Die Veredelung des Papiers: Ein Praktisches Handbuch für die Papierverarbeitung und das Schmückende Gewerbe [2. vermehrte und verbesserte Auflage, Reprint 2019] 9783112312759, 9783112301487

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German Pages 206 [240] Year 1965

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Die Veredelung des Papiers: Ein Praktisches Handbuch für die Papierverarbeitung und das Schmückende Gewerbe [2. vermehrte und verbesserte Auflage, Reprint 2019]
 9783112312759, 9783112301487

Table of contents :
Geleitwort zur zweiten Auflage
Geleitwort zur ersten Auflage
Inhaltsverzeichnis
I. Kapitel: Die Veredelung der Papierzuschnitte
II. Kapitel: Die manuellen künstlerischen Techniken
III. Kapitel: Papierausstattungen
IV. Kapitel: Die Gestaltung ideenreicher und werbewirksamer Erzeugnisse der schmückenden Industrie
V. Kapitel: Aus der Industrie der Glückwunschkarte
VI. Kapitel: Die Veredelung des Papiers durch Oberflächenveränderung
VII. Kapitel: Die Stahlstichprägung
VIII. Kapitel: Papierveredelung Durch Oberflächenbehandlung
IX. Kapitel: Papierveredelung Durch Oberflächen-Beschichtung
X. Kapitel: Neuzeitliche Maschinen Zur Veredelung Durch Beschichtung
Kapitel XI: Lackieren, Kalandrieren, Glanzfoliieren
XII. Kapitel Die Veredelung Der Pappen Durch Druck Und Prägeausstattung
Tafeln

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HESS • DIE VEREDELUNG DES PAPIERS

WALTER HESS

DIE V E R E D E L U N G DES PAPIERS EIN FÜR

PRAKTISCHES DIE

HANDBUCH

PAPIERVERARBEITUNG

U N D DAS S C H M U C K E N D E

GEWERBE

Unter Mitarbeit von Johs. Kirstein, Hamburg sowie weiterer namhafter Berufspraktiker und Ingenieure Mit 14 Textabbildungen und 16 Tafeln

2. vermehrte und verbesserte Auflage

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T E C H N I S C H E R VERLAG H E R B E R T CRAM B E R L I N 1965

Printed in Germany Alle Redite der Ubersetzung, des Nachdrucks, der Anfertigung von Photokopien und Mikrofilmen, audi auszugsweise, vorbehalten Druck: F. A. Günther Sc. Sohn Buchdrudcerei und Verlag GmbH., Berlin 61

Geleitwort zur zweiten Auflage Der Textteil dieser jetzt vorliegenden verbesserten und wesentlich erweiterten 2. Auflage ist umfangreicher geworden als in der 1. Auflage. Das erforderte die Fülle des vorliegenden Materials, das weite Kreise der papierverarbeitenden Industrie ansprechen wird. Es ist ein Grunderfordernis bei der Herausgabe eines Fachbuches, an die ständig fortschreitende Technik zu denken, diese möglichst erschöpfend für die Praxis zu behandeln und im Interesse der Leser auszuwerten. Ein Fachbuch soll den Fachmann ansprechen, der ständig mit den Techniken vertraut sein muß. Wie vielseitig gerade das Gebiet der Papierveredelung ist, geht u. a. hervor aus der Buchbesprechung eines in den U S A erschienenen kleinen Werkes, die mir freundlicherweise 1962 die Schriftleitung der Allgemeinen Papier-Rundschau zur Verfügung stellte. Ich möchte deren Wortlaut allen Lesern dieses Buches zur Kenntnis geben: „Auf einem Raum von etwa 100 Seiten liegt hier eine sehr anschaulich und volkstümlich abgefaßte Schrift vor, die sich zum Ziel gesetzt hat, das Wissen um unseren Werkstoff Papier, seine Erzeugung, Veredelung — etwa durch Beschichten mit Kunststoffen — und Verarbeitung in weite Kreise zu tragen. Hier scheint uns ein gutes Beispiel dafür vorzuliegen, wo man wieder einmal von den Amerikanern lernen kann, für den eigenen Werkstoff, sein Werden und seinen Wert im Rahmen der gesamten Volkswirtschaft werbend vor dem Forum der breiten Öffentlichkeit zu sprechen. Wir könnten uns denken, daß ein solches, auf die deutschen Verhältnisse abgestelltes Informationsbuch auch durchaus im Interesse unseres Faches liegen dürfte." Als Herausgeber dieser 2. Auflage der Papierveredelung möchte ich behaupten, daß sie berufen sein dürfte, eine Lücke der Fachliteratur auszufüllen und gemäß dem Schlußabsatz der kritischen Betrachtung mit gleichen Worten als Informationsbuch „auch auf die deutschen Verhältnisse abgestellt, durchaus im Interesse unseres Faches liegen dürfte". * 'Paper, the fifth wonder' (Papier, das fünfte Wunder). Thomas Publishing Company, 724 Desnoyer Street, Kaukana, Wis., USA. Preis $ 4 . — zuzüglich Porto.

V

Das IV. Kapitel dürfte besonders aufschlußreich sein f ü r die Gestaltung ideenreicher und werbewirksamer Erzeugnisse der schmückenden Industrie. Es hat an Aktualität noch gewonnen durch zwei weitere Beiträge, die zur Vervollständigung des Themas wesentlich sind. Kunst und Technik in der reproduzierenden Industrie sind nidit voneinander zu trennen. Daher werden Gedanken und Anregungen zu neuem Schaffen stets erwünscht sein, nicht nur f ü r den Fachmann in der Praxis, sondern auch f ü r die Gestalter selbst, für die Kreise also, welche berufsmäßig die maltechnischen Vorlagen schaffen, nach denen dann die Industrie produziert und die sehr zahlreichen Erzeugnisse in Form und Farbe gestaltet, die aus unserem Alltagsleben nicht mehr fortzudenken sind. Bei der textlichen Gestaltung dieser Auflage wurde wiederum auf die Behandlung der manuellen künstlerischen Tediniken Wert gelegt. Einige der in diesem Buch behandelten Tediniken sind manuell und handwerklich im eigentlichen Sinne des Wortes. Es ist gut, wenn der berufliche Nachwuchs diese auch theoretisch kennenlernt. Die Theorie ist stets die Vorstufe f ü r die Praxis. Bewußt habe ich die rein handwerklichen Techniken zu Wort kommen lassen. Unsere Zeit ist mit ihrer Sdinellebigkeit und der damit verbundenen ständigen Rationalisierung zu neuen, immer wertvolleren Veredelungsmethoden des Papiers übergegangen. Sie machte aus dem künstlerischen Handwerker den Spezialisten einer modernen Industrie. Es erscheint mir wichtig, gerade f ü r den beruflichen Nachwuchs auch die alten handwerklichen Techniken zu beschreiben. Die schmückenden Industrien — Drudc-Kolorit-Farbspritzung — sowie die Herstellung der Monogramme und das Prägen, insbesondere die Reliefprägungen fanden stets mein besonderes Interesse in allen Stadien ihres Entstehens und insbesondere in ihrer Bedeutung f ü r die Produktion. Einen größeren Raum als in der 1. Auflage umfassen in dieser Ausgabe die „Glückwunschkarten" (Kapitel V). Diese sind nicht mehr fortzudenkende, f ü r den Fachhändler lohnende Verkaufsartikel. Die Mode stagniert nicht und auch die Ansprüche der Käuferkreise an die Motivwahl und Ausstattung steigern sich. Durch die fortschreitende Entwicklung im Laufe der Zeit waren einige wesentliche Ergänzungen dieses Kapitels erforderlich, bedungen allein schon durch den sich stets wandelnden Publikumsgeschmack. Im Rahmen der Artikelserie über die Glückwunschkarten, behandelt von namhaften Fachleuten sowie vorwiegend vom Herausgeber selbst, wird ersichtlich: Diese Verkaufsartikel, hergestellt in großen Sortimenten, sind unvermindert als marktgängig anzusehen. VI

Es handelt sich um Erzeugnisse der Kleinkunst. Die geschmackvolle Auswahl der Motive f ü r die bildhaften Darstellungen in Verbindung mit der künstlerischen Ausgestaltung ist ein wichtiger Faktor bei der Herstellung, vorwiegend durch die Nutzbarmachung der modernen Stahlstichprägung. Bei den Glückwunschkarten spielt nicht nur die bildliche Motivwahl, sondern hauptsächlich die Beschriftung eine wesentliche Rolle, eine dankbare Aufgabe f ü r die Nutzbarmachung der Stahlstichprägung, die als Ausstattungstechnik hoch im Kurs steht. Es sei besonders auf die das Thema erschöpfende Arbeit aus der Feder eines bekannten Fachmannes über die Stahlstichprägungen hingewiesen (Kapitel VII). Die vorwiegend durch die Stahlstichprägung geschaffenen Ausstattungsmöglichkeiten sind sehr vielseitig, vor allem durch die Auswahl der verschiedenfarbigen, in der Anwendung recht wirkungsvollen Lackfarben. Nicht unerwähnt seien auch die künstlerisch gravierten Prägestempel mit ihren neuzeitlichen Schriftgarnituren, die allen Ansprüchen der Käufer Rechnung tragen. Im X. Kapitel wird über neuzeitliche Maschinen zur Veredelung durch Beschichten berichtet, das inhaltlich besonders instruktiv ist. Es dürfte die Fachinteressenten f ü r diese Sparte interessieren. Die technischen Beschreibungen werden durch zahlreiche Abbildungen im Tafelanhang unterstützt. Am Schluß des vorgenannten Kapitels finden wir noch die Beschreibungen von zwei weiteren neuen Maschinen zur Papierverdelung, nämlich einer Folienklebemaschine, die bei Herausgabe des Buches noch in der Konstruktion befindlich war, und einer Hochleistungs-Beschichtungs- und Heißklebemaschine. Der technische Teil des Buches bringt als XI. Kapitel einen aufschlußreichen Beitrag über das Lackieren, Kalandrieren und Glanzfoliieren. Diese Arbeitsgebiete werden eingehend von einem bekannten Fachmann auf diesem Sondergebiet dargestellt auf Grund sachkundiger Kenntnis. Sie dürfen als eine wertvolle Ergänzung der zahlreichen Möglichkeiten für die Veredelung des Papiers zu betrachten sein. Ich hoffe, daß zu den bisherigen Lesern noch weitere kommen werden, insbesondere von Berufsfachleuten sowie auch seitens des Nachwuchses, aus dem sich erst noch ein neuer Stamm von Facharbeitern f ü r die papierverarbeitende Industrie entwickeln soll. Den im Text genannten und ungenannten Mitarbeitern danke ich f ü r ihre mir gegebenen wertvollen Anregungen durch textliche Verbesserungen, Ergänzungen und Bereitstellung geeigneten fachlichen Materials. Meinem früheren und jetzigen Mitarbeiter an dieser Auflage, Herrn Johs. Kirstein, Hamburg, danke ich besonders f ü r seine wertvollen Anregungen. VII

Audi den Fachfirmen gebührt mein Dank, die mir Abbildungen von Maschinen und Geräten f ü r den Tafelanhang zur Verfügung stellten, da dieses Anschauungsmaterial wertvoll ist f ü r den Leser des Buches, eine Tatsache, auf die in den Kritiken bei Erscheinen meiner Fachbücher in der einschlägigen Fachpresse immer wieder hingewiesen wurde. Berlin 1965 WALTER HESS

Geleitwort zur ersten Auflage Wir besitzen nach den Schäden durch die Kriegseinwirkung bereits wieder einige wertvolle Neuerscheinungen der Fachliteratur über das Papier- und Druckgewerbe. Auf Grund meiner jahrzehntelangen, in der Berufspraxis gesammelten Erfahrungen konnte ich eine Reihe praktischer Handbücher für die Papierverarbeitung unter Mitarbeit namhafter Berufspraktiker herausgeben. Mit diesem Buch setze ich die Serie von Fachbüchern fort, die sich mit der Verarbeitung des Werkstoffes Papier befassen. Die V e r e d e l u n g d e s P a p i e r s war ein Thema, das mich ganz besonders ansprach, es einmal in einer fachtechnischen Abhandlung zu erschließen. Der Niederschlag dieses Gedankens ergab den Inhalt dieses Bandes. Das bekannteste und zugleich einfachste Mittel zur Veredelung des Papiers ist die Möglichkeit, es in Hoch- oder Flachdruck, in Buch-, Stein-, Offsetoder Tiefdruck, ein- oder mehrfarbig, zu bedrucken. Die Farbenzahl ist dabei gegenstandslos. Schon ein einfarbiger Druck bedeutet bereits eine Veredelung. Der Werkstoff Papier nimmt nicht nur durch die mechanische, sondern auch durch die manuelle Bearbeitung mittels eines Farbenauftrages in unserem Vorstellungsvermögen eine greifbare Gestalt an. Es ist gleichgültig, ob es sich um ein auf Format gebrachtes Blatt Papier in einer bestimmten Größe handelt oder ob eine Anzahl von Nutzen zu einem Bogen vereinigt sind, die dann durch einen Schneidevorgang auf Format gebracht werden, bevor sie ihrem eigentlichen Bestimmungszweck dienen. Dieses neue Buch soll als ein geistiges fachliches Rüstzeug dienen nicht nur f ü r den bereits im Beruf tätigen und erfahrenen Fachmann, sondern auch für den Nachwuchs, der uns am Herzen liegt, um den zu werben es sich lohnt und wohl auch erforderlich sein dürfte. Alles schon selbst zu wissen, womöglich noch besser, ist eine Utopie, eine Selbstüberschätzung, vor der wir uns hüten sollten. Aus den in jedem Fachbuch niedergelegten Erfahrungen zu lernen ist die billigste Quelle, u m das eigene Wissen „aufzutanken". Ein gutes Fachbuch ist stets der billigste Mitarbeiter im Betrieb. Wer aus diesem neuen Fachbuch für die Papierverarbeitung Nutzen ziehen soll, das wird in 9 Kapiteln aufgezeigt. IX

Der Papierverarbeiter, sei es der Goldschnittmacher, der Randstreicher, der Hersteller von Beileidskarten, ihnen allen sagt der Inhalt, wie sie praktisch und nutzbringend arbeiten sollen, um absatzfähige Erzeugnisse herzustellen. Der Papierausstatter findet Darstellungen aus seinem Schaffensgebiet. Der Kunstverleger vertreibt die vielen Erzeugnisse der schmückenden Industrie, die bestimmt sind für die Feste der Familie und der Kirche. In diesem Fachbuch wird das Wesentliche und Wissenswerte über das große Gebiet der Papierkonfektion, der Ausstattung der Briefpapierpackungen in Schachteln und Mappen berichtet. Das alles ist aus eigener kenntnisreicher Berufspraxis beschrieben, zum Teil auch bebildert durch Wiedergabe wirkungsvoller Pakkungen. Der Praktiker wird vertraut gemacht mit der manuellen Technik der Papierbearbeitung durch das Hand- und Schablonenkolorit, durch Auftragen der Farbe mit dem Pinsel sowie durch Aufspritzen flüssiger Farben mit dem Zerstäuber. Das Buch bringt z. B. eine Reihe von sachkundigen Abhandlungen über Ausstattungsfragen und die Lösung künstlerischer Probleme in dieser Branche einschließlich der Wahl ihrer Beschriftung sowie über die Auswirkung künstlerischer Ideen zur wirksamen Ausstattung von Verpackungserzeugnissen bis zur verkaufsfördernden Gestaltung. Ich hoffe, daß es mir gelungen ist, ein Buch zu schaffen, welches vor allem auch dem Nachwuchs in verständlicher Form die Vielfalt der graphischen Gebiete zeigt, die sich vornehmlich mit dem Werkstoff Papier befassen und dabei bis zu künstlerischen und ästhetischen Problemen vordringen. Was z. B. über die Papierausstattungen und die Glückwunschkarten zusammengetragen ist, vermittelt Wissen und Anregung zugleich sowohl dem Lernenden als auch dem Fachmann. Die Glückwunschkarten, die in zwei Abschnitten behandelt werden, lassen in Form und Farbe einschließlich Textierung das Können unserer künstlerisch begabten Schaffenden erkennen. Der Prägefachmann findet in diesem Buch eine ausführliche Darstellung über das Wissenswerte der Prägepraxis, seien es Blind-, Farben- oder Stahlstichprägungen, welche gegenwärtig besonders häufig Anwendung finden. Jedem, der Interesse und Freude hat an dem farbigen Schaffen in der Papierwarenindustrie, sei er selbst ein ausübender Atelierkünstler, Graphiker, ein praktisch tätiger Fachmann oder ein Handelsvertreter in der Luxuspapierindustrie, ein Einzelhändler mit Papier- und Schreibwaren, sei er Meister oder gehöre er selbst zum heranreifenden Nachwuchs mit dem Marschallstab Merkurs in der Tasche, sie alle werden bei der Lektüre dieses inhaltsreichen Fachbuches auf ihre Kosten kommen. X

Die sehr wichtige Frage der Oberflächenbehandlung durch das Prägen auf schweren Maschinen zur Herstellung von Gewebepressungen der verschiedenen Arten sowie die Beschichtung der Papiere (Streichpapiere) wird von sachkundigen Mitarbeitern behandelt. Über die neuzeitlichen Maschinen zur Papierverdelung durch Beschichtung schrieben maßgebende Konstrukteure aufschlußreiche Abhandlungen. Ich wünsche dieser Neuerscheinung auf dem Gebiet der Fachliteratur einen guten Start in der Hoffnung, daß sie ebenso aufgenommen wird, wie meine bisher erschienenen Bücher, von denen ich eingangs sprach. Es wäre angebracht, wenn auch der Nachwuchs recht viele Anregungen aus dem vielseitigen Inhalt gewinnen möchte zur Auswertung f ü r die eigene spätere Berufsausübung. Der Inhalt dieses Buches bringt wertvolle Anregungen f ü r bildungsbeflissene Betriebsangehörige jeder Sparte der Papierverarbeitung. Ich möchte bei dieser Gelegenheit noch den im Text genannten und ungenannten Herren Mitarbeitern meinen Dank aussprechen f ü r ihre Beiträge zu diesem Fachbuch. Auch den Werkleitungen maßgebender Fachfirmen und ihren Herren Beauftragten gebührt mein Dank f ü r ihre Bereitwilligkeit, mir mit Rat und Tat an die Hand gegangen zu sein bei der Ausarbeitung meiner Abhandlungen sowie durch Bereitstellung von Abbildungsmaterial, um einzelne Kapitel dem besseren Verständnis der Leser nahezubringen. Berlin, im Dezember 1955

Der Verfasser

Inhaltsverzeichnis Geleitwort zur zweiten und ersten Auflage I. Kapitel: Die Veredelung der Papierzuschnitte Der Goldschnitt Schräg- und Zierschnitte an Karten Das Randstreichen Die Herstellung von Trauerkarten II. Kapitel: Die manuellen künstlerischen Tediniken A. Das Kolorit Das Kolorit als Ausstattungstechnik Möglichkeiten der koloristischen Ausgestaltung Die technische Ausführung des Kolorits a) Das Handkolorit b) Das Schablonenkolorit Die Farbenauswahl als Grundbedingung zur Verkaufssteigerung . . Das Auftragen des Glimmerstaubes B. Die Farbspritztedinik • . . . . , Die Farbspritztedinik im Dienste der Papierveredelung , , , . , . Die Anwendungsmöglichkeiten Die Farbspritzsdiablonen Die Technik des Spritzens Pinsel oder Spritzgerät? Der Farbenverbrauch beim Spritzverfahren Die Aufgaben der Schablonen Die Spritztechnik als Ersatz f ü r die Lithographie Farbenzerstäuber und Preßluftpistole Die Instandhaltung der Farbspritzgeräte Pflege des Spritzapparates Die Bedeutung der Spritzapparate für Entwurf und Retusche. (Entwicklung und Arten, Aufbau und Handhabung) Spritztechnik / Geräte und Technik Landschafts-, Ausgleichs- und Maschinenretusche

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15 15 16 17 17 17 19 22 22 22 22 24 25 25 26 27 27 27 28 28 29 35 37

XIII

Retuschier-Spritzapparate in der Praxis Über gespritzten Drude vermittels Puderbestäubungsapparate

. . .

III. Kapitel: Papierausstattungen

39 41

45

Die Ausstattung der Briefpapierpackungen Briefmappen. Die Abwandlung der Papierausstattung von der Briefkassette zur Briefmappe

55

IV. Kapitel: Die Gestaltung ideenreicher und werbewirksamer Erzeugnisse der schmückenden Industrie

58

Die künstlerische Ausstattung der Papierwarenerzeugnisse Die Ausschmückung der Luxuskartonagen

V. Kapitel: Aus der Industrie der Glückwunschkarte

48

58 63

68

Die Glückwunschkarte Die Stahlstichprägung in der Glückwunschkarten-Herstellung . . . Fremdländische Glückwunschkarten Motive und Gestaltung der Glückwunschkarten Blüten und Ornamente Schriftkarten seit 1945 Blanko-Vordruck- und Glückwunschkarten sowie deren Abarten . .

68 70 72 75 78 78 80

VI. Kapitel: Die Veredelung des Papiers durch Oberflächenveränderung

83

Die Prägetechnik und ihre Bedeutung f ü r die Papierveredelung . . Einführung in die Technik des Prägens Die Herstellung der Matrize Stahlstichprägearbeiten an der Monogrammprägepresse Die Prägemaschine mit selbsttätiger Wisch- und Einfärbevorrichtung Die Preßvergoldung Presse und Stempel müssen erhitzt sein Die Behandlung der zum Prägen bestimmten Druckerzeugnisse . . Drucken und Prägen Der Prägekarton Das Verziehen des Papiers Jede Arbeit vor der Druckausführung prüfen! Stechen der Punkturen Einwandfreie Drudsausführung ist eine Vorbedingung f ü r gute Prägungen Zusammengehörende Prägungen zusammenlassen! Zerteilung auf der Kreiskartenschere Ausgleich des Papiers durch Feuchten und Wärmen Passerschwierigkeiten Das „Zurückgehen" der Prägungen

83 83 86 90 93 96 99 101 101 101 102 103 103

XIV

104 105 105 106 106 106

VII. Kapitel: D i e Stahlstichprägung

108

Der Stahlstichdruck und die Stahlstichprägung 108 Uber Stahlstichfarben und ihre Verarbeitung 113 Druckschwierigkeiten und ihre Behebung beim Stahlstichprägedruck 117 Die Bronze in der Stahlstichprägung .119 Stahlstichprägung und die Maschinen 123 VIII. Kapitel: Papierveredelung durch Oberflächenbehandlung

. . . .

130

Papierveredelung durch Prägung 130 Allgemeines 130 Das Plattenprägewerk 130 Der Prägekalander 132 Normalprägung 132 Transparent- und Flachprägung 133 Echtleinenprägung 135 Filigranierprägung 136 Moderne Maschinenanlagen f ü r die Herstellung von Krepp- und Bitumenpapieren 137 IX. Kapitel: Papierveredelung durch Oberflächenbeschichtung

. .

.142

Gestrichene Papiere 142 Drei große Gruppen gestrichener Papiere 142 Gestrichene Papiere in der graphischen Industrie 142 Der Farbenreiz .Weiß" 144 Kontrastwirkung zwischen Druckfarben und weißer Papieroberfläche 145 145 ; Vorteile gestrichener Papiere beim Druck Das Streichen der Rohpapiere 146 Die Streichfarben . . . . . . . 146 . . . . . . . .147 . Das H a f t e n der Pigmente auf dem Papier . . Das Bindemittelproblem 147 Die Aufbereitung der Streichfarben 148 X . Kapitel: Neuzeitliche Maschinen zur Veredelung durch Beschichtung 150 Streichanlagen und Maschinen zum Einbau in PM und KM Separatstreichanlagen Arbeitsweise der Separatstreichanlage Die Rollrakel-Maschine Die Glättschaber-Maschine Die Luftmesser-Maschine Die Glättwalzen-Streichmaschine

. . .

.151 154 155 156 156 157 159 XV

Trockeneinrichtungen 160 Beschichtungsanlagen für Kunststoff-Dispersionen 162 Groß- und kleine Labormaschine 164 Kaschieranlagen 166 Weitere Konstruktionen von Maschinen zur Papierveredelung . . . 166 Folienkaschiermaschine T y p 6405 (Windmöller u. Hölscher) . . . . 1 6 6 Hochleistungs- Beschichtungs- und Heißklebemaschine Modell R a c o (Maschinenfabrik, Max Kroenert) 171

XI. Kapitel: Lackieren, Kalandrieren, Glanzfoliieren

175

Die Auswahl der Farben Spirituslackierechte Druckfarben — Nitrolackierechte Druckfarben — Heißkalandrierechte Druckfarben Migrationstest Lackieren ohne Kalandrierung Kennzeichnung der Lacke — Spirituslack nicht feuerfest — Scheuerfester Spirituslack — Kratz- und scheuerfeste Lacke auf Spritusbasis

178

Zweischichtenlackierung Hochglanz durdi Heißkalandrierung Glanzfolien-Kaschierung Herstellen von Fensterkartonagen

179 180 181 182

XII. Kapitel: Die Veredelung der Pappen durch Druck- und Prägeausstattung

176 176 176 177 178

184

a) Gummidruckmaschinen 184 b) Die Vierfarben-Prägedruckmaschinen ,187 c) Das Pappen-Prägewalzwerk 189 Das Prägen und Stanzen der Pappe sowie ihre Veredelung durch koloristische Hilfsmittel . 189

I. K a p i t e l

Die Veredelung der Papierzuschnitte Der Goldsdinitt Es gibt kaum eine andere Ziertechnik für Buchschnitte, Notizblocks, Glückwunschkarten u. a., welche sich mit dem Goldschnitt messen kann. Ein Buch mit Goldschnitt sieht immer vornehm aus, und nach meiner Ansicht kann keine andere Verzierung den Goldsdinitt völlig ersetzen. Ich bin selbst kein Freund der verzierten Goldschnitte, wenn diese bemalt, ziseliert oder durch ein anderes Verfahren besonders geschmückt sind. Jede weitere Verzierung beeinträchtigt den Schnitt. Einer Gratulationskarte gibt der Goldsdinitt immer ein wirksames Aussehen, sei es, daß nur die Ecken der Karten vergoldet sind oder daß der Schnitt die ganze Fläche ziert. Leider wird der schöne und wertvolle Goldschnitt im Verhältnis zu früheren Zeiten wenig angewendet und beschränkt sich fast nur noch auf Luxusausgaben und Liebhaberdrucke von Büchern; seine Anwendung bei Glückwunschkarten ist gleichfalls stark zurückgegangen. J a selbst den Schrägschnitt oder den gradlosen Schnitt von Karten auf der Kreisschere lernt unser Nachwuchs in der Glückwunschkartenindustrie nur noch selten kennen. In Nachstehendem soll versucht werden, die Entstehung eines Goldschnittes zu erklären und eine sachkundige Anweisung zur Herstellung desselben zu geben. Wer Goldschnitte machen will, schreibe in großen Buchstaben über den Werktisch: Ordnung, Sauberkeit, Aufmerksamkeit! Auch Hingabe an die Arbeit und Geduld sind nötig. Die für flache Schnitte nötigen Werkzeuge sind: Handpressen, Preßbengel, Preßknecht, Preßbretter, Spalten. Spalten sind schmale hölzerne Brettchen von verschiedener Länge, die nur zu Vorderschnitten bei Büchern gebraucht werden. Sie sind konisch gearbeitet und an der dünnen Längsseite abgerundet. Schabeklingen, Stahl zum Schärfen der Klingen, Schwämme, Bürste, Flachpinsel, Federkielpinsel, Goldkissen, Goldmesser, Auftragrahmen, Flor, Glättzähne. Sehr gute Dienste tut ferner eine glatte Stein- oder Marmorplatte. 1 Hess, Veredelung des Papiers

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Sind die Bücher beschnitten, so handelt es sich in erster Linie darum, ob sie am Vorderschnitt mit Flach- oder Hohlschnitt versehen werden. Als Hohlschnitt bezeichnet man den Schnitt, welcher angebracht wird, wenn das Buch schon rund gemacht ist, während der Flachschnitt gleich nach dem Beschneiden an dem noch nicht gerundeten Buch angebracht wird. A m schönsten w i r k t der Hohlschnitt, wenn er eine ununterbrochene, glatte Höhlung bildet und der Glanz infolgedessen voll zur Wirkung kommt. Der Flachschnitt wird leicht dadurch verdorben, daß bei dem nachträglichen Rundmachen öfter einzelne Lagen vorspringen, was darauf zurückzuführen ist, daß das Buch nicht fest genug geheftet wurde. Der Anfänger sollte zuerst Flachschnitte fertigen, und erst wenn er hierin genügende Übung hat, sich am Hohlschnitt versuchen, da hierzu eine längere Übung gehört. Ob man Hohl- oder Flachschnitt fertigt, immer kommt in erster Linie das Einsetzen der Bücher, Karten usw. in die Presse. Zu diesem Zweck legt man eine Handpresse mit den Spindeln vor sich auf den Tisch, setzt zuerst ein Preßbrett ein, hierauf eine Spalte, dann ein oder mehrere Bücher. (Wie viele, richtet sich nach' dem Format des Goldes). Es gibt verschiedene Formate. Man richtet sich immer so ein, daß möglichst wenig oder kein Gold verlorengeht. Nach dem Buche oder den Büchern kommt eine Spalte und ein Brett, wieder eine Spalte und so fort, bis die Presse aufgefüllt ist. Hierauf schraubt man die Presse mit der Hand zu, richtet sie auf, um nachzusehen, ob keine Bücher vor- oder zurückstehen, und dreht dann die Presse auf beiden Seiten gleich stark und fest zu. Die Handpressen sind die bei Buchbindern allgemein üblichen. Man hat zwar in der Praxis besondere Goldschnittmacherpressen mit Stahlspindeln und Muttern, aber es genügen gewöhnliche Holzpressen, weil diese bedeutend billiger sind und gleich gute Dienste tun. Preßbretter gebraucht man in zwei Arten, Quer- und Längsbretter, sie sind etwas größer als die zu vergoldenden Bücher. Bei Querbrettern läuft der Wuchs in der Breite des Bretts, das Gegenteil ist bei Langbrettern der Fall. In allen Fällen aber soll das oberste und unterste Brett ein Querbrett sein, da Langbretter bei festem Zupressen, und da der Preßbalken doch nur auf einen Teil des Brettes drückt, leicht zerspringen. Der Preßbengel ist wohl auch allgemein bekannt. Die Spalte hat die Länge der zu verwendenden Bretter, der Wuchs muß stets in der Langrichtung laufen und die Spalte ist also nach unten zugespitzt: dies hat den Zweck, daß beim Pressen der Hauptdruck oben am Schnitte liegt. Nach dem Einpressen beginnt das Schaben. Hierzu gebrauchen wir ein Glas mit Wasser, Schwamm, Stahl und Schabklingen. Schabklingen sind aus bestem Stahl. Je nach dem anzufertigenden Schnitt wechselt die Form der Klingen. Zu Hohlschnitten verwendet man schmale, ovale Klingen, während man zu Flachschnitten die gewöhnlich vorhandenen Klingen anwendet, nur daß 2

man sie entweder an der Lang- oder Querseite in ganz flachem Bogen abrundet. Ganz glatt schaben ist die Grundbedingung eines guten Schnittes. Ist der Schnitt einwandfrei geschabt und mittels der Bürste von allen Staubteilchen befreit, so erfolgt das Grundieren. Dieses geschieht, indem auf den Schnitt mittelstarker frischer Stärkekleister aufgetragen und dieser mit sauberen weißen Papierspänen abgerieben wird, so daß die ganze Fläche damit bedeckt wird und der Kleister überall hinkommt. Mit frischen trockenen Spänen polieren wir alsdann den Schnitt, bis er einen gleichmäßigen matten Glanz zeigt. Auf diesen ersten Grund folgt ein dünner Strich roter Bolus. Die nötige Lösung stellen wir her, indem wir auf ein Stück Bolus, welches wir zum schnelleren Lösen vorher zerdrücken können, von dem unten näher zu beschreibenden Schnitteiweiß gießen. Die Qualität des Bolus darf nur die beste sein und keine festen Bestandteile wie Sand oder sonstige Unreinheiten enthalten. E r muß eine zarte, sehr fein zerteilte Lösung ergeben, welche, zwischen die Fingerspitzen genommen und zerrieben, sich schleimig anfühlt. Der armenische Bolus gilt allgemein als der beste, zerteilt sich leicht, und wenn wir in trockenem Zustande mit dem Fingernagel darüberpolieren, so nimmt er leicht Glanz an. Die erhaltene Lösung darf nicht zu dick sein und muß etwa die gleiche Konsistenz wie mittelstarker warmer Leim haben. Mit einem feinen Schwämmchen auf den Schnitt aufgetragen, muß die Lösung leicht, gleichmäßig und durchscheinend decken. Man hüte sich vor allen Dingen, die Schicht zu stark aufzutragen. Sie würde beim späteren Abglätten unbedingt abspringen und den Schnitt verderben. Ist die Grundierung erfolgt, so stellen wir die Presse zur Seite, bis der Schnitt trocken ist. Wir schreiten nun zum Auftragen. Auch das muß aufmerksam, sauber und schnell erfolgen, um dem Schnitt seine ganze Schönheit zu geben. Ein Schnitt, auf welchem das Gold in Stücken und zerfetzt aufgetragen ist, wird niemals schön. Das zum Auftragen nötige Eiweiß haben wir vorher zubereitet, indem wir auf einen halben Liter reinen Wassers ein Eiweiß gegeben haben, aus dem vorher der sogenannte Hahnentritt entfernt ist, es zu Schaum quirlen und es über Nacht ruhig stehen lassen. V o r dem Gebrauch muß das Eiweiß durch Filtrierpapier oder ein Stück Leinen filtriert werden. Viele Anfänger glauben, wenn ihnen die ersten Schnitte nicht gelingen, liege dieses daran, daß das verwandte Eiweiß zu dünn sei und infolgedessen das Gold nicht fest genug hafte, aber meistens wird eher das Gegenteil der Fall sein und zu dickes Eiweiß angewandt worden sein. Das ergibt unreine Schnitte und klebt außerdem die Blätter des Buches zusammen. Will man dann am fertigen Buche die Blätter gewaltsam trennen, so sieht der Schnitt häßlich und runzlig aus. Wenn also das Gold nicht hält, so versuche man den neuen Schnitt eher mit dünnerem Eiweiß; der Anfänger wird von dem Ergebnis manchmal überrascht sein, wenn 1*

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das Abspringen nicht an anderen Ursachen, z. B. schlechtem Schaben oder ungleichmäßiger Grundierung liegt. U m das Auftragen zu erleichtern, stellen wir uns einen Auftragrahmen und einen Flor her. Der Auftragrahmen besteht aus einem Rahmen aus hartem Holz von etwa 25 cm Länge, 15 cm Breite und 2 cm Dicke. Auf jeder kurzen Seite sind zwei Klötzchen von etwa 5 cm Höhe, welche unten zugespitzt sind, verschiebbar angebracht. Die Spitzen dieser Klötzchen tragen je einen Nagel, und je zwei der Klötzchen, welche sich gegenüberstehen, sind durch ein Pferdehaar oder starken Zwirn verbunden. Dadurch haben wir zwei parallele Fäden, welche wir durch Verschieben der Klötzchen einander nähern oder entfernen können. Den Florrahmen stellen wir her, indem wir in starker Pappe ein Loch von etwa 13 X 14 cm rechtwinklig und sauber ausschneiden, über dieses Loch spannen wir recht gleichmäßig und straff ein feinstes Stück Seidenflor und kleben auf die Ränder starkes Papier. Jetzt haben wir alles, was zum Auftragen notwendig ist, vorbereitet. Die Presse legen wir mit den Spindeln auf den Tisch und setzen den Preßknecht darunter, Den etwa 4—5 cm breiten flachen Eiweißpinsel legen wir auf das Eiweißglas, das immer mit einem Stück Papier bedeckt sein soll, damit kein Staub hineinfällt, die Bürste nahe bei der Hand, das Goldkissen rechts. Zuerst schneiden wir das Gold in der nötigen Breite und Länge und nehmen es mit dem Auftragrahmen auf, indem wir die Fäden so weit voneinanderstellen, daß sie gerade die Ränder des Goldes fassen. Haben wir das Gold aufgenommen, so nähern wir die Fäden für Flachschnitt nur sehr wenig, für Hohlschnitt dagegen müssen wir dieselben so zusammenbringen, daß das Gold in einem Bogen hängt, welchen wir bequem in die Rinne bringen können. Für Flachschnitt bedienen wir uns vorzugsweise des Flors. Um das Gold mit demselben aufzunehmen, legen wir den Flor an dem uns zugekehrten Rande des Goldes schmal an, ziehen dann das Blatt vorsichtig zu uns heran und in demselben Augenblick, wo das Goldblatt das Goldkissen verläßt, geben wir einen kräftigen Druck nach unten (der dadurch entstehende Luftdruck legt das Gold an den Flor) und beschreiben hierauf eine halbe Drehung, wodurch wir das Gold nach oben auf den Flor zu liegen bekommen. Abgebürstet haben wir den Schnitt vorher schon, um alle vorhandenen Staubteilchen zu entfernen. Wir nehmen nun den Eiweißpinsel und tragen das Eiweiß recht satt auf den Schnitt, vorerst nur so weit oder vielmehr ein wenig mehr, als die Fläche durch das Goldblatt abgedeckt wird. Hierauf halten wir das Gold in geringer Entfernung über den Schnitt, blasen auf das Blatt, und es wird glatt und schön aufgetragen sein, wenn man alles richtig gemacht hat. In derselben Art fahren wir fort bis zum Ende des Schnittes. Ist alles Gold aufgetragen, so lassen wir durch Hin- und Herwiegen der Presse das Eiweiß unter dem Golde hin- und her-

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laufen, damit es sich überall gut und dicht ohne Luftblasen anlegt. Sollte zu wenig Eiweiß auf dem Schnitte sein, so kann man dem nachhelfen, indem man den Eiweißpinsel vorsichtig auf der Spalte neben dem Gold ansetzt; das Eiweiß wird alsdann nicht auf, sondern unter das Blatt laufen. Zum Schluß stellen wir die Presse auf eine Ecke, um alles überflüssige Eiweiß ablaufen zu lassen. Übung macht natürlich auch hier den Meister. Jetzt lassen wir den Schnitt zum Trocknen stehen; nach einiger Zeit, etwa V< Stunde oder 20 Minuten, sehen wir einmal nach, ob das Eiweiß auch gleichmäßig abgelaufen ist. Sollten die Spalten durch das Schaben rauh geworden sein, so streichen wir vorsichtig mit dem Finger das zwischen den Holzfasern haftende Eiweiß heraus, um gleichmäßiges Trocknen zu erzielen, ohne jedoch den Rand des Schnittes selbst zu berühren, denn dadurch würden Flecke entstehen, welche nicht oder nur sehr schwer zu entfernen sind. Bei den später aufzutragenden Ober- und Unterschnitten muß man Obacht geben, daß nicht etwa Eiweiß an dem schon fertigen Vorderschnitt herunterläuft. Zu dem Zwecke legt man die Presse so, daß sie sich nach dem Rücken zu neigt. Nach dem Trocknen wird der Schnitt mit dem Glättzahn geglättet; das erste Glätten nennt man Anglätten. Es herrscht zwar hier und da die Ansicht, daß man nach dem Anglätten den Schnitt unbegrenzte Zeit stehenlassen könne, ohne ihn fertig zu glätten. Die Erfahrung in der Praxis hat jedoch gelehrt, daß der Schnitt viel wirksamer wird, wenn der geeignete Augenblick zum Glätten wahrgenommen wird und der Schnitt noch einen ganz geringen Grad von Feuchtigkeit aufweist. Durch kein anderes Mittel kann man einen so hohen Glanz erzielen. Der Schnitt darf nur noch einen Hauch Feuchtigkeit haben, der kaum zu erkennen ist. Die Erfahrung muß dabei den Goldschnittmacher unterstützen. Die zum Glätten nötigen Werkzeuge sind Glättzähne (gebogene und gerade), ein weicher Leinenlappen, gutes, reines, gelbes Bienenwachs und ein Stück festes weißes Papier. Glauben wir nun, daß der Schnitt genügend trocken ist, was je nach der Jahreszeit und der Luftfeuchtigkeit zeitlich von unterschiedlicher Dauer ist, so versehen wir das Papier mit Wachs, indem wir einige Male mit dem Wachs darüberstreichen, damit der Glättzahn leichter darübergleitet. Dann legen wir das Papier auf den Schnitt und fahren mit dem breiten Glättzahn zuerst unter mäßigem Druck darüber hin und her, aber Strich an Strich und bis dicht an die Bretter und nicht gerade, sondern etwas schräg. Jedes sprungweise Vorgehen muß vermieden werden, damit jede Stelle getroffen wird. Einen Hohlschnitt glättet man an, indem man die Presse schräg zum Tisch, also den Preßknecht möglichst nach vorn neigt, damit die Presse die schräge Stellung erhält. Dadurch wird das Glätten bequemer, und man kommt besser über die Mitte hinüber. Man muß nämlich stets etwas über die Mitte hinausfahren, um später keine ungleich geglätteten Stellen zu haben. H a t man eine Seite geglättet, so dreht man die Presse um, um mit der anderen Seite 5

ebenso zu verfahren. Ist der Schnitt geglättet, so versehen wir den Leinenlappen mit Wachs und reiben den Schnitt damit ab. Es muß geprüft werden, ob nicht etwa Löcher im Golde sind und ob es überall deckt, um etwa vorhandene Fehler auszubessern, ehe der Schnitt fertig geglättet wird. Sind solche Stellen vorhanden, so leistet ein kleines Fläschchen mit Schwefeläther und reinem Alkohol gute Dienste. Zuerst schneiden wir das nötige Gold zu, dann nehmen wir ein feines Kielpinselchen und bestreichen die auszubessernde Stelle mit Schwefeläther, um das Wachs zu neutralisieren. Hierauf nehmen wir das nötige Gold mit dem Zeigefinger der linken Hand auf, mit der rechten an einem kleinen Pinselchen etwas Alkohol, betupfen die betreffende Stelle damit, legen gleich hinterher das Gold auf die Stelle und glätten es sogleich an. Dieses Verfahren ist dem Daraufhauchen entschieden vorzuziehen, da das Ergebnis sicherer ist und man auch niemals sogenanntes Doppelgold hat, was am fertigen Schnitt sehr schlecht aussieht. Ist alles in Ordnung, so lassen wir den Schnitt stehen. Das Auf-Glanzglätten, das Fertigglätten, gleicht in allen Punkten dem glätten, mit dem einzigen Unterschied, daß wir kein Papier mehr auf Schnitt legen, sondern direkt auf das Gold glätten. Wir legen die Presse uns mit den Spindeln auf den Tisch, stellen den Preßknecht darunter reiben den Schnitt nochmals mit dem Wachslappen ab.

Anden vor und

Mit dem Wachs soll man sehr sparsam sein, nicht mehr geben, als nötig ist; nichts ist unschöner als Wachslinien am fertigen Schnitt. Wir fassen den Glättzahn mit beiden Händen unten an, der obere Knopf muß an die Achsel gestemmt werden, und nun fahren wir gleichmäßig, Strich an Strich und stets schräg über den Schnitt und stets von einer Spalte zur anderen. Namentlich der Anfänger muß sich' von vornherein angewöhnen, schräg über den Schnitt zu fahren, denn fährt er in gerader Richtung darüber, so bleibt er leicht zwischen den Blättern des Buches hängen. Auch verdrückt man den Schnitt viel leichter, und der Schnitt hat nach dem Auspressen eine Wulst. Wenn wir zuerst nur schwach gedrückt haben, so verstärken wir allmählich den Druck, von Zeit zu Zeit etwas Wachs gebend, bis wir den höchstmöglichen Glanz erzielt haben. Dann lösen wir die Spindeln um eine halbe Umdrehung, glätten nochmals darüber, um die Blätter des Buches voneinander zu trennen, schließen die Presse fest und geben nun den letzten Glanz. Schräg- und Zierschnitte an Karten Es ist wohl anzunehmen, daß die schräge Fläche des Goldschnittes eines aufgeklappten Buches, welches auf Hohlschnitt vergoldet ist, die Idee zum Schrägschnitt gegeben hat. Der Schrägschnitt an starken Papierblättern in Metall, Farbe und blind (worunter die Naturfarbe des Papiers zu verstehen ist) hat

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z. Zt. in der Luxuskartenfabrikation eine völlige Neugestaltung der Erzeugnisse hervorgerufen. Lange Zeit wurde der Schrägschnitt in Gold resp. für Gelegenheitskarten in Silber ausgeführt. Eine Abwechslung boten die Zierschnitte, bei denen durch Ausstechen und Ausschaben der glatten Fläche Rillen oder Schweifungen entstanden. Die Vertiefungen legte man entweder mit Metall aus oder färbte sie ein. Es wurden auf diese Weise die mannigfaltigsten Wirkungen erzielt. Es kam dann wieder eine Zeit, wo der Goldschnitt verbannt war und durch verschnörkelte Ränder, gestanzt oder geprägt, ersetzt wurde. Den weitestgehenden Gebrauch von allen nur möglichen Schnitt-, überhaupt Randverzierungen hat sich die Papierausstattung zu eigen gemacht. Die Herstellung der Schrägschnitte unterscheidet sich von derjenigen der Buchschnitte doch wesentlich.

Abb. 1.

Große Karten

Abb. 2.

Kleine Karten

Der Buch-Goldschnittmacher ist nicht ohne weiteres befähigt, einen guten Schrägschnitt anzufertigen. Schon die Werkzeuge müssen geändert werden. Die Presse für den Schrägschnitt ist die Schraubzwinge, das bekannte Tischlerwerkzeug, nur das der obere Balken mit der Führung der Schraube gegen den unteren etwas zurücktritt. Einen großen Vorteil bieten die auf der Kreisschere geschnittenen Karten, weil sie ohne Grat sind. Werden diese auf der Schneidemaschine geschnitten, so ist darauf zu achten, daß beim Einsetzen des Kartenstoßes der Grat nach oben liegt. Die Höhe des einzusetzenden Kartenstoßes richtet sich nach der Größe der Karten. Je größer die Karten sind, desto höher wird der Stoß sein oder umgekehrt. Sind große Karten zu arbeiten, so schiebt man handliche Stöße in die nötige Schrägung; unten und oben werden Bretter gelegt und auf diese Weise in die Presse gesetzt. U m das Ausspringen des Kartenstoßes aus der Presse zu verhindern, ist in das untere Ende der Schraube ein spitzer Eisenstift einzubringen, welcher sich beim Anpressen in das Brett drückt. Die unteren Karten des Stoßes haben meist nicht genügend Druck. Es wird deshalb zwischen dem unteren Brett und dem Kartenstoß eine keilartige Holzleiste im Querschnitt, die breite Seite nach vorne,

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eingeschoben, wodurch sich' die Karten besser anschmiegen. Kleinere Karten müssen durch Aufstoßen auf eine gerade Stein- oder Eisenplatte in die richtige Schrägung gebracht werden. Diese eingesetzten Stöße müssen nun geschabt werden, und zu diesem Zweck wird die Presse samt dem Kartenstoß in eine zweite Presse geklemmt, welche auf dem Tisch befestigt ist. Vor dem Schaben ist der Kartenstoß zu feuchten und dann mit der Ziehklinge quer zum Papier in entgegengesetzter Richtung wie beim Buchschnitt stets nach unten zu streichen. Sollen runde Ecken an die Karten angebracht werden, dann schabt man diese rund. Ist die Fläche glattgeschabt, so wird mit der Handfläche Stärkekleister, dem etwas Bolus zugesetzt ist, auf diese verrieben, dabei stets nach unten streichend. Für das Auftragen des Goldes oder Metalles nimmt man Wasser, ebenso wie beim Buchschnitt mit dem gespannten Flor. Das Wasser ist reichlich aufzutragen. Die Kleisterschicht muß vollständig getrocknet sein. Das Glätten des aufgetragenen Goldes oder Metalles erfordert dieselben Beachtungen wie beim Buchschnitt. Soll ein Zierschnitt hergestellt werden, dann ist der eingesetzte Stoß nach dem Schaben umzudrehen und unter Benutzung scharfer Hohleisen an entsprechenden Stellen auf der Fläche entlang auszustoßen. Da beim Auftragen das Gold über den Vertiefungen reißt, sind diese doppelt zu belegen. Die Rillen und sonstigen Vertiefungen glättet man mit dem spitzen Glättzahn. Der beliebte Perlschnitt wird in der Weise hergestellt, daß die fertigen Schrägschnittkarten in umgekehrter Weise ausgeschoben und eingesetzt werden. Mit einem Metallkamm fährt man auf der Fläche herunter, und jede Zinke läßt eine Perle entstehen. Wird der fertige Kartenstoß aus der Presse herausgenommen, dann darf er nicht etwa gleich geradegestoßen werden, sondern ist in kleinen Stößen noch weiter auszuschieben, da sonst das Gold abreißen würde. Der an den Glückwunschkarten angebrachte Gold- oder Silberschnitt, hat die fachliche Bezeichnung „Schrägschnitt", nicht „Perlschnitt". Nicht alle diese Schrägschnitte haben diese Eindrücke an den Kanten, mithin wäre es auch falsch, wenn man diese Eindrücke mit einem solchen Namen versehen würde. Nun zur Technik dieser Schnitte selbst: J e nach Stärke der Kartons werden diese in Stößen von 15—20 cm Höhe aufgefächert, in eine Handpresse gesetzt und solange mit der Schabklinge bearbeitet, bis der Karton die erforderliche Schräge erhalten hat. Die Grundiermittel sind an sich dieselben wie bei normalen Goldschnitten, Eiweiß und Kleister. Da die Verwendung von Echtgold eine zu kostspielige ist, wird hierzu fast ausschließlich das sogenannte Schlagmetall verarbeitet. (Rohstoff: Messing und Kupfer). Das Auftragen des Metalles, das Glätten mit dem Glättzahn ist dieselbe Technik wie beim Goldschnittmachen an Büchern. Will man den Reiz des Schnittes erhöhen, wird mit der Kante des Glättzahnes, unter festem 8

Druck, über den Schnitt gefahren, so daß am fertigen Schrägschnitt die perlenartigen Eindrücke zu sehen sind. In der Luxuskartenindustrie spielt die Herstellungskostenfrage eine ausschlaggebende Rolle. Die Eigenart der Erzeugnisse bedingt es, daß diese möglichst billig hergestellt werden, um konkurrenzfähig zu sein, denn das Angebot ist recht groß.

Abb. 3.

Stellung der Presse zum Schaben

Abb. 4.

Kartenstoß mit eingelegtem Keil

Es ist daher verständlich, daß man versucht, die Kosten für nachträglich, z. B. an Gratulationskarten, angebrachte Zierschnitte auszuschalten, indem man bei der Plattenherstellung, insbesondere der Schneideplatte, der Phantasie entsprungene Formen für die Randformung gleich mitarbeitet, so daß nach erfolgtem Schneideprozeß von der Platte diese ihre endgültige Form erhält (bogenförmig, zackig, gerissen, d. h. büttenähnlich). Es lag nahe, die zeitraubende manuelle Bearbeitung durch maschinelle Hilfe nach Möglichkeit auszuschalten, durch die rationelle Herstellung beispielsweise büttenähnlicher Papiere und Karten auf rotierender Basis. Eine solche Papierrand-Bearbeitungsmaschine ist bereits am Markt und wird nachstehend beschrieben. Die Maschine*) wurde gebaut, um büttenähnliche Papierränder, Ornamentränder usw. herzustellen. Sie wird überall da Verwendung finden, wo bei Papier oder Karton eine besondere Bearbeitung des Papierrandes erforderlich ist. Bei der Konstruktion der Maschine wurde besonderer "Wert auf einfache W a r tung und Bedienung gelegt. Es können Papier- oder Kartonbogen bis 78 cm Arbeitsbreite auf dieser Maschine bearbeitet werden. Diese Bogen werden in Durchlaufrichtung von den vorher eingestellten Wellen und Rollen erfaßt, und zwar an den Stellen, an denen später die Trennung des Bogens auf die gewünschten Formate erfolgen soll. Sodann wird der Bogen ein zweitesmal in *) Nach einer Angabe des Herstellers der Papierrand-Bearbeitungsmasdiine, Maschinenbau Zander GmbH, Düren/Rhld.

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der anderen Richtung durch die Maschine geschickt, wodurch alle vier Räder der gewünschten Papierausstattung fertig vorbereitet werden. Die Bogen sind nun leicht mit der Hand zu trennen (bei nicht zu starkem Papier können mehrere Bogen gleichzeitig getrennt werden) und man hat die entsprechend dem eingestellten Format mögliche Anzahl von fertigen Bogen oder Karten zur Verfügung. Ein weiterer Vorteil dürfte darin liegen, daß die Maschine auch auf Wunsch mit Ritz- oder Rillenvorrichtung versehen werden kann, um z. B. die für Glückwunschkarten zum Teil erforderlichen Rillungen oder Ritzungen gleichzeitig mit der Papierrandbearbeitung vornehmen zu können. Der äußere Rahmen der Maschine ist eine elektrisch geschweißte Stahlkonstruktion. Er ist bedeutend leichter als Gußeisen und vollkommen starr und bruchsicher. Alle rotierenden Teile laufen in Kugellagern, wodurch der Verschleiß sehr gering ist. Die blanken Teile der Maschine sind vernickelt und daher vollkommen korrosionsgeschützt. Durch die klare und übersichtliche Konstruktion der Maschine ist eine unkomplizierte Wartung gewährleistet. Das Randstreichen I. Neben dem vergoldeten Rand an Karten und Briefpapieren nimmt der gestrichene Rand eine besondere Stellung in der Ausschmückung von Papieren ein. Vier wichtige Punkte sind bei Beurteilung eines tadellosen Randes zu beachten: Gleichmäßigkeit des Randes, scharfer Abschluß, saubere Rückseite und Lichtbeständigkeit der farbigen Ränder. Außer richtig gewähltem Material ist auch eine große Übung in der Ausübung der Randstreichung erforderlich. Sämtliche Farben müssen sehr fein zermahlen sein und mit einem runden, weichen Borstenpinsel von guter Beschaffenheit, der auf 3 cm gebunden ist, gestrichen werden. Trauerfarben werden häufig auch mit einem Schwamm gestrichen. Die lichten, modernen Farben, wie Flieder, Creme, Rosa, Seegrün u. a., haben als Grundfarbe Weiß (Schneeweiß, Kremserweiß), welche mit Wasser und geklärtem Eiweiß als Bindemittel zu einem flüssigen Brei verrieben werden. Damit erzdelen wir die gewünschten Färbungen. Mit Vorliebe benutzt man hierzu die lichtechten Anilinfarben. Dunkle Farben, sowie Bronzen werden mit Weiß angerieben. Sollen die Ränder Glanz haben, dann werden 9ie nach dem Streichen mit farblosem Terpentinlack überzogen; allerdings wird dadurch der Farbton etwas dunkler. V o r dem Lackieren muß der Farbstrich vollständig trocken sein. Die Streicharbeit beginnt, nachdem alles wohlvorbereitet ist. Die Karten, Briefbogen oder Hüllen werden ausgeschoben in der Weise, daß man möglichst zwei Seiten mit einem Male streicht.

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Die ausgestrichenen Stöße sind nicht zu lang zu nehmen. Hierbei beachte man das Format. Sind die Ränder schmal, genügt das Augenmaß; breite Ränder müssen einzeln, Rand für Rand, mit einem Streifen gemessen werden. Auf den zu streichenden Stoß legt man ein Schutzblatt. Das Streichen soll strahlenförmig erfolgen, man sättige den Pinsel mit nicht zu viel Farbe. Bei gewissen Farben empfiehlt sich ein mehrmaliger Aufstrich. Ist die aufgetragene Farbe getrocknet, dann müssen die ausgeschobenen Blätter zunächst in dieser Lage bis zum Geradestoßen verbleiben. II. Uber die Möglichkeit, Kartenränder (Schrägschnitte) mit Farbe zu versehen, mögen noch die nachstehenden Erläuterungen den gewünschten Aufschluß geben. Bei Bedarf kleiner Mengen von Karten, deren Ränder bzw. Kanten einen farbigen oder Schrägschnitt erhalten sollen, kann das Aufbringen und die Färbung desselben wie folgt vor sich gehen. Handelt es sich beispielsweise um weiß zu färbende Ränder, so eignet sich hierzu am besten das feinste echte Kremserweiß (Bleiweiß), weil es sich sehr leicht zu einem feinen mehligen Pulver zerdrücken läßt und iin dieser Beschaffenheit innig mit jedem Mischmittel, wie Leimwasser, Gummilösung, Firnis oder Eiweiß, verbinden läßt. Für Schrägschnitte an Kartonrändern ist ausschließlich das Eiweiß brauchbar. Es muß vorerst gründlich mit einem Holzlöffel in einem Porzellangeschirr zu Schaum geschlagen werden, worauf es mehrere Stunden stehenbleiben muß, bis es sich völlig geklärt hat. Mit dieser Flüssigkeit wird das Kremserweiß oder auch die anderen bunten Farben vermischt. Das Schaumschlagen des Eiweißes soll niemals mit einem metallenen Löffel erfolgen, womöglich noch in einem Metallbehälter, weil es sich durch Berührung mit Metall leicht zersetzt, was für seine Verarbeitung von Nachteil ist. Die Farbe selbst wird, wie erwähnt, vorher aufs feinste, d. h. trocken, zermahlen, so daß keine Körnchen darin enthalten sind, wonach man sie mit dem geklärten Eiweiß bis zur sahnenartigen Konsästenz vermischt; dann arbeitet man sie mit einem sauberen Spachtel gründlich durch, worauf sie zum Bestreichen der Ränder brauchbar erscheint. Die abgeschrägten Kartonränder werden vorher mit feinstem Sandpapier gut abgerieben, sauber abgestaubt und mit gesättigter Alaunlösung nicht zu übermäßig bestrichen. Ist dieser Anstrich trocken, dann wird die Eiweißfarbe zuerst einmal und nur ganz mager aufgetragen, d. h. vorgrundiert. Nach vollkommener Trocknung erfolgt der eigentlich satte Anstrich, der erst die volle Deckung der Ränder ergeben soll.

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N u r auf diese Weise erhält man einen guten gleichmäßigen Farbschnitt, der nach dem völligen Trocknen mit dem Falzbein oder einem anderen Glättwerkzeug nachpoliert wird. Ein Abspringen der Farben findet nicht statt, denn sie sind dauerhaft mit den Rändern verbunden. Statt Kremserweiß können auch andere bunte Körperfarben, allerdings von bester Beschaffenheit, benutzt werden. Die aus den Drogerien oder Farbwarenhandlungen erhältlichen Farbenpulver soll man indessen mit Vorsicht gebrauchen. Schon die Billigkeit dieser Farben läßt sie f ü r diese Zwecke ungeeignet erscheinen. Es gibt hierunter eine ganze Menge, die säch im Tageslicht verfärben. Sie sind nicht lichtecht genug. Es eignen sich dagegen die trocknen, bunten Druckfarben sehr gut, da sie keine sandigen Beimischungen haben, was bei den aus den Drogerien oder anderen Quellen bezogenen gewöhnlichen Farben fast immer der Fall ist. Auch die aus den großen Malfarbenfabriken beziehbaren „trockenen Farben" sind vorzüglich geeignet, wenn bei der Bestellung gleich der Zweck mitgeteilt und nur absolut lichtechte und vollkommen deckende Farben verlangt werden. Man erhält schon ein ganz kleines Quantum (50 bis 100 g) ohne wesentliche Geldausgabe. Durch Vermischung dieser Farben unter sich, z. B. von Hellgelb mit Pariserblau oder Preußischblau, erhält man, je nachdem von der einen oder anderen Farbe mehr genommen wird, ein schönes Grün. Oder von Krapplack ein Violett, von Krapplack mit Hellgelb ein feuriges Orange, von Krapplack, Blau und Gelb ein tiefes Braun. Werden diese Farben mit Kremserweiß versetzt, dann können sie dadurch nach Bedarf aufgehellt werden. U m das Farbenpulver recht fein, d. h. mehlartig, zermahlen zu können, wird eine Glasplatte benutzt, auf welcher das Pulverisieren vorgenommen wird. Ferner wird ein sehr starkes, becherartiges Trinkglas mit einem kräftigen Fuß gebraucht, womit die Farbenstücke leichter gedrückt werden können. Man beachte aber, daß keine Körnchen zurückbleiben, weil sich diese beim späteren Glätten der Ränder entweder tief eindrücken oder abspringen. Sie lassen unschöne Vertiefungen im Farbschnitt zurück. Für Buntschnitte dieser Art verwendet man auch die wasserlöslichen Anilinfarben in den üblichen Wasserfarben. Sie halten diese fest und sicher auf den Rändern, ohne daß sie die erwähnte Vorprägpanierung mit Alaunlösung nötig machen. Verwendung finden ferner die sogenannten Holzbeizfarben, allerdings sind unter diesen nicht lichtbeständige Sorten, weil zu deren Erzeugung Anilinfarbstoffe verwendet werden. Diese Beizfarben löst man einfach in etwas mäßig erwärmten Wasser auf und trägt sie nachher gleich auf den Schrägschnitt auf. Wenn der Anstrich trocken 12

ist, wird er mit verdünnter Formalinlösung überstrichen, wodurch er gegen die Einwirkung von Feuchtigkeit widerstandsfähig gemacht wird. Besonders schwierig gestaltet sich die Herstellung der Trauerränder insbesondere die Zusammensetzung bzw. Beschaffenheit der schwarzen Farbe. Sie soll tiefschwarz sein, nicht nachlassen und nicht grau werden. Am einfachsten, und das ist zugleich das einzig richtige Rezept, ist die Verwendung von Kienruß als Randstreichfarbe für Trauerränder oder Ruß mit Schellacklösung angerührt. Die Herstellung von Trauerkarten Eine sehr schwierige Arbeit ist das Bedrucken von Karten, Bogen, Briefhüllen mit Trauerrändern. Wenn die Höhe der Herstellungsmenge sowie die technische Einrichtung des Betriebes es gestatten, wird der Steindruck die beste und zugleich billigste Lösung der Herstellungsfrage sein. Wie aber verhält es sich nun mit dem Buchdruck? Natürlich kann man schwarze Ränder auch in diesem Verfahren ebenso wirkungsvoll wie im Steindruck herstellen. Beim Steindruck wird Schwarz mit Doppelgang gedruckt (d. h. für die Kalkulation l'As Farben). Bei dem Buchdruck auf der Tiegeldruckpresse muß die schwarze Farbe ebenfalls zweimal gedruckt werden, um die Fläche voll zu decken und einen tiefschwarzen Aufstrich zu erzielen. Es ist sehr zu empfehlen, die Farbe gut trocknen zu lassen, ehe an eine weitere Verarbeitung gedacht wird. Das Trocknen der schwarzen Farbe dauert recht lange. Das Schneiden schwarzer Ränder, sofern sie im Steindruck- oder Buchdruckverfahren, wie üblich, stets in einem oder mehreren Nutzen zusammenhängend hergestellt wurden, erfolgt wohl ausnahmslos auf der Rollschere, wenn nicht gar von Hand unter Benutzung von Lineal und Messer, um einen glatten Schnitt, zu erzielen und um das Nachschneiden von weißen Außenrändern von Hand oder mit der Kartonschere zu vermeiden, da beides mit Mehrkosten verknüpft ist. Werden mehrere Lagen übereinander auf der Schneidemaschine geschnitten oder werden die Karten unmittelbar nach dem Zerkleinern übereinandergeschichtet, so versichere man sich vorher, ob die schwarze Farbe auch völlig getrocknet ist und nicht mehr abzieht. Man drücke ein Stück weißes Papier mit dem Finger auf die gedruckte Fläche und bewege es auf dieser unter stetem Andrücken hin und her. Die Papieroberfläche wird alsdann den Grad der Trocknung erkennen lassen. In zweifelhaften Fällen, und das wird am meisten zu empfehlen sein, um ein Verschmutzen der Karten durch Abziehen der Farbe zu vermeiden, sei empfohlen, vor dem Einpressen bzw. Zusammenlegen mehrerer Lagen Seiden- oder gewöhnliches weißes, möglichst satiniertes Zwischenlegepapier zu 13

verwenden; rauhes oder stark holzhaltiges Papier ist wegen der Empfindlichkeit f ü r die frisch gedruckte schwarze Farbe nicht geeignet. Das Abreiben frischer Ränder mit Talkum- oder Magnesiumpulver beeinträchtigt in jedem Falle die Wirkung der Farbschicht, die durch das Talkumieren einen ins Graue gehenden Ton erhält. Bei Steindruckrandkarten empfiehlt es sich, zuerst den Text und dann die Ränder zu drucken. Ein Zusammendruck beider ist nicht zu empfehlen, abgesehen davon, daß durch zweimaligen Druck die zarten Gravurschriften breitgequetscht und dadurch schmierig aussehen würden (sie würden wahrscheinlich dublieren). Es werden daher auch vielfach, sofern nicht das Prägeverfahren, wie z. B. Monogrammprägung, f ü r das Aufbringen der Texte Anwendung finden soll,. Randkarten in Steindruck nachträglich auf der Buchdruckpresse am zweckmäßigsten unter Benutzung von Galvanos mit entsprechenden Texten versehen.

II.

