisse“ rechtfertigen müssten“280. Ein solches Verständnis ist zudem nicht mit der im EG-Vertrag vorgesehenen Kompetenzverteilung i. S. v. Art. 5 EGV in Einklang zu bringen281. Es liegt deshalb in Übereinstimmung mit der Keck-Rechtsprechung, wenn der EuGH für das Steuerrecht betont, dass die bloße Unterschiedlichkeit nationaler Steuersysteme nicht für sich gesehen bereits als Beschränkung des grenzüberschreitenden Verkehrs angesehen werden können. Dabei ist augenscheinlich, dass aufgrund der unterschiedlichen sachlichen Anwendungsbereiche der Grundfreiheiten die Frage, ob die Regelung zu einer Beeinträchtigung des Marktzugangs führt, also eine spezifische grenzüberschreitende Beeinträchtigung zur Folge hat, für die übrigen Grundfreiheiten nicht anhand der vom EuGH in der sog. Keck-Formel für die Warenverkehrsfreiheit getroffenen Unterscheidung zwischen produktbezogenen und verkaufsbezogenen Regelungen vorgenommen werden kann282. Bei der der Keck-Formel zugrunde liegenden Differenzierung zwischen produktbezogenen und verkaufsbezogenen Regelungen handelt es sich lediglich um eine „widerlegbare Vermutungsregel“283 im Rahmen der Warenverkehrsfreiheit284. Überträgt man die Keck-For278 So Jarass, EuR 1995, 202 (214); Roth in: Dauses EUV/EGV, Abschn. E I Rn. 22; Zuleeg in: von der Groeben/Schwarze EUV/EGV, Art. 3 EGV Rn. 3. 279 Vgl. EuGH, Urteil v. 07.02.1979, Rs. C-115/78, Slg. 1979, 399, Rn. 17 – Knoors. 280 GA Mischo, Schlussanträge v. 07.07.1998, Rs. C-255/97, Slg. 1999, I-2835 ff., Rn. 58 – Pfeiffer. 281 Vgl. dazu Randelzhofer/Forsthoff in: Grabitz/Hilf EUV/EGV, Vor Art. 39-55 EGV Rn. 92 (18. EL Mai 2001). 282 So aber wohl Wernsmann, EuR 1999, 754 (757). 283 So GA Fennelly, Schlussanträge v. 16.09.1999, Rs. C-190/98, Slg. 2000, I493 ff., Rn. 19 – Graf. 284 Vgl. dazu EuGH, Urteil v. 13.01.2000, Slg. 2000, I-151, Rn. 24 ff. – TK-Heimdienst, in dem der EuGH die einschlägigen Regelungen als Verkaufsmodalitäten ein-

V. Gewährleistungsgehalt der Grundfreiheiten

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mel entsprechend auf die übrigen Grundfreiheiten, wie es teilweise gefordert wird285, sollte man sich deshalb darüber im Klaren sein, dass das Ergebnis der Anwendung nur einen Anhaltspunkt dafür bieten kann, ob eine Beschränkung vorliegt oder nicht286. Die Vielgestaltigkeit der Versuche einer näheren Konkretisierung der Marktzugangsbehinderung287 macht jedenfalls deutlich, dass es nicht ein Kriterium gibt, anhand dessen stets zuverlässig bestimmt werden kann, ob die Regelung als spezifische Beeinträchtigung des Marktzugangs gesehen werden kann288. Dies zeigt sich auch darin, dass der EuGH es bisher unterlassen hat, eine entsprechende Formel für die anderen Grundfreiheiten zu bilden289. Es gilt deshalb jeweils anhand des konkreten wirtschaftlichen Vorgangs zu untersuchen, ob die unterschiedslosen Regelungen zu einer Beeinträchtigung des Marktzugangs und damit zu einer Spaltung der nationalen Märkte führen. Die Unterscheidung der Keck-Formel sollte in diesem Zusammenhang nur hilfsweise im Rahmen der anderen Grundfreiheiten herangezogen werden. c) Beschränkungen im Einkommensteuerrecht Es stellt sich die Frage, ob auch im Rahmen des Einkommensteuerrechts unterschiedslose Regelungen zu einer spezifisch grenzüberschreitenden Beschränkung führen können. Grundsätzlich sind zwei Fallgruppen vorstellbar, die zu einer Behinderung des Marktzugangs und damit zu einer spezifisch grenzüberschreitenden Beschränkung führen können. Eine Fallgruppe von nicht diskriminierenden Beschränkungsverboten bilden diejenigen Regelungen der Mitgliedstaaten, die Voraussetzungen rein tatsächlicher Art aufstellen, deren Erfüllung regelmäßig nur den grenzüberschreitend Tätigen belasten290. Darunter fallen Regelungen nach denen eine grenzüberstuft, sie dann aber trotzdem an Art. 28 EGV misst, weil sie den Zugang zum Markt für eingeführte Waren stärker behindern als für inländische Waren; siehe auch GA van Gerven, Schlussanträge v. 16.03.1994, verb. Rs. C-401/92 u. C-402/92, Slg. 1994, I2199 ff., Rn. 16 ff. – Tankstation ’t Heuske. 285 So Mühl, Diskriminierung u. Beschränkung, S 336 ff.; Wernsmann, EuR 1999, 753 (757); Schroeder, JZ 1996, 254 (255 f.); Nettesheim, NVwZ 1996, 342 (344); Franzen in: Streinz EUV/EGV, Art. 39 EGV Rn. 92, „Ausübungs- und Aufenthaltsmodalitäten“ (Arbeitnehmerfreizügigkeit); Ress/Ukrow in: Grabitz/Hilf EUV/EGV, Art. 56 EGV Rn. 37 (19. EL Febr. 2002). 286 Schroeder in: Streinz EUV/EGV, Art. 28 EGV Rn. 43. 287 Vgl. Feiden, Keck-Rechtsprechung, S. 121 ff.; Lackhoff, Niederlassungsfreiheit, S. 392 ff. im Rahmen der Niederlassungsfreiheit. 288 Randelzhofer/Forsthoff in: Grabitz/Hilf EUV/EGV, Vor Art. 39-55 EGV Rn. 110 (18. EL Mai 2001). 289 Randelzhofer/Forsthoff in: Grabitz/Hilf EGV, Vor Art. 39-55 Rn. 110 (18. EL Mai 2001). 290 Vgl. EuGH, Urteil v. 28.11.1989, Rs. C-379/87, Slg. 1989, 3967 ff., Rn. 12 ff. – Groener, in dem es um den Nachweis bestimmter Sprachkenntnisse ging.

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D. Die Grundfreiheiten des EG-Vertrages

schreitende Betätigung rein tatsächlich nicht grenzüberschreitend ausgeübt werden kann, weil beispielsweise das Recht eines Mitgliedstaates diskriminierungsfrei nur die Gründung einer Niederlassung erlaubt (sog. „single-practicerules“)291. Für den Bereich des Steuerrechts spielt diese Fallgruppe aufgrund ihres faktischen Bezugs allerdings keine Rolle. Die zweite Fallgruppe ist dadurch gekennzeichnet, dass auf den grenzüberschreitenden Wirtschaftsvorgang zwei Rechtsordnungen rechtlich einwirken, die des Bestimmungs- und des Herkunftsstaates292. Diesen Fällen sog. Doppelregulierung ist immanent, dass zusätzlich zu den rechtlichen Vorgaben des Herkunftsstaates Regulierungen des Bestimmungsstaates hinzutreten. Die Mehrbelastung liegt dann darin, dass zusätzlich zu den Anforderungen des Herkunftsstaates äquivalente Verpflichtungen des Bestimmungsstaates treten. Die dadurch entstehenden Mehrbelastungen lassen die grenzüberschreitende Transaktion unattraktiver erscheinen, ohne dass einem der involvierten Mitgliedstaaten letztlich ein Diskriminierungsvorwurf gemacht werden kann. Eine solche Doppelregulierung kann in Abgrenzung zu bloßen Disparitäten der involvierten nationalen Rechtsordnung allerdings nur dann angenommen werden, wenn die auf den Vorgang rechtlich einwirkenden nationalen Regelungen der beteiligten Staaten nicht beziehungslos nebeneinander stehen, sondern sich als Normen mit gleicher Regelungsintention erweisen293. Je nachdem ob es sich bei den Normen mit gleichem Regelungsinhalt um verfahrensrechtliche oder um materiell-rechtliche Normen handelt, können Doppelregulierungen sowohl im verfahrensrechtlichen als auch im materiell-rechtlichen Bereich zu Mehrbelastungen führen294. aa) Beschränkung durch formell-rechtliche Doppelregulierung Über eine verfahrensrechtliche Doppelregulierung hatte der EuGH bereits in der Rechtssache Futura Participations zu entscheiden. Der EuGH beurteilte den 291 Vgl. EuGH, Urteil v. 12.07.1984, Rs. 107/83; Slg. 1984, 2971 ff., Rn. 19 – Klopp; EuGH, Urteil v. 07.07.1988, Rs. 143/87, Slg. 1988, 3877 ff., Rn. 11 – Stanton; EuGH, Urteil v. 20.05.1992, Rs. C-106/91, Slg. 1992, I-3351 ff., Rn. 20 f. – Ramrath. 292 Knobbe-Keuk, DB 1990, 2573 (2575), Roth in: GS Knobbe-Keuk, S. 729 (739 f.). 293 Das ist auch der Grund, warum Regelungen über Verkaufsmodalitäten regelmäßig keine Beschränkung der Grundfreiheiten darstellen, denn Verkaufsregelungen des Herkunftsstaates sind regelmäßig für den Marktzugang nicht maßgeblich, da sie nicht anwendbar sind, der Vorgang also nicht gleichzeitig durch eine zweite, hinzutretende Regelung rechtlich beeinflusst wird. Dagegen wirken produktbezogene Regelungen sowohl des Herkunftsstaates als auch des Bestimmungsstaates gleichzeitig auf den wirtschaftlichen Vorgang ein; vgl. EuGH, Urteil v. 14.07.1994, Rs. C-379/92, Slg. 1994, I3453 f., Rn. 34 – Peralta; Steindorff, EG-Vertrag u Privatrecht, S. 82; Feiden, KeckRechtsprechung, S. 58. 294 Vgl. zur verfahrensrechtlichen Doppelregulierung EuGH, Urteil v. 15.05.1997, Rs. C-250/95, Slg. 1997, I-2471 ff., Rn. 26 – Futura Participations und Singer.

V. Gewährleistungsgehalt der Grundfreiheiten

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Umstand, dass der Steuerpflichtige neben den Büchern, die dem Steuerrecht seines Sitzstaates entsprachen, getrennte Bücher im Quellenstaat zu führen hatte, als Beschränkung der Niederlassungsfreiheit (Art. 43 EGV)295. In Futura Participations hat er damit die durch die (nicht diskriminierenden) Pflichten zur Buchführung in zwei Mitgliedstaaten entstehende Doppelbelastung als spezifische Beschränkung der Grundfreiheit anerkannt, die nur durch zwingende Gründe des öffentlichen Interesses gerechtfertigt werden kann. bb) Beschränkung durch materiell-rechtliche Doppelregulierung (internationale Doppelbesteuerung) Eine materiell-rechtlich beschränkende Doppelregulierung könnte die internationale Doppelbesteuerung darstellen. Vereinzelt wird im Schrifttum vertreten, dass die Beseitigung von Doppelbesteuerung primärrechtlich nicht zwingend sei296. Der EuGH hat sich mit der Problematik der Doppelbesteuerung mehrfach beschäftigt. (1) Bisherige Rechtsprechung des EuGH Erstmals äußerte sich der EuGH im Bereich der indirekten Steuern zu der Problematik der Doppelbesteuerung. Er ließ sich zunächst dahingehend ein, dass die Beseitigung von Doppelbesteuerungseffekten zweifellos wünschenswert sei, dass aber das Primärrecht keinerlei Vorschrift enthalte, die eine Doppelbesteuerung verbiete297. Später bewertete der EuGH in der Schul I-Entscheidung allerdings die Kumulierung indirekter Steuern zweier Staaten als ein Hemmnis für die Schaffung eines Gemeinsamen Marktes und erklärte, dass der Bestimmungsstaat für die Beseitigung der Doppelbesteuerung verantwortlich sei298. Diese Ansicht des EuGH beruhte allerdings auf einem extensiven Verständnis 295 EuGH, Urteil v. 15.05.1997, Rs. C-250/95, Slg. 1997, I-2471 ff., Rn. 25 f. – Futura Participations und Singer. 296 So Lehner, StuW 1998, 159 (172); ders., IStR 2001, 329 (335 f.); Schaumburg, Int. Steuerrecht, Rn. 14.5; Mössner/Kellersmann, DVBl 1995, 968 (970); Hahn, IStR 2002, 681 (686); Wessel, Doppelbesteuerung und EWG-Vertrag, S. 135 ff.; Farmer, EC Tax Review 1998, 13 (27 ff.); Randelzhofer/Forsthoff in: Grabitz/Hilf EUV/EGV, Vor Art. 39-55 EGV Rn. 255 (18. EL Mai 2001); Douma, ET 2006, 522 (531 f.); Weber, Intertax 2006, 582 (588 ff.); offen lassend Rödder in: FS Wassermeyer, S. 163 (166). 297 EuGH, Urteil v. 29.06.1978, Rs. 142/77, Slg. 1978, 1543 ff., Rn. 33/35 – Statens Kontrol; vgl. dazu auch Cordewener, Grundfreiheiten, S. 863 ff.; Baßler, IStR 2005, 822 (855 ff.). 298 EuGH, Urteil v. 05.05.1982, Rs. 15/81, Slg. 1982, 1409 ff., Rn. 16 – Schul I; bestätigt durch EuGH, Urteil v. 21.05.1985, Rs. 47/84, Slg. 1985, 1491 ff, Rn. 21 ff. – Schul II; EuGH, Urteil v. 25.02.1988, Rs. 299/86, Slg. 1988, 1213 ff., Rn. 10 ff. – Drexl.

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D. Die Grundfreiheiten des EG-Vertrages

des Art. 90 EGV und wurde vom Gerichtshof nur ansatzweise mit den Grundfreiheiten in Zusammenhang gebracht. Zudem hob der EuGH in nachfolgenden Urteilen299 hervor, dass diese Grundsätze nur auf den Bereich des harmonisierten Mehrwertsteuerrechts beschränkt seien und deshalb eine Übertragung auf solche Abgaben nicht möglich sei, die durch autonome nationale Rechtsvorschriften geregelt sind300. Außerhalb des harmonisierten Rechts im Bereich der indirekten Steuern thematisierte der EuGH im Jahr 2004 in der Rechtssache Lindfors301 die Problematik der internationalen Doppelbesteuerung. Im Rahmen der Prüfung des allgemeinen Freizügigkeitsrechts (Art. 18 EGV) stellte er die Frage, ob der Zuzug eines Nichtansässigen dadurch im Zuzugsstaat benachteiligt wird, dass zusätzlich zu einer (vermeintlich) im Ansässigkeitsstaat bestehenden Abgabenvorbelastung eine zusätzliche Abgabe für die erstmalige Zulassung oder Inbetriebnahme eines PKW (sog. „autovero“) im Zuzugsstaat tritt302. Die Beantwortung der Frage überließ der EuGH allerdings dem vorlegenden Gericht. Er führte aber aus, dass das Gericht ggf. zu prüfen habe, ob die „Ungleichbehandlung“303 aufgrund objektiver Erwägungen gerechtfertigt werden könne304. Die Andeutung des EuGH, dass die Doppelbelastung eine Beeinträchtigung des allgemeinen Freizügigkeitsrechts bedeuten könnte, lässt sich jedenfalls „a maiore ad minus“ auf die die wirtschaftliche Betätigung schützenden Grundfreiheiten übertragen. Auch im Sozialversicherungsrecht hat der EuGH die internationale Doppelbelastung als Beschränkung der Arbeitnehmer- und Dienstleistungsfreiheit verstanden305. Für den Bereich des Ertragssteuerrechts kann die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Schumacker aus dem Jahr 1995 ein erstes Anzeichen dafür bie299 EuGH, Urteil v. 05.12.1989, Rs. C-165/88, Slg. 1989, I-4081 ff., Rn. 12 ff. – ORO; EuGH, Urteil v. 27.10.1993, Rs. C-72/92, Slg. 1993, I-5509 ff., Rn. 15 – Scharbatke. 300 EuGH, Urteil v. 27.10.1993, Rs. C-72/92, Slg. 1993, I-5509 ff., Rn. 15 – Scharbatke. 301 EuGH, Urteil v. 15.07.2004, Rs. C-365/02, Slg. 2004, I-7183 ff., Rn. 33 ff. – Lindfors. 302 EuGH, Urteil v. 15.07.2004, Rs. C-365/02, Slg. 2004, I-7183 ff., Rn. 35 – Lindfors; vgl. dazu auch Baßler, IStR 2005, 822 (826 f.). 303 Die Bezeichnung als Ungleichbehandlung ist hier jedenfalls ungenau und kann nicht als Ungleichbehandlung im Sinne einer diskriminierenden Schlechterstellung verstanden werden. Denn etwaige Vorbelastungen in anderen Staaten können dem Zuzugsstaat nicht zugerechnet werden. 304 EuGH, Urteil v. 15.07.2004, Rs. C-365/02, Slg. 2004, I-7183 ff., Rn. 35 – Lindfors. 305 EuGH, Urteil v. 09.08.1994, Rs. C-43/93, Slg. 1994, I-3803 ff., Rn. 14 – Vander Elst; dazu Englisch, IStR 2007, 67 (68).

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ten, dass die internationale Doppelbesteuerung eine Beschränkung der Grundfreiheiten darstellt. In dieser Entscheidung hat der EuGH nämlich eine Beeinträchtigung der Grundfreiheiten durch den Ansässigkeitsstaat angenommen, weil durch die Freistellung von ausländischen Einkünften zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung im Ansässigkeitsstaat eine Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse nicht möglich war306. Es wäre insoweit kaum einzusehen, dass der EG-Vertrag den Mitgliedstaaten vorschreibt, in einer bestimmten Weise die Doppelbesteuerung zu vermeiden, die Vermeidung der Doppelbesteuerung selbst aber nicht mit dem Gemeinschaftsrecht begründen kann307. Im Jahre 1998 hat sich der EuGH im Rahmen der Auslegung des Art. 293 2. Spiegelstrich EGV erstmals ausdrücklich zur internationalen Doppelbesteuerung geäußert308. Er stellte in diesem Zusammenhang allerdings nur fest, dass die Beseitigung von Doppelbesteuerung zu den Zielen des Vertrages gehöre, dass Art. 293 2. Spiegelstrich EGV dem Einzelnen aber kein Recht gewähre309. Im Safir-Verfahren aus dem Jahr 1998 war der Abschluss eines Lebensversicherungsvertrages im EG-Ausland gerade deshalb nachteilig, weil die grenzüberschreitende Prämienzahlung sowohl in Schweden beim Versicherungsnehmer als auch im Ausland beim Versicherer der Einkommensbesteuerung unterworfen wurde und die ausländische Belastung bei der schwedischen Steuererhebung nicht vollständig beseitigt wurde310. Diese vom EuGH als „Schwelleneffekt“311 bezeichnete Doppelbelastung sei dazu geeignet, Versicherungsnehmer vom Abschluss eines Versicherungsvertrages mit ausländischen Versicherungsgesellschaften abzuhalten und stelle deshalb eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit (Art. 49 EGV) dar. Ebenso nahm der Gerichtshof in der AMID-Entscheidung eine Beeinträchtigung der Niederlassungsfreiheit (Art. 43 EGV) an, obwohl der Ansässigkeitsstaat die einschlägigen Verlustverrechnungsregelungen diskriminierungsfrei angewandt hatte. Die Schlechterstellung der grenzüberschreitenden Einkünfteerzielung resultierte – was der EuGH übersah – nicht aus einer Diskriminierung, sondern daraus, dass es durch die vom Ansässigkeitsstaat vorgenommene Verlustverrechnung trotz Vereinbarung eines DBA zu einer internationalen Doppelbesteuerung kam312. Ohne ausdrücklich auf die Problematik der Doppelbesteue306 Vgl. EuGH, Urteil v. 14.02.1995, Rs. C-279/93, Slg. 1995, I-225 ff., Rn. 31 ff. – Schumacker. 307 So Wattel, EC Tax Review 2003, 194 (198 f.). 308 EuGH, Urteil v. 12.05.1998, Rs. C-336/96, Slg. 1998, I-2793 ff., Rn. 14 ff. – Gilly. 309 Dazu oben Kapitel D.II.1., S. 95. 310 EuGH, Urteil v. 28.04.1998, Rs. C-118/96, Slg. 1998, I-1897 ff., Rn. 31 ff. – Safir. 311 EuGH, Urteil v. 28.04.1998, Rs. C-118/96, Slg. 1998, I-1897 ff., Rn. 31 – Safir. 312 Schön, StbJb 2003/2004, S. 27 (41); Cordewener, Grundfreiheiten, S. 799 f.

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rung einzugehen, nahm der EuGH eine Beeinträchtigung der Grundfreiheiten an313. Auch dem EuGH-Beschluss in der Rechtssache Mertens314 lag eine dem AMID-Sachverhalt entsprechende Doppelbesteuerungskonstellation zugrunde. Auch hier nahm der EuGH eine Beeinträchtigung der Grundfreiheiten an, ohne die Problematik der Doppelbesteuerung anzusprechen. Jüngst hat der EuGH in der Rechtssache Kerckhaert-Morres deutlicher Stellung bezogen. Er kommt zu dem Ergebnis, dass die unterschiedslose Besteuerung eines Mitgliedstaates keine Diskriminierung darstelle315. Eine Benachteiligung der grenzüberschreitenden Betätigung sieht er aber darin, dass zwei Mitgliedstaaten parallel zueinander ihre Besteuerungsbefugnisse ausüben316. Nach dem gegenwärtigen Stand sehe das Gemeinschaftsrecht allerdings keine allgemeinen Kriterien für die Verteilung von Besteuerungskompetenzen vor317. Die bisherige Rechtsprechung des EuGH zeigt, dass der EuGH die internationale Doppelbesteuerung stets an den Grundfreiheiten gemessen hat. Die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Kerckhaert-Morres hat dies jüngst bestätigt318. Danach stellt die Besteuerung durch zwei Mitgliedstaaten eine Benachteiligung des grenzüberschreitenden Sachverhalts dar319. Zwar hat der EuGH im Ergebnis in der Rechtssache Kerckhaert-Morres einen Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit verneint. Dies ist jedoch nur darauf zurückzuführen, dass Gegenstand des Vorabentscheidungsersuchens lediglich die Frage war, ob Art. 171 Abs. 3 des belgischen Steuergesetzbuchs, wonach in- und ausländische Dividenden einem Steuersatz von 25% unterliegen, gegen die Kapitalverkehrsfreiheit verstoße, weshalb der EuGH nicht darüber entscheiden musste, ob Belgien oder Frankreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung gemeinschaftsrechtlich verpflichtet waren320.

313 EuGH, Urteil v. 14.12.2000, Rs. C-141/99, Slg. 2000, I-11619 ff., Rn. 21 ff. – AMID. 314 EuGH, Beschluss v. 12.09.2002, Rs. C–431/01, Slg. 2002, I-7073 ff. – Mertens. 315 EuGH, Urteil v. 14.11.2006, Rs. C-513/04, Slg. 2006, I-10967 ff., Rn. 17 – Kerckhaert and Morres. 316 EuGH, Urteil v. 14.11.2006, Rs. C-513/04, Slg. 2006, I-10967 ff., Rn. 20 – Kerckhaert and Morres. 317 EuGH, Urteil v. 14.11.2006, Rs. C-513/04, Slg. 2006, I-10967 ff., Rn. 22 – Kerckhaert and Morres. 318 EuGH, Urteil v. 14.11.2006, Rs. C-513/04, Slg. 2006, I-10967 ff., Rn. 20 ff. – Kerckhaert and Morres. 319 EuGH, Urteil v. 14.11.2006, Rs. C-513/04, Slg. 2006, I-10967 ff., Rn. 20 – Kerckhaert and Morres. 320 EuGH, Urteil v. 14.11.2006, Rs. C-513/04, Slg. 2006, I-10967 ff., Rn. 23 – Kerckhaert and Morres; zur Kritik an dieser beschränkten Prüfung vgl. Englisch, IStR 2007, 67 (69).

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(2) Stellungnahme Der Rechtsprechung ist im Ergebnis zuzustimmen. Die auf dem Gebiet der direkten Steuern verursachte internationale Doppelbesteuerung unterscheidet sich nicht von den in anderen Rechtsgebieten vom EuGH als Beschränkung verurteilten Doppelregulierungen. Neben dem Steuerzugriff des Quellenstaates auf einen grenzüberschreitenden Sachverhalt tritt die Besteuerung desselben Sachverhalts durch den Ansässigkeitsstaat. Die internationale Doppelbesteuerung erweist sich für den Bereich des Steuerrechts als der typische Fall einer Doppelregulierung321. Ein solches Verständnis ist Ergebnis einer am Binnenmarktkonzept orientierten Auslegung der Grundfreiheiten. Denn zweifelsfrei stellt die juristische Mehrfachbelastung eines grenzüberschreitenden Wirtschaftsvorgangs ein wesentliches Hindernis für die Verwirklichung des Binnenmarktes i. S. v. Art. 14 Abs. 2 EGV dar. Die doppelte Erfassung durch zwei Staaten führt stets zu einer steuerlichen Belastung, die den Zutritt zu einem anderen Mitgliedstaat erheblich behindert und damit in einem Binnenmarkt i. S. d. Art. 14 Abs. 2 EGV nicht geduldet werden kann. Dies findet Unterstützung in Art. 293 2. Spiegelstrich EGV, der die Mitgliedstaaten zur Vermeidung internationaler Doppelbesteuerung im EG-Binnenmarkt zum Abschluss von DBA verpflichtet. Zu Recht weist GA Colomer deshalb in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache D darauf hin, „dass eine mögliche steuerliche Doppelbelastung desselben Sachverhalts ein überaus ernstes Hindernis für grenzüberschreitendes Handeln der Rechtsträger [. . .] darstellt“ 322. Bereits die Kommission hat in einem Arbeitsdokument deshalb mehrfach auf die Notwendigkeit der Vermeidung von Doppelbesteuerung im Binnenmarkt hingewiesen323. 321 Rädler, StuW 1960, 729 (731); Heydt, EuZW 2000, 33; Schön in: GS KnobbeKeuk, S. 743 (761 u. 773); ders., StbJb 2003/2004, S. 27 (33); Mick in: Birk, Europäisches Steuerrecht, § 24 Rn. 10; Wassermeyer, DStJG Bd. 19 (1996), S. 151 (152 ff.); Herzig, DStJG Bd. 19 (1996), S. 121 (139); Beul IStR 1997, 1 (2 ff.); Thömmes, StbJb 1998/1999, S. 173 (183); Lang, DStJG Bd. 22 (1999), S. 255 (273); Tumpel, DStJG Bd. 23 (2000), 321 (341); Lehner, RIW 2000, 724; ders. in: FS Wassermeyer, S. 241 ff.; Reimer in: Lehner, Grundfreiheiten, S. 39 (57 ff.); Fischer, Primäres Gemeinschaftsrecht, S. 318; Cordewener, Grundfreiheiten, S. 857 ff.; Thiel, EC Tax Review, 2003, 4 (10); Thiel/Achilles, IStR 2003, 530 (534); Englisch, Dividendenbesteuerung, S. 251 ff.; Schönfeld, StuW 2005, S. 158 ff.; ders. in: Wassermeyer/Andresen/ Ditz, Betriebsstättengewinnermittlung, Rn. 1119; ders. in: Flick/Wassermeyer/Baumhoff, Vor § 34c EStG Rn. 2 (57. EL Nov. 2005); ders., StuW 2006, 79 (80); Cordewener/Schnitger, StuW 2006, 50 (56 ff.). Im Ergebnis ebenso allerdings aufgrund eines Diskriminierungsvorwurfs Dautzenberg, Unternehmensbesteuerung, S. 687 f.; ders. DB 1994, 1542 (1544). 322 GA Colomer, Schlussanträge v. 26.10.2004 – Rs. C-376/03, Slg. 2005, I5821 ff., Rn. 85 – D. 323 Mitteilung der Kommission vom 23.10.2001 an den Rat, das Europäische Parlament und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss: „Ein Binnenmarkt ohne

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D. Die Grundfreiheiten des EG-Vertrages

(3) Spezifischer Steuerbelastungsvergleich Ob im materiellen Steuerrecht eine spezifische grenzüberschreitende Beschränkung (Doppelbesteuerung) vorliegt, kann insoweit anhand eines Steuerbelastungsvergleichs vorgenommen werden. Wenn die Steuerbelastung insgesamt höher ist als die Belastung nach nur einer Rechtsordnung, liegt eine spezifische Beschränkung vor324. In die Betrachtung dürfen insoweit aber nur die in- und ausländischen Steuern einbezogen werden, die einander entsprechen. Denn zur Abgrenzung von bloßen Regelungsdisparitäten kann eine beschränkende Doppelregulierung nur bei Steuertatbeständen mit gleicher Regelungsintention angenommen werden. Von einer Äquivalenz der in- und ausländischen Belastung wird dann auszugehen sein, wenn inländische und ausländische Steuer unbeachtlich ihrer Bezeichnung den gleichen Besteuerungsgegenstand erfassen, funktional gleichartig sind und unmittelbar auf die Besteuerung desselben Steuerobjekts abzielen, also letztlich ein Fall juristischer Doppelbesteuerung vorliegt325. cc) Verantwortlichkeit für die Vermeidung internationaler Doppelbesteuerung Letztlich ist aber nicht die Beurteilung der internationalen Doppelbesteuerung als spezifische grenzüberschreitende Beschränkung der Grundfreiheiten problematisch, sondern vielmehr die Frage, welcher der involvierten Staaten für die Beschränkung verantwortlich ist, oder anders formuliert, wer zur Beseitigung der Doppelbesteuerung verpflichtet ist. Denn anders als bei der Diskriminierungsprüfung besteht hier eine „Gesamtschuld“ 326 der Mitgliedstaaten, da diese gleichzeitig auf dasselbe Steuerobjekt zugreifen. Im Folgenden soll daher der Frage nachgegangen werden, welcher der beteiligten Staaten für die Beschränkung verantwortlich ist, also die Doppelbesteuerung zu vermeiden und deshalb die finanziellen Lasten zu tragen hat. (1) Vorgaben durch Grundfreiheiten Früh ist die Ansicht vertreten worden, dass der Wortlaut der Grundfreiheiten darüber Aufschluss gebe, welcher Mitgliedstaat auf sein Besteuerungsrecht zu steuerliche Hindernisse – Strategie zur Schaffung einer konsolidierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage für die grenzüberschreitende Unternehmenstätigkeit in der EU“, KOM(2001) 582 endg., S. 395, 478 u. 486; vgl. zur Bedeutung der Vermeidung der Doppelbesteuerung für den Binnenmarkt oben Kapitel D.I., S. 92 ff. 324 Vgl. Reimer in: Lehner, Grundfreiheiten, S. 39 (58). 325 Vgl. zum Begriff der juristischen Doppelbesteuerung oben Kapitel B., S. 24 f. 326 Thömmes, StbJb 1998/1999, S. 173 (183).

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verzichten habe, also die Doppelbesteuerung beseitigen müsse327. Aus den als Inländergleichbehandlungsgeboten formulierten Arbeitnehmerfreizügigkeit (Art. 39 Abs. 3 lit. c EGV), Niederlassungsfreiheit (Art. 43 S. 3 EGV) und Dienstleistungsfreiheit (Art. 50 S. 3 EGV) lasse sich schließen, dass die grenzüberschreitende Aktivität sich nach den rechtlichen Bedingungen des Bestimmungsstaates zu richten habe. Der Ansässigkeitsstaat sei deshalb zur Vermeidung der Doppelbesteuerung verpflichtet. Diese am Wortlaut der Grundfreiheiten orientierte Verantwortungszuweisung kann aus mehreren Gründen nicht überzeugen328. Sie basiert allein auf dem Wortlaut der Personenverkehrsfreiheiten und kann damit eine Verantwortungszuweisung im Bereich der Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 56 Abs. 1 EGV) und Warenverkehrsfreiheit (Artt. 28 f. EGV) nicht begründen. Denn diese sind ganz allgemein als Beschränkungsverbote formuliert. Zudem übersieht dieser Ansatz, dass die Grundfreiheiten dem Ansässigkeitsstaat eine entsprechende Verpflichtung zur Gleichbehandlung auferlegen. Der Ansässigkeitsstaat muss den grenzüberschreitend Tätigen mit dem entsprechend innerstaatlich Tätigen gleichstellen, denn die Grundfreiheiten haben sich über das Inländergleichbehandlungsgebot zu umfänglichen Diskriminierungsverboten entwickelt329. Der Ansässigkeitsstaat ist infolgedessen wie der Quellenstaat zur Gleichbehandlung verpflichtet und kann deshalb gleichermaßen das Recht zur Besteuerung für sich in Anspruch nehmen. Außerdem ist nicht nachvollziehbar, warum zunächst eine Beschränkung in Form der Doppelregulierung der Grundfreiheiten durch eine Besteuerung zweier Staaten konstatiert wird, und dann in einem zweiten Schritt zur Begründung einer Verantwortlichkeit auf das in den Grundfreiheiten enthaltene Inländergleichbehandlungsgebot als Diskriminierungsverbot zurückgegriffen wird330. (2) Prinzip der gegenseitigen Anerkennung Um eine Verantwortlichkeit für die Vermeidung von Doppelbesteuerung zu begründen, greift Schönfeld auf das in der EuGH-Judikatur zu den Grundfreiheiten entwickelte Prinzip der gegenseitigen Anerkennung zurück331. Für den Bereich des Steuerrechts habe der EuGH in einer Rechtsprechungslinie aufge327 Dautzenberg, DB 1994, 1542 ff.; ders., Unternehmensbesteuerung, S. 690 f.; Wattel, ET 1996, 156 ff.; Terra/Wattel, European Tax Law, S. 83. 328 So im Ergebnis auch Lehner, RIW 2000, 724. 329 Dazu oben Kapitel D.V.2., S. 116 ff. 330 Englisch, Dividendenbesteuerung, S. 257. 331 Schönfeld, Hinzurechnungsbesteuerung, S. 74 ff.; ders., StuW 2005, 158 (160 f.); ders., ET 2004, 441 (443 ff.); ders. in: Flick/Wassermeyer/Baumhoff, Vor § 34c EStG Rn. 3 (57. EL Nov. 2005); ders., StuW 2006, 79 (81).

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D. Die Grundfreiheiten des EG-Vertrages

zeigt332, dass es dem Ansässigkeitsstaat nicht erlaubt sei, das jeweilige Steuerniveau des Quellenstaates zum Anlass für beschränkende Maßnahmen zu nehmen. Der Ansässigkeitsstaat habe dieses anzuerkennen. Im Gegensatz zur Rechtsprechung des EuGH, wonach im Zusammenhang mit dem allgemeinen Anerkennungsgrundsatz bisher immer nur der Bestimmungsstaat zur Anerkennung verpflichtet wurde, obliegt nach Schönfeld damit im Bereich der direkten Steuern die Verpflichtung zur Anerkennung beim Herkunftsstaat. Diesem Ansatz folgend ist grundsätzlich der Mitgliedstaat zur Vermeidung der Doppelbesteuerung verpflichtet, von dem aus die wirtschaftliche Betätigung erfolgt. Zwar hat der EuGH in der Vergangenheit mehrfach zur Lösung von (außersteuerlichen) Doppelregulierungsfällen auf das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung zurückgegriffen. So hat er u. a. in der Rechtssache Cassis de Dijon geurteilt, dass der Bestimmungsstaat die vom Herkunftsstaat beurteilte Verkehrsfähigkeit eines Produkts grundsätzlich anzuerkennen habe mit der Folge, dass er nicht zusätzliche rechtliche Anforderungen an die Verkehrsfähigkeit stellen dürfe333. In der Denkavit-Entscheidung äußerte sich der EuGH dahingehend, dass der Bestimmungsstaat die vom Herkunftsstaat durchgeführten Qualitätskontrollen prinzipiell als gleichwertig anerkennen müsse und keine entsprechenden Kontrollen bei der Einfuhr auferlegen dürfe334. Das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung lässt sich in sinnvoller Weise jedoch nicht auf den Bereich des Ertragssteuerrechts übertragen335. Dem Prinzip der gegenseitigen Anerkennung liegt der Gedanke zugrunde, dass dem nationalen Regelungsinteresse eines Mitgliedstaates bereits in ausreichender Form durch Maßnahmen eines anderen Mitgliedstaates Rechnung getragen wird336. Es nimmt also an, dass das Regelungsbedürfnis eines Mitgliedstaa-

332 So Schönfeld in: Flick/Wassermeyer/Baumhoff, Vor § 34c EStG Rn. 3 (57. EL Nov. 2005), der insbesondere folgende Urteile anführt: EuGH, Urteil v. 11.03.2004, Rs. C-9/02, Slg. 2004, I-2409 ff., Rn. 59 – de Lasteryie du Saillant; EuGH, Urteil v. 26.06.2003, Rs. C-422/01, Slg. 2003, I-6817 ff., Rn. 52 f. – Skandia; EuGH, Urteil v. 12.12.2002, Rs. C-324/00, Slg. 2002, I-11779 ff., Rn. 36 – Lankhorst-Hohorst; EuGH, Urteil v. 03.10.2002, Rs. C-136/00, Slg. 2002, I-8147 ff., Rn. 56 – Danner; EuGH, Urteil v. 08.03.2001, Rs. C-397/98 u. C-410/98, Slg. 2001, I-1727 ff., Rn. 52 ff. – Metallgesellschaft u. a.; EuGH, Urteil v. 06.06.2000, Rs. C-35/98, Slg. 2000, I4071 ff., Rn. 61 – Verkooijen; EuGH, Urteil v. 26.10.1999, Rs. C-294/97, Slg. 1999, I7447 ff., Rn. 44 – Eurowings; EuGH, Urteil v. 21.09.1999, Rs. C-307/97, Slg. 1999, I-6181 ff., Rn. 49 f. – Saint Gobain; EuGH, Urteil v. 16.07.1998, Rs. C-264/96, Slg. 1998, I-4695 ff., Rn. 28 – ICI. 333 EuGH, Urteil v. 10.02.1979, Rs. 120/78, Slg. 1979, 649 ff. – Cassis de Dijon. 334 EuGH, Urteil v. 12.03.1987, Rs. 251/78, Slg. 1979, 3369 ff., Rn. 11 – Denkavit; ebenso z. B. EuGH, Urteil v. 17.12.1981, Rs. 279/80, Slg. 1981, 3305 ff., Rn. 17 – Webb; EuGH, Urteil v. 12.03.1987, Rs. 178/84, Slg. 1987, 1227 ff., Rn. 30 ff. – Kommission/Deutschland. 335 So auch Lehner, FS Wassermeyer, S. 241 (258). 336 Vgl. Cordewener, Grundfreiheiten, S. 847.

V. Gewährleistungsgehalt der Grundfreiheiten

163

tes bereits durch die Regelung des anderen Mitgliedstaates befriedigt ist, so dass es einer weiteren Reglementierung grundsätzlich nicht (mehr) bedarf. In diesem Sinne hat der EuGH in der Rechtssache Webb ausgeführt, dass eine Beeinträchtigung der Grundfreiheit dann nicht vorliegt, wenn dem Interesse des zusätzlich auf den Vorgang regulierend einwirkenden Mitgliedstaates „nicht bereits durch die Rechtsvorschriften Rechnung getragen ist, denen der Leistungsbringer in dem Staat unterliegt, in dem er ansässig ist“337. Eine Übertragung dieses Prinzips auf den Bereich der direkten Steuern ist kaum möglich. Der Besteuerungszugriff des Staates geschieht allein zur Sicherung einer ausreichenden Finanzausstattung. Ein solches Interesse des Herkunftsstaates kann durch Anerkennung der Besteuerung im Quellenstaat aber nicht gewahrt werden, da durch die Besteuerung im Quellenstaat das Bedürfnis des Ansässigkeitsstaates nach einem ausreichenden Steueraufkommen nicht als befriedigt angesehen werden kann. Die von Schönfeld angeführte Rechtsprechung betraf zudem stets Diskriminierungskonstellationen. Wenn der EuGH insoweit urteilte, dass der Ansässigkeitsstaat die Besteuerung im Quellenstaat nicht zum Anlass für diskriminierende Beschränkungen nehmen dürfe, hat er damit nicht eine prinzipielle Verantwortlichkeit des Ansässigkeitsstaates begründen wollen, sondern lediglich dem für Diskriminierungsprüfungen typischen Kompensationsverbot besonderen Ausdruck verliehen. Denn wie bereits festgestellt338, müssen bei der grundfreiheitlichen Beurteilung die durch andere Steuerjurisdiktionen gewährten Vorteile ausgeblendet werden. Der von Schönfeld behaupteten Rechtsprechungslinie des EuGH steht zudem die zu Art. 293 2. Spiegelstrich EGV ergangene Rechtsprechung entgegen. Danach ist es den Mitgliedstaaten überlassen, die erforderlichen Vereinbarungen zur Vermeidung internationaler Doppelbesteuerung selbst zu treffen. Dies impliziert das Recht der Mitgliedstaaten, souverän über die Aufteilung von Besteuerungsrechten zu entscheiden. Dieses Verständnis hat der EuGH in der Gilly-Entscheidung zum Ausdruck gebracht, in der er formuliert, dass in Ermangelung gemeinschaftsrechtlicher Vereinheitlichungs- und Harmonisierungsmaßnahmen, insbesondere aus Art. 293 2. Spiegelstrich EGV, die Mitgliedstaaten die Kriterien für die Aufteilung ihrer Steuerhoheit untereinander selbst festlegen können339. Diese Entscheidung hat jüngst in den Entscheidungen Kerckhaert-Morres und Test Claimants Thin Cap Group Litigation Bestätigung gefunden. Hier 337

EuGH, Urteil v. 17.12.1981, Rs. 279/80, Slg. 1981, 3305 ff., Rn. 17 – Webb. Dazu oben Kapitel D.V.2.d)aa), S. 123 f. 339 EuGH, Urteil v. 12.05.1998, Rs. C-336/96, Slg. 1998, 2793, Rn. 30; bestätigend EuGH, Urteil v. 21.09.1999, Rs. C-307/97, Slg. 1999, I-6161 ff., Rn. 56 f. – SaintGobain; EuGH, EuGH, Urteil v. 12.12.2002, Rs. C-385/00, Slg. 2002, I-11819 ff., Rn. 9 – de Groot; jüngst EuGH, Urteil v. 05.07.2005, Rs. C-376/03, Slg. 2005, I5821 ff., Rn. 52 f. – D m.w.N. 338

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D. Die Grundfreiheiten des EG-Vertrages

urteilte der EuGH, dass es Sache der Mitgliedstaaten sei, die zur Vermeidung von Doppelbesteuerungen erforderlichen Maßnahmen zu treffen und dabei auch die in der internationalen Besteuerungspraxis befolgten Verteilungskriterien einschließlich des OECD-MA heranzuziehen340. Nähme man eine primäre Verpflichtung des Ansässigkeitsstaates (Herkunftsstaates) an, würde dies außerdem zu einer Einschränkung der Souveränität derjenigen Mitgliedstaaten führen, die in hohem Maße als Herkunftsstaat Verpflichtete der Grundfreiheiten sind. Diese wären einem stärkeren Druck zum Abschluss von DBA ausgesetzt. Von einer souveränen Entscheidung der Mitgliedstaaten kann dann nicht mehr gesprochen werden. Es ist daher der herrschenden Ansicht und der EuGH-Rechtsprechung341 zuzustimmen, wonach das Primärrecht keine Vorgaben darüber enthält, welcher Mitgliedstaat die internationale Doppelbesteuerung zu vermeiden hat342. (3) Andere Erwägungen Es stellt sich allerdings die Frage, ob sich eine Verantwortlichkeit aus anderen Erwägungen herleiten lässt. Teilweise wird vertreten, dass eine klare Verantwortungszuteilung im Fall der internationalen Doppelbesteuerung auch aufgrund anderer Überlegungen nicht vorgenommen werden kann343. Es träfe beide involvierten Mitgliedstaaten eine gemeinsame Verantwortung, die aber nicht eine Gesamtschuld dahingehend begründe, dass sich der Markteilnehmer effektiv gegenüber einem der Mitgliedstaaten auf die Beseitigung der internationalen Doppelbesteuerung berufen könne. Das Problem der Doppelbesteuerung ließe sich deshalb wirksam nur im Wege der Harmonisierung beseitigen344. 340 EuGH, Urteil v. 14.11.2006, Rs. C-513/04, Slg. 2006, I-10967 ff., Rn. 23 – Kerckhaert and Morres; EuGH, Urteil v. 13.03.2007, Rs. C-524/04, Slg. 2007, I2107 ff., Rn. 49 – Test Claimants Thin Cap Group Litigation. 341 EuGH, Urteil v. 12.05.1998, Rs. C-336/96, Slg. 1998, I-2793 ff. Rn. 30 – Gilly; EuGH, Urteil v. 14.11.2006, Rs. C-513/04, Slg. 2006, I-10967 ff., Rn. 23 – Kerckhaert and Morres; EuGH, Urteil v. 13.03.2007, Rs. C-524/04, Slg. 2007, I-2107 ff., Rn. 49 – Test Claimants Thin Cap Group Litigation. 342 Schön, StbJb 2003/2004, S. 27 (39 ff.); Hey, Unternehmensbesteuerung, S. 152; dies. in: Laier/Reimer u. a., Europäisches Gesellschafts- und Steuerrecht, S. 295 (308); dies. in: Herrmann/Heuer/Raupach EStG/KStG, Einf. KStG Rn. 124 m.w. N. (196. EL Sept. 1999); Cordewener, Grundfreiheiten, S. 880 ff.; Englisch, Dividendenbesteuerung, S. 256 ff.; Reimer in: Lehner, Grundfreiheiten, S. 39 (58); Herzig in: GS KnobbeKeuk, S. 627 (637). 343 Reimer in: Lehner, Grundfreiheiten, S. 39 (58); ebenso Lehner, DStJG Bd. 23 (2000), S. 263 (275); ders., RIW 2000, 724; ders., IStR 2001, 336; Baßler; IStR 2005, 820 (825 ff.); Rehm/Feyerabend/Nagler, IStR 2007, 7 (12). 344 So Reimer in: Lehner, Grundfreiheiten, S. 39 (59); Lehner, DStJG Bd. 23 (2000), S. 263 (267).

V. Gewährleistungsgehalt der Grundfreiheiten

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Dieser Ansatz steht im Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH zu Art. 293 2. Spiegelstrich EGV. Er führt allerdings zu einer Doppelverantwortlichkeit, die es den beteiligten Hoheitsträgern erlaubt, sich mit Verweis auf den anderen Mitgliedstaat der (Gesamt-)Verantwortung zu entziehen. Ein Zustand, der im Hinblick auf das die Grundfreiheiten maßgeblich prägende Binnenmarktkonzept des EG-Vertrages nicht hingenommen werden kann. Insbesondere Art. 293 2. Spiegelstrich EGV zeigt, dass auch die Vermeidung der internationalen Doppelbesteuerung durch Vereinbarung von DBA als ein wesentliches Element zur Verwirklichung des Binnenmarktes angesehen werden muss345. Sollen die Grundfreiheiten ihrem Sinn und Zweck nach in der Tat zur Verwirklichung des Binnenmarktes beitragen, bedarf es deshalb einer konkreten Zuweisung der Verantwortlichkeit für die Doppelbesteuerung346. Tatsächlich hat der EuGH in der Vergangenheit bewiesen, dass er auch im Fall fehlender primärrechtlicher Vorgaben gewillt ist, Verantwortlichkeiten zu „verteilen“, sofern dies seiner Ansicht nach zur Verwirklichung des Binnenmarktes notwendig war. Dies zeigt die Rechtsprechung des EuGH zu kumulierenden Abgaben im Bereich der Umsatzsteuer347. Hier hat er die Verantwortungsfrage im Rahmen von Doppelbesteuerungskonstellationen durch Rückgriff auf die Systematik der 6. EG-Richtlinie gelöst und dem Bestimmungsstaat die Pflicht zur Beseitigung der Doppelbesteuerung auferlegt. Gleiches lässt sich in Bezug auf kumulierende Effekte im Bereich der Sozialabgaben feststellen. Dort hat der EuGH unter Hinweis auf das einschlägige Sekundärrecht den Herkunftsstaat dazu verpflichtet, seinen Regulierungsanspruch zurückzunehmen348. Der EuGH hat in diesen Bereichen die Verantwortlichkeiten aus der Systematik des einschlägigen Sekundärrechts abgeleitet und so eine Lösung gefunden, die sich stimmig in das jeweilige Regelungssystem einfügt. Letztlich erweist sich auch die Schumacker-Rechtsprechung des EuGH im Rahmen der Einkommensbesteuerung als eine Zuweisung von Verantwortlichkeiten und zwar für den Fall der doppelten steuerlichen Nichtberücksichtigung von persönlichen Lebensverhältnissen. Ganz pragmatisch und unter Berücksichtigung einer vermeintlichen Praxis im internationalen Steuerrecht entschied der EuGH hier, dass für die Berücksichtigung persönlicher Verhältnisse grundsätz-

345 Bröhmer in: Calliess/Ruffert EUV/EGV, Art. 293 EGV, Rn. 7; Hatje in: Schwarze EUV/EGV, Art. 293 EGV Rn. 6. 346 Schön in: GS Knobbe-Keuk, S. 743 (762); Spengel, Int. Unternehmensbesteuerung, S. 252 f.; Thömmes, StbJb 1998/99, S. 173 (191). 347 EuGH, Urteil v. 21.05.1985, Rs. 47/84, Slg. 1985, 1491 ff., Rn. 21 ff. – Schul II, vgl. hierzu auch oben Kapitel D.V.3.c)bb)(1), S. 155 ff. 348 EuGH, Urteil v. 15.02.2000, Rs. C-34/98, Slg. 2000, I-995 ff., Rn. 31 ff. u. 46 ff. – Kommission/Frankreich; EuGH, Urteil v. 15.02.2000, Rs. C-169/98, Slg. 2000, I-1049 ff., Rn. 29 ff. u. 42 ff. – Kommission/Frankreich; vgl. dazu oben Kapitel D.V.3.c)bb)(1), S. 155 ff.

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D. Die Grundfreiheiten des EG-Vertrages

lich der Wohnsitzstaat verantwortlich sei349. Es stellt sich deshalb die Frage, anhand welcher Erwägungen außerhalb des Primärrechts eine Verantwortlichkeit abgeleitet werden kann. (a) Sekundäres Gemeinschaftsrecht Zunächst könnte eine Verantwortungszuweisung – entsprechend der Rechtsprechung des EuGH im Umsatzsteuer- bzw. Sozialversicherungsrecht – aus dem sekundären Gemeinschaftsrecht abgeleitet werden. Zu denken ist an die Mutter-Tochter-Richtlinie,350 die Zins- und Lizenzrichtlinie, 351 die Zinsrichtlinie352 sowie die Fusionsrichtlinie353. Es bedarf allerdings zur Ableitung einer Verantwortlichkeit außerhalb des Anwendungsbereichs der Richtlinien eines abgeschlossenen Systems, wie es beispielsweise durch die 6. EG-Richtlinie für den Bereich des Mehrwertsteuerrechts geschaffen wurde. Es ist nicht möglich, aus dem eng begrenzten Sekundärrecht im Bereich der direkten Steuern die Frage der Verantwortlichkeit systematisch herzuleiten. Das Sekundärrecht bildet nämlich kein abgeschlossenes System, aus dem ein Rückschluss auf allgemeine Erhebungsprioritäten möglich ist. Den Richtlinien kann daher nur entnommen werden, welcher Staat im Rahmen des Anwendungsbereichs der Richtlinie zur Vermeidung der Doppelbesteuerung verpflichtet ist354. (b) DBA und Grundsatz der Gemeinschaftstreue In Ermangelung von Verantwortungszuteilungen aufgrund des Primärrechts und aufgrund eines fehlenden, aus dem Sekundärrecht ableitbaren Besteuerungssystems, wird insbesondere von Schön vorgeschlagen, außerhalb des Anwendungsbereichs der Richtlinien ersatzhalber auf die zwischen den Mitgliedstaaten vereinbarten Doppelbesteuerungsabkommen und deren Zuteilungssystematik zurückzugreifen355. Die völkerrechtlich vereinbarte Allokation des Steuergegenstandes sei gemeinschaftsrechtlich zu akzeptieren. Keine Aussage macht Schön allerdings zu der Frage, warum letztlich die Aufteilung auch gemeinschafsrechtlich durchsetzbar sein soll.

349

Dazu oben Kapitel D.V.2.d)bb)(2), S. 128 ff. Siehe hierzu Fn. 10 des Kapitels D. 351 Siehe hierzu Fn. 11 des Kapitels D. 352 Siehe hierzu Fn. 12 des Kapitels D. 353 Siehe hierzu Fn. 13 des Kapitels D. 354 In diesem Sinne EuGH, Urteil v. 14.11.2006, Rs. C-513/04, Slg. 2006, I10967 ff., Rn. 22 – Kerckhaert and Morres. 355 Schön in: GS Knobbe-Keuk, S. 743 (762). 350

V. Gewährleistungsgehalt der Grundfreiheiten

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Einen Lösungsansatz bietet hier der Grundsatz der Gemeinschaftstreue, der seine spezielle Ausprägung in Art. 10 EGV gefunden hat356. Haben sich zwei Mitgliedstaaten auf ein bestimmtes DBA in Erfüllung der ihnen nach Art. 293 2. Spiegelstrich EGV obliegenden Verpflichtung völkerrechtlich wirksam geeinigt, so gebietet es die Gemeinschaftstreue, das abgeschlossene DBA einzuhalten357. Den DBA kommt damit über Art. 10 EGV die gemeinschaftsrechtliche Funktion zu, Beschränkungen durch internationale Doppelbesteuerung abzubauen und damit zugleich die Verwirklichung der Grundfreiheiten zu gewährleisten. Der allgemeine Rechtsgrundsatz „pacta sunt servanda“ gilt damit nicht nur auf der Ebene des Völkerrechts, sondern findet parallel dazu über den Grundsatz der Gemeinschaftstreue Eingang in das Gemeinschaftsrecht358. Über den Grundsatz der Gemeinschaftstreue lassen sich demnach die Verantwortlichkeiten für die Vermeidung internationaler Doppelbesteuerung aus den Doppelbesteuerungsabkommen und den dort etablierten Verteilungsnormen der Artt. 6 bis 22 OCED-MA ableiten359. Da das Netz von DBA zwischen den Mitgliedstaaten der EU gegenwärtig nahezu lückenlos geknüpft ist, wird sich regelmäßig eine Verantwortlichkeit ausmachen lassen. Besteht kein DBA zwischen den Staaten, kann oben genannter Ansatz die Problematik nicht auflösen. Nichtsdestotrotz kann die Verwirklichung der Grundfreiheiten nicht von dem Vorliegen eines DBA abhängig gemacht werden. Denn wie der EuGH in der Rechtssache Überseering ausgeführt hat, kann die Inanspruchnahme der Grundfreiheiten nicht vom dem Abschluss von Übereinkünften i. S. v. § 293 EGV abhängig sein360. In den von DBA nicht erfassten Fällen können äquivalenztheoretische Gründe es nahe legen, dem jeweiligen Quellenstaat ein Vorrecht beim Besteuerungszu356 Die sog. Gemeinschaftstreue betrifft insbesondere auch die Beziehungen der Mitgliedstaaten untereinander, vgl. EuGH, Urteil 10.07.1980, Rs. 32/79, Slg. 1980, 2403 ff., Rn. 46 ff. – Kommission/Vereinigtes Königreich; EuGH, Urteil v. 27.09.1988, Rs. 235/87, Slg. 1988, 5589 ff., Rn. 19 – Mateucci; Zuleeg in: von der Groeben/Thiesing/Ehlermann EUV/EGV, Art. 5 EGV Rn. 2 ff.; von Bogdandy in: Grabitz/Hilf EUV/EGV, Art. 10 EGV Rn. 51 (20. EL Aug. 2002); Lenz in: Lenz/Borchardt EUV/ EGV, Art. 10 EGV Rn. 4. 357 Seer, IStR 1997, 520 (522); Kraft/Robra, RIW 2005, 257 (252); Englisch, Dividendenbesteuerung, S. 257 ff.; ders., IStR 2007, 67 (69). 358 Cordewener, Grundfreiheiten, S. 882 f. 359 Bereits in den Rechtssachen AMID (EuGH, Urteil v. 14.12.2000, Rs. C-141/99, Slg. 2000, I-11619 ff., Rn. 21 – AMID) und Mertens (EuGH, Beschluss v. 12.09.2002, Rs. C-431/01, Slg. 2002, I-7073 ff. – Mertens) kam der EuGH nicht wissend, dass den Sachverhalten eine Doppelbesteuerungsproblematik zugrunde lag, zu dem Ergebnis, dass der Staat, der nach dem jeweils einschlägigen DBA zur Vermeidung der Doppelbesteuerung verpflichtet war, die benachteiligende (doppelte) Besteuerung zu unterlassen habe (vgl. AMID: Art. 23 Abs. 2 Nr. 1 DBA Belgien-Luxemburg, Mertens: Art. 23 Abs. 2 Nr. 1 DBA Belgien-Deutschland). 360 EuGH, Urteil v. 05.11.2002, Rs. C-208/00, Slg. 2002, I-9919 ff., Rn. 55 – Überseering.

