Die Sukzession von Weltreichen: Zu den antiken Wurzeln einer geschichtsmächtigen Idee 9783515131957, 9783515131995, 3515131957

Aufstieg und Niedergang großer Reiche haben die Menschen über Jahrtausende hinweg beschäftigt und fasziniert. So wurden

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Die Sukzession von Weltreichen: Zu den antiken Wurzeln einer geschichtsmächtigen Idee
 9783515131957, 9783515131995, 3515131957

Table of contents :
Vorwort
Danksagung
Inhalt
Einleitung
Teil I: Assyrer – Meder – Perser. Zur Herkunft und Genese der Dreiersukzession
1. Forschungsstand und Quellenlage
2. Weltkonzeption und (Welt-)Herrschaft im Alten Vorderen Orient
2.1 Das ‚Eigene‘ und das ‚Fremde‘: Die Wahrnehmung der Welt und ihrer Grenzen
2.2 Zur Stellung irdischer Herrschaft und zur Wahrnehmung von ‚Geschichte‘ im mesopotamischen Denken
2.3 Späturuk-Zeit und Frühdynastische Zeit: en, énsi, lugal, Kisch und ki-en-gi
2.4 Das erste ‚Imperium‘ der Weltgeschichte? – Die Dynastie von Akkad
2.5 Der Mythos vom ‚Weltreich‘: Das Vermächtnis der Könige von Akkad im ausgehenden dritten und zweiten Jahrtausend v. Chr.
2.6 Assyrien, die ‚Geißel der Völker‘: ‚Weltherrschaft‘ als göttliches Mandat
2.7 Der Fall Assyriens und die neubabylonischen Könige
2.8 „Dies sind die Länder, die mir zuteil wurden“: Herrschaftsvorstellungen und ‚Reichsimagination‘ der teispidisch-achaimenidischen Großkönige
3. Asien und die Sukzession von Reichen aus griechischer Sicht
3.1 Herodot aus Halikarnassos
3.1.1 Die Grenzen der Macht: Quellen, Zeithorizont, Raum, Disposition und Geschichtsauffassung der Historien
3.1.2 Assyrer, Meder, Perser – Babylonier und Lyder: Die Signifikanz des Sukzessionsgedankens bei Herodot
3.1.3 Die Meder in den mesopotamischen Zeugnissen und die Frage nach der Historizität eines Medischen Großreiches
3.2 Ktesias von Knidos
3.2.1 Ktesias: Historiker, Scharlatan, ‚Dichter‘ oder Schelm?
3.2.2 Weltherrschaft und Dekadenz: Assyrer, Meder, Perser – und Babylon in den Persika
4. Drei Reiche: Eine erste Zwischenbilanz
Teil II: Die vier Monarchien. Die Erweiterung der Sukzessionstheorie in hellenistischer Zeit
1. Forschungsstand und Quellenlage
2. Die Weltreiche-Sukzession im Buch Daniel
2.1 Redaktionsgeschichte, Genre und Tendenz des Danielbuches
2.2 Heilsgeschehen: Die vier Monarchien und das Reich Gottes
3. Ein ‚säkulares‘ Viererschema?
3.1 Alexander der Große: ‚König von Asien‘ – ‚König der Welt‘?
3.2 Die Seleukiden und das ‚Königtum über Asien‘
4. Vier Reiche: Eine zweite Zwischenbilanz
Teil III: (Ausblick) Das Imperium Romanum – das letzte Weltreich
1. Forschungsstand und Quellenlage
2. Das griechisch-römische Fünferschema
2.1 Orbis terrarum und orbis Romanus
2.2 Die Sukzession von Reichen und Aemilius Sura
Zusammenfassung und Ergebnisse
Summary
Abkürzungen und Siglen
Literaturverzeichnis
Quellen
Schriften
Indices
Personen-, Götter- und Gruppennamen
Toponyme

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Marie Oellig

Die Sukzession von Weltreichen Zu den antiken Wurzeln einer geschichtsmächtigen Idee

ORIENS E T OCCIDENS Studien zu antiken Kulturkontakten und ihrem Nachleben | 38 Franz Steiner Verlag

„Die Sukzession von Weltreichen. Zu den Anfängen einer geschichtsmächtigen Idee“

Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Philosophischen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

vorgelegt von Marie Oellig

Kiel 24. Januar 2019

Erstgutachter: Prof. Dr. Josef Wiesehöfer Zweitgutachter: assoz. Prof. Mag. Mag. Dr. Martin Lang Drittgutachter: Prof. Dr. Robert Rollinger Tag der mündlichen Prüfung: 07.05.2019 Durch den Prodekan für Studium und Lehre, Prof. Dr. Michael Elmentaler, zum Druck genehmigt: 06.05.2021

Oriens et Occidens Studien zu antiken Kulturkontakten und ihrem Nachleben Herausgegeben von Josef Wiesehöfer in Zusammenarbeit mit Pierre Briant, Geoffrey Greatrex, Amélie Kuhrt und Robert Rollinger Band 38

Marie Oellig Die Sukzession von Weltreichen Zu den antiken Wurzeln einer geschichtsmächtigen Idee

Franz Steiner Verlag

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über dnb.d-nb.de abrufbar. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig und strafbar. © Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2023 www.steiner-verlag.de Layout und Herstellung durch den Verlag Satz: SchwabScantechnik, Göttingen Druck: Beltz Grafische Betriebe, Bad Langensalza Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem Papier. Printed in Germany. ISBN 978-3-515-13195-7 (Print) ISBN 978-3-515-13199-5 (E-Book)

Vorwort Begeben wir uns mit einem Zitat aus der Feder des Historikers Yuval Noah Harari in die Thematik: „Homo sapiens ist eine postfaktische Spezies, deren Macht davon abhängt, Fiktionen zu schaffen und daran zu glauben. Seit der Steinzeit dienten selbstverstärkende Mythen dazu, menschliche Kollektive zu einen. Ja, Homo sapiens eroberte diesen Planeten vor allen dank der einzigartigen menschlichen Fähigkeit, Fiktionen zu schaffen und zu verbreiten.“1 Das Konzept einer Abfolge von ‚Weltreichen‘ und die Imagination der ‚Weltherrschaft‘ an sich sind solche Fiktionen. Die Vorstellung, dass eine Sukzession einander ablösender Weltreiche den Verlauf der Geschichte kennzeichne, hat das historische Bewusstsein des mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Europas maßgeblich bestimmt. Die Frage, wie sich das Mittelalter dieses zumeist religiös-politisch aufgeladenen Konzepts bediente, ist vielfach behandelt worden. Bereits im Jahre 1958 publizierte der Historiker Werner Goez eine beachtliche Monographie über die mit dem Sukzessionsgedanken eng verknüpfte Theorie der translatio imperii. Goez bezog die ‚paganen‘ Ursprünge des Schemas als notwendige Voraussetzung zwar durchaus mit ein, behandelte sie jedoch nicht erschöpfend.2 Und auch wenn die antiken Wurzeln des Sukzessionsgedankens in den letzten Jahrzehnten bisweilen Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchung gewesen sind,3 blieb eine umfassende Studie zu diesem Thema bis dato ein Desiderat. Auf der Suche nach den Ursprüngen und der Genese des Konzepts einer Abfolge von Weltreichen gerieten unter dem fördernden Einfluss meines akademischen Lehrers, Professor Josef Wiesehöfer, eine Vielzahl unterschiedlicher Kulturen, insbesondere des Alten Vorderen Orients, ins Blickfeld der Untersuchung. Deren Synopse gebot und beförderte den Dialog mit Kolleg(inn)en anderer Fachrichtungen, der letztlich zu einer steten Entfaltung und Vertiefung meiner historischen Perspektive verhalf. Dass ich diese in der althistorischen Forschung nicht selbstverständlich vertretenen Kulturen zuweilen auch den Studierenden, die ich im Rahmen meiner Lehrtätigkeit am Institut für Klassische Altertumskunde der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel 1 2 3

Harari 2018, 310. Cf. Goez 1958. Cf. zuletzt die Beiträge in Cresci/Gazzano 2018.

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Vorwort

betreute, nahebringen durfte, verbleibt für mich zudem als bereichernde und beglückende Erfahrung in Erinnerung. Die vorliegende Publikation verdankt sich der leicht überarbeiteten und aktualisierten Fassung meiner am 24. Januar 2019 an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel vorgelegten Dissertation. Bedauerlicherweise ist es aufgrund des eingeschränkten Zugangs zu den Bibliotheken im Zuge der Corona-Pandemie nicht mehr möglich gewesen, sämtliche Neuerscheinungen einzuarbeiten.

Danksagung Mein erster Dank gilt meinem akademischen Lehrer, Professor Josef Wiesehöfer (Kiel), der mich bereits zu Studienzeiten in herausragender Weise mit Wort und Tat gefördert hat. Durch seine fachliche Expertise und Menschlichkeit hat er es vermocht, mich nicht nur für die griechisch-römische Antike zu begeistern, sondern mir darüber hinaus den ‚breiten‘, über die ‚traditionellen‘ Grenzen des Fachs Alte Geschichte hinausreichenden Forschungsansatz zu vermitteln, der dieser Arbeit zugrunde liegt. Dafür bin ich ihm über alle Maßen dankbar. Für ausnehmend bereichernde und fruchtbare Gespräche über die Geschichte und Kultur des Alten Vorderen Orients fühle ich mich meinem Zweitgutachter, Professor Martin Lang (Innsbruck), sowie Professor Robert Rollinger (Innsbruck) in herzlicher Dankbarkeit verbunden. Mein außerordentlicher Dank gebührt zudem Professor Johannes Haubold (Princeton) für seine ungemein inspirierenden Hinweise, die in vielfältiger Form, insbesondere im Kapitel zu den Seleukiden, in meine Dissertation eingeflossen sind. Besonderen Dank schulde ich Rike Szill (Kiel) und Dr. Uwe Herrmann (Berlin) für das sorgfältige Korrekturlesen und für die stets gewährte moralische Unterstützung. Herzlich gedankt sei Dr. Sebastian Fink (Innsbruck) für die gewinnbringenden Denkanstöße zur frühen mesopotamischen Geschichte sowie für die Teilnahme an dem von ihm im Sommer 2016 an der Universität Kiel abgehaltenen Einführungskurs in das Sumerische. Sehr dankbar bin ich Professor Rüdiger Schmitt, der mich in die faszinierende Welt der altpersischen Sprache einführte. Herzlich danke ich zudem Privatdozentin Susanne Rudnig-Zelt (Kiel) für ihre hilfreichen Tipps zu Hilfsmitteln und Lehrbüchern des Akkadischen. Großer Dank gebührt Dr. Christian Thrue Djurslev (Aarhus), der mir ein Kapitel seiner damals noch nicht publizierten Dissertation uneigennützig zur Verfügung gestellt sowie wertvolle Hinweise zur translatio imperii in der Spätantike geliefert hat. Mit bestem Dank bedacht seien zudem Professor Andreas Luther (Kiel), Professorin Sabine Müller (Marburg), Professor Volker Seresse (Kiel) sowie die Kolleg(inn)en des Instituts für Klassische Altertumskunde und des Historischen Seminars der ChristianAlbrechts-Universität zu Kiel, namentlich Sara Boysen-Orhan, Dr. Stephan Bruhn, Dr. Ulf Kruse, Gabriele Lenz und David Wallenhorst.

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Danksagung

Schließlich gilt mein herzlicher Dank meinen Eltern, Päivi Lahtinen-Oellig und Hans-Rudolf Oellig, sowie den Verwandten und Freunden, die mich immer wieder in meinem wissenschaftlichen Vorhaben bestärkt haben. Fargau-Pratjau, im März 2021

Inhalt Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Teil I Assyrer – Meder – Perser Zur Herkunft und Genese der Dreiersukzession . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 1. Forschungsstand und Quellenlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 2. Weltkonzeption und (Welt-)Herrschaft im Alten Vorderen Orient . . . . . . . . 38 2.1 Das ‚Eigene‘ und das ‚Fremde‘: Die Wahrnehmung der Welt und ihrer Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 2.2 Zur Stellung irdischer Herrschaft und zur Wahrnehmung von ‚Geschichte‘ im mesopotamischen Denken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 2.3 Späturuk-Zeit und Frühdynastische Zeit: en, énsi, lugal, Kisch und ki-en-gi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 2.4 Das erste ‚Imperium‘ der Weltgeschichte? – Die Dynastie von Akkad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 2.5 Der Mythos vom ‚Weltreich‘: Das Vermächtnis der Könige von Akkad im ausgehenden dritten und zweiten Jahrtausend v. Chr. . . . . . . 138 2.6 Assyrien, die ‚Geißel der Völker‘: ‚Weltherrschaft‘ als göttliches Mandat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 2.7 Der Fall Assyriens und die neubabylonischen Könige . . . . . . . . . . . . . . . 200 2.8 „Dies sind die Länder, die mir zuteil wurden“: Herrschaftsvorstellungen und ‚Reichsimagination‘ der teispidischachaimenidischen Großkönige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 3. Asien und die Sukzession von Reichen aus griechischer Sicht . . . . . . . . . . . . . 276 3.1 Herodot aus Halikarnassos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 3.1.1 Die Grenzen der Macht: Quellen, Zeithorizont, Raum, Disposition und Geschichtsauffassung der Historien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 3.1.2 Assyrer, Meder, Perser – Babylonier und Lyder: Die Signifikanz des Sukzessionsgedankens bei Herodot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 3.1.3 Die Meder in den mesopotamischen Zeugnissen und die Frage nach der Historizität eines Medischen Großreiches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332

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Inhalt

3.2 Ktesias von Knidos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1 Ktesias: Historiker, Scharlatan, ‚Dichter‘ oder Schelm? . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2 Weltherrschaft und Dekadenz: Assyrer, Meder, Perser – und Babylon in den Persika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Drei Reiche: Eine erste Zwischenbilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

351 351 362 378

Teil II Die vier Monarchien Die Erweiterung der Sukzessionstheorie in hellenistischer Zeit . . . . . . . . . . . 1. Forschungsstand und Quellenlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Weltreiche-Sukzession im Buch Daniel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Redaktionsgeschichte, Genre und Tendenz des Danielbuches . . . . . . . 2.3 Heilsgeschehen: Die vier Monarchien und das Reich Gottes . . . . . . . . 3. Ein ‚säkulares‘ Viererschema? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Alexander der Große: ‚König von Asien‘ – ‚König der Welt‘? . . . . . . . . . 3.2 Die Seleukiden und das ‚Königtum über Asien‘ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Vier Reiche: Eine zweite Zwischenbilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

389 391 400 400 414 440 440 472 524

Teil III (Ausblick) Das Imperium Romanum – das letzte Weltreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Forschungsstand und Quellenlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das griechisch-römische Fünferschema . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Orbis terrarum und orbis Romanus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Die Sukzession von Reichen und Aemilius Sura . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

531 533 538 538 546

Zusammenfassung und Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 565 Summary . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 584 Abkürzungen und Siglen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 601 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 608 Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 608 Schriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 622 Indices Personen-, Götter- und Gruppennamen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Toponyme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Einleitung Am 29.  Mai des Jahres 1453 eroberten die Truppen des osmanischen Sultans Mehmet II. (1441–1446; 1451–1481) Konstantinopel, die Residenz des einstmals mächtigen Byzantinischen Reiches.1 Der Fall der Metropole am Bosporus galt zeitgenössischen Autoren als ein Ereignis von epochaler Tragweite, das zu mannigfaltigen historischen Reflexionen anregte und häufig auf der Folie apokalyptischer Szenarien gedeutet wurde.2 Indes, Kritobulos von Imbros, der sein Werk Mehmet II. widmete, wählte einen ‚alternativen Ansatz‘.3 Im Proömium seiner ξυγγραφὴ ἱστορίων4 interpretiert der Verfasser den Sieg der Osmanen im Sinne einer translatio imperii: τίς γὰρ οὐκ οἶδεν, ὡς, ἐξότου γεγόνασιν ἄνϑρωποι, τὰ τῆς βασιλείας καὶ τῆς ἀρχῆς οὐδ᾽ ὅλως ἔμεινεν ἐτὶ τῶν αὐτῶν οὐδ᾽ ἑνὶ γένει τε καὶ ἔϑνει περιεκλείσϑη, ἀλλ᾽ ὥστερ πλανώμενά τε καὶ ἐξ ἐϑνῶν ἔϑνη καὶ τόπους ἐκ τόπων ἀμείβοντα πανταχοῦ μεταβέβηκέ τε καὶ περιέστη, νῦν μὲν ἐς Ἀσσυρίους καὶ Μήδους καὶ Πέρσας, νῦν μὲν ἐς Ἕλληνας καὶ Ῥωμαίους κατὰ καιρούς τε καὶ περιόνδους ἐνιαυτῶν ἐπιχωριάσαντά τε καὶ οὐδέποτε ἐπὶ τῶν αὐτῶν βεβηκότα. Denn wer wüßte nicht, daß, seit es Menschen gibt, Herrschaft und Macht niemals bei denselben Menschen geblieben sind und sich nicht von einem einzigen Volksstamm haben festhalten lassen, sondern daß sie wie ewige Vagabunden von Volk zu Volk und von Ort zu Ort zogen und überallhin wechselten und sich veränderten, indem sie bald den Assyrern, den Medern und den Persern, bald wieder den Griechen und Römern für eine bestimmte Zeit und Abfolge von Jahren einen Besuch abstatteten und niemals bei denselben verharrten.5

Bezeichnenderweise rekurriert Kritobulos, dessen Werk sich in einer für byzantinische Autoren nicht untypischen Weise an den Konventionen antiker Geschichtsschreibung 1 2 3 4 5

Cf. etwa Runciman 1965; Babinger 1978. Cf. So brachte etwa Doukas den Fall Konstantinopels mit dem baldigen Erscheinen des Antichrists in Verbindung. Cf. Reinsch, 2009, 15–17. Cf. Szill (im Druck). In Kiel entsteht eine Dissertation mit dem Arbeitstitel Konstantinopel 1453 – Eroberung oder Fall? Geschichtskonstruktionen in den Hauptwerken der spätbyzantinischen Historio­ graphie von Rike Szill. Zum Leben und Werk des Kritobulos cf. Reinsch 1986, 9–19. Kritobulos, Geschichtswerk 1, 3, 4. Deutsche Übers. Reinsch.

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Einleitung

orientiert,6 auf ein ‚paganes‘ Modell: Das Konzept einer Abfolge der ‚Weltreiche‘ Assyrien – Medien – Persien – Makedonien – Rom. Dieser Topos wurde seit dem ersten Jahrhundert v. Chr. namentlich von griechischen Verfassern wie Dionysios von Halikarnassos, Appian von Alexandria oder Ailios Aristeides (s. u.), dessen Romrede auch Kritobulos vor Augen gestanden haben mag, in meist panegyrischer Weise verwandt.7 In der Version des byzantinischen Verfassers treten freilich die ‚Griechen‘ an die Stelle der Makedonen; gleichwohl folgt die Auswahl der Imperien eindeutig antiken Vorgaben. Im Kontrast zu der Mehrheit seiner Zeitgenossen verzichtete Kritobulos bei der Deutung des Geschehens folglich auf die eschatologische Perspektive, die maßgeblich durch das alttestamentliche Buch Daniel bestimmt wurde.8 Die Präjudizierung Jesu als ‚Menschensohn‘ (filius hominis) im Neuen Testament stellt einen eindeutigen Bezug zu den Weissagungen des Propheten Daniel her, der den Anbruch der ‚Gottesherrschaft‘ unter der Ägide des ‚Menschensohnes‘ verkündet hatte.9 Die Theologen der Alten Kirche befassten sich daher frühzeitig mit dem alttestamentlichen Text, der neben den Abschiedsreden Jesu10 und der Offenbarung des Johannes höchste Autorität im Rahmen eines eschatologisch geprägten Diskurses besaß.11 Das Buch Daniel wurde mehrfach kommentiert12 und galt in Spätantike und Mittelalter als zentrales Referenzwerk für die Vorstellung einer gottgelenkten Weltgeschichte. Wiederholt verwiesen wurde in theologischen, historischen und politischen Schriften auf zwei Aussprüche des Propheten, die Gott die alleinige Entscheidungsgewalt über den Verlauf der Geschichte zuerkennen und jedwede terrestre Herrschaft auf seine Investitur zurückführen.13 Nicht zuletzt liegt die Wirkmacht des Buches in der theologischen Adaption des

6 7

8 9 10 11 12 13

Zur imitatio antiker Literatur bei byzantinischen Autoren cf. Moravcsik 1966; Hunger 1969/70. Dieser panegyrische Ansatz scheint vordergründig auch im Falle des Kritobulos vorzuliegen, dessen Dedikationsschreiben an Mehmet II. den Sultan in enkomiastischer Weise preist. Cf. etwa Kritobulos, Geschichtswerk, Dedikationsschreiben pr.: αὐτοκράτορι μεγίστῳ, βασιλεῖ βασιλέων Μεχεμέτι, εὐτυχεῖ, νικητῇ, τροπαιούχῳ, ϑριαμβευτῇ, ἀηττήτῳ, κυρίῳ γῆς καὶ ϑαλάσσης ϑεοῦ ϑελήματι Κριτόβουλος νησιώτης δοῦλος τῶν δούλων τῶν σῶν („Dich, den erhabenen Selbstherrscher Mehmet, den König der Könige, den Glücklichen, Siegreichen, Erringer der Siegeszeichen, den Triumphator, den Unbesiegbaren, den Herrn der Erde und des Meeres nach dem Willen Gottes, grüßt Kritobulos, der Inselbewohner, Dein geringer Knecht“, Deutsche Übers. Reinsch). Emrich 1975 und Szill (im Druck) zeigen jedoch, dass die Konzeption des Gesamtwerks die Ereignisse in den Fokus rückt und der osmanische Sultan als „Handlanger des Schicksals“ (Emrich 1975, 38) präsentiert wird. Zur Rezeptionsgeschichte des Buches Daniel cf. die Beiträge in Delgado/Koch/March 2003; Koch 1997; passim; 2003, passim. Zu seiner Bedeutug innerhalb der patristischen Literatur cf. Djurslev 2020, 94–126. Cf. Goez 2003, 176 mit Belegen. Cf. Mt 23–24; Mk 13–14. Cf. Goez 2003, 184: „Durch die Historisches beinhaltenden, die Geschichte aber zugleich transzendierenden und abschließenden Visionen hatte das Buch Daniel für den Glauben und das Lebensgefühl der neuen Religion einen singulären Stellenwert.“ Cf. Djurslev 2020, 97 f. Cf. Goez 2003, 182 mit Dan 2, 21: „Und er ist es, der Zeiten und Fristen wechseln lässt, er setzt Könige ab und setzt Könige ein.“ Dan 4, 14: „Diese Botschaft beruht auf dem Beschluss der Wächter,

Einleitung

13

Konzepts einer Abfolge von Weltreichen begründet, das sich indessen nicht nur durch die auf die Endzeit ausgerichtete Geschichtsschau, sondern auch durch die Identifizierung der einzelnen Imperien von dem oben genannten ‚paganen‘ Modell unterschied: Die Verkündigung Daniels von der Heraufkunft vierer Weltreiche, dem Erscheinen eines ‚Antimessias‘ und der Errichtung eines ‚ewigen Gottesreiches‘ am Ende der Tage wird im zweiten Kapitel in das Bild einer titanischen Statue gekleidet, die dem babylonischen König Nebukadnezar II. im Traum erscheint und die ohne Zutun von Menschenhand von einem herniederstürzenden Stein zerschlagen wird.14 In der Deutung des Propheten versinnbildlichen die unterschiedlichen Metalle – Gold, Silber, Bronze und mit Ton vermischtes Eisen –, aus denen sich das Standbild zusammensetzt, vier irdische Imperien, deren Regiment durch den allmächtigen Gott – symbolisiert durch den Felsen – beendet werden wird. Im siebten Kapitel erscheinen die nämlichen Reiche dem Propheten in Gestalt vierer monströser Tiere, die dem Meer entsteigen und durch ‚einen wie ein Menschensohn‘ entmachtet werden, der aus himmlischen Höhen herabsteigt.15 Während die historisch-kritische Exegese der Moderne die vier von Daniel geweissagten Königreiche überwiegend mit Babylonien, Medien, Persien und Makedonien identifiziert, etablierte sich in der christlichen Tradition – wohl in Anlehnung an Flavius Josephus – zunehmend die Gleichsetzung des vierten Reiches mit dem Imperium Romanum.16 In diesem Sinne legten bereits im zweiten und beginnenden dritten Jahrhundert Irenäus, Bischof von Lyon (130/140–200 n. Chr.), und der römische Presbyter Hippolytus (drittes Jahrhundert n. Chr.) die Weissagungen des Propheten aus.17 Infolge des Rombezugs musste die Sukzession als Abfolge der Babylonier, Perser, Makedonen und Römer18 oder aber der Babylonier, Meder/Perser, Makedonen und Römer19 neu interpretiert werden.20 Es sollte jedoch dem Kirchenvater Hieronymus (347–419 n. Chr.) vorbehalten bleiben, diese fortan nahezu allgemeingültige Deutung durchzusetzen.21 Dessen um 407  n. Chr. erschienener Danielkommentar stellte eine apologetische Stellungnahme gegen die Thesen des Neuplatonikers Porphyrius († um

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und die Entscheidung ist das Wort der Heiligen, damit die Lebenden erkennen, dass der Höchste Macht hat über die menschliche Königsherrschaft, und dass er sie gibt, wem er will, und dass er den Niedrigsten der Menschen darüber setzen kann.“ Zu den Reminiszenzen an das Buch Daniel in Neuen Testament und der frühchristlichen Literatur cf. Grabbe 2001, 239–242. Cf. Dan 2, 31–45. Cf. ibid., 7, 2–8; 7, 23b-27. Cf. Ios. ant. Iud. 10, 10, 4. mit Djurslev 2020, 109. Cf. Grabbe 2001, 237 f., der (ibid., 242) herausstellt, dass die Aktualität des Buches Daniel in der späteren jüdischen Tradition, insbesondere in der Zeit nach der Niederschlagung der Aufstände von 70 und 135 n. Chr., abnahm. Cf. Iren. adv. Haer. 5, 26, 1; Hipp. in Dan. 2; 7; Antichr. 25. Cf. Oegema 2003, 84–87 (Irenäus); 87–91 (Hippolytus); Djurslev 2020, 108 (Hippolytus). Cf. Hipp. in Dan. 2, 12; Antichr. 24. Cf. Hier. in Dan. 2, 31–35. Cf. Vittinhoff 1964, 552. Cf. Goez 1958, 17–28; 2003, 185; Koch 1997, 66–68; Oegema 2003, 95–97; Vittinhoff 1964, 553.

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Einleitung

304 n. Chr.) dar, der die Authentizität der Prophezeiungen Daniels bezweifelt und die Abfassung des Buches zur Zeit des Makkabäeraufstandes (Mitte des zweiten Jahrhunderts v. Chr.) postuliert hatte.22 Hieronymus wandte sich folglich dezidiert gegen die hieraus resultierende Annahme, dass mit dem letzten der vier regna das Alexanderreich respektive dessen Nachfolger gemeint seien: C a p u t , inquit, a u r e u m t u e s , r e x , per quod ostenditur regnum primum, Babylonium, auro pretiosissimo comparatum. E t p o s t t e c o n s u r g e t r e g n u m , m i n u s t e , Medorum videlicet atque Persarum, q u o d a r g e n t i h a b e t s i m i l i t u d i n e m , minus priore et non mai­ us sequente. E t r e g n u m t e r t i u m a l i u d , * a e n e u m , q u o d i m p e ra b i t u n i v e r s a e t e r ra e , Alexandrum significat et regnum Macedonum successorumque Alexandri: quod recte aeneum dicitur – inter omnia enim metalla aes vocalius est et retinnit clarius, et sonitus eius longe lateque diffunditur –, ut non solum famam et potentiam regni, sed et eloquentiam graeci sermonis ostenderet. R e g n u m a u t e m q u a r t u m , quod perspicue pertinet ad Romanos, f e r r e u m e s t , q u o d c o m m i n u i t e t d o m a t o m n i a . Sed pedes eius et digiti ex parte ferrei, ex parte sunt fictiles, quod hoc tempore manifestissime comprobatur: sicut enim in principio nihil Roma­ no imperio fortius et durius fuit, ita et in fine rerum nihil imbecillius, quando et in bellis civilibus et adversum diversas nationes aliarum gentium barbararum indigemus auxilio. D a s g o l d e n e Ha u p t , sagte er, b i s t d u , K ö n i g , durch das das erste Reich, das babylonische, angezeigt wird, das mit kostbarstem Gold gleichgesetzt wird. Un d n a c h d i r w i r d s i c h e i n K ö n i g r e i c h e r h e b e n , g e r i n g e r a l s d u , nämlich dasjenige der Meder und Perser, d a s d e m S i l b e r g l e i c h t , geringer als das vorherige und nicht größer als das folgende. Un d d a s a n d e r e , d r i t t e R e i c h , d a s j e n i g e v o n E i s e n , d a s d i e g e s a m t e E r d e b e h e r r s c h e n w i r d , sagt Alexander voraus und das Königreich der Makedonen und der Nachfolger Alexanders: Dieses wird richtigerweise als ehern bezeichnet – unter allen Metallen nämlich ist Bronze am klangvollsten und klingt am hellsten wider, und sein Ton erschallt weit und breit – sodass es nicht nur den Ruhm und die Macht des Königreiches, sondern auch die Beredsamkeit der griechischen Sprache vor Augen führt. D a s v i e r t e R e i c h a b e r, das sich deutlich auf die Römer bezieht, i s t v o n E i s e n , d a s a l l e s z e r t r ü m m e r t u n d b e z w i n g t . Doch seine Füße und Finger sind teils aus Eisen, teils aus Ton, was sich zu dieser Zeit sehr augenscheinlich als richtig erweist: Wie nämlich zu Beginn nichts stärker und härter war als das Imperium Romanum, so ist auch am Ende der Geschichte nichts schwächer, da wir ja in Bürgerkriegen und [in Kriegen] gegen feindliche Nationen der Unterstützung anderer Völker barbarischer Herkunft bedürfen.23 22

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Cf. Hier. in Dan. Prol.: Contra prophetam Danielem duodecimum librum scribit Porphyrius, nolens eum ab ipso cuius inscriptus est nomine esse compositum sed a quodam qui temporibus Antiochi, qui appellatus est Epiphanes, fuerit in Iudaea, et non tam Danielem ventura dixisse quam illum narasse praeterita; denique quidquid usque ad Antiochum dixerit, veram historiam continere, siquid autem ultra opinatus sit, quae futura nescierit esse mentitum. Cf. Djurslev 2020, 97; 107 f. Hier. in Dan. 2, 31–35. Eigene Übersetzung. Die Lemmata (im Original kursiv) wurden durch die Verfasserin gesperrt. Zur Daniel-Rezeption durch Hieronymus cf. Djurslev 2019, 36–40.

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War die eschatologische Wende für Hieronymus zunächst – nicht zuletzt unter dem Eindruck der Völkerwanderung – offenbar „höchst aktuell“24 und das Ende der Welt nahe, so revidierte er diese Annahme, nachdem die Eroberung Roms durch die Westgoten (410 n. Chr.) keine entsprechenden Folgen gezeitigt hatte.25 Die von Hieronymus fest etablierte Doxa, die das Imperium Romanum zum letzten der vier irdischen Reiche vor dem Anbruch der Gottesherrschaft erhob, hatten wohl bereits Irenäus von Lyon und Hippolytus von Rom (s. o.) mit dem Diktum des Apostels Paulus im Zweiten Thessalonicherbrief in Verbindung gebracht, dem zufolge eine ‚aufhaltende Macht‘ (das Katechon) das Erscheinen des Antichrists noch hinauszögere.26 In dieser Deutung war folglich „[d]ie politische Weltordnung Roms […] die letzte der Geschichte und hatte bis zum Auftreten des Antichrists Bestand.“27 Obschon vor allem die ersten drei Elemente der Sukzession in der Folgezeit leicht variieren konnten28 und die christlichen Exegeten des Ostens sogar vielfach an der Abfolge Babylonien – Medien – Persien – Makedonien festhielten,29 avancierte das Konzept einer Abfolge der Weltreiche Babylonien – Medien/Persien – Makedonien – Rom seit Hieronymus zum entscheidenden Gliederungsprinzip der Geschichte. In Anlehnung an den Zweiten Thessalonicherbrief wurde schließlich das Imperium Romanum als diejenige Größe betrachtet, die den Fortbestand der Welt gewährleistete und den Anbruch der Apokalypse verhindere. Die Furcht vor diesem Kataklysmus wurde in politisch ungewissen Zeiten stets aufs Neue akut.30 So beschwor etwa der Mönch Sigebert von Gembloux angesichts des Konflikts zwischen regnum und sacerdotium im Zuge des Investiturstreits die Weissagungen Daniels über die Schwäche des vierten Reiches herauf, das er mit dem Impe-

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Oegema 2003, 96. Cf. ibid. Cf. Vittinghoff 1964, 554 mit 2 Thess 2, 6 f.: „Jetzt wisst ihr auch, was ihn [scil. den Antichrist] noch aufhält, so dass er erst zu der für ihn bestimmten Zeit offenbar wird.“ Vittinghoff 1964, 554. Cf. Goez 2003, 186; 189; Djurslev 2020, 109 f. So konnten an die Stelle der Babylonier auch die Assyrer treten und die Meder entfallen bzw. (wie bei Hieronymus) mit dem Perserreich verschmelzen. Cf. Suda s. v. Assyrioi sowie Aug. civ. 20, 23: Quattuor illa regna exposuerunt quidam Assyriorum, Persarum, Macedonum et Romanorum. Quam vero convenienter id fecerint, qui nosse desiderant, legant presbyteri Hieronymi librum in Danielem satis erudite diligenterque conscriptum. Augustinus selbst etablierte die Lehre von den ‚sechs Weltaltern‘. Cf. Vittinghoff 1964, 557; 563; von den Brincken 1957, 92 f. Der ihm verbundene Paulus Orosius wiederum griff die Sukzession zwar auf (Oros. 2, 1, 4–6; 7, 2), bot jedoch eine Variation der Assyrer, Karthager, Makedonen und Römer, die er jeweils in den vier Himmelsrichtungen (Osten: Assyrer – Süden: Karthager – Norden: Makedonen – Westen: Römer) verortete. Cf. Vittinghoff 1964, 556; Alonso-Núñez 1993, hier v. a. 199–201; Djurslev 2019, 43 f. Cf. Djurslev 2020, 112 f. Cf. auch Djurslev 2019, hier v. a. 45–48. Zur politischen Apokalyptik unter Juden und Christen des Nahen Ostens cf. Greisiger 2014, passim. Zur Interdependenz christlicher und mazdaistischer Vorstellungen vom ‚Ende der Welt‘ in der Spätantike cf. Panaino 2020. Cf. Goez 2003, 191 f. zum Folgenden.

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rium Romanum identifizierte.31 Dabei rückte in literarischen Reflexionen auch zunehmend die ‚Bollwerkfunktion‘, die dem Römischen Reich im Hinblick auf das künftige Weltgericht zukomme, in den Fokus.32 Nach dem Tode des letzten staufischen Kaisers Friedrich II. (1196–1250) bemerkte der Domherr Jordanus von Osnabrück in einem Traktat: Item dominus non solum honoravit, sed honrorat Romanum imperium in hoc, quod Romano imperio stante et durante non veniet homo peccati, filius perditionis, antichristus. Weiter aber: der Herr hat nicht nur dereinst das Römische Reich geehrt, sondern ehrt es noch immer insofern als, solange das Römische Reich steht und währt, der Mensch der Sünde, der Sohn der Verdammnis, der Antichrist nicht kommen wird.33

Aus der Vorstellung, dass die Existenz des Imperium Romanum den Fortbestand der Welt garantiere, bezogen schließlich sowohl die römischen und byzantinischen Kaiser des Mittelalters als auch das russische Zarenreich als das ‚dritte Rom‘ einen Großteil ihrer Legitimation.34 Während in Byzanz die Vorstellung von Konstantinopel als der Roma altera dazu führte, dass das Bestehen des Byzantinischen Reiches als existentiell angesehen werden musste,35 war das Weströmische Reich der Caesaren bereits im fünften Jahrhundert n. Chr. untergegangen. Gelehrte des Mittelalters schufen daher das Konzept der translatio imperii, das (nicht zuletzt unter Rekurs auf die antike Historiographie und die in ihr enthaltene Wendung regnum transferre) das Fortdauern des einen Imperiums unter mehrfachem Wechsel der Herrschaftsträger postulierte.36 Demnach habe sich die translatio zunächst von den römischen auf die byzantinischen Kaiser und sonach, im Jahre 800, auf die Franken und schließlich auf die Deutschen vollzogen.37 Die Translationslehre wurde namentlich in Staufischer Zeit virulent und von Papst Innozenz III. zur ‚kurialen Translationstheorie‘ umgeformt, der zufolge die Übertragung der Herrschaft von den Griechen auf die Deutschen allein durch den

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Cf. Sigebert von Gembloux, Chronographia, ed. Bethmann 1844 (MGH SS 6), 300. Cf. ähnlich die Sächsische Weltchronik, Kap. 14, ed. Weiland 1877 (MGH Deutsche Chroniken 2), 78. Zu beiden Textstellen cf. Goez 2003, 191. Cf. Goez 2003, 191 unter Verweis auf Alexander von Roes, Notitia Saeculi, Kap. 8, 26–29, ed. Grundmann/Heimpel 1949 (MGH, Deutsches Mittelalter 4), 26 f.: Magnus honor est Romano imperio, quod dominus in hoc pre ceteris ipsum privilegiare dignatus est, quod non veniet antichristus, Christi et membrorum eius adversarius, nisi prius Romanum imperium penitus sit ablatum. Ibid., Kap. 8, 10–14 (Text und Übersetzung: 26 f.). Der Traktat wurde 1281 durch den Kölner Kanoniker Alexander von Roes in ein Memoriale für Kardinal Jakob Colonna integriert. Cf. Goez 1958, 78; 2003, 191. Cf. Koch 1997, passim. Zum Zarenreich als dem ‚dritten Rom‘ cf. ibid., 97–100. Cf. Schiel 2010, 14. Cf. Goez 1958, passim. Cf. ibid., 62–237; Koch 1997, 79–100.

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Apostolischen Stuhl ermöglicht worden war.38 Dem am Hofe Friedrichs I. ‚Barbarossa‘ (1152–1190) wirkenden Bischof Otto von Freising, der desgleichen mit dem Konzept der translatio imperii operierte,39 galt die Dynastie der Staufer zwar als Garant für den Fortbestand des Imperium Romanum und der Welt; zugleich jedoch offenbaren die zahlreichen Bezüge zum Buch Daniel in seiner Weltchronik, dass Otto das Weltende nahe wähnte, und einmal ahnte er sogar, dass der Stein, der dem Propheten zufolge das vierte Reich zerstören werde, nicht Gott, sondern vielmehr das Papsttum und die Kirche versinnbildliche.40 Obschon das wirkmächtige Deutungsmuster der Sukzession von Weltreichen und der mit ihr verknüpften translatio imperii im Zuge der Aufklärung zunehmend angefochten wurde,41 bildet die darin entfaltete „apokalyptische Matrix“42 bis in die Gegenwart hinein einen interpretatorischen ‚Code‘, der namentlich in fundamentalistischen Kreisen rezipiert wird.43 So entfesselten nicht nur die Terroranschläge vom 11. September 2001 apokalyptische Spekulationen;44 auch der irakische Diktator Saddam Hussein, der sich selbst mit dem babylonischen König Nebukadnezar II. (604– 562 v. Chr.) identifizierte, wurde im Zuge beider Irak-Kriege (1991; 2003) gerade seitens der ‚christlichen Rechten‘ in den USA mit dem Antichrist und den kommenden Armageddon-Kriegen in Verbindung gebracht.45 Amerikanische Doomsday-Autoren erkennen gar in der Europäischen Union als Nachfolgerin des römischen Imperiums das von Daniel verheißene vierte Reich, das am Ende der Tage vernichtet werden wird.46

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Cf. Goez 1958, 157–188. Cf. Goetz 1984, 139–161; Goez 1958, 111–120; 2003, 192. Otto zufolge hatte sich innerhalb des vierten der principalia regna oder regna mundi bereits zwei- respektive dreimal eine translatio vollzogen – zunächst von den Römern auf die Griechen, sodann, im Jahre 800, von den Griechen auf die Franken und Langobarden und schließlich 964 mit der Kaiserkrönung Ottos I. auf die Deutschen. Cf. Otto von Freising, Chronica 4, 5: Ex hoc regnum Romanorum ad Grecos translatum invenitur mansitque propter antiquam Urbis dignitatem solo nomine ibi, re hic, sicut et Babylonorum. Ibid., 6, 22: Exhinc regnum Romanorum post Francos et Langobardos ad Teutones vel, ut aliis videtur, rursum ad Francos, unde quodammodo elapsum fuerat, retranslatum est. Cf. Goez 2003, 192 mit Otto von Freising, Chronica 6, 36: Quid enim aliud, sine melioris sententiae preiudicio, lapidem sine manibus excisum quam ecclesiam, capitis sui corpus sine carnali commixtione ex spiritu sancto conceptum et virgine natum ipsam quoque sine humana operatione et ex spiritu et aqua regeneratam dixerim? […] Haec nimirum regnum circa finem suum, quem pedes significant, ferreum propter Martem, fictile propter conditionem, in ea parte, quae infirmior fuit, percussit, dum regem Urbis non tanquam orbis dominum vereri, sed tanquam de limo per humanam conditionem factum fictilem gladio anathematis ferire decrevit. Ipsa vero, quae antea parva fuit et humilis, in quantum montem ex­ creverit, ab omnibus iam videri postest. Cf. Koch 1997, 126–146. Trimondi/Trimondi 2006, 11. Cf. Ibid., 9–13. Cf. ibid., passim sowie die Beiträge in Schipper/Plasger 2007. Cf. Trimondi/Trimondi 2006, 87–97. Cf. ibid., 98–118. Cf. ibid., 106.

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Während dem jüdisch-christlichen Modell einer Sukzession von Weltreichen  – nicht zuletzt infolge seiner eschatologischen Prägung – mithin eine Jahrtausende währende Wirkungsgeschichte beschieden war, wurde die ‚pagane‘ Variante des Schemas über die Antike hinaus kaum weiter tradiert. Es ist daher nicht auszuschließen, dass der oben erwähnte Byzantiner Kritobulos von Imbros sich durch seine Variation des Konzepts bewusst von den zu seiner Zeit geläufigen Deutungsmustern zum Fall Konstantinopels absetzte. Indes, zu Lebzeiten des Kirchenvaters Hieronymus, der maßgeblich auf die Etablierung der christlichen Vier-Monarchien-Lehre einwirkte, hatte auch die ‚säkulare‘ Variante der fünf Reiche eine (letzte) ‚Renaissance‘ erlebt. Die Geschichte des Imperium Romanum war gerade während der Völkerwanderungszeit Gegenstand (literarischer) Reflexionen, sowohl seitens der Christen als auch der Nichtchristen.47 Während die Reaktionen auf die politischen und militärischen Umbrüche der Zeit auf beiden Seiten ähnlich ausfielen, formulierten Christen und ‚Heiden‘ grundverschiedene Prognosen bezüglich der Zukunft Roms.48 Im weströmischen Senat vertraten Männer um den Konsul (391 n. Chr.) und Stadtpräfekten (384 n. Chr.) Quintus Aurelius Symmachus (340–420 n. Chr.) die Ideale des ‚heidnischen‘ Roms und pflegten ein Traditionsbewusstsein, das christliche Theologen herausforderte. In diesen Kreisen wurde vermutlich auch das Konzept der Roma aeterna entwickelt, dem zufolge „die weltgeschichtliche Aufgabe Roms […] kein Ende [hatte], weil Rom ewig, das Imperium die zeitlose Endstufe der Geschichte waren.“49 Dabei avancierte das Imperium sine fine des Dichters Vergil50 gleichsam zum „politische[n] Credo“51 des Symmachus-Kreises. Der Topos der Roma aeterna wurde – entgegen der politischen Realität – namentlich angesichts krisenhafter Ereignisse reanimiert und durch zahlreiche „Standardbeispiele“52 gerechtfertigt, die aufzeigen sollten, dass Rom im Verlauf seiner Geschichte bereits mehrfach existentieller Bedrohungen Herr geworden war. Hieraus erwuchs die Hoffnung, ja der feste Glaube an die ‚Ewigkeit‘ des Imperium Romanum, das im Unterschied zu allen vergangenen Reichen gegen einen möglichen Untergang gefeit sei und sogar gestärkt aus den Krisen hervorgehen werde.53 Entsprechend überhöhte um 400  n. Chr. Gaius Claudius Claudianus, tribunus et notarius im kaiserlichen consistorium und Adept des Magister militum Stilicho (395– 408 n. Chr.), die Stadt Rom in einem Gedicht. Der Text, der an das Genre des Städte47 48 49 50 51 52 53

Cf. Vittinghoff 1964, passim; Goez 1958, 37–62. Cf. Inglebert 1995, 18. Vittinghoff 1964, 547. Die Wurzeln dieser Vorstellung reichen jedoch eindeutig weiter zurück. Cf. etwa Cic. rep. 3, 34: nullus interitus est rei publicae ut hominis. Cf. Verg. Aen. 6, 851. Vittinghoff 1964, 446. Ibid., 549. Cf. ibid., 549 f. Cf. etwa Amm. 31, 5, 14: verum mox post calamitosa dispendia res in integrum sunt restitutae. Rut. Nam. 1, 140: ordo renascendi est crescere posse malis.

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Enkomions und der laudes Romae anknüpft,54 verbindet das Konzept der Roma aeterna in einer „panegyrische[n] Häufung von Topos-Material“55 mit der Sukzession der Reiche Assyrien – Medien – Persien – Makedonien – Rom.56 In diesem Sinne wurde das Schema einer Abfolge von Reichen 417 n. Chr. auch von Rutilius Claudius Namatianus in seinem poetischen Reisebericht de reditu suo vereinnahmt: Te, dea, te celebrat Romanus ubique recessus / pacificoque gerit libera colla iugo. / omnia per­ petuos quae servant sidera motus / nullum viderunt pulchrius imperium / quid simile Assyriis conectere contigit armis? / Medi finitimos condomuere suos; / magni Parthorum [scilic. Persa­ rum, M. O.] reges Macetumque tyranni / mutua per varias iura dedere vices. / nec tibi nascenti plures animaeque manusque, / sed plus consilii iudiciique fuit. / iustis bellorum causis nec pace superba / nobilis ad summas gloria venit opes. / quod regnas minus est quam quod regnare mereris; / excedis factis grandia facta tuis. Dich, Göttin Roma, feiert man in jedem Erdenwinkel – jeder ist römisch – und trägt unter deinem friedenbringenden Joch frei sein Haupt. Alle Sterne, die ihre ewigen Bahnen ziehen, haben kein herrlicheres Reich je gesehen. Glückte es etwa den Assyrern, Vergleichbares mit Waffengewalt zusammenzufügen? Die Meder unterwarfen nur ihre Grenznachbarn; die Großkönige der Perser und die Herrscher57 der Makedonen lösten einander in bunter Folge an der Macht ab. Und auch du hattest in deinen Anfängen nicht mehr Seelen und nicht mehr Hände, wohl aber mehr Einsicht und Urteilskraft. Durch gerechte Kriege und maßvolle Friedensschlüsse erstiegst du edel und ruhmvoll den Gipfel der Macht; daß du als Königin herrschest, wiegt geringer, als daß du so zu herrschen verdienst: du übertriffst die großen Taten der anderen durch deine eigenen.58

Rutilius Namatianus beschwor die Größe Roms bezeichnenderweise zu einem Zeitpunkt herauf, als die Macht des Imperiums infolge zahlreicher feindlicher Invasionen geschwächt und nachdem sogar die Stadt Rom selbst den Plünderungen der Westgoten unter ihrem Heerführer Alarich anheimgefallen war (410 n. Chr.). Verhießen ihre christlichen Zeitgenossen das Ende des Weltreiches, das mit dem Jüngsten Tag und mithin mit dem Untergang der Welt schlechthin assoziiert wurde (s. o.), hingen die Vertreter der ‚heidnischen‘ Tradition dem Dogma von der ‚Ewigkeit der Welt‘ und der Roma aeterna an.59 Für sie war das eschatologische Konzept einer ‚endlichen Zeit‘ 54 55 56 57 58 59

Cf. Keudel 1979, 127 f. Ibid., 128. Claud. Stil. 3, 159–166: nec terminus umquam / Romanae dicionis erit. nam cetera regna / luxuriis vitiis odiisque Superbia vertit:[…] sic Medus ademit / Assyrio Medoque tulit moderamina Perses; / subiecit Persen Macedo, cessurus et ipse / Romanis. Doblhofer 1972, 95, dem Text und Übersetzung von dieser Abweichung abgesehen folgen, übersetzt: „Kleinkönige“. Rut. Nam. 1, 79–92. Deutsche Übers. Doblhofer. Cf. Vittinghoff 1964, 538; Inglebert 1995, 18.

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schlichtweg unvorstellbar.60 Dabei mag der Roma­aeterna­Gedanke, dessen Wurzeln freilich älter sind (s. u.), als bewusster Gegenentwurf, ja als ‚apologetische‘ Reaktion auf die ‚Untergangsszenarien‘ christlicher Theologen formuliert worden sein, die allein Gott das Attribut ‚ewig‘ zuerkannten.61 In diesem Sinne wurde auch das Konzept einer Sukzession von Reichen in der christlichen Literatur einer signifikant anderen Deutung unterzogen, als dies in der ‚heidnischen‘ griechisch-römischen Literatur der Fall war.62 Claudian und Rutilius Namatianus rekurrierten folglich bewusst auf das universalhistorische Gliederungsschema einer Abfolge der Imperien Assyrien – Medien  – Persien  – Makedonien  – Rom, das in der griechischen und lateinischen Historiographie seit dem ausgehenden ersten Jahrhundert v. Chr. zum Gemeinplatz geworden war:63 In den vornehmlich an die griechische Öffentlichkeit adressierten Römischen Alter­ tümern (Ῥωμαïκή ἀρχαιολογία) postulierte Dionysios aus Halikarnassos um 8 v. Chr. die hellenische Abkunft der Römer.64 Augenscheinlich war es dem Verfasser darum zu tun, „die Griechen mit dem Verlust der Unabhängigkeit durch die Herrschaft Roms auszusöhnen und insoweit Roms Position gegenüber den Griechen ideell abzusichern.“65 Folgerichtig wird die Eroberung der oikumene durch die Römer im Proömium als ‚Erfolgsgeschichte‘ deklariert und die Einzigartigkeit des Imperium Romanum gegenüber früheren ‚Weltreichen‘ und Hegemonialmächten hervorgehoben:66 Die Herrschaft der Assyrer (ἡ μὲν γὰρ Ἀσσυρίων ἀρχή) habe sich nur über einen kleinen Teil Asiens (ὀλίγου τινὸς τῆς Ἀσίας μέρους) erstreckt, das Reich der Meder gewann größeren Einfluss (μείζονα δυναστείαν περιβαλομένη), hatte jedoch nicht lange Bestand und wurde bereits in der vierten Generation vernichtet (χρόνον οὐ πολὺν κατέσχεν, ἀλλ’ ἐπὶ τῆς τετάρτης κατελύϑη γενεᾶς). Die Perser errangen die Herrschaft über fast ganz Asien (τῆς μὲν Ἀσίας ὀλίγου δεῖν πάσης τελευτῶτες ἐκράτησαν), nicht aber über Europa. Das Reich der Makedonen schließlich übertraf seine Vorgänger an territorialer Ausdehnung bei Weitem (μεγέϑει μὲν ἀρχῆς ἁπάσας ὑπερεβάλετο τὰς πρὸ αὐτῆς), war jedoch bereits nach dem Tode Alexanders durch innere Zwistigkeiten geschwächt und wurde schlussendlich von den Römern zerstört (ὑπὸ Ῥωμαίων ἠφανίσϑη).67 Dasselbe Schicksal ereilte die griechischen Hegemonialmächte der Athener, Spartaner und Thebaner.68 60 61 62 63 64 65 66 67 68

Cf. Vittingoff 1964, 541: „Kein römischer Historiker hat irgend einmal mit einem Abbruch der bisherigen Geschichte, die für ihn die einmalige, einzige Geschichte der Menschheit war, gerechnet und aus ihm Folgerungen für die Ablaufsform der Geschichte gezogen.“ Cf. ibid., 550. Cf. ibid., 541. Cf. die Liste bei Gazzano 2018, 62 f. Dion. Hal. ant. 1, 1, 1–8, hier v. a. 1, 5. Mehl 2001, 102. Cf. Alonso-Núñez 1983, 417. Cf. Dion. Hal. ant. 1, 2. Cf. Dion. Hal. 1, 3. Durch diesen Zusatz wird die eigentliche Sukzession der Assyrer, Meder, Perser, Makedonen und Römer freilich ‚verwässert‘.

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Das Imperium Romanum, so Dionysios, reiche sowohl an territorialer Ausdehnung (κατὰ τὸ μέγεϑος τῆς αρχῆς) als auch im Hinblick auf die Dauer ihrer Herrschaft (κατὰ τὸ μῆκος τοῦ περιειληφότος αὐτὴν χρόνου) über alle früheren Herrschaftsformen hinaus.69 Obschon die ‚Ewigkeit Roms‘ bei Dionysios nicht explizit angesprochen wird, scheint der bei spätantiken Autoren wie Claudian oder Rutilius Namatianus (s. o.) mit dem Weltreiche-Schema verbundene Roma­aeterna­Gedanke bei ihm bereits angelegt zu sein. Die Sukzession besitzt folglich „einen positiven Sinn für Rom, das die Vollendung der Abfolge bedeutet.“70 Die Herrschaft des populus Romanus, dem auch der Dichter Vergil (70–19 v. Chr.) ein imperium sine fine verhieß (s. o.), wird – im Unterschied zu allen bisherigen Reichen – nicht vergehen.71 In ganz ähnlicher Weise tritt die Reiche-Sequenz bei Appian von Alexandria (ca. 90/95–165 n. Chr.) zutage. Zwar erscheint das Imperium Romanum in der Darstellung des Alexandriners keineswegs als eine grenzenlose Entität;72 gleichwohl rückt Appian – wie vor ihm Dionys – im Proömium seiner Historia Romana die bislang unerreichte Größe und Dauer Roms im Vergleich zu den früheren ‚Universalmächten‘ in den Fokus: Ἀσσυρίων τε αὖ καὶ Μήδων καὶ Περσῶν, τριῶν τῶνδε μεγίστων ἡγεμονιῶν ἐς Ἀλέξανδρον τὸν Φιλίππου, συντιϑεμένων οὔτ’ ἂν ὁ χρόνος ἐφίκοιτο τῶν ἐνακοσίων ἐτῶν, ὅσα ἐστὶ Ῥωμαίοις ἐς τὸν παρόντα χρόνον, τὸ τε μέγεϑος τῆς ἀρχῆς τῆς ἐκείνων οὐδὲ ἐς ἥμισυ νομίζω τῆσδε τῆς ἡγεμονίας ἀπαντᾶν, τεκμαιρόμενος ὅτι Ῥωμαίοις ἀπὸ τε δύσεων καὶ τοῦ πρὸς ἑσπέραν ὠκεανοῦ ἐπὶ τὸ Καύκασον ὄρος καὶ ποταμὸν Εὐφράτην καὶ ἐς Αἰϑιόπας τοὺς ἄνω δι’ Αἰγύπτου καὶ Ἀράβων ἐπὶ τὸν ἑῷον ὠκεανὸν ἡ ἀρχὴ διεξέρχεται, καὶ ὅρος ἐστὶν αὐτοῖς ὁ ὠκεανὸς ἀρχομένου τε καὶ δυομέου τοῦ ϑεοῦ, ϑαλάσσης τε πάσης ἡγεμονεύουσι τῆς ἐντὸς καὶ νήσων ἁπασῶν καὶ ἐν τῷ ὠκεανῷ Βρεττανῶν. Μήδοις δὲ καὶ Πέρσαις ἥ τε πλείστη ϑάλασσα ὁ Παμφύλιος κόλπος ἦν καὶ μία νῆσος ἡ Κύπρος ἤ τί που ἄλλο σμικρὸν τῆς Ἰωνίας ἐν ϑαλάσσῃ· τοῦ τε Περσικοῦ κόλπου (καὶ γὰρ τοῦδε ἐκράτουν) πόσον τι καὶ τὸ τούτου πέλαγός ἐστιν; Die Dauer der drei größten Reiche vor dem Philippsohn Alexander, des assyrischen, medischen und persischen, währte hinwiederum, wenn man sie zusammenrechnet, nicht 900  Jahre, also einen Zeitraum, den das Römerreich schon erreicht hat, und was die Ausdehnung des Reiches betrifft, so war das ihre meiner Ansicht nach nicht einmal 69 70 71

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Cf. ibid., 1, 2, 1. Die Periodisierung der orientalischen Weltreiche beruht bei Dionysios auf zwei Traditionen (Herodot und Ktesias). Allerdings überträgt er den von Ktesias auf die Assyrer angewandten Topos von der längsten Dauer auf Rom. Cf. Alonso-Núñez 1983, 416. Alonso-Núñez 1983, 415. Cf. ibid., 417: „Er [scil. Dionysios] hat Rom in die Abfolge der Weltreiche eingeordnet: Für ihn ist Rom nicht eines von vielen in der Reihe der Reiche, die eines Tages von einem anderen gestürzt worden sind, sondern das letzte und zugleich das größte aller bisherigen Reiche. Man kann daher in den Ideen des Dionysios keinerlei Hinweise auf einen möglichen Verfall des römischen Weltreiches feststellen, da zur Zeit des Augustus Rom auf dem Höhepunkt seiner Macht stand und das Weltreich als vollendet galt.“ Cf. Traina 2018, der betont, dass Appians Beschreibung nicht über die tatsächlichen Grenzen des Imperium Romanum hinausreicht.

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halb so groß wie diese Herrschaft, die sich – so schätze ich – vom Sonnenuntergang und westlichen Ozean bis zum Kaukasus und Euphrat sowie durch Ägypten hinauf zu den Aithiopiern und durch Arabien bis zum östlichen Ozean erstreckt. So ist der Römer Grenze der Ozean, sowohl wo der Sonnengott emporsteigt als auch wo er untersinkt. Dabei beherrschen sie noch das ganze Mittelmeer mit seinen sämtlichen Inseln und außerdem Britannien, das im Ozean liegt. Hingegen beschränkte sich selbst zur Zeit ihrer größten Seeherrschaft die der Meder und Perser auf den Golf von Pamphylien und die einzige Insel Zypern oder vielleicht noch einige andere kleine Eilande im Mittelmeer, die zu Ionien zählen. Auch der Persische Golf unterstand ihnen, doch wie viel ist davon offene See?73

Ein jüngerer Zeitgenosse Appians, der mysische Rhetor Ailios Aristeides (117–177/ 187  n. Chr.) wiederum widmete der Stadt Rom mit seiner um 155  n. Chr. verfassten Romrede ein Enkomion, das die Herrschaftspraxis des Imperium Romanum pries:74 Die Römer, gleichsam „Herrscher von Natur aus“ (ἄρχοντες […] κατὰ φύσιν),75 verfolgten das Ziel der Universalherrschaft pragmatisch und fanden „eine Staatsform, wie sie noch niemand zuvor besaß“ (καὶ πολιτείαν γε εὕρετε ἣν οὔπω πρόσϑεν οὐδείς).76 Die bemerkenswerte Stabilität des Imperium Romanum stellt Aristeides vermittels historischer Vergleiche heraus: οἱ μὲν γὰρ ἄλλοι οἱ πρὸ ὑμῶν δυναστεύσαντες δεσπόται καὶ δοῦλοι ἀλλήλων ἐν τῷ μέρει γιγνόμενοι καὶ νόϑοι τῆς ἀρχῆς ὄντες οὕτω διεξῆλϑον, ὥσπερ ἐν σφαίρᾳ τὴν τάξιν μεταλαμβάνοντες, καὶ ἐδούλευσαν Μακεδόνες Πέρσαις, Πέρσαι Μήδοις, Μῆδοι Σύροις∙ ὑμᾶς δὲ ἐκ τοσούτου πάντες ἴσασιν, ἐξ οὕτου περ ἴσασιν, ἄρχοντας. Die anderen, welche vor euch regierten, waren untereinander abwechselnd Herren und Sklaven und illegitime Erben ihrer Herrschaft. Daher folgten sie einander, indem sie ihre Plätze wechselten wie bei einem Ballspiel. Die Makedonen waren den Persern, die Perser den Medern, die Meder den Assyrern untertan. Euch aber kennen alle von der Zeit an, wo sie euch kennen, als Herrscher.77

Dass die comparatio/sýnkrisis eines zeitgenössischen Imperiums mit früheren Machtstrukturen einen naheliegenden Bewertungsmaßstab und eine Kategorie der historischen Würdigung darstellt, lehrt noch die jüngere Vergangenheit. Hatte Paul Kennedy in seinem 1988 publizierten Buch The Rise and Fall of the Great Powers78 noch den aus einem imperial overstretch resultierenden Niedergang der Vereinigten Staaten diagnos-

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App. praef. 9, 34–36. Deutsche Übers. Veh. Cf. Klein 1981, 129. Aristeid. Or. 26, 91. Deutsche Übers. Klein. Ibid. Ibid. Deutsche Übers. Klein. Cf. Kennedy 1988.

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tiziert, so revidierte er sein Urteil angesichts der scheinbar mühelosen Invasion Afghanistans durch die US-Armee nach den Terroranschlägen des 11. Septembers 2001 und stellte nunmehr die unübertroffenen Machtmittel der USA heraus: Nothing has ever existed like this disparity of power; nothing […] I have returned to all of the comparative defence spending and military personnel statistics over the past 500 years […] and no other nation comes close. The Pax Britannica was run on the cheap, Britain’s army was much smaller than European armies, and even the Royal Navy was equal only to the next two navies – right now all the other navies in the world combined could not dent American maritime supremacy. […] Charlemagne’s empire was merely Western European in its reach. The Roman empire stretched farther afield, but there was another great empire in Persia, and a larger one in China. There is, therefore, no comparison […].79

Im Unterschied zu Kennedy postuliert das antike Modell neben der comparatio einen Ablösungsprozess respektive eine Sukzession einander nachfolgender Weltreiche. Dieses Modell besaß geradezu topischen Charakter, rief es doch „die Suggestion einer unumkehrbaren Bewegungsrichtung [der Weltgeschichte] auf Rom hin hervor“80 und erweckte damit den Eindruck eines – wenn auch von der jüdisch-christlichen Translationslehre (s. o.) abweichenden – ‚teleologischen Prozesses‘ (s. o.). Hier wie dort steht indessen die ‚welthistorische Bedeutung‘ Roms im Fokus, dessen Einzigartigkeit Dionysios, Appian und Ailios Aristeides wie später Claudian und Rutilius Namatianus in panegyrischer Weise akzentuierten. Den genannten Ausführungen zum Sukzessionsgedanken ist gemeinsam, dass sie das politische Gewicht der Parther marginalisieren, die seit dem beginnenden zweiten Jahrhundert v. Chr. zu den Herrschern Irans und Mesopotamiens aufgestiegen waren. Die Tatsache, dass hier im Osten mit der Dynastie der Arsakiden (247/238 v. Chr.– 224 n. Chr.) ein ebenbürtiger Gegner residierte, den die Römer – von den ephemeren Vorstößen der Kaiser Trajan, Septimius Severus und Caracalla abgesehen – niemals bezwingen konnten, hat auch die offizielle Principatsideologie seit Augustus zu marginalisieren versucht.81 Pompeius Trogus (erstes Jahrhundert v. Chr.), ein römischer Historiker gallischer Herkunft, trug diesem Umstand Rechnung. Sein Geschichtswerk, vierundvierzig Bücher Historiae Philippicae, das in der Zeit des frühen Principats entstand,82 ist lediglich in Form der Epitome Justins (zweites oder drittes Jahrhundert n. Chr.) überliefert.83 Das Werk setzt sich insofern deutlich von der gewöhnlich rom79 80 81 82 83

Paul Kennedy „The Eagle Has Landed“, Financial Times, February 22, 2002. Zitiert nach Stone/ Kuznick 2013, xvi. Vittinghoff 1964, 543. Cf. Wiesehöfer 2000; 2010c. Cf. die umsichtige Diskussion von Burde 1974, 93 f. Die Epitome ist auf ein Sechstel oder sogar ein Zehntel der Vorlage verkürzt. Cf. Seel 1972, XIII. Zu Leben und Werk des Pompeius Trogus cf. Alonso-Núñez 1987; van Wickevoort-Crommelin 1993; Seel 1982.

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zentrierten römischen Geschichtsschreibung ab, als sein Augenmerk weniger Rom denn der gesamten oikumene gilt.84 Zum „Leitfaden“85 der universalhistorischen Disposition, die dem κατὰ γένος-Prinzip folgt, wird die Abfolge der ‚Weltmächte‘ (imperia orbis) über die Jahrhunderte hinweg (in tanta saeculorum serie) erhoben:86 Zu Beginn hatten die orientalischen Großreiche der Assyrer, Meder und Perser die ‚Weltherrschaft‘ inne.87 Doch erst Alexander gelang die Errichtung eines Asien und Europa inkorporierenden ‚Doppelreiches‘ (du­ plex imperium),88 sodass er befehlen konnte, von nun an „König aller Länder und der Welt“ genannt zu werden (regem se terrarum omnium ac mundi appellari iussit).89 Nach der Fragmentierung des Alexanderreiches im Zuge der Diadochenkriege blieb das im­ perium Macedonicum gleichwohl als übergeordnete Größe bestehen.90 Dessen Westteil fiel nach der Schlacht bei Kynoskephalai gegen den Antigonden Philipp V. (197 v. Chr.) an die Römer. Einer Expansion nach Osten jedoch wurde durch die Parther Einhalt geboten, „in deren Händen wie nach einer Teilung des Erdkreises (velut divisione or­ bis facta) jetzt die Herrschaft über den Osten liegt.“91 Ungeachtet der Koexistenz von Römern und Parthern operiert Trogus augenscheinlich mit der Theorie der transla­ tio imperii, der zufolge die ‚Weltherrschaft‘ gleichsam „wie eine Fackel von Hand zu Hand weitergereicht“ wird.92 Dabei wird der Begriff imperium (orbis terrarum), der in augusteischer Zeit die ‚Weltherrschaft‘, nicht jedoch eine territoriale Entität im Sinne eines ‚Weltreiches‘ bezeichnen konnte,93 „keineswegs einheitlich gebraucht und bleibt so insgesamt schillernd.“94 Entsprechend deklariert der Verfasser Rom – entgegen der zuvor postulierten divisio orbis – an anderer Stelle als „Haupt der Welt“ (caput orbis).95 Universalhistorische Prozesse gestalten sich für Trogus als eine „Durchdringung von

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Gesondert behandelt wird die römische Geschichte lediglich in Buch 43. Zum Problem der häufig postulierten ‚antirömischen‘ (auf Timagenes zurückgehende?) Tendenz des Werkes cf. Urban 1982, der (ibid. 1441) festhält, dass Trogus zwar bestrebt war, „die engen nationalen Grenzen römischer Historiographie zu überspringen und unter Verzicht auf die pragmatischen Motive der senatorischen Geschichtsschreibung die außerrömische Welt in den Vordergrund zu stellen.“ Zugleich zeige die Disposition, dass „die Geschichte dieser, genauer gesagt, ehemals außerrömischen Welt für Trogus zusammenläuft im Imperium Romanum seiner Zeit, mit dem das fünfte Weltzeitalter begonnen hat.“ Zu den möglichen Vorlagen des Pompeius Trogus cf. Richter 1987. Wiesehöfer 2003b, 77. Cf. van Wickevoort Crommelin 1993, 223; 261 f. und Wiesehöfer 2003b, 77 f.; 2013b, 66–68. Cf. Iust. 1, 1, 1–8; 3, 5 f.; 6, 17–7. Cf. ferner den Prolog zum ersten Buch. Cf. Iust. 12, 16, 5 (omen duplicis imperii, Europae Asiaeque) sowie ibid., 12, 16, 6 (omen universarum terrarum victoriam infanti portendebat). Cf. Iust. 12, 16, 9. Cf. van Wickevoort Crommelin 1993, 221 f. Cf. Wiesehöfer 2003b, 78. mit Iust. 13, 1, 8; 15, 4, 10. Iust. 41, 1, 1. Zum Partherexkurs cf. Liebmann-Frankfort 1969; van Wickevoort Crommelin 1998. Seel 1972, 550, Anm. 1. Cf. ferner van Wickevoort-Crommelin 1993, 234–239. Cf. van Wickevoort Crommelin 1993, 222. Ibid. Iust. 43, 1, 2. Cf. Wiesehöfer 2003b, 78.

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Großräumen durch den Willen der Macht.“96 Beginnend mit Ninus, dem König der Assyrer, bildet die ‚Gier nach Herrschaft‘ (cupiditas imperii) die Triebfeder der trans­ latio imperii, deren Gerüst die Sukzession der Assyrer, Meder, Perser, Makedonen und Römer bildet.97 Die Ablösungsprozesse werden dabei zugleich – und hierin folgt Trogus einer der römischen Historiographie spätestens seit Sallust inhärenten Vorstellung  – moralisierend mit der Überlegenheit der Herrschenden über ihre jeweiligen Vorgänger begründet.98 Die Berücksichtigung der Parther im Zuge der ‚universalhistorischen Prozesse‘ im Werk des Trogus stellt innerhalb der griechisch-lateinischen Tradition eine Ausnahme dar. Aus der Perspektive aller übrigen Verfasser hatte sich die ‚Weltherrschaft‘ mit dem Aufstieg Roms endgültig nach ‚Westen‘ verlagert, wurden die ‚orientalischen‘ Großreiche (etwa der Arsakiden oder der Sasaniden) fortan aus der Abfolge der ‚Universalmächte‘ ausgeklammert.99 Das Sukzessionsschema Assyrien – Medien – Persien – Makedonien – Rom war vermutlich bereits im zweiten oder im ersten Jahrhundert v. Chr. in Rom ‚heimisch‘ geworden. Der früheste Beleg wird einem Autor namens Aemilius Sura zugeschrieben, der indessen allein in einer in der Historia Romana des Velleius Paterculus enthaltenen Marginalglosse Erwähnung findet.100 Zur Zeit des Principats scheint die lateinische, auf Rom bezogene Literatur das Konzept weniger zur Kenntnis genommen zu haben. Vielmehr waren es namentlich romfreundliche Griechen, die in panegyrischer Weise auf den Topos der fünf Reiche zurückgriffen (s. o.). Erst in der Völkerwanderungszeit machte sich auch die lateinische Literatur das Konzept in enkomiastischer Intention zu Eigen (s. o.). Gleichwohl war der Sukzessionsgedanke bereits Tacitus (ca. 55–117  n. Chr.)101 und Lucius Ampelius (zweites Jahrhundert n. Chr.?), dem weniger renommierten Verfasser eines Liber memorialis, bekannt.102 Lühr 1980, 152. Zugrunde liegt das ‚biologische‘ Verlaufsschema origo  – incrementa  – fastigium. Cf. van Wickevoort Crommelin 1993, 221; 234–236. Es tritt bereits in Iust. 1, 1, 7 in nuce zutage. 97 Cf. Iust. 1, 1, 4 f.: Primum omnium Ninus, rex Assyriorum, veterem et quasi avitum gentibus morem nova imperii cupiditate mutavit. Dass Trogus tatsächlich ein Fünferschema – und nicht etwa eine Vierersequenz mit Rom als letztem Element – zugrunde legt, geht aus Iust. 1, 3, 6 eindeutig hervor: [Arbactus] imperium ab Assyriis ad Medos transfert. Cf. ibid., 42, 3, 6. Cf. Wiesehöfer 2013b, 61. 98 Cf. van Wickevoort-Crommelin 1993, 233 f. mit Sall. Cat. 10, 1–12, 5. Demnach bewirkt das Aufkommen der vitia den Niedergang jedes Staatswesens. Eine erfolgreiche Herrschaft gründet sich hingegen auf die virtus, denn (Sall. Cat. 2, 6): imperium semper ad optumum quemque a minus bono transfertur. Zur Sallust-imitatio bei Trogus cf. Lühr 1980, 139 f.; Yardley 2003. 99 Zur späteren iranischen Tradition, die Alexander den Großen zuweilen in die imperiale Abfolge ‚des Orients‘ einzubinden versucht, cf. Daryaee 2018, hier v. a., 209–211. 100 Cf. Aemilius Sura apud Vell. 1, 6, 6 101 Cf. Tac. Hist. 5, 8, 2 (Exkurs über Judaea): dum Assyrios penes Medosque et Persas Oriens fuit, des­ pectissima pars servientium: postquam Macedones praepolluere, rex Antiochus demere superstitionem et mores Graecorum dare adnisus […]. Die Unterwerfung durch die Römer wird im Anschluss (Tac. Hist. 5, 9–13) ausführlich geschildert. 102 Zu Verfasser und Werk cf. König 2010, 7–23. Das ‚Basiswissen‘ zusammenfassende Kompendium widmete der Verfasser einem gewissen Macrinus, wobei unklar bleibt, ob sich hinter dem Letzteren der spätere Kaiser Macrinus (11. April 217–8. Juni 218 n. Chr.) verbirgt, der – wie möglicher96

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Der Topos der fünf Reiche entwickelte sich zwar weitgehend unabhängig von der auf das Buch Daniel zurückgehenden jüdisch-christlichen Translationslehre, doch scheint die Letztere auch Elemente der ‚paganen‘ translatio imperii infiltriert zu haben: Vermutlich übernahm der Kirchenvater Hieronymus (s. o.) die Translationsformel (regnum/imperium transferre) dem Werk des Pompeius Trogus und adaptierte sie der christlichen Eschatologie.103 Umgekehrt operierte ein jüdischer Text mit klar antirömischer Tendenz, das Vierte Sibyllinische Orakel, mit der ‚heidnischen‘ Fünferfolge: Anders als die zeitgenössische rabbinische Tradition, die unter dem vierten Reich Daniels das Imperium Romanum verstand, wurde hier um 80 n. Chr. die ursprüngliche Viererfolge um Rom als fünftes Element erweitert und der Untergang des Imperium Romanum geweissagt.104 Wiewohl folglich Wechselwirkungen zwischen der christlichen und der ‚paganen‘ Sukzessionstheorie feststellbar sind, handelt es sich doch um zwei Konzepte, die die römische Welt auf unterschiedlichen Wegen erreichten: Während die jüdisch-christliche Viererfolge auf das Buch Daniel zurückgeht, wurde das griechisch-römische Fünferschema auf der Grundlage ‚paganer‘ Vorläufer entwickelt. Indes, beide Konzepte wurzeln augenscheinlich in einer älteren, auf die orientalischen Reiche Assyrien, Medien und Persien beschränkten Dreierfolge. Die Idee einer solchen Dreiersukzession ist in der griechischen Überlieferung seit dem fünften Jahrhundert v. Chr. bezeugt. Sowohl der Halikarnassier Herodot (ca. 485–424 v. Chr.)105 als auch der auf der Schwelle vom fünften zum vierten Jahrhundert schreibende Arzt Ktesias von Knidos106 verarbeiten in ihren Geschichtswerken die nämliche Sequenz der einander ablösenden orientalischen Großreiche. Auf der Basis dieses Konzepts wurde vermutlich in hellenistischer Zeit eine um Makedonien erweiterte Viererfolge (Assyrien – Medien – Persien – Makedonien) konstruiert, die zwar allenfalls vereinzelte Spuren in der zeitgenössischen Überlieferung hinterlassen hat, aus deren Erweiterung jedoch das römische Fünferschema erwachsen sein muss. Auch das desgleichen in hellenistischer Zeit vollendeweise auch Lucius Ampelius selbst – aus Caesarea Mauretaniae stammte. Cf. König 2010, 7–10. Zur Datierung des Werks cf. ibid., 9–13. Der Sukzessionsgedanke kommt im 10. Kapitel zum Tragen. Nachdem Ampelius sich (Kap. 1–9) mit der Beschaffenheit der Welt und den Genealogien der Götter befasst hat, folgen in den Kapiteln 10–50 ‚historische‘ Ausführungen. Den Übergang bildet ein Passus über ‚die Weltreiche‘ (de imperiis), dem sich in den Kapiteln 11–18 Listen ihrer Könige (reges) anschließen. Obschon Lucius Ampelius ein um Sparta und Athen erweitertes ‚Siebenerschema‘ verwendet, steht die von ihm gebotene Sukzession in einem originären Zusammenhang mit der topischen Fünfersukzession. Cf. Luc. Amp. Lib. Mem. 10: Imperia ab ineunte aevi memoria fuerunt septem. Primi rerum potiti sunt Assyrii, deinde Medi, postea Persae, tum Lacedaemonii, dein Athenienses, post hos inde Macedones, sic deinde Romani. 103 Cf. Goez 1958, 17–36. Der aramäische Urtext von Dan 2, 21 bedeutet: „Und er [Gott] ist es, der Zeiten und Fristen wechseln lässt, er setzt Könige ab und setzt Könige ein.“ Lateinisch wird daraus: Ipse mutat tempora et aetates, transfert regna et constituit. 104 Cf. Orac. Sibyll. 4, 49–104. Cf. Gauger 1998, 451–454. 105 Cf. Hdt. 1, 95; 130. 106 Cf. FGrH 688 F 1 und 5 = Diod. 2, 21, 8; 28, 8; 32, 5 f.; 33, 6; 34, 6.

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te Buch Daniel, das – anders als von der christlichen Überlieferung postuliert – mitnichten auf Rom, sondern vielmehr auf Makedonien als das letzte irdische Imperium zielte, rekurrierte augenscheinlich auf dieses ‚pagane‘ Modell, substituierte jedoch das Assyrerreich im ersten Element durch das neubabylonische Reich. Die vorliegende Arbeit widmet sich den Anfängen des Konzepts einer Abfolge von Weltreichen und seiner Entwicklung bis ins erste Jahrhundert v. Chr.107 In einem ersten Teil (Kap. I.1–I.4) werden die Herkunft und Genese der Dreiersukzession untersucht, wobei einerseits die Verarbeitung des Konzepts durch Herodot und Ktesias (Kap. I.3–I.3.2.2) analysiert, andererseits dessen mögliche Ursprünge beleuchtet werden sollen. Im Fokus steht dabei die Frage, ob es sich bei der Dreiersukzession um ein ‚genuin griechisches‘ oder  – wie häufig postuliert wurde  – ‚orientalisches‘, genauer: persisches Modell handelt. Tatsächlich ist die These vom persischen Ursprung der Sukzessionstheorie, deren Anfänge in der achaimenidischen ‚Reichsideologie‘ vermutet werden, mit zahlreichen Schwierigkeiten verbunden. Diese berühren nicht allein Fragen nach den möglichen Bezugsgrößen der imperialen Ideologie (Assyrer, Meder, Elamer u. a.) und nach dem allgemeinen Stellenwert ‚ethnischer‘ Identität in den vorderorientalischen Herrscherideologien; sie betreffen dazuhin Konstruktionen von ‚Geschichte‘ und ihre mögliche Kontinuität in Mesopotamien und Iran. Tatsächlich haben sich im Vorderen Orient seit dem dritten Jahrtausend v. Chr. imperiale Strukturen herausgebildet, die – beginnend mit dem ‚Reich von Akkad‘ – weit ausgreifende Herrschaftsansprüche artikulierten. In den Kapiteln I.2.1–I.2.8 soll untersucht werden, ob in den Kulturen des Zweistromlandes und Irans ein der griechischen oikumene bzw. dem römischen orbis terrarum vergleichbares Konzept existierte, das darüber hinaus mit dem Postulat der ‚Weltherrschaft‘ verbunden wurde. Darüber hinaus wird der Frage nachgegangen, ob die Kulturen des Vorderen Orients Vorstellungen imperialer Abfolgen hervorbrachten, die den Grundstein für die Entwicklung der Sukzessionstheorie hätten legen können. Dies soll – zeitliche und regionale Abstufungen berücksichtigend – im Rahmen einer diachronen Darstellung geschehen (Kap. I.2.3–I.2.8). Vorangestellt werden zwei ‚synoptische‘ Kapitel, die die ‚Raumwahrnehmung‘ und ‚Weltkonzeption‘ in Mesopotamien (Kap. I.2.1) sowie die Institution des Königtums und die Wahrnehmung von ‚Geschichte‘ (Kap. I.2.2) in den Fokus rücken. Die Darstellung vorderorientalischer (Welt-)Herrschaftskonzepte erhebt dabei keinen Anspruch auf Vollständigkeit; vielmehr sollen die zentralen Elemente der mesopotamischen und persischen Raum-, Zeit- und Herrschaftsvorstellungen herausgestellt werden, die eine maßgebliche Grundlage der sich anschließenden Analyse (Kap. I.3–II.3.2) bilden. Der Blick auf den Alten Vorderen Orient ist zur Klärung der Herkunft der Dreiersukzession unverzichtbar, fußt doch die frühere These von der persischen Provenienz 107 Dabei liegt der Fokus ausdrücklich auf dem ‚kanonischen‘ Konzept Assyrien – Medien – Persien (– Makedonien – Rom). Zu den verwandten Konstruktionen imperialer Abfolgen sowie Einzelaspekten der Sukzessionstheorie cf. die Beiträge in Cresci/Gazzano 2018.

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des Schemas wesentlich auf der Annahme, dass der Anspruch auf ‚Weltbeherrschung‘ gleichsam ein Kontinuum innerhalb der orientalischen Geschichte gewesen sei. Erst vor diesem Hintergrund erhielte schließlich die ideologische Nutzung der Sukzessionstheorie durch die Achaimeniden ihren spezifischen Sinn. Umgekehrt ging der Impuls zur Herausbildung von ‚Universalmonarchien‘ beziehungsweise einer ‚Weltreichsidee‘ gerade aus der Sicht der Griechen vom Orient aus  – ein Konzept, das in der Weltreichetheorie seinen sinnfälligen Ausdruck findet. In dieser Vorstellung verband sich ‚Weltherrschaft‘ mit der Institution des Königtums, das als Konstante ‚orientalischer‘ Staatlichkeit und als Haupttriebfeder imperialer Bestrebungen empfunden wurde. Diese Sicht blieb indessen keineswegs auf die Antike beschränkt.108 Schließlich bestimmte die Rezeptionsgeschichte des Buches Daniel über Jahrhunderte hinweg die Imagination einer ‚Ost-West-Bewegung‘ imperialer Herrschaft: Für die europäischen Völker schloss die Aufnahme des Geschichtsbildes ein, dass sie sich in der Folge als Erben des antiken Rom und also des fortschrittlichsten Stadiums der Geschichte verstehen konnten, andererseits aber sich an eine vorangegangene asiatische Grundlage, wenn nicht gar an ein ex Oriente lux gebunden wussten, was die eurozentristische Arroganz minderte.109

Dieses Geschichtsbild wurde erst im Verlauf des 18. und 19. Jahrhunderts durch das Aufkommen historischer ‚Spezialdisziplinen‘ verdrängt: Zunehmend ersetzte das dreigliedrige Ordnungsprinzip in Altertum, Mittelalter und Neuzeit die Vier-Monarchien-Lehre. Dies hatte freilich zur Konsequenz, dass der Alte Orient zunehmend aus der Althistorie ausgeblendet wurde und allzumal das Achaimenidenreich lediglich als „jene Projektionsfläche betrachtet [wurde], vor der sich das griechische Wunder vollzog.“110 Gerade vor diesem Hintergrund bleibt die Frage, ob die Sukzessionstheorie von Ost nach West vermittelt wurde, ein lohnenswertes Unterfangen. War die griechische Vorstellung einer Abfolge der Assyrer, Meder und Perser das Resultat tatsächlich vorhandener Kontinuitäten im ‚universalistischen Streben‘ altorientalischer Könige, aus denen Herodot und Ktesias eine Sukzession ‚herausspannen‘? Oder adaptierten beide Autoren ein ‚genuin‘ orientalisches respektive persisches Konzept? Im Zentrum eines zweiten Teils (Kap. II.1–II.3.2) steht sodann die mutmaßliche Erweiterung der Dreiersequenz um ein viertes (griechisch-makedonisches) Element in hellenistischer Zeit. Hier muss es uns zum einen darum gehen, das Buch Daniel – das einzige (gesicherte) zeitgenössische Zeugnis der Monarchienlehre – nicht rezeptionsgeschichtlich, sondern aus seinem historischen, gesellschaftlichen und ‚geistigen‘

108 Cf. Oppenheim 1979, 111: „In Mesopotamia the institution of kingship was the prime mover and the sustaining nucleus of all large-scale political structures from city-state to empire.“ 109 Koch 2003, 23. 110 Rollinger 2014a, 174. Zur Rezeption des Perserreiches in nachchristlicher Zeit cf. die Beiträge in Rollinger/Ruffing/Thomas 2019.

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Werdegang heraus zu begreifen (Kap. II.2–2.2). Weiterhin ist der Frage nachzugehen, ob die Verfasser des Textes auf das griechische (oder orientalische?) Dreierschema rekurrierten oder ob man gar mit einem ‚positiven‘, der eschatologischen Perspektive ermangelnden Vorbild (einer hellenistischen Viererfolge Assyrien  – Medien  – Persien  – Makedonien) zu rechnen hat. Als mögliche Urheber einer derartigen ‚säkularen‘ Vierersequenz werden namentlich Alexander der Große (Kap. II.3.1) und die Seleukiden (Kap. II.3.2) in den Blick genommen. Ein dritter, in Form eines Ausblicks gebotener Teil (Kap. III.1–2.2) ist schließlich den frühesten Zeugen des Fünferschemas (Assyrien – Medien – Persien – Makedonien – Rom) gewidmet. Da in römischer Zeit – wie oben dargelegt wurde – bereits eine starke, nur wenige Nuancen aufweisende Formalisierung der Reiche-Folge vorliegt, beschränkt sich die Untersuchung auf den möglichen Zeitpunkt und die Urheberschaft ihres ersten Auftretens in der lateinischen Literatur. Damit ist die Zielrichtung der vorliegenden Untersuchung umrissen: Sie will erstens den Ursprüngen und der Weiterentwicklung des Sukzessionsgedankens auf den Grund gehen. Im Fokus steht zweitens die Funktion respektive Signifikanz, die das Sukzessionsschema im Welt- und Geschichtsbild der jeweiligen Verfasser einnahm: Zielte es auf deszendente oder aszendente Vorstellungen von Geschichte? Diente es der Verabsolutierung eines ‚autonomen Prozesses‘, der die Alternativlosigkeit eines historischen Vorgangs postuliert111 oder stellte  – im Gegenteil  – gerade die Kontingenz menschlichen Handelns einen ‚sinnstiftenden‘ Faktor der Vorstellung dar, dass der Verlauf der Geschichte durch eine Abfolge von Weltreichen bestimmt werde? Eng verbunden mit dieser Problemstellung ist ferner die Frage nach der ‚Flexibilität‘ und Adaptionsfähigkeit des Deutungsmusters, nach der Breite seiner ideologischen und weltanschaulichen ‚Anwendungsgebiete‘: War es auf spezifische Vorstellungen historischer Prozesse festgelegt oder ließen unterschiedliche geschichtliche, literarische und nicht zuletzt staatsideologische Kontexte unterschiedliche Auslegungen zu?

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Cf. Meier 1978, 11–66; Jehne 2009, 144–148. Im Unterschied zum ‚einfachen historischen Prozess‘, bei dem Richtung und Tempo einer Entwicklung kontingent sind, zeigt sich die Richtung im Rahmen eines ‚autonomen Prozesses‘ vorgegeben, während das Tempo variabel bleibt. Im ‚doppelten autonomen Prozess‘ sind beide Konstituenten vorgegeben.

Teil I Assyrer – Meder – Perser Zur Herkunft und Genese der Dreiersukzession

1. Forschungsstand und Quellenlage Die Abfolge der Imperien Assyrien, Medien und Persien als Ordnungsprinzip der ‚orientalischen Geschichte‘ wird bei unseren frühesten Zeugen – Herodot und Ktesias – auf unterschiedliche Weise realisiert: Während für den Ersteren die Genese der ihre Vorgängerreiche bei weitem übertreffenden persischen Großmacht die Voraussetzung für den späteren Antagonismus zu Hellas im Zeitalter der Perserkriege bildet, schreibt Ktesias bereits den Assyrern die Herrschaft über ‚ganz Asien‘ zu.1 Durch diese Rückprojektion der territorialen Dimension des Achaimenidenreiches in frühere Stadien der vorderorientalischen Geschichte rückt weniger die von Herodot betonte Aszendenz als vielmehr das Phänomen der ‚Herrschaft über Asien‘ an sich in den Fokus (s. u. Kap. I.3).2 Lange Zeit bestand – von einigen Ausnahmen abgesehen3 – in der Forschung Konsens darüber, dass es sich bei der Dreiersukzession um ein Element der persischen Reichsideologie handle, das die griechische Überlieferung aufgegriffen und adaptiert habe.4 Die historischen Prämissen der Theorie fasst Klaus Koch folgendermaßen zusammen: Die Abfolge assyrischer, medischer und persischer Reichsbildung ist […] keine rein ideologische Fiktion, sondern bildet im ersten Jahrtausend v. Chr. tatsächlich eine Art Rückgrat, an dem sich die gesamte altorientalische Geschichte auszurichten hatte. Mit den Assyrern hebt die erste, über einen längeren Zeitraum planmäßig ausgebaute Großreichsbildung der Menschheitsgeschichte an, mit dem erklärten Ziel, den Erdkreis sich und ihrem Gott Assur zu unterwerfen. […] Den assyrischen Anspruch haben vermutlich nach der Zerstörung Ninives 612 v. Chr. die Meder beerbt, wenngleich uns hierfür die Quellen fehlen. Ab Kyros II. sind dann […] die Achaimeniden in die gleichen Fußstapfen getreten.5

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Cf. Wiesehöfer 2003b, 66 f.; Kratz 1991a, 199. Cf. Kratz 1991a, 198 f. Cf. Mendels 1981; Momigliano 1958;1983; 1987; 1988. Cf. Swain 1940, 6 f.; Noth 1953/66a, 257–259; Flusser 1972, 154 f.; Metzler 1975, 443–449; Calmeyer 1987, 18–20; Kratz 1991a, 199–212; Koch 1997, 13 f.; Wiesehöfer 2003b, 66 f. Alonso-Núñez 1989, 114 hielt es immerhin für möglich, dass Herodot zwar während seines Babylon-Aufenthalts von Monarchien gehört habe, die sich als ‚Weltreiche‘ begriffen hätten, die Theorie jedoch selbst formulierte. Koch 1997, 13 f.