Kapitel

Die manuellen künstlerischen Techniken A. Das Kolorit Das Kolorit als Ausstattungstechnik Wir müssen uns darüber klar sein, daß jene Erzeugnisse auf dem Weltmarkt bevorzugt werden, die eine reiche, farblich ansprechende Ausstattung aufweisen. Für die Absatzmöglichkeit ist neben der Form die Ausstattung bestimmend. Durch Verwendung von Schneideplatten oder Stanzmessern können eigenartige Wirkungen erzielt werden, während die allbekannte viereckige glatte Form zuweilen langweilig wirkt, wenn sie nicht in origineller Weise zu neuen eigenartigen Flächen abgewandelt wird. D a muß dann eine zweckdienliche Farbenstimmung als Ausgleich sorgen. Nichts wirkt abstoßender als kalte, leblose Dessins, wie wir sie früher in der Form von Allegorien fanden. Die kunstvollen Wirkungen, die wir oftmals auf den in dieser Technik ausgestatteten Erzeugnissen bewundern konnten, sind auf die Geschicklichkeit und den Geschmack derjenigen Personen zurückzuführen, die verantwortlich für die Auswahl der Farben zeichnen. Gratulationskarten, unter denen vornehmlich die Gelegenheitskarten zu nennen sind, Tischkarten, Menüs, Werbedrucksachen, insbesondere für die Modehäuser, das sind einige Erzeugnisse, für deren Ausstattung das Kolorit die geeignete Technik ist. Durch Gutenbergs Erfindung des Setzens und Druckens besitzen wir nicht nur schwarze, sondern sehr ansprechende farbige Druckerzeugnisse. Bei zwei bis drei Farben wird die Klischeeverwendung im Hochdruck genügen, um entsprechende Bild- und Farbwirkungen zu erzielen. Wo jedoch das Original die Wiedergabe in sehr vielen Farben verlangt, dürften der Offsetdruck sowie der Tiefdruck die gegebenen Vervielfältigungstechniken sein. Alle diese Arten der Vervielfältigung setzen hohe Auflagen zwecks Kostensenkung für den geschäftlichen Erfolg voraus. Es gibt aber eine kostensparende Technik, die selbst bei kleineren Auflagen ein ansprechendes Erzeugnis gewährleistet und durch die farbige Ausstattung 15

den künstlerischen Ansprüchen der Käufer genügt und sie zum Kauf anregt. Das ist das Kolorit. Möglichkeiten

der

koloristischen

Ausgestaltung

Das Kolorit wird in der Praxis zur Veredelung des Papiers zuweilen als Ersatz für den farbigen Druck verwendet. Das Handkolorit ist sehr vornehm und man kann wohl sagen, daß es auch als die künstlerisch wertvollste Art der Ausschmückung von Papierwaren zu betrachten ist. Es wird vorwiegend angewendet auf solchen Erzeugnissen, auf denen bildliche Darstellungen, Blumen oder Figuren, in Licht- und wohl auch Kupferdruck hergestellt sind und bei denen es zur Belebung der Bilder die farbige Ergänzung bildet. Die Herstellung wird vorwiegend nur von solchem Personal auszuführen sein, das nicht nur über ein gewisses künstlerisches Empfinden, sondern vor allem auch über einen ausgesprochenen Geschmack für die Farbenwirkung verfügt. Ehe wir auf die technische Anwendung, des Kolorits eingehen, wollen wir kurz dessen Verwendungszweck erläutern. Diese farbige Technik wird seit altersher zur farbenfrohen Ausgestaltung von Holzschnitten, Bibelbildern, Initialien u. a. verwendet, bei denen es sich um beschränkte Auflagen handelt. Das Handkolorit findet stets dann Verwendung, wenn Wert auf eine künstlerische Wirkung gelegt wird, während das Schablonenkolorit als Ersatz für den Farbendruck dient. Durch das Handkolorit lassen sich besondere Feinheiten besser erzielen, während durch das Schablonenkolorit vorwiegend größere Flächen gleichmäßig und auch preiswert koloriert werden können. Branchenüblich wird unter Kolorit vorwiegend das Schablonenkolorit verstanden. Selbstverständlich ist auch eine Verbindung beider Verfahren — Hand- und Schablonenkolorit — miteinander möglich, wobei nur die großen Flächen unter Zuhilfenahme einer Schablone mit Farbe angelegt werden, während besondere Feinheiten mit dem Pinsel von Hand eingetuscht werden. Das Schablonenkolorit stellt auch geringere Anforderungen an das Verständnis der diese Arbeit Ausübenden. Die niedrigen Herstellungskosten sprechen auch entscheidend für die Wahl dieser Ausführungen mit, da sie sich bei entsprechenden Auflagen billiger stellen als ein Eindruck von Farben. Früher kolorierte man auch die allseits bekannten Bilderbogen mit Schablonen. Grundsätzlich sind beim Kolorit zwei Arten zu unterscheiden, und 16

zwar je nachdem, ob es sich um Abbildungen handelt, die Halbtöne enthalten, oder einfache flächige Zeichnungen. Im ersteren Falle arbeitet man ausschließlich mit Lasurfarben, anderenfalls auch mit Tempera oder Aquarellfarben. Es läßt sich natürlich auch Bronze verarbeiten. Bei der Wiedergabe von Stoffarbtönen erzielt man beispielsweise auch mit Aquarell- oder Temperafarben sehr schöne Wirkungen. Bei einem Kolorit mit mehreren Farben kommen nur Lasurfarben in Frage, und zwar können jeweils nur zwei helle Farben übereinander gearbeitet werden. Es handelt sich bei diesen ausschließlich um Wasserfarben. Würde eine dunkle Farbe über eine helle gearbeitet werden, so würde dieses restlos verdeckt werden. Zwei dunkle Farben übereinander würden zu einem vollkommenen Fiasko führen. Selbstverständlich sollten alle f ü r ein späteres Kolorit vorgesehenen Vorlagen auf gut geleimten Papier gedruckt werden, andernfalls die Farben nicht nur leicht durchschlagen, sondern auch unsaubere Ränder durch das Auslaufen der Farbe die Arbeit verderben würde. Koloritarbeiten können auf Drucken in jedem beliebigen Reproduktionsverfahren hergestellt werden. Die t e c h n i s c h e A u s f ü h r u n g des

Kolorits

a) Das Handkolorit Für das Handkolorit werden sehr gute, mit elastischer Spitze versehene Pinsel benötigt, die am besten aus Marderhaar angefertigt werden, deren Spitzen sich beim Arbeiten nicht spalten dürfen. Für die farbige Ausführung werden, soweit Halbtöne in Frage kommen, ausschließlich Lasurfarben verwendet. Handelt es sidi um Vorlagen, bei denen lediglich Konturen vorgedruckt sind, dann nimmt man Aquarell- oder Deckfarben. b) Das Schablonenkolorit Das Schablonenkolorit erfordert eigens f ü r diesen Zwecke hergestellte Schablonen und große Spezial-, Schablonier- oder Patronierpinsel, die aus feinsten elastischen Schweineborsten ohne Stiel bestehen. Die Schablonen werden im allgemeinen aus transparentem Papier, oder ganz dünn gewalzter Zinn- und Kupferfolie geschnitten. Die beiden erstgenannten Materialien sind einfach zu bearbeiten, weil man ein entsprechendes Stück (größer als das Original) auf die Vorlage legen und dann ohne Schwierigkeiten mittels Schablonen-(Feder-)Messer die Schablonen schneiden kann, während man bei Zinkschablonen die Konturen erst darauf übertragen muß. Jede Farbe erfordert die Herstellung einer besonderen Schablone. Bei den aus geöltem bzw. gefirnißtem Papier angefertigten Schablonen ist ein nachträgliches Überziehen mit einem möglichst wasserfesten Lack 2

Hess, Veredelung des Papiers

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und ausreichendes Trocknen vor dem Gebrauch erforderlich. Es lassen sich bei sorgfältiger Behandlung der Schablonen unter günstigen Umständen Auflagen von 3000 bis 4000 Stück mit einem Schablonensatz herstellen. Ist die Auflage größer, so muß nach Abnutzung des ersten Satzes ein zweiter Schablonensatz angefertigt werden. In Verbindung mit dem Schablonenkolorit tritt zuweilen auch das Handkolorit in Erscheinung, wenn es sich beispielsweise bei figürlichen Darstellungen um die Tönung der Wangen handelt. Diese Tönung wird zweckmäßig mit echter Schminke unter Verwendung eines kleinen Wattebausches von Hand aufgetragen. Sie ergibt einen ganz randlosen, einwandfreien Verlauf. Von der exakten Herstellung der Schablone hängt natürlich die Güte des Produktes maßgebend ab. Das Schablonenkolorit wird wohl ausnahmslos von weiblichen Hilfskräften ausgeübt, wobei die Koloristin auf einen Stapel der zu kolorierenden Vorlagen eine Schablone auflegt, die ausgeschnittenen Teile der Schablone mit dem Pinsel überstreicht, diese mit der linken Hand etwas anhebt und mit der rechten Hand, ohne den Pinsel loszulassen, das bearbeitete Blatt abnimmt. Ein kurzes Einpassen durch Rücken, und die Schablone liegt bereits korrekt auf dem nächsten Blatt. Mit einem Schablonierpinsel wird die vorher ausprobierte Farbe in der Art aufgetragen, daß der Pinsel unter kreisenden Bewegungen möglichst schnell und in senkrechter Haltung über die gesamte ausgeschnittene Fläche der Schablone geführt wird, so daß auch alle Eckchen und kleinen Ausschnitte eingefärbt werden. Je nach dem Papier, auf dem die Vorlage gedruckt ist, muß der Pinsel mehr oder weniger feucht, keinesfalls aber naß gehalten werden. Wie bei der Skala beim Farbendruck vom Stein wird auch hier mit der leichtesten Farbe zuerst begonnen. Um einen gleichmäßigen Farbton auch bei einer größeren Auflage zu erzielen, ist es unbedingt erforderlich, daß die Koloristin jeweils recht wenig Farbe in den Pinsel aufnimmt, ihn dafür aber häufiger „sättigt". Ein nasser Pinsel würde nicht nur die Farbe stärker auslaufen lassen als ein trockener, so daß also mit der fortschreitenden Arbeit die Farbe immer dünner erscheinen würde, es würden auch unsaubere, eventuell sogar klecksige Ränder entstehen. Ein zu trockener Pinsel dagegen würde die Farbe streifig erscheinen lassen, die Fläche nicht ganz ausstreichen und die Koloristin zwingen, ein zweites Mal über die Fläche zu streichen,wodurch eine unregelmäßige Farbgebung erfolgen würde. In jedem Fall muß der Farbton zunächst auf einigen Nutzen der Auflage ausprobiert werden. Bei der großen Auswahl der vorhandenen Farben gibt es keine allzu großen Schwierigkeiten zur Erzielung gewünschter Farbtöne. Die vorhandenen 18

können leicht durch entsprechende Zusätze zu der gewünschten Farbschattierung geändert werden. Es ist keine seltene Erscheinung, daß in Papier- und Schreibwarenhandlungen irgendeine Sorte einfarbiger, d. h. nur schwarz gedruckter Karten, seien es Glückwunsch- oder Postkarten, schwer verkäuflich sind, weil sie nüchtern aussehen. Der Verkäufer kann mit solchen Ladenhütern wenig anfangen, und da hält er Ausschau nach einer Möglichkeit, solche Ladenhüter verkäuflich zu gestalten. Das Mittel hierzu ist in jedem Fall die farbige Ausstattung, denn wenn solche Karten bunt sind, dann haben sie viel eher Aussicht, die Blicke der Käufer auf sich zu lenken und Abnehmer zu finden. Man übergebe den Vorrat einer Kolorieranstalt, die mit ihrem ausgebildeten Personal und ihren Hilfsmitteln bei verhältnismäßig billiger Berechnung die Motive farbig anlegt und somit aus den Ladenhütern gängige Verkaufsartikel macht. Anders verhält es sich, wenn nur kleinere Posten vorhanden sind, bei denen man bei einigem Zeichen- und Maltalent die Kolorierung solcher Karten selbst vornehmen kann. D i e F a r b e n a u s w a h l als G r u n d b e d i n g u n g Verkaufssteigerung

zur

Nicht alle gewöhnlichen Tusch- und Malfarben, wie sie in den Papierwarengeschäften verkauft werden, sind f ü r merkantiles Kolorit zu gebrauchen, weil diese erstens keine einwandfreien Kolorierungen zulassen und zweitens wegen ihrer kalkigen, erdigen Beschaffenheit zu stark deckend sind, so daß das schwarze Druckbild durch solche Farben unschön wird. Es kommt also besonders darauf an, daß die besten transparenten (lasierenden) Farben zur Kolorierung verwendet werden, wie sie die bewährten Farbenfabriken liefern. Einige der billigeren Farben sind wohl auch transparent, doch besitzen sie zu wenig Wirkung. Sie werden in kurzer Zeit unansehnlich auf dem Papier. Wir werden unsere Aufmerksamkeit daher den besseren Farben zuwenden, mit denen die Kolorierung einwandfrei ausfällt. Das sind die im Handel geführten feuchten Eiweiß-Lasurfarben in Tuben. Unter Lasurfarben versteht man solche, die durchschnittlich die unter dem Kolorit liegende schwarze Zeichnung oder den Druck völlig glasig durchscheinen lassen, so daß nicht die geringste Verschleierung oder Verdeckung entsteht. Da es hauptsächlich darauf ankommt, hintereinander die ganze Menge der Karten gleichmäßig durchzukolorieren, wird eine kleine Menge der betreffenden Farbe, z. B. Blau, in einem Schälchen mit Wasser verdünnt und auf einer Probekarte der Versuch gemacht, ob die Farbe in richtiger Konsistenz 2*

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angerichtet ist, denn mit dicken Farben läßt sich keine schöne Wirkung erzielen. Man fertigt zuerst mit der Hand eine Probekarte an. J e dünner die Farben aufgetragen werden, um so besser ist die Wirkung. Man richtet sich nach der als Muster vorkolorierten Probekarte. Die Konturen der einzelnen Gegenstände müssen scharf eingehalten werden, besonders dann, wenn es sich um Gebäude, Bäume, Wasserufer, Straßen usw. handelt, andernfalls verlieren die Bilder an Aussehen. Bezüglich des Kolorierens ist zu den Eiweiß-Lasurfarben zu bemerken, daß man z. B. f ü r das Anlegen von Himmel- und Wasserfärbung Preußischblau verwendet, das mit viel Wasser verdünnt werden muß. Uferwasser wird mit Blaugrün (etwas dunkelgrün mit Preußischblau angelegt, Straßen, Wege und Häuser mit hellem Ocker (Goldgelb und van-Dyk-Braun, je nach Helligkeit mit Wasser verdünnt). Ziegeldächer mit Orange (etwas Karmin mit Goldgelb gemischt). Bäume, Sträucher und Wiesen mit Hellgrün (Goldgelb mit Blau). Braune Partien, wie Holzhäuser, Baumstämme usw., mit Sepia (gemischt aus van-Dyk-Braun, ein wenig Karmin und Blau). Für den Horizont, z. B. mit der Stimmung nach Sonnenuntergang, Abendröte usw., wird je nach Intensivität der Lichtwirkung stark verdünntes Karmin, Goldgelb, einzeln oder auch vermischt, benutzt. Bei größeren Auflagen erfolgt das Kolorit fast ausschließlich mittels Schabonen, nur in den seltensten Fällen werden die Karten einzeln mit einem Haarpinsel koloriert. Die Farben werden mit einem Pinsel über die ausgeschnittenen Partien der Schablone gestrichen, wodurch die ausgeschnittenen Grundflächen gedeckt werden. In der Regel nimmt man Aquarellfarben, denen etwas Ochsengalle zugesetzt wird, damit die Farben auf den gedruckten Karten besser haften. Die zu kolorierenden Nutzen, sofern sie in größerer Anzahl zusammen auf einem Bogen angeordnet sind, schneidet man aus kalkulatorischen Gründen zweckmäßigerweise niemals vorher auseinander, sondern zerteilt sie so, daß in der Regel vier oder mehr Karten mit einer Schablone gleichzeitig koloriert werden. Für das Kolorieren einzelner Karten mögen die nachstehenden Anleitungen dienen. Feine Pinsel sind unbedingt nötig, und man befleißige sich, möglichst naß zu malen; übermäßige Feuchtigkeit wird mit weißem Fließpapier weggetupft. Durch die verdünnten Farben lassen sich durch mehrmaliges Ubereinandermalen mehrere Farbentöne auf den Kartenbildern erzeugen, um so mehr, als der darunterliegende schwarze Konturdruck Schattierungen in allen Tiefen zeigt, so daß schon mit einem ganz geringfügigen Farbenauftrag die Kartenbilder bedeutend gewinnen, wie man sich aus den früher so beliebten kolorierten Ansichtskarten überzeugen konnte. 20

Das Anreiben der Tubenfarben geschieht, indem man eine geringe Menge davon auf ein Schälchen tut, etwas Gummilösung dazugibt, mit dem Finger gut verreibt und schließlich das Ganze mit Wasser verdünnt. Geringwertige Farben sind bei ihrer Anwendung nicht von langer Dauer, sie bleichen im Tageslicht aus, d. h. sie werden unansehnlich, so daß sich empfiehlt, nur wirklich gute, dauerhafte Farben zum Kolorieren zu verwenden. Die hier gegebenen Fingerzeige zur Selbstkolorierung schwarz vorgedruckter Karten beziehen sich nur auf die Verwendung der qualitativ besten Farben. Um nun das Kolorieren großer Flächen, z. B. Himmel und Wasser, schneller voranzutreiben, schneide man Schablonen aus Tauenpapier, welches wegen seiner Transparenz vorzüglich geeignet ist. Die Anfertigung der Schablonen geschieht folgendermaßen: Man legt einen zu kolorierenden Nutzen unter ein etwas größeres Stück dieses Papiers, dann zeichnet man mit Bleistift alles genau auf das Papier, was ausgeschnitten werden soll, legt es nachher auf eine Glasplatte und schneidet mit einem scharfen Federmesser alles das heraus, was frei werden soll. Die so erzeugte Schablone wird dann ebenfalls genau auf die darunter flachliegende, zu kolorierende Karte aufgelegt und mit einem etwas größeren, feinen flachen Pinsel die entsprechende Farbe aufgetragen. Man darf nicht zu viel Farbe, d. h. keinen zu nassen Pinsel nehmen, er soll vielmehr ausgedrückt und nur halb feucht sein, damit mit einem einzigen Pinselstrich, den man über die Schablone hinüberzieht, auf einmal der volle Auftrag geschehen kann, ohne daß sich auf den Schnitträndern der Schablone eine starke Ablagerung von Farbe bildet. Mit dem Schablonieren versuche man erst einigemal auf einem anderen, flachliegenden weißen Papier, bis die genügende Übung erreicht ist; die Schablone muß stets flach aufliegen, weshalb auch eine ganz ebene, flache Unterlage benutzt werden muß. Das ist von ganz besonderer Bedeutung für den Arbeitsvorgang. Wenn der zu kolorierende Posten mit einer Farbe durchschabloniert ist, wird mit der zweiten Schablone und Farbe begonnen und ebenso verfahren. Die schablonierten Karten werden nebeneinander ausgelegt und getrocknet. Von der Farbe muß von Anfang an mengenmäßig so viel angesetzt werden, daß sie für die Auflage ausreicht. Kleinere und feinere Partien auf den Karten werden nicht schabloniert, sondern mit der Hand eingemalt. Die Verwendung der Schablonen beschränkt sich auf größere Flächen; das Handkolorieren läßt man bis zum Schluß. Statt des Tauenpapiers zur Erzeugung der Schablonen kann man auch ein hartes, glattes, mittelstarkes Zeichenpapier nehmen, welches vorher mit Paraffin, in Benzin gelöst, mehrmals nur auf einer Seite bestrichen wird. Das

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Papier wird, um eine gute Durchsicht zu erzielen, in Zwischenräumen von ein bis zwei Stunden so lange mit dieser Lösung gleichmäßig überzogen, bis es eine gute Durchsicht zeigt und nach dem Trocknen nicht mehr fleckig wird. Nach der völligen Austrocknung kann es dann zum Schablonenschnitt verwendet werden. Das A u f t r a g e n

d e s G1 i m m e r s t a u b e s

Die Verarbeitung des Brillantstaubes (das Beglimmern) ist sehr einfach. Man überstreicht mittels Pinsel die zu verzierenden Stellen mit einer flüssigen Leimlösung und streut auf diese Stellen alsdann sofort den Glimmerstaub. An den mit Leim vorgestrichenen Stellen werden die Flitterchen kleben bleiben, die übrigen fallen von selbst wieder ab, sobald man den Gegenstand umlegt und ihn rückseitig etwas beklopft. Zum Beglimmern von Luxuspapieren (Postkarten, Gratulationskarten usw.) werden dünne Glasröhrchen mit feinen Ausflußöffnungen, sogenannte Glasfedern, verwendet. Mit ihnen ist es möglich, leicht und mühelos sehr feine Leimlinien herzustellen, auch lassen sich diese Federn zum Schreiben mit Leim verwenden. Der Preis f ü r solche Glasfedern ist sehr gering. Auftragen von Glimmerstaub kann auch ähnlich wie beim Bronzedruck durch Unterdruck eines entsprechenden Bindemittels erfolgen, das natürlich eine wesentlich stärkere Klebkraft haben muß, als sie f ü r die Bindung des Bronzesaubes erforderlich ist. Für die auszustattenden Partien werden entsprechende Platten geschnitten und auf dem Schließrahmen einer Tiegeldruckpresse genau wie f ü r den Druck anderer Buchdruckarbeiten f ü r diese zugerichtet. An Stelle der Farbe wird ein Klebstoff verwendet. Durch diesen maschinellen Unterdruck wird natürlich eine wesentlich schnellere Arbeitsweise erzielt als durch das Aufbringen einer Klebflüssigkeit von Hand und das darauf folgende Aufstreuen des Glimmerstaubes, ganz abgesehen von der durch die Maschinenarbeit zu erreichenden Gleichmäßigkeit aller auszustreichenden Teile. Voraussetzung ist natürlich eine entsprechend große Auflagenhöhe. B. Die Farbspritztedinik Die Farbspritztedinik im Dienste der Papierveredelung Die

A n w en d u n gsm ö g1ich k eit e n

In zahlreichen Werkstätten und Betrieben unseres Faches spielt die Spritzmalerei, richtiger bezeichnet als Papier-Farbspritztechnik, eine wichtige Rolle. Wir erinnern an die farbige Ausstattung von Glückwunsch- und Bildpostkarten, kleineren Kunstblättern, die als Flächenausschmückung die preislich höhere künstlerische Ausstattung von Hand ersetzen soll, an die Ausstattung 22

von Kalenderrückwänden, die Herstellung des Buntpapiers sowie vieler anderer Luxuspapier- und Galanteriewaren. Es handelt sich in diesem Falle um eine vielseitige Ausstattungstechnik. Besonders für Ränder und Einfassungen jeglicher Art wird das Spritzverfahren gern angewandt. Durch die Möglichkeit, zart verlaufende Ubergänge zu schaffen, ist es zum Viignettieren besonders geeignet. Die Spritztechnik findet zudem Anwendung, wo es sich um keine geschlossene Farbenwirkung handelt, als Ersatz für die auf chromolithographischem Wege hergestellte Druckplatte. Man druckt eine Fläche auf der Stein- oder Buchdruckpresse vor und spart die Zeichnung aus, die dann reliefartig herausgeprägt und farbig angespritzt wird. Das kann in einer oder in mehreren Farben erfolgen. Auch feinere Abtönungen in Licht und Schatten, wie sie der Lithographie eigen sind, lassen sich durch das regulierbare Aufspritzen der Farben mit der Spritzpistole erreichen. Dazu gehört eine gewisse manuelle Kunstfertigkeit. Ein sehr großes Anwendungsgebiet, das bei weitem noch nicht erschöpft ist, findet die Spritztechnik als Mittel zur Veredelung des Papiers im Dienste der schmückenden Industrie. Ein Wort noch zur Anwendung dieser Technik in der Praxis. Die Herstellung der Spritzpapiere erfolgt mit Rücksicht auf die Größe der Fläche mit Hilfe von Schablonen in Papiergröße (deren Herstellung ist verhältnismäßig teuer) oder auch durch Aneinandersetzen von Teilschablonen. Die einfachste Schablone ist die sogenannte Schiene, die man für gerade Linien, aber auch für Wellen, Bogen und andere Muster nehmen kann. Auf einen Streifen Blech oder Pappe in ungefährer Breite von 20 oder 25 cm zeichnet man sich das Muster auf und schneidet die überstehende Hälfte ab. Durch mehrfaches Aneinandersetzen, Überkreuzen usw. ist man damit schon in der Lage, bei einiger Übung wirkungsvolle Papiere herzustellen. Es gibt Schablonen in der Größe 70 x 100 cm, die bei kompliziertem Muster nicht gerade billig in der Herstellung sind. Bis sich eine solche Schablone bezahlt macht, bedarf es schon Auflagen von vielen tausend Bogen Papier. Aber gerade darin liegt das Können, mit wenigen und billigen Schablonen gute Arbeiten bereitzustellen. Das Aufspritzen geschieht an der Kontur der Form entlang oder gleichmäßig über die in der Schablone offenen Flächen, je nach Entwurf. Je mehr Farben, desto mehr Schablonen sind erforderlich. Selbstverständlich müssen die Konturen scharf geschnitten sein, da sich jede Unebenheit beim Spritzen bemerkbar macht. Zur richtigen Handhabung der Pistolen gehört eine gewisse Übung, da schon ein zu starker Druck des Hebels die Arbeit verderben kann.

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Es werden aber auch andere Arbeiten in Farbspritzung ausgeführt, so z. B. werden Buchschnitte einfarbig angespritzt, was schnell geht und gut aussieht. Dieses Spritzen der einfarbigen Schnitte mit der Pistole ist für die Buchausstattung immerhin von einer gewissen Bedeutung. Aus den vorstehenden Andeutungen über die Anwendung dieser Technik im Buchgewerbe geht hervor, daß sie vielseitig zu gebrauchen ist. Es ist daher empfehlenswert, auch die Fach- und Berufsschulen mit einer Spritzeinrichtung auszurüsten, um auch den Nachwuchs mit der Anwendung dieser Technik vertraut zu machen. Die

F arb sp ritzsch ab 1onen

Im allgemeinen k o m m t f ü r die Schablonen Zinkblech aller Stärken in Frage, doch ist bei Anfertigung einer nur beschränkten Auflage auch die Anwendung einer Schablonne aus geöltem Karton oder Celluloid (für feinere Arbeiten) möglich, ja sogar vorteilhaft. Das Zerlegen des Entwurfes in die einzelnen Farbteile erfolgt durch Auflegen des durchsichtigen Schablonenmaterials und durch Aufzeichnung der Farben. A n gebräuchlichsten ist bei der Farbspritzung die verlaufende Art. Diese wirkt besonders plastisch. Eine weitere Sonderheit ist mehr flächig angelegt — die Farbe ist hier auf die dafür bestimmte Stellen gleichmäßig aufgetragen. Zur Herstellung mehrfarbiger Spnitzungen ist als Vorlage stets ein farbiger Entwurf erforderlich. Bei einer verlangten Musteranfertigung vor Aufnahme einer Arbeit genügt die Anfertigung einer Schablone aus geöltem Karton, die auch f ü r mittlere Mengen genügt. Diese stellt man sich folgendermaßen her: Zähen, nicht holzhaltigen Karton oder stärkeres Papier legt man in kleinen Bogen übereinander. Einfaches, dünnflüssiges Maschinenöl trägt man direkt aus dem Behälter auf und verreibt es mit einem Lappen beiderseitig. Den so stark geölten Karton schichtet man aufeinander und läßt das ö l durchziehen. Nach einiger Zeit nimmt man die einzelnen Kartonstücke und legt sie zwischen Makulatur. So verbleiben sie am besten eine ganze Nacht. Zum endgültigen Gebrauch nimmt man jeden Bogen heraus und reibt ihn mit einem Lappen oder auch mit Seidenpapier ab, so daß bei etwaigem Auflegen auf helle Leinwand oder Papier keine Fettflecke darauf zurückbleiben. Den Entwurf stellt man am besten auf weißem Karton her, die Konturen nach Möglichkeit in Tusche, legt den geölten Karton darauf und zeichnet die Konturen durch. Zu jeder Farbe ist eine besondere Schablone erforderlich. Zelluloid als Sdiablonenmaterial nimmt man am zweckmäßigsten f ü r sehr kleine Muster. Für größere Flächen kann man Preßspan oder auch 24

Pappe verwenden, die man mit einfachem Spritzlack bedeckt. Für die Massenanfertigung kommen naturgeäß nur haltbare Schablonen in Frage. Das Ausschneiden erfolgt am besten mit recht scharfen Messern auf einer Holzpappe als Unterlage. Für ganz kleinmustrige Arbeiten kann man auch Glas als Unterlage benutzen. Die T e c h n i k des

Spritzens

Die Tonstärke der Farbe kann mit Hilfe des Hebels in feinsten Nuancen geregelt werden. Die zerstäubten Farbteilchen werden von dem Ventilator abgesaugt. Der aus der Düsenöffnung kommende Farbstrahl wird bei flächiger Spritzart über die zu bespritzende Fläche hinweggeführt. Die Pistole muß mehrmals in weitem Abstand über die Fläche geleitet werden. Hierbei ist zu berücksichtigen, daß sie gleichmäßig Farbe erhält. Anders ist es bei der verlaufenden Art: Hier wird die Pistole in etwas größerer Nähe der Kontur der Schablone entlanggeführt; dadurch kommt ein Teil des Farbstrahles auf das bespritzte Material, und der andere Teil bleibt auf der Schablone haften. Der Teil, neben dem die Kontur der Schablone auflag, erscheint dann am dunkelsten. Da die Deckfähigkeit der Farben beschränkt ist, verwendet man zweckmäßig hellere Rohstoffe. Zu erwähnen ist noch, daß häufig kleine Feinheiten, die im Entwurf vorhanden sind, selbst bei gewissenhafter Anfertigung der Schablonen verlorengehen. Pinsel

oder

Spritzgerät?

In allen Zweigen unseres Gewerbes spielt das gleichmäßige Auftragen fein verteilter Färb- und Klebeflüssigkeiten eine bedeutsame Rolle. Der Pinsel war lange Zeit das einzige Hilfsmittel, mit dem man diese Arbeit ausüben konnte. Pinsel sind bekanntlich teuer; das Arbeiten damit ist unwirtschaftlich, da beim Abtropfen und Reinigen Farbe verlorengeht, sie erlauben nur langsames, mühsames Arbeiten. Von den Koloristinnen wird zudem in der Anwendung dieses Gerätes eine große Übung und Geschicklichkeit verlangt. Es war daher ein bedeutender Fortschritt, als es gelang, den Pinsel nach und nach durch ein anderes, schnelleres und sauberes Verfahren zu ersetzen. Dieses Verfahren beruht auf der Benutzung der Spritzapparate. Die Kosten für die Anlagen sind verhältnismäßig gering und ermöglichen es auch dem kleinen Unternehmer, sich eine solche zuzulegen. Wo Gelegenheit gegeben ist, vorhandenen Strom zum Erzeugen des zum Gebrauch der Spritzapparate notwendigen Luftdrucks heranzuziehen ist die Arbeitsweise noch einfacher. Zur Not genügt aber in besonderen Fällen auch ein Apparat mit Fußbetrieb. 25

Der unter dem atmosphärischen Druck stehende Luftstrom wird mittels der Spritzpistole in eine Farbflüssigkeit von beliebiger Konsistenz geleitet und läßt das hierdurch entstehende Gemisch von Luft und Flüssigkeit durch eine feine Spritzdüse austreten. Dadurch erhält man einen regulierbaren Strahl, der die Farbpartikelchen fein und gleichmäßig auf der auszustattenden Flädie verteilt. Richtet man diesen Strahl, der jede Regulierung gestattet, gegen eine zu bemalende Flädie, so kann man mit ihm zum Zwecke koloristischer Ausstattung der Papier- bzw. Kartonnutzen leichter, besser und sauberer arbeiten als mit feinsten und teuersten Pinseln. Die Farbe spielt bei den Sondererzeugnissen der Papierwarenproduktion eine große Rolle. Für Ausstattungen der verschiedensten Erzeugnisse des tägliche Bedarfs ist die ununterbrochen wechselnde Farbenzusammenstellung unumgänglich notwendig. Mit den Spritzapparaturen verziert man vorwiegend geprägte Karten sowie auch Bezugspapiere f ü r Einbände, Buchumschläge, Kartonagen, Kalenderrücken, Tapeten, Lederimitationen, Ausstattungspapiere f ü r Bonbonieren u.a.m., lindem die durch den Luftdruck fein zerstäubten Farben auf dem vorgeprägten Karton oder die glatte Papieroberfläche geschleudert werden. Die erhaben herausgeprägten Prägeflächen nehmen die meiste Farbe auf, während die flacheren Stellen weniger Farbe oder nur Farbpartikelchen aufnehmen. Die gewölbten Flächen zeigen nach dem Aufspritzen zarte verlaufende Ubergänge. Es werden in kürzester Zeit von einer geübten Arbeiterin Farbtönungen erzielt, wie sie in der gleichen Arbeitszeit durch die Pinselarbeit nicht zu erreichen sind. Wenn man auf der entgegensetzten Richtung in gleicher Weise eine komplementäre Farbe auf die auszustattende Fläche aufbringt, erzielt man reizvolle Wirkungen, ganz besonders bei plastisch blind herausgeprägten Flächen. Dabei wird eine Farbe von links, die andere von rechts gegen die geprägten Bildflächen gespritzt. Durch das Ineinanderübergehen der Farben lassen sich schöne Farbwirkungen erzielen. Der

Farbenverbrauch

beim

Spritzv erfahren

Der Farbenverbrauch beim Spritzverfahren ist sehr gering. Die Handhabung der Apparate kann von jedem ohne große Vorkenntnis ausgeführt werden. Es ist daher verständlich, daß das Spritzverfahren sehr verbreitet ist. Auf 200 g Spiritus kommen neben einem geringen Prozentsatz Schellack nur 7 g Farbe. Von dieser Lösung, die vor dem Gebrauch gekocht werden muß, genügen etwa 90 bis 100 g auf einen Liter Spiritus. Wegen der geringen Herstellungskosten lohnt sich die Anwendung des Verfahrens. 26

Die Aufgabe

der

Schablonen

Die Fläche, die von der Farbe nicht getroffen werden soll, wird daher mit Schablonen abgedeckt. Liegen mehrere Teile, die von einer bestimmten Farbe nicht gedeckt werden sollen, auf der Bildfläche weit voneinander, so ist es unpraktisch, eine Schablone herzurichten, die über die ganze Fläche hinweggeht. In solchen Fällen schneidet man die abzudeckenden Flächen einzeln aus der Schablonenpause heraus und verbindet sie durch Brücken aus Draht, die ein bequemes Auflegen und Arbeiten ermöglichen. Um gemusterte Flächen zu erzielen, überträgt man die Farbe durch GewebeGardinenmuster hindurch auf die Fläche, wobei ein getreues Bild der Gewebestruktur übertragen wird. Man spannt ein beliebiges, ganz dünnes Gewebe (Spitzen, Gardinenstoffe usw.) in einen Rahmen aus Holz oder Pappe und benutzt diesen als Schablone, die aber niemals fest auf den auszustattenden Nutzen aufgelegt werden darf, sondern in geringer Entfernung von der auszuschmückenden Fläche gehalten werden muß. Beim Anspritzen glatter Flächen, z. B. bei Vorarbeiten zur Monogrammprägetechnik muß der Apparat schräg in der Hand gehalten werden, während er bei vollen Flächen oder zur Erzielung einer Schattenwirkung beim Zerstäuben der Farbe fast senkrecht zwischen den Fingern ruhen muß. Die Farbspritzung wird nicht nur auf Papier und Karton, sondern auch auf Stoffe aller Art: Leinen, Velvet, Velour, Seide, Samt, selbst auf Zelluloid, Glas und Porzellan angewendet. Die Farben müssen natürlich gemäß den Eigenarten der betreffenden Stoffe zuammengesetzt werden. D i e S p r i t z t e c h n i k als E r s a t z der L i t h o g r a p h i e Besonders in der Abschattierung von Farbenwirkungen ist die Technik des Aufspritzens von Farbe recht gut zu gebrauchen, da durch die feine Farbenverteilung eine geschlossene Wirkung besser zu erzielen ist, als es die gewandteste Feder des Lithographen vermag. Wenn beim Druck eine Farbplatte eingespart wird, kann die zu ergänzende Farbe mit dem Zerstäuber nachträglich aufgetragen werden. Diese Arbeit kann sogar bis auf mehrere Farben ausgedehnt werden. Selbstredend wird sich das Aufspritzen flüssiger Farben als ganzer oder teilweiser Ersatz für lithographische Platten nur auf kleine Flächen beschränken, da diese Methode bei ganzen Bogen unzweckmäßig wäre. In solchem Falle dürfte der Eindruck einer besonderen Farbplatte auf der Schnellpresse nicht nur praktischer, sondern vor allem auch billiger sein. F ar b en z e r st äu b e r und P r eß 1 u f t p i st o 1 e Unter den Farbzerstäubern gibt es Fabrikate, die sich in der Wirkung und im Gebrauch ähneln. Für große Flächen, wie Tapeten, Bezugspapiere usw.

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wird man sich nicht der kleinen Typen bedienen, sondern sich zur Verwendung der als „Preßluftpistole" bekannten Konstruktionen entschließen. Die Strahlöffnung ist bei dieser stark erweitert, um stets eine größere Farbmenge auf der Ventilöffnung austreten zu lassen. An Stelle des Farbenbehälters am Zerstäuberapparat, der oft nachgefüllt werden muß, kann ein Schlauchansatz benutzt werden, von dem eine Gummischlauchverbindung zu einem beliebigen großen Farbbehälter geführt wird, besonders beim Verbrauch großer Farbenmengen in gleichbleibenden Tönen. Die

Instandhaltung

der

Farbspritzgeräte

Ich möchte schließlich aus der Praxis noch einige Bemerkungen über die Instandhaltungsarbeiten der Apparate hinzufügen. Diejenigen Firmen, welche derartige Erzeugnisse herstellen, machen aus den später sich ergebenden, im allgemeinen sehr winzigen Reparaturen kein Geschäft. Das Arbeiten mit den Spritzapparaten ist durchaus lohnend. Unvermeidlich sind höchstens einmal kleine Unkosten durch die Auswechselung einzelner Teile, nämlich der Farbdüsen und der Farbpinsel. Es ist daher zweckmäßig, auswechselbare Farbbehälter an den Apparaten zu verwenden, die es ermöglichen, das zeitraubende Auswaschen f ü r Anilinfarben zu vermeiden. Die Behälter sind in dieser Form nicht unbedingt nötig, doch hat man allerseits bei Verwendung von Anilinfarben ihren Vorteil bestätigt gefunden, daß in bestimmten Fällen eine Veränderung des verlangten Farbtons durch Reste anderer Farben, die sich häufig auch bei sorgfältiger Reinigung des Behälters nicht ganz beseitigen lassen, überhaupt ausgeschlossen ist. P f l e g e des

Spritzapparates*)

Durch Beachtung der Gebrauchsanweisung und sorgfältige Pflege des Spritzapparates kann sich sein Besitzer manche Unannehmlichkeit und Kosten ersparen. Vornehmster Grundsatz sei: Gründliche Sauberhaltung des Apparates. Nach jedem Gebrauch mit lauwarmem Wasser nachspülen, damit keine Farbrückstände bei der nächsten Spritzarbeit Hemmungen verursachen. Auch die Farbdüse, den wichtigsten und empfindlichsten Teil des Spritzapparates, stets sauber halten und keinesfalls mit scharfen Gegenständen berühren. Der erfahrene Retuscheur wird die Düsennadel hin und wieder auf einem ölstein vorsichtig nachschleifen. Bei Störungen, die bei etwas stärkerem Durchströmen von Preßluft oder Kohlensäure nicht zu beheben sind, sollte der Spritzapparat dem Lieferanten zwecks Instandsetzung eingesandt werden. *) Autor: Emil Brauer, Kronberg (Taunus). Bitte beachten Sie auch die Tafel III. 28

Die Bedeutung der Spritzapparate für Entwurf und Retusche (Entwicklung und Arten, Aufbau und Handhabung) Von Emil Brauer, Kronberg (Taunus). Entwicklung

und Arten

der

Spritzapparate

Seit man die Möglichkeit fand, feinste Tonwerte und zarte Verläufe in den verschiedenen Druckverfahren wiederzugeben, wurde der Spritzapparat sowohl dem Gebrauchsgraphiker, dem Zeichner, dem Photographen als auch den Originalherstellern und den reproduzierenden Berufen, wie Lithographen und Retuscheuren, ein unentbehrliches Hilfsmittel. Bereits 1891 wurden Spritzapparate nach einem USA-Patent von Thayer und Chandler in Chikago hergestellt. In Deutschland führte sie um die Jahrhundertwende die Aerograph Company Ltd., London, ein. Der Berliner Meister Plensdorf stellte in eigener Produktion zunächst nach den Plänen des Engländers King den sogenannten „King-Spritzapparat" her. Ab 1905 wurde die Druck- und Messestadt Leipzig der Ausgangspunkt vieler bekannter Konstruktionen. Zu erwähnen sind hier die Patente des Ingenieurs Otto Heinrich, dessen Spritzapparate unter den Namen „Hiekel" oder „Rückriem" bekannt sind; ferner die Patente des Altmeisters Friedrich Boldt, die sogenannten „Efbe-Spritzapparate", die heute in Italien nachgebaut werden, und außerdem auch die Patente der Firma Krautzberger, welche die „Sprio-Farbspritzapparate" herausbrachten. Nach den Hauptmerkmalen der Konstruktion unterscheidet man zwei Arten von Spritzapparaten: 1. Apparate mit freiliegender Düsennadel, 2. Apparate mit geschützter Düsennadel. Während die USA- und britischen Patente darauf beruhen, daß die Düsennadel, ähnlich wie bei dem in Abb. 5 gezeigten Apparat, der Länge nach mitten durch den Apparat geführt wird, weisen die deutschen Heinrichu.nd Krautzberger-Schutzrechte als Hauptmerkmale eine Düsennadel auf, die außerhalb des Spritzapparates angeordnet wird. Bei der Type Abb. 5 muß das Endstück abgeschraubt werden, bei der Type Abb. 6 wird, um die Düsennadel herauszuziehen, das kleine rechts vom Betätigungshebel sichtbare Schräubchen gelöst. Der Grafo-Retuschier-Spritzapparat ist ein hochwertiges Präzisionsinstrument. Folgendes sollte für seine Pflege genau beachtet werden: 1. Nach Gebrauch jeweils gründlich reinigen, d. h. mit lauwarmem Wasser nachblasen, damit keine das Ankleben der Düsennadel verursachende Farbe zurückbleibt. 29

2. Auf vorsichtige Behandlung der Farbdüse und der darin gleitenden Düsennadel ist größte Sorgfalt zu verwenden. Durch Lösen der hinter dem Betätigungshebel B befindlichen kleinen Schraube C kann die Nadel D auf einfachste Weise herausgezogen werden, obgleich die Nadel geschützt im Inneren des Apparates ruht, was bei einem so empfindlichen Teile wie einer Düsennadel von Bedeutung ist (Abb. 7). Beim Wiedereinführen der

A

wm

Nadel Betätigungshebel nicht nach hinten ziehen. Nadel soweit nach vorn drücken, bis leichter Widerstand spürbar. Alsdann die kleine Schraube wieder anziehen. 3. Ist der Hebelweg bis zum Fließen der Farbe zu groß oder zu klein, so ziehe man die Nadel heraus, schraube das Endstück E ab und verstelle nach Bedarf das Teilstück mit den zwei Flächen, nicht aber die Sechskantmutter.

Abb. 6. Spritzapparat, bei dem die Düsennadel außerhalb angeordnet ist

4. Vor dem Abschrauben der Luftdüse F Nadel etwas zurückziehen, damit die Nadelspitze nicht beschädigt wird. 5. Bei etwa auftretenden Störungen, die durch unkundige Hand nicht behoben werden können, keine Gewalt anwenden, sondern den Apparat zur Überholung an den Lieferanten zurücksenden. 30

Da es sich in der Praxis als notwendig erwies, die Düsennadel hin und wieder auf einem ölstein nachzuschleifen, wollte Heinrich ein leichteres Herausziehen der Nadel erreichen, als dies bei den ausländischen Fabrikaten

Abb. 7. Spritzapparat mit einer innerhalb des Apparates angeordneten Düsennadel

möglich war. Bei dieser Konstruktion besteht allerdings die Gefahr, daß die außerhalb des Apparates angeordnete Nadel leicht beschädigt werden kann. Dies zu vermeiden und trotzdem ein leichtes und schnelles Herausziehen und Wiedereinführen der Nadel zu gewährleisten, hat zu den in Abb. 7 und 8 gezeigten Konstruktionen geführt.

1 Abb. 8.

I

Querschnitt durch einen Spritzapparat

Aufbau und Handhabung

der

Spritzapparate

Jeder Spritzapparat stellt ein Präzisionsinstrument dar, über dessen Aufbau sowie über dessen Zusammenwirken der einzelnen Teile jeder unterrichtet sein sollte, der mit dem Spritzapparat zu arbeiten hat. In ihrem Aufbau und dem Zusammenwirken der Hauptteile gleichen sich die meisten Spritzapparate, so daß die vorliegende Querschnittszeichnung der Abb. 5 als Information über die Zusammensetzung eines Spritzapparates dienen kann. Die wichtigsten und gleichzeitig auch die empfindlichsten Stellen des Apparates sind die Farbdüse und die auf die Düsenöffnung zugeschliffene Düsennadel. Auf beide 31

hat man bei der Benutzung eines Spritzapparates sowie bei der anschließenden Reinigung sein Hauptaugenmerk zu richten. Die Düsenbohrung schwankt zwischen 0,15 mm und 1,25 mm Durchmesser. Tafel III/l zeigt die gebräuchlichsten Retuschier-Spritzapparate verschiedener Düsenbohrung. Je nach den in Frage sthenden Arbeiten wählt der Retuscheur die ihm bestgeeignete Type, und zwar: der Gebrauchsgraphiker wird eine sehr feine Düsenbohrung wählen und der Plakatmaler eine größere. Apparate mit 0,15 mm Düsenöffnung werden für feinste Arbeiten, z. B. für die Maschinenretusche vom Retuscheur oder für Anlage feiner Tonwerte und Verläufe vom Gebrauchsgraphiker benutzt. Vom Photographen wird für die Landschafts- und Porträtretusche größeren Formates die Düsenöffnung 0,3 mm bevorzugt. Apparate mit einer Düse von 0,5 mm Durchmesser dienen zum Anlegen größerer Flächen, für Entwurf und Schablonenarbeiten des Gebrauchsgraphikers sowie zum Spritzen dünnflüssiger Lacke, wie sie zum Fixieren von Kreidearbeiten oder als Schutzlacke Verwendung finden. Apparate mit dieser Düsenöffnung sind heute auch ein unentbehrliches Arbeitsgerät in der Lederwaren-, Spielzeug- und keramischen Industrie geworden. Eine Sonderstellung unter den Spritzapparaten nehmen die sogenannten Färb- und Lackspritzpistolen ein, wie sie mit einem Düsendurchmesser von 0,8 mm, 1,0 mm und 1,25 mm in den verschiedensten Zweigen der Industrie zur Anwendung kommen. Zum Spritzen füllt man die Farbmulde oder den Farbbehälter mit der angerührten Farbe und zieht den Fingerhebel mit dem Zeigefinger langsam zurück. Dadurch erfolgt selbsttätig ein Druck auf den Ventilstift innerhalb des Luftkanals, wodurch das Luftventil geöffnet wird. Jetzt strömt die Luft durch das Ventil und den Luftkanal an der Düse vorbei zur Kappe. Bei weiterem Zurückziehen des Fingerhebels stößt dieser an den Nadelmitnehmer, und dieser zieht die Nadel zurück. Je nach Stärke des Zurückdrückens wird nun die Nadel aus der Düse gezogen und gibt eine feine ringförmige Öffnung der Düse frei. Die an der Düse vorbeiströmende Luft erzeugt an der Düsenöffnung ein Vakuum, wodurch die Farbe aus der Düse gezogen und von dem Luftstrom getragen und verteilt wird. Beim Vorbeigleiten des Betätigungshebels wird die Nadel von der Nadelfeder in die Düse gedrückt und schließt sie. Ebenso drückt die Ventilfeder im Luftventil den Ventilstift und den Dichtungsring an die Ventilscheibe, wodurch das Ventil geschlossen wird, und der Luftstrom versiegt. Diese einfach anmutende Handhabung des Spritzapparates darf aber nicht dazu führen, achtlos mit dem Apparat umzugehen, dabei vielleicht die präzis aufeinander abgestimmten Teile zu ruinieren und damit den ganzen Spritzapparat zu verderben. Ein sehr großer Schaden entsteht oft beim Heraus32

nehmen und Wiedereinsetzen der Düsennadel; geschieht dies nicht sachgemäß, dann wird die feine Spitze der Düsennadel sehr leicht verbogen. Eine verbogene Nadelspitze sitzt beim Zurückziehen der Nadel nicht genau zentriert in der Düsenöffnung, so daß ein ungleichmäßiger Farbkegel entsteht. Da die Nadel ja nie ganz zurückgezogen wird, sondern die Spitze der Nadel immer ein wenig aus der Düse herausragt, wird der Luftstrom seitlich abgelenkt, drückt den Farbkegel gegen den Kappenrand, und es entsteht dann ein grobes und ungleichmäßiges Korn. In besonders schweren Fällen sammelt sich auch in der Kappe Farbe an, und der Apparat beginnt zu klecksen und zu spucken (Abb. 9). Wird eine verbogene Nadelspitze nicht wieder gerichtet,

Abb. 9.

Eine verbogene Nadel gibt Kleckse. N u r die gut gespitzte und gerichtete Nadel arbeitet einwandfrei

d. h. für die Düsenöffnung zentriert, dann schleift sich bei starkem Gebrauch durch das viele Vor- und Zurückgleiten die Nadelspitze ab, und gleichzeitig tritt auch eine Schwächung der Düsenwand ein. Die Folge ist dann auch in diesem Falle ein einseitiger Streukegel und im Laufe der Zeit auch ein dauernder Farbdurchfluß bei minimaler Betätigung des Fingerhebels. Das gleiche kann natürlich auch eintreten, wenn die Düsennadel beim Nachschleischleifen nicht rund, sondern einseitig oder gar eckig geschliffen wurde. Eine dadurch eintretende einseitige Beanspruchung der Düsenwand kann nach einer einseitigen Schwächung der Düsenwand zu einer Spaltung derselben führen, wodurch die Düse unbrauchbar wird und ausgewechselt werden muß. Großes Gewicht muß auch auf die langsame Betätigung des Fingerhebels gelegt werden. Nur bei einer langsamen Bewegung des Hebels gleitet die Nadel richtig. Läßt man unachtsam den Finger vom Hebel oder will man durch ein schnelles und ruckartiges Vorschnellen des Betätigungshebels den Luftstrom stoppen, dann schließt die Nadel mit Gewalt in die Düse, deren feine Wandung wird gespalten, und der Apparat ist unbrauchbar. Der Spritzapparat arbeitet unter komprimierter Luft oder Kohlensäure. Dort, wo man nicht täglich oder nur zeitweise mit dem Spritzapparat arbeitet, verwendet man als Druckluftquelle eine Preßluft- oder Kohlensäureflasche, wobei die Preßluft vorgezogen werden sollte, da Kohlensäure gesundheitsschädlich ist. Da die 3 Hess, Veredelung des Papiers

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Flaschen bei Volldruck etwa 160 Atmosphären aufweisen, müssen diese unbedingt gegen Sturz gesichert sein. Für das Arbeiten mit dem Spritzapparat wird jedoch nur ein Druck von zwei bis drei Atmosphären benötigt, so daß ein Druckminderer, ein Reduzierventil, zwischengeschaltet werden muß. Vorteilhaft sind hierbei Präzisions-Reduzierventile mit zwei Manometern, die den erforderlichen Arbeitsdruck und den Flascheninhalt anzeigen, so daß man rechtzeitig für eine Ersatzflasche sorgen kann (Abb. 10). Bei Verwendung von Preßluft- oder Kohlensäureflaschen sollte man es sich zum Prinzip machen, vor dem Anschrauben des Reduzierventiles die Flasche kurz abzublasen und ebenso vor Anschluß des Spritzapparates den Luftschlauch kurz und kräftig durchzublasen, um zu vermeiden, daß Fremdkörper in die Ventile des Manometers gelangen oder das Gummi- bzw. Fiberteilchen des Schlauches den Apparat verstopfen.

Abb. 10. Kohlensäureflasche mit zwei Präzisions-Reduzierventile u n d zwei Manometern

Wer als Druckluftquelle gerne einen handlichen, leicht transportablen und sehr geräuscharmen Kleinkompressor als Drudduftquelle für sein Spritzgerät wählen möchte, dem sei die Kleinkompressor-Anlage „ H U R R Y " (Abbildung Tafel III/2) empfohlen, die vom Hersteller der GRAFO-Retuschier- und Farbspritzapparate entwickelt wurde. Daneben gibt es eine ganze Reihe grösserer oder kleinerer Kompressoren, die sich Anschluß von einem oder mehreSpritzgeräten eignen. Hier wird der Retuscheur — je nach benötigtem Luftbedarf — von Fall zu Fall entscheiden müssen, welches Gerät für ihn als Druckluftquelle infrage kommt. Dankbar empfindet es der Retuscheur, wenn er einen geeigneten Halter für seinen Spritzapparat zur Hand hat. Tafel III/3 zeigt einen solchen Halter, dessen Gehäuse so ausgebildet ist, daß es die Luftdüse des Spritzapparates fest umschließt. Dieser Halter kann am Arbeitstisch leicht montiert werden und ist än jeder Richtung verstellbar. 34

Spritztechnik / Geräte und Technik Die ersten Anwendungsmöglichkeiten der Spritzretusche beschreibt ein Vorkriegskatalog der Fa. Klinisch & Co., Reproduktionsbedarf, Frankfurt a. M., worin unter der Bezeichnung „Aerograph" oder „Air Brush" gesagt wird: „Dieses aus Amerika stammende Instrument zur Herstellung von Tuschezeichnungen und zum Retuschieren ist in kurzer Zeit zu einem unentbehrlichen Hilfsmittel der Reproduktionstechnik geworden, in welcher die Positiv-Retusche nunmehr die weitgehendste Anwendung findet. Es dient dem Zeichner zur raschen Herstellung von feinsten Tuschezeichnungen und zum Schattieren von Flächen, dem Lithographen ist es ein nützliches Instrument bei der Herstellung von Schwarz- und Farbplatten auf Papier und direkt auf Stein, und für den Photographen und Retuscheur erscheint es nach kurzem Gebrauch unentbehrlich für einfache sowie künstlerische Retusche von Negativen und Vergrößerungen, von Originalen für Reproduktionszwecke, von Silber-Lichtdrucken usw. Ebenso wird auch das Kolorieren geprägter Karten mit diesen Apparaten, welche die feinsten Abschattierungen ermöglichen, vorgenommen." Heute wird die Spritzretusche sowohl in der fotografischen Praxis als auch von Gebrauchsgraphikern ausgeübt. Beide vermögen ihre oftmals bestechenden Leistungen nur mittels des „Luftpinsels" zu erzielen. Man verwendet die Spritzretusche, um bei Reproduktionsvorlagen störende unruhige Hintergründe mit einem mildernden Hauch zu überziehen oder ganz glatt zu bekommen, ebenso, um im Bildnisfach hier und da einen leichten Ton anzulegen. Auch beim Anspritzen von Hintergründen beim Negativ kommt die Spritzretusche zur Anwendung. Immerhin wird das Hauptarbeitsgebiet der Spritzretusche das Vergrößerungsfach bleiben. Hier kann kann man sich ungemein viel Arbeit mit geschickter Spritzretusche ersparen und manche fast aussichtslose Vorlage noch retten. Daher sollte sich jeder Fachfotograf mit der Spritzretusche vertraut machen. Freilich ist sie keine ganz leichte Technik. Man muß sich übungshalber schon einmal etwas damit beschäftigen. Die aufgewandte Mühe lohnt sich aber, da viel Arbeit und Zeit gespart werden. Der Spritzapparat arbeitet unter dem Druck zusammengepreßter Luft oder Kohlensäure. Dieser Druck bläst die flüssige Farbe durch eine Düse und zerstäubt sie, so daß sie als hauchfeiner Niederschlag auf das Bild gelangt. Mit wenig deckender Farbe oder mit feinem Auftrag kann man die Farbe mildern, indem man sie mit einem grauen Ton überlegt. Spritzt man einen dickeren Auftrag Deckfarbe darauf, so erzielt man einen bestimmten grauen, weißen oder schwarzen Ton, der alles, was darunterliegt, zudeckt. Als Farbe werden nach Möglichkeit die echten Retuschefarben verwendet, 3*

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die besonders fein im Korn sind und daher die Farbdüse nicht verstopfen. Gewöhnliche Farben ergeben schnell Verstopfungen der Farbdüse. Dann sprüht der Apparat dickere Tropfen, er „spuckt", wie man sagt, und der Farbauftrag ist verdorben. Besonders wichtig ist es, bei Vergrößerungen den Farbton genau zu treffen. An sich ist das aber nicht schwieriger als bei der Pinselretusche. Für den Fachfotografen kommt im allgemeinen ein Spritzapparat mit 0,3 mm Düsenbohrung in Frage, während man zum Anlegen größerer Flächen und zum Lackieren einen Apparat mit 0,5 mm Düsenbohrung bevorzugt. Man füllt mit der angerührten Farbe — oftmals werden nur wenige Tropfen benötigt — den im Spritzapparat hierfür vorgesehenen Raum und bedient sich dabei eines Pinsels. Zieht man den Betätigungshebel zurück, dann wird in der Düse die sehr feine Nadel zurückgenommen. Zunächst strömt etwas Luft aus, und erst dann wird die Farbe freigegeben. Durch mehr oder weniger Zurückziehen des Betätigungshebels läßt sich die aussprühende Farbe regulieren. Eine weitere Abstimmungsmöglichkeit ergibt sich durch den Abstand des Apparates von der Vorlage. Man spritzt größere Flächen, wenn man auf etwa 20 cm zurückgeht, und erzielt genauere Feinheiten, wenn man den Apparat auf etwa 10 mm dem Bilde nähert. Aus dieser oder noch näheren Entfernungen lassen sich sehr feine Zeichnungen ausführen. Beim Abdecken an Umrißlinien entlang wird man nahe Entfernungen und nur gering geöffnete Düsen oder ein nur leichtes Zurückziehen des Betätigungshebels bevorzugen. Beim Abdecken ganzer Flächen geht man weiter ab, öffnet die Düse ganz und übergeht die Flächen in fortwährender kreisender Bewegung. Die Farbe soll dabei nicht zu naß sein, weil sonst beim wiederholten Überspritzen nasse Flecke, mitunter sogar Tropfen entstehen können. Man kann sich auch der Schablonen bedienen, um bestimmte Flächen abzudecken. Dabei ist es wichtig, daß der Farbstrahl genau senkrecht auf die Flächen trifft. Man befleißige sich daher von Anfang an einer genauen senkrechten Haltung des Spritzapparates. Allerdings wird man nur seltener zur Möglichkeit der Schablonenspritzung kommen. Bei nur wenig zurückgezogenem Betätigungshebel und geringem Abstand des Spritzapparates von der Vorlage kann man die Umrißlinien sehr fein spritzen, wenn man genügend Übung hat, so daß dadurch die Schablonenanfertigung erspart bleibt. Wer die bescheidene Mühe des Einübens nicht scheut, gewinnt in der Spritzretusche ein wertvolles Hilfsmittel für viele schwierige Fälle. Er wird sie dann viel öfters anwenden, als er es vorher erwartet hatte. Denn auch auf fertigen Positiven kann man mit einem Hauch an Spritzretusche noch manches verbessern. Man kann bei Bildern, die auf breitem, weißem Rand kopiert worden sind, feine Abstufungen auf den Rand spritzen, das Negativ 36

damit abdecken und dem Hintergrund eine leichte Bewegung verschaffen, kurz, der Anwendungsmöglichkeiten sind viele. Wer sich eingehend über die Spritztechnik unterrichten möchte, dem sei das vortreffliche Buch „Retusche von heute" von Dr. Otto Croy (im Wilhelm Knapp Verlag, Düsseldorf) empfohlen. Uber alle Einzelheiten der Positivretusche unterrichtet B a n d l des „Handbuches der Reproduktionstechnik" (Verlag KLimsch & Co., Fankfurt a. M.) Sein Verfasser, Adolf Köpf, kommt allerdings in seinem Schlußwort zu einer heute nicht mehr gültigen Folgerung, wenn er bemerkt, daß die Notwendigkeit der Retusche gegen früher zurückgegangen sei, was er dem großen Fortschritt in der fotografischen Aufnahmetechnik zuschreibt. Es trifft zwar zu, daß dadurch die Retusche nicht mehr in dem Umfange erforderlich wird, wie es früher bei weniger guten Aufnahmen und Reproduktionen der Fall war, aber in einer Zeit, da der Werbung eine so große Bedeutung zukommt, wie es heute der Fall ist, kann man auf die Retusche nicht verzichten. Im Gegenteil, der Fotograf wird bei der Ausübung der Spritzretusdie die Kunden durch seine hervorragende Arbeit begeistern, ebenso wie der Gebrauchsgrafiker ohne den Spritzapparat nie die Vorlagen für die Klischee-Herstellung schaffen könnte, die ein Werbeblatt oder den Firmenkatalog so interessant erscheinen lassen.

Landschafts-, Ausgleichs- und Maschinenretusche Von Wilhelm Fechner, Berlin-Tempelhof Zur Herstellung guter, wirkungsvoller Ätzungen (Autotypien) ist die Arbeit des Positivretuscheurs unvermeidlich. U m saubere Klischees zu bekommen, ist es zu empfehlen, vor der Reproduktion die Photos dem Retuscheur zur Durchsicht zu übergeben, damit unsaubere Stellen durch Retusche beseitigt werden. Vor Anfertigung von Retuschen müssen klare und präzise Angaben seitens des Kunden vorliegen, um unnötige Korrekturen zu vermeiden. Raster und Klischeegrößen sind die wichtigsten Angaben, wonach der Retuscheur sich richten muß. Es gibt verschiedene Arten von Retuschen: Ausfleck-, Landschafts-, Ausgleichs-, Unterstützungs-, Maschinen- und Farbenretuschen. Kleinere Flecke werden mittels Pinsel, Stabilo-Stiften, größere unsaubere Stellen mit dem Spritzapparat entfernt. Die feinen gespritzten Farbpartikelchen sind so klein, daß man sie mit dem bloßen Auge nicht erkennen kann, sie geben auf der gespritzten Fläche einen gleichmäßigen, kornlosen Ton, der mit dem Pinsel in der gleichen Glätte nicht zu erreichen ist. Ohne Mühe lassen sich die feinsten Verläufe spritzen. Teile, die nicht gespritzt werden sollen, müssen durch entsprechende Schablonen aus Zellophan, Papier usw. abgedeckt werden. Seit der Holzschnitt durch die Autoty37

pien abgelöst wurde, spielt das Spritzverfahren in der Positivretusche eine maßgebende Rolle. In den allerseltensten Fällen ist es möglich, nach einer nicht retuschierten Vorlage einwandfreie Autotypien herzustellen. Da es viele störende Stellen im Hintergrund, rauhe Gußteile zu glätten, unvermeidliche Spiegelungen, Rundungen zu verbessern, Lichter zu erhöhen und Schatten zu vertiefen gibt, ist es bei technisch einwandfreien Retuschen (Maschinen und komplizierten Apparaten) erforderlich, zwei Kopien anzufertigen. Ein geübter Retuscheur sucht sich dann die beste Kopie zum Retuschieren, die andere als Vergleichskopie heraus. Vor Anfertigung von gut durchgeführten Retuschen müssen die Photokopien auf Karton aufgezogen werden, damit sie sich bei der weiteren Bearbeitung nicht werfen. Mittels eines feuchten Wattebausches, den man vorher auf gewöhnliche Gelatine reibt, werden Schmutz und vor allen Dingen Fett beseitigt, damit die gespritzte Farbe haften bleibt, fettige Originale nehmen keine Farbe an, da es Wasserfarben sind. Damit dem Retuscheur kein Fehler unterläuft, ist es ratsam, nochmalig den Bestellschein des Kunden zu überprüfen, da Wünsche des Kunden maßgebend sind. Die Retusche kann in jeder Art hergestellt werden, z . B . : freistehende, viereckige, verlaufende, weißen, grauen oder schwarzen Hintergrund usw. In den Händen des geübten Retuscheurs kommt der Spritzapparat zur vollen Geltung. Er ermöglicht dann eine Arbeit, die mit dem Pinsel nie erreichbar ist. Durch Aufsetzen von Lichtern an richtiger Stelle, geschmackvollen Hintergrund, kühne Reflexe usw. läßt sich der malerische Wert wesentlich erhöhen. Die nach diesen wirkungsvollen Retuschen angefertigten Autotypien werden im Druck immer ein gutes Resultat ergeben und dem Besteller eine gute Reklame sein. Der Spritzapparat (Luftpinsel) ist für jeden Retuscheur, Zeichner und Gebraudisgraphiker ein unentbehrliches Handwerkszeug. Mit Leichtigkeit, das heißt wenn man mit dem Apparat umzugehen versteht, kann man Wolken in Landschaften, Modulation in Porträts, Verläufe und erstklassige Maschinenretuschen herstellen. U m eine gute, effektvolle Retusche (Maschinenretusche) zu erreichen, werden erst saubere Schablonen in Zellophan geschnitten. Die zu schneidenden Schablonen werden mit einer Schneidefeder schwach angerissen und dann ausgebrochen. Zuerst wird die Deckschablone von der Maschine, dann alle übrigen Teile und Flächen geschnitten. Jetzt beginnt die Spritzarbeit. Retuschen müssen immer dem jeweiligen Ton der Photographie angepaßt werden, da sonst die Arbeit des Photographen und des Ätzers erschwert wird. Blaue, gelbe oder rote Töne dürfen nicht erscheinen. U m das zu erreichen, muß in folgender Reihenfolge gespritzt werden: Ton, Licht und dann Tiefe. Schon hier kommt die Schwierigkeit, mit dem Spritzapparat riditig umzugehen. Als Farben kommen nur Wasserfarben und Aquarellfarben in Frage. Die Farben müssen sehr sauber durchgemischt sein, damit sich 38

beim Arbeiten der Apparat nicht verstopft. Als Grundfarben sind für glänzende Glanz-Retusche-Farben, R 2 Braunschwarz, R 3 Blauschwarz und Aeroweiß A zu verwenden; bei matten Kopien nur Mattfarben. Aquarellfarben in allenTönen kann man diesen Grundfarben beimischen. Die Farbe wird mit einem Borstenpinsel dünnflüssig in die Farbmulde eingeführt. Schablonen müssen gut aufliegen, damit der Spritzapparat nicht unter die Schablone stäubt. Zuerst wird immer der Hintergrund mit Bodenverlauf und Schatten gespritzt, dann erfolgt die Arbeit an dem Gegenstand selbst. Um schmale Töne, Schatten oder Lichter zu erreichen, muß man mit dem Apparat ganz dicht an das Original herangehen, weil dadurch der Spritzstrahl am feinsten ist, je weiter ab, um so größer ist die Zerstäubung. Nach erfolgter Spritzarbeit werden dann alle winzigen Einzelteile, wie Schrauben, Nieten, Gewinde, Konturen usw. mit dem Pinsel sauber durchgearbeitet, auch das erfordert ein großes Können. Bei Entwürfen, Plakaten, Prospekten, Buchdeckel usw. bedient sich der Gebraudisgraphiker audi der Spritztechnik. Es lassen sich auch hier mühelos blendende Effekte, gleichmäßiger Verlauf, überschneidende Strahlen zu erstaunlich schöner Wirkung herausarbeiten, was mit dem Pinsel nie erreicht werden kann. In den Händen eines Retuscheurs, Gebraudisgraphikers und Photographen leistet der Spritzapparat Wunder, vorausgesetzt, daß man über Geschmack und Schönheitssinn verfügt.

Retusdiier-Spritzapparate in der Praxis Die B e d e u t u n g der

Spritzretusche

Die Spritzretusche ist in Fachkreisen allgemein bekannt. Ihre Technik wird heute, je nach Erfahrung und Können, mit mehr oder weniger Geschick, nicht nur von Gebrauchsgraphikern und Photoretuscheuren, Dekorations-, Plakat- und Bühnenmalern ausgeübt, sondern auch in chemigraphisdien Anstalten, Film und Theater, Gemäldegalerien, kunstgewerblichen Betrieben, bei der Glasmalerei, in der Lederwaren-, Papier- und Spielwarenindustrie, in Porzellan- und Steingutfabriken usw. stellt der Spritzapparat heute ein unentbehrliches Arbeitsgerät dar. Besonders in der Werbung kann man heute auf die Retusche nicht mehr verzichten. Der Gebrauchsgraphiker könnte ohne den Retusdiier-Spritzapparat nie die Vorlagen für die Klischeeherstellung schaffen, die das Werbeblatt oder den Firmenkatalog, nicht zuletzt unter weitgehender Ausnutzung der Retusche, so interessant erscheinen lassen (Abb. 11). 39

Anwendung

der

Retuschier-Spritzapparate

Der Farbspritzapparat („Luftpistole") ist ursprünglich als Retuschiergerät konstruiert worden. Er ermöglicht Farbabstufungen in allerfeinster Nuancierung, was ihn besonders willkommen machte, da die frühere Retusche von Photographien vor der Reproduktion mit dem Pinsel ausgeführt wurde; der Pinselstrich war meist zu grob und später noch im Druck erkennbar. Schwarzweiß-Photos wurden auch mit dem Spritzapparat farbig überarbeitet, und dem geübten Farbretuscheur gelangen verblüffend naturgetreue Farbvorlagen. Um zu spritzen, füllt man mit einem Pinsel den zur Aufnahme der Retuschefarbe im Spritzapparat vorgesehenen Raum mit der angerührten Farbe und zieht den Betätigungshebel langsam zurück. Dadurch wird die in der Farbdüse befindliche sehr feine Nadel zurückgeschoben und die Düse für die ausströmende Farbe mehr oder weniger, je nach dem Maße der Bewegung des Betätigungshebels, geöffnet. Letzterer reguliert die ausströmende Farbmenge. Eine weitere Abstimmungsmöglichkeit ergibt sich durch den Abstand des Apparates vom Bild. Man überspritzt größere Flächen, indem man auf etwa 20 cm zurückgeht, während bei einem Abstand von nur 10 cm genauere Feinheiten gespritzt werden. Bei noch geringerer Entfernung lassen sich sehr feine Zeichnungen mit dem Spritzapparat ausführen (Abb. 12). Farbe und

Handhabung

Die Farbe darf nicht zu naß sein, da sonst beim wiederholten Überspritzen nasse Flecke, ja sogar Tropfen entstehen können. Das Abschätzen der richtigen Entfernung des Spritzapparates von der Vorlage will gelernt sein, daher ist es ratsam, zunächst auf ein Deckblatt zu spritzen, und erst nachdem ein gleichmäßiger Strahl aus der Düse tritt, beginnt man mit der eigentlichen Arbeit. Der Anfänger erwirbt Erfahrung beim Arbeiten mit dem Spritzapparat, wenn er sich bemüht, beispielsweise Worte möglichst fein zu spritzen, ohne mit einem dicken Klecks anzufangen und mit einem solchen aufzuhören. Auch die systematische Kreuzung waagerechter und senkrechter Striche ist für den Anfang nicht leicht. Das Spritzen von Punkten, Strichen und Kurven, so fein, wie man sie mit einem Bleistift zeichnen würde, muß zunächst geübt und gekonnt sein. Danach geht man zum Anlegen von Flächen über, die man von starkfarbigem Auftrag nach dünnem Auftrag verlaufen läßt. Ist man imstande, mit einem Originalfarbton eine Fläche anzulegen, die von starker Tiefe in immer größere Helligkeit übergeht, so versucht man es mit einer Mischung von Retuschefarben in Weiß. Man bemüht sich, diese nunmehr aufgehellte Retuschefarbe auf eine bereits gespritzte Fläche aufzuspritzen, ohne daß scharfe Kon-

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turen und harte Ubergänge zwischen den beiden Farbschichten entstehen. Dies wiederholt man mit immer größerem Zusatz von Weiß, bis man schließlich für die Glanzlichter zum reinen Weiß greifen muß. Man kann zunächst auch die mittleren Töne spritzen und dann die helleren Lagen, die „Lichter", mit geweißter Retuschefarbe auftragen, dagegen in den Schatten die unvermischte Retusdhefarbe verwenden. Retuschefarben gewährleisten für feinere Linien und größere Flächen ein sicheres Spritzen mit dem Apparat. Das Problem, aus Körperfarbe eine für feinste Düsen spritzfähige Farbe zu bereiten, deren ultramikrokospische Feinheit dem kolloidalen Zustand nahesteht, ist in den heute bei uns erhältlichen Retuschefarben gelöst. Wässern der Photos entscheidend dauerhafte Retuschen

für

Der Ton des betreffenden Photos entscheidet darüber, in welchen Fällen das Bild zu retuschieren ist. Der Auftrag von Retuschefarben, sowohl bei der Positiv- als auch bei der Negativ-Retusche verlangt es, daß die photographische Bildschicht gut ausgewaschen ist. Sorgfältiges Wässern vor dem Retuschieren ist Bedingung für die dauerhafte Erhaltung einer Retusche. Ebenso ist das Lichtbild vor dem Retuschieren zu entfetten, was auf einfachste Weise dadurch geschieht, daß man einen Wattebausch mit Wasser oder besser mit Speichel anfeuchtet und die Bildoberfläche vorsichtig abreibt, bis sie wieder trocken ist.

Über gespritzten Drude vermittels Puderbestäubungsapparate Uber die Frage, wie sich das Abliegen des Druckes vermeiden läßt, haben sich schon die besten Fachleute die Köpfe zerbrochen. Die Gefahr des Abziehens wird stark vermindert und in den meisten Fällen des Einschießen und Spritzen überflüssig, wenn zum Druck einwandfreie Ätzungen zur Verfügung stehen, der Drucker sich befleißigt, die bestmöglichste Zurichtung zu machen, eine körperreiche Farbe verwendet und mit mäßiger Farbgebung zu drucken sich bemüht. Da diese guten Dinge selten beisammen sind, kann schon bei Fehlen einer Voraussetzung, zum Beispiel wenn die Ätzungen mangelhaft sind, Einschießen oder Spritzen notwendig werden. Warum wird gespritzt? Das Ein- und Ausschießen des Druckes ist eine kostspielige Angelegenheit. Größere Druckereien mußten früher nlesige Stapel besonders dafür geeigneten Papiers bereithalten, um große Auflagen bewältigen zu können. Das 41

war das sogenannte Makulatur- oder richtiger gesagt — das Einschießpapier. Zu diesem erheblichen Kostenfaktor kam die f ü r das Ein- und Ausschießen aufzuwende Arbeitszeit und der f ü r diese Arbeit erforderliche Arbeitsplatz, zunächst einmal an der Druckmaschine selbst und dann zum Aussdiießen nach der Trocknung. Selten konnte die höchtse Druckleistung herausgeholt werden, da die Druckgeschwindigkeit so weit vermindert werden mußte, daß das Einlegen des Einschießpapiers möglich war. Es ist daher kein Wunder, wenn man darauf bedacht war, auf andere Weise dem Abziehen beziehungsweise Abliegen des Druckes auf der Rückseite der Druckbogen vorzubeugen. Das

Spritzen

mit

Paraffin

In dem Bestreben einerseits nach Vereinfachung, andererseits nach Leistungssteigerung hatte seinerzeit das von Amerika gekommene Paraffin-Spritzverfahren im Jahre 1917 in Deutschland Eingang gefunden. Heute wird jedoch mit Paraffin bei uns wie in Amerika fast gar nicht mehr gespritzt. Die Technik des nassen Paraffin-Spritzverfahrens wird heute mit wenigen Ausnahmen nicht mehr angewandt, obwohl sich bei sehr empfindlichen Vierfarbendrucken noch Gründe dafür anführen lassen. Selbst die führenden Druckereien arbeiten auf diesem Gebiet heute mit den Puderbestäubern. Die Gründe hierfür liegen einfach darin, daß die Paraffinbestäubung f ü r gesundheitsschädlich erklärt wurde und nur in Ausnahmefällen geübt wird, wobei das Betriebspersonal einen Lohnzuschlag fordern darf. Das sind Faktoren, die nicht unberücksichtigt bleiben sollten. Ausschlaggebend ist es, daß die Möglichkeit besteht, durch das Pudern eine schnellere Trocknung der Farben zu erreichen, was bei dem erhöhten Tempo der heutigen Buchdruck- und Offsetmaschinen entscheidend ist. In der 3. Auflage meines 1961 erschienenen Fachbuches „Aus der Betriebspraxis des Druckgewerbes und der Papierverarbeitung"* ist eine Abhandlung veröffentlicht „Die Druckbestäubung im Buch- und Offsetdrude", in der aus kenntnisreicher praktischer Erfahrung eine fachliche Darstellung der Trockendruckbestäubung gegeben wurde. Das A r b e i t e n

mit Pu d er b est äu b u n gsap p ar at en

Im Anschluß an die erschöpfende Darstellung der Papierfarbspritztechnik zur Ausstattung verschiedener Artikel soll nachstehend über die Puderbestäubungsapparate in einer Eigendarstellung des Herstellers der BestäubungsApparate „Grafix-Aeroset" berichtet werden. 42

Grafix Aeroset (Tafel VIII) Es ist die ideale Kombination von Aeroset-Puderbehälter und Grafix-Venturi-Verteiler. Durch die Kombination von Aeroset-Puderbehälter und Grafix-Venturi-Verteiler ist eine wesentliche Verbesserung der Druckbestäubung erreicht. Präzises Erfassen der zu bestäubenden Druckflächen durch den Grafix-Venturi-Verteiler und genaue Dosierung der Pudermenge durch den Aeroset-Puderbehälter machen die Bestäubung jetzt noch wirtschaftlicher. Bis zu 60 % der bisher erforderlichen Pudermenge werden eingespart. Die Suche nach einem einfachen Gerät, das mit der nötigen Genauigkeit und Zuverlässigkeit arbeitet, führte zur Entwicklung des Aeroset-Puderbehälters (Tafel VIII). Eine perforierte Nadelspitze befindet sich im Taudirohr unter der Puderoberfläche. Bei Betätigung des Apparates, der von einem Magnetventil gesteuert wird, hebt ein kleiner kräftiger Druckkolben die Nadel an. Dadurch gelangen die mit Puder gefüllten Löcher in einen Luftstrom, der den Inhalt der Nadel mitreißt und zu den Bestäubungsdüsen befördert. Die Spezialnadel garantiert die genaue Dosierung der Pudermenge während des Arbeitsvorganges, ob Behälter voll oder fast leer. Für jede erforderliche Bestäubungsdichte gibt es die entsprechende Nadel. Sie kann ohne Maschinenstop in wenigen Sekunden ausgewechselt werden. Vorteile des Graf ix-Aeroset: 1. Durch mechanische Dosierung lim Puderbehälter kommt von der Füllung bis zur vollständigen Leerung des Behälters stets die absolut gleichbleibende Pudermenge auf jeden Bogen. 2. Genaue und gleichbleibende Einstellung der für eine Druckarbeit benötigten Bestäubungsmenge durch Einsatz von Dosierungsnadeln. Für verschiedene Arbeiten stehen verschiedene Dosierungsnadeln zur Verfügung. 3. Die Dosierungsnadeln können in wenigen Sekunden ohne Maschinenstop ausgewechselt werden. 4. Das Auffüllen des Puderbehälters erfolgt ohne Druckunterbrechung. 5. Keine Feuchtigkeit und Klumpenbildung im Puderbehälter. Der Puder kommt mit dem Luftstrom nicht in Berührung und kann daher keine Luftfeuchtigkeit aufnehmen. 6. Keine Puderablagerungen mehr im Zerstäubungssystem, kein Reinigen, kein Verstopfen von Düsen und Durchgängen. — Dem Puderstrahl folgt ein kurzer Stoß reiner Luft und bläst alle Durchgänge von Puder frei. 7. Durch exakte Dosierung der benötigten Zerstäubungsmenge wird der Puderverbrauch stark herabgesetzt. Die Pudereinsparung beträgt bis zu 60 43

8. Durch den Fortfall der übermäßigen Bestäubungsmenge erfolgt praktisch keine Staubenentwicklung mehr an der Druckmaschine. 9. Der Bestäuber mit dem Aeroset-Puderbehälter hat einen sehr geringen Luftverbrauch, was ebenfalls zur Verminderung der Staubenentwicklung beiträgt. 10. Der Graf ix-Venturi-Verteiler garantiert absolut gleichmäßige Puderverteilung zu den einzelnen Düsen. Er befindet sich außerhalb der Maschine, und von dort aus kann ohne Druckunterbrechung jede einzelne Düse reguliert und abgestellt werden. 11. Die einzelnen Düsen sitzen an einfach verstellbaren Doppeldrehgelenken und können jeweils auf die Schwerpunkte der Druckarbeit gerichtet werden. 12. Das Düsenrohr mit den Doppeldrehgelenken ist sehr flach konstruiert und kann gegebenenfalls ohne weiteres zwischen umlaufende Greiferstangen eingebaut werden.