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D. Die Grundfreiheiten des EG-Vertrages

griff zuzuerkennen und damit korrespondierend primär den Herkunftsstaat zur Beseitigung einer etwaigen Doppelbesteuerung heranzuziehen361. Teilweise wird deshalb vertreten, dass die Verantwortung umso größer sein müsse, je größer der Beitrag des Quellenstaates zur Erwirtschaftung der Einkünfte und je intensiver der Inlandsbezug der Einkünfte ist362. Die gerechte Aufteilung des Steueraufkommens zwischen den Staaten ist allerdings höchst umstritten und im Einzelfall nicht einfach zu bestimmen363. Die Zuordnung von Besteuerungsgütern lässt sich dementsprechend gerichtlich kaum präjudizieren. Aus Gründen der Rechtssicherheit sollte deshalb auf das OECD-MA zurückgegriffen werden364. Die Verteilungsnormen des OECD-MA werden insbesondere durch das Betriebsstätten-, Kassenstaats- und Belegenheitsprinzip und damit im Wesentlichen durch äquivalenztheoretische Erwägungen bestimmt365. In der Entscheidung Schumacker366 hat sich der EuGH von ähnlich praktischen Erwägungen leiten lassen. Entsprechend hat der EuGH in den Entscheidungen van Hilten – van der Heijden367 und N368 ausgeführt, dass es für die Mitgliedstaaten nicht abwegig ist, sich für die Zwecke der Aufteilung der Steuerhoheit an der völkerrechtlichen Praxis und dem von der OECD erarbeiteten Musterabkommen zu orientieren369. Im Fall Gilly hat er zudem die nach dem Kassenstaatsprinzip vorgenommene Aufteilung der Besteuerungsrechte begrüßt370. Will man auch diesen Weg nicht gehen, bleibt zur Verwirklichung des Binnenmarktes nach einem Vorschlag von Beul letztlich nur die Möglichkeit, dem Steuerpflichtigen ein Wahlrecht zu geben, nach welcher Steuerrechtsordnung er

361

Weiser, Rechtsprechung, S. 235 f. Zur Frage internationaler Verteilungsgerechtigkeit vgl. Burmester, StuW 1993, 221 (228 ff.); Hey, Unternehmensbesteuerung, S. 161 ff.; dies., IWB, Fach 3 Gruppe 1, 2003 (2004 f.); Cordewener/Schnitger, Stuw 2005, 50 (57). 363 Vogel in: Vogel/Lehner DBA, Einl. OECD-MA Rn. 14. 364 Dahingehend Cordewener, der allerdings dafür zur Voraussetzung macht, dass die beteiligten Staaten in der Vergangenheit durch Abschluss von Abkommen die Systematik des OECD-MA adaptiert haben, vgl. Cordewener, Grundfreiheiten, S. 880 ff.; Cordewener/Schnitger, StuW 2006, 50 (57), was allerdings wohl stets der Fall sein dürfte; Kofler, DBA und EG-Recht, S. 251 ff. 365 Vgl. OECD-Kommentar Art. 6, Rn. 1; Art. 7, Rn. 3; Art. 10, Rn. 31; Art. 11, Rn. 24; Art. 12, Rn. 20; Art. 13, Rn. 22; Art. 14, Rn. 3; Hey in: Herrmann/Heuer/ Raupach EStG/KStG, Einf. KStG Rn. 124 (196. EL Sept. 1999). 366 Dazu oben Kapitel D.V.2.d)bb)(2), S. 128. 367 EuGH, Urteil v. 23.02.2006, Rs. C-513/03, Slg. 2006, I-1957 ff., Rn. 48 – van Hilten-van der Heijden. 368 EuGH; Urteil v. 07.09.2006, Rs. C-470/04, Slg. 2006, I-7409 ff. Rn. 45 – N. 369 Dahingehend auch EuGH, Urteil v. 14.11.2006, Rs. C-513/04, Slg. 2006, I10967 ff., Rn. 23 – Kerckhaert and Morres; EuGH, Urteil v. 13.03.2007, Rs. C-524/ 04, Slg. 2007, I-2107 ff., Rn. 49 – Test Claimants Thin Cap Group Litigation. 370 EuGH, Urteil v. 12.05.1998, Rs. C-336/96, Slg. 1998, I-2793 ff. Rn. 31 – Gilly. 362

V. Gewährleistungsgehalt der Grundfreiheiten

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besteuert werden möchte371. Dieses Ergebnis erscheint jedenfalls nicht unbillig, da die Staaten in diesem Fall ihrer Verpflichtung aus Art. 293 2. Spiegelstrich EGV nicht nachgekommen sind. Von seinem Wahlrecht könnte der Steuerpflichtige dann durch Einlegung von Rechtsmitteln in dem vom ihm ausgewählten Mitgliedstaat Gebrauch machen. (4) Dreieckssachverhalte Bezieht ein Steuerpflichtiger im Rahmen eines Dreieckssachverhalts über eine ausländische Betriebsstätte i. S. v. Art. 5 OECD-MA Einkünfte aus einem Drittstaat (Quellenstaat), kann es trotz des dichten Netzes von DBA im EG-Binnenmarkt zu einer kumulierenden Besteuerung dieser Einkünfte im Dritt- und Betriebsstättenstaat kommen. Denn über Zuordnungsregeln i. S. v. Art. 10 Abs. 4, Art. 11 Abs. 4 und Art. 12 Abs. 3 OECD-MA werden der Betriebsstätte auch Drittstaateneinkünfte in Form von Zinsen, Dividenden und Lizenzgebühren zugewiesen, für die dem Betriebsstättenstaat im Verhältnis zum Ansässigkeitsstaat das Besteuerungsrecht gem. Art. 7 OECD-MA verbleibt. Obwohl den Betriebsstätten insoweit Steuersubjektqualität zukommt, sind Betriebsstätten in der Regel – was allgemein als Schwäche der meisten Abkommen angesehen wird372 – nicht abkommensberechtigt373. Die fehlende Abkommensberechtigung führt dazu, dass hinsichtlich dieser Drittstaateneinkünfte das DBA zwischen dem Betriebsstätten- und Drittstaat nicht anwendbar ist. Die Frage, welcher der beiden Staaten für die Vermeidung der Doppelbesteuerung gemeinschaftsrechtlich verantwortlich ist, lässt sich in diesen Fällen deshalb auch nicht anhand eines bilateral vereinbarten Besteuerungsverzichts im oben vorgeschlagenen Sinne beantworten374. Einen Lösungsweg könnte hier das in Art. 24 Abs. 3 OECD-MA normierte Betriebsstättendiskriminierungsverbot bereitstellen, welches – nachdem nunmehr auch im neuen DBA Österreich eine entsprechende Regelung vorgesehen ist375 – Bestandteil sämtlicher deutscher „Inter se“-Abkommen ist376. Das Betriebsstättendiskriminierungsverbot räumt Betriebsstätten eine partielle Abkommensberechtigung ein, indem es eine ungünstigere Besteuerung von Betriebs371

So Beul, IStR 1997, 1 (4). So bspw. Kommission in ihrer Mitteilung vom 23.10.2001 an den Rat, das Europäische Parlament und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss: „Ein Binnenmarkt ohne steuerliche Hindernisse – Strategie zur Schaffung einer konsolidierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage für die grenzüberschreitende Unternehmenstätigkeit in der EU“, KOM(2001) 582 endg., S. 398 f. 373 Vgl. nur Prokisch in: Vogel/Lehner DBA, Art. 1 OECD-MA Rn. 7 ff. 374 Dazu oben Kapitel D.V.3.c)cc)(3)(b), S. 166 ff. 375 Vgl. Art. 24 Abs. 3 DBA Österreich. 376 Vgl. Übersicht Rust in: Vogel/Lehner DBA, Art. 24 OECD-MA Rn. 125. 372

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D. Die Grundfreiheiten des EG-Vertrages

stätten ausländischer Unternehmen gegenüber inländischen Unternehmen verbietet. Umstritten ist insoweit allerdings, ob aufgrund des Betriebsstättendiskriminierungsverbots des Art. 24 Abs. 3 OECD-MA der Betriebsstättenstaat auch dazu verpflichtet ist, die mit einem Drittstaat abgeschlossenen DBA bei der Besteuerung der Betriebsstätte zu berücksichtigen377. Fraglich ist also, ob zugunsten der Betriebsstätte des Gebietsfremden auch das jeweils einschlägige DrittstaatenDBA zur Anwendung gelangen muss. Die hierzu ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung des BFH ist nicht einheitlich378, wobei der BFH das Gemeinschaftsrecht bisher bei der Beantwortung dieser Frage nicht mit in die Beurteilung einbezogen hat. Über Art. 10 EGV könnte das Betriebsstätten-Diskriminierungsverbot dahingehend „aktiviert“ werden, dass der Betriebsstättenstaat bei der Besteuerung der Betriebsstätte auch das Drittstaaten-DBA mit einbeziehen muss. Mittelbar käme man dann zur Anwendung des Drittstaaten-DBA und könnte die Verantwortlichkeit für die Vermeidung der Doppelbesteuerung anhand dessen zuteilen. Der EuGH urteilte in der Rechtssache Saint Gobain bereits über einen entsprechenden Dreieckssachverhalt. Er löste die Problematik dann allerdings ohne Rückgriff auf das Betriebsstättendiskriminierungsverbot379. Unter Fortführung seiner avoir fiscal-Entscheidung380 und unter Rückgriff auf das Inländergleichbehandlungsgebot verpflichtete der EuGH den Mitgliedstaat dazu, der nicht abkommensberechtigten Betriebsstätte diejenigen DBA-Vergünstigungen einzuräumen, welche den Gebietansässigen zuteil werden381. Die fehlende Abkommensberechtigung der Betriebsstätte verstieß damit nach Ansicht des EuGH gegen das grundfreiheitliche Inländergleichbehandlungsgebot. Dies hatte im konkreten Fall zur Folge, dass der Betriebsstättenstaat die Betriebsstätteneinkünfte des Gebietsfremden unter Berücksichtigung der im Drittstaaten-DBA vereinbarten Schachtelbefreiung besteuern musste. Dem folgend muss der Betriebsstätten377

Zum Streit Rust in: Vogel/Lehner DBA, Art. 24 OECD-MA Rn. 114 m.w. N. Verneinend BFH, Urteil v. 15.09.1971 – I R 202/67, BStBl. II 1972, 281 (284), bejahend BFH, Urteil v. 14.03.1989 – I R 20/87, BStBl. II 1989, 649 (650). 379 Obwohl der EuGH dazu in der Lage gewesen wäre und die fehlende Abkommensberechtigung von Betriebsstätten nicht als grundfreiheitswidrig hätte „verurteilen“ müssen. Vielmehr bestand die die Souveränität schonenderende Möglichkeit darin, auf das in Art. 21 Abs. 3 DBA-Frankreich normierte Betriebsstättendiskriminierungsverbot zurückzugreifen und gemeinschaftsrechtskonform entsprechend dem gefundenen Ergebnis auszulegen, vgl. dazu Lehner, IStR 2001, 329 (333); Rust in: Vogel/Lehner DBA, Art. 24 OECD-MA Rn. 121. 380 EuGH, Urteil v. 28.01.1986, Rs. 270/83, Slg. 1986, 273 ff., Rn. 20 – avoir fiscal. 381 EuGH, Urteil v. 21.09.1999, Rs. C-307/97, Slg. 1999, I-6181 ff., Rn. 58 – Saint Gobain; ebenso EuGH, Urteil v. 15.01.2002, Rs. C-55/00, Slg. 2002, I-413 ff., Rn. 32 – Gottardo; EuGH, Urteil v. 05.11.2002, Rs. C-475/98, Slg. 2002, I-9797 ff. Rn. 137 – Kommission/Österreich. 378

V. Gewährleistungsgehalt der Grundfreiheiten

171

staat zur Entkräftung einer Diskriminierung bei der Besteuerung der Betriebsstätte auch die den Gebietsansässigen zugute kommenden Regelungen zur Beseitigung internationaler Doppelbesteuerung bereitstellen382. Damit lässt sich über das Inländergleichbehandlungsgebot grundsätzlich auch in Dreieckssachverhalten eine Verantwortlichkeit für die Beseitigung internationaler Doppelbesteuerung im Binnenmarkt ausmachen. Über das Inländergleichbehandlungsgebot kann aber nicht stets eine Verantwortlichkeit zur Vermeidung internationaler Doppelbesteuerung in Dreieckssachverhalten begründet werden. Denn der Drittstaat wendet nach wie vor bei der Besteuerung der inländischen Quelleneinkünfte das DBA mit dem Ansässigkeitsstaat des Steuerpflichtigen an, und nicht das DBA mit dem Betriebsstättenstaat383. Daran ändert auch das in Bezug auf den Betriebsstättenstaat wirkende Inländergleichbehandlungsgebot nichts. Dieses verpflichtet nur einseitig den Betriebsstättenstaat, die Abkommensvergünstigungen der Betriebsstätte zu gewähren384. Für den Drittstaat entsteht aber dadurch keine Verpflichtung zur Anerkennung der Abkommensberechtigung der Betriebsstätte. Die Betriebsstätte erhält also entgegen der vor allem im österreichischem Schrifttum geäußerten Ansicht385 nicht vollumfänglich den Status eines Abkommensberechtigten i. S. v. Art. 1 i.V. m. Art. 4 Abs. 1 S. 1 OECD-MA. Dieses Ergebnis lässt sich auch den Ausführungen des EuGH in der Saint Gobain-Entscheidung entnehmen. Die Ausstrahlungswirkung des Inländergleichbehandlungsgebotes hat auch nach Ansicht des EuGH dort ihre Grenze, wo in die Rechte des am DBA beteiligten Drittstaates eingegriffen wird bzw. ihm neue Verpflichtungen auferlegt werden386. Es kann nicht argumentiert werden, das der EG-Drittstaat gewissermaßen über eine aus Art. 10 EGV abgeleitete Loyalitätspflicht auch der Betriebsstätte eine Abkommensberechtigung gewähren muss. Denn dies ist eine Frage der Aufteilung von Besteuerungsrechten, über die entsprechend der Gilly-Entscheidung die Mitgliedstaaten in eigener Verantwortung entscheiden können. Folge ist, dass der grenzüberschreitende Sachverhalt zwischen Drittstaat und Betriebsstättenstaat anhand unterschiedli382 Lang, IWB, Fach 11 Gruppe 2, 255 (257); Seer, IWB, Fach 11 Gruppe 2, 573 (581); Cordewener/Schnitger, StuW 2006, 50 (64 ff.); Schönfeld in: Flick/Wassermeyer/Baumhoff, Vor § 34c EStG Rn. 38 (57. EL Nov. 2005); Pistone, Intertax 2007, 75 (77). 383 Prokisch in: Vogel/Lehner DBA, Art 1 OECD-MA Rn. 12. 384 Herzig/Dautzenberg, DB 1992, 2519 (2522); Jann in: Gassner/Lang/Lechner, DBA und EU-Recht, S. 43 (82); Jann/Toifl, SWI 1999, 488 (492; Lang, IWB, Fach 11 Gruppe 2, 255 (257); Schaumburg, DStGJ Bd. 24 (2001), 225 (281 ff.); Cordewener, Grundfreiheiten, S. 688; Seer, IWB, Fach 11 Gruppe 2, 573 (581); Tumpel, ÖStZ 2003, 154 (155 ff.); Kostense, EC Tax Review 2000, 220 ff.; Prokisch in: Vogel/Lehner DBA, Art. 1 OECD-MA Rn. 12. 385 Jann/Toifl, SWI 1999, 488 (493). 386 Eilers/Schmidt, DStR 1999, 1977 (1979).

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D. Die Grundfreiheiten des EG-Vertrages

cher DBA beurteilt wird. Während der Drittstaat das mit dem Ansässigkeitsstaat des Steuerpflichtigen vereinbarte DBA auf den Sachverhalt anwendet, richtet sich die Besteuerung im Betriebsstättenstaat über das Inländergleichbehandlungsgebot nach dem DBA mit dem Drittstaat. Der Umstand unterschiedlicher Beurteilungsgrundlagen kann zur Doppelbesteuerung führen, wenn die Aufteilung der Besteuerungsrechte nicht in koordinierter Übereinstimmung erfolgt. Eine koordinierte Übereinstimmung, die zu einer die Doppelbesteuerung auflösenden Verantwortungszuweisung führt, ist zunächst nur dann vorstellbar, wenn der Betriebsstättenstaat im DBA mit dem Drittstaat überhaupt auf sein Besteuerungsrecht verzichtet hat. Hat er dies nicht, begründet auch das Inländergleichbehandlungsgebot keine Verantwortlichkeit des Betriebsstättenstaates für die Vermeidung der Doppelbesteuerung. Denn in diesem Fall hat der Betriebsstättenstaat auch hinsichtlich der Drittstaateneinkünfte von gebietsansässigen, unbeschränkt steuerpflichtigen Unternehmen kein Besteuerungsverzicht erklärt. Sofern insoweit der Drittstaat gegenüber dem Ansässigkeitsstaat abkommensrechtlich ebenfalls nicht auf sein Besteuerungsrecht verzichtet hat, kommt es zur internationalen Doppelbesteuerung. Hier steht in der Tat die bereits oben angesprochene Frage im Raum, welcher der beiden Staaten auf sein Besteuerungsrecht verzichten muss. In diesem Fall können nur äquivalenztheoretische Erwägungen eine Verantwortlichkeit oder die von Beul in den Raum gestellte Wahlfreiheit des Steuerpflichtigen eine Verantwortlichkeit begründen387. Andererseits darf das Inländergleichbehandlungsgebot nicht zu einer „blinden“ Verantwortungszuweisung an den Betriebsstättenstaat führen, wenn dieser im Drittstaaten-DBA auf sein Besteuerungsrecht verzichtet hat. Denn in der konkreten Situation muss auch dann zunächst untersucht werden, ob der Drittstaat überhaupt auf die Einkünfte steuerlich zugreift, was sich nach dem zwischen Ansässigkeitsstaat und Drittstaat vereinbarten DBA richtet. Sollte der Drittstaat darin auf sein Besteuerungsrecht verzichtet haben, wäre es unsinnig, den Betriebsstättenstaat dazu zu verpflichten, die Einkünfte aus dem Drittstaat aus Gründen der Inländergleichbehandlung freizustellen. Dies hätte dann eine doppelte Nichtbesteuerung zur Folge388. Dogmatisch fehlt es insoweit bereits – aus der Perspektive des Betriebsstättenstaates – an einer Vergleichbarkeit der Drittstaateneinkünfte in Bezug auf die Anwendung von Vermeidungsvorschriften389. Denn im Gegensatz zu den der Betriebsstätte zuzurechnenden Drittstaateneinkünften sind die Drittstaateneinkünfte eines gebietsansässigen Unterneh387

Dazu oben Kapitel D.V.3.c)cc)(3)(b), S. 166 ff. Auf diese Gefahr hatte in der Rechtssache Saint Gobain auch Schweden hingewiesen, vgl. EuGH, Urteil v. 21.09.1999, Rs. C-307/97, Slg. 1999, I-6181 ff., Rn. 62 – Saint Gobain. 389 Wohl von einer grundsätzlichen Vergleichbarkeit ausgehend Cordewener/Schnitger, StuW 2006, 50 (64 ff.); Schönfeld in: Flick/Wassermeyer/Baumhoff, Vor § 34c EStG Rn. 28 (57. EL Nov. 2005). 388

V. Gewährleistungsgehalt der Grundfreiheiten

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mens tatsächlich einer Doppelbesteuerung ausgesetzt. Damit lässt sich also nicht allgemein feststellen, dass der Betriebsstättenstaat stets dem Gebietsfremden die Abkommensvergünstigungen in Form der Steuerfreistellung bzw. Anrechnung von ausländischen Einkünften gewähren muss. Die Rechtsprechung des EuGH kann deshalb nur so interpretiert werden, dass ausschließlich im Fall der Doppelbesteuerung im Drittstaat und Betriebsstättenstaat letzterer die DBA„Vergünstigungen“ einräumen muss, also zur Vermeidung von Doppelbesteuerung verantwortlich ist. dd) Zusammenfassung Die Ausführungen zeigen, dass sich die Verantwortlichkeiten für die Vermeidung internationaler Doppelbesteuerung, sofern diese vom Anwendungsbereich eines DBA erfasst sind, in den meisten Fällen über den Grundsatz der Gemeinschaftstreue ableiten lassen. Eine grundfreiheitswidrige Doppelbesteuerung liegt danach immer auch dann vor, wenn einer oder beide der beteiligten Staaten bei der konkreten Anwendung des DBA dessen Verteilungsnormen fehlinterpretiert (sog. Qualifikationskonflikte390) oder etwa durch „treaty-overriding“ schlicht missachtet. In Dreieckssachverhalten innerhalb der EG lässt sich eine Verantwortlichkeit des Betriebsstättenstaates in den Fällen begründen, in denen der Betriebsstättenstaat im DBA mit dem Drittstaat auf sein Besteuerungsrecht verzichtet hat und der Drittstaat zugleich im Verhältnis zum Ansässigkeitsstaat ein Besteuerungsrecht zusteht. Grundlage hierfür ist das Inländergleichbehandlungsgebot, das den Betriebsstättenstaat dazu verpflichtet, die Betriebsstätte als Abkommensberechtigte zu behandeln. In allen übrigen Fällen bietet es sich an, auf die im OECD-MA niedergelegte Verteilung von Besteuerungsrechten zurückzugreifen. In Dreieckskonstellationen hilft aber teilweise auch ein Rückgriff auf das OECD-MA nicht weiter. Um eine internationale Doppelbesteuerung zu vermeiden können hier in der Tat nur äquivalenztheoretische Erwägungen Erhebungsprioritäten nahe legen, wenn man nicht dem Steuerpflichtigen ein eine Wahlfreiheit zu erkennen will. d) Behebung von Symmetriedefiziten Der Grundsatz der Gemeinschaftstreue begründet in diesen Fällen eine gemeinschaftsrechtliche Verbindlichkeit zur Vermeidung von Doppelbesteuerung. Da diese Verpflichtung beide betroffenen Mitgliedstaaten trifft, führt ein solches 390

Vogel in: Vogel/Lehner DBA, Einl. OECD-MA Rn. 151 ff.

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D. Die Grundfreiheiten des EG-Vertrages

Verständnis zur Behebung von Symmetriedefiziten, die bei Anwendung von DBA nicht selten dadurch auftreten, dass die Staaten das jeweilige Abkommen asymmetrisch anwenden. Schlichte Unterschiede in der Auslegung von DBA und die damit einhergehende unterschiedliche Zuordnung von Einkünften zu den einzelnen Zuteilungsnormen werden dadurch vermieden. Insbesondere die Rechtsprechung des BFH zu sog. subjektiven Qualifikationskonflikten, wonach für die Anwendung der Anrechnungsmethode nach § 34c EStG Subjektidentität nicht im formalen, sondern im wirtschaftlich-materiellen Sinne vorliegen muss391, ist deshalb gemeinschaftsrechtlich vorgegeben. Denn nur durch ein solches Verständnis der Anrechnungsmethode kann im Ergebnis eine Doppelbesteuerung vermieden werden. Damit leistet das Gemeinschaftsrecht über den Grundsatz der Gemeinschaftstreue einen Beitrag zu einem einheitlichen Verständnis von DBA innerhalb der EG. 4. „Erga omnes“-Wirkung der Kapitalverkehrsfreiheit Die Kapitalverkehrsfreiheit i. S. v. Art. 56 Abs. 1 EGV gilt nicht nur innerhalb des europäischen Binnenmarktes, sondern auch im Verkehr mit Drittstaaten (sog. „erga omnes“-Wirkung). Sie nimmt damit im System der Grundfreiheiten eine singuläre Stellung ein. Es stellt sich die Frage, ob der Gewährleistungsgehalt im beschriebenen Sinne auch bei grenzüberschreitendem Kapitalverkehr mit Drittstaaten gilt oder einer Einschränkung bedarf. a) Meinungsbild Dem Wortlaut des Art. 56 Abs. 1 EGV und den Sonderregelungen für den Kapitalverkehr in Artt. 57, 59 und 60 EGV kann insoweit für den Bereich des Steuerrechts jedenfalls keine Einschränkung entnommen werden392. Mangels eines differenzierenden Wortlauts der Kapitalverkehrsfreiheit soll deshalb nach dem Verständnis eines Teils des Schrifttums das oben aufgezeigte Schutzniveau auch in Bezug auf den grenzüberschreitenden Kapitalverkehr mit Drittstaaten gelten393. Dem entgegen hat insbesondere Schön die Frage aufgeworfen, warum für die Kapitalverkehrsfreiheit im Unterschied zu den übrigen Grundfreiheiten eine einseitige Erweiterung des Schutzgehalts gelten soll394. In seiner Untersuchung 391

Dazu oben Kapitel C.I.1.a)bb), S. 30 ff. Schön in: FS Wassermeyer, S. 489 (494 f.). 393 Vgl. nur Ress/Ukrow in: Grabitz/Hilf EUV/EGV, Art. 56 EGV Rn. 52 f. (19. EL Febr. 2002); Ohler, Kapitalverkehrsfreiheit, Art. 56 EG Rn. 214; Kiemel in: von der Groeben/Schwarze EUV/EGV, Art. 56 EGV Rn. 30 f.; Portner, IStR 2005, 376 (379); Röhrbein/Eicker, BB 2005, 465 (471). 394 Schön in: FS Wassermeyer, S. 498 ff. 392

V. Gewährleistungsgehalt der Grundfreiheiten

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kommt Schön zu dem Ergebnis, dass das für die übrigen Grundfreiheiten geltende Schutzniveau nicht in gleicher Form bei grenzüberschreitenden Drittstaatensachverhalten gilt. Sein Ergebnis begründet er im Wesentlichen damit, dass das Schutzniveau der Grundfreiheiten im Besonderen durch das Binnenmarktkonzept geprägt ist, welches für grenzüberschreitende Betätigungen zwischen Mitgliedstaaten und Drittstaaten nicht gilt395. Insoweit bedürfe es eines eingeschränkten Verständnisses des Gewährleistungsgehalts der Kapitalverkehrsfreiheit im Verhältnis zu Drittstaaten. Auch der BFH hat sich nunmehr – offensichtlich in Abkehr zu einer früheren Entscheidung396 – ebenfalls dahingehend eingelassen, dass ein Schutzniveau der Kapitalverkehrsfreiheit im Verhältnis zu Drittstaaten weit reichende Folgen hätte, sofern es dem Schutzniveau entspricht, das zwischen den Mitgliedstaaten gilt. Er bezweifelt, dass drohende Fiskalausfälle für die Mitgliedstaaten und der Schutz des Steueraufkommens dieser Staaten entsprechend der bisherigen Rechtsprechung des EuGH uneingeschränkt als Rechtfertigungsgründe ausscheiden397. Die Notwendigkeit einer differenzierenden Betrachtung hat auch der EuGH in der Rechtssache Manninen – den Schlussanträgen der GA Kokott folgend398 – angedeutet, indem er ausdrücklich klarstellte, dass sich seine Ausführungen zur Kapitalverkehrsfreiheit nur auf das Verhältnis von Mitgliedstaaten zueinander bezögen und keineswegs den Kapitalverkehr zwischen Mitgliedstaaten und Drittstaaten beträfen399. Im Folgenden fand diese Andeutung Eingang in die Rechtsprechung, indem der EuGH in Drittstaatenkonstellationen eine Subsidiarität der Kapitalverkehrsverkehrsfreiheit gegenüber der Niederlassungsfreiheit annahm. Immer dann, wenn die beschränkende Wirkung einer nationalen Vorschrift auf den Kapitalverkehr eine unvermeidliche Konsequenz einer eventuellen Beeinträchtigung der Niederlassungsfreiheit ist, sei eine Prüfung der Kapitalverkehrsfreiheit nicht (mehr) gerechtfertigt400. Sofern also nationale Regelun395

Schön in: FS Wassermeyer, S. 498 (506). BFH, Urteil v. 09.08.2006, I R 95/05, DB 2006, 2547 (2549). 397 BFH, Urteil v. 22.08.2006, I R 116/04, BStBl. II 2006, 864 (866). 398 GA Kokott, Schlussanträge v. 18.03.2004, Rs. C-319/02, Slg. 2004, I-7477 ff., Rn. 79 – Manninen. 399 EuGH, Urteil v. 07.09.2004, Rs. C-319/02, Slg. 2004, I-7477 ff., Rn. 51 – Manninen. 400 EuGH, Urteil v. 13.03.2007, Rs. C-524/04, Slg. 2007, I-2107 ff., Rn. 34 – Test Claimants Thin Cap Group Litigation; EuGH, Beschluss v. 10.05.2007, Rs. C-492/04, Slg. 2007, I-3775 ff., Rn. 25 – Lasertec; EuGH, Urteil v. 24.05.2007, Rs. C-157/05, Slg. 2007, I-4051 ff., Rn. 28 f. – Holböck; EuGH, Beschluss v. 10.05.2007, Rs. C102/05, Slg. 2007, I-3871 ff., Rn. 22 ff. – A und B; EuGH, Beschluss v. 06.11.2007, Rs. C-415/06, Slg. 2007, I-151 ff., Rn. 16 – Stahlwerk Ergste Westing; andeutungsweise bereits EuGH, Urteil v. 03.10.2006, Rs. C-452/04, Slg. 2006, I-9521 ff., Rn. 49 – Fidium Finanz; EuGH, Urteil v. 12.09.2006, Rs. C-196/04, Slg. 2006, I-7995 ff., 396

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gen auf Investitionen anwendbar sind, die unter die Niederlassungsfreiheit fallen, kann sich der Marktteilnehmer im Verhältnis zu Drittstaaten nicht auf die Kapitalverkehrsfreiheit berufen401. In der Rechtssache A griff der EuGH nicht auf den Subsidiaritätsgrundsatz zurück, da hier allein die Kapitalverkehrsfreiheit betroffen war402. Er führte allerdings aus, dass „die von einem Mitgliedstaat vorgenommene Besteuerung wirtschaftlicher Tätigkeiten mit innerhalb der Gemeinschaft grenzüberschreitenden Bezügen [. . .] nicht immer mit der Besteuerung wirtschaftlicher Tätigkeiten vergleichbar [ist], die die Beziehung zwischen Mitgliedstaaten und Drittstaaten berühren“403. Die besonderen Interessen der Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit Drittstaatenkonstellationen berücksichtigte der EuGH dann allerdings bei der Prüfung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Er führte aus, dass seine Rechtsprechung zum Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, die sich auf Beschränkungen der Verkehrsfreiheiten innerhalb der Gemeinschaft bezieht, nicht in vollem Umfang auf den Kapitalverkehr zwischen Mitgliedstaaten und Drittländern übertragen werden könne404. b) Stellungnahme Ein den obigen Ausführungen entsprechendes Schutzniveau erscheint nicht unproblematisch, weil die für den Binnenmarkt typische Reziprozität gemeinschaftsrechtlicher Verpflichtungen im Verhältnis von Mitgliedstaaten zu Drittstaaten nicht besteht. Es würde sich in diesem Fall einseitig zum Nachteil der Mitgliedstaaten auswirken, wenn der Drittstaat den Vorgaben des Gemeinschaftsrechts durch die Grundfreiheiten oder sekundärrechtliche Maßnahmen bspw. i. S. d. Artt. 94 und 95 EGV nicht gerecht werden muss. Nähme man eine einseitige grundfreiheitliche Verpflichtung der Mitgliedstaaten an, so hätte dies im Fall bilateraler Verhandlungen mit Drittstaaten aufgrund des eingeschränkten Handlungsspielraums eine schwache Position der Mitgliedstaaten zur Folge, was sich zum Nachteil der Unionsbürger auswirken könnte405. Während der Drittstaat diskriminierend auf den grenzüberschreitenden Vorgang einwirkt, bspw. in Form einer gegenüber dem Inlandssachverhalt höheren Besteuerung, müsste der Mitgliedstaat im umgekehrten Fall diskriminierungsfrei besteuern. Die Gleichgewichtigkeit bilateraler Abkommen zwischen Mitgliedstaaten und Drittstaaten Rn. 33 – Cadbury Schweppes; EuGH, Urteil v. 18.07.2007, Rs. C-231/05, Slg. 2007, I-6373 ff., Rn. 24 – Oy AA. 401 Vgl. insbesondere EuGH, Beschluss v. 10.05.2007, Rs. C-492/04, Slg. 2007, I3775 ff., Rn. 22 – Lasertec; EuGH, Urteil v. 24.05.2007, Rs. C-157/05, Slg. 2007, I4051 ff., Rn. 22 – Holböck; EuGH, Beschluss v. 06.11.2007, Rs. C-415/06, Slg. 2007, I-151 ff., Rn. 16 – Stahlwerk Ergste Westing; vgl. auch Schönfeld, DB 2007, 80 (81). 402 EuGH, Urteil v. 18.12.2007, Rs. C-101/05, Slg. 2007, I-1153 ff. – A. 403 EuGH, Urteil v. 18.12.2007, Rs. C-101/05, Slg. 2007, I-1153 ff., Rn. 37 – A. 404 EuGH, Urteil v. 18.12.2007, Rs. C-101/05, Slg. 2007, I-1153 ff., Rn. 60 – A. 405 Rust, EWS 2004, 450 (452).

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wäre dadurch erheblich gestört. Dieses Interesse an einer abkommensrechtlichen Gleichgewichtigkeit im Verhältnis zu Drittstaaten ist auch gemeinschaftsrechtlich zu beachten. Dies bringt die Unberührtheitsklausel des Art. 307 EGV zum Ausdruck, wonach Drittstaatenabkommen grundsätzlich von den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben unberührt bleiben406. Tatsächlich hat auch der EuGH das Interesse der Mitgliedstaaten an ausgewogenen Abkommen in der Rechtssache Saint-Gobain als schützwürdig anerkannt407. Zu bedenken ist zudem, dass insbesondere der Grundsatz der Reziprozität als wesentliches Merkmal des durch die Grundfreiheiten geprägten Binnenmarktes dazu geführt hat, dass die Grundfreiheiten als umfassende Diskriminierungsund Beschränkungsverbote verstanden und von den Mitgliedstaaten in dieser weiten Ausformung wegen der Gegenseitigkeit von Verpflichtungen auch akzeptiert werden. Das hohe Schutzniveau der Grundfreiheiten ist zudem, wie Schön zutreffend feststellt, wesentlich durch das Binnenmarktkonzept bestimmt408, welches im Verhältnis zu Drittstaaten nicht gilt. Es kann deshalb nicht unbedacht auf Drittstaatenkonstellationen im Rahmen der Kapitalverkehrsfreiheit übertragen werden. Dieser Ansicht ist offenkundig auch der EuGH, der die Drittwirkungsproblematik über ein Konkurrenzverhältnis zwischen Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit oder über eine modifizierte Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu entschärfen versucht. Es stellt sich deshalb die Frage, wie der Gewährleistungsgehalt bei Drittstaatensachverhalten ausgestaltet ist. Die Beantwortung dieser Frage ist am Zweck der „erga omnes“-Wirkung auszurichten. Zweck der Erweiterung auf Drittstaatensachverhalte ist die Stärkung des Vertrauens in die europäische Währung409. Dazu reicht es aber aus, dass Zu- und Abfluss von Kapital im Verhältnis zu Drittstaaten – und nicht die Besteuerung der aus der Investition fließenden Erträge – beeinträchtigungsfrei erfolgt410. Nur sofern die Besteuerung an den Kapitaltransfer anknüpft, kann deshalb eine rechtfertigungsbedürftige Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit in Betracht kommen411. Für den Bereich des Ertragssteuerrechts bedeutet dies, dass im Sinne einer Bereichsausnahme412 der 406

Vgl. zur Unberührtheitsklausel oben Kapitel D.II.2.b)aa), S. 99 f. EuGH, Urteil v. 21.09.1999, Rs. C-307/97, Slg. 1999, I-6181 ff., Rn. 59 – Saint Gobain; ebenso Englisch, RIW 2005, 187 (189 f.). 408 Vgl. nur Englisch, StuW 2005, 88 (89). 409 Ohler, Kapitalverkehrsfreiheit, Art. 56 EGV Rn. 4; Kiemel in: von der Groeben/ Schwarze EUV/EGV, Art. 56 EGV Rn. 26. 410 Schön in: FS Wassermeyer, S. 489 (506 f.). 411 Vgl. zur Unterscheidung Kapitaltransfer und Kapitalverwendung Schön in: FS Wassermeyer, S. 489 (508). 412 Die Vergleichbarkeit der Situation verneinend: Rust in: Lang/Aigner u. a., Tax Treaties and EC Law, S. 255 (277 ff.). Für eine Modifikation auf der Rechtfertigungsebene im Sinne einer weniger strengen Rechtfertigungsprüfung Englisch, RIW 2005, 187 (189 f.); Rust, EWS 2004, 450 (452); ähnlich Schönfeld in: Flick/Wassermeyer/ 407

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D. Die Grundfreiheiten des EG-Vertrages

„erga omnes“-Wirkung im Rahmen der Kapitalverkehrsfreiheit keine Bedeutung zukommt. Für den Bereich der internationalen Doppelbesteuerung lässt sich jedenfalls Art. 293 2. Spiegelstrich EGV eindeutig entnehmen, dass der Schutzbereich bei Drittstaatenbezug nicht notwendigerweise entsprechend ausgestaltet sein muss. Danach sind nämlich die Mitgliedstaaten nur „untereinander“ zur Einleitung von Verhandlungen zur Beseitigung von Doppelbesteuerung „innerhalb der Gemeinschaft“ verpflichtet. Die Vermeidung von Doppelbesteuerung zwischen Mitgliedstaaten und Drittstaaten wird dort nicht genannt. Erkennbar kommt es dem EG-Vertrag deshalb nur auf die Vermeidung von Doppelbesteuerung innerhalb der Gemeinschaft an. Jedenfalls gegenüber Drittstaaten sind deshalb die Mitgliedstaaten nicht zur Vermeidung von Doppelbesteuerung verpflichtet. Besteht eine solche Verpflichtung nicht, können auch die Methoden im Hinblick auf den Verkehr mit Drittstaaten nicht gegen die Kapitalverkehrsfreiheit verstoßen. Aber auch außerhalb des Bereichs der Vermeidung von Doppelbesteuerung sollte der EuGH Abstand von seiner bisherigen Rechtsprechung nehmen, will er das abkommensrechtliche Gleichgewicht zwischen Mitgliedstaaten und Drittstaaten nicht zum Nacheil der Mitgliedstaaten beeinträchtigen und die hohe Akzeptanz der Grundfreiheiten unter den Mitgliedstaaten gefährden. c) Zwischenergebnis Für die Vermeidung internationaler Doppelbesteuerung auf nationaler oder bilateraler Ebene bedeutet dies, dass eine dem Art. 10 EGV entsprechende Pflicht zur Beseitigung von Doppelbesteuerung bei Einkünften aus Drittstaaten nicht besteht. Dies ergibt sich daraus, dass der in Art. 293 2. Spiegelstrich normierte Auftrag zur Vermeidung internationaler Doppelbesteuerung nur „innerhalb der Gemeinschaft“ gilt. Aber auch etwaige Diskriminierungen von Drittstaatensachverhalten durch die Anwendung der Methoden sind – jedenfalls gemeinschaftsrechtlich – nicht zu beanstanden. Sofern im Folgenden die Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf ihre Gemeinschaftskonformität untersucht werden, bezieht sich dies also nur auf die innerhalb der Gemeinschaft vereinbarten Doppelbesteuerungsabkommen. Hinsichtlich der Vermeidung von Doppelbesteuerung im Drittstaatenverkehr, auch wenn es sich um die Besteuerung von unter die Kapitalverkehrsfreiheit fallende Einkünfte aus Kapitalvermögen handelt, lassen sich dem Gemeinschaftsrecht keine Vorgaben entnehmen.

Baumhoff, Vor § 34c EStG Rn. 11 f. (57. EL Nov. 2005); Prinz/Cordewener, GmbHR 2003, 80 (83); Ståhl, EC Tax Review 2004, 47 (54 ff.); Schnitger, IStR 2005, 493 (494 f.).

V. Gewährleistungsgehalt der Grundfreiheiten

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5. Gebot der rechtsformneutralen Besteuerung (Art. 43 S. 2 EGV) Von Teilen der Literatur413 wird in Anschluss an die Entscheidungen des EuGH in den Rechtssachen avoir fiscal 414 und Saint Gobain415 ein gemeinschaftsrechtliches Gleichbehandlungsgebot von Tochterkapitalgesellschaften und Zweigniederlassungen im Bestimmungsland angenommen. Steuerrechtlich wird dies als Gebot zur Rechtsformneutralität mit weit reichenden Konsequenzen interpretiert416. In den beiden genannten Urteilen hat der EuGH „obiter dicta“ festgestellt, dass Art. 43 S. 2 EGV die Wahlfreiheit zwischen grenzüberschreitender Zweigniederlassung und Tochterkapitalgesellschaft gewährleiste, die nicht durch steuerliche Diskriminierung gegenüber der anderen Niederlassungsform beeinträchtigt werden dürfe. Die Befürworter eines Gleichbehandlungsgebots führen unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des EuGH an, dass den Unternehmen im Binnenmarkt die Möglichkeit einer Marktdurchdringung unterschiedlicher Intensität möglich sein müsse. Ihnen müsse das Recht zustehen, den Zutritt in einen anderen Markt mit unterschiedlicher Intensität vorzunehmen, entweder durch Gründung einer unselbständigen Zweigniederlassung oder einer selbstständigen Tochtergesellschaft, ohne dabei steuerlich diskriminiert zu werden417. Obwohl der EuGH das Gleichbehandlungsgebot bisher nur im Rahmen von „inbound“-Konstellationen angedeutet hat, soll nunmehr nach dem Verständnis 413 Zoll, Verlustberücksichtigung, S. 295 f.; Dautzenberg, EWS 2001, 270 (271 f.); ders., Unternehmensbesteuerung, S. 60 u. S. 368; ders., FR 2001, 585 (586); Kluge, Int. Steuerrecht, S. 122; Fischer, Primäres Gemeinschaftsrecht, S. 152 f. u. 215; Herzig in: GS Knobbe-Keuk, S. 627 (633); Thömmes, DStJG Bd. 19 (1996), S. 81 (86 f.); Troberg in: Groeben/Thiesing/Ehlermann, EUV/EGV, Art. 52 EGV Rn. 22; Tumpel, DStJG Bd. 23 (2000), S. 321 (361); Schön, EWS 2000, 281 (288 ff.); dens., StbJb 2003/2004, S. 27 (32); ders., IStR 2004, 289 (300); Eckhoff in: Birk, Europäischen Steuerrecht, § 19 Rn. 58; Bieg, EuGH, S. 123 f.; a. A. Jacobs, Int. Unternehmensbesteuerung, S. 236; ders. in: FS Fischer, S. 85 (95 f.); ders., Intertax 1999, 264 (269 ff.); Cordewener, Grundfreiheiten, S. 402; ders., DStJG Bd. 28 (2005), S. 255 (308 ff.); Englisch, StuW 2003, 88 (94); ders., Dividendenbesteuerung, S. 273; Wattel, EC Tax Review 2003, 194 (197 f.); Hey in: Herrmann/Heuer/Raupach EStG/KStG, Einf. KStG Rn. 109 (196. EL Sept. 1999); dies., StuW 2004, 193 (209); dies., GmbHR 2006, 113 (118); Seer, IWB, Fach 11 Gruppe 2, 573 (581 f.); kritisch Schnitger, IStR 2004, 821 ff.; ders., ET 2004, 522 ff.; Scheunemann, IStR 2005, 303 (305); Kröner in: Lüdicke, Steuersouveränität, S. 127 (148). 414 EuGH, Urteil v. 28.01.1986, Rs. C-270/83, Slg. 1986, 273 ff., Rn. 22 – avoir fiscal. 415 EuGH, Urteil v. 21.09.1999, Rs. C-307/97, Slg. 1999, I-6181 ff., Rn. 35 u. 43 – Saint Gobain. 416 Vgl. Zoll, Verlustberücksichtigung, S. 296; Dautzenberg, EWS 2001, 270 (276 f.); IMN, FR 1999, 1144; Herzig in: GS Knobbe-Keuk, S. 627 (634); Herzig/ Dötsch, DB 1998, 15 (18); de Weerth, IStR 1999, 628. 417 Vgl. insbesondere Schön, EWS 2000, 281 (289).

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D. Die Grundfreiheiten des EG-Vertrages

eines Teils des Schrifttums auch der Herkunftsstaat zu einer rechtsformneutralen Besteuerung im Rahmen einer „outbound“-Situation verpflichtet sein418. Die Bedeutung des Gebots zur Rechtsformneutralität ist für die hier zu beurteilenden Vermeidungsmethoden indes gering. Bejaht man ein solches Gebot, könnte lediglich das Marks & Spencer-Urteil angeführt werden, wonach der Ansässigkeitsstaat einer Muttergesellschaft im Rahmen einer als „group relief“ konzipierten Gruppenbesteuerung zur Berücksichtigung der in der ausländischen Tochtergesellschaft erzielten negativen Einkünfte ultima ratio verpflichtet ist419. Das Gebot der Rechtsformneutralität würde dann den Ansässigkeitsstaat zur Berücksichtigung von endgültigen Betriebsstättenverlusten auch bei Anwendung der Freistellungsmethode verpflichten. Es kann den Befürwortern eines Gebots zur Rechtsformneutralität insoweit zugestimmt werden, als sie im avoir fiscal-Urteil des EuGH einen textlichen Anhaltspunkt findet. Dort hat der EuGH ausgeführt, dass „Art. 52 Abs. 1 S. 2 EGV den Wirtschaftsteilnehmern ausdrücklich die Möglichkeit lässt, die geeignete Rechtsform für die Ausübung ihrer Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat frei zu wählen“ und dass „diese freie Wahl nicht durch diskriminierende Steuerbestimmungen eingeschränkt werden“ dürfe420. Ähnliche Ausführungen finden sich in der Saint Gobain-Entscheidung421. In der Rechtssache CLT-UFA äußerte sich der EuGH dahingehend, dass die Art. 43 und Art. 48 EGV „einer nationalen Regelung [. . .] entgegenstehen, wonach die Gewinne einer Zweigniederlassung einer Gesellschaft, die ihren Sitz in einem anderen Mitgliedstaat hat, mit einem höheren Steuersatz belastet werden als die Gewinne einer Tochtergesellschaft einer solchen Gesellschaft, die ihre Gewinne voll an die Muttergesellschaft ausschüttet“ 422. Die Ansätze in der Judikatur des EuGH zugunsten einer rechtsformneutralen Besteuerung müssen allerdings nicht zwingend als Gleichbehandlungsgebote 418 Vgl. Tumpel, DStJG Bd. 23 (2000), S. 321 (361 f.); Zoll, Verlustberücksichtigung, S. 295 f.; Lüdicke, IStR 2003, 188 (190); differenzierend Schön, IStR 2004, 289 (300 f.), der nur dann eine Gleichbehandlung fordert, wenn Besteuerungsunterschiede nicht auf sachliche Unterschieden zwischen den Rechtsformen zurückzuführen sind. 419 Im umgekehrten Sinne argumentierend für eine grenzüberschreitende Verlustverrechnung im Rahmen einer Organschaft, weil der Ansässigkeitsstaat bei der Betriebsstättenbesteuerung gemeinschaftsrechtlich zur Verlustberücksichtigung verpflichtet sei, Meussen, EC Tax Review 2004, 144 (146); Gutmann, EC Tax Review 2003, 154 (155 f.); a. A. Schön, IStR 2004, 289 (300), weil die Muttergesellschaft nicht für Schulden der ausländischen Tochtergesellschaft einstehen müsse. 420 EuGH, Urteil v. 28.01.1986, Rs. 270/83, Slg. 1986, 273 ff., Rn. 22 – avoir fiscal. 421 EuGH, Urteil v. 21.09.1999, Rs. C-307/97, Slg. 1999, I-6181 ff., Rn. 43 – Saint Gobain. 422 Vgl. EuGH, Urteil v. 23.02.2006, Rs. C-253/03, Slg. 2006, I-1831 ff., Rn. 31 – CLT-UFA.

V. Gewährleistungsgehalt der Grundfreiheiten

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verstanden werden. Das vermeintliche Gleichbehandlungsgebot von Zweigniederlassung und Tochterkapitalgesellschaft entsprach nämlich in den vom EuGH entschiedenen Fällen letztlich nur der Anwendung des in den Grundfreiheiten angelegten Inländergleichbehandlungsgebots in „inbound“-Sachverhalten423. Insoweit kann die Rechtsprechung auch lediglich als Ausdruck diese Inländergleichbehandlungsgebots verstanden werden. Zudem kann auch dem Wortlaut des Art. 43 EGV kein spezielles gemeinschaftsrechtliches Gleichbehandlungsgebot entnommen werden. Es lässt sich auch nicht aus dem Binnenmarktkonzept i. S. v. Art. 14 Abs. 2 EGV herleiten, wonach es den Grundfreiheiten lediglich obliegt, einen Wirtschaftsraum ohne spezifische, an den Grenzübertritt anknüpfende Diskriminierungen und Beschränkungen zu gewährleisten. Das durch die Grundfreiheiten ausgestaltete Binnenmarktkonzept steht sogar einem solchen Gleichbehandlungsgebot entgegen. Denn die binnenmarktspezifische Aufgabe der Grundfreiheiten besteht gerade nicht darin, ganz allgemeine, in den nationalen Rechtsordnungen begründete Beeinträchtigungen der wirtschaftlichen Betätigung zu beseitigen, oder – wie es das Gleichbehandlungsgebot fordert – den Markteilnehmern bei grenzüberschreitenden Investitionen ein zusätzliches Recht auf unterschiedliche intensive Marktintegration an die Hand zu geben. Jedes anderes Verständnis führt dazu, dass Regelungen in den Mitgliedstaaten in Frage gestellt werden, auch wenn diese nicht spezifisch auf grenzüberschreitende Vorgänge einwirken. Dies ist aber nicht Ziel der Grundfreiheiten, die nur eine Beseitigung der Hindernisse „zwischen den Mitgliedstaaten“ sicherstellen sollen (vgl. Art. 3 Abs. 1 lit. c EGV). Die Grundfreiheiten sind an den Zielen des Art. 3 Abs. 1 lit. c EGV auszulegen424. Jedes andere Verständnis hat eine weitgehende Beschneidung nationaler Entscheidungsfreiheit hinsichtlich der Ausgestaltung des nationalen Steuersystems zur Folge. Die Herleitung des Gleichbehandlungsgebotes aus Art. 43 S. 2 EGV ist deshalb abzulehnen. In diesem Sinne hat der EuGH auch in der Entscheidung Marks & Spencer den Vergleich zwischen verschiedenen Niederlassungsformen für unbeachtlich erklärt425. Dementsprechend ist auch die Nichtberücksichtigung abkommensrechtlich freigestellter Verluste nicht an einem Gebot zur rechtsformneutralen Besteuerung zu messen.

423 Vgl. Hey, GmbHR 2006, 113 (118); kritisch insoweit auch Schön, EWS 2000, 281 (283 ff.); GA Maduro, Schlussanträge v. 07.04.2005, Rs. C-446/03, Slg. 2005, I10837 ff., Rn. 43 ff. – Marks & Spencer. 424 EuGH, Urteil v. 07.02.1979, Rs. C-15/78, Slg. 1979, 399 ff., Rn. 17 – Knoors; vgl. auch Knobbe-Keuk, DB 1990, 2573 (2574). 425 EuGH, Urteil v. 13.12.2005, Rs. C-446/03, Slg. 2005, I-10837 ff., Rn. 52 – Marks & Spencer.

182

D. Die Grundfreiheiten des EG-Vertrages

6. Zusammenfassung Mitgliedstaatliche Regelungen können auf zwei verschiedene Weisen zu Beeinträchtigungen der Grundfreiheiten und damit des Binnenmarktes führen. Zum einen durch das Bereitstellen eines Regelungsgefüges, welche günstigere Rechtsfolgen für rein innerstaatliche als für vergleichbare grenzüberschreitende Wirtschaftsvorgänge vorsieht und zum anderen durch Vorschriften, die trotz rechtlicher Gleichbehandlung den Zugang zu einem anderen Markt versperren oder erschweren. Das hier zugrunde gelegte Verständnis des Gewährleistungsgehaltes führt zu einer Beseitigung von spezifisch grenzüberschreitenden Hindernissen, die in spezifischer Weise der Verwirklichung eines Binnenmarktes entgegenstehen. Es wird damit einem an Art. 14 Abs. 2 EGV und Art. 3 Abs. 1 lit. c) EGV ausgerichteten Verständnis der Grundfreiheiten gerecht, d.h. dem Ziel der Herstellung eines Raumes ohne Binnengrenzen. Vor dem Hintergrund, dass allen Grundfreiheiten hinsichtlich der Verwirklichung des Binnenmarktes i. S. v. Art. 14 Abs. 2 EGV die gleiche Funktion zukommt, hat sich eine parallele Gewährleistungsstruktur der Grundfreiheiten entwickelt. Ausnahme bildet hier allein die Kapitalverkehrsfreiheit, die grundsätzlich auch in Bezug auf Drittstaaten Anwendung findet. Für den Bereich des Ertragssteuerrechts, insbesondere der Vermeidung von Doppelbesteuerung, entfaltet die „erga omnes“-Wirkung allerdings keine Wirkung. Dies ergibt sich aus der Reziprozität gemeinschaftsrechtlicher Verpflichtungen, die im Verhältnis zu Drittstaaten gerade nicht gegeben ist und einen besonderen Ausdruck in Art. 293 2. Spiegelstrich EGV und der Unberührtheitsklausel des Art. 307 EGV gefunden hat. Ein Gebot zur rechtsformneutralen Besteuerung kann der Niederlassungsfreiheit nicht entnommen. Es gäbe den Markteilnehmern ein zusätzliches Recht an die Hand, welches zur Verwirklichung eines Binnenmarktes nicht erforderlich ist. Ein solches Recht würde zudem zu einer weit reichenden Beschneidung nationaler Entscheidungsfreiheit hinsichtlich der Ausgestaltung des nationalen Steuersystems führen.

VI. Rechtfertigung von Diskriminierungen und Beschränkungen Ein gemeinschaftsrechtswidriger Verstoß gegen eine Grundfreiheit liegt allerdings erst dann vor, wenn die Diskriminierung bzw. die Beschränkung des grenzüberschreitenden Verkehrs nicht durch die Verfolgung nationaler Schutzinteressen gerechtfertigt werden kann. Ähnlich wie in der deutschen Grundrechtsdogmatik kann man sich damit nicht mit der Feststellung begnügen, dass ein Eingriff in den Schutzbereich vorliegt.

VI. Rechtfertigung von Diskriminierungen und Beschränkungen

183

In diesem Zusammenhang werden zwei Gruppen von Rechtfertigungsgründen unterschieden. Zunächst existieren die Rechtfertigungsgründe, die im Rahmen der jeweiligen Grundfreiheiten ausdrücklich genannten werden (Artt. 30, 39 Abs. 3, 46, 55 i.V. m. 46 EGV und Art. 58 Abs. 1 und 3 EGV). Zum anderen bestehen die sog. zwingenden Gründe des Allgemeininteresses426, die der EuGH erstmals in seiner Cassis de Dijon-Entscheidung427 als ungeschriebene Rechtfertigungsgründe herangezogen hat. Bei Anwendung der vertraglich vorgesehenen Rechtfertigungsgründe stößt man allerdings schnell auf inhaltliche Grenzen. Grund dafür ist die enge Auslegung der geschriebenen Rechtfertigungsgründe, die der EuGH in ständiger Rechtsprechung aus dem Ausnahmecharakter derselben herleitet428. Selbst unter die allgemeinen Begriffe der „öffentlichen Sicherheit“ und „öffentlichen Ordnung“, wie sie Art. 30 S. 1 EGV, Art. 39 Abs. 3 EGV, Art. 46 EGV, Art. 55 EGV i.V. m. Art. 46 EGV und Art. 58 Abs. 1 lit. b 3. Alt. EGV aufweisen, lassen sich steuerrechtliche Regelungsinteressen im Normalfall nicht subsumieren429. Denn diese setzen nach der Rechtsprechung des EuGH voraus, dass staatliche Interessen von wesentlicher Bedeutung berührt sind430. Eine solche Bedeutung dürfte rein fiskalischen Interessen stets abzusprechen sein. Wohl deshalb wurde bisher in keinem einzigen EuGH-Urteil mit steuerlichem Kontext auf die genannten vertraglichen Ausnahmeklauseln zurückgegriffen. Selbst dem in Art. 58 Abs. 1 lit. a EGV vorgesehen, steuerrechtlichen Rechtfertigungsgrund kommt nach Ansicht des EuGH aufgrund der Regelung des Art. 58 Abs. 3 EGV im innergemeinschaftlichen Geschäftsverkehr keine über

426 Die Bezeichnung durch den EuGH variiert. Teilweise werden die ungeschriebenen Rechtfertigungsgründe wie hier als „zwingende Gründe des Allgemeininteresses“ bezeichnet, vgl. EuGH, Urteil v. 17.12.1981, Rs. 279/80, Slg. 1981, 3305 ff., Rn. 17 – Webb; EuGH, Urteil v. 25.07.1991, Rs. C-76/90; Slg. 1991, I-4221 ff., Rn. 15 – Säger, teilweise aber auch als „objektive Erwägungen“, vgl. EuGH, Urteil v. 23.05.1996, Rs. C-237/94, Slg. 1996, I-2617 f., Rn. 19 – O’Flynn; EuGH, Urteil v. 07.05.1998, Rs. C350/96, Slg. 1998, I-2521 ff., Rn. 31 – Clean Car Autoservice oder als „zwingende Gründe des Gemeinwohls“, vgl. EuGH, Urteil v. 11.05,1999, Rs. C-255/97, Slg. 1999, I-2835 ff., Rn. 19 – Pfeiffer. Die Terminologie begründet dabei aber keinen Unterschied in der Sache, vgl. Gundel, Jura 2001, 79. 427 EuGH, Urteil v. 20.02.1979, Rs. 120/78, Slg. 1979, 649 ff., Rn. 8 – Cassis de Dijon. 428 Vgl. etwa EuGH, Urteil v. 04.12.1975, Rs. 41/74, Slg. 1974, 1337 ff., Rn. 8 – van Duyn; EuGH, Urteil v. 17.06.1981, Rs. 113/80, Slg. 1981, 1625 ff., Rn. 7 – Kommission/Irland. 429 Reimer in: Lehner, Grundfreiheiten, S. 39 (62 f.); Cordewener, Grundfreiheiten, S. 926. 430 Vgl. zur „öffentlichen Ordnung“ EuGH, Urteil v. 27.10.1977, Rs. 30/77, Slg. 1977, 1999 ff. – Bouchereau bzw. zur „öffentlichen Sicherheit“ EuGH, Urteil v. 10.07. 1984, Rs. 72/83, Slg. 1984, 2727 ff. – Campus Oil.

184

D. Die Grundfreiheiten des EG-Vertrages

die Gründe des Allgemeininteresses hinausgehende Funktion zu, denn der EuGH misst Art. 58 Abs. 1 lit. a EGV nur eine deklaratorische Funktion bei431. Gleiches gilt für die Regelung des Art. 58 Abs. 1 lit. b EGV, die mitgliedstaatliche Maßnahmen zur Sicherstellung der Wirksamkeit der Steueraufsicht und Maßnahmen zur Bekämpfung rechtswidriger Tätigkeiten, bspw. der Steuerhinterziehung, rechtfertigt. Denn die Maßnahmen nach Art. 58 Abs. 1 lit. b EGV müssen nach Rechsprechung des EuGH unerlässlich sein, was im Ergebnis dazu führt, dass hier über die Gründe der Allgemeinheit hinausgehende Rechtfertigungsmöglichkeiten nicht bestehen432. Im Konfliktfeld zwischen EG-Grundfreiheiten und dem nationalen direkten Steuerrecht erfolgt deshalb ausschließlich ein Rückgriff auf außervertragliche Rechtfertigungsgründe. Diese hat der EuGH für den Bereich des Steuerrechts erstmals in der avoir fiscal-Entscheidung als mögliche Rechtfertigungsgründe angeführt, indem er feststellte, dass eine Ungleichbehandlung „unter bestimmten Voraussetzungen auf einem Gebiet wie dem des Steuerrechts gerechtfertigt sein“ 433 kann. Zwar werden diese Voraussetzungen im avoir fiscal-Urteil nicht näher erläutert, doch war bereits damit im Grundsatz die Möglichkeit zur Verteidigung nationaler Steuervorschriften durch die Berufung auf ungeschriebene Rechtfertigungsgründe eröffnet. Der Gerichtshof hat sich seitdem in ständiger Rechtsprechung bei der Überprüfung nationaler Bestimmungen auf ihre Grundfreiheitskonformität mit zahlreichen Argumenten beschäftigt, die von mitgliedstaatlicher Seite zur Rechtfertigung der steuerrechtlichen Regelung vorgetragen wurden und von den geschriebenen Rechtfertigungsgründen nicht gedeckt sind.

431 EuGH, Urteil v. 06.06.2000, Rs. C-35/98, Slg. 2000, I-4071 ff., Rn. 43 – Verkooijen; EuGH, Urteil v. 21.11.2002, Rs. C-436/00, Slg. 2002, I-10829 ff., Rn. 72 – X und Y; EuGH, Urteil v. 11.12.2003, Rs. C-364/01, Slg. 2003, I-15013 ff., Rn. 72 f. – Barbier; EuGH, Urteil v. 07.09.2004, Rs. C-319/02, Slg. 2004, I-7477 ff., Rn. 28 – Manninen; vgl. auch Kofler, ÖStZ 2004, 582 (584); Saß, FR 2000, 1270 (1272); Dautzenberg, RIW 1998, 537 (540 f.); dens., FR 2000 725 (726); Schön in: GS KnobbeKeuk, S. 743 (766 ff.); dens. in: FS Wassermeyer, S. 489 (514); Tumpel, DStJG Bd. 23 (2000), S. 321 (327); Kiemel in: von der Groeben/Schwarze EUV/EGV, Art. 58 EGV Rn. 32; Terra/Wattel, European Tax Law, S. 52; Sedlaczek in: Streinz EUV/EGV, Art. 58 EGV Rn. 11; Schaumburg, DStJG Bd. 24 (2001), S. 225 (230). 432 EuGH, Urteil v. 23.02.1995, Rs. C-358/93 u. C-416/93, Slg. 1995, I-361 ff., Rn. 16 ff. – Bordessa u. a.; EuGH, Urteil v. 14.12.1995, Rs. C-163/94, C-165/94 u. C250/94, Slg. 1995, I-4821 ff., Rn. 22 – Sanz de Lera; EuGH, Urteil v. 01.06.1999, Rs. C-302/97, Slg. 1999, I-3099 ff., Rn. 43 ff. – Konle; EuGH, Urteil v. 26.09.2000, Rs. C. 478/98, Slg. 2000, I-7587 ff., Rn. 37 – Kommission/Belgien; vgl. auch Schön in: FS Wassermeyer, S. 498 (514 f.); Cordewener/Dahlberg/Pistone/Reimer/Romano, ET 2004, 218 (220). 433 EuGH, Urteil v. 28.01.1986, Rs. 270/83, Slg. 1986, 273 ff., Rn. 12 – avoir fiscal.

VI. Rechtfertigung von Diskriminierungen und Beschränkungen

185

Im Hinblick auf diskriminierungsverdächtige Vorschriften bestehen in diesem Zusammenhang nach wie vor Unklarheiten darüber, ob auch „offen“ diskriminierende, d.h. formal an die Staatsangehörigkeit anknüpfende, oder nur „verdeckt“ diskriminierende und nicht-diskriminierende Regelungen durch ungeschriebene Rechtfertigungsgründe gerechtfertigt werden können. Diese Frage wird mit unterschiedlichen Ergebnissen diskutiert434 und in der EuGH-Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet. Wiederholt hat sich der EuGH dahingehend geäußert, dass die ungeschriebenen Rechtfertigungsgründe nur bei verdeckten oder nicht diskriminierenden Beeinträchtigungen zur Anwendung gelangen können435. Andererseits hat der EuGH aber auch bei offenen Diskriminierungen ungeschriebene Rechtfertigungsgründe herangezogen436. Für die Frage der Vereinbarkeit der Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung mit den Grundfreiheiten spielt diese Differenzierung jedenfalls keine Rolle, da diese nicht anhand des Merkmals der Staatsangehörigkeit differenzieren. 1. Konvergenz auf Rechtfertigungsebene Das Kraus- und das Gebhard-Urteil haben auf der Rechtfertigungsebene eine Konvergenz innerhalb der Grundfreiheiten hergestellt437. Für „nationale Maßnahmen, die die Ausübung der durch den Vertrag garantierten grundlegenden Freiheiten behindern oder weniger attraktiv machen können“, wird ohne weitere Differenzierung zwischen den einzelnen Grundfreiheiten verlangt, dass sie „aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt“438 sind. Die Möglichkeit der Mitgliedstaaten zur Geltendmachung ungeschriebener nationaler In434 Vgl. z. B. einerseits Novak, DB 1997, 2589 ff.; Weiß, EuZW 1999, 493 (497 f.); Jarass, EuR 2000, 705 (719); Hakenberg in: Lenz/Borchardt EUV/EGV, Art. 49/50 EGV Rn. 26; Leible in: Grabitz/Hilf EUV/EGV, Art. 28 EGV Rn. 20 (15. EL Jan. 2000), die eine einheitliche Rechtfertigungsprüfung für alle Eingriffe favorisieren und andererseits wohl mehrheitlich Gundel, Jura 2001, 79 (82 ff.); Streinz/Leible, EuZW 2000, 459 (463); Schweitzer/Hummer, Europarecht, Rn. 1137, Lux in: Lenz/Borchardt EUV/EGV, Art. 28 EGV Rn. 30 u. 46; Schütz, Jura 1998, 631 (636); Ehlers, Jura 2001, 266 (487); Brechmann in: Calliess/Ruffert EUV/EGV, Art. 39 EGV Rn. 49 ff., welche eine Rechtfertigung mit zwingenden Gründen des Allgemeininteresses nur bei mittelbaren Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit bzw. unterschiedslosen Beeinträchtigungen annehmen. 435 Vgl. z. B. EuGH, Urteil v. 17.06.1981, Rs. 113/80, Slg. 1981, 1625 ff., Rn. 10 f. – Kommission/Irland; EuGH, Urteil v. 05.12.1989, Rs. 3/88, Slg. 1989, 4035 ff., Rn. 8 – Kommission/Italien; EuGH, Urteil v. 29.04.1999, Rs. C-224/97, Slg. 1999, I2517 ff., Rn. 15 f. – Ciola; EuGH, Urteil v. 21.09.1999, Rs. C-124/97, Slg. 1999, I6067 ff., Rn. 29 ff. – Läära. 436 Vgl. EuGH, Urteil v. 13.03.2001, Rs. C-379/98, Slg. 2001, I-2099 ff., Rn. 72 ff – PreussenElektra. 437 EuGH, Urteil v. 31.03.1993, Rs. C-19/92, Slg. 1993, I-1663 ff., Rn. 32 – Kraus; EuGH, Urteil v. 30.11.1995, Rs. C-55/94, Slg. 1995, I-4165 ff., Rn. 37 – Gebhard. 438 EuGH, Urteil v. 30.11.1995, Rs. C-55/94, Slg. 1995, I-4165 ff., Rn. 37 – Gebhard.

