Die Unternehmung als ein soziales System: Ein sozialwissenschaftlicher Beitrag zur Neuen Mikroökonomie [1 ed.] 9783428478521, 9783428078523

Folgt man der traditionalen Mikroökonomie, ist die Unternehmung durch eine Produktionsfunktion repräsentiert, die eine d

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Die Unternehmung als ein soziales System: Ein sozialwissenschaftlicher Beitrag zur Neuen Mikroökonomie [1 ed.]
 9783428478521, 9783428078523

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MALCOLM H. DUNN Die Unternehmung als ein soziales System Ein sozialwissenschaftlicher Beitrag zur Neuen Mikroökonomie

Die Unternehmung

als ein soziales System Ein sozialwissenschaftlicher Beitrag zur Neuen Mikroökonomie

Von

Maleolm H. Dunn

Duncker & HQmblot · Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Dunn, Maleolm H.: Die Unternehmung als ein soziales System: ein sozialwissenschaftlicher Beitrag zur Neuen Mikroökonomie I von Maleolm H. Dunn. - Berlin : Duncker und Humblot, 1998 Zug!.: Dannstadt, Univ., HabiL-Sehr., 1992 ISBN 3-428-07852-7

Korrigierte Fassung der ersten Auflage Alle Rechte vorbehalten Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmH, Berlin Printed in Gennany

© 1998 Duncker &

ISBN 3-428-07852-7 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 9

Vorwort Das vorliegende Buch behandelt die Unternehmung aus der Perspektive des Sozialwissenschaftlichen Forschungsprogramms. Zwei Ziele werden damit verfolgt. Einmal geht es mir darum, meine wirtschaftswissenschaftlichen Fachkollegen davon zu überzeugen, daß es einer grundlegend neuen Sichtweise der Unternehmung bedarf: Die Unternehmung ist in erster Linie ein soziales und weniger ein technisches System, das sinnvoll durch eine Produktionsfunktion (im herkömmlichen Sinne) abgebildet werden kann. Es ist aus diesem Grund wichtig, die strategischen Verhaltensweisen zwischen den Akteuren in das Zentrum der Analyse zu stellen, anstatt davon auszugehen, daß diese analog technischen Produktionsfaktoren störungsfrei funktionieren. Zum anderen geht es in diesem Buch darum, für einen Paradigmenwechsel zu werben. Das gar nicht so neue Paradigma stellt eine Alternative zur herrschenden Orthodoxie dar, insofern es um die positive Erklärung sozialer Interaktionen geht. Dieser weitreichende Anspruch bringt es mit sich, daß ich mich nicht nur um die Darlegung meiner eigenen Position bemüht habe, sondern auch zeigen mußte, worauf sich meine Kritik im einzelnen stützt und worin sie sich von anderen Kritiken unterscheidet. Wichtig in all dem erscheint mir, daß es nicht die Annahmen und theoretischen Voraussetzungen allein sind, die zur Realitätsferne der mikroökonomischen Theorie der Unternehmung geführt haben, sondern auch ihre methodische Vorgehensweise: Das Hauptaugenmerk wird auf die Konstruktion von Gleichgewichtszuständen gelenkt, und zwar vor jeder Betrachtung der empirisch vorfindliehen Handlungsmotive und der sich daraus ergebenden Handlungsweisen der ökonomischen Akteure. Dadurch wird der Erkenntnisgegenstand aber so stark präformiert, daß eine ergebnisoffene Analyse in der Regel ausgeschlossen ist. In den Worten eines Fachkollegen: "Der Bezug zur Realität wird erst hergestellt, wenn die Theorie bereits formuliert ist." Das gilt bedauerlicherweise auch für den Teil der Mikroökonomik, der dem Thema dieses Buchesam nächsten steht: der Prinzipal-Agent-Literatur. Vor dem Hintergrund dieser Kritik enthält dieses Buch auch einige methodische Hinweise, wie eine empirisch gehaltvolle Theorie sozialer Phänomene konstruiert sein sollte, um den Gegenstand ihrer Untersuchung nicht zu verfehlen, denn tatsächlich sind die methodischen Probleme unserer Disziplin größer

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Vorwort

als das den Anschein hat, wenn man den (meisten) mikroökonomischen Lehrbüchern folgt, in denen davon nur wenig zu spüren ist. Natürlich ist auch dieses Buch nicht im 'theoriefreien' Raum entstanden. Es ist das Ergebnis einer Auseinandersetzung, die ich mit einigen meiner Fachkollegen führen konnte, von deren Arbeiten ich habe profitieren können. Wie der Leser feststellen wird, sind meine Überlegungen wesentlich von einem Autor beeinflußt worden: Herbert Sirnon ist zwar nicht der erste Ökonom, der sich um eine empirisch gehaltvolle Theorie menschlicher Entscheidungsprozesse verdient gemacht hat, aber er ist meines Wissens der erste, dem es gelungen ist, dem ökonomischen Fachpublikum auch die Möglichkeit einer alternativen Modeliierung ökonomischer Entscheidungsprozesse vor Augen zu fuhren. Die Konzepte der Anspruchsniveauanpassung (satisficing) und die Annahme beschränkter Rationalität (bounded rationality) sind aus der empirischen Beobachtung menschlicher Entscheidungsabläufe entstanden und sind kein Resultat von 'armchair reasoning'. Bekanntlich wurde mit diesen Konzepten die Grundlage vieler verhaltenswissenschaftlich orientierter Theorien der Unternehmung gelegt, an die dieses Buch anknüpft. Befolgt man die Maxime von Ronald Coase, daß die Forschung die Menschen so nehmen müsse, wie sie sind, ist nicht nur die verstärkte Einbeziehung psychologischen Wissens in die ökonomische Theorie erfordert, handeln doch die Menschen in einem institutionellen Kontext, der ihnen und ihrem Handeln vorausgesetzt ist und der ihr Handeln prägt. So nimmt es nicht wunder, wenn dieses Buch auch von der Neuen Institutionenökonomik profitiert hat. Hier sind neben den Beiträgen von Coase vor allem die Arbeiten von Oliver Williamson zu nennen. Der Erkenntnisfortschritt, der von diesen Autoren erzielt wurde, besteht vor allem in der Einbeziehung von Transaktionskosten (transaction costs) und den daraus resultierenden Vertragsproblemen. Beides taucht in der traditionalen Theorie der Unternehmung nicht auf, ist aber inzwischen ein fester Bestandteil der neueren mikroökonomischen Theorie. Mit der Berücksichtigung institutionenökonomischer Kenntnisse kommen juristische, historische und politökonomische Fragestellungen zum Zuge, die von den verhaltenswissenschaftlich orientierten Theorien - wie man wohl im Deutschen sagt - eher 'stiefmütterlich' behandelt werden. Insofern stellt die Neue Institutionenökonomik eine sinnvolle Ergänzung der verhaltenswissenschaftlich orientierten Ökonomie dar. Allerdings bleibt auch die übliche transaktionskostenökonomische Behandlung der Unternehmung mit Mängeln behaftet. Das zeigt sich etwa in der falschen Entgegensetzung komplementärer Institutionen, wie dies in der 'market versus hierarchy'- Diskussion zum Ausdruck kommt. Wie ein roter Faden durchzieht sich durch viele dieser Arbeiten die Beweisabsicht, Machtasymmetrien unbedingt aus paretianischen Effizienzkalkülen deduzieren zu wollen. Daß dieser harmonisierenden Vorstellung konflik-

Vorwort

7

tärer Interaktionen Mißverständnisse zugrunde liegen, soll in diesem Buch ebenfalls gezeigt werden. Bleibt ein dritter Pfeiler der vorliegenden Arbeit zu nennen, die Evolutorische Ökonomik. Zielsetzung des evolutorischen Paradigmas ist analog dem klassischen Erkenntnisprogramm die Erklärung von wirtschaftlichem und sozialem Wandel in der Zeit. Während die neoklassische Gleichgewichtstheorie ~.uf der Vorstellung stets omnipotenter Akteure basiert, die optimal auf exogene Anderungen reagieren wollen (und dies auch können), berücksichtigen evolutorische Ökonomen die Tatsache, daß die Akteure häufig gar nicht in der Lage sind, die flir sie optimale Verhaltenswahl zu identifizieren, zumal die Entscheidungsalternativen meist nicht exogen vorgegeben, sondern von ihnen zuvor kognitiv, nämlich erst durch ihre Vorstellungskraft, kreiert worden sind. Gerade die in Unternehmen zu beobachtenden Entscheidungsvorgänge beruhen darauf, daß tagtäglich neue Handlungsmöglichkeiten entdeckt und geschaffen werden und sich - dadurch bedingt - auch die Akteure selbst ändern. Sie entwickeln Normen und Konventionen, die ihr soziales Verhalten steuern. Es ist zu erklären, warum und wie dies geschieht. Mit Sicherheit nicht als Optimierungsvorgang bereits vorfindlicher Alternativen! Auch finden diese Veränderungen nicht in logischer, sondern in historischer Zeit statt, die eine Rückkehr zu einem früheren Zustand defmitiv ausschließt. Auch darin besteht ein gravierender Unterschied der Evolutorik zur neoklassischen Gleichgewichtstheorie. Die hier genannten Kritikpunkte können nur andeuten, wo die orthodoxe Ökonomik erhebliche Defizite aufweist. Das ist jedoch nicht damit gleichzusetzen, daß sie keinen Erklärungswert besitzt! Sie behandelt ein wichtiges Segment innerhalb des Entscheidungsprozesses, nämlich den der Optimierung, und sie tut dies unter der Voraussetzung einer strikten Trennung zwischen den Präferenzen und den Einschränkungen, die den Akteuren vorausgesetzt sind. Sie thematisiert dagegen nicht (oder nur selten) den Entstehungsprozeß des Entscheidungsraums und der Präferenzen bzw. deren Wechselbeziehungen. Es geht also bei aller Kritik nicht um eine Preisgabe, sondern um eine notwendige Ergänzung der 'herrschenden Lehre'; und zwar eine Ergänzung durch Erkenntnisse anderer Teildisziplinen der Sozialwissenschaften, wie etwa der Sozial- und Organisationspsychologie, der Arbeits- und Betriebssoziologie und der Politik- und Rechtswissenschaften. Ob mir diese Ergänzung, insbesondere die Berücksichtigung psychologischer Theorien gelungen ist, bleibt letztlich der Diskussion vorbehalten. Auf jeden Fall hoffe ich (auch des Absatzes wegen!), daß dieses Buch nicht nur von meinen wirtschaftswissenschaftlichen Fachkollegen gelesen wird. Zum Zustandekommen dieses Buches haben viele beigetragen. Insbesondere waren die zahlreichen Diskussionen, die ich in Deutschland im Ausschuß ftlr 'Evolutorische Ökonomik' des Vereins für Socialpolitik habe führen kön-

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Vorwort

nen, sehr nützlich. Ich schulde den Mitgliedern und Diskutanten dieses Ausschusses für ihre kritischen Anregungen deshalb meinen herzlichen Dank. Dasselbe gilt für meine Kollegen an der Philipps-Universität Marburg und der Technischen Hochschule in Darmstadt, an der diese Arbeit entstanden ist. Namentlich schulde ich Herrn Prof. Dr. Heiko Körner besonderen Dank. Erst durch seine Unterstützung ist es mir möglich gewesen, über mehrere Jahre lang an dem Thema zu arbeiten. An der redaktionellen Bearbeitung des Buches haben meine beiden jetzigen wissenschaftlichen Mitarbeiter Frau Dipl.Volkswirtin Katrin Kahrs und Herr Dipl.-Mathematiker Markus Braun sowie Herr cand. rer. pol. Oleg Iwanijtschuk wesentlichen Anteil. Auch dafilr mein Dank. Ich hoffe, daß die verbliebenen Fehler, die ich selbstverständlich allein verantworte, nicht allzu zahlreich sind! Frankfurt, im Januar 1998

Maleolm H Dunn

Inhaltsverzeichnis

Erstes Kapitel

Grundlagen einer sozialwissenschaftliehen Theorie der Unternehmung- Eine Einführung I.

II. III.

Das Problem ......................................................................................................... 15 Bausteine des sozialwissenschaftliehen Forschungsprogramms .......... ................ 20 Plan der Arbeit ..................................................................................................... 31

Zweites Kapitel

Das Zielsystem der erwerbswirtschaftlichen Unternehmung Das Profitstreben im Spiegel der Kritik I. II. III. IV. V. VI. VII.

Das Problem ......................................................................................................... 39 Das Streben nach Gewinn .................................................................................... 42 Zur Relevanz der Gewinnmaximierungshypothese .............................................. 48 Managerkapitalismus ............................................................................................ 52 Koalitionstheorie der Unternehmung ................................................................... 58 Psychologische Unternehmenstheorien ................................................................ 62 Resümee ............................................................................................................... 65

Drittes Kapitel

Beschränkte Rationalität und das Problem echterUngewißheit Zur 'Optimizing vs. Satisficing"-Kontroverse I. II. III.

IV. V.

Das Problem ......................................................................................................... 67 Das Problem echter Ungewißheit ......................................................................... 69 Lösungsversuche und Konsequenzen ................................................................... 72 1. Einleitung .................................................................................. ..................... 72 2. Entscheidung unter Ungewißheit und Risiko ................................................. 73 3. Berücksichtigung von Informationskosten ..................................................... 78 4. Zur prinzipiellen Unlösbarkeit des Ungewißheitsproblems ........................... 80 Beschränkte Rationalität und optimierendes Verhalten ........................................ 82 Satisficing und Routineverhalten ......................................................................... 88

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Inhaltsverzeichnis

VI. Die Grenzen des Satisficing-Ansatzes ...................... .... ........ ........ ........................ 96 VII. Resümee ............................................................................................................... 98 Viertes Kapitel Der subjektive Faktor in der Produktionsfunktion -Anmerkungen zu einem zentralen Konzept der traditionalen Unternehmenstheorie

I. II. III.

IV.

V.

Das Problem ....................................................................................................... 100 Das traditionelle Konzept der Produktionsfunktion ........................................... lO 1 Zur Eigentümlichkeit der Produktionsfaktoren ........................... ....................... 103 1. Einleitung ..................................................................................................... 103 2. Zur Bedeutung des Kapazitätsbegriffs ......................................................... 104 3. Leistung und Verschleiß .............................................................................. 105 4. Verschleiß und Ersatzbedarf ........................................................................ 108 5. Faktoreinsatz und Faktorqualität.. ................................................................ 109 Produktion als ein sozialer Prozeß ..................................................................... 111 I. Einleitung ..................................................................................................... III 2. Führt der Kombinationsprozeß zu einer eindeutigen Definition des 'production sef einer Unternehmung? ................................. 111 3. Produziert ein Unternehmen auf der Produktionsfunktion? ......................... 113 4. Ist das Faktormengenverhältnis ausschließlich technisch bestimmt? ........... 114 Resümee ............................................................................................................. 116 Fünftes Kapitel Äquivalententausch oder Autoritätsverhältnis? Der Arbeitsvertrag als Grundlage des individuellen Beschäftigungsverhältnisses

I. II. lll. IV. V. VI.

Das Problem .................................................................................................. ..... 118 Zur Relevanz und Irrelevanz vollständiger Verträge .......................................... 120 Zum Gegenstand des Arbeitsvertrags ................................................................. 123 Cui bono? ........................................................................................................... 127 Zur Machtasymmetrie des klassischen Arbeitsvertrags ...................................... 134 Resümee .................................................................................................... ......... 13 7 Sechstes Kapitel Märkte versus Hierarchien? Vom Fortschritt und den Grenzen des Transaktionskostenansatzes

I. II. 111.

Das Problem ............................................................. .. .... .. .................................. 139 Ronald Coase: The Nature ofthe Firm ............................................................... 141 Oliver Williamson: Der Transaktionskostenansatz .......... .. ................................ 148

Inhaltsverzeichnis IV. V.

II

Alchian und Demsetz: Teamproduktion und Shirking ....................................... 157 Exkurs: Teamproduktion und Shirking in der betrieblichen Praxis .................... IM Resümee .............................................................................................................. 166

Siebtes Kapitel Ist soziale Kooperation im Unternehmen möglich? Zur spieltheoretischen Interpretation des Beschäftigungsverhältnisses I. II.

Das Problem ....................................................................................................... 168 Hindernisse der Herausbildung sozialer Kooperation ........... .............................. 170 I. Kooperationsbildung als ein Informationsproblem ...................................... 171 2. Kooperationsbildung als ein Motivationsproblem ....................................... 172 3. Kooperationsbildung als ein Institutionenproblem ...... .. ......... ..................... 172 III. Das Beschäftigungsverhältnis als Gefangenendilemma...................................... 173 IV. Alternative Interpretationen des Beschäftigungsverhältnisses ............................ J82 V. Zur Bedeutung von Normen und Konventionen ................................................. l89 VI. Das Beschäftigungsverhältnis als soziale Kooperation ....................................... 198 VII. Resümee ............................................................................... .. ....... ...................... 201

Achtes Kapitel Exit, Voice und Shirking Das Konfliktverhalten der Mitarbeiter im Betrieb I. II. Ill. IV. V. VI.

Das Problem ....................................................................................................... 204 Konflikte und Konfliktverhalten ......................................................................... 206 Strategien und Strategiewah\ ................................. .. ...... ....... ................. .. ........... 212 Prozessuale Betrachtung ..................................................................................... 215 Konfliktverhalten und X-Ineffizienz .................................................. ................ 220 Resümee .............................................................................................................. 226

Neuntes Kapitel Sanktionen, Diskriminierung und Partizipation Zu den Konfliktstrategien des Unternehmens I.

II. 111.

Das Problem ....................................................................................................... 230 Konflikte und Konfliktverhalten aus betrieblicher Sicht ..... .... ........................... 232 Strategien der Konfliktregelung ......................................................................... 238 I. Strategien der Partizipation .......................................................................... 238 2. Strategien der Defektion ........................... .. ............. ....... .... ............ .............. 241 a) Überwachung und Kontrolle .................................................................. 242 b) Negative Diskriminierung ........................ ....... .... ... .... .... ...... ..... ............. 243 c) Androhung einer Kündigung .................................................................. 244 3. Exit ............................................................................................................... 245

12 IV. V.

Inhaltsverzeichnis Zur Genese und Interdependenz der Konfliktmanagement-Strategien ............... 246 Resümee ............................................................................................................. 250

Zehntes Kapitel Kooperation oder Konflikt? Zur Effizienz und Ineffizienz betrieblicher Konfliktmanagement- Strategien

I. II. III. IV. V. VI. VII. VIII.

Das Problem ....................................................................................................... 252 Zu den Voraussetzungen effizienter Konfliktmanagement-Strategien ............... 253 Zur Effizienz und Ineffizienz des Kontroll- und Überwachungssystems ........... 257 Zur Effizienz und Ineffizienz negativer Sanktionen ........................................... 261 Die Anreizwirkungen des Lohnsystems ............................................................. 263 Zur Effizienz und Ineffizienz partizipativer Strategien ...................................... 270 Reziproke Fairneß .............................................................................................. 275 Resümee ............................................................................................................. 284

Elftes Kapitel

Das Sozialwissenschaftliche Forschungsprogramm - Ein Ausblick

I. II. III. IV. V. VI.

Einleitung ........................................................................................................... 287 Die Grenzen des neoklassischen Forschungsprogramms ................................... 288 Entscheiden und Verhalten .................................................................... ............. 294 Institutionen, Macht und Effizienz ..................................................................... 300 Die Unternehmung als ein soziales System .............. .. .... .. .................................. 305 Nachbemerkung .................................................. ... ............................................ 308

Literaturverzeichnis .................................. ................................................................... 311 Personenregister ........................................................................................................... 348 Sachregister ......... .. ...................................................................................................... 3 55

Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Tabelle 2: Tabelle 3: Tabelle 4: Tabelle 5: Tabelle 6:

Gefangenendilemma .................................................................................. 175 Positivsummenspiel ................................................................................... 183 Bully .......................................................................................................... 185 Deadlock .................................................................................................... 186 Kampf der Geschlechter ............................................................................. l87 Kooperatives Spiel ..................................................................................... l90

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1 Abbildung 2 Abbildung 3 Abbildung 4

Gefangenendilemma, Arbeitsrecht und Konvention ............................ 191 Erfahrungs- und Evaluierungsprozesse im ArbeitnehmerKonfliktverhalten ................................................................................. 211 Effizienz, Leistungsmotivation und Konfliktverhalten in der Firma.............................................................................................. 223 Vorgelagerte Evaluierungsprozesse der Konfliktmanagement-Strategien .................................................................................... 237

Erstes Kapitel

Grundlagen einer sozialwissenschaftliehen Theorie der Unternehmung- Eine Einführung

I. Das Problem

Folgt man der traditionalen Theorie der Unternehmung, wie wir sie in den meisten Lehrbüchern der Mikroökonomie finden, ist die Unternehmung durch eine Produktionsfunktion repräsentiert, die eine technische, dem Unternehmerischen Handeln vorausgesetzte Relation von Input- und Outputgrößen darstellt. Zwar verfolgen die hinter den ' Faktoren ' stehenden Wirtschaftssubjekte eigene, vom Unternehmenszweck getrennte ökonomische Ziele, aber indem diese Wirtschaftssubjekte in ein Unternehmen eintreten, nehmen sie annahmegemäß Abstand von der weiteren Verfolgung ihrer individuellen Handlungsmotive, um sich ganz dem übergeordneten Unternehmensziel zu widmen. Unterstellt wird damit das störungsfreie Funktionieren der Produktionsfaktoren einschließlich des ' lebendigen Produktionsfaktors', der menschlichen Arbeitskraft. Dieses Idealbild der Unternehmung, in der alle Faktoren harmonisch zusammenwirken, in der die Effizienz garantiert erscheint und keine systembedingten Konflikte mehr auftreten können, gilt allerdings nur unter einer zentralen Voraussetzung, nämlich der, daß der betriebliche Leistungsprozeß primär als ein technisch determinierter Vorgang aufgefaßt wird und alle Faktoren in einer Weise fungieren, als ob sie technische Faktoren wären. Anders verhält es sich, wenn das Unternehmen nicht nur als ein technisches, sondern auch als ein soziales System interpretiert wird, wenn also auf die Eigentümlichkeit des wichtigsten Produktionsfaktors, des Menschen, abgestellt wird. In diesem Fall muß die theoretische Gleichbehandlung der Produktionsfaktoren zugunsten einer differenzierten Analyse menschlichen Verhaltens aufgegeben werden, die einen Zugriff auf sozialökonomische, soziologische und sozialpsychologische Forschungsergebnisse erfordert. Das Ziel der vorliegenden Untersuchung besteht darin, unser Verständnis von der Unternehmung als einem sozialen System zu vertiefen, das durch

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1. Kap.: Grundlagen

konfligierende Interessen, strategisches Konfliktverhalten und latente Machtund Informationsasymmetrien zwischen den am betrieblichen Leistungsprozeß beteiligten Akteuren und Gruppen charakterisiert ist. Die Unternehmung erscheint dann als ein Doppeltes, als ein technisches und zugleich als ein soziales System. An die Stelle einer normativen Betrachtung des Produktionsplans richtet sich der Blick darauf, von welchen Handlungsmotiven die im Unternehmen tätigen Menschen geleitet sind, welche Interessen- und Zielkonflikte zwischen diesen bestehen und in welcher Weise diese Interessenkonflikte ausgetragen werden. Im Mittelpunkt dieser Untersuchung soll der von den Klassikern der Politischen Ökonomie als 'Lohnarbeit und Kapital' 1 bezeichnete Interessenkonflikt stehen. Der Schwerpunkt wird dabei auf dem Verhältnis des einzelnen Arbeitnehmers zur Unternehmung liegen. Mit dieser Themenfestlegung wird nicht behauptet, daß dieser Konfliktbereich der einzige oder der einzig wichtige innerhalb der Unternehmung ist. Erinnert sei an die Konflikte, die innerhalb der Belegschaft, innerhalb des Managements und zwischen dem Management und den Eigentümern der Unternehmung existieren. Behauptet werden soll aber sehr wohl, daß der sozialen Interaktion zwischen den Mitarbeitern einer Unternehmung und der Unternehmung selbst, repräsentiert durch das Management, erhebliche Relevanz für das Verständnis der Unternehmung als einer sozialen Institution zukommt. Nun trifft es sicher zu, daß "die meisten heutigen Arbeitsplätze und Büros mit denen vor fUnfundsiebzig oder hundert Jahren nur noch entfernte Ähnlichkeit'' haben, daß es heute "anstelle des nahezu recht- und schutzlosen Arbeiters ... eine Vielzahl von Ansprüchen gibt, die von der Stellenausschreibung über das Beschwerderecht bis zur Möglichkeit einer genau vorgezeichneten betrieblichen Karriere gehen", daß sich "anstelle der einstmals klaren und eindeutigen Trennung zwischen Arbeitern und Vorgesetzten ... heute nurmehr relativ verschwommene Umrisse einer eher schichten- als klassenbewußten Arbeitsbevölkerung (finden)", wie der amerikanische Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler Richard Edwards 1981, S. 9 ff. schreibt. Diese gravierenden Veränderungen der Arbeitswelt widersprechen aber der These eines zwischen den Mitarbeitern und 'der Unternehmung' bestehenden Interessenkonfliktes nicht, sondern bestätigen sie eher: Noch jedes Beschwerderecht setzt voraus, daß es handlungsrelevante Konflikte gibt. Jede Tarifauseinandersetzung legt Zeugnis 1 Um Mißverständnisse zu vermeiden, sei vermerkt, daß die Begriffe 'kapitalistisch", 'Profit", 'Akkumulation" und 'Konkurrenz" von mir wertneutral verwendet werden. Wie Preiser 1982, S. 74 zutreffend bemerkt hat, "hören machen Leute das Wort (Profit) nicht gern, sie genieren sich, genauso wie man den Ausdruck 'Kapitalismus' scheut. In anderen Ländern", so Preiser, "hat man in beiden Fällen nicht die geringsten Hemmungen, und auch wir haben keine Veranlassung, das Wort 'Profit" und 'kapitalistisch" zu meiden."

I. Das Problem

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davon ab, daß Arbeitnehmer und Arbeitgeber eine widersprüchliche Abhängigkeit verbindet, und der gesetzliche Schutz des einzelnen Arbeitnehmers vor Willkür (etwa im KUndigungsrecht) wäre gänzlich überflüssig, wenn es keine Interessenkollisionen zwischen den im Unternehmen tätigen Menschen und der Organisation selbst gäbe. Vor diesem Hintergrund sind die von Edwards geschilderten sozialen Fortschritte bereits als das Ergebnis eines gesellschaftlichen Lernprozesses zu werten, der soziale Interessenkonflikte nicht mehr tabuisiert, sondern offen thematisiert, um diese lösen oder besser beherrschen zu können. Dennoch steht die theoretische Behandlung, ja schon die Rede von einem latenten Interessengegensatz zwischen den abhängig beschäftigten Mitarbeitern und 'der kapitalistischen Firma' noch immer in dem Verdacht, Werturteile zu transportieren2 und der ökonomischen Doktrinenbildung ein weiteres politisches Element hinzuzufügen. Dahinter mag eine Denkfigur stehen, die Myrdal 1962 einmal als 'kommunistische Fiktion' bezeichnet hat. Deren idealistischen Kern erläutert Albert folgendermaßen: "Immer wieder schlägt der Gedanke durch, daß die Gesellschaft in ihrer Wirtschaftsftihrung als kooperative Einheit zu betrachten ist, daß sie ... in der Überwindung der natürlichen Knappheit eine gemeinsame Aufgabe im Interesse aller ihrer Mitglieder zu lösen hat, daß das Ergebnis dieses Kampfes, das gemeinsam erarbeitete 'Sozialprodukt', einheitlich und 'richtig', nämlich in bezug auf die Bedürfnisbefriedigung, die Wohlfahrt aller, bewertet werden muß- ... -und daß jedes Mitglied der Gesellschaft nach Maßgabe seiner 'Leistung', seines 'produktiven Beitrages' zum Gesamtergebnis der Zusammenarbeit, an diesem partizipieren soll." (1960, S. 25)3 Folgt man dieser Doktrin, stehen die Interessen der Mitglieder einer Gesellschaft grundsätzlich in einem harmonischen Verhältnis zueinander. Gleiches gilt auch für die gesellschaftlichen Institutionen, also auch für die Unterneh-

2 Das theoretische Desinteresse, soziale Konflikte zu behandeln, ist auch in anderen Sozialwissenschaften spürbar. Delhees 1979, S. 6 konstatiert in diesem Zusammenhang "eine veränderte Auffassung gegenOber Konflikten innerhalb der Organisationspsychologie. Im Anfang der Untersuchung von Konflikten in Organisationen wurden hauptsächlich die störenden und destruktiven Aspekte des Konfliktes in den Vordergrund der Konfliktbetrachtung gestellt. Heute werden Konflikte in der Organisationspsychologie als Herausforderung betrachtet, weil man erkannt hat, daß es weder möglich noch wirtschaftlich immer nützlich sein dürfte, Organisationen als völlig konfliktfreie soziale Systeme zu gestalten." Ähnlich argumentiert Oechsler 1979, S. 24 fllr die Betriebswirtschaftslehre, daß die Vernachlässigung der Analyse von Konfliktbeziehungen ihren Grund darin habe, daß das Austragen von Konflikten als unproduktiv angesehen werde, mit der Konsequenz, daß die betriebliche Realität "als ein auf Harmonie ausgerichtetes Organisationsmodell" interpretiert wird. Für beide Disziplinen ist jedoch gerade in jüngster Zeit ein wachsendes Interesse an konflikttheoretischen Fragestellungen zu bemerken. 3 Vgl. auch Albert 1953, 1968, 1976, 1979 und 1984. 2 Dunn

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l. Kap.: Grundlagen

mung: Alle Mitglieder einer Unternehmung, die Arbeitnehmer ebenso wie der Arbeitgeber, das Management ebenso wie die Kapitaleigner, wirken gedeihlich zum Wohle ·der Unternehmung zusammen und partizipieren nach Maßgabe ihres individuellen Beitrags zum Unternehmenserfolg an diesem. Soziale und ökonomische Gegensätze, latente Interessenkonflikte und daraus resultierende Spannungen zwischen den gesellschaftlichen Gruppen erscheinen vor dem Hintergrund dieses harmonischen Weltbildes unerklärlich oder akzidentiell. Werden sie dennoch thematisiert, dann geschieht dies meist unter der nonnativen Fragestellung, wie sie gelöst werden können, was die Parteilichkeit zugunsten eines Akteurs oder einer Gruppe nicht ausschließt. Unüblich sind dagegen Versuche, die sozialen Konflikte positiv zu erklären. Nun ließe sich einwenden, daß zwischen einer nonnativen und einer positiven Theorie kein prinzipieller Gegensatz besteht: Ebenso wie das Management einer Unternehmung mit der praktischen Frage konfrontiert ist, welche Form der Entlohnung gewählt werden sollte, um das Leistungs- und Sozialverhalten der Mitarbeiter in der gewünschten Weise zu beeinflussen, stehen auch die Mitarbeiter vor dem Problem, wie sie Einfluß auf die Arbeitssituation nehmen können, wenn sie diese als unbefriedigend empfinden. Die von den Akteuren erwartete praktische Hilfestellung kann tatsächlich nur von einer nonnativen Theorie gegeben werden. Allerdings bedarf auch eine nonnative Sozialtheorie eines tragfiihigen verhaltenswissenschaftlichen Fundaments. Um zu wissen, welche Aktionsparameter eingesetzt werden müssen, um ein wünschenswertes Ergebnis zu erzielen, werden Kenntnisse benötigt, die nur von einer positiven Theorie sozialer Prozesse bereitgestellt werden können. Eben daran mangelt es aber. Nehmen wir die Prinzipal-Agent-Literatur als Beispiel. Zwar gibt es eine empirische Ausrichtung des Prinzipal-Agent-Ansatzes, die sich mit der Technologie von Überwachung und Kaution in Form von Verträgen und Organisationen befaßt\ gleichwohl überwiegen in der mikroökonomischen Spezialliteratur normative Prinzipal-Agent-Ansätze, in denen versucht wird, Strategien zu entwerfen, die den Agent veranlassen, sich zum Vorteil des Prinzipals zu verhalten. Übertragen auf die Unternehmung geht es um die Frage, wie die Vorgesetzten (das Management), den Arbeitnehmer, der stellvertretend ftir den Vorgesetzten Arbeiten verrichtet, dazu bewegen kann, im Interesse des Vorgesetzten zu handeln. Den Ausgangspunkt auch der normativen Prinzipal-Agent-Modelle liefert somit ein praktisches Problem: die Schwierigkeit, die Vorgesetzte haben, das

4 Deren Hauptvertreter sind M. C. Jensen und W. H. Meckling, die gemeinsam in mehreren Beiträgen die positive Prinzipal-Agent-Theorie entwickelt haben. Siehe dazu Jensen I Meckling 1976 und 1979.

I. Das Problem

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Verhalten der von ihnen beauftragten Mitarbeiter zu kontrollieren. Anstatt nun aber, die mit diesem Problem unterlegten vielfiiltigen kognitiv-emotionalen Informations- und Motivationsprobleme unvoreingenommen zu beleuchten, wird umstandslos zur Tat geschritten, indem aus einer Menge von Annahmen über die Ziele, die Entscheidungssituation und das Verhalten der Akteure und mit Hilfe eines entscheidungslogischen Instrumentariums pareto-optimale oder zumindest anreizkompatible Vertragsarrangements fl.ir die Agency-Beziehung 'abgeleitet' werden. 5 Als problematisch erweisen sich - wie sollte es anders sein? - die zahlreichen Annahmen und Implikationen, die sich aus der forschungsleitenden Fragestellung ergeben. Denn um 'optimieren· zu können, muß zunächst die Problemstellung einer Optimierung zugänglich gemacht, d.h. der Untersuchungsgegenstand muß 'präpariert' werden. An der Rigorosität, mit der dies geschieht, wird kenntlich, daß der Beweggrund, ein optimales Anreizsystem formulieren zu können, andere Gesichtspunkte, wie etwa die Frage nach dem empirischen Gehalt der Annahmen oder der praktischen Relevanz weitgehend in den Hintergrund verdrängen: So wird angenommen, daß der Prinzipal und der Agent vollkommen rational handeln, daß der Vorgesetzte die Nutzenfunktion, die Präferenzen und den Reservationsnutzen des Mitarbeiters kennt und daß "vollständige Gewißheit über die Ungewißheit" (D. Schneider) herrscht, denn Prinzipal und Agent kennen alle möglichen Zukünfte der Welt, wenngleich sie unterschiedliche Vorstellungen über die Eintrittswahrscheinlichkeit eines Zustands besitzen können. "Das Problem unvorhersehbarer Ereignisse bleibt außer acht" wie Richter und Furubotn 1996, S. 242 kritisch anmerken. Nicht der Ausgangspunkt der Fragestellung an sich ist zu beanstanden, wohl aber deren Modellierung. Allein schon die Verhaltenshypothese, daß sich Mitarbeiter stets opportunistisch verhalten, wenn ihnen die Möglichkeit dazu gegeben wird, wäre empirisch zu prüfen. Zu Recht kritisieren Albach und Albach 1989, S. V, daß die moderne mikroökonomische Informationstheorie die Wirklichkeit verbiege, "indem sie die Zusammenarbeit im Unternehmen unter der Annahme (analysiert), daß jeder Mitarbeiter nicht nur den Vorgesetzten, sondern auch den Arbeitskollegen übers Ohr hauen will - zwecks Maximierung des eigenen Wohlbefindens!" Auch die im Ausgangspunkt formulierten Informationsprobleme werden im Verlauf des Forschungsgangs nicht mehr ernst genommen, insofern dem Modell-Vorgesetzten gewissermaßen als Ersatz fUr sein Informationsdefizit

5 Einen exzellenten Überblick Ober die normativen Prinzipal-Agent-Theorien liefert Müller 1993, dessen Darstellung auch die wesentlichen Schwächen des Prinzipal-Agent-Ansatzes thematisiert. 2*

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I. Kap.: Grundlagen

gegenüber dem Agenten andere Kenntnisse und Fähigkeiten attestiert werden, die kein wirklicher Vorgesetzter besitzt6, aber besitzen muß, um optimieren zu können. Müller 1993, S. 43 bringt es auf den Punkt, wenn er konstatiert: "Um Agency Costs minimieren zu können, bedarf der Prinzipal eines Wissensstandes, den er nur haben kann, wenn überhaupt kein Agency-Prob1em vorliegt und keine Agency Costs anfallen. "7 Als Ergebnis erhalten wir", wie Richter und Furubotn 1996, S. 242 feststellen, "die üblichen neoklassischen Gleichgewichte - vorausgesetzt, solche existieren überhaupt. Das heißt, wir erhalten Zustände, in denen die individuellen Erwartungen vollkommen erfiillt werden; sobald einmal alles zur Ruhe gekommen ist, erlebt niemand eine Überraschung." Dieser Befund widerspricht so sehr dem, was die in der Unternehmung tätigen Mitarbeiter und Vorgesetzte tagtäglich erfahren, daß es keinen Sinn macht, auf diesen Pfad fortzuschreiten. Gefordert ist dagegen eine positive Theorie der komplexen sozialen Interaktionen, wie wir sie in den real existierenden Unternehmen beobachten können. Zu dieser beizutragen ist die Aufgabe, der sich dieses Buch stellt. Wenn sich daraus normative Schlußfolgerungen ziehen lassen, um so besser, aber ohne eine empirische Fundierung sind normative Theorien bedeutungslos. Im Fortgang soll begründet werden, warum das herkömmliche Verhaltensmodell, das mit dem neoklassischen Forschungsprogramm eng verbunden ist, ungeeignet ist, einer positiven Theorie sozialer Prozesse als Grundlage zu dienen, und worin demgegenüber der Perspektivenwechsel des sozialwissenschaftliehen Forschungsprogramms besteht.

II. Bausteine des sozialwissenschaftliehen Forschungsprogramms Den Ausgangspunkt einer sozialwissenschaftliehen Theorie der Unternehmung bildet die empirische Beobachtung, daß "die soziale Wirklichkeit ... 6 Müller 1993, S. 119 fUhrt dazu folgendes aus: "... der Modell-Vorgesetzte (hat) einen ganz entscheidenden Vorteil gegenOber (den) Führungskräften in der Realität, .... Er weiß, inwieweit der Agent besser informiert ist als er selbst... . In der Wirklichkeit besteht filr die Konstrukteure von Anreizsystemen die Asymmetrie der Information in den meisten Fällen v.a. darin, nicht zu wissen, ob der Agent Oberhaupt "private Informationen' besitzt, die er dem Prinzipal nicht preisgeben möchte, so daß er letztlich nicht genau weiß, mit welchem Anreizsystem er auf die gegebene Entscheidungssituation reagieren soll. Organisationsentscheidungsträger in realen Unternehmungen haben daher bereits auch unsichere Erwartungen Ober ihre eigene Entscheidungssituation, die in Agency-Modellen stets feststeht." 7 Müller bezieht sich dabei auf D. Schneider l987b, S. 482.

li. Bausteine des sozialwissenschaftliehen Forschungsprogramms

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ein mehr oder weniger konfliktreiches Zusammenspiel" darstellt, in der Personen agieren, "die in ihren verschiedenen 'Rollen' jeweils bestimmte Machtpositionen einnehmen und bestimmte Interessen (in einem sehr weiten Sinne des Wortes) vertreten und erfolgreich wahrzunehmen suchen" (Albert 1960, S. 32). Eben diese Feststellung gilt auch filr die innerhalb der Unternehmung stattfindenden Prozesse und Interaktionen. Die Mitglieder der Organisation 'Unternehmung' verfolgen keineswegs identische Ziele und sie verzichten mit dem Eintritt in die Unternehmung auch nicht auf deren Durchsetzung, so daß Konflikte entstehen, die unterschiedliche Intensität und Ausbreitung erlangen können. Das Vorgehen des Sozialwissenschaftlers besteht nun darin, an die empirischen Phänomene Fragen zu richten, die dem Kriterium der Ergebnis-Offenheit Rechnung tragen: Von welchen Motiven sind die Teilnehmer der Organisation in ihrem Handeln geleitet? Von welcher Art sind die Interessenkonflikte zwischen den Akteuren? In welcher Weise wird das Verhältnis, in dem sich die Akteure befinden, von diesen subjektiv wahrgenommen und bewertet? Über welche Informationen und über welche kognitiven Fähigkeiten verfUgen die Akteure? Gibt es innerhalb der Unternehmung Informationsasymmetrien? Besteht ein Machtgefalle zwischen verschiedenen Akteuren und Gruppen? Schließlich, welche Konfliktstrategien werden von den Teilnehmern der Organisation präferiert und welche Konsequenzen ergeben sich daraus flir die Ziele, Präferenzen und Bewertungen der Akteure? Man sollte in diesem frlihen Stadium, in dem es darum geht, im Vorfeld der eigentlichen Analyse Probleme zu verorten, den Blick flir den empirischen Befund nicht zuschütten, indem man vor allem nach den Bedingungen des Zustandekommens einer bestimmten sozialen Konstellation fragt. Ob das Verhalten der Akteure z.B. gegen einen Zustand konvergiert, der als Gleichgewicht bezeichnet werden kann, muß im Vorfeld der Analyse ebenso offen bleiben, wie die Frage, ob das Verhalten der ökonomischen Akteure überhaupt sinnvoll durch ein Gleichgewichtsmodell interpretierbar ist. Damit wird nicht behauptet, der Gleichgewichtsbegriff sei prinzipiell ungeeignet oder wie Kaldor 1973, S. 80 sagt, 'irrelevant'. Denn zu der Ergebnis-Offenheit der Analyse gehört auch die Berücksichtigung der Möglichkeit, daß sich ein Gleichgewichtsmodell als tragfahig erweist, um einen spezifischen Handlungszusammenhang abzubilden. Gleichwohl gilt es festzuhalten, daß die Eignung eines Referenzmodells, wie dieses auch immer beschaffen sein mag, bewiesen werden muß, denn es gibt keinen zwingenden theoretischen oder empirischen Grund, a priori anzunehmen, daß soziale Interaktionsprozt:sse bei konfligierenden Interessen stets gegen ein Gleichgewicht konvergieren oder überhaupt sinnvoll durch ein Gleichgewichtsmodell abgebildet werden können.

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I. Kap.: Grundlagen

Einer sozialwissenschaftliehen Theorie geht es eben nicht darum, die soziale Wirklichkeit 'zu zähmen', "to serve the analyst and practitioner", wie Frank Hahn 1973b, S. 325 f. tur die ökonomische Theorie behauptet, sondern darum, sich auf den empirischen Befund 'einzulassen', um ihn besser als bisher theoretisch durchdringen zu können. 8 Darin liegt, wie ich meine, ein erster gravierender Unterschied zur Vorgehensweise der traditionalen Ökonomik, deren Ausgangspunkt eine Nonn, die einen wünschenswerten (optimalen) Zustand bezeichnet, bildet: "Die neoklassische Theorie sieht nun ihre Aufgabe darin, diese Gleichgewichtslage näher zu analysieren und die Bedingungen abzuleiten, die flir die Existenz solcher Optima gegeben sein müssen. Der Bezug zur Realität wird erst hergestellt, wenn die Theorie formuliert ist .... " (Hoffmann 1987, S. 12)

Eine Konsequenz dieser Vorgehensweise besteht darin, daß jeder vom Idealzustand abweichende Befund als Ungleichgewicht interpretiert wird. So kommt Holub im Ergebnis der Untersuchung strukturverschiedener Ungleichgewichtstheorien zu dem gar nicht überraschenden Ergebnis, "daß alle analysierten Beiträge den Geltungsbereich der Gleichgewichtsfonnel nicht verlassen, d.h. daß also alle Ungleichgewichts- und Anti-Gieichgewichtsmodelle in Wirklichkeit Gleichgewichtsmodelle geblieben sind" ( 1978, S. 36). 9 Diese von Popper und Albert immer wieder kritisierte Technik der Immunisierung ist dadurch charakterisiert, daß die theoretischen Fragen grundsätzlich nur vom Modell aus gestellt werden, so daß der den Modellaussagen widersprechende empirische Befund den Erklärungsgehalt des Modells stets unangetastet läßt, weil darauf verwiesen werden kann, daß die Bedingungen des Idealzustandes in der Realität eben nicht gegeben seien. Hervorzuheben ist dabei das Wort 'grundsätzlich', denn es ist nicht unbedingt ein Fehler, zunächst nach modellimmanenten Lösungen zu suchen, um widersprechende Phänomene erklären zu können, zumal die Erfahrungen und Beobachtungen nicht fiir sich selbst sprechen, sondern auch täuschen können. Selbst die Beobachtbarkeit der Außenwelt ist nicht immer gegeben, sie muß häufig erst experimentell und damit auf Basis bestehender Theorien hergestellt werden. Das nimmt aber nicht 8 Siehe zur Methodologie der Allgemeinen Gleichgewichtstheorie auch Arrow I Hahn 1971. 9 Ein Beispiel mag das Prinzip dieser Argumentationstechnik illustrieren. Wahrend - so K. W. Rothschi/d 1986, S. 434 - die traditionelle Theorie des Arbeitsmarktes davon ausgeht, daß der Arbeitsmarkt ein Spot-Auktionsmarkt ist, "... geht die neue Mikroökonomie des Arbeitsmarkts von der Frage aus: Warum ist der Arbeitsmarkt kein Spot-Auktionsmarkt, der ständig geräumt wird? Es ist sehr offensichtlich, daß hier die Frage von einem Modell gestellt wird, das man aus der Allgemeinen Gleichgewichtstheorie abgeleitet hat. Es ist, so wie wenn jemand, der mit der Bibel sehr vertraut ist, von dem Spruch 'Vermehret Euch, wie der Sand am Meer' ausgehend die Forschungsfrage stellen wurde, warum haben manche Leute weniger als 15 Kinder?" Vgl. auch Schlicht 1982, S. 62.

II. Bausteine des sozialwissenschaftl iehen Forschungsprogram ms

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zurück, daß wissenschaftliche Aussagen und Aussagensysteme so fonnuliert werden sollten, "daß sie dem Risiko, als Irrtümer entlarvt zu werden, ausgesetzt sind. Man darf also nicht versuchen, sie um jeden Preis vor .dem Scheitern zu bewahren", wie Albert 1980, S. 356 einfordert. Andernfalls werden sie tautologisch.10 Der zweite Unterschied zur neoklassischen Mikroökonomik besteht in der Art und Weise, wie die Zeit theoretisch Berücksichtigung findet. "Die Zeit ist", wie bereits Kant 1956, S. 78 betont hat, "eine notwendige Vorstellung, die allen Anschauungen zum Grunde liegt. Man kann in Ansehung der Erscheinungen überhaupt die Zeit selbsten nicht aufheben, .... In ihr allein ist alle Wirklichkeit der Erscheinungen möglich." Es stellt sich allerdings die Frage, welcher Zeitbegriff zugrunde gelegt wird. Neoklassische Theorien operieren in ihren Modellen implizit mit dem 'logischen Zeitbegriff', der eine Rückkehr zum Ausgangszustand erlaubt. Streiss/er 1980, S. 41 spricht deshalb davon, daß die "neoklassische Theorie in ihren Ansätzen statisch, genauer zeitlos, von undefinierter Zeitdimension [ist]" 11 . Demgegenüber geht das sozialwissenschaftliche Forschungsprogramm von der realistischen Annahme aus, daß soziale Systeme in historischer (und nicht in logischer) Zeit evolvieren. Mit dem Begriff der 'historischen Zeit' ist die Tatsache gemeint, daß Entwicklungsprozesse irreversibel sind 12 , sie lassen sich nicht mehr umkehren.

10 Albert verweist in diesem Zusammenhang auf die Ceteris-paribus-Kiausel, mit der ein "unbeschränktes Alibi" geliefert werde, indem "filr jedes anscheinende Verhalten irgendwelche geänderten Faktoren verantwortlich gemacht werden können" (1980, S. 358). Darin liegt sicher eine ernst zu nehmende Gefahr, allerdings wird man deswegen nicht auf die Ceteris-paribusKiausel verzichten können. Erstens ist die Anwendung dieser Klausel unproblematisch, wenn der Einfluß der in den Datenkranz verwiesenen Faktoren nachweislich gering ist. Schlicht 1985, S. 18 ff. spricht in diesem Fall von einer substantiellen Isolierung. Sinnvoll erscheint aber auch die Abstraktion von Einflußfaktoren, die nachweislich bedeutsam sind. Theoretisch läßt sich diese hypothetische Isolierung aus der Komplexität des Untersuchungsgegenstandes im Verhältnis zu den begrenzten kognitiven Fähigkeiten des menschlichen Verstandes, diese gleichzeitig und vollständig zu erfassen, begründen. Vgl. dazu auch Marsha/11986, S. 304. 11 Bereits 1936 hat 0. Conrad darauf hingewiesen, daß es "filr die Aufgabe, die die Erklärung des Beharrungszustandes im Rahmen der Gesamterklärung des Wirtschaftsmechanismus zu erftlllen hat, ganz gleichgültig [sei], welche Annahme hinsichtlich der Dauer des Beharrungszustandes gemacht wird. Daher braucht überhaupt keine Annahme gemacht zu werden." ( 1936, S. 241) Koblitz I Rieter 1979, S. 268 ziehen daraus eine kritische Schlußfolgerung: "Alle methodischen Griffe und 'Kniffe ', die bislang in der Gleichgewichtstheorie angewandt wurden, um die Zeit zu integrieren (komparative Statik, Sequenzanalyse mit stationären Gleichgewichten, ' Quasi-Statik' usw.) und alle Versuche, die noch unternommen werden, müssen von vornherein vergebens sein: Denn das Gleichgewicht ist und bleibt unaufhebbar ein Zustandsphänomen, eine Seinskategorie! Das Bewegungsphänomen ' Zeit' ist daher in Gleichgewichtsmodellen niemals adäquat, d.h. niemals in seiner wirklichen und nicht nur mathematisch-mechanischen Bedeutung zu erfassen."

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I. Kap.: Grundlagen

Bezogen auf das Verhalten ökonomischer Akteure in sozialen Systemen bedeutet das, daß jede Veränderung des Verhaltens eines Akteurs bei den anderen Akteuren Er.fahrungs- und Lernprozesse auslöst, die die Einstellungen und Bewertungen der Akteure und damit diese selbst verändern. Dem Einwand, neoklassische Modelle seien durchaus mit dem historischen Zeitbegriff vereinbar, sofern berücksichtigt werde, daß die Gleichgewichtskonzeption lediglich einer Momentaufnahme innerhalb eines historischen Prozesses gleiche, hat Arndt 1973, S. 26 widersprochen: Die Momentaufnahme zeige "einen Ausschnitt aus einem Bewegungsvorgang". Hingegen zeige das Gleichgewicht "einen Zustand, in dem es keine Bewegung mehr gibt: Die Entwicklung der Ressourcen, die Variation der Qualitäten oder die Änderung der Bewertungen ist endgültig abgeschlossen." Es sei daher 'falsch', wenn behauptet werde, "daß die Gleichgewichtsanalyse einer Momentaufnahme gleiche" 13 • Das dritte Strukturmerkmal des sozialwissenschaftliehen Forschungsprogramms besteht in der Art und Weise, wie evolutionäre Prozesse erklärt werden. Charakteristisch fllr das herkömmliche Modell ist die Annahme, daß "der im Zeitablauf auftretende Wandel stets als Zusammenspiel zweier Faktoren interpretiert [wird]: auf der einen Seite eine exogene 'Störung' (Datenänderung), die eine neue Situation schafft; auf der anderen Seite ein endogener, d.h. durch die jeweilige Theorie erklärter Anpassungsprozeß an die neuen Randbedingungen" (Witt 1987, S. 7). Die Grundlage der herkömmlichen Interpretation zeitlicher Abläufe besteht also in der Vorstellung, endogene Veränderungen seien stets Anpassungsprozesse an exogen bedingte Störungen. Das heißt, die Randbedingungen verändern sich und deshalb finden endogene Anpassungsvorgänge statt. Demgegenüber betont das sozialwissenschaftliche Forschungsprogramm, daß soziale Systeme gleichzeitig endogenen und exogenen Impulsen 14 unterliegen können; Impulsen, die aufeinander einwirken, sich wechselseitig durchdringen und denen phasenweise ein unterschiedlich starkes Gewicht zukommt. Die Vorstellung einer zeitlichen Abfolge, nach der endogene Veränderungsprozesse erst nach Eintreten exogen bewirkter Datenänderungen (Störungen) eintreten, stellt aus dieser Perspektive lediglich eine mög12 Ich gehe auf den begrifflichen Unterschied zwischen der logischen und der historischen Zeit, der ftlr die Wirtschaftstheorie von außerordentlicher Bedeutung ist, nicht näher ein. Verwiesen sei allerdings auf den Beitrag von Faber I Proops 1990 "Evolution, Time, Production and the Environment", der sich intensiv mit dem Konzept der irreversiblen Zeit auseinandersetzt Vgl. auch Wittl987, S. 10. 13 Auch das von Leontief 1934 und Lange 1935 aufgestellte Cobweb-Theorem stellt keine

Prozeßtheorie im eigentlichen Sinne dar. Vgl. auch dazu die Kritik der prozeßtheoretischen Interpretation dieses Theorems von Arndt 1952, 1976, S. 96-98, 1979, S. 58-62, 1984 und 1986, s. 53. 14 Exogen bedeutet, daß der das System verändernde Impuls außerhalb des Systems liegt. Als endogene Ursachen bezeichnet man Impulse, die dem System immanent sind.

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liehe Sequenz dar. Darüber hinaus sind zwei weitere Aspekte zu berücksichtigen: Endogene Impulse strahlen häufig auf die Randbedingungen (das Systemumfeld) ab und können von daher nicht einfach als 'Anpassung' an geänderte Randbedingungen interpretiert werden. Dies gilt um so mehr, als in inhärent dynamischen Systemen - das sind Systeme, die nicht gegen einen bestimmten Zustand konvergieren - der Impuls zur Evolution des Systems nicht mit Erreichen eines bestimmten Zustandes abbricht. Darüber hinaus läßt sich die Wirkung exogener Einflüsse nicht darauf reduzieren, daß die Randbedingungen des Entscheidungsvorgangs verändert werden, die Entscheidungsträger selbst aber von diesen Veränderungen unberührt bleiben. Denn exogene Störungen bewirken in nicht wenigen Fällen, daß sich auch die Präferenzen der ökonomisch handelnden Akteure ändern, sind doch auch die Präferenzen keine feststehende Größe, sondern selbst ein evolutorisches Phänomen. Das Gleichgewicht beschreibt einen Zustand, der definitionsgemäß weitere Anpassungshandlungen ausschließt. In den Worten E. Schneiders 1964, S. 282: "In einer Periode besteht völlige Übereinstimmung oder Kompatibilität zwischen den individuellen Wirtschaftsplänen, so daß kein Wirtschaftssubjekt am Ende einer Periode Anlaß hat, bei unveränderter Datenkonstellation eine Revision seines Wirtschaftsplanes vorzunehmen und seine Dispositionen zu ändern. Man sagt dann, das System befinde sich bei der gegebenen Datenkonstellation im Gleichgewichtszustand." 15 Veränderungen im Verhalten, im Wissen, den Fertigkeiten, den Normen und Institutionen werden daher nach Witt "nur bruchstückhaft erfaßt, wenn sie bloß als Übergang zwischen stets bekannten, exogen vorgegebenen Alternativen interpretiert (werden), der unter dem Druck (exogen) veränderbarer Opportunitätskosten zustande kommt" (1987, s. 11 f. 16). Der vierte Unterschied berührt die Frage, ob und, wenn ja, welche Annahmen über 'den Menschen' als ökonomischen Entscheidungsträger getroffen werden müssen. Bekanntlich liegt dem herkömmlichen Forschungsprogramm 15 Ähnlich konstatiert Hahn 1973a, S. 25, daß sich eine Wirtschaft im Gleichgewicht befindet, "when it generates messages which do not cause agents to change the theories which they hold or the policies which they pursue". Diese Interpretation entspricht derjenigen von Holub I978, S. 36, der den Kern der Gleichgewichtsvorstellung darin sieht, daß realisierte Pläne und die daraus resultierenden Verhaltensweisen reproduziert werden, während aus Nicht-Planerfllllung NichtReproduzierbarkeil folgt. "Im Gleichgewicht kann sich nichts ändern, im Ungleichgewicht muß sich zwangsläufig etwas ändern." Vgl. zum Konfliktansatz Holubs als Gegenentwurf zur Allgemeinen Gleichgewichtstheorie auch Feh/1981. 16 Vgl. zur Definition und Kritik des Gleichgewichtszustands auch Bartfing 1980, S. 15, Blum 1972, S. 122, Hicks 1933, S. 441, 1939, Jäger 1981, S. 673, Kornai 1971, S. 300, Tietze/1985, S. 125, Zweig 1971 und Röpke 1977, S. 265.

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I. Kap.: Grundlagen

das theoretische Konstrukt des Homo oeconomicus, des rational handelnden Akteurs, zugrunde. Um das Problem dieses Menschenbildes zu illustrieren, sei auf ein Beispiel Solows verwiesen. Solow 1986, S. 33 schreibt: "I think I once pointed out that, by this standard, all the American soldiers who were killed in Vietnam could be counted as suicides since they could have deserted, emigrated to Canada or shot themselves in the foot, but did not." Wenn - so lautet die Logik dieses Arguments -jedes Verhalten als 'rationales' Verhalten definiert wird, gibt es einfach keine theoretisch zulässige Möglichkeit, sich anders denn als 'rational' zu verhalten. Jedes Verhalten wird so interpretiert, als ob es auf einer rationalen Abwägung aller in Frage kommenden Möglichkeiten basieren würde. Es ist offenkundig, daß auf diesem Weg an den empirisch relevanten Entscheidungsprozessen konsequent vorbeigedacht wird. Die von Lindenberg aufgeworfene Frage, "if we know that the various versions of rational choice theory are strictly speaking empirically false or empty, should we or shouldn't we replace them by more realistic psychological theories?" (1990, S. 734) ist daher nachdrücklich zu bejahen, und zwar aus eben jenem Grund, den Schlicht zu bedenken gibt, denn "(to) develop a theory of economic processes, we should concentrate on important pattems of action rather than restriet our attention to rational modes of behavior, however defined. As Ronald Coase put it, we should start 'from man as he is', geschieht dies, so werde offenkundig, daß "the focus on rationality is problematic. Many economically important activities defy an easy dichotomization in the rationality/irrationality dimension." (l990b, S. 719) 17 Emotionen, Normen und erlernte Konventionen dominieren unter Umständen menschliches Verhalten in viel stärkerem Maße als das ökonomische Kalküle tun. Zu Recht warnt daher Kerber 1991, S. 59 davor, der sozialwissenschaftliehen Analyse ein 'Menschenbild' zugrunde zu legen, "das bestimmte denkbare Verhaltensweisen oder Selbstentwürfe des Menschen von vomherein ausschließen würde" 18 . Um soziale Prozesse verstehen zu können, müssen wir im Gegenteil den Blick auf das empirisch beobachtbare Verhalten der im Unternehmen tätigen Menschen lenken, und das ist etwas gänzlich anderes, als die Analyse sozialer Prozesse unter Vorgabe eines wie auch immer gearteten 17 Schlicht bezieht sich auf Coase 1984. 18 In einem methodischen Sinne ließe sich die Menschenbild-Diskussion auch mit Eucken kritisieren, der sich explizit gegen jede Form der Begriffsnationalökonomie ausgesprochen hat. Eucken schreibt: "Im Gegensatz gegen eine alte methodologische Regel, mit der Definition eines Gegenstandes die Untersuchung ... zu beginnen, tat einst Campanelle den Ausspruch: Die Definition sei das Ende der Wissenschaft. Wirklich ist sie nicht der Prolog, sondern der Epilog der Erkenntnis .... Stets hat das Ausgehen von Definitionen nur zu subjektiven, willkUrliehen Spekulationen ohne Wirklichkeitsnähe gefllhrt, die Beobachtung der Tatbestande sich allein als Fundament der Wissenschaften bewahrt." (1954, S. 12 und 14)

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Menschenbildes zu beginnen oder über eine angebliche 'Natur des Menschen' zu spekulieren. 19 Das fünfte Strukturmerkmal des sozialwissenschaftliehen Forschungsprogramms bezieht sich auf die Frage, wie das Problem der Ungewißheit theoretisch behandelt wird, denn das Handeln unter der Bedingung der Ungewißheit konfrontiert die Entscheidungsträger eines sozialen Systems mit Problemen der Informationsgewinnung und -Verarbeitung. Daß die wirtschaftlich handelnden Akteure mit Informationsproblemen unterschiedlichen Ausmaßes konfrontiert sind, ist hinlänglich bekannt und seit vielen Jahren Gegenstand mikroökonomischer Forschung. Erinnert sei etwa an die zahlreichen Arbeiten auf dem Gebiet der Suchtheorie. Es ist hier nicht der Ort, diese Beiträge auch nur ansatzweise wiederzugeben oder zu kommentieren. Aus der Perspektive des sozialwissenschaftliehen Forschungsprogramms sei nur soviel vermerkt: Die Versuche, das Problem der Ungewißheit durch die Berücksichtigung von Informationskosten und mittels stochastischer Verfahren theoretisch zu bewältigen, greifen immer dann zu kurz, wenn die Akteure mit echter Ungewißheit konfrontiert sind. Echte Ungewißheit liegt vor, wenn die zukünftigen Ereignisse (und nicht nur deren Wahrscheinlichkeiten) unbekannt sind. Nicht wenige Autoren sind daher der Auffassung, daß es im Rahmen des neoklassischen Paradigmas unmöglich sei, das Problem der Ungewißheit adäquat zu behandeln. 20 Der sechste Unterschied zum herkömmlichen Forschungsprogramm bezieht sich darauf, welche Schlußfolgerungen aus der Tatsache gezogen werden, daß die ökonomischen Akteure unter der Bedingung echter Ungewißheit entschei-

19 Schlicht 1990a, S. 114 betont, daß die "menschlichen Bedürfnisse, Motive und Verhaltensweisen ... in unterschiedlichen Kulturen ganz verschieden sind". Darüber hinaus ist festzustellen, daß die Handelnden haufig nicht wissen, was geschehen wird, so daß sie ihre Entscheidungen im Lichte von Möglichkeiten treffen müssen, die aussehen, als ob sie verwirklicht werden könnten, die jedoch, wie sich im nachhinein herausstellt, nicht eintreffen. Vgl. dazu auch Hicks 1969, S. 5 f. und Tietze/1985, S. 8. 20 Das hier angesprochene Problem ist seit längerem wohlbekannt. So konstatiert Tietzel 1985, S. 170, daß in der Allgemeinen Gleichgewichtstheorie das 'Gesetz der ungewollten Nebenwirkungen' praktisch unterschlagen werde: "... im Gleichgewicht kann es keine ... 'Überraschungen' geben, denn genau das geschieht ja annahmegemäß, was jeder erwartet." Kritisch äußert sich auch Kunz 1985, S. 32 f., dessen Argumentation sich auf Hayek stUtzt. Die Stabilität des Gleichgewichts erfordert - so Kunz - die Annahme vollkommener Informationen, denn nur "bei vollkommener Voraussicht aller kann Handlungsfreiheit nicht ausgeübt werden. Es finden dann keinerlei Aktionen mehr statt." In eben diesem Sinne bemerkt Streiss/er 1980, S. 40, die "neoklassische Theorie (war) ... ihrem Kern nach immer Theorie bei vollkommener Information, Theorie bei Sicherheit". Institutionen, die dem Zweck dienen, Ungewißheit handhaben zu können, sind aus diesem Grund überflüssig. Kritisch zu den Informationsannahmen der Gleichgewichtstheorie äußern sich auch Arndt 1979, Gerdsmeier 1972, Jansen 1970 und Morgenstern 1928, 1935 und 1972. Grundlegend zu dem Informationsproblem hat sich bekanntlich Hayek geäußert. Vgl. deshalb Hayek 1969, 1969a, 1969b, 1969c, 1975, 1976a und b.

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I. Kap.: Grundlagen

den und handeln. Das sozialwissenschaftliche Forschungsprogramm sieht in der Existenz echter Ungewißheit ein wichtiges Indiz flir die Freiheit menschlichen Verhaltens. Angenommen wird, daß der Freiheitsgrad menschlichen Verhaltens in dem Maße zunimmt, wie unter echter Ungewißheit gehandelt werden muß. Zugleich trägt die Entscheidungsfreiheit zur Ungewißheit bei, indem einige Akteure durch ihr Verhalten die Parameter ändern, unter denen die Akteure eines Systemzusammenhangs handeln müssen, denn "annehmen zu wollen, man könne mit der Konstanz der Parameter im Zeitablauf rechnen, bedeutet unmißverständlich, daß man den Dispositionsspielraum, den wir fiir die Gegenwartswirtschaft als typisches Faktum beachten müssen, aus den Erklärungsmodellen herausdiskutiert" (Krüsselberg 1969, S. 68). Eben das geschieht in den traditionalen Modellen, in denen es den Unternehmer dann "nur als einen Automaten, aber nicht als frei handelnden Menschen geben [kann]" (Heuß 1965b, S. 51 f.). Und in der "Allgemeinen Markttheorie" des gleichen Autors lesen wir: "Man wUrde das Wesen eines Unternehmers in einer Marktwirtschaft nicht krasser verkennen, als wenn man in ihm lediglich einen Automaten sehen wollte, der nur zu gewissen Reflexhandlungen fähig ist." (1965a, S. 7 f.)21 Der Freiheitsgrad menschlichen Verhaltens ist aus der Perspektive des sozialwissenschaftlichen Forschungsprogramms nicht nur als ein normatives Postulat, sondern als ein empirisches Faktum anzusehen. Dem widerspricht nicht, daß Faktoren benannt werden können, die dem Verhalten der Akteure Schranken auferlegen. Begrenzt wird der Dispositionsspielraum des einzelnen vor allem durch den Dispositionsspielraum anderer Akteure. Der siebte Unterschied zum herkömmlichen Forschungsprogramm ist darin zu sehen, daß das sozialwissenschaftliche Forschungsprogramm seine Analysen auf der empirischen Tatsache aufbaut, daß zwischen den Akteuren Machtasymmetrien existieren, die sich in dem Vermögen eines Entscheidungsträgers ausdrücken, seinen Willen auch gegen den Widerstand anderer durchzusetzen.

21 Auch dieser Kritikpunkt ist keineswegs neu. So weist Streiss/er 1980, S. 43, darauf hin, daß die neoklassischen Ansatze 'völlig untemehmerlos' sind. Im gleichen Sinne wendet Baumo/1968, S. 67 f. ein: "Obviously, the entrepreneur has been read out of the model. There is no room for enterprise or initiative. The management group becomes a passive calculator that reacts mechanically to changes imposed on it by fortuitous external developments over which it does not exert, and does not even attempt to exert, any influence." Und bei Oskar Morgenstern 1972, S. 1184 lesen wir: "The firm currently presented in textbooks could be abolished and replaced by a computer. 1t has nothing to decide, there is only information of a specific kind to be gathered and the rest, finding a maximum, is automatically settled. Is this even remotely a picture of what goes on in business?" Vgl. auch die kritischen Anmerkungen von Heinen 1962, S. 13, Hesse 1979, S. 291, Kirzner 1978, S. 54, K. W. Rothschild 1956, S. 450, Schumpeter 1964, S. 99 ff., Heuß 1980 und Wi//1980.

Il. Bausteine des sozialwissenschaftliehen Forschungsprogramms

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In bezug auf das soziale System Unternehmung stellt sich zum Beispiel die Frage, über welche Handlungsspielräume der einzelne Mitarbeiter gegenüber seinem Vorgesetzten verfUgt, um seinem Interesse an einer Verbesserung der Arbeitsinhalte, Arbeitsbedingungen und der Entlohnung praktisch Geltung zu verleihen. Oder umgekehrt, über welche Instrumente ein Vorgesetzter tatsächlich verfugt, um normwidriges Mitarbeiterverhalten negativ oder positiv zu sanktionieren. Eine weitere Frage lautet: In welcher Weise wirken Machtasymmetrien auf das Präferenzsystem der Beteiligten? Denn Machtasymmetrien beeinflussen nicht nur die Chancen der Beteiligten, ihre Ziele durchzusetzen, sondern darüber hinaus auch die Ziele und Präferenzen der Akteure. Wie diese wenigen Hinweise demonstrieren, verdient das Phänomen 'Macht' intensive theoretische Beschäftigung, um das Verhalten von Menschen in sozialen Systemen erklären zu können. K. W. Rothschild 1971, S. 7 fordert daher: "Power should ... be a recurrent theme in economic studies of a theoretical or applied nature. Yet if we Iook at the main run of economic theory over the past hundred years we find that it is characterized by a strange Iack of power considerations. More or less homogenaus units - firms and households - move in more or less given technological and market conditions and try to improve their economic Iot within the constraints of these conditions .... But that people will use power to alter the mechanism itself; that uneven power may greatly influence the outcome of market operations; that people may strive for economic power as much as for economic wealth: these facts have been largely neglected." Macht ist darüber hinaus ein bedeutsamer Faktor, um das Entstehen von Institutionen zu erklären. Typischerweise betont die traditionale Wirtschaftstheorie die Effizienz als Movens institutionellen Wandels. 22 Das gilt auch fllr die Unternehmung als eine soziale Institution. Die Theorie der Unternehmung von Knight 1965 [ 192 I] mag als Beispiel fllr diese Argumentationsweise dienen: Knight erklärt die Existenz der kapitalistischen Unternehmung mit der Bereitschaft des Unternehmers, Ungewißheiten, die sich daraus ergeben, daß den vertraglich fixierten Kosten ungewisse Erträge gegenüberstehen, zu übernehmen. Da ferner angenommen wird, daß jedes Individuum gemäß seiner Risikobereitschaft frei entscheiden kann, ob es Unternehmer oder Arbeiter werden will, hängt die Entscheidung ganz davon ab, ob der (erwartete) Nutzen unsicherer Gewinne größer oder kleiner ist als der Nutzen eines festen Lohneinkommens. Ein Gleichgewicht ist dann erreicht, wenn der Lohnsatz so hoch ist, daß die Individuen, die sich dazu entschlossen haben, Unternehmer zu

22 Vgl. Posner 1977.

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1. Kap.: Grundlagen

werden, genau die Arbeitskräfte nachfragen, die bereit sind, Arbeiter zu sein. Dieses Gleichgewicht ist pareto-optimai.2 3 Gegen dieses Argumentationsschema spricht aus sozialwissenschaftlicher Sicht nicht nur der zirkuläre Charakter der Beweisführung, denn das vorstellig gemachte Optimierungsproblem existiert gar nicht getrennt oder gar vor seiner (angeblichen) institutionellen Lösung - am Beispiel Knights formuliert: Die Frage, wer die Unternehmerrisiken nicht versicherbarer Aktivitäten übernimmt, unterstellt bereits bestimmte Produktionsverhältnisse und bringt die Scheidung der gesellschaftlichen Funktionen in 'den Unternehmer' und 'den Arbeiter' nicht erst hervor, sondern auch die ideologeme Implikation, Machtrelationen, die auf der ungleichen Verteilung von Verfügungsrechten besitzen, einfach auszublenden: Wenn sich ein Wirtschaftssubjekt dazu entscheidet, Unternehmerfunktionen auszuüben, dann geschieht dies bereits auf Basis gesellschaftlicher Verhältnisse, in denen es Kapitalbesitzer und in nennenswertem Umfang Personengruppen gibt, die auf Lohnarbeit angewiesen sind. Völlig zu Recht bemerkt daher Pollard 1984, S. 19: "In real history, ... , institutions are an expression of power relations, and the forms they take are not determined by the interests of all members of society bargaining it out among themselves but by the stronger group only." 24

Es hat gewiß nicht an Versuchen gefehlt, den gegen das traditionale Forschungskonzept vorgetragenen Kritikpunkten Rechnung zu tragen, indem z.B. Unsicherheit und unvollkommene Information und Informationsasymmetrien berücksichtigt wurden, um unter Beibehaltung des harten Kerns der traditionalen Wirtschaftstheorie - der Synthese von individualistischer Optimierungshypothese und der Gleichgewichtsanalyse - zu realistischeren Modeliierungen zu gelangen. Je weiter jedoch diese Versuche vorangetrieben wurden, desto unschärfer und beliebiger wurden die ableitbaren logischen Implikationen gegenüber den prägnanten allokativen und wohlfahrtsökonomischen Aussagen, 23 Bekanntlich liegt nach Pareta 1897, S. 90 ff. ein Wohlfahrtsoptimum dann vor, wenn der Nutzen eines Haushaltes nicht erhöht werden kann, ohne daß der Nutzen mindestens eines anderen Haushalts reduziert wird. Dieser Effizienzvorstellung zufolge erhalten die Wirtschaftssubjekte ein Vetorecht, das ihnen ermöglicht, negative Wohlfahrtswirkungen anderer Akteure abzuwehren. Die Inkaufoahme von Wohlfahrtsverlusten, die nicht kompensiert werden, widerspricht somit der normativen Verbindlichkeit, die mit dem Pareta- und dem weniger restriktiven Kaldar-Hicks-Kriterium angestrebt wird.

24 Der theoretische Versuch, das Entstehen von Institutionen als Ausfluß nutzenmaximierenden Individualverhaltens zu interpretieren, ist verschiedentlich als unzutreffend zurückgewiesen worden, denn institutionelle Arrangements können ebenso effizient wie ineffizient sein. In einer Welt echter Ungewißheit können institutionelle Regelungen, der mit ihr verfolgten Absicht sogar unwissentlich zuwiderlaufen. Vgl. dazu Buchanan 1977, Langlais 1990, Menger 1883, Schlicht 1990c, S. 358, Schrüfer 1988, S. 132, Vanberg 1975, 1982, 1983, 1984 und 1986 und Gerum 1989, s. 142.

III. Plan der Arbeit

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auf die ursprünglich abgezielt wurde. Kritisch resümiert Witt: "Nicht nur die ursprünglichen Annahmen, sondern auch ihr lmplikat, der perfekte Koordinationszustand des Gleichgewichts, erweisen sich als theoretische Fiktionen. In der Mehrzahl der realen Märkte läßt sich filr sie nichts Vergleichbares beobachten." (1987, S. 4)25 Um dieses konzeptionelle Dilemma zu vermeiden, fordert Witt Abstriche von den ehrgeizigen allokations- und wohlfahrtstheoretischen Intentionen des neoklassischen Forschungsprogramms und die Suche nach neuen Interpretationen filr die klassischen Fragestellungen. Wie sich im Fortgang dieser Arbeit wiederholt zeigen wird, spricht viel filr eine Synthese bereits bestehender alternativer Entwürfe im Rahmen eines sozialwissenschaftliehen Forschungsprogramms, das die künstliche Trennung zwischen Ökonomie, Soziologie, Politologie, Sozialpsychologie und Geschichte ·aufhebt', anstatt einem modischen Trend folgend der Interdisziplinarität das Wort zu reden, die auf eben dieser künstlichen Aufspaltung der 'Einheit der Gesellschaftswissenschaften' beruht.

111. Plan der Arbeit

Der Inhalt dieser Arbeit stellt sich im Anschluß an dieses Kapitel folgendermaßen dar: Im zweiten Kapitel wird die Frage behandelt, wodurch das Zielsystem der Unternehmung inhaltlich bestimmt ist und welche Konsequenzen sich daraus fl.lr das wirtschaftliche Handeln ergeben. Trifft es zu, daß der Gewinn das zentrale Handlungsmotiv der Unternehmung ist, oder sind andere Ziele maßgeblich? Welchen Einfluß auf das Zielsystem hat die Tatsache, daß viele Unternehmen nicht mehr von dem Kapitaleigner, sondern vom Management geleitet werden? Im Ergebnis dieser Diskussion wird sich zeigen, daß das Gewinnmotiv, allen Einwänden zum Trotz, das zentrale Handlungsmotiv der 'kapitalistischen Firma' darstellt. Allerdings - und dies macht den Unterschied zur neoklassischen Gewinnmaximierungshypothese aus - wird das Gewinnmotiv hier als dynamische Zielgröße, als Gewinnstreben im Sinne Nelson und Winters interpretiert.26

25 In diesem Sinne verstehe ich auch den Hinweis von Schlicht 1982, S. 58, "daß es keinen Sinn macht, empirisch von Gleichgewichten oder Ungleichgewichten zu sprechen", weil es sich um rein theoretische Begriffe handelt. 26 In der Klassischen Politischen Ökonomik wurde der dynamische Charakter dieser Zielgröße unterschiedlich ausgedrUckt. Ricardo spricht vom 'motive of accumulation', Marx sieht den

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l. Kap.: Grundlagen

Die in der unternehmenstheoretischen Diskussion genannten alternativen Ziele (wie Umsatzmaximierung, Erhöhung des Marktanteils, Repräsentation, etc.) sind entweder aus dem Gewinnmotiv abgeleitet oder gar keine Ziele der Organisation, sondern der in der Organisation tätigen Rollenträger. Deswegen sind personale Zielsysteme aber nicht irrelevant. Der Grund ist einfach: Das Gewinnstreben als dynamische Zielgröße ist in einer Konstellation latenter Marktunsicherheiten viel zu abstrakt, um handlungsleitend sein zu können. Vielmehr erfordert das Spektrum der Handlungsmöglichkeiten eine Reduzierung auf einige wenige Strategien, die in die engere Wahl zu ziehen sind. Personale Zielsysteme wirken hier wie ein Filter, indem sie dazu beitragen, das Entscheidungsfeld kognitiv einzuschränken. Die Interpretation des Gewinnmotivs als Gewinnstreben (striving for projit) setzt voraus, daß das Gewinnmotiv aus dem Zusammenhang der Gleichgewichtsanalyse herausgelöst wird. Denn dem Streben nach Gewinn kann im Rahmen eines auf Handlungsstillstand konzipierten Referenzsystems kein Sinn beigelegt werden. Fast alle durch die Ceteris-paribus-Klausel in den Datenkranz verwiesenen Größen werden bei dynamischer Betrachtung zu Aktionsparametern, insofern ihre Handhabung zum Gewinnziel beiträgt. Zugleich wird durch die Verwandlung der Daten in Aktionsparameter ein Gestaltungsspielraum sichtbar, der unterschiedlich genutzt werden kann. Die Frage, welche Folgen sich daraus filr das Entscheidungsverhalten der ökonomischen Akteure ergeben, beschäftigt uns im dritten Kapitel, in dem anknüpfend an Beiträge von Herber/ Simon, Richard Cyert, James March, Harvey Leibenstein, Armen Alchian, Richard Nelson und Sidney Winter - der Versuch unternommen wird, das empirische Entscheidungsverhalten in generalisierender Form zu beschreiben. Relevant werden dann heuristische Verfahren, denen in der neoklassischen Entscheidungstheorie nur geringe Aufmerksamkeit geschenkt werden muß, weil die Akteure unter wesentlich günstigeren Bedingungen Entscheidungen treffen: Die Entscheidungsträger verfUgen dort über unbegrenzte kognitive Fähigkeiten und sind allerhöchstens mit Formen von Ungewißheit konfrontiert, auf die das Instrumentarium der Wahrscheinlichkeitstheorie anwendbar ist. Entscheidend flir den Fortgang der Arbeit ist nun die Feststellung, daß jeder einzelne Abschnitt des Entscheidungsprozesses eine Kombination aus kognitiven und nicht-kognitiven (emotionalen) Elementen enthält; Elemente, in denen sich subjektive Bewertungsvorgänge ausdrücken, die mit dem Begriffspaar

kapitalistischen Unternehmer durch den Hang zur "schrankenlosen Geldvermehrung' charakterisiert und Weber und Sombart sprechen vom "Erwerbsprinzip' oder 'Erwerbsstreben' als dem 'Leitmotiv des Kapitalismus'.

III. Plan der Arbeit

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'rational/irrational' nicht adäquat beschrieben werden können. 27 Die unter dem Titel "optimizing versus satisficing" geführte Kontroverse zwischen den Verfechtern einer stärker normativ orientierten und einer stärker empirisch orientierten verhaltenswissenschaftlichen Theorie erfahrt dadurch eine kritische Würdigung, indem gezeigt wird, daß jede Entscheidung als eine Optimierung unter Nebenbedingungen formulierbar ist, sofern von den der Entscheidung vorgelagerten Bewertungsprozessen abgesehen wird. Aus dem gleichen Grund trägt die Optimierungshypothese aber auch nichts Wesentliches zu Erklärung empirischen Entscheidungsverhaltens bei. Denn das eigentlich zu erklärende Phänomen sind die der 'letzten' Entscheidung zugrunde liegenden kognitiven und nicht-kognitiven Bewertungsprozesse, mit denen die Bedingungen und die zur Auswahl stehenden Alternativen der Entscheidungssituation definiert werden. Die Zielsetzung des viertim Kapitels besteht darin nachzuweisen, daß der Sachverhalt, der mit dem theoretischen Konzept der 'Produktionsfunktion' angesprochen wird, nämlich der Kombinationsprozeß der Produktionsfaktoren, wesentlich komplexer ist, als in den traditionellen Modellen gemeinhin unterstellt wird. Wie schon angemerkt, ist die Annahme, sämtliche Produktionsfaktoren fungierten so, als ob es sich um technische Faktoren handelte, nicht länger aufrechtzuhalten. Der Produktionsprozeß wird sowohl von technischen Faktoren, etwa der Maschinenausstattung, wie auch von nicht-technischen Faktoren wie der Arbeitsteilung, der Arbeitsorganisation und der Eigentümlichkeit des 'lebendigen Produktionsfaktors ·, der menschlichen Arbeitskraft, bestimmt. Vor diesem Hintergrund verliert der Produktionsprozeß den Charakter einer technischen Vorgabe, die das Unternehmen nur annehmen oder ablehnen kann und wird zu einer eigenständigen Gestaltungsaufgabe. Zugleich wird an den Ausführungen in diesem Kapitel deutlich, daß das 'subjektive Element' in der Produktionsfunktion auch normative Implikationen hat, wird mit der sozialen Gestaltbarkeit des Produktionsprozesses doch zugleich die Frage relevant, welchen Kriterien (und damit Interessen) diese Gestaltung gehorcht. Der Interessenkonflikt zwischen dem einzelnen Arbeitnehmer und 'der Unternehmung' erfährt insofern eine Konkretisierung, als deutlich wird, daß an die Gestaltung der Produktion teilweise gegensätzliche Ansprüche gerichtet werden. Das Bild der Unternehmung, das sich hier andeutet, zeigt eine Institution, in der ökonomische Akteure auch nach Eintritt in die Organisation individuellen Handlungsmotiven folgen und versuchen, diese durchzusetzen. Aber diese Interaktionen finden nicht unter Gleichen statt. Die Unternehmung zeichnet 27 Vgl. Schlicht I990b. 3 Dunn

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l. Kap.: Grundlagen

sich durch ein Autoritätsverhältnis, eine interne Hierarchie aus, der die Arbeitnehmer als a~hängig Beschäftigte unterworfen sind. Im fünften Kapitel geht es zunächst darum zu klären, was es mit dem Arbeitsvertrag als einem Autoritätsverhältnis auf sich hat. Trifft es zu, daß Arbeitskräfte und Unternehmen deshalb in diesen Vertragstyp einwilligen, weil dieser fllr beide Parteien vorteilhaft ist? Anders gefragt, verdankt sich der empirische Befund einem ökonomischen Effizienzkalkül oder einer zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber bestehenden Machtasymmetrie, die letztlich auf außervertragliche, soziale und ökonomische Faktoren zurückzufUhren ist? Die Antwort auf die Frage 'Macht oder Effizienz?' ist - wie sich zeigen wird - davon abhängig, was unter ·Macht', was unter ·Effizienz' verstanden wird. Wenn jede Entscheidungper se als nutzenmaximierend - und damit auch als effizient- interpretiert wird, fllllt es schwer, den Begriff 'Macht' überhaupt sinnvoll zu verwenden. Anders verhält es sich, wenn auf das Zustandekommen der Entscheidungssituation abgestellt, also danach gefragt wird, vor welchen Alternativen die ökonomischen Akteure tatsächlich stehen und wie diese zustande kommen. Macht kann sich dann darin äußern, daß eine Partei einer anderen Handlungsalternativen vorgibt oder das sozioökonomische Handlungsumfeld (z.B. die Einkommens- und Vermögensverteilung oder Eigentumsordnung) die Verhandlungsposition einer Partei im starken Maße begünstigt. Gegenstand des sechsten Kapitels ist die Auseinandersetzung mit Theoriepositionen, die sich explizit mit dem Innenleben, der internen Organisationsstruktur der Unternehmung als einer Autoritätsbeziehung (authority relation) beschäftigen. Anstatt von der Existenz von Unternehmen auszugehen, als wäre diese selbstverständlich, und ein störungsfreies Funktionieren der im Unternehmen beschäftigten Arbeitskräfte zu konstatieren, gehen Coase, Alchian!Demsetz und Williamson der Frage nach, warum es überhaupt Unternehmen als soziale Systeme gibt und auf welche Ursachen die hierarchische Organisationsstruktur zurückzufUhren ist. Ungeachtet der Unterschiede, die zwischen diesen Autoren bestehen, bleiben die Interpretationen der 'Nature of the Firm' insofern der neoklassischen Grundüberzeugung verhaftet, als angenommen wird, daß sich effiziente Lösungen unter Wettbewerbsbedingungen durchsetzen werden. Die Parallele zur Knightschen 'Ableitung' der Unternehmung besteht in zwei logischen Operationen: Zunächst wird ein Optimierungsproblem konstatiert, von dem angenommen wird, daß es getrennt und vor seiner institutionellen Lösung existiert, dann wird die Institution als Lösung dieses vorfindliehen Effizienzproblems eingeführt. Der 'Haken' an diesen Ableitungen besteht in der Fiktivität der behaupteten Effizienzprobleme, die sich darin ausdrückt, daß komplementäre Institutionen wie Markt und Unternehmung(= Hierarchie) fälschlich als Alter-

III. Plan der Arbeit

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nativen, d.h. als Substitute, behandelt werden. So kommt es, daß das theoretische Gebäude der neoinstitutionalistischen Theorie insgesamt instabil bleibt, obwohl wichtige Bausteine einer empirisch gehaltvollen Theorie der Unternehmung zusammengetragen werden. Diese Bausteine zu ergänzen und neu zu positionieren ist die Aufgabe, der sich die nächsten Kapitel widmen. Das siebte Kapitel setzt sich kritisch mit der spieltheoretischen Behandlung des individuellen Beschäftigungsverhältnisses als einer Konflikt- und Kooperationsbeziehung auseinander. Interessant ist die Spieltheorie vor allem deshalb, weil mit ihr explizit auf die strategische Interdependenz der Handlungen einzelner Spieler abgestellt wird. Darüber hinaus verfilgt die Spieltheorie über ein differenziertes Instrumentarium, mit dem unterschiedliche Entscheidungssituationen modelliert werden können. Mit dem theoretischen Konzept des Nash-Gieichgewichts wird außerdem die unheilvolle theoretische Verknüpfung des Gleichgewichtsbegriffs mit der Pareto-Optimalität aufgegeben. Dadurch verlieren viele Kritikpunkte, die gegen die traditionale mikroökonomische Theorie der Unternehmung vorzubringen sind, an Gewicht. Aber auch die Grenzen der Spieltheorie werden sichtbar. Probleme ergeben sich einmal aus der - von der Neoklassik übernommenen - Identifizierung des Präferenzsystems mit dem Entscheidungsverhalten, der - sozialpsychologisch betrachtet - verkürzten Interpretation des Entscheidungsverhaltens als Rationalverhalten (das gilt auch dann, wenn beschränkte Rationalität angenommen wird!) und der gemessen an den Anforderungen einer Realwissenschaft - immer noch viel zu restriktiven Anwendung der Ceteris-paribus-Klausel. Die Anwendbarkeit des spieltheoretischen Instrumentariums ist an die Bedingung geknüpft, daß die zu untersuchenden sozialen Interaktionen bereits hinreichend genau erforscht sind. Zu dieser Erforschung beizutragen, dienen die Ausftlhrungen im achten Kapitel, das sich mit dem Konfliktverhalten des einzelnen Mitarbeiters im Betrieb befaßt. In welcher Weise reagieren Arbeitnehmer, die mit ihrer Arbeitssituation unzufrieden sind? Welche Konfliktstrategien stehen dem Arbeitnehmer prinzipiell zur Verfilgung, in welchem inneren Zusammenhang stehen diese Strategien, und unter welchen Voraussetzungen werden bestimmte Konfliktstrategien präferiert? Das sind einige der Fragen, die uns in diesem Kapitel beschäftigen werden. Wie sich im Verlauf der Analyse zeigen wird, sind die Zusammensetzung der überhaupt in Betracht gezogenen Konfliktstrategien, die mit diesen verknUpften Erwartungswerte und der Wahlakt selbst das Ergebnis einer subjektiven Bewertung, in der die 'objektiv' gegebene Lage wie in einem Prisma kognitiv gebrochen wird. Strategien, Auszahlungen und Entscheidungsmatrix sind dabei in gewissem Grade interdependent. Das Konfliktverhalten eines Mitarbeiters kann deshalb nur vordergründig als Optimierungsverhalten erklärt werden: Ein Mitarbeiter, der Shirking (Drückebergerei) praktiziert, statt wie 3*

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I. Kap.: Grundlagen

sein Kollege offen seine Unzufriedenheit mit den Arbeitsbedingungen zu artikulieren, sieht und empfindet seine Entscheidungssituation subjektiv anders als dieser. Seine Unzufriedenheit unterstellt eine andere Bewertung seiner Arbeitswelt und seiner Stellung in ihr als die seines Kollegen. Entscheidend für die Erklärung des Konfliktverhaltens sind daher die subjektiven Bewertungsprozesse, die dem individuellen Konfliktverhalten unterlegt sind. Im Unterschied zur üblichen spieltheoretischen Vorgehensweise, in der die Auszahlungen (payoffs) als gegeben angenommen werden, interessiert uns auch im neunten Kapitel der Entstehungsprozeß individueller Bewertungen (Präferenzen). Spiegelbildlich zum achten geht es im neunten Kapitel darum, einen Überblick über die verschiedenen Konfliktmanagement-Strategien zu gewinnen. Wir wechseln also die Perspektive und nehmen die Konfliktsituation aus der Sicht des Prinzipals ins theoretische Visier. Über welche Konfliktstrategien verfügt der Prinzipal gegenüber dem Agent? Was veranlaßt ihn eine bestimmte Konfliktstrategie zu ergreifen? In welchem inneren Zusammenhang stehen die Konfliktmanagement-Strategien zueinander? Gibt es so etwas wie eine Sequenz von Konfliktstrategien und, wenn ja, worin besteht sie? Das sind die zentralen Fragen, die uns in diesem Kapitel beschäftigen werden. Ebenso wie beim Mitarbeiter gilt auch für den Prinzipal, daß das Konfliktverhalten wesentlich dadurch bestimmt wird, in welcher Weise die Konfliktsituation vom Prinzipal subjektiv wahrgenommen und bewertet wird. Ein bestimmtes Mitarbeiterverhalten zieht nicht automatisch bestimmte Handlungskonsequenzen seitens des Vorgesetzten nach sich. Wichtig ist vielmehr die Frage, auf welche Ursachen hin (normwidriges) Verhalten zurückgeführt wird und welche Erwartungen an das Leistungs- und Sozialverhalten des einzelnen Arbeitnehmers gestellt werden. Aus diesem Grund ist es überhaupt nicht verwunderlich, daß das identische Mitarbeiterverhalten gegensätzliche Reaktionen seitens des Vorgesetzten auslösen kann (und wird), je nachdem, in welcher Weise das Arbeitnehmer-Konfliktverhalten vom Vorgesetzten interpretiert wird und welche Erwartungen der Vorgesetzte an das Arbeits- und Sozialverhalten des Mitarbeiters knüpft. Gemeinsam ist dem achten und neunten Kapitel das Ziel, den Ursachen des Konfliktverhaltens der Mitarbeiter und des Managements eines Betriebs auf die Spur zu kommen. Ein Ergebnis dieser Überlegungen besteht darin, daß die Wahl einer bestimmten Konfliktstrategie in der betrieblichen Praxis nur sehr formell als Optimierungsverhalten aufzufassen ist. Das schließt nicht aus, daß es Kriterien für eine 'effiziente' Konfliktstrategie gibt. Darum geht es im zehnten Kapitel.

III. Plan der Arbeit

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Welche Voraussetzungen sind an die Effizienz eines betrieblichen Anreizsystems zu stellen? Die Beantwortung dieser Frage setzt voraus, daß die Wirkungen eines Anreizsystems auf das Mitarbeiterverhalten abgeschätzt werden können. Eben das erweist sich als problematisch, weil der Prinzipal abweichend von den Annahmen der normativ geprägten Prinzipal-Agent-Theorie eben die Reaktionsfunktion des Agenten in der Regel nicht kennt. Und selbst dann, wenn sich im Anschluß an eine bestimmte Maßnahme des Prinzipals das von der Organisation erhoffte Verhalten einstellt, bedeutet das nicht, daß dieses Verhalten durch die Maßnahme bewirkt wurde. Erschwerend ist in Rechnung zu stellen, daß die Akteure im Umgang miteinander Erfahrungen sammeln und ihre Bewertungen ändern. Selbst der 'Charakter' der Akteure und ihr Selbstbild bleiben nicht unberührt, wenn die beteiligten Personen miteinander interagieren. Es ist dann nur schwer auszumachen, auf welche Ursachen hin ein bestimmtes Verhalten zurückgeführt werden kann. Nicht nur die Tatsache, daß innerpersönliche Bewertungsprozesse - obgleich introspektiv jedem geläufig - nicht beobachtbar sind, verhindert eine Verhaltensprognose, auf die eine optimale Konfliktstrategie notwendig angewiesen ist, sondern auch das viel elementarere Faktum, daß das menschliche Verhalten in gewissem Grade indeterminiert ist; d.h. der Mensch verfügt über einen Gestaltungsspielraum, der es ihm erlaubt, gegen den Strom der Erwartungen zu handeln. Vor diesem Hintergrund ist die Verhaltenshypothese wenig wahrscheinlich, daß die ökonomischen Akteure sämtliche Konfliktstrategien im voraus auf ihre Vor- und Nachteile im Sinne eines Kosten/Nutzen-Kalküls bis in die letzte Verästelung hinein durchkalkulieren und dann 'rational' entscheiden. "Entscheidungen werden nicht gemacht", wie Reinhard Selten sagt, "sie quellen auf. "28 Das elfte Kapitel faßt das Ergebnis dieses Buches in der Weise zusammen, daß die Unterschiede des sozialwissenschaftliehen Forschungsprogramms zur traditionalen Theorie noch einmal kenntlich gemacht werden. Denn auch wenn sich die vorliegende Arbeit um eine Neubewertung der Unternehmung als einer sozialen Institution bemüht, geht es doch um mehr als das. Das sozialwissenschaftliche Forschungsprogramm zeichnet sich durch eine andere Sichtweise der Bestimmungsgründe menschlichen Handeins aus, und erklärt von daher auch die gesellschaftlichen Institutionen anders. An die Stelle des methodologischen Individualismus tritt eine soziale Theorie integrativen Handelns, die es nicht dabei beläßt, zu konstatieren, daß Institutionen von Menschen gemacht und daher 'letztlich' aus menschlichen Zielen und Interessen abzuleiten sind, sondern der Tatsache Rechnung trägt, daß es 'den handelnden Menschen' ebensowenig wie seine 'Ziele', 'Interessen' und 'Motivationen' als Abstraktum 28 Vgl. DIE ZEIT, Nr. 41, 6. Oktober 1995, S. 40.

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I. Kap.: Grundlagen

gibt. Das Individuum ist selbst ein 'Gemachtes'. Eine Erklärung menschlichen Entscheidungsverhaltens kommt daher nicht umhin, den Entstehungsprozeß von 'menschlichen' Zielen und Interessen im Kontext sozialer Systeme zu thematisieren, anstatt die Präferenzen 'des Menschen' -wie üblich- als gegeben anzunehmen. 29

29 Die Tendenz der traditionalen Ökonomik, soziale Institutionen als Ausfluß individueller Effizienzkalküle zu interpretieren, übersieht allzu gerne die ungleiche Verteilung von Vertllgungsrechten, die die Individuen voneinander unterscheidet und die den Kontext individueller Entscheidungen bestimmt. Die Knightsche 'Ableitung' des 'Unternehmers· als eines risikofreudigen Akteurs, gegenüber dem 'risikoaversen' Arbeitnehmer, der ein sicheres Einkommen vorzieht, spricht Bande. Sie zeugt nicht nur von einer gewissen Weltfremdheit mancher Ökonomen, sondern auch von einer parteilichen Desinteressiertheit, Verftlgungsrechtsverteilungen selbst dort zu bemerken, wo sie augenfllllig sind. Daß die Knightsche Argumentationsweise kein historischer Ausreißer ist, auch davon zeugt dieses Buch.

Zweites Kapitel

Das Zielsystem der erwerbswirtschaftlichen Unternehmung Das Profitstreben im Spiegel der Kritik

I. Das Problem

Eine sozialwissenschaftliche Theorie der Unternehmung 1 beginnt vorzugsweise mit der Frage, von welchen Zielen eine Unternehmung geleitet ist. Das ist leichter gesagt als getan, denn bekanntlich gibt es unterschiedliche Auffassungen darüber, welche Ziele ein Unternehmen verfolgt. 2 Auf der einen Seite steht die traditionelle Theorie der Unternehmung, wie wir sie in der überwiegenden Zahl der Lehrbücher antreffen. Dort lesen wir: Das Ziel der erwerbswirtschaftlichen Unternehmung ist die Maximierung des Unternehmensgewinns. Damit wird nicht behauptet, daß erwerbswirtschaftliche Unternehmen ihren Gewinn tatsächlich maximieren oder daß jede Unternehmung ihren Gewinn maximieren will. Behauptet wird allerdings, daß rationales Handeln Gewinnmaximierung impliziert und daß ein intensiver Wettbewerb die Unternehmen auch dazu zwingt, ihren Gewinn zu maximieren. 3 Dieser Behauptung ist bekanntlich widersprochen worden: Nach Auffassung einiger Autoren können Unternehmer die Gewinne nicht maximieren, selbst wenn sie es wollten, weil ihnen dazu die informellen und kognitiven Voraussetzungen fehlen. 4 Andere Wirtschaftswissenschaftler bestreiten, daß Unternehmer ihre Gewinne maximieren müssen, um im Markt bestehen zu 1 Unter einer Unternehmung soll im Fortgang stets eine in Privateigentum befindliche Einzelwirtschaft verstanden werden, die sich vom Betrieb dadurch unterscheidet, daß sie eine örtlich nicht gebundene wirtschaftliche, finanzielle und rechtliche Einheit darstellt. 2 So schreibt Eidfingmeier 1964, S. 92, daß "die Stellungnahmen der Autoren ... von der völligen Ablehnung [der Gewinnmaximierungshypothese] bis zur Anerkennung als alleiniger Zielprämisse" reichen. 3 Siehe Friedman 1953, Alchian 1950 und Machlup 1946, 1967. 4 Vgl. etwa Sirnon 1957, Cyert I March 1963a sowie Nelson I Winter 1982.

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2. Kap.: Das Zielsystem der Unternehmung

können. 5 Wieder andere verweisen darauf, daß die im Unternehmen tätigen Menschen von anderen Motiven geleitet sind als dem Profit-Motiv6, daß gewinnmaximierendes Verhalten filr innovative Unternehmen untypisch sei7 oder, daß fiir Unternehmen, die von Managern geleitet werden, andere Ziele relevant werden, z.B. der Umsatz, der Umfang des Personalbestandes oder das Unternehmenswachstum. 8 Die Meinungsvielfalt, die sich in diesen Positionen ausdrückt, wirft ein Schlaglicht auf den aktuellen Stand der Theorie. Wenn schon keine Einigkeit in einer so elementaren Frage gegeben ist, wie die, wie das Zielsystem einer Unternehmung beschaffen ist, wie weit sind wir dann von einer empirisch gehaltvollen Theorie der Unternehmung entfernt? Dessen ungeachtet liefert die Lehrbuchökonomik dem Betrachter das Bild einer relativ geschlossenen und homogenen Disziplin. Die gegen die Gewinnmaximierungshypothese vorgebrachten Einwände werden - von Ausnahmen abgesehen 9 - nicht einmal erwähnt. Das allerdings aus teilweise verständlichen Gründen, denn von einer systematischen und konsistenten Alternative zum herrschenden Paradigma kann (bislang) nicht die Rede sein. 10 Häufig wird die 'neoklassische Position' überzeichnet oder mißverstanden, was den Kritikern den mitunter berechtigten Einwand einbringt, Sätze widerlegt zu haben, die gar nicht aufgestellt wurden. Wenn, um ein Beispiel zu nennen, die Gewinnmaximierungshypothese als ein Als-ob-Konstrukt verwandt wird, ist es müßig, gegen neoklassische Autoren den Nachweis fiihren zu wollen, daß sich die einzelnen Unternehmen in ihrem empirischen Verhalten nicht als Gewinnmaximierer verhalten. Andererseits kann gegen das Erkenntnisinteresse, erklären zu wollen, wie sich Unternehmen empirisch entscheiden, nicht

5 Siehe dazu Williamson 1963a, 1963b, Koopmans 1957, Winter 1975 und Heinen 1962. 6 Siehe etwa Papandreou 1952, Katona 1951 sowie Cyert/March 1963. 7 Vgl. Heuß 1965a, R6pke 1977 und Schumpeter 1964. 8 Siehe Marris 1964, Galbraith 1967, Wil/iamson 1963a, 1964, Baumo/1959, 1962, 1968 und Penrose 1959. 9 Zu diesen Ausnahmen zählen die Lehrbücher von Schumann 1987, Weise I Brandeset al. 1993, Braun 1988b sowie Feess 1991, in denen die traditionale Gewinnmaximierungshypothese kritisch reflektiert wird. 10 Das Festhalten am neoklassischen Gesamtkonzept hänge, so Albert 1968, S. 2, "wohl nicht zuletzt damit zusammen, daß sich bisher keine voll entwickelte Alternative gezeigt hat, denn: ein theoretisches Vakuum scheint aus den verschiedensten Gründen schwer erträglich zu sein, und sei es nur aus dem trivial erscheinenden, daß in ökonomischen Vorlesungen etwas geboten werden muß".

I. Das Problem

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eingewandt werden, dies sei irrelevant, solange sich die aggregierten Phänomene so verhielten, als ob sie ihren Gewinn maximierten. 11 Wie so oft, wenn wissenschaftliche Diskussionen keinen Fortschritt verzeichnen, scheint die Kontroverse um das Zielsystem der Unternehmung darauf zu beruhen, daß dem 'Prinzip der Immanenz' (Adorno 1970) zuwidergehandelt wird, denn widerlegen läßt sich nur, was behauptet wird. Der unbefriedigende Zustand hat allerdings auch damit zu tun, daß verschiedene Fragestellungen unzulässigerweise vennengt werden. Es macht z.B. einen Unterschied, ob das Ziel oder die Zielmethode, d.h. die Art und Weise, wie dieses Ziel verfolgt wird (z.B. als Maximierungs- oder Satisficing-Verhalten), analysiert werden soll. Zu unterscheiden ist ferner, ob auf das empirische Unternehmerverhalten oder auf das Verhalten von Unternehmen im Kontext eines Gleichgewichtsmodells abgestellt wird, schließlich, ob die Ziele eines einzelnen Betriebs, einer Unternehmung oder eines Industriesektors betrachtet werden. Dies alles ist in Rechnung zu stellen, wenn im Fortgang der nächsten beiden Kapitel der Frage nachgegangen werden soll, welches Ziel (oder welche Ziele) ein erwerbswirtschaftliches Unternehmen verfolgt, wie es das tut und welche Konsequenzen daraus für das Unternehmen erwachsen. Während ich im dritten Kapitel der Frage nachgehen werde, auf welche Art und Weise, d.h. vor allem unter welchen kognitiven Beschränkungen der Entscheidungsprozeß der ökonomischen Akteure vonstatten geht, soll in diesem Kapitel die Zielgröße der erwerbswirtschaftlichen Unternehmung diskutiert werden. Der Kern des in diesem Kapitel geführten Beweises kann in drei Thesen zusammengefaßt werden:

These 1: Das Ziel einer erwerbswirtschaftlichen Unternehmung besteht im Streben nach Gewinn. Alle anderen in der Literatur diskutierten Ziele (z.B. Umsatz, Marktanteile, Prestige) sind entweder daraus abgeleitete Ziele oder gar keine Ziele der 'Unternehmung', sondern der mit der Ausübung von Unternehmerfunktionen betrauten Wirtschaftssubjekte. These 2: Das Streben nach Gewinn verhindert einen Handlungsstillstand, wie er mit der Gewinnmaximierungshypothese fonnuliert ist. Der Gewinnmaximierungshypothese kann daher ausschließlich im Rahmen eines Gleichgewichtssystems ein Sinn beigelegt werden; die Annahme profitmaximierenden Verhaltens ist dann sogar zwingend, um einen Gleichgewichtszustand zu definieren.

11 Dieses von Friedman 1953 vorgetragene Argument ist zu Recht damit kritisiert worden, daß "at least one of the goals of economics is to understand and explain economic phenomena of alt kinds and at alt Ievels of aggregation or disaggregation" (March I Sirnon 1988, S. 220).

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2. Kap. : Das Zielsystem der Unternehmung

These 3: Der qualitativen Schrankenlosigkeit des Geldes, also der Tatsache, daß dem Kapitalwachstum als ökonomischer Zwecksetzung der Unternehmung keine begriffliche Schranke gesetzt werden kann, widerspricht die Behauptung einer 'optimalen Unternehmensgröße' ebenso wie der eines Nationalcharakters. Erwerbswirtschaftliche Unternehmen sind ihrem Begriff nach 'international'. Der 'archimedische Punkt' der Kontroverse zwischen den Verfechtern und Kritikern der Gewinnmaximierungshypothese beruht - so die Behauptung - auf einer Verwechslung: Das Streben nach Gewinn ist nicht mit der Gewinnmaximierung gleichzusetzen. Wie sich ferner zeigen wird, steht die herausgehobene Bedeutung des Gewinnstrebens nicht im Widerspruch dazu, daß PersonenAttribute und subjektive Bewertungen relevant filr die Erklärung unternehmenspolitischer Entscheidungen wären. Das Gegenteil trifft zu. Da die Verfolgung des Gewinnstrebens unter den Bedingungen echter Ungewißheit stattfmdet, sind subjektive Bewertungen der Entscheidungsträger und deren personale Eigenschaften ausschlaggebend dafilr, wie das Gewinnstreben operationalisiert wird.

11. Das Streben nach Gewinn Der Gewinn ist die Differenz zweier Quantitäten, des vorgeschossenen und des um einen Aufschlag erhöhten rückfließenden Kapitals oder, wie Mueller sagt, "the residual over contractual or potentially contractual costs" (1986, S. 16). Während das vorgeschossene Kapital eine kontraktlieh fixierte Summe darstellt, ist der Gewinn in seiner Höhe unbestimmt. Gewinn als Zielgröße eines Unternehmens bedeutet demzufolge zunächst einfach nur, daß das Unternehmen das Ziel verfolgt, Überschüsse zu erwirtschaften. Aber darin erschöpft sich dieses Handlungsmotiv nicht: Ein Unternehmen mag eine Kapitalrendite von I 0% erzielen und dies als ein Erfolg filr sich verbuchen. Dies würde nichts an der Tatsache ändern, daß eine Kapitalrendite von 15% derjenigen von 10%, eine von 20% derjenigen von 15% usw. vorgezogen würde. In den Worten Riegers 1964, S. 44: "Aus unserer derzeitigen Wirtschaftsverfassung ergibt sich die Unmöglichkeit, diesem Gewinnstreben begriffliche Grenzen zu ziehen." Das gilt filr eine unendliche Abfolge von Perioden, denn es gibt keinen zwingenden Grund, weshalb das Gewinnstreben in infmitesimaler Betrachtung gegen einen bestimmten Grenzwert konvergieren sollte. 12

12

Siehe auch Feh/1987, S. 24.

Il. Das Streben nach Gewinn

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Kann dem Gewinn als Handlungsmotiv auch keine begriffliche Obergrenze gesetzt werden, so stellt der tatsächlich realisierte Gewinn doch immer eine quantifizierbare Geldsumme dar, und es besteht kein Zweifel daran, daß dem Erfolg einer Unternehmung durch den Wettbewerb Grenzen gesetzt sind, die verhindern, daß die Gewinne 'ins Unendliche' wachsen können. Aber das nimmt das oben Gesagte nicht zurück, denn stets ist zwischen der Qualität und Quantität des Gewinns zu unterscheiden: Der Qualität nach ist der Gewinn als Ziel der erwerbswirtschaftlichen Unternehmung quantitativ unbeschränkt. Es läßt sich daher kein Geldbetrag nennen, von dem gesagt werden könnte, 'soviel und nicht mehr'. Der tatsächlich erzielte Gewinn ist demgegenüber zu jedem Zeitpunkt und an jedem Ort in seiner Höhe quantitativ beschränkt und kann sogar negativ werden, wenn Verluste eintreten. In dieser Spannung zwischen dem Gewinn als Ziel der erwerbswirtschaftlichen Unternehmung und der Tatsache, daß der Gewinn, so er überhaupt erwirtschaftet wird, zu jedem Zeitpunkt quantitativ begrenzt ist, liegt das ganze Geheimnis der Dynamik kapitalistischer Gesellschaften: Jeder realisierte Gewinn ist, ungeachtet seiner Höhe, Ansporn, ihn zukünftig zu übertreffen und selbst mit der Wiederholung des einmal erzielten Gewinns unzufrieden zu sein. Um die Dynamik Unternehmerischen Handeins zu erklären, bedarf es daher keiner Hypostasierung 'des Unternehmers' als besonders strebsamer Person. Nicht, weil sich 'ein Unternehmer' als Person von anderen Menschen unterscheidet, z.B. besonders leistungsmotiviert ist, sondern weil der spezifische Charakter des Gewinnmotivs selbst die Zufriedenheit mit dem einmal Erreichten ausschließt, sind Unternehmer 'rastlos' in ihrem Bemühen, den Unternehmenserfolg periodisch zu übertreffen, um das Unternehmenswachstum zu befördern. Pikanterweise ist es das theoretische Verdienst eines Kritikers der auf dem Privateigentum basierenden Marktwirtschaft, dieses Geheimnis aufgedeckt zu haben. Marx 1972, S. 167 konstatiert völlig zu Recht: "Die Bewegung des Kapitals ist ... maßlos", und erläutert diese Eigenschaft des Gewinns am Schatzbildner: "Qualitativ .. . ist das Geld schrankenlos, .. . Aber zugleich ist jede wirkliche Geldsumme quantitativ beschränkt, daher auch nur Kaufmittel von beschränkter Wirkung. Dieser Widerspruch zwischen der quantitativen Schranke und der qualitativen Schrankenlosigkeit des Geldes treibt den Schatzbildner zurück zur Sisyphusarbeit der Akkumulation." (S. 147) Vom Schatzbildner unterscheide sich der Unternehmer - so Marx weiter - in der Hinsicht, wie diese schrankenlose Vermehrung ins Werk gesetzt werde: "Die rastlose Vermehrung des Werts, die der Schatzbildner anstrebt, indem er das Geld vor der Zirkulation zu retten sucht, erreicht der klügere Kapitalist, indem er es stets von neuem der Zirkulation preisgibt" (S. 168), weil er sein Kapital investiert und seine Waren auf dem Markt versilbert.I3

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2. Kap.: Das Zielsystem der Unternehmung

Nach Marx haben auch Weber und Sombart im 'Erwerbsprinzip' das 'Leitmotiv des Kapitalismus' gesehen, wenngleich sie das Gewinnstreben fälschlicherweise in einen Gegensatz zu den persönlichen Bedürfnissen des Unternehmers gestellt haben. 14 Die Feststellung, daß dem Gewinnstreben 'seiner Natur nach' keine begriffliche Grenze gesetzt werden kann, ist so neu also nicht. Gleichwohl sind die Konsequenzen übersehen worden, die sich aus der Eigentümlichkeit des Gewinnstrebens ftlr das Verständnis des unternehmerischen Wettbewerbs und für die Unternehmung als sozialer Organisation ergeben. Denn ausgehend von dieser Eigenschaft der Unternehmerischen Zielsetzung verwandeln sich alle Faktoren, die über Erfolg und Mißerfolg eines Unternehmens entscheiden können - Angebot, Nachfrage, aber auch die Organisation des Arbeitsprozesses - in Aktionsparameter der Unternehmung. Was Heuß l965a, S. 8 als den Charakterzug des Schumpeterschen Unternehmers bezeichnet hat, nämlich die Tatsache, "daß alle die Größen, die in der Theorie als gegeben unterstellt werden, für ihn Aktionsparameter darstellen" gilt in wenngleich gradueller Abstufung für jeden Unternehmer. Auch ein 'konservativer' Unternehmer (Heuß) wirkt gestaltend auf die wirklichen und vermeintlichen Faktoren seines Erfolgs ein, statt einfach abzuwarten, bis sich die Daten exogen ändern. Was den konservativen Unternehmer vom Schumpeter-Unternehmer tatsächlich unterscheidet, ist die Skepsis gegenüber bestimmten Innovationen, die ihm als zu riskant, zu kostspielig oder wenig aussichtsreich erscheinen, nicht der Gestaltungswille an sich. So sehr daher die Heußsche Unternehmertypologie für eine Allgemeine Markttheorie relevant ist, so wichtig ist es, daran zu erinnern, daß auf realen Märkten keine Unternehmertypologien, sondern Unternehmer agieren, deren Gestaltungswille dreierlei voraussetzt: Kapital, Zeit und Raum. Kapital ist vorausgesetzt, weil jede Gestaltungshandlung, gleichgültig, ob es sich um die Kreierung neuer Produkte, die Verbesserung der Produktionsver-

13 Diese dynamische Vorstellung vom Profit als schrankenloser Zielsetzung findet man auch bei

Ricardo 1975 und Smith 1981.

14 Sambart 1928, S. 320 sieht die Eigentümlichkeit des Erwerbsprinzips darin gegeben, daß der "unmittelbare Zweck des Wirtschattens nicht die Bedarfsbefriedigung eines lebendigen Menschen oder einer Vielfalt von Menschen ist, sondern ausschließlich die Vermehrung einer Geldsumme." Im gleichen Sinne formuliert Weber: "Der Mensch ist auf das Erwerben als Zweck seines Lebens nicht mehr das Erwerben auf den Menschen als Mittel zum Zweck der Befriedigung seine; materiellen Lebensbedürfnisse bezogen. Diese fllr das unbefangene Empfinden schlechthin sinnlose Umkehrung des, wie wir sagen würden, ' natürlichen Sachverhalts' ist nun ganz offenbar ebenso unbedingt das Leitmotiv des Kapitalismus, wie sie dem von seinem Hauch nicht berührten Menschen fremd ist." Siehe auch Weber 1981, S. 44 und 1985, S. 199 f. sowie Dunn 1991.

li. Das Streben nach Gewinn

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fahren, die Umorganisation des Arbeitsprozesses, die Erhöhung des Werbeetats oder den Ausbau des Kundennetzes handelt, Geldmittel langfristig bindet. Der Kapitalbedarf ist selbst von einer ganzen Kette unterschiedlicher Faktoren abhängig, die hier nicht näher zu betrachten sind. Festzuhalten bleibt indes: Mit der Größe des disponiblen Kapitals wächst der Umkreis der Geschäftsmöglichkeiten und damit die Fähigkeit, der Konkurrenz erfolgreich entgegenzutreten und Fehlschläge zu kompensieren, mit denen immer wieder gerechnet werden muß. Umgekehrt drohen nicht wenige Investitionsideen ungenutzt zu bleiben, weil das daftlr benötigte Kapital fehlt. Ebensowenig wie der Gewinn weist das Unternehmenskapital daher eine begriffliche Obergrenze auf. 15 Die theoretischen Bemühungen, dem zum Trotz eine optimale Unternehmensgröße 'abzuleiten', sind zum Scheitern verurteilt und beruhen überdies auf einer Reihe gedanklicher Mißverständnissel6 Die einzige ökonomische Schranke, die dem Gewinn einer Unternehmung wie der Unternehmensgröße tatsächlich erwächst, resultiert aus dem Wettbewerb der Unternehmen, die von dem gleichen Motiv getrieben, ihr Kapital zu vermehren, sich ihren Erfolg wechselseitig bestreiten. Dies hat freilich nichts mit der theoretischen Ableitung einer optimalen Unternehmensgröße zu tun! 17

15 Reich 1991 spricht in diesem Zusammenhang zutreffend von der 'Akkumulationsorientierung' erwerbswirtschaftlicher Unternehmen. 16 Zwei Anmerkungen dazu: Coase 1937, S. 395 etwa erklärt die optimale Unternehmensgröße daraus, daß die Kosten der Organisation einer zusätzlichen Transaktion innerhalb der Unternehmung tendenziell steigen, bis sie die Kosten des Bezugs dieser Transaktion durch den Tausch übertreffen. Übersehen wird dabei, daß sich die Unternehmerische Entscheidung, eine Vorleistung über den Markt zu beziehen, anstatt diese selbst intern herzustellen, einzig der ökonomischen Überlegung verdankt, in welcher Weise dem Unternehmenserfolg (sprich dem Wachstum der Unternehmung) besser gedient wäre. Der Fremdbezug einer Transaktion über den Tausch belegt nämlich gar nicht, daß die Unternehmungsgröße ihr 'Optimum· überschritten hätte! Einen ähnlichen Fehler begeht auch Williamson 1985/1990, wenn er auf die Schwierigkeiten verweist, die mit der Durchfilhrung einer Fusion verknüpft sind. Der Umstand, daß mit der Durchfilhrung einer Fusion zahlreiche Kosten und Probleme verknüpft sind, angefangen von den Übernahmekosten, den Kontrollkosten, den Beeinflussungskosten bis hin zu den Anreizproblemen, belegt nicht die Existenz einer optimalen Unternehmensgröße, sondern verweist schlicht und einfach darauf, daß eine Fusion nicht zwangsläufig die beste Strategie darstellt, das Unternehmenswachstum zu befurdern. Beide Fehlinterpretationen basieren auf einer falschen Entgegensetzung der Institution der 'Unternehmung' mit der Institution des 'Marktes·. Alles Nähere aus meiner Sicht findet sich im sechsten Kapitel dargelegt. 17 An dieser Stelle sei ausdrücklich auf Winter 1993, S. 192 verwiesen, dessen berechtigte Kritik an der transaktionskostenökonomischen Herleitung einer optimalen Unternehmensgröße hier auszugsweise wiedergegeben werden soll: "In the evolutionary view - ... the size of a large firm at a particular time is not to be understood as the solution to some organizational problem. General Motors does not sit atop the Fortune 500 (... ) because some set of contemporary cost minimization imperatives (technological or organizational) require a certain chunk of the U.S. economy to be organized in this way. lts position at the top reflects the cumulative effect of a long

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2. Kap.: Das Zielsystem der Unternehmung

Die zweite Bedingung der Unternehmerischen Gestaltungstätigkeit ist die VerfUgung über Zeit, die benötigt wird, um Entscheidungen treffen und umsetzen zu können. Diese Voraussetzung gilt zunächst ganz allgemein, denn wirtschaftliches Handeln ist ein Phänomen, das real nur in der historischen oder irreversiblen Zeit, die eine Rückkehr früherer Zustände ausschließt, stattfindet und stattfinden kann. Nur unter der hypothetischen Abstraktion, daß sich die wirtschaftenden Menschen in einem zeitlosen Modell befinden, kann auch von Gestaltungshandlungen abgesehen werden. Ebensowenig wie dem Gewinnstreben eine begriffliche Obergrenze gesetzt werden kann, ist es möglich, eine Zeitspanne zu fixieren, nach deren Ablauf gesagt werden kann, das Ziel der erwerbswirtschaftlichen Unternehmung sei zeitlich abgeschlossen. Dem steht nicht entgegen, daß jedes Unternehmen gezwungen ist, in Zeiträumen zu planen. Um Planen, Entscheiden, Handeln zu können, müssen zeitliche Vorstellungen entwickelt, Zeitpunkte und Zeiträume definiert werden, die jedoch "nicht als Begrenzungslinie der Zukunftsüberlegungen schlechthin verstanden werden" (D. Schneider 1980,42 f.) dürfen. 18 Die dritte Voraussetzung ist ebenso elementar wie die zweite. Wirtschaftliches Handeln findet im Raum statt oder, wie Kant 1956, S. 78 formuliert hat, "der Raum ... (ist) eine notwendige Vorstellung, a priori, die allen äußeren Vorstellungen zum Grunde liegt". Nun geht es hier nicht um philosophische Betrachtungen, sondern um die erwerbswirtschaftliche Unternehmung, die Güter produziert und Dienste bereitstellt, um Gewinne zu erwirtschaften.19 Daß die erwerbswirtschaftliche Unternehmung sowohl in bezug auf die Produktion, als auch in bezug auf den Absatz auf einen bestimmten Aktionsraum verwiesen ist, ist evident und bedarf keiner näheren Erläuterung. Hinzuweisen ist jedoch

string of happenings stretching back into the past, among which were the achievement of relatively good solutions to various technological and organizational problems, the success of its ancestral companies in establishing strong positions in a young market that tumed out to be a big one, and of course the creation of merger of the company itself. In short, a position atop the league standings is not a ·great play'."