III. K a p i t e l

Papierausstattungen Papierausstattungen gehören zu unserem Kulturgut. Sie erfreuen nicht nur durch ihre abwechslungsreichen Formen und Ausstattungen, nicht in erster Linie auch durch ihre verschiedenartigsten Farbentönungen der angebotenen Papiere das Auge des Fachmanns, sondern in der Hauptsache das des Beschauers und mithin des Käufers. Wie schön und kaufanregend sind unsere heutigen Briefpapierpackungen, bei denen der Zweck, Papier und Umschläge vor äußeren Einflüssen und Beschädigungen zu schützen und Ordnung und Einheitlichkeit hinsichtlich Güte und Zahl des Inhalts zu schaffen, oft hinter dem Werbezweck zurücktritt. Die Ausstattung wurde mehr und mehr den künstlerischen Anforderungen der Zeit und dem herrschenden Geschmack angepaßt, ja man kann sagen, daß gerade die Briefpapierpackungen ein Spiegelbild des Kunstgeschmacks „für den Hausgebrauch" sind. Als man später mit zunehmendem Umfang des privaten und geschäftlichen Briefwechsels auch spezielle Briefpapiere herstellte und verkaufte, wurden die Bogen und Umschläge zunächst auch stückweise abgegeben und dabei höchstens in einfache Bogen eingeschlagen, wobei auf besondere Kennzeichnung verzichtet werden konnte. Heute ist man daran gewöhnt, Briefpapier und Umschläge, mögen sie bedruckt oder unbedruckt sein, in verschiedenartig gestalteten Packungen zu erhalten. Die gebräuchlichsten Packungen sind Mappen, Kartons oder Kassetten. Alle diese Packungen enthalten jeweils eine Anzahl Bogen und Umschläge in verschiedenen Formaten und zuweilen dazu passenden Briefkarten. Je luxuriöser die Packungen, desto gewählter ist auch das sonstige Zubehör. An der Herstellung von Briefpapierpackungen sind heute zwei vielseitige Industriezweige beteiligt, die Kartonagenindustrie und die Papierausstattungsindustrie, die sich gegenseitig immer wieder neue Anregungen geben und unter Verwendung von maschineller und handwerklicher Arbeit neue Abwandlungen und Dessins schaffen. Viele technische Neuerungen gibt es auf diesem Sektor der Papierausstattungen nicht, dafür aber um so mehr Möglichkeiten der künstlerischen oder kunstgewerblichen Formgebung. 45

Für die Ausstattung der Packungen sind zunächst die Formate der Bogen und Karten mit ihren Umschlägen und gleichzeitig die Güte und der Gebraudiszweck der Briefpapiere wichtig. Für solche Papiere, die nicht ausschließlich Geschäftszwecken dienen, hat sich das für diese jetzt übliche DINFormat noch nicht eingebürgert. Hier findet man alle möglichen Formate vom sogenannten Billettformat bis zum Herrenformat, die auch oftmals gemischt in einer Packung enthalten sind. Die Hersteller der eigentlichen Briefpapierpackungen, die Papierausstattungsfirmen, kaufen das Papier in Bogen oder Rollen von der Papierfabrik, schneiden sich daraus die gewünschten Formate, falzen sie, bedrucken oder prägen sie gegebenenfalls, fertigen die dazu passenden gefütterten oder ungefütterten Briefumschläge maschinell an und lassen sie entweder mit Papierstreifen oder Seidenbändern bündeln, bevor sie in die Verkaufspackung eingelegt werden. Briefkassetten werden meist mit 25/25 Bogen und Hüllen beschickt; bei 50/50 werden meist noch 5 bis 10 Karten nebst Umschlägen beigefügt. Briefmappen mit verkaufsförderndem Titelaufdruck in ansprechender Aufmachung werden in Packungen zu 5/5, 10/10, 15/15, 20/20 und 25/25 Inhalt abgegeben. Die Packungen zu 5/5, 10/10, 15/15 werden ausnahmslos in bedruckten Umschlägen angeboten, die Packungen zu 25/25 und mehr Inhalt in geschmackvollen Mappen. Beim Aufklappen sind links die Umschläge, rechts die Briefpapiere angeordnet. Diese sind am Kopf abgeleimt, zum Ausreißen. Ein obligates Linienblatt dient zugleich als Löschblatt. Ausstattungen sind spezialisiert in modernen Geschenkpackungen als Bogenund Karton-Kassetten, Kombinationen in den denkbar verschiedensten Formaten, vorwiegend weiß, aber sie werden auch häufig mit einfarbigen, modefarbigen Papieren ausgestattet verlangt und gerne gekauft. Vergessen wir nicht, daß nicht nur die weißen Papiersorten den Weg zum Käufer finden, sondern auch farbige, dm Stoff gefärbte, vorwiegend in leichten Farbtönungen, um für die Beschriftung gute Lesbarkeit zu gewährleisten. Das Geheimnis des Erfolges einer Briefpapierpackung beruht natürlich vorwiegend in ihrem Inhalt, aber auch die Aufmachung und Ausstattung sind wesentliche Faktoren für die Absatzförderung. Überwiegend werden ja Papierausstattungen für Geschenkzwecke gekauft und hierbei findet naturgemäß die äußere Aufmachung besonders starke Beachtung. Das Aufbringen von Marken oder Titeln kann entweder in Monogrammprägung, Buchdruck oder Steindruck erfolgen, wobei die Prägung meist als Flächenschmuck dient. Je leuchtender und farbenprächtiger der Titel ist, desto größeren Anklang findet er erfahrungsgemäß beim Käufer, wobei allerdings auch manchmal des Guten etwas zu viel getan wird. Die zur Verfügung stehenden drucktechnischen Mittel sind zahlreich: Golddruck, Farben, Blattmetall- und Folienauflagen, Preßvergoldung, Silbereffekte auf farbigem Untergrund, farbig ge46

spritzter Grund mit Prägung oder koloristischen Motiven zeigen Ausstattungen in allen Preislagen. Die Stärke der Ausstattungsfirmen besteht in der Auswahl ausgerüsteter Papiere, Bogen, Karten und Umschläge mit und ohne Seidenpapierfutter, einfarbig oder farbig dessiniert in den verschiedensten Formaten bis zu Längshüllen (als Herrenformat). Es werden nicht nur glatte Papiere gehandelt, sondern auch solche mit Leinen- und anderen Stoffpressungen. Die beliebteste Packungsform ist die einfache Schachtelpackung mit Sturzoder Klappdeckel bzw. die zweiteilige Kartonage, doch ist dem Kartonagenmacher ein großes Arbeitsfeld gegeben, auf dem er seine Phantasie spielen lassen kann hinsichtlich der zu schaffenden Formen. Als Behälter für die Papiere werden meist glatte Packungen gewählt und gerade diese eignen sich besonders gut für die Anbringung eines werbenden Namenszuges oder Markennamens. Weltbekannt sind die Hausmarken führender Herstellerfirmen, bei denen ein häufiges Wechseln der Aufmachung und der Ausstattung unzweckmäßig wäre. Das Publikum hat sich an bestimmte Packungen, die durch ihre Originalität bzw. bestimmte Charakteristika dem Gedächtnis des Kunden eingeprägt haben, gewöhnt. Es würde aus einer Änderung der Aufmachung auch auf eine Änderung der bisher bezogenen Qualität schließen. Das „Motto" auf der Oberfläche der Packung weist oftmals gleichzeitig auch auf die Farbe des in dieser enthaltenen Papiers hin, so z. B. Pfirsich, Flieder, Azur oder auf das Material der Ausstattung wie Maroquin, Papier Batiste, Ivory, unter denen der Käufer sich allerdings wohl weniger vorstellen kann als unter den entsprechenden deutschen Bezeichnungen: Echt-Leder, Leinen-Papier, Elfenbein. Die Bezeichnungen „Handelspost", „Merkur" oder andere leicht einprägsame Titel geben gleichzeitig einen Hinweis auf den Verwendungszweck des Papiers. Wer sich die Auslagen der einschlägigen Geschäfte anschaut, wird über die Reichhaltigkeit der Markennamen oftmals erstaunt sein. Was für den Kaufmann der Firmenname seines Geschäfts und für den Verleger der Titel seiner Werke ist, das ist für das Ausstattungsgeschäft der Titel der Packung, der aber auch psychologisch richtig gewählt sein muß, um den Käufer anzusprechen. Wir sprachen bereits an früheren Stelle von den Farbtönungen der zur Füllung von Ausstattungskassetten bestimmten Papiere. Nun noch ein Wort zu den Farbenbezeichnungen. Wer kennt sie wohl alle, die uns mit phantastischen Namen angepriesen werden, die für uns ein Begriff werden sollen. Was gibt es für sonderbare Farbenbezeichnungen. Man braucht geradezu einen Führer, um sich im Bereich der Farben hindurchzufinden und muß 47

schon ein Fachmann sein und Kenntnisse in der Farbenchemie besitzen, um sich die Nuancen plastisch vor das geistige Auge zu zaubern. Wir Fachleute wissen natürlich, was beige-rose, airblau (zu Deutsch wohl Luftblau) ist. Lichtblau oder zartgrün sind Begriffe, die wir alle kennen. Sie kennen im Reiche der Farben wohl cognac, tabakbraun, distelgrün, weinbzw. bordeauxrot, purpurrot. Sie wissen wohl auch, was man unter lavendel, mulattenbraun, mitternachtsblau versteht. Nehmen wiir nur einmal eine der populärsten Farben unter die Lupe unserer Betrachtung, nämlich braun. Es ist ein vielseitiger Begriff in der Farbentönung hinsichtlich der verschiedensten Abstufungen nach Helligkeit und Tiefe. Wir kennen kalte und warme Farbtönungen. Blau oder dunkelgrün sind kalte — helles Rot, Lila, Gelb sind warme Farbtöne, die das Auge gern sieht. Bei den Papiertönungen haben wir mit anderen Begriffen zu rechnen als in der Textilmode. Ich erinnere dabei nur an die vielen Abstufungen der blauen Farbe. Wir kennen bei den Papierausstattungen braun getönte Papiere in hell- und dunkelbraun, auch mittelbraun ist ein Begriff, rehbraun, havanna — also tabakbraun — schokoladenbraun, kakaofarben. Erwähnen wir auch bei dieser Gelegenheit die verschiedenen Tönungen von lila, hell-, dunkel- bis zum bischofslila'. Erika erfreut sich besonderer Beliebtheit nicht nur als Papiertönung, sondern auch als Modefarbe bei der zweibeinigen Erika. Zarte Pastellfarben, wie z. B. lindgrün, moos, zartrosa, sandfarben werden stets bevorzugt. Giftgrün, meergrün liegen schon etwas abseits, weil wir, wie gesagt, auf die Lesbarkeit der schriftlichen Mitteilungen Rücksicht nehmen müssen. Lassen wir es mit dieser kleinen Auslese aus der Welt der Farben genug sein und befriedigen wir unseren eigenen Farbensinn durch den Erwerb einer ausgefallenen Modefarbe als ein Glied in der Kette der Käufer dieser das Auge jedes Kulturmenschen erfreuenden Erzeugnisses unserer Papierausstattungswerke. Die Ausstattung der Briefpapierpackungen Wir sind heute daran gewöhnt, Briefpapiere nebst Hüllen in ansprechenden Packungen zu kaufen. Wie kaufanregend nehmen sich unsere derzeitigen Briefpapierpackungen aus, bei denen der Zweck, die Papiere und Umschläge vor Beschädigungen und nachteiligen äußeren Einflüssen zu schützen, erfüllt wird. Es liegt nahe, daß auch dem Werbezweck bei Verkauf von Packungen Rechnung getragen wird, indem man die künstlerischen Erfordernisse der Zeit 48

und dem Geschmack des Publikums die äußere Ausstattung anpaßt. Es lohnt sich auf jeden Fall, einmal die verschiedensten Ausstattungsarten bei der Herausgabe der Briefpapierpackungen zu betrachten, denn mit deren H e r stellung wird immer hin ein Industriezweig beschäftigt. Die Deckelstücke der Schachtelpackungen werden, um recht aufzutragen, viel fach wattiert und meist durch Prägung beschriftet, in Gold-, Weiß- oder Farbdruck, zum Teil wohl auch noch ornamental verziert. Die glatten Packungen eignen sich besonders als Behälter f ü r glatte Papiere, zu denen die einst recht beliebten Sorten der Elfenbein-Papierpackungen gehören. Je leuchtender und farbenprächtiger der Titel ist, in je gefälligerer Form er sich dem Beschauer zeigt, um so größeren Anklang dürfte das Erzeugnis beim kaufenden Publikum finden. Daher sind die Goldtitel in wuchtigen Buchstaben vorherrschend, weil die glänzende, meist plastisch herausgeprägte Fläche die Aufmerksamkeit des Beschauers als Blickfang auf sich zieht. Bei Verwendung von Typendruck wird allerdings der Herstellerfirma angeraten, veraltete Schriften und Verzierungen durch moderne Typen und Schmuck zu ersetzen. Im Buchdruckverfahren gibt es genügend neuzeitliche Schriftgarnituren. Die eine oder andere ließe sich durch die Übertragung auf Stempelgravuren zweifellos auch f ü r die Beschriftung dienstbar machen. Dadurch könnte eine neue N o t e in der Ausstattung erzielt werden. Wird der Titel nicht auf einer Schutzhülle aus Papier, sondern auf der Schachtel angebracht, erfordert dessen Aufbringung besondere Aufmerksamkeit. Nicht selten werden die Titel durch Reliefprägung noch besonders hervorgehoben. Ein Graveur vermag in der Ausarbeitung der Zeichnung und des Schriftdiarakters auf der Platte vielseitiges Können zu entfalten. Die Ausstattungstechnik kann sehr wirkungsvoll durch die Prägung sein. Nicht steife, leblose, sondern gerade die lebendige Darstellung, die eine geschulte, kundige H a n d des Entwerfers voraussetzt, wird f ü r das formgerechte Zusammenwirken von Ausstattung und Titelwahl ausschlaggebend sein. Der

richtige

Titel

sichert

den

Absatz

Die Wahl der Schlagworte auf der Oberfläche der Packung ist nicht selten ein wesentlicher Faktor des Absatzerfolges. Was würden wohl die Käufer sagen, wenn sie auf einer Briefkassette mit rotem Uberzug etwa den vielsagenden Titel „Lodernde Gluten" fänden? Sie würden sicher den Kopf schütteln. 4 Hess, Veredelung des Papiers

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Daher könnten wir uns in diesem Fall mit der Bezeichnung „Türkisch R o t " abfinden. Treffende Titel werden stets das Interesse der Käufer für ihre Erzeugnisse wecken. Sie sind von Werbewert und wirken verkaufsfördernd. Die werbewirksame Beschriftung der Handelserzeugnisse ist eine sehr wichtige Voraussetzung für den Absatz. Die richtige Wahl zu treffen, dazu gehört Fingerspitzengefühl und Sachkenntnis. Es gehört vor allem Phantasie dazu und schöpferischer Geist! — Wirksame Titel werden sich stets als zugkräftige Verkaufsmittel erweisen. Daher muß auf die Wahl wirkungssicherer Titel stets ein besonderer Wert gelegt werden. Zuweilen dürfte die Wahl der Aufschrift naheliegend sein. Es war das früher der Fall, wo das Deckelstück das Muster des Inhalts veranschaulichte, das auf dem Inhalt zugleich als Schmuck vertreten war. Bei besserer Ausstattung fanden wir meist auf dem Deckelstück eine Wiederholung des Dessins, das auch den Inhalt zierte und diesem eine gewisse persönliche Note gab. Diese Darstellungen waren mannigfaltigster Art, wie Blumen, naturgetreu oder stilisiert, zuweilen auch unter Beigabe ornamentalen Schmuckes. Die Beziehungen der Blumen konnte als ein dankbares Motiv angesehen werden, sowohl als Eigenname als auch als sachliche Bezeichnung wie z. B. „Rosenstudien", „Feld- und Gartenblumen" oder „Frühlingsboten", „Aus Feld und Flur" u. a. m. Das waren Begriffe, die sinnfällig genug waren und keine großen Anforderungen stellten an das logische Denken. Ähnlich naheliegend ist die Titelwahl für Tierfreunde, z. B. „Unsere Lieblinge", „Manne", „Kätzchen" u. a. m. Bei Sportausstattungen werden wir sicherlich einen unmißverständlichen für die Sportbetätigung typischen Hinweis finden durch die Verwendung von entsprechenden Symbolen des Sports. Der Tennisschläger neben dem unvermeidlichen Tennisball kennzeichnen als Motiv wirkungsvoll diesen Sport, ebenso wie die Wiedergabe eines Tores unverkennbares Motiv für den Fußballsport ist, womöglich noch unter Anbringung eines typischen Fußballes. Diese Motive brauchen in diskreter Form angedeutet zu werden, also gewissermaßen nur skizziert. Sie lassen sich auch durch Buchdruck oder Ladeprägung aufbringen. Im letzteren Falle wird die Wirkung durch diese technische Möglichkeit eine besonders gute und eindringliche sein. Es gab einmal eine Briefpapiermode. Wie in der Mode der Damen, so ist auch unter dem Zwange der Zeit die Einfachheit Trumpf geworden — aber es gibt auch eine raffinierte Einfachheit, die teuer ist. Wir erkennen sie schon an der Farbenstellung der Modefarben, wie tauben50

blau, azurblau und manndelgrün, ausgefallene Dinge in der Papierfarbe. So ausgefallen wie die Farbtönungen sind auch die Hüllen, die natürlich gefüttert sind, in denen die Briefe der Verehrung und der Liebe versandt werden. Es ist stark rationalisiert worden. Auch im Ausstattungsgeschäft. Es werden vorwiegend nur glatte, d. h. nicht ausgestattete Papiere bevorzugt mit einfachem Deckeldecor. Natürlich besteht auch heute noch Nachfrage nach Papieren mit verschiedensten Pressungen (Leinen, gehämmert u.a.m.). Der Käufer von heute sieht auf Einfachheit, er kauft nicht nur Ausstattungen, sondern er ist in seinen Ansprüchen einfacher und vor allem zweckvoller geworden durch die Zeit, die uns zur größeren Einfachheit erzogen hat. Die Käufer wählen vorwiegend glatte Papiere in guter qualitativer Beschaffenheit und gut ansprechenden Formen. Die Hüllen zu den Briefbogen sollen dagegen ausgestattet sein mit Seödenpapierfutter in modernen Farben oder farbig dessiniert in hübschen, ansprechenden Mustern, da sie als private Mitteilungen von Haus zu Haus abweichen sollen von den monotonen DIN-Formaten im alltäglichen Geschäftsverkehr. Private Briefe zwischen Frauen und Männern, zwischen Liebenden, Freunden und Bekannten sind von einer gewissen kulturellen Bedeutung in unserer Gegenwart. Die Wahl des Papiers — neben dem kultivierten Stil des Schreibers bzw. der Schreiberin — zeugt bereits von dem guten Geschmack des Absenders. Es ist seine Besuchskarte. Ein Sprichwort sagt: „Sage mir, mit wem du umgehst und ich werde dir sagen, wer du bist." Man kann dieses Sprüchlein in diesem Falle abwandeln: „An der Wahl seines Briefpapiers wird man den Menschen erkennen." Es ist durchaus nicht gleichgültig, worauf man seine Gedanken zu Papier bringt. Bitte, vergessen Sie das im Umgang mit unseren Zeitgenossen niemals! Im persönlichen Umgang ist es die Kleidung, die bekanntlich „Leute macht". Im Schriftverkehr ist es das Papier, der Vermittler unserer Gedanken auf schriftlichem Wege, dem wir unsere inneren Gefühle und Regungen anvertrauen. Unsere deutsche Feinpapierindustrie ist geradezu unerschöpflich in der Schaffung von immer neuen Mustern, die sowohl den größten und verwöhntesten Ansprüchen hinsichtlich Qualität des Stoffes als auch seiner farblichen Gestaltung genügen. Die Luxuspapierindustrie mit ihren vielen Neuheiten ist saisonbedingt. Die Mode wechselt fast wie in der Textilindustrie. Die Entwicklung auf dem Ge4*

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biet der Briefpapier-Ausstattung ist einem immerwährenden Wechsel unterworfen. In jedem Jahr werden erlesene Neuheiten in reicher Auswahl angeboten. Die Ausstattung, die sich auf die Form der Packung, auf ihren Bezug, auf die Wahl des Titels und seiner technischen Ausstattung in verschiedenen Druck- und Prägeverfahren erstredet, muß der jeweils herrschenden Geschmacksrichtung der Abnehmer angepaßt sein. Die Hauptsache bei dem Erwerb einer Briefkassette ist aber in jedem Falle ihr Inhalt. Bogen, Umschläge sowie zuweilen einige Korrespondenzkarten „für eilige Fälle" sind ihr Inhalt. Die Hüllen werden zusammengehalten durch geschmackvoll gebundene weiße oder farbige Seidenbänder. Das Papier ist glatt, gepreßt, mit und ohne Wasserzeichen, zuweilen verziert durch gestrichene Ränder. Die Formen sind abweichend von der N o r m , also Luxusformat, je nach dem Geschmack des Schaffenden viereckig, rechteckig, bis zum Kleinfolio, in welch letzterem Falle f ü r die Hüllen das sogenannte amerikanische Format verwandt wird, d. h. Längshüllen; die dazugehörigenden Bogen werden zweimal gefalzt. Variatio

delectat.

Die Abwechslung

entzückt

Die Käufer von heute haben wieder ein gutes Geschmacksempfinden. Die Auswahl des Anzubietenden muß reichhaltig und abwechslungsreich sein. Besonders die Ausstattung der Hüllen beachtet der Käufer glatter Papiere. Einfarbiger Innendruck ist schon fast „büromäßig" zu nennen. Es muß schon eine einfarbige, fein getönte Seidenpapierfütterung sein, die der Käufer erstehen will. Besser aber noch sind mehrfarbig dessinierte Muster, möglichst noch mit Golddecor ausgestattet. Der Käufer von Briefausstattungen will an seinem Kauf in der Papierhandlung eine gewisse Freude haben oder mit seinem Erwerb eine solche spenden, denn vielfach wird eine Kassette f ü r einen Geschenkzweck erworben, die immerhin eine gewisse persönliche N o t e haben soll. Durch die Erscheinungen unserer Papierausstattungsfirmen zieht zwangsläufig eine moderne Note, die ihren treffenden Ausdruck findet in den immer wieder erscheinenden Neuschaffungen der auf diesem Gebiet führenden Firmen. Für die Ausstattung stehen diesen sachkundige Künstler zur Verfügung, die es verstehen müssen, immer den richtigen Publikumsgeschmack zu treffen durch originelle Zeichnungen, durdi Farbenwirkungen oder durch schlagkräftige Titel, die in Beziehung stehen müssen zu der erwählten bildlichen Darstellung des Titelbildes. 52

Die Stilwirkungen müssen ständig durch Sach- und Fachkenntnis abgewandelt werden, um das Interesse des Publikums immer wieder aufs neue zu erregen und zu fesseln. Farben und Formen wechseln wie unsere Frauen ihre Kleider. Das ist ein modisches Erfordernis. Es findet seinen besonderen Ausdruck in der Wahl der Papierfarben, die angeboten werden. Das Publikum will eine Auswahl sehen in den verschiedensten Tönungen, bevorzugt aber werden lichte Nuancen. Unter den Käufern dürften die Damen tonangebend sein. Sie haben Geschmack in modischen Dingen, sie sind „farbenempfindsam", haben meist einen ausgesprochenen Farbensinn und ein Empfinden für das Schöne des Werkstückes selbst in der Wahl eines solchen kleinen Artikels, wie es eine Briefschachtel ist. Die Papierqualität, also die Oberflächenstruktur und der Griff des Papiers sowie vor allem die Farbtöne müssen die Käufer ansprechen. Darum sollen die äußeren Formen der Packungen besonders reizvoll und die Ausstattung elegant sein. Audi Frauen verstehen etwas von „echtem Zerkall-Büttenpapier". Sie wissen sehr genau, was „ihm" gefällt für den Geburtstags- oder den Weihnachtstisch. Sie haben eben den richtigen Instinkt des Käufers für das Zweckmäßige und zugleich das Schöne. A l l e F a r b e n des

Regenbogens

Die zweckdienlichste Farbe des Papiers wird die Grundtönung, „nach ewigen, ehernen Gesetzen" nämlich weiß, sein und bleiben. Weiße Briefpapiere und ihre Hüllen gewinnen durch farbige Ausstattung. Die Möglichkeit hierzu ist der farbig gestrichene Rand in allen möglichen Modefarben: gold, braun, grün, blau u. a. Es wäre eine Geistesarmut, wollte sich die Industrie aber nur auf diese rein äußerliche Veredelung beschränken. Diesem Umstand hat die Papiermacherei sinngemäß Rechnung getragen durch die Schaffung modefarbiger Papiere in großer Verschiedenheit und Abwechslung hinsichtlich der Tönung des Papiers in der Stoffärbung. Wir besitzen von den edelsten Papiersorten, dem hand- und maschinengearbeiteten Büttenpapier, nicht nur weiße Sorten, sondern auch blau- oder gelblich getönte mit und ohne Wasserzeichen. Die Farben des Regenbogens, also die Spektralfarben, sind bereits voll ausgeschöpft in der Farbenskala der Papiertönungen. Darin liegt ein besonderer Anreiz zum Kauf. Der Farbenroiz der Grundtönung wirkt wie bei hochwer53

tigen Vielfarbendrucken durch den Zusammenklang einer Sinfonie von Farben, geschaffen durch den geistig erleuchteten Künstlersinn. N u r ist in diesem Falle eine einzige Farbe herausgelöst aus der großen Palette, die durch ihren intimen Reiz auf das Auge des Beschauers wirken u n d diesen zum Kauf anregen soll. Durch nachträgliche Veredelung mittels einer Pressung (Gauffrage) kann die Wirksamkeit noch gesteigert werden, wie z. B. durch eine Leinenpressung oder selbst durch Maserung oder Aufpressen pflanzlicher Motive (Steinfarne). A u d i die gehämmerten Papiere seien erwähnt. Immer aber ist f ü r die Wirkung f ü r das Auge des Beschauers ausschlaggebend der G r u n d t o n der Stoffärbung. Natürlich wird dieser vorwiegend licht gehalten sein müssen, schon u m darauf die handschriftliche Benutzung nicht illusorisch zu machen. Die f r ü h e r einmal in Mode gewesenen dunklen Tönungen der Papiere mußten m i t farbigen Tinten beschriftet werden. Das war aber n u r eine kurze Mode, die nicht von Bestand war. N u r die praktische Nutzbarmachung m i t den altbewährten Mitteln hat sich durchgesetzt. Graphit, rauchblau und graubraune Tönung des Papiers erforderten Beschriftung mit farbigen Tinten, während Staubfarben, ein diskretes Mittelding zwischen grau und beige, schon mit normaler Tinte beschreibbar ist. N u n zu den Farben der Papiere als Beute f ü r unsere Füllfederhalter oder Kugelschreiber. Zartes mittelbeige, bräunlich getönt, rehbraun oder lichtblau sind Farben, die sich allgemeiner Beliebtheit erfreuen. Sie lassen sich f ü r den Aufdruck des Namens des Absenders u n d seiner Anschrift bedrucken, und zwar beige (chamois) mit brauner, blaugetönte Papiere mit kräftiger blauer oder roter Farbe. Sie müssen aber nicht unbedingt bedruckt werden, sie lassen sich durch nachträgliche Prägung veredeln. Für jeden Geschmack ist vorgesorgt. Es gibt leicht getönte oder auch lebhafte Farben wie oliv, russisch-grün, distelgrün, granat, rubin u n d englisdi-rot. Bevorzugt werden indessen gedämpfte, ruhigere Farben wie beispielsweise hellbraune Töne, gelb, azur moos, sandfarben, auch sattere, lebhaftere Farben wie olivgrün, entenblau, flieder, kupier finden immer ihre Liebhaber. Warme Farbtöne werden erfahrungsgemäß stets bevorzugt. Es werden also sinngemäß die warmen u n d lichten Farbtönungen am meisten bei den Käufern ansprechen. 54

Es gibt, wie gesagt, eine unendliche Fülle von Farben in der Produkoionsskala unserer Feinpapierfabriken als ein Beweis deutschen Könnens und handwerklichen Fleißes. Nicht w'egzudenken in der Reihe der Feinpapiere sind die Pergamentpapiere (parchment-paper), die besonders von den Herren bevorzugt werden, obwohl diese Papiere einen gewissen Amtscharakter haben. Sie sind klanghart und griffig. Zweifellos sind sie in der Wirkung sehr vornehm und demzufolge sehr beliebt bei den Käufern. Es ist ein Ergebnis der Verkaufspsychologie, daß Briefpapierpackungen für Damen dann besonders verkaufsstörend sind, wenn sie mit Papieren in zarten Farbtönungen beschickt sind. Wie es zu Großmutters Zeiten eine Briefmarkensprache gab — ihre Lösung soll in der Stellung der aufgeklebten Marken gelegen haben —, so hat die Wahl der Papiere zuweilen eine symbolische Bedeutung. Bekanntlich gilt blau als die Farbe der Treue, rot als die der Liebe, grün ist das Symbol der Hoffnung — „Ach, daß sie ewig grünen b l i e b e . . . " — und weiß ¡ist das Aushängeschild für die Unschuld. Gerade unsere Papierindustrie muß ihre Erzeugnisse den Wünschen und der Psyche der Käuferpreise in ihren Erzeugnissen weitgehend anzupassen verstehen. In dieser Erfüllung allein liegt der Schlüssel zum Erfolg. Briefmappen D i e A b w a n d l u n g d e r P a p i e r a u s s t a 11 u n g , v o n B r i e f k a s s e 11 e z u r B r i e f m a p p e

der

Als der unseligste und unsinnigste aller Kriege im Mai 1945 zu Ende ging, dauerte es gar nicht zu lange, als im Straßenbild die wilden Händler auftauchten, um die Erzeugnisse der Papierindustrie gewissermaßen als eine Aufrüstung aus den Abfall- und Makulaturbeständen anzubieten. Notizblocks tauchten auf, um dem fühlbaren Mangel an Schreibmöglichkeiten zu beheben. Sie waren rückseitig meist flächig bedruckt, „Affichen", mit denen einmal in besseren Zeiten die Litfassäulen tapeziert waren. Die Formate wuchsen allmählich mit dem „wirtschaftlichen Aufstieg", nachdem sich langsam aber sicher die unbesiegbare deutsche Initiative durchsetzte und an die Oberfläche kam aus dem Sumpf, in dem sie durch die politischen Ereignisse zu versinken drohte. Es gab Schreibblöcke im D I N A5-Format, meist jedoch war das Papier minderwertig, aber hie und da tauchten bereits nach 1945 schreibfähigere Qualitäts55

papiere auf, allerdings in Formaten, wie sie vor dem Kriege unverkäuflich in den Winkeln der verarbeitenden Industrie ein Dornröschendasein fristeten. Während bei Aufkommen der Papierausstattungen Bogen und Umschläge in Päckchen, zum Teil wohl auch in größeren Mengen von den Großhandlungen in Schachtelpadtungen abgegeben wurden, entstand durch die Verschmelzung mit der Kartonagenindustrie ein völlig neuer Industriezweig. Man nannte ihn die „Papierausstattung", oder auch „Papierkonfektion". Die konfektionierten Briefpapiere hatten dadurch ihre Geburtsstunde. Das war nach Kriegsende eine etwas wehmütige Rückerinnerung, wenn wir daran dachten, daß es damals f ü r diese Zwecke weder Pappen f ü r die Kartons, kein Überzugspapier f ü r das Beziehen der äußeren Ausstattung, noch zum Füllen Briefpapiere oder gar Umschläge, und f ü r das Binden keine Seidenschleifen gab. Wo sollten die Ausstattungsfirmen schließlich auch das Papier zum Füllen und woher die Pianobogen hernehmen, aus denen sie sich Umschläge nach entsprechend langer Wartezeit auf den wenigen notdürftig hergerichteten Briefumschlagmaschinen herstellen lassen konnten. Die Lager waren erschöpft und der Nachschub völlig ins Stocken geraten. Früher war einmal die billigste Packung mit fünf Bogen und ebenso vielen Umschlägen eine bekannte Erscheinung, auch sie wurden bereits zum Teil in hübschen farbig bedruckten Umschlägen geliefert. Es gab f ü r die kleinen Freuden des Alltags unter diesen billigen Packungen trotz der geradezu verblüffenden Vereinfachung f ü r die äußere Ausgestaltung zum Zwecke des Kaufanreizes immerhin ganz ansprechende Muster. Wir durften natürlich mit Bezug auf die Ausstattung nicht unsere Vorkriegsansprüche stellen, die bestimmt recht hochgeschraubt waren. Was wir damals f ü r unser gutes Geld erstehen konnten, das hatte immerhin Hand und Fuß. Auch qualitativ genügte der Stoff den Ansprüchen des bescheiden gewordenen Käufers. Mit einer gewissen Melancholie dachten wir an die Zeiten zurück, als gerade die Briefpapier-Packungen hinsichtlich ihrer künstlerischen Ausstattung auch mit Bezug auf die gebotene Qualität in Form und Farben in vorderster Reihe lagen. Wir erinnern uns noch an den bekannten Reklamevers: „Schreibste mir — schreibste ihr, schreibste auf M-K-Papier." Wir haben alle gern darauf geschrieben. Im Kriege war es zwar bezugsbeschränkt, aber jetzt ist es schon lange wieder zu haben. Das Briefpapier in Verbindung mit den dazugehörigen Umschlägen ist heute kein Engpaß mehr im Sdireibwarenhandel. 56

In den einschlägigen Papierhandlungen finden wir neben der kleinen Packung in bedruckten Umschlägen erfreulicherweise Sortimente dieser so beliebten Briefmappen in sehr ansprechender, werbewirksamer Aufmachung. Eine wohldurchdachte äußere Ausstattung der Mappen und ihre Einteilung für die Bogen und Umschläge sorgen dafür, daß das Auge des Käufers an den zu erwerbenden Gegenständen hinsichtlich der geschmackvollen äußeren Aufmachung Freude hat. Die werbewirksame Aufmachung in Verbindung mit der qualitativen Beschaffenheit der darin angebotenen Papiere bürgt dem Käufer dafür, daß er f ü r sein Geld etwas erhält, dessen Erwerb ihm ein ästhetisches Vergnügen bereitet, daß sein Kauf ihn befriedigt, angefangen von der werblichen Ausstattung bis zur Benutzung des letzten Bogens und Umschlages. Wer nicht viel Geld anzulegen gewillt ist f ü r Papierkassetten, der kann heute als Ausweichmöglichkeit sehr gefällig ausgestattete Mappen erstehen, die den Käuferansprüchen in jeder Beziehung genügen. Unsere Ausstattungsindustrie erfüllt jeden Anspruch an die Papierqualität sowie an eine gefällige Aufmachung der Packung. Wir haben in Deutschland eine ganze Anzahl von Ausstattungsfirmen, die miteinander wetteifern, gefällige Mappenpackungen f ü r ihre Kunden bereitzustellen. Die Erfahrung hat es gelehrt, daß die Bemühungen der Hersteller lohnend sind, diesen Verkaufsartikel zu fördern und so zum Verkaufserfolg f ü r den Fachhändler beizutragen.

IV. K a p i t e l

Die Gestaltung ideenreicher und werbewirksamer Erzeugnisse der schmückenden Industrie Die künstlerische Ausstattung der Papierwarenerzeugnisse (Die Motive zur jahreszeitlichen Auswertung) Wer behauptet, daß die Industrie nur schafft, um den Anforderungen des täglichen Lebens zu genügen, der irrt sich. Der Industrielle hat auch ideelle Ziele im Auge, die zu erreichen er sich bemüht. Wenn er selbst unter dem Einfluß der Kunstströmungen steht, von denen er seinSdiaffen inspirieren läßt, dann wird auch das, was seinem schöpferischen Geiste entspringt, einen durchaus künstlerischen Charakter tragen und das Verständnis für die Schwingungen des nach Befreiung von den Fesseln des Alltagsgesdimacks ringenden Geistes fördern helfen. Zumindest muß er es verstehen, den Mitschaffenden seine Ideen zu inspirieren, um auf diese Weise etwas Ersprießliches vorzubereiten, was bei den Abnehmern Anklang findet. Ohne Einschlag des Persönlichen, des geschulten Künstlerblickes, würde die Kunst in ihren AusdrucVsmitteln verarmen. Das Leitmotiv unseres Lebens sollte die Kunst sein, dann würden wir auch mit klarem Blick die ganze große und erhabene Schönheit der Schöpfungen unserer Künstler, die durch eine besondere Befähigung hierzu berufen sind, empfinden und auf uns wirken lassen. Wir vermögen häufig die Entstehung der Idee aus dem Empfinden des Volkslebens zu erkennen bei der Wahl der Motive insbesondere für die saisonmäßige Produktion zu den großen Festen der Christenheit. Dabei können wir feststellen, in wie hohem Maße die Empfindungen und Auffassungen der christlichen Festzeiten ihren Einfluß zeigen, um die Erzeugung eines ganzen Industriezweiges motivlich zu beeinflussen, und diese Ausdrucksmöglichkeit dem Volksempfinden anzupassen. Es ist wichtig genug und zugleich interessant, einmal das Wesen solcher ausgelösten Stimmungen zu ergründen. Der Ausführung eines Gedankens zur 58

Vervielfältigung muß zunächst eine Idee zugrunde liegen, die einem zündenden Funken gleicht. Diejenigen, die berufen sind, auf dem Gebiete zur Schaffung ständig neuer Handelsartikel zu wirken, sie verstehen es, routinemäßig die Motive auszuwirken zu immer wieder neuen Zusammenstellungen. Wo nimmt nun der Schaffende die Vorlagen und die Anregungen her, die ihm für seine weiteren Arbeiten als geistige Unterlage dienen? Diese Frage hat wohl jeder Betrachter unwillkürlich auf den Lippen. Wie sich im Leben der stets gleichbleibende Kreislauf der Dinge mit unfehlbarer Sicherheit wiederholt, so ist es auch miit den Erzeugnissen des Handelns mit Bezug auf die Ausstattung der verschiedenen Erzeugnisse. Vieles, was erscheint, trägt meist schon den Stempel des Bekannten. Das ist aber nicht ausnahmslos der Fall. Es hieße den Geist unserer Künstler veräditlich machen, wenn man behaupten wollte, es wäre ein vollkommener Stillstand auf der ganzen Linie in der künstlerischen produktiven Erzeugung eingetreten. Wo eine Anlehnung an das schon Dagewesene nicht mehr erfolgt, da kehrt dann der Mensch zurück zu den unerschöpflichen Quellen der Natur, aus denen immer wieder neue Kraft zum Schaffen sprudelt. „Die Natur ist aller Künste Meister." Sie wirft ihre Schönheit zwar nicht selbst auf die Leinwand. Bei ihrer Betrachtung ist für uns Schauende alles Kunst, ein Aufgehen in den tiefen Born ihres Seins. Der gestaltende Mensch versteht es wiederum meisterlich die Schönheiten der Natur nachzubilden, da er die Ausströmungen empfindet von Kunst und Schönheit, die von ihr unmerklich ausgehen, um ihn wieder zu neuem Schaffen in der Nachgestaltung anzuregen. Kaum eine andere Industrie kann ihre Erzeugnisse so dem Empfinden für das Schöne in der Darstellung anpassen wie die Papierindustrie mit ihren nicht nur in der Nachbildung der Motive, sondern auch durch eigene Phantasie entstehenden Neuheiten, die sich periodisch wiederholen, die miit jeder Jahreszeit wechseln und mit jedem Fest immer wieder ein anderes Gewand anlegen. Wir wissen, wie vielseitig die Industrie ist in der Bereitstellung unendlich vieler Bedarfsartikel. Es ist zweifellos interessant, einmal in den Zauberspiegel der Natur hineinzuschauen, um alle die Reize und Stimmungen, welche ein hohes Fest der Kulturwelt in dem denkenden Menschen auslöst, dabei zu erkennen, wie er sie in den Auswertungen seiner nachgebildeten Darstellungen einfängt und widerspiegelt. Der geistig erleuchtete Künstlersinn des farbig schaffenden und darstellenden Künstler versteht es immer wieder, neue Motive zu ersinnen und nicht nur aus Vorhandenem zu schaffen, sondern aus dem unerschöpflichen Born seines Könnens immer wieder neue Motive farbig zu gestalten und neue Zusammenstellungen zu formen, um dadurch den Erzeugnissen der Luxuspapierindustrie zu verkaufsfördernden Handelsartikeln den Weg zu ebnen. 59

Neben der Berücksichtigung der Kundenansprüche an eine gefällige und wirksame Gestaltung durch die Ausstattung müssen die Erzeugnisse stets einfallsreiche Ideen erkennen lassen, um werbewirksam und doch zugleich auch absatzfördernd zu sein. Kundenwerbend auf den Beschauer zu wirken durch die angebotene Ware ist stets das erste Erfordernis bei der Schaffung von Neuheiten. Das ist eine alte Binsenweisheit, wie die längst erwiesene Tatsache, daß auch die Verpackung der Ware eine suggestive Wirkung ausüben muß, wie beispielsweise ein Buchtitel den Käufer reizt, das Buch selbst zu kaufen, ohne daß er vorher die Tendenz des Inhalts kennt. Die werbewirksame Verpackung reizt stets zum Kauf des Inhalts, der zunächst einmal für den Käufer von sekundärer Bedeutung ist. Die Wahl der Motive und ihre Bereitstellung ist eine logische Voraussetzung für den Geschäftserfolg. Sie ist ebenso wichtig wie die sinngemäße Beschriftung der Motive. Auch hier muß imer wieder einmal etwas Neues, Packendes über die vom Alltag abgegriffenen Schlagzeilen wie zu Urgroßmutters Zeiten hinaus Wirksames erdacht und erstellt werden. Motive und Beschriftung müssen in einer gewissen Übereinstimmung zueinander stehen. Beide müssen sie den Käufer ansprechen „Kaufe mich". Damit ist dann der Zweck der Neuheitenherausgabe erfüllt, denn schließlich arbeiten wir alle — Hersteller und Verbraucher — nicht nur um zu arbeiten, sondern um zu verdienen durch unserer Hände Werk. Betrachten wir einmal die Motive, die wir auf den Post- und Glückwunschkarten finden, die immer wieder andere Darstellungen bringen müssen, um bei den Kunden das Interesse zu wecken, sie zu den verschiedensten Anlässen zu kaufen, sei es zum Geburtstag eines lieben Menschen, zu den christlichen Festzeiten oder auch zu neutralen Anlässen, sich auf einer Ansichtskarte, besser klingt wohl Genrekarte, „seine Ansicht" zu sagen. Wir sehen auf den bildlichen Darstellungen, wie der knospende Frühling neues Leben verheißt und finden immer wieder die Symbole christlicher Anschauungen in der Darstellung der Wiedergabe des sakralen Mythos, insbesondere bei den Weihnachtskarten. Immer wieder aber ist ausschlaggebend für die Schaffung und die Deckung der Nachfrage die periodische Wiederkehr der kirchlichen Feste und die der Familie. Auch jahreszeitlich tragen die Motive diesem Umstand Rechnung. Im Frühling werden wir das erste knospende Grün, das Erwachen der Natur zu neuem Leben, dargestellt finden. Blühende Haselnußzweige und Weidenkätzchen in kaum noch vorstellbarer Abwandlung der Darstellung. Schneeglöckchen läuten den Frühling ein. Die Frühlingsboten der Natur: Schlüssel60

blumen (Primeln), Narzissen, Veilchen, Mohn, Glockenblumen, Maiglöckchen, finden wir in allen möglichen Abwandlungen. Vergessen wir dabei nicht zu erwähnen die leuchtenden Farben des Krokus, gelb und blau, die Anemonen und auch die anderen Blüher und Künder des Frühlings, Primeln, Forsythien, Fresien und die blühenden Kastanien. Es folgen die Tulpendarstellungen in ihrer unerschöpflichen Farbenpracht, die dann wieder abgelöst werden von den vielfältigen Blühern auf der farbenreichen Palette des Sommers. Ein farblicher Märchenzauber weht durch alle Lande und kündet das Nahen des Frühlings. Ostern verkünden die Glocken auf den Motivbildcrn. „Christ ist erstanden." So tönt es in unhörbarem Geläut durch die Lande. Die gelben Osterglocken dominieren unter den dargestellten Motiven, auch sie läuten den Frühling ein. „Fröhliche" oder „Gesegnete Ostern" bringen in Buch- oder dem wirksamen Prägedruck neben den motivlichen Darstellungen den Zweck der Karte dem Empfänger als stummen Gruß dar. Die Kücken aber auf den Osterkarten, sie kommen alle Jahre wieder wie das Christkind als Weihnachtsmotiv. Ebenso ist der Osterhase vertreten, der bunte Eier legt, obwohl es kaum noch einen Dreikäsehoch gibt, der an diese Realität glaubt. „Pfingsten, das liebliche Fest, ist gekommen." Es kündet schon eine wärmere Jahreszeit an und verlangt auch entsprechend wärmere Farbentöne, Ausflugsmotive, Birkenzweige in saftigem Grün und nicht zu vergessen in Verbindung damit der Maikäfer. Das alles ergibt den Grundakkord für die unsterbliche Pfingstkarten-Produktion. Soweit es sich um wirklich künstlerische Karten handelt, ist ja nichts einzuwenden, aber ist es denn nicht möglich, uns endlich von den Glimmerkarten, Engeln, Zwergen, Rehen und dergleichen aus Großmutters Tagen zu befreien? Diese Karten mit den immer wiederkehrenden Sujets sagen zwar einer kritiklosen Käuferschicht zu, aber vom künstlerischen und kulturellen Standpunkt aus sind sie abzulehnen. Es ist eine alte Erfahrung, daß diese Karten das Geld bringen, aber sollte es nicht doch einmal einen wagemutigen Unternehmer geben, der in noch breiterem Maße Künstler beauftragt, damit sich das Niveau auch in der Postkartenindustrie noch mehr hebt? Zwar liegen die Enwurfskosten etwas höher, aber gemessen an dem Gewinn, den die großen Auflagen einbringen, sind sie wohl verschwindend klein*). *) Dieser Abschnitt wurde entnommen einem Beitrag über „Gebrauchsdrucksachen kritisch betrachtet" von Rudolf Dörwald, veröffentlicht in der Zeitschrift „Deutscher Drucker", BerlinLichterfelde-West, Heft 1, 1955. Die Tendenz deckt sich durchaus mit den Ansichten des Verfassers dieses Buches.

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Immer wieder dasselbe und doch nicht das gleiche Motiv, denn unsere Künstler sind in neuen Darstellungen scheinbar unerschöpflich, wie die N a t u r es ja in Wirklichkeit auch ist in ihrer Motivfülle. Auch sie erneuert sich ständig, und, obwohl es alle Jahre dasselbe Bild ist, zeigt es sidi uns doch in neuem Kleide, immer wieder reizvoll wie die Schöpfung ist und bleiben wird von nun an bis in Ewigkeit. „Die unbegreiflich hohen Werke sind herrliA wie am ersten T a g . . . " Im Laufe der Jahre ist so manches anheimelnde Motiv aus vergangenen Tagen verklungen, wie z. B. die früher so beliebten Kremserfahrten mit ihrem drum und dran, den Trabern vor dem Wagen, dem Achtelchen Bier hinten dran baumelnd und manchen anderen Dingen mehr, die noch in dankbarer und unvergeßlicher Erinnerung unserer „älteren Jahrgänge" fortlebt. Weihnachten, das „Fest der Liebe" f ü r jung und alt, bietet wohl die dankbarsten Motive zur Darstellung f ü r Reproduktionszwecke: Tannenzweige mit oder ohne Lametta behangen, mit und ohne farbigen Lichtern (als Christbaumschmucksymbol), mit oder ohne farbige Glaskugeln, vielfach noch mit den roten Hollybeeren geschmückt, da sind die ständig wiederkehrenden Abwandlungen der Weihnachtsmotive. Vergessen wir dabei auch nicht die bei uns weniger bedeutsame Mistel zu erwähnen, die allerdings bei uns nicht die Bedeutung hat wie beispielsweise f ü r unsere Vettern jenseits des Kanals. Natürlich finden wir auch die Andeutungen der sakralen Motive — die Jungfrau Maria mit dem Jesuskind in der Krippe, die heilige Familie, die drei Könige aus dem Morgenlande. Unerschöpflich ist das aufklingende Weihnachtsmotto auf der Palette des Künstlers. N u r noch verhältnismäßig wenig finden wir die vielfarbigen geprägten und gestanzten Weihnachtskrippen mit ihren morgenländischen Motiven. Bei deren Wahl geht eine gewisse Unlogik zuweilen doch etwas über das Ziel der Wirklichkeit hinaus. Man hat nämlich das Dach des Stalles von Bethlehem gern mit Glimmer überzogen. Dadurch sollte das winterliche Motiv besonders stark betont werden, obwohl Schnee im Morgenlande paradox ist. Das alte Leitmotiv „Friede auf Erden" und „Ehre sei Gott in der Höhe" war und ist auch heute noch dominierend in der Motivgestaltung f ü r die weihnachtlichen Erzeugnisse, insbesondere der Postkarten. Bei der Nachfrage dürfte diesem Publikumswunsche in vollem Ausmaße Rechnung getragen werden. Ich glaube, daß dieses dritte der christlichen Feste dem Handel wohl den größten finanziellen Nutzen bringt durch den Absatz der f ü r diesen Zweck geschaffenen Verkaufsartikel der mannigfachsten Art, wie z. B. die oben erwähnten Postkarten, Wunschbogen f ü r Kinder, Anhänger, Tischkarten u.a.m. 62

Wenn auch gewisse Artikel, wie z. B. Weihnachtskrippen, Modellbogen zum Ausscheiden oder fertig montiert, in ihrer Absatzmöglichkeit wenigstens im Inlande stark nachgelassen haben dürften, so besteht doch immer noch der E x p o r t der Heiligenbilder nach den romanischen Ländern als gutes Absatzgeschäft. So ein bißchen materieller Erfolg wird immer noch verknüpft sein mit den großen Ideen des Christentums und seinen Niederschlag finden in den vielfachen dem Zweck angepaßten Erzeugnissen der farbig schaffenden Industrie. Die Ausschmückung der Luxuskartonagen Von den Erzeugnissen der papierverarbeitenden Industrie sind die Luxuskartonagen besonders beachtenswert. Sie dienen nicht nur praktischen Zwekken, sondern sie sollen auch durch Form und Ausstattung den künstlerischen Ansprüchen gerecht werden, die heute jeder Käufer an sie stellt. Von besonderer Bedeutung für die Werbewirksamkeit konfektionierter Kartonagen ist die Titelwahl. Sie ist nicht selten ausschlaggebend für den Absatzerfolg des Inhalts von Luxuskartonagen, Papierausstattungen, Bonbonnieren usw. Wenn auch die Titelbezeichnung meist eine ureigenste Angelegenheit des Bestellers ist, so sollten doch die Hersteller von Aufdrucken für Kartonagen immer an die Wichtigkeit dieser Titelbezeichnung denken und besonders f ü r eine deutsche Benennung der angebotenen Erzeugnisse eintreten. Wer die Verlgsartikel unserer Kunstanstalten kennt, der weiß auch, daß diese wohl in der Lage sind, ausgesprochene Güteerzeugnisse herzustellen, wenn es sich um Anfertigungen für besondere Zwecke handelt, besonders wenn f ü r das Ausstattungsgeschäft hochwertige Erzeugnisse verlangt werden. Es besteht aber nicht immer die gewünschte Nachfrage nach besonders künstlerisch ausgeführten Ausstattungen, da viele Kunden der Kartonagenfabriken im allgemeinen nur so wenig als möglich für die Packungen anlegen wollen. Immerhin aber sollte darauf gesehen werden, daß selbst bei geringeren Preisen keine stilwidrige, sondern eine zweckentsprechende Ausstattung der Kartons geliefert wird, die selbst bei weniger eleganter Ausführung immer noch auf einen guten Geschmack des Fabrikanten schließen lassen in Bezug auf die Inspiration seines Grafikers. Wenden wir uns der Ausstattung der Behältnisse zu, so müssen wir zuerst den Uberzug dieser Erzeugnisse erwähnen. Wir wollen dabei von den aus den Buntpapierfabriken bezogenen Sorten absehen, die einst den billigen Behältnissen als vielfarbiges Kleid dienten. Ebenso müssen wir hierbei diejenigen Kartonagen ausschalten, die keine Ausstattung erfordern, wie z. B. gewöhnliche Versandkarons für Massenverpackungen. 63

Mustergültige Ausstattungen finden wir namentlich bei den Bijouterie- und Bonbonnierenpackungen. Sie bilden einen nicht zu unterschätzenden Zweig der Kartonagenindustrie, die in dem Schaffen von ausgestatteten Packungen und Behältnissen für Bonbons und Konfitüren recht ansehnliche Erzeugnisse bereitstellen. Der Bedarf an solchen Luxusbehältnissen steht mit der Absatzfähiigkeit dieser Artikel selbst in engem Zusammenhang. Diese Artikel werden meist wegen der oftmals originellen Art der Verpackung auf ihre Aufmachung gekauft. Hierbei wird auch auf den praktischen Sinn der Hausfrau spekuliert, die für gut ausgestattete leere Schächtelchen nach Entnahme des Inhalts eine besondere Vorliebe haben. In der Aufmachung, in der der Fabrikant seine Erzeugnisse dem Publikum anbietet, wird also in der Regel schon ein guter Teil des Absatzerfolges liegen. Für den Kleinhändler ist es vorteilhaft, wenn seine Firma auf der Pakkung sichtbar erscheint. Es ist dies eine sehr zweckmäßige Art der Reklame, zumal viele Fabriken bei Entnahme entsprechender Posten die Firma des Händlers entweder ganz kostenlos oder zum mindesten zu einem den Herstellungswert wenig übersteigenden Betrag in Rechnung stellen. Für gewisse Gattungen von Bonbonnieren finden wir besondere iZweckformen. So werden für die beliebten Katzenzungen die schmalen, länglichen Formen gewählt, die auf dem Deckelstück neben dem lakonischen Titel „Katzenzungen" einen oder mehrere geprägte Katzenköpfe zeigen. Als Überzugspapiere werden die mannigfachsten, meist wohl einfarbigen im Stoff gefärbten Papiersorten verwendet. Recht angebracht erscheint die Verwendung von Bezugspapieren, die auf lithographischem Wege hergestellt sind und die das „Katzenmotiv" in allen denkbaren Abwandlungen bringen, oft unter zweckmäßiger Verwendung gleicher Dessins in nur jeweils veränderter Farbenausstattung. Daß das Ausschmücken durch andere Hilfsmittel recht wirksam unterstützt werden kann, soll nur nebenbei noch erwähnt werden. So sei hier auf die schönen "Wirkungen hingewiesen, die sich durch die Bandbindetechnik erzielen lassen. Eigenartig geformte Seidenschleifen lassen nicht nur den guten Geschmack des Fabrikanten erkennen, sondern auch die Geschicklichkeit der für diese Tätigkeit verantwortlichen Personen, wohl ausschließlich weiblichen Geschlechts. In allen Fällen, wo es sich nicht nur um einen einfachen Überzug handelt, wie wir ihn bei Atrappen oder Faltschachteln finden, sondern in denen dem Luxusbedürfnis des kunstverständigen Abnehmers entsprochen werden soll, zeigt sich der Geschmack des Herstellers bei der Auswahl der verwendeten Originale. 64

Sehen wir uns einmal die Bonbonnieren, jene Art Schachtelpackungen, die vorwiegend ein besonders gediegenes Aussehen haben, etwas näher an. Überzüge in Holzfurnieren oder deren Nachahmung sowie gränierte Papiere sind bevorzugt, die durch Blindprägung oder auch unter Verwendung von Farben bei dem Aufbringen von Schlagworttiteln ein wirksames, effektvolles Aussehen erhalten. Wir finden auch zur Hebung der äußeren Wirkung nicht selten Metall, in kunstgewerblich gestanzten Formen, als plastische Auflage in figürlichen oder ornamentalen Schmuckes. Es werden vielfach auch Auflagen aus geschnittenem oder reliefartig geprägtem Plüsch, Samt und anderen Stoffen zweckmäßig verwendet. Leider finden wir zuweilen auch jene Geschmacklosigkeit, die Deckelstücke mit irgendwelchen, in der Darstellung ganz ungeeigneten kitschigen und bunten Chromolithographien zu beziehen, die im Bildformat gar nicht zu der Größe der auszustattenden Schachtel passen. Es werden alte Ladenhüter allzu gern verwendet. Die gebräuchlichsten Formate schwanken von der Postkarte (die wir nicht selten auch auf dem Deckel aufgeklebt finden) bis zu den verschiedensten Größen der Formen. Hier ist für den Künstler noch ein großes Gebiet zu beackern, das trotz der Geringfügigkeit des Objektes immerhin von Wert sein kann. Einen besonderen Bonbonnierenstil haben wir noch nicht, obwohl audi viele Künstler sich bereits auf diesem Gebiet mit Erfolg betätigt haben. Bessernd könnte hier ein Wettbewerb wirken. Die für diesen Industrieartikel in Frage kommenden Abnehmer, meist bekannte Schokoladenfabriken, könnten ebenso, wie es andere Erzeuger auch tun, um einen geeigneten Entwurf für die absatzfördernde Verpackung ihrer Handelsartikel zu erstehen, einen Wettbewerb unter Künstlern veranstalten. Diese Idee ist natürlich nicht neu, aber man sollte davon immer wieder Gebrauch machen, da man erfahrungsgemäß damit stets gute Erfolge erzielt. Das Wichtigste beim Angebotsvorgang ist immer die Qualität der Ware. Die Packung darf nicht auf Kosten der Güte und des Wohlgeschmacks ausgestattet sein, denn der Käufer muß die Packung selbstverständlich mit bezahlen. Diese ist kein Zugabeartikel des Verkäufers, sondern ihr Preis ist einkalkuliert in die Gestehungskosten der Ware, sie ist ein wenn auch verhältnismäßig kleiner Teil der Verkaufskalkulation. Der Käufer von heute will gute Waren in schönem Gewand sehen. Es gibt die gute Zigarre (Preislage DM 1,— und darüber) in der Glasröhre und die Perlon-Wäschegarnitur unter Cellophan. Sie wirkt viel duftiger als wenn sie lieblos nur in Packpapier eingeschlagen wird an der Warenausgabe beim Einzelhändler. 5

Hess, Veredelung des Papiers

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Die Hersteller geben sich erdenkliche Mühe, gute Waren auch in einem verkaufsfördernden schönen Gewand anzubieten. Das ist übrigens das Gebot der Stunde. Für den Gabentisch gibt es nicht nur mit Konfekt gefüllte Mokkatassen mit verschwenderisch großen Seidenbandschleifen verziert, es gibt vor allem köstliche Pralinien in dekorativen Bonbonnieren und einfallsreich gestaltete „Luxustruhen". Je origineller die Packung, um so größer die Absatzmöglichkeiten wegen ihrer Wirksamkeit auf den Abnehmerkreis. Aber nicht nur Süßwaren werden „standesgemäß" angeboten, auch Textilien können in entsprechend aufgemachten großen Schachteln angeboten werden. Hübsch verpackt wirkt das Oberhemd nebst der dazugehörenden reinseidenen Krawatte noch festlicher. Über die Kosmetika nur am Rande ein Wort: in Form und Farbe beinahe unübersehbar ist die Zahl. Die betörendsten Düfte in kleinen Flakons — diese an sich schon „ein Gedicht" — ruhen in den reizendsten Schächtelchen allein oder zusammen mit Seife und Lippenstift als Stilleben in einem raffiniert aufgemachten Karton als willkommenes Geschenk auf dem Gabentisch. Alle haben die Gaben „schön verpackt," zu den verschiedensten Anlässen immer wieder gern, wenn sie wie gesagt in netter Ausstattung dargeboten werden. Es ist eine alte Binsenweisheit, daß jeder Kunde sein erworbenes Geschenk in einem nettaufgemachten Karton viel lieber nach Hause trägt als in einer Tüte vorzüglich verpackt. Luxuskartonagen sind zum Schenken geschaffen, das ist wohl richtig. Wir wollen dabei aber nicht vergessen, daß es in der Hauptsache für den Käufer auf den Inhalt der Packung ankommt. Die künstlerisch gestaltete Packung muß geschmackvoll und gediegen sein, nicht nur in der Form und Innenausstattung durch graphische und reproduktionstechnisch einwandfreie Gestaltung. Es sollte trotzdem ein übertriebener Verpackungsluxus vermieden werden, der in keinem Fall in Widerspruch stehen sollte zu dem angebotenen Erzeugnis. Kein Kunde kauft lediglich eine schöne Aufmachung und sei sie auch nodi so verlockend, sondern er will gute und preiswerte Ware erstehen in entsprechender äußeren Aufmachung. Nur so ist das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden, um geschäftliche Erfolge zu erzielen durch gut bediente Kunden. Auf diese Weise schafft sich der Einzelhändler zufriedene und wohl auch treue Kunden, und das dürfte im Kampf um die Existenz eines jeden Unternehmens eine logische Forderung sein. Besonders zur Hauptgeschenkzeit, zu Weihnachten, gibt es eine große Auswahl zweckmäßiger Verpackungsmög66

lidikeiten, seien es kleine Hutschachteln, silberne Tannenzapfen, Herzen oder Glocken. Sie alle warten darauf, weihnachtliche Geheimnisse aufzunehmen. Die Freude beim Einkauf ist eine doppelte, einmal für den Käufer, und dann für den damit Beschenkten. Zum Schluß wollen wir noch auf einen weiteren Zweig der Kartonagenindustrie hinweisen, nämlich auf die Weihnachtskartonagen, die gewissermaßen eine Sonderheit darstellen. Ihre Herstellung ist schon deshalb lohnend, weil in vielen Fällen die dazu erforderlichen Hilfsmaschinen, wie z. B. Ausstanzmaschinen und Prägeformen, die gleichen sind, wie die zur Herstellung der Schachteln für die verschiedensten Zwecke der pappeverarbeitenden Industrie. Je wirkungsvoller solche Erzeugnisse ausgestattet werden, desto größeren Anklang dürften sie bei den Käufern finden. Gerade die Weihnachtskartonagen sind in erster Linie für das kindliche Gemüt bestimmt, das empfänglich ist für das Bunte. In diesen Zweigen der Fabrikation sehen wir auch heute noch eine Reihe von Erzeugnissen in Form und Ausstattung wieder, die uns schon als Kinder einstmals Freude bereitet haben. Die Herstellung von Weihnachtskartonagen füllt jedoch kein ganzes Jahr aus, meist wird nur die Zeit von März bis Oktober dazu benutzt, um rechtzeitig die Aufträge für den Weihnachtsmarkt zu erledigen.