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Forschungsstand und Quellenlage

Seit dem sechsten Jahrhundert v. Chr. geboten die Perser über ein Imperium von bis dahin unerreichter territorialer Reichweite. Zum Zeitpunkt seiner größten Ausdehnung unter Dareios I. (522–486 v. Chr.) erstreckte es sich vom Industal bis nach Ägypten und bis nach Südosteuropa. Der Gedanke, dass die teispidisch-achaimenidischen Könige sich bewusst in die Nachfolge ihrer Vorgängerreiche gestellt hätten, um die Rechtmäßigkeit ihres (von den Assyrern ererbten) ‚Weltherrschaftsanspruchs‘ zu propagieren, erscheint grundsätzlich nicht abwegig, ja sogar naheliegend. Die historischen Prämissen für die Artikulation einer Konzeption einander ablösender Weltreiche im Vorderen Orient des siebten und sechsten Jahrhunderts v. Chr. wurden in der Forschung überdies häufig günstig eingeschätzt. Wiederholt zitiert wurde in diesem Zusammenhang die prägnante Feststellung Martin Noths, dem zufolge die Phase von 614/612 bis 550/539 v. Chr. eine Zeit gewesen sei, „in der innerhalb der möglichen Spanne eines einzigen Menschenlebens zweimal der Wechsel von einer Großherrschaft zur anderen erfolgte:“6 Im ausgehenden siebten Jahrhundert v. Chr. brachte eine Allianz der aus dem Zagrosgebirge vordringenden Meder und der Babylonier, die sich seit 626 v. Chr. als unabhängige Dynastie, das sogenannte neubabylonische Reich (626–539 v. Chr.), etabliert hatten, das neuassyrische Imperium zu Fall (s. u. Kap. I.2.7; I.3.1.3). Die Residenzen Assur, Ninive und Harran wurden erobert, die Sieger teilten – so die lange Zeit vorherrschende Auffassung – das ehemals assyrische Territorium untereinander auf, und ein halbes Jahrhundert lang lenkten ein neubabylonisches und ein medisches Großreich die Geschicke des ‚Vorderen Orients‘. Doch bereits im Jahre 550 v. Chr. bereitete Kyros II. (558–530 v. Chr.), der ‚König von Anschan‘, zunächst der medischen und schließlich, 539 v. Chr., der babylonischen Herrschaft ein Ende.7 Während einige Studien vor diesem Hintergrund bereits den persischen Reichsgründer für die Entwicklung des Dreierschemas verantwortlich machen wollen,8 haben andere auf der Grundlage des ikonographischen Befundes zu Persepolis eine Entstehung des Modells in spätachaimenidischer Zeit postuliert.9 Indes, die Einbeziehung Mediens als zweites Element der Sukzession und die gleichzeitige Nichtberücksichtigung des neubabylonischen Reiches erscheinen erklärungsbedürftig. Eine Schlüsselrolle zum Verständnis dieses Befundes kommt der alttestamentlichen Danielerzählung zu, die aus der synchronen Geschichte von Medern und Babyloniern eine diachrone Abfolge konstruiert.10 Die Abweichung im ersten Element erscheint angesichts der Ereignisse von 597/587 v. Chr. (‚Babylonisches Exil‘) aus 6 7 8

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Noth 1953/66a, 257. Cf. ibid., 257 f. Cf. Metzler 1975, 444; Alonso-Núñez 1988, 126: „The succession of world empires appears in the section devoted to the history of Cyrus, the founder of the Persian universal empire. Its inclusion there shows its Persian origin and that it was intended to justify and to glorify the achievements of the Achaemenids.“ Cf. Calmeyer 1987, 18–20. Cf. Kratz 191, 211.

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jüdischer Sicht ohne weiteres nachvollziehbar.11 Indessen wäre sowohl vom Standort Babylon als auch Palästina aus betrachtet die Abfolge Assyrien – Babylonien – Persien die naheliegendere gewesen.12 Als logische Konsequenz ergibt sich, dass die im Danielbuch verarbeitete Sequenz, trotz der Substitution Assyriens durch Babylonien, keine Erfindung der jüdischen Verfasser darstellt.13 Vielmehr weist die Integration Mediens, sowohl in dem alttestamentlichen Text als auch in der griechischen Überlieferung, auf einen originären Zusammenhang hin. Sind die obigen Argumente kaum von der Hand zu weisen, so stellt sich gleichwohl die Frage, weshalb die gemeinsame Quelle in der persischen Reichsideologie zu suchen sein sollte; näher läge es doch, die offenkundigen Parallelen durch die Abhängigkeit der alttestamentlichen Überlieferung von Herodot zu erklären. Folgende Überlegungen sind hier maßgeblich: Erstens führt Herodot die von ihm gelieferten Informationen auf persische Autoritäten zurück, die er während seiner ausgedehnten Reisen befragt haben will (s. u. Kap. I.3.1.1). Seine Kenntnis von der Dreiersukzession sei folglich den Berichten der nämlichen Gewährsleute zuzuschreiben.14 Zweitens wurden die (Disposition und Inhalt betreffenden) Unterschiede der Persika des Ktesias gegenüber den Historien Herodots durch den Rekurs des Ersteren auf eine von Herodot unabhängige persische Überlieferung erklärt. Am Hofe Artaxerxes’ II. habe der Leibarzt des Großkönigs möglicherweise eine spätere, von Legenden, Klatsch und Übertreibungen verfremdete Variante des Dreierschemas kennengelernt,15 die gleichwohl ein „hinter dem Sukzessionsschema stehendes Selbstbewußtsein des Achaimenidenreiches“16 reflektiere. Drittens spiegle gerade die Integration Mediens in die Sequenz spezifisch persische Vorstellungen vom Verlauf der Geschichte wider: At any rate, the succession Assyria – Media – Persia certainly was a Persian view of things: Babyloninas would have said Assyria – Chaldaea – Persia, and Egyptians would have had still another sequence; but the Persians themselves naturally looked back to their kinsmen the Medes, rather than to the Chaldaeans or others, as their predecessors, and they believed that Assyria was conquered by these Medes, rather than primarily by the Chaldaeans, as modern historians say.17

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Cf. ibid. Cf. Swain 1940, 7; Noth 1953/66a, 259 f.; Flusser 1972, 154; Kratz 1991a, 211; Wiesehöfer 2003a, 294; 2003b, 68. Beide Gebiete standen niemals unter medischer Herrschaft. Dagegen spielten die Assyrer, die Nord- und Südmesopotamien zeitweilig in Personalunion regierten, auch für die Geschichte Israels eine Rolle: 722 v. Chr. wurde das Nordreich Israel als Provinz Samaria annektiert. Bald darauf wurde auch das Südreich Juda ihnen tributpflichtig. Cf. Kratz 1991a, 211. Cf. etwa Swain 1940, 6–7: „Herodotus presumably derived his information on this matter from good Persian sources during his travels […].“ Cf. Swain 1940; Calmeyer 1987; Kratz 1991a, 199 f. Kratz 1991a, 200. Swain 1940, 7. Cf. Metzler 1975, 444. Cf. Noth 1953/66a, 258; Flusser 1972, 154; Kratz 1991a, 199.

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Tatsächlich lässt die staatsideologische Vereinnahmung einer Sukzession der Reiche Assyrien, Medien und Persien durch die Achaimeniden sich anhand der Königsinschriften nicht bestätigen.18 Gleichwohl wurde in diesem Zusammenhang wiederholt auf den epigraphischen respektive den ikonographischen Befund hingewiesen: Die sogenannten ‚Tributbringerreliefs‘ zu Persepolis, Naqsch-i-Rustam und Susa als „bildliche Manifestierung der [persischen] Weltherrschaftspropaganda“19 und das in den Inschriften zutage tretende großkönigliche Selbstverständnis bilden demnach die ideologischen Prämissen für die Entwicklung der Dreiersukzession.20 Das Postulat der ‚Universalherrschaft‘ verlange geradezu nach einer ‚historischen‘ Legitimation, die durch die Sukzession hätte begründet werden können. Indessen erzwingen neuere Erkenntnisse, nicht zuletzt der narratologisch orientierten Herodot-Forschung, die die Wirkabsicht des Autors stärker berücksichtigt (s. u. Kap.  I.3.1), eine kritische Überprüfung der genannten Argumente: In den Historien gestaltet sich die persische Geschichte als ein sich von Generation zu Generation steigernder Prozess der Eroberung. Schließlich wird sich Xerxes (486–465 v. Chr.), den Herodot als einen der Hybris verfallenen Potentaten vorstellt, zu dem Plan versteigen, Hellas und gar ganz Europa seinem Joch zu unterwerfen. Die Prägung, die diese herodoteische Perspektive noch in der Moderne auf die Beurteilung der achaimenidischen Außenpolitik ausübte, ist nicht zu unterschätzen: Die „weit ausgreifende Expansion“ der Achaimeniden  – so steht noch in neueren althistorischen Handbüchern zu lesen – „war getragen von einem unbedingten Machtwillen und einem Weltherrschaftsanspruch, mit dem Kyros [und seine Nachfolger, M. O.] unmittelbar an altorientalische Herrscherideologien anknüpfte[n].“21 In jüngerer Zeit sind derartige Paradigmata indessen auch infrage gestellt und die überkommenen Vorstellungen vom forcierten persischen Expansionismus relativiert worden (s. u. Kap. I.2.8).22 Fernerhin entziehen die seit einigen Jahrzehnten aufkommenden Zweifel an der Historizität eines medischen ‚Großreiches‘ der These von der persischen Provenienz des Sukzessionsschemas zumindest eine basale Prämisse (s. u. Kap. I.3.1.3). Wie schwer diese Einwände wiegen, mag die Tatsache verdeutlichen, dass sie Josef Wiesehöfer veranlasst haben, vom persischen Ursprung des Dreierschemas23 abzusehen und nunmehr eine genuin herodoteische Konzeption zu befürworten.24 Die griechische Herkunft des Sukzessionsschemas hatten bereits zuvor Doron Mendels25 18 19 20 21 22 23 24 25

Cf. Wiesehöfer 2003a, 392 f. Metzler 1975, 449. Cf. Kratz 1991a, 203–205; Koch 1997, 14. Funke 2006, 138. Cf. Harrison 2002, 577 Cf. etwa Wiesehöfer 2004b; 2007a. Cf. Wiesehöfer 2003b. Cf. Wiesehöfer 2002c; 2003a; 2004b; 2005a; 2007, 38–40. Cf. Mendels 1981. 334 f.: „It should be emphasized that against the background of examples from early Hellenistic eastern literature it becomes even more obvious that the theory as well as topos

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und Arnaldo Momiglino26 vertreten, und zwar unter dem Vorbehalt, dass die Auffindung neuer Textzeugen vom Boden Mesopotamiens (oder Irans) zu einer grundlegenden Neubewertung führen müsse.27 Den letzteren Nachweis hat in jüngerer Zeit Johannes Haubold mit sehr erwägenswerten Argumenten erbringen wollen: Die Wurzeln der Dreiersukzession Assyrien  – Medien  – Persien erblickt er ausgerechnet in Babylonien, das aufgrund der Ausklammerung des neubabylonischen Reiches in der ‚klassischen‘ Abfolge als Ursprungsort des Konzepts bislang a priori unberücksichtigt geblieben ist (s. u. Kap. I.3.1.3).28 Noch in rezenten Darstellungen wurden die Wurzeln des Sukzessionsschemas jedoch auch auf (in mündlicher Form kursierende) iranische Überlieferungen zurückgeführt.29 Damit rückt das vorderorientalische Quellenmaterial erneut in den Fokus. Die Gültigkeit der früheren These von der ideologischen Vereinnahmung des Konzepts einer Abfolge von Weltreichen durch die Perser lässt sich indessen nach wie vor weder verifizieren noch entkräften. Da die Wurzeln des Schemas in der Vergangenheit vielfach in der achaimenidischen Reichsideologie verortet wurden, werden im Rahmen der folgenden Untersuchung vornehmlich die ideologischen Prämissen der These(en) an neueren Forschungserkenntnissen gemessen (Kap. I.2.1–I.4). Auf die umfassende Schilderung der ereignisgeschichtlichen Abläufe und eine differenzierte Strukturanalyse der vorderorientalischen Imperien, deren Herrschaftskonzepte in Kap. I.2.1–I.2.8 analysiert werden, wird daher bewusst verzichtet. Desgleichen wird an dieser Stelle aufgrund der Breite und Heterogenität der Überlieferung von einer detaillierten Einführung in das altorientalische Quellenmaterial abgesehen. Vielmehr sollen die jeweils relevanten Zeugnisse am gegebenen Ort (vor allem Kap. I.2.2; I.2.8) vorgestellt werden.30

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of the rise and fall of eastern empires in Greek and Roman literature derived from Ctesias and his followers rather than dircectly from eastern sources. In the latter we find a variety of concepts concerning the rise and fall of kings, dynasties and empires. Whereas the order of empires in our eastern examples differs from source to source, the one of Greek and Roman literature follows the same pattern.“ Cf. Momigliano 1958; 1983; 1988; 1987. Cf. Momigliano 1987, 43 f.: „Solo testi babilonesi con una chiara formulazione della successione di imperi cambierebbero radicalmente i termini della questione e ci costringerebbero a domandarci invece se Erodoto e Ctesia avessero sentore di teorie orientali sugli imperi.“ Cf. Haubold 2013a, 78–98. Cf. Mari 2018. Cf. z. B. Van de Mieroop 1999; Krecher/Müller 1975; Renger 1996; Wiesehöfer/Rollinger 2012, 58–65; Rollinger 2014b; Fales 1999–2001; Silverman 2018 sowie die Beiträge in Ehrlich 2009.

2. Weltkonzeption und (Welt-)Herrschaft im Alten Vorderen Orient Der geographische Raum stellt ein grundlegendes Konstituens der Staatlichkeit und der Selbstbeschreibung von Herrschaftsstrukturen dar, und „Metaphern, die eine Gesellschaft erstellt, um Machtansprüche auszudrücken, stammen häufig aus dem Bereich der Geographie.“1 Stadtstaaten, Territorialstaaten und ‚Reiche‘ definieren sich mithin durch den unmittelbar von ihnen beherrschten Raum einerseits und die (zumeist feindliche) Peripherie andererseits. Entsprechend stellen auch zahlreiche altorientalische Texte – zumal diejenigen, die im Umkreis oder im Auftrag der Herrschenden entstanden – einen engen Konnex zwischen der räumlichen Dimension und der politischen Macht einer staatlichen Einheit her.2 Die höchste Verwirklichung der Macht manifestiert sich im Konzept ‚Weltherrschaft‘, das in der Forschung namentlich mit imperialen Staatsformen in Verbindung gebracht wird. Der Anspruch auf ‚Universalität‘ – der „imperiale[] Imperativ“3 – liegt demnach gleichsam in der DNA von

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Zgoll 2000, 83. Zur ideologischen Nutzung der Geographie durch monarchische Systeme cf. Helms 1988, 131–171. Die ‚Weltbilder‘ unterschiedlicher Kulturen behandeln die Beiträge in Svilar/ Kunze 1993. Cf. Michalowski 1986, 145: „Each new imperial structure had to create its own bureaucracy, its own propaganda and its own geography, defining itself in time – that is, the relationship to the past – and in space within its own territories, within the world of its imagined achievements, as well as within the hostile environment of the enemies who surrounded them. The geographical reality of this universe was undoubtedly of great interest to generals and tax-collectors but the scribes who composed the propaganda texts, such as ‚law codes‘, royal inscriptions, city laments, or fictitious biographies, used the geographical medium as part of the metaphorical clay used to define and perpetuate certain notions of kingship and state.“ Für Marcus 1995, 194 f. vermitteln Texte und Ikonographie „the idea that ‚landscape‘ can serve as a vehicle for ideological concepts; that it can represent the way certain people see themselves and/or their world through their imagined relationship with nature. This symbolic aspect of landscape is tailor-made for the discourse of imperialism, which conceives itself precisely as an expansion of landscape, of the center into the hinterland.“ Sommer 2014, 147.

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Imperien,4 und das Ideal der ‚unter einem Herrscher vereinten Welt‘ ist geradezu als „the basic notion that holds empires together“5 beschrieben worden. In jüngerer Zeit sind die Funktionsweise(n) und basalen Strukturen imperialer Staatsformen erneut in den Fokus der Forschung gerückt.6 Dabei wurden nicht zuletzt ‚globalhistorische Vergleiche‘ aufgestellt und an politikwissenschaftlichen Modellen orientierte ‚Kriterienkataloge‘ etabliert, die zentrale Merkmale von Imperien festhalten sollen.7 Zwar werden nach wie vor methodische Probleme bei der Benennung dieser Kriterien geltend gemacht, die zumeist das Römische Reich – das Imperium par excellence – als Vergleichsgröße überbetonen;8 weiterhin weist der Begriff des Imperiums selbst, der ursprünglich die Befehlsgewalt römischer Magistrate beschrieb und erst später mit ‚(Welt-)Herrschaft‘ assoziiert wurde,9 zahlreiche ‚Unschärfen‘ auf.10 Gleichwohl lassen sich einige zentrale Kategorien festhalten. Imperien zeichnen sich demnach durch ihre „schiere Größe“11, durch Polyethnizität und Multikulturalität12 sowie die lange Dauer ihrer Herrschaft aus.13 Sie sind – im Unterschied zu Nationalstaaten – „[n]icht von vertraglich fixierten Grenzen umgeben.“14 Imperiale Staatsformen verfügen über ein starkes politisches (nicht notwendigerweise monarchisches) Zentrum, dessen Einfluss im Sinne einer „Zentrum-PeripherieStruktur“15 zu den Rändern hin abnimmt.16 Zu den Merkmalen von Imperien zählt weiterhin die Entwicklung einer komplexen, auf Schriftlichkeit basierenden Bürokratie,17

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Cf. Strootman 2014a, 52. Ibid., 54. Cf. Sinopoli 1994; Howe 2002; Münkler 2005; Nolte 2008 sowie die Beiträge in Alcock 2001; Gehler/Rollinger 2014a; Hurlet 2008a und Morris/Scheidel 2009; Sommer 2014, 146–150. Cf. die Beiträge in Gehler/Rollinger 2014a sowie zusammenfassend Gehler/Rollinger 2014b, 22– 26; Nolte 2008, 5–18; Münkler 2005, 16–21. Cf. Rollinger 2014a, 177. Cf. Richardson 1991; Baltrusch 2008, 59 f.; 151–153. Cf. Gehler/Rollinger 2014b, 3–8. Edzard 2009, 68 stellt heraus, dass es auch „in der altorientalischen Geschichtsforschung keine klare Definition des Begriffs ‚Reich‘ gibt.“ Zur antiken und modernen Terminologie cf. ferner Gazzano 2018, 41–44. Gehler/Rollinger 2014b, 22. Cf. Nolte 2008, 5; 7; 14; Gehler/Rollinger 2014b, 22; 25. Cf. Münkler 2005, 22; 105–126; Nolte 2008, 14, der Imperien daher als „Universalien“ auffasst, die auch über das Ende einer Herrschaft hinaus Kontinuität besitzen. Sommer 2005, 50. Cf. Münkler 2005, 16–18; Gehler/Rollinger 2014b, 23. Sommer 2005, 50. Cf. ibid.; Münkler 2005, 16; 41–50; 127 f.; Nolte 2008, 5; 7; 14; Gehler/Rollinger 2014b, 23 f.; Sommer 2014, 148. Sinopoli 1994, 160 fasst die gängige Definition von Imperien wie folgt zusammen: „They share in common a view of empire as a territorially expansive and incorporative kind of state, involving relationships in which one state exercises control over other sociopolitical entities (e. g. states, chiefdoms, non-stratified societies), and of imperialism as the process of creating and maintaining empires. The diverse polities and communities that constitute an empire typically retain some degree of autonomy.“ Cf. Nolte 2008, 12; 14; Gehler/Rollinger 2014b, 23.

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deren Funktion durch die als „Trägerschichten“18 agierenden ‚Reichseliten‘ garantiert wird.19 Die Machtfülle des politischen Zentrums findet ihren visuellen Niederschlag in einer monumentalen ‚imperialen Architektur‘. Eine lange vorherrschende Meinung, wonach Imperien ‚schwache‘, gleichsam ‚von Natur aus‘ krankende und zum Untergang verurteilte Staatsgebilde seien,20 ist in jüngerer Zeit auch kritisch hinterfragt worden: Vielmehr scheint gerade die erfolgreiche Bewältigung endemischer (innerer und äußerer) Krisen ein Charakteristikum imperialer Staatlichkeit darzustellen.21 Entsprechend sind auch das gängige Verlaufsschema Aufstieg  – Konsolidierung  – Niedergang und der den Beginn der ‚Konsolidierungsphase‘ markierende Begriff der ‚Augusteischen Schwelle‘ nicht vorbehaltlos zu akzeptieren.22 Gleichwohl stellt auch der mit dem Niedergang verbundene imperial overstretch nach wie vor ein entscheidendes Deutungsmuster innerhalb des Imperiumsdiskurses dar.23 Maßgeblich bedingen eine gewisse „Strukturelle Toleranz“24 und das subjektive ‚Glück‘ der Untertanen den Erfolg von Imperien.25 Unabhängig von ihrer realen Umsetzung bilden sie jedoch auch ein ideologisches Fundament des Staates, wenn nicht gar das Movens der imperialen Ideologie, deren Zielrichtung Mario Liverani wie folgt beschrieben hat: Ideology has thus the aim of facilitating the action, of overcoming the resistance; in the case of imperialism it has the aim of bringing about the exploitation of man by man, by providing the motivation to receive the situation of inequality as ‚right‘, as based on qualitative differences, as ‚entrusted‘ to the ‚right‘ people for the good of all. Ideology has the function of explaining how and why men are different, how and why some countries exist for the sake of others […]. Ideology has the function of presenting exploitation in a favorable light to those exploited, as advantageous to the disadvantaged […]. Ultimately it makes one act against one’s own actual interests for the sake of fictious interests, even interests the benefit of which will be reaped after death. So it is ultimately a ‚false consciousness‘: not the mirror of physical and economic reality, but its inverted image.26

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Gehler/Rollinger 2014b, 23. Cf. ibid.; Nolte 2008, 5; 14. Cf. Osterhammel 1989; 2002. Cf. Gehler/Rollinger 2014b, 24. Cf. ibid., 24. Der Terminus ‚Augusteische Schwelle‘ wurde von Doyle 1986, 93–97 geprägt. Cf. auch Münkler 2005, 105–126. Das Theorem geht auf Kennedy 1988 zurück. Rollinger 2014a, 156. Cf. Root 2011, 422 sowie Sinopoli 1994, 167 f.: „Imperial leaders customarily seek to seize control of sources of legitimacy through the cooption of local religious beliefs and/or the creation of new systems of belief that build on traditional elements.“ Liverani 1979, 298.

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Entsprechend besitzt die Suggestion von Frieden und Prosperität nicht nur, doch gerade für Imperien höchste Relevanz.27 Darüber hinaus wird der Herrschaftsanspruch ‚historisch‘ und sogar ‚mythisch‘ durch die Bezugnahme auf frühere Machtstrukturen begründet.28 Dabei ist zu Recht betont worden, dass Imperien zur „Konstruktion imperialer Schein-Kontinuitäten“29 tendieren und es sich bei ihnen „nicht nur um real existierende Entitäten handelt, sondern auch um Ideen, die selbst nach dem Ende dieser Imperien als Bezugs- und Referenzgrößen nachfolgender Staatsbildungen eine Rolle spielen.“30 Nicht zuletzt haben gerade Imperien Konzepte entwickelt, die auf das Postulat der ‚Weltherrschaft‘ zielen, wobei das eigene Herrschaftsgebiet nicht selten mit ‚der Welt‘ schlechthin gleichgesetzt wird.31 Der naheliegende Befund, dass dieses Postulat allein unter Ausblendung ‚anderer Welten‘ erhoben werden kann,32 trifft dabei namentlich auf antike Imperien zu: No empire, no universal monarch could in antiquity reasonably wish to dominate the entire terrestrial sphere. Three quarters of it remained literally unattainable in ancient cosmogony, out of the reach of all human enterprise. A universal domination could not claim more than the known oikumene. Nevertheless, they could claim to fit in the order of the cosmic destiny – either they were under the protection of or they held a covenant with the gods, or they were in some way divine. They become therefore an element, or the guarantee, of world order.33

Die Diskrepanz zwischen dem von zahlreichen (antiken) Imperien artikulierten universalistischen Anspruch und ihrer realen räumlichen Dimension, die auch den jeweiligen Zeitgenossen in gewissem Umfang bewusst gewesen sein dürfte,34 musste folglich durch die Konzeption ideologisch aufgeladener Weltbilder kompensiert werden. In diesen sogenannten mental maps35 erscheint der geographische Raum als ein „dynamisches mentales Konstrukt“,36 das „in einem permanenten Dialog mit wachsender Welterfahrung [steht], ohne dass sich jedoch Realgeographie und Weltimagi-

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Cf. Münkler 2005, 128–132. Diese Suggestion geht häufig mit einem ‚Sendungsbewusstsein‘ respektive einer „Friedens-, Kultur- und Zivilisierungsmission“ (Gehler/Rollinger 2014b, 24) einher. Zur imperialen Mission cf. ferner Münkler 2005, 132–150. Cf. Gehler/Rollinger 2014b, 25; Nolte 2008, 14. Gehler/Rollinger 2014b, 19. Ibid. Cf. Howe 2002, 15; Gehler/Rollinger 2014b, 22. Cf. Münkler 2005, 25–29; Gehler/Rollinger 2014b, 24. Sommer 2014, 148 betont, dass die Beherrschung der ‚ganzen Welt‘ ein Ideal respektive ein Fernziel imperialer Herrschaftsformen darstellt: „Aus Sicht des Imperiums konnte jedes politische Arrangement, jeder Frieden immer nur eine Lösung auf Zeit sein […].“ Nicolet 1991, 35 f. Cf. Sommer 2014, 146–150, hier v. a. 146. Zum Begriff mental map s. u. Kap. I.1.1. Bichler/Rollinger 2017, 1.

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Weltkonzeption und (Welt-)Herrschaft im Alten Vorderen Orient

nation vollkommen decken.“37 Mental maps sind folglich zumindest teilweise „Denk-, nicht Sehbilder“,38 die durch Empirie gewonnene Erkenntnisse (etwa durch Kaufleute, Soldaten und Verwaltungsbeamte) auf eigentümliche Weise mit religiös fundierten, transzendentalen Denkmustern verweben.39 Hieraus erwachsen jeweils spezifische Strategien, derer sich die Träger imperialer Staatsformen bedienen, um die Reichweite ihrer Herrschaft als ‚universal‘ zu präsentieren.40 Diese Strategien werden im Folgenden (Kap. I.1.1–I.1.8) aus der Perspektive der Raumwahrnehmung des Alten Orients, zumal Mesopotamiens und Irans, untersucht. 2.1 Das ‚Eigene‘ und das ‚Fremde‘: Die Wahrnehmung der Welt und ihrer Grenzen Vielfältige mesopotamische Text- und Bildzeugnisse enthüllen jeweils zeitspezifische Vorstellungen von der Gestalt der Erde und des Universums.41 Aufgrund der Heterogenität des Quellenmaterials birgt freilich jeder Versuch, auf dieser Grundlage ein (‚allgemeingültiges‘, gleichsam statisches) ‚Weltbild‘ zu rekonstruieren, zwangsläufig die Gefahr der „essentialistisch-generalisierende[n]“42 Simplifizierung. So können nicht nur unterschiedliche Genres (und/oder zu verschiedenen Zeiten entstandene Texte) disparate Aussagen treffen; vielmehr mögen auch innerhalb eines einzelnen Werkes ältere Vorstellungen verarbeitet worden sein, die im Widerspruch zu den zur Zeit der Abfassung vorherrschenden Anschauungen stehen. Dieser Vorbehalte eingedenk sollen auf den folgenden Seiten zentrale Erkenntnisse der altorientalischen Forschung zusammengefasst werden. ***

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Ibid., 2. Keel/Schroer 2002, 102. Cf. Wittke/Olshausen/Szydlak 2012, 2. Cf. Sommer 2014, 148: „Man kann ein Land, wie Augustus es mit Britannien tat, einfach für nichtexistent erklären und so gleichsam von der Landkarte verbannen; man kann, wie Alexander es vor seiner Umkehr an der Indus-Mündung tat, das Ende der Welt je nach Belieben definieren; man kann behaupten, ein Territorium sei ganz oder doch nahezu menschenleer und daher kein Expansionsziel; man kann Soldaten in Marsch setzen, Länder erobern und annektieren; schließlich kann man seine Zuflucht zur Symbolik nehmen, kann realiter symmetrische in asymmetrische Machtverhältnisse umdeuten, kann gleiche Verträge schließen und sie als ungleiche ausgeben.“ Cf. Horowitz 1998, passim. Lang 2010, 12, hier bezogen auf das altorientalische Königtum. Diese Einschränkung gilt indessen in gleicher Weise für die geographischen Vorstellungen in Mesopotamien.

Das ‚Eigene‘ und das ‚Fremde‘: Die Wahrnehmung der Welt und ihrer Grenzen

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Weder das Sumerische noch das Akkadische kennen ein Äquivalent zum griechischen Wort κόσμος.43 Vielmehr wurde das ‚Universum‘ entweder als die Vereinigung von ‚Himmel und Erde‘ (sum. a n . k i ; akk. šamû u erṣetu) begriffen oder durch Termini mit der Bedeutung ‚alles‘ oder ‚die Gesamtheit‘ (akk. kiššatu; kullatu, kiššat kal gimrāti) umschrieben.44 Die Erklärungsmodelle zum Werden der Welt variieren je nach Kosmogonie.45 Einer alten, bis in die Frühdynastische Zeit (ca. 2400 v. Chr.) zurückreichenden Vorstellung zufolge begann die Schöpfung mit der Teilung von Himmel und Erde.46 Den Trennungsakt schrieb die Tradition des religiösen Kultzentrums Nippur dem Hauptgott Enlil zu.47 Nach einer sumerischen Dichtung, in der jener als Kulturbringer erscheint, schied er Himmel und Erde mit einer Spitzhacke voneinander, um Raum für den „Samen des Landes“ (n u m u n - k a l a m - m a) zu schaffen.48 In einer anderen, möglicherweise in Uruk entwickelten Theologie wird der Himmelsgott An als Schöpfer vorgestellt.49 Daneben konnte augenscheinlich auch das personifizierte Urmeer Nammu als kosmisches Prinzip in Erscheinung treten, das den Himmel, die Erde und die Götter hervorbrachte.50

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Cf. Horowitz 1998, XIV. Cf. ibid.; Rochberg 2005, 316 f. Edition relevanter Texte: Lambert 2013. Cf. Rochberg 2005, 317–318; Krebernik 2012, 79–83; Lambert 1995, passim; Eliade 1964, 103–151. Speziell zur ‚kosmischen Geographie’ der Schöpfungsmythen cf. Horowitz 1998, 107–150. In einem Textfragment aus Girsu (TUAT III, 355–356) erscheint der Himmelsgott An noch als Jüngling. Sodann wird gesagt: „Himmel (und) Erde riefen sich wechselseitig (laut) zu.“ In einer zweisprachigen, in Mittelassyrischer Zeit verfassten Erzählung aus Assur (Lambert 2013, 351–360 = TUAT III, 606–608) heißt es (obv. 1–3): „Als Himmel und Erde, die beiden Festgegründeten, getrennt worden [waren] (u4 a n k i - t a t a b g i - n a b a d - a t a - e š - a - b [ a ] ! / t [ a ] ! ), […], als die Erde errichtet, die Erde erschaffen worden war […]“ Ein Ur III-zeitliches Fragment aus Nippur (TUAT III, 353–354) beschreibt das urzeitliche Universum noch vor der Trennung (Z. 5–6): „[Himmel (und) Erd]e waren noch aneinander gebunden.“ Zu weiteren Belegen cf. Horowitz 1998, 135–142. Cf. Lambert 1995, 1828; Rochberg 2005, 318; Krebernik 2012, 79 f. Zu den Göttern des Zweistromlandes cf. Groneberg 2004. Speziell zu Enlil cf. ibid., 58–72. Cf. Horowitz 1998, 136. Cf. das Lied von der Hacke (Text: Black/Cunningham/Robson/Zólyomi 2004, 311–315, hier 312 und ETCSL c.5.5.4, Z 3–5). Cf. Krebernik 2012, 80. In der Erzählung vom Wurm (TUAT III, 603–604) setzt jener eine ‚Schöpfungskette‘ in Gang (Z. 1–3): „Nachdem Anu [den Himmel erschaffen hat]te, der Himmel [die Erde] erschaffen hatte, die Erde die Flüsse erschaffen hatte, […]“ Cf. Rochberg 2005, 317. Das Meer als Urelement begegnet auch in der zweisprachigen Schöpfung der Welt durch Marduk (TUAT II, 608–609), der möglicherweise ein sumerisches Original mit Enki in der Rolle Marduks zugrunde liegt. Cf. Horowitz 1998, 129–132, hier v. a. 130. Dort heißt es (Z. 10–11): „Alle Länder waren noch Meer, die Quelle inmitten des Meeres war nur eine Rinne.“ Nach der Erbauung Eridus, des Esangilas und Babylons sowie der Erschaffung der AnunnakiGötter wird das trockene Land gemacht (Z. 17–18): „Marduk band auf dem Wasser ein Floß zusammen, erschuf Staub und schüttete ihn auf das Floß.“ Am Ende (Z. 19–20) erschafft er Menschen, Tiere und Pflanzen, Landschaften und Städte. Weiterhin erscheint das Urelement Wasser in

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Im babylonischen Schöpfungsmythos Enūma eliš 51 werden beide Kosmogonien (Urmeer und Teilung) miteinander verbunden.52 Dieser Bericht, dessen älteste Textzeugen aus dem frühen ersten Jahrtausend stammen,53 verfolgt vornehmlich den Zweck, die Erhöhung des babylonischen Stadtgottes Marduk zur mächtigsten Gottheit des Pantheons zu erklären und zu legitimieren.54 Die Weltentstehung führt der nämliche Text auf die Verbindung des vergöttlichten Salzmeeres Tiamat mit dem Süßwasser Apsû zurück.55 Diese bringen in einem ersten Schritt („primeval sexual intercourse“56) das Götterpaar Lahmu und Lahamu hervor, das wiederum Anschar (‚Ganzer Himmel‘) und Kischar (‚Ganze Erde‘) erzeugt.57 In der vierten und fünften Generation treten zuerst Anu, dann Ea (Nudimmud), der Vater Marduks, ins Leben.58 Als Apsû die Götter, die seine Ruhe stören, zu vernichten trachtet, tötet ihn Ea und nimmt sonach das unterirdische Süßwasser in Besitz, das er Apsû nennt.59 Nunmehr bietet Tiamat eine gewaltige Streitmacht aus Drachen, Dämonen und weiteren titanischen Kreaturen gegen die Götter auf.60 Marduk, von einer Götterversammlung berufen, besiegt und tötet sie in einer kosmischen Schlacht61 und setzt daraufhin eine umfassende Schöpfung ins Werk: Den Leib Tiamats spaltet er in zwei Hälften und erschafft daraus Himmel und Erde.62 Sodann versetzt er Sternbilder und Planeten an den Himmel, organisiert das Jahr und legt den Lauf von Mond und Sonne fest.63 Die Erde wird mit Frischwasserquellen versehen, Euphrat und Tigris entstehen aus Tiamats Augen, die Berge aus

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den Babyloniaka des Berossos (FGrH 3C1 680 F 1. 7 = Verbrughe/Wickersham 1996 F1 = Burstein 1978, 15, F 2.3a). Zum Urwasser als Element des Kosmos cf. ferner Ulf 2008a, 144–152. Im Folgenden wird auf Kämmerer/Metzler 2012 verwiesen. Transliteration, englische Übersetzung und Kommentar finden sich ferner bei Lambert 2013, 50–134. Cf. außerdem die deutsche Übersetzung TUAT II, 565–602 sowie die englischen Übersetzungen Dalley 2008, 228–277; Muses, 436–486. Cf. Krebernik 2012, 82. Zur Datierung cf. Horowitz 1998, 108. Cf. zur Erhöhung v. a. Tafel V 117–140 sowie Tafel VI 49–66. In Tafel VII 135–136 heißt es: „Weil er den Himmel erschuf und die Erde machte, nannte Vater Enlil ihn mit seinem eigenen Namen (50), ‚Herr der Länder‘.“ (áš­šú áš­ri ib­na­a ip­ti­qa dan­ni­na / dbēl mātāti(kur-kur) šum­šu it­ta­bi a­bu d en­líl). Die Entwicklung Marduks zum höchsten Gott des babylonischen Pantheons behandelt Lambert 2013, 248–277. Im Zuge dieses Prozesses ‚übernham‘ der Gott Züge älterer Gottheiten (Assaluḫi, Ninurta, Enlil, Enki). Cf. Johandi 2018. In einer assyrischen Fassung wird der Name Marduks wiederum durch Assur ersetzt. Cf. Lambert 1997. Cf. Tafel I 1–5 (= Kämmerer/Metzler 2012, 109 f.; 315). Lambert 1995, 1830. Cf. Tafel I 10–13(= Kämmerer/Metzler 2012, 15; 315). Cf. Tafel I 15–16 (= Kämmerer/Metzler 2012, 112 f.; 315). Cf. Tafel I 61–78 (= Kämmerer/Metzler 2012, 125–130; 317 f.). Im Apsû wird auch Marduk geboren. Cf. Tafel I 80–84 (= Kämmerer/Metzler 2012, 130–131; 318). Cf. Tafel II 1–58 (= Kämmerer/Metzler 2012, 152–162; 322–326). Cf. Tafel IV 51–124 (= Kämmerer/Metzler 2012, 209–222; 333–336). Cf. Tafel IV 136–140 (= Kämmerer/Metzler 2012, 224 f.; 336). Cf. Tafel V 1–46 (= Kämmerer/Metzler 2012, 228–234; 337 f.).

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ihrer Brust.64 Am Ende steht die Menschenschöpfung,65 und es ergeht der Befehl an die Anunnaki-Götter, Babylon als irdische Wohnstatt Marduks zu errichten.66 Der so gewordene Kosmos ist wohlgeordnet:67 Seine drei Schichten68 – Himmel, Erde und Apsû –, die Marduk zuvor Anu, Enlil und Ea zugewiesen hat,69 werden durch eine „große Verbindung“ (dumāhu) zusammengehalten (Tafel V, 59–68).70 Obschon nicht zu klären ist, welche Quelle diesem Weltmodell zugrunde liegt, so scheint es doch dem Prolog des altbabylonischen Atrahasis­Epos verwandt zu sein.71 Anu, Enlil und Ea, die ‚kanonische’ Göttertrias, so heißt es dort, warfen das Los und teilten die Welt untereinander auf. Anu erhielt den Himmel, Enlil die Erde und Ea den darunter gelegenen Süßwasserozean Apsû.72 Die Unterwelt, die in den genannten Texten keine Erwähnung findet, galt seit alters als tiefste Schicht des Kosmos, wie die sumerische Dichtung Gilgamesch, Enkidu und die Unterwelt lehrt: Als Anu und Enlil Himmel und Erde in Besitz genommen haben, erhält die Göttin Ereschkigal das Totenreich (k u r ) zum Geschenk.73 Im weiteren Verlauf der Handlung fallen die Spielgeräte des Helden Gilgamesch (e l l a g und e k i d m a) in die Tiefe von k u r hinab,74 sein 64 65

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Cf. Tafel V 47–58 (= Kämmerer/Metzler 2012, 234 f.; 338). Cf. Tafel VI 1–35 (= Kämmerer/Metzler 2012, 247–254; 342 f.). Es ist Ea (sum. Enki), auf dessen religiöses Zentrum Eridu die Tradition wohl zurückgeht, der den Menschen aus dem Blut Qingus, des getöteten Gefährten Tiamats, erschafft. Auch im altbabylonischen Atrahasis­Epos (die maßgebliche Edition ist Lambert/Millard 1969. Englische und deutsche Übersetzungen bieten Dalley 2008, 1–38; Muses, 160–203 und TUAT III, 306–317), dem zufolge der Mensch erschaffen wird, um die schwere Arbeit für die Götter zu verrichten, erscheint das Blut eines getöteten Gottes als Lebensspender: Fleisch und Blut werden (Tafel I, Col. II (K 6634 (V), obv. 189–260) auf Lehm geschüttet, auf den die Igigu-Götter ihren Speichel speien. Die zu einem Teil göttliche Natur des Menschen zeigt sich deutlich in den Zeilen 212–113: i­lu­um­ma ù a­wi­lum/li­ib­ta­al­li­lu pu­ḫu­ ur i­na ṭi­iṭ­ṭi („That god and man / May be touroughly mixed in the clay“ in der Übersetzung Lambert/Millard 1969, 59). Nach dem sumerischen Mythos Enkis Reise nach Nibru (Text: Black/ Cunningham/Robson/Zólyomi 2004, 330–333, hier 331 und ETCSL c.1.1.4, Z. 1–8) wachsen die Menschen hingegen wie Pflanzen aus der Erde. Zur ‚Menschenschöfpung‘ cf. zusammenfassend Rochberg 2005, 321 f. Cf. Tafel VI 55–68 (= Kämmerer/Metzler 2012, 258–261; 343 f.). Zur ‚Ordnung des Kosmos‘ cf. Rochberg 2005, 319 f. Cf. ibid., 322 f. Nach Tafel IV 143–146 (= Kämmerer/Metzler 2012, 235 f.; 338 f.) geht der Himmel (šamû) an Anu, Ešarra an Enlil und Apsû/Ešgalla an Ea. Tatsächlich nennt Enūma eliš sieben kosmische Regionen, deren Zuordnung nicht immer eindeutig ist: den Himmel (šamû/šamāmu) mit Ašrata (eine alternative Bezeichnung oder ein Teil des Himmels), einen unbenannten Sternenhimmel, Ešarra, die Erdoberfläche, Apsû/Ešgalla, elâltu und Andurunna. Cf. ausführlich Horowitz 1998, 125–127. Cf. Horowitz 1998, 119. Cf. ibid., 126. Tafel I, 11–14. Zur Rekonstruktion der schlecht erhaltenen Zeile 14 cf. Horowitz 1998, 126. Zum Apsû cf. ibid., 306–317 sowie 334–347. Text: Black/Cunningham/Robson/Zólyomi 2004, 31–40, hier 32 und ETCSL c.1.8.14, Z. 1–26. Cf. ibid., 35, Z. 163. Die nämliche Erzählung wurde der jungbabylonischen Fassung des Gilga­ mesch­Epos als Tafel XII beigefügt. Cf. George 2003, 47–54; 528–530; Rollinger 2009; Matijević 2015, 201. Die Spielgeräte, die dort pukku und mekku genannt werden, hat Duchesne-Guillemin 1983 gegen die Communis Opinio als magische Instrumente (Knüppel und Schaber) gedeutet.

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Diener Enkidu verfügt sich hinunter und steigt späterhin – auf Enkis Geheiß – wieder hinauf, um seinem Herren Bericht zu erstatten.75 Eindeutig liegt der Erzählung ein „vertikal konzipiertes mythologisches Weltbild“76 zugrunde. Indes, der (seit der altbabylonischen Zeit ‚kanonischen‘) Vorstellung von einem unterirdischen Stadtstaat mag ein älteres horizontales Konzept vorausgegangen sein, das k u r im östlichen Gebirge lokalisierte.77 Keines der genannten Denkmuster kann – trotz der zweifelsohne dominierenden Rolle von Enūma eliš im ersten Jahrtausend v. Chr. – mithin Ausschließlichkeit beanspruchen,78 doch stellt die mehrschichtige Struktur des Kosmos augenscheinlich eine Konstante dar.79 Eine spätbabylonische astronomische Tafel und ein in neuassyrischer Zeit verfasster religiöser Text unterscheiden drei Himmel und – in einem Fall – drei Erden in deszendenter Reihenfolge.80 Dabei erscheint die höchste Himmelssphäre (šamû elûtu) aus luludānītu-Stein81 als Wohnstatt Ans, der ‚mittlere Himmel‘ (šamû qablûtu) aus saggilmud-Stein als Sitz der Igigi-Götter (mit der Cella Bels), und die niederste, aus Jaspis verfertigte Ebene (šamû šaplûtu) gehört den Sternen.82 Auf der ‚oberen Erde‘ (erṣetu elītu) wiederum leben die Menschen, die ‚mittlere Erde‘ (erṣetu qablītu = Apsû?) wird von Ea bewohnt und in der tiefsten Schicht der Welt (erṣetu šaplītu), so heißt es, habe Bel die 600 Anunnaki eingeschlossen,83 die seit der späten Kassitenzeit (vierzehntes bis zwölftes Jahrhundert v. Chr.) mit der Unterwelt assoziiert wurden.84 Einzig

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Cf. Z. 205–303 (= Black/Cunningham/Robson/Zólyomi 2004, 36–39). Rollinger 2010c, 29. Cf. Katz 2003, 56–61. Da das Zeichen KUR offenkundig das Piktogramm eines Berges darstellt, postuliert Katz, dass es sich ursprünglich um einen rein geographischen Terminus gehandelt habe, der eine von Geistern und Dämonen bevölkerte Region in den Bergen bzw. am Fuß des Berges bezeichnete. Erst später, möglicherweise bedingt durch die Horizonterweiterung im Zuge der territorialen Expansion der Könige von Akkad (cf. ibid. 61), sei es zu einer vollständigen Mythologisierung von KUR gekommen. Dagegen streicht Rollinger 2010c, 30 heraus, dass die östlichen Gebirgszüge nicht als die Unterwelt selbst, sondern vielmehr als Zugang zum Totenreich, das auch der Sonnengott täglich passierte, empfunden worden seien. Zu Geographie und Charakter der mesopotamischen Jenseitsvorstellungen cf. ferner Horowitz 1998, 348–362; Groneberg 1990; Matijević 2015, hier v. a. 173–212 mit der älteren Literatur. Dass die Vorstellung von der Genese der Welt – wie oben gesagt wurde – von Stadt zu Stadt verschieden sein konnte, zeigt etwa die Dunnu­Theogonie (Text: Lambert 2013, 387–395; Dalley 2008, 278–281). Hier erscheinen Pflug und Erde als originäre Kräfte, aus denen das Meer hervorgeht, das seinerseits die Flüsse gebiert, sodass eine ‚Schöpfungskette‘ in Gang gesetzt wird. Eine vom bisher Vorgestellten abweichende kosmographische Tradition findet sich ferner in einigen sumerischen Beschwörungen, die das Universum in sieben Himmel (an.7) und sieben Erden (ki.7) unterteilen. Cf. Horowitz 1998, 208–220. Cf. Horowitz 1998, XII. Cf. Horowitz 1998, 3–19. Es handelt sich um die Tafeln KAR 4, 30–38 = Horowitz 1998, 3 f. (drei Himmel und drei Erden) und AO 8196, IV, 20–22 = Horowitz 1998, 4 (drei Himmel). Zur Identifizierung der Steine cf. Horowitz 1998, 9. Text: Horowitz 1998, 3 f.; SAA 3, 99–102, Nr. 39. Cf. Horowitz 1998, 8–15; Lang 2018, 511 f. Text: Horowitz 1998, 3 f. Cf. Horowitz 1998, 16–19. Cf. Horowitz 1998, 18.

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die ‚obere Erde‘, die Domäne Enlils, ist für den lebenden Menschen erfahr- und damit auch beherrschbar. Alle übrigen Schichten der Welt entziehen sich – mit Ausnahme Etanas und Adapas im Mythos85 – seinem Einblick, und selbst die sichtbare Welt ist letztlich der rechtmäßige Besitz der Götter, denen allein der irdische Herrscher seine Macht verdankt. Nur wenige Zeugnisse liefern ein kohärentes Bild von der Gestalt der Erdoberfläche, doch lassen sich die dort gelieferten Informationen durch Einzelaussagen zahlreicher weiterer Quellen bestätigen und ergänzen. In der jungbabylonischen Fassung des Gilgamesch­Epos 86 begibt sich der gleichnamige König von Uruk auf eine Reise voller Gefahren, die ihn bis ans Ende der Welt führt. Ziel dieses Unternehmens ist ina pî nārāti (‚in der Mündung der Flüsse‘), die Wohnstatt des Sintfluthelden Utanapischti. Jenem ‚mesopotamischen Noah‘, der in der Sumerischen Fluterzählung87 als Ziusdura,88 in der oben erwähnten (alt-)babylonischen Dichtung unter dem Namen Atrahasis figuriert, hatten die Götter als Überlebendem des Kataklysmus Unsterblichkeit verliehen.89 Von der Hoffnung getrieben, dass Utanapischti ihm das Geheimnis des ewigen Lebens 85

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Etana erscheint bereits in der Sumerischen Königsliste als König von Kisch, der „zum Himmel aufstieg“ (SKL Col. II, 16–19 = Glassner 2004, 120–121). Im Epos (TUAT Erg. 34–51; Dalley 2008, 189–202; Muses, 533–554) begehrt der König ein ‚Fruchtbarkeitskraut‘, das der Kinderlosigkeit seiner Frau abhelfen soll. Da die nämliche Pflanze nur im Himmel wächst, befreit er auf den Rat des Sonnengottes Schamasch hin einen Adler, auf dessen Rücken er die Erde verlässt. Zum Himmelflug cf. Horowitz 1998, 43–66. Adapa wiederum erscheint in einem babylonischen Mythos (TUAT Erg 51–55; Dalley 2008, 182–87; Muses 525–30) als ein von dem Gott Enki/Ea mit Weisheit begabter Mann (apkallu) aus der altehrwürdigen sumerischen Stadt Eridu. Nachdem er beim Fischen den Südwind verflucht hat, der ihn ins Wasser geworfen hatte, und dieser daraufhin zu wehen aufhört, wird Adapa zur Anklage an den Hof des höchsten Gottes Anu berufen. Dort sollten ihm ursprünglich ‚Brot und Wasser des Todes‘ zu Essen gegeben werden, doch Adapa wird von Ea vorgewarnt. Aber die Wächter des Himmelstores Dumuzi und Gischzida/Ningischzida stimmen Anu um, sodass ihm stattdessen ‚Brot und Wasser des Lebens‘ angeboten werden. Adapa, der hiervon nichts ahnt, lehnt die Speise ab, die ihm Unsterblichkeit verliehen hätte. Der Himmel bleibt den Menschen fortan für immer verschlossen. Doch auch die Unterwelt gilt als ‚Land ohne Wiederkehr‘, das selbst den Göttern die Rückkehr verwehrt, wie die Erzählung von Inannas Gang in die Unterwelt (Text: Black/Cunningham/Robson/Zólyomi 2004, 65–76 und ETCSL c.1.4.1) lehrt. Im Zwölf-Tafel-Epos (11, 290) gelangt der Titelheld Gilgamesch indessen immerhin in den Apsû, um die ‚Pflanze des Lebens‘ zu pflücken. Die vorliegende Darstellung folgt der neuen und umfassenden Edition George 2003, die auch die maßgebliche ältere Literatur verzeichnet. Bei der Wiedergabe wörtlicher Zitate in deutscher Übersetzung wird auf Röllig 2009 zurückgegriffen. Die Edition Parpola 1997b bietet neben der Transliteration und der englischen Übersetzung ferner den Text in Keilschrift. Zu den sumerischen Vorläufern des Zwölf-Tafel-Epos cf. George 2003, 3–17. Zu den alt- und mittelbabylonischen Tafeln und Fragmenten cf. ibid. 22–27 sowie 159–247. Zur Ikonographie des Gilgamesch cf. die Beiträge in Steymans 2010. Text: Black/Cunningham/Robson/Zólyomi 2004, 212–225 und ETCSL c.1.7.4. Zur Genese der mesopotamischen Fluterzählung cf. van Koppen 2011; Lang 2014a. Zu ihrer Rezeption durch Berossos cf. Lang 2013. Zum Namen cf. George 2003, 152 f. Cf. Tafel XI 203–204 (= George 2003, 716 f.). Zur Gestalt des Sintfluthelden Black/Green 1992, 189–190 sowie George 2003, 152–155 mit der älteren Literatur.

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preisgeben werde, gelingt es Gilgamesch, zu den ‚Rändern der Erde‘ vorzudringen.90 Dorthin nämlich war der Unsterbliche von den Göttern entrückt worden.91 Auf seiner Reise gelangt Gilgamesch nach einem langen, beschwerlichen Marsch zum ‚Zwillingsberg‘ Māšu, der von Skorpionmenschen bewacht wird,92 durchmisst von dort aus den ‚Pfad der Sonne‘ (harrān dšamši), i. e. eine zwölf Doppelmeilen bzw. Doppelstunden (bēru) lange Region der Finsternis,93 und erreicht schließlich einen Garten von Bäumen, deren Blätter und Früchte aus kostbaren Edelsteinen bestehen.94 Daselbst trifft er auf die Schankwirtin Schiduri, die an den Ufern des Meeres (tâmtu) haust. Entgegen ihrer Warnung, dass allein der Sonnengott Schamasch und Utanapischtis Fährmann Ur-schanabi die „Wasser des Todes“ (mê mūti) zu überqueren vermöchten,95 nimmt Gilgamesch das Wagnis auf sich und gelangt nach ina pî nārāti.96 Nach der obigen Schilderung erscheint die bewohnte Welt dreigeteilt, bestehend aus einem zentralen Kontinent oder „Festlandblock“,97 dessen Mittelpunkt die mesopotamische Tiefebene darstellt, einem kosmischen Ozean und Ländern jenseits des Meeres.98 Am östlichen Rand der Festlandmasse ragt ein Berg in den Himmel, der „täglich den Aufgang der Sonne bewacht.“99 Die Vorstellung von Gebirgen, die mit dem Auf- und Untergang der Sonne assoziiert wurden, reicht offenbar bis ins späte

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Der Prolog der jungbabylonischen Version (Tafel I 40 f. = George 2003, 540 f.) preist die Vorzüge und Errungenschaften des Gilgamesch, des schönen und weisen Erbauers der Mauern von Uruk, „der den Ozean überquerte, die weite See, bis zum Aufgang der Sonne, der die Weltränder [kibrāti] ausspähte auf der Suche nach dem Leben […].“ Cf. Tafel XI 205–206 (= George 2003, 716 f.). Cf. Tafel IX 37–59; 75–90; 125–35 (= George 3003, 668–671). Cf. Tafel IX 136–170 (= George 2003, 670–673). Cf. Tafel IX 171–190 (= George 2003, 172–175). Lang 2018 zeigt Interdependenzen zwischen dem Edelsteingarten im Gilgamesch­Epos und dem spätbabylonischen Text KAR 307, 30–38 und AO 8196, IV, 20–22 (= Horowitz 1998, 3 f.) auf (s. o.), dem zufolge die unterschiedlichen Sphären des Himmels aus Edelsteinen bestehen. Die obige Passage sei als „intertextual evidence“ aufzufassen, sodass eine ‚Himmelsreise‘ Gilgameschs zumindest angedeutet werde. Cf. Tafel X 78–91 (= George 2003, 682 f.): „Niemals, Gilgamesch, gab es einen Zugang, und seit ewigen Zeiten hat niemand das Meer überquert. Schamasch, der Held (allein) ist es, der das Meer überquert. Wer außer Schamasch kann das Meer überqueren?“ (ul ib­ši dgilgameš né­bé­ru ma­ti­ ma / u ma­am­ma šá ul­tu u4­um ṣa­at ikšudu(k u r -) la ib­bi­ru tam­ta / e­ber tam­ti dšamaš qu­ra­ du­um­mu / ak­la dšamaš e­ber man­nu). Nicht zuletzt die Erwähnung der ‚Wasser des Todes‘ hat Clark 1979, 22–36, dazu bewogen, Gilgameschs Reise zu Utanapischti als ‚symbolische Katabasis‘ zu deuten, die die homerische Nekyia beeinflusst habe. Cf. aber die begründeten Einwände von Matijević 2015, 193–199. Da er zuvor die ‚Steinernen‘, Kultstatuen, die die Überfahrt ermöglichen, zerstört hat, muss Gilgamesch mithilfe von 300 Stakstangen, die jeweils nur einmal verwendbar sind, übersetzen (Tafel X 155–168). Als diese verbraucht sind, erfindet er das Segel, durch das die letzte Wegstrecke bewältigt wird (Tafel X 169–183). Rollinger 2010c, 17. Cf. Horowitz 1998, 105–116; 324–334; Rollinger 2010c, 17–18. Tafel IX 39 (= George 2003, 668–669).

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dritte oder frühe zweite Jahrtausend zurück und ist auch andernorts bezeugt.100 Die gewaltige Höhe der Berge, die Mesopotamien einschlossen, mag die Vorstellung begünstigt haben, dass sie von phantastischen Geschöpfen, wie den Skorpionenmenschen, bewohnt seien, „deren Anblick den Tod bedeutet.“101 Weiterhin wird über den Zwillingsberg im Gilgamesch­Epos gesagt, dass seine Gipfel „die Gründung des Himmels“ (šupuk šamê) berührten und sein Fundament bis in die Unterwelt (arallû) hinabreiche.102 Damit wird einerseits die bedrohliche und zugleich numinose Wirkung der fernen Berge angesprochen, zugleich aber auch die vertikale Dimension des Kosmos indiziert.103 Der Berg Māšu und der ‚Pfad der Sonne‘ haben der Forschung einiges Kopfzerbrechen bereitet. Zumeist wurde harrān dšamši als ein unterirdischer Tunnel gedeutet, der sich zwischen dem Ort des Sonnenaufgangs und des Sonnenuntergangs erstrecke.104 Tatsächlich begegnet in einigen mesopotamischen Texten die Vorstellung, dass der Sonnengott Utu/Schamasch, nachdem er am Tage das Firmament durchmessen und die Erde erhellt hat, durch eine Pforte im ‚Gebirge des Westens‘105 in die Unterwelt

100 So heißt es in einem sumerischen Lied auf Enlil (Falkenstein/von Soden 1953, 76–79, hier 76–77, Z. 15–16): „Vom Gebirge im Sonnenaufgang bis zum Gebirge im Sonnenuntergang gibt es im Lande keinen Herren – du allein bist der Herr […]“ Cf. ferner George 2003, 492 f., Anm. 169; Horowitz 1998, 331–332; Heimpel 1986, 143–146 mit Belegstellen. Allgemein zu Berg und Gebirge aus altorientalischer Perspektive cf. Rollinger 2010c. Zu den kosmischen Bergen ibid., 18. 101 Tafel IX 43 (= George 2003, 668 f.). Cf. Horowitz 1998, 98. 102 Cf. Tafel IX 40–41 (= George 2003, 668 f.). 103 Cf. Rochberg 2005, 317. So begegnet – möglicherweise begünstigt durch die monumentale Architektur der mesopotamischen Städte, die buchstäblich ‚in die Höhe‘ wuchsen – seit früher Zeit das sogenannte Tempel-als-Berg-Motiv. Cf. Rollinger 2010c, 24–29. Diese Metapher, die eine Stadt bzw. deren zentralen Tempel mit einem Gebirge vergleicht, das seinerseits mit ‚der Welt‘ gleichgesetzt wird, findet sich bereits in einem der ältesten erhaltenen sumerischen Literaturwerke aus dem dritten Jahrtausend, der Kesch­Hymne (Text: Black/Cunningham/Robson/Zólyomi 20004, 325–330, hier 326 und ETCSL c.4.80.2, Z. 10–12). Cf. ferner eine Hymne an Enlil. Text: Falkenstein 1959, 13–18 (Transliteration); 21–24 (Übersetzung) und ETCSL t.4.05.1 (Z. 41–49): „Des Hauses göttliche Kräfte stürzt kein Gott, seine heiligen Reinigungskulte haben wie die Erde kein Ende, seine ‚göttlichen Kräfte‘ sind (wie) die ‚göttlichen Kräfte‘ des Abzu – niemand schaut sie“ (é - a m e - b i d i n g i r s á g 1 n u - d i š u - l u ḫ- s i k i l - b i k i - g i m n u - š i l i g - g e m e - b i m e - a b z u l ú i g i n u - b a r - r e - d è 1); (Z. 68): Enlil habe Ekur „in der Mitte der vier Weltgegenden in Duranki gegründet“ (u b - d a - l i m m ú - b a 1 m u r u b 4 - b a d u r - a n - k i - k a 2 k i b a - n i 3 - t a g - g e ); (Z. 78): „sein furchterregender schrecklicher Glanz reicht bis zum Himmel“ (n í - m e 1 - l á m - b i a n - n é 2 ú s - s a ); (Z. 141–143): „Dein Wort ist zum Himmel ein …, zur Erde ein Fundament, zum Himmel ein großes …, (das) bis zum Himmel reicht, zur Erde ein Fundament, das nicht zerstört wird“ (i n i m - z u a n - š è i d i m - m a k i - š è t e m e n - à m a n - š è i d i m - g a l a n - n é ú s - s a 1 k i - š è t e m e n s á g n u - d i - d a m). Dasselbe Bild manifestiert sich nicht zuletzt in zahlreichen Tempelnamen. So hieß Enlils Heiligtum in Nippur é - k u r , ‚Haus: (es ist) ein Berg‘ (cf. George 1993, 116, Nr. 677) und der Tempel Assurs in Kār-Tukulti-Ninurta é - k u r - m e - š a r - r a, ‚Haus: (es ist) ein Berg der zahlreichen m e ‘ (cf. George 1993, 117, Nr. 687). Weitere Belege bei Rollinger 2010c, 26–27. 104 Cf. etwa Edzard 1985; Bottéro 1980, 31. 105 Zu den Himmelspforten cf. Heimpel 1986, 132–133.

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hinabsteige, dort die Toten richte und sich am Morgen erneut aus dem ‚Gebirge des Ostens‘ erhebe.106 Auch auf dem ‚Pfad der Sonne‘ im Gilgamesch­Epos herrscht vollständige Finsternis.107 Davon abgesehen deuten jedoch keine weiteren Details darauf hin, dass hier eine Durchquerung des Totenreiches, das als ‚Land ohne Wiederkehr‘ begriffen wurde, beschrieben würde.108 Möchte man gleichwohl an dem Konzept zweier Berge in Ost und West109 und eines unterirdischen Korridors festhalten,110 so wäre der Berg Māšu logischerweise im Westen zu lokalisieren, da Gilgamesch den Weg durch die Finsternis offenbar im Wettlauf mit Schamasch zurücklegt.111 Ein solcher Wettlauf macht aber nur vor dem Hintergrund einer West-Ost-Bewegung Sinn, da Gilgamesch umgekehrt allenfalls auf einen ihm entgegenkommenden Sonnengott treffen könnte.112 Diese Deutung wirft allerdings einige Probleme auf: Einerseits erforderte sie die Emendation von IX 39, wo der Zwillingsberg eindeutig als ‚Berg des Sonnenaufgangs‘ charakterisiert wird,113 umgekehrt aber heißt es im Prolog des Zwölf-Tafel-Epos über Gilgamesch, dass er „den Ozean überquerte, die weite See, bis zum Aufgang der Sonne.“114 Obschon die akkadische Erzählung die genaue Lokalisierung von ina pî nārāti schuldig bleibt, ist eine Lage im Osten wahrscheinlich, zumal die Sumerische Fluterzäh­

106 Cf. Heimpel 1986, 146 f., der jedoch zu Recht die widersprüchlichen Traditionen über die nächtlichen Aktivitäten der Sonne herausstellt: Dem Konzept der ‚rastlosen Sonne‘ stehe die Vorstellung von einem ‚anthropomorphen‘ Sonnengott gegenüber, das ihn als ein Wesen mit menschlichen Zügen und Bedürfnissen vorstellt, zu denen auch der Schlaf zählt. Cf. ibid., 147 f. 107 Cf. die wiederholte Wendung: „Dicht ist die Finsternis, es gibt kein Licht“ in Tafel IX, 139–165. 108 Cf. Black/Green 1992, 180; George 2003, 494. 109 Theoretisch bestünde auch die Möglichkeit, dass es sich um einen einzigen Berg mit zwei Gipfeln handelt. Cf. George 2003, 492. Als ein solcher erscheint auch der Berg Simirria im Gottes­ brief Sargons II. (= Mayer 1983, 68 f., Col. I, 18 f.), dessen Beschreibung eine Reminiszenz an Gilgamesch darstellen mag: „Der Simirria – eine große Bergspitze, der wie eine Speerklinge aufragt und über dem Gebirge, in dem die dBēlet-ilī wohnt, sein Haupt erhebt, dessen beide Gipfel an den Himmel angelehnt sind und dessen Fundamente die Mitte der Unterwelt erreichen […]“ (kurSi­ mir­ri­a ŠU.SI KUR-i GAL-tu ša ki­ma še­lu­ut šu­kur­i zaq­pat­ma UGU ḫur­šá­a­ni šu­bat dBe­ let­DINGIR.MEŠ šá­qa­at re­e­ši ša e­liš re­šá­a­šá šá­ma­mi en­da­ma šap­la­nu šur­šu­šá šuk­šud­du qé­reb a­ra­al­li). 110 Horowitz 1998, 100 denkt an eine Region ewiger Finsternis im Norden, wo die Sonne nach der Sargon­Geographie (s. u.) niemals gesehen wird (rev. 24’–25’). Cf. ibid., 32 f. Auch auf dem Pfad im Gilgamesch­Epos (Tafel IX 163) ist vom Nordwind die Rede, doch ist die entsprechende Textstelle aufgrund ihres nur fragmentarischen Erhaltungszustandes problematisch, wie George 2003, 494, Anm. 494 betont. Auch Heimpel 1986 verwirft die Idee eines Tunnels und verficht stattdessen das Konzept eines ‚Himmelsinnern‘ (heaven’s interior), wo sich der Sonnengott nachts aufhalte, dessen genaue Lokalisierung jedoch unklar bleibt. 111 Cf. George 2003, 495. 112 In Tafel IX 170 heißt es: „Dann kommt er hinaus noch vor der Sonne.“ Cf. George 2003, 495. 113 Cf. George 2003, 495. 114 Tafel I 40. George 2003, 540–541: ēbir ayabba tâmati napašti adi sīt šamši. Cf. ibid., 495.

Das ‚Eigene‘ und das ‚Fremde‘: Die Wahrnehmung der Welt und ihrer Grenzen

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lung Dilmun (Bahrain) als Heimstatt Ziusduras angibt,115 das am Persischen Golf gelegen ist. Jener erscheint in einer Inschrift Sargons II. als ‚Meer des Sonnenaufgangs‘.116 Doch ungeachtet der Frage, ob im Gilgamesch­Epos ein Berg des Sonnenaufgangs oder des Sonnenuntergangs imaginiert wird: Schwerer wiegt die Tatsache, dass die Welt hier offenbar noch nicht endet. Der Ozean, den Gilgamesch sonach überquert, wird desgleichen von Schamasch erhellt.117 Hierin liegt ein offenkundiger Widerspruch;118 zugleich erscheint es angezeigt, sich von dem uns geläufigen „ausschließenden Wahrheitskonzept“119 zu verabschieden und dem ‚akkumulativen‘ Weltzugang der (mesopotamischen) Gelehrten120 sowie einer häufig bezeugten ‚konzeptuellen Diskontinuität‘ („conceptual discontinuity“121) Rechnung zu tragen. Das Phänomen einander ablösender, (zeitweilig) nebeneinander existierender und von späteren Schreibern zusammengeführter Vorstellungen mag auch die oben aufgezeigten Unstimmigkeiten erklären helfen: Einer alten Tradition zufolge erhob sich die Sonne aus den östlich der Mesopotamischen Tiefebene gelegenen Gebirgszügen des Zagros.122 Im ersten Jahrtausend besaßen die dort lebenden Menschen jedoch einen beträchtlich erweiterten geographischen Horizont  – ohne freilich über genauere Kenntnisse über entfernte Gegenden zu verfügen.123 So mag die Verbindung zweier ursprünglich unabhängiger Motive (der Reise übers Meer und des Wettlaufs mit der Sonne) zu den dargelegten Widersprüchen geführt haben,124 Widersprüche, die die Menschen indessen durchaus miteinander zu vereinbaren wussten: Dem Großen Hymnus an Schamasch zufolge erhob sich der Sonnengott an den Enden der Welt und passierte daraufhin das Meer und die Berge.125 Der Lauf der Sonne bestimmt demnach die Grenzen der Erde, deren Oberfläche im Gilgamesch­Epos – wie erwähnt – dreigeteilt erscheint. 115

Cf. Black/Cunningham/Robson/Zólyomi 2004, 212–215, hier 215 E3-II. Cf. George 2003, 495 f.; Horowitz 1998, 104. 116 Cf. die Große Prunkinschrift Z. 34–36 (= Fuchs 1994, 65; 304): „Upēri, der König von Dilmun, dessen Nest (narbāṣu) […] wie ein Fisch mitten im Meer (ina MURUB4 tam­tim) von Sonnenaufgang (ni­pi­iḫ dUTU-ši) liegt.“ Cf. Horowitz 1998, 104–105, für den die Identifizierung mit Dilmun ferner durch den Umstand an Plausibilität gewinnt, dass Gilgamesch die ‚Pflanze des Lebens‘ (IX 290 f.) aus dem Apsû unter dem Meer herausreißt. Vor Bahrain existieren nachgewiesenermaßen Süßwasserquellen. 117 Cf. Tafel X 81–83 (= George 2003, 682 f.). 118 Cf. George 2003, 496. 119 Selz 2010, 109. 120 Cf. ibid., 109 f. Dieses „Anhäufungsverfahren“ (ibid., 109) zeige sich beispielsweise in der  – für unsere Begriffe paradoxen – Vorstellung, dass der Sonnengott zugleich am Himmel und in seiner Kultstatue präsent sein könne. 121 Heimpel 1986, 150. 122 Cf. George 2003, 485, Anm. 133. 123 Cf. ibid., 496. 124 Cf. ibid., 497. 125 Text: Falkenstein/von Soden 1953, 240–247, hier 241, Z. 27–29: „Du durchmißt die Himmelsbahn ständig immer wieder, gehst über die weite Erde einher Tag für Tag. Den Weg über Meer (und) Gebirge […].“

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Ungleich deutlicher tritt diese Dreiteilung in einem weiteren ins erste Jahrtausend zu datierenden Dokument zutage – der Babylonischen Mappa Mundi. Wiewohl eine kartographische Tradition in Mesopotamien durchaus existierte,126 stellen die Zeichnung und der sie begleitende Text insofern ein Unikum innerhalb der Überlieferung dar, als sie die Beschreibung der ‚Welt‘ in ihrer Gesamtheit beanspruchen.127 Die stark beschädigte graphische Darstellung auf der Vorderseite der Tafel bildet die Erdoberfläche aus der Vogelperspektive ab.128 Zu sehen sind zwei konzentrische Kreise mit fünf (ursprünglich wohl acht) Dreiecken, die sternförmig vom äußeren Kreis ausgehen. Während die vom inneren Kreis eingeschlossene Fläche den zentralen Kontinent darstellt, wird die von beiden Kreisen begrenzte Region viermal als marratu-Ozean (eigentlich: ‚das Bittere‘) gekennzeichnet,129 der das Festland umfließt. Die als nagû bezeichneten Dreiecke liegen jenseits davon.130 Auf dem Festland sind Landschaften (Assyrien und Urartu), Städte (Babylon, Bit Yakin, Habban, Susa) und topographische Begriffe (šadû = ‚Berg‘, apparu = ‚Sumpf ‘, bitqu = ‚Kanal‘, uru = ‚Stadt‘) nach dem gängigen kartographischen Verfahren als geometrische Figuren eingezeichnet.131 Zwei vertikale Linien – wohl die Ufer des Euphrats132 – zerteilen ein Rechteck, das das Signum ‚Babylon‘ (TIN.TIRki) trägt. Somit erscheint die Metropole, obschon sie etwas nördlich des Kompasspunktes lokalisiert wird,133 gleichsam als ‚Nabel der Welt‘, der selbst das ‚Land Assur‘ (kuraš+šurki) an Größe übertrifft.134 Die bekannte Welt ist damit scheinbar sehr begrenzt:135 Der Kontinent, der weitgehend mit der Mesopotamischen Tiefebene gleichgesetzt wird, endet im Norden kurz hinter Assyrien, Urartu und dem Taurus. Dahinter liegt bereits der kosmische Ozean, dessen vertraute Bereiche das ‚Obere Meer‘ (tâmtu elītu), i. e. das Mittelmeer, und das ‚Untere Meer‘ (tâmtu šaplītu), i. e. der Persische Golf, darstellten (s. u. Kap. I.2.3).136 126 127

128 129 130 131 132 133 134 135 136

Cf. Röllig 1980–1983, 464–466. Es handelt sich um eine spätbabylonische Tafel (BM 92687), die im siebten Jahrhundert in Borsippa entstand, der wohl aber ein Original aus dem neunten Jahrhundert zugrunde liegt. Abbildung und Text: Horowitz 1988; 1998, 20–25 und 402–403; 406–407 (Photographien). Kommentiert werden Text und Bild ibid. 25–42. Cf. ferner Röllig 1980–1983, 466 f.; Ulf 2008a, 155–157; Hartenstein 2011; Pongratz-Leisten 2015, 191–197. Cf. Horowitz 1998, 37 mit Bezug auf obv. 11’, wo von „Flügeln wie ein Vogel“ die Rede ist. Cf. ibid., 29 f. Seit dem ersten Jahrtausend wurde marratu, das allerdings mit dem Determinativ ÍD versehen ist und daher eher eine Art Fluss zu bezeichnen scheint, zunehmend dem Begriff tâmtu (‚Meer‘) angeglichen. Cf. ibid., 25 f. Cf. ibid., 27–29. Cf. ibid., 27; Röllig 1980/83, 29. Cf. Horowitz 1998, 41 f. Dies mag indessen auch der Rohheit der Karte geschuldet sein, zumal die Größenverhältnisse und die Lokalisierungen auch ansonsten nicht exakt sind. Cf. Horowitz 1998, 29. Zu Babylon als ‚kosmische Stadt‘ cf. Visscher 2020, 74. Cf. Márquez Rowe 2018, 373 f. (im Vergleich zu den Weltkarten der Griechen Anaximander und Hekataios). Cf. Horowitz 1998, 303.

Das ‚Eigene‘ und das ‚Fremde‘: Die Wahrnehmung der Welt und ihrer Grenzen

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Indessen zeugt die Karte durchaus von dem Bewusstsein, dass Welten jenseits der eigenen existierten – Welten, zu denen seit dem dritten Jahrtausend mithin rege Handelskontakte bestanden.137 Jene als nagû bezeichneten Regionen kennzeichnen eine unspezifische Ferne, Inseln oder eine Festlandmasse jenseits des marratu-Ozeans am Rande der Erde.138 Diesen fernen Regionen widmet sich der begleitende Text, der sie indessen, wie die Karte, zum Vertrauten in Beziehung setzt. In der Beschreibung auf der Vorderseite, die wohl jüngeren Datums ist,139 ist (Z. 1–9) von „verlorenen Städten“ (ālānu abtūtu), von exotischen Tieren und Fabelwesen die Rede, die an die Kreaturen Tiamats gemahnen. Künden die ersteren von einer fernen Vergangenheit, so evozieren die letzteren die Fremdheit des Ozeans und der nagû, deren Fauna als grundverschieden von derjenigen der mesopotamischen Heimat imaginiert wurde.140 Die Ferne der nagû wird weiterhin durch die Feststellung akzentuiert, dass einzig Utanapischti, Sargon von Akkad und Nur-Dagan sie erreicht hätten.141 Wie folglich die Lokalisierung der nagû auf der Karte von den vertrauten Stätten Babyloniens und Assyriens bestimmt wird, so wird die gleichsam ‚geschichtslose‘ Ferne im Text zu den legendären Gestalten der eigenen Vergangenheit in Kontrast gesetzt: Hier steht die geordnete, historisch ‚identifizierbare‘ Welt, dort die ‚unzivilisierte‘ Fremde.142 In gleicher Weise beschreibt der Text auf der Rückseite die Verhältnisse in den einzelnen nagû, die den Bewohnern der mesopotamischen Tiefebene nachgerade phantastisch erscheinen mussten: Von der „Heimat des gehörnten Viehs“ (Z. 21’–23’) ist dort die Rede, vom „Land der märchenhaften Bäume“ respektive „der Regenfälle und der Flut“ (Z. 11’–18’)143 oder von einem Ort, den geflügelte Vögel nicht erreichen können (Z. 7’–8’).144 Weiterhin wird die (stets gleichbleibende) Entfernung von sieben 137 138

Cf. Kap. I.2.3. Cf. Horowitz 1998, 30–32. Die gängige neuassyrische Bedeutung ‚Provinz‘ oder ‚Distrikt‘ (CAD 121–122 nagû A 1) dürfte hier kaum zutreffen. Den Vorzug verdient zweifelsohne die in neubabylonischen Inschriften bezeugte Semantik als fernes Land ‚im Meer‘ (ina qereb tâmti). Cf. Horowitz 1998, 30 f. Interessanterweise scheint nagû mit dem vorangestelltem Determinativ für ‚Holz‘ (/giš/) im neubabylonischen Sprachgebrauch ferner einen außerhalb einer Stadt gelegenen Garten zur Kultivierung von Bauholz bezeichnet zu haben (CAD, 123 nagû B). Cf. Sandowicz 2009. Da natürliche Wälder in Babylonien eine Seltenheit darstellten (cf. ibid., 18), ist es nicht abwegig, dass sich die nämliche Bedeutung von der älteren Vorstellung herleitet, dass ferne Gegenden reich bewaldet seien. Einen Beleg für die neuassyrische Bedeutung nagû als Insel (CAD, 122 nagû A 2) liefert auch das Gilgamesch­Epos, Tafel XI 140–141: „Nach Ufern hielt ich Ausschau am Rande des Meeres – an zwölf Stellen ragten Inseln (nagû) am Ufer des Meeres […].“ 139 Zur Datierung cf. Horowitz 1998, 26. 140 Cf. ibid., 35; de Jonker 1995, 45. 141 Cf. de Jonker 1995, 45. 142 Cf. ibid., 46. 143 Ein eindeutiges Verständnis wird durch die äquivoke Bedeutung von MI.LU und ZI.NU erschwert. Während die Lesung mēlû (‚Höhe‘) und zinû (‚Laub‘) für die erstere Variante spräche, besteht auch die Möglichkeit, mīlu (‚Flut‘) und zinnu (‚Regen‘) einzusetzen. Cf. Horowitz 1998, 38. 144 Cf. Horowitz 1998, 37 f. Hier ist an eine Berg-, möglicherweise aber auch an eine Wüstenregion zu denken. Cf. etwa die Beschreibung Hararinas und Ayallas in den Annalen Assurbanipals (Prisma

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Doppelmeilen vom äußeren Rand des Festlandblocks bis zum jeweiligen nagû angegeben.145 Im letzten Abschnitt (Z. 26’–27’) schließlich finden die ‚vier Weltgegenden‘ Erwähnung.146 Dieser wirkmächtige geographische Terminus leitet sich von einer Tradition her, die Erdoberfläche in vier gleichgroße Quadranten einzuteilen, die mit den vier Winden respektive den vier Himmelsrichtungen korrelieren.147 Ein kleines, in spätbabylonischer Schrift gehaltenes Fragment aus dem Resch-Tempel in Uruk scheint das nämliche Konzept abzubilden.148 Die stark beschädigte Tafel zeigt ein Diagramm, auf dem ein Quadrat von einem Kreis umschlossen wird. In den Winkeln des Vierecks befanden sich ursprünglich vier gleichgroße Dreiecke, die durch Beschriftung als die ‚vier Winde‘ gekennzeichnet werden. Inschriften an den Außengeraden des Vierecks geben die Jahreszeiten an. Obschon der unmittelbare Zweck der Zeichnung sich uns verschließt,149 diente sie offenbar der Korrelation verschiedener kosmischer Entitäten: des Sonnenaufgangs und des Sonnenuntergangs sowie der vier Winde innerhalb des Vierecks und der Jahreszeiten mit ihren jeweils charakteristischen Winden außerhalb davon.150 Die Positionierung der Winde in den Winkeln des Quadrats lässt darauf schließen, dass man sich die ‚vier Weltgegenden‘ weniger als Quadranten denn als trianguläre Flächen innerhalb des Kreises dachte. Das nördliche Dreieck schlösse dann etwa nordöstliche und nordwestliche Gebiete ein.151 Die vier Winde wurden den vier Himmelsrichtungen zugeordnet und – nicht anders als heutzutage – nach ihrem Ursprung benannt. Dabei deuten die Bezeichnungen für Ost -und Westwind auf eine

145 146 147

148 149 150 151

A VIII, 120 f. = Borger 1996, 65; 247 = Streck 1916, 70–71): „Durch die Steppe (Wüste), ein Land des Durstes und der Verschmachtung, dessen Inneres kein Vogel des Himmels aufsucht.“ Cf. Horowitz 1998, 37. Die acht Abschnitte beginnen jeweils mit der standardisierten Formel: „Zum 1, 2…nagû, wohin du sieben Doppelmeilen (bēru) gehst.“ Cf. Horowitz 1998, 40, der drei mögliche Konjekturen der Textstelle anführt: kibrāt erbetti ša kal kiššati (šar): ‚die vier Quadranten des ganzen Universums‘: kibrāt erbetti šá kal ša[rē] (I])meš]: ‚die vier Quadranten aller Winde‘; kibrāt erbetti ša kal ša[r erbetti]: ‚die vier Quadranten aller Winde‘. Cf. Horowitz 1998, 298. Zur Bedeutung der vier Winde im Ritual bīt šalā’mê cf. Ambos 2013, 122– 124. Glassner 1984, 17–20 legt jedoch dar, dass sich ‚die Welt‘ streng genommen aus fünf Regionen, i. e. dem Zentrum und den ‚vier Weltgegenden‘ konstituiert. Die sumerische Dichtung Fluch über Akkad beschreibt die von Naramsin beherrschte Welt folgendermaßen (ETCSL t.2.1.5, Z. 45–56): „The highland Martu, people ignorant of agriculture, brought spirited cattle and kids for her. The Meluḫans, the people of the black land, brought {exotic wares} {(some mss. have instead:) wares of foreign countries} up to her. Elam and Subir loaded themselves with goods for her as if they were packasses. (m a r - t u k u r - r a l u 2 š e n u - z u g u d d u 7 m a š 2 d u 7 - d a m u - u n - n a - d a a n - k u 4 - k u 4 m e - l u ḫ- ḫa k i l u 2 k u r g i g 2 - g a - k e 4 n i g 2 - š u { k u r 2 - k u r 2 - r a } { (some mss. have instead): k u r - k u r - r a } m u - u n - n a - r a - a b - e d 3 - d e 3 e l a m k i s u - b i r 4 k i a n š e b a r a g l a 2 - g i n 7 n i ĝ 2 m u - n a - a b - l a 2 - l a 2). Während k i - e n - g i im Zentrum liegt, werden die übrigen ‚Weltgegenden‘ durch e l a m k i, s u - b i r 4 k i, m a r - t u , und m e - l u ḫ - ḫ a k i markiert. Das Fragment BagM. Beih. Nr. 98 ist bei Horowitz 1998, 193–194 abgebildet. Zur Diskussion cf. ibid., 195–207. Cf. ibid., 204–207, hier v. a. 206–207 zu möglichen Erklärungen. Cf. ibid., 195. Cf. ibid., 199–200.

Das ‚Eigene‘ und das ‚Fremde‘: Die Wahrnehmung der Welt und ihrer Grenzen

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enge Verbindung zur Geographie der Erde hin: Während der erstere (sum. I M k u r. r a ; akk. IMšadû: ‚Bergwind‘) auf die östlich und nordöstlich von Mesopotamien gelegenen Gebirgszüge verweist, leitet sich die Benennung des Letzteren (sum. IMm a r. d ú ; akk. IM amurru) wortgeschichtlich von den Amurriter-Stämmen her, die seit dem dritten Jahrtausend von Westen her in die Tiefebene eingewandert waren.152 Die geographische Gestalt der Erde wiederum findet ihre Entsprechung auf der himmlischen Landkarte, die desgleichen in vier Quadranten unterteilt wurde.153 Unter den zahlreichen begrifflichen Varianten der ‚vier Weltgegenden‘ sind sumerisch a b - d a l í m m u - b a / a n - u b - d a l í m m u - b a (‚die vier Himmelsecken‘) und akkadisch kibrāt arba’i/kibrāt erbetti (‚die vier Ufer‘) die gebräuchlichsten.154 Wiewohl beide Termini nicht exakt bedeutungsgleich sind, wurden sie in zweisprachigen Texten und lexikalischen Listen gleichgesetzt.155 Eingedenk des in zahlreichen Texten greifbaren Befundes, dass Himmel und Erde Aspekte eines vor Urzeiten getrennten Ganzen darstellten (s. o.), bezeichnen die ‚vier Himmelsecken‘ zugleich die ‚Ecken der Erde‘, da beider äußere Enden am Horizont aufeinandertreffen.156 Wenn demnach von den ‚vier Weltgegenden‘ die Rede ist, schließt die sumerische Formulierung alle Territorien bis zu den Grenzen der Erde (und des Himmels?) mit ein.157 Die akkadische Bezeichnung ‚Ufer‘ wiederum evoziert  – im Sinne der Babylonischen Mappa Mundi  – den kosmischen Ozean, und in der Tat mag auch der Kreis auf dem im Resch-Tempel aufgefundenen Diagramm den zentralen Kontinent abbilden.158 Eine solche Auslegung führte indessen zu dem Paradoxon, dass nur jener, nicht die gesamte Erdoberfläche, in vier Quadranten unterteilt würde.159 Der Weltkarte zufolge (rev. 26’) werden kibrāt erbetti, wie auch in anderen Texten, indessen als die Gesamtheit aller Länder unter der Sonne begriffen, schlössen demnach also auch Regionen jenseits des Ozeans mit ein.160 Ohne Zweifel folgt die babylonische Weltkarte den geographischen Konventionen ihrer Entstehungszeit. Es ist jedoch evident, dass es den Verfassern keineswegs um die Abbildung der reinen kartographischen Wirklichkeit zu tun war. Vielmehr liegt der Mappa Mundi ein ideologisch fundiertes Weltkonzept (mental map) zugrunde – ein Zug, den sie mit der Sargon­Geographie teilt, von der späterhin (Kap. I.2.6) noch die 152 153

Cf. ibid., 196–198. Bezüglich der mit den Kompasspunkten verbundenen Probleme cf. ibid., 200. Cf. ibid., 198–199; 259–260. Demnach liegt ein bestimmtes Sternbild über dem Ursprungsort des entsprechenden Windes. 154 Cf. CAD 331–333 kibrātu. Cf. ferner Edzard 1972–1975, 339 sowie Horowitz 1998, 298–299. 155 Cf. Horowitz 1998, 298. 156 Cf. ibid., 299; 330–331. 157 Cf. ibid. 158 Cf. ibid., 325. 159 Cf. ibid. 160 Dort wird nach der Beschreibung der nagû von den vier Weltgegenden gesprochen. Cf. Horowitz 1998, 325. Auch im Großen Hymnus an Schamasch (Falkenstein/von Soden 1953, 240, Z. 11–12) erhellt der Sonnengott die ganze Erde.

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Rede sein wird. Beiden Texten eignet die Dichotomie zwischen ‚Nähe‘ und ‚Ferne‘, dem ‚Vertrauten‘ und dem ‚Fremden‘.161 Die bekannte Welt wurde indessen nicht allein durch den Raum, sondern – nicht minder – durch die Zeit definiert. Die gemeinsame, bedingt durch die altehrwürdige Architektur des Landes allgegenwärtige Vergangenheit schuf eine Identität, die Mesopotamien gegen seine Umwelt abgrenzte.162 So erhält auch die Bezugnahme auf die großen Könige und Heroen der Vergangenheit im Text zur Weltkarte eine besondere Signifikanz: Die jenseits der bekannten Welt gelegenen Territorien werden auf der Babylonischen Mappa Mundi nicht zuletzt als eine Herausforderung an nachfolgende Eroberer präsentiert, Sargon und Gilgamesch nachzueifern – und zu überbieten.163 Der Terminus mental map, der von Piotr Michalowski in den wissenschaftlichen Diskurs der Altorientalistik eingeführt wurde,164 umfasst die Sinngebung und Bewertung der realen physischen Umgebung im Sinne einer ‚Mythologisierung des Raumes‘ („[m]ythologization of space“165).166 Die Träger und Vermittler derartiger ‚Weltbilder‘, die (babylonische) Schreiberelite, entstammten dem urbanen Milieu.167 Sie waren folglich Exponenten einer stadtzentrierten Weltsicht, die die Stadtkultur als überlegene Lebensform gegenüber der unkultivierten ‚Wildnis‘ betrachteten und die ‚äußere‘ Welt an ihr maßen.168 Obschon vielfältige Formen der Interdependenz bezeugt sind,169 wurden die Nomaden der Steppe und – in noch höherem Maße – die plündernden Bergvölker des Ostens, die die leicht kontrollierbare Tiefebene in regelmäßigen Abständen

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Cf. de Jonker 1995, 46. In Hinblick auf die Konstituenten Zeit und Raum innerhalb der mental geography cf. de Jonker 1995, passim, v. a. 38–41. Cf. Haubold 2012, 10 mit Bezug auf den ‚nördlichen nagû‘, den die Mappa Mundi (rev. 24’–25’) als „große Mauer“ beschreibt, wo „die Sonne nicht zu sehen ist“: „Whatever wall is being envisaged here, reference to the sun indicates an area that lies beyond the known world […]. As well as evoking the ‚upper and the lower sea‘, Near Eastern kings in the tradition of Sargon often describe their empire as stretching ‚from sunrise to sunset‘. A place where the sun is not seen lies outside even that most inclusive definition of imperial space – or rather, such a location challenges the emperor to venture even beyond the natural limits of that space.“ Cf. Michalowski 1986, passim. Cf. auch Visscher 2020, 25–29. Pongratz-Leisten 2001a, 201. Cf. ibid.: „Mythologization of space is the expression of a mental map i. e., the definition of the perception, interpretation and evaluation of the real geographical environment.“ Michalowski 1986, 131 spricht von „mental or cognitive maps, that is, the ideas of space and its relative seriations that men and women carry in their heads, so to speak. These mental maps include notions of preference, as well as vague ideas and value judgements about places that speakers or authors have never seen. Often ‚mental maps‘ consist of fuzzy conceptualizations of the space that surrounds the known territory in which everyone lives, a territory which in some cases may include places that do not even exist. Almost all use of space and geography in Sumerian and Akkadian literature is figurative and reveals cognitive mapping.“ Cf. Michalowski 1986, 129. Cf. Pongratz-Leisten 2001, 196. Cf. ibid., 198 mit der älteren Literatur.

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heimsuchten, als Hort ständiger Bedrohung empfunden.170 Sie erschienen damit als Repräsentanten des Chaos, ja gleichsam als Negation der geordneten Welt;171 zugleich als begehrenswertes Ziel, besaßen sie doch jene Rohstoffe und Luxusgüter, die das Zweistromland entbehrte.172 Das (militärische) Eindringen mesopotamischer Herrscher ins Unbekannte ist somit zunächst eine ‚explorative‘ Handlung, die der Erkundung des Territoriums dient, doch inhäriert ihr von Anfang an der Eroberungswille.173 Ideologisch fundiert wird die Rechtmäßigkeit des königlichen Expansionsstrebens – zumal in der neuassyrischen Periode – durch die Stilisierung der ‚Peripherie‘ zum „failed cosmos, or one not yet realised but which could be eventually realised.“174 Es nimmt somit nicht wunder, dass die Könige sich seit alters der erfolgreichen Feldzüge ins Bergland rühmten und als Bezwinger der ungezähmten Natur gerierten.175 Sie taten dies nicht selten in bewusster Analogie zu den mythischen Götterschlachten, allen voran zu den Kämpfen Ninurtas: Im akkadischen Anzû­Mythos176 stiehlt der gleichnamige adlergestaltige Leibwächter Enlils dem Göttervater die Schicksalstafel (ṭup­šīmāti) und zieht sich in die östlichen Berge zurück. Daselbst wird er von Ninurta besiegt, dem zum Lohne für die Wiederherstellung der kosmischen Ordnung kultische Verehrung zuteil wird. Das zweisprachige Lehrgedicht Lugal­e177 wiederum schildert das Ringen Ninurtas mit der die Ordnung gefährdenden Macht Á-šag und dessen Armee von Steinkämpfern.178 Die Qualitäten dieses Gottes wurden späterhin auf die assyrischen Könige als ‚Hüter der Weltordnung‘ übertragen (s. u. Kap. I.2.6). Doch auch ein Zug zum ‚Zedernberg‘ (Libanon) stand seit dem dritten Jahrtausend auf der königlichen Agenda.179 Vorbild war einmal mehr Gilgamesch, der den von Enlil eingesetzten Wächter des Waldes, Humbaba, bezwang.180 Als Motiv für diese Tat gibt bereits die sumerische Erzählung Gilgamesch und Huwawa das Streben nach

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Cf. ibid., 197; Sallaberger 2008, 26; Fink 2015, 41. Cf. Pongratz-Leisten 2002, 197. Cf. Sallaberger 2008, 30; Rollinger 2010c, 21–24. Cf. Liverani 1979, 307. Ibid., 306. Cf. Rollinger 2010c, 32–42; Fink 2015. Auf diese Form der königlichen Selbstdarstellung wird in den folgenden Kapiteln noch im Detail einzugehen sein. 176 Text: TUAT II, 745–759; Dalley 2008, 203–227; Muses, 555–578. 177 Text: van Dijk 1983. 178 Cf. ferner den sumerischen Text Ninurtas Taten (Black/Cunningham/Robson/Zólyomi 2004, 163–168 und ETCSL c.1.6.2). Zu Berg und Gebirge im mythischen Weltbild cf. Rollinger 2010c, 29–30. 179 Cf. Weippert 1980–1983, 644. Ihm zufolge sind „Holzexpeditionen“ stricto sensu sicher erst seit der Regierungszeit Tiglatpilesars I. bezeugt. Tatsächlich lässt sich das Motiv jedoch bereits im Tempel­ bauhymnus Gudeas von Lagasch (ETCSL t.2.1.7), Z. 412–423 greifen. Cf. Fink 2015, 39–42. 180 Cf. Tafel IV–V (= George 2003, 588–615). Cf. ferner ibid., 463–470. Zur Gestalt Huwawa/Humbaba cf. ibid., 144–147.