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D. Die Grundfreiheiten des EG-Vertrages

teressen im steuerrechtlichen Bereich ist mithin nicht auf den Anwendungsbereich einzelner Grundfreiheiten beschränkt. Ein im Rahmen einer Grundfreiheit als schützenwert anerkanntes Allgemeininteresse kann deshalb als Rechtfertigungsgrund im Rahmen aller Grundfreiheiten berücksichtigt werden439. 2. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Die Rechtfertigungsgründe können eine Beeinträchtigung der Grundfreiheiten jedenfalls nur rechtfertigen, wenn die Beeinträchtigungen verhältnismäßig sind. Insbesondere die hier bedeutsamen zwingenden Allgemeininteressen können nur geltend gemacht werden, soweit die zu ihrer Wahrung vorgenommenen Grundfreiheitsbeeinträchtigungen dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gerecht werden. Zwar verankert Art. 5 Abs. 3 EGV keinen über die Kompetenzausübung hinausgehenden allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz440. Es ist aber allgemein anerkannt, dass dieses Grundprinzip als allgemeiner Rechtsgrundsatz auch bei Anwendung der Grundfreiheiten zu beachten ist441. Das Verhältnismäßigkeitsprinzip setzt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs voraus, „dass die Grundfreiheitsbeeinträchtigung geeignet sein muss, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten, und [. . .] nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist“ 442. Vereinzelt prüft der EuGH als drittes Kriterium die Angemessenheit der zu beurteilenden Maßnahme. In diesen Fällen wiegt er die miteinander kollidierenden gemeinschaftsrechtlichen und nationalen Allgemeininteressen gegeneinander ab443. Bei dem Merkmal der Geeignetheit geht es um die Frage, ob die nationale Maßnahme zur Verwirklichung des damit verfolgten Allgemeininteresses geeig439

Cordewener, Grundfreiheiten, S. 132 ff.; Kofler, ÖStZ 2004, 558 (561). Vgl. Zuleeg in: von der Groeben/Thiesing/Ehlermann EUV/EGV, Art. 3b EGV Rn. 29. 441 Vgl. nur Calliess in: Calliess/Ruffert EUV/EGV, Art. 5 EGV Rn. 51. 442 EuGH, Urteil v. 30.11.1995, Rs. C-55/94, Slg. 1995, I-4165 ff., Rn. 37 – Gebhard; vgl. auch EuGH, Urteil v. 31.03.1993, Rs. C-19/92, Slg. 1993, I-1663 ff., Rn. 15 – Kraus; EuGH, Urteil v. 15.05.1997, Rs. C-250/95, Slg. 1997, I-2471 ff., Rn. 26 – Futura Participations und Singer; EuGH, Urteil v. 13.12.2005, Rs. C-446/03, Slg. 2005, I-10837 ff., Rn. 35 – Marks & Spencer; EuGH, Urteil v. 12.09.2006, Rs. C-196/ 04, Slg. 2006, I-7995 ff., Rn. 47 – Cadbury Schweppes; EuGH, Urteil v. 13.03.2007, Rs. C-524/04, Slg. 2007, I-2107 ff., Rn. 64 – Test Claimants Thin Cap Group Litigation; EuGH, Urteil v. 18.07.2007, Rs. C-231/05, Slg. 2007, I-6373 ff., Rn. 44 – Oy AA. 443 Vgl. nur EuGH, Urteil v. 23.02.1983, Rs. 66/82, Slg. 1983, 395 ff., Rn. 8 – Fromançais; EuGH, Urteil v. 11.07.1989, Rs. 265/87, Slg. 1989, 2237 ff., Rn. 21 – Schräder; EuGH, Urteil v. 26.02.1991, Rs. C-180/89, Slg. 1991, I-709 ff., Rn. 24 – Kommission/Italien; EuGH, Urteil v. 09.08.1994, Rs. C-43/93, Slg. 1994, I-3803 ff., Rn. 16 – Vander Elst; EuGH, Urteil v. 14.07.1998, Rs. C-389/96; Slg. 1998, I-4473, Rn. 20 – Aher Waggon. 440

VI. Rechtfertigung von Diskriminierungen und Beschränkungen

187

net, d.h. nützlich oder in irgendeiner Weise zur Erreichung des im Allgemeininteresse zum Ausdruck kommenden Ziels sachdienlich ist. Bei der Frage der Geeignetheit wird dem nationalen Gesetzgeber allerdings eine Einschätzungsprärogative zugebilligt, so dass nur „offensichtlich ungeeignete“ Maßnahmen als nicht geeignet angesehen werden können. Die als geeignet eingestufte nationale Maßnahme muss auch erforderlich sein. Damit ist gemeint, dass es zur Erreichung der mit der Maßnahme verfolgten Ziele keine gleichermaßen geeignete Alternative gibt, die die betroffene Grundfreiheit des EG-Vertrages in geringerem Maße beeinträchtigt. Existiert eine Alternativmaßnahme, die dem nationalen Interesse mindestens ebenso zum Erfolg verhilft wie die untersuchte Maßnahme, dabei aber in ihrer grundfreiheitsrechtlichen Beschränkung milder ist, darf sie aufgrund ihrer fehlenden Verhältnismäßigkeit nicht angewendet werden444. Die Angemessenheitsprüfung führt zu der erstmaligen Abwägung der kollidierenden Interessen: Abwägung der beeinträchtigten Grundfreiheit mit dem von der Maßnahme verfolgten Allgemeininteresse. Die in diesem Zusammenhang notwendige Interessenabwägung erfolgt nicht abstrakt, sondern ist am konkreten Einzelfall durchzuführen. Insofern ist von Bedeutung, mit welcher Intensität, Häufigkeit und Wahrscheinlichkeit die jeweiligen gemeinschaftlichen und mitgliedstaatlichen Regelungsziele beeinträchtigt werden. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz setzt mithin auf drei Stufen eine Grenze für die von der Gemeinschaftsordnung akzeptierte Beeinträchtigung der Grundfreiheiten. Letztlich darf eine die Grundfreiheiten beeinträchtigende Maßnahme, obwohl sie zur Erreichung des angestrebten Zieles „geeignet“ und mangels gleich geeigneter milderer Alternativmaßnahmen auch „erforderlich“ ist, nicht ausgeführt werden, wenn abschließend auf einer letzten Stufe eine Abwägung die „Unangemessenheit“ der mit der Beeinträchtigung verfolgten Ziele gegenüber dem Verwirklichungsinteresse der Grundfreiheiten ergibt. 3. Vom EuGH zurückgewiesene Rechtfertigungsgründe Als ungeschriebene Rechtfertigungsgründe kommen zunächst alle denkbaren Gründe des staatlichen Allgemeinwohls in Betracht. Selbstverständlich sind nicht alle, insbesondere die von den Mitgliedstaaten in diesem Zusammenhang aus nachvollziehbaren Gründen vorgeschlagenen Allgemeininteressen geeignet, als Rechtfertigungsgrund Bestand zu haben. Folgende Rechtfertigungsgründe können nach ständiger Rechtsprechung des EuGH nicht erfolgreich für eine Beeinträchtigung der Grundfreiheiten angeführt werden:

444

Calliess in: Calliess/Ruffert EUV/EGV, Art. 5 EGV Rn. 56.

188

D. Die Grundfreiheiten des EG-Vertrages

a) Fehlende Harmonisierung Vielfach wird von mitgliedstaatlicher Seite zur Verteidigung nationaler Regelungen vorgetragen, dass im Bereich des direkten Steuerrechts noch keine sekundärrechtlichen Maßnahmen vorliegen und die Mitgliedstaaten deshalb zum Erlass der strittigen Regelung befugt seien445. Angeführt wird regelmäßig, dass die strittige Regelung notwendig sei, um dem Unterschied zwischen den nicht harmonisierten Steuerregelungen Rechnung zu tragen446. Diese Behauptung hat der EuGH bereits im avoir fiscal-Urteil mit der Feststellung zurückgewiesen, „dass eine mangelnde Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten [. . .] die fragliche Ungleichbehandlung nicht rechtfertigen kann“ 447. Das Fehlen sekundärrechtlicher Harmonisierungsmaßnahmen schützt die nationalen Bestimmungen also nicht vor dem Einfluss der Grundfreiheiten. b) Vorteilsausgleich Ebenfalls abgelehnt hat der EuGH das Argument, die grundfreiheitsbeeinträchtigenden Auswirkungen einer nationalen Norm könnten deshalb als unbeachtlich angesehen werden, weil diese Belastung des betroffenen Marktteilnehmers dadurch ausgeglichen werde, dass in einem anderen Bereich des nationalen Rechts der Steuerpflichtige gegenüber der landesintern tätigen Vergleichsperson günstiger gestellt sei, und deshalb im Saldo gar keinen Nachteil erleide448. Im avoir fiscal- und im Saint Gobain-Urteil wurde ein solcher Ausgleich mit sonstigen Vorteilen des Betroffenen vom EuGH verworfen449.

445 Vgl. nur EuGH, Urteil v. 28.01.1986, Rs. 270/83, Slg. 1986, 273 ff., Rn. 22 ff. – avoir fiscal. 446 EuGH, Urteil v. 28.01.1986, Rs. 270/83, Slg. 1986, 273 ff., Rn. 23 – avoir fiscal. 447 EuGH, Urteil v. 28.01.1986, Rs. 270/83, Slg. 1986, 273 ff., Rn. 24 – avoir fiscal; in diesem Sinne auch EuGH, Urteil v. 28.01.1992, C-204/90, Slg. 1992, I-249 ff., Rn. 11 – Bachmann; EuGH, Urteil v. 21.09.1999, Rs. C-307/97, Slg. 1999, I-6181 ff., Rn. 57 f. – Saint Gobain; EuGH, Urteil v. 26.10.1999, Rs. C-294/97, Slg. 1999, I7447 ff., Rn. 28 ff. – Eurowings. Genau genommen geht es hier um nicht um die Frage der Rechtfertigung, sondern um die Frage der Anwendbarkeit der Grundfreiheiten im Bereich der direkten Steuern. 448 Vgl. nur EuGH, Urteil v. 28.01.1986, Rs. 270/83, Slg. 1986, 273 ff., Rn. 21 – avoir fiscal; EuGH, Urteil v. 26.10.1999, Rs. C-294/97, Slg. 1999, I-7447 ff., Rn. 21 – Eurowings; vgl. auch Knobbe-Keuk, EC Tax Review 1994, 74 (77); Schön in: GS Knobbe-Keuk, S. 743 (769); Thömmes in: GS Knobbe-Keuk, S. 795 (819 f.). 449 Vgl. EuGH, Urteil v. 28.01.1986, Rs. 270/83, Slg. 1986, 273 ff., Rn. 21 – avoir fiscal; EuGH, Urteil v. 21.09.1999, Rs. C-307/97, Slg. 1999, I-6161 ff., Rn. 54 – Saint-Gobain; EuGH, Urteil v. 26.10.1999, Rs. C-294/97, Slg. 1999, I-7447 ff., Rn. 43 f. – Eurowings; EuGH, Urteil v. 06.06.2000, Rs. C-35/98, Slg. 2000, I4071 ff., Rn. 61 – Verkooijen.

VI. Rechtfertigung von Diskriminierungen und Beschränkungen

189

Dieses Verständnis verdient bei Betrachtung der Wirkungsweise der Grundfreiheiten Zustimmung. Die Grundfreiheiten sind auf die diskriminierungs- und beschränkungsfreie Ausgestaltung der nationalen Rechtsordnungen und nicht auf einen nur vage zu bestimmenden Nachteilsausgleich ausgerichtet. Der Mitgliedstaat muss sich an sein Regelungs- und Wertungssystem konsequent zur Anwendung bringen. Ein Ausgleich zusammenhangloser Vor- und Nachteile ist deshalb nicht zulässig. c) Verpflichtungen aus Doppelbesteuerungsabkommen Eine kritische Position hat der EuGH auch in Bezug auf diskriminierungsverdächtige Ungleichbehandlungen bezogen, die auf völkerrechtliche Verpflichtungen zurückzuführen sind. Nach der Argumentation einiger Mitgliedstaaten könne die für völkerrechtliche Abkommen typische Gegenseitigkeit der Verpflichtungen eine Diskriminierung rechtfertigen. Hinsichtlich der Anwendung der Methoden zur Vermeidung von Doppelbesteuerung kann diese Argumentation nur begrenzt überzeugen. Denn die Wahl der Methode steht regelmäßig nicht in einem Gegenseitigkeitsverhältnis, jedenfalls sofern die Doppelbesteuerung durch eine Verteilungsnorm mit offener Rechtsfolge erfolgt. Denn dann richtet sich die Methodenwahl allein nach dem Willen des Staates, der auf sein Besteuerungsrecht verzichtet hat. Im grundlegenden Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache avoir fiscal hat der EuGH jedoch ganz allgemein festgestellt, dass die sich aus den Grundfreiheiten für den einzelnen Marktteilnehmer ergebenden Rechte unbedingt seien und ein Mitgliedstaat ihre Beachtung nicht vom Inhalt eines mit einem anderen Mitgliedstaat geschlossenen Abkommen abhängig machen könne450. Außerdem hat er hinzugefügt, dass es die Grundfreiheiten nicht erlauben, die Rechte der Marktteilnehmer „einer Gegenseitigkeitsbedingung zu unterwerfen“ 451. Anhaltspunkte für eine gegenteilige Ansicht ergeben sich entgegen Mössner und Kellersmann452 auch nicht aus der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Gilly453, in der der EuGH den Verstoß einer unmittelbar an die Staatsangehörigkeit anknüpfenden DBA-Norm gegen Art. 39 EGV verneint hat. Der EuGH differenziert in diesem Zusammenhang zwischen der Kompetenz der Mitgliedstaaten zur Aufteilung der Besteuerungshoheiten, die im nicht überprüfbaren Ermessen der Mitgliedstaaten liegt, und der Ausübung über die Restkompetenzen, die sich im Wesentlichen in der Anwendung der Vermeidungsmetho-

450 451 452 453

EuGH, Urteil v. 28.01.1986, Rs. 270/83, Slg. 1986, 273 ff., Rn. 16 – avoir fiscal. EuGH, Urteil v. 28.01.1986, Rs. 270/83, Slg. 1986, 273 ff., Rn. 16 – avoir fiscal. Mössner/Kellersmann, DStZ 1999, 505 (514). EuGH, Urteil v. 12.05.1998, Rs. C-336/96, Slg. 1998, I-2793 ff. – Gilly.

190

D. Die Grundfreiheiten des EG-Vertrages

den erschöpfen. Erst durch letzte kann ein Marktteilnehmer in seinen gemeinschaftsrechtlich geschützten Positionen beeinträchtigt werden. Bestätigt wird diese Ansicht durch den EG-Vertrag selbst, aus dessen Art. 307 EGV im Umkehrschluss gefolgert werden muss, dass Doppelbesteuerungsabkommen wie jede originäre Rechtsvorschrift den Ansprüchen des EG-Vertrages genügen müssen454. Auch systematische Gründe sprechen für ein solches Verständnis. Die Regelungen eines Doppelbesteuerungsabkommens werden innerstaatlich durch Transformation in nationales Recht verbindlich455. Damit handelt es sich bei ihnen jedenfalls dem Rang nach um nationales Recht, das genauso wie originäres nationales Recht den Anforderungen des EG-Vertrages, insbesondere den Grundfreiheiten, unterliegt. Das Schrifttum ist der Ansicht des EuGH deshalb auch fast einhellig gefolgt456. Abkommensrechtliche Verpflichtungen können deshalb eine Beeinträchtigung von Grundfreiheiten nicht rechtfertigen. d) Schutz des Steueraufkommens Auch dem Schutz des Steueraufkommens hat der EuGH als Rechtfertigungsargument eine klare Absage erteilt457. Ebenso lehnt die Literatur einhellig eine Rechtfertigung von Grundfreiheitsbeeinträchtigungen aus rein fiskalischen Gründen ab458. Dem muss zugestimmt werden, da ansonsten die Grundfreiheiten unter Finanzierungsvorbehalt ständen und damit faktisch entwertet würden. Zu bedenken ist 454 Lang in: Gassner/Lang/Lechner, DBA und EU-Recht, S. 25 (32); Thömmes in: GS Knobbe-Keuk, S. 795 (821 f.); Krück in: Schwarze EUV/EGV, Art. 307 EGV Rn. 3. 455 Dazu oben Kapitel C.II.1., S. 47 ff. 456 Vgl. nur Scherer, Doppelbesteuerung, S. 110; Lang in: Gassner/Lang/Lechner, DBA und EU-Recht, S. 25 (30 ff.); Dautzenberg, DB 1992, 2519 (2521); Schön in: GS Knobbe-Keuk, S. 743 (769). 457 Vgl. nur EuGH, Urteil v. 14.11.1995, Rs. C-484/93, Slg. 1995, I-3955 ff., Rn. 13 ff. – Svensson; EuGH, Urteil v. 16.07.1998, Rs. C-264/96, Slg. 1998, I4695 ff., Rn. 28 – ICI, EuGH, Urteil v. 21.09.1999, Rs. C-307/97, Slg. 1999, I6161 ff., Rn. 48 ff. – Saint Gobain; EuGH, Urteil v. 06.06.2000, Rs. C-35/98, Slg. 2000, I-4071 ff., Rn. 59 – Verkooijen; EuGH, Urteil v. 08.03.2001, Rs. C-397/98 u. 410/97, Slg. 2001, I-1727 ff., Rn. 59 – Metallgesellschaft u. a.; EuGH, Urteil v. 03.10. 2002, C-136/00, Slg. 2002, I-8147, Rn. 56 – Danner; EuGH, Urteil v. 12.12.2002, Rs. C-324/00, Slg. 2002, I-11779 ff., Rn. 36 – Lankhorst-Hohorst; EuGH, Urteil v. 07.09.2004, Rs. C-319/02, Slg. 2004, I-7477 ff., Rn. 49 – Manninen; EuGH, Urteil v. 06.03.2007, Rs. C-292/04, Slg. 2007, I-1835 ff., Rn. 30 – Meilicke. 458 Vgl. nur Cordewener, Grundfreiheiten, S. 936 f.; Dautzenberg, BB 2001, 2137 (2139); Herzig in: GS Knobbe-Keuk, S. 627 (643); Schön in: GS Knobbe-Keuk, S. 743 (769); Staringer in: Lechner/Staringer/Tumpel, Kapitalverkehrsfreiheit, S. 93 (114).

VI. Rechtfertigung von Diskriminierungen und Beschränkungen

191

allerdings, dass der Grund, warum der Verlust an Steueraufkommen keine Diskriminierung bzw. Beschränkung der Grundfreiheiten zu rechtfertigen vermag, im Binnenmarktkonzept begründet liegt, welches keine fiskalischen Sonderlasten für grenzüberschreitende Sachverhalte im Vergleich zu rein innerstaatlichen Sachverhalten zulässt. Es geht damit letztlich um die Sicherung internationaler Steuerneutralität im europäischen Binnenmarkt. Solang diese gewahrt ist, ist auch das Steueraufkommen der Mitgliedstaaten ein schützenswertes Allgemeininteresse459. Dies zeigt u. a. die Gilly-Entscheidung, in der der EuGH das Interesse an Steueraufkommen anerkennt, solange die Besteuerung steuerneutral erfolgt460. e) Verwaltungstechnische Schwierigkeiten Dem Argument, dass eine Grundfreiheitsbeeinträchtigung aus administrativen Gründen hingenommen werden müsse, weil eine Gleichbehandlung nicht umgesetzt werden könne, ist der EuGH ebenfalls entgegengetreten. Insoweit führt er regelmäßig aus, dass „Erwägungen rein administrativer Art“461 nicht zur Rechtfertigung von Grundfreiheitsbeeinträchtigungen dienen können. 4. Anerkannte Rechtfertigungsgründe a) Wirksame steuerliche Kontrolle Mehrfach hat der EuGH sich explizit zugunsten mitgliedstaatlicher Kontrollinteressen im Rahmen der Ertragsbesteuerung geäußert. Ausgangspunkt der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist die sog. Cassis de Dijon-Entscheidung, in der der EuGH eindeutig feststellt, „dass die Wirksamkeit der Steueraufsicht ein zwingender Grund des Allgemeininteresse ist, der eine Beschränkung der vom EG-Vertrag gewährleisteten Grundfreiheiten rechtfertigen kann“462. Aus den Urteilen des EuGH geht hervor, dass unter Vorschriften zur wirksamen steuerlichen Kontrolle solche zu verstehen sind, die den korrekten Gesetzesvollzug sicherstellen sollen463. 459

Schön in: FS Wassermeyer, S. 489 (515). EuGH, Urteil v. 12.05.1998, Rs. C-336/96, Slg. 1998, I-2793 ff., Rn. 48 – Gilly. 461 Vgl. EuGH, Urteil v. 26.01.1999, Rs. C-18/95, Slg. 1999, I-345 ff., Rn. 45 – Terhoeve; EuGH, Urteil v. 04.03.2004, Rs. C-334/02, Slg. 2004, I-2229 ff., Rn. 29 – Kommission/Frankreich; EuGH, Urteil v. 07.09.2004, Rs. C-319/02, Slg. 2004, I7477 ff., Rn. 50 – Manninen; vgl. auch Schön in: GS Knobbe-Keuk, 743 (770); Thömmes in: GS Knobbe-Keuk, S. 795 (804). 462 EuGH, Urteil v. 20.02.1979, Rs. 120/78, Slg. 1979, 649 ff. Rn. 8 – Cassis de Dijon. 463 EuGH, Urteil v. 15.05.1997, Rs. C-250/95, Slg. 1997, I-2471 ff., Rn. 31 – Futura Participations und Singer; EuGH, Urteil v. 10.03.2005, Rs. C-39/04, Slg. 2005, I2057 ff., Rn. 24 ff. – Laboratoires Fournier. 460

192

D. Die Grundfreiheiten des EG-Vertrages

In der Rechtsprechung des EuGH kann innerhalb des Begriffs der wirksamen Steuerkontrolle differenziert werden zwischen den Interessen der Mitgliedstaaten an angemessener Sachverhaltsermittlung, Realisierung von Besteuerungsansprüchen und Verhinderung von Steuerumgehung464. aa) Sachverhaltsermittlung Der EuGH hat den Mitgliedstaaten nicht das Interesse an der Erlangung ausreichender und zutreffender Informationen über Vorgänge mit Auslandsbezug abgesprochen. Der Gerichtshof hat jedoch deutlich zu verstehen gegeben, dass es praktische Schwierigkeiten allein noch nicht rechtfertigen können, von vornherein auf jegliche Sachverhaltsermittlung über die Grenze hinweg zu verzichten und den grenzüberschreitenden Wirtschaftsverkehr generell materiell zu benachteiligen. Zur Begründung seiner Auffassung verweist der EuGH seit der Halliburton-Entscheidung465 stereotyp auf die EG-Amtshilferichtlinie466, ungeachtet deren praktischen Wirksamkeit467. Zugleich hat der EuGH jedoch vorgeschlagen, den Betroffenen selbst zum Nachweis der für ihn günstigen Tatsachen heranzuziehen. Ein Mitgliedstaat sei zur Anwendung von Maßnahmen befugt, die die klare und eindeutige Feststellung der Höhe der in diesem Staat als Ausgabe abziehbaren Beträge erlauben468. Mit dem Rechtfertigungsgrund unzureichender Sachverhaltsermittlung können deshalb generell materiell-rechtliche Benachteiligungen nicht gerechtfertigt werden469. Dem Rechtfertigungsgrund sind mithin enge Grenzen gesetzt. Eine

464

Vgl. zur Differenzierung Cordewener, Grundfreiheiten, S. 938 ff. EuGH, Urteil v. 12.04.1994, Rs. C-1/93, Slg. 1994, I-1137 ff., Rn. 22 – Halliburton; vgl. zur Folgerechtsprechung z. B. EuGH, Urteil v. 14.02.1995, Rs. C-279/93, Slg. 1995, I-225 ff., Rn. 31 ff. – Schumacker; EuGH, Urteil v. 11.08.1995, Rs. C-80/ 94, Slg. 1995, I-2493 ff., Rn. 26 – Wielockx. 466 Richtlinie 77/799/EWG des Rates vom 19.12.1977 über die gegenseitige Amtshilfe zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten im Bereich der direkten Steuern, ABl. EG 1977 L 336/15, zuletzt geändert durch Richtlinie 2006/98/EG des Rates vom 20.11.2006, ABl. EG 2006 L 363/129. 467 Vgl. Thömmes in: GS Knobbe-Keuk, S. 795 (804). Von der Finanzverwaltung war in diesem Zusammenhang stets darauf hingewiesen worden, dass das in der EGAmtshilferichtlinie vorgesehene Verfahren zu bürokratisch und zeitaufwendig sei. Dieser Missstand ist jedoch weitestgehend durch die am 21.04.2004 verabschiedete Änderungsrichtlinie behoben worden (Änderungsrichtlinie 2004/56/EG des Rates vom 21.04.2004, ABl. EG 2006 L 127/70). 468 EuGH, Urteil v. 28.01.1992, C-204/90, Slg. 1992, I-249 ff., Rn. 20 – Bachmann, EuGH, Urteil v. 28.10.1999, Rs. C-55/98, Slg. 1999, I-7641 ff., Rn. 25 – Vestergaard, EuGH, Urteil v. 08.07.1999, Rs. 254/97, Slg. 1999, I-4809 ff., Rn. 18 – Société Baxter. 469 EuGH, Urteil v. 10.03.2005, Rs. C-39/04, Slg. 2005, I-2057 ff., Rn. 24 ff. – Laboratoires Fournier. 465

VI. Rechtfertigung von Diskriminierungen und Beschränkungen

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Rechtfertigung kommt nur für spezifische, an den grenzüberschreitenden Sachverhalt anknüpfende Verfahrensbestimmungen in Betracht470. bb) Realisierung von Besteuerungsansprüchen Auch das Interesse der Mitgliedstaaten an der Realisierung entstandener Besteuerungsansprüche ist schutzwürdig471. Der EuGH erkennt damit die Schwierigkeiten, die aus dem völkerrechtlichen Grundsatz folgen, dass ein Staat im Hoheitsgebiet eines anderen Staates keine steuerlichen Vollstreckungsmaßnahmen durchführen darf und dass der andere Staat auch bei einer Eintreibung fremder Steuern nicht behilflich sein muss472. Bisher war mangels Anwendbarkeit der EG-Beitreibungsrichtlinie 473 auf die direkten Steuern den Mitgliedstaaten die Absicherung ihrer Steueransprüche in eigener Verantwortung überlassen. Insoweit stand es den Mitgliedstaaten grundsätzlich frei, innerhalb ihres Rechtssystems ein entsprechendes Instrumentarium zur Anwendung zu bringen, das die Erfüllung des Steueranspruchs gewährleistet. Die Erweiterung der EG-Beitreibungsrichtlinie474 auf Steuern vom Ertrag und die Streichung der in Art. 14 Abs. 1 lit. b enthaltenen Subsidiaritätsklausel, lassen die bisherige Rechtsprechung allerdings fraglich erscheinen. Es besteht nunmehr eine weitgehende Möglichkeit für die Mitgliedstaaten, ihre Steueransprüche innerhalb der Gemeinschaft durchzusetzen. Insoweit kann eine Entwicklung der Rechtsprechung ähnlich der des EuGH zur EG-Amtshilferichtlinie im Rahmen von Sachverhaltsermittlungen erwartet werden. Demnach können materiell-rechtliche Ungleichbehandlungen nicht mit dem Interesse an der Sicherung von Besteuerungsansprüchen begründet werden. cc) Verhinderung von Steuerflucht (Missbrauchsvermeidung) Ein weiteres vom EuGH anerkanntes zwingendes Allgemeininteresse stellt das Bestreben der Mitgliedstaaten dar, Steuerflucht zu unterbinden. 470

Thömmes in: FS Wassermeyer, S. 207 (219); Englisch, RIW 2005, 187 (190). EuGH, Urteil v. 28.01.1992, C-204/90, Slg. 1992, I-249 ff., Rn. 24 – Bachmann. 472 Cordewener, Grundfreiheiten, S. 944. 473 Richtlinie 76/308/EWG des Rates v. 15.03.1976 über die gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung von Forderungen im Zusammenhang mit Maßnahmen, die Bestandteil des Finanzierungssystems des Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft sind, ABl. EG 1976 L 306/34, zuletzt geändert durch Richtlinie 2001/44/EG des Rates v. 15.06.2001, ABl. EG 2001 L 175/17. 474 Richtlinie 2001/44/EG des Rates v. 15.06.2001 zur Änderung der Richtlinie 76/ 308/EWG über die gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung von Forderungen im Zusammenhang mit Maßnahmen, die Bestandteil des Finanzierungssystems des Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft sind, sowie von Abschöpfungen und Zöllen und bezüglich der Mehrwertsteuer und bestimmter Verbrauchssteuern, ABl. EG 2001 L 175/17. 471

194

D. Die Grundfreiheiten des EG-Vertrages

In der Rechtssache avoir fiscal 475 hatte der EuGH zunächst festgestellt, dass eine Beeinträchtigung nicht mit dem Argument der Bekämpfung der Steuerflucht gerechtfertigt werden könne. Der Gerichtshof hat diese rigorose Haltung in späteren Urteilen gleichwohl deutlich abgeschwächt und mehrfach die prinzipielle Eignung dieses Interesses anerkannt hat476. Bisher nicht abschließend geklärt ist allerdings die Frage, wann eine unter die Grundfreiheiten fallende Entscheidung als „Standortentscheidung“ im Sinne eines den Steuerwettbewerb fördernden Ausnutzens des Steuergefälles oder aber als eine missbräuchliche Steuerflucht, die von Seiten der Mitgliedstaaten beeinträchtigt werden dürfte, zu sehen ist. Es geht hier ersichtlich um die Frage, wann ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten vorliegt und wann von einer sinnvollen wirtschaftlichen Gestaltung ausgegangen werden kann. Der EuGH versagte den Grundfreiheiten ihre Wirkung bisher nur bei „künstlichen Konstruktionen“477, denen jede wirtschaftliche Substanz fehlt und bei denen die Wahrnehmung einer Grundfreiheit nur dem äußeren Anschein nach erfolgen soll478. Um den Missbrauch zu belegen, muss der Mitgliedstaat dafür im Einzelfall das Fehlen einer von den Grundfreiheiten geschützten Tätigkeit belegen und zugleich die subjektive Umgehungsabsicht aufzeigen479. Die Problematik der Rechtfertigung dürfte regelmäßig in der verhältnismäßigen Anwendung dieses Rechtfertigungsgrundes liegen. Maßnahmen der Mitgliedstaaten zur Verhinderung der Steuerumgehung dürfen nicht über das erforderliche Maß hinausgehen. Generalisierende und typisierende Regelungen sind deshalb als unverhältnismäßig anzusehen480.

475

EuGH, Urteil v. 28.01.1986, Rs. 270/83, Slg. 1986, 273 ff., Rn. 25 – avoir fis-

cal. 476 Vgl. EuGH, Urteil v. 16.07.1998, Rs. C-264/96, Slg. 1998, I-4695 ff., Rn. 25 – ICI; EuGH, Urteil v. 26.09.2000, Rs. C. 478/98, Slg. 2000, I-7587 ff., Rn. 37 ff. – Kommission/Belgien; EuGH, Urteil v. 08.03.2001, Rs. C-397/98 u. 410/97, Slg. 2001, I-1727 ff., Rn. 57 – Metallgesellschaft u. a. 477 EuGH, Urteil v. 16.07.1998, Rs. C-264/96, Slg. 1998, I-4695 ff., Rn. 26 – ICI; EuGH, Urteil v. 21.11.2002, Rs. C-436/00, Slg. 2002, I-10829 ff., Rn. 61 f. – X und Y; EuGH, Urteil v. 12.12.2002, Rs. C-324/00, Slg. 2002, I-11779, Rn. 37 f. – Lankhorst-Hohorst; EuGH, Urteil v. 12.09.2006, Rs. C-196/04, Slg. 2006, I-7995 ff., Rn. 55 – Cadbury Schweppes; EuGH, Urteil v. 13.03.2007, Rs. C-524/04, Slg. 2007, I2107 ff., Rn. 74 – Test Claimants Thin Cap Group Litigation. 478 Vgl. Schön, StbJb 2003/2004, S. 27 (34); dens. in: FS Wassermeyer, S. 489 (517). 479 EuGH, Urteil v. 11.03.2004, Rs. C-9/02, Slg. 2004, I-2409 ff., Rn. 50 ff. – de Lasteryie du Saillant; EuGH, Urteil v. 21.11.2002, Rs. C-436/00, Slg. 2002, I10829 ff., Rn. 42 f. – X und Y; EuGH, Urteil v. 12.12.2002, Rs. C-324/00, Slg. 2002, I-11779 ff., Rn. 37 – Lankhorst-Hohorst; EuGH, Urteil v. 12.09.2006, Rs. C-196/04, Slg. 2006, I-7995 ff., Rn. 72 – Cadbury Schweppes. 480 Schön, DB 2001, 940 (944 f.); ders. in: FS Wassermeyer, S. 498 (517).

VI. Rechtfertigung von Diskriminierungen und Beschränkungen

195

b) Wahrung der Kohärenz der Steuerregelung aa) Rechtsprechung des EuGH Die Notwendigkeit die Kohärenz einer Steuerregelung zu wahren, hat der EuGH erstmals in den Urteilen Bachmann481 und Kommission/Belgien482 als Rechtfertigungsgrund anerkannt und danach mehrfach in seinen Urteilen aufgegriffen483. Danach sollen Regelungen, zwischen denen ein systematischer Zusammenhang besteht, nicht isoliert, sondern in ihrer Gesamtheit beurteilt werden. Anlass für diesen Rechtfertigungsgrund ist die vom EuGH praktizierte punktuelle Prüfung einer Norm unter Außerachtlassung anderer Regelungen. Die Form der isolierten Prüfung einer Beschränkung führt dazu, dass die steuerliche Norm aus ihrem Sinnzusammenhang gelöst wird und damit etwaige, mit ihr in Zusammenhang stehende Vorteile nicht mit in die Beurteilung einbezogen werden können. Es ist deshalb notwendig, den Fokus der Prüfung zu erweitern und begünstigende Regelungen des nationalen Steuersystems mit in die Betrachtung einzubeziehen. Beeinträchtigungen der Grundfreiheiten aufgrund der Kohärenz des Steuersystems sind jedoch nach Ansicht des EuGH nur unter engen Voraussetzungen zulässig. Aspekte, die keinen inhaltlichen Zusammenhang mit der beschränkenden Steuernorm aufweisen, dürfen zur Kompensation nicht herangezogen werden484. Zwischen Vor- und Nachteil muss ein unmittelbarer Zusammenhang bestehen485. Es geht also nicht um eine abstrakte Kohärenz einer nationalen Steuerordnung insgesamt, sondern um einen konkreten Kohärenz-Zusammenhang zwischen einer benachteiligenden und einer begünstigenden Regelung486. Bloße mittelbare Vor- oder Nachteile jenseits des Regelungszusammenhangs werden als bloße Vor- bzw. Nachteile ausgeblendet487. 481 482

EuGH, Urteil v. 28.01.1992, C-204/90, Slg. 1992, I-249 ff. – Bachmann. EuGH, Urteil v. 28.01.1992, C-300/90, Slg. 1992, I-305 ff. – Kommission/Bel-

gien. 483 Vgl. nur EuGH, Urteil v. 14.11.1995, Rs. C-484/93, Slg. 1995, I-3955 ff., Rn. 18 – Svensson; EuGH, Urteil v. 27.06.1996, Rs. C-107/94, Slg. 1996, I-3089 ff., Rn. 55 ff. – Asscher; EuGH, Urteil v. 13.04.2000, Rs. C-251/98, Slg. 2000, I-2787 ff., Rn. 37 ff. – Baars; EuGH, Urteil v. 06.06.2000, Rs. C-35/98, Slg. 2000, I-4071 ff., Rn. 56 ff. – Verkooijen; EuGH, Urteil v. 08.03.2001, Rs. C-397/98 u. 410/97, Slg. 2001, I-1727 ff., Rn. 67 ff. – Metallgesellschaft u. a. 484 Vgl. nur Sedemund, IStR 2001, 190 (191); Dautzenberg, StuB 2000, 720 (725). 485 EuGH, Urteil v. 06.03.2007, Rs. C-292/04, Slg. 2007, I-1835 ff., Rn. 26 – Meilicke; EuGH, Urteil v. 29.03.2007, Rs. C-347/04, Slg. 2007, I-2647 ff., Rn. 62 – Rewe Zentralfinanz; EuGH, Urteil v. 23.02.2006, Rs. C-471/04, Slg. 2006, I-2107 ff., Rn. 40 – Keller Holding; EuGH, Urteil v. 13.03.2007, Rs. C-524/04, Slg. 2007, I-2107 ff., Rn. 68 – Test Claimants Thin Cap Group Litigation. 486 Hahn, IStR 2000, 436 (437), Cordewener, Grundfreiheiten, S. 958 ff. 487 Dazu oben Kapitel D.VI.3.b), S. 188.

196

D. Die Grundfreiheiten des EG-Vertrages

Von zentraler Bedeutung ist somit die Umgrenzung des Bereichs zulässiger Kompensationen, da hierdurch die Reichweite des Rechtfertigungsgrunds der Kohärenz bestimmt wird. Der EuGH hat im Laufe der Zeit seine Rechtsprechung zu diesem Bereich immer weiter konkretisiert, mit der Folge, dass eine Kompensation nur noch in sehr eng gesteckten Grenzen möglich ist. Er verlangt eine „strenge Wechselbeziehung“488, d.h. einen unmittelbaren sachlichen Zusammenhang im Sinne einer speziellen Konditionalität zwischen konkreten Steuervor- und Steuernachteilen, wofür bloße Kompensationseffekte in außersteuerlichen Bereichen nicht genügen489. Vielmehr muss eine funktionale Beziehung zwischen der grundfreiheitsbeeinträchtigenden, nachteiligen Norm und der begünstigenden Bestimmung insofern bestehen, als nur durch das Zusammenwirken dieser Vorschriften der Regelungszweck erreicht wird. Der Zusammenhang zwischen der nachteiligen Steuerregelung und der Gewährung des Steuervorteils muss also unbedingt sein. Es reicht daher nach der Rechtsprechung des EuGH nicht aus, wenn der Vorteil mit großer Wahrscheinlichkeit oder nur regelmäßig eintrete. Erforderlich sei vielmehr die Gewissheit, dass der spätere Vorteil den Nachteil kompensiert490. Nach Ansicht des EuGH besteht ein solcher Zusammenhang zwischen den Regelungen zudem nur dann, wenn Vor- und Nachteil bei derselben Person eintreten491. Betreffen die in Betracht kommenden Regelungen unterschiedliche Rechtssubjekte, dürfen diese mithin nicht in die Saldierung einbezogen werden. Daran haben auch die Entscheidungen Lenz492 und Manninen493 nichts geändert. Dort hatte der EuGH bei der Besteuerung von Körperschaft und Anteils-

488 EuGH, Urteil v. 11.08.1995, Rs. C-80/94, Slg. 1995, I-2493 ff., Rn. 24 – Wielockx; EuGH, Urteil v. 13.04.2000, C-251/98, Slg. 2000, I-2787 ff., Rn. 40 – Baars; EuGH, Urteil v. 18.09.2003, Rs. C-168/01, Slg. 2003, I-9409 ff. Rn. 30 – Bosal. 489 EuGH, Urteil v. 27.06.1996, C-107/94, Slg. 1996, I-3089 ff., Rn. 58 – Asscher; EuGH, Urteil v. 06.06.2000, Rs. C-35/98, Slg. 2000, I-4071 ff., Rn. 57 – Verkooijen; EuGH, Urteil v. 18.09.2003, Rs. C-168/01, Slg. 2003, I-9409 ff. Rn. 29 – Bosal; EuGH, Urteil v. 14.11.1995, Rs. C-484/93, Slg. 1995, I-3955 ff., Rn. 18 – Svensson; EuGH, Urteil v. 16.07.1998, Rs. C-264/96, Slg. 1998, I-4695 ff., Rn. 29 – ICI; EuGH, Urteil v. 28.10.1999, Rs. C-55/98, Slg. 1999, I-7641 ff., Rn. 24 – Vestergaard; EuGH, Urteil v. 21.11.2002, Rs. C-436/00, Slg. 2002, I-10829 ff., Rn. 52 – X und Y; EuGH, Urteil v. 07.09.2004, Rs. C-319/02, Slg. 2004, I-7477 ff., Rn. 47 ff. – Manninen. 490 Urteil v. 15.07.2004, Rs. C-242/03, Slg. 2004, I-7379 ff., Rn. 28. – Weidert und Paulus; EuGH, Urteil v. 29.03.2007, Rs. C-347/04, Slg. 2007, I-2647 ff., Rn. 67 – Rewe Zentralfinanz. 491 EuGH, Urteil v. 14.11.1995, Rs. C-484/93, Slg. 1995, I-3955 ff., Rn. 18 – Svensson; EuGH, Urteil v. 26.10.1999, Rs. C-294/97, Slg. 1999, I-7447 ff., Rn. 42 – Eurowings. 492 EuGH, Urteil v. 15.07.2004, Rs. C-315/02, Slg. 2004, I-7063 ff. – Lenz. 493 EuGH, Urteil v. 07.09.2004, Rs. C-319/02, Slg. 2004, I-7477 ff., Rn. 34 – Manninen.

VI. Rechtfertigung von Diskriminierungen und Beschränkungen

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eigner eine personenübergreifende Sichtweise eingenommen494. Unter Außerachtlassung des Trennungsprinzips nahm der EuGH in diesen Fällen eine wirtschaftliche Sichtweise ein, indem er die Besteuerung von Anteilseigner und Kapitalgesellschaft als Besteuerung eines Steuersubjekts beurteilte. Daraus folgt, dass Nachteile bei der Besteuerung des Anteilseigners durch Vorteile bei der Besteuerung der Kapitalgesellschaft ausgeglichen werden können. Die Entscheidungen des EuGH betrafen jedoch jeweils körperschaftsteuerliche Entlastungssysteme. Diese Entlastungssysteme sind darum bemüht, steuersubjektübergreifend die körperschaftsteuerliche Vorbelastung in die Dividendenbesteuerung mit einzubeziehen. Die hier vom EuGH vorgenommene steuersubjektübergreifende Sichtweise war mithin schon von der den Entlastungssystemen immanenten Systematik vorgegeben und musste deshalb auch im Rahmen einer kohärenten Beurteilung vorgenommen werden495. Ein allgemeiner Rechtsprechungswechsel zu einer generell personenübergreifenden Betrachtungsweise auch außerhalb eines Körperschaftsteuerentlastungssystems kann daraus nicht abgeleitet werden. Betreffen Vor- und Nachteil also unterschiedliche Rechtssubjekte, besteht grundsätzlich keine Möglichkeit zur Kompensation. Außerdem hat der EuGH bereits frühzeitig in der Rechtssache Wielockx geurteilt, dass die strenge Wechselbeziehung zwischen Vor- und Nachteil dann nicht angenommen werden kann, wenn die Wechselbeziehung auf der Ebene eines DBA bewirkt wird. Dann, so der EuGH, werde die Wechselbeziehung nicht auf der Ebene einer Einzelperson, sondern „auf einer anderen Ebene, nämlich die der Gegenseitigkeit der in den Vertragsstaaten anwendbaren Vorschriften verlagert“496. In der Rechtssache Weidert und Paulus hat der EuGH seine Rechtsprechung bestätigt und festgestellt: „Da es gerade Ziel des Doppelbesteuerungsabkommens ist, die steuerliche Kohärenz sicherzustellen, kann dieses nicht als Quelle der Inkohärenz aus der Sicht des Steuerpflichtigen angeführt werden“497, deretwegen der grenzüberschreitende Sachverhalt benachteiligt werden könne. Das Kohärenzprinzip zielt damit darauf ab, Beeinträchtigungen der Grundfreiheiten zuzulassen, wenn deren nachteiligen Effekte an anderer Stelle bei dem494 Vgl. Rust, EWS 2004, 450 (452); Eicker/Obser, IStR 2004, 443 (444); Englisch, IStR 2004, 680 (684 ff.). 495 Die Rechtsprechung des EuGH verdient insoweit allerdings Kritik, als der EuGH eine Gesamtschau vornimmt, die der Diskriminierungsprüfung nicht angemessen ist. Die körperschaftsteuerliche Vorbelastung muss innerhalb einer Rechtsordnung, sofern diese ein Entlastungsmechanismus vorsieht, vorgenommen werden. 496 EuGH, Urteil v. 11.8.1995, C-80/94; Slg. 1995, I-2493 ff., Rn. 24 f. – Wielockx; vgl. auch EuGH, Urteil v. 03.10.2002, Rs. C-136/00, Slg. 2002, I-8147 ff., Rn. 41 – Danner; EuGH, Urteil v. 21.11.2002, Rs. C-436/00; Slg. 2002, I-10829 ff., Rn. 53 f. – X und Y. 497 EuGH, Urteil v. 15.07.2004, Rs. C-242/03, Slg. 2004, I-7379 ff., Rn. 25 ff. – Weidert und Paulus.

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D. Die Grundfreiheiten des EG-Vertrages

selben Steuerpflichtigen kompensiert werden. Zwischen Vor- und Nachteil muss hierzu nach der Rechtsprechung des EuGH ein systematischer unmittelbarer Zusammenhang bestehen, dessen sich der Mitgliedstaat durch Vereinbarungen in einem DBA begeben kann. bb) Stellungnahme Im Grunde kann der Rechtsprechung zugestimmt werden. Durch Schaffung des Kohärenzgrundsatzes erkennt der EuGH das Bedürfnis der Mitgliedstaaten nach einer Aufrechterhaltung des Funktions- und Gerechtigkeitszusammenhangs ihrer nationalen Rechtordnungen als schutzwürdig an498. Kann demzufolge durch einen Mitgliedstaat nachgewiesen werden, dass eine die grenzüberschreitende Tätigkeit der Marktteilnehmer beeinträchtigende Vorschrift gerade die steuerliche Belastungsgleichheit innerhalb des nationalen Steuersystems sicherstellt, ist diese Beeinträchtigung aufgrund eines kohärenten Regelungszusammenhangs als gerechtfertigt anzusehen499. Letztlich muss sich die nähere Ausgestaltung dieses Rechtfertigungsgrundes durch den EuGH aber auch an diesem Zweck messen lassen. Demnach müssen sich Vor- und Nachteil innerhalb einer Rechtsordnung auswirken. Denn es geht bei der Frage der Kohärenz um die Aufrechterhaltung des Funktions- und Gerechtigkeitszusammenhangs eines einzelnen, auf autonomen Maßstäben beruhenden nationalen Steuersystems. Deshalb muss die Frage, ob die diskriminierende Besteuerung des grenzüberschreitenden Sachverhalts durch einen Vorteil ausgeglichen worden ist, unter Ausblendung der steuerlichen Behandlung im anderen Mitgliedstaat erfolgen. Damit kann es über den Rechtfertigungsgrund der Kohärenz letztlich nicht zu einer Einbeziehung der steuerlichen Situation im anderen Mitgliedstaat im Sinne einer „Makro-Kohärenz“ 500 kommen. Damit zeichnet sich allerdings auch ab, dass der Grundsatz der Kohärenz nicht dazu angeführt werden kann, etwaige Doppelbegünstigungen, die durch das Zusammenwirken zweier Rechtsordnungen auftreten können, zu verhindern501. Dieses Verständnis des Kohärenzprinzips hat auch der EuGH in jüngeren Entscheidungen zu erkennen gegeben502. So hat er in der Rechtssache Marks & Spencer eine Rechtfertigung ohne Rückgriff auf das Kohärenzprinzip

498

Steindorff, ZHR 163 (1999), 395 (423 f.); Cordewener, Grundfreiheiten, S. 961. So auch Sedemund IStR 2001, 190 (192), Dautzenberg, StuB 2000, 720 (725). 500 Begrifflichkeit geht zurück auf Schön in: GS Knobbe-Keuk. S. 743 (770). 501 So aber u. a. GA Kokott, Schlussanträge v. 18.03.2004, Rs. C-319/02, Slg. 2004, I-7477 ff., Rn. 54 ff. – Manninen; Hey, GmbHR 2006, 113 (121). 502 EuGH, Urteil v. 13.12.2005, Rs. C-446/03, Slg. 2005, I-10837 ff. – Marks & Spencer. 499

VI. Rechtfertigung von Diskriminierungen und Beschränkungen

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angenommen, obwohl der GA Maduro seine Argumentation in Bezug auf die Gefahr einer doppelten Begünstigung in Form der doppelten Verlustnutzung innerhalb zweier Rechtsordnungen maßgeblich auf das Kohärenzprinzip gestützt hatte503. Damit gewährleistet das Kohärenzprinzip letztlich eine Besteuerung des grenzüberschreitenden Verkehrs, die „nur“ zur Verwirklichung einer innerstaatlichen Systemgerechtigkeit beiträgt. Die Entscheidungen in den Rechtssachen Bachmann504 und Kommission/Belgien505 sind in diesem Zusammenhang zu Recht kritisiert worden, weil der EuGH für die Beurteilung der Kohärenz die einschlägigen DBA-Regelungen nicht in die Betrachtung einbezog506. DBA sind integraler Bestandteil nationaler Steuerrechtsordnungen und müssen insoweit notwendigerweise in die Beurteilung einbezogen werden507. Die Kritik der Literatur hat der EuGH im Fall Wielockx508 zunächst beherzigt und die einschlägigen DBA-Normen bei der Beurteilung berücksichtigt. Der Gerichtshof hat allerdings dann den Schluss gezogen, dass eine Benachteiligung des grenzüberschreitenden Sachverhalts nicht mit Verweis auf etwaige Vorteile in DBA-Regelungen gerechtfertigt werden könne. Er hat insoweit ohne nähere Prüfung angenommen, dass durch die Regelung des DBA eine kohärente Besteuerung sichergestellt werde und diese deshalb nicht als Rechtfertigungsgrund für eine Benachteiligung angeführt werden könne509. Dieser Argumentation des EuGH kann nicht zugestimmt werden. Es darf nicht übersehen werden, dass die abkommensrechtlichen Vereinbarungen nicht nur der Durchsetzung nationaler Vorstellungen von steuerlicher Systemgerechtigkeit, sondern auch einer gerechten zwischenstaatlichen Verteilung von Steueraufkommen dienen. Durch die Anwendung eines DBA wird mithin nicht per se eine kohärente Besteuerung des Steuerpflichtigen erreicht. Zudem unterliegen die nationalen Steuerrechtsordnungen ständigen Systemänderungen, welchen so gut wie nie durch Änderung der DBA Rechnung getragen werden kann. Die 503 Vgl. GA Maduro, Schlussanträge v. 07.04.2005, Rs. C-446/03, Slg. 2005, I10837 ff., Rn. 67 – Marks & Spencer. 504 EuGH, Urteil v. 28.01.1992, C-204/90, Slg. 1992, I-249 ff. – Bachmann. 505 EuGH, Urteil v. 28.01.1992, C-300/90, Slg. 1992, I-305 ff. – Kommission/Belgien. 506 Hinnekens/Schelpe, EC Tax Review 1992, 58 f.; Knobbe-Keuk, EC Tax Review 1994, 74 ff. 507 In diesem Sinne auch EuGH, Urteil v. 13.03.2007, Rs. C-524/04, Slg. 2007, I2107 ff., Rn. 54 – Test Claimants Thin Cap Group Litigation, wonach die sich aus einem DBA ergebende Regelung Teil des rechtlichen Rahmens des zu beurteilenden Verfahrens sei; ebenso Schuch in: Gassner/Lang/Lechner, DBA und EU-Recht, S. 99 (127); Rainer, IStR 1995, 474 (476). 508 EuGH, Urteil v. 11.08.1995, C-80/94; Slg. 1995, I-2493 ff., Rn. 24 ff. – Wielockx. 509 Vgl. zur Entwicklung Elicker, IStR 2005, 89 ff.

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D. Die Grundfreiheiten des EG-Vertrages

innerstaatliche Systemgerechtigkeit spiegelt sich dementsprechend nur selten in den jeweiligen DBA-Regelungen wieder. Insofern müssen die Mitgliedstaaten Systemgerechtigkeit auch unter Berücksichtigung des DBA erreichen können. Aus Gründen der Kohärenz muss es den Mitgliedstaaten darum möglich sein, eine Benachteiligung des grenzüberschreitenden Sachverhalts mit einer vorteilhaften DBA-Regelung zu rechtfertigen, wenn dadurch letztlich eine Besteuerung nach der innerstaatlich erfassten Leistungsfähigkeit herbeigeführt wird510. In diesem Fall kann dann der Rechtfertigungsgrund der Kohärenz auch nicht mehr als bloße „Leerformel“ bezeichnet werden, wie dies hinsichtlich der vom EuGH geprägten Form zutreffend beklagt wird511. Nach der hier vertretenen Ansicht steht es den Mitgliedstaaten deshalb grundsätzlich offen, etwaige abkommensrechtlichen Vorteile, die zu einer systemwidrigen nationalen Besteuerung führen, durch diskriminierende Regelungen auszugleichen, sofern zwischen Vor- und Nachteil ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. c) Vermeidung von Doppelbegünstigungen aa) Rechtsprechung des EuGH Der EuGH hat in früheren Entscheidungen stets die doppelte Inanspruchnahme von Vergünstigungen zu vermeiden gewusst, indem er sich einer staatenübergreifenden Betrachtung bediente512. Dies galt sowohl hinsichtlich einer doppelten Inanspruchnahme von persönlichen Abzugsbeträgen in der Rechtssache de Groot513 als auch hinsichtlich der doppelten Gewährung eines „shareholder relief“ in der Rechtssache Manninen514. Zuletzt hat der EuGH in der Rechtssache Centro Equestre515 die Vermeidung einer doppelten Berücksichtigung von Aufwand bzw. Verlusten im grenzüberschreitenden Verkehr als Rechtfertigungsgrund zugelassen und damit ganz allgemein die Vermeidung von Doppelbegünstigung im EG-Binnenmarkt als Allgemeininteresse anerkannt.

510 Englisch, IStR 2004, 684 (685), ähnlich Lehner, DStJG Bd. 23 (2000), S. 263 (270 f.). 511 Thömmes, DStJG Bd. 19 (1996), S. 81 (99 f.); ders. in: GS Knobbe-Keuk, S. 795 (831); Schnitger, DStR 2002, 1197 (1201). 512 Vgl. zur Unangemessenheit einer Zusammenschau von Maßnahmen unterschiedlicher Hoheitsträger bei einer Diskriminierungsprüfung oben Kapitel D.V.2.d)aa)(2), S. 125 ff. 513 EuGH, Urteil v. 12.12.2002, Rs. C-385/00, Slg. 2002, I-11819 ff., Rn. 99 ff. – de Groot. 514 EuGH, Urteil v. 07.09.2004, Rs. C-319/02, Slg. 2004, I-7477 ff., Rn. 34 – Manninen. 515 EuGH, Urteil v. 15.02.2007, Rs. C-345/04, Slg. 2007, I-1425 ff., Rn. 33 ff. – Centro Equestre.

VI. Rechtfertigung von Diskriminierungen und Beschränkungen

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bb) Stellungnahme und Anwendungsbereich Nach allgemeiner Ansicht müssen im EG-Binnenmarkt auch Doppelbegünstigungen vermieden werden können, die durch das Zusammenwirken verschiedener Rechtsordnungen auf denselben Sachverhalt entstehen. Genauso wenig, wie eine nachteilige Doppelregulierung des grenzüberschreitenden Wirtschaftsverkehrs im Binnenmarkt geduldet werden kann516, kann eine Überbegünstigung des grenzüberschreitenden Verkehrs hingenommen werden517. Dieses Interesse wird schlagwortartig in der These zum Ausdruck gebracht, dass der „free mover“ nicht zum „free rider“ werden dürfe518. Der EuGH hat richtig daran getan, dieses Interesse als Rechtfertigungsgrund anzuerkennen. Denn auch Doppelbegünstigungen können wie auch Doppelbelastungen zu Verzerrungen im EG-Binnenmarkt führen. Zustimmung verdient die Rechtsprechung des EuGH auch insoweit, als der EuGH dieses Interesse nicht als eine besondere Ausprägung des Kohärenzprinzips versteht. Denn der Rechtfertigungsgrund der Vermeidung von Doppelbegünstigungen kommt nur dann in Betracht, wenn sich die zu vermeidende doppelte Inanspruchnahme eines Steuervorteils außerhalb des Regelungsbereichs der Rechtsordnung eines Staates befindet. Der Rechtfertigungsgrund der Vermeidung von Doppelbegünstigungen führt also nicht zu einer insgesamt kohärenten Ausgestaltung der Besteuerung einer Rechtsordnung, sondern unter Einbeziehung der Begünstigung im anderen Mitgliedstaat zu einer Makro-Kohärenz. Das bedeutet aber auch, dass der Rechtfertigungsgrund der Vermeidung von Doppelbegünstigungen dann ausscheidet, wenn die Einmalbegünstigung schon durch eine auf unmittelbare Vor- und Nachteilsausgleich bedachte kohärente Besteuerung innerhalb einer Rechtsordnung erreicht werden kann. Dementsprechend kann sich nur derjenige Mitgliedstaat auf den Rechtfertigungsgrund der Vermeidung einer Doppelbegünstigung berufen, dem es unmöglich ist, innerhalb seiner Rechtsordnung eine kohärente Besteuerung zu realisieren. Diese Subsidiarität hat zur Folge, dass sich Mitgliedstaaten nur dann auf den Rechtfertigungsgrund der Vermeidung von Doppelbegünstigungen berufen können, wenn durch eine kohärente Ausgestaltung ihrer jeweiligen Steuerrechtsordnungen die Gefahr einer Doppelbegünstigung nicht beseitigt werden kann. Dies führt im Ergebnis dazu, dass die Mitgliedstaaten zunächst angehalten sind, ihre Steuerrechtsordnungen kohärent auszugestalten und damit einen wesentlichen Beitrag zur Verwirklichung des EG-Binnenmarktes leisten.

516

Dazu oben Kapitel D.V.3.c), S. 153 ff. So insbesondere Körner, Intertax 2003, 489 (494); a. A. Lang, SWI 2006, 213 [220]; ders., SWI 2006, 3 (7); ders., IStR 2006, 550 (554 f.). 518 Vgl. Cordewener, Grundfreiheiten, S. 963; Cordewener/Dahlberg/Pistone/Romano, ET 2004, 218 (221). 517

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D. Die Grundfreiheiten des EG-Vertrages

Damit dürfte sich regelmäßig nur der Staat auf diesen Rechtfertigungsgrund berufen können, der nur ausschnittsweise die Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen erfasst. Deshalb wird es in den meisten Fällen nur dem Quellenstaat im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht möglich sein, die Vermeidung von Doppelbegünstigungen als Rechtfertigung für eine Diskriminierung anzuführen, da im Anässigkeitsstaat im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht das Welteinkommen und damit regelmäßig sämtliche Einkünfte des Steuerpflichtigen erfasst werden. Darüber hinaus stellt sich entsprechend der Problematik im Fall der benachteiligenden Doppelregulierung die Frage, welche der zusammenwirkenden Rechtsordnungen die Begünstigung verweigern und damit die Folge der Einmalbegünstigung herbeiführen darf bzw. muss. Denn die Vermeidung von Doppelbegünstigungen im EG-Binnenmarkt tangiert zwangsläufig immer zwei Rechtsordnungen. Im Kontext internationaler Steuersachverhalte bietet sich auch hier der Rückgriff auf die nach den DBA vorgenommene Aufteilung von Besteuerungsrechten an519. In der Rechtssache Centro Equestre hat der EuGH in diesem Sinne entschieden. Auch wenn er sich nicht explizit auf die im DBA bezogene Aufteilung von Besteuerungsrechten bezog520, lehnte er den vom Quellenstaat angeführten Rechtfertigungsgrund der Vermeidung einer Doppelbegünstigung in Form der doppelten Berücksichtigung von Erwerbsaufwendungen mit dem Argument ab, dass bereits im Ansässigkeitsstaat durch Anwendung der Anrechnungsmethode die doppelte Kostenberücksichtigung vermieden werde. Damit kann sich letztlich nur derjenige Staat auf den Rechtfertigungsgrund der Vermeidung von Doppelbegünstigungen berufen, der im Rahmen eines DBA auf sein Besteuerungsrecht verzichtet hat. Der Mitgliedstaat, der zur Besteuerung berechtigt bleibt, muss also die Vergünstigung gewähren. Zur Vermeidung einer konturenlosen Weite dieses Rechtfertigungsgrundes bedarf es einer näheren Konkretisierung des Merkmals der Doppelbegünstigung. Denn nicht jedwede Begünstigung kann als doppelte Begünstigung eine Diskriminierung rechtfertigen. Es stellt sich die Frage, wann die begünstigende Regelung in einem Staat der des anderen Mitgliedstaates entspricht und deshalb einseitig von einem der Staaten zurückgenommen werden kann. Davon kann nicht bereits dann ausgegangen werden, wenn die Regelungen denselben Sachverhalt regelt, sondern erst dann, wenn den Regelungen zusätzlich dieselbe Regelungsintention zugrunde liegt. Dies bedarf jeweils im konkreten Einzelfall einer näheren Untersuchung und ggf. einer Abstimmung der involvierten Staaten.

519

Dazu oben Kapitel D.V.3.c)cc)(3)(b), S. 166 ff. EuGH, Urteil v. 15.02.2007, Rs. C-345/04, Slg. 2007, I-1425 ff., Rn. 33 ff. – Centro Equestre. 520

VI. Rechtfertigung von Diskriminierungen und Beschränkungen

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Führt man die genannten Überlegungen zusammen, dann wird sich meist nur der auf sein Besteuerungsrecht verzichtende Quellenstaat auf den Rechtfertigungsgrund der Vermeidung von Doppelbegünstigungen berufen können. d) Rechtfertigungstrias: Wahrung der Ausgewogenheit der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis Die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Marks & Spencer bescherte ein neuartiges Rechtfertigungskonzept, wonach sich eine Rechtfertigung für eine die Grundfreiheiten beeinträchtigende Regelung aus drei Rechtfertigungsgründen, nämlich aus der Ausgewogenheit der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis, der doppelten Verlustberücksichtigung und der Steuerfluchtgefahr ergeben kann521. Das im Folgenden von den Mitgliedstaaten vor Gericht vorgebrachte neue Rechtfertigungskonzept hat der EuGH in den Entscheidungen Cadbury Schweppes522, Rewe Zentralfinanz523 und Oy AA524 aufgegriffen und zum Teil weiter präzisiert. aa) Rechtsprechung des EuGH (1) EuGH-Urteil Marks & Spencer Ausgehend vom steuerlichen Territorialitätsprinzip erkannte der EuGH in der Entscheidung Marks & Spencer erstmals das Interesse der Mitgliedstaaten an der Wahrung der Ausgewogenheit der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis an525. Dort hatte der EuGH die Frage zu beantworten, ob der Ansässigkeitsstaat einer Muttergesellschaft im Rahmen einer als „group relief“ konzipierten Gruppenbesteuerung zur Berücksichtigung der in der ausländischen Tochtergesellschaft erzielten negativen Einkünfte entsprechend der rein innerstaatlichen Konstellation verpflichtet ist. Unter Annahme einer Diskriminierung des Sitzstaates der Muttergesellschaft führte der EuGH aus, dass allein der Umstand, dass der Sitzstaat der Muttergesellschaft die Gewinne der ausländischen Tochtergesellschaft nicht besteuert, nicht ausreiche, um die Diskriminierung durch Beschränkung des Verlustausgleichs auf gebietsansässige Tochtergesellschaften zu recht521 EuGH, Urteil v. Marks & Spencer. 522 EuGH, Urteil v. Cadbury Schweppes. 523 EuGH, Urteil v. Rewe Zentralfinanz. 524 EuGH, Urteil v. Oy AA. 525 EuGH, Urteil v. Marks & Spencer.