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V. K a p i t e 1

Aus der Industrie der Glückwunschkarte Johs. Kirstein, Hamburg-Bergstedt Die Glückwunschkarte Im Anfang war es das Privileg der Schönschreiber, für festliche Anlässe eine Glückwunschadresse anzufertigen: Mit vielen schwungvollen Schnörkeln und farbigen Initialen finden wir heute noch diese Schmuckblätter von einst in alten Sammlungen und in den Archiven alter Firmen. Mit der Verbreitung des Kupferstichs und ganz besonders der Lithographie ging man allmählich dazu über, Gratulationskarten auf dem Wege des Drucks herzustellen. Wer heute noch Gelegenheit hat, in Archiven alter lithographischer Kunstanstalten herumzustöbern, kann an manchen dieser alten Blätter seine wirklich große Freude haben und sogar manch wertvolle Anregung für die Gestaltung heutiger Erzeugnisse finden. Die feinen Zeichnungen von oft heiterer Beschwingtheit oder allegorischer Darstellungen geistvoller Art und die saubere Druckausführung führen dem Fachmann von heute vor Augen, daß wir uns doch manchmal recht schnell und billig davon abmachen, wenn es gilt, eine solche Drucksache zu gestalten. Eine ganze Reihe von Betrieben der Papierverarbeitung und Ausstattung befaßt sich mit der Herstellung von Glückwunschkarten. Sie bringen dem Grossisten oder Detaillisten und damit dem Verbraucher heute eine wirklich reiche Auswahl von Glückwunschkarten für alle möglichen Anlässe. Man findet auch heute darunter genügend Erzeugnisse, deren Gestaltung und Ausführung recht hohes Niveau zeigen. In Deutschland hat die Bildpostkarte mit und ohne Goldprägung einen großen Teil des früher von der Glückwunschkarte behaupteten Feldes erobert, und die Hersteller von Bildpostkarten sind bestrebt, diesen Terraingewinn zu halten und auszubauen. Guter gepflegter Offsetdruck oder Tiefdruck einund mehrfarbig sind die Schlüssel zu ihrem Erfolg. Gerade diese Druckverfahren bedingen Großauflagen und setzen eine gut durchdachte Gestaltung und Kalkulation voraus. Bei jeder Drucksache ist nicht zuletzt die Höhe der Auflage für den Preis des Einzelstückes maßgebend. Daher ist der Glückwunsch-Postkarte ein solcher Erfolg möglich. Der Preis der besten Ausfüh68

rung ist oft niedriger als der einer Gratulationskarte in einfachster AusführungJedoch kann eine Bildpostkarte nicht eine solch festliche Note haben wie eine Glückwunschkarte. Es ist, glaube ich, an der Zeit, daß wir festliche Anlässe jedweder Art wieder etwas festlicher machen. Wir sind durch die Kriegsund Nachkriegszeit zu nüchtern geworden und haben es verlernt, den kleinen und den großen Anlässen des Lebens eine frohe und festliche Note zu geben. Dazu gehört auch das Senden einer schönen Glückwunschkarte. In einem Fachblatt konnte man vor einiger Zeit kräftige Stimmen vernehmen, welch ein Unsinn es doch sei, zu Neujahr soviel Geld zu „verglückwünschen". In erster Linie bezog sich dieses auf Neujahrsglückwünsche des Geschäftsmannes. Doch auch darüber kann man zweierlei Meinung sein. Welch ein schöner Sinn liegt doch im Neujahrsglückwunsch. Lockere Verbindungen oder solche, die abgerissen sind, erfahren durch diesen eine Erneuerung. Der Ausdruck einer persönlichen Wertschätzung oder des Erinnerns wird vom Empfänger doch meist angenehm empfunden. Auch im privaten Leben gibt uns gerade die Neujahrskarte die Möglichkeit, eine versöhnliche Geste zum Ausdruck zu bringen, wo durch Meinungsverschiedenheiten Fäden zerrissen. Für alle festlichen Anlässe bedenke man, daß ein Geschenk, ob es nun ein Präsent oder ein Blumenstrauß ist, gewinnt, wenn ein Kärtchen dabei liegt. In den Vereinigten Staaten von Amerika ist die Sitte des Glückwunsches verbreiteter als bei uns. Es ist der ganze Stolz des Empfängers, wenn er seinen Gästen und Freunden die eingegangenen Karten zeigen kann, die er anläßlich seines Geburtstages, des „Thanksgivingdays" oder zu irgendeiner anderen Festlichkeit erhalten hat. Er leitet von der Zahl und den Wert der Karten seine Beliebtheit und seine Popularität ab. Oft pflegt man alle empfangenen Karten auf den Gabentisch mit aufzubauen. Die amerikanische Glückwunschkarte unterscheidet sich rein äußerlich von der unsrigen. Sie ist zumeist nicht auf Karton gedruckt, sondern auf starkem Papier. Etwa ein breites Quartformat, welches zweimal gefalzt ist und auf der ersten und letzten Seite bedruckt ist; in manchen Fällen befindet sich auch innen ein Textdruck. Hergestellt werden diese Glückwünsche in den meisten Fällen in mehrfarbigem Offsetdruck. Die Art der Motive und vor allen Dingen die Buntheit des Drucks entsprechen oft wenig unserem Geschmack. Sehr wenige dieser Glückwunschkarten sind im Stahlstichdruck hergestellt oder veredelt. Dagegen wird das Ausstanzen bestimmter Teile oder Hochprägen sehr oft angewandt. Bei allem Suchen unserer einschlägigen Industrie findet man leider nur selten Ansätze, den Glückwunsch auf Papier statt auf Karton zu drucken. Es müßte ja nicht die amerikanische Art sein. Unsere hiesigen Fabrikationsbetriebe der Glückwunschkartenindustrie bevorzugen fast ausschließlich den Stahlstich69

druck, dessen brillante Prägung in dieser Branche auch nicht wegzudenken ist. Nur wenige Betriebe verfügen darüber hinaus über technische Einrichtungen für Offset- und Tiefdruck. Ihnen ist es möglich, bildliche Motive einund mehrfarbig in beiden Verfahren zu mehreren Nutzen vorzudrucken und hernach in Stahlstidiprägung die Texte einzuprägen. Die Kosten der Herstellung der Druckplatten und die hohen Investionskosten für die Einrichtung und den Maschinenpark bedingen genügend hohe Auflagen und eine gute Ausnutzung des Maschinen- und Papierformats. Wobei der Druckbogen als Sammelbogen aus verschiedenen Kartenmustern bestehen kann. Bei mehrfarbigem Druck muß man dann allerdings bei der Gestaltung und Produktion darauf achten, daß die Farben der einzelnen Motive einander angepaßt werden. Paßarbeiten, kombiniert zwischen OfFset- oder Tiefdruck und dem Stahlstickdruck, sollte man tunlichst vermeiden, da hierbei doch erhebliche Differenzen auftreten können. Dort, wo man einer solchen Schwierigkeit nicht ausweichen kann, sollten bereits vor der Reproduktion der Platten eingehende Besprechungen zwischen den einzelnen Abteilungen stattfinden und alle Fragen der Anlage, des Beschneidens und der Plazierung der einzelnen Muster geklärt sein. Befindet sich die betreffende Karte mehrfach auf dem Druckbogen, so müssen die einzelnen Plazierungen des Musters nach dem Zerschneiden des Bogens für sich gehalten werden, da jeder Vordruck einer anderen Plazierung eine Differenz aufweisen kann. Eine stärkere Anwendung des Offsetdrucks könnte wesentlich mit dazu beitragen, unsere Glückwunschkarten preiswerter herzustellen, ohne daß die Q u a lität Einbuße erleidet. Hiermit soll keineswegs der Schleuderei eine Lanze gebrochen werden. Will man aber der Glückwunschkarte wieder eine größere Popularität verschaffen, so muß es auch den breiten Schichten der Verbraucher möglich sein, zu einem erschwinglichen Preis etwas Schönes zu erstehen. Preiswert sein heißt nicht, in Art und Ausführung etwas Minderwertiges auf den Markt zu bringen. Ein Vordrucken im Offset- oder Tiefdruck ermöglicht dem Hersteller auch, auf das zeitraubende Spritzen von verlaufenden Tönen zu verzichten, weil er diese Tonplatten gleich mitdrucken kann. Gleiches gilt für Umrahmungen jeder Art, die man sonst vielleicht nur zu ein oder zwei Nutzen als gesonderten Druckgang im Stahlstich drucken müßte. Die Stahlstidiprägung in der Glfickwunsdikartenherstellung Die mit der Herstellung von Glückwunschkarten sich befassenden Firmen verfügen zumeist über eigene Graphiker und Graveure, um den Anforderungen der Kunden nach ständig Neuem gerecht zu werden. Aber es ist nicht nur damit getan, gute Fachkräfte der verschiedenen Sparten zu haben. 70

Noch wichtiger ist es, daß diese reibungslos zusammenarbeiten. Wo solche Voraussetzungen gegeben sind, wird manche Schwierigkeit von vornherein vermieden. Das Hauptgebiet der Stahlstichprägung in der Glückwunschkartenfabrikation ist die Gold- und Silberprägung. Dieses Gebiet kann u. U. die verschiedensten Schwierigkeiten mit sich bringen. Wenn auch im Stahlstichdruck mit dem Abdruck eine Prägung entsteht, die bei Farbprägungen je nach Art und Lackzusatz glatt und glänzend ist, ist sie bei Bronzefarben nicht vollkommen. Selbst bei feinster Mahlung der Bronze weist die angesetzte Farbe eine gewisse Körnigkeit auf, und die Prägung zeigt nach dem Auftrocknen der Farbe eine rauhe und matte Oberfläche. Dieser Übelstand erfordert einen zweiten Druckgang, den der Fachmann mit „Nachschlag" bezeichnet. Mit gleicher Anlage wie beim ersten Durchgang werden die vorgeprägten Bronzedrucke mit dem gleichen Stempel bei genauester Anlage noch einmal blindgeprägt. Um der Gravuroberfläche die nötige Glätte zu geben, wird vor dem zweiten Durchgang eine dünne Kupferfolie über dem Stempel befestigt. Es ist nötig, für den „Nachschlag" die vorhandene Druckmatrize genauestens nachzuschneiden oder aber für den Nachschlag speziell eine Matrize anzufertigen. Der stärkere Druck für diesen zweiten Durchgang macht es nötig, daß der Matrizenschnitt bis genau an das Druckbild herangeführt wird, da sich sonst ein zu starker Druckrand um das Druckbild herum zeigt. Ein genauer Passer zwischen Druck und Nachschlag ist unbedingt nötig für das Gelingen der Arbeit. Es empfiehlt sich bei solchen Arbeiten nicht mit Anlagewinkeln zu arbeiten, sondern mit einer geklebten und gut gesicherten Dreimarkenanlage. Ein gut und vor allen Dingen richtig geschultes Anlegepersonal ist eine weitere Voraussetzung. Der Anschlag des Stempelschlittens unter dem Druckaggregat muß fest, aber gleichmäßig sein, ohne Vibration und Nachklappen. Die Einstellung hierfür ist genau nach Angaben der Maschinenfabrik vorzunehmen. Das Gelingen einer guten Nachschlagarbeit setzt sich aus der Beachtung vieler scheinbarer Kleinigkeiten zusammen. Ein gut ausgelagertes Papier ist ebenfalls wichtig für das Gelingen. Es soll tunlichst Druckraumklima haben, sonst besteht Gefahr, daß aufgrund verschiedener klimatischer Bedingungen das Papier „arbeitet", sich also dehnt und zusammenzieht, und einen genauen Passer in Frage stellt. Aus diesem Grunde soll man möglichst die Bronceprägung und den „Nachschlag" zeitlich so abstimmen, daß beide Arbeitsgänge an einem Arbeitstag erledigt werden können. Bei größeren Auflagen also nur so viel Vorprägen wie man etwa am gleichen Tage nachschlagen kann. Der Verfasser hat für diese Buchausgabe über sein Spezialgebiet das Kapitel VII „Stahlstichprägungen" geschrieben. Diese 5 Beiträge sind eine lückenlose Einführung in die Technik des Stahlstichprägens. 71

Fremdländische Glückwunschkarten Es ist eine bekannte Tatsache, daß die Industrie der Glückwunschkarten sich nicht allein auf den deutschen oder europäischen Markt mit dem Absatz ihrer Erzeugnisse beschränkt, sondern daß sich auch für diese lohnende Absatzgebiete durch den Export nach den überseeischen Ländern ergeben haben. Die Produktion erstreckt sich nicht nur auf Glückwunschkarten zu Weihnachten und Neujahr, sondern — und das ist ein großes Absatzgebiet — auf die Geburtstagskarten. „Birthday-Cards" sind ein großer Artikel nicht nur bei uns, sondern in der ganzen Welt, insbesondere in Amerika. Das Ausland bringt Glückwunschkarten heraus nicht nur für den traditionellen Weihnachts- und Neujahrsgruß wie wir es seit Jahr und Tag gewohnt sind. In Deutschland ist der Valentinstag mit Bezug auf seine Bedeutung erst in den letzten Jahren bekannt geworden. In England, in Belgien und in Frankreich, vor allem aber in Amerika, ist er seit langem einer der beliebtesten Gedenktage. Es ist der „Tag der offenen Herzen," der 14. Februar, an welchem Tage sich von altersher junge Leute, die sich zuerst begegnen, beschenken und auch das ganze Jahr hindurch, wie es bei uns daheim Gebrauch ist, dann als ihren Valentin und ihre Valentine betrachten. Es liegt nahe, daß als Ausstattungsmotiv für Glückwunsch- und Postkarten diese Spezies die Herzsymbole neben Glückmotiven und Blumen vorherrschen. In Irland gibt es einen St. Patricks-Tag. Die für diesen Zweck geschaffenen Karten sind typisch für die grüne Insel. In sattem Grün gedruckte Wiesen als Decor-Embleme mit vierblättrigen Kleeblättern weisen auf die nationale Eigenart dieses Tages hin. Eine solche Ausführung mit immer wiederkehrenden gleichen Motiven entspricht durchaus dem Geschmack der Abnehmer. Der Kenntag ist der 14. März jeden Jahres. Bei uns in Deutschland heißt es in einem Verslein: „die Heide ist grün", jenseits des Kanals sind es die Wiesen, die Weidestätten für das darauf gezüchtete Milchvieh. Auch wir haben unsere Sonderheiten, es sei nur an den Muttertag erinnert, der auch unsere Post- und Glückwunschkartenindustrie in Lohn und Brot setzt, auch wenn er nur als eine „Eintagsfliege" gilt. Jenseits des großen Teiches haben die Amerikaner am 28. November jeden Jahres ihren „Thanksgivingday", das Erntedankfest, das dort eine größere Rolle spielt als bei uns. Die für diesen Zweck in großen Mengen gedruckten „Thanksgivingday-Karten" zeigen als Hauptmotiv neben Land- und Ernte72

motiven vor allem den für amerikanischen Begriff traditionellen Truthahn in den unwahrscheinlichsten Verbindungen und Darstellungen. Dieser spielt als Symbol für diesen Tag drüben eine noch größere Rolle als für uns die traditionelle Weihnachtsgans am 25. Dezember. Die größte Bedeutung aber haben f ü r die Engländer und Amerikaner die Christmas-Cards (einschließlich der N e w Year-Cards). Das Hauptmotiv dieser Christmas-Cards war und bleibt wohl das satte Dunkel der stachligen Blätter der Stechpalme mit ihren roten Beeren. Dies sind sozusagen Nationalsymbole. Zu Weihnachten spielt der Mistelzweig für das Inselreich die Rolle, wie bei uns der Weihnachtsbaum als das traditionelle Symbol f ü r das christliche Weihnachtsfest. Wenn der Engländer die einfache Form der Klappkarte bevorzugt oder als booklet eine mit Kordel gebundene Papiereinlage, auf deren erste Seite die Wünsche aufgedruckt sind, bevorzugt der Amerikaner die großflächigen 2 Brudh gefalzten Klappkarten aus starkem Papier (seltener aus Karton), die dem Absender die Möglichkeit geben, die Innenseiten für briefliche Mitteilungen zu benutzen, um somit das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden. Ich besitze einige solcher Original-Glückwunschkarten aus den USA, die interessant sind, weil wir sie selten zu Gesicht bekommen. Natürlich können auch wir in Deutschland Glückwunschkarten zu besonderen Gelegenheiten mit englischen und auch sonstigen fremdsprachlichen Texten kaufen, zum Geburtstag, zu Weihnachten und zu Neujahr. Es sei mir hier jedoch eine Anmerkung gestattet. Jeder Ausländer wird bei Betrachten dieser Karten sofort merken, daß sie vom Ausland kommen. Der Amerikaner und auch der Engländer werden sie „too germanlike" finden, und zwar mit Recht. Sagen wir es einmal ganz offen, wir sind besonders in der Motivwahl und in der Textierung „künstlerischer inspiriert". Wir bevorzugen die Einfachheit, die Zweckform, die künstlerische Motivwirkung. Jedes Volk und jedes Land hat seine eigenen Spezialitäten und einen eigenen Geschmack. Das kaufende Publikum hat sich daran gewöhnt. Die Wunschkarten zu einem „Merry Christmas" und „ H a p p y N e w Y e a r " sehen mit Bezug auf die bildliche Wirkung anders aus als bei uns, die wir einen mehr künstlerischen Gesamteindruck bevorzugen. Motivlich überladene Karten würden bei uns als Kitsch bezeichnet und abgelehnt werden. Andere Länder, andere Sitten. Die Amerikaner finden, soweit die Karten in ihrem eigenen Lande hergestellt sind, derartige Erzeugnisse originell, traditionsgemäß — und kaufen sie zur Aussendung in Gottes eigenem Land und wohl auch zum Verschicken nach dem europäischen Kontinent an Freunde und Verwandte. 73

Wir staunen dann ein klein wenig über diese „Miniatur-Bilderbogen", die die ganze Vorderseite der Karten vorwiegend im Durchschnittsformat von 12x15 cm (geschlossen) ausfüllen. Sie sind vorwiegend in Offset bzw. Flachdruck mit viel Beglimmerung ausgestattet, in satten Farben gedruckt und zwar mit starken Farbenkontrasten. Auch die Prägeanwendung sei nicht vergessen anzuführen. Was uns aber besonders auffällt, das ist bei Weihnachtskarten das Auftragen von Stearin oder Paraffin auf der Bildseite der Karten, wodurch der Anschein erweckt werden soll, als sei das Stearin der Baumkerzen auf die Wunschkarten getropft. Es ist eine wirklich originelle Idee, deren Auswertung den Reiz der Karte erhöht und sie f ü r den Empfänger interessant macht. Die Bildwirkung als solche wird dadurch keineswegs beeinträchtigt. Es wirken dadurch die gedruckten guten Wünsche des Absenders besonders eindrucksvoll auf den Empfänger. Es sei noch bemerkt, daß bei diesen amerikanischen Glückwunschkarten auch die zweite aufgeschlagene Seite meist mit winterlichen Motiven bedruckt wird, was an sich sehr reizvoll wirkt. Die Wünsche zu Weihnachten und Neujahr erscheinen auf der dritten Seite der aufgeschlagenen Karte als Blickfang in charakteristischer Schriftmanier nach dem Geschmack des Wahllandes. Bei einigen Dessins wird das Ausstanzen bestimmter Teile oder das Hochprägen sehr oft angewandt. U m „Gold" nicht als glatte, geschlossene Fläche zu drucken und es dann in gesondertem Arbeitsgang z. B. k ö r n e n , oder die glatte Fläche sonstwie zu verzieren, wird auf der zweiten Seite der Karte (des Booklets) ein Stück g e k ö r n t e s Goldpapier aufgeklebt, etwas größer als die Stanzung auf der ersten Seite, wodurch eine f ü r das Auge des Betrachters sehr gute Wirkung erzielt wird. Ähnlich ist es bei einem weiteren ausgestanzten Dessin, bei dem auf der zweiten Seite genau passend zu dem Stanzausschnitt auf der Vorderseite eine breite Schleife auf weiße Seide gedruckt ist. Da Seide nicht prägefähig äst, weil sie nicht die geprägte Form behalten würde, wird das gedruckte Seidenstück unterlegt mit einer Prägung auf mehrfach zusammengeklebter Zellstoffwatte in Form und Größe des Stanzausschnittes auf der Motivseite. Dadurch wirkt die rot und schwarz auf weißer Seide gedruckte Bandschleife plastisch. Alle diese kleinen technischen Einfälle zeugen von dem Ideenreichtum der amerikanischen Industrie. Aber auch unsere einschlägigen deutschen Kunstanstalten sind in dem Ausdenken immer neuer Möglichkeiten zur Ausschmückung von Karten sehr er74

finderisch. Wer die Möglichkeit hat, wie zum Beispiel unsere Papierwarengeschäfte, nach den neuen wechselnden Kollektionen unserer Kunstanstalten die Auswahl für die Kundschaft zu treffen, der weiß, welche Fülle an Gedankenreichtum wir bei der Bemusterung zu jedem Saisonwechsel finden. Darunter sind immer wieder neuartige und ansprechende Ausführungen für einen kauffreudigen Abnehmerkreis. Motive und Gestaltung der Glückwunschkarten Unter den vielen Kleinkunsterzeugnissen der Luxuspapierfabrikation nimmt neben der Postkarte die Glückwunschkarte eine führende Rolle ein als das wohlbekannteste, zweckmäßigste und am meisten verlangte Handelsprodukt. Sie ist ein Glied in der Kette der Erzeugnisse, die zur kulturellen Befriedigung großer Kreise der Bevölkerung dienen. Ihre Spielarten sind unendlich groß je nach der Art ihrer Zweckbestimmung als Glückwunsch zu den Festen der christlichen Kirche sowie des Hauses und der Familie. Die geschickte Auswahl der Beschriftung als Glückwunschkarten für jegliche Zwecke drückt ihnen den Stempel ihrer eigentlichen Bestimmung auf, und wir brauchen keine geistige Anstrengung aufzubieten, um uns bei unseren Freunden, Verwandten und Bekannten zu jeder passenden Gelegenheit in empfehlende Erinnerung zu bringen. Darunter dürfte vornehmlich neben der Konfirmation das einmalige Fest der Eheschließung zu erwähnen sein. Die grüne Hochzeit mit ihrem Myrtensymbol, den Ringen zum Zeichen der festen ehelichen Verbindung zweier Menschen nebst sonstigem Beiwerk aus Amors Schmiede, das alles ist uns geläufig in der Vorstellung. Während man früher die Motive nur drucktechnisch auswirkte, dienen derzeitige kleine plastische Auflagen von Doppelringen aus Metall dazu, das Bild zu beleben, die Wirkung noch zu erhöhen und somit einen größeren Kaufanreiz durch diesen Blickfang zu erzielen. Während die Blumenmotive auf den Glückwunschkarten vorherrschen, sehr werbewirksam in vielfältigem Offsetdruck hergestellt, weist auf die besonderen Zwecke die geprägte Beschriftung hin auf den Karten in Gold oder einer leuchtenden Farbe (blau oder braun) vorwiegend in Stahlstichprägung. Es dürften als Motiv auf Valentin-Karten die roten Herzen (des Symbol der Liebenden!) nicht fehlen neben dem — wenn auch nur symbolisch angedeuteten — gedruckten Blumenstrauß für den Empfänger. Vor IV2 Jahrzehnten hat man vielfach für Glückwunschzwecke einen Faltbrief verwendet. Diese Verquickung von Glückwunschkarte und Brief mag wohl unter dem Einfluß ausländischer Besatzung — vor allem der amerikanischen — bei uns als Ersatz für die seinerzeit nicht zugelassenen Ansichtskarten entstanden sein. Die anglo-amerikanische Welt hat auf dem Gebiet 75

der Faltkarten schon früher Pionierarbeit geleistet, und wir kennen die weiterentwickelten Erzeugnisse mit ausgestanzten, beweglichen Einzelteilen. Deutsche Firmen stellen auch heute noch diese „ Greeting-Cards" für den englisch-amerikanischen Markt her. Das deutsche Publikum erweist sich als konservativ. Es greift heute wieder nach seinen altvertrauten Glückwunschkarten, die als „Produkt der M o d e " ihr Gesicht stetig abwandeln und durch ihre Gestaltung dem Versender das Gefühl geben, ein künstlerisches Angebinde übermittelt zu haben. Es ist ein lobenswerter Grundsatz, uns bei fortschreitender Entwicklung in künstlerischen Fragen vor dem Wiederauftauchen des Kitsches zu hüten, der als Auswuchs der Überproduktion unseligen Angedenkens bei der Schaffung von Neuheiten zwangsläufig in der Erscheinung getreten war. Derzeitig finden wir am Markt zuweilen „kleine gedruckte Kunstwerke". Es sei nur auf die in Kupferdruckmanier hergestellten — wenn auch nicht gerade billigen — Städteansichten auf Glückwunschkarten hingewiesen, die zuweilen auch einem besonders kunstverständigen Publikum noch handkoloriert angeboten werden. Aber auch die weniger kostspielige Technik des Hochdruckes könnte meines Erachtens mit Erfolg auf die manuelle Technik des Kolorits etwas mehr als früher zurückgreifen. Das Verfahren ist, wenn auch nicht gerade billig, so doch maltechnisch, also mit Bezug auf den Farbenreiz, zweckmäßig in der Anwendung. Es ermöglicht sehr schöne Wirkungen, bei denen die künstlerische N o t e gegenüber den oft ausstattungstechnisch kitschigen Vielfarbendrucken früherer Zeiten gewahrt bleibt. Wir wollen noch kurz auf ein Sondergebiet besonders hinweisen, das einmal für jede Papierhandlung von Bedeutung war, und das einen nicht unbeträchtlichen Teil an dem jährlichen Geschäftsgewinn abwarf: das waren die Gratulationskarten f ü r besondere Gelegenheiten. Diese waren entweder in Monogrammprägetechnik, Stahlstichprägung oder mittels des Vielfarbendruckes hergestellt. A u d i Karten, deren als Schmuck dienenden Figuren, Ornamente usw. blind geprägt und dann in verschiedenen Farben angespritzt wurden, waren sehr beliebt. Sie wirkten durch ihre koloristische Ausstattung, zeigten meist verschiedene Farbeneffekte, irisierend ineinander übergehend, sowie auch Motive in zartbegrenzter farbiger Wirkung. Man unterschied gewöhnliche Doppelkarten, bei denen entweder die Innenseite ganz frei blieb und vom Käufer handschriftlich ausgefüllt wurde, oder solche, bei denen ein Motiv, ein Vers oder sonst ein zweckentsprechender Aufdruck auf ihre Bestimmung als Glückwunsch zu einer besonderen Gelegenheit hinwies. 76

Die Mottos und insbesondere die Verse bei Hodizeits- und Konfirmationskarten wurden auf besondere Einlageblätter gedruckt und diese dann in die Karten eingelegt, wodurch sie die Form eines Buches (Booklet) erhielten, besonders wenn mehrere solcher Einlagen vorhanden waren. Zarte Seidenbändchen oder Schnüre, auf die vorherrschende Grundfarbe der Karten abgestimmt, hielten diese Einlagen mit der Glückwunschkarte zusammen und erhöhten den Reiz der Wirkung. Die Arten der „komplizierten Karten" waren mannigfach. Es sei nur auf die früher so beliebten Karten mit Seidenpapierverzierung hingewiesen. Allgemein bekannt dürften wohl noch die Klappkarten unter der Bezeichnung „Zugkarten" sein. — Sie sterben aber nicht ganz aus. Wir sehen das an der immer wiederkehrenden Schaffung neuer Aufmachungen, die nach längerer Zeit das Alte, Dagewesene in irgendeiner Form wieder aufleben lassen. Ausschließlich als Luxuserzeugnis sind solche Karten zu bezeichnen, die durch Auflagen von künstlichen Blumen plastische Formen erhielten. Der Unterkarton wurde häufig so gestaltet, daß er wie aus Ton modelliert erschien. Er mußte prägefähig sein und die Prägeplatte sehr tief graviert werden, um die beabsichtigte Wirkung zu erzielen. Vermittels des Farbenzerstäubers wurde dann von einer Seite Farbe auf die Prägefläche gespritzt, wobei vermöge der Prägung auf eine Stelle mehr Farbe kam, als auf eine andere. Dadurch wurde eine eigenartige Wirkung erzielt. Auf den Zweck der Karte deuteten aufgedruckte Texte hin. Die Idee der Aufmachung dieser Karten lehnte sich an die vor Jahren üblichen „Taufandenken" an, die mit Klappbüchern gewisse Ähnlichkeit hatten, bei denen meist religiöse Bilddrucke verwendet wurden, die jedoch gegenwärtig wohl nur noch in geringem Maße gehandelt werden. Buchkarten zur Vermählung oder Konfirmation sind gegenwärtig in Deutschland weniger gebräuchlich. Dafür gibt es Motivkarten für diese Zwecke in geradezu künstlerischer Vollendung. Es sei nur an die neuartigen Glückwunschkarten mit einem Durchbruch auf der Vorderseite erinnert (in Form eines Fensters), die sehr reizvoll wirken. Der Grund dürfte darin zu erblicken sein, an Stelle solcher Patentbriefe praktische Geschenke, wie z. B. Gebrauchsartikel zu geben, die einen materiellen Wert haben, zum Schaden natürlich für die Papierindustrie, zum Nutzen aber für den Empfänger. Auf starkem weißem Karton mit Preßvergoldung oder auf reliefgeprägtem Karton, ein- oder mehrfarbig, wie angedeutet, fanden wir künstliche Blumensträußchen, mit Seidenschleifen verziert, während Goldmottos, auf den Unterkarton geprägt, der oft noch mit Seidenrüschen besetzt ist, auf den besonderen Zweck hindeuten. 77

Blüten und Ornamente Sie sind und bleiben beliebt bei den Herstellern und vor allem bei einer kunstfreudigen Kundschaft, die es erwartet, vom Verkäufer sach- und fachgerecht durch das reiche Sortiment „durchgelost" und beraten zu werden. Die Motive der gedruckten Blumenkarten gleichen einem botanischen Garten. Blumen sind stets willkommene Dekors in der Ausstattungstechnik. Unsere Kunstanstalten verstehen ihre Wiedergabe zu schätzen. „Am Anfang war das Wort", sagt Goethe im „Faust". Das „Wort als Schlager" spielt in der Beschriftung eine große Rolle. Das Gesagte muß aber von dem konventionellen und abgeleierten Text „Herzlichen Glückwunsch" und ähnlichem abweichen. Kleine Verslein in der Stahlstichmanier (Blaulackprägung) zeugen von dem Verständnis und dem guten Geschmack des Absenders; sie erfreuen den Empfänger durch die originelle Abweichung vom Herkömmlichen. Diese Abweichungen vom Alltäglichen gibt es bereits in sehr ansprechenden Ausführungen zu den verschiedensten Anlässen. Unsere Kunst- und Verlagsanstalten sind in dem Ausdenken immer neuer Möglichkeiten zur Ausschmückung von Wunschkarten sehr erfinderisch. Die Papierfachhändler können nach den stets wechselnden Kollektionen ihre Auswahl treffen. Welche Fülle an Gedankenreichtum wir bei der Bemusterung zu jedem kollektiven Saisonwechsel finden, ist allseits bekannt. Es sind darunter immer wieder neuartige und ansprechende Ausführungen f ü r einen kauffreudigen und zahlungsfähigen Abnehmerkreis. S c h r i f t k a r t e n seit 1945 Eine Übersicht über die auf Glückwunschkarten angewendeten Schriftarten Von Gebrauchsgraphiker Rudolf Breidenstein, Berlin In den frühen Etappen der Schriftgeschichte fiel dem geschriebenen Wort in erster Linie eine symbolische oder ornamentale Rolle zu, und ähnlich ist die Aufgabe derSchrift auf den heutigen Glückwunschkarten. So wie sich eherne Inschriften auf historischen Bauwerken oder reich verzierte klösterliche Schriften zunächst an den Schönheitssinn des Betrachters wandten und erst dann, in zweiter Linie, nachdem durch das ästhetische Empfinden eine dem Textänhalt entsprechende Stimmung erzeugt worden ist, der Wortsinn vermittelt wurde, so bildet auf den Glückwunschkarten die Schrift das künstlerische Element, welches nicht nur das nüchterne Wort, sondern auch die dazugehörende Stimmung zu erzeugen hat. Der Formenreichtum der angewandten Schriften ist groß und gestattet eine lange Skala von Ausdrucksmöglichkeiten: von der sachlichen Mitteilung 7S

über frohe Anerkennung bis hin zur feierlichen Bekundung. Die große Zahl von Glückwunschkarten-Herstellern beweist, wie mannigfaltig die Möglichkeiten sind, Schriftkarten in gefälliger, das Gefühl ansprechender Form zu schaffen. Da in Deutschland im Jahre 1941 ein neues Kapitel der Schriftentwicklung begann, ist es wohl der Mühe wert, seine Auswirkungen auf die Wunschkarten zu verfolgen. Damals wurde die oft fälschlich als „deutsche" Schrift benannte Fraktur durch die lateinische Schrift (Antiqua) ersetzt, um deutschen Drucksachen eine weltweite Verbreitung zu ermöglichen. Zeitungen, Bücher und der Schulunterricht stehen seitdem unter dem ausschließlichen Einfluß der Antiqua. Als nach dem Kriege die Wunschkarten-Produktion wieder anlief, erschien eine große Zahl von Schriftkarten in lateinischen Lettern. Versalienzeilen, die ihre Form den in Stein gemeißelten Inschriften des römischen Altertums verdanken, wurden zahlreich verwendet. Viele Abwandlungen schlössen sich an: Neben geradstehenden Großbuchstaben verwendet man schräge, magere fette sowie Wortbilder mit und ohne Kapitälchen (Versalien in Höhe der Kleinbuchstaben). Es bestand die Tendenz, diese Schriften immer kleiner zu bringen, was der vornehmen Wirkung einerseits nützte, andererseits die Leserlichkeit beeinträchtigte. Versalienzeilen in Groteskschriften (Schriften mit gleichstarken Haar- und Grundstrichen, ohne Dachstriche, z. B. die Futura) werden gern bei kleinen Texten für Bildkarten verwendet. Die geschriebenen Schriftformen boten gegenüber der starren Form und dem konstruierten Charakter der klassischen Antiqua größere Ausdrucksmöglichkeiten und dem Schriftgestalter ein interessantes Betätigungsfeld. Anknüpfend an die Karolingische Minuskelschrift (9.—12. Jh) wurden neue Schriften für die Gratulationskarten geschaffen, ebenso wie die kalligraphisch vollendete Schreibschrift des 19. Jh. als Englische Schreibschrift auf den Karten weiterlebt. Glückwunschkarten werden aus den verschiedensten Anlässen — kirchlicher, familiärer oder beruflicher Natur — verschickt. Das erfordert einen unterschiedlichen Ausdrude der angewendeten Schriftart. Lebendig, wie die Schrift nun einmal ist, hat sie für jegliche Stimmung bestimmte Ausdrucksformen, die aber unter dem Einfluß von Geschmack und Mode in dauernder Wandlung sind. Der noch junge Gebrauch von Antiquaschriften auf Wunschkarten hatte zunächst keinen ausreichenden Formenreichtum für alle Anwendungsbereiche hervorgebracht. Deshalb griff man gern auf die Ausdrucksskala der Vorkriegszeit zurück. Vielfach waren aus jener Zeit auch noch Schriftgravuren vorhanden, die erneut zur Prägung verwendet wurden. 79

So gebrauchte man viele Jahre hindurch die unter dem Einfluß des romanischen Baustils stehende runde, gebauchte Unziale, wenn der Glückwunsch religiösen Anlaß hatte. In Verbindung mit ausgezierten Initialen wurde der weihevolle Eindruck mittelalterlicher Gebetbücher vermittelt. Auch die aufstrebenden, seitlich zusammengedrängten Formen der „gotischen" Schrift (14.—15. Jh.), die den sakral-feierlichen Kirchenbau der Gotik widerspiegeln, fanden etwa noch, zehn Jahre lang nach dem Neubeginn der deutschen Wunschkarten-Produktion umfassende Anwendung. Das stetige Aneinanderrücken der Völker und ihr gegenseitiger Kulturaustausch wirken sich in wachsendem Maße auch auf die Schriftgestaltung auf den Wunschkarten aus. Deutschland ist wieder wichtiger Hersteller f ü r den Glückwunschkartenmarkt in aller Welt geworden. Ganz allmählich ist die Öffentlichkeit in ihrem Schriftgefühl umerzogen worden. Der fast ausschließliche Gebrauch lateinischer Buchstaben in Druck und Handschrift findet seinen Niederschlag in der Tatsache, daß die Schriiftkünstler nun auch lateinische Schriftlösungen gefunden haben, die, auf Wunschkarten angewendet, allen Anforderungen in Bezug auf Leserlichkeit, Schönheit, feierlichen Ernst oder auf fröhliche Würde gerecht werden. Das hat dazu geführt, daß auch auf den Wunschkarten die Fraktur fast gänzlich verschwunden ist. Antiquaschriften in der starren A r t von Druckschriften finden f ü r ernst-sachliche Gelegenheiten Anwendung, wie zum Beispiel bei Glückwünschen zum bestandenem Examen, zum Jubiläum oder zur Geschäftseröffnung. Für Einladungen und Danksagungen bedient man sich lieber der Schreibschrift. Diese wird hier in schulmäßiger Form, bei anderen Anlässen aber ebenso in saloppskizzierter Art verwendet. An der Gestaltung unserer heutigen Gebrauchsschrift ist die Schreibtechnik maßgeblich beteiligt. Als Schreibgerät ist die spitze Feder von einst verschwunden. Das Problem der Haar- und Grundstriche besteht heute f ü r den Lernenden nicht mehr. Die Schnurschrift-Feder ebenso wie der Kugelschreiber läßt die Striche nach allen Richtungen hin gleich stark erscheinen. Es ist daher nicht verwunderlich, wenn auch viele moderne Schreibschriften auf Glückwunschkarten diesen Charakter besitzen. Es sind keine Formen aus alten Meisterhandschriften, sondern individuell gefärbte Schriften, die mit ihrem flotten Gesicht den schnellen Rhythmus unserer Tage widerspiegeln. Sie bemühen sich redlich, ästhetisch ausgewogen, den Schönheitssinn anzusprechen und Gefallen zu erregen. Blanko-Vordruck- und Glückwunschkarten, sowie deren Abarten Die einfachste Form der Glückwunschkarte ist die Blankokarte, die — lediglich auf der Kreiskartenschere mit seitlich glatten Rändern versehen — in 80

verschiedenen Größen in den Handel kommt, seltener von der Platte geschnitten, d. h. mit verzierten Außenrändern, die zugleich mit einem Prägedruck hergestellt werden. Häufig werden die Ränder farbig gestrichen bzw. angespritzt oder nachträglich noch, mit irgendeinem Zierschnitt versehen. Durch Aufdruck eines Textes entsteht dann die Schriftkarte. Erfolgt die Aufbringung des Textes in einer edleren Technik (z. B. Monogrammprägung oder Stahlstich), so haben wir es mit den besseren Arten der Glückwunschkarten zu tun, deren Außenränder meist mit verschiedenartigen Zierschnitten versehen werden, wobei auch hierfür der Plattenschnitt Anwendung findet (schräger Gold- oder Perlschnitt). Die weitere Ausstattung dieser Karten in Form von Doppelkarten, d. h. solchen mit einem ein- oder mehrfarbigen Einlageblatt sowie mehrere Lagen solcher (Buchkarten), die meist eingelegt bzw. eingeheftet oder genutet werden, und deren Wirkung durch Verwendung von seidenen Schnüren oder Bändern noch erhöht wird, ist unter Fachleuten bekannt, so daß ein weiteres Eingehen darauf überflüssig erscheint. Ausstattung, Farbentöne, Form und Herstellung sind von der Mode bedingt, also Geschmacksache und ebenso wie die Wahl der Texte den jeweiligen Zwecken entsprechend verschieden. Für den Grundriß wird weißer, nidit zu schwacher Karton verwendet. Für die grüne Hochzeit verwendet man grüne Myrtenmotive mit Ringsymbolen und für die silberne solche in Silberheißprägung. Für Beileidskarten kommt nidtit selten schwarzer Karton in Frage, auf dem Silberdruck in Heißpressung angebracht wird. Für diese Sonderheit wird meist weißer Karton verwendet, auf dem schwarze Vignetten gedruckt oder gespritzt werden mit gleichfalls schwarzen gedruckten oder gespritzten Rändern. Wesentlich geringere Herstellungskosten beanspruchen die unendlich vielen Glückwunschkarten, die in irgendeiner Drucktechnik, meist in Offset, in mehr oder minder großen Auflagen hergestellt werden und deren Ränder entweder glatt bleiben oder ebenfalls von der Platte im Prägevorgang in den verschiedensten Formen geschnitten werden. Im gleichen Arbeitsgang können dann gleichzeitig Zierstücke, Ornamente u. a. blind geprägt werden, um die dekorative Wirkung der Karten dadurch zu erhöhen. Unter der Fülle der angebotenen Glückwunschkarten, die vorwiegend in Stahlstichprägung hergestellt werden, gibt es derzeitig die geschmacklich verbesserten Zieh- bzw. Klappkarten. Zog man früher an einer Lasche, um die Karten zu öffnen, so braucht man sie jetzt nur aufzuschlagen, um eine p l a s t i s c h e Wirkung zu erzielen. Den Blicken des Betrachters zeigen sich geschmackvolle Blumenarrangements, erschlossenem Rosenblüten, Tulpen, Veilchensträuße u. a. m. Um eine vollendete Illusion zu erzielen, werden Blumenarrangements derzeitig auch p a r f ü m i e r t in verschiedenen Gerüchen: Veilchen, Maiglöckchen, 6 Hess, Veredelung des Papiers

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Rose und Flieder angeboten. Das dürfte der „letzte Schrei" sein, um sich beim Empfänger der Glückwunschkarte „in einem guten Geruch" zu setzen . . . Verweilen wir aber noch ein wenig bei den handelsüblichen Ziehkarten — oder sagen wir verständlicher, den Klappkarten. Früher gab es vorwiegend gesonderte Stanzungen für die einzelnen Teile, die dann beim Aufbau durch Klebung bzw. durch „Frösche" — das sind kleine Streifen aus Karton zum Stützen der ausgestanzten Teile — zusammengefügt wurden. Ich möchte auch auf die untenstehende Ausführung einer solchen Karte hinweisen. Das Motiv war ein erleuchtetes schmales Spitzgiebelhaus mit tief verschneitem Dach. Das Haus stand vor einer schneebedeckten Tannengruppe. Im Hintergrund gab es eine winterliche Hügellandschaft als Kulisse. Alles war glaubhaft, einfach und zweckmäßig gestaltet, dabei aber durchaus als ein Blickfang zu betrachten, der den Interessenten überraschte. Die Ausführung erfolgte in einem geschlossenen Format 14,5x10,5 auf weißen Karton, offen 14,5x20,5 cm gedruckt mit „Respektblatt", das Ganze 1 Bruch in Höhe und Breite genutet und gefalzt. Das alles ist zu erzielen bei der Herstellung in einem Arbeitsgang durch eine sinngemäße Schnittstanzung von der Platte, wobei auf eine Prägung verzichtet werden kann. Es erübrigt sich dadurch eine nachträgliche Klebung von Verhindungsstegen, wodurch ein kostensparender Produktionsvorgang entsteht. Somit verbilligt sich die Herstellung und damit wird auch der Verkaufspreis der Erzeugnisse ein geringerer.

VI.

Kapitel

Die Veredelung des Papiers durch Oberflächenveränderung Die Papierprägetedinik und ihre Bedeutung für die Papierveredelung EinführungindieTechnikdesPrägens Prägen — Pressen ist die mechanische Verrichtung, einen Körper mittels geeigneter Werkzeuge durch Stoß oder Druck bestimmte Gestalt zu geben. Prägen heißt, den dargestellten Gegenstand möglichst plastisch aus einer Fläche herauszuheben, während derselbe umgekehrt beim Pressen in dieselbe hineingedrückt wird. Ist dort das Bild in dem zum Prägen gebrauchten Teil (Stempel) tief gearbeitet, d. h. ähnlich einer Form zum Gießen, so ist dasselbe zum Pressen erhaben dargestellt. Prägen und Pressen wird in den verschiedensten Industrien angewandt. Man sagt, die Münze oder Medaille usw., der Löffel, die Siegelmarke seien geprägt, hingegen der Buchdeckel, der Pappteller u. a. seien gepreßt. Unter Pressen versteht man gewöhnlich ein Zusammenpressen ähnlich dem mechanischen Vorgang beim Zusammenpressen von Papierballen oder bei Fruchtpressen. In der Prägepraxis sprchen wir daher mit logischer Berechtigung von „Tiefprägung" oder „Hoch- und Reliefprägung" bzw. -pressung. Ihre weitaus größte Verbreitung findet die Technik des Prägens in der papierverarbeitenden Industrie. Die einfadiste Art des Prägens wird die sein, wie man sie auch vielfach in Papiergeschäften zur Selbstherstellung von Monogrammen findet, zwischen zwei erhaben herausgearbeiteten Flächenteilen aus Metall ein dünnes Papierblatt zu bringen, um durch kräftigen Druck zu erreichen, daß das Papier an der Stelle der gewünschten Prägung die Form der in den Stempel gravierten verschlungenen Buchstaben zu erkennen gibt und diese plastisch durch den Prägedruck wiedergibt. Die einfache Weiß- oder Blindprägung findet dann Anwendung, wenn auf weißes oder farbiges Papier bzw. Karton eine einfache Prägung, ohne den Stempel vorher einzufärben, ausgeführt werden soll. Dabei ist darauf zu achten, daß das zu prägende Material durch die starke Druckwirkung sich in den um die 6*

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Reliefornamente liegenden Flächen nicht verändert. Das wird durch sorgfältigen Matrizenaufbau vermieden. Ist die Veränderung der Papierfläche nicht vermeidbar, so muß sie vollkommen gleichmäßig sein, um Flecken oder glänzende Stellen im Papier oder Karton zu vermeiden. Die Wirkung der Blindprägung läßt sich steigern durch das Abspritzen solcher Prägungen mit der Spritzpistole (Luftpinsel). Wird die zu veredelnde Fläche erhaben herausgeprägt, so haben wir es mit einer Reliefprägung zu tun, die in ihrer einfachsten Form, ohne Verwendung von Farbe, als Blinddruck bezeichnet wird. Wird die Platte nun schwarz oder farbig eingewalzt, so haben wir den Schwarz- oder Farbdruck, der durch verstärkten Druck auf alle vertieft gegehaltenen Teile des Stempels auch gleizeitig eine Blindprägung auf farbigem Grund zeigt. Diese Technik wird heute noch sehr viel bei der Stiegelmarkenherstellung angewandt. Beispielsweise auf Gold- und Silberfolien. Auch bei der Prägung alter Adels- und Familienwappen schöpft man diese technische Möglichkeit aus. Eine Kombination zwischen Druck und Blindprägung ist das Hochprägen von vorgedruckten Schriften und Dessins. Insbesondere bei Schokoladen und Pralinenpackungen und auch bei Zigarrenpackungen wird oft im Offsetdruck vorgedruckt, bronziert und dann hochgeprägt. Auch diese Prägung ist ihrer Art nach eine B l i n d p r ä g u n g . Die T i e f p r ä g u n g nennen wir genauer Pressung. Zur Herstellung solcher Pressungen benötigt man Druckplatten, meist aus Messing oder einer Bronzelegierung, auf denen das Druckbild erhaben graviert ist. Wird eine solche Platte eingewalzt und abgedruckt, haben wir es mit einem Färb- oder Schwarzdruck, gleich Buchdruck, zu tun. Geschieht dieser Abdruck mit verstärktem Druck auf weichem Karton oder Pappe, so erzielen wir einen tiefeingepreßten Abdruck, der in der Tiefe schwarz oder farbig ist. Die gleiche Art der Pressung läßt sich auch blind ohne Farbe durchführen. Derartige Pressungen sind uns von älteren Glückwunschkarten und Buchdeckeln her bekannt. Wird statt der Farbe, Blattgold oder Prägefolie unter Anwendung von Hitze angewandt, so entsteht eine Arbeit, die wir als Heißprägung oder Preßvergoldung bezeichnen. Die Prägeplatte findet eine mannigfache Verwendung in der Luxuspapierfabrikation bei der Herstellung von Gratulationskarten bei Zigarren- und Pralinenpackungen. Auch bei der Herstellung sogenannter Oblaten, wobei nicht die eßbaren gemeint sind, sondern jene kleinen bunten, hochgeprägten und ausgestanzten Bildchen, die schon seit Generationen bei Kindern bekannt und beliebt sind. Es gibt in der papierverarbeitenden Industrie wohl kaum ein anderes Verfahren, welches so oft und vielseitig Anwendung findet, als die Prägetechnik. 84

Die Handhabung des Prägens ist nicht so einfacher Art, wie es auf den ersten Blick hin scheinen mag. Die mit Prägungen versehenen Erzeugnisse der Papierwarenfabrikation werden bei den Abnehmern um so größeren Anklang finden, je mehr den Anforderungen der Käufer an der sachgemäßen Ausführung Genüge geleistet wird. Jede Technik zur Ausstattung der Erzeugnisse hat sich in den Grenzen der künstlerischen Voraussetzungen zu halten. Die Messing- oder Bronzestempel zum Pressen und Heißprägen werden durchweg auf einer Graviermaschine graviert, oder genauer gesagt, gefräst. Es sind kleine Präzisionsmasdiinen, bei denen entweder der Fräskopf direkt nach der aufgerissenen Zeichnung auf dem Metall geführt wird, oder nach vergrößerten Schablonen über ein genau arbeitendes Storchschnabelsystem abgetastet wird. Stahlgravuren für den Stahlstichprägedruck werden bei uns zumeist von Hand gestochen, während man in Amerika sehr häufig auch für diese Art der Gravur Graviermaschinen oder die Ätzung einsetzt. Diese Techniken entsprechen zwar nicht der künstlerischen Note des handgestochenen Stahlstichs, jedoch wird auch auf diese Weise oft eine gute Arbeit geleistet, und die Kosten für die Gravur gesenkt. Für die Blindprägung benötigt man ein Gegenstück zum vertieft gravierten Stempel, nämlich die Matrize, auf der alle Teile des Stempels, die vertieft sind, erhaben herausgearbeitet werden müssen. Alle speziell für die Prägung vorgesehenen Pressen haben darum auch eine herausnehmbare Vorrichtung zur Aufnahme der Matrize. An dieser Stelle sei noch einmal ausdrücklichst betont, daß man eigentlich fälschlich in Fachkreisen des Prägedrucks von einer Matrize spricht, aber es hat sich so fast überall eingebürgert. Richtig genommen heißt das positive Gegenstück zu einem Stempel (Negativ) Patrize. D i e B l i n d p r ä g u n g sowie die Herstellung der Matrize Blindprägungen, also Prägungen ohne jede Farbe, lassen sich auf den verschiedensten Maschinen und Pressen herstellen. Kleinere Stempel werden gern auf Balancier-Handpressen geprägt. Aber auch ein kräftiger Drucktiegel eignet sich für solche Prägungen, wenngleich das Ausarbeiten der Matrizen bei diesen Maschinen oft schwierig ist. J a sogar stabile Buchdruckschnellpressen lassen sich1 bedingt für solche Arbeiten einsetzen. Für schwere Prägungen sind spezielle schwere Stanz- und Prägetiegel gebaut. Speziellle Prägepressen werden wegen ihrer größeren Druckleistung allgemein bevorzugt. Eine Stahlstichprägerei wird natürlich auch ihre Blindprägung auf Stahlstichprägepressen herstellen. Farbwerk und Wischer werden dann an diesen Maschinen ausgeschaltet. Dann wären noch die Kniehebelpressen zu erwähnen, oft mit Handbetrieb, aber mit einer enormen Druckkraft ausgerüstet. 85

Die H e r s t e l l u n g der Matrize Gleich auf welcher Pressenart eine Blindprägung hergestellt werden soll, bleibt der Aufbau und die Ausarbeitung der Matrize das Gleiche. Nachdem der Prägestempel auf dem Stempelträger befestigt ist, beginnt man mit dem Aufbau der Matrize. Bei den Hand- oder Balancierpressen wird der Stempel auf den Stempelschieber aufgeklebt. Entweder nimmt man Guttapercha, welches heiß auf die Rückseite des Stempels gebracht wird, oder man klebt neuerdings mit doppelseitiger Klebfolie dem Stempel auf. Bei Kniehebelpressen sowie bei Stahlstichschnellpressen und anderen Maschinen hat man Stempelschließrahmen in denen die Stempel eingeschlossen werden. Bei vielen Pressen ist es dann erforderlich, daß eine bestimmte Stempelhöhe innegehalten wird. Der Matrizenträger, bei der Handpresse ein runder oder viereckiger Stahlklotz, wird durch zwei Führungsstifte in einer bestimmten Lage gehalten, an den Stahlstidischnellpressen meist Stahlplatten mit schwalbenschwanzförmigen Kanten, die in eine genau passende Führung eingeschoben werden. Bei den Handkniehebelpressen dient der ausfahrbare Tisch zur Aufnahme der Matrize wie auch der Anlage. Da man diese Platte nicht wie bei anderen Pressen herausnehmen kann, ist die Bearbeitung der Matrize hernach mit einigen Schwierigkeiten verbunden. Eine gute Prägematrize für Blindprägungen läßt sich aus einfachen Graupappen herstellen. Für größere Auflagen sowie für besonders hartes Prägegut werden gern harte Lederpappen verwendet, weil diese sich nicht sehr zusammenpressen. Die Pappen werden mit dem Ritzmesser rückseitig etwas angeritzt, um eine bessere Verbindung zu erzielen. Mit Fischleim eingestrichen, werden die Pappen, je nach Höhe der Stempel und Art der Presse etwa 2 bis 3 30er Graupappen, auf den Matrizenträger aufgeklebt, genau wie der Stempel zur Mitte des Matrizenträgers. Man bringt die Presse einigemale unter Druck und wartet eine Weile bis der Leim sich gefestigt hat und wiederholt den ersten Vorgang einige Male, bis sich etwas von der Prägung zeigt. Damit der Abdruck für die weitere Bearbeitung deutlicher wird, walzt man den Stempel mit einer Buchdruckhandwalze dünn mit Buchdruckfarbe ein und macht einen Abdruck gegen den Matrizenaufbau. Bei Gravuren mit verschiedenen Tiefen, wie man es bei Wappen und auch bei Firmenzeichen oft hat, klebt man nun auf die schwächerprägenden Teile, eben jene besonders tief gravierter Stellen, kleine Stückchen Karton auf. Dann gibt man wieder einige Male Druck gegen die Matrize. Jetzt werden auch diese Partien besser herauskommen. Gerade bei Blindprägungen ist ein Stück Maternpappe, wie es der Stereotypeur benutzt, sehr gut geeignet, um der Blindprägung eine besondere Schärfe zu geben. Auf die Matrizenpappen klebt man 86

zum Abschluß ein Stück Maternpappe, die man leicht anfeuchtet, dann gibt man einige Male Druck und legt jeweils saugfähiges Papier dazwischen, um überschüssige Feuchtigkeit wieder aufzusaugen. Nach diesen Vorbereitungen nimmt man den Matrizenträger aus der Presse heraus. Ein Holzklotz mit ein paar Bohrungen entsprechend der Zapfen unter dem Matrizenträger, nimmt jetzt diesen zur weiteren Bearbeitung der Matrize auf. Mit einem scharfen Schnitzmesser wird die Pappe um den Abdruck herum weggeschnitten und zwar bis auf die unterste Pappe. Je genauer eine Matrize ausgearbeitet wird, um so besser ist die Prägung. Der Schnitt mit dem Schnitzmesser wird vom Abdruck aus immer ganz leicht schräg nach außen geführt, um den stehengebliebenen Teilen einen besseren Halt zu geben. Nachdem die Matrize genau ausgearbeitet ist, setzt man den Matrizenträger mit der Matrize in die Presse und macht einige Abdrucke. Die Matrize wird erneut aus der Presse genommen. Man kontrolliert jetzt, wieweit sich das Material noch1 zusammengepreßt hat. Wo es nötig ist, wird mit dem Schnitzmesser noch einmal nachgeschnitten. Je nach Art der Prägung und der Höhe der Auflage kann man der Matrize noch eine größere Festigkeit dadurch geben, daß man abschließend einen dünnen Preßspan aufklebt. Auch ein noch darüber geklebtes Gummituch gibt der Prägematrize eine gewünschte Elastizität und ist der Prägung förderlich. Wenn man viel mit diesen Arbeiten zu tun hat, wird man sehr bald heraushaben, wie man mit der fertigen Matrize zu verfahren hat. Beim Nacharbeiten der Matrize werden natürlich auch alle Partien, die noch nicht oder ungenügend prägen, mit kleinen Stücken festem Papier unterlegt. Dabei ist eine gewisse Genauigkeit am Platze. Eine andere weniger verbreitete Methode zur Herstellung der Matrize ist das Arbeiten mit einer Paste oder Matrizenmasse. Wird mit einer größeren Fläche gerechnet oder sollen besonders plastische Wirkungen erzielt werden, so bedient man sich, da das mühsame Aufeinanderkleben von Pappstücken ziemlich viel Zeit erfordert, starkgefeuchteter Pappe oder der Matrizenmasse, die in Pulverform breiig eingerührt und auf einer besonders starken (nichtbiegsamen) Stanzpappe (Steinpappe) aufgebracht wird. Durch wiederholtes Anprägen nimmt die Masse die Form einer Stempelgravur an: nach erfolgter Nacharbeit wird die erhaltene Form dann eingebrannt und gibt eine brauchbare Prägematrize. Ein Nachteil dieses Verfahrens ist die lange Trockenzeit der Matrizenmasse. Geschieht diese Trocknung durch Hitze zu rasch, so kann die Matrize zu spröde hart auftrocknen und neigt hernach beim Fortdruck zum Ausbröckeln. Zum Hochziehen von Vordrucken des Buch- oder Offsetdrucks werden auch schwere Sdinellprägepressen eingesetzt. Der eigentliche Prägeteil der Presse entspricht dem der Kniehebelpresse, nur daß diese Pressen mit Kraftantrieb laufen. Oft findet man besonders schwere Pressen dieser Art. Der eigentliche 87

Prägekopf befindet sich zwischen vier kräftigen Stahlsäulen; es gibt auch sogenannte Doppeltischmaschinen. Sie arbeiten mit einem Stempel aber mit zwei Matrizen und zwei Anlagen. Der Doppeltisch der von zwei Anlegerinnen mit Prägegut beschickt wird, bringt wechselweise die eine oder andere Seite des Doppeltisches unter den Prägekopf der Maschine. Da sich während der Zeit des Prägevorganges der Tisch in Ruhestellung befindet, ist genügend Zeit, um den nächsten Bogen wieder genau anzulegen. Oft ist der Prägekopf auch heizbar. Bronzierte Drucke, die hochgeprägt werden, prägt man gern mit angewärmtem Stempel, um den Glanz der Bronze noch zu erhöhen. Bronzierte Offsetdrucke werden meist in größeren Bogen gedruckt, dann in Formate geteilt, die formatmäßig in die Prägepresse passen. Wie kommt nun die Prägung bei der Schnelligkeit immer auf die richtige Stelle? Zu diesem Zwecke werden bei der Ware — sofern nicht mit einer Anlage gearbeitet wird — Nadelpunkte mitgedruckt. Das sind Punkte, die innerhalb oder außerhalb des Bilddruckes — in diesem Falle besonders gekennzeichnet — liegen und vermittels einer Nadel vorher durchstochen werden. An den gleichen Stellen befinden sich auf dem Tisch federnde Nadeln, auf die das Prägegut genau auf die Nadeldurchstiche aufgelegt wird. Wo es aber irgend möglich ist, wählt man eine 3-Markenanlage. Hierbei ist das Anlegen doch wesentlicher einfacher, als das Anlegen mit Nadelspitzen. Wir kommen nun bei der Ausübung des Prägens noch auf einzelne Besonderheiten zu sprechen. Wird das Papier nur Relief (blind) geprägt, so besteht die Arbeit nur aus dem Auflegen des Papiers über die Punkturnadeln. Hiernach ist die Matrize mit den Stiften in die Führungslöcher einzuführen, und es erfolgt der Prägedruck. Die Platten für glatte Prägungen erfordern keine weitere Behandlung im Vergleich zu denen, die für Durchbrucharbeiten bestimmt sind, weil sich bei solchen die Abfallteile der ausgeschnittenen Partien leicht in die Gravur der Platte ablegen und dadurch die durch' die Hochprägung bedungene plastische Wirkung ungünstig beeinflussen. Daher ist die Herstellung von Prägungen mit mehr oder minder vielen Durchbruchteilen der Papierfläche etwas schwierig. Bei diesen erfolgt gleichzeitig mit dem Prägen das Schneiden, das jedoch auch aus mancherlei Gründen gesondert ausgeführt werden kann. Bevor das zu prägende Papierblatt auf die Platte gelegt wird, muß diese jedesmal vermittels einer entsprechend präparierten, kräftigen, dichtborstigen Bürste mehrmals gleichmäßig überstrichen werden, um ein Anhaften der Prägeblätter an der Platte zu verhindern. Aus diesem Grunde werden wir uns mit der Behandlung derartiger Stempel während des Präge- bzw. Schneidevorganges etwas näher zu befassen haben. Das Ausbürsten der Platten erfolgt bei unlackierten Drucken vermittels einer über Talg gestrichenen, bei lackierter Ware vermittels einer in ö l getränkten Bürste. Im letzteren Falle tut man von dem ö l ein Quantum auf ein 88

Stück Filz und lasse das ö l durch die porösen Schichten des Filzes gut durchziehen. Natürlich muß der Filz gut getränkt sein. Auf diese elastische Masse drückt man die Bürste durch einen kurzen Druck der Hand, die den Stil hält, und streicht dann gleichmäßig und leicht mit der so getränkten Bürste über die Gravur der Platte. Es sei ausdrücklich davor gewarnt, Platten zur Prägung unlackierter Drucke auf Kreidepapier etwa mit einer in reinem ö l getränkten Bürste zu überstreichen, weil durch die ölaufnahme in die Stoffteile der Prägeblätter infolge der Saugfähigkeit des Papiers die Ware unbrauchbar werden würde. Bei Reliefprägeplatten mit Schneidelinien ist in gleicher Weise zu verfahren wie bei getrennten Schneide- und Prägeplatten, nur ist nach dem Auflegen des zu bearbeitenden Papiers eine Stanzpappe auf die Platte zu legen und dann Druck zu geben, um zunächst das Papier zu durchschneiden. Nach Abheben der Stanzpappe ist der äußere Papierabfall sorgsam zu entfernen und dann die Matrizenpappe aufzulegen. Wir wollen bei dieser Gelegenheit nicht zu erwähnen unterlassen, daß der Stanzdeckel von Zeit zu Zeit mit Talg abgerieben und, um Schmieren zu vermeiden, gleich mit Federweiß eingestaubt werden muß. Dadurch wird eine Glätte erzielt, die für schnelles Arbeiten unbedingt erforderlich ist. Größere ausgeschnittene Teile lassen sich durch Ausklopfen mit der flachen Handfläche leicht aus der Platte abheben, kleinere Teile haften jedoch oft fest und müssen mit der Ahle ausgehoben werden. Um ein Festhalten von Durdibruchprägeblättern an der Platte zu vermeiden, ist es empfehlenswert, Stellen, an denen diese Schwierigkeiten besonders zu befürchten sind, mit Kupferblech auszulegen, wodurch ein glattes Loslösen der Prägestücke aus der Platte ermöglicht wird. Bei ungleicher Ausarbeitung der Schneideplatten wird es auch empfehlenswert sein, an besonders schwierigen Stellen (Durchbruchstellen auf den Stahlstempeln) auf den betreffenden Stellen auf der Rückseite der Platte Papierstücke aufzukleben, weil durch die geschaffene Erhöhung die Schneidekraft versdiärft wird, wodurch bei Preßdruck ein glatterer Durchschlag erzielt wird. Bei sehr fein gearbeiteten Gravuren solcher Atikel, die von der Platte zugleich geschnitten werden und aus sehr dünnen Stoffen bestehen, wie beispielsweise bei Kuchenpapieren für Torten u. a. m., müssen diese vorher präpariert werden. Es handelt sich bei diesen Artikeln um holzfreie Papiere von äußerst dünner Qualität (sogenannte Florpostpapiere), welche, da in mehreren Lagen zugleich bearbeitet, sich unter dem großen Prägedruck auf dem Balancier während des Stanzens so festaneinanderschmiegen, daß die Lagen nur mit großer Mühe auseinander zu bekommen sind, wobei natürlich sehr viel Ausschuß entstehen würde. In solchen Fällen tut man gut, die auf bestimmte Formate geschnittenen Papierlagen vorher durch Talkum zu ziehen. Durch die gleichmäßige Fettaufnahme der Papieroberfläche wird dem Zusammenkleben sehr wirksam vorgebeugt. Natürlich muß das Durchziehen durdi 89

das Pulver mit großer Sorgfalt vor sich gehen, um auch alle Teile der Papieroberfläche mit demselben in Berührung zu bringen. S t ah1stichp r äg ea rb eiten presse

auf

der

Monogrammpräge-

Kleine Privatdrucksachen werden auch noch heute oft auf der einfachen Handpresse oder Balancierpresse geprägt. Es gab eine Zeit, da kaum eine leidlidi gut aussehende Briefkassette verkauft wurde, ohne daß Bogen und Umschläge wenigstens mit einem Monogramm versehen wurden. Oft hatten größere Papierwarengeschäfte eine kleine Handpresse und erledigten diese Arbeit im Hause, oder aber es gab in den größeren Städten sogenannte Lohnprägereien, die das Beprägen der Briefkassetten mit einem Monogramm besorgten. Das Monogramm wurde, wenn nicht eine individuelle Anfertigung vom Kunden gewünscht wurde, durch zwei Buchstaben nebeneinander oder etwas schräg übereinander gestaffelt, zusammengesetzt. Diese Monogrammode ging sogar soweit, daß man auch auf Papierservietten sein Monogramm prägen ließ. Von dieser Mode sit heute nicht viel übrig geblieben. Briefkassetten werden heute, wenn ein einfacher Buchdruckaufdruck nicht genügt, in Stahlstichprägung mit Namen und Ansdirift versehen. Audi Familienwappen kommen zuweilen nodi vor. Entgegen der Blindprägung, die ja nur eine Prägung ohne Farbe zeigt, bringt man mit der Stahlstichprägung auf das Relief auch noch Farbe, und da man vorzugsweise Lackfarben verwendet, entsteht in diesem Drudsverfahren eine Drucksache mit einer vornehmen persönlichen Note. Der Stempel für solche Stahlstichprägungen wird, wie schon der N a m e sagt, in Stahl gestochen. Man unterscheidet Flachstich und Reliefgravur. Beim Flachstich ist der Stich fein und flach gehalten und selbst breitere Striche werden in feine Strichelungen aufgelöst. Bei der Reliefgravur nimmt die Tiefe der Gravur mit der Breite zu. Allerdings sind der Tiefe und auch der Breite der Gravur gewisse Grenzen gesetzt. Der Stempel wird genauso wie bei einer Blindprägung auf einer Balancierpresse auf dem Stempelschieber befestigt, entweder mit erhitztem Guttapercha, oder heute auch' oft doppelseitiger Klebefolie. Auch die Matrize wird ähnlich wie bei der Blindprägung vorbereitet. Zwei bis drei Graupappen werden mit Fischleim zusammengeklebt und auf den Matrizenklotz aufgeklebt. Nachdem die Pappen einige Minuten mit dem Stempel angepreßt waren, haben sie sich genügend fest verbunden und die Matrize kann ausgearbeitet werden. Auch bei diesen Matrizen wird ein Abdruck mit eingewalztem Stempel gemacht, und nach diesem Abdruck wird die Pappe um den Abdruck herum mit einem scharfen Schnitzmesser weggeschnitten. Auch hier verfährt man so, daß der Schnitt immer etwas schräg 90

nadi außen vom Druckbild her geführt wird. Ein bestimmter Unterschied wird allerdings bei der Ausarbeitung dieser Matrizen gemacht. Die Matrizen für die Stahlstichprägung haben nämlich neben der Aufgabe eine Prägung im Verein mit dem Gegenstück dem Stempel zu erzielen, noch eine andere nicht minder wichtige Aufgabe zu erfüllen. Die Matrize soll auch einen starken Druck auf die Kanten der Gravur ausüben, um einen Verschluß zu bilden, gegen das Ausfließen der Farbe neben der eigentlichen Prägung. Zu diesem Zweck wird nicht, wie bei der Blindprägematrize, scharf bis an das Druckbild herangeschnitten, sondern man läßt ein wenig „Fleisch" stehen, etwa einen halben bis ein Millimeter um den eigentlichen Abdruck herum. Dies geschieht, ohne daß das Ausschneiden der Matrize bis ins Detail mit weniger Sorgfalt ausgeführt wird, als bei einer Blindprägung. Farben für die Stahlstichprägung werden von den Farbenfabriken fertig geliefert, lediglich den dazugehörigen Lack setzt man vor Gebrauch der Farbe zu. Das Einfärben des Stempels geschieht am besten mit einem kleinen Borstenpinsel, wobei darauf zu achten ist, daß möglichst keine Farbe zu weit an die Stempelkanten gerät. Ein Block Affichen- oder Seidenpapier, auch Zeitungspapier ist geeignet, wird auf dem Pressentisch rechts neben der Presse, mittels einer Stahlschiene und zwei kräftigen Schrauben, an der oberen Kante festgeklemmt. Eine gute Arbeitsvorbereitung ist es, wenn am Abend vorher der Papierblock kurz durchgeblättert wird und dabei mit einer Spritzflasche mit Terpentin gefeuchtet wird. Der Block wird dann beschwert und bleibt so bis zum Gebrauch liegen. Man hat dann am nächsten Tage einen gut durchtränkten Papierblock, der jedoch nicht zu feudit ist, um die Farbe noch aus der Gravur herauszuwaschen. Der eingefärbte Stempel wird nun zügig auf dem so vorbereiteten Wischpapier abgewisdit. Das geschieht so, daß man zuerst die hintere Stempelkante etwas schräg aufs Papier setzt, dann den ganzen Stempel flach über das Wisdipapier führt, und zum Schluß den Stempel wieder leicht schräg nach vorn kippt, um auch von der vorderen Stempelkante eventuell dort hin gezogene Farbe zu entfernen. Dieser Vorgang muß aber zügig gehen, weil sonst die Farbe in den feinsten Partien der Gravur schon zu zähe wird, um noch ohne Unterbrechungen auf das Papier zu gelangen. Mehrfaches Herüberziehen des Stempels über das Wischpapier ist nicht ratsam, weil sonst die Farbe zu sehr aus den Vertiefungen der Gravur herausgezogen wird, und dann nicht mehr genug Farbe in der Gravur verbleibt, um noch einen einwandfrei ausgedruckten Abdruck zu zeitigen. Der Stempelschieber wird nach dem Abwischen des Stempels schnell in seine Führung in der Presse eingeschoben, und der Abdruck getätigt. Kleine Stahlstichprägungen stellt man am besten auf der Handbalancierpresse her. Diese Maschine besteht aus einem starken Hohlgußteil mit möglichst weiter Ausladung. Der Führungsteil, woran der Kasten, der den Schlitten mit 91

dem Stempel aufnimmt, befestigt ist, wird von zwei Backen gehalten. Durch Schrauben fest aneinandergefügt, lassen sie dem Führungsteil noch gerade genügend Spielraum zum Auf- und Niedergleiten. Diese Bewegung wird hervorgerufen durdi eine in dem oberen Teil des Pressenkopfes eingeführte Spindel, welche oben mit dem Schwungrad verbunden ist. Der untere Teil des Balancierkörpers enthält, genau unter dem Schlitten gelagert und horizontal ausgerichtet, eine Platte zur Aufnahme der Matrize. Durch den am Schwungrad befestigten Handgriff wird dasselbe in rotierende Bewegung versetzt, und die Spindel treibt den Kasten mit Schieber und Stempel senkrecht auf die erwähnte Matrizenplatte. Im Augenblick der Berührung beider Teile würde zwar die eigentliche Prägung verriditet sein, dann aber würde die Presse in dieser Stellung verharren. Es müßte also bei Fortsetzung der Arbeit das R a d erst wieder zurückgedreht werden. Wie umständlich dies wäre, liegt auf der Hand. Die Aufwärtsbewegung des Preßkörpers hat man durch zwei starke, seitlich gelagerte Federn (Spiralen) erzielt, welche außerdem den Zweck haben, den auszuübenden Prägedruck weicher und elastischer zu gestalten. Die Benutzung von Spiralfedern ist allen übrigen Arten vorzuziehen, weil sie widerstandsfähiger sind und die Führung sicherer besorgen als die stahlgehämmerten langen Federn. Außer den Maschinen für den H a n d gibt es auch solche f ü r den Fußbetrieb, bei denen man zwar beide Hände zum Arbeiten frei hat, aber nicht imstande ist, einen annähernd so schweren Druck zu erzielen wie bei der besprochenen Bauart. Wir wollen uns zum Sdiluß noch einige Hinweise über das Trocknen der erfolgten Prägungen dienen lassen. Wenn solche frisch sind, müssen sie nebeneinander einzeln auf großen Pappen oder Brettern ausgelegt und je nach der Beschaffenheit der Gravur sowie der Farbe mindestens 1—2 Tage zum Trocknen liegenbleiben. U m möglichst wenig R a u m zu verlieren, werden solche Ablegebretter, die sehr dünn sein können, am besten in fächerartig eingeteilten Gestellen aufbewahrt (Horden). Die Bauart derselben ist die denkbar einfachste. Das ganze Gestell besteht aus übereinander angeordneten Leisten, mit entsprechenden Zwischenräumen zur Aufnahme der Ablegebretter. Der besseren Raumausnützung wegen empfiehlt es sich, die einzelnen Abteilungen solcher Horden ziemlich eng zu bauen, immer aber muß man daran denken, daß die Prägung nicht irgendwie berührt oder gar beschädigt wird. Die Stahlstichprägerei ist eine recht lohnende, wenn die Einrichtungen entsprechend sind. Sie läßt sich außerdem auch an gewisse Zweige der Papierverarbeitung bequem anschließen. U m Erfolge aufweisen zu können, ist außer der Auswahl und Gediegenheit des Arbeitsmaterials auch die Zweckmäßigkeit des Arbeitens und die Gewandtheit des Prägers als ausschlaggebend zu betrachten zur Erzielung annehmbarer Erfolge bei der Ausübung dieser Arbeitsleistung. 92

Es hat eine Zeit gegeben, -während der fast sämtliche Erzeugnisse der Luxuspapierindustrie zur größeren Wirksamkeit mit einer Prägung herausgebracht wurden. Nicht in jedem Falle diente diese Technik zur Hebung der Verkaufswirkung, denn vielfach liegt gerade in der Beschränkung der Mittel auch hinsichtlich der Ausstattungsmöglichkeiten die verkaufsfördernde Wirkung für den Hersteller der vielen Erzeugnisse unserer Reproduktionsanstalten des Flach- und Hochdruckgewerbes. Die Herstellung der Prägeplatte ist der vorbereitende Arbeitsgang zur praktischen Ausführung der Prägearbeit. Die Plattenherstellung wird von Graveuren besorgt. Es sei vorausgeschickt, daß das Bestellen der Prägeplatte, von der der Ausfall der Prägearbeit abhängt, ein weitgehendes fachtechnisches Wissen nicht nur über die Technik der Gravur selbst voraussetzt. Auch die weitere Verwendbarkeit beim Prägen in bezug auf das Verarbeiten der Ware erfordert Sachkenntnis, da diese nicht selten durch technische Schwierigkeiten Veränderungen ausgesetzt ist, die in dem Dehnungsprozeß des Papiers ihren Ursprung haben*) Die P r ägem asc h in en mit selbsttätiger W i s c h - und E i n f ä r b e v o r r i c h t u n g Zu den Spezialitäten einiger bedeutenden Fabriken, die sich mit dem Bau von Papierbearbeitungsmaschinen befassen, gehören in erster Reihe auch solche, die zu einer Vereinfachung des Monogrammprägeverfahrens dienen. Das sind die Maschinen mit selbsttätiger Einfärbe- und Wischvorrichtung, auf deren Vorzüge und Nachteile wir näher eingehen wollen. Es ist ein durchaus anfechtbarer Standpunkt, wenn man glaubt, daß durch die Größe der Maschine die Präzision und der Ausfall der Ware ungünstig beeinflußt werden. Das wird nur dann der Fall sein, wenn man es bei der Zurichtung an der nötigen Aufmerksamkeit fehlen läßt. Von Anfang an müssen wir uns jedoch darüber klar sein, daß das Arbeiten an selbsttätigen Monogrammprägepressen nur dann ein lohnendes sein kann, wenn ständig große Posten zur Aufarbeitung vorhanden sind, damit die Maschine keinen Stillstand hat. si')

Im Technischen Verlag Herbert Cram, Berlin 30, Genthiner Straße 13, erschien 1961 das praktische Handbuch „Aus der Betriebspraxis des Druckgewerbes und der Papierverarbeitung", 3., vermehrte und verbesserte Auflage. DIN A 5. 233 Seiten, Halbleinen. DM 20 — In diesem Buch bringt der Verfasser u. a. eine instruktive Abhandlung „Das Plattenund Stempelbuch, ein Hilfsmittel zur Betriebsorganisation in Prägereien". Ein weiterer Abschnitt unter dem Titel „Die Aufbewahrung der Prägestempel" macht den Leser vertraut mit folgenden Kapiteln: Behandlung der Stempel während des Prägens — Das Ablegen der Stempel — Die Aufbewahrung der Platten — Konservierungsmittel — Behandlung gebrauchter Plattenn — Ausschaltung unbrauchbarer Platten.