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Ruhm und Unsterblichkeit an.181 Im Zwölf-Tafel-Epos erscheint Humbaba als dämonisches Geschöpf: „[…] sein Brüllen ist die Sintflut, sein Rachen ist Feuer, sein Atem ist der Tod.“182 Die ‚Wildnis‘, die von derartigen Geschöpfen bevölkert ist, wird folglich als Grenzgebiet zur Welt der Lebenden gekennzeichnet.183 Zugleich aber gilt der Zedernberg als Sitz der Götter,184 und die Tötung seines Wächters ist letztlich ein Akt der Hybris, den Gilgameschs Freund Enkidu mit dem Leben bezahlen wird.185 Die Polarisierung des ‚Eigenen‘ und des ‚Fremden‘ ist – und dies gilt mitnichten allein für Mesopotamien – in der antiken Überlieferung allgegenwärtig. Die Mechanismen, die eine solche Dichotomie erschufen, hat Beate Pongratz-Leisten in einer luziden Studie zur Interpretation des Feindes in den mesopotamischen Zeugnissen dargetan.186 Die Begegnung mit dem Fremden, sei es mit den Nomaden der Steppe, den Bergvölkern des Zagros oder dem ‚inneren Fremden‘ (gesellschaftlichen Randgruppen u. ä.), findet demnach ihren literarischen Ausdruck in einer spezifischen Vorstellung von der Welt. Eine derartige Aus- und Abgrenzung wirkte zu allen Zeiten identitätsstiftend und wurde in unterschiedlichen Textgattungen verschiedentlich konzeptualisiert.187 Vorherrschend in diesem Denksystem sind zunächst die Gegensatzpaare Stadt – Land, Sesshaftigkeit – Nomadentum sowie Heimat – Feindesland.188 Während bis in die altbabylonische Zeit hinein recht deutlich zwischen diesen Konzepten unterschieden wurde, sollte die assyrische Herrscherideologie eine Synthese herbeiführen, die zur Konstruktion einer ‚inneren‘ und einer ‚äußeren‘ Welt („concept of the inner and the outer world“189) erstarrte.190 Die Interpretation des Feindes ordnet Pongratz-Leisten drei Kategorien zu: dem ‚Entwicklungsmodell‘(evolotionary model), dem ‚Integrationsmodell‘ (integration model) und dem ‚Antagonismusmodell‘ (model of antagonism).191 Das erstere zeichnet weniger das Bild der Feindschaft als vielmehr der Koexistenz der Gegensätze. Auch hier erscheint die Stadt als Sinnbild der kosmischen Ordnung, gleichsam als ‚Krone der Schöpfung‘, die auf göttliches Geheiß als Gegenentwurf zur 181

Text: Black/Cunningham/Robson/Zólyomi 2004, 343–352, hier v. a. 344 und ETCSL c.5.5.4 (Version A); c. 5.3.2 (Version B), Z. 4–7; 21–33. 182 Tafel II, 221–222; 278–279; 291–292 (= George 2003, 566–571). 183 Cf. Sallaberger 2008, 29. 184 Cf. Tafel V, 6 (= George 2003, 603). Cf. ibid., 466. 185 Cf. Sallaberger 2008, 29 mit Tafel V, 184–185, wo Enkidu zu Gilgamesch spricht: „Den Humbaba, den Wächter des Zedernwaldes, zermalme ihn, töte ihn, bring ihn zum Schweigen, bevor es Enlil, der Erste (der Götter), hört.“ Der göttliche Beschluss, Enkidu mit dem Tod zu bestrafen, ist in der jungbabylonischen Fassung verloren, lässt sich aber aus einer hethitischen Version rekonstruieren. Cf. George 2003, 478. 186 Cf. Pongratz-Leisten 2001a, passim. 187 Cf. ibid., 196 f. 188 Cf. ibid., 195. Das Konzept der Aus- und Abgrenzung zwischen Wildnis und Zivilisation behandelt übergreifend Duerr 1985. 189 Cf. Pongratz-Leisten 2001a, 195. 190 Cf. ibid., 195 f. Zur assyrischen Weltkonzeption s. u. Kap. I.2.6. 191 Cf. ibid., 216–217.

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sie umgebenden Wildnis entstand und für die das Sumerische bezeichnenderweise auch den Audruck k i - b a l - a (‚aufsässiges Land‘/rebel Land) kennt.192 Die Phasen der menschlichen Zivilisierung respektive „die Schritte hin zur Zivilisation“193 werden im Gilgamesch­Epos an der Person Enkidus nachvollzogen.194 Jener spätere Gefährte des Helden erscheint zu Beginn der Handlung als Prototyp des unkultivierten Wilden, der indessen zugleich die Reinheit ‚Adams‘ besitzt.195 Selbst äußerlich den wilden Tieren gleichend, weidet er mit den Gazellen und drängt sich mit ihnen zur Tränke.196 Dort wird er von einem Jäger entdeckt, der, dem Rat seines Vaters folgend, König Gilgamesch unterrichtet und die Prostituierte Schamchat zu Enkidu schickt, damit sie ihn den wilden Tieren entfremde.197 Und in der Tat wird er durch den Beischlaf mit der Frau „verständig“, das Wild der Steppe weicht vor ihm zurück, und er büßt seine quasi-animalischen Kräfte ein.198 Alsdann führt Schamchat ihn aus der Steppe hinaus und macht ihn mit den Hirten vor der Stadt vertraut, von denen er sich wie ein Mensch zu betragen lernt:199 Brot legten sie ihm vor, Bier setzten sie ihm vor, (aber) Enkidu aß das Brot nicht, er schaut und guckt. Brot zu essen hatte er nicht gelernt, und Bier zu trinken verstand Enkidu nicht. Da sprach die Dirne zu ihm, zu Enkidu: ‚Iss das Brot, Enkidu, das die Menschen brauchen, trink vom Bier, wie es Brauch ist im Lande.‘200

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Cf. Kinnier Wilson 1979. Wie das akkadische Äquivalent mat nu­kúr­te (‚enemy country‘) respektive mat na­bal­kàt­ti (‚rebel country‘) bezeichnet k i - b a l - a „a mountainious area, not doubtfully to be sought within that vast complex of ranges known today as the Zagros mountains.“ Zum Motiv der Zivilisation als Antithese zur ‚Wildnis‘ cf. etwa das sumerische Lied von der Hacke (Black/ Cunningham/Robson/Zólyomi 2004, 311–315 und ETCSL c.5.5.4), wo Enlil mit der Hacke, dem Symbol der menschlichen Arbeit, die Welt erschafft und gleichsam ‚zivilisiert‘. Im Anfang, so heißt es auch im Streitgespräch zwischen Schaf und Korn (Text: Black/Cunninham/Robson/Zólyomi 2004, 225–229, hier 226 und ETCSL c.5.3.2, Z. 12–36), kannten die Menschen weder Brot noch Kleidung. Sie durchstreiften nackt die Lande und tranken Wasser vom Bach. Schließlich erbarmten sich die Götter, erschufenen Schaf und Korn und leiteten so ein höheres Entwicklungsstadium ein. In einem sumerischen Sprichwort erscheinen die Götter der Berge gar als „Menschenfresser“. Text: Rat des Šuruppak, Z. 278 (Alster 2005, 31–220, hier 99). Cf. Fink 2015, 41. Sallaberger 2008, 28. Cf. ibid., 26–29. Zu Enkidu ferner cf. ferner George 2003, 138–144. Cf. George 2003, 450. Cf. Tafel I, 105–112 (= George 2003, 544–545). Cf. Tafel I, 116–187 (= George 2003, 544–545). Cf. Tafel I, 190–202 (= George 2003, 448–451). Cf. Sallaberger 2008, 27. Cf. Sallaberger 2008, 27. a­ka­lu iš­ku­nu ma­ḫar­[šu]/ši­ka­ri iš­ku­nu ma­ḫar­šu ul­i­kul a­kal den­ki­dù ip­te­gi i­dag­gal/ [akala? ana akāli? la lum mud?]­ma/[šikara? ana šatê? den­ki­dù ul] ┌i┐­de/[fḫarimtu ana šâšūma

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Brot und Bier, beide aus Gerste hergestellt, die in Babylonien kultiviert wurde, stehen hier wie andernorts als Signum der Zivilisation,201 mit der Enkidu nunmehr in Berührung kommt. Schritt um Schritt erklimmt er die Stufen menschlicher Entwicklung.202 Dass die nomadische Lebensweise  – wie der Verweis auf die ursprüngliche Reinheit Enkidus verdeutlicht – andererseits auch idealisiert werden konnte, zeigt die Assyrischen Königsliste, deren Genealogie „siebzehn Könige, die in Zelten wohnten“ (pap 17 l u g a l meš a-ni a­ši­bu­tu kúl­ta­ri) an den Anfang stellt.203 Auch die Herrscher der am Oberen Euphrat gelegenen Stadt Mari blickten im frühen zweiten Jahrtausend mit Stolz auf ihre nomadische Vergangenheit zurück.204 Die zweite Kategorie, das Integrationsmodell,205 kommt Pongratz-Leisten zufolge im Mythos Martus Hochzeit zum Tragen.206 Der auch als Gott verehrte Martu galt als ‚Gründervater‘ der Amurriter (sum. m a r - t u ; akk. amurru), die seit dem dritten Jahrtausend gegen die Tiefebene drängten.207 Dass deren Kultur zunächst als fremd, ja unterlegen angesehen wurde, sich späterhin aber der mesopotamischen zu assimilieren begann, illustriert der Mythos in farbigen Bildern: Nach einer Einleitung, die das Geschehen in eine ferne Vergangenheit versetzt (Z. 1–8), werden Numuschda, der König von Ninab, mit seiner Familie sowie Martu vorgestellt (Z. 9–18). Es folgen eine Klage Martus vor seiner Mutter über den Zustand der Ehelosigkeit (Z. 26–52) und die Schilderung eines Wettkampfes zu Ninab, aus dem Martu als Sieger hervorgeht (Z. 53–75). Der König bietet ihm nun Silber und Edelsteine dar, doch Martu lehnt ab und verlangt stattdessen die Prinzessin Adkarkidu zur Frau (Z. 76–83). Numuschda willigt ein, fordert aber eine große Zahl Viehs als Brautpreis (Z. 90–111). Am Ende steht eine Rede der Freundin Adgarkidus, die Martu (um ihrer Herrin die Heirat auszureden?) zum ‚Wilden‘ erniedrigt:208 Die Martu-Nomaden hätten keine feste Wohnstatt (Z. 129; 134;

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izakkara ana den­k]i­dù [………ni?]-ši [………ma­a?]­te/[…………:]/[………]xx-ri. Tafel II, 44–51 (= George 2003, 560–561). Deutsche Übersetzung nach Röllig 2009. Cf. Sallaberger 2008, 27. Cf. Sallaberger 2008, 28. In der altbabylonischen Fassung (OB II 106–11) wird zudem geschildert, dass Enkidu von einem Barbier gesalbt, rasiert und neu eingekleidet wird. Cf. George 2003, 167. Der Höhepunkt seiner Entwicklung zum ‚vollständigen‘ Menschen ist indessen erst mit seiner Freundschaft zu Gilgamesch erreicht, dessen Mutter Ninsun ihn an Sohnes statt annimmt. Cf. Sallaberger 2008, 28. Cf. Assyrische Königsliste Col. I, 10 (= Glassner 2005, Nr. 5, 136–155, hier 136 f.). Cf. Ponchia 2018, 105. Zu den assyrischen Königslisten cf. auch Millard 1997. Cf. Van de Mieroop 2012, 40; PongratzLeisten 2015, 133–141. Cf. Charpin/Durand 1986. Cf. Pongratz-Leisten 2001a, 204–208. Text: Klein 1997, 110–113 (Transliteration) und 113–116 (englische Übersetzung) sowie ETCSL c.1.7.1. Ein Überblick über die Martu-Forschung findet sich bei Klein 1997, 99–109. Cf. Z. 127–139. Ibid., 112–113 und 115–116: „Lo, their hands are destructive, (their) features are (those) [of monkeys], They are those who eat the taboo [of] Nanna, [they have] no reverence, in their constantly roaming around, …, [Being] the abomination [of] the temples of the gods, Their [counsel] is confused, [they cause] only dis[turbance], A man who is clothed in leather sac,

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137), irrten in Ledersäcke gehüllt (Z. 132) unstet durch die Lande, rohes Fleisch diene ihnen zur Nahrung (Z. 136), und sie wüssten weder die Götter zu ehren (Z. 128; 130; 133;134) noch ihre Toten zu bestatten (Z. 138). Zerstörerisch in ihrem Wesen und ohne politische Führung brächten sie, deren Züge denjenigen der Affen glichen (Z. 127), Chaos und Verwüstung (Z. 127; 131; 135). Der Mythos zeichnet somit ein ambivalentes Bild von den Nomaden, die durch die bewusste Anwendung falscher Stereotype einerseits als Angehörige einer Gegenwelt erscheinen, andererseits aber auch als Lieferanten wichtiger Güter (Pilze und Vieh) vorgestellt werden.209 Dass die Assimilation schlussendlich erfolgreich ist, zeigt die Reaktion Adgarkidus, die, unbeeindruckt von den Schmähungen ihrer Freundin, Martu zum Ehemann wünscht (Z. 141). Ungleich stärker polarisieren naturgemäß jene Texte, die die feindlichen Auseinandersetzungen zwischen der Tiefebene und den Bewohnern des östlichen Berglandes thematisieren (Antagonismusmodell).210 Letzteres kann durch eine metaphorische Übertragung auf die mythischen Götterkämpfe geschehen, in denen die kosmische Ordnung durch Dämonen wie den Anzû-Vogel bedroht wird. Der Kampf findet hier stets im Feindesland (den Bergen oder der Steppe) statt („externalisation of violence“211).212 In einer zweiten Kategorie von Texten, den sumerischen Städteklagen, die sich mit dem Untergang der dritten Dynastie von Ur (2112–2004 v. Chr.) auseinandersetzen, fällt die Tiefebene selbst dem eindringenden Chaos zum Opfer.213

who …, A tent-dweller, [buffeted] by wind and rain, [who offers no] prayer, He who dwells in the mountains, [knows not] the places [of the gods], A man who digs up mushrooms at the foot of the mountain, who knows no submission, He eats uncooked meat, In his lifetime has no house, When he dies, he will not be burried; My girlfriend – why would you marry Martu?“ (á - š e š u - b i ḫ a l a m s a7 - a l a n - u[ g u u g u4 - b i ] a n - z i l - g u7 - d n a n n a - [ k e4 - n e ?] n í n u - [ t u k u - t u k u n e ? ] š u - d a g - d a g - g e - b i x [ ] [ n í ğ - g i ] g - é - d i ğ i r - r e - e - n e - [ k a m ? ] [ ğ a l g a - b] i m u - u n - l ù - l ù š u - [ s ù ḫ ? - a ? d u 11 - g a ] l [ ú ?k ] u š L u - ú b m u 4 - a [ … ] z a - l a m - ğ a r t i i m - i m - š è ğ - [ ğ á x x ] s i z k u r [ n u - m u - u n - d u 11 ? ] ḫ u r - s a ğ - ğ á t u š - e k i - [d i ğ i r r e - n e ? N u - z u à m ? ] l ú u [ z ] u - d i r i k u r - d a m u - u n - b a - a l - l a d u 10 - g a m n u - z u - à n u z u n u - š e ğ - ğ á a l - g u7 - e u4 - t i - l a - n a é n u - t u k u - a u4 b a - u g7 - a - n a k i n u - t ú m m u - d a m m a - l a - m u d m a r - t u t a - à m a n - d u 12 - d u 12 - u n). Cf. zum subhuman barbarian cf. Cooper 1983, 30–36, der gleichwohl betont, dass die Mehrzahl der mesopotamischen Texte eines veritablen ‚Ethnozentrismus‘ ermangelten. 209 Cf. Pongratz-Leisten 2001a, 207. 210 Cf. ibid., 208–216. 211 Ibid., 209. 212 Cf. ibid., 208 f. 213 Cf. ibid. Zum Genus des Klageliedes cf. Löhnert 2011; Hallo 1995, passim. Zu den Städteklagen cf. ibid., 1872; 1873–1874 sowie Michalowski 1989, 4–8. Bekannt sind die Klage über die Zerstörung von Sumer und Ur (Michalowski 1989 sowie Black/Cunningham/Robson/Zólyomi 2004, 127–141 und ETCSL c.2.2.3), die Ur­Klage (ANET, 455–463 und ETCSL c.2.2.2), die Eridu­Klage (Green 1978 und ETCSL c.2.2.6), die Uruk­Klage (Green 1984 und ETCSL c.2.2.5) und die Nippur­Klage (Tinney 1996 und ETCSL c.2.2.4).

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In der Klage über die Zerstörung von Sumer und Ur, deren vornehmlicher Zweck wohl in der Legitimation der ersten Isin-Dynastie (2017–1794 v. Chr.) und ihres Gründers Ischbi-Erra bestand,214 werden längerfristige Auseinandersetzungen zu einem Ereignis verdichtet.215 Zu Beginn wird ein Sturm als Urheber der Zerstörung genannt, der alle kulturellen Errungenschaften des Landes Sumer vernichten wird (Z. 1–32). Dies geschieht nach dem Willen der Götter (Z. 55), die die Elamer und Schimaschki (Z. 39) sowie die Guti aus den Bergen herabschicken (Z. 272–278). Eingefügt sind finstere Zukunftsszenarien über das Schicksal des Königs Ibbi-Sîn, der in Fesseln nach Elam verschleppt wird (Z. 34–37), und die Verheerung seines Landes mit seinen Kultzentren (Z. 38–54; 115–250). Nach mehrmaligem (vergeblichem) Bitten Nannas lenkt Enlil schließlich ein und beschließt, dass sich der Sturm nunmehr gegen die Feinde selbst richten solle (Z. 438–491). Die eindringenden Feinde (Elam, Schimaschki, Anschan, Subir, Gutium und Tidmun)216 werden hier zwar als ethnisch und geographisch fest definierten Gruppen vorgestellt, zugleich aber mythologisiert:217 Als Sturm und Waffe Enlils erscheinen sie ihres Willens und – mehr noch – ihrer menschlichen Gestalt beraubt. Das Land Gutium etwa gilt den Verfassern des Textes als „Schlange des Berglandes (k u r )“.218 In der Tat stellt die Entmenschlichung des Feindes („dehumanisation of the enemy“219), die auch in der griechisch-römischen Literatur omnipräsent ist,220 ein wiederkehrendes Motiv in den mesopotamischen Quellen dar.221 Die Kutha­Legende Naramsins (s. u. Kap. I.2.5) lässt den Herrscher die Bergvölker gar einer ‚Blutprobe‘ unterziehen, um festzustellen, ob sie Menschen oder nicht vielmehr Dämonen seien.222

214 Cf. Michalowski 1989, 6. 215 Cf. Pongratz-Leisten 2001a, 210. 216 Cf. die Tabelle bei Pongratz-Leisten 2001a, 210. Das Land Elam wurde im dritten Jahrtausend noch nicht als politische Größe, sondern lapidar als ‚Hochland‘ aufgefasst. Cf. Rollinger 2010c, 36. In sumerischen Quellen aus der Mitte des dritten Jahrtausends wurde Elam mit dem Sumerogramm NIM (‚hoch‘) geschrieben, häufig von dem Ortsdeterminativ ki. begleitet. Cf. Potts 1999, 1 f. zur Etymologie Elams. 217 Cf. Pongratz-Leisten 2001a, 212. 218 Cf. Z. 145 (= Michalowski 1989, 44; 45). 219 Pongratz-Leisten 2001a, 207. 220 Cf. Isaac, 2004, 194–224. 221 So heißt es in der Dichtung Fluch über Akkad (Text: Cooper 1983; Black/Cunningham/Robson Zólyomi 2004, 116–125 und ETCSL c.2.1.5), die als Vorläufer der Städteklagen gelten kann, über die Guti, dass sie über den Verstand von Hunden verfügten und äußerlich den Affen glichen (Z. 154– 157). In der Weidner­Chronik Z. 56 f. (= ABC Nr. 19, 145–151, hier 149–150 = Glassner 2005, Nr. 38, 263–269) erscheinen dieselben als brutale Menschen, die, bar jeder Gottesfurcht, keine heiligen Riten zu vollziehen wüssten. Zu weiteren Belegen cf. Rollinger 2010c, 35–37. 222 Text: Westenholz 1997, Nr. 22, 294–331 (SB-Rezension), hier 314 f., Z. 65–68: „Mit dem Messer berühre (ihn), mit der Nadel stich (ihn)! Wenn Blut hervorquillt, sind sie Menschen wie wir. Wenn Blut nicht hervorquillt, dann sind sie Geister, Schemen, Dämonen, böse Gestalten, Geschöpfe Enlils“ (ina luṭê luput ina ṣillê [suḫul] [šumma dāmū ūṣûni] kī nâšīma amēlū šunu [šumma dāmū lā ūṣû]ni šēdū namtarū [utuk]kū rābiṣū lemnūte šipir Enlil šunu). Deutsche Übersetzung nach Rollinger 2010c, 37–38.

Das ‚Eigene‘ und das ‚Fremde‘: Die Wahrnehmung der Welt und ihrer Grenzen

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Der Gegner aus den Bergen wurde folglich nicht nur mythologisiert, sodass Völkernamen in der späteren Tradition von ihrer ethnographischen Bedeutung gelöst und zur Bezeichnung des Feindes schlechthin erstarrten;223 sie wurden darüber hinaus der menschlichen Lebenswelt enthoben. Die ‚Entmenschlichung‘ konnte somit zu einem opportunen Mittel werden, um kriegerische Handlungen gegen äußere Feinde zu legitimieren und nicht zuletzt jede territoriale Expansion zum Triumph über die destruktive Macht des Chaos zu stilisieren.224 Die Wahrnehmung des ‚Eigenen‘ und des ‚Fremden‘ war in der langen Geschichte des Alten Orients freilich im steten Wandel begriffen. Der ‚Weltbegriff ‘ weist – wie die folgenden Kapitel erhellen werden – sowohl statische als auch dynamische Elemente auf:225 Einerseits vermitteln die Quellen ein klares Bewusstsein der natürlichen Grenzen, die als Barrieren empfunden werden (statischer Aspekt).226 Diese Grenzen werden in mesopotamischen Texten durch stereotype Formulierungen („Vom Oberen bis zum Unteren Meer“ u. ä.) deutlich markiert.227 Daher manifestiert sich gerade im Sprengen der vorgegeben Barrieren der ‚imperiale Wille‘ (dynamischer Aspekt),228 dessen Träger sich unterschiedlicher ideologisch aufgeladener Bilder und Motive bedienen, um militärische Aktionen zu rechtfertigen. Zwar war das dynamische Element keineswegs zu allen Zeiten und in allen Räumen gleichermaßen virulent, doch seit der Frühsumerischen Zeit latent vorhanden und stets abrufbar: Die Konzeption der ‚Heimat‘ als einer in sich abgeschlossenen und zugleich ‚dehnbaren‘ Größe zeigt sich bereits auf sprachlicher Ebene, denn das Sumerische kennt zwei gegensätzliche Lexeme zur Unterscheidung des eigenen (Kultur-)Landes (k a l a m) und des Aus- oder Feindeslandes (k u r ).229 Während die meisten altorientalischen Sprachen ein „indifferentes Lexem für Land“230 verwenden, das erst durch eine nähere Kennzeichnung als ‚Fremdland‘ ausgewiesen wird,231 werden k a l a m und k u r im Sumerischen durch verschiedene Logogramme

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225 226 227 228 229 230 231

Cf. Pongratz-Leisten 2001a, 201. In der in neubabylonischer Zeit verfassten Klage für Dumuzi (Mu­ ses, 822–831) etwa erscheinen die Guti – 2.000 Jahre nach ihrem tatsächlichen Auftreten! Cf. Pongratz-Leisten 2001a, 208–209. Die bildende Kunst bediente sich desselben Stilmittels, wie Winter 2010c, 113–114 herausstellt: „To gender the enemy ‚female‘ by hairstyle or by action, to unclothe him, and/or to render him ‚animal‘-like by emphasis on his ‚natural‘ garment, was to deprive him of civilization, dignity and status.“ Speziell zu den ‚qualitativen‘ Unterschieden zwischen Assyrern und Nicht-Assyrern in offiziösen Texten und Bildern cf. Liverani 1979, 309–311. Zu dieser Unterteilung (bezogen auf die assyrische Herrscherideologie) cf. Liverani 1979. Cf. Liverani 1979, 306: „Mountains and water zones are border areas par excellence, because they are difficult to cross, impracticable by their very nature and therefore evidently especially created so that they are not crossed and remain untrodden.“ Cf. Liverani 1979, 307. Cf. ibid. Cf. Steiner 1982, passim zum Folgenden. Ibid., 633: akk. mātu(m); hurr. uminī; elam. Hal; urart. Ebani; heth. utne. Etwa akk. mātu(m) šanītu(m). Cf. ibid., 634.

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Weltkonzeption und (Welt-)Herrschaft im Alten Vorderen Orient

repräsentiert.232 Allein die Pluralform k u r - k u r kann das eigene Land mit einbeziehen.233 K a l a m ist indessen weniger ein rein geographischer Terminus, als vielmehr eine „ideelle“234 Einheit, die in dem – seit dem Ende der Frühdynastischen Zeit bezeugten Herrschertitel l u g a l - k a l a m - m a (‚König des Landes (Sumer)‘)235 ihren sinnfälligen Ausdruck findet.236 Dahingegen ist das ‚Ausland‘ meist negativ konnotiert237, kann aber auch idealisiert werden und als ferner ‚Ort der Seligen‘ in Erscheinung treten, der exotische Luxusgüter hervorbringt.238 Indessen sind die Grenzen des eigenen Landes (je nach der gerade gegebenen politischen Situation) veränderbar: K a l a m mag ein überregionales ‚Großreich‘ oder auch nur einen kleineren Territorialstaat bezeichnen.239 Es kann somit – und dies wird im Hinblick auf königliche Herrschaftsansprüche belangreich werden – als „expandierendes Territorium“240 empfunden werden, dessen Grenzen nicht statisch, sondern vielmehr offen sind. K a l a m ist folglich dort, wo die eigene Zivilisation herrscht. Die Möglichkeit einer weitreichenden Expansion ist somit bereits im dritten Jahrtausend zumindest begrifflich vorgegeben. Diese ‚konzentrische‘ Ordnung mag späterhin auch der in der (assyrischen) Herrschertitulatur bezeugten Reihung der akkadischen Termini kiššatu und kibrāt arba’i (etwa: ‚König der Gesamtheit und der vier Weltgegenden‘ = šar4 kúl2-lat kib­rat arba’i241) zugrunde liegen: Kiššatu stellte somit das expandierende Zentrum dar, die ‚vier Weltgegenden‘ stünden für die (feindliche) Peripherie, die infolge der Unterwerfung durch das Zentrum in der ‚Gesamtheit‘ aufgeht.242

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Cf. ibid. Dabei ist ungewiss, ob die primäre Bedeutung von k u r ‚Bergland‘ sei (cf. ibid.). Jedenfalls stellt das Wortzeichen eventuell das Piktogramm eines Berges dar und ist gleichbedeutend mit akk. šadû (‚Berg‘) und mātu(m) (‚Land‘). Cf. Horowitz 1998, 272. k u r ist zugleich der gängige Name für die Unterwelt, wohingegen die Erdoberfläche oder das Erdreich häufig mit k i . (akk. erṣetu(m)) bezeichnet wird. Cf. Horowitz 1998, 268–271. Cf. Steiner 1982, 634. Ibid., 637. Cf. Seux 1967, 423. Cf. Steiner 1982, 638. Cf. ibid., 441 f. Cf. ibid., 443–444. Das Gefühl der Überlegenheit über die Fremdländer (k u r - k u r) wird in den Quellen immer wieder artikuliert, so in einer Hymne auf Enlil (Falkenstein 1959, 15 und 22, Z. 65– 73): „Enlil hat Nippur, die Stadt, selbst gebaut, das ki’ur, den ‚Berg’, deinen reinen Ort, der […] süßes Wasser (besitzt), in der Mitte der vier Weltgegenden in Duranki gegründet: Sein Boden ist das Leben des Landes Sumer, das Leben aller Fremdländer […] wie ein Wildstier erhebt es in Sumer die strahlenden ‚Hörner‘ – alle Fremdländer beugen davor das Haupt.“ Auch im Fluch über Akkade (ETCSL c.2.1.5, Z. 154) werden die Guti als k a l a m nicht zugehörig bezeichnet. Zu den ‚exotischen‘ Rohstoffen und Luxusgütern, die nach Mesopotamien importiert wurden, cf. Potts 2007. Cf. Steiner 1982, 635 f. Ibid., 636. Cf. Seux 1967, 313 f. Zur ‚universalitischen‘ Titulatur in mittelassyrischer Zeit cf. Sazanov 2016. Allgemein zur assyrischen Titulatur cf. Liverani 2017, 107–115. Cf. Glassner 1984, für den kiššatu und kibrāt arba’i zugleich komplementäre und gegensätzliche Konzepte darstellen: Das Zentrum (kiššatu) stehe für den geordneten Kosmos, kibrāt arba’i für die ‚unzivilisierte‘ Ferne. Hieraus ergebe sich in Wahrheit eine Fünfteilung der Welt (ibid., 25): „Kiššatu représentait donc la totalité des terres et des gens qui reconnaissaient l’autorité du souverain.

Zur Stellung irdischer Herrschaft und zur Wahrnehmung von ‚Geschichte‘

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Die Integration der Peripherie in den ‚richtigen‘ (i. e. mesopotamischen) Kosmos sollte in der neuassyrischen und neubabylonischen Periode ihren symbolischen Ausdruck in der Anlage königlicher Gärten (kirimāḫu) finden, die die Flora und Fauna aller ‚Reichsteile‘ beherbergten. Sie stellten somit eine Art ‚Mikrokosmos‘243 dar, der die von ‚mesopotamischen‘ Königen beherrschte Welt spiegelte.244 2.2 Zur Stellung irdischer Herrschaft und zur Wahrnehmung von ‚Geschichte‘ im mesopotamischen Denken Die theoretische Begründung des Königtums als politische Institution in mesopotamischen Texten lässt – bei erheblichen Unterschieden im Detail – einige Konstanten erkennen. In Hinblick auf dessen Ursprünge und seine Wirkung in der Welt hat Eva Cancik-Kirschbaum zwei respektive drei Vorstellungskreise unterschieden.245 Das Königtum (sum. n a m - l u g a l; akk. šarrūtu(m)) kann zum Ersten als gottgegebene Organisationsform erscheinen, die auf „menschliche Bedürfnisse reagiert“,246 zum Zweiten als eine „bereits im Rahmen der Schöpfung angelegte Institution“247 und schließlich als eigenständig wirkendes „historisches Prinzip.“248 Das erstere Konzept beschreibt der Prolog der altbabylonischen Version des Etana­Epos folgendermaßen: Die großen Anunna, die Bestimmer des Schicksals / setzen sich und berieten den Ratschluss für das Land. / Die die Weltufer erschufen, das Menschengeschöpf (?) setzten, / die erhaben sind über die Menschen, die Götter, die Igigū, / bestimmen den Menschen ein Fest. / Den König hatten sie (noch) nicht eingesetzt unter allen zahlreichen Menschen; / daher war keine Tiara, keine Kopfbinde geknotet, / und kein Szepter war mit Lapis besetzt./Die Heiligtümer waren sämtlich noch nicht erbaut, / (und) die siebenfachen Tore waren gegen den Mächtigen verriegelt. Szepter, Kopfbinde, Tiara und Hirtenstab / waren vor Anu im Himmel niedergelegt. / Da es keinen Besonnenen ihres Volkes gab, / stieg ┌ die Herrin (?)┐ vom Himmel hinab, /[… …] suchte ┌Ištar ┌einen König (?).┐249

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L’univers prenant naissance de son centre pour s’étendre vers la périphérie, kiššatu se situait naturellement au centre, la capitale étant, idéalement, le nombril du monde.“ Cf. ibid., 26: „L’expression [scil. kibrāt arba’i] s’appliqait aux régions exentriques, contrées sauvages qui ne faisaient pas partie du monde socialisé, contrées, inconnues et fabuleuses qui participaient encore de la ‚modalité fluide et lavaire‘ (M. Eliade) du Chaos, steppes et montagnes inoccupées par les habitants du monde organisé et peuplée, au contraire, de gens qui ressemblaient à peine des hommes[…].“ Cf. Liverani 1979, 314. Cf. Schmidt 1965; Stronach 1990b; Novák 2002. Cf. Cancik-Kirschbaum 2007 zum Folgenden. Ibid., 173. Ibid., 175. Ibid., 177. OV  – I obv., Col. I, 1–15. Text nach Haul 2000, 106–107: ra­bu­tum dA­nun­na ša­i­mu ši­im­tim uš­bu im­li­ku mi­li­ik­ša ma­a­ta­am ba­nu ki­ib­ra­tim ša­ki­nu ši­ki­it­tim ṣi­ru a­na ni­ši i­lu I­gi4-

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Die ‚Ins-Amt-Setzung‘ des ersten (mythischen) Königs Etana erfolgt hier als Reaktion der Götter auf die Unfähigkeit der Menschen, sich selbst eine politische Ordnung zu geben, denn – so heißt es in Z. 13 – „nicht gab es genügend Besonnene“ (ibaššû mit­ lukū).250 Eine monarchische Staatsform wurde demnach nicht a priori von den Göttern bestimmt, vielmehr tritt die Institution des Königtums (gleichsam als ‚Hirtenamt‘) erst nach der Menschenschöpfung in Erscheinung,251 und zwar als numinose, aus Himmelreichen stammende Kraft, für die erst ein würdiges ‚Gefäß‘ (i. e. der König Etana) gefunden werden muss. Andere Texte wiederum, so der Mythos von der Erschaffung des Menschen und des Königs, imaginieren das Königtum als eine bereits im Rahmen der Schöpfung selbst vorgesehene und verwirklichte Einrichtung (Z. 30’– 43’):252 Ea hub an zu sprechen, indem er an Bēlet-ilī das Wort richtete: Bēlet-ilī, die Herrin der großen Götter bist du! Du hast den lullû-Menschen geschaffen: Bilde nun den König, den überlegend-entscheidenden Menschen (māliku­amēlu)! Mit Gutem umhülle seine ganze Gestalt, gestalte seine Züge harmonisch, mach schön seinen Leib.253

Durch das hier vorgestellte Konzept eines ‚urzeitlichen‘ Königs „erhält zugleich sein Amt eine grundsätzliche, im Ursprung der Dinge verankerte Daseinsberechtigung.“254 Indessen erscheint nicht nur die Institution des Königtums als göttliche Gabe an die Menschheit, auch der Herrscher als Person (respektive Prototyp) verdankt seine physische Existenz einem gesonderten Schöpfungsakt: Er wird als das vollkommene Geschöpf der Belet-ili erschaffen. Beiden oben dargelegten Deutungsmustern eignet die sakrale Begründung des n a m - l u g a l /šarrūtum als einer gottgewollten und für die Wahrung der kosmischen Ordnung notwendigen Einrichtung von zeitloser Geltung.

gu i­sí­nam a­na ni­ši i­ši­mu šar­ra­am la iš­ku­nu ka­lu ni­ši e­pí­a­tim i­na ši­à­tim la ka­aṣ­ra­at ku­ub­šum me­a­nu ù ḫa­aṭ­ṭù­um uq­ni­a­am la ṣa­ap­ra­at la ba­nu­ú iš­ti­ni­iš pa­ra­ak­ku se­bé­ta ba­bu ud­du­lu e­lu da­ap­nim ḫa­aṭ­ṭù­um me­a­nu­um ku­ub­šum ù ši­bi­ir­ru qú­ud­mi­iš A­ni­im i­na ša­ma­i ša­ak­nu ú­ul i­ba­aš­ši mi­ti­lu­ku ni­ši­ša [be?]-┌el ?┐­tum i­na ša­ma­i ur­da­am [XXX (XX)]X ┌Ištár)┐ ┌šar?┐­r[a?­am] ┌i┐­ši­┌i┐. Cf. ferner die englische Übersetzung Muses: 437–457 (die altbabylonische Fassung OV I/A, ibid., 439–442). Eine weitere deutsche Übersetzung bietet TUAT Erg., 34–51, hier 35. 250 Cf. Cancik-Kirschbaum 2007, 175. 251 Cf. ibid., 173 f. Dass der König erst durch seine Insignien (s. u.) zum König wird, betont Ambos 2013, 12: „Solange von den Göttern noch kein König unter den Menschen eingesetzt worden war, verblieben die Insignien im Himmel. Und solange diese sich im Himmel befanden, konnte es auf Erden keinen König geben, da es ohne Insignien kein Königtum gab.“ 252 Cf. Cancick-Kirschbaum 2007, 175–177. 253 dEa pâšu īpušma iqabbi ana dBēlet­ilī amāta izakkar Bēlet­ilī bēlet ilī rabûti attīma attīma tabnîma lullâ­amēlu pitqīma šarra māliku­amēlu ṭābi ubbiḫī gimir lānišu ṣubbî zimīšu bunnî zumuršu. Text: Mayer 1987, 56 f. Transkription nach Cancik-Kirschbaum 1995, 7. Zur Textevidenz sowie zum Verhältnis von Mythos und Ritual (VS 24, 92) cf. ibid., passim. 254 Cancik-Kirschbaum 2007, 176.

Zur Stellung irdischer Herrschaft und zur Wahrnehmung von ‚Geschichte‘

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Als historisches Prinzip tritt das Königtum in einer ‚literarischen‘ Komposition zutage, die ob ihrer langen Redaktionsgeschichte bis heute im Zentrum eines lebhaften wissenschaftlichen Diskurses steht.255 Die Rede ist von der Sumerischen Königsliste (SKL), deren jüngste Zeugen aus der Isin-Larsa-Zeit (ca. 2004–1763 v. Chr.), genauer: aus dem 18. Jahrhundert v. Chr. stammen.256 Wurde das Dokument in der Vergangenheit – wenn auch mit Vorbehalt – zur Rekonstruktion der mesopotamischen Frühgeschichte herangezogen, so scheint die rezente Publikation einer im Privatbesitz befindlichen Ur III-zeitlichen Tafel aus dem 21. Jahrhundert (USKL) seinen Quellenwert erheblich in Frage zu stellen (s. u.).257 Das ‚historische‘ Konzept des Textes folgt einem Ablösungsprozess von ‚Dynastien‘, die in alternierender Folge über Babylonien geherrscht hätten. Jene zeichnen sich indessen weniger durch ein erbliches, auf Filiation gründendes Herrschaftsprinzip aus, als vielmehr durch ihre Bindung an eine bestimmte Stadt, die zeitweilig die Residenz eines südmesopotamischen ‚Reiches‘ gewesen sei.258 Dabei erscheinen Herrscher, die in Wahrheit zeitgleich in unterschiedlichen Städten regierten, als einander nachgeordnet. „Als das Königtum (n a m - l u g a l ) vom Himmel herabgestiegen war“, so will es die älteste Ur III-zeitliche Version, „war (die Stadt) Kisch König. In Kisch übte Guschur (das Königtum) 2.160 Jahre lang aus.“259 Nach der ursprünglichen Version war demnach die Stadt Kisch im nördlichen Babylonien der erste Sitz irdischer Herrschaft. Spätere Kompilatoren fügten dem Text – wohl unter Rekurs auf den vormals unabhängig zirkulierenden Mythos von der Flut  – eine Reihe ‚vorsintflutlicher‘ Könige mit Regierungszeiten von ähnlich phantastischer Länge hinzu.260 Zur ersten Residenz wurde die im äußersten Süden Babyloniens gelegene altehrwürdige Stadt Eridu erhoben. Nach der Flut, die der Urzeit ein Ende bereitete, sei das Königtum erneut vom Himmel herabgestiegen, habe seinen Sitz in Kisch genommen und eine zweite ‚historische Ära‘ eingeläutet.

255 Cf. ibid., 177–179. 256 Die editio princeps ist Jacobsen 1939. Das vollständigste Manuskript (Manuskript G = W(eld-) B(lundell) 444), eine Kopie aus der Isin-Larsa-Zeit, wurde von Glassner 2005, 117–127 publiziert. Der Katalog aller Manuskripte findet sich ibid., 117–118. Eine Transliteration mit englischer Übersetzung verzeichnet auch ETCSL c.2.1.1. Eine deutsche Übersetzung bietet TUAT I, 328–337. Zur SKL cf. ferner Glassner 2005, 55–70; Marchesei/Marchetti 2011, 114–118; Michalowski 1983; Wilcke 1988a; 1989; Krecher/Müller 1975, 24; de Jonker 1995, 140–152. 257 Cf. Steinkeller 2003a. Die Transliteration des Textes findet sich ibid., 269–274. 258 Zum eingeschränkten Dynastiebegriff cf. Edzard 2009, 38: „[…] wir sprechen auch von ‚Dynastien‘ in einer nicht ganz scharfen Bedeutung des Begriffs, und zwar ohne zwangsläufige Bindung einer Reihe von Königen an ein und dieselbe Familie.“ 259 USKL obv. I, 1–4 (Steinkeller 2003a, 269): n a m - l u g a l a n - t a e 11 - d a - b a / K i š k i l u g a l - à m  / K i š ki – a G i š - ù r - e / m u 6 0 0 x x 3 + 6 0 × 6 ì - n a . 260 Cf. Marchesi/Marchetti 2011, 114; Glassner 2005, 56 f. Einige dieser Herrscher, die zuweilen Tiernamen tragen, sind mit Sicherheit fiktive Personen. Cf. Van De Mieroop 2012, 41. Zur mesopotamischen Fluterzählung und ihrer Rezeption durch Berossos cf. Lang 2013.

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Das Konzept der Königsliste folgt einem einheitlichen phraseologischen Muster:261 Sie verzeichnet zunächst jeweils die einzelnen Herrscher einer Dynastie mit ihren Regierungszeiten („in GN1 herrschte PN1 N1 Jahre, PN2 N2 Jahre etc.“) sowie zuweilen knappe biographische Notizen, die eine spätere Zutat darstellen dürften.262 Es folgen die Gesamtdauer der Dynastie („N3 Könige herrschten insgesamt N4  Jahre“) und schließlich eine Formel, die den Herrschaftswechsel von einer Stadt auf die nächste ankündigt („GN1 wurde (mit) der Waffe geschlagen, sein Königtum wurde nach GN2 gebracht.“). Dem hier zugrundeliegenden historischen Deutungsmuster zufolge verläuft die Menschheitsgeschichte in wiederkehrenden Zyklen (b a l a), die durch den Wechsel des Königtums von einer Stadt auf die nächste bestimmt werden.263 Dass die so postulierte Einheit Babyloniens in ‚vorsargonischer‘ Zeit eine Fiktion darstellt, ist evident: Eindeutig handelt es sich um eine Rückprojektion der politischen Realität der Akkade-Zeit (2340–2200 v. Chr.) in eine ferne Vergangenheit. Tatsächlich deutet einiges darauf hin, dass bereits in der Regierungszeit Naramsins von Akkad (ca. 2260– 2223 v. Chr.) mit einer früheren Version der Königsliste in akkadischer Sprache zu rechnen ist, die die Oberhoheit der Dynastie über ganz Babylonien legitimieren sollte.264 Einen Schlüssel liefert das oben erwähne Ur III-zeitliche Manuskript, das, zumal was die Frühdynastische Zeit anbetrifft, von den späteren Fassungen abweicht. Nennen die Letzteren vierzehn Dynastien, so bietet die USKL eine lange Liste der Herrscher von Kisch, die über tausende von Jahren hinweg regiert hätten.265 Eine derart ‚lineare‘ Deutung der Geschichte dürfte den Legitimationsbedürfnissen der Akkade-Dynastie, die sich in der Nachfolge der Könige von Kisch sahen, entsprochen haben:266 Seit alters habe nur ein rechtmäßiger König über Babylonien geherrscht. Nachdem die SKL zu einem ‚kanonischen‘ Text avanciert war, mögen spätere Herrscher sie für ihre eigenen legitimatorischen Zwecke genutzt und fortgeschrieben haben.267 Allen voran die Könige der ersten Dynastie von Isin, die durch einen ehemaligen Provinzgouverneur, durch Ischbi-Erra, begründet worden war, mussten ein Interesse an der Propagierung eines zyklischen Geschichtsbildes haben, das auch ‚peripheren‘ Dynastien die (zeitweilige) Ausübung einer überregionalen Herrschaft zuerkannte.268 261 262 263 264 265

Cf. Frayne 2008 (= RIME I), 5 f. Cf. Marchesi/Marchetti 2011, 115. Cf. Steinkeller 2003a, 285. Cf. ibid., 181–283; Glassner 2005, 95 f.; Marchesi/Marchetti 2011, 115. Cf. Steinkeller 2003a, 276, dessen Text-Rekonstruktion neben Kisch nur drei weitere Dynastien verzeichnet. 266 Cf. ibid., 285. 267 Cf. Marchesi/Marchetti 2011, 116. Für die USKL postuliert Steinkeller 2003a, 283 f. eine Entwicklung in drei Schritten: 1. ein Akkade-zeitliches Original; 2. eine Uruk-Version aus der Zeit Utuhegals, die die letzten Herrscher von Akkad sowie die vierte Dynastie von Uruk und die Könige von Gutium hinzufügte; 3. eine lokale Fassung aus Adab, die in die Regierung Urnammas oder Schulgis von Ur datiert und eine unabhängige Adab-Dynastie in die Liste integrierte. 268 Cf. Steinkeller 2003a, 285 f.

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Obschon die Frage nach politischen Reflexionen, genauer: nach ihrer konkreten politischen Funktion in der literarisch-mythologischen Tradition des Zweistromlandes kontrovers diskutiert wird,269 bleibt immerhin festzuhalten, dass das Konzept der Endlichkeit irdischer Herrschaft von einem bestimmten Zeitpunkt an einen festen Bestandteil des mesopotamischen Geschichtsdenkens ausmachte.270 Indes, diesen Zyklus des Werdens und Vergehens führt die SKL weniger auf das persönliche Versagen oder das Verdienst einzelner Könige zurück,271 sondern vielmehr auf das schlichte Faktum eines militärischen Sieges. Die Einflussnahme der Götter wird allenfalls insinuiert, allein das Königtum, dessen Ursprung im Himmel liegt, ist eindeutig als göttliche Größe gekennzeichnet.272 Gleichwohl wäre es anachronistisch, dem Text die Grundüberzeugung vom Walten allsehender, numinoser Mächte hinter allem irdischen Geschehen abzusprechen. Durchaus stellt nämlich die Befristung weltlicher Macht durch den Ratschluss der Götter ein wiederkehrendes Motiv in unseren Quellen dar.273 In aller Deutlichkeit artikuliert den nämlichen Gedanken die Klage über die Zerstörung von Sumer und Ur. Hier erläutert Enlil seinem Sohn Nanna, der den Verlust seiner Stadt beklagt, die Unausweichlichkeit des einmal verhängten Geschicks: Gewiss, der Stadt Ur wurde das Königtum gegeben; eine dauerhafte Amtszeit wurde ihr nicht gegeben. / Seit jenem Tage, da das Land eingerichtet, die Leute zahlreich geworden, / wurde je eine Amtszeit des Königtums festgestellt, die Vorrang beanspruchen durfte? / Ihr Königtum, ihre Amtszeit hat gedauert, doch ist sie nun zu Ende gekommen (n a m - l u g a l - b i b a l a - b i b a - s u x).274

Das hier mit ‚Amtszeit‘ wiedergegebene sumerische Wort lautet b a l a (akk. palû).275 Die Grundbedeutung des Keilschriftzeichens BALA, das wohl ursprünglich eine Spin-

269 Mit dem ‚Sitz im Leben‘ dieser Texte setzt sich u. a. Cancik-Kirschbaum 2007 auseinander. Im Fokus steht dabei die Frage, ob die nicht unmittelbar am Hofe verfassten Schriften neben allgemeinen philosophischen Reflexionen politisch-offiziöse Tendenzen enthielten. Eine eindeutig kritische Position nimmt diesbezüglich etwa Cooper 2001 ein. Speziell gegen die Deutung der SKL als ‚Propagandaschrift‘ wendet sich Westenholz 1999, 27: „In my opinion this [scil. assumption] misinterprets the document’s character as a whole. Its wide diffusion and long life (it was still known to Berossus!) marks it as a serious scholary work; none of the kings who supposedly commissioned the work ever referred to it, however obliquely, in justification of their rule; and as a piece of propaganda literature it makes mightily dull reading.“ 270 Cf. Cancik-Kirschbaum 2007, 179 f. 271 Cf. ibid., 178. 272 Cf. Marchesi/Marchetti 2011, 116; Cancik-Kirschbaum 2007, 178. 273 Selbst die einer Gottheit zugemessene Herrschaft kann befristet sein. In einer babylonischen Chronik (ABC, Nr. 20A, 152–156, 1–2) heißt es: „Sargon, king of Agade, came to power during the reign of Ištar and had neither rival nor equal“ (mŠarru­kîn šar A­ga­dèki ina palê dIštar i– lam­ma). Cf. Glassner 1986, 64. 274 Michalowski 1989, 58–59; ETCSL c.2.2.3, Z. 366–369: Deutsche Übersetzung nach Cancik-Kirschbaum 2007, 179. 275 Cf. Galter 2008 zum Folgenden.

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del abbildete, bezeichnete zunächst einen drehbaren Gegenstand. Daraus leiteten sich bereits früh die sekundären Bedeutungen ‚Dienstamt‘, ‚Amtsperiode‘, ‚Amtsdauer‘, oder ‚Regierungszeit‘ ab. Die Semantik des dazugehörigen Verbums b a l ist entsprechend ‚wenden‘, ‚drehen‘, ‚wechseln‘, ‚übertragen‘ u. ä.276 Als Zeitbegriff kennzeichnet der Terminus demnach einen sich periodisch erneuernden Zyklus. Daneben existierte – wie oben angedeutet – im mesopotamischen Denken aber auch ein ‚lineares‘ Zeitverständnis, das häufig einen negativen Beiklang aufwies, denn das stetige Fortschreiten in die Zukunft führte unweigerlich zur Entfernung vom idealen Urzustand.277 Wurde geschichtliche Entwicklung im engeren Sinne üblicherweise linear gedacht,278 so zeugt nicht zuletzt die zyklische Wiederkehr der Kultfeste von dem Bemühen, die ‚ideale‘ Vergangenheit wiederzubeleben:279 Im Ritual des babylonischen Neujahrsfests (akītu) wurden der urzeitliche Chaoskampf Marduks gegen Tiamat, sein Triumph und seine Erhebung zum König der Götter alljährlich heraufbeschworen.280 An dieser kultischen Erneuerung der Vergangenheit, deren tieferer Sinn letztlich im Bewahren der göttlichen Ordnung bestand, war der König aktiv beteiligt, der (hier in Analogie zu Marduk) in seinem Amt bestätigt wurde.281 Der „Re-Investitur“282 des Herrschers ging sowohl in dem im Nisannu vollzogenen akītu-Fest als auch im ‚Neujahrsfest zur Jahresmitte‘, das im im Tašrīu begangen wurde, ein „kurzzeitiger Statusverlust“283 des Königs voraus; der Monarch hatte sich seiner Herrschaftszeichen zu entledigen, eine Ohrfeige durch den Hohepriester zu erdulden oder eine Nacht in einem ‚Rohrgefängnis‘ zuzu-

276 Cf. Galter 2008, 655. b a l a als sich drehendes Objekt: PSD B, 64 f.; als Zeitbegriff: PSD B, 65–71; das Verbum b a l: PSD B, 48–62. 277 Cf. Galter 2008, 254. Dass dieses Zeitverständnis im mesopotamischen ‚Geschichtsdenken‘ eine Rolle gespielt haben mag, legt ein Blick auf die Etymologie der akkadischen Begriffe für ‚Vergangenes‘ und ‚Zukünftiges‘ nahe, die Maul 1997, 109 f. untersucht hat: Während die Worte mit der Bedeutung ‚früher‘ (pān, pāna, pānānu(m), pāni, pānû(m)) und ‚frühere Zeit‘ (pānātu, pānītu(m), pānū) dem akkadischen pānum (‚Vorderseite‘; ‚Gesicht‘) verwandt sind, gehören diejenigen Begriffe, die sich auf die Zukunft beziehen ((w)arka, (w)arkānu(m), (w)arki, (w)arkû(m)), wortgeschichtlich zu (w)arkatu(m) (‚Rückseite‘; ‚Hinterseite‘). Ähnlich verhält es sich im Sumerischen, das ‚Vergangenheit‘ aus der Wurzel des Wortes i g i (‚Auge‘; ‚Gesicht‘) und Zukünftiges aus e g e r , m u r g u , b a r (‚Hinteres‘; ‚Rückseite‘) bildet. Daraus schließt Maul 1997, 110, dass das Zeitverständnis der Menschen im alten Mesopotamien rückwärts orientiert gewesen sei, in der Weise, dass „[…] wir der Zukunft zugewandt auf der Zeitachse voranschreiten, wohingegen die Mesopotamier sich zwar wie wir auf dieser Achse in Richtung auf die Zukunft fortbewegen, allerdings mit dem Blick in die Vergangenheit gerichtet. Gewissermaßen schritten sie ‚mit dem Rücken nach vorn‘, also rückwärts gehend, in die Zukunft.“ 278 Cf. Galter 2008, 654. 279 Cf. ibid. 280 Cf. Maul 1997, 116–118; Waerzeggers 2011, 731 f.; Zgoll 2006b. Zur Ritualisierung des Raumes im Zuge der Feierlichkeiten, die die Kontrolle über das beherrschte Territorium gleichsam visualisierten, cf. Pongratz-Leisten 1994. 281 Cf. Maul 1997, 116–118; Galter 2008, 654 f.; Waerzeggers 2011, 731. 282 Lang 2010, 33. 283 Ambos 2013, 1.

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bringen.284 Auch dem sogenannten Mittelassyrischen Krönungsritual zufolge verfiel der Herrscher für kurze Zeit in einen „Zustand der Liminalität.“285 Während er auf dem Thron „kauert“ (ka­mu­ús), wird der Hofstaat aufgelöst, bevor die Neukonstituierung des Königtums erfolgen kann.286 Maßgeblich bestimmt demnach die Gunst der Götter die Dauer der Regierungszeit eines Königs, zu deren Bezeichnung die babylonischen Quellen das Wort palû (die akkadische Entsprechung zum sumerischen b a l a) kennen.287 Das göttliche Wohlwollen durch Kulthandlungen, Opfer und Gebet sowie die Restaurierung von Tempeln zu wahren, gehört zu den erhabensten Pflichten des Herrschers. Im Umkehrschluss kann jedes Fehlverhalten seinerseits zum Gunstentzug und zur frühzeitigen Beendigung seines palû führen.288 In diesem Sinne begründet etwa die Weidnersche Chronik aus dem siebten/sechsten Jahrhundert v. Chr. die Erwählung respektive den Sturz einer Reihe von Königen entweder mit der Fürsorge oder der Vernachlässigung, die sie dem Marduk-Heiligtum zu Babylon (Esangila) zuteil werden ließen.289 Dieses Moment der Eigenverantwortlichkeit einzelner Herrscherpersönlichkeiten findet in der SKL, wie bereits angedeutet, hingegen keine Erwähnung, und auch in der oben zitierten Passage aus der Klage über die Zerstörung von Sumer und Ur erscheint die Befristung irdischer Herrschaft zwangsläufig, nachgerade als ‚Naturgesetz‘.290 Die 284 Cf. Waerzeggers 2011, 731; Zgoll 2006b (akītu). Der Ritualserie bīt salā’ me zufolge musste sich der König auch im Zuge des ‚Neujahrsfests im Herbst‘ selbst erniedrigen, bevor seine Insignien neu geweiht wurden. Cf. Ambos 2008, hier v. a. 2–4; 2013. Cf. ferner Lang 2010, 32–34. 285 Lang 2010, 33. 286 Text: Müller 1937, hier 14, iii, 4. Cf. Wilcke 2002, 82; Lang 2010, 26 f.; 32–34; Ambos 2013, 84. 287 Cf. Galter 2008, 58 f. Zur Bedeutung von palû als ‚Dienstzeit‘ oder ‚Amtsperiode‘ cf. CAD, 71–74 palû A. Eindeutig ist palû befristet. Es hat einen Anfang (reš palê) und ein Ende (taqtīt/qīt palê). Cf. Galter 2008, 568. 288 Cf. Krecher/Müller 1971, 17: „Die geschichtlichen Erfahrungen und daraufhin auch die Erinnerungen der Sumerer, Babylonier und Assyrer waren ja bestimmt durch den unregelmäßigen Wechsel von Perioden der Stabilität, der Ordnung, der Fülle und des Glücks von Land und Menschen mit Perioden des Zusammenbruchs, des Sturzes der Herrschaft, des Einbruchs von Fremden, der Armut und der Verzweiflung der Menschen. Diesen Erfahrungen wurde die immer festgehaltene Überzeugung entgegengesetzt, daß die Götter Babyloniens (bzw. Assyriens), an erster Stelle Enlil von Nippur, immer die Herren des Landes seien, daß sie ihre Herrschaft ohne Unterbrechung ausübten und daß in ihrem Auftrag die von ihnen dazu bestimmten Könige das Land regierten, die Ordnung aufrechterhielten und das Gedeihen beförderten. Alles Geschehene ist somit letztlich im göttlichen Wollen begründet; die zentrale Gestalt, an der das Wirken des göttlichen Segens oder des göttlichen Zornes sichtbar wird, ist im Alten Mesopotamien nicht das Volk, nicht der je einzelne Mensch, sondern der König.“ Zu diesem Konzept, das einen kausalen Zusammenhang zwischen den königlichen Handlungen und b a l a /palû herstellt, cf. Renger 1996, 21 f.; Galter 2008, 657 mit der älteren Literatur. Den göttlichen Gunstentzug schildern einige Legenden um Naramsin von Akkad (s. u.), so die Kutha­Legende (Text: Westenholz 1997, 272 (Transliteration) und 273 (Übersetzung), Col. III, Z. 10–13), wo der König sein übles Geschick beklagt und zu der Einsicht gelangt, dass er seine Pflichten als Beschützer und Hirte des Landes vernachlässigt habe. 289 Text: ABC, Nr. 19, 145–151 = Glassner 2005, Nr. 38, 263–269. Cf. Krecher/Müller 1971, 25 f. 290 In ähnlicher Weise begnügt sich ein babylonisches Orakel (non vidi) mit der lapidaren Feststellung: pa­le A­ka­di­im ga­mi­ir – „Das palû Akkades ist abgelaufen.“ Cf. Glassner 1986, 64. Das Konzept des Herrschaftswechsels von einer Stadt auf die nächste, das der SKL zugrunde liegt, wurde

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Bedeutung von b a l a /palû blieb in einem Jahrtausende währenden Rezeptionsprozess demnach keineswegs statisch. Die Übernahme des babylonischen palû durch die Schreiber assyrischer Könige mit starkem Engagement in der Babylon-Politik ist mehrfach bezeugt.291 Indes, in Assyrien scheint die Vorstellung gottgegebener und a priori zeitlich begrenzter Herrschaftsperioden ursprünglich nicht existiert zu haben.292 Vielmehr sahen sich die Könige als Glieder einer langen Reihe von Herrschern, deren Folge weniger zyklisch denn linear gedacht wurde. Weiterhin zeugt die häufige Bezugnahme auf die Taten der jeweiligen Vorgänger, die es zu übertreffen galt (s. u. Kap. I.2.6), von der hohen Relevanz vergangenen Geschehens auch im Selbstverständnis der assyrischen Könige.293 Gleichwohl liegt der Fokus der Herrscherinschriften hier eindeutig mehr auf den Taten des jeweils regierenden Königs denn auf früheren Ereignissen.294 Es sind namentlich die eigenen Leistungen, die – mit Blick auf die Zukunft – ‚historisiert‘ werden, wie eine Selbstäußerung Asarhaddons erhellt: Urkunden und Schriftdenkmäler fertigte ich an; alles, was ich getan hatte, schrieb ich darauf; für meine königlichen Nachkommen, (die) in der Zukunft (herrschen werden), hinterließ ich sie auf ewig.295

Eindeutig ist diese Aussage auf die Zukunft orientiert296 – eine Zukunft, in der Asarhaddon selbst ‚Geschichte‘ geschrieben haben und somit ‚Unsterblichkeit‘ erlangt haben wird. Im Gegenzug erscheint die Vergangenheit in den neuassyrischen Königsinschriften nur dann als berichtenswert, wenn sie in ein ‚Konkurrenzverhältnis‘ zur Gegenwart gesetzt und zugunsten des regierenden Herrschers ausgelegt werden kann.297 Ungleich nuancierter hatten die é n s i s im frühdynastischen Stadtstaat Lagasch ihre eigenen Taten, zumal im Zuge des Grenzkonflikts mit dem benachbarten Umma (s. u. Kap. I.2.3), in einen historischen Kontext eingebettet.298 Die lagaschitischen Feldzugsberichte zeichnen sich nicht nur durch präzise Orts- und Zeitangaben, nicht allein

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von ihren späteren Fortführungen, der Babylonischen Königschronik (Dynastische Chronik) (Text: ABC, Nr. 18, 139–144 = Glassner 2005, Nr. 3, 126–134) beibehalten. Cf. Galter 2008, 661 f. Cf. ibid., 660. Cf. ibid., 660–663. Cf. Van De Mieroop 2012, 38. Ass. A § 2, VII, 35-VII, 3 (= Borger 1956, 6): na4narêmeš mu­šar­e e­pu­uš­ma ep­šet e­tep­pu­šú qé­reb­šú­ un al­ṭu­ur a­na šarrānimeš mārêmeš-ia ar­ku­te e­zib ṣa­a­tíš. Cf. Galter 2004, 119. Cf. Meier/Da Riva 2018, 311: „The concern for contemporary and future readers was a constant in royal inscriptions.“ Cf. Van De Mieroop 2012, 38: „Earlier kings were mentioned mostly for what they had not done in statements of the nature ‚to boldly go where no man has gone before‘. Sometimes a king acknowledged that a predecessor had built something but only to say that the earlier construction had fallen into ruin, and that the rebuilding was bigger and better.“ Cf. Ibid., 39.

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durch akribische Angaben von Gefallenenzahlen, durch die Verwendung der direkten Rede und die Identifikation des Gegners aus, der als eigenständig agierende Größe auftritt. Sie verorten das Geschehen dazuhin auf einer linearen Zeitachse, indem sie gelegentlich auf die mehrere Generationen zurückliegende Vorgeschichte der Auseinandersetzung Bezug nehmen.299 Da Umma in diesen ‚historischen‘ Partien als Aggressor vorgestellt wird, dient der so hergestellte Kausalnexus zwischen Vergangenheit und Gegenwart mithin als Rechtfertigungsgrund für den Krieg. Eine derart differenzierte Auseinandersetzung mit der Geschichte blieb in den Inschriften mesopotamischer Herrscher indessen eine Ausnahmeerscheinung.300 Spätestens seit dem ausgehenden 21. Jahrhundert wurde die ‚historische‘ Berichterstattung zunehmend zugunsten einer „zeitlosen Ideologie des Königtums“301 aufgegeben und erst in den Herrscherannalen der assyrischen Könige zum Teil wieder aufgegriffen.302 Obschon Reflexionen über die Vergangenheit in sumerischen und akkadischen Texten zu allen Zeiten begegnen, hat man der mesopotamischen Kultur die Existenz einer veritablen ‚Geschichtsschreibung‘ abgesprochen.303 Diese Sicht ist in jüngerer Zeit dahingehend relativiert worden, dass die Kulturen des Zweistromlandes zwar keinen Herodot oder Thukydides hervorbrachten, jedoch – wie oben gesagt wurde – unbestreitbar über eine Wahrnehmung der Vergangenheit als eine Sequenz von Ereignissen in der Zeit verfügten.304 Von einem derartigen ‚Epochenbewusstsein‘ zeugen mithin die zahlreich überlieferten chronographischen Texte, allzumal die Königslisten und Chroniken. Die Letzteren berichten jahrweise – genauer: nach Herrscherjahren – von bedeutenden militärischen, politischen und rituellen Geschehnissen.305 Jene Orientierung an Herrschaftswechseln eignet auch den Königslisten, die nicht nur die Abfolge der Könige, sondern darüber

299 Cf. Sallaberger 2005, 68 f. Ansätze zu einer ‚historischen‘ Berichterstattung finden sich bereits in den Inschriften des Dynastiegründers Urnansche, der anlässlich eines Sieges über Umma und Ur die Namen der gefangenen Offiziere nennt und genaue Gefallenenzahlen angibt (cf. RIME I E1.9.5.6 rev. II, 4-V, 3). Die Vorgeschichte des Grenzkonflikts mit Umma schildert Enmetena (RIME I E1.9.5.1, Col. I, 4–III, 10). Cf. hierzu Kap. I.2.3. 300 Cf. Van De Mieroop 2012, 39: „This is, to my knowledge, the only time in Mesopotamia that a longterm perspective was placed on a war.“ 301 Sallaberger 2005, 87. 302 Cf. ibid., passim. 303 Cf. etwa Oppenheim 1964, 19: „In the fragments preserved, there is a noticeable absence of historical literature; that is, texts are lacking that would attest to the awareness of the scribes of the existence of a historical continuum in the Mesopotamian civilization of which they themselves and their tradition were only a part.“ 304 Diese Anschauung vertritt nachdrücklich Van De Mieroop 2012. Cf. ferner die Beiträge in Fink/ Rollinger 2018. Zu den Texten, die eine direkt an die Nachwelt gerichtete Botschaft enthalten, cf. Charpin 2011, 229–250. 305 Cf. Ponchia 2018 (assyrische Chroniken); Waerzeggers 2012; 2018 (babylonische Chroniken).

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hinaus deren Regierungsjahre anführen.306 Diese Form der Periodisierung erhellt, dass Geschichte in Mesopotamien in erster Linie als ‚Herrschergeschichte‘ begriffen wurde.307 Es waren (neben den Göttern) vornehmlich die Taten ‚großer Könige‘, die in deren eigenen Inschriften memoriert, in Hymnen gepriesen und in der gelehrten Überlieferung (i. e. chronographischen, divinatorischen und ‚epischen‘ Schriften) über Jahrtausende hinweg tradiert wurden.308 Die zentrale Rolle des Königs im mesopotamischen ‚Geschichtsdenken‘ enthüllen weiterhin die vor allem seit der altakkadischen Zeit (2340–2200 v. Chr.) gebräuchlichen Jahresnamen: Jene Datenformeln benannten jedes Jahr nach einer herausragenden Leistung des Herrschers und waren somit „immer an die historische Zeit gebunden.“309 Besondere Berücksichtigung fanden militärische Erfolge und kultische Handlungen sowie Weihungen und Baumaßnahmen.310 Vergangenheitsbezüge begegnen fernerhin in der babylonischen Omenliteratur, den sogenannten narû-Texten und Schriften prophetischen Inhalts. Wie andernorts liegt der Divinationskunst in Mesopotamien die Vorstellung zugrunde, dass die Götter ihre Gunst respektive ihre Ablehnung gegen menschliche Handlungen durch Zeichen (astrale Erscheinungen, Naturphänomene, Träume) kundtäten. Besondere Relevanz besaß in diesem Zusammenhang die Eingeweideschau, deren Sachkundige aus der Leber eines Opfertieres verbindliche Aussagen über die Zukunft zu treffen wussten, welche nicht selten die Person des Herrschers betrafen.311 Die Deutung erfolgte in den Nachsätzen (Apodosen) der ‚historischen Omina‘ unter Rekurs auf die Vergangenheit: „[…] wenn der ubānu­Teil (der Leber) wie eine Mondsichel ist, so ist es ein Omen des (Königs) Rimuš.“312 Mit hoher Wahrscheinlichkeit vermochten die sachkundigen Opferschauer aus dem Namen des altakkadischen Königs Rimusch (drittes Jahrtausend v. Chr.) spezifische Prognosen herzuleiten, deren innere Logik sich dem heutigen Betrachter verschließt.313 Die hier manifeste Vorstellung von einem „Hinein-

306 Cf. Grayson 1980–1983, passim; Renger 1996, 13–15; Krecher/Müller 1971, 29 f.; Miller 1997; Glassner 2005, 3–53; Wilcke 2001; Brisch 2018. 307 Cf. Van De Mieroop 2012, 30 sowie Sallaberger 2005, 64: „Denn historisch relevantes Handeln vollbringt in der Welt des Alten Orients allein der Herrscher, aus seinen Taten konstituiert sich die Geschichte, die in seinem Namen festgehalten wird und die im kulturellen Gedächtnis fortlebt.“ 308 Zum Textbestand der mesopotamischen Zivilisationen cf. Renger 1996, passim. Ders. 10 f. unterteilt die schriftliche Hinterlassenschaft des Zweistromlandes in drei Kategorien: ‚Rechts- und Verwaltungsurkunden‘, ‚Monumentalinschriften‘ und ‚Texte der gelehrten Überlieferung‘. 309 Sallaberger 2005, 81. Zu den Jahresdaten cf. ibid., 80–83. Die Datierung in Assyrien erfolgte dagegen nach eponymen Beamten, die in den sogenannten Eponymenlisten zusammengestellt wurden. Cf. Glassner 2005, 160–176; Yamada 2018. 310 Cf. Sallaberger 2005, 82. Dabei konnte durchaus auch eine kultische Handlung den Vorzug vor einem militärischen Erfolg erhalten. 311 Einen Überblick über die babylonische Divinationslehre bietet Maul 2003; 2007 mit der älteren Literatur. Cf. ferner Cryer 1994; Heeßel 2000 sowie Koch 2011 zu den astrologischen Omina und Koch-Westenholz 2000 zur Praxis der Eingeweideschau. 312 Zitiert nach Krecher/Müller 1971, 19. 313 Cf. ibid.; Renger 1996, 20; de Jonker 1995, 55–58.

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wirken der Vergangenheit in die Gegenwart bzw. Zukunft“314 liegt auch einer als ‚Pseudo-Autobiographien‘ oder narû-Texte bezeichneten Literaturgattung zugrunde.315 Es handelt sich um ‚Ich-Berichte‘ früherer (namentlich altakkadischer) Herrscher in Stelenform (akk. narû), die den Anschein der Authentizität erwecken wollen, in Wahrheit jedoch fingiert sind. Nicht selten steht anstelle der in den Originalinschriften mesopotamischer Könige üblichen Fluchformeln ein Appell an nachfolgende Herrscher, die ruhmreichen Taten des vorgeblichen Verfassers nachzuahmen oder (umgekehrt) dessen Missgeschick und Verhängnis zu umgehen.316 Eine derart gegenwartsbezogene oder vielmehr: zukunftsorientierte Inbesitznahme der Vergangenheit eignet auch den ‚Pseudoprophetien‘, die in akkadischer Sprache auf uns gekommen sind. Ereignisse, die zum Zeitpunkt der Abfassung längst eingetreten waren, erscheinen hier als Weissagungen ex eventu, um der ‚echten‘, tatsächlich auf die Zukunft bezogenen Prophezeiung am Schluss höhere Glaubwürdigkeit zu verleihen.317 Dies soll indessen mitnichten besagen, dass die historischen Reflexionen in mesopotamischen Texten stets dazu angetan gewesen seien, gleichsam manipulativ Einzel- oder Gruppeninteressen zu stützen.318 So ist derzeit nur ein einziges Dokument bekannt, das die Autorität eines früheren Königs in diesem Sinne vereinnahmt.319 Vielmehr mag die verbreitete Praxis des Kopierens und der Vervielfältigung autoritativer Texte in den gelehrten Schreiberschulen nebst didaktischen Gründen einem genuinen Interesse an der Vergangenheit geschuldet sein.320 Das kollektive Gedächtnis bewahrte indessen vornehmlich die Erinnerung an herausragende Herrschergestalten, zumal an die Könige von Akkad und die legendären Helden von Uruk – Enmerkar, Lugalbanda und Gilgamesch. Als gleichsam ‚dehistorisierte‘321 und in den Bereich des Mythischen entrückte ‚Heroen‘ gerieten sie zugleich – wie noch darzulegen sein wird – zu exemplarischen 314 315

Krecher/Müller 1971, 23. Mit der Begrifflichkeit und den damit einhergehenden Definitionsproblemen setzt sich Haul 2009, 95–131 auseinander. Cf. ferner Longman 1991; de Jonker 1995, 91–107 und Pongratz-Leisten 2001b, 23–27. 316 Cf. Krecher/Müller 1971, 20; Pongratz-Leisten 2001b, 23–27; Haul 2009, 107–115. Tatsächlich scheint die Belehrung am Schluss den Fluch- und Segensformeln nachempfunden zu sein. 317 Cf. Krecher/Müller 1971, 22; Renger 1996, 17–19. 318 Zum Problem der historisch-politischen Deutung mesopotamischer Texte cf. etwa Wilcke 1999; Zgoll 1997; Cooper 2001, der politische Bezüge in mythologischen Texten in sumerischer Sprache kritisch beurteilt. 319 Es handelt sich um das sogenannte Kreuzförmige Monument (CT 32, pl. 1, 1), ein angebliches Privileg des altakkadischen Königs Manischtusu an den Schamasch-Tempel zu Sippar, das in Wahrheit rund 2.000 Jahre nach dessen Lebzeiten verfasst wurde. Cf. Krecher/Müller 1971, 22 sowie Powell 1991, der allerdings noch Naramsin als den vorgeblichen Verfasser des Dokuments annahm. Dass es sich tatsächlich um Maninschtusu handelt, zeigte George 1994. 320 Cf. Van De Mieroop 2012, 41 f. Die beigefügten Kolophone (Hunger 1968) enthüllen häufig das Bestreben, die Originalzeugnisse wortgetreu wiederzugeben. 321 Cf. Van De Mieroop 2012, 53: „The two men [scil. Gilgamesch und Sargon] were intrinsically connected to their cities. In every other respect, however, they were dehistoricized. It was impossible to pinpoint them in time and place and through external references.“

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‚Modellkönigen‘, an deren Taten nachfolgende Herrscher sich maßen (s. u. Kap. I.2.5).322 Diese ‚Heroen‘ hatten durch ihre (tatsächlich vollbrachten oder ihnen zugeschriebenen) Leistungen ewigen Ruhm und damit gleichsam ‚Unsterblichkeit‘ erlangt.323 In diesem Sinne ist es bemerkenswert, dass der Verfasser des babylonischen Gilgamesch­Epos’ seinem Protagonisten gerade den Bau der Stadtmauern von Uruk als geschichtsmächtige Tat anrechnet: All seine Mühe ist niedergeschrieben auf einem Gedenkstein: Er errichtete die Mauer von Hürden-Uruk, des allerheiligsten Eanna, des glänzenden Schatzhauses. Schau seine Mauer an, die sich so weit erstreckt! Blick auf ihre Verkleidung, der niemandes Werk gleicht! Nimm doch die Treppe, die seit alters besteht, und nähere dich Eanna, dem Wohnsitz der Ischtar, das kein späterer König, kein Mensch nachmachen kann! Steig hinauf auf die Mauer von Uruk und geh herum, prüfe das Fundament, inspiziere das Ziegelwerk, ob nicht sein Ziegelwerk aus Backstein ist, ob den Grund nicht legten die sieben Weisen!324

Auf der Suche nach der Unsterblichkeit war Gilgamesch bis zu den Rändern der Erde gelangt (s. o. Kap. I.2.1) – vergebens. Der Epilog der elften Tafel schildert seine Rückkehr nach Uruk in Begleitung des Fährmannes Ur-schanabi: Da spricht Gilgamesch zum Schiffer Ur-schanabi: Steig hinauf, Ur-schanabi, auf die Mauer von Uruk und geh herum, prüfe das Fundament, inspiziere das Ziegelwerk, ob nicht sein Ziegelwerk aus Backstein ist, ob den Grund nicht legten die sieben Weisen! Eine Quadratmeile ist Wohnstatt, eine Quadratmeile sind Palmgärten, eine Quadratmeile erstreckt sich die Lehmgrube, eine halbe Quadratmeile bedeckt der Tempel der Ischtar. Drei und eine halbe Quadratmeilen – das ist die Ausdehnung von Uruk.325

322 Cf. Renger 1996, 16 f.; Krecher/Müller 1971, 26–28; Van De Mieroop 2012, passim. 323 Cf. Fink 2015, 36–38 (Gilgamesch); 42–44 (Enmerkar und Lugalbanda). 324 [šá-k]in i­na na4narê(n a . r ú . a) ka­lu ma­na­aḫ­ti/┌ú┐­pi­šú dūra(b à d) šá uruk(u n u g)ki su pú­ ┌ ┐ ri /šá é . a n . n a qud­du­ši šu­tum4­mi el­┌lim┐/a­mur du­ur­šu šá ki­ma qé­e ni­ip­š[u?]/i­tap­la­as sa­me­ta­šu šá la ú­maš­ša­lu mam­ma/ṣa­bat­ma gišsimmilta(k u n 4) šá ul­tu ul­la­nu/qit­ru­ub ana é . a n . n a šu­bat dIštar(15)/šá šarru(l u g a l) ár­ku­ú la ú­maš­šá­lu amēlu(l ú ) mam­ma/e­li­ma ina! muḫḫi(u g u ) dūri(b à d ) šá urukki i!(IM)-tal­lak/te­me­en­nu ḫi­iṭ­ma libitta(s i g 4 ) ṣu­ub­bu/ šum­ma libitta(s i g 4 )-šú la a­gur­┌rat┐/u uš­šú­šú la id­du­ú 7 ┌mun┐­tal­ku. Tafel I, 10–21 (= George 2003, 538 f.). Deutsche Übers. Röllig 2009, 33. 325 dGIŠ-gim­maš a­na šá­šu­ma izakkara(m u)ra a­┌na┐ mur­šanabi ma­la­ḫi/e­li­ma mur­šanabi ina muḫḫi(u g u) dūri(b á d) šá uruk┌ki┐ i­tal­lak/te­me­en­na ḫi­i­ṭi­ma libitta(s i g 4 ) ṣu­ub­bi/ šum­ma ┌libitta(s i g 4)┐­šú la a­gur­rat/u uš­ši­šú la id­du­ú 7 ┌mun┐­tal­ki/1 šár ālu(u r u)ki 1 šár giš kirātu(k i r i 6)meš 1 šár es­su­┌ú┐ pi­t[i­i]r bīt(e) diš­tar/3 šár ù pit­ru urukki tam­[ši]­┌ḫu┐. Tafel XI, 322–328 (= George 2003, 724 f.). Deutsche Übers. Röllig 2009, 118–119. Cf. weiterhin George 2003, 526–528.

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Dem Tod vermag selbst Gilgamesch nicht zu entrinnen (siehe Tafel X, 293–322), doch seine Taten326 und schließlich die Errichtung der Uruk-Mauern haben ihm ‚einen Namen gesetzt‘.327 Zugleich aber repräsentieren jene Mauern das Kontinuum der Geschichte: Das Individuum ist sterblich, allein die Menschheit als solche überdauert durch ihr Wirken in der Welt, von dem die Monumente der Vorzeit künden.328 Die Vergangenheit war den Menschen im alten Mesopotamien somit allgegenwärtig, ja gleichsam ‚in Stein gegossen‘.329 Entsprechend nahmen assyrische und babylonische Herrscher des zweiten und ersten Jahrtausends in ihren Weihinschriften auf die Baugeschichte der Gebäude, an denen sie Restaurierungen tätigten, Bezug. So berichtet Asarhaddon (680–669 v. Chr.) anlässlich seiner Baumaßnahmen am Tempel des Gottes Assur Folgendes: Als der frühere Assur-Tempel, den mein Vorfahr Ušpia, Priester des Assur, vordem gebaut hatte, verfallen war, baute mein Vorfahr Erišu, der Sohn des Ilušumma, Priester des Assur, ihn auf. Als er nach 126  Jahren wieder verfallen war, baute mein Vorfahr ŠamšiAdad, der Sohn des Ilukapkapi, Priester des Assur, ihn auf. Als nach 434  Jahren dieser Tempel durch eine Feuersbrunst zerstört war, baute mein Vorfahr Salmanassar, der Sohn des Adad-nârâri, Priester des Assur, ihn auf. Nach 580 Jahren waren der innere Kultraum, die Wohnung meines Herrn Assur, das šahuru-Haus, das Haus des Kubu, das Haus des Dibar und das Haus des Ea baufällig, alt und schwach geworden.330

Ganz bewusst verleiht der assyrische König seinem Baubericht eine ‚historische Dimension‘ und reiht sich somit in ein geschichtliches Kontiunuum ein.331 In ähnlicher

326 Cf. Fink 2015, 38: „Gilgamesch ist also der Held, der alles bisher Bekannte überboten hat. Er war auf den höchsten Gipfeln, an den entferntesten Orten, durchquerte den Tunnel der Sonne und tauchte bis auf den Grund des Ozeans hinab.“ 327 Zur Bedeutung des Namens zur Erlangung von Unsterblichkeit cf. Radner 2005, 15–25. Denselben Wunsch nach Unsterblichkeit erhellt ein Preisgedicht auf Schulgi von Ur (Schulgi A = ETCSL c.2.4.2.01, Z. 36–38): „[…] so that my name should be established for distant days and never fall into oblivion, so that my praise should be uttered through the land and my glory should be proclaimed in the foreign lands“ (m u - ĝ u 10 d u - u l - l e 2 - a - a š ĝ a 2 - ĝ a 2 - d e 3 k a - t a n u - š u b - b u - d e 3 a r 2 - ĝ u 10 k a l a m - m a { a k - k a - d e 3 } k a t a r - ĝ u 10 k u r - k u r - r a s i - i l - l e - d e 3 ). 328 Cf. George 2003, 528: „By his quest’s end what Gilgamesh has learnt at first hand, alone among mortals, is this: at the end of life the individual perishes in the passage to death’s realm, but beyond that point in his existence, and necessarily outside his personal experience, stretches the eternal past and future of mankind.“ 329 Cf. Van De Mieroop 2012, 38. 330 Ass. B § 3, III, 16–41 (= Borger 1956, 3): bît dAš­šur maḫ­ru­u ša Uš­pi­a a­bi šangû dAš­šur ina pa­ ni e­pu­šú e­na­aḫ­ma IE­ri­šú mâr Ilu­šum­ma a­bi šangû dA­šur e­pu­uš 2 šuššu(UŠ) 6 šánâtimeš il­ lik­ma i­tur e­na­aḫ­ma IŠam­ši-dAdad mâr IIlu­kap(!)-ka­pí a­bi šangû dAš­šur e­pu­uš 7 šuššu(UŠ) 14 šánâtimeš il­lik­ma bîtu šu­ú ina qí­me­et Gira uš­tal­pit IŠul­ma­nu­ašarêd mâr I dAdad­nârâri a­bi šangû dAš­šur e­pu­uš 9 šuššu(UŠ) 40ám šánâtimeš il­lik­ma bît pa­pa­ḫu bit­a­nu­u mu­šab dAš­šur be­lí­ ia bît šá­hu­ri bît dKú­bu bît Di­bar bît dÉ­a an­ḫu­ta še­bu­ta la­bi­ru­ta il­li­ku­ma). 331 Cf. in diesem Sinne auch Galter 2018, 139: „Assyrian kings regarded themselves as links in a chain of tradition that interacted. They were evaluators and evaluated objects at the same time. The

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Weise schildern die neubabylonischen Könige Nebukadnezar II. (604–652  v. Chr.) und Nabonid (555–539 v. Chr.) in ihren Inschriften nicht allein die Baugeschichte der jeweiligen Monumente, sondern berichten darüber hinaus von ihrer gezielten Suche nach Gründungsdokumenten früherer Könige (s. u. Kap. I.2.7).332 In derartigen Handlungen manifestiert sich nicht zuletzt die Rolle des Königs als ‚Bewahrer‘ oder gar ‚Vollender‘ der Schöpfung, die mitnichten als ein in sich abgeschlossener Vorgang begriffen wird: Hatten die Götter die Grundstrukturen der ‚Welt‘ gelegt und mythische Heroen die Basisinstitutionen der Zivilisation begründet, so oblag es dem jeweils regierenden Herrscher, die Schöpfung (durch Bauwerke, neue Institutionen und Feste) zu bewahren, periodisch zu erneuern und fortzusetzen.333 Zugrunde liegt die Vorstellung, dass der Schöpfungsprozess selbst fragil und anfällig für Störungen sei, die auf zweifache Weise in Erscheinung treten konnten: Erstens in Form eines schleichenden ‚Alterungsprozesses‘ (labāru) und zweitens als plötzlich hereinbrechender Kataklysmus.334 Bildhaften Ausdruck findet der Letztere namentlich in der in der SKL erwähnten und in mythologischen Texten verarbeiteten ‚großen Flut‘ (abūbu), die aus mesopotamischer Perspektive den einzigen tiefgreifenden Einschnitt im Fortschreiten der Zeit darstellt (s. o. Kap. I.2.1).335 Wissen von der ‚vorsintflutlichen‘ Periode besitzen nur wenige Eingeweihte, zu denen der Herrscher zählt.336 So heißt es im Prolog des ZwölfTafel-Epos von Gilgamesch: „Verborgenes sah er, Geheimes tat er auf, er brachte Kunde von der Zeit vor der Flut.“337 Die hier angesprochene Weisheit des an himmlischen arcana teilhabenden Königs führt uns zu der eingangs thematisierten theologischen Begründung von Herrschaft in Mesopotamien zurück. Wiewohl eine verallgemeinernde Charakterisierung des altorientalischen Königtums aufgrund der zum Teil erheblichen räumlichen und diachronen Unterschiede

heroic actions of former kings became the benchmarks of their own deeds which in return served as a model for the future.“ Zum historischen Baubericht, der erstmalig für Schamschi-Adad (1813–1781 v. Chr.) bezeugt ist (RIMA I A0. 39.2, Col. I, 7–II, 6., s. u. Kap. 1.5), cf. Sallaberger 2005, 74–78 sowie Renger 1996, 20. In ähnlicher Weise wurde ‚Vergangenheit‘ auch in den assyrischen Chroniken begriffen, wie Ponchia 2018, 117 betont: „[…] conceptualization of the past was based first of all on the roayal dynastic succession and the līmu date system, tightly integrated.“ 332 Cf. Renger 1996, 39; Schaudig 2003 mit der älteren Literatur. 333 Cf. Liverani 1979, 308. 334 Cf. ibid. 335 Cf. SKL, Col. I, 35–41 (= Glassner 2005, Nr. 1, 120–121). Cf. Van De Mieroop 2012, 54 f. Zur Fluterzählung cf. Lang 2014a. 336 Cf. Liverani 1979, 308: „The knowledge and control of time is therefore an essential task of the king.“ 337 Tafel I, 7 f. (= George 2003, 538 f.): [ni]­sir­ta i­mur­ma ka­tim­ti ip­˹tu˺ [u]b­la tè­e­ma šá la­am a­bu­b[i]. Deutsche Übers. Röllig 2009, 33.

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kaum zu erbringen ist,338 sollen im Folgenden einige „Basismerkmale“339 vorgestellt werden, deren Kontinuität sicher verbürgt ist.340 Ein höchst kontroverses Sujet in der altorientalischen Forschung stellt die Sakralität des Herrschers respektive seine Verbindung zur Götterwelt dar.341 Problematisch gestaltet sich namentlich die gebräuchliche Anwendung der dichotomen Kategorien ‚göttlich‘ und ‚sakral‘ auf das mesopotamische Königtum, deren erstere die veritable Divinität des Herrschers zu Lebzeiten postuliert, wohingegen die letztere den König als Mittler zwischen Göttern und Menschen begreift. Es unterliegt keinem Zweifel, dass die Königsvergöttlichung  – im Unterschied zu Ägypten342 – im Zweistromland eine phänomenologisch begrenzte und ephemere Erscheinung darstellte:343 Erstmalig für Naramsin von Akkad (2254–2200 v. Chr.) bezeugt (s. u. Kap.  I.2.4), erreichte sie ihren Höhepunkt zur Zeit der sogenannten ‚Dritten Dynastie von Ur‘ (2112–2004 v. Chr.)344 und der Nachfolgedynastie von Isin (2017–1984 v. Chr.). Zeitgleich ließen sich augenscheinlich auch einige Herrscher von Schimaschki in Iran zu lebenden Göttern erklären, doch existieren nur unzureichende Informationen über deren Motive und die historischen Hintergründe.345 In Babylonien verlor die Vorstellung von einem ‚Gott-König‘ bereits unter Rim-Sin von Larsa (1822–1763 v. Chr.) und Hammurapi von Babylon (1792–1750 v. Chr.) an Intensität.346 Als (sichtbare) Manifestationen königlicher Divinität stricto sensu erscheinen neben der kultischen Verehrung des Herrschers in Tempeln mit eigenem Kultpersonal347 die Annahme göttlicher Attribute (so der Hörnerkrone) sowie die Schreibung des Kö-

338 Cf. Lang 2010, 12. 339 Ibid., 10. 340 Diese „Basismerkmale“ stellt (synchron) Lang 2010, 10 f. zusammen. Eine Synthese der altorientalischen Herrscherideologie sowie ihrer Rezeption im Alten Testament unternimmt Bernhardt 1961, 67–90. Speziell zum sumerischen Königtum cf. Suter 2013, zu den babylonischen Herrschaftsvorstellungen cf. Selz 2008b. 341 Cf. Lang 2010; Jones 2005; Cooper 2008; Michalowski 2008; Wilcke 2002; Selz 2008a; Sallaberger 2002; 93–97; Sjöberg 1971 sowie Winter 2008 (zu den bildlichen Darstellungen). 342 Auf die mit dem Konzept des Pharaos als ‚Gott-König‘ verbundenen Problemstellungen kann an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden. Verwiesen sei u. a. auf den Artikel Frandsen 2008. 343 So geht aus zahlreichen altorientalischen Texten hervor, dass der König als (sterblicher) Mensch begriffen wurde. Cf. etwa das Ritualpräskript zur Investitur K9276+ (Text: Berlejung 1996, 10; 16), dem zufolge dem angehenden Herrscher (Z. 18) die folgenden Worte zu sprechen vorgeschrieben wird: „Ich bin ein Mensch, Geschöpf [Ninmenanas]“ (ana­ku a­mi­lu­tu bi­nu­ut d[Nin­man­an­ na]). Cf. ferner Rollinger 2011d, 47. 344 Zur Göttlichkeit der Ur III-Könige cf. Klein 2006. 345 Cf. Michalowski 2008, 39 f. sowie Steinkeller 2007 zu der sogenannten Awan­Königsliste (AKL), in der vier Könige mit dem Gottesdeterminativ erscheinen. 346 Cf. Cooper 2008, 261; Michalowski 2008, 40. An der ‚Selbstvergöttlichung‘ hielt in dieser Zeit indessen nachweislich Naramsin von Eschnunna fest. 347 Cf. Michalowski 2008, 38. Unter Schulgi, dem zweiten Herrscher der Ur III-Dynastie, wurde der Kult des Königs reichsweit gepflegt. Seine Tempel sind in Umma, Girsu, KI.AN und in Ur bezeugt, wo er zu Lebzeiten als Š u l g i - d u m u - A n a (‚Schulgi, Sohn Ans/des Himmels‘) verehrt wurde.