13.12.2005, Rs. C-446/03, Slg. 2005, I-10837 ff., Rn. 51 – 12.09.2006, Rs. C-196/04, Slg. 2006, I-7995 ff., Rn. 55 ff. – 29.03.2007, Rs. C-347/04, Slg. 2007, I-2647 ff., Rn. 42 ff. – 18.07.2007, Rs. C-231/05, Slg. 2007, I-6373 ff., Rn. 51 ff. – 13.12.2005, Rs. C-446/03, Slg. 2005, I-10837 ff., Rn. 43 –

204

D. Die Grundfreiheiten des EG-Vertrages

fertigen526. Vielmehr müssten noch weitere Gründe hinzutreten, damit eine solche Beschränkung gerechtfertigt sei. Als Grund nannte der EuGH insbesondere das Interesse an der Wahrung der Ausgewogenheit der Aufteilung der Besteuerungsrechte zwischen den Mitgliedstaaten527, die Gefahr der doppelten Verlustberücksichtigung528 und die Steuerfluchtgefahr529. Die drei genannten Interessen hielt der EuGH in diesem Rechtsstreit alle für einschlägig. Die ausgewogene Aufteilung von Besteuerungsrechten werde dadurch beeinträchtigt, dass die Verlustberücksichtigung im Sitzstaat der Muttergesellschaft und nicht im Sitzstaat der Tochtergesellschaft erfolge. Auch die Gefahr der doppelten Verlustberücksichtigung bestünde, wenn ein Verlust der Tochtergesellschaft auch im Sitzstaat der Muttergesellschaft in Abzug gebracht werden könne. Letztlich sei auch die Gefahr vorhanden, dass der Verlust innerhalb eines Konzerns in Richtung der Gesellschaft geleitet werde, bei der der steuerliche Wert des Verlustes am höchsten sei (Steuerfluchtgefahr). Unter Berücksichtigung dieser Interessen des diskriminierenden Staates kommt der EuGH zu dem Ergebnis, dass die Weigerung, die Verluste der ausländischen Tochtergesellschaft zu berücksichtigen, nur dann gegen die Niederlassungsfreiheit verstößt, wenn die Tochtergesellschaft alle in ihrem Sitzstaat vorgesehenen Möglichkeiten zur Berücksichtigung von Verlusten ausgeschöpft hat, wenn also keine Möglichkeit mehr besteht, dass die Verluste im Staat des Sitzes der Tochtergesellschaft in irgendeiner Weise berücksichtigt werden können530. Nach Ansicht des EuGH ist der Ansässigkeitsstaat der Muttergesellschaft insgesamt also nur „ultima ratio“531 zur Berücksichtigung des Verlustes der ausländischen Tochtergesellschaft verpflichtet, mit der Folge, dass etwaige 526 EuGH, Urteil v. 13.12.2005, Rs. C-446/03, Slg. 2005, I-10837 ff., Rn. 40 – Marks & Spencer. 527 EuGH, Urteil v. 13.12.2005, Rs. C-446/03, Slg. 2005, I-10837 ff., Rn. 45 f. – Marks & Spencer. 528 EuGH, Urteil v. 13.12.2005, Rs. C-446/03, Slg. 2005, I-10837 ff., Rn. 47 f. – Marks & Spencer. 529 EuGH, Urteil v. 13.12.2005, Rs. C-446/03, Slg. 2005, I-10837 ff., Rn. 49 f. – Marks & Spencer. 530 Vgl. die Tenorierung EuGH, Urteil v. 13.12.2005, Rs. C-446/03, Slg. 2005, I10837 ff., Rn. 59 – Marks & Spencer: Der EuGH setzt insbesondere voraus, dass die gebietsfremde Tochtergesellschaft nicht nur die im Staat ihres Sitzes für den von dem Abzugsantrag erfassten Steuerzeitraum sowie frühere Steuerzeiträume vorgesehenen Möglichkeiten zur Berücksichtigung von Verlusten ausschöpft, sondern auch die Möglichkeit durch Übertragung dieser Verluste auf einen Dritten oder ihre Verrechnung mit Gewinnen, die die Tochtergesellschaft in früheren Zeiträumen erwirtschaftet hat ausgenutzt hat. Außerdem dürfen keine Möglichkeiten bestehen, dass die Verluste der ausländischen Tochtergesellschaft im Staat ihres Sitzes für künftige Zeiträume von ihr selbst oder von einem Dritten, insbesondere im Fall der Übertragung der Tochtergesellschaft auf ihn, berücksichtigt werden. 531 Vgl. Hey, GmbHR 2006, 113 (115 f.).

VI. Rechtfertigung von Diskriminierungen und Beschränkungen

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Liquiditäts- und Zinsnachteile durch die spätere Berücksichtigung des Verlustes bei der Muttergesellschaft hinzunehmen sind. Insbesondere die Möglichkeit der Nachversteuerung („recapture rule“) von bereits bei der Muttergesellschaft berücksichtigten Verlusten, die zur Vermeidung solcher Nachteile zweifellos geeignet ist, hat der Gerichtshof als milderes Mittel nicht anerkannt. Hierzu hat er ganz allgemein ausgeführt, dass andere, weniger belastende Maßnahmen einer Harmonisierungsregelung durch den Gemeinschaftsgesetzgeber bedürfen532. (2) EuGH-Urteil Cadbury Schweppes In der Rechtssache Cadbury Schweppes griffen die Mitgliedstaaten das vom EuGH in der Rechtssache Marks & Spencer anerkannte Interesse an der Wahrung der Ausgewogenheit der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis auf, um eine diskriminierende Regelung zu rechtfertigen, wonach Gewinne von beherrschten ausländischen Tochtergesellschaften im Fall eines niedrigeren ausländischen Besteuerungsniveaus von der Muttergesellschaft versteuert werden müssen. Nach Ansicht des EuGH kann die Möglichkeit, durch künstliche Gestaltungen Verluste innerhalb eines Konzerns auf diejenigen Gesellschaften zu übertragen, die in den Mitgliedstaaten ansässig sind, in denen die höchsten Steuersätze gelten und folglich der steuerliche Wert dieser Verluste am höchsten ist, das Recht der Mitgliedstaaten in Gefahr bringen, ihre Steuerzuständigkeit in Bezug auf die in ihrem Hoheitsgebiet durchgeführten Tätigkeiten auszuüben, und so die Ausgewogenheit der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen533. Der Steuerpflichtige soll nicht der normalerweise geschuldeten Steuer entgehen können534. Ob die englische Hinzurechnungsbesteuerung allerdings aus diesem Grund gerechtfertigt war, ließ der EuGH offen. Das vorlegende Gericht habe zu prüfen, ob die Regelung derart ausgelegt werden könne, dass ihre Anwendung auf rein künstliche Gestaltungen beschränkt werden kann535. Das vom EuGH anerkannte Interesse der Mitgliedstaaten an der Wahrung der Ausgewogenheit der Besteuerungsbefugnis wird im Fall Cadbury Schweppes vom Gerichtshof lediglich als das im Falle eines Missbrauchs betroffene Interesse der Mitgliedstaaten angeführt. Es wird insoweit deutlich, dass der Rechtfertigungsgrund der Ausgewogenheit der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis 532 EuGH, Urteil v. 13.12.2005, Rs. C-446/03, Slg. 2005, I-10837 ff., Rn. Marks & Spencer. 533 EuGH, Urteil v. 12.09.2006, Rs. C-196/04, Slg. 2006, I-7995 ff., Rn. 56 – bury Schweppes. 534 EuGH, Urteil v. 12.09.2006, Rs. C-196/04, Slg. 2006, I-7995 ff., Rn. 75 – bury Schweppes. 535 EuGH, Urteil v. 12.09.2006, Rs. C-196/04, Slg. 2006, I-7995 ff., Rn. 72 bury Schweppes.

58 – CadCadCad-

206

D. Die Grundfreiheiten des EG-Vertrages

den Mitgliedstaaten die Möglichkeit geben soll, ihre Steuerzuständigkeiten in Bezug auf die in ihrem Hoheitsgebiet durchgeführten Tätigkeiten tatsächlich auszuüben. Der Steuerpflichtige soll eben nicht der im Normalfall geschuldeten Steuer entgehen können. Tatsächlich hätte es in diesem Zusammenhang ausgereicht, allein den bereits anerkannten Rechtfertigungsgrund der Steuerflucht (Missbrauchsvermeidung) anzuführen. Denn dieser verhindert bereits, dass Steuerpflichtige zu Lasten des Steueraufkommens eines Mitgliedstaates Einkünfte in anderen Steuerjurisdiktionen verschieben und ermöglicht es deshalb zugleich, dass die Mitgliedstaaten die ihr zustehenden Besteuerungsrechte auch tatsächlich ausüben können. Welche Bedeutung hier dem Interesse der Mitgliedstaaten an der Wahrung einer ausgewogenen Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zukommen soll, ist unklar. (3) EuGH-Urteil Rewe Zentralfinanz Gegenstand der Entscheidung Rewe Zentralfinanz war die Regelung des § 2a Abs. 1 Nr. 3a EStG, wonach Teilwertabschreibungen auf Anteile an bestimmten ausländischen Kapitalgesellschaften nur mit Gewinnen aus positiven Einkünften der jeweils selben Art aus demselben Staat ausgeglichen werden können. Den von einigen Mitgliedstaaten vorgetragenen Rechtfertigungsgrund der Ausgewogenheit der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis erkannte der EuGH erneut ausdrücklich an. Er führte aber aus, dass eine unterschiedliche steuerliche Behandlung einer gebietsansässigen Muttergesellschaft nicht allein damit gerechtfertigt werden kann, dass sich die Muttergesellschaft dafür entschieden hat, wirtschaftliche Tätigkeiten in einem anderen Mitgliedstaat auszuüben, für den der betroffene Staat seine Besteuerungszuständigkeit nicht ausüben kann536. Dieser Rechtfertigungsgrund sei hingegen anzuerkennen, wenn mit der betreffenden Regelung Verhalten verhindert werden soll, das geeignet ist, das Recht eines Mitgliedstaates auf Ausübung seiner Besteuerungszuständigkeit für die in seinem Hoheitsgebiet durchgeführten Tätigkeiten zu gefährden537. Im Sinne von Marks & Spencer könne er nur in Verbindung mit zwei weiteren Rechtfertigungsgründen, nämlich der Gefahr der doppelten Verlustberücksichtigung und der Steuerfluchtgefahr, zugelassen werden538. Da nach Ansicht des EuGH aber durch die Gewährung einer Teilwertabschreibung nicht die Gefahr der doppelten Verlustberücksichtigung besteht, und zudem § 2a EStG als Maßnahme zur Vermeidung der Steuerumgehung über das hinausgeht, was zur Erreichung des mit 536 EuGH, Urteil v. 29.03.2007, Rs. C-347/04, Slg. 2007, I-2647 ff., Rn. 43 – Rewe Zentralfinanz. 537 EuGH, Urteil v. 29.03.2007, Rs. C-347/04, Slg. 2007, I-2647 ff., Rn. 42 – Rewe Zentralfinanz. 538 EuGH, Urteil v. 29.03.2007, Rs. C-347/04, Slg. 2007, I-2647 ff., Rn. 41 – Rewe Zentralfinanz.

VI. Rechtfertigung von Diskriminierungen und Beschränkungen

207

ihr verfolgten Ziels erforderlich ist,539 sah der EuGH das Interesse an der ausgewogenen Aufteilung der Besteuerungsbefugnis als nicht betroffen an. In der Rechtsache Rewe Zentralfinanz stellt der EuGH wieder den Bezug zwischen dem Interesse der Mitgliedstaaten an einer ausgewogenen Aufteilung der Besteuerungsbefugnis und dem steuerlichen Territorialitätsprinzip her, indem er klarstellt, dass der Umstand, dass der diskriminierende Staat kein Recht zur Besteuerung der Gewinne hat, allein nicht ausreicht, um eine Diskriminierung zu rechtfertigen. Vielmehr bedarf es noch der Gefahr der doppelten Verlustberücksichtigung oder der Steuerfluchtgefahr. Insoweit liegt die Entscheidung auf einer Linie mit der Marks & Spencer-Rechtsprechung. Inhaltlich konkretisiert der EuGH das Merkmal der Wahrung der Ausgewogenheit der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis dahingehend, dass damit das Interesse der Mitgliedstaaten an der Ausübung ihrer Besteuerungszuständigkeiten für die in ihrem Hoheitsgebiet durchgeführten Tätigkeiten gemeint ist. Wie auch in der Entscheidung Cadbury Schweppes540 hätte der EuGH seine Entscheidung allerdings allein auf den Rechtfertigungsgrund des Steuermissbrauchs stützen können. Auch hier bleibt unklar, welche Bedeutung dem Interesse der Mitgliedstaaten an der Wahrung an der Ausgewogenheit der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis darüber hinaus noch zukommen soll. (4) EuGH-Urteil Oy AA Gegenstand der Rechtssache Oy AA war die Frage, ob Art. 43 EGV einer Regelung entgegensteht, wonach eine in einem Mitgliedstaat ansässige Tochtergesellschaft einen an ihre ausländische Muttergesellschaft gezahlten Konzernbeitrag deshalb nicht von ihren steuerpflichtigen Einkünften abziehen kann, weil die Muttergesellschaft ihren Sitz im Ausland hat. Zum Rechtfertigungsgrund der Ausgewogenheit der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten führte der EuGH erneut aus, dass dieser Rechtfertigungsgrund nicht schon deshalb greife, weil der Mitgliedstaat die Einnahmen nicht besteuern kann541. Der Rechtfertigungsgrund sei aber anzuerkennen, wenn mit der betreffenden Regelung Verhaltensweisen verhindert werden sollen, die geeignet sind, das Recht eines Mitgliedstaates auf Ausübung seiner Besteuerungszuständigkeit für die in seinem Hoheitsgebiet durchgeführten Tätigkeiten zu gefährden542. Er sei damit nur zusammen mit der Gefahr der doppelten Verlustberück539 EuGH, Urteil v. 29.03.2007, Rs. C-347/04, Slg. 2007, I-2647 ff., Rn. 50 ff. – Rewe Zentralfinanz. 540 Dazu oben Kapitel D.VI.4.d)aa)(2), S. 205. 541 EuGH, Urteil v. 18.07.2007, Rs. C-231/05, Slg. 2007, I-6373 ff., Rn. 53 – Oy AA. 542 EuGH, Urteil v. 18.07.2007, Rs. C-231/05, Slg. 2007, I-6373 ff., Rn. 54 – Oy AA.

208

D. Die Grundfreiheiten des EG-Vertrages

sichtigung und der Steuerfluchtgefahr anzuerkennen543. Die auf inländische Kapitalgesellschaften beschränkte Konzernbeitragsregelung sah er dann als gerechtfertigt an. Zwar bestehe keine Gefahr der doppelten Verlustberücksichtigung, da es bei dem Konzernbeitrag nicht um die Berücksichtigung von Verlusten gehe, es bestehe aber durch die Möglichkeit, die steuerpflichtigen Einkünften einer Tochtergesellschaft auf eine in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Muttergesellschaft zu übertragen, die Gefahr, dass durch rein künstliche Gestaltungen Einkünfte innerhalb einer Unternehmensgruppe auf Gesellschaften übertragen werden, deren Sitz sich in dem Mitgliedstaat befindet, der die niedrigste Steuersätze anwendet544. Die Ausführungen hinsichtlich der Rechtfertigungstrias entsprechen den Entscheidungen in den Rechtssachen Marks & Spencer und Rewe Zentralfinanz. Der EuGH stellt wiederholt fest, dass das Interesse an der Ausgewogenheit der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis die Ausübung der Besteuerungszuständigkeiten der Mitgliedstaaten für die auf ihren Hoheitsgebieten durchgeführten Tätigkeiten sicherstellen soll. bb) Stellungnahme Die Bedeutung des neuen Rechtfertigungskonzepts ist nach dem derzeitigen Stand der Rechtsprechung nicht eindeutig. Feststellen lässt sich jedenfalls, dass die Wahrung der Ausgewogenheit der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis nur im Zusammenhang mit den Rechtfertigungsgründen der doppelten Verlustberücksichtigung und der Steuerfluchtgefahr als Rechtfertigungsgrund taugt. Dies hat der EuGH ausgehend von Marks & Spencer545 in den Urteilen Rewe Zentralfinanz546 und Oy AA547 ausdrücklich bestätigt. Die Ausgewogenheit der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis steht zudem in einem engen Kontext mit dem steuerlichen Territorialitätsprinzip. Denn wie der Gerichtshof in Marks & Spencer ausführt, ist die territoriale Beschränkung des Besteuerungsanspruchs allein nicht mehr geeignet eine Ungleichbehandlung zu rechfertigen548. Deutlich wird auch, dass die Wahrung der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis dabei das 543 EuGH, Urteil v. 18.07.2007, Rs. C-231/05, Slg. 2007, I-6373 ff., Rn. 51 – Oy AA. 544 EuGH, Urteil v. 18.07.2007, Rs. C-231/05, Slg. 2007, I-6373 ff., Rn. 58 – Oy AA. 545 Vgl. EuGH, Urteil v. 13.12.2005, Rs. C-446/03, Slg. 2005, I-10837 ff., Rn. 40 ff. – Marks & Spencer. 546 Vgl. EuGH, Urteil v. 29.03.2007, Rs. C-347/04, Slg. 2007, I-2647 ff., Rn. 41 – Rewe Zentralfinanz. 547 EuGH, Urteil v. 18.07.2007, Rs. C-231/05, Slg. 2007, I-6373 ff., Rn. 51 – Oy AA. 548 EuGH, Urteil v. 13.12.2005, Rs. C-446/03, Slg. 2005, I-10837 ff., Rn. 40 – Marks & Spencer.

VI. Rechtfertigung von Diskriminierungen und Beschränkungen

209

Kernelement dieser Rechtfertigungstrias bildet. Denn bleibt die von den Mitgliedstaaten vorgesehene Aufteilung der Besteuerungsbefugnis erhalten, so ist damit zugleich die Gefahr der doppelten Verlustberücksichtigung und der Steuerflucht ausgeschlossen549. Diese Gefahren sind dabei im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass der EuGH von den Mitgliedstaaten, insbesondere bei der Besteuerung von Konzernen, verlangt, die Besteuerungssituation von ausländischen Kapitalgesellschaften mit in die steuerliche Beurteilung einzubeziehen, selbt wenn die Mitgliedstaaten von den ihr völkerrechtlich zustehenden Rechten zur Besteuerung ausländischer Konzerngesellschaften gar keinen Gebrauch gemacht haben550. Dies zeigen insbesondere die Entscheidungen des EuGH in den Rechtssachen Marks & Spencer und Oy AA, bei denen im Gegensatz zu den Entscheidungen Cadbury Schweppes und Rewe Zentralfinanz die Rechtfertigungstrias erfolgreich angeführt werden konnte. Dort hat der EuGH auf der Vergleichbarkeitsebene die Mitgliedstaaten dazu verpflichtet die Besteuerung ausländischer Kapitalgesellschaften mit in die Beurteilung einzubeziehen, obwohl deren Steuerrechtsordnungen im Sinne einer vom Gemeinschaftsrecht zu akzeptierenden Wertentscheidung nur territorial begrenzt inländische Gesellschaften mit in die Betrachtung einbezogen551. Dementsprechend bedurfte es des Rechtfertigungsgrundes der Ausgewogenheit der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis auch in den Rechtssachen Cadbury Schweppes und Rewe Zentralfinanz nicht552. Denn die dort zu beurteilenden Sachverhalte bewegten sich innerhalb des von den Mitgliedstaaten autonom festgelegten sachlichen Besteuerungsumfangs. Erst diese vom EuGH vorgenommene Beschränkung des steuerlichen Territorialitätsprinzips hat die Möglichkeit der flexiblen Zuordnung von Verlusten (Marks & Spencer) bzw. Konzernbeiträgen (Oy AA) zur Folge und gefährdet damit das Recht der Staaten, ihre Besteuerungszuständigkeit für die auf ihren Hoheitsgebieten durchgeführten steuerbaren Tätigkeiten auszuüben. Der Rechtfertigungsgrund der Wahrung der Ausgewogenheit der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis ist damit Folge der vom EuGH im Bereich der Besteuerung von Mutter- und Tochtergesellschaften praktizierten Missachtung mitgliedstaatlicher 549 Vgl. EuGH, Urteil v. 18.07.2007, Rs. C-231/05, Slg. 2007, I-6373 ff., Rn. 62 – Oy AA; Kokott/Henze, BB 2007, 913 (914). 550 Zwar bestehen in Marks & Spencer in der Rechtsordnung des Ansässigkeitsstaates (Vereinigtes Königreich Großbritannien) auch CFC-Regelungen, darauf kam es dem EuGH allerdings nicht an, vgl. dazu oben Kapitel D.V.2.d)cc)(2), S. 137 ff. 551 Vgl. zur territorialen Begrenzung im Sinne einer Steuerwürdigkeitsentscheidung oben Kapitel D.V.2.d)cc)(2), S. 137 ff. 552 Der Rechtfertigungsgrund der Steuerflucht hätte allein schon ausgereicht, um den dort einschlägigen Interessen der Mitgliedstaaten Rechnung zu tragen, vgl. zur Rechtssache Cadbury Schweppes oben Kapitel D.VI.4.d)aa)(2), S. 205 und zur Rechtssache Rewe Zentralfinanz oben Kapitel D.VI.4.d)aa)(3), S. 206.

210

D. Die Grundfreiheiten des EG-Vertrages

Souveränitätsrechte553. Dem Recht der Mitgliedsstaaten an souveräner Entscheidung über den Umfang der sachlichen Steuerpflicht trägt der EuGH nun erst auf Rechtfertigungsebene durch die an das steuerliche Territorialitätsprinzip anknüpfende Rechtfertigungstrias Rechnung und verleiht damit der zweiten Dimension des steuerlichen Territorialitätsprinzips zumindest teilweise wieder Geltung554. Dabei räumt der EuGH dem Interesse der Mitgliedstaaten an der Wahrung der Ausgewogenheit der Besteuerungsbefugnis und damit ihrem Interesse der Mitgliedstaaten an einer souveränen Entscheidung über den Umfang der sachlichen Steuerpflicht sogar Vorrang vor etwaigen Zins- und Liquiditätsnachteilen des grenzüberschreitend Tätigen ein. Denn die Mitgliedstaaten sind nach Marks & Spencer nur „ultima ratio“ zur Berücksichtigung von Verlusten verpflichtet555. Das neuartige Rechtfertigungskonzept ist letztlich Folge der abzulehnenden Einschränkung des steuerlichen Territorialitätsprinzips, welches in seiner zweiten Dimension Ausdruck einer vom Gemeinschaftsrecht zu respektierenden Steuerwürdigkeitsentscheidung ist556. Bei dem hier zugrunde gelegten Verständnis bedarf es deshalb der Rechtfertigungstrias nicht. Dem Rechtfertigungsgrund der Wahrung der Ausgewogenheit der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis kommt indes für den hier relevanten Bereich der Vermeidung von juristischer Doppelbesteuerung ohnehin keine unmittelbare Bedeutung zu. Zum einen betrifft die Rechtsprechung des EuGH allein den Bereich der Besteuerung von Konzerngesellschaften557 und damit den Bereich der Vermeidung wirtschaftlicher Doppelbelastungen in zwei Personenverhältnissen. Zum anderen ist gerade im Fall der Besteuerung eines einzelnen Steuersubjekts nach dem Welteinkommensprinzip das Territorialitätsprinzip gar nicht betroffen, selbst im Fall eines bilateral erklärten Besteuerungsverzichts nicht558. Im Übrigen zeigen die Entscheidungen Rewe Zentralfinanz und Cadbury Schweppes, dass immer dann, wenn die Rechtfertigungstrias ohne Bezug zum steuerlichen Territorialitätsprinzip angeführt wird, ihr Gehalt demjenigen der bisher schon anerkannten Rechtfertigungsgründe der Verhinderung von Steuerflucht (Missbrauchsvermeidung) und der Vermeidung von Doppelbegünstigungen entspricht559.

553

Dazu oben Kapitel D.V.2.d)cc)(2), S. 137 ff. Dazu oben Kapitel D.V.2.d)cc)(3), S. 139 ff. 555 Hey, GmbHR 2006, 113 (115 ff.). 556 Dazu oben Kapitel D.V.2.d)cc)(3), S. 139 ff. 557 Vgl. EuGH, Urteil v. 13.12.2005, Rs. C-446/03, Slg. 2005, I-10837 ff., Rn. 37 – Marks & Spencer; EuGH, Urteil v. 29.03.2007, Rs. C-347/04, Slg. 2007, I-2647 ff. – Rewe Zentralfinanz; EuGH, Urteil v. 18.07.2007, Rs. C-231/05, Slg. 2007, I-6373 ff. – Oy AA. 558 Vgl. zur bilateralen Besteuerungsverzicht als Ausdruck steuerlicher Territorialität oben Kapitel D.V.2.d)dd), S. 143 ff. 559 In diesem Sinne auch EuGH, Urteil v. 13.03.2007, Rs. C-524/04, Slg. 2007, I2107 ff., Rn. 75 – Test Claimants Thin Cap Group Litigation. 554

E. Die Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht Nachdem die Methoden zur Vermeidung internationaler Doppelbesteuerung in ihren spezifischen Wirkungsweisen dargestellt und die primärrechtlichen Vorgaben durch die Grundfreiheiten abgesteckt sind, gilt es, die Methoden auf ihre Vereinbarkeit mit den Grundfreiheiten zu untersuchen. Dabei soll zunächst die Konstellation der Vermeidung von Doppelbesteuerung im Ansässigkeitsstaat untersucht werden. Im Anschluss daran wird die Vermeidung von Doppelbesteuerung im Quellenstaat einer Untersuchung unterzogen. Vorab stellt sich allerdings die Frage, ob aus dem sekundären Gemeinschaftsrecht Schlüsse auf die Vereinbarkeit der Methoden mit dem Gemeinschaftsrecht gezogen werden können.

I. Sekundäres Gemeinschaftsrecht als Indiz für Gemeinschaftsrechtskonformität Die aus Art. 293 2. Spiegelstrich EGV und den Grundfreiheiten abgeleitete Forderung nach Beseitigung der Doppelbesteuerung innerhalb der Gemeinschaft ist sekundärrechtlich im Anwendungsbereich der Mutter-Tochter-Richtlinie1, Zins- und Lizenzrichtlinie 2 und Zinsrichtlinie3 umgesetzt worden. Es stellt sich die Frage, wie die Doppelbesteuerung im Sekundärrecht beseitigt wird und ob sich daraus Schlüsse für die grundfreiheitliche Beurteilung der Vermeidungsmethoden ziehen lassen. Im Anwendungsbereich der Mutter-Tochter-Richtlinie ist es dem Quellenstaat zunächst untersagt, für Dividendenzahlungen und andere Gewinnausschüttungen von in seinem Gebiet ansässigen Tochtergesellschaften an in anderen Mitgliedstaaten ansässige Muttergesellschaften einen Steuerabzug an der Quelle vorzunehmen (vgl. Art. 5 Mutter-Tochter-Richtlinie). Demgegenüber verpflichtet die Mutter-Tochter-Richtlinie den Ansässigkeitsstaat eine Besteuerung der Gewinnausschüttungen auf der Ebene der Muttergesellschaft entweder dadurch zu vermeiden, dass er die empfangene Dividende von der Besteuerung ausnimmt (Freistellungsmethode, vgl. Art. 4 Abs. 1 1. Spiegelstrich Mutter-Tochter-Richtlinie) oder die von der ausländischen Tochtergesellschaft entrichtete ausländi1 2 3

Siehe oben Fn. 10 des Kapitels D. Siehe oben Fn. 11 des Kapitels D. Siehe oben Fn. 12 des Kapitels D.

212

E. Die Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

sche Steuer auf die inländische Steuer anrechnet (indirekte Anrechnungsmethode, Art. 4 Abs. 1 2. Spiegelstrich Mutter-Tochter-Richtlinie)4. Hieraus wird zum Teil auf eine gemeinschaftsrechtliche Zulässigkeit der Vermeidungsmethoden geschlossen5. Entsprechende Schlussfolgerungen können bezogen auf die Freistellungsmethode der Zins- und Lizenzrichtlinie entnommen werden. Danach ist der Quellenstaat verpflichtet, die zwischen verbundenen Unternehmen (25% Mindestbeteiligung) und deren Betriebstätten gezahlten Zinsen und Lizenzgebühren von jeglicher Quellen- oder Veranlagungssteuer zu befreien (vgl. Art. 1 Abs. 1 Zinsund Lizenzrichtlinie). Die Zinsrichtlinie kann hingegen für die Gemeinschaftsrechtskonformität der Anrechnungsmethode angeführt werden. Grundsätzlich normiert diese zwar nur ein Informationssystem, das die effektive Besteuerung von Zinsen in den Mitgliedstaaten sicherstellen soll (vgl. Art. 1 Zinsrichtlinie). Sofern allerdings ein Mitgliedstaat nicht am Informationssystem teilnimmt, ist er zur Gewährleistung einer effektiven Besteuerung dazu verpflichtet, Quellensteuern zu erheben (vgl. Art. 11 Zinsrichtlinie). Nach Art. 14 Zinsrichtlinie ist der Ansässigkeitsstaat in diesen Fällen dazu verpflichtet, etwaige im Quellenstaat erhobene Quellensteuern anzurechnen, sofern er nicht gänzlich in einem DBA auf sein Besteuerungsrecht verzichtet hat. Dabei ist die Verpflichtung des Ansässigkeitsstaates nicht nur darauf begrenzt, die ausländische Quellensteuer auf die nach innerstaatlichem Recht einzubehaltene Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer anzurechnen. Für den Fall, dass die Quellensteuer den Betrag der nach innerstaatlichem Recht geschuldeten Steuer übersteigt, muss der Ansässigkeitsstaat sogar die darüber hinausgehende Quellensteuer erstatten (vgl. Art. 14 Abs. 2 Zinsrichtlinie). Damit kann es – im Gegensatz zu der durch § 34c EStG inhaltlich geprägten Anrechnungsmethode nach den jeweiligen DBA – sogar zu einer Erstattung ausländischer Quellensteuern kommen. Diese im internationalen Steuerrecht unübliche Verpflichtung erklärt sich daraus, dass der Ansässigkeitsstaat im Rahmen eines Finanzausgleichs (sog. „clearing“) 75% der Quellensteuer durch den Quellenstaat erstattet bekommt (vgl. Art. 12 Zinsrichtlinie). Tatsächlich wird es daher regelmäßig nicht zu einer Reduzierung des Steueraufkommens der Ansässigkeitsstaaten kommen. Aufgrund der im Gemeinschaftsrecht vorherrschenden Normenhierarchie muss sich jegliches Sekundärrecht aber am Primärrecht, insbesondere den Grundfreiheiten messen lassen, wie die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Bosal gezeigt hat6. Aufgrund der sekundärrechtlichen Verankerung der 4

Vgl. dazu u. a. Knobbe-Keuk, EuZW 1992, 336 ff. Vgl. Lehner, StuW 1998, 159 (170); Jacobs, Int. Unternehmensbesteuerung, S. 247. 6 EuGH, Urteil v. 18.09.2003, Rs. C-168/01, Slg. 2003, I-9409 ff. Rn. 22 ff. – Bosal; vgl. auch EuGH, Urteil v. 05.05.1982, Rs. 15/81, Slg. 1982, 1409 ff., Rn. 43 – Schul I. 5

II. Zielkongruenz zwischen DBA und EG-Recht

213

Freistellungs- und Anrechnungsmethode kann deshalb nur „prima facie“ von deren gemeinschaftsrechtlichen Zulässigkeit ausgegangen werden7. Da die Tatbestände der genannten Richtlinien wenig detailreich ausgestaltet sind, sind zudem keine Schlüsse auf die spezifische Ausgestaltung der Vermeidungsmethoden möglich. Gleiches gilt insoweit erst recht für die EG-Schiedsverfahrenskonvention8, welche gleichfalls zur Vermeidung von Doppelbesteuerung auf die Freistellungs- und Anrechnungsmethode zurückgreift (vgl. Art. 14 EG-Schiedsverfahrenskonvention). Als ein zwischen den Mitgliedstaaten vereinbartes multilaterales Abkommen auf der Grundlage des Art. 293 EGV stellt die EG-Schiedsverfahrenskonvention nur ein völkerrechtliches Instrument dar, welches seinerseits sowohl mit dem primären als auch mit dem sekundären Gemeinschaftsrecht übereinstimmen muss.

II. Zielkongruenz zwischen DBA und EG-Recht Der in Art. 307 EGV normierte, weitgehende Vorrang des Gemeinschaftsrechts vor den DBA der Mitgliedstaaten lässt Spannungen zwischen den DBA und dem EG-Recht vermuten. Im Grundsatz verfolgen DBA und das Gemeinschaftsrecht jedoch dieselben Ziele. Wie ausgeführt ist es vorrangiges Ziel eines jeden DBA, die bei internationalen Steuersachverhalten auftretende internationale Doppelbesteuerung zu vermeiden und damit eine gerechte Besteuerung beim Steuerpflichtigen zu verwirklichen (sog. „individual-equity“)9. Dazu bedarf es aber auch einer gerechten Aufteilung von Besteuerungsrechten (sog. „inter-nation-equity“), welche ebenfalls eines der Ziele von DBA ist10. Auch dem Gemeinschaftsrecht ist zur Verwirklichung des EG-Binnenmarktes daran gelegen jedwede Doppelbesteuerung zu vermeiden (vgl. Art. 293 2. Spiegelstrich EGV) und damit individuelle Steuergerechtigkeit zu realisieren. Das Prinzip der individuellen Steuergerechtigkeit hat seinen Ausdruck in dem vom EuGH entwickelten Kohärenzprinzip gefunden, das eine nach den Maßstäben der jeweiligen Steuerrechtsordnungen angemessene Besteuerung gewährleistet. Die in DBA herbeigeführte „inter-nation-equity“ im Sinne einer gerechten Aufteilung von Besteuerungsrechten wird ebenfalls grundsätzlich als legitimes Interesse der Mitgliedstaaten vom Gemeinschaftsrecht akzeptiert. Indem der EuGH in der Gilly-Entscheidung die Zuteilungsnormen der DBA gegenüber 7

Ebenso Cordewener/Schnitger, StuW 2006, 50 (58 f.). Vgl. oben Fn. 14 des Kapitels D. 9 Dazu oben Kapitel C.II.2., S. 48 f. 10 Dazu oben Kapitel C.II.2., S. 48 f. 8

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E. Die Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

dem Gemeinschaftsrecht „immunisierte“11, hat er bspw. die abkommensrechtliche Aufteilung von Besteuerungsrechten zwischen den Mitgliedstaaten gebilligt. Ausdrücklich führte der EuGH in der Gilly-Entscheidung aus, dass es jedenfalls nicht abwegig ist, sich bei der Frage der Aufteilung von Besteuerungsrechten auf die völkerrechtliche Praxis und das vom OECD ausgearbeitet Musterabkommen zu orientieren12. Auch in der Marks & Spencer-Entscheidung hat der EuGH das Interesse der Mitgliedstaaten an der Wahrung der ausgewogenen Aufteilung von Besteuerungsrechten zwischen den Mitgliedstaaten anerkannt13. Insoweit besteht zwischen den Zielen von DBA und dem Gemeinschaftsrecht grundsätzlich Kongruenz. Die Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung sind hinsichtlich ihrer konkreten Ausgestaltung allerdings wesentlich durch das nationale Recht und deshalb durch nationale wirtschaftliche oder fiskalische Ziele bestimmt. So werden die Modalitäten der Anrechnungsmethode im nationalen Recht geregelt und die spezifische Ausgestaltung der Freistellungsmethode wesentlich durch die Rechtsprechung des BFH bestimmt14. Aufgrund ihrer besonderen Wettbewerbswirkungen werden DBA zudem zur Verfolgung finanzpolitischer Ziele eingesetzt, beispielsweise durch Vereinbarung der Freistellungs- oder der Anrechnungsmethode, die entweder zu einer kapitalimportneutralen oder kapitalexportneutralen Besteuerung führen. Trotz einer grundsätzlichen Zielkongruenz sind deshalb Friktionen zwischen dem Gemeinschaftsrecht und den Methoden zur Vermeidung von Doppelbesteuerung nicht auszuschließen.

III. Wettbewerbswirkungen und spezifische Ausgestaltung der Vermeidungsmethoden Es kann insoweit zwischen den EG-rechtlichen Bedenken in Bezug auf die wettbewerblichen Folgen und in Bezug auf die spezifischen Ausgestaltungen der Vermeidungsmethoden unterschieden werden. Den Bedenken hinsichtlich etwaiger wettbewerbstheoretischer Folgen, die im Kern die Frage nach der grundsätzlichen Anwendbarkeit der Methoden im EG-Binnenmarkt betrifft, soll zunächst nachgegangen werden. Im Anschluss daran wird die spezifische Ausgestaltung der jeweiligen Vermeidungsmethode einer näheren Untersuchung unterzogen. 11

EuGH, Urteil v. 12.05.1998, Rs. C-336/96, Slg. 1998, I-2793 ff. – Gilly. EuGH, Urteil v. 12.05.1998, Rs. C-336/96, Slg. 1998, I-2793 ff., Rn. 31 – Gilly. 13 EuGH, Urteil v. 13.12.2005, Rs. C-446/03, Slg. 2005, I-10837 ff., Rn. 46 – Marks & Spencer; vgl. auch EuGH, Urteil v. 18.07.2007, Rs. C-231/05, Slg. 2007, I6373 ff., Rn. 53 ff. – Oy AA. 14 Dazu oben Kapitel C.II.4.a), S. 55 ff. bzw. C.II.4.b), S. 59 ff. 12

III. Wettbewerbswirkungen der Vermeidungsmethoden

215

1. Wettbewerbsneutralität von Anrechnungs- und Freistellungsmethode Wettbewerbliche Bedenken könnten hinsichtlich der Methoden bestehen, wenn dem Gemeinschaftsrecht entweder eine Vorgabe zur kapitalimportneutralen oder kapitalexportneutralen Besteuerung entnommen werden kann. In diesem Zusammenhang werden auch Bedenken hinsichtlich der uneinheitlichen Anwendung der Methoden auf die gleichen Einkunftsarten geäußert. Beiden Fragestellungen soll im Folgenden nachgegangen werden. a) Kapitalexportneutralität vs. Kapitalimportneutralität Nach Art. 94 EGV kann der Rat der Europäischen Gemeinschaft Richtlinien für die Angleichung von Rechtsvorschriften erlassen, die sich unmittelbar auf die Errichtung und das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes auswirken. Nach allgemeiner Ansicht stellt diese Bestimmung eine im EG-Vertrag angelegte Vorgabe für Wettbewerbsneutralität dar15. Auch die Rechtsvorschriften der direkten Steuern müssen demnach ihrerseits so wirken, dass sie den Geschäftsverkehr innerhalb des Gemeinsamen Marktes nicht verzerren. Die in Art. 94 EGV zur Verwirklichung des Gemeinsamen Marktes geforderte Wettbewerbsneutralität wird für das Recht der direkten Steuern allerdings nicht näher spezifiziert. Es herrscht deshalb Unklarheit darüber, welche Form der Steuerneutralität in Art. 94 EGV gemeint ist. Der Streit darüber wird insbesondere anhand der Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung geführt. Maßgeblich dafür ist der Umstand, dass die Anrechnungsmethode die Wettbewerbsneutralität nach Maßgabe der Kapitalexportneutralität bewirkt16, während die Freistellungsmethode die Wettbewerbsfähigkeit nach Maßgabe der Kapitalimportneutralität sicherstellt17. Die Verbindung der Methoden mit den unterschiedlichen Neutralitätspostulaten hat frühzeitig dazu geführt, dass Präferenzen hinsichtlich der Methodenwahl im Schrifttum geäußert wurden. Eine Entscheidung für das eine oder andere Neutralitätsgebot kann nach überwiegender Ansicht dem EG-Vertrag jedoch nicht entnommen werden18. So vertritt zwar Lehner die Ansicht19, dass die Frei15 Vgl. Bericht des unabhängigen Sachverständigenausschusses zur Unternehmensbesteuerung unter Vorsitz von Onno Ruding, Brüssel, 1992 (sog. Ruding-Bericht), S. 35 ff., 69 ff.; Vogel, StuW 1993, 380 (384); Birk, DStJG Bd. 19 (1996), S. 63 (75); Herzig, DStJG Bd. 19 (1996), S. 121 (132); Lehner, StuW 1998, 159 (170). 16 Dazu oben Kapitel C.II.4.a)cc)(1), S. 58 f. 17 Dazu oben Kapitel C.II.4.b)dd)(1), S. 89 f. 18 Herzig, DStJG Bd. 19 (1996), 121 (139 f.); Scherer, Doppelbesteuerung, S. 281 f.; Schön in: GS Knobbe-Keuk, S. 743 (773); ders., DB 2001, 940 (945); dens., StbJb. 2003/2004, S. 27 (44); Avery Jones, ET 1996, 46 ff.; Avery Jones, EC Tax Review 1998, 95 (96); Hey, Unternehmensbesteuerung, S. 152; dies. in: Herrmann/Heuer/Raupach, Einf. KStG Rn. 124 (196. EL Sept. 1999); dies., StuW 2004, 197 (201); Jacobs,

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E. Die Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

stellungsmethode den Zielsetzungen des gesamteuropäischen Marktes eher entspräche, als die „primär auf das Interesse der Einzelstaaten ausgerichtete und deshalb in der Tendenz protektionistische Anrechnungsmethode“ 20. Lehner ist jedoch, wie auch das überwiegende Schrifttum, der Meinung, dass eine Verpflichtung zur Anwendung der Freistellungsmethode sich aus dem EG-Vertrag und insbesondere den Grundfreiheiten nicht herleiten lässt21. Auch Vogel ist der Ansicht, dass die Freistellungsmethode tendenziell eher gewährleiste, dass in jedem Staat zu den innerstaatlichen Transaktionskosten gewirtschaftet werden könne22 und deshalb nur durch Anwendung der Freistellungsmethode eine bestmögliche Allokation von Kapital innerhalb des EG-Binnenmarktes erreicht werde. Ein dahingehendes Neutralitätskonzept lässt sich aber auch seiner Ansicht nach dem EG-Vertrag nicht entnehmen. Der ökonomischen Präferenz folgt nach überwiegender Ansicht mithin keine gemeinschaftsrechtliche Verbindlichkeit. Demnach obliegt es den Mitgliedstaaten zwischen den Neutralitätspostulaten zu entscheiden. In diesem Sinne stellt auch die auf der Grundlage von Art. 94 EGV erlassene Mutter-Tochter-Richtlinie sowohl die Anrechnungs- als auch die Freistellungsmethode zur Wahl. aa) Vorrang von Kapitalimportneutralität Teilweise wird eine auf Kapitalimportneutralität ausgerichtete Besteuerung dagegen nicht nur als ökonomisch sinnvoll, sondern auch als rechtlich verbindliche Grundlage einer wettbewerbsneutralen Besteuerung im EG-Binnenmarkt gesehen. Während zunächst nur wirtschaftspolitische Argumente für die Freistellungsmethode angeführt wurden, wird nunmehr versucht, eine gemein-

Int. Unternehmensbesteuerung, S. 247; Spengel, Int. Unternehmensbesteuerung, S. 257 ff.; Lehner, StuW 1998, 159 (172 f.), ders., DStJG Bd. 23 (2000), S. 263 (283); ders., IStR 2001, 329 (336); Hinnekens, EC Tax Review 1997, 31 (39 ff.); Kostense, EC Tax Review 2000, 220 (229 f.); Tumpel, DStJG Bd. 23 (2000), S. 321 (348); de Weerth, RIW 1999, 511 (513); Saß, DB 1998, 1482 (1484); Cordewener/Schnitger, StuW 2006, 50 (60); Schuch in: Lang/Loukota u. a., Multilateral Tax Treaties, S. 129 (131 ff.); Kokott in: Lehner, Grundfreiheiten, S. 1 (22 f.); Cordewener, Grundfreiheiten, S. 884 f.; Schnitger, FR 2005, 1079 (108); Kofler, DBA und EG-Recht, S. 628. 19 Lehner, StuW 1998, 159 (172 f.); ders., DStJG Bd. 23 (2000), S. 263 (282 f.); ders. in: FS Wassermeyer, S. 241 (253, 261). 20 Lehner, StuW 1998, 159 (173). 21 Allerdings mit der Einschränkung, dass seinerzeit die Grundfreiheiten noch nicht soweit entwickelt seien, dass sie zu einer Freistellung verpflichteten, Lehner, StuW 1998, 159 (173). 22 Vgl. nur Vogel, StuW 1993, 380 (386 f.), der allerdings den Neutralitätskonzepten gegenüber kritisch ist, weil für den Investor nicht allein die steuerlichen Rahmenbedingungen, sondern alle staatlichen Transaktionskosten für eine Betätigung im Ausland relevant sind. Vogel hält die Unterscheidung zwischen Kapitalexportneutralität und Kapitalimportneutralität deshalb im Kern für verfehlt.

III. Wettbewerbswirkungen der Vermeidungsmethoden

217

schaftsrechtliche Pflicht zur kapitalimportneutralen Besteuerung aus verbindlichen Rechtssätzen abzuleiten. (1) Ableitung aus grundfreiheitlichem Beschränkungsverbot (a) Argumentationsansatz Wattels u. a. Insbesondere Wattel ist der Ansicht, dass allein die Freistellungsmethode den Zielsetzungen der Grundfreiheiten als Diskriminierungsverbote entspreche23. Wattel geht davon aus, dass es dem Ansässigkeitsstaat aufgrund des an ihn adressierten, grundfreiheitlichen Beschränkungsverbots untersagt sei, Vorteile im Quellenstaat auszuhebeln, die der Quellenstaat Inländern und Ausländern gleichermaßen gewährt24. Damit liegt Wattel im Ansatz auf der Linie von Dautzenberg25, der ebenfalls der Ansicht ist, dass es dem Ansässigkeitsstaat verwehrt sei, die Vorteile im Quellenstaat durch Anwendung der Anrechnungsmethode „zunichte zu machen“ 26. Im Unterschied zu Wattel lehnt Dautzenberg aber eine Vermeidung nach der Anrechnungsmethode nicht gänzlich ab, sondern begreift sie als Mindeststandard, die – im Gegensatz zur Freistellungsmethode – eine rechtfertigungsbedürftige Beeinträchtigung der Grundfreiheiten darstellt27. Eine durch die Anrechnungsmethode verwirklichte kapitalexportneutrale Besteuerung ist nach Dautzenberg gerechtfertigt ist, wenn das Steuersystem des Ansässigkeitsstaates auf dem Welteinkommens- und Leistungsfähigkeitsprinzip basiere. (b) Stellungnahme Zwar ist insbesondere in den Art. 39 Abs. 2 EGV, Art. 43 Abs. 2 EGV und Art. 50 Abs. 3 EGV die Inländergleichbehandlung im Quellenstaat vorgegeben, was zunächst dafür sprechen könnte, dass die Besteuerung tatsächlich allein nach den rechtlichen Bedingungen des Quellenstaates zu erfolgen hat. Wie bereits oben festgestellt, ist aber auch der Ansässigkeitsstaat (Herkunftsstaat) Adressat der Grundfreiheiten, weshalb er grundsätzlich entsprechend zur Gleichbehandlung von Auslands- und Inlandseinkünften verpflichtet ist. Insofern muss auch der Ansässigkeitsstaat aufgrund seiner grundfreiheitlichen Verpflichtung in- und ausländische Einkünfte gleich behandeln. Entsprechend trifft das Beschränkungsverbot im Sinne des Verbots von Doppelbesteuerung grund23

Wattel, ET 1996, 159 (161 f.); Terra/Wattel, European Tax Law, S. 83. Wattel, ET 1996, 159 (161). 25 Dautzenberg, DB 1994, 1542 (1544 ff.); ders., DB 1997, 1354 ff.; ders., Unternehmensbesteuerung, S. 696. 26 Dautzenberg, DB 1997, 1354 (1355). 27 Dautzenberg, DB 1994, 1542 (1544 ff.); ders., DB 1997, 1354 (1355). 24

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E. Die Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

sätzlich nicht nur den Ansässigkeits-, sondern auch den Quellenstaat (Bestimmungsstaat). Die grundfreiheitlichen Verpflichtungen von Ansässigkeits- und Quellenstaat differieren folglich nicht und können mithin auch keinen zusätzlichen Beitrag des Ansässigkeitsstaates zu einer kapitalimportneutralen Besteuerung begründen. Sofern der Ansässigkeitsstaat zur Vermeidung von Doppelbesteuerung verpflichtet ist, obliegt es ihm deshalb nur, seinen Regulierungsanspruch soweit zurücknehmen, wie zusätzlich zu seiner Belastung eine weitere Belastung durch die Regulierung des Quellenstaates tritt. Darüber hinausgehende Verpflichtungen können den Grundfreiheiten nicht entnommen werden. Dieses Ergebnis liegt auch auf einer Linie mit der Gilly-Entscheidung. Darin hat der EuGH klargestellt, dass es nicht gegen Gemeinschaftsrecht verstößt, wenn sich die Mitgliedstaaten an den Verteilungsnormen des OECD-MA orientieren28. Aus diesem „Zugeständnis“ des EuGH kann geschlossen werden, dass es unproblematisch ist, wenn der Ansässigkeitsstaat sein Besteuerungsrecht behält und die Besteuerung des grenzüberschreitenden Vorgangs damit auf dem Niveau des Ansässigkeitsstaates kapitalexportneutral erfolgt29. Genauso wenig wie aus den Grundfreiheiten eine Verantwortlichkeit abgeleitet werden kann, kann damit den Grundfreiheiten eine verbindliche Vorgabe hinsichtlich einer der Neutralitätspostulate entnommen werden. (2) Prinzip der gegenseitigen Anerkennung (a) Argumentationsansatz Schönfelds Ein neuer Ansatz von Schönfeld hat die vorstehende Diskussion um einen zusätzlichen Gesichtspunkt erweitert. Schönfeld ist der Ansicht, dass aus Gründen des Wettbewerbs der Steuerrechtsordnungen30 eine kapitalimportneutrale Besteuerung der Vorzug zu geben sei31. Dazu greift er auf das vom EuGH entwickelte Prinzip der gegenseitigen Anerkennung zurück, das den Ansässigkeitsstaat zur Respektierung der Besteuerung im Quellenstaat verpflichte32. Dementsprechend müsse der Ansässigkeitsstaat unter umfänglicher Anerkennung der Besteuerung im Quellenstaat durch Anwendung der Freistellungsmethode grund-

28 EuGH, Urteil v. 12.05.1998, Rs. C-336/96, Slg. 1998, I-2793 ff., Rn. 31 – Gilly; vgl. die Nachweise in Fn. 18 des Kapitels E. 29 Vgl. Lehner, DStJG Bd. 23 (2000), S. 263 (282 f.). 30 Vgl. dazu Schön, DStJG Bd. 23 (2000), 191 ff. 31 Schönfeld, Hinzurechungsbesteuerung, S. 23 ff.; S. 34 ff., S. 175 ff., S. 196 ff.; ders., ET 2004, 441 (444); ders. StuW 2005, 158 (160); ders. in: Flick/Wassermeyer/ Baumhoff, Vor § 34c EStG Rn. 21 ff. (57. EL Nov. 2005). 32 Dazu oben Kapitel D.V.3.c)cc)(2), S. 161 ff.

III. Wettbewerbswirkungen der Vermeidungsmethoden

219

sätzlich zu einer kapitalimportneutralen Besteuerung beitragen. Zudem stützt sich Schönfeld auf die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Sandoz33, welche eine nationale Beurkundungsgebühr (sog. „Stempelsteuer“) für Darlehen betraf. Obwohl diese Gebühr von allen gebietsansässigen Darlehensnehmern unabhängig vom Ort der Darlehensaufnahme zu entrichten war, nahm der Gerichtshof eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs (Art. 56 Abs. 1 EGV) an, da durch die strittige Beurkundungsgebühr den betroffenen Darlehensnehmern die Möglichkeit genommen werde, „in den Genuss einer Gebührenfreiheit zu gelangen, die für außerhalb des Staatsgebiets geschlossene Darlehensverträge gelten könnte“ 34. (b) Stellungnahme Hinsichtlich des Prinzips der gegenseitigen Anerkennung und dessen Übertragbarkeit auf den Bereich des Steuerrechts sind die Bedenken gegen Schönfelds Ansatz bereits ausreichend dargelegt worden35. In der Tat scheint aber das Urteil in der Rechtssache Sandoz die Zielsetzung der Anrechnungsmethode im Sinne der Verwirklichung von Kapitalexportneutralität im Kern für unzulässig zu erklären, denn die Anrechnungsmethode nimmt durch ihren „Heraufschleusungseffekt“ dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit, in den Genuss einer niedrigeren Besteuerung im Quellenstaat zu kommen. Allerdings kann schon der Ansatzpunkt der Sandoz-Entscheidung, eine Inlands- wie Auslandsdarlehen unterschiedslos behandelnde Regelung unter Rechtfertigungszwang zu setzen, nicht überzeugen36. Die Rechtsprechung des EuGH hätte zur Folge, dass eine Steuerregelung allein wegen ihrer bloßen Existenz unter Rechtfertigungszwang stünde. An einer spezifischen Benachteiligung des grenzüberschreitenden Verkehrs fehlt es hier. Entscheidendes Argument gegen den Schluss von Schönfeld ist aber, dass der EuGH selbst in seiner Entscheidungsbegründung die „Stempelsteuer“ für gerechtfertigt hielt und zwar mit dem Argument, dass sie die gleichmäßige Steuerbelastung aller Gebietsansässigen gewährleiste37. Dies spricht im Ergebnis gerade gegen die Annahme, der Ansässigkeitsstaat müsse das Steuerniveau des Quellenstaates (vollumfänglich) anerkennen. Eine gemeinschaftsrechtlich verbindliche Präferenz für eine kapitalimportneutrale Besteuerung lässt sich deshalb auch nicht aus der einmalig gebliebenen Sandoz-Judikatur ableiten. 33

EuGH, Urteil v. 14.10.1999, Rs. C-439/99, Slg. 1999, I-7041 – Sandoz. EuGH, Urteil v. 14.10.1999, Rs. C-439/99, Slg. 1999, I-7041, Rn. 19 f. – Sandoz. Vgl. dazu insbesondere Schönfeld, ET 2004, 441 (445); dens. in: Flick/Wassermeyer/Baumhoff, Vor § 34c EStG Rn. 21 ff. (57. EL Nov. 2005). 35 Dazu oben Kapitel D.V.3.c)cc)(2), S. 161 ff. 36 Ebenso Kofler, DBA und EG-Recht, S. 671 ff. 37 EuGH, Urteil v. 14.10.1999, Rs. C-439/99, Slg. 1999, I-7041, Rn. 19 f. – Sandoz. 34

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E. Die Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

Letztlich hat der EuGH auch in der Manninen-Entscheidung den für die Kapitalexportneutralität typischen „Heraufschleusungseffekt“ als gemeinschaftsrechtskonform angesehen, indem er es für unproblematisch hielt, dass die steuerliche Minderbelastung im Bestimmungsstaat durch eine Mehrbelastung im Herkunftsstaat ausgeglichen wurde38. Aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht sind damit Kapitalimport- und Kapitalexportneutralität als gleichwertig anzusehen. bb) Zwischenergebnis Es kann demnach weder aus den Grundfreiheiten noch aus dem Anerkennungsgrundsatz eine gemeinschaftsrechtliche Präferenz für eine kapitalimportneutrale Besteuerung abgeleitet werden. Folglich obliegt es den Mitgliedstaaten zwischen den Neutralitätspostulaten durch Wahl einer der Vermeidungsmethoden zu entscheiden. b) Beeinträchtigung der Grundfreiheiten durch uneinheitliche Anwendung der Methoden – Meistbegünstigungsgebot bei der Vermeidung von Doppelbesteuerung Ist damit geklärt, dass aus der Sicht des EG-Vertrages die Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung grundsätzlich gleichberechtigt nebeneinander stehen, stellt sich die Frage, ob die Mitgliedstaaten gemeinschaftsrechtlich verpflichtet sind, die Vermeidungsmethoden einheitlich im grenzüberschreitenden Wirtschaftsverkehr anzuwenden. In diesem Zusammenhang gewinnt die Frage an Bedeutung, inwieweit die Mitgliedstaaten im Wege einer „Meistbegünstigung“ steuerliche Vergünstigungen, die sie einem Mitgliedstaat39 in einem bilateralen Abkommen einräumen, auf alle übrigen Mitgliedstaaten ausdehnen müssen40. 38 Vgl. EuGH, Urteil v. 07.09.2004, Rs. C-319/02, Slg. 2004, I-7477 ff., Rn. 52 ff. – Manninen. So auch Schnitger/Papantonopoulos, BB 2005, 407 (411 f.); Wagner, DStZ 2005, 325 (331); a. A. Schönfeld in: Flick/Wassermeyer/Baumhoff, Vor § 34c EStG Rn. 24 (57. EL Nov. 2005). 39 Die Frage, ob der Meistbegünstigungsgrundsatz auch in Hinblick auf DBA-Regelungen mit Drittstaaten zur Anwendung kommt ist umstritten, vgl. Schnitger/Papantonopolous, BB 2005, 407 (414); Lüdicke in: FS Wassermeyer, S. 473 (481). Insbesondere die Kapitalverkehrsfreiheit mit ihrem auf Drittstaaten erweiterten Tatebestand wird für die Einbeziehung von Drittstaaten angeführt, vgl. Rädler in: FS Debatin, S. 335 (348); Schuch in: Gassner/Lang/Lechner, DBA und EU-Recht, S. 99 (122 f.); Weggenmann, IStR 2003, 677 (683). 40 Ausgelöst wurde die Diskussion über eine „Meistbegünstigung“ durch eine darauf abzielende Frage des Berichterstatters Joliet in der Rs. Schumacker (EuGH, Urteil v. 14.02.1995, Rs. C-279/93, Slg. 1995, I-225 ff. – Schumacker), vgl. dazu Rädler in: FS Debatin, 1997, 335 (340); Schön, IStR 1995, 119 (122); vgl. im Übrigen Herzig/ Dautzenberg, DB 1992, 2519 ff.; Hinnekens, EC Tax Review 1994, 146 ff.; Rädler, EC Tax Review 1995, 66 ff.; Wassermeyer in: Lehner (Hrsg.), Steuerrecht im Europäi-

III. Wettbewerbswirkungen der Vermeidungsmethoden

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aa) Forderungen im Schrifttum Im Schrifttum werden unter Hinweis auf den Meistbegünstigungsgrundsatz Forderungen sowohl im Sinne eines an den Quellenstaat gerichteten Meistbegünstigungsgebots („inbound“-Konstellation) als auch im Sinne eines an den Ansässigkeitsstaat gerichteten Meistbegünstigungsgebots („outbound“-Konstellation) gestellt. Während die Frage der Meistbegünstigung im Schrifttum weitestgehend im Rahmen von „inbound“-Konstellationen diskutiert wird, steht im Bereich der Vermeidung von Doppelbesteuerung der Ansässigkeitsstaat (Herkunftsstaat) im Fokus des Gebots der Meistbegünstigung. Es geht um die Frage, ob der Ansässigkeitsstaat auch Steuerpflichtigen die mit einem EG-Drittstaat vereinbarte, im konkreten Fall vorteilhaftere Vermeidungsmethode gewähren muss, die aufgrund des tatsächlich einschlägigen DBA grundsätzlich nicht zur Anwendung gelangt. Insoweit wird im Schrifttum gefordert, die Doppelbesteuerung durch Anwendung der regelmäßig günstigeren Freistellungsmethode zu beseitigen, sofern diese für entsprechende Einkünfte in einem DBA mit einem EG-Drittstaat vereinbart ist41. Bisher nicht diskutiert, aber denkbar erscheint es, in diesem Zusammenhang auch für eine Anwendung der Anrechnungsmethode zu plädieren, die im Vergleich zur Freistellungsmethode nach der dargestellten Rechtsprechung in Verlustkonstellationen zu günstigeren Ergebnissen führt. Freilich kommt eine Meistbegünstigung auch bei Anwendung der Vermeidungsmethoden im Quellenstaat (Bestimmungsstaat) in Betracht. Da im Rahmen der bestehenden DBA der Quellenstaat aber ausnahmslos die Doppelbesteuerung durch Freistellung vermeidet, fehlt es insoweit bereits an einer günstigeren Regelung, in deren Genuss der Steuerpflichtige „meistbegünstigend“ gelangen könnte. Ausgangspunkt der Argumentation der Vertreter des Meistbegünstigungsgebots sind wettbewerbsökonomische Aspekte. In der „inbound“-Konstellation wird es als wettbewerbsverzerrend angesehen, dass Steuerpflichtige je nach Ort

schen Binnenmarkt (1996), 151 ff.; Schuch in: Gassner/Lang/Lechner, DBA und EURecht, 99 ff.; dens., EC Tax Review 1996, 161 ff.; Saß, SWI 1996, 108 ff.; Vogel, EC Tax Review 1998, 150; Wassermeyer, DB 1998, 28 (29 ff.); Rädler, SWI 2003, 360 ff.; Weggenmann, IStR 2003, 677 ff.; Kemmeren, EC Tax Review 1997, 146 ff. 41 Vgl. Wassermeyer, DB 1998, 28 (30 f.); dens., IStR 2000, 65 (66); Tumpel, DStJG Bd. 23 (2000), S. 321 (348); Schaumburg, DStJG Bd. 24 (2001), S. 225 (282 ff.); Haslinger, SWI 2005, 170 (173 ff.); Rödder/Schönfeld, IStR 2005, 523 (525 ff.); Schnitger/Papantopolous, BB 2005, 407 (417); Kofler, ÖStZ 2004, 558 (562) diese Entwicklung bereits andeutend Schuch in: Gassner/Lang/Lechner, DBA und EURecht, S. 99 (101); Lang, IStR 2005, 289 (295); Schnitger, FR 2004, 185 (196); ähnlich Lüdicke in: FS Wassermeyer, S. 473 (482 f.).