18 Dabei kann "der Planungszeitraum" - wie D. Schneider 1980, S. 42 f. bemerkt- "nicht bis zum Jüngsten Gericht reichen. Die Planungsperiode ist vielmehr durch ein bestimmtes 'Gesichtsfeld' bestimmt, durch einen ökonomischen 'Horizont' begrenzt. ... Nach Ablauf einer Periode werden dabei die früheren Plane korrigiert, der Planungshorizont erweitert und fllr diesen neuen Planungshorizont neue Ausgangsbedingungen fllr die weitere Zukunft gesetzt. Nur auf diesem Wege 'rollender' (überlappender) Planungen kann eine tragfllhige Unternehmungsplanung entwickelt werden." 19 Rieger 1964, S. 44 ff. fllhrt dazu aus: "Daß eine Unternehmung sich als Aufgabe die Versorgung des Marktes setzt, ist eine ganz unmögliche Vorstellung .... Von den Unternehmern könnte man eher behaupten, daß sie es außerordentlich bedauern, wenn sie den Markt versorgen; denn je langer er nicht versorgt ist, desto langer die Aussicht auf Absatz und Gewinn .... Man ist versucht zu sagen: Die Unternehmung kann es leider nicht verhindern, daß sie im Verfolg ihres Strebens nach Gewinn den Markt versorgen muß."

II. Das Streben nach Gewinn

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darauf, daß dem Gewinnstreben auch in räumlicher Hinsicht keine Schranke gesetzt ist. Umgekehrt stellt jede Beschränkung des Aktionsraums einer Unternehmung ein letztlich zu überwindendes Hindernis dar, um langfristig im Markt bestehen zu können. Beobachten wir die Entwicklung der Unternehmen und Märkte, wird dies bestätigt: Gelingt es einem Unternehmen, seinen Aktionsraum auszuweiten, etwa in dem neue Produktionsstandorte errichtet werden, um Exportmärkte direkt beliefern zu können, wird den konkurrierenden Unternehmen die Beschränkung ihres Aktionsraumes gewahr. Sie sind gezwungen nachzuziehen, um ihre Absatzmärkte verteidigen oder um kostengünstige Beschaffungsmärkte in anderen Ländern besser nutzen zu können. Der Wettbewerb erzwingt von seinen Teilnehmern daher die beständige Ausweitung des Aktionsraums. Begrenzt wird diese Tendenz allein durch die Tatsache, daß die Mittel eines Unternehmens knapp sind. Eine zu frühe Ausweitung des Aktionsraums ist mit Risiken verbunden, die den Bestand des Unternehmens gefährden können. Erst mit einer bestimmten Größe gelingt es, den Aktionsraum der geschäftlichen Unternehmungen auszuweiten. An einem bestimmten Stadium des Wachstums schließlich streifen die Unternehmen ihre Nationalität endgültig ab und entwickeln sich zu international tätigen Organisationen. Die noch immer verbreitete nationalstaatliche Klassifizierung eines Unternehmens als 'deutsch', 'japanisch' oder 'amerikanisch' mag dann zwar noch immer von juristischer oder politischer Relevanz sein; ökonomisch verliert sie ihren Sinn. Kapital, Zeit und Raum vorausgesetzt, ist das erwerbswirtschaftliche Unternehmen dadurch bestimmt, sämtliche Hebel in Bewegung zu setzen, die seinen Gewinn erhöhen und damit das langfristige Unternehmenswachstum befördern. Die Produktionsverfahren und Arbeitsabläufe werden beständig revolutioniert, die Beschaffungsmärkte nach günstigeren Angeboten gemustert, neue Produkte und Absatzstrategien entwickelt, um die zahlungsfähige Nachfrage vermehrt auf die eigenen Erzeugnisse zu lenken. Die Schranken, die dem Unternehmen durch seine Kapitalgröße gesetzt sind, versucht dieses durch Aufnahme von Fremdkapital, Kooperation und Zusammenschluß zu überwinden. Mit der Verwandlung der Unternehmung in eine Aktiengesellschaft schließlich emanzipiert sich die Leitung der Unternehmung von der eher zufälligen persönlichen Eignung des Eigentümers als Unternehmensleiter. Die Unternehmung wird zu einem komplexen sozialen Gebilde, das von einem Management relativ autonom geleitet wird. Da jedes erwerbswirtschaftliche Unternehmen bestrebt ist, Gewinne zu erzielen, und dazu gestaltend auf die vor- und nachgelagerten Märkte einwirkt, ändern sich beständig die allgemeinen Bedingungen, mit denen das einzelne Unternehmen konfrontiert ist. Es trifft auf den Beschaffungs- und Absatzmärkten auf alte und neue Konkurrenten, die durch ihre Handlungen die Be-

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2. Kap.: Das Zielsystem der Unternehmung

rechnungen der einzelnen Unternehmung konterkarieren. Neue Preise, Mengen und Qualitäten auf den Beschaffungsmärkten zwingen zu Plankorrekturen. Neue Konkurrenzprodukte wetteifern mit den eigenen um die zahlungsflihige Nachfrage. Technische Innovationen und organisatorische Verbesserungen der Arbeits- und Produktionsabläufe verschaffen einigen Konkurrenzunternehmen einen Wettbewerbsvorsprung, der die Gewinnerwarrungen anderer durchkreuzt. Das Gewinnstreben der einzelnen Unternehmen erzeugt so auf allen Märkten echte, nicht kalkulierbare Ungewißheiten und Risiken, so daß Entscheidungen in eine ungewisse Zukunft hinein getroffen werden müssen. Spätestens an dieser Stelle wird offenkundig, daß der Erfolg und Mißerfolg der Unternehmung in hohem Maße von subjektiven Faktoren abhängig ist. Denn die Entscheidungen, die das Unternehmen trifft, werden von Menschen getroffen, die nur über ein sehr geringes Wissen verfügen, das in der Zukunft Gültigkeit besitzt. Wichtiger als subjektives Wissen erscheint dann häufig die Kreativität und Intuition. 20 Wie diese Entscheidungen getroffen werden und welche Konsequenzen sich daraus ftlr das innere Gefüge der Unternehmung als einer sozialen Organisation ergeben, wird im Verlauf dieses Buches noch ausführlich thematisiert werden und soll uns jetzt nicht interessieren. Vielmehr ist nun zu klären, was das Gewinnstreben von der traditionalen Gewinnmaximierungshypothese unterscheidet und warum die Einwände, die gegen das Gewinnmotiv als Ziel der Unternehmung vorgetragen wurden, unberechtigt sind.

111. Zur Relevanz der Gewinnmaximierungshypothese In der traditionalen Theorie der Unternehmung, besteht das Ziel der Unternehmen in der Gewinnmaximierung. Mit Erreichen des Gewinnmaximums hat das Unternehmen alles erreicht, was es hat erreichen können. Es befmdet sich in einem Zustand, aus dem heraus keine weiteren Verbesserungen möglich sind, weil "die entscheidenden Marktfaktoren zu einem Datum (geworden) und damit von vomherein der Gestaltung der Marktteilnehmer (entzogen sind)" (Heuß 1968, S. 52)21 . Das einzelne Unternehmen kann den Gewinn nicht erhö.20 In den Worten Schumpeters 1911, S. 125. "Hier kommt filr den Erfolg alles auf 'Blick' an, auf die Fähigkeit, die Dinge in einer Weise zu sehen, die sich dann hinterher bewährt, auch wenn sie im Moment nicht zu begründen ist .... " Im gleichen Sinne verweist auch Kirzner 1973, S. 54, auf die Findigkeit (alertness) bzw. "the courage and vision necessary to create the future in an uncertain world" ( 1982, S. 155), über die ein Unternehmer verfilgen müsse. 21 Vgl. auch Heuß 1965b.

III. Zur Relevanz der Gewinnmaximierungshypothese

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hen, weil dies unter den gegebenen Bedingungen nicht möglich ist. Es betrachtet das ökonomische Umfeld daher nicht als einen Aktionsparameter, sondern als ein Datum. Unter dieser restriktiven Anwendung der Ceteris-paribus-Klausel reduziert sich das Unternehmerische Entscheidungsproblem auf die rechnerische Ermittlung eines Optimums, was Morgenstern 1972, S. 1184 zu der Feststellung bewogen hat, daß die Firma, wie man sie in den (meisten) Lehrbüchern findet, ebensogut durch einen Computer ersetzt werden könnte. Niemand behauptet ernsthaft, daß dieses Bild der Unternehmung auch nur ungefähr die Entscheidungs- und Gestaltungsprobleme eines realen Unternehmens beschreibt.22 Gleichwohl ist die Vorstellung weit verbreitet, daß die Gewinnmaximierung nur eine andere Umschreibung des Gewinnstrebens darstellt. 23 Was in der Vermengung beider Begriffe übersehen wird, ist der Kontext beider Verhaltenshypothesen: Bezeichnet das Gewinnstreben ein Verhalten, das gewinnträchtige Situationen erst generiert, so bezieht sich die Gewinnmaximierung auf eine gegebene Entscheidungssituation, in der alle (bis auf einen) Parameter gedanklich fixiert sind. Es handelt sich bei dem gewinnmaximierenden Unternehmen also um eine theoretische Fiktion. 24 Über den Zweck dieser gedanklichen Fixierung informiert Schumpeter 1970 [ 1908], S. 198 f. in seiner Habilitationsschrift "Das Wesen und der Hauptinhalt der theoretischen Nationalökonomie". Dort lesen wir: "Den Gleichgewichtszustand ... zu beschreiben ... ist das Problem der Ökonomie. Alle Tauschakte tendieren danach, ihn zu realisieren, d.h. einen Zustand zu realisieren, in dem keine Veränderung der Quantitäten mehr erfolgt, der sich daher zu er-

22 "It is a firm that would not be recognized by a businessman, nor does it have a prolotype in the real world", wie Cyert 1988, S. XI konstatiert. 23 Als Beispiel mag folgendes Zitat gelten, in dem ein Nationalökonom eindringlich davor warnt, das gewinnmaximale Verhalten auf 'gegebene (!) Strukturen' zu beziehen und die Gewinnmaximierung so zu interpretieren, als erschöpfe diese sich in einem einmaligen Entscheidungsakt "Gewinnmaximierung bedeutet vielmehr eine Verhaltensphilosophie, die ... zur ständigen Umstrukturierung ökonomischer Variablen fuhrt. Gewinnmaximierung heißt ständige Suche und Realisierung gewinnträchtiger Alternativen." (Schmidtchen 1978, S. 153) Die in diesem Zitat gelieferte Definition der Gewinnmaximierung setzt voraus, daß dem Gewinn keine begriffliche Obergrenze gesetzt ist, denn nur unter dieser Voraussetzung kommt es zur 'ständigen Umstrukturierung' der ökonomischen Variablen, zur "ständigen Suche und Realisierung gewinnträchtiger Alternativen". Umschrieben wird damit aber nicht die Gewinnmaximierung, sondern das Streben nach Gewinn. Demgegenüber besteht die Strategie der Gewinnmaximierung darin, "so viel wie möglich an Gewinn aus jeder gegebenen (!] Situation herauszuschlagen" (S. 153, Hervorh. M.D.), wie der gleiche Autor selbst völlig zutreffend festhält 24 So bemerkt Machlup 1960, S. 43 f.: "Die fiktive Unternehmung im Modell [der Mikrotheorie, M.D.] ist ein einschichtiges Entscheidungsorgan, das nichts anders tut, als die Produktionsmengen und Preise von ein oder zwei Erzeugnissen an ganz einfache Datenänderungen anzupassen." (Zit. nach Krüsselberg 1965, S. 12) 4 Dunn

2. Kap.: Das Zielsystem der Unternehmung

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halten strebt. ... Und in diesem Zustande, in dem die Tauschakte aufhören, müssen uns unsere Funktionen, welche eben die Beschreibung der Veränderungen zum alleinigen Zwecke haben, für weitere Veränderungen die Größe Null ergeben. Dadurch ist der Gleichgewichtszustand definiert und deshalb heißt er so. Und die Differentialrechnung lehrt uns, daß an dieser Stelle, an der gewisse Differentialquotienten, welche eben das Maß der Veränderungen darstellen, gleich Null sind, verschwinden, gewisse Funktionen ... einen Maximalwert annehmen ... Der exakte Inhalt des Maximumtheorems, der Kern alles dessen, was über dieses vielumstrittene Problem jemals gesagt wurde, ist also nichts anderes, als dieser Satz: Im Gleichgewichtszustande liegt keine Tendenz zu weiteren Veränderungen vor."

Die Gewinnmaximierungshypothese - so Schumpeter - ist die filr die Definition eines G Ieichgewichtszustands notwendige Verhaltenshypothese, denn nur dadurch, daß angenommen werde, daß die Wirtschaftssubjekte (i.e. Unternehmen) in ihrem Handeln von weiteren Veränderungen absehen, tritt jener Zustand ein, den wir als Gleichgewicht bezeichnen. Umgekehrt gilt: "It is only in equilibrium that the model of optimizing behavior by many individual actors really works." (Nelson und Winter 1982, S. 32) Der begriffliche Unterschied zwischen dem Gewinnstreben und der Gewinnmaximierung ist auch nicht mit der Unterscheidung zwischen der kurzund langfristigen Gewinnmaximierung zu verwechseln. 25

Erstens "erweist sich die Trennung von kurzfristiger und langfristiger Gewinnmaximierung ... lediglich als ein Relikt ungenauen Denkens," denn "kurzfristig auf Gewinnchancen zu verzichten und langfristig den Gewinn zu maximieren, heißt doch genauer: Die Planperiode erstreckt sich über mehrere Abrechnungsperioden, und in einer unmittelbar bevorstehenden Abrechnungsperiode verzichtet man auf Handlungsmöglichkeiten, die in dieser Abrechnungsperiode Erträge bringen, aber die Erträge der späteren Perioden erheblich schmälern. Eine Zielgröße ist aber filr die gesamte Planperiode zu maximieren." (D. Schneider 1980, S. 54) Überdies entfallt die Unterscheidung von kurz- und langfristiger Anpassung, wenn sämtliche entscheidungsrelevanten Faktoren, die zukünftig eintreten werden, im voraus bekannt sind.26 Und zweitens endet der Prozeßcharakter jedes Gleichgewichtsmodells mit dem Erreichen des Maximums, sei dieses nun lang- oder kurzfristig. Jeder Versuch, über das erreichte Maximum hinauszugehen, steht damit vor dem Problem, erklären zu müssen, wodurch die Datenänderungen bewirkt sind, die neue Anpassungsprozesse auslösen. Diese Änderungen können selbst aber nur das Ergebnis der Tatsache sein, daß es ökonomische Agenten gibt, die unzufrieden mit dem Erreichten, sich dazu entschließen, die 'Bedingungen' 25 Siehe Wo//1987a, S. 177 ff. 26 Siehe

Morgenstern 1935, S. 347.

III. Zur Relevanz der Gewinnmaximierungshypothese

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nicht mehr als gegeben, sondern als veränderbar zu betrachten. Dann aber wird die fiir die Gewinnmaximierungshypothese konstitutive Ceteris-paribusKiausel verletzt_27 Halten wir also fest: Die Gewinnmaximierungshypothese ist die dem Gewinnmaximum korrespondierende notwendige modellgemäße Verhaltenshypothese. Sie dient lediglich dem Zweck, einen Zustand gedanklich zu fixieren, von dem keine Informationen (messages) ausgehen, "which cause agents to change the theories which they hold or the policies which they pursue" (Hahn l973a, S. 25) 28 . Gewinnstreben und Gewinnmaximierung sind deshalb begrifflich zu scheiden. Nur unter einer Voraussetzung werde - so Nelson und Winter- der Unterschied beider Verhaltensannahmen irrelevant: "In a sufficiently calm and repetitive decision context, the distinction between

striving for profit and profit maximization may be of little moment, but in a context

of substantial change it matters a great deal. Strict adherence to optimization notions either requires or strongly encourages the disregard of essential features of change - the prevalence of Knightian uncertainty ... the diversities of viewpoint, the difficulties of the decision process itself, the importance of highly sequential 'groping' and of diffuse alertness for acquiring relevant information, the value of problem-solving heuristics, the likely scale and scope of actions recognized ex post as mistaken, and so forth." (1982, S. 31, Hervorh. M.D.) 29

Die von Cyert und March l963a, S. 15 geäußerte Vermutung, daß die Kontroverse zwischen den Verfechtern und den Kritikern der Gewinnmaximierungshypothese auf der unterschiedlichen Beweisabsicht der konkurrierenden Theorien beruht, findet sich bestätigt: Während das Ansinnen der Neoklassik darin besteht zu erklären, unter welchen Voraussetzungen idealiter eine optimale Allokation der Ressourcen durch das Preissystem bei gegebenem(!) Res-

27 "The doctrine that firms 'maximize profits' collapses" -so auch Joan Robinson - "as soon as it is taken out of the equilibrium world and set in historical time. For a firm which is growing from year to year by investing retained profits, the maximum flow of profits will be reached when it commands an indefinitely Iarge value of capital. Certainly, it is true that firms pursue profit, for without profits they would perish, but to "maximize' profits over the long run is a meaningless phrase." (Robinson 1980, S. 13) 28 Das Analogon zur klassischen Mechanik, "in dem alle freien Kräfte - hier individuelle Anreize, sich durch Verhaltensänderung besserzustellen-verschwunden sind" (Will 1987, S. 72, Fußnote 31) ist offenkundig. Weiter lesen wir bei Will: "In der Überzeugung, daß analog zur klassischen Mechanik auch im wirtschaftlichen Geschehen freie Kräfte die Tendenz haben, sich im Gleichgewicht auszugleichen, hatte die zeitgenössische (neoklassische) Ökonomik ... anstelle des Koordinationsprozesses ein anderes Problem ins Auge gefaßt: nämlich ob unter geeigneten Annahmen neben einer unbegrenzten Zahl möglicher, nicht pareto-optimaler Zustände, in denen die individuell optimalen Planungen nicht kompatibel sind, ein Zustand der Kompatibilität existiert, der pareto-optimal ist- das Marktgleichgewicht." (1987, S. 72) 29 Vgl. auch Winter 1975, S. 86.

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2. Kap.: Das Zielsystem der Unternehmung

sourcenbestand realisiert werden kann, stellten Marx, Weber und Sombart mit ihrer Verhaltenshypothese auf die Erklärung von Wachstums- und Entwicklungsphänomen marktwirtschaftlicher Systeme, das heißt auf evolutorische Phänomene, ab. Legt man der kritischen Würdigung einer Theorie das Prinzip der Immanenz zugrunde, kann der Lehrbuchökonomik nicht zum Vorwurf gemacht werden, 'unrealistisch' zu sein: Von einer Gleichgewichtstheorie die Erklärung dynamischer Wettbewerbs- und Wachstumsprozesse oder Aufschluß darüber zu erwarten, in welcher Weise Unternehmen empirisch Entscheidungen treffen, hieße verkennen, daß die Gleichgewichtstheorie gar nicht darauf ausgelegt ist, diese Fragen sinnvoll zu behandeln. Theoretische Konfusionen entstehen erst dadurch, daß die Gewinnmaximierungshypothese, das heißt ein nur im Kontext eines Gleichgewichtsmodells sinnvoller Begriff, mit dem Gewinnstreben vermengt wird.

IV. Managerkapitalismus Die von der Klassik, Neoklassik und auch in diesem Buch vertretene Auffassung, daß der Gewinn - wenngleich nicht das einzige, so doch das zentrale Ziel einer erwerbswirtschaftlichen Unternehmung darstellt, ist heftiger Kritik ausgesetzt. Weithin Beachtung gefunden haben die Einwände, die von den Vertretern der Managerkapitalismus-Theorie (Managerialism) und der verhaltenswissenschaftlich orientierten Koalitionstheorie der Unternehmung formuliert wurden. Eine andere Gruppe von Einwänden ist motivationspsychologisch orientiert. Im Fortgang sollen die genannten drei Argumentationen kurz nacheinander dargestellt und gewürdigt werden. 30 Die Theorie des Managerkapitalismus 31 nimmt ihren Ausgangspunkt in der Tatsache, daß mit der Herausbildung der Aktiengesellschaft die Eigentümer von den Funktionen des Eigentums getrennt sind. Die Leitung der Unterneh-

30 Normative Einwände gegen die Gewinnorientierung der erwerbswirtschaftlichen Unternehmung bleiben hier dagegen unberücksichtigt, denn wie schon Rieger 1964, S. 44 bemerkt hat, ist die Wissenschaft außerstande, einen Maßstab anzugeben, der den 'gerechtfertigten' Gewinn vom 'gemachten' Gewinn unterscheidet. Daß auch die Klassiker unseres Fachs an der Vermengung normativer und positiver Aussagen nicht ganz 'unschuldig' sind, zeigt sich bereits bei Smith 1981, der hohe Gewinne fllr schädlich erachtet hat. Siehe dazu Rosenberg 1974 sowie Gutmann 1989 und Kramer 1985.

31 Zu nennen sind hier unter anderem die Beiträge von Berle 1959, Berle I Means 1932, Baumol 1959, 1962, Williamson 1963a, 1963b, Marris 1964 sowie Stigler I Friedland 1983.

IV. Managerkapitalismus

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mung liegt nicht mehr in den Händen des Eigentümers, sondern beim Management. Ausgehend von dem Beitrag von Berle und Means 1932 entwickelten Baumol I 959 und Williamson 1963a, I 963b eine Managementtheorie, die von Marris 1964 zu einer Allgemeinen Theorie des 'Managerkapitalismus' weiterentwickelt wurde. 32 Die Konsequenz der Ausdünnung (attenuation) der Eigentumsrechte wird allgemein darin gesehen, "that the managers are able to pursue their own goals within certain Iimits and, thus tend to direct the firm away from the pro fit maximizing position that represents the owner's desideratum" (Furubotn und Pejovich 1972, S. I 149). Mit anderen Worten, die Verfolgung des Eigeninteresses durch die Manager verhindere eine Maximierung der auf die Gegenwart diskontierten Innovationsströme. 33 Ein Beispiel für diese Sichtweise der Unternehmung liefert William Baumol. Baumol sieht in der Umsatzmaximierung resp. in der Wachstumsrate des Umsatzes eine alternative Zielgröße des Managements zum GewinnzieL Er begründet dies damit, daß die Gehälter des Managements und ihr Prestige "may be tied more directly to the company's size, as measured by its sales volume, rather than to its profits. Therefore, the firm's managers may select a priceoutput combination that maximizes sales rather than profits." (Baumol und Blinder 1985, S. 527)34 In einem früheren Beitrag wird der Zielkonflikt zwischen Gewinn und Umsatz damit begründet, daß die Ausweitung des Umsatzes durch Preisnachlässe und Marketingaufwendungen die Gewinne reduziert. Einer völligen Vernachlässigung des Gewinns stehe allerdings entgegen, daß dadurch das zukünftige Unternehmenswachstum verhindert werde. Baumol folgert daraus, daß "the optimal profit stream will be that intermediate stream which is consistent with the largest flow of output over the firm's lifetime" (1962, S. 1086) 35 . Große Beachtung haben auch die Beiträge von Wi/liamson I 963a, 1963b gefunden. Ausgangspunkt seiner Überlegungen ist die These, daß sich das Management nicht neutral gegenüber den verschiedenen Ausgabengrößen verhalte. Vor allem der Personalbestand (stajj) sei mit einer positiven Wertschätzung verknüpft, so daß die Ausdehnung der Beschäftigtenzahl einer Firma "is an activity that offers positive rewards". Als Anreiz verweist Williamson nicht nur auf die Abhängigkeit der Managementgehälter von der 32 In späteren Beiträgen spricht Marris von der 'corporate economy' und der 'corporate society". Vgl. dazu Marris I Wood I97I und Marris 1974. 33 Vgl. dazu auch Richter I Furubotn 1996, S. I97-20I und 268. 34 Ähnlich argumentiert Heinen 1962, S. 23 in Anlehnung an Leibenstein I960, S. 279. 35 In diesem Sinne konstatiert auch Mueller: "Managers should favour size and growth as corporate objectives, since they increase their power to achieve any other more direct personal goal the managers have." (I 986a, S. 45)

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2. Kap.: Das Zielsystem der Unternehmung

Zahl der Mitarbeiter, sondern auch darauf, daß der Personalbestand "is a source of security, power, status, prestige, and professional achievement as weil". Im Unterschied zu Baumol sieht Williamson im Personalbestand eine alternative Zielgröße der von Managern geleiteten Unternehmung. Unabhängig davon, welche Zielgröße dem Management jeweils unterstellt wird, stets führt die vom Interesse der Eigentümer abweichende Zielsetzung dazu, daß das Gewinnmaximum verfehlt werde. Da die Absolutierung dieses Standpunktes aber zum Bankrott der Unternehmung führen würde, wird in der Regel ein zufriedenstellender Mindestgewinn angenommen, der die Existenz der Unternehmung sichert und die Aktionäre zufriedenstellt Im Fortgang sollen einige Einwände vorgebracht werden, die zeigen, daß die behaupteten alternativen Zielgrößen keine Alternativen zum Gewinnstreben darstellen. Zweitens soll auch erklärt werden, worauf diese Mißverständnisse beruhen. Der erste Gegeneinwand lautet, daß die Managerkapitalismus-Ansätze vom ökonomischen Existenzgrund der Aktiengesellschaft und der Funktionalität für das Gewinnziel dieser Rechtsform völlig absehen, wenn sie vorzugsweise die Aktiengesellschaft als Beleg daflir nehmen, um nachzuweisen, daß die 'moderne Unternehmung' nicht primär gewinnorientiert sei. Die Funktionalität der Aktiengesellschaft besteht darin, daß der Unternehmung das disponible Kapital nicht nur vorübergehend zur Verfügung gestellt wird, wie im Fall der Kreditierung, sondern permanent, denn der Aktionär kann sein Kapital nur dann aus der Unternehmung herausziehen, wenn an seine Stelle ein anderer Geldgeber tritt, der die Aktie erwirbt. Gleichzeitig entfallen die Zinslasten der Fremdkapitalfinanzierung. Darüber hinaus emanzipiert sich die Aktiengesellschaft von der mehr zufalligen persönlichen Eignung des Eigentümers als Unternehmensleiter. Die Aktiengesellschaft stellt also sicher, daß die mangelnde Eignung des Eigentümers, eine Unternehmung zu leiten, sich nicht als Hindernis geltend macht. 36 Die Trennung von Eigentum und Kontrolle widerspricht nicht dem Gewinnziel, sondern dient diesem. Der zweite Einwand bezieht sich darauf, daß das Einkommensmotiv der Aktionäre auch im Gegensatz zu den geschäftlichen Erfordernissen der Unternehmung stehen kann, was von Baumol und Blinder übrigens durchaus konzediert wird. 37 Die vom Management verfolgte langfristige Unternehmenspolitik

36 Zu Recht argumentiert Kaujer 1980, S. 455: "Die Trennung von Eigentum und Management vergrößert das Angebot an knappen Unternehmerischen Talenten." Denn "nicht jeder, der Eigentum hat, besitzt Managementtalente. Und nicht jeder, der Managementtalente hat, besitzt Eigentum".

IV. Managerkapitalismus

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entspricht dem Unternehmenswachstum unter Umständen weit besser als hohe Dividendenzahlungen, die dem Zweck dienen, das spekulative Interesse kurzfristig agierender Aktionäre zu befriedigen. Die Interessenunterschiede zwischen dem Management und den Eigentümern können aus dem besagten Grund nicht so interpretiert werden, daß sich das Management vom ·eigentlichen· Unternehmensziel emanzipiert, während dieses von den Aktionären repräsentiert wird. Es ist eher umgekehrt: Gerade weil dem Management die Aufgabe obliegt, das Unternehmenswachstum durch die Erwirtschaftung von Unternehmensgewinnen zu befördern, erweist sich die Aktie überhaupt erst als Geschäfts- und Spekulationsmittel der Eigentümer. Drittens: Unabhängig davon, welche alternative Zielgröße eingefiihrt wird, setzt jedes Abweichen von der' gewinnmaximalen Strategie' voraus, daß diese auch bekannt ist. 38 In der Realität verfiigen aber weder Aktionäre noch Management über die erforderlichen Informationen und kognitiven Fähigkeiten, um sagen zu können, welche Strategie den höchsten Ertrag erbringen wird. Problematisch ist aus diesem Grund auch der Begriff des Mindestgewinns, denn es ist praktisch unmöglich, ex ante zu bestimmen, welchen Mindestgewinn ein Unternehmen erwirtschaften muß, um in seinem Bestand zukünftig nicht gefährdet zu werden. Der gleiche Einwand richtet sich gegen das von Friedman 1953 vorgetragene Argument, daß sich ein Unternehmen nur dann auf dem Markt halten kann, wenn es seinen Gewinn langfristig maximiert. Sowohl die neoklassische Verteidigung der Gewinnmaximierung wie die von den Managerialisten vorgetragene Kritik gehen von einer Differenz zweier Funktionsverläufe aus, die man zwar lehrbuchmäßig elegant darstellen kann, welche aber weder die Manager noch die Aktionäre kennen. Viertens stellt sich die Frage, ob die aufgeftlhrten alternativen Ziele tatsächlich das belegen, was sie belegen sollen. Nehmen wir zunächst den von Baumol behandelten Fall der Umsatzmaximierung: Eine Unternehmenspolitik, die darauf abstellt, den Umsatz zu erhöhen, und deswegen eventuell eine geringere Gewinnmarge und erhöhte Marketingkosten in Kauf nimmt, handelt dem Gewinnmotiv nicht zuwider, sondern stellt auf die langfristigen Vorteile eines hohen Marktanteils ab. Der Eindruck eines Gegensatzes zwischen dem Umsatzund Gewinnziel entsteht nur deshalb, weil der Planungshorizont zu kurz

37 Beide Autoren weisen darauf hin, daß die Aktionäre häufig nur ein geringes Interesse an der Unternehmenspolitik haben, während das Management "may grow to identifY their own welfare with that ofthe company" (1985, S. 527). 38 So stellt Wil/iamson "profits that the strictly profit-maximizing firm would obtain by equating marginal revenue to marginal cost" (1963a, S. 243) den tatsächlich erzielten Profiten (actual profits) gegenüber.

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2. Kap.: Das Zielsystem der Unternehmung

gewählt wird, um die hinter dieser Unternehmenspolitik steckende Zielsetzung zu erkennen. 39 Auch das von Williamson erwähnte Interesse des Managements, den Personalbestand zu erhöhen, belegt nicht die Irrelevanz des Gewinnmotivs: Die nicht zu bestreitende Tatsache, daß die Reputation eines Managers, resp. der Abteilung, sich neben anderen Faktoren auch am Personalbestand bemißt und ein Manager aus diesem Grunde Personalkürzungen lieber in anderen als in seiner eigenen Abteilung sehen wird, beruht auf der Konkurrenz der Abteilungen um knappe Ressourcen, die benötigt werden, um den Erfolg der Abteilung in der Verrichtung ihrer Funktionen sicherzustellen, denn daran werden die Abteilungen und Abteilungsleiter gemessen. Daß ein Abteilungsleiter einen höheren Personalbedarf glaubhaft macht - das versucht übrigens jede Abteilung! - ist für die Geschäftsleitung daher Anlaß, die Personalbedarfswünsche der Abteilungen und deren Begründung zu prüfen und zwar nach Maßgabe der Stichhaltigkeit und Relevanz für den Erfolg der Unternehmung. Mit anderen Worten, dem Standpunkt des Unternehmenswachstums, der von der Geschäftsleitung vertreten wird, muß in bestimmten Fällen auch gegen die Interessen und Bedarfswünsche der einzelnen Abteilungen und deren Manager Geltung verschafft werden.

Fünftens ist an den 'alten' deswegen aber nicht unzutreffenden Einwand zu erinnern, der unter dem Stichwort 'Konkurrenzdruckhypothese' zusammengefaßt wird. Der /ocus c/assicus dieser Argumentation ist bekanntlich Friedmans Beitrag "The Methodology of Positive Economics" 40 aus dem Jahre 1953. Ungeachtet dessen, daß Machlup ebenfalls Gewinnmaximierung mit dem Streben nach Gewinn verwechselt4 1, ist der Kern seines Arguments richtig.

39 Ebenso unbefriedigend ist das von Heinen 1962, S. 19 f. gewählte Beispiel, daß kleinere Gewinnschwankungen vom Management häufig mit·Gleichmut hingenommen werden, während ein starker Rockgang der Marktanteile die Geschäftsleitung beunruhigt. Heinen sieht hierin einen Beleg dafllr, daß sich das Umsatzziel partiell vom Gewinnziel emanzipiert hat. Übersehen wird, daß ein gravierender Rockgang des Umsatzes ein Vorbote eines bevorstehenden starken Gewinneinbruchs darstellt. Es fllllt dann nicht schwer nachzuvollziehen, warum das Management geringfllgige Gewinnschwankungen mit Gleichmut hinnimmt, zukünftig drohende Gewinneinbrache hingegen als beunruhigend empfindet. 40 Dort lesen wir: "The process of 'natural selection' ... helps to validate the hypotheses (of profit maximization) - or rather, given natural selection, acceptance of the hypotheses can be based largely on the judgement that it summarizes appropriately the conditions for survival." Siehe auch Machlup 1967, S. 14 f. und Schmidtchen 1978, S. 153. 41 Der Mangel der Argumentation Mach/ups besteht darin, daß unter Zugrundelegung der Gewinnmaximierungshypothese weitreichende Verhaltens- und Informationsannahmen getroffen werden mOssen, die dem Wettbewerb als offenem Prozeß widersprechen. Ich pflichte Will 1987, S. 79 f. bei, wenn dieser gegen Machlup gerichtet einwendet, daß in einer Welt mit Informationsmängeln und Unsicherheit die Prämisse wenig Sinn macht, daß Unternehmen, die ihren

IV. Managerkapitalismus

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Dieser besteht darin, daß weder dem Management noch den Kapitaleignern freigestellt ist, welche Ziele das Unternehmen verfolgt, welche nicht. Unternehmen, die langfristig keine Gewinne realisieren, verlieren ihre Wettbewerbsflihigkeit und setzen sich der Gefahr der Übernahme aus, mit der Folge, daß auch das Management Einkommens- und Prestigeverluste erflihrt. 42 Davon abgesehen ist das Management einer Unternehmung auch Banken, Versicherungen und Pensionsfonds Rechenschaft schuldig. 43 Der Umstand, daß das Management einen Entscheidungsspielraum hat, wie das Unternehmenswachstum befördert wird, belegt nicht, daß es primär von völlig anderen Motivationen geleitet wäre. Ebensowenig wie die Tatsache, daß ein Unternehmen bankrott geht, beweist, daß es andere Ziele verfolgt haben muß als das Ziel, Gewinne zu erwirtschaften. Zusammenfassend gilt es also festzuhalten, daß die Emanzipation der Unternehmung von den Schranken, die der Personengesellschaft durch die Abhängigkeit vom Eigentümer erwächst, nicht zwangsläufig mit einer Emanzipation vom Ziel der Personengesellschaft, Gewinne zu erwirtschaften, gleichgesetzt werden kann, wie die Managerkapitalismus-Theoretiker behaupten. Überdies informiert der Erfolg oder Mißerfolg einer Unternehmung auch nicht darüber, ob das Gewinnmotiv konsequent oder inkonsequent verfolgt wurde, gleichgültig, von wem das Unternehmen geleitet wird, weil auch ein 'konsequentes' Gewinnstreben den Erfolg der Unternehmung nicht garantieren kann, ist doch "der Marktprozeß ... in sehr entscheidender Weise ein Ausleseprozeß ... : hier kann es nicht nur Gewinner geben" (Krüsse/berg 1969, S. 21).

Gewinn maximieren, einen höheren Gewinn realisieren als Unternehmen, die dies nicht tun. Zuzustimmen ist auch Tietzel 1985, S. 54, der unter Bezugnahme auf einen Beitrag von Stigler 1965 festhält "Aus der Annahme, daß Unternehmen bestrebt sind zu 'überleben·, folgt gewinnmaximierendes Verhalten 'nur' in Verbindung mit weiteren, sehr unrealistischen Annahmen über die tatsächlich vorliegende Marktform." Siehe auch Koopmans 1957, S. 140, Winter 1975, S. 97 und Winter 1993. 42 Siehe Alchian 1969, Furubotn I Pejovich 1972, Kaufer 1980, S. 452, Manne 1965, 1966, Marris 1964 sowie Marris I Müller 1980, S. 42. 43 Das bedeutet natürlich nicht, daß die Kontrolle des Managements seitens der Kapitaleigner absolut gesetzt werden kann. Wäre sie das, wäre das Management überflüssig. Vgl. Aoki 1984, kritisch dazu Schumann 1987, S. 369.

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2. Kap.: Das Zielsystem der Unternehmung

V. Koalitionstheorie der Unternehmung Cyert und March44 bemängeln an der neoklassischen Theorie, daß die Unternehmung "has no complex organization, no problems of control, no standard operating procedures, no budget, no Controller, no aspiring 'middle managemenf. To some economists it has seemed implausible that a theory of an organization can ignore the fact that it is one." (l963a, S. 8) Dem setzen beide Autoren die Hypothese entgegen, daß die Organisation als eine Koalition bestehend aus Managern, Eigentümern, Arbeitern, Kunden und Gläubigern aufgefaßt werden muß. Zentral für den Fortgang der Argumentation ist der Schluß, der aus diesen Zielkonflikten gezogen wird. Behauptet wird nämlich, daß die Vorstellung eines konsistenten Zielsystems der Unternehmung mit der Vorstellung der Unternehmung als einer Koalition von Wirtschaftssubjekten, die unterschiedliche Interessen verfolgen, nur schwer vereinbar sei. 45 Eine denkbare Lösung könnte nach Auffassung beider Autoren darin bestehen, daß alle Parteien ungeachtet der konfligierenden Interessen ein übergeordnetes Ziel verfolgen, auf das sie sich einigen. Dem stünde jedoch entgegen, daß es in einer Unternehmung keine von allen Mitgliedern geteilte Präferenzordnung (Joint preference ordering) gibt. Die getroffenen Vereinbarungen seien häufig zweideutig und enthielten Unstimmigkeiten. Eine Zielbildung auf dem Wege einer übergeordneten Präferenzordnung gilt beiden Autoren daher als unrealistisch. Wahrscheinlicher sei, daß ein Teilnehmer der Koalition das Ziel der Organisation vorgibt und durch Zahlungen (side-payments) sowie ein System interner Kontrolle sicherstellt, daß die anderen Mitglieder sich diesem Ziel unterordnen. Die Zielbildungskompetenz kann, muß aber nicht beim Manager liegen. 46

44 Siehe dazu die Beiträge von Sirnon 1957, 1961, 1982, March I Sirnon 1958, Cyert I March 1963 und Cyert 1988. 45 Cyert I March fllhren dazu näher aus "... the idea of an organization goal and the conception ofan organization as a coalition are implicitely contradictory .... Since the existence ofunresolved conflict is a conspicuous feature of organizations, it is exceedingly difficult to construct a useful positive theory of organizational decision making if we insist on internal goal consistency." (1963b, s. 27 f.) 46 Beide Autoren kritisieren die Annahme einer asymmetrischen Beziehung zwischen Management und Arbeitern, wenn sie fragen: Warum neigen wir dazu zu sagen "that in the beginning there was a manager and he recruited workers and capital?" ( 1963, S. 30). Letztlich mache es keinen großen Unterschied, ob gesagt werde, die Organisation maximiere ihren Gewinn oder den Lohn von Sam S"mith. Im Fortgang der Überlegungen wird dann aber doch unterstellt, daß das Management der Unternehmung durch Seitenzahlungen andere Koalitionsmitglieder von der Beteiligung an der Unternehmensleitung ausschließt. Löhne, Dividendenzahlungen, GUterlieferungen, Zinsen dienen demnach dem Zweck, die anderen Mitglieder der Koalition dazu zu bewegen, ihren Einfluß auf die Zielbildung der Unternehmung aufzugeben. Warum eigentlich?

V. Koalitionstheorie der Unternehmung

59

Als Ergebnis dieses Zielbildungsprozesses bildeten sich qualitative und quantitative Organisationsziele heraus. 47 Jedem dieser Ziele sei ein Anspruchsniveau zugeordnet, das von bestimmten Abteilungen und Personengruppen innerhalb der Organisation verfolgt wird. Das Produktionsziel etwa wird von "coalition members connected with production" eingefordert, das "inventory goal" entsprechend von "those coalition members connected with inventory" angestrebt, und das "profit goal" reflektiert die Interessen jener Mitglieder "that share in the distribution of profits and in the distribution of credit for profitability" ( 1963, S. 41 )4 8. Die bestehenden Zielkonflikte innerhalb des Managements werden teilweise durch Seitenzahlungen und Verhandlungen gelöst. Dennoch gelingt keine vollständige Hannonisierung der Ziele. 49 Erreicht werde lediglich eine gewisse Stabilität, denn unter den Koalitionsmitgliedern entwickle sich im Laufe der Zeit die Bereitschaft, einmal getroffene Vereinbarungen beizubehalten und durch Mechanismen wechselseitiger Kontrolle zu schützen. Als ein solcher Kontrollmechanismus fungieren das Budget und die interne Arbeitsteilung. Andererseits sei eine Veränderung des Zielsystems nicht ausgeschlossen. Cyert und March illustrieren dies am Beispiel der Sicherheit; ein Ziel, dem viele Mitglieder solange kein großes Interesse entgegenbringen, bis sich ein Unglücksfall ereignet, der die Aufmerksamkeit auf dieses Ziel lenkt. Ähnliche Effekte können über den Marktmechanismus auftreten; etwa in der Weise, daß hohe Absatzeinbrüche und Verluste die Koalitionäre zu einer Neudefinition ihrer Anspruchsniveaus oder eine Anpassung der Seitenzahlungen zwingen. Bestehende Ineffizienzen, sogenannte organisationa/ s/acks, die die Differenz zwischen dem Anspruchsniveau und dem (höheren) tatsächlichen Niveau der Zielerftillung absorbieren, werden aufgedeckt und durch eine Reduzierung der Seitenzahlungen behoben. Auf diese Weise können Konflikte unter den

47 Zu den qualitativen Zielen gehören der 'Dienst am Kunden', das 'Wohl der Beschäftigten· etc. Zu den quantitativen Zielen zählen das Produktionsziel, das darin besteht, Produktionsschwankungen zu vermeiden und den Produktionsprozeß zu effektivieren, das Lagerhaltungsziel, das Umsatzziel, das Ziel, einen bestimmten Marktanteil zu erreichen, und das GewinnzieL 48 Gemeint sind damit das leitende Management, die Aktionäre und Kreditgeber der Unternehmung. 49 Die Absicht, den Kundenwünschen durch eine maßgeschneiderte Produktspezifizierung zu entsprechen, konfligiert zum Beispiel mit dem Ziel, den Produktionsprozeß durch Standardisierungen zu effektivieren. Eine vollständige Abstimmung der verschiedenen Ziele wird auch dadurch verhindert, daß zukünftige Ereignisse und deren Bewertung hinsichtlich der Wirkungen, die von diesen Ereignissen auf die Zielerfllllung der Koalitionsmitglieder ausgehen, nicht antizipiert werden können.

60

2. Kap.: Das Zielsystem der Unternehmung

Mitgliedern der Koalition abgefangen werden. Organisational slacks erflillen somit eine Pufferfunktion, die zur Stabilität der Koalition beiträgt. 50 Der Beitrag von Cyert und March enthält wichtige Bausteine einer empirisch gehaltvollen Theorie der Unternehmung, die in der traditionellen normativen Theorie der Unternehmung nicht oder nur am Rande behandelt werden. Zu nennen ist die Berücksichtigung der Tatsache, daß die Unternehmung eine soziale Organisation darstellt, deren Mitglieder konfligierende Interessen verfolgen sowie die Erkenntnis, daß dies zu Ineffizienzen fUhren kann. Ein anderer wichtiger Beitrag besteht in der Konzeption des Anspruchsniveaus, der auf die Theorie der Unternehmung angewandt wird. Auf diese Bausteine einer positiven Theorie der Unternehmung wird im Verlauf der Folgekapitel noch näher einzugehen sein. Entscheidend filr die Fragestellung dieses Kapitels ist die Frage, ob das Faktum konfligierender Interessen zwischen den Teilnehmern der Organisation die Existenz eines zentralen, übergeordneten Unternehmensziels ausschließt. Anders gefragt: Sind die Überlegungen von Cyert und March eine Widerlegung der in diesem Kapitel vertretenen These, daß der Gewinn das dominante Ziel der erwerbswirtschaftlichen Unternehmung ist? Ich will im Fortgang zeigen, daß dem nicht so ist. Erstens: Cyert und March nehmen an, daß die Koalitionäre Zielen nachgehen, die gegenüber dem Gewinnstreben relativ autonom sind. Die mit der Produktion befaßten Mitglieder bemühen sich um die Realisierung des Produktionsziels, das mit dem Verkaufbetraute Management realisiert das Umsatzziel, usw. Übersehen wird von beiden Autoren, warum bestimmte Mitglieder der 'Koalition' diese Ziele überhaupt verfolgen. Denn die Definition, "the sales goal represents the demands of those members of the coalition closely connected with sales ... " ist nicht mehr als eine Tautologie, sofern nicht erklärt wird, was die in der Verkaufsabteilung beschäftigten Mitarbeiter dazu motiviert, dieses Ziel und kein anderes zu verfolgen. Die naheliegende Antwort lautet: Die Mitarbeiter und Manager der Verkaufsabteilung sind mit der Ausübung eben jener filr den Unternehmenserfolg wichtigen Funktion betraut worden. Keineswegs handelt es sich um autonom gesetzte Ziele. Vielmehr handelt es sich um eine Operationalisierung des Gewinnziels durch Unterziele.

Die Erfordernis einer Operationalisierung des Gewinnstrebens verdankt sich zum einen dem Umstand, daß sämtliche Akteure unter Ungewißheit handeln. Zielkonflikte zwischen den Abteilungen und deren Mitarbeitern resultieren ferner daraus, daß der betriebliche Leistungsprozeß arbeitsteilig verrichtet wird, was eine relative Autonomie der Abteilungen bedingt, sonst wäre die Arbeitsteilung überflüssig. Darüber hinaus ist jede Abteilung auf

50 Vgl.

Schumann 1987, S. 375.

V. Koalitionstheorie der Unternehmung

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Mittelzuweisungen angewiesen, um die deshalb konkurriert wird, weil die Abteilungen bei Nichterfüllung der Planvorgaben zur Rechenschaft gezogen werden. Der zweite Einwand richtet sich gegen die Charakterisierung der Unternehmung als einer Organisation prinzipiell gleichgestellter Koalitionäre. Denn diese Unterstellung ist zwingend, wenn angenommen wird, daß einige Koalitionäre erst durch Seitenzahlungen dazu veranlaßt werden, ihren Einfluß auf die Unternehmensleitung zugunsten des Managements aufzugeben: Eine Arbeitskraft willigt mit der Ratifizierung des Arbeitsvertrags - aber noch vor jeder Lohnzahlung - grundsätzlich ein, einer fremabestimmten Tätigkeit nachzugehen. Dafür wird ein Lohn gezahlt und nicht, um vom Arbeitnehmer die Einwilligung zu erhalten, das Unternehmen selbständig leiten zu dürfen! Ebensowenig verdankt sich die Dividendenzahlung dem Zweck, den Aktionär zum Verzicht jedweder Einflußnahme auf die Unternehmensleitung zu bewegen. Entweder ist der Aktionär an der Unternehmensleitung nicht interessiert, weil er in seiner Aktie ein Spekulationsobjekt sieht, dann bedarf es keiner side-payments. Oder der Aktionär ist an der Unternehmenspolitik interessiert, dann vermag auch eine Dividendenzahlung daran nichts zu ändern. Der Einfluß des Aktionärs hängt dann in erster Linie von der Größe seines Aktienpakets und der Zahl seiner Stimmrechte ab. Zwar sind Löhne, Zinsen, Dividenden etc. Entgelte für Leistungen, aber diese Leistungen bestehen in der Regel nicht in dem Verzicht auf Mitsprache bei oder der Ausgestaltung der Unternehmenspolitik. Vielmehr ist die Zielsetzung der Unternehmung, Gewinne zu erwirtschaften, den Zahlungen bereits vorausgesetzt. Gleichwohl bleibt festzuhalten: Die Tatsache konfligierender Interessen zwischen dem Management, den Eigentümern, den Arbeitnehmern etc. und die Beobachtung, daß innerhalb der arbeitsteilig organisierten Unternehmung Zielkonflikte zwischen den diversen Abteilungen und Unterabteilungen auftreten, widerspricht nicht der Annahme des Gewinns als OrganisationszieL Vielmehr wird an diesen von Cyert und March zu Recht herausgehobenen Phänomenen deutlich, daß interne Gestaltungs- und Koordinationsprobleme auftreten, die gelöst werden müssen, um Gewinne erwirtschaften zu können; Probleme, die unter der Annahme vollkommener Informiertheil der beteiligten Agenten naturgemäß nicht auftreten können.

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2. Kap.: Das Zielsystem der Unternehmung

VI. Psychologische Unternehmenstheorien ln der traditionalen Lehrbuchökonomik stellt die 'Unternehmung', wie Boulding 1960, S. I zu Recht konstatiert, "nur eine schemenhafte Wesenheit dar, und der Unternehmer ist sogar noch wesenloser - oder er wird zumindest dort als wesenlos angesehen, wo er es nicht ist" 51 . Ausgehend von dieser Kritik erscheint vielen Ökonomen 52 die Annahme, der Gewinn sei die dominante Zielgröße der Unternehmung, fraglich. In eben diesem Sinne verweist etwa Heinen darauf, daß mit der Vernachlässigung psychologischer Motivationen leicht übersehen werde, daß das Unternehmerverhalten "nicht nur vom Gewinn- und Umsatzstreben, sondern auch von anderen Zielvorstellungen beeinflußt [werde]. Solche Vorstellungen äußern sich z.B. im Streben nach Prestige und Macht, nach Unabhängigkeit, nach Sicherung des Betriebsinteresses, nach Ansehen in der Öffentlichkeit, nach gutem, sozialem Klima und anderem mehr." (1962, S. 13 und S. 24)53 Die hier behandelte Kritik wendet sich also nicht gegen die Technik der Entscheidungstindung "classical marginalism is not rejected" (Furubotn, Pejovich 1974, S. 3), sondern gegen die Annahme, der Gewinn sei das einzige Argument der Zielfunktion. Konsequenterweise wird der Gewinn durch eine 'offene' (alchianeske) Nutzenfunktion ersetzt, in der Güter wie Prestige, Macht, Wohlergehen anderer, Liebe, Respekt, Selbstverwirklichung, Talent, Freiheit, Wissen, Schönheit, Muße etc. enthalten sind. 54 In welcher Weise eine andere Zielgröße unternehmerisches Handeln zu bestimmen vermag, erklärt Heinen am Beispiel der 'Macht': "Das Machtstreben" - so Heinen - "äußert sich ... in Bemühungen ... vor allem um die Schaffung monopolistischer Marktstellungen. Marktbeherrschende Unternehmen sind in der Regel besonders gewinnbringend .... Dennoch darf dies nicht zu der Ansicht verleiten, daß Macht- und Gewinnstreben immer übereinstimmen. ... Zu zahlreich sind die Fälle des 'Bauens über die Verhältnisse hinaus' des reinen Prestigeaufwands, der Vornahme von Erweiterungsinvestitionen, 'um es 51 Das Zitat ist entnommen aus Krüsse/berg 1965, S. 13. 52 Vertreter dieser Kritikposition sind unter anderem Parsans 1964, McC/e//and 1961,

Heckhausen 1963, 1965a, 1965b und Röpke 1977. 53 Ähnlich argumentiert Redlich (1959, S. 491 ): "Das Unternehmerische Gewinnstreben hat man als Grundmotiv des Unternehmers weit überschätzt. Heute weiß man, daß die Molivierung des Unternehmers der Wirklichkeit komplex ist." Zwar sei das Gewinnstreben eine conditio sine qua non, "nicht aber letzte Triebfeder des Unternehmers. Als solche kommen daneben Lust am Schaffen und Bauen, am Befehlen und an der Macht, Familiensinn, Streben nach gesellschaf\lichem Prestige und andere Motive in Betracht." 54 Siehe dazu A/chian I Allen 1974, S. 21, Tietzel 1985, S. 40, der auf Becker 1957 und Scitovsky 1943, S. 60 verweist.

VI. Psychologische Unternehmenstheorien

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der Konkurrenz zu zeigen', das Aufkaufen von Unternehmen, um sie der 'Konkurrenz vor der Nase wegzuschnappen'. Diese Fälle lassen sich vom Standpunkt kurz- oder langfristiger Gewinn- bzw. Rentabilitätsmaximierung weder rechtfertigen noch erklären." (1962, S. 25) Richtig an dieser Überlegung ist, daß Unternehmer auch persönliche Interessen verfolgen. Das ist nichts ungewöhnliches. Jeder wirtschaftende Mensch ist mehr als die Funktion, die er ausübt, mehr als das Amt, das er bekleidet. Eine Theorie des Unternehmers, die dies leugnen würde, wäre haltlos. Die eigentliche Frage lautet jedoch, ob eine Erklärung der Unternehmung mit dem Verweis auf die persönlichen Motivationen des Unternehmers geleistet werden kann. Dagegen läßt sich einiges einwenden. Zunächst sind die personalen Attribute des Unternehmens völlig unspezifisch: Macht, Prestige, Konsum, Leistung, Unabhängigkeit, etc. - in diesen Motiven unterscheidet sich ein Manager nicht von anderen Personen. Denken wir an Politiker und Gewerkschaftler, die danach streben, 'Macht und Einfluß' zu besitzen, Wissenschaftler, die in ihrer Arbeit 'unabhängig' sein wollen, Künstler und Sportler, die mit ihren Werken 'Prestige' gewinnen wollen, Arbeiter, die zu 'hohen Leistungen' motiviert sind. Welcher Beruf ließe sich schon nennen, in dem nicht die Bereitschaft zur 'Leistung' verlangt wäre? 55 Will man unternehmerisches Handeln erklären, greift der übliche Hinweis auf eine hohe Leistungsmotivation der Unternehmer zu kurz, denn die 'Leistungsmotivationen' der Berufsfelder und Funktionen unterscheiden sich nach ihrem spezifischen Inhalt und nicht in einem 'mehr oder weniger'. Aus dem gleichen Grund erscheint auch der Vorschlag von Alchian 1965, die Komplexität unternehmerischer Ziele durch eine 'offene' Nutzenfunktion zu überwinden, ungeeignet. Einen 'Nutzen' verfolgen auch Sportler, Pianisten und Köche, ohne deswegen unternehmerisch tätig zu sein. Der zentrale Einwand gegen die motivationspsychologische Kritik faßt sich darin zusammen, daß zwischen der Unternehmeifunktion und der diese Funktion ausübenden Person begrifflich nicht klar unterschieden wird: Die unbestreitbare Tatsache, daß ein Unternehmer eine Person darstellt und persönliche Motive verfolgt, berechtigt nicht zu dem Schluß, daß die von der Unternehmung verfolgte Zielsetzung aus den personalen Attributen des Unternehmers resultiert. Daraus jedoch den Umkehrschluß zu ziehen, die persönlichen Moti55 Daran ändert auch die nachträgliche Einbeziehung des Gewinns als Indikator leistungsmotivierten Verhaltens nichts, denn mit Geld werden viele Leistungen entlohnt, Leistungen, die mit dem ökonomischen Gehalt der Unternehmerischen Tätigkeit nicht das mindeste zu tun haben: Politiker, Künstler, Sportler, etc. erhalten fl.lr ihre Leistungen ebenfalls ein Geldeinkommen; sind Politiker deshalb Unternehmer? Vgl. dazu Schumpeter 1964, S. 138 ff., McC/elland 1965, McC/el/and I Winter 1969, S. 14 und Heckhausen 1965b, S. 390.

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2. Kap.: Das Zielsystem der Unternehmung

vationen des unternehmerisch Handelnden wären für das Unternehmen irrelevant, ist ebenfalls abwegig: Gerade weil das zentrale Ziel der erwerbswirtschaftlichen Unternehmung darin besteht, Gewinne zu erwirtschaften, werden persönliche Motivationen und typologische Differenzierungen der ökonomischen Agenten nämlich relevant, um das unterschiedliche Verhalten der Unternehmen auf Märkten zu erklären. Röpke illustriert dies anband der folgenden Beobachtung: "In einem wettbewerbliehen Marktsystem beobachten wir Unternehmen, die expandieren, stagnieren, schrumpfen, die Verluste machen und auch in Konkurs gehen. Folgt man der neoklassischen Theorie, maximieren alle diese Unternehmen ihren Gewinn (... ). Welche Information über das Verhalten dieser Unternehmen gewinnen wir mit dieser Aussage? Offensichtlich gibt es unterschiedliche kognitive und motivationale Fähigkeiten (Kompetenzen) der Unternehmen, Gewinne zu erwirtschaften; und diese unterschiedlichen Fähigkeiten scheinen verantwortlich dafür zu sein, daß einige dieser Unternehmen expandieren, andere stagnieren usw." (1977,

s.

165)

Auf die Frage, warum einige Unternehmen innovieren oder expandieren oder stagnieren, zu antworten: weil sie die Gewinne maximieren, sei daher - so Röpke - genauso aufschlußreich wie auf die Frage, weshalb ein bestimmter Mann einen Wettlauf gewonnen hat, zu antworten: weil er die schnellste Zeit laufen wollte. "Alle Teilnehmer am Lauf wollten die schnellste Zeit laufen." Auch die zahlreichen Beispiele von Heinen belegen, daß die konkrete Unternehmerische Entscheidung, auf welche Weise der Unternehmenserfolg bewerkstelligt werden soll, maßgeblich von persönlichen Faktoren bestimmt wird. Streben nach Macht, Einfluß, Prestige etc. spielen sicher auch bei Erweiterungsinvestitionen und dem Aufkauf anderer Unternehmen eine Rolle. Das ändert jedoch nichts daran, daß jede Entscheidung, so subjektiv sie im Einzelfall sein mag, dem Maßstab unterworfen ist, zum Gewinn und Unternehmenserfolg beizutragen. Genau dieser Maßstab ist unterstellt, wenn Heinen vom 'Bauen über die Verhältnisse' spricht, denn die 'Verhältnisse' sind dem Unternehmerischen Wettbewerb geschuldet. Auch die Entgegensetzung vom Gewinn als ~er dominanten Zielsetzung der erwerbswirtschaftlichen Unternehmung und den persönlichen Handlungsmotiven des Unternehmers beruht auf der Annahme, die dem Unternehmenserfolg am besten dienende Handlungsstrategie sei im voraus bekannt. Denn nur auf Grundlage dieser Unterstellung können die tatsächlich beobachtbaren Handlungsweisen als ein Abweichen behauptet und auf Motive jenseits des Gewinnziels zurückg~flihrt werden. Übersehen wird dabei, daß das Streben nach Gewinn in eine ungewisse Zukunft hinein erfolgt und die Entscheidungen häufig auch intuitiv getroffen werden müssen. Das Erfahrungswissen, die Entschlußbereitschaft und das Vorstellungsvermögen beeinflussen ebenso wie

VII. Resümee

65

persönliche Interessen, Motive und Neigungen die intuitiv getroffenen Entscheidungen des Einzelnen. Die Subjektivität der Entscheidungen ist folglich eine zwingende Konsequenz der Tatsache, daß das Gewinnstreben unter Ungewißheit erfolgt.

VII. Resümee Die gegen das Gewinnmotiv erhobenen Einwände verdanken sich unterschiedlichen theoretischen Anliegen und empirischen Beobachtungen: Die Anhänger der Managerkapitalismus-Theorien gehen von der Trennung der Leitungsfunktion vom Eigentümer aus und heben damit die Annahme einer personellen Identität von Eigentümer und Entscheidungsberechtigtem auf. Die verhaltenstheoretische Perspektive verdankt sich der Beobachtung, daß die im Unternehmen tätigen Menschen von persönlichen Zielen geleitet sind, die auch nach Eintritt in die Organisation wirksam bleiben. Die motivationspsychologische Argumentation schließlich macht geltend, daß individuelles Verhalten nicht monokausal erklärt werden kann, Menschen - also auch wirtschaftende Menschen - immer zugleich von einem Bündel differenter Motive beeinflußt werden und eine Theorie des Unternehmers diese individuellen Beweggründe berücksichtigen müsse. Gemeinsam ist den genannten Kritiken die Forderung nach einer empirisch gehaltvollen Theorie, die die Unternehmung als eine soziale Organisation interpretiert, die mit internen Koordinations- und Gestaltungsproblemen konfrontiert ist. Der enge Rahmen der traditionalen Theorie, die von innerorganisatorischen Problemen abstrahiert, wird dadurch überwunden. Das macht diese Theorien fur das Projekt einer sozialwissenschaftliehen Theorie der Unternehmung interessant und nützlich. Problematisch erscheinen vor dem Hintergrund der hier geäußerten Bedenken lediglich die gegen das Gewinnmotiv formulierten Einwände. Als wichtig erweist sich in diesem Zusammenhang die Unterscheidung zwischen dem Gewinnstreben und der traditionalen Gewinnmaximierungshypothese, der ich mich zu Beginn dieses Kapitels gewidmet habe. Die Gewinnmaximierungshypothese der traditionalen Lehrbuchökonomik beschreibt eine Entscheidungssituation, in der fast alle Gestaltungsparameter konstant gesetzt sind, in der die relevanten Funktionsverläufe den Akteuren bekannt sind und in der keine Störungen auftreten. Mit dem Erreichen des Gewinnmaximums tritt das System in einen Zustand, aus dem heraus keine weiteren Handlungen resultieren. Mit anderen Worten: Die Maximierungshypothese ist die fur die Definition eines Gleichgewichtszustandes notwendige Verhaltensannahme und keine empirische Aussage.

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2. Kap.: Das Zielsystem der Unternehmung

Wenn Cyert 1988, S. XI, darauf hinweist, daß "there is no place in the theory for any influence on decisions stemming from the behavior of individuals within the organization" und Bou/ding 1960, S. l anmerkt, daß die Unternehmung der Lehrbuchökonomik eher eine Aggregation von Kapital und Arbeit als eine Organisation bildet, ist dem zuzustimmen. Es ist jedoch ebenso wichtig daran zu erinnern, daß es bei der Gewinnmaximierungshypothese auch gar nicht um die Erklärung der 'vermißten' Phänomene geht. Nicht die Gewinnmaximierungshypothese an sich, sondern die durchaus verbreitete Vorstellung, mit einer Verhaltenshypothese, die sich explizit auf einen stationären Zustand eines Gleichgewichtsmodells bezieht, die Eigentümlichkeit des Gewinns als dynamischer Zielgröße von Unternehmen auf sich permanent verändernden Märkten beschreiben zu können, ist zu kritisieren. Den wirklichen Unternehmen fehlen nicht nur die Voraussetzungen, um ihr Gewinnmaximum ermitteln zu können, sie streben auch nicht nach einem Gewinnmaximum oder einer optimalen Unternehmensgröße, sondern danach zu expandieren, sich auf Märkten durchzusetzen, neue Märkte zu kreieren, mit denen das Unternehmenswachstum befördert werden kann. Jeder einmal realisierte Gewinn ist deshalb Ausgangspunkt neuer Anstrengungen, ihn in den Folgeperioden zu übertreffen. Dies hat, wie dargelegt wurde, weitreichende theoretische und praktische lmplikationen. Die in der Theorie unter die Ceteris-paribus-Klausel gesetzten Parameter des Unternehmerischen Entscheidungsproblems werden bedingt durch die Qualität der ökonomischen Zielsetzung zu Aktionsparametern der Unternehmung. Das Management steht anders als 'der Unternehmer' der Lehrbuchökonomik vor echten Entscheidungsproblemen, die nicht von einem Computer gelöst werden können, denn es handelt unter Ungewißheit. Ungewißheit ist überhaupt die grundlegende Voraussetzung dafllr, daß Gewinne erzielt werden können, wie Muel/er l986a, S. 43 f. feststellt. Unter der realistischen Annahme, daß Unternehmer Entscheidungen in eine ungewisse Zukunft hinein treffen müssen, ergibt sich auch der Zwang zur Operationalisierung des Gewinnziels, den es in der traditionalen Theorie nicht gibt, weil die Funktionsverläufe bekannt sind. Sind diese nicht bekannt, bedarf es subjektiver Bewertungsakte. So wundert es nicht, daß aus der gleichen Zielsetzung heraus, nicht selten unterschiedliche, ja gegensätzliche Schlußfolgerungen gezogen werden, wie der Unternehmenserfolg am besten betordert werden kann. Ohne subjektive Bewertungsakte ist der Gewinn als ökonomische Zielgröße gar nicht operationalisierbar.

Drittes Kapitel

Beschränkte Rationalität und das Problem echter Ungewißheit- Zur 'Optimizing vs. Satisficing'-Kontroverse

I. Das Problem

Das Forschungsinteresse einer sozialwissenschaftliehen Theorie der Unternehmung ist darauf gerichtet zu erklären, in welcher Weise sich die Teilnehmer der Unternehmung empirisch verhalten und wie sie (inter)agieren, um ihre je spezifischen Interessen zu verfolgen. Dazu genügt es nicht, zu wissen, von welchen Zielen und Motivationen die Teilnehmer der Unternehmung geleitet sind. Gefordert ist eine Theorie, die erklärt, auf welcher informellen Grundlage und nach welcher Regel Entscheidungen getroffen werden, ob die Akteure rational oder beschränkt rational entscheiden und was rationale von nicht-rationalen Entscheidungen überhaupt unterscheidet. Bekanntlich werden diese Fragen ebenso kontrovers diskutiert wie die Frage nach dem Zielsystem der Unternehmung, mit der wir uns eben beschäftigt haben. Auf der einen Seite stehen erneut die Verfechter der traditionalen Ökonomik, die von der Annahme abstrakt rationalen Verhaltens im Sinne eines Alsob-Konstrukts ausgehen, das heißt, es wird nicht behauptet, daß die Akteure sich empirisch abstrakt rational verhalten, wohl aber angenommen, daß ihre Entscheidungen in der Weise beschrieben werden können, als wenn sie sich rational verhielten. Rationales Verhalten bedeutet dann, unter den gegebenen Handlungsalternativen diejenige Handlungsmöglichkeit mit dem größten Zielerreichungsgrad auszuwählen. Demgegenüber verweisen verhaltenswissenschaftlich orientierte Ökonomen 1 auf die Bedeutung des Satisficing- und Routineverhaltens. Bestritten wird nicht, daß die Akteure bestrebt sind, rational zu entscheiden, behauptet wird jedoch, daß die kognitiven, motivationalen und sprachlichen Fähigkeiten der Akteure zu beschränkt sind, um rational entschei-

1 Zu dieser ·schule' verhaltenswissenschaftlich orientierter Ökonomen zählen neben Simon, Cyert, March im weiteren Sinne auch Nelson, Winter, Leibenstein und Williamson.

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3. Kap.: Beschränkte Rationalität und echte Ungewißheit

den zu können. An die Stelle abstrakt rationaler Entscheidungen treten Entscheidungsregeln, die dem Zweck dienen, Problemstellungen zu vereinfachen und dadurch handhabbar zu machen. Unterschiede zwischen beiden 'Denkschulen' ergeben sich auch in Hinblick auf die Frage, wie das Ungewißheitsproblem theoretisch behandelt wird, denn bei aller Differenz - besteht Einigkeit darin, daß die Akteure nur unvollkommen über die sie betreffenden Zustände und Einflüsse informiert sind: Während die traditionale Ökonomik dem Problem von Ungewißheit und Risiko durch die Berücksichtigung von Wahrscheinlichkeiten und Informationskosten gerecht zu werden versucht, halten verhaltenswissenschaftlich orientierte Ökonomen dieses Vorgehen schon im Prinzip für verfehlt, weil damit der aus ihrer Sicht entscheidenden Frage nach der Informationsverarbeitungsfähigkeit der ökonomischen Akteure ausgewichen wird. Kennzeichen dieser Argumentation ist daher die explizite Thematisierung psychologischer Forschungsresultate mit dem Ziel, Entscheidungsverhalten unter der Annahme 'beschränkter Rationalität' (bounded rationality) zu analysieren. Das Ziel dieses Kapitels besteht darin, beide Theoriepositionen in bezug auf die Unternehmung einer kritischen Würdigung zu unterziehen, wobei es sinnvoll ist, mit dem Problem der Ungewißheit zu beginnen, die den Ausgangspunkt der Rationalitätsdiskussion bildet. Der Kern des in diesem Kapitel geflihrten Beweises soll den weiteren Ausführungen erneut thesenartig vorangestellt werden. These 1: Ungewißheit weist graduelle Abstufungen und qualitative Unterschiede auf. Anstatt der 'vollkommenen Information' die Begriffe 'Ungewißheit und Risiko' entgegenzustellen, ist zwischen verschiedenen Formen, Abstufungen und Ursachen der Ungewißheit zu differenzieren. Während einige Formen der Ungewißheit durch das Instrumentarium der Wahrscheinlichkeitstheorie sowie durch die Erhöhung des Informationsbestandes gelöst werden können, führt das Festhalten am Risiko-Optimierungskalkül im Fall 'echter Ungewißheit' in die lrre. 2 These 2: Das Rationalitätspostulat der traditionellen Theorie ist trivial, wenn sowohl die Zielsetzung als auch der Entscheidungsraum im Vorfeld der Entscheidung eindeutig definiert werden können. Das stellt jedoch eine empirische Ausnahme dar. In der Regel ist davon auszugehen, daß nicht alle Handlungsalternativen bekannt sind und vom Entscheider hinsichtlich der Konsequenzen überschaut werden. 3 Der Optimierungsvorgang stellt unter diesen Vorausset-

2 Vgl. Rothschild 1981b, S. 109. 3 Vgl. Wit/1987, S. 140.

I!. Das Problem echterUngewißheit

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zungen lediglich ein Segment innerhalb eines komplexen Entscheidungsprozesses dar, dem zahlreiche subjektive Bewertungsakte vorgeschaltet sind.

These 3: Menschliches Verhalten und damit auch Entscheidungsverhalten wird wesentlich von Emotionen gelenkt, die weder rational noch irrational sind. Menschliches Entscheidungsverhalten läßt sich daher nicht mit der Rationalitätsannahme - beschränkt oder unbeschränkt - erschöpfend beschreiben. In den Worten Schlichts 1990b, S. 712: "the rationality/irrationality dichotomy is simply inappropriate with regard to both nonnative and positive issues." Dieser Thesenanordnung folgend soll zunächst das Problem der Ungewißheit diskutiert werden. Dies geschieht mit der Zielsetzung, ein Problembewußtsein fiir die stochastische Lösung des Ungewißheitsproblems zu entwickeln. Im Anschluß daran wird die Frage behandelt, welche Voraussetzungen an das Rationalverhalten geknüpft sind. Den Abschluß der Analyse bildet eine Darstellung und Diskussion des Satisficing-Ansatzes. Ziel dieser Überlegungen ist es, die theoretische Leistung, aber auch die Grenzen und Defizite des 'Bounded rationality '-Konzeptes in bezug auf eine sozialwissenschaftliche Theorie der Unternehmung herauszuarbeiten.

II. Das Problem echterUngewißheit Die in der theoretischen Diskussion praktizierte Gegenüberstellung der Begriffe 'vollkommene' und 'unvollkommene' Infonnation, 'Gewißheit' und 'Ungewißheit' hat nur wenig mit den tatsächlichen Infonnationsproblemen der im Unternehmen tätigen ökonomischen Akteure zu tun, deren Infonnationslage sich nicht in extremen Alternativen bewegt. Individuelles Handeln beruht sowohl auf einem Bereich sicherer Infonnationen und schließt andererseits Ungewißheiten und damit verbundene Risiken ein. Das gilt auch fiir die im Unternehmen tätigen Menschen. Die Begriffspaare 'Sicherheit und Unsicherheit', 'vollkommene und unvollkommene' Infonnation machen daher empirisch nur dann einen Sinn, wenn spezifiziert ist, worauf sich diese Sicherheit resp. Unsicherheit konkret bezieht. Infonnationen sind immer Infonnationen 'über etwas', sie haben einen Gegenstand. Ohne diesen Gegenstand in Betracht zu ziehen, bleibt die theoretische Diskussion scholastisch und ergebnislos. Stellt man nun auf die konkreten Infonnationsprobleme der im Unternehmen tätigen Menschen ab, wird augenscheinlich, daß es nicht zwei Infonnationslagen gibt, sondern viele verschiedene Infonnationsgrade, in denen sich Ungewißheit ausdrückt. Eine mögliche Unterscheidung ist die folgende: ( l) Zonen, in denen weitestgehende Gewißheit herrscht. Der ökonomisch handelnde Mensch ist keine tabula rasa, sondern verfUgt je nach Sozialisation

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3. Kap.: Beschränkte Rationalität und echte Ungewißheit

und Erfahrung über einen Bestand an sicheren Wissenselementen, die er als ökonomischer Akteur nicht erst erwerben muß. So ist jedem Unternehmer die Funktion des Geldes als Tauschmittel bekannt, ohne eine einzige geldtheoretische Vorlesung gehört zu haben. Wissenselemente dieser Art werden durch Sozialisation vermittelt. Gewißheit erlangen Menschen auch deshalb, weil sich das menschliche Verhalten nicht von Minute zu Minute ändert. Viele Entscheidungssituationen sind repetitiv und bewirken, daß erprobte Problemlösungen beibehalten werden können. "lt is because of inertia", so Leibenstein 1987, S. 35, "that we are able, to a considerable degree, to make predictions about other people's behavior, and about the world in general."

(2) Zonen, in denen sämtliche mögliche Zustände ('Ereignisse J sicher bekannt sind, nicht aber ihr genaues Eintreten. Dies ist das weite Feld der Wahrscheinlichkeitstheorie. Üblich ist die Unterscheidung von objektiven und subjektiven Wahrscheinlichkeiten. 'Objektive· Wahrscheinlichkeiten liegen dann vor, wenn die relative Häufigkeit bestimmter Ereignisse mit Sicherheit angegeben werden kann (Würfelspiel). 'Subjektive· Wahrscheinlichkeiten basieren demgegenüber auf subjektiven Erwartungswerten, die erst in einem Erfahrungsprozeß gebildet werden. Als Beispiel mag gelten, daß die Be- und Vernutzung technischer Aggregate erfahrungsgemäß zu bestimmten Verschleißerscheinungen filhrt, deren Eintreten zwar nicht genau zeitlich fixiert werden kann, über die aber statistische Erfahrungswerte vorliegen. (3) Zonen, in denen zu einem gegebenen Zeitpunkt zwar (noch) keine Gewißheit vorliegt, diese aber grundsätzlich erlangt werden kann. Ein Angestellter im Beschaffungswesen weiß unter Umständen nicht, von welchen Lieferanten ein bestimmtes Werkzeug am kostengünstigsten bezogen werden kann, ist aber darüber informiert, daß sämtliche in Frage kommenden Lieferanten in einem Branchenverzeichnis aufgelistet sind. Eine Anfrage bei allen Lieferanten könnte dieses Informationsproblem lösen. Ebenso vermag ein Arbeitnehmer unter Umständen nicht einzuschätzen, ob er Chancen auf dem regionalen Arbeitsmarkt hat, aber darüber informiert sein, welche Arbeitgeber es auf dem regionalen Arbeitsmarkt gibt. Auch dieses Informationsproblem ist grundsätzlich lösbar (z.B. durch Bewerbungen, Gespräche). Da die Informationsbeschaffung in beiden Fällen mit Kosten verbunden ist, stellt sich die Frage, ob diese Kosten aufgewandt werden sollen, um vollständig informiert zu sein. Eine Alternative bestünde darin, die Informationssuche nur fortzusetzen, bis ein bestimmtes Anspruchsniveau erfüllt oder solange ein bestimmter Aufwand nicht überschritten wird. (4) Zonen 'echter Ungewißheit', das heißt Zustände und Konsequenzen, die wir nicht kennen können. Da 'echte Ungewißheif für die Folgeüberlegungen wichtig ist, ist diese Erscheinungsform der Ungewißheit ausführlicher zu behandeln.

II. Das Problem echterUngewißheit

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Echte Ungewißheit hat viele Ursachen. Die erste Ursache liefert, filr den Ökonomen vielleicht überraschend, die Natur. Zwar trifft es zu, daß es modernen Industriegesellschaften durch die naturwissenschaftliche Forschung und technologische Entwicklung gelungen ist, natürliche Einflüsse häufig vorherzusagen und mehr noch zu beeinflussen, dennoch bleiben die Naturkräfte eine ewige Quelle echter Ungewißheit. Das Moment der 'Überraschung' und zwar nicht im stochastischen Sinne einer geringen Eintrittswahrscheinlichkeit eines Ereignisses, sondern in dem elementaren Sinne, daß das Eintreten eines Naturereignisses einfach nicht ins Kalkül gezogen werden kann, bleibt trotz aller Forschungsfortschritte letztlich erhalten, obwohl dieser Faktor verglichen mit früheren Gesellschaften, die sich durch einen niedrigeren Stand der Naturerkenntnis und -beherrschung auszeichnen, an Gewicht verloren haben mag. Eine weitere - häufig unterschätzte - Ursache echter Ungewißheit liefert der Mensch, dessen innerpersönliche Vorgänge sich der Beobachtung entziehen. Natürlich ist es möglich, über individuelles Verhalten Hypothesen aufzustellen, jedoch lassen sich "Hypothesen über innerpersönliche Zustände und Vorgänge (covert activities) ... nur indirekt anhand der von ihnen logisch implizierten Aussagen über das beobachtbare Verhalten des Individuums überprüfen" (Witt 1987, S. 125). Man mag daraus den Schluß ziehen, den innerpersönlichen Bereich als Black box zu betrachten und sich statt dessen auf direkt beobachtbare Reiz-Reaktions-Beziehungen zu konzentrieren (Skinner 1953), aber es wäre eine Illusion anzunehmen, daß auf diese Weise, menschliches Verhalten vollständig kalkulierbar würde. Das gilt auch deshalb, weil sich Menschen opportunistisch verhalten. Opportunismus bewirkt Informationsverzerrungen, die nicht auf einen Mangel an Informationen, sondern auf bewußte Übermittlung falscher bzw. irrefuhrender Signale basieren. 4 "Selbst wenn es ... möglich wäre, die allgemeine Neigung

4 Erinnert sei in diesem Zusammenhang an das Beispiel Morgensterns, das besser als alle theoretischen Ausruhrungen deutlich macht, was Verhaltensunsicherheit meint. Morgenstern schildert den folgenden Fall: "Als Sherlock Holmes von seinem Gegner Moriarty verfolgt, von London nach Dover abfllhrt, und zwar mit einem Zuge, der auf einer Zwischenstation hält, steigt er dort aus, anstatt nach Dover weiterzufahren. Er hat nämlich Moriarty auf dem Bahnhof gesehen ... und erwartet, daß Moriarty einen schnelleren Extrazug nehmen werde, um ihn in Dover zu erwarten. Diese Antizipation Holmes' stellt sich als richtig heraus. Was aber, wenn Moriarty noch klUger gewesen wäre ... und demnach Holmes' Aktion vorausgesehen hätte? Dann wäre er offenbar nach der Zwischenstation gefahren. Das hätte Holmes wieder kalkulieren und daher sich fUr Dover entscheiden müssen. Worauf wieder Moriarty anders reagiert hätte. Vor lauter Nachdenken wären sie gar nicht zum Handeln gekommen, oder der geistig Unterlegene hätte sich schon am VictoriaBahnhof dem anderen übergeben müssen." (1928, S. 98)

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3. Kap.: Beschränkte Rationalität und echte Ungewißheit

einer Bevölkerung zu opportunistischem Verhalten im vorhinein festzustellen und diese vielleicht sogar nach ihrer Vertrauenswürdigkeit einzustufen, so würde doch das Wissen, daß man es mit einem Tauschpartner zu tun hat, der einer bestimmten Stufe der Opportunismusverteilung entstammt und nicht einer anderen, Unsicherheiten, die sich daraus ergeben, noch nicht erschöpfend beschreiben." (Williamson 1990, S. 66 f.) 5 Die letzte hier zu nennende Ursache echterUngewißheit ist der Wettbewerb. Wettbewerbliehe Systeme unterstellen - abweichend vom theoretischen Konstrukt der Vollkommenen Konkurrenz- echte Ungewißheit. Wäre nämlich allen Teilnehmern das Ergebnis der Konkurrenz vorab bekannt, würden sich die wettbewerblieh unterlegenen Teilnehmer gar nicht erst dem Wettbewerb aussetzen. Wo es aber keine 'Verlierer' gibt, kann es auch keine 'Gewinner' geben. Der Wettbewerb als Selektionsmechanismus der jeweils Besten würde sich aufheben. Der Wettbewerb unterstellt zu seinem Funktionieren aber nicht nur echte Ungewißheit, sondern trägt auch zur Produktion von echter Ungewißheit bei. Der Wettbewerb ist nicht nur 'Entdeckungsverfahren' (Hayek l969a), sondern auch Quelle systematischer Desinfonnationen, die eine asymmetrische Verteilung der Infonnationen bewirkt: "Jeder Unternehmer versucht," - so Windsperger 1986, S. 127 - "die asymmetrische Infonnationsausstattung zu seinem Vorteil auszunützen, indem er sich strategisch verhält. Er versucht durch Abgabe von Marktsignalen wie von falschen lnfonnationen über die eigenen Pläne, Drohungen oder Ankündigungen, die durch vertragliche und sonstige Verpflichtungen untennauert werden, die Pläne der Konkurrenten zu seinem Vorteil zu beeinflussen" und durchkreuzt sie damit. 6

111. Lösungsversuche und Konsequenzen I. Einleitung

Die Versuche, das Ungewißheitsproblem theoretisch in den Griff zu bekommen, lassen sich zwei Kategorien zuordnen: Unter die erste Kategorie fällt die 5 Wi/liamson 1990, S. 66 sieht darin eine Parallele zu dem, was Mises 1949, S. 112 als Einzelfallwahrscheinlichkeit bezeichnet hat, bei der jeder Verweis auf die Häufigkeit fehl am Platz sei, da unsere Aussagen sich immer auf einmalige Ereignisse beziehen. Siehe auch Shackle 1961, S.

55.

6 Siehe Kirzner 1978.

III. Lösungsversuche und Konsequenzen

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stochastische Entscheidungstheorie, unter die zweite die BerUcksichtigung von Informationskosten: "Während man ... mit der ersten 'Kategorie' zu zeigen versucht, wie sich die Wirtschaftssubjekte an die Unsicherheit anpassen, versucht man mit letzterer zu analysieren, wie durch Informationsprozesse Unsicherheit überwunden oder verringert werden kann." (Tietzel 1985, S. 13)7 Betrachten wir zunächst die stochastische Lösung, in der die optimale Entscheidung unter der Annahme eines gegebenen Bestands an Informationen gesucht wird. Im Anschluß daran gehen wir der Frage nach, ob und wie die Informationssuche optimiert werden kann. 2. Entscheidung unter Ungewißheit und Risiko Zwei Fälle werden in der Regel unterschieden. Entscheidungen unter Risiko sind (definitionsgemäß) dadurch gekennzeichnet, daß das Eintreten einer bestimmten Umweltsituation (ein Zustand) mit einer bestimmten (subjektiven oder objektiven) Wahrscheinlichkeit berUcksichtigt wird, während das bei Entscheidungen unter Ungewißheit nicht der Fall ist. Der Entscheidungsträger kann dann dem Eintreten bestimmter zukünftiger Umweltsituationen keine Wahrscheinlichkeiten zuordnen. 8 "Der Entscheidungsträger weiß also nur, welche Zustände grundsätzlich möglich sind, und infolgedessen weiß er ftir jede Aktion ebenfalls nur, welche Ergebnisse grundsätzlich möglich sind." (Bamberg und Coenenberg 1980, S. 387) Beide Lösungswege 9 basieren auf bestimmten Voraussetzungen und Informationen des Entscheidungsträgers: ( 1)

Der Zustandsraum muß bekannt sein, das heißt es gibt sichere Informationen darüber, welche Umweltsituationen für das zukünftige Verhalten relevant sind.

(2)

Der Entscheidungsträger kennt im voraus sämtliche Handlungsmöglichkeiten, die ihm zu einem späteren Zeitpunkt zur Verfügung stehen, um auf bestimmte Umweltkonstellationen einwirken zu können.

7 Siehe auch Hirshleifer I Ri/ey 1979. 8 Die Unterscheidung von 'risk' und 'uncertainty' geht ursprUnglieh auf Knight 1965 [1921] zurück, der die Begriffe etwas anders verwendet. Ungewißheit liegt bei Knight vor, wenn fllr eine (singuläre) Entscheidung entweder nur subjektive oder gar keine Wahrscheinlichkeiten angegeben werden können. Ein Risikofall besteht, wenn eine objektive oder statistische Wahrscheinlichkeitsverteilung existiert. Siehe Mag 1981, S. 479 und Schneider 1980, S. 70 ff. 9 Siehe Bamberg I Coenenberg 1981, S. 14 und Hansmann 1980, S. 19.

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3. Kap.: Beschränkte Rationalität und echte Ungewißheit

(3)

Bekannt sind die Ergebnisse, die eintreten, wenn eine bestimmte Handlungsmöglichkeit bei Auftreten einer bestimmten Umweltsituation ergriffen wird (Ergebnismatrix).

(4)

Der Akteur kennt im voraus den zukünftigen Nutzen seiner auf Basis bestimmter Umweltsituationen getroffenen Handlungen (Entscheidungsmatrix).

Auf Basis dieser Annahmen, läßt sich bei Entscheidungen unter Risiko jedem möglichen Ergebnis eine bestimmte Wahrscheinlichkeit zuordnen. Welche Handlung im Einzelfall als optimal angesehen wird, ist allerdings von der gewählten Entscheidungsregel abhängig. Einige Beispiele mögen das illustrieren. Gemäß dem Erwartungswertprinzip (der Bayes- oder 1.1-Regel) wird diejenige Handlungsstrategie gewählt, die den höchsten Erwartungswert ausweist. Die Einstellung gegenüber dem Risiko bleibt dabei unberücksichtigt (Risikoneutralität). Anders verhält es sich bei der Jlcr-Regel, die das Risiko durch die verteilungsabhängige Standardabweichung berücksichtigt. 10 Das Bernoulli-Prinzip bezieht ebenso unterschiedliche Risikoeinstellungen (also auch Risikoneutralität und Risikosympathie) ein. Gewählt wirdjene Aktion, die den maximalen Erwartungswert des Nutzens ausweist. 11 Auch die Entscheidungsregeln filr Entscheidungen unter Ungewißheit differieren in Abhängigkeit davon, ob und welche Risikoeinstellung zugrunde gelegt wird. Die Einstellung gegenüber Risiken drückt sich etwa darin aus, in welchem Ausmaß ungünstige Ereignisse zur Selektion der mit ihnen verbundenen Handlungsstrategie fuhren. Während die Wald-Regel (Maximin-Regel) ein extrem pessimistisches Kriterium darstellt, das sich nach dem schiechtestmöglichen Ereignis richtet, um es zu vermeiden, legt der Maximax-Regel ein optimistisches Kriterium zugrunde. Gewählt wird jene Handlungsstrategie, die bei Eintreten der günstigsten Umweltkonstellation zum höchsten Nutzwert fUhrt. Beide Regeln werden in der Hurwicz-Regel (Optimismus-Pessimismus-Regel) durch die Einfilhrung eines Optimismusparameters kombiniert, der das Risikobewußtsein des Entscheidungsträgers widerspiegelt. Andere Entscheidungsregeln sind die Savage-Niehans-Regel (Regel des kleinsten Bedauerns) und die Laplace-Regel (Regel des unzureichenden Grundes). Je nachdem welche Entscheidungsregel gewählt und angewandt wird, ergeben sich (konfligierende) optimale Entscheidungen unter Ungewißheit.

10 Die Risikoaversion liegt z.B. vor, wenn eine Vergrößerung der Standardabweichung a durch eine Vergrößerung des Erwartungswerts ~kompensiert werden muß, um Indifferenz zu gewährleisten. Vgl. dazu Bamberg I Coenenberg 1980, S. 384 und Mag 1981, S. 485. II Vgl. Sieben I Schildbach 1980, S. 53.

III. Lösungsversuche und Konsequenzen

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Der heuristische Wert dieser Modelle für die Analyse vieler Entscheidungsprobleme soll hier nicht bestritten werden. Festzuhalten bleibt indes, daß sich nicht alle Varianten der Ungewißheit mittels der stochastischen Entscheidungstheorie sinnvoll behandeln lassen. So setzt die stochastische Problemlösung voraus, daß der Zustandsraum bekannt ist, denn - wie D. Schneider 1980, S. 76 - bemerkt, stellt die Zukunft "eine 'Unmenge' von Möglichkeiten" dar, die "ohne Einschränkungen gar nicht zu beschreiben" ist. An die Stelle der Zukunft haben deshalb "planbar sichere Ereignisse" zu treten, das heißt Erscheinungen, "deren Eintreten in der Zukunft aufgrund des im Planungszeitpunkt erreichbaren Wissens denkmöglich ist" (Hervorh. M.D.). Ob auf diese Weise eine hinreichende Komplexitätsreduzierung möglich wird, ist vom Einzelfall abhängig, denn 'denkmöglich · sind häufig viele unterschiedliche Konstellationen. Was jedoch festgehalten zu werden verdient, ist die Tatsache, daß die für eine Entscheidungsfindung notwendige Festlegung der zukünftigen Zustände durch einen subjektiven Bewertungsakt erfolgt. Die 'Welf eines unter echter Ungewißheit handelnden Entscheidungsträgers "ist nicht präsentiert und nicht (subjektiv) kalkulierbar, sondern von ihm interaktiv aufgebaut und zunächst nur durch seine Einbildungskraft kreiert. Ungewißheit in dieser Welt bezieht sich daher auf die mentalen, zunächst nur in der Vorstellung existierenden, zwar real möglichen, aber nur durch eigene Aktivität zu realisierenden Zustände der Welt." (Röpke 1977, S. 131 f.) Die erwähnten Entscheidungsmodelle setzen überdies voraus, daß die zukünftigen Handlungsmöglichkeiten im voraus vollständig bekannt sind. Dies ist vor dem Hintergrund echter Ungewißheit wenig realistisch, weil die Konfrontation mit unbekannten Zuständen zur Entwicklung neuartiger und bislang nicht antizipierter Handlungsstrategien führt. Ein Arbeitnehmer zum Beispiel verfügt keineswegs über sichere Informationen, welche Handlungsparameter ihm zukünftig zur Verfügung stehen werden, um auf bestimmte Umweltkonstellationen einzuwirken. Das Gleiche gilt für das Management eines Unternehmens. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, daß Zustände eintreten, die die Entwicklung und den Einsatz neuartiger Aktionsparameter erfordern; Parameter, die zum Zeitpunkt der Entscheidung unter Umständen noch gar nicht erwogen wurden. Die stochastische Lösung des Ungewißheitsproblems basiert auf dem Wissen, welche Ergebnisse erzielt werden, wenn auf bekannte Umweltsituationen Einfluß genommen wird. Sind aber sowohl der zukünftige Zustandsraum als auch die zur Verfügung stehenden Handlungsmöglichkeiten ungewiß, dann entziehen sich auch die möglichen zukünftigen Ergebnisse einer sicheren Kenntnis. "Man steht vor einer nur in vagen Umrissen erkennbaren Zukunft, in die hinein man trotzdem Entscheidungen treffen muß." (K. W. Rothschild 1981 b, S. 107) Untersucht man demgegenüber die Entscheidungssituation der

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3. Kap.: Beschränkte Rationalität und echte Ungewißheit

ökonomischen Entscheidungsträger in Hinblick darauf, auf welche Weise entscheidungslogische Praktikabilität erreicht werden kann, bieten sich nach Auffassung Röpkes 1977, S. 131 zwei Konsequenzen an: "Einerseits kann er subjektive Gewißheilsäquivalente auf seine unendliche Zahl spezifizierbarer aber rivalisierender Entscheidungsmöglichkeiten verteilen. Um zu einer Entscheidung zu kommen, ist er aber andererseits gezwungen, an irgendeiner Stelle keine Alternativen mehr ins Kalkül aufzunehmen, relevante von nicht relevanten Möglichkeiten zu trennen, und das Entscheidungsfeld zu schließen." Das Problem besteht folglich darin, wie ein Akteur aus "einer diffusen Menge alternativer Entscheidungs- und Handlungsmöglichkeiten jene auswählen soll, die er seinem Maximierungskalkül zugrunde legen will. Nur in Lehrbüchern wird ihm dazu eine Entscheidungsmatrix vorgegeben.'rl2

Um zu einer (optimalen) Entscheidung zu gelangen, muß die Ergebnismatrix in eine Entscheidungsmatrix verwandelt werden; die als bekannt vorausgesetzten möglichen Ergebnisse sind zu ihrem jeweiligen Nutzen zu bewerten. Dieses Bewertungsproblem ist lösbar, wenn die Bewertungsmaßstäbe und Präferenzen im entscheidungsrelevanten Zeitraum unverändert bleiben. Der Entscheidungsträger weiß dann nicht nur, welche Ereignisse eintreten können, sondern er weiß auch, wie er diese Ereignisse in Hinblick auf sein zukünftiges Ziel- und Präferenzsystem bewerten wird. Über einen längeren Zeitraum gesehen ist die Annahme gleichbleibender Präferenzen jedoch erfahrungsgemäß unwahrscheinlich. Unter Umständen müssen dann Entscheidungen zu einem bestimmten Zeitpunkt getroffen werden, deren irreversible Wirkungen erst zu einem Zeitpunkt eintreten, zu dem sich das Präferenzsystem bereits verändert hat. Ein ursprünglich positiv bewertetes Ereignis verwandelt sich vor dem Hintergrund gewandelter Präferenzen zu einem SchadensfalJ.I3

12 In der Regel bleibe diese Schwierigkeit unsichtbar, weil man die Entscheidungsmatrix als einen gedanklichen Ausgangspunkt und nicht selbst als Problem betrachtet. Wendet man sich aber der Frage zu, wie das Entscheidungssubjekt zu einer maximal effizienten Entscheidungsmatrix gelangen könne, ist man mit dem Problem eines unendlichen Regresses konfrontiert, denn "innerhalb der Logik geschlossener entscheidungstheoretischer Modelle, sind keine Regeln verfllgbar, welche die nutzenmaximierende Suche nach einer effizienten Entscheidungsmatrix beenden könnten." (Röpke 1977, S. 161) Aus diesem Grunde schließe die Maximierungsregel ihre eigene Anwendung aus, solange der infinite Regreß nicht durch Rückzug auf Hypothesen gestoppt werde, die neoklassisch nicht mehr begründet werden können (ebenda, S. 270). 13 Ebenso bemerkt Heinen 1980, S. 1274: "Entscheidungssituationen, in denen sämtliche Alternativen bekannt sind, finden sich relativ selten. Die Annahme, daß das Entscheidungssubjekt den Alternativen eindeutige Konsequenzen zuordnen kann, erweist sich ebenfalls als wirklichkeitsfremd. Schließlich besitzt der Mensch kein geschlossenes System von Zielen, Wünschen und Motiven. Aus diesen Gründen verlieren die oftmals brillianten entscheidungslogischen Modelle ihre Praktikabilität."

III. Lösungsversuche und Konsequenzen

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Die theoretischen Schwierigkeiten, Ungewißheit und Risiko in ein berechenbares Optimierungsmodell zu übersetzen, zeigen sich auch an dem Begriff der Risikoeinstellung. Denn in einer Situation echter Ungewißheit besteht keine Gewähr dafür, daß die Risikoeinstellung des Entscheidungsträgers selbst 'richtig' eingeschätzt wird. Sie resultiert aus der Beurteilung individueller Reaktionsweisen vergangener Umweltkonstellationen, die mit den zukünftigen Herausforderungen nicht viel gemein haben müssen. Ferner ist die Risikoeinstellung nicht, wie in der Regel angenommen wird, unabhängig von den sich ändernden Umweltzuständen, Handlungsmöglichkeiten und Präferenzen. Das Verfahren, die Risikoeinstellung erst dann ins Kalkül zu ziehen, nachdem die Entscheidungslage in Gestalt einer Entscheidungsmatrix formuliert wurde, übersieht, daß die Risikoeinstellung bereits in die Konstruktion der Entscheidungslage einfließt. Auch das kann zu systematischen Fehlern führen, denn ein risikoscheuer Entscheidungsträger wird den Zustandsraum und seine eigenen Handlungsmöglichkeiten ganz anders einschätzen als ein notorischer Optimist. Das gleiche gilt für die Ergebnismatrix, also für die Bewertung bestimmter Ereignisse. Es ist dann theoretisch möglich, daß die Risikoeinstellung die Aufstellung der Ergebnismatrix so stark beeinflußt, daß ein risikoavers reagierender Entscheidungsträger die noch verbleibenden Handlungsperspektiven optimistischer einschätzt als ein risikofreudiger Entscheidungsträger, weil die riskanten Zustände schon im voraus herausgefiltert wurden. Die Beurteilung der Risikoeinstellung ist, wie diese Überlegungen zeigen, also selbst mit einem Risiko behaftet. Für das Entscheidungsverhalten ist nicht zuletzt die Frage relevant, welche Entscheidungsregel gewählt wird: "Da verschiedene Entscheidungsregeln beim gleichen Entscheidungsproblem zu verschiedenen optimalen Aktionen führen können, kann durch Benutzung einer 'falschen' Regel die Wahl einer 'falschen' Aktion eine Fehlentscheidung mit Schadensfolge bedeuten." (Mag 1981, S. 486) 14 Das Problem, die optimale Entscheidungsregel zu finden, unterstellt folglich ein übergeordnetes Entscheidungskriterium, wirft damit aber ein neues Entscheidungsproblem auf. 15 Damit freilich wird ein generelles Problem der Entscheidungstheorie deutlich: 14 Insofern kann auch Wähe 1981, S. 133 zugestimmt werden, wenn dieser nOchtem resOmiert: "Allgemein läßt sich feststellen, daß es eine allgemeine Entscheidungsregel bei unvollkommener Information (noch) nicht gibt. Alle Methoden dienen nur der Datenaufbereitung." 15 Der Nutzen der Entscheidungsregeln besteht folglich nicht darin, unvollkommene Informationen vollkommener zu machen, sondern darin, dem Entscheidungsträger die möglichen Konsequenzen bei Anwendung verschiedener Entscheidungsregeln aufzuzeigen und zu systematisieren. "Die endgOitige Entscheidung wird dem Entscheidungsträger dadurch aber nicht abgenommen, sondern nur vorbereitet." (Wähe 1981, S. 136) "Werden bei Bestehen eines unvollkommenen Informationssystems - also bei Entscheidungen unter Risiko und unter Unsicherheit - Entscheidungsregeln angewendet, so kann"- wie Wähe weiter bemerkt- "dadurch der Grad der Vollkommenheit einer Information nicht erhöht werden." Siehe auch Dinkelbach 1974, S. 1297.

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3. Kap.: Beschränkte Rationalität und echte Ungewißheit

Die Entscheidungstheorien werden von dem Ziel geleitet, alle Elemente einer spontanen, eher intuitiven Entscheidungstindung theoretisch zu eliminieren, um den Entscheidungsprozeß zu rationalisieren, geraten darüber aber unweigerlich in einen unendlichen Regreß. 16 Wie sich nämlich zeigt, basieren sämtliche Entscheidungsparameter unter echter Ungewißheit auf subjektiven Bewertungsvorgängen. Die entscheidungslogische Verknüpfung subjektiver Bewertungen kann daher selbst nur ein subjektiver Bewertungsakt sein. Demgegenüber vermittelt die Isolierung der verschiedenen Faktoren und ihre regelhafte Verknüpfung den falschen Eindruck, als seien Entscheidungen unter Ungewißheit und Risiko in einem mehr als subjektiven Sinne berechenbar und entscheidbar. Sie sind es nicht und können es nicht sein. 3. Berücksichtigung von Informationskosten

Der theoretische Fortschritt der neueren Theorie des Entscheidungsverhaltens besteht unter anderem in der Annahme unvollkommener Informiertheit. Informationen werden dabei als eine Variable betrachtet, die erst mit bestimmten Aufwendungen produziert werden können. Im älteren Schrifttum wird die Entscheidung, ob zusätzliche Informationen eingeholt werden sollen, davon abhängig gemacht, ob der Grenzerlös über den Grenzkosten der Information liegt bzw. ob der Informationswert die Informationskosten übersteigt. So nimmt Stigler 1961 an, daß die Wirtschaftssubjekte Informationen bis zu dem Grad suchen sollten, daß der Grenzertrag der Informationseinheit gleich den Grenzsuchkosten der Informationsbeschaffung ist. 17 Bemerkenswert an dieser Optimierungslösung ist die entscheidungslogische Gleichbehandlung der Wissensproduktion mit der Produktion anderer Güter: Die Produktion von Wissen erscheint als der notwendige Output eines Informationskosten-Inputs, vergleichbar einer Gütermenge, die mit einem bestimmten Aufwand hergestellt wird. Diese Gleichbehandlung erscheint jedoch unzulässig, da - wie Tietzel 1985, S. 18 f. zu Recht bemerkt - die Produktion von unbekanntem Wissen keine stetige, positiv steigende Funktion der eingesetzten Ressourcenmenge darstelle. "Dazu wäre die Vorhersagbarkeit bisher unbekannten nomologischen Wissens erforderlich; das aber ist - selbst,

16 "Das Dilemma ist" - wie Mag 1981, S. 486 feststellt - "in der Ungewißheitstheorie schon frühzeitig gesehen worden", aber- so wäre zu ergänzen- nicht gelöst worden. 17 Vgl. Schneider 1980, S. 141, der auf Marschak 1954, S. 201 f., Savage 1954, S. 107 und Schlaifer 1959, S. 515 f. verweist. Siehe auch Alchian 1969, S. 110, Alchian I Allen 1974, Bössmann 1978, S. 184-200, Mach/up 1980, Mag 1977, S. 161-292 und Tietze/1985, S. 11-20.

III. Lösungsversuche und Konsequenzen

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wenn unendlich große Informationskosten dafllr aufgewendet würden - eine logische Unmöglichkeit, da wir dazu dieses zukünftige Wissen ja schon haben müßten." 18 Während wir im Fall der Güterproduktion aus der Erfahrung wissen, welcher Faktoraufwand eingesetzt werden muß, um ein gleichbleibendes Produkt, eine bestimmte Ware, zu produzieren, zeichnet sich der Prozeß der Informationsgewinnung gerade dadurch aus, daß das gesuchte 'neue Wissen', sich vom bisherigen Wissensstand qualitativ unterscheidet: "Oft gibt es keinerlei Anzeichen dafür, ob wir uns der Lösung eines kognitiven Problems nähern, ja meist wissen wir nicht einmal, ob die gesuchte Lösung dieses Problems, ob die Stecknadel im Heuhaufen überhaupt existiert." (Ebenda, S. 19)19 Aus diesem Grund ist es unmöglich, den Aufwand vorab zu berechnen, der betrieben werden muß, um die gewünschten Informationen zu gewinnen. Logisch ausgedrückt, heißt dies, eine Präposteriori-Analyse ist "ein selbstwidersprüchliches Unterfangen, denn sie setzt voraus, daß das Problem, zu dessen Lösung sie eingesetzt werden soll, schon gelöst ist." (Ebenda, S. 19)20 Dem Versuch, das Ungewißheitsproblem dadurch zu lösen, indem Informationswertberechnungen vorgenommen werden, 'wohnt', wie D. Schneider 1980, S. 141 einwendet, "eine überaus enge Problemsicht inne: Sie behandeln das Problem der Informationsbeschaffung als Ungewißheitsproblem, gehen also von 'vollständiger Gewißheit über die Ungewißheif aus." Dadurch werden aber die Gründe verkannt, die zur Informationssuche Anlaß geben. Diese Gründe bestehen einmal darin, "logisch denkbare Zukunftsentwicklung als empirisch belanglos zu streichen" und zweitens darin, "eine halbwegs abbildungstreue Aufzählung von Zukunftslagen für ein Entscheidungsproblem zu erarbeiten". Denn, so Schneider weiter, "wir Menschen wissen ... , daß wir keineswegs alle Zukunftslagen sofort erfassen können. Erst durch mühsames Nachdenken und unter Einholen zusätzlicher Informationen, deren Wert wir

18 Vgl. dazu die kritischen Hinweise von Popper 1971, S. XI f. und Hayek 1979, S. 123 f. 19 Röpke 1977, S. 270 weist daraufhin, daß die neoklassischen Theorie eine gegebene Informationsstruktur voraussetze, aber keine Kriterien fllr die Entscheidung enthalte, "ob oder wann es lohnend ist, Ressourcen fllr die Produktion einer 'feineren' Informationsstruktur aufzuwenden." Vgl. auch Bössmann 1978, S. 188, Bau/ding 1966, S. 163, Gäfgen 1974, S. 129 und Rothschild 1981a, S. 291. 20 Die Widersprüchlichkeit der theoretischen Behandlung des Ungewißheitsproblems durch die Berücksichtigung der Informationskosten wird daran deutlich, daß - wie etwa im Beitrag von Stig/er 1961 - das Suchverhalten eines Käufers nach dem preisgünstigen Angebot unter der Annahme diskutiert wird, dem Käufer sei die Verteilungsfunktion der Preise bereits vollkommen bekannt. Unter diesen Bedingungen reduziert sich der Suchvorgang darauf, herauszufinden, welcher Lieferant die Ware zum gewußten Minimalpreis anbietet. Vgl. auch McCall 1965 und Gastwirth 1976.

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3. Kap.: Beschränkte Rationalität und echte Ungewißheit

nicht berechnen können, weil keine Wahrscheinlichkeitsverteilung hierfl.ir existiert," gelingt uns die Erfassung der enscheidungsrelevanten Zukunfts lagen. Zweifel daran, ob die ungewisse Zukunft in das Schema kalkulierbarer Risiken gepreßt werden kann, sind also angebracht. Denn "all diese Theorien setzen ... entweder einen relativ hohen Wissensstand über den Grad der Unsicherheit voraus ... oder doch die Möglichkeit, dieses Wissen - wenn auch mit Kosten - zu erweitern ... Das ist aber typischerweise nur bei repetitiven und/oder theoretisch gut fundierten Ereignisketten der Fall .... Wo wir es ... mit Fällen echter Unsicherheit ... zu tun haben ... , fUhrt das Festhalten am RisikoOptimierungskalkül in die Irre. Bei 'echter' Unsicherheit ergeben sich andere Verhaltensweisen." (K. W Rothschild 1981 b, S. I 09 4. Zur prinzipiellen Unlösbarkeit des Ungewißheitsproblems

Wir haben zwei Versuche kennengelernt, das Problem der Ungewißheit und unvollkommenen Information zu lösen. Beide Lösungswege sind zum Scheitern verurteilt, wenn es sich um Zonen 'echter Ungewißheit' handelt. Die Einbeziehung von Informationskosten geht von der prinzipiellen Möglichkeit aus, durch die Beschaffung von Informationen "die Zahl der möglichen Ergebnisse zu reduzieren, im Extremfall bis auf eins, so daß an die Stelle von Risiko bzw. Unsicherheit die Sicherheit tritt" (Schumann 1984a, S. 65). Das setzt voraus, daß die Ungewißheit darauf basiert, daß die vorhandenen Informationsmöglichkeiten nicht genügend ausgeschöpft wurden. Denn nur auf dieser Basis kann vermutet werden, daß durch Informationskosten ein Zustand weitgehender Gewißheit erlangt werden kann. Diese implizite Erklärung des Ungewißheitsproblems greift aber, wie die Überlegungen zum Begriff der echten Ungewißheit zeigen sollten, viel zu kurz: Echte Ungewißheit basiert nicht darauf, daß bestimmte Zustände infolge frühzeitig abgebrochener Informationssuchprozesse ungewiß bleiben, sondern darauf, daß sich die Zustände zum Zeitpunkt der Entscheidungstindung prinzipiell einem Zugriff entziehen. Auch die stochastische Behandlung des Ungewißheitsproblems ist im Falle echter Ungewißheit zum Scheitern verurteilt, basiert dieser Lösungsweg doch auf der Annahme, daß die "Wirtschaftssubjekte ... vollständig, wenn auch, sofern sie sich auf die Zukunft beziehen, unsicher" (Tietzel 1985, S. 17) informiert sind. Tietzel kritisiert deshalb, daß die Allwissenheitsannahme nur notdürftig kaschiert werde, "denn sie übergeht stillschweigend, daß Unsicherheit nicht nur über die Eintrittswahrscheinlichkeit möglicher Zustände der Welt herrscht, sondern daß - viel tiefergreifend - weitgehende Unkenntnis dieser möglichen Zustände selbst die Regel darstellt." (Ebenda, S. 172 f.) 21

III. Lösungsversuche und Konsequenzen

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Demgegenüber gilt es festzuhalten: 'Unsicherheit' bezeichnet eine Situation, in der "man es nicht mit relativ einfachen Wiederholungen von Ablaufmustern zu tun hat, sondern wo man vor weitgehend neuen oder einmaligen Konstellationen steht" (K. W. Rothschild 1981b, S. 107). Loasby 1976, S. 10 und 1977 warnt deshalb davor, der Unwissenheit zu gestatten, 'in der Maskerade des Wissens aufzutreten'; ein Einwand, der, wie das folgende Zitat belegt, mit dem wir diese Überlegungen abschließen wollen, auch von Keynes geteilt wurde: "By 'uncertain' knowledge ... I do not mean merely to distinguish what is known for certain from what is only probable. The game of rauJette is not subject, in this sense, to uncertainty; ... The sense in which I am using the term is that in which the prospect of an Eurapean war is uncertain, or the price of copper and the rate of interest twenty years hence, or the obsolescence of a new invention, or the position of private wealth owners in the social system in 1970. About these matters there is no scientific basis on which to form any calculable probability whatever. We simply do not knöw. Nevertheless, the necessity for action and for decision compels us as practical men to do our best to overlook this awkward fact and to behave exactly as we should if we had behind us a good Benthamite calculation of a series of prospective advantages and disadvantages, each multiplied by its appropriate prabability, waiting tobe summed." (1973, S. 113 f.)

Seine Kritik an der Behandlung des Ungewißheitsproblems zusammenfassend schreibt Keynes: "1 accuse the classical economic theory of being itself one of these pretty, polite techniquies which tries to deal with the present by abstracting from the fact that we know very little about the future .... The hypotheses of a calculable future Iead to a wrang interpretation of the principles of behavior which the need for action compels us to adopt, and to an underestimation of the concealed factors of utter doubt, precariousness, hope and fear." (Ebenda, S. 155, 122)

21 Deshalb auch Robinson 1980, S. 7: "The full information required to make a correct choice can never be available because of the inescapable fact that: 'the basic data simply do not exist, and cannot exist, no matter what information Ievel is devised. There is no certain knowledge about the future, not even certain knowledge of probability distributions. There are expectations (or guesses) formulated with greater or less care; and unfortunately those formulated with the greatest care are by no means always accurate ·." 6 Dunn

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3. Kap.: Beschränkte Rationalität und echte Ungewißheit

IV. Beschränkte Rationalität und optimierendes Verhalten Ob eine Entscheidung oder Handlung als vernünftig (rational) bezeichnet werden kann oder nicht, ist davon abhängig, was unter 'rational' verstanden wird. Im alltäglichen Verständnis schließt der Rationalitätsbegriff neben der Bewertung einer zielgerichteten Handlung eine Bewertung der zugrundeliegenden Zielsetzung mit ein. Wird demzufolge eine Zielsetzung als unvernünftig bewertet, gelten auch die daraus abgeleiteten zielgerichteten Handlungen als unvernünftig: Ein Selbstmörder, der sein Leben beendet, indem er sich vergiftet, handelt in diesem Sinne irrational, auch wenn seine Handlung zum Ziel fUhrt. Demgegenüber wird ein Drogenabhängiger, der sich darum bemüht, von seiner Sucht loszukommen, in der Regel selbst dann als rational handelnd bezeichnet werden, wenn seine dazu unternommen Anstrengungen scheitern sollten. Charakteristisch fiir diesen lebensweltlichen Rationalitätsbegriff ist also das Gewicht, dem die Bewertung der mit einer Handlung verfolgten Absicht beigemessen wird. Die Bewertung der Handlungsabsicht dominiert die Bewertung der zu ihrer Realisierung gefallten Entscheidungen, die dann höchstens als 'konsequent' aber nicht 'rational' bezeichnet werden. Dieser substantielle Rationalitätsbegriff unterscheidet sich grundlegend vom formalen Rationalitätsbegriff der ökonomischen Theorie: der 'ZweckRationalität'. Charakteristisch für den in der Wirtschaftstheorie gebräuchlichen Begriff des 'zweckrationalen Handeins' ist der Verzicht auf eine Bewertung der zugrundeliegenden Handlungsabsicht - in der Sprache der Ökonomen: der individuellen Präferenzen. Die ökonomische Theorie enthält sich jeder positiven oder negativen Bewertung einer Zielsetzung, um "das nachprüfbare Schließen von Zielen (Voraussetzungen) auf Entscheidungen (Folgerungen) scharf zu trennen von dem zweiten Problem, zwischen Zielen zu wählen" (Schneider 1980, S. 49). Ob eine Entscheidung (oder Handlung) rational oder irrational ist, bemißt sich an der unterstellten Zielsetzung, sei diese dem natürlichen Empfinden nach auch noch so unvernünftig. Um im Beispiel zu bleiben: Der Selbstmörder handelt diesem Rationalitätsbegriff zufolge 'rational', wenn er die beste Methode wählt, um seinem Leben ein Ende zu bereiten, und er handelt 'irrational', wenn er sich wissentlich einer unsicheren Methode bedient und überlebt. Der Kontrast zum lebensweltlichen Rationalitätsbegriff könnte kaum größer sein. 22

22 Die hier gewählte Unterscheidung zwischen dem substantiellen und formalen Rationalitätsbegriff lehnt sich an die von Pfahl !972, S. 308 gelieferte Typologie an. Pfahl unterscheidet zwischen vier Arten von Rationalverhalten. "Unter dem Gesichtspunkt der formalen Rationalität kann die Art des Zustandekommens der Entscheidung - ob sie bewußt oder mit Überlegung gefllllt wird - beurteilt werden. 2. Aussagen Ober die substantielle Rationalität sind nur möglich durch Vergleich des Wertsystems (Zielsystems) eines Aktars mit einem als richtig angesehenen Wert-

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Stellt man konsequent auf den Begriff der Zweckrationalität ab, ohne den Zweck der Handlung einer Wertung zu unterziehen, gilt die folgende Definition: Rational entscheiden heißt, aus der Reihe vollständig formulierter Handlungsmöglichkeiten jene auszuwählen, die den höchsten Zielerreichungsgrad aufweist. Das kann bedeuten, daß eine einzige zur Auswahl stehende Handlungsmöglichkeit ergriffen wird, um ein feststehendes Ziel zu realisieren. Das Entscheidungsproblem bestünde dann darin, diese Handlungsmöglichkeit zu ergreifen, anstatt sie ungenutzt verstreichen zu lassen. Typischer als dieser triviale Fall sind in der ökonomischen Theorie jedoch Situationen, in denen zwischen mehreren Strategien entschieden werden muß, die in unterschiedlichem Grad zu einer Zielerreichung beitragen können und/oder mit unterschiedlichen Kosten verknüpft sind. In dieser wohl auf den ersten Blick einfachen Definition des Rationalverhaltens sind bereits zahlreiche Annahmen enthalten, die näher zu analysieren sind. ( l) Rationales Verhalten macht nur dann einen Sinn, wenn zwischen rationalem und nicht-rationalem Verhalten unterschieden werden kann. Mit anderen Worten: Wenn jedes Verhaltenper dejinitionem als Ausdruck rationalen Verhaltens interpretiert wird, hebt sich der Rationalitätsbegriff theoretisch auf. Rationales Verhalten setzt zunächst voraus, daß es eine Präferenzordnung gibt (inner preference set), die dem Entscheidungsträger auch bewußt ist. Das muß nicht so sein, denn es kann nicht ausgeschlossen werden, daß sich Menschen über ihr eigenes Präferenzsystem täuschen. (2) Das Ziel muß quantifizierbar sein, sonst ließe sich kein höchster Zielerreichungsgrad der Zielgröße, kein Optimum angeben. Das ist eine sehr wichtige Einschränkung, denn viele Ziele, die Menschen verfolgen, entziehen sich einer Quantifizierung oder lassen sich nur künstlich in das Korsett der Meßbarkeit pressen. Häufig handelt es sich dabei um Ziele, die der Geftlhlswelt des Menschen angehören. Beispiele dafür sind Liebe, das Gefühl der Geborgenheit, Selbstachtung und Zufriedenheit, Sexualität, Ansehen und Macht. Diese emotionalen Ziele sind ohne Zweifel wichtig, um menschliches Verhalten verstehen zu können. 23 (3) Das Ziel muß eindeutigformuliert sein. Das mag in vielen Fällen trivial sein. Nicht selten ergeben sich aber Probleme, die Ziele genau zu formulieren.

system. 3. Objektive Rationalität liegt vor, wenn der Aktor seine Umgebung objektiv richtig beurteilt. Es wird alles objektiv verfllgbare Wissen verwandt. 4. Die subjektive Rationalität berücksichtigt nur die Informationen, die der Aktor zur Verfugung hat." (Hervorh. M.D.) 23 Daß ungeachtet der BeschatTenheil dieser Ziele immer wieder versucht wird, nicht meßbare Ziele meßbar zu machen, indem Zielgrößen (Indikatoren) definiert werden, spricht nicht gegen die Richtigkeit dieser Aussage, sondern gegen das verfolgte theoretische Ideal, quantifizierbare Exaktheit dort erlangen zu wollen, wo sie nicht erreichbar ist. 6*

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Denken wir an den Fall, daß mehrere Ziele miteinander konfligieren und mehrere Entscheidungsträger an der Entscheidung beteiligt sind, die unter Umständen divergente Ziele, Interessen etc. verfolgen und sich nun, vor ein praktisches Problem gestellt, auf eine flir alle verbindliche Zielformulierung einigen müssen. In diesem Fall ist eine eindeutige Entscheidung erst dann möglich, wenn der Zielkonflikt gelöst ist. 24 (4) Zwischen der Zielsetzung und den Handlungsbeschränkungen muß eine eindeutige Abgrenzung möglich sein. Denn "rational maximizers maximize a well-defined target under a well-defined constraint by selecting an appropriate action. This requires a separability and independence of tastes and constraints, ... The idea that changing trade-offs between alternatives affect choices in a systematic way breaks down if the factors which affect these trade-offs simultaneously affect the evaluation of the alternatives, i.e. the utility functions; anything could happen .... Thus the abstract rationality approach requires that a useful distinction between tastes and constraints can be made." (Schlicht 1990b, S. 708) (5) Um von einem Entscheidungsproblem sprechen zu können, ist weiter anzunehmen, daß dem Entscheidungsträger mehrere Instrumente oder Handlungsweisen zur Auswahl stehen, um das Ziel zu erreichen. Ein Entscheidungsproblem entfällt auch dann, wenn sich die Handlungsstrategien komplementär statt substitutiv zueinander verhalten. Wären sämtliche Instrumente simultan einsetzbar, entfiele der Wahlzwang. Ferner ist vorauszusetzen, daß sich die Konsequenzen einzelner Zielstrategien und deren Bewertung unterscheiden: Wenn zwei sich ausschließende Entscheidungen gemessen· an der Zielfunktion als gleich gut bewertet werden, entfällt ein Entscheidungsproblem. (6) Die meisten Entscheidungen verursachen Kosten. Zusätzliche Informationen müssen eingeholt werden, und die Prüfung der alternativen Handlungsmöglichkeiten ist oft zeitaufwendig. Diese Kosten nehmen erfahrungsgemäß mit der Komplexität und Neuartigkeit des Entscheidungsproblems zu. Steht dem Entscheidungsträger weniger Zeit zur Verfügung, als benötigt wird, um eine Lösung zu finden, die auf einer umfassenden Informationssuche und Informationsauswertung beruht, oder überschreiten die Kosten der Entscheidungstindung ein bestimmtes Maß, lohnt es sich einfach nicht, nach

24 Das wirft die Frage auf, wie Zielkonflikte entscheidungstheoretisch behandelt werden können. Eine Möglichkeit wird darin gesehen, daß konkurrierende Zielgrößen unterdrückt oder zu einer Nebenbedingung erklärt werden. Ein anderer häufig beschrittener Weg besteht darin, eine übergeordnete Zielsetzung zu formulieren, so daß mehrfache Zielvorschriften in eine einfache Zielvorschrift transformiert werden; siehe Charnes I Cooper 1961. Das Vorgehen, Zielkonflikte durch die Formulierung einer übergeordneten Zielvorschrift zu umgehen, ist verschiedentlich als inhaltsleer kritisiert worden; siehe dazu Boulding 1960 und Willmann 1961.