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Der Prägedruck auf den Maschinen mit selbsttätiger Wischvorrichtung wird selbstverständlich nur für jeweils einfarbige Sachen einen praktischen Wert haben. Trotz aller unverkennbaren Vorteile, welche die Benutzung solcher Maschinen bieten, ist doch in vielen Fällen der Gebrauch der Tiegeldruckpresse vorzuziehen, weil sie sich nidit nur zum Prägen, sondern auch zum Drucken bzw. beide Vorrichtungen zugleich bewerkstelligend verwenden läßt. In bezug auf den Farbverbrauch soll nicht unerwähnt bleiben, daß dieser bei der Tiegeldruckpresse trotz der zweimaligen Einfärbung ein viel sparsamerer sein wird als bei den Einfärbungsvorriditungen der selbsttätigen Monogrammprägepressen, wobei wir auch die rationelle Benutzung der Wischvorrichtung bei den Handbalanciers nicht außer acht lassen wollen. Bei diesen kann jedes Seidenpapierblatt verschiedene Male wieder verwendet und dadurch vollkommen ausgenutzt werden, während bei der selbsttätigen Zuführung das Wischpapier nur immer einmal benutzt werden kann, wodurch bei großen Auflagen immerhin ein Mehrerfordernis an Material in Anrechnung zu bringen sein wird. Das Wischpapier für diesen Zweck muß dem Zug auf der Maschine standhalten, trotzdem aber muß es von sehr weicher, schmiegsamer Qualität sein, um die polierte Oberfläche des Stahlstempels nicht anzugreifen. Die Beschaffenheit des Stempelmaterials muß eine besonders dauerhafte sein (gehärteter Stahl), weil durch die mechanische Wischvorrichtung die Stempeloberfläche mit der Gravur eines aus zu weichem Metall bestehenden Stempels allzubald abgeschliffen werden würde. In jedem Falle ist die Abnützung des Stempels eine größere als bei dem allgemein üblichen Monogrammprägebalancier mit Handbetrieb. Unter den Maschinen mit selbsttätiger Einfärbevorrichtung treffen wir ebenfalls Hand- und Kraftpressen der verschiedensten Konstruktion. Die Vorzüge der Benutzung von Buchdruckschnellpressen wurden wiederholt in der Fachpresse hervorgehoben, und mehr oder minder viele Leser kennen wohl auch schon deren Dienste für die Prägetechnik, wenn sie auch natürlich nicht gegen die n u r zum Prägen bestimmten Balancierpressen aufkommen können. Im allgemeinen kann man sagen, daß sich Reliefprägedrucke auf der Buchdruckpresse (Tiegeldruckpresse) nur rationell gestalten lassen werden, wenn es sich um größere Flächen handelt. Um auf die selbsttätigen Pressen zu sprechen zu kommen, müssen wir vorausschicken, daß man dabei reinen Reliefdruck (Blindprägungen) und solche für kombinierten Relief- und Farbdruck unterscheidet. Wie die erstere, so erfolgt auch die letztere Druckart in einem Arbeitsgange. Durch den Aufdruck von beliebig vielen Farben kann man Buchumschlägen, Plakaten, Postoder Geschäftskarten u. dgl. ein künstlerisches Aussehen verleihen. Für die 94

Massenherstellungen solcher Arbeiten dienen besonders Kniehebelpressen mit automatischer Einfärbung. Auf dem feststehenden Druckknopf der Presse wird die gravierte oder geätzte Platte aus Stahl oder Messing befestigt und auf dem selbsttätig aus- und einfahrenden Tisch die aus Pappe oder anderem formbaren Material bestehende Gegenmatrize befestigt. Die Bedienungsperson hat nur nötig, den Karton, die Pappe o. dgl. auf dem Tisch auszulegen, welcher sich zu diesem Zweck in seiner Außenstellung eine entsprechende Zeit in Ruhelage befindet. Das Einfärben der Prägeplatte, sowie alle anderen Bewegungen der Presse geschehen automatisch; auch für Autotypiedrucke sind sie geeignet. Durch einige Handgriffe kann das automatische Farbwerk abgestellt werden, so daß sich die Maschine f ü r Blinddrucke, Vergoldungen (Aufpressen von Blattgold), zum Stanzen usw. mit Vorteil verwenden läßt. Außer den eben erwähnten Pressen, bei denen das Relief immer in der Farbe des Prägematerials (Karton usw.) erscheint und der Farbe gedruckt wird, werden auch noch Reliefdruckpressen (sogenannte Monogrammpressen) mit automatischer Einfärbung gebaut, mit denen man, wie schon der Name andeutet, das Relief prägt und gleichzeitig färbt. Bisher mußte die gravierte Platte nach jedem Druck aus der Maschine herausgenommen werden, um das Einfärben mittels einer Bürste oder eines Pinsels vorzunehmen. Auf diese Weise wird sowohl die vertiefte Prägung als auch der Fond mit Farbe bestrichen. Der Fond soll aber farblos bleiben. Die Platte wird deshalb über Wischpapier gezogen, so daß nur die vertiefte Gravur die Farbe behält, und dann wieder in die Maschine eingeschoben. Es erfolgt hierauf der Drude, wobei ebenfalls eine Pappmatrize als Gegenform dient. Die obenerwähnte Monogrammpresse besorgt sowohl das Einfärben der Platte als auch das Abwischen automatisch. Der Druck geschieht mittels einer Spindel und Schlagrad von Hand. Die Leistungsfähigkeit dieser Presse ist daher um ein Bedeutendes gesteigert. Sie hat nur eine kleine Druckfläche und ist daher hauptsächlich f ü r die Prägung von Papiermedaillons, Monogrammen und kleinen Inschriften in Reliefdruck auf Briefbogen, Umschlägen, Karten, Passepartouts usw. bestimmt. Mit Bezug auf den Vergoldedruck möchte ich als Abschluß dieser Betrachtung noch die Maschinen mit selbsttätiger Blattgoldzuführung besprechen. Das erstrebenswerteste Ziel einer jeden Prägeanstalt war bisher, eine Methode zu finden, um Gold- und Metallprägungen leichter, unabhängiger und schneller herzustellen. Es gelang, eine vollständig automatisch arbeitende Presse herzustellen, bei welcher sowohl das Gold, Blattmetall, Aluminium und Farbfolienpapier, als auch das zu prägende Material selbsttätig zugeführt wird. Dadurch wurde eine nie erwartete Leistungsfähigkeit erzielt, kommt man doch auf 50 bis 60 Prägungen in der Minute, ohne den Mechanismus der Presse übermäßig anzustrengen. Diese Leistungsfähigkeit spricht für sich selbst, 95

denn sie bedeutet ungefähr das Fünfzehnfache der bisherigen Methode der Blattgoldauflagen von Hand. Für Seifen-, Zigaretten-, Schokoladenpackungen usw. ist eine Vorrichtung an der Presse angebracht worden, welche das zu prägende Papier respektive den Karton gleich von der Rolle prägt. Das Papier respektive der Karton wird in beliebigen Größen vorgezogen und gleichzeitig in entsprechende Formate zerschnitten. Mit dieser Zuführung ist die Leistungsfähigkeit eine unbegrenzte. Für Karten und Karton usw. erfolgt die Zuführung ebenfalls automatisch und hat die Person, welche die Presse bedient, die Sachen nur stoßweise einzulegen, alles übrige besorgt die Presse selbst. Die Gold- respektive Blattzuführung erfolgt, wie bereits gesagt, von Rollen; diese Rollen sind derartig hergestellt, daß das Gold respektive Blattmaterial an beiden Seiten von schmalen Papierstreifen getragen und so unter den Stempel gezogen wird. Durch eine Schneidevorrichtung wird vorher das Blattgold respektive Blattmetall in entsprechende Größen geschnitten, so daß irgendein Verlust bis auf den Millimeter vermieden wird. Durch diese sparsame Ausnützung des Blattgoldes und des Blattmetalles stellt es sich in Rollen gegenüber dem Verbrauch an losem Blattmetall ganz unmerklich teurer, was bei 1000 Prägungen nur wenige Pfennige beträgt. Dieser geringe Aufschlag kommt aber bei Berücksichtigung der bedeutenden Ersparnisse an Arbeitslohn, Heizung, Platz usw. gar nicht in Betracht. Die Prägerollen werden von 10 bis 140 m m in jeder Millimeterbreite geführt, so daß also das Material soweit als möglich ausnutzbar ist, was bei losem Blattgold und -metall ausgeschlossen ist. Audi werden breitere Rollen von 145 bis 280 m m geliefert, jedoch haben diese noch in der Mitte einen dritten Führungsstreifen. Die Pressen sind f ü r Kraftbetrieb eingerichtet und mit Gasheizung versehen; sie können jedoch auch f ü r elektrische Heizung eingerichtet werden. Die Preßvergoldung Eng verknüpft mit dem Verfahren der Prägetechnik ist die Preßvergolderei, Tiefpreß- oder auch Heißpreßgrägung genannt. Die Herstellungskosten sind im Verhältnis zu denen des Monogrammprägnis geringer. Man bedient sich des Heißprägeverfahrens, um Luxusartikeln durch Aufbringen von geeigneten Hinweisen auf Ereignisse in dem Familienleben, als da sind: Geburts- oder andere frohe Festtage, oder auch durch Aufbringen einer ornamentalen Gold- oder Silberverzierung ein gefälliges Aussehen zu geben. Goldschmuck eignet sich besonders f ü r allgemeine Fälle, während man sich des Silberschmuckes unter Verwendung des Aluminiumschlages besonders zur Herstellung gewisser Spezialartikel bedient, wie Texte zur Silberhochzeit, Beileidskarten u.a.m. Es seien auch die Kranzschleifen nicht vergessen. 96

Die weitaus größte Verbreitung hat das Tiefpreßverfahren natürlich auf dem Gebiete der Gratulationskarten gefunden, deren Erzeugnisse sich ein jeder bei den verschiedenensten Familien- und festlichen Anlässen zu bedienen pflegt. Die Verwendung des festen Metallauftrags bedingt eine längere Haltbarkeit der betreffenden Rohmaterialien; die auf diese Weise ausgestatteten Erzeugnisse gewinnen an Ausdruck. Um zu erreichen, daß das auszuschmückende Erzeugnis auch in der Tat den Anforderungen entspricht, die man vom künstlerischen Standpunkt zu stellen berechtigt ist, nämlich eine vollkommene, durchaus einwandfreie Deckung zu erzielen, muß die zu dekorierende Fläche, auf welche das Blattmetall abgegeben werden soll, vorher entsprechend behandelt werden. Wenn dem zu bearbeitenden Material die Bindemittel fehlen, so müssen solche zuvor aufgebracht werden. Die Artikel, die bearbeitet werden sollen, werden zuvor mit Talkum (Vergoldepulver) eingerieben oder mit eiweißhaltiger Lösung bestrichen, weil sonst das Blattmetall, welches dazu erforderlich ist, um den Schriften oder ornamentalen Verzierungen den gewünschten Ausdruck als Gold-, Silber- oder sonst welcher Metallimitation zu geben, sich mit der Prägefläche nicht verbinden würde. Die Folge wäre, daß sich dasselbe vor dem Prägen verschieben oder nach erfolgter Prägung von der Fläche abblättern würde. Für farbige Tiefprägungen verwendet man farbiges Mosaikpapier, für weiße und farbige Pressungen, sowie besonders für große und weiße Flächen Präge- oder Unterdruckpapier. Eine besondere Art desselben, die allbekannten öser-, Färb- oder Bronze-Folien sind ganz dünn gearbeitete Färb- bzw. Metallblättchen, zu deren Benutzung ein vorheriges Grundieren der Fläche überflüssig erscheint. In dieser Abhandlung ist in der Hauptsache über Tiefpreßverfahren auf dem Gebiete der Gratulationskarten und sonstiger Erzeugnisse der Luxuspapierfabrikation zu sprechen, während die Preßvergolderei andererseits auch für Bucheinbandzwecke Verwendung findet. Es sei darauf hingewiesen, daß die Verarbeitung von echtem Blattgold, ganz besonders jedoch von Blattmetall (Schlagmetall) in den letzten Jahren stark zurückgegangen ist und daß man, falls sich Echtgold für die Prägezwecke als zu teuer erweist, heute wohl ausschließlich Prägefolien verwendet. Wir haben nun das Ausputzen und Auswischen der unter Verwendung von Blattmetall hergestellten Prägungen zu erwähnen, was mitunter sehr oberflächlich betrieben wird. Bei derartigen Prägungen ist es nötig, daß das Ausputzen von einer Hilfsarbeiterin sofort besorgt wird, und zwar muß diese dem Präger stets nachkommen, sie muß demselben sozusagen die Karten aus der Hand nehmen. Merkt sie, daß etwas nicht in Ordnung ist, so hat sie den 7 Hess, Veredelung des Papiers

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Präger unverzüglich darauf aufmerksam zu machen, damit dieser dem Mangel sofort abhelfen kann. Auch muß beim Abputzen darauf geachtet werden, daß möglichst alle Linien, ob gerade oder in Form von Verzierungen, niemals in der Längsrichtung ausgeputzt werden. Bei den Schriften muß man möglichst ebenso verfahren. Den Vorteil wird man namentlich dann bemerken, wenn man mit sprödem Material zu arbeiten hat. Bei der Verwendung des zu verarbeiten echten Blattgoldes lassen sich auch die Vorzüge der Sparsamkeit genießen. Prägungen mit solchem Metall werden über einen Kasten abgestaubt, dessen Deckel m i t einem Drahtnetz versehen ist, zwischen dessen Maschen die abgeputzten, nicht haftenden Reste fallen und gesammelt werden, bis man glaubt, genügend Material beisammen zu haben. Es wäre töricht, das nicht verbrauchte Metall fortzuwerfen, da dasselbe von Händlern aufgekauft und wieder verarbeitet werden kann. Für Abfälle von echtem Blattgold beispielsweise wird man, besonders wenn es in größeren Mengen verarbeitet wird, immerhin einen nennenswerten Betrag erzielen können. Das Metall wird ausgeglüht, wobei sich die Schlacke von dem Kernmetall absondert, und dieses kauft jede Münze oder die Zwischenhändler nach dem Tageswert der Börsennotierungen. Ein schlechtes Haften des Blattmetalls auf der Prägefläche ist zuweilen auch auf eine mangelhafte Qualität des Vergoldepulvers, auf zu schwachen Druck oder nicht genügende Hitze der Presse zurückzuführen. Auch der Verwendung findenden Matrize muß die nötige Sorgfalt geschenkt werden. Daher verwende man in Fällen, wo der Karton mit unechtem Blattmetall versehen werden soll, nur vollkommen säurefreie Bindemittel. O b ein solches säurehaltig ist, findet man leicht, indem man ein blaues Lackmuspapier damit in Verbindung bringt, welches in solchem Falle eine rötliche Färbung annehmen wird. Auch feuchte Luft in den Räumen, in denen solche Prägungen aufbewahrt werden, ist oftmals die Ursache solcher Vorkommnisse, was nicht selten der Fall ist, besonders, wenn die Ware in mangelhaft verschlossenen Paketen aufbewahrt wird. Die vielleicht nicht gerade sehr sorgfältig geschlossenen Pakete gestatten das Eindringen der Luft, welche Schwefelkohlendünste ausscheidet, und die Folge davon ist das Oxydieren der Prägeflächen. Metall, besonders unechtes, oxydiert immer nach Ablauf einer gewissen Zeit, auch wenn es trocken lagert, genau wie Messing stets oxydiert, wenn es der Luft ausgesetzt ist, was bei Foliendrucken jedoch ausgeschlossen ist. Wir kommen nun auf die Technik des Prägens selbst zu sprechen. Das geschieht in folgender Weise: Auf den Schieber, auch Schlitten genannt, der das zu bearbeitende 98

Material mit dem Prägestempel in Verbindung bringt, wird ein Stück Pappe geklebt, um eine glatte Anlagefläche zu haben. Bei Flachprägungen genügt eine harte Pappunterlage. Man nimmt am besten hierzu Stanzpappe. Bei Hochprägungen muß eine Matrize gemacht werden. Auf diese flachliegende Pappe macht sich der Preßvergolder eine Anlage in der Weise, daß er auf diese Fläche Kartonstreifen in der Längs- und Querrichtung klebt. Diese Vorrichtung hindert ein Verschieben der Gegenstände während des Prägens, und vor allem dient dieselbe dazu, um die Prägung immer wieder auf diejenige Stelle zu bringen, auf welche zu gelangen sie bestimmt ist. H a t man den zu bearbeitenden Gegenstand, wie bereits erwähnt, mit Talkum und Puder vorbereitet, so legt man auf diejenige Stelle, welche die Pressung erhalten soll, ein Stück Blattmetall, über dessen Beschaffenheit wir uns das Notwendigste bereits dienen ließen.

Presse und Stempel müssen erhitzt sein Früher waren die Pressen durchweg mit Gasheizung ausgestattet. Die Brenner und die Flammen lagen in den bei jeder Kniehebelpresse ersichtlichen runden Öffnungen des oberen feststehenden Druckteils der Presse. Heute sind alle diese Pressen zum größten Teil mit elektrischer Heizung eingerichtet. Einmal ist die Feuergefahr nicht so groß und zum anderen läßt sich die elektrische Heizung genauer regulieren. Thermostaten sorgen automatisch für eine genau einstellbare Hitze. Geschähe dies nicht, so würde sich das Blattmetall nicht mit dem Vergoldepapier in Verbindung bringen lassen. In diesem Falle würde das Metall von der Prägefläche abblättern, was trotz aller Vorsicht dennoch zuweilen vorkommt und in den meisten Fällen auf nicht genügende Erwärmung der Maschine zurückzuführen ist. Ein bis zwei Stunden vor Arbeitsanfang muß für Anheizung gesorgt werden. Der untere Schlitten muß bei der Inbetriebsetzung der Maschine in die zu seiner Aufnahme bestimmte Einfahrt eingeschoben und der obere vermittels des Hebels heruntergepreßt werden. Auf den obereen Schlitten wird mit einem eigens präparierten Klebstoff der Stempel aufgeklebt. Durch das Herunterdrücken des Hebels wird der obere Schlitten auf das Metall und den zu pressenden Gegenstand gedrückt. Da der Stempel nicht tief graviert, die Zeichnung vielmehr erhaben gearbeitet ist, wird diese durch den Drude auf das aufgelegte Metall und dieses dann in die Prägefläche hineingepreßt. Zur Fabrikation selbst muß ein Material verarbeitet werden, das die Hitze leitet. Das geschieht durch Verwendung von Messingstempeln, wobei die Hitze von dem Fundament der Maschine bis zum 7*

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Kopf des Schriftsatzes oder der Oberfläche der Gravur des Stempels geleitet wird. Der Hebel wird dann wieder in die Ruhelage gebracht, das nicht verbrauchte Metall vermittels einer Bürste abgerieben und dann mit einem Lappen saubergewischt. Ist dieses geschehen, dann liegt die Pressung fertig vor uns. Bei frischen Drucken muß bei Aufbringen des Blattgoldes, sowie besonders bei der nach der vorgenommenen Prägung erfolgenden Entfernung der abfallenden Teile vorsichtig verfahren werden, um ein Festhalten der abfallenden Metallteile auf der noch frischen Druckfläche zu vermeiden. Selbst das Pudern muß vorsichtig gemacht werden. Das Blattgold soll nicht größer geschnitten werden, als es die Prägefläche erforderlich macht. Man erreicht das, indem man beim Abwischen der abfallenden Teile diese vorsichtig nach außen hin (nicht etwa nach innen) auf dem kürzesten Weg zur Außenkante befördert. Es ist das fast ausschließlich leicht durchführbar, weil es sich um Texte handelt, die doch meist am Fuße der Karte usw. stehen. Die Prägefolienfabrikation stellt heute Gold-, Silber und Farbfolien praktisch für jedes in Frage kommende Material her. Gold- und Silberfolien werden als Broncefolien, als Blattmetall und als Echtgold geliefert. Auf Wunsch werden die Folien auch in einer Antioxydqualität geliefert. Diese Rollenware wird in jeder gewünschten Breite geliefert. Betriebe, die viel Rollenfolie verarbeiten, werden einen einfachen Rollenschneider vorziehen, um nach Bedarf von der Ganzrolle die entsprechende Breite abzuteilen. Die modernen Heißpressen haben heute alle Vorrichtungen zur Aufnahme und zum Transport einer oder mehrerer Folienrollen. Der Weitertransport der Folie nach erfolgter Pressung läßt sich genau einstellen, so daß ein möglichst geringer Materialverlust gewährleistet ist. Auf Glückwunschkarten, Urkunden, Luxuskartonagen, Festabzeichen, Schmuckblätter, Banderolen, Sekt- und Weinetiketten u. a. m. gehören schmückende Dekors. Auch Ringbücher, Taschenkalender, Kalenderrückwände, Aufsteller, Kunststoffhüllen, ja selbst Decksohlen f ü r Schuhe oder Hutfutter werden durch die glänzende Aufmachung mit Folienprägungen weit attraktiver; die ansprechende Aufmachung belebt das Geschäft. Alle diese Arbeiten werden auf dem neuen Heidelberger Spezial-Stanzautomaten in hervorragender Qualität ausgeführt. Die hohe Produktionsleistung macht das Folienprägen wirtschaftlicher als das übliche Bronzieren oder Bedrucken mit Gold- und Metallfarben. Bisher waren z. B. für Glückwunschkarten mit hochgeprägtem Goldaufdruck drei Arbeitsgänge notwendig: aufdrucken der Grundfarbe für die Bronzierung, bronzieren und abstauben, dann hochprägen. Der Heidelberger Spezialautomat (Tafel VIII) prägt zunächst die 100

Folie, dann das Relief. Ein Arbeitsgang oder 33 % fachte Arbeitsweise eingespart.

werden durch verein-

Für viele Druckereien, Buchbindereien, Kartonagenhersteller erschließt dieser gewinnbringende vollautomatische Heidelberger neue Auftragsgebiete und ersetzt bisher übliche, kostspielige Verfahren und unrationelle Maschinen mit Handanlage. Eine große Auswahl im Handel erhältlicher Gold- und Farbrollenfolien ermöglicht die Anwendung von prachtvollen, verkaufsfördernden Effekten. Die G o l d - und Farbrollenfolien sind auf die Oberflächenbeschaffenheit des zu prägenden Materials abgestimmt, f ü r K a r t o n , Leinen,, Leder, kaschiertes Material und Kunststoffe aller Art. Vier Folienbänder lassen sich gleichzeitig, selbstverständlich auch in Mehrfachnutzen verarbeiten. Mit diesem leistungsfähigen Heidelberger kann m a n außerdem in bester Q u a l i t ä t blindprägen sowie stanzen, rillen und perforieren. Immer mehr Betriebe stellen ihre Prägearbeiten ganz auf Heidelberger um. Zwei, vier und noch mehr Folienautomaten in einem Maschinensaal sind keine Seltenheit *).

Die Behandlung der zum Prägen bestimmten Druckerzeugnisse In den nachstehenden Ausführungen gebe ich einige wissenswerte Hinweise aus den technischen Vorgängen des Druckens und Prägens, die zu wissen notwendig sind, u m die Wechselbeziehungen aufzuzeigen bei der Veränderung der vorgedruckten N u t z e n beim Prägevorgang. Drucken

und

Prägen

Einwandfreie Prägungen sind bereits eine halbe Garantie f ü r den Absatz der Ware, da selbst der Laie die Schäden dieser Technik zu erkennen vermag. Eine Kardinalfrage f ü r den Drucker ist es, einen prägefähigen K a r t o n f ü r seine Arbeit zu erhalten, wenn f ü r die einwandfreie weitere Bearbeitung eine gewisse Voraussetzung gegeben sein soll. Der

Prägekarton

Prägekarton soll aus gutem Faserstoff, nicht hart und brüchig, sondern weich und zäh sein, so daß Hochprägungen keine zerrissenen Oberflächen zeigen. Für ganz besondere Ansprüche gibt es besondere Prägekartons. Durch Feuchten wird das Material besonders nachgiebig. *) Folienprägungen auf Heidelberger Spezial-Stanz- und Prägeautomaten erschließen neue große Märkte. (Entnommen vom 'Werbeheft der Sdinellpressenfabrik A.-G., Heidelberg. 101

Die Papierkenntnis ist f ü r die Ausübung des Prägens ein sehr wesentlicher Faktor; bei einiger Erfahrung lassen sich die Eigenschaften gewisser Papiersorten leicht erkennen. Wenn es schon Bedingung ist, zu wissen, worauf die einzelnen Artikel der eigenen Verlagsrichtung gedruckt werden, ob auf zwei-, drei- oder mehrfach geklebten Karton, so ist es gleichfalls notwendig, in Erfahrung zu bringen, ob das verwendete Material für die weitere Bearbeitung durch die Prägung geeignet erscheint. Wir erkennen dies am besten bei den Postkarten. Man wird gewöhnlich f ü r glatte Postkarten einen Karton wählen, der in sich schon genügende Festigkeit hat, jedenfalls stabiler ist als für solche Karten, die nach der Druckausführung noch geprägt werden. Bei kaum einer der vielseitigen Möglichkeiten der Papierbearbeitung werden die in der Luxuspapierfabrikation hergestellten Erzeugnisse so beeinflußt wie während des Prägevorgangs. Die durch den ungewöhnlich hohen Prägedruck bedingte Zusammenpressung der Stoffseite des Papiers läßt eine scheinbare Minderung unter Griff erkennen, während das betreffende Erzeugnis selbst an Festigkeit gewinnt. Im entgegengesetzten Falle müssen wir feststellen, daß durch das Entfernen einzelner Teile aus der Papierfläche dieses an Festigkeit verliert. Für größere Flächen, zum Beispiel f ü r Plakate, muß deshalb ein entsprechend starker Karton genommen werden, um dem Erzeugnis nach der Bearbeitung in sich eine gewisse Festigkeit zu verleihen. Je nach der Gravur des Stempels wird man daher auch das Material wählen müssen, da nicht jede Stoffzusammensetzung f ü r die Bearbeitung in jeder beliebigen Art geeignet ist. Für Prägungen von besonders tief gravierten Platten müssen stets entsprechende Kartons genommen werden, weil schwache, weniger widerstandsfähige Sorten leicht platzen. Es ist zweckmäßig, die Eigenschaften, etwa die minderwertige Qualität des Papiers, vor der Verarbeitung zu kennen. Es sei hier noch auf eine Besonderheit hingewiesen, die oft auftritt, nämlich das Abbrechen gewisser Teile bei der Herstellung von Wandkalendertaschen, Kniffkalendern usw. Dabei werden einzelne Teile von der Prägeplatte geritzt, um später umbrochen zu werden. Bei Anordnung solcher Artikel auf dem Auflagebogen, der nicht besonders fest und prägefähig ist, soll man um so vorsichtiger sein. A m besten ist die Anordnung, bei der die Längsrichtung der Artikel mit derjenigen der Papierfaser parallel geht, wodurch eine größere Haltbarkeit gewährleistet wird. In dieser Richtung besitzen die Papiere bekanntlich die größte Widerstandsfähigkeit. Die Papierfabriken kennzeichnen zumeist die Laufrichtung des Papiers. Das

Verziehen

des

Papiers

Eine der hauptsächlichsten Schwierigkeiten entsteht dann, wenn sich beim Prägen das Papier verzieht. Wer doppelte Arbeit und deren Kosten ersparen 102

will, der lasse die Konturen stets auf dem gleichen Karton umdrucken und anprägen, auf dem nachher die gewünschten Erzeugnisse geprägt werden sollen. Die geprägte Papieroberfläche wird den Grad der Verwendbarkeit des Papierstoffes erkennen lassen. Wenn der Karton bei der Anprägung abblättert, so wird entweder die Prägung abgeschwächt werden, oder man wird einen für diesen Zweck geeigneten Drudskarton verwenden müssen. N u r durch wiederholtes Prüfen nach allen Richtungen hin, in denen unter U m ständen selbst äußerlich schwer wahrnehmbare Fehler möglich wären, wird man sich vor Beanstandungen und unliebsamen Erfahrungen rechtzeitig bewahren können. Bei der Beurteilung der glatten Prägung dehne und biege man das Prägeblatt nach verschiedenen Richtungen und beobachte die Rückseite. In hartnäckigen Fällen muß der Stempel abgeschwächt werden oder besonders scharfkantige Gravurteile im Schnitt abgerundet werden.

Jede

Arbeit

vor

der

Druckausführung

prüfen!

Papierkenntnis ist notwendig, um einwandfreie Prägungen zu erhalten. Wenn die Gravur oder die Matrize stellenweise so scharf ist, daß beim Druck auf die Platte der Karton platzt, so ergibt sich die Notwendigkeit, jede Arbeit vor der Druckausführung zu prüfen und den Schaden abzustellen. Dabei zeigt sich auch, ob der Graveur die nötige Ausdruckskraft in die Gravur gelegt, ob Nacharbeiten durch Verstärken oder Abschwächen einzelner Partien notwendig erscheint.

Stechen

der

Punkturen

Ein wesentlicher Faktor für das Gelingen der Prägung ist das Stechen der Punkturen. Jede Prägeanstalt sollte die Arbeiterinnen anlernen, daß sie das Stechen nur immer nach dem berühmten Schema ausüben, damit eine Garantie für gutes Passen der Prägung gegeben ist. Gestochen wird wohl meist von dem Arbeitspersonal, das die Prägung herstellt. Wenn dafür Leute angestellt werden, bedeutet das für das Prägepersonal eine Erleichterung. Vorzüge werden sich jedoch nur dann zeigen, wenn die Stecherinnen geübt sind. Die Druckarbeiten müssen in einem guten Zustande und einem nachträglichen Verändern nicht unterworfen sein. Passen die Prägungen nachher nicht, das heißt, liegt neben der Prägung noch Farbe, so muß beim Stechen der Durchstich ein wenig weiter nach links oder nach rechts gelegt werden, je nachdem es die Abweichung der neben der Prägung liegenden Druckfarbe verlangt. Bei gleichen Platten für Schneiden und Prägen ist natürlich für beide Verrichtungen dieselbe Punktur zu benutzen. Das ist notwendig, um Abweichungen zu vermeiden und eine genaue, in allen Teilen passende Präge- und Schnitt103

fläche zu erhalten. Dann braucht man nicht zu befürchten, daß beim Schneiden Teile der Prägung angeschnitten werden oder daß sich ein weißer Rand um die Zeichnung herum zeigt. Unerläßlich ist die Bedingung, schon bei der Herstellung der Druckware darauf zu achten, daß Prägepunkte auch mitgedruckt und nicht etwa beim Fertigmachen der Steine als Schmutzflecke angesehen und weggeputzt werden. D e r Fachmann wird die Prägepunkte auf den einzelnen Erzeugnissen nicht als Störenfriede betrachten, wohl aber der Laie, sobald sie in vollen Flächen liegen und womöglich noch in Farbe ausgespart sind. Ein einfacher Punkt, vielleicht noch in einem leicht angedeuteten Kreis stehend, wird seinen Zweck vollauf erfüllen. Bei Prägungen, bei denen Nadelpunkte nicht mitgedruckt sind, sondern erst gestochen werden müssen, empfiehlt es sich, Blindprägungen auf Transparentpapier zu machen, da man durch Auflegen solcher Prägungen dann leicht erkennen kann, ob sie passen. Dadurch wird keine Ware unnütz verderben. Wenn es vergessen wurde, auf der Platte Zeichen für die Nadeln anzugeben, dann müssen sie auf eine andere Weise ersetzt werden. Man wird je zwei entgegengesetzte Ecken wählen, oder man nimmt bei lithographischen Erzeugnissen irgendeinen Farbenpunkt und bohrt auf der Platte an den gleichen Stellen Punkturen, in die dann die Nadeln gesteckt werden. Das betreffende Anlegezeichen muß durch einen Pausabdruck auf die Platte übertragen werden, damit man auf ihr die gleiche Stelle trifft. Wird jedoch von der Fläche irgendein anderer Text, der ebenfalls geprägt werden soll, vor dem Druck eingenadelt, ohne daß eine neue Platte hergestellt wird, so soll man sich von dem neuen T e x t einen Umdruck auf Pauspapier verschaffen. Wenn man die Prägung auf die Platte auflegt, so ist leicht zu erkennen, ob sie paßt oder nicht. Einwandfreie Druckausführung für gute Prägungen

ist

eine

Vorbedingung

Man kann gute Prägungen nur erzielen, wenn bei Artikeln, die beispielsweise auf litographischem Wege hergestellt sind, auch die Druckausführung einwandfrei ist, die einzelnen Farben sich decken und nicht nebeneinanderliegen. Solche Sünden kann die Prägung nicht ganz verdecken, wenn auch manche Fehler — wenigstens für das ungeübte Auge des Nichtfachmanns — ungesehen gemacht werden können. In erster Linie zeigen sich Schwierigkeiten bei der Verarbeitung frischer Drucke. Wenn die Farben noch zu frisch sind und ihnen womöglich wenig Trockenmittel zugesetzt wurden, so ersetzen sie sich in der Gravur der Platte ab. R e i b t man die Drucke vorher mit Talkum ab, so wird die Weiterarbeit nicht durch solche Begleiterscheinungen aufgehalten. In der Prägeplatte abgelagerte Druckfarbe entfernt man mit Ter104

pentin. Uber die Behandlung der fertigen Prägeware, so wie sie von der Maschine kommt, lassen sich keine bestimmten Anweisungen geben. Im allgemeinen ist es empfehlenswert, große Warenposten unmittelbar hintereinander aufzuarbeiten, weil dadurch Differenzen beim Passen vermieden werden. Der Stand der Arbeiten in den heutigen modernen Verarbeitungsbetrieben ist als hoch zu bezeichnen, und was früher einmal fast unüberbrückbar schien, ist durch jahrelange Erfahrungen derzeitig leicht zu überbrücken, um zu einem einwandfreien Arbeitsverlauf zu gelangen. Hierzu gehört, wie gesagt, vor allem das Thema der Bronze-Prägungen. Im allgemeinen ist man der Auffassung, daß mit Bronze vorgedruckte Drucke in der Prägung nicht oder nur schwer passen. Es ist wohl schwierig, aber die heutigen Verarbeitungsbetriebe lösen auch dieses Problem zur Zufriedenheit ihrer Auftraggeber. Ein Fehler wird bei diesem Verfahren oft gemacht, nämlich der, daß Druck und Prägeplatten zugleich in Auftrag gegeben werden. Richtig dürfte es sein, wenn von der Druckplatte zunächst bronzierte Probedrucke auf Originalpapier gemacht werden und nach diesem Druck die Prägeplatte zum Hochziehen der Prägung angefertigt wird. Gute Klimabedingungen des Papierlagers und des Druckraumes sowie eine haargenaue Anlage sowohl im Drude als auch in der Prägung sind eine Vorbedingung f ü r solche schwierigen Arbeiten. Zusammengehörende

Prägungen

zusammenlassen!

Bei der Zusammenstellung der Druckauflagen muß man zusammengehörende Prägungen auch zusammenlassen, um nicht unnötig viele Extraprägungen machen zu müssen. Wo es notwendig erscheint, Prägeblätter auseinanderschneiden, sollen immer zwei auf der Platte beisammenstehende Stücke beisammenbleiben, damit nicht jedes einzeln geprägt werden muß. Wenn jedoch in solchen Fällen ein gutes Passen nicht zu erreichen ist, so müssen die Prägeblätter zerkleinert werden. Z e r t e i l u n g auf der

Kreiskartenschere

Für den Ausfall der Prägung ist es wichtig, wie die Auflage auf der Kreiskartenschere zerteilt wird, sofern von einem Artikel mehrere Stücke gleicher Art auf einem Bogen stehen. In solchen Fällen sollen bei den einzelnen Abschnitten entsprechende Zeichen oder N u m m e r n gedruckt werden. Wenn dann die Prägeblätter nach dem Schneiden zusammengeworfen werden, können die Stücke, die auf gleichen Bogenteilen gestanden haben, ausgesucht werden, um die zusammengehörenden Prägeblätter entsprechend verarbeiten zu können. 105

AusgleichdesPapiersdurchFeuchtenundWärmen U m auf das Zerkleinern der Bogen zurückzukommen: Bei Plattenschnitten kann mehr Fleisch stehen bleiben als bei Karten mit glatten Rändern, weil überflüssiges Fleisch ohnehin von der Platte weggeschnitten wird. Durch den Farbenauftrag sowie das Lagern in feuchten Räumen nimmt das Papier mehr Feuchtigeit in sich auf, wodurch es sich ausdehnt. Wenn die geprägte Ware in zu trockenen Räumen lagert, geht sie zusammen. In beiden Fällen jedoch paßt die Zeichnung nicht. D a muß es der Prägemeister verstehen, durch Feuchten und Wärmen der Ware denjenigen Ausgleich zu finden, der eine einwandfreie Prägung ermöglicht. Wenn Wärmen, Feuchten und alle sonstigen Mittel nichts helfen, so wird ein zweimaliges Prägen der einzelnen Nutzen notwendig sein. Passerschwierigkeiten Bei farbigen Drucken k o m m t es häufig vor, daß ein Teil paßt, ein anderer nicht. Bei Verwendung weniger dankbarer Muster werden häufig Teile von vorhandenen und von neugefertigten Platten geprägt. Es hat sich in der Praxis bewährt, Schriften gleich in der Platte mitzugravieren. Wenn Texte und Schriften auf der Kontur erscheinen und beim Druck der Auflage gleich in der Farbe auf der Schnellpresse mitlaufen, Text und Bild also zugleich gefertigt werden, muß die Textprägung ebenso wie der übrige Teil gut passen. Nachträglich eingedruckte Texte werden nur selten passen. Wo Schriften nachträglich eingedruckt werden, sollen sie gleich von Anfang an von einer besonders gefertigten Matrize geprägt werden. Die dafür anzuwendenden, verhältnismäßig geringen Mehrkosten werden durch das Gelingen der Arbeit wieder wettgemacht. Der Hintergrund gewisser Artikel (meist Postkarten) erscheint oft auf der Prägeplatte gekörnt. Auf einer solchen Fläche k o m m t beispielsweise eine Textprägung „nicht los", das heißt, sie wird durch die Schwere der übrigen Prägung erdrückt. D a ist es angebracht — und das ist leicht ohne Beeinträchtigung der Gesamtwirkung zu ermöglichen —, das Korn in einer geringen Entfernung um den Text herum aus der Prägeplatte herauszunehmen. Bei Karten k o m m t es vor, daß besonders feine ornamentale Ausschmückungen, die in Farbe gelegt sind, beim Prägen nicht passen. Dann versuche man, nur die Hauptsachen zum Passen zu bringen, und lasse Nebensächlichkeiten einfach dadurch ungeprägt, daß solche Störenfriede aus der Matrize herausgenommen werden. Das „Zurückgehen" der

Prägungen

Wir können nicht selten die Beobachtung machen, daß Prägungen zurückgehen, das heißt, bei längerem Liegen nicht mehr die frühere Reliefhöhe be106

halten. Der Grund des Übels liegt darin, daß die Prägung zu schwach ist. Das zweckmäßigste Mittel zur Erzielung stehenbleibender Prägeflächen ist das Prägen mit heißen Stempeln. Auf diese Weise ausgeführte Prägungen verlieren nicht ihren Charakter, selbst wenn von sehr tief gravierten Platten gearbeitet wird. Störend wirkt es, wenn ein Teil der Prägung gut steht, ein anderer dagegen merklich abfällt. In solchen Fällen müssen die schwachen Stellen durch Aufbesserung der Matrize herausgeholt werden, indem man sie so lange überklebt, bis man glaubt, die gewünschte Ausdrucksfähigkeit erreicht zu haben.

VII. K a p i t e l

Die Stahlstichprägung (Die in diesem Kapitel zum Abdruck gebrachten Beiträge schrieb Herr Johs. Kirstein, Hamburg-Bergstedt. Abbildungen von Stahlstidiprägepressen zeigen die Tafeln IV bis VII.) Der Stahlstichdruck und die Stahlstichprägung Der Druck von der gestochenen Stahlplatte als Folge des Kupferstichs war neben dem Holzschnitt vom Mittelalter bis zur Erfindung der Autotypie, der auf fotochemigraphischem Wege hergestellten Druckplatte, die einzige Reproduktionsmöglichkeit bildlicher Darstellungen ihrer Zeit. Große Namen wie Dürer, Cranach und Lukas v. d. Leyden u. a. m. haben sich mit dem Stichel in der Kupfer- und Stahlplatte verewigt. Nach dem Aufkommen neuzeitlicher Reproduktionsmöglichkeiten wurde es eine Weile still u m den Druck von der gestochenen Stahlplatte, bis u m 1900 zuerst in England dieses Druckverfahren in einer neuen Form seine Auferstehung feierte. Es erschien jetzt im Dienste der merkantilen Drucksache mit repräsentativem Charakter. Jetzt hatte man den Vorteil entdeckt, daß man bei diesem Druckverfahren nicht nur einen einfachen Abdruck erzielen konnte, sondern gleichzeitig durch entsprechende Tiefe der Gravur eine Prägung. Die Farbe lag nun dick auf dem Papier auf. Die einfachste Form der Stahlstichprägung wird auf der Balancierpresse hergestellt. Eine Handpresse, bei der alle Vorgänge der Arbeit von H a n d ausgeführt werden. Die einzelnen Vorgänge dieses Arbeitsprozesses finden wir unter Monogrammprägungen näher beschrieben. Eine kleine Vereinfachung der Arbeit brachte die Entwicklung der sogenannten halbautomatischen Balancierpressen. Der Stempel wird bei diesen Pressen selbsttätig eingefärbt und mechanisch gewischt, nur der Druck erfolgt von H a n d wie bei der einfachen Balancierpresse durch ein horizontales Schwungrad, welches im Schwung eine Spindel herunterschnellt. Durch einen kurzen, aber kräftigen, Schlag wird der Stempelträger auf das Papier und der darunter befindlichen Matrize gedrückt. Die Matrize hat die Aufgabe, den Druck auf speziell jene Partien des Drudcstempels zu konzentrieren, welche das Druckbild vertieft 108

eingraviert tragen, und so das Papier in die mit Farbe gefüllte Gravur zu drücken und diese dort herauszuholen. Nach erfolgtem Druck wird bei diesen halbautomatischen Handpressen durch Auslösung eines Fußhebels der Druckstempel auf einem Schlitten unter dem Druckkopf der Presse seitlich herausgeschoben und wird am Endpunkt der seitlichen Bewegung durch eine kleine Walze eingefärbt. Der Stempelschlitten bewegt sich nun wieder auf den Druckknopf der Presse zu, und ein Wischer, der sich jetzt etwas gehoben hat, zwingt den Stempel, die überschüssige Farbe auf dem darübergeführten Wischpapier abzustreifen. Der Wischer ist mit einem starken Filz gepolstert, das Wischpapier, von der Rolle arbeitend, rückt bei jedem Druck um soviel weiter wie nötig ist, damit der Stempel jedesmal wieder auf ein sauberes Stück Papier trifft. Der Stempel trifft, sauber gewischt, unter dem Druckkopf ein, und jetzt ist es an der Zeit, das bereits zurückgeschwungene Horizontalschwungrad mit einem Schwung abzuschnellen, damit der nächste Druck erfolgt. Eine gewisse Vollkommenheit erreichten erst die eigentlichen StahlstichSchnellpressen, sie erst machten dieses Verfahren wirtschaftlich und zeitigten Druckergebnisse, die den Ansprüchen an dieses Druckverfahren gerecht wurden. Diese Pressen führen alle Arbeitsvorgänge, Einfärben, Wischen und Drucken, selbsttätig aus, nur das Anlegen und Abnehmen des Druckbogens geschieht von Hand. Aber es ist dieser manuelle Vorgang bald überholt. Vor einigen Jahren brachte eine führende Firma des Stahlstich-Schnellpressenbaues eine vollautomatische Stahlstich-Schnellpresse mit einem präzis arbeitenden Anlegeapparat und einer Ablegevorrichtung heraus, angeschlossen ein gekopppeltes Trockengerät. Da aber zur Zeit noch die Stahlstichpressen ohne Anlageapparat in der Wirtschaft dominieren, sollen sich meine Ausführungen auf die Arbeitsweise speziell dieser Pressen beziehen. Diese Schnellpressen und die darauf entstehenden Qualitätsdruckerzeugnisse erfordern, daß an diesen Pressen ein Druckfachmann gestellt wird, der sein Fach gelernt hat und sich mit Lust und Liebe diesem Druckverfahren widmet. Stahlstichgravuren lasse man nur bei Graveuren arbeiten, die über genügend Erfahrungen in der Stahlstichgravur verfügen, und die Eigenart dieser Technik genügend beherrschen. Etwa 7 bis 8 m m Rand müssen auf der Stahlplatte rundherum von der Gravur freibleiben, um hernach ein sauberes Wischen des Stempels zu gewährleisten und verschmierte Drucke zu vermeiden. Die Stärke der Stahlplatten soll 13 mm betragen, Platten, die dieses Maß nicht halten, müssen dementsprechend unterlegt werden. Den Pressen werden Justiermaße beigegeben, mittels der die genaue Stempelhöhe festgestellt wird. Zum Aufbau der Matrize verwendet der Stahlstichdrucker eine zähharte 25er Graupappe, die in drei Lagen übereinander gut verleimt und angepreßt, einen guten und dauerhaften Matrizenaufbau ergeben. 109

Nach einem sauberen Abdruck kann mit dem Schneiden der Matrize begonnen werden. Alles „Fleisch" um das Druckbild herum muß bis auf V2 mm weggeschnitten werden. Man schneidet jeden Schnitt schräg nach außen vom Druckbild bis auf die unterste Pappe. Je sauberer und sorgfältiger bis ins Detail eine Matrize ausgeschnitten ist, um so besser ist hernach der Druck: denn nun kommt man mit weit weniger Druck aus und die häßlichen Speckränder um das Druckbild herum treten nicht in Erscheinung. Nachdem die Matrize fertig geschnitten ist, trägt man der Erscheinung Rechnung, daß alle Feinheiten, insbesondere Punkte und feine Linien, schlechter ausdrucken, und unterlegt diese Partien mit kräftigem Papier. Über die Matrize wird ein mittelstarker Preßspan geklebt, der in seiner Größe um ein Geringes kleiner sein soll als der Druckstempel und ein wenig größer als das Druckbild, weil sonst die Kanten des Stempels noch etwas Druck abbekommen und die mit Farbe verschmierten Ränder womöglich mitdrucken. Der Preßspan gibt der Matrize den nötigen Ausgleich, und vor allem die nötige Festigkeit. Denn man bedenke, daß Stahlstich-Schnellpressen mit einer Druckkraft von 6 bis 60 Tonnen arbeiten. Die Matrize muß diesem starken Druck gewachsen sein und auf die Dauer standhalten, ohne sich breitzudrücken. Ein durchwehtes Gummituch bildet den Abschluß über der Matrize. Nachdem die richtige Anlage für die betreffende Arbeit gemacht wurde, kann mit dem Andrucken begonnen werden. Die Einfärbung wird vorher eingestellt. Durch Verschieben von Gleitschienen läßt die Auftragwalze sich so einstellen, daß die Farbe eben vor der vorderen Stempelkante aufhört und eben vor der hinteren Kante beginnt. Während des Andruckens auf Makulaturpapier wird der Wischer soweit gespannt, bis der Abdruck sauber ohne Wischfahnen und Ton erscheint. Bei allen Einstellungen an den Stahlstichpressen lasse man den Grundsatz gelten, daß vor Beginn jeder Arbeit alle Einstellungen zunächst weitgehendst zurückgestellt werden. Das gilt sowohl für den Druck, als auch Wischerdruck, Farbmenge und Wischpapiertransport. Während des Andruckens werden alle diese Einstellungen der betreffenden Arbeit entsprechend einreguliert. Ein starker Druck bei Beginn der Arbeit kann die Matrize breitschlagen, und so die sorgfältige Schneidearbeit verderben. Ein zu starker Wischerdruck bringt das Wischpapier zum Reißen und setzt den Wischfilz der Gefahr aus, beschädigt zu werden. Das Wischpapier muß unbedingt frei von Knoten und Verunreinigung sein, da solche Schrammen auf die polierte Stahlplatte reißen. Im allgemeinen wird ein reines Zellulosepapier in der Stärke von 40 bis 50 Gramm per Quadratmeter verwendet. Uber die

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Färbt des Stahlstichdrucks läßt sich viel sagen. Doch alles ist nicht f ü r jedes gut. Die Farbe und ihre Zusammensetzung muß also der jeweiligen Arbeit entsprechend angepaßt werden. Bei breiteren, kräftigen Gravuren wird man besser fahren, wenn man die Farbe etwas strenger hält, also weniger Lackzusatz und Lösungsmittel gibt. Auch ganz feine Bildgravuren mit Rasterhalbtönen lieben eine farbkörperreiche Farbe. Die Farbenfabriken liefern fertig angeriebene Stahlstichdruckfarben in guter Qualität und jedem gewünschten Farbton, sowie die dazugehörigen Lacke und Lösungsmittel. Es ist ratsam, alle drei Teile von der gleichen Farbenfabrik zu beziehen. Beim Mischen der Farbe mit Lack lasse man sich von dem Grundsatz leiten: je mehr Lackzusatz in die Farbe kommt, um so geringer wird der Farbkörperanteil der Farbe, andererseits ist ein genügender Zusatz von Lack nötig, um der dick aufliegenden Farbe die nötige Trockenkraft und den gewünschten Glanz zu geben. Schnelltrockenlacke verwende man im allgemeinen nur zusätzlich, da diese nicht immer kratz- und bruchfest sind. Stellt sich beim Andrucken heraus, daß auf dem Abdruck immer an der gleichen Stelle die Farbe ausspritzt, so ist dies ein Zeichen dafür, daß an dieser Stelle der Matrize entweder zu dicht an das Schriftbild herangeschnitten, oder gar ein Teil ganz fortgeschnitten wurde. In den meisten Fällen wird ein Flicken an der Matrize wenig dauerhaften Erfolg zeitigen, weshalb sich im allgemeinen empfiehlt, gleich eine neue Matrize zuzuschneiden. Spritzt die Farbe im gesamten Druckbild aus, so kann dies verschiedene Ursachen haben. Einmal besteht die Möglichkeit, daß die Farbe zu suppig angerührt wurde, oder die Farbgebung zu reichlich ist, anderseits besteht die Möglichkeit, daß noch alte angetrocknete Farbe an der Gravur ist. Solche hart angetrockneten Teile an der Gravur entfernt man am besten mit einer festen Bürste mit Nitroverdünnung. Auch alte, schon oft gelaufene Gravuren, die durch den häufigen Wischvorgang ausgeschliffen sind, können diese üblen Erscheinungen des Spritzens hervorrufen. Ein sorgfältiges Abschleifen und Nachpolieren der Druckplatte mit feinen Schleif- und Poliermitteln kann hier abhelfen, zumindest aber mildern. In einigen Fällen wird ein Abschleifen oder Nachstechen der Gravur nötig sein. Auch stark genarbte und langfaserige Papierarten lassen die Farbe oft ausspritzen. Darum gilt besonders f ü r den Stahlstichdruck, weitgehendst ungeeignete Papiersorten auszuschalten. Die fertigen Drucke werden auf Trockenhürden ausgelegt. Von diesen Trockenhürden muß eine Stahlstichprägerei eine ganze Anzahl haben. Es empfiehlt sich eine möglichst leichte Konstruktion aus 1 cm starken Vierkant- und Flachleisten und einer mittelschweren Strohpappe. Die Leisten müssen aus trockenem Holz gefertigt sein, weil sonst die Trockenhorden durch Verziehen unförmig und damit unbrauchbar werden. Als Größe wird man die normale 111

Pappengröße wählen. Gleichbleibende Größe ist wegen der Stapelung unbedingt wichtig. Uber die Dauer der Trocknung der fertigen Drucke läßt sich keine N o r m aufstellen. J e nach Stärke und Tiefe der Gravur und nach A r t der Farbe wird auch die Trockendauer kürzer oder länger sein. Man lasse sich auch nicht durch eine Oberflächentrocknung verleiten, vorzeitig die Drucke von den Hürden zu nehmen, denn unter einer dünnen, schon verharzten Schicht kann die Farbe noch feucht sein. Eine starke Druck- und Nagelprobe nach etwa 12 Stunden Trockenzeit ist immer ratsam. Auch für Blindprägungen sind die modernen Stahlstich-Schnellpressen denkbar gut geeignet, insbesondere durch ihre hohe parallele Druckleistung. Bei Blindprägungen lassen sich alle Bewegungen der Maschine, die nicht benötigt werden, ausschalten, so daß nur noch das eigentliche Druckaggregat läuft. Matrizenaufbau und Schneiden sind wie bei einer Farbprägung, nur mit dem Unterschied, daß bei einer Blindprägung die Matrize bis hart an das Druckbild ausgeschnitten wird, und daß besonders hohe Reliefstufen mit sehr starkem Papier mehrfach unterlegt werden. In der Glückwunschkarten-Industrie, wo der Stahlstichdruck am häufigsten verbreitet und gepflegt wird, kommen noch einige besondere Arbeitsweisen hinzu. Hier ist das Arbeiten mit Bronzefarben dominierend. Diese bedingt große Erfahrungen und Kenntnisse. In den meisten Fällen werden Bronzefarben in den Glückwunschkartenfabriken selbst angesetzt. Diese sind im Gegensatz zu den anderen Stahlstichfarben wasserlöslich und bestehen aus einer Mischung von Bronze und Leim. Verwendet werden fertige Leime von guter Klebkraft oder Dextrine, die selbst angesetzt werden. Wasserzusatz nur soviel wie nötig ist, um eine gewisse Geschmeidigkeit zu erreichen, so daß die Farbe auch im Farbwerk mitläuft. Das Mischverhältnis zwischen Leim und Bronze liegt bei gutem Leim mit hoher Klebkraft bei 25 bis 30 % . Dieses gilt jedoch nicht für Silberbronzen, die aus Leichtmetall hergestellt werden. Hiervon darf nur wenig Bronze genommen werden. Mehr noch als beim Verdrucken aller anderen Farben ist das Drucken mit Bronzefarben eine Erfahrungssache und selbst alte, routinierte Fachleute haben ihre Sorgen auf diesem Gebiet. Der Abdruck soll ein schönes, blankes Gold zeigen. Dieses soll aber auch noch unbedingt fest auf dem Papier haften. Die Körnung der Bronze bringt es mit sich, daß alle Drucke mit Bronzefarben nach Trocknung eine gewisse Rauhheit der Prägung zeigen. U m also bei allen besseren Bronzeprägungen eine blanke Glätte zu erzielen, werden alle Drucke noch einmal im Blindprägedruck mit gleichem Stempel und gleicher Anlage nachgeschlagen. Nach Säuberung des Stempels wird dieser mit einer dünnen Kupferfolie überzogen. Entweder man muß die Druckmatrize für den Nachschlag jetzt noch einmal ganz genau bis an das Druckbild heran nachschneiden, oder, was besser ist, man stellt während der Druckzeit eine vorher vorbereitete Nachschlagmatrize her. 112

Das Nachschlagen von Bronzefarbendrucken erfordert eine unbedingt haargenaue Paßlage, gut gelagertes Papier, welches den klimatischen Bedingungen des Raumes, in dem es verarbeitet wird, entspricht. Wegen der Oxydation der Bronze läßt sich die Farbe nicht in größerer Menge anrühren. Sie würde bis zum Verbrauch ihren Glanz verlieren. Man wird also nur immer eine geringe Menge Farbe fertigmachen können. Sauberes, genaues Arbeiten, Gefühl für eine gute Drucksache, ein gut angelerntes Hilfspersonal und umfassende Druck- und Maschinenkenntnisse sind die Voraussetzungen, um gute Stahlstichprägungen zu erzielen und wirtschaftlich herzustellen. Über Stahlstichfarben und ihre Verarbeitung Auch im Stahlstichdruck kann die Farbe Grund und Anlaß zu vielen Druckschwierigkeiten sein. Jeder Drucker muß sich also schon etwas mit Farbentheorie befassen und Erfahrungen sammeln. Gerade dies ist besonders wichtig, da nicht jeder Stahlstichstempel mit der gleichen Farbenart gut zu drucken ist. Die Farbenfabriken liefern die Stahlstichfarben und den dazu gehörigen Lack getrennt. Der Drucker muß also entsprechend der jeweiligen Arbeit die richtige Menge Lack hinzufügen. Allgemein liegt das Mischungsverhältnis bei 2/s Farbe und 1 k Lack. Dies ist jedoch nur eine ganz allgemeine Faustregel. Grundsätzlich versuche man, die Farben nicht zu suppig anzurühren, denn je mehr Lackzusatz man nimmt, desto geringer ist der Anteil der eigentlichen Farbkörpermenge in der Substanz. So kann bei groben Gravuren durchaus der Fall eintreten, daß man die Druckplatte nicht sauber gewischt bekommt, obwohl die Farbe schön schlank ist und man einen Terpentinzusatz gegeben hat, und obwohl auch der Wischer schon kräftigen Druck hat. Eine kräftige Farbe mit geringem Lackzusatz ermöglicht knappe Farbgebung, und trotzdem wird der Grund der breiten Gravur deckend eingefärbt. Es ist nicht so viel Farbe in der Gravur, daß sie sich am Gravurende zusammenschiebt und durch den Wischer herausgewischt wird. Jeder Stahlstichdrucker hat es schon erlebt, daß eine Druckplatte bis auf ein Geringes am Wischende der Platte sauber ist. Dieses „Geringe" ist aber einfach mit dem Wischen nicht fortzubekommen, da aus dem Gravurende überschüssige Farbe herausgezogen wird und der Wischweg jetzt nur noch sehr kurz ist, um diesen feinen Hauch Farbe noch von der Druckplatte herunterzuwischen. Das Arbeiten mit geringer Farbmenge auf der Walze setzt aber eine gute Auftragwalze aus weichem, geschmeidigem Gummi voraus, damit die Farbe auch bei geringer Farbgebung den Grund der Gravur bedeckt; auch der richtige U m f a n g der Auftragwalze ist wichtig. Leider schenken die Stahlstichdruckereien der Auftragswalze und ihrer Pflege nicht selten zu wenig Be8

Hess, Veredelung des Papiers

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achtung. Da die Farbe beim ständigen Lauf im Farbwerk Farblösemittel verdunstet, wird sie bei geringem Verbrauch zu dick. Die Farbe „rauscht" auf den Walzen. Ihr Geschmeidighalten geschieht durch Zusatz einiger Spritzer Terpentinersatz, oder noch besser eines Farblösemittels, wie es von der Farbenfabrik f ü r Stahlstichfarben als Verdünnungsmittel herausgegeben wird. Manche etwas grob ausgeführten Stahlstichgravuren neigen dazu, besonders bei Schwarz, einen recht groben und zu harten Druck zu zeigen. Durch ein „Brechen" der Farbe mit etwas Weiß erscheint das Druckbild weidier, ohne doch dem Laien schon als Grau zu erscheinen. Die grobe Gravur zeigt jetzt auch eine Prägung, die besser steht. Uberhaupt sind mit Weiß gebrochene Farben im Stahlstichdruck ideal in Wirkung und Verarbeitung. Auch andere Farben, besonders solche mit zu wenig Deckkraft, werden durch das Weiß deckkräftiger, da es reichlich Farbträger enthält und der Farbe damit mehr freie Substanzen zuführt. Feine Bildmotive in allerfeinster Stichmanier, mit roullettierten Rastern oder kalt gerissenen Linien lieben eine strenge Farbe mit reicher Farbkörpermenge ganz besonders. Wer einmal den Versuch gemacht hat, von der gleichen Druckplatte je einen Abdruck mit Kupferdruckfarbe (die man von Hand wischen muß) und einem Abdruck mit einer normal mit Lack verschnittenen Stahlstichfarbe zu machen, wird über den Unterschied erstaunt sein. Während die Kupferdruckfarbe auch die feinsten Linien und Punkte herausholt, bleiben diese bei einer normal gewischten Stahlstichfarbe zum Teil ganz weg oder erscheinen nur noch schwach und unklar. Man gebe also bei diesen Gravuren nur eine geringe Lackmenge, möglichst einen schnelltrocknenden Lack zu, einen Zusatz von Lösemitteln aber nur, soweit es nötig ist, um die Platte sauber gewischt zu bekommen. Ein Zusatz von 1 0 % strenger Buchdruckfarbe reichert die Stahlstichfarbe mit Farbkörpern an. Man kann ihn ohne Schaden verwenden; nur bedingt dies ein etwas längeres Trocknen. Bei Schwarz empfiehlt es sich, möglichst beste Illustrationsdruckfarbe zu verwenden; die Drucke werden durch diesen Zusatz etwas toniger, und die Feinheiten kommen besser heraus. Genarbte Kartons und Papiere sowie einige Arten Hartpostpapiere haben manchem Stahlstichdrucker das Leben schon schwer gemacht: die Farbe spritzt aus. Auch hier ist strenge Farbe und geringste Farbgebung am Platze. Ferner kann ein Abschleifen des zu starken Reliefs auf der Matrize dieses Übel eindämmen helfen. Besonders ein Zusammentreffen dieser Papierarten mit einer Druckplatte, deren Gravur durch mehrere hohe Auflagen ausgeschliffen ist, kann dann das Maß der Schwierigkeiten voll machen. Gründliches Absdlleifen und Polieren des Stempels ist hier unbedingt nötig. Grundsätzlich verarbeite man tunlichst nur solche Papiere und Kartons im Stahlstichdruck, von denen man weiß, daß sich hierauf wirklich einwandfreie, saubere Stahlstichdrucke erzeugen lassen. Gerade die Auftragsbearbeiter und Vertreter von Stahlstich114

druckereien sollten hier ihr besonderes Augenmerk darauf richten, dem Kunden nur besonders geeignete Papiere zu empfehlen. Wo man diese Regel weitgehend befolgt, erspart man sich viel Ärger während des Drucks und hernach mit der Kundschaft. In der Papierausstattung ist es manchmal unumgänglich, stark genarbte Bezugspapiere im Stahlstich zu bedrucken. Ist bei diesen die Narbung so stark und grob, daß alle vorher erwähnten Maßnahmen zu keinem Erfolg führen, so gibt es nur einen Ausweg, das Papier einigermaßen sauber zu verdrucken: Nachdem Matrize und Anlage fertig sind, nimmt man den Stempel heraus und schließt in einem zweiten Schließrahmen eine blanke Stahlplatte ein. Jetzt druckt man im Blinddruck mit der Druckmatrize (ohne Gummituch) bei genauer Anlage vor. Das heißt: die nachher zu bedruckenden Partien des stark genarbten Papieres werden glatt geschlagen. Sie leisten hernach beim eigentlichen Druckgang Gewähr dafür, daß die Farbe nicht mehr auslaufen kann. j Arbeitet man an Stahlstichpressen mit Farbrakel, so achte man darauf, daß man die Druckplatte nicht zu stark rakelt. Sonst verbleibt nicht genügend Farbfeuchtigkeit auf der Platte, um sie noch ganz sauber zu wischen. Dort wo man mit strengen Stahlstichfarben druckt, dürfte das Vorrakeln der Druckplatte auf Schwierigkeiten stoßen. Die Rakeleinrichtung setzt ein gutes Abfließen der abgerakelten Farbe vom Rakel voraus. Sonst bleibt die Farbe am Rakel kleben und streift die Druckplatte wieder und wieder mit leicht angetrockneten Farbresten. Dies führt dann zu unsauber gewischten Abdrucken. Druckplatten mit quer zur Wischrichtung verlaufenden geraden Linien eignen sich auch nicht zum Vorrakeln. Hier bleibt das Rakel in den Linien hängen, bricht aus oder stumpft ab. Das gleiche gilt von Arbeiten, bei denen der Stahlstempel quer zur Wischrichtung eingeschlossen werden muß, so daß grobe Schriftzeilen quer zum Wischer stehen. Bei solchen Arbeiten soll man besser auf die farbsparende Wirkung des Farbrakels verzichten. Querlaufende Stahlstempel sind ohnehin oft ein Problem, sobald recht kräftige Schrift angewendet wurde, da der Wischer dazu neigt, etwas Farbe aus der Gravur herauszuziehen. Dadurch, daß sich dieser Vorgang in rascher Folge hintereinander wiederholt, zieht am Wischende der Gravur bei solchen Partien eine breite Fahne herausgewischter Farbe. Die Spanne des Wischweges ist nun aber zu kurz, um die Platte noch sauber zu wischen. Hier sind leichtes Wischen mit geringerem Wischerdruck, strengere Farbe und geringe Farbgebung am Platze. Sollen bestimmte Stahlstichdrucke keinen Lackglanz zeigen, so verwende man die von den Farbenfabriken lieferbaren Stahlstich-Mattfarben und ihre dazugehörigen Lösungsmittel. Auch Metallfolien sollen tunlichst nur mit den hierfür besonders hergestellten Spezialfarben beprägt werden. 8*

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Uber das Trocknen der fertigen Drucke sei folgendes erwähnt: Die Dauer der Trocknung läßt sich nicht einfach schematisch auf eine bestimmte Zeit festlegen. Vielmehr wird man danach gehen müssen, wie breit und grob eine Gravur ist, auf welchem Material (Papier, Karton, hart oder weich) sie geprägt wurde. Diese Gegebenheiten, sowie natürlich auch die Witterung, sind maßgebend für die Dauer der Trocknung. Hierbei kann der Zusatz schnelltrocknenden Lacks die Zeit abkürzen. Bei ausschließlicher Verwendung schnelltrocknenden Lacks läuft man aber Gefahr, daß die Elastizität der aufgetrockneten Farbe leidet, daß sie also nicht mehr knick- und kratzfest ist. Bei Prüfung der Trockenheit der Drucke mache man eine Nagelprobe auf der kräftigsten Partie des Drucks, weil es sein kann, daß nur eine obere Schicht gut verharzt ist, und sich auf dem Grunde der Prägung noch feuchte Farbe befindet. Diese feuchte Farbe findet ihren Weg an die Oberfläche, wenn die Drucke in großen Stapeln zusammengenommen stehen. Unter dem Namen „Typo-Dryer" ist jetzt ein Trockengerät für Stahlstich-Schnellpressen herausgebracht worden. Auf einem Laufband gleitet der Bogen im Rhythmus der Schnellpresse durch das Gerät. Durch Verdunsten von Wasser verhindert man ein zu großes Austrocknen des Papiers; ein Kaltluftstrom vor Verlassen des Druckbogens aus dem Trockengerät soll dafür Sorge tragen, daß sich das Papier nicht verzieht. Ein solches Trockengerät bedingt die Verwendung schnelltrocknender Spezialfarben, wie sie jetzt eigens von einigen Farbenfabriken entwickelt und herausgebracht worden sind. Aber auch die Anwendung eines solchen Trockengerätes macht nicht jeden Stahlstichdruck unbedingt so trocken, daß man ihn in großen Stapeln übereinander packen oder gar sofort versandfertig machen könnte. Vielmehr empfiehlt es sich, auch bei Anwendung des Trockengerätes die aus dem Gerät fallenden Drucke zwar nicht einzeln, aber doch in kleinen Paketen zwecks Nachtrocknen auf die Trockenhorde zu legen. Auch eine Auf hängevorrichtung kann dies Nachtrocknen auf Trockenhorde ersetzen. Da im Stahlstichdruck zumeist bedeutend mehr und zähere Farbe auf den Walzen läuft als in anderen Druckverfahren, so ergeben sich dadurch leicht Verschmutzungen der Maschine. Einmal richtig angetrocknet, sind die Stahlstichfarben schwer zu entfernen. Darum sollte jeder Drucker auf peinlichstes Sauberhalten der Maschine im allgemeinen und des Farbwerkes im besonderen achten. Es empfiehlt sich, das Farbwerk bei jeder Reinigung ganz auseinanderzunehmen, da es sonst geschehen kann, daß man es wegen angetrockneter Farbreste später nur unter Schwierigkeiten auseinander bekommt. Alle Lager und öllöcher sind gründlichst von Farbresten zu säubern und beim Zusammensetzen mit festem Fett einzufetten. Auch alle Gewinde sind nach der Reinigung gut zu fetten, da sie sonst nach Antrocknen von Farbe nicht mehr gängig sind. 116

Drucksdrwierigkeiten und ihre Behebung im Stahlstichprägedruck Nicht immer wird es möglich sein, einen Stahlstichgraveur im Betrieb zu halten, man wird darauf angewiesen sein, diese Arbeiten außer Haus zu geben. Schon hier ist es ratsam, darauf zu achten, daß der betreffende Graveur über genügende Erfahrung in der Herstellung von Gravuren f ü r die Stahlstichprägung hat. Eine unsachgemäß ausgeführte Gravur kann hernach beim Fortdruck Schwierigkeiten über Schwierigkeiten bringen. Eine zu steil in die Tiefe gestochene Gravur wird zum Beispiel immer Schwierigkeiten im Ausdruck zur Folge haben. Auch dort, wo der Graveur es nicht im Gefühl hat die Stärke seiner gestochenen Linie im Einklang zu bringen mit der notwendigen Tiefe, wird man Schwierigkeiten beim Fortdruck haben. Breite Gravuren, die eine ungenügende Tiefe im Verhältnis zu ihrer Breite haben, werden leicht dazu neigen, daß beim Fortdruck die Farbe aus der Gravur beim Wischvorgang herausgewischt wird und als Wischfahne beim Abdruck häßlich in Erscheinung tritt. Für die Stärke des zur Verwenung kommenden Stahls gilt, daß die Stärke 13 mm nicht unterschreiten soll. Man tut gut daran, an einer Stärke der Stahlplatten festzuhalten, um zu vermeiden, daß jeweils beim Einrichten der Stahlstichstempel erst auf die richtige Höhe justiert werden muß. Da auch Stahl einer Abnutzung durch das Wischen unterworfen ist, bleibt je nach Höhe der zu erwartenden Auflage zu überlegen, ob eine Härtung des Stempels empfehlenswert ist. Das Härten der Stahlstichstempel erfordert viel Sachkenntnis. Die Platte darf sich beim Härtevorgang nicht verziehen, auch darf die Härtung nicht spröde hart erfolgen, weil sonst die Gefahr des Bruchs gegeben ist. Einige Werkstätten geben einer Oberflächenhärtung den Vorzug. Die Härtung durch Hartverchromen zu erzielen ist die beste und sicherste Methode. Bei Stahlstichstempeln, die eine größere Auflage durchzustehen haben, bilden sich in der Wischrichtung Wischfahnen. Durch den starken Drude und das Wischen bildet sich um das Gravurbild herum eine ganz geringe weiche Vertiefung. Diese Erscheinungen ergaben wenig schöne Stahlstichprägungen. Hier ist nur Abhilfe zu schaffen, wenn der Stempel vom Graveur soweit plan geschliffen wird, bis diese feinen Vertiefungen und Wischfahnen verschwunden sind und die Gravur ganz leicht nadigestochen ist. Von der Sorgfalt, mit der die Patrize, das Gegenstück zum Stahlstempel, geschnitten wurde, hängt viel das Gelingen einer guten Stahlstichprägung ab. Speckglanz um die eigentliche Prägung zeigt, daß man beim Ausschneiden der Patrize um den Abdruck herum zuviel „Fleisch" hat stehen lassen. Ein Zuwenig oder gar ein Anschneiden des Abdrucks der Patrize würde zur Folge haben, daß die Farbe an dieser Stelle ausspritzt. Der kleine geringe 117

Rand, etwa V2 bis 1 mm, den man beim Ausschneiden zugeben soll, bewirkt den Verschluß gegen das Herausquellen der Farbe aus der Tiefe der Gravur. Die Farbe, gemeint ist die Stahlstich-Lackfarbe, kann auch zu Schwierigkeiten führen. Der Farbe wird vom Präger vor dem Gebrauch zusätzlich Lack hinzugefügt. D a der Lack die Farbe dünner macht, muß man den Zusatz von Lack dem zu prägenden Stempel anpassen. Breite tiefe Gravuren erfordern meist eine dickere Farbe, u m das Herauswischen aus der Gravur zu verhindern. Zusätez von Terpentinersatz mögen manchmal ganz nützlich sein, jedoch geht ein solcher Zusatz immer etwas auf das Konto eines geringeren Glanzes der Farbe. Darum ist Vorsicht geboten bei solchen Zusätzen. Eine üble Erscheinung ist es auch, wenn der Abriß der Farbe zu lang ist, die Farbe also so zähe ist, daß sich nach dem Lösen des Stempels vom Papier kleine feine Farbfäden neben die Prägung legen. Hier ist es erforderlich die Farbe möglichst schlank zu halten und notfalls der Farbe etwas Druckpaste oder einige Tropfen Terpentin zuzufügen. J e nach Stärke der Prägung bedarf es auch unterschiedlicher Zeit für die Trocknung der Prägungen. Eine trockene Oberfläche der Prägung besagt noch nicht, daß der Farbauftrag auch in der Tiefe schon völlig durchgetrocknet ist. Das richtige Sauberwischen des Stempels ist oft ein Problem. Breite Gravuren neigen beispielsweise dazu, daß die Farbe vom Wischer am Ende wieder herausgerissen wird und häßliche Wischfahnen auf dem Abdruck zeigt. In einem Fall wie diesen, wird der Präger bestrebt sein, den Wischer flach und möglichst leicht aufsetzen zu lassen. Die Farbe wird nicht zu dünn gehalten. A n den neuesten Maschinen gibt es eine Einrichtung, die das Wischpapier ganz leicht mit Terpentin anfeuchtet, wie man es vom Prägen an der Handpresse her kennt. Dieses Anfeuchten des Wischpapieres macht in dem eben beschriebenen Fall das Wischen auch mit strengerer Farbe wesentlich leichter und verhindert durch den reduzierten Wischerdruck das Herausziehen der Farbe. Bei einem in der Wischrichtung breiten Stempel wird im allgemeinen eine Wischerstellung angestrebt, bei der der Wischer möglichst flach und leicht aufsetzt und erst beim letzten Rest den Wischerdruck verstärkt. Wo die mechanischen Einrichtungen der Maschinen in bezug auf Wischerkippung nicht ausreichen, kann der Präger durch Unterlegen der vorderen oder hintere Wischerkante unter dem Filz den Druck des Wischers in dieser oder jener Richtung hin verstärken. Ein kurzes Wischen mit stärkerem Ansatz der vorderen Wischerkante hat den Vorteil, daß der Wischpapiervorschub kürzer gehalten werden kann, soweit diese Art des Wischens vom Stempel her möglich ist. Ein alter, mit hartgewordener Farbe verschmutzter Wischerfilz, der harte Spuren von vorher gewischten kleineren Stempeln trägt, wird kaum zu einem guten Ergebnis führen. Ein rechtzeitiges Wenden oder Auswechseln 118

des Filzes ist eine der Voraussetzungen dafür, beim Einstellen des Wischers hernach keine Schwierigkeiten zu haben. Schlechtes und damit ungeeignetes Wischpapier zu verwenden wäre Sparsamkeit am verkehrten Platz. Wischpapier soll völlig frei von Knoten und irgendwelchen Verunreinigungen sein, denn solche können durch die Gravur feine Schrammen reißen, deren Beseitigung zeitraubend ist. Auch muß das Wischpapier eine hohe Reiß- und Zugfestigkeit haben, weil während des Wisdivorganges eine hohe Belastung auf das Papier einwirkt. Bei Stempeln mit längeren Linien quer zur Wischrichtung verzichtet man auf die Anwendung des Rakels, weil dieses in die Linien hakt und meist sehr sdinell ausbricht. Die Verwendung älterer verschmutzter und mit H a u t durchsetzter Farben kann zu unangenehmen Aufenthalten während des Fortdrucks führen, weil die Verschmutzung sich in den feinen Teilen der Gravur festsetzt. Es ergibt Ausschuß, und der Stempel muß sehr oft gereinigt werden. Solche Farben läßt man vor ihrer Verwendung durch ein feines Sieb laufen. Die Pflege und Aufbewahrung ausgedruckter Stahlstichstempel ist nicht ganz unwichtig. Die Gravur soll überall also auch an der feinsten Linie frei von allen Farbresten sein. Sind diese erst einmal restlos verhärtet, dann wird man bei einer Neuauflage seine liebe N o t mit einem solchen Stempel haben. Auch der Rost ist ein arger Feind eines Stahlstichstempels. Darum soll der gut gereinigte Stempel mit einem säurefreien Fett gut eingefettet werden, ehe er an einem trocknen O r t eingelagert wird. Stempel sollen nie übereinander gelagert werden. Bei größeren Auflagen empfiehlt es sich, gleich zwei Patrizen abzudrucken und auszuschneiden, damit man, wenn man das Gefühl hat, daß die Patrize schon zu breit wird, ohne Aufenthalt mit einer neuen weiterprägen kann. Punkte und ganz feine Sdiriften sollte man gleich bei der Herstellung der Patrize mit kräftigem Papier unterlegen, weil diese in der Regel schlecht ausdrucken. Der Qualitätsgedanke sollte im Stahlstichprägedruck immer an erster Stelle stehen, und alles getan werden, damit dieses Prägeverfahren einen ansprechenden Platz unter den Ausstattungsmöglichkeiten behält. Die Bronze in der Stahlstichprägung Zwei Hauptgebiete der Stahlstichprägung sind es, die sich wesentlich voneinander unterscheiden. Es sind dies die Gebiete der Prägung mit Lackfarben und der Prägung mit Bronzefarben. Bei der Prägung mit Lackfarben stehen dem Stahlstichpräger fertige Farben unserer Druckfarbenfabriken zur Verfügung, die lediglich durch einen Lackzusatz in die gewünschte Konsistenz gebracht werden, die entsprechend der Arbeit und der Gravur nötig ist.