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E. Die Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

ihrer Ansässigkeit durch den Quellenstaat (Bestimmungsstaat) ungleich behandelt werden42. In der „outbound“-Konstellation habe die abkommensrechtliche Verteilung von Steuervergünstigungen durch den Ansässigkeitsstaat (Herkunftsstaat) wettbewerbsverzerrende Wirkung auf die Entscheidung über ein Engagement in einem anderen Mitgliedstaat. Folge sei, dass es nur zu einer Förderung der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen bestimmten Staaten komme, weshalb die wirtschaftliche Verflechtung mit anderen Staaten zurückbleibe. Ein entsprechender verzerrender Effekt stelle sich auch dann ein, wenn teilweise die Anrechnungs- und teilweise die Freistellungsmethode zur Anwendung käme. Gebietsansässige würden dadurch davon abgehalten, Investitionen in den Mitgliedstaaten vorzunehmen, mit denen die Anrechnungsmethode vereinbart ist. Diese Wettbewerbsverzerrungen seien mit dem Ziel der Verwirklichung eines einheitlichen Binnenmarktes nicht zu vereinbaren43. Zur Begründung ihres Standpunktes beziehen sich die Verfechter des Meistbegünstigungsgebotes auf die Diskriminierungsverbote des EG-Vertrages44. Vergleichspaar für den Diskriminierungsvorwurf sind nach diesem Ansatz zwei vergleichbare, grenzüberschreitende Sachverhalte. Das allgemeine Diskriminierungsverbot des Art. 12 EGV und die für den EG-Binnenmarkt konstitutiven Grundfreiheiten würden die Mitgliedstaaten zu einer Gleichbehandlung aller grenzüberschreitenden Sachverhalte verpflichten, und damit im Ergebnis zu einer Meistbegünstigung im EG-Binnenmarkt führen45. 42

Vgl. Troberg in: von der Groeben/Thiesing/Ehlermann, EUV/EGV, Vor Art. 52 bis 58 EGV Rn. 15; Bleckmann, Europarecht, Rn. 1758 ff.; Dautzenberg, Unternehmensbesteuerung, S. 670; Tumpel, DStJG Bd. 23 (2000), S. 321 (342 ff.); Wassermeyer, DStJG Bd. 19 (1996), S. 151 (162); Lang in: FS Rädler, S. 429 (432 ff.); Schultze, IStR 2004, 639 (641). 43 Herzig/Dautzenberg, DB 1992, 2519 (2521 f.); Weggenmann, IStR 2003, 677 (678). 44 Vgl. u. a. Tietje, EuR 1995, 398 (410 ff.); Schuch, EC Tax Treaty 1996, 161 ff.; dens., SWI 1996, 267 ff.; dens. in: Gassner/Lang/Lechner, DBA und EU-Recht, S. 99 (116 ff.); Wassermeyer, DStJG Bd. 19 (1996), S. 151 (162 ff.); dens., DB 1998, 28 (30 f.); Lang in: FS Rädler, 429 (432 ff.); Rädler in: FS Debatin, S. 335 (344 f.); Herzig/Dautzenberg, DB 1997, 8 (16 ff.); Farmer, EC Tax Journal 1999, 137 (152); Mössner/Kellersmann, DStZ 1999, 505 (515); Schaumburg, DStJG Bd. 24 (2001), S. 225 (283 f.); Jacobs, Int. Unternehmensbesteuerung, S. 262 ff.; Weggenmann, IStR 2003, 677 ff.; Schultze, IStR 2004, 639 (641); Lüdicke in: FS Wassermeyer, S. 473 (482 f.); Haslinger, SWI 2005, 170 (173 ff.); Kraft/Robra, RIW 2005, 247 (251 ff.); a. A. BFH, Urteil v. 31.10.1990 – II R 176/86, BStBl. II 1991, 161 (162); BFH, Urteil v. 26.05. 2004, DStRE 2004, 1293 (1295 f.); vgl. auch den Ruding-Bericht, der eine Meistbegünstigung ebenso für geboten hält, S. 378. 45 Teilweise wird lediglich argumentativ auf Art. 12 EGV, Art. 39 Abs. 2 EGV und Art. 56 Abs. 1 EGV zurückgegriffen, die jeder auf die Staatsangehörigkeit beruhenden unterschiedlichen Behandlung entgegenstehen. Die Niederlassungsfreiheit (Art. 43 EGV) und die Dienstleistungsfreiheit (Art. 49 EGV) würden nur die Inländergleichbehandlung sicherstellen und könnten deshalb nicht zur Begründung herangezogen werden, vgl. nur Herzig/Dautzenberg, DB 1992, 2519 (2521 f.); Weggenmann, IStR 2003, 677 (679 f.). Wie bereits dargelegt, hat sich trotz der teilweise sehr unterschiedlichen

III. Wettbewerbswirkungen der Vermeidungsmethoden

223

Eine Meistbegünstigung im EG-Binnenmarkt wird teilweise allerdings sehr kritisch gesehen, weil sie den reziproken Charakter bilateraler Verträge im Sinne eines „Gebens und Nehmens“ missachte und damit die den DBA inhärente Balance gefährde46. bb) Rechtsprechung des EuGH – Urteil in der Rechtssache D Dieses Argument hat der EuGH in der Rechtssache D47 jüngst aufgegriffen und dem Meistbegünstigungsgebot eine Absage erteilt. Er führte aus, dass der Grund dafür, dass die gegenseitigen Rechte und Pflichten nur für Personen gelten, die in den vertragsschließenden Mitgliedstaaten ansässig sind, in dem Wesen bilateraler Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung begründet sei48. Die allgemeine Ausgewogenheit von DBA verbiete es, eine (begünstigende) Abkommensvorschrift, die integraler Bestandteil des Abkommens ist, isoliert aus dem Gesamtgefüge des DBA herauszulösen49. Mit anderen Worten: Ein gemeinschaftsrechtliches Meistbegünstigungsprinzip widerspricht nach Ansicht des EuGH grundsätzlich dem reziproken Charakter bilateraler Vereinbarungen. cc) Stellungnahme Nach der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache D scheint nunmehr der Forderung nach Anwendung der jeweils günstigen Methode zur Vermeidung von Doppelbesteuerung der Boden entzogen. Bei genauer Betrachtung kann bei den Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung aber nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die Wahl der Methode im Sinne eines gegenseitigen „Gebens und Nehmens“ ausgehandelt wurde. Lediglich in dem Fall, in dem die Vermeidung von Doppelbesteuerung durch eine Verteilungsnorm mit abschließender Rechtsfolge erfolgt, besteht auch hinsichtlich der Methodenwahl eine Reziprozität von Verpflichtungen50. Formulierungen der Grundfreiheiten, in der Rechtsprechung des EuGH hinsichtlich des Gewährleistungsgehaltes und hinsichtlich der Rechtfertigungsgründe allerdings eine Konvergenz der Grundfreiheiten herausgebildet, so dass allein dieses Argument nicht überzeugt, vgl. van Thiel, Free Movement and Income Tax Law, S. 510 f.; Kofler, ÖStZ 2004, 558 (561); Haslinger, SWI 2005, 170 (174). 46 Vgl. Hinnekens, EC Tax Review 1994, 146 (152 ff.); dens., ET 1996, 286 (297); Vogel, EC Tax Review 1995, 264 f.; Kemmeren, EC Tax Review 1997, 146 (147 ff.); Terra/Wattel, European Tax Law, S. 153 f. 47 EuGH, Urteil v. 05.07.2005, Rs. C-376/03, Slg. 2005, I-5821 ff., Rn. 61 ff. – D. 48 EuGH, Urteil v. 05.07.2005, Rs. C-376/03, Slg. 2005, I-5821 ff., Rn. 61 – D. 49 EuGH, Urteil v. 05.07.2005, Rs. C-376/03, Slg. 2005, I-5821 ff., Rn. 62 – D. 50 Grotherr in: Gosch/Kroppen/Grotherr DBA, Art. 23A/23B OECCD-MA Rn. 11 (10. EL 2002).

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E. Die Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

Sofern die Vermeidung von Doppelbesteuerung außerhalb des Anwendungsbereichs einer Verteilungsnorm mit abschließender Rechtsfolge erfolgt, steht es dem jeweils verpflichteten Staat nämlich frei, die Doppelbesteuerung durch Anrechnung oder Freistellung zu beseitigen51. Die sich bei der konkreten Ausgestaltung der Vermeidungsnorm ergebenen Freiheitsgrade sind damit unterschiedlich, je nachdem, ob die Aufteilung von Besteuerungsrechten innerhalb von Verteilungsnormen mit abschließender oder offener Rechtsfolge erfolgt. Ein Abbild davon sind die von Deutschland vereinbarten DBA, in denen oftmals die Wahl der Methoden in beiden Vertragsstaaten erheblich voneinander abweichen52. Es besteht insoweit jedenfalls in den Fällen, bei denen die Vermeidung von Doppelbesteuerung nicht durch Anwendung einer Verteilungsnorm mit abschließender Rechtsfolge erfolgt, also keine Reziprozität von vertraglichen Verpflichtungen, auf die bei der Frage der Meistbegünstigung Rücksicht zu nehmen wäre53. Bei genauer Betrachtung der Entscheidung in der Rechtssache D wird aber deutlich, dass der EuGH keine strenge Reziprozität vertraglicher Verpflichtungen fordert, damit das Interesse der Staaten an einer allgemeinen Ausgewogenheit von DBA betroffen ist. Denn bei der in der Rechtssache D in Frage stehenden Vorschrift handelte es sich nicht um eine auf strenger Reziprozitätsbasis vereinbarten Bestimmung, sondern um einen einseitig gewährten Freibetrag, so dass der EuGH offensichtlich auch Regelungen mit einbeziehen möchte, die nicht in einem strengen Gegenseitigkeitsverhältnis zueinander stehen54. Dafür spricht bereits, dass die Reziprozität von Verpflichtungen nicht immer formal danach beurteilt werden kann, ob in den Abkommen parallele Rechten und Pflichte vereinbart sind. Die vom EuGH angesprochene „allgemeine Ausgewogenheit“55 der Verpflichtungen ist insoweit Ausdruck einer allgemeinen Vermutung, wonach jedes DBA als Ergebnis von Verhandlungen ein besonderes Gleichgewicht immanent ist. In diesem Sinne ist es wohl auch unschädlich, wenn die Vereinbarung unter Ausnutzung einer überlegenen Marktmacht zugunsten eines Staates zustande gekommen ist56. Diesem Verständnis folgend dürfte der Meistbegünstigungsgrundsatz zur Wahrung der allgemeinen Ausgewogenheit der Abkommen also auch nicht in der „outbound“-Situation zur Anwendung gelangen und den Ansässigkeitsstaat dazu verpflichten, die Doppelbesteuerung durch Freistellung der ausländischen Einkünfte zu vermeiden.

51 Grotherr in: Gosch/Kroppen/Grotherr DBA, Art. 23A/23B OECCD-MA Rn. 11 (10. EL 2002). 52 Vgl. die Übersicht von Vogel in: Vogel/Lehner, DBA, Art. 23 OECD-MA Rn. 16. 53 Vgl. zu einseitig begünstigende Bestimmungen Thömmes, IWB, Fach 11a, 887 f. 54 So auch Lang, SWI 2005, 365 (370); Schnitger, FR 2005, 1079 (1082). 55 EuGH, Urteil v. 05.07.2005, Rs. C-376/03, Slg. 2005, I-5821 ff., Rn. 62 – D. 56 A. A. Rödder/Schönfeld, IStR 2005, 523 (526).

III. Wettbewerbswirkungen der Vermeidungsmethoden

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Dieses Ergebnis ist vor dem zutreffenden Befund, dass unterschiedliche abkommensrechtliche Vergünstigungen zu wettbewerbsverzerrenden Entscheidungen im Binnenmarkt führen, bedauerlich. Ein Meistbegünstigungsprinzip lässt sich indes nicht den Grundfreiheiten entnehmen. Gerade für den Bereich der Vermeidung von Doppelbesteuerung ist dieser Schluss zwingend, will man das in der Gilly-Judikatur gemeinschaftsrechtlich anerkannte Recht der Mitgliedstaaten auf souveräne Aufteilung ihrer Besteuerungsrechte achten. Verfolgt man nämlich – wie die Verfechter der Meistbegünstigung – das Ziel, jede grenzüberschreitende Betätigung eines Steuerpflichtigen im Sinne einer Meistbegünstigung entweder kapitalexportneutral durch Anwendung der Anrechnungsmethode oder kapitalimportneutral durch Anwendung der Freistellungsmethode frei von Wettbewerbsverzerrungen im Ansässigkeitsstaat zu besteuern, so hätte dies zwangsläufig auch zur Folge, dass das Meistbegünstigungsgebot den Entscheidungsspielraum über die Aufteilung der Besteuerungsrechte erheblich reduziert57. Denn will man jede grenzüberschreitende Betätigung im Ansässigkeitsstaat einheitlich export- oder importneutral besteuern, so müssten auch die Besteuerungsrechte einheitlich aufgeteilt werden. Zumindest gilt dies hinsichtlich der Forderung nach einer kapitalimportneutralen Besteuerung unter Anwendung der Freistellungsmethode. Insoweit müsste der Mitgliedstaat einen Besteuerungsverzicht einheitlich mit allen Mitgliedstaaten vereinbaren und die Vermeidung von Doppelbesteuerung stets durch Freistellung herbeiführen58. Eine kapitalexportneutrale Besteuerung könnte hingegen auch bei divergierender Aufteilung von Besteuerungsrechten gewährleistet werden, sei es dadurch, dass der zur Besteuerung berechtigte Ansässigkeitsstaat die ausländischen Einkünfte besteuert oder aber im Fall des Beteuerungsverzichts die Anrechnungsmethode anwendet. Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass eine Meistbegünstigung im Bereich der Vermeidung von Doppelbesteuerung nicht mit der allgemeinen Ausgewogenheit von DBA in Einklang zu bringen ist. Zudem würde sie zu einer Missachtung der Gilly-Judikatur führen, wonach es den Mitgliedstaaten freisteht, die Besteuerungsrechte aufzuteilen. Eine Meistbegünstigung im Bereich der Vermeidung von Doppelbesteuerung ist deshalb abzulehnen.

57 Lehner, IStR 1998, 341 (342); Klapdor, EWS 1998, 263 (264); Vogel, EC Tax Review 1998, 150; vgl. auch Cordewener, Grundfreiheiten, S. 837. 58 So Lang in: FS Rädler, 429 (435 f.); Weggemann, IStR 2003, 677 (681); Schultze, IStR 2004, 639 (641).

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E. Die Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

c) Methodenwechsel: „switch-over“ als Verstoß gegen die Grundfreiheiten? Auch der Wechsel von der Freistellungsmethode zur Anrechnungsmethode, wie ihn bspw. § 20 Abs. 2 AStG oder Aktivitätsklauseln vorsehen, ist gemeinschaftsrechtlicher Kritik ausgesetzt. So steht der Wechsel von der Freistellungsmethode zur Anrechnungsmethode im Sinne eines „switch-over“ nach Schönfeld unter besonderem Rechtfertigungszwang, wenn man die Anwendung der Anrechnungsmethode als rechtfertigungsbedürftiges „protektionistisches Sonderrecht“ ansieht, welches nur durch Gewährleistung einer gleichmäßigen Besteuerung im Sinne der Sandoz-Judikatur gemeinschaftsrechtlich gerechtfertigt ist59. Diesbezüglich kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden60. Bereits frühzeitig hat aber auch Seer in dem Methodenwechsel einen Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit gesehen61. Anders als Schönfeld sieht er die Verletzung aber darin begründet, dass § 20 Abs. 2 AStG zu einem „treaty-override“ führt, der gemeinschaftsrechtlich verboten sei, weil Deutschland gemeinschaftsrechtlich zur Anwendung des DBA verpflichtet sei. Die gemeinschaftsrechtliche Pflicht zur Anwendung der abkommensrechtlich vereinbarten Freistellungsmethode leitet Seer aus Art. 293 2. Spiegelstrich EGV und der Pflicht zur loyalen Zusammenarbeit ab, die ihre spezielle Ausprägung in Art. 10 EGV gefunden hat62. Zuzugeben ist, dass die bilateral vereinbarte Pflicht, die Doppelbesteuerung zu vermeiden, über Art. 10 EGV Eingang in das Gemeinschaftsrecht gefunden hat und insoweit die Mitgliedstaaten nicht nur völkerrechtlich, sondern auch gemeinschaftsrechtlich zur Vermeidung von Doppelbesteuerung verpflichtet sind63. Nach Art. 10 S. 1 EGV sind die Mitgliedstaaten allerdings nur verpflichtet, geeignete Maßnahmen zur Erfüllung ihrer gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtung zu treffen. Insoweit hat der EuGH den Mitgliedstaaten stets einen Gestaltungsspielraum eingeräumt64. Es bleibt demnach grundsätzlich den Mitgliedstaaten überlassen, welche sachgerechte Maßnahme sie zur Erfüllung ihrer 59 Schönfeld in: Flick/Wassermeyer/Baumhoff, Vor § 34c EStG Rn. 23 f. (57. EL Nov. 2005). 60 Dazu. oben Kapitel E.III.1.a)aa)(2), S. 218 f. 61 Seer, IStR 1997, 520 ff. 62 Seer, IStR 1997, 520 (522); zustimmend Scheipers/Maywald, IStR 2006, 472 (473 ff.). 63 Dazu oben Kapitel D.V.3.c)cc)(3)(b), S. 166 ff. 64 EuGH, Urteil v. 02.02.1977, Rs. 50/76, Slg. 1977, 137 ff., Rn. 32 – Amsterdam Bulb; EuGH, Urteil v. 12.07.1984, Rs. 49/83, Slg. 1984, 2931 ff., Rn. 20 – Kommission/Luxemburg; EuGH, Urteil v. 20.03.1986, Rs. 72/85, Slg. 1986, 1219 ff. Rn. 16 – Kommission/Niederlande.

III. Wettbewerbswirkungen der Vermeidungsmethoden

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Pflicht treffen65. Mögliche Maßnahmen sind nicht auf die Anwendung der Freistellungsmethode verengt, so dass nur durch diese die Doppelbesteuerung vermieden werden kann. Ob die Mitgliedstaaten also die Doppelbesteuerung durch Anwendung der Freistellungs- oder der Anrechnungsmethode vermeiden, ist den Mitgliedstaaten solange überlassen, wie tatsächlich eine Doppelbesteuerung vermieden wird. Die Argumentation Seers kann deshalb keinen Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht begründen. Jüngst ist auch in der Rechtsprechung der Methodenwechsel nach § 20 Abs. 2 AStG als gemeinschaftswidrig beurteilt worden66. Körner folgend 67 geht das FG Münster davon aus, dass sich durch den durch § 20 Abs. 2 AStG verursachten Methodenwechsel „die Auslandsinvestition verteuert und damit weniger attraktiv wird“ 68. Durch die zusätzliche inländische Besteuerung, die durch die Anrechnungsmethode eintritt, schrecke der Herkunftsstaat Deutschland von der Erzielung „passiver“ niedrig besteuerter Einkünfte im Ausland ab. Diese Beschränkung könne auch nicht gerechtfertigt werden, weshalb das FG Münster die Sache dem EuGH zur Vorabentscheidung vorlegte (Rechtssache Columbus Container Services). In seinen Schlussanträgen zur Vorlage des FG Münster folgte GA Mengozzi im Grunde der Argumentation des FG Münster69. Ein rechtfertigungsbedürftiges „Hemmnis“ der Niederlassungsfreiheit begründete GA Mengozzi im Wesentlichen damit, dass durch § 20 Abs. 2 AStG zwei vergleichbare grenzüberschreitende Sachverhalte unterschiedlich behandelt würden. „Passive“ ausländische Einkünfte aus einem niedrig besteuerten Ausland seien grundsätzlich mit „passiven“ ausländischen Einkünften aus einem hoch besteuerten Ausland vergleichbar. Insoweit werde die Investition in ein niedrig besteuerndes Ausland gehemmt und damit die Gefahr einer Zersplitterung des Gemeinsamen Marktes herbeigeführt70. Er bezieht sich insoweit auf die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Cadbury Schweppes71 und die dazu ergangenen Schlussanträge des GA Léger72. 65

Zuleeg in: von der Groeben/Schwarze, EUV/EGV, Art. 10 EGV, Rn. 9. Vgl. FG Münster, Beschluss v. 05.07.2005, 15 K 1114/99 F, EW, IStR 2005, 631 ff. 67 Vgl. Körner, IStR 2004, 697 (704 ff.); ebenso Schmidt/Blöchle in: Strunk/Kaminski/Köhler AStG/DBA, Art. 23A/B OECD-MA Rn. 16 (6. EL Mai 2006). 68 FG Münster, Beschluss v. 05.07.2005, 15 K 1114/99 F, EW, IStR 2005, 631 (634). 69 GA Mengozzi, Schlussanträge v. 29.03.2007, Rs. C-298/05, Rn. 113 ff. – Columbus Container Services. 70 Vgl. GA Mengozzi, Schlussanträge v. 29.03.2007, Rs. C-298/05, Rn. 113 ff. – Columbus Container Services. 71 EuGH, Urteil v. 12.09.2006, Rs. C-196/04, Slg. 2006, I-7995 ff. – Cadbury Schweppes. 72 GA Léger, Schlussanträge v. 02.05.2006, Rs. C-196/04, Slg. 2006, I-7995 ff., Rn. 78 ff. – Cadbury Schweppes. 66

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E. Die Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

Eine Diskriminierung durch § 20 Abs. 2 AStG in der Rechtssache Columbus Container Services lässt sich in der Tat nur durch den von GA Mengozzi vorgenommenen Vergleich zweier grenzüberschreitender Sachverhalte konstatieren. Denn die Anrechnungsmethode führt bekanntermaßen zu einer Gleichbehandlung von inländischen und (grenzüberschreitend erzielten) ausländischen Einkünften. Damit befindet man sich aber in dem Bereich des bereits oben diskutierten Meistbegünstigungsprinzips. Das Meistbegünstigungsprinzip ist aber aus den oben genannten Gründen abzulehnen73. Die Erweiterung des grundfreiheitlichen Gewährleistungsgehalts zu einem solchen Meistbegünstigungsprinzip kann auch entgegen GA Mengozzi nicht der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Cadbury Schweppes entnommen werden. Zwar hat GA Léger in seinen Schlussanträgen zu dieser Rechtssache in der Tat eine Beschränkung in der Ungleichbehandlung von grenzüberschreitenden Sachverhalten entwickelt74 und sich damit im Ergebnis für das Meistbegünstigungsprinzip ausgesprochen. Ein Bezug auf diese Ausführungen lässt sich dem EuGH-Urteil allerdings nicht entnehmen. Dies war auch gar nicht nötig, da im Fall Cadbury Schweppes tatsächlich der grenzüberschreitende Sachverhalt gegenüber dem reinen Inlandssachverhalt diskriminiert wurde75. Dass eine Diskriminierung von Grundfreiheiten nur durch den Vergleich des grenzüberschreitenden mit dem innerstaatlichen Sachverhalt und nicht durch den Vergleich zweier grenzüberschreitender Sachverhalte festgestellt werden kann, hat der EuGH mittlerweile in seiner Entscheidung zur Rechtssache Columbus Container Services bestätigt76. 2. Zwischenergebnis Die vorangegangene Erörterung hat gezeigt, dass gemeinschaftsrechtlich kein Vorrang einer der beiden Vermeidungsmethoden besteht. Weder kann dem Gemeinschaftsrecht eine Entscheidung zugunsten einer kapitalimportneutralen Besteuerung und damit der Freistellungsmethode entnommen werden77, noch lassen sich aus dem Meistbegünstigungsgebot Präferenzen für den Bereich der Vermeidung der juristischen Doppelbesteuerung entnehmen. Auch ein Wechsel der Methoden, wie ihn insbesondere § 20 Abs. 2 AStG von der Anrechnungszur Freistellungsmethode vorsieht, kann demnach keinen Verstoß gegen die 73

Dazu oben Kapitel E.III.1.b)cc), S. 223 ff. Vgl. GA Mengozzi, Schlussanträge v. 29.03.2007, Rs. C-298/05, Rn. 113 ff. – Columbus Container Services. 75 So auch Franck, IStR 2007, 489 (492 f.). 76 EuGH, Urteil v. 06.12.2007, Rs. C-298/05, Slg. 2007, I-10451 ff. – Columbus Container Services. 77 Ebenso im Sinne eines Methodenwahlrechts Schuch in: Lang/Loukota u. a., Multilateral Tax Treaties, S. 131 (132 ff.); Rehm/Feyerabend/Nagler, IStR 2007, 7 (12). 74

IV. Ausgestaltung der Anrechnungs- und Freistellungsmethode

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Grundfreiheiten bedeuten. Die Mitgliedstaaten haben damit ein Wahlrecht zwischen der Freistellungs- und Anrechnungsmethode. Damit ist letztlich auch das Nebeneinander von Freistellungs- und Anrechnungsmethode, wie es die oben angeführten sekundärrechtlichen Maßnahmen vorsehen, vom Primärrecht gedeckt.

IV. Spezifische Ausgestaltung der Anrechnungs- und Freistellungsmethode 1. Vermeidung der Doppelbesteuerung im Ansässigkeitsstaat Nachdem nunmehr feststeht, dass der Anwendung der Methoden im Grunde das Gemeinschaftsrecht nicht entgegensteht, wird im Folgenden untersucht, inwieweit die spezifischen Ausgestaltungen der Methoden mit den grundfreiheitlichen Vorgaben des EG-Vertrages zu vereinbaren sind. Zunächst wird dazu die Anwendung der Methoden im Ansässigkeitsstaat einer Untersuchung unterzogen. Nachdem die spezifischen Wirkungen der Anrechnungsmethode im Ansässigkeitsstaat untersucht werden, werden im Anschluss daran die von der Freistellungsmethode ausgehenden Reflexe einer gemeinschaftsrechtlichen Beurteilung unterzogen. a) Spezifische Ausgestaltung der Anrechnungsmethode Die Anrechnungsmethode vermeidet durch Anrechnung der ausländischen Steuer im Grunde die internationale Doppelbesteuerung. Dies hat auch der EuGH in der Rechtssache Centro Equestre ganz allgemein festgestellt, indem er urteilte, dass durch Anrechnung ausländischer Steuern die Doppelbesteuerung vermieden wird78. Damit wird die Anrechnungsmethode jedenfalls im Grundsatz dem grundfreiheitlichen Beschränkungsverbot gerecht, welches die Vermeidung internationaler Doppelbesteuerung gebietet. Dabei kommt es aufgrund des Umstands, dass die Anrechnungsmethode nach § 34c EStG keine Zeitraumidentität zwischen den in- und ausländischen Einkünften voraussetzt,79 auch dann zu einer vollständigen Vermeidung von Doppelbesteuerung, wenn die Einkünfte im Ansässigkeits- und im Quellenstaat in jeweils unterschiedlichen Steuerperioden besteuert werden. Wie geschildert, gewährt § 34c EStG aber nur einen „ordinary-credit“ mit „per-country-limitation“. Zudem mindern die persönlichen Abzüge des Steuerpflichtigen den Anrechnungshöchstbetrag. Letztlich beeinflussen auch inländi78 EuGH, Urteil v. 15.02.2007, Rs. C-345/04, Slg. 2007, I-1425 ff., Rn. 35 – Centro Equestre. 79 Dazu oben Kapitel C.I.1.a)ff), S. 37.

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E. Die Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

sche Verluste die Möglichkeit zur Anrechnung. Beim Bezug von ausländischen Einkünften führt dies in vielen Fällen dazu, dass die ausländischen Steuern nicht vollständig angerechnet werden. Teile des Schrifttums halten deshalb die die Anrechnungsmethode kennzeichnenden Wirkungen für unvereinbar mit dem Gemeinschaftsrecht. Im Folgenden sollen deshalb die Wirkungen der Anrechnungsmethode auf ihre Vereinbarkeit mit den Grundfreiheiten untersucht werden. aa) Staatenbezogene Höchstbetragsberechnung („ordinary-credit“ mit „per-country-limitation“) Die Anrechnungsmethode des Art. 23B OECD-MA wird inhaltlich im Wesentlichen durch § 34c Abs. 1 EStG bestimmt. Sie ist danach als begrenzte Anrechnungsmethode („ordinary-credit“) ausgestaltet, so dass eine Anrechnung ausländischer Steuern nur bis zur Höhe der entsprechenden inländischen Einkommensteuer in Betracht kommt. Abgestellt wird hierbei auf die Einkommensteuer, die auf Einkünfte aus dem betreffenden ausländischen Staat entfällt. Damit ist die Höchstbetragsberechnung für jeden ausländischen Staat getrennt durchzuführen („per-country-limitation“). (1) „ordinary-credit“ (a) Verstoß gegen Grundfreiheiten Zunächst äußerte Dautzenberg Kritik an der auf einen Höchstbetrag limitierten Anrechnung ausländischer Steuern. Eine solche Beschränkung laufe den Grundwertungen des EG-Vertrages diametral zuwider80. Denn für den Fall, dass die inländische Steuer niedriger sei als die ausländische Steuer, unterbleibe eine „Herabschleusung“ auf das deutsche Steuerniveau, obwohl im umgekehrten Fall das Steuerniveau auf das höhere Deutsche heraufgeschleust werde. Diese Folge sei vom EG-Vertrag unerwünscht, da danach grenzüberschreitende Sachverhalte gegenüber rein inländischen nicht diskriminiert werden dürften. Deshalb müsse auch im Falle des höheren ausländischen Steuerniveaus eine „Herabschleusung“ erfolgen81. In jüngster Zeit wird die auf einen Anrechnungshöchstbetrag begrenzte Anrechnung ausländischer Steuer aber auch aus einem anderen Grund für gemeinschaftswidrig gehalten82. Sie verstoße gegen die Niederlassungs- und Kapital80

Dautzenberg, DB 1997, 1358 (1359). Dautzenberg, DB 1997, 1358 (1359). 82 Die folgende Problematik soll aus Gründen der Übersichtlichkeit an dieser Stelle behandelt werden, obwohl sie im Grunde auch die Freistellungsmethode betrifft. Denn auch im Rahmen der Freistellungsmethode erfolgt keine Erstattung ausländischer Quellensteuern; vgl. Jacobs, Int. Unternehmensbesteuerung, S. 249 f. 81

IV. Ausgestaltung der Anrechnungs- und Freistellungsmethode

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verkehrsfreiheit, weil im Gegensatz zur ausländischen Quellensteuer inländische Quellensteuer uneingeschränkt zur Anrechnung komme83. Im Gegensatz zur nur beschränkt anrechenbaren ausländischen Quellensteuer nach § 34c EStG, werde inländische Quellensteuer nämlich nach § 36 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 EStG ggf. i.V. m. § 31 Abs. 1 S. 1 KStG vollständig angerechnet und etwaige Überbezahlungen erstattet. Insbesondere Schaumburg fordert deshalb die uneingeschränkte Anrechnung ausländischer Quellensteuern84. Zur Begründung führt er aus, dass es durch die nur eingeschränkte Anrechnung zu einer Mehrbelastung der grenzüberschreitenden Investition komme, die gemeinschaftsrechtlich nicht hingenommen werden könne. Schaumburg bezieht sich zudem auf die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Verkooijen, wonach Steuermindereinahmen nicht als Rechtfertigung für eine Ungleichbehandlung angeführt werden können85. (b) Stellungnahme Dautzenberg verkennt, dass es sich bei der Doppelbesteuerungsproblematik um eine Doppelregulierung durch die Rechtsordnungen zweier Staaten handelt und daher nicht einem Staat ein Diskriminierungsvorwurf gemacht werden kann. In Fällen der Doppelregulierung reicht es aber aus, wenn einer der involvierten Mitgliedstaaten seinen Besteuerungsanspruch zurücknimmt, sei es auch nur in Höhe der ausländischen Steuern. Er ist nicht zur Erstattung ausländischer Steuern verpflichtet. Denn indem er seinen Besteuerungsanspruch durch Anrechnung der ausländischen Steuer gänzlich zurücknimmt, hat er auf seinen Regulierungsanspruch verzichtet und damit unter Beseitigung der Beschränkung eine Einfachbesteuerung herbeigeführt86. Eine Beschränkung der Grundfreiheiten durch Doppelregulierung besteht dann nicht mehr. Insoweit kommt es bei Anwendung der Anrechungsmethode zwar jeweils zur Besteuerung nach dem 83 Schaumburg, StuW 2000. 369 (375 f.); Spengel/Jaeger/Müller, IStR 2000, 257 (259); Kußmaul/Beckmann, DB 2001, 608 (614); Wassermeyer, IStR 2001, 113 (117); Schaumburg, DStJG Bd. 24 (2001), S. 225 (251 f.); Spengel, Int. Unternehmensbesteuerung, S. 283 f.; Jacobs, Int. Unternehmensbesteuerung, S. 249 f.; Brück in: Löwenstein/Looks, Betriebsstättenbesteuerung, Rn. 1026; widersprüchlich insoweit Gosch in Kirchhof EStG, § 34c EStG Rn. 32 ff., der in Rn. 32 eine solche Ungleichbehandlung für gerechtfertigt hält, hingegen in Rn. 39 einen Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit feststellt. 84 Schaumburg, StuW 2000, 369 (375). 85 EuGH, Urteil v. 06.06.2000, Rs. C-35/98, Slg. 2000, I-4071 ff., Rn. 59 – Verkooijen. 86 So im Ergebnis auch Schön in: GS Knobbe-Keuk, S. 743 (773); Kieschel, IWB, Fach 11 Gruppe 2, 289 (297), der allerdings die Problematik der Doppelbesteuerung als Diskriminierungsproblem und nicht, wie es richtig wäre, als Beschränkung durch Doppelregulierung versteht; Tumpel, DStJG Bd. 23 (2000), S. 321 (345); Desens, IStR 2003, 613 (615 f.); Schönfeld in: Flick/Wassermeyer/Baumhoff, Vor § 34c EStG Rn. 31 (57. EL Nov. 2005); Cordewener/Schnitger, StuW 2006, 50 (62); Siegers in: Dötsch/Eversberg/Jost/Witt KStG, § 26 KStG Rn. 57 (53. EL März 2005).

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E. Die Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

höheren der beiden Steuerniveaus. Darin ist aber, wie der EuGH in seiner GillyEntscheidung zutreffend festgestellt hat, keine Verletzung von Grundfreiheiten zu sehen87. Denn dies ist Ergebnis der unterschiedlichen Steuersätze in den betreffenden Mitgliedstaaten, deren Festsetzung in Ermangelung einer Gemeinschaftsregelung auf diesem Gebiet in die alleinige Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fällt. In der Rechtssache de Groot bestätigte der EuGH diesen Befund. In der dort streitgegenständlichen niederländische Vorschrift, welche nur eine begrenzte Anrechnung ausländischer Steuern vorsah88, sah er nur deshalb eine Diskriminierung, weil sie selbst bei identischen in- und ausländischen Steuersätzen die Erzielung ausländischer Einkünfte schlechter stellte89. Die Rechtsprechung des EuGH ist Ausdruck der Erkenntnis, dass die bei grenzüberschreitenden Tätigkeiten auftretenden unterschiedlichen Steuerbelastungen als bloße Disparitäten der involvierten Steuerrechtsordnungen grundfreiheitsrechtlich hinzunehmen sind. Jedes andere Verständnis würde darauf hinauslaufen, dass sich aus den Grundfreiheiten eine Harmonisierung der Steuersätze ableiten ließe90. Die Ausführungen Dautzenbergs müssen in Anbetracht der ergangenen Entscheidungen als überholt angesehen werden. Tatsächlich lässt sich auch aus der von Schaumburg zitierten Entscheidung in der Rechtssache Verkooijen kein Verstoß des „ordinary-credit“ gegen die Grundfreiheiten ableiten. Richtig ist insoweit, dass Steuermindereinnahmen, die im Falle der uneingeschränkten Anrechnung zweifelsfrei in erheblichem Maße auftreten würden, nicht als Rechtfertigung für eine Ungleichbehandlung herhalten können91. Insoweit gilt auch hier, dass die Grundfreiheiten nicht unter Finanzierungsvorbehalt stehen. Dem Diskriminierungsvorwurf liegt allerdings eine zu formalistische Sichtweise zugrunde. Dies zeigt sich bereits darin, dass der Diskriminierungsvorwurf dann bereits nicht mehr aufrechterhalten werden kann, wenn die Einkünfte nicht vorweg mit einer inländischen Quellensteuer, sondern erstmals im Rahmen der Veranlagung ohne vorherigen Steuerabzug besteuert würden. Dann nämlich entfiele der Diskriminierungsvorwurf, obwohl die Steuerbelastung der ausländischen Einkünfte die Gleiche bliebe. Dementsprechend kann in der beschränkten Anrechnung ausländischer Quellensteuern keine (materielle) Diskriminierung gesehen werden.

87 EuGH, Urteil v. 12.05.1998, Rs. C-336/96, Slg. 1998, I-2793 ff. Rn. 46 ff. – Gilly. 88 Die Regelung wird zwar als Freistellung bezeichnet, führt im Ergebnis aber zu einer begrenzten Anrechnung, vgl. dazu Schnitger, FR 2003, 148 ff. 89 EuGH, Urteil v. 12.12.2002, Rs. C-385/00, Slg. 2002, I-11819 ff., Rn. 84 ff. – de Groot. 90 Schön in: GS Knobbe-Keuk, 1997, S. 743 (773); vgl. auch Kofler, DBA und EGRecht, S. 678. 91 Dazu oben Kapitel D.VI.3.d), S. 190.

IV. Ausgestaltung der Anrechnungs- und Freistellungsmethode

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Die konstatierten Mehrbelastungen für die grenzüberschreitende Investition liegen dementsprechend auch nicht in der Rechtsordnung des Ansässigkeitsstaates, sondern in der des Quellenstaates begründet92. Dort kommt der Quellensteuer oftmals Abgeltungswirkung zu, mit der Folge, dass eine Berücksichtigung etwaiger Erwerbsaufwendungen nicht möglich ist93. Diese Mehrbelastungen können dem Ansässigkeitsstaat aber nicht zugerechnet werden94. Dies übersieht Herlinghaus95, der zu eben einem solchen, vom FG Köln entschiedenen Fall96 anmerkt, dass eine Diskriminierung vorliege. Die beschränkte Anrechnung auf einen „ordinary-credit“ ist damit aus grundfreiheitsrechtlicher Sicht unproblematisch. (2) „per country-limitation“ (a) Verstoß gegen Grundfreiheiten Die in § 34c Abs. 1 EStG verankerte „per-country-limitation“ führt dazu, dass ein Ausgleich von hoch und niedrig besteuerten Einkünften verschiedener Länder nicht möglich ist97. Darin sehen namhafte Stimmen im Schrifttum einen Verstoß gegen die Grundfreiheiten98. Durch die „per-country-limitation“ seien Investitionen in mehrere Mitgliedstaaten mit strukturellen Nachteilen verbunden. Denn durch die mit der „per-country-limitation“ einhergehende Segmentierung von Anrechnungsbeträgen käme es zu einer Konzentration von Investitionen auf einen oder wenige Mitgliedstaaten, und dadurch zu einer Verzerrung von Investitionsentscheidungen. Gefordert wird deshalb eine „per-communitylimitation“, die dadurch gekennzeichnet ist, dass sie die Anrechnungsbeträge aus sämtlichen Mitgliedstaaten zusammenfasst.

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So auch Kofler, DBA und EG-Recht, S. 682. Diese Abgeltungswirkung ist gemeinschaftsrechtlich jedenfalls dann bedenklich, wenn die Abgeltungswirkung für die im Quellenstaat Ansässigen nicht gilt. Die Mehrbelastung stellt sich dann als Folge einer diskriminierenden Besteuerung des Quellenstaates dar. 94 So auch Schönfeld in: Flick/Wassermeyer/Baumhoff, Vor § 34c EStG, Rn. 31 (57. EL Nov. 2005). 95 Herlinghaus, EFG 2002, 1393, wenn gleich er die Diskriminierung aus Gründen der Kohärenz für gerechtfertigt hält. 96 FG Köln, Urteil v. 11.07.2002 – 7 K 8572/98, EFG 2002, 1391. 97 Dazu oben Kapitel C.I.1.a)jj)(3), S. 41 ff. 98 Schön in: GS Knobbe-Keuk, S. 743 (774); ders., StbJb 2003/2004, S. 27 (45); Tumpel, DStJG Bd. 23 (2000), S. 321 (345); Schaumburg, DStJG Bd. 24 (2001), S. 225 (250 f.); Grotherr in: FS Wassermeyer, S. 303 (319); Jacobs, Int. Unternehmensbesteuerung, S. 247; Brück in: Löwenstein/Looks, Betriebsstättenbesteuerung, Rn. 1025; Lüdicke, IStR 2003, 433 ff.; Cordewener/Schnitger, StuW 2006, 50 (73 f.). 93

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E. Die Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

(b) Stellungnahme Ein solcher Ansatz verkennt die Wirkungsweise und die strukturelle Ausrichtung der Grundfreiheiten. Diese sind als Diskriminierungsverbote und Beschränkungsverbote darauf ausgerichtet, die grenzüberschreitende wirtschaftliche Betätigung nicht gegenüber der rein innerstaatlichen Betätigung zu benachteiligen. Die der „per-country-limitation“ zugeschriebene Verzerrung wirkt aber nicht im Verhältnis zwischen inländischer und ausländischer Investition, sondern zwischen zwei ausländischen Investitionen. Insoweit können die Grundfreiheiten schon aufgrund ihrer Struktur nicht für eine „per-community-limitation“ angeführt werden99. Dieser Ansatz ist aber auch aus anderen Gründen abzulehnen. Die „per-community-limitation“ begründet einen Anspruch auf Ausgleich eines Anrechnungsüberhangs aus einem Mitgliedstaat mit einem Anrechnungsguthaben aus einem anderen Mitgliedstaat. Dies überzeugt schon deshalb nicht, weil sowohl der Anrechnungsüberhang und das Anrechnungsguthaben allein aus dem unterschiedlichen Steuerniveau der Mitgliedstaaten resultieren. Wenn der Ansässigkeitsstaat schon gemeinschaftsrechtlich nicht verpflichtet ist, das günstigere Steuerniveau des Quellenstaates herbeizuführen, dann kann er auch nicht verpflichtet werden, das ungünstigere Steuerniveau des einen Quellenstaates mit dem günstigeren Steuerniveau des anderen Quellenstaates auszugleichen100. Zudem wäre es gerade vor dem Hintergrund eines vom Gemeinschaftsrecht geforderten Wettbewerbs der Steuersysteme kontraproduktiv, steuerliche Nachteile einer ausländischen Rechtsordnung durch Vorteile einer anderen günstigeren Rechtsordnung auszugleichen. Denn dadurch würden Investitionen in weniger günstige Mitgliedstaaten durch günstige Bedingungen in anderen Mitgliedstaaten gefördert. Anrechnungsüberhänge sollten deshalb nicht dem Ansässigkeitsstaat angelastet werden, denn sie sind Ergebnis der schlechteren steuerlichen Rahmenbedingungen im Quellenstaat. Zudem blenden die Befürworter einer „per-community-limitation“ augenscheinlich die nachteiligen Wirkungen derselben aus. Denn in dem Fall, in dem in einem ausländischen Mitgliedstaat positive Einkünfte und in einem anderen ausländischen Mitgliedstaat entsprechend hohe negative Einkünfte erzielt werden, kommt es bei Anwendung der „per-community-limitation“ im Ansässigkeitsstaat zu keiner Anrechnung der auf die positiven ausländischen Einkünfte entfallenden Steuern, selbst wenn ausreichend inländische Steuern, die auf die 99 So in diesem Zusammenhang auch Kofler, DBA u. EG-Recht, S. 686; vgl. allgemein zum Meistbegünstigungsprinzip oben Kapitel E.III.1.b), S. 220 ff. 100 Ebenso Schönfeld in: Flick/Wassermeyer/Baumhoff, Vor § 34c EStG Rn. 32 (57. EL Nov. 2005); ders. in Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstättengewinnermittlung, Rn. 1123; Lieber in: Herrmann/Heuer/Raupach EStG/KStG, § 26 KStG Rn. 4 (219. EL Juli 2005).

IV. Ausgestaltung der Anrechnungs- und Freistellungsmethode

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positiven ausländischen Einkünfte entfallen, vorhanden sind. Bei Anwendung der „per-country-limitation“ käme es „ceteris paribus“ indes sehr wohl zu einer Anrechnung ausländischer Steuern. Die in diesem Fall eintretende Beschränkung in Form der internationalen Doppelbesteuerung wäre dem zur Beseitigung der Doppelbesteuerung verpflichteten Ansässigkeitsstaat vorzuwerfen. Denn er besteuert die ausländischen Einkünfte, obwohl er nach dem DBA für die Vermeidung der Doppelbesteuerung gemeinschaftsrechtlich verantwortlich ist101. Zur Vermeidung der Doppelbesteuerung ist deshalb eine staatenbezogene Höchstbetragsberechnung notwendig. Nur die „per-country-limitation“ führt letztlich zur gemeinschaftsrechtlich gebotenen Vermeidung von Doppelbesteuerung. (3) Erfordernis einer periodenübergreifenden Betrachtungsweise (a) Vortrag von Anrechnungsüberhängen im Fall von Inlandsverlusten Die Höhe des Anrechnungshöchstbetrages hängt entscheidend davon ab, in welcher Höhe die ausländischen Einkünfte in die Bemessungsgrundlage der deutschen Einkommensteuer fließen. Sofern neben den positiven ausländischen Einkünften auch negative inländische Einkünfte erzielt werden, hat dies zur Folge, dass die positiven ausländischen Einkünfte mit keiner oder nur einer durch die entsprechende Berücksichtigung der Verluste verringerten inländischen Steuer belastet werden. Entsprechend mindert sich der Anrechnungshöchstbetrag102. (aa) Verstoß gegen Grundfreiheiten – AMID-Entscheidung In der Literatur wird dieser Zustand als gemeinschaftswidrig eingeordnet. Die aufgrund der erwirtschafteten Verluste nicht angerechneten ausländischen Steuern seien in den Folgejahren auf die ausländischen Einkünfte anzurechnen (Vortrag von Anrechnungsüberhängen)103. Zur Begründung wird insoweit auf 101

Dazu oben Kapitel D.V.3.c)cc)(3)(b), S. 166 ff. Die Minderung des Anrechnungshöchstbetrages fällt unterschiedlich aus, je nach dem ob die Einkünfte mit Einkommen- oder Körperschaftsteuer belastet werden. Während im Rahmen der Körperschaftsteuer aufgrund des linearen Steuertarifs etwaige Minderungen der Steuerbemessungsgrundlage ohne Einfluss auf den Höchstbetrag bleiben – sofern die negativen Einkünfte nicht zu einer vollständigen „Aufzehrung“ der positiven ausländischen Einkünfte führen – haben negative Einkünfte im Rahmen der progressiven Einkommensteuer stets Auswirkungen auf den Höchstbetrag. 103 Schuch, Verluste, S. 163 ff.; Loukota, SWI 2001, 163 (168 f.); Schnitger, IWB Fach 11 Gruppe 2, 469 (473); Prokisch, DStJG Bd. 28 (2005), S. 229 (233 f.); Kofler, DBA u. EG-Recht, S. 690 ff. 102

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E. Die Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

die AMID-Entscheidung104 verwiesen, die einen solchen Vortrag gemeinschaftsrechtlich fordere. Der AMID-Entscheidung lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Die belgische Aktiengesellschaft AMID besitzt in Luxemburg eine Betriebsstätte. Im DBA zwischen Belgien und Luxemburg ist für die Betriebsstätteneinkünfte die Freistellungsmethode vereinbart. Im Jahr 1981 erleidet AMID in Belgien einen Verlust in Höhe von rund 2,1 Mio. BFR. Im selben Jahr erwirtschaftete sie aber in der luxemburgischen Betriebsstätte einen Gewinn von rund 3,5 Mio. LFR. Die belgische Finanzverwaltung verweigerte im Jahr 1982 den Vortrag und damit die Verrechnung des im Jahre 1981 erlittenen Verlustes, da nach Art. 66 Abs. 2 lit. c der belgischen Durchführungsverordnung die belgischen Verluste durch die in Luxemburg erzielten Gewinne bereits in 1981 verrechnet worden waren. Es bestand daher für AMID keine Möglichkeit, den im Jahr 1981 in Belgien erlittenen Verlust bei ihrer Besteuerung zu berücksichtigen – weder in Luxemburg noch in Belgien. Der EuGH entschied, dass die Weigerung Belgiens, den im Jahr 1981 in Belgien erlittenen Verlust auf den belgischen Gewinn des Jahres 1982 vorzutragen, mit der Niederlassungsfreiheit des EG-Vertrages unvereinbar sei. Hinsichtlich des Abzugs des Verlustes liege eine Ungleichbehandlung durch die belgische Rechtsordnung vor. Es werde hier danach differenziert, ob die belgische Gesellschaft eine Betriebsstätte im Inland oder im Ausland habe105. In dem Beschluss in der Rechtssache Mertens, im Rahmen dessen der EuGH über dieselbe Frage zu befinden hatte, bestätigte er die AMID-Entscheidung106. (bb) Stellungnahme Der in der Literatur gezogene Schluss erstaunt zunächst deshalb, weil im AMID-Fall nicht die Anrechnungsmethode, sondern die Freistellungsmethode zur Anwendung kam. Wie Loukota aber zutreffend festgestellt hat107, ist die belgische Ausgestaltung der Freistellungsmethode tatsächlich mit der Anrechnungsmethode vergleichbar. So wäre auch bei Anwendung der Anrechnungsmethode im Jahr 1982 kein Verlust vortragsfähig, da auch dann im Jahr 1981 der inländische Verlust mit dem ausländischen Gewinn hätte saldiert werden müssen. „Belgische“ Freistellung und Anrechnungsverfahren führen mithin zur gleichen Steuerbelastung, womit die „belgische“ Freistellung in ihrer Wirkung der der Anrechnungsmethode entspricht.

104

EuGH, Urteil v. 14.12.2000, Rs. C-141/99, Slg. 2000, I-11619 ff. – AMID. EuGH, Urteil v. 14.12.2000, Rs. C-141/99, Slg. 2000, I-11619 ff., Rn. 28 ff. – AMID. 106 EuGH, Beschluss v. 12.09.2002, Rs. C-431/01, Slg. 2002, I-7073 ff. – Mertens. 107 Loukota, SWI 2001, 163 (168 f.); zustimmend Schnitger, IWB Fach 11 Gruppe 2, 469 (473); Cordewener/Schnitger, StuW 2006, 50 (75). 105

IV. Ausgestaltung der Anrechnungs- und Freistellungsmethode

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Insoweit kann allerdings die Argumentation des EuGH in der Entscheidung AMID nicht überzeugen. Denn tatsächlich erfolgt bei periodischer Betrachtung sowohl im Jahr 1981 als auch im Jahr 1982 keine Diskriminierung durch die belgische Steuergesetzgebung. Im Jahr 1981 erfolgte keinerlei Besteuerung der ausländischen Einkünfte, da diese freigestellt wurden. Eine benachteiligende Diskriminierung kann insoweit also nicht angenommen werden. Ebenso kann die Verrechnung des inländischen Verlustes mit den ausländischen (freigestellten) Einkünften zunächst nicht als Diskriminierung gewertet werden. Sie stellt bei genauer Betrachtung eine Gleichbehandlung von in- und ausländischen Einkünften dar. Auch hinsichtlich der Besteuerung des Jahres 1982 lässt sich keine Diskriminierung feststellen. Die Tatsache, dass es nicht zum Verlustvortrag kommt, liegt nämlich in der diskriminierungsfreien Besteuerung im Jahr 1981 begründet, in dem Verluste mit in- oder ausländischen Einkünften verrechnet wurden. Bezogen auf die Anrechnungsmethode bedeutet dies, dass auch der Anrechnungsmethode kein Diskriminierungsvorwurf hinsichtlich der Minderung des Anrechnungshöchstbetrages durch die Verrechnung ausländischer Gewinne mit inländischen Verlusten gemacht werden kann. Bei Anwendung der Anrechnungsmethode werden, wegen der inländischen Verluste im Ansässigkeitsstaat, die ausländischen Einkünfte nicht besteuert, so dass nur die Steuerbelastung im Quellenstaat verbleibt. Dem Ansässigkeitsstaat kann insoweit kein Diskriminierungsvorwurf gemacht werden, da er seinen Steueranspruch gänzlich zurückgenommen hat. Auch der Umstand, dass es im Folgejahr nicht zu einem Verlustvortrag kommt – der inländische Verlust ist mit den positiven ausländischen Einkünften bereits saldiert worden – kann aus den genannten Gründen nicht als Diskriminierung gesehen werden, denn die Behandlung entspricht der innerstaatlichen Vorgehensweise, wonach grundsätzlich Verluste mit anderen positiven steuerpflichtigen Einkünften verrechnet werden (vgl. § 2 Abs. 3 EStG). Im Quellenstaat hingegen entspricht die Nichtberücksichtigung des inländischen Verlustes dem steuerlichen Territorialitätsprinzip. Nichtsdestotrotz führt der Umstand, dass ausländische Einkünfte involviert sind, zu einer Benachteiligung der grenzüberschreitenden Betätigung. Denn die steuerliche Belastung der inländischen Einkünfte liegt oberhalb der Belastung eines reinen Inlandssachverhaltes. Dies kann aber – wie festgestellt – nicht auf eine Diskriminierung der grenzüberschreitenden Investition durch einen der beteiligten Mitgliedstaaten zurückgeführt werden. Ursache für diese Benachteiligung ist vielmehr eine Beschränkung in Form der Doppelbesteuerung durch die involvierten Mitgliedstaaten. Diese liegt darin begründet, dass die auf die ausländischen positiven Einkünfte entfallenden Steuern nicht auf inländische Steuern angerechnet werden. Ursache für die juristische Doppelbesteuerung ist demnach das Fehlen der Möglichkeit zum Vortrag von Anrechnungsüberhängen. In diesem Sinne identifizierte auch die von der Kommission in Auftrag gegebene

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E. Die Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

Studie „Unternehmensbesteuerung im Binnenmarkt“ den fehlenden Vortrag von Anrechnungsüberhängen aufgrund inländischer Verluste als Ursache für die juristische Doppelbesteuerung108. Richtigerweise hätte der EuGH deshalb im AMID-Fall eine Beschränkung durch Doppelregulierung feststellen und die Frage nach der Verantwortlichkeit für die Doppelregulierung stellen müssen. Diese Frage hätte dann anhand des DBA Belgien – Luxemburg beantwortet werden können109. Da nach dem einschlägigen DBA Belgien für die Vermeidung der Doppelbesteuerung verantwortlich ist, muss dem EuGH im Ergebnis allerdings zugestimmt werden, da er letztlich in der belgischen Regelung die Diskriminierung verortete. Die Anrechnungsmethode nach § 34c Abs. 1 EStG kennt eine periodenübergreifende Betrachtungsweise in Form des Übertrags von Anrechnungsüberhängen nicht, während in anderen Mitgliedstaaten, insbesondere in Frankreich und in den Niederlanden, die Möglichkeit zum Übertrag besteht110. Die deutsche Rechtsordnung eröffnet lediglich die Möglichkeit, eine nicht oder nur zum Teil anrechenbare Steuer bei der Ermittlung der Einkünfte gem. § 34c Abs. 3 EStG ggf. i.V. m. § 26 Abs. 6 KStG abzuziehen. Wie bereits dargelegt, wird dadurch aber keinesfalls die internationale Doppelbesteuerung vermieden111, weshalb Deutschland in den Fällen der Anrechnungsüberhänge durch Inlandsverluste seiner gemeinschaftsrechtlichen Pflicht zur Vermeidung von Doppelbesteuerung nicht nachkommt. Die Anrechnungsmethode nach § 34c EStG verstößt insoweit gegen die Grundfreiheiten. Sofern Deutschland in einem DBA zur Vermeidung von Doppelbesteuerung durch Anwendung der Anrechnungsmethode verpflichtet ist, besteht aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht also gesetzgeberischer Handlungsbedarf. Es stellt sich die Frage, welche Maßnahmen der Ansässigkeitsstaat ergreifen muss, um die entstehende Doppelbesteuerung zu vermeiden und damit seinen gemeinschaftsrechtlichen Pflichten nachzukommen. Zunächst lässt sich feststellen, dass er zur Vermeidung von Doppelbesteuerung keine ausländischen Steuern erstatten muss. Denn dies würde zu einem Liquiditätsvorteil und damit zu einer Besserstellung der grenzüberschreitenden Betätigungen führen112. Tatsächlich tritt die Benachteiligung durch Doppelbesteuerung auch erst durch Besteuerung in den nachfolgenden Veranlagungszeiträumen auf. In diesen ist dann, soweit die inländischen Verluste die ausländischen Einkünfte gemindert haben und es dadurch zu keiner Anrechnung kom108 Vgl. Arbeitsdokument der Dienststellen v. 23.10.2001 der Kommission „Unternehmensbesteuerung im Binnenmarkt“, SEK(2001) 1681, S. 355. 109 Dazu oben Kapitel D.V.3.c)cc)(3)(b), S. 166 ff. 110 Vogel in: Vogel/Lehner DBA, Art. 23 OECD-MA Rn. 154. 111 Dazu oben Kapitel C.I.1.c), S. 43 f. 112 Ebenso Schnitger, IWB, Fach 11 Gruppe 2, 469 (473 f.).

IV. Ausgestaltung der Anrechnungs- und Freistellungsmethode

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men konnte, die noch nicht angerechnete ausländische Steuer unter Berücksichtigung der „per-country-limitation“ und „per-item-limitation“ anzurechnen113. Insoweit bedarf es einer periodenübergreifenden Betrachtung im Rahmen der Anrechnungsmethode. In praxi bedeutet dies, dass einerseits der Anrechnungsüberhang festgestellt werden muss und zudem eine gesonderte Nebenrechnung über die Höhe des (fiktiven) verbleibenden Verlustvortrags durchgeführt werden muss. Ein solcher Vortrag von Anrechnungsüberhängen muss aber nicht zwangsläufig zu einer vollständigen Anrechnung sämtlicher Anrechnungsüberhänge führen. Soweit der fiktive Verlustvortrag verbraucht ist und noch Anrechungsüberhänge verbleiben, sind diese nicht Ergebnis einer internationalen juristischen Doppelbesteuerung, sondern allein auf die höhere Besteuerung im Quellenstaat zurückzuführen. Nach Durchführung des geschilderten Prozedere hat nämlich der Ansässigkeitsstaat vollumfänglich auf sein Besteuerungsrecht verzichtet. (b) Vermeidung von Doppelbesteuerung bei inkongruenter zeitlicher Zuordnung von Erwerbsaufwendungen im Ansässigkeits- und Quellenstaat: Vortrag von Anrechnungsüberhängen Ein Übertrag von Anrechnungsüberhängen kommt aber nicht nur dann in Betracht, wenn inländische Verluste ausländische Einkünfte mindern, sondern immer auch dann, wenn Anrechnungsüberhänge dadurch entstehen, dass Erwerbsaufwendungen, bspw. AfA oder Rückstellungen, im Ansässigkeitsstaat und Quellenstaat in zeitlich voneinander abweichenden Steuerperioden berücksichtigt werden (inkongruente Aufwandszuordnung). Ursache hierfür ist der Umstand, dass für die Ermittlung des Anrechnungshöchstbetrages die Berechnung der ausländischen Einkünfte nach innerstaatlichem Recht erfolgt, während die Ermittlung der ausländischen Steuer sich allein nach ausländischem Recht richtet114. Die durch die unterschiedliche zeitliche Zuordnung von Erwerbsaufwen113 Ebenso Avery Jones, ET 2001, 251; Schnitger, IWB, Fach 11 Gruppe 2, 469 (473 f.); Cordewener/Schnitger, StuW 2006, 50 (77). 114 Beispiel 1: Der Steuerpflichtige nimmt AfA auf ein Wirtschaftsgut im Quellenstaat im Jahr 01 i. H. v. 100% (= 100.000 A) vor. Im Ansässigkeitsstaat wird das Wirtschaftsgut allerdings über eine Nutzungsdauer von 2 Jahren abgeschrieben. Die AfA beträgt demnach im Ansässigkeitsstaat nur 50% (= 50.000 A). Der Ansässigkeitsstaat besteuert im Jahr 01 bei Einnahmen von 100.000 A Einkünfte i. H. v. 50.000 A. Zu einer Besteuerung im Quellenstaat kommt es nicht, da dort die Einkünfte 0 A betragen. Dementsprechend erfolgt im Ansässigkeitsstaat auch keine Anrechnung ausländischer Steuern. Im Jahr 02 werden im Quellenstaat bei unterstellten Einnahmen von 100.000 A Einkünfte i. H. v. 100.000 A besteuert. Der Ansässigkeitsstaat besteuert unter Anrechnung der ausländischen Steuer hingegen nur 50.000 A. Dies führt zu folgendem Ergebnis: Bei einem Totalgewinn über 2 Jahre von 100.000 A hat der Steuerpflichtige im Ansässigkeitsstaat 50.000 A im Jahr 01 und im Quellenstaat im Jahr 02 100.000 A

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E. Die Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

dungen eintretenden Anrechnungsüberhänge führen letztlich zu einer Doppelbesteuerung. Diese Doppelbesteuerung kann nur durch einen Vortrag von Anrechnungsüberhängen vermieden werden,115 will man dem gemeinschaftsrechtlichen Verbot der internationalen Doppelbesteuerung gerecht werden. Hierzu muss zunächst der durch die abweichende zeitliche Zuordnung von Erwerbsaufwendungen entstehende Anrechnungsüberhang vorgetragen und insoweit angerechnet werden, wie in Vorjahren eine inkongruente Aufwandszuordnung erfolgte. Das bedeutet, dass in den Folgejahren bei der Berechung des Anrechnungshöchstbetrages die ausländischen Einkünfte um den Erwerbsaufwand erhöht werden, der in den Vorjahren aufgrund der inkongruenten Aufwandzuordnung zu einem Anrechnungsüberhang geführt hat. Bis zum vorgetragenen Anrechnungsüberhang sind dann ausländische Steuern anzurechnen. bb) „Per-item-limitation“ nach § 34c Abs. 1 S. 3 EStG Nach der Rechtsprechung des BFH waren bei der Ermittlung des Anrechnungshöchstbetrages nach § 34c Abs. 1 S. 2 EStG bislang auch solche ausländischen Einkünfte zu berücksichtigen, die in dem ausländischen Staat keiner Besteuerung unterlagen116. Nach der neuen Regelung des § 34c Abs. 1 S. 4 EStG werden nunmehr bei der Berechnung des Anrechnungshöchstbetrages nicht mehr solche ausländischen Einkünfte in die Berechnung einbezogen, die im versteuert. Letztlich zahlt der Steuerpflichtige damit Steuern auf Einkünfte i. H. v. 150.000 A, obwohl er insgesamt nur Einkünfte i. H. v. 100.000 A erzielt hat. In Höhe von 50.000 A liegt danach eine juristische Doppelbesteuerung vor, die die Anrechnungsmethode nach der derzeitigen Ausgestaltung i. S. v. § 34c Abs. 1 EStG nicht vermeiden kann. Beispiel 2: Aufgrund eines Geschäftsvorfalls im Jahr 01 drohen Schadensersatzansprüche i. H. v. 100.000 A. Im Quellenstaat wird der drohende Schaden durch Bildung einer Rückstellung i. H. v. 100.000 A in 01 berücksichtigt. Im Ansässigkeitsstaat wird der Schaden bei der Gewinnermittlung erst bei tatsächlicher Schadensersatzleistung in 02 berücksichtigt. Dies führt zu folgendem Ergebnis: Durch die Rückstellung im Quellenstaat in 01 betragen dort bei unterstellten Einnahmen i. H. v. 100.000 A die Einkünften 0 A. Eine Steuer fällt deshalb nicht an. Der Ansässigkeitsstaat besteuert hingegen in 01 Einkünften i. H. v. 100.000 A. Mangels ausländischer Steuern erfolgt keine Anrechnung. In 02 besteuert dann der Quellenstaat bei unterstellen Einnahmen i. H. v. 100.000 A Einkünften i. H. v. 100.000 A. Im Ansässigkeitsstaat kommt es hingegen bei Einkünften i. H. v. 0 A zu keiner Besteuerung. Während der Steuerpflichtige in 01 Einkünfte i. H. v. 100.000 A im Ansässigkeitsstaat versteuern muss (keine Anrechnung ausländischer Steuern möglich), muss er in 02 Einkünfte i. H. v. 100.0000 A im Quellenstaat versteuern. Insgesamt hat der Steuerpflichtige also 200.000 A versteuert, obwohl er in den Steuerperioden 01 und 02 insgesamt nur Einkünften i. H. v. 100.0000 A erzielt hat. In dieser Höhe liegt eine juristische Doppelbesteuerung vor, die die Anrechnungsmethode nach § 34c Abs. 1 EStG nicht vermeidet. 115 So wohl auch Lieber in: Herrmann/Heuer/Raupach EStG/KStG, § 26 KStG Rn. 4 (219. EL Juli 2005); Schönfeld in: Flick/Wassermeyer/Baumhoff, Vor § 34c EStG Rn. 34 (57. EL Nov. 2005). 116 Dazu oben Kapitel C.I.1.a)ee), S. 34 f.