IV. Beschränkte Rationalität und optimierendes Verhalten

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'optimalen' Lösungen zu suchen. Anders formuliert- unter Berücksichtigung der Optimierungskosten - besteht die optimale Lösung dann darin, sich auf Basis des vorhandenen Wissens mehr oder weniger intuitiv zu entscheiden. 25 (7) Jedes Entscheidungsverhalten ist nicht nur von situativen, sondern auch von individuellen, das heißt in der Person des Entscheidungsträgers liegenden Faktoren abhängig. Angesprochen ist einmal die Fähigkeit, Informationen zu sammeln, zu bewerten und zu verarbeiten, denn optimieren kann mit spezifischen Operationalisierungs- und Implementierungsproblemen verbunden sein, die dem Entscheidungsträger praktische Fähigkeiten abverlangen, über die er nur begrenzt verfUgt. Dieser Aspekt hängt eng mit dem zusammen, was Simon und andere 'beschränkte Rationalität' nennen. Von dieser Eigenschaft abgesehen spielt die Motivation des Entscheidungsträgers in doppelter Hinsicht eine Rolle: Erstens ist die Bereitschaft, optimale Lösungen zu suchen, vom Druck abhängig, optimale Lösungen zu finden. 26 Zweitens unterstellt jede Maximierung die Bereitschaft, die einmal getroffene Entscheidung auch durchzusetzen. Selbst dann, wenn eine Maximierungshandlung als vorteilhaft erscheint, bedarf es des Willens, das als richtig Erkannte umzusetzen. Nicht selten jedoch erweisen sich hervorragende Planer als miserable Praktiker. An den genannten Voraussetzungen wird deutlich, daß optimierendes Verhalten unter Umständen ein hochkomplexes Entscheidungsverhalten darstellt, was nicht wenige Autoren dazu veranlaßt hat, dem Optimierungsverhalten eine empirische Relevanz abzusprechen: "lt is not true, as an empirical matter, that firms optimize," schreibt Winter 1975, S. 75 und Rozen 1985, S. 664 konstatiert "the presumption of strict maximization behavior downgrades direct observation and evaluation of firm activities". Ähnlich argumentiert auch Simon, wenn er auf folgendes hinweist: "Economists have been relatively uninterested in descriptive microeconomics ... The normative microeconomist ... wants to know how people ought to behave, not how they do behave .... thus, the classical economic theory of markets with perfect competition and rational agents is

25 Diesen Fall hat Machlup im Auge, wenn er argumentiert: "The businessman who equates marginal net revenue productivity and marginal factor cost when he decides how many to employ need not engage in higher mathematics, geometry, or clairvoyance .... he would simply rely on his sense ofhis 'feel' ofthe situation .... On the basis ofhundreds ofprevious experiences ofa similar nature the businessman would 'just know', in a vague and rough way, whether or not it would pay him to hire more men." (1946, S. 534 f.) 26 Den Zusammenhang von Entscheidungsdruck und Entscheidungsverhalten formuliert das Yerkes-Dodson-Gesetz in der Weise, daß die Motivation, bestmögliche Lösungen zu finden, mit dem Entscheidungsdruck, den sich die Handelnden ausgesetzt sehen, bis zu einem bestimmten Punkt zunimmt. Ob dies letztlich zu einer Annäherung an ein Optimum fuhren wird, kann nicht mit Bestimmtheit gesagt werden, weil im Fall echter Ungewißheit ungewiß ist, wo dieses Optimum liegt. Vgl. Leibenstein 1987, S. 18 ff.

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3. Kap.: Beschränkte Rationalität und echte Ungewißheit

deductive theory that requires almost no contact with empirical data once its assumptions are accepted." (1959, S. 254) 27 Es sei dahingestellt, ob der Hinweis auf die Realitätsfeme genügt, um die Annahme maximierenden Verhaltens zu erschüttem. 28 Hier interessiert allein die Frage, wie die verhaltenswissenschaftliche Kritik der Optimierungshypothese begründet wird. Drei Einwände sind hervorzuheben: Der erste Kritikpunkt besteht darin, daß maximierendes Verhalten auf unrealistischen Informationsannahmen beruhe 29 und außerstande sei, den Problemen echterUngewißheit Rechnung zu tragen. 30 Zwar sei die neoklassische Theorie darum bemüht, Erwartungen zu berücksichtigen, indem angenommen werde, "that the decision-maker estimates the joint probability distribution of future events. He can then act so as to maximize the expected value of utility or profit, as the case may be" (Simon 1959, S. 268); gleichwohl entstünden "awkward problems when we ask how the decision-maker actually estimates the parameters of the joint probability distribution. Common sense teils us that people don't make such estimates, nor can we find evidence that they do by examining actual business forecasting methods." (Ebenda, S. 268)31 27 Vgl. auch Sirnon I962, S. 5. 28 So argumentiert etwa Schneider: "... das tatsachliche Verhalten ist kein Argument gegen die Extremwertforderung; denn die Theorie der Unternehmenspolitik sucht nicht nach den mehrheitlich ausgefllhrten, sondern nach den streng rationalen Entscheidungen." (I980, S. 56) 29 In diesem Sinne wendet etwa Heinen ein: "In der Unternehmenstheorie kommt die Annahme vollkommener Voraussicht explizit darin zum Ausdruck, daß Gestalt und Lage der Kosten- und Erlös- bzw. Preisabsatzfunktionen als eindeutig gegeben angenommen werden. Unter solchen Bedingungen ist die klassische Gewinnmaximierungsregel einwandfrei definiert. Die Entscheidungssituationen der Realität sind aber grundsatzlieh anderer Art." (I962, S.22 und 28 f.) 30 So bemerkt auch Heinen: "Bei der Ableitung des Unternehmensgleichgewichts geht sie [die traditionelle Unternehmenstheorie, M.D.] von der Annahme aus, daß das Entscheidungsobjekt immer genau weiß, welchen Zweck es verfolgt, und auch alle Konsequenzen voraussieht, die sich aus der Wahl möglicher Handlungsalternativen bzw. Strategien ergeben können." (I962, S. 22) 3 1 Die Schwierigkeiten, die sich ergeben, um den Gewinn unter Ungewißheit zu maximieren, sind von Alchian I950, S. 212, der sich auf Arbeiten von Tintner 194la, 194lb und I942 bezieht, behandelt worden: Wenn angenommen werde, daß bei Ungewißheit, jede Handlung mit einer Verteilung möglicher Ertrage verknüpft sei, ergebe sich bei Auftreten von Ungewißheit das Problem, daß sich die unterschiedlichen Verteilungen alternativer Handlungstrategien überlappen. In diesem Fall "there is no meaningful criterion for selecting the decision that will 'maximize profits'". Konfrontiert mit unterschiedlichen Verteilungen stelle sich dann die Frage, anhand welcher Kriterien die 'richtige' Verteilung gefunden werde; eine Frage, die durch die Maximierungsregel nicht lösbar ist, "since there is no suchthing as a maximizing distribution" (ebenda, S. 212). Alchian gelangt deshalb zu dem Ergebnis: "The only way to make 'profit maximization' a specifically meaningful action is to postulate a model containing certainty." (Ebenda, S. 213) Siehe auch March I Sirnon 1976, und March 1978. In der deutschsprachigen Literatur hat sich besonders Heinen kritisch zu den kognitiven Voraussetzungen der Gewinnmaximierungshypothese geäußert. Siehe dazu auch Heinen 1969 und 197I.

IV. Beschränkte Rationalität und optimierendes Verhalten

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Der zweite Einwand bezieht sich auf den Entscheidungsträger, von dem in der traditionellen Theorie angenommen werde, daß er über "unlimited powers of computation" (Simon 1963, S. 738) verfUge, denn nur dadurch werde gewährleistet, daß das Entscheidungsverhalten vollständig durch die Zielvorschrift und die Rahmenbedingungen determiniert werde. 32 Die Tatsache, daß die Fähigkeiten der Wirtschaftssubjekte beschränkt sind, um Informationen zu erfassen und stets richtig und rechtzeitig zu interpretieren, das heißt in ihrer Bedeutung und Folgewirksamkeit für das eigene Handeln zu erkennen, nennt Sirnon 'beschränkte Rationalität' (bounded rationality). Gemeint ist damit, daß die ökonomischen Agenten zwar bestrebt sind, rational zu handeln, ohne dazu jedoch in der Lage zu sein. BegrUndet wird dies durch die kognitiven Probleme der Informationsgewinnung und -Verarbeitung (information processing), die zu Fehlhandlungen fUhren, weil Informationen falsch interpretiert werden. Nelson und Winter betonen deshalb, "that failure occurs not because the intelligence system failed to acquire waming signals but because it failed to process, relate, and interpret those signals into a message relevant to available choices. Only metaphorically can a 'limited information' model be regarded as a model of decision with limited cognitive capacities." (Nelson und Winter 1982, S. 67) Der im konkreten Lebenszusammenhang stehende Mensch sei eben entgegen der orthodoxen kein 'perfect mathematician·. Der dritte Einwand ist von Vertretern der X-Effizienztheorie erhoben wor" den, als deren Begründer Leibenstein gilt. Im Unterschied zu den bisher genannten Einwänden stellt die X-Effizienztheorie explizit auf die Frage ab, ob optimierendes Verhalten die tatsächliche Motivation der Wirtschaftssubjekte adäquat widerspiegele. Selbst dann, wenn es ungeachtet der unvollkommenen Information und der begrenzten kognitiven Informationsverarbeitungsfahigkeit des Handelnden möglich wäre, optimale Ergebnisse zu errechnen, widerspräche dies der menschlichen Natur. Erstens werde das Verhalten wesentlich durch Emotionen beeinflußt. Um optimieren zu können, müßten diese Emotionen kontrolliert werden. Ziel dieser Kontrolle sei es "to achieve a mental state that helps one to feel cool, collected, and organized in judging information so that one's judgement ... will be ... as accurate as possible" (Leibenstein 1987, S. 24). Zweitens sei das Verhalten durch Verpflichtungen (commitments) beeinflußt. Als wesentlich sieht Leibenstein an, "that some ofthem are potentially nonmaximizing" (ebenda, S. 23). Und drittens verhalten sich Menschen träge, denn "unless the environment

32 Siehe auch Langlois 1990, S. 691.

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3. Kap.: Beschränkte Rationalität und echte Ungewißheit

changes quite a bit, people will behave today the way they behaved yesterday" (ebenda, S. 41 ). Relevant werde das Konzept der Trägheit dadurch, weil es die Möglichkeit suboptimalen Verhaltens ebenso einschließt wie optimales Verhalten. 33 Faßt man die genannten Einwände zusammen, wird deutlich, wo die Grenzen der Rationalitätsannahme liegen. Die Aussage, jemand werde sich vor zwei Alternativen gestellt rationellerweise für die maximal ergiebigere entscheiden, sofern er sich entscheiden will, ist trivial, wenn die Bedingungen maximierenden Verhaltens erfüllt sind: "Wären alle Möglichkeiten bekannt und in befriedigender Weise einschätzbar, wie es das neoklassische Motivationsmodell unterstellt", so Witt 1987, S. 140, "dann wäre in der Tat kaum plausibel zu machen, warum man sich mit einer geringeren als der am höchsten bewerteten Alternative zufrieden geben sollte. "34 Für die Erfassung des empirischen Entscheidungsverhaltens ist deshalb die Feststellung, unter den vorhandenen Strategien werde die mit maximalem Ergebnis ausgewählt, solange uninteressant, wie die relevanten Strukturelemente des Entscheidungsprozesses, das Präferenzsystem, die Ziel- oder Problemdefinition, der Zustandsraum, die zur Verfügung stehenden Handlungsstrategien und Aktionsparameter, die Risikoeinstellung usw. nicht hinreichend genau analysiert sind.

V. Satisficing und Routineverhalten Stochastische Entscheidungskalküle und die Berücksichtigung von Informationskosten tragen den Problemen echter Ungewißheit nur ungenügend Rechnung, weil über nicht bekannte Ereignisse keine Wahrscheinlichkeitsverteilungen bekannt sein können, und - wenn sie bekannt wären - keine eindeuti-

33 Ganz ähnlich argumentieren auch D. Schneider und Selten. So konstatiert Schneider: "... augenscheinlich handeln die meisten Menschen nicht nach der Extremwertvorschrift ... Man handelt nach dem Grundsatz der Bequemlichkeit. Erst Knappheilen oder Leidenschaften (Engpässe der Zufriedenheit) überwinden die Trägheitsschwelle der Bequemlichkeit und zwingen zur Rationalität, zur Suche nach einer maximalen Zielerfllllung bei gegebenen Mitteln." (1980, S. 55 f.) Ähnlich argumentiert Selten: "The motivationallimits of rationality are due to a separation of cognition and decision. The problern is known in philosophy under the name of 'acrasia' or 'weakness ofthe will'. A person may know very weil what action is best for him and yet may find himselfunable to take it." (1990, S. 651) 34 In eben diesem Sinne konstatiert Schlicht, daß die neoklassische Rationalitätsannahme zwar als ein Als-ob-Konstrukt theoretisch gerechtfertigt werden könne, aber auch Grenzen habe: "1f we want to understand the firm's intemal organization and the nature of economic institutions, the abstract rationality approachwill not tell us very much." (1990b, S. 710)

V. Satisficing und Routineverhalten

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gen Lösungen ergeben würden. 35 Deshalb stelle sich, so Sirnon, die Frage, "how men behave rationally in a world where they are often unable to predict the relevant future with accuracy. In such a world, their ignorance ofthe future prevents them from behaving in a substantively rational manner; they can only adopt a rational choice procedure, including a rational procedure for forecasting or otherwise adapting to the future" ( 1976, S. 142). Vor diesem Hintergrund sieht Sirnon die Aufgabe einer verhaltenswissenschaftlich orientierten Theorie darin, das traditionale Modell durch ein Modell zu ersetzen, "that would describe how decisions could be (and probably actually were) made when the alternatives of search had to be sought out, the consequences of choosing particular alternatives were only imperfectly known because of limited computational power and because of uncertainty in the external world, and the decision maker did not possess a generat and consistent utility function for comparing heterogeneaus alternatives" ( 1979, S. 500 f.). Der Akzent einer verhaltenswissenschaftlichen Theorie wird, wie diese Zitate belegen, eindeutig darauf gelegt, wie sich Institutionen und die in ihnen tätigen Menschen faktisch verhalten, nicht wie sie sich verhalten sollten. 36 In bezug auf die Wirtschaftssubjekte ist anzunehmen, daß sie nur über 'prozedurale' 37 (oder 'bounded') anstelle unbeschränkter Rationalität verfügen. Denn der Homo oeconomicus "does not stand on a mountain-top and, viewing the whole world at his feet, make a global, omniscient, rational choice. He is rational within the bounds set by his social roJe of economic man." ( 1982a, S. 390)38 Sirnon zieht daraus den Schluß, daß es den Wirtschaftssubjekten unmöglich sei, sich als Optimierer zu verhalten 39 , was nicht dahingehend zu verstehen sei,

35 Vgl. Alchian 1950.

36 Das steht nicht unbedingt im Gegensatz zum Anliegen, eine normative Theorie zu konzipieren, so bemerkt Simon: "Wenn menschliche Entscheider so rational sind, wie ihre begrenzten Rechenfllhigkeiten und ihre unvollständigen Informationen es ihnen erlauben, dann wird eine enge Beziehung zwischen normativer und deskriptiver Entscheidungstheorie bestehen." (1989, S. 605) 37 Als Erläuterung des Begriffs der prozeduralen Rationalität sei auf folgende Textstelle verwiesen: "... procedural rationality is usually studied in problern Situations-situations in which the subject must gather information of various kinds and process it in different ways in order to arrive at a reasonable course ofaction, a solution to the problem." (Simon 1976, S. 132) 38 Siehe auch Sirnon 1959, S. 256; 1972, S. 163; 1976, S. 142; 1989, S. 612.

39 Deutlich wird dies im folgenden Zitat: "For most problems that Man encounters in the real world, no procedure that he can carry out with his information processing equipment will enable him to discover the optimal solution, even when the notion of 'optimum' is weil defined. There is no logical reason why this need be so; it is simply a rather obvious empirical fact about the world

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3. Kap.: Beschränkte Rationalität und echte Ungewißheit

daß Unternehmerische Entscheidungen willkürlich getroffen würden. Vielmehr sei zu klären, nach welchen Regeln Unternehmen handeln, um komplexe, zunächst unlösbare Probleme in einfache und lösbare Probleme zu verwandeln. Um einen Eindruck von dem zu geben, wie dies geschieht, sei auf Erläuterungen verwiesen, die den Beiträgen verschiedener Autoren entnommen sind. Es sind dies erstens die Techniken, Ziele zu operationalisieren, zweitens die Herausbildung von Routinen und drittens die Suche nach zufriedenstellenden (statt optimalen) Lösungen: (1) In einer Welt vollkommener Gewißheit und unbeschränkter Rationalität gibt es keine Probleme der Operationalisierung und Implementierung ökonomischer und sozialer Zielvorgaben. Dies ändert sich, sobald auf reale Entscheidungssituationen abgestellt wird. Die Probleme der Implementierung erläutern Nelson und Winter I 982, S. 70 am einfachen Beispiel der Preispolitik: Die Entscheidung zugunsten einer Preispolitik und die Regeln der Preisfestsetzung stellten keineswegs sicher, daß auch die 'richtigen' Preise in die Kataloge, auf die Waren und Rechnungen gelangten. Manchmal bildeten die Implementierungskosten sogar ein Hauptkriterium fllr die Entscheidung, welche Preispolitik zu wählen sei. Darin macht sich ein generelles Problem bemerkbar. Abstrakte Ziele wie die, Gewinne zu erwirtschaften, den Marktanteil zu erhöhen oder das Wachstum zu beschleunigen, sind ungeeignet, um Handlungen anzuleiten, solange nicht spezifiziert werde, wie diese Ziele konkret zu realisieren sind: Eine Person, die vor dem Problem stehe, ob eine Maschine repariert werden soll oder nicht, erhält durch die Vorgabe des Gewinnziels keine Hilfestellung. Benötigt werde vielmehr ein Entscheidungskriterium, das auf die vorhersagbaren Konsequenzen konkreter Einzelhandlungen abstellt. "To serve this purpose, objectives must be articulated in such a way that they arerelevant to the decisions at hand." (Ebenda, S. 56) Ein Weg, um Entscheidungen radikal zu vereinfachen und handhabbar zu machen, besteht darin, Partialmodelle zu entwickeln, denn in der Praxis zeige sich, daß auf Totalmodelle häufig verzichtet werde. Stellt man auf die Unternehmung ab, würde ein solches Totalmodell bedeuten, daß sämtliche Investitions-, Finanzierungs-, Beschaffungs-, Produktions- und Absatzentscheidungen aufeinander abgestimmt und gleichzeitig festgelegt werden. Das sei aber, so D. Schneider 1980, S. 43, "das Ideal des Theoretikers" und wie jedes Ideal habe es nur wenig mit der Wirklichkeit zu tun. Für die Mehrzahl aller Entscheidungen werde "notgedrungen auf eine Gesamtschau aller Teilbereiche" verzichtet und statt dessen auf isolierte Pläne auf Basis von Partialmodellen zurückgegriffen. Der Vorteil dieses Vorgehens besteht darin, daß die einzelnen Handlungsmögwe live in - a fact about the relation between the enormous complexity ofthat world and the modest information-processing-capabilities with which Man is endowed." (Simon 1976, S. 135)

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lichkeiten nicht vollständig formuliert werden müssen, indem mit Pauschalisierungen gearbeitet wird. Maßgeblich für den Grad zulässiger Vereinfachungen in der Planung und damit das Ausmaß der Informationsauswertung ist letztlich der Arbeitseinsatz, den der Entscheidende für die Lösung seiner Probleme aufzuwenden bereit ist.40 (2) Eine weitere Komplexitätsreduktion erfolgt durch die Herausbildung von Routinen41 . Routinehandlungen bilden sich dann heraus, wenn bestimmte Entscheidungssituationen wiederkehren und die einmalig gefundenen Problemlösungen als zufriedenstellend bewertet werden. Das bedeutet allerdings nicht, daß Routinehandlungen das Ergebnis einer rationalen oder beschränkt rationalen Kalkulation sind. "Routines are just there", wie Schlicht 1990, S. 713 konstatiert, was nicht ausschließt, daß Routinen verändert oder zugunsten anderer Handlungsanweisungen aufgegeben werden. 42 Der Vorteil des Routinehandeins besteht darin, Entscheidungssituationen und die zur Auswahl stehenden Handlungsmöglichkeiten nicht ständig neu durchdenken zu müssen. Der Entscheidungsträger vertraut darauf, daß die erprobte Strategie auch zukünftig erfolgreich sein wird und spart dadurch Zeit, um sich verstärkt anderen Entscheidungsproblemen zuwenden zu können. Ungeachtet dieser Vorteile, sind Routinehandlungen nicht unproblematisch. Denn es besteht die Gefahr, daß ein Wechsel der Entscheidungssituation nicht rechtzeitig wahrgenommen wird, weil ja darauf verzichtet wird, Entscheidungssituationen grundsätzlich neu zu durchdenken. In diesem Sinne konstatiert Leibenstein 1987, S. 14: "... various procedures may initially have been optimal, but at some later date, if circumstances change, may turn out to be 40 Der Versuch, die Entscheidung zugunsten eines Partialmodells mit Hilfe eines 'optimalen Komplexionsgrades' von Modellen, das heißt selbst als Maximierungsproblem zu interpretieren, beruht nach Auffassung von Schneider auf einem Trugschluß: "Die zielentsprechende Modellstruktur ist vor der Problemlösung nicht zu bestimmen, weil die Zielbeiträge einer verbesserten Modellstruktur vor der Problemlösung nicht zu ermitteln sind." (1980, S. 37) Siehe auch Sirnon 1962, S. 6. 41 Nelson I Winter nehmen an, "that the routinization of activity in an organization constitutes the most important form ofstorage ofthe organization's specific operational knowledge" (1982, S. 99). Die Bedeutung von Routinen fllr die Erfassung empirischer Entscheidungsprozesse ist bereits von Machlup betont worden. Machlup schreibt: "Businessmen do not always 'calculate' before they make decisions, and they do not always 'decide' before they act. For they think that they know their business weil enough without making repeated calculations; and their actions are frequently routine. But routine is based on principles which were once considered and decided upon and have then been frequently appl ied with decreasing need for conscious choices." (1946, S. 525) 42 Diese Bereitschaft, Routinen zu überprüfen und zu ersetzen, wird vermutlich um so eher zu erwarten sein, als sich die Entscheidungssituation spürbar verändert, neue erfolgreiche Handlungsmöglichkeiten bekannt werden, die Zweifel an den praktizierten Routinehandlungen begründen.

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3. Kap.: Beschränkte Rationalität und echte Ungewißheit

non optimal." Denn "the fact that a procedure has been used for some time implies to many in an organization that it should be continued. Even if a superior alternative is readily available, the burden of proof would seem to lie on the alternative, rather than on the past procedure." (Ebenda, S. 18) Ob Routinehandlungen zu einer Optimierung führen oder nicht, ist, wie der Hinweis auf die Nachteile und Gefahren zeigt, ungewiß. Formulieren lassen sich nur die Bedingungen, unter denen die Vorteile und Gefahren von Routinehandlungen an Gewicht gewinnen oder verlieren. Es steht zu vermuten, daß vor allem repetitive, relativ einfache und überschaubare Tätigkeiten, die in einem stabilen Entscheidungskontext ausgeführt werden müssen, durch Routineverhalten optimiert werden können. (3) Der vielleicht wichtigste Beitrag der Carnegie-Mellon-Schule zur Diskussion empirischen Entscheidungsverhaltens ist von Sirnon 1957 geliefert worden. Nach Ansicht von Simon, wird bei der überwiegenden Anzahl der Entscheidungen eine 'satisficing-strategy' verfolgt. Entscheidungsträger suchen nicht nach der besten (optimalen) Lösung, sondern nach einer Lösung, die gewissen Mindestanforderungen gerecht wird. Diese Mindestanforderungen bezeichnet Sirnon als 'aspiration Ievel', im deutschsprachigen Schrifttum hat sich der Begriff 'Anspruchsniveau' durchgesetzt. Sauermann und Selten definieren das Anspruchsniveau als eine Leistungshöhe, "die eine Versuchsperson sich bei der Erfüllung einer bestimmten Aufgabe zum Ziel setzt" (1962, S. 577). Ein Anspruchsniveau "kann aus Gewohnheit gewünscht oder aus anderen Gründen fllr erstrebenswert gehalten werden, vielleicht - aber nicht notwendig - weil es ein durch Bezugspersonen oder -gruppen repräsentiertes Vorbild gibt" (Witt 1987, S. 143). Das Ziel der ökonomisch handelnden Individuen oder Organisationen besteht darin, das Anspruchsniveau zu erreichen. Um die theoretische Idee der Anspruchsniveauanpassungstheorie im Kern zu erfassen, ist es sinnvoll, zwischen der kurzfristigen und langfristigen Entwicklung zu unterscheiden. Kurzfristig bleibt das Anspruchsniveau unverändert, langfristig zeigt es die Tendenz zu variieren. Kurzfristige Betrachtung: Wird angenommen, daß das Anspruchsniveau gleichbleibt, sind drei Fälle zu unterscheiden: Das Anspruchsniveau, das die angestrebte Lage des Individuums kennzeichnet, kann der subjektiv wahrgenommenen Lage entsprechen, höher oder niedriger als der Ist-Zustand sein. Die drei Fälle sind der Reihe nach zu betrachten. Fall 1: Wenn das Anspruchsniveau dem subjektiv bewerteten Ist-Zustand entspricht, tritt ein Zustand der Stabilität ein. Das bisherige Entscheidungsverhalten wird dahingegen bewertet, daß es zum angestrebten Ziel geführt hat und

V. Satisficing und Routineverhalten

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wird deshalb beibehalten. Der Entscheidungsträger sieht keinen Anlaß, sein Verhalten zu ändern. Fall 2: Liegt das Anspruchsniveau oberhalb des subjektiv bewerteten IstZustandes, tritt Unzufriedenheit ein. Diese Unzufriedenheit löst nach Auffassung von Simon I 959, S. 263 f. vielfaltige Such- und Experimentieraktivitäten aus, die dem Ziel dienen, das Anspruchsniveau zu erreichen. Handelt es sich um mehrere Anspruchsniveaus, die positiv vom Ist-Zustand abweichen, werden sich die Aktivitäten nach der Putting-out-jires-Regel auf Aktivitäten konzentrieren, in denen die Unzufriedenheit besonders groß ist4 3 Die Kosten der vermehrten und intensiveren Such- und Experimentierhandlungen werden in Kauf genommen, um die Unzufriedenheit zu überwinden. Gelingt es, eine Handlungsmöglichkeit zu finden, mit der das Anspruchsniveau erreicht werden kann, tritt (ceteris paribus!) wieder der Zustand der Stabilität ein. 44 Fall 3: Liegt das Anspruchsniveau unterhalb des Ist-Zustands, besteht Grund zur Zufriedenheit. Für Such- und Experimentierhandlungen, die stets mit Kosten und Zeitaufwendungen verbunden sind, fehlt jede Motivation. Das kann bedeuten, daß die bisher erfolgreich praktizierten Handlungsstrategien zukünftig fortgesetzt werden. Möglich ist aber auch, daß die bislang flir notwendig befundenen Anstrengungen reduziert werden. Der Entscheider vermutet, daß er sein Anspruchsniveau auch mit weniger Aufwand erreichen kann. Langfristige Betrachtung: In allen drei geschilderten Fällen wird angenommen, daß das Anspruchsniveau unverändert bleibt. Nur unter dieser Annahme tritt ein Zustand der Stabilität ein, der zu repetitiven Handlungen fuhrt und als ein individuelles Dispositionsgleichgewicht bezeichnet werden kann. Charakteristisch flir den Satisficing-Ansatz ist nun aber die Auffassung, daß das Anspruchsniveau das Ergebnis eines kognitiven Prozesses ist, in den die Erfahrungen, die der Entscheidungsträger mit 'seiner' Umwelt macht, einfließen. Es wird davon ausgegangen, daß der Erfolg oder Mißerfolg einer Handlung das Anspruchsniveau beeinflußt. Denn "there is a great deal of psychological evidence that the aspirations that influence choice are highly sensitive to success and failure" (Simon 1982a, S. 394).

Das Anspruchsniveau erfährt dadurch eine Umwertung. Während in den Fällen 1-3 die Handlungen als abhängige Größe eines unterstellten Anspruchs-

43 Siehe Radner I Rothschild 1975 sowie M. Rothschild 1975. 44 Der Unterschied zur neoklassischen Theorie der Suche wird an diesem Fall augenscheinlich: "In an optimizing model, the correct point of termination [of information, M.D.] is found by equating the marginal cost of search with the (expected) marginal improvement in the set of alternatives. In a satisficing model, search terminales when the best offer exceeds an aspiration Ievel .... " (Simon 1978, S. 10)

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3. Kap.: Beschränkte Rationalität und echte Ungewißheit

niveaus dargestellt wurden, zeigt sich nun, daß das Anspruchsniveau seinerseits von den Handlungen und deren Ergebnis abhängig ist. Es sind nun wiederum drei Fälle zu unterscheiden: Fall 1: Stellt sich heraus, daß die gesuchten Problemlösungen leicht gefunden werden können, bzw. daß die bekannten Alternativen über dem Anspruchsniveau liegen, steigt das Anspruchsniveau. Für diesen Fall wird nämlich implizit angenommen, daß das Wirtschaftssubjekt die Leichtigkeit der Problemlösung als ein Indiz dafür nimmt, daß der vorhandene Spielraum nicht voll ausgeschöpft wurde. Er wird aus diesem Grund sein Ziel in der nächsten Planungsperiode höher stecken. Dadurch entsteht auf einer höheren Stufe Unzufriedenheit, die erneut Such- und Experimentierhandlungen auslöst. Die Erhöhung des Anspruchsniveaus wird solange fortgesetzt, solange die 'Erfahrung' den Entscheidungsträger lehrt, daß eine weitere Erhöhung aussichtslos ist. Fa/12: Der umgekehrte Fall, die Senkung des Anspruchsniveaus, wird dann erwartet, wenn das Wirtschaftssubjekt die Erfahrung macht, daß eine Realisierung des Anspruchsniveaus unmöglich oder nur sehr schwer zu realisieren ist. Der Entscheidungsträger lernt daraus, daß sein Anspruchsniveau unrealistisch ist und wird mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung sein Anspruchsniveau senken. "Je länger ein Erfolg ... ausbleibt bzw. je schwächer er ausfilllt, um so stärker paßt sich das aktuelle Anspruchsniveau in Richtung auf den realisierten Ist-Zustand an." ( Witt 1987, S. 146) Dies geschieht solange bis der Erfolg einer Handlung 'dem Realismus Recht gibt' und das (niedrigere) Anspruchsniveau erfüllt werden kann.45 Fall 3: Das Anspruchsniveau kann sich in Abhängigkeit vom Such- und Experimentiererfolg oder Mißerfolg langfristig stabilisieren, wenn zwei Bedingungen gegeben sind. Erstens, das Anspruchsniveau entspricht weitgehend dem Ist-Zustand. Der Entscheidungsträger erkennt darin, daß seine Handlungen zum gewünschten Resultat geführt haben und mit hoher Wahrscheinlichkeit auch zukünftig zum Erfolg führen werden. Zweitens, der Entscheidungsträger gelangt zu dem Urteil, daß eine Verbesserung des Ist-Zustands unwahrscheinlich ist. Die Beibehaltung des Anspruchsniveaus enthält dann Merkmale einer resignativen Zufriedenheit.

In allen drei Fällen wirkt ein 'Gesetz der Erwartungsbildung', das die Erfahrungen einbezieht, die der Entscheidungsträger in der Zielverfolgung 45 Die dahinterstehende psychologische BegrUndung ähnelt der Theory der kognitiven Dissonanz von Festinger 1957, die im Falle des Auftretens von Dissonanzen zwischen den Einstellungen und den Handlungen durch Anpassungen entweder der Einstellungen oder der Handlungen aufgehoben werden, um ein neues Gleichgewicht zu finden. Siehe auch Schlicht 1984.

V. Satisficing und Routineverhalten

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gemacht hat. Liegen die realisierbaren Handlungsmöglichkeiten oberhalb des Anspruchsniveaus, steigt dieses, liegen sie unterhalb desselben, sinken die Ansprüche. Maßgeblich für die Herausbildung von Anspruchsniveaus sind also - in langfristiger Betrachtung - Lernprozesse, die in der kognitiven Auseinandersetzung mit der Außenwelt bestehen. Darin liegt ein wesentlicher Unterschied zur herkömmlichen Sichtweise, denn "in standard theory, history does not play a roJe in decision making. Only the existing circumstances and expectations ofthe future determine optimal decisions." (Leibenstein 1987, S. 25) Einen weiteren Unterschied zur traditionalen Entscheidungstheorie sieht Pelzman in der Reduktion der kognitiven Belastung der Entscheidungsträger. Als Illustration, wie Entscheidungen radikal vereinfacht werden, erwähnt Pelzman das von Tversky 1972 entwickelte Elimination-by-aspects-model, in dem der Entscheidungsprozeß als sequentielle Eliminierung von Alternativen aufgrund von hierarchischen Entscheidungskriterien beschrieben wird. Pelzman 1985, S. 12 schildert folgenden Fall: Angenommen, ein PKW solle gekauft werden. Um zu einer Problemlösung zu gelangen, werden zunächst aus der Anzahl verschiedener Angebote, jene Fahrzeuge eliminiert, die über einem festgesetzten Höchstpreis liegen. Aus dem Kreis der verbleibenden Angebote werden Autos ausgeschieden, deren Laderaum als zu gering angesehen wird, schließlich alle, deren Benzinverbrauch zu hoch ist usw. Eine vergleichbare Entscheidungslogik ist nun aber ohne Zweifel auch für ein Unternehmen denkbar, etwa wenn eine Maschine angeschafft werden soll, indem zunächst Maschinen, die ein bestimmtes Preislimit überschreiten, ausgesondert werden, dann jene Maschinen mit hohem Energieverbrauch, Wartungsaufwand, Platzbedarf etc. bis eine den Mindestanforderungen entsprechende Maschine gefunden oder die Suche nach neuen Alternativen fortgesetzt wird. Gegen den Einwand, daß die Unterscheidung von Satisficing- und Optimierungsverhalten für die ökonomische Theorie unbedeutend sei, weil die Erwartungen (Anspruchsniveaus) dazu tendierten, sich dem Erreichbaren anzupassen, so daß "the Ievel of aspiration and the attainable maximum will be very close together", wendet Sirnon 1959, S. 263 ein, daß sich das Entscheidungsumfeld ständig ändere und es deshalb keinen Grund gebe, um von einer Anpassung an ein langfristiges Gleichgewicht zu sprechen. 46 Außerdem findet sich nach

46 Neun Jahre zuvor hatte bereits Alchian die Behauptung zurUckgewiesen, adaptives Verhalten sei als Maximierungsverhalten interpretierbar. Alchian verweist dazu auf die unrealistischen Annahmen einer solchen Gleichsetzung und schreibt: "First, a trial must be classifiable as a success or failure. The position achieved must be comparable with results of other potential actions . .. . The second condition, then, for the convergence via trial and error is the continual rising toward some optimum optimarum without intervening descents ... The above convergence conditions do

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3. Kap.: Beschränkte Rationalität und echte Ungewißheit

Auffassung von Sirnon das Satisficing-Verhalten empirisch bestätigt: Erstens erfolgt die Preissetzung der Unternehmen in der Regel nach dem Prinzip des 'markup pricing', das heißt als Aufschlag auf die (variablen oder totalen) Stückkosten und nicht nach dem Marginalprinzip; zweitens sind die Investitionsentscheidungen weitgehend zinsunabhängig und drittens bewirken abnehmende Marktanteile eine Intensivierung der Bemühungen, den Umsatz zu erhöhen.47

VI. Die Grenzen des Satisficing-Ansatzes Wie sich im Fortgang dieses Buches zeigen wird, kann mit Hilfe des Satisficing-Ansatzes auch das Prinzipal-Agent-Verhältnis innerhalb der Unternehmung analysiert werden. Gleichwohl lassen sich gegen die Anspruchsanpassungstheorie auch Einwände formulieren. Die Kritikpunkte beziehen sich zum einen auf den Anspruch des Satisficing-Konzepts, eine Alternative zum neoklassischen Entscheidungsmodell darzustellen, zweitens auf die Beibehaltung der Rationalität als maßgeblicher Grundlage zur Erklärung menschlichen Verhaltens und schließlich, drittens, auf die Übertragung des Satisficing-Konzepts auf das 'Verhalten· von Organisationen. Beginnen wir mit dem Anspruch des Satisficing-Ansatzes, das empirische Verhalten der Akteure besser abbilden zu können, als die Optimierungshypothese der traditionalen Lehrbuchökonomik. Sehen wir davon ab, daß die Optimierungshypothese im Sinne eines Als-ob-Konstrukts von dem Vorwurf empirischer Gehaltlosigkeit nicht getroffen wird48, bleibt zu fragen, ob zwischen beiden Konzeptionen tatsächlich ein strikter Gegensatz besteht. Die Optimierungshypothese besagt ja zunächst lediglich, daß ein Mensch vor mehreren Alternativen stehend, diejenige wählen wird, die einen höheren Zielerreichungsgrad repräsentiert. Diese Aussage ist trivial, weil sie tautologisch aus der

not apply to a changing environment, for there can be no observable comparison of the result of an action with any other. Comparability of resulting situations is destroyed by the changing environment. As a consequence, the measure of goodness of actions in anything except a tolerable-intolerable sense is lost, and the possibility of an individual's converging to the optimum activity via a trial-and-error process disappears. Trial and error becomes survival or death. lt cannot serve as a basis of the individua/'s method of convergence to a 'maximum' or optimum position." (1950, S. 219) 47 SieheSirnon 1963. 48 In diesem Sinne wendet etwa Schlicht ein: "the abstract rationality assumption may still be defended as a useful as if construct" (1990b, S. 703) und Röpke konstatiert: "Eine Kritik des Wirklichkeitsgehalts der Verhaltensprämissen kann diesen Ansatz nicht treffen." (1977, S. 119)

VI. Die Grenzen des Satisficing-Ansatzes

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Zielsetzung selbst hervorgeht, und kann auch von verhaltenswissenschaftlich orientierten Ökonomen nicht ernstlich bestritten werden: In dem Bestreben, sein Anspruchsniveau zu realisieren, wird ein Akteur unter einer Anzahl konkurrierender Strategien diejenige wählen, von der er annimmt, sie sei dafür am besten geeignet. Das heißt er optimiert, um zu einem zufriedenstellenden Resultat zu gelangen. Freilich ist mit der Aussage, daß ein Akteur optimiert, nicht erklärt, wie die Zielsetzung selbst definiert wird und unter welchen Bedingungen die Entscheidungstindung stattfindet. Darin liegt aber auch schon der entscheidende Mangel der Optimierungshypothese. Während die Vorzüge und Nachteile einzelner Rechenverfahren in 'beängstigender AusfUhrliehkeif erörtert würden, so D. Schneider 1980, S. 32, "findet man darüber, wie man zur Zieldefinition und den Nebenbedingungen kommt, ... wenig." Schneider fordert daher zu Recht, daß das Bemühen darauf gerichtet sein müsse, die Schwierigkeiten zu lösen, die dem 'hinreichend genauen' Abbild der wirtschaftlichen Wirklichkeit entgegenstünden. Wie das Optimum ausgerechnet werden kann, sei dann eine Frage zweiter Ordnung. In den Worten Solows: "Anything useful has to come from knowing what they optimize and what constraints they perceive." ( 1978, S. 204) Die mit dem Satisficing einhergehenden Techniken der Problemvereinfachung stehen also nicht im Gegensatz zur Optimierung, sondern tragen zum Verständnis dessen bei, wie optimiert wird. 49 Eine weitere Einschränkung erfährt der Satisficing-Ansatz durch die Beibe~ haltung des Rationalitätskonzepts. Zwar besteht kein Zweifel, daß viele menschliche Entscheidungen und Verhaltensweisen als Rationalverhalten, sei dieses beschränkt oder nicht, interpretiert werden können, allerdings kann diese Aussage nicht absolut gesetzt werden. Nicht wenige Entscheidungen werden emotional getroffen oder beruhen auf ästhetischen Urteilen, die man weder als rational noch als irrational bezeichnen kann. Schlicht plädiert deshalb dafiir, in diesen Fällen auf eine Definition der Rationalität im Sinne eines normativen oder positiven Konzepts individuellen Verhaltens ganz zu verzichten, denn "sensible behavior, as well as successful behavior, as well as actual behavior, is characterized not only by cognitions (which are the rational part) but also by emotions ... " (1990b, S. 711)50_

49 So äußern Sauermann I Selten 1962, S. 597, daß die "Auswahl der zu maximierenden Zielgrößen ... mit Hilfe des Anspruchsanpassungsschemata vorgenommen werden [kann], indem zum Beispiel die jeweils dringlichste Variable maximiert wird .... Das Anspruchsanpassungsschema gibt Oberhaupt erst die Möglichkeit, die Nebenbedingungen in systematischer Weise abzuändern, falls dieses erforderlich oder wünschenswert sein sollte." Siehe auch Langlois 1990, S. 693. 50 Siehe auch Becker 1962. 7 Dunn

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3. Kap.: Beschränkte Rationalität und echte Ungewißheit

Der dritte Einwand schließlich betrifft die Frage, ob das Satisficing-Konzept auf die Unternehmung als einer Organisation übertragbar ist. 51 Sirnon nimmt an, daß die Entscheidungsträger ihr Anspruchsniveau langfristig senken werden, wenn sie an der Realisierung ihres höheren Anspruchsniveaus scheitern und das Anspruchsniveau beibehalten, wenn dieses realisiert wird. Dahinter steht eine psychologische Interpretation individuellen Verhaltens. Übertragen auf das erwerbswirtschaftliche Unternehmen hieße dies, ein Unternehmen wäre im Falle des mehrmaligen Scheiteros der Unternehmenspolitik bereit, das Anspruchsniveau zu senken: der 'zufriedenstellende Gewinn' würde im Verlauf mehrerer Perioden, in denen keine oder nur geringe Gewinne erzielt wurden, die Tendenz haben zu sinken. Diese Reaktion erscheint jedoch wenig wahrscheinlich. Anstatt das Anspruchsniveau (die Gewinnerwartung) zu revidieren, steht vielmehr zu erwarten, daß die Unternehmenspolitik überprüft und geändert wird, um das Anspruchsniveau zukünftig dennoch erreichen zu können. Ein Unterschied ergibt sich auch dann, wenn ein bestimmtes Anspruchsniveau erzielt wurde. Ein Individuum wird unter Umständen keinen Anlaß haben, das Verhalten zu ändern. Von einem erwerbswirtschaftlichen Unternehmen kann dies nicht mit Sicherheit behauptet werden. Denn, wie im zweiten Kapitel dargelegt, impliziert die Akkumulationsorientierung erwerbswirtschaftlicher Unternehmen die Unzufriedenheit mit dem einmal Erreichten. In die Sprache der 'behavioral theory' übersetzt wäre zu formulieren, das Anspruchsniveau der erwerbswirtschaftlichen Unternehmung ist seiner Natur nach instabil, weil mit seiner Realisierung der Anreiz besteht, ein höheres Anspruchsniveau zu erreichen. Weil dem Streben nach Gewinn keine begriffliche Obergrenze gesetzt werden kann, gibt es auch keinen 'zufriedenstellenden Gewinn'. Der Satisficing-Konzeption ist deswegen nicht irrelevant oder falsch, aber es ist wichtig, sich zu vergegenwärtigen, daß es sich dabei in erster Linie um ein Erklärungsmodell individueller Entscheidungsvorgänge handelt, das nicht ungeprüft auf soziale Systeme übertragen werden kann.

VII. Resümee In einer (fiktiven) Welt vollkommener Gewißheit sind Entscheidungen gleich welcher Art trivial. Da die Vor- und Nachteile sämtlicher Handlungs-

51 Die Anwendbarkeit der Anspruchsniveauanpassungstheorie auf den Entscheidungsprozeß innerhalb von Organisationen reflektieren auch Feldmann I Kanter 1965.

VII. Resümee

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alternativen schon im voraus bekannt sind, fällt es leicht, die richtige Wahl zu treffen. In der realen Welt hingegen verfügen die wirtschaftlich handelnden Menschen nur teilweise über 'richtige' Informationen. In vielen Fällen sind sie gar nicht, nur sehr unvollständig oder sogar falsch über die entscheidungsrelevanten Sachverhalte informiert. Darüber hinaus sind sie nicht immer in der Lage, diese Informationen auch richtig zu interpretieren. Diese Schwierigkeiten wären freilich für sich genommen ohne Gewicht, wenn sich jeder Entscheidungsträger viel Zeit lassen könnte, um zu einer Entscheidung zu gelangen, oder über ausreichend Mittel verfilgen würde, um seinen Informationsstand nachhaltig zu verbessern. Beide Voraussetzungen sind jedoch nur selten gegeben. Zur unvollkommenen Information und beschränkten Informationsverarbeitungskapazität tritt die Zeit- und Mittelknappheit der Entscheidungsträger als erschwerender Begleitumstand hinzu. Entscheidungen müssen getroffen werden, obwohl Zeit und Mittel fehlen, um sich ein genaues Bild der Lage machen zu können. 'Entscheiden' bedeutet dann radikale Vereinfachungen des Entscheidungsproblems treffen, perfekte durch pragmatische Lösungen ersetzen, unlösbare Probleme in handhabbare übersetzen, indem Probleme nacheinander statt gleichzeitig gelöst werden. All dies geschieht, indem Bewertungen getroffen werden. Diese Bewertungen sind subjektiv, und wie die Argumentation von Schlicht überdies zeigt, keineswegs auf den Bereich des Kognitiven beschränkt. Emotionen spielen eine ebensogroße und vermutlich in nicht wenigen Fällen bedeutendere Rolle im individuellen Entscheidungsprozeß als 'rationale Kalküle'. Normative Entscheidungsregeln werden dadurch zwar nicht überflüssig, aber hinsichtlich ihrer empirischen Relevanz interpretationsbedürftig. Um das empirische Entscheidungsverhalten der im Unternehmen handelnden Individuen zu erfassen, ist tatsächlich empirische Forschung erforderlich, denn "armchair reasoning is no substitute for empirical research" (Selten 1990, S. 653). Daß an diesem Maßstab gemessen auch die Anspruchsniveauanpassungstheorie einige Mängel aufweist, nimmt ihre Leistung insgesamt nicht zurück. Diese besteht wesentlich darin, erkannt zu haben, daß allein mit dem Hinweis auf optimierendes Verhalten wenig über das empirische Entscheidungsverhalten ausgesagt ist. Entscheidend sind stets die Voraussetzungen und Restriktionen, unter denen Entscheidungen getroffen werden. Über diese erfahren wir in der traditionalen Theorie nur wenig. Vor allem wird in der traditionalen Behandlung empirischer Entscheidungsprobleme überhaupt nicht deutlich, daß jede einzelne Voraussetzung selbst auf einem subjektiven Bewertungsakt basiert: Ziele, Zustände, Handlungsmöglichkeiten, Ergebnisse und deren Bewertung sowie die Wahl der jeweiligen Entscheidungsmatrix können nicht als dem Entscheidungsprozeß vorausgesetzte und daher gegebene Größen betrachtet werden. Sie bilden vielmehr den eigentlichen ökonomischen Gehalt des Entscheidungsprozesses, den es zu erforschen gilt. 7•

Viertes Kapitel

Der subjektive Faktor in der Produktionsfunktion Anmerkungen zu einem zentralen Konzept der traditionalen Unternehmenstheorie

I. Das Problem

Wenn ein Wirtschaftswissenschaftler gefragt würde, in welcher Weise subjektive Faktoren, wie zum Beispiel die Motivation der im Unternehmen tätigen Mitarbeiter, im Konzept der Produktionsfunktion Berücksichtigung fmden, wäre seine Reaktion vermutlich ein Kopfschütteln, und diese Reaktion wäre auch verständlich. Das Bild der Produktion, das in den mikroökonomischen Lehrbüchern entworfen wird, zeigt ein Unternehmen, das nach getroffener Investitionsentscheidung über einen Produktionsapparat (production set) und über Produktionsfaktoren verfUgt, die eindeutige Leistungen abgeben, durch einen Satz feststehender technischer Qualitäten charakterisiert sind und in einem klar erkennbaren Wirkungszusammenhang stehen. Die Produktionsfunktion gilt mithin als ein technischer Zusammenhang. Aus dieser Perspektive können subjektive Faktoren tatsächlich keine Rolle spielen. Die Absicht dieses Beitrags besteht darin nachzuweisen, daß der empirische Sachverhalt, der dem Konzept der Produktionsfunktion zugrunde liegt, wesentlich komplexer ist, als gemeinhin angenommen wird, und daß diese Vielschichtigkeit damit zu tun hat, daß sich der wichtigste Produktionsfaktor, die menschliche Arbeitskraft, qualitativ wesentlich von den anderen Faktoren des Produktionsprozesses unterscheidet. Zwar wird nicht bezweifelt, daß die theoretischen Modelle, in denen Input-Output-Relationen mathematisch abgebildet werden können, hochkomplex sind, aber selbst diese Komplexität bleibt einem technischen Formalismus verhaftet, der viele Fragestellungen ausschließt. Die zentrale Beweisabsicht dieses Kapitels kann in zwei Thesen formuliert werden:

These 1: Der mit der Produktionsfunktion formulierte Zusammenhang zwischen dem Faktormengeneinsatz und der Ausbringung (dem Output) kann nicht auf eine technische Beziehung reduziert werden. Denn nicht die Arbeit, son-

II. Das traditionelle Konzept der Produktionsfunktion

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dem Arbeitskräfte fungieren als Produktionsfaktoren. Dadurch werden subjektive, in der Person des Arbeitnehmers liegende Faktoren relevant, die verhindern, daß Unternehmen genau wissen, wo ihre Produktionsfunktion verläuft und ob sie auf oder unterhalb der Produktionsfunktion produzieren. These 2: Produktion als sozialer Prozeß basiert auf subjektiven Bewertungen (und Interessen) der am Produktionsprozeß beteiligten Akteure. Wird daher auf die Arbeitsgestaltung, den Arbeitseinsatz und auf die technischen und sozialen Arbeitsbedingungen abgestellt, enthält die Produktionsfunktion notwendig ein normatives Element. Der Schein, die Produktion sei als ein technischer Kombinationsprozeß abbildbar, erweist sich als trügerisch.

Um den technischen Formalismus der traditionellen produktionstheoretischen Modelle zu überwinden, soll zunächst das theoretische Konzept der Produktionsfunktion in der gebotenen Kürze skizziert werden. Im Anschluß daran wird die Frage diskutiert, wodurch sich die Produktionsfaktoren voneinander qualitativ unterscheiden. Schließlich wird der Kombinationsprozeß der Produktionsfaktoren unter zwei Aspekten betrachtet. Erstens interessiert die Frage, welche Wirkung der Kombinationsprozeß auf die Faktorqualitäten hat und zweitens ist zu analysieren, ob und inwieweit der Kombinationsprozeß technisch determiniert ist.

II. Das traditionelle Konzept der Produktionsfunktion Das Augenmerk der traditionalen Theorie der Unternehmung gilt nicht der Unternehmung als sozialer Organisation. Vielmehr fungiert die Unternehmung lediglich als ein Baustein innerhalb eines komplexen Systems der Märkte und Industrien "into which inputs are entered at one end and out of which outputs are produced at the other end. What happens inside the box is of little importance, and attention is placed on the relationship between inputs and outputs." (Sawyer 1989, S. 124) Mit anderen Worten: Es interessiert, in welcher quantitativen Beziehung die Input und Outputs zueinander stehen, und nicht, welche Eigenschaften die Faktoren aufweisen und wie Inputs in Outputs transformiert werden. Die Interpretation der Unternehmung "as a technical unit in which commodities are produced" (Henderson und Quandt 1971, S. 52) wird als Produktionsfunktion beschrieben. 1 Daß mit der Produktionsfunktion tatsächlich ein I Ebenso formuliert Willmann 1962, S. 392 daß die Produktionsfunktion "hypothetische Aussagen Uber Strukturen und Abläufe im Bereich der Technologie" triffi.

I 02

4. Kap.: Der subjektive Faktor in der Produktionsfunktion

technischer (und kein sozialer) Zusammenhang gemeint ist, wird an jeder beliebigen Lehrbuchdarstellung deutlich: Der Produktionsapparat und die Qualität der Inputfaktoren als unveränderlich unterstellt, beschreibt die Produktionsfunktion "die technischen Möglichkeiten, im Rahmen eines gegebenen Produktionsapparates verschiedene Produktionsmengen mit verschiedenen Faktoreinsatzmengen zu produzieren" (Schumann 1987, S. 105)2• Den Lehrbuchdermitionen ist darUber hinaus zu entnehmen, daß die Produktionsfunktion die technisch maximal mögliche Produktionsmenge, nicht eine prinzipiell auch mögliche geringere Menge bezeichnet. In den Worten Stiglers 1976, S. 215: "In neoclassical economics the producer is always at a production frontier, but his frontier may be above or below that of other producers." Eine wichtige Eigenschaft der traditionalen Konzeption besteht darin, daß die Qualität der Produktionsfaktoren und deren qualitativer Zusammenhang als unwesentlich erachtet wird. Zwar ist es in vielen 'Einfiihrungen' üblich, zwischen den Faktoren, Boden, Arbeit, Kapital zu unterscheiden, aber diese Unterscheidung verdankt sich einer verteilungstheoretischen. Fragestellung, die mit der Abbildung und Erklärung des Produktionsprozesses nichts zu tun hat. Es genügt daher zu sagen, daß es sich um mehrere verschiedene Faktoren, ri> r2 etc., handelt, die im Produktionsprozeß eingesetzt werden, um ein bestimmtes Output zu erzeugen. Um welche Faktoren es sich handelt und worin sie sich funktionell unterscheiden, ist uninteressant. Alle Faktoren gelten daher gleich. Die Theorie der Produktionsfunktion formuliert denkbare quantitative Beziehungen zwischen einer Zahl verschiedener Faktoren, ohne deren funktionellen Verschiedenheit näher zu betrachten. Auf dieser hohen Abstraktionsebene spielt noch nicht einmal der ökonomische Zweck der Produktion eine Rolle: "When inputs and outputs are thought about at a general Ievel without distinguishing between different types of inputs ... , then it is difficult to say what the difference between households and firms is. Both can be seen as tuming inputs into outputs, some ofwhich are sold to others." (Satryer 1989, S. 122) Im Fortgang der Analyse soll gezeigt werden, daß der mit der Produktionsfunktion angesprochene ökonomische Sachverhalt weder ausschließlich technisch determiniert noch eindeutig in dem Sinne ist, daß ein bestimmter Faktormengeneinsatz notwendig zu einem bestimmten Output fUhrt. Die zentrale These wird sein, daß der Produktionsfunktion ein 'subjektives' 2 Für den Fortgang der Überlegungen ist es unwichtig, ob die Produktionsfunktion eine Substitutionale oder Iimitationale Beziehung der Faktoreinsatzmengen unterstellt. Daß allerdings Zweifel am häufig angenommenen ertragsgesetzlichen Verlauf der Produktionsfunktion berechtigt sind, zeigen die Beiträge der unten genannten Autoren und soll hier nicht näher vertieft werden. Siehe Dlugos 1961, Fande/1989, Gutenberg 1983, Hofmann 1965, Koch 1950, Lassmann 1958, Schefold 1976 und Dunn 1992. Vgl. aber auch Jacob 1960, Menger 1936, Stacke/berg 1951, Stovenhagen 1969, Weddingen 1960, Wickse/11908 und 1913.

III. Zur Eigentümlichkeit der Produktionsfaktoren

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Element anhaftet, das in der traditionalen Konzeption nicht zum Ausdruck kommt. Um dieses Element zu erfassen, ist es unerläßlich, die Produktionsfaktoren ihrer Qualität nach etwas näher zu betrachten.

111. Zur Eigentümlichkeit der Produktionsfaktoren

1. Einleitung

Jeder Produktionsprozeß kann als ein technischer Prozeß analysiert werden. Welche physikalischen oder chemischen Eigenschaften müssen die technischen Aggregate aufweisen, damit sie funktionieren? Auf welche Weise müssen die Werkzeuge und Maschinen eingesetzt und zusammengefiihrt werden? Über welche Kenntnisse, Fertigkeiten und körperlichen Voraussetzungen müssen die Arbeitskräfte verfUgen, um eine bestimmte Maschinerie bedienen, um bestimmte Arbeitsschritte ausfUhren zu können, usw. Die Beantwortung dieser Fragen, allgemein, die Analyse der technischen Seite des Produktionsprozesses fällt ganz in den Bereich der Ingenieur- und Arbeitswissenschaften. Ihr Ergebnis ist die Erklärung der qualitativen und quantitativen Beziehung der Produktionsfaktoren, sofern diese ftir das technische Gelingen eines bestimmten Produktionsprozesses verantwortlich sind. Von dieser technischen und arbeitswissenschaftliehen Behandlung der Produktion als Arbeitsprozeß unterscheidet sich die Sichtweise der Mikroökonomie, die es mit der ökonomischen und damit auch sozialen Bewertung der Produktionsprozesse zu tun hat. Der Produktionsprozeß erscheint nun nicht mehr als rein technischer Vorgang, sondern als ein sozialer Prozeß, an dem Menschen in ihrer Funktion als Arbeitskräfte mittels der zur VerfUgung stehenden Arbeitsmittel auf einen Arbeitsgegenstand einwirken. Während für die ingenieurwissenschaftliche Behandlung der Produktion eine qualitative Analyse der Produktionselemente vor allem hinsichtlich ihrer technisch, physikalisch und chemischen Beschaffenheit wichtig ist, stellt die sozialwissenschaftliehe Untersuchung der Produktion stärker auf die geistige Verfaßtheit des lebendigen Produktionsfaktors, der menschlichen Arbeitskraft, ab. Von welchen Motiven sind die Arbeitskräfte geleitet, wenn sie arbeiten? In welcher sozialen Beziehung stehen die Arbeitnehmer untereinander? Welche Rechte und Pflichten sind im individuellen Arbeitsverhältnis formuliert? Schließlich, wie ist das Verhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und seinem Vorgesetzten ausgestaltet, usw.? Der Behandlung dieser Fragen ist dieses Buch gewidmet. In diesem Kapitel geht es lediglich darum, einige qualitative Unterschiede der Produktionsfakto-

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4. Kap.: Der subjektive Faktor in der Produktionsfunktion

ren zu beleuchten, weil von diesen in der traditionalen Theorie der Unternehmung abstrahiert wird. Auch wenn die hier diskutierten Probleme auf den ersten Blick 'technisch' anmuten werden, wird sich im Ergebnis der Analyse zeigen, daß sich der lebendige Produktionsfaktor in sehr entscheidender Weise von anderen Faktoren unterscheidet und daß diese Unterscheidung selbst in technische Konfigurationen des Arbeitsprozesses hineinwirkt Insbesondere sind die folgenden Fragen zu beantworten: -

Sind die Produktionsfaktoren auf eine bestimmte Leistung fixiert, oder verfilgen s!e über Kapazitätsreserven, die unterschiedlich intensiv genutzt werden können?

-

Welche Beziehung besteht zwischen der Leistungsabgabe und dem Verschleiß eines Faktors?

-

Welche Beziehung besteht zwischen dem Verschleiß und dem Faktormengenverbrauch des jeweiligen Produktionsfaktors?

-

Läßt der Einsatz und die Kombination der Produktionsfaktoren deren Qualität unberührt? 2. Zur Bedeutung des Kapazitätsbegriffs

Es gibt Produktionsfaktoren, die auf eine bestimmte Leistung fixiert sind, wie zum Beispiel viele Werk- und Betriebsstoffe. Zu entscheiden ist dann nur, ob, aber nicht wie, das heißt mit welcher Intensität, der Produktionsfaktor eingesetzt werden soll. Das Infonnationsproblem reduziert sich darauf, eben diese Leistung zu kennen. Von grundsätzlich anderer Beschaffenheit sind Produktionsfaktoren, die über mehrere Kapazitätsgrade verfügen und dem Entscheidungsträger einen Gestaltungsspielraum eröffuen. Dazu gehört unter anderem die menschliche Arbeitskraft. Bei diesen Faktoren, Gutenberg nennt sie Potentialfaktoren, sind die Infonnations- und Entscheidungsprobleme weitaus komplexer, weil zu klären ist, welche Kapazitätsreserven ein Faktor aufweist und wie diese zu nutzen sind. Dabei ist zu berücksichtigen, daß es mehrere Arten von Kapazitätsreserven geben kann. Die quantitativen sind von den qualitativen Kapazitätsreserven zu unterscheiden; jede Gruppe für sich weist eine durch die Maximal- und Minimalkapazität gegebene Spannweite auf. Der kapazitäre Charakter der Produktionsfaktoren ist von Gutenberg 1983 ausfilhrlich behandelt worden. Nach ihm besagt "Maximalkapazität, daß ein Betriebsmittel in einer Zeiteinheit nicht mehr an Leistungen bestimmter Art und Güter herzugeben imstande ist, als seinen technischen Daten entspricht" (ebenda, S. 73), während es sich bei der Mindestkapazität "um einen techni-

III. Zur Eigentümlichkeit der Produktionsfaktoren

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sehen Begriff (handelt), als in vielen Fällen ein Betriebsmittel, eine Anlage oder ein bestimmtes Aggregat erst dann arbeitsflihig ist, wenn es mit einer gewissen Leistung in Anspruch genommen wird" (ebenda, S. 75). Wie den Definitionen unschwer entnommen werden kann, bezieht sich diese Unterscheidung vor allem auf technische Betriebsmittel, z.B. Kraftmaschinen. Die Übertragung des Kapazitätsbegriffs auf den Faktor Arbeitskraft ist schwierig und macht einige Spezifika des lebendigen Produktionsfaktors deutlich. Bezieht man den Begriff Maximalkapazität auf die Arbeitskraft, bedeutet er das Maximum dessen, was eine Arbeitskraft unter gleichbleibenden Arbeitsbedingungen überhaupt zu leisten imstande ist. Das klingt einfach, wenn die subjektiven Faktoren der Leistung konstant gesetzt werden, was filr bestimmte Tätigkeiten auch sinnvoll sein mag. Der Begriff der Maximalkapazität verliert jedoch in dem Ausmaß seine Trennschärfe, wie Kopfarbeit gefordert ist, die ein hohes Maß an Kreativität, Intelligenz, intrinsische Motivation und Eigenständigkeit voraussetzt. Das Leistungsvermögen der Arbeitskraft ist dann weniger durch technische Fertigkeiten als durch subjektive Faktoren, wie die Einstellung zur Arbeit, das Betriebsklima und durch die außerbetrieblichen Lebensumstände des Arbeitnehmers bestimmt. Es fällt unter diesen Umständen schwer, das Leistungsvermögen einer Arbeitskraft getrennt vom technischen und nicht-technischen Umfeld zu bestimmen. Noch schwieriger fällt die Interpretation des Begriffs Minimalkapazität auf die menschliche Arbeitskraft. Minimalkapazität hieße, es müßte eine Leistung geben, die von einer Arbeitskraft nicht unterschritten werden kann. Diese Annahme ist offensichtlich unsinnig, wenn sie technisch interpretiert wird. Wohl aber gibt es andere Gründe, die dafilr sprechen, eine Arbeitskraft nicht 'Daumen drehen' zu lassen, denn die Leistungsbereitschaft wird durch Langeweile ebensowenig gefördert wie das Leistungsvermögen. Trotzdem verfehlt dieser Hinweis den eigentlichen Gehalt dessen, was mit 'Minimalkapazität' im Sinne Gutenbergs gemeint ist, nämlich die Unmöglichkeit, einen Faktor wegen seiner Beschaffenheit unterhalb einer bestimmten Leistungsschwelle nutzen zu können. Das ist eine für die Arbeitskraft wenig sinnvolle Aussage. Für die Arbeitskraft ergibt daher nur der Begriff der Maximalkapazität einen wirklichen Sinn, wenngleich eine genaue Bestimmung der Maximalkapazität eines Menschen aus den oben genannten Gründen wesentlich größere Abgrenzungsund Meßprobleme aufwirft, als das bei einem technischen Aggregat der Fall ist. 3. Leistung und Verschleiß

Produktionsfaktoren, deren Leistung nicht fixiert sind, die also über einen quantitativen und qualitativen Kapazitätsspielraum verfügen, können, wie eben

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4. Kap.: Der subjektive Faktor in der Produktionsfunktion

dargelegt, mit unterschiedlicher Intensität genutzt werden. Betrachten wir zunächst den einfachen Fall, den Verschleiß eines technischen Aggregats, etwa den einer Maschine: Eine Maschine, die mit unterschiedlicher Kapazität gefahren werden kann, wird mit intensiverer Nutzung einen höheren Verschleiß aufweisen und rascher ersetzt werden müssen. Als Folge davon steigt der Faktormengenverbrauch in Abhängigkeit von der Intensität, mit der ein technisches Aggregat genutzt wird. Ein Potential kann aber nicht nur durch seine Nutzung, sondern auch durch seine Nicht-Nutzung, zum Beispiel durch ruhenden Verschleiß, abgebaut werden. In beiden Fällen besteht eine durch die physikalischchemische Beschaffenheit des Potentialfaktors gegebene relativ eindeutige Beziehung zwischen der Leistungsinanspruchnahme und dem Verschleiß. 3 Wie aber verhält es sich mit dem lebendigen Produktionsfaktor? Welche Beziehungen bestehen zwischen der Intensität, mit der die menschliche Arbeitskraft genutzt wird und dem 'Verschleiß' dieses Faktors? Nach herkömmlicher Sicht ist der körperliche und der seelische Verschleiß der Arbeitskraft vorwiegend von der Arbeitsbelastung abhängig, diese wiederum variiert ceteris paribus mit der Arbeitsintensität Daraus folgt zunächst ein ähnlicher Zusammenhang zwischen der Nutzung und dem 'Verschleiß' des lebendigen Produktionsfaktors wie bei den technischen Potentialfaktoren: Eine Erhöhung der Arbeitsintensität fUhrt zu einer Mehrbelastung der Arbeitskraft, die ihrerseits den 'Verschleiß' der Arbeitskraft erhöht, vergleichbar dem vermehrten Verschleiß einer Maschine als Folge ihrer intensiveren Benutzung. 4 Doch gilt diese Analogie nur unter bestimmten Bedingungen, denn die Arbeitsbelastung und der Verschleiß der Arbeitskraft sind durch viele Faktoren bedingt, die mehr oder weniger kompensierende Wirkung haben können. So tragen die technischen und sozialen Arbeitsbedingungen, das Leistungsvermögen und die Leistungsmotivation ebenso signifikant zum Verschleiß der menschlichen Arbeitskraft bei, wie sie umgekehrt - unter vorteilhaften Bedingungen - den Verschleiß der Arbeitskraft mindern können. Betrachten wir diese Faktoren etwas genauer, wird die Spezifik deutlich. (I) Alle technischen Veränderungen, die die Arbeit erleichtern, reduzieren die Arbeitsbelastung und ermöglichen eine Leistungssteigerung bei gleichbleibender oder sogar abnehmender Arbeitsbelastung. Wichtig ist, daß die Verbesserung der technischen Arbeitsbedingungen in nicht wenigen Fällen bereits durch geringftigige Veränderungen der Arbeitsplatzgestaltung auf Basis

3 Dem steht nicht entgegen, daß es schwierig ist, Indikatoren zu finden, um den Verbrauch technischer Potentialfaktoren zu messen. Siehe dazu Kampkötter 1981, S. 34 ff., Kistner 1982, S. 104 ff., Kloock 1969a, 1969b, S. 108 ff., 1975, S. 1958 f. und 1984, S. 245, Luhmer 1915, S. 28 f. sowie Stepan 1981, S. II ff. 4 Siehe auch Gutenberg 1983, S. 14.

III. Zur Eigentümlichkeit der Produktionsfaktoren

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gleichbleibender Produktionsverfahren erfolgen kann. 5 Zwischen dem Produktionsprozeß als technischem Prozeß und der Produktion als sozialem Gestaltungsprozeß besteht ein ebenso offenkundiger wie untrennbarer Zusammenhang. (2) Der körperliche und seelische Verschleiß der Arbeitskraft ist in hohem Maße von den sozialen Arbeitsbedingungen abhängig. Wird der Arbeitsplatz so reorganisiert, daß die Möglichkeit sozialer Interaktionen weitgehend ausgeschlossen wird, oder verschlechtert sich die personelle Zusammensetzung der Arbeitsgruppe durch Abgänge oder Umgruppierungen, so kann dies eine erhöhte Arbeitsbelastung bewirken, ohne daß sich der Arbeitsauftrag oder das Produktionsverfahren selbst geändert hätte. Gleiches trifft fiir die Kontrollmechanismen und den Führungstil im Unternehmen zu. Strenge Kontrolle wird häufig als repressiv empfunden und wirkt in der Regel demotivierend. Umgekehrt erhöht sich die Leistungsmotivation unter Umständen, wenn die Arbeitskräfte über wichtige Betriebsvorgänge rechtzeitig informiert werden. 6 (3) Die individuelle Arbeitsbelastung ist auch vom individuellen Leistungsvermögen der Arbeitskraft abhängig, das bekanntlich während der Tagesarbeitszeit Schwankungen unterworfen ist. Es ist evident, daß eine Arbeitskraft, die über große physische und geistige Leistungskraft verfiigt, eine Erhöhung der Arbeitsintensität leichter 'verkraften' wird, als eine Arbeitskraft, bei der das nicht der Fall ist. Die Ermüdungserscheinungen sind dabei selbst bei gleichen Arbeitsverrichtungen individuell verschieden. Eine Umverteilung der Arbeiten, die den individuellen Fähigkeiten der Arbeitskräfte besser Rechnung trägt, erlaubt unter Umständen eine Intensitätssteigerung, ohne die Arbeitskräfte zusätzlich zu belasten. 7 (4) Am augenfalligsten wird der Unterschied zwischen Mensch und Maschine, wenn die Einstellung zur Arbeit, die Arbeitsmotivation einbezogen wird. Eine Arbeit, die nur ungern verrichtet wird, weil sie in der Verrichtung immer gleicher Handgriffe besteht (Monotonie), weil kein interessiertes Verhältnis zum Arbeitsobjekt besteht, belastet die Arbeitskraft weitaus stärker als eine Arbeit, die Abwechslung schafft und als sinnvoll empfunden wird. Unter Umständen kann durch eine andere Arbeitsorganisation die Arbeitsintensität erhöht werden, ohne daß dadurch die Arbeitsbelastung zunimmt. Die Arbeitsbelastung kann sogar abnehmen, obwohl die Arbeitsintensität zunimmt, sofern sich der Arbeitnehmer nicht ausreichend gefordert sieht. Eine Erhöhung

5 Siehe Rühmann I Bubb 1983 sowie Bornemann 1983. 6 Siehe dazu Stoll 1983, G. Schmidtchen 1983, Schmale 1983, Porter I Roberts 1976 sowie

March I Sirnon 1958. 7 Vgl. Schmale 1983.

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4. Kap.: Der subjektive Faktor in der Produktionsfunktion

der Arbeitsintensität und das damit verknüpfte Geflihl, stärker gefordert zu werden, würde die subjektiv empfundene Arbeitsbelastung reduzieren. 8 Fassen wir zusammen: Während die Beziehung zwischen dem Intensitätsgrad und dem Verschleiß eines technischen Produktionsfaktors empirisch relativ eindeutig formuliert werden kann, treten im Fall des lebendigen Produktionsfaktors erhebliche methodische und empirische Ermittlungsprobleme auf. Aus einer erhöhten Arbeitsintensität kann nur dann auf einen erhöhten Verschleiß der Arbeitskraft geschlossen werden, wenn von den oben genannten Faktoren keine kompensierenden Wirkungen ausgehen. Umgekehrt gilt, daß die Arbeitsintensität erhöht werden kann, ohne daß die Arbeitsbelastung zunimmt, wenn die sozialen Arbeitsbedingungen, das Leistungsvermögen und die Arbeitsmotivation positiv beeinflußt werden. Ja, es ist sogar möglich, daß die Arbeitsintensität zunimmt, während die subjektiv empfundene Arbeitsbelastung abnimmt. Festzuhalten bleibt ferner, daß diese kompensierenden Effekte häufig auch unter Beibehaltung der Produktionsverfahren realisiert werden können. 4. Verschleiß und Ersatzbedarf

Beginnen wir mit einem technischen Produktionsfaktor: Eine Maschine verliert ihren Gebrauchswert durch ihren Einsatz und muß demzufolge zu einem bestimmten Zeitpunkt durch eine neue Maschine ersetzt werden. Die Differenz zwischen einer Maschine und einem Werkstoff besteht lediglich darin, daß Maschinen ihre Leistungen über mehrere Perioden abgeben, also langfristig genutzt werden und ihren Nutzwert daher erst über einen längeren Zeitraum verbrauchen. In beiden Fällen gilt, daß die Beziehung zwischen Verschleiß und Faktormengenverbrauch technisch relativ eindeutig bestimmt werden kann: Je intensiver der technische Faktor verschleißt, desto rascher muß fllr Ersatz gesorgt werden. Nehmen wir nun an, die Arbeitsleistungen seien an die Maschinenleistung gebunden, so daß die gleichen Handgriffe schneller verrichtet werden müssen, wenn die Tourenzahl erhöht wird. Eine Intensivierung der Aggregatleistung bewirkt in diesem Fall, daß die gleiche Belegschaft pro Zeiteinheit höhere Arbeitsleistungen verrichten muß. Nehmen wir nun weiter an, daß die beschäftigten Arbeitskräfte dadurch überbeansprucht werden und die Überbeanspruchung das Leistungspotential der Arbeitskräfte verschlechtert. Die Folge wäre dann derjenigen des vermehrten Maschineneinsatzes vergleichbar: Die intensivere Vernutzung der Faktoren bewirkt einen erhöhten Verschleiß und bedingt einen rascheren Ersatz der Arbeitskräfte. 8 Vgl. G. Schmidtchen 1983 und Bornemann 1983.

III. Zur Eigentümlichkeit der Produktionsfaktoren

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Man wird gegen diese Analogie einwenden können, daß die Arbeitnehmer in modernen Marktwirtschaften vielniltige Schutzrechte genießen, die einer Übernutzung rechtliche Schranken auferlegen. Aber selbst dann, wenn wir von den in vielen Gesellschaften erkämpften Schutzbestimmungen absehen, ist die Beziehung zwischen Verschleiß und Ersatzbedarf in bezug auf den lebendigen Produktionsfaktor komplexer als dies bei technischen Faktoren der Fall ist. Erstens ist die Tatsache zu berücksichtigen, daß dem Unternehmen der Mitarbeiter nicht 'gehört·. Das Unternehmen erwirbt vielmehr ein zeitlich befristetes Nutzungsrecht der Arbeitskraft. Folglich kann dieses Nutzungsrecht auch so gestaltet werden, daß die höhere Belastung der Arbeitskraft pro Arbeitszeiteinheit nicht zu einem höheren Verschleiß der Arbeitskraft ftihrt. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn die erhöhte Arbeitsbelastung pro Stunde durch eine reduzierte Gesamtarbeitszeit kompensiert wird (z.B. bei Teilzeitarbeit oder Job-Sharing). Zweitens berücksichtigt die Analogie eine wichtige Eigenschaft des Menschen nicht, der diesen von technischen Faktoren grundlegend unterscheidet, nämlich die Tatsache, daß Menschen über die Fähigkeit und den Willen zur Regeneration verfUgen. In der Freizeit gewinnt der Mensch das zurück, was er im Arbeitsprozeß verliert, seine 'Lebenskräfte'. Die Arbeitskraft kann deshalb in gewissen Grenzen intensiver genutzt werden, ohne daß das Leistungsvermögen darunter leidet. Dabei gilt: Je stärker die Überbeanspruchung der Arbeitskraft gemessen an ihrer Regenerationsfiihigkeit ist, desto rascher versiegt das Leistungspotential eines Menschen. Dieses wird umgekehrt erhalten, je mehr die Arbeitsbelastung der Regenerationsfähigkeit des einzelnen entspricht.

Während also der Ersatzbedarf im Falle einer Maschine tatsächlich primär die Folge des technischen Verschleißes ist, ist dies beim lebendigen Produktionsfaktor nicht unmittelbar und im vergleichbaren Umfang der Fall. 5. Faktoreinsatz und Faktorqualität

Nach den Ausführungen über die Wirkungen, die die intensivere Nutzung einer Maschine hat, ist evident, daß technische Potentialfaktoren im Laufe der Zeit ihre technische Eignung verlieren und dann ersetzt werden müssen. Um die Qualität der technischen Faktoren während der Zeitspanne ihrer Nutzung zu gewährleisten, müssen diese ständig gewartet werden. Die Annahme, daß die Qualität der technischen Faktoren, vor allem der technischen Aggregate, unverändert bliebe, gilt daher streng genommen nur dann, wenn eine relativ kurze Zeitspanne betrachtet wird.

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4. Kap.: Der subjektive Faktor in der Produktionsfunktion

Betrachten wir nun den lebendigen Produktionsfaktor. Auch ftlr diesen gilt, daß der Einsatz qualitative Veränderungen bewirkt: Erstens nimmt unter bestimmten Voraussetzungen das Leistungspotential eines Menschen infolge übermäßiger Beanspruchung ab. Das gilt, wie dargelegt, vor allem dann, wenn nicht genügend Zeit und Mittel fllr eine ausreichende Regeneration zur VerfUgung stehen, mit denen die Überbeanspruchung kompensiert werden kann. Zweitens sammeln Arbeitskräfte im Umgang mit den Arbeitsmitteln und Arbeitsgegenständen Erfahrungen, lernen hinzu und erhöhen auf diese Weise ihr Leistungspotential als Folge ihres Arbeitseinsatzes. Im Unterschied zu den (meisten) technischen Faktoren verbessert sich also die Qualität des Faktors auch durch dessen Beanspruchung. 9 Drittens wird durch den Einsatz der Arbeitskraft auch dessen Leistungsmotivation berührt: Eine als sinnvoll empfundene Arbeit motiviert zu höheren Leistungen. Eine als unbefriedigend empfundene Arbeit verringert die Leistungsmotivation und löst Konfliktverhalten unterschiedlicher Intensität aus. Aus den genannten Gründen unterliegt die Arbeitskraft vom ersten Moment ihres Einsatzes an tiefgreifenden qualitativen Veränderungen; Veränderungen, die sowohl die technischen Fertigkeiten als auch die Arbeitsmotivation und zufriedenheit berühren. Diese Veränderungen des subjektiven Faktors wirken ihrerseits in vielfliltiger Weise auf die Qualität der anderen Produktionsfaktoren zurück, was sich zum Beispiel im sorglosen bzw. sorgfliltigen Umgang mit den Arbeitsmitteln und in ihrem Verschleiß ausdrücken kann. Die statische Produktionstheoriestellt deshalb, wie Fande/1989, S. 150 zu Recht bemerkt, nur "fllr kurze Perioden eine gute Approximation der realen produktionswirtschaftlichen Tatbestände dar", für längere Zeiträume ist sie dagegen ungeeignet.

9 Derartige durch Lernprozesse induzierten Veränderungen werden durch das 'Konzept der Lerntheorie" berücksichtigt. In ihrer bekanntesten Version wird angenommen, daß der Produktionskoeffizient einer bestimmten Faktorart "mit jeder Verdoppelung der Zahl der hergestellten Produkteinheiten um einen gleichbleibenden prozentualen Betrag fllllt" (Fandel 1989, S. 166). Fandei sieht diese Hypothese durch zahlreiche empirische Untersuchungen als bestatigt an. Wichtig erscheint die Feststellung von Fandet, daß die Lernprozesse nicht nur die Produktivitat des Faktors Arbeitskraft erhöhen, sondern diesen selbst qualitativ verändern: "Die Verminderung der Produktionskoeffizienten laßt sich ... eindeutig durch eine qualitative Steigerung des Faktors Arbeit [genauer hatte es 'Arbeitskraft" heißen müssen, M.D.] erklaren. Insofern ist es vielleicht etwas irrefilhrend, von im Zeitablauf unterschiedlichen Produktionskoeffizienten desselben Faktors ... zu sprechen." (S. 168, Hervorh. M.D.) Siehe dazu auch Alchian 1963, Asher 1956, Searle 1945, Hirsch 1952 und 1956, Co/e 1958, Conway I Schultz 1959, Schneider 1965 sowie Wright 1936.

IV. Produktion als ein sozialer Prozeß

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IV. Produktion als ein sozialer Prozeß 1. Einleitung

Obwohl niemand bestreiten wird, daß sich die Produktionsfaktoren qualitativ unterscheiden, wird den Qualitätsmerkmalen der Produktionsfaktoren in der traditionalen Mikroökonomik keine Beachtung geschenkt. Es herrscht die Vorstellung, der Produktionsprozeß sei eine technische Beziehung zwischen Produktionsfaktoren, deren Leistungen ebenso eindeutig feststehen wie das Produktionsergebnis. Wie eben entwickelt, ist diese Eindeutigkeit in bezug auf den lebendigen Produktionsfaktor nicht gegeben. Es ist nun zu untersuchen, welche Konsequenzen daraus fllr den Charakter des Produktionsprozesses erwachsen. Im einzelnen sind drei Fragen angesprochen: -

Führt der Kombinationsprozeß zu einer eindeutigen Definition der Produktionsmöglichkeiten (production set)?

-

Produziert ein Unternehmen aufeiner Produktionsfunktion?

-

Ist das Faktormengenverhältnis ausschließlich technisch bestimmt?

In der Beantwortung dieser Fragen wird sich zeigen, daß die traditionelle Konzeption der Produktionsfunktion auch in bezug auf die Kombination der Produktionsfaktoren unbefriedigend bleibt. In der Behandlung des Kombinationsprozesses findet sich ein weiteres Mal die These bestätigt, daß die Unternehmung als ein "theoretical construct" (Machlup I 967) ein Explanans, nicht aber ein Explanandum der mikroökonomischen Theorie ist. 2. Führt der Kombinationsprozeß zu einer eindeutigen Definition des 'production set' einer Unternehmung?

In der herkömmlichen Konzeption der Unternehmung sind die Entscheidungsträger sehr genau darüber informiert, welches Output durch welche Faktormengenkombination erzeugt werden kann. In der Realität treten jedoch Ungewißheiten und Risiken im Produktionsablauf auf. Sieht man von den Ungewißheiten ab, die sich auf technische Faktoren beziehen, sind die Ungewißheiten zu berücksichtigen, die sich auf das menschliche Leistungsund Sozialverhalten der Arbeitnehmer beziehen. Diese Verhaltensunsicherheiten ( Williamson 1990) sind der Tatsache geschuldet, daß die Arbeitskräfte in bestimmten Grenzen ihren Arbeitseinsatz frei variieren können und daß sich

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4. Kap.: Der subjektive Faktor in der Produktionsfunktion

die Einstellungen, Fähigkeiten und das Wissen der Arbeitskräfte im Zeitablauf verändern. 10 Einige Unsicherheitsfaktoren können natürlich dadurch berücksichtigt werden, daß fllr die zufallsabhängigen Variablen eine Wahrscheinlichkeitsverteilung ermittelt und jedem Wert einer Zufallsgröße eine bestimmte Eintrittswahrscheinlichkeit zugeordnet wird. Darüber hinaus kann zusätzlich eine Zufallsvariable eingefllhrt werden. 11 Die theoretische Unmöglichkeit, das Auftreten echter Ungewißheit stochastisch zu lösen, macht jedoch deutlich, daß die eindeutige Fixierung des Produktionsmöglichkeitsraums letztlich eine Idealvorstellung bleibt, der man sich in der Realität nur annähern kann. 12 Denn die Produktionsmöglichkeiten sind durch das Wissen begrenzt, aber das Wissen ist - wie Nelson und Winter 1982 betonen - "subject to change .... It is subject to increase, as when production workers learn 'by doing' to do their jobs rnore efficiently, and to decrease as workers forget the details of tasks they have not recently performed. ... Where in all these dirnensions, are the discontinuities that could plausibly give rise to production sets with sharp boundaries?" (Ebenda, S. 63 f.) Die Tatsache, daß die Produktionsmöglichkeiten einer Unternehmung beschränkt sind, impliziert nicht, daß die Schranke des Möglichen immer klar gezogen wäre. Die technischen Grenzen der Produktion sind dabei unter Umständen fllr die Festlegung der Plangrößen sogar weniger relevant als die im menschlichen Verhalten liegenden Schranken der Effizienz. Ungewißheiten in bezug auf individuelles Leistungs- und Sozialverhalten resultieren, sieht man einmal von dem unlösbaren Problern ab, innerpersönliche Vorgänge zu beobachten, vor allem daraus, daß sich die Motivationen, Kognitionen und Fähigkeiten der beteiligten Akteure im Zeitablauf verändern. Wie dies geschieht und welche Mechanismen dabei zum Tragen kommen, wird im Fortgang dieses Buches noch gezeigt werden.

10 Siehe Leibenstein 1987, S. 131. II Vgl. Fande/1989, S. 180. 12 Fande/1989 verweist aufzwei weitere Schwachpunkte der üblichen stochastischen Lösung des Ungewißheitsproblems im Produktionsbereich: "Zum einen steht man vor dem fast unlösbaren Problem, die Auswirkungen auf die Produktion einzelnen Einflußfaktoren der ökonomischen oder technischen Effizienz zuzurechnen und damit die Effekte jener Bestimmungsgrößen zu trennen und gegeneinander abzugrenzen. Andererseits gehen diese Konzepte von den Annahmen aus, daß auf den Beschaffungs- und Absatzmarkten der Produktionsunternehmen vollständige Konkurrenz herrscht, .... " (Ebenda, S. 182)

IV. Produktion als ein sozialer Prozeß

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3. Produziert ein Unternehmen auf der Produktions/unktion?

Während von Nelson und Winter in Zweifel gezogen wird, ob die Trennlinie des Möglichen und Unmöglichen eindeutig gezogen werden kann, zielt die produktionstheoretische Kritik von Leibenstein darauf ab, daß die ökonomischen Akteure unterhalb der theoretisch gedachten Grenze ihrer Möglichkeiten bleiben: "Firms and economies" - so Leibenstein - "do not operate on an outerbound production possibility surface consistent with their resources. Rather they actually work within a production surface weil within that outer bound. This means that for a variety of reasons people and organisations normally work neither as hard nor as effectively as they could." (1966, S. 413) In der X-Effizienz-Literatur der letzten Jahrzehnte sind viele Belege daftlr geliefert worden, daß die ökonomischen Akteure unterhalb ihrer Möglichkeiten bleiben. Leibenstein 1976 selbst liefert vier Gründe, warum es unmöglich sei, Inputgrößen unmittelbar in Outputgrößen zu transformieren: (I)

Die Konkretisierung der effektiven Arbeitsleistung "is left to custom, authority, and whatever motivational techniques are available to management as weil as to individual discretional judgement" (eben da, S. 45).

(2)

Technische Effizienz unterstellt die technische Verfilgbarkeit der Produktionsfaktoren einschließlich des dispositiven Faktors. Diese Verfilgbarkeit sei jedoch nicht immer gegeben. 13

(3)

Die Produktionsfunktion ist den Unternehmen nur unvollständig bekannt. Es existiert Ungewißheit, ob der technisch effiziente Zustand bereits erreicht sei oder nicht.

(4)

Das Verhalten der Unternehmen werde durch das Verhalten anderer Unternehmen beeinflußt. Imitationsprozesse können Unternehmen davon abhalten, ihre Effizienz auszuschöpfen. 14

Obwohl die Kritik von Leibenstein das traditionale Konzept der Produktionsfunktion nicht tangiert, - die Existenz einer Produktionsfunktion muß ja gedanklich unterstellt werden, wenn ein Abweichen von ihr konstatiert 13 Leibenstein verweist in diesem Zusammenhang auf die Schwierigkeiten der Unternehmen, qualifizierte Manager zu finden. 14 Weitere Gründe nennt Rozen 1985. Seiner Auffassung nach erklärt sich die Verhaltensvariabilität (behavioral variability) der Mitarbeiter damit, daß Menschen unaufmerksam und unkonzentriert seien und nicht wie Roboter arbeiteten, im Zeitablauf ihr Interesse an der Arbeit verlören, vom Management nur unzureichend motiviert wurden und sich auf der Grundlage des Interessengegensatzes zwischen Arbeitern und Management taktische Verhaltensmuster entwickelten. 8 Dunn

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4. Kap.: Der subjektive Faktor in der Produktionsfunktion

wird - machen die Überlegungen immerhin deutlich, daß die Produktionsfunktionen real existierender Unternehmen ein subjektives Element enthalten. Anhänger der X-Effizienztheorie gehen in ihren Ausruhrungen soweit, in diesen subjektiven Faktoren, wie etwa der Motivation der Arbeitskräfte, die wesentliche Ursache fllr den Erfolg oder Mißerfolg einer Unternehmung zu sehen. Denn "if ... firms seem broadly alike, and yet generate different results, motivational considerations should not be ruled out as a potential explanation, ... firms can try harder, or slack off, not because of preference revaluation, but because of their inherent ability to vary effort-intensity as situations demand" (Rozen 1985, S. 663, 673). Nicht zuletzt aus diesem Grund sieht es Rozen als eine wichtige theoretische Aufgabe an zu erklären, wie die ökonomischen Akteure dazu motiviert werden können "to do their best needs" (ebenda, S. 668). 4. Ist das Faktormengenverhältnis ausschließlich technisch bestimmt?

Die Fragestellung ist provokant gemessen an dem, was in den meisten Lehrbüchern als Definition der Produktionsfunktion nachzulesen ist. "Die Produktionsfunktion impliziert ... technische Effizienz in dem Sinne, daß die mit der gegebenen Technik vorhandene Produktionsmöglichkeit voll ausgenützt wird." (Schumann 1987, S. 105) Offensichtlich geht die Defmition der Produktionsfunktion von der Vorstellung aus, daß wir es mit zwei verschiedenen Effizienzgesichtspunkten zu tun haben. Als technisch effizient gilt eine Faktormengenkombination dann, wenn mit ihr kein höheres Output herstellbar ist, bzw. wenn die zur Produktion eines feststehenden Outputs benötigten Faktormengen nicht reduziert werden können. Ökonomisch effizient ist eine bestimmte Faktormengenkombination dann, wenn mit ihr ein Gewinnmaximum erzielt werden kann. Diese Sichtweise ist charakterisiert durch die klare Trennlinie, die sie zwischen der technischen Konfiguration und ihrer ökonomischen Bewertung zieht. Die ökonomische Bewertung geht gewissermaßen von der technisch bestimmten Faktormengenbeziehung als einem Datum aus. Von gleichem Gewicht ist die ökonomische Bewertung des Produktionsergebnisses, welches - zumindest wenn man den gängigen Lehrbuchdarstellungen folgt - allein durch die Ausbringungsmenge repräsentiert ist. Das heißt, es wird von externen Effekten der Produktion abstrahiert. Die Folgeüberlegungen zeigen, daß eine strikte Trennung zwischen technischer und ökonomischer Effizienz unrealistisch ist. Nehmen wir an, die Einrichtung eines Arbeitsplatzes erfordere einen bestimmten Raumbedarf, der jedoch in Grenzen reduziert werden kann, ohne daß deswegen die Arbeitsleistung tangiert wird. In dem betreffenden Raum könnten

IV. Produktion als ein sozialer Prozeß

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beispielsweise zusätzliche Arbeitsplätze eingerichtet werden, so daß der Raum intensiver als bisher genutzt würde, allerdings würde die individuelle Arbeitsbelastung durch die größere Beengtheit der Arbeitsverhältnisse zunehmen. Mit anderen Worten: Die technische Bewältigung der Arbeitsaufträge unterstellt einen bestimmten Raumbedarf, läßt aber offen, ob der Arbeitsplatz humaner gestaltet wird oder nicht. Die Frage, die uns beschäftigen soll, lautet: Liegt hier ein Fall von technischer Ineffizienz vor, weil der zur VerfUgung stehende Raumbedarf großzUgiger ausflillt, als notwendig wäre, um ein bestimmtes Output herzustellen? Legt man die obige Definition der Produktionsfunktion zugrunde und sieht man das Output allein durch die erzeugte Gütermenge repräsentiert, wäre diese Frage zu bejahen, denn die Produktionsmöglichkeiten werden technisch nicht voll ausgenützt. Aber ist es wirklich die Technik oder ein Gebot technischer Effizienz, das über die Arbeitsplatzgestaltung entscheidet? Wohl kaum! Ein Unternehmer kann sich dazu entschließen, die anteiligen Mietkosten pro Outputeinheit zu reduzieren, indem der verfilgbare Raum intensiver als bisher genutzt wird, und die höhere Arbeitsbelastung seiner Mitarbeiter dabei in Kauf nehmen. Ein Unternehmer mag sich ebensogut umgekehrt flir eine großzügige Raumgestaltung entscheiden, in der Erwartung, durch humane Arbeitsbedingungen die Leistungsmotivation und Arbeitszufriedenheit seiner Mitarbeiter zu erhöhen, oder einfach, weil er sich dazu moralisch verpflichtet fühlt. Wie immer sich ein Unternehmer im Einzelfall entscheiden wird, die Entscheidung verdankt sich stets einer eigenständigen Bewertung, in der ökonomische und nicht-ökonomische Größen einfließen. Richtig ist: An einer Werkbank kann immer nur eine begrenzte Zahl von Mitarbeitern arbeiten, und für die Verrichtung einer Arbeit sind bestimmte technische Voraussetzungen erforderlich. Aber diese technischen Erfordernisse bedeuten nicht, daß das Faktormengenverhältnis auch nur annäherungsweise durch ein formales Prinzip, wie das der technischen Effizienz, abgebildet werden kann. Alle Fragen, die unter dem Stichwort 'Humanisierung der Arbeitswelt' diskutiert werden, berühren in irgendeiner Weise auch das Faktormengenverhältnis. Sie verdanken sich ökonomischen, sozialen und ethischen Prinzipien der Arbeitsplatzgestaltung, zwischen denen häufig ein komplizierter Ausgleich geschaffen werden muß. Man mag einwenden, daß die mikroökonomische Theorie den hier untersuchten Fall durchaus kennt: Mit dem Begriff der externen Effekte wird bekanntlich der Tatsache Rechnung getragen, daß das Ergebnis des Produktionsprozesses Effekte einschließt, die in die Rechnungslegung des Unternehmens nicht eingehen. Als Output der Produktion wäre zusätzlich als (positiver) externer Effekt das Gut 'Arbeitszufriedenheit' zu berücksichtigen, g•

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4. Kap.: Der subjektive Faktor in der Produktionsfunktion

während eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen als negativer externer Effekt zu gelten hätte. Dem Wohlfahrtsgewinn - ausgedrUckt in einer vermehrten Gütermenge - stünde ein Wohlfahrtsverlust als Folge schlechter Arbeitsbedingungen gegenüber. Mit anderen Worten: Die Abstraktion von externen Effekten, wie sie flir die Lehrbuchdarstellung der Produktionsentscheidung typisch ist, ist flir die konzeptionelle Idee der Produktionsfunktion an sich nicht zwingend. Allerdings nimmt die Berücksichtigung externer Effekte das oben Gesagte nicht zurück; im Gegenteil: Das Auftreten externer Effekte belegt den sozialen Charakter der Produktion als Arbeitsprozeß. Entscheidungen wie die, ob in beengten oder großzügig gestalteten Räumen, ob mit hohem oder geringem Sicherheitsstandard gearbeitet wird, verdanken sich keinem Gesetz technischer Effizienz. Damit steht aber zugleich fest, daß der Faktormengeneinsatz kein technisches Datum darstellt, sondern sich ebenfalls sozialen und ökonomischen Bewertungen verdankt.

V. Resümee Die traditionale mikroökonomische Theorie der Unternehmung definiert die Produktionsfunktion als ein technisch bestimmtes Input-Output-Verhältnis. Zugleich werden die qualitativen Unterschiede zwischen den Faktoren eingeebnet. Sie erscheinen gleichermaßen als ·Inputs·, deren technische Kombination notwendig ein bestimmtes Ergebnis, einen Output, hervorbringt. Gegen diese Sicht der Dinge ließe sich nicht viel einwenden, wenn sämtliche Produktionsfaktoren technisch bestimmt wären. Aber sie sind es nicht. Die menschliche Arbeitskraft unterscheidet sich qualitativ von den anderen Produktionsfaktoren: Während Intensitätssteigerungen technischer Aggregate einen höheren Verschleiß bewirken, fuhrt eine Erhöhung der Arbeitsintensität nicht zwangsläufig zu einem höheren Verschleiß der Arbeitskraft. Für technische Faktoren unvorstellbar, kann der Verschleiß des lebendigen Faktors sogar sinken, obwohl die Arbeitsintensität steigt, wenn die Arbeit als ·zu leicht', trivial und deshalb unwichtig empfunden wird. Während der erhöhte Verschleiß technischer Aggregate Ersatzbedarf erzeugt, verfligt der lebendige Produktionsfaktor über die Fähigkeit, in der Zeit seiner Nichtbenutzung sein Leistungspotential, das er im Produktionsprozeß verliert, selbsttätig zurückzugewinnen. Mehr noch, der lebendige Produktionsfaktor sammelt durch seinen Einsatz Erfahrungen, er lernt hinzu, erwirbt neue Fertigkeiten, die zu einem technisch und ökonomisch effizienteren Faktoreinsatz flihren.

V. Resümee

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Eine Konsequenz dieser Prozesse, die häufig unmerklich und in kleinen Schritten erfolgen, ohne daß das Produktionsverfahren selbst gewechselt wird, besteht darin, daß das Bild einer scharfen Trennlinie zwischen Möglichem und Unmöglichem verschwimmt und es fraglich wird, ob Unternehmen genau wissen, wo ihre Produktionsfunktion verläuft. Sie handeln unter Ungewißheit und sind gezwungen zu experimentieren, um die Effizienz ihrer Produktion zu erhöhen. Wettbewerbsvorteile gegenüber den Konkurrenzunternehmen werden errungen, wenn es gelingt, die Faktoreinsatzmengen (bei gleichem Output) zu minimieren. Aber dies geschieht nicht selten durch die Beeinflussung des subjektiven Faktors der Produktion. Nicht zuletzt in dieser Hinsicht wird die soziale Dimension des Produktionsprozesses als Arbeitsprozeß deutlich: Es muß entschieden werden, unter welchen sozialen Bedingungen produziert wird, weil 'die Technik' dergleichen nicht entscheidet. In den Worten eines britischen Ökonomen: "lfthe inputs involved were all inanimate, then it would usually be possible to formulate with considerable accuracy the relationship between inputs and outputs ... But the process of production involves human beings. The output from, say, ten hours work can vary enormously depending on, inter alia, the skill of the workers, their morale and commitment, the degree of control over them, etc. Further, there is always a social dimension of production." (Smryer 1989, S. 40)

Fünftes Kapitel

Äquivalententausch oder Autoritätsverhältnis? Der Arbeitsvertrag als Grundlage des individuellen Beschäftigungsverhältnisses

I. Das Problem Betrachtet man den Arbeitsvertrag als rechtliche Vereinbarung über einen Warentausch, ohne die gehandelte Ware selbst näher zu beleuchten, besteht kein Unterschied zwischen einem Arbeitsvertrag und dem Kaufvertrag einer beliebigen anderen Ware. Das soziale Verhältnis der Vertragsparteien stellt sich als eine Tauschbeziehung dar, in der beide Seiten zum Zwecke ihres wechselseitigen Vorteils zusammenwirken. Auf dieser Vorstellung des Äquivalententauschs beruht die neoklassische Interpretation des Arbeitsvertrags: Es fmdet ein Austausch statt, niemand zwingt die Tauschpartner zum Vertragsschluß, also erfolgt dieser freiwillig und zum Vorteil aller Beteiligten. Tatsächlich stehen sich im Arbeitsvertrag gleichberechtigte Tauschpartner gegenüber: Die Unternehmung zwingt den Arbeitnehmer nicht zur Arbeit, vielmehr erklärt sich der Arbeitnehmer freiwillig bereit, seine Arbeitskraft dem Unternehmen zur Verfügung zu stellen, um dafür einen Lohn zu beziehen. Und der Arbeitnehmer übt umgekehrt keinen Zwang auf das Unternehmen aus, die Arbeit zu entlohnen. Dies geschieht ebenfalls freiwillig, weil der Arbeitgeber nur gegen Lohn Anspruch auf eine Gegenleistung erwirbt. Jeder Vertrag schafft also "genau besehen ein beiderseitiges ·Anordnungsrechf gegenüber dem Vertragspartner auf Lieferung und Leistung einerseits, Bezahlung andererseits" (D. Schneider 1987a, S. 542). Und dieses Anordnungsrecht wird staatlich geschützt. Verträge werden nicht in1 Machtvakuum geschlossen, da hinter den Vertragsparteien die "gesamte rechtsstaatliche Gewalt steht", mit der Vertragsverletzungen negativ sanktioniert werden können. Ungeachtet der rechtlichen Gleichstellung der Vertragsparteien und der Tatsache, daß beide Vertragsparteien in dem Sinne freiwillig in den Vertrag einwilligen, daß keine Vertragspartei die andere zum Abschluß eines Vertrags

I. Das Problem

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nötigen kann, hält die herkömmliche Interpretation des Arbeitsvertrags zwei Fallstricke bereit. Denn erstens schließt die rechtliche Gleichstellung ökonomische Ungleichheit zwischen den Vertragsparteien nicht aus, sondern ein und es stellt sich die Frage, welchen Effekt diese Ungleichheit auf die Ausgestaltung des Arbeitsvertrags hat. Und zweitens stellt sich die Frage, worin der Gegenstand des Arbeitsvertrags tatsächlich besteht? Wird eine bestimmte wohldefinierte Arbeitsleistung gegen ein Entgelt, den Lohn, getauscht, oder erwirbt der Prinzipal mit dem Arbeitsvertrag ein Nutzungsrecht der Arbeitskraft? Wie sich im Fortgang dieses Kapitels zeigen wird, bringen diese Einwände die traditionale Vorstellung des Äquivalententauschs zu Fall. Einige Ergebnisse dieser Diskussion sollen den Austubrungen erneut thesenartig vorangestellt werden: These 1: Gegenstand des Arbeitsvertrags ist nicht die Arbeit, sondern die menschliche Arbeitskraft, also ein Potentialfaktor. Charakteristisch filr dieses Verfügungs- oder Nutzungsrecht ist seine Unbestimmtheit in bezug auf die konkrete Arbeitsleistung, denn der Arbeitsvertrag spezifiziert nicht genau, welche Arbeit mit welcher Intensität erbracht werden muß. Der Arbeitsvertrag erlaubt daher in gewissen Grenzen die qualitative und quantitative Variation der Arbeitsleistung, ohne daß dies zu einer Veränderung des Arbeitsvertrags fUhren würde. Anders ausgedrückt, der Arbeitsvertrag enthält einen Gestaltungsspielraum. These 2: Die Unbestimmtheit des Arbeitsvertrags ist filr das Unternehmen vorteilhaft, weil ein Unternehmen dadurch flexibel auf Marktentwicklungen reagieren kann, ohne erneut in Verhandlungen mit den Arbeitnehmern eintreten zu müssen. Der Arbeitsvertrag bewirkt daher eine Minderung der Transaktionskosten (gegenüber dem vollkommen spezifizierten Arbeitsvertrag oder einem Werkvertrag). Außerdem verleiht der Arbeitsvertrag dem Unternehmen das Recht, die Arbeitsleistung innerhalb der rechtlich zulässigen Grenzen zu verdichten. Die Arbeitsleistung kann also (in Grenzen) intensiviert werden, ohne daß sich die Lohnsumme ändert. These 3: Ein Arbeitnehmer willigt mit dem Abschluß des Arbeitsvertrags grundsätzlich in ein Autoritätsverhältnis ein. Neben der Risikoaversion des Arbeitnehmers (Knight-Fall) und der Möglichkeit, daß sich ein Arbeitnehmer indifferent verhält, welche Arbeiten zu verrichten sind (Simon-Fall), kommt als wesentlicher Beweggrund die ökonomische Dringlichkeit des Arbeitsuchenden in Betracht (Weber-Fall), in den Arbeitsvertrag einzuwilligen, der ihm offeriert wird. Denn dem Arbeitnehmer bleibt in der Regel faktisch nur die Wahl, in welches Autoritätsverhältnis er einwilligen will.

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S. Kap.: Äquivalententausch oder Autoritätsverhältnis?

Die Relevanz dieser Überlegungen für eine sozialwissenschaftliche Theorie der Unternehmung kann kaum unterschätzt werden. Erst die Erkenntnis, daß es sich beim Arbeitsvertrag nicht um einen Äquivalententausch, sondern um eine Autoritätsbeziehung handelt, belegt die Notwendigkeit einer Analyse der sozialen Interaktionen im Prinzipal-Agent-Verhältnis. Umgekehrt erscheint eine Analyse der sozialen Interaktionen überflüssig, wenn der Arbeitsvertrag unter Berücksichtigung aller Eventualitäten geschlossen würde, weil in diesem Fall die soziale Interaktion mit dem Abschluß des Arbeitsvertrags erlischt. Anweisungen und Leistungskontrollen entfallen beim Äquivalententausch. Innerbetriebliche Zielkonflikte und Machtasymmetrien können nicht auftreten. Im Gegensatz dazu belegt die sozialwissenschaftliche Analyse des Arbeitsvertrags einmal mehr die Notwendigkeit, das Unternehmen als eine soziale Institution aufzufassen, die sich durch Zielkonflikte und Machtasymmetrien auszeichnet.

II. Zur Relevanz und Irrelevanz vollständiger Verträge Bevor wir uns mit der Eigentümlichkeit des Arbeitsvertrags auseinandersetzen, macht es Sinn, sich mit dem Vertragstyp zu beschäftigen, der der orthodoxen (neoklassischen) Behandlung ökonomischer Transaktionen zugrunde gelegt wird. Es ist dies die Form des vollständigen Vertrags 1• Ein vollständiger Vertrag liegt dann vor, "wenn sich die Vertragsparteien über die Zuordnung aller Risiken, die mit der Durchführung des Vertrages verbunden sind, geeinigt haben. Sie müßten über jede Eventualität beraten( ... ), das Risiko einer Vertragspartei zuordnen und festlegen, welche Leistung der Risikoträger im Falle des Risikoeintritts zu übernehmen hat." (Schäfer und Ott 1986, S. 251) Daraus folgt, daß vollständige Verträge Verträge mit symmetrischer Information sind, die von Dritten überprüft werden können. "Da in ihm jedes Risiko mit seinen Konsequenzen zugeordnet ist und diese Zuordnung den Preis der Leistung entsprechend dem Erwartungswert des Risikos beeinflußt, ist der Vertrag nicht mit Risiken behaftet, die später zu einer Abänderung, Aufbebung oder Anfechtung fUhren könnten. Er ist wirksam und unangreifbar." (Eben da, S. 251)

1 Verträge dieser Art, werden von Macneil 1978 als "klassische' Verträge bezeichnet. Statt dessen soll hier die Bezeichnung 'vollständiger Vertrag' beibehalten werden, um Verwechslungen mit dem 'klassischen' Arbeitsvertrag zu vermeiden, der keineswegs zu den vollständigen Verträgen gehört.

li. Zur Relevanz und Irrelevanz vollständiger Verträge

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Die Relevanz dieses Vertragstyps resultiert einmal aus seiner Funktion "als juristisches Korollar des Modells des vollkommenen Marktes, ... in dem persönliche Beziehungen nicht die geringste Rolle spielen" (Richter und Furubotn 1996, S. 157); und zweitens aus der Funktion, der Gesetzgebung und Rechtsprechung als Referenzsystem zu dienen. 2 Jedoch erfilllt das Modell des vollständigen Vertrags in keiner Weise die Anforderungen, die an eine empirisch gehaltvolle Vertragstheorie zu stellen sind. Gleich mehrere Gründe sind nach Auffassung von Williamson dafilr verantwortlich: "Erstens lassen sich nicht alle zukünftigen Eventualitäten, die Anpassungen erforderlich machen, zu Anfang vorhersehen. Zweitens wird fllr viele Eventualitäten gar nicht deutlich sein, welche Anpassungen zweckmäßig sind, solange die Umstände nicht wirklich eintreten. Drittens werden außer bei unzweideutigen Veränderungen der Zustände der Welt die kompromißlosen Vertragsschlüsse zwischen rechtlich selbständigen Vertragsparteien leicht Streitigkeiten darüber, was nun Wirklichkeit sei, zur Folge haben, wenn zustandsbedingte Ansprüche gestellt werden." ( Williamson 1990, S. 79)

Die von Wil/iamson genannten ersten beiden Einschränkungen beziehen sich primär auf das Informationsproblem und das Problem der 'beschränkten Rationalität', aus denen das Unvermögen resultiert, zukünftige Ereignisse richtig und ihre Wirkung vollständig ex ante, nämlich bereits zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses, einzuschätzen. Der dritte Einwand enthält ein zusätzliches Problem, nämlich das Problem opportunistischen Verhaltens. Jedes dieser Probleme bewirkt in irgendeiner Form eine Verteuerung der Transaktion. In der Sprache der Neuen Institutionenökonomik: Es entstehen positive Transaktionskosten, die ins Kalkül der Vertragsparteien zu ziehen sind3, wenn sie Verträge schließen, die unvollständig und unvollkommen sind. Spiegelbildlich zum Modell vollständiger Verträge zeichnen sich unvollständige Verträge dadurch aus, daß in ihnen nicht sämtliche zukünftige Eventualitäten spezifiziert sind. Damit ist in der Regel impliziert, daß die Leistungen und Gegenleistungen nicht gegenwärtig und in Form eines 2 Schäfer I Ott ftlhren dazu naher aus, daß das Modell des vollständigen Vertrags auch der Rechtsprechung des BGH zugrunde liege, "wenn die Vertragsparteien Lücken in der Regelung ihrer Vertragsbeziehungen entdecken bzw. wenn die tatsächlichen Gegebenheiten von ihren Vorstellungen abweichen oder nachträgliche Umstände zu Differenzen zwischen den Parteien führen". Die Form der Rechtsprechung "läuft letztendlich darauf hinaus, nachträglich festzustellen, wie - bezogen auf den strittigen Punkt- vernünftigerweise der vollständige Vertrag auszusehen hätte" (I 986, S. 252). 3 Natürlich können die genannten Einschränkungen im Extremfall dazu ftlhren, daß die Transaktion unterlassen wird oder der Vertragsgegenstand unternehmensintern hergestellt wird, statt vom Markt bezogen zu werden. In diesem Fall fallen zwar faktisch keine Transaktionskosten an. Aber das nur deshalb, weil die potentiellen Transaktionskosten den Vorteil der Transaktion überkompensieren.

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5. Kap.: Äquivalententausch oder Autoritätsverhältnis?

simultanen Tauschs erbracht werden, sondern nacheinander. Das Problem der Ungewißheit resultiert in diesem Fall aus dem zeitlichen Auseinanderfallen der sich ergänzenden Transaktionen Ware gegen Ware. Ein typisches Merkmal unvollständiger Verträge ist deshalb ihre Langfristigkeit. Das Problem der Ungewißheit und der beschränkten Rationalität schließt ferner die Gefahr ein, daß die Vertragspartner unterschiedlich gut und umfassend über die Wirkungen, der von ihnen eingegangenen Vertragsbeziehungen informiert sind. Es herrscht zwischen den Vertragsparteien der Zustand asymmetrischer Information. In der Regel wird angenommen, daß der Verkäufer der Ware besser über deren Qualitäten Bescheid weiß als der Käufer. Wie Akerlof (1970) in einem weithin beachteten Aufsatz 'The Market for Lemons: Qua/ity Uncertainty and the Market Mechanism' am Beispiel des Gebrauchtwagenmarktes4 gezeigt hat, gibt es Mechanismen, die dazu fUhren, daß entgegen den Annahmen der traditionalen Preistheorie, die qualitativ schlechteren Güter (im Beispiel also Gebrauchtwagen) die höherwertigen Güter vom Markt verdrängen. In der Sprache der Ökonomen liegt dann ein Fall adverser Selektion vor. Schließlich besteht flir unvollständige Verträge häufig das Problem opportunistischen Verhaltens; ein Problem, das sowohl vor als auch nach Abschluß des Vertrags auftreten kann. Das Beispiel des Gebrauchtwagenmarktes von Akerlofbasiert auf opportunistischem Verhalten vor Vertragsschluß, die asymmetrische Verteilung der Informationen liefert der besser informierten Vertragspartei lediglich die günstige Gelegenheit, diesen Informationsvorsprung opportunistisch auszunutzen. Ganz ähnlich verhält es sich in dem Fall, wenn asymmetrische Information nach Vertragsschluß auftritt. Auch hier gilt: zum Problem wird asymmetrische Information erst in Verbindung mit opportunistischem Verhalten des besser informierten Vertragspartners. Es handelt sich dann um das sogenannte Problem des moralischen Risikos (moral hazard) 5• Wie man sieht, werfen unvollständige Verträge zahlreiche Probleme auf, die von den Vertragspartnern in irgendeiner Form gelöst werden müssen. Welcher Lösungsweg sich anbietet, wird zunächst davon abhängen, welche

4 Als 'lemons' werden im amerikanischen Sprachgebrauch Güter minderer Qualität bezeichnet. Im Beitrag von Aker/ojbezieht sich der Ausdruck auf Gebrauchtwagen minderer Qualität. 5 Allerdings wird opportunistisches Verhalten auch bei symmetrischer Information transaktionskostenwirksam werden, wenn zwischen den Vertragsparteien ungleiche faktorspezifische Investitionen vorgenommen wurden. Faktorspezifische Investitionen sind dadurch gekennzeichnet, daß sie innerhalb des Vertragsverhältnisses einen signifikant höheren Wert repräsentieren als außerhalb desselben. Das Problem der Faktorspezifität wird im nächsten Kapitel im Zusammenhang mit dem Transaktionskostenansatz Williamsons diskutiert werden. Vgl. auch Richter I Furubotn 1996, S. 92-94.

111. Zum Gegenstand des Arbeitsvertrags

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spezifischen Probleme im Vordergrund stehen und um welchen Vertragstyp es sich konkret handelt. Denn die spezifische Form des Ungewißheitsproblems, der Risikoverteilung und des opportunistischen Verhaltens ist je nach Vertragstyp verschieden. Es ist daher nicht gleichgültig, ob es sich um einen Darlehensvertrag, einen Mietvertrag oder um einen Arbeitsvertrag handelt. Was unterscheidet diese Vertragstypen voneinander und wodurch zeichnet sich der Arbeitsvertrag gegenüber anderen unvollständigen Verträgen aus? Darum und um einige andere Fragen soll es im Fortgang gehen.

III. Zum Gegenstand des Arbeitsvertrags Die traditionale Theorie geht von der Annahme aus, daß der Arbeitsvertrag den Tausch einer genau spezifizierten Arbeit gegen einen ebenso spezifizierten Lohn kodifiziert, vergleichbar einem Kaufvertrag, der den Austausch einer Geldsumme gegen ein x-beliebiges Konsumgut regelt. Tatsächlich legt ja auch die Bezeichnung 'Arbeitsvertrag' nahe, daß 'die Arbeit' und nicht 'irgend etwas anderes' Gegenstand des Arbeitsvertrags ist. Von dieser Annahme ausgehend wären Arbeitsverträge so abzufassen, "daß sie im vorhinein alle denkmöglichen Zustände der Welt berücksichtigen" (Richter und Furubotn 1996, S. 149). Geringfligige Abweichungen, die im Arbeitsvertrag nicht geregelt sind, hätten dann die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses zur Folge. Neue Arbeitsverträge wären auszuhandeln, um den veränderten Bedingungen Rechnung zu tragen. Mit anderen Worten, Arbeitsverträge, die den Kriterien eines vollständigen Vertrags nahekommen wollten, wären entweder extrem komplex, da sie alle denkbaren zukünftigen Eventualitäten ex ante, nämlich zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses, berücksichtigen müßten oder aber von extrem kurzer Fristigkeit, um dem Dilemma unberücksichtigt gebliebener Eventualitäten zu entgehen. Wie wir wissen, treffen diese Voraussetzungen in der Praxis nicht zu. Weder enthalten Arbeitsverträge eine genaue Angabe über die fllr eine feststehende Lohnsumme zu erbringende Arbeitsleistung6 , noch sind Arbeits-verträge - in der Regel! - kurzfristig ausgelegt. Das verweist darauf, daß der Gegenstand des Arbeitsvertrags nicht die Arbeit, das heißt, eine genau spezifizierte Arbeits6 "Ein Elektriker wird zwar nur Probleme mit elektrischen Anlagen im Unternehmen bewältigen müssen, doch wieviel (Arbeitsintensität) und was genau (Arbeitsinhalt) zu tun ist, wird im Arbeitsvertrag nicht bestimmt." (Duda I Fehr 1986, S. 547) Die Unvollständigkeit des Arbeitsvertrags wird auch von der amerikanischen Schule der Radicals betont. Siehe dazu etwa Bowles I Edwards 1986, Gintis I Bowles 1981, Bowles I Gintis 1975, Reich I Devine 1981, Liebau 1986 und Ldrm 1986.

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5. Kap.: Äquivalententausch oder Autoritätsverhältnis?

Ieistung, sondern ein Nutzungsrecht der menschlichen Arbeitskraft ist. 7 Der Arbeitsvertrag sollte also besser 'Arbeitskraftvertrag' heißen! Ein Blick in das Arbeitsrecht, das dem Unternehmer ein Direktionsrechts zuspricht, bestätigt die Feststellung9 von Richter und Furubotn: "Gegenstand des Arbeitsvertrages sind Dienstleistungen, die nach Anweisung erbracht werden" und damit "die Kontrolle über Menschen" (1996, S. 149 10). Daß diese an sich simple Feststellung vielen Ökonomen einiges Kopfzerbrechen bereitet, liegt zum einen darin, daß sich der Arbeitsvertrag qualitativ von den genannten anderen Vertragstypen unterscheidet 11 ; zum anderen aber wohl auch an den Implikationen, die von dieser Feststellung filr die Theorie des individuellen Beschäftigungsverhältnisses und der Theorie der Unternehmung im allgemeinen ausgeht. Wieder andere Autoren bekommen ein Problem mit dieser Aussage, weil sie den Verkauf der Arbeitskraft mit dem Zustand der Sklaverei verwechseln. So wendet Schrüfer gegen die These, Gegenstand des Arbeitsvertrags sei die Arbeitskraft, ein: "Sie [die Fähigkeiten, M.D.] können nicht getrennt von ihm getauscht werden. ... Deshalb ist die Annahme abzulehnen, daß ein Arbeitnehmer seine Arbeitskraft anbietet und verkauft bzw. vermietet. Wäre diese Annahme gültig, würde er sich selbst anbieten und verkaufen bzw. vermieten. Der Arbeitnehmer selbst würde zur Ware. Der Arbeitgeber könnte ihn als sein Eigentum betrachten und wie eine 'natürliche 7 Der Zeitlohn ermöglicht durchaus Schwankungen der Arbeitsintensität, ohne daß der Lohn sich deshalb verändert. Und selbst fUr den Stücklohn triffi die traditionelle Annahme einer unmittelbar gegebenen Abhängigkeit von Lohn und Arbeitsleistung nicht zu, "weil nicht die Arbeitsleistung (-intensität, konkreter Arbeitsinhalt, Arbeitsbedingungen) spezifiziert ist, sondern vielmehr das Verhältnis von Entgelt und Arbeitsergebnis" (Weise 1985, S. 182). 8 Vgl. etwa Söllner 1984, S. 21, §3 III und Bauer 1985, S. 147. 9 Diese Auffassung deckt sich mit den Auffassungen anderer Autoren. So konstatiert etwa Sirnon 1963, S. 717: "In agreeing to accept authority in the workplace, the laborer's produclive services become 'disembodied' from him, so to speak, and are turned over to the entrepreneur" (vgl. auch Sirnon 1957a), und Arrow 1974, S. 64 stellt fest: "Within the scope of the wage contract, the relation between employer and employee is no Ionger a market relation but an authority relation." Kreps 1990b, S. 111 bezeichnet die Autoritätsbeziehung auch als 'hierarchische Transaktion'. Siehe auch Duda I Fehr 1986, S. 548 und Duda 1983 10 Nutzinger 1978, S. 52 sieht im Kauf der Arbeitskraft den entscheidenden historischen Übergang vom Verlagswesen zur modernen kapitalistischen Fabrik: "The notion oflabor-power or Iabor-capacity gives a clear hint to the alteration of the Iabor contract due to the transition from the putting-out system to the modern industrial enterprise. The worker now has to supply on the market not a specific product but his productive capacity. The concrete use ofthis capacity is not determined by the Iabor contract but is at the employer's disposal within the contractual and legal Iimits. Precisely for this reason, the notion of authority and Subordination becomes crucial for the understanding of the wage contract." 11 So weisen Richter und Furubotn darauf hin, daß Arbeitnehmer in der Lage sind, Koalitionen zu bilden: "Als Resultat ist der Grundsatz der Vertragsfreiheit ... durch Kollektivhandeln und behördliche Regelung (Arbeitsrecht) erheblich eingeschränkt." (1996, S. 149)

III. Zum Gegenstand des Arbeitsvertrags

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Ressource' behandeln. Dies entspräche einer Sklavenwirtschaft Sie ist jedoch rechtlich nicht zulässig." (1988, S. 40 f.) Die Auffassung, die Arbeitskraft sei Gegenstand des Arbeitsvertrags, wird also damit kritisiert, daß die Arbeitskraft an die Person des Arbeitnehmers gebunden ist. Das ist jedoch nicht zutreffend, denn ein Arbeitnehmer verkauft seine Arbeitskraft als selbständige Rechtsperson. Das bedeutet, er kann sein Vertragsverhältnis auch kündigen. Über dieses Recht verfUgt ein Sklave nicht, der der persönlichen Willkür seines Herren bedingungslos ausgesetzt ist. Dieser mag ihn gut behandeln oder schlecht, aber der Sklave hat von sich aus keinerlei Möglichkeit, sich aus dieser persönlichen Abhängigkeit zu befreien, es sei denn durch Flucht und Revolte. 12 Gibt man dem Sklaven das Recht, das Dienstverhältnis zu kündigen, wird dieser zum Eigentümer seiner Arbeitskraft, mit dem Recht, einen Arbeitsvertrag zu schließen und diesen zu kündigen; ein Recht, über das der Sklave nicht verfUgt, weil er selbst Eigentum ist 13 • Als Ergebnis bleibt festzuhalten: Der Verkäufer der Arbeitskraft tauscht Nutzungsrechte an seiner Arbeitskraft gegen ein Entgelt. Er tauscht also nicht genau spezifizierte Arbeitsleistungen, wie die traditionale Theorie annimmt, sondern eine Verpflichtung, den Weisungen des Prinzipals ftlr die Dauer des 12 Die Verwechslung des Verkaufs der Arbeitskraft 'fUr eine bestimmte Zeit' mit dem Verkauf der Arbeitskraft 'an sich', verleitet Schriifer zu der (widersprUchlichen) Argumentation, anzunehmen, daß "zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer .. . nur Arbeitsleistungen getauscht werden (können)" (S. 41), auf der anderen Seite aber festzuhalten: daß die "Arbeitsleistungen ... nicht ... mit der 'tatsächlichen Verausgabung von Arbeit' gleichgesetzt werden (dUrfen)" (S. 41), sondern als ein "Nutzungsrecht der Arbeitskraft" zu interpretieren seien. Erstens ist völlig unerfindlich, worin der Unterschied zwischen dem Tauschobjekt 'Arbeitsleistungen' und der 'tatsächlichen Verausgabung von Arbeit' bestehen soll und zweitens unzutreffend, die 'tatsächliche Verausgabung von Arbeit' mit einem 'Nutzungsrecht der Arbeitskraft' gleichzusetzen. Letzteres läßt gerade offen, welche Arbeiten mit welcher Arbeitsintensität verrichtet werden. 13 Überdies sind es nicht nur rechtliche, sondern auch ökonomische Voraussetzungen, die den Arbeitnehmer vom Sklaven unterscheiden: "Damit eine Arbeit den Charakter als Lohnarbeit im eigentlichen Sinn erhält", muß der Arbeiter rechtlich frei sein und "darf nicht im Besitz der notwendigen komplementären Produktionsfaktoren (Boden und Kapital) sein, also nicht auf eigene Rechnung produzieren. Man kann also nicht von einem Lohnsystem sprechen, solange noch Sklaverei oder Hörigkeit besteht; ebenso nicht beim freien Handwerker, der selbst im Besitz der notwendigen Produktionsmittel ist." (Kre/le 1961, S. I) Der Prozeß der Herausbildung dieser Voraussetzungen ist selbst ein historischer Prozeß, denn es war- wie Heilbroner 1972 bemerkt keineswegs 'natUrlich' und 'normal', daß es freie, vertragliche Lohnarbeit gab oder rentablen, profitabwerfenden Boden oder fiUssiges, zur Investition drängendes Kapital. Das waren Resultate der großen Transformation von einer Nichtmarktgesellschaft in eine Marktgesellschaft Daher mUssen wir uns- so Heilbroner weiter- "vergegenwärtigen, daß 'Boden', 'Arbeit' und 'Kapital' nicht als ewige Kategorien gesellschaftlicher Organisation existieren. Naturlieh sind sie Kategorien der Natur, aber diese ewigen Aspekte des Produktionsprozesses - das Land, die menschliche BemUhung, die Gegenstände, die in der Produktion eingesetzt werden - sind nicht in jeder Gesellschaft auf diese spezifische Weise voneinander getrennt, wie das in der Marktgesellschaft der Fall ist." (Zit. nach Schlicht 1976, S. 94)

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5. Kap.: Äquivalententausch oder Autoritätsverhältnis?