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Die Prägerereien, die mit Bronzefarben in größerem Umfang zu tun haben, setzen ihre Farben selber an. Eine untergeordnete Rolle spielen hier die fertigen Erzeugnisse der Druckfarbenindustrie. Bronzen werden aus feingewalztem und geschlagenem Metall gewonnen. Goldbronzen enthalten in der Hauptsache Kupfer und Zink, die Mischungen der Legierungen ergeben die verschiedenen Tönungen der Bronze. Durch Farbstoffe gefärbte Bronze finden in Druckereien und Prägereien nur wenig Verwendung. Zwei Probleme machen dem Stahlstichpräger bei der Verarbeitung von Bronzefarben zu schaffen. Er soll eine Bronzefarbe auf das Papier oder den Karton bringen, die einen möglichst hohen Glanz aufweist, zum anderen soll aber auch die Bindung der Bronzeteilchen untereinander und mit dem Papier nicht darunter leiden. Diese Bindung muß so gut sein, daß sie einer außerordentlichen Belastung und Beanspruchung nach dem Auftrocknen standhält. Mit dieser Belastung ist der sog. Nachschlag gemeint, von dem in der Folge noch die Rede sein wird. Die Bindung der Bronzen wird durch verschiedene Klebstoffe erreicht. Voraussetzung bei den Klebstoffen ist, daß sie möglichst säurefrei sind und eine ausreichende Klebkraft besitzen, die auch dann noch ausreichend ist, wenn eine Verdünnung mit Wasser nötig ist. Es kommen zur Verwendung Reisund andere Stärkekleister, die den Vorteil haben, eine verhältnismäßig glatte Bronzeprägung zu erzeugen und nicht zu hart aufzutrocknen. Ihr Nachteil ist eine geringe Klebkraft. Dazu kommt, daß die Farbe dick wie ein Pudding im Farbwerk läuft und ständig von den Verreibewalzen herunterfällt. Es ist also nötig, das Farbwerk ständig zu beobachten und sehr oft die Farbe mit einem Spachtel wieder gegen die Walzen zu drücken. Diesem Übel durch Schlankerhalten der Farbe zu begegnen, ist oft nicht gut möglich, weil man durch den Zusatz von Wasser die ohnehin geringe Klebkraft schwächt. Ferner finden sehr viele Leime Verwendung, die auf der Basis von Dextrinen hergestellt werden. Zumeist bevorzugt man derzeitig die von der Klebstoffindustrie fertig angesetzten Leime, die sich durch eine gute Qualität und große Gleichmäßigkeit auszeichnen. Den gewünschten Flüssigkeitsgrad stellt man dann selbst durch Zusatz von Wasser her. Der Zusatz und das Unterrühren von Wasser darf jeweils nur in kleiner Menge erfolgen, weil sonst der Leim klumpig wird. Werden ständig größere Mengen von Leim verarbeitet, so ist eine sogenannte Leimmühle f ü r das Verrühren und das Flüssigmachen des Leims eine gute Hilfe. Auch Gummiarabikum findet hin und wieder Verwendung als Bindemittel der Bronzen. Bei Verwendung größerer Mengen stellt sich aber Gummiarabikum zu teuer, außerdem besteht die Gefahr des Säuerns. Er hat also f ü r die Bronzeprägung im Stahlstichprägedruck nicht die Bedeutung wie verschiedene Stärkekleister und Dextrine. Als 120

Zusatz zu besonders hart auftrocknenden Dextrinleimen ist aber Gummiarabikum gut zu verwenden, damit ein glashartes Auftrocknen vermieden wird. Einige Präger arbeiten auch mit Erfolg mit einer Mischung von Reisstärkekleister und Dextrinleim. Genaue Mischungsverhältnisse lassen sich schlecht aufstellen, da diese je nach Art und Konsistenz des Leims oder des Kleisters unterschiedlich sein können. Auch die Körnung der Bronze spielt dabei eine Rolle, sowie auch breite und tiefe Gravuren oft eine andere Zusammensetzung der Bronzefarben erfordern. Im allgemeinen bewegt sich das Mischungsverhältnis zwischen Bronze- und Bindemittel um eins zu zwei oder eins zu drei Teilen im Gewicht. Einen wesentlich geringeren Bronzeanteil haben Bronzedruckfarben in Silber, weil bei denen die Bronze aus Aluminium besteht. Der Umgang mit Bronzefarben und ein zufriedenstellendes Arbeiten mit ihnen ist immer eine reine Erfahrungssache. Auf alle Fälle sollte man unbekannte Materialien vorher genau testen, und alle Mischungen genau nach Gewicht machen. Auch die Wahl der Bronze f ü r die Prägung ist nicht gleichgültig. Man wird zumeist eine mittlere Körnung nehmen. Grobe Körnungen geben zwar einen größeren Glanz, diese sind aber schwieriger zu binden, während eine feine Bronze eine recht gute Deckung gibt und gut gebunden wird. Eine Faustregel besagt, daß immer, wenn bei einer Bronzefarbe für Stahlstichprägung der Glanz sehr unwahrscheinlich ist, die Gefahr besteht, daß der Punkt erreicht sein kann, wo eine gute Bindung nicht mehr gegeben ist. Durch Nagelproben muß man sich nach dem Auftrocknen der Farbe überzeugen, ob die Bindung ausreichend ist und die Farbe nicht abbröckelt. Ein weiterer kritischer Punkt der Bronzeprägung ist die Neigung der Farben zur Oxydation. Speziell die Goldbronzen neigen besonders zum Oxydieren in dem Moment, wo sie mit Wasser und Luft in Berührung kommen. Darum können nur jeweils kleine Mengen an prägefähiger Bronco-Farbe angesetzt werden und ins Farbwerk gefüllt werden, da sonst die Farbe binnen kurzer Zeit dunkel und glanzlos wird. Hier würde noch eine dankbare Aufgabe f ü r die Bronzeindustrie liegen, Bronzen zu schaffen, bei denen weitestgehend das Oxydieren während der Verarbeitung und auch später bei fertigem Erzeugnis ausgeschaltet ist, ähnlich wie man bei Folien für Preßvergoldung Anti-Oxydbronze kennt. Daß der Stahlstichprägedruck nicht der größte Bronzeverbraucher ist, sollte f ü r die Bronzeindustrie kein Hindernis sein, über solche Wünsche nachzudenken. D a unsere bisher gebräuchlichen Goldbronzen auch nach dem Auftrocknen oxydanfällig sind, sollten solche Prägungen möglichst trocken gelagert werden. 121

Die einfache Prägung mit Bronzefarben im Stahlstich würde keineswegs vollwertig sein, denn selbst bei Verwendung feiner Bronzen haftet der Prägung nach dem Auftrocknen eine gewisse Rauheit an, die durch einen zweiten Prägegang geglättet werden muß. Diese zweite Prägung nennt der Fachmann den Nachschlag. Nach Säuberung des Stempels wird eine dünne Kupferfolie über denselben befestigt, die gewissen kleine Rauheiten auf dem Grund der Gravur glatt abdecken soll. Die Gravuren für Goldprägungen sollten aber trotzdem möglichst glatt auf dem Grund sein. Farbwerk und Mischvorrichtung werden ausgekoppelt und wie bei einer Blindprägung geprägt. Genaueste Anlage ist bei diesen Arbeiten unerläßlich, da sonst die zweite Prägung blind neben der ersten steht. Auf die sog. Anlagewinkel, die von den Maschinenfabriken mitgeliefert werden, sollte man hier verzichten und dafür eine geklebte Dreimarkenanlage verwenden, die genügend gegen Verschieben gesichert ist. Selbst bei größter Genauigkeit bei der Anlage kann und wird es immer vorkommen, daß der Passer nicht ganz hundertprozentig ist. Die Ursache hierfür kann an verschiedenen Umständen liegen. Zunächst spielt eine große Rolle das Papier und seine Beschaffenheit. Es soll gut abgelagert sein und möglichst unter den gleichen klimatischen Bedingungen gelagert sein, die denen der Prägerei entsprechen. Auch die Maschine kann Grund und Ursache für Differenzen sein. Büchsenführungen und Büchsen des Druckteils der Maschine dürfen nicht ausgelaufen sein. Auch das Anlageblech muß fest in seinen Halterungen sitzen, und der Stempelabschnitt muß gleichmäßig ohne Nachvibrieren seinen äußersten Anschlag erreichen. Große, schwere Prägungen bringen auch oft ein Verziehen des Papiers mit sich. Ein Vermitteln dieser kleinen Differenzen ist hier oft die einzige Lösung. Während die eigentliche Druckmatrize, also die Matrize für den ersten Prägegang so ausgeschnitten sein muß, daß neben dem Abdruck überall etwa ein halber Millimeter Pappe stehen bleibt, um durch den Druck direkt neben der Gravur einen Verschluß dagegen zu bilden, daß reichliche Farbe aus der Gravur ausfließt und das sog. Spritzen verursacht, wird die Nachschlagmatrize ganz genau bis an den Abdruck ausgeschnitten. Vielfach wird für die Nachschlagmatrizen ein härteres Pappenmaterial verwendet als für die erste Prägematrize. Wo in den Prägereien mehrere Pressen laufen und die Arbeiten in Bronzefarben überwiegen, müssen ständig Matrizen vorbereitet werden. Gerade das Ausschneiden der härteren Nachschlagmatrizen ist eine zeitraubende und mühevolle Arbeit. 122

Es wäre an der Zeit, wenn für diese Arbeit Möglichkeiten geschaffen würden, um sie zu mechanisieren, zu vereinfachen oder zumindest durch mechanische Vorarbeit wesentlich zu erleichtern. Man denke an die Möglichkeit des Fräsens oder an ein Verfahren, bei dem irgendwelche Kunststoffplatten als Matrizenmaterial verwendet werden, welches durch kleine auswechselbare Werkzeuge ausgeputzt wird. Inwieweit sich solche Anregung realisieren läßt, ist unbekannt, jedoch erscheint es wichtig, daß man gerade in diesem Druckund Prägeverfahren weit mehr als in der Vergangenheit darauf bedacht sein sollte, alles zu tun, was zur Rationalisierung getan werden kann. Dazu gehören an erster Stelle Methoden und Vorrichtungen zur schnelleren Herstellung der Stahlstichstempel und der Matrizen. Die Sonderstellung dieses schönen Druck- und Prägeverfahrens darf nicht dazu führen, in der gegenwärtigen Entwicklung stehen zu bleiben. Die Stahlstidiprägung und die Maschinen der Stahlstidiprägung Im Mittelalter war der Kupferstich neben dem Holzschnitt die einzige Möglichkeit, bildliche Darstellungen zu drucken. Als der Bedarf an illustrierten Büchern immer größer wurde und damit die Auflagen, vermochte man diesen Bedarf mit dem Druck von der gestochenen Kupferplatte nicht mehr gerecht zu werden, weil die weiche Kupferplatte nur für kleine Auflagen ausreichte. So kam man darauf, die Darstellungen in dünne Stahlplatten zu stechen, u m von diesem wesentlich härteren Material weit höhere Auflagen zu drucken. Dies geschah auf den gleichen Pressen wie beim Druck von Kupferstichen, sogenannten Sternpressen, bei denen die Druckplatte von Hand mit einem Tampon eingefärbt und abgewischt wurde, um dann mit dem darübergelegten Papier unter eine starkpressende Stahlwalze hindurchgedreht wurde. Später wurde dieses Verfahren zur Wiedergabe von Illustrationen durch die Litographie und durch die Erfindung der Autotypie abgelöst. U m die Jahrhundertwende erlebte der Druck von der gestochenen Stahlplatte sein Comeback. Diesmal weniger für den Druck von Illustrationen als für merkantile Drucksachen. E r erlebte eine Blütezeit unterbrochen durch den ersten Weltkrieg, die ihren Höhepunkt etwa 1929 bis 1930 erreichte. Zunächst war es England, wo sich rasch viele Liebhaber für dieses Druckverfahren mit der persönlichen N o t e fanden. Hier entstand auch die erste StahlstichSchnellpresse, die das Einfärben, Wischen und das Drucken selbständig erledigt. Vor etwa 60 Jahren wurden dann auch in Deutschland von der Firma Friedrich Heim Sc Co., Offenbach, solche Pressen gebaut und fanden auch hier rasche Verbreitung. Diese Firma ist diesem schönen Druckverfahren immer treugeblieben und hat im Laufe der Zeit an der Vervollkommnung der Stahlstichpressen weitergearbeitet. Sie ist dabei auf eigenen Wegen weitergegangen. Die Möglichkeit, jetzt mit starken Pressen arbeiten zu können, 123

brachte dem Stahlstichdruck einen für den Druck markantiler Drucksachen, wichtigen Vorteil. Man konnte jetzt wesentlich breitere und tiefere Gravuren stechen. Die starken Pressen im Verein mit einer aus Pappe gefertigten Druckpatrize (dem Gegenstück zur Gravur) ermöglichten nicht nur einen einfachen Abdruck von einer solchen Gravur, sondern erzeugten auch gleichzeitig mit dem Abdruck ein Relief auf dem Papier, die Prägung, weshalb man in der Folge auch vom Stahlstichprägedruck spricht. Die Gegendruckpatrize im Stahlstichprägedruck auch oft Matrize genannt, konzentriert den Druck der starken Pressen im wesentlichen auf die Stellen der Gravur. Einen weiteren wesentlichen Effekt für die merkantilen Drucksachen brachte die Möglichkeit, diese Prägungen in Lackfarben auszuführen. Für die Prägung von kleineren Gravuren, z. B. für Privat-Briefpapiere und Visitenkarten, genügten einfache Handpressen, bei denen Einfärben, Wischen und Prägen von Hand ausgeführt werden muß. Diese einfachen Handpressen, Balancierpressen genannt, haben sich bis heute in fast der gleichen Art und F o r m in den Prägereien erhalten. Man nannte sie auch Monogramm-Pressen, weil man vorzugsweise damit Monogramme auf Privatbriefpapiere prägte. Dies war früher eine große Mode und es wurde zu der Zeit kaum eine Briefkassette ohne Monogrammprägung verkauft, ja sogar auf Papierservietten ließ man sich seine Initialien prägen. Die Hand- oder B a 1 a n cierp r ess e Durch ein gußeisernes Grundgestell läuft vertikal eine Spindel, einem ganz groben Gewinde gleich, auf der horizontal ein Schwungrad angebracht ist. Mittels dieses Schwungrades, an dem noch zwei Handgriffe sind, kann man die Spindel nach unten schnellen lassen. Sie schlägt dann auf den in zwei Führungen gelagerten Druckkopf der Presse und treibt diesen nach unten. Durch zwei starke Federn wird er nach erfolgtem Druck wieder zurück in seine Ausgangslage gefördert. Auch die Spindel wird durch Aufschlag und Federdruck wieder in ihre Ausgangslage nach oben befördert. In dem Druckkopf ist in einer schwalbenschwanzförmigen Führung der sog. Schieber, der eigentliche Stempelträger, eingesetzt. Er ist in seinen Führungen leicht zu bewegen und in gänzlich eingeschobenem Zustand durch eine Sicherung fest zu fixieren. Auf diese Schieber wird der Stempel meist mit erwärmtem Guttapercha aufgeklebt. Heute nimmt man meist doppelseitig klebende Klebefolie. Unter den Druckkopf ins Fundament eingelassen ruht eine herausnehmbare Platte, die mit zwei Nocken in dementsprechende Bohrungen des Fundaments greift. Diese Platte ist der Patrizenträger. Das Anlageblech ist auch herausnehmbar auf zwei Nocken auf dem festen Fundamentteil gelagert. In dem Anlageblech ist eine Aussparung in der Größe des Patrizenträgers. Nachdem der Stahlstempel auf dem Schieber befestigt ist, wird genau darunter auf dem Patrizenträger die Patrize aufgeklebt, zwei bis drei Grau- oder 124

Lederpappen werden mit Fischleim übereinandergeklebt und unter Druck fest miteinander verbunden. Der Stempelschieber wird nun herausgenommen und mit einem kleinen Borstenpinsel wird der Stempel eingefärbt. Auf einem Block Wischpapier wird der Stempel mit einer raschen Bewegung saubergewisdit, wobei man zum Schluß durch leichte Schräghaltung die Kanten mitnimmt. Die Oberfläche des Stahlstempels muß jetzt sauber und blank sein und nur in der Tiefe der Gravur darf sich noch Farbe befinden. Der Schieber mit dem Stempel wird nun zügig in seine Führung einegeschoben, während die rechte Hand das Schwungrad schon etwas zurückgedreht hat. Jetzt läßt man mit kurzem Schwung das Rad vorschnellen und treibt damit die Spindel nach unten, wo sie auf den Druckkopf trifft, den sie mit kurzem, kräftigem Schlag auf die aufgeklebten Patrizenpappen schlägt. Mit einem scharfen Schnitzmesser wird die Pappe weitgehendst weggeschnitten. N u r dort wo der eigentliche Abdruck ist, bleibt die Pappe stehen. Die Schnitte sollen vom Druckbild aus immer etwas schräg nach unten ausgeführt werden. Man bleibt etwa einen halben bis einen m m mit den Schnitten vom Druckbild ab, um ein Ausspritzen der Farbe beim Druck zu verhindern. Ist die Patrize sorgfältig in einer Tiefe von ein bis zwei Pappen ausgearbeitet, wird darüber zum Ausgleich ein dünner Preßspan und ein Gummituch geklebt. Der Patrizenträger mit der so ausgearbeiteten Patrize wird nun in seine Lagerung eingesetzt. Nachdem die richtige Anlage gemacht wurde, kann der Druck beginnen. Er vollzieht sich in seinen Einzelheiten, wie beim Patrizenabdruck schon beschrieben. Bei einiger Übung geht dieser etwas umständlich anmutende Prozeß doch recht zügig, und das muß auch sein, weil sonst die kleine Menge Farbe, die sich oft in dieser sehr feinen Gravur befindet, antrocknet. Ein solcher Abdruck ergibt dann keinen einwandfreien Druck. Bei einiger Übung lassen sich bis zu 100 Prägungen pro Stunde auf einer Balancierpresse prägen. Man benutzt diese Pressen auch heute noch zur Anfertigung von Prägungen feiner Briefpapiere und Besuchskarten. Die h a l b a u t o m a t i s c h e n Handpressen Sie sind eine Weiterentwicklung der Balancierpressen, der eigentliche Druckteil der Presse ist auch der gleiche geblieben. Auch hier wird der Druck wie bei der Handpresse beschrieben, von Hand ausgeführt. Lediglich das Einfärben und das Wischen geschieht mechanisch. Auch diese Pressen werden hauptsächlich zum Prägen kleinerer Gravuren in kleinen und mittleren Auflagen eingesetzt. Sie sind geeignet f ü r kleiner Texteindrucke auf Motivglückwunschkarten. D i e S t a h 1 s t i c h s c h n e 11 p r e s s e n Diese sind ein Pressentyp, bei dem die Vorgänge des Einfärbens, des Wischens und des Prägens maschinell ausgeführt werden. Beschränken wir uns zunächst 125

auf die Beschreibung der Typen nach den Systemen von „ W a k e " und „Heim". Der Stempel wird in einen Schließrahmen eingeschlossen und mittels Sperrschrauben auf dem Stempelschlitten befestigt. J e nach der Bauart bewegt sich der Stempelschlitten auf horizontalen Gleitschienen hin und her oder auf kurvenförmigen Schienen herauf und herunter. A m äußersten Punkt wird der Stempel eingefärbt von einer Gummiwalze mit ein oder auch zwei Stahlrollen an den Enden ihrer Welle, die über verstellbare Schienen laufen. Sie bestimmen die Begrenzung, wie weit die Walze den Stempel einfärben soll. Die Einfärbung soll so eingestellt sein, daß einige Millimeter der Vorder und Hinterkante des Stempels ohne Farbe bleiben, weil sonst beim Wischen die hinter die Kante gekommene Farbe über den Stempel zieht und zu Ausschuß führt. Nach der Einfärbung wird die Gummiwalze zurückgeführt an das eigentliche Farbwerk, wo ihr von zwei Verreibewalzen aus dem Farbkasten neue Farbe zugeführt wird. Auf seiner Vorwärts- oder Abwärtsbewegung passiert der Stempelschlitten den Wischer, der mit einem kräftigen Filz bespannt ist und über den das Wischpapier läuft. Die Höhe des Wischers ist einstellbar, das gleiche gilt auch für den Wischerdruck, der entweder durch Federdruck oder exentergesteuerte Hebel bewirkt wird. Ist der Wischer passiert, so ist auch bald der vordere Anschlag erreicht. Jetzt befindet sich der Stempelschlitten mit dem Stempel genau über der Patrizenplatte. Auf ihr ist die ausgeschnittene Patrize und sie ist eingeschoben in das eigentliche Druckaggregat der Presse. J e nach T y p der Pressen wird das Drudsaggregat durch Exzenterdruck oder in Verbindung mit einem Kniehebelsystem hochgedrückt. Zwischen Stempelschlitten und Patrizenplatte befindet sich das eigentliche Anlageblech. Dieses Blech hat einen Ausschnitt in der Größe der Patrizenplatte. Auf dem Anlageblech wird der Anlagewinkel oder die Anlagemarken entsprechend der Arbeit fest fixiert. Der Exzenterdruck hebt das Druckaggregat mit der Patrizenplatte. Die darauf befindliche Patrize preßt das Papier oder den Karton gegen den Stahlstempel, bei weiterem Druck preßt die Patrize das Druckgut in die Vertiefungen der Gravur und holt die dort verbliebene Farbe heraus. Die Farbe liegt nun auf einer Prägung auf. Nach dem Lösen der Patrize vom Stempel gleitet der Stempelschlitten wieder in seine Endposition zurück. Bei diesem Rücklauf ist der Wischer abgehoben. Das Wischpapier zieht bei diesem Vorgang um so viel weiter vor, daß der Stempel beim nächsten Passieren des Wischers wieder eine saubere Papierbahn vorfindet. D a bei diesem Arbeitsprozeß über 90 Prozent der Farbe auf das Wischpapier gelangen würde, und damit verloren ginge, haben heute Stahlstichschnellpressen eine Farbsparvorrichtung in Form eines Rakels, welches vor dem Wischer eingebaut ist, 126

und einen großen Teil der Farbe vorweg abrakelt und wieder dem Farbwerk zuführt. Das Farbrakel hat einen Einsatz aus Kunststoff. Die Einstellung des Farbrakels erfordert viel Feingefühl, gilt es doch das Abrakeln so zu bemessen, daß noch genügend Farbfeuchtigkeit auf dem Stempel bleibt, um ein leichtes, sauberes Wischen zu gewährleisten. Das An- und Absetzen des Farbrakels wird wie bei der Farbwalze durch verstellbare Schienen bestimmt, über die eine Rolle läuft, welche das Heben und Senken des Farbrakels bewirkt. Das Farbrakel macht gleichzeitig eine leichte Hin- und Herbewegung. Sowohl die englische Waite-Presse als auch die Stahlstichschnellpressen von Heim in Offenbach werden heute auch mit automatischen An- und Ablegeapparaten gebaut. Das Arbeiten mit diesen Apparaten bedingt ein gutes Trockengerät mit genügend langem Trockenweg und Klimatisierungsanlage. Aber die normalen Stahlstichlackfarben würden bei einem so verkürzten Trockenprozeß nicht genügend trocknen, darum hat die Druckfarbenindustrie f ü r das Arbeiten mit Trockengeräten Spezialfarben entwickelt, die diesen Anforderung genügen. Stahlstichschnellpressen mit automatischen Anlegern werden meist dort eingesetzt, wo man mit ziemlich gleichbleibenden Formaten arbeitet. Dies trifft am meisten zu bei den Briefkopf-Prägereien. Da man es hier fast nur mit dem Din A 4 Format zu tun hat und sehr häufig mit größeren Auflagen, lohnt sich hier der Einsatz einer vollautomatischen Maschine. Da der Färb- und Wischpapierverbrauch im Stahlstichprägedruck ein starkbelastender Faktor in der Kalkulation ist, haben sich Fachleute und Maschinenfabriken sehr mit der Lösung des Problems befaßt, eine Stahlstichschnellpresse zu schaffen, die ohne Wischpapier arbeitet. Sicher waren manche fruchtbare Gedanken bei diesen Bemühungen, die jedoch bislang keine zufriedenstellenden Ergebnisse zeitigten. Nach dieser Allgemeinbeschreibung der Stahlstichpressen von Heim in Offenbach und Waite & Saville in England, noch einige Einzelheiten und technische Daten der einzelnen Typen. Während die meisten der heute in den Betrieben laufenden Pressen so gebaut sind, daß sich der Stempelschlitten während des Prägevorgangs in Ruhestellung und oberhalb der Patrize befindet, wird man jedoch noch auf Pressen stoßen, bei denen der Stempelschlitten sich unten befindet und ein beweglicher Teil desselben mit dem Stempel gegen die sich oberhalb des Stempelschlittens befindliche Patrize drückt. Hier befindet sich die Patrize in einer fest eingeschraubten Position. Ein wesentlicher Nachteil dieser Pressen ist: Der beprägte Druckbogen muß nach erfolgter Prägung vorsichtig angehoben und gewendet werden, weil die Prägung rückseitig ist. Das Anlageblech hat bei Maschinen dieser Art eine Papierbespannung aus der die Abdeckmaske ausgeschnitten wird, damit die Stempelkanten nicht auf den Druckbogen 127

Farbe bringen. Das Anheben des Druckbogens während des Herausnehmens aus der Maschine soll verhindern, daß der frische Druck auf dem Anlageblech abschmiert. Trotz dieses Nachteils hatte und hat auch dieser Pressentyp seine Freunde; denn diese Presse hatte einen Wischer, der sich durch seine weiche und zuverlässige Arbeitsweise auszeichnete. Ein schweres Kontergewicht sorgte f ü r genügend Druck von oben. Eine weitere Abweichung vom heutigen normalen Typ der Stahlstichschnellpressen ist eine Kleinschnellpresse vom Typ Gnom. Sie hat eine maximale Stempelgröße von 9 X 14 cm. Dieser Pressentyp wurde erst nach dem letzten Kriege entwickelt. Eine schnelle Maschine mit einer Leistung von 2100 Prägungen je Stunde. Sie fand hauptsächlich Aufnahme in der Glückwunschkarten-Industrie und als zusätzliche Presse in anderen Stahlstichprägereien, die sonst hauptsächlich größere Pressen haben. Der Stempelschlitten bewegt sich bei dieser Maschine horizontal hin und her. Der Stempel zeigt dabei mit dem Gesicht nach unten. Der Wischerdruck wird durch kräftige Druckfedern erzeugt, die verstellbar sind. Und noch durch etwas unterscheidet sich diese Maschine von den übrigen Typen, nämlich durch den Antrieb. Der Motor ist mit einem Reibrad versehen und auf einer Kippvorrichtung montiert. Durch Hebeldruck wird beim Einrücken der Maschine der Motor mit dem Reibrad gegen das Schwungrad gekippt und eine Backenbremse gelöst. Stahlstichschnellpressen mit einer maximalen Stempelgröße von 8 X 20 cm und einer Stundenleistung von 2200 Druck sind im allgemeinen noch als Stahlstichschnellpressen f ü r Briefkopfprägungen zu verwenden, insbesondere dort, wo man Arbeiten kombiniert mit einem anderen Druckverfahren herstellt. Hier kann man sich zum Beispiel bei einem Briefkopf darauf beschränken, nur den wesentlichsten Teil in Stahlstichprägung zu bringen und alles übrige in Buch- oder Offsetdruck zu drucken. Wobei man hier je nach Höhe der Auflage und nach Art der Maschinen, die zur Verfügung stehen, zu 2 oder 4 Nutzen drucken kann. Von dieser Möglichkeit machen einige Stahlstichprägereien schon lange Gebrauch. Sie sind in der Lage, vorteilhafter kalkulieren zu können, insbesondere bei den Stempelkosten. Ein Pressentyp mit einer maximalen Stempelgröße von 22 X 32 cm wird hauptsächlich dort eingesetzt, wo man viel mit Katalogdecken oder Druck von Wertpapieren zu tun hat. Das gleiche gilt von einer Presse mit einer Stempelgröße bis 30 X 43 cm. Eines haben alle unsere Stahlstichpressen gemeinsam, das Farbwerk hat einen gesonderten Antrieb. Da die Lackfarben bei Pressenstillstand schnell eine Haut bilden, ist damit die Möglichkeit geschaffen, die Farbe auch dann in 128

Bewegung zu halten und die Hautbildung der Farbe zu verhindern. Die „Heim-Pressen" von der Stempelgröße 14 X 23 cm aufwärts haben die M ö g lichkeit, durch eine Zusatzeinrichtung Kupfertiefdruck v o n flacher K u p f e r platte zu drucken. D a s Kunststoffrakel wird dann durch eine Stahlklinge ersetzt, und der Wischer abgeschaltet. D e r Prägomat, die vollautomatische Stahstichpresse, ist mit einem modernen Schuppenanleger „ M a b e g " ausgerüstet. Ein Anleger wie er uns v o n modernen Offsetpressen her geläufig ist. Diese vollautomatischen Stahlstichpressen werden in der Hauptsache dort eingesetzt, wo m a n es mit einem ziemlich gleichbleibenden F o r m a t zu tun hat und größere Auflagen an der Tagesordnung sind. Der Vollkommenheit wegen seien noch zwei alte Maschinentypen erwähnt, die sich schon äußerlich sehr v o n den bekannteren T y p e n unterschieden. D a war zunächst die amerikanische Johnston-Presse, die an sich eine überdimensionale mechanisierte Balancierpresse war. Der Stempel machte u m das Druckf u n d a m e n t herum eine Kreisbewegung und wurde auf diesem Wege eingefärbt und gewischt. Die Druckspindel, auch hier mit einem großen horizontalen Schwungrad versehen, wurde maschinell gespannt u n d abgeschnellt. Als zweites Kuriosum sei die deutsche Kutzscher-Presse erwähnt. Sie wurde aus einem schweren Prägetiegel entwickelt. D e r Schließrahmen, auf einem Schlitten gelagert, bewegte sich nach erfolgtem Druck senkrecht nach oben, wie bei einem Viktoria-Tiegel der Walzenwagen. A m höchsten Punkt erfolgte die Einfärbung des Stempels, auf dem Wege nach unten passierte der Schlitten mit dem Stempel den Wischer. Bei größeren, schwerwischenden Stempeln gelangte der Stempelschlitten etwas verspätet durch die Brems Wirkung des Wischers in seine unterste Position v o r den Drucktiegel. Dies geschah dann recht geräuschvoll und in extremen Fällen kam es dann auch einmal zu Bruch, wenn der Drucktiegel schon zu weit v o r war. Die Greiferstangen, wie wir sie v o m Drucktiegel her kennen, wurden mit einem breiten Wisdipapierstreifen miteinander verbunden und diese Papierbespannung bildete dann die Maske, nachdem das Druckbild etwas vergrößert aus diesem Papier ausgeschnitten war. Der Drucktiegel war der Träger der Druck-Patrize und der Anlage. Die Presse hatte einen Vorteil: jede Tiegel-Anlegerin konnte, ohne umzulernen, an dieser Maschine anlegen. Den Anforderungen der heutigen Zeit entsprechend haben auch die Stahlstichschnellpressen den technischen K o m f o r t , wie wir ihn auch v o n anderen Druckmaschinen her kennen: Zentralschmierung, Druckknopfsteuerung, Keilriemenantrieb und Anzeige der Stundenleistung sind auch hier selbstverständlich. Beide Fabrikate, das deutsche und das englische, sind etwa gleich weit entwickelt. Der Stand dieser Entwicklungen ist u m so beachtlicher, als es sich hier u m Spezialmaschinen handelt und nicht u m Druckmaschinen, die in Großserien gebaut werden. 9 Hess, Veredelung des Papiers

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VIII. K a p i t e l

Papierveredelung durch Oberflächenbehandlung Papierveredelung durdi Prägung Von F. C. Grümer, Krefeld Papiere, die in der verschiedensten Weise durch Prägung veredelt wurden, begegnen uns im täglichen Leben überall, und immer noch stellt ein ständig sich verfeinernder Geschmack neue Ansprüche an diese Form der Austattung. Es verlohnt sich daher, einmal einen Überblick über die Entwicklung und die verschiedenen Möglichkeiten dieser Ausstattung zu geben. Allgemeines Die Veredelung von Papieren durch Prägung ist seit langem bekannt, und die verschiedensten Methoden wurden zu diesem Zweck im Laufe der Zeit entwickelt. Die älteste und bekannteste dürfte vielleicht die Herstellung von Wasserzeichen auf der Papiermaschine mit Hilfe eines Egoutteurs und die Verwendung von Markierfilzen sein. Diese auch heute noch angewandten Verfahren sind vielleicht als Vorläufer der modernen Papierveredelung durch Prägung zu betrachten und seien daher kurz erwähnt. Auf diesen Methoden hat sich die weitere Entwicklung aufgebaut, und wir unterscheiden heute in der Hauptsache zwei Verfahren, auf die nachstehend näher eingegangen werden soll. Das Plattenprägewerk Ihm kommt bei der Ausstattung von Papieren eine ganz besondere Bedeutung zu. Auf keiner anderen Maschine lassen sich Prägungen von solcher Eleganz und Schönheit herstellen wie auf dem Plattenprägewerk. Die besondere Art der hierbei erzielten Effekte macht die Maschine in erster Linie für die Veredelung von Schreibpapieren verwendbar. Allerdings ist das Prägen auf dieser Maschine mit relativ hohen Kosten verbunden, so daß sich diese Art der Prägung nur für qualitativ hochwertige und teure Papiere lohnt. Auf die Technik der Plattenprägung sei im folgenden etwas näher eingegangen. 130

Die Maschine ist mit einem Beschickungstisch und einem zweiten Tisch am Auslauf der Maschine versehen. Der Aufnahmetisch ist mit einer gefederten Anschlagleiste versehen, auf deren Zweck noch eingegangen wird. Geprägt wird grundsätzlich mit Platten, die entweder aus Zink, Zelluloid oder geeignetem Kunststoffmaterial hergestellt sind. In den meisten Fällen stellen die Papierfabriken, die derartige Verfahren verwenden, die Platten selbst her. Zum Prägen werden durch Metallplatten abgedeckte Pakete gebildet, bei denen zwischen den einzelnen Papierbogen jeweils eine gravierte Prägeplatte liegt. Bei gewissen Dessins kann man auch so verfahren, daß je nach Art des Papieres zwei oder drei Bogen zwischen zwei Prägeplatten liegen. Das so gebildete Paket wird nun vom Beschickungstisch durch die mit zwei Hartguß walzen ausgestattete Maschine geschickt; die Walzen können, entsprechend der Stärke des Paketes, auf einen genauen Walzenspalt eingestellt werden. Die Prägung kann nun in einem oder auch zwei Durchgängen erfolgen. Dem letzteren Zweck dient die am Aufnahmetisch angebrachte, mit kräftigen Rückstoßfedern ausgestattete Anschlagleiste. Diese wird so eingestellt, daß das Paket den Walzenspalt nicht vollständig verläßt und bei Erreichen eines bestimmten Punktes von der Anschlagleiste zurückgestoßen wird. Gleichzeitig findet eine Umsteuerung der Drehrichtung der Maschine statt, die mechanisch oder elektrisch bewirkt werden kann, so daß also das Paket zu einem Ausgangspunkt und zum Maschinenführer zurückkehrt. Wird Prägung in nur einem Durchgeang gewünscht, so kann man die Anschlagleiste entsprechend einstellen und das Paket nach einem Durchgang an der anderen Seite abnehmen. Bei zweimaligem Durchlauf des Paketes durch den Walzenspalt entsteht eine gewisse Friktion oder Verschiebung innerhalb des Paketes, die nicht für alle Dessins geeignet ist. Gewisse Dessins dürfen daher nur einmal durch die Maschine laufen, während andere Dessins, wie beispielswese gewisse Hammerschlagmuster, zweimal passieren können, weil bei diesen Mustern eine gewisse Verschiebung des Dessins sogar wünschenswert ist. Die Präge-Effekte können sowohl einseitig als auch zweiseitig ausgeführt werden. Der Aufbau des Paketes hat sich dann nach diesen Forderungen zu richten. Die Höhe der zu bildenden Pakete hängt ebenfalls von den zu prägenden Mustern ab. Es können Pakete von 3 bis 4 cm Höhe ohne weiteres geprägt werden. Die gleiche Maschine dient vor allem aber auch zur Herstellung von Leinenprägungen, wie sie gerade f ü r Schreibpapier äußerst beliebt sind. Dabei wird in der Weise verfahren, daß jewels ein Bogen Papier zwischen zwei auf Format ausgeschnittene Leinengewebe gelegt wird. Man bildet auf diese Weise ein Paket, das durch zwischengelegte Zinkplatten und Abdeckplatten die nötige Stabilität erhält. Man kann dabei auch in der Weise verfahren, daß man die Leinengewebe auf Zinkplatten aufklebt und mit diesen dann entspre9'

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chende Pakete bildet, die in der geschilderten Weise die Maschine passieren. Der Effekt ist natürlich in beiden Fällen verschieden, und man hat es auf diese Weise in der Hand, unter Verwendung entsprechender Leinengewebe allen Wünschen in Bezug auf Ausdruck und schreibfähige Glätte Rechnung zu tragen. Die Prägetechnik bei Plattenprägungen bietet eine Fülle von Möglichkeiten. Der mit der Papierveredelung einigermaßen Vertraute wird dies auch schon aus den obigen Ausführungen erkannt haben. Es ist daher kaum möglich, f ü r die Prägetechnik bei der Plattenprägung bestimmte Normen aufzustellen. Der praktischen Erfahrung kommt bei der Anwendung dieser Technik eine ganz besondere Bedeutung zu. Abschließend sei noch gesagt, daß in der Regel vor dem Walzwerk, und zwar meist an jeder Seite, ein langer Tisch angeordnet ist, auf dem laufend die Prägepakete vorbreitet werden. N u r so ist es möglich, ein wirtschaftliches Arbeiten mit dieser Maschine zu erreichen. Aus dem Gesagten geht schon hervor, daß natürlich auch f ü r die Vorbereitung der Pakete mehrere Leute erforderlich sind, was naturgemäß die Kosten der Prägung nicht unwesentlich erhöht. Der Ablauf der Arbeit muß so gestaltet sein, daß kein Stillstand entsteht und daß die Vorbereitungen der Pakete so erfolgt, daß man die Maschine fortgesetzt beschicken kann. Der

Prägekalander

Der Prägekalander bietet als Veredelungsmaschine f ü r die Papier-Ausstattung eine sehr weite Verwendungsmöglichkeit. Grundsätzlich unterscheidet man dabei, je nach den zu erzielenden Präge-Effekten, zwei- und dreiwalzige Kalander. Die zu erzielende Prägung richtet sich nach dem Verwendungszweck der geprägten Papiere, und man unterscheidet dabei a) sogenannte normale Präge-Effekte, bei denen die Oberfläche ein positives und die Rückseite eine negatives Prägebild zeigt, b) sogenannte Transparent-Effekte, bei denen das Prägebild nur ein ganz schwaches Relief zeigt und mehr durch Transparenz zur Wirkung kommt. Die Musterung des Papiers ist bei diesem Effekt sehr flach. Nachstehend sei nun auf die einzelnen Prägemethoden und die dabei verwendeten Maschinen näher eingegangen. Normal-Prägung Zur Erzielung normaler Präge-Effekte genügt ein normaler zweiwalziger Prägekalander. Bei dieser Maschine ist in die obere Walze eine Stahlwalze, während die darunter liegende elastische Walze, meistens eine Papierwalze, das Muster aufnimmt und also ein genaues Negativ der Gravur bildet. Man erhält auf diese Weise durchgeprägte Papiere, wie sie f ü r die verschiedensten Ausstattungszwecke verwendet werden. Wichtig ist dabei, daß die beiden 132

Walzen in einem genauen Umfangsverhältnis zueinander gehalten werden und durch Rapporträder untereinander verbunden sind. Für jedes Muster ist ein kompletter Walzensatz, bestehend aus einer gravierten Stahlwalze, einer) Papierwalze und einem Paar Rapporträndern, demnach erforderlich. Meist wird die Stahlwalze gebohrt und mit Dampf-, Warmwasser oder Elektroheizung versehen, deren Anwendung bei manchen Papieren zur Erzielung des gewünschten Effektes wünschenswert ist. Für normale Prägungen verwendet man meistens elastische Walzen mit einem guten Wollpapier-Bezug. Die Stahlwalze aus SM-Stahl mit etwa 60 kg Festigkeit wird mit dem gewünschten Prägemuster graviert. N u n wird nach Einlegen der Walzen die Papierwalze so lange mit einem Schwamm gewaschen, bis sich das Muster der Stahlwalze als Negativ in der Walze zeigt. Zu diesem Zweck müssen Stahlwalze und Papierwalze umfangmäßig genau aufeinander abgestimmt und die beiden Walzen durch Rapporträder miteinander verbunden sein. Bei der Normalprägung ist vor allen Dingen darauf zu achten, daß die Papierwalze während des Prägens durch Einlaufen von Falten oder Papierabriß nicht beschädigt wird. Da zu einer einwandfreien Prägung Stahlwalze und Papierwalze umfanggebunden sind, können Beschädigungen dazu führen, daß die Papierwalze neu bezogen werden muß, was mit entsprechenden Kosten verbunden ist. Bei der Normalprägung lassen sich durch Zuhilfenahme von Zusatzeinrichtungen sehr schöne Effektverbesserungen erzielen. So werden diese Prägekalander häufig mit einem Farbwerk ausgestattet, bei dem dann die Farbe auf die Reliefpartien der gravierten Stahlwalze übertragen wird, so daß also in einem Durchgang geprägt und auch eingefärbt werden kann. Man erhält auf diese Weise sehr schöne zweifarbige Muster, die sich f ü r viele Zwecke besonders gut verwenden lassen. Für ganz bestimmte Präge-Effekte, z. B. tiefe Erbsen- und Wellenmuster, wie sie beim Prägen von Pergamin- und sonstigen Verpackungspapieren f ü r Schokolade- und Pralinenpackungen verwendet werden, genügt es nicht, mit einem normalen Prägewalzensatz, bestehend aus Stahlwalze, eingelaufener Papierwalze und Rapporträdern zu arbeiten. Für diese Spezialprägungen verwendet man am zweckmäßigsten einen sogenannten Union-Walzensatz. Dieser Walzensatz besteht aus zwei Stahlwalzen gleichen Umfanges, die beide mit dem gleichen Dessin in der Weise graviert sind, daß die Oberwalze das Positiv und die Unterwalze das Negativ der Prägung zeigt. N u r mit einem solchen Union-Walzensatz lassen sich diese Muster, die eine ziemlich starke Gravurtiefe haben, einwandfrei prägen. Transparent - und Flachprägung Für die Herstellung von sogenannten Transparent- und Flachprägungen verwendet man am zweckmäßigsten einen dreiwalzigen Kalander, da zur Erzie133

lung dieser Effekte die elastische Walze unter keinen Umständen die Gravur der Stahlwalze aufnehmen darf. Die mittlere Walze muß volkommen glatt bleiben, damit auch die Rückseite des Papiers vollkommen glatt bleibt. Zu diesem Zweck ist unter der elastischen Walze noch eine glatte Stahlwalze angeordnet, welche dem sogenannten Einlaufen des Musters in die elastische Walze entgegenwirkt. Zur Herstellung dieser Effekte kann man zusätzlich auch Heißprägung verwenden. Die gravierten Stahlwalzen werden zu diesem Zweck meist mit einer Bohrung und einer Heizvorrichtung versehen, so daß also unter Zuhilfenahme von Temperatur der gewünschte Präge-Effekt noch gesteigert werden kann. Das Prägeverfahren mit dem Kalander hat natürlich gegenüber dem Prägen mit dem Plattenprägewerk den Vorzug erheblich größerer Wirtschaftlichkeit, da man beim Kalander von der Rolle arbeiten kann. Moderne Prägekalander sind so eingerichtet und konstruiert, daß je nach Dessins mit einer Geschwindigkeiten bis zu 300 m/min und noch darüber gefahren werden kann. Das sind Produktionszahlen, die mit einem Plattenprägewerk auch nicht annähernd erreicht werden können. Im übrigen besitzen moderne Prägekalander jede denkbare Erleichterung zur Durchführung eines schnellen Auswediselns der gravierten Stahlwalze. Dafür besitz allerdings die Plattenprägung Vorzüge, die man mittels eines Prägekalanders nicht ganz erreichen kann. Es besteht natürlich das Bestreben, auch mit Hilfe des Prägekalanders, besonders für die Ausstattung von Schreibpapieren, den Plattenprägungen so nahe wie möglich zu kommen. Dazu ist aber unbedingt ein dreiwalziger Kalander erforderlich, der zu diesem Zweck noch einige Zusatzeinrichtungen besitzen muß. Bei diesen Transparent- und Flachprägungen kommt natürlich der mittleren elastischen Walze eine besondere Bedeutung zu. Bei vielen Papieren ist z. B. eine ausgesprochene Flachprägung ohne jede Transparenz sehr beliebt. U m diese der Plattenprägung nahe kommenden Effekte zu erreichen, ist die Verwendung einer Papierwalze mit größerer Elastizität bzw. einer hochelastischen Baumwoll- oder Baumwollfaserwalze zu empfehlen. Die vorhin erwähnten Zusatzeinrichtungen am Kalander geben diesen Mustern den letzten Schliff. Richtige und zweckmäßige Ausführung der Gravur ist naturgemäß Voraussetzung. In diesem Zusammenhang sei noch der Vollständigkeit halber erwähnt, daß der Dreiwalzen-Kalander durch den Einbau einer Abstützvorrichtung ohne weiteres auch für Normalprägung, wie sie unter a) geschildert wurde, verwendet werden kann. In allen Fällen, wo es also darauf ankommt, eine möglichst große Auswahl von Mustern der verschiedensten A r t zu bringen, empfiehlt sich stets die Verwendung eines Dreiwalzen-Prägekalanders der oben geschilderten Art. Selbstverständlich kann man auch mit einem Zweiwalzen-Kalan134

der unter Zuhilfenahme einer entsprechend hergestellten Papier- oder Baumwollwalze Transparent- und Flachpräge-Effekte erzielen. Hierbei besteht aber immer die Gefahr, daß die Gravur in der Gegenwalze markiert und daß es Schwierigkeiten gibt. Für Heißprägung wird die Stahlwalze entsprechend gebohrt und f ü r Dampf-, Warmwasser- oder elektrische Heizung eingerichtet. Da beim Prägen öfters ein Warenwechsel vorgenommen werden muß, achte man stets darauf, daß die Kalander f ü r einen leichten Walzenwechsel eingerichtet sind (Klapplager). Auch der Arbeitsgeschwindigkeit kommt besonders bei Transparent- und Flachprägung eine gewisse Bedeutung zu, da manche Muster durch Erhöhung der Geschwindigkeit an Aussehen und schreibfähiger Glätte gewinnen. Es dürfte sich aber in jedem Falle empfehlen, bei Prägekalandern stufenlos regelbare Antriebe vorzusehen. Echtleinen-Prägung Die Echtleinen-Prägung ist besonders f ü r die Ausstattung von Schreibpapieren wohl die älteste und bekannteste Veredelungsart. Bereits bei der Plattenprägung wurde auf diese Art der Veredelung eingegangen. Auch hierbei spielt natürlich der Kostenpunkt eine ganz besondere Rolle. Es ist ganz klar, daß f ü r billigere Gebrauchspapiere die Plattenprägung zu kostspielig ist. Man hat daher seit langem versucht, eine gut schreibfähige Leinenprägung auf billigere und rationellere Weise herzustellen. Hierzu kann man einmal die Transparentprägung verwenden, wobei also eine entsprechend ausgeführte Leinengravur auf eine Stahlwalze gebracht und dann in der üblichen Weise mit dem Dreiwalzen-Kalander geprägt wird. Bei dieser Methode kann man ohne weiteres verschiedene Leinenmuster gravieren lassen und braucht dann jeweils nur die Stahlwalze auszuwechseln. Allen gravierten Leinenmustern fehlt aber der besondere Charakter des natürlichen Gewebes, der nur durch ein echtes Leinengewebe erzielt werden kann. Man ging daher dazu über, eine Prägemethode zu entwickeln, bei der mit einem Leinengewebe kontinuierlich gefahren werden kann. Zu diesem Zweck konstruierte man einen besonderen Kalander, der mit drei Auf- und drei Abwicklungen ausgerüstet war. Bei diesem Kalander wurde nun in die obere und die untere Abwicklung je eine etwa 120 m lange Rolle Leinengewebe eingelegt. In die mittlere Abwicklung legte man die Rolle Papier. Das Papier wurde nun zwischen den beiden Leinengeweben durch den mit zwei Walzen ausgestatteten Kalander hindurchgeführt, so daß das Papier beim Durchgang von beiden Seiten durch das gleichzeitig mit durchlaufende Leinengewebe geprägt wurde. Auf der anderen Seite wurden dann die beiden Leinenrollen und das Papier wieder aufgewickelt. Waren die Leinenrollen zu Ende, dann wurde die Maschine stillgesetzt, eine neue Rolle Papier eingelegt, und der Prägevorgang wickelte sich 135

dann in der gleichen A r t und Weise von der anderen Seite aus ab. Zu diesem Zweck war der Kalander f ü r Vor- und Rücklauf eingerichtet und mit entsprechend umstellbaren Auf- und Abwicklungen versehen. Kalander dieser A r t sind auch heute noch in Betrieb, haben aber den Nachteil, daß große Zeitverluste durch die im Verhältnis zur Kalandergeschwindigkeit kurze Gewebelänge entstehen. U m diese toten Zeichen auszumerzen, wurde eine andere Lösung gefunden, die folgendermaßen aussieht: Man wählte einen Kalander mit hydraulischer Drudesteuerung und zwei Papierwalzen, die mit einem f ü r den in Frage kommenden Zweck besonders ausgewählten Papier bezogen waren. Die Papierwalzen wurden nun mit einem Leinengewebe in in der Form umklebt, daß der Stoß, also die Linie, auf der das Leinengewebe aneinandergefügt war, auf dem zu prägenden Papier nicht markiert. Diese Maschine hat den Vorzug einer sehr viel größeren Wirtschaftlichkeit, da bei diesem Verfahren mit Geschwindigkeiten bis zu 150 m/min gefahren werden kann. Zur Erreichung dieser hohen Geschwindigkeiten wurde auch ein Kalander mit hydraulischem Druck von max. etwa 50 to gewählt. Selbstverständlich kann man auch eine leichtere Maschine für diesen Zweck verwenden, doch ist dann die maximale Leistung der Maschine entsprechend kleiner. Die Erfahrung hat gelehrt, daß die schöneren Effekte bei entsprechend höheren Geschwindigkeiten erzielt werden können. Filigran-Prägung Bei der Filiganier- oder Wasserzeichen-Prägung — sogenannte TransparentWasserzeichen-Prägung — handelt es sich um eine Ausstattungsart, welche in erster Linie für Zigarettenpapiere Verwendung findet. Der besonderen Art dieser Prägung entsprechend verwendet man hierfür einen Vielwalzen-Kalander, und zwar meistens einen Fünfwalzen-Kalander, bei dem die gravierte Stahlwalze in der Mitte liegt. Oben und unten sind Hartguß walzen angeordnet und unter der gravierten Stahlwalze eine Papierwalze. Bei diesem Prägeverfahren läuff das zu prägende Papier ausschließlich durch eine Walzenfuge unmittelbar unter der gravierten Stahlwalze. Hierbei sind Leistungen von etwa 70 m/min erzielbar. Die fünfwalzige Bauart gestattet auch die gleichzeitige Prägung von zwei Warenbahnen, und zwar einmal in der unteren und einmal in der oberen Walzenfuge unmittelbar unter oder über der gravierten Stahlwalze. Man kann die Filigranierprägung auch auf einem dreiwalzigen Kalander erzielen, jedoch wird allgemein dem fünfwalzigen Kalander der Vorzug gegeben, weil die Leistung höher ist und bei der fünfwalzigen Bauart eine größere Sicherheit f ü r eine glatte wasserzeichenähnliche Prägung ohne Eindrücke gegeben ist. Mit Erlaubnis des Autors entnommen Nr.20/1952 der „Allgemeinen Papier-Rundschau". Frankfurt am Main.

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Moderne Maschinenanlagen für die Herstellung von Krepp- und Bitumenpapieren Von Georg Böttinger, Dossenheim-Heidelberg Die Kreppapiererzeugung stellt heute einen außerordentlich breiten Sektor in der Papierindustrie aller Länder dar. Angefangen von den leichten, in allen Farben in den Handel kommenden herrlichen Dekorations-Seidenkreppapieren mit ihren eigenartigen, zarten, moosartigen Aussehen läuft die Skala der Kreppapiererzeugung durch alle Papiergewichte bis zu schwerstem KraftKreppapier. Servietten-, Tischtuch-, Handtuch-, Toiletten-Kreppapiere usw. sind als sogenannte Haushalt-Kreppapiere f ü r alle Hausfrauen zu einem Begriff geworden. Auch f ü r gewerbliche und sanitäre Zwecke ist Kreppapier mit seinen schmiegsamen u n d elastischen Eigenschaften ein immer mehr angewandtes Produkt. In ganz großen Massen werden mittelschwere und selbst schwerste Kreppapiere als sogenannte „Kraft-Krepp" f ü r Verpackungszwecke verwendet. Auch mit Gewebe-, Folien- und sonstigen Materialien kaschiert k o m m t Kreppapier teils f ü r Dekorationszwecke, teils f ü r wertvolles Verpackungsmaterial in den Handel. In diesem Zusammenhang m u ß auch das sogenannte Bitumen-Kreppapier erwähnt werden. Kreppapiere, mit einem Bitumen-Aufstrich versehen und auf Jute-Gewebe aufkaschiert, ergeben ein wasserdichtes, billiges, ganz außerordentlich festes Packmaterial, geeignet f ü r den Transport feuchtigkeits-empfindlicher Güter. In erheblichem U m f a n g findet Bitumenkrepp, der aus zwei durch eine Bitumenschicht verbundenen Kraft-Kreppapieren besteht, als elastische, feuchtigkeitsundurchlässige Zwischenlagen in Papiersäcken Verwendung. Diese Papiersäcke werden in unvorstellbaren Mengen f ü r den Transport hygroskopischer Materialien, wie Zement, Kunstdünger usw. benötigt. Eine Sonderstellung unter den Kreppapieren nehmen die sogenannten DoppelKreppapiere ein. Während die normalen Kreppapiere immer n u r in einer Richtung, d. h. in Längsrichtung der Papierbahn, dehnbar sind, verfügen die Doppel-Kreppapiere über eine Dehnbarkeit, die sowohl in Längs- als auch in Querrichtung der Papierbahn verläuft. Diese nach allen Seiten hin dehnbaren Kreppapiere kommen jedoch n u r f ü r diverse Sonderzwecke zur Verwendung, und steht dieses Gebiet erst am Anfang seiner Entwicklung. Durch die immer größere Basis, die die Kreppapier-Erzeugung in der Papierindustrie einnimmt und durch die seit dem Kriege wesentlich gestiegenen A n foderungen, die von Seiten der Verbraucher an die Qualität des Kreppapiers gestellt werden, wurden die Konstrukteure veranlaßt, mit Neukonstruktionen in Kreppmaschinen aufzuwarten, welche die Vorkriegsmaschinen nicht nur in bezug auf Leistung und in der Qualität des erzeugten Kreppes wesentlich übertreffen, sondern auch zusätzliche neue Arbeitsgänge ermöglichen. 137

Natürlich müssen auch die zu kreppenden Rohpapiere gewissen Voraussetzungen entsprechen. Diese sollen nicht nur gut saugfähig sein, um die zur Durchführung des Krepprozesses notwendige Menge Leimlösung aufnehmen zu können, sondern sollen dieselben auch, zum mindesten die stärkeren Papiersorten, über wenigstens eine glatte Papierbahnseite verfügen. Zur Durchführung des Kreppvorganges nach dem üblichen, sogenannten Naßkreppverfahren werden die Papierrolen in die Kreppmaschine eingelegt und die Papierbahn durch ein Tauchbad mit Leimlösung geführt. Dieses Tauchbad ist derart universell durchgebildet, daß jeder Papierqualität nur so viel Leimlösung zugeführt wird, die genügt, um den Kreppvorgang durchführen zu können. Jedes Zuviel setzt die Arbeitsgeschwindigkeit der Kreppmaschine herab, insofern, als das in der Leimlösung befindliche Wasser wieder verdunstet werden muß. Sollen farbige Kreppapiere hergestellt werden, so werden der Leimlösung gleich die entsprechenden Farben zugesetzt. Bei ganz hohen Ansprüchen an die Färbung der Kreppapiere wird die zu kreppende Papierbahn noch durch ein sogenanntes Vorfärbewerk geführt. Im weiteren Verlauf des Arbeitsprozesses wird die so mit Leimlösung angefeuchtete, kontinuierlich laufende Papierbahn durch eine Weichgummiwalze fest auf einen dampfbeheizten Zylinder aufgepreßt. Auf diesem heißen, rotierenden Zylinder trocknet die Papierbahn infolge der aufgenommenen Leimlösung fest. Vor Ablauf einer vollen Zylinderumdrehung wird die auf dem Kreppzylinder festhaftende Papierbahn durch ein an denselben angestelltes Stahlrakel von diesem abgeschabt. Bei diesem gewaltsamen Lösen der Papierbahn vom Kreppzylinder wird dieselbe in kleine Fältchen zusammengeschoben. Ein angeschlossener Lauffilz übernimmt die so vom Kreppzylinder kommende, gekreppte, noch feuchte Papierbahn und führt diese um einen oder mehrere angeschlossene Trockenzylinder herum, so daß die Kreppapierbahn vollkommen trocken den letzten Trockenzylinder verläßt und anschließend durch die Kreppmaschine zu exakten Rollen aufgewickelt wird. Mit Vorstehendem ist in kurzen Worten die Arbeitsweise einer Kreppmaschine geschildert. Doch gehört zum einwandfreien, rationellen Arbeiten einer Kreppmaschine die Beachtung vieler Dinge, die beim Bau einer solchen Maschine Berücksichtigung finden müssen und eine jahrelange, konstruktive Erfahrung im Bau solcher Spezialmaschinen voraussetzen. Kreppmaschinen werden heute für alle Leistungen gebaut. K o m m t nur die Herstellung leichter Seidenkrepp-, Toilettenkrepp-Papiere usw. in Frage, so genügt eine kleinere Kreppmaschine mit einem Kreppzylinder von etwa 750 m m 0 und einem angeschlossenen Trockenzylinder von etwa 1500 m m 0 . Wird die Herstellung leichter Seidenkrepp-Papiere, darüber hinaus aber auch die Herstellung mittelschwerer Packkrepp-Papiere verlangt, so haben sich Kreppmaschinen mit einem Kreppzylinder von 1000 m m 0 und einem an138

geschlossenen Trockenzylinder von 2000 mm 0 in der Praxis gut bewährt. Wird jedoch die Herstellung aller in den Handel kommenden Krepp-Papiere verlangt, angefangen vom leichtesten Seidenkrepp bis zum schwersten Packkrepp, so kommen sogenannte Universal-Kreppmaschinen zur Anwendung, mit einem Kreppzylinder von 1500 mm 0 und mehreren angeschlossenen Trockenzylindern von ebenfalls 1500 mm 0 und darüber. In gleichem Maße, wie die Kreppapiere immer größeren Absatz finden, gewinnen auch die Asphalt- bzw. Bitumen-Papiere als billigstes, feuchtigkeitsundurchlässiges Verpackungsmaterial immer mehr an Bedeutung. Oftmals geht die Bitumenpapier-Herstellung mit der Kreppapier-Erzeugung Hand in Hand, indem das in der Bitumen-Papiermaschine mit einer zweiten Papierbahn durch eine Bitumenschicht verbundene Papier auf den vorgeschriebenen Kreppanlagen zu dem beliebten, feuchtigkeitsundurchlässigen, elastischen BitumenKraft-Krepp verarbeitet wird. Jedoch auch ungekreppte Bitumen- bzw. Asphalt-Papiere in den verschiedensten Abwandlungen finden als Verpackungsmaterial eine massenhafte Anwendung. Es findet sich fast kein Industriezweig, in dem nicht die Bitumen- bzw. Asphalt-Papiere infolge ihrer feuchtigkeitsabhaltenden Eigenschaften, verbunden mit einer großen Preiswürdigkeit, Eingang als Verpackungsmaterial gefunden haben. Die Bedeutung, die Bitumen-Papiere als Verpackungsmaterial erlangen konnten, ist nicht zuletzt auf die vielen Abwandlungen zurückzuführen, in denen dieses Material auf den Markt gebracht wird, das oftmals Kisten, Fässer und teure Blechemballagen ersetzen kann. Angefangen von Kraftpapieren mit ein- oder doppelseitigem Bitumen- oder Asphaltbelag, auf Wunsch mit sogenannten Luftstreifen versehen, sind mehrlagige Papier-, Papier-Gewebe, Papier-Karton resp. Papier-Folieverbindungen usw. im Handel anzutreffen, bei denen Bitumenzwischenlagen als vereinigende Klebe- und Isolierschichten dienen. Daneben sind bitumengeklebte Kraftpapiere auf dem Markt, bei denen zur Erhöhung der Reißfestigkeit Längsund gegebenenfalls auch Querfäden in die Bitumenschicht eingebettet sind. Auch sind bitumengeklebte Kraftpapiere nicht selten, bei denen durch Einbetten von Fasern, wie beispielsweise Sisalfasern, Glasfasern etc. die Reißfestigkeit erhöht wird. Für die Armierung von Bergwerksstollen usw. verwendet man sogar bitumengeklebte Kraftpapierbahnen mit einem in die Bitumenschicht eingebetteten dünnen Drahtgewebe. Neben Asphalt und Bitumen als feuchtigkeitsundurchlässiges Beschichtungsmaterial und Klebstoff kommen zur Imprägnierung von Papier- und Kartonbahnen auch Verbindungen von Bitumen-Mineralöl-Paraffin etc. zur Anwendung. Die überaus große Anzahl von Ausführungsarten, in denen Bitumen- oder Asphaltpapiere, bzw. deren Kombination, mit anderen Materialien in den 139

Handel kommen, verlangen Produktions-Anlagen von höchst universeller Verwendungsmöglichkeit. Auf modernen Bitumen-Papiermaschinen können zwölf verschiedene Arbeitsgänge und mehr durchgeführt werden. Solche Maschinen besitzen in der Regel 2 bis 3 Bitumen-Auftragwerke, von denen das eine oder andere auch für Imprägnierzwecke Verwendung finden kann. Das Bitumen wird gewöhnlich in fester Form in Fässern usw. in den Handel gebracht. In sogenannten Vorschmelzanlagen wird dieses Bitumen bei Temperaturen zwischen 200 bis 300° Celsius verflüssigt. In der Regel kommen für das Aufschmelzen des Bitumens mehrere elektrisch beheizte Vorschmelzbehälter zur Verwendung. Vorzugsweise wird das Aufschmelzen des Bitumens mit dem billigeren Nachtstrom durchgeführt, und sind zu diesem Zwecke die elektrisch beheizten Vorschmelzbehälter mit automatischen Temperatur-Regelanlagen ausgestattet, die den Beheizungsstrom dann selbsttätig abstellen, wenn das Bitumen verflüssigt ist. Von diesen Vorschmelzbehältern aus wird dann das Bitumen bzw. Asphalt in ebenfalls beheizte Rohrleitungen nach den Maschinenmulden abgeführt. In Sonderfällen, in der Hauptsache dort, wo ein größerer Bitumenbedarf vorhanden ist, kann das Bitumen auch in flüssiger Form, in sogenannten Kesselwagen, vom Lieferanten bezogen werden. In diesem Falle ist die Aufstellung mehrerer größerer Vorratsbehälter erforderlich, in welche das flüssige Bitumen vom Kesselwagen aus gepumpt wird. Zur Verarbeitung wird das Bitumen von den Vorratsbehältern, die gewöhnlich durch Abdampf beheizt werden, in elektrisch beheizte Zwischenbehälter abgelassen, in diesen aufgeheizt und nach den Maschinenmulden abgeführt. Je nachdem, ob eine Papier- oder Kartonbahn imprägniert werden soll, oder aber mehrere Papierbahnen, Gewebe- oder Kartonbahnen zu einer Bahn vereinigt werden sollen, laufen entweder eine oder mehrere Bahnen gleichzeitig durch die Auftrag- oder Imprägnierwerke der Bitumen-Papiermaschine. Bevor die einzelnen Bahnen mit dem Bitumen oder Asphalt in Berührung kommen, passieren diese beheizte Walzen, um die Papier- oder Kartonbahnen von einer evtl. noch anhaftenden Feuchtigkeit zu befreien. In der Folge gelangen die Bahnen in sinnreich ausgestaltete Auftragwerke, in denen die Bahnen einen absolut gleichmäßigen Bitumen- oder Asphalt-Auftrag erhalten. Soll die eine oder andere Bahn imprägniert werden, so passiert diese eine kürzere oder längere Tauchstrecke im Imprägnierbad, um dann bei dem Badausstieg durch besondere Walzenpressen von der zuviel anhaftenden Imprägniermasse befreit zu werden. Zum Zwecke einer genauen Einhaltung der Verarbeitungstemperatur der Auftrag- oder Imprägniermasse sind die Maschinenmulden in der Regel elektrisch beheizt und arbeiten in Verbindung mit automatischen TemperaturRegelanlagen. Die von den Auftrag- oder Imprägnierwerken kommenden Bahnen werden nun in eine angeschlossene Walzenpresse geführt und auf derselben zu einer Bahn vereinigt. Es ist selbstverständlich, daß auch die Auf140

trag- und Preßwalzen-Partien beheizt sind. Nach dem Passieren der Vereinigungspresse wird nun die erzeugte Einzelbahn über eine längere Uberführungsbrücke nach der Kühlstation geführt. Diese besteht in der Regel aus einem oder mehreren wassergekühlten Zylindern, über welche die Bahn geführt, das Bitumen zum Erstarren und so der Klebeprozeß zum Abschluß gebracht wird. Nachfolgend gelangt die Bahn zur Aufrollung, um in derselben oft zu Rollen von über I m 0 aufgewickelt zu werden. Sollen Papier-, Kartonbahnen usw. imprägniert werden, ist es auch möglich, die Kühlstation zu beheizen, so daß in diesem Falle die imprägnierten Bahnen getrocknet werden können und beim Aufrollen nicht mehr zusammenkleben. Moderne Bitumen-Papiermaschinen sind ziemlich umfangreiche Maschinenanlagen von höchster Präzision, insofern, als an die Güte und Gleichmäßigkeit des Bitumen-Auftrages heute die größten Anforderungen gestellt werden. Es ist selbstverständlich, daß daneben auch allerhöchste Arbeitsgeschwindigkeiten erreichbar sein müssen. Aus diesem Grunde verfügen Bitumen-Papiermaschinen über modernste, oftmals elektrisch gesteuerte, regelbare Antriebe, um f ü r alle vorkommenden Arbeitsgänge die jeweils höchstmögliche Arbeitsgeschwindigkeit einstellen zu können. Bis heute war es nicht möglich, das Bitumen, Asphalt und deren Verbindungen wie Bitumen-Mineralöl-Paraffingemische etc. als „billige" Beschichtungs-, Klebe- und Imprägniermittel f ü r die Herstellung feuchtigkeitsabhaltender Verpackungs- und Isoliermaterialien von dem Markte zu verdrängen, es ist vielmehr damit zu rechnen, daß dieses Material f ü r die Zukunft noch mehr an Bedeutung gewinnen wird, um so mehr da die Entwicklung in der Verpackungsmaterialerzeugung keineswegs abgeschlossen ist. Darüber hinaus dürften f ü r die Zukunft auch maschinelle Neuschöpfungen zu erwarten sein, die der papierverarbeitenden Industrie neue Ausnutzungsmöglichkeiten erschließen. Abbildungen von Maschinen zur Herstellung von Krepp- und Bitumenpapieren, die seinerzeit von der Firma Georg Böttinger, Dossenheim, hergestellt und deren Produktion von der Firma Windmöller & Hölscher, 454 Lengerich i. W., Postfach 165, übernommen wurden, waren bis zur Herausgabe dieser 2. Auflage noch nicht greifbar. Die von der Firma Böttinger übernommenen Konstruktionen erfahren entweder Änderungen oder werden als Neukonstruktionen erscheinen. Alle Maschinen dieser Richtung befinden sich bei der Firma Windmöller & Hölscher in Vorbereitung, so daß Bildmaterial kaum vor März 1964 greifbar sein dürfte.

IX.