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nigsnamens mit dem vorangestellten Gottesdeterminativ (DINGIR/ilum).348 ‚Physische Divinität‘ konnte der König dazuhin durch die Inanspruchnahme göttlicher Zeugung und Geburt erlangen.349 Darüber hinaus wurde die Selbstvergöttlichung der Ur III-Könige häufig mit dem Ritual der ‚Heiligen Hochzeit‘ in Verbindung gebracht. Im Zuge dieser in ihrer Bedeutung und konkreten Durchführung höchst umstrittenen Zeremonie repräsentierte der Herrscher Dumuzi,350 den mythischen Gemahl der Göttin Inanna.351 Schließlich konnte der vergöttlichte König posthum zum Himmel auffahren, wie es einem Wirtschaftstext zufolge Schulgi von Ur widerfuhr.352 Indes, der Götterstatus bewahrte den Herrscher mitnichten vor dem Tod, noch wurde – wie Jerrold S. Cooper trefflich formuliert – seine reale Machtfülle davon berührt: The strong ruler gained no additional power from his godship, so it seems, nor was a weak ruler like Ibbisin protected by it. After the middle of the second millennium, there were great and mighty kings in Mesopotamia whose power was in no way constrained by their ordinary mortality.353

Die Zugehörigkeit des mesopotamischen Herrschers zur ‚Gattung Mensch‘ geht aus verschiedenen Quellen unzweideutig hervor.354 Dass gerade die Könige des mächtigen neuassyrischen Imperiums im ersten Jahrtausend ihre Sterblichkeit keineswegs negierten, erhellt mithin ein Passus des jungbabylonischen Gilgamesch­Epos, das in der vorliegenden Form die Herrscherideologie seiner Zeit reflektiert.355 Im Fieber berich-

348 Dieses einem Wort vorangestellte Logogramm, dass selbiges dem Klassem des Göttlichen zuordnete (zu den Determinativen cf. Caplice 2002, 5), begegnet bereits in den frühesten Texten aus Uruk und war ursprünglich wohl die piktographische Darstellung eines Sterns, der wiederum aus einer Rosette hervorgegangen sein mag. Cf. Moortgat-Correns 1994. Indessen hatte sich das DINGIR-Zeichen zur Klassifizierung des Göttlichen in der Frühzeit augenscheinlich noch nicht allgemein durchgesetzt. Vielmehr zeugen die Texte aus Fara und Abu Salabich (s. u. Kap. I.2.3) von regionalen Unterschieden (z. B. SF 57 und IAS 46; 47; 53) und einer relativen Willkür bei dessen Anwendung. Cf. Selz 2008a, 15 f. 349 Cf. Wilcke 2002; Lang 2010, 20–21. Zum Konzept der ‚Milchkindschaft‘ im frühdynastischen Stadtstaat Lagasch s. u. Kap. I.2.3. Hervorzuheben ist zudem die göttliche Genealogie Schulgis von Ur, der, indem er Gilgamesch von Uruk zu seinem ‚Bruder‘ erklärte, mithin dessen göttliche Eltern Ninsuna und Lugalbanda zu seinen ‚metaphysischen Eltern‘ („metaphysical parents“) erhob (Michalowski 2008, 38). 350 Cf. die mythischen Erzählungen Dumuzis Traum (ETCSL c.1.4.3) sowie Inannas Gang in die Unter­ welt (ETCSL c.1.4.1). 351 Cf. McCaffrey 2013 mit der älteren Literatur. Strittig bleibt einerseits die Identität der Aktanten im Ritual, andererseits die Frage, ob dessen Vollzug ‚realistisch‘, ‚symbolisch‘ oder gar ‚fiktional‘ zu deuten sei. Cf. Selz 2008a, 20–22 sowie Gurney 1962. 352 Cf. Wilcke 1988b zu Schulgis Himmelfahrt. 353 Cooper 2008, 263. 354 Cf. das Investiturritual K9276+ (Text: Berlejung 1996, 10; 16). 355 Cf. Lang 2014a, der gerade in der die Sintflutgeschichte thematisierenden elften Tafel Reflexe auf die neuassyrische Königsideologie ausmacht und diese in die Regierungszeit Assurbanipals datiert. Cf. ferner Lang 2010, 30.

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tet hier Enkidu seinem Freund Gilgamesch, wie er in einer Traumvision die Unterwelt schaute: In dem Haus des Staubes, das ich betrat, blickte ich herum und (sah) die Kronen hingebreitet, und da saßen die Könige, Besitzer der Kronen, die seit alten Tagen das Land beherrschten.356

Gilgamesch, den bereits im dritten Jahrtausend der ‚Gott-König‘ Schulgi von Ur zu seinem ‚Bruder‘ erklärt hatte, erscheint spätestens in der jungbabylonischen Kompilation Sin-leqi-unninnis als das Paradigma für die Unausweichlichkeit des Todes.357 Und in der Tat begegnet ja – so lehren die SKL und die sumerischen Städteklagen (s. o.) – schon auf der Schwelle vom dritten zum zweiten Jahrtausend v. Chr. zumindest außerhalb der offiziellen ‚Hofliteratur‘ der Topos von der Endlichkeit jedweder (terrestren) Herrschaft.358 Der gewaltsame Tod in der Schlacht hinwiederum, der in der 3.000-jährigen Geschichte Mesopotamiens lediglich zwei Könige  – Urnamma von Ur und Sargon II. von Assyrien – ereilte, konnte von den Zeitgenossen nicht anders aufgefasst werden denn als Entzug der göttlichen Gunst.359 So lieferte das Ende Urnammas Piotr Michalowski zufolge denn auch den entscheidenden Impuls zur Selbstvergöttlichung seines Nachfolgers Schulgi (2094–2047 v. Chr.):360 Das Trauma dieser Katastrophe, für Michalowski „a cosmic tragedy“,361 fand seinen Niederschlag in der Dichtung Der Tod Urnammas, die – und dies wäre innerhalb der königlichen ‚Kanzlei‘ wohl undenkbar gewesen – den Hinabstieg des Herrschers in die Unterwelt schildert.362 Die Herrschaft der Dynastie von Ur stand kurz vor einem Desaster, doch gelang es Schulgi während 356 a­na b[īt (é) ep­r]i šá e­ru­bu a­na­ku/ap-pa[l­sa­am­m]a ku­um­mu­su a­gu­ú/áš­b[u šarrūmeš šu­ut a­ge­e šá ul­tu u4­me pa­na i­be­lu ma­a­tú. Tafel VII, 193–195 (= George 2003, 644–645). Deutsche Übersetzung Röllig 2009, 81 f. Ambos 2013, 12 f. macht darauf aufmerksam, dass die verstorbenen Könige hier als im Tode ihrer Insignien beraubt präsentiert werden, obwohl ihnen in der Praxis häufig Regalien mit ins Grab gegeben wurden. 357 Cf. Michalowski 2008, 99. Aus Enkidus Bericht geht ferner hervor, dass die Qualität des Lebens im Jenseits weniger von der sozialen Stellung als vielmehr von der Zahl der Nachkommen und damit der Totenopfer abhing. Cf. Matijević 2015, 186 f. 358 Cf. Cooper 1993, 21: „[…] no Sumerian text that is not an immediate product of the court – royal inscription or royal hymn – holds out any hope that souvereignty is forever.“ 359 Der Tod Sargons II. wurde in Assyrien offenbar rückwirkend durch die Hybris des Königs erklärt. Cf. Melville 2016, 190–192. Sargons Sohn und Nachfolger Sanherib distanzierte sich ostentativ von seinem Vater. Cf. Galter 2006, 294–296. Ein während der Regierung Asarhaddons verfasster Text (The sin of Sargon, SAA 3, 77–79, Nr. 33) erklärt den Schlachtentod des Königs uner anderem dadurch, dass er die die Götter Babylons erzürnt habe. Cf. Melville 2016, 191: „For his part, Esarhaddon exploited this reading of Sargon’s fate to justify his reconstruction of Babylon, which Sennacherib had destroyed in 689.“ 360 Cf. Michalowski 2008 zum Folgenden. 361 Ibid., 35. 362 Text: Black/Cunningham/Robson/Zólyomi 2004, 56–62 sowie ETCSL c.2.4.1.1.

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seiner langen Regierungszeit, das ‚Reich‘ zusammenzuhalten und die erodierten ideologischen Grundlagen des Herrscherhauses neu zu ‚erfinden‘. Die Selbstdeifizierung des Königs, so Michalowski, stellte nur ein Element der umfassenden recreatio des Staates dar.363 Von den Hintergründen jener Handlung legen die Jahresnamen Schulgis beredtes Zeugnis ab:364 Hatten die Datenformeln bis zum zwanzigsten Regierungsjahr des Königs vorzugsweise kultische Handlungen memoriert, so standen in der Folgezeit Militäraktionen in Iran im Vordergrund – ein Umstand, der auf eine zunehmende Bedrohung der östlichen Grenzen schließen lässt.365 Zur selben Zeit erscheint das Gottesdeterminativ vor dem Namen Schulgis.366 Dieser Befund legt nahe, dass die Königsvergöttlichung, die – und dies gilt auch für Naramsin (s. u. Kap. I.2.4) – als Reaktion auf eine existenzielle Gefährdung der Herrschaft erfolgte, mitnichten den Kulminationspunkt einer längerfristigen Entwicklung in Mesopotamien darstellte. Vielmehr war ihr Entstehen einer spezifischen historischen Konstellation geschuldet und blieb eine Ausnahmeerscheinung. Eine eigene Form königlicher Divinität mag sich später in Assyrien (s. u. Kap.  I.2.6) herausgebildet haben: Dort konnte der Herrscher als „Geschöpf der Hände Assurs“ (binût qātēšu) erscheinen,367 und dem mittelassyrischen Tukulti­Ninurta­Epos zufolge wird er „gezählt unter das Fleisch der Götter nach seinen Gliedern.“368 Der Herrscher figuriert zugleich als „Hypostase“369 Ninurtas und als ‚Ebenbild‘ (ṣalmu) des Gottes Enlil.370 Indes, dass der Antinomismus der Kategorien ‚göttlich‘ und ‚irdisch‘ respektive ‚menschlich‘ im Alten Mesopotamien tatsächlich exklusiv aufgefasst worden sei, hat Gebhard J. Selz mit guten Gründen in Frage gestellt:371 Obschon die Praxis des Klassifizierens, die bereits in den frühesten lexikalischen Listen aus Uruk sowie in der Verwendung unterschiedlicher Determinative zutage tritt, ein Grundelement der mesopotamischen Wissenschaft darstellte, unterschied sich das empirische Denken diametral vom aristotelischen tertium non datur. Vielmehr konstatiert Selz „fuzzy bounderies between classes“,372 i. e. einen akkumulativen Zugang zur Wirklichkeit, der mithin dazu geführt habe, dass ‚Divinität‘ auch konkret-materiellen Phänomenen zuerkannt wer-

363 Cf. Michalowski 2008, 37 f. Die literarische Produktion sei nun darauf ausgerichtet worden, „to represent a new form of charismatic rule designed to overcome the ideological crisis precipitated by the martial death of the founder of the dynasty.“ 364 Sie finden sich bei Frayne 1997 (= RIME 3/2), 92–110. 365 So Cooper 2008, 262. 366 Cf. Michalowski 2008, 36. 367 So der Krönungshymnus Assurbanipals Z. 15 (Text: SAA 3, 27 f., Nr. 11. Deutsche Übersetzung bei Lang 2010, 27 f.). 368 Text: Machinist 1978, 60–139, hier 68 f., IV, A obv. 16. Cf. Lang 2010, 30; Wilcke 2002, 81 f. 369 Lang 2010, 29. 370 Cf. Machinist 1978, 68 f., IV, A obv. 15; 18. Cf. Machinist 2006, passim; Lang 2010, 27–31; Wilcke 2002, 81 f. 371 Cf. Selz 2008a zum Folgenden. 372 Ibid., 14.

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den konnte. So erscheinen in den frühen ‚Götterlisten‘ des dritten Jahrtausends unter anderem deifizierte (mit dem Gottesdeterminativ geschriebene) Kulturgüter, Berufe und Paraphernalien.373 Auch die königlichen Insignien und andere Regalien stünden somit nicht nur symbolisch für die Macht des Amtes, sondern enthielten selbst die ihm innewohnende göttliche Kraft: […] to the Mesopotamians apparently all these functions and concepts were not only represented by, but were also inherent in, these objects: for instance, rulership is inherent and contained in substance in royal insignia. In other words, these objects were not mere ‚attributes‘, they were thought to contain ‚ideas‘ materially. The concept of rulership is therefore primarily linked to objects like the scepter and the crown, to the ‚office‘, and only to a lesser degree to the person holding that office. A result of such objectification processes was the sanctification of rulership.374

Durch die den Paraphernalien inhärenten göttlichen ‚Amtsmächte‘ (sum. m e; akk. parṣū;375 simtu?376)377 erlangt der Herrscher somit eine Art ‚funktionale Divinität‘ („functional divinity“378): Erst die Übergabe der Insignien (Krone, Szepter, Bogen u. a.), die in der Ikonographie durch die Götter, im Kult durch einen Priester erfolgt,379 erhebt ihn in „einen anderen Seinszustand“380 zwischen Göttern und Menschen.381 Die Sakralität, ja selbst die physische Divinität eines Herrschers ist folglich aufs engste mit seinem Amt verbunden, das – wie eingangs dargelegt – als Abbild eines ‚himmlischen‘

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Ibid., 17. Die heute schwer nachvollziehbare Zuordnung jener Begriffe zum Bereich des Göttlichen resultierte Selz zufolge aus einem Prozess der ‚Verdinglichung‘ („objectification“). Demnach entstünden Ideen und Gedankenbilder stets aus konkreten Erscheinungen. Der Mensch bediene sich zur Umschreibung abstrakter Phänomene gewöhnlich der Metaphern aus der sichtbaren Welt. Divinät wurde folglich aus dem Konkret-Materiellen induziert. Selz 2008a, 18 f. Cf. Wilcke 2002, 80. Cf. Ambos 2013, 11. Eine Liste der m e findet sich in der Dichtung Inanna und Enki (Faber-Flügge 1973; ETCSL c. 1.1.3). Jenes Konzept, für Wilcke 2002, 80 der „grundlegenden Ordnungsbegriff der altorientalischen Religion“, vermag sowohl materielle als auch mental-gedankliche ‚Objekte‘ zu umschreiben (cf. Selz 2008a, 18). Zudem ist es, so Wilcke 2002, 80 des Näheren, „die göttliche Wirkmächtigkeit, die sich in den ihren Funktionen gemäßen Ämtern der Götter und den sie repräsentierenden Zeichen erweist. Ihnen entsprechen die Ämter der Menschenwelt, besonders im Kult, und ihre jeweiligen Insignien. Ohne sie ist die Welt in Unordnung.“ Zu den m e cf. ferner Lang 2010, 16; Ambos 2013, 11. Selz 2008a, 25. Cf. Lang 2010, 16. Ibid., 18. Cf. Sallaberger 2002, 87–90. Derselbe referiert die von Magan 1986, 21 vorgenommene Zuordnung der Insignien zu unterschiedlichen Aspekten der Herrschaft. Demnach stünden das Szepter (sum. ĝ i d r u, akk. haṭṭu) für den Aspekt des rē’ûtu, des ‚Hirtentums‘ (s. u.), die Krone (agû) für bēlūtu (‚Herrschaft‘) sowie šarrūtu (‚Königtum‘). Der Thron (guza; kussû) erscheint stets als der von den Göttern ‚gefestigte‘ Amtssitz. Gelegentlich zählen auch Waffen und Gewand zu den Insignien. Cf. ferner Ambos 2013, 11 f.

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Königtums begriffen wird.382 Dass die Bedeutung der Insignien keineswegs auf deren symbolischen Gehalt zu reduzieren ist, erhellt eine Reihe von Ritualpräskripten (bīt salā’ mê), die die Beschwörung respektive die ‚Weihung‘ der Regalien im Zuge der im Monat Tašrītu vollzogenen Riten zum ‚Neujahrsfest zur Jahresmitte‘383 (s. o.) vorschreiben.384 So wird die Übergabe des Szepters, der Krone und des Bogens jeweils von der Rezitation der magischen Formeln Holz des Meeres, Krone, deren Schreckensglanz oder Waffe, die mit ehrfurchtsgebietendem Glanz ausgestattet ist, begleitet.385 Besondere Relevanz besitzt im vorliegenden Kontext die erstere Beschwörung, die im Zuge der Weihung des Thrones zu erfolgen hat: Holz des Meeres, an einem reinen Ort geschaffen. Eiche, mēsu-Baum, Ebenholz, Holz des Meeres, das aus Dilmun gebracht wurde, dem Enlil ein Schicksal in großartiger Weise bestimmt hat xx […]. Ninildu, der Großschreiner Anus, […], der reine Gesalbte, [bestreute] mit seinen reinen Händen sorgfältig den Thron der Herrschaft. Ningal, der Großschmied Anus, (mit) Silber und Gold versah er [ihn]. Asaluhhi / Marduk, der Sohn von Eridu, sprach die Beschwörung zu, (mit) reinem Wasser besprengte er ihn, säuberte er ihn, reinigte er ihn. Vor Šamaš stellt er ihn an einen reinen Ort und […] erhob seinen Kopf; im Land ließ er (ihn) sichtbar werden. […] Wie der Himmel: Wie die Erde: Wie das Innere des Himmels. Die böse Zunge möge beiseite stehen. Beschwörung für […] einen Königsthron.386

382 Cf. Lang 2010, 31 f.; Cancik-Kirschbaum 2007, 172–177; Wilcke 2002, 65 f. Weiterhin mögen einige Wirtschaftstexte darauf hindeuten, dass strenggenommen weniger der König als Person, als vielmehr sein ‚Genius‘ (lamma) kultische Verehrung fand. Cf. Sallaberger 2002, 94. 383 Cf. Ambos 2008; 2013. 384 Zur Zuweisung der Präskripte an die Ritualserie bīt salā’ mê cf. Ambos 2013, 212–223. Cf. desgleichen die frühere Edition der Texte in Umschrift und Übersetzung mit Kommentar Berlejung 1996. Cf. ferner Lang 2010, 16–19. 385 Text: BM 64385, Rs. 1–16 (= Berlejung 1996, 15 f.; Ambos 2013, 213–217). Cf. Lang 2010, 17. 386 Text nach Berlejung 1996, 21 (cf. Ambos 2013, 213): é n g i š . a . a b . b a k i . s i k i l . t a m ú . a (GIŠ tam­ti šá aš­ri el­li ib­ba­nu­u)/g i š . h a . l u . ú b g i š . m e s g i š . e s i g i š . a . a b . b a d i l . m u n . k i . t a t ú m . a (hu­lu­pu me­su ú­šu­ú GIŠ tam­ti šá iš­tu dil­mun ib­bab­la)/d . E n . l í l . l á n a m g a l . b i m u . u n . t a r . r e n a m x […] s ì . m u (šá d.MIN šim­tu ra­biš i­ši­mu­šú x x […]-din­šú)/d . N i n . í l d u n a g a r . g a l . a n . n a . k e 4 / (d.MIN NAGAR. GAL-lu šá d.[A­nim])/x z a . g ì n . n a š u . s i k i l . a . n i . t a g i š . g u . z a n a m . e n . n a m í . z i m a . r a . [x x ](x pa­ši­šú KU3 ina qa­ti­šú eb­bé­ti ku­us­se­e be­lu­ti ki­ni[š…])/[d . ] . n i n . á . g a l s i m u g . g a l . a n . [ n a . k e 4 (d . MIN MIN šá d.[A­nim])/[k ù . s] i g 1 7 k ù . b a b b a r š u . t a g b a . n i . i n […] (sar­pa hu­ra­ṣa ú­za­ in-[šú])/[d.]A s a l . l ú . h i d u m u . e r i d u . k i . g a . k e 4 n a m . š u b b a . a n . [ s ì ] (d . A M A R . U T U D U M U eri11­du110 šip­ta id­di)/[ a . k ù ] m u . n i . i n . s ù m u . u n . s i k i l m u . u n . d a d a g . g a (me­e el­lu­ti is­luh­ši ul­lil­ši ub­bi­ib­ši/[ i g i ] d .U t u . š è k i . s i k i l . t a m u . u n .

Zur Stellung irdischer Herrschaft und zur Wahrnehmung von ‚Geschichte‘

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Der Eindruck, dass weniger menschliche denn göttliche Handwerker für die Anfertigung des Thronsessels verantwortlich seien, dürfte durchaus der Intention der Verfasser entsprechen. Ganz bewusst wird die Unterscheidung zwischen dem himmlischen Archetypen und dessen irdischem Pendant vermieden, um auf diese Weise die ‚Vorverkörperung‘ auch des Königtums an sich im göttlichen Bereich zu indizieren.387 Als Beauftragter – sei es als leibliches Kind oder als ‚Statthalter‘ (s. u.) – der Götter ist der König mit besonderen Qualitäten ausgestattet: Er ist von einer numinosen Strahlkraft oder einem ‚Schreckensglanz‘ (melammu) umgeben,388 besitzt außerordentliche Fähigkeiten und ist mit exzeptioneller Weisheit begabt.389 Der eingangs zitierte Passus aus dem Etana­Epos (Z. 36) und der Krönungshymnus Assurbanipals 390 stimmen darin überein, dass der Herrscher als der „überlegend-entscheidende Mensch“ (māliku amēlu) den übrigen Sterblichen an Wissen und Einsicht überlegen sei. Seine Erwählung und seine Berufung finden ihren sinnfälligen Ausdruck im Topos des ‚Beim-NamenGenannt-Werdens‘ durch eine Gottheit, der nicht nur Dauerhaftigkeit und (im weiteren Sinne) Unsterblichkeit impliziert, sondern dem Amt des Königtums darüber hinaus „Finalität“391 verleiht: „Ein König wird zum König berufen, um etwas zu tun.“392 Die Hauptpunkte der königlichen Agenda fasst der Prolog des Codex Hammurapi – freilich in ihrer spezifisch (alt-)babylonischen Form – wie folgt zusammen: […] damals haben mich, Hammurapi, den frommen Fürsten, den Verehrer der Götter, um Gerechtigkeit im Lande sichtbar zu machen, den Bösen und den Schlimmen zu vernichten, den Swachen vom Starken nicht schädigen zu lassen, dem Sonnengott gleich den ‚Schwarzköpfigen‘ aufzugehen und das Land zu erleuchten, Anu und Enlil, um für das Wohlergehen der Menschen Sorge zu tragen, mit meinem Namen genannt. Ich, Hammurapi, der von Enlil berufene Hirte, der Hülle und Fülle aufhäufte […].393

387 388 389 390 391 392 393

g u b ([m]a­har d.UTU ina aš­ri el­li ú­kin­ma)/ [ x ] s a g . g á . n a . š è m i . n i . i n . z i k a l a m . m a m i . n i . i n . è ( x x re­ši­šú ul­li ina ma­a­ti ú­šá­pi/xxx r a . n a . a n . g i m : k i . g i m : š à . a n . g i m / e m e . h u l . g á l b a r . š è h é . i m . t a . g u b / i n i m i n i m . m a [ … g i š . ] g u . z a . l u g a l . l a . k e 4. Cf. Lang 2010, 18 f.; Berlejung 1996, 23. Cf. Ataç 2007; Lang 2010, 20. Dieser Topos, der sich noch im persischen xvarǝnah oder farnah und vielleicht sogar noch im Heiligenschein der christlichen Ikonographie wiederfindet, ruft stets Furcht und Schrecken, aber auch Erstaunen hervor. Cf. Selz 2001; Pongratz-Leisten 1999, 286–313. Text: SAA 3, 26 f., Nr. 11 (= Livingstone 1989). Eine deutsche Übersetzung findet sich bei Lang 2010, 27–28. Lang 2010, 22. Ibid. Cf. etwa die Königshymnen Schulgi A (ETCSL c.2.4.2.01), Z. 36–38 sowie Schulgi P (ETCSL c.2.4.2.16), Fb, Z. 38’–39’. Zur Macht des Namens cf. Radner 2005 sowie (mit einem besonderen Augenmerk auf dem Namen Adadnirari) Galter 2018. Codex Hammurapi, Prolog, Col. I, 27–54: inūmišu Ḫammurabi rubâm na’dam pāliḫ ilī jâti mīšaram ina mātim ana šūpîm raggam u ṣēnam ana ḫulluqim dannum enšam ana lā ḫabālim kīma Šamaš ana ṣalmāt qaqqadim waṣêmma mātim nuwwurim Anum u Enlil ana šīr nišī ṭubbim šumī ibbû Ḫammurabi rē’ûm nibīt Enlil anāku mukammer nuḫšim u ṭuḫdim. Transkription nach Roth 1997, 76 f. Deutsche Übersetzung TUAT I. 40 f.

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Die berühmte Basaltstele Hammurapis, die ein 282 ‚Paragraphen‘ umfassendes Gesetzeswerk enthält,394 wird von einer Reliefdarstellung gekrönt, welche die Übergabe der Insignien, Ring und Stab, durch den Sonnengott Schamasch an den König zeigt.395 Die Investitur des Herrschers geht folglich mit seiner Berufung einher, der er (Col. I, 40–44) „dem Sonnengott gleich“ (kīma Šamaš), i. e. als Beauftragter der Götter, zu folgen hat. Die dem König zugedachte Rolle als Garant von Prosperität und Wohlstand illustrieren zahlreiche Texte mit bildreichen Motiven des Überflusses: Zu seinen vornehmsten Pflichten gehört es dem Hymnus Schulgi F zufolge, die Gerste- und Getreidemagazine zu füllen sowie für einen reichen Vorrat an Wasser, Fischen, Geflügel, Eiern, Rindern und Milch zu sorgen.396 Sodann heißt es: Als dem Lande Überfluß ganz nahe war, Ließ der Himmel bis auf die Erde herab seine Zitzen hängen. Wie das Meer erhoben sich (die Wasser) da in ihrer alles niederwalzenden Woge. Als gewaltige Matte fiel der Tag des Überflußes auf die Erde. Überfluß und Frühjahrsflut hat er das Tor geöffnet. Himmel und Erde schrien zugleich, Als das Bergland daraufhin reine Pflanzen wachsen ließ und Die Steppe überall für die im Überfluss sprießenden Kräuter die Erde öffnete und Das Getier und die Rinder und Schafe des Gebirges damit heranzog […] Šulgi, der gute Hirte Sumers, wird weithin Überfluß schaffen.397

Zuweilen gipfelt das Motiv des üppigen Wachstums, das vom dritten bis ins erste Jahrtausend (auch für assyrische Herrscher) bezeugt ist,398 in der metaphorischen Umschreibung des Königs als ‚blühender Baum‘.399 Umgekehrt konnte das ‚Überfluss-

394 Zum Gesetzeswerk Hammurapis cf. Charpin 2012, 145–159. Die Standardedition des Textes ist Driver/Miles 1955. Eine neuere Ausgabe mit einer englischen Übersetzung bietet Roth 1997. Zu der früheren Gesetzessammlung Urnammas von Ur cf. Stein 1969. 395 Cf. zu Ring und Stab Slanski 2007. Die bildlichen Darstellungen behandelt Winter 2008, 91–92. 396 Cf. Z. 1–14. Text bei Wilcke 2002, 75. 397 Ibid., 76 (Z. 48–56; 66). Deutsche Übers. Wilcke. 398 Cf. etwa die Aussage Assurbanipals (Einleitung Prisma B, I 27–35 = Borger 1996, 205): „Adad liess seine Regengüsse los, Ea öffnete seine Quellen. Das Getreide wurde 5 Ellen hoch in seiner Saatfurche, die Ähre wurde 5/6 Ellen lang. Gedeihen der Ernte und grosser Umfang der Nisaba (d. h. des Getreides) lassen ständig die Äcker üppig spriessen, die Obstgärten lassen Früchte gedeihen, das Vieh hat beim Werfen Gelingen. Während meiner Regierung (gibt es) Hülle und Fülle, während meiner Jahre (gibt es) Aufhäufung und Überfluss.“ Zum Überflussmotiv cf. Lang 2010, 23. 399 Cf. Wilcke, 2002, 71; Lang 2010, 24 sowie Parpola 1993 zum assyrischen ‚Baum des Lebens‘. Im Hymnus Schulgi P (ETCSL c.2.4.2.16) wird die göttliche Geburt Schulgis (F a, 4’–6’; 15’) mit dem Hervorsprießen eines Setzlings aus der Erde verglichen: „[Als] ich an seinen [Stamm?] richtig Hand anlegte,/Da war er eine saftige Zeder, inmitten von Zypressen gepflanzt,/und dein Vater, der lautere (Himmelsgott) An,/ließ die Zweige funkeln. […] Er ist mein mes-Baum, trägt lautere Blüten.“ Deutsche Übersetzung nach Wilcke 2001, 73.

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motiv‘ in „einer Art negativen Bukolik“400 auch ins Gegenteil verkehrt werden, konnte die Fülle im herrschaftsfreien Raum oder im Falle der Pflichtunterlassung des Königs in Verfall und Verödung des Landes umschlagen.401 Doch nicht allein Überfluss zu schaffen, sondern darüber hinaus zum Schutz der Wehrlosen und Schwachen (siehe Codex Hammurapi, Col. I, 32–39) ist der ‚König der Gerechtigkeit‘ (sum. l u g a l - n i g - s i - s a; akk. šar mīšarim) berufen.402 Diese zentrale Funktion des Herrschers konzentriert sich in der Herrschaftsmetapher des ‚Hirtentums‘ (rē’ûtu), die in der rund 3.000 Jahre umfassenden Geschichte Mesopotamiens nichts von ihrer Kraft einbüßen sollte.403 Das Bedeutungsspektrum jenes Bildes, das seine Entstehung der wirtschaftlichen Relevanz der Tempelherden im frühen Mesopotamien verdanken mag,404 umfasst im weiteren Sinne auch militärische Tüchtigkeit, denn: Erst die Abwehr wilder Tiere, die ihren Niederschlag in der Stilisierung des Herrschers zum erfolgreichen Jäger (s. u.) findet, sowie das Zurückdrängen äußerer Feinde gewährleisten Frieden und Prosperität. Zum Schutz der Herden ist der Hirte mit Waffen (Keule und Stab) ausgestattet, und Waffen zählen nicht selten zu den königlichen Insignien.405 Die Übertragung des Hirtenmotivs auf den Herrscher artikuliert ein sumerisches Sprichwort in aller Deutlichkeit: „Menschen ohne König sind wie Schafe ohne Hirten“ (u n l u g a l n u - m e - a / u d u s i p a - b i - i n - n u).406 Zu den kultischen und ‚infrastrukturellen‘ Aufgaben des Herrschers schließlich zählen Baumaßnahmen an Tempeln, Stadtmauern und Kanälen.407 Das Bild des Monarchen als Architekt und Baumeister, einer „Ursprungsmetapher von Herrschaft“,408 entfaltet der sogenannte Tempelbauhymnus des Stadtfürsten Gudea von Lagasch in extenso:409 Der Text lässt den Herrscher die Bauarbeiten selbst überwachen, Rohmateri400 401 402 403

404 405 406 407 408 409

Cancik-Kirschbaum 2007, 173. Cf. ibid. Cf. Cancik-Kirschbaum 1999; Selz 2008b, 108–110. Cf. Bernhardt 1961, 67–81; Selz 2001; 2008b, 113–114. Die Selbstprädikation als ‚Hirte‘ taucht bereits im dritten Jahrtausend bei Lugalzagesi von Uruk (s. u. Kap. I.2.3) auf (cf. RIME I E1 14.20.1, Col. I, 6–35) und begegnet regelmäßig in den Texten der Ur III-Zeit, so im Hymnus Schulgi F, Z. 66; 85; 90 bei Wilcke 2002, 76 f. Noch im siebten Jahrhundert v. Chr. beschreibt Asarhaddon von Assyrien in einer Inschrift (Nin. Epist. 2, 77–79 = Borger 1956, 44) das ‚Überlaufen‘ aufständischer Feinde im Vorfeld seiner Krönung zum ‚rechtmäßigen‘ König [scil. Assarhaddon] mit den Worten: „Da erscholl in ihrem Heer der Ruf: ‚Dieser ist unser König!‘ Auf ihren [scil. Ištars] Befehl schlugen sie sich alle auf meine Seite und stellten sich hinter mich, indem sie sich wie Lämmer zusammendrängten (?) und meine Herrschaft anflehten.“ Die ‚Rebellen‘, so Cancik-Kirschbaum 2007, 173, glichen in diesem Bericht ‚verlorenen Schäfchen‘. Cf. Selz 2008b, 113. Zu diesem Zusammenhang cf. ibid., 113 f. Der in einer zweisprachigen Sammeltafel (Assyrian Collection) enthaltene Text (K 2024+2951+2983, pl. 59) ist ediert bei Lambert 1967, 225–233, hier 229 (Umschrift) und 232 (englische Übersetzung), Col. IV, 14 f. Cf. Cancik-Kirschbaum 2007, 172. Zur Tempelpatronage cf. Waerzeggers 2011. Selz 2008b, 115. Text: ETCSL t.2.1.7.

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alien aus allen Weltteilen beschaffen und sogar persönlich Hand anlegen, indem er den Grundriss des Tempels für den Stadtgott Ningirsu persönlich vermisst (Z. 471–481) und das zu verwendende Holz auf dessen Qualität hin überprüft (Z. 173–195; 492– 623). Mehrfach wird auf das Organisationstalent wie auf die technischen Fertigkeiten Gudeas, kurz: auf sein ‚Expertentum‘ hingewiesen.410 Um das Heiligtum fertigzustellen, habe jener schlaflose Nächte in weiser Planung zugebracht (Z. 458–462), Gebete rezitiert und Opfer vollzogen (Z. 482–623). In einem Traumgesicht, so heißt es, hätten die Götter ihm den Auftrag dazu erteilt (Z. 101–123; 226–314). Durch diese „Figur der Demut“411 erfüllt der Herrscher folglich exemplarisch die den Menschen im (späteren) Atrahasis­Epos (Tafel I, 209–241) zugedachte Rolle, für die Götter zu arbeiten.412 Zugleich wird Gudea als Pionier dargestellt, der die Berge bezwingt, um wertvolle Rohmaterialien auszubeuten.413 Der an dieser Stelle erfolgte synchrone Abriss zu den mesopotamischen Zeit- und Herrschaftsvorstellungen kann und will keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Festzuhalten bleibt indessen, dass die altorientalische Königsideologie zu allen Zeiten ein mannigfaltiges Spektrum an herrscherlichen Pflichten und Selbstprädikationen umfasste. Dabei erhielten kultische Funktionen in der Repräsentation nicht selten den Vorzug vor militärischen Erfolgen.414 So werden kriegerische Leistungen in den Texten Gudeas zugunsten seiner ‚Frömmigkeit‘ marginalisiert,415 und auch der Kampfesruhm Schulgis von Ur war mitnichten an einen göttlichen Befehl zur ‚Ausweitung des Landes‘ (mātka rappiš) gebunden.416 Indes, gerade das letztere Ideologem, das die Könige des (neu-)assyrischen Imperiums wohl am deutlichsten artikulierten, ist für die hier zu erörternde Frage nach etwaigen ‚Weltherrschaftsvorstellungen‘ im Alten Orient zentral. In den folgenden Kapiteln ist daher zu untersuchen, ob, und wenn ja, in welchen historischen Kontexten ‚Universalität‘ zum dominierenden Faktor königlicher Selbstdarstellung erhoben wurde. Des Weiteren ist zu klären, ob die altorientalischen Quellen einen Konnex oder gar einen kausalen Zusammenhang zwischen ‚Weltbeherrschung‘ und dem (gewaltsamen) Ende von Herrschaft herstellen. Da ‚Reichsbildungen‘ in Mesopotamien aufs engste mit der Institution des Königtums in Verbindung stehen,417 rückt dabei unweigerlich das Konzept ‚König‘ (sum. l u g a l; akk. šarru) in den Fokus. 410 Zum ‚Expertentum‘ cf. Selz 2008b, 116–118. 411 Selz 2008b, 114. 412 Cf. ibid., 114 f. Derselbe weist darauf hin, dass die Insignien (Ring und Stab), die Schamasch dem König Hammurapi auf der bildlichen Darstellung seiner Gesetzesstele überreicht, ihrem Ursprung nach als Messleine (sum. e š; akk. ašlum) und Messrohr (sum. q i; akk. qanûm) aufzufassen seien und somit eine originäre Verbindung zum Bauhandwerk besäßen. 413 Cf. Fink 2015, 39–42. 414 Cf. Cooper 1990, der ibid., 48 herausstellt: „Mesopotamian inscriptions and year names reveal that the so-called religious activities were at least as important as were the military victories.“ 415 Cf. Sallaberger 2005, 71. 416 Cf. Wilcke 2002, 81. Cf. ferner Sallaberger 2005, passim. 417 Cf. Oppenheim 1979, 111.

Späturuk-Zeit und Frühdynastische Zeit: en, énsi, lugal, Kisch und ki-en-gi

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2.3 Späturuk-Zeit und Frühdynastische Zeit: en, énsi, lugal, Kisch und ki-en-gi Jede Beschäftigung mit der ‚Mesopotamischen Hochkultur‘ beginnt notwendigerweise im äußersten Süden des Zweistromlandes, jenem zwischen Euphrat und Tigris gelegenen alluvialen Landstrich, der späterhin mit dem Namen ‚Sumer‘ (sum. k i - e n g i; akk. māt šumerim) benannt wurde. Die Herkunft der Sumerer liegt im Dunkeln (‚Sumerische Frage‘). Unbestreitbar ist die starke Präsenz sumerischsprachiger Bevölkerungsgruppen seit dem vierten Jahrtausend v. Chr., doch wäre es verfehlt, von einem rein ‚sumerischen Kulturkreis‘ zu sprechen: Längst gilt der von der älteren Forschung postulierte ethnische Konflikt zwischen den Sumerern und den aus dem Norden zuwandernden Semiten als überholt. Inzwischen herrscht vielmehr Konsens darüber, dass jene Welt eine von Wechselbeziehungen beider Gruppierungen geprägte kulturelle Einheit darstellte.418 Der Zeitraum, von dem hier zu handeln ist (i. e. die Spätururuk-Zeit und die Frühdynastischen Perioden), umfasst das ausgehende vierte und den größten Teil des dritten Jahrtausends v. Chr. Die Erlangung absoluter Daten für die mesopotamische Frühgeschichte erscheint derzeit aussichtslos. Zur chronologischen Gliederung der Uruk-Periode hat sich die am stratigraphischen Befund des Eanna-Heiligtums orientierte Unterteilung in Früh- und Mitteluruk-Zeit (ca. 3900–3400 v. Chr.) sowie Späturuk-Zeit (ca. 3400–3100 v. Chr. = Eanna XII–IV) durchgesetzt. Die Periode Uruk III (ca. 3100– 2900 v. Chr.) wird nach dem (etwa 80 km südöstlich des heutigen Bagdad gelegenen) gleichnamigen Fundort auch unter der Bezeichnung Dschemdet-Nasr-Zeit geführt. Inzwischen bevorzugen Sumerologen indessen häufig ein alternatives chronologisches System, das sich in fünf Perioden (LC 1–5 = ‚Late Chalcolithic‘) gliedert.419 Dem Einsetzen einer starken Urbanisierung um 3500 v. Chr. folgten in der Späturuk-Zeit weitreichende Neuerungen auf kulturellem, technischem und politischem Gebiet – die Schrifterfindung, die mit der Herausbildung einer komplexen Bürokratie einherging, die Monumentalarchitektur, Reliefplastik und (Zylinder-)Siegelkunst.420 Der Sinn der in jener Zeit entstandenen ‚Proto-Keilschrifttexte‘ erschließt sich dem heutigen Betrachter allerdings nur bedingt.421 Die bei weitem größte, mit einer mas418 Zur ‚Sumerischen Frage‘ cf. Potts 1997, 43–47. Das Problem, aus dem sprachlichen Befund Rückschlüsse auf die ethnische Zugehörigkeit zu ziehen, behandelt Rubio 2005. Zur sumerischen Sprache (e n e - ĝ i r) cf. Rubio 2009, 11–15; Cunningham 2013. Den älteren Forschungsdiskurs über einen ethnisch motivierten Konflikt zwischen Sumerern und Semiten fasst Katz 1993, 18–21 zusammen. Allgemeine Akzeptanz haben diesbezüglich in jüngerer Zeit die Untersuchungen Cooper 1973; 2010 gefunden: Auf der Grundlage einer linguistischen Analyse sumerisch-akkadischer Sprachkontakte ist eine frühe Zweisprachigkeit im südlichen Mesopotamien anzunehmen. 419 Cf. Brisch 2013, 114 f. Zu der neuen Periodisierung cf. die Beiträge in Rothman 2001. Einen allgemeinen Überblick über die den genannten Zeitraum betreffenden Forschungsinhalte bietet Chavalas 2005 mit der älteren Literatur. 420 Cf. Brisch 2013, 114; Selz 1998, 287. 421 Zum Textbestand der Späturuk-Zeit cf. Englund 1998.

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siven Stadtmauer umgebene Stadt (ca. 500 Hektar mit 40.000 Einwohnern) war um 3000  v. Chr. Uruk, das biblische Erech, das den modernen Namen Warka trägt.422 Die dort entstandene Kultur war mitnichten eine in sich abgeschlossenen Welt.423 Vielmehr bezeugen Siedlungen von unzweifelhaft urukäischer Prägung in Anatolien, Nordsyrien, Palästina und sogar im iranischen Chuzistan die kulturelle, vielleicht sogar politische Vorreiterrolle der ‚Uruk-Zivilisation‘. Wie neuere archäologische Untersuchungen nahelegen, existierten zudem bereits im vierten Jahrtausend intensive (Handels-)Beziehungen zwischen Mesopotamien und der Golfregion.424 Dieses unter der Bezeichnung ‚Uruk-Expansion‘ oder ‚Uruk-Weltsystem‘ firmierende Phänomen dürfte jedoch allenfalls spät mit ‚kolonialen‘ Zielen im eigentlichen Sinne des Wortes zu assoziieren sein.425 In der sich anschließenden ‚Frühdynastischen Zeit‘ (FD) betritt die Forschung – bedingt durch die Zunahme an Schriftquellen  – historisch sichereren Grund. Die Bezeichnung ‚frühdynastisch‘ findet ihre Begründung nicht in politischen Zäsuren, sondern im stratigraphischen Befund der Ausgrabungen im Diyala-Gebiet, die der Archäologe Henri Francfort vorgenommen hat.426 Demnach sind drei respektive vier

422 Cf. Westenholz 2002, 23; Glassner 2000, 36. Neuere Erkenntnisse zur ‚Uruk-Kultur‘ liefern die Beiträge in Postgate 2004 und der Ausstellungskatalog Crüsemann/Ess/Hilgert/Salije 2019 (deutsche Erstauflage 2013). Cf. ferner Nissen 1993. 423 Cf. Foster/Foster 2009, 29. 424 Der Handel bezog vermutlich namentlich Dilmun (Bahrain) und indirekt auch Magan (Oman) mit ein. Cf. Carter 2013; Potts 1990, 62–92, dem zufolge Dilmun bis in die Mitte des dritten Jahrtausends noch nicht mit Bahrain identifiziert werden kann, sondern vielmehr den Küstenstreifen des arabischen Festlandes bezeichnete. Dass Mesopotamien im vierten und beginnenden dritten Jahrtausend zudem mit Ägypten in Berührung kam, legen zahlreiche materielle Hinterlassenschaften sumerischer Prägung im Nilland nahe. Wie genau sich dieser ‚Kulturtransfer‘ gestaltete, muss in Ermangelung schriftlicher Quellen einstweilen unklar bleiben. Cf. Stevenson 2013. 425 Cf. Aubet 2013, 157–199; Butterlin 2019 sowie (maßgeblich zur Theorie eines ‚Uruk-Weltsystems‘) Algaze 2001, 2005 und 2013, 82–86. Zur ‚Weltsystem-Theorie‘ (ökonomische, nicht politische Dominanz) cf. Wallerstein 1974; 1991 sowie zusammenfassend Sinopoli 1994, 161–169. Abgesehen von der Susiana, die wohl zuerst erschlossen wurde, okkupierten die späteren Kolonisten keine ganzen Regionen. Es handelte sich eher um ‚Vorposten‘ in vormals unerschlossenen Gebieten oder in frühren Handelszentren, die nicht selten – so das Chabur-Becken in Syrien – gewaltsam besetzt wurden. Gegen Algaze hält Steinkeller 1993, 108–116 die ‚Uruk-Expansion‘ für ein rein kommerzielles Unternehmen, dessen vorrangiges Ziel (ähnlich dem späteren ‚Handelsimperium‘ Assurs) darin bestanden habe, Profit aus dem internationalen Handel zu ziehen. Ihm zufolge verfügte Südbabylonien damals nicht über die für eine großangelegte Expansion notwendige Infrastruktur. Indessen können die schnell errichteten Enklaven der Späturuk-Zeit nur von einer staatlichen Institution veranlasst worden sein, die fähig war, Ressourcen und Arbeitskräfte einzusetzen und zu koordinieren, wie Algaze 2013, 85 herausstellt: „[…] by then the Uruk Expansion had become a state-supported enterprise requirung the ability to organize, equip, feed and field armies capable of operating far away from their base(s).“ Die ‚Uruk Expansion‘ leitete einen tiefgreifenden Wandel auf diversen Gebieten ein. Cf. Butterlin 2019, 189: „Thus began a process of globalization that was the birth of urban civilization. Circulating through this globalized world were a whole series of innovations like the leveled-rim-bowl, the cylinder seal, and techniques for the production of standardized ceramics.“ 426 Cf. Francfort 1955.

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Phasen zu unterscheiden, und zwar FD I und II (2900–2600 v. Chr.), FD IIIa (2600– 2500 v. Chr.) und FD IIIb (2500–2350 v. Chr.), deren letzte zuweilen auch als ‚präsargonisch‘ bezeichnet wird.427 In die Perioden FD I–II datieren die archaischen Texte aus Ur, etwas später (FD IIIa) sind die Archive aus Fara und Tell Abu Salabich anzusetzen.428 Viele dieser Texte zeugen – wie auch die ‚Königsfriedhöfe von Ur‘ – von einer hierarchischen Gesellschaft und liefern wertvolle Hinweise zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der Zeit.429 Zur Ermittlung einer relativen Chronologie bleibt die Forschung indessen auf die zweifelhaften Aussagen späterer Quellen (zumal der SKL) angewiesen.430 Zwar treten seit dem 27. Jahrhundert die ersten ‚Königsinschriften‘ hinzu, doch erst die zahlreichen epigraphischen Hinterlassenschaften der Stadtfürsten von Lagasch (FD IIIb) erlauben die Rekonstruktion historischer Zusammenhänge. (s. u.)431 Alle Zeugnisse lassen immerhin auf einen Zustand starker politischer Fragmentierung (‚Stadtsaaten‘ in Babylonien und ‚Königreiche‘ in Syrien) schließen.432 Das vorliegende Kapitel widmet sich der Entwicklung der Herrschaftsformen im frühen Mesopotamien. Vorgestellt werden zwei aufgrund der lückenhaften Überlieferung kontroverse Forschungsdiskurse respektive Theorienkomplexe: Erstens die Herrschaftsorganisation innerhalb der einzelnen Stadtstaaten sowie die Genese der Institution ‚Königtum‘ und zweitens die Frage nach überregionalen Machtagglomerationen, die dem ‚Territorialstaat‘ von Akkad vorausgingen. *** Was die ‚Verfassungsgeschichte‘ der sumerischen Frühzeit seit dem ausgehenden vierten Jahrtausend anbetrifft, so hat das in den 1920er Jahren aufgekommene Konzept vom sumerischen Tempelstaat in der Vergangenheit vielfach Anklang gefunden.433

427 Cf. Cf. Frayne 2008 (= RIME I), 3 f.; Brisch 2013, 116–120 auch zum Folgenden. 428 Die Texte aus Ur sind bei Burrows 1934 ediert. Zu den Archiven aus Fara und Abu Salabich inklusive der Textkataloge cf. Krebernik 1998. 429 Zu den ‚Königsfriedhöfen von Ur‘, in denen unter anderem Massenbestattungen vorgenommen wurden, cf. Marchesi 2004; Cohen 2005 sowie die Beiträge in Zettler/Horne 1998. dass es sich tatsächlich um Königsgräber handelt, bezeugen die Inschriften, die im Bezirk geborgen wurden. Eine unter ihnen nennt Nin-TUR, die Gemahlin des auch aus der SKL bekannten Königs Mesanepada. Cf. RIME I E1.13.5.4. 430 Cf. Frayne 2008 (= RIME I), 4–6. 431 Zur Geschichte des Stadtstaates Lagasch cf. Bauer 1998. 432 Cf. Marchesi/Marchetti 2011, 97. Die Frage, ob der Begriff ‚Stadtstaat‘ den südmesopotamischen Verhältnissen gerecht werde, behandelt Glassner 2000, 35 f. Quellen und Literatur zu den syrischen Staaten, zumal zum frühdynastischen Ebla, verzeichnet Klengel 1992, 21–31. Nach neueren Erkenntnissen weisen die urbanen Zentren des syrischen Raumes ein mindestens ebenso großes Alter auf wie diejenigen im Süden Babyloniens. Cf. zu Ebla ferner Pinnock 2013. 433 Den Forschungsdiskurs fassen Glassner 1993, 11–14 und 2000, 40–43 sowie Nissen 1999, 156–159 und Aubet 2013, 120–134 zusammen. Zur Anwendung moderner Wirtschaftstheorien auf die antiken Verhältnisse cf. Van De Mieroop 2004 sowie Aubet 2013, 17–39.

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Jene These gründet auf der Vorstellung, dass säkulare Regierungsformen der Frühzeit fremd gewesen seien. Ein privater Wirtschaftssektor habe sich noch nicht herausgebildet, vielmehr stellten Tempeldomänen die einzig bekannte Form des Landbesitzes dar. Die Notwendigkeit der künstlichen Bewässerung im semi-ariden Marschland, die den kollektiven Arbeitseinsatz der gesamten Bevölkerung verlangte, habe zur Herausbildung einer ‚Ur-Theokratie‘ geführt. Innerhalb dieses Systems agierte der Stadtfürst, eigentlich ein ‚Priester‘, lediglich als Sachwalter (s a n g a) der Gottheit.434 Seit den 1980er Jahren ist jedoch berechtigte Kritik an der Theorie vom ‚Tempelstaat‘ geäußert worden, fußt jene doch maßgeblich auf der irrigen Annahme, dass die Wirtschaftsurkunden aus Girsu (dem modernen Tello) den Tempelarchiven der Göttin Bawa angehörten.435 Ein nicht minder wirkmächtiges Paradigma ist die Theorie der Primitive Democracy, die der namhafte Sumerologe Thorkild Jacobsen inmitten der Wirren des Zweiten Weltkrieges entfaltet hat.436 Nach seiner Überzeugung lag die politische Macht im Anfang in den Händen der Bürgerschaft, die sich innerhalb der ‚Stadtversammlungen‘ artikulierte. Deren Einfluss sei jedoch im Verlauf der Frühdynastischen Zeit geschwunden, als sich zunächst nur temporär ernannte Militärführer (l u g a l) als Monarchen etablierten. In Ermangelung zeitgenössischer Quellen stützte sich Jacobsen auf die epischen Texte späterer Zeiten, so auf die Götterversammlung im babylonischen Schöpfungsmythos Enūma eliš, die Marduk zum ‚König der Götter‘ erhebt (s. o. Kap. I.2.1) oder auf die Königshymnen der Ur III- und Isin-Larsa-Zeit.437 Rezentere Studien üben jedoch berechtigte Kritik am methodischen Ansatz Jacobsens: Zwar ist die in den Mythen reflektierte Götterwelt unzweifelhaft an ‚weltlichen‘ Vorbildern orientiert, doch ob sich aus diesen späten und historisch kaum verlässlichen Texten tatsächlich die sozialen Organisationsformen der Frühzeit und die Entstehungsgeschichte des Königtums rekonstruieren lassen, ist anzuzweifeln.438 Die Erforschung der Anfänge des ‚mesopotamischen Königtums‘ wird erheblich durch die Existenz dreier Herrschertitel erschwert, die seit ca. 2400 v. Chr. in den Quellen greifbar werden. Es sind dies e n (akk. bēlum), é n s i (akk. iššiakkum) und l u g a l (akk. šarrum), für die sich die – wie unten zu zeigen sein wird– nicht unproblematischen Übersetzungen ‚Herr‘, ‚Stadtfürst‘ und ‚König‘ durchgesetzt haben.439 Indes, ihre

434 Cf. Deimel 1931; Schneider 1920; Falkenstein 1954. 435 Cf. Beld 2002 und bereits Foster 1981. Scharfe Kritik übt auch Glassner 1993, 11–14; 2000, 40–43. Nissen 1982 erwägt hingegen die Möglichkeit, dass die theokratische Staatsform des ‚Tempelstaates‘ erst im 24.  Jahrhundert v. Chr. als Reaktion auf die hegemonialen Bestrebungen einzelner Stadtfürsten (s. u.) aufgekommen sei. 436 Cf. Jacobsen 1970 (erstmalig 1943 publiziert), 162–170; 1955, hier v. a. 99–109. 437 Cf. Jacobsen 1955, 105 f. 438 Cf. Van De Mieroop 2013, hier v. a. 285–287 mit der älteren Literatur. 439 Cf. Heimpel 1992, 4; Edzard 1972–1975; Klein 2006, 117 f.

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Funktion, Bedeutung und eine mögliche Rangfolge sind bis heute Gegenstand wissenschaftlicher Kontroversen. Obschon nur unzureichend durch zeitgenössische Quellen belegt, galt der Titel e n lange Zeit als früheste Herrscherbezeichnung in Mesopotamien. Er sei Ausdruck eines sakral fundierten Amtes (innerhalb des ‚Tempelstaates‘), das späterhin durch das säkularere ‚Königtum‘ (n a m - l u g a l) abgelöst worden sei. Diese Annahme fußt im Wesentlichen auf den folgenden Überlegungen: Zunächst ließ die Frequenz einer charakteristischen Figur in der Ikonographie des ausgehenden vierten und beginnenden dritten Jahrtausends vermuten, dass hier der höchste Funktionär des (urukäischen) Staatswesens dargestellt werde. Jener ‚Priesterkönig‘, der bei der Ausübung säkularer und religiöser Tätigkeiten gezeigt wird,440 wurde entweder als bildliche Darstellung des e n gedeutet oder – allgemeiner – mit einem ‚Fürsten‘ und sogar einer Gottheit identifiziert.441 Etwa dreißig Artefakte, die überwiegend aus der Späturuk- und Dschemdet-NasrZeit stammen, zeigen den ‚Priesterkönig‘ mit seinen unverkennbaren Attributen.442 Es handelt sich um Statuetten, Zylindersiegelabrollungen, Steintafeln, die ‚Uruk-Stele‘, die berühmte ‚Warka-Vase‘, einen Messergriff aus Elfenbein und die sogenannten ‚Blau-Monumente‘.443 Die Mehrzahl dieser Objekte wurde im Eanna-Komplex in Uruk zutage gefördert, doch gehören Einzelfunde aus Kisch, Syrien und Choga Misch in Elam augenscheinlich demselben Bildtypus an.444 Sie alle bilden einen überlebensgroßen, vollbärtigen Mann mit runder Kopfbedeckung und spezifischer Tracht445 (einem glatten Rock oder einem ‚Netzrock‘446) ab, der – häufig in Begleitung seines

440 Zum Begriff ‚Priesterkönig‘ cf. Amiet 1961, 76 f.: „Son aspect permet de le reconnaître facilement et nous le désignerons conventionnellement par le titre Roi­prêtre parce que, parmis ses multiples fonctions, les plus charactéristiques sont celles de chef de guerre apparement royal, et de prêtre.“ 441 Cf. etwa Schmandt-Besserat 1993 (e n); Moortgat 1967, 8 f. (Fürst); van den Buren 1939–1941, 43 (Gott). Die letztere Deutung bestreitet Steinkeller 1999, 105, da der ‚Priesterkönig‘ niemals mit göttlichen Attributen dargestellt worden sei. Neuerdings bevorzugen Marchesei/Marchetti 2011, 195 f. wieder die Deutung als Gott (s. u.) 442 Cf. Schmandt-Besserat 1993; Marchesi/Marchetti 2011, 186–196; Vogel 2019 zum Folgenden. 443 Cf. Amiet 1961, pl. 6, Nr. 117–120; pl. 10, Nr. 188; pl. 40, Nr. 613; pl. 44, Nr. 639–643; pl. 47, Nr. 660– 670. Neuerdings scheint indessen einiges für eine Umdatierung sämtlicher den ‚Priesterkönig‘ abbildenden Darstellungen, zumindest aber der ‚Blau-Monumente‘ in die Frühdynastische Zeit (FD I) zu sprechen. Die Beschriftung der Letzteren gehört mit hoher Wahrscheinlichkeit derselben Schriftstufe an wie die archaischen Texte aus Ur. Angesichts dieses Befunds kommen zwei Möglichkeiten in Betracht: Entweder sind alle Monumente des besagten Bildtypus einer späteren Kulturstufe zuzurechnen oder die Inschriften sind sekundär. Eventuell ist auch mit einer von der Dschemdet-Nasr/Ur III-Zeit bis in die Phase Frühdynastisch III bruchlos bezeugten ikonographischen Tradition zu rechnen. Cf. Boese 2010. 444 Cf. Schmandt-Besserat 1993, 201–207. 445 Cf. Amiet 1961, 77. 446 Der Netzrock scheint vor allem in der Dschemdet-Nasr-Zeit (= Eanna III) bevorzugt worden zu sein. Dagegen tritt der glatte Rock vornehmlich in den Schichten Eanna V–IV auf. Cf. Marchesi/ Marchetti 2011, 190.

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Gefolges – in unterschiedlichen Kontexten vorgestellt wird: als Priester, ‚guter Hirte‘, aber auch als Krieger und Gerichtsherr.447 Mit einem Bogen schlägt er die Feinde aus dem ‚Fremdland‘ zurück, die durch ihr langes Haar als Nichtsumerer gekennzeichnet werden. Einen Speer in der Rechten, dessen Spitze zur Erde neigt, überwacht er wiederum die Züchtigung von Gefangenen, deren geschorenes Haar sie eindeutig als Einheimische ausweist.448 Aus diesen ‚Gefangenenszenen‘ hat man auf den „repressiven Charakter“449 des Uruk-Staates schließen wollen.450 Zumindest aber wird man die hier dargestellten militärischen und juristischen Wirkungsbereiche als ‚königliche‘ Kompetenzen auffassen dürfen.451 Letzteres gilt ferner für jene Darstellungen, die den ‚Priesterkönig‘ als Bezwinger wilder Tiere vorstellen, der Löwen und andere Raubkatzen mit bloßen Händen erlegt.452 Aber auch mit kultischen, ja priesterlichen Funktionen wird der ‚Mann im Netzrock‘ assoziiert, nicht selten in Verbindung mit der urukäischen Stadtgöttin Inanna.453 Eine hohe Relevanz kommt in diesem Zusammenhang der sogenannten ‚Warka-Vase‘ zu.454 Den Fries, der das Alabastergefäß in fünf Register unterteilt, hat Gebhardt J. Selz als „Illustration des Weltbildes“455 im frühgeschichtlichen Babylonien bezeichnet: Verbildlichen die unteren Register das Element Wasser als Lebensspender (Schilf und Fische) sowie den landwirtschaftlichen Bereich (Palmzweige, Kornähren, Schafe und Ziegen), so geben die oberen Ebenen die menschliche und die göttliche Sphäre wieder. Das Bildprogramm des höchsten Registers zeigt eine Prozession zu Ehren Inannas, die von dem – allerdings nur in Bruchteilen erhaltenen – ‚Mann im Netzrock‘ angeführt wird. Eine kleinere Figur trägt dessen lange Schleppe.456 Hinter dem Tem-

447 Cf. Schmandt-Besserat 1993, 214–217; Amiet 1961, 77. 448 Cf. Schmandt-Besserat 1993, 213–215 mit Abb. 13–14. Bogen und Speer gehören offensichtlich zu den Insignien des bärtigen Mannes, die in den oben genannten Kontexten (der Bogen im Krieg, der Speer vor Gericht) vorkommen. 449 Selz 1998, 293. Eine ausführliche Untersuchung der ‚Gefangenenszenen‘ bietet Brandes 1979, 117–173. 450 Cf. ibid. 451 Cf. Vogel 2019, 121: „In marked contrast to the figures of subjects, the Great Man of Uruk invariably displays a straight posture that emphasizes his athletic, powerful body, his extraordinary size, and his dominating, aggressive behavior. Each of his distinctive features signals power and control.“ Es handelt sich jedoch offensichtlich um standardisierte Darstellungen. Cf. ibid., 124: „Therefore, it is more likely that the ideal visual types acting as models of kingly behavior in certain situations embody core social values and established ideas about governance and not necessarily historical characters or specific events.“ 452 Cf. Schmandt-Besserat 1993, 215 mit Abb. 3 und 9. 453 Mutmaßlich wird jene Verbindung bereits auf einer aus dem ‚Sammelfund‘ aus Uruk stammenden Siegelabrollung indiziert, die den ‚Priesterkönig‘ mit einem Ochsen, einer Gerstenähre und einem ‚Schilfringbündel‘ abbildet. Das Piktogramm des Letzteren ist zugleich das Zeichen für Inanna. Cf. Marchesi/Marchetti 2011, 190; Vogel 2019, 123. 454 Cf. Lindmeyer/Martin 1993, 81 Nr. 226, Pl. 19–25: k-l. Zum Bildprogramm cf. ferner Bahrani 2002. 455 Selz 1998, 292. Cf. ferner Suter 2013, 206 f. 456 Eine alternative Rekonstruktion der Schlüsselszene hat Strommenger 2008 vorgeschlagen, der zufolge der besagte Diener eine Tuchrolle respektive ein „zusammengefaltetes Tuch mit Troddeln“

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peltor erscheinen zwei weitere Gestalten auf einem von Widdern getragenen Gestell. Eine von ihnen streckt einen Gegenstand (‚Bechertablett‘) in die Höhe, das man als „Urform des Keilschriftzeichens EN“457 gedeutet hat. An diese Lesung knüpft sich die gängige Annahme, dass die Schlüsselszene mit dem späterhin bezeugten Konzept der ‚Heiligen Hochzeit‘ in Verbindung stehe und gleichsam die Herrschaftsinvestitur des e n durch Inanna darstelle.458 In jüngerer Zeit ist die Interpretation des Piktogramms als frühe Form des Zeichens EN jedoch infrage gestellt worden.459 Zudem ist nach dem gegenwärtigen Stand der Dinge noch nicht einmal mit Sicherheit zu klären, ob die bildlichen Darstellungen tatsächlich nur eine Person abbilden, geschweige denn, ob sie mit dem ‚Herrentum‘ (n a m - e n) zu assoziieren sind.460 Der Titel e n scheint in besonderer Weise mit Uruk/Warka in Verbindung zu stehen.461 In ‚historischer‘ Zeit, genauer: in der Ur III- und Isin-Larsa-Periode (22.– 18. Jahrhundert v. Chr.), führten die Herrscher jener Stadt den Titel ‚Herr von Uruk‘ (e n u n u g ki),462 und bereits um 2500 v. Chr. hatte sich der von ebendort stammende Stadtfürst Enschakuschanna zum ‚Herren von Sumer, König des Landes‘ (e n - k i - e n g i l u g a l - k a l a m - m a) erhoben.463 Auch die spätere literarische Tradition versah die legendären Könige von Uruk, Enmerkar und Gilgamesch, mit den Titeln ‚Herr von Kullaba‘ (e n kulk u l l a b (a)) und ‚Herr von Uruk‘ (e n u n u g ki).464 Als Beleg für das

457

458 459 460

461 462 463 464

(ibid., 8) trage. Der ‚Mann im Netzrock‘ falte die Hände in ehrfurchtsvoller Geste oder bringe eine weitere Gabe dar. Cf. ibid., 5; 8 mit Abb. 4. Selz 2010, 35. Cf. ferner Schmandt-Besserat 1993, 204; Steinkeller 1999, 105; Heimpel 1992, 13. Deutlich kritischer beurteilt Glassner 1993, 15 den Sachverhalt: „[…] un dessin qui ressemble fort au signe graphique ‚en‘ sans cependant lui être tout à fait identique, est associé au personnage vêtu d’une jupe de maille.“ Cf. ferner bereits Amiet 1961, 93. Cf. etwa Heimpel 1992, 13. Zur ‚Heiligen Hochzeit‘ cf. McCaffrey 2013. Cf. Hockmann 2008, der die halbbildlichen Darstellungen auf der Warka-Vase als Toponyme begreifen möchte, die möglicherweise mit den auf den ‚Städtesiegeln‘ aus Dschemdet-Nasr-Zeit (s. u.) genannten identisch seien. So stellt die Ikonograhpie Glassner 1993, 14 zufolge zwei bis drei unterschiedliche Personen/Beamte dar. Der ‚Mann im Netzrock‘ übe ausschließlich priesterliche Tätigkeiten aus. Weiterhin wurde in jüngerer Zeit wieder die Möglichkeit erwogen, dass der Letztere keine menschliche, sondern vielmehr eine göttliche Gestalt repräsentiere: Die begleitende Inschrift der etwa zeitgleich mit den archaischen Ur-Texten entstandenen figure aux plumes aus Girsu, die bislang als ‚Rechtsurkunde‘ angesehen wurde, hat Wilcke 1995 als Hymne an den lagaschitischen Stadtgott Ningirsu im Rahmen einer „fromme[n] Stiftung“ (ibid., 671) oder der Belehnung eines Individuums mit Tempelland gedeutet. Daraus schließen Marchesi/Marchetti 2011, 195, dass der ‚Mann im Netzrock‘ bereits in der Dchemdet-Nasr-Zeit eine Gottheit dargestellt haben könnte. Der e n sei möglicherweise mit der Person zu identifizieren, die auf der Warka-Vase die ‚Schleppe‘ des Letzteren trägt. Cf. Hallo 1957, 3. Cf. Steinkeller 1999, 105 f., Anm. 3 und 4 mit den Belegen sowie Marchesi/Marchetti 2011. 106 f. Cf. RIME I E1.14.17.1, Z. 3–5. Cf. etwa Gilgamesch und Akka (Text: Katz 1993, 40–49 und ETCSL c.1.8.1.8.1), Z. 15; 40; 51; 100; 113 sowie Enmerkar und der Herr von Aratta (Text: Black/Cunnigham/Robson Zólyomi 2004, 3–11 und ETCSL c.1.8.2.3), Z. 70 und die SKL Col. III, 17–19 (= Glassner 2005, Nr. 1, 120–121). Kullaba, ursprünglich eine eigene Siedlung, war später ein Stadtteil von Uruk und steht hier als pars pro toto. Cf. Hallo 1957, 3.

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Alter und das hohe Ansehen des e n wurde zuweilen der Mythos Inanna und Enki herangezogen: In einer langen Liste der m e , jener ‚göttlichen Mächte‘, die als Grundelemente der Zivilisation galten, wird hier das ‚Herrentum‘ (n a m - e n) an erster, das ‚Königtum‘ (n a m - l u g a l) erst an elfter Stelle genannt.465 Was nun aber das ‚Herrentum‘ als Amt anbetrifft, so stellt sich das Problem, dass seit der altakkadischen Zeit zugleich das hohe religiöse Amt des e n -Priesters respektive der e n -Priesterin bezeugt ist. Da jene als menschliche Ehegatten der jeweiligen Stadtgottheit fungierten, wäre es denkbar, dass in den Städten mit einer weiblichen Schutzgottheit (so in Uruk) der Herrscher selbst diese Funktion wahrnahm, wohingegen in Städten mit einem männlichen Patron eine spezielle e n -Priesterin eingesetzt wurde.466 In Übereinstimmung mit der späteren literarischen Tradition und der frühen Ikonographie erschiene der e n von Uruk somit als der Geliebte Inannas. Dass diese Verbindung bereits in Frühdynastischer Zeit bestand, belegt ein Text aus Abu Salabich.467 Allein, in den Zeugnissen des vierten und beginnenden dritten Jahrtausends ist die Gestalt des e n schwer zu greifen. Zwar taucht das Ideogramm bereits in den archaischen Wirtschaftstexten aus Uruk auf,468 doch lassen sich keine eindeutigen Aussagen hinsichtlich seines Status oder seiner Funktion treffen.469 Auch die frühen lexikalischen Listen, genauer: die Beamtenliste Lú A und die Berufsliste Officials, verzeichnen den e n nicht in herausgehobener Position. Stattdessen stehen an der Spitze beider Aufzählungen zwei späterhin nicht mehr bezeugte Beamte: ŠITA:GIŠ:NÁM (Lesung 465 Cf. Schmandt-Besserat 1993, 209. Die maßgebliche Ausgabe ist Farber-Flügge 1973 (Text und Transliteration finden sich auch im ETCSL c.1.1.3), cf. hier 28–29, Z. 17–19: „ ‚Die Funktion des En, die des Lagal-Priesters, die Göttlichkeit, die erhabenen rechtmäßige Herrscherkappe, der Thron des Königtums – wo sind sie?‘/‚Mein König hat sie an seine Tochter weggegeben.‘/‚Das erhabene Zepter, Stab (und) Zügel, das erhabene Gewandt, das Hirtentum, das Königtum – wo sind sie?‘ Cf. ferner Farber-Flügge 1973, 21; 55 sowie den Kommentar auf S. 97. Zu den m e cf. Black/Green 1992, 130. Dass die Bezeichnung e n in hohem Ansehen stand, bezeugt die Tatsache, dass sie im frühdynastischen Lagasch den verstorbenen Mitgliedern des Herrscherhauses vorbehalten war, die mit einem Kult in Verbindung standen. Cf. Glassner 1993, 15; Steinkeller 1999, 110. 466 Cf. Edzard 1972–1975, 336. Cf. ferner Steinkeller 1999, 116–137. 467 Cf. IAS Nr. 329 vi 6 f.: e n k u l k u l l a b ( a ) x( U N U G ) / m e n s a ĝ í l - g e n 7 h é - g á l k a l a m / k i d a r - r a . Transliteration und englische Übersetzung nach Marchesi/Marchetti 2011, 106: „As the en of Kullab(a) wears the crown, [she (In’anak) makes] abundance break through the soil in the land.“ In diesem Zusammenhang wurde zuweilen angenommen, dass der e n in einem Komplex des Eanna, des zentralen Heiligtums der Inanna von Uruk, dem sogenannten g i p a r residiert habe. Cf. Steinkeller 1999, 106–110. Unter den späteren literarischen Hinweisen ist einmal mehr der Mythos Enmerkar und der Herr von Aratta (Black/Cunningham/Robson/Zólyomi 2004, 3–11 und ETCSL c.1.8.2.3) relevant. Dort wird von Enmerkar, dem ‚Geliebten Inannas‘ (Z. 274–280), gesagt, dass er sich im g i p a r aufhalte (Z. 52). Selbiges gilt für seinen Gegner aus Aratta (Z. 25–39). Archäologisch konnte g i p a r im archaischen Uruk allerdings bislang nicht nachgewiesen werden. 468 Cf. Green/Nissen 1987, Nr. 134. 469 Cf. Katz 1993, 21. Diese frühen Belege beschränken sich im Wesentlichen auf Personen- und Götternamen. Einen möglichen Hinweis auf den e n als Herrscherfigur liefert etwa der Personenname e n - k u l - a b - s i (‚der e n residiert (?) in Kullaba‘). Cf. Edzard 1972–1975, 336; Steinkeller 1999, 108.

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n a m e š d a) und u k k i n a (Lesung k i n g a l).470 Das Amt des n a m e š d a wird allgemein mit einer Wurfkeule, der š i t a -Waffe, assoziiert und mit ‚Herr der Waffen‘, ‚Chef der Zwangsmittel‘ oder ‚Gewalthaber‘ übersetzt.471 Für u k k i n a/ k i n g a l reichen die Übersetzungen von ‚Chef der Versammlung‘ über ‚Arbeitsmanager‘ bis hin zu ‚Militärchef ‘.472 In jüngerer Zeit hat Hans J. Nissen eine Gliederung der Liste Lú A nach Rang postuliert. Demnach habe der n a m e š d a die höchste politische Führungsposition innerhalb des (urukäischen) Staatswesens innegehabt, deren vornehmliche Aufgabe im ‚Konfliktmanagement‘ bestanden habe.473 Diese These ist jedoch auch auf scharfe Kritik gestoßen.474 Für den Moment bleibt immerhin festzuhalten, dass sich in Uruk bereits auf der Schwelle vom vierten zum dritten Jahrtausend v. Chr. komplexe Verwaltungsstrukturen mit einer starken politischen Führung – in Gestalt des n a m e š d a oder des e n ?  – herausgebildet hatten. Strittig bleibt einstweilen, ob, wie von Piotr Steinkeller postuliert, das n a m - e n „constituted the normative form of kingship in archaic Babylonia.“475 Immerhin mag die Tatsache, dass das Logogramm EN in der Frühdynastischen Zeit (FD III) an der Peripherie (Nordmesopotamien und Syrien) zur Schreibung der einheimischen Herrscher verwandt wurde (etwa: e n Ib­laki), darauf hindeuten, dass der Titel im Verlauf des dritten Jahrtausends weite Verbreitung gefunden hatte.476 Von der – wie dargetan – höchst kontroversen Prämisse ausgehend, dass das n a m e n das ursprüngliche Herrscheramt in Südmesopotamien darstellte, hat Wolfgang Heimpel den Versuch unternommen, eine mögliche Rangfolge und Entwicklung auszumachen, die zur Ablösung des ‚Herrentums‘ durch das ‚Königtum‘ geführt haben

470 Cf. ATU 3, 69–86 (Lú A 1), hier 69 (n a m e š d a) sowie ibid., 86–90 (Officials 1), hier 86 (k i n g a l). Cf. ferner Selz 1998, 294–305. 471 Cf. Selz 1998, 300 f.; 2004, 136. Demnach ist NÁ das Ideogramm für ‚Herr‘, EŠDA (Green/Nissen 1987, Nr. 147) eine Variante für š i t a (Green/Nissen 1987, Nr. 527), eine keulenförmige Hirtenwaffe. Glassner 2000, 45 bevorzugt hingegen die Übersetzung ‚Berater‘. 472 Cf. Glassner 2000, 45 (‚Chef der Versammlung‘); Selz 1998, 301–304 (‚Arbeitsmanger‘); Marchesi/ Marchetti 2011, 103, Anm. 153 (‚Militärchef ‘). 473 Cf. Nissen 2004, 13 f. Jener beruft sich weiterhin auf die Tatsache, dass NAM:EŠDA 2.000 Jahre später gewöhnlich mit šarru (‚König‘) ins Akkadische übersetzt wurde. 474 Den hierarchischen Aufbau der Liste Lú A bestreitet v. a. Glassner 2000, 46: „[…] elle mentionne un groupe de personnes dont on ne voit pas que la première mentionnée, ŠITA:GIŠ:NÁM, soit nécéssairement superiuere aux autres.“ 475 Steinkeller 1999, 109. 476 Darauf scheint ein Text aus Abu Salabich (IAS Nr. 247 ii; englische Übersetzung bei Marchesi/ Marchetti 2011, 106) hinzudeuten, der einen e n x ( G A L ) š u r u p p a g und einen e n x( G A L ) e n n e g i r x ( E N x G I . K I ) nennt. Der sumerische Titel e n wird in den lexikalischen Listen der albabylonischen Zeit gewöhnlich mit bēlum (‚Herr‘) gleichgesetzt, doch für die frühren Ebla-Texte ist die Lesung n a m - e n = mālikum die wahrscheinlichere. Während die Lesung des Sumerogramms EN an der Peripherie somit malkum respektive mālikum war und einen Oberbegriff für ‚Herrscher‘ darstellte, lautete der offizielle Titel der Souveräne von Ebla wahrscheinlich šašhurum (‚Edelster‘; ‚Fürst‘). In Mari bezeichnete EN hingegen einen untergeordneten Beamten. Cf. ausführlich Marchesi/Marchetti 2011, 104 f.

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könnte.477 Mit gutem Grund meldet er Bedenken gegen die landläufige Übersetzung l u g a l = ‚König‘ an: Da der Begriff Königtum irreführende Assoziationen mit späteren Herrschaftsformen wecke, sei eine spezifische Definition sowohl des n a m - e n als auch des n a m - l u g a l im frühen Mesopotamien erforderlich. „Beim Königtum“, so lautet Heimpels Ausgangshypothese, „war die Erbfolge dynastisch, beim Herrentum nicht.“478 Das dem Königtum inhärente dynastische Prinzip gründe auf dem „Konzept der Herrschaft als Eigentum“479 – denn nur Eigentum ist vererbbar – und impliziere lebenslängliche Dauer.480 Auch im frühdynastischen Stadtstaat Lagasch war die Erbfolge dynastisch. Die Stadtfürsten führten üblicherweise den Titel é n s i ((NIG.)PA.TE. SI), zuweilen aber auch l u g a l (s. u.).481 Aus der grundsätzlichen Austauschbarkeit beider Bezeichnungen schließt Heimpel, dass die é n s i s von Langasch „Könige waren, die sich Stadtfürsten nannten.“482 In der Tat lässt sich ein deutlicher Rangunterschied erst seit der altakkadischen Zeit feststellen. Von nun an bezeichnete é n s i nur noch einen königlichen Statthalter, und die ursprüngliche Bedeutung des Titels geriet zunehmend in Vergessenheit. Diesem Umstand ist Heimpel zufolge auch das Fehlen der Herrscher von Lagasch in der SKL geschuldet, da deren Verfasser jene fälschlich für geringere Amtsträger gehalten hätten.483 Gestützt auf die Ikonographie und die – freilich späte – literarische Tradition entfaltet Heimpel sodann seine These vom sakral, nicht dynastisch legitimierten ‚Herrentum‘: Die Herrschaft war demnach nicht Eigentum des e n, denn der Göttin Inanna, und dies meint: dem Klerus oblagen seine Wahl und Investitur.484 Wie die frühen Ebla-Texte (s. o.) und einige Zeugnisse aus der altakkadischen Zeit nahelegten, habe sich die (urukäische) Herrschaftsform des ‚Herren-

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Cf. Heimpel 1992. Ibid., 4. Ibid., 6. Cf. Ibid. Zum Titel é n s i, dessen Etymologie ungeklärt ist, cf. Hallo 1957, 34–48 Jacobsen 1991; Edzard 1972–1975. Welche Herrscher den Titel é n s i und/oder l u g a l führten, illustriert die Tabelle bei Hallo 1957, 40. 482 Heimpel 1992, 6. 483 Cf. ibid., 8. Die Reaktion der Gegenseite blieb nicht aus: Die sogenannte Königschronik aus Lagasch (Text: Sollberger 1967, 280–282 (Transliteration); 282–286 (Übersetzung); 287–291 (Tafeln) sowie Glassner 2005, Nr. 6, 144–155 mit Anmerkungen und ETCSL c.2.1.2) wurde zuweilen als Parodie auf die SKL begriffen. Ihr zufolge war das n a m - é n s i noch vor dem n a m - l u g a l vom Himmel gestiegen. Auch hier wird also eine (laut Heimpel) nicht originäre Unterscheidung getroffen. Zu der möglichen Provenienz der Chronik aus dem Tigris-Gebiet cf. Pongratz-Leisten 2015, 107. 484 Cf. Heimpel 1992, 8–13. Die These fußt im Wesentlichen auf drei Quellenbelegen: 1. der SKL Col. III, 17 f. (= Glassner 2005, Nr. 1, 120–121), wo es von Gilgameschs Vater heißt, er sei ein ‚Niemand‘ gewesen (B ì l . g a . m e s a b . b a . n i l í l . l á e n k u l . a b . b a . k e ). Überhaupt folgt in der Uruk I-Dynastie nur selten der Sohn dem Vater auf den Thron; 2. dem Lugalbanda­Epos (Text: Wilcke 1969), das die Erwählung Lugalbandas durch Inanna indiziert, da er sich gegenüber seinem Amtsvorgänger Enmerkar als würdiger erwiesen hatte; 3. dem Mythos Inannas Gang in die Unter­ welt (Text: Black/Cunningham/Robson/Zólyomi 2004, 65–76; ETCSL c.1.4.1), der das ursprünglich urukäische Ritual der ‚Heiligen Hochzeit‘ Inannas mit Dumuzi spiegelt.

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tums‘ dann im gesamten Vorderen Orient ausgebreitet, um späterhin vom ‚Königtum‘ verdrängt zu werden.485 Das Nominalkompositum GAL+LÚ setzt sich aus l ú (‚Mann‘ oder ‚Hausvorstand‘) und g a l (‚groß‘) zusammen. Bereits seit der Späturuk-Zeit als Bestandteil von Personennamen bezeugt, begegnet l u g a l als Titel erstmalig in den Verwaltungstexten aus Ur (ca. 2800 v. Chr.). Wahrscheinlich in das 27. Jahrhundert v. Chr. datiert die früheste von einem l u g a l (Mebaragesi von Kisch) gesetzte Inschrift.486 Die vieldiskutierte Frage, aus welcher gesellschaftlichen ‚Schicht‘ sich die ersten jener l u g a l rekrutierten, sucht Heimpel wiederum unter Zuhilfenahme der frühen Schriftzeugnisse aus Ebla zu beantworten. Denn jene bezeugen die Existenz von etwa zwanzig Personen (l u g a l) in unterschiedlichen Verwaltungspositionen, die augenscheinlich dem ‚Herren‘ untergeordnet waren. Von einer bestimmten Zeit an, so Heimpel, hätten diese ‚Großen‘ sich zu ‚Königen‘ aufgeschwungen. Ihr – möglicherweise durch militärische Konflikte bedingtes  – Bestreben, ihrem Amt Dauer zu verleihen, habe zur Herausbildung des dynastischen Prinzips geführt: Der l u g a l betrachtete die Herrschaft als seinen persönlichen Besitz und verneinte demzufolge seine potentielle Absetzbarkeit durch eine Gottheit respektive den ‚Klerus‘.487 In ihren Weihinschriften erscheinen diese ‚Könige‘ denn auch als „unabhängige Gönner“, nicht als „Beamte“ der Tempel.488 Kritik am methodischen Ansatz Heimpels, von den ‚syrischen‘ auf die südbabylonischen Verhältnisse zu schließen, übt hingegen Piotr Steinkeller. Im Fokus seiner theoretischen Überlegungen steht jedoch weniger das Amt des l u g a l , sondern vielmehr dasjenige des é n s i.489 Wie Heimpel gelten auch ihm die Herrscherbezeichnungen é n s i und l u g a l als „complementary titles, which describe the same form of kingship.“490 Einzig in der Akzentuierung des ‚Spielraums‘ königlicher Macht bestehe ein 485 Cf. Heimpel 1992, 14 f. Der Titel e n ist in altakkadischer Zeit vor allem an der Peripherie Mesopotamiens bezeugt. So berichtet eine Inschrift Manischtusus (RIME II E2.1.3.1) von dem Sieg des Königs über eine Koalition von 30 Städten in Oman unter Führung eines ‚Herren‘. Zu den ‚Herren‘ von Ebla (s. o.). 486 Zum Graphem und dessen Bedeutung cf. Edzard 1972–1975, 335 f. sowie Marchesi/Marchetti 2011, 108. Ursprünglich mag l u g a l den Vorsteher eines Haushalts bezeichnet haben, wie rechtliche Termini wie l u g a l a š a g - g a (‚Besitzer des Landes‘) und l u g a l é ( - a ) (‚Eigentümer des Hauses‘) nahelegen. Zu den Personennamen cf. Glassner 2000, 47 mit Anm. 68. Den Titel l u g a l verzeichnen die archaischen Verwaltungstexte aus Ur (Burrows 1935 Nr. 162 vii 1; Nr. 205 B 2’; Nr. 361 Rev. 2’). Cf. weiterhin Hallo 1957, 10–29. 487 Cf. Heimpel 1992, 15–17. Einen späten Reflex sieht Heimpel in Tafel VI des Gilgamesch­Epos (= George 2003, 616–631 (Text) und 470–478 (Synopse)), die von der Ablehnung des Heiratsantrags der Inanna/Ischtar durch Gilgamesch berichtet. Hätte die Annahme des Antrags seine Bestätigung als e n bedeutet, so komme deren Ablehnung der Usurpation des l u g a l-Amtes gleich. 488 Heimpel 1992, 19, der zu Recht betont, dass „das Phänomen der Königsinschriften als wesentlicher Bestandteil seiner [scil. des Königtums] Ideologie verstanden werden kann.“ 489 Cf. Steinkeller 1999, 113 mit Anm. 34. 490 Ibid., 112. Eine abweichende Auffassung vertritt Westenholz 2002, 29. Der Umstand, dass Urukagina, der letzte unabhängige Herrscher im frühdynastischen Stadtstaat Lagasch, in den ersten zwei Jahren nach seiner Inthronisation den Titel é n s i, dann aber l u g a l führte und seine Regierungs-

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Unterschied: é n s i definiere den Status des Herrschers als Stellvertreter des Stadtgottes, wohingegen l u g a l , frei von religiösen Konnotationen, das Verhältnis des Königs als politischer und militärischer Führungsfigur gegenüber seinen Untertanen betone.491 Die Herrschaftsform n a m - é n s i ist Steinkeller zufolge in Konkurrenz zum älteren und gänzlich religiös fundierten ‚Herrentum‘ (n a m - e n) entstanden. Ausgangspunkt seiner Hypothese ist die Existenz von ‚Zwillingsstädten‘ („twin-capitals“492) im äußeren Erscheinungsbild zahlreicher sumerischer Stadtstaaten, die jeweils ein jüngeres politisches und ein früheres religiöses Zentrum umfassten. In dem Letzteren, das üblicherweise von einer weiblichen Stadtgottheit dominiert wurde, habe ursprünglich der e n die politische und sakrale Macht innegehabt. Die politischen Zentren mit einem männlichen Schutzpatron seien erst dann aufgekommen, als ein ehrgeiziger Militärführer, jedenfalls eine Person ohne sakrales Amt, sich ebendort etablierte und zum ‚Herrscher‘ aufschwang. Dieser é n s i, eine rein ‚weltliche‘ Figur, machte sich das alte Zentrum botmäßig und usurpierte die politische und wirtschaftliche Macht des e n, der seinerseits auf den kultisch-religiösen Bereich zurückgedrängt wurde. Da das neue Machtzentrum einer männlichen Gottheit unterstand, sei der Status des Herrschers als ‚Geliebter‘ einer Göttin obsolet geworden und musste anders definiert werden. Seine neue Position als ‚Vikar‘ des Stadtgottes (Ningirsus in Lagasch) habe zur Annahme eines alternativen Titels, dem des é n s i, geführt.493 Die Antwort auf die Frage, ob aus diesem Befund auch eine analoge Entwicklung des n a m - l u g a l abzuleiten sei, bleibt – obschon auch Steinkeller von der generellen Austauschbarkeit beider Herrschaftsformen ausgeht – freilich vage. Über die Bedeutungsnuancen des n a m - l u g a l und des n a m - é n s i sowie über ihre Beziehung zueinander besteht demnach nach wie vor kein Konsens. Was die Ursprünge des n a m - l u g a l anbetrifft, sind auch Variationen der These Jacobsens von der Primitive Democracy noch immer aktuell (s. o.): Nach einer verbreiteten Auffassung ging die Etablierung des ‚Königtums‘ mit der Entmachtung der Stadtversammlungen einher, denen einst die politische Entscheidungsfindung oblag. In der Tat legen die archaischen Texte aus Uruk die Existenz einer derartigen Versammlung (u k k i n) im frühgeschichtlichen Babylonien nahe, doch schweigen sie sich über deren Funktion und Zusammensetzung aus.494 Die Forschung ist folglich – wie im Falle der

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jahre von diesem Zeitpunkt an neu zu zählen begann (s. u.), sei als Gegenargument zu werten. Die Titeländerung hat Westenholz zufolge weitreichende politische und ideologische Implikationen. Cf. Steinkeller 1999, 112. Die Stellung des é n s i von Lagasch als Vikar des Staatsgottes Ningirsu sieht er namentlich durch das wiederkehrende Epitheton é n s i - g a r d N i n - g í r - s u bestätigt. Auch Jacobsen 1991 ging von der ursprünglichen Funktion des é n s i als ‚Verwalter‘ oder ‚Ordner‘ aus, aus der sich die Vorstellung einer ‚Sachwalterschaft‘ entwickelt haben mag. Steinkeller 1999, 115. Cf. ibid., 113–116. Folgende „twin-capitals“ sind bezeugt: Girsu-Lagasch; Umma-Zabalam; AdabKesch; Nippur-Tummal. Tatsächlich unterstanden die älteren religiösen Zentren zumeist einer weiblichen Stadtgottheit, so Lagsch der Gatumdug, Zabalam der Inanna, Kesch und Tummal der Ninhursag. Cf. aber auch die Kritik bei Westenholz 2002, 37. Cf. Green/Nissen 1987, Nr. 580 (u k k i n).