IV. Ausgestaltung der Anrechnungs- und Freistellungsmethode

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ausländischen Staat nach dem dort geltenden nationalen Recht oder nach dem einschlägigen DBA nicht besteuert werden117. Damit steigt die „Gefahr“ von Anrechnungsüberhängen. Diese Verschärfung ist jedoch gemeinschaftsrechtlich unbedenklich. Die Annäherung an eine „per-item-limitation“ wirkt in keiner Weise diskriminierend auf den grenzüberschreitenden Sachverhalt. Auch mit Blick auf den Zweck der Anrechnungsmethode, eine die Grundfreiheiten beschränkende Doppelbesteuerung zu vermeiden, ist das Ausblenden von im Ausland nicht steuerbaren oder steuerfreien Einkünften nicht zu beanstanden. Denn die juristische Doppelbesteuerung setzt den Zugriff zweier Rechtsordnungen auf ein und denselben Sachverhalt voraus. Dies ist im Fall der Nichtbesteuerung im Quellenstaat aber nicht der Fall. cc) Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse Ein speziell bei der Einkommensbesteuerung von natürlichen Personen auftretendes Problem liegt darin, dass es aufgrund der Berechnungsmethode des Anrechnungshöchstbetrages nur zu einer anteiligen Berücksichtigung der persönlichen Lebensverhältnisse im Ansässigkeitsstaat kommt. So weit wie neben den inländischen Einkünften ausländische Einkünfte erzielt werden, die in die Höchstbetragsberechnung eingehen, kommt es zu einer (anteiligen) Berücksichtigung persönlicher Abzugsbeträge im Ansässigkeitsstaat (Herkunftsstaat)118. Ein solches Vorgehen unterstellt, dass die persönlichen Verhältnisse anteilig beim Quellenstaat (Bestimmungsstaat) Berücksichtigung finden. Im Rahmen der Besteuerung Gebietsfremder findet in den meisten Staaten allerdings keine Berücksichtigung subjektiver Abzugsbeträge statt. Auch innerhalb der deutschen Rechtsordnung wird die persönliche Situation des Steuerpflichtigen im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht grundsätzlich nicht berücksichtigt, obwohl dies nach der Systematik der Anrechnungsmethode unterstellt wird. Eine grenzüberschreitende Betätigung wird in diesen Fällen schlechter gestellt als ein lediglich innerstaatlicher Vorgang. Wie bereits oben ausgeführt119 hat der EuGH ausgehend von der Schumacker-Entscheidung geurteilt, dass grundsätzlich der Wohnsitzstaat zur steuerlichen Berücksichtigung der persönlichen Lebensverhältnisse verpflichtet ist, wenn nicht der Steuerpflichtige sein gesamtes oder nahezu gesamtes zu versteuerndes Einkommen im Quellenstaat erzielt120. Im Urteil der Rechtssache de 117

Heinicke in: Schmidt EStG, § 34c EStG, Rn. 15. Dazu oben Kapitel C.I.1.a)jj), S. 39 ff. 119 Dazu oben Kapitel D.V.2.d)bb)(2), S. 128 ff. 120 EuGH, Urteil v. 14.02.1995, Rs. C-279/93, Slg. 1995, I-225 ff., Rn. 38 – Schumacker; ebenso u. a. EuGH, Urteil v. 14.09.1999, Rs. C-391/97, Slg. 1999, I-5451 ff., 118

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E. Die Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

Groot hat der EuGH diesen Grundsatz noch einmal ausdrücklich bestätigt und hinzugefügt, dass der Wohnsitzstaat nur dann von dieser Pflicht entbunden ist, wenn der Quellenstaat die persönlichen Verhältnisse steuerlich berücksichtigt121. Diesen Anforderungen wird die Anrechnungsmethode nicht gerecht, da danach nur die auf die inländischen Einkünfte entfallenden persönlichen Abzüge die Steuerbemessungsgrundlage im Ansässigkeitsstaat mindern122. Zur Anpassung der Anrechnungsmethode an die Rechtsprechung des EuGH müsste die auf die ausländischen Einkünfte entfallende deutsche Einkommensteuer vor Abzug der persönlichen Abzüge berechnet werden123. Bezogen auf den das Existenzminimum sichernden Grundfreibetrag bedeutet dies, dass die auf die ausländischen Einkünfte entfallende tarifliche Einkommensteuer im Rahmen von § 32a EStG ohne die steuerfreie, das Existenzminimum sichernde Tarifzone berechnet werden müsste124. Wie bereits ausgeführt, vermag diese Rechtsprechung allerdings nicht zu überzeugen. Denn in Bezug auf die Berücksichtigung persönlicher Lebensverhältnisse befinden sich unbeschränkt und beschränkt Steuerpflichtige in einer vergleichbaren Situation, mit der Folge, dass auch der Quellenstaat zur anteiligen Berücksichtigung grundfreiheitlich verpflichtet ist125. Verwaltungstechnische Schwierigkeiten bei der Ermittlung des Sachverhalts können eine Nichtberücksichtigung durch den Quellenstaat nicht rechtfertigen, da die bereits bestehenden Ermittlungsmöglichkeiten der EG-Amtshilferichtlinie nach der Rechtsprechung des EuGH den Mitgliedstaaten ein ausreichendes Instrumentarium zur Sachverhaltsermittlung an die Hand geben. Außerdem können derartige mitgliedstaatliche Interessen keine materiellen Diskriminierungen rechtfertigen126. Sollte es demnach trotz diskriminierungsfreier Besteuerung im Quellenstaat zu keiner Berücksichtigung der anteiligen persönlichen Verhältnisse kommen, Rn. 27 – Gschwind; EuGH, Urteil v. 12.12.2002, Rs. C-385/00, Slg. 2002, I-11819 ff., Rn. 89 – de Groot, EuGH, Urteil v. 12.06.2003, Rs. C-234/01, Slg. 2003, I-5933 ff., Rn. 44 ff. – Gerritse. 121 EuGH, Urteil v. 12.12.2002, Rs. C-385/00, Slg. 2002, I-11819 ff., Rn. 100 ff. – de Groot, wobei es unerheblich ist, ob die Berücksichtigung beim Quellenstaat tatsächlich (Rn. 100) oder aufgrund einer bilateralen Übereinkunft zwischen den beteiligten Staaten (Rn. 102) erfolgt. 122 Vgl. nur Mehnhorn, IStR 2002, 15 (16 ff.); Schnitger, FR 2003, 148 (153); Gosch in: Kirchhof EStG, § 34c Rn. 39; Brück in Löwenstein/Looks, Betriebsstättenbesteuerung, Rn. 1024; Siegers in: Dötsch/Eversberg/Jost/Witt KStG, § 26 KStG Rn. 58 (53. EL März 2005); Tillmanns/Mössner in: Mössner/Baumhoff u. a., Int. Unternehmenssteuerrecht, Abschn. B Rn. 267. 123 Schnitger, FR 2003, 148 (150 f.); Cordewener/Schnitger, StuW 2006, 50 (70). 124 Cordewener/Schnitger, StuW 2006, 50 (70). 125 Dazu oben Kapitel D.V.2.d)bb)(2), S. 128 ff. 126 Dazu oben Kapitel D.VI.4.a)aa), S. 192 f.

IV. Ausgestaltung der Anrechnungs- und Freistellungsmethode

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weil bspw. der Quellenstaat die steuerliche Leistungsfähigkeit allein nach dem objektiven Nettoprinzip bestimmt, dann ist dies das Ergebnis bloßer Regelungsdisparitäten, die vom Gemeinschaftsrecht hingenommen werden müssen. dd) Beurteilung des § 34c Abs. 1 S. 4 EStG i.V. m. § 34c Abs. 6 S. 2 EStG Eine weitere Problematik bietet die neu eingeführte Regelung des § 34c Abs. 1 S. 4 EStG. Diese hat zur Folge, dass bei den dort genannten Kategorien betrieblicher Einkünfte nunmehr auch Aufwendungen, die in wirtschaftlichem – und nicht nur in einem direkten wirtschaftlichen – Zusammenhang mit ausländischen Einkünften stehen, bei der Berechnung der ausländischen Einkünfte im Rahmen des Anrechnungshöchstbetrages berücksichtigt werden127. Indem § 34c Abs. 6 S. 2 EStG auf die Neuregelung verweist, findet diese auch bei DBASachverhalten Anwendung, sofern das DBA keine besonderen Regelungen enthält. Die neue Rechtslage wird im Verhältnis zur früheren Rechtslage zu geringeren Anrechnungshöchstbeträgen und damit zu Anrechnungsüberhängen führen128. Denn nach der bisherigen Rechtslage wurden nur Aufwendungen bei der Berechnung der ausländischen Einkünfte berücksichtigt, die in direktem wirtschaftlichen Zusammenhang mit ausländischen Einnahmen standen. Die nunmehr großzügigere Zuordnung aller auch nicht im direkten wirtschaftlichen Zusammenhang mit den ausländischen Einnahmen stehenden Aufwendungen zu den ausländischen Einkünften,129 wird eine Verringerung der Höhe des ausländischen Einkünfte und damit letztlich eine Verringerung des Anrechnungshöchstbetrages zur Folge haben. Der Neuregelung wird deshalb vorgehalten, dass sie das Ziel der Förderung internationaler Tätigkeit der deutschen Wirtschaft aus den Augen verloren habe130. Die Gefahr der Erhöhung von Anrechnungsüberhängen ist zum Anlass genommen worden, die Neuregelung gemeinschaftsrechtlich in den Blick zu nehmen131. In der Tat kann sich durch die Neuregelung eine höhere Steuerbelastung des grenzüberschreitenden gegenüber dem innerstaatlichen Sachverhalt

127

Dazu oben Kapitel C.I.1.a)dd), S. 32 ff. Dazu oben Kapitel C.I.1.a)dd), S. 32 ff. 129 Auch hier gilt nunmehr das allgemeine Veranlassungsprinzip nach § 4 Abs. 4 EStG bzw. § 9 EStG. 130 Lüdicke, IStR 2003, 433 (434). 131 Vgl. Schnitger/Papantonopoulos, BB 2005, 407 (409 f.); Schönfeld in: Flick/ Wassermeyer/Baumhoff, Vor § 34c EStG Rn. 36 (57. EL Nov. 2005); Cordewener/ Schnitger, StuW 2006, 50 (70 ff.); Lieber in: Herrmann/Heuer/Raupach EStG/KStG, § 26 KStG Rn. 4 (219. EL Juli 2005). 128

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E. Die Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

ergeben. Als Ursache werden hierfür insbesondere die Bruttobesteuerung im Quellenstaat und der nunmehr geminderte Anrechnungshöchstbetrag genannt132. Es stellt sich allerdings die Frage, ob die höhere Belastung dem deutschen Gesetzgeber angelastet und ihm deshalb ein Verstoß gegen die Grundfreiheiten vorgeworfen werden kann. Hierzu muss man sich klar machen, dass die Regelung dazu führt, dass die benannten Aufwendungen über den geringeren Anrechnungshöchstbetrag nunmehr dem Quellenstaat zugeordnet werden133. Nach dem Verständnis des § 34c Abs. 1 S. 4 EStG ist der Quellenstaat also dazu verpflichtet, diese Aufwendungen steuermindernd zu berücksichtigen. Dies entspricht aber der Gerritse-Entscheidung des EuGH, wonach Gebietsfremde entsprechend der Besteuerung von Gebietsansässigen grundsätzlich nur mit ihren Nettoeinkünften zur Besteuerung herangezogen werden können134. Die durch eine Bruttobesteuerung oder durch eine anderweitige Abweichung von der für Gebietsansässige geltenden Besteuerungsregeln entstehenden Höherbelastungen liegen insoweit im Verantwortungsbereich des Quellenstaates (Bestimmungsstaat) und können nicht dem Ansässigkeitsstaat (Herkunftsstaat) angelastet werden135. Damit ist § 34c Abs. 1 S. 4 EStG lediglich Ausdruck des den Grundfreiheiten immanenten Inländergleichbehandlungsgebots. Vor dem Hintergrund einer grundfreiheitskonformen Besteuerung ist es deshalb auch unproblematisch, wenn die Regelung des § 34c Abs. 1 S. 4 EStG dazu führt, dass die ausländischen Einkünfte nach dem auch für inländische Einkünfte geltenden allgemeinen Veranlassungsprinzips nach § 4 Abs. 4 EStG bzw. § 9 EStG ermittelt werden. Denn durch diese diskriminierungsfreie Ermittlung der ausländischen Einkünfte wird der Ansässigkeitsstaat seiner grundfreiheitlichen Pflicht zur Vermeidung von Doppelbesteuerung vollständig gerecht. 132 Lüdicke, IStR 2003, 433 (434 f.); Lieber in: Herrmann/Heuer/Raupach EStG/ KStG, § 26 KStG Rn. 4 (219. EL Juli 2005) und das Rechenbeispiel bei Schönfeld in: Flick/Wassermeyer/Baumhoff, Vor § 34c EStG Rn. 36 (57. EL Nov. 2005). 133 Grotherr in: FS Wassermeyer, S. 303 (304) geht davon aus, dass die im mittelbaren wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Betriebsausgaben mit der Zuordnung zu den ausländischen Einkünften nicht mehr gleichzeitig bei der Ermittlung der im Ansässigkeitsstaat steuerpflichtigen Einkünften berücksichtigt werden können und deshalb nicht nur den Anrechnungshöchstbetrag mindern, sondern zudem zu einer Erhöhung der Steuerbemessungsgrundlage im Ansässigkeitsstaat führen. Dem kann aber nicht zugestimmt werden. Die genannten Aufwendungen mindern durchaus die Steuerbemessungsgrundlage der steuerpflichtigen Einkünfte. Denn bei Vereinbarung der Anrechnungsmethode sind zunächst in- und ausländische Einkünfte steuerpflichtig. Die Vermeidung der Doppelbesteuerung erfolgt erst durch die Anrechnung ausländischer Steuern, was voraussetzt, dass die ausländischen Einkünfte zunächst im Rahmen der Steuerberechnung als steuerpflichtige Einkünfte behandelt worden sind. 134 Vgl. EuGH, Urteil v. 12.06.2003, Rs. C-234/01, Slg. 2003, I-5933 ff., Rn. 25 ff. – Gerritse. 135 So auch Cordewener, FR 2005, 345 (356); Lieber in: Herrmann/Heuer/Raupach EStG/KStG, § 26 KStG, Rn. 4 (219. EL Juli 2005).

IV. Ausgestaltung der Anrechnungs- und Freistellungsmethode

245

In diesem Fall entspricht der Anrechnungshöchstbetrag genau dem Anteil an inländischen Steuern, die auf die ausländischen Einkünfte entfallen. Der Ansässigkeitsstaat hat dadurch seinen eigenen Besteuerungsanspruch hinsichtlich der dem anderen Mitgliedstaat per Verteilungsnorm zugewiesenen Einkunftsquelle vollständig zurückgenommen. Eine Beschränkung der Grundfreiheiten in Form der Doppelbesteuerung wird dadurch vermieden. Sofern dadurch Aufwendungen trotz diskriminierungsfreier Besteuerung im ausländischen Quellenstaat und beschränkungsfreier Besteuerung im Ansässigkeitsstaat in keinem der betroffenen Staaten berücksichtigt werden (sog. vagabundierende Aufwendungen), ist dies das Ergebnis bloßer Regelungsdisparitäten zwischen den betroffenen Rechtsordnungen136. Demnach kann vom Ansässigkeitsstaat nicht verlangt werden, denjenigen Nachteil auszugleichen, den der Gebietsansässige durch die fehlende Berücksichtigung der auf die ausländischen Einkünfte entfallenden Aufwendungen im Quellenstaat erleidet. Die Einführung des § 34c Abs. 1 S. 4 EStG steht damit grundsätzlich nicht in Widerspruch zu den Grundfreiheiten. Sie ist vielmehr Ausdruck eines rein an der Vermeidung juristischer Doppelbesteuerung orientierten Ansatzes. Darüber hinaus hat diese Neuregelung zu einer Gleichstellung mit der Freistellungsmethode beigetragen. Denn im Rahmen der Freistellungsmethode gilt jedenfalls bei der Ermittlung der freizustellenden Einkünfte ebenfalls das allgemeine Veranlassungsprinzip. ee) Zuordnung von Gemeinkosten Als problematisch kann sich in diesem Zusammenhang allerdings die Zuordnung von im mittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Aufwendungen erweisen (sog. Gemeinkosten). Grundsätzlich kann eine zielgerichtete Zuordnung solcher Aufwendungen anhand eines direkten wirtschaftlichen Zusammenhangs vorgenommen werden137. Wenn aber eine Aufteilung der Aufwendungen auf Inlands- und Auslandseinkünfte nicht anhand einer direkten Zuordnung erfolgen und auch kein anderer geeigneter Aufteilungsmaßstab zur Anwendung gebracht werden kann, stellt sich in der Tat die Frage, welcher der betroffenen Mitgliedstaaten zur Berücksichtigung dieser Aufwendungen verpflichtet ist. Eine Verantwortlichkeit kann hier nicht anhand des Diskriminierungsverbotes vorgenommen werden, da es an einem entsprechenden innerstaatlichen Äquivalent fehlt. Insoweit kann den Staaten schon kein Diskriminierungsvorwurf gemacht werden. Mangels expliziter gemeinschaftsrechtlicher Maßstäbe 136 Ebenso Cordewener/Schnitger, StuW 2006, 50 (72); a. A. Schönfeld in: Flick/ Wassermeyer/Baumhoff, Vor §34c EStG Rn. 36 (57. EL Nov. 2005). 137 Grotherr in: FS Wassermeyer, S. 303 (309 ff.).

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E. Die Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

wird deshalb vorgeschlagen138, auf die sog. Schumacker-Rechtsprechung139 des EuGH zurückzugreifen, wonach die Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse grundsätzlich dem Ansässigkeitsstaat obliegt. Wie auch die Beträge zur Berücksichtigung der persönlichen Lebensverhältnisse beträfen auch die nur im mittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Aufwendungen das Gesamteinkommen des Steuerpflichtigen. Danach dürfen diese Aufwendungen nicht im Rahmen der Berechnung des Anrechnungshöchstbetrages einfließen und so auf den Quellenstaat verlagert werden, da in diesem Fall den Ansässigkeitsstaat eine „Ersatzzuständigkeit“ für die Berücksichtigung trifft140. Sofern kein Maßstab zur Aufteilung der Gemeinkosten besteht, bleibt in der Tat nichts anderes übrig, als dem Ansässigkeitsstaat, der ohnehin die Aufwendungen steuermindernd berücksichtigt hat, grundsätzlich zur Berücksichtigung dieser Aufwendungen heranzuziehen. Es sollte allerdings beachtet werden, dass es hier um die Auflösung einer Doppelbesteuerungssituation geht. Insoweit erscheint es angebracht, die Verteilung von Verantwortlichkeiten zunächst in die Hände der Mitgliedstaaten zu legen, um diesen die Möglichkeit zu geben, die Berücksichtigung solcher, ggf. durch Schätzung ermittelter Aufwendungen auf bilateralem Weg zu vereinbaren. In diesem Sinne hatte der EuGH auch in der Rechtssache de Groot entschieden, dass es den Mitgliedstaaten frei steht, sich im Vertragswege von der Verpflichtung zur Berücksichtigung der persönlichen Lebensverhältnisse zu entbinden141. ff) Verfahrensrechtliche Anforderungen Die Anrechnung ausländischer Steuern setzt den Nachweis der Festsetzung und Zahlung der ausländischen Steuer nach § 68b S. 1 EStDV voraus. Dies rechtfertigt nach der Rechtsprechung des EuGH allerdings noch keinen Verstoß gegen die Grundfreiheiten, denn der damit einhergehende besondere Verwaltungsaufwand hängt nach der Rechtsprechung des EuGH mit der Funktionsweise des Anrechnungssystems zusammen142. Dieser Mehraufwand ist nämlich 138 So Schnitger/Papantonopoulos, BB 2005, 407 (409); Cordewener/Schnitger, StuW 2006, 50 (73); ähnlich Schönfeld in: Flick/Wassermeyer/Baumhoff, Vor § 34c EStG Rn. 36 (57. EL Nov. 2005). 139 Z. B. EuGH, Urteil v. 14.02.1995, Rs. C-279/93, Slg. 1995, I-225 ff., Rn. 31 f. – Schumacker; EuGH, Urteil v. 11.08.1995, Rs. C-80/94, Slg. 1995, I-2493 ff., Rn. 21 f. – Wielockx; EuGH, Urteil v. 14.09.1999, Rs. C-391/97, Slg. 1999, I-5451 ff., Rn. 26 ff. – Gschwind; EuGH, Urteil v. 12.12.2002, Rs. C-385/00, Slg. 2002, I-11819 ff., Rn. 89 f. – de Groot. 140 Schönfeld in: Flick/Wassermeyer/Baumhoff, Vor § 34c EStG Rn. 36 (57. EL Nov. 2005). 141 EuGH, Urteil v. 12.12.2002, Rs. 385/00, Slg. 2000, I-11838 ff., Rn. 99 – de Groot. 142 EuGH, Urteil v. 12.12.2006, Rs. C-446/04, Slg. 2006, I-11753 ff., Rn. 53 – Test Claimants in the FII Group Litigation.

IV. Ausgestaltung der Anrechnungs- und Freistellungsmethode

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für eine effektive Vermeidung von Doppelbesteuerung unerlässlich. Demnach kann auch die doppelte Buchführung als eine verfahrensrechtliche Doppelregulierung (Beschränkung) zu keiner Beeinträchtigung der Grundfreiheiten führen, da die doppelte Ermittlung von Einkünften unerlässliche Voraussetzung für die Vermeidung von Doppelbesteuerung nach der Anrechnungsmethode ist. gg) Ergebnis Die vorstehende Erörterung hat gezeigt, dass die der Anrechnungsmethode gegenüber geäußerten gemeinschaftsrechtlichen Bedenken weitestgehend nicht haltbar sind. Die Anrechnungsmethode vermeidet die internationale Doppelbesteuerung im Ansässigkeitsstaat bei gleichzeitiger Gleichbehandlung von Inlands- und Auslandsinvestition. Damit wird sie grundsätzlich den grundfreiheitlichen Diskriminierungs- und Beschränkungsverboten gerecht. Gemeinschaftsrechtlich unproblematisch ist insoweit die Beschränkung der Anrechnung auf einen „ordinary-credit“. Auch die Berechnung des Anrechnungshöchstbetrages nach Maßgabe einer „per-country-limitation“ kann grundfreiheitlich nicht beanstandet werden. Lediglich die durch die Berechnungsmethode eintretende Verkürzung bei der Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse ist mit dem grundfreiheitlichen Verständnis des EuGH nicht zu vereinbaren, sofern die persönlichen Verhältnisse nicht in ausreichendem Maße im zur Besteuerung berechtigten Staat Berücksichtigung finden. Zudem besteht gesetzgeberischer Handlungsbedarf in den praktisch bedeutsamen Fällen, dass inländische Verluste die ausländischen Gewinne mindern oder eine zeitlich inkongruente Zuordnung von Erwerbsaufwendungen im Ansässigkeits- und Quellenstaat erfolgt und es dadurch zu einer Verringerung des Anrechnungsvolumens kommt. Hier muss der Gesetzgeber die Möglichkeit zum Vortrag von Anrechnungsüberhängen schaffen, da nach derzeitiger Ausgestaltung der Anrechnungsmethode in diesen Fällen eine internationale Doppelbesteuerung droht. Ausländische Steuern sind dann insoweit anzurechnen, wie inländische Steuern durch den fehlenden Verlustvortrag bzw. die inkongruente Aufwandszuordnungen entstehen. b) Spezifische Ausgestaltung der Freistellungsmethode Auch die Freistellungsmethode muss den grundfreiheitlichen Diskriminierungs- und Beschränkungsverboten gerecht werden. Indem sie durch Freistellung eine Doppelbesteuerung von in- und ausländischen Einkünften verhindert, wird sie jedenfalls dem Beschränkungsverbot gerecht, welches bei abkommensrechtlich vereinbartem Besteuerungsverzicht den auf sein Besteuerungsrecht

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E. Die Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

verzichtenden Staat über den Grundsatz der Gemeinschaftstreue zur Vermeidung internationaler Doppelbesteuerung verpflichtet143. Aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht erweist sich insbesondere die vom BFH in Bezug auf die Berücksichtigung ausländischer Verluste vertretene Symmetriethese als bedenklich. Diese gilt es zunächst zu untersuchen. aa) Abkommensrechtliche Freistellung von Einkünften: Symmetriethese Wie bereits oben ausgeführt, hat die auf der Symmetriethese beruhende Rechtsprechung des BFH bei der abkommensrechtlichen Freistellung von Einkünften zur Folge, dass negative ausländische Einkünfte im Ansässigkeitsstaat keine Berücksichtigung bei der Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlage finden144. Es stellt sich die Frage, ob die Symmetriethese mit den grundfreiheitlichen Vorgaben zu vereinbaren ist. (1) Initiativen der EU-Kommission Die EU-Kommission ging bereits frühzeitig davon aus, dass durch die symmetrische Behandlung von Gewinnen und Verlusten die Unternehmenstätigkeit im EG-Binnenmarkt behindert wird. Bemerkenswert ist, dass schon der ursprüngliche Kommissionsentwurf der Fusionsrichtlinie vom 16.01.1969145 Bestimmungen über die Berücksichtigung von Betriebsstättenverlusten enthielt und damit bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt einen Teilbereich der hier zu erörternden Problematik im Sinne einer aus der Sicht der EU-Kommission binnenmarktkonformen Besteuerung lösen wollte (vgl. Art. 12 Abs. 3 bis 5 des Entwurfs). Die darin vorgesehenen Bestimmungen fanden aber keinen Eingang in die endgültige Fassung der Fusionsrichtlinie. Später stellte der von der EU-Kommission eingesetzte Sachverständigenausschuss (sog. Ruding-Komitee), welcher die Notwendigkeit von Harmonisierungsmaßnahmen im Rahmen der Unternehmensbesteuerung im Binnenmarkt untersuchte, fest, dass die Unternehmensaktivitäten durch fehlende Verlustverrechnungsmöglichkeiten behindert würden146. Auch ein im Oktober 2001 von der zuständigen Kommissionsdienstgruppe vorgelegter Bericht identifizierte u. a. die fehlende grenzüberschreitende Verlustberücksichtigung bei Betriebsstätten als wesentliches Hindernis im Binnenmarkt147. Dem schloss sich die EU-Kommission an148.

143 144 145 146

Dazu oben Kapitel D.V.3.c)cc)(3)(b), S. 166 ff. Dazu oben Kapitel C.II.4.b)bb)(2)(a)(aa)a)aa), S. 68 ff. ABl. EG 1969 C 39/4 ff. Vgl. Ruding-Bericht, S. 289 ff.

IV. Ausgestaltung der Anrechnungs- und Freistellungsmethode

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Ende 1990 kam es dann zu einem weiteren Versuch der EU-Kommission zur Regelung von grenzüberschreitenden Verlusten. Mit dem Vorschlag der Richtlinie „über eine Regelung für Unternehmen zur Berücksichtigung der Verluste ihrer in anderen Mitgliedstaaten belegenen Betriebsstätten und Tochtergesellschaften“149 versuchte sie den grenzüberschreitenden Verlustausgleich zum gemeinschaftsrechtlichen Standard in den Mitgliedstaaten zu machen. Zur Verrechnung von ausländischen Betriebsstättenverlusten150 sollten danach Einkommens- und Körperschaftsteuersubjekte berechtigt sein. Artt. 5 und 6 des Richtlinienvorschlags sahen dazu die Anrechnungsmethode vor151. Alternativ war in den Artt. 5, 7 und 8 des Richtlinienvorschlags die Methode des Verlustabzugs mit Nachversteuerung vorgesehen. Danach sollte in einem ersten Schritt eine Verrechnung von ausländischen Verlusten mit Gewinnen erfolgen, wobei vorab Gewinne und Verluste mehrerer ausländischer Betriebsstätten innerhalb eines Mitgliedstaates saldiert werden sollten. Die Nachversteuerung sollte später durch Versteuerung der ausländischen Betriebsstättengewinne erfolgen, soweit den Gewinnen ausländische Verluste gegenüberstanden. Eine besondere Hinzurechnung erfolgte nach dem Richtlinienvorschlag unabhängig von späteren Betriebsstättengewinnen stets nach fünf Jahren oder bei Veräußerung, Liquidation oder Umwandlung der Betriebsstätte. Nachdem eine Annahme des Richtlinienvorschlags trotz Empfehlung zur Annahme durch das Ruding-Komitee nicht erfolgte, zog die EU-Kommission ihren Richtlinienvorschlag am 21.12.2001 zu-

147 Vgl. Arbeitsdokument der Dienststellen der Kommission v. 23.10.2001 „Unternehmensbesteuerung im Binnenmarkt“, SEK(2001) 1681, S. 38 u. 271 ff. 148 Mitteilung der Kommission vom 23.10.2001 an den Rat, das Europäische Parlament und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss: „Ein Binnenmarkt ohne steuerliche Hindernisse – Strategie zur Schaffung einer konsolidierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage für die grenzüberschreitende Unternehmenstätigkeit in der EU“, KOM(2001) 582 endg., S. 11. 149 Mitteilung der Kommission vom 28.11.1990: „Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über eine Regelung für Unternehmen zur Berücksichtigung der Verluste ihrer in anderen Mitgliedstaaten belegenen Betriebsstätten und Tochtergesellschaften“, KOM (1990) 595 endg., S. 30 ff.; vgl. zum Vorschlag insbesondere Saß, BB 1991, 1161 ff.; Ebenroth/Willburger, EWS 1993, 45 (46 f.); Bendlinger, SWI 1994, 221 ff. 150 Zur Erreichung von Rechtsformneutralität sollten zunächst auch Verluste von ausländischen Tochtergesellschaften bei einer Beteiligung ab 75% bei der Muttergesellschaft berücksichtigt werden können, wobei insoweit die Methode des Verlustabzugs mit Nachversteuerung zur Anwendung kommen sollte (Art. 9 bis 12 des Richtlinienvorschlags). Später wurde die Verlustberücksichtigung von Tochtergesellschaften jedoch herausgenommen; vgl. dazu Bendlinger, SWI 1994, 221 (222); Cordewener, DStJG Bd. 28 (2005), S. 255 (259) m.w. N. 151 Unklarheiten herrschten in diesem Zusammenhang darüber, ob im Rahmen der Anrechnung die ausländische Steuer lediglich bis zu dem Betrag angerechnet werden muss, der dem Anteil der Betriebsstätteneinkünfte am Gesamtsteuerbetrag entsprach oder ob den Ansässigkeitsstaat die Pflicht zur Erstattung ausländischer Steuern traf, einerseits Saß, BB 1991, 1161 (1164), andererseits Carl, EuZW 1991, 369 (370), offen lassend Ebenroth/Wilburger, EWS 1993, 45 (48).

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E. Die Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

rück152. Im November 2003 kündigte sie an, hinsichtlich der Möglichkeit eines grenzüberschreitenden Verlustausgleichs wieder initiativ zu werden153. Im Laufe des Jahres 2006 wollte sie eine Empfehlung zur grenzüberschreitenden Verlustberücksichtigung präsentieren, die allerdings bis heute noch aussteht. (2) Bisherige Rechtsprechung des EuGH zu Verlustkonstellationen Die bisherige EuGH-Rechtsprechung gibt unmittelbar noch keinen Aufschluss darüber, ob bei Anwendung der Freistellungsmethode der Ansässigkeitsstaat zur Berücksichtigung von Verlusten grundfreiheitsrechtlich verpflichtet ist. Die erste Entscheidung des EuGH zur Behandlung von Verlusten erging im Jahr 1997 im Urteil in der Rechtssache Futura Participations und Singer154. Sie betraf die Verlustberücksichtigung im Quellenstaat, womit ein unmittelbarer Schluss auf die hier zu beantwortende Frage nach der Behandlung von ausländischen Verlusten im Ansässigkeitsstaat nicht gezogen werden kann155. Auch in weiteren verlustträchtigen Sachverhalten156 hat der EuGH keine Antwort auf die hier zu beantwortende Frage gegeben. So ging es in den Entscheidungen in den Rechtssachen ICI und X AB, Y AB sowie AMID und Mertens „nur“ um die Frage der Berücksichtigung von inländischen Verlusten, nicht aber um die Behandlung von im Ausland erzielter Verluste im Ansässigkeitsstaat157. 152 Vgl. Mitteilung der Kommission vom 21.12.2001: „Vorschläge die von der Kommission zurückgezogen werden – überholte Vorschläge“, KOM(2001) 763 endg./ 2., S. 23. 153 Vgl. Mitteilung der Kommission vom 24.11.2003: „Ein Binnenmarkt ohne unternehmenssteuerliche Hindernisse – Ergebnisse, Initiativen, Herausforderungen“, KOM (2003) 726 endg., S. 30. 154 EuGH, Urteil v. 15.05.1997, Rs. C-250/95, Slg. 1997, I-2471 ff. – Futura Participations und Singer. 155 Vgl. zur Entscheidung Futura Participations und Singer oben Kapitel D.V. 2.d)cc)(1), S. 135 ff. 156 Vgl. EuGH, Urteil v. 16.07.1998, Rs. C-264/96, Slg. 1998, I-4695 ff. – ICI; EuGH, Urteil v. 18.11.1999, Rs. C-200/98, Slg. 1999, I-8261 ff. – X und Y; EuGH, Urteil v. 14.12.2000, Rs. C-141/99, Slg. 2000, I-11619 ff. – AMID; EuGH, Beschluss v. 12.09.2002, Rs. C-431/01, Slg. 2002, I-7073 ff. – Mertens; EuGH, EuGH, Urteil v. 18.09.2003, Rs. C-168/01, Slg. 2003, I-9409 ff., Rn. 30 – Bosal; EuGH, Urteil v. 13.12.2005, Rs. C-446/03, Slg. 2005, I-10837 ff. – Marks & Spencer; EuGH, Urteil v. 21.02.2006, Rs. C-152/03, Slg. 2006, I-1711 ff. – Ritter-Coulais. 157 Ebenso Cordewener, DStJG Bd. 28 (2005), S. 255 (265 ff.); Schön, IStR 2004, 289 (295) hinsichtlich der Entscheidungen AMID (EuGH, Urteil v. 14.12.2000, Rs. C141/99, Slg. 2000, I-11619 ff. – AMID) und Mertens (EuGH, Beschluss v. 12.09.2002, Rs. C-431/01, Slg. 2002, I-7073 ff. – Mertens); a. A. in Bezug auf die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache AMID Menhorn, der allerdings verkennt, dass es bei AMID um die Berücksichtigung inländischer Verluste ging und im Übrigen die AMIDKonstellation der Anrechnungsmethode entsprach, vgl. Menhorn, SWI 2001, 62 (64 ff.); so auch Hahn, IStR 2001, 465 (468); Hinnekens, ET 2001, 206 (208 ff.).

IV. Ausgestaltung der Anrechnungs- und Freistellungsmethode

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In der Rechtssache Marks & Spencer waren zwar im Ausland erwirtschaftete Verluste Gegenstand des Vorabentscheidungsverfahrens, jedoch ging es hier unmittelbar nur um die Frage, inwieweit der Ansässigkeitsstaat im Rahmen einer Gruppenbesteuerung auch zur Berücksichtigung von Verlusten von ausländischen Tochtergesellschaften verpflichtet ist. Rückschlüsse sind hier deshalb nicht möglich, weil es insoweit an der für die Freistellungsmethode typischen Personenidentität fehlt. Auch der Entscheidung in der Rechtssache Bosal kann kein Präjudiz dahingehend entnommen werden, dass der Ansässigkeitsstaat stets zur Berücksichtigung ausländischer Verluste verpflichtet ist158. Der Entscheidung lag die Besonderheit zugrunde, dass eine Berücksichtigung von Beteiligungsaufwendungen im Quellenstaat von vornherein nicht in Betracht kam, da es sich bei den verlustbringenden Aufwendungen nicht um Kosten der Tochter-, sondern der Muttergesellschaft handelte. Entgegen großer Erwartungen hat auch die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Ritter-Coulais hierüber keinen Aufschluss gebracht. Eine Antwort konnte die Entscheidung letztlich auch nicht bringen. Es ging in dem Vorabentscheidungsverfahren, wie schon GA Léger in seinen Schlussanträgen richtig feststellte,159 nicht um die Frage, ob am ausländischen Markt erwirtschaftete Verluste im Ansässigkeitsstaat bei Anwendung der Freistellungsmethode zu berücksichtigen sind, sondern darum, ob der Ansässigkeitsstaat zur Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse, welche technisch in Form von negativen Einkünften in die Besteuerung einfließen sollten160, verpflichtet ist. Damit befand man sich aber bereits in den Schlussfolgerungen der Schumacker-Rechtsprechung, die für die hier aufgeworfene Frage bedeutungslos ist, da es bei der Berücksichtigung von „echten“ Auslandsverlusten um die Erfassung der objektiven Leistungsfähigkeit geht161. Der EuGH hat sich in der Entscheidung RitterCoulais deshalb mit dem Hinweis begnügt, dass diese Frage für den Rechtstreit offensichtlich nicht erheblich ist162. Auch das Vorabentscheidungsersuchen in der Rechtssache Stahlwerk Ergste Westing, mit dem das vorlegende Gericht wissen wollte, ob die Kapitalverkehrsfreiheit der Nichtberücksichtigung von Betriebsstättenverlusten aus Drittstaaten bei Anwendung der Freistellungsmethode entgegensteht, hat keine Antwort auf 158 So auch Cordewener/Dahlberg/Pistone/Reimer/Romano, ET 2004, 218 (221); Hey, StuW 2004, 193 (201). 159 GA Léger, Schlussanträge v. 01.03.2005, Rs. C-152/03, 2006, I-1711 ff., Rn. 84 ff. – Ritter-Coulais; vgl. auch Eicker, IStR 2005, 238 ff.; Thömmes, IWB, Fach 11a, 317 (318). 160 Vgl. § 7b EStG a. F. 161 Dazu oben Kapitel D.V.2.d)bb)(2), S. 128 ff. 162 EuGH, Urteil v. 21.02.2006, Rs. C-152/03, Slg. 2006, I-1711 ff., Rn. 14 ff. – Ritter-Coulais.

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E. Die Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

die hier zu beantwortende Frage gebracht. Das Gericht stellte lediglich fest, dass die Kapitalverkehrsfreiheit im konkreten Fall hinter die Niederlassungsfreiheit zurücktrete und die Niederlassungsfreiheit keine Anwendung auf Drittstaatensachverhalte findet163. Jüngste Vorlagen lassen in naher Zukunft aber eine klarstellende Entscheidung des EuGH erwarten. So hat der BFH mit Ersuchen vom 28.06.2006 die die entsprechende Frage an den EuGH herangetragen und zwar bezogen auf eine luxemburgische Betriebsstätte164. (3) Verstoß der Symmetriethese gegen die Grundfreiheiten Die mangels eindeutiger EuGH-Rechtsprechung geführte Diskussion um die Berücksichtigung von ausländischen Verlusten bei Anwendung der Freistellungsmethode hatte bisher nur ausländische Betriebsstättenverluste zum Gegenstand. Da es im Rahmen einer synthetischen Einkommensbesteuerung hinsichtlich der Besteuerung der persönlichen Leistungsfähigkeit aber unerheblich ist, aus welcher Einkunftsquelle die Einkünfte erzielt werden, bildet die Konstellation von ausländischen Betriebsstättenverlusten nur einen Ausschnitt aus der hier zu erörternden Gesamtproblematik165. (a) Diskriminierungsvorwurf Nach dem deutschen Ertragssteuerrecht sind positive und negative Einkünfte eines Steuerpflichtigen grundsätzlich im selben Jahr auszugleichen (vgl. § 2 Abs. 3 EStG ggf. i.V. m. § 8 Abs. 1 KStG), verbleibende Verluste sind im Rahmen des § 10d EStG ggf. i.V. m. § 8 Abs. 1 KStG über einen Verlustrücktrag oder -vortrag in anderen Steuerperioden abziehbar. Zu den im Rahmen des horizontalen oder vertikalen Verlustausgleichs zu berücksichtigenden Einkünften gehören nach dem für unbeschränkt Steuerpflichtige geltenden Welteinkommensprinzip grundsätzlich auch negative ausländische Einkünfte166. Es ist bereits ausgeführt worden, dass es für die Frage der Besteuerung nach der persönlichen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen keinen Unterschied machen kann, ob inländische oder ausländische Einkünfte vom Steuerpflichtigen im Ansässigkeitsstaat erzielt werden (Grundsatz der Vergleichbarkeit in163 EuGH, Beschluss v. 06.11.2007, Rs. C-415/06, Slg. 2007, I-151 ff., Rn. 16 ff. – Stahlwerk Ergste Westing. 164 Vgl. BFH, Beschluss v. 28.06.2006 – I R 84/04, BStBl. II 2006, 861 (Az. EuGH C-414/06 – Lidl Belgium); FG Hamburg, Beschluss v. 08.06.2006 – 6 K 274/03, IStR 2007, 34 ff. (Rs. C-293/09 – Deutsche Shell). 165 So auch Prokisch, DStJG Bd. 28 (2005), S. 229 (249). 166 Abgesehen von Verlustverrechnungsbeschränkungen, wie bspw. § 15a EStG.

IV. Ausgestaltung der Anrechnungs- und Freistellungsmethode

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und ausländischer Einkünfte)167. Aus der Sicht des deutschen Fiskus als Ansässigkeitsstaat stellt sich die Besteuerung des Welteinkommens im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht nämlich als Ausdruck der Gleichbehandlung von inländischen und ausländischen Einkünften dar. Die Grundfreiheiten zwingen den nationalen Gesetzgeber deshalb dazu, diese tatbestandliche Gleichstellung diskriminierungsfrei fortzusetzen. Dies bedeutet im Ausgangspunkt, dass die grenzüberschreitende Berücksichtigung von Einkünften nicht nur in Gewinnsituationen gilt, sondern auch in Verlustphasen Beachtung finden muss168. Eine Vergleichbarkeit inländischer und ausländischer Einkünfte entfällt auch nicht dann, wenn der Ansässigkeitsstaat in einem DBA auf sein Besteuerungsrecht verzichtet hat, da sich ein solcher Besteuerungsverzicht nicht als eine vom Gemeinschaftsrecht zu respektierende Besteuerungswürdigkeitsentscheidung darstellt169. Nach der Rechtsprechung des BFH kommt bei Anwendung der Freistellungsmethode i. S. d. Art. 23A OECD-MA ein Ausgleich der negativen ausländischen Einkünfte gem. § 2 Abs. 3 EStG mit anderen im Ansässigkeitsstaat steuerpflichtigen positiven Einkünften allerdings nicht in Betracht170. Auch ein Verlustvortrag bzw. -rücktrag scheidet infolgedessen aus. Damit werden in- und ausländische Einkünfte bei Anwendung der Freistellungsmethode unterschiedlich behandelt, da nur bei inländischen Einkünften eine Verrechnung nach § 2 Abs. 3 EStG bzw. § 10d EStG möglich ist. Im Ansässigkeitsstaat bedeutet dies für den unbeschränkt Steuerpflichtigen einen Liquiditätsnachteil, wenn aufgrund der Nichtberücksichtigung ein intraperiodischer oder interperiodischer Ausgleich mit anderen positiven Einkünften unterbleibt. Sofern die negativen Einkünfte durch positive ausländische Einkünfte derselben Einkunftsquelle in späteren Perioden ausgeglichen werden, entfällt zwar der Liquiditätsnachteil, da die positiven Einkünfte zum Ansässigkeitsstaat freigestellt werden. Es verbleibt für den Steuerpflichtigen allerdings ein nicht kompensierter Zinsnachteil. Hierdurch wird die Erzielung ausländischer Einkünfte im Ansässigkeitsstaat unattraktiver171. Dieser Nachteil kann auch nicht durch eine Verlustberücksichtigung im Quellenstaat ausgeglichen werden, bspw. über einen Verlustrücktrag oder -vortrag. 167

Dazu oben Kapitel D.V.2.d)bb)(3), S. 133. Cordewener, IStR 2003, 413 (417 f.); ders. ET 2003, 294 ff.; Kessler in: Lehner, Verluste, S. 83 (103); Schön, IStR 2004, 289 (293); Prokisch, DStJG Bd. 28 (2005), S. 229 (248). 169 Dazu oben Kapitel D.V.2.d)dd), S. 143. 170 Dazu oben Kapitel C.II.4.b)bb)(2)(a)(aa)a)aa), S. 68 ff. 171 Vgl. Lechner in: Gassner/Lang/Lechner, DBA und EU-Recht, S. 85 (95); Herzig/Dautzenberg, DB 2000, 12 (15); Tumpel, DStJG Bd. 23 (2000), S. 321 (348 f.); dens., SWI 2001, 55; Thiel, DB 2004, 2603 (2606); Rödder in: FS Wassermeyer, S. 163 (169 f.). Die Entscheidung in der Rechtssache Metallgesellschaft u. a. hat die Beachtlichkeit von Liquiditätsnachteilen bestätigt (vgl. EuGH, Urteil v. 08.03.2001, Rs. C-397/98 u. 410/97, Slg. 2001, I-1727 ff., Rn. 54 – Metallgesellschaft u. a.). 168

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E. Die Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

Denn eine staatenübergreifende Gesamtbetrachtung kann die Benachteiligung der ausländischen Einkünfte innerhalb der Rechtsordnung des Ansässigkeitsstaates nicht kompensieren. Eine solche staatenübergreifende Betrachtung ist nämlich mit der den Diskriminierungsverboten innewohnende „Verantwortungszuweisung“ nicht zu vereinbaren. Dies verkennt das FG München172, wenn es ausführt, dass nicht klar beantwortet werden kann, welcher Staat bei der Freistellungsmethode zur Verlustverrechnung verpflichtet ist. Richtigerweise kann auch die Berücksichtigung der negativen ausländischen Einkünfte im Rahmen des Progressionsvorbehaltes gem. § 32b Abs. 1 Nr. 2 EStG die Nichtberücksichtigung des im Ausland erwirtschafteten Verlustes nicht kompensieren173. Für Körperschaftsteuersubjekte hat dieses Argument schon wegen des dort zur Anwendung gelangenden Proportionaltarifs (vgl. § 23 Abs. 1 KStG) keine Geltung174. Außerdem wird die Berücksichtigung des ausländischen Verlustes bei der Steuersatzermittlung in den allermeisten Fällen nur zu einer marginalen Berücksichtigung des ausländischen Verlustes führen, da die Steuersatzermäßigung nur ein geringeres Steuerermäßigungspotenzial mit sich bringt, als die Verlustverrechnung auf der Ebene der Steuerbemessungsgrundlage. Dies verkennt das FG Baden-Württemberg, wenn es davon ausgeht, dass die fehlende Verlustberücksichtigung auf der Ebene der Steuerbemessungsgrundlage durch den negativen Progressionsvorbehalt ausgeglichen wird175. Selbst in dem Fall, dass der Progressionsvorbehalt den Steuersatz auf Null sinken lässt, führt die Nichtberücksichtigung zu einer Diskriminierung der grenzüberschreitenden Einkünfteerzielung. Zwar gleicht die Besteuerung der ausländischen Einkünfte in diesem Fall im Verlustentstehungsjahr der rein innerstaatlichen Besteuerung, da der Nullsteuersatz zu einer Besteuerung führt, die derjenigen der Verlustberücksichtigung gleicht176. Eine Diskriminierung lässt sich dann aber bei periodenübergreifender Betrachtung konstatieren,177 denn die ausländischen Einkünfte nehmen wegen der Freistellung an dem interperiodischen Verlustausgleich nach § 10d EStG nicht teil. Die unterschiedliche Behandlung von in- und ausländischen Verlusten bei Anwendung der Freistellungsmethode stellt daher eine rechtfertigungsbedürftige Diskriminierung der jeweils einschlägigen Grundfreiheit dar178. 172

FG München, Beschluss v. 14.02.2005 – 1 V 305/04, EFG 2005, 928 (930). Vgl. Lechner in: Gassner/Lang/Lechner, DBA und EU-Recht, S. 85 (88 ff.) mit Berechnungsbeispielen; Hahn, IStR 2001, 465 (469); Cordewener, DStR 2004, 1634 (1637); Prokisch, DStJG Bd. 28 (2005), S. 229 (241); Portner, IStR 2005, 376 ff. 174 Cordewener, DStR 2004, 1634 (1637); Röhrbein/Eicker, BB 2005, 465 (469). 175 FG Baden-Württemberg, Urteil v. 30.06.2004, 1 K 312/03, DStRE 2004, 958. 176 Lechner in: Gassner/Lang/Lechner, DBA und EU-Recht, S. 85 (89). 177 Saß, DB 2001, 508 (509). 178 In diesem Sinne u. a. BFH, Beschluss v. 28.06.2006 – I R 84/04, BStBl. II 2006, 861 (863); BFH, Beschluss v. 29.11.2006 – I R 45/05, IStR 2006, 326 (329 f.) FG 173

IV. Ausgestaltung der Anrechnungs- und Freistellungsmethode

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(b) Mögliche Rechtfertigungsgründe Bejaht man die diskriminierende Wirkung der Symmetriethese, stellt sich die Frage, inwieweit die Nichtberücksichtigung ausländischer Verluste mit zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt werden kann. (aa) Territorialitätsprinzip (uneingeschränkte Symmetrie) a) Meinungsstand Vereinzelt wird im Schrifttum versucht, die Nichtberücksichtigung ausländischer Verluste mit dem steuerlichen Territorialitätsprinzip zu rechtfertigen179. Der EuGH habe in der Rechtssache Futura Participations und Singer entschieden, dass es gemeinschaftsrechtlich unbedenklich sei, wenn ein Mitgliedstaat den Abzug von Aufwendungen davon abhängig mache, dass die damit in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Einnahmen seiner Besteuerung unterliegen. Sofern ein Mitgliedstaat mithin auf die Besteuerung ausländischer Gewinne verzichtet habe, sei es nur konsequent, auch die entsprechenden Verluste nicht zu berücksichtigen. Für die Rechtfertigung der Symmetriethese wird zudem die zeitlich nachfolgende Gilly-Entscheidung des EuGH herangezogen. Danach seien die Mitgliedstaaten zur Vermeidung der internationalen Doppelbesteuerung bei der Aufteilung der Steuerhoheiten frei. Sofern ein Mitgliedstaat auf sein Besteuerungsrecht verzichtet habe, sei es nicht zu beanstanden, wenn Verluste aufgrund der Freistellung nicht berücksichtigt werden, da der verlustträchtige Sachverhalt nach Aufteilung der Besteuerungsrechte außerhalb des Verantwortungsbereichs des Ansässigkeitsstaates liege, aus der Sicht des Ansässigkeitsstaates sich also in einem gemeinschaftsrechtlich nicht relevanten, gemeinschaftsfreien Raum vollziehe180. Die Grundfreiheiten könnten lediglich innerhalb der von den Mitgliedstaaten zu verantwortenden Bereiche Maßstäbe setzen. Berlin, Urteil v. 11.04.2005 – 8 K 8101/00, IStR 2005, 571 (574); Schuch in: Lehner, Verluste, S. 63 (66); Schön, IStR 2004, 289 (294); Rehm/Feyerabend/Nagler, IStR 2007, 7 (14); Wilk, Auslandsverluste, S. 259; Kahler, Freistellungsmethode, S. 58 ff. 179 Bernhard, IStR 2001, 366 (367 f.); Hahn, IStR 2001, 465 ff.; ders., IStR 2002, 681 (686) ders. IStR 2003, 734; Jacobs, Int. Unternehmensbesteuerung, S. 251; Wattel, EC Tax Review 2003, 194 (199); Körner, Intertax 2003, 489 (491 ff.); Thiel, DB 2004, 2603 (2606); jüngst auch das FG Baden-Württemberg, Urteil v. 30.06.2004, 1 K 312/03, DStRE 2004, 958 (959); Hruschka, IStR 2006, 629 (631). Dogmatisch hätte die Frage der Verlustberücksichtigung auf der Ebene der Vergleichbarkeit von in- und ausländischen Einkünften geführt werden müssen. In der Literatur wird dieses Problem aber fast ausschließlich bei den Rechtfertigungsgründen diskutiert, weshalb dies hier auch erfolgen soll. 180 So insbesondere Bernhard, IStR 2001, 366 (367); Hahn, IStR 2002, 681 (685); ders., IStR 2003, 734; vgl. dazu auch Lüdicke in: FS Wassermeyer, S. 473 (481).

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E. Die Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

b) Stellungnahme Indem die Verfechter zur Rechtfertigung der Symmetriethese auf die Futura Participations und Singer- und die Gilly-Rechtsprechung verweisen, bringen sie zum Ausdruck, dass nach ihrer Ansicht die Entscheidung, ausländische Einkünfte von der Besteuerung freizustellen, vom Gemeinschaftsrecht im Sinne einer Besteuerungswürdigkeitsentscheidung zu respektieren sei. Wesentliches Argument der Verfechter ist also, dass durch die Aufteilung von Besteuerungsrechten in einem DBA dem Ansässigkeitsstaat die Möglichkeit zur Berücksichtigung der ausländischen Einkünfte genommen wird und dass dies gemeinschaftsrechtlich hinzunehmen sei. Zwar entspricht dieses Verständnis von der Wirkungsweise von DBA dem vom RFH geäußerten Verständnis von der Funktions- und Wirkungsweise von DBA, wonach DBA den Zweck haben, eine absolute Abgrenzung der Steuergewalt der beteiligten Staaten herbeizuführen181. Diesem Verständnis kann allerdings nicht zugestimmt werden. DBA führen nicht zu einer absoluten Aufteilung oder Zuteilung von Besteuerungsrechten mit der Folge, dass der Ansässigkeitsstaat für den zugeteilten Bereich über keinerlei Besteuerungskompetenz mehr verfügt. Sie enthalten lediglich Begrenzungs- oder Grenznormen, so dass es dem Ansässigkeitsstaat unbenommen bleibt, die ausländischen Einkünfte bei der Besteuerung einzubeziehen182. Auch gemeinschaftsrechtlich steht diesem Ansatz in seiner Absolutheit schon die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Marks & Spencer entgegen. Darin hat der EuGH – wie bereits festgestellt183 – das im Kontext der Grundfreiheiten angeführte steuerliche Territorialitätsprinzip weitestgehend auf seinen völkerrechtlichen Gehalt reduziert. Denn danach ist der Ansässigkeitsstaat unter Missachtung einer gemeinschaftsrechtlich zu respektierenden Steuerwürdigkeitsentscheidung verpflichtet, nicht steuerbare ausländische Einkünfte bei der Besteuerung zu berücksichtigen, jedenfalls „ultima ratio“184. Unabhängig davon kann ein bilateral erklärter Besteuerungsverzicht aber schon nicht als eine vom Gemeinschaftsrecht zu respektierende gesetzgeberische Steuerwürdigkeitsentscheidung beurteilt werden. Dies setzt nämlich voraus, dass der Gesetzgeber mit der Freistellung von Einkünften über die Steuerbarkeit dieser Einkünfte entschieden hat. Durch den Verzicht stellt der Gesetzgeber allerdings nur eine an der persönlichen Leistungsfähigkeit orientierte Besteuerung des Steuerpflichtigen sicher185. Dies hat der EuGH in den Ent181 182 183 184 185

Vgl. insbesondere RFH, Urteil v. 25.01.1933 – VI A 199/32, RStBl. 1933, 478. Dazu oben Kapitel C.II.3.a), S. 49 ff. Dazu oben Kapitel D.V.2.d)cc)(3), S. 139 ff. Dazu oben Kapitel D.V.2.d)cc)(2), S. 137 ff. Dazu oben Kapitel D.V.2.d)dd), S. 143 ff.

IV. Ausgestaltung der Anrechnungs- und Freistellungsmethode

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scheidungen Saint Gobain und de Groot deutlich zum Ausdruck gebracht186. So hat er in der Entscheidung Saint Gobain ausgeführt, dass „bei der Ausübung der auf diese Weise aufgeteilten Steuerhoheit [. . .] die Mitgliedstaaten sich jedoch nicht über die gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften hinwegsetzen“ können187. Noch deutlicher wird dies im Urteil de Groot: „Bei der Ausübung der in dieser Weise aufgeteilten Steuerhoheit sind die Mitgliedstaaten jedoch verpflichtet, den Gemeinschaftsvorschriften nachzukommen und insbesondere den Grundsatz der Inländerbehandlung von Staatsangehörigen der anderen Mitgliedstaaten und ihrer eigenen Staatsangehörigen zu wahren, die von den durch den EG-Vertrag garantierten Freiheiten Gebrauch gemacht haben [. . .]. Die zur Vermeidung der Doppelbesteuerung verwendeten Mechanismen oder die nationalen Steuersysteme, die eine Ausschließung oder Milderung der Doppelbesteuerung bewirken, müssen jedoch den Steuerpflichtigen der betreffenden Staaten gewährleisten, dass ihre gesamte persönliche und familiäre Situation im Ganzen gebührend berücksichtigt wird, unabhängig davon, wie die betreffenden Mitgliedstaaten diese Verpflichtung untereinander aufgeteilt haben, da anderenfalls eine mit den Vertragsbestimmungen über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer unvereinbare Ungleichbehandlung entstünde, die sich keineswegs aus den Unterschieden zwischen den nationalen Steuervorschriften ergeben würde.“188 Es steht damit fest, dass die Aufteilung von Besteuerungsrechten durch die Verteilungsnormen nicht dazu führen, dass die ausländischen Einkünfte der Regelungskompetenz des nationalen Gesetzgebers vollständig entzogen sind. Die dem Ansässigkeitsstaat verbliebene Regelungskompetenz muss dieser deshalb auch diskriminierungsfrei ausüben. Demnach kann der Ansässigkeitsstaat den Abzug der ausländischen „freigestellten“ Verluste von der steuerlichen Bemessungsgrundlage jedenfalls nicht aus Gründen der steuerlichen Territorialität verweigern189. (bb) Kohärenzprinzip (eingeschränkte Symmetrie) Dem Verständnis folgend, dass dem Ansässigkeitsstaat auch hinsichtlich freigestellter Verluste die Regelungskompetenz verbleibt, könnte die Symmetriethese allerdings als Ausdruck eines kohärenten Besteuerungssystems im Ansässigkeitsstaat begriffen und ihr so die gemeinschaftsrechtliche Legitimation verschafft werden. 186

Vgl. zu diesen Entscheidungen oben Kapitel D.V.2.d)dd), S. 143 ff. EuGH, Urteil v. 21.09.1999, Rs. C-307/97, Slg. 1999, I-6181 ff., Rn. 57 – Saint Gobain. 188 EuGH, Urteil v. 12.12.2002, Rs. C-385/00, Slg. 2002, I-11819 ff., Rn. 94 u. 101 – de Groot. 189 So auch Schnitger, IStR 2004, 320; ders. FR 2004, 1357 (1359 f.); Englisch, UM 2004, 58 (59); ders., RiW 2005, 187 (189); ders., IStR 2004, 680 (685); Kofler, ÖStZ 2004, 582 (585); Lehner in: FS Wassermeyer, S. 241 (259 f.). 187

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E. Die Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

Eine Rechtfertigung der Symmetriethese aus Gründen der Kohärenz wird allerdings schon deshalb angezweifelt, weil der EuGH bereits in der WielockxEntscheidung190 geurteilt hat, dass ein DBA die steuerliche Kohärenz herstellt und es deshalb nicht als Quelle der Inkohärenz angeführt werden könne, welcher durch eine benachteiligende Regelung Rechnung getragen werden müsse. Wie bereits dargelegt, kann diese Rechtsprechung jedoch nicht überzeugen, da DBA die Kohärenz eines Steuersystems nicht gewährleisten können191. Davon losgelöst steht die Wielockx-Rechtsprechung einer Rechtfertigung aus Gründen der Kohärenz aber schon deshalb nicht entgegen, weil es hier gerade um die Frage der kohärenten Anwendung eines DBA geht, durch welches die Kohärenz gerade im Sinne von Wielockx hergestellt werden soll192. Eine diskriminierende Regelung ist nach dem Kohärenzprinzip dann gerechtfertigt, wenn sie sich als notwendig für die Verwirklichung eines in sich schlüssigen Besteuerungssystems darstellt193. Das bedeutet, dass die Diskriminierung nur dann mit dem Kohärenzprinzip gerechtfertigt werden kann, wenn die Nichtberücksichtigung des ausländischen Verlustes durch einen im unmittelbaren Zusammenhang stehenden Vorteil derart ausgeglichen wird, dass es zu einer nach der Rechtsordnung des Ansässigkeitsstaates kohärenten Besteuerung kommt. Bezogen auf das deutsche Ertragssteuerrecht bedeutet dies, dass es trotz der oder gerade durch die Verweigerung der Verlustberücksichtigung zu einer insgesamt an der persönlichen Leistungsfähigkeit orientierten Besteuerung kommen muss. In diesem Zusammenhang ist bereits dargelegt worden, dass ein etwaiger Vorteil, der durch eine Verlustberücksichtigung im Quellenstaat erfolgt, nicht als angemessener Ausgleich betrachtet werden kann, da sich die Kohärenz, d.h. der Ausgleich von Vor- und Nachteil, innerhalb einer Rechtsordnung einstellen muss194. Demnach muss ein Vorteil im Quellenstaat bei der Beurteilung der Kohärenz einer Steuerregelung unberücksichtigt bleiben. Ein gegenüber dem innerstaatlichen Sachverhalt bestehender Vorteil könnte hier in der grundsätzlichen Freistellung der aus derselben Einkunftsquelle erzielten Gewinne im Ansässigkeitsstaat gesehen werden. Wenn zum Verlustzeitpunkt allerdings noch keine Gewinne erzielt wurden, fehlt es insoweit am Merkmal der Unmittelbarkeit195. Auch die Erzielung zukünftiger Gewinne kann keine Kohärenz begründen, da sie gänzlich ungewiss ist und es auch insoweit 190

EuGH, Urteil v. 11.08.1995, Rs. C-80/94, Slg. 1995, I-2493 ff., Rn. 24 f. – Wie-

lockx. 191 192 193 194 195

Dazu oben Kapitel D.VI.4.b)bb), S. 198 ff. So auch Cordewener, DStJG Bd. 28 (2005), S. 255 (290). Dazu oben Kapitel D.VI.4.b)bb), S. 198 ff. Dies verkennt Dautzenberg, FR 2001, 808 (813). Dazu oben Kapitel D.VI.4.b)bb), S. 198 ff.