Kapitel

Papierveredelung durch Oberflächen-Beschichtung Gestrichene Papiere Von Dipl.-Ing. Johannes Bauer Unter gestrichenen Papieren versteht man allgemein Papiersorten, die vor der eigentlichen Verwendung im graphischen Gewerbe noch einer besonderen Bearbeitung in den Papierstreichereien unterworfen sind. Diese besteht darin, daß das Rohpapier durch besondere maschinelle Einrichtungen mit einer milchigen Suspension von geschlämmten Weißpigmenten überzogen wird, wobei auch gegebenenfalls bunte Farbstoffe mit verwendet werden. Drei große Gruppen gestrichener Papiere Man unterscheidet im allgemeinen drei große Gruppen gestrichener Papiere. Als erste Gruppe könnte man die sogenannten Kunstdruckpapiere nennen, welche gewöhnlich auf beiden Seiten gestrichen sind und fast ausschließlich für Buchdruck (Autotypie) Verwendung finden, so zum Beispiel für illustrierte Zeitschriften. Die zweite Gruppe stellen die sogenannten Chromopapiere dar, welche gewöhnlich nur auf einer Seite einen Strich erhalten haben. Diese werden in erster Linie für die Naßdruckverfahren, wie zum Beispiel Stein-, Zink- oder Offsetdruck, benötigt. Chromopapier wird daher vor allem für alle Verpackungsarten verwendet, die eine saubere Druckarbeit benötigen. Als dritte Gruppe wären die sogenannten Buntpapiere zu bezeichnen, die dadurch gekennzeichnet sind, daß sie weniger für Druckzwecke als vielmehr für Ausstattungsbedarf Verwendung finden. Sie haben auch meistens einen sehr hohen Glanz, der mittels Steinglätte erzeugt worden ist. Alle drei gestriche* nen Sorten haben große Exportbedeutung. G e s t r i c h e n e P a p i e r e in d e r g r a p h i s c h e n Industrie Die Frage, warum man gestrichene Papiere in der graphischen Industrie benötigt, ist eigentlich erst dann erschöpfend zu beantworten, wenn man die optischen Grundlagen, das heißt die Naturgesetze der Licht- und Farbenerscheinungen in der Drucktechnik, versteht. Bekanntlich müssen alle farbigen Originalbilder, die man mittels eines Druckverfahrens vervielfältigen will, in 142

einem photographischen Reproduktionsverfahren in verschiedene Farben und damit druckfertige Metallplatten (Klischees) zerlegt werden. Diese Zerlegung geschieht dadurch, daß man das farbige Originalbild durch verschiedenfarbige Filter photographiert, wobei man gleichzeitig eine Art feinstes Sieb vorschaltet. Durch dieses optische Sieb, den sogenannten Raster, wird das Bild in feinste Teilchen zerlegt, so daß man später im Druck aus diesen Einzelteilchen wieder das Gesamtbild mosaikartig zusammensetzen kann. Gewöhnlich photographiert man heute durch gelbe, rote und blaue Filter, um auf diese Weise die drei verschiedenfarbigen Druckplatten zu erhalten. Der sogenannte Raster muß in der Größenordnung so klein gewählt werden, daß er einesteils von unserem Auge nicht mehr als mosaikartige Struktur aufgelöst wird und anderenteils sich der mehr oder weniger ungleichmäßigen Faserstruktur der Papieroberfläche anpassen kann. Normales ungestrichenes Papier hat durch seine Faserstruktur keine gleichmäßige und geschlossene Oberfläche, wie sie für feine Rasterdrucke in der Größenordnung von etwa 80 Linien je Zentimeter in Frage kommt. Ein solcher Rasterpunkt hat etwa die Größe von ein Sechszehntel Millimeter. Die Faserlängen von Papier bewegen sich gewöhnlich in der Größenordnung von ein Zehntel bis anderthalb Millimeter. Daraus ist schon ersichtlich, daß die Papieroberfläche für derartig kleine Punktelemente ein zu grobes Gefüge hat. Sind dagegen auf diese Faserstruktur des Papiers fein geschlämmte Weißpigmente, wie zum Beispiel Kaolin (Silikate), BariumSulfat oder Glanzweiß (Kalziumsulfoaluminat), aufgetragen, deren Korndurchmesser etwa ein Tausendstel bis ein Fünfzigsel Millimeter groß ist, dann ist die Papieroberfläche durch diese optisch nicht mehr auslösbaren Teilchen zu einer geschlossenen gleichmäßigen Fläche ausgebildet worden. Erst eine solche geometrische Ebene ist in der Lage, auch die feinsten Rasterpunkte gleichmäßig anzunehmen, wie dies für alle photographieähnlichen Bildwiedergaben notwendig ist. Weiterhin ist dabei wichtig, daß ungestrichenes Papier die Drudefarbe infolge der Saugfähigkeit der einzelnen Fäserchen nach allen Seiten hin mehr oder weniger auslaufen läßt. Papier besteht aus einem kommunizierenden Röhrensystem, wobei schon die Zellstoffaser selbst heterokapillar ist, das heißt aus submikroskopischen Spalten und Hohlräumen besteht. Dadurch wird ein feinrastriger Drude auf einer ungestrichenen Papieroberfläche nicht mehr sauber ausdrucken können. Die Rasterpunkte laufen ineinander, und die Bildwirkung wird vernichtet. Wir sehen also, daß eine der Hauptaufgaben des gestrichenen Papiers darin liegt, für feinrastrige Druckarbeiten eine geeignete Unterlage zu bieten. Man könnte denken, daß durch starkes Glätten (Kalandern) auch dem Rohpapier leicht eine homogene Oberfläche gegeben werden könnte. Das Gegenteil ist jedoch der Fall. Durch das Kalandern werden die dickeren Stellen des Faserfilzes besonders stark zusammengepreßt, so daß sie weniger saugfähig für die Druckfarbe werden. Die Ungleichmäßigkeit der Farbaufnahme wird dadurch also noch erhöht. 143

Der

Farbenreiz

„Weiß"

Außer der optischen Zerlegung, die im graphischen Gewerbe ein Haupterfordernis ist, verlangt auch die additive oder substraktive Farbmischung der Druckfarben eine möglichst weiße Oberfläche des Papiers. Durch die Faserstruktur des ungestrichenen Papiers kann niemals eine gute Weiße erzielt werden. Der Farbenreiz „Weiß" entsteht nämlich dadurch, daß das Licht nach allen Seiten hin gleichmäßig zerstreut zurückgeworfen wird, wie dies zum Beispiel bei Schnee offensichtlich ist. Man mußte deshalb, um eine gleiche optische Wirkung bei Papier zu erzielen, nach Mineralien suchen, die ähnliche optische Eigenschaften wie Schnee haben. Derartige Produkte fand man in den weißen Erden (Silikate) oder chemisch gefällten Pigmenten, wie zum Beispiel Bariumsulfat und Kalziumsulfoaluminat. Durch ihre feine Korngröße werden alle Anforderungen an ein gutes Druckpapier erfüllt. Die feinen Teilchen füllen die Zwischenräume der ungleichmäßigen Faserstruktur aus und bewirken dadurch eine geschlossene Oberfläche. Gleichzeitig haben sie die genannten Lichtbrechungseigenschaften, so daß sie höchste Reinheit des Farbenreizes „Weiß" ermöglichen. Man kann den Weißgehalt eines Pigmentes zahlenmäßig dadurch festlegen, daß man den sogenannten Lichtbrechungsindex physikalisch bestimmt. Dieser Lichtbrechungsindex ist ein direktes Maß für die optische Weiße. So hat zum Beispiel Titandioxyd einen Lichtbrechungsindex von 2,60, Zinksulfid = 2,37, Bariumsulfat = 1,65 und Kaolin (Silikate) = 1,55. Die Leuchtkraft der Druckfarben hängt aufs engste mit diesem Weißgehalt der Papieroberfläche zusammen. Aber auch beim schwarzen Buchdruck, der gestochene Schärfe haben soll, ist die hohe Kontrastwirkung zwischen Papierweiße und Druckerschwärze von ausschlaggebender Bedeutung. Hierbei treten an den Grenzflächen gewisse Brechungserscheinungen auf, die einesteils die schwarze Farbe noch vertiefen und anderenteils die weiße Farbe des Papiers noch heller erscheinen lassen. Ohne diesen Farbenkontrast könnte man überhaupt nicht lesen, da die einzelnen Buchstaben wegen der optisch mangelhaften Bilderzeugung unscharf wären und mit ihren Randsäumen übereinandergreifen würden. Selbst gutdeckende Druckerschwärze wirft noch etwa 15 Prozent des vom weißen Grund reflektierten Lichtes zurück, so daß hier eigentlich anstatt Schwarz nur Grau erscheinen müßte. Aber die Abgrenzung eines schwarzen Buchstabens, die nur auf gestrichenem Papier so scharf möglich ist, erzeugt ein weißes Kontrastfeld am Buchstabenrand, so daß der Buchstabe um so schwärzer erscheint. So beobachtet man vergleichsweise auch an der Giebellinie eines sich gegen den Himmel abhebenden Hausdaches einen hellen Randsaum. Dies ist ebenfalls eine solche Kontrasterscheinung, die jedoch nicht ein physiologisches Nachbild, sondern einen simultanen (gleichzeitigen) Helligkeitskontrast darstellt. 144

Kontrastwirkung Papieroberfläche

zwischen

Druckfarben

und

weißer

Grundsätzlich sind die meisten Druckfarben keine echten Deckfarben, sondern sogenannte durchscheinende Lasurfarben, deren farbige Reflexionen nur auf ganz weißem Untergrund, also auf gestrichenem Papier, vollkommen sein kann. In der Drucktechnik sind ja die gewöhnlichen bunten Farben nicht die eigentliche Schwierigkeit. Die Lebendigkeit und die Leuchtkraft eines gedruckten Bildes hängt davon ab, welche Kontrastwirkung zwischen den Druckfarben und der weißen Papieroberfläche erreicht worden ist und welchen Umfang die photosynthetische Aktivität der verwendeten Weißpigmente angenommen hat. So ist zum Beispiel in der Drucktechnik die Darstellung des Metall- und Silberglanzes, der Spiegelung von Glas oder des fließenden Glanzes von Seide und Geweben die schwierigste Aufgabe, die nur auf gestrichenem Papier zu lösen ist. In diesem Zusammenhang könnte man vielleicht sagen, daß die Farbe „Weiß" drucktechnisch nicht darstellbar ist, obwohl sie zur Leuchtkraft von Druckfarben unbedingt vorhanden sein muß. Aber der Farbenreiz „Weiß" entsteht nur dann, wenn, wie bereits gesagt, durch absolut deckende Weißpigmente eine diffuse Reflexion vorhanden ist. Durch die Rasteraufteilung in der Drucktechnik ist deswegen grundsätzlich die Farbe „Weiß" nicht darstellbar. Man könnte also sagen, gestrichene Papiere verdanken ihre Entstehung der Tatsache, daß man deckende weiße Farben normalerweise in den üblichen Verfahren nicht drucken kann. Vorteile

gestrichener

Papiere

beim

Druck

Trotz der bedeutend höheren Leuchtkraft aller Druckfarben auf gestrichenem Papier ist der Druckfarbenverbrauch wesentlich geringer als auf einer ungestrichenen Papierfläche. Bei Flächendruck kann diese Druckfarbenersparnis vergleichsweise bis etwa 90 Prozent betragen. Gestrichene Papiere ermöglichen grundsätzlich eine schnellere chemische Trocknung der Druckfarben durch Oxydation und Polymerisation, während ungestrichene Papiere durch ihre große „innere Oberfläche" starkes Aufsaugen des Farbenbindemittels verursachen. Weiterhin kann man sich vorstellen, daß bei der Verwendung gestrichener Papiere die Herstellung von Druckplatten nicht so sorgfältig und auch ihre Ätzung nicht so tief ausgeführt zu werden braucht. Dadurch tritt sowohl Metallersparnis an Zink und Aluminium als auch ein großer Zeitverlust in der gesamten Zurichtung ein. Im Offsetverfahren werden gestrichene Papiere auch deswegen bevorzugt, weil das Abheben von feinen Fäsrechen, das sogenannte Stäubchen, das den Auflagendruck bei ungestrichenem Papier manchmal sehr erschwert, voll10 Hess, Veredelung des Papiers

145

kommen unmöglich ist und dadurch Ausschuß und Stillstand verringert wird. Die vollkommen geschlossene Oberfläche gestrichener Papiere ermöglicht auch erst die f ü r viele Zwecke notwendige Lackierung von Papier. Auch das Dehnungsvermögen von gestrichenem Papier ist durch die Art seiner Herstellung um 50 Prozent gemindert. Diese Tatsadie bedeutet eine wesentliche Erleichterung bei den sogenannten Paßunterschieden, die zwischen den einzelnen Rasterdrucken auftreten können. Dadurch wird die oftmals notwendige Neuanfertigung von Metallklischees überflüssig und damit wertvolles Material eingespart. Bei der Verwendung von gestrichenem Papier tritt auch eine wesentliche Faserersparnis ein. Ein normales Chromopapier von 100 g/qm enthält etwa 30 Prozent anorganischer Mineralbestandteile, so daß auch nach dieser Richtung hin gestrichene Papiere an der Lösung wichtiger volkswirtschaftlicher Aufgaben beteiligt sind. Das Streichen der

Rohpapiere

Zur eigentlichen Herstellung der gestrichenen Papiere ist wichtig zu wissen, daß sich hierfür nur besondere Rohpapiere eignen. Denn durch den Streichprozeß wird das Rohpapier nochmals vollständig durchweicht und wiederum getrocknet und geglättet. Diese starke Beanspruchung würde ein ausgesprochenes minderwertiges Rohpapier nicht aushalten. U m die Weißpigmente auf Papier zum Haften zu bringen, sind natürlich leimartige Bindemittel notwendig. Man hat hierzu früher fast ausschließlich Kaseinleim verwendet, ein Produkt, das aus Milch gewonnen wird. Neuerdings sind an die Stelle dieses Milcheiweißes pflanzliche Kohlehydrate (Stärke) getreten. Man kann selbstverständlich auch Zellulosederivate f ü r diese Zwecke benutzen. Es eignen sich hierzu aber auch künstliche Bindemittel, die sich auf der Basis von Polyviniloder Akrylsäuremethylester-Verbindungen aufbauen. Die synthetischen Produkte können jedoch infolge ihrer hohen Viskosität nicht in der üblichen Weise verstrichen werden. Die

Streichfarben

Die Papierstreicherei ist in technologischer Hinsicht verhältnismäßig einfach, da die hierfür verwendeten Maschinen in ihrer Konstruktion leicht zu übersehen sind. Die eigentliche Schwierigkeit liegt in der Herstellung der geeigneten Streichfarben, so daß man die Papierstreicherei als ein Benetzungsproblem betrachten kann. Die Streichfarbe enthält natürlich als Verdünnungsmittel viel Wasser. Gegenüber diesem Wasser ist Papier normalerweise besonders leicht benetzbar, während es gegenüber dem Bindemittel (organischen Kolloiden) eine geringere Benetzbarkeit zeigt. Dadurch tritt 146

eine gewisse Entmischung ein, die man bei der Zusammensetzung der Streichfarbe besonders berücksichtigen muß. Die Streichfarbe soll f ü r diese Zwecke eigentlich zwei Eigenschaften besitzen, die sich zunächst widersprechen: Einesteils soll die Streichfarbe so flüssig wie möglich sein, um sich gut auf dem Papier verteilen zu können, und anderenteils soll sie eine möglichst hohe Klebekraft besitzen. Man muß deshalb diesen Benetzungsvorgang durch geeignete Zusätze derart verlaufen lassen, daß in der ersten Phase der Benetzung eine hohe Oberflächenspannung der Streichfarbe vorhanden ist, die sich trotz der selektiven Wirkung des Rohpapiers in der zweiten Phase verringern soll. Diese Aufgabe erfüllen bis zu einem gewissen Grade die Streichbürsten, die durch elastische Stauung eine feine Verteilung der Pigmente bewirken. Dieser Benetzungsvorgang hängt jedoch nicht nur von der Streichfarbe ab, sondern in einem gewissen Grade auch von dem verwendeten Rohpapier. Das

Haften

der

Pigmente

auf

dem

Papier

Streichrohpapiere sollen möglichst einen zähen, elastischen und weichen Charakter haben. So hat besonders chlorierte Zellullose die Eigenschaft, Pigmente gut zum Haften zu bringen. Auch Oxyzellulose hat eine besondere Neigung, Metallsalze an sich zu ziehen, während die sogenannten Hemizellulosen besonders basische Farbstoffe fixieren. Auch die elektrischen Adhäsionskräfte zwischen Bindemittel und Papier spielen beim Streichvorgang eine wichtige Rolle. Man kann durch Zusätze von bestimmten Salzen, wie zum Beispiel Aluminiumsulfat, den Ladungssinn des Papiers oder auch der Streichfarbe dergestalt beeinflussen, daß das Zusammenhaften von Weißpigmenten und Papier besonders unterstützt wird. Das

Bindemittelproblem

Die Benetzungs- und Fixierungsprobleme der Papierstreicherei sind so vielseitig, daß deren Erforschung noch große Einsparungsmöglichkeiten von Bindemitteln vermuten läßt. Der aus Weißpigmenten und Bindemitteln bestehende Strich muß nach dem Eintrocknen die Eigenschaft haben, wiederum durch geringe Feuchtigkeitsaufnahme eine gewisse Quellung durchmachen zu können. Dies wird dann zur Bildung einer vollkommen geschlossenen Oberfläche auf dem Glättwerk (Kalander) benötigt. Die gestrichene Papieroberfläche soll nicht nur geschlossen und elastisch sein, sondern sie soll auch wasserabweisend (hydrophob) sein und der Druckfarbe eine besonders günstige Adhäsionsmöglichkeit bieten. Zusammenfassend darf man wohl die Papierveredlung als eine Industrie betrachten, die infolge ihrer Einsparung von Zellstoff, Druckfarbe und Metallen 10»

147

und der großen drucktechnischen Entwicklungsmöglichkeiten eine besondere Zukunftsbedeutung haben wird, besonders auch dann, wenn durch eine noch bessere Lösung des Bindemittelproblems auch minderwertige Rohpapierqualitäten verwendet werden können. Die Aufbereitung der Streichfarben *) Die vorangegangenen und noch folgenden Ausführungen lassen unschwer erkennen, daß die Streichfarbe eine Rolle von grundlegender Bedeutung für die Lösung aller Probleme und für den Gütegrad des Fertigproduktes (nämlich das gestrichene Papier) spielt. Art und Qualität der Streichfarben-Rohstoffe, deren mengenmäßige folgenrichtige Beigabe nach ganz bestimmten individuellen Rezepturen erfolgt, sowie die Art der Arbeitsweise für die Farbaufbereitung angewendeten Maschinen hängen auf das Innigste voneinander ab und bestimmen den Grad der Qualität der Streichfarbe. Fehler, die sich schon in diesen Komplexen einschleichen, lassen sich trotz aller Bemühungen in den weiteren Prozessen nicht mehr eliminieren! Nicht nur das Endprodukt hängt ganz mittelbar von vorstehenden Fakten ab, sondern ebenfalls das „Wie" des Ablaufs des eigentlichen Streichprozesses, was bei Blade-Streichmaschinen besonders auffälig wird. Die Streichfarbe ist eine Suspension, bestehend aus geschlämmten mineralischen Weißpigmenten (Kaolin, Satinweiß, Blanc fix, China clay, Kalziumkarbonat, Titandioxyd usw.), dem Bindemittel (Kasein, Stärke C M C unter Mitverwendung von Kunststoff-Dispersionen auf Basis von Mischpolymerisaten der Acrylester und das Butadiens) und Wasser als Suspendiermittel. Die in ihren Eigenschaften sehr unterschiedlichen Pigmente, die Bindemittel und die sonstigen Ingredienzen sollen durch den Aufbereitungsprozeß untereinander so gleichmäßig wie nur möglich verteilt bzw. miteinander vollkommen knötchenfrei vermischt, verbunden und feinstverteilt in Wasser suspendiert gehalten werden. Für die spätere Rupffestigkeit des Striches ist es sehr wesentlich, daß praktisch jedes einzelne Pigmentteilchen vom Bindemittel umhüllt ist. Die Schnell-Aufbereitungsmethode arbeitet mit hochtourigem Werkzeug und vermag — zumal bei Anwesenheit von z. B. Satinweiß, Kasein und Kunststoffbinder — nicht allen Forderungen gerecht zu werden. Sie genügt nicht zu hochgeschraubten Ansprüchen, z. B. der Aufbereitung einfacher, stärkegebundener Kaolinfarben. Mit Beginn des Mischprozesses muß der Farbansatz ausreichend flüssig sein, was eine gleichmäßige Verteilung der Pigmente und * ) Dieser Beitrag ist eine technische Information der Jagenberg-Werke A.G. Düsseldorf

148

Umhüllung dieser mit dem Bindemittel in Frage stellt. Somit bergen derartig aufbereitete Farben die Gefahr des Rupfens in sich. Auch kann die starke Schaumbildung ein unlösbares Problem darstellen. Bei hohen Ansprüchen bedient man sich f ü r die Farbaufbereitung Maschinen, die in der ersten Phase den noch sehr hochviskosen Farbbrei intensiv kneten und in der zweiten Phase die durch Beigabe flüssiger Mittel mehr oder weniger flüssig gewordenene Farbe ebenso intensiv suspendieren. Eine typische, in vielen Streichereien vorhandene Knetmaschine arbeitet z. B. mit zwei nebeneinander liegenden, schräg angeordneten Mischtrommeln. Die Knetphase hat eine ungewöhnliche Intensität, was f ü r die Qualiätsfrage der Farbe von eminenter Bedeutung ist. Während des Knetens bei verantwortbarer Umfangsgeschwindigkeit der Knet-Scherwerkzeuge bieten die winkligen Räume, gebildet durch die Trommelmäntel und Trommelböden, den durch die Knetwerke ausgeübten Kräften den notwendigen Widerhalt; es wird somit unmöglich, daß das zu knetende Gut irgendwie den Werkzeugen ausweichen kann. Die kleinsten Kneter nehmen 40 1 und die größten 3000 1 auf. Zu einer kompletten Farbküche gehören weiterhin Bindemittelauflöser, Pufferbehälter zur Knetmaschine, Schüttelsiebe, eventuell Homogenisatoren, Vorratstanks mit Rührwerken, Dosier- und Meßuhren, eventuell Pumpen, Färb- und Reinigungsleitungen usw. Es ist vorteilhaft, die Maschinen etagenförmig aufzustellen und das natürliche Gefälle auszunutzen, falls man ein Zwischenschalten von Pumpen vermeiden will (siehe Tafel XI). Die Größe des Farbbedarfs und die wirtschaftlich-ökonomische Seite sind ausschlaggebend dafür, ob man halb- oder sogar vollautomatisch arbeiten sollte.

X.

Kapitel

Neuzeitliche Maschinen zur Veredelung durch Beschichtung Nachstehende Ausführungen befassen sich mit der Beschreibung einiger typischer maschineller Einrichtungen f ü r die Oberflächen-Verbesserung — allgemein mit „Veredlung" bezeichnet — von Papier- und Kartonbahnen und stützen sich auf das derzeitige Fabrikationsprogramm der JagenbergWerke A G , Düsseldorf. Die Symbiose der Stoffe Papier und Streichfarbe, Papier und Kunststoff, Papier und Folie z. B. hat sowohl technisch als auch wirtschaftlich eine hervorragende Bedeutung gewonnen, einerseits für den Bedruck- und Verpakkungskomplex und andererseits wegen Erfüllung der steigenden Ansprüche an den optischen, werbenden Eindruck. Die Darlegungen sind in Sachgebiete unterteilt wie Streichen in und außerhalb der Papiermaschine und Kartonmaschine, Beschreibung und Einsatzmöglichkeiten verschiedener Streichmaschinen, Trockeneinrichtungen, Kunststoff-Beschichtungsanlagen, Groß- und Kleinlaboranlagen, und im letzten Kapitel wird einiges über Folien-Kaschieranlagen gesagt. Geschichtlich gesehen reicht das Streichen von Papierbahnen bis in die zweite Hälfte des vorigen Jahrhunderts zurück. Die Kunststoff-Beschichtung dagegen ist für Europa eines der jüngsten Kinder, deren Geburtsstunde mit etwa 1950 angesetzt werden kann. Trotz der verhältnismäßig kurzen Zeit bis heute haben die mit Kunststoff beschichteten Papiere einen großen Aufschwung erlebt; auf die Verpackung allein entfallen rund 45 v. H . der in Westdeutschland verbrauchten Menge an Papier und Karton. Die älteste maschinelle Einrichtung zum Streichen ist die sogenannte BürstenStreichmaschine. Sie arbeitet in der Weise, daß mittels Walzen oder endlosen Filztüchern die Farbe auf die Papierbahn aufgetragen wird. U m einen Zylinder herum angeordnete Verstreichbürsten, die teilweise oszillieren, verstreichen die Farbe und schaffen eine gleichmäßige, glatte Oberfläche. Die Trocknung der Bahn geschieht in Hängetrocknern, in denen die Bahn in Form weit durchhängender Schlaufen auf Stäben durch einen beheizten Raum transportiert wird. 150

Bis auf den heutigen Tag sind vorstehend beschriebene Anlagen, obwohl in geringem Umfang, noch in Betrieb. Sie arbeiten grundsätzlich unabhängig von Papiermaschinen, also als Separat-Anlagen. Der Arbeitsbreite und der Arbeitsgeschwindigkeit sind aus konstruktiven Gründen Grenzen gesetzt, so daß sie den heutigen Ansprüchen nicht mehr gewachsen sind. Scharfer Konkurrenzkampf führte mehr und mehr zur Rationalisierung, auch auf dem Papiersektor. Die Rationalisierungsmaßnahmen der Streichereien war u. a. der Anstoß zur Entwicklung von Streichanlagen in Papiermasdiinenbreite mit sehr hohen Arbeitsgeschwindigkeiten. Ein weiterer Weg dazu wurde beschritten: man verlegte den Streichprozeß in die Papiermaschine oder Kartonmsachine, um die Kosten eines separaten Arbeitsprozesses einzusparen. Damit mußte man jedoch zugleich die bisherigen Ansprüche an die Qualität des Fertigproduktes mehr oder weniger herunterschrauben. Somit entstand eine neue Klasse gestrichener Papiere mit der Bezeichnung PMS-Papiere ( = Papiermaschinen-Strich). Diese Sorten können und wollen auch nicht mit Kunstdruckpapieren, die man ausschließlich in Separatanlagen herstellt, konkurrieren. Man spricht beim Streichen innerhalb der Papiermaschine vom on-machine-coating-Verfahren und beim Streichen mit Separat-Anlagen vom off-machine-coating-Verfahren. Die Meinungen, ob die onoder off-machine-coating-Methode die richtigere ist, gehen in Fachkreisen weit auseinander. Diejenigen, die z. B. die mit dem Betrieb einer Papiermaschine nun einmal verbundenen Schwierigkeiten zu beschränken wünschen, greifen zur hochtourigen Separat-Anlage, auch dann, wenn Papiere mit Maschinenstridi-Charakter hergestellt werden sollen. Streidianlagen und Maschinen zum Einbau in Papier- und Kartonmasdiinen Die gesteigerten Ansprüche an die Papiereigenschaften, welche die Druckqualität beeinflussen, lassen sich mit den in Papiermaschinen und Kartonmaschinen eingebauten Leimpressen nur im geringen Umfange erfüllen. Es fehlt den Leimpressen-gestrichenen Papieren an ausreichend glatter, ebener Oberfläche, weil der hohe Liniendruck des Leimpressen-Walzenwerkes den Pigmentstrich in das Papiergefüge zum größten Teil einpreßt. U m diesen Nachteil zu beheben, ging man dazu über, andere Typen von Streichmaschinen allein oder aber gleichzeitig mit der Leimpresse einzubauen. Teilweise verzichtet man ganz auf die Leimpresse und baut zwei Streichmaschinen unterschiedlicher Streichmethoden ein, um durch Addition der positiven Seiten des einzelnen Verfahrens die Qualität des Endproduktes zu steigern. Man gibt Streichmaschinen den Vorzug, deren Arbeitsweise den Strich auf der Oberfläche der Bahn belassen. 151

Luftmesser-Maschinen Für die Papiermaschinen kommen Luftmesser-Streichmaschinen kaum in Frage, weil in schnell laufenden Papiermaschinen die mit der Streichfarbe anfallende Wassermenge sehr reichlich wäre und genügend lange Kanaltrockner nur schwerlich in der Papiermaschine untergebracht werden könnten, ganz abgesehen von eventuellen Schwierigkeiten wegen der langen Papierbahnzüge. Zum Einbau in Kartonmaschinen sind Luftmesser-Maschinen gut geeignet, worauf nachstehend noch eingegangen wird. Rollrakel-Maschinen haben sich zum Streichen sowohl in Papiermaschinen als auch in Kartonmaschinen bewährt. Für doppelseitigen Strich ist der Einbau von zwei Maschinen erforderlich. Rollrakel-Maschinen eignen sich für Strichstärken bis zu 10 g/qm. Zuweilen baut man mehrere Maschinen hintereinander ein, um dadurch das Strichgewi cht erhöhen zu können. Glättschaber-Maschinen haben sich ebenfalls für PMS-Papiere und Chromokartons bewährt. Für doppelseitigen Strich werden zwei Maschinen eingebaut. Aus verschiedenen Gründen (Gefahr des Herausreißens von Fasern, ungleichmäßiger Saugfähigkeit) kann es von Vorteil sein, wenn dem Glättschaber-Strich z. B. ein Leimpressen-Strich (als Grundstrich) vorhergeht. Es lassen sich mit der Glättschabermaschine wasserarme Farben anwenden und Strichstärken von 15 g/qm — und höher — erzielen. Innerhalb der Papiermaschinen streicht man zumeist mit 8—10 g/qm/Seite. Die gestrichenen Flächen sind hochgradig glatt und gleichmäßig eben. Zum T r o c k n e n des Striches werden Hochleistungs-Düsenhauben verwendet, die über Zylindern angeordnet sind und Heißluft senkrecht auf die Bahn blasen. Von den äußeren Umständen abhängig, gelangen auch Trockenkammern zur Anwendung. Die Chromokarton-Herstellung ist symptomatisch für die on-machinecoating-Streichmethode. ökonomische Erwägungen werden keine geringe Rolle dabei gespielt haben, daß Kartonmaschinen-Einbau-Streichanlagen den ersten Platz in Europa einnehmen; Separat-Anlagen folgen in einigem Abstand. Der Wunsch nach Vier-Farben-Drudc von Kartonagen führte zur Umstellung vom Buchdruck auf den Offsetdruck, was zu einer Druckfarbeneinsparung zwischen 25 und 50% führte. Der Offsetdruck wiederum mit seiner gesteigerten Bildqualität förderte die Entwicklung vom Chromoersatz- zum weißgedeckten, wasserfest152

gestrichenen, gut geleimten Chromokarton. Die Lagen des 2—8lagigen Kartons können im Innern aus Altpapier, Natron-Cellulose, Stroh-Cellulose oder aus Mischungen bestehen. Für die aufgegautschte, weiße, zähe Deckschicht wird Natron-, Sulfit- oder Sulfat-Cellulose, holzhaltig oder holzfrei, verwendet. Vom Chromokarton wird gefordert: gute Bedruckbarkeit, Rillund Ritzfähigkeit. Das Streichen der Kartonoberfläche mittels Streichmaschinen erfolgt in der Schluß-Trockengruppe der Kartonmaschine, nachdem im Karton nur noch etwa 20% Restfeuchte enthalten ist. Als Streicheinrichtung konnte sich die Luftmesser- (airknife) Maschine auf breiter Basis durchsetzen. Sie ist durch ihre Streichmethode flexibel und daher sehr anpassungsfähig, liefert gut opake Striche und erfordert ein Mindestmaß an Wartung. Qualität-Chromokartons weisen Striche von 20—22 g/qm auf; es lassen sich jedoch auch dünne Striche, z. B. ab etwa 5 g/qm auflegen, was im wesentlichen nur eine Frage der Fließeigenschaften der zur Anwendung gelangenden Farben ist. Ganz besonders hohe Ansprüche an eine geometrisch gleichmäßige, vollkommen ebene, sehr glatte Oberfläche des Chromokartons führte zum gleichzeitigen Einbau von zwei Streichmaschinen, und zwar einer Glättschaber-Maschine, die den „Grundstrich" aufträgt, und einer LuftmesserMaschine für den Deckstrich. Eine derartige Methode ist in der Lage, Forderungen nach Spitzenqualitäten zu erfüllen. Auch andere Kombinationen werden abhängig von den jeweils vorliegenden Belangen gewählt, wie z. B. Leimpresse + Luftmesser- oder Rollrakel- oder Glättschaber-Maschine, Rollrakel-Maschine + Luftmesser- oder Glättschaber- oder RollrakelMaschine. Teilweise wird auch nur mit Rollrakel- oder Glättschaber-Maschine gearbeitet. Einbau-Streichanlagen für 4000 mm Bahnbreite mit LuftmesserMaschine in Frankreich und Glättschaber-Maschine in Italien stellen z. Z. die breitesten dar. Hinsichtlich der Trocknung des Striches gilt das Gleiche wie vorstehend gesagt. Bei Heißluft-Kammertrocknung ist eine Zylinder-Nachtrocknung von Vorteil. Vor dem Aufrollen unterliegt der Strich einer Nachbehandlung durch ein Stahlwalzen-Glättwerk unter Beachtung des Kartonvolumens, das erhalten bleiben soll. Soll der Kartonstrich mehr oder weniger Glanz aufweisen, um Tonwert-, Farbwiedergabe sowie Farbglanz und Brillanz des Druckes zu steigern, also letzten Endes die lichtreflektierende Wirkung der Strichfläche zu erhöhen, so unterwirft man den Karton einem Bürstprozeß mittels drei bis acht rotierender Bürsten. Als Borstenbesatz wählt man z. B. Roßhaar. Durch das Bürsten wird der Strich zugleich gegen Griff unempfindlich. Kartons, die nach dem Bedrucken lackiert werden, bleiben ungebürstet. 153

Gegen das „Stäuben" der Kartonrückseite werden verschiedene Verfahren angewendet, z. B. Auftragen einer Nachleimlösung mit der Leimpresse oder Anwendung eines Wasserschabers am Glättwerk. Separat-Streidianlagen (Tafel XII) Man unterscheidet Streichanlagen f ü r einseitigen Strich (doppelseitig in zwei Arbeitsgängen) und solche f ü r doppelseitigen Strich in einem einzigen Arbeitsgang. Die Anlagen lassen sich mit verschiedenartig ausgebildeten Auftragwerken ausrüsten, wozu aus dem Lieferprogramm der J A G E N B E R G W E R K E zur Verfügung stehen: a) b) c) d)

Luftmesser-Maschinen, Luftmesser-Glättwalzenmaschinen, Glättschaber-Maschinen, Rollrakel-Streicheinrichtungen,

e) Maschinen mit Mehrwalzenwerk und Luftmesser, f) Maschinen mit Mehrwalzenwerk (System Contra-Coater) und Luftmesser-Glättwalzen, g) Glättwalzen-Maschinen. Auch findet man in ein und derselben Streichanlage verschiedene vorgenannter Maschinen-Typen, z. B. wenn durch Additions-System besonders hohe Effekte erzielt werden sollen. Die Maschinen a)—f) sind f ü r einseitig wirkende Anlagen, die dann (abgesehen v o m Additions-Verfahren) nur eine einzige derartige Maschine aufweisen. Falls man in einem einzigen Arbeitsgang doppelseitig zu streichen wünscht, wählt man zu einer Anlage jeweils zwei Maschinen der Gruppe a)—d). Die Ausführung einseitiger Striche ist mit einer solchen Anlage ebenfalls möglich, wobei etwa doppelte Geschwindigkeit erreicht würde. Die Auftragmaschinen der Gruppe e), f) sind für Mehrzweck-Auf traganlagen bestimmt, die z. B. zum Streichen, Gummieren, Beschichten, Silikonisieren und Lackieren eingesetzt werden sollen. Anlagen mit Maschinen der Gruppe a), b) können entsprechend eingerichtet werden, daß man streichen und auch kunststoff-beschichten kann; in diesem Fall sollte man die Anlage nur einseitig wirkend auslegen; demzufolge wären doppelseitige Striche in zwei Arbeitsgängen auszuführen. Eine Anlage mit einer Glättwalzen-Maschine der Gruppe g) verfügt für doppelseitiges Streichen nur über diese eine Maschine; ebenfalls ließe sich einseitig gestrichenes Papier durch entsprechende Vorkehrungen herstellen. 154

Arbeitsweise der Separat-Streichanlage Der Ablauf des Streichprozesses ist wie folgt: Bei einseitig wirkenden Streichanlagen gelangt das Gut (Papier, Karton) von der Doppelabrollung über eine Vorzugpartie in die Streichmaschine und erhält dort den Farbauftrag. Von dort wird es in die Trockenpartie geführt und nach erfolgter Trocknung ausgerichtet, ausgekühlt und mittels einer Aufrollung, die über zwei Wickelstationen verfügt, aufgerollt. Der Rollenwechsel erfolgt bei laufender Anlage, also kontinuierlich. Bei doppelseitig wirkenden Anlagen, die über z w e i Auftragmaschinen und z w e i Trockenkanäle verfügen, verläuft der erste Teil des Arbeitsprozesses wie vorstehend geschildert. Der zweite Teil besteht darin, daß die Bahn nach Verlassen des ersten, also des unteren Kanals, einer zweiten Vorzugpartie und von dort aus der zweiten Auftragmaschine zugeführt wird. Anschließend gelangt das Gut in den zweiten, also oberen Kanal, und wird in Richtung auf die erste Auftragmaschine zurückgeführt, dann ausgerichtet, ausgekühlt und aufgerollt. Der Verlauf des Arbeitsprozesses bei Glättschaber-Streichanlagen (einseitig oder doppelseitig wirkend) ist im großen und ganzen wie vorstehend beschrieben. Anstelle von Kanälen bedient man sich vorzugsweise Trockenzylindergruppen und Düsen-Heißlufthauben. Bei doppelseitig wirkenden Glättwalzen-Streichanlagen (Tafel XII) durchläuft die von der Streichmaschine kommende Bahn einen Vortrockenkanal, durch welche sie mittels Luftkissen- bzw. -polster freischwebend getragen und der Strich auf ca. 6 0 % getrocknet wird. Ein hinter dem LuftpolsterKanal (der bis zu etwa 40 m lang sein kann) stehender Vakuum-Zugtisch übernimmt den Bahntransport durch den Vortrockner. V o m Zugtisch aus durchläuft die Bahn die Fertigtrockenpartie (was ein Kanal-Trockner oder eine Zylinderpartie mit oder ohne Hauben sein kann), anschließend den Klimakanal, die Ausricht-, Vorzug- und Kühlpartie und wird dann aufgerollt. Sämtliche vorerwähnten Streichanlagen lassen sich durch KlimatisierungsEinrichtungen ergänzen, wodurch unter anderem das Papier entspannt und die Flachlage verbessert sowie der Glanz nach dem Kalandrieren beträchtlich gesteigert wird. Man wählte dazu bisher Kanalanlagen in klassischer Ausführung oder Aufsprüheinrichtungen. Ein ziemlich neues, aber dennoch schon erprobtes Verfahren besteht im Versprühen eines außerordentlich gleichmäßig feinen Luftaerosols in einem elektro-statischen Kraftfeld von etwa 100 000 Volt. Dabei dringen die Wasserpartikelchen, die gleich polar geladen sind, zufolge der auf sie wirkenden hohen Beschleunigung tief in das Papier/Kartongefüge ein. 155

Als Antrieb für Streichanlagen werden zumeist synchron laufende Gleichstrommotoren verwendet, die über Leonardsatz, Magnetverstärker oder Silen-Gleichrichter gespeist werden. Nachstehend sollen die wichtigsten der zum Streichen zur Verfügung stehenden Auftragmaschinen näher erläutert werden. 1. Die Rollrakel-Mascfaine wird zumeist für gestrichene Papiere und Kartons mit „Masdiinen-StrichCharakter" verwendet, also f ü r die Herstellung von IllustrationsdruckPapieren und Chromokartons niedriger bis mittlerer Qualität. Erhöhung des Streicheffektes erreicht man durch Hintereinanderschaltung von zwei oder mehreren Maschinen, so daß sich die einzelnen Auftraggewichte addieren. A u d i wird die Rollrakel-Maschine f ü r die Herstellung von vorgestrichenem Papier verwendet, welches in einer Separat-Anlage weiter behandelt werden soll. Die Arbeitsbreiten dieser Maschine entsprechen den Papier- und Kartonmaschinen-Breiten. Es lassen sich Strichgewichte zwischen 6—10 g/qm erreichen unter Verwendung von Farben mit 4 0 — 4 5 % Feststoffgehalt. Dosierung und Egalisierung des Striches übernimmt die Rollrakel. Die ausfahrbar gestaltete Maschine weist eine regelbar angetriebene Auftragwalze und eine beidseitig angetriebene Spiralrakel-Einrichtung auf, die der Auftragwalze folgt und in horizontaler und vertikaler Richtung verstellbar ist. Die Maschine wird mit eingebautem Antrieb geliefert, so daß beim Einbau weiter nichts mehr vorgesehen werden muß. 2. Die Glättschaber-Masdiine (Tafel XIII) qualifiziert sich hervorragend f ü r die Produktion von guten Magazin-, Tiefdruck- und Illustrationsdruckpapieren mit niedrigen Strichgewichten bei hoher Arbeitsgeschwindigkeit. Bei zweimaligem Bahndurchlauf durch eine Separat-Anlage lassen sich auch hochwertig gestrichene Kunstdruckpapiere mit hohen Auftraggewichten bei überdurchschnittlichen Geschwindigkeiten erzeugen. Wie Mikroaufnahmen zeigen, folgt der „Blade" -Strich nicht den Konturen des Rohpapiers/Kartons, sondern zeigt eine absolut plane, geschlossene, glatte Oberfläche. Glättschaber-Maschinen, auch „Blade-Coater" oder in den U S A unter der Bezeichnung „Trailing-Blade-Coater" bekannt, können in Papier- und Kartonmaschinen oder in Separat-Streichanlagen eingebaut werden. Auch wird die Glättschaber-Maschine gerne für den Grundstrich verwendet und ihr eine zweite Streichmaschine — z. B. eine Luftmesser-Maschine — nachgeschaltet, wenn man besonders hohe Stricheffekte zu erzielen wünscht. 156

Die Arbeitsbreiten entsprechen den Papier- und Kartonmaschinen-Breiten. Die Arbeitsgeschwindigkeit kann 600 m/min und hoher sein. Die Strichgewichte bewegen sich normalerweise zwischen etwa 6—15 g/qm unter Verwendung von Farben bis zu 6 0 % Festbestandteilen. Mittels des Schaberblattes wird der Strich dosiert und egalisiert. Die Glättschaber-Maschine ist besonders robust konstruiert; die Stuhlungen nehmen die Bauelemente zum Auftragwerk auf, die dadurch spritzwassergeschützt sind. Fürden Farbauftrag steht einZweiwalzen-Auftragwerkzur Veriügung. Die Spaltbreite zwischen den Walzen läßt sich auf tausendstel genau einstellen und auf Doppelskalen ablesen. Sowohl in der Drehrichtung als auch in ihrer Drehzahl sind die Walzen einzeln veränderlich. Die jeweilig eingestellte Drehzahl wird auf dem Bedienungspult angezeigt. Die Auftragwalze wirkt gegen die angetriebene Schaber-Gegenwalze; auch der Spalt zwischen diesen beiden Walzen wird wie vorstehend beschrieben variiert und kontrolliert. Auf diese Weise gelangt der schon gleichmäßig verriebene, vordosierte Strich von unten auf die Bahn. Der Druck des Rakelmessers bestimmt endgültig das Auftraggewicht; während des Abrakelns wird der Pigmentstrich überraschend glatt und gleichmäßig. Die Stahlklinge hat eine Stärke von 0,2—0,4 m m und ist von einer preßluft-gesteuerten Klemmvorrichtung sicher gehalten. Der gesamte Schaberbalken ist in seiner Lage zur Bahn feinfühlig veränderlich; der Angriffswinkel ist verstellbar, um sich an unterschiedliche Auftragmedien in einem weiten Viskositätsbereich anpassen zu könen. Pneumatische und zusätzliche mechanische Stellvorrichtungen dienen zur Feineinstellung des Strichgewidites während des Laufs. Das Rakelmesser läßt sich in Sekundenschnelle auswechseln. Der beständige Farbfluß im kritischen Winkel zwischen Schaber und Bahn verhindert weitestgehend Streifenbildung, weil ein Ansammeln von Fremdkörpern verhindert wird. Sämtliche verstellbaren Organe werden untereinander abhängig von einem Schaltpult aus mittels Preßluft gesteuert. Der Antrieb sämtlicher Walzen erfolgt über Kardanwellen von einem Getriebe aus. Das Getriebe wird ferngesteuert und hat einen Hilfsmotor zum Antrieb des Auftragwerkes bei abgeschaltetem Hauptantrieb. Das Getriebe erhält seinen Antrieb z. B. von einem Synchron-Gleichstrommotor aus, der zum Mehrmotorensatz gehört. 3. Die Luftmesser-Maschine (Tafel XIII) verarbeitet alle n i e d r i g v i s k o s e n , w ä ß r i g e n Auftragmittel, z. B. Anilinfarben, Pigment-, Gold- und Silberbronzefarben, Streich- und Barytfarben, Tapetenfarben, Kunststoff-Dispersionen, Silikone, Organisole, Nachleimlösungen usw. Der Einsatz- bzw. Anwendungsbereich ist, wie man sieht, sehr vielseitig. Aus diesem Grund hat diese Maschine nicht nur in Europa 157

eine große Verbreitung gefunden f ü r die Herstellung von Qualitäts-Kunstdruckpapieren und -Chromopapieren, Chromokartons, Barytpapieren, Illustrationsdruckpapieren und Tapetenfonds, Gold- und Silberbronzepapieren, Bunt- und Glaspapieren, kunststoffbeschichteten Papieren für den Verpackungssektor, thermoplastischen Papieren f ü r Heißsiegelzwecke, korrosions-passivierenden Papieren f ü r Einpackzwecke, oberflächig nachgeleimten Papieren, Antiadhäsiv- und Haftklebepapieren und -folien usw. Bei der Luftmesser-Auftragmethode folgt der Strich der Struktur des Rohpapiers/Kartons. Man verwendet Luftmesser-Maschinen in Kartonmaschinen und in Separat-Anlagen. Die größte Arbeitsbreite in Europa beläuft sich z. Z. auf 4000 mm. Es lassen sich Strichgewichte zwischen 2 und 40 g/m 2 erreichen unter Verwendung von Farben mit maximal etwa 40°/o Festsubstanzen und Geschwindigkeiten bis zu 300 m/min. Der elastische, scharfe Luftstrom dosiert und egalisiert den Auftrag. Die Maschine wird in fünf Typen hergestellt, abhängig von der Arbeitsbreite, sowie mit oder ohne Preßluftsteuerungen. Mittels einer in der Drehrichtung veränderlichen und in der Drehzahl stufenlos regelbaren Walze wird die Auftragmasse von unten gegen die Bahn, zwar vordosiert, aber dennoch mit Uberschuß aufgebracht. Die Quantität des Uberschusses hat einen unbedeutenden Einfluß auf das Auftraggewicht. Der Umschlingungswinkel zwischen Bahn und Auftragwalze wird mittels beweglicher Walzen variiert. Von der Auftragwalze aus gelangt die Bahn auf die im kurzen Abstand vorgelagerte Luftmesser-Gegenwalze. Vor dieser ist der in seiner Lage verstellbare, ärodynamisch gestaltete Hohlkörper, das Luftmesser (auch airknife genannt), gelagert. Das Luftmesser wird beidseitig von einem Hochdruckgebläse mit Preßluft beschickt, deren Druck variierbar und auf Manometer ablesbar ist. Die Preßluft strömt aus dem sehr genau und schnell einstellbaren, in seiner Spaltbreite konstant bleibenden Luftmesserspalt (etwa 0,4—0,6 mm) gegen die Bahn. Der messerscharfe Luftstrom bläst den Überschuß (der zur Wiederverwendung aufgefangen wird) ab und glättet/egalisiert dabei den auf der Bahn verbleibenden Auftrag. Der Druck des aus dem Luftmesser austretenden Luftstrahles im Moment des Auftreffens auf die Bahn ist der maßgebliche Faktor f ü r abrakelnde, egalisierende Wirkung. Der Druck ist proportional der Luftgeschwindigkeit und kann auf 5 verschiedene Arten variiert werden. Der Auffangkasten, angeordnet unter dem Luftmesser, f ü r die abgeblasene Farbe hat eine ganz spezielle Ausführung und nutzt die Sekundär-Wirkung der Raumluft zwecks Sauberhaltung des Luftmessers aus. Der Vakuumzugtisch hält die Bahnspannung während des Auftragprozesses konstant und befördert die Bahn in die Trockenpartie. 158

Bei Hochleistungs- und breiten Maschinen sind sämtliche verstellbaren Organe voneinander abhängig mittels Preßluft gesteuert, und zwar von einem an der Maschinenstuhlung auf Führerseite angebrachten Schaltpult aus. Weiterhin lassen sich Vorkehrungen treffen, um dem Benetzungsproblem wirksam begegnen zu können bzw. um das Luftmesser in seiner abrakelnden Wirkung zu entlasten. Die Maschine bedarf eines separaten Antriebes, z. B. Synchron-Gleidistrommotor oder Längswelle mit Konusscheiben-Trieb. 4. Die Luftmesser / Glattwalzen-Maschine ist eine willkommene Ergänzung und Vervollkommnung vorhin besprochener Luftmesser-Maschine. Auch die Einsatzmöglichkeiten sind ähnlich. Die Glättwalzen-Nachegalisierung setzt man insbesondere für hochwertiggestrichene Kunstdruck- und Chromo-Papiere in Separat-Anlagen ein. Je nach Arbeitsbreite liegt die max. Arbeitsgeschwindigkeit bei etwa 200 m/ min und die größte Arbeitsbreite bei ca. 2600 mm für die derzeitige Konstruktion. Bei Verwendung der Glättwalzen kann man Strichstärken zwischen etwa 10 und 40 g/qm auflegen mit ca. 35%igen Farben. Der Strich wird mittels des Luftmessers dosiert und geglättet und durch die Glättwalzen nachegalisiert. Aufbau und Arbeitsweise ist der Luftmesser-Maschine identisch. Hinter dem Luftmesser folgen 4 regel- und horizontaleinstellbare, glanzverchromte Glättwalzen, die entgegen dem Uhrzeigersinn drehen. Für tadellose GlättwalzenNachegalisierung spielt auch die Thixotropie der Streichfarbe eine Rolle. 5. Die Glättwalzen-Streidimasdiine (Tafel X I V ) wiederum ist eine typische Maschine für doppelseitigen Strich und für die Herstellung erstklassiger Kunstdruckpapiere. Bei entsprechender Bahnführung können auch einseitig gestrichene Papiere hergestellt werden. Da das Auftragwerk einer Leimpresse sehr ähnlich arbeitet, lassen sich auch Illustrationsdruckpapiere oder nachgeleimte Papiere herstellen, wobei die Glättwalzen außer Bahnkontakt bleiben. Im großen und ganzen folgt der Strich der Strukturoberfläche des Rohpapiers/Kartons. Glättwalzen-Maschinen werden fast ausnahmslos in Separat-Anlagen verwendet. Einbau in Papiermaschinen beschränken sich auf Sonderfälle. Von der Arbeitsbreite abhängig, liegt für die derzeitige Konstruktion die max. Arbeitsgeschwindigkeit bei 200 m/min und die größte Arbeitsbreite bei 2600 mm; Maschinen, die nicht mit Glättwalzen ausgerüstet werden sollen, lassen sich auch breiter als genannt bauen. Das min. zulässige Papiergewicht wird von dessen Naßreißfestigkeit bestimmt; als leichtestes wurden bisher 159

50 g verarbeitet. Bei Anwendung der Glättwalzen lassen sich Striche zwischen 10 und 30 g/qm/Seite auflegen unter Anwendung etwa 35%iger Farben. Striche nach dem Leimpressensystem können mit etwa 3—6 g/qm/Seite bis zu 300 m/min gefahren werden. Im allgemeinen wird die Bahn bei doppelseitigem Strich durch die Farbsuspension getaucht; man kann jedoch die Farbe auch mittels der Tauchwalze gegen die Bahnunterseite auftragen und mittels Spritzrohreinrichtung die Farbe auf die Bahnoberseite auflaufen lassen. Der Spaltabstand eines preßluft- und fein-einstellbaren Zweiwalzen-Auftragwerkes bestimmt das Auftraggewicht. Nachdem die Bahn die Preßpartie verlassen hat, durchläuft sie eine stufenlos regelbare, horizontal verstellbare, glanzverchromte Glättwalzenpartie, deren Walzen teilweise mit und teilweise entgegen dem Uhrzeigersinn drehen und den thixotropen Strich egalisieren und glätten. Zumeist werden für den Antrieb der Maschine und der Glättwalzen synchron laufende Gleichstrommotoren verwendet. Trockeneinrichtungen Vorstehend wurde schon angedeutet, daß das mit den Streichfarben aufgebrachte Wasser in einer Trockenpartie verdunstet werden muß. Die Kapazität einer Trockenpartie wird entsprechend der max. anfallenden Wassermenge aufgrund von Erfahrungsformeln exakt berechnet. Die Wassermenge, die stündlich verdampft werden muß, ist ein Produkt aus Arbeitsbreite X 60 X Arbeitsgeschwindigkeit X Wassermenge/qm. Das daraus resultierende Produkt dividiert durch die spezifische Trockenleistung/qm/h ergibt die jeweils erforderliche Quadratmeter-Fläche der Trockeneinrichtung. Kammer- oder Kanaltrockner sind baukastenartig zusammengesetzt aus einzelnen, gleichlangen Sektionen. Somit läßt sich die Kapazität eines Kanaltrockners durch Hinzufügen weiterer Sektionen zu einem beliebigen Zeitpunkt steigern. Die Aufteilung in Sektionen erlaubt die Einstellung unterschiedlicher Temperaturen in jeder einzelnen Sektion, eine in der Praxis sehr bewährte Methode. Als Trockenmedium dient Heißluft, die mittels Sattdampf, Heizöl, Strom, Gas oder Flüssigkeitsmedien im üblichen Fall bis etwa 160° C aufgeheizt wird. Im allgemeinen gibt man einem papiergerechten, d. h. ruhigen Verlauf des Trockenprozesses den Vorrang zugunsten optimaler Effekte des Fertigproduktes. In technischer Hinsicht ist eine Hochleistungs-Trocknung, bekannt unter high-velocity-drying, keine Hexerei, die jedoch von Streichereien, die auf Qualität bedacht sind, abgelehnt wird. 160

Jede Sektion enthält Wärmeaustauscher, Gebläse nebst Motoren, luftführende Teile, diverse Einstellvorrichtungen, Fenster und Leuchten sowie quer zur Bahn angeordnete, dichtsitzende Blasdüsen mit schmalen Ausblasschlitzen in geeignetem Abstand von der Materialbahn. Temperatur und Luftfeuchte kann man, falls erwünscht, auch vollautomatisch regeln bzw. konstant halten sowie auf Fernmeldeanlagen abgreifen. Schon allein aus wirtschaftlichen Gründen arbeitet man im Misch/Umluftbetrieb, falls keine Lösungsmittel vorhanden sind. Die Frischluft wird dosiert dem Trockenkanal zugesetzt, und die Schwaden werden dosiert abgeführt mittels entsprechender Anlage. Als Transport verwendet man sowohl Leitwalzen als auch Ketten-Transportroste. Leitwalzen-Kanäle sind mit Bahn-Einzugsvorrichtungen ausgestattet. Nach A r t der Anlage wird die Bahn entweder nur einmal durch den Kanal geführt oder aber hin- und wieder zurückgeführt. Es sind auch andere Lösungen möglich. Kanäle f ü r gestrichene Papiere und Kartons Tafel X I V sind im allgemeinen horizontal geradlinig ausgeführt. Kanaltrockner Tafel X V f ü r beschichtete und gummierte Papiere dagegen, die man natürlich auch für Streichzwecke einsetzen kann, sollten möglichst stark gewölbt sein, um der Rollneigung der Papierränder wirksam entgegen zu wirken. Gewölbt ausgeführte Kanäle werden vielfach über separat stehende Ventilatoren und Erhitzer mit Heißluft beschickt. Auch derartige Kanäle lassen sich zonenartig unterschiedlich beheizen. Bei Gummierkanälen arbeitet man zusätzlich mit Unterhitze nach dem Strahlungsprinzip, also kombiniert mit der Konvektions-Methode. Kanäle f ü r Dispersions-Trocknung weisen außer den Heißluftdüsen gruppenweise zu- und abschaltbare Infra-Dunkelstrahler auf, eingebaut zwischen den Düsen, um eine Konvektions/Strahlungstrocknung sicher zu stellen. Man will durch die Infrastrahler, deren Anzahl sich nach erprobter Bestrahlungsdauer richtet, eine schnelle Aufheizung der Dispersion erzwingen zugunsten eines momentanen Ansteigens der Viskosität und Herbeiführung einer Wärmekoagulation, damit — wenn schon — nur die wasserlöslichen Teile der Dispersion in das Trägermaterial absinken können. Die Dispersionsteilchen finden dabei zugleich genügende Verankerung und schmelzen im weiteren Verlauf des Trockenprozesses zu einem homogenen Film zusammen. Richtige Dispersionstrocknung ist nicht nur eine Wärmeberechnungsfrage, sondern vielmehr ein Problem, das nur mit viel praktischer Erfahrung wirklich einwandfrei zu lösen ist, zumal bei den heutigen vielfältigen Dispersions-Eigenschaften. In die Gruppe der Trockner gehören auch Heißluft-Düsen-Hauben, die zumeist in Papier- und Kartonmaschinen aber auch in Separat-Anlagen über Zylinder eingebaut werden. Der Hersteller hat es in der Hand, eine beliebig 11 Hess, Veredelung des Papiers

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hohe spezifische Trockenleistung festzulegen, vorausgesetzt, daß das dazu erforderliche Heizmedium (wie Dampf, Strom, Heizöl etc.) zur Verfügung steht. Aus streich- und papiertechnologischen Gründen, also letzten Endes aus Qualitätsgründen, legt man sich eine weise Beschränkung auf und rechnet mit verantwortbaren Werten. Mittels Preßluft-Einrichtungen lassen sich Hauben v o m Zylinder zu Reinigungszwecken abfahren. Bedienung und Überwachung der Trockeneinrichtungen erfolgen von Bedienungsbühnen aus. Die Restfeuchte im Fertigmaterial ist am einfachsten mittels automatischen Feuchtemeß- und Regeleinrichtungen zu steuern. Abhängig von den gemessenen Werten steuern sie automatisch die Arbeitsgeschwindigkeit ins Positive oder Negative. Feuchtemeßeinrichtungen lassen sich auch mit einer AuftragGewichtsermittlung nach der Differenz-Meßmethode kombinieren. Beschichtungsanlagen für Kunststoff-Dispersionen Dem Rohstoff Papier und Karton sollen durch Beschichtung mittels Kunststoff Eigenschaften verliehen werden, die er von Haus aus nicht hat, damit die verpackten Waren in ihrem Herstellungszustand an den Verbraucher gelangen und vor Beeinflußung von außen geschützt werden. An dieser Stelle soll nur von Kunststoff-Dispersionen die Rede sein, obgleich durch andere Verfahren, z. B. Extrusion, Ähnliches erreicht werden kann. Auf dem Markt steht eine reichhaltige Skala wäßriger, physiologisch unbedenklicher, synthetischer, thermoplastischer Kunststoffe zur Verfügung. Der auf Papier/Karton aufgelegte Kunststofffilm macht das Trägermaterial wasserdampf-, flüssigkeits-, gas- und fettdicht; er ist heißsiegelfähig und uvstrahlen-undurchlässig. Für den Verpackungssektor sind Venylidenchloride bzw. deren Mischpolymerisate (z. B. die Marken Diofan, Daran, Saran, DowLatex) am interessantesten. Die milchig weiß aussehenden 45 bis 55°/oigen Dispersionen mit einer mittleren Teilchengröße von 0,1 die sich beliebig mit Wasser verdünnen lassen, trocknen nach dem Auftragen zu klaren, teils glänzenden, nicht mehr reemulgierbaren Filmen auf. Ein ca. 20 fi dicker Film kann den Wasserdampfdurchgang innerhalb 24 Stunden auf 1 bis 2 g/m 2 reduzieren! Für Heißsiegelpapier nimmt man z. B. 15 bis 20grammige Filme unter Verwendung von Polyvenylchlorid-Mischpolymerisaten, Polyvenylacetaten, Polystyrolen usw. Die Siegeltemperatur lietg zwischen 90 und 150° C. Zur Herstellung beschichteter Papiere/Kartons verwendet man Veredlungsanlagen, die auf die Wünsche des einzelnen Kunden individuell zugeschnitten sind. Die gebräuchlichsten Arbeitsbreiten bewegen sich zwischen 600 und 162

1500 mm, und die höchste Geschwindigkeit gelieferter Anlagen liegt bei 200 m/min; schon 100 m/min kann als eine gute Arbeitsgeschwindigkeit betrachtet werden. Im Gegensatz zu Streichanlagen werden Beschichtungsanlagen gern zur Ausführung unterschiedlicher Veredlungsarbeiten ausgelegt; sie werden z. B. zusätzlich eingerichtet zum Gummieren, Lackieren, Silikonisieren, Kaschieren usw. Für das Streichen und Färben braucht man nicht unbedingt Maßnahmen zu treffen, weil dies mit jeder Beschichtungsanlage ohne weiteres ausgeführt werden kann. Dennoch trifft man zuweilen Änderungen am Kanal, um beim Streichen die Materialbahn durch den unteren Kanalteil zurückzuführen zwecks besserer Ausnützung des vorhandenen Platzes bei gleichzeitiger Geschwindigkeitssteigerung. Die Luftmesser-Maschine, wie schon vorstehend beschrieben, ist f ü r die Verarbeitung wäßriger Kunststoff-Dispersionen das bestgeeignete Auftragwerk wegen ihrer dosierenden und egalisierenden Wirkung mittels eines elastischen Luftstromes. Der Billigkeit halber werden trotzdem zuweilen bei Anlagen mit mehreren Auftragwerken außer einer Luftmesser- einfache RollrakelMaschinen verwendet. Sollen auch Gummierarbeiten ausgeführt werden, dann wählt man eine Luftmesser-Maschine mit Zweiwalzenwerk. Wenn es jedoch gilt, einen großen Viskositätsbereich sehr unterschiedlicher Auftragmassen (wäßrig oder lösungsmittelhaltig) zu überbrücken, so entscheidet man sich f ü r ein Fünfwalzen-Auftragwerk mit Luftmesser, das z. B. zusätzlich nach dem Contra-CoatReverse-Roll oder Gravure-Roll-Verfahren arbeiten kann. Da diese Maschine noch durch Zusatzeinrichtungen erweitert werden kann, besitzt man mit dieser ein geradezu universell einsetzbares Auftragwerk, das allen erdenklichen Eventualitäten gewachsen ist. Die Beschichtungsindustrie bedient sich Einfach-Anlagen, also Anlagen, die nur ein Auftragwerk aufweisen, und Mehrfach-Anlagen, die mit zwei oder mehr Auftragwerken ausgestattet sind. Mit Einfach-Anlagen sind zum zweimaligen Beschichten ein und derselben Bahnseite (was für Papiere auf dem Verpackungssektor fast grundsätzlich erforderlich wird), zwei Arbeitsgänge notwendig, oftmals sogar drei Gänge. Bei Mehrfach-Anlagen übernimmt das erste Auftragwerk den Grundstrich; anschließend legen die anderen Auftragwerke weitere dünnere Filmschichten auf. Grundsatz: mehrere hintereinander aufgelegte dünne Aufträge zeigen ein bedeutend besseres Endergebnis als ein einziger dicker Film. Uber die Trocknung wurde schon vorhin eingehend gesprochen. Bei Mehrfach-Anlagen f ü h r t man entsprechend der Anzahl der zusätzlichen Maschinen die Bahn aus dem Kanal heraus und nach jeder Beschichtung wieder in den Kanal zurück. n»

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Doppelab- und -aufrollungen stellen ein kontinuierliches Arbeiten beim Rollenwechsel sicher. Weiterhin gehört zur Beschichtungsanlage eine wirksame Kühlpartie, welche die in der Bahn gespeicherte Wärme vor dem Aufrollen abführt, um die Gefahr des Blockens zu hemmen. Für Beschichtungsanlagen wählt man Längswellenantrieb oder SynchronMehrmotoren- Antrieb. Groß- und Klein-Labormasdiinen Die Überwachung der Fabrikation der Grundstoffindustrien, die technologische und wissenschaftliche Forschung, der technische Kundenberatungsdienst, die Überprüfung ökonomischer Fragen sowie die Konkurrenzfähigkeit bedürfen Laboranlagen zur Lösung der ihnen gestellten Aufgaben. Im Zeitalter der schnellen technischen Entwicklung vermag man aus verständlichen Gründen weder mit dem Handversuch noch mit primitiven maschinellen Einrichtungen auszukommen. Von einer guten Laboranlage muß gefordert werden, daß sich die Versuche unter üblichen Betriebsbedingungen durchführen lassen, um die dabei gewonnenen Erkenntnisse in die Praxis übertragen zu können. Man unterscheidet zwischen Klein- und Groß-Laboranlagen mit mittleren und hohen Arbeitsgeschwindigkeiten. Die Frage nach der Höhe der optimalen Geschwindigkeit ist eine individuelle Ansichtssache, ebenso die der Arbeitsbreite; diesbezügliche Wünsche kann die Maschinenindustrie erfüllen, sofern die Endabnehmer gewillt sind, die erforderlichen finanziellen Mittel bereitzustellen. Fast in allen Fällen sind Groß-Laboranlagen Maßarbeit gemäß den Forderungen des Endabnehmers. Vielen Lesern dürfte die BASF-Laboranlage, 800 mm Arbeitsbreite bekannt sein, die zu den Groß-Laboranlagen zählt und von der J A G E N B E R G WERKE AG erstellt wurde. Andere Groß-Laboranlagen dieser Firma laufen hier in Deutschland; genannt sei als typisches Beispiel die Firma Felix Schoeller, Burg Gretesch, die mit einer 1450 mm breiten Anlage (Tafel XV) Fotopapier-Testarbeiten ausführt; eine weitere Anlage arbeitet bei der Firma Bowater in England und eine Groß-Laboranlage in Amerika. Für eine Klein-Laboranlage sprechen: 1. geringe Anschaffungskosten, 2. geringer Platzbedarf, 3. sparsamer Verbrauch von Versuchsmaterial, 4. kleine Energiekosten, 5. nur eine Bedienungsperson, 6. bequeme, übersichtliche Bedienung, weil man die gesamte Laboranlage im Blick behalten kann, und 7. schnelle Änderung der Versuchsdurchführung. 164

Die JAGENBERG-Kleinlabor-Anlage ist eine Standardausführung für Bahnbreiten von 300 mm und einer max. mech. Geschwindigkeit von 80 m/min, die im gesamten Bereich stufenlos regelbar ist. Sie beansprucht einen Platz von rund 4,5 m X 1,5 m X 2 m Höhe und hat ein Gewicht von rund 2 t. Die Laboranlage wird fix und fertig geliefert und ist nach Strom- und Kühlwasseranschluß einsatzbereit. Antriebsmotor, Radialventilatoren nebst Motoren sowie Wärmeaustauscher sind eingebaut. Das Auftragwerk mit 4 einzelnen in der Drehzahl und Drehrichtung steuerbaren Walzen (die fünfte Walze dient zum Umleiten der Bahn) verfügt über ein Luftmesser, einen preßluftgesteuerten Glättsdiaber, Schabereinrichtungen sowie eine 3-WalzenGlättpartie und ist somit für folgende Arbeitsverfahren geeignet: 1. Ein- oder Zwei-Walzen-Schleif- oder Kontaktauftrag mit Luftmesser, Glättwalzen oder Glättschaber, 2. Ein- oder Zwei-Walzen-Schleifauftrag mit Flach- oder Spiralrakel, 3. Zwei-Walzen-Schleif- oder Kontaktauftrag mit Verreibewalzen und Kammschaber, 4. Zwei-Walzen-Kontaktauftrag im Gegenlauf mit Stoffzufluß von oben (Reverse-Roll-Coater), 5. Zwei- oder Drei-Walzen-Kontaktauftrag im Gegenlauf (Contra-Coater), 6. Zwei-Walzen-Quetsdiauftrag mit horizontaler oder vertikaler Walzenanordnung (Size Presse), 7. direkter oder indirekter Gravurauftrag, 8. ein- und doppelseitiger Tauchauftrag, 9. Wachs-, Naß- und Heißsiegelkaschierungen. Aus dem Einsatzbereich seien als Beispiel genannt: Auftragen niedrig-, mittel" und hochviskoser Medien, wasser- und lösungsmittelhaltig, wie z. B. Kunststoff-Dispersionen, heißsiegelfähige Emulsionen, Streich-, Bunt- und Metallfarben, Anilinfarben, Nachleimlösungen, Tier-, Pflanzen- und Kunststoffleime, Lacke und Lackfarben, Silikone, Organisole, und Piastisole, Wachs und Paraffin etc., Naß- und Heißsiegelkaschieren von zwei Materialbahnen unter Verwendung von wässrigen Leimen, Wadisen und Heißsiegelemulsionen. Alle übrigen Partien, wie Ab- und Aufrollung, Infra/Heißluft-DüsenTrockenkanal von 3 m Länge mit eingebauten, elektrisch beheizten UnterzonenHeizkörpern sowie die Glätt-, Preß- und Kühlpartie entsprechen einer Produktionsanlage im verkleinerten Maßstab. 165

Ausreichende Instrumentierung erleichert das Festhalten jeweils interessanter, wichtig erscheinender Werte. Ein Schaltpult nimmt sämtliche elektrischen Schalter, Anzeigegeräte, Meldeleuchten und die Installation auf. Die sehr exakt ausgeführte Kleinlabor-Anlage ist hinlänglich in der Praxis erprobt bei vielen Firmen in Deutschland (einige verfügen über zwei gleichartige Anlagen), Belgien, England, Frankreich, Schweden und Brasilien. Kasdiieranlagen (Tafel XVI) bedienen sich fertiger Folien, die mittels Klebern auf die Papier/Kartonbahn geklebt — kaschiert — werden. Als allgemein bekanntes Beispiel können die für Zigarettenpackungen verwendeten dünnen Papiere gelten, die mit Aluminiumfolie kaschiert sind. Man unterscheidet Naß- und Heißsiegel- (oder Trocken-)Kaschierung unter Verwendung von Schmelzen in Form von Wachs oder Paraffin, organischen Lacken, Dispersionsklebern und wäßrigen Leimen. Im Heißsiegelverfahren nutzt man die thermoplastischen Eigenschaften der Kunststoffe, durch Wärme klebend zu werden, aus. Wirtschaftliche Gesichtspunkte, die Art der zu kaschierenden Materialien und die zu erzielenden Effekte entscheiden die Wahl der jeweils anzuwendenden Methode. Auf dem Verpackungssektor finden Kombinationen von Papier + Papier, Papier + Karton, Papier oder Karton + Aluminiumfolie oder Kunststoffolie bzw. Acetatfolie, Kunststoffolie + Kunststoffolie — sogenannte Verbundfolie Verwendung. Kaschieranlagen setzen sich im wesentlichen aus den gleichen Maschinenelementen zusammen wie Streich- oder Beschichtungsanlagen. Ein Mehrwalzen-Auftragwerk bringt den Kaschierkleber auf eine der beiden Bahnen; anschließend läuft das zu kaschierende Material zu. Im Moment des Zusammenführens werden die vereinigten Bahnen miteinander verpreßt. Die in den Klebern enthaltenen wäßrigen bzw. lösungshaltigen Substanzen werden unter Zuhilfenahme eines heißen Zylinders — teilweise auch durch Trockenkanäle — verdampft. Die Kontakttrocknung wird durch Aufblasung von Heißluft oder durch Infrarotstrahler in dem Bestreben unterstützt, eine möglichst hohe Leistung zu erzielen. Das zu erzeugende Gut zwingt zu einer sehr exakten Temperaturführung, wenn man Schwierigkeiten, z. B. Blasenbildung, vermeiden will. Das fertig kaschierte Material sollte vor dem Aufrollen ausgekühlt werden, z. B. mittels eines Kühlzylinders. Weitere Konstruktionen von Maschinen zur Papierverarbeitung Folienkasdiiermaschine Typ 6405 Diese Maschine wurde entwickelt, um Packstoffe zu schaffen, die heute im steigenden Maße von der Verpackungsindustrie verlangt werden. Es ist bekannt, daß heute eine große Anzahl von Kunststoffolien zur Verfügung 166

steht, die, durch ihren chemischen Aufbau bedingt, in der Lage sind, bestimmte Anforderungen zu erfüllen. Die Anforderungen können verschiedener Art sein, wie z. B. Gas- und Aromadichte, Hitze- und Kältebeständigkeit, Kochfestigkeit, Transparenz, Reißfestigkeit, Bedruckbarkeit, heißsiegelfähig, Beständigkeit gegen Fette, Säuren usw. Diese Anforderungen werden von der Verpackung bestimmt und müssen wechselweise kombiniert werden. Obwohl die Chemie in der Lage ist, Folien mit vorher bestimmten Eigenschaften herzustellen, ist dieses nicht immer lohnend. Viel einfacher ist es, durch Kombinationen von Folien die gewünschten Eigenschaften zu schaffen, indem Verbundfolien hergestellt werden. Das Herstellen von Verbundfolien — in der Praxis unter dem Begriff Kaschieren oder Laminieren bekannt — erfolgt unter Verwendung eines geeigneten Klebstoffes auf der Folienkaschiermaschine. Das Verfahren, diese Verbundfolien herzustellen, ist nicht neu, aber die Entwicklung neuer Verbundfolien ist noch lange nicht abgeschlossen. Es ist selbstverständlich, daß auf dieser Maschine audi Kaschierungen von Metallfolien und Papier ausgeführt werden können. Es wird oft darauf hingewiesen, daß das Kaschieren mit Thermoplasten, wie z. B. Polyäthylen, mit einem Extruder wirtschaftlicher sei. Dabei muß aber bedacht werden, daß das Extrudieren auf Kunststoff- und Metallfolien schwierig ist, und daß dieses Verfahren nur großen Firmen überlassen bleibt. Die Beschaffung einer Extruder-Beschichtungsanlage ist kostspielig und lohnt sich nur, wenn mit den entsprechenden Durchsatzmengen gerechnet werden kann. Es ist klar, daß durch Extrudieren im wesentlichen nur Polyäthylenkaschierungen erfaßt werden, während die Nachfrage nach Verbundfolien, die keinen Polyäthylenanteil haben, sehr groß ist. Natürlich lassen sich auf unserer Folienkaschiermaschine auch Poly-Folien verarbeiten. N u r muß hier von der fertigen Folie ausgegangen und ein geeigneter Klebstoff eingesetzt werden. Wir glauben, daß diese Maschine sich sehr gut einsetzen läßt. Sie wird in den Arbeitsbreiten 800, 1000 und 1250 m m geliefert, und die Maschinengeschwindigkeit beträgt ca. 200 m/min. N u n sei noch einiges über Klebstoffe gesagt: Der Klebstoff selbst muß so beschaffen sein, daß er einmal eine gute Verklebung ergibt und zum andern muß er die Anforderungen erfüllen, die an die Verbundfolien gestellt werden. Die Verbindung von Alufolien mit Papier erfolgt in den meisten Fällen mit wasserlöslichen Leimen, deren Verarbeitung keine Sdiwierigkeiten bereitet. Dasselbe gilt für Kaschierungen mittels Heizschmelzen wie Wachs oder die Kombination Wachs-Kunststoff. Bei der Kaschierung von Kunststoff-Folien wie z. B. Zellglas — Polyäthylen, Zellglas — Zellglas, Aluminiumfolie — Polyäthylen kann man auf Schwierigkeiten stoßen, wenn nicht geeignete Klebstoffe eingesetzt werden. Hierfür werden die sogenannten 2-Komponentenkleber verwendet. 167