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Titel e n und l u g a l  – auf die fragwürdigen Aussagen späterer Quellen angewiesen: In den Texten der altbabylonischen Zeit begegnen neben dem König zuweilen die Institutionen ‚Versammlung‘ (akk. puḫrum), ‚Stadt‘ (akk. ālum) und ‚Ältere‘ (akk. šībūtum). Ihre Macht war jedoch begrenzt und vornehmlich juristischer Natur.495 Hinweise auf das Vorhandensein einer wie auch immer gearteten politischen Versammlung finden sich hingegen in der Regierungszeit Naramsins von Akkad und möglicherweise bereits im frühdynastischen Stadtstaat Lagasch.496 Schließlich bezeugen juristische Texte der Ur III-Zeit die Existenz von ‚Interessensverbänden‘, i. e. Hausgemeinschaften (sum. é; akk. bītum) und Nachbarschaftsgruppen (i m - r u - a), denen l u g a l genannte Personen vorstanden.497 In dieser Funktion vermutet Jean-Jaques Glassner die Letzteren bereits in der Frühsumerischen Periode. Jene l u g a l hätten mit der Zeit die Versammlungen, denen mithin der n a m e š d a , k i n g a l und der e n angehörten, entmachtet und auf den juristischen Bereich zurückgedrängt.498 Einen literarischen Reflex dieser Entwicklung hat man in der sumerischen Erzählung Gilgamesch und Akka gesehen, deren Quellenwert für die mesopotamische Frühgeschichte indessen höchst kritisch zu beurteilen ist.499 Anlass des (nicht nachweislich historischen) Konflikts zwischen Uruk und Kisch, von dem der Mythos berichtet, ist ein Ultimatum Akkas, das man als Anforderung von Arbeitskräften für den Bau von Bewässerungsanlagen gedeutet hat.500 In Uruk beruft daraufhin der e n Gilgamesch zwei Beratungsgremien  – eine ‚Versammlung der Alten‘ (u k k i n - g a r - r a - a b - b a - u r u n a - k e 4 ) und eine ‚Versammlung der Jungmänner‘ (u k k i n - g a r - r a - g u r u š - u r u k i n a - k a) – ein (Z. 9 und Z. 24). Während die Ersteren sich fügen wollen, lehnen die ‚Jungmänner‘ (g u r u š) Akkas Ansinnen ab, und Gilgamesch, nunmehr l u g a l , rüstet zum Krieg. Die Tatsache, dass der e n qua Amt augenscheinlich nicht selbstherrlich entscheiden kann, sondern vielmehr auf die Zustimmung der Versammlung angewiesen ist, scheint die These Jacobsens zu bestätigen: In Krisenzeiten ernannte die Versammlung einen militärischen Anführer (l u g a l) zunächst für begrenzte Zeit.501 Die 495 Cf. Katz 1993, 21 f.; Glassner 2000, 43. 496 So werden die ‚Rebellenkönige‘, die sich gegen Naramsin erhoben (s. u. Kap. I.2.4), augenscheinlich von einer Versammlung ernannt (Cf. RIME II E2.1.4.10, 13–19; E2.1.4.6, Col. I 1’–9’; Col. IV 4’– 6’). Enmetena, é n s i von Lagasch, behauptet, er sei aus „Myriaden“ von Menschen auserwählt worden (RIME I E1.9.5.18, Col. I 2’–3’). Hierin sieht Glassner 2000, 43–44 den realen Wahlakt durch eine Versammlung angedeutet. 497 Cf. Glassner 2000, 44 mit Anm. 41 (Belege). Ein l u g a l ist ihm zufolge „[…] celui qui détient la plus haute autorité sur les hommes à l’intérieure d’un groupe familial ou local, ayant un droit de péemtion sur une partie de la production et l’obligation concomitante de se montrer généreux envers ses subordinés.“ 498 Cf. ibid., 47 f. 499 Text und Kommentar: Katz 1993. Transliteration und englische Übersetzung auch ETCSL c.1.8.1.1. Cf. zu diesem Ansatz bereits Jacobsen 1970, 162 f. 500 Cf. Katz 1993, 17; Selz 1998, 315–316. 501 Cf. Jacobsen 1970, 163: „Here, then, we seem to have portrayed a state in which the ruler must lay his proposals before the people, first the elders, then the assembly of the townsmen, and obtain

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‚Versammlung der g u r u š ‘ hat Gebhard J. Selz entsprechend als „Gruppe männlicher Arbeitskräfte, die Milizen, und dann sekundär auch ihre Beschlussgremien“502 gedeutet. Demgegenüber sei die ‚Versammlung der Alten‘ eine spätere, wahrscheinlich semitische Institution.503 Indes, die Tatsache, dass das ‚Zweikammersystem‘ der Erzählung sonst nirgends bezeugt ist, mahnt zur Skepsis. Der Mythos liefert kaum eine verlässliche Basis zur Rekonstruktion der Verfassungsgeschichte im frühen Mesopotamien.504 Sollten die ersten ‚Könige‘ jedoch tatsächlich als (temporäre) Militärführer ernannt worden und späterhin zu ‚Monarchen‘ aufgestiegen sein, so stellte diese Entwicklung einen Hinweis auf die zunehmende Virulenz kriegerischer Auseinandersetzungen im dritten Jahrtausend dar.505 Die Frage nach der Entwicklung der frühen Herrschaftsformen in Mesopotamien lässt sich – wie der obige Abriss verdeutlicht haben dürfte – nicht abschließend beantworten. Einigkeit besteht derzeit noch nicht einmal darüber, ob die Herausbildung des aus späteren Jahrtausenden bekannten mesopotamischen ‚Königtums‘ tatsächlich bereits in der ‚päsargonischen Zeit‘ sattgefunden hat. So wurde bisweilen auch die Auffassung vertreten, dass der Titel l u g a l , den ursprünglich lediglich die Herrscher von Ur getragen hätten, erst im Zuge der Herausbildung der zentralistischen Territorialstaaten von Akkad und der dritten Dynastie von Ur (Ende des dritten Jahrtausends v. Chr.) zur alleinigen Bezeichnung des höchsten Souveräns erhoben worden sei.506 Die gängige Vorstellung vom ‚König‘ als einer von Anfang an ‚säkularen‘ und ‚politischen‘ Figur 507 ist somit durchaus anfechtbar. ***

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their consent, before he can act. In other words, the assembly appears to be the ultimate political authority.“ Selz 1998, 317. Cf. ibid., 318. So glaubt Katz 1993, 23–27, dass die ‚Versammlung der Alten‘ vom Erzähler als Parallelismus zur desgleichen fiktiven, aber literarisch früher bezeugten ‚Versammlung der g u r u š ‘ kreiert worden sei. In Wahrheit habe man die g u r u š als Gilgameschs privaten ‚Kampftrupp‘ anzusehen, mit dessen Hilfe er das l u g a l-Amt gegen den Willen der Öffentlichkeit usurpiert (story). Die spätere Ur III-zeitliche Redaktion formte diese Gruppe zu einer Institution um, deren Entscheidungen rechtsgültig waren (plot). Damit erscheine die Ernennung Gilgameschs zum l u g a l rückwirkend als legal. Cf. Katz 1993, 29 f. Cf. etwa Michalowski 2008, 33: „In fact, they [scil. the titles e n , é n s i , l u g a l ] are just different local words for ‚souvereign‘, the first one originally used in the City of Uruk, second in Ur, and the third in the city-state of Lagash. These quasi-synonyms were remodeled within the context of the centralized states a spart of new political and symbolic languages. Thus, in the Ur III kingdom around 2100 B. C., there was only one lugal in the world, and that was the king of Ur.“ Auch Westenholz 2002, 36 vermeidet für die Frühzeit ganz bewusst die Übersetzung l u g a l = ‚König‘: „There seems to have been no such autocratic figure in early Sumerian society. […] The terms lugal, énsi and en are really culture-specific and can only be explained in lengthy descriptions. But eventually, true kings did emerge in Mesopotamia.“ Cf. etwa Maisels 1990, 171: „lugal […] never had any connotations other than supremacy.“

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Ähnlich kontrovers wie die Frage nach den frühen (Königs-)Titeln gestaltet sich die Diskussion um städteübergreifende Herrschaftsformen im ‚vorsargonischen‘ Babylonien. Erste Hinweise auf eine (zumindest wirtschaftliche) Interessensgemeinschaft mehrerer sumerischer Städte finden sich bereits auf Rollsiegeln der Dschemdet-NasrZeit (ca. 3100–2900 v. Chr.). Die Letzteren verzeichnen zehn Städtenamen, von denen fünf (Uruk, Ur, Larsa, Zabalam und Urum) sicher identifizierbar sind. Aus diesen ‚Städtesiegeln‘ und dem archäologisch bezeugten ‚Uruk-Phänomen‘ (s. o.) hat man die Existenz einer ‚panbabylonischen‘ Kooperationsgemeinschaft abgeleitet, die einen gemeinsamen Bestand an Ressourcen kontrollierte.508 Wie oben bereits angedeutet, stehen augenscheinlich auch die halbpiktographischen Symbole im oberen Register der Warka-Vase mit jenem Städtebund in Verbindung.509 Dem Zusammenbruch des ‚Uruk-Welt-Systems‘ auf der Schwelle vom vierten zum dritten Jahrtausend folgte eine Phase starker politischer Fragmentierung. In der sich anschließenden Periode Frühdynastisch I vollzog sich der (keineswegs unumstrittenen) These Piotr Steinkellers zufolge der Aufstieg der nordbabylonischen Stadt Kisch zu einem Machtzentrum von überregionaler Bedeutung.510 Die längst überholte Lehrmeinung von einem ethnischen Konflikt zwischen Sumerern und Semiten (s. o.) modifiziert Steinkeller insofern, als er die Dichotomie zweier Machtblöcke in Nord und Süd konstruiert:511 Demnach sei der Süden Babyloniens (Sumer) von rivalisierenden Stadtstaaten mit göttlich sanktionierten Grenzen geprägt gewesen, als deren Eigentümer eine Götterfamilie respektive der Stadtgott galt. Der Letztere erwählte den jeweiligen Stadtfürsten (é n s i) zu seinem irdischen Repräsentanten. Diese Ideologie schwacher, theokratisch fundierter Königtümer, so Steinkeller, schob der weitreichenden territorialen Expansion einzelner Herrscher einen Riegel vor.512 Ganz anders imaginiert er die politische Landkarte im nördlichen Babylonien. Dort habe sich seit dem 28. Jahrhundert ein einziger zentralistischer und von Kisch dominierter Territorialstaat herausgebildet, dem ferner Akschak und Mari als ‚sekundäre Machtzentren‘

508 Cf. Steinkeller 1993, 114 f.; 2002, passim. Zu den ‚Städtesiegeln‘ cf. ausführlich Mathews 1993, 36–50. 509 Cf. Hockmann 2008. Das gesamte Bildprogramm der Warka-Vase stellt demnach einen dem Ur III-zeitlichen b a l a­System vergleichbaren wechselseitigen Warenaustausch unter den Mitgliedern des Städtebundes dar. 510 Cf. Steinkeller 1993, passim. 511 Als Fortsetzung der früheren These eines ethnischen Konflikts deutet diese Auffassung auch Rubio 2005, 332. 512 Cf. Steinkeller 1993, 117: „From a historical perspective, the salient feature of the City-State ideology is its viewing of the south as a closed and highly balanced political system, wherein permanent, divinely sanctioned borders separate the City-States. This tenet made any form of territorial expansion within the system exceedingly difficult; any notion of unification was theoretically unthinkable.“

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(„secondary power-centers“513) angehörten.514 Den Grund für diese konträre Entwicklung sieht Steinkeller in der Natur des Königtums im Norden, das stark, autoritär und säkular gewesen sei.515 Doch welche Indizien lassen sich zugunsten der von ihm postulierten Vormachtstellung der Stadt Kisch anführen? An erster Stelle ist hier der Prestigetitel l u g a l K i š ki (‚König von Kisch‘) zu nennen, den auch späterhin noch Herrscher führten, die nachweislich nicht aus Kisch stammten.516 Einstweilen bleibt indessen umstritten, ob die Annahme des Titels durch südbabylonische Stadtfürsten – gleichsam als Reminiszenz an Kischs einstige Größe – den Herrschaftsanspruch über ganz Babylonien oder nur über dessen nördlichen Teil anmelden sollte.517 Für die erstere Annahme, der zufolge l u g a l K i š ki gleichsam zum ‚Oberbegriff ‘ für eine autokratische und expansiv ausgerichtete Herrschaftsform erstarrte, spricht immerhin die Geschichte des Wortes Kisch, von dem sich mutmaßlich die akkadischen Substantive kiššūtu (‚Macht‘) und kišša­ tu (‚Welt‘; ‚Gesamtheit‘) sowie das Verbum kašāšum (‚beherrschen‘) herleiten (s. u. Kap. I.2.4).518 Weitere Indizien, die auf eine wie auch immer geartete kischitische Hegemonialstellung hindeuten, sind der oben angesprochene Konflikt zwischen Uruk und Kisch im sumerischen Kurzepos Gilgamesch und Akka sowie die SKL.519 Der Letzteren zufolge war Kisch der erste Sitz irdischer Herrschaft nach der großen Flut (s. o. Kap. I.2.2), doch erst der zweiundzwanzigste König der Kisch-I-Dynastie gilt anerkanntermaßen als historische Persönlichkeit. Die Rede ist von Enmebaragesi, der seit langem mit Mebaragesi, dem ersten l u g a l , der ein Selbstzeugnis hinterlassen hat, gleichgesetzt

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Ibid., 118. Cf. ibid., 117 f. Laut SKL Col. V, 13–16 (= Glassner 2005, Nr. 1, 122 f.) gelang es Mari und Akschak zweimal Kisch zu schlagen und die Hegemonie an sich zu reißen. Alle drei Mächte gingen wiederum vereint gegen Eannatum von Lagasch vor (RIME I E1.9.3.5, Col. VI, 21–VII, 2; E1.9.3.6, Col. III, 11–VI, 5). Cf. bereits Gelb 1981. Cf. Steinkeller 1993, 120. Zum Titel cf. Edzard 1976–1980. Frayne 2008 (= RIME I) ordnet die Inschriften der Könige von Kisch drei Kategorien zu: 1. Sicher bezeugte Könige von Kisch: En.ME-barage-si (E1.7.22), LUGAL-UD (E1.7.41), Utuk/Uhub (E1.7.42.1), weitere unbenannte Herrscher (E1.7.43.1). 2. Könige anderer Stadtsaaten, die den Titel ‚König von Kisch‘ führten: Eanatum von Lagasch (E1.9.3.5, Col. V, 23–VI, 5), Mes-Ane-pada von Ur (E1.13.5.1, 4–6; E1.13.5.2, 2), En-šakuš-Ana von Uruk (E1.14.14.2, 4; E1.14.14.6, 6). 3. Könige, deren Herkunftsort unbekannt ist: Mesilim (E1. 8.1), Lugalnamnir.sum (E1.8.2.1), Enna-il (E1.8.3, 1–2). Die erstere Ansicht verfechten etwa Steinkeller 1993, 120 und Katz 1993, 17: „It [scil. the title] expressed a claim to rule the whole of Sumer, and surely would have no political basis unless ruling Kish was indeed considered an outstanding achievement.“ Die Gegenposition vertreten Westenholz 1999, 29 f.; 2002, 32–35 sowie Edzard 2009, 42: „Kiš wurde vielmehr als der wichtigste Ort des nördlichen Babylonien betrachtet, und wer sich ‚König von Kiš‘ nannte, wollte seinen politischen Anspruch auf den Norden geltend machen – oder auch tatsächlich ausdrücken. Kiš war Vorgängerin von Akkade als Hauptort des Nordens.“ Cf. Steinkeller 1993, 120. Cf. Selz 1998, 313 f.; Katz 1993, passim.

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wird.520 Wurde jener (En)Mebaragesi in jüngerer Zeit auch als fiktiver oder gar als weiblicher Charakter aufgefasst,521 so gilt er allgemeinhin als Herrscher mit weitreichenden politischen und territorialen Aspirationen, denn: Die SKL schreibt ihm einen Sieg gegen Elam zu, und die Auffindung einer seiner Weihinschriften im DiyalaGebiet, in Khafaje (= Tutub?), scheint sein Engagement in dieser rund 100 km von Kisch entfernten Region zu bestätigen.522 Von den Aktivitäten der Könige von Kisch im Süden Babyloniens zeugen wiederum die Weihinschriften Mesilims im Staatsgebiet von Lagasch und Adab sowie das Eingreifen desselben Herrschers als ‚Schiedsrichter‘ im langjährigen Grenzkonflikt zwischen Lagasch und Umma.523 Schließlich hat man die sogenannte List of Geographical Names (LNG), die in zwei Manuskripten aus Ebla und Abu Salabich vorliegt, aber wohl in Kisch zusammengestellt wurde, als „gazetteer of the Kishite kingdom“524 gedeutet. Demnach umfasste das kischitische Herrschaftsgebiet neben Nordbabylonien das Diyala-Gebiet, die Trans-Tigris-Region und den Mittleren Euphrat bis nach Mari. Da keines der aufgeführten Toponyme südlich von Isin und Šarrākum liegt, hat Douglas R. Frayne die Südgrenze nahe der Stadt Kisura lokalisiert, deren Name im Sumerischen ‚Grenze‘ bedeutet.525 Indessen besteht durchaus Grund zu der Annahme, dass auch das ‚Land Sumer‘, i. e. der Süden Babyloniens, bereits in der Mitte des dritten Jahrtausends als ‚lose Einheit‘ empfunden wurde.526 Das Vorhandensein einer gemeinsumerischen Amphiktyonie, der sogenannten k i - e n - g i -Liga, hat bereits Thorkild Jacobsen vermutet.527 In jün520 Cf. erstmalig Edzard 1959. Einen Überblick über die neuere Forschung bieten Marchesi/Marchetti 2011, 98 f. Demnach ist e n - m e - p a r a g - g e (4)( - e ) - s i eine Fehlinterpretation von e n m e p a r a g - g e - s i (‚der Herr Mebaragesi‘). 521 So hat Michalowski 2003, 199–206 den Nachweis zu erbringen versucht, dass Enmebaragesi einen fiktiven Namen darstelle, der Enschibbaragesi zu lesen sei. Er deutet die Figur (ibid., 207) als Ergebnis einer literarischen Kritik an der zeitgenössischen Politik. Eine gegenteilige Meinung vertreten Marchesi/Marchetti 2011, 99 mit Anm. 14. 522 SKL, Col. II, 35 f. (= Glassner 2005, Nr. 1, 121 f.). Die Khafaje­Inschrift ist in RIME I E1.7.22.1 ediert. Cf. Katz 1993, 12; Steinkeller 1993, 120. Marchesi/Marchetti 2011, 99 mit Anm. 18 halten das Textzeugnis aus paleographischen Gründen hingegen für nicht authentisch. Vielmehr handle es sich bei dem Stifter um einem späteren Träger desselben Namens, dessen Lebenszeit in die Periode FD IIIb fiel. 523 Cf. RIME I E1.8.1.1; E1.8.1.2; E1.1.8.13 (Weihinschriften Mesilims) sowie E1. 9.3.1 (‚Geierstele‘ Eannatums von Lagasch) zum Grenzstreit. 524 Steinkeller 1993, 120. Die LGN ist bei Frayne 1992 ediert, der (ibid., 87) zugunsten der von Steinkeller formulierten Hypothese anmerkt, dass die Mehrzahl der aufgezählten Toponyme Nordbabyloniens an Kanälen in der unmittelbaren Umgebung von Kisch lagen. 525 Cf. Frayne 1992, 87. Die Toponyme gliedern sich in zwei Gruppen, und zwar erstens die von Kisch unmittelbar kontrollierten Städte (Gruppe A) und zweitens Orte an der Peripherie, mit denen Kisch Handelskontakte unterhielt (Gruppe B). Eine Liste elamischer Toponyme deutet weiterhin auf Beziehungen zum iranischen Hochland hin. 526 Cf. Selz 2010, 54; Chavalas 2005, 41. 527 Cf. Jacobsen 1955, 107–109 bezog sich auf FD I-zeitliche Tafeln aus Ur, die auf eine militärische Organisation hindeuten könnten und vermerkte (ibid., 109): „Of particular interest are the probable

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gerer Zeit haben die ‚Konskriptionslisten‘ aus Fara (dem antiken Schuruppak) sowie Texte aus Ebla und Tell Abu Salabich zu weiteren diesbezüglichen Spekulationen Anlass gegeben: Deimel Wirtschaftstexte 92 und 94 verzeichnen 670 respektive 650 g u r u š (‚junge Männer‘) aus den Städten Uruk, Adab, Nippur, Lagasch, Schuruppak und Umma in gleicher Reihenfolge. Von jenen g u r u š heißt es, dass sie „nach k i - e n - g i gehen“ (KI.EN.GI DU.DU) beziehungsweise „für k i - e n - g i ausgehoben“ (l ú - d ú r KI.EN.GI) sind. Der Unterschrift einer weiteren Liste zufolge „gehen [sie] (nach) Kisch“ (K i š DU).528 Diese ‚ g u r u š -Register‘ registrieren folglich Personengruppen aus sechs Städten, deren Erwähnung auch in weiteren Texten auf ihre gemeinsamen Aktivitäten – etwa die Organisation von Baumaßnahmen – schließen lässt.529 Obschon es sich hier möglicherweise weniger um reale Zahlen denn um mathematische Übungen handelt, so deutet das Quantum an Männern doch auf ein starkes, dem Palast von Schuruppak übergeordnetes Verwaltungszentrum hin.530 Dass der Zusammenschluss der Hexapolis auch militärischen Zwecken diente, bezeugt der Schlussvermerk von WF 101: „670 junge Männer [g u r u š - m è], die (in die) Schlacht ziehen (sind sie).“531 In der FD IIIa-Zeit ist k i - e n - g i noch nicht mit dem ‚Land Sumer‘ gleichzusetzen. Vielmehr dürfte der Terminus die besagte Städteliga oder auch nur deren politisches Zentrum umschreiben, das späterhin der gesamten Region seinen Namen geben sollte.532 Als Versammlungsort der Amphiktyonie hat man das religiöse Kultzentrum Nippur vermutet, dessen Schutzgott Enlil ein weltliches Oberhaupt ernannte.533 Wer diese mention of Kengir and a group of puzzling jar sealings impressed with ‚collective‘ seals. Each of these seals are inscribed with the names of a group of major Sumerian cities. Since such collective seals imply collective responsibility for the goods sent under the seal we may see in them evidence of official deliveries to Ur by groups of cities, a feature most easily understandable in terms of a league of cities such as the Kengir League.“ 528 Cf. WF 92, hier v. a. obv. III, 1–2 und WF 94, hier v. a. rev. II, 2–3 sowie die Unterschrift von WF 93 (Kiš DU). Cf. hierzu Selz 1992, 191–193; Pomponio 1994, 10 (Transliteration von WF 92 und 94) und Frayne 2008, (= RIME I), 9 (Transliteration und englische Übersetzung). 529 Dieselben Städte finden auch in WF 67, 68, 69, 70, 72, 73, 75, 107 sowie in IAS 463 und MEE 44 Erwähnung. Cf. Frayne 2008 (= RIME I), 8 f. Der Begriff k i - e n - g i taucht in weiteren Fara-Tafeln auf: WF 142, obv. I, 2–3; TSŠ 302, obv. I, 8 und 627, obv. V, 7–8; CT 50, 16, rev. I, 4. Cf. Pomponio 1994, 11. 530 Cf. Martin 1988, 99. Eine Zusammenfassung der Geschichte von Schuruppak findet sich ibid., 125–129. Zum kritischen Umgang mit den Zahlenangaben cf. Frayne 2008 (= RIME I), 10. 531 Deutsche Übersetzung nach Selz 1992, 192. Da die Anzahl der g u r u š meist 670–680 Mann beträgt, dürfte es sich hier um die Sollstärke eines Militärkontingents gehandelt haben. Cf. Pomponio 1994, 12. 532 Cf. Krebernik 1998, 312. Die These Pomponios 1994, dem zufolge k i - e n - g i nur ein kleines Zentrum innerhalb der Liga gewesen sei, steht der Auffassung Jacobsens, 1955, 109 entgegen. Zur Etymologie von k i - e n - g i cf. Frayne 2008 (= RIME I), 10. Die FD-zeitlichen Belege sind die Kesch­Hymne, Z. 29–30; WF 92 und 94; RIME I, E1.9.3.1, Col. VIII 4’–5’(Eannatums ‚Geierstele‘); E1.14.7.1, 3–5 (Enschakuschanna); E1.14.19.1, Col. II, 21–25 (Lugalzagesi) und E1.7.5.2, 9–10 (Gischakidu). 533 So deutet etwa der in WF 117 erwähnte Personename d e n l í l - u k k i n auf die herausragende Rolle Enlils in der Ratsversammlung hin. Die Unterschrift n i b r u k i verweist ferner auf die Herkunft

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überragende Position anstrebte, musste folglich die Anerkennung der nippuräischen Priesterschaft erhalten. Mit hoher Wahrscheinlichkeit steht auch die Weihung der Alabastergefäße durch den letzten unabhängigen sumerischen Stadtfürsten Lugalzagesi im Ekur zu Nippur mit seiner Erhebung zum ‚König des Landes‘ (l u g a l k a l a m - m a) in Verbindung.534 Unklar bleibt einstweilen, ob die k i - e n - g i -Liga einen Verbund freier sumerischer Stadtstaaten darstellte oder ob es sich um eine einstmals von Kisch dominierte Organisation handelte.535 Wiederholte Kritik an dem von Steinkeller postulierten Konzept eines kischitischen Territorialstaates hat Aage Westenholz geübt, der – im Gegenteil – den Süden als kulturell, aber auch politisch dominierenden Teil Babyloniens betrachtet. Seiner Auffassung nach umfasste die k i - e n - g i -Liga um 2600 v. Chr. ein von Kisch im Norden bis Lagasch im Süden reichendes Gebiet. Damals sei der Titel l u g a l K i š ki dem weltlichen Oberhaupt der Amphiktyonie vorbehalten gewesen. Die Einwanderung der Akkader aus dem Norden habe sodann zur Zurückdrängung von k i - e n - g i auf den äußersten Süden geführt. Die Ablösung des Titels l u g a l K i š ki durch l u g a l k a l a m - m a sei dem Umstand geschuldet, dass Kisch nunmehr eine von ‚Semiten‘ dominierte Stadt geworden sei. Entsprechend deutet Westenholz die SKL als Katalog der ‚Großkönige‘ von k i - e n - g i . Vor diesem Hintergrund erkläre sich erstens die Nachordnung in Wahrheit zeitgleich regierender Herrscher und zweitens auch das Fehlen der é n s i s von Lagasch in der Königsliste (s. o.), denn die Letzteren hätten sich in den zwei Jahrhunderten vor dem Auftreten Sargons von Akkad von k i - e n - g i losgesagt.536 Indessen sprechen die Fara-zeitlichen Belege eindeutig zugunsten einer engen Verbindung Schuruppaks mit Kisch, das die ‚Hexapolis‘, zumal in Zeiten der politischen und militärischen Krise, kontrollierte.537 Gleichviel, ob man (mit Westenholz) die Titel e n - k i - e n - g i und l u g a l - k a l a m - m a als späte Erscheinungsformen des Titels l u g a l K i š k i ansehen möchte oder die k i - e n - g i -Liga vielmehr als polare Organisation zum einstmals mächtigen kischi-

aller dort genannten Personen aus Nippur. Cf. Selz 2001, 190. Indessen ist diese Rolle Enlils eventuell nicht ursprünglich. Vielmehr sprechen zahlreiche Indizien zugunsten der Annahme, dass Enlil die Götter Inanna von Uruk und Enki von Eridu in dieser Position ablöste. Cf. Selz 1992, 193–203. Eventuell wurde Enlil erst durch Enmetena von Lagasch zur unangefochtenen Instanz erhoben. 534 Cf. RIME I E1.14.20.1. Cf. dazu Westenholz 1987–1990, 157. In dieselbe Richtung weist auch der Jahresname m u l u g a l - z [ à ] - g [e - s i ] n a [ m - l u g a l ] š u b a - t i (‚Jahr, in dem Lugalzagesi das Königtum erhielt‘). 535 Cf. Marchesi/Marchetti 2011, 101. Zu der Möglichkeit eines Verteidigungsbündnisses gegen das übermächtige Kisch cf. Frayne 2008 (= RIME I), 7 f. 536 Cf. Westenholz 1979, 109 mit Anm. 6; 1999, 29 f.; 2002, 31 f. 537 Cf. Pomponio 1994, 15 f. Folgende Belege dokumentieren die Verbindung Schuruppak – Kisch: WF 93, rev. II, 1; TSŠ obv. II, 1–3; 154, obv. I, 1–2; 247, obv. III, rev. I, 2; 736, obv. I, 1-II, 1; 782, obv. III, 10IV, 2. Signifikant ist ferner der Name des Tempels des Nanna/Sin zu Ur: é . K i š . n u . ĝ á l (‚Haus, wo Kisch nicht anwesend ist‘). Cf. George 1993, 114, Nr. 653. Daher erwägen Marchesi/Marchetti 2011, 101 mit Anm. 37 die Möglichkeit, dass allein Ur frei von kischitischen Joch gewesen sei.

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tischen Territorialstaat erachtet: Beiden Theorienkomplexen eignet die überregionale Konnotation. Freilich blieb die Stadt als politische Größe während der gesamten ‚altsumerischen Zeit‘ der identifikatorische Bezugspunkt sowohl der Bürgergemeinschaften als auch der Monarchen. In ihren Inschriften benennen die Letzteren ihr Herrschaftsgebiet gewöhnlich nach dessen Residenz (etwa: K I L a g a š = ‚Land Lagasch‘), und auch der SKL zufolge wandert die (fiktive) ‚Reichsherrschaft‘ von Stadt zu Stadt.538 Gleichwohl existieren, zumal am Ende der Frühdynastischen Periode, Hinweise auf die Bestrebungen einzelner Stadtfürsten, auf Kosten anderer Staaten zu expandieren. Ein ‚Reichskonzept‘ lag jenen Unternehmungen jedoch wohl kaum zugrunde.539 Vielmehr folgten die Fürsten dem „Prinzip der kumulativen Herrschaft“,540 i. e. dem Regieren mehrerer Stadtstaaten in Personalunion. Entsprechend erklärt etwa Lugalkigenedudu von Uruk in einer seiner Inschriften, der Gott Enlil habe ihm zum ‚Herrentum‘ (n a m - e n) von Uruk auch das ‚Königtum‘ (n a m - l u g a l) von Ur verliehen.541 Dass der Verwirklichung hegemonialer Ziele in dem etablierten System von Stadtstaaten in der Tat klare Grenzen gesetzt waren, führt der langwierige Konflikt zwischen Lagasch und Umma um die Ländereien des Gu’edenna deutlich vor Augen.542 Die Vorgeschichte jenes Grenzstreits schildert der fünfte Herrscher der Lagasch-I-Dynastie, Enmetena, folgendermaßen: (Der oberste Gott) Enlil, der Herr aller Länder, der ‚Vater‘ aller Götter, hat aufgrund seines verlässlichen Wortes für (den Staatsgott von Lagasch) Ningirsu und (den Staatsgott von Umma) Schara, die Grenze gezogen. Mesalim [oder: Mesilim, M. O.], der König von Kisch, hat auf Befehl (seines) Gottes Ischtarān die Felder vermessen (und) dort (Grenz-)Stelen errichtet. Usch, der Fürst von Umma, handelte bezüglich dieses ‚Wortes‘ anmaßend: Er riss die Stele(n) heraus und drang in die Ebene von Lagasch ein. Ningirsu, der Krieger des Gottes Enlil, hat auf dessen (Enlils) Recht schaffendes Wort hin mit (der Stadt) Umma eine Schlacht geschlagen und auf das Wort des Enlil hin das ‚große Fangnetz‘ auf sie geworfen. Die entsprechenden Leichenhügel wurden in der Ebene errichtet. E’anatum, der Fürst von Lagasch, der Onkel des Enmetena, hat mit Enakale, dem Fürsten von Umma, die Grenze gezogen.543

538 539 540 541 542

Cf. zu diesem Punkt Glassner 2000, 38–39. Cf. Steiner 1979, 126 f. Ibid., 127. Cf. RIME I E1.14.14.2, 6–14. Zur Geschichte des Staates Lagasch sowie zu den zwischenstaatlichen Beziehungen der Zeit cf. Bauer 1998 und Kuhrt 1995a, 40–44. Der Kleinstaat Lagasch verfügte über drei Hauptorte (Girsu, Lagasch und NINA/Ninim), die wahrscheinlich unter dem Dynastiegrüner Urnansche vereinigt wurden. Die Zusammengehörigkeit demonstrierte eine jährliche Prozession zu Schiff „auf dem Kanal, der nach Nina führt“ von Girsu über Lagasch nach Nina. Cf. Selz 1995, 297 f. und 1998, 312. Zum Grenzkonflikt mit Umma cf. Cooper 1983b. 543 RIME I E1. 9.5.1, Col. I, 1–42: d e n - l í l l u g a l - k u r - k u r - r a a b - b a - d i n g i r - d i n g i r - r é - n e k e 4 i n i m - g i - n a - n i - t a dn i n - ĝ í r - s u dš á r a - b i k i e - n e - s u r m e - s i - l i m l u g a l - k i š .

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Erstmalig wird in Lagasch ‚historische‘ Berichterstattung im oben (Kap. I.2.2) geschilderten Sinne verwirklicht:544 Nicht nur erhalten die Ereignisse durch präzise Angaben eine feste Verankerung in Raum und Zeit, auch die (namentlich genannten) Gegner werden als eigenständige Handlungsträger vorgestellt.545 Zugleich erscheinen die irdischen Akteure nur als Repräsentanten der (eigentlichen) göttlichen Protagonisten, hier der Stadtgötter Ningirsu und Schara.546 Dass die enge Verbindung zur Götterwelt einen Grundpfeiler der Herrscherlegitimation in der gesamten Geschichte des Alten Orients darstellte, wurde oben (Kap. I.2.2) gesagt. Am prägnantesten formulierte das so wirkmächtige Konzept der ‚Gotteskindschaft‘ Eannatum, der Onkel Enmetenas, desgleichen im Zuge der Auseinandersetzungen mit Umma. Auf der heute im Louvre befindlichen ‚Geierstele‘ verewigte der Herrscher den für Lagasch erfolgreichen Abschluss des Konflikts in Wort und Bild.547 Der Klage, die Eannatum gegen die widerrechtliche Okkupation des Gu’edenna durch den Fürsten von Umma beim lagaschitischen Staatsgott Ningirsu führt (Col. I, 21–IV, 3), folgt ein Bericht über die göttliche Zeugung und Erwählung des Herrschers (Col. IV, 9–V, 17): [Ni]n[gir]su tat [den Samen] E[a]nnatums [i]n [den Mutterleib]. [Baba] [gebar ihn in der Zella]. [Über Eannatum] freute sich [die Mutter] B[aba], Inanna nahm ihn auf den Arm, ‚Denjenigen, der sich für das Eanna der Inanna vom Igbal eignet‘ nannte sie ihn mit Namen,548 setzte ihn der Ninchursaga auf ihr rechtes Knie, Ninchursaga [ließ ihn sich] an ihrer Brust [ernähren]. Über Eannatum, den in den Mutterleib getanen Ningirsus, freute sich Ningirsu. Ningirsu warf seine Spanne über ihn; bis zu 5 Ellen warf er seinen Vorder-

544 545 546 547

548

K I - k e 4 i n i m - di š t a r a n ( = K A . D I ) - n a - t a é š G Á N A b i - r a k i - b a n a b í - r ú U Š e n s í - ĝ i š K Ú Š U. K I - k e 4 n a m - i n i m - m a d i r i - d i r i - š è e - a k n a - r ú - a - b i ì - b u x / b u r 9 ( PA D ) e d e n - l a g a š ( N U 1 1 . B U R . L A ) K I - š è ì - D U d n i n - ĝ í r - s u u r - s a ĝ - d e n l í l - l á - k e 4 i n i m - s i - s á - n i - t a ĝ i š K U Š U. K I - d a d a m - ḫ a - r a e - d a - a k i n i m - d e n l í l - l á - t a s a - š u š - g a l b í - š u š S A Ḫ A R . D U 6 .TA G 4 - b i e d e n - n a k i b a - n i - ú s - ú s é - a n - n a - t ú m é n s i - l a g a š ( N U 1 10 B U R . L A ) . K I p a - b ì l - g a - e n -T E . M E - n a é n s i - l a g a š . K I - k a - k e 4 e n - á - k a l - l e é n s i ĝ i š K U Š U. K I - d a k i e - d a - s u r . Die leicht abweichende deutsche Übersetzung folgt Selz 2010, 50 f. Cf. Sallaberger 2005, 68–79. Cf. ibid. Cf. Glassner 1986, 17: „[…] un dieu était toujours lugal/šarrum, ‚roi‘, d’une ville ou d’un pays.“ Zu den Stadtgöttern cf. Selz 1995, 218–255 (Ningirsu); 275 f. (Schara). Cf. RIME I E1.9.3.1 sowie die leicht abweichende deutsche Übersetzung TUAT I, 297–312. Cf. Selz 1995, 222–225. Es handelt sich bei der ‚Geierstele‘ (so benannt nach den in im oberen Register des Reverses abgebildeten Geiern) um einen aus sieben Fragmenten rekonstruierten, oben abgerundeten rechteckigen Kalkstein von 1, 80 m Höhe, 1, 30 m Breite und 11 m Durchmesser, dessen Vorderund Rückseite mit Reliefs bedeckt sind, die eine lückenhafte Inschrift durchzieht. Cf. Winter 1985. E 2 - a n - n a - t u m 2 ist mit hoher Wahrscheinlichkeit der sumerische Thronname des Herrschers, denn RIME I E1.9.3.5, Col. V, 9–19 heißt es: „Eannatum, dessen Tidnum-Name Lumma (ist).“ Dabei handelt es sich bei l u m - m a, wie Selz 1995, 171–175, hier v. a. 173 hat plausibel machen können, um den Namen des Herrschers vor seiner Inthronisation. Dieser Name ist interessanterweise mit den semitischen Amurritern zu assoziieren. Cf. auch Steible 2001, 75 f.

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arm über ihn: 5 Ellen, 1 Spanne (war es!) Ningirsu [gab ihm] mit großer Freude [das Köni] g[tum] [über Lagasch].549

Die hier artikulierte sakrale Herrschaftsbegründung550 gestaltet sich beziehungsreich: Am Anfang stehen die göttliche Zeugung und Geburt sowie die Berufung (‚Namensnennung‘) Eannatums, gefolgt von einem regelrechten „Ankindungsritual“,551 das bezeichnenderweise mit Inanna von Uruk und Ninhursaga von Kesch zwei nicht lokale Gottheiten vollziehen.552 Die Wendung „recht(mäßiger) Schoß“ (d u 10 - z i - d a - n a) und „recht(mäßige) Brust“ (u b u r - z i - d a - n e 2) der Ninhursaga akzentuieren darüber hinaus die legitimierende Funktion der ‚Adoption‘ durch die Gottheit.553 Die Investitur und Autorisation des Herrschers durch den Stadtgott Ningirsu beschließen das Ritual. Die „Finalität“554 (s. o. Kap. I.2.2) der königlichen Berufung, die in wiederholten Epitheta-Reihen ihren sinnfälligen Ausdruck findet,555 verwirklicht sich unmittelbar. Denn Eannatum erhält von Ningirsu einen konkreten politischen Auftrag, und zwar die Restitution des Gu’edenna, den er unter hohem persönlichen Einsatz  – er wird (Col. IX, 1–6) im Kampf verwundet – erfüllt.556 Ausdrücklich betont der Herrscher an

549 RIME I E1.9.3.1, Col. IV, 9–V, 17: [ d n i ] n - [ ĝ í r ] - s ú - [ k ] e 4[ a ] - ┌ é ┐ - [ a n] - n a - t ú m - [m a ] [ š à - g ] a [ š u b] a - n i - d u 1 1 [ … ] [ … ] [ … ] [ … ] ┌ X ┐ m u - d a - h ú l d i n a n n a - k e 4 d a m u - n i - d í b é - a n - n a - d i n a n n a - ┌ i b - g a l ┐ - k a - k a a - t ú m m u m u - n i - s a4 d n i n - ḫ u r s a ĝ - r a d u1 0 - z i - d a - n a m u - n i - t u š d n i n - ḫ u r - s a ĝ - k e 4 u b u r - z i - d a - n é ┌ m u ┐ - [n a l á ] é - a n - n a - t ú m a - š à - g a - š u - d u 1 1 - g a - dn i n - ĝ í r - s u - k a - d a dn i n - ĝ í r - s u m u d a - ḫ ú l d n i n - ĝ í r - s ú - k e 4 z a p a ḫ ( Š U. B A D ) - n i m u - n i - r a [ k ù ] š ┌ 5 ┐ a m 6 k ù š - a - n i m u - n i - r a k ù š - 5 - z a p a ḫ ( Š U. B A D ) - 1 d n i n - ĝ í r - s ú - k e 4 n a m - g a - ḫ ú l - d a (copy has nam-gal) [n a m - l u g ]a l - [ l a g a š ( N U 1 1 . B U R - L A ) . K I ] [m u - n a - s u m] . Deutsche Übersetzung nach TUAT I, 297–312. 550 Auch das dynastische Element spielte in der Lagasch-I-Dynastie (mit Ausnahme Urukaginas) eine Rolle. So bezeichnet sich Eannatum wiederholt als „Sohn des Akurgal, des Stadtfürsten von Lagasch“ = d u m u - a - k u r - g a l / l a g a š (NU11.BUR.LA).KI- k a - k e 4 (RIME I E1.9.3.4, Col. I, 11–13; E1.9.3.5, Col. VIII, 1–7; E1.9.3.5, Col. III, 1–3; E1.9.3.6, Col. II, 15–III, 2; VII, 8–14;) und nennt seinen Großvater Urnansche (RIME I E1.9.3.5, Col. VIII, 4–7; E1. 9.3.6, Col. VII, 11–14). Cf. Steible 2001, 74. 551 Selz 1998, 123. Cf. auch 1995, 154 („Adoptionsritual“). 552 Cf. Steible 2001, 71. 553 Cf. ibid. 554 Lang 2010, 22. 555 Cf. RIME I E1.9.3.1, rev. Col. V, 42–VI, 12 (Deutsche Übersetzung nach TUAT I, 307): „Eannatum, der König von Lagasch, der mit Kraft begabte Enlis, der mit guter Milch ernährte Ninchursagas, der mit gutem Namen benannte Inannas, der mit Verstand begabte Enkis, der ins Herz berufene Nansches, der gewaltigen Herrin, der Fremdlandunterwerfer Ningirsus, der Geliebte Dumuziabus, der mit Namen berufene Chendursagas, der geliebte Gefährte Lugalurubas, des geliebten Gemahls Inannas […].“ Cf. ferner E1.9.3.5, Col. I, 2–III, 3; E1.9.3.6, Col. I, 7–III, 2 (langes Selbstvorstellungsformular) und E1.9.3.3, Col. IV, 5–12; e1.9.3.4, Col. I, 3–13; E1.9.3.8, Col. I, 2–II, 8; E1.9.3.9, Col. I, 1–II, 3 (verkürztes Selbstvorstellungsformular). 556 Cf. Steible 2001, 71 f. Die Autorisierung durch Ningirsu offenbart sich ihm zufolge namentlich in Epitheta wie: ‚Der mit Kraft begabte Ningirsus‘ = á - s u m - m a - d n i n ĝ í r - s ú ! - k a - k e 4 (RIME I E1.9.3.5, Col. I, 7–8; E1.9.3.6, Col. II, 1–2; E1.9.3.8, Col. I, 7–8; E1.9.310, Col. I, 7–8), ‚von Ningirsu

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anderer Stelle, dass die Zerstörung Ĝišas (Ummas) auf Ningirsus Geheiß geschah.557 Den Hergang der nämlichen Ereignisse schildert auch das begleitende Bildprogramm der ‚Geierstele‘ in ‚historisch-narrativer‘ Folge.558 Doch Eannatums Aspirationen reichten weiter: In einer in einen Feldstein gemeißelten Inschrift heißt es, die Göttin Inanna habe ihm „mit der Liebe, die sie ihm entgegenbrachte, über die Stadtfürstenwürde über Lagasch hinaus die Königswürde über Kisch“ verliehen.559 Sollte, wie Horst Steible vermutet, an dieser Stelle nicht Inanna von Uruk, sondern vielmehr Ischtar von Kisch angesprochen sein, so läge hierin ein deutlicher Hinweis auf die territorialen Ansprüche Eannatums auch auf den Norden Babyloniens.560 Der in der Ernennung zum ‚König von Kisch‘ inbegriffene politische ‚Auftrag‘ umfasst entsprechend die Unterwerfung entlegener Gebiete Zentralbabyloniens, aber auch des Mittleren Euphrats und sogar des Iranischen Hochlandes:561 Vor Eannatum senkte der Elamiter das Haupt, den Elamiter warf er in dessen Fremdland (k u r ) zurück, Kisch senkte vo[r] ihm das Haupt, den König von Akschak warf er in sein Fremdland (k u r ) zurück. Eannatum, der Stadtfürst von Lagasch, der Fremdland-Unterwerfer Ningirsus, besiegte Elam, Subir, (und) Urua vom Asuchurra(-Kanal) an, besiegte Kisch, Akschak (und) Mari vom Antasurra Ningirsus her.562

ernannt‘ = m u - p à - d a - d n i n - ĝ í r - s u - k e 4 (E1.9.3.5, Col. IV, 20–24; E1.9.3.6, Col. V, 5–9; E1.9.3.13, Col. I, 3’–4’) sowie ‚von Ningirsu beauftragt‘ = l ú - i n i m - s é - g a - d n i n - ĝ í r - s u - k a - k e 4 (E1.9.3.5, Col. VII, 14–18; E1.9.3.6, Col. VII, 1–4; E1.9.3.7a, Col. I–III, 1; E1.9.3.9, Col. I, 8–9). 557 Cf. RIME I E1.9.3.3., Col. II’, 1–5: d n i n - ĝ í r - s u - k e 4 é - a n - n a - t ú m - r a à e - n a - á ĝ ĝ i š KUŠU. KI e - h a - l a m . 558 Cf. Winter 1985. Die in zwei Register unterteilte Vorderseite der Stele zeigt im oberen Bildfeld eine überlebensgroße männliche Figur (mutmaßlich den Stadtgott Ningirsu) mit einem Netz von Gefangenen in der Rechten, dessen Verschluss das Emblem des (mit Ningirsu/Ninurta assoziierten) Anzû-Vogels darstellt. Das untere Register bildet den Gott im Streitwagen ab, vor ihm steht seine Mutter Ninhursaga. Die Rückseite zeigt der ‚konventionellen‘ Lesung von oben nach unten folgend zwei Schlachtszenen (Register 1 und 2), ein Siegesopfer (Register 3) und eine weitere Schlacht (Register 4). Gegen die Annahme, dass es sich bei dem besiegten Gegner im unteren Register um einen ‚König von Kisch‘ handle, argumentiert Winter 2010b überzeugend, die darüber hinaus (cf. Winter 1985, 19 f.) eine alternative Lesung von unten nach oben bevorzugt: Das untere Register entspreche demnach der Präambel (Col. I, 1–3) im Text, die folgende Szene dem ‚Traumorakel‘ (Col. VII, 21–22), das den Sieg und die „Leichenhügel“ verheißt. Im dritten Register zögen die Soldaten in Marschformation in die Schlacht, die im vierten schließlich stattfinde. Während die Rückseite folglich als ‚historisch-narrativ‘ gelten kann, steht der Gott Ningirsu auf der Vorderseite symbolisch, gleichsam als Emblem respektive ‚Ikone‘ für den kraft göttlichen Beistandes errungen Sieg. 559 RIME I E1.9.3.5, Col. V, 26–VI, 4. Deutsche Übersetzung TUAT I, 295. 560 Cf. Steible 2001, 77. 561 Cf. ibid. 562 RIME I E1.9.3.5, Col. VI, 6-VII, 2: é - a n - n a - t ú m - d a N I M s a ĝ e - d a 5 - s ì g N I M k u r r a - n a b i - g i 4 k i š . K I ┌ s a ĝ ┐ e - d [ a 4 ] - s ì g l u g a l a k š a k . K I k u r - r a - n a (Text: KI) b i - g i 4 é - a n - n a - t ú m e n s í - l a g a š . K I - k e 4 k u r - g ú - ĝ a r - ĝ a r - dn i n - ĝ í r - s u ! - k a - k e 4 N I M ŠU BU R . K I U RUx A . K I G I N. ŠÈ b i- s è k i š. K I a k š a k . K I ma-r í ! . K I an t a . s u r - r a - d n i n - ĝ í r - s u - k a - t a G Í N . Š [ E ] b i - s [è ] . Cf. ferner die ‚Feldzugsberichte‘

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Weltkonzeption und (Welt-)Herrschaft im Alten Vorderen Orient

Von Eannatums Selbstverständnis als Krieger zeugen weiterhin zwei auf der ‚Geierstele‘ unmittelbar neben der Herrscherfigur eingemeißelte Kartuschen, die ihn als „Fremdlandunterwerfer Ningirsus“ (k ú r - g ú - ĝ a r - ĝ a r - dn i n - ĝ í r - s u - k a)563 auszeichnen. Weiter heißt es an anderer Stelle, dass ihm dank der ihm von Ningirsu verliehenen Kraft niemand zu widerstehen vermöchte, womit bereits der Topos der Unbesiegbarkeit des Herrschers präfiguriert wird (s. u. Kap. I.2.4).564 Indessen zielten Eannatums militärische Operationen schwerlich auf die dauerhafte Kontrolle der genannten Territorien, geschweige denn auf eine ‚Reichseinigung‘. Zentral dürften einmal mehr logistische Überlegungen sowie die Sicherung der Wasserressourcen für den Stadtstaat Lagasch vom Euphrat her gewesen sein.565 Dass es dem Herrscher gleichwohl um die Erlangung überregionaler Geltung zu tun war, führt nicht zuletzt die Reihe der sechs ‚Schwurgottheiten‘ (Enlil von Nippur, Ninhursaga von Kesch, Enki von Eridu, Suen von Ur, Utu von Larsa, Ninki von?) vor Augen, die zur Vereidigung des ‚Friedensvertrags‘ mit Umma angerufen werden.566 Zweifelsohne wird hier ganz bewusst ein „gemeinsumerisches Pantheon reflektiert.“567 Dem sumerischen Hauptgott Enlil, der einem Herrscher vor allen anderen zu überregionalem Prestige verhelfen konnte (s. o), kommt in den Inschriften Eannatums hohe Bedeutung zu, ohne dass sich allerdings eine Vorrangstellung des Gottes unter diesem Herrscher ausmachen ließe.568 Erst sein Neffe Enmetena suchte augenscheinlich gezielt die Anerkennung der nippuräischen Priesterschaft zu gewinnen: Enlil gilt ihm als der „König aller Länder und Vater der Götter“ (l u g a l k u r - k u r - r a a b - b a - d i n g i r - d i n g i r - r ē - n e - k e 4 ),569 und auf einer Alabstervase, die Enmetena dem Gott in Nippur weihte, heißt es, Enlil habe ihm das „erhabene Szepter der Schicksalsentscheidungen“ verliehen und ihn

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E1.9.3.1, rev. Col. VI, 10’–IX, 2; E1.9.3.5, Col. III, 12–IV, 19: E1.9.3.6, Col. III, 11–VI, 5; E1.9.3.8, Col. III, 1–5; E1.9.3.9, Col. III, 4–11; E1.9.3.11, Col. III, 1–5 (nur Ur und Uruk). RIME I E.1.9.3.1, Kartusche A (Col. 1–3) und Kartusche B (Col. 1–3). Cf. RIME I E1.9.3.7a, Col. III, 2–5: d n i n - ĝ í r - s ú - k a k u r - k u r - š è à - d n i n - ĝ í r - s u - k a - t a lú-ùlu gaba mu-ru-da-nu-tuk . Cf. Steible 2001, 78. Dass in der Tat die ‚Wasserfrage‘ die Kriegsziele Eannatums wesentlich bestimmte, legt die sich dem Feldzugsbericht in E1.9.3.5, Col. VII, 3–5 unmittelbar anschließende Schilderung der Errichtung des l u m - m a - g i m - d u 10 - Kanals nahe. Dieser Zufluss versorgte Lagasch mit Wasser aus dem Euphrat, sodass der Stadtstaat nicht mehr zwingend auf die Wasserzufuhr aus dem Tigris angewiesen war, die Umma jederzeit hätte unterbinden können. Cf. RIME I E1.9.3.1, Col. XVI, 12–XVI, 40. Cf. Steible 2001, 71–73. Selz 1992, 201. Cf. ibid., 200 f. So trägt der Stadtgott Ningirsu bei Eannatum bereits das Epitheton ‚Held des Enlil‘ = u r - s a g - d e n - l í l ( l á ) (RIME I E1.9.3.4, Col. I, 1–2; E1.9.310, Col. I, 1–3). Cf. Selz 1995, 221. Er ist (E1.9.3.8, Col. I, 5–6) ‚von Enlil ernannt‘ und (E1.9.3.18, Col. IV, 5–6) ‚Der mit Kraft begabte Enlis‘. Indessen zeugen zahlreiche Aussagen desselben Herrschers auch von der bedeutenden Rolle Inannas als Legitimationsinstanz. RIME I E1.9.5.1, Col. I, 1–3.

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aus „Myriaden von Menschen erwählt.“570 Den Titel l u g a l - k a l a m - m a führte dieser Stadtfürst indessen (noch?) nicht.571 Hatte Enmetena durch seine politischen Aktivitäten einen beträchtlichen Machtzuwachs und das Erblühen des Außenhandels erreicht,572 so kam beides unter Urukagina (oder: Uru-inimgina573), dem letzten unabhängigen Herrscher von Lagasch, zum Erliegen. Der Verlust der außenpolitischen Initiative mag wesentlich auf das ‚Restaurationsprogramm‘ Urukaginas zurückzuführen sein, das bei anderen Stadtfürsten Missfallen erregte.574 In den sogenannten ‚Reformtexten‘ beklagt der Herrscher zahlreiche Missstände und fordert die Restitution der Tempeldomänen, die seine königlichen Vorgänger sich widerrechtlich angeeignet hätten.575 Die Aussage Urukaginas, er habe „das früher geltende entschiedene Schicksal […] wieder in Kraft“576 gesetzt, macht deutlich, dass seine Maßnahmen gegen die zunehmende Privatisierung öffentlichen Eigentums auf die Restauration der ‚alten Ordnung‘ zielten.577 Augenscheinlich maß der Herrscher dieser ‚Reform‘ so großes Gewicht zu, dass er ab seinem zweiten Regierungsjahr den Titel é n s i durch l u g a l - l a g a š ki ersetzte und die Jahre neu zu zählen begann.578

570 RIME I E1.9.5.18, Col. I, 2’–3’: [g i d r i ] - m a h - n a m - t a - r a d e n - l í l - l e n i b r u k i - t a e n - t e m e - n a - r a m u - n [ a ] a [ n] - s u m . 571 Cf. Selz 1992, 203. Selbiges gilt für Lugalkineschdudu von Uruk, mit dem Enmetena einen ‚Bruderschaftsvertrag‘ (E1.9.5.3, Col. II, 4–10) über einen Tempelbau in der umstrittenen Stadt Badtibira abschloss. Jener behauptet seinerseits (E1.14.14.2), von Enlil zum ‚Herren‘ von Uruk und zum ‚König‘ von Ur berufen worden zu sein. 572 Weitreichender Handelsbeziehungen, in diesem Falle mit Dilmun (Bahrain), hatte sich bereits der Dynastiegründer Urnansche gerühmt. Cf. RIME I E1.9.1.2, c. 1–6: U r - d N a n š e l u g a l - l a g a š m á - D i l m u n k u r - t a g ú ĝ i š m u - ĝ á l . Üblicherweise wird die Textstelle so gedeutet, dass Urnansche Schiffe aus Dilmun und Bauholz nach Lagasch bringen ließ. Cf. etwa die Übersetzung Frayne 1993 (= RIME I): „Ur-Nanše, king of Lagaš had ships of Dilmun submit timber as tribute from the foreign lands (to Lagaš).“ Heimpel 1987, 40 f. deutet die Passage dagegen als direkten Herrschaftsanspruch und übersetzt (ibid., 70, Text 1): „Dem Ur-Nanše, König von Lagaš, legten sich Tilmun-Schiffe aus dem Land (nämlich Tilmun) das Joch auf den Nacken.“ Cf. hierzu ferner Carter 2013. 573 Zu der umstrittenen Lesung cf. Bauer 1998, 475–477 mit der älteren Literatur. 574 Cf. Selz 1992, 204–208. 575 Cf. RIME I E1.9.9.1–3. 576 RIME I E1.9.9.1, Col. VIII, 7–13: n a m - t a r - r a u 4 - b i - t a e - š è - g a r i n i m l u g a l - n i d n i n ĝ í r - s u - k e 4 e - n a - d u 11 - g a b a d a b 5 . Deutsche Übersetzung nach Selz 2010, 61. 577 Cf. Selz 1992, 204 f.; 1998, 323–325; 2010, 60 f. Von dieser von dem (alten) Konzept der ‚Tempelwirtschaft‘ (s. o) ausgehenden Deutung abweichende Meinungen existieren durchaus. Cf. etwa Foster 1981 sowie Sallaberger 2005, 86: „Urukagina schafft explizit die alte Ordnung ab, ihm wurde von Ningirsu eine neue verkündet. Demnach soll nun allein der Tempel, nicht wie bisher Ensi und Tempel, das Land verwalten. Tempelwirtschaft und herrscherlicher Palast werden damit praktisch vereint und der politische Herrscher gewinnt die vollständige Kontrolle über das vom Tempel verwaltete Land.“ 578 Cf. RIME I E1.9.9.1, Col. I, 3–5; E1.9.9.6, Col. I, 3–5; E1.9.9.7, 3–4; E1.9.9.8, Col. I, 3–4; E1. 9.9.10, Col. IV’, 1’–3’; E1.9.9.12, 1–2 (l u g a l - l a g a š k i ). Cf. Bauer 1998, 477 f.

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Weltkonzeption und (Welt-)Herrschaft im Alten Vorderen Orient

Indes, Urukagina erwuchs in Lugalzagesi von Umma ein mächtiger Widersacher, der zudem als Exponent eines starken, säkularen Königtums gelten kann.579 Als ‚König von Girsu‘ (l u g a l ĝ í r - s u ki) herrschte Urukagina zwar noch für kurze Zeit über einen lagaschitischen ‚Rumpfstaat‘ und vermochte den Fall durch den Bau einer Stadtmauer hinauszuzögern,580 doch zu Beginn seines siebten Regierungsjahres unterlag er den Truppen des „Mannes aus Umma.“581 Lugalzagesi begann seine politische Karriere als é n s i von Ĝischa (Umma), doch vermochte er sein Herrschaftsgebiet rasch auf Uruk, Ur, Zabalam, Larsa, KI.AN, Kesch, Eridu, Adab und Nippur auszudehnen.582 Wie vor ihm Enschakuschanna von Uruk, der sich unter anderem gebrüstet hatte, Kisch und Akschak bezwungen zu haben,583 führte er den Titel ‚König des Landes‘ (l u g a l - k a l a m - m a).584 Mit den beiden letztgenannten Herrschern kommt nun ein neues politisches Konzept auf, „bei dem eine ‚innere‘ Expansion im Rahmen der Territorialstaaten Babyloniens mit einer ‚äußeren‘ Expansion in alle umliegenden Gebiete kombiniert war.“585 Damit einher ging eine gewandelte Terminologie, in der der ‚Reichsgedanke‘ der Akkade-Zeit bereits angelegt zu sein scheint. In einer auf mehreren Steingefäßen erhaltenen Inschrift, die Lugalzagesi dem Gott Enlil in Nippur weihte, verkündet der Fürst: […] als Enlil, der Herr aller Länder, Lugalzagesi das Königtum des Landes gegeben, die Augen des Landes auf ihn gerichtet, alle Fremdländer ihm zu Füßen gelegt (und) von

579 Cf. Selz 1992, 206. 580 Cf. RIME I E1.9.9.2, Col. I, 3–5; E1.9.9.5, Col. VIII, 8–9; E1.9.9.13, 1–4 (König von Girsu) und E1.9.9.1, Col. II, 14–III, 1; E1.9.9.4, Col. III’, 1’–3’; E1.9.9.10, Col. II, 6 (Bau der Stadtmauer). 581 Cf. RIME I E1.9.9.5. Die Brandschatzungen und Plünderungen durch Lugalzagesi schildert Urukagina mit Akribie, um am Ende zu beteuern: „Eine Verfehlung des Urukagina, des Königs von Girsu [scil. gegen die Götter] existiert nicht.“ Dass Girsu nach dieser Niederlage seiner Souveränität verlustig ging und Lugalzagesi tributpflichtig wurde, scheint eine Empfangsquittung für Gerstenmehl (NIK 135), die ins achte Jahr Urukaginas datiert, zu bestätigen: Der Empfänger wird als l ú - u n u g k i bezeichnet, womit zweifelsohne Lugalzagesi gemeint ist. Cf. Selz 1992, 207 f. 582 Cf. zu Lugalzagesi Westenholz 1987–1990. Zu seinen politischen Anfängen und seiner Herkunft cf. Steinkeller 2003b: Das Stadtfürstentum von Umma ererbte er von seinem Vater Bubu (Cf. RIME I E1.12.7.1, Col. I, 3–8). Dass sein Einfluss jedoch bereits damals über das Stadtgebiet von Umma hinausreichte, scheint der Titel ‚l u m a h-Priester der Göttin Nisaba‘ (E1.14.20.1, Col. I, 7–12) nahezulegen, den Steinkeller mit dem Kult der nämlichen Göttin in Eresch (Lage unbekannt) verbindet. Die Etappen der Machtausweitung Lugalzagesis untersucht Charvát 1978: Drei Wirtschaftsurkunden aus Zabalam (BIN 8, 82; BIN 8, 86; AO 15540 = Powell 1978) bezeugen die Verteilung von Landparzellen an verschiede Personen durch Lugalzagesi. Aus den Jahresangaben und Namen der Begünstigten ist ersichtlich, dass er zunächst das strategisch wichtige Marad im Grenzgebiet zwischen Sumer und Akkad, dann Adab und Nippur in seine Gewalt brachte. 583 Cf. RIME I E1.14.17.1, 1–15 (Deutsche Übersetzung TUAT NF 2, 10–11): „Dem Gott Enlil, dem Herren aller Länder, Enšakušana, der Herr von Sumer, der König des Landes, – als die Götter es ihm gesagt hatten, hat er Kiš zerstört (und) Enbi-Eštar, den König von Kiš, gefangen genommen. Der Mann von Akšak (und) der Mann aus Kiš, als die Stadt erneut zerstört war […].“ 584 Cf. RIME I E1.14.20.1, Col. I, 3–5. 585 Steiner 1979, 127.

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Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang ihm unterworfen hatte, da (hat er) vom Unteren Meer (entlang der Flüsse) Tigris und Euphrat bis zum Oberen Meer ihren (= der Länder) Weg ihm in Ordnung gebracht. Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang ließ [E]nlil ihn keinen [Geg]ner haben. Alle Fremdländer lagen unter ihm (= unter seiner Regierung) auf üppiger Weide, während das Land unter ihm froh (die Felder) bewässerte (und) alle Herrscher von Sumer, die Fürsten aller Fremdländer sich ihm bei Uruk hin zu den göttlichen Kräften des Fürstentums beugten.586

Erstmalig begegnet hier die Grenzmetaphorik vom ‚Oberen‘ und ‚Unteren Meer‘, die über Jahrtausende hinweg einen integralen Bestandteil königlicher Selbstdarstellung bilden sollte. Die Bezeichnung des Mittelmeeres als das ‚Obere Meer‘ und des Persischen Golfes als das ‚Untere Meer‘ orientierte sich an den Fließrichtungen von Euphrat und Tigris: Das flussaufwärts gelegene Gewässer erhielt das Prädikat ‚oben‘, das flussabwärts gelegene dagegen das Prädikat ‚unten‘. Da die beiden Ströme von Nordwesten nach Südosten flossen, lag die Windrose aus mesopotamischer Perspektive eine Achteldrehung links der unsrigen.587 Die Definition des eigenen Territoriums durch ‚oben‘ und ‚unten‘ auf der einen sowie durch den Sonnenaufgang und den Sonnenuntergang auf der anderen Seite mag in der Inschrift Lugalzagesis bereits den Herrschaftsanspruch auf die ‚Vier Weltgegenden‘ indizieren.588 Es ist jedoch kaum anzunehmen, dass der sumerische l u g a l alle Gebiete zwischen dem Persischen Golf und dem Mittelmehr dauerhaft in seine Gewalt brachte.589 Wie seine Vorgänger hielt auch er zudem an dem „Prinzip der kumulativen Herrschaft“590 fest und akzentuierte (noch) die Dichotomie zwischen dem ‚eigenen Land‘ (k a l a m) und dem ‚Fremdland‘ (k u r).591 Der Titel ‚König aller Länder‘ (l u g a l - k u r - k u r - r a - k e 4 ) blieb den Göttern, namentlich Enlil, vorbehalten.592

586 RIME I E1.14.20.1, Col. I, 36–II, 25: e n - l í l l u g a l - k u r - k u r - r a - k e 4 l u g a l - z à - g e - s i n a m l u g a l - k a l a m - m a e - n a - s u m - m a - a i g i - k a l a m - m a - k e4 s i e - n a - s á - a k u r - k u r g ì r - n a e - n i - s è - g a - a u t u - è - t a d u t u - š ú - š è g ú e - n a - g a r - r a - a u4 - b a a - a b - b a S I G .TA - t a i d i g n a - b u r a n u n ( U 4 . K I B . N U N . K I ) - b i a - a b - b a - I G I . N I M - m a - š è g ì r - b i s i e - n a - s á u t u - è - t a u t u - š é - š è [ d e ] n - l í l - l e [ g a b a - š ] u - g a r [n] u - m u - n i tuku kur-kur ú-sal-la mu-da-ná kalam-e a ḫúl-la mu-da-e bára-bárak i - e n - g i - é n s i - k u r - k u r - r a k i - u n u . K I - g e m e n a m - N U N - š è m u - n a -TA R - e n e . Deutsche Übersetzung nach TUAT NF 2, 12. 587 Cf. Wittke/Olshausen/Szydlak 2012, 2. Cf. auch Ambos 2013, 122. 588 Cf. Steiner 1979, 128. Dabei richtet sich die Blickrichtung des sumerischen Fürsten Lugalzagesisi – entgegen den späteren altakkadischen und assyrischen Formulierungen – von ‚unten‘ nach ‚oben‘. 589 Cf. Bauer 1998, 494. 590 Steiner 1979, 127. 591 Cf. Steiner 1979, 128. In der Weihinschrift Lugalzagesis an Enlil hat Bauer 1998, 494 f. eine „Dreiteilung“ in das engere Herrschaftsgebiet, das übrige Sumer und die ‚Fremdländer‘ erkannt. Steht die „Hausmacht“ Lugalzagesis (Uruk, Larsa, Umma, Zabalam, KI.AN) im Vordergrund, so bleiben das übrige Sumer und die Fremdländer vage. 592 Cf. Steiner 1982, 645.

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Weltkonzeption und (Welt-)Herrschaft im Alten Vorderen Orient

2.4 Das erste ‚Imperium‘ der Weltgeschichte? – Die Dynastie von Akkad Lugalzagesi verlor seine Herrschaft an Sargon (Šarrukīn)593 aus der im von semitischen Bevölkerungsgruppen dominierten Nordbabylonien gelegenen Stadt Akkad. Die von ihm begründete Dynastie sollte sowohl die gelehrte Überlieferung Mesopotamiens und der Peripherie als auch das Selbstverständnis späterer Könige nachhaltig prägen. Noch in der modernen Forschungsliteratur führt der Territorialstaat von Akkad nicht selten den Namen des ‚ersten Weltreichs‘ der Geschichte. 594 Die Anwendung des Terminus’ ‚Reich‘ auf Akkad ist Konvention. Sie erhält ihre Rechtfertigung durch die Vereinigung Mesopotamiens unter einer Herrschaft und die weit ausgreifende räumliche Expansion einerseits und das Konzept der universalen Königsmacht andererseits.595 Eine Hauptschwierigkeit bei der Erforschung des ‚historischen‘ Akkad und seiner Könige liegt indessen gerade in ihrem Nachruhm begründet: Akkad wurde bereits früh zur Legende, und die Macht dieser Tradition wiegt so schwer, dass die geschichtliche Realität nicht selten hinter der Imagination der Späteren zurücktritt.596 Selbst die Originalinschriften Sargons und seiner Nachfolger sind überwiegend in altbabylonischen Kopien auf uns gekommen.597 Entsprechend kontrovers diskutiert wird auch der Quellenwert der gelehrten Texte späteren Datums zur Rekonstruktion der Ereignisgeschichte gegenüber den zeitgenössischen Dokumenten.598 Auch in Hinblick auf die innere Chronologie der Dynastie von Akkad (ca. 2340–2198  v. Chr.)599 bieten die Quellen unterschiedliche Varianten. Diese betreffen nicht allein die Regierungsdauer der einzelnen Könige, sondern – in einem Fall – auch deren Abfolge. So bestieg nach Sargons Tod der SKL zufolge zunächst sein jüngerer

593 Akk. ‚Der König ist legitim‘. Aus altakkadischer Zeit sind lediglich die akkadische Schreibweise Śar­ru­GI und die sumerische Form š a r - u m - GI belegt. Er wurde häufig als programmatischer Thronname aufgefasst, den Sargon nach der Eroberung Sumers angenommen habe. Gegen diese Annahme spricht indessen die Tatsache, dass Thronnamen im dritten Jahrtausend v. Chr. nicht bezeugt sind. Cf. Sommerfeld 1998–2001, 45. Möglicherweise gehörte das theophore Element šar­ rum hingegen schon früh zur onomastischen Tradition Nordbabyloniens. Cf. Westenholz 1999, 34; 78 f.; 84. Die biblische Namensform Sargon wurde von seinem Namensvetter, Sargon II. von Assyrien (721–705 v. Chr.), auf den altakkadischen Herrscher übertragen. 594 Cf. etwa den Tagungsband Liverani 1993a mit dem Titel Akkad – The first World Empire. Cf. zur Dynastie von Akkad ferner grundlegend Westenholz 1999; Neumann 2014, 35–41 sowie Foster 2016. 595 Cf. Glassner 1986, 8; Foster 2016, 80–83. Siehe ferner die Ausführungen unten. 596 Cf. Michalowski 1993, 69. 597 Zu den damit verbundenen linguistischen Schwierigkeiten Cf. Kogan 2011. 598 Cf. die kritischen Überlegungen Liverani 1993b. Optimistischer äußert sich Westenholz 1999, 22– 24: „For my money, the legends, omens, school exercises, fictional autobiographies are more or less embellished reflexes of an oral ‚Akkade saga‘ which was regarded as historically true by those who drew on it. […] My use of the saga tradition as a source for sargonic history will be based on the principle: if there is smoke, there is also a fire somewhere; look for the fire!“ 599 Die Datierung folgt der sogenannten ‚Mittleren Chronologie‘. Cf. Kuhrt 1995a, 45. Zu alternativen Datierungen cf. ibid., 46.

Das erste ‚Imperium‘ der Weltgeschichte? – Die Dynastie von Akkad

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Sohn Rimusch den Thron, dem dessen älterer Bruder Manischtusu nachfolgte. Die frühere USKL hingegen scheint die umgekehrte Thronfolge nahezulegen.600 Die politischen Anfänge Sargons liegen im Dunkeln, denn die Selbstzeugnisse der Könige von Akkad wahren ein erstaunliches Stillschweigen über ihre Herkunft und Genealogie.601 Die spätere literarische Tradition (s. u. Kap.  I.2.5) zeichnete ihn als Usurpator niederer Herkunft: Als Mundschenk des Königs Urzababa von Kisch habe er seinen Herren entthront und sonach Akkad zur neuen Hauptstadt ausgebaut.602 Obschon der Gründungsakt kaum auf Sargon selbst zurückzuführen sein dürfte,603 entsprang die Erhebung der bis heute nicht sicher lokalisierten Stadt604 zur Residenz unter der Patronage der ‚Kriegerischen Ischtar‘ (Aštar­annunī­tum) mit Gewissheit seinem Willen.605 Von dort führte er seine Truppen zunächst gegen den sumerischen Süden und bezwang eine Koalition von fünfzig é n s i s unter Führung Lugalzagesis in angeblich vierunddreißig Schlachten.606 Am Ende des Feldzuges verkündet Sargon: Und Lugalzagesi, den König von Uruk, hat er im Kampfe gefangen genommen, ihn in einem Holzstock zum Tore des Enlil(-Tempels) geführt.607

600 Cf. Steinkeller 2003a, 278 f. Nach dem Manuskript G der SKL, Col. VI, 28–47 (= Glassner 2005, Nr. 1, 122 f.) regierte Sargon 56 Jahre lang (l u g a l . à m m u 5 6 ì a k), Rimusch 9 Jahre, Manischtusu 15 Jahre, Naramsin 37 Jahre und Scharkalischarri 25 Jahre. Andere Manuskripte bieten die Varianten: Sargon 55 Jahre, Rimusch 15 Jahre, Manischtusu 7 Jahre, Naramsin 56 Jahre und Scharkalischarri 24 Jahre. Der USKL, Col. IV, 13‘–25‘ (= Steinkeller 2003a, 272) zufolge herrschte Sargon 40 Jahre, Manischtusu 15 Jahre, Rimusch 8 Jahre, Naramsin 54 ½ Jahre und Scharkalischarri eventuell – der Text ist an dieser Stelle stark zerstört – 21 Jahre. Zu Sargons Söhnen cf. Foster 2016, 6–10. 601 Cf. Westenholz 1999, 34. Cf. ferner Foster 2016, 3–6 zur Person Sargons. 602 So bereits die SKL, Col. VI, 31–36 (= Glassner 2005, Nr. 1, 122–123). 603 Dass Akkad mindestens seit einer Generation vor Sargon existierte, erhellt ein Jahresname Enschakuschannas von Uruk (OSP I, 115), der die Plünderung der Stadt kommentiert: m u E n - š [ à k u š - a n - n a ] A g - [ g ] a ? - d è [ k i ] T Ù N x K Á R b í - ´ [ s ì - g a ] T81: 7–9 (oxen). Cf. Westenholz 1999, 31 und OSP I, 4. 604 So identifizierte Wall-Romana 1990 Tell Muhammad in Süd-Bagdad mit dem antiken Akkad. Neuerdings sucht man die Stadt an der nord-östlichen Peripherie Babyloniens nahe des Zusammenflusses von Tigris und ´Uzaim. Cf. Sommerfeld 1998–2001, 45; Westenholz 1999, 32. 605 Cf. Glassner 1986, 9 f. Franke 1989, 94 denkt an Baumaßnahmen, die Sargon in Akkad vorgenommen habe. 606 Sieg über die 50 é n s i s: Sg. C 1: 12–30 (= RIME II E2 1.1.1); Sg. C 3: passim (= RIME II E2 1.1.3); Sg. C 4. 12–34 (= RIME II e2 1.1.1) sowie Sg. C 6: 10–15 (= RIME II E2 1.1.7). Eroberung von Uruk und Ur: Sg. C 2: passim (= RIME II E2 1.1.11); Sg. 14: passim. Sieg über Ur: Sg. C1:31–36 (= RIME II E2 1.1.1; Sg. C 4: 35–46 (= RIME II E2 1.1.2). Sieg über E-nin-MAR.KI: Sg. C 1: 44–48 (= RIME II E2 1.1.1); Sg. C 4: 47–51 (= RIME II E2 1.1.2). Sieg über Umma: Sg. C 1: 59–67 (= RIME II E2 1.1.1); Sg. C 4: 62–67 (= RIME II e2 1.1.2). 34 Schlachten: Sg. C 2:1–10 (= RIME II E2 1.1.11); Sg. C 9:20– 24. Zur Rekonstruktion der Ereignisse (inklusive der abweichenden Forschungsmeinungen) cf. Westenholz 1999, 36, dem zufolge Lugalzagesi einem Hilfegesuch Urzababas von Kisch folgte. 607 Sg. C 1: 21–30 (= RIME II E2 1.1.1). Cf. ferner Sg. C 4: 25–34 (= RIME II E2 1.1.2): [Lugal­z]á­ge­si ┌ LUGAL┐ [UN]UKI in KAS.ŠUDUN ŠU.DU8 A in SI.GAR­rìm a­na KÁ dEn­líl u­ru­uś.

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Es ist bezeichnend, dass der König von Akkad, der sich vor der Eroberung Sumers auf seinen persönlichen Schutzgott Ilaba berief,608 die Rechtmäßigkeit seiner Herrschaft von nun an auf den Ratschluss des sumerischen ‚Reichsgottes‘ Enlil zurückführt, der Lugalzagesi aufgrund seines Fehlverhaltens abgesetzt und Sargon an seiner Statt erwählt habe.609 Von Enlil erhält er Szepter und Waffe,610 und dem Urteilsspruch des Gottes verdankt er seinen Sieg.611 Die besondere Gunst, die Enlil Sargon gewährt, findet schließlich in dem Epitheton denlil māhira lā iddiš­šum (‚dem Enlil einen Rivalen nicht gegeben hat‘) ihren sinnfälligen Ausdruck.612 Als Akt der Entsühnung oder auch als rituelle „Inbesitznahme des Landes“613 ließe sich die Aussage des Königs deuten, er habe nach der Niederringung Sumers seine „Waffen im Meer [scil. im Persischen Golf] gewaschen.“614 Auf seinen militärischen Erfolgen in Babylonien aufbauend unternahm Sargon zahlreiche Feldzüge in entlegene Gebiete. So künden die überlieferten Inschriften und einige Jahresnamen von Militäraktionen gegen das Iranische Hochland und von der Eroberung Elams und Barhaschums.615 In nordöstlicher Richtung führte Sargon sein Heer bis nach Mari,616 Jarmuti und Ebla bis zum Zedernwald (Libanon) und zum Silberberg (Amanus), nachdem er dem Gott Dagan in Tuttul gehuldigt hatte.617 Der siegreiche König konnte nun von sich behaupten, der Gott Enlil habe ihm „das Obere Meer [scil. das 608 Cf. Franke 1989, 123. 609 Cf. Westenholz 1999, 36: „In doing so, he demonstrated for all to see that Enlil, Lord of History, had rejected Lugalzagesi as lugal and had chosen Sargon instead.“ 610 Cf. Sg. C 12: 5–10 (= RIME II E2 1.1.15). 611 Cf. Sg. C 5: 10–16 (= RIME II E2 1.1.6): „[…] nachdem Enlil den Urteilsspruch über ihn gefällt hatte (d┌en­líl ┐ ì­[nu] ┌d┐en­líl DI.KU5­śu i­┌dì┐­nu­┌ma┐) und er (Sargon) daraufhin Uruk erobert hatte …“ sowie Sg. C 8: 12 f. (= RIME II E2 1.1.13) und Sg. C 12:15 f. (= RIME II E2 1.1.16): „Enlil hat es so bestimmt“ (den­líl ukallim). 612 Cf. Sg. C 1: 68–73 (= RIME II E2 1.1.1); Sg. C 4: 71–76 (= RIME II E2 1.1.2); Sg. C 5: Beischrift (a) (= RIME II E2 1.1.6). Zur Funktion dieses Epithetons cf. Franke 1989, 98. 613 Franke 1989, 122. 614 Cf. Sg. C 1: 56–58 (= RIME II E2 1.1.1); Sg. C4: 59–61 (RIME II E2 1.1.2); Sg. C 8: 44–46 (= RIME II E2 1.1.3). Cf. Franke 1989, 122 mit dem Hinweis auf eine Passage des Gilgamesch­Epos’ (Tafel VI, 166), in der Gilgamesch und Enkidu ihre Hände nach der Tötung des Himmelsstiers im Euphrat waschen. 615 Cf. die Jahresnamen D-2 Sargon 2a und D-3 Sargon 2b (Uru’a) sowie D-4 Sargon 3 (Zerstörung Elams). In Sg. C 7: 4–7 (= RIME II E2 1.1.8) und Sg. C 13 (= RIME II E2 1.1.9) trägt Sargon das Epitheton ‚Eroberer von Elam und Barhaschum‘ (SAG.GiŠ.RA NIM.KI ù pá­ra­┌aḫ┐­súm.KI) und behauptet in Sg. C 1: 87–94 (= RIME II E2 1.1.1) sowie in Sg. C 4: 92–99 (= RIME II E2 1.1.2), Mari und Elam stünden in seinen Diensten. Insgesamt nennen die altbabylonischen Kopien (in den Beischriften) 14 Orte an der östlichen Peripherie mit ihren Herrschern, von denen einige eindeutig elamische Namen tragen – so Hischibraschini, der ‚König von Elam‘ und dessen Sohn Luhischan. Cf. Sg. C 7: Beischrift e; Sg. C 13: Beischrift g; Sg. C 13: Beischrift g und j. Cf. ferner die tabellarische Übersicht bei Potts 1999, 102 (Table 4, 5). 616 Da die Zerstörung Maris im dritten Jahrtausend archäologisch nachgewiesen werden konnte, glaubt Aage Westenholz (OSP I, 115) unter Berufung auf die Jahresdatenformel D-5 Sargon 4 an die Eroberung der Stadt durch Sargon. Kritischer äußert sich Franke 1989, 114. 617 Cf. Sg. C 2: 17–25 (= RIME II E2.1.1.11).

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Mittelmeer] und das Untere (Meer) [scil. den Persischen Golf]“618 verliehen. Seit Sargon wurde die bereits bei Lugalzagesi (s. o. Kap. I.2.3) greifbare Grenzmarkierung durch die Meere endgültig zur Metapher eines „ideologisch aufgeladenen und auf Weltherrschaft abzielenden Herrschaftsanspruchs“619 erhoben. Dass der König von Akkad weite Teile des eroberten Landes tatsächlich dauerhaft zu kontrollieren gedachte, erhellt seine Aussage, er habe „vom Unteren Meer an“ Bürger von Akkade (DUMU-DUMU a­kà­dè ki) als Statthalter eingesetzt.620 Weniger auf politischen Einfluss denn auf die Förderung des Fernhandels zielt indessen das folgende Postulat Sargons: Schiffe aus Meluḫḫa, Schiffe aus Magan (und) Schiffe aus Tilmun hat er am Kai von Akkade festmachen lassen.621

Zwar sind Handelskontakte mit Magan (Oman) und Dilmun (Bahrain) bereits in der Frühdynastischen Zeit bezeugt,622 doch scheint erst Sargon Verbindungen zum fernen Meluhha (Industal) geknüpft und die Handelsströme in seine Hauptstadt Akkad geleitet zu haben.623 Auch seine militärischen Unternehmungen folgten entsprechend den traditionellen Handelsrouten, zu deren Sicherung er ein schlagkräftiges, stehendes Heer unterhielt.624 Der überlegenen Taktik und der innovativen Bewaffnung mit Pfeil und Bogen hatte die schwere sumerische Phalanx wenig entgegenzusetzen.625 Gestützt auf diese Armee gelang es später Sargons älterem Sohn Manischtusu, in die elamische Provinz Fars vorzustoßen und seine Statthalter dort zu installieren.626 In der sogenannten Standardinschrift brüstet sich der König zudem, unmittelbar nach

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Sg. C 1: 74–79 (= RIME II E2 1.1.1). Cf. Sg. C 4: 77–81 (= RIME E2 1.12); Sg. C 8: 18–22 (= RIME II E2 1.1.13). Lang/Rollinger 2010, 216. Cf. Sg. C 1: 80–86 (= RIME II E2 1.1.1) und Sg. C 4: 82–91 (= RIME II E2 1.1.2). Sg. C 2: 11–16 (= RIME II E2 1.1.11): pu­ti ti­a­am­tim MÁ­me­luḫ­ḫaki MÁ-má­gankiMÁ tilmunki. Cf. Potts 1990, passim. Cf. ibid., 183 sowie Franke 1989, 114. Da der Tigris bis Mosul schiffbar ist, bestand die praktische Möglichkeit, Handelsströme nach Nordbabylonien zu leiten, durchaus. Cf. Westenholz 1999, 39. Cf. Neumann 2014, 35 f. Zum altakkadischen Heer cf. Abrahami 2008; Westenholz 1999, 65–68; Glassner 1986, 21. Da der Manischtusu­Obelisk (s. u.) sowohl einen ‚General der Bogenschützen‘ (GIR.NITA LÚ.GIŠ.TI) als auch einen ‚General der Speerträger‘ (GIR.NITA LÚ.GID.DA) nennt (ELTS, 116–1140, Nr. 40, A3 XII, 5–6; 13–14), liegt die Vermutung nahe, dass ganze Einheiten mit dieser Bewaffnung ausgestattet waren. Cf. Westenholz 1999, 68 mit weiteren Belegen. Die Organisation der Armee, die sich durch eine hohe Mobilität und Flexibilität ausgezeichnet zu haben scheint, ist im Detail nicht bekannt. Cf. Foster 1993a, 26 f. Immerhin nennt Sargon (Sg. C 3: 6–8 = RIME II E2. 1.1.3) „9 Regimenter von Akkade“, die möglicherweise mit den an anderer Stelle (Sg. C 2: 36–44 = RIME II E2 1.1.11) erwähnten „5.400 Mann“, die sein Brot essen, identisch sind. Jedes Regiment wäre in diesem Fall 600 Mann stark. Cf. Westenholz 1999, 68. Die Soldaten (agax ús) bildeten augenscheinlich keine homogene soziale Gruppe: Neben regulären Rekruten (g u r u š ), die durch die Zuteilung von Rationen entlohnt wurden, und (amurritischen) Söldnern, existierten eventuell auch Berufssoldaten, doch ist die Quellenlage zu dünn, um eindeutige Aussagen zu treffen. Cf. Glassner 1986, 21 f. Zu den Inschriften Manischtusus cf. Franke 1989, 148–158.

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der Eroberung Anschans und Scherihums das „Untere Meer“ mit Schiffen überquert und eine Koalition von zweiunddreißig Städten „von jenseits des Meeres“ (Oman?) bezwungen zu haben.627 Nicht nur bezeugt der Bericht die überlegene Militärmacht des akkadischen Staates, der zwei unmittelbar aufeinanderfolgende Feldzüge siegreich zu bestehen vermochte,628 er kündet darüber hinaus von der ‚Inbesitznahme‘ des besiegten Landes durch den Abbau von Rohstoffen: Die Berge von jenseits des Unteren Meeres (śa­dú­e a­bar­ti ti­a­am­tim śa­pil­tim): ihre schwarzen Steine (Na4.NA4-śu­nu GI6) hat er gebrochen und auf Schiffe verladen und (diese) am Kai von Akkade ankern lassen.629

Mit den ‚schwarzen Steinen‘, bei denen es sich wohl nicht um Diorit, sondern vielmehr um Olivin Gabbro handelt,630 brachte Manischtusu einen Teil des eroberten Gebiets nach Akkad  – ins Herz des ‚Reiches‘. Aus demselben Material ließ der König nach eigener Aussage „seine Staue“ (DÙL-śu) anfertigen und weihte sie Enlil.631 Auf dem Felde der Herrschaftsrhetorik erreichte Manischtusu durch das Motiv des Betretens und der Ausbeutung der „Länder von jenseits des Meeres“ mithin eine ideologisch aufgeladene „Streckung des [von Sargon vorgegeben, M. O.] Welthorizonts“,632 der nun nicht mehr an den Ufern des ‚Unteren Meeres‘ endete, sondern dieses Meer selbst miteinschloss. Manischtusus jüngerer Bruder Rimusch sah sich bei Regierungsantritt indessen zunächst mit einer Rebellion der sumerischen Städte konfrontiert, die er mit äußerster Härte niederrang.633 Akribisch notiert der König die Zahlen der gefallenen und gefangenen Gegner, die in die Tausende gehen,634 berichtet von der Niederreißung ihrer Stadtmauern635 und verkündet schließlich, er habe unzählige seiner Feinde zur 627 Cf. Mš. 1 = C 1: 1–24 (= RIME II E2 1.3.1). Zu den Aktivitäten des Königs in Iran cf. Potts 1994, 103–105. Zu den von Manischtusu eingesetzten Statthaltern cf. Potts 1999, 197, Tafel 4.7. Von besonderem Interesse ist eine Votivstatue Eschpums, des é n s i s von Elam, der sich selbst „Manischtusus Diener“ nennt (RIME II E2 1.3.2001). 628 Cf. Westeholz 1999, 46: „The Akkadian king, far from home and apparently without much preparation, could launch an effective attack accross the sea, defeating the enemy coalition on its home turf. […] Maništusu could easily defeat a society of the very same type that Babylonia had been before Sargon.“ Weiterhin zeigt die Präposition inu (‚als‘ oder ‚nachdem‘), mit der Manischtusu seinen Feldzugsbericht nach Oman einleitet, dass die Eroberung Anschans und Scherihums soeben erst vollzogen worden war. Cf. Franke 1989, 150 f. 629 Mš. C 1: 31–41 (= RIME II E2 1.3.1). 630 Cf. Heimpel 1982. 631 Cf. Mš. C 1: 42–46 (= RIME II E2 1.3.1). Tatsächlich ließ Manischtusu derartige Statuen in großer Zahl anfertigen. Cf. Franke 1989, 152. 632 Lang/Rollinger 2010, 220. 633 Cf. Rš. C 1 (= RIME II E2 1.2.4); C 2 (= RIME II E2 1.2.3); C3 (= RIME II E2 1.2.5); C 4 (= RIME II E2 1.2.1); C 5 (= RIME II E2 1.2.2). Bei den aufrührerischen Städten handelte es sich um Adab, Zabalam, Umma, KI.AN, Ur und Lagasch. Zu den Inschriften Rimuschs cf. Franke 1989, 129–147. 634 Cf. Rš. C 1: 12–15; 45–71; C 3: 7–12; C 4: 8–12 sowie C 5: 10–13. 635 Cf. Rš. C 2. 24–29; C 3: 18–20; C 4: 18–27; C 5: 25–29.