IV. Ausgestaltung der Anrechnungs- und Freistellungsmethode

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an dem für die Kohärenz notwendigen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Vor- und Nachteil fehlt196. In diesem Sinne entschied der EuGH auch in der Rechtssache Rewe Zentralfinanz. Die diskriminierende Nichtberücksichtigung eines Verlusts (Teilwertabschreibung auf Anteile an ausländischer Tochtergesellschaft) konnte dort nicht mit dem Argument gerechtfertigt werden, dass ein späterer Veräußerungsgewinn steuerfrei sei. Die Tatsache, dass es später möglich wäre, für die bei einer Veräußerung erzielten Gewinne eine Steuerbefreiung zu erhalten, sei keine Erwägung der steuerlichen Kohärenz197. Von einem unmittelbaren Zusammenhang zwischen Vor- und Nachteil kann aber dann ausgegangen werden, wenn in früheren Steuerperioden tatsächlich Gewinne aus der ausländischen Einkunftsquelle erzielt wurden. Bis zur Höhe der freigestellten Gewinne kann der Ansässigkeitsstaat dann die Berücksichtigung der negativen ausländischen Einkünfte aus Gründen der Kohärenz verweigern198. Insoweit erwachsen dem Steuerpflichtigen dann innerhalb der Rechtsordnung des Ansässigkeitsstaates keine Nachteile199. Insofern besteht zwischen der Nichtberücksichtigung von Auslandsverlusten und Freistellung von Auslandsgewinnen unter dem Blickwinkel der Grundfreiheiten eine eingeschränkte Symmetrie, und zwar insoweit, wie die ausländischen Verluste durch ausländische Gewinne einen Ausgleich finden. Dies bedeutet, dass der Ansässigkeitsstaat dauerhaft nur zur Berücksichtigung von Totalverlusten verpflichtet ist. Insofern muss es dem Ansässigkeitsstaat auch möglich sein, im Fall erst späterer Gewinne eine zunächst vorgenommene Verlustberücksichtigung durch eine Besteuerung von eigentlich freigestellten Gewinnen zu kompensieren. Diese Form der kohärenten Besteuerung bedarf allerdings einer gesetzlichen Regelung. Sie lässt sich nicht – wie dies der österreichische Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil meint200 – unmittelbar aus dem DBA ableiten201. Eine solche eingeschränkte Symmetrie erscheint auch unter dem Aspekt zwischenstaatlicher Verteilungsgerechtigkeit angemessen. Denn dem auf sein Be196 Dautzenberg, FR 2001, 808 (813); Lang in: Piltz/Schaumburg, Aufwand und Verluste, S. 137 (145); Prokisch, DStJG Bd. 28 (2005), S. 229 (238). 197 EuGH, Urteil v. 29.03.2007, Rs. C-347/04, Slg. 2007, I-2647 ff., Rn. 67 – Rewe Zentralfinanz. 198 Lechner in: Gassner/Lang/Lechner, DBA und EU-Recht, S. 85 (96); Lang in: Piltz/Schaumburg, Aufwand und Verlust, S. 137 (144); Tumpel, DStJG Bd. 23 (2000), S. 321 (348 f.); a. A. Kahler, Freistellungsmethode, S. 265, der eine Kohärenz auch dann annimmt, wenn die Erwerbsaufwendungen die Einnahmen übersteigen. 199 Bedenkt man, dass Verluste steuerrechtlich nichts anderes sind, als nicht durch Einnahmen kompensierte Ausgaben, dann stellt sich die Nichtberücksichtigung von Ausgaben im Fall insgesamt positiver ausländischer Einkünfte als kohärente Besteuerung dar. Die Nichtberücksichtigung der Ausgaben wird durch die Freistellung der in der gleichen Periode erzielten Einnahmen kompensiert. 200 ÖVerwGH, Erkenntnis, v. 25.09.2001 – 99/14/0217, IStR 2001, 754 (755). 201 Ebenso Lang, SWI 2002, 86 (90); Loukota, SWI 2001, 466 (470); Vogel, IStR 2002, 91 (93).

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E. Die Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

steuerungsrecht verzichtenden Ansässigkeitsstaat kann es nicht zugemutet werden, Verluste zu berücksichtigen, soweit freizustellende Gewinne angefallen sind. (cc) Rechtfertigungstrias: Ausgewogenheit der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis Sofern man das steuerliche Territorialitätsprinzip in seiner zweiten Dimension und damit das Recht der Mitgliedstaaten auf Ausgestaltung des sachlichen Steuerumfangs respektiert, bedarf es des Rechtfertigungsgrundes der Ausgewogenheit der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis nicht202. Folgt man der EuGHRechtsprechung, stellt sich allerdings die Frage, ob die diskriminierende Nichtberücksichtigung von negativen Einkünften durch den Ansässigkeitsstaats mit der Rechtfertigungstrias der Ausgewogenheit der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis gerechtfertigt werden kann. Teilweise wird eine Übertragbarkeit der Marks & Spencer-Judikatur auf die hier zu beurteilende Situation der Freistellung von Auslandsverlusten angenommen203. Folge wäre, dass sich der Ansässigkeitsstaat grundsätzlich auf die Ausgewogenheit der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis berufen könnte und nur zur Berücksichtigung von endgültigen (finalen) Verlusten verpflichtet wäre. Gegen einen solchen, auch vom BFH204 gezogenen Schluss bestehen allerdings grundlegende Bedenken. Diese hängen damit zusammen, dass sich das Interesse der Mitgliedstaaten an der Wahrung der Ausgewogenheit der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis aus dem steuerlichen Territorialitätsprinzip ableitet. Dieses ist im Fall der Besteuerung des Welteinkommens eines Gebietsansässigen grundsätzlich nicht betroffen. Anders als im Fall Marks & Spencer geht es hier nämlich um die Frage der Nutzung eigener Verluste und nicht um die Nutzung fremder Verluste, bei denen wegen des Trennungsprinzips zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft das steuerliche Territorialitätsprinzip in seiner zweiten Dimension betroffen ist205. Damit berührt die Berücksichtigung von freigestellten Verlusten das Interesse der Mitgliedstaaten an einer ausgewogenen Aufteilung der Besteuerungsbefugnis nicht. Betrachtet man die Ausgewogenheit der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis als Kernelement der Rechtfertigungstrias, dann überrascht auch nicht, dass bei genauer Betrachtung sowohl die Gefahr der doppelten Verlustnutzung als auch die Steuerfluchtgefahr als Elemente der Rechtfertigungstrias nicht bejaht werden können206. 202

Dazu oben Kapitel D.VI.4.d)bb), S. 208 ff. Vgl. Balmes/Grammel/Sedemund BB 2006, 1474 (1477); Hruschka, IStR 2006, 629 (631 ff.); Kröner in: Lüdicke, Steuersouveränität, S. 127 (148 ff.). 204 BFH, Beschluss v. 28.06.2006 – I R 84/04, BStBl. II 2006, 861 (863 ff.); BFH, Beschluss v. 22.08.2006 – I R 116/04, BStBl. II 2006, 864 (865); BFH, Urteil v. 29.11.2006 – I R 45/05, BStBl. II, S. 205 Dazu oben Kapitel D.V.2.d)cc)(3), S. 139 ff. 203

IV. Ausgestaltung der Anrechnungs- und Freistellungsmethode

261

So besteht einerseits die Gefahr der doppelten Verlustnutzung nicht207. Dies zeigen folgende Überlegungen: Sofern der Gebietsansässige im Quellenstaat keine positiven anderen Einkünfte erzielt, wirkt sich der Verlust nur im Ansässigkeitsstaat aus. Sofern im Quellenstaat im Entstehungsjahr ein Ausgleich des Verlusts mit anderen dort steuerpflichtigen positiven Einkünften erfolgt, kommt es ebenfalls nicht zu einer doppelten Verlustberücksichtigung im Quellen- und Ansässigkeitsstaat. Denn im Ansässigkeitsstaat mindert der Verlust bei Anwendung der Anrechnungsmethode auf die anderen positiven Einkünfte den Anrechnungshöchstbetrag, weshalb sich im Ergebnis der Verlust nicht auch innerhalb der Rechtsordnung des Ansässigkeitsstaates auswirkt. Im Fall der Anwendung der Freistellungsmethode auf die anderen positiven Auslandseinkünfte im Ansässigkeitsstaat, mindert der Verlust zunächst die freigestellten Auslandseinkünfte, weshalb es dann im Ansässigkeitsstaat weder zu einem Verlustabzug noch zu einem Verlustvor- bzw. zu einem Verlustrücktrag kommt und damit ebenfalls eine doppelte Verlustnutzung ausscheidet. Weist das ausländische Engagement des Gebietsansässigen in künftigen Jahren einen Gewinn aus, besteht schon deshalb nicht die Gefahr der doppelten Verlustberücksichtigung, weil im Fall der Besteuerung des Welteinkommens der Ansässigkeitsstaat durch eine kohärente Ausgestaltung seines Steuersystems eine einmalige Verlustberücksichtigung erreichen kann, indem Verluste mit bereits erzielten Gewinnen verrechnet werden208. Andererseits ist auch das Interesse an der Vermeidung einer Steuerflucht durch eine grenzüberschreitende Verlustberücksichtigung nicht betroffen. Die Steuerfluchtgefahr besteht nur dann, wenn Verlustübertragungen in jene Mitgliedstaaten geleitet werden können, die den höchsten Steuersätzen unterliegen und bei denen folglich die Verluste am wertvollsten sind209. Es ist nicht erkennbar, inwiefern die Verlustberücksichtigung bei Anwendung der Freistellungsmethode im Ansässigkeitsstaat dazu beitragen kann, dass Verluste in andere Steuerjurisdiktionen geleitet werden können210. (dd) Vermeidung einer doppelten Verlustnutzung Der BFH hat seine Rechtsprechung zur Symmetriethese stets auch damit begründet, dass bei einer Berücksichtigung ausländischer Verluste im Rahmen der Freistellungsmethode wegen mangelnder finanzbehördlicher Sachkenntnisse die 206

A. A. Balmes/Grammel/Sedemund, BB 2006, 1474 (1477 ff.). Ebenso Reiser/Roth, IStR 2006, 787 (788). 208 Vgl. zur kohärenten Ausgestaltung einer Nachversteuerungsmethode unten Kapitel E.IV.1.b)aa)(4), S. 264 ff. 209 EuGH, Urteil v. 13.12.2005, Rs. C-446/03, Slg. 2005, I-10837 ff., Rn. 47 f. – Marks & Spencer. 210 Ebenso Reiser/Roth, IStR 2006, 787 (788). 207

262

E. Die Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

Gefahr der doppelten Verlustberücksichtigung im In- und Ausland drohe211. In der Tat besteht durch das Zusammenwirken zweier unterschiedlicher Rechtsordnungen die Gefahr einer doppelten Verlustberücksichtigung im Ansässigkeitsund im Quellenstaat212. Es stellt sich die Frage, ob diese Argumentation auch im Rahmen des Gemeinschaftsrechts als Rechtfertigung für die diskriminierende Nichtberücksichtigung herangezogen werden kann. Wie bereits dargelegt, kann eine Überbegünstigung des grenzüberschreitenden Verkehrs auch gemeinschaftsrechtlich nicht hingenommen werden213. Die Gefahr einer doppelten Verlustnutzung im Ansässigkeits- und Quellenstaat besteht im Verlustentstehungsjahr jedoch nicht214. Auch in Folgejahren besteht eine solche Gefahr nicht, da der Ansässigkeitsstaat innerhalb seiner Rechtsordnung eine kohärente Besteuerung verwirklichen und damit jedwede doppelte Verlustnutzung verhindern kann, indem er eine zunächst vorgenommene Verlustberücksichtigung durch die Besteuerung von eigentlich freigestellten Gewinnen kompensiert215. Dementsprechend kann die Nichtberücksichtigung von Verlusten auch nicht mit der Gefahr von Doppelbegünstigungen gerechtfertigt werden. (ee) Sonstige Rechtfertigungsversuche Darüber hinaus überzeugen die sonstigen zur Rechtfertigung der Symmetriethese vorgebrachten Argumente nicht216. 211

Vgl. zur Rechtsprechung oben Kapitel C.II.4.b)bb)(2)(a)(aa)a)aa), S. 68 ff. Vgl. Lechner in: Gassner/Lechner/Lang, DBA und EU-Recht, S. 85 (95); Prokisch, DStJG Bd. 28 (2005), S. 229 (239 ff.); Cordewener, DStJG Bd. 28 (2005), S. 255 (268 f.). 213 Dazu oben Kapitel D.VI.4.c), S. 200 ff. 214 Dazu oben Kapitel E.IV.1.b)aa)(3)(b)(cc), S. 260 f. 215 Dazu oben Kapitel D.VI.4.c)bb), S. 201 ff. und E.IV.1.b)aa)(3)(b)(bb), S. 257 ff. 216 Ebenso BFH, Beschluss v. 13.11.2002 – I R 13/02, BStBl. II 2003, 795, FG München, Beschluss v. 14. 02.2005 – 1 V 305/04, EFG 2005, 928 (930 f.); FG Niedersachsen, Beschluss v. 14.10.2004 – 6 V 655/04, DStRE 2005, 271 (272 f.); Lechner in: Gassner/Lang/Lechner, DBA und EU-Recht, S. 85 (97 f.); Dautzenberg, FR 2001, 809 (812 ff.); Ritter, IStR 2001, 430 (434); Saß, DB 2001, 508 (509); Kessler/ Schmidt/Janson, IStR 2001, 729 (735 ff.); dies., IStR 2003, 307 (308 f.); Tumpel, SWI 2001, 55 ff.; Trenkwalder/Firlinger, SWI 2001, 514 (520); Lang, SWI 2002, 86 (93 f.); Vogel, IStR 2003, 316; Schnitger, FR 2003, 1149 (1151); ders., IWB, Fach 11 Gruppe 2, 469 (471 ff.); Cordewener, IStR 2003, 413 (416 f.); ders., DStR 2004, 1634 (1637 f.); Mössner, ASA 2004, 673 (704); Hey, StuW 2004, 193 (201); Schuch in Lehner, Verluste, S. 63 (67 ff.); Kessler in: Lehner, Verluste, S. 83 (103); Rödder, DStR 2004, 1629 (1631); Portner, IStR 2005, 376 (378); Lehner in: FS Wassermeyer, S. 241 (260); Spengel/Braunagel, StuW 2006, 34 (39 f.); Wittkowski/Reichl, BB 2006, 2496 (2498 ff.) bezogen auf Betriebsstättenverluste; Weiser, Rechtsprechung, S. 224; Raber, DStJG Sonderband Unternehmenssteuerreform (2001), S. 103 (116 ff.); Prokisch, DStJG Bd. 28 (2005), S. 229 (241); ebenso Mehnhorn, SWI 2001, 62 (64 ff.), der sich allerdings auf die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache AMID bezieht und insoweit verkennt, dass dieser Entscheidung eigentlich eine Doppelbesteuerungssituation 212

IV. Ausgestaltung der Anrechnungs- und Freistellungsmethode

263

So kann das vom BFH vorgetragene Informationsdefizit materiellrechtliche Diskriminierungen nicht rechtfertigen217, da als milderes Mittel dem Steuerpflichtigen jedenfalls erhöhte Mitwirkungspflichten auferlegt werden können. Außerdem ist zu bedenken, dass für die Mitgliedstaaten auch die Möglichkeit besteht, im Wege der gegenseitigen Amtshilfe unter Rückgriff auf die EGAmtshilferichtlinie218 die benötigten Informationen zu erhalten. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH sind die von der EG-Amtshilferichtlinie eröffneten Ermittlungsmöglichkeiten dazu als ausreichend anzusehen219. Die Mitwirkungspflichten müssten deshalb unter Berücksichtigung der Möglichkeiten der Amtshilferichtlinie ausgestaltet werden. Eine Rechtfertigung ist auch unter Hinweis auf eine Vermeidung von Missbrauch nicht möglich, da dem Steuerpflichtigen die Gefahr der doppelten Verlustberücksichtigung nicht als missbräuchlich vorgehalten werden kann. Regelmäßig wird es an der für den Missbrauchsvorwurf relevanten „künstlichen Konstruktion“ fehlen. Zudem ist nach ständiger Rechtsprechung des EuGH geklärt, dass Missbrauchsvermeidungsvorschriften im Steuerrecht nur im Falle einer Einzelanalyse zum Tragen kommen dürfen220. (c) Zwischenergebnis Wie ausgeführt stellt die Nichtberücksichtigung negativer ausländischer Einkünfte im Ansässigkeitsstaat bei Anwendung der Freistellungsmethode eine zu rechtfertigende Diskriminierung der Grundfreiheiten dar. Insbesondere rechtfertigt das steuerliche Territorialitätsprinzip eine Nichtberücksichtigung nicht. Der bilateral vereinbarte Verzicht auf Besteuerung einer bestimmten Einkunftsquelle stellt nämlich keine Steuerwürdigkeitsentscheidung dar, die vom Gemeinschaftsrecht respektiert werden müsste. Allein das Kohärenzprinzip vermag die Nichtberücksichtigung von Verlusten im Sinne einer eingeschränkten Symmetrie rechtfertigen. Voraussetzung dafür ist, dass den Verlusten bereits Gewinne aus derselben Einkunftsquelle gegenüberstehen. Diese Form der eingeschränkten Symmetrie führt zu einer kohären-

zugrunde liegt (dazu oben Kapitel D.V.3.c)bb)(1), S. 155 ff. bzw. E.IV.1.a)aa)(3)(a), S. 235 ff.); wie Menhorn auf AMID-Entscheidung beziehend auch Haarmann in: Lüdicke, Deutsches Steuerrecht im Europäischen Rahmen, S. 169 (174). 217 So auch Tumpel, SWI 2001, 55 (60). 218 Siehe zur EG-Amtshilferichtlinie oben Fn. 466 des Kapitels D. 219 EuGH, Urteil v. 28.01.1992, C-204/90, Slg. 1992, I-249 ff., Rn. 18 ff. – Bachmann; EuGH, Urteil v. 14.02.1995, Rs. C-279/93, Slg. 1995, I-225 ff., Rn. 43 ff. – Schumacker; so auch jüngst FG Berlin, Urteil v. 11.04.2005 – 8 K 8101/00, IStR 2005, 571 (575). 220 So auch wissenschaftlicher Beirat der Ernst & Young AG (Birkenfeld, Kaminski, Kessler, Märkle, Mössner, Offerhaus, Söffing), BB 2005, 754.

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E. Die Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

ten Besteuerung innerhalb der Rechtsordnung des Ansässigkeitsstaates. Zugleich nimmt sie Rücksicht auf eine angemessene zwischenstaatliche Verteilung von Besteuerungsrechten. (4) Gemeinschaftskonformität der Nachversteuerungsmethode gem. § 2a Abs. 3 und 4 EStG a. F. Erkennt man an, dass die Nichtberücksichtigung ausländischer Verluste bei Anwendung der Freistellungsmethode gegen das grundfreiheitliche Diskriminierungsverbot verstößt, stellt sich die Frage nach der Herstellung eines gemeinschaftskonformen Zustandes. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass nach Ansicht des BFH eine gemeinschaftskonforme Abkommensauslegung des Methodenartikels (Art. 23A OECD-MA) nicht in Betracht kommt221. Die Richtigkeit dieser Ansicht ist angesichts des jeweiligen Wortlauts des Freistellungsartikels222 und der OECD-MA-Kommentierung zu Art. 23A OECD-MA223 zweifelhaft. Denn danach bleibt die Behandlung von Verlusten im Falle der Freistellung ausdrücklich den Vertragsstaaten überlassen. Eine solche Auslegung des Wortlauts der Methodenartikel entspräche dem Zweck von DBA, nämlich der Vermeidung von Doppelbesteuerung, die lediglich eine Freistellung von positiven Einkünften gebietet224. Insoweit sind die Freistellungsartikel durchaus in dem Sinne auslegungsfähig, dass ausländische Verluste berücksichtigt werden. Folgt man dem Verständnis des BFH, muss man sich allerdings Gedanken über eine entsprechende Nachverhandlung der DBA oder eine ergänzende innerstaatliche Gesetzgebung machen. (a) Kohärenz (eingeschränkte Symmetrie) Zur Herstellung eines gemeinschaftskonformen Zustands im Sinne einer eingeschränkten Symmetrie ist vielfach auf die geschilderte Regelung des § 2a Abs. 3 und 4 EStG a. F. verwiesen worden225. Es stellt sich im Folgenden die Frage, ob das Regelungssystem des § 2a Abs. 3 und 4 EStG a. F. tatsächlich zu einer mit den Grundfreiheiten konformen Besteuerung führt.

221

BFH, Beschluss v. 28.06.2006 – I R 84/04, BStBl. II 2006, 861 (862). Vgl. zum unterschiedlichen Wortlaut oben Kapitel C.II.4.b)aa), S. 62, insb. Fn. 130 des Kapitels C. 223 Vgl. Art. 23A OECD-MA-Kommentar, Rn. 44. 224 Ebenso Reiser/Roth, IStR 2006, 787. 225 Vgl. nur Lechner in: Gassner/M. Lang/Lechner, DBA und EU-Recht, S. 85 (98); Saß, DB 2001, 508 (509); Cordewener, DStR 2004, 1634 (1638); Probst in: Flick/Wassermeyer/Baumhoff, § 2a EStG Rn. 204.4 (52. EL April 2003); Schuch in: Lehner, Verluste, S. 63 (70); Brück in: Löwenstein/Looks, Betriebsstättenbesteuerung, Rn. 1037 ff. 222

IV. Ausgestaltung der Anrechnungs- und Freistellungsmethode

265

§ 2a Abs. 3 S. 1 EStG a. F. erlaubte seinerzeit den sofortigen Verlustabzug von gewerblichen Betriebsstättenverlusten im Verlustentstehungsjahr. Zudem erfolgte über § 2a Abs. 3 S. 2 EStG a. F. eine deklaratorische Gleichstellung von aus- und inländischen Betriebsstätteneinkünften in Bezug auf den intraperiodischen Verlustausgleich nach § 10d EStG226. § 2a Abs. 3 S. 3 EStG sieht bis zum Veranlagungszeitraum 2008 eine Nachversteuerung von bisher berücksichtigten Verlusten insoweit vor, wie in den folgenden Steuerperioden positive gewerbliche Betriebsstätteneinkünfte erzielt wurden227. Dabei kommt es allerdings nicht zu einer Besteuerung von eigentlich nach dem DBA freigestellten ausländischen Gewinnen, sondern nach der Systematik der Nachversteuerungsmethode zu einer Rückgängigmachung der Verlustberücksichtigung in den Folgejahren228. Eine Nachversteuerung entfällt nach § 2a Abs. 3 S. 4 EStG allerdings dann, wenn der Steuerpflichtige nachweisen kann, dass nach den Vorschriften des ausländischen Staates ein Abzug des Verlustes in anderen Jahren als dem Verlustentstehungsjahr allgemein nicht beansprucht werden kann. (b) Stellungnahme In der Tat macht es durch eine dem § 2a Abs. 3 S. 1 EStG a. F. entsprechende Regelung keinen Unterschied, ob der Steuerpflichtige in- oder ausländische Verluste erzielte, denn damit war für in- und ausländische Einkünfte der intraperiodische Verlustausgleich gem. § 2 Abs. 3 EStG und der interperiodische Verlustausgleich nach § 10d EStG möglich. Aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht läge damit eine vollständige Gleichbehandlung und damit eine diskriminierungsfreie Besteuerung von in- und ausländischen Einkünften vor. Vor dem Hintergrund der vom BFH geäußerten Ansicht, dass eine gemeinschaftskonforme Auslegung des Methodenartikels nicht möglich sei, wäre eine solche ausdrückliche Normierung des Verlustabzugs auch notwendig, um eine Verlustberücksichtigung zu ermöglichen. Da der Anwendungsbereich der Regelung aber nur auf ausländische gewerbliche Betriebsstätteneinkünfte begrenzt ist, bedarf es zur Wahrung des Gemeinschaftsrechts einer entsprechenden Regelung freilich auch hinsichtlich aller übrigen freigestellten, negativen ausländischen Einkünfte. Denn in allen anderen Einkünftekategorien sind in- und ausländische Einkünfte in Bezug auf das Merkmal der steuerlichen Leistungsfähigkeit entsprechend vergleichbar, so dass auch insoweit eine Verlustberücksichtigung gemeinschaftsrechtlich geboten ist. 226

Dazu oben Kapitel C.II.4.b)bb)(2)(a)(bb), S. 73 ff. Vgl. zu den weiteren eine Nachversteuerung auslösenden Tatbeständen § 2a Abs. 4 EStG und oben Kapitel C.II.4.b)bb)(2)(a)(bb), S. 73 ff. 228 Wied in: Blümich EStG/KStG/GewStG, § 2a EStG Rn. 148 (79. EL Aug. 2003). 227

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E. Die Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

Auch die über § 2a Abs. 3 S. 3 und 4 EStG normierte Nachversteuerung erweist sich im Grunde als grundfreiheitskonform. Sie stellt zwar eine Diskriminierung dar, weil sie allein bei Auslandseinkünften zur Anwendung kommt und nur bei ausländischen Einkünften zur Rückgängigmachung der Verlustberücksichtigung führt. Ihre Rechtfertigung findet sie aber im Kohärenzgrundsatz. Denn die Benachteiligung wird durch den damit in Zusammenhang stehenden Vorteil der Steuerfreistellung von ausländischen Gewinnen aus demselben Quellenstaat kompensiert. Dieser Vorteil steht in einem unmittelbarem sachlichen Zusammenhang mit dem durch die Nachversteuerung einhergehenden Nachteil, da eine Nachversteuerung nach § 2a Abs. 3 S. 3 EStG a. F. nur „soweit“ erfolgt, wie in den folgenden Veranlagungszeiträumen positive Einkünfte erzielt werden. Aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht ist allerdings problematisch, dass es nicht zu einer Besteuerung von eigentlich nach DBA freigestellten ausländischen Gewinnen kommt, sondern dass es nach der Systematik der Nachversteuerungsmethode zu einer Rückgängigmachung der Verlustberücksichtigung in Folgejahren kommt. Denn nach der Konzeption des § 2a Abs. 3 S. 4 EStG kommt es zu einer Nachversteuerung inländischer Gewinne, die aufgrund des gewährten Verlustausgleichs zunächst keiner Besteuerung unterlagen. Diese Form der Nachversteuerung hat keine kohärente Besteuerung zur Folge, denn sie führt im Ergebnis zu einer vollständigen Negierung der ausländischen Einkünfte. Sofern dadurch ein Nachteil entsteht, stellt dies eine Diskriminierung dar, für die der Ansässigkeitsstaat mangels Rechtfertigungsmöglichkeit verantwortlich ist229. Zu einer grundfreiheitskonformen Besteuerung muss deshalb auf jede Form der Nachversteuerung eines aufgrund einer vorangegangenen Verlustberücksichtigung nicht besteuerten Gewinns verzichtet werden. Zur kohärenten Ausgestaltung ist es vielmehr notwendig, dass die im Jahr der „Nachversteuerung“ nach DBA freigestellten Gewinne in dem Maß einer Besteuerung unterworfen werden, wie in der Vergangenheit Verluste berücksichtigt wurden. Dogmatisch stellt sich dann der grundfreiheitliche Vorwurf gegenüber Deutschland nicht als Diskriminierung, sondern als Beschränkung durch Doppelregulierung dar. Denn in diesem Fall kommt es zu einer Besteuerung von nach DBA freigestellten Einkünften. Teilweise geht die Nachversteuerung allerdings auch über den nach dem Gemeinschaftsrecht erzwingbaren Umfang hinaus. Denn nach § 2a Abs. 3 S. 4 EStG kommt es dann nicht zu einer Nachversteuerung, wenn der Steuerpflichtige nachweisen kann, dass nach den Vorschriften des ausländischen Staates ein Abzug des Verlustes in anderen Jahren als dem Verlustentstehungsjahr allge229 Ein Nachteil ist bspw. dann denkbar, wenn für die aufgrund der Verlustberücksichtigung nicht besteuerten Gewinne ein höherer Steuersatz gilt, als für die freizustellenden nunmehr aber wegen der „Nachversteuerung“ steuerpflichtigen Einkünfte (bspw. aufgrund des § 32c EStG).

IV. Ausgestaltung der Anrechnungs- und Freistellungsmethode

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mein nicht beansprucht werden kann. Einer solchen Begrenzung des Nachversteuerungstatbestandes bedarf es aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht nicht. Gemeinschaftsrechtlich ist es nämlich nicht zu beanstanden, wenn sich ein Verlust im Quellenstaat aufgrund eines dort fehlenden intra- oder interperiodischen Verlustausgleichs im Ergebnis nicht steuermindernd auswirkt230 und auch im Ansässigkeitsstaat keine Berücksichtigung findet. Denn der Ansässigkeitsstaat ist gemeinschaftsrechtlich nur insoweit zur Berücksichtigung von Verlusten verpflichtet, wie den ausländischen Verlusten keine anderen positiven Einkünfte gegenüberstehen. Die Folge der Nichtberücksichtigung des Verlustes in keiner der beiden involvierten Rechtsordnungen erweist sich dann als Ergebnis bloßer Regelungsdisparitäten zwischen den Rechtsordnungen der betroffenen Mitgliedstaaten. Zu einer grundfreiheitskonformen Besteuerung sollte im Ergebnis auf jede Form der Nachversteuerung im o. g. Sinne von Gewinnen, die wegen der Berücksichtigung ausländischer Verluste bisher nicht besteuert wurden, verzichtet werden. Denn zur kohärenten Ausgestaltung der innerstaatlichen Rechtsordnung ist es notwendig, dass nicht die wegen der Verlustberücksichtigung nicht besteuerten Gewinne nachversteuert werden, sondern vielmehr die grundsätzlich freigestellten Gewinne in dem Umfang einer Besteuerung unterworfen werden, als in der Vergangenheit Verluste berücksichtigt wurden. Nur dann ist die Nachversteuerung Ausdruck eines kohärenten Steuersystems. (5) Exkurs: Erkenntnis des öVwGH vom 25.09.2001 und § 2 Abs. 8 öEStG Es stellt sich im Folgenden die Frage, ob die österreichische Lösung mit den grundfreiheitlichen Vorgaben in Einklang zu bringen ist. Dazu soll zunächst die Entscheidung des öVwGH dargestellt werden. (a) Erkenntnis des öVwGH vom 25.09.2001 Im Gegensatz zur höchstrichterlichen Rechtsprechung in Deutschland hat sich der öVwGH von der Symmetriethese verabschiedet und Auslandsverluste zum Abzug bei Anwendung der Freistellungsmethode zugelassen231. Nur am Rande 230 Dabei muss der Quellenstaat freilich diskriminierungsfrei vorgehen und dem beschränkt Steuerpflichtigen die für unbeschränkt Steuerpflichtige geltenden intra- und interperiodischen Verlustverrechnungsmöglichkeiten eröffnen. Kommt es aufgrund einer diskriminierenden Besteuerung im Quellenstaat nicht zu einer Berücksichtigung, kann dies jedenfalls nicht dem Ansässigkeitsstaat zum Vorwurf gemacht werden. 231 ÖVwGH, Erkenntnis v. 25.09.2001 – 99/14/0217 E, IStR 2001, 754 f. Zur früheren Rechtsprechung Lang in: Piltz/Schaumburg, Aufwand und Verluste, S. 137 (140 ff.).

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E. Die Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

stützt der öVwGH seine Entscheidung allerdings auf gemeinschaftsrechtliche Erwägungen232. Er verweist nur auf das Gemeinschaftsrecht, um darzulegen, warum sich trotz Änderung der Rechtsprechung kein verstärkter Senat mit der Entscheidung befassen musste233. Im Wesentlichen begründet der Gerichtshof seine Erkenntnis damit, dass Verluste eben nicht zu einer Doppelbesteuerung führen und deshalb im innerstaatlichen Recht zum Abzug gebracht werden müssen234. Positiv hervorzuheben ist dabei, dass der öVwGH der primär am Einkünftebegriff ansetzenden Argumentation des RFH bzw. des BFH235 entgegentritt und mit Sinn und Zweck des DBA argumentiert. Ansatzpunkt des öVwGH ist damit also nicht eine rein am Gesetzeswortlaut orientierte Auslegung, sondern eine auf den Telos des Gesetzes ausgerichtete Interpretation der Freistellungsmethode. Zugleich erkennt er das Bedürfnis nach Vermeidung einer doppelten Verlustverwertung an. Zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen soll es deshalb dem Ansässigkeitsstaat möglich sein, in den nachfolgenden Steuerperioden ausländische Gewinne bis zur Höhe des im Quellenstaat vorgenommenen Verlustausgleichs zu besteuern, also nicht freizustellen. Der österreichische VwGH leitet aus dem einschlägigen DBA mithin eine „Nachversteuerung“ ab236. Danach soll allerdings nicht der nach österreichischem Recht ermittelte Gewinn besteuert werden, sondern es soll in Höhe des nach ausländischem Recht ermittelten und vorgetragenen Verlusts im Gewinnjahr keine Freistellung erfolgen237. (b) Reaktion des Gesetzgebers: § 2 Abs. 8 öEStG Im Rahmen des Steuerreformgesetzes 2005238 ist die Rechtsprechung des öVwGH zur Berücksichtigung von Verlusten im Hinblick auf ausländische Betriebsstättenverluste gesetzlich verankert worden239. Wie sich aus dem Regierungsentwurf zum StReformG 2005 ergibt, soll mit der Neuregelung der höchstrichterlichen Judikatur des öVwGH im Wesentlichen gefolgt werden. 232

A.A. Wassermeyer, IStR 2001, 755 (756). Dazu kritisch Lang, SWI 2002, 86 (94); Cordewener, DStJG Bd. 28 (2005), S. 255 (283); Vogel, IStR 2002, 91 ff. 234 Vgl. hierzu Zorn, SWI 2001, 456 (458 ff.); Lang, SWI 2002, 86 ff.; Vogel, IStR 2002, 91 ff. 235 Dazu oben oben Kapitel C.II.4.b)bb)(2)(a)(aa)a)aa), S. 68 ff. 236 Vgl. dazu Zorn, SWI 2001, 456 (462 f.); Loukota, SWI 2001, 466 (470); kritisch Kessler in: Lehner, Verluste, S. 83 (87). 237 Vgl. zur Kritik an dieser Rechtsprechung Lang, SWI 2002, 86 (88 ff.); Loukota, SWI 2001, 466 (471 f.); Jirousek, ÖStZ 2001, 569 (570); Wassermeyer, IStR 2001, 755 (756); Vogel, IStR 2002, 91 ff. 238 StReformG 2005, BGBl. I Nr. 57/2004 v. 04.06.2004; vgl. dazu Göttsche/ Stangl, IWB, Fach 5 Gruppe 2, 625 ff. Mang, SWI 2004, 486 ff. 239 Vgl. dazu Göttsche/Stangl, IWB, Fach 5 Gruppe 2, 625 ff. 233

IV. Ausgestaltung der Anrechnungs- und Freistellungsmethode

269

Eine Verlustberücksichtigung ist danach gem. § 2 Abs. 8 Nr. 3 S. 3 öEStG im Entstehungsjahr dann möglich, wenn ein Ausgleich des Verlustes im Ausland, bspw. über einen Verlustrücktrag oder -vortrag, nicht erfolgt, wobei der Verlust grundsätzlich nach österreichischem Recht zu ermitteln ist (vgl. § 2 Abs. 8 Nr. 1 und 2 öEStG). Zu einer Nachversteuerung kommt es gem. § 2 Abs. 8 Nr. 2 S. 2 öEStG dann, wenn die in Österreich berücksichtigten ausländischen Verluste im Ausland ganz oder teilweise berücksichtigt werden oder werden könnten. Sie erfolgt im Ergebnis mittels einer Hinzurechnung des entsprechenden Verlustbetrages zur österreichischen Bemessungsgrundlage, so dass faktisch der nach DBA freizustellende Gewinn besteuert wird, wobei die Nachversteuerung im Ergebnis maximal auf die nach ausländischem Recht bemessene und zulässige Verlustberücksichtigung vorzunehmen ist. (c) Stellungnahme Aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht ist die Entscheidung und die spätere Umsetzung durch den österreichischen Gesetzgeber, soweit sie die Behandlung von Verlusten im Verlustentstehungsjahr betrifft, zu begrüßen240. Denn die Nichtberücksichtigung ausländischer Verluste stellt eine nicht zu rechtfertigende Diskriminierung dar241. Wie auch das deutsche Einkommensteuerrecht erfolgt die Besteuerung in Österreich nach der persönlichen Leistungsfähigkeit, die sich im Falle der unbeschränkten Steuerpflicht nach dem Welteinkommen bemisst. Das bedeutet, dass auch der österreichische Fiskus, will er die persönliche Leistungsfähigkeit grundfreiheitskonform erfassen, ausländische Verluste so lange berücksichtigen muss, wie die Verluste nicht durch ausländische Gewinne ausgeglichen werden. Innerhalb einer Steuerperiode besteht für Österreich als Ansässigkeitsstaat deshalb dann eine Pflicht zur Verlustberücksichtigung, wenn die Einkünfte aus dem Quellenstaat negativ sind. Nicht ganz unproblematisch ist in diesem Zusammenhang die Regelung des § 2 Abs. 8 öEStG, nach der eine Berücksichtigung des Verlustes davon abhängig gemacht wird, dass der Verlust im Quellenstaat nicht im Wege eines Verlustrücktrags bzw. -vortrags berücksichtigt werden kann. Diese unzulässige staatenübergreifende Gesamtschau ist abzulehnen, da sie zu einer diskriminierenden Behandlung des ausländischen Verlusts führen kann. Zudem besteht im Verlustentstehungsjahr nie die Gefahr einer doppelten Verlustberücksichtigung242, weshalb es dieser Einschränkung des Verlustabzugs nicht bedarf. 240 So auch Jirousek, ÖStZ 2001, 569 (570); Loukota, SWI 2001, 466 (472); Trenkwalder/Firlinger, SWI 2001, 514 (522). 241 Dazu oben Kapitel E.IV.1.b)aa)(3)(c), S. 263 f. 242 Dazu oben Kapitel E.IV.1.b)aa)(3)(b)(cc), S. 260 f.

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E. Die Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

Werden ausländische Verluste in späteren Steuerperioden durch Gewinne ausgeglichen, besteuert Österreich die nach dem DBA freizustellenden Einkünfte. Die dadurch eingetretene Beschränkung der jeweils einschlägigen Grundfreiheit durch Doppelbesteuerung kann aber durch Rückgriff auf das Kohärenzprinzip gerechtfertigt werden. Kritisch muss allerdings der vom österreichischen Gesetzgeber normierte „Nachversteuerungstatbestand“ gesehen werden, denn er führt nicht stets zu gemeinschaftsrechtlich angemessenen Ergebnissen. Die Besteuerung der eigentlich nach DBA freigestellten Gewinne bemisst sich nicht nach der Höhe der nach inländischem (österreichischem) Recht ermittelten Auslandsverluste, die im Verlustentstehungsjahr die österreichische Steuerbemessungsgrundlage gemindert haben, sondern nach der Höhe des nach ausländischem Recht ermittelten Verlustes. Diese Vermengung von in- und ausländischem Recht243 wird nicht nur zu erheblichen praktischen Schwierigkeiten führen, sondern auch willkürliche Ergebnisse zur Folge haben244. Solange es dadurch allerdings nicht zu einer Besteuerung von freigestellten Gewinnen kommt, denen keine (anfänglichen) Verluste gegenüberstehen, ist die Regelung für den in Österreich Gebietsansässigen gemeinschaftsrechtlich unproblematisch, da sich in diesem Fall die Besteuerung im Ergebnis noch als kohärent darstellt. Sofern allerdings der nach ausländischem Recht ermittelte Verlust höher ist als der nach österreichischem Recht ermittelte Verlust, führt die spätere Besteuerung freigestellter Gewinne nicht mehr zu einer Kohärenz, da dann der Nachteil (Besteuerung von eigentlich „freigestellten“ Einkünften) nicht mehr durch einen der Höhe nach entsprechenden Vorteil (vorangegangene Verlustberücksichtigung) innerhalb der Rechtsordnung Österreichs ausgeglichen wird. Die Benachteiligung des grenzüberschreitenden Sachverhalts ließe sich in diesem Fall auch nicht mit dem Rechtfertigungsgrund der Vermeidung von Doppelbegünstigungen rechtfertigen, da bei einer kohärenten Ausgestaltung der unbeschränkten Steuerpflicht die Gefahr der doppelten Verlustberücksichtigung grundsätzlich nicht besteht245. bb) Abkommensrechtliche Freistellung von Einnahmen: § 3c Abs. 1 EStG Sofern nach dem DBA Einnahmen freizustellen sind, richtet sich die Behandlung der mit den Einnahmen im Zusammenhang stehenden Aufwendungen grundsätzlich nach § 3c Abs. 1 EStG246. Danach können Aufwendungen bei der 243 244 245 246

Dazu Loukota, SWI 2001, 466 (471 f.). Göttsche/Stangl, IWB, Fach 5 Gruppe 2, 625 (630). Dazu oben Kapitel D.VI.4.c)bb), S. 201 f. Dazu oben Kapitel C.II.4.b)bb)(2)(b), S. 75 ff.

IV. Ausgestaltung der Anrechnungs- und Freistellungsmethode

271

Besteuerung nur insoweit berücksichtigt werden, als sie in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit den nach Abkommensrecht steuerfreien Einnahmen stehen. Das Erfordernis eines unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhangs kollidiert grundsätzlich nicht mit grundfreiheitlichen Vorgaben. Es führt dazu, dass bei Aufwendungen, die nur einen mittelbaren wirtschaftlichen Bezug zu den steuerfreien ausländischen Einnahmen aufweisen, das Abzugsverbot des § 3c Abs. 1 EStG nicht greift. Folge ist, dass diese Aufwendungen nicht den steuerfreien Einnahmen zugeordnet werden und damit ganz allgemein unter den Voraussetzungen des allgemeinen Veranlassungsprinzips im Ansässigkeitsstaat in Abzug gebracht werden können. Damit werden die den Einnahmen zugrunde liegenden ausländischen Einkünfte gegenüber den inländischen Einkünften besser behandelt und damit nicht diskriminiert. Im Sinne eines Korrespondenzprinzips führt die Anwendung des § 3c Abs. 1 EStG aber dazu, dass sämtliche Aufwendungen, die mit steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, im Ansässigkeitsstaat keine Berücksichtigung finden. Dies gilt auch dann, wenn die Aufwendungen die steuerfreien Einnahmen übersteigen247. Dadurch kommt es auch im Fall der Freistellung von Einnahmen nicht zu der von den Grundfreiheiten geforderten Berücksichtigung ausländischer Verluste im Ansässigkeitsstaat. Vor dem Hintergrund der grundfreiheitlichen Pflicht zur Berücksichtigung ausländischer Verluste erweist sich deshalb auch die abkommensrechtliche Freistellung von Einnahmen als grundfreiheitswidrig. cc) Periodenübergreifende Betrachtung: „AMID“ auch im Rahmen der Freistellungsmethode? Sofern neben den freizustellenden ausländischen Einkünften inländische Verluste erzielt werden, erfolgt eine intraperiodische Verrechnung zwischen den inländischen Verlusten und den freigestellten ausländischen Gewinnen nicht, da es bei der Bildung der Summe der Einkünfte gem. § 2 Abs. 3 EStG nur zu einem Ausgleich steuerpflichtiger Einkünfte kommt.248 Folge ist, dass etwaige inländische Verluste nur Einkünfte mindern, für die Deutschland als Ansässigkeitsstaat ein Besteuerungsrecht hat. Anders als bei der Anrechnungsmethode besteht insoweit nicht die Gefahr der Doppelbesteuerung im Ansässigkeits- und Quellenstaat in unterschiedlichen Steuerperioden. Im Rahmen der Freistellungsmethode

247

Dazu oben Kapitel C.II.4.b)bb)(2)(b)(bb), S. 76 f. BFH, Urteil v. 29.07.1966 – IV 299/65, BStBl. II 1966, 544 (545); BFH, Urteil v. 16.12.1975 – VIII R 147/71, BStBl. II 1976, 360 (361); Kirchhof/Geserich in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff EStG, § 2 EStG Rn. D 66 (121. EL Mai 2002). 248

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E. Die Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

kommt es deshalb stets auch periodenübergreifend zur Vermeidung internationaler Doppelbesteuerung. dd) Progressionsvorbehalt: Notwendiges Institut zur Vermeidung einer grundfreiheitswidrigen Diskriminierung bei progressivem Steuertarif Der Progressionsvorbehalt des § 32b Abs. 1 Nr. 3 EStG kommt nur bei Besteuerungssachverhalten mit Grenzbezug zur Anwendung. Trotzdem steht die Regelung nicht in Verdacht gegen das Diskriminierungsverbot der Grundfreiheiten zu verstoßen249. Grund dafür ist der Umstand, dass der Progressionsvorbehalt der steuerlichen Gleichbehandlung von in- und ausländischen Einkünften und damit dem Ziel der Besteuerung eines jeden Einzelnen nach seiner persönlichen Leistungsfähigkeit dient250. In diesem Sinne hat der EuGH auch in der Rechtssache de Groot251 die Freistellungsmethode mit Progressionsvorbehalt nicht beanstandet. Auch in der Rechtssache Asscher ist der EuGH stillschweigend davon ausgegangen, dass es nicht gegen das Gemeinschaftsrecht verstößt, wenn der Ansässigkeitsstaat steuerfreie Auslandseinkünfte im Wege des Progressionsvorbehalts berücksichtigt252. Dem Progressionsvorbehalt kann aber nicht nur kein Diskriminierungsvorwurf gemacht werden, er ist vielmehr notwendig, um eine diskriminierungsfreie Besteuerung im Ansässigkeitsstaat sicherzustellen. Ohne Progressionsvorbehalt würden freigestellte Auslandsverluste nämlich zu keiner Minderung des Steuersatzes führen. Dadurch wäre derjenige Steuerpflichtige benachteiligt, der negative ausländische Einkünfte erzielt. Es käme dann nicht mehr zu einer Besteuerung nach der persönlichen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen, wie sie im Fall der Erzielung von nur steuerpflichtigen inländischen Einkünften realisiert wird. Insbesondere im Fall von negativen freigestellten Auslandseinkünften kommt es deshalb nur unter Anwendung des Progressionsvorbehalts zu einer diskriminierungsfreien Besteuerung im Ansässigkeitsstaat. Grundsätzlich müssen deshalb gemeinschaftsrechtlich auch freigestellte negative Auslandseinkünfte durch Anwendung des Progressionsvorbehaltes Einfluss auf den Steuersatz nehmen. Wie bereits ausgeführt, kommt es im Rahmen der Anwendung des Progressionsvorbehaltes gem. § 32b Abs. 1 Nr. 3 EStG aufgrund des geänderten Wort249 BFH, Urteil v. 15.05.2002 – IR 40/01, BStBl. II 2002, 660 (661) unter Hinweis auf die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Asscher (EuGH, Urteil v. 27.06. 1996, Rs. C-107/94, Slg. 1996, I-3089 ff. – Asscher). 250 Dazu oben Kapitel C.II.4.b)cc)(2), S. 82. 251 EuGH, Urteil v. 12.12.2002, Rs. C-385/00, Slg. 2002, I-11819 ff., Rn. 104 – de Groot. 252 EuGH, Urteil v. 27.06.1996, Rs. C-107/94, Slg. 1996, I-3089 ff., Rn. 46 ff. – Asscher.

IV. Ausgestaltung der Anrechnungs- und Freistellungsmethode

273

lauts des § 32b Abs. 2 EStG allerdings nicht mehr zur Durchführung einer „Schattenveranlagung“, womit auch die Möglichkeit eines intertemporalen Verlustausgleichs in Form des Verlustvortrages oder -rücktrages bei einem überzähligen negativen Progressionsvorbehalt nicht mehr gegeben ist. Während also beim innerstaatlichen Besteuerungsvorgang die negativen Einkünfte über den intertemporalen Verlustausgleich nach § 10d EStG auf die Steuerbemessungsgrundlage und damit auf den Steuertarif in anderen Steuerperioden einwirken, wirken sich freigestellte negative Auslandseinkünfte nunmehr lediglich im Verlustentstehungsjahr auf den Steuersatz aus, ohne dass die Möglichkeit der Übertragung nach § 10d EStG besteht253. Die im Ansässigkeitsstaat steuerpflichtigen Einkünfte werden in diesem Fall mit einem höheren Steuersatz besteuert. Durch diesen Umstand werden steuerpflichtige Einkünfte bei Bezug steuerfreier ausländischer Einkünfte schlechter gestellt und damit diskriminiert. Da weder das Interesse an einer wirksamen steuerlichen Kontrolle materiellrechtliche Diskriminierungen rechtfertigen kann, noch sonstige Rechtfertigungsgründe in Betracht kommen, ist der Gesetzgeber aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht gezwungen, die Übertragung eines „überschüssigen“ Progressionsvorbehaltes zu ermöglichen. Dazu muss der Gesetzgeber den Anwendungsbereich des § 10d EStG auf den Progressionsvorbehalt ausdehnen. ee) Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse Bei Anwendung der Freistellungsmethode mindern die subjektiven Abzüge vollständig das zu versteuernde Einkommen254. Anders als bei der Anrechnungsmethode kommt es bei der Freistellungsmethode nicht zu einer anteiligen Kürzung der subjektiven Abzüge bei Erzielung ausländischer Einkünfte. Nach den Schlussfolgerungen aus der Schumacker-Rechtsprechung ist dieses Ergebnis mit der EuGH-Rechtsprechung zu vereinbaren. Hält man mit der hier vertretenen Ansicht eine „fraktionierte“ Besteuerung, d.h. die anteilige Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse für grundfreiheitlich geboten255, wäre der Ansässigkeitsstaat nur zur anteiligen Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse verpflichtet. ff) Ergebnis Das von der Rechtsprechung geprägte Verständnis der Freistellungsmethode im Fall der Freistellung von Einkünften und Einnahmen ist, soweit es die Nichtberücksichtigung von ausländischen Verlusten im Ansässigkeitsstaat zur Folge 253 254 255

Dazu oben Kapitel C.II.4.b)cc)(2)(a)(dd), S. 84 ff. Mössner, DStJG Bd. 8 (1985), S. 135 (162 f.); Schnitger, FR 2003, 148 (153). Dazu oben Kapitel D.V.2.d)bb)(2)(c), S. 131 ff.

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E. Die Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

hat, grundsätzlich nicht mit dem grundfreiheitlichen Diskriminierungsverbot zu vereinbaren. Insbesondere stellt ein bilateral erklärter Besteuerungsverzicht keine territoriale Begrenzung des Besteuerungsumfangs dar, welcher vom Gemeinschaftsrecht akzeptiert werden müsste. Der Ansässigkeitsstaat ist deshalb grundsätzlich gemeinschaftsrechtlich zur Berücksichtigung des erzielten Auslandsverlustes verpflichtet, kann aber im Wege einer kohärenten Besteuerung Gewinne in Folgeperioden, die den berücksichtigten Verlust ausgleichen, der Besteuerung unterwerfen (eingeschränkte Symmetrie). Da dadurch Gewinne besteuert werden, die nach dem einschlägigen DBA freizustellen sind, bedarf es hierzu aber einer gesetzgeberischen Entscheidung. Im Ergebnis ist der Ansässigkeitsstaat damit gemeinschaftsrechtlich nur zur Berücksichtigung von Totalverlusten verpflichtet. Die in diesem Zusammenhang immer wieder vorgeschlagene Nachversteuerungsmethode nach § 2a Abs. 3 und 4 EStG wird nur bedingt den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben gerecht. Zur Verwirklichung einer kohärenten Besteuerung ist es deshalb erforderlich, dass der spätere Gewinn, der die Verluste kompensiert, einer Besteuerung unterworfen wird und nicht die mit dem Verlust verrechneten inländischen Einkünfte nachversteuert werden. Aus der Sicht der Grundfreiheiten muss deshalb auf jede Form der Nachversteuerung verzichtet werden. Diese führt nämlich zu einer vollständigen Ausblendung der freigestellten ausländischen Einkünfte im Ansässigkeitsstaat. Diesem Einwand ist die österreichische Regelung des § 2 Abs. 8 öEStG nicht ausgesetzt. Denn sie führt zu einer Besteuerung von eigentlich nach DBA freigestellten Gewinnen und zwar maximal bis zu der Höhe des in Abzug gebrachten Auslandsverlusts. Anders als bei Anwendung der Anrechnungsmethode kommt es bei Anwendung der Freistellungsmethode auch periodenübergreifend zu einer Vermeidung von internationaler Doppelbesteuerung. Gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht insoweit also nicht. Der Progressionsvorbehalt ist bei Anwendung der Freistellungsmethode gemeinschaftsrechtlich geboten. Zu einer vollständigen Gleichbehandlung von in- und ausländischen Einkünften bedarf es allerdings einer Übertragung des „überschüssigen“ Progressionsvorbehalts in andere Steuerperioden. Erforderlich ist es deshalb, den Anwendungsbereich des § 10d EStG auf den Progressionsvorbehalt auszudehnen. Die Freistellungsmethode führt im Ergebnis zu einer vollständigen Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse im Ansässigkeitsstaat. Damit erfüllt sie die im Rahmen der Schumacker-Rechtsprechung getroffenen Vorgaben zur Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse von Gebietsansässigen.

IV. Ausgestaltung der Anrechnungs- und Freistellungsmethode

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2. Vermeidung der Doppelbesteuerung im Quellenstaat Obwohl in den letzten Jahren zahlreiche Gesetzesänderungen die Unterschiede zur unbeschränkten Steuerpflicht nivelliert haben, bestehen weiterhin noch erhebliche gemeinschaftsrechtliche Bedenken gegen die derzeitige Form der Besteuerung von beschränkt Steuerpflichtigen256. Wie bereits ausgeführt ist auch der Quellenstaat zu einer diskriminierungs- und beschränkungsfreien Besteuerung grundfreiheitlich verpflichtet. Dies hat zunächst zur Folge, dass der Quellenstaat die inländischen Einkünfte des beschränkt Steuerpflichtigen nach den gleichen Grundsätzen ermitteln muss wie die Einkünfte eines unbeschränkt Steuerpflichtigen. Denn hinsichtlich der territorialen Schnittmenge befinden sich beschränkt und unbeschränkt Steuerpflichtige in einer vergleichbaren Lage257. Im Quellenstaat müssen also alle Erwerbsaufwendungen zum Abzug zugelassen werden, die auch im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht abzugsfähig sind. Dies ergibt sich aus einem Erst-Recht-Schluss aus der Entscheidung Vestergaard 258, in der der EuGH entschied, dass bereits formelle Anforderungen an die Ermittlung der Einkünfte, die im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht nicht bestehen, diskriminierend wirken. Auch im Gerritse-Urteil hat der EuGH klargestellt, dass ein Mitgliedstaat Gebietsfremde nicht von dem Abzug bestimmter Aufwendungen ausschließen darf, soweit er den Gebietsansässigen die Möglichkeit zum Abzug dieser Aufwendungen bietet259. Bestätigung fand diese Rechtsprechung jüngst in der Entscheidung Centro Equestre, nach der die Zuordnung von Erwerbsaufwendungen zur inländischen Steuerquelle diskriminierungsfrei erfolgen muss260. Grundfreiheitskonformität ist deshalb grundsätzlich nur dann gegeben, wenn § 50 Abs. 1 S. 1 EStG ggf. i.V. m. § 8 KStG bei der Ermittlung sämtlicher beschränkt steuerpflichtigen Einkünfte in Deutschland als Quellenstaat zur Anwendung kommt und keine verschärfenden Anforderungen an den wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen Erwerbseinnahmen und -ausgaben gestellt werden261, wie dies bspw. durch § 50 Abs. 5 S. 2 Nr. 3 S. 2 EStG erfolgt262. 256 Vgl. nur Grams/Molenaar, IStR 2003, 460 ff.; Haarmann/Furhmann, IStR 2003, 558 ff.; Schnitger, FR 2003, 745 ff.; Cordewener, IStR 2004, 109 ff. 257 Dazu oben Kapitel D.V.2.d)bb)(1), S. 127 ff. 258 EuGH, Urteil v. 28.10.1999, Rs. C-55/98, Slg. 1999, I-7641 ff., Rn. 22 – Vestergaard. 259 EuGH, Urteil v. 12.06.2003, Rs. C-234/01, Slg. 2003, I-5933 ff., Rn. 37 – Gerritse. 260 EuGH, Urteil v. 15.02.2007, Rs. C-345/04, Slg. 2007, I-1425 ff., Rn. 23 – Centro Equestre; vgl. auch Tumpel, DStJG Bd. 23 (2000), S. 321 (348); Schön, StbJb 2003/2004, S. 27 (43 f.). 261 EuGH, Urteil v. 15.02.2007, Rs. C-345/04, Slg. 2007, I-1425 ff., Rn. 31 ff. – Centro Equestre; Tumpel, DStJG Bd. 23 (2000), S. 321 (348); Schön, StbJb 2003/ 2004, 27 (43 f.); Rödder, DStR 2004, 1629 (1630). 262 Vgl. dazu Cordewener, DStJG Bd. 28 (2005), S. 255 (271).

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E. Die Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

Entsprechend muss der Quellenstaat bei der Ermittlung der Einkünfte von Gebietsfremden auch den interperiodischen bzw. intraperiodischen Verlustausgleich gewähren, sofern dieser bei Gebietsansässigen zur Anwendung kommt. Für das deutsche Ertragssteuerrecht bedeutet dies, dass zumindest über den intraperiodischen (§ 2 Abs. 3 EStG) oder interperiodischen Verlustausgleich (§ 10d EStG ggf. i.V. m. § 8 Abs. 1 KStG) dem Gebietsfremden die Möglichkeit zur Verrechnung eingeräumt werden muss263. § 50 Abs. 2 EStG, welcher den Verlustausgleich für verschiedene inländische Quellen beschränkt, ist deshalb nicht mit den Grundfreiheiten zu vereinbaren264. Auch besteht nach der Rechtsprechung des EuGH eine Pflicht des Quellenstaates, im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht die persönlichen Verhältnisse des beschränkt Steuerpflichtigen zu berücksichtigen, sofern dieser den wesentlichen Teil seines Einkommens im Quellenstaat erzielt265. a) Vermeidung durch Anwendung der Freistellungsmethode Gegenüber dem Quellenstaat wirken die Grundfreiheiten aber nicht nur als Diskriminierungs-, sondern auch als Beschränkungsverbote. Die Verantwortlichkeit zur Vermeidung von Doppelbesteuerung trifft nicht nur den Ansässigkeitsstaat, sondern je nach Ausgestaltung der DBA auch den Quellenstaat. Die Vermeidung der Doppelbesteuerung erfolgt in diesen Fällen stets dadurch, dass der Quellenstaat die Einkünfte bzw. Einnahmen freistellt266. Die Besteuerung erfolgt dann allein kapitalexportneutral durch den Ansässigkeitsstaat, welcher die Einkünfte einer (diskriminierungsfreien) Besteuerung unterwirft. Eine Doppelregulierung durch Doppelbesteuerung und eine damit einhergehende Beschränkung der Grundfreiheiten wird dadurch vermieden. b) Steuerbemessungsgrundlage: Verlustberücksichtigung im Quellenstaat Ausgeblendet wurde in diesem Zusammenhang bislang die Frage, inwieweit auch der Quellenstaat bei Anwendung der Freistellungsmethode zur Berücksichtigung freigestellter negativer Einkünfte gemeinschaftsrechtlich verpflichtet ist. Sind Einkünfte aufgrund eines DBA im Quellenstaat von der Besteuerung freigestellt, hat das nach allgemeiner Auffassung zur Folge, dass nicht nur die posi263 Vgl. nur Haarman/Fuhrmann, IStR 2003, 558 (559); Schnitger, FR 2003, 745 (749); Herzig/Dautzenberg, DB 1997, 8 (13); Jacobs, Int. Unternehmensbesteuerung, S. 219; Schön, IStR 2004, 289 (295). 264 Herzig/Dautzenberg, DB 1997, 8 (13); Jacobs, Int. Unternehmensbesteuerung, S. 219; Haarmann/Fuhrmann, IStR 2003, 558 (559); Schnitger, FR 2003, 745 (749); Schön, IStR 2004, 289 (295). 265 Dazu oben Kapitel D.V.2.d)bb)(2)(a), S. 128 ff. 266 Dazu oben Kapitel C.II.3.b), S. 51 ff.