Beschäftigungsverhältnisses Folge zu leisten. Wie der Hinweis von Kre/le und Heilbroner (siehe Fußnote 13) ferner belegt, verweist der Charakter dieses Tauschverhältnisses auf bestimmte gesellschaftliche und rechtliche Verhältnisse. Umgekehrt verpflichtet sich der Prinzipal seinerseits gegenüber dem Arbeitnehmer zur Zahlung einer bestimmten Lohnsumme 14 . Nicht beantwortet ist damit die Frage, warum beide Akteure in dieses Vertragsverhältnis einwilligen. Bevor wir uns dieser Frage zuwenden wollen, ist es sinnvoll zu klären, in welcher Weise sich die oben skizzierten Probleme des unvollständigen Vertrags im klassischen Arbeitsvertrag niederschlagen. Unvollständig ist der Arbeitsvertrag einmal darin, daß er nicht sämtliche zukünftigen Eventualitäten berücksichtigt und berücksichtigen kann. Die Anstellung erfolgt natürlich in der Erwartung, daß sich die zu verrichtenden Dienstleistungen auch rentieren, die Höhe des Grenzwertprodukts der Arbeit ist aber nicht vom physischen Grenzprodukt der Arbeit allein, sondern auch vom Marktpreis abhängig, den das im Wettbewerb stehende Unternehmen nicht kontrollieren kann. Eine unerwartete Verschlechterung der Auftragslage bewirkt unter Umständen eine Unterauslastung der Produktionsfaktoren, die die Neueinstellung der Beschäftigten nachträglich als Fehlentscheidung ausweist. Aber auch die nicht antizipierbaren Veränderungen des Arbeitsprozesses erfordern von den Beschäftigten unter Umständen Qualifikationen, die zum Zeitpunkt der Anstellung unberücksichtigt geblieben sind. Das Problem der Ungewißheit und der beschränkten Rationalität stellt sich naturgemäß ebenso filr den einzelnen Mitarbeiter, der zum Zeitpunkt der Anstellung nur eine vage Vorstellung von den Leistungsanforderungen und Arbeitsbedingungen besitzt, denen er unterworfen ist. Weniger noch als die Unternehmung kann der einzelne Arbeitnehmer beurteilen, ob sich das Unternehmen auf den Märkten halten wird, welche Anpassungshandlungen von der Unternehmensleitung gegebenenfalls dafilr ergriffen werden und welche Konsequenzen sich daraus für ihn ergeben. Die Erwartung, einen 'sicheren Job' und gute 'Aufstiegschancen' zu haben, erweist sich so nicht selten im nachhinein als illusorisch und die Reputation, die den Arbeitsuchenden bewogen haben mag, dieses Unternehmen auszuwählen, als trügerisch. Wie sieht es mit der Gefahr opportunistischen Verhaltens auf Basis asymmetrischer Informationen aus? Als Beispiel für opportunistisches Verhalten vor Vertragsschluß wird häufig darauf verwiesen, daß die Arbeitskräfte auf Stellensuche ihre Fähigkeiten besser kennen als die potentiellen Arbeitgeber: "Potentielle Arbeitnehmer können daher ihre Fähigkeiten den potentiellen Arbeitgebern in irreführender Weise darstellen; .... " (Richter und Furubotn

14 Siehe auch Weise et al. 1993, S. 276.

IV. Cui bono?

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1996, S. 150) Die Gefahren opportunistischen Verhaltens nach Vertragsschluß sehen viele Autoren darin, daß sich die von den Arbeitnehmern erbrachten Leistungen nicht hinreichend genau beobachten lassen. Es bestehe die Gefahr, daß sich die Arbeitskräfte nicht ausreichend anstrengen, shirking praktizieren usw .. Bezeichnenderweise sieht die herrschende Lehre die Gefahren 'adverser Selektion' und 'moral hazard' vorzugsweise aus der Perspektive des Prinzipals, also der Unternehmung, ganz so als ob der einzelne Arbeitnehmer keinen Risiken opportunistischen Verhaltens ausgesetzt wäre: Der einzelne Arbeitnehmer vermag seine Qualifikation sicher besser einzuschätzen als der potentielle Arbeitgeber, aber gilt nicht auch umgekehrt, daß der potentielle Arbeitgeber die tatsächlichen Arbeitsanforderungen, die technischen Arbeitsbedingungen, das Arbeitsklima, die Sicherheit des Arbeitsplatzes, sofern sie von der Geschäftslage des Unternehmens abhängig ist, besser beurteilen kann und es durchaus im Interesse des Arbeitgebers liegen kann, das Arbeitsverhältnis günstiger darzustellen, als dies ein neutraler Beobachter täte? Die Gefahren opportunistischen Verhaltens stellen sich nicht minder nach Vertragsschluß, wenn der Arbeitnehmer schließlich der Tatsache gewahr wird, daß die beruflichen Aufstiegschancen weit schlechter sind, als sie ihm ursprünglich geschildert wurden und die Bereitschaft des Prinzipals filr ein kooperatives Arbeitsklima zu sorgen, hinter den Erwartungen zurückbleiben, mit denen der Arbeitsuchende einst 'geködert' wurde. Welchen praktischen Stellenwert diese Beispiele haben, muß einer empirischen Prüfung vorbehalten bleiben. Eine unvoreingenommene Analyse des individuellen Beschäftigungsverhältnisses jedenfalls tut gut daran, das Problem der asymmetrischen Information und des opportunistischen Verhaltens vor und nach Abschluß des Arbeitsvertrags nicht einseitig, nämlich vom ökonomischen Interesse der Organisation aus, zu verorten. Wenn es nämlich zutriffi, daß sich die Organisation gegenüber dem einzelnen Arbeitsuchenden in der Regel in einer günstigeren Verhandlungs- und Marktmachtposition befindet als umgekehrt (was noch zu zeigen sein wird!), spricht viel filr die gegenteilige Vermutung, daß nämlich der einzelne Arbeitnehmer ebenfalls erheblichen Risiken opportunistischen Verhaltens seitens der Organisation ausgesetzt ist und die asymmetrische Information in gar nicht seltenen Fällen zu seinen Lasten geht.

IV. Cui bono? Mit dem Arbeitsvertrag erwirbt das Unternehmen ein Anordnungsrecht Dieses verschafft dem Prinzipal die Freiheit, den Arbeitsprozeß und die

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5. Kap.: Äquivalententausch oder Autoritätsverhältnis?

Arbeitsabläufe seiner Mitarbeiter den veränderten Markterfordernissen anzupassen, ohne deswegen ständig neue Verträge schließen zu müssen. Es fallt nicht schwer zu erkennen, daß diese Freiheit für das Unternehmen vorteilhaft ist, denn ein Unternehmer "is unable to predict with certainty, at the time the contract is made, which x [welche Handlung, M.D.] will be the optimum one, from his standpoint" (Simon 1957, S. 185) 15 . Eine Spezifizierung der Arbeitsleistungen hätte zur Folge, daß über die arbeitsvertraglich vereinbarten Leistungen ständig neu verhandelt werden müßte, sobald die Entwicklung der Märkte Anpassungshandlungen erzwingt. Das käme aber einem ständigen Vetorecht der Arbeitskraft gleich und würde die unternehmerische Entscheidungsfreiheit empfindlich einschränken 16 . Wollte man deshalb sämtliche denkmöglichen Veränderungen der Arbeitsleistungen schon im voraus berücksichtigen, würden sich die Vertragskosten erheblich verteuern. Es ist schon von daher evident, daß ein Arbeitgeber sich weigern würde, bei langfristigen Vertragsverhältnissen 'vollständig spezifizierte' Arbeitsverträge abzuschließen. Das mit dem Arbeitsvertrag erworbene Direktions- oder Anordnungsrecht wirkt gleichsam wie ein Puffer, der es dem Unternehmen ermöglicht, die Marktrisiken zu reduzieren 17 • Für das Anordnungsrecht sprechen aus der Sicht der Unternehmung aber noch ganz andere Gründe. In der Regel sind die Arbeitskräfte eines Unternehmens nicht hinreichend genug qualifiziert, um den firmenspezifischen Leistungsanforderungen des Unternehmens zu entsprechen. Das gilt sicher für die Arbeitskräfte, die in die Organisation eintreten, aber im wachsendem Maße auch für die bereits länger Beschäftigten. Die permanente Revolutionierung der technischen und organisatorischen Arbeitsabläufe verlangt humankapitalspezifische Investitionen, die in der Regel von der Unternehmung selbst finanziert werden müssen. Derartige Investitionen rentieren sich nur langfristig, d.h. wenn die Arbeitskräfte das erworbene Wissen über einen längeren Zeitraum in den Arbeitsprozeß einbringen. Erst der auf eine längere Frist ausgelegte unvollständige Arbeitsvertrag genügt den Anforderungen, die an eine Humankapitalinvestition gestellt werden müssen.

15 Siehe auch Brandes I Weise 1980, S. 18 sowie Arrow 1979. 16 Gerlach I Hübler 1985, S. 257 konstatieren, daß "unter dem Gesichtspunkt der Flexibilität ... Unternehmen daran gelegen sein [müßten], sehr kurzfristige Arbeitsverträge abzuschließen, die sich nach den jeweiligen Gütermarktverhältnissen richten", dies aber nicht tun, weil jeder Vertragsabschluß Transaktionskosten aufwirft. Wie sich jedoch zeigt, kann die Flexibilität in gewissem Umfang auch innerhalb des langfristigen Arbeitsvertrags erreicht werden, da dieser unvollkommen spezifiziert ist. 17 Siehe Dragendorf/ Heering 1986, S. 33, Streissler I Streissler 1978, S. 157, Hübler 1983, S. 74 sowie Schrüfer 1988, S. 83.

IV. Cui bono?

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Aber selbst, wenn von Humankapitalinvestitionen abgesehen wird, sind langfristige Beschäftigungsverhältnisse kombiniert mit unvollständigen Arbeitsverträgen für das Unternehmen vorteilhaft. Entgegen der tradierten Vorstellung, der Erfolg der Unternehmung sei zu einem Großteil das 'Werk' und 'Verdienst' einer Unternehmer'persönlichkeif, sind moderne Unternehmen in erster Linie soziale Organismen. Das Wissen und die Kompetenz dieser Organisation ist das Ergebnis sozialer Interaktionen, in denen Informationen ausgetauscht, genutzt oder verworfen werden. Der Siegeszug der Team- oder Gruppenarbeit legt beredt Zeugnis davon ab, daß die Kommunikationsflihigkeit der Organisationsmitglieder zu einer wichtigen Qualifikation im Spektrum des Arbeitsanforderungsprofils moderner Unternehmen geworden ist. Die Wirksamkeit dieser Kommunikationsprozesse und die daraus resultierenden Synergieeffekte sind aber nur dann realisierbar, wenn das personale Gefüge einer Organisation hinreichend stabil ist, d.h. wenn die Mitglieder der Organisation eine längere Zeit miteinander kommunizierend interagieren. Schließlich gibt es ein viertes Argument, das die Vorteilhaftigkeit des Arbeitsvertrags als Autoritätsverhältnis für die Organisation belegt. Langfristig ausgerichtete Arbeitsverträge liefern die Grundlage, um die Leistungen für die Zeitdauer des Vertrags periodisch zu verdichten. Der unvollkommen spezifizierte Arbeitsvertrag bietet dem Unternehmen also die Möglichkeit, Maßnahmen zu ergreifen, mit denen die menschliche Arbeitskraft intensiver und effektiver als bisher genutzt werden kann, ohne deshalb den Lohn zu erhöhen. Aber selbst wenn die Löhne als Folge der betrieblichen Lohnpolitik oder gewerkschaftlichen Drucks erhöht werden sollten, macht die Effektivierung und Rationalisierung des Arbeitsprozesses ökonomisch Sinn, wenn der Kosteneinsparungseffekt der gestiegenen Arbeitsproduktivität den Kosteneffekt gestiegener Löhne überkompensiert' 8 . Diesen Vorteilen stehen auch Nachteile gegenüber, die im Zusammenhang mit der Charakterisierung unvollständiger Arbeitsverträge genannt wurden. Den vielleicht wichtigsten nennt Weise: "Da keine exakt spezifizierte Arbeitsleistung getauscht wird, besteht ein Nutzungsspielraum auf Seiten des Arbeitsanbieters .... damit entsteht auch ein Kontrollproblem." (Weise 1993, S. 277) Angesichts dieses Kontrollproblems kann es für ein Unternehmen günstiger sein, statt eines Arbeitsvertrags einen Werkvertrag auf einen vorab definierten Arbeitserfolg abzuschließen. Der Unternehmer geht dann kein Risiko bezüglich der tatsächlichen Arbeitsleistung ein. Allerdings entflillt damit erstens der Vorteil, die Arbeitsleistungen den aktuellen Bedürfnissen flexibel 18 Bekanntlich hat Marx 1972, Bd. 23 diesen Effekt als die Produktion des 'relativen Mehrwerts" bezeichnet, die von der Produktion des 'absoluten Mehrwerts", die eine Folge des verlängerten Normalarbeitstages ist, zu unterscheiden sei. 9 Dunn

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5. Kap.: Äquivalententausch oder Autoritätsverhältnis?

anpassen zu können, und zweitens die Möglichkeit, die Leistung auf Basis der vertraglich vereinbarten Lohnsumme zu verdichten. Diesem Verlust an Flexibilität, der auf der langfristigen Bindung und dadurch bedingten Verfilgbarkeit der Arbeitskräfte beruht, steht unter Umständen ein Kostenvorteil des Werkvertrags gegenüber: Nicht wenige Unternehmen entlassen ihre Arbeitskräfte in die Scheinselbständigkeit, um die von ihnen erwünschten Arbeitsleistungen von den Arbeiter-Unternehmern einzukaufen. Der Vorteil dieser Praxis filr die Unternehmen besteht einmal darin, keine Sozialversicherungsleistungen aufbringen zu müssen. Die Risiken der sozialen Absicherung sind vom unabhängig beschäftigten Arbeitnehmer allein zu tragen. Zum anderen kann ein Unternehmen je nach Auftragslage auf den Bezug von Arbeitsleistungen verzichten, ohne zu Lohnfortzahlungen verpflichtet zu sein. Auch das Einkommensrisiko des Arbeitnehmers erhöht sich dadurch. Beschränkt wird diese flir den Arbeitnehmer in der Summe nachteiligen Praxis allein durch die nationale Arbeitsgesetzgebung, die je nach Ausgestaltung mehr dem Interesse des Arbeitnehmers an Einkommenssicherheit und sozialer Absicherung oder dem Interesse der Unternehmen Rechnung trägt. Die Tatsache, daß die überwiegende Zahl der individuellen Vertragsverhältnisse Arbeitsverträge und keine Werkverträge sind, zeigt, daß die Vorteile des Arbeitsvertrags die genannten Nachteile in den meisten Fällen überwiegen. Der klassische Arbeitsvertrag, mit dem eine Autoritätsbeziehung zwischen dem Mitglied der Organisation und der Organisation selbst dem Prinzipal und dem Agent gestiftet wird, nutzt - wie sollte es anders sein? - derjenigen Vertragspartei, die in diesem Verhältnis über Autorität verfUgt und diese im Sinne ihres ökonomischen Interesses ausübt. Während es leicht fällt, die Vorteile des Arbeitsvertrags für die 'capitalist firm' nachzuvollziehen, fällt es schwer sich vorzustellen, daß die der Autorität unterworfene Vertragspartei ebenfalls ein ökonomisches Interesse daran haben kann, in ein Autoritätsverhältnis einzuwilligen. Um die ökonomischen Beweggründe des Arbeitnehmers zu verstehen, gehen wir zunächst von folgendem Fall aus. Angenommen, es stünde einem Arbeitnehmer frei, in einen unvollständigen oder in einen weitgehend spezifizierten langfristigen Arbeitsvertrag einzuwilligen. Der erste Vertragstyp entspräche dann dem klassischen Arbeitsvertrag, mit dem ein Arbeitnehmer in eine Autoritätsbeziehung einwilligt. Im zweiten Fall würde der Arbeitnehmer keine Autorität über sich akzeptieren. Seine Entlohnung würde sich ausschließlich nach einer vorab genau definierten Arbeitsleistung richten, der er im voraus zugestimmt hat und flir die er entlohnt wird. Weitere Anweisungen entfielen. Es bliebe nur die Kontrolle, ob die vertraglich vereinbarten Leistungen auch tatsächlich erbracht wurden.

IV. Cui bono?

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Welchen dieser Vertragstypen würde der Arbeitnehmer den Vorzug einräumen? Zwar bietet der weitgehend spezifizierte Arbeitsvertrag den Vorteil, fiir die Dauer des Vertragsverhältnisses von Weisungen und Anordnungen befreit zu sein, auch wäre der Arbeitnehmer vor unangenehmen Überraschungen gefeit, denn die Arbeitsleistungen stünden vorab fest, andererseits müßte über die denkbaren Eventualitäten des individuellen Beschäftigungsverhältnisses im voraus verhandelt werden. Das würde Zeit und Mühe kosten, die Transaktionskosten wären für alle Beteiligten, also auch für den Arbeitnehmer, extrem hoch und zwar je höher, je langfristiger der Arbeitsvertrag ausgelegt wird. Außerdem kann es aus der Sicht des Arbeitnehmers auch nachteilig sein, wenn sämtliche Arbeitsleistungen genau spezifiziert sind. Oben wurde der Fall betrachtet, daß die unvollkommene Spezifikation des Arbeitsvertrags dem Unternehmen nutzt, weil die konkret einzufordernden Arbeitsleistungen gegebenenfalls erhöht werden können, ohne daß dem Arbeitnehmer ein höherer Lohn gezahlt wird. Denkbar ist aber auch der umgekehrte Fall, demzufolge der Arbeitnehmer die Unvollkommenheit des Arbeitsvertrags flir sich ausnutzt, um seinen Arbeitseinsatz zu seinen Gunsten zu variieren (etwa zu reduzieren), ohne deswegen einen Lohnabzug fiirchten zu müssen, weil dem Arbeitnehmer kein Vertragsbruch nachgewiesen werden kann. Eben dieser Fallliegt fast allen herkömmlichen Prinzipal-Agent-Theorien zugrunde, während der erstgenannte Fall, daß die Unvollkommenheit des Arbeitsvertrags dem Unternehmen die Möglichkeit der Leistungsverdichtung einräumt, in der Regel unberücksichtigt bleibt. Um die Probleme, die einem Arbeitnehmer aus dem Abschluß eines genau spezifizierten Arbeitsvertrags erwachsen, zu reduzieren, könnte dieser einwilligen, einen zeitlich befristeten Arbeitsvertrag zu schliessen. lnfolge des kürzeren Zeithorizonts wäre es dann leichter möglich, die denkbaren Eventualitäten zu berücksichtigen. Ein hoher Grad an Vollständigkeit wäre unter Inkaufnahme geringerer aktueller Transaktionskosten möglich, diesem Vorteil stünden aber ebenfalls gravierende Nachteile gegenüber: Jede Befristung des Arbeitsvertrags erzeugt nach Ablauf der vereinbarten Vertragsdauer neuen Verhandlungsbedarf, der transaktionskostenwirksam wird. Wichtiger noch als dies sind die Risiken, denen sich der Arbeitnehmer ausgesetzt sähe. Der Arbeitnehmer wäre im Fall eines befristeten Arbeitsvertrags dem Risiko ausgesetzt, seine Anstellung zu verlieren. Außerdem erscheint es unwahrscheinlich, daß die Organisation bereit wäre, in die Weiterqualifikation des Arbeitnehmers zu investieren, da sich Humankapitalinvestitionen nur langfristig rentieren. Die Vermutung liegt daher nahe, daß ein Arbeitnehmer das Einkommensrisiko einer befristeten Anstellung nur dann eingehen wird, wenn er seinen Marktwert subjektiv entsprechend hoch einschätzt, also glaubt,

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5. Kap.: Äquivalententausch oder Autoritätsverhältnis?

jederzeit rasch eine neue Anstellung zu finden und ein hohes Maß an Risikobereitschaft besitzt. Dieser Typus des Arbeitsuchenden dürfte eher die Ausnahme bilden. In der Regel werden vom Arbeitsuchenden langfristige oder unbefristete Beschäftigungsverhältnisse angestrebt, denn unvollkommen spezifizierte Langfristarbeitsverträge enthalten relativ zum befristeten Arbeitsvertrag ein Element der Einkommenssicherheit, auf das ein Arbeitnehmer um so weniger verzichten kann, als sein soziales und ökonomisches Umfeld Verwerfungen ausgesetzt ist, er nicht nur für sich selbst, sondern auch fur seine Familie Verantwortung trägt und risikoavers eingestellt ist 19 . Wie diese Beispiele zeigen, gibt es fur einen Arbeitnehmer durchaus Beweggründe, den unvollkommen spezifizierten Arbeitsvertrag anderen Vertragstypen vorzuziehen, wenn auch: "[he has] no assurance that the employer will consider anything but his own profit in deciding what he will ask the worker to do" (Simon 1957, S. 192). Vor dem Hintergrund des Gesagten sind daher mehrere Entscheidungssituationen denkbar: Der Arbeitnehmer kann den Arbeitsvertrag in der Summe als vorteilhaft oder nachteilig ansehen, je nachdem welcher Vertragstyp als Vergleichsmaßstab dient, nehmen wir zum Beispiel den Werkvertrag. Vorteilhaft gegenüber dem Werkvertrag erscheint der Arbeitsvertrag dann, wenn der Arbeitnehmer die Risiken scheut, mit denen er als Selbständiger konfrontiert wäre, während er die Risiken einer abhängigen Beschäftigung niedrig bewertet. Dies ist der Fall, den Knight anspricht, wenn er auf die unterschiedliche Risikoeinstellung hinweist, die Menschen veranlaßt, Arbeitnehmer oder Unternehmer zu werden. Die relativen Vorzüge des Arbeitsvertrags kommen um so eher zum Tragen, wie sich der Arbeitnehmer gegenüber den Arbeitsinhalten indifferent verhält. Diesen Fall zieht Sirnon in Betracht, wenn er argumentiert: "An employee who didn't care very much which of several alternative tasks he performed would not require a large inducement to accept the authority of an employer - that is, to permit the employer to make the choice among them." (Simon 1978, S. 3)

19 Ähnliche Überlegungen gelten auch im Hinblick auf den Werkvertrag. Denn die Unabhängigkeit, die der Arbeitnehmer durch den Werkvertrag erlangt, hat einen hohen Preis, auf den Nutzinger hinweist, wenn er schreibt: "There are lots of examples in reality where the employment contract, due to social legislation, appears even as improvement, if we compare it with the factual dependence of some "independent' producers. We need only to remernher the conditions of many freelance writers and artists who are, in effect, employed by publishers and agencies without enjoying the protection of modern Iabor law." (1978, S. 56) Siehe auch Rothschild 1988, S. 47, Sesselmeier I Blauerme/1990, S. 86 ff., Schneider 1987, S. 549, Duda 1987, S. 94 f., Baily 1974, Gordon 1974 sowie Knightl965 [1921].

IV. Cui bono?

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Als nachteilig wird der unvollkommen spezifizierte Arbeitsvertrag gegenüber dem Werkvertrag dann empfunden werden, wenn der Arbeitnehmer die Risiken, die mit dieser Vertragsform zusammenhängen, höher als die Vorteile einer relativen Einkommenssicherheit bewertet. Der Arbeitnehmer empfindet es dann als psychisch belastend, überhaupt in einem Autoritätsverhältnis zu stehen und 'dauernd' Anweisungen entgegennehmen zu müssen. Er befürchtet vielleicht auch, daß die Arbeitsanforderungen erhöht werden, ohne daß die verstärkte Arbeitsbelastung durch höhere Entgelte kompensiert werden. In dieser subjektiv bewerteten Entscheidungssituation erscheint es ihm vorteilhaft, einen Werkvertrag abzuschließen oder auf eine weitgehende Spezifizierung der Arbeitsleistungen im Arbeitsvertrag zu drängen. Wenngleich viele verschiedene Entscheidungssituationen denkbar sind, ist hier daran zu erinnern, daß die genannten Wahlmöglichkeiten hypothetischer Natur sind. In der Regel steht der Arbeitsuchende nicht vor der Knightschen Entscheidungssituation, ein Unternehmen zu gründen oder einer abhängigen Beschäftigung nachzugehen, schlicht und einfach deshalb, weil ihm der dafür notwendige Kapitalvorschuß fehlt 20 . Ebensowenig stehen Arbeitsuchende im Regelfall vor der Möglichkeit, frei zwischen einem Arbeitsvertrag und einem Werkvertrag zu wählen, es sei denn diese Wahlmöglichkeit wird ihnen von Seiten des Unternehmens 'offeriert', aus Gründen, die oben genannt wurden. Nicht selten bleibt den Arbeitnehmern dann gar keine andere Wahl, als den Weg in die Scheinselbständigkeit zu gehen, um überhaupt ein Einkommen zu beziehen. De facto stehen die meisten Arbeiter eben nicht vor der Wahl, welchen Vertragstyp sie präferieren, sondern einzig vor der Entscheidung, in welches Autoritätsverhältnis sie einwilligen wollen. Und selbst diese Alternative ist den Arbeitnehmern in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit häufig verwehrt. Diese Entscheidungslage des Arbeitnehmers ist leicht nachvollziehbar, wenn man sich vergegenwärtigt, daß die ökonomische Dringlichkeit des Arbeitsuchenden in der Regel größer ist als die des Arbeitgebers, den betreffenden Arbeitnehmer einzustellen. Der Prinzipal verfugt deshalb über die Definitionsmacht, den flir ihn vorteilhafteren Vertragstypus, in der Regel den unvollkommen spezifizierten Arbeitsvertrag, durchzusetzen. Umgekehrt

20 Die Vorstellung, 'Es ist doch jedem freigestellt, ob er Unternehmer wird oder nicht!', disqualifiziert sich als wissenschaftliche Aussage, weil sie die sachlichen Voraussetzungen einer Unternehmertätigkeit außer acht läßt. Um so erstaunlicher ist es, daß Knight den Einkommensund Vermögensunterschieden keine Bedeutung fllr die von ihm behauptete Entscheidungssituation beimißt

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5. Kap.: Äquivalententausch oder Autoritätsverhältnis?

erzeugt die größere ökonomische Dringlichkeit des Arbeitsuchenden seine Bereitschaft, ein langfristiges Beschäftigungsverhältnis einzugehen. Es ist charakteristisch filr die orthodoxe Behandlung der Entscheidungslage der beteiligten Akteure, daß die Vorteilhaftigkeit eines institutionellen Arrangements (hier des Arbeitsvertrags als Autoritätsverhältnis) stets aus den individuellen Präferenzen der Akteure abgeleitet wird, ohne der Frage Aufmerksamkeit zu schenken, welchen sozialen und ökonomischen Umständen sich die Präferenzen verdanken. Das Autoritätsverhältnis wird nach besten Kräften und mit viel Phantasie als ökonomisch effizient und im Interesse aller liegend gerechtfertigt21.

V. Zur Machtasymmetrie des klassischen Arbeitsvertrags Die Existenz vertraglicher Vereinbarungen zwischen zwei oder mehreren Vertragsparteien informiert nicht darüber, ob in diesen eine Machtasymmetrie inkorporiert ist oder nicht. Rechtliche Gleichstellung impliziert nicht die ökonomische und soziale Gleichstellung der Vertragsparteien. Maßgeblich ftir das Bestehen einer Machtasymmetrie ist nicht allein die Frage, ob ein Wirtschaftssubjekt überhaupt zwischen Alternativen entscheiden kann und vertragliche Vereinbarungen trifft, sondern zwischen welchen Alternativen gewählt werden muß und wer diese Alternativen vorgibt22 . Daher stets zu fragen, ob es positive Indizien fllr die Existenz einer Machtasymmetrie zwischen den Vertragsparteien gibt, und wenn ja, worauf diese basiert. Machtasymmetrien können zum Beispiel darin bestehen, daß eine Vertragspartei in der Lage ist, die Entscheidungssituation der anderen Vertragspartei vorzugeben. Diese Definitionsmacht kann soweit gehen, daß von einer Ent-

21 Sirnon 1951 etwa argumentiert, daß Unternehmer eben besser als andere Ober die Zustände der Welt informiert seien, woraus er folgert, daß es deshalb auch der Unternehmer sein sollte (!), der darüber bestimmt, wie die Arbeitsverträge aussehen sollten und welche Produktionsfaktoren zu beschäftigen sind. Man könnte ebensogut fordern, die Arbeitnehmer besser zu informieren, um sie zu gleichberechtigten Entscheidungsträgem zu qualifizieren, wenn das Autoritätsverhältnis sich tatsächlich auf den unterschiedlichen Informationsstand der Akteure zurückfuhren ließe. Siehe auch Stiglitz 1975. 22 Nutzinger liefert ein anderes Beispiel filr die hier vertretene Auffassung, wenn er schreibt: "IdentifYing the employment contract with other exchange relationships comes very close to disputing the case of traditional monopoly. There the consumer is always free to leave the market and to buy another • distinct - commodity if he is not willing to accept the monopolist's terms of sale. But no one (to the best of my knowledge) has argued that there is not such thing as a monopoly at alt." (1978, S. 66)

V. Zur Machtasymmetrie des klassischen Arbeitsvertrags

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Scheidungssituation im strengen Sinne nicht mehr gesprochen werden kann. Machtasymmetrien tauchen aber auch dann auf, wenn die Durchsetzung einer Rechtsposition mit hohen Kosten verbunden ist, die nur von einer Vertragspartei aufgebracht werden können. Die formale Gleichstellung wird in diesem Fall durch die materielle Ungleichheit ausgehöhlt. Schließlich können Machtasymmetrien im Vertragsrecht selbst inkorporiert sein oder davon ausgehen, daß die den Vertrag garantierende Macht eine der beiden Vertragsparteien begünstigt. Beispiele dafur, wie Machtasymmetrien die sozialen Interaktionen beeinflussen, sind dem Leser aus eigener Erfahrung bekannt. Sie sind ein Alltagsphänomen fast aller bekannten sozialen Systeme. Um so erstaunlicher ist es, daß dem Phänomen der Macht in der traditionalen Theorie der Unternehmung nur wenig Bedeutung beigemessen wird. Das war allerdings nicht immer so. Hören wir, was der Soziologe Max Weber in seiner Schrift 'Wirtschaft und Gesellschaft' zum Arbeitsvertrag zu sagen hat: "Das formale Recht eines Arbeiters, einen Arbeitsvertrag jeden beliebigen Inhalts mit jedem beliebigen Unternehmer einzugehen, bedeutet flir den Arbeitsuchenden praktisch nicht die mindeste Freiheit in der eigenen Gestaltung der Arbeitsbedingungen und garantiert ihm an sich auch keinerlei Einfluß darauf. Sondern mindestens zunächst folgt daraus lediglich die Möglichkeit flir den auf dem Markt Mächtigeren, in diesem Falle normalerweise den Unternehmer, diese Bedingungen nach seinem Ermessen festzusetzen, sie dem Arbeitsuchenden zur Annahme oder Ablehnung anzubieten und - bei der durchschnittlich stärkeren ökonomischen Dringlichkeit seines Arbeitsangebots flir den Arbeitsuchenden - diesem zu oktroyieren." (1985, S. 439)

Weber verweist in diesem Zitat nicht nur auf den Unterschied zwischen der formalrechtlichen und der materiellen Stellung der Vertragsparteien, sondern liefert darüber hinaus eine ökonomische Erklärung der schwächeren Verhandlungsmacht des einzelnen Arbeitnehmers, die er in seiner Schrift mehrmals wiederholt: Machtasymmetrien sind dann zu vermuten, wenn eine ungleiche ökonomische Dringlichkeit zwischen den Vertragsparteien besteht, in den Vertrag einzuwilligen. Wovon aber hängt die ökonomische Dringlichkeit ab? Zwei Faktoren sind hervorzuheben: Erstens die Tatsache ungleicher Einkommensund Vermögensverhältnisse und zweitens, die Tatsache, daß die Transaktionskosten fUr beide Vertragsparteien unterschiedlich hoch sein können. Untersuchen wir beide Bestimmungsfaktoren etwas näher.

Den Einfluß der Einkommensverteilung auf die Preise, insbesondere auf den Lohnsatz, hat bekanntlich Preiser 1971 23 hervorgehoben. Preiser argumentiert, daß der Arbeitslohn um so niedriger (der Zins umgekehrt um so höher) sein wird, je stärker der Kapitalbesitz (das Vermögen einer Gesellschaft) in den 23 Siehe auch Preiser 1948, 1959 und 1961.

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5. Kap.: Äquivalententausch oder Autoritätsverhältnis?

Händen weniger konzentriert ist24 . Er begründet dies damit, daß die Arbeitskräfte ihr Arbeitsangebot um so stärker erhöhen werden, je weniger Einkommen und Vermögen sie besitzen, was ein Sinken des Lohnsatzes bewirkt, während das Sozialprodukt und der Kapitalzins steigen. "Die Konzentration der Kapitalausstattung kann" daher- wie Braun 1988a, S. 342f. in seiner Referierung der Preisersehen Argumentation konstatiert - "die laufende Verteilung zugunsten des Kapitaleinkommens und zu Ungunsten des Arbeitseinkommens verändern ... Zwar kann nicht der einzelne Kapitalbesitzer die Preise zu seinen Gunsten verändern - es sind ja vom Markt vorgegebene Konkurrenzpreise. Aber die Kapitalbesitzer insgesamt setzen Bedingungen, welche die relativen Preise beeinflussen."

Die Macht dieses von Preiser als Quasi-Monopol bezeichneten Verhältnisses basiert nicht wie beim natürlichen Monopol auf einer privilegierten Machtstellung, sondern "rein auf einer hinreichenden Ausstattung mit Kapital ... ". Braun zieht daraus den Schluß, daß es wichtig sei, wie die Verteilung im Modell berücksichtigt werde: "Wenn man die verteilungstheoretische Komponente der Entscheidungsmöglichkeiten außer acht läßt und Hierarchie und Ungleichverteilung ausschließlich auf entsprechende individuelle Handlungspläne zurückführt, dann kann zwar die normative und methodische Prämisse 'Individualismus' aufrechterhalten werden, aber die Bedingungen, unter denen Autonomie möglich oder eingeschränkt ist, können nicht benannt werden." Die Höhe der Transaktionskosten ist für die Frage der Kündbarkeit des Vertragsverhältnisses relevant. Zwar trifft es zu, daß die Vertragsparteien das Beschäftigungsverhältnis beenden können, aber dies belegt nicht die 'Waffengleichheif der Vertragsparteien, wenn angenommen wird, daß der Vertragsschluß und die Vertragsauflösung Transaktionskosten in unterschiedlicher Höhe verursachen. Worin diese bestehen, erläutert Nutzinger 1978, S. 59: "First the need for finding a new occupation in another enterprise Ieads to search and information costs, not only in terms of money. The costs of leaving imply the loss of informal relations occupation and the need for building-up new social relations at the next workplace. Very often, also other areas are involved: new housing, new schooling, new neighborhood relationships, and so on."

24 In diesem Sinne konstatiert auch Neumann: "Welche Möglichkeiten der Einzelne besitzt, seine Interessen im Austauschprozcß auf den Märkten zu verfolgen, hängt z.B. von der Eigentumsordnung ab sowie von der Möglichkeit, monopolistische Marktmacht zu erwerben und auszunutzen." ( 1984, S. 216)

VI. Resümee

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Demgegenüber seien die Transaktionskosten "of Worker's replacement arising to the firm ... less important since this is a routinized activity for the enterprise. "25 Fassen wir das Ergebnis dieser Überlegungen abschließend zusammen: Obgleich sich im Arbeitsvertrag gleichberechtigte Privateigentümer gegenübertreten, schließt dies eine Machtasymmetrie innerhalb des Prinzipal-Agent-Verhältnisses nicht aus. Die unterschiedlichen ökonomischen Ausgangsbedingungen der Vertragsparteien, die sich in der Höhe der Transaktionskosten und in den Vermögensverhältnissen niederschlagen, haben maßgeblichen Einfluß auf die Verhandlungsmacht der Vertragsparteien. Dabei gilt folgende Beziehung: Je höher das Einkommen der Arbeitskräfte ist, desto niedriger ist die ökonomische Dringlichkeit, in einen Vertrag einzuwilligen, und desto stärker wird ceteris paribus die Machtasymmetrie zugunsten der Arbeitskraft eingeebnet.

VI. Resümee Die traditionale Annahme, der Arbeitsvertrag sei ein Vertrag wie jeder andere, hält einer empirischen Prüfung nicht stand. Denn 'in der Realität' sind die Arbeitsverträge unvollkommen spezifiziert. Ein juristischer Tatbestand, das Direktionsrecht, gibt weiter Aufschluß darüber, daß nicht Arbeit, sondern ein Verfügungsrecht Gegenstand des Arbeitsvertrags ist: Der Arbeitnehmer tauscht seine Einwilligung, den Anweisungen seines Arbeitgebers (innerhalb bestimmter Grenzen) Folge zu leisten, gegen eine festgesetzte Lohnzahlung. Die Gründe, die Prinzipal und Agent dazu veranlassen, in ein Autoritätsverhältnis einzuwilligen, waren Gegenstand dieses Kapitels. Während es noch relativ leicht ist, die Vorteilhaftigkeit des unvollkommen spezifizierten Arbeitsvertrags aus der Perspektive des Prinzipals, das heißt des Arbeitgebers, zu erkennen, bereitet die Einwilligung der der Autorität unterworfenen Partei theoretische Schwierigkeiten. Was sollte ein Wirtschaftssubjekt überhaupt dazu veranlassen, ein Autoritätsverhältnis zu akzeptieren? Üblich sind zwei Erklärungen: Entweder wird angenommen, daß ein Arbeitnehmer eine Präferenz für eine (abhängige) Beschäftigung hat, die ihm ein kontraktlieh fixiertes Einkommen garantiert, oder aber es wird darauf verwiesen, daß es den Mitarbeitern innerhalb gewisser Grenzen gleichgültig sei, welche 25 Ähnlich argumentiert Arrow 1974, S. 64: "Within the scope ofthe wage contract, the relation between employer and employee is no Ionger a market relation but an authority relation. Of course, the scope ofthis authority will usually be limited by the freedom with which one can leave the job. But since there is normally some cost to the exercise of this freedom, the scope of this authority is not trivial."

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5. Kap.: Äquivalententausch oder Autoritätsverhältnis?

Arbeiten verrichtet werden müssen. Die erste Begründung geht auf Knight, die zweite (u.a.) auf Sirnon zurück. Beide Interpretationen greifen aus verschiedenen Gründen zu kurz: Die erste stellt auf die individuelle Risikoeinstellung ab, ohne zu berücksichtigen, daß sich nicht nur die Risikoeinstellung der Akteure, sondern auch die Risiken selbst und zwar in Abhängigkeit von der Einkommens- und Vermögenslage der Wirtschaftssubjekte unterscheiden. Von alledem wird abstrahiert, wenn der ungleichen Ausgangsverteilung der Verfilgungsrechte keine Aufmerksamkeit geschenkt wird. Die Freiheit der Entscheidung, einer abhängigen Beschäftigung nachzugehen oder nicht, relativiert sich an dem zur Erlangung der Selbständigkeit erforderlichen Kapitalbedarf. Die zweite Interpretation betrachtet in der Regel nur Bagatellfälle, wie den, daß es einer Sekretärin gleichgültig ist, welchen Brief sie tippen muß (Sirnon 1957), während die gravierenden Veränderungen der Arbeitssituation nicht weiter beleuchtet werden, fallen diese doch außerhalb der 'areas of acceptance ·. Sirnon berücksichtigt in seinen Darlegungen nicht die Probleme der Leistungsverdichtung und die Verschlechterung der technischen und sozialen Arbeitsbedingungen sowie die Transaktionskosten, die einem Arbeitnehmer erwachsen, der ein neues Beschäftigungsverhältnis einzugehen gezwungen ist. Das heißt, einen Typus von Situationen, wie ihn Weber vor Augen hat, wenn er von der ökonomischen Dringlichkeit des Arbeitsuchenden spricht, in den Arbeitsvertrag einzuwilligen. Mit anderen Worten: die tatsächliche Entscheidungssituation, vor der die Arbeitsuchenden stehen, weicht von den theoretisch postulierten Entscheidungssituationen ab, die scheinbar zu dem Zweck konstruiert werden, das Autoritätsverhältnis ex post als im ökonomischen Interesse aller Vertragsparteien liegend zu rechtfertigen. In der Realität jedoch stehen Arbeitsuchende nicht vor der Frage, ob sie in ein Autoritätsverhältnis eintreten wollen oder nicht, sondern - wenn überhaupt - allein vor der Entscheidung, in welches Autoritätsverhältnis sie einwilligen können.

Sechstes Kapitel

Märkte versus Hierarchien?- Vom Fortschritt und den Grenzen des Transaktionskostenansatzes

I. Das Problem

Im orthodoxen Modell der Unternehmung wird das individuelle Beschäftigungsverhältnis als eine Tauschbeziehung von Arbeit gegen Lohn aufgefaßt. Dieser Tausch erfolgt gleichzeitig und freiwillig, denn beide Tauschparteien stellen sich durch den Tausch besser. Der Arbeitnehmer weiß, welche Arbeit konkret von ihm verlangt wird, und erhält daftir einen Lohn, und die Unternehmung weiß, welche Leistung sie von ihrem Mitarbeiter für den gezahlten Lohn erhält. Beide Vertragsparteien sind also über die Qualität und den Umfang der ausgetauschten Güter vollkommen informiert. Wie bei jeder anderen Ware wird beliebige Teilbarkeit der getauschten Güter angenommen. Unterstellt wird ferner, daß die Akteure keine persönliche oder soziale Beziehung eingehen, die die Vertragsparteien langfristig aneinander bindet. Es gibt folglich kein Vertrauen, keine Loyalität zwischen den Vertragsparteien. In diesem Modell der Unternehmung sind latente Machtasymmetrien nicht auffmdbar, da jede Vertragspartei berechtigt ist, die Vertragsbeziehung jederzeit aufzukündigen, wenn sie dies wünscht. Und sie kann dies auch problemlos, weil keine Transaktionskosten auftreten und das Unternehmen unter der Annahme vollkommener Arbeitsmärkte auch keine Schwierigkeiten hat, jederzeit Arbeitskräfte durch andere zu ersetzen. Unklar bleibt in diesem Modell, warum es Unternehmen gibt, denn die Existenz von Unternehmen wird einfach unterstellt. 1 Unklar bleibt auch, was diese Unternehmung mit den real existenten Unternehmen überhaupt zu tun haben soll. Schon der bloße Augenschein lehrt, daß Unternehmen in der realen Welt permanent mit Friktionen und Gestaltungsproblemen unter echter Ungewißheit konfrontiert sind, die in erheblichem Umfang kostenwirksam werden. So bleibt nur das 1 Vgl. Michaelis 1985, S. 19.

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6. Kap.: Märkte versus Hierarchien?

Fazit: "Abstraktion kann nützlich sein, aber es besteht guter Grund, den neoklassischen Ansatz als übermäßig abstrakt anzusehen und als ungeeignet für die Behandlung vieler Probleme .... " (Richter/Furubotn 1996, S. 10) Vor dem Hintergrund der genannten Defizite und der Irrelevanz der orthodoxen Theorie für die Erklärung sozialer Interaktionen im Unternehmen sind die im Fortgang dieses Kapitels zu diskutierenden Entwürfe zu begreifen, die sich explizit der Frage widmen, worin die 'Natur der Firma' und ihr ökonomischer Existenzgrund besteht. Aus der Fülle der inzwischen vorliegenden Arbeiten zu diesem Thema sollen nur drei klassische Beiträge herausgegriffen und diskutiert werden. Es sind dies Ronald Coase' Aufsatz aus dem Jahre 1937 'The Nature ofthe Firm', einige ausgewählte Kapitel aus Oliver Williamsons beiden Monographien 'Markets and Hierarchies' und 'The Economic Institutions of Capitalism' aus den Jahren 1975 und 1985 und der weithin beachtete Aufsatz von Armen A. Alchian und Harold Demsetz 'Production, Information Costs, and Economic Organization' aus dem Jahr 1972. Jeder einzelne dieser Beiträge steht in der Tradition der Neoklassik, geht aber wesentlich darüber hinaus. Beibehalten wird das neoklassische Instrumentarium der Marginalanalyse und das Substitutionsprinzip. Neu ist die Anwendung dieses Instrumentariums auf die ökonomische Erklärung von Institutionen, neuartig sind auch die dafür getroffenen Annahmen: Opportunismus, beschränkte Rationalität, Faktorspezifität - um nur einige zu nennen - sind mit dem traditionalen Modell nicht zu vereinbaren. Gemeinsam ist den genannten Arbeiten ebenfalls die Bedeutung, die dem Auftreten von Kosten beigemessen wird, die entstehen, um eine Institution zu schaffen, zu betreiben und um die Einhaltung ihrer Regeln zu sichern. In der institutionenökonomischen Literatur werden diese Kosten als Transaktionskosten bezeichnet. Im Fortgang dieser Arbeit soll der Fortschritt, der mit diesen Beiträgen verbunden ist, einer kritischen Würdigung unterzogen werden. Dabei interessiert vor allem die Frage, in welcher Weise soziale Interaktionen theoretisch abgebildet werden und welche Bedeutung Transaktionskosten dabei spielen. Obwohl die institutionenökonomische Interpretation der Unternehmung dem in diesem Buch vertretenen sozialwissenschaftliehen Erklärungsansatz nahe steht, gibt es doch auch deutliche Unterschiede, die im Fortgang herausgearbeitet werden sollen. Einige abweichende Ergebnisse dieser Überlegungen seien der Analyse wiederum vorangestellt. These 1: Markt und Unternehmung stellen keine Alternativen dar, wie Coase annimmt, vielmehr stehen beide Institutionen in einer Komplementaritätsbeziehung: Produziert wird in Unternehmen, nicht auf Märkten, einige der

II. Ronald Coase: The Nature of the Firm

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dafür notwendigen vor- und nachgeschalteten ökonomischen Transaktionen fmden aufMärkten und nicht in Unternehmen statt. These 2: Transaktionskosten treten auf, wenn die Interessen der Akteure konfligieren und diese zugleich aufeinander angewiesen sind. Die Annahme opportunistischen Verhaltens ist - entgegen der Argumentation Williamsons nicht konstitutiv für das Transaktionskostenproblem. These 3: Das Auftreten von Shirking innerhalb eines Teams, das im stadium nascendi keine Hierarchie aufweist, impliziert entgegen der Behauptung von Alchian und Demsetz keinen Wechsel der Organisationsstruktur. Die Hierarchisierung der Organisation durch die Etablierung eines Monitors resultiert demzufolge auch nicht aus den Meß- und Kontrollproblemen der Teamproduktion.

Darüber hinaus wird in einem kleinen Exkurs gezeigt, daß der von Alchian und Demsetz behauptete Wirkungszusammenhang von Teamproduktion und Shirking umzukehren ist: Teamproduktion zwingt nicht zur Einführung von Hierarchien, sondern trägt wesentlich dazu bei, Shirking zu reduzieren. An die Stelle der Fremdkontrolle durch einen Vorgesetzten tritt dann verstärkt die Eigenkontrolle und die wechselseitige Kontrolle der Teammitglieder.

II. Ronald Coase: The Nature of the Firm

Den Ausgangspunkt der Caaseschen Überlegungen bildet die herkömmliche Erklärung der Funktionsweise des Marktes als Koordinationsinstrument der von den einzelnen Wirtschaftssubjekten aufgestellten Pläne. Wenn die Allokation und Koordination ökonomischer Pläne über den Marktpreismechanismus erfolgen kann, warum gibt es dann überhaupt Unternehmen, die ja ebenfalls 'koordinierend' tätig sind? Aber auch umgekehrt läßt sich fragen: Wenn Unternehmen koordinierend tätig sind, warum gibt es dann neben der Institution der Unternehmung Märkte? Wäre es nicht möglich, sämtliche Koordinationshandlungen in einem Unternehmen zu konzentrieren? Coase will also begründen, warum es Unternehmen und Märkte gibt und worin sich beide Institutionen voneinander unterscheiden. Schon diese Fragestellung allein richtet sich gegen die Orthodoxie, die die Existenz von Wirtschaftseinheiten als selbstverständlich voraussetzt und dem nicht weiter zu erklärenden Datenkranz zuordnet. 2 Das gilt aber noch viel mehr für den Coase-

2 In diesem Sinne vgl. Bössmann 1981, S. 667, siehe dazu auch Streissler 1980, S. 50.

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6. Kap.: Märkte versus Hierarchien?

sehen Lösungsweg. Denn Coase beantwortet diese Frage mit dem Hinweis, daß die Nutzung des Preismechanismus nicht kostenlos erfolgt. Dieser Gedanke war zum Zeitpunkt des Erscheinens des Coaseschen Beitrags (1937!) revolutionär, als die traditionale Wirtschaftstheorie wie selbstverständlich davon ausging, daß Transaktionen3 kostenlos erfolgen. Woher auch sollten Transaktionskosten resultieren, wenn alle Wirtschaftssubjekte mit vollkommener Voraussicht begabt Verträge abschließen, die mit absoluter Genauigkeit kontrolliert und durchgesetzt werden können? 4 Von diesem Gedanken zur Begründung der Existenz von Unternehmen ist es nur ein kleiner Schritt: Wenn gezeigt werden kann, daß es einer Unternehmung möglich ist, die Transaktionen mit geringeren Kosten durchzufilhren, als wenn sie über den Markt erfolgen, wäre erklärlich, warum es Unternehmen gibt. Die Aufgabe des Unternehmers sei es dann "to carry out his function at less cost, taking into account the fact that he may get factors of production at a lower price than the market transactions which he supersedes" (S. 392)5.

Nun ist die Behauptung, Unternehmen seien in der Lage, Koordinationskosten einzusparen, noch keine Begründung, warum sie das können. Der Nachweis ist gefordert, wie es der Institution Unternehmung gelingt, die Transaktionskosten zu ökonomisieren. Coase nennt daftir gleich mehrere Gründe. Einmal setze das Funktionieren des Preismechanismus die Kenntnis der relevanten Preise voraus, denn die Annahme der statischen Theorie, nach der den Wirtschaftssubjekten alle relevanten Preise im voraus bekannt sind, sei unrealistisch. 6

3 Der Begriff der 'Transaktion' hat seinen Ursprung bei Commons. Nach Auffassung von Commons sind Transaktionen "not the 'exchange of commodities·, but the alienation and acquisition, between individuals, ofthe rights ofproperty and liberty created by society, which must therefore be negotiated between the parties concemed before Iabor can produce, or consumers can consume or commodities be physically exchanged." (1931, S. 652) Im Fortgang sei in Anlehnung an Pfoh/1 Large 1992, S. 18 folgende Definition gewahlt: "Eine Transaktion ist der Austausch von Verfügungsrechten. Ein Vertrag ist die rechtliche Manifestation der Transaktion, d.h. Transaktionen werden mit Hilfe von Verträgen abgewickelt." Vgl. auch Picot 1991, S. 147, Picot I Diet/1990, S. 178 und Michaelis 1985, S. 72. 4 Vgl. Richter I Furubotn 1996, S. 10.

5 Ähnlich definiert Arrow 1974, S. 33 Organisationen als "means of achieving the benefits of collective action in Situations in which the price system fails" oder Cheung 1983, S. 3: "The word 'firm' is simply a shorthand description of a way to organize activities under contractual arrangements that differ from those of ordinary product markets." 6 Vgl. Kaidar 1934.

II. Ronald Coase: The Nature ofthe Firm

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Der zweite von Coase genannte Grund ist näher an unserem Thema: Gäbe es die Institution Unternehmung nicht, wären die Wirtschaftssubjekte darauf angewiesen, untereinander wechselseitig Verträge zu schließen. Jeder Eigentümer eines für die Produktion eines Gutes erforderlichen Produktionsfaktors müßte mit jedem anderen Faktorbesitzer Verträge abschließen, um die Preis/Leistungsbeziehungen zwischen den Faktoreigentümern zu regeln. So aber schließen die Wirtschaftssubjekte jeweils nur einen Vertrag mit einer zentralen Partei, nämlich der Unternehmung, und sparen dadurch Verhandlungskosten. Der dritte von Coase gelieferte Grund berührt direkt die Beschaffenheit der Unternehmung als einer sozialen Institution. Gegenstand seiner Betrachtung sind gerade nicht Ein-Personen-Unternehmen, sondern Unternehmen, an der viele Wirtschaftssubjekte interagieren. Wie aber sind diese Interaktionen beschaffen? Besonderes Gewicht mißt Coase der Tatsache bei, daß mit dem Arbeitsvertrag ein Autoritätsverhältnis etabliert wird. Er erläutert das wie folgt: "The contract is one whereby the factor, for a certain remuneration (which may be fixed or tluctuating), agrees to obey the directions of an entrepreneur within certain Iimits. The essence of the contract is that it should only state the Iimits to the powers of the entrepreneur. Within these Iimits, he can therefore direct the other factors ofproduction." (S. 391)

Coase illustriert das Gesagte am Beispiel des Arbeiters, der von einer Abteilung y zur Abteilung x wechselt. Der Grund für diesen Wechsel des Arbeitsplatzes innerhalb der Organisation habe nichts mit einer Veränderung der relativen Preise der vom Arbeiter erbrachten Arbeitsleistung zu tun, sondern schlicht damit, daß ihm befohlen wurde, die Abteilung zu wechseln. 7 Inwiefern ist die Beschaffenheit des Arbeitsvertrags als Autoritätsverhältnis relevant für die Erklärung des Existenzgrundes der Unternehmung? Dazu bemüht Coase ein Gedankenexperiment Ein Vertrag, wie er für Markttransaktionen üblich ist, enthält genau spezifizierte Tauschleistungen. Übertragen auf den Arbeitsvertrag hieße dies, daß die zukünftig zu erbringenden Arbeitsleistungen vorab genau spezifiziert werden müßten. Das sei jedoch äußerst schwierig. Es liege daher im Interesse des Käufers, in diesem Fall der Unternehmung, frei entscheiden zu können, welche Leistung zu einem späteren Zeitpunkt erbracht werden muß. Der Arbeitsvertrag als Autoritäts-beziehung enthält die eben dafür erforderliche Eigenschaft der Unbestimmtheit der zu erbringenden Gegenleistungen.

Coase begründet die Existenz von Unternehmen also damit, daß bestimmte Kosten der Marktoperation eingespart werden können. Warum finden dann 7 Vgl. Coase 1937, S. 387.

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6. Kap.: Märkte versus Hierarchien?

aber nicht sämtliche Koordinationshandlungen innerhalb einer großen Unternehmung statt? Warum gibt es neben Unternehmen auch noch Märkte? Coase beantwortet auch diese Frage mit einem Kostenargument, das filr den damaligen Stand der mikroökonomischen Theorie außergewöhnlich war: Nicht nur die Marktoperationen verursachen Kosten, sondern auch die Organisation der im Unternehmen bewerkstelligten Koordinationshandlungen erfolgt nicht kostenlos. Übersteigen diese Organisationskosten eine bestimmte Höhe, ist es günstiger, den Bedarf durch Fremdbezug, d.h. durch Kauf zu decken. Das bedeutet aber, daß es günstiger sein kann, auf den Markt zurückzugreifen, als die benötigten Güter und Dienste selbst herzustellen. Mit dieser Überlegung ist freilich noch nicht die Frage beantwortet, welche Faktoren die Organisationskosten beeinflussen. Wovon hängt die Entwicklung der Organisationskosten ab? Wenn die Existenz von Märkten aus der Entwicklung der Organisationskosten heraus begründet wird, dann impliziert dies bereits die Annahme, daß die Höhe der Organisationskosten von der Größe der Unternehmung abhängig ist, es also eine optimale Unternehmensgröße gibt, die nicht sämtliche Koordinationsakte umfaßt. Coase liefert mehrere Argumente, warum die Organisationskosten mit zunehmender Unternehmensgröße wachsen. Mit zunehmender Unternehmensgröße werde es schwierig, die Ressourcen optimal zu nutzen und zu koordinieren, das Management werde überfordert, so daß sich Fehlallokationen häufen. Darüber hinaus werden mit zunehmender Unternehmensgröße auch die Personalkosten einer Unternehmung steigen. Das wird damit begründet, daß es viele Manager vorzögen, in kleinen Unternehmen zu arbeiten, anstatt eine leitende Tätigkeit in einem Großunternehmen auszuüben. Zum Ausgleich erhielten die Manager in Großunternehmen höhere Gehälter. Je größer daher die Unternehmung, desto mehr verlieren Unternehmen ihren Kostenvorteil gegenüber dem Koordinationsmechanismus 'Markt'. Steigen diese Kosten der Organisation über die Transaktionskosten des Marktes, bewirke dies ein Schrumpfen der Unternehmung, da es ökonomisch effizienter werde, die Koordination der Ressourcen dem Markt zu überlassen. Umgekehrt wüchsen Unternehmen, solange sie kostengünstiger als der Markt Koordinationsfunktionen ausfUhren könnten. "Die Analyse löst sich somit in einer flir Ökonomen höchst einleuchtenden und eleganten Formel auf', weil sie das dem neoklassischen Ökonomen vertraute Instrument der Marginalbetrachtung anwendet. Allerdings, und dies macht "das Besondere von Coases Ansatz aus", "daß dieses Prinzip hier nicht auf Produktions- oder Konsumaktivitäten, sondern auf Organisationsaktivitäten angewendet wird, nämlich auf die Aufgabe, über die Institutionen 'Markt' und

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'Unternehmung' als alternative Organisationsformen filr die Koordination ökonomischer Aktivitäten zu entscheiden" (Bössmann 1981, S. 6708). Im Unterschied zur herkömmlichen Interpretation der Unternehmen als einer B1ack box lenkt Coase die Aufmerksamkeit darauf, in welcher Weise die Produktionsfaktoren interagieren. Als charakteristisch sieht Coase dabei an, daß die Produktionsfaktoren nicht gleichrangig miteinander kommunizieren, sich vielmehr in einem Über- bzw. Unterordnungsverhältnis befinden. Damit knüpft Coase explizit an Überlegungen von Knight 1965 [ 1921] an, der die Kontrolle der produktiven Handlungen durch einen zentralisierten Entscheidungsträger als spezifisches Merkmal der 'kapitalistischen Firma' ansieht. Der Coasesche Beitrag liefert somit eine ökonomische Erklärung für die hierarchische Organisation der Unternehmung, die einen gewaltigen Fortschritt gegenüber der transaktionskostenfreien Modellwelt der Orthodoxie bedeutet. Gleichwohl ist die Coasesche Erklärung der hierarchischen Struktur 'kapitalistischer Firmen' aus mehreren Gründen unbefriedigend. Wie in dem vorgehenden Kapitel gezeigt wurde, gibt es zusätzlich zu dem von Coase genannten Vorteil des Arbeitsvertrags filr das Unternehmen einen weiteren, ebenso wichtigen zweiten Vorteil des unvollkommen spezifizierten Arbeitsvertrags. Dieser bietet dem Unternehmen die Möglichkeit, die Arbeitskraft für die Dauer des Vertrags intensiver zu nutzen, ohne deswegen einen höheren Lohn zahlen zu müssen. Tatsächlich fmdet die von RationaHsierungen begleitete Leistungsverdichtung in den Betrieben auf Basis geschlossener Arbeitsverträge statt, in denen zwar die Entlohnung, nicht aber die dafür zu erbringende Leistung fixiert ist. Berücksichtigt man ferner, daß die Arbeitsuchendende facto in der Regel gar nicht vor der Wahl stehen, ob sie in ein Autoritätsverhältnis einwilligen, sondern bestenfalls, in welches sie einwilligen können, wird erkenntlich, daß die herausragende Stellung dieses Vertragstyps einen anderen als den von Coase genannten Grund hat: Der Arbeitsvertrag bringt nämlich die ungleiche Definitionsmacht der Vertragsparteien zum Ausdruck, die - ökonomisch gesehen - auf der unterschiedlichen Dringlichkeit, einen Arbeitsvertrag abzuschließen, beruht. Das Bemühen, die hierarchische Struktur der 'kapitalistischen Firma' nicht nur zu erklären, sondern ökonomisch dadurch zu rechtfertigen, daß Argumente vorgetragen werden, die die Effizienz von Hierarchien gegenüber nicht-hierarchisch organisierten Institutionen begründen sollen, ist nicht nur bei Coase, sondern auch bei anderen modernen Interpreten, etwa Wil/iamson, Alchian und Demsetz, erkennbar. Typisch für diese Argumentationen sind stets Kostenvergleiche verschiedener Institutionen, denen jeweils ein tertium comparationis 8 Vgl. Bössmann 1982, Coase 1984, 1988 und Schanze 1981, S. 695. 10 Dunn

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6. Kap.: Märkte versus Hierarchien?

vorausgesetzt ist. Erst auf Basis dieses gemeinsamen Dritten stellt sich dann die Frage, "nach welchen Prinzipien und auf Grund welcher Umstände .. . die Entscheidung fllr die eine oder die andere Koordinationsform (erfolgt)?" (Bössmann 1981, S. 6689) Im Falle der Coaseschen Argumentation liefert der Vergleich der Organisationskosten der Unternehmung mit den Koordinationskosten der Institution 'Markt' die Begründung fllr die hierarchische Organisationsstruktur der modernen Unternehmung. 10 Das setzt freilich voraus, daß beide Institutionen auch in einer faktischen Substitutionsbeziehung stehen. Eben das ist zu bezweifeln, weil die Koordinationsleistungen beider Institutionen institutionenspezifisch sind, es also das unterstellte tertium comparationis gar nicht gibt 11 : Der Markt koordiniert nicht die fllr die Organisation des Produktionsprozesses notwendigen Leistungsbeziehungen, weil darin gar nicht seine Funktion besteht, oder wie Blien 1986, S. 78 bemerkt hat: "Coase und andere vergessen ... , daß 'ein Markt nicht arbeitet', er die Produktion unterstellt. Produziert wird jedoch gerade in Unternehmen. Indem die Produktion die Voraussetzung des Marktes ist - ... - stehen Unternehmen den Märkten keineswegs substitutiv gegenüber." Zuzustimmen ist auch Schüller in seiner Kommentierung, wenn er feststellt, "daß das Verhältnis von Markt- und Firmentransaktionen weniger als Substitutions- und Konkurrenzbeziehung aufzufassen, als vielmehr im Sinne von Komplementaritäten {Interdependenzen) im Rahmen des gesamten Marktsystems zu deuten ist" (Schüller 1983, S. 164 12). Wenn der ökonomische

9 Vgl. auch Duda 1987, S. 65.

10 "Der Coase'sche Unternehmer" so Weise 1985, S. 181 - "interessiert sich ausschließlich tllr die kostenminimale Organisationsform aller betrieblichen Aktivitäten. Er würde deshalb offenbar sogar seine Befehlsgewalt zugunsten des Koordinationsmechanismus Markttausch abtreten, wenn dies zu billigerer Produktion tuhrte." Ist das wirklich die Entscheidungssituation, vor der ein Unternehmen steht? 11 Die Koordinationsprobleme und -kosten sind in einem institutionsleeren Raum theoretisch gar nicht abbildbar. Aus dem gleichen Grund ist es problematisch, die Monopolisierung der gesellschaftlichen Produktion in einem Unternehmen, also eine Art Planwirtschaft, durch einen Wirtschaftlichkeitsvergleich mit der Institution 'Markt' beantworten zu wollen. Bekanntlich verfolgen Unternehmen in planwirtschaftliehen Lenkungssystemen andere Zwecke und sind mit anderen Koordinationsproblemen konfrontiert als erwerbswirtschaftliche Unternehmen, die sich im Marktwettbewerb befinden. 12 Zu Recht bemerkt auch Albach: "The firm is not seen as an institution which competes with the market as an instrument for the efficient allocation of scarce means to the ends in society. On the contrary: the firm is complementary to the market. Therefore improvements in the efficiency of the market do not necessarily mean that the firm loses its justification as an institution. Rather, a firm is a viable and necessary part of the total allocative system of the economy. Changes in the allocative institutions outside the firm Iead to changes within the firm. On the other hand, the firm

II. Ronald Coase: The Nature ofthe Firm

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Existenzgrund von Institutionen in ihrer Effizienz gesucht wird, entsteht außerdem das Problem, Ineffizienzen erklären zu können, denn es ist offenkundig, daß Institutionen auch ineffizient sein können. 13 Von diesem Einwand abgesehen, basiert der Beweisgang von Coase auf einer gedanklichen Fiktion, nämlich der Fiktion, einen Markt ohne Unternehmen und eine Unternehmung ohne Märkte anzunehmen 14 , um auf die Existenz von Unternehmen und Märkten, d.h. auf empirische Phänomene zu schließen. Sieht man von dem methodischen Problem ab, ob aus empirisch gehaltlosen Extremen empirisch gehaltvolle Schlußfolgerungen gezogen werden können, sind die Folgeprobleme aufschlußreich, denn nur auf Basis dieser fiktiven Gegenstellung gerät Coase in Beweisnot, neben der Existenz von Unternehmen au/Märkten, die Existenz von Märkten begründen zu müssen. 15 An der Frage 'Selbstherstellung oder Fremdbezug?', also an der Wahl der Produktionstiefe einer Unternehmung kann dieser Nachweis freilich gar nicht erbracht werden, weil die bezeichnete Alternative ein Entscheidungsproblem von im Marktwettbewerb stehenden Unternehmen und keine Abwägung zwischen den Institutionen 'Markt' und 'Unternehmung' beschreibt.l 6 Ungeachtet dieser Schwächen 17 stellt der Beitrag von Ronald Coase doch zweifellos einen großen Fortschritt gegenüber der traditionalen Unternehin its constant search for more efficiency undergoes significant changes in its intemal input-output system that affect the markets ofthe firm." (1981, S. 721, vgl. auch Heuß 1965a, S. 14 ff.) 13 Vgl. etwa Buchanan 1977, S. 30-31 und S. 271.

14 Die "Entgegnung, bei 'Markt oder Unternehmung' sei nicht an sich ausschließende Alternativen gedacht" entpuppt sich, so D. Schneider, "als Schutzbehauptung im geistigen Rückzugsgefecht; denn wer vertikale Integration (Unternehmung) und Fremdbezug (Markt) durch einen Wirtschaftlichkeitsvergleich erklären will, muß ftlr den seine Theorie konstituierenden Vergleich zunächst sich ausschließende Alternativen formulieren." (1985, S. 1242, vgl. auch Schneider 1984) 15 Ein ähnliches Problem findet sich offensichtlich auch bei Knight, wenn dieser schreibt: "the relation between efficiency and size is one ofthe most serious problems oftheory, ... the question is peculiarly vital because the possibility of monopoly gain offers a powerful incentive to continuous and unlimited expansion of the firm, which force must be offset by some equally powerful one making for decreased efficiency ... with growth in size, if even boundary competition is to exist." (Knight, zit. nach Coase 1937, S. 394) 16 Berechtigt erscheint daher auch ein weiterer Einwand von Dieter Schneider 1985, S. 1242, daß ein Wirtschaftlichkeitsvergleich zwischen Selbstherstellung und Fremdbezug unter Zuhilfenahme der marktbezogenen Kosten nur dann möglich sei, wenn Märkte existierten: "Doch dann können Markt und Unternehmung logischerweise keine alternativen Organisationsformen sein." 17 Vor dem Hintergrund des Gesagten erscheint mir die übliche Kritik an der Coaseschen Argumentation, die Entscheidungsregel zwischen Unternehmen und Märkten sei eine "Leerformel", solange "keine konkreten Angaben über die Höhe der (marginalen) Transaktionskosten im Vergleich zu den Organisationskosten vorlägen oder zumindest deren Bestimmungsfaktoren genauer spezifiziert und in ihrer Wirkungsrichtung abschätzbar wären" (Bössmann 1981, S. 672), zu kurz zu greifen, weil sie die unterstellte Substitutionsbeziehung affirmiert. Vgl. Wil/iam-

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6. Kap.: Märkte versus Hierarchien?

menstheorie dar. Durch ihn wird die in Vergessenheit geratene Erkenntnis der klassischen Politischen Ökonomik wach gerufen, daß Markttransaktionen nicht kostenlos erfolgen und daß innerhalb von Unternehmen organisatorische Probleme auftreten18, die gelöst werden müssen. Die mikroökonomische Theorie steht damit vor dem Problem, genauer erklären zu müssen, wodurch Transaktionskosten auftreten, welchen Umfang sie annehmen können und welche Wirkung von ihnen ausgeht.

111. Oliver Williamson: Der Transaktionskostenansatz Analog mechanischen Systemen, in denen die Reibung eine wichtige Rolle spielt, treten auch in ökonomischen Systemen Reibungen auf, wenn Güter und Dienste übertragen werden. Diese Reibungen nennt Williamson Transaktionskosten.19 Anknüpfend an Coase sieht Williamson in dem Auftreten von Transaktionskosten einen wesentlichen Grund ftir die Bildung von Institutionen; allerdings ftihrten die Coaseschen Überlegungen in ein Dilemma, solange die Gründe, weshalb manche Transaktionen auf die eine oder andere Weise organisiert werden, im Dunkeln bleiben. Vor diesem Hintergrund ist der Transaktionskostenansatz von Williamson, den dieser in mehreren Beiträgen20 entwickelt hat, als der Versuch zu werten, die Gründe für das Auftreten von

son 1975, S. 3, 1981, S. 675, Demsetz 1968, Cheung 1969, Wilson 1980, Lazonick 1981 und Kieser 1988. 18 Vgl. Schreyögg 1988, S. 151 ff.

19 Die Beschreibung der Transaktionskosten als "costs ofrunning the economic system· stammt ursprUnglieh von Arrow 1969. Andere Definitionen wurden von Coase 1937, S. 390 und Demsetz 1968, S. 35 geliefert. Ersterer spricht von den "cost of using the price mechanism", letzterer definiert Transaktionskosten als "the cost of exchanging ownership titles". Pfahl/ Large 1992, S. 19 sehen folgende Definition als sinnvoll an: "Transaktionskosten sind Kosten, die durch die Vorbereitung, Vereinbarung, Überwachung, Anpassung oder Aufhebung eines Vertrages zur Abwicklung einer Transaktion verursacht werden." Richter 1990, S. 577 untergliedert die Transaktionskosten in a) Kosten der Anbahnung von Verträgen (Such- und Informationskosten), b) Kosten des Abschlusses von Verträgen (Verhandlungs- und Entscheidungskosten usw.) und c) Kosten der Überwachung und Durchsetzung von Leistungspflichten. Kritisch zum Transaktionskostenbegriffäußern sich Perrow 1981, S. 375, Schneider 1985, S. 1241, Kieser 1988, S. 317, Tietze/1981, S. 238 und Picot 1990, S. I 0 I. 20 Zu den wichtigsten Monographien von Williamson zählen 'Markets and Hierarchies' 1975, 'The Economic Institutions ofCapitalism· 1985, 'Economic Organization' 1986. Einen allgemeinen Überblick Ober die Transaktionskostenökonomik liefern Wil/iamson 1980, 1981, 1989, 1990, 1990a, Schumann 1987, Picot 1990b, Picot/ Dietl 1990, Richter 1990 und Richter I Furubotn 1996.

III. Oliver Williamson: Der Transaktionskostenansatz

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Transaktionskosten und die Konsequenzen für den Institutionenbildungsprozeß zu erklären. Was genau sind die Ursachen für das Auftreten von Transaktionskosten? Williamson beantwortet diese Frage mit der Identifikation mehrerer Faktoren, deren Existenz und deren Zusammenwirken seiner Auffassung nach Transaktionskosten verursachen. Die erste Voraussetzung sei die Tatsache, daß die Akteure sich nur eingeschränkt rational verhalten, weil ihre kognitiven Fähigkeiten, komplexe Phänomene zu erkennen, begrenzt sind. Infolgedessen ist es den Wirtschaftssubjekten selbst dann verwehrt, rational zu handeln, wenn sie rational handeln wollen. Aufgrund des begrenzten Wissens und der begrenzten Fähigkeit des Menschen, Informationen zu generieren und zu verarbeiten, sind Fehlentscheidungen der Wirtschaftssubjekte unvermeidbar. Im Vergleich zu den hypothetischen Akteuren der neoklassischen Theorie jedenfalls handeln die wirklichen Akteure zwangsläufig ineffizient. In diesem Sinne sind "Transaktionskosten das Resultat dieser Ineffizienz" (Richter und Furubotn 1996, S. 45). Als zweiten Humanfaktor nennt Williamson ·opportunistisches Verhalten·. Unter Opportunismus versteht Williamson die Verfolgung des Eigeninteresses mit List. Die ökonomischen Akteure handelten teilweise unaufrichtig und verbergen ihre wahren Präferenzen. 21 So werden Arbeitsuchende zum Beispiel ihre tatsächliche Arbeitsqualifikation im Vorstellungsgespräch nicht immer preisgeben, wenn sie befürchten, dies würde ihnen schaden. Das Problem rührt insbesondere aus dem Umstand, daß der Verkäufer der Ware (hier der Arbeiter) besser über deren Qualität informiert ist als der Käufer (hier das Unternehmen). Zwischen beiden Vertragsparteien herrscht somit asymmetrische Information. Opportunistisches Verhalten kann aber auch nach Vertragsschluß auftreten. Zum Beispiel ist die Leistung eines Arbeitnehmers nur unvollkommen beobachtbar und die Überwachung kostspielig, so daß die Arbeitnehmer über einen Verhaltensspielraum verfügen, den sie für sich opportunistisch ausschöpfen können. Neben dem Auftreten asymmetrischer Informationen bieten Faktorspezifitäten (asset specifity) den Vertragsparteien Gelegenheit zu opportunistischem Verhalten. 22 Solche Faktorspezifitäten entstehen zum Beispiel, wenn ein Unternehmen in das Humankapital seiner Mitarbeiter investiert

21 ln diesem Sinne argumentieren auch Diamond 1971, S. 31 und Georgescu-Roegen 1971, S. 319. 22 ln 'The Economic Institutions of Capitalism' 1985, S. 243 f. heißt es dazu: "Specifically, skills that are acquired in a learning-by-doing fashion and that are imperfectly transferable across employers have tobe embedded in a proteelive governance structure [Hervorh. O.W.] ... Transaction cost economics maintains that governance structures must be crafted more carefully as the degree ofhuman asset specifity increases."

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6. Kap.: Märkte versus Hierarchien?

und die dadurch vermittelten Qualifikationen nur innerhalb des Beschäftigungsverhältnisses wertvoll sind. 23 Die Partei, die diese Investitionen finanziert, wird dann in hohem Maße vom Verhalten der anderen Vertragspartei abhängig werden. Verläßt der ausgebildete Mitarbeiter etwa diese Organisation, verliert das Unternehmen seine Investition. Auch wenn beide Vertragsparteien an der Erfilllung des Arbeitsvertrags interessiert sind, sei die Gefahr einer Wohlfahrtseinbuße in der Praxis filr eine der beiden Vertragsparteien häufig größer als fiir die andere. Besonderes Gewicht legt Wi/liamson darauf, daß sich, bedingt durch Faktorspezifitäten, ursprünglich wettbewerbliehe Beziehungen in ein bilaterales Monopol verwandeln können. Es findet dann eine fundamentale Transformation' statt. Als Beispiel kann wieder der Arbeitsmarkt dienen: Während vor der Besetzung einer Stelle viele Arbeitskräfte um eine Anstellung konkurrieren, verliert das Beschäftigungsverhältnis nach Einstellung und firmenspezifischer Weiterbildung seinen Wettbewerbscharakter, weil beide Vertragsparteien, das Unternehmen und die beschäftigten Arbeitnehmer, ein Interesse am Fortbestand des Vertragsverhältnisses haben. Erst das Auf- und Zusammentreffen der genannten Faktoren erklärt nach Auffassung von Williamson, warum Transaktionskosten in der Praxis auftreten müssen. Von diesen Überlegungen ausgehend widmet sich Wil/iamson diversen institutionellen Arrangements, um das in ihnen verborgene Transaktionskostenkalkül aufzuspüren, denn Institutionen dienten unter anderem dem Zweck, Transaktionskosten zu minimieren. Unter der Fülle der von Williamson analysierten Arrangements interessiert uns erneut die Interpretation des individuellen Beschäftigungsverhältnisses. Dies vor allem deshalb, weil Wi/liamson im Unterschied zu Coase dem Umstand Rechnung trägt, daß es in der Praxis alternative Vertragsmöglichkeiten und Organisationsformen gibt. Nicht jedes Unternehmen weist die gleiche Organisationsform auf, so gibt es durchaus Unternehmen mit egalitären Organisationsstrukturen (peer-groups), die in der Analyse zu berücksichtigen seien. Dagegen unterscheidet sich Wi/liamson von Coase nicht darin, den Grund für

23 Charakteristisch filr die Spezifität der Investition ist der Umstand, daß der Differenznutzen zwischen der beabsichtigten Verwendung in der Firma und der nächstbesten anderweitigen Verwendung außerhalb der Firma hoch ist. Umgekehrt gilt: "[Die] Spezifität ist um so geringer, je einfacher ein Faktor einer anderen Verwendung zugefuhrt oder an einen anderen Transaktionspartner Obertragen werden kann, ohne an Wert zu verlieren." (Pfoh/ I Large 1992, S. 22) In Anlehnung an Marshall wird dieser Differenzbetrag als Quasi-Rente bezeichnet. Die Spezifität einer Investition ist ceteris paribus um so ausgeprägter, je größer die Quasi-Rente ist. Vgl. auch Po/anyi 1962, S. 52 f. und Marschak 1968, S. 14.

III. Oliver Williamson: Der Transaktionskostenansatz

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das Vorherrschen hierarchischer Organisationsstrukturen auf ein ökonomisches Effizienzkalkül zurückführen zu wollen. In ·Markets and Hierarchies' argumentiert Wil/iamson damit, daß das Autoritätsverhältnis der Unternehmung nutzt, weil das Unternehmen dadurch flexibel auf Umweltveränderungen reagieren kann, ohne deshalb dem Arbeitnehmer zu schaden, weil sich dieser entweder indifferent gegenüber den dekretierten verschiedenen Arbeitsinhalten verhält oder aber, weil er für die Erledigung einer unangenehmen Aufgabe ('unpleasant task') ausreichend entschädigt wird. In 'The Economic Institutions of Capitalism' 1985 erfolgt der Nachweis der Vorteilhaftigkeit des klassischen Arbeitsvertrags ('authority relation') über den Vergleich mit alternativen Organisationsformen, die anband elf verschiedener Effizienzkriterien bewertet werden. Auch in dieser Arbeit gelangt Williamson letztlich zu dem Ergebnis, daß "[hierarchy] ... is unavoidable unless efficiency sacrifices are made" ( Williamson 1985, S. 231 ). Die Überlegenheit hierarchischer Organisationsformen, die mit dem Abschluß des klassischen Arbeitsvertrags verbürgt sind, löst das Problem opportunistischen Verhaltens gleichwohl nicht. Ergänzend zum Arbeitsvertrag bedarf es kollektivvertraglicher Regelungen 24 , die zur Herausbildung sogenannter interner Arbeitsmärkte flihren. 25 Die Vorteile interner Arbeitsmärkte sieht Williamson durch folgende Wirkungen gewährleistet: Die Abschottung der höheren Positionen gegenüber externen Bewerbern schützt das Unternehmen vor unproduktiven Mitarbeitern. 26 Das interne Laufbahnsystem (internal promotion ladder) einer Unternehmung erhöht die Leistungsmotivation der Mitarbeiter und die Kosten eines Beschäftigungswechsels. 27

24 Die AusdrUcke 'collective bargaining', 'private collective action' und 'collective agreement' lassen offen, ob dabei stets an eine zwischen einer Gewerkschaft und einem Unternehmen getroffene Vereinbarung gedacht ist. 25 Interne Arbeitsmärkte sind durch folgende Eigenschaften charakterisiert: Erstens ist der Zugang zum internen Arbeitsmarkt auf bestimmte Eintrittspositionen beschränkt, d.h. bestimmte (höhere) Positionen sind internen Bewerbern vorbehalten. Zweitens existieren interne Aufstiegsleitern. Drittens wird die Faktorallokation durch nichtpreisliche Mechanismen geregelt. So erfolgt die Entlohnung häufig an den Arbeitsplatz und die Beschäftigungsdauer gebunden. Und viertens sind die individuellen Beschäftigungsverhältnisse in der Regel langfristig. Vgl. dazu auch Brandes I Butt/er 1988, S. 96. 26 Dem liegt als Überlegung zugrunde, daß die Produktivität eines bereits im Unternehmen tätigen Mitarbeiters leichter beurteilt werden kann als die eines Neuzugangs. Externe Bewerber müssen sich erst einmal bewähren, bevor sie in höhere Positionen aufrUcken können. 27 Dem ist natUrlieh vorausgesetzt, daß andere Unternehmen dieser Praxis folgen. Vgl. auch Doeringer I Piore 1971, S. 78.

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6. Kap.: Märkte versus Hierarchien?

Die Kopplung der Entlohnung an den Arbeitsplatz (statt an die individuelle Leistung) trägt dazu bei, individuelles Feilschen über die Verteilung von Produktivitätsgewinnen zu vermeiden. Damit werden die 'incentives to behave opportunistically' ausgedünnt. 28 Die Langfristigkeil des individuellen Beschäftigungsverhältnisses reduziert die Fluktuation der Mitarbeiter und senkt die damit verbundenen Rekrutierungs- und Einarbeitungskosten. Erst durch die Etablierung interner Arbeitsmärkte gelingt es der Unternehmung nach Auffassung von Wi/liamson, das Problem opportunistischen Arbeitnehmerverhaltens nachhaltig zu reduzieren 29 und die Einstellung des Mitarbeiters gegenüber der Unternehmung positiv zu beeinflussen. Die Unternehmung werde dann nicht mehr nur als einem Geschäftsinteresse dienende (perfunctory), sondern als wirkliche (consummate) Gemeinschaft wahrgenommen. Erst auf dieser Grundlage werde das Problem opportunistischen Verhaltens gebannt, lohnten sich kostspielige Humankapitalinvestitionen, könne sich eine ideosynkratische Prinzipal-Agent-Beziehung entwickeln. Der Fortschritt des von Wil/iamson und anderen entwickelten Transaktionskostenansatzes gegenüber älteren Beiträgen besteht einmal darin, deutlicher gemacht zu haben, was Transaktionskosten sind und wie sie entstehen. Die Bedeutsamkeil von Transaktionskosten zu leugnen hieße tatsächlich von dem Einfluß und Stellenwert von Such- und lnformationsproblemen, Verhandlungs- und Entscheidungsproblemen, Überwachungs- und Durchsetzungsproblemen vertraglicher Leistungspflichten zu abstrahieren, was offensichtlich unsinnig ist. Die theoretische Befassung mit den Ursachen und Wirkungen von Transaktionskosten erwächst unmittelbar aus ihrer praktischen Relevanz. Auch dieses Buch, in dessen Mittelpunkt die konfliktreichen sozialen Interaktionen im Unternehmen stehen, wäre überflüssig, wenn es keine Reibungsverluste ökonomischer Austauschbeziehungen und damit Transaktionskostenprobleme innerhalb der Unternehmung gäbe. Zweifellos leben wir in einer Welt positiver Transaktionskosten und die Frage nach den Erklärungsgründen ist allzu berechtigt. Sie ist deckungsgleich mit der Frage, warum es überhaupt ökonomische Reibungsverluste gibt. Interessanterweise sieht Williamson die eigentliche Ursache für das Auftreten von Reibungsverlusten nicht in der schlichten Tatsache konfligierender ökono-

28 Williamson 1975, S. 74, vgl. auch Summers 1969, S. 538 und 573 und Thurow 1975. 29 Von diesen Faktoren abgesehen, mißt Wil/iamson den Gewerkschaften, internen Schlichtern und der Schaffung eines kooperativen Klimas eine transaktionskostensenkende Wirkung bei. Vgl. dazu insbesondere Williamson 1985, S. 254 und Cox 1958, S. 24.

III. Oliver Williamson: Der Transaktionskostenansatz

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miseher Interessen begründet, deren Existenz sicher nicht nur marktwirtschaftlich-kapitalistische Systeme kennzeichnet. Statt dessen werden anthropogene Eigenschaften referiert, die freilich erst unter bestimmten sachlichen Voraussetzungen ihre schädliche Wirkung entfalteten und dann Transaktionskosten verursachten. Nun ist es sicherlich zutreffend, wenn den ökonomischen Akteuren 'beschränkte Rationalität' statt vollkommener Voraussicht attestiert wird, die es ohnedies nur in der Modellwelt der orthodoxen Ökonomik gibt. Und auch die Beobachtung opportunistischen Verhaltens wird man vielleicht anders erklären30, aber empirisch nicht bestreiten wollen. Gleichwohl werden Interessenkonflikte häufig auch offen ausgetragen und verursachen dann - wenngleich andere - Reibungsverluste. Es kann also bezweifelt werden, daß Williamsons Behauptung "Wäre nicht der Opportunismus, so könnte offensichtlich alles Verhalten nach Regeln erfolgen" (1990, S. 55) zutreffend ist. 31 Auch dann, wenn die Akteure bereit sind, ihre 'Karten offen auf den Tisch zu legen', schließt dies nicht aus, daß es unter den Bedingungen beschränkter Rationalität und unvollkommener Voraussicht Probleme der Vertragserfiillung geben wird, die vorher nicht bedacht wurden (oder berücksichtigt werden konnten), für die es daher auch innerhalb des Vertragswerks keine eindeutigen Regelungen gibt und geben kann. Damit ist freilich nicht bestritten, daß opportunistisches Verhalten ein relevantes ökonomisches Problem darstellt, lediglich sind die genannten Gründe, die fiir oder gegen eine Verschärfung opportunistischen Verhaltens angeführt werden, ebenfalls in Zweifel zu ziehen.

30 Unbefriedigend ist die anthropogene Erklärung, weil sie weder das zugrunde liegende ökonomische Kalkül noch die Verteilung der Verftlgungsrechte berücksichtigt. Jemand, der sein Interesse mit Aussicht auf Erfolg offen austragen kann, hat wenig Anlaß, dies verdeckt zu tun. Offensichtlich rechnet ein Akteur aber damit, daß sich die Chancen, sein Interesse durchsetzen zu können, erhöhen, wenn er seine wirklichen Pläne zurückhält und falsche Informationen ausstreut. Oder umgekehrt, er mißt einer offenen Durchsetzung seines Eigeninteresses nur geringe Erfolgschancen bei. In gar nicht seltenen Fällen verbirgt sich hinter dieser Form des Konfliktverhaltens daher eine ungleiche Verteilung der Verfilgungsrechte, d.h. eine Machtrelation. Nicht zufllllig thematisiert Wil/iamson in seiner Studie das opportunistische Verhalten der Mitarbeiter gegenüber der Unternehmung und eher beiläufig den umgekehrten Fall: Leitende Angestellte haben sicher weniger Anlaß, sich gegenüber ihren Untergebenen opportunistisch zu verhalten! Vgl. zum Thema auch Sadowski 1988, S. 226, Richter 1990, S. 580 und Macaulay 1963, S. 56. 31 Williamson 1990, S. 55 begrUndet dies damit, daß sich ehrlich verhaltende Akteure vertraglich auf eine Generalklausel einigen könnten, in der sie sich bereit erklären, alle relevanten Informationen ehrlich bekanntzugeben und übereinkommen, die Kooperationsrente entsprechend eines vorab vereinbarten VerteilungsschlUsseis aufzuteilen. Gegen diese Lösung spricht, daß auch eine derartige Generalklausel in jedem konkreten Streitfall unterschiedlich interpretiert werden kann. So können zum Beispiel abweichende Einschätzungen vorliegen, ob eine gravierende Änderung der Vertragssituation eingetreten ist, die Neuverhandlungen erfordert.

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6. Kap.: Märkte versus Hierarchien?

Zum Beispiel wird das Problem opportunistischen Verhaltens - entgegen der These Williamsons - durch das Auftreten von Faktorspezifitäten etwa in Gestalt von finnenspezifischen Humankapitalinvestitionen nicht notwendigerweise verschärft, sondern unter Umständen eher gemindert. Warum sollten die Vertragspartner nicht kooperieren, wenn beide durch den Abbruch der Beziehung große Verluste erleiden?32 Finnenspezifische Investitionen in das Humankapital der Mitarbeiter tragen dann dazu bei, die Bindung der Beschäftigten mit dem Unternehmen zu erhöhen, weil sich die erworbene Qualifikation in anderen Beschäftigungsverhältnissen nicht nutzbringend einsetzen läßt. Nicht nur der Prinzipal, sondern auch der Agent würde durch den Austritt des Mitarbeiters aus der Organisation verlieren. 33 Transaktionskostensenkend wirken auch die internen Arbeitsmärkte, denen Williamson 34 breiten Raum einräumt. Deren ökonomische Relevanz ist allerdings nicht an die Bedingung des Auftretens faktorspezifischer Investitionen oder opportunistischen Verhaltens geknüpft. Selbst dann, wenn nur in geringem Umfang unternehmensspezifische Humankapitalinvestitionen erfolgt sind, ist die Etablierung interner Arbeitsmärkte vorteilhaft, weil sie die Bindung des Mitarbeiters an das Unternehmen erhöht. Die Tatsache, daß hohe Fluktuationsraten der Beschäftigten die Rekrutierungskosten ansteigen lassen, stellt schon filr sich einen Anreiz dar, "der externen Arbeitsmarktkoordination Fonnen interner Koordination vorzuziehen" (Brandes und Butt/er 1988, S. 100)35 • Für den traditionalen Ökonomen vielleicht überraschend, basiert die transaktionskostensenkende Wirkung interner Arbeitsmärkte gerade auf der Verteuerung der potentiellen Transaktionen filr den Arbeitnehmer. Die Senioritätsentlohnung, wie sie etwa in japanischen Unternehmen praktiziert wird, liefert dafür ein Beispiet.3 6 In gleicher Weise wirken Eintrittsbarrieren und interne Aufstiegsleitern. In dem Maße, wie die Attraktivität des bestehenden Beschäftigungsverhältnisses durch die Etablierung interner Arbeitsmärkte ver32 Vgl. dazu insbesondere Duda 1987, S. 86. 33 Indirekt wird diese selbststabilisierende Wirkung ideosynkratischer Beziehungen konzediert,

wenn Wil/iamson darauf verweist, daß das Beschäftigungsverhältnis Gefahr läuft, 'unwissentlich zerstört' zu werden. 34 Vgl. Wil/iamson I Wachter I Harris 1975, S. 257. 35 Zur gleichen Thematik siehe auch Schmid 1989, S. 392, Duda 1987, S. 86 f., Lazear 1981, Malcomson 1984, Puttermann 1984 und Willman 1982, S. 87.

36 Womack I Jones I Roos 1992, S. 59 berichten in ihrer Studie der Automobilindustrie, daß japanische Arbeiter große Einkommensverluste hinzunehmen hatten, wenn sie bei einer anderen Unternehmung wieder am Anfang der Senioritätsleiter beginnen mußten. Ein 40jähriger Arbeiter, der zu einer anderen Unternehmung wechseln wollte, mußte mit einem Lohn ohne Betriebszugehörigkeit beginnen, der niedriger war als der eines 25jährigen Arbeitnehmers.

III. Oliver Williamson: Der Transaktionskostenansatz

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bessert wird, steigen die Transaktionskosten eines Beschäftigungswechsels für den Arbeitnehmer. 37 Ob opportunistisches Verhalten der Mitarbeiter durch die Etablierung interner Arbeitsmärkte reduziert wird, wie Williamson annimmt, kann ebenfalls bezweifelt werden. Denkbar ist nämlich auch eine stimulierende Wirkung: Wenn zum Beispiel die Entlohnung an den Arbeitsplatz statt an die individuelle Leistung gebunden ist, entfällt zwar individuelles Feilschen um höheren Lohn, wie Williamson richtig bemerkt, nicht aber das individuelle Feilschen um einen besseren Arbeitsplatz oder das Motiv, die Arbeitsbelastung unbemerkt zu reduzieren, zumal der Lohn mit der Kopplung an den Arbeitsplatz praktisch garantiert wird 38 Wenden wir uns nun der Frage zu, ob Hierarchien ökonomisch effizienter arbeiten als andere Organisationsformen. Williamson behauptet dies wie viele andere Ökonomen auch. Wie deren, so sind auch seine Begründungen für die ökonomische Effizienz und Notwendigkeit hierarchischer Organisationsstrukturen wenig stichhaltig: Gegen die Beweisführung in' The Economic Institutions ofCapitalism' sind vor allem methodische Einwände geltend zu machen. Wenn die überlegene Effizienz hierarchischer Strukturen durch den Vergleich mit anderen Organisationsstrukturen belegt werden soll, müssen die Effizienzkriterien unabhängig von den zu vergleichenden institutionellen Arrangements gebildet werden. Wenn jedoch 'Führerschaft' selbst als ein Effizienzkriterium (!) einer Organisationsstruktur angenommen wird, braucht man sich darüber nicht zu wundern, daß das Autoritätsverhältnis gegenüber der egalitären Organisationsform der Peer group 39 als besonders effizient bewertet wird.

37 Eine interessante Fragestellung lautet, ob interne Arbeitsmärkte den Organisationsgrad der Mitarbeiter in Gewerkschaften verringern. In diesem Sinne äußert sich Sadowski 1988, S. 234, der auf amerikanische Untersuchungen von Pfeiffer I Cohen 1984 verweist, die zeigen, "daß Arbeitsplatz'garantien', weitergehende interne Qualifikations- und Nachfolgeplanung, also Charakteristiken interner Arbeitsmärkte, um so stärker ausgeprägt sind, je geringer ceteris paribus der gewerkschaftliche Organisationsgrad ist. 'Nonunion companies' zahlen oft mehr als die Konkurrenten und machen ihre Leistungen sichtbar". 38 Ähnlich ließe sich in Hinblick auf die internen Aufstiegsleitern argumentieren: Warum sollten Mitarbeiter nicht versucht sein, ihr Eigeninteresse an einer höheren Position mit List zu verfolgen? Auch die Behauptung Williamsons, daß die Gefahren opportunistischen Verhaltens durch die Intensivierung des Wettbewerbs gebremst werden, ist nicht stichhaltig. Es ist ebensogut möglich, daß opportunistisches Verhalten intensiviert wird, wenn ein Transakteur dem offen ausgetragenen Wettbewerb keine Erfolgschance mehr beimißt 39 Peer groups zeichnen sich nach Williamson durch folgende Eigenschaften aus: Die Produktionsmittel befinden sich im Besitz der Arbeitskräfte, die Arbeitskräfte werden mit dem Durch-

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6. Kap.: Märkte versus Hierarchien?

Mehr noch: Die gewählten Verhaltenshypothesen sind in sich unlogisch. Ein Beispiel: Wil/iamson konzediert der Peer group, daß sie gegenüber dem Autoritätsverhältnis einen komparativen Vorteil im Bereich lokaler Innovationen aufweist. Dem liegt offenbar die Vorstellung zugrunde, daß die Leistungsmotivation der Arbeitskräfte in egalitären Systemen höher ist. Dem widerspricht aber die Auffassung, daß Peer groups in stärkerem Ausmaß mif dem Problem der Drückebergerei konfrontiert sind. Sind die Mitarbeiter einer Peergroup nun besonders leistungsmotiviert oder sind sie es nicht? Auch die Vermutung Wi/liamsons, daß demokratische Entscheidungsprozesse langwieriger sind, spricht nur dann gegen diesen Organisationstyp, wenn unterstellt wird, daß die Qualität der Koordinationsentscheidungen und die Bereitschaft, diese mitzutragen, davon unberührt bleiben, ob sie auf einem Konsens beruhen oder angeordnet werden. Außerdem steht zu vermuten, daß die Durchsetzungskosten gemeinsam getroffener Entscheidungen geringer sind als in hierarchischen Organisationen. Man sieht, die von Williamson vertretene These, daß "hierarchy ... is unavoidable unless efficiency sacrifices are made" (1985, S. 231 ), steht auf eher 'tönernen Füßen'. Niemand bestreitet, daß das Autoritätsverhältnis für die Autorität ausübende Partei vorteilhaft und effizient sein kann, aber anzunehmen, daß sie etabliert werden, weil sie in einem überindividuellen, sozialen Sinne effizient sind und sich die der Autorität unterworfene Partei indifferent verhält, ist wenig überzeugend. Analog zu dieser Begründung wird der von verschiedenen Autoren vorgebrachte Verweis auf das zwischen dem einzelnen Arbeitnehmer und der Unternehmung bestehende Machtgefälle von Williamson systematisch 'heruntergespielt'. 40

Schnittsprodukt entlohnt, und die Leitungsfunktionäre werden von den Arbeitskräften gewählt und nach dem Rotationsprinzip ausgewechselt, um Hierarchiebildung zu verhindern. 40 Der Vorwurf, die Transaktionskostenökonomen unterschätzten die Machtproblematik, ist von vielen Autoren erhoben worden. So schreibt Kieser 1988, S. 319: "Auch der Übergang von Marktbeziehungen zu innerorganisatorischen Beziehungen findet nicht in einem Machtvakuum statt. Der Nutzen, der dabei u.U. realisiert wird, kommt nicht unbedingt allen Beteiligten im gleichen Umfang zugute." Daß das Machtproblem prinzipiell auch einen Transaktionskostenaspekt enthält, zeigen die Überlegungen Nutzingers 1978, der an Arrow 1974 anknUpft. Vgl. dazu auch Borchardt 1977, Francis 1983, Bult/er 1987, Schmid 1989, S. 405, Dunn 1987, Kay 1986, Wil/iamson I Duchi 1981, S. 36 f., French I Raven 1959, Krüger 1976, Perrow 1981, S. 386, Reber 1980 und H. D. Schneider 1978.

IV. Alchian und Demsetz: Teamproduktion und Shirking

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IV. Alchian und Demsetz: Teamproduktion und Shirking In der traditionellen neoklassischen Theorie wird das individuelle Arbeitsverhältnis als machtfreie Tauschbeziehung von Arbeit gegen Lohn aufgefaßt: "Der Arbeitgeber hat in der Arbeitsbeziehung keine Macht über den Arbeitnehmer, weil Marktfaktoren die Bedingungen, zu denen der Tausch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer realisiert wird, vollständig und eindeutig bestimmen." (Schrüfer 1988, S. 19) Als wegweisend fur diese Interpretation der Unternehmung gilt der Aufsatz 'Production, Information Costs, and Economic Organisation' von Armen A. Alchian und Harold Demsetz aus dem Jahr 1972, der inzwischen große Bekanntheiterlangt hat. 41 Nach Auffassung von Alchian und Demsetz steht eine Theorie der Unternehmung vor der Aufgabe, zwei Probleme zu beantworten. Einmal sei zu analysieren, unter welchen Voraussetzungen eine Unternehmung die Vorteile der Arbeitsteilung und Kooperation besser nutzen kann, als dies zwischen Marktteilnehmern möglich ist. Zweitens sei zu klären, worin die Struktur der Organisation besteht, die man als 'Unternehmung' bezeichnet. Während die erste Frage positiv an den Coaseschen Beitrag anknüpft, indem analysiert wird "under which the cost of 'managing' resources is low relative to the cost of allocating resources through market transaction" (S. 784), wendet sich die zweite Fragestellung explizit gegen die Coasesche Interpretation der Unternehmung als einem Autoritätsverhältnis. 42 Beide Autoren argumentieren, daß es keinen prinzipiellen Unterschied zwischen dem individuellen Beschäftigungsverhältnis und einer gewöhnlichen Käufer-Verkäufer-Beziehung gibt: Der Unternehmer kann den Arbeiter nur dadurch bestrafen, daß er sich weigert, die Geschäftsbeziehung fortzusetzen, oder indem der Arbeiter vor Gericht verklagt wird, wenn dieser seinen Vertragsverpflichtungen nicht nachkommt. Genauso kann sich ein Konsument weigern, die Geschäftsbeziehung mit einem Lebensmittelhändler fortzusetzen, und/oder ihn wegen Mängelware auf Schadensersatz verklagen.

41 Kritische Kommentierungen finden sich in Blien 1986, Bowles 1985, Braun 1988a, Duda 1987, Holmström 1982, Holmström I Tirole 1989, Jones 1982, Kieser 1988, Marglin 1974, Nutzinger 1978, Rothschi/d 1978, Sa11yer 1989, Schmid 1989, Schneider 1985, Schreyögg 1988, Schrüfer 1988, Sesselmeier I Blauermel1990, Tietzel1981, Weise 1985 und Williamson 1975. 42 Der locus classicus liest sich wie folgt: "lt is common to see the firm characterized by the power to settle issues by fiat, by authority, or by disciplinary action superior to that available in the conventional market. This is delusion. The firm does not own all its inputs. lt has no power of fiat, no authority, no disciplinary action any different, in the slightest degree from ordinary market contracting between any two people." (Aichianl Demsetz 1972, S. 777)

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6. Kap.: Märkte versus Hierarchien?

Auf beiden Seiten des Vertrags stehen somit vollständig spezifizierte Leistungen: ein feststehender Lohn fllr eine feststehende Leistung, und die Unternehmung stellt sich dar "as a special set of contracts among owners of resources" (Alchian 1984, S. 34)43 . Selbst wenn sich die Arbeitsaufgaben mit der Zeit ändern sollten, stehe es den Vertragsparteien jederzeit frei, das Vertragsverhältnis fortzusetzen oder aufzulösen, denn "neither the employee nor the employer is bound by any contractual Obligations to continue their relationship. Long term contracts between employer are not the essence of the organization we call a firm." (A/chian und Demsetz 1972, S. 777)44 Wenn die Unternehmung kein Autoritätsverhältnis darstellt, "weil der Arbeitnehmer die von ihm zu erbringenden Aufgaben kennt" (Schrüfer 1988, S. 32 f.), warum gibt es dann Unternehmen? Im Unterschied zu der von Coase gelieferten Begründung sehen Alchian und Demsetz den Existenzgrund der Unternehmung in den Synergieeffekten der 'Teamproduktion' .45 Unter Teamproduktion verstehen beide Autoren eine nicht-separierbare Produktion, die gegenüber der Einzelproduktion Kosteneinsparungen ermöglicht, denn "... a group of people can by 'joint' action achieve more than the sum of their separate results, where the total is not the sum of separate amounts from each member" (A/chian 1984, S. 35). Allerdings stehe diesem Vorteil auch ein Nachteil gegenüber, denn die "marginal products of cooperative team members are not so directly and separably (i.e. cheaply) observable" (A/chian und Demsetz 1972, S. 780). Es sei daher zu erwarten, daß die Teammitglieder versuchen werden, ihre Leistung unbemerkt zu reduzieren, d.h. Shirking4 6 zu praktizieren. Dadurch sinkt die

43 Vgl. auch Klein I Crawford I A/chian 1978, S. 299. 44 In einem späteren Beitrag bezeichnet Alchian 1984, S. 38 die Auffassung, der Arbeitsvertrag zeichne sich nicht durch seine Langfristigkeil aus, als einen Irrtum. Außerdem wird die implizite Annahme des vollkommenen Arbeitsmarktes aufgegeben. Das ist insofern wichtig, weil es dann ftlr einen Arbeitnehmer kostspielig werden kann, eine neue Anstellung zu finden. Vgl. zum konventionellen Wettbewerbsparadigma Shapiro I Stig/itz 1984 und Scheuer 1986, S. 411, zur Kritik der Spotmarkethypothese siehe Fitzroy I Müller 1984, S. 41, Wi//iamson I Wachter I Harris 1975, S. 264, K. W. Rothschi/d 1986 und Blien 1986, S. 87. 45 In dem schon erwähnten späteren Beitrag (A/chian 1984) wird die höhere Produktivität der Teamproduktion auch durch teamspezifische Humankapitalinvestitionen erklärt. Vgl. auch A/chian/ Woodward 1987. 46 Der englische Ausdruck 'Shirking' kann mit 'DrOckebergerei' oder 'Trittbrettfahrer-Verhalten'; nicht aber mit 'Bummelei' oder 'Müßiggang' Obersetzt werden, da die Leistungsverweigerung im Fall des Shirking-Verhaltens verdeckt erfolgt; vgl. Ye//en 1984. Shirking-Verhalten der Arbeitnehmer ist nicht nur im Rahmen der Diskussion um die 'Natur der Unternehmung' relevant. Von einigen Effizienzlohntheoretikern wird Shirking als ein Grund filr das Entstehen unfreiwilliger Arbeitslosigkeit angesehen. Vgl. dazu Shapiro I Stiglitz 1984, Gintis I Ishikawa 1984, Gordon

IV. Alchian und Demsetz: Teamproduktion und Shirking

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Produktivität und das Team steht vor dem Problem, die Teammitglieder zu höheren Leistungen zu motivieren. 47 Interessant ist nun die Schlußfolgerung, die beide Autoren aus dieser unterstellten Motivationsproblematik ziehen. Für Alchian und Demsetz steht nämlich fest, daß die Lösung des Motivationsproblems nur 'repressiv', d.h. durch intensivere Kontroll- und Überwachungshandlungen, erreicht werden kann, indem sich ein Teammitglied darauf spezialisiert, die Inputleistungen der anderen Teammitglieder zu beobachten und dafilr das Recht erhält, seine Kollegen filr ihr Shirking-Verhalten zu bestrafen. Wie aber kann verhindert werden, daß der Kontrolleur seinerseits Shirking praktiziert? Auch darauf wissen Alchian und Alchian eine Antwort: Das Einkommen des Kontrolleurs muß davon abhängig gemacht werden, wie intensiv er seine Kontrolltätigkeit ausübt. In diesem Fall werde ein Kontrolleur daran interessiert sein, Drückeberger ausfindig zu machen und zu disziplinieren. Der Monitor wird also im Modell von Alchian und Demsetz durch den Produktivitätsgewinn vermehrter Kontrollhandlungen entlohnt. Eine Beteiligung der anderen Teammitglieder an diesem Produktivitätsgewinn wird damit zurückgewiesen, daß der Monitor dadurch selbst zur Drückebergerei verleitet würde. 48 "Der Koordinator erhält (also) in diesem Konzept durch die Verknüpfung von Kontrollfunktion und Anspruch auf den Gewinn ... Status und Rolle des Eigentümers in der klassischen kapitalistischen Firma." (Ge rum 1988, S. 25f.) Mit dieser Argumentation ist die Deduktion der 'kapitalistischen Unternehmung' im Prinzip abgeschlossen. Der Existenzgrund von Unternehmen besteht darin, daß die durch Teamarbeit erzielbaren Produktivitätsgewinne größer sind als die internen Transaktionskosten der Organisation und Kontrolle. Zwei Annahmen und eine Schlußfolgerung sind dafür ausschlaggebend: Erstens die Existenz von Synergieeffekten der Teamproduktion, zweitens die Vermutung, daß die erschwerte Leistungskontrolle Shirking auslöst und drittens die daraus gezogene Schlußfolgerung, daß "die Teammitglieder aus wohl kalkulierten Eigeninteressen einen Kontrolleur (den 'Eigentümer') mit den bezeichneten Rechten bestellen" (Schreyögg 1988, S. 156). 49 1971 und 1972, Edwards I Reich I Gordon 1975, Gordon I Edwards I Reich 1982, kritisch äußern sich Fehr 1985, Scheuer 1986187 und Kubon-Gilke 1990. 4 7 Vgl. Wagener 1979, S. 209. 48 Dabei wird unterstellt, daß der Produktivitätsverlust durch verminderte Überwachungsleistungen des Monitors den Produktivitätsgewinn erhöhter Arbeitsanreize - als Folge der Gewinnbeteiligung aller Teammitglieder- Oberkompensiert. 49 Am Beispiel der ineffizient arbeitenden sozialistischen Unternehmung jugoslawischen Typs, in der (angeblich) alle Arbeitnehmer am Residualeinkommen partizipieren, sehen Alchian und

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6. Kap.: Märkte versus Hierarchien?

Der Beitrag von Alchian und Demsetz weist zahlreiche Gemeinsamkeiten mit den zuvor diskutierten Ansätzen auf. Gemeinsam ist ihnen die Betonung der Transaktionskosten. Auch wenn Alchian und Demsetz diesen Ausdruck nicht explizit verwenden, stellt das behandelte Kontroll- und Überwachungsproblem der Teamproduktion doch ein Problem positiver Transaktionskosten dar. Gemeinsam ist den Ansätzen auch die Annahme unvollkommener Information, wenngleich sich diese auf unterschiedliche Sachverhalte bezieht: Während sich bei Coase der Prinzipal mit dem Problem konfrontiert sieht, die zukünftigen Arbeitsaufgaben der ihm untergebenen Mitarbeiter nicht im voraus abschätzen zu können, bezieht sich das Informationsproblem im Beitrag von Alchian und Demsetz auf die Ermittlung der individuellen Arbeitsleistungen bei Teamproduktion. Auffällig ist auch die Gemeinsamkeit hinsichtlich der unterstellten Verhaltenshypothesen. Das von Alchian und Demsetz diskutierte Shirking-Verhalten ist ohne weiteres als opportunistisches Verhalten im Sinne Williamsons interpretierbar. Der wohl gravierendste Unterschied der verhandelten Beiträge bezieht sich auf die Interpretation des individuellen Beschäftigungsverhältnisses: Während Coase und Williamson darin ein Autoritätsverhältnis sehen, streiten Alchian und Demsetz dies entschieden ab, gleichwohl der aus den Problemen der Teamproduktion 'abgeleitete' Monitor über Autorität gegenüber den restlichen Teammitgliedern verfugt. Offensichtlich sehen Alchian und Demsetz darin nur deshalb keinen logischen Widerspruch, weil die Etablierung des Monitors aus dem Bedürfnis der Teammitglieder heraus deduziert wird. Der Unterschied ist also keiner der Sache - jeder der genannten Autoren denkt das individuelle Beschäftigungsverhältnis als Hierarchie - sondern der Benennung. Gleichwohl lohnt es sich, sich mit der Argumentation beider Autoren gesondert auseinanderzusetzen, weil in ihr die Haltlosigkeit alljener hobbesianischen 50 Bemühungen exemplarisch ersichtlich wird, Hierarchien aus dem Nutzenkalkül der dem Autoritätsverhältnis unterworfenen Akteure begründen zu wollen. Um die Wirkungen des Shirking auf die Organisationsstruktur einer Teamproduktion zu analysieren, ist es sinnvoll, sich die Voraussetzungen dieser Verhaltensweise zu vergegenwärtigen. Dies erscheint auch deshalb notwendig,

Demsetz ihre These bestätigt, "that generat sharing in the residual results in Iosses from enhanced shirking by the monitor that exceed the gains from reduced shirking by residual-sharing employees" (1972, S. 787). Außerdem hätte die Gewinnbeteiligung der Arbeitnehmer in den westlichen Industriegesellschaften eine viel größere Verbreitung gefunden, wenn diese Eigentumsform effizienter wäre als die hierarchisch strukturierte 'kapitalistische Unternehmung·. 50 Bekanntlich hat Thomas Hobbes in seiner Staatstheorie ein ähnlich widersprOchliches Menschenbild entworfen: Der Mensch, der sich wölfisch benimmt und als Staatsbürger seiner wölfischen Natur Einhalt gebieten will. Bowles 1985, S. I 6, 31 bezeichnet den Erklärungsansatz von Alchian und Demsetz daher als 'neo-Hobbesian •.

IV. Alchian und Demsetz: Teamproduktion und Shirking

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weil die Bezeichnung 'Drückebergerei' kein Tatbestand, sondern eine interessierte moralische Wertung seitens derjenigen Vertragsparteien darstellt, deren Normen nicht genügt wird. Charakteristisch für Shirking ist zunächst einmal das geringe Interesse des Mitarbeiters an der Arbeit. Die Arbeit wird von ihm als Belastung empfunden, die intrinsische und/oder extrinsische Motivation des Mitarbeiters ist dementsprechend gering. Darüber hinaus sieht sich der Drückeberger subjektiv außerstande, die vorfindliehe Arbeitssituation grundlegend und einvernehmlich - etwa durch eine offene Aussprache mit dem Vorgesetzten oder mit den Teammitgliedern- ändern zu können. Auch der Wechsel des Beschäftigungsverhältnisses erscheint ihm unmöglich oder wenig aussichtsreich zu sein. Hinzukommt, daß der Mitarbeiter mit einer Bestrafung rechnet, wenn er seiner Arbeit nicht auftragsgemäß nachkommt. Eingebunden in ein Abhängigkeitsverhältnis, das vom Mitarbeiter als unbefriedigend empfunden wird, trachtet dieser auf Abhilfe, indem er seinen Informationsvorsprung ausnutzt und seine Leistung unbemerkt zurückfährt. Das setzt allerdings voraus, daß der Beitrag seiner Leistung zur Gesamtleistung gering ist. Wenn nämlich viele Teammitglieder ShiTking praktizieren, entfiele die elementare Voraussetzung des Shirking-Verhaltens: die Möglichkeit, Leistungen unbemerkt reduzieren zu können. Shirking ist nur dann erfolgversprechend, wenn es vereinzelt praktiziert wird. Nehmen wir für einen Moment dennoch an, Shirking wäre ein kollektives Phänomen eines Teams, das sich im stadium nascendi befindet, in der es also (noch) keinen Monitor gibt, der mit Sanktionsgewalt ausgestattet normwidriges Verhalten bestraft. Welche organisatorischen Konsequenzen würden sich daraus für die Teammitglieder ergeben? Mehrere Reaktionen sind denkbar:

(Plankorrektur) Die Teammitglieder erkennen, daß sie sich in der Mehrzahl nicht an ihre eigenen Planvorgaben gehalten haben. Sofern die Bereitschaft, die Leistungen zukünftig zu erhöhen, allgemein gering ist, bleibt nur der Weg, die Planvorgaben zu reduzieren, um dem geringeren Leistungswillen Rechnung zu tragen. (Leistungssteigerung) Das Team beschließt, die Leistungen zukünftig zu erhöhen, um den Plan einzuhalten. (Exit) Einzelne Mitglieder verlassen das Team, weil sie mit der getroffenen Mehrheitsentscheidung, wie immer diese ausfällt, nicht einverstanden sind und über Alternativen verfügen.

II Dunn

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6. Kap.: Märkte versus Hierarchien?

(Individuelles Shirking) Einzelne Mitglieder tragen die getroffene Entscheidung zum Schein mit, in der Erwartung, zukünftig unbemerkt Shirking praktizieren zu können. Die Mehrzahl der Teammitglieder erhöht jedoch ihre Leistungen. Shirking bleibt fortan unbemerkt. Wie immer sich die Teammitglieder im einzelnen entscheiden mögen, eine Bestrafung des gesamten Teams wäre völlig sinnlos, denn erstens sind alle Teammitglieder bereits durch den spürbaren Produktivitätsverlust und die damit verbundenen Ertragseinbußen geschädigt, und zweitens ergeben negative Sanktionen (Strafen) nur dann einen Sinn, wenn abweichendes Verhalten diszipliniert werden soll. Shirking stellt aber im geschilderten Fall ein Regelverhalten der Teamproduzenten dar. Kehren wir zu dem Fall des individuellen Shirking zurück. Nehmen wir also an, die Mehrzahl der Teammitglieder erfilllt die Planvorgaben, während einige wenige Teammitglieder versuchen, ihre Leistungen unbemerkt zurückzufahren. Welche Konsequenzen erwachsen aus dieser Konstellation? Im Prinzip sind zwei Situationen möglich: Wird die Ursache des Ertragsrückgangs nicht erkannt, ändert sich im Sozialverhalten der Teammitglieder untereinander nichts. Der Drückeberger hat Glück gehabt und kann sein Verhalten unbehelligt fortsetzen. Anders sieht es aus, wenn das Shirking-Verhalten aufgedeckt wird. In diesem Fall stellt sich die Frage, in welcher Weise das Team auf das normwidrige Verhalten einzelner Teammitglieder reagiert. Wiederum sind mehrere Reaktionen denkbar: Das Drückebergerverhalten wird hingenommen, weil der Effizienzverlust nur marginal ist. Die individuelle Arbeitsbelastung des Shirkers wird reduziert, weil dieser nach Einschätzung der anderen Teammitglieder überfordert war. Dem Shirker wird ein anderes Aufgabengebiet zugewiesen oder besser bezahlt, um ihn stärker zu motivieren, den Arbeitsanforderungen zukünftig nachzukommen. Der Drückeberger wird filr sein Verhalten getadelt. Der Shirker erhält einen geringeren Anteil am Gesamtergebnis als bisher, weil die Teammitglieder seine Arbeitsbelastung und Entlohnung fllr unangemessen halten. Das Leistungsverhalten des betreffenden Mitarbeiters wird zukünftig stärker kontrolliert.