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Zwangsarbeit verurteilt.636 Der Aufstand ging vornehmlich von der sumerischen Elite aus, die Sargon entmachtet hatte,637 doch lässt die Rebellion der nördlich von Nippur gelegenen Stadt Kazallu darauf schließen, dass die Sargonidenherrschaft auch im akkadisch dominierten Norden Babyloniens keineswegs unangefochten war.638 Erst im dritten Regierungsjahr konnte Rimusch sich wieder auswärtigen Feldzügen widmen, die ihn – wie zuvor Manischtusu – nach Osten führten.639 Die Kriegsbeute muss – nach den Stiftungen an Enlil und andere Götter zu urteilen – beträchtlich gewesen sein640 und mag das Selbstbewusstsein des akkadischen Königs gestärkt haben, der sich wiederholt brüstet: Und die Wurzeln von Baraḫšum im Lande Elam hat er ausgerissen, denn Rimuš, der König des Alls, beherrscht (nun) Elam.641

Als einzige göttliche Legitimationsinstanz gilt diesem Herrscher, der wie seine Vorgänger weitgehend auf priesterliche Titel und Epitheta verzichtet,642 der ‚Reichsgott‘ Enlil, für den er „das Land insgesamt, das Obere Meer und das Untere (Meer) und die Berge alle miteinander […] unter Kontrolle“643 hält. Buchstäblich in alle Himmelsrichtungen stieß Sargons Enkel Naramsin644 vor, der auch erstmalig den wirkmächtigen Titel šar kibrātim arba’(im)/erbetti(m) (‚König der vier Weltgegenden‘) und das Epitheton dannu (‚der Mächtige‘) führte.645 So erober-

636 Cf. Rš. C 1: 30–37 (= RIME II E2 1.2.4) und Rš. C 2: 30–35 (= RIME II E2 1.2.3); C 4: 28–33 (=  RIME II E2 1.2.1); C 5: 31–37 (= RIME II E2 1.2.2). Dabei ist umstritten, ob a­na kà­ra­śi­im iś­ kùn als ‚Gefangene in ein Zwangslager schicken‘ oder schlichtweg als ‚niedermetzeln‘, ‚auslöschen‘ aufzufassen ist. Cf. Frayne 1993, 41 (= RIME II) sowie Westenholz 1999, 41 mit Anm. 130. 637 So ist einer der ‚Rebellenführer‘, Meskigalla von Adab, von dessen Gefangennahme Rš. C 4: 13–17 (= RIME II E2 1.2.1) berichtet, unter Lugalzagesi als é n s i von Adab bezeugt (BIN VIII, 26:31–35). Cf. Westenholz 1999, 41. 638 Cf. Rš. C 1: 45–47 (= RIME II E2 1.2.4): „Bei seiner Rückkehr war Kazallu in Rebellion (nakir) […]“ und Rš. C 3 (= RIME II E2 1.2.5). Cf. Westenholz 1999, 42. 639 Cf. Rš. C 6 (= RIME II E2 1.2.6); C 8 (= RIME II E2 1.2.79 und C 10 (= RIME II E2 1.2.8). Zu Rimuschs Aktivitäten in Iran cf. Potts 1994, 100–102. 640 Cf. Rš. 1 und 2 (= RIME II E2 1.2.13/14). Es handelt sich um Stiftungen an Enlil und Sin von Ur „aus der Beute von Elam“ (in NAM.RA.AK NIMKi). In Rš. C 6: 138–147 (= RIME II E2 1.2.6) heißt es: „30 Minen Gold, 3600 Minen Kupfer (und) 360 Sklaven (und) Sklavinnen hat er, nachdem er Elam und Baraḫšum erobert hatte, weggeführt und dem Enlil gestiftet.“ Im Kolophon zu Rš. C 10 (= RIME II E2 1.2.8) ist desgleichen von „Stücke[n] der Beute aus Baraḫšum“ die Rede. 641 Rš. C 6: 62–72 (= RIME II E2 1.2.6); C 8: 24–34 (= RIME II E2 1.2.7); C 10: 36–46 (= RIME II E2 1.2.8). In Rš. C 5: 4–7 (= RIME II E2 1.2.2) und Rš. C 7, Beischrift a (= RIME II E2 1.2.9) trägt der König zudem das Epitheton ‚Eroberer von Elam und Baraḫšum‘ (SAG.GIŠ.RA NIMKI ú ba­ra­aḫ­ śumki). 642 Cf. Franke 1989, 146. 643 Rš. C 7: 4–17 (= RIME II E2 1.2.9). 644 Zu seiner Politik und seinen Feldzügen cf. Foster 2016, 10–21. Zu seinen Inschriften cf. Franke 1989, 159–198. 645 ‚König der vier Weltgegenden‘: Ns. 3: 2–5 (= E2 1.4.13); Ns. 8: 2–4 (= E2 1.4.37); Ns. 9: 2–4 (= E2 1.4.35); Ns. 10: 2–4 (= E2 1.4.35); Ns. 11: 2–5 (= E2 1.4.27); Ns. 12: 3–5 (= E2 1.4.42/3); Ns. 13: 2–4

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te er Magan an der Westküste der arabischen Halbinsel,646 besiegte im Norden und Nordosten Subartu und eine sumerisch-amurritische Koalition sowie die hurritischen „Fürsten der Hochländer“ (EN.EN.῾aliātim), die ihm Tribut brachten.647 Er erreichte die Quellen von Euphrat und Tigris und fällte (als Reminiszenz an den ‚Heroen‘ Gilgamesch?) Zedern im Amanus-Gebirge für die Erweiterung des Ischtar-Tempels zu Akkad.648 Seine militärischen Unternehmungen in Nordsyrien fanden ihren Abschluss in der Eroberung Eblas und Armanums, die ihm den Weg zum Mittelmeer öffnete.649 Weiterhin ist von seinen Feldzügen gegen Elam und Barahschum die Rede, und möglicherweise stand zumindest Susa in der Regierungszeit Naramsins in der Botmäßigkeit Akkads.650 Auf uns gekommen ist jedoch auch ein Vertrag in altelamischer Sprache, den Naramsin mit einem einheimischen Herrscher schloss, dessen Name nicht erhalten ist. Obschon das Abkommen eine ‚Freund-Feind-Klausel‘ enthält, die den Elamer zur Waffenhilfe verpflichtet,651 handelt es sich wohl weniger um einen ‚Vasallenvertrag‘

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(=  E2 1.4.4); Ns. 14 (= E2 1.4.41); Ns. A1: 3–5 (= E2 1.4.9); Ns. C 1: 8–10 (= E2 1.4.6); Ns. C 8: 3–5 (= E2 1.4.49); Ns. C 13: 2–3 (= E2 1.4.46); Ns. C 14: Rs. 1–3 (= E2 1.4.45); Ns. C 16: 2–4 (= E2 1.4.33); Ns. C 17: 3–5 (= E2 1.4.47); Ns. C 18: 2–4 (= E2 1.4.20). ‚König von Akkad und der vier Weltgegenden‘: Ns. C 4: 3–7 (E2 1.4.1); Ns. C 7: 3–7 (= E2 1.4.2001); Ns. C 11: 3–7 (= E2 1.4.1002); Ns. C 12: 3–7 (= E2 1.4.1003). ‚Der Mächtige‘: Ns. 1: 2 (= E2 1.4.10); Ns. 2: 2 (= E2 1.4.28); Ns. 3: 2 (2 1.4.13); Ns. 12: 2 (= E2 1.4.42/3); Ns. A1: 2 (= E2 1.4.9); Ns. C 1: 7 (= E2 1.4.6); Ns. C 4: 2 (= E2 1.4.1); Ns. C 5: 11 f. (= E2 1.4.26); Ns. C 7: 2 (= E2 1.4.2001); Ns. C 8: 2 (= E2 1.4.49); Ns. C 9: 2 (= E2 1.4.11); Ns. C 14: 2 (= E2 1.4.45). Zu den Titeln und Epitheta Naramsins cf. Franke 1989, 160–164. Cf. Ns. 3: 30–36 (= RIME II E2 1.4.13). Cf. D-13, Naramsin 6 (Subartu und Azuḫinum); Ns. C 4: 92–94 (= E2 1.4.1): „(Gefangene aus) Talmuš (und) Kaufleute (?) aus dem Lande Subartum“; Ns. C 3: passim (= E2 1.4.25). Die Inschrift Ns. C 2, die den Sieg über eine Koalition sumerischer und amurritischer Städte schildert, wurde inzwischen (RIME II E2 1.4.2) um zwei weitere Stücke ergänzt: Der „König von REC 349“ schickt für Naramsin beleidigende Botschaften an die e n s der „Oberen Länder“ und die Statthalter von Subartu. Naramsin besiegt den Feind bei Baschar am ‚Amurriter-Berg‘ (ŚA.DÚ-í MAR.DÚKI). Cf. D-14, Naramsin 7: „Im Jahre, nach dem Naramsin die Quellen des Tigris und Euphrat erreicht hat (na­gáb IDIGINA ÌD ù UD.KIB.NUN.ÍD ik­śu­dú) und den Kampf gegen ŠeNAMinda siegreich bestanden hat“ sowie D-7, Naramsin 1: „Im Jahre, nach dem Naramsin zum Zedernwald gezogen ist (a­na GIŠ.TIR ERIN i­li­[ku].“ Cf. ferner Ns. 2: 49–55 (= RIME II E2 1.4.28) und Ns. C 5: 21–28 (= RIME II E2 1.4.26). Cf. Ns. 11: 6–9 (= RIME II E2 1.4.27); Ns. C5: passim (= RIME II E2 1.4.26) sowie Ns. B7: 8–13. Zum archäologischen Befund cf. Otto 2006. Cf. Ns. B 7: 8–13; Ns. C 3: 7–10 (= RIME II E2 1.4.25). In Susa gefunden wurden u. a. das Fragment eines Statuentorsos, das ein gewisser Suasch-takal „für das Leben des Naramsin“ gestiftet hatte sowie ein Alabastergefäß, das die Inschrift Ns. 13 (= RIME II E2 1.4.4) trägt. Unsicher bleibt indessen, ob diese Gegenstände ursprünglich in Susa aufgestellt waren oder erst später dorthin verschleppt wurden. Cf. Potts 1999, 107 f. Weitere Texte bezeugen die Anwesenheit von akkadischen Milizen und Händlern in Susa. Cf. Foster 1993b. Cf. TUAT NF 2, 283–287, Vs. III: „[Feindliche Unternehmungen] [gegen] den Herrn von Akkade werde ich nicht [zulassen]. Mein Feldherr wird den Herrn vor Feindstaaten be[schützen]. Der Feind des Naram-sîn ist (auch) mein Feind, der Freund des Naram-sîn ist auch mein Freund!“

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denn um ein Bündnis zweier souveräner Vertragspartner.652 Eventuell ging das Abkommen mit einer dynastischen Heirat einher.653 Besondere Aufmerksamkeit verdient indessen die militärische Konfrontation Naramsins mit dem Bergvolk der Lullubäer, das mit hoher Wahrscheinlichkeit im Gebiet des heutigen Sulaimānīja beheimatet war:654 Seinen Triumph über die Bewohner des Zagros verewigte der akkadische Herrscher auf einer Siegesstele, die ursprünglich in Sippar aufgestellt war, im zwölften Jahrhundert v. Chr. jedoch von dem elamischen König Schutruk-Nahunte nach Susa verschleppt wurde.655 Ebendort entdeckten sie im 19. Jahrhundert französische Ausgräber und überführten sie in den Louvre. Die stark zerstörte Inschrift enthält lediglich die Auskunft, die Feinde hätten sich „im Gebirge von Lullubum versammelt.“656 Ungleich beredter gibt sich die Umsetzung der Ereignisse auf dem zugehörigen Relief:657 Die untere Bildhälfte zeigt anrückende akkadische Soldaten, die ihrem Herrscher einen unwegsamen, bewaldeten Hang hinauf folgen. Jener triumphiert – überlebensgroß und mit einem göttlichen Attribut, der Hörnerkrone, angetan – in Siegerpose über seine Feinde. Einige von ihnen liegen nackt und mit zerbrochenen Waffen unter seinen Füßen, andere ergeben sich freiwillig. Ethnographische Details (lange Haare, Bekleidung aus Tierhäuten) kennzeichnen sie einerseits als ‚Nichtmesopotamier‘, degradieren sie jedoch zugleich zu unzivilisierten (und unmännlichen) ‚Wilden‘, die Naramsin als Repräsentant der göttlichen Ordnung bezwingt.658 Tatsächlich mag die erotisierende Darstellung des Herrschers ein bewusst viriles Konzept des Königtums vorstellen: Naramsin, dessen Körper betont männlich erscheint, erforscht, durchdringt und unterwirft die unkultivierte und damit gleichsam ‚jungfräuliche‘ Erde.659 Nicht zuletzt hebt das Landschaftsbild das Außerordentliche der königlichen Tat hervor, denn auch botanische Elemente werden gezielt eingesetzt, um den Ort des Geschehens zu spezifizieren: Von der Ferse des linken Fußes des Herrschers unterteilt eine (imaginäre) vertikale Linie das Bild in zwei Hälften. Auf der einen Seite stehen die akkadischen Soldaten, auf der anderen die besiegten Gegner. 652 Cf. Koch 2007, 85 f.; Potts 1999, 111. Anderer Ansicht ist Westenholz 1999, 92 f. 653 Cf. Potts 1999, 108. In den Archiven von Nippur finden sich Hinweise auf die Heirat eines akkadischen Prinzen (Scharkalischarri?) mit einer Prinzessin aus Marhaschi. Cf. OSP I, Nr. 29 (Zwiebelrationen an eine Delegation, die nach Marhaschi geht). Laut OSP I, Nr. 133, Z. 13–15 erhielt ‚der Prinz‘ 60 Liter ‚reine‘ Zwiebeln und 10 Liter ‚zerstampfte Zwiebeln, als er „nach Marhaschi ging.“ In OSP I, Nr. 154 heißt es sodann, 60 Liter ‚reine‘ Zwiebeln und 60 Liter ‚zerstampfte‘ Zwiebeln seien „zu des Prinzen Hochzeit“ gebracht worden. 654 Cf. Westenholz 1999, 94. 655 Cf. König 1965, Nr. 22, Col. II–V: „Als (Gott) Inšušinak mir den Auftrag gab, habe ich Sippar niedergeschlagen, die Stele des Narām-Sin habe ich in die Hand bekommen (zu­h­mu­tú INa­ra­am d XXX­ir­ra hu­ma­h) und habe sie weggetragen und nach Elam fortgebracht. Dem, Inšušinak, meinem Gotte, stellte ich sie zur Weihe auf.“ 656 Ns. 4: 13–17 (= RIME II E2 1.4.31). 657 Cf. zur Naramsin-Stele Pongratz-Leisten 2015, 83–85 sowie Winter 2004 und 2010c zum Folgenden. 658 Cf. Winter 2004, 607, die hierin eine gleichsam ‚orientalisierende‘ Darstellung des Gegners sieht. 659 Cf. Marcus 2010, 201.

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Zwei akkadische ‚Späher‘ durchbrechen diese Linie und deuten somit das erfolgreiche Vordringen in feindliches Territorium an, das durch einen für die Region charakteristischen Baum (quercus aegilops/persica) als solches identifiziert ist.660 Die topische Dichotomie des ‚Eigenen‘ und des ‚Fremden‘ wird folglich auch visuell auf die Landschaft projiziert und zeigt darüber hinaus die ‚Inbesitznahme‘ des fremden Landes durch die akkadischen Truppen an.661 Wie die Zedern des Amanus und die ‚schwarzen Steine‘ aus Magan (s. o.) führte Naramsin zudem Sandstein aus Lullubum als ‚Trophäe‘ heim, aus dem er seine Stele anfertigen ließ.662 Die in assyrischer Zeit bezeugte – und desgleichen bereits bei Naramsin greifbare – Errichtung von Siegesstelen an der ‚Peripherie‘ (s. u. Kap. I.2.6) stellt gleichsam die Umkehrung desselben Motivs dar.663 Indessen mag die Reliefdarstellung nicht nur die räumliche, sondern dazuhin die zeitliche Dimension des Feldzugs indizieren: So hat Irene Winter überzeugend dargetan, dass es sich bei den drei astralen Symbolen, die sich unmittelbar über dem spitzen Berggipfel in der oberen Bildhälfte befinden, um die Abbildung des Sonnengottes Schamasch in seiner ‚vor-anthropomorphen‘ Gestalt handelt. Dabei versinnbildliche die Dreiheit der Himmelskörper den Verlauf eines Tages (Sonnenaufgang, Zenit, Sonnenuntergang) und damit des Zeitraums, innerhalb dessen Naramsin den Sieg errungen zu haben vorgibt.664 Schließlich erhebt der König das nämliche Postulat in einer anderen Inschrift, die militärische Unternehmungen im Chabur-Gebiet thematisiert.665 Seine unübertroffenen kriegerischen Leistungen streicht Naramsin auch andernorts mehrfach heraus. So heißt es im Kontext eines Feldzugs nach Talḫad/Tilḫad: Ferner, als er nach Talḫad gezogen war, war diesen Weg irgendein König unter den Königen nicht gezogen. Naramsin (aber), der König von Akkade, war (den Weg) gezogen und – Ištar hat einen Rivalen ihm nicht gegeben (dINANNA ma­ḫi­ra­la id­dì­śum) – die Fürsten der Hoch(länder) haben Lebensmittelabgaben vor ihn gebracht.666

660 Cf. Winter 2010c, hier v. a. 114 f.; 120–122. 661 Cf. ibid., 125–126. 662 Cf. ibid., 123 und 124: „In fact, it would have constituted a not-insignificant part of his victory-statement, that he had conquered and possessed himself a piece of the territory itself.“ 663 Den nämlichen Zweck dürfte ein Felsrelief Naramsins in Pir Hüseyin verfolgt haben. PongratzLeisten 2015, 85 f. erkennt in dessen Errichtung an der Peripherie „a declaration of presence“, durch die der König von Akkad seine Macht nicht nur in einem spezifischen Territorium, sondern in den ‚vier Weltgegenden‘ insgesamt demonstriert und den Raum seines Imperiums materiell umrissen habe – eine Strategie, die später namentlich in Assyrien ‚Schule machen‘ sollte. 664 Cf. Winter 2004, passim. 665 Cf. RIME II E2 1.4.21, Col. I’, 4; Col. II, 2;7. 666 Ns. C 3: 17–40 (= RIME II E2 1.4.25): ù [ì]-nu [a]­na Tal­ḫa­dim[K]I i­lí­ku KASKALKI śú­a śar in śar­rí ma­na­ma la i­lí­ik Na­ra­am-dEN.ZU LUGAL A­kà­dèKI i­lí­ik­ma dINANNA ma­ḫi­ra la id­ dì­śum ÉNSI.ÉNSI SUBIRKI {x} ù EN.EN a­lí­a­tim PAD. dINANNA-ś[u­nu] ┌maḫ┐­rí­[śu] u­śa­ rí­[bu]. Talḫad/Tilḫad wird in den altassyrischen Tafeln aus Kül Tepe genannt und stellte in dieser Zeit einen wichtigen Wegposten auf dem Weg nach Kanisch dar. Wahrscheinlich ist es mit dem klassischen Doliche, dem modernen Tell Dülük, gleichzusetzen. Cf. Frayne (= RIME II), 129 f.

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Diese Metapher des Übertreffens, den Anspruch, unwegsames Terrain erstmalig erkundet und bezwungen zu haben, sollten später die neuassyrischen Könige zur Gänze entfalten (s. u. Kap.  I.2.6). Zwar ist das agonale Prinzip, das Hayim Tadmor sehr treffend als „claim of heroic priority“667 bezeichnet hat, bereits in einer Inschrift des Rimusch zu greifen,668 doch erst Naramsin verwendete es zur Steigerung seines Prestiges als Krieger und – wenn man so will – als ‚Mehrer des Reiches‘. So kann er sagen, daß seit jeher, (seit) der Erschaffung der Menschen irgendein König unter den Königen Amarna und Ebla nicht niedergeworfen hat.669

Offenbar schreckten der König und seine Schreiber zwecks der Erhöhung des regierenden Herrschers auch vor groben ‚Geschichtsfälschungen‘ nicht zurück. Schließlich hatte bereits Sargon für sich in Anspruch genommen, der Gott Dagan habe das ‚Obere Meer‘ mit seinen Städten einschließlich Eblas in seine Hände gelegt.670 Dass dieser ‚Irrtum‘ der bloßen Unwissenheit geschuldet sein könnte, ist kaum anzunehmen.671 Höchste Priorität besaß bei der Abfassung der Inschriften vielmehr die Herausbildung einer spezifischen Königsideologie, die die überragenden (zumal militärischen) Taten des Herrschers akzentuierte. Naramsin war – soweit bekannt – zudem der erste mesopotamische König, der sich des (die spätere assyrische Herrscherrepräsentation auszeichnenden) Motivs der königlichen Jagd bediente: […] da [hat Naramsin] einen Auerochsen (AM) inmitten des Tibar-Gebirges persönlich erlegt.672

Die Jagd als Symbol für die Beherrschung der rauen Natur fügt sich gut in die auf der Naramsin­Stele verbildlichte Stilisierung des Herrschers zum ‚Berglandbezwinger‘, wurden doch Gebirge seit alters als numinose und bedrohliche Regionen am Rande der Welt begriffen. Ein frequentes Motiv altakkadischer Zylindersiegel stellt entsprechend der Sieg der ‚kriegerischen Ischtar‘ über die Götter der Berge dar.673 In gleicher Weise figurieren schließlich auch die Meere seit der ausgehenden Frühdynastischen

667 Tadmor 1999, 56. Cf. zu dieser Übertreffungsmetaphorik aber bereits Gelio 1976 (non vidi) sowie Liverani 1979, 308 f. 668 Cf. Rš. C 9 (= RIME II E2 1.2.18): „Rimuš, der König des Alls; seit ferner Zeit hat dem Enlil niemand eine Staue aus Eisen angefertigt; (aber) Rimuš, der König des Alls, hat seine Staue aus Eisen angefertigt und sie steht (nun) vor Enlil.“ 669 Ns. C 5: 1–10 (= RIME II E2 1.4.26): ša íś­tum da­ar śi­ki­ti NI.ŚI11(*) śar in ┌śar┐­rí ma­na­ma ar­ ma­namKI ù eb­laKI la u­śa­al­pi5-tu. 670 Cf. Sg. C 2: 24–35 (= RIME II E2 1.1.11). 671 Cf. Van De Mieroop 2012, 39. Vielmehr wird Naramsin – wie später die assyrischen Könige – allein aus praktischen und logistischen Erwägungen heraus genauestens über die Feldzüge seiner Vorgänger unterrichtet gewesen sein – ungeachtet der für die altakkadischen Inschriften charakteristischen ‚Beteuerungsformeln‘ („Es sind gewiss keine Lügen“). Cf. Sallaberger 2005, 71. 672 Ns. C 6: 8–14 (= RIME II E2 1.4.23): ù AM in qáb­lá­ì Ti­ba­a[r] śa­dú­im śu­ma u­śa­am­qí­it­śú. 673 Cf. Westenholz 1999, 48 f. mit Abb. 3.

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Zeit als Grenzmarkierungen der bewohnten Erde,674 die Naramsin, der „Eroberer des Oberen Meeres und des Unteren Meeres sowie der Gesamtheit der Menschen“675 zu beherrschen vorgibt.676 Wie vor ihm bereits Manischtusu sprengte er jedoch die ‚sargonische‘ Grenzmetaphorik der Meeresufer insofern, als er im Zuge der Eroberung Magans den Anspruch erhob, das Meer selbst und schließlich Gebiete jenseits des Meeres zu beherrschen: […] Magan, das in der Mitte des Meeres (liegt), hat er erobert und seine Waffen im unteren Meer gewaschen:677

Dass das ‚Reich‘ von Akkad indessen insgesamt „weitgehend durch politische Instabilität gekennzeichnet“678 war, erhellen bereits die Aufstände gegen Sargon und Rimusch.679 Naramsin jedoch sah sich mit einer Erhebung bedrohlichen Ausmaßes konfrontiert, die er in der sogenannten Bassetki­Inschrift 680 folgendermaßen beschreibt: […] als die vier Weltgegenden insgesamt gegen ihn rebellierten (ì­nu ki­ib­ra­tum ar­ ba­um ís­te9­ni­iś i­KIR­ni­śu) [hat er] durch die Liebe, die Ištar ihm erwiesen hat, neun Schlachten in einem einzigen Jahr (10 LÀ 1 KAŠ.ŠUDUN in MU 1) siegreich bestanden und die Könige, die sich gegen ihn erhoben hatten, gefangen genommen.681

Im Zuge jener Rebellion, deren Datierung umstritten ist,682 kündigten nahezu alle südmesopotamischen Städte Naramsin die Treue. Sie scheinen indessen ihrer mangelhaften Kooperation erlegen zu sein,683 denn die altbabylonische Kopie einer Inschrift aus Nippur zeigt die klare Unterteilung der Aufrührer in zwei Koalitionen: Im Norden besiegte Naramsin u. a. die Städte Kutha, Tiwa, Sippar, Kazallu, Girtab und Api’ak unter der Führung Iphurkischs von Kisch, und erst im Anschluss zog er gegen Amargirid von Uruk und dessen südliche Verbündete Ur, Lagasch, Umma Adab, Schuruppak,

674 Cf. Rollinger 2010, 13 f. 675 Ns. C 11: 8–15 (= RIME II E2 1.4.2002): [SAG.GIŠ.RA] [ti­a­am­tim] [á­lí­t] i[m] ù śa­píl­tim ù ká­ la ni­śé. 676 Cf. ferner Ns. 2: 16–35 (= RIME II E2 1.4.28): „Von jenseits des Unteren Meeres bis zum Obreren Meere hat Naramsin] die Menschen und die (Berg)-Länder (śa­du­e) alle miteinander dem Enlil unterworfen und ihre Könige in Fesseln hingeführt vor Enlil.“ 677 Ns. C 30: 23–32 (= RIME II E2 1.4.3, Col. IV, 23–32): ù ti­[a­am­ti]m i­in(?) [X (X)] iš­[…] i­┌bi┐­ [ir­m]a má­[ganK]I ┌qáb┐­li ti[­a]­am­tim SAG.GIŠ.RA ù GIŠ.TUKUL-kí­śu4 [in] ti­a­am­tim śa­ pil­tim Ì.LUḪ. Deutsche Übersetzung nach Lang/Rollinger 2010, 219. Zur Grenzmetaphorik cf. ibid., 218–221. 678 Neumann 2014, 38. 679 So spricht bereits Sargon von „aufrührerischen Städten“ (URUKI.URUKI Śa­ar­ru­tim). Zu den Aufständen unter Rimusch s. o. 680 Cf. Franke 1989, 177–179. 681 Ns. 1: 1–19 (= RIME II E2 1.4.10). 682 So datiert Westenholz 1999, 52 sie in die letzten Regierungsjahre Naramsins. Frayne 1993 (= RIME II), 84–87 setzt früher an. 683 Cf. Westenholz 1999, 53.

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Isin und Nippur684 sowie gegen einen dritten König, dessen Name nicht zu identifizieren ist.685 Angeblich „neun Schlachten in einem einzigen Jahr“ schlug der König, um der Erhebung Herr zu werden.686 „Weil er in d(ies)er Notlage die (Macht)basis seiner Stadt gefestigt hat“, so berichtet Naramsin in der Bassetki­Inschrift, hätten die Bürger von Akkad verschiedene Gottheiten angerufen und „zum Gott ihrer Stadt Akkade (ì­lí­iś URUKI-su­nu a­kà­dè ki) ihn (Naramsin) sich erbeten und inmitten von Akkade seinen Tempel errichtet.“687 Wiewohl es sich bei dem besagten Text formal lediglich um einen Baubericht handelt und die Initiative zur Vergöttlichung des lebenden Herrschers nicht auf Naramsin selbst, als vielmehr auf die Bewohner von Akkad und den Ratschluss der Götter zurückgeführt wird,688 scheint sich hier auf den ersten Blick sehr deutlich der gewachsene Machtanspruch des Herrschers über alle Bewohner des ‚Reiches‘ zu artikulieren: Er war nun ‚Gott‘ (DINGIR/ilum), und seinem Namen wurde das Gottesdeterminativ vorangestellt.689 Jean-Jaques Glassner zufolge lag es indessen nicht in der Absicht der königlichen Schreiber, den Herrscher der menschlichen Sphäre zu entheben. Vielmehr seien DINGIR/ilum und das Attribut der Hörnerkrone auf der Naramsin­Stele aus dem göttlichen Sektor gelöst und gleichsam auf den Bereich der Menschen transferiert worden.690 Weiterhin ist zu betonen, dass Naramsin sich der Bassetki­Inschrift zufolge lediglich als Gott der Stadt Akkad und mitnichten des gesamten Herrschaftsgebiets präsentierte.691 Zwar ist nicht auszuschließen, dass der König von den Zeitgenossen im weiteren Sinne als „Schutzgott des Landes“692 begriffen wurde und nicht mehr nur die Verantwortung für ein städtisches Kultzentrum trug, sondern gewissermaßen zum ‚Reichsgott‘ avancierte.693 Da er dazuhin ‚König der vier Weltgegenden‘ war, käme seiner Residenz Akkad folglich der Rang einer Metropole, des Zentrums der von ihm beherrschten Welt, zu.694 Dass die Vergöttlichung des lebenden Herrschers in Mesopotamien indessen nicht zwingend an dessen reale Macht gebunden war, sondern – im Gegenteil – mit hoher Wahrscheinlichkeit als Reaktion auf eine akute Bedrohung (hier: die ‚reichsweite‘ Erhebung) zu werten ist, wurde oben 684 Cf. Ns. C 1: 21–120 (Iphurkisch); 240–312 (Amargirid). Zur Revolte des Letzteren cf. Wilcke 1997. 685 Westenholz 1999, 53 denkt an Lugalanne von Ur, Frayne 1993 (= RIME II), 103 an Enli-nizu von Nippur). 686 Cf. Ns. 1: 13–14 (= RIME II E2 1.4.19); Ns. 3: 6–8 (= RIME II E2 1.4.13); Ns. A1: 6–8 (= RIME II E2. 1.4.9). 687 Ns. 1: 20–56 (= RIME II E2 1.4.10) 688 Cf. Franke 1989, 177 f. 689 dNa­ra­am­dEN.ZU DINGIR a­kà­dèki (‚der göttliche Nramsin, der Gott von Akkad‘). Ebenso wurde er auch von seinen Familienangehörigen und Beamten bezeichnet. Cf. etwa RIME II E2 1.4.2003; 2004; 2007; 2009; 2013; 2020 sowie S-9 (= RIME II E2 1.4.53): „Naramsin, der Gott von Akkade: Ukīnulmaš, sein Sohn.“ 690 Cf. Glassner 1986, 16–19. Cf. auch Franke 1989, 162. 691 Cf. Michalowski 2008, 24. 692 Neumann 2014, 37. 693 Cf. ibid. 694 Cf. Glassner 1986, 9.

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(Kap.  I.2.2) gesagt. Aus dieser Perspektive erscheint der häufig postulierte Konnex zwischen der Divinität Naramsins und dem ‚Weltherrschaftsstreben‘ des Herrschers äußerst fragwürdig.695 Der Königsvergöttlichung war – wie erwähnt – innerhalb der altorientalischen Herrscherideologie daher auch keine allzu lange Dauer beschieden. Nachfolgende Generationen sollten Naramsin diese Tat gar als Hybris auslegen (s. u. Kap. I.2.5). Es unterliegt keinem Zweifel, dass die Herrschaft der Dynastie von Akkad, namentlich ihr raumgreifender Expansionismus, bereits von den Zeitgenossen als eine tiefe Zäsur in der Geschichte Mesopotamiens wahrgenommen wurde. Indes, wie weit der Einfluss jener Könige tatsächlich in die Peripherie hineinreichte, bzw. wo von der dauerhaften politischen Kontrolle im Rahmen eines zentral regierten Reiches die Rede sein kann, lässt sich aufgrund der lückenhaften Überlieferung häufig nicht eindeutig eruieren.696 Unzweifelhafte Belege für die permanente akkadische Präsenz existieren im Chabur-Gebiet, Tell Brak,697 in Assur und Ninive sowie (zumindest zeitweilig) in der Susiana.698 Im Westen und im Süden, i. e. im syrisch-anatolischen Raum sowie in der Golfregion, ist sie in Ermangelung archäologischer Zeugnisse hingegen deutlich schwerer auszumachen.699 Ungeachtet dessen wird man das von Sargon errichtete 695 Cf. Michalowski 2008, 34 f.: „It is by no means clear if divinization is part of a restructuring of royal self-representation, or if it is but one symptom of the revival of central authority in a time of state crisis.“ 696 Cf. Michalowski 1993 zum Folgenden. 697 Cf. ibid., 80–82 sowie Mathews/Eidem zu der großen akkadischen Festung in Nagar, wo auch die Einführung akkadischer Siegeltechnik nachgewiesen werden konnte. 698 Cf. Potts 1999, 100–122; Westenholz 1999, 90–93. Bei dem in den sumerischen und akkadischen Quellen genannten Toponym ‚Elam‘ (sum. NIMKI; akk. KUR elammatum) handelt es sich um eine Fremdbezeichnung, die die mesopotamischen Schreiber auf die Bewohner des Zagros und des Iranischen Plateaus anwandten. Erst seit dem 18. Jahrhundert v. Chr. erscheint ‚Elam‘ (halHatamti; hal Hatamti oder Hatamti) als eigenständige Größe in indigenen Quellen. Bis dahin betrachteten die Einwohner West-Irans die Region, die sprachlich und ethnisch ein äußerst heterogenes Bild abgab, kaum als ‚Einheitsstaat‘, noch bezeichneten sie sich jemals kollektiv als ‚Elamer‘. Cf. Potts 1999, 1–9. Vielmehr dürfte es sich bei dem von mesopotamischen Schreibern unter dem Begriff NIMKI (‚Bergland‘) oder KUR elammatum subsummierten Gebiet um eine Konföderation von ‚Provinzen‘ gehandelt haben, deren Hauptstadt mit der jeweils regierenden Dynastie wechselte. In altakkadischer Zeit befand sie sich in Awan. Cf. Vallat 1993, 122 f. Die wichtigste elamische Provinz war aus babylonischer Sicht die Susiana, die – im Unterschied zum angrenzenden Hochland – eine alluviale Tiefebene darstellte. Barahschum und Marhaschi, die desgleichen nicht selten in altakkadischen Quellen genannt werden, sieht Steinkeller 1982 als identisch an. Westenholz 1999, 91–93 lokalisiert das erstere Gebiet in der Fars, das letztere westlich von Belutschistan. 699 Cf. Michalowski 1993, 73–75 (Golfregion); 76–77 (Syrien und Nordmesopotamien) sowie die Synthese bei Foster 2016, 50–90. Das Quellenmaterial zu den Kontakten mit den ‚Staaten‘ im Persischen Golf stellt Heimpel 1987, 73–76 zusammen. Es handelt sich neben den bereits zitierten Inschriften (Sg. C 2: 11–16; Rš. C 6: 4–23; Mš. C 1: 1–46) im Wesentlichen um Wirtschaftstexte, die die Handelsbeziehungen mit Magan, Dilmun und Meluhha bestätigen. So ist beispielsweise von ‚Kupfer aus Magan‘ (ITT 1422 I Vs. 4’–7’und Rs. 3’–6’), von ‚Dilmun-Schiffen‘ (ITT I 14, 18) oder von einem ‚Passagier eines Meluhha-Schiffes‘ (BIN 8, 298) die Rede. Die von den altakkadischen Königen postulierten Beutezüge in die Region finden indessen keine Bestätigung im archäologi-

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Machtgebilde mit einigem Recht als ein frühes ‚Imperium‘ auffassen dürfen.700 Ein grundlegendes Kriterium des ‚Reiches‘ ist die Beherrschung zusammenhängender Territorien, die die Macht eines zentralen Souveräns anerkennen.701 Da Letzteres im Falle der Könige von Akkad – wie die zahlreichen innermesopotamischen Kriege nahelegen – nicht zwingend gegeben war, hat Jean-Jacques Glassner es vorgezogen, vom ‚akkadischen Imperialismus‘ („[l]’impérialisme akkadien“702) zu sprechen. Gleichwohl entspricht der Staat von Akkad mit seinen zentralistischen, nach innen hierarchisch und zur Peripherie hin abgestuften Herrschaftsstrukturen wie auch in seiner weltanschaulichen ‚Sendung‘ durchaus den im modernen Imperiumsdiskurs vorgebrachten Kriterien (s. o. Kap. I.2).703 So deuten die dokumentarischen Quellen auf zentrale Verwaltungsstrukturen hin, innerhalb derer die Hauptstadt Akkad eine Sonderstellung innegehabt zu haben scheint.704 Die Aussage Sargons, er habe „DUMU.DUMU a­kà­dè ki“ die Statthalterschaften übertragen (s. o.), ist unzweifelhaft als administrative Maßnahme zu deuten, durch die die lokalen Gewalten durch loyale Gefolgsleute seiner Umgebung abgelöst wurden.705 Die Verwaltungstexte späteren Datums lassen jedoch erkennen, dass zahlreiche Stadtstaaten im südlichen Babylonien von Statthaltern (é n s i s) indigener Herkunft verwaltet wurden, die, obschon sie akkadischen ‚Adligen‘ untergeordnet waren, ein gewisses Maß an innerer Autonomie bewahrten.706 Personell sicherten die Könige von Akkad ihren Einfluss außerdem durch die Einsetzung ihrer Töchter als Hohepriesterinnen der alten Kultzentren (s. u.).707 Ferner ist bekannt,

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schen Befund. Cf. zusammenfassend Potts 1990, 181–184. In Syrien und Nordmesopotamien lässt sich die Entwicklung in Ermangelung einer absoluten Chronologie schwerlich mit derjenigen Babyloniens harmonisieren. Zwar rühmen sich die Könige von Akkad zahlreicher militärischer Unternehmungen in der besagten Region (cf. etwa Sg. C 2: 17–35; Ns. 2: 49–55; Ns. C 5: 21–28; Ns. B 7; 18–13), doch ist keineswegs sicher, ob die archäologisch nachgewiesene Zerstörung Eblas auf Naramsin zurückzuführen ist. Cf. Klengel 1992, 31–38. Eine in Pir Hüseyin aufgefundene Felsinschrift Naramsins (Ns. 5 = RIME II E2 1.4.24) beweist immerhin, dass die akkadischen Truppen weit vordrangen, doch eine dauerhafte Integration des Gebiets ins ‚Reich‘ ist anzuzweifeln. Cf. Michalowski 1993, 83 f. Cf. Neumann 2014, 40; Foster 2016, 80–83. Cf. Glassner 1986, 8. Ibid. Cf. ibid., 9–20. In einem Brief der altakkadischen Zeit (Kienast/Volk 1995, 134 f., Um 5) heißt es: „Akkade ist der Herr (l u g a l) (im Lande)! Bürger von Akkade soll er (deshalb) nicht töten (lassen)!“ Cf. Glassner 1986, 11; Foster 1993a, 28. Cf. Foster 1993a, 28; Westenholz 1999, 50 mit OSP I, 94–96. Hatte Sargon die sumerischen Stadtstaaten noch über die bestehende Bürokratie beherrscht, richteten seine Nachfolger zentrale Verwaltungszentren ein, die ihren Sitz zuweilen in der Stadt selbst, zumeist aber zwischen den Stadtzentren hatten. Einen besonderen Fall stellt die Stadt Nippur dar, die sich in zwei Verwaltungseinheiten gliederte: Den (halb-autonomen) Enlil-Tempel (Ekur) sowie die Stadt Nippur mit dem Ninurta-Tempel Eschumescha, die einem é n s i unterstand. Cf. Westenholz 1999, 60–64. Cf. Glassner 1986, 12. Neben Enheduanna (s. u.) ist eine Tochter Naramsins namens Enmenanna als Hohepriesterin zu Ur bezeugt (Ns. A 2; B 1). Eine weitere Tochter, Tutanapschum, war Priesterin des Enlil zu Nippur (Ns. A 6; A 7).

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dass die Herrscher der Dynastie bei Regierungsantritt eine ‚Rundreise‘ durch ihr Territorium zu tätigen pflegten708 und dass sich einige sumerische é n s i s regelmäßig zur Berichterstattung nach Akkad verfügten.709 Positiv mag sich die Vereinheitlichung von Maßen (gur), Schrift (akkadische Kursive) und Datierungssystem ( Jahresdaten) ausgewirkt haben, doch strebten Sargon und seine Nachfolger insgesamt kaum eine vollständige Nivellierung des von ihnen beherrschten Gebiets an, sondern griffen in hohem Maße auf bereits existierende Strukturen zurück.710 Möglicherweise unterstanden einige Gebiete Nordbabyloniens dem König direkt oder wurden von seinen Söhnen oder ihm ergebenen hohen Beamten kontrolliert.711 Die letzteren legten in ihrer schriftlichen Korrespondenz zuweilen ein erstaunliches Selbstbewusstsein an den Tag.712 Aufs Ganze gesehen gründete die akkadische Verwaltungspraxis in hohem Maße auf persönlichen Bindungen und Loyalitätsverhältnissen. Mehrfach bezeugt ist die Vergabe großer Ländereien, die durch Enteignung aufrührerischer é n s i s freigeworden waren, an hohe Beamte und königliche Gefolgsleute. Ein Zeugnis ersten Ranges in diesem Zusammenhang stellt der Manischtusu­Obelisk dar: Jener dokumentiert den Erwerb von acht Landparzellen in Babylonien (ca. 3.430 ha) durch den König.713 Obschon Manischtusu durchaus Gegenleistungen für den abgetretenen Grund und Boden erbrachte, geschah der ‚Verkauf ‘ kaum in jedem Falle freiwillig, sondern ist als eine Form der Zwangseinziehung zugunsten des „royal extended household“714 anzu-

708 Cf. Steinkeller/Postgate 1992, Nr. 27 mit S. 56 f. Cf. ferner Foster 1980. 709 Cf. etwa OSP II, 94 (é n s i aus Nippur). 710 Cf. Glassner 1986, 11. Ferner blieben – so in Umma – auch andere Datierungssysteme und konkurrierende Maßeinheiten im Gebrauch. 711 Cf. Westenholz 1999, 50. So sind zwei Fälle bekannt, in denen der König oder seine Söhne die Gerichtsbarkeit persönlich ausübten. Weiterhin sind Naramsins Söhne Lipitili (Ns. A 1 = RIME II E2 1.4.49) und Nabi’ulmasch (Ns. A 3 = RIME II E2 1.4.54) als Statthalter von Marda und Tutub bezeugt. Cf. Glassner 1986, 12. 712 Den hitzigen und teilweise nachgerade respektlosen Konversationsstil der hohen Funktionäre des akkadischen Staates hat Westenholz 1993 untersucht. Beispielhaft sei hier ein Brief des Dada, des Hausverwalters der Königin, angeführt, welcher auf die Beschwerde eines Stadtältesten reagiert. Jenem war von einem gewissen Puzrum Kleinvieh entwendet worden. Dada erachtet es indessen als unter seiner Würde, aktiv in den Fall einzugreifen (Kienast/Volk 1995, 154–156, Di 2): „Folgendermaßen Dada: Zu Pūmēr sprich: Den … des Stadtältesten soll man holen. Seinen Stab (und) seine Waffen soll er ergreifen und (dann) bei Šakkan und Šamaš ihn schwören lassen! Um das komische Kleinvieh eines Stadtältesten werde ich mich gewiss nicht kümmern! Vor Puzrum soll er das Kleinvieh treiben!“ Doch selbst die ‚gewöhnlichen‘ Akkader drückten ihre Emotionen freier und selbstbewusster aus, als dies aus sumerischen Briefen bekannt ist (Kienast/Volk 1995, 153–154, Di 1): „Folgendermaßen Babi zu Šartum: Ich bin ärgerlich! Warum müsst ihr, du und Ibbi’ilum, zuhause streiten? Lebt (doch in Eintracht) zusammen! Schicke mir Sesam(öl)!“ Aus der schriftlichen Korrespondenz leitet Westenholz eine stärkere Gewichtung der Individualität und der Persönlichkeit im altakkadischen Weltbild ab, die sich fundamental von sumerischen Vorstellungen unterschieden habe. Mitnichten postuliert Westenholz indessen einen ethnisch bedingten Gegensatz. Vielmehr handle es sich um kulturelle (Mentalitäts-)Unterschiede. 713 Umschrift mit englischer Übersetzung: ELTS, 116–140, Nr. 40. 714 Foster 1993a, 31.

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sehen: Von dem durch die Kriege bedingten Landgewinn profitierte an erster Stelle der Herrscher selbst, dessen ausgedehnte Domänen – wie diejenigen seiner Angehörigen – unter der Ägide eines ‚Hausverwalters‘ (šabra­é) viel Personal umfassten und im weiteren Sinne auch Privatpersonen Beschäftigung boten.715 Die Herrschaft der Dynastie von Akkad wurzelte jedoch in ihrer Heeresmacht, in göttlich sanktionierten Eroberungen.716 Seit der Regierungszeit Sargons wurden Kriege in einer gänzlich neuen Größenordnungen geführt: Waren sie in Frühdynastischer Zeit weniger in expansionistischer Intention denn als Druckmittel zur Behauptung des eigenen Territoriums eingesetzt worden, so erhielten sie in akkadischer Zeit eine ‚Doppelperspektive‘ („guerre dans une double perspective“717): In Mesopotamien selbst galt es, jede Opposition im Keim zu ersticken, um die wirtschaftliche Prosperität und die Sicherheit der Kommunikationswege zu gewährleisten. Die Haupttriebfeder der Gebietsausweitung lag indessen in der Ausplünderung der eroberten Territorien zur Erlangung von Rohstoffen.718 Kraft ihrer Waffen gelangten die Könige von Akkad zu Reichtümern (Beute, Tribut) und Arbeitskräften (Kriegsgefangenen), die sie in vielfacher Weise zum Erhalt ihrer Herrschaft einsetzten.719 Die stete Expansion, die mithin eine Art ‚Lebenselixier‘ des akkadischen Staates darstellte, war indessen durchaus auch von einer ‚universalistischen Intention‘ („dessein universaliste“720) getragen. Auf dem Felde der Ideologie führte die Notwendigkeit des Krieges zur Herausbildung einer ‚konzentrischen Ordnung‘, innerhalb derer die ‚zivilisierte‘ Welt fortwährend von eindringenden ‚Chaosmächten‘ bedroht war.721 Der Person des Königs kam in diesem Denksystem die Aufgabe zu, das (Reichs-)Zentrum über die destruktiven Kräfte der Peripherie triumphieren zu lassen und so die Bewahrung der kosmischen Ordnung zu gewährleisten.722 Nicht zuletzt artikuliert sich der ‚universale‘ Geltungsdrang der Könige von Akkad in ihrer Herrschertitulatur, die, obschon sie teilweise an altsumerische Traditionen anknüpft, deutlich neue Akzente setzt. Für den Dynastiegründer Sargon sind drei po715

Cf. ibid., 28–31; Glassner 1986, 29–32. Der König und seine Familie standen gleichsam an der Spitze des Haushalts. Dem šabra­é unterstanden verschiedene Beamte wie der dubsar lugal (‚königlicher Schreiber‘) und der maškim lugal (‚königlicher Inspektor‘). Diejenigen Ländereien wiederum, die dem Statthalter einer Provinz unterstanden, wurden in Parzellen an verschiedene Personengruppen verteilt, die als Gegenleistung einen Teil der Ernte und eventuell auch Barbeträge zu zahlen hatten. 716 Cf. Foster 1993a, 26. 717 Glassner 1986, 23. 718 Cf. ibid., 23 f.; Neumann 2014, 35 f. 719 Cf. Glassner 1986, 26–28. Neben der Landverteilung ist hier namentlich an den Gabenaustausch zwischen König und Untertanen, Baumaßnahmen und die Weihung eines Beuteanteils an die Götter (cf. etwa Rš. 1 und 2; C 1: 80–87; Mš. 1/c 1: 42–46) zu denken. 720 Glassner 1986, 8. 721 Cf. ibid. 722 Cf. ibid.: „Toute victoire royale réitérait le triomphe exemplaire du démiurge, toute défaite, au contraire, équivalait à une régression des puissances cosmiques.“

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litisch-geographische Titel bezeugt, die jeweils mit einem religiösen Epitheton verbunden werden:723 Er ist ‚König von Akkad‘ (šar akkade ki) und ‚Anwalt der Ischtar‘ (maškim dInanna), sodann ‚König von Kisch/des Alls‘ (šar kiš = LUGAL K i š) und ‚Gesalbter Ans‘ (pašīš anim) sowie schließlich ‚König des Landes‘ (šar mātim = LUGAL k a l a m - m a) und ‚Statthalter des Enlil‘ (e n s i - g a l de n - l í l).724 Eindeutig zielen der erstere und der letztere Titel auf die Beherrschung des ‚Stammlandes‘ von Akkad mit seiner Schutzgöttin Ischtar und auf die Oberhoheit über den sumerischen Süden (k a l a m), die seit der Frühdynastischen Zeit der Gott Enlil verlieh (s. o. Kap. I.2.3).725 Höchst umstritten ist hingegen die Bedeutung des zweiten Titels šar kiš:726 Handelte es sich lediglich um die Wiederbelebung des in Frühdynastischer Zeit bezeugten Prestigetitels ‚König von Kisch‘ oder ist bereits den altakkadischen Schreibern eine bewusste wortspielerische Assoziation mit dem akkadischen Wort kiššatu (‚Welt‘, ‚All‘, ‚Gesamtheit‘) zu attestieren?727 Unzweifelhaft trägt der – zuweilen syllabisch, zuweilen aber auch unter Verwendung des Ideogramms für die Stadt Kisch geschriebene – Titel šar kiššati seit dem beginnenden zweiten Jahrtausend v. Chr. die Bedeutung ‚König der Gesamtheit‘.728 Selbiges wurde mit dem Hinweis auf das fehlende Ortsdeterminativ /KI/ für die Könige der altakkadischen Zeit postuliert. Zu Recht geben indessen die Kritiker dieser Auffassung zu bedenken, dass es sich bei jener Schreibweise möglicherweise um einen Archaismus handle.729 Sie weisen zudem auf die Verwendung desselben Titels in den sumerischen Versionen der Bilinguen hin, für die eine „Assoziation mit dem akkadischen kiššatu […] ausgeschlossen“730 sei. Einiges spricht demnach dafür, dass die Könige von Akkad bewusst den präsargonischen Titel ‚König von Kisch‘

723 Cf. Franke 1989, 94–128. 724 Die vollständige Titulatur ist enthalten in Sg. C 1: 1–11 (= RIME II E2 1.1.1) und Sg. C 4: 1–11 (= RIME II E2 1.1.2). In Sg. C 5: 1–9 (= RIME II E2 1.1.6) entfällt der Titel ‚König des Landes‘. 725 Cf. Franke 1989, 96. 726 Unterschiedliche Auffassungen vertreten etwa Sommerfeld 2004, 287, Anm. 13; Edzard 1975–1980, 609–610 sowie Franke 1989, 95 f.; Pongratz-Leisten 2015, 149–151; Sazanov 2016, 69 f. 727 Cf. hierzu die Ausführungen in Kap. I.2.3. Während Hirsch 1963 die Übertragung ‚König von Kisch‘ bevorzugt, übersetzen Gelb/Kienast 1990 den Titel durchgehend mit ‚König des Alls‘. Cf. ebenso zuletzt Pongratz-Leisten 2015, 149 f.: „[…] during the late Early Dynastic period the title ‚king of Kiš‘ (l u g a l K i š k i ) emerges, playing on the homophony of the city name Kiš and the Akkadian word for ‚totality‘ (kiššatu); this homophonous relationship allows the royal title ‚king of Kiš‘ to signify universal control. The ‚totality‘ implied by the title includes only a number of city states such as Uruk and Ur, or, in other cases, Kiš and Akšak, and might therefore appear limited from our modern perspective. Nevertheless, these cities represented major political centers competing for control over water resources as well as centers of learning bound together by a common Welt­ anschauung.“ 728 Cf. Seux 1965, 2; 1967, 308–312; Sazanov 2016, 69–73. Die syllabische Schreibweise ist erstmalig für Kurigalzu von Babylon und Tiglatpilesar I. von Assyrien belegt. 729 Cf. bereits Hallo 1957, 21–29. Cf. ferner zusammenfassend Edzard 1975–1980, 609 unter Verweis auf die ältesten Belege ohne Ortsdeterminativ. Erst seit Eannatum und Mesanepada steht der Titel regelmäßig mit /KI/. 730 Franke 1989, 96.

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aufgriffen, der den Herrschaftsanspruch über den einstmals von dieser Stadt dominierten Norden Babyloniens ausdrücken sollte, zugleich aber überregionale Geltung implizierte.731 Schließlich gilt Sargon auch der späteren Überlieferung als Mundschenk Urzababas von Kisch, den er der Herrschaft beraubte. Nach eigener Aussage unternahm er zudem Restaurierungsmaßnahmen in der altehrwürdigen Stadt.732 Wenn das fehlende Ortsdeterminativ im Titel šar kiš demnach tatsächlich auf die sargonische Schreiberpraxis zurückzuführen ist und somit keine lautliche Assoziation mit kišša­ tu intendiert war, hielt auch Sargon noch am Prinzip der „kumulativen Herrschaft“733 (s. o. Kap. I.2.3) fest: Seine drei Titel šar akkade ki, šar kiš und šar mātim mit den ihnen verbundenen Epitheta stünden in diesem Fall jeweils für die Beherrschung Akkads, Nordbabyloniens und des sumerischen Südens. Dabei mag die Annahme des Titels šar kiš jedoch durchaus die Unterwerfung peripherer Gebiete evozierte haben. Terminologisch und semantisch innovativ ist der seit Naramsin bezeugte Titel ‚König der vier Weltgegenden‘(šar kibrātim arba’(im)/erbetti(m)), dessen kosmologischer Sinngehalt oben (Kap. I.2.1) dargetan wurde,734 dessen ursprüngliche Bedeutung jedoch mit einiger Wahrscheinlichkeit (lediglich) auf die vier ‚Ufer‘ (Akk. kibrum) von Euphrat und Tigris zielte. Der Titel dürfte daher als frühester Beleg für das Konzept eines geographisch und politisch geeinten ‚Mesopotamiens‘ aufzufassen sein.735 Er besitzt folglich ausgeprägte imperiale, wenn nicht gar ‚universalistische‘ Konnotationen, denn: Angesichts der weitreichenden Expansion der akkadischen Heere war die altsumerische (und noch in den Inschriften Lugalzagesis greifbare) Opposition des ‚eigenen Landes‘ (k a l a m) und des ‚Fremdlandes‘ (k u r) obsolet geworden. Konnte die Unterwerfung von k u r - k u r bis dahin als „Ausweitung [des] k a l a m“736 begriffen werden, so wurde 731

Cf. etwa Seux 1965a, 2–3: „[…] LUGAL kiši ne pouvait signifier, à l’époque d’Akkad, que , l’absence de déterminatif de lieu étant due à un souci d’archaïsme attesté dans la forme même des signes employés. Mais ce titre avait grand prestige: des souverains comme Enmebaragesi et Mesilim en avaient fait, à l’époque présargonique, le synonyme de grand puissance: en le prenant à leur tour les rois d’Akkad exprimaient leur prétention à l’hégémonie, et en le portant le revêtaient en outre de leur propre éclat.“ Cf. weiterhin Franke 1989, 96 sowie Michalowski 1993, 88–89: „Certainly there is evidence that it [scil. der Titel šar kiš] designated more than just ruler of the city of Kish.“ 732 Cf. Sg. C 1: 97–101 (= RIME II E2 1.1.1) und Sg. C 4: 103–108 (= RIME II E2 1.1.2). Die Lesung der Textstelle ist umstritten. Während Gelb/Kienast 1990 übersetzen, Sargon habe „Kiš ‚umgestaltet‘ und sie (?) die Stadt besiedeln lassen“, überträgt Franke 1989, 106 f. die sumerische und die akkadische Version in zwei Varianten: kiš.KI a ša­rí­śu i­ni URU.KI-lam u­śá­ḫi­śu­ni = „(Die Stadt) Kiš: ihren Ort veränderte er (stellte sie an ihrem Ort wieder her) und als eine (einzige) Stadt ließ er beide (i. e. Akkade und Kiš) sich verbrüdern.“ Sodann: K i š . k i k i - b e 2 b i - g i 4 u r u - b e 2 g i g u b e - n a - b a = „(Die Stadt) Kiš restaurierte er an ihrem Ort (= stellte er wieder her und gab ihr ihren Rang zurück.“ Frayne 1993, 12 (= RIME II) übersetzt: „Sargon, lord of the land, altered the two sides of Kiš. He made the two (parts of Kiš) occupy (one) city.“ Zu dieser Textstelle cf. ferner Edzard 1991. 733 Steiner 1979, 127. 734 Cf. zu diesem Titel ferner Glassner 1984 und Seux 1965a, 11–18. 735 Cf. Foster 2016, 83 mit Buccelati 2013, 137–173 sowie Pongratz-Leisten 2015, 151. 736 Steiner 1979, 130.

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die geographische Fokussierung des Begriffs k a l a m auf Sumer den Eroberungen der Könige von Akkad kaum mehr gerecht:737 „Der Titel ‚König der vier Weltgegenden‘ äußert den Anspruch des Königs, über die ganze […] Ökumene zu herrschen.“738 Mit der Annahme des Titels šar kibrātim arba’(im)/erbetti(m) trug Naramsin der neuen Dimension seiner Herrschaft Rechnung, ohne indessen den alten ‚Göttertitel‘ l u g a l - k u r k u r - r a - k e 4 (‚König aller Länder‘) vereinnahmen zu müssen.739 Eine verwandelte politisch-geographische Terminologie tritt auch in dem Sargons Tochter Enheduanna zugeschriebenen Lied nin­me­šara zutage. Enheduanna, die der Dynastiegründer zur Hohepriesterin des Mondgottes Nanna in Ur bestimmte, als die sie bis in die Regierungszeit Naramsins tätig war, wurde häufig als Repräsentantin eines akkadischen ‚Synkretisierungsprogramms‘ angesehen. Die von ihr oder von ihren Schreibern verfassten sumerischen Dichtungen kreisen um die akkadische Stadtgöttin Ischtar, die zunehmend mit der sumerischen Inanna gleichgesetzt wurde und in den Inschriften Naramsins als königliche Schutzpatronin figuriert.740 In welchem Maße Enheduanna – gleichsam als ‚langer Arm‘ ihrer königlichen Verwandten – die „weltanschauliche Rechtfertigung für die politischen Taten der altakkadischen Herrscher zu liefern“741 bereit war, bleibt strittig.742 Im Lied nin­me­šara steht die Hohepriesterin jedoch eindeutig für die Interessen der Dynastie ein.743 Der Text berichtet von ihrer Auseinandersetzung mit Lugal-ane, der die Macht über Uruk unter Berufung auf das Urteil Nannas usurpiert (Z. 74; 84–92) und nach der Anerkennung der e n -Prieste737 Cf. Steiner 1982, 647: „Mit der Expansion des ‚eigenen Landes‘ über den Rahmen eines Territorialstaates oder einer Gruppe von Territorialstaaten hinaus wird aber die politische Einheit so groß und so beschaffen, dass sie nicht mehr ohne weiteres unter die mit kalam verbundenen Vorstellungen subsummiert werden kann. In einem ‚Reich‘, das sich von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang erstrecken soll, wird das ‚eigene Land‘ im engeren Sinn wieder ein Teil der Gesamtheit ‚aller Länder‘, die dem ‚König der vier Weltgegenden‘ unterstehen.“ 738 Sazanov 2016, 74. 739 Cf. Steiner 1979, 130. 740 Zu Enheduanna cf. Westenholz 1989. Der Text einer Originalinschrift (Sg. A 1 = RIME II E 2.1.1.16) und einer altbabylonischen Kopie identischen Inhalts (Sg. C 15 = RIME II E2 1.1.16) lautet: „Enḫedu’ana, die Hohepriesterin des Nanna (SAL.NUNUZ.LI­dNanna), die Gemahlin des Nanna (d a m - d N a n n a) das Kind des Sargon (d u m u ­Ś a r - r u -[GI]), des Königs des Alls, hat im Tempel der INANNA.ZA.ZA in Ur einen Altar errichtet (und diesen) Altar ‚Tisch des An‘ mit Namen benannt.“ Diese Inschrift befindet sich auf dem Revers einer Alabasterscheibe, deren Vorderseite das ‚Portrait‘ der Enheduanna beim Vollzug kultischer Handlungen zeigt. Cf. Winter 1987; Westenholz 1989, 540. Text und Bild betonen ihre Verbindung mit Inanna/Ischtar. Dieselbe Göttin gewinnt in den Inschriften Naramsins an Bedeutung. Cf. etwa Ns. C 1: 77–91 (= RIME II E2 1.4.6): „Durch den Spruch der Ištar Annunītum“ (in DI.KUD dINANNA); ibid.: 272–318: „Durch den Spruch der Ištar Annunītum und des An“; NS. C 3: 26–40 (= RIME II E2 1.4.25): „Ištar hat einen Rivalen ihm nicht gegeben.“ (dINANNA ma­ḫi­ra la id­dì­śum); Ns. C 4: 8–9 (= E2 1.4.1): „Krieger der Ištar Annunītum“ (mu­ut dINANNA an­nu­ni­tum). 741 Selz 2010, 67. 742 Diesbezügliche Zweifel äußert Westenholz 1999, 38. Er betont vielmehr die Unabhängigkeit und das Selbstbewusstsein der Enheduanna. 743 Text und Kommentar: Zgoll 1997.

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rin verlangt (Z. 90). Als Enheduanna seine Rechtmäßigkeit bestreitet (Z. 77–80; 102; 122; 133), wird sie des Amtes enthoben und ins Exil getrieben. Dort beschwört sie die Göttin Inanna, Lugal-ane zu stürzen.744 Von besonderem Interesse ist indessen das in nin­me­šara vermittelte Landschaftsbild, das Annette Zgoll mit der desgleichen Enheduanna zugeschriebenen Dichtung Inanna und Ebeḫ verglichen hat.745 In beiden Texten spielt das Gebirge (ḫ u r - s a ĝ) eine zentrale Rolle, doch die jeweils zugrundeliegende politische Geographie unterscheidet sich diametral. Zu Recht zweifelt Zgoll daher die Autorenschaft der Enheduanna für Inanna und Ebeḫ an. Während dieser Text nämlich an dem altsumerischen ‚Weltbild‘ festhält, in dem das ‚Kulturland‘ (k a l a m) im Zentrum steht, um das sich die peripheren ‚Fremdländer‘ (k u r - k u r) gruppieren,746 hat k a l a m in nin­me­šara seine politische und geographische Sonderstellung eingebüßt. Zwar werden die Aufrührer gegen Inannas Herrschaft auch hier mit dem Begriff ‚Gebirge‘ (ḫ u r - s a ĝ) in Verbindung gebracht, zugleich aber mit dem Terminus ‚Stadt‘ (i r i) assoziiert (Z. 42–53). Da die metaphorische Umschreibung von Tempeln und Städten als ‚Bergen‘ ein häufiges Motiv in mesopotamischen Texten darstellt (s. o. Kap. I.1.1), liegt die Vermutung nahe, dass ḫ u r - s a ĝ auch in nin­me­šara als metonymischer Ausdruck für ‚Stadt‘ (i r i) aufzufassen ist.747 Trifft dies zu, so handelt es sich sowohl bei ḫ u r - s a ĝ als auch bei i r i um die aufrührerischen Städte (Mesopotamiens), die sich gegen Akkads Vorherrschaft erheben. Wie oben gesagt wurde, ließ sich der traditionelle Begriff k a l a m zur Bezeichnung des Herrschaftsgebiets mit der ‚äußeren‘ Expansion Sargons und seiner Nachfolger nicht länger vereinbaren. An seine Stelle traten die ‚vier Weltgegenden‘ oder K i , die Erde schlechthin, die mit dem ‚Reich‘ von Akkad gleichgesetzt wurde. In diesem neuen ‚Weltbild‘ erscheinen Gebirge (ḫ u r - s a ĝ) und Stadt (i r i) als Bestandteile von K i , die in dem Augenblick zu ‚Fremdländern‘ (k u r k u r) degradiert werden, in dem sie sich gegen Akkads Vormacht erheben.748 Da das ‚Fremdland‘ respektive ‚Feindesland‘ (k u r) somit nicht mehr notwendigerweise außerhalb der ‚Reichsgrenzen‘ liegt, verschwimmen jene Grenzen selbst. K i , die gesamte Erde, wird terminologisch und auch ideologisch mit dem Herrschaftsgebiet von Akkad gleichgesetzt. 744 Cf. die inhaltliche Übersicht bei Zgoll 1997, 38–40. 745 Text: ETCSL c. 1.3.2 und Black/Cunningham/Robson/Zólyomi 2004, 334–338. Cf. Zgoll 2000 zum Folgenden. 746 Cf. Zgoll 2000, 83–86. Der Mythos berichtet vom Zorn Inannas gegen das feindliche Bergland Ebeḫ, das sie durch Krieg vernichten will. In einer längeren Redepartie (Z. 115–128) versucht der Gott An, sie von ihrem Vorhaben abzubringen, und zwar mit dem Verweis auf das Wohl Sumers, das durch die Aushebungen belastet würde. Die Götter, so An, allen voran die Anuna (Z. 116 f.), das Land Sumer (k a l a m) (z. 118) und schließlich alle Länder (Z. 119) erzitterten vor dem ‚Schreckensglanz‘ des Gebirges. Die obige Passage erweist sich als getreuliche Wiedergabe der kartographischen Vorstellungen der altsumerischen Zeit: Im Zentrum steht das k a l a m Sumer mit seinen Göttern, den Anuna. Die ‚Fremdländer‘ (k u r - k u r) mit ihren Göttern bilden die Peripherie. 747 Cf. Zgoll 2000, 87 f. 748 Cf. ibid., 88 f.

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Indessen blieb das Reich von Akkad Zeit seines Bestehens ein Landimperium. Die von seinen Königen beherrschte ‚Welt‘ fand ihre Grenzen an den Meeren und – der Rhetorik ihrer Inschriften zum Trotz  – letztlich auch an den Gebirgsmassiven des Zagros. Eine Ausnahme bildet freilich das Postulat Manischtusus, er habe das ‚Untere Meer‘ überquert und schwarze Steine ‚jenseits des Meeres‘ gebrochen (s. o.). Die in den altakkadischen Inschriften omnipräsente Formel „vom Oberen bis zum Unteren Meer“ war, wie oben (Kap. I.2.3) dargelegt, eine sumerische Schöpfung. Der geographische Horizont der Akkade-Zeit war verglichen mit späteren Jahrtausenden noch recht gering, sodass periphere Gegenden nur bedingt als der ‚Welt‘ im engeren Sinne zugehörig empfunden werden mussten. Wie bereits das sumerische k a l a m , so war jedoch auch das Reich von Akkad ein keineswegs statisches Gebilde, sondern vielmehr ein „expandierendes Territorium.“749 Mit einigem Recht konnten die Sargoniden als Monarchen über die ‚akkadische Oikumene‘ sich folglich als ‚Weltherrscher‘ begreifen. Allein, die Herrschaft der Dynastie währte nur rund hundertfünfzig Jahre (ca. 2340–2198 v. Chr.). Bereits unter dem Sohn Naramsins mit dem stolzen Namen Scharkalischarri (‚König aller Könige‘750) setzten Zerfall und Niedergang ein. Zwar künden einige Jahresnamen des Königs von seinen Siegen über die Elamer, Gutäer und Amurriter,751 doch befanden sich die akkadischen Heere nunmehr in der Defensive, wie die Geographie der Kriegsschauplätze lehrt: Die Amurriter wurden im Lande Ba­śa­urkur nahe dem späteren Palmyra geschlagen, Elam und Zahara gar bei Akschak am Tigris.752 Hat die Forschung lange Zeit die aus dem Zagros hereinbrechenden Gutäer (u g n i m G u - t u - u mki)753 als die Hauptursache für den Kollaps des akkadischen Reiches ansehen wollen, so erlag es rezenteren Urteilen zufolge in erster Linie der inneren Desintegration sowie schweren sozialen und politischen Spannungen: Die Konzentration von Macht und Besitz beim König habe den Neid seiner Beamten erregt, die sich nach und nach von ihm losgesagt hätten.754 Steht die von den Guti ausgehende Gefahr

749 Steiner 1982, 636. 750 Wie im Falle Šarrukīns handelte es sich nicht um den Thronnamen des Königs. Einem Text aus Nippur zufolge (OSP II, 39–41, Nr. 16) hatte Scharkalischarri (unter eben diesem Namen) in der Regierungszeit seines Vaters eine Verwaltungsposition in der Stadt inne. Cf. Westenholz 1999, 55. 751 Cf. D-25, Scharkalischarri 2a (Elamer); D-27, Scharkalischarri 3 (Guti); D-22, Scharkalischarri 1a; D-23, Scharkalischarri 1b; D-24, Scharkalischarri 1c (Amurriter). 752 Cf. Glassner 1986, 39; Westenholz 1999, 56. 753 Cf. die SKL, Col. VII, 225–26 (= Glassner 2005, Nr. 1, 117–127, hier 124–125). Cf. zu den Guti ferner Westenholz 1999, 94; Potts 1994, 43 f. 754 So erstmalig Glassner 1986, 46–50, hier v. a. 41: „Autrement dit, l’Empire n’avait fait que recouvrir la Mésopotamie d’un voile apparent d’unité et dès le règne de Šar-kali-śarri, ce voile fut déchiré et réduit en loques. Car la royauté akkadienne, qui avait cristallisé en elle une somme considérable de pouvoirs et de richesses, portait en son sein le germe de la propre ruine! Le système suscita les rivalités autours de la personne du souverain, puisque le fait de prendre la place du roi suffisait à procurer tous les avantages de la victoire.“

Das erste ‚Imperium‘ der Weltgeschichte? – Die Dynastie von Akkad

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für das babylonische Kernland außer Frage,755 so wiegen die inneren Faktoren in der Tat ungleich schwerer. Scharkalischarri gelang es nicht, seine Gefolgsleute an sich zu binden, wie Naramsin es vermocht hatte. Nicht zuletzt aus diesem Grund suchte er verstärkt den Rückhalt der nippuräischen Priesterschaft und des Enlil.756 Der Herrscher scheint dann auch – möchte man der späteren Omentradition vertrauen – einer Palastrevolte zum Opfer gefallen zu sein.757 Ihm folgten vier Könige (Irgigi/Igigi, Nanum/Nani, Imi, Elulu/Ilulu) in nur drei Jahren nach – keiner von ihnen stammte aus Sargons Linie.758 „Wer war König, wer war nicht König?“ (a - b a - à m l u g a l a - b a - à m n u l u g a l), fragen die Kompilatoren der SKL im Angesicht der nun folgenden Periode der Verwirrung,759 in der verschiedene Thronprätendenten um Macht und Geltung rangen.760 Der Liste zufolge hätten sodann elf Könige in hunderteinundachtzig Jahren geherrscht, unter ihnen Dudu und Schu-durul, die uns zudem inschriftlich bezeugt sind.761 Auch die Gutäer scheinen zeitweilig Teile Babyloniens kontrolliert zu haben, und einer von ihnen, Erridupizir, suchte durch die Annahme des Titels ‚König der vier Weltgegenden‘ und des Epithetons ‚der Mächtige‘ gar an Naramsin anzuknüpfen.762 Dasselbe geschah an der östlichen ‚Peripherie‘, wo der elamische Herrscher

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Mehrfach waren die Guti/Gutäer in Mesopotamien eingefallen. Mit dem sogenannten Gutäer­ Brief (Kienast/Volk 1995, 89–91, Gir 19) existiert ein Zeugnis, das die von ihnen ausgehende Bedrohung illustriert. Es handelt sich um ein Schreiben des hohen akkadischen Funktionärs Ischkundagan an den ‚Buchführer‘ (sag­du5) Lugalra und enthält die Anweisung, die Viehherden gegen die Guti zu schützen. In dem den altakkadischen Briefen eigenen scharfen Ton droht der Verfasser dem Lugalra (Rs. 22–33): „Du hast gesagt: Das Vieh haben die Gutäer weggeführt und (dazu) soll ich überhaupt nichts sagen (und) dir (noch) Silber geben? Nun aber, (beim) Leben des Šarkališarri, schwöre ich hiermit: Wenn die Gutäer (erneut) Vieh fortführen, wirst du fürwahr aus eigener (Tasche) (Ersatz) leisten!“ Sodann heißt es (Rs. 36–40): „Ferner: (Wenn) du das Vieh nicht hütest, werde ich die normalen ‚Erträge‘ von dir einfordern.“ Mehrfach bezeugt ist die Restauration des Ekur durch Scharkalischarri: Škš. 1: 7–11 (= RIME II E2.1.5.1); 2: 9–12; 4: 4–6; C 3: 9–12 (= RIME II E2 1.5.7/8). Ferner nennt er sich ‚der geliebte Sohn des Enlil‘ (DUMU.da­dì dEn­líl): Škš. 2: 2; C 2: 1–5 (= RIME II E2 1.5.6); C 3: 2–3 (= RIME II E2 1.5.7/8); ‚Mundschenk‘ (SAGI) des Enlil: RIME II E2 1.5.4, 3–12 und ‚König der Untertanen des Enlil‘ (LUGAL ba11­ú­la): Škš. 2: 6–8; 5: 3–5 (= RIME II E2 1.5.10); C 3: 6–8 (= RIME II E2 1.5.7/8). Zu den Inschriften Scharkalischarris cf. Franke 1989, 199–210. Cf. Gadd 1971, 457. Die altbabylonischen Omina zu Scharkalischarri finden sich bei Goetze 1947: 258 f. Cf. SKL, Col. VII, 2–7 (= Glassner 2005, Nr. 1, 117–127, hier 122–125. Cf. ferner Frayne 1993 (= RIME II), 209 sowie Westenholz 1999, 57 f. Möglicherweise ist Elulu/Ilulu mit RN LI-lu-ul-DAN (= RIME II E2.1.12.1) identisch. Cf. Selz 2010, 74. SKL, Col. VII, 1 (= Glassner 2005, Nr. 1, 117–127, hier 122–123). Cf. RIME II E2 1.10–11 (Dudu) und ibid., E2 1.11.2001–2003 (Schu-durul). Dudu nannte sich u. a. ‚der Mächtige‘ und ‚König von Akkad‘. Cf. Erpz. C 1: 13; 29; 46; 60; Beischrift (a): 2; C 2: 2; Beischrift (a): 2; C 3: 2; 45’; 78 (dannu) und Erpz. C 1: 14–18; 30–34; 47–50; 61–65; Beischrift (a): 3–7; C 2: 2; Beischrift (a): 3–7; C 3: 3–7; 46’–50’(‚König von Gutium und der vier Weltgegenden‘). Weiterhin bemerkt er Erpz. C 1: Beischrift (a) und C 2: Beischrift (a), er habe seine Statue dem Enlil geweiht. Bereits Jacobsen 1939, 117 mit Anm. 285 hat vermutet, dass es sich bei dem in der SKL (Col. VII, 28) erwähnten

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Kutik-Inschuschinak (akk. Puzur-Inschuschinak) die Schwäche Akkads ausnutzte, um die Susiana, Awan und Gebiete im Zagros seiner Botmäßigkeit zu unterwerfen.763 Das ‚Reich‘ von Akkad war zerfallen, und sein Kernland Babylonien verfiel ein halbes Jahrhundert lang in Anarchie und Partikularismus. 2.5 Der Mythos vom ‚Weltreich‘: Das Vermächtnis der Könige von Akkad im ausgehenden dritten und zweiten Jahrtausend v. Chr. Die Dynastie von Akkad übte eine starke Prägung auf das kollektive Gedächtnis Mesopotamiens und seiner Umwelt aus. Ein vergleichbarer Ruhm ist einzig den legendären Königen von Uruk (Enmerkar, Lugalbanda und Gilgamesch) zuteil geworden,764 die man mit Samuel Noah Kramer als Exponenten eines ‚Heroischen Zeitalters der Sumerer‘ titulieren mag.765 Die spätere literarische Tradition hat die Taten der Herrscher von Akkad legendenhaft verklärt und sie – die überlieferten Texte umfassen einen Zeitraum von rund 1.600 Jahren – mit ihren jeweils zeitspezifischen Deutungen versehen.766 Das ‚Reich‘ von Akkad  – seine Ursprünge, seine Errungenschaften und schließlich sein Sturz – geriet zum Paradigma.767 In zunehmendem Maße begann die legendarische Überlieferung die altakkadische Geschichte auf die herausragenden Persönlichkeiten Sargons und Naramsins (s. u.) zu reduzieren. Während die übrigen Könige der Dynastie allein in der USKL/SKL sowie in den Nachsätzen historischer Omina präsent blieben,768 avancierten diese beiden Herrscher geradezu zu Prototypen des machtvollen Königtums, an denen spätere

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‚König ohne Namen‘ (l u g a l m u n u - t u k) um Erridupizir handle, der bewusst Naramsins Erbe angetreten habe. Möglicherweise beherrschte er zeitweilig sogar Nordbabylonien und die angrenzende Diyala-Region. Cf. Steinkeller 2013. Kutik-Inschuschinak nennt sich in seinen Inschriften ‚Fürst (é n s i) von Susa, der Statthalter (GIR.NÍTA) des Landes Elam‘ (Elam 2: 2–6; 3: 5–10; 4: 5–9; 5: 4–8; 6: 4–8). Diese Titel deuten keineswegs auf seine Abhängigkeit von Akkad hin, wie der Blick auf die elamische Version der Bilinguen lehrt: Dort ist ‚König des Landes, Landerbe von Susa‘ zu lesen. Cf. Koch 2007, 86–88. Weiterhin nennt sich der König ‚der Mächtige (dannu), der ‚König von Awan‘ (Elam 7: 5–6; 8: 3–5) und brüstet sich (Elam 8: 7–14): „In dem Jahre, da Inšušinak ihn erwählt (und ihm) die vier Weltgegenden […] gegeben hatte […].“ Cf. Glassner 1986, 55. Cf. Kramer 1946. In Anlehnung an Kramers Thesen untersucht Westenholz 1983 die ‚epische‘ Literatur der ‚Akkader‘. Cf. de Jonker 1995, 67. Die paradigmatische Funktion der Dynastie sieht Cooper 1993, 12 erstens in der räumlichen Ausdehnung ihrer Herrschaft, zweitens in der Aufrichtung einer imperialen Bürokratie und drittens im neuen Konzept des (säkularen und göttlichen) Königtums begründet. Cf. de Jonker 1995, 63 f.; Cooper 1993, 12. Die historischen Omina Rimuschs, Manischtusus und Scharkalischarris (bei Goetze 1947, 256–259, Nr. 13–21) nehmen gewöhnlich nur auf deren gewaltsamen Tod Bezug.

Der Mythos vom ‚Weltreich‘: Das Vermächtnis der Könige von Akkad

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Herrscher sich maßen:769 Ihre Statuen und Schreine fanden noch in achaimenidischer Zeit Verehrung,770 ihre Originalinschriften wurden sorgfältig kopiert, und die sogenannten narû-Texte (s. o. Kap. I.2.2) gaben sich gar als authentische Selbstäußerungen jener Könige, enthielten jedoch stets einen auf die jeweilige Gegenwart bezogenen Appell.771 Die Legendenbildung setzte bereits unmittelbar nach dem Erlöschen der Dynastie ein. Erzählungen über Sargon und Naramsin kursierten zunächst in mündlicher Form, bevor sie – verstärkt seit der altbabylonischen Periode – schriftlich niedergelegt wurden.772 Die frühsten Dokumente, die von der Rezeption der Akkade-Zeit künden, stammen aus Mari: Es handelt sich um im Rahmen der Eingeweideschau verwandte Tonmodelle der Leber von Opfertieren, deren Anomalien mit dem ‚Fall Akkads‘ oder schlicht mit ‚Sargon‘ etikettiert wurden.773 Offenkundig waren Berichte über Sargon und Naramsin bereits zu diesem frühen Zeitpunkt (um 2100 v. Chr.) allgegenwärtig, sodass ein bloßer Hinweis (‚Dies ist das Omen Sargons‘) hinreichte, um assoziative Deutungen vorzunehmen.774 Spätere historische Omina respektive deren Apodosen weisen eine zunehmende Differenzierung auf.775 Die von den Königen Akkads gleichsam in die Welt gestiftete ‚Idee‘ eines Großreiches sollte Jahrtausende lang nicht in Vergessenheit geraten, und gerade hierin liegt ihre historische Wirkmacht begründet. Da die von ihnen geschaffene politische Struktur (in dieser Größenordnung) eine gänzlich neue Form des Territorialstaates in Mesopotamien repräsentierte, erhielt das ‚Reich‘ von Akkad Modellcharakter für spätere Dynastien, die ein größeres Staatsgebilde vermittels einer zentralistischen, ja ‚imperialen‘ Organisation zu lenken trachteten.776 Indes, im ausgehenden dritten Jahrtausend schien zunächst das System der altsumerischen Stadtstaaten eine ‚Renaissance‘ zu erleben.777 Eine Restitution der vor-akkadischen Traditionen strebte augenscheinlich namentlich Gudea, é n s i von Lagasch, an, der uns in seinen Inschriften und Hymnen als ‚frommer‘ und gottgefälliger Fürst entgegentritt. Sich der territorialen Expansion weitgehend enthaltend, unterhielt er dennoch ausgedehnte (See-)Handelsbeziehungen, zumal mit den Machtzentren des Persischen Golfes (Magan, Dilmun, Meluhha).778

Cf. Liverani 1993c, passim. Cf. Westenholz 1997, 1 f.; Glassner 1986, 55. Cf. Krecher/Müller 1975, 20; Liverani 1993c, 62 f. Cf. Westenholz 1983, 328; de Jonker 1995, 60 f. Cf. Rutten 1938, Nr. 1–4. Cf. ferner de Jonker 1995, 60. Cf. de Jonker 1995, 61. Cf. hierzu Glassner 1983 (Naramsin). Die historischen Omina zur Akkade-Zeit (aus der altbabylonischen Periode) stellt Goetze 1947, 254–259 zusammen. Speziell zu den Sargon betreffenden Vorhersagen cf. Lewis 1980, 125–142. Zur Tradition um Naramsin cf. Cooper 1983a, 15–19. 776 Cf. Cooper 1993, 14 f. 777 Zum Begriff der ‚sumerischen Renaissance‘ und den damit (etwa durch die Zweisprachigkeit bedingten) Problemfeldern cf. Nissen 1999, 65; 159–162 sowie Sallaberger 1999, 129–131. 778 In den Zylinderinschriften A und B, der sogenannten Tempelbauhymne (ETCSL t. 2.1.7), berichtet Gudea (Z. 392–445) von der Beschaffung der Rohmaterialien (Zedern, Zypressen, Steine, Metalle 769 770 771 772 773 774 775

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Nach Gudeas (zeitlich nicht näher bestimmbarem) Tod verlor Lagasch an Bedeutung, und Uruk errang unter Utuhegal eine zeitweilige Vorherrschaft über Südmesopotamien. Jenem gelang dem sogenannten Utuhegal­Epos zufolge dann auch die endgültige Vertreibung der Gutäer.779 Es war jedoch (sein Bruder?) Urnamma, der Militärgouverneur von Ur, der den (nach Akkad) zweiten starken Territorialstaat in Mesopotamien begründen sollte.780 Jenes Reich der ‚Dritten Dynastie von Ur‘ (s. o. Kap. I.2.2) erlebte unter Urnammas unmittelbarem Nachfolger Schulgi (2093–2046 v. Chr.) eine Blütezeit, doch wurden sowohl der Letztere selbst als auch die nachrückenden Könige Arma-Suena (2045–2037 v. Chr.) und Schu-Sîn (2036–2028 v. Chr.) erheblich von der Sicherung der (östlichen) Grenzen beansprucht. Wirtschaftliche Kalamitäten wie auch die Stärkung der Partikulargewalten auf Kosten der Zentralmacht führten in der Regierungszeit Ibbi-Sîns (2028–2004 v. Chr.) in den Niedergang der Dynastie von Ur, deren Residenz im vierundzwanzigsten Jahr des Königs von den vereinten Heeren der Elamer und Schimaschki eingenommen wurde. Ibbi-Sîn selbst geriet in Gefangenschaft.781 Rund ein Jahrhundert lang hatten die Herrscher von Ur Stabilität durch die Aufrichtung einer effizienten Verwaltung, staatliche Normierungen, den Ausbau der Handels- und Kommunikationswege sowie die militärische Absicherung des Staatsgebiets erreicht.782 Die Reichsadministration ahmte (bei erheblichen Veränderungen und Innovationen im Detail) diejenige Akkads nach, die Provinzgrenzen orientierten sich allerdings an den altsumerischen Strukturen.783 In der Selbstvergöttlichung sowie in der Annahme altakkadischer Titel und Epitheta – zumal des Titels ‚König der vier Weltgegenden‘ – knüpften die Herrscher von Ur zwar an die Dynastie Sargons an, doch beriefen sie sich niemals direkt auf Akkad. Vielmehr stellten sie ihre (vorgebliche) Verbindung zu den legendären Königen von Uruk (Enmerkar, Lugalbanda, Gilgamesch)

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u. ä.) aus allen Himmelsrichtungen für den Bau des Tempels des Stadtgottes Ningirsu. Zu Gudeas Tempelbauprogramm cf. Suter 2000. Die Inschriften der ‚Lagasch II–Dynastie‘ sind in RIME III/1 (= Edzard 1997) ediert. Eine umfassende Forschungsdiskussion bietet Frayne 1997 (= RIME III/2). Die umstrittene Chronologie behandelt Steinkeller 1988. Cf. ETCSL t. 2.1.6. Utuhegals Regierung wird nach der SKL, Col. VIII, 3–8 (= Glassner 2005, Nr. 1, 117–127, hier 124–125) auch als Uruk IV-Dynastie bezeichnet. Zu Urnamma cf. Sallaberger 1999, 132–140; Flückinger-Hawker 1999, passim. Cf. Michalowski 1989, 1–3; Wilcke 1970, passim. Cf. Neumann 2014, 43. Zur Ur III-Dynastie cf. die materialreiche Überblicksdarstellung Sallaberger 1999, passim sowie die Beiträge in Garfinkle/Johnson 2008. Zum Königtum der Ur III-Zeit cf. Wilcke 1974. Die Inschriften der Könige von Ur sind in RIME III/2 (= Frayne 1997) ediert. Die Korrespondenz der Ur III-Zeit behandelt Michalowski 2011. Eine Auswahl der Hymnen Schulgis bietet (neben dem ETCSL) Klein 1981. Zum Quellenbestand cf. zusammenfassend Molina 2008 sowie Sallaberger 1999, 200–227. Cf. Neumann 2014, 42. Augenfällig ist der „duale Charakter der Provinzialverwaltung“ (ibid., 43), die sich auf einen Statthalter (é n s i) und einen Militärgouverneur (š a k k a n a) verteilte. Beide gehörten einer königlichen Ratsversammlung an, einer Instanz, die herrscherliche Entscheidungen „auf breiter Grundlage“ (ibid., 44) sanktionierte. Zur Provinzialverwaltung der ‚neusumerischen‘ Zeit cf. Kraus 1955 sowie Sharlach 2004. Speziell zur Entwicklung des Rechts cf. Lafont/ Westbrook 2003.

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heraus, denn: Der Name Akkads evozierte unweigerlich auch das tragische Ende einer (von den Göttern für ihre Verfehlungen gestraften?) Stadt.784 Gerade der Sturz jener mächtigen Dynastie (šu­lum a­ká­dè ki),785 die doch weithin den Völkern geboten hatte, stellt folglich ein negatives Paradigma dar, das mannigfaltigen Erklärungen Raum bot:786 Das Ende jedweder Herrschaft konnte im Rahmen der (namentlich von der SKL vertretenen) zyklischen Zeitvorstellung (s. o. Kap. I.2.2) als determiniert und unausweichlich erscheinen787 oder als Folge göttlichen Gunstentzugs begriffen werden.788 Der letztere Gedanke bestimmt die Handlung der sumerischen Dichtung Fluch über Akkad, die in über hundert (größtenteils aus Nippur stammenden) Versionen auf uns gekommen ist:789 Im Anfang steht der Preis der Größe Akkads. Der Göttervater Enlil nimmt Kisch und Uruk ihre Macht und überträgt sie auf Sargon (Z. 1–9). Dessen Schutzpatronin, die Göttin Inanna/Ischtar, errichtet ihren Thron in Ulmasch und beschert dem Lande Überfluss (Z. 10–39). Als Naramsin zur Herrschaft gelangt, steht Akkad im Zenit seiner Macht; Tribute und Gaben aus allen Ländern strömen in die Stadt (Z. 40–56). Doch ein missbilligendes ‚Zeichen‘ aus dem Ekur führt die Wende herbei: Inanna verlässt ihre Stadt, und die übrigen Götter folgen ihrem Beispiel (Z. 57–93). Naramsin, dem eine nächtliche Traumvision die feindliche Haltung Enlils offenbart, legt Trauerkleidung an und hadert sieben Jahre lang mit dem Göttervater (Z. 83–93). Nach Ablauf dieser Frist konsultiert er die Orakel zum Bau eines Heiligtums für Inanna. Als er keinen günstigen Bescheid erhält, fasst er den Beschluss, Enlil Gewalt anzutun und mustert Truppen zur Plünderung des Ekur (Z. 94–99). Nun 784 Diesen Ansatz verfolgt namentlich Cooper 1993, 15; 21 f. Zu den (unterschwelligen) Reminiszenzen an Akkad in den in der Ur III-Zeit verfassten Texten cf. ibid., 20–23. So mag die USKL dem Legitimationsbedürfnis der Herrscher im Zuge der außermesopotamischen Expansion Genüge getan haben. Zu Recht betont indessen Cooper (ibid., 19 f.), der allerdings noch auf der Basis der späteren SKL argumentiert, dass die Königsliste Akkad keineswegs als einzigartiges Paradigma vorstelle, sondern die Dynastie vielmehr in einen größeren historischen Ablauf politischer Legitimität einbette, innerhalb dessen sie jedoch als ‚Anomalie‘ erscheine. 785 Diese Formulierung, die sich in der Bauinschrift Schamschi-Adads I. (RIMA I A0.39.2.15) am Ischtar-Tempel findet, ist zweideutig. Während der Editor Albert Kirk Grayson sie mit „fall of Akkad“ übersetzt, hält Glasser 1986, 61 auch die Bedeutung ‚Blütezeit‘ für plausibel. 786 Cf. Glassner 1986, 60 f. 787 So konstatiert ein babylonisches Orakel (YOS X 61, 7): pa­le A­ka­di­im ga­mi­ir („Das palû Akkads ist abgelaufen“). Dieser und weitere Belege finden sich bei Glassner 1986, 64 f. 788 Cf. Glassner 1986, 64 f. Dass die Götter Akkad verlassen hätten, deuten astrologische und divinatorische Texte wiederholt an. Die Invokation des assyrischen Buchs der Träume richtet die Frage an den Gott Ziqīqu, warum er Akkad verlassen habe (K. 3758, obv. I, 2–3 bei Oppenheim 1956, 338 (Transliteration) und 297 (englische Übersetzung)): [URU] A­ga­dè ki aš­b[a­ta / [URU] A­ga­dè ki mi­na­a te­[zi­ib. Ein weiteres Omen (CT 29, pl. 49. Cf. Glassner 1986, 60) zählt 47 Zeichen (Feuer, Hochwasser, Dämonenerscheinungen u. ä.) auf, die den Sturz Akkads ankündigten. Obschon das angesprochene Ereignis sich tatsächlich auf den Fall Babylons beziehen mag, liegt das (paradigmatische) Ende Akkads als ‚Folie‘ zugrunde. Cf. Glassner 1986, 60. 789 Text: Cooper 1983a; Black/Cunningham/Robson/Zólyomi 2004, 116–125; ETCSL t.2.1.5. Cf. die deutsche Übersetzung Volk 2015, 319–335. Cf. ferner Glassner 1986, 69–77; Cooper 1993, 16 f.; de Jonker 1995, 64–68; Krecher/Müller 1975, 23.

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bricht sich der Zorn Enlils Bahn: Der Göttervater ruft die barbarischen Guti – mehr wilden Tieren als Menschen gleich – aus den Bergen herab, das Land Akkad zu verheeren (Z. 149–209). Fastend legt Enlil sich in seiner Kammer zur Ruhe, bis auch die übrigen Götter (Suen, Enki, Inanna, Ninurta, Ischkur, Utu, Nuska und Nisaba) Akkad auf immer verfluchen (Z. 210–281). Bedauern verlautet nicht. Der Text schließt mit den Worten: „Für die Zerstörung von Akkade sei Inanna Preis!“ (A - g a - d e 3 k i ḫ u l - a d I n a n a z a 3 - m i 3 ). Die Historizität der Ereignisse wie auch der Zeichnung Naramsins als ‚Totengräber‘ des Reiches von Akkad ist in zentralen Punkten nicht gegeben.790 Vielmehr wird hier eine theologische Interpretation von Geschichte entwickelt, der zufolge die Verfehlungen einer Person, genauer: des Herrschers, den Götterzorn provozieren und die Guti als Instrumente, nicht als eigentliche Urheber der Zerstörung, erscheinen.791 Den historischen Standort der Verfasser hat man in der Priesterschaft von Nippur vermutet, die Naramsin seine Selbstdeifizierung (s. o. Kap. I.1.4) verübelt habe.792 Die Provenienz zahlreicher Textzeugen aus jener Stadt wie auch die herausgehobene Rolle Enlils in der Handlung stützen diesen Befund. Mithin mag auch das in Z. 57 erwähnte „Zeichen aus dem Ekur“ auf das Missfallen des nippuräischen Klerus hindeuten.793 Zugleich steht möglicherweise das Legitimationsbedürfnis der ‚Dritten Dynastie von Ur‘, die sich – wie oben gesagt wurde – von Akkads Sturz zu distanzieren suchte, hinter der um 2100 v. Chr. erfolgten Abfassung des Textes, denn: In Nippur hatte der König Schulgi im ‚Tafelhaus‘ (e d u b b a) eine Schreiberschule eingerichtet, die die offizielle ‚Hofliteratur‘ zu vervielfältigen und zu verbreiten hatte.794 Die Dichtung Fluch über

790 Cf. Glassner 1986, 71–74: Zwar zählte Nippur nach Ausweis der Inschrift Ns. C 1: 240–255 zu jenen Städten, die sich im Zuge der ‚großen Revolte‘ gegen Naramsin erhoben, doch zeugt der archäologische Befund nicht von einer Zerstörung des Ekur. Immerhin verkündet der Jahresname D-15 Naramsin 8, dass die Fundamente des Enlil-Tempels (neu?) gelegt wurden. Die Datenformel D-49 Anonym 8 bezeugt wiederum die Errichtung eines Tempels der Ischtar/Inanna in der Stadt Akkad. Die Zerstörung der Residenz in der Regierungszeit Naramsins ist indessen eindeutig zu dementieren: In der Ur III-Zeit war sie Sitz eines é n s i s, und die Siedlungsstrukturen blieben bis in die neubabylonische Periode hinein konstant. 791 Cf. Glassner 1986, 66–69; 75 f. Die babylonische Weidner Chronik (= ABC Nr. 19, 50–51 = Glassner 2005, Nr. 38, 263–269) folgt dem nämlichen Prinzip, indem sie die jeweiligen ‚Regierungswechsel‘ durch die Verfehlungen der Könige gegen Marduk erklärt, dessen Kult sie vernachlässigt hätten. In Z. 53–57 erscheinen wiederum die Guti als entmenschlichte Barbaren, die Marduk zur Strafe für die schlechten Taten Naramsins aus den Bergen herbeiruft: „Naram-Sin destroyed the population of Babylon. Twice he (Marduk) brought the army of the Guti […] He (Marduk) gave his souvereignty to the army of the Guti (šarru­us­su a­na um­ma­an Qu­ti it­ta­din). The Guti were oppressive people without instruction in divine worship (Qu­tu (!)­ú šá ta­zi­im­te ila pa­la­ḫa la kul­lu­mu). They do not know how to properly perform divine rites and ordinances (par­si uṣurā­ ti(giš.hur)meš šu­te­ra la i­du­ú). 792 Cf. Glassner 1986, 70 f. 793 Cf. de Jonker 1995, 65 f. Im Analogieschluss könnte die Weidner Chronik die Haltung der Priesterschaft des Esangila zu Babylon reflektieren. Cf. Glassner 1986, 83. 794 Cf. de Jonker 1995, 65; 87.