IV. Ausgestaltung der Anrechnungs- und Freistellungsmethode

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tiven, sondern auch die negativen freigestellten Einkünfte bei der Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlage unbeachtet bleiben267. Soweit ersichtlich ist diese Problematik bislang nicht diskutiert worden, was offensichtlich darauf zurückzuführen ist, dass die Verluste regelmäßig im Ansässigkeitsstaat im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht über einen intraperiodischen oder interperiodischen Verlustausgleich Berücksichtigung finden und damit jedenfalls einmal zum Abzug gelangen. aa) Diskriminierung durch Nichtberücksichtigung Im Fall von negativen Einkünften führt indes die Nichtberücksichtigung zu einer Benachteiligung in Deutschland als Quellenstaat, da diese in einer reinen Binnenmarktsituation über einen inter- bzw. intraperiodischen Verlustausgleich die steuerliche Bemessungsgrundlage mindern. Im Verhältnis zur unbeschränkten Steuerpflicht kommt es deshalb bei der Besteuerung von Gebietsfremden zu einer höheren Besteuerung in Deutschland268. Der Umstand, dass Deutschland als Quellenstaat insoweit durch ein DBA auf sein Besteuerungsrecht verzichtet hat, könnte allerdings den Schluss zulassen, dass es im Sinne des steuerlichen Territorialitätsprinzips auch nicht zur Berücksichtigung etwaiger freigestellter negativer Einkünfte verpflichtet ist. Wie bereits ausgeführt, stellt der abkommensrechtlich vereinbarte Besteuerungsverzicht allerdings keine vom Gemeinschaftsrecht zu respektierende Steuerwürdigkeitsentscheidung dar269. Sofern also Deutschland als Quellenstaat im Grundsatz durch Normierung eines Einkünftekatalogs i. S. v. § 49 Abs. 1 EStG von seinem Besteuerungsrecht Gebrauch gemacht hat, kann ein bilateral vereinbarter Besteuerungsverzicht den Diskriminierungsvorwurf nicht entfallen lassen. Die diskriminierende Benachteiligung entfällt selbstredend auch nicht dadurch, dass in Folgejahren aus derselben Einkunftsquelle steuerfreie positive 267

Dazu oben Kapitel C.II.4., S. 55 f. Beispiel: Ein Steuerpflichtiger erzielt in Deutschland im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht steuerpflichtige Einkünfte in Höhe von 200 A, daneben erwirtschaftet er in Deutschland auch negative Einkünfte in Höhe von –100 A, für die das Besteuerungsrecht nach dem DBA dem Ansässigkeitsstaat des Steuerpflichtigen zugewiesen ist. Weitere Einkünfte erzielt der Steuerpflichtige nicht. Bei einem unterstellten Steuersatz von 50% in Deutschland und im Ansässigkeitsstaat, beträgt die Steuerlast in Deutschland 100 A und im Ansässigkeitsstaat 0 A. Im Ansässigkeitsstaat fällt keine Steuer an, weil entweder die positiven Einkünfte in Höhe von 200 A freigestellt sind (Freistellungsmethode) oder aber weil die in Deutschland gezahlten Steuer in Höhe von 100 A vollständig im Ansässigkeitsstaat angerechnet werden (Anrechnungsmethode). Bei einem in Deutschland unbeschränkt Steuerpflichtigen betrüge die Steuerlast in Deutschland hingegen lediglich 50 A, da die positiven Einkünfte dann nach § 2 Abs. 3 EStG mit negativen Einkünften verrechnet werden könnten (200 A – 100 A  50%). 269 Dazu oben Kapitel D.V.2.d)dd), S. 143 f. 268

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E. Die Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

Einkünfte erwirtschaftet werden. Denn die den Gebietsfremden in Deutschland als Quellenstaat treffenden Liquiditätsnachteile bleiben auch im Fall von späteren Gewinnen bestehen. bb) Rechtfertigungsmöglichkeiten (1) Rechtfertigungstrias: Ausgewogenheit der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis Folgt man entgegen des hier zugrunde gelegten Verständnis von den Grundfreiheiten dem EuGH und erkennt den Rechtfertigungsgrund der Ausgewogenheit der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis an, so könnte die Nichtberücksichtigung von freigestellten negativen Einkünften im Quellenstaat mit dem Interesse des Quellenstaates an einer ausgewogenen Aufteilung der Besteuerungsbefugnis gerechtfertigt werden. Danach ist ein Mitgliedstaat nämlich nur zur Berücksichtigung von endgültigen (finalen) Verlusten gemeinschaftsrechtlich verpflichtet. Es fehlt insoweit allerdings bereits an einem für die Ausgewogenheit der Besteuerungsbefugnis erforderlichen Bezug zum steuerlichen Territorialitätsprinzip. Denn Deutschland hat als Quellenstaat die freigestellten Verluste bereits durch Normierung eines Einkünftekatalogs i. S. v. § 49 Abs. 1 EStG im Grunde der Besteuerung unterworfen und damit sein Besteuerungsrecht nicht in Ansehnung des steuerlichen Territorialitätsprinzips territorial im Sinne einer vom Gemeinschaftsrecht zu akzeptierenden Steuerwürdigkeitsentscheidung begrenzt. Wie bereits ausgeführt kann auch ein bilateral vereinbarter Besteuerungsverzicht eine territoriale Begrenzung des Besteuerungsrechts nicht begründen270. Die (negativen) freigestellten Einkünfte sind daher integraler Bestandteil der Steuerrechtsordnung des Quellenstaates. Eine Rechtfertigung aus Gründen der Wahrung der Ausgewogenheit der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis scheidet deshalb aus. (2) Kohärenzprinzip (eingeschränkte Symmetrie) Die Nichtberücksichtigung der negativen freigestellten Einkünfte im Quellenstaat könnte allerdings aus Gründen der Kohärenz gerechtfertigt sein. Dazu müsste die Nichtberücksichtigung zu einer insgesamt kohärenten Besteuerung im Quellenstaat führen. Dies setzt voraus, dass dem Nachteil der Nichtberücksichtigung ein in unmittelbarem Zusammenhang stehender Vorteil gegenübersteht, welcher den Nachteil derart kompensiert, dass im Ergebnis der grenzüberschreitende Sachverhalt nach den Maßstäben Deutschlands (als Quellenstaat) zu einer kohärenten Besteuerung geführt wird271. 270 271

Dazu oben Kapitel D.V.2.d)dd), S. 143 f. Dazu oben Kapitel D.VI.4.b)bb), S. 198 ff.

IV. Ausgestaltung der Anrechnungs- und Freistellungsmethode

279

Der nachteiligen Nichtberücksichtigung des Verlusts in Deutschland könnte hier die (vorteilhafte) Berücksichtigung des Verlusts im Ansässigkeitsstaat gegenüberstehen. Da jedoch gewährte Kompensationen in der Rechtsordnung eines anderen Staates für die Frage der Kohärenz im Quellenstaat ausgeblendet werden müssen, kann Deutschland als Quellenstaat die diskriminierende Nichtberücksichtigung nicht mit dem Kohärenzprinzip rechtfertigen. Der Nichtberücksichtigung von freigestellten Inlandseinkünften steht aber die (vorteilhafte) Freistellung von in der Vergangenheit erzielten Gewinnen gegenüber. Soweit Gewinnen aus der inländischen Einkunftsquelle in der Vergangenheit freigestellt wurden, kann deshalb die Nichtberücksichtigung mit dem Grundsatz der Kohärenz gerechtfertigt werden (eingeschränkte Symmetrie). Wenn den Verlusten keine früheren (freigestellten) Gewinne aus der beschränkt steuerpflichtigen Einkunftsquelle gegenüberstehen, also erst später Gewinne in Deutschland als Quellenstaat erzielt werden, kann der Kohärenzgrundsatz auch im Sinne einer eingeschränkten Symmetrie eine beschränkende Besteuerung von freigestellten Gewinnen rechtfertigen. Denn im Sinne einer kohärenten Besteuerung ist es Deutschland als Quellenstaat in gewinnträchtigen Perioden erlaubt, die eigentlich freigestellten Gewinne bis zur Höhe der bisher berücksichtigten Verluste zu besteuern272. Dadurch werden zugleich etwaige Doppelbegünstigungen vermieden, die dadurch entstehen können, dass ein Verlust sowohl im Ansässigkeitsstaat als auch im Quellenstaat in Abzug gebracht wird. (3) Vermeidung von Doppelbegünstigungen (a) Doppelte Verlustberücksichtigung Durch eine kohärente Nachversteuerung können aber nicht alle auftretenden Doppelbegünstigungen in Form einer Verlustberücksichtigung sowohl im Ansässigkeits- als auch im Quellenstaat verhindert werden. Immer dann, wenn der zu kompensierende Vorteil in der Rechtsordnung des Ansässigkeitsstaates außerhalb des Regelungsgefüges der Rechtsordnung des Quellenstaates liegt, ist es dem Quellenstaat nicht möglich, eine nach den Maßstäben seiner Rechtsordnung kohärente Besteuerung herbeizuführen. Vermeidet der Ansässigkeitsstaat die Doppelbesteuerung der im Quellenstaat steuerpflichtigen Einkünfte – also derjenigen Einkünfte mit denen die negativen freigestellten Einkünfte im Quellenstaat verrechnet werden – durch Freistellung273, kann es auch im Bereich der Vermeidung von Doppelbesteuerung zu 272 Vgl. zur Ausgestaltung einer „Nachversteuerung“ oben Kapitel E.IV.1.b)aa)(4) (b), S. 265 ff. 273 Das Problem der doppelten Verlustberücksichtigung besteht nicht, wenn der Ansässigkeitsstaat die Doppelbesteuerung durch Anwendung der Anrechnungsmethode

280

E. Die Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

einer Verlustberücksichtigung sowohl im Quellenstaat als auch im Ansässigkeitsstaat kommen, wenn im Ansässigkeitsstaat ausreichend andere verrechenbare positive Einkünfte vorhanden sind274. Darin liegt ein typischer Fall der begünstigenden Doppelregulierung. Denn die Verlustberücksichtigung erfolgt in beiden Steuerjurisdiktionen mit gleicher Regelungsintention: Die durch den Verlust geminderte Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen soll sich in beiden Rechtsordnungen in der Steuerbemessungsgrundlage niederschlagen. Da sich in diesem Fall die (zweite) Verlustberücksichtigung außerhalb des Regelungsgefüges des Quellenstaates vollzieht, kann dieser eine die Einmalbegünstigung gewährleistende kohärente Besteuerung nicht realisieren. In diesen Fällen kann es dem Quellenstaat erlaubt sein, die Verlustberücksichtigung in diskriminierender Weise zu verweigern. Dies setzt allerdings voraus, dass der Quellenstaat für die Vermeidung dieser Doppelbegünstigung auch „verantwortlich“ ist. (b) Verantwortlichkeit des Quellenstaates Eine „Verantwortlichkeit“ des Quellenstaates für die Vermeidung der Doppelbegünstigung besteht dann, wenn sich aus dem jeweilig einschlägigen DBA ergibt, dass er zur Besteuerung der diskriminierten Einkünfte nicht berechtigt ist275. Da im Fall der abkommensrechtlichen Freistellung der Quellenstaat auf sein Besteuerungsrecht im Rahmen eines DBA verzichtet hat, steht es ihm im Verhältnis zum Ansässigkeitsstaat zu, die doppelte Verlustberücksichtigung zu vermeiden. Im Ergebnis ist die diskriminierende Nichtberücksichtigung der negativen inländischen Einkünfte im Quellenstaat deshalb aus Gründen der Vermeidung von Doppelbegünstigungen gerechtfertigt. c) Steuersatz: Pflicht zur Anwendung des Progressionsvorbehaltes im Quellenstaat Zurzeit herrschen bei der Steuersatzberechnung zwischen der unbeschränkten und der beschränkten Steuerpflicht erhebliche Unterschiede. Bei Gebietsansässigen erfolgt die Ermittlung des Steuersatzes grundsätzlich auf der Grundlage der auf die im Quellenstaat steuerpflichtigen positiven Einkünfte vermeidet. Denn bei Anwendung der Anrechnungsmethode kommt es – anders als bei Anwendung der Freistellungsmethode – letztlich über einen geminderten Anrechnungshöchstbetrag nur zu einer einmaligen Verlustberücksichtigung im Quellenstaat. 274 Denn in den intraperiodischen Verlustausgleich nach § 2 Abs. 3 EStG fließen nur steuerpflichtige Einkünfte, vgl. BFH, Urteil v. 29.07.1966 – IV 299/65, BStBl. II 1966, 544 (545); BFH, Urteil v. 16.12.1975 – VIII R 147/71, BStBl. II 1976, 360 (361); Kirchhof/Geserich in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff EStG, § 2 EStG Rn. D 66 (121. EL Mai 2002). 275 Dazu oben Kapitel D.VI.4.c)bb), S. 201 f.

IV. Ausgestaltung der Anrechnungs- und Freistellungsmethode

281

weltweit erzielten, das heißt u. a. unter Berücksichtigung der nach DBA freigestellten Einkünfte (vgl. § 32b Abs. 2 Nr. 3 EStG)276. Bei Gebietsfremden wird der Steuersatz hingegen – von wenigen Ausnahmen abgesehen – grundsätzlich unter Außerachtlassung der aufgrund einer Verteilungsnorm mit abschließender Rechtsfolge abkommensrechtlich befreiten inländischen Einkünfte bemessen277. Selbst in den wenigen Fällen, in denen der Steuersatz unter Berücksichtigung der freigestellten Einkünfte ermittelt wird, schließt das Gesetz den negativen Progressionsvorbehalt aus278. Es stellt sich deshalb die Frage, ob aus grundfreiheitlicher Sicht im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht der Steuersatz unter Berücksichtigung des Welteinkommens und damit auch unter Berücksichtigung der vom Quellenstaat freigestellten Einkünften ermittelt werden muss. aa) EuGH-Rechtsprechung Der EuGH hat zur Höhe des Steuersatzes in „inbound“-Konstellationen mehrfach Stellung bezogen. Bereits frühzeitig untersagte er in der Asscher-Entscheidung dem Quellenstaat die Besteuerung unter Progressionsvorbehalt mit dem Argument, dass bereits im Ansässigkeitsstaat eine Besteuerung unter Progressionsvorbehalt erfolgt sei279. Andererseits stellte er in der Rechtssache Gerritse hinsichtlich der Höhe des Steuersatzes im Quellenstaat klar, dass „sich Gebietsfremde und Gebietsansässige in einer vergleichbaren Situation befänden, so dass es eine nach dem Gemeinschaftsrecht [. . .] verbotene mittelbare Diskriminierung darstellen würde, wenn auf Gebietsfremde ein höherer Einkommensteuersatz angewandt würde, als er für Gebietsansässige [. . .] gilt“280. Zudem führte der EuGH in der Rechtssache Royal Bank of Scotland aus, dass es den Grundfreiheiten widerspricht, wenn gebietsfremde Gesellschaften nicht in den Genuss eines niedrigen Steuersatzes gelangen, der grundsätzlich für gebietsansässige Gesellschaften gilt281. In der Rechtssache Lakebrink stellte der EuGH fest, dass es mit den Grundfreiheiten nicht zu vereinbaren sei, wenn Luxemburg als Quellenstaat bei Gebietsfremden, die fast ihr gesamtes Einkommen in Luxemburg erzielen, die im 276

Dazu oben Kapitel C.II.4.b)cc)(2)(a), S. 83 ff. Dazu oben Kapitel C.II.4.b)cc)(2)(b), S. 86 ff. 278 Dazu oben Kapitel C.II.4.b)cc)(2)(b), S. 86 ff. 279 EuGH, Urteil v. 27.06.1996, Rs. C-107/94, Slg. 1996, I-3089 ff., Rn. 46 ff. – Asscher. 280 EuGH, Urteil v. 12.06.2003, Rs. C-234/01, Slg. 2003, I-5933 ff., Rn. 53 – Gerritse. 281 EuGH, Urteil v. 29.04.1999, Rs. C-311/97, Slg. 1999, I-2651 ff., Rn. 34 – Royal Bank of Scotland. 277

282

E. Die Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

Ansässigkeitsstaat erzielten negativen Einkünfte bei der Festsetzung des Steuersatzes nicht berücksichtigt werden, sofern dies bei Gebietsansässigen der Fall sei282. Maßgeblich stützte der EuGH seine Entscheidung auf der SchumackerRechtsprechung und damit auf der Erwägung, dass die negativen Einkünfte ansonsten weder beim Steuersatz in Luxemburg noch im Ansässigkeitsstaat berücksichtigt werden könnten283. Während der EuGH also zunächst in der Asscher-Entscheidung einer Besteuerung im Quellenstaat unter Progressionsvorbehalt die Gemeinschaftskonformität abgesprochen hat, hat er in den nachfolgenden Entscheidungen hinsichtlich des Steuersatzes das Inländergleichbehandlungsgebot betont und damit letztlich zum Ausdruck gebracht, dass bei Gebietsfremden wie bei Gebietsansässigen der Steuersatz unter Berücksichtigung des Welteinkommens und damit auch der freigestellten Einkünfte ermittelt werden kann284. In der Rechtssache Lakebrink hat der EuGH wieder im Sinne von Asscher zu verstehen gegeben, dass es ihm letztlich nur darauf ankommt, Einkünfte letztlich innerhalb einer Steuerrechtsordnung bei der Ermittlung des Steuersatzes berücksichtigt zu sehen. Während er allerdings in der Asscher-Entscheidung eine Besteuerung unter Anwendung eines Progressionsvorbehalts im Quellenstaat untersagte, verpflichtete er in der Lakebrink-Entscheidung den Quellenstaat zu einer Besteuerung unter Progressionsvorbehalt. bb) Meinungsbild im Schrifttum Mangels eindeutiger Rechtsprechung des EuGH finden sich in der Literatur unterschiedliche Auffassungen über die Vereinbarkeit eines Progressionsvorbehalts im Quellenstaat. Teils wird in der Anwendung eines Progressionsvorbehalts im Quellenstaat ein Verstoß gegen die Grundfreiheiten gesehen285. Der Progressionsvorbehalt führe zu erheblichen Nachteilen bei Gebietsfremden. Diese bestünden darin, dass sämtliche Einkünfte und damit auch das übrige Welteinkommen stets zusätzlich nach dem Recht des Quellenstaates ermittelt werden müssten. Zudem stehe einer Besteuerung unter Progressionsvorbehalt die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Asscher entgegen. Damit habe der EuGH eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass die Besteuerung im Quellenstaat nicht unter Progressionsvorbehalt erfolgen dürfe.

282

EuGH, Urteil v. 18.07.2007, Rs. C-182/06, DStR 2007, 1339 ff., Rn. 37 – Lake-

brink. 283

EuGH, Urteil v. 18.07.2007, Rs. C-182/06, DStR 2007, 1339 ff., Rn. 34 – Lake-

brink. 284 Zur Anwendung des Progressionsvorbehalts im Ansässigkeitsstaat vgl. oben Kapitel E.IV.1.b)dd), S. 272 ff. 285 Grams/Molenaar, IStR 2003, 745.

IV. Ausgestaltung der Anrechnungs- und Freistellungsmethode

283

Andererseits wird eine Besteuerung im Quellenstaat unter Berücksichtigung des übrigen Welteinkommens als gemeinschaftsrechtlich geboten angesehen286. Würde der Steuersatz lediglich anhand der beschränkt steuerpflichtigen Einkünfte im Quellenstaat bemessen, wäre es denkbar, dass bei Verlusten ein Gebietsansässiger durch den negativen Progressionsvorbehalt in den Genuss eines günstigeren Steuersatzes käme. Darin liege eine nicht zu rechtfertigende Diskriminierung des beschränkt Steuerpflichtigen. cc) Stellungnahme Der Anwendung des Progressionsvorbehalts im Quellenstaat steht jedenfalls nicht schon die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Asscher entgegen. Darin hat der EuGH zwar dem Quellenstaat die Besteuerung unter Anwendung eines Progressionsvorbehalts untersagt. Der Argumentation des EuGH lag aber ein Missverständnis über die Funktionsweise des Progressionsvorbehalts zugrunde. So war der EuGH der Ansicht, dass bereits die einmalige Anwendung des Progressionsvorbehaltes im Ansässigkeitsstaat etwaige Progressionsvorteile beseitigen kann, die durch die Verteilung von Einkünften auf verschiedene Staaten entstehen. In diesem Sinne urteile der EuGH auch in der Entscheidung Lakebrink, in der er allerdings unter Rückgriff auf die Schumacker-Rechtsprechung den Quellenstaat zu einer Besteuerung unter Progressionsvorbehalt verpflichtete. Er verkannte damit jeweils, dass es zur Vermeidung von Progressionsvorteilen eines doppelten Progressionsvorbehalts sowohl im Ansässigkeitsals auch im Quellenstaat bedarf287. Schon die Entscheidungen in den Rechtssachen Gerritse und Royal Bank of Scotland lassen darauf schließen, dass es gemeinschaftsrechtlich nicht untersagt ist, den Steuersatz im Quellenstaat unter Berücksichtigung des Welteinkommens und damit auch unter Berücksichtigung der im Quellenstaat freigestellten Einkünften zu ermitteln. Dort brachte der EuGH unter Rückgriff auf das Inländergleichbehandlungsgebot zum Ausdruck, dass Gebietsfremde und Gebietsansässige auch hinsichtlich des Steuersatzes grundsätzlich gleich behandelt werden müssen. Zwar hat er in diesen Entscheidungen keine direkte Antwort auf die hier zu beantwortende Frage gegeben, ob sich der Steuersatz auch im Quellenstaat nach dem Welteinkommen bemisst. In der Entscheidung Lakebrink verpflichtete er allerdings ausdrücklich den Quellenstaat zu einer Besteuerung unter Progressionsvorbehalt, indem er unter Rückgriff auf die Schumacker-Judikatur feststellte, dass Gebietsansässige und Gebietsfremde, die den wesentlichen 286 Wattel, ET 2000, 210 (212); Kramer, RIW 1996, 951 (954); Schnitger, IStR 2002, 478 (489); Schön, StbJb 2003/2004, 27 (63); Rödder, DStR 2004, 1629 (1631); ders. in: FS Wassermeyer, S. 165 (169 f.). 287 Richtig insofern Kramer, RIW 1996, 951 (954); Schnitger, IStR 2004, 821 (823); Cordewener, DStJG Bd. 28 (2005), S. 255 (278).

284

E. Die Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

Teil ihres Einkommens im Quellenstaat erzielen, auch hinsichtlich des Steuersatzes vergleichbar sind. Damit dürfte jedenfalls klar sein, dass eine Besteuerung unter Progressionsvorbehalt im Quellenstaat nicht per se gegen das Gemeinschaftsrecht verstößt. Das Recht des Quellenstaates zur Berücksichtigung steuerfreier Einkünfte bei der Steuersatzbemessung ergibt sich indes daraus, dass die Besteuerung der steuerpflichtigen Inlandseinkünfte unter Berücksichtigung eines Progressionsvorbehalts nach Rechtsprechung des BFH im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht dem Prinzip der Besteuerung nach der objektiven Leistungsfähigkeit entspricht288. Diese Wertung des nationalen Rechts muss auch bei der Beurteilung der grundfreiheitlichen Vergleichbarkeit von Gebietsansässigen und Gebietsfremden berücksichtigt werden. Der Gebietsfremde ist hinsichtlich der territorialen Schnittmenge gleichermaßen leistungsfähig und muss deshalb auch unter Berücksichtigung eines das Welteinkommen erfassenden Progressionsvorbehalts besteuert werden. Vor diesem Hintergrund stellt sich eine Besteuerung im Quellenstaat unter Progressionsvorbehalt als Gleichbehandlung von beschränkt und unbeschränkt Steuerpflichtigen dar und damit als eine Befolgung des grundfreiheitlichen Inländergleichbehandlungsgebots289. Anders als der EuGH in der Lakebrink-Entscheidung meint,290 ist der Progressionsvorbehalt damit nicht Ausdruck einer Besteuerung nach der persönlichen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen, sondern Bestandteil einer an der objektiven Leistungsfähigkeit orientierten Besteuerung des Steuerpflichtigen. Von dem Missverständnis über die Funktionsweise des Progressionsvorbehalts abgesehen, ist ein Rückgriff auf die Schumacker-Rechtsprechung nach den Maßstäben des deutschen Einkommensteuerrechts schon deshalb nicht angebracht. Eine gemeinschaftsrechtliche Pflicht zur Berücksichtigung des übrigen Welteinkommens und damit auch der freigestellten Einkünfte bei der Berechnung des Steuersatzes lässt sich aufgrund der Struktur der Grundfreiheiten291 allerdings nur begründen, wenn die Nichtberücksichtigung von Einkünften beim Steuersatz einen Nachteil für den Gebietsfremden gegenüber dem Gebietsansässigen zur Folge hat. Deshalb besteht im Grunde eine grundfreiheitliche Pflicht zur Besteuerung unter Progressionsvorbehalt nur in Verlustkonstellationen (negativer Progressionsvorbehalt). Damit ist der Umstand, dass im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht im Regelfall sonstige positive Einkünfte des Gebiets288

Dazu oben Kapitel C.II.4.b)cc)(2), S. 82 f. Im Ergebnis ebenso FG Berlin, Urteil v. 25.08.2003 – 9 K 9312/99, EFG 2003, 1709 bzw. IStR 2003, 740 (744). 290 EuGH, Urteil v. 18.07.2007, Rs. C-182/06, DStR 2007, 1339 ff., Rn. 34 – Lakebrink. 291 Die Grundfreiheiten setzen eine Ungleichbehandlung zum Nachteil der grenzüberschreitenden Betätigung voraus, vgl. hierzu ausführlich Plötscher, Diskriminierungsbegriff, S. 49 ff. 289

IV. Ausgestaltung der Anrechnungs- und Freistellungsmethode

285

fremden bei der Berechnung des Steuersatzes unberücksichtigt bleiben, gemeinschaftsrechtlich unproblematisch. Wie ausgeführt werden Verluste bei der Ermittlung des Progressionsvorbehalts allerdings stets ausgeblendet. Trotz verminderter (territorial begrenzter) Leistungsfähigkeit erfolgt also keine Berücksichtigung des übrigen Welteinkommens, insbesondere der negativen freigestellten Einkünfte beim Steuersatz, was stets eine höhere Steuerlast zur Folge hat. Deshalb wird nach derzeitiger Rechtslage der Gebietsfremde diskriminiert. Die Nichtberücksichtigung des Welteinkommens, insbesondere der freigestellten (negativen) Einkünfte, kann auch gemeinschaftsrechtlich nicht mit Praktikabilitätserwägungen gerechtfertigt werden, weil es unter Umständen schwierig sein mag, die freigestellten Einkünften bzw. das Welteinkommen zu ermitteln. Denn mit dem Rechtfertigungsgrund unzureichender Sachverhaltermittlung können materiell-rechtliche Benachteiligungen grundsätzlich nicht gerechtfertigt werden. Die diskriminierende Behandlung lässt sich auch nicht mit dem Argument rechtfertigen, dass ansonsten die übrigen Welteinkünfte zusätzlich nach dem Recht des Quellenstaates ermitteln werden müssten. Die durch den negativen Progressionsvorbehalt eintretende Steuerersparnis wird oftmals zwar nicht die Kosten für die Ermittlung der Einkünfte decken. Deshalb aber gänzlich eine Berücksichtigung beim Steuersatz auszuschließen ist unverhältnismäßig. Insoweit ist dem Steuerpflichtigen ein Wahlrecht einzuräumen, ob er die übrigen Einkünfte für Zwecke eines Progressionsvorbehalts ermitteln lässt oder nicht. Da für die diskriminierende Behandlung keine Rechtfertigungsgründe ersichtlich sind, muss der Gesetzgeber reagieren und dafür sorgen, dass das Welteinkommen und damit auch abkommensrechtlich freigestellte Inlandsverluste bei der Ermittlung des progressiven Steuersatzes im Quellenstaat Berücksichtigung finden292. Insbesondere muss auch eine periodenübergreifende Einbeziehung steuerfreier Inlandsverluste gewährleistet werden, wenn bspw. steuerfreie Inlandsverluste die steuerpflichtigen Inlandseinkünfte übersteigen293. Folgt man entgegen der hier vertretenen Ansicht der Schumacker-Judikatur, wonach der Ansässigkeitsstaat grundsätzlich zur Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse verpflichtet ist294, steht es dem Quellenstaat zu, den Steuertarif im Rahmen des Progressionsvorbehalts ohne Abzug des Existenzminimums zu berechnen. Nach vorzugswürdiger Ansicht295 sollte aber im Sinne einer „fraktionierten“ Besteuerung anteilig auch das Existenzminimum bei der Ermittlung des Progressionsvorbehalts berücksichtigt werden.

292 293 294 295

In diesem Sinne auch Kofler, DBA und EG-Recht, S. 666 ff. Vgl. dazu in der „outbound“-Konstellation oben Kapitel E.IV.1.b)dd), S. 272 ff. Dazu oben Kapitel D.V.2.d)bb)(2)(a), S. 128 ff. Dazu oben Kapitel D.V.2.d)bb)(2)(c), S. 131 ff.

286

E. Die Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

d) Vermeidung von Doppelbesteuerung in Dreieckssachverhalten Wie bereits dargestellt, kann den Quellenstaat in sog. Dreieckssachverhalten eine Pflicht zur Vermeidung von Doppelbesteuerung treffen296. Eine Verpflichtung zur Vermeidung von Doppelbesteuerung ergibt sich in diesen Fällen aus dem grundfreiheitlichen Inländergleichbehandlungsgebot, wonach dem Quellenstaat die Verpflichtung obliegt, die Doppelbesteuerung auch bei Gebietsfremden zu vermeiden, wenn er die Doppelbesteuerung auch im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht durch Anwendung eines DBA vermeidet297. In Deutschland kann § 50 Abs. 6 EStG ggf. i.V. m. § 26 Abs. 6 S. 1 KStG als innerstaatliche Ausprägung des Inländergleichbehandlungsgebotes bei Dreieckssachverhalten die Doppelbesteuerungsproblematik auflösen, sofern die doppelbesteuerten Einkünften von dessen Anwendungsbereich erfasst werden. Zwar ist § 50 Abs. 6 EStG gegenüber DBA grundsätzlich nicht subsidiär anwendbar, so dass dieser auch bei einem zwischen Quellenstaat und Drittstaat vereinbarten DBA Anwendung findet und insoweit die durch die fehlende Abkommensberechtigung von Betriebsstätten entstehenden Lücken schließen kann. Der Anwendungsbereich des § 50 Abs. 6 EStG ist jedoch auf bestimmte Einkünfte begrenzt298, so dass es in den über § 50 Abs. 6 EStG hinausgehenden Fällen bei einer Doppelbesteuerung verbleibt. In diesen Fällen kommt es unter Verstoß gegen das Inländergleichbehandlungsgebot zu einer Diskriminierung durch den Quellenstaat299. Ein die Doppelbesteuerung rechtfertigender Grund ist in diesem Zusammenhang nicht ersichtlich. Aber auch innerhalb des Anwendungsbereichs des § 50 Abs. 6 EStG kann es zu einer diskriminierenden Besteuerung kommen, wenn das für den Gebietsansässigen geltende DBA für die betroffenen Einkünfte die Freistellungsmethode, mithin eine kapitalimportneutrale Form der Vermeidung von Doppelbesteuerung vorsieht. Die Diskriminierung liegt dann darin begründet, dass es durch § 50 Abs. 6 EStG (Anrechnungsmethode) zu einer kapitalexportneutralen Besteuerung von Gebietsfremden bezogen auf die Investition in Drittstaaten kommt. Zwar besteht gemeinschaftsrechtlich keine Präferenz für eine kapitalimportoder eine kapitalexportneutrale Besteuerung300. Sofern allerdings die „outbound“-Investition eines Gebietsansässigen von der Besteuerung freigestellt wird, muss dies auch für den Gebietsfremden gelten, will man ihm nicht bezogen auf die Besteuerung seiner Investition gegenüber dem Gebietsansässigen benachteiligen301. 296

Vgl. zu den Dreieckssachverhalten oben Kapitel D.V.3.c)cc)(4), S. 169 ff. Dazu oben Kapitel D.V.3.c)cc)(4), S. 169 ff. 298 Dazu oben Kapitel C.I.2, S. 45 ff. 299 So auch Cordewener/Schnitger, StuW 2006, 50 (64); Schönfeld in: Flick/Wassermeyer/Baumhoff, Vor § 34c EStG Rn. 38 (57. EL Nov. 2005). 300 Dazu oben Kapitel E.III.1.a), S. 215 ff. 297

IV. Ausgestaltung der Anrechnungs- und Freistellungsmethode

287

Ein Diskriminierungsvorwurf kann dem Quellenstaat jedoch dann nicht gemacht werden, wenn der Drittstaat die betroffenen Einkünfte aufgrund des DBA mit dem Ansässigkeitsstaat des Gebietsfremden nicht besteuern darf. Für den Gebietsfremden gilt nämlich das DBA zwischen dem Drittstaat und seinem Ansässigkeitsstaat302. Dann befinden sich der Gebietsfremde und der Gebietsansässige nämlich in Bezug auf die abkommensrechtliche Vermeidungsnorm mangels Vorliegens eine Doppelbesteuerungskonstellation im Quellenstaat nicht in einer vergleichbaren Lage. e) Zusammenfassung Die Vermeidung der Doppelbesteuerung erfolgt im Quellenstaat stets dadurch, dass der Quellenstaat die Einkünfte bzw. Einnahmen freistellt. Die Besteuerung erfolgt dann allein kapitalexportneutral durch den Ansässigkeitsstaat, welcher die Einkünfte einer (diskriminierungsfreien) Besteuerung unterwirft. Eine Doppelregulierung durch Doppelbesteuerung und eine damit einhergehende Beschränkung der Grundfreiheiten wird dadurch vermieden. Im Fall von negativen Einkünften führt die Nichtberücksichtigung allerdings zu einer Benachteiligung im Deutschland, da diese in einer reinen Binnenmarktsituation über einen inter- bzw. intraperiodischen Verlustausgleich die steuerliche Bemessungsgrundlage mindern. Im Verhältnis zur unbeschränkten Steuerpflicht kommt es deshalb bei der Besteuerung von Gebietsfremden zu einer Diskriminierung. Maßgeblich ist auch hier die Erkenntnis, dass ein bilateral erklärter Besteuerungsverzicht des Quellenstaates keine territoriale Begrenzung des Besteuerungsumfangs zur Folge hat, welcher vom Gemeinschaftsrecht aus Gründen der steuerlichen Territorialität akzeptiert werden müsste. Sofern allerdings Gewinne aus der inländischen Einkunftsquelle dem Verlust gegenüberstehen, ist die Nichtberücksichtigung des Verlusts Ausdruck einer kohärenten Besteuerung. Dadurch wird in den meisten Fällen auch eine doppelte Verlustberücksichtigung sowohl im Ansässigkeits- als auch im Quellenstaat verhindert. Nur dann, wenn eine kohärente Ausgestaltung der Steuerrechtsordnung des Quellenstaates eine doppelte Verlustberücksichtigung nicht verhindern kann, kann der Quellenstaat die Nichtberücksichtigung des inländischen Verlusts aus Gründen der Vermeidung einer Doppelbegünstigung rechtfertigen. Sofern die im Quellenstaat freigestellten Verluste nicht im Rahmen eines Progressionsvorbehalts bei der Steuersatzermittlung berücksichtigt werden, stellt dies eine nicht zu rechtfertigenden Diskriminierung dar. Denn die Besteuerung 301 Klarstellend sei hier angeführt, dass dies kein Fall von Meistbegünstigung ist, sondern lediglich Ausfluss des den Grundfreiheiten innewohnenden Inländergleichbehandlungsgebots, vgl. dazu oben Kapitel D.V.3.c)cc)(4), S. 169 ff. 302 Dazu oben Kapitel D.V.3.c)cc)(4), S. 169 ff.

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E. Die Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

unter Progressionsvorbehalt entspricht auch im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht dem Prinzip der Besteuerung nach der objektiven Leistungsfähigkeit. Die grundfreiheitsrechtlich gebotene Vermeidung von Doppelbesteuerung in Dreieckssachverhalten kann § 50 Abs. 6 EStG nur innerhalb seines Anwendungsbereichs gewährleisten. Insoweit bedarf es zur gemeinschaftsrechtlich gebotenen Vermeidung von Doppelbesteuerung einer Erweiterung des § 50 Abs. 6 EStG auf die dort nicht erfassten Bereiche. Aber auch innerhalb des Anwendungsbereichs des § 50 Abs. 6 EStG kommt es zu einer diskriminierenden Besteuerung, wenn das für den Gebietsansässigen geltende DBA für die betroffenen Einkünfte die Freistellungsmethode, mithin eine kapitalimportneutrale Form der Vermeidung von Doppelbesteuerung vorsieht. Die Diskriminierung liegt darin begründet, dass es durch § 50 Abs. 6 EStG (Anrechnungsmethode) zu einer kapitalexportneutralen Besteuerung von Gebietsfremden bezogen auf die Investition in Drittstaaten kommt. Zwar besteht gemeinschaftsrechtlich keine Präferenz für eine kapitalimport- oder eine kapitalexportneutrale Besteuerung. Sofern allerdings die „outbound“-Investition eines Gebietsansässigen von der Besteuerung freigestellt wird, muss dies auch für den Gebietsfremden gelten, will man ihm nicht bezogen auf die Besteuerung seiner Investition gegenüber dem Gebietsansässigen benachteiligen. Ein Diskriminierungsvorwurf kann dem Quellenstaat aber dann nicht gemacht werden, wenn der Drittstaat die betroffenen Einkünfte aufgrund des DBA mit dem Ansässigkeitsstaat des Gebietsfremden nicht besteuern darf. Dann befinden sich der Gebietsfremde und der Gebietsansässige nämlich in Bezug auf die abkommensrechtliche Vermeidungsnorm mangels Vorliegens eine Doppelbesteuerungskonstellation im Quellenstaat nicht in einer vergleichbaren Lage.

F. Zusammenfassung der Ergebnisse Die internationale Doppelbesteuerung beeinträchtigt in beachtlichem Maße den grenzüberschreitenden Wirtschaftsverkehr, denn sie führt zu einer zusätzlichen Belastung der grenzüberschreitenden Betätigung. Ihre Vermeidung ist deshalb ein wesentliches Ziel des EG-Vertrages, nach dessen Konzeption der EGBinnenmarkt ein Raum ohne Binnengrenzen sein soll, in dem der freie Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital gewährleistet ist. Gemeinschaftsrechtlich wird das Ziel der Vermeidung von internationaler Doppelbesteuerung durch die Grundfreiheiten verbindlich. Maßgeblich dafür ist die Entwicklung der Grundfreiheiten zu umfassenden Beschränkungsverboten. Die Doppelbesteuerung erweist sich in diesem Zusammenhang als der typische Fall einer Beschränkung durch Doppelregulierung. Die für jede Doppelregulierung eigentümliche und höchst problematische Frage nach der Verantwortlichkeit für die Vermeidung der Doppelbesteuerung kann gemeinschaftsrechtlich nur unter Zuhilfenahme des Gebots der Gemeinschaftstreue beantwortet werden. Haben sich zwei Mitgliedstaaten auf ein bestimmtes DBA in Erfüllung der ihnen nach Art. 293 2. Spiegelstrich EGV obliegenden Verpflichtung völkerrechtlich wirksam zur Vermeidung von Doppelbesteuerung geeinigt, so gebietet es dieser Grundsatz, das abgeschlossene DBA einzuhalten und damit die beschränkende Doppelbesteuerung zu vermeiden. In Dreieckssachverhalten hilft allerdings diese Form der Verantwortungszuweisung nicht weiter. Hier lässt sich nur über das Inländergleichbehandlungsgebot eine Verantwortlichkeit für die Beseitigung internationaler Doppelbesteuerung ausmachen. Über das Inländergleichbehandlungsgebot muss der Staat den nichtabkommensberechtigten beschränkt Steuerpflichtigen, der über eine Betriebsstätte Einkünfte aus Drittstaaten bezieht, die für unbeschränkt Steuerpflichtige geltenden DBA-Vergünstigungen einräumen. Da die Betriebsstätte durch das Inländergleichbehandlungsgebot aber nicht vollumfänglich den Status eines Abkommensberechtigten i. S. d. jeweils einschlägigen DBA erhält, wird der grenzüberschreitende Sachverhalt zwischen Drittstaat und Betriebsstättenstaat anhand unterschiedlicher DBA beurteilt. Erfolgt die Aufteilung der Besteuerungsrechte in den einschlägigen DBA nicht in koordinierter Übereinstimmung so droht eine internationale Doppelbesteuerung, für die nur äquivalenztheoretische Erwägungen oder die von Beul in den Raum gestellte Wahlfreiheit des Steuerpflichtigen eine Verantwortlichkeit eines der involvierten Staaten begründen können.

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F. Zusammenfassung der Ergebnisse

Im Verhältnis zu Staaten, die nicht Mitglied der EG sind, kann die „erga omnes“-Wirkung der Kapitalverkehrsfreiheit indes keine gemeinschaftsrechtliche Pflicht zur Vermeidung von Doppelbesteuerung begründen. Dementsprechend besteht hinsichtlich einer Doppelbesteuerung von Einkünften mit Bezug zu Drittstaaten keine gemeinschaftsrechtliche Pflicht zur Vermeidung von internationaler Doppelbesteuerung. Da die Pflicht zur Vermeidung von Doppelbesteuerung grundsätzlich die von einer Doppelbesteuerungssituation betroffenen Mitgliedstaaten trifft, führt ein solches Verständnis zur Behebung von Symmetriedefiziten, die bei Anwendung von DBA dadurch auftreten können, dass die Staaten das jeweilige Abkommen asymmetrisch anwenden. Schlichte Unterschiede in der Auslegung von DBA und die damit einhergehende unterschiedliche Zuordnung von Einkünften zu den einzelnen Zuteilungsnormen werden dadurch vermieden. Damit leistet das Gemeinschaftsrecht über den Grundsatz der Gemeinschaftstreue einen Beitrag zu einem einheitlichen Verständnis von DBA innerhalb der EG. Obwohl zwischen Gemeinschaftsrecht und DBA im Grundsatz bezüglich der Vermeidung von internationaler Doppelbesteuerung Zielkongruenz besteht, werden die Methoden zur Vermeidung von Doppelbesteuerung den grundfreiheitlichen Vorgaben nicht immer gerecht. So werden DBA aufgrund ihrer besonderen Wettbewerbswirkungen zur Verfolgung finanzpolitischer Ziele eingesetzt, beispielsweise durch Vereinbarung der Freistellungs- oder der Anrechnungsmethode, die entweder zu einer kapitalimportneutralen oder kapitalexportneutralen Besteuerung führen. Die Untersuchung zeigt allerdings, dass es einen Vorrang von Kapitalimportneutralität und damit eine Präferenz zugunsten der Freistellungsmethode nicht gibt. Eine Pflicht zur einheitlichen Anwendung der Vermeidungsmethoden in Bezug auf Auslandsengagements in verschiedene Mitgliedstaaten besteht ebenfalls nicht. Auch ein „switch-over“ von der Freistellungsmethode zur Anrechnungsmethode, wie es bspw. in § 20 Abs. 2 AStG vorgesehen ist, ist gemeinschaftsrechtlich unbedenklich. Beide Methoden stehen deshalb grundsätzlich gleichberechtigt nebeneinander, so dass den Mitgliedstaaten ein Wahlrecht hinsichtlich der Vermeidungsmethode zusteht. Die Methoden sind dessen ungeachtet allerdings auch hinsichtlich ihrer konkreten Ausgestaltung wesentlich durch das nationale Recht und deshalb durch nationale wirtschaftliche oder fiskalische Ziele bestimmt. So werden die Modalitäten der Anrechnungsmethode im nationalen Recht geregelt und die spezifische Ausgestaltung der Freistellungsmethode wesentlich durch die Rechtsprechung des BFH bestimmt. Diese Prägung durch nationales Recht und durch nationale Rechtsprechung führt zu Friktionen mit dem Gemeinschaftsrecht und damit in Teilen zu einer Unvereinbarkeit der Vermeidungsmethoden mit den Grundfreiheiten.

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Hinsichtlich der Anrechnungsmethode hat die Untersuchung gezeigt, dass die der Anrechnungsmethode gegenüber geäußerten gemeinschaftsrechtlichen Bedenken weitestgehend nicht haltbar sind. Die Anrechnungsmethode vermeidet die internationale Doppelbesteuerung im Ansässigkeitsstaat bei gleichzeitiger Gleichbehandlung von Inlands- und Auslandsinvestition. Damit wird sie grundsätzlich den grundfreiheitlichen Diskriminierungs- und Beschränkungsverboten gerecht. Gemeinschaftsrechtlich unproblematisch ist insoweit die Beschränkung der Anrechnung auf einen „ordinary-credit“. Auch die Berechnung des Anrechnungshöchstbetrages nach Maßgabe einer „per-country-limitation“ kann grundfreiheitlich nicht beanstandet werden. Entsprechendes gilt für die verfahrensrechtlichen Mehrbelastungen die aus dem Anrechnungsverfahren selbst resultieren und deshalb für eine effektive Vermeidung von Doppelbesteuerung unerlässlich sind. Lediglich die durch die Berechnungsmethode eintretende Verkürzung bei der Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse ist mit dem grundfreiheitlichen Verständnis des EuGH nicht zu vereinbaren, sofern die persönlichen Verhältnisse nicht in ausreichendem Maße im zur Besteuerung berechtigten Staat Berücksichtigung finden. Indes ist die in diesem Zusammenhang maßgebliche Schumacker-Rechtsprechung abzulehnen, da sie ungerechte Ergebnisse zur Folge hat. Gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht in dem praktisch bedeutsamen Fall, dass inländische Verluste die ausländischen Gewinne mindern oder eine zeitlich inkongruente Zuordnung von Erwerbsaufwendungen im Ansässigkeits- und Quellenstaat erfolgt und es dadurch zu einer Verringerung des Anrechnungshöchstbetrages kommt. Nur durch eine periodenübergreifende Ausgestaltung der Anrechnungsmethode in Form des Vortrags von Anrechnungsüberhängen kann der deutsche Gesetzgeber sicherstellen, dass auch in diesen Fällen eine Doppelbesteuerung im Ansässigkeitsstaat vermieden wird. Hinsichtlich der Freistellungsmethode hat die Untersuchung gezeigt, dass insbesondere das von der Rechtsprechung geprägte Verständnis der Freistellung von Einkünften und Einnahmen, soweit es die Nichtberücksichtigung von ausländischen Verlusten im Ansässigkeitsstaat zur Folge hat, grundsätzlich nicht mit den grundfreiheitlichen Diskriminierungsverboten zu vereinbaren ist. Maßgeblich dafür ist u. a. die Erkenntnis, dass ein bilateral erklärter Besteuerungsverzicht keine territoriale Begrenzung des Besteuerungsumfangs zur Folge hat, welcher vom Gemeinschaftsrecht akzeptiert werden müsste. Der Ansässigkeitsstaat ist deshalb grundsätzlich gemeinschaftsrechtlich zur Berücksichtigung des erzielten Auslandsverlustes verpflichtet. Die den Verlust ausgleichenden Gewinne kann der Ansässigkeitsstaat in Folgeperioden allerdings der Besteuerung unterwerfen (sog. eingeschränkte Symmetrie). Da dadurch Gewinne besteuert werden, die nach dem einschlägigen DBA freizustellen sind, bedarf es dazu aber einer gesetzgeberischen Entscheidung. Im Ergebnis ist der Ansässigkeitsstaat damit gemeinschaftsrechtlich nur zur Berücksichtigung von Totalverlusten

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verpflichtet. Die in diesem Zusammenhang immer wieder vorgeschlagene Nachversteuerungsmethode nach § 2a Abs. 3 und 4 EStG wird nur bedingt den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben gerecht. Zur Verwirklichung einer kohärenten Besteuerung durch § 2a Abs. 3 und 4 EStG ist es erforderlich, dass der spätere Gewinn, der die Verluste kompensiert, einer Besteuerung unterworfen wird und nicht die mit dem Verlust verrechneten inländischen Einkünfte nachversteuert werden. Aus der Sicht der Grundfreiheiten muss deshalb auf jede Form der Nachversteuerung verzichtet werden. Diesem Einwand ist die österreichische Regelung des § 2 Abs. 8 öEStG indes nicht ausgesetzt. Denn sie führt zu einer Besteuerung von eigentlich nach DBA freigestellten Gewinnen und zwar maximal bis zu der Höhe des in Abzug gebrachten Auslandsverlusts. Anders als bei Anwendung der Anrechnungsmethode kommt es bei Anwendung der Freistellungsmethode auch periodenübergreifend zu einer Vermeidung von internationaler Doppelbesteuerung. Gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht insoweit also nicht. Der in § 32b Abs. 1 Nr. 3 EStG vorgesehene Progressionsvorbehalt ist bei Anwendung der Freistellungsmethode gemeinschaftsrechtlich zwingend geboten. Zu einer vollständigen Gleichbehandlung von in- und ausländischen Einkünften bedarf es aber zusätzlich einer Übertragung des „überschüssigen“ Progressionsvorbehalts in andere Steuerperioden. Erforderlich ist es deshalb, den Anwendungsbereich des § 10d EStG auf den Progressionsvorbehalt auszudehnen. Die persönlichen Verhältnisse werden bei Anwendung der Freistellungsmethode vollständig im Ansässigkeitsstaat berücksichtigt. Damit erfüllt die Freistellungsmethode die im Rahmen der Schumacker-Rechtsprechung getroffenen Vorgaben zur Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse von Gebietsansässigen. Im Quellenstaat erfolgt die Vermeidung der Doppelbesteuerung stets durch Freistellung. Eine Doppelregulierung durch Doppelbesteuerung und eine damit einhergehende Beschränkung der Grundfreiheiten wird dadurch vermieden. Im Fall von negativen Einkünften führt die Nichtberücksichtigung allerdings zu einer Benachteiligung in Deutschland, da diese in einer reinen Binnenmarktsituation über einen inter- bzw. intraperiodischen Verlustausgleich die steuerliche Bemessungsgrundlage mindern. Im Verhältnis zur unbeschränkten Steuerpflicht kommt es deshalb bei der Besteuerung von Gebietsfremden zu einer Diskriminierung. Maßgeblich ist auch hier die Erkenntnis, dass ein bilateral erklärter Besteuerungsverzicht des Quellenstaates keine territoriale Begrenzung des Besteuerungsumfangs zur Folge hat, welcher vom Gemeinschaftsrecht aus Gründen der steuerlichen Territorialität akzeptiert werden müsste. Sofern allerdings freigestellte Gewinne aus der inländischen Einkunftsquelle dem Verlust gegenüberstehen, ist die Nichtberücksichtigung des Verlustes Ausdruck einer kohärenten Besteuerung. Dadurch wird zudem in den meisten Fällen eine doppelte Verlustberücksichtigung sowohl im Ansässigkeits- als auch im Quellenstaat verhin-

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dert. Nur dann, wenn eine kohärente Ausgestaltung der Steuerrechtsordnung des Quellenstaates eine doppelte Verlustberücksichtigung nicht verhindern kann, kann der Quellenstaat die diskriminierende Nichtberücksichtigung des inländischen Verlusts aus Gründen der Vermeidung von Doppelbegünstigung rechtfertigen. Die Nichtberücksichtigung von freigestellten Verlusten bei der Ermittlung des Steuersatzes (Progressionsvorbehalt), stellt allerdings eine nicht zu rechtfertigende Diskriminierung dar. Die grundfreiheitsrechtlich gebotene Vermeidung von Doppelbesteuerung im Quellenstaat im Rahmen sog. Dreieckssachverhalte kann § 50 Abs. 6 EStG nur innerhalb seines Anwendungsbereichs gewährleisten. Insoweit bedarf es zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung einer Erweiterung des § 50 Abs. 6 EStG auf die dort nicht erfassten Bereiche. Die Untersuchung hat zudem gezeigt, dass es allerdings auch innerhalb des Anwendungsbereichs des § 50 Abs. 6 EStG zu einer diskriminierenden Besteuerung kommt, wenn das für den Gebietsansässigen geltende DBA für die betroffenen Einkünfte die Freistellungsmethode, mithin eine kapitalimportneutrale Form der Vermeidung von Doppelbesteuerung vorsieht. Ein Diskriminierungsvorwurf kann dem Quellenstaat nur dann nicht gemacht werden, wenn der Drittstaat die betroffenen Einkünfte aufgrund des DBA mit dem Ansässigkeitsstaat des Gebietsfremden nicht besteuern darf.

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Sachverzeichnis Anerkennungsgrundsatz siehe Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung Anrechnungsmethode 21 f., 29 ff., 33 f., 41 f., 43 f., 48, 51 f., 53, 55 ff., 59 ff., 78, 88, 90, 110, 122, 130, 145, 174, 202, 212 ff., 219, 221 f., 225 ff., 229 f., 236 ff., 241 f., 247, 249, 261, 271 f., 279, 286, 288, 290 ff. – Anrechnungshöchstbetrag 33 ff., 39 ff., 229 f., 235 ff., 239 f., 241, 243 ff., 247, 261, 291 – Anrechnungsüberhänge 34, 41, 43, 45, 58, 234, 235 ff., 239 ff., 243, 247, 291 – „full-credit“ 39 – Heraufschleusungseffekt 58, 219 f. – Kapitalexportneutralität siehe Kapitalexportneutralität – „ordinary-credit“ 229, 230 ff., 247, 291 – „per-community-limitation“ 45, 233 f. – „per-country-limitation“ 36, 41 ff., 45, 229, 230, 233 ff., 239, 247, 291 – „per-item-limitation“ 35 f., 41, 239 f. – und Berücksichtigung persönlicher Abzugsbeträge 40, 241 – und Verluste 37, 41, 45, 58, 230, 235 ff., 239 f., 247 – Wirkungsweise 57 ff. Arbeitnehmerfreizügigkeit 97, 103 ff., 106, 109, 111, 118, 121, 148, 150, 161 Ausgewogenheit der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis 203 ff., 260 ff., 278 ff. beschränkte Steuerpflicht siehe Steuerpflicht, beschränkte Beschränkungsverbot, gemeinschaftsrechtliches 115, 120, 147 ff., 150 ff., 177, 234, 289, 291

– Beschränkung durch Doppelbesteuerung 155 ff. – Beschränkungen im Steuerrecht 153 ff. – Gewährleistungsgehalt 147 ff. – und Anrechnungsmethode 229 – und Freistellungsmethode 247, 276 – und Kapitalimportneutralität 217 f. – und Konvergenz 115 – Verantwortlichkeit 160 ff. Besteuerung, fraktionierte 131 ff., 273, 285 Bestimmungsstaat 110 ff., 115 f., 127, 147, 154 f., 161 f., 165, 218, 220 ff., 241, 243 Binnenmarkt 21 ff., 29, 45, 64, 91 ff., 95, 96 ff., 105, 108 ff., 114 f., 120, 131, 134 ff., 137 f., 140, 146, 152, 159, 165, 169 ff. – und Doppelbegünstigungen 200 ff. – und „erga omnes“-Wirkung 177 ff. – und Gebot der Rechtsformneutralität 179 ff. – und Vermeidung von Doppelbesteuerung 213 ff. DBA – Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts 98 ff. – Diskriminierungen durch ~ siehe Diskriminierungsverbot – Geltungsvorrang des Gemeinschaftsrechts 98 – Inter-se-Abkommen 100 – multilaterale Abkommen 84, 93, 100, 213 – Reziprozität 223 f. – „treaty-override“ 61, 173, 226

Sachverzeichnis – Unberührtheitsklausel 99 ff., 177, 182 – und Beseitigung von Doppelbesteuerung 46 ff., 55 ff. – und Grundsatz der Gemeinschaftstreue 166 ff. – Verhältnis zum innerstaatlichen Recht 47 – Vermeidungsnormen 51 f., 101 – Verteilungsnormen 52, 55, 65, 101, 167 f., 173, 218, 224, 257 – Zweck und Systematik 48 ff. Dienstleistungsfreiheit 87, 102, 105 ff., 109, 112, 117, 120, 148, 150 f., 156 f., 161 – Gewährleistungsgehalt siehe Diskriminierungsverbot, gemeinschaftsrechliches sowie Beschränkungsverbot, gemeinschaftsrechtliches Diskriminierungsverbot, gemeinschaftsrechtliches 22, 103, 113, 134, 139, 142 f., 154, 157 f., 160 f., 163, 176 ff., 182, 189, 202 f., 207, 232 f., 234, 237 f., 242, 244 f., 258, 263 ff., 269, 275, 281, 283, 286 ff., 291 ff. – abkommensrechtliches ~ 48, 169 ff. – Diskriminierung durch DBA 100 f., 189 f. – Gewährleistungsgehalt 116 f. – Konvergenz 115 – offene Diskriminierung 117 ff., 185 – Rechtfertigung 98, 102, 110, 114 f., 126, 136, 148, 152, 175, 177, 182 ff., 226 f., 231 f., 254 ff., 260 ff., 266, 270, 273, 278 ff., 285 – und Aufteilung von Besteuerungsrechten 257 – und Freistellungsmethode 217, 247, 252 ff., 276 f. – und Gebot der rechtformneutralen Besteuerung 179 ff. – und Meistbegünstigungsgebot 220 ff., 228 ff. – und Progressionsvorbehalt 272 ff. – und Spürbarkeitserfordernis 146 f.

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– und staatenübergreifende Gesamtbetrachtung 123 – und Verantwortungsprinzip 125 f. – und Verluste 252 ff., 277 ff. – verdeckte Diskriminierung 117 ff., 185 – Vergleichbarkeit von Sachverhalten 121 f., 127 ff. Disparitäten 154, 160, 232, 243, 245, 267 Doppelbegünstigungen 198, 200 ff., 210 – und doppelte Verlustberücksichtigung 262, 270, 279 f. – und Grundsatz der Kohärenz 200, 279 f. Doppelbelastung, wirtschaftliche 27, 30, 143, 210 Doppelbesteuerung, internationale – Begriff 26 – Beseitigung von ~ 29 ff., 46 ff. – Ursache 25 ff. – Verantwortlichkeit für Beseitigung 160 ff. – Verantwortlichkeit für Beseitigung in Dreieckssachverhalten 169 ff. – wirtschaftliche ~ siehe Doppelbelastung, wirtschaftliche Dreieckssachverhalte 169 ff., 173 – und Vermeidung von Doppelbesteuerung 286 ff., 289, 293 Drittstaaten 28 f., 39, 43, 99 f., 108 – und „erga omnes“-Wirkung 174 ff., 182, 221, 251 f., 286 ff., 289 f., 293 EG-Schiedskonvention 93 „erga omnes“-Wirkung siehe Kapitalverkehrsfreiheit fraktionierte Besteuerung siehe Besteuerung, fraktionierte Freistellungsmethode 50, 55 f., 59 ff., 88 f., 122, 144, 211 f., 290 ff. – Aktivitätsklausel 60, 226 – Freistellung von Einnahmen 75 ff.

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Sachverzeichnis

– Kapitalimportneutralität siehe Kapitalimportneutralität – Rückfallklausel 60 f. – „subject-to-tax“-Klausel 61, 145 – „switch-over“-Klausel 61, 226, 290 – Symmetriethese 68 ff., 248, 252, 255 f., 257 f., 261, 262, 267 – und Berücksichtigung persönlicher Abzugsbeträge 78, 273 – und Progressionsvorbehalt siehe Progressionsvorbehalt – und Verluste 36, 67 ff., 72 ff., 86, 90, 94, 180 f., 200, 204 f., 248 ff., 252 ff., 255 ff., 260 ff., 263 ff., 267 f., 269 ff., 272 ff., 277 ff., 283, 285, 287, 291 ff. – virtuelle Doppelbesteuerung 44, 58, 60, 90 – Wirkungsweise 88 f., 215 ff. „full-credit“ siehe Anrechnungsmethode Fusionsrichtlinie 93, 248 Gebot der Rechtsformneutralität 179 ff., 249 Gemeinschaftstreue siehe Grundsatz der Gemeinschaftstreue Gesamtbetrachtung, staatenübergreifende 123 ff., 131, 197, 200, 254, 269 Gesamtschuld der Mitgliedstaaten 160, 164 Grundfreiheiten, gemeinschaftsrechtliche – Anerkennungsgrundsatz siehe Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung – Anwendungsvorrang 98 ff. – Arbeitnehmerfreizügigkeit siehe Arbeitnehmerfreizügigkeit – Beschränkungsverbot siehe Beschränkungsverbot, gemeinschaftsrechtliches – Dienstleistungsverkehrsfreiheit siehe Dienstleistungsverkehrsfreiheit – Diskriminierungsverbot siehe Diskriminierungsverbot, gemeinschaftsrechtliches

– Gewährleistungsgehalt siehe Diskriminierungsverbot, gemeinschaftsrechtliches sowie Beschränkungsverbot, gemeinschaftsrechtliches – „inbound“-Konstellation 126 ff., 134, 147, 179, 181, 221, 281 – Kapitalverkehrsfreiheit siehe Kapitalverkehrsfreiheit – Kohärenz siehe Grundsatz der Kohärenz – Konvergenz der ~ 110, 114 f., 185 ff. – Meistbegünstigung 220 ff., 228, 234 – Niederlassungsfreiheit siehe Niederlassungsfreiheit – „outbound“-Konstellation 23, 126, 127, 133 f., 147, 180, 221, 222, 224, 286, 288 – Personenverkehrsfreiheiten 109, 116 ff., 120, 161 – Produktverkehrsfreiheiten 119 f. – Vermeidung von Doppelbegünstigungen siehe Doppelbegünstigungen – Verpflichtete der ~ 110 ff. – Warenverkehrsfreiheit siehe Warenverkehrsfreiheit Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung 161 ff., 218 ff. Grundsatz der Gemeinschaftstreue 166 ff., 173 f., 266, 289 f. Grundsatz der Kohärenz 195 ff., 213, 257 ff., 263 ff., 266, 270, 278 f. Grundsatz der Verhältnismäßigkeit 115, 176 f., 186 ff. Herkunftsstaat 110 ff., 115 ff., 133, 147, 150, 154, 162 ff., 168, 180, 217, 220 ff., 227, 241, 244 „inbound“-Konstellation siehe Grundfreiheiten „individual-equity“ 48, 213 Inländergleichbehandlungsgebot 112, 161, 181, 182 ff., 244, 289 – und Dreieckssachverhalte 170 ff., 173, 286

Sachverzeichnis Kapitalexportneutralität 44, 215 – und Anrechnungsmethode 58, 89 – und Gemeinschaftsrecht 215 f., 219 f. Kapitalimportneutralität – und Freistellungsmethode 89, 290 – und Gemeinschaftsrecht 215 f., 290 Kapitalverkehrsfreiheit 107 ff., 111, 119, 151, 158, 161, 251 f., 289 – „erga omnes“-Wirkung 29, 174 ff. – Verhältnis zur Niederlassungsfreiheit 104, 106 Kohärenz siehe Grundsatz der Kohärenz Konvergenz der Grundfreiheiten siehe Grundfreiheiten Leistungsfähigkeitsprinzip 77 f., 122 f., 217 Meistbegünstigung siehe Grundfreiheiten Missbrauchsvermeidung 193 ff., 206, 210, 263 Mutter-Tochter-Richtlinie 93, 166, 211 f., 216 Nachversteuerungsmethode 74 f., 141, 205, 249, 264 ff., 279, 291, 292 Niederlassungsfreiheit 97, 104 f., 109, 111, 118, 120, 141, 152, 155, 157, 161, 175 f., 182, 204, 226 f., 236, 252 – Verhältnis zur Kapitalverkehrsfreiheit siehe Kapitalverkehrsfreiheit „ordinary-credit“ siehe Anrechnungsmethode „outbound“-Konstellation siehe Grundfreiheiten „per-community-limitation“ siehe Anrechnungsmethode „per-country-limitation“ siehe Anrechnungsmethode „per-item-limitation“ siehe Anrechnungsmethode

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Progressionsvorbehalt 40, 59, 80 ff. – im Ansässigkeitsstaat 272 ff. – im Quellenstaat 280 ff., 292 f. – im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht 86 ff., 254 – im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht 83 ff. Quellenprinzip 25 f., 89 Quellensteuer 54, 212, 231 ff. Rechtsformneutralität siehe Gebot der Rechtsformneutralität Reziprozität siehe DBA Rückfallklausel siehe Freistellungsmethode Schiedskonvention siehe EG-Schiedskonvention staatenübergreifende Gesamtbetrachtung siehe Gesamtbetrachtung, staatenübergreifende Steuerpflicht – beschränkte 25 ff., 29, 32, 45 ff., 64 ff., 72 f., 81, 83, 86 ff., 125 f., 127 ff., 132 ff., 135 ff., 138 f., 142 ff., 186, 202, 241 f., 275 f., 279, 281, 283 f., 288 f. – unbeschränkte 25 ff., 29 f., 44, 46, 61, 65, 73 f., 78, 81, 83, 86 ff., 125 f., 128, 132 ff., 136 f., 138 ff., 142 ff., 178, 202, 242, 252 f., 269 f., 275, 277, 280, 284, 286 f., 289, 292 Territorialitätsprinzip – steuerliches ~ 89, 127, 134 ff., 137 ff., 142 ff., 203, 207 ff., 237, 255 f., 260, 263, 286 f. – völkerrechtliches ~ 24 ff. „treaty-override“ siehe DBA unbeschränkte Steuerpflicht siehe Steuerpflicht, unbeschränkte

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Sachverzeichnis

Verhältnismäßigkeitsprinzip siehe Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Verteilungsgerechtigkeit 239 – „inter-nation-equity“ 48, 213 Warenverkehrsfreiheit 97, 102, 106, 112, 148 ff., 152, 161 Welteinkommensprinzip 25 ff., 57 f., 89, 133 ff., 145, 210, 252 – und Anrechnungsmethode 44

Wettbewerbsneutralität 89, 215 f. Wettbewerbsverzerrungen 58, 89, 221 f., 225, 268 wirtschaftliche Doppelbelastung siehe Doppelbelastung, wirtschaftliche

Zins- und Lizenzrichtlinie 166, 211 f. Zinsrichtlinie 93, 166, 211 ff.