IV. Alchian und Demsetz: Teamproduktion und Shirking

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Der Mitarbeiter wird vom Team ausgeschlossen, weil das Vertrauensverhältnis nachhaltig zerstört ist. Ein Team kann - wie diese Reaktionspfade zeigen - auf individuelles Shirking ganz unterschiedlich reagieren. Keineswegs folgt aus vereinzeltem Shirking die Notwendigkeit, den Drückeberger zu disziplinieren. Und selbst dann, wenn der Drückeberger getadelt, durch Lohnabzüge bestraft oder vom Team ausgeschlossen wird, bleibt die Organisationsstruktur der Teamproduktion davon im Prinzip unberührt, denn die vermehrten Kontrollen beziehen sich auf das Verhalten eines einzelnen Teammitglieds und nicht auf das Team als solches. Mit anderen Worten: Aus der Tatsache, daß einige Mitglieder eines Teams Shirking praktizieren, folgt nicht das allgemeine Bedürfnis nach stärkerer Kontrolle der Individualleistungen. Das ist fllr den Drückeberger evident, denn dieser erhofft sich eher eine geringere Kontrolle; aber auch fllr die anderen, 'fleißigen' Teammitglieder ist die Etablierung eines mit Sanktionsmacht ausgestatteten Monitors abwegig: Teammitglieder, die Kontrollen fordern, weil sie bestimmte Teammitglieder des Shirking bezichtigen, fordern die Kontrollen eben dieser Teammitglieder und nicht eine verschärfte Kontrolle eines jeden und damit auch ihres eigenen Leistungsverhaltens. 51 Wenn aber viele Teammitglieder dazu neigen, 'sich vor der Arbeit zu drücken', warum sollten sie dann die Etablierung eines Monitors befürworten, der eben dies verhindert? Die Widersprüchlichkeit der Argumentation wird auch an der von A/chian und Demsetz vorgetragenen Begründung deutlich, warum sich das Team fllr die Etablierung eines Monitors entscheidet. Denn die Absicht, mit der Etablierung eines Monitors die Produktivität zu steigern, macht nur dann einen Sinn, wenn die Teammitglieder von der erhöhten Arbeitsdisziplin profitieren würden. Eben das aber wird von A/chian und Demsetz explizit ausgeschlossen. Das Residualeinkommen vermehrter Kontrollhandlungen kommt ausschließlich dem Monitor zugute, um zu verhindern, daß dieser selbst zum Drückeberger wird. Die Verhaltensannahmen von Alchian und Demsetz sind also in hohem Maße inkonsistent. Wichtiger noch als dies, sie widersprechen auch den motivationalen Voraussetzungen einer Teamproduktion: Wenn der Vorteil der Teamproduktion in den Synergieeffekten liegt und die Teammitglieder diesen Vorteil für sich nutzen wollen, indem sie sich kooperativ verhalten, kann nicht das Gegenteil, nämlich generelles Mißtrauen, unterstellt sein. Das Team würde sich unter diesen Umständen gar nicht erst

51 Vgl. auch Wagener 1979, S. 209 und Blien 1986, S. 96. JJ•

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6. Kap.: Märkte versus Hierarchien?

gebildet haben. 52 Sarkastisch kommentiert daher Perrow: "It all started because four workers could not trust one another." (1986, S. 11, zit. nach Schreyögg 1988, s. 157) Es bleibt festzuhalten: Es gibt keinen überzeugenden Grund, warum sich ein Team gleichberechtigter Mitglieder - denn darum handelt es sich annahmegemäß - dazu entschließen sollte, ein universelles Überwachungs- und Kontrollorgan mit Disziplinargewalt 'über sich' zu etablieren. 53 So nimmt es nicht wunder, daß das Recht, das dem Monitor von Alchian und Demsetz zugesprochen wird, nämlich Teammitgliedern zu kündigen, in Widerspruch zum Interesse der Teammitglieder tritt: "Setzen die Teammitglieder zunächst einen Monitor ein, um ihren Nutzen zu befördern, ist jetzt nicht einmal die Mitgliedschaft vorgegeben, der Monitor hat sich verselbständigt... [Offenbar ist der Monitor] keine neutrale Instanz, die lediglich das Gruppeninteresse zur Geltung bringt, sondern selbst Partei." (B/ien 1986, S. 87 f.) Als eben diese neutrale Instanz wird der Monitor aber theoretisch eingeführt. 54 Exkurs: Teamproduktion und Shirking in der betrieblichen Praxis

Schon seit vielen Jahren beschäftigen sich Arbeits- und Sozialwissenschaftler mit den Ursachen verdeckter Leistungsreduzierung. Der Gegenstand dieser Forschungsarbeiten ist jedoch nicht ein hypothetisches Konstrukt einer Teamproduktion, in der es im Anfangsstadium noch keinen Monitor gibt, sondern das Mitarbeiterverhalten in hierarchisch strukturierten Systemen, z.B. in erwerbswirtschaftlichen Unternehmen. Entgegen der Annahme, daß Drückebergerei eine natürliche Eigenschaft des Menschen ist, zeigt sich, daß Shirking in erster Linie eine Konsequenz der Unzufriedenheit eines Mitarbeiters mit seiner Arbeitssituation ist. Zu dieser gehören die Arbeitsinhalte, die technischen Arbeitsbedingungen, die Arbeitszeitregelungen, aber auch die sozialen

52 Alchian 1984, S. 36 fonnuliert diesen Widerspruch selbst, wenn er schreibt: "I define members of a coalition to be cooperating in attempts to maximize the coalition value. They are competing, even while cooperating, when they act in ways designed to increase their individual shares of the group total, and some or all may end up with less than if none had so behaved." Erst wird unterstellt, daß die Teammitglieder kooperieren wollen, um gemeinsam die Synergieeffekte ausnutzen zu können, an denen jeder einzelne partizipiert, dann wird angenommen, daß die Teamproduzenten ihren Vorteil auf Kosten der anderen Teammitglieder erzielen wollten, obwohl dadurch der ökonomische Vorteil der Teamproduktion gerade verspielt wird. 53 In diesem Sinne äußert sich auch Mirrless, wenn er schreibt, es sei, "not obvious that the asymmetric solution ... assumed optimal by Alchian I Demsetz (1972), is in factoptimal when the means ofproduction are owned in common" (Mirrless 1976, S. 128, zit. nach Duda 1987, S. 72). 54 Vgl. auch Wagener 1979, S. 210 und Nutzinger 1978, S. 67.

IV. Alchian und Demsetz: Teamproduktion und Shirking

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Arbeitsbedingungen, das Gruppenklima, der Grad an Hierarchisierung und der Führungsstil in einem Unternehmen. Interessant ist die Feststellung, daß Arbeitsunzufriedenheit, die sich in Drilckebergerei manifestiert, auch durch hierarchische Formen der Arbeitsorganisation ausgelöst werden kann. In diesem Fall ist der von Alchian und Demsetz behauptete Ursache-Wirkungs-Zusammenhang umzukehren: Anstatt anzunehmen, daß die Etablierung von Hierarchien dem Ziel dient, Shirking-Verhalten zu reduzieren, tragen hierarchische Strukturen zum Entstehen von Shirking bei. Es überrascht daher nicht, daß in der betrieblichen Praxis häufig Schlußfolgerungen gezogen worden, die denen von Alchian und Demsetz diametral entgegengesetzt sind: Nicht die Schaffung eines Monitors mit weitreichenden Kontroll- und Sanktionsbefugnissen, sondern der graduelle Abbau hierarchischer Strukturen zugunsten vermehrter Teamarbeit und Partizipation des Mitarbeiters an den ihn betreffenden Entscheidungsprozessen werden als ein Instrument zur Reduzierung von Shirking betrachtet. Als wesentlich werden folgende Wirkungszusammenhänge angenommen: Teamproduktion trägt dazu bei, daß die individuelle Arbeit abwechslungsreicher wird. Sie ist ein Element des Job-Enrichment-Konzepts. Durch Teamproduktion erhöht sich die Zeitsouveränität des Mitarbeiters. (i) und (ii) erhöhen die intrinsische Leistungsmotivation der Mitarbeiter. Teamproduktion löst interaktive Lernprozesse aus und steigert dadurch die Leistungsfähigkeit und Lernbereitschaft des einzelnen Mitarbeiters. Teamproduktion stärkt das Gruppenbewußtsein. Die Bereitschaft, Verantwortung flir die Gruppe und die Gruppenleistung zu übernehmen, wird nachhaltig gefordert. Auch die wechselseitige Kontrolle wird erhöht. Durch den Abbau hierarchischer Strukturen wird die Vertrauensbasis im Prinzipal-Agent-Verhältnis nachhaltig verbessert. Das wirkt konfliktmindernd. Von diesen Wirkungen ist das Shirking-Verhalten in vielfältiger Weise direkt und indirekt betroffen, weil Teamproduktion die Gründe flir Arbeitsunzufriedenheit mindert, den 'Teamgeist' fOrdert und die intrinsische Leistungsmotivation des einzelnen erhöht55 , denn "[neben] den unbestritten vorhandenen 55 Um diese Wirkungen erzielen zu können und um zu verhindern, daß durch Teamarbeit zusätzlicher StreB entsteht, müssen allerdings bestimmte Voraussetzungen erftlllt sein: "Als erstes müssen die Arbeiter zahlreiche Fertigkeiten erlernen - tatsächlich alle Jobs ihrer Arbeitsgruppe, so

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6. Kap.: Märkte versus Hierarchien?

negativen Effekten der Arbeitsleistung, die das 'Arbeitsleid' ausmachen, kann Arbeit auch quasi Elemente von Konsum enthalten, die positiv auf den Nutzen wirken" (Vogt 1986, S. 27).

V. Resümee Den in diesem Kapitel diskutierten Erklärungsansätzen ist die Feststellung gemein, daß sich die Unternehmung durch ein Autoritätsverhältnis, d.h. durch eine hierarchische Organisationsstruktur auszeichnet. Selbst wenn, wie das in dem Beitrag von Alchian und Demsetz anklingt, die Existenz einer Machtasymmetrie theoretisch bestritten wird, macht die Institution eines 'Monitors', der mit eben jenen Kontroll- und Machtbefugnissen ausgestattet ist, über die ein Prinzipal verfugt, deutlich, daß auch diese Autoren die Existenz eines Autoritätsverhältnisses filr essentiell erachten. Was die verschiedenen Interpretationen des Beschäftigungsverhältnisses wirklich voneinander unterscheidet, ist die Art und Weise, wie das Autoritätsverhältnis begründet wird: Coase verweist auf die Kosten des Preismechanismus, die durch die Existenz von Unternehmen eingespart werden können; Alchian und Demsetz stellen in ihrer Argumentation auf die Meß- und Bewertungsprobleme ab, die Drückebergerei der Teammitglieder begünstigen und die zurückgedrängt werden müssen, um die Synergieeffekte der Teamproduktion gegenüber der Einzelproduktion ausschöpfen zu können; Williamson schließlich sieht das Autoritätsverhältnis durch die höheren Transaktionskosten alternativer Vertrags- und Organisationstypen gerechtfertigt und steht damit ganz in der Tradition von Coase.

Unterschiede und Gemeinsamkeiten lassen die diversen Begründungen auch in methodischer Hinsicht erkennen: Gemeinsam ist ihnen, daß das Autoritätsverhältnis stets durch ein Effizienzkalkül begründet wird: Die Unternehmung wird als Autoritätsverhältnis etabliert, weil sie effizienter als andere Organisationsformen bestimmte Probleme lösen kann. Die verbesserte Effizienz nutzt allen Wirtschaftssubjekten und steht nicht im Verdacht, nur einer einzi-

daß ... die Arbeiter ftlr jeden anderen einspringen können. Dann müssen sie sich weitere zusätzliche Fertigkeiten aneignen: in einfacher Maschinenreparatur, QualitätsprUfung, Reinigung und Materialbestellung ... Unsere Studien von Werken, die versuchen, die schlanke Produktion einzuftlhren, offenbaren, daß Arbeiter nur dann ansprechen, wenn ein Geist der gegenseitigen Verpflichtung vorherrscht, das Geftlhl, daß das Management flihige Arbeiter wertschätzt, Anstrengungen unternimmt, sie zu behalten, und bereit ist, Verantwortung auf das Team zu delegieren." (Womack/Jones/ Roos 1992, S. 104)

V. Resümee

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gen Partei Vorteile zu bieten. Spätestens an diesem Strukturmerkmal der gelieferten Begründungen wird die Nähe zum traditionellen neoklassischen Argumentationsmuster spürbar. Im Gegensatz zu früheren Vorstellungen, in denen die ökonomischen Institutionen des 'Kapitalismus' unter Hinweis auf 'Klasseninteressen·, Technologien und/oder Monopolmacht erklärt wurden, sei die Transaktionskostenökonomie der Auffassung, so Williamson 1985, S. l, daß der wesentliche Zweck und die Hauptwirkung dieser Institutionen darin bestehe, Transaktionskosten einzusparen. Der entscheidende Impuls zur Bildung von Institutionen wird deshalb darin gesehen, Koordinations- und Allokationsprobleme effizienter lösen zu können, als das ohne diese Institutionen möglich wäre. Insofern koinzidieren theoretische Erklärung und nonnative Begründung. 56 Die zur Stützung dieser These gelieferten Begründungen sind jedoch alles andere als überzeugend. Denn das Autoritätsverhältnis ist keirie Folge einer freiwillig getroffenen Wahlentscheidung sämtlicher Akteure, sondern vom Unternehmen "organisatorisch so gewollt" (Schreyögg 1988, S. 161), während die um eine Anstellung bemühten Arbeitskräfte - in der Regel - nur vor der Wahl stehen, in welches Autoritätsverhältnis sie eintreten wollen.

56 Vgl. Schmid 1989, S. 387 f.

Siebtes Kapitel

Ist soziale Kooperation im Unternehmen möglich? Zur spieltheoretischen Interpretation des Beschäftigungsverhältnisses

I. Das Problem Der Arbeitsvertrag als Ausdruck eines Autoritätsverhältnisses bildet die institutionelle Grundlage der im Fortgang zu analysierenden sozialen Interaktionen. Wichtig für deren Verständnis ist die Tatsache, daß die ökonomischen Akteure ihre Ziele nicht unabhängig voneinander verfolgen. Damit ist eine strategische Interdependenz der Handlungen gegeben, flir deren Behandlung es bereits eine Theorie gibt, die von John Neumann und Oskar Morgenstern 1944 entwickelte Spie/theorie. Interessant ist die spieltheoretische Interpretation vor allem deswegen, weil sich mit ihr das individuelle Beschäftigungsverhältnis als eine soziale Konfliktbeziehung interpretieren läßt, in der gegensätzliche Interessen, Motivationen und Wertungen aufeinandertreffen. 1 In diesem Kapitel wird nicht der Anspruch erhoben, eine alternative spieltheoretische Modeliierung des Beschäftigungsverhältnisses zu präsentieren. Es sollen lediglich einige Probleme der 'herkömmlichen' Interpretation diskutiert werden. Das Ergebnis dieser Überlegungen wird unter anderem folgende Thesen erhärten: These 1: Das Beschäftigungsverhältnis ist eine Form sozialer Kooperation, die darauf beruht, daß die Spieler in der Verfolgung ihrer ökonomischen Interessen aufeinander verwiesen sind. Das Unternehmen braucht den Arbeitnehmer, ebenso wie der Arbeitnehmer auf den Lohn als Einkommensquelle angewiesen ist. Das Beschäftigungsverhältnis basiert daher auf der grundsätzlichen Bereitschaft aller Spieler zur Kooperation, andernfalls käme es nicht zum Vertragsschluß. Insofern ist die Fragestellung dieses Kapitels zu bejahen.

1 Vgl. Seifert-Vogtl990, S. 215, Morgenstern 1966, 1973.

I. Das Problem

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These 2: Erst auf Grundlage der prinzipiellen Kooperationsbereitschaft kommen all die Fragen ins Spiel, die im Mittelpunkt der herkömmlichen spieltheoretischen Interpretation stehen. Wie sich zeigt, ist das individuelle Beschäftigungsverhältnis jedoch nicht auf ein iteriertes GefangenendilemmaSpiel reduzierbar. Vielmehr zeichnet sich die Struktur des Beschäftigungsverhältnisses durch ein ganzes Bündel unterschiedlicher Spielsituationen aus, die sowohl kooperative wie nichtkooperative Entscheidungssituationen einschließt. These 3: Die Leistung des Arbeitsvertrags besteht nicht darin, die Kooperationsbereitschaft der beteiligten Spieler zu erzeugen, oder darin, eine optimale soziale Kooperation zwischen dem Mitarbeiter und der Unternehmung durchzusetzen. Der Arbeitsvertrag löst auch nicht eine vorfindliehe Gefangenendilemma-Situation. Vielmehr besteht die Leistung des Arbeitsvertrags darin, den latent bestehenden Interessengegensätzen zwischen den Spielern eine bestimmte Verlaufsform zu geben und zweitens darin, extreme Formen unkooperativen Verhaltens zu unterbinden. Der Schutz der ökonomisch schwächeren Partei, normalerweise ist dies der Arbeitnehmer, steht dabei im Vordergrund. These 4: Das wirkliche Kooperationsproblem der Unternehmung als Organisation lautet nicht, ob überhaupt kooperiert wird, sondern wie, d.h. in welchem Umfang und in welcher Weise dies geschieht. Es geht um graduelle Unterschiede und nicht - wie häufig zu lesen - um ein Entweder-Oder. In der Regel sind die in der Praxis vorfindliehen Beschäftigungsverhältnisse weder durch beidseitige Defektion noch durch ein extrem hohes Maß an beidseitiger Kooperation charakterisiert. Typisch sind vielmehr Mittellagen, die durch die Herausbildung von Normen und Konventionen Stabilität erlangen. Spieltheoretiker sind sich. der meisten Probleme, die in diesem Kapitel angesprochen werden, durchaus bewußt. An ihnen wird unter anderem deutlich, daß der Einsatz der Spieltheorie als analytisches Instrumentarium nur dann Aussicht auf Erfolg hat, wenn eine Reihe vorgelagerter Fragen beantwortet werden. An ihre Grenzen stößt die spieltheoretische Interpretation dann, wenn es nicht möglich (oder sinnvoll) ist, die individuellen Beweggründe strategischen Handeins als striktes 'Rationalverhalten' abzubilden. In den Worten eines Spieltheoretikers: "Piayers might very weil take actions that conform to no equilibrium whatsoever." (Kreps 1990a, S. 103) Ob eine bestimmte Entscheidungssituation mit Hilfe eines bestimmten Spieltyps analysiert werden kann oder nicht, kann überdies selbst nicht spieltheoretisch beantwortet werden. Die Antwort darauf hat eine empirisch angelegte Sozialwissenschaft zu liefern.

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7. Kap.: Ist Kooperation im Unternehmen möglich?

II. Hindernisse der Herausbildung sozialer Kooperation Bevor wir uns mit dem Problem näher beschäftigen wollen, ob und, wenn ja, wodurch kooperative Lösungen im individuellen Beschäftigungsverhältnis behindert werden, soll zunächst die allgemeine Frage behandelt werden, welche Ursachen für das Scheitern kooperativer Lösungen in sozialen Systemen verantwortlich sind. Wohlgemerkt, nicht jede Konfliktsituation enthält ein Problem sozialer Kooperation. Soziale Konfliktsituationen mit diametral entgegengesetzten Interessen etwa stellen aus der Sicht der beteiligten Akteure kein Kooperationsproblem dar. Vielmehr geht es den Beteiligten dann einfach darum, sich auf Kosten der anderen Seite durchzusetzen. Wo es keine Kooperationsrente gibt, kann es auch kein Problem sozialer Kooperation geben! 2 Das Problem, kooperative Lösungen zu finden, stellt sich erst dann, wenn die Konfliktsituation kein Nullsummenspiel darstellt, wenn also die Spieler auch gemeinsame Interessen besitzen. Kooperative Lösungen implizieren dann für die Beteiligten in der Regel einen Wohlfahrtsgewinn gegenüber dem Zustand, in dem beide Seiten nicht miteinander kooperieren. Trotzdem ist die Herbeiführung sozialer Kooperation, wie uns die Spieltheorie lehrt, keineswegs trivial. Welche Gründe sind für das Scheitern kooperativer Lösungen in sozialen Systemen verantwortlich? Um diese Frage zu beantworten, empfiehlt es sich, das Problem sozialer Kooperation zu sezieren. Im Ergebnis dieser Operation erhalten wir drei Teilprobleme, die der Evolution sozialer Kooperation unterlegt sind: Das Nichtzustandekommen einer kooperativen Lösung kann sich erstens als ein Informationsproblem darstellen. Vereinfacht gesagt heißt das, die beteiligten Spieler sind über die Möglichkeit einer kooperativen Lösung nicht, nur unzureichend oder falsch informiert. Einen zweiten Grund, der kooperative Lösungen erschwert oder gar verhindert, liefert das Motivationsproblem sozialer Kooperation: Die Interessenkonstellation der beteiligten Parteien führt in ein soziales Dilemma, das die Durchsetzung einer kooperativen Lösung verhindert. Schließlich kann Kooperation, drittens, daran scheitern, daß die institutionellen Voraussetzungen fehlen, die eine kooperative Lösung ermöglichen würden. Dies ist das Institutionenproblem sozialer Kooperation. Betrachten wir die drei genannten Problembereiche etwas genauer.

2 Der Konflikt zweier Parteien kann allerdings auch Dritte schädigen, die dann ein Interesse daran entwickeln, den Konflikt zu beenden, auch wenn dies nicht im Interesse der Konfliktparteien selber liegen mag. Von diesem Fall wird im Weiteren abgesehen.

II. Hindernisse der Herausbildung sozialer Kooperation

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1. Kooperationsbildung als ein Informationsproblem Soziale Kooperation kann dadurch verhindert werden, daß die beteiligten Akteure die Vorteile oder die Möglichkeit nicht erkennen, die mit beidseitig kooperativem Verhalten verbunden sind. Die Spieler glauben sich in einer Situation zu befinden, die keine kooperative Lösung aufweist. Sie wähnen sich in einem Nullsummenspiel, ohne es wirklich zu sein. Denkbar ist auch, daß die Spieler den Vorteil einer kooperativen Lösung unterschätzen, während sie die Kosten zur Herstellung sozialer Kooperation Uberschätzen. 3 Aber selbst dann, wenn sich die Akteure wechselseitig kooperativ verhalten, täuschen sie sich unter Umständen über den Status ihrer Kooperationsform, die sie bereits für optimal halten, weil sie effizientere Formen sozialer Kooperation übersehen. Fälle der Täuschung der Spieler über ihre Spielsituation werden in der Spieltheorie nur selten erwogen. Häufiger werden in spieltheoretischen Abhandlungen dagegen verschiedene Informationsprobleme diskutiert, zum Beispiel, daß es mehrere gleichwertige kooperative Lösungen gibt, unter denen ausgewählt werden muß. Wenn den Akteuren Gelegenheit gegeben wird, miteinander zu kommunizieren und Absprachen zu treffen, kann die Kooperationsrente erzielt werden, andernfalls besteht die Gefahr, daß die kooperative Lösung verpaßt wird. Aber auch dann, wenn die kooperativen Lösungen von den Beteiligten unterschiedlich präferiert werden, ist der Informationsaustausch zwischen den Beteiligten wichtig, um überhaupt in den Genuß der Kooperationsrente zu gelangen. In wieder anderen Fällen sind die Spieler verhindert, miteinander zu kommunizieren, ohne daß dies den eigentlichen Kern des Kooperationsproblems ausmacht. Die zentrale Ursache filr das Nichtzustandekommen kooperativer Lösungen liegt dann entweder in der Interessenkonstellation oder darin begründet, daß keine bindenden Verträge zwischen den Spielern abgeschlossen werden können. In derartigen Situationen würde sich durch Kommunikation nichts wesentliches ändern. Im Gegenteil, wenn den Akteuren Gelegenheit gegeben wird, die wechselseitigen Präferenzen und damit die gegensätzlichen Interessen der Spieler zu erkennen, könnte sich ihr Mißtrauen sogar noch erhöhen. Vielleicht wäre es für das Zustandekommen einer kooperativen Lösung dann besser, wenn die Eigenschaften der Spieler (und deren Präferenzen) nicht vollständig bekannt wären. 4

3 NatUrlieh ist auch der umgekehrte Fall nicht auszuschließen, nämlich der, daß die Beteiligten eine kooperative Lösung vermuten, obwohl keine existiert. Sie wähnen sich in einem Koordinationsspiel, befinden sich aber tatsächlich in einer Nullsummenspiel-Situation. 4 Allerdings ist nicht auszuschließen, daß sich durch den Akt der Kommunikation soziale Beziehungen entwickeln, die die Spielsituation grundlegend ändern. Die Spieler gewinnen wech-

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7. Kap.: Ist Kooperation im Unternehmen möglich?

2. Kooperationsbildung als ein Motivationsproblem

Der Tenninus 'motivationsbedingf ist selbst eine Chiffre, hinter der sich Unterschiedliches verbergen kann. Nicht immer sind Motivationsprobleme auf gegensätzliche Interessen der beteiligten Akteure zurückzuführen. Geht man zum Beispiel davon aus, daß es einen Unterschied ausmacht, eine vorteilhafte Handlung zu erkennen und diese dann auch durchzusetzen, kann ein Motivationsproblem darin gesehen werden, daß den Akteuren 'der innere Antrieb' fehlt, eine als vorteilhaft erkannte kooperative Lösung zu realisieren. Motivationsbedingte Hindernisse können aber auch darin bestehen, daß sich Spieler wechselseitig (oder einseitig) mißtrauen oder unsympathisch finden und zwar selbst dann, wenn sie gleichgerichtete Interessen verfolgen. 5 Auch wenn es zutrifft, daß Interessenhannonie Konflikte zwischen den Beteiligten nicht ausschließt, resultieren doch die meisten Kooperationsprobleme aus dem Umstand, daß die Interessen der Spieler nicht völlig gleichgerichtet sind. Handelt es sich um diametral entgegengesetzte Interessen, ist es andererseits müßig, nach kooperativen Lösungen zu suchen. Glücklicherweise sind aber viele Interessengegensätze durch teilweise gemeinsame Interessen überlagert. Es stellt sich dann die Frage, unter welchen Voraussetzungen diese gemeinsamen Interessen zum Zuge kommen können, oder ob sich die Spieler infolge ihres Interessenkonflikts wechselseitig blockieren. Ein schönes Beispiel für derartige Problemstellungen liefert das Gefangenendilemma-Spiel, mit dem wir uns gleich noch ausfiihrlicher beschäftigen werden. 3. Kooperationsbildung als ein Institutionenproblem

Das Verhältnis zwischen der Herausbildung und Festigung einer sozialen Kooperation und der Existenz von Institutionen ist in hohem Maße ambivalent. Je nachdem von welchem Interesse die soziale Kooperation bewertet wird, kann die Institution zum Gelingen der Kooperation beitragen oder das Entstehen kooperativer Lösungen verhindern. Ein klassisches Beispiel dafür liefert

selseitig Vertrauen und ändern ihre Präferenzen in der Weise, daß kooperative Lösungen höher bewertet werden als zuvor. 5 Diese Hindernisse werden in der Spieltheorie in der Regel nicht näher beleuchtet, weil angenommen wird, daß die oben genannten psychologischen Phänomene, Sympathie und Antipathie, Mißtrauen und Vertrauen, Leistungswille und Trägheit, in der Auszahlungsmatrix bereits enthalten sind. Es wird angenommen, daß die Spieler stets die Strategie mit der höchsten Auszahlung wählen: "So ifwe see a player choosing in a fashion that doesn't maximize his payoffs as we have modelled them, then we must have incorrectly modelled his payoffs." (Kreps 1990, S. 26)

III. Das Beschäftigungsverhältnis als Gefangenendilemma

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das Kartellverbot in Deutschland oder die amerikanische Antitrustgesetzgebung. Beiden Fällen liegt der Umstand zugrunde, daß soziale Kooperation zwar den Teilnehmern der Kooperation nutzt, aber dem Wettbewerb und damit der Allgemeinheit schadet. (Ein schönes Beispiel dafür, daß soziale Kooperation kein Positivum an sich darstellt!) Meist wird jedoch der gegenteilige Fall betrachtet. Kooperative Lösungen repräsentieren dann ein Optimum, das jedoch nicht erreicht wird, weil die Interessengegensätze dem im Wege stehen. Durch die Existenz und den Einfluß von Institutionen gelingt es dann unter Umständen, nichtkooperative Spielsituationen in kooperative Spiele zu transfonnieren, indem kooperatives Verhalten belohnt und/oder unkooperatives Verhalten negativ sanktioniert wird. 6 Zusammenfassend ist festzuhalten, daß soziale Kooperationsprobleme nur dann sinnvoll diskutiert werden können, wenn eine Kooperationsrente erzielt werden kann. Ausgehend von einem Zustand jenseits der Kooperation stellt sich zunächst die Frage, ob sich die beteiligten Akteure der Existenz und Vorteilhaftigkeit einer kooperativen Lösung überhaupt bewußt sind. Wenn es mehrere sich ausschließende kooperative Lösungen gibt, kann durch Kommunikation eine Entscheidung darüber herbeigeführt werden, welche kooperative Lösung gewählt werden soll. Ist das Kooperationsproblem motivational bedingt, helfen mitunter Institutionen, kooperative Lösungen durchzusetzen.

111. Das Beschäftigungsverhältnis als Gefangenendilemma Den Ausgangspunkt vieler sozialwissenschaftliehen Interpretationen des Beschäftigungsverhältnisses bildet die These, dieses stelle ein Gefangenendilemma dar. 7 Ein Beispiel für die Anwendung dieses Spieltyps auf das Beschäf6 "Den guten Sinn kooperationsftlrdernder Institutionen kann man ... dadurch am besten studieren, daß man sich modellmäßig Situationen vorstellt, in denen Kooperation zwar vorteilhaft ist, solche Institutionen jedoch gerade nicht vorhanden sind. Situationen, in denen (Vor)Leistungen im Vertrauen auf faire Nachleistungen erbracht werden mUssen, rationale Akteure jedoch ohne vertrauenssichernde institutionelle Vorkehrungen zugleich rationale GrUnde haben, einander zu mißtrauen, sind von dieser Art." (Güth I Kliemt 1995, S. 25) 7 Das Spiel geht auf eine Entscheidungssituation zurück, die Luce I Raiffa 1957, S. 95 schildern. Zwei Verdächtige werden in Einzelhaft genommen. Der Staatsanwalt ist sich sicher, daß beide eines Verbrechens schuldig sind, verfugt aber Ober keine Beweise. Das veranlaßt ihn, beiden Verdächtigen ein Angebot zu machen. Wenn beide gestehen, werden beide angeklagt und erhalten eine hohe Strafe. Wenn einer gesteht, der andere jedoch nicht, wird der Geständige freigelassen, der andere aber zur Höchststrafe verurteilt werden. Wenn keiner gesteht, werden beide wegen minderer Delikte zu einer kürzeren Haft verurteilt. Im Ergebnis zeigt sich, daß es filr

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7. Kap.: Ist Kooperation im Unternehmen möglich?

tigungsverhältnis liefert Leibenstein in seiner Monographie "Inside the Firm" aus dem Jahre 19878, in der folgende Situation geschildert wird: Angenommen, die Mitarbeiter und das Management einer Unternehmung stünden nur zwei extreme Handlungsstrategien zur Auswahl. Das eine Extrem bezeichnet ein Verhalten, in dem der Verhaltensspielraum auf Kosten der Gegenseite voll ausgeschöpft wird. Diese Verhaltensstrategie wird als 'Parametric-maximization-standard' bezeichnet. 9 Die Alternative besteht in einer Strategie des 'Golden-rufe-standard', in der eine Partei darauf verzichtet, den eigenen Verhaltensspielraum auf Kosten der Gegenpartei auszunutzen und sich demzufolge 'kooperativ' verhält. 10 Die Interessen zwischen beiden Parteien werden von Leibenstein also als gegensätzlich angenommen, denn die Mitarbeiter bewerten ihren Arbeitsaufwand (effort) negativ und die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und Lohnerhöhungen positiv. Das Management bewertet umgekehrt den Mehreinsatz des Mitarbeiters positiv und Lohnerhöhungen negativ. Beide Spieler vertilgen über einen diskretionären Verhaltensspielraum: Die Mitarbeiter können ihren Arbeitseinsatz, das Management die Arbeitsbedingungen und Löhne innerhalb bestimmter Grenzen frei variieren. Darüber hinaus wird angenommen, daß die Spieler sich unabhängig voneinander entscheiden müssen, weil sie die Entscheidung der jeweils anderen Partei nicht kennen, und daß ihnen nur einmal die Möglichkeit gegeben wird, sich zu entscheiden. In dieser Entscheidungssituation besteht keine Chance zur Kommunikation zwischen den Beteiligten. Ebensowenig gibt es die Möglichkeit, bindende Verträge abzuschließen. Um zu entscheiden, wie sich die Akteure verhalten werden, bedarf es einer Bewertung der Strategien in Hinblick auf den Nutzen, den eine Strategie unter der Annahme stiften wird, daß der andere Spieler seinerseits eine bestimmte Strategie wählt. Aus der Möglichkeit einer jeden Partei, zwischen zwei reinen Strategien wählen zu können, ergeben sich beide Häftlinge vorteilhaft ist, zu gestehen, obwohl sie dadurch höher bestraft werden, als wenn sie schwiegen, sprich sich kooperativ verhielten. 8 Vgl. auch Leibenstein 1984. 9 Leibenstein 1987, S. 49 ftlhrt dazu naher aus: "Under the parametric-maximization standard, managers try to behave in a way suchthat the firm pays as little as possible (and provides the least additional benefits), and gets as much as possible out of employees." Demgegenüber versuchen die Mitarbeiter, die diesem Regime folgen, so wenig wie möglich zu arbeiten. 10 Unter diesem Regime, so Leibensie in, "managers try to treat their employees as weil as they possibly can given the firm's resources. They provide the best working conditions, salary, and fringe benefits possible. Thus, this involves maximum cooperation with and on behalf of employees." (1987, S. 49) Die Mitarbeiter, die dem Golden-rule-Standard folgen, arbeiten mit der ihnen höchst möglichen Intensität.

III. Das Beschäftigungsverhältnis als Gefangenendilemma

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theoretisch vier mögliche Kombinationen, die in Form einer Matrix, wie in Tabelle I, abgebildet sind. Die Zeilen beschreiben die alternativen Handlungsmöglichkeiten des Mitarbeiters, die Spalten die des Managements, das hier stellvertretend für die Unternehmung handelt. Jedem Element der Matrix ist ein Nutzenvektor zugeordnet, dessen erster Zahlenwert den Nutzen des Mitarbeiters, der zweite den des Managements wiedergibt.

Tabelle 1 Gefangenendilemma MANAGEMENT

Golden Rule kooperativ

Maximization nichtkooperativ

Golden Rule kooperativ

(15,15)

(3,20)

Maximization nichtkooperativ

(20,3)

(5.5)

ARBEITER

Wie werden sich unter diesen Voraussetzungen die Akteure entscheiden, wenn sie sich individuell rational verhalten? Die Antwort darauf flillt leicht: Das Management wird seinen Vorteil darin sehen, die Kosten für die Arbeitsbedingungen und Löhne zu minimieren, und zwar unabhängig davon, wie sich der Arbeitnehmer verhalten wird. Diese Strategie ist also dominant. Wenn sich der Mitarbeiter nämlich dazu entschließen sollte, den 'Golden-rulestandard' zu wählen und sich demnach kooperativ verhält, stellt sich das Management besser, wenn es sich unkooperativ verhält, d.h. wenn es defektiert. Es erzielt dann eine Auszahlung von 20, während dem Arbeitnehmer sein Altruismus mit einer Auszahlung von nur 3 Nutzeneinheiten teuer zu stehen kommt. Verhält sich der Mitarbeiter dagegen eigennützig, wird es für das Management ebenfalls besser sein, die Maximierungsstrategie zu fahren, als sich kooperativ zu verhalten, da 5>3.

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7. Kap.: Ist Kooperation im Unternehmen möglich?

Die gleichen Überlegungen gelten auch für den Mitarbeiter: Auch dieser wird sich für die Maximierungsstrategie und gegen die Kooperation entscheiden, gleichgültig welche Strategie das Management wählt, weil es für den Mitarbeiter selbst dann vorteilhaft ist, sich nichtkooperativ zu verhalten, wenn sich das Management kooperativ zeigt. Der Matrix ist zu entnehmen, daß unter der Voraussetzung beidseitiger Defektion, jeder Spieler eine Auszahlung in Höhe von 5 Nutzeneinheiten erzielt. Die Nutzenvektoren der Gleichgewichtspunkte sind fett gedruckt. Es ist in dieser Spielsituation für jeden Spieler rational, sich unkooperativ zu verhalten. Kein Spieler hat einen Anreiz, von dieser Lösung abzuweichen. Sie ist 'self-enforcing'. Ein Dilemma stellt diese Konstellation beidseitiger Defektion deshalb dar, weil sich beide Parteien im Falle beidseitiger Kooperation besser stellen würden, denn (15/15) > (5/5). Das Gleichgewicht dieses nichtkooperativen Spiels ist ineffizient. Das für einen (traditionalen) Ökonomen überraschende Ergebnis einer derartigen Spielsituation besteht darin, daß "individuell rationales, von Eigeninteresse geleitetes Verhalten ... zu einem Ergebnis (fuhrt), das für die Beteiligten insofern nicht optimal ist, als sich beide bei kooperativem Verhalten besser stellen könnten" (Holler und Illing 1996, S. 6). Wenn Theoretiker wie Leibenstein und andere Autoren 11 , das soziale Verhältnis zwischen den Mitarbeitern einer Unternehmung und der Unternehmung selbst, repräsentiert durch das Management der Firma, in dieser Weise beschreiben, geschieht dies nicht in der Absicht, auf einen unbefriedigenden aber unlösbaren Zustand hinzuweisen. Die Fragestellung lautet vielmehr: Wie kann erreicht werden, daß Mitarbeiter und Management sich in dieser Entscheidungssituation kooperativ verhalten? Daß dazu wesentliche Annahmen des Gefangenendilemmas modifiziert werden müssen, ist evident, denn in der oben präsentierten Form ist das Gefangenendilemma natürlich unlösbar, sonst wäre es kein Dilemma. Die eigentlich interessante Frage lautet deshalb, welche Modifikationen des Gefangenendilemmas müssen gemacht werden, damit soziale Kooperation entstehen kann? Nimmt man beispielsweise an, daß das Management und der Mitarbeiter ausreichend Gelegenheit haben, miteinander zu kommunizieren, so daß Absprachen zwischen ihnen getroffen werden können, sich kooperativ zu verhalten, würde das an der Entscheidungssituation selbst nichts ändern, weil den Spielern die Garantie fehlt, daß sich die Mitspieler an die Verabredung

11 Vgl. auch Schrüfer 1988, S. 65, Miller 1992, Schelling 1960, S. 89, Ul/man-Margalit 1977, S. 114 und Hirshleifer 1982, S. 41.

III. Das Beschäftigungsverhältnis als Gefangenendilemma

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ha1ten. 12 Das Mißtrauen zwischen dem Mitarbeiter und dem Management bliebe erhalten. Freilich ließe sich einwenden, daß die beschriebene Situation ein zu düsteres Bild der Lage zeichnet, weil sich Mitarbeiter und Management eines Unternehmens nicht nur einmal begegnen, sondern über einen längeren Zeitraum zusammenarbeiten. Die Unternehmung zeichnet sich nachgerade dadurch aus, daß das Beschäftigungsverhältnis langfristig ausgelegt ist. Das hat nicht nur zur Konsequenz, daß sich zwischen den Akteuren vielfältige Kornmunikationsbeziehungen entwickeln, sondern daß auch ausreichend Gelegenheit besteht, auf die Verhaltensweisen der jeweils anderen Partei handelnd zu reagieren. Es ist also zu fragen, ob "das Ergebnis des Gefangenendilemmas ... nur darauf zurückzufUhren [ist], daß die langfristigen Aspekte solcher Beziehungen bei der Modeliierung der statischen Spielsituation ausgeklammert werden" (Holler und Il/ing 1996, S. 21 ). Die Antworten darauf differieren erheblich. Axe/rod 1984, 1988 etwa vertritt die Auffassung, daß Kooperation auf Grundlage eigennützigen Verhaltens durchaus möglich ist, wenn das Gefangenendilemma-Spiel wiederholt wird 13 : "Dies bedeutet, daß gegenwärtige Entscheidungen nicht allein den Ausgang des gegenwärtigen Treffens bestimmen, sondern auch die späteren Entscheidungen der Spieler beeinflussen können. Die Zukunft kann folglich einen Schatten auf die Gegenwart zurückwerfen und dadurch die aktuelle strategische Situation beeinflussen." (Axelrod 1988, S. 11) 14 Darüber hinaus müssen die Individuen in der Lage sein, einen Spieler, mit dem sie es schon vorher zu tun hatten, wiederzuerkennen und sich an die Geschichte zurückliegender Interaktionen zu erinnern. Dieses Ergebnis mutet deswegen erstaunlich an, weil es wesentlich geringere Anforderungen an das Zustandekommen einer kooperativen Lösung stellt,

12 "Solange die Verabredung ... das Spiel nicht verändert, gelangen sie durch die Verabredung allein aus dieser als Gefangenendilemma bezeichneten 'sozialen Falle' nicht heraus. Denn die Abweichung vom verabredeten Verhalten bleibt auch nach der Verabredung dominant." (Güth I Kliemt 1995, S. 23) 13 Vgl. zu den Voraussetzungen der Lösung des Kooperationsproblems auch Schrüfer 1988, S. 138 und Voss 1985, S. 126. 14 Genauer formuliert, sei anzunehmen, daß der 'Schatten der Zukunft' hinreichend groß ist. "Das bedeutet, daß das Gewicht der nächsten Begegnungzweier Individuen groß genug sein muß, um Defektion rur den Fall zu einer unprofitablen Strategie zu machen, daß der andere Spieler provozierbar ist." (Axelrod 1988 S. 157) Die Bedeutsamkeil der Zukunft ist dabei nicht nur eine Frage der Zeitdauer, sondern auch der subjektiven Bewertung zukünftiger Auszahlungen. Es wird angenommen, daß die Auszahlungen des nächsten Zuges weniger ins Gewicht fallen als die gegenwärtigen Auszahlungen. Dieses Gewicht wird durch den Diskontparameter gemessen, der die Bedeutung des nächsten Zuges relativ zum vorangegangenen Zug angibt. 12 Dunn

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7. Kap.: Ist Kooperation im Unternehmen möglich?

als gemeinhin angenommen wird. Denn die Spieler müssen "keine Nachrichten oder verbindliche Verpflichtungen austauschen: sie benötigen keine Worte, weil ihre Taten für sie sprechen. Genausowenig ist es erforderlich, Vertrauen unter den Spielern anzunehmen: Gegenseitigkeit kann ausreichen, um Defektion unproduktiv zu machen. Altruismus ist unnötig: erfolgreiche Strategien können sogar bei einem Egoisten Kooperation auslösen. Schließlich wird auch keine zentrale Herrschaftsinstanz benötigt: gegenseitige Kooperation kann sich selbsttragend überwachen." (Axelrod 1988, S. 156 f.) 15 Als Beleg für diese Argumentation dient Axelrod 1988 [1987] ein von ihm organisiertes Expertenspiel, in dem Spieltheoretiker aus unterschiedlichen Disziplinen aufgefordert wurden, Computerprogramme mit Handlungsstrategien für ein iteriertes Gefangenendilemma-Turnier einzusenden. Zur Überraschung stellte sich für die Teilnehmer heraus, daß das einfachste aller eingereichten Programme, nämlich Tit for Tat, eine Strategie, die der alttestamentarischen Iex talionis des 'Auge um Auge, Zahn um Zahn' entspricht, am besten abschnitt. Tit for Tat bedeutet, daß ein Spieler damit beginnt zu kooperieren und danach jeweils die Strategie wählt, die der Spieler im vorherigen Zug gewählt hat. Kooperatives Verhalten wird durch kooperatives Verhalten beantwortet. Wenn aber der Gegenspieler beginnt, sich unkooperativ zu verhalten, wird dies mit unkooperativen Verhalten bestraft. 16 Umgekehrt führten Computerprogramme zu schlechteren Ergebnissen, die zu früh defektierten (ohne provoziert worden zu sein), nicht nachsichtig genug waren (z.B. eine einmalige Defektion mit ständiger Defektion beantworteten, auch wenn der Gegenspieler wieder kooperativ handelte), vom Gegenspieler eine zu pessimistische Auffassung hinsichtlich seiner Kooperationsbereitschaft hatten und zu raffmiert waren, um bei den Gegenspielern Klarheit über die Reaktionen der Mitspieler zu geben. 17

15 Diese Auffassung wird auch von Schüssler vertreten: "In sozialphilosophischen und -politischen Debatten wird immer wieder behauptet, daß der friedliche Zusammenhalt einer Gesellschaft von einem Verzicht der Individuen auf rein egoistisches Verhalten abhänge. Diese These wurzelt in der Furcht, daß eine Aushöhlung von Traditionen und moralischen Normen zum Untergang einer sozialen Gemeinschaft fUhren muß .... Im Gegensatz zu diesen Bestrebungen möchte ich zeigen, daß die Bedeutung normativer Restriktionen menschlichen Handeins weit überschätzt wird." (1991, S. 94) 16 Vgl. Schotter 1981, S. 60. 17 Die Auswertung der Turnierergebnisse ergab allerdings, daß es keine unbedingt beste Strategie gibt. Denn die beste Strategie hängt von der Strategie des Gegenspielers ab. Das gilt auch fUr Tit for Tat. Für den Fall, daß ein Spieler defektiert, mit einer Defektion geantwortet wird, die wiederum eine Defektion des Gegenspielers auslöst, so daß ein nichtendendes Echo wechselseitiger Defektionen entsteht, "ist Tit for Tat nicht nachsichtig genug" (Axelrod 1988, S. 159). Vgl. auch Raub I Voss 1988, S. 205.

III. Das Beschäftigungsverhältnis als Gefangenendilemma

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Der Erfolg einer Strategie (gemessen an den akkumulierten Auszahlungen) schien von vier Regeleigenschaften abhängig zu sein: Provoziere keine Konflikte, solange der andere Spieler kooperiert! Laß den anderen Spieler nicht davonkommen, wenn er defektiert! Übe Nachsicht, wenn sich der Spieler wieder kooperativ zeigt! Mache dein Verhalten dem anderen verständlich! Jede dieser Regeleigenschaften drückt die grundsätzliche Bereitschaft zur Kooperation aus, macht aber auch deutlich, daß man nicht bereit ist, sich vom Mitspieler deswegen ausbeuten zu lassen. Defektion wird mit Defektion bestraft. So überzeugend die Testergebnisse auf den ersten Blick auch erscheinen mögen, sie halten einer strengen spieltheoretischen Analyse letztlich nicht stand. Genauer formuliert, sie belegen nicht das, was Axelrod beweisen will, nämlich daß egoistisches Verhalten ausreiche, um soziale Kooperation zu begründen, läßt sich doch zeigen, daß es selbst bei beliebig langer endlicher Iteration des Gefangenendilemma-Spiels für alle Spieler individuell rational ist, von Beginn an eine nichtkooperative Strategie zu verfolgen. Der Grund liegt darin, daß es am Ende des Spiels keinen Anreiz mehr gibt, sich kooperativ zu verhalten. Man braucht die Defektion dann nicht mehr zu flirchten.I 8 Aus dem Fehlen von Kooperationsanreizen in der letzten Runde eines endlich oft wiederholten Spiels, in der Sprache der Spieltheorie Terminalionseffekt genannt, ist abzuleiten, daß auch in der letzten Vorperiode Kooperation nicht lohnend ist, denn Kooperation in der Vorperiode macht nur Sinn, wenn sie durch Kooperation in der Folgeperiode 'beantwortet' wird. Verfolgt man diese Argumentationskette bis an den Anfang des Spiels zurück wird deutlich, daß sich die Spieler von vomherein unkooperativ verhalten müssen, wenn sie sich 18 Ein anderer Einwand besteht darin, daß der Defektionsmechanismus, auf dem Axelrods Wettkampf der Strategien aufbaut, auf völlig freien Märkten, die sich durch eine hohe potentielle Mobilität auszeichnen, versagt. Von diesem Problem ausgehend hat Schüssler 1989, 1991, ein spieltheoretisches Modell entwickelt, in dem gezeigt wird, daß selbst filr den Fall, daß die Spieler willentlich und kostenlos aus dem Gefangenendilemma-Spiel austreten können, kooperatives Verhalten möglich ist. Dazu wird angenommen, daß einige Spieler eine "hit and run"- Strategie verfolgen, nach der ein Spieler defektiert, den Gewinn einstreicht und sich von seinem Mitspieler trennt, um sich ein neues Opfer zu suchen und um einer Bestrafung auszuweichen. Der zugrunde liegende Mechanismus filhrt dazu, daß die sich kooperativ verhaltenden Spieler, die sich im Zuge mehrerer Züge finden, eine feste Bindung eingehen, was - bei gegebener (!) Population - die Wahrscheinlichkeit erhöht, daß ein nicht-kooperativer Spieler auf einen ebenso nicht-kooperativen Spieler triffi, also vermehrt der Gefahr ausgesetzt wird, ausgebeutet zu werden. Der "Pferdefuß" auch dieses Modells besteht wie so oft in den Modellrestriktionen: "Das gegenwärtige Modell geht ... davon aus, daß keine Machtdifferenzen zwischen den Spielern existieren, daß sich die Struktur des Spielers mit der Zeit nicht ändert, daß die Abbruchwahrscheinlichkeit filr alle gleich ist usw." (1991, S. 105) Daher konstatiert Schüssler: "Aus diesem Grund kann ... [das Modell, M.D.) nicht differenziert über real existierende Tauschmärkte sprechen, und will es auch nicht." (Ebenda, S. 105 f.) 12•

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7. Kap.: Ist Kooperation im Unternehmen möglich?

individuell rational verhalten. Man erkennt daran, daß das Zustandekommen sozialer Kooperation in nichtkooperativen Spielsituationen, wie dem Gefangenendilemma, nicht möglich ist, wenn der Spielhorizont endlich ist. 19 Anders verhält es sich, wenn der Zeithorizont - anders übrigens als im Expertenspiel Axelrods! -unendlich lange ausgedehnt wird. Der Grund filr diese Veränderung liegt darin, daß die Spieler dann nicht mehr ausschließen können, in der Folgeperiode bestraft zu werden. Allerdings hat auch diese Begründung für das Zustandekommen sozialer Kooperation in unkooperativen Spielsituationen den 'Haken', unrealistisch zu sein: Kein Mitarbeiter, kein Manager, trifft seine strategischen Entscheidungen vor dem Hintergrund eines unendlichen Zeithorizonts, schon gar nicht, wenn sie intentional rational entscheiden wollen! 20 Auch kann man bezweifeln, daß die Akteure schon zu Beginn einer sozialen Interaktion den oben erwähnten Terminationseffekt kognitiv berücksichtigen. Viele experimentelle Untersuchungen21 bestätigen die These, daß das menschliche Verhalten nicht rekursiv bestimmt wird, wie im Backward-Inductions-Verfahren hypothetisch angenommen wird: Ein Mitarbeiter, der ein langfristiges Beschäftigungsverhältnis eingeht, reflektiert in seinem Verhalten gewiß nicht zehn, zwanzig oder dreißig Jahre im voraus die Reaktionen seines ihm gegenwärtig noch unbekannten Vorgesetzten. Ganz offensichtlich begegnen wir hier einem Dilemma ganz anderer Art. Die spieltheoretische Beweisführung kontrastiert augenscheinlich mit der beobachtbaren Tatsache sozialer Kooperation, einer Kooperation, die es unter den bisher genannten Annahmen gar nicht oder nur äußerst selten geben dürfte. Wie kann unter diesen spieltheoretischen Voraussetzungen die Evolution und Stabilität sozialer Kooperation überhaupt erklärt werden? "Der gegenwärtig einflußreichste derartige Versuch beruht auf der Annahme, daß es unterschiedliche Typen von Spielern gibt, und der Einbeziehung unvollständiger Information über den Spielertyp." (Güth und Kliemt 1995, S. 39 f.) Ein Beispiel dafür liefern Reputationsspiele. Ein Spieler erhält die Option, sich eine Reputation als kooperativer Spieler aufzubauen. Wohlgemerkt, der Spieler erwirbt die Reputation, ein kooperativer Spieler zu 19

Zusätzlich ist anzunehmen, daß es nur ein einziges Nash-Gleichgewicht gibt. Vgl. dazu

Holler 111/ing 1996, S. 156 f.

20 Dies ist übrigens nicht der einzige Haken. Daß Kooperation in Superspielen auch flir Spieler rational sein kann, deren Typ im endlichen Fall kooperatives Verhalten ausschließen würde, schließt nämlich umgekehrt unkooperatives Verhalten mit Ausbeutungswillen nicht aus. "Es wird zwar nachgewiesen, daß Kooperation rational möglich sein kann, jedoch kein hinreichender Grund dafllr angegeben, auch tatsächlich zu kooperieren." (Güth I K/iem/1995, S. 55 f.) 21

Vgl. dazu Stoecker 1980 und Selten I Stoecker 1986.

III. Das Beschäftigungsverhältnis als Gefangenendilemma

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sein, ohne es wirklich zu sein! Denn er täuscht seinen Mitspieler, um ihn seinerseits zu kooperativem Verhalten zu verleiten. Fragt sich nur, worin die Täuschung materiell besteht, wenn es dazu eines tatsächlich kooperativen Verhaltens bedarf? Ein unkooperativer Spieler, der sich stets kooperativ verhält, wäre schizophren. Schon hier deutet sich an, daß Reputationsspiele die Evolution stabiler Kooperation nicht erklären können. Denn es liegt in der Logik dieses Spieltyps, daß es einen Zeitpunkt geben muß, an dem es unsinnig wird, weiterhin kooperativ zu spielen. Und zwar ist das gegen Ende des Spiels der Fall. Dann wird es für den Täuscher nämlich individuell rational zu defektieren, weil sich der Vorteil der Reputation aufhebt, wenn auf zukünftig kooperatives Verhalten des Mitspielers keine Rücksicht mehr genommen werden muß. Spätestens an diesem Punkt der Enttarnung wird deutlich, wie es um die soziale Kooperation wirklich bestellt ist. Wichtiger noch als die Instabilität sozialer Kooperation ist jedoch ein anderer Mangel dieser Argumentation, auf den Güth und Kliemt hinweisen: "Unseres Erachtens krankt dieser Versuch ... insbesondere daran, daß bei unvollständiger Information die rekursive Lösung des Spieles (noch) weitaus komplizierter ist als bei vollständiger Information. Damit werden die Rationalitätserfordernisse so unrealistisch, daß die unterstellte Form individueller Rationalität kaum als wahre Erklärung des tatsächlich beobachtbaren Verhaltens dienen kann." (1995, S. 40)

Vor dem Hintergrund dieser Kritik wird verständlich, warum sich die spieltheoretische Diskussion in jüngster Vergangenheit verstärkt darum bemüht, soziale Kooperation iin Gefangenendilemma-Spielen unter Abschwächung der Rationalitätsannahme zu modellieren. Wie im dritten Kapitel gezeigt wurde, verdanken wir Sirnon das Konzept der bounded rationality, das den begrenzten kognitiven Fähigkeiten des Menschen Rechnung zu tragen versucht. In diesem Sinne nimmt auch Leibenstein an, daß sich die Mitarbeiter und Manager träge verhalten: Anstatt jeden noch so kleinen Vorteil auszunutzen, begnügen sie sich mit einem angemessenen oder zufriedenstellenden Ergebnis. Sie praktizieren satisficing behavior. Ob allerdings die Versuche, soziale Kooperation unter der Bedingung beschränkter Rationalität zu modellieren, erfolgverheißend sind, kann bezweifelt werden. Ein Beispiel für die damit verknüpften Probleme liefert Radner 1986, dessen Gefangenendilemma-Modell Spieler unterstellt, die sich mit einer Auszahlung zufrieden geben, die um einen bestimmten Betrag E geringer als die maximal erzielbare Auszahlung ist. Ähnlich dem oben erwähnten Reputationsspiel gilt auch für diesen Spieltyp, daß es gegen Ende des Spiels vorteilhaft wird zu defektieren. Allerdings werden die Opportunitätskosten des

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7. Kap.: Ist Kooperation im Unternehmen möglich?

Verzichts auf eine optimale (defektive) Strategie in dem Maße kleiner, je länger der Zeithorizont des Spiels ist. Am Ende eines entsprechend langen Zeithorizonts wird es filr den Spieler unerheblich, ob zur optimalen Strategie gewechselt wird oder nicht. Wie viele andere Versuche, die Evolution sozialer Kooperation in nichtkooperativen Spielen durch Abschwächung der Annahme optimalen Verhaltens nachweisen zu wollen, krankt auch dieser Versuch daran, wie beschränkte Rationalität spieltheoretisch modelliert wird. Denn wie Holler und Jlling zutreffend bemerken, wissen die Spieler im Ansatz Radners, daß sie mit ihrem satisjicing behavior eine um höchstens E geringere Auszahlung als bei optimizing behavior realisieren, was voraussetzt, daß ihnen die optimale Spielweise auch bekannt ist. Es sei dann, wie Holler und Il/ing höflich konstatieren, "nicht ganz einzusehen, weshalb sie dann trotzdem davon abweichen" (ebenda, S. 162). Schärfer formuliert: 'beschränkte Rationalität' unterstellt das Gegenteil dessen, was Radner voraussetzt, nämlich die Unkenntnis der optimalen Strategien und deren Auszahlungen! 22

IV. Alternative Interpretationen des Beschäftigungsverhältnisses Die bisherigen Überlegungen haben zu keinem befriedigenden Ergebnis gefUhrt: "Wenn das soziale Kooperationsproblem unter rationalen Individuen tatsächlich die Struktur des Gefangenendilemma-Spiels hat, dann scheint seine kooperative Überwindung rational ausgeschlossen." (Güth und Kliemt 1995, S. 23) Die Tatsache, daß soziale Kooperationen in der Realität allgegenwärtig sind, läßt vermuten, daß viele Kooperationsprobleme eben nicht den Charakter eines Gefangenendilemmas besitzen. Das trifft gerade auch filr das individuelle Beschäftigungsverhältnis zu. Betrachten wir deshalb das Beschäftigungsverhältnis etwas genauer. Das sechste Kapitel hat zu dem Ergebnis gefilhrt, daß das individuelle Beschäftigungsverhältnis eine Autoritätsbeziehung (authority relation) darstellt, dessen Zustandekommen zu erklären war. Der Abschluß eines Arbeitsvertrags

22 In dem Lehrbuch von Holler I Illing wird auch auf Beiträge verwiesen, in denen beschränkte Rationalität als bewußte Minimierung der Komplexität von Strategien in der Weise modelliert wird, daß die Spieler zur Durchfllhrung ihrer sequentiellen Strategien auf Automaten mit beschränkter Rechenleistung und Speicherkapazität verwiesen sind. Aber auch hier stellt sich die berechtigte Frage, "ob die Zahl der internen Zustände einer Maschine das geeignete Maß fllr die Komplexität einer Strategie darstellt. Komplexität beschränkt sich ja nicht auf die Anzahl der zu speichernden Information." (Ebenda, S. 163)

IV. Alternative Interpretationen des Beschäftigungsverhältnisses

183

ist für die Organisation vorteilhaft, weil sie damit einen Dispositionsspielraum gewinnt, der ihr hilft, mit dem Problem echter Ungewißheit umzugehen, schließlich war auch davon die Rede, die Arbeitsleistungen zu verdichten, ohne deshalb höhere Löhne zahlen zu müssen. Auch fiir den Arbeitsuchenden ist der Abschluß eines Arbeitsvertrags vorteilhaft; vorteilhaft gemessen daran, keinen Arbeitsvertrag zu schließen (und damit brotlos zu sein) oder aber in ungünstigere Beschäftigungsverhältnisse einwilligen zu müssen. 23 Sofern daher auf die Situation des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis abgestellt wird, sehen beide Vertragsparteien in der beidseitigen Kooperation ihren Vorteil gegenüber jeder anderen Strategiekombination. Die dazu passende Spielsituation ist die eines Gewinn-Gewinn-Spiels, wie sie in Tabelle 2 dargestellt ist: Tabelle 2

Positivsummenspiel MANAGEMENT

Vertrag

Vertrag

Nicht- Vertrag

(15,10)

(5,7)

(5,7)

(5,7)

ARBEITER Nicht- Vertrag

In diesem Spiel stehen das Management und der Arbeitsuchende allein vor der Frage, ob sie einen Arbeitsvertrag abschließen wollen oder nicht. (Die jeweils erste Zahl des Klammerausdrucks repräsentiert den Nutzen des Arbeitsuchenden, die zweite den des Managements.) Kommt der Arbeitsvertrag nicht zustande, weil eine oder beide Parteien in den Arbeitsvertrag nicht einwilligen,

23 Der Umstand, daß die Entscheidungssituation des Mitarbeiters auf dem ökonomischen Zwang beruht, einer abhängigen Beschäftigung nachgehen zu müssen, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, widerspricht dem nicht.

184

7. Kap.: Ist Kooperation im Unternehmen möglich?

erhält der Arbeitsuchende weiterhin Sozialhilfe, während das Management die Option erhält, die Stelle mit einem schlechter qualifizierten Arbeiter zu besetzen. Beide Vertragsparteien stellen sich in dieser Situation spürbar schlechter, wenn es nicht zum Abschluß kommt. Die soziale Interaktion zwischen dem Arbeitsuchenden und der Unternehmung ist, auch wenn sich ihre payoffs unterscheiden mögen 24, unproblematisch, da beide in dieser Entscheidungssituation gleichgerichtete Präferenzen hinsichtlich der Ergebnisse haben. Bei Interessenübereinstimmung reduziert sich das Problem sozialer Kooperation tatsächlich darauf, miteinander zu kommunizieren. Damit ist freilich nicht behauptet, daß das Beschäftigungsverhältnis, das mit dem Abschluß des Arbeitsvertrags seinen Anfang nimmt, durch Interessenharmonie charakterisiert wäre. Die sozialen Interaktionen im individuellen Beschäftigungsverhältnis können allerdings ganz verschiedene Verlaufsformen und Ausprägungen annehmen. Nur in seltenen Fällen berühren sie die prinzipielle Frage der Kooperationswilligkeit Das ist eigentlich nur dann der Fall, wenn sich ein Unternehmen entschließt, einen Mitarbeiter zu entlassen, oder umgekehrt dieser kündigt. In der Regel beeinflussen die sozialen Konflikte innerhalb der Unternehmung lediglich den Grad an Kooperationsbereitschaft zwischen den Vertragsparteien. Betrachtet man die sozialen Interaktionen zwischen dem Mitarbeiter und dem Management, wie sie empirisch auftreten, wird man als Theoretiker der Vielfalt unterschiedlicher Kooperations- und Koordinationsprobleme erst gewahr. In einigen Fällen, werden sich die Mitarbeiter indifferent gegenüber den Entscheidungen des Prinzipals verhalten; in anderen Fällen decken sich die Auffassungen und Interessen der Mitarbeiter und des Managements weitgehend, in wieder anderen Fällen sind sie strikt oder teilweise entgegengesetzt. 25 Jeder einzelne dieser Fälle läßt sich durch einen bestimmten Spieltypus modellieren, z.B. gemeinsame Interessen als Konvergenzspiele oder strikt entgegengesetzte Interessen als Nullsummenspiele. Die Struktur des individuellen Beschäftigungsverhältnisses kann daher nicht auf ein iteriertes Gefangenendilemma reduziert werden, wie dies leider allzu häufig geschieht. Der Geltungsbereich des Gefangenendilemmas als Spieltyp zur Beschreibung der Konfliktbeziehungen muß aber auch noch in anderer Hinsicht eingeschränkt werden. Ein Gefangenendilemma beschreibt eine Entscheidungssituation, in der beide Spieler eine Strategie wählen können, die es ihnen erlaubt, in

24 Streng genommen können die Auszahlungen verschiedener Personen nicht miteinander verglichen werden, sie sind inkommensurabel! 25 Die Erhöhung der Arbeitsintensität über ein bestimmtes Maß hinaus oder die Verteilung einer Prämie fallen nach Auffassung von K. W. Rolhschild 198lb, S. 137 unter diese Kategorie.

IV. Alternative Interpretationen des Beschäftigungsverhältnisses

I 85

einem Ausmaß zu defektieren, der zu hohen Nutzeneinbußen des jeweils kooperativ spielenden Mitspielers fuhrt. Diese Voraussetzung kann, muß aber keineswegs vorliegen. Betrachten wir zur Illustration die folgenden beiden Spielsituationen (Tabelle 3 und 4), in denen der Mitarbeiter und das Management sich entscheiden müssen, ob sie sich kooperativ oder weniger kooperativ verhalten wollen. Tabelle 3

Bully MANAGEMENT Kooperativ

weniger kooperativ

Kooperativ

(4,3)

(3,4)

Weniger kooperativ

(2,1)

(1 ,2)

ARBEITER

In Tabelle 3 wird angenommen, daß ein Mitarbeiter zwar über ein gewisses Potential verfugt, um das Management durch Defektion zu schädigen. Aber der Schaden, den sich der Mitarbeiter dabei selbst zufugen würde, ist noch größer, als wenn er sich weiterhin kooperativ verhielte, und zwar selbst dann, wenn sich das Management weiterhin kooperativ verhält. Während es also fur den Arbeitnehmer in diesem Beispiel immer besser ist, zu kooperieren 26, weil weniger kooperatives Verhalten aufwendig wäre, trifft das fur das Management nicht zu. Es ist fur das Management vorteilhaft, sich weniger kooperativ zu verhalten, als es könnte.

26 Das schließt in der Realität freilich nicht aus, daß sich die Mitarbeiter dennoch weniger kooperativ verhalten, weil sie über das Verhalten der Gegenseite verärgert sind. Wie Will zu Recht bemerkt hat, ist es "a puzzling fact, at least to economists, that despite this irrationality verdict it can quite commonly be observed that people are motivated to take revenge on cheats" (Will 1986, S. 252).

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7. Kap.: Ist Kooperation im Unternehmen möglich?

Das Beispiel beschreibt also eine Spielsituation, in der es nur für einen Spieler wünschenswert wäre, über ein gewisses Maß hinaus zu kooperieren. Geht man einen Schritt weiter, gelangt man zur Spielsituation, die in der nächsten Tabelle abgebildet ist. In Tabelle 4 wird nämlich der Fall dargestellt, in dem sich für beide Seiten besonders kooperatives Verhalten nicht lohnt.

Tabelle 4 Deadlock27 MANAGEMENT

kooperativ

weniger kooperativ

kooperativ

(2,2)

(1,4)

weniger kooperativ

(4,1)

(3,3)

ARBEITER

Befürworter einer corporate identity und damit einer starken Identifikation der Mitarbeiter mit "ihrer" Firma werden vielleicht Zweifel anmelden, ob dieser Fall realistisch ist, weil sie fest davon überzeugt sind, daß sich Kooperation immer und für alle Mitglieder der Organisation lohnt. Aber es geht in diesem Beispiel nicht um die Frage, ob überhaupt kooperiert wird, sondern um die Intensität der Kooperation zwischen dem einzelnen Mitarbeiter und der Organisation, die durch das Management repräsentiert wird. Darüber hinaus mag der tatsächliche Nutzen einer beidseitigen Kooperation von den beteiligten Akteuren aus welchen Gründen auch immer unterschätzt werden. Es erscheint daher keineswegs unrealistisch, anzunehmen, daß Arbeitnehmer und Management innerhalb eines Unternehmens nur bis zu einem bestimmten Grad bereit sind, sich kooperativ zu verhalten und jede intensivere Zusammenarbeit ablehnen. Aber selbst, wenn wir annehmen, daß allen Beteiligten an einer

27 Nach Cohen 1988.

IV. Alternative Interpretationen des Beschäftigungsverhältnisses

187

intensiven Kooperation gelegen ist, besagt das noch nicht, daß sich die Vorstellungen darüber decken, in welcher Weise kooperiert werden sollte. Dies ftihrt zu einer Spielsituation, die in Tabelle 5 abgebildet wird, und die als Kampf-der-Geschlechter-Spiel (Battle ofthe Sexes) Bekanntheiterlangt hat. In Tabelle 5 stehen Mitarbeiter und Management vor der Entscheidung, welche der beiden kooperativen Strategien sie den Vorzug einräumen wollen. Angenommen wird also, daß nicht beide Strategien gleichzeitig gewählt werden können. Die beiden kooperativen Strategien werden allerdings von den Spielern unterschiedlich bewertet. Die Matrix enthält zwei Nash-Gleichgewichte, nämlich (Al,MI) und (A2,M2), die jeweils einen Spieler begünstigen (benachteiligen). Der Nutzen einer Kooperation ist aber davon abhängig, daß beide Spieler die gleiche kooperative Strategie wählen, andernfalls realisiert keine Partei einen Vorteil. Tabelle 5 Kampf der Geschlechter

MANAGEMENT Strategie M 1

Strategie M2

Strategie A 1

(1,2)

(0,0)

Strategie A2

(0,0)

(2,1)

ARBEITER

Die Cover-story zu dieser Spielsituation zeichnet sich dadurch aus, daß den Akteuren die Möglichkeit fehlt, erneut kommunizieren zu können. Dies ist im Fall des individuellen Beschäftigungsverhältnisses unwahrscheinlich, zumal dann, wenn sich beide Spieler grundsätzlich kooperativ verhalten wollen. Aber selbst dann, wenn die Möglichkeit besteht, miteinander zu kommunizieren, stellt sich die Frage, welche der beiden möglichen Kooperationsweisen gewählt werden wird. NatUrlieh ist es möglich, daß die Spieler Zufallswahrscheinlichkeiten treffen und ihre Strategien gegenseitig abstimmen. Das würde allerdings

188

7. Kap.: Ist Kooperation im Unternehmen möglich?

voraussetzen, daß sich beide Spieler als völlig gleichberechtigt anerkennen. Das ist relativ unwahrscheinlich. Eine Autoritätsbeziehung legt eine andere Vermutung nahe. Realistischer ist es davon auszugehen, daß die 'stärkere' Partei, in diesem Fall das Management, denjenigen Gleichgewichtsvektor als Status quo durchsetzt, der ihren Interessen besser entspricht. Das Kampf-derGeschlechter-Spiel transformiert sich dann zu dem von Schotter in Anlehnung an U/lman-Margalit 1978 behandelten 'Ungleichheit erhaltenden Spiel' (Inequality preservation game), das anband der gleichen Tabelle 5 dargestellt werden kann. Nehmen wir an, daß sich der fett gedruckte Vektor (AI,MI) als Status quo herausgebildet hat. Die Frage lautet dann nicht mehr, welcher Gleichgewichtszustand sich herausbilden wird, sondern "whether the historically predetermined convention prescribing an unequal distribution of utility will be adhered to or whether the unfavored partywill try to deviate from it" (Schotter 1981, S. 26 f.), denn aus der Sicht des Mitarbeiters besteht zunächst überhaupt kein Grund, sich mit dem Status quo zufriedenzugeben. Entschließt sich der Mitarbeiter dazu, die flir ihn vorteilhaftere Situation (A2,M2) durchzusetzen, muß er von AI zu A2 wechseln, um das Management vor die Entscheidung zu stellen, zwischen den Vektoren (A2,MI) und (A2,M2) zu wählen. Der Mitarbeiter hofft also, das Management davon überzeugen zu können, daß dies die einzig mögliche Alternative fiir es darstellt. Das Management wird gewissermaßen erpreßt. Gehen wir davon aus, daß das Management 'über die besseren Karten verfiigf, dann wird es sich auf diese Alternative gar nicht erst einlassen und weiterhin Strategie MI fahren, um dem Mitarbeiter die Aussichtslosigkeit seines Vorhabens vor Augen zu führen. Wenn die ökonomische Dringlichkeit der Organisation zu einem kooperativen Abschluß zu kommen geringer ist als die des Mitarbeiters, wird sich der Mitarbeiter wohl oder übel mit der für ihn ungünstigeren Kooperationsform zufriedengeben müssen. 28

Zusammenfassend gilt es festzuhalten, daß die spieltheoretische Interpretation des individuellen Beschäftigungsverhältnisses am besten durch ein Bündel unterschiedlicher Spieltypen charakterisiert werden kann. Es fiillt nicht schwer, zu erkennen, daß dadurch die spieltheoretische Behandlung wesentlich komplizierter wird, als das in einem einfachen (oder iterierten) Gefangenendilemma der Fall ist, und die Gleichgewichtslösung, wenn es denn überhaupt eine gibt, schwerer zu finden sein wird.

28 Schotter argumentiert, daß die zuletzt behandelte Spielsituation nicht auftreten würde, wenn sich zwischen den Spielern wohl definierte Konventionen herausgebildet hätten, "because ... the institutional rule supporting (the status quo) not only specifies (the status quo) as the accepted mode ofbehavior, but also specifies punishing behavior" (1981, S. 26 f.).

V. Zur Bedeutung von Normen und Konventionen

189

V. Zur Bedeutung von Normen und Konventionen Nachdem im vorigen Kapitel gezeigt wurde, daß das individuelle Beschäftigungsverhältnis mit großer Wahrscheinlichkeit eine große Vielfalt unterschiedlicher Spielsituationen einschließt, so daß es falsch wäre, die sozialen Interaktionen auf ein iteriertes Gefangenendilemma zu reduzieren, ist nun ein zweiter Grund zu diskutieren, der die Abwesenheit von GefangenendilemmaSituationen in der betrieblichen Praxis erklären mag. Nämlich der Umstand, daß die Evolution von Gefangenendilemma-Situationen durch die Existenz von Institutionen eingeschränkt wird. Die Rede ist von Normen und Konventionen, die sich entweder im Unternehmen herausbilden oder aber von dritter Seite garantiert werden.29 In Teil III dieses Kapitels wurde gezeigt, daß die Existenz eines Gefangenendilemmas nicht an die Bedingung geknüpft ist, daß die Spieler miteinander kommunizieren können. Selbst dann, wenn sich Management und Mitarbeiter gegenseitig verpflichten würden, sich kooperativ zu verhalten, wäre dies für ihr Verhalten bedeutungslos. Das bloße Versprechen ist außerstande, Vertrauen zu stiften, solange die Einhaltung dieser Verpflichtung unglaubwürdig bleibt. Eine Lösung des Problems kann darin gesehen werden, bindende Verpflichtungen oder Verträge einzugehen. Das setzt allerdings voraus, daß es einen außenstehenden Dritten gibt, der die Abweichung vom kooperativen Verhalten sanktioniert. Denn die Spieler selbst können sich im Gefangenendilemma definitionsgemäß nicht gegenseitig glaubwürdig zu kooperativen Verhalten verpflichten. 30 Mit anderen Worten, die außenstehende Institution muß in der Lage sein, die Spieler in einem Ausmaß zu bestrafen, die es vorteilhaft werden läßt, die Vereinbarung einzuhalten. Eine derartige Überlegung liegt Tabelle 6 zugrunde.

29 "Eigenkontrollierend sind Normen und darauf aufbauende Institutionen dann, wenn ihre Übertretung (Mißachtung) ftlr den einzelnen Nachteile bringt, gleichgültig, wie sich 'die anderen' der Norm gegenüber verhalten. Überwachungsbedürftig sind Normen und darauf aufbauende Institutionen dann, wenn die Übertretung der Norm ftlr den einzelnen vorteilhaft ist, vorausgesetzt 'die anderen' halten sich an sie." (Kunz 1985, S. 16) 30 In diesem Sinne argumentiert auch Kunz: "Der Ausweg aus einer Prisoners' Dilemma-Situation ist nicht beliebig. Prisoners' Dilemma-Situationen lassen sich zum Vorteil der Beteiligten nur überwinden, wenn ein Vertrag Ober die Einhaltung einer bestimmten Norm zwischen ihnen zustandekommt So gesehen ist der Punkt, an dem ein Vertragsschluß über die Schaffung und Einhaltung einer Regel als im Interesse der Interaktionspartner liegend erkannt und danach gehandelt wird, ein Stadium, das bei der Entstehung überwachungsbedürftiger Normen aus Prisoners' Dilemma-Situationen notwendigerweise durchlaufen werden muß. Und da das Übertreten einer solchen Norm (c.p.) individuell vorteilhaft ist, muß der zu schließende Kontrakt auch die Bildung einer Überwachungsinstanz ('Regierung', 'Staat', oder eine strukturgleiche Institution) vorsehen." (Kunz 1985, S. 17)

190

7. Kap.: Ist Kooperation im Unternehmen möglich?

Tabelle 6

Kooperatives Spiel MANAGEMENT

kooperativ

kooperativ

nichtkooperativ

(15,15)

(5,0)

(0,5)

(0,0)

ARBEITER nichtkooperativ

Angenommen wird in Tabelle 6, daß der Verstoß gegen das kooperative Verhalten von einer dritten Partei hart bestraft wird. Ausgangspunkt ist der pareto-effiziente Zustand beidseitig kooperativen Verhaltens, der zu einer Auszahlung in Höhe von 15 Nutzeneinheiten je Spieler fiihrt. Weicht nun ein Spieler ab und spielt unkooperativ, wird er dafilr bestraft und erzielt lediglich eine Auszahlung von 0 Nutzeneinheiten. Der Spieler, der sich trotzdem weiterhin kooperativ verhält, verliert zwar auch dadurch, aber weniger stark. Wie schon beim Gefangenendilemma repräsentiert der Nutzenvektor beidseitiger Defektion einen niedrigeren Nutzen als der Nutzenvektor beidseitiger Kooperation. Im Unterschied aber zum Gefangenendilemma-Spiel besteht kein Anreiz fllr den unbeirrt kooperativ spielenden Akteur sich seinerseits nichtkooperativ zu verhalten, weil er dann auch bestraft würde. Es besteht unter diesen Voraussetzungen immer ein Anreiz sämtlicher Spieler, zum optimalen Zustand beidseitiger Kooperation zurückzukehren. "Die einfachste und wirkungsvollste Methode zur Überwindung des Gefangenendilemmas besteht zweifellos in der Änderung der Spielregeln", wie Schäfer und Ott 1986, S. 310 konstatieren. Zu fragen ist allerdings, ob diese spieltheoretische Option in der Wirklichkeit eine Entsprechung hat. Ist der Arbeitsvertrag und das Arbeitsrecht im weiteren Sinne geeignet, beidseitige Kooperation herbeizufilhren? Das würde bedeuten, daß es in der betrieblichen Wirklichkeit nur dann zu nichtkooperativen Spielsituationen kommen kann, wenn die rechtlichen Rahmenbedingungen von einer der beiden Vertragspar-

V. Zur Bedeutung von Normen und Konventionen

191

teien verletzt werden und die außenstehende Partei, hier der Staat, unkooperatives Verhalten aus welchen Gründen auch immer nicht oder nicht ausreichend bestraft. Offensichtlich liegt dieser Vorstellung eine Überschätzung des Arbeitsvertrags zugrunde, der zwar grob unkooperatives Verhalten verhindem mag, aber ein hohes Maß an kooperativem Verhalten nicht zu garantieren vermag. Um den Sachverhalt darzustellen, ist es zwingend, die bisherige Darstellungsform zu wechseln. In Abbildung I wird nicht mehr angenommen, daß die Akteure nur zwischen zwei Strategien entscheiden müssen, sondern daß es eine Vielzahl verschiedener Verhaltensweisen innerhalb eines Spektrums gibt, das durch zwei Extreme definiert ist. Einmal der Zustand extrem unkooperativen Verhaltens, zum anderen der Zustand weitestgehender Kooperationsbereitschaft31. Das Management kann eine Vielzahl verschiedener Lohn- und Arbeitsbedingungen offerieren. Angefangen von W" W2, ••• , w., wobei jeweils die Höhe der Indexzahl eine Verbesserung der Lohn- und Arbeitsbedingungen filr den Mitarbeiter anzeigt. Das aus der Sicht des Arbeitnehmers beste Angebot ist daher w., das schlechteste W1• Ebenso verfUgt der Mitarbeiter über zahlreiche Optionen, seinen Arbeitseinsatz (e.ffort) im Sinne des Managements zu variieren. E 1 bezeichnet den niedrigsten, E. den höchsten Arbeitseinsatz. E 1W 1 bezeichnet dann den Zustand beidseitiger Defektion, während E. W" den Zustand beidseitiger Kooperation anzeigt.

Abbildung 1: Gefangenendilemma, Arbeitsrecht und Konvention

31 Die Darstellung lehnt sich an Leibenstein 1987, S. 55, Figure 5.1 an.

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7. Kap. : Ist Kooperation im Unternehmen möglich?

Der diagonale Pfeil C zwischen beiden Extremen markiert eine Konstellation, in der beide Parteien gewinnen. Die höhere Arbeitsproduktivität, bedingt durch den höheren Arbeitseinsatz, filhrt zu Ertragszuwächsen, aus denen heraus sowohl höhere Löhne als auch ein höherer Gewinn bezahlt werden können. Demgegenüber drücken die von der Diagonale C ausgehenden beiden Pfeile A(rbeiter) und M(anagement) eine Verbesserung der Wohlfahrtsposition einer Partei an, die auf Kosten der anderen Partei erzielt wird. Jeder Punkt auf diesen Pfeilen stellt eine der beiden Parteien besser als der korrespondierende Schnittpunkt d auf der Diagonalen. Der höchste Nutzen, den das Management erzielen kann, wäre also in Punkt E., das des Mitarbeiters in Punkt W. realisiert. Beide Punkte stellen jeweils einen Akteur besser als E. W•. Wenn wir nun hypothetisch annehmen, daß diese Abbildung einen Zustand repräsentiert, zu dem es keine rechtsunwirksamen Schutzbestimmungen des individuellen Beschäftigungsverhältnisses gibt, der die Akteure zu einem Minimum an Kooperationsbereitschaft verpflichtet, wird sich die ökonomisch stärkere Partei - im Normalfall also das Management - durchzusetzen versuchen und eine Konstellation in der Umgebung von En anstreben. Gelingt dies nicht, wird sich die Konstellation E 1W 1 herausbilden, die dem Zustand beidseitiger Defektion entspricht. Das Arbeitsrecht verändert die Situation grundlegend zugunsten des Arbeitnehmers, indem es filr die Arbeitsbedingungen Mindeststandards formuliert und eine extreme Übernutzung der Arbeitskraft durch Arbeitszeitregelungen einschränkt. Die gestrichelten Linien machen deutlich, daß es unter den institutionell veränderten Bedingungen nur möglich ist, einen Arbeitseinsatz in Höhe von E. * durchzusetzen, während der Lohn und die Arbeitsbedingungen ein

Mindestniveau in Höhe von W 1* aufweisen müssen. Die Existenz arbeitsrechtlicher Schutzbestimmungen grenzt demnach die im rechtsfreien Zustand möglichen extremen Formen der Übervorteilung des Arbeitnehmers aus, ohne indes ein Höchstmaß an beidseitiger Kooperation herzustellen. Der Aktionsraum beider Spieler wird eingeschränkt und statt C wird der Pfad beidseitiger Wohlfahrtsverbesserungen durch die nach W 1* parallel verschobene Diagonale repräsentiert.

c*

Die Geltung arbeitsvertraglicher Regelungen erfilllt nicht die strengen Voraussetzungen, die an verbindliche Abmachungen oder Verträge im Sinne der spieltheoretischen Lösung des Gefangenendilemmas zu stellen sind. In der Tat

E:w.

verbindlich vorwürde ein Arbeitsvertrag, der den Vertragsparteien schreibt, eine zentrale Voraussetzung des Arbeitsvertrags verletzen, nämlich die Eigenschaft der unvollkommenen Spezifizierung der Arbeitsleistungen und Arbeitsbedingungen. Abgesehen davon unterscheiden sich die Punkte höchster beidseitiger Kooperation von Beschäftigungsverhältnis zu Beschäftigungsver-

V. Zur Bedeutung von Normen und Konventionen

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hältnis, von Unternehmen zu Unternehmen, so daß der Rechtsstaat mit unlösba-

ren Informationsproblemen konfrontiert wäre, zumal E" *w" selbst den unmittelbar beteiligten Akteuren nicht notwendigerweise bekannt sein muß. Die Leistung des Arbeitsvertrages besteht vor allem darin, daß er den Aktionsraum normalerweise zugunsten der ökonomisch schwächeren Partei einschränkt. 32 Was bleibt, ist ein Gefangenendilemma, das unter den spieltheoretischen

Annahmen zwangsläufig zur Konstellation E, W1* fllhren würde. In der betrieblichen Praxis sind Fälle beidseitiger Defektion aber eher unüblich und es ist zu erklären, warum das so ist.

Ganz anders, als in der herkömmlichen spieltheoretischen Behandlung des individuellen Beschäftigungsverhältnisses unterstellt wird, stehen die Mitarbeiter und das Management in der Praxis nicht vor einem Aktionsraum, der so scharf abgegrenzt ist, wie dies Abbildung I nahelegt Bestenfalls bestehen ungefähre Vorstellungen darüber, daß gemessen an dem aktuell gegebenen Zustand ein höheres oder niedrigeres Maß an Kooperation möglich wäre. Man wird selten das Urteil bestätigt finden, daß sich beide Parteien in einem Zustand beidseitiger Defektion befmden. Selbst unzufriedene Arbeitnehmer oder Vorgesetzte werden sich eine Verschlechterung ihrer Wohlfahrtsposition vorstellen können. Andererseits werden selbst zufriedene Mitarbeiter und Vorgesetzte nicht ausschließen wollen, daß eine intensivere Kooperation zu einer beidseitigen Wohlfahrtsverbesserung fllhren könnte. Mit anderen Worten, die aktuelle Situation wird in der überwiegenden Zahl der Fälle als zwischen den Extrempositionen liegend wahrgenommen. Wenn wir davon ausgehen, daß diese subjektive Wahrnehmung nicht aus der Luft gegriffen ist, sondern ein Stück betrieblicher Realität widerspiegelt, dann bedeutet das, daß sich die tatsächliche Konstellation irgendwo zwischen den Extrempunkten befmdet. Dieser Bereich ist in Abbildung 1 durch einen Kreis hervorgehoben. Wie kommt es zu dieser Mittellage? Die Antwort darauf liefert erneut Leibenstein mit dem Hinweis auf die Wirksamkeit von Konventionen. Leibenstein versteht unter einer Konvention "a regularity of behavior that has a high degree of adherence locally, and a high degree of expectation that others will adhere to it" (1987, S. 60). Konventionen entstünden auf Grundlage der zurückliegenden Erfahrungen, negativer und positiver Sanktionen und durch die Beobachtung der Verhaltensweisen anderer. Das Zusammenspiel

32 Luce I Raiffa 1957 formulieren dies allgemeiner: "Manche sind der Ansicht, daß es eine der Grundregeln einer Regierung ist, die Regeln von sozialen 'Spielen' abzuändern, sobald die Spielsituation darauf hindeutet, daß die Spieler in eine sozial wenig wünschenswerte Position gedrängt werden, wenn sie ihren eigenen Zielen nachgehen." (Zit. nach Davis 1972, S. 110) 13 Dunn

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7. Kap.: Ist Kooperation im Unternehmen möglich?

dieser Faktoren sei anhand der Herausbildung und Verbreitung einer Konvention innerhalb der Unternehmung veranschaulicht. Eine Konvention, etwa über die Arbeitsleistung, mag ihren Anfang in der subjektiven Erwartung eines Vorgesetzten haben, der den Arbeitsplatz zum ersten Mal definiert. Der Arbeitsplatz enthält dann ein Ensemble bestimmter Ansprüche, die gegen ein bestimmtes Entgelt erwartet werden. Der erste Mitarbeiter, der diesen Arbeitsplatz einnimmt, wird an diesen Ansprüchen gemessen und darüber Erfahrungen sammeln, ob die erwünschte Arbeitsleistung von ihm erbracht werden kann. Stellt sich zum Beispiel heraus, daß die Arbeitsbedingungen dies gar nicht zulassen, werden diese vom Vorgesetzten angepaßt werden müssen. Oder stellt sich heraus, daß die für die Verrichtung der Tätigkeit erforderliche Arbeitsqualifikation nur zu einem höheren Lohn einzukaufen ist, führt dies zu einer höheren Besoldung als der ursprünglich vorgesehenen. Nach einer gewissen Zeit gewinnt der Mitarbeiter den Eindruck, der Tätigkeit gewachsen zu sein und zumindest soweit angemessen bezahlt zu werden, daß sich ein Wechsel des Beschäftigungsverhältnisses für ihn nicht lohnt. Auch der Vorgesetzte erlangt ein Gespür dafür, welche Arbeitsleistungen von dem Mitarbeiter unter den gegebenen Arbeitsbedingungen erwartet werden können und welcher Lohn dafür zu entrichten ist, um zu verhindern, daß der Arbeitnehmer den Betrieb verläßt oder in seiner Arbeitsleistung merklich nachläßt, weil er sich ungerecht behandelt fühlt. Es hat sich dann eine Norm herausgebildet. 33 Dieser Vorgang erfolgt nicht einmalig, sondern mehrfach, weil in der Regel nicht nur ein Arbeitsplatz, sondern mehrere Arbeitsplätze zeitgleich eingerichtet werden. Unter den Mitarbeitern, die die entsprechenden Arbeiten ausführen, entwickelt sich die Erwartung, für eine vergleichbare Arbeit unter vergleichbaren Arbeitsbedingungen den gleichen Lohn zu erhalten. Es entwickelt sich innerhalb der Arbeitsgruppe also eine bestimmte Erwartungshaltung heraus, die an die nachfolgenden jüngeren Arbeitskräfte weiter vermittelt wird. Zwar ist nicht auszuschließen, daß ein jüngerer Mitarbeiter einen höheren Arbeitseinsatz als seine älteren Kollegen zeigt, etwa weil er sich in der Probezeit befindet oder 33 Leibenstein 1987, S. 60 definiert eine Norm folgendermaßen: "By a norm we mean some sort of a standard, without considering the extent to which others adhere to this standard, or whether different individuals expect others to adhere to it." Es ist hier nicht möglich, auch nur ansatzweise einen Überblick Uber die Diskussion zu diesem Thema zu geben. Verwiesen sei allerdings auf einige Ansätze, die Normen als das Ergebnis nicht-intendierter Handlungsfolgen erklären. Vgl. dazu Menger 1883, die 'Unsichtbare-Hand-Erklärung' von Vllman-Margalit 1977, 1978, von Hayek 1969b, 1969c, Hirsh/eifer 1982, Vanberg 1982, 1983, 1984 und 1986 und Raub 1984. Eine interessante wahrnehmungs- und sozialpsychologische Interpretation der Normenbildung liefert Schlicht 1989, 1990a. FUr den Versuch einer Integration soziologischer, sozialpsychologischer und ökonomischer Erklärungen sozialer Normenbildung siehe insbesondere Opp 1983.

V. Zur Bedeutung von Normen und Konventionen

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bei seinem Vorgesetzten einen guten Eindruck hinterlassen will. Aber es wird nicht lange dauern, bis ihm seine Kollegen deutlich zu verstehen geben werden, 'etwas kürzer zu treten', um eine Heraufsetzung der Arbeitsnormen zu verhindern. Negativ sanktioniert wird aber auch das gegenteilige Verhalten. Der Mitarbeiter, dessen Arbeitsleistung unterhalb der durchschnittlichen Arbeitsleistung der Arbeitsgruppe bleibt, wird ebenfalls mit Bestrafungen seitens der Kollegen rechnen müssen, zumal dann, wenn zwischen den verschiedenen Arbeitsverrichtungen eine technische oder eine den Lohn betreffende Verknüpfung besteht, die Arbeitsgruppe in ihrer Entlohnung also von den Gruppenleistungen abhängig ist. Auf der anderen Seite formuliert der Vorgesetzte gegebenenfalls abweichende Ansprüche an das Arbeitsverhalten des Einzelnen und der Arbeitsgruppe mit dem Ziel, eine bestimmte Arbeitsleistung zu erzielen. Wird diesem Anspruchsniveau einigermaßen entsprochen, läßt der Druck nach, und die Arbeitsleistung entwickelt sich zu einer Konvention 34 , die von allen Beteiligten akzeptiert wird. Natürlich können sich Konventionen auch ändern, doch dazu müssen sie erstmals etabliert sein. Ein neuer Vorgesetzter mag den Arbeitsplatz in seinen Anforderungen und Bedingungen neu definieren. Andere Qualifikationen werden benötigt, so daß neue Mitarbeiter qualifiziert oder umgruppiert werden müssen, die ihrerseits neue Erwartungen mitbringen. Eine Verknappung der Arbeitskräfte auf dem Arbeitsmarkt kann diese veranlassen, höhere Löhne durchzusetzen, oder aber umgekehrt, eine Entknappung kann bewirken, daß Mitarbeiter 'freiwillig' zu höheren Arbeitsleistungen bereit sind, um nicht entlassen zu werden, usw. Die vielfaltig beobachtbare Tatsache aber, daß die Durchsetzung einer neuen Konvention in bezug auf die Arbeitsleistung oder den Lohn Widerstand hervorruft, belegt die Stabilität, die Konventionen erlangen können. Sie definieren einen Zustand, der von den beteiligten Akteuren als einigermaßen 'fair' bewertet wird. 35 In der Sprache der Spieltheorie formuliert,

34 Ähnlich wie Leibenstein definiert Schotter Normen und Konventionen. Unter einer sozialen Norm versteht Schotter "... informational devices that the agents of societies develop to help them place subjective probability estimates over each other's actions" (1981, S. 52). Demgegenüber sei eine soziale Institution "something that is built upon a set of norms and is a rule prescribing behavior in various recurrent situations" ( 1981, S. 166, Fußnote I). Normen im Sinne Schotters drücken also die Wahrscheinlichkeit, soziale Institutionen die Sicherheit aus, mit der eine bestimmte Handlung des Mitspielers erwartet wird. 35 Allgemeiner als von Leibenstein wird der Prozeß der Entstehung von Normen und Institutionen von Schotter 1981 behandelt. Ziel seiner Untersuchung ist es, das Entstehen von Institutionen zu begreifen, die endogen aus der Interaktion der infolge von Geburt und Tod wechselnden Mitglieder einer Gesellschaft hervorgehen. In der Beantwortung dieser Frage geht Schotter in Anlehnung an Nozicks 1975 Staatsableitung, von einem Naturzustand (state of nature) aus, in dem weder Normen noch soziale Institutionen existieren. Vorausgesetzt wird lediglich, daß die Spieler

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7. Kap.: Ist Kooperation im Unternehmen möglich?

Konventionen bilden einen Fokus- oder Prominenzpunkt lfocal point), an dem sich die Erwartungen der Spieler orientieren.3 6 Diese Interpretation individuellen Entscheidungsverhaltens in sozialen Systemen unterscheidet sich merklich von den üblichen spieltheoretischen Ableitungsversuchen sozialer Kooperation aus individuell rationalem Verhalten. Auf drei Unterschiede sei hier hingewiesen: Erstens garantieren Konventionen und Normen keine optimalen Lösungen in dem Sinne, daß sich die Beteiligten auf die für sie vorteilhafteste Ausprägung sozialer Kooperation einigen. Der Golden-rule-Standard, von dem Leibenstein spricht, tritt gerade nicht ein. Das verwundert andererseits nicht, denn der soziale Interessengegensatz von Lohnarbeit und Kapital, Agent und Prinzipal, Mitarbeiter und Management ist durch die Herausbildung von Konventionen nicht aus der Welt. 37 Vielmehr besteht die Leistung von Konventionen und Normen darin, extreme Ausprägungen wechselseitig unkooperativen Verhaltens zu verhindern. Konventionen und Normen bewirken, daß sich die beteiligten Akteure bedingt kooperativ verhalten. 38

die möglichen Verhaltensweisen der Mitspieler kennen. Da in einer Situation, in der noch keine Erfahrungen gesammelt werden konnten, auch keine empirisch begrUndeten Erwartungen existieren, seien nach dem Prinzip des unzureichenden Grundes (Bernouilli, Laplace) samtliehe Strategien gleich wahrscheinlich. Diese Wahrscheinlichkeit, mit der eine Strategie erwartet wird, ist nach Auffassung Schotters aber bereits eine erste Norm. Diese Norm ändert sich im Verlauf der Erfahrungen, denn jede weitere Handlungsperiode beeinflußt die Wa)uscheinlichkeit mit der bestimmte Verhaltensweisen auftreten. Im Abschluß dieses Prozesses entwickelt sich aus einer Norm eine soziale Institution, "in which the expectations of all of the players are such that they all expect the others to behave in a particular manner with probability equal to I". Eine vertiefende Diskussion dieser These, so wichtig sie wäre, kann hier nicht erfolgen. Siehe dazu Menger 1883, Buchanan 1975a, 1975b und Rawls 1971, Schlicht 1990a und Kubon-Gilke I Sesselmeier 1990. 36 Lern- und sozialpsychologische Erklärungen zur Adaptation moralischer Standards sind von verschiedenen Autoren entwickelt worden. Nach Auffassung von Witt 1986, S. 255 kann der Prozeß der Normübernahme als ein Prozeß der Habitualisierung aufgefaßt werden. Witt erläutert dies folgendermaßen: "The individual usually 'internalizes' successful patterns of conduct by using them continually over time. That is, he/she starts to reproduce the underlying standards, as normative statements adressed to him-/herself as weil as to others ... The striving for cognitive consistency then requires hirnlher to avoid opportunistic behavior, i.e. choices contradicting the adopted standard." Witt schlußfolgert daraus, daß unter der Voraussetzung, daß moralische Verhaltensstandards weite Verbreitung innerhalb einer gegebenen Population gefunden haben, die Bereitschaft des Individuums, nicht-kodifizierten Verpflichtungen nachzukommen, selbst-erzwingend (self reinforcing) sei. Zur sozialpsychologischen Fundierung ökonomischer Theorien siehe auch Schlicht 1990c. 37 "Thus management is likely to emphasize cutting costs, while employees use their discretionary options so as to skew their efforts toward their own interests and away from the interests ofthe firm." (Leibenstein 1987, S. 53) 38 Zu Recht bemerkt daher Kaufer 1984, S. 88 f.: "The success of a convention as a coordinating device rests on its ability to solve contlict. Yet contlict resolution is not quite the appropriate

V. Zur Bedeutung von Normen und Konventionen

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Zweitens verweist die Existenz von Konventionen und Normen darauf, daß die für die Konstruktion nicht-kooperativer Konfliktsituationen stets vorausgesetzte Annahme strenger Eigennützigkeit unrealistisch ist. Die Menschen haben, wie Schenk und Weise zutreffend konstatieren, die Fähigkeit, "kollektiv rational zu handeln. Sie besitzen also vermutlich a priori keine egoistische, sondern eine altruistische Rationalität." (1995, S. 129) Im Fall der Konventionen drückt sich das etwa dadurch aus, daß sich Menschen in ihrem Handeln auch an Fairneßkriterien orientieren und wechselseitig Vertrauen39 entwickeln, was diese veranlaßt, die schädlichen Folgen eigennützigen Handeins zu berücksichtigen und zwar nicht erst dann, wenn mit Sanktionen anderer zu rechnen ist. Der Witz besteht gerade darin, daß Konventionen nicht nur befolgt, sondern adaptiert werden. Soziale Normen und Konventionen liefern drittens handlungsanleitende Informationen über das vergangene und über das zukünftig zu erwartende Verhalten der Mitspieler. "Auf diese Weise sinken vor allem die Informationsanforderungen ... an die Wirtschaftssubjekte, weil sie nicht mehr alle denkbaren Möglichkeiten des Verhaltens der anderen Wirtschaftssubjekte ... berechnen müssen." (Schrüfer 1988, S. 139)40 Gleichzeitig drückt sich in der Herausbildung und Stabilität von Normen und Konventionen eine weitaus realitätsnähere Sichtweise menschlicher Entscheidungsprozesse aus, als dies in spieltheoretischen Modeliierungen der Fall ist. Der Versuch, die Evolution sozialer Kooperation letztlich auf rationales Individualverhalten zurückführen zu wollen, scheitert nämlich bereits an der beschränkten Informationsverarbeitungskapazität des lebendigen Produktionsfaktors, der Spezies 'Mensch'.

term. The convention does not resolve the conflict; rather, it determines the way in which it is resolved. And that usually also implies in whose favor a conflict will end." Ein 'Ende', das nur scheinbar existiert, weil es fllr Konflikte keine einmalige Lösung geben kann: "Conflicts persist, albeit in a latent way." 39 Welche Rolle dem Vertrauen fllr das Zustandekommen einer kooperativen Lösung zukommt, zeigt das Gefangenendilemma in seiner klassischen Variante: Wenn beide Gefangenen eine ·Ganovenehre · hätten, wurden sie das Angebot, als Kronzeuge gegen den Mittäter auszusagen, ablehnen. Das Gefangenendilemma unterstellt deshalb, daß die Gefangenen ihre Entscheidung ausschließlich unter dem Gesichtspunkt des individuell zu erwartenden Strafmaßes treffen, ohne daß das Strafmaß des Mittäters Berücksichtigung findet. Allgemein formuliert: Eine Lösung des Kooperationsproblems wird stets erleichtert, wenn sich zwischen den Spielern Vertrauen entwikkeln kann.

40 "Normen und Institutionen machen" - so Kunz 1985, S. 3 - "die Koordination der Individualentscheidungen (-pläne) 'billiger', als dies ohne sie der Fall w!lre. Sie sparen dem einzelnen bei der Lösung wiederholt gleichartig auftretender Probleme Informations- und Transaktionskosten. Daher erhöhen sich durch Normen und Institutionen die Chancen zur Koordination und damit zur Erfllllung der Individualpläne."

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7. Kap.: Ist Kooperation im Unternehmen möglich?

VI. Das Beschäftigungsverhältnis als soziale Kooperation Die vorangehenden Überlegungen haben sich eingehend mit der herkömmlichen spieltheoretischen Interpretation des individuellen Beschäftigungsverhältnisses auseinandergesetzt Charakteristisch fllr diese Interpretation ist die Annahme, daß das Beschäftigungsverhältnis als ein wiederhohes Gefangenendilemma-Spiel aufzufassen sei. Deshalb hat sich dieses Kapitel zunächst etwas ausfiihrlicher mit den Lösungsversuchen beschäftigt, die innerhalb der Spieltheorie diskutiert werden, ohne zu prüfen, ob das individuelle Beschäftigungsverhältnis überhaupt den Bedingungen eines iterierten Gefangenendilemmas genügt. Im Ergebnis dieser Überlegungen hat sich gezeigt, daß soziale Kooperation unter den gegebenen spieltheoretischen Voraussetzungen eines Gefangenendilemmas nicht zwingend abgeleitet werden kann. Kooperation ist zwar bei iterierten nicht-kooperativen Spielen möglich, aber nicht notwendiges Resultat sozialen Handelns. Der Umstand, daß Konstellationen beidseitiger Defektion eher selten, kooperative Lösungen dagegen relativ häufig beobachtet werden können, gibt Anlaß darüber nachzudenken, ob die herkömmliche spieltheoretische Behandlung des Kooperationsproblems empirisch tragfähig ist. 41 Tatsächlich können auch ·Theoretiker' lernen, wie soziale Kooperation entsteht und Stabilität erlangt, vorausgesetzt es besteht die Bereitschaft, filr einen Moment vom Olymp hochkomplexer Modelle in die weltlichen Niederungen herabzusteigen, in denen Formen sozialer Kooperation allgegenwärtig sind. Glücklicherweise gibt es Spieltheoretiker, die das tun, und dann zu dem richtigen Ergebnis gelangen, daß die "reale Erklärung fllr soziale Kooperation ... in den meisten Fällen mit Sicherheit eher darin [liegt], daß Individuen in beschränkt rationaler Weise bestimmten Faustregeln und auch gewissen internalisierten Vorgaben folgen" (Güth und Kliemt 1995, S. 59 f.). Was nicht damit zu verwechseln ist, daß mit Hilfe von Normen oder bindenden Verträgen Gefangenendilemma-Situationen gelöst werden, vielmehr handelt es sich in der Realität häufig einfach um andere Spielsituationen. 42

41 Die folgende Feststellung bringt es auf den Punkt: "Die unter Ökonomen verbreitete Bereitschaft, nahezu jede 'theoretische Kröte' zu schlucken, wenn es darum geht, tatsächlich beobachtbares Verhalten als Ausfluß strategisch rationalen Individualverhaltens zu erklären, hat mehr mit den im Fach akzeptierten Regeln 'kunstgemäßen' Vorgehens als mit realen Erklärungsproblemen zu tun." (Güth I Kliemt 1995, S. 59) 42 Ein Beispiel filr die Verwechslung liefert Anatol Rapapart in "Fights, Games, and Debates" 1960. Rapapart vertritt dort die Auffassung, daß das Gefangenendilemma gelöst würde, wenn die Spieler außer dem Eigeninteresse auch soziale Werte berücksichtigten, und illustriert diesen Gedanken an den Überlegungen, die sich die Gefangenen im klassischen Beispiel machen, um dem Dilemma zu entgehen: "Jeder Spieler prüft vermutlich die gesamte Auszahlungsmatrix. Die

VI. Das Beschäftigungsverhältnis als soziale Kooperation

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Das individuelle Beschäftigungsverhältnis liefert ein Beispiel dafilr, wie soziale Kooperation entsteht und dann mit Hilfe von Normen und Konventionen Stabilität erlangt. Der entscheidende erste Schritt zur Beantwortung der Frage, warum die Spieler in diesem Fall kooperieren, obwohl sich ihre Interessen nicht decken, ist so trivial und naheliegend, daß es schon rätselhaft anmutet, warum dies nur selten zur Sprache kommt: Die Spieler sind gezwungen zu kooperieren, weil sie in der Verfolgung ihrer ökonomischen Interessen wechselseitig aufeinander verwiesen sind! Ein Unternehmen stellt Mitarbeiter ein, weil der Produktionsprozeß den Einsatz von Arbeitskräften erfordert, und weil es den lebendigen Produktionsfaktor nicht besitzt, muß es diesen kaufen. Erst mit dem Arbeitsvertrag erwirbt das Unternehmen ein Nutzungsrecht an der Arbeitskraft und damit ein prinzipielles Kooperationsversprechen der Mitarbeiter. Daß dieses Versprechen kein bloßes Versprechen (cheap talk) darstellt, sondern glaubhaft ist, liegt zunächst einmal daran, daß auch der Mitarbeiter auf das Unternehmen angewiesen ist, um ein Lohneinkommen zu erzielen. Es ist vor allem anderen zunächst einfach die ökonomische Dringlichkeit, Geld verdienen zu müssen, die den Grund für seine Kooperationsbereitschaft ausmacht, und erst in zweiter Linie der Umstand, daß die Kooperationsvereinbarung rechtlich sanktioniert wird. Die Bereitschaft zur Kooperation und mehr noch, die Tatsache, daß diese Kooperation auch praktiziert wird - anders würde der arbeitsteilig organisierte Produktionsprozeß gar nicht funktionieren - schließt die Möglichkeit sozialer Konflikte nämlich nicht aus, sondern ein! Auch wenn die rechtliche Form des Arbeitsvertrags die Kooperationsbereitschaft der Spieler weder hervorbringt noch erzwingt, schließlich kontrolliert der Rechtsstaat nicht jeden Tag, ob die Mitarbeiter an ihrem Arbeitsplatz erschienen sind, ist der Arbeitsvertrag kein bloßes Beiwerk. Er hebt die im Unternehmen unvermindert bestehenden Interessengegensätze zwischen dem Mitarbeiter und der Organisation nicht auf, sondern kanalisiert sie in der Weise, daß extreme Formenunkooperativen Verhaltens von dritter Seite negativ sanktioniert werden. Der Arbeitsvertrag verhindert nicht die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, sondern regelt die Bedingungen, unter denen dies erste Frage, die er stellt, ist ·wann sind wir beide am besten dran?' Die Antwort ist ... eindeutig: wenn das Ergebnis kooperativ ist. Nächste Frage. 'Was ist notwendig, damit man zu dieser Wahl kommt?' Antwort: Daß beide Parteien darauf vertrauen, daß die andere das gleiche tun wird wie sie selbst. Die Schlußfolgerung ist dann: 'Ich bin eine der Parteien, ich habe daher Grund zu diesem Vertrauen.'" (Zit. nach Davis 1972, S. 112) Offensichtlich widersprechen diese Überlegungen den strategischen Prinzipien des Rationalverhaltens im spieltheoretischen Sinne. Denn wenn ein Häftling lieber ein Jahr eingesperrt ist, als frei zu sein, weil er seinen 'Partner' nicht 20 Jahre absitzen lassen will, ist seine Auszahlungsmatrix unzureichend modelliert worden. Mit anderen Worten, wenn ein Spieler auf das Wohl seines Partners bedacht ist, kann die Spielsituation nicht mehr als ein Gefangenendilemma bezeichnet werden. Vgl. auch Davis 1972, S. 113.

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7. Kap.: Ist Kooperation im Unternehmen möglich?

möglich ist. Den kooperationsgeflihrdenden Konflikten innerhalb der sozialen Kooperation wird erst durch die Rechtsförmlichkeit des Arbeitsvertrags ein institutioneller Rahmen gewiesen, den einzuhalten allen Vertragsparteien obliegt. Wie gelingt es die Spieler dazu zu bewegen, miteinander zu kooperieren, wenn es individuell rational ist, kooperatives Verhalten auszubeuten und unko· operatives Verhalten zu bestrafen? Es wurde gezeigt, daß sich das Kooperationsproblem in dieser extremen Weise in der Regel gar nicht stellt. Realisti· scher ist die Annahme, daß es unterschiedliche Intensitäten und Typen sozialer Kooperation gibt. Die beteiligten Akteure stehen dann vor der Wahl, welche Ausprägung sozialer Kooperation sie präferieren und • ebenso wichtig • auch gegen den Widerstand anderer durchsetzen können. Aber selbst in diese Entscheidungslage treten die Spieler nicht voraussetzungslos. Zunächst ist anzunehmen, daß die beteiligten Akteure um die Existenz überlegener Formen sozialer Kooperation hinreichend genau informiert sind. Fehlen diese Informationen, werden sich effizientere Formen sozialer Kooperation zumindest nicht als Folge strategischen Handeins herausbilden können. Die Bereitschaft, intensiver als bisher zu kooperieren, unterstellt bereits die Lösung dieses wichtigen lnformationsproblems. Es ist nicht abwegig zu behaupten, daß die Existenz und Härte realer Konfliktsituationen auch damit zu tun hat, daß die Spieler sich gar nicht in einem sozialen Dilemma wähnen und die Möglichkeit einer überlegenen Kooperationsform kognitiv nicht in Betracht ziehen. Das eben geschilderte Informationsproblem ist selbst mit dem Motivationsproblem eng korrelliert. Natürlich ist das Motivationsproblem, also die Frage, ob die Spieler die Bereitschaft aufweisen, miteinander enger als bislang zu kooperieren, auch eine Frage des Eigeninteresses oder der kognitiv wahrgenommenen individuellen Vorteile gegenüber dem gegenwärtigen Zustand. Wenn es keine Kooperationsrente gibt, gibt es auch keinen Anlaß, sich über die Herstellung anderer Kooperationsformen Gedanken zu machen. Aber bereits der Akt der Identifizierung effizienter Formen sozialer Kooperation setzt in der Regel Kommunikationsprozesse und ein Mindestmaß an wechselseitigem Ver· trauen zwischen den Akteuren voraus. Es flillt schwer, sich Spieler vorzustellen, die sich wechselseitig mißtrauen, aber gleichzeitig die theoretische Möglichkeit einer für alle Beteiligten vorteilhafteren Form sozialer Kooperation postulieren, die es mit 'diesen' Mitspielern gar nicht geben kann. 43 Bereits die Wahrnehmung der Entscheidungssituation ändert sich in Abhängigkeit von der sozialen Beziehung, die die Spieler zueinander eingehen.

43 Schotter spricht dies aus, wenn er konstatiert: "However, if they find by observing each

VII. Resümee

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Das alles spricht nicht dagegen, den Akteuren individuell rationales Verhalten zu attestieren, sofern man darunter beschränkt rationales Verhalten versteht, also in Rechnung stellt, daß es zur Generierung, Aufnahme und Bewertung von Informationen komplexitätsreduzierender Mechanismen bedarf. Normen und Konventionen erfüllen in diesem Sinne eine elementare Voraussetzung, um in den sozialen Raum hinein Entscheidungen treffen zu können. Aber Normen und Konventionen fallen nicht vom Himmel herab, sie beruhen selbst auf sozialen Interaktionen, in denen kooperatives Verhalten gleichsam eingeübt und erprobt wurde. Ihre Existenz vorausgesetzt verleihen sie den Akteuren ein hohes Maß an Erwartungsstabilität bezüglich der Handlungen anderer, weil norm- oder regelwidriges Verhalten negativ sanktioniert wird und - wichtiger noch als dies - weil Normen und Konventionen von den Akteuren adaptiert werden Und dies gewußt wird. Aus diesen Gründen macht die beliebte Entgegensetzung von individuell rationalem und sozialem Verhalten keinen Sinn, denn das Individuelle ist selbst ein Gemachtes. Soziale Normen und Konventionen hinterlassen im Bewußtsein der Akteure ihre Gravur, prägen die Vorstellungen darüber, was vorteilhaft erscheint, was als schädlich bewertet wird. Der vielzitierte 'homo oeconomicus' ist in seinen konkreten Vorstellungen der Nützlichkeit und Rationalität eben kein Abstraktum, sondern ein 'soziales Wesen'. 44

VII. Resümee David M. Kreps sieht den Haupterfolg der Spieltheorie darin, intuitiv gewonnene Urteile des 'gesunden Menschenverstandes' in einer Weise others' past behavior that the other is not to be trusted, it is very likely that they will degenerate into a noncooperative convention." (1981, S. 60) 44 Entgegen der Beweisabsicht Axelrods belegen experimentelle Spielsituationen eben nicht die These, daß Kooperation auch unter Egoisten möglich ist, denn auch "Axelrod ist gezwungen, einzuräumen, daß Modifikationen, wie I) Kooperationsbereitschaft zu Beginn der Interaktion, 2) Nachsichtigkeit bzw. Versöhnungsbereitschaft nach dem eigenen Zurückschlagen auf eine Provokation des anderen und 3) Antizipation der Fortsetzung der Interaktion ... , die Kooperation steigern. Diese Modifikationen bloßer Wiedervergeltung sind aber bereits ethische Transformationen der Tit-for-Tat-Strategie, die Ober ein mechanisches Reagieren hinausgehen und beim Handelnden voraussetzen, daß er die Antizipationen des anderen antizipiert." (Koslowski 1988, S. 29) Weiter fUhrt Koslowski aus: "Auch ist Vertrauen nicht, wie Axelrod annimmt, eine altruistische Einstellung .... [sondern will] den gemeinsamen Vorteil, die wechselseitig vorteilhafte Steigerung der Kooperation." Axelrods Arbeit bleibe daher "zu sehr bei einer falschen, vollständigen Disjunktion von Egoismus und Altruismus, strategischem und moralischem Handeln stehen, in der das Handeln entweder nur egoistisch ist oder gleich den Charakter des altruistischen Opfers annimmt" (1988, S. 29 f.).

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7. Kap.: Ist Kooperation im Unternehmen möglich?

formalisieren zu können, die es dem Analytiker möglich macht, diese Urteile in anderen und teilweise komplexeren Zusammenhängen einzubringen und zu untersuchen. 45 Zugleich gebe die Spieltheorie durch eine einheitliche Sprache dem Analytiker ein Instrument an die Hand, um intuitive Urteile miteinander zu vergleichen. Allerdings weist Kreps im gleichen Beitrag auch auf einige Probleme der spieltheoretischen Behandlung sozialer Konfliktsituationen hin, die sich teilweise aus dem Zwang zur Vereinfachung hochkomplexer sozialer Interaktionen ergeben: In dieser können Spieler auf die Summe der zur VerfUgung stehenden Strategien Einfluß nehmen, auch auf die der anderen Spieler, neue Strategien entwickeln, die payoffs und Spielregeln verändern und sich der Unterstützung Dritter versichern, um ihre Interessen zum Erfolg zu bringen. Sie können unterschiedlich informiert sein, sich über ihre Präferenzen täuschen und Macht ausüben. 46 Vom Anspruch einer empirischen Sozialwissenschaft her genügt es nicht, Erwartungen, Nutzen und Strategien als gegebene und bekannte Größen vorauszusetzen. Es stellt sich vielmehr die Frage, wodurch und wie die Erwartungen gebildet werden 47 , wie die Strategien konzipiert werden, die zu bestimmten Auszahlungen fuhren, unter welchen sozioökonomischen Voraussetzungen Spieler über strategische Optionen verfugen und um welche es sich dabei handelt. 48 Auch genügt es nicht, individuelles Verhalten jederzeit als ein individuelles Dispositionsgleichgewicht interpretieren zu können.4 9 Statt

45 Vgl. Kreps 1990, S. 87. 46 Vgl. Suchaneck 1991, S. 86. 47 Darauf weist auch Kreps hin, wenn er kritisch anmerkt: "And formal mathematical game

theory has said little or nothing about where these expectations come from, how and why they persist, or when and why we might expect them to arise." (1990, S. I 0 I)

48 An diesem Punkt ist erneut auf Kreps 1990, S. 129 zu verweisen, der vermerkt, daß "gametheoretic analyses in economics tend to take the rules of the game too much for granted, without asking where the rules come from, and they do not consider very weil whether the rules that prevail are influenced by outcomes". So bemerkt etwa Morgenstern 1973, S. 401, daß zwischen der Zahl der Strategien und den Eigentumsverhältnissen eine Beziehung existieren kann: "Bei Schach spielt es keine Rolle, ob ich ein reicher Mann bin oder der Gegner ein armer Mann ist. Wir haben genau die gleichen Strategien. Aber in der Wirklichkeit spielt es eine Rolle, ob der eine mehr Strategien hat als der andere. Die Zahl der Strategien ist sicherlich eine Funktion von Reichtum, Besitz, vielleicht auch Intelligenz; .... " An anderer Stelle, die sich mit einem ZweiPersonen-Nullsummenspiel beschäftigt, lesen wir: "Man könnte fragen, warum der Spieler B, der im obigen Schema nur die Aussicht hat ... zu verlieren, sich Oberhaupt auf eine solche Sache einlassen sollte. Das zu beantworten liegt jenseits und außerhalb der Theorie." (1966a, S. 84) Genauer muß es im letzten Satz heißen "... liegt außerhalb der Spie/theorie". 49 Das folgende Zitat mag für sich stehen: "Game theorists are very clever individuals, and given almost any form of behaviour, they can build models that 'explain' the behaviour as the result of an equilibrium in a sufficiently complex elaboration of the game originally written down; .... " (Kreps 1990, S. 104)

VII. Resümee

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dessen müssen wir uns den konkreten kognitiven und motivationalen Prozessen zuwenden, die unsere Einstellungen, Wertungen und Handlungen beeinflussen. Ob diese zu einer individuellen oder sozialen Situation führen, die man sinnvoll als 'Gleichgewicht' oder 'Ungleichgewicht' beschreiben kann, kann sich erst ex post erweisen. 5° Ungeachtet dieser Einschränkungen ist die Spieltheorie ein wesentliches Instrument, um strategisches Verhalten in sozialen Systemen rigoros behandeln zu können. Die weiteren Ausruhrungen verstehen sich daher nicht als Kritik, sondern als (notwendige) Ergänzung spieltheoretischen Räsonierens in der Weise, daß Fragestellungen aufgegriffen und diskutiert werden, die das Zustandekommen der Spielsituation, die Zusammensetzung der Spieler, die Qualität der Auszahlungen und Strategien erklären mögen.

50 Diese Erklärung des Verhaltens ist nicht unproblematisch, weil damit jedes Verhalten so (um)interpretiert wird, als sei es stets auf den Prozeß der Gleichgewichtsfindung hin ausgerichtet. Kritisch merkt Kreps an, daß "it is cold comfort (and useless theorizing) to know that there is always some explanation of behaviour consistent with equilibrium theory, but we couldn't say what the explanation is until we see the behaviour." (1990, S. 104)

Achtes Kapitel

Exit, Voice und Shirking - Das Konfliktverhalten der Mitarbeiter im Betrieb

I. Das Problem

Eine der neueren Erkenntnisse der modernen mikroökonomischen Theorie der Unternehmung besteht darin, daß Unternehmen infolge bestehender Ineffizienzen nicht auf der Produktionsfunktion produzieren. Die Erklärung von X-Ineffizienzen 1 und die Erarbeitung von Strategien, lneffizienzen zu beheben, rücken damit in das Zentrum des wissenschaftlichen Interesses. In diesem Zusammenhang ist die Frage nach den Konfliktsituationen im Unternehmen relevant, da angenommen werden kann, daß innerbetriebliche Konflikte Anteil am Zustandekommen von X-Ineffizienzen haben. Neben dem Verhältnis von Management und Kapitaleignern 2 erlebt die bereits von der klassischen Politischen Ökonomie thematisierte Konfliktbeziehung zwischen den Arbeitern und der Unternehmung in der Prinzipal-Agent-Diskussion eine Renaissance als Forschungsgegenstand der mikroökonomischen Theorie. Die Untersuchung beginnt mit dem Verhalten des einzelnen Mitarbeiters, der mit seiner Arbeitssituation unzufrieden ist und nun auf Verbesserung drängt. Diese Interaktions- und Kommunikationsprozesse basieren auf der Tatsache gegenläufiger Handlungsziele. Aber - und dies ist von entscheidender Bedeutung für den Fortgang der Analyse - nicht die Interessenlagen an sich begründen strategisches Konfliktverhalten, sondern deren subjektive Bewertung und Interpretation. Das gilt ftlr den Mitarbeiter und den Vorgesetzten gleichermaßen. Konfliktäre Interaktionen weisen einen Person-Situations-Bezug auf, der aus der Perspektive einer sozialwissenschaftliehen Theorie der Unternehmung explizit zu thematisieren ist.

1 Vgl. dazu insbesondere Leibenstein 1976, 1978 und 1987. 2 Vgl. Berle I Means 1932, Stigler I Friedland 1983 und Williamson 1975 und 1985.

I. Das Problem

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Wie entsteht die Unzufriedenheit des Mitarbeiters mit der Arbeitssituation? Welche Konsequenzen zieht ein Mitarbeiter aus seiner Unzufriedenheit? Schließlich, in welchem Verhältnis stehen die subjektiven Bewertungsprozesse zu den präferierten Konfliktstrategien? Das sind einige der Fragen, die uns in diesem Kapitel beschäftigen werden. Dabei wird sich die von Hirschman 1974 [1970] getroffene Unterscheidung zwischen 'Exit' und 'Voice' als nützlich erweisen. Darüber hinaus werden Forschungsergebnisse der Psychologie, der Soziologie und der Arbeitswissenschaft einbezogen. Nicht behandelt werden die Konfliktstrategien organisierten Arbeitnehmerverhaltens und deren Konsequenzen filr das Unternehmen. Auf die Konfliktstrategien des Unternehmens wird nur dann Bezug genommen, wenn dies filr die Erklärung des MitarbeiterKonfliktverhaltens erforderlich erscheint. 3 Wie sich im Verlauf der Analyse zeigen wird, ist die Wahl einer Konfliktstrategie bereits das Resultat eines komplexen Bewertungsprozesses, der sich auf die Erfahrungen richtet, die ein Mitarbeiter in der Vergangenheit mit seinem Vorgesetzten und bestimmten Konfliktstrategien gemacht hat. Diese Erfahrungsprozesse modifizieren die Auszahlungsmatrix und bewirken eine Komplikation: Die Strategien, Auszahlungen und die Entscheidungsmatrix des Mitarbeiters sind in gewissem Grade interdependent. Das heißt die Erwartungen bezüglich der Vorteilhaftigkeit einer Strategie sind teilweise von dem Erfolg und Mißerfolg dieser und anderer (alternativer) Strategien und deren subjektiver Bewertung in zurückliegenden Erfahrungsperioden abhängig. Aber das ist nur die halbe Antwort. Die Wahl einer Konfliktstrategie unterstellt in der Regel eine bestimmte Ausprägung der Unzufriedenheit mit der Arbeit und dem sozialen Umfeld der Arbeit. 'Unzufriedenheit' ist kein Abstraktum, und die Wahl einer Konfliktstrategie folgt nicht immer der kühlen Ratio eines Kosten/Nutzen-Kalküls. Vielmehr korrespondieren bestimmte Konfliktstrategien mit der jeweiligen Ausprägung der Unzufriedenheit und der spezifischen Interpretation, aufwelche Ursachen das 'Ärgernis' zurückzufUhren ist: Ein Mitarbeiter, der eine positive emotionale Bindung zu 'seiner' Unternehmung entwickelt hat, wird auf eine identische Situation unter Umständen völlig anders reagieren, als ein Mitarbeiter, dem jede emotionale Bindung an das Unternehmen fehlt. Unzufriedenheit im ersten Falllöst vermutlich konstruktive Kritik aus, während sie im zweiten Fall unter Umständen zur Arbeitsverweigerung fUhren kann. Das Begreifen konfliktärer Verhaltensweisen steht also vor der Aufgabe, den systematischen Zusammenhang zwischen der Qualität der Unzufriedenheit und der Wahl einer bestimmten Konfliktstrategie aufzudecken.