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Akkad zeichnet den hybriden Naramsin dazuhin nachgerade als ‚Kontrastfigur‘ zu den (nach Ausweis ihrer eigenen Hymnen und Inschriften) pietätsvollen Königen von Ur.795 Indes, auch deren Herrschaft fand bekanntlich ein nicht minder tragisches Ende. Das literarische Echo auf die Zerstörung von Ur in den Städteklagen (s. o. Kap. I.2.1 und I.2.2) nimmt sich jedoch weniger verhängnisvoll aus: Am Ende ist Enlil versöhnt, es besteht noch Hoffnung. Akkad hingegen ist unserem Text zufolge auf immer verflucht und wird nicht wieder erstehen.796 In Anbetracht dieses Befundes sowie der überwiegend positiven Zeichnung des Dynastiegründers Sargon in unseren Quellen glaubte Hans Gustav Güterbock in den 1930er Jahren eine dualistische Gegenüberstellung beider Herrscher in der literarischen Überlieferung ausmachen zu können: Während Sargon in den mesopotamischen Zeugnissen als Inbild des idealen Monarchen und als ‚Welteneroberer‘ figuriere, gelte Naramsin der Tradition als Archetypus des Unheilsherrschers, dessen Hybris Verderben über Babylonien brachte.797 Rezenteren Urteilen zufolge gestaltet sich das antike Naramsin-Bild indessen deutlich nuancierter, erscheint der Herrscher doch in zahlreichen ‚epischen‘ Texten in akkadischer Sprache als über seine Feinde triumphierender Held.798 An der Person Naramsins schieden sich späterhin, möglicherweise aber bereits zu seinen Lebzeiten, die Geister.799

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Cf. Cooper 1993, 21. Cf. ibid., 22 f. Cf. Güterbock 1934. Cf. Glassner 1986, 77 f.; Pongratz-Leisten 2001b, 24–27; Cooper 1993, 12; Westenholz 1983, 333: „[…] there is no sharp distinction between Sargon and Naram-sin as Heil and Unheil; both were heroes if in a different measure.“ So tritt Naramsin in der hymnisch-epischen Dichtung Naramsin und der Herr von Apischal (Text: Westenholz 1997, Nr. 12, 173–187) als furchteinflößender Eroberer auf. Er ist (Col. V, 2) ein „rasender Löwe“ (kīma nēšimmi naḫirim tabašši) und an anderer Stelle (Col. V, 11) ist vom „brennenden Feuer im Krieger“ (išāt libbi muti napiḫtum) die Rede. Cf. Westenholz 1983, 331. Selbiges gilt für die Erzählung Erra und Naramsin (Text: Westenholz 1997, Nr. 13, 189–201), die den Gott Erra, den Zerstörer, und Naramsin gemeinsam gegen den Göttervater Enlil kämpfen und obsiegen lässt. Am Ende weiht Naramsin dem Erra einen Tempel (Meslam in Kutha?), auf dessen bronzenen Doppeltüren beider Namen eingraviert werden, um an die Schlacht und den auf sie folgenden Wohlstand zu erinnern. Cf. Westenholz 1983, 331. Auch die spätere Adaption der Großen Revolte gegen Naramsin, die in drei unterschiedlichen altbabylonischen Versionen auf uns gekommen ist (Text: Westenholz 1997, Nr. 15–19, 221–261) und mit hoher Wahrscheinlichkeit auch in hethitischer Sprache kursierte, sucht die Schuld nicht beim König, sondern vielmehr bei den ‚undankbaren‘ Untertanen. Eine der altbabylonischen Versionen (Westenholz 1997, Nr. 16B, 238–245) weist auffällige Parallelen zur Siegesstele Naramsins auf – mit der Einschränkung, dass der Text – der altbabylonischen Praxis entsprechend – in der ersten Person abgefasst ist. Cf. ausführlich Haul 2009, 59–94. Einzig die aus Larsa stammende Elegie auf den Tod Naramsins (Text: Westenholz 1997, Nr. 14, 203–220) zeichnet ein ambivalentes Bild des Königs, der vom Sonnengott ins Totenreich geleitet wird, dessen Tür verschlossen wird (Col. IV). Cf. Pongratz-Leisten 2001b, 27. 799 So Westenholz 1999, 55: „No doubt these mixed reviews go back to very different opinions about the king in his own time.“

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Der ambivalente Charakter dieses Herrschers tritt in der sogenannten Kutha­Legende Naramsins klar zutage, die zu den am häufigsten rezipierten und wirkmächtigsten Texten der Akkad-Tradition zählen dürfte: Auf uns gekommen sind immerhin zwei (z. T. divergierende) Fassungen aus der altbabylonischen Zeit, zwei in Boghazköy (Hattusa) entdeckte akkadische Texte sowie Fragmente einer hethitischen Übersetzung und sechs spätere Kopien aus Ninive, Sultantepe und Kisch.800 Die jungbabylonische (SB = ‚Standard Babylonian‘) Fassung liest sich wie folgt: In einem apokalyptisch anmutenden Szenario wird die Invasion machtvoller Feinde nach Babylonien geschildert. Von ihnen heißt es, dass sie „inmitten des Gebirges“ (ina qereb šadî) aufwuchsen (Z. 36) und – in Anlehnung an den im babylonischen Schöpfungsmythos Enūma eliš (s. o. Kap. I.2.1) beschriebenen vorweltlichen Chaoskampf – von Tiamat gesäugt wurden (Z. 34). Sie, die Söhne Anubanninis und der Melili (Z. 39) verheeren mit einer Armee von 36.000 Mann die ‚Silberberge‘, Puruschandar, Schubat-Enlil, Gutium, Elam, Dilmun, Magan und Meluhha (Z. 47–60). Siebzehn Könige unterstützen sie mit weiteren 90.000 Mann. Nach der Entsendung eines Kundschafters, der die Feinde einer ‚Blutprobe‘ unterziehen soll, um herauszufinden, ob sie Menschen oder Dämonen seien (Z. 63–71), konsultiert Naramsin – nachdem seine Gegner sich als menschlich erwiesen haben – die Orakel (Z. 72–78). Auf deren negativen Bescheid folgt ein Monolog des Königs: Welcher Löwe befragte je die Opferschau? Welcher Wolf befragte je die Traumdeuterin? Ich will wie ein Räuber auf eigenen Ratschluss gehen, und ich will (die Entscheidung) des Gottes beiseite weisen und mein eigener Herr sein.801

Die folgenden drei Jahre geraten zum militärischen Fiasko, bis die anhaltenden Niederlagen Naramsin zur Einsicht zwingen: Ich bin ein König, der seinem Land kein Glück bringt, und ein Hirte, der seinem Volk kein Glück bringt. Wie soll ich mich verhalten und mich aus (dieser Situation) wieder herausbringen? Ein Schrecken der Löwen, Tod, Plage, Hungerkrampf, furchterregender Glanz, Frost, Verlust, Hunger, Bedürftigkeit, Schlaflosigkeit, und was alles (an Übel) existiert, kamen mit ihnen herab.802

Die Reue und Selbstanklage Naramsins veranlassen den Gott Ea, den König zu unterstützen und die Götter zu besänftigen (Z. 99–103). Als Naramsin daraufhin erneut die 800 Die Texte bearbeitet (mit Ausnahme der hethitischen Version) Westenholz 1997, Nr. 20–22, 263– 331. Der akkadische Text der SB-Version und eine deutsche Übersetzung finden sich ferner bei Pongratz-Leisten 2001b, 32–39. 801 SB, Z. 80–83: ajû nēšu bīri ibri/ajû barbaru išāl šā’iltu/lullik kī mār ḫabbāti [ina] migir libbīja/u luddi ša ilimma jâti luṣbat. Transkription und deutsche Übersetzung Pongratz-Leisten 2001b, 35. 802 Ibid., Z. 91–96: anāku šarru lā mušallimmu mātīšu / u rē’ûm la mušallimmu ummānīšu/kī luštak­ kanma pagrī u pūti lušēṣi/šallummat nēši mūtu namtaru arurtu/namurratu ḫurbāšu nebrītu/[ḫušaḫ] ḫu diliptu mala bašû [itt]īšunu ittarda. Transkription und deutsche Übersetzung Pongratz-Leisten 2001b, 36.

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Orakel befragt, erhält er nunmehr einen günstigen Bescheid (Z. 108–119) und obsiegt über seine Gegner (Z. 120–123). Sonach steigt die Göttin Ischtar aus Himmelshöhen herab und verheißt die vollständige Vernichtung der Feinde (Z. 128–148). Einleitung und Schluss der Kutha­Legende sind ‚Ich-Berichte‘. Der Text gibt sich somit formal als narû respektive ‚Pseudoautobiographie‘ (s. o. Kap. I.2.2).803 Dem Kernmotiv, der Pflicht, alle Handlungen durch die Götter sanktionieren zu lassen (Z. 11–17; 72–77; 108–114), wird als „Rahmenmotiv“804 die Maßgabe beigegeben, die eigenen Taten auf einer Stele (narû) festzuhalten, um sie der Nachwelt zu übermitteln.805 Letzteres wird eingangs unter Rekurs auf das (angebliche) Versäumnis Enmerkars von Uruk dargetan, der keine Stele hinterließ, sodass Naramsin nicht für ihn habe beten können.806 Den nämlichen Gedanken führt der Schlussteil der Erzählung fort, wenn es heißt: Du, wer immer Du auch bist, ein Statthalter oder Prinz oder irgendein anderer, den die Götter berufen haben zur Ausübung der Herrschaft […] Lies diesen narû! Höre auf den Wortlaut dieses narû! 807

Der Appell richtet sich dazuhin an „weise Schreiber“ (ṭupšarrē enqūte), die den Text (laut) rezitieren sollen (Z. 175). Indes, die Weisung, die Naramsin den Späteren hinterlässt, erstaunt: Nicht Heldenmut und Stärke, vielmehr Gottvertrauen und Selbstbeschränkung, ja Passivität gegenüber dem übermächtigen Feind legt der (vorgebliche) Verfasser seinen Nachfolgern ans Herz (Z. 149–180). Bosheit möchten sie mit Güte beantworten (ana gullultīšunu rīb dumqi)  – so die ‚pazifistische‘ Botschaft.808 Damit liegt der Sinn der Erzählung keineswegs in der Charakterisierung Naramsins als ‚Unheilsherrscher‘ begründet.809 Vielmehr stellt der Text moralische Reflexionen über königliche Verhaltensnormen sowie über die Vorzüge einer ‚anti-heroischen Haltung‘

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Cf. Pongratz-Leisten 2001b, 23–27. Ibid., 28. Cf. ibid., 27–29. Cf. SB, Z. 28–30: „Er, dessen Weisheit und Waffen jenes Heer paralysierte, besiegte und tötete, schrieb es nicht auf eine Stele und hinterließ mir (nichts), er setzte sich keinen Namen, so daß ich nicht für ihn beten kann.“ 807 SB, Z. 149 f.; 154 f.: atta mannu lū iššakku ū rubû lū mimma šanâma/ša ilānu inambûšu šarrūta ippuš […] narâ annâ amurma ša pī narê ana šimēma. Transkription und deutsche Übersetzung Pongratz-Leisten 2001b, 38. 808 Cf. zu diesem Passus Adali 2011, 64–71; Pongratz-Leisten 2001b, 31; Westenholz 1983, 330; Glassner 1986, 83. Die Aufforderung zur Passivität findet sich, wie Letzterer (ibid., 85) darlegt (cf. ferner Adali 2011, 70), außerdem in einer Inschrift Assurbanipals von Assyrien (Prisma B V, 64–68 = Borger 1996, 101; 225). In einem Traumgesicht verkündet jenem die Göttin Ischtar, sie selbst werde an des Königs Statt gegen den elamischen Herrscher Teumann zu Felde ziehen. Assurbanipal möge sich einstweilen ruhig verhalten: „Du sollst hier bleiben an deinem Platz. Iss Speise, trinke Bier, veranstalte Musik und preise meine Gottheit, während ich hingehe, die fragliche Arbeit erledige und (dich) die Wünsche deines Herzens erreichen lasse!“ 809 Cf. Westenholz 1983, 332 f.

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(„anti-heroic attitude“810) an. Das zentrale Motiv der Hybris und Bekehrung zielt auf die Undienlichkeit allen menschlichen Eigensinns, der sich gegen den erklärten Willen der Götter richtet. Was nun aber die Person Naramsins anbetrifft, so gestaltet der Text den Charakter des Herrschers nuanciert: Er ist ein Mann der Tat, doch zugleich besitzt er die Fähigkeit zur inneren Einkehr und zur Selbstreflexion, die ihn die fatalen Konsequenzen seiner Hybris erkennen lässt.811 Einen faktischen Sinn der Erzählung hat  – auf einer konkreteren Bedeutungsebene  – Selim Ferruh Adali erkannt.812 Die Botschaft Naramsins betreffe, so seine Überzeugung, königliche Verhaltensmaßregeln gegen einen spezifischen Feind: die Ummān­manda. Dieses akkadische Kompositum, dessen Etymologie nach wie vor umstritten ist,813 begegnet seit dem zweiten Jahrtausend v. Chr. als kollektiver Terminus zur Bezeichnung unterschiedlicher ethnischer Gruppen außerhalb Mesopotamiens und wurde seit dem ersten Jahrtausend vorzugsweise auf die Meder und Kimmerier angewandt. Den neuassyrischen und neubabylonischen Quellen – hiervon wird unten (Kap. I.3.1.3) zu handeln sein – liege, so Adali, die Kutha­Legende als Referenztext zugrunde. Der Terminus Ummān­manda begegnet sowohl in deren hethitischer Fassung814 als auch in der jungbabylonischen Version (SB, Z. 54), und zwar im Kontext der feindlichen Invasion. Die auf Güterbock815 zurückgehende Communis Opinio, dass es sich bei den Ummān­manda um die mächtigen Gegner Naramsins, um die dämonischen Kreaturen Tiamats unter Führung Anubanninis und seiner Söhne handle, hat Joan Goodnick Westenholz in jüngerer Zeit bestritten: Ihren Überlegungen zufolge präsentiere der Text sie weniger als Agenten denn als Op-

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Ibid., 333. Cf. Westenholz 1997, 264: „In other tales he [scil. Naramsin] is a man of action; in this tale he is a man of introspection as well. Initially he is depicted as a self-willed individual, putting himself above the gods. Since Naram-Sin defies the will of the gods, he must be punished. He must realize and acknowledge his tragic error, before he can receive assistance from the gods.“ 812 Cf. Adali 2011 zum Folgenden. 813 Die Schreibweise variiert. Als Standardformen der astrologischen Omina des ersten Jahrtausends v. Chr. erscheinen ERÍN-man­da, ERÍN-ma­an!­du und ERÍN-man­dum. In den neubabylonischen Inschriften begegnet desgleichen die Form Um­man­ma­an­du. Der erste Bestandteil des Kompositums ERÍN(.Meš)/ummān trägt die Bedeutung ‚Truppen‘, ‚Armee‘ oder ‚Menge‘ (ummānu). Schwieriger gestaltet sich die Deutung des zweiten Gliedes. Viele Anhänger findet die erstmalig von Landsberger/Bauer 1927, 81–83 vertretene man­īde-Etymologie, der zufolge sich die Komponente manda (mit der Variante minde: ‚vielleicht‘) von man īde (‚wer weiß?‘) herleitet. Entsprechend übersetzt etwa Liverani 1988 den Terminus Ummān­manda mit dem Hinweis auf den dämonischen Charakter der Feinde und die ‚Blutprobe‘ in der Kutha­Legende mit ‚uomini, forse?‘ oder mit ‚gente chissà‘. Cf. zusammenfassend Adali 2011, 1 f.; 4–6; 15–29 mit der älteren Literatur. Adali selbst schlägt die etymologische Herleitung des zweiten Elements von ma(n)du(m) vor, das im Sagenzyklus um Lugalbanda das ‚Land‘ oder ‚Terrain‘, zumal als das zwischen Aratta und Anschan gelegene Gebiet, bezeichnet. Hieraus folgt für ihn die Übersetzung ‚Truppen (des Landes) manda‘. Cf. Adali 2011, 32–34. 814 Die Umschrift und eine englische Übersetzung der Textstelle (KBo 3 18+19, 16 14b-26a) finden sich bei Adali 2011, 45. 815 Cf. Güterbock 1934, 73.

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fer der Zerstörung.816 Zu Recht wurde jedoch geltend gemacht, dass die Ummān­man­ da in der Omenliteratur stets als eine invasive und destruktive Kraft beschrieben werden.817 Ihre geographische Heimat verortet Adali in den Gebirgsmassiven des Ostens, deren halbnomadische Bewohner aus der Perspektive der mesopotamischen Tiefebene eine permanente Bedrohung darstellten.818 Folgerichtig treten sie als zerstörerische, von den Göttern als Instrument ihres Willens erschaffene und der menschlichen Sphäre enthobene Entität in Erscheinung, gegen die der (mesopotamische) Herrscher nichts auszurichten vermag. Diese Schwäche, so Adali des Näheren, hätten die Kompilatoren der Kutha­Legende (in bewusster Abkehr von der politischen Realität) zum ‚Pazifismus-Motiv‘ umfunktioniert, indem sie nachfolgenden Königen anbefahlen, die marodierenden Horden gewähren zu lassen – im Vertrauen darauf, dass göttliche Mächte sich ihrer annehmen würden:819 In real life the ruler was unable to defeat the enemy, but in royal ideology and selfpresentation, the ruler would be following Naram-Sin’s advice and would be remaining passive in the face of the enemy. Hence the Cuthaean Legend converted humiliation in the face of the Ummān-manda into heroism (qarrādūtu).820

Cf. Westenholz 1997, 265 f. Entsprechend lautet ihre Lesung der Z. 54 (S. 313): luppudu narbû um­ mān­manda karā[šu] Šubat­En[lil] („Weakened were the powers of the manda hords, the camps of Šubat-En[lil].“). Dazuhin handle es sich bei Ummān­manda möglicherweise um eine spätere Korruptele von Mardaman. 817 Cf. Adali 2011, 47 unter Verweis auf Lanfranchi 2002, 99, Anm. 65. Adali 2011, 47 f. betont zudem, dass die in SB, Z. 45–62 auf Naramsins Feinde angewandten Standardverben sanāqum (‚heranrücken‘), sapāḫum (‚zerschmettern‘; ‚verheeren‘) und dâkum (‚töten‘; ‚besiegen‘) sich in Z. 54 nicht auf die Ummān­manda bezögen. Vielmehr werde hier auf das Heerlager (karašu) angespielt. Seine Übersetzung weicht entsprechend von derjenigen Westenholz’ ab, indem er lu­pu­du (lapātu) im Sinne von ‚verunreinigt‘ (Cf. CAD, 91 lapātu 4i) auffasst und übersetzt: „Tainted was the greatness of the Ummān-manda, (their?) cam[ps]? (in?) Šubat-E[nlil].“ Der strittige Passus hebe demnach auf den Makel ab, der den Feinden infolge der grausamen Verwüstung des Landes anhafte. 818 Cf. Adali 2011, 50–56 mit dem Verweis auf SB, Z. 36: ina qereb šadî irtebûma īteṭlūma irtašû minati. Relevant ist weiterhin seine Deutung der Z. 47 (šadi kaspi irkabūnimma), die Westenholz 1997, 311 f. – sie setzt das Logogramm KÙ.MEŠ mit akk. kaspu (‚Silber‘) gleich – mit „They were riding around the silver mountains“ übersetzt und das Heimatland der Feinde Naramsins folglich im Nord-Westen lokalisiert. Adali 2011, 50 hingegen bringt KÙ.MEŠ mit akk. ellūtu (‚rein‘; ‚strahlend‘) in Verbindung. Daraus ergibt sich für ihn die Übertragung „shining mountains“ Da auch die (östlichen) ‚Berge des Sonnenaufgangs‘ (s. o. Kap. I.2.1) in anderen Texten mit vergleichbaren Attributen versehen werden (Cf. etwa CT 16, 44: 84–87 bei Horowitz 1998, 332), erscheint ihm die Lokalisierung des Stammlandes der Ummān­manda im Osten, genauer: in den Gebirgsmassiven Irans, plausibel. Für diese These spricht weiterhin der epigraphische Befund, denn der Name Anubannini ist im Westen Irans als Königsname der Lullubäer bezeugt. Cf. Edzard 1973. 819 Cf. Adali 2011, 56: „I suggest […] that Ummān-manda, as a term used in the Standard Babylonian Cuthaean Legend, describes a powerful enemy that can specifically appear from the distant mountains at the will of the gods, […]“. 820 Adali 2011, 71. 816

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Tatsächlich war dem ‚Pazifismus-Motiv‘ wie auch der stereotypen Benennung der aus dem östlichen Bergland hereinbrechenden Invasoren als Ummān­manda eine lange Wirkungsgeschichte beschieden, die sich als zentral für die Entstehungsgeschichte der griechisch-römischen Weltreichetheorie erweisen mag (s. u. Kap. I.3.1.3; I.4). Einstweilen bleibt festzuhalten, dass der Sturz Akkads, den die Späteren fälschlicherweise mit Naramsin in Verbindung brachten, von den Bewohnern Mesopotamiens als ein exemplarisches, ja epochales Ereignis wahrgenommen wurde. Das tragische Schicksal der Dynastie führte die Kehrseite einer nahezu unbegrenzten Machtentfaltung deutlich vor Augen. Umgekehrt blieb Akkad nachfolgenden Generationen als Inbegriff des universalen Reiches in Erinnerung, das sich kraft seiner Waffengewalt die gesamte Erde untertan zu machen verstand.821 Es ist unter allen Königen Sargon, den die Überlieferung zum siegreichen Eroberer stilisierte, dessen Ruhm Jahrtausende überdauern sollte.822 Zahlreiche Legenden ranken sich um seine Geburt und seinen Aufstieg zum König. Während die USKL aus dem 21. Jahrhundert noch lakonisch vermerkt: „Sargon herrschte in Akkad 40 Jahre“ (S a r - r u - g i n 7 - n e [ A ] - g a - d è ki m u 4 0 ì - n a),823 enthalten die im frühen zweiten Jahrtausend abgefassten Versionen der SKL bereits eine Reihe anekdotischer Ausschmückungen: Als Sohn eines Gärtners sei Sargon zum Mundschenk des Königs Urzababa von Kisch aufgestiegen und habe schließlich das Königtum über die von ihm selbst gegründete Stadt Akkad erlangt.824 Diese und ähnliche Motive haben die Kompilatoren späterer Texte aufgegriffen und verarbeitet. Eine wahrscheinlich in der altbabylonischen Periode verfasste Komposition in sumerischer Sprache aus Warka, die sogenannte Sargon­Legende, beschreibt die Entmachtung Urzababas durch Sargon:825 Ein nächtliches Traumgesicht verheißt dem jungen Mundschenk den nahenden Tod des Königs von Kisch, den die Göttin Inanna in einem Meer aus Blut ertränkt. Als er daraufhin seine Vision Urzababa mitteilt, versucht jener wiederholt, Sargon zu töten, doch Inanna/Ischtar, deren Gunst der junge Mann genießt, vereitelt seine Pläne (3 N T 296, Z. 13–25). Schließlich schickt der König von Kisch Sargon als Boten zu Lugalzagesi, dessen Unterstützung er wünscht: Sein eigenes Todesurteil soll er dem König von Uruk überbringen. Des Lesens kundig, vermag er sich jedoch zu retten (TSR 73, rev. 1–12) und gelangt – soweit der schlechte Erhaltungszustand des Textes erkennen lässt – zum Königtum. Die Liebe der Inanna/ Ischtar verhilft dem Begründer der Dynastie von Akkad auch in der heute so bezeich821 822 823 824 825

Cf. Glassner 1986, 56: „[…] l’Empire d’Akkadé incarna le concept de l’état universel qui avait su imposer par la force de ses armes la paix à la terre entière.“ Die pax Accadica preist selbst die Dichtung Fluch über Akkad (Z. 1–56). Cf. zusammenfassend Van De Mieroop 1999, 59–76. USKL rev. IV, 16‘–17‘ (= Steinkeller 2003a, 272). Cf. SKL Col. VI, 31–36 (= Glassner 2005, Nr. 1, 122–123). Text (TSR 73 und 3 N T 296): Cooper/Heimpel 1983, 74–76 (Transkription); 76–78 (englische Übersetzung). Cf. ferner Lewis 1980; Afanasieva 1987; Westenholz 1983, 328; Franke 1995, 836.

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neten Sargon­Autobiographie zur Herrschaft.826 Ihn, der – so wird explizit betont – seinen Vater nicht kannte, gebiert seine Mutter, eine Priesterin, im Verborgenen und setzt ihn in einem Korb aus Rohr im Fluss aus. Akki, der Wasserschöpfer, findet ihn, zieht ihn an Sohnes statt auf und bildet ihn zum Gärtner aus. „Wegen meines Gärtneramtes“, so der narû (Z. 12–13), „begann Ištar mich zu lieben, und so übte ich [5]4 Jahre das Königtum aus.“ Sargon, der ‚Proto-Moses‘, der trotz seiner niederen Herkunft die Herrschaft errang, konnte somit zum Vorbild für Usurpatoren und solche Männer werden, die den Thron nicht auf dem ‚normalen‘ Wege bestiegen hatten.827 Ungleich wirkmächtiger ist indessen der desgleichen mit Sargon verbundene Komplex der sagenhaften Eroberungszüge in ferne Länder. Als Archetypus des siegreichen Feldherren erscheint der König in einer akkadischen ‚Heldendichtung‘ unbekannter Provenienz mit dem (modernen) Titel Sargon, der Eroberer.828 Auf eine zu heroischen Taten aufrufenden Truppenansprache des Herrschers (Z. 1–9) und deren Bekräftigung durch den ‚Fürsprecher der Truppen‘, den ašarēdu (Z. 10–41), folgt ein Schlachtenbericht, der die akkadischen Heere ins ferne Land Ūta­rapaštims führt (Z. 42–95). Der Name Ūta­rapaštim (‚Er fand die Weite‘), der möglicherweise analog zu Ūta­napišti (‚Er fand das Leben‘) gebildet wurde, mag eine bewusste Reminiszenz an die sagenhafte Reise Gilgameschs ins Reich des Sintfluthelden (s. o. Kap. I.2.1) darstellen.829 Sodann ist von der erfolgreichen Eroberung Amurrums (Z. 102), Subartus (Z. 104) und Karkemischs (Z. 109) die Rede, bevor Sargon einen ‚Wald der Finsternis‘ durchquert (Z. 59–64)830 und neun Festungen (dūrū) im Feindesland bezwingt (Z. 65).831 Ein martialisch anmutender Selbstpreis Sargons (Z. 96–123), der die Erzählung beschließt, gipfelt in dem herausfordernden Appell: „Wohlan! Der König, der mir gleichkommen will, soll dort, wo ich gewandelt bin, (dereinst) wandeln!“832 Die hier beschworenen 826 Text: Westenholz 1997, Nr. 1–12, 36–49. Cf. die deutsche Übersetzung TUAT Erg., 55–60. 827 Cf. Van De Mieroop 2012, 53. 828 Text (A0 6702): Westenholz 1997, Nr. 6, 59–77; Haul 2009, 355–389. Cf. ferner die inhaltlichen Analysen Haul 2009, 189–235; Westenholz 1983, 328–329. 829 Cf. Van De Mieroop 2012, 49; Haul 2009, 218–220. So mag Sargon – so Haul 2009, 218 – „zu einem verjüngten, in die historische Welt geholten Gilgameš“ stilisiert worden sein. 830 Das nämliche Motiv begegnet in zahlreichen historischen Omina. Cf. etwa Goetze 1947, Nr. 11, 255 f. (šumma amūtum ši­rum pīam im­ši­ma ri­sa ip­lu­uš­ma ú­ṣi a­mu­ut Šar­ru­ki­in ša ek­le­tam el­li­ku­ma nu­ru­um ú­ ṣi­aš­šu­um = „If, as for the liver, tissue skirts (?) the mouth, pierces its head and comes out, it is an omen of Sargon who went through the darkness, but the light came out for him.“) und Nr. 12 (šumma a­mu­tum ši­li sà­ah­ra­at­ma ù šu­te­eb­ru a­mu­ut Šar­rù­ki­in ša ek­le­ tam i­iḫ­bu­tu­ma nu­ra­am i­mu­ru = „If the liver is covered with rents and (if) they are permanent, it is an omen of Sargon who ran into the darkness, but saw the light.“). Das Licht respektive die Sterne in A0 6702 (Z. 59–64: ka­ak­ka­{ak­ka}­bu ú­ṣú­ú a­na na­ak­ri­im) will Haul 2009, 217 auf Sargons Soldaten bezogen wissen, die auch in Z. 54–56 mit Sternen verglichen werden. 831 Z. 65: šaknū ša nakri ana tīšīšunu. Da der Zahl 9 in den Originalinschriften der Könige von Akkad symbolische Bedeutung zuzukommen scheint (Cf. etwa Sg. C 3: 6–8; Ns. 1: 13–14), liegt hier offenbar eine bewusste Reminiszenz vor. Cf. Haul 2009, 220–223. 832 Z. 121–123: a­ga­na [š]ar­rum ša i­ša­an­na­na­an­ni ša a­na­ku at­ta­al­la­ku šu­ú li­it ta­la­a[k]. Deutsche Übersetzung Haul 2009, 363.

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(und von den Selbstäußerungen der Könige von Akkad inspirierten) außergewöhnlichen Leistungen des Herrschers (s. o. Kap.  I.2.4), der unwegsame Gegenden am Rande der Erde erstmalig bezwang, sind integral für die Sinnstruktur des Textes. Mit Fug und Recht darf man die Erzählung, die sich durch die „von so hochfahrendem Pathos getragene Feier männlichen Kriegertums und militärische […] Aggression“833 auszeichnet, als ‚Heldenepos‘ bezeichnen.834 Dasselbe gilt für einen stark fragmentarischen Text aus Harmal (Sargon im Land der Zedernbäume835) sowie für die ungleich häufiger rezipierte Legende šar tamḫāri (‚König des Kampfes‘).836 Der letztere Text, der in drei akkadischen (genauer: mittelbabylonischen) Überlieferungen aus Amarna (Ägypten) und zwei neuassyrischen Versionen aus Assur und Ninive sowie in fünf hethitischen Manuskripten aus Boghazköy auf uns gekommen ist, beschreibt einen Feldzug Sargons gegen die zentralanatolische Stadt Puruschchanda. Von den dort ansässigen Kaufleuten zur Hilfe gerufen (obv. 13–21) nimmt Sargon – den Einwänden seiner Soldaten zum Trotz, dass der Marsch dorthin zu lang und zu beschwerlich sei (obv. 26–35) – das Wagnis auf sich. In Verkennung der Lage wird Nur-Daggal, der König von Puruschchanda, gefangengenommen und anerkennt zuletzt die Übermacht des Gegners (rev. 21‘): „[Welcher] König kann dir gleichkommen? Einen Gegner gegen dich gibt es nicht! Ihr Feind ist das Feuer, […].“837 Indes, das Ende der Erzählung, das den Rückzug der akkadischen Truppen andeutet, offenbart, dass hier weniger von einer (dauerhaften) Eroberung denn von einem Raub- oder Beutezug die Rede ist.838 Sargon wurde folglich keineswegs in erster Linie als der Begründer eines ‚Weltreiches‘ memoriert, sondern vielmehr als ‚Aben-

833 Haul 2009, 189. 834 Cf. ibid., 211–214. In der Tat wird die Schlacht in Z. 19 als „Fest der Männer“ (isinnu ša mutī) gepriesen. Die Rede des ašarēdum (Z. 17–25) stellt eine Verherrlichung des Krieges dar. In Z. 42–56 wird die Pracht der Truppen und der Heldenmut der zahlreichen Soldaten dargetan, die als „starke Zuchtstiere“ (mīrī dannūtim) und „tapfere Krieger“ (ālilū) vorgestellt und in fünf Gruppen unterteilt werden: Soldaten der Stadt Akkad, Kontingente der Provinzen, Kontingente aus Ḫaššum, die Anatolier (?) ‚mit den Eisenwaffen‘ sowie die ‚Leinenbekleideten‘ (Bergbewohner?). 835 Text (TIM 9 48): Westenholz 1997, Nr. 7, 178–193 sowie Haul 2009, 391–415. Cf. ferner Haul 2009, 237–251. Der Text beginnt (Col. I) mit einer erzählenden Sequenz über Sargons Feldzüge, die ihn den Berg/Fluss (?) Zubi überqueren und schließlich den Zedernwald im Amanus erreichen lässt. Dort angekommen, unterwirft er sich, legt die Waffen nieder, betet, konsultiert die Orakel und bringt Opfer dar. Es folgt eine Truppenansprache, in der Sargon seine Soldaten auffordert, das (hurritische) Land Mardaman zu bezwingen. Im Anschluss (Col. II) steht ein Dialog zwischen dem König des Landes (?) und Sargon bezüglich eines Gebiets, das „nicht wie Amurrum“ (Z. 11– 12) ist. Sonach (Col. III) werden die Ausrüstung der Soldaten sowie die Eroberung einer feindlichen Stadt beschrieben. Am Ende (Col. IV) stehen eine Erörterung des Prinzips der Gnade, eine weitere Reise durch den ‚Wald der Finsternis‘ sowie die sichere Heimkehr und das Darreichen von Trankopfern. 836 Text: Westenholz 1997, Nr. 9, 102–139 sowie Haul 2009, 417–450. Cf. ferner Westenholz 1983, 329; de Jonker 1995, 59–64; Van De Mieroop 1999, 68 f.; Haul 2009, 253–302. 837 [a­i­ú] LUGAL ú­ša­an­na­an kà­ša ge5­ru­kà ú­ul i­ba­aš­ši na­ki­ir­šu­nu KASKAL-ru. 838 Cf. Selz 2010, 66 f.

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teurer‘, der zwar zu den Enden der ‚Welt‘ vorzudringen sich ertüchtigt, letztlich aber seinem Heimatland verbunden bleibt.839 Hierin ist er Gilgamesch vergleichbar, und in der Tat scheint die legendarische Überlieferung auch sonst mannigfaltige ‚Kontaminationen‘ des Erzählstoffs um die Helden von Uruk und Akkad aufzuweisen.840 Es ist auf den ersten Blick nicht recht erfindlich, weshalb die Legenden Sargon, dessen eigene Inschriften doch seine Kriegszüge ins östliche Bergland in den Fokus stellen, in nordwestlicher Richtung bis nach Zentralanatolien vorstoßen lassen. Hier mag eine Verquickung der Akkad-Saga mit jüngerem Material aus der Zeit des altassyrischen ‚Handelsimperiums‘ (s. u. Kap. I.2.6), i. e. der Handelskontakte Assurs mit anatolischen Städten im frühen zweiten Jahrtausend, vorliegen.841 In diese Richtung weist ferner eine altassyrische Tontafel aus Kanisch (Kültepe), die zuletzt Marc Van De Mieroop und Benjamin R. Foster als Parodie auf eine Inschrift Sargons aufgefasst haben, dergestalt, dass der Verfasser den König von Akkad den der Region um Kanisch eigentümlichen Dialekt gebrauchen lasse.842 Schließlich lässt sich die Tatsache, dass šar tamḫāri im zweiten Jahrtausend sowohl in Hattusa (s. u.) als auch im ägyptischen Amarna rezipiert wurde, als hinlänglicher Beweis für die weite Verbreitung der

839 Tatsächlich hat man šar tamḫāri auch als „Abenteuerroman“ (Haul 2009, 253) bezeichnet. Cf. Haul 2009, 253–283, der indessen selbst die Bezeichnung „Legende“ bzw. „Abenteuerlegende“ (ibid., 283) vorzieht, da keine bewusste literarische Fiktion vorliege. Eindeutig stehe die (wie auch immer empfundene) ‚historische Wahrheit‘ im Fokus. Ein ‚märchenhafter‘, ja phantastischer Zug der Erzählung ist hingegen evident: So erscheint die Zahl 7 auf dem Marsch nach Puruschchanda als magisches Element (obv. 27–32) und die Flora der Gegend mutet sagenhaft an, wenn etwa (Z. 28) von einem Berg aus Lapislazuli und Gold die Rede ist. 840 Cf. Haubold 2013a, 105; Van De Mieroop 2012, 49; 52 f.; George 2003, 20; 93 f.; Haul 2009, 218–220. Die wesentlichen Gemeinsamkeiten bestehen in der (in der SKL auch Gilgamesch attestierten) niederen Herkunft, in der Leistung als Bauherren und Stadtgründer, in den Abenteuern am ‚Rande der Welt‘ (man denke (s. o.) etwa an die Ananlogiebildung Ūta­rapaštim – Ūta­napišti) sowie in beider Verbindung zum Zedernwald. Ein babylonischer Omentext aus seleukidischer Zeit (nach Glassner 1986, 57) stellt gar eine Verbindung zwischen Sargon und Humbaba her, wenn es heißt: „Si les intestins ressemblent à la tête de Humbaba, c’est le présage d’un usurpateur qui devint roi de la totalité.“ (BE ŠA.NIGIN GIN7 IGI dHum­ba­ba BA-ut LUGAL IM.GI ša KUR.DU.A.BI i­be­ el). Man darf folglich mit Van De Mieroop 2012, 53 davon ausgehen, dass sowohl Sargon als auch Gilgamesch, gleichsam als „self-made men“ (ibid.), späteren Usurpatoren zum Vorbild gereichen konnten. 841 Cf. Haul 2009, 283 f.; Van De Mieroop 1999, 68 und Liverani 1993c, 52–56, der eine Erstabfassung des Textes in der Zeit Schamschi-Adads I. (s. u.) vermutet, und zwar mit dem Ziel, den Anatolienhandel wiederzubeleben. 842 Cf. Van De Mieroop 2000, passim; 2012, 49 f.; Foster 2001. Die Gegenposition, der zufolge der Text sich auf im Rahmen des Assur-Kultes dargebrachte Opfer an die Vorfahren beziehe, vertritt namentlich Dercksen 2005 (non vidi). Der Text ist ediert bei Haul 2009, 339–353. In der Tat weist die Erzählung eine Reihe komischer Elemente auf. Wenn etwa Sargon (Z. 21–22) sich seiner 7.000  Krieger rühmt, die „täglich von mir Brustfleisch aßen“, fühlt der aufmerksame Leser sich unwillkürlich an die in Sg. C 2: 36–44 erwähnten 5.400 Mann, die „sein Brot essen“ erinnert. Makaber mutet die Schilderung des Vorgehens gegen die Unterworfenen an (Z. 52–57): „Den Ḫuturäern setzte ich Skalps auf ihre Köpfe. Den Alašäern bedeckte ich wie einer Frau die Köpfe. Bei den Amurritern kam ich, statt ihre Nase abzuschneiden, mit ihrem Penis zum Ende.“

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Akkad-Tradition anführen.843 Elemente der Titulatur Sargons waren sogar in Byblos bekannt, wurden hier allerdings auf den Herrscher des Nillandes angewandt.844 Bewahrt wurde die Erinnerung an die Könige Akkads im frühen zweiten Jahrtausend – dem archäologischen Befund nach zu urteilen – ausgerechnet in Mari und Nippur: Dort allein sind Statuen Sargons und Naramsins erhalten geblieben. In der am Oberen Euphrat gelegenen Stadt Mari schwangen sich die wahrscheinlich von Naramsin eingesetzten845 Militärgouverneure, die šakkanakkū, zu unabhängigen Herrschern auf. Im Thronraum (bīt kussî) errichteten jene Fürsten neben ihren eigenen Bildnissen die Stauen ihrer Vorgänger – darunter Sargon und Naramsin! –, denen regelmäßig Opfer dargebracht wurden.846 Rund hundert Jahre lang beherrschten sodann die westsemitischen Hanäer die Stadt,847 bis der Spross eines amurritischen Herrschergeschlechts aus Ekallatum, der damals neben Eschnunna dominierenden Macht im nördlichen Mesopotamien,848 Assur eroberte und von dort aus einen Territorialstaat errichtete. Die Rede ist von Schamschi-Adad I. (1830/1808–1776  v. Chr.), der seine Herrschaft nach der Eroberung Maris vermittels einer geschickten Bündnispolitik (zumal mit Hammurapi von Babylon) zu konsolidieren wusste. Zwecks der effizienten Kontrolle seines Hoheitsgebiets setzte jener seine Söhne, Jasmach-Adad in Mari und Ischme-Dagan in Ekallatum, als ‚Vizekönige‘ ein. Von der Einflussnahme des Vaters auf deren Politik zeugt die im Palast zu Mari archivierte Korrespondenz, die sich durch ihren zuweilen kritischen, ja harschen Ton auszeichnet.849 Obschon das ‚Imperium‘ Schamschi-Adads nach seinem Tod zerfiel, hatte der Herrscher die machtpolitischen (und nicht zuletzt auch ideologischen) Grundlagen der späteren Expansion Assyriens gelegt.850 Eine nicht unerhebliche Stütze seiner Macht stellte – dies liegt offen zutage – die legitimatorische Vereinnahmung der Könige von Akkad dar, deren ehemalige Residenz er aufsuchte.851 Weiterhin ist bezeugt, dass der Herrscher sich zur Durchführung des sogenannten kispum-Rituals nach Mari zu verfügen pflegte. Ein dort erhaltenes Präskript enthält die Anweisung, vor den Statuen der Vorfahren (ana kispim ša šarrāni) sowie Sargons und Naramsins Opfer darzubringen.852 Auch die Inschriften

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Cf. Van De Mieroop 2012, 50; Haul 2009, 339. Cf. Seux 1967, 319 f.; Van De Mieroop 2012, 50. Cf. Westenholz 1999, 50. Cf. de Jonker 1995, 51–54; Durand 1985; Charpin/Durand 1986. Cf. de Jonker 1995, 53. Zum Königreich von Ekallatum cf. Ziegler 2002. Zum Staat von Eschnunna cf. Charpin 2004, 129–132. 849 Zur Regierungszeit -und Praxis cf. Charpin 2004, 147–191. Cf. auch Pongratz-Leisten 2015, 116–144. Ein Überblick über den Quellenbestand der Archive von Mari findet sich ibid., 453–461. Die Korrespondenz Schamschi-Adads und seiner Söhne ist ediert in ARM I; IV. 850 Cf. Neumann 2014, 49. 851 Cf. Glassner 1986, 59. 852 Text: Birot 1980. Cf. de Jonker 1995, 225 f.; Durand 1985, Kryszat 2008, 114. De Jonker (1995, 53; 219–223) betont indessen zu Recht, dass Schamschi-Adad die Herrscher von Akkad nicht in seine

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Schamschi-Adads weisen Reminiszenzen an die Dynastie von Akkad auf. Deutlich zeigt sich dies (vom Gebrauch der Fluchformeln abgesehen853) in seiner Titulatur, zumal in der Annahme des Titels LUGAL KIŠI.854 Dass hier die Beherrschung der Stadt Kisch, die damals dem babylonischen Hoheitsgebiet angehörte, angesprochen wurde, erscheint ausgeschlossen.855 Zwar verwandten die königlichen Schreiber nach wie vor das Ideogramm KIŠI,856 doch ist sicher verbürgt, dass das letztere im frühen zweiten Jahrtausend längst mit dem akkadischen kiššatum (‚die Gesamtheit‘) gleichgesetzt wurde und somit einen (zumindest theoretischen) Anspruch auf ‚universale‘ Hegemonie anmelden konnte.857 Die Vermutung liegt folglich nahe, dass Schamschi-Adad sich als der ‚König der Gesamtheit‘ bewusst in die ‚imperiale‘ Tradition der Dynastie von Akkad stellte. In einem „historischen Baubericht“858 aus Ninive rühmt der Herrscher sich dann auch, den von Manischtusu errichteten Tempel Emenue im Distrikt von Emaschmasch wieder aufgebaut zu haben, der seit „sieben Menschenaltern“ zerfallen dalag.859 Schließlich finden sich wenig später – desgleichen in Mari – Reminiszenzen an die Feldzüge Sargons zum Mittelmeer.860 In einer Inschrift des Königs Iaḫdun-Līms (1759–1734 v. Chr.) heißt es:861 […] Iaḫdun-Līm, Sohn des Iaggid- Līm, der mächtige König, der Wildstier unter den Königen, marschierte dank (seiner) Stärke und Kraft zum Ufer des Meeres (a­na ki­ša­ad ti­a­am­tim). Dem Ozean (a­na a­a­ab­ba) brachte er ein großes Opfer seines Königtums dar (i. e. ein seinem Königtum gemäßes Opfer). Seine Soldaten wuschen sich im Wasser, mitten im Ozean (i­na qé­re­eb a­a­ab­ba me­e ir­mu­uk)862

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Genealogie aufnahm, sondern die ‚großen Könige‘ – seiner amurritischen Wurzeln eingedenk – vielmehr geschickt neben die eigene Tradition zu stellen wusste. Cf. Glassner 1986, 59. Zum Titel cf. Seux 1965a, 1–11; Sazanov 2016, 28; 69–73. Ferner trug Schamschi-Adad den Titel LUGAL A­kà­dèki und das Epitheton da­núm. Cf. etwa RIMA I A.0.39.7, 2, Col. I, 2. Cf. Sazanov 2016, 28–30. Cf. Seux 1965a, 3. Die syllabische Schreibweise ist erstmalig in den Inschriften Kurigalzus von Babylon und Tiglatpilesars von Assyrien bezeugt. Cf. Seux 1965a, 1. Cf. ibid., 3; 9. Sallaberger 2005, 76. Cf. RIMA I A.0.39.2 Col. I, 7–25: bi­tum é­me­nu­è ša i­na qa­qar é­maš bi­tim la­bi­ri ša ma­an­iš­ti­ šu DUMU šar­ru­ki­in LUGAL a­kà­dè.KI i­pu­šu i­na­aḫ­ma bi­tam ša iš­tu šu­lum a­kà­dè.KI a­di šar­ru­ti­ia a­di ṣa­ba­at nu­ur­ru­gi.KI 7 da­a­ru i­ti­qú­ma i­na LUGAL.MEŠ a­li­ku­ut pa­ni­ia LUGAL ma­an­na­ma la i­pu­šu­ma am ra XXXX d X […] X (X) […] X […] („The temple Emenue – which (is) in the district of Emašmaš, the old temple – which Maništušu, son of Sargon, King of Akkad, had built, (that temple) had become dilapidated. The temple which none of the kings who preceded me from the fall of Akkad until my souvereignty, until the capture of Nurrugu – seven generations have passed – had rebuilt and Lacuna (?)“). Cf. Sg. C 1: 56–58 (= RIME II E2 1.1.1) zum Motiv des Waschems der Waffen im Meer. Cf. hierzu Lang/Rollinger 2010, 220 f. RIME IV E4 6.8.2, 41–50. Deutsche Übersetzung inklusive der eingefügten Transliterationen und Erklärungen nach Lang/Rollinger 2010, 220.

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Deutlich offenbart die hier verwandte Bildersprache das Fortleben der altakkadischen ‚Weltherrschaftsrhetorik‘ in Mari, die das Vordringen bis zu den ‚Weltufern‘ und  – durch das Motiv des Waschens „mitten im Ozean“ (ina qereb ajabba) – sogar darüber hinaus postuliert.863 Zeitnah trug ein Herrscher der Stadt Eschnunna nicht nur den Namen Naramsin, sondern führte darüber hinaus auch das stolze Epitheton šarrum murappiš Ešnunna („König, der Eschnunna ausdehnt“).864 Im Süden Mesopotamiens war die politische Situation nach dem Kollaps der ‚Dritten Dynastie von Ur‘ erneut von untereinander rivalisierenden „regionalen Machtzentren“865 geprägt. Die dort herrschenden Dynastien standen (wie auch andernorts) zunehmend unter dem Einfluss der Amurriter, i. e. jener halbnomadischen Bevölkerungsgruppen, die seit dem dritten Jahrtausend in den alluvialen Landstrich zwischen Euphrat und Tigris eingewandert waren.866 Auf der Schwelle vom 21. zum 20.  Jahrhundert bemächtigte sich der ehemalige Provinzgouverneur Ischbi-Erra (2017–1985 v. Chr.) der Stadt Isin, eroberte Ur und erntete – weite Teile Südbabyloniens hatte er bereits seiner Botmäßigkeit unterworfen – Kriegsruhm gegen das benachbarte Elam.867 In der Verwaltung wie auch in der Herrscherrepräsentation rekurrierten die Könige jener ‚Ersten Dynastie von Isin‘ (2019–1937 v. Chr.) auf das zentralistische Reich von Ur.868 Deutlich trat indessen die militärische Sieghaftigkeit als Legitimationsmoment zurück.869 Langjährige Auseinandersetzungen mit dem amurritischen Herrschergeschlecht von Larsa sollten schließlich zur Schwächung Isins führen, das 1794 endlich den Truppen Rim-Sîns von Larsa (1822–1763 v. Chr.) erlag.870 Es blieb Hammurapi von Babylon (1792–1750 v. Chr.) vorbehalten, Mesopotamien erneut einer zentralen Herrschaft zu unterwerfen.871 Weder er selbst noch seine NachCf. Lang/Rollinger 2010, 220 f. Zum Feldzug Iaḫdun-Līms zum Mittelmeer cf. Malamat 1965. Cf. RIME IV E4 5.14.2, 3–4; 5.14.3, 4–5. Cf. ferner Radner 2010a, 29 mit Anm. 2. Jursa 2008, 16. Cf. Neumann 2014, 47 f. Cf. Charpin 2004, 57–68. Ideologisch offenbarte sich dieser Rekurs auch in der Abfassung von Königshymnen (ediert von Römer 1965) sowie in der Annahme des Titels ‚König der vier Weltgegenden‘. Cf. Seux 1967, 306. 869 Cf. Sallaberger 2005, 86. 870 Zur Larsa-Periode cf. Charpin 2004, 101–127. Die Schwäche Isins begünstigte im 19. Jahrhundert den Aufstieg zahlreicher von amurritischen Dynastien beherrschter Stadtstaaten, so Tutubs und Malgiums im Diyala-Gebiet sowie Uruks, Kisurras, Marads, Kischs und Sippars in Babylonien. Zudem erstarkten mit Elam, Eschnunna und Mari politische Strukturen an der ‚Peripherie‘. Cf. Neumann 2014, 48. 871 Zur Erreichung dieses Ziels wurden Hammurapis Feldzüge von Bündnisverträgen, einem regen diplomatischen Verkehr sowie der Etablierung eines regelrechten ‚Nachrichtendienstes‘ begleitet. Cf. Neumann 2014, 50 sowie Charpin 2004, 278–304. Im Zuge der in seinen späteren Regierungsjahren intensivierten Eroberungspolitik ging der Herrscher – je nach der gerade gegebenen politischen Situation – wechselnde Bündnisse ein: Hatte er zu Beginn seiner Herrschaft militärische Unterstützung von Schamschi-Adad erhalten, gewann er späterhin Zimri-Līm, den Fürsten von Mari, das er (in seinem 33. Regierungsjahr) wiederum einnahm. Cf. RIME IV E4 3.6.11, 27–30 sowie Charpin 2004, 192–231. Zur Ereignisgeschichte und Herrschaftspraxis der ‚Ersten Dynastie 863 864 865 866 867 868

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folger knüpften freilich expressis verbis an das Reich von Akkad an, das in der Genealogie des Herrschers keine Erwähnung findet.872 Vielmehr zählt die Stadt im Prolog seiner Gesetzessammlung (Col. II–IV) zu den entlegenen Städten, die er seinem Szepter unterwarf und denen er Frieden und Wohlstand gebracht zu haben sich rühmt.873 Andererseits kopierten – wie oben gesagt wurde – gerade die Schreiber der altbabylonischen Zeit sorgfältig die Inschriften der Herrscher Akkads.874 Hammurapi führte fernerhin sowohl den altakkadischen Titel ‚König der vier Weltgegenden‘ als auch das Epitheton dannu.875 Scheint die Selbstprädikation als „der König, der die vier Weltgegenden in Frieden sein lässt“876 mehr die Herrschaftsqualitäten eines Schutzherren denn des Kriegers zu akzentuieren, so stellt Hammurapi sich im Prolog seines Codex’ rhetorisch in die expansionistische Tradition der altakkadischen Zeit: Dort (Col. II, 2–3) lässt er sich als der „Erstürmer der vier Weltsektoren“ feiern. Der Niedergang des von Hammurapi begründeten Reiches – „strukturell und machtpolitisch ein Imperium“877  – zeichnete sich bereits unter seinem unmittelbaren Nachfolger Samsu-iluna (1749–1712 v. Chr.) ab: Im äußersten Süden errang die sogenannte ‚Meerlanddynastie‘ ihre Unabhängigkeit, und es kam zu ersten Auseinandersetzungen mit den Kassiten (s. u.).878 Im Jahre 1595 v. Chr. eroberte der Hethiterkönig Mursili I. (1620–1590 v. Chr.) Babylon und stürzte die dort herrschende Dynastie.879 Gerade hier, bei den Hethitern, finden sich die (in dieser Zeit) deutlichsten Hinweise auf eine ‚Sargon-Imitatio‘. Noch im beginnenden zweiten Jahrtausend hatte in Anatolien kein Einheitsstaat existiert. Vielmehr setzte sich die politische Landkarte aus rund zwanzig Fürstentümern zusammen, bis – so der im 15. Jahrhundert redigierte Anitta­Text880– die Heerführer Pithana und Anitta aus der Dynastie von Kuššara die

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von Babylon‘ cf. ibid., 317–365; Kuhrt 1995a, 108–116. Unter den zahlreichen Beiträgen zur Person und Regierung Hammurapis sei hier auf Charpin 2012 verwiesen. Zum Königreich von Mari cf. Kuhrt 1995a, 95–108. Cf. Glassner 1986, 58. Cf. ibid. Dieser ‚Städtekatalog‘ umfasst Sippar, Larsa, Uruk, Isin, Kisch, Kutha, Borsippa, Dilbad, Kesch, Zabalam, Karkara, Adab, Maschkanschapir, Malgiu, Mari, Tuttul, Eschnunna, Akkad, Assur und Ninive. Cf. Glassner 1986, 58 f. ‚König der vier Weltgegenden‘ (cf. Seux 1967, 306): RIME IV E4 3.6.12, 4; 13, 5; 15, 5; 16, 16; 17, 18–19. ‚der Mächtige‘: E4 3.6.12, 2; 18, Col. II, 2. Zumeist weist die Titulatur Hammurapis die folgenden Elemente auf: ‚der mächtige König‘ (l u g a l - k a l a - g a), ‚König von Babylon‘ (l u g a l ­KÁ.DINGIR.RA.KI), ‚König von Sumer und Akkad‘ (l u g a l k i - e n - g i - k i - u r i) und ‚König der vier Weltgegenden‘ (l u g a l – a n - u b - d a - l í m m u - b a - k e 4/ LUGAL ki­ib­ra­tim ar­ba­im). Nicht selten (so RIME IV E4 3.6.8, 4; E4 3.6.9, 4) begegnet allerdings zudem der die Wurzeln des Herrscherhauses evozierende Titel ‚König des gesamten Amurriterlandes‘ (l u g a l - d a - g a - a n - k u r m a r - d ú). Cf. etwa RIME IV E4 3.6.4, 4–6; 7, 4–6; 9, 6–7. Neumann 2014, 54. Cf. Charpin 2004, 235–284. Cf. ibid., 382–384; Kuhrt 1995a, 240–244. Text: Neu 1974.

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übrigen Zentren eroberten. Die Residenz des neuen ‚Staates‘ wurde im 17. Jahrhundert von Nescha/Kanisch nach Hattusa verlegt. Als tatsächlicher Begründer des (alt-) hethitischen ‚Reiches‘ gilt Labarna, der (nach seiner Hauptstatd) den Thronnamen Hattusili (I.) – ‚der von Hattusa‘ – führte.881 Tatsächlich war die politische Elite von Hattusa bereits früh mannigfaltigen Kultursubstraten hattischer und hurritischer Bevölkerungsgruppen ausgesetzt, und gerade die mesopotamische Zivilisation übte eine starke Prägung auf ihre Weltanschauungen und ihre Geisteskultur aus. Mit gutem Recht hat man daher von einer „peripheral Mesopotamian Culture“882 gesprochen. Begünstigt wurde diese Entwicklung (bei allen räumlichen, ethnischen und politischen Unterschieden) durch das Vorhandensein einer „altvorderasiatischen Kulturkoiné“,883 deren einendes Element das gemeinsame Medium der Keilschrift darstellte.884 Die Vermittlung mesopotamischer Denkbilder und Konzepte erfolgte namentlich über die Rezeption ‚epischer‘ Texte, so der Gilgamesch-Tradition885 und der legendarischen Überlieferung um die Könige von Akkad. In den Archiven von Boghazköy/Hattusa wurden sowohl eine hethitische Version und ein Prisma in akkadischer Sprache der Kutha­Legende als auch eine hethitische Übersetzung der Heldendichtung šar tamḫāri archiviert.886 Weiterhin existieren Beschwörungsrituale in hurritischer und hethiti-

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Cf. Schuol 2014, 194. Standardwerke zum Hethiterreich sind Klengel 1999 und Bryce 1998. Im Rahmen des aktuellen Imperiums-Diskurses analysiert den hethitischen Staat Schuol 2014. Zur hethitischen Religion sowie zur Divinationskunst cf. Haas 2006 und 2008. Zur hethitischen Literatur cf. Beckman 2009 und Haas 2006. An der Spitze der hethitischen Gesellschaft stand der König (tabar­ na), der als Oberbefehlshaber der Streitkräfte und oberster Priester den Titel ‚Großkönig‘ = šalliš haššuš (s. u.) führte. Durchaus eigenständig agierte neben ihm die Königin (tawananna). In seinen Entscheidungen war der Herrscher (in der Theorie) auf die Loyalität eines ‚Rates‘ (pankuš) angewiesen, dem Angehörige der Königsfamilie und hohe Beamte angehörten. Zur Herrschaftssicherung in dem polyethnischen Reich bedienten sich die hethitischen Könige diverser Mittel – so namentlich der Einrichung von Sekundogenituren an der Peripherie, der Staatsverträge sowie der Förderung einer ‚Staatsreligion‘, die lokale Kulte integrierte. Cf. Schuol 2014, 195–199. Beckman 2001, 86. Cf. ibid., 85. Haas 1993, 135. Cf. ibid., 135 f.; Beckman 2001, 86 f. Cf. Beckman 2003a. Zur hethitischen Fassung der Kutha­Legende (CTH 311) cf. Güterbock 1938. Der akkadische Prismentext (KBo 19.98 und 99) ist ediert bei Westenholz 1997, 280–293, Text 21. Die anatolische Version von šar tamḫāri (CTH 310) bearbeitet Güterbock 1964. Die Letztere ist in einer jüngeren Abschrift einer älteren Vorlage auf uns gekommen, die vermutlich in der Zeit Hattusilis I. entstand. Möglicherweise liegt hier eine Kontamination der historischen Personen Sargons von Akkad und Sargons I. von Assyrien vor. So Haas 2006, 68–71 unter Verweis auf die Flussüberquerung Sargons (deutsche Übersetzung ibid., 70): „Šarrukinas machte sich auf nach Purushanda. Sein Heer war ängstlich ringsum. Und er schlachtete für den reinen Fluss Tigris (Aranzah) einen Stier und sieben Schafe (§-Strich). Der Brücke aber opferte er zwei Widder (§-Strich). Šarrukinas überschritt den Fluß und forderte die Befehlshaber des Heeres zum Überschreiten auf (§-Strich).“ Da Sargon (von Akkad kommend) den Euphrat hätte überqueren müssen, um nach Anatolien zu gelangen, wurde Aranzah lange Zeit mit diesem Fluss gleichgesetzt. Die alternative Erklärung (Kontamination mit Sargon I. von Assyrien) spräche hingegen für den Tigris.

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scher Sprache, die die Akkad-Tradition zu verarbeiten scheinen.887 Das Interesse der anatolischen Schreiber an den Persönlichkeiten namentlich Sargons und Naramsins mag – nebst antiquarischer Neugier – der paradigmatischen Funktion der Letzteren (der ‚gute‘ und der ‚schlechte‘ König) geschuldet sein, die auch mit der hethitischen Vorstellung von Geschichte harmonierte, der zufolge frevelhaftes Verhalten den Verlust der Herrschaft nach sich zog.888 Nicht zuletzt konnten Sargon und Naramsin den hethitischen Königen, ihrerseits Monarchen eines multikulturellen und polyethnischen ‚Reiches‘, zum Vorbild gereichen.889 So knüpfte der oben erwähnte Hattusili (I.) in seinen Inschriften, aber auch in dokumentarischen Texten an mesopotamische Traditionen an. Folgte er hierin in erster Linie altbabylonischen Vorgaben, so orientierten sich seine politischen und ideologischen Strategien deutlich an altakkadischen Konzepten.890 Die Fünf­Jahres­Annalen des Hethiterkönigs, der im Zuge seiner Eroberungen in Nordsyrien und Nordmesopotamien bis zum Taurus vordrang, stellen ihn als Sargon ebenbürtigen Kriegsherren vor.891 Mehr noch: In der hethitischen Fassung rühmt er sich, den ‚Altvorderen‘ noch übertroffen zu haben: Den Euphrat hatte [vorher] nie[mand überschritten]. Ich aber, der Großkönig T[abarna], überschritt ihn [zu Fuß. Und] auch [mein] Heer überschritt [ihn hinter mir] zu Fuß. Šarruk[ên hatte ihn überschritten. Die Truppen von Haḫḫu [hatte er] (zwar) geschlagen, gegen (die Stadt) Haḫḫu aber [hatte er] nichts vermo[cht. Und] er hatte [sie nicht mit Feuer] niedergebrannt. [Rauch] hatte er dem Wettergott des Himmels ni[cht gezei]gt.892

Hinter dem (von der Rezeption der mesopotamischen ‚Heldenepen‘ inspirierten) Vergleich mit Sargon sieht Volkert Haas, ein „politisches Programm […], das an die Weltreichsidee Šarrukêns anknüpfen soll.“893 In die Fußstapfen seines Großvaters trat später Mursili I., als er nach der Einnahme Aleppos in Nordsyrien auf Babylon marschierte, die Stadt zerstörte und nach ihrer Plünderung die Statuen des Stadtgottes 887 Cf. Haas 1993, 136–138; Beckman 2001, 88–99. Im hurritischen Beschwörungsritual (ChS I/5 Nr. 87 Rs. IV, 15–50) werden (neben weiteren Königen Elams, Lullubums und Turkischs) Sargon, Naramsin, Manischtusu und Scharkalischarri in Gestalt von Wollpuppen aufgefordert, als Richter dem Ritual beizuwohnen. Der hethitische ‚Exorzismus‘ (CTH 402 2e) verheißt mit der Wiederkehr „früherer Könige“ (der Könige von Akkad?) die Heraufkunft eines glücklichen Zeitalters. 888 Cf. Beckman 2001, 89 f. 889 Cf. ibid. 890 Cf. Haas 1993, 135; 139 f. 891 Edition: Imparati/Saporetti 1965. 892 Deutsche Übersetzung (KBo X2 Rs. 29–42) nach Haas 1993, 139. Güterbock 1964 lokalisierte Haḫḫu westlich des Euphrats. Sargon habe den Fluss folglich in ost-westlicher Richtung überschritten, Haḫḫu (nach dem Flussübergang) jedoch nicht einnehmen können. Hattusili überquerte den Euphrat logischerweise in umgekehrter Richtung und besetzte Haḫḫu zuvor, um im unmittelbaren Anschluss (i. e. nach der Überschreitung des Euphrats) Ḫaššuwa zu besetzen. 893 Haas 1993, 140. Die Parallelen der Fünf­Jahres­Annalen und šar tamḫāri arbeitet Güterbock 1964 heraus. Das Legitimationsbedürfnis Hattusilis im Rahmen seiner auf ‚Weltherrschaft‘ zielenden Großmachtspolitik hebt desgleichen Schuol 2014, 206 hervor.

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Marduk und dessen Gemahlin raubte.894 Es tut nichts zur Sache, dass Mursili kaum die (in Ermangelung der nötigen Ressourcen auch schwerlich realisierbare) permanente Präsenz in jener fern des anatolischen Kerngebiets gelegenen Region angestrebt haben dürfte.895 Seine Ermordung bald nach der Heimkehr des hethitischen Heeres und die darauf folgende Herrschaftskrise schoben derlei Ambitionen ohnehin einen Riegel vor.896 Entscheidend ist vielmehr, dass die ‚Idee‘ des altakkadischen ‚Weltreiches‘ Modellcharakter im gesamten Vorderen Orient erhalten hatte. Durch den Rekurs auf Sargon konstruierten die Könige von Hatti gleichsam „die Abfolge verschiedener Großreiche, um [ihre] Machtansprüche gegenüber den Hurritern im Kampf um die Vorherrschaft in Nordsyrien zu legitimieren.“897 Eine vergleichbare ‚Weltherrschaftsrhetorik‘ eignet den Selbstäußerungen der ägyptischen Herrscher des ‚Neuen Reiches‘ (1539–1077 v. Chr.),898 die nach der Vertreibung der Hyksos durch Ahmose (1539–1514 v. Chr.) verstärkt über das Kernland am Nil hinausgriffen.899 Das militärische Engagement in Nubien sowie in Syrien und Palästina intensivierten namentlich die ‚Kriegerkönige‘ der 18. Dynastie – Thutmosis I. und III. Die Alleinherrschaft des Letzteren (1479–1425 v. Chr.) – während seiner Minderjährigkeit hatte seine Stiefmutter Hatschepsut die Regierungsgeschäfte geführt – war von einem beispiellosen Expansionismus geprägt. Seine kriegerischen Unternehmungen richteten sich namentlich gegen die Hurriter und das Reich von Mittani, das sich im 15. Jahrhundert als Großmacht am Oberen Euphrat und im Chabur-Gebiet etabliert hatte.900 Ein schwarzer Granitstein aus Karnak, die sogenannte Poetische Stele,901 verewigt die fünfzehn Feldzüge Thutmosis’ III. in literarisch überhöhter Form. Kein Geringerer als der Gott Amun selbst spricht zum König: 894 Cf. Schuol 2014, 206 zum symbolträchtigen Akt des Statuenraubs. Gewöhnlich hat die Forschung die hethitischen Quellen mit der späteren babylonischen Chronik der fühen Könige Z. 11’ (= ABC Nr. 20B, 152–156, hier 156 = Glassner 2005, Nr. 40, 270–273, hier 272 f.) zu harmonisieren versucht: ana­tar­ṣi IMan­di­ta­na kurḪat­tu­ú ana kurUriki gin-ma („During the time of Samsu-ditāna the Hittites marched on Akkad“). Da Samsu-ditana der letzte König der Dynastie Hammurapis war, führte Mursili der Communis Opnio zufolge deren Ende herbei. Die Kritiker dieser Ansicht machen jedoch geltend, dass die hethitischen Quellen sich über Samsu-ditana ausschweigen. Cf. Bryce 2007, 503. 895 Cf. Bryce 2007, 503 f. 896 Cf. ibid., 505. 897 Schuol 2014, 206. 898 Zur Chronologie des Alten Ägypten cf. Witthuhn 2014, 241, Anm. 1. 899 Zu Ahmose I. cf. Schneider 1994, 45–47. Die Darstellungen zur altägyptischen Zivilisation sind Legion. Es sei hier lediglich auf Assmann 1996, Bommas 2012 und die Beiträge in Wilkinson 2007a verwiesen. Speziell zum ‚Neuen Reich‘ cf. Witthuhn 2014 sowie Assmann 1996, 225–316. Das Königtum behandelt Goebs 2007. Zu den mit dem altägyptischen ‚Gottkönigtum‘ verbundenen Problemstellungen cf. Frandsen 2008. 900 Zu Thutmosis III. cf. Schneider 1994, 291–296. Der Feldzugsbericht (inklusive der für Ägypten siegreichen Schlacht bei Megiddo) ist ediert bei Blumenthal/Burkhardt/Müller/Reineke 1984, 189–199. Cf. ferner ANET, 234–238. 901 Text: Blumenthal/Burkhardt/Müller/Reineke 1984, 172–176.

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Ich wirke Wunder für dich. Ich gebe dir Kraft und Sieg über alle Fremdländer. Ich verbreite deinen Ruhm und die Furcht vor dir in allen Ländern und den Schrecken vor dir bis hin zu den Vierstützen des Himmels. […] Die Fürsten aller Fremdländer sind zusammengefaßt in deiner Faust; ich selbst breite meine Arme aus und fessele sie dir und binde die Barbaren Nubiens (= Südvölker) zu Zehntausenden und Tausenden, die Nordvölker zu Hunderttausenden als [Ge]fangene. Ich lasse deine Widersacher unter deine Sohlen fallen und lasse dich die Streitsüchtigen niederschlagen, da ich dir die Erde in ihrer Weite und Breite zugewiesen habe; Westvölker und Ostvölker sind unter deiner Aufsicht. Du trittst freudigen Herzens alle Fremdländer nieder, und es gibt niemand, der sich in die Nähe deiner Majestät wagt. Da ich dein Führer bin, gelangst du zu ihnen. Du hast das große umgekehrte (Wasser) von Naharina (= Euphrat) in Sieg und Stärke, die ich dir zugewiesen habe, überquert.902

Eingedenk des oben behandelten Passus aus den (hethitischen) Annalen Hattusilis I. muss sich der Verdacht geradezu aufdrängen, dass auch der in der Steleninschrift Thutmosis’ III. erwähnte Euphratübergang903 eine (wenn auch verwässerte) Form der ‚Sargon-Imitatio‘ darstelle. Dies umso mehr, als die akkadische Heldendichtung šar tamḫāri wenig später auch im ägyptischen Amarna rezipiert wurde (s. o.). Eine intendierte Reminiszenz an Sargon lässt sich freilich in Ermangelung konkreter Hinweise auf den König von Akkad in der Poetischen Stele schwerlich beweisen. So ist nicht auszuschließen, dass hier eine zufällige Analogie vorliegt. Bereits im ikonographischen Programm der ‚Zweiten Dynastie‘ (2890–2700 v. Chr.) figuriert zudem auch der ägyptische Herrscher als omnipotenter, seine Feinde niederringender Krieger und mithin als ‚Hüter der ma’at‘ – der kosmischen Weltordnung.904 Fest steht, dass Thutmosis III. die imperiale Rhetorik seiner Vorgänger fortführte und erweiterte. Eindeutig scheint ferner das frequente Motiv der ‚Ausweitung der Grenzen Ägyptens‘ auf ein universalistisches Streben der Pharaonen hinzudeuten.905 Die ägyptologische Forschung zeigt sich indessen zurückhaltend sowohl bezüglich der Klassifizierung des Nillandes als frühes ‚Imperium‘ als auch in Hinblick auf etwaige ‚Weltherrschaftskonzepte‘ seiner Könige. Dies gilt für das ‚Neue Reich‘ nicht weniger als für frühere Perioden.906 Der Außenwahrnehmung Ägyptens als mächtiger

902 Ibid., 173. 903 Die Benennung des Flusses als das „umgekehrte Wasser“ erklärt sich aus seiner Fließrichtung, denn der Euphrat strömt – im Unerschied zum Nil – von Norden nach Süden. Cf. Witthuhn 2014, 253, Anm. 85 mit der älteren Literatur. 904 Cf. Goebs 2007, 275–279; Assmann 2000, passim. 905 Cf. Witthuhn 2014, 262. Das Motiv begegnet etwa in der Armant­Stele Thutmosis’ III. (ANET, 235): „[…] and in justification, in order to overthrow that wretched enemy, and to extend the frontiers of Egypt, according to the command of his father Amon-Re, the [viliant] and victorious […].“ 906 Zum ‚Alten Reich‘ (2700–2150 v. Chr.) und zum ‚Mittleren Reich‘ (2000–1750 v. Chr.) cf. den kritischen Beitrag Jansen-Winkeln 2014.

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politischer Entität zum Trotz sollte das Pharaonenreich mitnichten paradigmatischen Charakter für spätere Reichsbildungen erlangen.907 Tatsächlich existierte im zweiten Jahrtausend auch keine ideologische Grundlage für die permanente Kontrolle der ‚Peripherie‘. Vieles spricht vielmehr dafür, dass die Bewohner des Nillandes – einer geopolitischen und kulturellen Einheit – kaum ein Interesse an der Okkupation der weniger fruchtbaren ‚Randgebiete‘ hegten. Hinter den militärischen Aktionen an der Levanteküste, die ihrerseits kaum von Kolonisation begleitet wurden, standen vorrangig wirtschaftliche Motive, so die Kontrolle der Häfen und Karawanenstraßen. Selbst die unter Thutmosis III. erreichte größte territoriale Ausdehnung ging nicht über eine Nord-Süd-Erstreckung von 2.000 km hinaus.908 Häufig suchten nachfolgende Könige außerdem mittels ‚phraseologischer Überhöhungen‘ in ihren Selbstäußerungen über ihre geschwundene Macht hinwegzutäuschen.909 Richtig ist, dass die Aton­Hymnen Amenophis’ IV./Echnatons (1353–1336  v. Chr.) einen „transterritorialen Herrschaftsanspruch“910 anzumelden scheinen: Im Rahmen seines (letztendlich gescheiterten) Versuchs, den ‚monotheistischen‘ (?) Kult der Abendsonne Re-Harachte/Aton auf Kosten der alten Götter zu etablieren, konnte der König als dessen Sohn die Beherrschung der gesamten (von Aton bestrahlten) Welt postulieren.911 Allein, die Frage, ob die Aton-Religion gleichsam als ‚Weltreligion‘ innerhalb der ägyptischen ‚Universalmonarchie‘ fungieren sollte, ist m. E. mit guten Gründen verneint worden: Weder lassen die verfügbaren Quellen den Willen zur ‚Mission‘ aller Untertanen erkennen, noch scheint die Strahlkraft dieses ‚Monotheismus‘ weit über die neue Residenz Achetaton (Tell el Amarna) hinausgereicht zu haben.912 Die

907 Cf. Witthuhn 2014, 260. Gemeint ist die politische Wirkmacht. Die kulturelle Strahlkraft des Alten Ägyptens übertrifft diejenige anderer Zivilisationen des Alten Orients hingegen bei weitem. 908 Cf. Wortburton 2007, 487 und Witthuhn 2014, 256 f. sowie 263, wo er festhält, dass „in den pharaonischen Materialien […] kein Wort auszumachen [ist], das ein imperiales Gebilde benennen oder beschreiben würde.“ 909 Cf. Witthuhn 2014, 257–262, hier v. a. 258: „Der realpolitische Machtverlust wurde durch Phrasen geleugnet, sodass sich das Selbstbild und die Außendarstellung der Pharaonen von der tatsächlichen Wirklichkeit über Jahrhunderte hinweg mehr und mehr voneinander entfernen sollten.“ 910 Ibid., 259. 911 So heißt es im Großen Sonnenhymnus (Ägyptisch-Deutsch bei Bayer 2012, 8–23): „Herr all dessen, was die Sonne umkreist, Herr des Himmels, Herr der Erde“ (Z. 9–10). […] „Deine Strahlen, sie umfangen die Länder bis zum Ende von allem, was du geschaffen hast; […] wenn du sie niederzwingst für deinen geliebten Sohn. Du bist fern, doch deine Strahlen sind auf der Erde; du bist im Blickfeld, deinen Lauf aber kann man dennoch nicht kennen“ (Z. 36–43). […] „O alleiniger [Gott], Handeln geschieht für dich, denn du bist in meinem Herzen! Es gibt keinen anderen, der dich kennt außer deinem Sohn“ (Z. 169–173). Zu Amenophis/Echnaton cf. Assmann 1996, 243–258: Schneider 1994, 66–71; Hornug 1995; Reeves 2002. Zur Kultur der Amarnazeit cf. die Beiträge in Tietze 2008. 912 Die ältere Forschung fasst Hornug 1995, 94–96 zusammen, der (ibid., 95 f.) Folgendes herausstellt: „Mit der Errichtung von Achetaton, das ebenso sein Gempaaton-Heiligtum erhält und einen ‚Horizont‘ für den Gott bildet, wird der Geltungsbereich der neuen Religion äußerst beschränkt und praktisch durch die Grenzstelen der neuen Resisenz eingegrenzt. Außerhalb dieses heiligen, dem

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Aton­Hymnen tragen – im Gegenteil – der infolge der Expansion zwangsläufig eingetretenen Erweiterung des Weltbildes Rechnung, indem sie anerkennen, dass die Sonne „nach dem Verlassen Ägyptens noch Gebiete bescheint, deren Weite ein Vielfältiges der Ausdehnung Ägyptens beträgt.“913 Dass das Postulat der Weltherrschaft vor diesem Hintergrund weniger naheliegend denn je erschien, hat bereits Alfred Heuß erkannt: […] die Folge dieses Ausschreitens war zugleich, daß sich ein regelmäßiger Kontakt mit anderen Großmächten einstellte und daß Ägypten gerade durch die Vergrößerung seines Aktionsradius gezwungen wurde, von politischen Geschäftspartnern Notiz zu nehmen und sich mit ihnen zu verständigen. […] Im Sinne des Begriffs war also das Alte Ägypten (des Alten und Mittleren Reiches) in einem höheren Grad Weltreich, da hier der ‚theoretische Weltbegriff ‘ einigermaßen mit dem praktisch-politischem zusammenfiel und kein ernsthafter Anlaß bestand, die Gleichsetzung von ‚Welt‘ und ‚Ägypten‘ in Frage zu stellen.914

Hier scheint sich somit die von Herfried Münkler formulierte These zu bewahrheiten, dass ‚Welt‘ eine „relative und variable Größe“915 sei, woraus zwangsläufig folgen muss, dass das Postulat der Universalherrschaft einzig unter Leugnung der Welten außerhalb des eigenen Machtbereichs erhoben werden kann.916 Diese Wahrheit, die für alle Imperien der Antike Geltung besitzt, offenbarte sich gerade in der zweiten Hälfte des zweiten Jahrtausends v. Chr. (selbstredend) nicht allein den Ägyptern. Von dem aus der Ebenbürtigkeit gleichrangiger Mächte im Vorderen Orient erwachsenen ‚Zwang zur Diplomatie‘ legt die sogenannte ‚Amarna-Korrespondenz‘ beredtes Zeugnis ab. Das 1887 im 300 km südlich von Kairo am Ostufer des Nils gelegenen Tell el Amarna (Akhetaton) freigelegte Archiv verwahrte die Dokumente des ägyptischen ‚Außenministeriums‘ aus der Regierungszeit Amenophis III. und IV.917 Die dort archivierten Briefe künden von der Existenz eines ‚internationalen Mächtesystems‘ respektive einer ‚Balance of powers‘ im Vorderen Orient, die – obschon das Archiv selbst nur einen Zeitraum von rund dreißig Jahren abdeckt  – vom 15. bis ins 13. Jahrhundert andau-

Aton geweihten Bezirkes scheint der König nur wenige Bauten errichtet zu haben, so in Memphis und Heliopolis. Es ist nicht einmal gesagt, dass er die Absicht hatte, ganz Ägypten zum Glauben an Aton zu bekehren, noch weniger eine Mission über die Grenzen Ägyptens hinaus. In den Dokumenten des diplomatischen Archivs ist der Aton-Glaube eine Angelegenheit Ägyptens. […] Die Unterdrückung der alten Kulte darf man sich in der fernen Provinz nicht allzu konsequent vorstellen, Theben bildete sicherlich einen Sonderfall.“ 913 Westendorf 2003, 89. 914 Heuß 1995, 270–271. 915 Münkler 2005, 26. 916 Cf. ibid., 25–29. Zu der Anwendung der Theorien Münklers auf das Alte Ägypten des ‚Neuen Reiches‘ cf. Witthuhn 2014, 241–245. 917 Zur Amarna-Korrespondenz cf. Na’aman 1992; Artzi/Malamat 1993, 31–36; Paulus 2014, 87–89 sowie die Beiträge in Cohen/Westbrook 2000, hier v. a. Liverani 2000 und Zaccagnini 2000. Zu Amenophis III. cf. Schneider 1994, 61–66. Zu Amenophis IV. cf. ibid., 66–71.

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erte.918 Neben einem geringen Anteil an lexikalischen und literarischen Texten sowie Götterlisten und Syllabaren enthält die Dokumentensammlung ein umfangreiches Briefkorpus, das in zwei Gruppen zerfällt: den Schriftverkehr Ägyptens mit seinen ‚Satellitenstaaten‘ in Kanaan und Nordsyrien sowie immerhin vierundvierzig Briefe, die von der regen Kommunikation des Pharaos mit den übrigen ‚Großmächten‘ seiner Zeit Zeugnis ablegen.919 Diese Schriftstücke sind überwiegend im mittelbabylonischen Dialekt des Akkadischen abgefasst, der im 14.  Jahrhundert den Status einer lingua franca innehatte, in der auch Ägypten mit seinen Vasallen kommunizierte.920 Zeichnen sich die letztgenannten Briefe durch den herrischen Ton des ägyptischen Königs und die Selbsterniedrigung der Abhängigen aus,921 so bezeugt die Betonung der Ebenbürtigkeit aller in die ‚internationale Korrespondenz‘ eingebundenen Mächte das Vorhandensein eines ‚labilen politischen Gleichgewichts‘, innerhalb dessen die Erlangung transterritorialer Hegemonie unmöglich war.922 Beteiligt waren neben Ägypten, dem kassitischen Babylonien (EA 1–44), Assyrien (EA 15–16), Mittani (EA 17; 19–30) und Hatti (EA 41–44) ferner Arzawa (EA 31–32) und Alaschia (EA 33–40) sowie (in der Forschung häufig vernachlässigt) Elam.923 Über die Garantie politischer Stabilität hinaus – zu diesem Zweck herrschte ein reger Botenverkehr,924 wurden dynastische Heiraten geknüpft925 und Staatsverträge abgeschlossen – diente das System auch den wirtschaftlichen Interessen der beteiligten Mächte: Der Austausch von Geschenken, deren

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Na’aman 1992, 175. Cf. ibid. Die neueste Gesamtausgabe der Korrespondenz (Zitation: EA = El-Amarna-Tafeln), die (neben neuen Lesarten) philologische Diskussionen und umfangreiche Indizes enthält, ist Moran 1987. Die 32 Tafeln, die nicht diplomatischen Inhalts sind, sind EA 351–354; 371 (lexikalische Texte), EA 374 (Götterliste), EA 348; 350; 379 (Syllabare), EA 340–341; 356–359; 375 (literarische Texte). Cf. Na’aman 1992, 175. Cf. ibid., 176 f. Anstelle einer Grußformel stehen hier häufig Unterlegenheitsbekundungen. So spricht Yabi-ilu, der Herrscher von Lachisch, den ägyptische König in einem seiner Schreiben (EA 328: 1–16) mit „mein Herr“, „mein Gott“, „meine Sonne“ u. ä. an. Yabi-ilu selbst bezeichnet sich hingegen als „dein Diener“, „Staub unter deinen Füßen“ und als „Knecht deiner Pferde“. Mitnichten sollten indessen die offiziellen Kommunikationsformen darüber hinwegtäuschen, dass die Vasallen Ägyptens über ein beträchtliches Maß an innerer Autonomie verfügten. Cf. Zaccagnini 2000. Zur komplexen politischen Konstellation der Zeit cf. Wilkinson 2007b, 453– 456. Die Rolle Elams untersucht Paulus 2013. Speziell zu den Beziehungen zwischen Ägypten und Mesopotamien cf. Wilkinson 2007b, zu Assyrern und Hethitern Giogieri 2011, zu Assyrern und Babyloniern Galter 2007, 528–530 sowie zu Babyloniern und Hethitern Bryce 2007. Cf. Beckman 2003b, 766 f. Cf. Meier 2000. So wurden dynastische Verquickungen geschaffen, die dazu führen konnten, dass die Großmächte auf die Thronfolge anderer Staaten Einfluss zu nehmen trachteten. Cf. z. B. Paulus 2014, 74 f. Die ägyptischen Könige verheirateten ihreTöchter niemals ins Ausland (zur Weigerung cf. EA 4: 6–7), nahmen jedoch fremde Prinzessinnen zu ihren Gemahlinnen. So heiratete Amenophis III. jeweils zwei Prinzessinnen aus Babylon und Mittani sowie eine Tochter des Königshauses von Arzawa.

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Übersendung zuweilen ganz unverblümt eingefordert wurde,926 stellte eine Form des ‚indirekten Handels‘ dar, der den regulären Kommerz ergänzte.927 Den bewussten Verzicht auf ‚Weltherrschaftsbestrebungen‘ der beteiligten Herrscher dokumentieren wiederum die Kommunikationsformen, die auf dem Prinzip der Gleichheit (miḫru) insistieren. Diese Gleichheit findet ihren sinnfälligen Ausdruck in der gegenseitigen Anrede als ‚Bruder‘ (aḫum) und ‚Großkönig‘ (šarru rabû)928 in der standardisierten Grußformel („An PN, den Großkönig, den König von ON, meinen Bruder“).929 Zugleich enthüllt die Korrespondenz einen subtilen Argwohn hinter den diplomatischen Höflichkeiten:930 Schwerlich vermögen die Letzteren darüber hinwegzutäuschen, dass alle Bemühungen um eine Einigung einzig der Notwendigkeit, ja dem Zwang geschuldet waren, einen modus vivendi zu finden.931 Vielmehr führte der politische Opportunismus zu häufig wechselnden Koalitionen und Bündnissen. So dehnte Assuruballit 926 Eine besondere Rolle spielte das ägyptische Gold. So schrieb Burnaburiasch II. von Babylon (1353–1333  v. Chr.) an Amenophis IV. (EA 9: 1–18): „Mein Bruder hat mir jetzt 2 Minen (1 kg) Gold als mein Begrüßungsgeschenk geschickt. Sollte es viel Gold geben, dann schicke mir soviel wie deine Vorfahren. Warum hast du mir (nur) 2 Minen geschickt? Derzeit ist meine Arbeit an einem Tempel sehr aufwendig, und ich bin von ihr stark in Anspruch genommen. Schick mir viel Gold.“ Deutsche Übersetzung nach Jursa 2008, 26. In ähnlicher Weise schrieb Assuruballit I. (1353–1318 v. Chr.) an den Pharao (EA 16: 13–31): „Ist denn das (was Du mir geschickt hast) eines Königs Sendung? Gold ist doch in Deinem Land wie Staub, man (muß) es (nur) einsammeln. Warum enthält man es mir vor? Ich gedenke einen neuen Palast zu errichten. Soviel Gold als zu seiner Verzierung notwendig ist, schicke mir! Als mein Vorfahr Assur-nadin-ahhe nach Ägypten schrieb, da sandte man ihm 20 Talente Gold. Als der König von Hanilgabat (Mittani) Deinem Vater nach Ägypten schrieb, sandte der ihm 20 Talente Gold. Nun bin ich dem König von Hanilgabat gleichrangig, und Du hast mir (nur) […] Gold geschickt. Es ist nicht (einmal) ausreichend für die Hin- und Rückreise und für den Lohn meiner Gesandten.“ Deutsche Übersetzung nach Cancik-Kirschbaum 2008, 46. 927 Cf. Beckman 2003b, 767–776. Der reguläre Handel sollte ferner die Sicherheit der Kaufleute gewährleisten. Siehe etwa den Brief eines babylonischen Königs (EA 8: 25–33) nach Ägypten, in dem er sich beschwert, dass seine Händler in ‚dessen Land‘ Kanaan ausgeraubt worden seinen. 928 Zur Herkunft und Genese dieses Titels, der im zweiten Jahrtausend in sumerischer, akkadischer, ägyptischer, hurritischer und ugaritischer Sprache bezeugt ist, cf. Artzi/Malamat 1993. Bereits in der Frühdynastischen Zeit begegnet (so bei Lugalzagesi) der Titel é n s i - g a l. Zu Beginn des zweiten Jahrtausends belegen Briefe und Wirtschaftsdokumente den Gebrauch des Begriffs šarru rabû in Mari, doch bleibt strittig, ob er bereits zu diesem Zeitpunkt Bestandteil der offiziellen Titulatur gewesen ist. Seit ca. 1650 v. Chr. gehörte der Titel ‚Großkönig‘ zur Standardtitulatur des hethitischen Königshauses. Cf. etwa Beckman 1999, 82, Nr. 12 § 1 A1: „Thus says my Majesty, Mursili, Great King, King [of Hatti, Hero.“ Um 1400 v. Chr. ist ‚Großkönig‘ der Indikator für eine herausgehobene Position innerhalb des ‚internationalen Systems‘. 929 Cf. Artzi/Malamat 1993, 33. 930 Cf. Wilkinson 2007b, 455. 931 Cf. Wortburton 2007. Demnach hing das Ausmaß der diplomatischen Kontakte und des Gabenaustausches stets von der jeweils gegebenen politischen Konstellation ab. War eine akute Krise gebannt, verloren sie an Intensität. So mag sich auch die Dominanz Ägyptens innerhalb des Systems wesentlich durch das Gefühl der Bedrohung seitens der Assyrer und Babylonier angesichts der Expansion Mittanis erklären. Das Scheitern der ägytischen ‚Schutzmacht‘ rief die Hethiter auf den Plan, deren militärischer Druck wiederum Mittani veranlasste, seine diplomatischen Kontakte mit Ägypten zu intensivieren.

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von Assyrien (1353–1318 v. Chr.) im 14. Jahrhundert seine Herrschaft auf Kosten des Reiches von Mittani aus, das zunehmend dem Druck der Hethiter unter ihrem König Schuppiluliuma I. (1344–1322 v. Chr.) ausgesetzt war.932 Als der assyrische König dann auch noch diplomatische Kontakte mit Ägypten aufnahm, um in den ‚Reigen der Großkönige‘ aufgenommen zu werden (EA 1–16), verhehlte der kassitische Herrscher Burnaburiasch II. (1359–1333 v. Chr.) seine Entrüstung nicht. In einem Schreiben an Amenophis IV. stellt er die folgende Forderung: Was meine assyrischen Vasallen angeht: Nicht ich habe sie dir geschickt. Warum sind sie aus ihrem eigenen Willen in dein Land gekommen? Wenn du mich liebst, sollen sie dort nichts ausrichten. Schick sie mir mit leeren Händen zurück.933

Es gibt gute Gründe für die Annahme, dass ein außenpolitisches Ziel der Babylonier in der Ausschaltung, ja Inkorporation Assyriens bestand, das ihre Expansion bis ans Mittelmeer behinderte.934 Das Kassitenreich – gemessen an seiner territorialen Ausdehnung mitnichten ein Imperium – hielt augenscheinlich dennoch die Idee der Universalherrschaft aufrecht, die freilich niemals realisiert werden konnte. Immerhin trugen viele seiner Könige den Titel šar kiššāti,935 und das Konzept Babylons als ‚Nabel der Welt‘ wurde zu eben dieser Zeit entwickelt.936 Wenn die Zugehörigkeit Babyloniens zum ‚Club der Großmächte‘ angezweifelt wurde, so geschah dies in einer (vorüber-

932 Cf. Fuchs 2011, 242–247; Jacob 2011, 191 f. Zu Schuppiluliuma I. cf. Bryce 1998, 168–205. Die Fragmente des von seinem Sohn Mursili II. (1321–1295 v. Chr.) in Auftrag gegebenen ‚Tatenberichts‘ Schuppiluliumas bearbeitet Güterbock 1956. 933 EA 9: 19–36 = Moran 1987, 18 f. Deutsche Übersetzung nach Jursa 2008, 26. 934 Cf. Paulus 2013, 91–93. 935 Cf. Seux 1965a, 6. 936 Cf. Paulus 2014, 89 sowie Maul 1997, 114–120. Dieses Konzept verortete die Stadt Babylon und das Marduk-Heiligtum Esangila in der Mitte einer vertikalen axis mundi, die die drei kosmischen Ebenen und die ihnen zugehörigen Götterpaläste (Himmel/Palast Anus, Erde/Palast Marduks; Apsû/Palast Eas) durchlief. Versinnbildlicht wurde die Weltachse auf der konkret sichtabren Ebene im E­temen­an­ki (‚Haus – Fundament von Himmel und Errde‘), dem siebenstufigen Tempelturm Marduks. Cf. George 1993, 149, Nr. 1088. Zudem lag Babylon auch auf der horizontalen Ebene im Zentrum der Welt, denn nach Ee VI, 119–120 sahen auch alle übrigen Götter Esangila als den Hauptort ihrer Verehrung an. Im dritten Jahrtausend hatte die Stadt Nippur, die Kultstadt des Enlil (Dur­an­ki = ‚Band von Himmel und Erde‘. Cf. George 1993, 80, Nr. 218), den Status des ‚Zentrums der Welt‘ innegehabt. Cf. Kap. I.2.3. Die ‚Achsenverlagerung‘ von Nippur nach Babylon setzte bereits in der Regierung Hammurapis ein (cf. Johandi 2018, 554) und fand ihren Abschluss in der Kassitenzeit. Dieses Konzept fand augenscheinlich auch die Anerkennung anderer Mächte, so der Assyrer, die erhebliche Anstrengungen unternahmen, Assur (Stadt und Gott) an die Stelle Babylons und seines Hauptgottes Marduk zu setzen. Der Versuch, Assur als ‚Nabel der Welt‘ zu etablieren, mag bereits Schamschi-Adad I. zuzuschreiben sein, in dessen Regierungszeit der ‚Assur-Enlil-Synkretismus‘ begann (s. u. Kap. I.2.6). Das Assur-Enlil-Heiligtum trug den programmatischen Namen É­aratta­ki­ki­šár­ra (‚Haus – Berg der gesamten Welt‘). Cf. Maul 1997, 121–124. Ein Text aus dem späten zweiten Jahrtausend v. Chr. (Text: George 1992, 1–72) führt die Idee von Babylon als dem Mittelpunkt des Kosmos sinnfällig vor Augen. Cf. Visscher 2020, 74.

Der Mythos vom ‚Weltreich‘: Das Vermächtnis der Könige von Akkad

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gehenden) Periode der Schwäche.937 Der Kontakt des Kassitenreiches mit dem mächtigen Ägypten blieb in der Bronzezeit allerdings im Wesentlichen auf den Schriftverkehr beschränkt, und die Distanz zwischen beiden Ländern scheint im Bewusstsein der Zeitgenossen erheblich gewesen zu sein.938 In diesem Sinne beherrschte jeder der ‚Großkönige‘ also durchaus seinen eigenen orbis, indem die Existenz gleichrangiger Mächte (soweit möglich) ausgeblendet wurde: „The ‚Great Kings‘ were themselves celestical beings and did not indend to share their environment with other celestical beings.“939 Nicht ohne weiteres waren sie bereit, die Gleichrangigkeit eines neuen Mitgliedes innerhalb des ‚Mächtekonzerts‘ anzuerkennen, wie das Schreiben eines Hethiterkönigs (Mursili III.?) an Adadnirari I. von Assyrien (1295–1264 v. Chr.) erkennen lässt: […] des Waša […] und des Landes Ḫurri sprich[st Du] ständig. [M]it der Waffe hast Du gesiegt, meinen […] hast Du besiegt. Bist Du (etwa damit schon) ein Großkönig geworden? Was sprichst Du darüber hinaus ständig von Bruderschaft und davon, zum Amanus-Gebirge zu kommen? Was (soll) das, Bruderschaft? Und was (soll) das, zum Amanus-Gebirge zu kommen? Aus welchem Grund soll ich dir wegen Bruderschaft scheiben? Wer schreibt ständig dem anderen von Bruderschaft? Diejenigen, die nicht (miteinander) befreundet sind, schreibt (da) ständig der eine dem anderen von Bruderschaft? Wozu soll ich Dir wegen Bruderschaft schreiben? Sind Du und ich von einer einzigen Mutter geboren? Wie mein Vater und mein Großvater dem König des Landes Assur nicht [wegen Bruderschaft] schrieben, sollst auch Du mir nicht [über das Komme]n und über das Großkönigtum schreiben.940

Die Anerkennung als ‚Großmacht‘ konnten die Hethiter dem aufstrebenden Mittelassyrischen Reich freilich nicht lange verweigern. Im ausgehenden zweiten, vollends jedoch im ersten Jahrtausend sollten die Könige von Assur eine zweifellos von universalistischen Bestrebungen getragene Expansionspolitik entfalten.