Wir möchten noch darauf aufmerksam machen, daß bei der Verwendung von Zellglas MSAT häufig Schwierigkeiten auftreten. Der eingesetzte Klebstoff muß die Fähigkeit haben, den Lack, der sich auf dem Zellglas befindet, aufzulösen. Besser ist es jedoch, in solchen Fällen einseitig lackierte Sorten einzusetzen. Beim Kaschieren bedienen wir uns entweder der Naßkaschierung oder der Trockenkaschierung. Unter Kaschieren verstehen wir die Vereinigung zweier oder mehrerer Bahnen. Dabei können die Bahnen gleiche oder einander ergänzende Eigenschaften haben. Die Vereinigung der Bahnen erfolgt unter Verwendung eines Klebstoffes. Als Klebstoffe werden wasser- oder lösungsmittelhaltige Kleber und Schmelzkleber eingesetzt. Vorerst wollen wir die wasser- oder lösungsmittelhaltigen Klebstoffe betrachten. Die eigenlichen Klebstoffe sind von Haus aus fest und müssen, um in Walzenauftragmaschinen verarbeitet werden zu können, aufgelöst werden. Das Lösungsmittel kann je nach Verwendungszweck des Klebstoffes Wasser oder eine organische Lösung sein. Diese Lösungsmittel müssen, um einen Klebevorgang abschließen zu können, vorher herausgebracht werden. Dieses geschieht durch Wärme in einem Trockenkanal oder durch Uberführen der Bahn über einen Trockenzylinder. Durch die Wärme wird das Lösungsmittel ausgedampft und von der Luft aufgenommen. Da die Luft nur einen bestimmten Anteil von Lösungsmitteln bis zu ihrer Sättigung aufnehmen kann, muß sie ständig erneuert werden. Aus diesem Grunde wird zusätzliche Luft in den Kanal geblasen. Die Luft ist gleichzeitig Wärmeträger. Es ist von entscheidender Bedeutung, wie die Luft an die Bahn herangeführt wird. Sie muß so geführt werden, daß möglichst viel Luft an die Bahn herankommt und das verdampfte Lösungsmittel aufnimmt und abführt. Daher haben wir einen Düsentrockner gewählt, um an möglichst vielen Stellen die Bahn mit Luft zu beaufschlagen. Als Wärmequellen sind die Heißlufterzeuger oder Infrarotstrahler bekannt. Letztere werden allerdings nur dort eingesetzt, wo es sich um Verdampfung von nicht brennbaren Lösungsmitteln (Explosionsgefahr) handelt und wo das Bahnmaterial nicht von der Strahlung angegriffen wird. Es ist also so, daß das Lösungsmittel des Klebstoffes aus dem Klebstoff herausgebracht werden muß, ehe der Klebvorgang angeschlossen werden kann. Demzufolge können nur Bahnen vor der Trocknung vereinigt werden (Naßkaschierung), bei denen eine Bahn durchlässig ist, so daß das Lösungsmittel durch die Bahn ausdampfen kann wie z. B. bei einer Kaschierung Alufolie — Papier. Bei der Vereinigung zweier undurchlässiger Bahnen muß das Lösungsmittel vorher verdampft werden (Trockenkaschierung wie z. B. bei einer Kaschierung Alufolie — Polyäthylen). 168

Zum Schmelzkleber ist noch zu sagen, daß dieser im geschmolzenen Zustand auf die Bahn aufgebraucht wird und nach erfolgter Kaschierung abgekühlt werden muß (Wachskaschierungen). Maschinenbeschreibung der Folienkaschiermaschine Typ 6405 Die Hauptmaschine Die Hauptmaschine ist eine Gußkonstruktion, die das Auftragwerk trägt. Vor dem Auftragwerk befindet sich ein Vorzugwalzenpaar, das bei der Verarbeitung von Heißschmelzen beheizbar ist. Das Auftragwerk ist f ü r direkten und indirekten Auftrag einzusetzen. Allerdings sind die Auftragwerke für Heiß- und Kaltauftrag verschieden. Bei geheizten Walzen besteht immer die Gefahr, daß die Rundlaufgenauigkeit durch einseitige Beheizung der Walzen leidet. Die Rundlaufgenauigkeit muß aber beim Auftrag mit gegenläufigen und bei mit veränderlicher Geschwindigkeit laufenden Walzen unbedingt gegeben sein. Die Verarbeitung von Klebelacken wie den 2-Komponentenklebern verlangt gegenläufige und in ihrer Umfangsgeschwindigkeit veränderliche Auftragswerke. Das Auftragen von Heißschmelzen erfolgt mitläufig und mit Bahnengeschwindigkeit, d. h. daß das Auftragwerk von der Auftragsgegenwalze mit Maschinengeschwindigkeit angetrieben wird und in Richtung der Materialbahn läuft. Bei der Verarbeitung von Klebelacken dagegen wird das Auftragswerk separat mit Geschwindigkeitsregelung und mit Rechts- und Linkslauf angetrieben. Daher empfehlen wir zwei Auftragswerke im gegenseitigen Austausch. Bei der Herstellung von Verbundfolien mittels lösungsmittelhaltiger Kleber wird im Direktverfahren gegenläufig gearbeitet, d. h. die Schöpfwalze ist gleichzeitig Auftragswalze. Die Dosierung erfolgt durch die gegen die Schöpfwalze einstellbare Dosierwalze. Das Auftragsmittel muß nach erfolgter Dosierung auf möglichst kurzem Weg an die Bahn gebracht werden, um ein Ausdunsten des Lösungsmittels aus der dünnen Schicht zu vermeiden. Das Auftragsmittel wird sich auf der Walze verhärten und sich aufbauen. Das Auftragswerk selbst, das in einer Schwinge lagert, ist pneumatisch abzustellen. Die vordere Kühlpartie Die Verarbeitung von Heißschmelzen verlangt eine anschließende Kühlung. Deswegen kann die Hauptmaschine mit einer Kühlpartie ausgerüstet werden. Sie besteht aus zwei hochglanzverchromten Kühlwalzen von 400 mm Durchmesser. Die Kühlung erfolgt durch Kühlwasserumlauf. 169

Die Abwicklungen an der Hauptmaschine Vor dem Auftragswerk befindet sich die Folienabwicklung, die mit einer oder zwei Abwickelstellen ausgerüstet werden kann. Der Rollendurchmesser beträgt 400 mm. Diese Abwicklung wird eingesetzt für die mit Klebstoff zu versehenen Folien und für Dreibahnenkaschierungen. Bei Naßkaschierung wie z. B. Alufolie mit Papier ist es vorteilhaft, die Folie mit Klebstoff zu versehen und das Papier zulaufen zu lassen. Dadurch liegt in der Trocknung die Folienseite auf dem Trockenzylinder und das Lösungsmittel kann durch das Papier ausdampfen. Würde die Folie außen liegen, so wäre der Austritt des Lösungsmittels auf der einen Seite durch die Folie und auf der anderen Seite durch den Trockenzylinder gesperrt. Die Trockeneinrichtung Die Trockeneinrichtung besteht aus dem Trockenkanal und dem Trockenzylinder. Die gesamte Trockenstrecke umfaßt ca. 8,5 m. Der Trockenkanal ist eine Stahlkonstruktion mit einem Düsentrockner. Die Düsen beaufschlagen die Bahn mit Heißluft und die Ablüftung erfolgt unterhalb der Bahn. Die Bahn wird auf hochglanzverchromten, angetriebenen Stahlwalzen durch den Kanal getragen. Durch seitliche Fenster, die gleichzeitig als Explosionsklappen dienen, kann die Bahn beobachtet werden. Oben und unten ist der Kanal mit Reinigungsklappen versehen. Seitlich am Kanal an der Bedienungsseite ist ein Begehungspodest angeordnet. Der Trockenzylinder hat einen Durchmesser von 1600 mm, der elektrisch zu beheizen ist. Der Antrieb erfolgt über einen Regelantrieb, um die Bahnenspannung einstellen zu können. Das Naßkasdiierwerk Das Naßkasdiierwerk mit Folienabrollung mit einer bzw. zwei Abwickelstellen für einen Rollendurchmesser von 400 mm befindet sich vor dem Trockenkanal. Der Kaschierzylinder ist wahlweise zu beheizen oder zu kühlen, um auch mit Heißschmelzen arbeiten zu können. Die Kaschiergegenwalze ist gummiert und durch Pneumatik druckeinstellbar. Das Trockenkaschierwerk Das Trockenkaschierwerk mit Folienabrollung mit einer bzw. zwei Abwickelstellen für einen Rollendurchmesser von 400 mm wurde im Anschluß an den Trockenzylinder angeordnet. Vor dem Kaschierwerk befindet sich ein Vorzug und eine Schwenkwalze, die zur Einstellung des Auflaufwinkels der Folienbahn auf die Kaschiergegenwalze dient. Die Kaschiergegenwalze ist gummiert und über Pneumatik druckeinstellbar. Beide Walzen sind zu beheizen. Dem Kaschierwerk nachgeordnet ist eine Kühlwalze von 300 mm Durchmesser. 170

Die Aufwicklung Unter dem Trockenkanal befindet sich die Aufwicklung. Sie ist als Schwenkaufwicklung f ü r einen Rollendurchmesser von 800 mm konstruiert. Auch diese Aufwicklung kann mit automatischem Rollenwechsel ausgerüstet werden. Der Antrieb Der Antrieb erfolgt durch einen Gleichstrommotor, mit dem wir als Antrieb f ü r unsere Druckmaschinen die besten Erfahrungen gemacht haben. Dieser Motor läßt eine Regelung der Maschinengeschwindigkeiten von 0—200 m/min. zu. Das Anzugsmoment ist besonders weich, so daß die Bahn beim Anfahren nicht übermäßig beansprucht und ein Reißen vermieden wird. Sollte die Bahn jedoch reißen, so wird die Maschine durch elektrische Überwachungskontakte stillgesetzt. Der Antrieb der einzelnen Stationen erfolgt durch eine Längswelle über in ö l laufende, gekapselte Winkelgetriebe. Eine Abbildung dieser Folienkasdiiermaschine konnte mir die derzeitige Herstellerfirma Windmöller & Hölscher, 454 Lengerich i. W., Postfach 165, nicht mehr bis zur Herausgabe dieses Fachbuches zur Verfügung stellen, da sich dieses Modell bei Herausgabe des Buches noch im Bau befand. Interessenten wenden sidi daher zweckmäßigerweise direkt an die vorgenannte Firma.

Hodileistungs-, Besdiiditungs- und Lack-Kaschiermasdiine Modell „Reco II und Reco II Ka"*) (Tafel IX) In der Verpackungsindustrie werden im steigenden Maße neben den gebräuchlichen Wachs- und Leimkaschierungen Verbundfolien benötigt, die durch Lackkaschierungen hergestellt werden. Für diesen Zweck ist unsere Beschichtungs- und Heißklebemaschine Reco II Ka entwickelt worden. Mit ihr können alle bekannten Filme und Folien beschichtet und auch kaschiert werden. Dank ihrer robusten und einfachen Konstruktion und ihrer hohen Leistungsfähigkeit hat sich diese Maschine schnell eingeführt und bewährt. Die Reco Ka besteht aus dem Auftragwerk, dem Trockenkanal, der Trokkentrommel, dem Kaschierwerk und den Ab- und Aufrollungen. Die Maschinengestelle bestehen aus kräftigen Hohlguß. Hierdurch ist ein ruhiges schwingungsfreies Arbeiten auch bei den höchsten Arbeitsgeschwindigkeiten gegeben. Die Zahnräder laufen fast ausschließlich in gekapselten Gehäusen. Dadurch ist ruhiger Lauf bei langer Lebensdauer gegeben. *•) Maschinenfabrik Max Kroenert, Hamburg-Bahrenfeld 171

Das Auftragswerk ist universell ausgebildet und läßt verschiedene Möglichkeiten der Beschichtung zu. Das Auftragwerk besteht aus einer in starken gußeisernen Hebeln gelagerten Tauchwalze, die zusammen mit einer ebenfalls in schweren Hebeln gelagerten Rollrakel arbeitet. Diese Rollrakelwalze wird durch eine einstellbare feststehende Rakel sauber gehalten. Über der Tauchwalze befindet sich die im Gestell fest gelagerte Auftrags- oder Gegendruckwalze. Diese Walze besteht entweder aus einer feinstgeschliffenen Stahlwalze oder aus einer gummibezogenen Walze. Die Drehrichtung der Auftragwalze entspricht der Bahnlaufrichtung. Die Drehrichtung der Tauchwalze ist bei der beschriebenen Anordnung des Auftragwerkes gegenläufig. Zu ihr läuft wiederum die Rollrakel im Gegenlauf. Bei Lackbeschichtungen von nicht aggressiven Lacken wird die Rollrakel durch eine gummibezogene Walze ersetzt. Diese Walze wird durch ein Zahnrad angetrieben und bekommt dann eine andere Drehrichtung. Die Zuführung der Bahn von der Abrollung der Maschine zum Auftragswerk erfolgt durch ein Zugwalzenpaar, das unmittelbar vor dem Auftragwerk angeordnet ist. Hierdurch wird die von der Abrollbremse verursachte Bahnspannung von der übrigen Maschine abgetrennt. Die Bahnführung und das Auftragwerk sind so zu ändern, daß 10 verschiedene Möglichkeiten für die Verarbeitung der Materialien, je nach den Erfordernissen, gewählt werden können. Die Geschwindigkeit der Auftragwalze ist variabel und in der Drehrichtung umkehrbar. Dadurch ist es möglich, gleichmäßige Lackaufträge von verschiedener Stärke zu erzielen. Nach Verlassen des Auftragwerkes passiert die Bahn den Trockenkanal. Dieser besteht bei der Normalausführung der Maschine aus 5 getrennt voneinander arbeitenden Warmlufttrockenelementen. (Luftduschen) Jedes Trockenelement enthält ein Druckgebläse, daß in dem Druckverteilergehäuse befestigt ist. Hier befinden sich auch die Heizelemente zur Erwärmung der Luft. Aus dem Gehäuse tritt die Warmluft durch Düsenschlitze auf die Bahn. Die Bahn ist unter den Düsen durch angetriebene Leitwalzen und verchromte Gleitstangen abgestützt. Die Luftumwälzung innerhalb der einzelnen Luftduschen ist so gestaltet, daß keine angewärmte Blasluft seitlich austreten kann, weil die Luftdusche gleichzeitig eine starke Saugwirkung ausübt. Zum Trocknen ist es erforderlich, daß die mit Lösungsmittel angereicherte Luft regelmäßig ausgetauscht wird. Es wird etwa ein Drittel der Blasluft in eine Saugleitung gedrückt und abgeführt. Diese Abluft wird durch Frischluft ersetzt. Das Gebläse saugt diese Frischluft gemeinsam mit Blasluft über seitlich an den Luftduschen angeordnete Öffnungen an. Die über den Luftduschen angeordnete Trockenhaube 172

hat lediglich die Aufgabe, die Wärmeverluste in der Trockenzone klein zu halten und die außerhalb der Luftduschen austretende Lösungsmittel und Weichmacherdämpfe aufzufangen und einer gemeinsamen Absaugleitung zuzuführen. Der nachgeordnete Trockenzylinder hat die Aufgabe durch Kontaktwärme eine Fixierung von Lacken und Farben zu erwirken. Der große Trockenzylinder ist elektrisch beheizt. Durch eingebaute Lufumwälzeinrichtung ist eine gleichmäßige Erwärmung auf dem gesamten Umfang gewährleistet. Die Trommel trägt außerdem zur Stabilisierung der Bahnspannung bei. Der Antrieb der Trommel wird über einen regelbaren Reibrollenantrieb vorgenommen. Die Folienabrollungen an der Maschine laufen auf Wälzlagern und sind durch Backenbremsen mit Schnellabhebungen oder elektrischen Bremsen abzubremsen. Die Abwicklungen sind sehr dicht an das Zugwalzenpaar angeordnet, damit ein möglichst kurzer Bahnweg zur Vermeidung von Falten vorhanden ist. Die Abrollungen für Papier oder anderer starker Materialien sind vor bzw. hinter der Maschine angeordnet, die Bahn wird über eine Anzahl leichtgängiger Leitwalzen dem Auftrags- oder Kaschierwerk zugeführt. Die Abwickelbremsen für diese Materialien sind als kräftige Friktionsbremsen ausgebildet. An die Aufrollung werden je nach dem zu verarbeitenden Material verschiedene Anforderungen gestellt. Kaschierungen und Papier verlangen eine stärkere Aufrollung als Filme. Serienmäßig wird die Maschine mit Folien und Papieraufrollung geliefert. Die Folienaufrollung wird als direkte Aufrollung mit Folgewalze gebaut oder indirekte mit Tragewalzen gebaut. Die Papieraufrollung wird ebenfalls als Doppeltragwalzen- oder direkte Aufwicklung geliefert. Der Antrieb der Aufwicklung geschieht wahlweise medianisch mit Reischeibenfriktion oder Elektrowickler. Die Grundmaschine kann durch Anordnung eines Kaschierwerkes für Lackkaschierungen zu einer Heißklebekaschiermaschine erweitert werden. Das Kaschierwerk ist unterhalb des oberen Längsträgers zwischen Trockentrommel und Mittelständer angeordnet. Es besteht aus einer feinstgeschliffenen Stahlwalze mit Synchronantrieb und einer gummibezogenen Anpreßwalze. Außerdem gehört zum Kaschierwerk eine Vorwärmwalze und eine Abrollung (wie oben beschrieben) für das zulaufende Material. Die Gestaltung der Abrollung richtet sich nach dem an dieser Stelle vorwiegend eingesetzten Material. Zur Erweiterung der Möglichkeiten der Reco II Ka kann die Maschine zusätzlich mit einem Naßkaschierwerk (Leimkaschierwerk) versehen werden. Es ist dann die Herstellung leimkaschierter Ware unter Verwendung von Pflanzen- und Dispersionsleimen möglich. 173

Das Leimauftragwerk ist unmittelbar über dem universellen Auftragwerk der Anlage motiert. Die Alufolie wird in dem Auftragwerk mit Leim bestrichen. Das Papier wird von der vor der Maschine stehenden Abrollung über einen Leitbogen dem Kaschierwerk zugeführt. Nach Anbau eines Luftmessers ist es möglich, auf der Maschine Dispersionsbeschichtungen durchzuführen. Obwohl dispersionsbeschichtetes Papier auf Großanlagen mit großer Geschwindigkeit wirtschaftlich hergestellt wird, ergibt sich zuweilen doch die Notwendigkeit kleinere Aufträge auf einer werkseigenen Beschichtungsmaschine zu erledigen. Die Geschwindigkeiten bei mittleren Aufträgen dürften bei 30—40 m/min. liegen. Für Spezialprodukte z. B. Käsefolie ist es notwendig, zwei Lackaufträge mit Lacken verschiedener Eigenschaften in einen Arbeitsgang auf Alufolie zu bringen. Für diesen Zweck kann die Beschichtungsmaschine Modell „Reco II" durch Anbau eines zweiten Auftragwerkes und einer zusätzlichen Trockenstrecke nach dem ersten Auftragwerk zu einer Zweifachlackiermaschine erweitert werden. Es mag noch erwähnt werden, daß durch die Anordnung eines zweiten Auftragwerkes außerdem die Möglichkeit gegeben ist, einen schweren Ladeauftrag von ca. 12 g/m 2 in zwei Aufträge zu 6 g/m2 zu zerlegen. Dabei ergibt sich der Vorteil, daß die Geschwindigkeiten höher gewählt werden können und die Durchtrocknung der starken Aufträge sicher ist. Die Maschine ist ausgelegt für Geschwindigkeiten zwischen 6 und 160 m/min. In den meisten Fällen wird der Antrieb durch einen Drehstromregelmotor mit einem Regelbereich von 1:20 vorgenommen. Selbstverständlich ist es auch möglich, anstelle des Regelmotors einen Drehstrommotor mit Regeltrieb zu verwenden. Infolge des vielseitigen verwendbaren Auftragwerkes ist die Maschine zur Verwendung aller in der Verpackungsindustrie üblichen Beschichtungs- und Klebstoffe, ausgenommen Wachs, einsetzbar. Als ungefähre Arbeitsgeschwindigkeiten kann folgendes angegeben werden: Lackieren von Folie 80 — 100 m/min. Beschichten mit Luftmesser 30 — 40 m/min. bei Auftragstärke vn 6 — 8g/m 2 Kaschieren mit 2 Komponentenkleber 100 — 120 m/min. Leimkaschieren mit normalem Papier 60 — 90 m/min. Lackieren mit Heißsiegellack bei ca. 10 g/m2 Auftragsgewicht 40 — 60 m/min. 174

Kapitel

XI

Lackieren, Kalandrieren, Glanzfoliieren Von Willi E. Kohlmeyer, Bremen Wenn man ein Drudeerzeugnis glänzend oder sogar hochglänzend haben möchte, so stehen drei Arbeitsverfahren zur Verfügung: Ladeieren mittels Bogenlackiermaschine, Lackieren und Kalandrieren oder Glanzfolien-Kaschierung. Lackierung und Glanzfolien-Kaschierung haben gegenüber der Verwendung von Hochglanzpapier und -karton den wesentlichen Vorteil, daß der Lack oder die Folie Farbe und Karton vor Aufnahme von Feuchtigkeit und vor Beschädigungen, vor allen Dingen durch „Bescheuern" schützt. Die nachträgliche Lackierung oder Foliierung ergibt also eine besondere Strapazierfähigkeit. Es soll an dieser Stelle ein Uberblick gegeben werden, wie man Glanz oder besser strapazierfähigen Glanz durch Lackieren, Kalandrieren oder Foliieren erreichen kann. Neben Glanz wird man von einer guten Lackierung mindestens auch Scheuerfestigkeit verlangen. In der Hauptsache werden heute folgende Wege beschritten, um Glanz zu erzeugen: 1. Einmaliges oder zweimaliges Lackieren mittels Spiritus- oder Speziallacken auf Spiritusbasis. 2. Zweischichten-Lackierung, beispielsweise mit „Pentaphan", 3. Lackieren mit nachträglicher Heißkalandrierung, 4. Foliieren, auch Cellophanieren*) und Laminieren bzw. Kaschieren genannt. * ) Dieser Ausdruck ist zwar gebräuchlich, aber irreführend. Cellophan ist ein zugunsten der Farbwerke Hoechst A G (früher der Kalle & Co. Aktiengesellschaft) eingetragenes Warenzeichen für die von der Firma K a l l e hergestellte Zellglassorte und dürfte daher eigentlich auch in Wortkombinationen und -abwandlungen nur dann benutzt werden, wenn tatsächlich Zellglas aus der Fabrikation der Firma K a l l e gemeint ist.

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Bei der Papier- und Kartonauswahl ist darauf zu achten, daß allzu saugfähiges Material zum Lackieren ungeeignet ist, weil der Lackverbrauch zu hoch und der erzielte Glanz meist ungenügend wird. Es muß deshalb innerhalb der zur Verwendung kommenden Papierqualität nicht nur auf den Druck, sondern auch auf die Lackieranforderung Rücksicht genommen werden. Das Papier soll „lackierfähig", wenn die Lackierung kalandriert werden soll, sogar „heißkalandrierfähig" sein; es darf seine Elastizität nicht verlieren. Ganz gleich, welcher Farbtyp verwendet wird, immer müssen die Drucke vor dem Lackieren gut durchgetrocknet sein. Eine Druckbestäubung ist, wenn überhaupt notwendig auf ein Minimum zu beschränken, und nur feine Puder sollten verwendet werden. Die Farben sollten keine Scheuerschutzmittel und Gleitpaste enthalten. Die Auswahl der Farben Spiritusladsierechte Druckfarben Spirituslacke oder Lacke auf Spiritusbasis enthalten als Lösungsmittel nur Spiritus oder Zusätze, die diesem in der Lösewirkung gleichzusetzen sind. Die verwendete Druckfarbe muß spiritusecht nach D I N 16 524 A sein. Die Bestimmungen dieser Vorschrift interessieren den Drucker und Lackierer nur insoweit, als er wissen muß, daß spirituslackierechte Druckfarben gegen andere Lösungsmittel als Spiritus empfindlich sein können, zum Beispiel gegen Ester oder Toluol, also Lösungsmittel, wei sie in Nitrolacken vorkommen können. Er darf deswegen keine solchen Lösungsmittel seinen Lacken zusetzen, ohne sich vorher davon zu überzeugen, daß sie kein Verfärben oder Bluten hervorrufen. Nitrolackierechte Druckfarben Wenn mit Nitrolacken oder Lacken lackiert wird, die diesen in der Lösewirkung gleichkommen, muß die Druckfarbe nitrolackieredit sein. Wie eine nitrolackierechte Farbe beschaffen sein muß und wie sie getestet wird, darüber berichtet die DIN-Vorschrift 16 524 B. Für den Lackierer und Drucker ist wichtig zu wissen, daß eine nitrolackierechte Druckfarbe nicht spiritusecht sein muß und daß er deswegen keine Lacke oder Zusätze verwenden darf, die Spiritus enthalten. Wenn er es trotzdem tut, so muß er sich selbst davon überzeugen, daß sich die zu lackierenden Drucke nicht verfärben oder Bluten. Heißkalandrierechte Druckfarben Die DIN-Vorschrift 16 524 B spricht nur von „nitrolackierechten", jedoch nicht von „heißkalandrierechten" Farben. 176

Kalanderlacke sind im allgemeinen Nitrolacke. Es müssen deswegen Grundsätzlich Farben nach D I N 16 524 B verwendet werden. Diese Farben müssen aber zusätzlich hitzefest sein, weil die Heißkalandrierung bei Temperaturen um 100° C erfolgt und viele Farben sich bei Temperatureinfluß verändern. Vor allem müssen sie auch migrierecht sein, das heißt, bei Lagerung lackierter, heißkalandrierter Stücke, Gesicht auf Gesicht, darf kein Abwandern von Farbteilen in die andere Lackschicht auftreten. Auf Grund von bisherigen Erfahrungswerten ist ein Migrieren nicht zu erwarten, wenn die Druckfarbe tatsächlich der DIN-Vorschrift 16 524 B bei kritischer Prüfung voll entspricht. Da der Lackierer trotzdem die Verantwortung f ü r das Gelingen der Lackierung und Heißkalandrierung trägt, ist f ü r ihn eine Prüfmöglichkeit zur Feststellung von Migration wichtig. Migrationstest Es wird eine Probelackierung oder ein Lackaufzug mittels Lackhantel vorgenommen. Ein bedrucktes, lackiertes Stück wird heißkalandriert und am besten gegen ein unbedrucktes, lackiertes und heißkalandriertes Stück zwischen zwei Glasplatten Gesicht auf Gesicht gelegt. Das Format des Ausschnittes kann beliebig gewählt werden. Die Belastung des Ausschnittes sollte jedoch 150g/qcm betragen. Bei einem Format von 10 X 10 cm müßte die Probe mit etwa 15 kg, einem Format von 5 X 5 cm mit etwa 3,75 kg durchgeführt werden. Diese Belastung entspricht etwa den Beanspruchungen, die in Papierstapeln in der Praxis auftreten. Das so belastete Stück wird zunächst 2 Stunden bei etwa 60° C geprüft. Nach dieser Zeit kann man im allgemeinen eine eventuell auftretende Migration deutlich erkennen. Die Probe wird aber besser anschließend bei 40° C über 24 Stunden fortgesetzt und dann einer endgültigen Beurteilung unterzogen. Ist eine Migration festzustellen, sollte eine Heißkalandrierung entweder unterbleiben oder erst nach Aufbringung einer Grundierung, sei es Drucklack oder in anderer Weise, erfolgen. Als Wärmequelle f ü r den Migrationstest kann ein Trockenschrank dienen, es genügt aber auch, die Stücke auf dem beheizten Trockenkanal der Lackiermaschine zu testen. Zur Vermeidung von Migration ist eine gute Durchtrocknung der Druckfarbe vor dem Lackieren wichtig. Es hat sich in vielen Versuchen gezeigt, daß eine Druckfarbe, die im Lösungsmitteltest nach D I N 16 524 B Ausfärbungen zeigte, doch gegen Migrieren beständig sein kann, weil die Lösekraft des Testlösungsmittels wesentlich stärker ist als das Lösevermögen der im Lackfilm enthaltenen Substanzen. Der Migrationstest soll den Lackierer in die Lage versetzen, eine Eignungsprüfung durchzuführen. Im übrigen aber muß er sich darauf verlassen dür12 Hess, Veredelung des Papiers

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fen, daß die Grundeigenschaften der Druckfarbe, nämlich die Eignung für den geforderten Zweck, ebenso vorhanden sind wie die Grundeigenschaften des verwendeten Lackes. Er muß diese Stoffe im Vertrauen auf die zugesicherten Eigenschaften verwenden dürfen und den Migrationstest lediglich im Zweifelsfall oder zu seiner eigenen Sicherheit anwenden. Lackieren ohne Kalandrierung Kennzeichnung der Lacke Die Beschreibung der Unterschiede zwischen den verschiedenen Lackierechten der Druckfarben unterstreicht den logischerweise schon vorhandenen Wunsch aller Beteiligten nach einem Farbsortiment, das gleichzeitig spiritus- und nitrolackierecht ist. Ferner wäre es zu begrüßen, wenn bei den Lackerzeugnissen ebenso wie bei den Druckfarben ein Hinweis auf ihre Lackierechte bzw. ihre Lösungsmittel gegeben würde. Deswegen ist der Vorschlag gemacht worden, daß sich in der Nomenklatur der Lacke die Kennzeichnung A deutlich wiederfindet, wenn sie alkoholhaltig sind und deswegen Druckfarben nach D I N 16 524 A verwendet werden müssen, und eine Kennzeichnung B, wenn der Lack alkoholfrei ist, Ester oder Toluol enthält und Druckfarben nach D I N 16 524 B zu verwenden sind. Mit der Kennzeichnung B könnten nicht nur Nitrolacke versehen werden, sondern auch andere Lacke, die in ihrer Lösewirkung der Testlösung nach D I N 16 524 B entsprechen. Spirituslack, nicht scheuerfest Das Verfahren, auf Glanz ohne weitergehende Qualitätsansprüche zu lackieren, ist hinreichend bekannt. Man verwendet einfache Spirituslacke. Der einfache Spirituslack läßt aber eine unserer heutigen Hauptforderungen, den „Scheuerschutz" für Druck und Papier, gänzlich vermissen. Im Gegenteil, der einfache Spirituslack neigt meist selbst stark zum Mehlen und sollte deswegen nur für ganz primitive Lackierungen verwendet werden. Scheuerfester Spirituslack Wer um die Qualität seiner Erzeugnisse besorgt ist, verwendet zumindest scheuerfesten Spirituslack. Bei etwa gleichem Preis wie einfacher Spirituslack hat dieser gleich guten Glanz, große Helligkeit, keine Neigung zum Mehlen, sondern ist gut scheuerfest sowie getrocknet geschmack- und geruchfrei. 178

Der scheuerfeste Spirituslack eignet sich f ü r Verpackungen aller Art, Faltschachteln, Bucheinbände, Prospekte und Schokoladeneinwickler. Für diesen Zweck muß er allerdings gut geruchfrei und besonders gut knickbruchfest sein*). Kratz- und scheuerfeste Lacke auf Spiritusbasis Scheuerfeste Spirituslacke erfüllen den Anspruch auf Glanz und Scheuerfestigkeit. Scheuerfest bedeutet beständig gegen Reibeffekte und gegen Scheuern von Fläche zu Fläche. Häufig treten aber auch Kratzbeanspruchungen, auf, zum Beispiel auf schnellaufenden Faltschachtelmaschinen, Abpackmaschinen, durch Verschlußwerkzeuge und auf dem Transport der Packungen. Das Kratzen wird durch scharfe Kanten, Ecken oder Spitzen hervorgerufen und kann auf scheuerfesten Spirituslacken Schrammen hinterlassen. So erklärt sich die Existenzberechtigung einer Gruppe von Lacken, die glänzend, kratz- und scheuerfest sind. Diese Lacke sind als Bindeglied zwischen reinen Spirituslacken und Nitrolacken zu sehen; die Kraftfestigkeit wird mit einem Minus an Glanz erkauft. Im Lackierverhalten, den Lackierkosten und im Glanz kommen sie dem reinen Spirituslack nahe. Sie enthalten neben Spiritus meist noch andere Lösungsmittel, sind jedoch mit Spiritus verdünnbar. Sie sind hell bis wasserhell, schnelltrocknend, elastisch und haben eine ziemlich hohe Block- und Wärmefestigkeit. Die Lacke werden im übrigen für die gleichen Zwecke wie der scheuerfeste Spirituslack verwendet; sie empfehlen sich außerdem besonders auch f ü r doppelseitige Prospektlackierungen. Zweisdiiditenlackierung Natürlich kann man mit den vorgenannten Spirituslacken auch zweimal lackieren und dadurch eine Glanzsteigerung erreichen. Möchte man aber einen Glanz erzielen, der der Kalandrierung oder Foliierung ähnelt und gleichzeitig kratz- und scheuerfest ist, kann man die Pentaphan-Zweischichtenlackierung anwenden. Nach diesem Lackierverfahren ist eine zweimalige Lackierung unter Verwendung eines Grundlackes und eines Decklackes erforderlich. Der Grundlack ähnelt einem Spirituslack und wird wie ein solcher lackiert. E r trocknet schnell, gibt dem lackierten Material Fülle und guten Glanz. Wird auf diese Grundierung noch Pentaphan-Überzugslack aufgetragen, so vertieft sich dieser Glanz zu einem folienähnlichen Hochglanz. Gleichzeitig wird die Lackie* ) In diesem Zusammenhang ist es interessant, auf einen neuen Spiritus-Hodiglanzlack des Wikolin-Werks, Bremen, hinzuweisen, der jetzt auf den Markt kommt. Dieser Lack ist scheuerfest, geschmack- und geruchfrei und von ungewöhnlich gutem Glanz. Außerdem zeigt dieser Lack auch auf fetteren und schwierigeren Farben eine gute Haltung. 12"

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rung kratz- und scheuerfest, sie ist knickfest, nut- und rillfähig. PentaphanZweischichtenlackierung ist vor allem dann zur Erzielung einer Hochglanzlackierung geeignet, wenn dem Lackierer kein Kalander zur Verfügung steht oder wenn durch die Heißkalandrierung Kartonschwächung oder Passerschwierigkeiten auftreten. Auch bei der Pentaphan-Zweischichtenlackierung ist der Glanz abhängig von der Papier- und Kartonqualität. Folienähnlicher Hochglanz wird beispielsweise auf den bekanten Qualitäten wie Contiboard S, Interboard, Chromo- und Kunstdruckkarton bzw. -papier erzielt. Hochglanz durch Heißkalandrierung Die Heißkalandrierung setzt einen Lackiergang und einen Heißkalandriergang voraus. Es wird zur Lackiermaschine zusätzlich ein Kalander benötigt. Es gibt zwei Kalandertypen, den Roto- und den Planokalander. Der Planokalander ist fast nur noch im Gebrauch zur Herstellung besonders guter Postkarten und von Aufstellplakaten. Für alle anderen Zwecke wird der Rotokalander verwendet. Noch mehr als bei der Verwendung von Spirituslacken ist auf eine günstige Lackierviskosität des Lackes zu aditen. Wegen der besseren Auflage auf dem Papier sind Lacke, die sich höherviskos, aber rillenfrei lackieren lassen, grundsätzlich vorzuziehen. Es liegt nahe, daß eine gut aufliegende, rillenfreie Lackierung kalandriert auch einen ruhigeren und brillanteren Glanz bekommt als eine Lackierung, die unruhig oder sogar rillig ist. Zwar kann man beim Kalandrieren durch höheren Preßdruck feine Rillen egalisieren, aber gleichzeitig wird besonders Karton bei zu hohem Druck unnötig stark beansprucht und geschwächt. Papiere mit einer ruhigen, glatten, nicht saugenden Oberfläche geben den besseren Glanz bei relativ geringem Lackauftrag. Die Heißkalandrierung kann sowohl unmittelbar nach dem Ladeieren, frisch, als auch nach Ablagerung der lackierten Stücke vorgenommen werden. Die Frischkalandrierung verdient bei weniger gutem Material häufig sogar den Vorzug, da sie zwar den geringeren, dafür aber gleichmäßigeren Glanz liefert, weil noch geringe Lösungsmittelreste im Lack die Egalisierung der Lackierung beim Kalandrieren fördern. Kalandriert man das gleiche Stück nach Ablagerung etwa 24 Stunden später, so erhält man in der Regel einen brillanteren, höheren Glanz, aber gleichzeitig zeigen sich auch alle Unregelmäßigkeiten des Materials. Die Flädie wird unruhig, sie irisiert. Anders bei gutem Chromo- oder Kunstdruckpapier bzw. -karton. Hier ist eine Heißkalandrierung nach Ablagerung vorteilhaft, man erreicht dabei einen brillanten Glanz bei völliger Gleichmäßigkeit und Ruhe der Flädie. Die Kalandrierung wird bei Temperaturen um 100° C vorgenommen. Je nach Dicke des Papiers, der Temperaturempfindlichkeit und Lebendigkeit 180

der Lacke können sie nach oben und unten variiert werden. Bis zu einem bestimmten Preßdruck findet eine Glanzsteigerung statt, jedoch sollte ein zu hoher Druck vermieden werden, da unnötige Papierlängung und -Schwächung die Folge ist. Die Kalandriergeschwindigkeit läßt sich ebenfalls den Gegebenheiten anpassen. Gute Kalanderlacke lösen sich so leicht von der Kalanderwalze, daß automatische Abnahmevorrichtungen angewendet werden können und sich ein Abnehmen von Hand erübrigt. Sie hinterlassen auf den Kalanderwalzen keine Ausscheidungen, vor allen Dingen aber sind sie ganz stabil, elastisch, kratzund scheuerfest. Während der Rotokalander nur mittels Walze arbeitet, passiert das lackierte Stück beim Heißkalandrieren auf dem Planokalander die Kalanderwalzen auf einem hochglänzenden Chromblech. Es wird inniger und länger gegen die polierte Fläche der Bleche gepreßt und kann sich dadurch besser ausprägen. Dadurch und durch die vorgenommene Abkühlung der Bleche vor dem Ablösen der lackierten Stücke ist ein höherer und ruhigerer Glanz zu erreichen als bei der Rotokalanderung. Die Heißkalandrierung wird angewendet f ü r Faltschachteln, Verpackungen aller Art, Bucheinbände, Postkarten, Plakate, Prospekte, hitzefeste Lackierungen usw. Ein besonderes Anwendungsgebiet der Heißkalandrierung liegt in der Möglichkeit, gleichzeitig Kalandrierung und Heißklebung durchzuführen. Bei der Herstellung von Plakaten hat sich deswegen die Benutzung von Kalandern eingeführt. Glanzfolien-Kaschierung Die Technik, Druckerzeugnisse auf Hochglanz zu bringen, ist unter dem Namen „Cellophanieren" bekannt. Fast nie aber wird Cellophan R bzw. Zellglas verwendet, sondern hauptsächlich Acetatfolie und neuerdings auch vielfach PVC und andere Kunststoffolien. Deswegen kann man wohl am besten von einer Glanzfolien-Kaschierung oder Foliierung sprechen. Bis vor einigen Jahren wurde dieses Hochglanzverfahren nur von ganz wenigen Firmen angewendet. Die Maschinen hierfür waren fast ausschließlich Eigenkonstruktionen. Heute jedoch werden geeignete Kaschiermaschinen von verschiedenen namhaften Maschinenherstellern geliefert und fast jeder Lackierer f ü h r t auch Glanzfolien-Kaschierungen durch. Bei der Glanzfolien-Kaschierung spielt die Qualität des Papiers oder Kartonmaterials keine entscheidende Rolle. Sie beeinflußt mehr den Preis als die Qualität des Endproduktes. Denn gestrichenes, glattes Material läßt sich mit 181

wenig Klebstoff foliieren und erlaubt höhere Arbeitsleistungen. Schlechteres, unruhiges Material bedarf, um zu einer ruhigen Oberfläche zu gelangen, eines größeren Klebstoffauftrages und macht deswegen einen langsameren Maschinengang notwendig. Das Prinzip der Foliierung besteht darin, daß eine Kunststoffolie, überwiegend Acetatfolie, von der Rolle kommend über ein Lackierwerk geleitet und auf diesem mit dem notwendigen Klebstoffauftrag versehen wird. Diese Klebstoffe sind Klebelacke, sie enthalten Lösemittel. Die mit dem Klebelack versehene Folie passiert einen Trockenkanal, in dem das Lösemittel mittels Wärme oder Warmluft entfernt wird. Anschließend wird die Folie über Umlenkwalzen einem Kalanderwerk zugeführt und mittels Druck und Wärme mit dem gleichzeitig zugeführten Papier verklebt, danach zwecks Klimatisierung auf Rollen gewickelt und später geschnitten. Die Papierzuführung erfolgt über einen halbautomatischen Anlagetisch. Neuerdings kommen Kaschiermaschinen in Gebrauch, die mit einer automatischen Anlage f ü r das Papier und Trennvorrichtung ausgestattet sind, so daß die Wiederaufwicklung der kaschierten Stücke entfällt. J e nach A r t des verwendeten Klebstoffes differiert die Qualität der Kaschierung, insbesondere Planlage, Glanz, Puderunempfindlichkeit, Wasserfestigkeit, Ruhe der Kaschierung und vor allem der Stand der N u t . Ein guter Kaschierer kann unter Verwendung geeigneter Klebelacke eine planliegende und nutfeste Glanzfolien-Kaschierung liefern, denn auf diese beiden Eigenschaften k o m m t es meistens entscheidend an. Nach dem gleichen Kaschierprinzip wird ebenfalls gearbeitet, wenn an Stelle der Acetatfolie PVC, Polypropylen oder eine andere Folie verwendet wird. Es wechseln lediglich der Klebstofftyp die Arbeitsgeschwindigkeit, Temperatur und Preßdruck der Kaschierwalzen. PVC-Folien werden dann verwendet, wenn es darauf ankommt, daß die Kaschierung gleichzeitig chemikalienfest ist, Weich-PVC besonders dann, wenn die Kaschierung besonders geschmeidig und dauerhaft sein soll. Polypropylenfolie soll aus Preisgründen für die Glanzfoliierung eine gute Zukunft haben. Es muß vorbehandelte Folie verwendet werden. D a die Klebstoffe für die Glanzfolien-Kaschierung im allgemeinen Toluol enthalten, empfiehlt sich die Verwendung von Druckfarben nach D I N 16 524 B. Herstellen von Fensterkartonagen Im Sprachgebrauch der Praxis wird das Einkleben von Fenstern in Kartonagen auch als Fensterkaschierung bezeichnet. Sie arbeitet nach einem anderen Prinzip als die Glanzfoliierung. Es wird nicht die Folie mit Klebstoff 182

versehen, sondern der Klebstoffauftrag erfolgt auf den bereits gestanzten Karton mittels Bogenlackiermaschine. Die lackierten, getrockneten Stücke werden entweder direkt anschließend oder nach Ablagerung mittels Kalander mit der Folie unter Druck und Wärme verklebt. Da der Klebstoff f ü r die Fensterkaschierung sehr lebendig gehalten werden muß, ist eine Lagerung der lackierten Stücke vor der Foliierung nur in kleinen Stapeln möglich. Der Klebstoff ist in diesem Falle meistens auf Spiritusbasis hergestellt, so daß allgemen spiritusechte Druckfarben nach D I N 16 524 A zu verwenden sind.

XII.

Kapitel

Die Veredelung der Pappen durch Druck und Prägeausstattung a)

Gummidruckmaschinen

Unter den mannigfachen Arbeits- und Hilfsmaschinen haben sich die Walzendruckmaschinen mit elastischen Gummi-Walzen, immer mehr eingebürgert. Dies mag einerseits in der verhältnismäßig großen Billigkeit, Anspruchslosigkeit an Bedienung, R a u m und Fläche, andererseits in der hohen Leistungsfähigkeit bei geringem Kraftverbrauch zu suchen sein. Das Bestreben, auch dem Verpackungsmaterial — gleichgültig, ob es sich um Einwickelpapier, Schachteln, oder Kisten oder sonstwie geartete Kartons oder Emballagen handelt — ein zeitgemäßes, geschmackvolles und farbenfreudiges Äußeres zu geben, hat s. 2 t . viel zur Verbreitung dieser Maschinen beigetragen. Die Maschinen zur Veredelung der Pappen durch Druck wurden in verschiedenen Modellen auf den Markt gebracht, und zwar hauptsächlich für Ein-, Zwei- und Dreifarbendruck, wobei der Druck entweder von Bogen oder von der Rolle erfolgt, mit einer dahingehenden Kombination, auch mit eingebauter Kreisschere mit Roll- u. Ritzvorrichtung, die es möglich macht, daß auf Wunsch eventuell f ü r eine Bogendruckmaschine die An- und Abrollvorrichtung, für eine Rollendruckmaschine dagegen der Anlege- und Falltisch später nachgeliefert werden kann. Beide Arten haben das gemeinsam, daß sie mit drei hintereinandergelagerten Farbwalzen, der sogenannten Farbwalze, Ubertragwalze und Farbauftragwalze, einer Gummidessinwalze und einer Gegendruckwalze ausgerüstet sind, während die Zweifarbendruckmaschinen natürlich die doppelte Anzahl Walzen und außerdem eine sogenannte Spritzwalze über der Farbwalze am zweiten Farbwerk angeordnet aufweisen. Unter der am äußersten Ende befindlichen Farbwalze befindet sich der Farbkasten, aus dem die flüssige Farbe der nächsten und von dieser wieder der dritten Farbwalze zugeführt wird, die die Farbe dann an die ihr vorgelagerte Dessinwalze abgibt, so daß sowohl die einzeln verstellbaren Farbwalzen als auch die Führungswalze so gegen die Dessinwalze bewegt werden können, daß eine Schiefstellung oder gar ein Verquetschen der Gummibezüge nicht befürchtet zu werden braucht. Auch das Auswechseln der Dessinwalzen ist 184

äußerst bequem und schnell zu bewerkstelligen, nicht minder das Herausnehmen der Farbwalzen infolge aufklappbarer Deckel ohne großen Zeitaufwand und besondere Geschicklichkeit auszuführen. Die Walzeneinstellung ist je nach Fabrikat und Konstruktion der Maschine verschieden. Bei einer neuzeitlichen Type wird nur einmal von dem Monteur eingestellt und bei Gebrauch ein-, bei Nichtgebrauch abgestellt. Das ist eine wesentliche Erleichterung des Arbeitsvorganges. Die Gummidessinwalzen reiben sich im Laufe der Jahre im Durchmesser ab, deshalb ist eine exentrisch verstellbare Lagerung empfehlenswert. Das Arbeiten mit diesen Maschinen geht folgendermaßen vor sich: man stellt die Farbwalzen sowie die Führungswalze durch die in den Lagersteinen der Walzen angebrachten Stellschrauben so ein, daß zwischen den Walzen hur noch Platz für eine Papierstärke verbleibt, danach gießt man die Farbe in den Farbtrog, bringt ihn mittels Hebel in die richtige Höhenlage und setzt nun erst die Maschine in Gang, wobei man die drei Farbwalzen mittels der schon erwähnten Stellschrauben in der Weise reguliert, daß die Farbe überall gleichmäßig auf den Walzen sich verteilt. H a t man dann schließlich noch die Druckeinstellung zwischen Führung und Dessinwalze so vorgenommen, daß die auf beiden Seiten befindlichen Exzenter in ihrer Höhenstellung gerade den richtigen Druck zwischen Führungs- und Dessinwalze ergeben, kann mit der Bogendruckmaschine zu arbeiten begonen werden, während es dazu bei der Rollendruckmaschine erst noch einiger weiterer Vorbereitungen bedarf, die in erster Linie darauf hinauslaufen, daß das Papier von der abzuwickelnden Rolle über die Spannwalzen zwischen Führungs- und Dessinwalze bis zur Aufwickelhülse geführt, dort gestrafft und gerade gerichtet wird. Bei Außerbetriebsetzung sind sofort die Führungswalze von der Dessinwalze sowie die drei Farbauftragwalzen voneinander abzurücken. Das Reinhalten der Walzen bei Verwendung verschiedener Farben ist eine Hauptbedingung für das gute Funktionieren einer Walzendruckmaschine. Bei etwaigem Farbwechsel müssen Dessinwalzen sowohl als auch Farbwalzen abgewaschen werden. D a heißes Wasser den Gummi rissig macht, empfiehlt sich handwarmes Wasesr mit etwas Lösungsmittel (Spiritus oder Ätznatron) zu verwenden. Bei der Maschine der Firma Liebe wird das Waschen automatisch in der Maschine vorgenommen, nachdem die Farbe abgelassen ist. Bei dieser vorgenannten Maschine liegen die Walzen übereinander. Auch je nach Type in schräg nach oben erfolgter Anordnung. Die Firma Liebe liefert auch auf Wunsch eine Farbumwälzpumpe mit auswechselbaren Farbkannen. Das erzeugt eine gleichmäßige Deckung. Des weiteren ist die Dessinwalze, falls sich durch längere Benutzung oder Stillstand der Farbe in die Vertiefungen des Musters eingesetzt haben, in 185

gleicher Weise mittels einer Bürste zu reinigen. Unter keinen Umständen dürfen die Dessin- und Farbwalzen mit Benzin, Terpentinöl oder sonstigen ölhaltigen Flüssigkeiten in Berührung kommen, da hierdurch der Gummi leiden und verquellen würde. Uberhaupt sind sie während des Stillstandes durch Zurückdrehen der Griffschrauben auseinanderzustellen, damit kann unnötiger Druck auf ihn lastet, wodurch sie nur unrund werden. Bogen- und Rollendruckmaschinen sind für Motorbetrieb eingerichtet, in letzterem Falle beansprucht die Maschine keine besondere Person zur Wartung und Bedienung, da nur eine zeitweilige Beaufsichtigung und das Einlegen der zu bedruckenden und das Abnehmen der fertig bedruckten Rollen sich als notwendig erweist, so daß eine Person mehrere Maschinen zu bedienen vermag. Der Kraftbedarf für eine Bogendruckmaschine von 1050 mm Arbeitsbreite beträgt 1 PS, für eine Zweifarbendruckmaschine 2V2 PS, die Tourenzahl in ersterem Falle 120, in letzterem 100 bis 110 pro Minute. Die Leistung einer Rollendruckmaschine belief sich früher pro Stunde auf 1800 m, doch ist diese durch entsprechende Verstärkungen der Maschine neuerdings auf 4000 bis 4500 m gesteigert worden, während eine Bogendruckmaschine in gleicher Zeit 850 bis 1200 Bogen schafft. Das gleiche Ergebnis erzielt man mit einer Zweifarben- Walzendruckmaschine. An Kaum erfordert eine Bogendruckmaschine von 1000 mm Arbeitsbreite 2,20Xl,70m, eine Rollendruckmaschine der gleichen Abmessung 2,90X1,70 m und eine Zweifarbendruckmaschine 3,20X1,90 m. Außer in der beschriebenen gewöhnlichen Konstruktion wird die Bogendruckmaschine auch in einer verstärkten Konstruktion gebaut, wobei die drei Farbwalzen und Dessinwalzen nicht hintereinander in einer Ebene gelagert, sondern übereinander angeordnet sind, durch welchen Umstand vor allem ein Betropfen der Bogen auf den Rückseiten verhindert wird. Was die Ausführung der Dreifarbendruckmaschine anbelangt, so ist dabei vertikale Anordnung der einzelnen Walzenpartien vorgesehen, deren jede mit drei kompletten Farbwerken, bestehend aus je vier Farbauftrag- und Verreibewalzen, sowie je einer Dessinwalze zur Hervorbringung des gewünschten Musters ausgestattet ist. Das Färben v o n B o g e n bedarf einer speziellen Färbemaschine, die es gestattet, die Anilinfarbe ca. 25fach (je nach Farbe) zu verdünnen, wodurch größte Billigkeit gewährleistet ist. Diese Maschine hat nur eine Färbe-Abquetscher-Gegendruckwalze, die Färbewalze läuft im Farblech und trägt auch die Farbe auf. Durch den kurzen Weg ist der Farbton gleichmäßig (Liebe). Zum Unifärben aller Arten von Papier, Pappen, Kartons usw. bedient man sich bisher sogenannter Spezialfärbemaschinen, doch kann diese Arbeit auch auf einer der vorerwähnten Bogen- bzw. Rollendruckmaschinen ausgeführt werden, wenn an geeigneter Stelle Vorkehrungen zur Beseitigung der über186

schüssigen Farbe getroffen und die Dessinwalzen gegen glatte Farbwalzen ersetzt werden. Die Färbewalzen haben jedoch einen bedeutend größeren Durchmesser, der sich der Bogengröße anpaßt. Auf diese Weise gelingt es ohne weiteres, das Färben schon bei einmaligem Durchgang in gleichmäßig einwandfreier Weise auszuführen. Das Bedrucken und Färben der Papierund Pappbogen erfolgt mittels wasser- oder spiritusähnlicher Anilinfarben, über deren Zusammenstellung dem Interessenten beim Kauf einer Maschine Anweisungen zum Gebrauch überlassen werden. Unter den vielen anderen Vorzügen, wodurch sich die Walzendruckmaschinen auszeichnen, verdient nicht zuletzt die Dauerhaftigkeit der Gummidessinwalzen hervorgehoben zu werden, die bei sachgemäßer Behandlung die viel teueren geätzten oder galvanisch erzeugten Metallwalzen weit übertreffen, dabei aber immer noch die Möglichkeit des billigen Ersatzes eines Musters durch Auflegen einer neuen Dessinplatte zulassen, wenn dasselbe veraltet, unmodern oder sonstwie während des Betriebes beschädigt worden sein sollte. Da vielfach auch schmälere Muster gedruckt werden sollen, in welchen Fällen sich die Anschaffung einer Gummidessinwalze in der ganzen Breite der Maschine nicht lohnen oder zu kostspielig stellen dürfte, möge hier noch darauf hingewiesen sein, daß es sich in solchen Fällen empfiehlt, sich durchgehend genutete Spindeln oder Wellen mit zu den Lagern passenden Zapfen anzuschaffen, auf die sich dann schmälere Rollen in den Ausmaßen der Muster aufstecken und durch Keile befestigen lassen. Auf diese Weise ist es möglich, durch Kombinationen und Zwischenschaltung glatter Gummirollen eine Menge der verschiedensten Dessins ohne erhebliche Kosten zu erzeugen. Jedenfalls sind auch damit die Verwendungsmöglichkeiten von Walzendruckmaschinen noch lange nicht erschöpft, vielmehr bietet sich hier dem Konstrukteur sowohl als dem Fabrikanten noch ein ausgiebiges Feld für die Ausnutzung dieser so überaus praktischen Maschinen auf dem Gebiete der Pappen- und Papierverarbeitung. b) D i e Vierfarben-Pappendruckmaschinen Mit solchen Maschinen können ein bis vier Farben nach Wahl in einem Arbeitsgang gedruckt oder mit dem ersten Farbwerk ganzflächig gefärbt und mit weiteren Farbwerken gemustert oder gedruckt werden. Die Färbung ist auch hier sehr intensiv zu erzielen. — Das Kaschieren von Pappen oder Kartonbogen ist durch direktes Färben oder Bedrucken in vielen Fällen überflüssig geworden, wodurch eine erhebliche Verbilligung der Pappenveredelung erzielt wird. — Auch werden bedruckte oder gefärbte und bedruckte Kartons den überzogenen Schachteln oft vorgezogen, weil sie prompt lieferbar und billiger sind. 187

Welchen Zwecken die Pappen auch dienen mögen, ob f ü r Kisten, Pappoder Faltschachteln, Hutschachteln und neuerdings auch in größerem U m fange Wellpappenkartons aller Art, hat f ü r die Veredlung kaum mehr Bedeutung. Es ist -wichtig zu wissen, daß Kartonbogen nicht dünner als 0,3 mm sein dürfen, weil, zumal bei älteren Maschinen, bei denen die Lager nicht mehr einwandfrei sind, die Gefahr des Abschmierens besteht, weil sich die Dessin- mit der Gegendruckwalze in solchen Fällen berühren könnte. Wird noch dünnerer Karton oder sogar Packpapier oder Einwickelpapier ebenfalls bedruckt, neben dem Bogen-Drucken von Pappen oder Kartons, so kommt eine kombinierte Maschine in Frage, die sich bestens bewährt und die man wahlweise sowohl f ü r Bogendruck f ü r Stärken bis 5 mm Dicke benutzen kann, als auch f ü r Rollendruck mit Schneide- und Wiederaufwickelvorrichtung, evtl. gleichzeitig mit Vorder- und Rückseitendruck, wodurch die ständige Ausnutzung derselben gewährleistet und ein weiteres Absatzgebiet erschlossen wird. — Von der Rolle kann auch stärkeres Material bedruckt werden, wenn es nicht zu dick ist. Man kann bei Rollendruck solcher Universalmaschine vielleicht eine N o r m von 20 bis 800 g/qm annehmen. — Bogen können auch bei Sondermaschinen in beliebig dicken Abmessungen gedruckt oder gefärbt werden, wenn dies bei der Bestellung der Maschine angegeben wird. — Zum Färben der Bogen über die ganze Fläche muß die Maschine von der Fabrik aus dafür eingerichtet werden. Es erscheint, wenigstens bei Bogendruck oder beim Bogen-Färben, unerläßlich, den Durchmesser der Auftragwalze dem Bogenformat anzupassen, andernfalls würden Streifen auf der Fläche erscheinen. Beim Färben von der Rolle hat dieses eine geringere Bedeutung. Zum Färben nimmt man weichere Gummiwalzen mit einer Härte von 40 Grad Shore. — Je nach der Oberflächenbeschaffenheit der Kartenbogen kann man Ansprüche an die Feinheit stellen. Beim Dessindrucken ist dies, zumal bei Dessins mit dünneren Konturen, von geringerer Bedeutung, da sich der Gummi der Dessinwalzen evtl. Unebenheiten des Materials sehr gut anpaßt. Kommen jedoch Dessins mit Flächen in Frage oder will man ganze Bogen der Rollen ganz färben, wird man auf Kartons oder Pappen mit glatter Oberfläche stets die Wirkung bei niedrigstem Farbverbrauch erzielen. Rauhe Oberflächen verbrauchen mehr Farbe. — H a t man schwierige Oberflächen, kann man mit zwei Farbwerken hintereinander färben, ob sich das finanziell tragen läßt, muß von Fall zu Fall entschieden werden. — Für das Bedrucken wird meistens wasser- oder spritlösliche Anilinfarbe verwandt. Die Farben sind sofort nach dem Verlassen der Druckmaschine getrocknet, so daß es der Anordnung einer besonderen Trockenvorrichtung 188

nicht bedarf. Die in der Maschine befindlichen Gummiwalzen sind mit einer Ia Gummiqualität ohne Beimengungen von Regeneraten bezogen, wodurch auch eine lange Haltbarkeit der Walzen gewährleistet ist. Für die Verarbeitung von Pigmentfarben empfiehlt sich die Ausstattung der Farbwerke mit Rasterwalzen, sowie die Ausrüstung der Maschine mit Kettenauslage und Infrarot-Trockeneinrichtung. Zur Erzielung von besonderen Druckeffekten kann man auch bei einem Farbwerk eine Doublier-Druckeinrichtung vorsehen. c) D a s Pappen-Prägewalzwerk Die auf Maschinen geprägten Pappen sind in der Pappenverarbeitung gefragt, insbesondere für die moderne Kartonagenindustrie. Die aus diesem Material hergestellte Packungen sind wirkungsvoll. Das Gaufrieren erhöht den Preis der Pappen nur ganz unwesentlich, denn die Maschine kann mindestens 600 Bogen in der Stunde prägen. Vielfach wird sie auch zum Einprägen von Fabrikmarken in Pappen benutzt. Dem Durchmesser der Dessinwalze entsprechende Zahnräder, die sogenannten Rapporträder, sind dann erforderlich, wenn das Dessin der gravierten Stahlwalze durchgeprägt wird, d. h. auch auf der Rückseite des zu prägenden Pappen- oder Kartonbogens erscheinen soll. In diesem Falle ist auch zu jedem wechselnden Gravurdessin, also zu jeder verschieden gravierten Stahlwalze, eine besondere Papierwalze erforderlich, in welch letztere das Gegenstück zur Gravur, also gewissermaßen die Matrize, eingewalzt wird. Für grainierte Pappen, also solche, bei denen die Prägung nur auf einer Seite des Materials zu erscheinen hat, genügt aber eine einzige Papierwalze. Die Maschine ist der von ihr zu leistenden Arbeit entsprechend in allen Teilen kräftig erbaut, wirkt mit kombiniertem Spindel- und Hebeldruck und liefert daher scharf ausgeführte Prägungen. Der Druck der Walzen kann durch die Gewichte leicht und schnell reguliert werden. Da die Ständer nach vorn offen sind, geht auch das Auswechseln der Walzen überaus rasch vonstatten. Für Bogengaufrage eingerichtet, ist die Maschine mit Vorder- und Hintertisch ausgestattet, für Rollen- und Bogenauftrag außerdem mit Vorrichtung zum faltenlosen Durchführen des Papiers. In vielen Fällen ist es vorteilhaft, die Stahlwalzen zu heißen. Es gibt an Rillmaschinen auch gravierte Rollen, um während des Rillens an anderer Stelle Firmenzeichen einzuprägen. Das Prägen und Stanzen der Pappe sowie ihre Veredelung durch Kolorstifte und Hilfsmittel Unter den Pappe verarbeitenden Gewerbezweigen nimmt die Prägerei und die damit verbundene Stanzerei der Pappe insofern eine gewisse Ausnahme189

Stellung ein, als mittels mechanischer Bearbeitung eine unmittelbare Veredlung der Pappe vor sich geht. Außerdem aber kann die Pappe als Nachahmung von Leder, und H o l z u. a. hergerichtet werden. Obwohl das Kunstgewerbe solche Nachahmungen verpönt und mit der Begründung gern beschneiden möchte, daß bei gewerblichen Gegenständen auch die stoffliche Wirkung — demnach also hier die Pappe — zum Ausdruck kommen müsse, ist die Prägerei der Pappe gerade dadurch groß geworden, daß sie vielerlei verschiedenartige Wirkungen aus dem Material f ü r ihre Erzeugung herausholte. Eines der Haupterzeugnisse war die bekannte Reklamewandtasche, die auch im Auslande große Verbreitung gefunden hatte. In diesen meist farbig gespritzten Wandtaschen wurden jedes Jahr eine beträchtliche Anzahl von Neuheiten herausgebracht, die vorwiegend durch den Großhandel vertrieben und durch Anbringung von Reklameaufdrucken in den Dienst der Kundenwerbung gestellt wurden. Die Entwürfe zu diesen Neuheiten wurden zugunsten allgemeiner Verbreitung auch im Ausfuhrhandel möglichst neutral gehalten. Die Gründe, die gerade dieser Reklamewandtasche zu ihrer großen Verbreitung verholfen haben, waren außer dem billigen Preis, die große Reklamewirksamkeit, die ihr dadurch innewohnte, daß sie bestimmt war, dem Auge frei zugänglich, an die Wand gehängt zu werden; schließlich lag ihr Vorteil auch in der flachen Versendbarkeit. Bei dem vorhandenen großen Bedarf, der mit zugkräftigen Neuerscheinungen solcher Reklamestücke hervorgerufen werden kann, hatte man sdion versucht, auch andere Bedarfsgegenstände zu stanzen und zu prägen wie kleine Wandkonsols, Schlüsselbrettchen, Spruchbretter mit Nachahmungen von der Holzbrandmalerei, Bürstenhalter, Besuchskartenschalen usw., obwohl durch keinen dieser Gegenstände die Wandtasche ersetzt werden konnte. Die Verwendbarkeit der verschiedensten Kunststoffe und ihre Verarbeitung zu Erzeugnissen des täglichen Bedarfs haben die Pappe nach und verdrängt. Gewiß könnte die Papp-Prägerei noch manches Zweckmäßige und praktisch Brauchbare herausbringen, wie beispielsweise zusammenlegbare Frühstückskörbdhen, Briefkörbe zum Herumreichen der eingehenden Post im Kontor, zusammenlegbare Näh- und Handarbeitskörbchen, die sich preislich einreihen, auch gut f ü r Reklamezwecke in den Dienst der Kundenwerbung stellen lassen könnten. Der pappgeprägte Fotografierrahmen ist veraltet. Es dürfte das allgemein bekannt sein, nichtsdestoweniger aber könnten damit immer noch verkäufliche Neuheiten hergestellt werden. 190

Das erhaben geprägte Blechplakat kann die Papp-Prägerei ohne weiteres nachahmen, nicht nur in Hinsicht auf die Reliefpressung und die farbige Behandlung, sondern die Pappe läßt sich auch wasserdicht herrichten. Die Papp-Prägerei bringt auch geschützte Einlegesohlen auf den Markt mit besonders kräftig gewölbten Querrippen und einer ebenso gewölbten U m fassungsborte, wodurch eine gute Haltbarkeit solcher Pappsohlen erzielt wird. Schließlich muß noch besonders hervorgehoben werden, daß die Papp-Prägerei und -Stanzerei in hervorragendem Maße befähigt ist, öffentliche und private Festlichkeiten durch Lieferung passender Ziermittel schmücken zu helfen, etwa in Gestalt von Wappen, heraldischen Wappentieren oder verwandten Schmuckstücken, die dann noch mit Zweigen oder Blumen hinterlegt werden können. In jedem Jahre erscheinen beispielsweise als sehr beliebte Weihnachtsartikel praktische Neuheiten, nämlich aus Pappe geprägte, einfache weiße, zuweilen auch mit bunten Bildern geschmückte preiswerte, zu kurzer Zweckbestimmung gedachte Weihnachtsteller, die in einer Zeit, in der das Geschirr aus Porzellan immer noch teuer ist, besonders zeitgemäß erscheinen, weil auch unter dem bescheidensten Christbaum bunte Teller mit Äpfeln, Nüssen und Gebäck stehen sollen. Da die Pappe besonders zu geprägten Kalenderrückwänden und vor allem zu Wandtaschen nicht roh bleiben kann, weil das Bild, das durch die Reliefprägung geschaffen ist, die äußere Ansicht des Erzeugnisses, sehr wenig wirkungsvoll wäre, so muß zur Veredelung und dekorativen Ausstattung zu äußeren Mitteln gegriffen werden, um die Wirkung zu heben und damit eine gewisse Gewähr f ü r die Absatzfähigkeit zu schaffen. Das Mittel hierzu ist die farbliche Ausstattung. Das Schablonenkolorit ist hierfür praktisch ungeeignet, zumal es die Hauptwirksamkeit besitzt durch die farbige Ausstattung ebener Flächen als ein Ersatz künstlerischer Malwirkungen. Für geprägte und besonders sehr hohe Reliefprägungen kommt ausnahmslos die Farbspritztechnik in Anwendung, zuweilen auch unter Benutzung der Beglimmerung. Im allgemeinen wird aber die Farbspritzung unter Verwendung mehrerer Farben zur Erreichung der gewünschten Wirkung völlig genügen, über deren Anwendung in diesem Fachbuch ausführlich berichtet wird.

191

Tafel I

Briefpapier-Packungen der Eugen Lemppenau GmbH., Stuttgart

Tafel li

Briefpapier-Packungen (Werbephotos Eugen Lemppenau GmbH.,

Stuttgart)

Tafel III

Abb. 1. Praktischer Halter für den Spritzapparat

Abb. 2. Kompressor v o n Typ „Hurry"

Abb. 3. Spritzgeräte verschiedener Düsenbohrung W e r k p h o t o s der Firma G r a f o - F e i n m e c h a n i k , Emil B r a u e r G m b H . , K r o n b e r g / T S .

(s. a. Taf. IX)

Tafel IV

Klein-Stahlstich-Prägepresse „Gnom" der Firma Friedrich Heim & Co., Maschinenfabrik, Offenbach am Main. Diese Maschine, Gravurplattengröße 80 X 140 mm, färbt, wischt und prägt an der Originalplatte in einem Arbeitsgang bei einer Leistung von etwa 1600 Drucken in der Stunde. V e r w e n d u n g : Glückwunschkartenindustrie, sowie alle in das Prägeformat passenden Stahlstichdrucksachen.

Tafel V

S i e h e n e b e n s t e h e n d e r T e x t . Rückansicht der M a s c h i n e .

Tafeil VI

Stahlstich-Prägepresse Type CAU, 14 X 23 cm für Obendruck v o n der Firma Friedrich Heim & Co., Offenfoach am Main. Die Maschine findet vorzugsweise V e r w e n d u n g zur Herstellung v o n hochwertigen Drucken, wie Briefköpfen, Briefumschlägen, Papierausstattung, Geschäftskarten, Glückwunschkarten, Anzeigen, Katalogdecken u. a. m.

Tafel VII

Siehe nebenstehender Text. Rückansicht der Maschine.

Tafel Vili

H e i d e l b e r g e r P r ä g e a u t o m a t der S c h n e l l p r e s s e n f a b r i k AG., Heidelberg.

Fuüerzerstauber

der Firma Albin Platsch Ing., Z e r s t ä u b u n g s t e c h n i k ,

Stuttgart

Tafel IX

Spritzgerät Typ IIB Grafo - Feinmechanik, Emil Brauer GmbH., Kronberg/TS. (s. a . T a t . III)

Hochleistungs-Beschichtungs- und Heißk'lebe-Kaschiermaschine Modell Reco (Werkphoto

der

Maschinenfabrik

Max

Kroenert,

Hamburg-Bahrenfeld)

Tafel X

Zweifarben- Anilindruckmaschine mit Ab- und Aufrollvorrichtung (Zwei W e r k p h o t o s der

Fritz

Liebe

Maschinenfabrik,

Wickrathberg,

Rhld.)

Tafel XI

Schräglagenknetmischer Bauart VI SD mit eingebautem Auffangbehälter

Kaschiermaschine Bauart VI L für Bindemittel

Mischflügel des Knetmischers (Drei W e r k p h o t o s

der

Firma P. K ü p p e r ,

Aachen)

T a f e l XII

Glattwalzen-Streichanlage (Zwei

Werkphotos

der

Firma J a g e n b e r g

AG.,

Düsseldorf)

Tafel XIII

Glättschabermaschine

Luftmessermaschine (Zwei W e r k p h o t o s d e r F i r m a J a g e n b e r g A G . ,

Diisseldoi!)

Tafel XIV

Kanaltrockner (Zwei W e r k p h o t o s d e r F i r m a J a g e n b e r g A G . , D ü s s e l d o r f )

Tafel XV Kanaltrockner für beschichtete Papiere

Anlage für Photopapier-Testarbeiten

(Zwei W e r k p h o t o s d e r Firma J a g e n b e r g A G . , D ü s s e l d o r f )

Tafel XVI

Kaschieranlage (Zwei W e r k p h o t o s d e r Firma J a g e n b e r g AG., D ü s s e l d o r f )

^J-ackbüekc? oen Walle*

'Hess

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