3 Siehe auch G/as/1990.

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8. Kap.: Exit, Voice und Shirking

Das Verhalten des Mitarbeiters, der mit seiner Arbeitssituation unzufrieden ist, und daher auf Veränderung drängt, bleibt nicht ohne Wirkung auf die Effizienz des betrieblichen Leistungsprozesses. Das eigentliche theoretische Problem besteht darin, diesen Wirkungszusammenhang zu spezifizieren. Die Frage lautet dann: 'Inwiefern und in welchem Umfang beeinträchtigt eine bestimmte Konfliktstrategie die Effizienz des Arbeitsprozesses?' Da das empirische Konfliktverhalten eines Mitarbeiters aber faktisch von den Reaktionen des Prinzipals abhängt, ergibt sich eine we.itere Komplikation: Um das Konfliktverhalten eines Akteurs verstehen zu können, müssen die möglichen Reaktionen der 'Gegen'spieler mitreflektiert werden. Die Analyse dieser strategischen Interdependenz erfordert allerdings ein näheres Studium der Konfliktstrategien des Prinzipals, dem ein eigenes Kapitel, das neunte, gewidmet ist.

II. Konflikte und Konfliktverhalten Die im Arbeitsleben auftretenden Konflikte haben vielfältige Ursachen. Viele dieser Konflikte4 treten eher zufällig auf, beruhen auf Mißverständnissens, auf den individuellen Persönlichkeitsmerkmalen eines Menschen, dem 'Temperament', oder sind nur von geringer praktischer Relevanz, weil sie sich relativ leicht lösen lassen. Konflikte dieser Art sind akzessorisch. Demgegenüber zeichnen sich andere Konfliktphänomene dadurch aus, daß ihnen Interessenkonflikte zugrunde liegen, die permanent, regelmäßig oder mit hoher Wahrscheinlichkeit auftreten, zu erheblichen Störungen eines sozialen Systems führen können und ein zielgerichtetes strategisches Vorgehen zu ihrer Lösung erfordern. Konflikte dieser Art sind signifikant. Die erste Voraussetzung eines signifikanten Konfliktes besteht in der Existenz eines Konfliktgegenstandr, der - gemessen an den auf ihn gerichteten Bedürfnissen und Interessen - knapp sein muß, um einen Konflikt zu begründen. "Beide Parteien wollen etwas oder möglichst viel von etwas, was nur in beschränkter Menge vorhanden ist. Sie wollen somit das gleiche." (Delhees 1979, S. 16) Der Konfliktgegenstand im Arbeitnehmer-Arbeitgeber-Verhältnis ist die Arbeitskraft, die im Produktionsprozeß eingesetzt und dafilr entlohnt wird. 'Knapp' ist dieser Faktor, weil sein Einsatz an den 'Lebenskräften' des Arbeiters zehrt. Andere Interessenkonflikte ergeben sich in Hinblick auf die 4 Unter Konflikten sollen in diesem Kontext nicht nur streitbare Auseinandersetzungen, sondern in Anlehnung an Dahrendorf 1969, S. 1006 Auseinandersetzungen beliebiger Intensität zwischen verschiedenen Parteien verstanden werden.

5 Vgl. March I Simon 1958.

II. Konflikte und Konfliktverhalten

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Lohnhöhe und in bezug auf die Gestaltung der technischen und sozialen Arbeitsbedingungen. Diese Interessenkonflikte können sich in vielfaltiger Weise als Unzufriedenheit des Mitarbeiters mit der Arbeitssituation manifestieren, z.B. in der Weise, daß ein Mitarbeiter mit der Arbeitsaufgabe und dem Arbeitstempo unzufrieden ist, weil dieses als Über- oder Unterforderung empfunden wird oder die technischen Arbeitsbedingungen unzureichend sind (z.B. Länn, Hitze, Luftverhältnisse). 6 Der Unzufriedenheit liegt dabei ein Vergleich von zwei verschiedenen Größen zugrunde: der subjektiv wahrgenommenen Arbeitssituation (dem Ist-Wert) einerseits und der ebenfalls subjektiven Erwartung, dem Anspruchsniveau oder Soll-Wert, andererseits.? Unzufriedenheit entsteht, wenn der Ist-Wert kleiner als der Soll-Wert ist. Durch welche Faktoren wird das Anspruchsniveau nun seinerseits beeintlußt? Die Antwort der Equity-Theorie, nach der die Arbeitskraft erwartet, daß gleiche Leistung auch gleich entlohnt wird 8, erweist sich nur als ein erster Schritt zur Erklärung des Anspruchsniveaus, denn nicht die objektiven, sondern nur die subjektiv wahrgenommenen und bewerteten Einsatz-/Ertragsverhältnisse werden miteinander verglichen: Ein Mitarbeiter kann sich ungerecht behandelt fühlen, obwohl er gleich behandelt wird, weil er aus anderen Gründen (z.B. Familie) unzufrieden ist. Ebensogut ist vorstellbar, daß ein Mitarbeiter seinem Vergleich nur diejenigen Leistungsbereiche zugrunde legt, in denen er mehr leistet, während Leistungsbereiche mit unterdurchschnittlicher Leistung kognitiv ausgeblendet werden. Darüber hinaus stellt sich die Frage, welche Personen, Leistungen und Erträge zum Vergleich herangezogen werden und wie qualitativ unterschiedliche Leistungen gleichnamig gemacht werden. Es bleibt überdies unklar, "ob wie in der Theorie vorausgesetzt - Erträge und Einsatz voneinander unabhängig sind. Manche Bedingung (z.B. die Größe der Verantwortung) vennitteln sowohl 'Ertrag' (z.B. Ansehen) als auch 'Einsatz' (z.B. nervliche Belastung), womit sich die Reduktionsmöglichkeiten von wahrgenommener Ungleichheit erheblich einschränken, da Einsatzsenkungen zugleich Ertragseinbußen implizieren (und umgekehrt)." (Geber! und v. Rosenstiell989, S. 70) Generellläßt 6 Zu den Meß- und Klassifikationsproblemen der Arbeits(un)zufriedenheit siehe Geber/ I v. Rosenstiel 1989, S. 73, v. Rosenstiel 1975, Neuherger 1974b, S. 165, 1976, S. 80, Neuberger, Allerbeck 1978, S. 81 und Locke 1976. 7 In der englischsprachigen Literatur haben sich die Begriffe 'aspiration Ievel' (March I Sirnon 1958) und 'comparison Ievel' (Thibaut I Kelley 1959) eingebürgert. 8 Siehe insbesondere Adams 1963, 1965, Arkes I Garske 1982, S. 299 ff., Deci 1975, S. 187 ff.. Die Relevanz von Gerechtigkeitsvorstellungen für die Erklärung des Mitarbeiterverhaltens wird auch von den soziologischen Effizienzlohntheorien betont. Vgl. Akerlof/ Yellen 1987.

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8. Kap.: Exit, Voice und Shirking

sich außerdem in Zweifel ziehen, daß sich die Fairneßkriterien nur auf die Leistungs-/Ertragsverhältnisse beziehen. Ein Mitarbeiter etwa, der ein niedrigeres Einkommen als seine Kinder bezieht, wird dies als ungerechtfertigt ansehen, wenn er der Auffassung ist, daß 'jüngeren' Mitarbeitern kein höheres Einkommen zusteht. Ein anderes Beispiel liefert die Diskriminierung von ausländischen Mitarbeitern und von Frauen. 9 ' Mit anderen Worten, kognitive Prozesse sind selbst Ausdruck komplexer intrapsychischer Vorgänge, in die z.B. das persönliche Verhältnis zur Referenzperson oder -gruppe einfließt. Probleme ergeben sich daraus, daß sich ein Mitarbeiter mehreren Referenzgruppen gleichzeitig zugehörig fühlen kann 10, es also nicht feststeht, worin der 'soziale Kontext' konkret besteht. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, daß die Internalisierung von Fairneßkriterien auch von der Dauer des Beschäftigungsverhältnisses abhängt 11 und äußere soziale Umstände auf die Faimeßkriterien einwirken. So wird ein Mitarbeiter, der in einer Region mit hoher Arbeitslosigkeit lebt, wahrscheinlich ein anderes Anspruchsniveau entwickeln, als ein Mitarbeiter, der in einer Region mit niedrigerer Arbeitslosigkeit lebt. 12 Aus den genannten Gründen kann ein identischer Situationstyp zu unterschiedlichen Verhaltensweisen führen, weil Mitarbeiter sich verschiedenen Referenzgruppen zurechnen und eine je spezifische berufliche Sozialisation durchlaufen haben. 13 Angesichts dieser Einwände kommen Gebert und v. Rosenstiel zu dem Ergebnis, daß "eine gewisse Eleganz und Sparsamkeit der theoretischen Annahmen über manche Unklarheiten der die relevanten Variablen steuernden Prozesse hinwegtäuschen" (ebenda, S. 70) 14 . Die Hypothese der Equity- Theorie, Faimeß werde durch den Gleichheitsgrundsatz bestimmt, bleibt vor dem Hintergrund dieser Kritikpunkte unbefriedigend, vielmehr erweist sich der Gleichheitsgrundsatz als eine Chiffre, hinter der sich sehr komplexe Wahrnehmungs- und Evaluierungsprozesse verbergen. Dennoch 9 Siehe auch Phelps 1972. 1 Für eine dezidierte Auseinandersetzung mit der Referenzgruppenproblematik siehe insbesondere Kubon-Gilke 1990, S. 69 ff., die u.a. auf Martin 1981 und Schlicht 1981a und 1981b verweist. 11 Dabei wird angenommen, daß im Falle eines kurzfristigen Beschäftigungsverhältnisses, z.B. bei Beschäftigung von 'Tagelöhnern', die extrinsische, bei langfristiger Beschäftigung die intrinsische Motivation dominiert. 12 Vgl. Kubon-Gilke 1990, S. 69. 13 Unter dem Begriff· berufliche Sozialisation' soll hier jener Prozeß verstanden werden, über den der Mitarbeiter Normen, Kenntnisse und Fähigkeiten erlernt, die für die Mitgliedschaft in der Organisation 'Unternehmung' erforderlich sind. Vgl. van Maanen 1976, S. 67, Groskurth I Valperl 1975, S. 146 f. und Valperl 1979, S. 30 f. 14 Siehe insbesondere auch die Kritikpunkte von Neuherger 1974b, S. 101.

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II. Konflikte und Konfliktverhalten

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weist die Equity-Theorie mit ihrer Vermutung, daß Faimeßkriterien aus einem sozialen Kontext gezogen werden, der durch den Begriff der Referenzgruppe angesprochen wird, in die richtige Richtung. Neben dem Einfluß von Referenzgruppen kommt den intrapsychischen Verarbeitungsprozessen Bedeutung fiir die Erklärung der Genese individueller Anspruchsniveaus zu. Anspruchsniveaus können steigen, fallen oder stabil bleiben, obwohl der soziale Kontext unverändert bleibt. Wichtig fiir die Veränderung des Anspruchsniveaus sind dann die Persönlichkeitsstruktur und die Erfahrungen des Mitarbeiters und deren Evaluierung. Sieht man zunächst von dem Personenmerkmals-Aspekt ab, können folgende Wirkungszusammenhänge formuliert werden1 5 : (i) Das Anspruchsniveau wird die Tendenz haben zu steigen, wenn das Anspruchsniveau der vorhergehenden Periode nach Einschätzung des Akteurs problemlos erreicht werden konnte. Das Steigen des Anspruchsniveaus bei unvermindertem Ist-Wert löst dann Unzufriedenheit auf einem höheren Niveau aus. Es liegt der Fall einer progressiven Arbeitsunzufriedenheit vor. (ii) Das Anspruchsniveau wird die Tendenz haben zu fallen, wenn die Realisierung des bestehenden Anspruchsniveaus als unwahrscheinlich gilt. Als Folge der Anspruchsniveausenkung stellt sich eine resignative Arbeitszufriedenheit ein. (iii) Eine Stabilisierung des Anspruchsniveaus ist dann zu beobachten, wenn das Erreichen des bestehenden Anspruchsniveaus als wahrscheinlich, die Realisierung eines höheren Anspruchsniveaus vom Mitarbeiter dagegen als unwahrscheinlich eingeschätzt wird. Subjektiv wird die Arbeitssituation dann als zufriedenstellend empfunden. In diesem Fall herrscht eine stabile Arbeitszufriedenheit vor. Die Genese individueller Anspruchsniveaus ist nicht nur das Ergebnis zurückliegender Erfolgs- oder Mißerfolgserlebnisse, denn zwischen Stimulus und Response sind personale Merkmale zwischengeschaltet So ist z.B. relevant, welche Fähigkeiten sich ein Mitarbeiter selbst zuschreibt (seif-ejjicacy 16 ). Je weniger der Mitarbeiter Selbstvertrauen in seine eigenen Fähigkeiten hat, desto geringer ist die Motivation, ein höheres Anspruchsniveau anzustreben. 17 Wichtig fiir den Fortgang der Analyse ist nun die Feststellung, daß die Herausbildung eines Anspruchsniveaus zwar die Grundlage, nicht aber die Rich-

15 Vgl. March I Sirnon 1958. 16 Vgl. Bandura 1982. 17 Siehe insbesondereScholl 1989, S. 8.

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8. Kap.: Exit, Voice und Shirking

tung und das Ausmaß des Konfliktverhaltens selbst bestimmen. Entscheidend dafiir ist vielmehr die subjektive Interpretation der Unzufriedenheit.

Zwei Formen der Kausalattribuierung sind zu unterscheiden. 18 Während die externale Kausalattribuierung die Ursache fiir Erfolg oder Mißerfolg äußeren Personen, Gruppen, Institutionen oder einfach dem Zufall zuschreibt, liegt eine internale Kausalattribuierung dann vor, wenn die Ursachen in der Person des Beurteilenden selbst vermutet werden. Sobald sich ein Mitarbeiter die Ursache wahrgenommener Dissonanzen (Festinger 1957) durch eigenes Fehlverhalten erklärt, wird sich sein Handeln nicht gegen andere, etwa den Vorgesetzten oder Kollegen, richten. 19 Durch die Berücksichtigung individueller Attributionsprozesse wird die Ursache-Folge-Kette zwischen der objektiv vorgegebenen Arbeitssituation und der konkreten Konflikthandlung durchbrochen, z.B. in der Weise, daß Konflikte umgeleitet20 oder fllr unwichtig befunden werden 21 , daß sich der Mitarbeiter über die Erfolgsaussichten seiner Konfliktstrategie täuscht, oder aus einem Gefilhl der Loyalität heraus gegenüber dem Unternehmen darauf verzichtet, seine Unzufriedenheit zu artikulieren. 22 Wie diese Überlegungen zeigen, resultiert strategisches, auf die Unternehmung gerichtetes Mitarbeiter-Konfliktverhalten23 nicht unmittelbar aus dem Interessenkonflikt zwischen 'Lohnarbeit und Kapital'. Vielmehr sind dem Konfliktverhalten individuelle Evaluierungs- und Wahrnehmungsprozesse

18 Vgl. Heider 1958, Weiner 1976, S. 221 und 1986. 19 Vgl. auch Boulding 1962, S. 2 ff.. Die Frage der Beeinflußbarkeit von Attribuierungsmustem behandeln Weiner 1976, S. 231 ff. und Heckhausen 1971. 20 Dies deckt sich mit den empirischen Untersuchungen von Eu/er 1973, der zu dem Befund kommt, daß die direkte Konfliktaustragung mit hierarchisch höherstehenden Bezugsgruppen relativ selten auftritt, mit der Folge, daß Unzufriedenheit auf hierarchisch niedrigere Bezugsgruppen umgeleitet wird. Vgl. zum Begriff der "umgeleiteten Konflikte' auch Dahrendorf 1957, S. 52 und 1965, S. 95 f .. 21 "Ob eine Belastungssituation zur Konfliktsituation wird oder nicht," hängt daher - so Delhees 1979, S. 8 - "weitgehend (davon) ab, ob die Konfliktbedingungen wahrgenommen werden und man sich davon betroffen ftlhlt." Vgl. auch Lehr 1975 und Reber 1973, 221 ff.. Hinter der Bedeutung, die einem Konflikt beigemessen wird, stehen zwei Faktoren: erstens die WUnschbarkeit (die Valenz) eines Zustandes, und zweitens die Erwartung, die angenommene Wahrscheinlichkeit, mit der ein als wünschenswert bewerteter Zustand realisiert werden kann. Vgl. Geber/ I v. Rosenslie/1989, S. 35. 22 Siehe dazu Oechsler 1979, S. 52 und V/ich 1972, S. 265-275; 1973, S. 355-358 und Rusbult I Zembrodt I Gunn 1982.

23 In der psychologischen Literatur wird der Begriff des konfliktären Verhaltens häufig weiter gefaßt, indem Streß, Somatisierungen, Depressionen als Konfliktverarbeitung einbezogen werden. Siehe dazu G. Schmidtchen 1983, S. 249.

II. Konflikte und Konfliktverhalten

211

zwischengeschaltet, die erst Konfliktbereitschaft erzeugen. Der Wirkungszusammenhang ist in Abb. 2 dargestellt. 24 Merkmale der Arbeitssituation

~

Merkmale der Person

Ist-Wert subjektiv wahrgenommene Situation

Merkmale des sozialen Umfeldes

Soll-Wert

subjektives Anspruchsniveau

Soll > Ist Unzufriedenheit

Kausalattribuierung

~i-n-te_rn_a_l~~ ~ Senkung des Anspruchsniveaus

Beibehaltung des SollWerts

resignative Arbeitszufriedenheit

konstruktive Unzufriedenheit

~

~.-1. external J

umgeleitete Konflikte ~

Senkung der Selbstwertgefühle

nicht umgeleitete Konflikte

~

strategisches Konfliktverhalten

Abbildung 2: Erfahrungs- und Evaluierungsprozesse im Arbeitnehmer-Konfliktverhalten Die motivationalen Voraussetzungen konfliktären Handeins sind nur gegeben, wenn Unzufriedenheit extemal (auf das Unternehmen) hin attribuiert wird, das Anspruchsniveau erhalten bleibt, die Unzufriedenheit signifikant ist und einer Konfliktstrategie eine gewisse Erfolgschance beigemessen wird. 25 24 Siehe insbesondere auch die Ausfilhrungen von Bruggemann 1974. 25 Diese Faktoren allein begrUnden jedoch nur dann Konfliktverhalten, wenn auch die Fähigkeit zur Konfliktaustragung gegeben ist. Zu denken ist dabei nicht nur an personale Merkmale, wie das Selbstwertgefilhl, die Willensstärke und Risikobereitschaft des Mitarbeiters, sondern auch an si14•

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8. Kap.: Exit, Voice und Shirking

Wird Arbeitsunzufriedenheit intemal attribuiert, sind mehrere Reaktionen möglich, je nachdem, ob das Anspruchsniveau beibehalten oder gesenkt wird. (Eine Erhöhung des Anspruchsniveaus ist unwahrscheinlich!) Wird das Anspruchsniveau gesenkt, ftlhrt dies zu resignativer Arbeitszufriedenheit Soll- und Ist-Wert entsprechen sich auf niedrigerem Niveau. Wird das Anspruchsniveau dagegen beibehalten, kann dies zwei Reaktionen auslösen, je nachdem, ob der Mitarbeiter Selbstvertrauen besitzt oder nicht. Wenn ja, wird der Mitarbeiter versuchen, seine Leistungen zu erhöhen. Dies führt zu konstruktiver Arbeitsunzufriedenheit Bei geringer Ich-Stärke wirkt die Arbeitsunzufriedenheit selbstzerstörerisch. Der Mitarbeiter wird frustriert, weil er ständig vor seinen eigenen Maßstäben scheitert, diese aber nicht aufgeben will.

111. Strategien und Strategiewahl

Nehmen wir an, ein Mitarbeiter ist mit seiner Arbeitssituation unzufrieden, welche Konfliktstrategien stehen ihm dann zur Verfiigung, um seine Arbeitszufriedenheit zurückzuerlangen? (1)

Die erste Reaktion besteht darin, seine Unzufriedenheit gegenüber seinem Vorgesetzten zu artikulieren. Diese Strategie soll in Anlehnung an Hirschman 1970 Voice-Strategie genannt werden.

(2)

Die zweite Reaktion stellt darauf ab, den Anforderungen des Unternehmens Widerstand entgegenzusetzen. Dies kann dadurch geschehen, daß der Arbeitseinsatz während der Arbeitszeit (Shirking) oder die Arbeitszeit selbst (Absentismus) zurückgefahren wird. Eine extreme Form der Defektion stellt die offene Arbeitsverweigerung dar.

(3)

Schließlich steht dem Mitarbeiter die Möglichkeit offen, das individuelle Beschäftigungsverhältnis aufzukündigen. Dies ist in Anlehnung an Hirschman die Exil-Strategie.

Bevor der Frage nachgegangen werden soll, in welchem inneren Zusammenhang diese Konfliktstrategien stehen und wie sie sich entwickeln, sind die

tuative Faktoren, wie das Vermögen des Mitarbeiters, seinen Familienstand (Unterhaltspflichten), die berufliche Qualifikation, das Alter, die Arbeitsmarktlage und - nicht zuletzt - die rechtliche Absicherung des Mitarbeiters (Mitarbeiterschutzrechte).

III. Strategien und Strategiewahl

213

Konfliktstrategien zunächst in Hinblick auf die zugrunde liegenden individuellen Wahrnehmungs- und Evaluierungsprozesse zu analysieren. (I) ( Voice-Strategie) Die ersten beiden Konfliktstrategien sind um eine Modifizierung der Konditionen bemüht, unter denen gearbeitet wird. Die Voice-Konfliktstrategie besteht darin, Unzufriedenheit offen zu artikulieren, indem um eine bessere Entlohnung, Höhergruppierung oder um eine Verbesserung der technischen und sozialen Arbeitsbedingungen nachgesucht wird. Charakteristisch filr die Voice-Strategie ist das Bestreben, das bestehende Arbeitsverhältnis kooperativ zu verbessern. Es wird nicht gegen, sondern mit dem Interesse des Unternehmens an bestmöglichen Ergebnissen argumentiert, indem z.B. auf die überdurchschnittlichen individuellen Leistungen und Fertigkeiten verwiesen wird, die eine Höhergruppierung gerechtfertigt erscheinen lassen. Ein Mitarbeiter, der diese Konfliktstrategie wählt, hat seine Unzufriedenheit zwar extern attribuiert, sieht im Unternehmen aber weniger eine Partei mit gegensätzlichen Interessen und Zielen, als 'den Partner', mit dem es sich über die Verteilung der Kooperationsrente zu einigen gilt. (2) (Dejektion) Im Unterschied zur kooperativen Voice-Strategie basieren die Strategien der Defektion auf der Bewertung des individuellen Beschäftigungsverhältnisses als einer latenten Konfliktbeziehung. Der Unternehmer bzw. der jeweilige Repräsentant des Unternehmens wird nicht als Partner, sondern als Partei mit gegensätzlichen Interessen interpretiert. Von daher stellt sich dem Mitarbeiter die Frage, wie die eigenen Interessen gegen die Interessen der Unternehmung durchgesetzt werden können. Da hier von kollektiven Formen des Widerstands abstrahiert wird, ist die Defektion von individuellen Umständen und deren Evaluierung abhängig. Zu unterscheiden ist dabei, ob einer offenen Defektion Aussicht auf Erfolg beigemessen wird oder nicht. Zu den Formen der verdeckten Defektion gehören das Shirking-Verhalten und der Absentismus, mit dem der Mitarbeiter versucht, das individuelle Lohn/Leistungsverhältnis unbemerkt zu reduzieren. Shirking liegt z.B. dann vor, wenn Arbeiten vermehrt auf andere, etwa neue Mitarbeiter, abgewälzt werden, die Qualität der Arbeitsleistungen in der Erwartung reduziert wird, daß dies nicht bemerkt wird, oder indem die effektive Arbeitsbelastung gegenüber den Kollegen und Vorgesetzten übertrieben wird, um spätere Verzögerungen zu rechtfertigen und um neue Arbeitsaufträge abzuwehren. Der Mitarbeiter, der diese Strategie wählt, mißt einer offenen Aussprache keine großen Erfolgschancen bei. Im Gegenteil, er befürchtet Nachteile, wenn seine Unzufriedenheit bekannt würde. Der Mitarbeiter sucht deshalb einen verdeckten, indirekten Weg, um die Arbeitsbelastung herabzusetzen, indem ein Informationsvorsprung gegenüber dem Vorgesetzten und den Kollegen ausgenutzt wird, der es diesem (diesen) erschwert zu beurteilen, ob die Arbeitsin-

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8. Kap.: Exit, Voice und Shirking

tensität reduziert wurde. 26 Dennoch bleibt ShiTking der Gefahr ausgesetzt, entdeckt und bestraft zu werden. Eine Möglichkeit, diesem Risiko zu entgehen, liefert der Absentismus. Unter Absentismus soll hier mit Nieder 1983, S. 339 eine "im Zusammenhang mit Fehlzeiten auftretende, spezielle Verhaltensweise" verstanden werden, die aus "der motivational bedingten Entscheidung des Individuums zur Abwesenheit" resultiert. Die Abwesenheit ist also unabhängig von den vertraglich vereinbarten bzw. gesetzlichen Regelungen und von 'objektiv' gegebenen medizinischen Ursachen. 27 Zwar schützt die ärztlich attestierte Abwesenheit vom Arbeitsplatz den Mitarbeiter vor einer Disziplinarmaßnahme, aber sie schließt nicht aus, daß er als 'leistungsschwach · oder als 'Simulant' beurteilt und in der zukünftigen beruflichen Laufbahnentwicklung benachteiligt wird. Überdies erhöht der Absentismus das Risiko, im tatsächlichen Krankheitsfall die Rekonvaleszenz verkürzen zu müssen, weil sich der Mitarbeiter es dann nicht mehr 'leisten kann', erneut zu fehlen. Zu den Formen der offenen Defektion gehört der Dienst nach Vorschrift, eine mehr oder weniger offene Form der Arbeitsverweigerung. Charakteristisch filr diese Reaktionsweise ist der Umstand, daß die Gemeinsamkeit der Tauschbeziehung emotional aufgekündigt ist. Der Mitarbeiter argumentiert nicht mehr damit, daß er motiviert ist, hohe Arbeitsleistungen zu erbringen, wie im Fall der Voice-Strategie, sondern damit, daß die unzumutbare Arbeitssituation jede Leistungsmotivation untergräbt. Er reduziert auch nicht, w.ie im Shirking-Verhalten unbemerkt seine Arbeitsleistungen, sondern protestiert gegen die als unzumutbar empfundenen Arbeitsbedingungen, in der Erwartung, daß diese grundlegend verbessert werden. (3) (Exit-Strategie) Sieht man von dem Fall ab, daß ein Mitarbeiter über hochgradig unternehmensspezifische Kenntnisse und Fertigkeiten verfilgt, auf 26 Nach Ansicht vieler Autoren beruht Shirking auf der institutionellen Voraussetzung unvollkommen spezifizierter arbeitsvertraglicher Regelungen, welche den Mitarbeitern einen gewissen Ermessensspielraum öffnet. Siehe dazu Sirnon 1957, Edwards 1981, Alchian I Demsetz 1972, Wil/iamson 1915 und Duda 1987. Allerdings wllre auch bei einer theoretisch angenommenen vollkommenen Spezifizierung des Arbeitsvertrags nicht ausgeschlossen, daß ein Mitarbeiter Shirking praktiziert, sobald die Kontrollkosten der Kontrolle der effektiven Arbeitsleistung Grenzen auferlegen. 27 Zu unterscheiden ist zwischen a) der physischen Unmöglichkeit zu arbeiten, b) leichten Krankheiten oder Unfltllen, wobei die Initiative, zum Arzt zu gehen und sich krank schreiben zu lassen, beim Patienten liegt und c) psychosozialen Krankheitsfltllen, die in medizinischen Kategorien nur schwer faßbar sind. Absentismus ist in den Gruppen b) und c) möglich. Vgl. Nieder 1983, S. 339, siehe auch Sadowski 1991, S. 47, Nieder 1978, Maib 1981, Zimmermann 1970, Neuherger I Allerbeck 1978, S. 158.

IV. Prozessuale Betrachtung

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die das Unternehmen nicht verzichten kann, oder der Mitarbeiter aufgrund seiner Qualifikation gute Chancen hat, eine vergleichbare Anstellung zu fmden, so ist die offene Defektion selbst mit einem hohen Entlassungsrisiko verbunden. Hierin liegt der Grund, aus der unbefriedigenden Arbeitssituation den Schluß zu ziehen, den Arbeitgeber zu wechseln, d.h. zu kündigen, anstatt zu defektieren. In Anlehnung an Hirschman 1970, kann dieses Verhalten als ExilStrategie bezeichnet werden. 28 Mit dem Shirking verbindet die Exil-Konfliktstrategie die Tatsache, daß es sich bei ihr um einen 'Rückzug' des Mitarbeiters aus der Organisation handelt. Allerdings beruht diese Gemeinsamkeit beider Strategien, wie Nieder 1983, S. 340 gegen frühere Auffassungen einwendet, nicht auf einem Verhaltenskontinuum. "Ob eine Person nur zeitweise oder endgültig die Mitgliedschaft in einer Organisation aufgibt, sind zwei unterschiedliche Verhaltensweisen. "29 Ein Mitarbeiter, der den Betrieb aus Gründen der Unzufriedenheit verlassen will, geht davon aus, daß eine signifikante Verbesserung des Arbeitsverhältnisses unwahrscheinlich ist. Gebert und v. Rosenstiel sehen daher in der Kündigung "das Resultat eines individuellen Entscheidungsprozesses ... , wobei die Person annimmt, einer Fortsetzung der als aversiv erlebten Situation durch eine Kündigung wirksamer zu begegnen, als dies vergleichsweise z.B. durch Intensivierung eines leistungsbezogenen Verhaltens (sensu March, Simon) möglich wäre" (1989, S. 81). Mit dem Austritt aus der Organisation vollzieht der Mitarbeiter die Konsequenz aus seinem Erlebnisverarbeitungsprozeß, der zu einer innerlichen Trennung von der Unternehmung gefilhrt hat. 30

IV. Prozessuale Betrachtung Ein Mitarbeiter, der eine neue Beschäftigung antritt, wird nicht im zweiten Moment einen höheren Lohn fordern, seine Leistung reduzieren oder das Ar28 Eigenkündigungen müssen nicht auf Arbeitsunzufriedenheit zurUckzufilhren sein. In Zeiten hoher Arbeitslosigkeit etwa sinkt die Fluktuation. Vgl. dazu Behrendt 1953 und Schlüter 1958, 157 f.. Hier interessiert nur diejenige Form der Fluktuation, die auf strategisches Konfliktverhalten des Mitarbeiters zurUckgefllhrt werden kann. Siehe dazu Gebert I v. Rosenstie/1989, S. 81, die auf die Beiträge von Locke 1976, S. 1331, v. Rosenstiel 1975, S. 366, Bruggemann I Groskurth I Ulich 1975, S. 138, Neuherger 1974a, S. 144 und Katz I Kahn 1978, S. 418 verweisen. 29 Eine positive Korrelation zwischen Fehlzeiten und Fluktuationsrate ist indes empirisch nachgewiesen (Nieder 1978, S. 24). "Fehlzeiten [können daher] gegenüber möglichen[!] späteren Kündigungen die Funktion eines Frühwarnsystems Obernehmen .... " (Gebert I v. Rosenstie/1989, S. 82) Vgl. auch Trebisch 1979, Porter I Steers 1973, Funke 1974 und Irle 1971 und 1975, S. 453. 30 Vgl. dazu ferner Dateman 1984, Clegg 1983, Mowday 1984 und Motowidlo 1983.

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8. Kap.: Exit, Voice und Shirking

beitsverhältnis aufkündigen. Das Entstehen von Unzufriedenheit ist ein Prozeß, dessen Kristallisationspunkt Fairneßkriterien sind, die sich erst im Kontext einer individuellen Sozialisation entwickeln können. Aus diesem Grund ist die dem Konfliktverhalten vorgeschaltete erste Phase stets durch die Bildung eines Afi:spruchsniveaus charakterisiert. Erst nachdem sich ein Anspruchsniveau (ein Soll-Wert) entwickelt hat und der Vergleich mit der subjektiv wahrgenommenen und bewerteten eigenen Lage (dem Ist-Wert) Unzufriedenheit auslöst, beginnen strategische Überlegungen Platz zu greifen, wie das Lohn/ Leistungsverhältnis verbessert werden kann.31 Aufwelche Weise wird der Mitarbeiter zunächst auf seine Arbeitsunzufriedenheit reagieren? Mehrere Gründe stützen die Vermutung, daß die Unzufriedenheit des Mitarbeiters zunächst in einer Weise artikuliert wird, die auf das Interesse der Unternehmung positiv Bezug nimmt: Erstens ist die offene Aussprache der direkteste Weg der Problemlösung, zweitens liegen eigene negative Erfahrungen zunächst nicht vor, die eine offene Aussprache chancenlos erscheinen lassen, und drittens sind alle anderen Konfliktstrategien mit Kosten und Risiken verbunden, deren Höhe zu Beginn des Beschäftigungsverhältnisses schwer abzuschätzen sind, oder sie können, wie das Shirking, gar nicht praktiziert werden, ohne bereits über Insiderkenntnisse zu verfügen. Die Annahme, daß ein Mitarbeiter seine Unzufriedenheit in Form der kooperativen Voice-Strategie umsetzt, bevor er defektiert, ist begründet. Sie erfährt allerdings durch drei Faktoren eine Einschränkung: Erstens basiert die Erwartung, wie die Unternehmung auf die kooperative Voice-Strategie reagieren wird, nicht ausschließlich auf den Eigenerfahrungen. Es genügt, daß andere Mitarbeiter negative Erfahrungen mit der kooperativen Voice-Strategie gesammelt haben, um einen Mitarbeiter von der Wahl dieser Konfliktstrategie abzuhalten, sofern er diese Erfahrungsurteile übernimmt. Zweitens werden konfliktscheue Mitarbeiter dem Shirking-Verhalten in der Regel den Vorzug geben, weil sie die Risiken einer offenen Aussprache scheuen und dazu tendieren, diese zu überschätzen. Drittens ist es einer Minderheit von besonders qualifizierten Mitarbeitern immer möglich, das individuelle Beschäftigungsverhältnis selbst nach kurzer Beschäftigungsdauer zu lösen, wenn sie unzufrieden mit ihrer Anstellung sind, ohne deswegen Nachteile in Kauf nehmen zu müssen. Von diesen Einschränkungen abgesehen, erscheint die Verhaltenshypothese, daß ein unzufriedener Mitarbeiter zunächst versuchen wird, seine Arbeitssituation durch eine offene Aussprache zu verbessern, bevor er defektiert, in hohem Maße wahrscheinlich, so daß im Fortgang der Analyse davon 31 Vgl. Esser 1972, S. 45 ff..

IV. Prozessuale Betrachtung

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ausgegangen werden kann, daß ·das Spiel' mit Kooperation und nicht mit Defektion eröffnet wird. Konzentriert sich die spieltheoretische Interpretation auf das Problem, was die Teilnehmer der Organisation dazu veranlassen könnte, sich kooperativ zu verhalten, weil nicht-kooperatives Verhalten als Rationalverhalten unterstellt wird, zeigt die sozialwissenschaftliche Analyse der Mitarbeiter-Kontliktstrategien, daß es viel wahrscheinlicher ist, davon auszugehen, daß sich die Mitarbeiter zunächst kooperativ verhalten werden, bevor sie defektieren. Damit ist freilich nicht erklärt, warum ein Mitarbeiter von einer kooperativen Voice-Strategie zu einer nicht-kooperativen Strategie wechselt. Schenkt man der spieltheoretischen Interpretation Glauben, ist nicht-kooperatives Verhalten in. Gefangenendilemma-Situationen 'rational', 'kooperatives' Verhalten dagegen nicht. Diese Feststellung gilt zwar filr die 'Arithmetik' der spieltheoretischen Modelle, trägt aber zum Verständnis realer Entscheidungsprozesse wenig bei. Der Übergang von einer kooperativen zu einer defektiven Strategie ist nämlich mit dem Kategorienpaar 'rational- irrational' nicht 'beizukommen'. Beide Strategien sind genauso (oder genausowenig) 'rational'. Empirisch gehaltvoller ist die Hypothese, daß ein Mitarbeiter, der zur nicht-kooperativen Strategie wechselt, mit seiner kooperativen Strategie erfolglos war oder negative Erfahrungen anderer in seiner Erwartungshaltung antizipiert hat und einer offenen Aussprache deshalb keine Chance beimißt Was die Konfliktstrategien des unzufriedenen Mitarbeiters wirklich unterscheidet, ist die subjektive Wahrnehmung und Bewertung der Arbeitssituation. Das gilt auch filr die Unterscheidung zwischen der offenen und verdeckten Defektion. Charakteristisch filr Drückebergerei ist die Erwartung, daß ein besonderer Arbeitseinsatz nicht honoriert wird, die Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses aber die Chance bietet, die effektive Arbeitsbelastung in dem Maße zu reduzieren, wie Insiderkenntnisse erworben werden. Ein Mitarbeiter, der Shirking praktiziert, hat sich also in gewisser Weise mit seiner Situation 'abgefunden', und versucht nun, das Beste daraus zu machen. Demgegenüber empfindet der Mitarbeiter, der sich dazu entschließt, offen zu defektieren, die Arbeitssituation subjektiv als unzumutbar, weil er sich nicht mit ihr abfinden will. Das legt den Schluß nahe, daß er keine Chance sieht, sein Anspruchsniveau durch verdeckte Defektion erreichen zu können. Eine Vermutung, die dadurch gestützt wird, daß die offene Defektion mit erheblichen Risiken bis hin zur fristlosen Kündigung verknüpft ist. Ein Mitarbeiter, der vor der Wahl steht, seine Arbeitssituation durch verdeckte Leistungsverw-eigerungen zu verbessern oder offen zu defektieren, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit zunächst verdeckt defektieren. Die oben genannten Gründe lassen dies in der Tat vermuten, allerdings ist eine spontane offene Defektion deswegen nicht grundsätzlich auszuschließen: Plötzlich auftretende

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8. Kap.: Exit, Voice und Shirking

Veränderungen der Arbeitssituation können als bedrohlich empfunden werden und lösen dann 'psychischen Streß' aus, der zu Überreaktionen verleitet. Für den Verlauf der StreBbewältigung ist entscheidend, ob sich der Mitarbeiter in der Lage sieht, Kontrolle über die Situation auszuüben. 32 Die offene Defektion kann dann als ein Versuch gewertet werden, die als bedrohlich empfundene Situation objektiv für sich zu beenden, indem das Unternehmen zur Zurücknahme des Arbeitsauftrags gezwungen wird. Sieht man von dieser Einschränkung ab, wird die offene Defektion konfliktstrategisch in der Regel die letzte Wahl sein, um das bestehende Arbeitsverhältnis zu verändern. Die Erfolgswahrscheinlichkeit der offenen Defektion ist gering. Anstatt die Arbeit zu verweigern und damit das Risiko einer fristlosen Entlassung einzugehen, wird sich der Arbeitnehmer wahrscheinlich noch während des bestehenden Arbeitsverhältnisses um eine neue Anstellung bemühen. Dadurch kann nicht nur das dequalifizierende Moment einer Entlassung vermieden werden, es verbessert sich auch die Verhandlungsposition im bestehenden Arbeitsverhältnis, wenn Alternativen verfllgbar sind. Sind solche Suchprozesse erfolgreich, endet das Konfliktverhalten des Mitarbeiters mit dem Austritt aus der Organisation oder mit der verhandlungsbedingten Verbesserung der Arbeitssituation. Anders verhält es sich jedoch, wenn die Suchprozesse nach einer besseren Anstellung chancenlos verlaufen. Der Mitarbeiter sieht sich dann mit der Tatsache konfrontiert, daß keine Aussicht auf eine Verbesserung der Arbeitsverhältnisse besteht und ist gezwungen, sich mit seiner Lage abzufmden. An die Stelle strategischen Konflikthandeins treten intrapsychische Prozesse, in deren Folge entweder das Anspruchsniveau (der Soll-Wert) gesenkt wird ('Meine Ziele waren zu hoch gesteckt') oder der Ist-Wert erhöht wird. ('Mir geht es ja gar nicht so schlecht') "Zufrieden ist dann (im Extremfall), wer seine Unzufriedenheit erfolgreich verdrängt hat." (Gebert, v. Rosenstie/1989, S. 1233) Der in mehreren empirischen Untersuchungen replizierte Befund, daß ältere Mitarbeiter im Durchschnitt zufriedener als jüngere Mitarbeiter sind, mag als ein Hinweis fllr die Wirksamkeit resignativer Prozesse dienen, in denen G. Schmidtchen 1983, S. 249 den klaren Fall einer 'depressiven Konfliktverarbeitung' sieht. Die bisherigen Überlegungen haben zum Ergebnis, daß dem Mitarbeiter fllnf verschiedene Reaktionsmöglichkeiten zur Auswahl stehen: 1) Voice, 2) Shirking, 3) offene Defektion, 4) Eigenkündigung (Exit) und 5) Resignation. Interessanterweise können sich als Folge dieser Konfliktstrategien unterschied32 Vgl. Lazarus 1966, 1974.

33 Zum Begriff der 'resignativen Arbeitszufriedenheit' siehe Neuherger 1974b, Neuherger I Allerbeck 1978, Bruggemann I Groskurth I Ulich 1975, S. 131, Locke 1976 und Lehr 1977, S. !53 ff., vgl. ferner Lazarus 1966 und Krohne 1976. S. 83-93.

IV. Prozessuale Betrachtung

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liehe Ausprägungen der Arbeitszufriedenheit herausbilden. Ein Mitarbeiter, der erfolgreich Shirking praktiziert, ist mit den Arbeitsbedingungen in gewissem Umfang zufrieden. Shirking kann also durchaus ein stabiles Verhaltensmuster werden, das keine weiteren Reaktionen auslöst, vorausgesetzt es bleibt unbemerkt oder wird toleriert. Arbeitszufriedenheit erlangt auch ein Mitarbeiter, der sein Anspruchsniveau herabsenkt und keine alternativen Beschäftigungsmöglichkeiten sieht. Allerdings ist diese Form der Arbeitszufriedenheit resignativ. Der Mitarbeiter hält das höhere Anspruchsniveau filr wünschenswert, aber unrealisierbar. Resignation als psychisches Phänomen unterstellt nämlich ein Bewußtsein der Differenz zwischen dem wünschenswerten Ideal und der Wirklichkeit. Arbeitszufriedenheit - im herkömmlichen Sinne - kann erst dann eintreten, wenn der Akteur auch emotional seine Bindung zum höheren Anspruchsniveau aufgibt. Ein Zustand der Arbeitszufriedenheit tritt naturgemäß auch dann ein, wenn eine Voice-Strategie zu einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen gefiihrt hat. Kooperationsbereitschaft wird hier seitens des Prinzipals mit Kooperationsbereitschaft 'beantwortet'. Dieser Erfolg veranlaßt den Mitarbeiter zur Beibehaltung der kooperativen Problemlösungsstrategie, die mit einer konstruktiven Arbeitsunzufriedenheit einhergeht. Kennzeichen dieser Ausprägung der Arbeitsunzufriedenheit ist eine grundsätzlich positive Bewertung der Kooperationsbereitschaft - und damit der Arbeitsbedingungen -, die es möglich macht, die auftretenden Streitpunkte konstruktiv auszutragen. Die Sequenz der Konfliktstrategien ist, wie diese Überlegungen gezeigt haben, ein komplexer intrapsychischer Vorgang, der mit dem Begriffspaar 'Gleichgewicht- Ungleichgewichf nicht gehaltvoll beschrieben werden kann. Zwar ist es möglich, den Zustand der Arbeitszufriedenheit als ein individuelles Dispositionsgleichgewicht zu bezeichnen, der zu keiner Veränderung der Pläne und Verhaltensstrategien fUhrt, während Arbeitsunzufriedenheit Plan- und Verhaltensänderungen auslöst. Aber was wäre damit gewonnen, wenn qualitativ unterschiedliche Zustände als Gleichgewicht (oder als Ungleichgewicht) bezeichnet werden? Empirisch gehaltvoll wird die Forschung erst dann, wenn sie aufzeigen kann, aus welchen Gründen heraus eine bestimmte Verhaltensweise oder Handlungsstrategie gewählt wird und aus welchen Gründen ein Wechsel zu einer anderen Konfliktstrategie stattfmdet. So ist es z.B. wenig wahrscheinlich, daß ein Mitarbeiter, der offen defektiert, aus sich heraus zu einer kooperativen Strategie wechselt, weil der Entschluß, offen zu defektieren, in der Regel gescheiterte Versuche voraussetzt, die Arbeitssituation kooperativ zu verändern. Ob diese Verhaltenshypothese zutrifft oder nicht, kann tatsächlich empirisch getestet werden.

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8. Kap.: Exit, Voice und Shirking

Ebensowenig wie das Begriffspaar 'Gleichgewicht - Ungleichgewicht' ist das Begriffspaar 'rational - irrational' empirisch gehaltvoll. Vielmehr spiegelt die Sequenz, mit der Konfliktstrategien gewählt werden, einen Prozeß der kognitiven und emotionalen Bewertung zurückliegender Erfahrungen wider. Jede einzelne dieser Strategien ist insofern 'rational', als sich in der Wahl einer Strategie auch eine Bewertung der Erfolgsaussichten (der erwarteten Erträge) und Risiken (der erwarteten Kosten) ausdrückt. Da diese Bewertungen aber 'subjektiv' sind, d.h. neben situativen Faktoren (wie der Arbeitssituation) auch von personenspezifischen Kausalattribuierungsprozessen abhängig sind, könnte man ebensogut sagen, die Wahl einer Strategie erfolgt 'gefilhlsmäßig' oder 'irrational'. Die Unterscheidung der Begriffe 'rational - irrational' trägt wenig zur Erklärung des Mitarbeiter-Konfliktverhaltens bei.

V. Konfliktverhalten und X-Ineffizienz In welcher Beziehung stehen die diversen Mitarbeiter-Konfliktstrategien zur Effizienz des betrieblichen Leistungsprozesses? Vor allem interessiert hier die Frage, welche Wirkungen von den Mitarbeiter-Konfliktstrategien auf die Effizienz des betrieblichen Arbeitsprozesses ausgehen. Es ist naheliegend, daß sich die Wirkungen konfliktären Verhaltens von Strategie zu Strategie unterscheiden werden, so daß mit unterschiedlichen Reaktionen des Prinzipals gerechnet werden kann. Beginnen wir mit dem Fall der kooperativen Voice-Strategie: Ein Mitarbeiter, der bei seinem Unternehmen um eine Höhergruppierung oder um bessere Arbeitsbedingungen nachsucht, weil er der Überzeugung ist, durch sein individuelles Engagement dazu berechtigt zu sein, ist leistungsmotiviert. Damit ist nicht gesagt, ob die Leistungen des Mitarbeiters aus der Sicht der Unternehmung zufriedenstellend sind oder nicht, denn "high morale is not a sufficient condition for high productivity" (March, Sirnon 1958, S. 48). Eines aber läßt sich annehmen, motivationsbedingte Ineffizienzen in den zurückliegenden Arbeitsperioden sind eher unwahrscheinlich, wenn sich ein Mitarbeiter auf eben diese Leistungsmotivation beruft, um eine Verbesserung der Arbeitssituation zu bewirken. lneffizienzen drohen hier eher für die Zukunft, nämlich dann, wenn dieser Erwartungshaltung nicht oder unzureichend entsprochen wird, und der Mitarbeiter zu Shirking-Verhalten überwechselt. Aus der Existenz konfliktärer Verhaltensweisen auf motivationsbedingte Ineffizienzen des betrieblichen Leistungsprozesses zu schließen, erweist sich daher in diesem Fall als unberechtigt.

V. Konfliktverhalten und X-Ineffizienz

221

Anders verhält es sich bei den Strategien des Shirking. Die unbemerkte Reduktion der Arbeitsleistung und die Verkürzung der Arbeitszeit, z.B. durch Fehlzeiten, gelten als sicheres Signal ftlr Arbeitsunzufriedenheit, die bereits in den vergangeneo Arbeitsperioden zu motivationsbedingten X-Ineffizienzen geftlhrt hat. So hat - um nur ein empirisches Beispiel zu nennen - eine im Drägerwerk 1970 durchgeführte Untersuchung ergeben, daß 15 % der Mitarbeiter, die erklärten, ihnen gefalle die Arbeit sehr gut, im Jahre 1969/70 öfter als einmal wegen Krankheit der Arbeit ferngeblieben waren. Demgegenüber haben 25% der Mitarbeiter, die mit ihrer Arbeit nicht zufrieden waren, im gleichen Zeitraum mehr als einmal gefehlt. Den höchsten Prozentsatz (31%) erreichten diejenigen Mitarbeiter, die erklärten, mit ihrer Berufswahl nicht glücklich zu sein. 34 Sei es, daß bestimmte Arbeiten verspätet beendet oder begonnen wurden; sei es, daß der Personalbestand insgesamt erhöht werden mußte, um den Produktionsplan realisieren zu können, stets verweist die Strategie des Shirking auf ein latentes Effizienzproblem. Andererseits ist Shirking nicht unbegrenzt möglich. Mit zunehmender Entflechtung der Arbeitsprozesse in genau spezifizierte und kontrollierbare Arbeitsverrichtungen wird der Entscheidungsspielraum des Drückebergers eingeschränkt. Shirking-Verhalten findet also innerhalb eines Handlungskorridors statt, dessen obere Schranke durch die Kontrolltätigkeit des Unternehmens und die Risikobereitschaft des Shirkers und dessen untere Schranke u.a. durch die Shirking-Fähigkeiten des Mitarbeiters (Insiderkenntnisse, Raffinesse, etc.) bestimmt wird. Der Shirker leistet weniger, als er leisten könnte, und etwas mehr, als notwendig ist, um nicht verhaltensauffällig zu werden. Die offene Defektion bewirkt unmittelbar eine spürbare Senkung der innerbetrieblichen Effizienz, sofern diese vom Verhalten des einzelnen Mitarbeiters abhängt. Zugleich signalisiert sie ein extrem hohes Ausmaß an Unzufriedenheit mit den bestehenden Arbeitsverhältnissen, von der angenommen werden kann, daß sie - den Fall der spontanen Arbeitsverweigerung infolge plötzlicher Veränderungen des Arbeitsprozesses ausgeklammert - auch in den zurückliegenden Perioden zu motivationsbedingten X-Ineffizienzen geführt hat. Offenbar sind diese aber nicht rechtzeitig und in ihrem vollen Umfang erkannt worden. Ähnlich läßt sich für den Austritt des Mitarbeiters aus dem Unternehmen argumentieren. Wiewohl Eigenkündigungen nicht durch Arbeitsunzufriedenheit verursacht sein müssen (persönliche Gründe oder günstige Arbeitsmärkte spielen dabei eine ebenso gravierende Rolle) und daher nicht pauschal als ein Indiz unbefriedigender Arbeitsverhältnisse angesehen werden können, kann vennutet werden, daß die Bereitschaft zur Lösung des individuellen Beschäftigungsver34 Siehe dazu G. Schmidtchen 1983, S. 242 und Sadowski 1991, S. 82.

222

8. Kap.: Exit, Voice und Shirking

hältnisses in dem Maße wächst, wie die Unzufriedenheit mit den Arbeitsverhältnissen zunimmt und die Aussicht, im bestehenden Arbeitsverhältnis eine Besserung zu erzielen, als gering eingeschätzt wird. Die Konsequenzen einer hohen Fluktuationsrate auf die innerbetriebliche Effizienz sind hinlänglich bekannt. Sie können in Anlehnung an Nieder 1983, S. 342 danach unterschieden werden, ob sie Ieistungs- oder kostenbezogen sind. Die leistungsbezogenen Auswirkungen sind primär durch folgende Umstände bedingt: Erstens vergeht zwischen der Kündigung und dem Arbeitsplatzwechsel eine bestimmte Zeit, während der die Arbeitsleistung des Mitarbeiters abnimmt, da die Leistungsanreize fehlen und Sanktionen an Wirksamkeit verlieren. Kann die durch die Kündigung freiwerdende Stelle nicht unmittelbar neu besetzt werden, führt dies zweitens zu einem Produktionsausfall und zu Verzögerungen. Drittens ist in Rechnung zu stellen, daß neue Mitarbeiter ihre volle Leistungsfähigkeit erst nach der Einarbeitungszeit erlangen. Indirekte (negative) Effekte können viertens darin bestehen, daß andere Mitarbeiter durch den erfolgreichen Wechsel ihres Kollegen ebenfalls zum Verlassen der Unternehmung motiviert werden. 35 Die kostenbezogenen Wirkungen resultieren primär aus der Notwendigkeit der Neubesetzung. Um einen geeigneten neuen Mitarbeiter zu fmden, sind Personalsuchkosten aufzuwenden (Kosten der Anwerbung und Auswahl). Ist der neue Mitarbeiter nicht richtig qualifiziert, entstehen zusätzliche Kosten der Einarbeitung in Gestalt höherer Arbeitsaufwendungen anderer Mitarbeiter und Vorgesetzten. Darüber hinaus treten bei den technischen Berufen während der Einarbeitungszeit, die bis zu zwei Jahren dauern kann, erhöhte Materialkosten und Kosten überdurchschnittlichen Maschinen- und Werkzeugverschleißes auf. Angesichts dieser Kosten kann, wie Nieder 1983, S. 342 hervorhebt, "die Bedeutung der Fluktuationen kaum hoch genug eingeschätzt werden". Es sei daher "unverständlich, daß zwar von vielen Firmen ausgiebig das Problem beklagt wird, es jedoch an Maßnahmen zur konkreten Erfassung der Ursachen der Fluktuation und darauf aufbauend an Wegen zu ihrem Abbau in der Praxis mangelt". Die empirischen Probleme, die Wirkungen der hier behandelten individuellen Konfliktstrategien auf den betrieblichen Leistungsprozeß zu ermitteln, können im Rahmen dieser Abhandlung nicht näher untersucht werden. Hier geht es lediglich darum, ein analytisches Gespür für die Komplexität der Fragestellungen und möglichen Wirkungszusammenhänge zu erlangen. Dem gleichen Zweck dient auch folgendes Fallbeispiel, das mithilfe der Abbildung 3 erläutert werden soll. 35 Siehe dazu Goossens 1957, S. 117, Lang 1969, S. 79 ff. und Friedrichs 1962, S. 57.

V. Konfliktverhalten und X-Ineffizienz

223

X-Effizienz

Ev

Voice

-

R1

1----~~----------------------------------AZUv

Shirking

=-------------AZUr

Eo L---~~----------~----------------~~---+

to

t2

Arbeitnehmer-Konfliktverhalten

Abbildung 3: Effizienz, Leistungsmotivation und Konfliktverhalten in der Firma Auf der Abszisse von Abbildung 3 sind die Mitarbeiter-Konfliktstrategien in ihrer zeitlichen Abfolge abgetragen. Der Zeitpunkt to bezeichnet den Eintritt, tn das natürliche (altersbedingte) Ende des Beschäftigungsverhältnisses. Auf der Ordinate sind die korrespondierenden Effizienzgrade abgetragen, beginnend mit E0 , der minimalen Arbeitsproduktivität, und endend mit E., der maximalen Effizienz. Es sei unterstellt, daß die Effizienz mit der Leistungsmotivation positiv und die Leistungsmotivation mit der Eskalation (!) des Konflikts negativ korreliert sind. Angenommen, ein Mitarbeiter artikuliert seine Unzufriedenheit mit der Arbeitssituation zum Zeitpunkt t 1, indem er die kooperative Voice-Strategie wählt und eine Höhergruppierung verlangt. D.h. er beginnt mit Kooperation in der Erwartung, daß das Unternehmen seinerseits mit Kooperation antworten wird. Die Effizienz sei infolge der hohen Leistungsmotivation des Mitarbeiters sehr hoch und betrage Ev. Das zukünftige Verhalten des Mitarbeiters hängt nun wesentlich davon ab, ob den Forderungen des Mitarbeiters entsprochen wird oder nicht.

224

8. Kap.: Exit, Voice und Shirking

Reaktion I (R 1) tritt ein, wenn der Mitarbeiter auf Entgegenkommen stößt und seinen Forderungen weitgehend entsprochen wird. Der Mitarbeiter wird dazu motiviert, auch künftig hohe Leistungen zu erbringen. In diesem Fall tritt bei unverändert hoher Effizienz ein Zustand hoher Arbeitszufriedenheit (AZU,) ein, der bis zum natürlichen Ende der Beschäftigungsdauer (t") fortbesteht. Reaktion 2 (R2) stellt sich ein, wenn den Erwartungen nicht entsprochen wird und die Unzufriedenheit fortbesteht. Für diesen Fall wird angenommen, daß der Mitarbeiter versuchen wird, seine Leistungen unbemerkt zurückzufahren, mit der Folge, daß die Arbeitsproduktivität auf den Effizienzgrad (E,) sinkt. Dieser Zustand des Shirking kann ebenfalls bis zum natUrliehen Ende des Beschäftigungsverhältnisses (t") währen und mit einem Gefühl relativer Arbeitszufriedenheit (AZU,) verbunden sein.

Beide Reaktionen erlangen Stabilität, solange keine personen- oder situationsbezogenen Veränderungen eintreten. Treten nun situationsbezogene Veränderungen im Zeitpunkt t2 ein, indem z.B. die Arbeitsanforderungen erhöht oder neue Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen eingefllhrt werden, steht der Mitarbeiter erneut vor der Entscheidung, zwischen zwei Reaktionen wählen zu müssen. Reaktion 3 (R3) bestünde in dem Entschluß, den Arbeitsanforderungen zukünftig besser nachzukommen, um einer Disziplinierung zu entgehen. Da der erhöhte Arbeitseinsatz aber allein auf der Befürchtung beruht, negativ sanktioniert zu werden, bleibt die so realisierte Effizienz (E,) unterhalb der bei hoher Leistungsmotivation erreichbaren Effizienz (E,). Die psychische Verfassung des Mitarbeiters ist durch Resignation gekennzeichnet, da die Unternehmung den Erwartungen des Mitarbeiters nicht entspricht und der Weg, die Arbeitssituation durch Shirking verträglicher zu gestalten, verbaut ist. Reaktion 4 (~) spiegelt den Fall der offenen Defektion wider. Der Arbeitseinsatz wird merklich reduziert (z.B. durch Dienst nach Vorschrift) und bewirkt ein Absinken auf den Wert (Ed). Im Unterschied zur Reaktion 3 ist der Mitarbeiter nicht bereit, das aus seiner Sicht unkooperative Verhalten des Managements hinzunehmen und zu resignieren. Er setzt statt dessen darauf, die Abhängigkeit des Unternehmens von seiner Leistungsbereitschaft ausnutzen zu können, um das Management zur Rücknahme der Entscheidung zu zwingen.

Im Unterschied zu allen anderen Strategien wird die offene Defektion immer nur von kurzer Dauer sein. Denn die offene Defektion sucht die rasche Entscheidung. Stellt man auf den Mitarbeiter ab, sind wieder in Abhängigkeit vom Verhalten des Unternehmens zwei Reaktionen möglich: Reaktion 5 (R5) beschreibt den Fall, daß der Forderung des offen defektierenden Mitarbeiters entsprochen wird. Der Mitarbeiter hat sein Ziel erreicht

V. Konfliktverhalten und X-Ineffizienz

225

und ist bereit, seine Leistung zu erhöhen. Allerdings ist das Verhältnis zur Organisation nach wie vor durch Mißtrauen charakterisiert. Der Mitarbeiter hat das Lohn/Leistungsverhältnis mit dem Effizienzgrad Es verteidigt. Dieses Effizienzniveau bildet sich als eine von beiden Seiten akzeptierte Konvention heraus. Reaktion 6 (~) schildert die Situation, daß der Forderung des offen defektierenden Mitarbeiters nicht entsprochen wird. Der Mitarbeiter sieht sich mit der Tatsache konfrontiert, daß auch der letzte Versuch, die Arbeitssituation erträglich zu gestalten, fehlgeschlagen ist. Eine Verbesserung der Arbeitssituation erscheint auf Basis des bestehenden Beschäftigungsverhältnisses ausgeschlossen. Spätestens dann wird der Mitarbeiter sich um eine andere Stellung bemühen, wenn er das nicht schon getan hat, und von sich aus kündigen. Der Effizienzgrad sinkt in dieser letzten Phase des vorzeitigen Beschäftigungsendes auf ihr Minimum Eo.

Dieses mögliche Szenario ist an zahlreiche Voraussetzungen geknüpft, die in der Realität nicht gegeben sein müssen. In ihnen zeigen sich die Schwierigkeiten, den Wirkungszusammenhang zwischen der individuellen Konfliktstrategie und der Effizienz des betrieblichen Leistungsprozesses zu spezifizieren. Auf die erste einschränkende Voraussetzung wurde bereits hingewiesen. In dem Beispiel wird unterstellt, daß die Effizienz mit der Leistungsmotivation positiv korreliert ist. In der betrieblichen Realität hängt die Effizienz jedoch nicht nur von einer Größe ab. Damit eine höhere Leistungsmotivation effizienzwirksam wird, müssen weitere Voraussetzungen gemacht werden: Ein unqualifizierter Mitarbeiter wird auch bei hoher Leistungsmotivation nur wenig zur Effizienzsteigerung beitragen, und ein Arbeitsvorgang, der in der monotonen Wiederholung bestimmter Arbeitsschritte besteht, wird durch einen hochmotivierten Mitarbeiter nichts dazugewinnen. Eine zweite Einschränkung erflihrt das Beispiel dadurch, daß angenommen wird, das Leistungsniveau des hochmotivierten Mitarbeiters werde beibehalten, wenn der Forderung des Mitarbeiters entsprochen werde. Das kann, muß aber nicht so sein. Ein kooperativ agierender Mitarbeiter, dessen Forderungen zum Zeitpunkt t 1 entsprochen wird, kann z.B. in seinen Anstrengungen nachlassen, d.h. zu Shirking übergehen, wenn er sein Ziel erreicht hat und primär extrinsisch motiviert ist. Völlig abgesehen wird in dem Beispiel von der Möglichkeit, Attribuierungsmuster zu beeinflussen. Schließlich wird drittens unterstellt, daß es sowohl fllr den Agenten wie fllr den Prinzipal vorteilhaft ist, zu einer kooperativen Lösung zu gelangen. Kooperation lohnt sich fllr beide Seiten. Nicht auszuschließen ist aber, daß die Kosten einer kooperativen Lösung (hohe Entlohnung, kostspielige Verbesserung der 15 Dunn

226

8. Kap.: Exit, Voice und Shirking

Arbeitsbedingungen etc.) höher sind als die Effizienzverluste durch Shirking. Der durch Kontroll- und Überwachungshandlungen erzwungene Arbeitseinsatz kann der Leistung bei hoher Leistungsmotivation vergleichbar sein. Die Kosten einer hohen Fluktuation sind je nach Lage des Arbeitsmarktes unter Umständen niedriger als die Kosten einer kooperativen Lösung und der Sicherung eines langfristigen Beschäftigungsverhältnisses. Die Schwierigkeiten, die Wirkungen individuellen Konfliktverhaltens zu spezifizieren, verweisen einerseits auf die Notwendigkeit empirischer Analysen, die hier nicht erbracht werden können. Auf der anderen Seite wird an dem Gedankenexperiment auch deutlich, daß die Frage, welchen Einfluß konfliktäre Verhaltensweisen des Mitarbeiters auf die Effizienz des betrieblichen Leistungsprozesses haben, nicht unter Ausblendung der Reaktionen des Prinzipals erfolgen kann. Es ist deshalb notwendig, einen Schritt weiter zu gehen. Die Analyse der Mitarbeiter-Konfliktstrategien ist um eine Analyse der Konfliktstrategien der Prinzipale zu ergänzen.

VI. Resümee Die Unternehmung ist alles andere als eine Koalition ökonomischer Akteure mit gleichgerichteten Zielsetzungen und Interessen. Um so mehr erstaunt es, wenn der Analyse der sozialen Interessengegensätze seitens der traditionalen neoklassischen Theorie der Unternehmung keine Aufmerksamkeit geschenkt wird, weil angenommen wird, daß die Mitglieder der Organisation vergleichbar den technischen Faktoren störungsfrei funktionieren. Eine Abstraktion von dem inhärent konfliktären Charakter der im Unternehmen beteiligten Akteure erscheint aber nur dann gerechtfertigt, wenn die Unternehmung als Bauelement einer Allgemeinen Preistheorie thematisiert wird; wird dagegen auf die internen Organisationsprobleme abgestellt, verliert die Ausklammerung der Konfliktbeziehungen zwischen den Produktions'faktoren' jede theoretische Berechtigung. Gefordert ist dann die explizite Thematisierung der im Unternehmen auftretenden Konflikte und deren Folgen für den betrieblichen Leistungsprozeß. Die Unzufriedenheit mit der Arbeit, den Arbeitsbedingungen und der Entlohnung reduzieren häufig das Leistungsvermögen und die Leistungsbereitschaft des Mitarbeiters. Die Arbeitsanstrengungen und die Qualität der Arbeit lassen allmählich nach, weil die psychophysischen Spannungen das Leistungsvermögen des Einzelnen immer stärker absorbieren. Mit anderen Worten, die in der traditionalen Theorie angenommene 'Konstanz' der 'Faktor' qualitäten muß

VI. Resümee

227

aufgegeben werden, stellt eine sozialwissenschaftlich orientierte Theorie doch gerade auf die Erklärung der zwischen den Faktoren auftretenden Interdependenzen ab. Andere lneffizienzen entstehen dadurch, daß Arbeitnehmer die Organisation wechseln, so daß kurzfristig filr Ersatz gesorgt werden muß, was mit erhöhten Anlernkosten und zumindest vorübergehenden organisatorischen Problemen verknüpft ist. Im Zentrum dieses Kapitels stand die Frage, wie das Konfliktverhalten des einzelnen Mitarbeiters zu erklären ist. Der Hinweis, daß Konflikthandlungen letztlich auf dem latenten Interessenkonflikt von 'Lohnarbeit und Kapital' beruhen, ist wenig hilfreich, denn erstens stehen dem Arbeitnehmer verschiedene Handlungsstrategien offen und es ist zu erklären, warum in einer Situation der Versuch unternommen wird, zu einer kooperativen Lösung zu gelangen, in einer anderen hingegen vermehrt auf Defektion gesetzt wird. Zweitens ist die inhaltliche Charakterisierung des Interesses an 'guten' Arbeitsbedingungen, an einer 'zufriedenstellenden' und als sinnvoll erachteten Tätigkeit und einer 'gerechten' Entlohnung erklärungsbedürftig, weil die Adjektive 'guf, 'zufriedenstellend' und 'gerecht' zu abstrakt sind, um aussagekräftig zu sein. Und drittens kann das Arbeitnehmer-Arbeitgeber-Verhältnis nicht auf ein Nullsummenspiel reduziert werden. An 'guten' Arbeitsbedingungen, einer 'sinnvoll erachteten Tätigkeif und 'gerechten Entlohnung' ist auch das Unternehmen wenngleich aus anderen Gründen interessiert. Die 'Wirklichkeif des individuellen Beschäftigungsverhältnisses sieht 'komplexer' aus, als dies in einem Nullsummenspiel der Fall ist. Entscheidend dafür, wie Arbeitnehmer auf den von ihnen selbst gebildeten Befund, ihre Arbeitssituation gebe Anlaß zur Unzufriedenheit, reagieren, ist nicht die Situation 'an sich', sondern die Bewertung der subjektiv wahrgenommenen Lage anband eines im Verlaufe der inner- und außerbetrieblichen Sozialisation adaptierten Anspruchsniveaus. Diese Erklärung des Entscheidungsprozesses mag auf den ersten Blick trivial klingen, aber sie ist es nicht, und das bestätigt sich nicht zuletzt durch den Vergleich mit der traditionellen Behandlung des Themas: Ökonomen sind daran gewöhnt, individuelle Entscheidungen unter der Alsob-Hypothese zu interpretieren, als handele sich dabei zumindest der Absicht nach um 'rationales' Verhalten. Ausgangspunkt ist stets ein 'Ungleichgewichf, das eine Handlung auslöst, deren Ziel darin besteht, einen Zustand herbeizuführen, der ein Gleichgewicht darstellt. Der Gleichgewichtsbegriff im Kontext individueller Entscheidungen beschreibt also eine Konstellation, in der das Individuum keinen Anlaß hat, seine Pläne zu ändern. Wird das 'Ungleichgewicht' als ein Ist-Wert interpretiert, der von einem Soll-Wert negativ abweicht, dann liegt ein Gleichgewicht dann vor, wenn die Entscheidungen und Handlungen des Akteurs zum Erreichen des Soll-Werts geführt haben. Mit der 15*

228

8. Kap.: Exit, Voice und Shirking

Identität von Ist- und Soll-Wert endet der Anpassungsprozeß. Übertragen auf die Arbeitswelt bedeutet das, strategisches Konfliktverhalten endet, wenn der Mitarbeiter seine Arbeitssituation als zufriedenstellend bewertet. Das eigentlich ökonomische Entscheidungsproblem reduziert sich aus dieser Perspektive darauf, unter dem Ensemble der zur Auswahl stehenden Handlungsoptionen jene Strategie zu ermitteln, mit der das anvisierte Ziel, der Zustand der Zufriedenheit, am 'besten' erreicht werden kann. Diese Interpretation individuellen Entscheidungsverhaltens ist weder 'richtig' noch 'falsch'. Sie stellt vielmehr eine gewollte und im Kontext bestimmter Fragestellungen unter Umständen auch notwendige 'Rationalisierung' individueller Entscheidungsprozesse dar. Was dem Arbeits-, Organisations- und Sozialpsychologen selbstverständlich anmutet, ist dem Wirtschaftswissenschaftler ungewohnt, nämlich der Hinweis, daß das empirische Entscheidungsverhalten das Ergebnis eines komplexen emotionalen und kognitiven Bewertungsprozesses darstellt, der ebensogut als 'irrational' wie 'rational' bezeichnet werden kann. Im Grunde genommen handelt es sich bei dem individuellen Entscheidungsverhalten in Konfliktsituationen eben gar nicht einfach darum, daß aus dem Umkreis feststehender Alternativen eine Auswahl getroffen wird, wie ein Ziel am besten erreicht werden kann. Entscheidungsverhalten in diesem 'rationalistischen' Sinne unterstellt eine bewußte und daher klare Trennung zwischen der Entscheidungssituation, der Zielsetzung und den Verhaltensoptionen, die in der 'Realität' häufig gar nicht gegeben ist: Ein Mitarbeiter, der Shirking praktiziert, sieht und empfmdet seine Entscheidungssituation eben anders als ein Mitarbeiter, der sich zur offenen Defektion entschließt, und seine Arbeit verweigert. Mehr noch, der 'Drückeberger' verfolgt auch ein anderes Ziel als der 'protestierende' Mitarbeiter, wenn er Strategien entwickelt, seine Arbeitsbelastung unbemerkt zu reduzieren. Seine 'Unzufriedenheit' unterstellt eine andere Bewertung seiner Arbeitswelt und seiner Stellung in ihr, als die seines 'Kollegen', der aus der objektiv gleichen Situation fllr sich andere Konsequenzen zieht. Die vorstellig gemachten Entscheidungssituationen verdanken sich folglich einem Interpretationsmuster, aus dem sowohl die Zielsetzungen als auch die korrespondierenden Strategien hervorgehen; einem Interpretationsmuster, das nicht das Ergebnis einer bewußten Entscheidung, sondern eines sozialen Lernprozesses ist, in dem Sichtweisen anderer Referenzpersonen aufgegriffen, vor dem Hintergrund der eigenen Erfahrungswelt modifiziert und schließlich internalisiert werden. Nicht zufällig steht im Zentrum der verhaltenstheoretischen Interpretation individueller Konflikthandlungen das Konzept des 'Anspruchsniveaus', das von dem statischen Konzept des 'Optimums' abweicht, in dem es andere, 'ungleichgewichtige' Verhaltensweisen zuläßt.

VI. Resümee

229

So kommt es, wie im Fall der progressiven Arbeitsunzufriedenheit dargestellt, dazu, daß sich ein Akteur in ein neues 'Ungleichgewicht' begibt, kaum daß ein 'Gieichgewichtszustand' erreicht ist. Oder dazu, daß die Anpassung an ein Gleichgewichtszustand dadurch erfolgt, daß das Ungleichgewicht gleichsam als Gleichgewicht 'uminterpretiert' wird, weil das ursprünglich anvisierte höhere Anspruchsniveau als nicht erreichbar bewertet wird, wie im Fall der resignativen Arbeitszufriedenheit Es ist klar, daß diese Reaktionsweisen aus dem Rahmen der traditionalen Entscheidungstheorie fallen, dennoch handelt es sich um empirisch relevante Phänomene, die zumindest dann mitzudenken sind, wenn die sozialen Interaktionen im Prinzipal-Agent-Verhältnis erklärt werden sollen.

Neuntes Kapitel

Sanktionen, Diskriminierung und Partizipation Zu den Konfliktstrategien des Unternehmens

I. Das Problem Ineffizienzen haben bekanntlich 'viele Väter'. Neben den in der technischen Organisation des betrieblichen Produktionsprozesses liegenden Ursachen haben sie ihren Grund häufig in der Art und Weise, wie gearbeitet wird. Eine Überbeanspruchung der Arbeitskräfte etwa filhrt zu Ermüdungserscheinungen und zur Reduktion des individuellen Leistungsvermögens. 1 Das gleiche gilt filr die Unterbeschäftigung der Arbeitskräfte, die die Leistungsmotivation herabsetzt, oder fiir eine Fehlallokation der Arbeitskräfte. 2 Viele dieser Ineffizienzen haben mit den unterschiedlichen Interessen und Zielen der im Unternehmen tätigen Wirtschaftssubjekte und den sich daraus ergebenden Konflikten und Kollisionen zu tun. Im Fortgang dieses Kapitels soll analysiert werden, in welcher Weise Unternehmen versuchen, auf den Arbeitnehmer einzuwirken, um sein Verhalten zu beeinflussen, und welche Wirkungen der Einsatz der Konfliktmanagement-Strategien auf die Effizienz des betrieblichen Leistungsprozesses hat. In der Literatur fmden sich Klassifikationen der folgenden Art: Galtung 1972 spricht von 'Verhaltenskontrolle' und 'Konfliktlösung', Walton 1969 unterscheidet zwischen 'control' und 'resolution'. Von Bidlingmeier 1968 stammt die Einteilung der Konfliktstrategien in Strategien der einseitigen Interessendurchsetzung per Gewalt, Verzicht, Mehrheitsentscheid oder Überredung und Strategien der gegenseitigen Interessenberücksichtigung durch Überzeugung, Integration und Kompromiß. Bau/ding 1962 differenziert zwischen

1 Vgl. dazu auch Rühmann I Bubb 1983. 2 Vgl. dazu Schmale 1983, S. 364.

I. Das Problem

231

'avoidance', 'conquest' und 'procedual resolutions' 3, Delhees 1979 zwischen Konfliktlösung und Konfliktintensivierung. March und Sirnon 1958 sehen vier verschiedene Reaktionsweisen, in denen eine Organisation auf Konflikte reagieren kann: (1) 'problem-solving', (2) 'persuasion', (3) 'bargaining' und (4) 'politics'. Das Unternehmen scheint - wie diese Hinweise belegen - nach Auffassung vieler Autoren vor dem Problem zu stehen, lediglich zwischen zwei Optionen wählen zu müssen. Entweder entscheidet sich das Unternehmen dazu, Arbeitnehmer-Konfliktverhalten zu unterbinden und zu bestrafen, "ohne die zugrunde liegenden Konkurrenzen zu eliminieren" (Oechsler 1979, S. 81),- daftlr stehen Begriffe wie 'Verhaltenskontrolle', 'einseitige Interessendurchsetzung' und 'conquest' - oder das Unternehmen versucht zu verhindern, daß überhaupt signifikante Konflikte entstehen und eskalieren können. Mit dieser Strategie sind Begriffe wie 'Verhandlungslösung', 'Dialog', 'Überzeugung' und 'Kompromiß' verknüpft. Sanktionen versus Partizipation? Besteht darin das Entscheidungsproblem, mit dem die Unternehmung konfrontiert ist? Ich werde versuchen, diese Frage im Fortgang der nächsten Kapitel zu beantworten. In diesem Kapitel geht es zunächst um die Klärung der vorgelagerten Frage, worin genau sich kooperative von nicht-kooperativen Konfliktstrategien aus der Perspektive des Prinzipals unterscheiden. Dabei werden sich folgende Thesen bestätigen: These 1: Kooperative Strategien stellen neben der Erhöhung der Arbeitsleistung auf die Identifikation des Mitarbeiters mit der Organisation ab. Diese Identifikationsprozesse sind dann wahrscheinlich, wenn die Mitarbeiter Arbeiten verrichten, die ein hohes Maß an intrinsischer Motivation bedingen, nur schwer ersetzbar sind und für ein langfristiges Beschäftigungsverhältnis gewonnen werden sollen. These 2: Defektive Strategien sind darauf gerichtet, negativ abweichende Verhaltensweisen des Mitarbeiters durch Schadensandrohung und Schädigung zu unterbinden. Eine Identifikation mit der Arbeit und der Unternehmung wird nicht bezweckt. Konfliktäre Strategien sind eher dann zu erwarten, wenn die Mitarbeiter relativ einfache Arbeiten verrichten müssen, leicht ersetzbar sind oder nur kurzfristige Beschäftigungsverhältnisse angestrebt werden. These 3: Die Wahl einer Konfliktmanagement-Strategie ist aber auch davon abhängig, wie das Mitarbeiterverhalten attribuiert wird. Attribuierungsschemata und darauf basierende Konfliktstrategien sind das Ergebnis eines kogni3 Während 'avoidance' darauf abstellt, den Konflikt durch (physische) Trennung der Konfliktparteien zu entschärfen (z.B. Versetzung eines Arbeitnehmers in eine andere Abteilung), stellt 'conquest' auf die gewaltsame Unterwerfung der Gegenpartei ab.

232

9. Kap.: Sanktionen, Diskriminierung und Partizipation

tiv-emotionalen Evaluierungsprozesses. Als Folge dieser Evaluierungsprozesse kommt es unter bestimmten Voraussetzungen zum Wechsel der Attribuierungsmuster und Strategien. Im Überblick stellt sich das Vorgehen wie folgt dar: Zunächst ist zu analysieren, wie der Interessenkonflikt im Prinzipal-Agent-Verhältnis aus der Sicht des Prinzipals gesehen wird. Im Anschluß daran wird eine kurze Synopse der wichtigsten kooperativen und defektiven Konfliktmanagement-Strategien geliefert. Dies liefert den Hintergrund filr die Analyse der zwischen diesen Konfliktstrategien bestehenden Wechselbeziehungen.

II. Konflikte und Konfliktverhalten aus betrieblicher Sicht Jeder signifikante Konflikt basiert auf einem Knappheitsproblem. Dieses Knappheitsproblem stellt sich aus der Sicht des Organisation in der Weise dar, daß filr das Verfügungsrecht über die Arbeitskraft ein Preis entrichtet wurde und nun - wie filr jeden anderen Produktionsfaktor auch - gewährleistet werden muß, daß das Leistungsvermögen dieses Faktors voll ausgeschöpft wird. Das Interesse an einer möglichst intensiven Nutzung der Produktionsfaktoren konfrontiert das Unternehmen nicht nur mit technischen Entscheidungsproblemen, z.B. darüber, welche Produktionsverfahren eingesetzt werden sollen und wieviele Mitarbeiter an einem Fließband benötigt werden, sondern zusätzlich mit einem sozialen Gestaltungsproblem. Komplexe soziale Gestaltungsprobleme entstehen, weil der Produktionsfaktor 'Mensch' nicht nach den gleichen Gesetzen funktioniert, wie ein technisches Aggregat, sondern über einen eigenen Willen verfügt und erwartet wird, daß der Arbeitnehmer eine Tätigkeit verrichtet, deren Inhalt und Form im Prinzip fremdbestimmt sind. 4 Es steht deshalb zu vermuten, daß sich die Interessen, Motivationen und Bewertungen des Mitarbeiters von denen der Unternehmung unterscheiden werden. Im Extremfall liegt ein Interessenkonflikt vor, wie ihn etwa Laux beschreibt:

4 Bekanntlich hat Marx dies als 'Entfremdung' des Arbeiters von seiner Arbeit bezeichnet; ein Begriff, der auch heute noch in der industrie- und betriebssoziologisch inspirierten Literatur Verwendung findet. Der Begriff ist insofern mißverständlich, als fremdbestimmte Arbeit mit einem Gefllhl großer Zufriedenheit durchaus vereinbar ist und selbständige Arbeit auch Unzufriedenheit auslösen kann. Zweifelhaft ist außerdem, ob die 'Trennung' der Arbeitskräfte vom konkreten Inhalt ihrer Tätigkeit 'kapitalistische Produktionsverhältnisse' von den (ehemaligen) planwirtschaftliehen Systemen unterscheidet. Vgl. dazu auch die Kritik von Geber/ I v. Rosenstiel 1989, S. 91 am marxistischen Entfremdungsbegriff.

II. Konflikte und Konfliktverhalten aus betrieblicher Sicht

233

"Aus der Sicht der Instanz ist es somit optimal, wenn der Entscheidungsträger bei gegebener ( ... ) Belohnung ein möglichst hohes Aktivitätsniveau wählt. Da andererseits der Entscheidungsträger Arbeitsleid empfindet, ist flir ihn bei gegebener Belohnung ein möglichst niedriges Aktivitätsniveau optimal." (1990, S. 13)

Zwar läßt sich die soziale Beziehung zwischen dem Mitarbeiter und der Unternehmung häufig nicht auf einen Interessengegensatz der beschriebenen Art reduzieren, da Arbeit nicht immer als leidvoll empfunden wird, wie dies von der Prinzipal-Agent-Theorie angenommen wird. Dessen ungeachtet weist das Zitat auf das Problem hin, mit dem das Unternehmen konfrontiert sein kann: "Ifboth parties to the relationship are utility maximizers", so Jensen und Meckling 1976, S. 309, "there is good reason to believe that the agent will not always act in the best interests of the principal." Allerdings erklären Interessenkonflikte nicht das konkrete Handeln der beteiligten Akteure und deren Interaktionen. Um die spezifische Handlungs- und Reaktionsweise der Akteure zu verstehen, ist es wichtig, sich den Bewertungsakten selbst zuzuwenden, weil nicht die Interessenkonflikte an sich, sondern erst ihre subjektive Interpretation ausschlaggebend ftlr das Verhalten der Akteure sind. Nachdem im letzten Kapitel die Bewertungsakte des Mitarbeiters, des Agenten, thematisiert wurden, widmet sich dieses Kapitel primär der Analyse der vielfaltigen Bewertungen und daraus folgenden Handlungsweisen des Prinzipals. Denn es sind nicht nur unterschiedliche Interessen, die das Verhalten des Prinzipals leiten, sondern auch unterschiedliche Interpretationsschemata, vor deren Hintergrund soziales Handeln reflektiert wird. Nehmen wir die Kategorie des Anspruchsniveaus als Beispiel: Der Mitarbeiter ebenso wie der Vorgesetzte (Prinzipal) orientieren sich an ihrem jeweiligen Anspruchsniveau, das sich erst in einem sozialen Kontext herausbildet. Das Anspruchsniveau des Mitarbeiters ist kontextabhängig, weil seine Erwartungen gegenüber der Arbeit, dem Lohn und seinem Arbeitsumfeld auf den Bewertungen anderer, etwa der Familie, des Freundeskreises, der Arbeitskollegen, basieren. Diese Bewertungen werden teilweise adaptiert und gegebenenfalls unter dem Eindruck eigener Erfahrungen modifiziert. Unter Umständen wirken diese individuell veränderten Anspruchsniveaus ihrerseits in die soziale Referenzgruppe hinein und lösen dort Veränderungen aus. Alles in allem erscheint das Anspruchsniveau des Mitarbeiters daher primär als ein psychosozialer Prozeß. Anders verhält es sich auf der Seite des Unternehmens. Der Kontextbezug des Anspruchsniveaus eines Unternehmens ist zunächst durch den Wettbewerb gegeben. Die Verflechtung mit anderen Märkten liefert Anhaltspunkte darüber, wie der Arbeitsprozeß effizient zu organisieren ist, welche AnsprUche generell an die Mitarbeiter eines Unternehmens zu formulieren sind. Die durch den

234

9. Kap.: Sanktionen, Diskriminierung und Partizipation

Wettbewerb gesetzten Anspruchsniveaus des Unternehmens sind in dieser Hinsicht kein psychosoziales Phänomen, sondern ein ökonomischer Standard, dem das Unternehmen praktisch unterworfen ist, um im Wettbewerb langfristig erfolgreich bestehen zu können. Daß psychosoziale Phänomene deswegen nicht irrelevant sind, wurde bereits im zweiten Kapitel deutlich: Dort war zu lesen, daß das Gewinnstreben in einer Situation echter Ungewißheit keine konkreten Handlungsanweisungen liefert. Vielmehr sind es die unternehmerisch handelnden Akteure, die auf Grundlage subjektiver Erwägungen Entscheidungen darüber treffen müssen, wie das Unternehmensziel operationalisiert werden soll. Das erfordert vom Prinzipal eine gedankliche Übersetzungsleistung der abstrakten Zielvorgaben des Unternehmens in konkrete Verhaltensstandards, von denen erwartet wird, daß sie von den einzelnen Mitarbeitern der Organisation befolgt werden und werden können. Diese Übersetzungsleistung ist jedoch personengebunden. Sofern daher auf den Prinzipal als Entscheidungsträger und nicht auf die Organisation 'Unternehmung' als solche abgestellt wird, sind auch die vom Prinzipal formulierten Anspruchsniveaus als durch psychosoziale Faktoren beeinflußt anzusehen. Welches sind nun die Ansprüche, die der Prinzipal an den einzelnen Mitarbeiter stellt? Sicher zunächst eine bestimmte Arbeitsleistung, die sowohl mit Arbeitsleid, aber auch mit Arbeitsfreude verknüpft sein mag, in der Regel wohl mit beidem. Aber darin erschöpfen sich die AnsprUche gegenüber dem Mitarbeiter nicht. Vom Mitarbeiter wird zusätzlich auch die Internalisierung unternehmensspezifischer Konventionen erwartet. Der Arbeitnehmer soll sich mit 'seinem' Unternehmen identifizieren, d.h. in seiner Arbeit den Erfolg der Organisation zu seinem persönlichen Anliegen machen. 5 Unzufriedenheit mit dem Mitarbeiterverhalten basiert auf der Gegenüberstellung der an den Mitarbeiter gestellten Ansprüche und dem subjektiv wahrgenommenen und bewerteten Verhalten des Mitarbeiters. Diese kann sich zum einen auf das Leistungsverhalten, zum anderen auf das Sozialverhalten des Arbeitnehmers beziehen6 : Praktiziert ein Mitarbeiter z.B. Shirking, hat dies einen direkten (negativen) Effekt auf das Leistungsverhalten. Hinzutritt häufig ein zweiter (indirekter) Effekt. Dieser rührt daher, daß Shirking-Verhalten auf

5 Auch dieser Aspekt wird von der traditionalen Prinzipal-Agent-Literatur ausgeblendet, weil ausschließlich auf die Arbeitsleistung des Mitarbeiters abgestellt wird. Die Internalisierung unternehmensspezifischer Konventionen trägt zwar auch zum Leistungsverhalten bei, kann aber nicht auf diesen Aspekt reduziert werden. Sie erscheint vielmehr als ein vom Leistungsverhalten getrenntes Element der AnsprUche und Erwartungen, die seitens der Organisation gegenüber den Mitarbeitern geltend gemacht werden. Der Frage, was einen 'guten' Arbeitnehmer auszeichnet, geht Edward.s 1976 nach. 6 Vgl. dazu die Typologien von Presthus 1962 und Schein 1971.

II. Konflikte und Konfliktverhalten aus betrieblicher Sicht

235

das Verhalten der Arbeitsgruppe ausstrahlt, etwa in der Weise, daß ShirkingVerhalten einzelner imitiert wird, oder aber das Gefilhl mangelnder Solidarität unter den Mitarbeitern entsteht, wenn die Minderarbeit einzelner zur Mehrbelastung anderer Mitarbeiter fuhrt. Das Verhalten des Prinzipals gegenüber dem einzelnen Mitarbeiter wird nun wesentlich dadurch bestimmt, auf welche Ursachen hin die Unzufriedenheit mit dem Mitarbeiterverhalten attribuiert wird. Die im vorigen Kapitel dargelegte Unterscheidung zwischen der internalen und der externalen Kausalattribuierung ist auch in diesem Kontext relevant: Eine 'internale' Kausalattribuierung meint dann, daß die Ursache fur das als unbefriedigend bewertete Arbeitnehmerverhalten nicht im Mitarbeiter selbst, sondern in den objektiven Vorgaben gesehen wird, unter denen gearbeitet wird. 'Externale' Kausalattribuierung bedeutet, daß die Ursache der Unzufriedenheit außerhalb der Unternehmung vermutet wird. 7 Betrachten wir nun die Konsequenzen, die sich aus der Interpretation des Mitarbeiterverhaltens filr das Verhalten des Prinzipals ergeben. Eine internale Attribuierung macht für das Verhalten des Mitarbeiters Gründe geltend, die vom Unternehmen mehr oder weniger direkt kontrolliert werden können. Basiert die geringe Leistungsbereitschaft des Mitarbeiters etwa auf der körperlichen Überbeanspruchnung des Mitarbeiters, so liegt es am Prinzipal zu prüfen, ob durch technische Modifikationen des Arbeitsplatzes Gefahrensituationen reduziert werden können. Ähnliche Überlegungen gelten naturgemäß ftlr die Gestaltung der sozialen Arbeitsbedingungen, z.B. fUr die Zusammensetzung der Arbeitsgruppen (Teams) und Fragen der Lohngestaltung. Jede der genannten Maßnahmen basiert darauf, daß die Ursache ftlr das Verhalten des Mitarbeiters nicht diesem selbst angelastet wird. Die Unzufriedenheit mit dem Verhalten des Mitarbeiters fungiert vielmehr als Chiffre dahinterliegender objektiver Mißstände, die von der Unternehmung bewältigt werden müssen. Darin besteht zweifellos eine gewisse Analogie zur internalen Kausalattribuierung eines Mitarbeiters, der die Gründe seiner Unzufriedenheit nicht dem Unternehmen, sondern sich selbst anlastet. Dennoch handelt es sich bei der internalen Ursachenzurechnung des Prinzipals nicht um einen psychologischen Vorgang: Wenn der Prinzipal zu dem Ergebnis gelangt, daß das Fehlverhalten eines Mitarbeiters auf seine Überbeanspruchung zurückzufuhren ist, stellt dies keine resignative Anpassungshandlung des Prinzipals dar. Für die 7 Anzumerken bleibt, daß die Unterscheidung zwischen extemaler und intemaler Kausalattribuierung vor allem heuristische Relevanz besitzt. Empirisch wird das Arbeitnehmerverhalten in der Regel auf mehrere Ursachen gleichzeitig zurückzufuhren sein, die sowohl in der Unternehmung als auch extern, z.B. in den Personenmerkmalen des Arbeitnehmers liegen können.

236

9. Kap.: Sanktionen, Diskriminierung und Partizipation

depressive Konfliktbewältigung, die zu psychosomatischen Störungen des Mitarbeiters fUhren kann, läßt sich überhaupt keine sinnvolle Parallele auf Seiten des Prinzipals finden. Eine externale Kausalattribuierung bedeutet, daß der Prinzipal das (normwidrige) Verhalten des Mitarbeiters auf Gründe zurückfUhrt, die außerhalb der Unternehmung angesiedelt sind. Politische, ethnische, religiöse, kulturelle, selbst klimatische Faktoren beeinflussen das Verhalten des Mitarbeiters und können zu einer verdeckten oder offenen Form der Leistungsreduzierung oder zu normwidrigem Sozialverhalten fUhren: Man wird von einem Angehörigen der islamischen Glaubensgemeinschaft eben nicht erwarten können, daß er während der Gebetsstunden Arbeitsbereitschaft zeigt. Sieht man von diesen nicht-personenbezogenen Gründen ab, bleiben Gründe bestehen, die in der Person des Mitarbeiters selbst liegen. Diese Gründe lassen sich danach unterscheiden, ob sie primär auf den Willen oder auf die Fähigkeiten des Mitarbeiters Bezug nehmen. So setzt z.B. die Attribuierung des Mitarbeiterverhaltens als ShiTking voraus, daß das Leistungsvermögen des Mitarbeiters wissentlich nicht voll ausgeschöpft wird, weil seine Leistungsmotivation nur schwach ausgeprägt ist. 8 Die praktischen Konsequenzen, die sich aus einer so spezifizierten Evaluierung des Mitarbeiterverhaltens ergeben, sind im weiteren Verlauf davon abhängig, ob die in der Person des Mitarbeiters liegenden Ursachen als lösbar gelten oder nicht: Eine mangelhafte Qualifikation z.B. kann durch innerbetriebliche Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen behoben werden, wenn der Mitarbeiter dazu bereit ist. Das Unternehmen steht dann vor dem ökonomischen Entscheidungsproblem, ob es die Kosten der Aus- und Weiterbildung tragen will oder den Mitarbeiter wegen mangelnder Eignung entläßt und durch einen besser qualifizierten Arbeitnehmer ersetzt. Ebenso kann die Ahmahnung im Fall der Verletzung der primären Leistungspflichten zu einer dann erzwungenen Verhaltensänderung fUhren. Anders sieht es aus, wenn die Unzufriedenheit mit dem Mitarbeiter auf Personen-Attribute zurückgeführt wird, die sich einer Beeinflussung entziehen: Ein Mitarbeiter, der trotz Ahmahnung den Betriebsfrieden nachhaltig stört, wird mit offener Defektion seitens des Prinzipals rechnen müssen. Eine Zusammenfassung und Übersicht der Genese verschiedener Formen von Unzufriedenheit mit dem Arbeitnehmerverhalten liefert Abbildung 3.

8 Daß zwischen der Leistungsmotivation und der Leistungifähigkeit Interdependenzen bestehen, braucht hier nicht extra betont zu werden.

II. Konflikte und Konfliktverhalten aus betrieblicher Sicht

Verhalten des Mitarbeiters

~

Zielsystem der Firma

Ist-Wert Bewertung des Mitarbeiters

~

237

Konkurrenz der Firma

Soll-Wert Anspruchsniveau der Firma

extemal

internal Senkung des Soll-Werts

Erarbeitung von Problemlösungen

Abbildung 4: Vorgelagerte Evaluierungsprozesse der Konfliktmanagement-Strategien Je nachdem, wie das Konfliktverhalten des Mitarbeiters subjektiv interpretiert wird, ergeben sich für den Prinzipal unterschiedliche Konsequenzen hinsichtlich der zu wählenden Konfliktstrategie. Wenn sich ein Mitarbeiter über schlechte Arbeitsbedingungen beschwert, kann dies als ein Zeichen mangelnder Leistungsbereitschaft, die sich durch vorgeschobene Gründe zu rechtfertigen sucht, interpretiert werden. Denkbar ist aber auch, daß die Unzufriedenheit des Arbeitnehmers als wichtiger Hinweis auf mögliche Schranken des individuellen Leistungsvermögens gewertet wird. Das trifft auch filr die Forderung nach größerer Beteiligung an den Entscheidungsprozessen zu, die durchaus positiv als Interesse an Mitwirkung interpretiert werden kann. Nicht das Konfliktverhalten des Mitarbeiters an sich, sondern seine kognitiv-emotionale Bewertung, liefert die Grundlage filr die im Fortgang darzustellenden Konfliktstrategien des Prinzipals.

238

9. Kap.: Sanktionen, Diskriminierung und Partizipation

111. Strategien der Konfliktregelung Das Konfliktverhalten des unzufriedenen Mitarbeiters fordert den Prinzipal heraus. Er ist in der Regel gezwungen zu reagieren, um innerbetriebliche Ineffizienzen zu vermeiden und um das von ihm erwünschte Leistungs- und Sozialverhalten zu realisieren. Im einzelnen soll zwischen folgenden Strategien unterschieden werden: (1)

Partizipation. Unter Partizipation sollen in diesem Kontext alle Maßnahmen zusammengefaßt werden, die darauf abzielen, eine Arbeitssituation kooperativ zu verbessern.

(2)

Dejektion. Defektion bedeutet, daß der Arbeitnehmer (negativ) sanktioniert wird, um ihn zu einer Verhaltensänderung zu zwingen. Dies kann offen oder verdeckt geschehen.

(3)

Exit. Damit ist die Beendigung des individuellen Beschäftigungsverhältnisses (Entlassung) gemeint.

Im Fortgang sind diese Konfliktstrategien 9 im einzelnen zu analysieren. Im Anschluß daran soll die Genese, d.h. der zeitliche und systematische Zusammenhang der einzelnen Strategien thematisiert werden. 1. Strategien der Partizipation

Strategien der Partizipation verfolgen das Ziel, die Effizienz des betrieblichen Leistungsprozesses zu erhöhen, indem gleichzeitig die Arbeitszufriedenheit des Mitarbeiters mit seiner Arbeit gesteigert wird. Angestrebt wird neben einer höheren Arbeitsleistung die Identifikation mit dem Unternehmen. Der Arbeitnehmer soll sich als 'Mifarbeiter der Organisation definieren und zu ·seinem' Unternehmen eine emotional-affektive Bindung eingehen. Daraus folgt ftlr den Fall der Unzufriedenheit des Prinzipals mit der Arbeitsleistung oder dem Sozialverhalten des Mitarbeiters auch ein bestimmter Stil der Konfliktregelung, der mit dem von Hirschman geprägten Begriff 'voice' umschrieben werden kann. Diese Reaktionsweise des Prinzipals besteht in "the articulation of dissatisfaction with the outcomes of an exchange relation combined with the demand for alteration" (Scholl 1989, S. 4). Die erhofften Wirkungen schildert Delhees 1979, S. 32: "Wo die Konfliktaustragung direkt,

9 Die hier vorgeschlagene systematische Behandlung von Konfliktmanagement-Strategien unterscheidet sich von der anderer Autoren. Eine andere Darstellung der Unternehmerischen Konfliktstrategien findet sich etwa in Kurtz 1982.

III. Strategien der Konfliktregelung

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friedlich, bewußt, offen, kooperativ, entpersonifiziert und eingegrenzt verläuft, ist die Bewältigung eines Konfliktes eher möglich. Die verschobene, aggressive, versteckte, antagonistische, personifizierte und ausgeweitete Konfliktaustragung führt zur Konfliktintensivierung und zu vermehrtem Auftreten von Abwehrreaktionen." I o Der Arbeitnehmer wird mithin nicht als 'Gegner', sondern als 'Partner' gesehen, mit dem es über alle wechselseitig auftretenden Probleme offen zu sprechen gilt. Die emotional-affektive Grundlage partizipativer Strategien besteht daher in der wechselseitigen Wertschätzung des Gesprächspartners, d.h. in einem Vertrauensverhältnis. Positiv ist der Bezug zum Agent deshalb, weil die objektive Arbeitssituation und deren Bewertung auch aus der Sicht des Mitarbeiters zur Diskussion gestellt wird. Das schließt die Möglichkeit ein, daß im Ergebnis einer offenen Aussprache auch auf Seiten der Unternehmung Handlungsbedarf erkannt wird, weil sich die vorgebrachten Kritikpunkte des Mitarbeiters als berechtigt erweisen. Den Anknüpfungspunkt der Partizipation bietet das Interesse des Arbeitnehmers an einem hohen Einkommen, an einer sinnvollen Arbeit und an zufriedenstellenden Arbeitsbedingungen. Demzufolge können die Gestaltungsbereiche danach unterschieden werden, ob sie primär auf das Lohnsystem oder auf die technischen und sozialen Arbeitsbedingungen abstellen. Da die spezifische Wirkungsweise der unter diesem Begriff erfaßten Strategien noch ausführlicher analysiert wird, genügen hier einige kurze Anmerkungen. Der Zusammenhang zwischen Lohnhöhe und Verhalten ist bekanntlich Gegenstand intensiver theoretischer Forschung, die hier nicht im einzelnen rekapituliert werden soll. 11 Außer Frage steht, daß dem Lohn und der Lohngestaltung sowohl von den Arbeitnehmern als auch vom Unternehmen hohe

10 Vgl. auch Coser 1956 und 1972, S. 84-122. 11 Die Diskussion kreiste vor allem um die sogenannte 'Zwei-Faktoren-Theorie' von Herzberg. Dieser hatte zwischen Faktoren unterschieden, mit denen Arbeitsunzufriedenheit abgebaut (sog. Hygiene-Faktoren) und jenen, mit denen Arbeitszufriedenheit bzw. Arbeitsmotivation generiert werden könne. Nach Auffassung von Herzberg gehört die Belohnung zu den Faktoren, die neben anderen, lediglich zur Beseitigung von Arbeitsunzufriedenheit beitragen. Demgegenüber fungieren als Motivatoren die Leistung, Anerkennung und der Arbeitsinhalt Vgl. dazu Herzberg 1968, Herzberget al. 1957 und 1959. Kritik hat diese These unter anderem durch Arbeiten von Lawler erfahren, der zu dem Ergebnis gelangt ist, daß das Belohnungssystem durchaus zur Leistungsmotivation beitragen kann, wenn der Zusammenhang zwischen Belohnung und Leistung eindeutig darstellbar ist: "As long as pay is valued and as long as employees accurately perceive the connection between pay and performance, actually tying pay more closely to performance should Iead to a stronger motivation to perform effectively." (Lawler 1971, S. 118) Müller 1993, S. lll sieht hierin eine Ähnlichkeit zur Forderung der Anreizkompatibilität von Laux.

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9. Kap.: Sanktionen, Diskriminierung und Partizipation

Bedeutung beigemessen wird. 12 Für die Annahme, daß durch die Höhe und Form der Entlohnung (z.B. durch Gewinnbeteiligung) Einfluß auf das Leistungs- und Sozialverhalten des Arbeitnehmers genommen werden kann, spricht vor allem das Einkommensmotiv des Arbeitnehmers. 13 Dennoch geben viele Arbeitnehmer als Grund ihrer Unzufriedenheit nicht den Lohn, sondern die Arbeit und die Arbeitsbedingungen an. Untersuchungen zeigen, daß auch die Unzufriedenheit mit dem Einkommen "großenteils nicht primär eine Reaktion auf eine bestimmte monetäre Lage, sondern oft nur sekundärer Ausdruck von Störungen in ganz anderen Bereichen (ist)" (G. Schmidtchen 1983, s. 238) 14 . Aus der Sicht einer partizipativen Strategie, die um eine Identifikation des Arbeitnehmers mit dem Unternehmen bemüht ist, stellt sich die Frage, welche Maßnahmen ergriffen werden können, um ein höheres Maß an Arbeitszufriedenheit und eine höhere Arbeitsproduktivität zu erreichen. Zu den in diesem Zusammenhang am häufigsten diskutierten Maßnahmen gehören die Arbeitserweiterung (job enlargement), die der Zerstückelung des Arbeitsprozesses durch Zusammenfassung einzelner Arbeitsschritte begegnet15, der Arbeitsplatzwechsel (job rotation), durch den der Arbeitsprozeß abwechslungsreicher und interessanter gestaltet werden soll 16 , und die Arbeitsbereicherung (job enrichment), mit der eine qualitative Aufwertung der Stelle durch die Erweiterung der Entscheidungs- und Kontrollbefugnisse erreicht wird 17 ,

12 Dies ändert sich erst mit höherem Einkommen. Der Umstand, daß Führungskräfte der Anerkennung ihrer Arbeit u.U. eine höhere Relevanz beimessen als der guten Bezahlung bestätigt diese Vermutung. Vgl. G. Schmidtchen 1983, S. 239 f..

13 Das Lohnsystem wird nach Auffassung von Rost-SchaudeI Kunstek 1983, S. 290 durch das Motiv bestimmt, "die verpflichtenden Arbeitskräfte so zu lenken, daß sie im betrieblichen Geschehen im Sinne der Arbeitgeber funktionieren". Dies wird von beiden Autoren damit begründet, daß es "[im) Grunde genommen ... um den Versuch der Arbeitgeber [gehe], die Arbeitskräfte durch die Gestaltung des Entlohnungssystems zur Einsicht zu bewegen, sie säßen mit den Arbeitgebern ökonomisch "in einem Boot', weshalb sie die Arbeitgeber bei ihren Bemühungen unterstützen müßten" (ebenda). 14 Vgl. auch Infratest Medienforschung 1979, Kern I Schumann 1973, v. Rosenstiel 1975, Deppe 1971, Eu/er 1977, Hackman I Lawler 1971, Lawler 1973 und Herzberget al. 1957. 15 Vgl. Esser 1977, S. 100. 16 Dem Unternehmen bietet sich dadurch der Vorteil, den Personaleinsatz flexibel gestalten und über eine Personalreserve verfllgen zu können, die zum reibungslosen Produktionsablauf beiträgt. Vgl. Oechsler 1979, S. 100.

III. Strategien der Konfliktregelung

241

der partizipative Führungsti/, mit dem das Betriebsklima und der soziale Zusammenhalt der Arbeitsgruppe erhöht wird 18 und die Gruppenarbeit, mit der Arbeitnehmern eine größere Mitsprache und Mitverantwortung an Fragen der Arbeitskontrolle, der Planung des Arbeitsablaufs, der Urlaubsregelung und Weiterbildung der Arbeitnehmer zuteil wird. Jeder der genannten Maßnahmen wäre unsinnig, wenn Geld die einzige Arbeitsmotivation des Mitarbeiters liefern würde, wie immer noch fast durchgängig von der Prinzipal-Agent-Literatur angenommen wird. 19 Demgegenüber unterstellt die partizipative Konfliktstrategie ein hohes Maß an intrinsischer Motivation. Die Arbeit selbst soll vom Agenten als sinnvoll und wichtig empfunden werden. Das setzt voraus, daß die Arbeit an die individuelle Bedürfnisstruktur des Mitarbeiters angepaßt wird. 2. Strategien der Defektion

Hinter den defektiven Konfliktmanagement-Strategien steht die Auffassung, daß ein Unternehmen durch den Arbeitsvertrag ein Recht auf die Arbeitsleistung hat, so daß eine verdeckte Leistungsreduzierung (Shirking) oder eine offene Arbeitsverweigerung einen Vertragsbruch darstellen. Gemeinsam ist den verschiedenen defektiven Strategien die Skepsis, ob der Arbeitnehmer wirklich bereit ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Das Interesse richtet sich darauf, normwidriges Verhalten zu bestrafen, um den Arbeitnehmer zu einer Verhaltensänderung zu zwingen. Diesem Zweck können Maßnahmen dienen, die (teilweise) auch im Rahmen einer partizipativen Strategie, dann aber mit umgekehrter Stoßrichtung zum Zuge kommen. Zu unterscheiden sind (a) Kontroll- und Überwachungshandlungen, (b) Diskriminierungen und (c) die Kündigungsandrohung.

17 Vgl. Berthe/1919, S. 171, und 1981, Hackman u.a. 1974, Fein 1974, S. 70-88, Vilmar 1973 und Eu/er 1977, S. 291 ff. 1S Der Interaktionsstil des Vorgesetzten trage- soG. Schmidtchen 1983, S. 229- "maßgeblich zur Arbeitszufriedenheit bei" und wird- neben der Förderung mitmenschlicher Beziehungen- zu einer zentralen Aufgabe der Arbeitsgestaltung; vgl. dazu auch Bornemann 1983, S. 160. 19 "Verftlgt der Prinzipal"- so Müller 1993, S. 113- "im Falle einer Hidden-Action-Situation Ober keinerlei Möglichkeit zur Verhaltensbeobachtung, so reduziert der Agent (ohne zusätzlichen finanziellen Anreiz) nach Maßgabe seiner Reaktionsfunktion sein Leistungsniveau ausnahmslos aufNull." 16 Dunn

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9. Kap.: Sanktionen, Diskriminierung und Partizipation a) Überwachung und Kontrolle

Die Wirkungen einer verbesserten Kontrolle und Überwachung der Arbeitnehmerleistungen sind von Baetge 1984 systematisiert worden. Baetge unterscheidet zwischen der Präventiv-, Korrektur- und Sicherheitswirkung der Kontroll- und Überwachung. Die Präventivwirkung stellt darauf ab, daß die Arbeitnehmer ihre Aufgaben mit größerer Sorgfalt erledigen, als wenn sie nicht überwacht würden. "Durch die Überwachung können sie veranlaßt werden, bewußte Fehler zu unterlassen und unbewußte Fehler zu vermeiden." (Ebenda, S. 162) Eine Korrekturwirkung erzielen Überwachungsmaßnahmen, "sofern entdeckte Fehler zu einer Korrektur oder zu einer Aussonderung bzw. Vernichtung der fehlerhaften Elemente und/oder zu einer Abstellung der Fehlerursachen führen" (ebenda, S. 163). Die Sicherheitswirkung erftlllt die Überwachung dadurch, daß sie den Überwachenden Informationen über den Realisationsgrad eines Arbeitsauftrags liefert. Baetge stellt in seiner Systematik primär auf das allgemeine Interesse an Informationen ab, die benötigt werden, um den Grad der Übereinstimmung zwischen Soll- und Ist-Werten ermitteln zu können. Dem widerspricht nicht, daß Überwachungs- und Kontrolltätigkeiten auch im Rahmen einer defektiven Konfliktmanagement-Strategie eingesetzt werden und dann die Funktion haben, normwidriges Verhalten zu erkennen und (negativ) zu sanktionieren.

Die Voraussetzungen dieser Kontrolltätigkeit liefern die Fortschritte der Technik und Arbeitswissenschaft, die von Frederick W. Taylor und Gulick und Urwick20 zu Beginn dieses Jahrhunderts entwickelt wurden. Mit dem technischen Fortschritt und der Mechanisierung des Arbeitsprozesses wurde (und wird) der Shirking-Spielraum des Arbeitnehmers eingeschränkt. 2 • Durch die Fortschritte der Arbeitswissenschaft ist es möglich geworden, viele Arbeiten soweit in einzelne Arbeitsschritte zu zerlegen, daß eine systematische Überprüfung der individuellen Arbeitsschritte möglich wird. Schließlich können auch

20 Eine ausgezeichnete Darstellung dieser Theorien liefern March I Sirnon 1958 in ihrem Buch ·Organizations ·. 21 "Die Technik wird zum Sachzwang", so Oechs/er 1979, S. 48, "der einseitige Leistungsanforderungen stellt, die anonym ohne die Möglichkeit pluralistischer Beeinflussung vermittelt werden." Die technische Kontrolle hat dabei -wie Edwards in seinem Buch 'Contested Terrain' anhand der Einfllhrung des Fließbandes in den FORD-Werken eindrucksvoll schildert- die Funktion der persönlichen Kontrolle weitgehend übernommen. Dadurch erhielt der Produktionsablauf eine technologische Zwangsläufigkeit, "die es den Arbeitern unmöglich machte, bei der Verrichtung ihrer Arbeit eine andere mögliche Abfolge zu wählen ... Insofern bildete das Band einen technisch begründeten und technologisch repressiven Mechanismus, der die Arbeiter zur Erfilllung ihrer Aufgaben zwang." (Edwards 1981, S. 131 f.)

III. Strategien der Konfliktregelung

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die Fortschritte der Arbeitsteilung22 und der Arbeitsorganisation, wie etwa die Einführung der Gruppenarbeit, dazu beitragen, die soziale Kontrolle des einzelnen Gruppenmitglieds zu erhöhen, um Shirking-Verhalten zu reduzieren. 23 b) Negative Diskriminierung Um das Verhalten unterhalb der Schwelle der Kündigungsandrohung beeinflussen zu können, sind Instrumente erforderlich, die differenziert eingesetzt werden können. Dieses Instrumentarium soll als Methode der negativen Diskriminierung bezeichnet werden. Gemeint ist damit die absichtsvolle Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern, die dem Ziel dient, Verhaltensänderungen zu erzeugen. Dabei wird auf die Bestimmungsgrößen des existenten Beschäftigungsverhältnisses in der Weise Einfluß genommen, daß einzelne Arbeitnehmer gegenüber anderen benachteiligt resp. privilegiert werden. Einige Beispiele mögen das Gemeinte illustrieren: Im Regelfall gibt es in vielen Abteilungen angenehmere oder weniger angenehme Tätigkeiten. Normwidriges Verhalten kann durch die Vergabe unangenehmer Arbeitsaufträge negativ sanktioniert werden. Die Verbesserung der Arbeitsbedingungen, z.B. die Größe, Lage und Lichtverhältnisse eines Arbeitsplatzes, kann an die Bedingung des Wohlverhaltens geknüpft werden und wirkt dadurch diskriminierend. Häufig entwickelt der Arbeitnehmer eine bestimmte Präferenz fllr eine bestimmte Arbeitsgruppe, Kollegen und Vorgesetzte. Diese Erwartungen können in der Planung mehr oder weniger berücksichtigt werden. Die Urlaubsregelung ist genehmigungspflichtig. Das eröffnet die Möglichkeit, normwidriges Verhalten zu bestrafen. Arbeitnehmer können bei selbst identischer Leistung ungleich entlohnt oder in der Laufbahnentwicklung benachteiligt werden, wenn ihr Sozialverhalten als normwidrig bewertet wird. Das Spektrum der Diskriminierungen ist, wie diese Beispiele zeigen, sehr weit geflichert. Nicht wenige dieser Diskriminierungen berühren sublime Veränderungen der Arbeitssituation, deren Wirkung einem außenstehenden Betrachter unter Umständen gar nicht auffallen würden, die aber dem Betroffe-

22 Bravermann 1974 sieht darin einen Grund fllr die Segmentierung des Arbeitsmarktes in hochqualifizierte und unqualifizierte Arbeitskräfte. 23 Vgl. Groskurth I Volpert 1975, S. 216. 16*

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9. Kap.: Sanktionen, Diskriminierung und Partizipation

nen durchaus bewußt sind und die in ihrer Gesamtheit erheblichen Einfluß auf die Arbeitssituation des einzelnen haben können. In anderen Fällen ist die Ungleichbehandlung gravierend und für jedermann offenkundig, ohne daß der eigentliche Grund der Ungleichbehandlung transparent wäre, weil Gründe vorgeschoben werden, mit denen die Diskriminierung rationalisiert und gegen Kritik immunisiert wird. c) Androhung einer Kündigung "Die Ahmahnung ... hat eine dreifache Zielrichtung. Sie soll den Arbeitnehmer darauf hinweisen, daß - ein bestimmtes Verhalten oder ein bestimmter Zustand nach Ansicht des Arbeitgebers gegen den arbeitsvertragliehen Pflichtenkreis verstößt (Hinweis-funktion); - der Arbeitnehmer bei Fortsetzung oder Wiederholung des vertragswidrigen Verhaltens ernsthaft mit einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Kündi-gung rechnen muß (Androhungsfunktion) und - dem Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozeß der Nachweis erleichtert wird, daß der Kündigung des Arbeitsverhältnisses eine oder mehrere einschlägige vertragswidrige Verhaltensweise(n) des Arbeitnehmers vorausgegangen sind. (Doku-mentations/unktion)." (Berkowsky 1986, S. 99) Der Ahmahnung liegt eine spezifische Kausalattribuierung des Arbeitnehmerverhaltens zugrunde. Erstens wird das beanstandete Verhalten dem Arbeitnehmer angelastet. Der Arbeitgeber filhrt das Verhalten also nicht auf Zustände zurück, die durch die Organisation selbst zu verantworten sind. Zweitens ist unterstellt, daß der Arbeitnehmer auch in der Lage ist, sich normgemäß zu verhalten. "Das ist bei verhaltensbedingten Gründen fast immer, bei personenbedingten Gründen nur ausnahmsweise der Fall." (Berkowsky 1986, S. 10 I) Im Unterschied zur Kündigung sieht der Arbeitgeber drittens die Grundlage fiir die weitere Zusammenarbeit mit dem Arbeitnehmer noch nicht fUr entfallen an. (Das schließt allerdings nicht aus, daß der Arbeitgeber bei der Ahmahnung den verdeckten Zweck verfolgt, das Beschäftigungsverhältnis aufzulösen.) Die Verhaltenswirksamkeit der Ahmahnung ist dadurch gegeben, daß der Arbeitnehmer in der Regel durch die Entlassung seinen Lebensunterhalt verliert. Im einzelnen sind folgende Wirkungen der Entlassung zu nennen: Verlust des Lohneinkommens, Vermögensverluste durch Entsparen, Verschuldung, Such- und Informationskosten bei der Suche nach einer neuen Anstellung, Mobilitätskosten (Umzug) beim Antritt einer neuen Stelle,

III. Strategien der Konfliktregelung

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Verlust des sozialen Umfelds, Reputationsverluste und Dequalifikation. In der Androhung der Kündigung verfUgt der Prinzipal also über ein sehr drastisches Mittel, um seinen Interessen Geltung zu verschaffen. Der Einsatz dieses Mittels erfahrt allerdings aus drei Gründen eine Einschränkung: Erstens sind die Prinzipale in den meisten Industrieländern durch Kündigungsschutzgesetze einem inhaltlichen Legitimierungszwang unterworfen, der filr den Arbeitnehmer nicht besteht. Das zwischen dem Arbeitgeber und dem einzelnen Arbeitnehmer bestehende Machtgefälle wird dadurch relativiert, daß "sich der Staat bzw. 'die Gesellschaft' gleichsam partiell auf die Seite des Arbeitnehmers stellt" (Berkowsky 1986, S. 2). Zweitens ist die Wirksamkeit der Kündigung auf das Arbeitnehmerverhalten begrenzt. Das, was die Kündigung wirksam sein läßt, die Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses, beendet zugleich jede weitere Einflußnahme des Arbeitgebers auf das Arbeitnehmerverhalten. Außerdem konfrontiert die Kündigung das Unternehmen mit einer 'alles oder nichts' -Entscheidung, die in vielen Fällen unangemessen erscheint, um Verhaltenskonformität zu erlangen. Drittens basiert die Wirksamkeit der Kündigung darauf, daß der Arbeitnehmer durch den Verlust der Anstellung Nachteile in Kauf nehmen muß. Das ist nicht immer der Fall. In Zeiten hoher Arbeitskräfteknappheit bestehen gute Aussichten, rasch eine neue Anstellung zu fmden. Die Chancen erhöhen sich filr jüngere Arbeitnehmer, die über wertvolle berufliche Erfahrungen verfUgen und eine gute Qualifikation vorweisen können.24 3. Exit

Der Arbeitgeber verfUgt über das Recht, den Arbeitnehmer zu entlassen. Im Unterschied zur Abmahnung, die ein gestörtes Vertrauensverhältnis bezeugt, drückt die Kündigung aus, daß das Vertrauensverhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber zerstört ist. Die Kündigung bezweckt daher auch keine Verhaltensänderung mehr, sondern die Beendigung des Beschäftigungs24 Die Vorstellung, die Wirksamkeit der Kündigung könne dadurch zurückgewonnen werden, daß der gezahlte Lohn über dem Markträumungslohn liegt, ist wenig überzeugend. Erstens beruhen Ahmahnung und Kündigung auf der Auffassung, daß der Arbeitnehmer weniger leistet, als mit dem Lohn bereits entgolten wird. Eine Lohnerhöhung wUrde diese Diskrepanz erhöhen statt reduzieren. Wahrscheinlicher ist deshalb ein Lohnabzug. Zweitens verlieren Ahmahnung und Kündigung auch bei Arbeitskräfteknappheit nur teilweise ihre Wirksamkeit, weil ein Beschäftigungswechsel mit Mobilitätskosten verbunden ist und der Ruf des gek!lndigten Arbeitnehmers durch die Kündigung Schaden nimmt. Vgl. auch Kubon-Gilke 1990, S. 10,27 und 54.

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9. Kap.: Sanktionen, Diskriminierung und Partizipation

verhältnisses. Stellt man auf das deutsche Recht ab, so ist eine Kündigung aus betriebsbedingten sowie aus personen- und verhaltensbedingten Gründen zulässig. Konflikttheoretisch ist vor allem die verhaltensbedingte Kündigung relevant25, die verschiedene Begründungen umfaßt. Zu nennen sind u.a. Schlecht- oder Minderleistungen des Arbeitnehmers, die Arbeitsverweigerung, Fehlzeiten, Störung des Betriebsfriedens, die Androhung von Arbeitsunfähigkeit, ständige unsachliche und unberechtigte Kritik und unter besonderen außergewöhnlichen Umständen der Abkehrwille des Arbeitnehmers (d.i. der Wille des Arbeitnehmers, in mehr oder weniger naher Zukunft aus dem Betrieb des Arbeitgebers auszuscheiden).2 6 Bestimmte personale Eigenschaften, Verhaltens- und Tätigkeitsmerkmale können das Kündigungsrisiko eines Arbeitnehmers erhöhen. Betroffen sind davon insbesondere Mitarbeiter, deren Konfliktverhalten auf das Verhalten anderer Arbeitskräfte auszustrahlen droht, so daß mit einer Störung des Betriebsfriedens gerechnet werden muß; Mitarbeiter, die Konflikte offen austragen; Arbeitskräfte, die leicht substituiert werden können, d.h. vor allem gering qualifizierte Arbeitskräfte; Mitarbeiter, die eine Vertrauensstellung bekleiden, von denen daher ein hohes Maß an persönlicher Loyalität und Integrität vorausgesetzt wird.

IV. Zur Genese und Interdependenz der Konfliktmanagement-Strategien Strategien der Partizipation basieren auf der Annahme, daß das individuelle Arbeitsverhältnis eine kooperative Beziehung darstellt, die auf dem wechselseitigen Vertrauen der Vertragsparteien beruht. Dieses Vertrauen fußt auf der Überzeugung, daß Agent und Prinzipal in ihrem individuellen Erfolg voneinander abhängig sind und eine Kooperationsrente nur dann erzielt werden kann, wenn Konflikte offen thematisiert und gemeinsam gelöst werden. Charakteristisch ftlr kooperative Strategien ist deshalb die Bereitschaft, interne Gründe ftlr normwidriges Verhalten gelten zu lassen.

25 Allerdings können auch die personen- und die betriebsbedingte Kündigung dazu dienen, Arbeitnehmerverhalten zu beeinflussen. Dies geschieht etwa dann, wenn eine betriebsbedingte Kündigung, die den Wegfall des Arbeitsplatzes voraussetzt, dazu genutzt wird, mißliebige Arbeitnehmer aus der Organisation zu entfernen. Es ist also stets zwischen den rechtlich zulässigen Gründen der Kündigung und den u.U. verdeckt verfolgten Zwecken des Arbeitgebers zu unterscheiden, die ihn zu einer Kündigung veranlassen. Vgl. auch Zitscher 1983. 26 Vgl. Berkowsky 1986.

IV. Zur Genese und Interdependenz der Konfliktmanagement-Strategien

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Angenommen, ein Prinzipal sei mit dem Verhalten eines Agenten unzufrieden, ohne sich darüber im klaren zu sein, auf welche Gründe das normwidrige Verhalten hin attribuiert werden muß: Ein Prinzipal, der sich in dieser Situation befindet, schließt nicht von vornherein aus, daß die Gründe für das Verhalten im Unternehmen, in der Arbeit bzw. den technischen und sozialen Arbeitsbedingungen liegen oder daß der Mitarbeiter persönliche Probleme hat, die sich auf sein Leistungs- und Sozialverhalten negativ auswirken. Um den Gründen auf die Spur zu kommen, bietet sich immer das Mittel der offenen Aussprache (Voice) an. Wird die geringe Leistung oder das normwidrige Sozialverhalten des Mitarbeiters infolge der offenen Aussprache auf unbefriedigende Arbeitsbedingungen hin attribuiert und werden diese daraufhin geändert, so geschieht dies in der Erwartung, daß die Leistungsmotivation des Arbeitnehmers sich dadurch erhöht. Das gleiche trifft zu, wenn ein Mitarbeiter unsachgemäß in eine andere Arbeitsgruppe versetzt wird. Die Bereitschaft der Organisation, sich gegenüber dem Mitarbeiter kooperativ zu verhalten, in dem nach den Gründen z.B. eines Leistungsabfalls gesucht wird, basiert auf der Erwartung, dadurch zur Effizienz des betrieblichen Leistungsprozesses beitragen zu können. Die weiteren Reaktionen der Organisation sind deshalb wesentlich dadurch bestimmt, ob bestehende X-Ineffizienzen auf diese Weise tatsächlich beseitigt werden können oder nicht. Wird dem Anspruchsniveau des Prinzipals zukünftig entsprochen, so wird dies in der Regel nachträglich als Bestätigung des unterstellten Attributionszusammenhangs gewertet werden. Ob eine beobachtbare Leistungssteigerung oder ein zufriedenstellendes Sozialverhalten tatsächlich auf die Wahl einer partizipativen Konfliktstrategie zurückzuführen ist, ist unter Umständen nur von sekundärer Bedeutung. Der eingetretene Effekt bestätigt gleichsam im nachhinein die gewählte Strategie, auch wenn andere Faktoren maßgeblich gewesen sein mögen. Was geschieht aber, wenn die Arbeitsleistung bzw. das beobachtbare Sozialverhalten des Mitarbeiters unvermindert Anlaß zur Unzufriedenheit bietet? Die Bereitschaft seitens der Unternehmung, die Arbeitsbedingungen zu verbessern, indem den Beschwerden des unzufriedenen Arbeitnehmers Rechnung getragen wird, geht von der Annahme aus, daß sich das Verhalten des Arbeitnehmers positiv verändern wird, und schließt aus diesem Grund den Strategiewechsel hin zu einer 'konfliktären' Strategie filr den Fall ein, daß die erwarteten Leistungen und Verhaltensweisen ausbleiben. Es sind dann Neubewertungen zu vermuten, in deren Folge unter Umständen von einer intemalen zu einer externalen Kausalattribuierung gewechselt wird. Statt weiterhin anzunehmen, daß für das unbefriedigende Sozial- und Leistungsverhalten des Mitarbeiters objektive Faktoren der Arbeitssituation verantwortlich sind, wird dann

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9. Kap.: Sanktionen, Diskriminierung und Partizipation

verstärkt auf Personen-Attribute oder nicht-personenbezogene Faktoren als Erklärungsursache geschlossen. Damit ist ein grundsätzlicher Wechsel in der Wahrnehmung und Interpretation der Konfliktsituation verknüpft: Während das individuelle Beschäftigungsverhältnis aus der Perspektive der partizipativen Strategien als ein Positivsummenspiel gesehen wird, nimmt es aus dem Blickwinkel der defektiven Konfliktstrategien den Charakter eines Nullsummenspiels ein. Die mangelnde Leistung und das beanstandete Sozialverhalten des Mitarbeiters werden dann eher als Verletzung des Verftlgungsrechts der Unternehmung auf die Nutzung der Arbeitskraft gewertet. Die konfliktären Managementstrategien teilen daher nicht den Optimismus, durch ein Entgegenkommen höhere Leistungen und normgerechtes Sozialverhalten erreichen zu können. Vielmehr wird dieses als selbstverständlich vorausgesetzt, so daß verhaltensbedingte lneffizienzen unmittelbar auf den Mitarbeiter zurückfallen. Das Verhalten des Mitarbeiters wird gleichsam als 'unfair' interpretiert. Um sich der (vermeintlichen) Gefahr, vom Agent 'ausgebeutet' zu werden, zu erwehren, wechselt der Prinzipal zu einer defektiven Strategie. Eine tatsächliche oder vermeintliche Defektion des Agent wird vom Prinzipal fortan mit Defektion 'beantwortet': Tit for Tat27 • Der weitere Einsatz der Konfliktstrategien ist - wie schon bei den kooperativen Strategien gezeigt wurde - vor allem von der Bewertung der zukünftigen Ereignisse abhängig. Ändert der Mitarbeiter sein Verhalten in der gewünschten Weise, wird dies als nachträgliche Bestätigung der Kausalattribution angesehen, unabhängig davon, ob die Verhaltensänderung des Mitarbeiters ursächlich auf den Einsatz eines. Disziplinierungsinstruments zurückgeftlhrt werden kann oder nicht. Der Erfolg gibt auch in diesem Fall der gewählten Strategie im nachhinein Recht. Was geschieht aber, wenn die Defektion nicht zu der gewünschten Verhaltensänderung des Mitarbeiters führt? Bewirkt das Scheitern einer defektiven Strategie umgekehrt einen Wechsel zu einer kooperativen? Betrachten wir dazu den Fall, daß ein Prinzipal auf unzufriedenstellendes Mitarbeiterverhalten mit negativer Diskriminierung reagiert. Der Mitarbeiter wird also gegenüber seinen Kollegen benachteiligt, um eine Verhaltensanpassung im Sinne einer Leistungssteigerung zu erwirken. Statt dessen sinken die Leistungen des Arbeitnehmers, weil sich dieser ungerecht behandelt ftlhlt. Man könnte in diesem Fall vermuten, daß das Scheitern der vom Prinzipal eingeschlagenen Strategie zu einem Strategiewechsel fiihrt. Dies setzt jedoch

27 Im Unterschied zur spieltheoretischen Terminologie impliziert das oben Gesagte keineswegs, daß der Mitarbeiter tatsächlich defektiert, d.h. eine konfliktäre Strategie präferiert; wichtig ist vielmehr, daß der Prinzipal das Verhalten des Agent als konfliktär bewertet. Es ist daher nicht auszuschließen, daß sich beide Akteure in ihren Handlungsabsichten mißverstehen.

IV. Zur Genese und Interdependenz der Konfliktmanagement-Strategien

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ebenfalls einen Wechsel des Attribuierungsmusters voraus, der empirisch vermutlich selten zu beobachten ist. Wahrscheinlicher ist die Beibehaltung des Attribuierungsmusters, denn die Tatsache, daß sich der Agent trotz der Disziplinarmaßnahmen weiterhin normwidrig verhält, bestätigt scheinbar die Kausalattribuierung und damit die Berechtigung der negativen Diskriminierung, während de facto der umgekehrte Zusammenhang vorliegt. Ebenso wie es eine Interdependenz zwischen den partizipativen Konfliktstrategien gibt, gibt es häufig einen Lock-In-Effekt zwischen den defektiven Strategien. Allerdings ist ein Wechsel zu kooperativen Strategien nicht prinzipiell ausgeschlossen. Dies ist um so wahrscheinlicher, wenn die folgenden Bedingungen erftillt sind: Erstens erfolgt die Evaluierung des Mitarbeiterverhaltens in der Regel vor dem Hintergrund des Gesamtbildes der Persönlichkeit, das sich der Prinzipal im Laufe seiner Erfahrungen geformt hat. Ein Mitarbeiter, über den ein positives Gesamtbild besteht, kann viel eher damit rechnen, daß die von ihm vorgebrachten Gründe flir das beanstandete Leistungs- oder Sozialverhalten sachlich geprüft werden, anstatt von vornherein als Vorwand behandelt zu werden. Zweitens läßt sich ein Wechsel des Attribuierungsmusters auch dann vermuten, wenn viele Arbeitnehmer in gleicher Weise verhaltensauffällig werden, z.B. ihre Unzufriedenheit mit den technischen Arbeitsbedingungen gegenüber ihrem Vorgesetzten bekunden. Es steht dann zu vermuten, daß die Gründe mangelnder Leistungsbereitschaft oder normwidrigen Sozialverhaltens nicht auf Personenmerkmale einzelner Arbeitnehmer hin attribuiert werden. Drittens orientieren sich Unternehmen auch an der Praxis anderer Unternehmen. Der Erfolg anderer Unternehmen, die partizipative Strategien verfolgen, unterwirft defektive Konfliktmanagement-Strategien einem unternehmensinternen Legitimationszwang, der schließlich zu einem Wechsel des Attribuierungsmusters fuhren kann. Viertens reflektieren Unternehmen in der Wahl ihrer Strategien auch auf den externen Arbeitsmarkt. Ein Unternehmen, dessen Arbeitskräfte auf dem Arbeitsmarkt leicht substituiert werden können, wird viel eher zu einer defektiven Strategie greifen als ein Unternehmen, dessen Arbeitskräfte nur kostspielig zu ersetzen sind. 28 Fünftens sind den defektiven Konfliktmanagement-Strategien selbst Grenzen gesetzt, die - wenn sie erkannt werden - die Unternehmung dazu veranlassen können, zu einer kooperativen Strategie zu wechseln. Komplexere Arbeiten, in denen ein hohes Maß an Eigeninitiative, Kreativität, Intelligenz und 28 Vgl. Schol/1989, S. 2.

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9. Kap.: Sanktionen, Diskriminierung und Partizipation

Inspiration verlangt ist, bedingen ein hohes Maß an intrinsischer Leistungsmotivation, die durch negative Sanktionierungen eher zerstört als gefordert wird. Aus dem Gesagten geht hervor, daß defektive Strategien vor allem dann zum Zuge kommen, wenn das Verhalten des betreffenden Arbeitnehmers bereits in der Vergangenheit zu Beanstandungen geführt hat, wenn das normwidrige Verhalten kein Massenphänomen darstellt, wenn die Arbeit zu ihrer Verrichtung kein besonderes Maß an Kreativität, Inspiration und Intelligenz erfordert (einfache Arbeiten) und von anderen Unternehmen keine dissonanten Erfahrungen vorliegen. Der Wechsel zu einer kooperativen Strategie ist umgekehrt immer dann wahrscheinlich, wenn der Mißerfolg der defektiven Strategie auf diese selbst zurückgeführt wird. 29 Wichtig und festzuhalten ist dabei, daß mit diesen Hinweisen nichts über die Effizienz dieser Strategien ausgesagt ist.

V. Resümee Die Unterscheidung zwischen kooperativen und nicht-kooperativen Strategien ist uns aus der spieltheoretischen Behandlung sozialer Interaktionen wohl vertraut. Kooperative Strategien unterscheiden sich von nichtkooperativen Strategien unter anderem dadurch, daß sie dem sozialen 'Mitspieler' eine höhere Wohlfahrt zubilligen. Welche Strategie gewählt wird, ist dann ausschließlich davon abhängig, welcher Nutzen in Gestalt der erzielbaren payoffs mit der jeweiligen Strategie verknüpft wird. Das setzt nicht nur klar definierte Strategien voraus, sondern auch eindeutige Präferenzen der Spieler, die sich überdies in Nutzeneinheiten quantifizieren lassen müssen. Angewandt auf unser Thema heißt das: wählt ein Prinzipal eine konfliktäre Strategie, dann eben, weil er damit einen höheren Nutzen realisieren kann, als wenn er dies nicht täte. Andernfalls hätte er sie ja nicht gewählt! Der zirkuläre Charakter der Argumentation kann nur vermieden werden, wenn spieltheoretische Modelle um Überlegungen ergänzt werden, die in der Spieltheorie in der Regel als bereits gelöst unterstellt sind. Zum Beispiel die Frage, woher die Erwartungen kommen, wie sie sich entwickeln und verändern? Das gilt auch für die Strategien selbst und deren Bewertung. Warum wählen Prinzipale eine defektive Konfliktstrategie statt einer kooperativen? Genauer gesagt, warum scheint ihnen eine Strategie nützlicher als die andere zu

29 Dies zu erkennen, ist allerdings nicht immer einfach: "Die Schwierigkeit", so Franyois Stall 1983, S. 211, "... liegt darin, daß jede Variable sowohl als Ursache als auch als Wirkung betrachtet werden kann."

V. Resümee

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sein? Die Beantwortung dieser Fragen verweist auf die kognitiv-emotionalen Prozesse und Interpretationsmuster, vor deren Hintergrund strategische Entscheidungen getroffen werden. Die Modeliierung der Entscheidungssituation erfährt dadurch zugleich eine Komplizierung, denn die Wahl einer Strategie wird ihrerseits abhängig von der Wahrnehmung und Bewertung der Entscheidungssituation: Ein Prinzipal, der das normwidrige Verhalten des Mitarbeiters auf dessen Personenmerkmale hin attribuiert, greift sehr wahrscheinlich zu anderen Strategien als ein Prinzipal, der kognitiv die Möglichkeit zuläßt, daß das beanstandete Fehlverhalten des Mitarbeiters eine durchaus verständliche Reaktion auf die Mißstände in der Organisation sind, ja, im Extremfall sogar vom Prinzipal selbst provoziert wurde. Es kommt dann unter Umständen zu einem zirkulären Ursache-Wirkungs-Zusammenhang, den Sto/1 beschreibt: "Unstimmigkeiten mit dem Chef ziehen schlechte Leistungen nach sich, schlechte Leistungen bringen weniger interessante Arbeit, eventuell sogar Lohneinbußen, diese wiederum Arbeitsunzufriedenheit, was zu neuen Unstimmigkeiten mit dem Vorgesetzten fllhren kann." (1983, S. 211) Auch der Übergang von einer nicht-kooperativen zu einer partizipativen Strategie des Unternehmerischen Konfliktverhaltens verdankt sich also nicht einfach einem ökonomischen Kalkül, sondern beruht auch auf einer Veränderung des Anspruchsniveaus und der Erwartungshaltung des Prinzipals. In der ausführlichen Diskussion beider Strategien wird deutlich, daß die zugrundeliegende Zielsetzung der partizipativen Strategie weitergesteckt ist als bei 'repressiven· Konfliktstrategien: normabweichendes Verhalten soll nicht einfach unterbunden werden. Angestrebt wird Normadaptation, d.h. die Identifikation des Mitarbeiters mit der Organisation. Eine Dichotomisierung beider Konfliktstrategien, wie sie die Literatur wie ein roter Faden durchzieht, übersieht geflissentlich, daß sich beide Strategien auf unterschiedlich strukturierte Bewertungen innerorganisatorischer Vorgänge beziehen. Die Überlegungen dieses Kapitels dienten dem Zweck, zu zeigen, unter welchen Voraussetzungen, welche Strategien vom Prinzipal präferiert werden. Der Rückgriff auf Erkenntnisse einer Nachbardisziplin der Wirtschaftswissenschaften, der Psychologie, erwies sich erneut als hilfreich, um den Zusammenhang der Strategien in ihrer Abfolge, ihrer Genese, aufzudecken. Nicht beantwortet wurde damit die Frage, wie es um die Effizienz der betrieblichen Anreizsysteme im einzelnen bestellt ist. Ist es möglich, ökonomische Kriterien zu formulieren, anband derer Prinzipale eine optimale Konfliktstrategie wählen könnten? Um diese und andere Fragen geht es im nächsten Kapitel.

Zehntes Kapitel

Kooperation oder Konflikt? - Zur EffiZienz und IneffiZienz betrieblicher Konfliktmanagement-Strategien

I. Das Problem Dem Prinzipal stehen verschiedene Instrumente (Strategien) zur Auswahl, um auf den Mitarbeiter und sein Verhalten einzuwirken. Damit steht der Prinzipal vor dem Problem, entscheiden zu müssen, welche Strategie er einsetzen will, um ein bestimmtes Verhalten zu fördern oder normwidriges Verhalten zu reduzieren. In der Sprache der Ökonomie formuliert, stellt sich die Frage, ob es eine optimale Konfliktmanagement-Strategie gibt. Die Schwierigkeit besteht darin, daß zur Beantwortung dieser Frage nicht nur die Kosten einer Strategie und ihre Alternativen bekannt sein müssen, was sie oft nicht sind, sondern auch die Wirkungen, die von diesen Strategien auf das Verhalten des Mitarbeiters ausgehen. Daß dies ein ernstzunehmendes Problem darstellt, hat bereits die Analyse des Mitarbeiter-Konfliktverhaltens gezeigt. Vor allem bleibt anzumerken, daß eine Problemlösung aus der Perspektive der Organisation nicht unbedingt zu hoher Arbeitszufriedenheit fUhrt. Die folgenden Überlegungen dienen dem Zweck, die Schwierigkeiten deutlich zu machen, die damit verbunden sind, optimale Lösungen zu formulieren. Das Ergebnis dieser Diskussion soll den weiteren Ausftlhrungen erneut vorangestellt werden: These I: Jede betriebliche Konfliktstrategie, die ökonomische Effizienz beansprucht, muß drei elementare Voraussetzungen erftlllen: (i) Die von der Konfliktstrategie ausgehenden Anreize müssen mit den Interessen, Motiven und Bedürfnissen der Anreizempfänger korrespondieren. Das gleiche gilt im Prinzip auch ftlr die Interessenlage des Prinzipals, bzw. der Organisation. (ii) Es muß den Mitarbeitern nicht nur objektiv, sondern auch subjektiv möglich sein, die positiven und negativen Vergütungskriterien des Anreizsystems zu erftlllen. (iii) Die Mitarbeiter müssen zusätzlich über die Funktionsweise und

II. Zu den Voraussetzungen effizienter Konfliktmanagement-Strategien

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Vergütungskriterien rechtzeitig und hinreichend genau informiert sein und instruiert werden.

These 2: Den unter These I aufgeführten Erfordernissen werden die untersuchten Konfliktstrategien in der Regel nicht gerecht. Als entscheidend erweisen sich die mit der Optimierung verknüpften Informationsprobleme der Entscheidungsträger. Der Prinzipal kennt die Ertrags- und Kostenfunktionen der ihm zur Auswahl stehenden Strategien hinsichtlich der Wirkungen, die von diesen ausgehen, nicht und kann sie auch nicht kennen. Das Informationsproblem ist prinzipiell, d.h. seiner Qualität nach, unlösbar. These 3: Die Unlösbarkeit der Informationsprobleme schränkt den Erklärungsgehalt der in der Literatur diskutierten hochformalisierten PrinzipalAgent-Modelle erheblich ein. Besser als durch Optimierungsmodelle neoklassischen Typs, kann das empirische Entscheidungsverhalten bei 'echter Ungewißheif und ·beschränkter Rationalität' unter Zuhilfenahme von verhaltenswissenschaftlich orientierten Theorien erklärt werden. Diese lassen die Frage allerdings t:mbeantwortet, welche Strategie ökonomisch effizient ist. Behandelt werden im Fortgang der Reihe nach die gegensätzlichen Effizienzwirkungen der Kontroll- und Überwachungssysteme, der negativen Sanktionen (wie zum Beispiel Diskriminierungen), des Lohns und der Lohnfonn 1 sowie der partizipativen Strategien. Bevor wir uns jedoch mit den Konfliktstrategien der Organisation im einzelnen auseinandersetzen wollen, ist es zweckdienlich, einige allgemeine Bemerkungen zur Effizienz betrieblicher Konfliktstrategien voranzustellen.

II. Zu den Voraussetzungen effizienter Konfliktmanagement-Strategien "Wer von Effizienz spricht, muß angeben, ftlr wen und im Hinblick worauf ein Instrument effizient ist." (Kossbie/1994, S. 80) Das gilt auch ftlr das hier zu behandelnde Thema der alternativen Konfliktstrategien einer Organisation im Prinzipal-Agent-Verhältnis einer erwerbswirtschaftlichen Unternehmung. 2 Grundsätzlich kann sich die Effizienz sowohl auf den Prinzipal als auch auf den Agent beziehen. Letzteres bedeutet, daß das individuelle Beschäftigungsverhältnis den nonnativen Erwartungen des Mitarbeiters entspricht. Dieser

1 Ausgenommen sind davon Gewinnbeteiligung und Senioritlltsentlohnung, die im Zusammenhang mit der Wirkungsanalyse der partizipativen Strategien behandelt werden. 2 Die folgenden Überlegungen lehnen sich stark an den Beitrag von Kossbie/1994 an.

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10. Kap.: Kooperation oder Konflikt?

Begriff der sozialpsychologischen Effizienz deckt sich insofern mit dem Begriff der Arbeitszufriedenheit, wie er im vorletzten Kapitel ausfilhrlich diskutiert wurde: Ein betriebliches System wäre in diesem Sinne dann effizient zu nennen, wenn es einen hohen Grad an Arbeitszufriedenheit stiftet. Damit ist freilich nicht gesagt, daß das Prinzipal-Agent-Verhältnis auch aus der Perspektive des Prinzipals, bzw. der Organisation, als effizient bewertet wird. Zu Recht weist G. Schmidtchen darauf hin, daß das alltagspsychologische Verständnis, nach dem Zufriedenheit ein guter und Unzufriedenheit ein schlechter Zustand sei, vom Standpunkt der Organisation aus zu kurz greife, denn es gäbe auch "selbstgeflillige Zufriedenheit mit Leistungen, die einem ernsthaften Wettbewerb nicht standhalten .... Das heißt, ... daß fiir sich genommen weder ein gutes Betriebsklima noch eine pauschale Arbeitszufriedenheit als ausreichende politische Zielvariable angesprochen werden kann." (1983, S. 214) Aus der Sicht der Unternehmung ist nicht die sozialpsychologische, sondern die ökonomische Effizienz maßgeblich. Ökonomisch effizient sind solche Strategien, die geeignet sind, das langfristig erfolgreiche Bestehen der Unternehmung im Wettbewerb zu gewährleisten. Die Abstraktheit der Zielsetzung, Gewinne zu erwirtschaften, erfordert allerdings eine Operationalisierung durch Unterziele und erscheint insofern 'interpretationsoffen', als unter den Bedingungen echter Ungewißheit nicht eindeutig gesagt werden kann, in welcher Weise dem Kapitalwachstum ambestengedient wäre. Dessen ungeachtet sind Konkretisierungen durch Organisationsziele und Verhaltensstandards notwendig, die vom Prinzipal formuliert werden müssen. Berücksichtigt man, daß es unter Umständen mehrere Strategien oder Anreizsysteme gibt, mit denen diese Verhaltensstandards erreicht werden können, dann ist diejenige Strategie ·effizient' zu nennen, die bei gegebenen Kosten den höchsten Zielerreichungsgrad aufweist oder den angestrebten Zielerreichungsgrad mit den niedrigsten Kosten zu realisieren imstande ist. Wie kann dieses Ziel erreicht werden? Die erste hier zu nennende Voraussetzung betrifft das Verhältnis zwischen dem Anreiz bzw. dem Anreizsystem und dem Zielsystem der beteiligten Akteure. Angesprochen ist damit einerseits das Verhältnis der Anreize zu der Motivations- und Bedürfnisstruktur des Mitarbeiters, zum anderen das Verhältnis zwischen den Anreizen und den Zielen der Organisation. Um das Problem zu verdeutlichen, nehmen wir an, ein Mitarbeiter strebe aus privaten Gründen nur ein kurzfristiges Beschäftigungsverhältnis an. Der Versuch, das Arbeitsverhalten durch die Aussicht auf eine langfristige Beschäftigungsmöglichkeit zu beeinflussen, bleibt dann wirkungslos, weil der Anreiz (Aussicht auf langfristige Anstellung) auf kein Interesse des Mitarbeiters stößt; allgemein formuliert: "Anreize müssen fllr Anreizempflinger einen Wert haben und dieser bestimmt sich nach der Bedeutung und der Dring-

II. Zu den Voraussetzungen effizienter Konfliktmanagement-Strategien

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lichkeit jener Motive, zu deren Befriedigung sie beitragen können." (Kossbiel

1994,S. 85)

Wie Kossbiel weiter ausführt, entspricht dem Anreiz-Bedürfnis-Zusammenhang auf Seiten des Mitarbeiters der Zusammenhang zwischen den Zielen und den Vergütungskriterien auf Seiten der Organisation. Wird eine Umsatzsteigerung angestrebt, liegt es nahe, die Vergütungskriterien an der Entwicklung des Umsatzes auszurichten. Wird eine Kostensenkung bezweckt, wäre entsprechend die Bezahlung von der Entwicklung der Kosten in dem vom Mitarbeiter zu verantwortenden Bereich abhängig zu machen. Die ideale Konstellation, in der die Zielgröße mit dem Vergütungskriterium gleichzusetzen ist, dürfte allerdings in der betrieblichen Realität eher die Ausnahme bilden. In der Regel besteht eine nur mangelhafte Entsprechung von Vergütungskriterien und Untemehmensziel, die zu X-Ineffizienzen führt. 3 Die Anreize wirken zwar, aber sie wirken nicht in die erwünschte Richtung (Dysfunktionalität) und/oder nicht in dem erwarteten Ausmaß. Als erste Voraussetzung für ein effizientes Anreizsystem bleibt daher festzuhalten: "Nur bei Interessenstimmigkeit der Anreize und Kriterien, werden die 'richtigen', d.h. zieladäquaten Kriterien mit den 'richtigen', d.h. bedürfnisadäquaten Anreizen gef6rdert." (Eben da, S. 86) Selbst wenn wir annehmen, daß die Bedürfnisse und Motivationen des Mitarbeiters ihre Entsprechung in den Anreizen haben, sind Anreizsysteme nur dann verhaltensbeeinflussend, wenn es den Agenten auch grundsätzlich möglich ist, die Bemessungsgrundlagen der Vergütung4 zu erftillen. Dies ist die zweite Voraussetzung, die ein Anreizsystem erflillen muß, um verhaltenswirksam zu sein. An die Gestaltung der Bemessungsgrundlagen sind aus diesem Grund bestimmte Anforderungen zu stellen. Erstens sollten die Bemessungsgrundlagen so gewählt werden, daß zufällige Einflüsse, die technischen Gegebenheiten oder die Verhaltensweisen anderer Akteure keinen starken Einfluß auf sie haben. Positiv formuliert: die Bemessungsgrundlagen sollten so gewählt werden, daß sie idealiter ausschließlich vom Verhalten des Mitarbeiters abhängen. s

3 Kossbiel 1994, S. 86 verweist auf das Beispiel der Vergütung eines Vorgesetzten nach der Höhe der Gesamtkosten seiner Abteilung nach dem Motto: Je höher die Kosten der Abteilung, desto größer die Verantwortung. 4 Bemessungsgrundlagen der Vergütung können sich auf Input-Großen, wie das Arbeitsvermögen und den Arbeitseinsatz, als auch auf Outputgrößen, wie das Arbeitsergebnis und den Erfolgsbeitrag, beziehen. Je nach Bemessungsgrundlage unterscheidet sich die Form der Entlohnung. Der Zeitlohn bezieht sich auf lnputgrößen, wahrend sich Formen des Leistungslohns und eine erfolgsabhängige Entlohnung an Output-Größen orientieren. Vgl. Kossbie/1994, S. 79. 5 Vgl. Kossbie/1994, S. 80.

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10. Kap.: Kooperation oder Konflikt?

Zweitens muß für die Mitarbeiter auch erkennbar sein, wie sie ihre Vergütung durch ihr Arbeits- und Sozialverhalten in ihrem Sinne verändern können. Das setzt voraus, daß die Bemessungsgrundlagen der Vergütung feststellbar sind und daß die Vergütung auf die erwünschten Verhaltensänderungen spürbar und bestimmt reagiert. 6 Neben der Gestaltung der Bemessungsgrundlagen müssen auch auf Seiten des Anreizempfängers bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, damit ein Anreizsystem verhaltenswirksam wird. Der obige Hinweis, es müsse dem Mitarbeiter grundsätzlich möglich sein, die Bemessungsgrundlage zu erfüllen, stellt lediglich auf die objektiven Eigenschaften des Anreizsystems ab. Verhaltenswirksam wird ein Anreizsystem aber nur dann, wenn zugleich die subjektive Erwartung seitens des Mitarbeiters besteht, die Vergütungskriterien auch erfüllen zu können. Diese Erwartung richtet sich einmal auf das eigene Fähigkeitspotential des potentiellen Anreizempfängers: Sind die Anforderungen an das Arbeits- und Sozialverhalten des Mitarbeiters aus der Sicht des Mitarbeiters zu hoch gesteckt, um erfüllt werden zu können, wird ein Anreizsystem unter Umständen sogar negative Wirkungen auf das Arbeits- und Sozialverhalten haben. Der Mitarbeiter resigniert oder filhlt sich vom Prinzipal schlecht behandelt und läßt deshalb in seinen Anstrengungen nach. Sind die Anforderungen dagegen zu niedrig angesetzt, bleibt das Anreizsystem ohne Einfluß auf das individuelle Leistungs- und Sozialverhalten. Zum anderen richtet sich die subjektive Erwartung des Mitarbeiters auch auf sein Umfeld. In diesem Zusammenhang ist die Verbindlichkeit des Vergütungssystems und das Vertrauen und der Glaube an die Bereitschaft und Fähigkeit des Prinzipals, die Vergütung zu gewährleisten, zu nennen: "Ein 'nach oben' einflußloser Vorgesetzter kann z.B. versprochene Gehaltserhöhungen fllr seine Mitarbeiter nicht durchsetzen. A priori als 'leere Versprechungen' oder als 'leere Drohungen' identifizierte Anreizangebote verfehlen die intendierte Wirkung." (Kossbiel 1994, S. 82)

Als dritte Voraussetzung eines effizienten Anreizsystems ist der Informationsstand des Mitarbeiters zu nennen. Es passiert gar nicht so selten, daß Mitarbeiter das Vergütungssystem gar nicht genau kennen oder falsche Vorstellungen über die Bemessungsgrundlagen der Vergütung haben. Das ist um so wahrscheinlicher, je ausgeklügelter und daher komplizierter ein Anreizsystem ist. Auch zeigen sich 'jüngere' Mitarbeiter häufig schlechter informiert als 6 Kossbie/ 1994, S. 83 verweist darauf, daß dies sowohl von der Größenperspektive als auch von dem zeitlichen Zusammenhang abhängig ist. Die Verhaltenswirksamkeit sei um so größer, je enger der zeitliche Zeitzusammenhang zwischen der Kriteriumserfllllung und der Anreizverfllgung (d.h. der Vergütung) ist.

III. Zur Effizienz und Ineffizienz des Kontroll- und Überwachungssystems

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Mitarbeiter, die schon längere Zeit im Unternehmen arbeiten und die 'Spielregeln' kennen. Wie auch immer, jedes Anreizsystem setzt in seiner Wirksamkeit voraus, daß die Mitarbeiter hinreichend genau instruiert sind und informiert werden, welche Verhaltensnormen, sei es die Arbeit oder das Sozialverhalten betreffend, von ihnen erwartet werden und wie das Anreizsystem im einzelnen beschaffen ist, d.h. welche Handlung eine Anreizvergütung bestimmter Qualität und Quantität auslöst. Zusammenfassend ist die ökonomische Effizienz eines Anreizsystems also davon abhängig, daß das Anreizsystem Anreize setzt, die mit der Motivation des Mitarbeiters und - hinsichtlich des geförderten Verhaltens - mit dem Interesse der Organisation harmonieren, daß die Bemessungskriterien des Anreizsystems sowohl objektiv als auch subjektiv vom Mitarbeiter erfiillt werden können und daß die Mitarbeiter hinreichend genau über die Funktionsweise des Anreizsystems informiert und instruiert sind. In welcher Weise die einzelnen Konfliktstrategien der Organisation diese Voraussetzungen erfiillen, soll im Fortgang geklärt werden. Behandelt werden der Reihe nach das System der Kontrolle und Überwachung, negative Sanktionen, der Lohn und die Lohnform und die Strategien der Partizipation.

111. Zur Effizienz und Ineffizienz des Kontroll- und Überwachungssystems Jede Unternehmung verfilgt über diverse Kontrollmechanismen, mit deren Hilfe die beobachtbaren Ergebnisse des Leistungsprozesses mit bestimmten Sollwerten verglichen werden. Das System der Kontrolle erftlllt in diesem Sinne zunächst eine Informationsfunktion fiir den Prinzipal. Diese Funktion kann die Kontrolle aber nur leisten, wenn gravierende Informationsprobleme bereits gelöst sind. Kontrollprozesse setzen eine eindeutige Festlegung der Sollgröße voraus. Das ist bei einfachen und quantitativen Tätigkeiten unproblematisch. Anders verhält es sich bei komplexen Arbeitsverrichtungen. 7

7 Die damit verknüpften Probleme schildert Laux 1990, S. 5: "Die Kontrollinstanz mag zwar eigene Vorstellungen darüber haben, wie bei der Entscheidungstindung vorgegangen werden sollte (diese Vorstellungen entwickelt sie insbesondere im Kontrollprozeß selbst), sie kann jedoch nicht ihre Überzeugung als ·objektiv richtig' zum Maßstab erheben." 17 Dunn

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10. Kap.: Kooperation oder Konflikt?

Ein anderes Informationsproblem stellt sich ein, wenn das tatsächliche Arbeitsverhalten nicht genau ermittelt werden kann. Dazu genügt es in der Regel nicht, die Resultate eines Arbeitsprozesses zu beobachten, weil diese nur teilweise vom Arbeitsverhalten abhängig sind. Eine Leistungskontrolle etwa macht nur dann einen Sinn, wenn das Arbeitsergebnis (der Output) und der (individuelle) Arbeitseinsatz in einem eindeutig meßbaren Verhältnis stehen. Das trifft in der Realität häufig nicht zu. Vielmehr bestehen in Organisationen vielfältige Jnterdependenzen 8, die die individuelle Leistungserfassung erschweren, wenn nicht gar verhindern. 9 Schließlich ist ein weiteres Informationsproblem zu nennen. Es genügt nicht, das Verhalten des Arbeitnehmers zu beobachten, gefordert ist vielmehr die Bewertung der erbrachten Leistungen. Das allerdings bereitet unter Umständen ebenfalls Schwierigkeiten: "Die Instanz kann in der Regel nicht unmittelbar beurteilen, ob die von einem Entscheidungsträger gewählte Alternative 'gut' ist. Für eine solche Beurteilung benötigt die Instanz u.a. Informationen über Handlungsalternativen und deren Konsequenzen, die sie zunächst gar nicht hat: .... " (Laux 1990, S. 5)

Neben der Informationsfunktion erfüllen Kontroll- und Überwachungshandlungen auch eine Motivations/unktion. Sie informieren nicht nur den Prinzipal über das Verhalten des Mitarbeiters, sondern auch diesen selbst. Sofern der Mitarbeiter über genaue Sollvorgaben informiert ist, liefert der Kontrollvorgang darüber hinaus Informationen über die Übereinstimmung der erbrachten Arbeitsleistung mit der vom Prinzipal vorgegebenen Sollgröße. Ob diese Informationen zu einer Erhöhung der Arbeitsleistung führen oder nicht, hängt in erster Linie davon ab, auf welche Faktoren hin die Differenz des Soll-IstVergleichs vom Agent attribuiert wird und welche Konsequenzen aus der Nichtübereinstimmung mit den Soll-Vorgaben erwachsen: Ein Mitarbeiter, der die vom Prinzipal formulierten Verhaltensstandards als gerechtfertigt ansieht, 8 Diese Interdependenzen lassen sich unterscheiden (Thompson 1967): (I) Reziproke Interdependenz besteht, wenn mehrere Arbeitskräfte im Team zusammenarbeiten, um eine Arbeit zu verrichten. (2) Sequentielle Abhängigkeit liegt dann vor, wenn die Arbeitskräfte in der Verrichtung ihrer Arbeit auf die Inputs anderer Teams angewiesen sind, die sie bearbeiten, und (3) der Begriff der generellen Interdependenz (poo/ed interdependence) erfaßt die Tatsache, daß jedes einzelne Mitglied der Organisation in seinem Verhalten von der Organisation als Gesamtheit abhängig ist. 9 In diesem Sinne äußert sich auch Salryer: "Control is difficult to exercise where the pace of work by a particular individual cannot be easily monitored, and where considerable skill and knowledge of the particular task are required." ( 1989, S. 52) Das Ausmaß der Kontrolltätigkeit des Unternehmens wird nach Auffassung von Salryer durch zwei Faktoren beeinflußt. Einmal durch die Dringlichkeit der Kontrolle und Überwachung, zum anderen durch die Kosten. Daraus wird häufig geschlußfolgert, daß die Intensität und der Umfang der Kontrolltätigkeit in Krisensituationen zunimmt. Vgl. dazu auch Wil/iamson 1964.

III. Zur Effizienz und Ineffizienz des Kontroll- und Überwachungssystems

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verhält sich anders als jemand, der dies nicht tut. Zu erwarten steht im letztgenannten Fall nämlich eher, daß Kontroll- und Überwachungshandlungen demotivierend wirken. Das Gleiche trifft zu, wenn der Mitarbeiter die Ursachen der zu geringen Arbeitsleistung nicht sich selbst, sondern der Organisation anlastet. Werden die Arbeitsbedingungen als unbefriedigend empfunden·oder gelten die Arbeitsanforderungen als überhöht oder nicht erfilllbar, werden vermehrte Kontrollhandlungen den gewünschten Motivationseffekt nicht aufweisen. Vermehrte Kontrollhandlungen können auch dazu fUhren, daß die Konkurrenz innerhalb der Arbeitsgruppe zunimmt. Beanstandete Leistungen werden etwa auf den zu geringen Arbeitseinsatz anderer Teammitglieder anstattauf die eigenen Arbeitsleistungen hin attribuiert. Schömbs bezeichnet es als "Tatsache ... , daß Kontrolle (Überwachung) einer der neuralgischen Punkte fiir das Arbeitsklima ist" (1977, S. 9 10). Vermehrte Kontrollhandlungen führen dann unter Umständen zu einem Anstieg der Fehlerhäufigkeit und erhöhen damit zugleich den Überwachungsbedarf 11 Ob diese negative Bewertung von Kontrollhandlungen seitens der Mitarbeiter gemildert werden kann, "wenn nicht nur Fehlentscheidungen mit Sanktionen bedroht, sondern auch filr 'gute' Entscheidungen positive Belohnungen gewährt werden", wie Laux 1990, S. 6 vermutet 12 , ist nur empirisch zu beantworten. Als nicht unwesentlich für diese Prüfung dürfte sich das Problem erweisen, die Wirkung vermehrter Kontrollhandlungen von den Wirkungen der erwarteten Konsequenzen zu trennen. Zu beachten ist nämlich, daß die Motivationswirkung intensivierter Kontrolltätigkeit nicht zwangsläufig auf diese selbst zurückzufUhren ist: Ein Mitarbeiter, der Shirking-Verhalten praktiziert, mag veranlaßt sein, seine Arbeitsleistungen zu erhöhen, wenn sein Arbeitsverhalten stärker kontrolliert wird. Er tut dies aber nicht einfach, weil die Kontrolltätigkeit Informationen über sein 'Fehl'verhalten liefert, sondern in Antizipation der erwarteten negativen Sanktionen des Prinzipals. Wie auch immer die Informations- und Motivationswirkungen vermehrter Kontroll- und Überwachungsleistungen einzuschätzen sind, erfordert der ökonomisch effiziente Einsatz dieses Instrumentariums auch die Berücksichtigung der erwarteten direkten und indirekten Kosten. 13 Die neoklassische Theorie

IO Vgl. auch Wi/liamson 1975, S. 55f. II Vgl. auch Treuz 1974, S. II I.

12 "Derartige Belohnungen vergrößern die Akzeptanz von Kontrollen und können darüber hinaus einen Anreiz schaffen, sich verstärkt filr das Ziel der Instanz (bzw. das Organisationsziel) einzusetzen." (Laux 1990, S. 6) 13 Ich schlage vor, die Kosten vermehrter Kontrolltätigkeit danach zu unterscheiden, ob sie unmittelbar und direkt mit der Kontrolltätigkeit des Prinzipals entstehen oder auf die gegebenen17*

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10. Kap.: Kooperation oder Konflikt?

formuliert fiir dieses Optimierungsproblem eine Entscheidungsregel, nach der die Kontrolle bis zu dem Punkt zu erhöhen ist, zu dem sich die Grenzkosten und Grenzerlöse ausgleichen. Vergessen wird dabei, daß die durch die Kontrollmaßnahmen eingesparten Kosten von Fehlhandlungen unbekannt sind. Wären sie nämlich bekannt, entfiele die Notwendigkeit, sie durch Kontrolle und Überwachung zu ermitteln. Sie können empirisch gar nicht ermittelt werden, weil sie sich auf einen Zustand beziehen, der nur gedanklich existiert. 14 An all diesen Informationsproblemen spiegelt sich das grundsätzliche Informationsproblem des Prinzipal-Agent-Verhältnisses wider: "Die Tatsache, daß ihre eigenen Fähigkeiten, Informationen zu beschaffen, zu speichern und zu verarbeiten, begrenzt sind, ist flir die Instanz gerade einer der wesentlichen Gründe dafür, Entscheidungskompetenzen zu delegieren. Einerseits wird sie dadurch entlastet, andererseits fehlt ihr damit aber (zunächst) auch die Information zur Beurteilung der "Güte" der Entscheidung des Entscheidungsträgers." (Lau.x 1990, S. 5)

Wenn der Prinzipal keine Kenntnis der korrespondierenden Kosten- und Ertragsfunktionen vermehrter bzw. verminderter Kontrollaufwendungen hat, steht zu vermuten, daß 'in der Praxis' die Festlegung des Überwachungsgrades in anderer Weise erfolgt als 'in der Theorie' dargestellt. Realistisch erscheint die Annahme, daß der Bestimmung der Kontrollintensität eine Auswahl verschiedener qualitativer Kriterien zugrunde liegt, die, wenn sie gebündelt auftreten, die Kontrollintensität erhöhen, wenn sie dagegen nur vereinzelt und schwach repräsentiert sind, zur Wahl eines geringen Überwachungsgrades fuhren. Zu diesen Kriterien sind die folgenden zu zählen: die Relevanz, die der zu kontrollierenden Tätigkeit beigemessen wird - je wichtiger die Erfiillung des Anspruchsniveaus, desto wichtiger die Kontrolle; die Ungewißheit in bezug auf die Erfiillung des Anspruchsniveaus, wobei die Ungewißheit technisch oder personell (z.B. Unzuverlässigkeit des Arbeitnehmers) begründet sein kann - je ungewisser die Erfiillung des Anspruchsniveaus ist, desto größer der Kontrollbedarf; falls negativen Wirkungen vermehrter Kontrolltätigkeit auf das Arbeits- und Sozialverhalten der Mitarbeiter zurückzufUhren sind. Letztere nenne ich indirekte Kosten. 14 Zwar können Zustände mit unterschiedlicher Überwachungsintensität und unterschiedlichem Output miteinander verglichen werden, dies erlaubt aber keinen Schluß auf die Kausalität der Beziehung. Werden etwa verschiedene Testpersonen gewählt, wären Personen-Leistungsattribute zu berücksichtigen. Wird der gleiche Personenkreis Zuständen unterschiedlicher Kontrollintensität ausgesetzt, wären Erfahrungs- und Lernprozesse der Testpersonen zu berücksichtigen. Streng genommen handelt es sich selbst in diesem Fall nicht mehr um die emotional und kognitiv gleichen Testpersonen.

IV. Zur Effizienz und Ineffizienz negativer Sanktionen

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die bewerteten Erfahrungen, die mit der Erfilllung des Anspruchsniveaus in der Vergangenheit gesammelt wurden - je besser die Erfahrungen waren, d.h. je häufiger, die Arbeit zufriedenstellend erledigt wurde, desto geringer der Kontrollbedarf- und schließlich die erwarteten motivationalen Wirkungen einer vermehrten Kontrolltätigkeit auf den kontrollierten Mitarbeiter -je stärker mit einer aversiven Reaktion eines Mitarbeiters gerechnet wird, desto gewichtiger müssen die drei erstgenannten Faktoren sein, um eine verschärfte Kontrolle zu rechtfertigen.

IV. Zur Effizienz und Ineffizienz negativer Sanktionen Die Vermutung, daß negative Sanktionen geeignet sind, um wünschenswertes Verhalten zu bewirken, basiert auf dem 'Law of Ejfect' (Thorndike 1911), das besagt, "that behavior which appears to Iead to a positive consequence tends to be repeated, while behavior which appears to Iead to a negative consequence tends nottobe repeated" (Hamner 1991, S. 66). Der Arbeitnehmer, der fUr sein Verhalten bestraft wird, erhält einen Anreiz, sein normwidriges Verhalten zu vermeiden, um zukünftigen Bestrafungen zu entgehen. Die Motivation, etwas in einer bestimmten Weise zu tun, besteht demnach darin, nicht bestraft zu werden. In den Worten von Laux: "Der Entscheidungsträger wird allenfalls veranlaßt, sich so zu verhalten, daß die Instanz keine Beanstandungen geltend machen kann." (1990, S. 6) Die Wahrscheinlichkeit, mit der durch Bestrafungen wünschenswertes Verhalten bewirkt werden kann, wird von vielen Autoren allerdings bestritten. Einer der zentralen Einwände fußt auf der Überzeugung, daß interne, häufig unbewußte Impulse menschliches Verhalten steuern. So konstatiert der Begründer der Theorie des sozialen Lernens Bandura: "punishment may temporarily suppress certain expressions, but the underlying impulses retain their strength and press continuously for discharge through alternative actions" (Bandura 1969, S. 292)15. In diesem Sinne verweist auch Schittek auf die negativen Wirkungen von Strafbandlungen auf das Arbeitsverhalten: "Angst und Unsicherheit erzeugen

15 Ähnlich argumentieren Groskurth I Volpert 1975, S. 214: "Die Strategie der Strafe hat den grundsätzlichen Nachteil, daß zwar das offene Verhalten gesteuert wird, gleichzeitig aber eine oppositionelle Einstellung bewirkt werden kann, welche eine gegensätzliche Verhaltenstendenz zur Folge hat."

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10. Kap.: Kooperation oder Konflikt?

zusätzlichen Streß, innere Verkrampfung und Fluchtbestrebungen, was wiederum verstärkte Kontrolle und Druck hervorruft. Auf der anderen Seite registriert man dann Qualitätsprobleme, ein Ansteigen von Abfall-, Ausschuß- und Reklamationsquoten, deutliche Zeichen filr nachlassendes Interesse und Engagements der Mitarbeiter." (1988, S. 820) "Zwar könne durch die Angst vor Disziplinarmaßnahmen und vor einem Verlust des Arbeitsplatzes", so KubonGi/ke 1990, S. 170, kurzfristig die Leistung der Arbeitnehmer möglicherweise stimuliert werden, langfristig sei diese Führungsmethode jedoch die schlechteste Möglichkeit, eine hohe Produktivität zu gewährleisten" 16 . Interessant ist auch die Feststellung Hamners, daß negative Seiteneffekte von Bestrafungen auftreten können, wenn ein Mitarbeiter in Gegenwart seiner Kollegen bestraft wird. Dies filhre nicht nur dazu, daß der betreffende Arbeitnehmer doppelt bestraft werde (Gesichtsverlust 17), sondern auch zur Bestrafung der Gruppe, denn "observing a member of their team being reprimanded has noxious or aversive properties for most people. This may result in a decrease in the performance ofthe total work group." (1991, S. 73). Am Beispiel der Strafe wird ein generelles Problem deutlich: Jeder Versuch, die negativen Wechselwirkungen des zwischen der Organisation und dem einzelnen Mitarbeiter latent bestehenden Interessenkonfliktes auf den betrieblichen Leistungsprozeß zu unterbinden (statt zu entschärfen), droht zu einer Verschärfung des Konflikts beizutragen. Es wird eine Haltung des 'Jetzt erst recht!· provoziert, in deren Folge konfliktär bedingte lneffizienzen sich sogar noch erhöhen. Negative Sanktionen sind deshalb aber nicht grundsätzlich ungeeignet, um Normkonformität zu erzeugen, denn es kann, wie Kubon-Gilke 1990, S. 154 bemerkt hat, nicht bestritten werden, daß der Autoritätskontext durchaus geeignet ist, bestimmte erwünschte Leistungen zu generieren. Dieser Effekt gilt vor allem fllr einfache und klar umrissene Arbeiten, die keine spezifische Kreativität, Eigeninitiative und Qualifikation erfordern. Für stupide Arbeiten dürfte es darüber hinaus schwer sein, eine intrinsische Motivation zu wecken.

16 Vgl. dazu auch Skinner 1953 und 1969, S. 63f., der sich allerdings gegen die 'intemal state hypothesis' von Bandura wendet, Wiard 1972, S. 67 und Whyte 1972, S. 16. 17 Vgl. Gofiman 1959.

V. Die Anreizwirkungen des Lohnsystems

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V. Die Anreizwirkungen des Lohnsystems Eine zentrale Stellung fiir die Leistungsmotivation der Mitarbeiter nimmt ohne jeden Zweifel das System der Entlohnung ein.IS In der Diskussion darüber, welche Wirkungen vom Lohnsystem auf die Leistungsmotivation und das Sozialverhalten des Mitarbeiters ausgehen, stehen sich im Prinzip zwei Positionen gegenüber:

Position A befürwortet eine Entlohnung nach dem Leistungsprinzip und verbindet damit positive Wirkungen auf die Leistungsmotivation und das Leistungsverhalten. Diese Auffassung fmdet sich bereits in der Arbeit von Frederick W. Taylor 1911. Sie wird heute von den Anhängern der Reinforcement- Theorie, die sich ihrerseits auf Skinner 1969 berufen, wesentlich differenzierter vertreten. 19 Position B hält demgegenüber eine Entlohnung nach dem Leistungsprinzip entweder filr unrealisierbar, wirkungslos oder sogar filr schädlich. 20 Gemeinsam ist beiden theoretischen Argumentationen die implizit getroffene Annahme, daß eine Korrespondenzbeziehung zwischen einer hohen Leistungsmotivation und einer geringen Konfliktmotivation des Arbeitnehmers besteht. Welche Gründe können beide Positionen fllr sich geltend machen? Für Position A spricht zunächst die Tatsache, daß das entscheidende ökonomische Motiv der Arbeitskraft, einer fremdbestimmten Arbeit nachzugehen, darin besteht, ein Lohneinkommen zu verdienen, mit dem der Lebensunterhalt bestritten werden kann. Dieser Sachverhalt läßt sich in der Sprache der Motivationspsychologie auch so formulieren, daß der Beweggrund des Arbeitnehmers zu arbeiten, primär auf einer extrinsischen Motivation beruht. Dabei ist allerdings zu bedenken, daß der Kategorie der extrinsischen Motivation so unterschiedliche Dinge wie ein Schulterklopfen des Chefs fllr eine gute Leistung oder eine Lohnerhöhung entsprechen. 21 Ein weiteres Argument, das die Position A stützt, liefern die oben erwähnten Reinforcement-Theorien, die die These vertreten, daß Verhalten erklärt werden kann, ohne daß irgendwelche Annahmen über die inneren Beweggründe eines Menschen formuliert werden müssen. 22 Eine Veränderung des

18 So betonen etwa Steers I Porter 1991, S. 478: "The ways in which rewards are distributed within organizations and their relativ amounts have considerable impact on the Ievels of employee motivation." 19 Vgl. Morse 1966, Bandura 1969, Hamner 1991 und Lawler 1991.

20 Siehe dazu etwa Hamner 1975. 21 In diesem Sinne äußern sich auch Steers I Porter: "Thus, it is important to keep in mind that there are many variations of types of reward within the two broad categories of extrinsic and intrinsic." (1991, S. 479, vgl. auch Guzzo 1979)

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10. Kap.: Kooperation oder Konflikt?

Verhaltens kann durch eine Veränderung der Konsequenzen, die als Verstärker (reinforcer) wirken, ausgelöst werden. Ein positiver Verstärker "is a stimulus which, when added to a situation, strengthens the probability of an operant response" (Skinner 1953, S. 73). Die sich daraus fur den Prinzipal ergebende Aufgabenstellung beschreibt Hamner 1991, S. 66f. folgendennaßen: "So the jirst step in the successful application of reinforcement procedures is to select reinforcers that are sufficiently powerful ... The second step is to design the contingencies in such a way that the reinforcing events are made contingent upon the desired behavior ... The third step is to design the contingencies in such a way that a reliable procedure for eliciting or inducing the desired response pattems is established; .... " Wenn diese drei Bedingungen erfüllt sind, wird ein positiver Verstärker wünschenswertes Verhalten bewirken. 23 In bezug auf den Lohn bedeutet das, daß eine Leistungsverbesserung durch eine Lohnerhöhung dann zu erwarten ist, wenn der Lohn als ein positiver Verstärker angesehen werden kann und eine eindeutige Beziehung zwischen dem Leistungsverhalten und der Belohnung hergestellt ist, die es dem Mitarbeiter möglich macht, den erwünschten Response zu erhalten. 24 In den Worten Skinners: "Money is notanatural reinforcer; it must be conditioned as such." ( 1969, S. 18)25 Position B spricht sich gegen die von den Reinforcement-Theoretikern geforderte Implementierung leistungsorientierter Löhne aus. Verwiesen wird

22 Aus diesem Grund formulieren Steers I Porter: "reinforcement theory is not a theory of motivation because it does not concern itselfwith what energizes or initiates behavior" (1991, S. 12). Es genüge zu wissen, welche Konsequenzen ein bestimmtes Verhalten hat und wie diese Konsequenzen evaluiert werden, um zukünftiges Verhalten prognostizieren zu können. Vgl. Skinner 1969, S. 7. 23 Dies deckt sich weitgehend mit der Auffassung der Erwartungswerttheoretiker. So konstatiert etwa Law/er 1991, S. 509: "An individual's motivation to behave in a certain way is greatest when he or she believes that the behavior will Iead to certain outcomes (performance-outcome expectancy), feels that these outcomes are attractive, and believes that performance at a desired Ievel is possible (effort-performance expectancy)." Vgl. auch Law/er 1971, 1973 und Vroom 1964. 24 Ganz ähnlich argumentiert Law/er 1991, S. 510: "[The expectancy model] suggests that all an organization has to do is relate pay and other frequently valued rewards to obtainable Ievels of performance." Vgl. auch Bandura 1969, S. 232. 25 Der Verweis auf die Empirie, in der der Lohn mitunter als positiver Verstärker versagt, wird daher häufig auf Fehler in der Implementierung zurückgefllhrt. So schreibt Hamner 1991, S. 65: "In many instances considerable rewards are bestowed upon the workers, but they are not made conditional or contingent on the behavior the manager wishes to promote." Ähnlich schreibt auch Bandura !969, S. 229-230: "... in many cases positive reinforcers are inadvertently made contingent upon the wrong type ofbehavior." Und Steven Kerr 1991, S. 497 resümiert: "Managers who complain that their workers are not mötivated might do weil to consider the possibility that they have installed reward systems which are paying ofT for behaviors other than those they are Seeking."

V. Die Anreizwirkungen des Lohnsystems

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darauf, daß die Arbeitskräfte zwar einer abhängigen Beschäftigung nachgehen, um ein Lohneinkommen zu beziehen, das Einkommensmotiv deswegen fiir die Leistungsmotivation aber nicht ausschlaggebend sei. Wichtige Kritikpunkte sind von Deci formuliert worden. Deci wendet gegen die behavioristische Argumentation ein, erstens, daß sich diese einseitig an niederrangigen Bedürfnissen orientiert, während die höherrangigen Bedürfnisse, wie z.B. Selbstachtung und Selbstverwirklichung unbefriedigt bleiben. Zweitens, "that there are many important motivators of human behavior which are not under the direct control of managers and, therefore, cannot be contingently administered in a system of piece-rate payments" ( 1972, S. 218). Und drittens, "that if monetary rewards are given to subjects for doing an intrinsically motivated activity, and if the rewards are made contingent on their performance, their intrinsic motivation for the activity will decrease" (Deci 1975, S. 132).

Deci schlußfolgert aus seiner Kritik, daß das Management versuchen muß, die Arbeit und die Arbeitsbedingungen so zu gestalten, daß eine intrinsische Motivation möglich wird. Die Funktion von nichtkontingenten Löhnen (d.h. Löhne, die sich nicht an der Leistung orientieren) bestehe folglich darin, "to satisfy the workers and keep them on the job, especially if the pay were equitable"26. Ein zweiter Einwand gegen die behavioristische Argumentation ist von Pearce formuliert worden. Pearce wendet sich gegen die Argumentation, daß die Mängel der Leistungsentlohnung auf deren mangelhafte Implementierung zurückzufuhren seien. Pearce begründet das damit, daß die Leistung der Organisation auf der Interdependenz und nicht auf der bloßen Addition der Leistungen der Organisationsmitglieder beruhe. Eine auf die individuelle Leistung abstellende Entlohnung übersehe diese Interdependenz und trage dazu bei, daß die Arbeitskräfte sich nur fiir diejenigen Tätigkeitsbereiche verantwortlich fühlen, die vertraglich fixiert sind: Aus diesem Grund sei es "simply not in the organization's interest to encourage short-term single-transaction expectations among such important employees (with either valuable expertise or the discretion to commit the organization's resources)" (Pearce 1991, S. 505)27 .

26 Kubon-Gilke 1990, S. 19 weist darauf hin, daß der Wechsel ökonomisch bedeutsam werde, wenn ein Unternehmen gezwungen ist, höhere Löhne zu zahlen, um die Arbeitsbereitschaft aufrecht zu erhalten, weil die intrinsische Motivation zerstört wurde. 27 Ganz ähnlich argumentiert Bornemann 1983, S. 158: "[Die] Produktivität eines Betriebes hängt nicht nur von der Leistung des einzelnen, sondern von der Zusammenarbeit aller ab. Die Arbeitsfreude und die Arbeitsstimmung sind nicht nur abhängig von den Arbeitsbedingungen des einzelnen Arbeitsplatzes, sondern weit mehr von der sozialpsychologischen Konstellation." Es überrasche daher nicht, - so Bornemann weiter - daß in eingehenden Betriebsuntersuchungen

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Extrinsische versus intrinsische Motivation - diese im Schrifttum häufig behauptete Entgegensetzung erscheint wenig stichhaltig: Wenn die Reinforcement-Theoretiker (Skinner, Hamner u.a.) auf die Bedeutsamkeil der Konsequenzen eines bestimmten Verhaltens fiir dessen Steuerung hinweisen, läßt dies nämlich offen, welche positiven Verstärker in Betracht zu ziehen sind. Es ist dabei keineswegs nur an den Lohn zu denken. Als Verstärker können ebenso die sozialen und technischen Arbeitsbedingungen fungieren, wie Hamner selbst feststellt. Die Wirksamkeit der letztgenannten Faktoren beruht aber wesentlich darauf, die Arbeit angenehmer und interessanter zu machen, was man zweifellos als Beitrag dazu verstehen kann, die intrinsische Motivation des Arbeiters zu erhöhen 28 . Die gedankliche Vorstellung, menschliches Verhalten dadurch steuern zu können, daß man die Konsequenzen, die mit diesem Verhalten verbunden sind, verändert, ist so vage, daß sie sogar Decis Forderung nach Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung einschließen kann. Von diesen Zielvorstellungen nimmt Deci jedoch an, daß sie mit den Reinforcement-Ansätzen nicht vereinbar wären29 . Zuzustimmen ist daher Müller, wenn dieser feststellt: "Vielfach dürfte es schwierig sein, die von Agenten verfolgten Ziele widerspruchsfrei voneinander abzugrenzen, um sie einer modellhaften Analyse der Motivationswirkungen bestimmter Anreizmaßnahmen zugänglich zu machen. So kann z.B. eine Leistungssteigerung infolge der Belohnung 'Beförderung' aufgrund des höheren Gehalts und Ansehens einerseits extrinsisch motiviert sein, aufgrund eines neuen Aufgabenbereichs mit ggf. vergrößerter Entscheidungsautonomie aber gleichsam auch intrinsisch." (1993, S. 113 )30 Auch in Hinblick auf die Lohnform sind die Reinforcement-Ansätze unentschieden. Zwar wird immer wieder betont, daß eine größere Leistungsbereitnachgewiesen wurde, "daß das Wohlbefinden des Menschen ... weitgehend von diesen guten Beziehungen zu seinen nächsten Mitarbeitern abhängt und daß sogar die Arbeitsleistungen, als Ausdruck dieses Wohlbefindens, zu einem beträchtlichen Teil ... durch gute Gruppenbeziehungen gesteigert werden können" (ebenda, S. 159). 28 So bemerkt Hamner zur Kritik Decis an den Reinforcement-Ansätzen: "Deci's recommendation that jobs should be designed so that they are interesting, creative, and rcsourceful is wholeheartedly supported by proponents of a positive reinforcement programme." (1991, S. 83) Und Steers I Porter 1991, S. 577 konstatieren: "While the influences ofthejob and work environment are not central themes [in Deci's theory, M.D.] it is easy to see how such factors could play a major role in these models." 29 Dies geht aus folgendem Zitat hervor: "Self-determination is a quality of human functioning that involves the experience of choice, in other words, the experience of an internal perceived locus of causality .... Stated differently, self-determination is the capacity to choose and to have those choices, rather than reinforcement contingencies, drives, or any other forces or pressures, be the determinants ofone's actions." (Deci I Ryan 1991, S. 54) 30 Müller nimmt dabei positiv auf Beiträge von Wiswede 1980 und Laux I Lierman 1990 Bezug.

V. Die Anreizwirkungen des Lohnsystems

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schaft nur von einer an der individuellen Leistung orientierten Entlohnung zu erwarten sei, während eine Entlohnung, die unabhängig von der Leistung gezahlt werde, schlechte Leistungen begünstigt und gute Leistungen bestraft31, doch scheint auch in bezug auf den Leistungslohn soweit Einigkeit zu bestehen, daß "the piece-rate may actually reduce performance in that it is so powerful it is most often misused, ... " (Hamner 1991, S. 84 32 ). Wird darüber hinaus unter 'Leistung' nicht nur das Arbeitsverhalten im engen Sinne verstanden, sondern berücksichtigt, daß ein Arbeitnehmer auch durch sein Sozialverhalten Leistungen erbringt, z.B. zu einem guten Betriebsklima beiträgt, dann ließe sich aus der Perspektive der Reinforcement-Theorie sogar die Einführung einer Senioritätsentlohnung rechtfertigen, vorausgesetzt, es könnte gezeigt werden, daß diese Lohnform als ein positiver Verstärker wirkt33 . Ebenso problematisch wie die theoretischen Versuche, einer bestimmten Lohnform eindeutig spezifizierbare Wirkungen zuzuordnen, sind die empirischen Belege, die für oder gegen eine bestimmte Lohnform angeführt werden. Ein Beispiel dafür liefert der schon erwähnte Beitrag von Tay/or 19ll · The Principles ofScientific Management', in dem dargelegt wird, wie mit Hilfe des Stücklohnsystems die Arbeitsleistung eines Transportarbeiters erheblich gesteigert werden kann. Gegen die Argumentation Taylors wenden Rost-Schaude und Kunstek 1983, S. 284 ein, daß Taylor nicht beachtet habe, daß in seinen empirischen Beispielen parallel zur Einführung des Stücklohnsystems auch arbeitsorganisatorische und technische Veränderungen vorgenommen wurden, deren Wirkungen empirisch nicht von der Wirkung des Entlohnungssystems zu trennen seien. Daß die Akkordentlohnung nicht zwangsläufig zu einer erhöhten Leistungsmotivation führen muß, zeigen empirische Beispiele, in denen die Leistungsnormen angehoben wurden 34 . Verfolgt das Unternehmen nämlich die Strategie, durch den Akkordlohn zu hoher Leistung anzuspornen, um dann die Leistungsnormen heraufzusetzen, werden Fairneßkriterien verletzt und so

31 Nach Auffassung Hamners, der Homme I Tosli 1965 und Bandura 1969 zitiert, kann sich das Management der Wirkung der Lohnfonn auf das Leistungsverhalten nicht entziehen, indem die Entlohnung von der Leistung abgekoppelt werde: "In other words if managers instituted a pay plan that was ·incontingent', they would in fact be rewarding poor perfonnance and extinguishing good performance." (1991, S. 82) 32 Vgl. auch Skinner 1969, S. 18.

33 Lawler 1991, S. 516 bringt das Problem auf den Begriff, wenn er sagt: "Perfonnance can be measured at various Ievels. Each individual may get a reward based on his or her own performance. In addition, rewards based on the perfonnance of a particular group can be given to each of its members. Or everyone in the organization can be given an award based on the perfonnance ofthe total organization." 34 Vgl. Edwards 1981.

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10. Kap.: Kooperation oder Konflikt?

Konfliktverhalten ausgelöst. Die Mitarbeiter wehren sich, indem sie ihre Leistungen reduzieren, um eine Normanhebung zu verhindern. Nachteilige Wirkungen der Akkordentlohnung bestehen darin, daß das Akkordsystem den körperlichen und seelischen Verschleiß begünstigt und die Qualität der Arbeit gemindert wird. Der Zeitlohn werde daher, wie Rost-Schaude und Kunstek 1983, S. 283 hervorheben, immer dann "die geeignete Lohnform darstellen, wenn die Leistungsmenge gegenüber der Leistungsqualität untergeordnete Bedeutung hat, z.B. bei Arbeiten, die .Aufmerksamkeit, Konzentration, Korrektheit oder geistige Aktivität verlangen". Welche konkreten Wirkungen eine Lohnform auf das Leistungs- und Sozialverhalten des Arbeitnehmers haben wird, ist nicht zuletzt auch von Personen-Attributen abhängig: Das Leistungsverhalten eines Mitarbeiters, dessen Leistungsmotivation primär intrinsisch ist, wird unter Umständen von einer Lohnerhöhung unberührt bleiben. Das Gleiche gilt llir sein Konfliktverhalten. Das Gellihl der Arbeitszufriedenheit wird fur diesen Typus nur durch eine Anreicherung der Arbeitsinhalte zu erlangen sein. Allerdings kann eine leistungssteigemde Wirkung einer Lohnerhöhung selbst im Falle einer primär intrinsischen Motivation nicht generell ausgeschlossen werden, sofern - abweichend von der Argumentation Decis - eine komplementär-additive Beziehung zwischen intrinsischen und extrinsischen Faktoren besteht3s. Für den primär extrinsisch motivierten Arbeitnehmer wird eine höhere Entlohnung unter Umständen zu einer erhöhten Leistungsmotivation und größerer Arbeitszufriedenheit fUhren. Aber auch diese Aussage muß eingeschränkt werden, sofern nicht-kontingente Löhne gezahlt werden. Möglich ist nämlich auch, daß eine Lohnerhöhung lediglich zu einer Höherbewertung der Leistung führen wird 36 . Sogar ein Leistungsabfall ist nicht auszuschließen: Angenommen, ein Arbeitnehmer sei motiviert, durch höheren Arbeitseinsatz unter Beweis zu stellen, daß eine höhere Entlohnung gerechtfertigt ist. Wird dann tatsächlich der Lohn erhöht, entfällt dieser Stachel, die Leistung weiter zu erhöhen, zumal dann, wenn mit einer erneuten Lohnerhöhung nicht zu rechnen ist. Da eine Rückstufung oder Schlechtergruppierung kurzfristig ebenso unwahrscheinlich ist, wird der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung senken, statt sie zu erhöhen. Dies ändert sich erst, wenn nach Ablauf einer gewissen Zeitspanne eine erneute Höhergruppierung erreichbar scheint und der Arbeitnehmer erneut den Nachweis antreten will, diese 'verdient' zu haben.

35 Diese Auffassung vertreten Porter I Lawler 1968, vgl. dazu auch Jr/e 1975.

36 Vgl. dazu Akerlof I Ye/len

1987 und Kubon-Gilke 1990, S. 78, die auf Pritchard 1969, Evans I Molinari 1970 und Greenberg I Leventha/1916 verweist.

V. Die Anreizwirkungen des Lohnsystems

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Außer Frage steht, daß von jeder Lohnform spezifische Wirkungen auf das Leistungs- und Sozialverhalten ausgehen und daß diese Wirkungen gegensätzlich sein können: Die Kopplung der Entlohnung an ein bestimmtes Leistungsverhalten kann bewirken, daß ein Arbeitnehmer bestimmte Leistungen erhöht, während unter Umständen andere Leistungen, die ein hohes Maß an Kreativität, Inspiration und Kommunikationsbereitschaft erfordern, gleichzeitig reduziert werden. Ebenso kann durch den verstärkten Wettbewerb der Mitarbeiter untereinander die individuelle Leistung auf Kosten der Gruppenleistungen gesteigert werden. In nicht wenigen Fällen besteht das Problem darin, daß Arbeiten verrichtet werden müssen, die die Voraussetzungen einer intrinsischen Motivation einfach nicht erfüllen. So weist Heckhausen 1974 darauf hin, daß bestimmte Bedingungen gegeben sein müssen, damit eine Arbeit motivierend wirken kann: Die Arbeit muß eine klar definierte Aufgabenstellung aufweisen, deren Realisierung oder Nichtrealisierung feststellbar ist. Der Maßstab, an dem der Erfolg (oder Mißerfolg) gemessen wird, muß vom Individuum als Indikator des individuellen Leistungsverhaltens anerkannt werden. Die Handlungsergebnisse müssen vom Arbeitnehmer auf das eigene Verhalten hin attribuiert werden. Der Schwierigkeitsgrad der Aufgabenstellung muß im mittleren Bereich liegen. Heckhausen begründet dies damit, daß die Lösung einer leichten Aufgabe nicht als Ausweis individuellen Leistungsvermögens empfunden wird, während das Mißlingen einer zu schweren Aufgabe extern attribuiert wird ('Die Aufgabe war gar nicht lösbar!').

Sind die Voraussetzungen für eine intrinsische Motivation nicht gegeben, wird nach Auffassung von Kubon-Gillce 1990, S. 47 eine zusätzliche Motivation nur durch eine bessere Bezahlung zu erreichen sein, wenn "die Bezahlung als prägnantes Merkmal des bestehenden unterlegten Schemas interpretiert [wird]". Eine andere Schranke erwächst dem Unternehmen daraus, daß die Gestaltung von Arbeitsbedingungen und die Veränderung der Arbeitsinhalte mit dem Ziel, intrinsische Motivation zu fördern, kostenaufwendig sind. Darüber hinaus ist zu vermuten, daß mit einer verstärkten intrinsischen Motivation das Anspruchsniveau des Arbeitnehmers hinsichtlich der Arbeitsinhalte und Arbeitsbedingungen steigt. Das Unternehmen ist dann eventuell mit dem neuen Problem konfrontiert, die Leistungsmotivation nur dadurch aufrecht erhalten zu

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10. Kap.: Kooperation oder Konflikt?

können, daß die Arbeitsbedingungen sukzessive verbessert werden. Der von Kubon-Gillce 1990, S. 109 angesprochene Kosteneffekt, daß durch eine bessere Bezahlung die intrinsische Motivation zerstört werden kann, mit der Folge, daß die externen Leistungsanreize erhöht werden müssen, kann also nicht so interpretiert werden, daß die Implementierung interner Leistungsanreize in jedem Fall ökonomisch vorteilhaft ist. Zusammenfassend läßt sich also nicht mit Bestimmtheit formulieren, daß eine Akkordentlohnung der Zeitentlohnung vorzuziehen ist. Ebensowenig kann aber umgekehrt ausgeschlossen werden, daß eine Zeitentlohnung dem Müßiggang Vorschub leistet, wie von den Reinforcement-Theoretikern immer wieder betont wird. Vielmehr zeigt sich die These Lawlers 1991, S. 530 bestätigt "thus there is no one best set of reward practices" - denn jeder Arbeitnehmer reagiert auf spezifische Verstärker unterschiedlich und jede Lohnform begünstigt nicht nur ein bestimmtes Verhalten, sondern wirkt gleichzeitig anderen ebenfalls erwünschten Verhaltensweisen entgegen. Aus diesem Grund wird stets im Einzelfall zu prüfen sein, welches Verhalten im Rahmen einer Konfliktstrategie primär zu fördern ist, z.B. das Leistungs- oder das Sozialverhalten, vermehrter Wettbewerb unter den Mitarbeitern oder intensivere Zusammenarbeit innerhalb der Arbeitsgruppen, wie im Fall der Gruppenarbeit

VI. Zur Effizienz und Ineffizienz partizipativer Strategien March und Sirnon 1958 bezeichnen mit 'participation' den Entschluß einer Arbeitskraft, Mitglied der Organisation zu werden oder zu bleiben, und die Bereitschaft zur Anwesenheit (attendance), d.h. den Entschluß, während der Arbeitszeit nicht zu fehlen. Aus der Perspektive des Prinzipals bedeutet Partizipation den Versuch, den Mitarbeiter dahingehend zu beeinflussen, daß er Mitglied der Organisation werden will und sich den Erfolg der Organisation zu seinem persönlichen Anliegen macht, d.h. sich mit den Zielen der Organisation identifiziert.

Die unter Partizipation fallenden Instrumente umfassen bestimmte Formen der Arbeitsgestaltung wie Arbeitswechsel, Aufgabenvergrößerung, Aufgabenbereicherung und die Etablierung (halb )autonomer Arbeitsgruppen, sowie alle Varianten der größeren Beteiligung der Mitarbeiter an den Entscheidungsvorgängen mit dem Zweck, das soziale Arbeitsklima nachhaltig zu verbessern. Im weiteren Sinne können zur Strategie der Partizipation auch bestimmte Lohnformen gerechnet werden, hier sind vor allem Formen der Gewinnbeteiligung (gainsharing) und die Entlohnung nach dem Senioritätsprinzip zu nennen, mit denen eine Identifikation des Mitarbeiters mit der Organisation gefördert wer-

VI. Zur Effizienz und Ineffizienz partizipativer Strategien

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den soll. Eine Sonderstellung innerhalb der partizipativen Konfliktstrategie nimmt die Arbeitsplatzgarantie ein, die auf das ökonomische Interesse des Arbeitnehmers an einem sicheren Lohneinkommen reflektiert. Welche Wirkungen gehen von partizipativen Konfliktstrategien auf die Effizienz des betrieblichen Leistungsprozesses aus? Einen guten Überblick vermittelt Blinder 1990 in 'Payingfor Productivity'. Wie ein roter Faden zieht sich durch seine Untersuchungen die Feststellung, daß partizipative Strategien mit steigender Arbeitsproduktivität positiv korreliert sind. Diese Korrelation ist auf den unteren Ebenen der Hierarchie besonders ausgeprägt. Positive Wirkungen werden auch filr die Gewinnbeteiligung beobachtet3 7 . Daß eine Entlohnung nach dem Senioritätsprinzip ein geeignetes Mittel darstellt, um die Fluktuation in einem Unternehmen herabzusetzen, ist schon seit längerem bekannt38. Während die statistische Korrelation zwischen Partizipation und Arbeitsproduktivität als sicher gilt, ist die Interpretation dieses Zusammenhangs heftig umstritten. Interessanterweise spielt erneut die Frage, inwiefern und wie sehr die intrinsische Motivation die Arbeitsproduktivität steigert, eine entscheidende Rolle. Frost, Wakeley und Ruh 1974 kommen in ihrer Untersuchung des ScanlonPians39 zu dem Ergebnis, daß die Produktivitätszuwachse auf die größere Arbeitszufriedenheit und die höhere intrinsische Motivation der Mitarbeiter zurückzufilhren seien. Ähnlich verweisen Bullock und Lawler 1984 darauf hin, 37 Zu dem gleichen Ergebnis kommt Tove Hammer in einem Survey über die verschiedenen Formen der Gewinnbeteiligung in amerikanischen Unternehmen: "In general, the findings are positive, showing that gainsharing is accompanied by improvements in productivity and Iabor relations." (1991, S. 535) Vgl. auch Bul/ock I Law/er 1984, die Qualitätsverbesserungen, Kostenersparnisse und eine positivere Arbeitseinstellung konstatieren, sowie die Beiträge von Milchelf I Lewin und Lawler I Conte I Sveynar und Weitzman I Kruse in Blinder 1990. 38 Daß mit Hilfe der Entlohnungssysteme Tarifkonflikte verhindert werden, wenn die Arbeitskräfte davon überzeugt werden können, daß sich jede Tariferhöhung als Kostensteigerung und somit als Abzug von der Gewinnbeteiligung der Belegschaft auswirkt, wie Rost-Schaude I Kunstek 1983, S. 290 annehmen, erscheint übertrieben. Vgl. dazu die Beiträge von Law/er I Hackman 1969 und Schejlen ILaw/er I Hackman 1971. 39 Der Scan/on-Pian wurde in den dreißiger Jahren von Joseph Scanlon, einem Gewerkschaftsflihrer entwickelt, um finanziell gefllhrdeten Unternehmen der amerikanischen Stahlindustrie zu helfen. Berühmtheit erlangten seine Vorschläge, als sich zeigte, daß auch 'gesunde' Unternehmen von dem Scan/on-Pian profitieren konnten. Der Scan/on-Plan sah die Beteiligung der Arbeitnehmer an sogenannten 'production committees· vor, die regelmäßig zusammentrafen, um Vorschläge filr die Erhöhung der Arbeitsproduktivität zu erarbeiten. Zusätzlich wurden 'screening commillees' etabliert, in denen die Arbeitnehmervertreter mit dem Management Pläne filr die langfristige Unternehmenspolitik entwickelten. Dreiviertel der Arbeitskostenersparnisse durch Produktivitätszuwächse (gemessen am Verhältnis der Arbeitskosten zu den Umsätzen) wurden monatlich oder vierteljährlich an die Arbeiter einer Fabrik ausgeschüttet. Vgl. Hammer 1991, S. 532 und die dort angefllhrte Literatur.

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I 0. Kap.: Kooperation oder Konflikt?

daß der Gemeinschaftssinn der Mitarbeiter diese motiviert, härter zu arbeiten. Während Porter, Lawler und Hackman 1991 die Auffassung vertreten, daß der Erfolg partizipativer Strategien darauf beruht, daß die Arbeitnehmer gerrauere Informationen über den Produktionsplan gewinnen, wenn sie an dessen Zustandekommen beteiligt sind, Gruppennormen entwickeln und sich wechselseitig unterstiltzen. Cummings und Mo/loy 1977 fUhren die Effizienzgewinne auf die bessere Nutzung des Arbeitskräftepotentials, die verbesserte Kommunikation zwischen Prinzipal und Agent, den stärkeren Zusammenhalt der Mitarbeiter und die intensivere Leistungs- und Verhaltenskontrolle durch die Arbeitsgruppe zurilck. Betont wird außerdem, daß nach dem subjektiven Empfinden der Mitarbeiter das Bonussystem eine leistungsgerechte Entlohnung fördert. Gegen die These, die Effizienzgewinne seien auf die vermehrte intrinsische Motivation zurückzufilhren, wendet sich Geare 1976, der die höheren Arbeitsanstrengungen extrinsisch erklärt: Die Mitarbeiter leisteten einfach deswegen mehr, weil sie durch die Gewinnbeteiligung an den Produktivitätszuwächsen partizipierten. Vor einer Überschätzung der intrinsischen Motivation als Erklärungsgröße einer höheren Arbeitsproduktivität warnt auch Hammer 1991, S. 540: "Intrinsic motivation as an outcome of participation contributing to worker productivity has a more nebulous status in a gainsharing model." Allerdings wird diese Feststellung von ihm eingeschränkt. Wichtig erscheint Hammer nämlich auch der Effekt, den die Partizipation auf den verbesserten Informationsfluß zwischen Prinzipal und Agent hat. Als Folge davon, sei es "easier to build mutual trust and commitment to common economic interests between Iabor and management ... " (ebenda, S. 541)40 • Die methodischen Probleme, die Effizienz einer partizipativen Konfliktstrategie zu ermitteln, haben damit zu tun, daß dazu von allen anderen relevanten Einflußfaktoren abstrahiert werden müßte. Das aber erweist sich nach Auffassung von Weiss 1991 als sehr schwierig: Erstens sei nicht auszuschließen, daß durch die höheren Löhne und Gehälter ('partizipativer' Arbeitgeber) bessere und besonders hochmotivierte Arbeitskräfte veranlaßt werden, in die Organisation einzutreten. Zweitens wäre zu prilfen, ob vorwiegend profitable Unternehmen mit einer hohen Arbeitsproduktivität ihre Arbeiter an ihren Gewinnen beteiligen. Die hohe Arbeitsproduktivität wäre dann Voraussetzung und nicht Folge der partizipativen Lohnpolitik. Drittens wäre der Nachweis zu fUhren, daß der Wechsel von einem partizipativen zu einem stärker hierarchisch-autoritären Führungsstil Produktivitätseinbußen bewirkt: "Evidence that this is true would be extremely valuable." (Weiss 1991, S. 626)

40

Vgl. Bachrach I Law/er 1980.

VI. Zur Effizienz und Ineffizienz partizipativer Strategien

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Auch die Frage, unter welchen Voraussetzungen Partizipation zu einem Anstieg der Effizienz führt, bleibt kontrovers. Rosenberg und Rosenstein 1980 gelangen in ihrer Untersuchung des schon erwähnten Scanlon-Plans zu dem Resultat, daß die Effizienzgewinne um so größer waren, je häufiger sich die Komitees, an denen die Arbeiter beteiligt sind, getroffen haben, je stärker sich die Diskussion auf Aspekte bezog, die in direktem Zusammenhang zur Produktion standen und je breiter die Belegschaft an den Besprechungen beteiligt wurde. Auf andere Voraussetzungen einer erfolgreich durchgeführten Partizipation machen Porter, Lawler und Hackman 1991, S. 206 aufmerksam. Erstens muß der Gegenstand der Mitsprache hinreichend relevant sein, zweitens müssen die Arbeitnehmer für ihren besonderen Einsatz belohnt werden und drittens muß die Arbeitsproduktivität tatsächlich von der Motivation der Arbeitskräfte und nicht von deren Qualifikation oder anderen objektiven Faktoren abhängig, sein, über die die Arbeiter keine Kontrolle ausüben können41 . Wann also rentiert sich eine partizipative Strategie? Drei Fälle sind zu unterscheiden. Partizipation kann gegenüber der bisher verfolgten (nicht-partizipativen) Strategie kostenneutral sein, eine Kostensteigerung (Gewinnschmälerung) oder eine Kostensenkung und damit ceteris paribus Gewinnerhöhung bewirken. Zwar wird in allen drei Fällen die Zufriedenheit und unter Umständen auch der Arbeitseinsatz steigen, dem stehen aber Kosten gegenüber, die den positiven Effekt überkompensieren können: Zum Abschluß unserer Überlegungen seien daher einige Kostenpositionen der partizipativen Konfliktstrategie in Erinnerung gerufen. An denen wird deutlich, daß Partizipation kein Patentrezept darstellt: Die Verbesserung der Arbeitsbedingungen, um die Arbeitszufriedenheit zu erhöhen und um eine Identifikation des Mitarbeiters mit der Organisation zu fördern, stellt eine Investition dar, deren Ertragswirksamkeit ungewiß ist. Die Erweiterung des Arbeitsfeldes und der Arbeitsplatzwechsel erhöhen zwar die Arbeitszufriedenheit, weil die Arbeit ihre Eintönigkeit verliert, laufen aber Gefahr, die Spezialisierungsvorteile der Arbeitsteilung zu reduzieren. Dem Flexibilitätsgewinn stehen Kosten gegenüber, die aufgebracht werden müssen, um die Arbeitnehmer mit stets wechselnden neuen Aufgaben vertraut zu machen. Der offene Informationsfluß zwischen Prinzipal und Agent ist zeitaufwendig und kann die rasche Durchsetzung untemehmerischer Entscheidungen

41 V gl. Lawler I Hackman 1969. 18 Dunn

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10. Kap.: Kooperation oder Konflikt?

erschweren. Zudem kann eine mangelhafte Qualifikation und Information der Mitarbeiter Unternehmerische Fehlentscheidungen begünstigen. Mitarbeitergespräche und die verstärkte Beteiligung der Mitarbeiter an Entscheidungsprozessen können Erwartungen wecken, denen nicht entsprochen werden kann (oder soll), und dadurch neues Konfliktverhalten auslösen. Unter Berücksichtigung der genannten Kostenpositionen werden partizipative Strategien nur dann ökonomisch effizient im Sinne der Organisation sein, wenn der Arbeitsprozeß hohe Anforderungen an die Qualifikation der Mitarbeiter stellt (und die Mitarbeiter auch hoch qualifiziert sind), wenn die Arbeitsproduktivität nur in geringem Maße durch technische Prozesse und Aggregate determiniert wird, wenn durch eine verstärkte Arbeitsteilung und Spezialisierung nur geringe Produktivitätsfortschritte zu erzielen sind, der Arbeitsprozeß zeitliche Kommunikationsspielräume läßt, also nicht ständig kurzfristige Entscheidungen getroffen werden müssen und schließlich die beteiligten Akteure auch die für eine partizipative Strategie erforderlichen Persönlichkeitsmerkmale mitbringen. Nicht zuletzt erscheint eine partizipative Strategie nur dann langfristig effizient, wenn sie die Elementarbedingung, glaubwürdig vertreten zu werden, erfüllt. Unglaubwürdig wird sie dann, wenn der elementare Interessengegensatz zwischen Arbeit und Kapital, Lohn und Gewinn, Prinzipal und Agent verbrämt oder gar geleugnet wird42 . Das primäre ökonomische Interesse der erwerbswirtschaftlichen Unternehmung bleibt darauf gerichtet, Gewinne zu erzielen; eine kostenwirksame Verbesserung der technischen Arbeitsbedingungen oder Lohnerhöhungen sind von diesem Standpunkt aus nur durch eine erhöhte Wertschöpfung gerechtfertigt, und zwar eine Wertschöpfung, die den Kosteneffekt überkompensiert! Schon gar nicht liegt es im Interesse des Unternehmens, höhere Löhne bei unveränderter Arbeitsleistung zu zahlen, was durchaus im Interesse des Arbeitnehmers liegt und von diesem auch subjektiv als gerechtfertigt angesehen werden mag, sofern er den bestehenden Lohn als unangemessen bewertet. Wenngleich partizipative Strategien den klassischen ökonomischen Interessengegensatz von 'Lohnarbeit und Kapital' nicht aufheben können und wollen, bewirken partizipative Strategien doch fast immer eine relative Besserstellung des einzelnen Arbeitnehmers, der sich nun einer abwechslungsreiche-

42 Kritisch äußern sich auch Groskurth I Volpert 1975, S. 203 ff. zu der ideologischen Verbrämung der genannten Maßnahmen, deren Vorteilhaftigkeil fllr den Arbeitnehmer aber durchaus konzediert wird.

VII. Reziproke Fairneß

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ren Arbeit gegenübersieht und deshalb die Arbeit nicht mehr nur als 'Leid' empfmdet, wie von der neoklassischen Theorie immer noch als Regel angenommen wird, sondern auch intrinsischen Nutzen aus seiner Arbeit zieht und der sich in seinem Selbstwertgefühl als 'Mitarbeiter' der Organisation bestätigt sieht.

VII. Reziproke FairneO Die bisherigen Überlegungen haben zu dem Ergebnis gefiihrt, daß weder die der Tendenz nach repressiven noch die partizipativen KonfliktmanagementStrategien zu einem befriedigenden Ergebnis fuhren. Als Hauptproblem repressiver Strategien wurden die möglichen negativen Motivationswirkungen identifiziert: Anstatt das erwünschte Arbeits- und Sozialverhalten zu befördern, erzeugen verschärfte Überwachungshandlungen unter Umständen einen erhöhten Überwachungsbedarf, wenn die Überwachung das bestehende Vertrauensverhältnis zwischen dem Agenten und dem Prinzipal unterminiert. Ein Effizienzproblem erwächst daraus, daß sowohl der Arbeitseinsatz als auch die Arbeitsqualität unter der demotivierenden Wirkung der Kontrollhandlungen leiden. Der Mitarbeiter leistet weniger, als er bei verminderter Kontrolle und Überwachungstätigkeit zu leisten bereit wäre. Umgekehrt versagt die partizipative Strategie, wenn sie zur Herausbildung von Erwartungen fUhrt, denen die Organisation nicht entsprechen kann oder will. Der Mitarbeiter interpretiert die partizipative Strategie dann gegebenenfalls als eine bloße Heuchelei, die nur dazu dient, normgerechtes Verhalten zu erreichen. Infolgedessen nimmt die emotionale Bindung des Mitarbeiters zur Organisation Schaden, anstatt - wie beabsichtigt - gefestigt zu werden. Auch in diesem Fall werden der Arbeitseinsatz und die Qualität der Arbeit negativ beeinträchtigt. Die Defizite beider Strategien legen es nahe, die Lösung des Anreizproblems in einer Kombination beider Strategien zu suchen. Grundlage einer Strategiekombination ist die Annahme, daß sich die beteiligten Akteure in der Regel nicht ausschließlich eigennützig verhalten, sondern in ihrem Verhalten auch von bestimmten Gerechtigkeitsvorstellungen der reziproken Faimeß (reciprocal fairness) geleitet werden, wie wir sie im Zusammenhang mit unseren spieltheoretischen Überlegungen bereits kennengelernt haben. Tit for Tat bedeutet ja, daß ein Akteur erst dann defektiert, wenn sein Gegenspieler defektiert hat, und sich dann kooperativ verhält, wenn er das Verhalten seines Mitspielers als kooperativ interpretiert. Bezogen auf das individuelle Beschäftigungsverhältnis, kann sich diese Verhaltensweise beispielsweise darin ausdrükken, daß eine als großzügig bewertete Bezahlung durch einen höheren Ar18•

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10. Kap.: Kooperation oder Konflikt?

beitseinsatz honoriert wird. Umgekehrt kann eine als ungerecht bewertete Bezahlung vom Mitarbeiter durch Formen der offenen oder verdeckten Arbeitsverweigerung, durch Störung und im Extremfall sogar durch Sabotage beantwortet werden. Die Vermutung, daß sich reziproke Fairneß effizienzsteigernd auswirkt, basiert auf der Annahme, Reziprozität löse das Gefangenendilemma4 3 : Reziprozität unterstellt, daß jeder Spieler nicht nur von sich aus dazu bereit ist, ein großzügiges Angebot der Mitspieler mit Großzügigkeit zu honorieren, sondern daß er auch mit kooperativem Verhalten der anderen Seite als Response auf seine eigene Kooperationsbereitschaft rechnet. Die beiden Vektoren des Gefangenendilemmas, in denen jeweils ein Spieler kooperiert, während der andere Spieler defektiert, werden so herausgefiltert, so daß sich die Spielsituation auf die Vektoren beidseitiger Kooperation oder beidseitiger Defektion verkürzt. Wird nun analog dem Gefangenendilemma weiter angenommen, daß beidseitige Kooperation der beidseitigen Defektion pareto-überlegen ist, werden sich beide Spieler über das arbeitsvertraglich festgelegte Maß hinaus zu kooperativen Verhalten entschließen, um ihre individuelle Wohlfahrt zu erhöhen. Kooperatives Verhalten bildet sich dann unter den Teilnehmern des Spiels als Verhaltenssicherheit stiftende Konvention heraus. Es ist also gerade die Kombination beider Strategien, die die Wirksamkeit einer auf Reziprozität basierenden Managemenfphilosophie' ausmacht. Nicht beantwortet ist damit freilich die Frage, auf welchen Voraussetzungen der geschilderte Wirkungszusammenhang basiert und welche Relevanz Reziprozität als Strategietyp besitzt. Während aber die empirische Relevanz reziproken Verhaltens als empirisch relativ gut abgesichert gelten kann44, sind die Voraussetzungen und Effizienzwirkungen klärungsbedürftig. Dem sollen die folgenden Anmerkungen dienen. Die Elementarvoraussetzung reziproken Verhaltens besteht in einem Verhaltensspie/raum der beteiligten Akteure. Je genauer die Arbeitsabläufe und deren Qualität technisch und organisatorisch definiert werden, desto geringer 43 Streng genommen, handelt es sich nicht um eine Lösung des Gefangenendilemmas, sondern darum, daß sich der Spieltyp ändert, dem das individuelle Beschäftigungsverhältnis entspricht. Siehe dazu auch das Modell von Rabin 1993. 44 Diese Behauptung stUtzt sich vor allem auf die empirischen Studien von Fehr I Kirchsteiger I Riede/ 1993, Fehr I Kireh/er I Weichbald 1994, Fehr I Taugareva 1995 und Fehr I Gächter I Kirchsteiger 1997. Im Ergebnis habe sich - so Fehr I Gächter I Kirchsteiger 1997, S. 840 gezeigt: "Aithough there is always a clear majority of 60-7 5 percent of the subjects who do behave reciprocally, between 15 and 25 percent of subjects make purely selfish choices. (The other subjects make choices that are neither reciprocal nor purely selfish.)" Um so erstaunlicher sei es, daß die Prinzipal-Agent-Theorie die Wirkungen reziproken Faimeß-Verhaltens bislang eher stiefmUtterlieh behandelt.

VII. Reziproke Fairneß

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ist der Verhaltensspielraum des einzelnen, sich abweichend zu verhalten. Es liegt auf der Hand, daß dieser Verhaltensspielraum um so ausgeprägter sein wird, je mehr es sich um Arbeiten handelt, deren Verrichtung von subjektiven Eigenschaften - wie etwa der Kreativität, Geschicklichkeit oder spezifischer erworbener Kenntnisse des einzelnen Mitarbeiters - bestimmt wird. Mit anderen Worten, komplexe Tätigkeiten und daher schwer oder nur kostspielig kontrollierbare Tätigkeiten, verleihen den Mitarbeitern eher einen Verhaltensspielraum als einfache und leicht kontrollierbare Arbeitsverrichtungen. 45 Gehen wir nun davon aus, daß die Mitarbeiter und der (oder die) Vorgesetzte auf Basis der arbeitsvertraglichen, technischen und organisatorischen Bedingungen über einen individuellen Ermessensspielraum verfügen, den sie nutzen können, um sich besonders oder weniger kooperativ zu verhalten, stellt sich die Frage, wie sich die Akteure verhalten. Reziprozität unterstellt die Fähigkeit des einzelnen, das Verhalten anderer als kooperativ oder unkooperativ zu identifizieren. Das Verhalten der anderen Akteure muß nicht nur beobachtet werden, sondern auch die dahinterstehende Intention ist zu ermitteln. Letzteres ist gerade deshalb wichtig, weil erst die Annahme, der Mitspieler verhalte sich absichtsvoll kooperativ, sicherstellt, daß das beobachtete Verhalten kein Zufallsereignis darstellt. Es ist evident, daß die Identiftkationsleistung eines Verhaltens als kooperativ oder unkooperativ, fair oder unfair, etc. einen Referenzpunkt unterstellt, der weder richtig noch falsch ist, sondern von subjektiven und objektiven, ökonomischen und nicht-ökonomischen Faktoren abhängig ist. Wie Fehr, Gächter und Kirchsteiger 1997, S. 839 jedoch anmerken, existiert bislang keine "general theory that allows to precisely Iocate reference standards. Nor do there exist empirical methods for the exact determination of reference points. This makes precise quantitative predictions of behavior that depends on reference standards difficult". So schwer die Frage nach der Ermittlung eines Referenzzustands zu beantworten ist, wird man doch sagen können: faires Verhalten unterstellt, daß der betreffende Akteur 'mehr gibt, als er muß', um eine bestimmte Gegenleistung zu erhalten. Man wird eine Leistung nicht als 'generös' bezeichnen, wenn sie ohnedies als Preis für eine Gegenleistung erbracht werden muß: Ein Vorgesetzter wird einen bestimmten Arbeitseinsatz als 'selbstverständlich' erachten, ebenso wie ein Mitarbeiter eine 'gute Bezahlung' erwartet. Erst wenn die Leistung des Mitarbeiters die positiven Erwartungen übertrifft oder die Bezahlung 45 In Gächter I Kirchsteiger 1997, S. 835 wird neben einer schwach und stark reziproken Konstellation auch ein "no-reciprocity-treatment" angenommen, "in which contract terms are exogenously enforced so that reciprocity cannot contribute to contract enforcement" (Hervorh. M.D.). Sofern mit "exogenously" neben den arbeitsvertragliehen auch die technischen und organisatorischen Arbeitsbedingungen einbegriffen sind, würde das dem hier geschilderten Fall entsprechen, in dem keine reziproken Verhaltensweisen möglich sind.

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10. Kap.: Kooperation oder Konflikt?

höher als erwartet ausfallt, wird dieses Verhalten von den Beteiligten positiv hervorgehoben.46 Reziprozität setzt aber nicht nur voraus, daß die beteiligten Akteure Vorstellungen darüber entwickelt haben, welche Leistungen sie selbst als 'fair' oder 'unfair' ansehen, sondern auch, daß diese Vorstellungen wechselseitig richtig antizipiert werden: Ein Unternehmen, das höhere Löhne zahlt, als es zahlen müßte, um die Arbeitskraft einzukaufen, rechnet natürlich damit, daß der Mitarbeiter den gezahlten Lohn auch als 'überdurchschnittlich' und nicht als bloß 'angemessen' bewertet. Ebenso ist der besondere Arbeitseinsatz des einzelnen Mitarbeiters im Regelfall darauf berechnet, vom Prinzipal als 'Mehr'- und nicht als 'Normal'arbeit bewertet zu werden. Es bedarf keiner allzu großen Menschenkenntnis, um zu wissen, daß die Vorstellungen darüber, was als 'fair' bewertet wird, je nach Interessenlage unterschiedlich ausfallen. In der Regel wird die eigene Leistung eher als 'Mehr'leistung, die überdurchschnittliche Gegenleistung aber als 'angemessen' bewertet, infolgedessen unterbleibt oftmals die generöse Gegenleistung, was dann seinerseits für Verdruß sorgt. Im Ergebnis bewirken abweichende Fairneßkriterien dann sogar den Übergang zu einer Konstellation 'beidseitiger Verachtung' des je anderen 'Partners'. Um diesem Teufelskreis zu durchbrechen, muß die Generosität glaubwürdig sein. Glaubwürdig wird generöses Verhalten aber erst dadurch, daß es beibehalten wird, wenn keine zusätzliche Gegenleistung erbracht wird, selbst wenn die Generosität darauf berechnet ist! Sobald in der Abfolge der Reaktionen nämlich kenntlich wird, daß die 'freiwillig' erbrachte Mehrleistung lediglich der Berechnung folgt, dafür eine höhere Gegenleistung zu erhalten, entlarvt sich die Strategie wechselseitiger Geschenke als Heuchelei und verliert ihre Wirksamkeit. Zwar mag selbst in diesem Fall ein hohes Niveau an Tauschbeziehungen fortbestehen, aber diese werden subjektiv nicht mehr als freiwillig erbrachte Sonderleistungen empfunden, sondern eben als das, was sie sind: als Preis für eine entsprechend hohe Gegenleistung des anderen Akteurs. Vorausgesetzt aber, die Akteure seien kognitiv und emotional in der Lage, das Verhalten der je anderen Seite in ihrer Intention richtig zu interpretieren, d.h. zu erkennen, wann sich ein Akteur absichtsvoll kooperativ oder unkoope46 Welche Bedeutung Referenzstandards dabei spielen, mag ein Beispiel illustrieren: Stellt sich heraus, daß die Unternehmung dem einzelnen Arbeiter den gleichen Lohn zahlt wie den anderen Mitarbeitern, die die gleiche Arbeit ausfuhren, wird er sein Urteil, seine Belohnung sei ·generös', zurücknehmen und sich fragen, ob sein Anspruchsniveau nicht unter Umstanden zu niedrig angesetzt war. Umgekehrt impliziert eine Enttäuschung nicht automatisch das GefUhl, "unfair' behandelt zu werden. Wie im achten Kapitel gezeigt wurde, tritt eine resignative Arbeitszufriedenheit ein, wenn das Anspruchsniveau gesenkt wird. Ein Mitarbeiter 'erkennt', daß seine Erwartungen zu hoch angesetzt waren. Der am alten Referenzpunkt gemessen niedrige Lohn wird dann vielleicht nicht mehr als 'generös' aber doch als 'angemessen' bewertet werden.

VII. Reziproke Faimeß

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rativ verhält, stellt sich immer noch die Frage, wie sich die beteiligten Spieler tatsächlich verhalten werden. Damit ist ein weiteres, das Motivationsproblem angesprochen: Denn man kann schlechterdings nicht davon ausgehen, daß sich Menschen generell kooperativ, fair oder generös verhalten wollen und dieses Verhalten dann in gleicher Weise honorieren. Sieht man von den Personenattributen ab, ist nach den objektiven Bestimmungsgründen zu fragen, die zu einer bestimmten Handlungsmotivation 'Anlaß' geben. Ein solches Handlungsmotiv besteht sicher zunächst darin, die eigene Wohlfahrt erhöhen zu können, in dem eine kooperative Strategie gefahren wird. Dieser Wohlfahrtsgewinn - in der Sprache der Ökonomie: die Kooperationsrente - geht verloren, wenn sich zumindest einer der Akteure eigennützig verhält. Ob es eine Kooperationsrente gibt und worin sie konkret besteht, ist nicht nur situationsabhängig, sondern zunächst allgernein von der Ausprägung des Interessengegensatzes selbst abhängig: Eine Organisation, die von ihren Mitarbeitern die Verrichtung monotoner Arbeiten einfordert, die um so besser fahrt, je niedriger der dafür zu zahlende Lohn ist, und die jederzeit leistungswillige Arbeitskräfte anwerben kann, steht gar nicht vor dem Problem, ihre Kooperationsbereitschaft durch höhere Löhne unter Beweis stellen zu müssen. Und selbst wenn sie bereit ist, einen höheren Lohn zu zahlen, um die Mitarbeiter zu höheren Leistungen zu motivieren, bedeutet dies nicht, daß sie sich auch 'kooperativ' verhält. Eine Lohnerhöhung etwa, die mit wesentlich höherem körperlichem Verschleiß bedingt durch Mehrarbeit einhergeht, kann von den Mitarbeitern durchaus als Schlechterstellung empfunden werden. Auch wenn die betriebliche Wirklichkeit nicht frei von solchen Fällen stark ausgeprägter Interessengegensätze ist, wird man jedoch in der Mehrzahl der gegenwärtigen Beschäftigungsverhältnisse von einem Mischsystem unterschiedlicher Spielsituationen ausgehen können. Je anspruchsvoller die Arbeitsverrichtungen, je komplexer daher die Anforderungen an den einzelnen Mitarbeiter sind, desto größer ist nicht nur der Ermessensspielraum des einzelnen, desto größer ist auch die Wahrscheinlichkeit, daß sich eine Kooperationsrente erzielen läßt. Je offenkundiger allen Beteiligten die Existenz einer Kooperationsrente ist, desto glaubhafter ist kooperatives als mögliches Verhalten. Die Bereitschaft, sich selbst kooperativ zu verhalten, ist dann zwar nicht zwingend, aber wahrscheinlich, wenn zwei weitere Voraussetzungen gegeben sind: Erstens stellt sich die Frage, wie die Kooperationsrente zwischen Prinzipal und Agent aufgeteilt wird. Denn selbst wenn die Mehrleistung des Mitarbeiters honoriert wird, stellt sich immer noch die Frage, 'wie' sie honoriert wird: Ein Lob ist eben immer noch etwas anderes als ein höherer Lohn oder eine bessere Arbeit. Wird die Aufteilung der Kooperationsrente als 'gerecht' bewertet, steigt die Bereitschaft, sich kooperativ zu verhalten, im umgekehrten Fall sinkt sie eher. Erneut kommen die schon erwähnten Fairneßkriterien zur Geltung. 47

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10. Kap.: Kooperation oder Konflikt?

Zweitens ist die Frage relevant, welche Annahmen bezüglich des Mitspielers filr den Fall getroffen werden, daß man sich selbst weniger kooperativ verhält. Hier ist nun zu unterscheiden, ob die Reziprozitätsvermutung gilt oder nicht. Im erstgenannten Fall ist der Wohlfahrtsverlust zu berücksichtigen, der sich durch die Reaktion des Mitspielers ergibt, im zweiten Fall entfallt diese Überlegung. Kooperatives Verhalten resultiert dann weniger aus reinen ökonomischen Vorteilserwägungen als aus sittlichen Prinzipien. Je größer die Risiken sind, negativ sanktioniert zu werden, desto wahrscheinlicher wird es, daß sich ein berechnender Akteur kooperativ im Sinne des Mitspielers verhält, auch wenn er kooperatives Verhalten ftlr sich selbst nicht als zwingendes sittlichmoralisches Gebot ansieht. Umgekehrt bedarf es keiner oder nur geringer negativer Sanktionsandrohungen, um kooperatives Verhalten zu generieren, wenn dieses über das vertraglich fixierte Maß hinaus von den Akteuren als sittlich geboten angesehen wird. Welche Wirkungen hat reziprokes Verhalten auf die Effizienz des betrieblichen Leistungsprozesses? Liegt die Lösung des Kooperationsproblems vielleicht in der Praktizierung einer Strategie reziproker Fairneß? Selbst wenn die Akteure den Kriterien der Reziprozität genügen, ist damit deren Überlegenheit gegenüber anderen Strategien nicht wirklich belegt. Zwar stiftet Reziprozität Verhaltenssicherheit, reduziert die Kontroll- und Überwachungskosten als Teil der Transaktionskosten und erhöht gegebenenfalls die Arbeitsbereitschaft auch derjenigen, die von sich aus nicht zu reziproken Fairneß-Verhalten motiviert sind. 48 Dem stehen aber auch Kosten und Risiken gegenüber: (i) Um ein höheres Arbeitsergebnis zu erzielen, kann eine Organisation alternativ den Arbeitsprozess technisch und organisatorisch mit der Zielsetzung verändern, den individuellen Verhaltensspielraum einzuschränken. Auch dies

47 Fehr I Gächter I Kirchsteiger 1997. weisen daraufhin, daß die Bewertung des Verhaltens als 'fair' oder 'unfair' von den Verteilungswirkungen einer Handlung vor dem Hintergrund eines neutralen Referenzzustandes abhängig sei. Ein Problem besteht darin, daß gerade bei hochkomplexen Tätigkeiten der zu teilende Ertrag, die Kooperationsrente, gar nicht ohne weiteres ermittelt werden kann. 48 Auf diese Wirkungen basiert auch das Ergebnis der empirischen Untersuchung von Fehr I Gächter I Kirchsteiger 1997, S. 835-6 "In particular, those workers who are not or only weakly motivated by reciprocity considerations now have an incentive to meet their contractual obligations. Our data indeed show that workers anticipate firms' reciprocity and shirk much Iess than in the WRT [weak-reciprocity-treatment, M.D.]. Furthermore, firms demand and enforce much higher effort Ievels than in the WRT .... Therefore, the data suggestthat if both parlies in a Irade have the opportunily lo reciprocale, reciprocal molivatians have a robust and very powerful impact on the enforcemenl of contrac/s."

VII. Reziproke Faimeß

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beobachten wir alltäglich in der betrieblichen Wirklichkeit. Es stellt sich daher die Frage, ob die Mehraufwendungen etwa im Fall einer generösen Bezahlung nicht höher sind als die Kosten der Reorganisation des Arbeitsprozesses, die die Wahrscheinlichkeit, mit der Shirking beobachtet und negativ diskriminiert werden kann, erhöht. Um einen genaueren Einblick in das tatsächliche Verhalten von Organisationen zu erhalten, wären die Gestaltungskosten beider Strategien also gegenüberzustellen. (ii) Ein Management der reziproken Faimeß kann die negativen Wirkungen der repressiven Strategien nicht gänzlich ausschließen: Die Bestrafung von Shirking-Verhalten etwa durch Lohnabzug hat häufig negative Motivationswirkungen, die ihrerseits auf das Arbeitsverhalten ausstrahlen. Vor allem leidet die Aufmerksamkeit gegenüber der Arbeit infolge der Absorption der Konzentrationsfähigkeit durch vermehrten psychischen Stress. In den Modellen reziproken Faimeß-Verhaltens wird jedoch angenommen, daß die Erwartung negativer Diskriminierung leistungsfördernd wirkt. Das ist - wenn überhaupt aber nur bei bestimmten Tätigkeiten der Fall. Insbesondere scheiden Tätigkeiten aus, die sich durch ein hohes Maß an intrinsischen Bestandteilen auszeichnen. (iii) Eine reziproke Faimeß-Strategie faßt Shirking-Verhalten als einen quasi objektiven Tatbestand auf. In der Realität ist dies jedoch häufig nicht so: Der 'Shirker' sieht sich subjektiv unter den gegebenen Arbeitsbedingungen nicht mehr in der Lage, die geforderten Arbeitsleistungen zu erbringen und reduziert daraufhin seinen Arbeitseinsatz. Vom Prinzipal wird dieses Verhalten gleichwohl als Drückebergerei 'gewertet'. Es bleibt festzuhalten, daß die Attribuierung eines Arbeitsverhaltens als 'Drückebergerei' stets eine interessierte Bewertung und kein Faktum darstellt. Aus diesem Grund ist es unter Umständen effizienter, die subjektiven (und objektiven) Ursachen eines reduzierten Arbeitseinsatzes zu ermitteln als dieses negativ zu sanktionieren. (iv) Reziprozität schließt ein, daß eine höhere Arbeitsleistung belohnt wird, um die Arbeitsmotivation zu erhöhen. Demgegenüber bleibt festzustellen, daß die Wirkung einer Belohnung auf die Arbeitsmotivation in vielen Fällen nicht klar vorhersagbar ist. Im Extremfall kann eine Belohnung die Arbeitsmotivation sogar negativ beeinflussen, wenn sie die intrinsische Motivation untergräbt. Auch ist die Gestaltung des Entlohnungssystems wichtig. Besteht Aussicht auf eine höhere Entlohnung im Sinne einer Höherstufung nach dem Zeitlohnmodell, wirkt dies leistungsfördemd, nach der Höhergruppierung besteht jedoch - aus der Sicht der Organisation gesprochen - die Gefahr, daß der Mitarbeiter in seinen Leistungen nachläßt. Eine engere Bindung des Lohns an die individuell erbrachte Leistung wie im Akkordlohnsystem reduziert dieses Problem zwar, beeinträchtigt aber auch die intrinsische Motivation und fuhrt häufig zu streBbedingten Qualitätsminderungen.

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(v) Eine Gegenleistung wird dann als 'generös' bewertet, wenn sie als freiwillig erbracht angesehen und an keine Gegenleistung geknüpft wird. Nur dann wird der Nutznießer gegebenenfalls bereit sein, Generosität mit Generosität zu beantworten. Dieses Reaktionsmodell des Geschenketauschs, das die emotionale Bindung zwischen den Akteuren erhöht, setzt voraus, daß glaubhaft gemacht wird, daß die Gegenleistung nicht an eine höhere Eigenleistung geknüpft wird, also nicht der Preis filr eine höhere Eigenleistung darstellt. Damit gehen aber beide Parteien das Risiko ein, von der Gegenseite ausgenutzt zu werden. Das Modell des Geschenketauschs tritt in Widerspruch zur Androhung von negativen Sanktionen. Zwar kann auch bei Androhung von negativen Sanktionen ein hohes Tauschniveau realisiert werden, aber die intendierte emotionale Bindung einschließlich der darauf fußenden Wirkungen geht verloren.49 Die hier genannten Probleme bedeuten nicht, daß ein Konfliktmanagement der reziproken Faimeß anderen Konfliktstrategien qualitativ unterlegen ist. Wie dargelegt, sprechen ftlr die positive Effizienzwirkung einer reziproken FaimeßStrategie einige empirische Studien, die - wenngleich sie nicht mit "wirklichen" Mitarbeitern und Vorgesetzten in real existierenden Beschäftigungsverhältnissen durchgeftlhrt wurden - die Hypothese von Fehr, Gächter und Kirchsteiger stützen, daß "reciprocal behavior may cause an increase in the set of enforceable contracts and may thus allow the achievement of non-negligible efficiency gains" (1997, S. 833, Hervorh. M.D.). Gleichwohl zeigt sich in der Problematisierung der Voraussetzungen einer Strategie der reziproken Fairneß wie wichtig es ist, den Unterschied des Wortes 'may' zum Wort 'will' im Auge zu behalten. Fassen wir die Ergebnisse zusammen: Objektiv ist der Strategie der reziproken Faimeß die Möglichkeit diskretionären Verhaltens vorausgesetzt. Der technische und organisatorische Arbeitsablauf muß den Mitarbeitern einen Spielraum lassen, ihren Arbeitseinsatz und ihr soziales Verhalten innerhalb bestimmter Grenzen zu variieren. Da alle Konfliktmanagement-Strategien an diese Voraussetzung geknüpft sind, bedarf dieser Aspekt keiner Vertiefung. Das Gleiche gilt ftlr die Existenz einer Kooperationsrente. Entfiillt diese, entfallen fast alle Gestaltungsprobleme, die in diesem Buch verhandelt wurden. Nicht trivial sind dagegen die subjektiven Voraussetzungen reziproken Verhaltens. Zunächst ist das Informationsproblem zu lösen: Es muß den Akteuren möglich sein, kooperative und nichtkooperative Strategien als solche zu identifizieren und zwar nicht nur in Hinblick auf wünschenswert erachtete (oder 49 Eine dieser positiven Wirkungen besteht darin, daß eine emotionale Bindung konfliktreduzierend wirkt bzw. die auftretenden Konflikte effizienter gelöst werden können, als das bei berechnendem, streng auf den Eigennutz abzielenden Verhalten der Fall ist.

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schädliche) Wirkungen, sondern in Hinblick auf die verfolgte Handlungsabsicht Wie nicht nur in der betrieblichen Realität zu beobachten ist, flillt es Menschen schwer, Handlungswirkungen und Handlungsabsichten analytisch und emotional zu trennen. 'Allzugern' wird von schädlichen Wirkungen einer Handlung auf 'böse' Absichten rückgeschlossen, indem die Möglichkeit kognitiv ausgeblendet wird, daß der Mitspieler gezwungen war, so zu handeln, oder die negativen Wirkungen seiner Handlung auf andere Akteure nicht kannte und folglich nicht hat berücksichtigen können. 50 Menschen tendieren dazu, einfache Erklärungen zu suchen, auch wenn die Motive fllr menschliches Verhalten tatsächlich komplexer Natur sind. Die Lösbarkeit dieses Informationsproblems ist daher um so eher gegeben, als sich die Entscheidungs- und Interessenlage auch als einfach und überschaubar darstellt. Diese Voraussetzung ist eher in kleinen Gruppen möglich als in großen Einheiten. Sie ist bei transparenten Arbeitsverrichtungen eher gegeben als bei Arbeiten, die in ihren Implikationen nur schwer einzuschätzen sind. Der praktische und langjährige Umgang miteinander und das persönliche Kennenlernen der Akteure mag dazu beitragen, die tatsächlichen Handlungsabsichten des Gegenüber zu erkennen. Ebenso wichtig ist jedoch die Stabilität der Entscheidungslage: In Entscheidungssituationen, die in einem instabilen Umfeld getroffen werden müssen, das ständig neuen Anpassungsbedarf erzeugt, sind die beteiligten Akteure häufig kognitiv-emotional überfordert, die richtigen Schlüsse aus den beobachtbaren Verhalten anderer zu ziehen. Das Managementproblem stellt sich dann so dar, daß rasch Entscheidungen getroffen werden müssen, obwohl deren erfolgreiche Implementierung zeitaufwendige Kommunikationsprozesse mit den Mitarbeitern erforderlich macht. Neben dem Informationsproblem bildet die Lösung des Motivationsproblems die zweite subjektive Voraussetzung einer reziproken Strategie: Die Akteure müssen auch willens sein, sich reziprok zu verhalten. Erst die Kombination partizipativer und repressiver Strategien ermöglicht die Realisierung der Kooperationsrente fllr den Fall, daß sich beide Akteure nicht aus sittlichen oder anderen personalen Gründen 51 heraus kooperativ verhalten. Entscheidend dafllr

50 Gleiches gilt auch fllr den umkehrten Fall, daß von einer positiven Handlung auf gute Absichten geschlossen wird, selbst wenn GrUnde dafllr verantwortlich sind, die mit der Wohlfahrtsposition des Begünstigten nicht das mindeste zu tun haben. 51 Es gibt durchaus Menschen, die von ihrer keineswegs naturhaft gegebenen , sondern heraus-

gebildeten charakterlichen Disposition aus, jeden Konflikt scheuen und selbst einen Interessenausgleich, der ja immerhin die Artikulation eines gegensätzlichen Interesses voraussetzt, als psychische Überforderung empfinden. Das Ausnutzen einer ·günstigen Gelegenheit' steht dann weniger im Widerspruch zu einem internalisierten sittlichen Gebot als zur verlangten Charakterstärke , an der es der Person fehlt. Wirtschaftssubjekte diesen Typs erleiden nur dann keine Wohlfahrtsverluste, wenn sie auf ihresgleichen treffen.

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ist die Glaubwürdigkeit. In der Regel liefert erst der Umgang miteinander das Erfahrungswissen, daß sich der Mitspieler nicht alles bieten läßt, aber auch zum Entgegenkommen bereit ist, wenn selbst Bereitschaft zu kooperativem Verhalten praktiziert wird. Erst dadurch, daß sich die Mitarbeiter und Vorgesetzte als Partner erfahren, indem sie über den Schatten ihres Partikularinteresses springen, erlangt die Motivation, sich kooperativ zu verhalten, jene Festigkeit, die die Abschöpfung der Kooperationsrente ermöglicht.

VIII. Resümee "Die Kosten eines Konflikts unter einem bestimmten erträglichen Maximum zu halten, ist ... eine Lebensnotwendigkeit filr ein soziales System." (Galtung 197252) Das gilt auch filr die Unternehmung als soziales System. Die Unzufriedenheit der Mitarbeiter mit den technischen Arbeitsbedingungen, das Empfinden, unfair behandelt zu werden, oder die Über- oder Unterforderung der Arbeitskräfte beeinträchtigen die Effizienz des betrieblichen Leistungsprozesses. Das Auftreten von Konflikten im Prinzipal-Agent-Verhältnis trägt andererseits auch dazu bei, bestehende Ineffizienzen zu erkennen und zu kanalisieren. "Konflikte können" - wie Delhees konstatiert - "als Motive zur Lösung eines Problems, zur Neuorientierung, Selbsteinsicht und Horizonterweiterung dienen. Manche Verhaltensweisen kommen durch einen Konflikt überhaupt erst in Gang." (1979, S. 11) Das begründet nach Auffassung von Delhees eine spezifisch "kreative Funktion des Konfliktes". Ob die destruktiven oder konstruktiven Elemente eines Konfliktes im Vordergrund stehen, kann nur durch das Studium des konkreten Falls entschieden werden. Gleichwohl ist es möglich und sinnvoll, nach den Wirkungen einer Konfliktstrategie auf die ökonomische Effizienz zu fragen. Während im vorletzten Kapitel die Wirkung konfliktären Verhaltens der Mitarbeiter auf den betrieblichen Leistungsprozeß thematisiert wurde, stand in diesem Kapitel die Wirkung der Konfliktstrategien des Prinzipals oder des Managements im Vordergrund der Analyse. Im Grunde genommen ging es um die Frage, ob die ökonomische Effizienz eines betrieblichen Anreizsystems - nichts anderes stellt eine Konfliktstrategie dar! - ermittelt werden kann. Um diese Frage beantworten zu können, wurden zunächst einige allgemeine Erfordernisse eines betrieblichen Anreizsystems benannt, im Anschluß dann geprüft, inwiefern die einzelnen Strategien diesen Erfordernissen gerecht wer-

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Zit. nach Oechs/er 1979, S. 81.

VIII. Resümee

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den. Das Ergebnis dieser Untersuchungen ist ernüchternd und zwar deswegen, weil die Ermittlung der Wirkungen einer Konfliktstrategie an empirisch-theoretische Voraussetzungen geknüpft ist, die in der Realität kaum oder nur selten vorfindlieh sind: Erstens setzt die positive Beantwortung der Frage voraus, daß die Wirkung einer Konfliktstrategie auf die ökonomische Effizienz von anderen Einflußfaktoren isoliert werden kann. Wie Kossbiel zutreffend feststellt, liegt das Problem darin, daß die Wirkung eines Anreiz- und Vergütungssystems "über mehrere Zwischenglieder auf den wirtschaftlichen Erfolg wirkt" (1994, S. 81). Es treten Verbund- und Synergieeffekte auf, die eine eindeutige Zuordnung zum Anreizsystem verhindern. Zweitens ist die Wirkungsweise eines Anreizsystems gar nicht ausschließlich von dieser selbst abhängig, sondern von den Eigenschaften der Anreizempfänger: Werden Anreize gegeben, die nicht mit der Bedürfnisstruktur und den Interessen des Mitarbeiters korrespondieren, bleiben diese wirkungslos. Verhaltenswirksam wird ein Anreizsystem auch nur dann, wenn die objektive und subjektiv erwartete Möglichkeit besteht, die vom Prinzipal verfilgten Normen zu erfilllen. Drittens: Was die Ermittlung der ökonomischen Effizienz einer Konfliktstrategie zusätzlich kompliziert, ist die Tatsache, daß sich die Akteure unter den ihnen gesetzten Bedingungen ständig verändern. Aus kooperativen Mitarbeitern können durch eine defektive Konfliktstrategie unkooperative Mitarbeiter werden. Unkooperative Arbeitnehmer können durch eine partizipative Strategie ihre subjektive Bewertung ihrer Arbeitsbedingungen verändern. Vorgesetzte interpretieren den Erfolg oder Mißerfolg einer Strategie vor dem Hintergrund der von ihnen und anderen gemachten subjektiv bewerteten Erfahrungen. Viertens fehlen den Entscheidungsträgem der Organisation aus eben den genannten Gründen in der Regel die Informationen über die zugrundeliegenden Ertrags- und Kostenverläufe einer Konfliktstrategie. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich der Begriff der 'ökonomischen Effizienz' auch auf den Vergleich der zur Auswahl stehenden Konfliktstrategien richtet. Das bedeutet nämlich, daß - wie am Beispiel vermehrter Kontrolltätigkeit demonstriert wurde - die Ertrags- und Kostenfunktionen alternativer Strategien ebenfalls bekannt sein müßten. Das sind sie aber nicht und können es aus den genannten Gründen auch gar nicht sein. Mit anderen Worten, das Informationsproblem bleibt bestehen. Aus all dem folgt, daß das 'subjektive Element' des Entscheidungsprozesses, das die Analyse der empirischen Interaktionsprozesse dieser Studie wie ein 'roter Faden' durchzieht, auch in den Konfliktstrategien der Unternehmung auffindbar bleibt. Sicher kann man den Prozeß der Abwägung, welche Kon-

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fliktstrategie ökonomisch effizient ist, als ein 'Entscheidungsproblem unter Ungewißheit' modellieren und versuchen, konfliktäres Verhalten in ein ökonomisches Optimierungsmodell zu transformieren. Dennoch muß bezweifelt werden, daß die empirischen Wirtschaftssubjekte ihr Handeln durchkalkulieren, bevor sie sich entscheiden. Allzu häufig wird erst gehandelt und dann gedacht; 'nachdenken' heißt dann oftmals, vorfmdliches Handeln nachträglich zu 'rationalisieren'. In anderen Fällen gehorcht Handein Gewohnheiten und internalisierten Normen, in denen Verhaltensstereotype kodifiziert sind. Nelson und Winter 1982 nennen es das 'Routineverhalten' Charakteristisch für Routineverhalten ist die Stabilität bestimmter Verhaltensmuster gegenüber Veränderungen der Außenwelt. Sie bewirkt, daß Handlungsschema selbst dann beibehalten werden, wenn es gewichtige Gründe gibt, sie zu ändern. Erst wenn die beobachteten und interpretierten Zustände gravierend vom Anspruchsniveau abweichen, werden Suchprozesse ausgelöst, die zu anderen Reaktionen und unter Umständen zur Entwicklung und Adaptation anderer Anspruchsniveaus führen. Diese und andere verhaltenswissenschaftliche Modelle informieren uns viel besser über das empirische Entscheidungsverhalten der Prinzipale, als dies die normativ orientierte Prinzipal-Agent-Theorie zu tun vermag.

Elftes Kapitel

Das Sozialwissenschaftliche Forschungsprogramm Ein Ausblick

I. Einleitung

Die Naturwissenschaft liefert in ihrer geschichtlichen Entwicklung unzählige Beispiele dafiir, daß Wissenschaftler ihrer Forschungsarbeit falsche Modelle zugrunde gelegt haben. Denken wir an das geozentrische Weltbild des Ptolemäus, das bis ins späte Mittelalter hinein das Forschungsprogramm der Astronomie weitgehend bestimmt hat, oder an die unzähligen Versuche der Alchimie, künstlich Gold herzustellen. Diese Irrwege im Prozeß der Naturerkenntnis wurden dadurch überwunden, daß sich Wissenschaftler von den experimentell durchgefiihrten Beobachtungen in einer sehr spezifischen Art und Weise leiten ließen. Sie waren bereit, der Tatsache, daß die empirischen Beobachtungen mit den tradierten Auffassungen konfligierten, Rechnung zu tragen, indem sie nicht die Beobachtungen, sondern die zugrunde liegenden Modelle in Zweifel zogen. Die unter Mikroökonomen geflihrte Diskussion über die 'Natur' der Unternehmung gleicht dem eben skizzierten Erkenntnisprozeß zumindest in einer Hinsicht. Nicht wenige Mikroökonomen scheinen sich heute darüber bewußt zu werden, daß das Bild der Unternehmung, wie wir es in vielen Lehrbüchern skizziert finden, nur wenig mit dem zu tun hat, was wir in der Realität antreffen. Die Unternehmung der meisten Lehrbücher ist, wie Richard Cyert schreibt, "a firm that would not be recognized by a businessman, nor does it have a prototype in the real world" (1988, S. XII). Von daher ist die Forderung nach einer empirisch gehaltvolleren Theorie der Unternehmung weit verbreitet. Auf der anderen Seite ist die Bereitschaft (von Ausnahmen abgesehen) gering, das herrschende Erklärungsmodell grundsätzlich in Zweifel zu ziehen. 1

1 Als Beispiel dafllr mag die interessante Monographie von Frey 1990 stehen, in der der Schwerpunkt darauf gelegt wird, den Erklärungsgehalt des 'ökonomischen Ansatzes' auf andere Wissenschaften und Wissensgebiete herauszuarbeiten.

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II. Kap.: Das Sozialwissenschaftliche Forschungsprogramm

Unter Ökonomen ist strittig, ob der Fortschritt der mikroökonomischen Theorie der Unternehmung eher von einer modifizierten neoklassischen Theorie erwartet werden kann oder ob es eines Perspektivenwechsels bedarf. Die Antwort, die in diesem Buch gegeben wird, lautet: Nur eine sozialwissenschaftliche Theorie der Unternehmung, in der die Forschungsergebnisse verschiedener Disziplinen zusammengeflihrt werden, vermag wesentliche Bereiche der Unternehmenswirklichkeit zu erfassen. Die Erkenntnisse der traditionalen Gleichgewichtsmodelle brauchen deswegen nicht 'über Bord geworfen' zu werden. Sie sind ein wichtiges Element unter vielen, um die um ein vielfaches komplexere Welt sozialer Interaktionen zu verstehen. Abschließend soll noch einmal gezeigt werden, wo die Grenzen des neoklassischen Forschungsprogramms liegen und in welcher Weise eine sozialwissenschaftliche Theorie dazu beitragen kann, diese Grenzen zu überwinden.

II. Die Grenzen des neoklassischen Forschungsprogramms Viele Einwände, die gegen die traditionale Theorie der Unternehmung erhoben werden, berühren nicht den 'harten Kern' (Lakatos 1970) des neoklassischen Paradigmas. Denken wir zum Beispiel an die im zweiten Kapitel gefilhrte Diskussion über die Frage, ob Unternehmen primär vom Gewinnmotiv oder von anderen Zielen geleitet sind. Ähnlich verhält es sich mit Einwänden der Art, die traditionale Theorie berücksichtige nicht die Tatsache unvollkommener Information, vernachlässige den Umstand, daß die ökonomischen Entscheidungsträger nur über begrenzte Rationalität verfUgten, oder ignoriere die Existenz von Interessenkonflikten. Die neoklassische Leitidee, "die Koordination der individuellen Planungen stets in ihrem vollkommensten, denkbaren Zustand darzustellen, in dem fllr die Individuen kein Anlaß besteht, von ihren optimal geplanten Entscheidungen abzuweichen" (Witt 1987, S. 2), bleibt von diesen Einwänden meist unberührt. Es ist zwar üblich, von der Gewinnmaximierung auszugehen, aber es widerspricht dem neoklassischen Paradigma nicht, eine andere Zielsetzung, zum Beispiel den 'Nutzen', zu unterstellen. In diesem Sinne tangiert der Einwand, Unternehmen wären in ihrem Handeln nicht vom Gewinnmotiv geleitet, nicht den Kern der neoklassischen Theorie, die optimierendes Verhalten unterstellt, aber offen läßt, welche Zielgröße optimiert wird. Nicht ohne Grund erfahren auch die anderen Einwände häufig eine Zurückweisung: Wird sich ein beschränkt rational entscheidender Akteur nicht ebenfalls flir die Handlungsmöglichkeit mit dem höchsten Zielerreichungsgrad entscheiden? Ist die Annahme beschränkter Rationalität nicht mit der Maximie-

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rung unter Nebenbedingungen gleichzusetzen? Was also soll der Vorwurf, die Neoklassik gehe von unrealistischen kognitiven Fähigkeiten der ökonomischen Akteure aus? Und selbst dem verbreiteten Vorwurf, die traditionale Theorie ignoriere die Tatsache sozialer Konflikte, werden 'Neoklassiker' entgegnen, daß noch jedes Gleichgewichtsproblem auf der Annahme konfligierender Interessen beruht, von einer Vernachlässigung sozialer Konflikte daher nicht die Rede sein kann, diese vielmehr unterstellt sind. Das Eigentümliche all dieser Einwände besteht allem Anschein nach darin, daß sie die Leitidee des neoklassischen Forschungsprogramms scheinbar unangetastet lassen. Um so größer ist regelmäßig die Verwunderung unter Kritikern, daß die von ihnen vorgetragenen Kritikpunkte vom neoklassischen Forschungsprogramm mühelos absorbiert werden. Die Einwände scheinen lediglich Anlaß zu geben, neue und differenziertere Gleichgewichtsmodelle zu konstruieren, also den Fortschritt des traditionalen Paradigmas eher zu beflügeln, anstatt - wie von den Kritikern erhofft - eine Abkehr von diesem zu bewirken. Die Resistenz der Neoklassik gegenüber den seit Jahrzehnten vorgetragenen Kritikpunkten verweist darauf, daß die Kritik teilweise über ihr Ziel hinausschießt und damit verfehlt. Die traditionale Theorie ist nicht in 'Bausch und Bogen' abzulehnen, wohl aber ihr universeller Anspruch, die Theorie individueller Entscheidungen in sozialen Systemen zu sein. Es geht also darum, die Grenzen des neoklassischen Paradigmas aufzuzeigen, die seine Ergänzung durch andere Theorien erfordert. Diese zusammenzufuhren und in eine geschlossene Theorie sozialer Interaktionen zu integrieren, ist die Aufgabe des sozialwissenschaftliehen Forschungsprogramms. Worin liegen die Grenzen des traditionalen Paradigmas? Betrachten wir dazu die Optimierungshypothese etwas genauer. Empirisch gehaltvoll ist das Bild des 'optimierenden' Akteurs insofern, als sich ein Entscheidungsträger flir diejenige Handlungsmöglichkeit mit dem höchsten Zielerreichungsgrad entscheiden wird, wenn (!) er sich bewußt (!) zwischen mehreren Alternativen entscheiden will (!) und kann (!) und auch nicht die Mühe scheut, diese Entscheidung praktisch umzusetzen, also keine Probleme der Willensschwäche(!) (Akrasia) auftreten. Gerade wegen dieser Voraussetzungen optimierenden Verhaltens ist es wichtig festzuhalten, daß 1. nicht jedes ökonomisch relevante Verhalten auf einer Optimierung beruht; 2. nicht jede Entscheidung, die eine Optimierung beabsichtigt, auch zu einer Optimierung führt; 3. der Vorgang der Optimierung lediglich ein Segment innerhalb eines komplexen Entscheidungsvorgangs bildet und 4. Akrasia die praktische Umsetzung einer Optimierungsentscheidung verhindem kann. Einige Anmerkungen zu den einzelnen Punkten können das verdeutlichen:

19 Dunn

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Ad I: Ökonomisch relevant sind auch Verhaltensweisen, die nicht auf einer bewußten Abwägung bekannter Handlungsmöglichkeiten beruhen. Ökonomisch relevantes Verhalten kann zum Beispiel auch durch Konventionen, Normen und Gefllhle etc. gelenkt sein, die weder rational noch irrational sind. Häufig handelt es sich dabei um Verhaltensweisen, die in einem sozialen Kontext erlernt sind oder unkontrolliert ablaufen. Selbst ein Verhalten, das im Ergebnis als optimal bewertet wird, muß nicht auf einer Optimierung beruhen, mit der stets eine bewußt kalkulierende Verstandestätigkeit und eine daraus resultierende Handlung gemeint ist, denn eine Optimierung, die nur im Kopfe stattfindet, ohne praktisch umgesetzt zu werden, ist ökonomisch irrelevant. 2 Ad 2: Nicht jede Entscheidung, mit der eine Optimierung bezweckt wird, stellt im Ergebnis auch eine Optimierung dar. Die Gründe dafür sind vielfältig. Ein Grund für das Auseinandertreten von beabsichtigter Optimierung und dem faktischen Ergebnis der Optimierungshandlung kann darin liegen, daß der Akteur sich selbst blockiert, in dem er sich widersprechende Ziele gleichzeitig verfolgt. Ein anderer möglicher kann damit zu tun haben, daß die gewählte Strategie untauglich ist, um das erwünschte Ziel zu realisieren. Ein dritter Grund resultiert aus dem Umstand, daß das Ergebnis der Optimierungshandlung nicht nur von dieser selbst, sondern auch von nicht vorhersehbaren oder nicht beeinflußbaren exogenen Faktoren abhängig ist. Ad 3: Nur unter der Annahme vollkommener Informiertheil und Kontrolle aller Bestimmungsfaktoren einer Handlung besteht eine kausale Wenn-DannBeziehung zwischen der intendierten und realisierten Optimierung einer Zielgröße. Die der Optimierungshandlung zugrundeliegende theoretische Operation der Optimierung ist jedoch selbst an Bedingungen geknüpft. Sie stellt lediglich ein Segment innerhalb eines komplexen Entscheidungsvorgangs dar. Optimieren unterstellt unter anderem gegebene Ziele, konsistent geordnete Präferenzen, eindeutige und handhabbare Entscheidungskriterien. Ein Akteur muß sich also erst klar darüber werden, wo seine Ziele und Präferenzen liegen, er muß diese ordnen und gewichten, er muß wissen, welche Handlungsmöglichkeiten zur Auswahl stehen, wie diese zu bewerten sind und welches Entscheidungskriterium am besten geeignet ist, um ein Ziel zu erreichen. Ad 4: Optimierung als praktischer Vorgang setzt voraus, daß es keine motivationsbedingten Hindernisse gibt, das als optimal Erkannte auch durchzusetzen: "A person may know very weil what action is best for him and yet he may find hirnself unable to take it." (Selten 1990, S. 651) Der Einwand, daß die Kosten der Umsetzung in der Optimierung schon enthalten seien, übersieht, daß Akrasia (d.i. Willensschwäche) ein solches berechnendes Moment gerade 2 Vgl. Schlicht 1990b.

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nicht aufweist. Man könnte sagen, zur Trägheit gehört auch die Unlust, Trägheit als Kostenelement in Betracht zu ziehen. Zu berücksichtigen ist ferner, daß zwischen der Entscheidungsfmdung und der Durchsetzung 'Zeit vergeht', in der sich der Handlungsimpuls abschwächen kann, ohne daß diese Abschwächung vorher erkennbar gewesen wäre. Der Akteur hat sich dann im nachhinein über sich selbst, nämlich über seine Willenskraft, getäuscht. Vor dem Hintergrund des Gesagten wird deutlich, daß die Analyse empirischen Verhaltens nicht damit beginnen kann, dieses als optimierendes Verhalten zu unterstellen oder wie Witt bemerkt: "Das Problem des individualistischen Optimierungsmodells besteht in der Art und Weise, wie es in empirischen Erklärungsfallen angewendet wird." (Hervorh. M.D.) 3 Dies scheint mir der eigentliche Kern der von Simon, Cyert, March u.a. vorgetragenen Kritik des neoklassischen Entscheidungsmodells zu sein: Die mit dem Ausdruck 'beschränkte Rationalität' umschriebenen kognitiven Beschränkungen verweisen nämlich darauf, daß der Entscheidungsprozeß nicht auf eine Optimierungshandlung unter bekannten Handlungsalternativen reduziert werden kann, sondern subjektive Bewertungsprozesse einschließt, mit denen das Entscheidungsproblem überhaupt erst defmiert wird. Wenden wir uns nun der Idee des Gleichgewichts zu. Diese hat bekanntlich unterschiedliche Ausprägungen erfahren. Völlig unproblematisch ist z.B. der "vage Gleichgewichtsgedanke", der, wie es Kurt W. Rothschild 1981, S. 3 formuliert hat, lediglich beinhaltet, "daß die Geschehnisse in dem beobachteten System nicht völlig beliebig oder chaotisch ablaufen, sondern bestimmten Regelmäßigkeiten unterworfen sind, die ja allein eine theoretische Analyse sinnvoll machen". Häufig meint 'Gleichgewicht', daß ein bestimmter Zustand, wenn er sich einmal eingespielt hat, die Tendenz hat, in diesem Zustand zu verharren. 4 Ebenso wie das Konzept des optimierenden Individuums nur dann zur Erklärung eines ökonomischen Phänomens beiträgt, wenn die Annahmen, auf 3 Witt 1987, S. 2 filhrt dazu naher aus: "In der Regel sieht die Anwendung so aus, daß man ein bestimmtes empirisch beobachtbares Phänomen zu 'erklären' versucht, indem man ad hoc Annahmen konstruiert, die hinreichende und/oder notwendige Bedingungen dafilr darstellen, daß sich genau das beobachtete Phänomen als Lösung eines hypothetischen individuellen Optimierungskalküls ergibt. Eine solche 'Rationalisierung' eines empirisch beobachtbaren Verhaltens ist zunächst nichts anderes als die Demonstration einer logischen Möglichkeit unter einer im Prinzip unendlichen Zahl von Möglichkeiten. Eine solche Demonstration besitzt filr sich genommen entsprechend keinen empirischen Erklärungswert." 4 Holub 1978, S. 36 spricht in diesem Zusammenhang von der Gleichgewichtsformel, nach der Pläne, die realisiert werden konnten, reproduziert werden, wahrend nicht realisierte Pläne nicht reproduziert werden: "Im Gleichgewicht kann sich nichts ändern, im Ungleichgewicht muß sich zwangsläufig etwas ändern." 19*

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denen dieses beruht, hinreichend realistisch sind, gilt fiir das Gleichgewichtskonzept, daß "die Struktur des Modells signifikante Erfahrungstatsachen widerspiegeln (muß)" (Schlicht 1977, S. 18f. und 22). Dabei ist zu bedenken, daß I. das Gleichgewichtskonzept auf einer bestimmten Verhaltensannahme beruht und 2. die Randbedingungen des Gleichgewichtssystems hinreichend stabil sein müssen, damit ein Gleichgewichtszustand eintreten kann. Diese Bedingungen sind keineswegs immer gegeben und daher ebenfalls nicht vorauszusetzen. Ad I: Da das Gleichgewichtskonzept einen Zustand bezeichnet, in dem alle Kräfte der Veränderung erloschen sind, müssen die verfolgten Zielgrößen einen Grenzwert (ein Maximum) aufweisen. Das macht fiir viele alltägliche Bedürfnisse durchaus einen Sinn. Die Frage ist aber, ob es 'in der Realität' Handlungsmotive gibt, die ihrer 'Natur' nach inhärent dynamisch sind, die also nicht gegen einen Grenzwert konvergieren. Die These, die im zweiten Kapitel vertreten wird, lautet, daß dem Gewinn als Handlungsmotiv gerade keine begriffliche Obergrenze gesetzt werden kann. Das unterscheidet das Streben nach Gewinn von der kurz- oder langfristigen Gewinnmaximierung, die auf der Annahme beruht, daß (mit Ausnahme der zu maximierenden Größe) sämtliche Aktionsparameter konstant wären, was sie in der Realität natürlich nicht sind. Wie bereits Schumpeter erkannt hat, kann der Maximierungshypothese daher nur in einem Gleichgewichtsmodell ein Sinn beigelegt werden. Ad 2: Das Eintreten eines Gleichgewichtszustandes stellt spezifische Anforderungen an die Randbedingungen des Systems. Im Idealfall bleiben diese Randbedingungen unverändert. Wenn sie sich aber ändern, muß, wie Witt 1987, S. 4 bemerkt, gelten, "daß die Anpassungsgeschwindigkeit des Systems relativ zur Geschwindigkeit, mit der sich die Randdaten ändern, sehr hoch ist", weil nur unter dieser Voraussetzung "exogene Datenänderungen einen 'vollen' Übergang von einem Gleichgewichtszustand zum nächsten bewirken". Wiederum stellt sich die empirisch zu beantwortende Frage, ob die Randbedingungen 'in der Realität' dieser theoretischen Annahme auch genügen. Wenn sie es nicht tun, ist das Gleichgewichtsmodell wenig aussagekräftig. Ebenso wie das Optimierungsverhalten nur einen möglichen Bereich ökonomisch relevanten Verhaltens, den des bewußten kalkulatorischen Umgangs mit bekannten Handlungsalternativen, beschreibt, ist auch der Gleichgewichtszustand einzuschränken. Dieser beschreibt lediglich eine mögliche soziale Konstellation, gibt es doch keinen zwingenden theoretischen Grund fiir die Annahme, daß jedes soziale System gegen einen bestimmten Zustand konvergiert, in dem es verharrt. Ob sich daher mit Hilfe des neoklassischen Forschungsprogramms empirisch gehaltvolle Aussagen formulieren lassen, ist a priori nicht entscheidbar. Erst eine 'ergebnisoffen' geführte Untersuchung eines ökonomischen Phänomens kann klären, ob Gleichgewichtskonzept und

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Optimierungshypothese geeignete theoretische Konstrukte sind, um em vorfindliches Phänomen zu erklären. 5 Das Problem des herrschenden Forschungsprogramms liegt also weniger in der Bedeutung, die der Annahme optimierenden Verhaltens und dem damit korrespondierenden Gleichgewichtsbegriff an sich beigemessen wird, als in dem Apriorismus, mit dem beide Konzepte unreflektiert auf empirische Phänomene angewendet werden: Die Relevanz der Gleichgewichtskonzeption und der Optimierungshypothese für die Erklärung empirischer Phänomene wird gleichsam ungeprüft unterstellf>. Das fiihrt dazu, daß empirische Phänomene, die mit einem Gleichgewichtsmodell eben nicht erfaßt werden können, durch ein Zerrbild erklärt werden. Das bekannteste Beispiel dafiir liefert der Begriff der 'vollkommenen Konkurrenz', mit der der Wettbewerb nicht etwa idealiter beschrieben, sondern theoretisch negiert wird. 7 Nicht weniger unproblematisch als der methodische Apriorismus ist die Verknüpfung des Gleichgewichtskonzepts mit einem Werturteil, das heißt die Praxis, Gleichgewichtszuständen, denen lediglich in Gleichgewichtsmodellen ein Sinn beigelegt werden kann, zugleich normative Kraft zuzusprechen 8, oder Zustände als Lösung eines vorfindliehen ökonomischen Effizienzproblems zu 5 Das gilt auch dann, wenn die Optimierungshypothese, wie dies im neueren Schrifttum häufig geschieht, als ein Als-ob-Konstrukt interpretiert wird, d.h. wenn angenommen wird, die ökonomischen Akteure verhielten sich so, als ob sie eine Nutzenfunktion optimierten, gleichwohl sie das empirisch nicht tun. In diesem Fall ist nämlich vorauszusetzen, daß "we can name and describe a mechanism which links actual behavior to our theoretical as if construct" (Schlicht 1990b, S. 705), was seinerseits eben das Studium des 'actual behavior· zur Vorbedingung hat, kann eine 'Verbindung' doch immer nur zwischen bekannten Größen hergestellt werden. 6 Daß der Analyse sozialer Interaktionen gravierende Restriktionen erwachsen, sofern diese im Rahmen eines Gleichgewichtsmodells behandelt werden, ist schon oft bemerkt worden. Vgl. etwa Albert 1960, 1979, /984, Holleis 1985, Holub 1978, Kob/itz I Rieter 1979, Kromphardt /987, Krüsse/berg /969, Robinson /972, 1974, Röpke 1977, K. W Rothschi/d /98/b, Sälter 1987, Sireiss/er /980, Teschner /977 und Will /987. 7 Stellvertretend fllr viele Autoren, die dies bemerkt haben, sei hier auf Oskar Morgenstern verwiesen, der anmerkt, daß die wirkliche Bedeutung des Wettbewerbs, "is one of struggle with others, of fight, of attempting to get ahead, or at least to hold one's place. lt suffices to consult any dictionary of any language to find that it describes rivalry, fight, struggle, etc." Kritisch resUmiert Morgenstern 1972, S. 1164: "In current equilibrium theory, there is nothing of his true kind of competition .... The contrast with reality is striking." Vgl. auch Hayek 1948, 1952, 1952a, Arndt 1979 und Röpke 1977, S. 265. 8 Dafllr liefert das Pareto-Kriterium ein anschauliches Beispiel. Problematisch ist das ParetaKriterium insofern, "als es ohne zusätzliche Gerechtigkeitsnormen keine eindeutige Lösung bietet außer jener, welche unmittelbar an die herrschende Vermögens- und Einkommensverteilung anknUpft und damit diese sanktioniert" (Schlicht I Vogt 1974, S. 263). "To accept that only Pacetobetter Irades are Iegitimale is" - wie Schmid 1978, S. 209f. bemerkt hat - "to accept the original distribution of rights as legitimate." Vgl. auch Buchanan 1975a, S. 226, Hayek 1976a, S. 52, Lachmann 1976, S. 131, Schumann 1984b, S. 174, Ulrich 1986, S. 209 und Wo//1987.

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interpretieren und dabei die Machtasymmetrien zu übersehen, die nur bestimmte Effizienzkriterien und deren Lösungen zulassen. Beispiele für diese Praxi~ auf dem Gebiet der Unternehmenstheorie wurden in dieser Abhandlung zuhauf geliefert. Ich komme auf diesen Punkt gleich noch einmal zurück. In all diesen Versuchen drückt sich der immer wiederkehrende "Grundgedanke der neoklassischen Theorie" aus, "daß sich im Wettbewerb jeweils effiziente Lösungen (Pareto-Optima) durchsetzen" (Neumann 1984, S. 218)9 ; eine Aussage, die Gefahr läuft, gegen jede empirische Widerlegung erhaben zu sein, läßt sich doch noch jede 'ineffiziente Lösung' durch das Auftreten von Wettbewerbs'verzerrungen' interpretieren!' 0 Als empirisch gehaltvolle Aussage macht der Grundgedanke der Neoklassik also nur dann Sinn, wenn er so formuliert wird, daß er empirisch falsifizierbar ist. Die Definition dessen, was Wettbewerb auszeichnet, darf die von ihm erhoffte Leistung pareto-effizienter Lösungen nicht schon selbst enthalten! Es bleibt dem Leser überlassen, zu prüfen, in welchen Fällen diese Bedingung tatsächlich erfiillt wird.

111. Entscheiden und Verhalten Die hier vorgetragene Kritik wendet sich gegen die Verabsolutierung der Optimierungshypothese zur Erklärung individuellen Entscheidungsverhaltens in sozialen Systemen. Unsinnig wird die Hypothese optimierenden Verhaltens gar dann, wenn sie so modelliert wird, daß sie "eine nicht-optimale Wahl nicht erlaubt", denn - wie Leibenstein 1985, S. llll konstatiert - werde damit "die Grundbedeutung des Wortes Optimierung, nämlich das notwendigerweise vergleichende Element darin (verleugnet)" 12 • Wie dieses Buch gezeigt hat, ist die Annahme optimierenden Verhaltens auch nicht zwingend. Es gibt durchaus eine alternative Sichtweise, nämlich die von Herbert Sirnon begründete Anspruchsanpassungstheorie, die vom hier vertretenen sozialwissenschaftliehen Forschungsprogramm übernommen und fortgeführt wird.

9 Vgl. auch Held 1991, S. 16. 10 Der gleichen Logik folgend Iieße sich behaupten, daß die Planwirtschaft das effizienteste System zur optimalen Bedarfsdeckung darstellt, um den abweichenden empirischen Befund auf die mangelhafte Planrealisierung zurockzufilhren. Tatsachlich sind viele Einwande, die gegen die real existenten Planwirtschaften vorgetragen wurden, in dieser Manier abgeschmettert worden. 11 Zitiert nach Richter I Furubotn 1996, S. 490. 12 Das Gleiche gilt ftlr den Begriff der 'Effizienz'. Der Begriff macht nur dann Sinn, wenn es innerhalb eines Systemzusammenhangs auch nachweislich ineffiziente Lösungen geben kann.

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Ausgangspunkt der alternativen Interpretation menschlichen Entscheidungsverhaltens ist die empirische Beobachtung, daß die ökonomischen Akteure in der Realität nicht wissen, welche Handlung den höchsten Zielerreichungsgrad aufweist, und da ihnen die Mittel und Zeit fehlen, um das gesamte Entscheidungs- und Ereignisfeld im voraus abzuschätzen, müssen sie unter echter Ungewißheit, d.h. unter der Voraussetzung entscheiden, daß die zukünftigen Ereignisse (und nicht nur deren Eintrittswahrscheinlichkeit) unbekannt sind. Das setzt eine Definition des Entscheidungsproblems und die Wahl eines Entscheidungsverfahrens voraus. Das Problem dabei ist, daß Daumenregeln, Satisficing, Routineverhalten etc. die Qualität der Entscheidung reduzieren. Sie schließen das Risiko ein, daß überlegene Lösungen nicht erkannt werden, weil relevante Entscheidungsparameter vernachlässigt werden, der Prozeß der lnfonnationssuche und -Verarbeitung zu früh abgebrochen wird oder Veränderungen des Entscheidungsumfeldes, die eine Revision der tradierten Routinehandlungen erfordern, zu spät bemerkt werden. Infolgedessen trifft es nicht zu, daß die genannten Entscheidungsverfahren per se eine Ökonomisierung des Entscheidungsprozesses darstellen. Das wäre nur dann der Fall, wenn die Qualität der Entscheidung (deren Erträge) durch die Senkung der Entscheidungskosten unberührt bliebe. Davon kann aber nicht die Rede sein. Die Anspruchsanpassungstheorie stellt aber noch in ganz anderer Hinsicht eine Alternative zur Annahme optimierenden Verhaltens dar. Sie läßt Verhaltensmöglichkeiten zu, die aus der Perspektive der Optimierung defmitionsgemäß ausgeschlossen werden. Betrachten wir dazu das Verhältnis zwischen dem Anspruchsniveau und dem von diesem abweichenden Ist-Zustand, so ergeben sich mehrere Verhaltensmöglichkeiten, je nachdem ob das Anspruchsniveau als konstant oder veränderlich angenommen wird. Nur wenn wir das Anspruchsniveau konstant halten, erhalten wir einen Anpassungsprozeß, der traditionell interpretiert werden kann: Mit Erreichen des Anspruchsniveaus befmdet sich das Individuum dann im individuellen Dispositionsgleichgewicht, in der der Akteur keinen Anlaß hat, seinen Plan zu revidieren. Anders verhält es sich jedoch, wenn man berücksichtigt, daß ein Anspruchsniveau eine veränderliche Größe darstellt. Dann sind zwei andere Konstellationen denkbar. Erstens kann die Anpassung unter dieser Voraussetzung auch in umgekehrter Richtung erfolgen, in dem der Akteur seine Bedürfnisse reduziert, also sein Anspruchsniveau senkt, anstatt Anstrengungen zu unternehmen, um sein über dem Ist-Wert liegendes Anspruchsniveau zu erreichen. Zweitens stellt die Realisierung eines Anspruchsniveaus nicht mehr automatisch einen GleichgeWenn dagegenjedes Ergebnis als effizientes gedeutet werden kann, indem die dazu erforderlichen Nebenbedingungen 'eingefllhrt' werden, hebt sich der Begriff auf.

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wichtszustand dar. Die traditionale Theorie nimmt im Fall der Planerfüllung Planwiederholung als wahrscheinliches Verhalten an. Die Anspruchsanpassungstheorie schenkt demgegenüber der empirischen Beobachtung Aufmerksamkeit, daß 'der Appetit häufig erst beim Essen kommt'. Mit anderen Worten: Das Erreichen eines Anspruchsniveaus bewirkt unter zu spezifizierenden Umständen seine Niveauveränderung im Sinne eines 'upgrading'. Der Plan wird dann nicht wiederholt, sondern es erfolgt eine Planrevision mit dem Ziel, das neue, höhere Anspruchsniveau zu realisieren. Beide Anpassungsstrategien sind in der Motivations- und Sozialpsychologie seit längerem als Coping-Strategien bekannt. In beiden Fällen treten Verhaltensweisen auf, die nicht mehr neoklassisch interpretiert werden können. Anders formuliert, der Versuch, diese Reaktionsweisen neoklassisch zu behandeln, indem die Senkung oder Erhöhung des Anspruchsniveaus selbst als ein Optimierungsvorgang höherer Ordnung gedeutet wird, ist wenig überzeugend. Das wird am Beispiel der Anspruchsniveausenkung besonders augenfällig. Wenn die Senkung des Anspruchsniveaus, die ja darauf basiert, daß der Akteur mit seinem Ziel gescheitert ist, d.h. nicht optimieren konnte, als eine Optimierung uminterpretiert wird, verliert der Begriff der Optimierung jedweden Sinn. Eine Optimierung unterstellt stets ein gegebenes Anspruchsniveau, erklärt aber eben nicht, wie sich neue Anspruchsniveaus bilden. Ausschlaggebend dafür, wie sich ein Akteur letztlich entscheiden wird, sind in all diesen Fällen die von der traditionalen Theorie in ihrer Wirkung völlig vernachlässigten kognitiven und emotionalen Bewertungsvorgänge: Wird der eigene Mißerfolg auf beeinflußbare Umstände zurückgefiihrt, oder gelangt der Akteur zu der Auffassung, daß die Ziele einfach zu hoch gesteckt und daher unerreichbar waren? Wird der Erfolg als ein 'zufriedenstellender Abschluß' interpretiert, oder entnimmt der Akteur aus der Leichtigkeit, mit der das anvisierte Ziel erreicht werden konnte, daß ein noch höheres Anspruchsniveau realisierbar ist? Ohne zu sehr ins Detail zu gehen, zeigen die Überlegungen in diesem Buch, daß diese Bewertungsvorgänge sowohl von situations- wie von personenmerkmalsbezogenen Faktoren abhängig sind, die mit einer Optimierung gar nichts zu tun haben: So werden Menschen, die über einen starken Durchsetzungswillen verfügen, durch ein Scheitern ihrer Bemühungen, ein höheres Anspruchsniveau zu erreichen, in einer Haltung des 'Jetzt erst recht!' bestärkt, während Akteure mit geringem Selbstvertrauen eher zur frühzeitigen Preisgabe des von ihnen nachträglich als zu hoch bewerteten Anspruchsniveaus neigen. Geht man einen Schritt weiter und fragt nach den Größen, die den Durchsetzungswillen eines Akteurs beeinflussen, wird man auf den individuellen Erfahrungsprozeß und dessen Verarbeitung zu sprechen kommen müssen, der ebenfalls keine Optimierungshandlung darstellt: Menschen, die nie oder nur selten Erfolg hat-

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ten, neigen vermutlich eher zur resignativen Reaktion als Menschen, deren Selbstvertrauen auf der Erfahrung beruht, bei entsprechender Willensanstrengung und Geduld das gesteckte Ziel auch erreichen zu können. Gleichwohl wäre es verfehlt, den Menschen als bloßen Reflex seiner Umwelteinflüsse zu deuten. Auch das Entscheidungsfeld stellt in vielen Fällen kein Faktum dar, das dem Handelnden objektiv vorausgesetzt wäre. Die Definition des Aktionsraums ist vielmehr selbst ein kognitiv-emotionaler Bewertungsvorgang des Akteurs; ein Tatbestand, der von der traditionalen Mikroökonomik ebenfalls völlig ignoriert wird, weil der Aktionsraum als gegeben angenommen wird. Wenngleich es außerordentlich schwierig ist, im voraus zu bestimmen, in welcher Weise Wahrnehmungsprozesse auch durch die Höhe der Anspruchsniveaus beeinflußt werden, spricht viel daftlr, daß bereits die Definition des Aktionsraums von unseren Erwartungen und Ansprüchen geprägt ist. Es bleibt allerdings unklar, in welcher Weise dies geschieht. Plausibel erscheint zum Beispiel, daß ein Akteur, der ein hohes Anspruchsniveau hat, dahin tendiert, den Ist-Zustand besonders 'kritisch' zu bewerten, während ein Akteur mit niedrigem Anspruchsniveau den gleichen Ist-Zustand günstiger beurteilt. Bekannt ist dies in der Psychologie als Höherbewertung des Ist-Zustands. Plausibel erscheint aber auch, daß ein Akteur mit hohem Anspruchsniveau davon ausgeht, dieses Ziel auch erreichen zu können, was einen Optimismus hinsichtlich der zur Verftlgung stehenden Handlungsstrategien bedingt, während ein Akteur, der sich ein niedriges Anspruchsniveau gesetzt hat, die Chancen, ein höheres Anspruchsniveau zu erreichen, in der Regel skeptischer beurteilen wird. Beide Bewertungsprozesse sind zwar plausibel, aber deswegen nicht 'rational': Wie kann ein Zustand, der gemessen an einem hohen Anspruchsniveau als extrem unbefriedigend empfunden wird, zugleich Anlaß filr eine optimistische Einschätzung der Chancen seiner Aufhebung geben? Oder wie kann umgekehrt ein Zustand als relativ zufriedenstellend empfunden werden, wenn diesem Zustand zugleich die Chancen seiner Verbesserung abgesprochen werden? Anders als das Bild des Homo oeconomicus uns suggeriert, sind die subjektiven Bewertungen der ökonomischen Entscheidungsträger auch durch logische Inkonsistenzen charakterisiert, urteilen die Menschen nicht allein nach rationalen Beweggründen. Die Eindeutigkeit, mit der die Optimierungshypothese das empirische Entscheidungsverhalten theoretisch zu bestimmen versucht, geht verloren, wenn der Zielerreichungsgrad selbst eine veränderliche Größe darstellt und die Wahrnehmung der Handlungsmöglichkeiten vom Anspruchsniveau beeinflußt wird, d.h. wenn Interdependenzen zwischen dem Anspruchsniveau und dem Entscheidungsfeld bestehen.

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Vom Bedürfnis aus, effiziente und eindeutige Lösungen zu finden, sind die hier vorgetragenen kognitiv-emotionalen Mechanismen menschlichen Verhaltens natürlich sehr bedauerlich, weil in ihnen kenntlich wird, wie gering die Aussichten sind, ökonomisches Verhalten Einzelner vorherzusehen. Das sozialwissenschaftliche Forschungsprogramm nimmt demgegenüber einen Perspektivwechsel vor. Es sieht in den genannten Mechanismen ein Indiz filr den hohen Freiheitsgrad menschlichen Verhaltens. Tatsächlich bildet die Annahme gradueller Indeterminiertheil menschlichen Verhaltens ein wesentliches Strukturmerkmal des hier vertretenen Forschungsprogramms. Um zu erkennen, was damit gemeint ist, lohnt es sich, die Bestimmungsfaktoren menschlichen Verhaltens in Entscheidungssituationen abschließend noch einmal zu beleuchten. Es sind dies l. die Ziele, 2. die Instrumente und 3. die institutionellen Rahmenbedingungen ökonomischen Verhaltens. Ad I: Ziele strukturieren Verhalten. Eine Analyse des Verhaltens wird daher stets darum bemüht sein, aus dem empirisch beobachtbaren Verhalten auf die unterlegten Ziele zurückzuschließen. Dennoch wird menschliches Verhalten nicht eindeutig durch Ziele determiniert. Das hat verschiedene Gründe. Einer der wichtigsten Gründe besteht darin, daß sich die Ziele häufig widersprechen. Sie sind keineswegs immer konsistent, und - ebenso wichtig wie dies - Inkonsistenzen auf der Zielformulierungsebene bleiben häufig lange Zeit unentdeckt. Als zweite Schwierigkeit kommt hinzu, daß mit dem willentlichen Entschluß, ein Ziel zu verfolgen, nichts über den Weg ausgesagt ist, wie dieses Ziel unter den Bedingungen echter Ungewißheit erreicht werden kann. Es besteht erheblicher Operationalisierungsbedarf, der ebenfalls einen Freiheitsgrad menschlichen Entscheidungsverhaltens bedingt. Drittens gibt es Konstellationen, in denen die Akteure ein Interesse daran haben, ihre wahren Absichten zu verbergen. Sie verhalten sich ·opportunistisch·, wie Williamson sagt. Der Freiheitsgrad menschlichen Entscheidungsverhaltens erschwert auch aus diesem 'unerfreulichen Grund' den Rückschluß vom beobachtbaren Verhalten auf die tatsächlichen Ziele der ökonomischen Akteure. Ad 2: Menschliches Verhalten wird durch die zur Auswahl stehenden Instrumente und Handlungsstrategien vorstrukturiert, was gleichbedeutend damit ist, daß der Freiheitsgrad durch die zur Auswahl stehenden Handlungsmöglichkeiten beschränkt ist. Ein Akteur, der nur zwischen der Annahme oder Ablehnung einer einzigen Option wählen kann, verfUgt nur über einen geringen Entscheidungsspielraum, der Freiheitsgrad seiner Entscheidung ist dementsprechend niedrig. Ebenso wichtig wie die Zahl der zur Auswahl stehenden Instrumente und Strategien ist jedoch deren Qualität. Wenn ein Akteur nur zwischen zwei vorteilhaften Handlungsalternativen wählen kann, steht er in einer weitaus günstigeren Entscheidungssituation, als wenn ein Akteur gezwungen ist, zwischen vielen Strategien der Schadensbegrenzung zu wählen. Darüber hinaus

III. Entscheiden und Verhalten

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verfügt der Mensch über die Fähigkeit, neue Problemlösungen zu kreieren, mit denen seine Entscheidungsfreiheit erweitert wird. 13 In der Realität dürfte es für den einzelnen Akteur wesentlich schwerer sein, sämtliche Handlungsoptionen im voraus genau zu erfassen und konsistent zu ordnen, als das in der traditionalen Theorie angenommen wird. Aus der Perspektive des sozialwissenschaftliehen Forschungsprogramms erhält die Vielfalt der zur Auswahl stehenden Strategien jedoch eine positive Konnotation, sie erhöht den Freiheitsgrad menschlichen Entscheidungsverhaltens. 14 Ad 3: Den institutionellen Rahmenbedingungen kommt eine doppelte Funktion zu. Auf der einen Seite beschränken sie den Handlungsspielraum des einzelnen, in dem sie bestimmte Verhaltensweisen negativ sanktionieren (bestrafen), auf der anderen Seite wird die Entscheidungsfreiheit der Akteure durch institutionelle Regelungen geschützt und damit erst ermöglicht. Darüber hinaus wird die Verhaltensunsicherheit der Akteure reduziert, sofern die Normen durchgesetzt und internalisiert sind. Das gilt für die gesetzlich verankerten Rechte ebenso wie für Normen und Konventionen, die nicht kodifiziert sind. Entscheidend für die Freiheit menschlichen Verhaltens ist der Umstand, daß das Verhalten in Entscheidungssituationen zwar durch verschiedene Faktoren strukturiert wird - und sei es nur, weil Menschen Gewohnheiten folgen - Menschen aber zugleich in gewissem Umfang frei sind, sich zu entscheiden, welchen Zielen sie nachgehen wollen, wie sie ihre Situation subjektiv wahrnehmen und bewerten und welche Handlungsstrategien sie im Einzelfall präferieren. Sie können mit ihren Gewohnheiten brechen und gegen den Strom der Erwartungen 'schwimmen', sich neue Ziele setzen, ihre Erwartungen revidieren und ihre Kreativität darauf lenken, neue Problemlösungen und Handlungsstrategien zu entwickeln, die zuvor niemand beachtet hat. Menschen sind weder völlig frei in ihrem Verhalten, noch sind sie vollkommen determiniert. In den Worten Meyers 1982, S. 312: "Autonomie und Heteronomie sind ... eine Sache des Grades." Daraus folgt, daß es nicht möglich ist, menschliches Verhalten eindeutig vorherzusagen. Eindeutige Vorher13 Vgl. dazu Meyer 1982, S. 313 und Watkins 1978, S.I96 und 205. 14 In diesem Sinne verstehe ich auch die Kritik von Richter I Furubotn 1996, S. 502, wenn diese gegen die vorherrschende Lehre einwenden: "Theoretische Modelle der orthodoxen neoklassischen Tradition nehmen filr gewöhnlich an, daß der einzelne ein vollständiges Schema seiner Präferenzen erstellen kann - eines, das seine Reaktion in allen möglichen Entscheidungssituationen angibt. Was die Theorie hier verlangt, geht aber Ober die Kräfte des einzelnen hinaus. Bei Annahme eingeschränkter Erkenntnisfilhigkeit ist es äußerst unwahrscheinlich, daß ein unvollkommenes Entscheidungssubjekt eine große Zahl von Optionen vollständig konsistent ordnen kann."

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ll. Kap. : Das Sozialwissenschaftliche Forschungsprogramm

sagen wären nur dann möglich, wenn entweder der Freiheitsgrad menschlichen Verhaltens minimal wäre oder die Akteure über vollkommene Information verfUgen würden, d.h. im voraus wüßten, wie sich die Freiheit der Akteure in ihrem Handeln aktualisiert, um darauf Bezug nehmen zu können. Beides ist jedoch nicht der Fall. Die Menschen sind in Grenzen frei zu agieren, weil sie gezwungen sind, unter echter Ungewißheit zu handeln. Umgekehrt gibt es Freiheit erst auf Grundlage echter Ungewißheit. 15

IV. Institutionen, Macht und Effizienz Sicher sind die Zeiten vorbei, in denen der neoklassischen Wirtschaftstheorie noch der Vorwurf gemacht werden konnte, institutionelle Arrangements vorauszusetzen, anstatt diese zu erklären. Die theoretische Befassung mit Institutionen ist ganz im Gegenteil a Ia mode. Es fragt sich nur, in welcher Weise dies geschieht und ob die gelieferten Erklärungen wirklich überzeugend sind. Denn charakteristisch fiir die traditionelle Sicht ist die immer wiederkehrende Tendenz, Institutionen paretianisch, d.h. aus individuellen Effizienzkalkülen ·abzuleiten·. Dieses Buch hat zahlreiche Belege dafiir geliefert, wie dies im Rahmen der Unternehmenstheorie geschieht: Knight erklärt die Existenz der kapitalistischen Firma mit der Bereitschaft der Kapitaleigner, die Ungewißheiten und Risiken des Marktes zu übernehmen, während die Arbeiter ein sicheres Kontrakteinkommen vorziehen. Die Institution Unternehmung kommt also beiden, Kapitalbesitzern und Arbeitern, gleichermaßen gelegen und resultiert aus den individuellen Effizienzkalkülen der beteiligten Akteure. Auch Coase sieht in der Existenz der Unternehmung, deren hierarchische Struktur er fiir wesentlich hält, die Lösung eines vorstellig gemachten Effizienzproblems: Durch die Existenz der Unternehmung als Autoritätsverhältnis gelingt es, die steigenden Kosten der Benutzung des Preismechanismus einzusparen, wenngleich die Überlegenheit der Institution 'Unternehmung' gegenüber der Institution 'Markt' mit wachsender Unternehmensgröße abnimmt. Der Arbeitnehmer seinerseits hat keine Nachteile dadurch zu erleiden, daß er Anweisungen folgt. Er ist an einem langfristigen Arbeitsvertrag interessiert und akzeptiert das Autoritätsverhältnis freiwillig. Williamsons Transaktionskostenansatz baut auf diesen Überlegungen auf, wenn er die hierarchische Organisationsstruktur der 'capita/ist firm · der Orga15 Vgl. dazu etwa Heuß 1965b.

IV. Institutionen, Macht und Effizienz

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nisationsform der 'peer group', einer Art Arbeiterselbstverwaltung, als überlegen ansieht. Zwar weisen egalitäre Organisationsformen nach Auffassung Williamsons einen Vorteil im Bereich lokaler Innovationen aus, andererseits tendierten die Mitglieder einer peer group zu Shirking-Verhalten. Ähnlich begründen Alchian und Demsetz die Notwendigkeit eines Monitors, der mit Sanktionsgewalt gegenüber den anderen Mitgliedern der Unternehmung ausgestattet ist, mit dem Schlendrian der Teammitglieder, der sich einstellen würde, gäbe es nicht einen Kontrollmechanismus, der Shirking unterbindet. Jeder dieser Autoren leitet die Existenz der Unternehmung aus einem ökonomischen Effizienzkalkül ab. Gemeinsam ist allen Autoren ferner die Vorstellung, daß die Institution eine Verbesserung der Wohlfahrt aller oder doch zumindest einiger Akteure bewirkt, ohne die Wohlfahrt anderer zu gefahrden. Am deutlichsten wird das zugrundeliegende Prinzip dieser Argumentation von Harold Demsetz 1967, S. 350 ff. vertreten. Seiner Auffassung nach werden ineffiziente institutionelle Arrangements tendenziell durch effizientere verdrängt, wenn der Marktmechanismus funktioniert und die institutionellen Arrangements in einen freien Wettbewerb eintreten. Zwar kann es zu einem gegebenen Zeitpunkt ineffizient arbeitende Institutionen geben, diese werden aber unter Wettbewerbsbedingungen durch effizientere Institutionen abgelöst. 16 Gegen diese von Richter und Furubotn 1996, S. 119 als 'optimistische Theorie der Entstehung von Verfllgungsrechten' bezeichnete Institutionentheorie sind wiederholt Einwände formuliert worden, denen das sozialwissenschaftliche Forschungsprogramm Rechnung trägt. Diese wenden sich einmal gegen die Vorstellung, daß der Institutionenbildung stets ein ökonomisches Kalkül zugrunde liegt, zum anderen, daß Institutionen stets pareto-effiziente Lösungen darstellen. Vor dem Hintergrund dieser Kritikpunkte wird deutlich, daß die Ursachen, die das Entstehen, die Durchsetzung und den Wandel der Institutionen erklären, wesentlich komplexer sind, als das den Anschein hat, wenn man der neoklassischen 'Alten Institutionenökonomik' folgt. Betrachten wir beide Einwände etwas genauer. Die oben skizzierte traditionale Erklärung der Institutionenbildung unterstellt das Wissen oder zumindest die Erwartung der Akteure, daß sich mithilfe eines institutionellen Arrangements ein Wohlfahrtsgewinn realisieren läßt. Die Akteure müssen ein Bewußtsein davon haben, daß und worin ihr Vorteil besteht, wenn sie eine Institution etablieren. Die Gründung einer Unternehmung kann durchaus als Beispiel dienen, wie sich aus einem ökonomischen Effizienzkalkül heraus Institutionen bilden. Allerdings handelt es sich dabei zunächst um ein ökonomisches Effizienzkalkül eines Akteurs, eben des Grün-

16 Vgl dazu auch Demsetz 1983.

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II. Kap.: Das Sozialwissenschaftliche Forschungsprogramm

ders einer Unternehmung, der im Unternehmenserfolg unter anderem die Quelle seines persönlichen Einkommens sieht und - ebenso wichtig - auch über die erforderlichen Geldmittel verfügt, um das Geschäft in einem durch den unternehmerischen Wettbewerb gesetzten Umfang zu betreiben. 17 Freilich ist das Unternehmen sein Mittel nur, weil es - wie Krelle 1961 richtig bemerkt hat - neben dem Kapitaleigner auch den freien Lohnarbeiter gibt, also Arbeitskräfte, die auf ein Lohneinkommen angewiesen sind, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. 18 Auch der Arbeitsuchende trifft formell eine Entscheidung, wenn er in ein Autoritätsverhältnis einwilligt, statt arbeitslos zu bleiben. Aber es ist dies eben eine Art Entscheidung, die sich ihrem Gehalt nach darin erschöpft, einer ökonomischen 'Nofwendigkeit zu folgen. Nicht Freiheit, sondern der stumme Zwang der ökonomischen Verhältnisse, seinen Lebensunterhalt verdienen zu müssen, wenn man nicht ein ausreichendes Vermögen sein eigen nennt, gebieten den Eintritt in das Beschäftigungsverhältnis als Autoritätsverhältnis. Es sind also nicht ökonomisch Gleiche, sondern Ungleiche, die im Tausch 'Arbeitskraft gegen Lohn' als formell gleichgestellte Tauschpartner gegenübertreten. Was den Arbeitnehmer vom Unternehmer unterscheidet, ist die ökonomische Dringlichkeit, mit der jener auf eine Anstellung angewiesen ist, um sein Lebenseinkommen zu verdienen. Die institutionelle Struktur der Unternehmung als Hierarchie spiegelt diesen Tatbestand in der Weise wider, daß sie dem Unternehmer Autorität zuweist, der der einzelne Arbeitnehmer unterworfen ist. Es ist daher auch nicht verwunderlich, daß der Charakter des Beschäftigungsverhältnisses als Hierarchie weder Vertragsgegenstand noch überhaupt verhandlungsfähig ist. Anders als die traditionale Argumentation nahelegt, verdankt sich die Etablierung der Hierarchie eben keiner freiwillig getroffenen Wahlentscheidung sämtlicher Akteure, sondern sie ist- wie Schreyögg 1988, S. 161 zurecht bemerkt hat- "organisatorisch so gewollt". Die Erklärung eines institutionellen Arrangements mit dem Hinweis auf den Effizienzgewinn, der damit erzielt werden kann, braucht deswegen nicht bestritten zu werden: 'Effizient' ist das Autoritätsverhältnis tatsächlich und zwar aus der Perspektive des Unternehmens, das konfrontiert mit den Unwägbarkeilen des Marktes durch den unvollkommen spezifizierten Arbeitsvertrag in die Lage versetzt wird, flexibel zu reagieren. Ein Vetorecht der Mitarbeiter 17 Gegenüber der Vorstellung, das Phänomen der Macht paretianisch erklären zu wollen, wendet Chakraborty 1991 ein, daß Macht ein Nullsummenspiel darstellt, in dem es nicht nur Gewinner, sondern stets auch Verlierer geben muß. 18 Woran man übrigens erkennt, daß die Ausblendung der Verteilung der Verftlgungsrechte, wie im Falle der Knightschen Unternehmenstheorie an der faktischen Entscheidungslage der Akteure meilenweit vorbeigeht.

IV. Institutionen, Macht und Effizienz

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gegenüber Veränderungen der abverlangten Arbeitsleistungen würde die Anpassungsflexibilität des Unternehmens erheblich einschränken, wenn nicht sogar aufheben. Insofern ist der hierarchische Aufbau der Unternehmung tatsächlich 'notwendig und effizient'; 'notwendig' eben aus der Zielsetzung der Unternehmung heraus, wettbewerbsfiihig zu bleiben und 'effizient' im Vergleich zu anderen Vertragsfonnen. Sie ist aber nicht 'notwendig und effizient' aus der Perspektive des Arbeitnehmers, der mit dem Arbeitsvertrag in ein Autoritätsverhältnis einwilligt, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Das theoretische Anliegen, institutionelle Arrangements selbst dann, wenn sie Machtasymmetrien einschließen, paretianisch zu interpretieren, indem auf die Vorteilhaftigkeil des Autoritätsverhältnisses fiir alle beteiligten Akteure einschließlich der der Autorität unterworfenen Akteure verwiesen wird, hat eine lange Tradition innerhalb der Wirtschaftswissenschaften; eine Tradition, die sich allerdings einem methodischen Präjudiz verdankt, von dem bereits in der Einleitung dieses Buches die Rede war: "Immer wieder schlägt der Gedanke durch," so Albert 1960, S. 25 in seiner Kritik der traditionalen Ökonomik, "daß die Gesellschaft in ihrer Wirtschaftsführung als kooperative Einheit zu betrachten ist ... Was auf dieser Grundlage zustandekommt, bewegt sich mit ziemlicher Sicherheit in dem engen Bereich tautologischer und ideologischer Denkfiguren, dessen Kultivierung wir vor allem dem soziologiefreien neoklassischen Denken verdanken und von dem anscheinend nur unter Schwierigkeiten loszukommen ist." 19 Es ist allerdings nicht nur die Vernachlässigung von sozialen Machtasymmetrien und latenten Interessenkonflikten, die die 'Alte Institutionenökonomik' von der 'Neuen lnstitutionenökonomik' unterscheidet, sondern auch eine Tendenz zur 'Rationalisierung' institutioneller Arrangements. Die Vorstellung, daß Institutionen stets das Resultat bewußten, auf den ökonomischen Vorteil bedachten Handeins sei, geht in vielen Fällen fehl, wie die Überlegungen zur Entstehung von Nonnen und Konventionen in diesem Buch gezeigt haben. Diese können spontan entstehen und Festigkeit erlangen, weil sie akzeptiert werden, ohne daß sie deshalb effizient sind. 20 Denken wir an die Konventionen, die wir tagtäglich im Arbeitsverhältnis eines jeden Unternehmens beobachten. Die sich zwischen den Mitarbeitern und dem Vorgesetzten im Zuge der sozialen Interaktion herausbildenden Nonnen, welche Arbeitsverrichtungen in welchem Tempo und unter welchen Arbeitsbedingungen erwartet werden können, was als 'angemessen' oder 'unangemessen' gilt, usw. erfüllen gewiß eine Funktion, indem sie einen gewissen

19 Vgl. auch die Argumentation von Kaidar 1973, Myrdal 1962 und Kade 1958. 20 Vgl. dazu etwa Sugden I 989 und Schlicht I 997.

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11. Kap.: Das Sozialwissenschaftliche Forschungsprogramm

Grad an Verhaltenssicherheit unter den Beteiligten stiften, der Transaktionskosten mindert und extreme Formen beidseitiger Defektion unterbindet. In diesem Sinne sind Konventionen und Normen durchaus nützlich, aber das impliziert nicht, daß sie deswegen entstanden sind oder Stabilität erlangt hätten. Zur Herausbildung einer Konvention bedarf es häufig nur des Zufalls. Einmal etabliert erwarten die Mitglieder eines sozialen Systems, daß sich andere an die Konvention halten, und halten sich aus diesem Grund selbst an die Konvention - und sei es aus Gründen der Gewohnheit. Im Unterschied zu einem Rationalverhalten, das kalkulierend die Vor- und Nachteile einer Handlung erwägt, bevor tatsächlich gehandelt wird, werden Konventionen und Normen befolgt, weil sie internalisiert wurden. Das heißt, sie werden, ohne zu denken, ohne Rationalkalkül quasi automatisch befolgt, was nicht ausschließt, daß die beteiligten Akteure nach den Ursachen ihres Verhaltens befragt, zahlreiche 'gute' Gründe nennen könnten, weshalb diese oder jene Norm auch sinnvoll und nützlich sei. Es handelt sich dabei aber lediglich um nachträgliche 'Rationalisierungen' eines zur Gewohnheit gewordenen Verhaltens, die nicht mit dem Grund des Verhaltens zu verwechseln sind. Das wird spätestens dann offenkundig, wenn der Befolgung einer Norm jedwede Rationalität fehlt, Konventionen und Normen sich sogar als Hemmschuh der Effektivierung der Arbeitsabläufe und der Arbeitsorganisation erweisen. Fassen wir zusammen: Institutionen können sich einem Effizienzkalkül aller beteiligten Akteure verdanken. Dabei gilt: je mehr die Institution im Einklang mit den Interessen der Beteiligten steht, desto geringer sind die Durchsetzungsprobleme eines institutionellen Arrangements. Institutionenbildung stellt dann in erster Linie ein Informationsproblem dar, dessen Lösung um so leichter flillt, je bereitwilliger die Akteure sind, tradierte Institutionen auf ihre Nützlichkeit zu hinterfragen. Charakteristisch flir diesen Fall der Institutionenbildung ist die Interessenharmonie der beteiligten Akteure, denen die Institution gleichermaßen dient. Sie muß daher nicht gegen den Widerstand einzelner durchgesetzt werden. Wie das Studium der Institutionen zeigt, gibt es aber auch institutionelle Arrangements, die nicht pareto-effizient sind. Tatsächlich gehen von vielen institutionellen Arrangements widersprüchliche Wohlfahrts- und Verteilungswirkungen aus. Einige Akteure werden bevorzugt, während andere benachteiligt werden oder Wohlfahrtsverluste erleiden. In wieder anderen Fällen dienen Institutionen den Interessen einiger Akteure, während anderen Akteuren in Ermangelung von Alternativen nichts anderes übrig bleibt, als die Existenz eines institutionellen Arrangements als Datum zu akzeptieren. Alle Fälle von Machtasymmetrien sind von dieser Art.

V. Die Unternehmung als ein soziales System

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Institutionen können das Ergebnis bewußten Handeins sein, müssen es aber nicht. Konventionen und Normen entstehen häufig nicht auf Grund einer bewußten Bilanzierung der mit ihnen verbundenen Vor- und Nachteile, sondern durch Zufall und Adaptation. Sie werden gewohnheitsmäßig befolgt oder weil andere sie befolgen, d.h. aus Gründen der sozialen Konformität, ohne daß sich die Akteure dessen bewußt wären. Dessen ungeachtet erfilllen Konventionen und Normen eine Funktion, die man als 'nützlich' bezeichnen kann, indem sie Verhaltenssicherheit stiften und- in einem viel allgemeineren Sinn- überhaupt erst ein Leben in einem sozialen System ermöglichen. Das ist aber nicht damit gleichzusetzen, daß jede Konvention und Norm 'effizient' wäre. Auch ökonomisch oder sozial ineffiziente Verhaltensregelmäßigkeiten können Stabilität erlangen, weil ein Verstoß gegen etablierte Institutionen sozial diskriminiert wird oder die Durchsetzungskosten eines effizienteren Arrangements überschätzt werden.

V. Die Unternehmung als ein soziales System Die Unternehmung ist nicht einfach eine 'kooperative Einheit', die durch Interessenharmonie gekennzeichnet wäre. Vielmehr handelt es sich um ein soziales System, das neben kooperativen auch konfliktäre Strukturmerkmale aufweist. Die darin angelegten Konflikte ergeben sich zwangsläufig aus der gegenläufigen Interessenlage der am betrieblichen Leistungsprozeß beteiligten Akteure 21 und sind mit noch soviel Bemühungen, eine ·corporate identity · zu stiften, nicht aufzuheben. Ein wesentliches Anliegen dieser Arbeit besteht darin, den Wirkungszusammenhang der konfliktären und kooperativen Elemente unter Berücksichtigung der subjektiven Bewertungsvorgänge transparent zu machen. Es ist evident, daß eine derartige Analyse sich nicht auf den theoretischen Standpunkt stellen darf, konfliktäre Handlungsweisen mündeten zwangsläufig in eine Konstellation, die dem Kriterium paretianischer Effizienz genüge. 22

21 Damit ist zugleich gesagt, daß auch die 'radikale' Interpretation des Autoritätsverhältnisses als 'System der Ausbeutung des Lohnarbeiters durch das Kapital' zu kurz greift, weil damit umgekehrt die kooperativen Elemente des individuellen Beschäftigungsverhältnisses negiert werden. 22 In diesem Sinne plädiert auch Albert 1960, S. 26, filr ein konfliktäres Modell, in dem wesentliche Probleme, die in den Bereich der sozialen Konflikte und des sozialen Wandels gehören, nicht durch eine "empirisch nicht kontrollierbare und ideologisch belastete KonsensusAnnahme stipulativ vorentschieden werden". Vgl. auch Dahrendorf 1958a, 1958b, 1961 und 1967. 20 Dunn

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II. Kap.: Das Sozialwissenschaftliche Forschungsprogramm

Wie wir gesehen haben, wird der Doppelcharakter des individuellen Beschäftigungsverhältnisses im neueren Schrifttum als ein Paradebeispiel filr ein iteriertes Gefangenendilemma gedeutet. Mit diesem Spieltyp wird wichtigen Aspekten Rechnung getragen, die in der herkömmlichen Sichtweise ausgeblendet werden, was einen Fortschritt darstellt: (i)

Die im Unternehmen tätigen Menschen verfugen über einen Verhaltensspielraum.

(ii)

Die beteiligten Akteure verfolgen auch nach Abschluß des Arbeitsvertrags (teilweise) konfligierende Interessen.

(iii)

Das Verhalten der Akteure beeinflußt signifikant das Ergebnis sämtlicher Akteure. Es besteht also eine strategische Interdependenz zwischen den Akteuren.

(iv)

Die Akteure müssen unter Ungewißheit entscheiden, denn sie wissen nicht, wie sich die anderen Akteure verhalten werden.

(v)

Die filr alle Beteiligten beste Konstellation stellt sich nicht automatisch als Folge nutzenmaximierenden Verhaltens ein.

Es bedarf keines Nachweises, daß diese Annahmen empirisch wesentlich gehaltvoller als jene sind, die den meisten mikroökonomischen Lehrbüchern zugrunde liegen. Das Produzieren erscheint nun nicht mehr als ein technischen Effizienzkriterien gehorchender Kombinationsvorgang optimal und störungsfrei funktionierender Produktionsfaktoren, sondern als ein sozialer Gestaltungsprozeß. Wie das siebte Kapitel gezeigt hat, ist die spieltheoretische Interpretation der sozialen Interaktionen als Gefangenendilemma aber auch mit Problemen behaftet, die nur durch eine wesentlich breiter angelegte sozialwissenschaftliche Theorie, in der u.a. auch wahrnehmungs- und motivationspsychologische Faktoren berücksichtigt werden, überwunden werden können. Im Gefangenendilemma wird angenommen, daß es sich lohnen würde zu kooperieren. Jedoch werde eine Kooperation verhindert, weil die nutzenmaximierenden Akteure sich individuell besser stellten, kooperatives und nichtkooperatives Verhalten des Mitspielers gleichermaßen mit Defektion zu beantworten. Wäre dem so, käme der Arbeitsvertrag nicht zustande oder wäre bloße Makulatur. Das triffi offensichtlich nicht zu. Mit dem Abschluß des Arbeitsvertrags willigen beide Vertragsparteien grundsätzlich ein, miteinander kooperieren zu wollen. Diese Willensbekundung ist ernst zu nehmen. Sie bildet den Ausgangspunkt und die Grundlage aller Kooperationsprobleme innerhalb der Unternehmung.

V. Die Unternehmung als ein soziales System

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Die tatsächlichen Kooperationsproblerne innerhalb der Unternehmung sind gradueller Natur. Denn die Bereitschaft zur Kooperation schließt nicht aus, daß es unterschiedliche Erwartungen der Beteiligten gibt, in welchem Ausmaß und welcher Art kooperiert wird. Kooperation kann etwas sehr Unterschiedliches bedeuten, und es dürfte gar nicht selten vorkommen, daß das intentional kooperative Verhalten eines Akteurs vom anderen Akteur als unkooperativ empfunden wird, weil es sich nicht mit seinen Vorstellungen deckt, wie zu kooperieren sei. Die Identifizierung eines bestimmten Verhaltens als kooperatives oder unkooperatives Verhalten stellt fiir die Akteure keine triviale Aufgabe dar. In der Spieltheorie kennen die Akteure die ihnen zur VerfUgung stehenden Handlungsstrategien und zwar meist auch die Strategien der anderen Spieler. In der Wirklichkeit ist dies nicht so. Die Spieler entwickeln neue Handlungsstrategien, üben Einfluß auf die Spielregeln und die Zusammensetzung der Spieler aus. In den meisten spieltheoretischen Modellen stehen die Spieler fest. Sie nehmen bis zum Ende der Spieldauer am Spiel teil, ohne das Spiel verlassen zu können. In der betrieblichen Praxis ist eben diese Möglichkeit zu berücksichtigen, denken wir an den Fall der Kündigung oder der Entlassung. Mit anderen Worten, in der Wirklichkeit handeln die Spieler zumindest teilweise unter 'echter Ungewißheit'. Sie sind gezwungen, das Verhalten ihrer 'Mitspieler' zu interpretieren. Sie stehen vor dem Problem, die Handlungsstrategien des Gegenspielers zu identifizieren, um darauf reagieren zu können. Diese Identifikationsleistung ist selbst auch davon abhängig, wie die Arbeitssituation subjektiv vorn Akteur wahrgenommen und bewertet wird: Ein Arbeitnehmer, der in einer offenen Aussprache einen Ausgleich mit seinem Arbeitgeber sucht, bewertet seine Situation subjektiv anders, als wenn er sich um die Arbeit drückt oder sich eine andere Beschäftigung sucht. Das Gleiche trifft filr den Vorgesetzten zu. Die Entscheidung, ob normwidriges Mitarbeiterverhalten negativ sanktioniert (bestraft) werden soll oder ob in einem Mitarbeitergespräch gemeinsam nach den Motiven bestimmter Verhaltensweisen gesucht wird, ist nicht allein eine Frage der Opportunität, sondern auch der Interpretation, in der Sprache der Psychologie der Kausalattribuierung des Arbeitnehmerverhaltens und der Erwartungshaltung gegenüber dem Arbeitnehmer. All das spricht nicht gegen die Spieltheorie als analytisches Instrument, wohl aber gegen die allzu vereinfachende Interpretation des individuellen Beschäftigungsverhältnisses als eines iterierten Gefangenendilemrnas. Wie im siebten Kapitel dargestellt wurde, spricht viel für die Vermutung, daß das individuelle Beschäftigungsverhältnis nicht durch einen Spieltyp allein, sondern nur durch ein Bündel mehrerer Spieltypen charakterisiert werden kann, die situationsabhängig zum Tragen kommen und miteinander verzahnt sind.

zo•

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11. Kap.: Das Sozialwissenschaftliche Forschungsprogramm

VI. Nachbemerkung Das Instrumentarium des Ökonomen gleicht zumindest in einer Hinsicht dem eines Chirurgen. Für seine Arbeit wird ein scharfes Instrument benötigt, mit dem es gelingt, den Objektbereich seines Interesses freizulegen. Der Gegenstand der Beschäftigung muß gleichsam zunächst präpariert werden, um untersucht werden zu können. Bekanntlich dient dem Ökonomen als Skalpell die Ceteris-paribus-Klausel, mit der bestimmte Faktoren konstant gesetzt und exogenisiert werden. Aber nicht nur die Bedeutung dieses Instruments entspricht der des Skalpells, sondern auch die Risiken seiner Handhabung. Ebenso wie die Schnitte eines Skalpells nicht willkürlich gezogen werden dürfen, um ein inneres Organ nicht zu verletzen, ist bei der Anwendung der Ceteris-paribus-Klausel darauf zu achten, daß der Erkenntnisgegenstand nicht von eben jenen Beziehungen abgetrennt wird, die ihn auszeichnen. Der Gebrauch dieses Instruments erfordert daher ein hohes Maß an Vorsicht, damit die Operation gelingt, und das Risiko ist groß, daß der zu untersuchende Gegenstand verletzt wird, statt in seinem Kern freigelegt zu werden. Dieses Buch handelt von den Gefahren einer solchen 'Operation', und dem Versuch einer besseren Handhabung der Ceteris-paribus-Klausel auf dem Feld der mikroökonomischen Theorie. Es wird gezeigt, daß die theoretische Behandlung der im Unternehmen stattfindenden sozialen Prozesse und Interaktionen nicht umhinkommt, Eigenschaften menschlichen Verhaltens zu thematisieren, die gemeinhin in den Datenkranz verbannt sind oder einfach ignoriert werden. Während z.B. die Ziele und Umstände in der Vorstellung des rationalen Homo oeconomicus als gegebene Größen unterstellt werden, sind die Ziele und Umstände 'in der Realität' einem mehr oder weniger raschen Wandel unterworfen. Auch die Vorstellung, daß Ziele und Entscheidungsfeld zwei völlig getrennte Größen seien, erweist sich als naive Vereinfachung, sobald der Tatsache Rechnung getragen wird, daß die Menschen die Welt eben nicht so sehen, 'wie sie ist'. Das eigene Ziel- und Präferenzsystem beeinflußt maßgeblich die Art und Weise, wie wir unsere Handlungsmöglichkeiten, unseren Aktionsraum, subjektiv wahrnehmen und bewerten. Eine weitere Komplikation tritt dadurch ein, daß die Menschen miteinander kommunizieren. Wie Jean Tirole 1990, S. 49 kritisch anmerkt. "Neoclassical theory pays only lip service to the issue of communication." Dem liege, so Tirole, die Vorstellung zugrunde, daß es häufig vorteilhafter sei, anderen Akteuren Informationen vorzuenthalten. Auch sei gar nicht sicher, daß es einem Akteur gelingt, seine Informationen in einer filr andere verständlichen Sprache zu vermitteln. Das trifft sicher zu, berechtigt aber nicht dazu, Kommunikationsprozesse auszuklammern, denn die Individuen existieren in Gruppenzusammenhängen, die sich auf ihre Zielsysteme, Präferenzen und Handlungs-

VI. Nachbemerkung

309

instrumentein vielfältiger Weise auswirken. Der Kommunikationsprozeß wirkt hier wie ein Transmissionsriemen zwischen den Akteuren, den zu vernachlässigen gravierende Folgen für die Art und Weise haben muß, wie soziale Prozesse betrachtet werden.23 Die weniger restriktive Handhabung der Ceteris-paribus-Klausel hat natürlich ihren Preis darin, daß auf Formalisierungen weitgehend verzichtet werden muß. Der mathematisch interessierte Ökonom wird dies natürlich vermissen. Jedoch sollte eine Theorie nicht daran gemessen werden, in welchem Grad Formalisierungen möglich sind. Entscheidend ist nicht die formale Eleganz eines Modells, sondern allein der Beitrag, den eine Theorie zu unserem Verständnis sozialer Prozesse leisten kann. Beispiele dafür, wie die formale Eleganz auf Kosten der Wirklichkeitsnähe eines Modells gewonnen wird, gibt es zuhauf auch in der mikroökonomischen Theorie. Das gilt vor allem für die 'Neigung', menschliches Verhalten ex post auf ein individuelles Optimierungskalkül zu reduzieren, was damit einhergeht, daß den Akteuren ein Grad an Informiertheit zugesprochen wird, der de facto niemals gegeben ist. Noch am besten scheint für die Formalisierung sozialer Interaktionen das Instrumentarium der Spieltheorie geeignet, mit der viele Milieus beschrieben werden können, die zu keiner eindeutigen Lösung führen oder die mehrere gleichberechtigten Lösungen enthalten, ohne daß eine die andere dominiert. Dies muß, berücksichtigt man, daß selbst die Konstruktion dieser Milieus auf starken Vereinfachungen beruhen, "zu erheblichen Revisionen in unseren Auffassungen über die Natur der ökonomischen Zusammenhänge führen", wie Morgenstern 1966, S. 104 f. sehr richtig bemerkt hat: "Der Glaube an die einfache Determiniertheit der Wirtschaft ist schwerlich aufrechtzuerhalten." Das Gleiche trifft auch für die einzelnen Wirtschaftseinheiten, wie etwa die Unternehmen und die in Unternehmen arbeitenden Menschen zu. Natürlich spricht dies nicht gegen den Versuch, die Bestimmungsgrößen menschlichen Verhaltens zu erforschen. Es ist im Gegenteil so, daß gerade der Zuwachs an Wissen über die Heterogenität der das menschliche Verhalten bestimmenden Faktoren den Sozialwissenschaftler erkennen läßt, wie wenig es möglich ist, individuelles Verhalten genau zu prognostizieren. Der prognostische Gehalt empirischer Theorien ist, wie Albert feststellt, darin zu sehen,

23 Ganz in diesem Sinne äußern sich Weise et al. 1991, S. 4 f.: "Die Individuen existieren von vornherein in Gruppen oder Gesellschaften und Oben wechselseitig Anreize und Zwänge aufeinander aus. Dies hat erhebliche theoretische Folgen. Man kann demnach sinnvollerweise nicht von separierten Individuen ausgehen, sondern muß von interdependent agierenden Individuen ausgehen und das Individuum in einer Handlungsumgebung betrachten, die durch diese Interdependenz charakterisiert ist. ... Die herkömmliche mikroökonomische Theorie erscheint dagegen aus dieser Sicht als eine sehr extreme Betrachtung."

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11. Kap.: Das Sozialwissenschaftliche Forschungsprogramm

"allgemeine Variabilitätsspielräume filr das Geschehen in ihrem Objektbereich (festzulegen)" (1980, S.136). Alles andere wäre eine 'Anmaßung von Wissen', vor der Hayek gewarnt hat. Aber selbst an diesem Maßstab gemessen, steckt die sozialwissenschaftliche Theorie der Unternehmung noch 'in den Kinderschuhen'. Das wird auch in diesem Buch deutlich, das wichtige Probleme ausgeklammert hat und ausklammem mußte, obwohl sie zum Thema gehören. Zu erinnern ist daran, daß zwischen dem sozialen System und dem technischen System der Unternehmung vielfiiltige Wechselbeziehungen bestehen, die hier nicht weiter betrachtet wurden. Neben dem individuellen Beschäftigungsverhältnis gibt es zahlreiche soziale Interaktionen etwa innerhalb der Belegschaft oder des Managements oder etwa zwischen den Eigentümern einer Unternehmung und dem Management, die sich mit hoher Wahrscheinlichkeit auf das individuelle Beschäftigungsverhältnis auswirken. Nicht behandelt wurden außerdem die Beziehungen, die zwischen dem internen und externen Arbeitsmärkten existieren. 24 Um alldiese Themengebiete in ihrer Wechselwirküng erklären zu können, bedarf es ohne Zweifel weiterer Anstrengungen. Inwiefern dadurch unsere Prognosefähigkeit letztlich erhöht werden kann, erscheint zu diesem Zeitpunkt noch völlig ungewiß. Sicher erscheint lediglich eines: Der Fortschritt der mikroökonomischen Theorie wird, sofern diese um empirisch gehaltvolle Aussagen bemüht ist, nur möglich sein, wenn die völlig widersinnige Trennung der Sozialwissenschaften zugunsten einer integrativen Sichtweise aufgegeben wird. Denn, wie Albert 1960, S. 13 f. 25 , dessen Gedanken diesem Buch oft als Leitfaden gedient haben, zutreffend bemerkt hat, ist "der Glaube an die Notwendigkeit verschiedener Wissenschaften fllr die 'offenkundig' verschiedenen Bereiche des sozialen Lebens ... , so stark er auch in der institutionellen Struktur der heutigen Sozialwissenschaften verankert sein mag, ein Aberglaube, der nur geeignet ist, die Struktur und die mit ihr verbundenen Vorurteile und Forschungshindernisse zu konservieren".

24 Es ist seit längerem bekannt, daß Veränderungen auf den externen Arbeitsmärkten Verhaltensänderungen der im Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer auslösen. Das gilt zum Beispiel fllr den Krankenstand und die Fehlzeiten der Arbeitnehmer, in denen sich konjunkturelle Bewegungen widerspiegeln. 25 Vgl dazu auch Albert 1978.

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Personenregister

Adams 207; 311 Adomo 41 ; 3 11 Akerlof 122; 207; 268; 311 Albach 19; 146; 311 Albert 17; 21-23; 40; 293; 303; 305; 309;310 Alchian 32; 34; 39; 57; 62; 63; 78; 86; 89; 95; 110; 140; 141; 145; 157-160; 163-166; 214; 301; 312; 327 Allen 62; 78; 312 Allerbeck 207; 214; 218; 333 Aoki 57; 312 Arkes 207; 312 Arndt 24;27;293;312 Arrow 22; 124; 128; 137; 142; 148; 156; 312; 313 Asher 110; 313 Axelrod 177-180; 201; 313 Bachrach 272; 313 Baetge 242; 313 Baily 132;313 Samberg 73; 74; 313 Bandura 209; 261-264; 267; 313 Bartling 25; 3 13 Bateman 215; 313 Bauer 124; 313 Baumol 28; 40; 52-55; 313 Becker 62;97;313 Behrendt 215; 314 Berkowsky 244-246; 314 Berle 52;53;204;314 Berthel 241; 314 Bidlingmeier 39; 230; 314 Blauermel 132; 157; 341

Blien 146; 157; 158; 163; 164; 314 Blinder 53; 54; 271; 313; 314 81um 25; 314 Borchardt 156; 314 Bornemann 107; 108; 241; 265; 314 Bössmann 78; 79; 141; 145-147; 314 Soulding 62; 66; 79; 84; 21 0; 230; 315 Bowles 123; 157; 160; 315; 321 Brandes 40; 128; 151; 154; 315; 345 Braun 40; 136; 157; 315 Bravermann 243; 315 Bruggemann 211;215;218;315 Bubb 107;230;337 Buchanan 30; 147; 196;293; 315 Bullock 271;315 Buttler 151; 154; 156; 315; 316 Capwell 324 Caspari 316 Chakraborty 302; 316 Charnes 84; 3 16 Cheung 142; 148; 316 Clegg 215; 316 Coase 6; 26; 34; 45; 140-148; 150; 157; 158; 160; 166; 300; 316 Coenenberg 73; 74; 313 Cohen 155; 186; 316; 334 Cole 110; 316 Commons 142; 316 Conrad 23; 316 Conte 271; 316 Conway 110; 316 Cooper 84; 316 Coser 239; 316 Cox 152; 317

Personenregister Crawford 158; 327 Cummings 272; 317 Cyert 32;39;40;49;51;58-61;66; 67;287;291;317 Dahrendorf 206; 21 0; 305; 3 17 Davis 193; 199; 317 Debreu 312 Deci 207; 265; 266; 317 Delhees 17; 206; 210; 231; 283; 317 Demsetz 34; 140; 141; 145; 148; 157-160; 163-166; 214; 301; 312; 317 Deppe 240; 318 Devine 123; 336 Diamond 149; 318 Dietl 142; 148; 334 Dinkelbach 77; 318 Dlugos 102;318 Doeringer 151; 318 Dragendorf 128; 318 Duda 123; 124; 132; 146; 154; 157; 164;214;318 Dunn 44; 102; 156; 318 Edwards 16; 17; 123; 159; 214; 234; 242;267;315;318;321 Eger 345 Esser, E. 240; 319 Esser, W. M. 216; 319 Eucken 26;319 Euler 210; 240; 241; 319 Evans 268; 319 Faber 24; 319 Fandei 102; 110; 112; 319 Feess 40; 319 Fehl 25; 42; 319 Fehr 123; 124; 159; 276; 277; 280; 318;319 Fein 241;320 Feldmann 98; 320

349

Festinger 94; 21 0; 320 Fitzroy 158; 320 Francis 156; 320 French 156; 320 Frey 287; 320 Friedland 52; 204; 342 Friedman 39; 41; 55; 56; 320 Friedrichs 222; 320 Frost 271;320 Funke 215;320 Furubotn 19; 20; 53; 57; 62; 121-124; 126; 140; 142; 148; 149; 294; 299; 320;336 Gächter 276; 277; 280; 319 Gäfgen 79; 320 Galbraith 40; 320 Galtung 230; 284; 320 Garske 207; 312 Gastwirth 79; 320 Geare 272; 320 Gebert 207;208;210;215;218;232; 320 Georgescu-Roegen 149; 321 Gerdsmeier 27; 321 Gerlach 128; 321 Gerum 30; 159; 321 Gintis 123; 158; 315; 321 Glas! 205; 321 Goffman 321 Goossens 222; 321 Gordon 132; 158; 318;321 Greenberg 268; 321 Groskurth 208;215;218;243;261; 274;315;321 Gulick 242; 322 Gunn 210;337 Gutenberg I 02; 104-1 06; 322 Güth 173; 177; 180-182; 198; 321 Gutmann 52; 322 Guzzo 263; 322

350

Personenregister

Hackman 240; 271; 272; 322; 329; 335;338 Hahn 22;25;51;313;322 Hammer 271; 322 Hamner 261-266; 322 Hansmann 73; 322 Harris 154; 158; 346 Hayek 27;72;79; 194;293;310;322 Heckhausen 62;63;210;269;323 Heering 128; 318 Heider 210; 323 Heilbroner 125; 126; 323 Heinen 28; 40; 53; 56; 62; 64; 76; 86; 323 Held 294; 323 Henderson 101; 323 Herzberg 239; 240; 324 Hesse 28; 324 Heuß 28;40;44;48; 147;300;324 Hicks 25; 27; 324 Hirsch 110; 324 Hirschman 205; 212; 215; 238; 324 Hirshleifer 73; 176; 194; 324 Hobbes 160 Hoffmann 22; 324 Hofmann 102; 324 Holleis 293; 325 Holler 176; 177; 180; 182; 325 Holmström 157; 325 Holub 22; 25; 291; 325 Homme 267; 325 Hübler 128; 321; 325 Illing 176; 177; 180; 182; 325 Irle 215; 268; 325 Ishikawa 158; 321 Jacob 102; 325 Jäger 25; 325 Jansen 27; 325 Janson 322

Jensen 18;233;325 Jones 154; 157; 166; 325; 347 Kade 303; 325 Kahn 215;326 Kaldor 21; 142; 303; 326 Kampkötter 106; 326 Kant 23; 46; 326 Kanter 98; 320 Katona 40; 326 Katz 215;326 Kaufer 54; 57; 196; 326 Kay 156; 326 Kelley 207;343 Kerber 26; 326 Kern 240; 326 Kerr 264; 326 Keynes 81; 326 Kieser 148; 156; 157; 326 Kirchler 276; 319 Kirchsteiger 276; 277; 280; 282; 319 Kirzner 28; 48; 72; 326 Kistner 106; 327 Klein 158; 327 Kliemt 173; 177; 180-182; 198; 321 Kloock I 06; 327 Knight 29; 30; 34; 38; 73; 119; 132; 133; 138; 145; 147; 300; 302; 327 Koblitz 23; 293; 327 Koch 102; 327 Koopmans 40; 57; 327 Kornai 25; 327 Koslowski 201; 327 Kossbiel 253; 255; 256; 285; 327 Kramer 52; 327 Krelle 125; 126; 302; 327 Kreps 124; 169; 172; 201-203; 327 Krohne 218; 328 Kromphardt 293; 328 Krüger 156; 328 Kruse 271; 345 Krüsselberg 28; 49; 57; 62; 293; 328

Personenregister Kubon-Gilke 159; 196; 208; 245; 262; 265; 268-270; 328 Kunstek 240; 267; 268; 271; 336 Kunz 27; 189; 197; 328 Kurtz 238;328

351

Lachmann 293; 328 Lakatos 328 Lang 222; 328 Lange 24;328 Langlois 30; 87; 97; 328 Large 142; 148; 150; 334 Lärm 123;328 Lassmann 102; 328 Laux 232;239;257-261;266; 328; 329 Lawler 239; 240; 263; 264; 267; 268; 270-273;313;315;322;329;332; 335;338 Lazarus 218; 329 Lazear 154; 329 Lazonick 148; 329 Lehr 210;218;329 Leibenstein 32; 53; 67; 70; 85; 87; 91; 95; 112; 113; 174; 176; 181; 191; 193-196;204;294;329 Leontief 24; 329 Leventhal 268; 321 Lewin 271; 332 Liebau 123; 329 Lierman 266; 329 Lindenberg 26; 330 Loasby 81;330 Locke 207;215;218;330 Luce 173; 193; 330 Luhmer 106; 330

Mag 73; 74; 77; 78;330 Maib 214; 330 Malcomson 154; 330 Manne 57; 330 March 32; 39-41; 51; 58-61; 67; 86; 107;206;207;209;215;220;231; 242;270;291;317;331 Marglin 157; 331 Marris 40; 52; 53; 57; 331 Marschak 78; 150; 331 Marshall 23; 150; 331 Martin 208; 331 Marx 31; 43; 44; 52; 129; 232; 331 Mausner 324 McCall 79; 331 McClelland 62; 63; 331 Means 52; 53;204; 314 Meckling 18; 233; 325 Menger 30; I 02; 194; 196; 332 Meyer 299; 332 Michaelis 139; 142; 332 Miller 176; 332 Mirrless 164; 332 Mises 72; 332 Mitchell 271; 332 Molinari 268; 319 Molloy 272; 317 Morgenstern 27; 28; 49; 50; 71; 168; 202;293;309;332;333 Morse 263; 332 Motowidlo 215; 332 Mowday 215; 332 Mueller 42; 53; 66; 333 Müller 19; 20; 57; 158; 239; 241; 266;320;331;333 Myrdal 17; 303; 333

Maanen 208; 330 Macaulay 153; 330 Machlup 39; 49; 56; 78; 85; 91; II!; 330 Macneil 120; 330

Nelson 31; 32; 39; 50; 51; 67; 87; 90; 91; 112; 113; 286; 333 Neuherger 207; 208; 214; 215; 218; 333 Neumann, J. von 168; 333

352

Personenregister

Neumann, M. 136; 294; 333 Nieder 214; 215; 222; 333 Nozick 195; 333 Nutzinger 124; 132; 134; 136; 156; 157; 164; 333 Oechsler 17; 210; 231; 240; 242; 284; 333 Oldham 322 Opp 194; 333 Ott 120; 121; 190; 337 Ouchi 156; 346 Papandreou 40; 333 Pareto 30; 334 Parsons 62; 334 Pearce 265; 334 Pejovich 53; 57; 62; 320 Pelzman 95; 334 Penrose 40; 334 Perrow 148; 156; 164;334 Peterson 324 Pfeiffer 155; 334 Pfohl 82; 142; 148; 150; 334 Phelps 208; 334 Picot 142; 148; 334 Piore 151 ; 3 18 Polanyi 150; 334 Pollard 30; 334 Popper 22; 79;334 Porter 107;215;263;264;266;268; 272;273;335;342 Posner 29; 335 Preiser 16; 135; 335 Presthus 234; 335 Pritchard 268; 335 Proops 24; 319 Purdy 322 Puttermann 154;335 Quandt 101; 323

Rabin 276; 335 Radner 93; 181; 182; 335 Raiffa 173; 193; 330 Rapoport 198;335 Raub 178; 194;335;336 Raven 156; 320 Rawls 196; 336 Reber 156;210; 336 Redlich 62; 336 Reich, H. 45; 336 Reich, M. 123; 159; 318; 321; 336 Ricardo 31; 44; 336 Richter 19; 20; 53; 121-124; 126; 140; 142; 148; 149; 153; 294; 299; 301;336 Riede! 276; 319 Rieger 42; 46; 52; 336 Rieter 23; 293; 327 Riley 73; 324 Roberts 107; 335 Robinson 51; 81; 293; 336 Roos 154; 166; 34 7 Röpke 25;40;62;64;75;76;79;96; 293;336 Rosenberg, N. 52; 336 Rosenberg, R. D. 273; 336 Rosenstein 273; 336 Rosenstiel 207; 208; 21 0; 215; 218; 232;240;320;336 Rost-Schaude 240; 267; 271; 336 Rothschild, K. W. 22; 28; 29; 68; 75; 79-81; 132; 157; 158; 184; 291; 293;337 Rothschild, M. 93; 335; 337 Rozen 85; 113; 114; 337 Ruh 271;320 Rühmann 107; 230; 337 Rusbult 210; 337 Ryan 266;317 Sadowski 153; 155; 214; 221; 337 Sälter 293; 337

Personenregister Sauermann 92; 97; 337 Savage 78; 337 Sawyer 101; 102; 117; 157;258;337 Scanlon 271 Schäfer 120; 121; 190; 337 Schanze 145; 338 Scheflen 271; 338 Schefold 102; 338 Schein 234; 338 SeheHing 176; 338 Schenk 197;338 Scheuer 158; 159; 338 Schildbach 74; 341 Schittek 261;338 Schlaifer 78; 338 Schlicht 22; 23; 26; 27; 30; 31; 33; 69;84;88;91;94;96;97;99; 125; 194; 196;208;290;293; 303;338; 339 Schlüter 215; 339 Schmale 107; 230; 339 Schmid, A. A. 293; 339 Schmid, G. 154; 156; 157; 167; 339 Schmidtchen, D. 49; 56; 339 Schmidtchen, G. 107; 108; 210; 218; 221;240;241;254;339 Schneider, D. 19; 20; 46; 50; 73; 75; 78; 79; 82; 86; 88; 90; 91; 97; 110; 118; 132; 147; 148; 157; 339 Schneider, E. 25; 340 Schneider, H.-D. 156; 340 Scholl 209;238;249;340 Schömbs 259; 340 Schotter 178; 188; 195; 196; 200; 340 Schreyögg 148; 157; 159; 164; 167; 302;340 Schrüfer 30; 124; 125; 128; 157; 158; 176; 177; 197; 340 Schüller 146; 340 Schultz 110;316 Schumann 40; 57; 60; 80; 102; 114; 148;240;293;326;340

353

Schumpeter 28; 40; 44; 48-50; 63; 292;340 Schüssler 178; 179; 340 Scitovsky 62; 340 Searle 11 0; 340 Seifert-Vogt 168; 341 Selten 37; 88; 92; 97; 99; 180; 290; 337;341 Sesselmeier 132; 157; 196; 328; 341 Shackle 72; 341 Shapiro 158; 341 Sieben 74; 341 Sirnon 6; 32; 39; 41; 58; 67; 85-87; 89-93; 95; 96; 98; I 07; 119; 124; 128; 132; 134; 138; 181; 206; 207; 209;214;215;220;231;242;270; 291;294;331;341 Skinner 71; 262-264; 266; 267; 342 Smith 44; 52; 342 Snyderman 324 Söllner 124; 342 Solow 26; 97; 342 Sombart 32; 44; 52; 342 Stackelberg 102; 342 Stavenhagen 102;342 Steers 215; 263; 264; 266; 335; 342 Stepan 106; 342 Stigler 52; 57; 78; 79; 102; 204; 342 Stiglitz 134; 158; 341 Stoecker 180; 341; 342 Stoll I 07; 250; 251; 343 Streissler 23; 27; 28; 128; 141; 293; 343 Suchaneck 202;343 Sugden 303;343 Summers 152; 343 Sveynar 271; 316 Taylor 242; 263; 267; 343 Teschner 293; 343 Thibaut 207; 343 Thompson 258; 343

354

Personenregister

Thomdike 261; 343 Thurow 152; 343 Tietzel 25; 27; 57; 62; 73; 78; 80; 148; 157; 343 Tintner 86; 343 Tirole 157; 308; 325; 343 Tosti 267; 325 Tougareva 276; 319 Trebisch 215; 344 Treuz 259; 344 Tversky 95; 344 Ulich 210; 215; 218; 315; 344 Ullman-Margalit 176; 188; 194; 344 Ulrich 293; 344 Urwick 242; 322 Vanberg 30; 194; 344 Vilmar 241;344 Vogt 293; 339; 344 Volpert 208; 243; 261; 274; 321; 344 Voss 177; 178; 336; 344 Vroom 264; 344 Wachter 154; 158; 346 Wagener 159; 163; 164; 344 Wakeley 271; 320 Walras 345 Walton 230; 345 Watkins 299; 345 Weber 32; 44; 52; 119; 135; 138; 345 Weddingen 102; 345 Weichhold 276; 319 Weiner 210; 345 Weise 40; 124; 126; 128; 129; 146; 157; 197; 309; 315; 345

Weiss 272; 345 Weitzman 271; 345 Whyte 262; 345 Wiard 262; 345 Wiekseil 102; 345 Williamson 6; 34; 40; 45; 52-56; 67; 72; 111; 121; 122; 140; 141; 145; 147-158; 160; 166; 167;204;214; 258;259;298;300;301;345;346 Willman 154; 346 Wilson 148; 346 Windsperger 72; 346 Winter 31; 32; 39; 40; 45; 50; 51; 57; 63; 67; 85; 87; 90; 91; 112; 113; 286;331;333;346 Wiswede 266; 346 Witt 24; 25; 28; 31; 51; 56; 68; 71; 88; 92; 94; 185; 196; 288; 291-293; 346 Wittmann 84; 101; 347 Wöhe 77; 347 Woll 50;293;347 Womack 154; 166; 347 Wood 53;331 Woodward 158; 312 Wright 110; 347 Yellen 158; 207; 268; 311; 347 Zembrodt 210; 337 Zimmermann 214; 34 7 Zitscher 246; 347 Zweig 25; 347

Sachregister

Ahmahnung 236; 244; 245 Absatzmarkt 47; 112 Absentismus 212-214 abweichendes Verhalten 162; 231; 251;277 acrasia 88; 289; 290 adverse Selektion 122; 127 Agency - Beziehung 19 -Kosten 20 -Modell 20 -Problem 20 Aktiengesellschaft 47; 52; 54 Aktionäre 54; 55; 59; 61 Allwissenheitsannahme 80 Als-ob-Hypothese 227 Als-ob-Konstrukt 40; 67; 96 Altruismus 175; 178 Anordnungsrecht 118; 127; 128 Anpassungsprozeß 50; 228; 295 - endogener 24 - exogener 24 Anreiz 51; 53; 98; 154; 176; 179; 190; 241;252;254;255;257;259;261; 284;285;309 - angebot 256 - der Arbeit 159 - empfänger 252; 254; 256; 285 - kompatibilität 19; 239 - maßnahme 266 - problern 45; 275 - system 19; 20; 37; 251; 252; 254-257; 285 -und Bedürfnis 255 - vergütung 256; 257 - wirkung 263

Anspruchsniveau(s) 59; 60; 70; 92-95; 97; 98; 195; 207-209; 211; 212; 216-219;227;229;233;234;247; 251;260;261;269;278;286; 295-297 - anpassung 6 - anpassungstheorie 92; 98; 99 -einer Unternehmung 233 - senkung 296 Antitrustgesetzgebung 173 Apriorismus 293 Arbeit(s) -aufwand 174 - belastung 106-109; 115; 133; 155; 162; 213; 217; 228 - bereitschart 236; 265; 280 -einsatz 91; 101; 110; 111; 131; 174; 191; 192; 194; 212; 217; 224;226;255;258;259;268; 273;275;276;278;281;282 - freude 234 - gegenstand I 03; II 0 - inhalt 29; 151; 164; 268; 269 - intensität 106-1 08; 116; 123-125; 184;214 - klima 127; 259; 270 -leid 166; 233; 234 -Ieistung 108; 113; 114; 119; 123-125; 128-131; 133; 143; 160; 166; 183; 192; 194; 195; 213;214;221;222;231;234; 238;241;247;258;259;266268;274;281;303 - losigkeit 133; 158; 208; 215 -mittel 103 - Monotonie der A. I 07

356

Sachregister

- motivation I 07; 108; II 0; 239; 241;281 - norm 195 - organisation 33; 107; 165; 243; 304 - physisches Grenzprodukt der A. 126 - produktivität 129; 192; 223; 224; 240; 271-274 - prozeß 44; 45; 103; I 04; I 09; 116; 117; 126-129;206;220; 221;233;240;242;258;274; 280;281 - recht 124; 190-192 - situation 18; 35; 138; 161; 164; 204-207;209;210;212;214220;223-225;227;228;238; 239;243;244;247;307 - teilung 33; 59; 60; 157; 243; 273; 274 - tempo 207 -verhalten 36; 195; 254; 258; 259; 261;267;281 - verrichtung 107; 195; 221; 257; 277;279;283;303 -Verweigerung 205; 212; 214; 221;241;246;276 -weit 16; 36; 115; 228 - wissenschaft 103; 205; 242 -zeit 212;221;270 Arbeiterselbstverwaltung 301 Arbeitsbedingungen -organisatorische 277 -technische 101; 106; 127; 207; 213;247;249;266;274;277; 284 Arbeitskraft -als Rechtsperson 125 - Überbeanspruchung 230; 235 - unqualifizierte 243 - Unterbeschäftigung 230 -Verfügungsrecht 232

Arbeitsmarkt - interner 151; - regionaler 70 Arbeitsplatz 16; 107; 114; 115; 152; 155;214;235 -Abwesenheit 214 - Garantie 271 - Gestaltung I 06; 115 -Verlust des A. 262 -Wechsel des A. 143; 240; 273 Arbeitsunzufriedenheit 209; 212; 216; 219;221;229;239;251 Arbeitsvertrag 34; 118-120; 123-133; 135; 137; 138; 143; 145; 150; 151; 158; 168; 169; 183; 241; 300; 302; 303 - klassischer 120; 126; 130; 134; 151 -als Autoritätsverhältnis 129; 134; 143; 300 - Befristung 131 -Gegenstand 119; 123-125; 137 - Leistung des A. 169 - Spezifizierung 214 - Unbestimmtheit 119 Arbeitszufriedenheit 209; 212; 218; 219;224;229;239-241;252;254; 268; 271; 273; 278 aspiration Ievel 92; 207 Auszahlung 35; 36; 172; 175-177; 179; 181; 182; 184; 190; 202; 203; 205 Autoritätsverhältnis 118; 119; 129; 130; 133; 134; 137; 138; 155-158; 160; 166; 167 Battle-of-the-Sexes-Spiel 187 Begriffsnationalökonomie 26 Bernoulli-Prinzip 74 Beschaffungsmarkt 47; 48

Sachregister Beschäftigungsverhältnis 126; 136; 138; 150; 154; 161; 166; 168; 169; 173; 174; 182-184; 192; 194; 208; 216;217;225;243;244;279;282; 302 - als Autoritätsverhältnis 302 -als Gefangenendilemma 173; 184; 198 -als Hierarchie 160 -als Konfliktbeziehung 168 - als soziale Kooperation 168; 198 - Auflösung 245 -Beendigung 123; 199; 223; 224; 238;246 -individuelles 35; 118; 124; 127; 139; 150-152; 157; 160; 168170; 182; 184; 187-189; 192; 193; 198; 199;212;213; 216; 222;227;238;248;253;275; 276; 305-307; 310 - kurzfristiges 231; 254 -langfristiges 129; 132; 134; 177; 180;226;231 - unbefristetes 132 Beschwerderecht 16 Betrieb 35; 36; 39; 41; 145; 194; 204; 215;246;265;317;320; 333;336; 344;347 Betriebsfrieden 236; 246 Betriebsklima 105; 241; 254; 267; 339 Betriebswirtschaftslehre 17; 313; 315; 318;321;322;325-327;329;334; 337;339;340;345;347 bounded-rationality 6; 68; 69; 87; 181 Ceteris-paribus-Kiausel 93; 106; 137; 150; 155; 273 corporate identity 186; 305 Depressionen 210 Direktionsrecht 124; 137

357

Diskontparameter I 77 Diskriminierung 208; 230; 241; 243; 244;248;249;253;281 -negative 243; 248; 249; 281 - von Ausländern und Frauen 208 Disziplinarmaßnahme 214; 249; 262 Dividende 55; 58; 61 Drohung 72;244-246;256;282 Drückebergerei 35; 156; 158; 159; 161-166;217;221;228;281 Durchsetzungskosten 156; 305 Effizienz - des Anreizsystems 251; 257; 284 - des Leistungsprozesses 206; 220; 225;226;230;238;247;271; 280;284 -Ineffizienz 147; 149; 204; 220; 227;230;238;248;252;257; 261;262;270;284 - Iohntheorie 207 -ökonomische 155; 252; 254; 257; 284;285;293;301 - sozialpsychologische 254 - technische 306 egoistisches Verhalten 178; 179 Eigenturn 124; 125 Einkommen( s) - rnotiv 240; 265 - risiko 130; 131 - sicherheit 130; 132; 133 Emotionen 69; 87; 99 Entfremdung 232 Entlassung 238; 244; 307 Entlohnung 18; 130; 145; 151; 152; 155; 162;213;225-227;240;255; 263;265;267-272;281 Entscheidung(s) - akt 49 - findung 75; 78; 80; 84; 97; 257; 291 - freiheit 128; 299

358

Sachregister

-kosten 148; 295 - kriterium 77; 290 - Iage 77; 133; 134; 283; 302 - matrix 76; 77; 99; 205 - modell 75; 96; 291 - organ 49 - parameter 78; 295 - prozeß 6; 7; 26; 32; 41; 69; 78; 88;91;95;98;99; 156;237; 274;285;291;295 - spietraum 298 - subjekt 299 -träger 25; 27; 28; 32; 42; 73-77; 83-85; 87; 91-95; 98; 104; 134; 145;233;234;253;258;260; 261;285;288;289;297 -unter Ungewißheit 73; 74; 78 -verhalten 68; 69; 77; 253; 286; 294; 295; 297-299 Entscheidungsregel 68; 74; 77; 147; 260 - Bayes-Regel 74 - Hurwicz-Regel 74 - Laplace-Regel 74 - Maximax-Regel 74 - optimale 77 - Optimismus-Pessimismus-Regel 74 - Savage-Niehans-Regel 74 -Wald-Regel 74 Entscheidungstheorie 77; 95 - neoklassische 32; 86; 93 -normative 33; 89 -stochastische 73; 75 Equity-Theorie 207-209 Ergebnismatrix 74; 76; 77 Erwartungswert 70; 74; 120 Erwartungswertprinzip 74 Erwerbsprinzip 44 evolutionärer Prozeß 24

Fairneß 208; 275; 276; 280-282 Fairneßkriterien 208; 209; 216; 267; 278;279 Faktorspezifität 122; 140; 149; 150; 154 Fehlzeiten 214; 215; 221; 246; 310 Fließband 232 Fluktuation 152; 215; 222; 226; 271 Forschungsprogramm - neoklassisches 20; 31; 288; 289; 292 - sozialwissenschaftliches 5; 20; 23;24;27;28;31;37;287;289; 294;299;298;301 Führungsstil 272 fundamentale Transformation 150 Fusion 45 Gefangenendilemma 169; 173; 175-182; 184; 188-193; 197-199; 276;306;307 Gerechtigkeitsvorstellungen 207; 275 Gewerkschaften 151; 152; 155 Gewinn - beteiligung 240; 253; 270-272 - motiv 43; 48; 55-57; 65; 288 - Orientierung 52 - streben 42; 44; 46-52; 54; 57; 60; 62;65;234 Gewinnmaximierung 39; 42; 48-51; 55;56;288;292 Gewinnmaximierungshypothese 3942;48; 50-52;56;65;66 Gewißheit 19; 69; 70; 79; 80; 90; 98 Gleichgewicht(s) 20; 21; 23-25; 27; 29-31; 35; 50; 51; 176; 180; 203; 291 - analyse 24; 30; 32 - begriff 21; 35; 293 - forme! 22; 291 - individuelles 295 - konzeption 24; 292; 293

Sachregister - modell 21-23; 41; 50; 52; 66; 288; 289; 291-293 - punkt 176 - system 41; 292 - theorie 7; 22; 23; 25; 27; 52 - zustand 5; 25; 41; 49; SO; 65; 188;292;293;296 Gruppe(n) 16; 18; 21; 52; 104; 210; 214;262;283;309 - arbeit 129; 241; 243; 270 - Ieistung 269 Homo oeconomicus 26; 297; 308 Humankapital 149; 154 Identifikation 149; 231; 238; 240; 251;270;273 Immunisierungstechnik 22 individuelles Verhalten 71; 97; 98; 280; 309 inertia 70 Information(s) 21; SI; 73; 78-80; 129; 140; 149; 153; 157; 182;242; 258-260;272;274;285;308 - asymmetrie 16; 20; 21; 30; 72; 122; 126; 127; 149 - ausstattung 72 - gewinnung 79; 87 - grad 69 - Grenzertrag 78 - Grenzkosten 78 - Grenzsuchkosten 78 -Iage 69 - problern 19; 27; 69; 70; 104; 121; 152; 160; 170; 171; 193; 200; 253;257;258;260;282;283; 285;304 - prozeß 73 -sichere 69; 73; 75 - struktur 79 -suche 70; 73;79;84;295 - symmetrische 122

359

- theorie 19 - unvollkommene 69; 77; 80; 87; 99 - unvollständige 180; 181 - Verarbeitung 68; 87 - verzerrung 71 -vollkommene 68; 69; 77; 300 - Wertberechnung 79 Institutionen 6; 16; 17; 25-29; 33-37; 45; 120; 140-155; 166; 167; 172; 173; 189; 195-197;210;300-305 Institutionenökonomik 6; 121; 30 l; 303 Interessenkonflikt 16-18; 21; 33; l 53; 172;206;207;210;227;232;233; 288;303 Isolierung 23; 78 Job - enlargement 240 - enrichment 240 - rotation 240 Kapital -bedarf 45 - größe 47 - rendite 42 - vorschuß 133 - wachsturn 42; 254 Kapitalismus 16; 32; 44 Kartellverbot 173 Kausalattribuierung 210; 235; 236; 244;247;249;304 Koalitionen 52; 58; 60; 124 kognitive Fähigkeiten 21; 23; 32; 149; 181; 289 kognitive Prozesse 208 Kommunikation(s) 171; 173; 174; 272 - beziehung 177 - fahigkeit 129 - prozeß 129; 200; 204; 283; 308;

360

Sachregister

309 kommunistische Fiktion 17 Konflikt 15-17; 21; 170; 172; 179; 197;204;206;210;211;226;230232;246;252;262;282-284; 305 - ansatz 25 - austragung 210; 211; 238; 239 - bedingung 210 - bereitschaft 211 - beziehung 17; 35; 168; 184; 204; 213; 226 - intensivierung 231; 239 - management 230-232; 237; 238; 241;242;246;249;252;253; 275;282 - regelung 238 - signifikanter 206; 231; 232 - situation 36; 170; 197; 200; 202; 204;210;228;248 -sozialer 17; 18; 184; 199; 289; 305 -verhalten 16; 35; 36; 204-206; 210;211;215;216;218;220; 223;226-228;231;232;237; 238;246;252;268;274 Konfliktstrategie 21; 35-37; 205; 206; 210-213; 215-220; 223; 225; 226; 230-232;237;238;241;242; 246-253;257;270-273;275;282; 284-286 -defektive 213; 231; 232; 241; 242; 248-250; 285 - Exit 204; 205; 212; 214; 215; 238;245 - kooperative 231; 232; 250 - partizipative 241; 247; 249; 251; 271-273; 275 - voice 204; 205; 212-214; 247 Kontroll(e) 107; 124; 130; 141; 145; 242;257-262;273;275;290 - bedarf 260; 261 - handlung 258; 259; 275

- instanz 257 - intensität 260 -kosten 45; 214 - maßnahme 260 - mechanismus 107; 257; 301 - problern 129 - prozeß 257 - soziale 243 - system 257 - tätigkeit 242; 258-261; 285 - technische 242 Konvention 7; 169; 188; 189; 191; 193-197; 199; 201; 234; 276; 290; 299; 303-305 Kooperation(s) 47; 168-173; 176-181; 186; 187; 193; 198; 199; 201; 252; 306;307 - beidseitige 276 - bereitschaft 168; 169; 178; 184; 191; 192; 199; 201; 276; 279 - bildung 171; 172 - problern 169; 170-173; 177; 182; 197; 198; 200 - rente 170; 171; 173; 200; 213; 246;279;280;282-284 -soziale 168-173; 176; 179-182; 184; 196; 198-200 Koordinationsspiel 171 Kosten - der Beeinflussung 45 - der Übernahme 45 - der Überwachung 148; 280 Kündigung(s) 215; 217; 222; 244246; 307 - drohung 241; 243; 245 -recht 17 - schutz 244 Laufbahn - entwicklung 214; 243 - system 151 Leistung(s) 17; 69; 99; 100; 104-106;

Sachregister 108-111; 118; 121; 127-130; 139; 143; 145; 149; 152; 155; 158-162; 169; 173; 193; 196; 207; 212-215; 220;224-226;239;243;247-254; 258-269; 277-281; 294 -abfall 247; 268 - bereitschaft 105; 224; 226; 235; 237;249;266 - erfassung 258 - inanspruchnahme I 06 - kontrolle 120; 159; 258; 272 - motivation 106; 107; 110; 115; 151; 156; 165; 214; 220; 223226;230;236;239;247;250; 263; 265; 267-269 - pflichten 148; 152; 236 - prinzip 263 - reduzierung 236; 241 - verbesserung 264 - verdichtung 130; 131; 138; 145 -verhalten 18; 36; II I; 112; 162; 163;234;238;240;247;249; 256;263;264;267-270 - vermögen 105-1 09; 226; 230; 232;236;237;269 Lernprozeß 17; 24; 260 Lohn 118; 119; 123-125; 129; 131; 139; 145; 154; 155; 157; 158; 168; 192; 194; 195; 213; 215; 216; 225; 233;239;240;245;253;257;263268;274;278;279;281;302 - abzug 131; 245; 281 - arbeit 16; 30; 125; 210; 227; 274 - gestaltung 235; 239 -höhe 207; 239 - politik 129; 272 Lohnform 253;257;266-270 -Akkordlohn 267; 281 - Bonussystem 272 -Gewinnbeteiligung 240; 253; 270-272 - Leistungslohn 255; 267

361

- Senioritätslohn 154; 253; 267 -Stücklohn 124 -Zeitlohn 124; 255; 268; 281 Loyalität 139; 210; 246 Macht 29; 34; 135; 136; 157; 202; 300;302 - asymmetrie 6; 16; 28; 29; 34; 120; 134; 135; 137; 139; 166; 294;303;304 - differenz I 79 - gefalle 21; 156; 245 - relation 30; 153 Management 16; 18; 31; 36; 47; 5361; 66; 75; 144; 166; 174-177; 183-189; 191-193; 196; 204; 224; 265;267;271;276;281;310 Markt - gleichgewicht 51 - mechanismus 144; 301 - versus Hierarchie 139 - wettbewerb 146; 147 Maximalkapazität 104; 105 Maximierungskalkül 76 Minimalkapazität I 04; 105 Monopol 150 moral hazard 122; 127 Motivation(s) 37; 100; 112; 114; 168; 209;232; 255;257;261;269;273; 284 -extrinsische 263; 266; 268 - intrinsische 105; 208; 231; 241; 262;265;266;268-272;281 - problerne 19; 170; 172; 200 Natur - erkenntnis 71; 287 - Wissenschaft 287 Norm 7;22;25;26; 169; 178; 189; 194-199;201;208;285;286;290; 299; 303-305 - adaptation 251

362

Sachregister

- konformität 262 Nutzenfunktion 19; 293 Opportunismus 19; 71; 121; 122; 140; 149; 153; 298 Opportunitätskosten 25; 181 Optimierung(s) 7; 19; 33; 253; 289; 290; 294-296 - hypothese 30; 33; 289; 293; 294; 297 - problern 30; 34; 260 Optimum 45; 49; 173 Organisation(s) -kosten 144; 147 - psychologie 7; 17 -Struktur 141; 146; 150; 151; 155; 160; 163; 166; 300 - ziele 254; 259 Paradigma 5; 40; 288; 289 Partizipation 230; 231; 238; 239; 246; 257; 270-273 Personal - einsatz 240 -kosten 144 - reserve 240 Persönlichkeitsstruktur 209 P1anung(s) - horizont 46; 55 - periode 46 - zeitraum 46 Planwirtschaft 294 Potentialfaktoren 104; 106; 109 Präferenz 7; 19; 21; 25; 29; 36; 38; 76; 77; 82; 134; 137; 149; 171; 172; 184;202;243;250;290;299; 308 - system 29; 35; 76; 83; 88; 308 Preis - mechanismus 142; 166; 300 - theorie 122 Prestige 41; 53; 62-64

Prinzip der Immanenz 41; 52 Privateigentum 39; 43 Produktion( s) - als sozialer Prozeß 101 - apparat 100; 102 -funktion 5; 15; 33; 100-102; 111; 113-117; 204 - prozeß 100-103; 107; 111; 115-117; 206 -verfahren 45; 47; 107; 108; 117; 232 - Verhältnisse 232 Produktionsfaktor( en) 100; 10 I; I 03; 105; 106; 108; II I; 113; 116;232 - Eigentümlichkeit 103 - Kapazitätsreserven 104 - Kombination 104; 111 -lebendiger 15; 33; 103-106; 108-111; 116 - Qualität 102; 104; 110; III -Verbrauch 104; 106 -Verschleiß 104; 106; 108; 109; 268;279 rationale Entscheidungen 67; 68; 86 rationales Verhalten 67; 83; 290; 304 Rationalität(s) 68; 82; 83; 88-90; 96; 97; 181;201;304 - altruistische 197 - annahme 69; 88; 181 - beschränkte 6; 67; 68; 82; 85; 87; 89; 121; 122; 126; 140; 153; 181; 182; 253; 288; 291 Raum 6;44;46;47; 146; 154 Referenzgruppe 208; 209; 233 Reinforeerneut 263; 264; 266; 267; 270 Rekrutierungskosten 154 Reputation(s) 126; 180; 181 -spiel 180; 181 - vertust 245 Reservationsnutzen 19

Sachregister Reziprozität 276-278; 280; 281 Risiko 23; 47; 48; 68; 69; 73; 74; 77; 78; 80; 120; 127; 129; 130-133; 138;214;216;217;280;282;295; 300;308 - aversion 74; 119 - bereitschart 132; 211; 221 -Einstellung 74; 77; 88; 132; 138 - sympathie 74 - verteilung 123 Rotationsprinzip 156 Routine(n) - handlungen 295 - verhalten 286; 295 Sanktionen 162; 193; 197; 222; 230; 231;253;257;259;261; 262;282 Schatzbildner 43 Scheinselbständigkeit 130; 133 Schutzrecht I 09 Seitenzahlung 58; 59; 61 Selbstherstellung 14 7 Shirking 35; 127; 141; 157-165; 204; 212-221; 224-226; 228; 234-236; 241-243;259;280;281;301 Sklaverei 124; 125 Somatisierung 210 Sozialisation 69; 70; 208; 216; 227 Sozialpsychologie 31; 296 Sozialverhalten 7; 18; 36; 111; 112; 162;234;236;238;240;243; 247-249;256;257;260;263; 267-270; 275; 282 Sozialversicherung 130 Sozialwissenschaft 7; 17; 169; 202; 310 Spieltheorie 35; 168-172; 179-182; 188; 190; 192; 193; 195-198; 201203;217;248;250;275;306;307; 309 Streß 165; 210; 218; 262 StreBbewältigung 218

363

subjektive Bewertungen 32; 35; 42; 66;69; 75; 78;99;204;205;217; 285;291;297 Substitutionsprinzip 140 Suchtheorie 27 Suchverhalten 79 Synergieeffekt 129; 158-166; 285 Teamproduktion 141; 157-166 technische Aggregate 106 technischer Fortschritt 242 Terminalionseffekt 179; 180 Theorie - des Arbeitsmarktes 22 - des sozialen Lernens 261 - mikroökonomische 35; 111; 115; 116; 144; 148; 204; 288; 308310 - neoklassische 22; 23; 27; 58; 64; 79; 86; 93; 149; 157; 226; 259; 275;288;294 -normative 18; 20; 60; 89 - positive 18; 20; 60 - verhaltenswissenschaftliche 33; 89 Totalmodell 90 Trägheit 88; 172; 291 Transaktionen 45; 120-122; 124; 141; 142; 148; 154 Transaktionskosten 6; 119; 121; 128; 131; 135-142; 144; 147-150; 152-155; 159; 160; 166; 167; 197; 280;304 - ansatz 122; 139; 148; !52; 300 - kalkül !50 Überwachung 18; 148; 149; 242; 257-260; 275 Ungewißheit(s) 19; 42; 48; 60; 65-75; 77-80;86; 122; 126;253;254;260; 286;300; 306 -echte 70-72; 85; 86; 88; 139;

364

Sachregister

234;295;298;300;307 - Ursachen der U. 68 Ungleichgewicht 22; 25; 31; 291 Unternehmen(s) - erfolg 18; 43; 45; 64; 66; 302 - größe 42; 45; 66; 144; 300 - wachsturn 40; 43; 45; 47; 53; 55-57; 60; 66 Unternehmer 39-48; 62-66; 70; 72; 124-135; 142; 146; 157; 213; 302 - funktion 41 ; 63 - Hypostasierung des U. 43 - typologie 44 - verhalten 41; 62 Unternehmung - erwerbswirtschaftliche 39; 41; 43;46;47;52;253;274 - Leitung der U. 47 - Zielsystem der U. 40; 41; 67

- unvollständige 121-123; 126 -vollständige 120; 121; 123 Vertragskosten 128 Vertrauen 139; 172; 173; 178; 189; 197; 199-201; 246; 256

Valenz 210 Verfügungsrecht 30; 38; 137; 138; 142; 153;232;248;301;302 Vergütungskriterien 252-256 Vergütungssystem 256; 285 Verhalten(s) - prognose 37 - sicherheit 276; 280; 304; 305 - spietraum 149; 174; 276; 277; 280;306 - unsicherheit 71; III; 299 Verhandlungskosten 143 Verhandlungsmacht 135; 137 Verlagswesen 124 Verschleiß - der Arbeitskraft I 06-1 09; 116 - technische Aggregate l 06; 116 Verträge 118-122; 128; 142; 143; 171; 183; 189; 192 -bindende 171; 174; 198

Zeit - begriff 23; 24 - horizont 180; 182 - souveränität 165 Ziel - erreichungsgrad 67; 83; 96; 254; 288;289;295;297 - größe 31; 32; 41; 42; 50; 53- 55; 62;66; 83; 84;97;255;288; 290;292 - konflikte 16; 58-61; 84; 120 - methode 41 - system 31; 32; 39-41; 53; 58; 59; 67;82;254;308 - vorschrift 84; 87 Zufall(s) 210; 304; 305 -variable 112 - Wahrscheinlichkeit 187 Zustandsraum 73; 75; 77; 88 Zweckrationalität 83

Wahrscheinlichkeit(s) - Eintrittsw. 19; 71; 80; 112; 295 - subjektive 70 - theorie 32; 68; 70 - verteilung 73; 80; 88; 112 - Zufallsw. 187 Werkvertrag 119; 129; 130; 132; 133 Wettbewerb( s) - als Entdeckungsverfahren 72 - als Selektionsmechanismus 72 - fähigkeit 57 Wissensproduktion 78 Wohlfahrtsoptimum 30