937 Dies geht aus einem Brief der hethitischen Königin Puduhepa an Ramses II. bezüglich einer möglichen Heirat des Pharaos mit einer Tochter Hattusilis III. hervor (Beckman 1999, 131–135, hier 134, Nr. 22E § 10 obv. 53’–56’): „Did he [scil. The king of Babylon] not also take the daughter of the Great King, the king of Hatti, the mighty king, for marriage? If you should say: ‚The king of Babylonia is not a Great King‘, then my brother does not know the rank of Babylonia.“ 938 Cf. Wortburton 2007, 487–490. Von der (empfundenen und tatsächlichen) räumlichen Ferne zeugt ein weiterer Brief Burnaburiaschs II. an Amenophis IV (EA 7: 1–11 = Moran 1987, 12–16). Darin beschwert er sich – er war erkrankt –, dass der König von Ägypten es versäumt habe, sich nach seinem Befinden zu erkundigen. Daraufhin, so Burnaburiasch des Näheren – habe ein ägyptischer Gesandter ihm geantwortet, dass beide Länder zu weit voneinander entfernt seien, um Botschaften rasch zu übermitteln. Die Aussage des Ägypters habe er sich von seinen eigenen Boten bestätigen lassen. Deutlich führt die Passage somit die Unkenntnis der realen geographischen Verhältnisse vor Augen. 939 Wortburton 2007, 489. 940 KUB 23, 102: I i’–9’. Deutsche Übersetzung TUAT NF 3, 238.

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2.6 Assyrien, die ‚Geißel der Völker‘: ‚Weltherrschaft‘ als göttliches Mandat The policy of expansion of the Assyrian kingdom included a serious call for world dominion. The Assyrian kings claimed the control of the ‚four quarters of the world‘ to be their irrevocable right and fought to maintain it.941

Dem assyrischen Imperium haftet (vom Zeitpunkt seines Untergangs im ausgehenden siebten Jahrhundert v. Chr. bis in die Gegenwart) der Leumund eines aggressiven und militaristischen Staatswesens an, das die ‚ganze Welt‘ zu unterjochen trachtete.942 Dieses Bild einer martialischen, ja grausamen Kultur wurzelt nicht zuletzt in den Selbstäußerungen der assyrischen Könige, die „gern blutige Szenen auf den Mauern ihrer Paläste darstellten.“943 Schließlich mag gerade der vollständige und unwiderrufliche Kollaps des Reiches, das zwischen 614 und 609 v. Chr. den vereinten Heeren von Medern und Babyloniern erlag, einen Anreiz zu wissenschaftlichen und/oder moralisierenden Reflexionen über Geschichte und Herrschaft bieten. Das vorliegende Kapitel zielt weniger auf die politischen und wirtschaftlichen Triebfedern der Expansion944 als auf die ideologischen Grundlagen der ‚Weltherrschaftsrhetorik‘, die dazu geführt haben mögen, dass gerade Assyrien, das um 600  v. Chr.

941 Oded 1992, 163. 942 Eine typologische Untersuchung Assyriens als einer ‚aggressiven Gesellschaft‘ respekive eines ‚Militärstaates‘ bieten Röllig 1986 und Fuchs 2005; 2009. Demnach treffen einige zentrale Charakteristika von Militärstaaten auf das neuassyrische Reich zu (cf. zusammenfassend Fuchs 2005, 55 f.): 1. Eine ideologisch-religiös begründete Kriegsführung bei ökonomisch-strategischen Gründen 2. Die Existenz eines ‚Kriegsapparats‘, der weite Teile der Bevölkerung bzw. zumindest der Eliten einschließt 3. Der Einsatz eines Großteils der Ressourcen für das Militär und – umgekehrt – Erlangung lebenswichtiger Rohstoffe durch den Krieg 4. Ein sich aus Nr. 3 ergebender ‚Zwang zur Expansion‘. Einschränkend hält Fuchs 2005, 56 fest, dass das assyrische Regime niemals eine „Militärdiktatur“ gewesen sei; vielmehr waren die Könige stets bestrebt, den politischen Einfluss des Offizierscorps einzudämmen. 943 Delaporte 1933, 258 (zitiert bei Röllig 1986, 117). Die detaillierte Schilderung grausamer Strafen (Häuten, Blenden, Enthauptung) in Wort und Bild entsprach einer mit Assurnasirpal II. im neunten Jahrhundert v. Chr. einsetzenden politischen Strategie. Cf. etwa RIMA II A.0.101.1, 89–93; col I, 116-II, 1; RIMA III A.0.102.2, Col. II, 53–54. Tatsächlich fallen derart ‚schockierende‘ Beschreibungen innerhalb des gesamten assyrischen Textkorpus’ weniger ins Gewicht. Gleichwohl ist mit ihnen eine für die assyrische Herrscherlegitimation zentrale ideologische Botschaft verbunden, und zwar – wie Lanfranchi 2010, 40 f. festhält – „[…] that the Assyrian king is a strong warrior in perennial struggle against threatening and hostile enemies; in this role, he is allowed to adopt the most cruel measures in order to avert the impending dangers. […] Any Assyrian or any subject […] was informed and reassured that the top institutions of the empire, the king and his court, had been and were constantly alert for preserving and defending the Assyrian people and territory from enemy outrages and threats.“ Dieselbe martialische Rhetorik eignet zum Teil auch der königlichen Korrespondenz, die die Furcht selbst der höchsten Funktionäre des Reiches vor ihrem Herrscher zumindest suggeriert bzw. als ‚Hofetikette‘ festlegt. Cf. etwa SAA 1, 22, Nr. 22, 6-rev. 7; 179, Nr. 231, rev. 4–5; 120, Nr. 149, 10. Cf. ferner Fuchs 2009. 944 Cf. etwa Bedford 2009; Fales 2001; Lanfranchi/Fales 2006; Villard 2008. Zur assyrischen Geschichte und Kultur cf. die Beiträge in Frahm 2017a.

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„völlig vom Angesicht der Erde verschwunden“945 war und niemals wieder erstand, den Späteren (zumal den Griechen und Römern) als ‚erstes Weltreich‘ in Erinnerung blieb. *** Die geographische Kernregion des Staates, den die Assyrer selbst seit dem 14. Jahrhundert māt Aššur nannten, bildete ein von Assur im Süden, Ninive (Mosul) im Norden und Arbilu (Erbil) im Osten eingegrenztes Dreieck, das fruchtbar und strategisch günstig an den Hauptverkehrsrouten der Tigrisregion gelegen war.946 Die Geschichte Assyriens gliedert die assyriologische Forschung in drei Perioden:947 Der ‚Altassyrischen Zeit‘ (ca. 2000–1800 v. Chr.) folgt eine überlieferungsgeschichtliche ‚Lücke‘ von etwa 300 Jahren, in denen Assur augenscheinlich in Abhängigkeit zu dem sich in Nordmesopotamien und Nordsyrien etablierenden Königreich Mittani geriet.948 Dessen Ende läutete in der ‚Mittelassyrischen Periode‘ (ca. 1400–1050 v. Chr.) den Aufstieg Assurs zum Territorialstaat ein, der seinen Einfluss vom Euphrat im Westen über den Oberen Tigris im Norden bis zum Zagrosgebirge im Osten auszudehnen vermochte.949 Einer im 12. Jahrhundert durch das Eindringen aramäischer Stämme bedingten Phase (außen-)politischer Schwäche („period of recession“950) folgten in ‚Neuassyrischer Zeit‘ (ca. 934–609 v. Chr.) zunächst die Wiederherstellung der Grenzen des 14. Jahrhunderts (900–745 v. Chr.) und schließlich eine Periode weit ausgreifender Expansion (744–609 v. Chr.).951 In der Altassyrischen Zeit war Assur ein Stadtstaat,952 dessen Wirtschaft ganz auf den internationalen Handel mit Anatolien ausgerichtet war (‚Assurs Handelsimperium‘).953 Die Macht des Herrschers (e n s i / iššiakkum; rubā’um; waklum) wurde durch diverse Institutionen, zumal die ‚Stadtversammlung‘ (ālum) und das ‚Rathaus‘ (bīt

945 Yoffee 2011, 100. 946 Cf. Radner 2011; 2014, 102. 947 Kuhrt 1995a, 82; 351; 479 verzeichnet auch die abweichenden chronologischen Systeme. Zu Assur in der Ur III-Zeit cf. Michalowski 2009. 948 Cf. Lion 2011; Kuhrt 1995a, 283–300; Yamada 2017. Die Geschichte und Kultur des Königreiches Mittani behandelt Freu 2003. 949 Cf. Faist 2010, 15; Galter 2018, 135. 950 Faist 2010, 15. 951 Cf. ibid. 952 Cf. Larsen 2000. Zur altassyrischen Zeit Veenhof/Eidem 2008; Veenhof 2008; 2017; Dercksen 2004; Larsen 1976; Kuhrt 1995a, 81–95. 953 Cf. Veenhof 2008, 122–246; Kuhrt 1995a, 90–95. Assur, zu dieser Zeit ein ‚Umschlagsplatz‘ für Handelswaren, verfügte damals über zahlreiche Handelsniederlassungen in Anatolien. Assyrische Händler exportierten Zinn, Wolle, Lapislazuli, Karneol u. ä. und erhielten im Gegenzug namentlich Silber und Gold.

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ālim; bīt līmim) begrenzt.954 Im 18. Jahrhundert war es Schamschi-Adad I. gelungen, von Ekallatum aus einen mächtigen Territorialstaat zu errichten, doch sein ‚Reich‘ zerfiel bald nach seinem Tod (s. o. Kap.  I.2.5). Eine gänzlich gewandelte Sozialstruktur erhellen – 300 Jahre später – die Quellen der mittelassyrischen Zeit, nachdem Assur sich unter seinem Herrscher Assuruballit I. (1353–1318 v. Chr.) zum ‚Erben Mittanis‘ aufgeschwungen hatte.955 Im Zuge der sich nunmehr vollziehenden Expansion zum Territorialstaat erfuhr das Königtum eine immense Steigerung seiner Macht auf Kosten der Eliten, und der Palast avancierte zur zentralen Wirtschafts- und Verwaltungsinstitution.956 Die ‚Stadtversammlung‘ und das ‚Rathaus‘ verschwanden oder büßten einen Großteil ihrer Kompetenzen ein. An ihre Stelle traten vom Herrscher ernannte und ihm loyale Funktionäre – in zunehmendem Maße auch Eunuchen, die in den Quellen als ‚königliche Diener‘ (urad šarri) figurieren.957 Die Spitzenpositionen der Zentralverwaltung hatten der ‚Ordner‘ des Königspalastes (mašennu/mašennu rabi’u) und der ‚Wesir‘ (sukkallu) inne, dem als einem den Provinzgouverneuren übergeordneten Beamten die Kontrolle der annektierten Gebiete oblag. Unter Salmanassar I. (1263–1234  v. Chr.) wurde das Amt augenscheinlich zweigeteilt, sodass von nun an nicht nur im Herzland Assyriens, in Arbail, sondern auch in den neu hinzuerworbenen Gebieten des Westens ein sukkallu mit Sitz in Waschukanni residierte.958 Im westlichen Reichsteil wurde dem ‚Wesir‘ zudem ein ‚Großwesir‘ (sukkallu rabi’u) zur Seite gestellt, der zum mächtigsten Mann neben dem Herrscher aufstieg und sogar den Titel ‚König von Hanilgabat‘ (šar māt Ḫanilgabat) zu führen befugt war.959 Für die neuassyrische 954 Cf. Dercksen 2004 sowie zusammenfassend Faist 2010, 16–17. Die Stadtversammlung (ālum) stellte eine kollektive Körperschaft dar, deren Mitglieder sich mutmaßlich aus den einflussreichsten Handelsfamilien rekrutierten. Das Gremium fungierte als höchster Gerichtshof und besaß darüber hinaus legislative und finanzpolitische Kompetenzen. Sein Vorsitzender war der Herrscher, der neben kultischen namentlich juristische Funktionen innehatte. Die zentrale Wirtschafts- und Verwaltungsinstanz war das ‚Rathaus‘ (bīt ālim; bīt līmim), dem die Eintreibung der Steuern, die Getreideversorgung der Stadt sowie die Aufsicht über das Archiv und das Schatzhaus oblagen. Auch Maße und Gewichte wurden hier kontrolliert. An der Spitze stand der līmum (‚Eponym‘), dessen Amt per Los bestimmt wurde und dem Prinzip der Annuität unterlag. 955 Cf. Faist 2010, 17; Postgate 2011, 89–92. Cf. Faist 2010, 17–22; Jakob 2003; 2017 zum Folgenden. Zur Rolle Adadniraris, der Mittani zum ‚Vasallenstaat‘ machte, cf. Galter 2018, 135. 956 Cf. Faist 2010, 20. Zum assyrischen ‚Hof ‘ cf. ferner Barjamovic 2011. Der Palast war der Hauptkonsument der Ressourcen und stellte zugleich ein Handwerkszentrum dar. Was dort verzehrt wurde, stammte überwiegend aus den ‚Krondomänen‘, die über das gesamte Imperium verstreut lagen und regelmäßig von Repräsentanten des Hofes (qēpu ša šarri) kontrolliert wurden. Zwecks der Aufbewahrung der Ressourcen verfügte der Palast über Speicheranlagen, so das ‚Lagerhaus‘ (nakkamtu) und ‚Getreidespeicher‘ (karmu). Cf. ferner Jakob 2003, 261–286. 957 Cf. Faist 2010, 17. Der Rückgriff auf die Dienste der Eunuchen stellte selbstredend eine weitere Begrenzung der Macht der Eliten dar, deren Ämter quasi erblich geworden waren und die sich aus den alten Familien des Stadtstaates Assur sowie aus dem Königshaus rekrutiert haben dürften. Cf. Jakob 2003, 58–65; 269 f. 958 Cf. Jakob 2003, 55–65; Faist 2010, 19. Zur Provinzialverwaltung der mittelassyrischen Zeit cf. Jakob 2003, 111–131. 959 Cf. Faist 2010, 19.

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Zeit sind fünf weitere Würdenträger bezeugt, die – da sie zugleich als Provinzgouverneure fungierten  – umfangreiche administrative Kompetenzen besaßen. Angesichts der rasanten territorialen Expansion des ersten Jahrtausends nimmt es indessen nicht Wunder, dass die meisten der Magnaten vorrangig mit militärischen Aufgaben betraut waren.960 Ab dem neunten Jahrhundert v. Chr. war Assur, das nach dem Zusammenbruch des Hethiterreiches, des ägyptischen Neuen Reiches und dem Erlöschen der Kassitendynastie in Babylon keine ebenbürtigen Mächte neben sich dulden musste, der unumstrittene Hegemon des Vorderen Orients.961 An der Peripherie war das Staatsgebiet, nunmehr ein veritables Imperium, von Klientelstaaten umgeben, deren Dynasten dem assyrischen König tributpflichtig und vertraglich zur Gefolgschaft verflichtet waren.962 In der ersten Hälfte des achten Jahrhunderts v. Chr. wurde die Vormachtstellung Assurs indessen von zwei aufstrebenden Mächten bedroht: Kusch im Sudan und in Oberägypten sowie Urartu, dessen Territorium sich von der Osttürkei über Armenien bis nach Nord-West-Iran erstreckte.963 Eine verheerende Niederlage des assyrischen Königs Assur-nirari V. (754–745 v. Chr.) gegen Urartu zeitigte weitreichende innenund außenpolitische Folgen:964 Ein Putsch gegen den Herrscher, an dem sich die höchsten Funktionäre des Reiches beteiligten, brachte eine Fraktion um den neuen König Tiglatpilesar III. (744–727 v. Chr.) zur Herrschaft, die eine deutlich expansivere außenpolitische Strategie verfocht – und realisierte.965 Jahrzehnte währende Kriege an allen Grenzen führten sonach zur Annexion der meisten Klientelstaaten und zur Verdopplung des Reichsgebietes.966 Im siebten Jahrhundert v. Chr. reichte der politische Einfluss Assurs weit über die ‚traditionellen Grenzen‘ („traditional boundaries“967) Mesopotamiens hinaus: Im Norden hatten die assyrischen Truppen den Van-See erreicht, im Süden drangen sie bis zur Oase Adummatu (Dūmat al-Janda) und zum Arabisch-Persischen Golf vor. Im Osten gelangten sie in medisches Territorium bis zur 960 Cf. Mattila 2009. Es handelt sich um den ‚Oberbefehlshaber‘ (turtānu), den ‚obersten Mundschenk‘ (rab šaqê), den ‚Palastherold‘ (nāgir ekalli), den ‚obersten Richter‘ (sartinnu) und den ‚Chef-Eunuchen‘ (rab ša reši). Cf. ferner Pongratz-Leisten 2015, 157–174. 961 Cf. Radnder 2014, 103; Liverani 2004. Zum neuassyrischen Imperium cf. Frahm 2017c; Bedford 2009. 962 Cf. Radner 2014, 103; Postgate 1992, 254 f. 963 Zum Reich von Kusch cf. Lohwasser 2014. Das Königreich Urartu behandelt Salvini 1995; 2011; 2014. 964 Cf. Radner 2014, 103 f. 965 Zum Putsch cf. Zawadzki 1994. Den Austausch der Beamtenschaft bewertet Radner 2014, 104 wie folgt: „What has traditionally been labelled the ‚expansion‘ of Assyria can be analyzed as a fundamental change in the relationship between central power and its local representation. When placed in its wider historical context the radical modification in imperial policy can be appreciated as a new power faction’s reaction to external developments that the former leadership had not addressed, leading to an inner crisis and regime change.“ 966 Cf. Radner 2014, 104. 967 Ibid.

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Wüste Bīt tabti (Dascht-e Kavir) und zum Berg Bikni (Damāvand?), im Nord-Westen bis nach Kilikien und Tabal, und schließlich – mit Asarhaddon (680–669 v. Chr.) und Assurbanipal (668–631/627? V. Chr.) – kam es zur Annexion Unterägyptens und des Niltals.968 In der Folge führte Assarhaddon den Titel ‚König der Könige von Ägypten, Patros und Kusch‘ (šàr šarrānimeš māt Mu­ṣur (māt) Pa­tu­ri­su māt Ku­(u)­si).969 Zur Erweiterung und zur Sicherung der Herrschaft unterhielt der assyrische Staat seit der Mitte des achten Jahrhunderts ein stehendes Heer,970 das sich an vier (zumal durch die Auseinandersetzungen mit Urartu bedingten) neuralgischen Grenzpunkten konzentrierte, und zwar am Oberen Euphrat und Tigris, im Chaburgebiet sowie am Großen Zab.971 In diese professionalisierte Armee wurden auch Kriegsgefangene und die Kontingente der Unterworfenen integriert.972 Einer verbreiteten These zufolge belastete der Unterhalt des Heeres das Staatsbudget und erforderte eine permanente Kriegsführung sowie die Erschließung immer neuer Territorien, die die benötigten Subsistenzmittel zu liefern vermochten.973 In diesem Sinne habe die erfolgreiche Expansion gleichsam ein ‚Lebenselixier‘ des assyrischen Staates dargestellt.974 Gleichwohl wäre es verfehlt, dieses Reich, dessen relative Stabilität und Langlebigkeit außer Frage stehen, zum reinen ‚Kriegsimperium‘ zu degradieren.975 Im siebten Jahrhundert konnten die Könige von Assur auf eine 1.000-jährige und nahezu ungebrochene Herrschaft, deren Ursprünge im assyrischen Stadtstaat lagen, zurückblicken.976 Auch die Verwaltungspraxis gestaltete sich flexibel.977 Zentrale administrative und militärische Funktionen hatte mithin der ‚Kronprinz‘ inne, den der Herrscher bereits zu Lebzeiten ernannte, um innerdynastischen Machtkämpfen vorzubeugen.978 ***

968 Diese Synthese folgt Villard 2000, 76. 969 Cf. Klch D, 3 (= Borger 1956, 36); Trb B, 4–5 (= Borger 1956, 72); Mnm A, 16 (= Borger 1956, 96); Mnm C, 5–6 (= Borger 1956, 101). Cf. Radner 2010a, 30. 970 Zuvor waren die Truppen lediglich für alljährliche Feldzüge ausgehoben worden, da der Staat nicht in der Lage gewesen war, ein stehendes Heer zu unterhalten. Cf. Postgate 2007. Zum assyrischen Militär cf. Dalley 2017 mit der älteren Literatur. 971 Cf. Radner 2014, 106 f.; Liverani 2004, 215–218; Radner 2006, 48 (‚Provinzen der Magnaten‘). Zum Kriegswesen cf. Fales 2010. 972 Cf. Fuchs 2005, 53; Radner 2014, 106. 973 Cf. etwa Röllig 1986, 124 f.; Fuchs 2005, 55: „Krieg war das hauptsächliche Mittel, sowohl Politik zu betreiben, wie auch die Einkünfte des Reiches zu mehren. […] Krieg war außerdem die hauptsächliche Beschäftigung der maßgeblichen Teile der Bevölkerung.“ 974 Zu vergleichbaren Theorien in Bezug auf die altakkadische Zeit cf. Kap. I.2.4. 975 Cf. Radner 1014, 105 sowie Bagg 2011, 271–281, hier v. a. 276 f. (in Auseinandersetzung mit den Thesen Herfried Münklers). 976 Cf. Radner 2010a, 26. 977 Cf. Radner 2014, 105. 978 Cf. Radner 2010a, 27. Der Kronprinz hatte so ferner die Gelegenheit, sich für das Herrscheramt zu qualifizieren.

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Die strukturellen und ideologischen Grundlagen dieses imperialen Gebildes waren – wie oben angedeutet  – bereits in Mittelassyrischer Zeit gelegt worden. Die aus der forcierten Expansion resultierende (und sie begünstigende) Stärkung und ‚rhetorische‘ Erhöhung des Königtums,979 die bereits bei Adadnirari I. (1295–1265  v. Chr.) sichtbar wird,980 dokumentieren namentlich die Inschriften Tukulti-Ninurtas I. (1243– 1207 v. Chr.) sowie das sogenannte Tukulti­Ninurta­Epos, das den assyrischen Sieg über das kassitische Babylon und seinen König Kaschtiliasch IV. (1232–1225  v. Chr.) verherrlicht.981 Ein hymnischer, in der ersten Tafel der Dichtung enthaltener, Passus beinhaltet in nuce zentrale (späterhin geradezu ‚kanonische‘) Elemente der assyrischen Herrscherideologie.982 Im Fokus stehen einerseits die herausragenden militärischen Fähigkeiten des ‚Königs der vier Weltgegenden‘ – ein Titel, den Tukulti-Ninurta als erster assyrischer Herrscher führte983 –, seine Unvergleichbarkeit in der Schlacht sowie die universale Dimension seiner (ihm von den Göttern verliehenen) Macht (Z. 12’–15’; 21’–23’).984 Das sich aus der altakkadischen Tradition speisende Motiv des unbesiegbaren Königs, der kraft seiner übermenschlichen Kriegerqualitäten die Fürsten der Welt erzittern lässt, sollte in den folgenden Jahrhunderten zum Gemeinplatz der assyrischen Herrscherideologie werden.985 Der zweite Aspekt betrifft die Sakralität des Königs, genau979 Cf. zu diesem Prozess Grayson 1971. 980 Cf. Galter 2018, 135–138, der (ibid., 136 f.) betont: „It seems that the picture of the Assyrian king as a victorious war hero entered the monumental historiography of the Assyrian empire at the time of Adadnarari I.“ 981 Text: Machinist 1978, 60–139. Die Inschriften Tukulti-Ninurtas I. sind in RIMA I A.0.78, 1–42 ediert. 982 Text: Machinist 1978, 66–71 sowie Lambert 1957–1958 zu drei bis dahin unpublizierten Fragmenten. Muses I: 214–215 ergänzt den Text in Z. 23’ um ein weiteres Bruchstück, das auch Machinist 2006, 161 integriert. Zur Herrschaftslegitimation sowie zur Ideologie des assyrischen Reiches cf. Liverani 1979; Garelli 1979; Röllig 1993; Pongratz-Leisten 2015; Machinist 1993 (mit dem Fokus auf dem ersten Jahrtausend). 983 Cf. Seux 1967, 305–308. Die Annahme des Titels geschah ohne Zweifel unter dem Kultureinfluss Babyloniens. Cf. Faist 2010, 17. 984 Cf. Z. 13’: „He who controls the entire four directions, the awe-inspiring one (?) – the assembly of all kings fear him continually“ (šá kib­rat šārē erbette/arba’i šá IM.TU i­ta­na­da­ru­uš pu­ḫur kal šarru­āne). Sowie Z. 23’: „No one among all kings ever competed with him in war. There did not stand any prince (who was) his equal in battle“ (ul iš­nun ma­ti­ma ina šarrāne kul­la­ti qa­bal­šu ma­am­ma ul­iz­z[i­za­am]-ma ia­um­ma mal­ku ga­ba­ra­šu a­šar ta­ḫa­zi). 985 Das nämliche Motiv liegt etwa dem prägnanten Epitheton ša napḫar malkē kibrāte tāḫassu ezzu īdurūma (‚[König], vor dem alle Fürsten der Weltgegenden erzittern im Angesicht seiner wilden Schlacht‘) zugrunde. Cf. Seux 1967, 313–314. Die Belegstellen für das Motiv der ‚Unvergleichlickeit‘ sind Legion. Beispielhaft seien hier lediglich zwei Textstellen angeführt (Cf. Machinist 2006, 165 f.). So brüstet sich Tiglatpilesar I. (1114–1076 v. Chr.), der König zu sein, der (RIMA II A.0.87.1, Col. I, 44–45) „by the command of Enlil, having no rival defeats the enemy of the god Aššur“ (i­na si­qir d en­líl ma­ḫi­ra la­a i­šu­ú ú­šam­qi tu gi­ir da­šur). Asarhaddon wiederum preist sich im Gottesbrief (Gbr § 68, II, 27–28 = Borger 1956, 103) als König, „gegen den unter den Königen aller seiner Feinde keiner zum zweiten Male den Kampf wieder aufgenommen hat, vor dem kein gegnerischer Fürst in der Schlacht standhalten konnte […]“ ([šá] ma­ti­ma ina šarrānimeš kul­lat na­ki­ri la is­ḫu­ru la iš­ nu­u qa­bal­šú mam­ma­an [la iz]-zi­zu maḫ­ru­uš­šú a­a­um­ma [mal] –ku ga­ab­ra­šú a­šar ta­ḫa­zi).

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er: seine Verbindung zur Götterwelt (Z. 11’; 14’–20’).986 So wird ihm (Z. 17’; 20’) nicht nur eine göttliche Geburt (s. o. Kap. I.2.2) attestiert,987 er erscheint darüber hinaus als ‚Abbild‘ (ṣalmu) Enlils (Z. 18’), wird „gezählt“ zum „Fleisch der Götter“ (šēr ilāne)988 und erhält das göttliche Attribut des ‚Schreckensglanzes‘ (melammu), der ihm zur Waffe gegen seine Feinde gereicht (Z. 12’).989 Viele der im Tukulti­Ninurta­Epos greifbaren Konzepte, die Bildersprache und Herrschaftsrhetorik, wurden im Zuge eines bereits im 18. Jahrhundert v. Chr. in der Regierungszeit Schamschi-Adads I. (s. o. Kap. I.2.5) einsetzenden und im 13. Jahrhundert reaktivierten Rezeptionsprozesses aus Babylonien übernommen.990 Ist hierbei der Rekurs auf altakkadische Denkmodelle und Vorstellungen evident, so wurde die von Naramsin (s. o. Kap. I.2.4) eingeführte Königsvergöttlichung nicht wieder aufgegriffen. Ungeachtet seiner unbestreitbar göttlichen Natur und der ihm augenscheinlich attestierten ‚physischen Divinität‘(šēr ilāne), galt der assyrische König zu keiner Zeit als ‚Hochgott‘.991 Die Zurückhaltung, dem Herrscher volle Divinität zuzuerkennen, mag 986 Cf. Machinist 2006, passim sowie vor allem 160–174 zum Folgenden. 987 Cf. ferner Tukulti-Ninurta II. (890–884 v. Chr.), der (RIMA II A.0.100.1, Z. 18–19) verkündet: „[the gods] who faithfully [noticed me] in my mother’s womb (and) altered my birth to lordly birth […]“ (ša ina ŠÁ.TÚR um­mi ki­ni­[iš…] n[ab]-ni­ti a­na nab­ni­ti EN.MEŠ uš­[tennû]). Eindeutig artikuliert zudem die Hymne Assurbanipals an die Ischtar Von Ninive und Arbela (SAA 3, 12–13, Nr. 3, obv. 13–14 in der Übersetzung nach Machinist 2006, 167) das Konzept der ‚Milchkindschaft‘: „I know no (human) father or mother, I grew up on the knees of my goddesses. The great gods brought me up like a baby“ (ul i­di aba u um­me ina! [bur!]-ki! dIštarāti!­ia ár­ba­a ana­ku it­tar­ ru­un­ni­i­ma ilāni rabûti kīma la­’e­e). Hier scheint indessen eher an eine im Zuge eines „Ankindungsritual[s]“ (Selz 1998, 23; s. o. Kap. I.2.2) vollzogene Adoption denn an an eine tatsächliche göttliche Abkunft gedacht zu sein, wie die vergleichende Konjunktion kīma nahelegt. An anderer Stelle erscheint Ischtar von Arbela als Assurbanipals ‚Amme‘ (SAA 9, 7, Nr. 16, Col. III, 7’–18’). Als königliches Epitheton ist ferner mār ili­šu (‚Sohn seines Gottes‘) bezeugt. Cf. Seux 1967, 159–160. 988 Cf. Machinist 2006, 167–168; 170–172. Assyrische Könige figurieren in der imperialen Korrespondenz namentlich als ‚Abbild‘ Marduks (Cf. etwa SAA 8, 189, Nr. 333, obv. 5’–rev. 6’: šar kiššati ṣa­lam d Marduk at­ta), zuweilen aber auch als ṣalmu des Schamasch (SAA 10, 159, Nr. 196, rev. 4–5). In dem Brief eines Priesters an Asarhaddon oder Assurbanipal heißt es: „The king, my lord, ist he image of Marduk. The King, my lord – his word is final like that of the gods … the flesh of the gods, Šamaš … the king, my lord“ ([šarru be­lí ṣa­la]m dMarduk šu­ú [šarru] be­lí a­bat­su ki­i šá ilāni [ga­am­rat xx] šēr ilāni dŠamaš [xxxx] y šarru be­li). 989 Cf. Machinist 2006, 164; 169. Zum melammu Ataç 2007. Cf. bereits Adadnirari I. (RIMA II A.0.99.2, Z. 8 f.). In den offiziellen Dokumenten späterer Perioden erscheint melammu als (gottgegebene) Waffe des königlichen Kriegers, so bei Tiglatpilesar I. (RIMA II A.0.87.1, Col. I, 41–43): „[…] whose raidiance overwhelms the regions, glorious flame which like a rainstorm is sent down against the hostile land“ (ša me­lam­mu­šu kibrāte ú­saḫ­ḫa­pu nab­lu šur­ru­ḫu šá ki­ma ti­ik ri­iḫ­ṣi a­na mātinu­kur­te šuz­nu­nu­ma). 990 Cf. Faist 2010, 17; Machinist 2006, 163; Kryszat 2008, 117; Galter 2007, 534–539 sowie Heeßel 2011 speziell zur Rezeption der babylonischen Divinationslehre. 991 Den Forschungsdiskurs fasst Machinist 2006, hier v. a. 183–187, zusammen. Belangreich ist in diesem Zusammenhang namentlich die Tatsache, dass dem assyrischen Königsnamen niemals ein Gottesdeterminativ vorangestellt wurde. Bezeugt ist immerhin der Personenname Šarru­ki­iliya (‚Der König ist wie mein Gott‘). Konsens besteht weiterhin darüber, dass einer königlichen Statue (ṣalmu) nach assyrischer Vorstellung göttliche Kräfte innewohnen konnten (CAD, 78–85 ṣalmu).

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dem in Assyrien tief verwurzelten Konzept der ‚Sachwalterschaft‘ geschuldet sein, das den König zum Repräsentanten der Götter, zumal des Hauptgottes Assur, stilisierte. Das nämliche Konzept reflektieren drei sakrale Titel, die zu unterschiedlichen Zeiten Eingang in die assyrische Herrschertitulatur fanden: išš(i)ak dAššur 992, šakin dEnlil993 und SANGA/šangû (dAššur).994 Akzentuieren die beiden ersteren Titel den Status des Königs als ‚Stellvertreter‘ Assurs respektive Enlils, so figuriert der königliche šangû namentlich als ‚oberster Priester‘ und als Aktant im Kult Assurs.995 Diese genuin assyrische Gottheit hatte sich vermutlich vom numen loci der gleichnamigen Kultstadt und des sie umgebenden Landes (māt Aššur)996 zum deus persona entwickelt.997 Eine erste Etappe in diesem Prozess bildete die Rezeption der „Nippur-Theologie“998 durch Schamschi-Adad I. im 18. Jahrhundert, die zur Gleichsetzung Assurs mit dem sumerischen ‚Reichsgott‘ Enlil führte („Assur-Enlil-Synkretismus“999).1000 In einem zweiten Schritt sollte – über 1.000 Jahre später – wiederum der babylonische Hochgott Marduk von Assur verdrängt werden: Seit der Mitte des achten Jahrhunderts waren weite Teile Babyloniens in assyrische Abhängigkeit geraten. Sargon II. (722–705  v. Chr.),

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Das sogenannte Götteradressbuch nennt wiederholt das (d)ṣalam šarri (‚das (göttliche) Bild des Königs‘) – mit und ohne Gottesdeterminativ – sowie einmal das ṣalam mTukulti­apil­ešarre (‚das Bild Tiglatpilesars‘) ohne Gottesdeterminativ. Dass das königliche ṣalmu dennoch der göttlichen Sphäre zugerechnet wurde, erhellen die ‚Vasallenverträge‘ Asarhaddons. Dort wird ein ‚Gefolgschaftseid‘ (SAA 2, 28–58, Nr. 6, 397–404) bei Assur und den „anderen großen Göttern“ sowie beim ‚Bild‘ Asarhaddons und des Kronprinzen Assurbanipal geleistet. Cf. Machinist 2006, 177–181. Bezeugt seit der altassyrischen Periode (vor Schamschi-Adad I.). Cf. Seux 1967, 110–116. Cf. ferner Seux 1965b, passim. Bezeugt seit der altassyrischen Periode (nach Schamschi-Adad I.). Cf. Seux 1967, 276–280. Erstmalig in Mittelassyrischer Zeit seit Assuruballit I. Cf. Seux 1967, 287–288 sowie Pongratz-Leisten 2015, 202–205. Cf. Machinist 2006, 153–159; Pongratz-Leisten 2015, 202–205 Zum Verhältnis von Stadt und Land cf. Postgate 1992; 2011. Maul 2017, 339 betont, dass die Etymologie des Namens Assur unklar bleibt: „We cannot etymologize it, and we do not know whether Assur (Aššur) bears the name of his city or the city the name of its god.“ So Lambert 1983. Jener stellt heraus, dass ein vergleichbarer Prozess für den Süden Mesopotamiens nicht bezeugt sei. Zwar nennen babylonische Götterlisten und magische Texte divinisierte Toponyme, doch besaßen jene weder einen Kult noch eigene Tempel. Zudem ist kein eindeutiger Fall aus Südmesopotamien bekannt, in dem eine Stadt den Namen ihres göttlichen Patrons trägt. Im Norden des Zweistromlandes begegnen geographische Größen als theophore Elemente von Personennamen (z. B. Ebeḫ, Baliḫ). Indessen besaßen auch diese vergöttlichten Entitäten keine Tempel. Zum Gott Assur cf. ferner Maul 2017, 339–342. Cancik-Kirschbaum 2008, 111. Cf. Maul 2017, 342 f. Cancick-Kirschbaum 2008, 111 f. Assur galt fortan als der ‚assyrische Enlil‘ (Enlil aššurû). Cf. Annus 2002, 39. Die (auf auf Universalität zielende) ideologische Bedeutung dieses Synkretismus hebt Pongratz-Leisten 2015, 144 hervor: „The association of the god Aššur with Enlil […] firmly established Aššur’s Enlilship in the Assyrian pantheon ideologically, the way was just clear for claiming universal rather than merely local dominion by extending Aššur’s local role to the universal dimensions represented by Enlil. As stewards of the local god Aššur, Assyrian Kings were entitled to rule the narrowly conceived land of Aššur, as stewards of Aššur/Enlil, Assyrian kings could claim to rule the totality.“ Cf. Galter 2007, 537.

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der Babylon im Zuge der Auseinandersetzung mit dem chaldäischen Fürsten Marduk-aplu-iddina II. im Jahre 710  v. Chr. wieder unter ‚Assurs Joch‘ zwang,1001 vertrat gegenüber der einflussreichen Marduk-Priesterschaft offenbar noch eine Politik der „friedlichen Götterkoexistenz.“1002 Tatsächlich scheinen Teile des Klerus ihn selbst zur Hilfe gerufen und ihm die Rolle des von Marduk berufenen ‚Befreiers‘ zugedacht zu haben.1003 Sargons Nachfolger Sanherib (704–681 v. Chr.) hingegen geriet in einen schweren Konflikt mit der Marduk-Priesterschaft, der eine Rebellion und schlussendlich die Zerstörung Babylons, seiner Tempel und Kultbilder nach sich zog.1004 Die von ihm im Anschluss forcierte (doch bereits von Sargon II. iniziierte) „henotheistische“1005 Religionsreform zielte darauf ab, Assur an die Stelle Marduks zu setzen.1006 Dies musste die Interessen der Marduk-Priesterschaft empfindlich treffen, und tatsächlich wurde die Zerstörung der altehrwürdigen Kultstadt nicht nur dort als Sakrileg empfunden. Die spätere Ermordung Sanheribs durch seine Söhne konnte so folgerichtig als göttliche Strafe gedeutet werden.1007 Der nachfolgende König Asarhaddon distanzierte sich daher von seinem Vorgänger, baute Babylon wieder auf und setzte auf eine „policy of appeasemnt“1008 gegenüber der babylonischen Priesterschaft.1009

1001 Cf. Melville 2016, 154–165; Galter 2007, 532 f. 1002 Chamaza 2002, 13. 1003 Cf. Chamaza 2002, 14; 62–70. Cf. etwa das Schreiben eines Babyloniers an den assyrischen ‚Wesir‘(ABL 1431 bei Chamaza 2002, 248–250, Vs. 13–Rs. 2; Rs. 12–14): „Irgendwann wird der König, mein Herr, kommen und die Schutzprivilegien von Babylon einrichten. Darauf vertrauen alle Babylonier jeden Tag […] Šamaš und Marduk haben dir die Vaterschaft von Assyrien anvertraut. Veranlasse den König zur Eile. Er soll kommen und Babylon für Marduk befreien.“ (um­ma im­ma­ti LUGAL be­lí­a! il­la­kám­ma ki­di­nu­ti šá TIN.TIRki i­šak­kan u4-mu­us­su lúTIN.TIRki. MEŠ! gab­bi […] dUTU u dAMAR.UTU a­na ab­bu­tú šá kuraš­šurki il­tak­nu­ka LUGAL šuk­pi­id­ ma lil­li­kám­ma TIN.TIRki a­na dAMAR.UTU). Indessen wird Sargons gewaltsamer Tod in der Schlacht – seine Leiche konnte nicht geborgen werden – auch in Babylonien als schlechtes Omen aufgefasst worden sein. Cf. Melville 2016, 190–193. Sein Sohn Sanherib distanzierte sich dann auch bewusst von seinem Vater. Cf. Galter 2006, 294–296. Ein in der Regierungszeit Asarhaddons abgefasster Text setzt sich mit möglichen Erklärungen für das schmächliche Ende Sargons II. auseinander, das als Strafe für seine (nicht zuletzt gegen Babylon und dessen Götter gerichteten) Sünden aufgefasst wurde (SAA 3, 77–79, Nr. 33). Cf. Melville 2016, 191. Eventuell stellt das Triumphlied über den Tod eines Weltherrschers und den Sturz des Reiches in Jes. 14, 4–21 eine Reminiszenz an den Tod Sargons dar, obschon hier von einem babylonischen Herrscher die Rede ist. Cf. Frahm 2011, 278. 1004 Cf. Galter 2007, 533. 1005 Chamaza 2002, 14. 1006 Cf. Chamaza 2002, 71–167; Galter 2007, 538. Cf. ferner Brinkman 1973 sowie Levine 1982. Zur Zerstörung Babylons cf. Galter 1984. Sanherib zerstörte das unbotmäßige Babylon nach eigener Aussage „[z]ur Beruhigung des Herzens Aššurs, meines Herrn – damit die Menschen den Ruhm seiner Macht lobpreisen“ (a­na nu­uḫ­ḫi lìb­bi AN.ŠÁR EN-ia ta­nit­ti dan­nu­ti­šú UN.MEŠ a­na da­la­li). Text bei Chamaza 2002, 313–314, Nr. 74. Sichtbares Zeichen der Angleichung Assurs an den babylonischen Hauptgott ist die Umdichtung des Schöpfungsmythos Enūma eliš. Hier erscheint Assur in der Rolle Marduks. Cf. Lambert 1997. 1007 Cf. etwa 2 Kön 19, 35–37. 1008 Galter 2007, 533. 1009 Cf. Chamaza 2002, 168–237. Zur assyrischen Politik in Babylonien 689–627 v. Chr. cf. Frame 1992.

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Innerhalb des ‚assyrischen Kosmos‘ war Assur längst zu einer ‚globalen Gottheit‘ („global god“1010) avanciert.1011 Auf ideologischer Ebene stellten die Vorstellungen von der ‚Weltherrschaft‘ Assurs und des šangûtu des assyrischen Königs wesentliche Triebfedern der territorialen Expansion dar, denn: Der ‚Staat‘ (māt Aššur) und im weiteren Sinne das ‚Reich‘ wurden letztendlich als ‚heilige Domäne‘ Assurs begriffen, die der assyrische König in seinem Auftrag verwaltete.1012 Namens des Gottes war der Herrscher befugt, sich die Erde untertan zu machen, wie bereits das sogenannte Mittelassyrische Krönungsritual 1013 deutlich vor Augen führt: Im Zuge einer Prozession vom Palast zum Tempel Assurs hat der Ritualpriester – desgleichen šangû genannt – wiederholt die Formel „Assur ist König“ (Aššur šar2 Aššur šar2 ) zu rezitieren.1014 An anderer Stelle heißt es: Das Wohlgefallen Assurs, deines Gottes, möge dein Priestertum und das Priestertum deiner Söhne finden! Mit deinem geraden Szepter mache dein Land weit!1015

Der apodiktischen Formel „Assur ist König“, die möglicherweise desgleichen ein babylonisches Erbe darstellt,1016 kommt „geradezu programmatische Bedeutung“1017 1010 Maul 2017, 339. 1011 Nicht zuletzt begünstigte das Fehlen eines exakt definierten ‚Funktionsbereichs‘ des Gottes Assur seinen Aufstieg zur ‚universalen Gottheit‘. Cf. Maul 2017, 339: „[…], it was exactly this absence of any particular character traits that permitted the unprecedented rise of Ashur, for it allowed the recognition of an all-encompassing divinity in him, which could easily absorb deities venerated in other regions.“ 1012 Cf. Machinist 2006, 157; Oded 1992, 169–173; Maul 2017, 342–349. Bezeichnenderweise ließ Asarhaddon die seine Thronfolge regelnden ‚Vasallenverträge‘ (SAA 2, 28–58, Nr. 6) mit dem Siegel Assurs versehen. Cf. Maul 1999, 212. 1013 Edition: Müller 1937. Der Text entstand vermutlich nach dem Tod Tukulti-Ninurtas I., und zwar – wie der lexikalische und der orthographische Befund nahelegen – in der Regierungszeit Assur-nadin-aplis (1196–1193 v. Chr.). Cf. Kryszat 2008, 113 f. Nicht abschließend geklärt ist die Frage, ob es sich bei dem Ritualpräskript um ein ‚echtes‘ Krönungsritual oder vielmehr um die Investitur des Königs in sein šangû-Amt handelt. Da der Herrscher jedoch bereits zu Beginn des Textes als šarru bezeichnet wird, liegt es nahe, dass  – so Kryszat 2008, 12  – „der Haupthintergrund des Rituals tatsächlich die Einführung des Königs in sein šangûtu ist, nachdem, die eigentliche Inthronisation nur wenig vorher stattgefunden haben soll.“ Zu weiteren Argumenten cf. ibid. Somit wären Königtum und Priestertum zwei unterschiedliche, aber untrennbare Funktionen, die eine jeweils eigene Investitur und Zeremonie erforderten. 1014 Müller 1937, 8–9, Z. 29. 1015 Müller 1937, 12 f., Z. 33–35: i­na ma­ḫar Aššur ili­ka ša­an­g[u­ut]­ka ù ša­an­gu­ta/ša mārepl-ka ṭa­ba­ a[t] i­na e­šar­te/ iṣḫaṭṭi­ka māt­ka ra­pi[š. 1016 Cf. Kryszat 2008, 115–117. In den Dokumenten der altassyrischen Periode wird gerade Assur nicht mit dem Titel šarru(m) belegt. Zwar erscheint auf einem Siegel des Jahreseponymen Ṣilūlū immerhin die Wendung „(die Stadt) Assur ist König“ (A­šur ki LUGAL), doch deutet das altassyrische Onomastikon darauf hin, dass der gebräuchliche Titel Assurs nicht LUGAL/šarru(m) sondern vielmehr mālik gewesen ist. Als Herrscherbezeichnung ist mālik/EN in den Archiven von Ebla und Mari bezeugt (s. o. Kap. I.2.3). Für Kryszat (ibid., 117) offenbart „Aššurs ursprünglicher Titel mālik, vor seiner Wendung zum šarrum“ […] starke, ursprünglich syrisch/westliche Elemente assyrischer Kultur“, die erst durch eine „Beeinflussung durch und eine Annäherung an den Süden“ allmählich aufgehoben worden seien. Die Beziehungen Assyriens zu Babylonien sowie die strategische Bedeutung der Osttigrisregion in mittelassyrischer Zeit behandeln Llop-Raduà 2011; Jakob 2011; Fuchs 2011. 1017 Kryszat 2008, 115.

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zu, denn das ‚Priesteramt‘ (šangûtu) des assyrischen Herrschers ist an den expliziten Auftrag, ja den Befehl gebunden, das Land zu erweitern (mātka rappiš).1018 Inhaltlich und formal nahezu identisch gibt sich in zentralen Punkten der im siebten Jahrhundert entstandene Krönungshymnus Assurbanipals: Möge Šamaš König von Himmel und Erde, dich zum Hirtentum über die vier Weltgegenden erheben, / möge Aššur, der dir das Szepter gibt, deine Tage und Jahre lang machen. / Zu deinen Füßen – das Land mach weit!1019

Der göttliche Befehl zur Ausweitung des Landes (ina šēpēka mātka ruppiš) wird wiederum mit dem ‚Königtum‘ Assurs verbunden: Aššur ist König, ja Aššur ist König, Assurbanipa[l ist Günstling?]1020 Aššurs, das Geschöpf seiner Hände.1021

Sichtbare Zeichen des königlichen Auftrags, Assurs Reich auszudehnen und das ‚Hirtentum‘ (rē’ûtu) über die Welt auszuüben,1022 sind Szepter (ḫaṭṭu)1023 und Waffe (kak­ ku), die Assurbanipal von den Göttern erhält (Z. 17; 22).1024 Der assyrische ‚Imperialismus‘ scheint somit maßgeblich einem der (religiös sanktionierten) Herrscherideologie inhärenten Zug geschuldet zu sein, der die Ausweitung des Territoriums geradezu zur ‚heiligen Pflicht‘ erhob: Da die militärische Expansion auf ein göttliches ‚Mandat‘ zurückgeführt wird, bedeutet ihre erfolgreiche Realisation nichts anderes, als dem Willen der Gottheit Genüge zu tun.1025 Der zugrundeliegen1018 Cf. Tadmor 1999, 55; Machinist 2006, 158. Zum göttlichen Befehl als Kriegsgrund cf. Oded 1991. Dieses Ideologem wurde wohl erstmalig unter Adadnirari I. artikuliert. Cf. Galter 2018, 136. 1019 Z. 1–3: dUTU LUGAL AN-e u KI.TIM a­na SIPA-u[t kib­r]at erbe­tim liš­ši­ka/UD.MEŠ-ka MU.AN.NA.MEŠ-ka daš­šur na­d[in! GIŠ.PA-k]a! lu­ur­rik/ina GÌR.2-ka KUR-ka [0] ru­up­piš.-i. Der Text (Vs. VAT 13831) ist in SAA 3, 26–27, Nr. 11 (= Livingstone 1989) publiziert. Deutsche Übersetzung nach Lang 2010, 27. 1020 Livingstone 1989, 26 ergänzt „representative“. 1021 Ibid., Z. 15: daš­šur LUGAL daš­šur­ma LUGAL maš­šur – DÙ – [A x]xx[xxx]x daš­šur bi­nu­ut ŠU.2šú. Deutsche Übersetzung nach Lang 2010, 28. 1022 Zum Konzept des ‚Hirtentums‘ im Krönungshymnus Assurbaniplas cf. Pongratz-Leisten 2015, 210– 217. Den Konnex zwischen ‚Herrschaft‘/‚Expansion‘ und ‚Hirtentum‘ betont auch Galter 2018, 134: „Middle and early Neo Assyrian royal inscriptions convey an idea of kingship that focus on two aspects of royality: domination and protection. The king was portrayed as warrior and shepherd. Both aspects required divine approval and divine support.“ 1023 Cf. Z. 17: „Ein gerades Szepter, um das Land und seine Leute zu erweitern, mögen sie ihm geben“ (GIŠ.PA i­šir­tu a­na ru­up­pu­uš KUR u UN.[MEŠ-šú] lid­di­nu­niš­šú). 1024 Cf. Tadmor 1999, 55. Szepter und Waffe ließ sich bereits der ‚Kriegerkönig‘ Salmanassar III. zu Beginn seiner Herrschaft übertragen. Cf. RIMA III A.0.102.5, Col. II, 1. 1025 Cf. Oded 1992, 169–173, hier v. a. 171 sowie Machinist 2011 und Holloway 2002 zur Verbindung zwischen Assur und den ‚imperialen‘ Aspirationen der assyrischen Könige. Das Motiv der gleichsam ‚gottgegebenen‘ Weltherrschaft des assyrischen Königs begegnet bereits bei Tukulti-Ninurta I (RIMA I A.0.78.1, Col. I, 5–7): „[Tukult-Ninurta], the one to whom they [scil. the gods] gave the four quarters to administer and to whom they entrusted their dominion“ (MU-šú ki­niš ib­bu­ú kib­rat4 ┌ana šá┐­pa­ri ┌id┐­di­nu­šú ú be­lu­si­na ana qa­┌ti┐­šú).

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de ‚sozio-politische‘ Aspekt der Ideologie wiederum, das Prinzip der Subordination, verlangt nach der übergeordneten Autorität eines Hirten (rē’û) zur Wahrung der Weltordnung (salīmu).1026 Nicht zuletzt liefert die Etablierung einer ‚Götterhierarchie‘, die den Gott Assur über alle übrigen Gottheiten erhebt, den Rechtfertigungsgrund dafür, dass diese Rolle allein dem assyrischen Herrscher zukommt: Wie sich die Götter der Hoheit Assurs beugen müssen, haben die irdischen Potentaten sich der Lenkung des Assyrerkönigs, seines ‚Sachwalters‘ (išš(i)akku; šaknu) und ‚Priesters‘ (šangû) zu unterstellen.1027 Von diesem Selbstverständnis künden nicht nur stolze Epitheta wie ‚Erweiterer der Marken und Grenzen‘ (murappiš miṣrī u kudurri)1028 oder ‚Erweiterer der Grenzen Assyriens‘ (mušarbu miṣir māt Aššur).1029 Asarhaddon verkündet darüber hinaus sogar, der Gott Assur habe alle aufrührerischen Lande seiner Botmäßigkeit unterworfen, „um sie anzugreifen, zu plündern und die Grenzen Assyriens zu erweitern“ (ana habāti šalāli miṣir māt Aššurki ruppuši).1030 Rebellen gegen den assyrischen König müssen gewaltsam niedergerungen und bestraft werden.1031 Die Begegnung Assyriens mit der ‚feindlichen Peripherie‘ kann zwei unterschiedliche Formen annehmen: Unterwerfung (kanāšu) und Rebellion (nabalkutu).1032 Die letztere ist Affront und ‚Sünde‘ (ḫiṭṭu, arnu, gillatu) und, mehr noch: ‚Verirrung‘ und ‚Wahn‘ (maḫḫūtiš, alāku, milik ṭēmi šanû)  – ein Vergehen gegen die Götter.1033 In diesem Sinne führte bereits im 13.  Jahrhundert v. Chr. Tukulti-Ninurta I. das Epitheton kāšid multarhī lā māgirī zā’irūt Aššur (‚(König), der die Hochmütigen und die Rebellen, die Feinde Assurs, unterwarf ‘)1034 und noch der Krönungshymnus Assurbanipals belegt die ‚Illoyalen‘ mit

1026 Cf. Oded 1992, 166–168. Der dem assyrischen König geschuldete Gehorsam findet demnach seine Begründung in der sozialen Realität: Wie eine Familie, ein Clan oder ein Stamm auf eine Autoritätsperson (Vater, Hausvorstand, ‚Anführer‘) angewiesen ist, benötigt auch ein multiethnisches ‚Reich‘ eine zentrale und allgemein anerkanne Macht, die Schutz und Sicherheit garantiert. Gestützt wird dieses Theorem durch Analogien zur Hierarchie der Götter, die desgleichen einen König (šar ilāni) besitzen. 1027 Cf. Oded 1992, 166–168, hier v. a. 167 f.: „Just as the Assyrian king was viewed as the servant of the gods so were, by the same token, the foreign kings the servants (and agents) of the king of Assyria.“ Cf. ferner Machinist 2006, 187: „This expansion, in short, was a task that only a god-man could execute, and the fact that he was god and man reflected both the possibility and yet fragility and limits of his power as regulated by the far greater power of the pantheon.“ 1028 Cf. etwa Adadnirari I (RIMA I A.0.76.1; A.0.78.2, 9–10). Cf. ferner Seux 1967, 239. Deutsche Übertragung der Epitheta nach Galter 2014, 329. 1029 Cf. Seux 1967, 237. Deutsch nach Galter 2014, 232. 1030 Mnm. A, 34–35 (= Borger 1956, 98). Transkription und Übersetzung nach Galter 2014, 329. 1031 Cf. Oded 1992, 165; Liverani 2017, 132–148 sowie Lanfranchi 2010 zur ideologischen Verarbeitung der ‚Strafe‘ und ihrer Rezeption in der griechisch-römischen Welt. 1032 Cf. Liverani 1979, 311. Im Falle der ‚freiwilligen‘ Unterwerfung wurde der ‚Ausländer‘ in den assyrischen Kosmos integriert. Dies ging nicht selten mit zeremoniellen Unterwerfungsgesten wie dem ‚Küssen der Füße‘ (šēpē našāqu) oder dem Kriechen ‚auf allen Vieren‘ (eli erbi rittī) einher. Der Aufrührer ist in jedem Falle ‚bösartig‘ (nākiru limmu; ēpiš limmuti). 1033 Cf. ibid. 1034 Cf. Seux 1967, 138; Oded 1992, 171.

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Flüchen.1035 Asarhaddons Gottesbrief berichtet von der Bestrafung des Herrschers von Schubria, der abtrünnigen Assyrern – Räubern und Dieben ebenso wie Offizieren und Statthaltern – Zuflucht gewährt hatte.1036 Jener gilt dem König als ‚Verräter‘, „[…] der das Wort Assurs, des Königs der Götter, nicht achtete, meine Herrschaft nicht fürchtete.“1037 Es folgt eine Unterwerfungsszene (Gbr II, 1–24), die den Unglücklichen im „Kleide eines Büßers“ um Gnade flehen lässt, die Asarhaddon ihm nicht gewährt: Mein erregtes Herz kam nicht zur Ruhe, Mitleid fasste ich nicht zu ihm und sprach ihm nicht Verzeihung zu.1038

Im Anschluss erfolgt eine detaillierte Schilderung der Plünderung der Residenz Uppume (Gbr II, 36–IV) und der Einrichtung zweier Provinzen unter der Ägide königlicher Eunuchen. Ausdrücklich wird (Gbr III 12) der Beistand der Götter betont, den Asarhaddon genießt, „[die] immer an meiner Seite gehen und meine Feinde töten.“ Den göttlichen Beistand, der dem König in der Schlacht zuteil wird, sowie die Notwendigkeit, die Ungehorsamen zu bestrafen, proklamieren ferner zahlreiche Prophezeiungen, die meist der Göttin Ischtar und nur in einem Fall dem ‚Staatsgott‘ Assur in den Mund gelegt werden: Formelhaft erhält der König hier die Zusicherung, dass die Götter seine Feinde besiegen würden. Zu Beginn stehen Wendungen wie: „König (PN), fürchte Dich nicht!“ (la­ta­pa­làh)1039 Der Abtrünnige  – dies geht aus den Quellen unzweideutig hervor  – führt einen aussichtslosen Kampf, denn sein Gegner, der assyrische König, genießt den Beistand überirdischer Mächte. Er ist unbesiegbar und vernichtet seine Feinde in großer

1035 SAA 3, 27, Nr. 11, rev. 9’–14’: „He who speaks with the king disloyally or treasonably – if he is a notable, he will die a violent death; if he is a rich man, he will become poor. He who in his heart plots evil against the king – Erra will call him to account in a bout of plague. He who in his heart utters improprieties against the king  – his foundation is (but) wind, the hem of his garment is (but) litter.“ (šá it­ti LUGAL i­da­bu­bu su­le­e u sur­ra­a­ti šum­ma kab­tu ina GIŠ.TUKUL GAZ šum­ma LÚ.NÍG.TUK LÁL.DU-[i]n šá a­na LUGAL ina ŠÀ-bi­šú i­kap­pu­du MÍ.HU[L] dÌR.RA ina šib­ṭi šag­gaš­ti ú­qa­ˀa­a SAG-su šá a­na LUGAL ina ŠÀ-bi­šú i­ta­mu­ú nu­ul­la­a­ti i­šid­su me­hu­ú si­ si[k­t]a­šú ha­a­m[u?]). 1036 Gbr § 68 (= Borger 1956, 102–107). 1037 Ibid., I, Z. 1: lâ n]a­ṣir zik­ri Aššur šàr ilâni meš la­pa­lìḫ bêlu­ti­ia. 1038 Ibid., Col. II, 35:[a]g­ru lìb­bi ul i­nu­uḫ­ma re­e­mu] [ul ar­ši­šú­ma ul aq­bi­šú a­ḫu­la[p]. 1039 Als weissagender Gott erscheint Assur lediglich in SAA 9, 22–27, Nr. 3. Deutlich wird hier propagiert, dass es Assur, der König der Götter, sei, der dem assyrischen König alles Land „vom Sonnenaufgang bis zum Sonnenuntergang“ unterworfen und ihn zur ‚Weltherrschaft‘ berufen habe (cf. etwa 3.2). Auf die Bitte des Herrschers hin erfolgt die Bestrafung der ‚Aufrührer‘ durch Assur selbst, der auf diese Weise seine Allmacht als König der Götter demonstriert. Cf. etwa SAA 9, Nr. 3, 3. 3, Z. 10–17: „Now then, these traitors provoked you, had you banished, and surrounded you; but you opened your mouth (and cried): ‚Hear me, O Aššur‘ I heard your cry. I issued forth as a fiery glow from the gate of heaven, to hurl down fire and have it devour them.“ (a­nu­rig LÚ.sar­sar­a­ni! an!­nu­ ┌ ┐! ti us­sa­ad­bi­bu­ka us­se­ṩu­nik!­ka il­ti­bu­ka at­ta pi­i­ka tap­ti­ti­a ma­a a­ni­na daš­šur! A­na­ku kil­la­ka as­se­me TA* ŠÀ-bi KÁ.GAL AN-e at­ta­qa­al­la­al­la la!­ak­ru­ur i­šá­tu lu­šá­kil­šú­nu).

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Zahl.1040 Zuweilen gehen der göttliche Auftrag zur Bestrafung der ‚Ungehorsamen‘ und der Befehl zur Ausweitung der Grenzen Hand in Hand.1041 Die imperiale Rhetorik der Assyrer negiert folglich politische, kulturelle und soziale Unterschiede, indem sie zunehmend die Existenz einer einzigen Welt postuliert, die nur eine gleichsam ‚vertikale‘ Ordnung (Herrschende und Beherrschte) kennt.1042 Allein, das Konzept der ‚Weltherrschaft Assurs‘ war mitnichten an eine „religiöse Unterwerfungsideologie“1043 gebunden. Ihr Sinn bestand vielmehr in der Begründung der Überlegenheit und Allmacht des assyrischen Königs, der sich, obschon er sich in der Realität nicht am Kampfgeschehen beteiligt zu haben scheint,1044 zum Helden und zum makellosen Krieger stilisieren ließ.1045 In diesem Zusammenhang besitzt die ideologische Vereinnahmung des göttlichen Heros’ Ninurta hohe Relevanz, der in zahlreichen ‚epischen‘ und ‚hymnischen‘ Texten als Bezwinger der ‚Chaosmächte‘ figuriert (s. o. Kap. I.2.1). Bereits die Königsinschriften der mittelassyrischen Periode offenbaren, dass die Könige von Assur ihre Kriege gegen äußere Feinde als „Reaktivierung des mythischen Kampfes des Helden Ninurta“1046 begriffen. So führte bereits Tukulti1040 Zur Bedeutung hoher Zahlenangaben in den assyrischen Inschriften cf. Millard 1991. In seltenen Fällen konnten auch hohe Funktionäre den Schutz der Götter für sich beanspruchen. Dies gilt namentlich für jene Beamte, die in der ersten Hälfte des achten Jahrhunderts große Macht und Autonomie erlangten. Cf. Grayson 1993. Allen voran stellte der turtānu Šamši­ilu seine militärischen Leistungen, die er durch die Gunst der Götter vollbracht habe, heraus. Cf. Machinist 2006. 1041 Cf. etwa die Iran­Stele, II B, 28’–29’ (= Tadmor 1994, 96 f.): „[who proclaims] the remission (of depts) for Assyria, who pleases the heart of Ishtar, [who enlarges] the boundary of Assyria“ = [šākin an­du]-ra­ar māt Aš­šur mu­ṭib lìb­bi Iš8-┌tár┐ [murappiš] mi­ṣir māt ┌Aš­šur┐) sowie ibid, Z. 33–43 („[the people …] Ashur, the supreme god [pla]ced him …]…(and) in order to strike down the unsubmissive, he [installed (him)]“ = …iš­ku]­┌un┐­šú…d]Aš­šur illil(┌d┐EN.LÍL┌.LA┐…]-du­u a­na šum­qut la ma­┌giri┐ ┌ú┐­šá -┌x┐-[…]). 1042 Cf. Liverani 1979, 304. 1043 Röllig 1986, 122. Cf. ebenso Radner 2014, 102: „To see the creation of the Assyrian Empire of the first Millennium predetermined by the supposedly aggressive nature of god Aššur is […] inherently problematic. There is no evidence for any notion of an Assyrian religious imperialism targeted at forcing god Aššur onto conquerered regions.“ Zudem zog die assyrische Armee ausdrücklich unter dem Befehl der Götter Adad, Ninurta und Ischtar in den Krieg (s. u.). 1044 Cf. etwa SAA 16, 74, Nr. 77, Z. 3–8: „Give [orders to] your magnates and station their […]! The king, my lord, should not advance [to the b]attle.[ Just a]s your royal fathers have done, st[ay] on the hill, and [let] your [ma]gnates [do] the bat[tle].“ ([ṭè­mu a­na] LUGAL.MEŠ-ka šu­┌kun┐ [xxx­šú]­nu šá­zi­iz LUGAL be­lí [a­na q]a­ra­bi lu la i­qar­ri­ib [ki­i š]a LUGAL.MEŠ-ni AD. MEŠ-ka e­pa­áš­u­ni [at­t]a ina UGU mu­le­e i­t[i­iz] [LÚ.G]AL.MEŠ-ka qa­r[a­bu lu­pi­šu] [LUGAL] be­li [xxxxxx]). Cf. ferner Parpola 2010, 36. 1045 Cf. Pongratz-Leisten 2015, 219–270. 1046 Maul 1999, 210. Zur Ninurta-imitatio cf. Annus 2002; Pongratz-Leisten 2015, 228–244; Maul 2017, 350. Deutlich tritt die Identifizierung der assyrischen Könige mit Ninurta in zwei Passagen des Inschriftenwerks Tiglatpilesars I. zutage. So heißt es RIMA II A.0.87.1, Col. VII, 36–41: „Tiglath-pileser, exalted prince, the one whom the gods Aššur and Ninurta have continually guided wherever he wished (to go) and pursued each and every one of the enemies of the god Aššur and laid low all the rebellious“ (mGIŠ. tukul­ti­IBLA-é­šár­ra NUN ṣi­ru ša da­šur ù dnin­urta a­na bi­ib­lat lìb­bi­šu it­tar­ru­šu­ma ar­ki KÙR.MEŠ-ut da­šur paṭ gim­ri­šu­nu it­tal­la­ku­ma ú­šék­ni­šu gi­mir mul­tar­ ḫi). Zum Gott Ninurta cf. Groneberg 2004, 77–88 sowie umfassend Annus 2002. Ninurta (‚Herr

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Ninurta I. – der Thronname bedeutet: ‚Meine Zuflucht ist Ninurta‘ – das Epitheton migir ninurta ša ina līt kiššutīšu ula’’­ iṭu gimir kibrāti (‚Liebling des Gottes Ninurta, der alle Weltgegenden mit großer Macht beherrschte‘).1047 Weiterhin beanspruchte er die Waffen des Gottes, allzumal abūbu (‚Sintflut‘) und ašamšatu (‚Sandsturm‘), für sich.1048 Topische Phrasen wie abūb(ān)iš sapānu (‚wie eine Flut niederwalzen‘) sind auch in den Annalentexten späterer Könige omnipräsent.1049 Eine derart ‚mythologisierte‘ Präsentation der Schlacht gegen äußere Kriegsgegner, die mit den ‚Mächten des Chaos‘ identifiziert wurden, musste zwangsläufig zur Dämonisierung und ‚Entmenschlichung‘ des Feindes führen (s. o. Kap.  I.2.1).1050 Sie zementierte darüber hinaus aber auch die Kontrastierung einer ‚inneren Welt‘ (i. e. des kosmischen Zentrums) und einer ‚äußeren Welt‘ (i. e. der ‚chaotischen‘ Peripherie), deren letztere der assyrische König auf göttliches Geheiß in den ‚richtigen‘ Kosmos zu integrieren berufen war.1051 Seine Rolle als ‚Hüter der Weltordnung‘ verdichtete sich zudem in seiner Identifizierung mit dem Sonnengott Schamasch, der die ordnende Kraft des Kosmos versinnbildlicht: Wie jener gewährleistet, dass die Himmelskörper sich (im Kreislauf der Sonne) auf rechter Bahn bewegen, obliegt diese Funktion im politisch-sozialen Bereich dem assyrischen König.1052 Zugleich ist Schamasch, der ‚Herr

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der Erde‘) besaß bereits im ausgehenden dritten Jahrtausend einen eigenen Tempel (Eschumescha) in der Stadt Nippur und zudem eine ‚Kapelle‘ im Ekur, dem Heiligtum Enlils, als dessen Sohn er galt. Die sumerische Dichtung Angidimma (‚Geschaffen wie An‘) besschreibt (wie auch Lugal­e) die Erhebung Ninurtas zum ‚Erben‘ des Göttervaters. Im Laufe der Zeit wurden Atrribute des lagaschitischen Stadtgottes Ningirsu auf ihn übertragen. Als strahlender Krieger und Held figuriert Ninurta bereits um 2350 v. Chr. im sogenannten Barton­Zylinter (Text: Alster/Westenholz 1994). In diesem Text erscheint auch bereits das Löwenfell als Bekleidung des Gottes. Spätere Zeugnisse attestieren ihm die Kraft und Schnelligkeit eines Löwen. Cf. etwa Hymne C auf Ninurta (ETCSL t.4.27.3, 64–75). Cf. RIMA I A.0.78.23, 20–21. Cf. dazu Pongratz-Leisten 2001, 226. Cf. etwa RIMA I A.0.78.1, 14–20. Cf. Maul 1999, 210 mit CAD, 77 abūbiš. Noch Asarhaddon zählt (Nin. E, II, 6–13 = Borger 1956, 65) abūbu, šar­ur und šar­gat, die ursprünglich Ninurta zugerechnet wurden, zu seinen Waffen. Cf. Pongratz-Leisten 2001, 224–230. Dieses Ideologem kam namentlich gegen die Bergvölker des Zagros zum Tragen. Augenscheinlich nutzten die Verfasser der Königsinschriften ganz bewusst mythische Motive, um den assyrischen König zum göttlichen Helden zu stilisieren. So enthält der Bericht zur Schlacht Sanheribs bei Halule nachweislich zahlreiche Reminiszenzen an den Schöpfungsmythos Enūma eliš. Cf. Weissert 1997. Zu den ‚qualitativen‘ Unterschieden zwischen Assyrern und ‚Ausländern‘ cf. Liverani 1979, 309–312. Das eklatanteste (stereotype) Gegensatzpaar betrifft die Bereiche ‚Wissen‘ und ‚Tat‘: Während die Assyrer als physisch und sprachlich ‚normal‘ vorgestellt werden, gelten die ‚Ausländer‘ als ‚abnorm‘ und gehören, da sie sich nur unverständlich auszudrücken vermögen, eher der Tierwelt an (Cf. Kap. I.2.1). Zeichnen sich die Assyrer durch Mut, Entschlossenheit und Homogenität aus, sind die Feinde feige und uneins. Cf. Pongratz-Leisten 2001, 224–230. Cf. Maul 1999, passim. Das Epitheton Schamaschs muštēširu (‚der, der recht leitet‘) ist von dem akkadischen Verbum ešēru(m) (‚gerade sein‘; ‚geradeaus gehen‘; ‚rechtschaffen sein‘) abgeleitet. Der Verbalstamm šutēšuru (‚veranlassen, dass sich etwas auf rechter Bahn bewegt‘; ‚in Ordnung bringen‘) ist zugleich ein Terminus Technicus des Gerichtswesens. Cf. Maul 1999, 202. Tatsächlich gehört das ‚Rechtsetzen‘ zu den zentralen Aufgaben des Sonnengottes. Dass Disharmonien

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des Oben und Unten‘ (bēl elâti u šaplâti), der ‚alles sieht‘ (bār kal mimma šumšu)1053 das Sinnbild der Universalität.1054 In diesem Sinne stellt selbst ein amtliches Dokument die Verbindung zwischen dem Sonnengott und dem Königtum her. Itti­šamaš­balāṭu, ein für die Handelskontrolle und Besteuerung Arwads zuständiger Beamter, schreibt an Asarhaddon: „Vom Ort des Sonnenaufgangs bis zum Ort des Sonnenuntergangs hat er (Šamaš) (alles) den Füßen des Königs, meines Herrn, unterworfen.“1055 Der hier formulierte Herrschaftsanspruch wurde von Tiglatpilesar III. (744–727 v. Chr.) sogar noch übertroffen, indem er sich als König bezeichnete, „der vom Himmelsfundament (= Horizont) bis zur Himmelshöhe (= Zenit) (alle) Länder beherrscht und über sie die Königsherrschaft ausgeübt hat.“1056 Deutlicher lässt sich der Anspruch auf die Beherrschung der Welt, ja des Kosmos, kaum artikulieren, sind doch mit dem Horizont (AN.ÚR = išid šamê) und dem Zenit (AN.PA = elât šamê) die äußersten Ränder des Universums sowohl auf der horizontalen als auch der vertikalen Achse angesprochen.1057 Indirekt wird der König dazuhin mit der Sonne verglichen, deren Umlaufbahn – so wird behauptet – sein Herrschaftsgebiet umschreibt.1058 *** Ein entscheidendes Momentum der territorialen Expansion Assyriens stellte der ‚agonale‘ Zug der Herrscherideologie dar, der seinen Niederschlag in zwei literarischen Topoi findet. Es sind diese das Thema des unwegsamen Pfades („theme of the difficult path“1059) sowie eine  – namentlich im militärischen Kontext wirksame  – „Übertreffungsmetaphorik“,1060 die Hayim Tadmor mit dem Signum „claim of heroic priority“1061

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der gesellschaftlichen Ordnung sich im Kosmos spiegeln und vice versa, erhellt unter anderem eine Inschrift Asarhaddons (Ass. A § 2, I, 31–36 = Borger 1956, 2), der zufolge ‚Recht‘ (kittum) und ‚Gerechtigkeit‘ (mīšarum) auf Erden nur dann gewährleistet seien, wenn Sin und Schamasch sich auf ihrer angestammten Bahn bewegen. In SAA 10, 159, Nr. 196, vs. 14 f. vergleicht ein Beschwörer Asarhaddon selbst mit dem Sonnengott. Cf. Maul 1999, 206. Zahlreiche Könige führten zudem seit der mittelassyrischen Zeit das Epitheteon dšamšu kiššat nišē (‚Sonnengott aller Leute‘). Cf. Seux 1967, 284. Cf. Maul 1999, 201 (mit Belegen). Zu den kosmischen Dimensionen des assyrischen Königtums cf. Frahm 2013. SAA 16, 113 f., Nr. 127, Z. 10–12: TA* bé­et dUTU i­nap­pa­ha­an­nu a­du­ú i­rab­bu­ú­nu ina sa­pal GÌR.2 ša LUGAL EN-ia ú­sak­niš. Deutsche Übersetzung nach Lang/Rollinger 2010. Summary Inscription 7, 4 (= Tadmor 1994, 158 f.). Deutsche Übersetzung nach Lang/Rollinger 2010, 227. Cf. Lang/Rollinger 2010, 227. Cf. Tadmor 1999, 56 f.; Machinist 2006, 171 f. Liverani 1979, 307. Rollinger 2008a, 684. Tadmor 1999, 56: „These demonstrations of royal valour, coupled with the claim of ‚heroic priority‘, recur in the inscriptions of the Sargonic kings of the empire in connection with their expansion of the borders and conquests of lands beyond the achievements of their fathers.“ Zu diesem Motiv cf. bereits die Dissertation Gelio 1976 (non vidi) sowie Liverani 1979, 308 f.

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versehen hat. Im Zuge seines ‚achten Feldzuges‘ beschreibt Sargon II. das schwer gangbare Gelände nach Musasir und zum Heiligtum des urartäischen Gottes Haldi, wie folgt: […] ich ließ meine ungestüme Truppe den Arsiu, einen mächtigen Berg, dessen Höhen wie eine Treppenrückwand keinen Aufstieg haben, erklettern. Den oberen Zab, den die Bewohner des Landes Na­iri und des Landes Ḫabḫu Elamunia nennen, überschritt ich. Zwischen (den Bergen) Šejak, Ardiški, Ulāju (und) Alluriu, hohen Bergen, hochragenden Gebirgen, schwierigen Bergtreppen mit nicht zählbaren Stufen, die zwischen sich nicht einmal einen Weg für den Durchmarsch von Infanteristen lassen: gewaltige Wildwasser haben sich in sie eingegraben, deren tosende Fälle wie dAddu schon in einer Entfernung von einer Doppelstunde donnern. (Die Berge) sind mit allerlei Nutzhölzern, Obstbäumen und Weinstöcken so dicht wie Schilfdickicht bewachsen und voll Fruchtbarkeit für den, der ihren Pässen naht, so daß kein König sie (je) passiert und keiner meiner fürstlichen Vorgänger ihr Inneres (je) gesehen hat (ša LUGAL aiiu­um­ma a­šar­šu­un la e­ti­qu­ma ù NUN­ú a­lik pa­ni­ia la e­mu­ru du­rug­šu­un). Ihre großen Stämme fällte ich und arbeitete mich fürwahr mit Bronzehacken durch ihre schwierigen Bergtreppen hindurch. Einen schmalen Weg, eine enge(?) Passage, die Infanteristen (nur) seitwärts passieren konnten, habe ich zu einem guten Marschweg für meine Truppe dazwischen hergerichtet. Meinen (Führungs)Wagen legte ich auf die Nacken (der Leute). Ich aber setzte mich zu Pferd an die Spitze meiner Truppe.1062

Die raue, dem Menschen feindliche Natur wird dank überlegener Techniken, der Zähigkeit der assyrischen Truppen und nicht zuletzt aufgrund der persönlichen Tapferkeit des Königs bezwungen.1063 Der Letztere wird darüber hinaus als Vollbringer einer Pionierleistung vorgestellt, denn seine Kriegszüge führten ihn in Gebiete, derer keiner seiner königlichen Vorgänger auch nur ansichtig wurde.1064 War diese Übertreffungs­ metaphorik grundsätzlich nicht auf militärische Handlungen beschränkt,1065 so wurde 1062 Gottesbrief Sargons II., Col. III, 322–331 (= Mayer 1983, 100–102). Zum achten Feldzug cf. Levine 1977; Fales 1991. Cf. Lanfranchi 1997 sowie Melville 2016 zu wichtigen Aspekten der Außenpolitik Sargons. 1063 Das Thema des unwegsamen Pfades wird darüber hinaus sehr prägnant im Bericht Assurbanipals über seinen Feldzug gegen die Araber artikuliert. Cf. Prisma A VIII, 73–119 (= Borger 1996, 64 f.; 247). 1064 Zwischen (historischer) Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft wird durch diese ideologische Konstruktion ein enger Zusammenhang geschaffen, wie Galter 2018, 139 betont: „[…] an Assyrian king reacted to historical examples while at the same time setting up paradigms for the future.“ 1065 Cf. Liverani 1979, 309; Tadmor 1999, 61. So profilierte sich etwa Sanherib auf dem Felde der Metallverarbeitung, zumal im Bronzeguss. Cf. Luckenbill 1924, 109, 17 f. In ähnlicher Weise hatte sich bereits Rimusch von Akkad gerühmt, als erster König eine Eisenstatue für den Gott Enlil angefertigt zu haben. Cf. Rš. C 9 (= RIME II E2 1.2.18). Zum Motiv der ‚Naturbezwingung‘ im Tempelbauhymnus Gudeas von Lagaschs cf. Fink 2015, 39–42. Im außenpolitischen Kontext konnte ferner auch ein „diplomatischer Erstkontakt“ (Rollinger 2003a, 341) dem König als heroische Tat angerechnet werden. Aufschlussreich ist in diesem Kontext der Bericht Assurbanipals über die

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sie doch zunehmend dort virulent, wo die Ausweitung der Grenzen Assyriens im Fokus stand.1066 Die Feldzugsberichte Asarhaddons nach Baza (Arabien)1067 und Ägypten1068 enthalten dramatische Schilderungen der Entbehrungen, in die zuweilen mythische Motive eingeflochten sind – von gelben Schlangen mit Flügeln und von solchen mit zwei Köpfen ist dort die Rede.1069 Im Bericht über den Wüstenmarsch nach Baza heißt es: (Was anlangt) das weitentfernte Land Bazû, ein vergessenes Stück Festland, ein Salzgebiet, eine Stätte des Durstes (mi­šit na­ba­li qaq­qar ṭabtì a­šar ṣu­ma­(a­)me) – 120 Doppelstunden (bēru) Sandgebiet mit Disteln und Magneteisen (?), wo Schlangen und Skorpione das Feld bedecken (a­šar ṣîru (u) aqrabu (GIR.TAB) ki­ma kul­ba­bi ma­lu­u ugaru A.GÀR)), 20 Doppelstunden im Ḫazû-Gebirge, dem Gebirge der ‚Donnersteine‘, ließ ich hinter mir und durchzog ich. In jenem Gebiete, nach dem seit fernen Tagen keiner der Könige, die vor mir regierten, gezogen war (na­gu­ú šu­a­tú ša ul­tu u4-me ul­lu­ti la il­li­ku šàr pa­ni maḫ­ri­ia), zog ich auf Geheiss meines Herren Assur siegreich umher.1070

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Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit Gyges von Lydien (Prisma E, Stück 16, 1–16 = Borger 1996, 182 (Transliteration) und 218 (Übersetzung)): „…[…] sein Bote […] um sich nach meinem Wohlergehen zu erkundigen, näherte sich dem Gebiet meines Landes. Die Einwohner meines Landes sahen ihn und sagten zu ihm: Wer bist du Fremder, da doch niemals ein von euch geschickter Gesandter sich auf den Weg begeben hat zu unserer Grenze? Nach Ninive, der Stadt meiner Herrschaft, […] brachten sie ihn vor mich. Die Sprachen des Sonnenaufgangs und des Sonnenuntergangs, welche Assur mir übergeben hat – kein seiner Sprache Kundiger war vorhanden, seine Sprache war fremdartig, man versteht seine Sprache nicht (EME.MEŠ ṣi­it dUTU-ṣi e­reb dUTU-ši ša AN.ŠÁR ú­ma­al­lu­ú qa­tu­u­a be­el EME­šú ul ib­ši­ma ┌EME-šú┐ na­ak­ra­at­ma la i­šem­mu­ú at­mu­šú). Vom Gebiet seines Landes brachte er [einen Dolmetscher? Ein Dokument?] mit sich [und dieser/s berichtete] seine Rede.“ Rollinger 2003a, 340 f. stellt heraus, dass auch in diesem Abschnitt eine Form der Übertreffungsmetaphorik vorliege: Verdeutlichen die Sprachbarrieren, dass hier Beziehungen zu einem fernen Ort am ‚Ende der Welt‘ geknüpft werden, so werden die anfänglichen Probleme bald behoben (Cf. die Prismen B, C, F und A). Der ‚Erstkontakt‘ stellt desgleichen eine Pionierleistung dar, die indirekt mit der Ausweitung, wenn nicht der Grenzen, so doch des Wirkhorizonts einhergeht. Cf. etwa Tiglatpilesar III. (Iran­Stele II B, 15’–24’ = Tadmor 1994, 104–105): „(Foreign) lands larger (than) the territory of Assyria I captured. Countless people unto its people I added; I continuously herded them in safe pastures. I am Tiglath-pileser, king of Assyria, who from east to west personally conquered all the lands. Over (realms) were the chariots of the kings, my fathers, never passed, I appointed governors. From the Great sea of the East to Rehiṣuri (and) Gubla, on the shore of the Great sea of the west, I marched to and fro, and I ruled the world.“ (eli mi­ṣir māt Aš­šur mātāti(KUR.KUR)/ú­šá­tir aṣbat(DAB)bat eli nišē meš­šá nišē meš ana la ma­ni ú­┌rad┐­┌di┐/a­bur­riš ar­te­ni­’u­ú­ši­na­a­ti/ana­ku mTukul­ti­apil(A)-É­šar šar4 māt Aš­šur šá ultu ṣīt(E) dŠamši ši/adi ereb d Šamši ši mātātimeš kalî­ši­na qātēII ­iá ik­šú­da/ašar šarrāni meš­ni abbūa(AD.MEŠ)a la e­ti­qa(!)/gišmu­ gir­ra­šú­nu áš­ta­kan lúšaknūti meš/ultu tam­ti rabītiti šá ṣīt(È) Šam­ši adi uruRēši­ṣu┌­ri┐/uruGub­li šá kišād tam­ti rabītiti šá šulum Šam­ši/attallaku(DU.DU)ku­ma a­bi­lukib­rat). Nin A – F, Episode 17, A IV 53–77 sowie B III 25–52, Episode 12 (= Borger 1956, 56 f.). Cf. Frt. F (= Borger 1956, 112). Cf. ferner Onasch 1994, 16–59. Cf. ibid., Rs. 5–7. Cf. auch Tadmor 1999, 59. Nin. A, Episode 17, IV, 53–61 (= Borger 1956, 56).

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Eine spezifisch ideologische Bedeutung besitzt in den beiden genannten Texten der neue Topos des Itinerars (Distanzangaben in bēru1071), dessen sich darüber hinaus der Feldzugsbericht Assurbanipals gegen die Araber bedient.1072 Bis ins achte Jahrhundert v. Chr. blieben Entfernungsangaben in bēru auf kürzere Strecken beschränkt. Erst im siebten Jahrhundert wurde die Einfügung längerer Vermessungen in die königlichen Annalentexte üblich.1073 Es genügte nicht mehr, entlegene Regionen nur erreicht zu haben, sie mussten darüber hinaus durch mathematische Berechnungen genauestens erfasst werden „comme si la prétention à dominer l’univers impliquait d’en prendre la mesure exacte.“1074 Die ‚ideale Zahl‘ von 120 bēru, die in den drei genannten Texten figuriert,1075 begegnet desgleichen in der sogenannten Sargon­Geographie, die vielleicht im achten, mit hoher Wahrscheinlichkeit jedoch erst im siebten Jahrhundert v. Chr. verfasst wurde.1076 Jener Text beschreibt das ‚Reich‘ Sargons von Akkad in den Dimensionen des spätneuassyrischen Imperiums. Genannt werden zunächst die von Ḫanu und Subartu markierten Grenzen ‚Mesopotamiens‘ (SG 1–3), sodann (SG 4–30) die ‚inneren Distrikte‘ des „Landes Sumer und Akkad“ (KUR šu­me­ri ù ak­ka­di­i) und schließlich eine Reihe von Regionen mit ihrem Umfang (SG 33–42). Eine Liste der ‚Fremdländer‘ mit ihren (angeblichen) Sitten und Gebräuchen beschließt die Aufzählung (SG 47–57).1077 Augenscheinlich vermengten die Verfasser dabei Ortsnamen aus unterschiedlichen Zeiten, um die ‚traditionelle‘ (mesopotamozentrische) Kosmologie mit neuen (durch Empirie gewonnenen) Erkenntnissen zu harmonisieren. So stehen ‚archaische‘ Toponyme und geographische Konzepte altakkadischer und altbabylonischer Provenienz neben solchen, die erst im siebten Jahrhundert aufgekommen waren.1078 Evident wird dieses Vorgehen namentlich bei der Lokalisierung Magans und Meluhhas, die im dritten Jahrtausend Oman und das Industal bezeichnet hatten,1079 im ersten Jahrtausend

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1079

Cf. CAD, 208–211 bēru A. Cf. auch Tadmor 1999, 59. Cf. Prisma A, VIII 91 f. (= Borger 1996, 65; 247). Cf. Liverani 1999–2001, 72. Villard 2000, 73. Cf. Liverani 1999–2001, 73–75 zu den Berechnungen, die sowohl für Asarhaddons Feldzug nach Ägypten als auch für Assurbanipals Marsch nach Arabien eine Gesamtstrecke von 120 bēru ergeben. Der Text ist in zwei Versionen (VAT 8006/KAV 92 aus Assur und BM 64 382 aus Sippar) überliefert und wurde erstmalig von Weidner 1952, sodann von Grayson 1974 und schließlich von Horowitz 1998, 67–95 (Text auf den Seiten 68–75) unter Berücksichtigung des Fragments BM 82 955 ediert. Die Entfernung von 120 bēru legt der Text (SG 30) für die Strecke von der Mündung des Euphrats bis nach Magan und Meluhha fest. Zur Struktur der Sargon­Geographie cf. Horowitz 1998, 75 f. sowie Liverani 1999–2001, 87. Cf. Liverani 2001, 81–84. Möglicherweise war die Verwendung ‚anachronistischer‘ Toponyme, die in assyrischen Texten nicht selten vorkommen, intendiert. In diesem Fall wäre der so vermittelte Eindruck eines ‚Stillstehens‘ der Zeit an der ‚chaotischen Peripherie‘ Teil der propagandistischen Botschaft. Cf. Van De Mieroop 1999, 70. Cf. Heimpel 1987 mit Belegestellen.

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jedoch zunehmend mit Ägypten und Äthiopien assoziiert wurden.1080 Der Sargon­ Geographie scheint zuweilen die ‚archaische‘ Bedeutung (SG 1 und SG 42), zuweilen aber auch die ‚moderne‘ Lokalisierung (SG 30) zugrunde zu liegen.1081 Die Persistenz der ersteren mag dem Schema der mental map (s. o. Kap.  I.2.1) geschuldet sein, das unauslöschlich im Denken der Geographen verankert war und dem zufolge Magan und Meluhha sich im Raum des Persischen Golfes befanden.1082 In diesem Kontext begegneten sie bereits in den Inschriften Sargons von Akkad (s. o. Kap. I.2.4). Obschon es daher nahe läge, die Entstehung des Textes im Umfeld seines ‚Namensvetters‘ Sargons II. von Assyrien zu vermuten, spricht vieles dafür, dass er erst unter dem Eindruck der Feldzüge Asarhaddons nach Baza und Ägypten verfasst wurde.1083 Spezifisch (spät-)neuassyrisch sind, wie erwähnt, zudem die Distanzangaben in bēru. Bereits seit der Mittelassyrischen Zeit bezeugt ist hingegen die wiederkehrende „von … bis Formulierung.“1084 Dieses literarische Muster orientierte sich anfänglich am Lauf des Euphrats und am Zagros-Massiv,1085 bis die Kriege Salmanassars III. (858–824 v. Chr.) die assyrischen Truppen in Gebiete jenseits des Euphrats (Syrien und Palästina) und des Zagros (Iran und Ostanatolien) führten. Damit waren die überkommenen (durch die Nennung der Quellen von Euphrat und Tigris sowie des marratu­Ozeans gleichwohl angedeuteten) Grenzen ‚gesprengt‘ worden.1086 Deutlich 1080 Dabei herrscht selbst in den Inschriften Asarhaddons noch eine gewisse Ambiguität. So heißt es im Zusammenhang mit seinem Feldzug nach Ägypten (Frt. F, 6–6 = Borger 1956, 112): „Auf meinem zehnten Feldzug [ermutigte mich] Assur […] und liess mich mein Antlitz richten (?) nach den Ländern Makan [und Meluḫḫa] … die man im Volksmunde (?) Kuš und Muṣur (Ägypten) nennt“ (ina 10­e girri(KASKALII)-ia Aššur(AN.[ŠÁR)] […] ú­šá­aṣ­bi­ta pa­nu­u­a a­na mât [Má] (?)-[kan](?) […] [ša] (!) ina pi­i niše meš mât ku­u­si ù mât Mu­ṣur io-[nambû…]). Andererseits trägt Asarhaddon (AsBbA, 28–29 = Borger 1956, 80) den Titel ‚König von Dilmun, Magan und Meluhha‘ (LUGAL LUGAL.MEŠ NI.TUK.KI KUR má­kann­na KUR. Me­luḫ­ḫa). Hier ist – wie die Verbindung mit Dilmun (Bahrain) nahelegt – eindeutig an die traditionelle Lage in der Gegend des Persischen Golfes gedacht. Möglicherweise entsprang dies der bewussten Intention der Verfasser, die der königlichen Titulatur, nicht zuletzt in Reminiszenz an Akkad, ein ‚archaisches Kolorit‘ verleihen wollten. Die Koexistenz zweier Lokalisierungen könnte allerdings auch darauf hindeuten, dass man sich den Perischen Golf und das Rote Meer als durch eine Wasserstraße verbundene Teile des kosmischen marratu-Ozeans (s. o. Kap. I.2.1) vorstellte. Cf. Villard 2000, 80. 1081 Cf. Liverani 1999–2001, 71 f. 1082 Cf. ibid., 81–84. 1083 Hinsichtlich der Datierung besteht heute nahezu Konsens darüber, dass der Text spätneuassyrisch ist. Cf. Horowitz 1998, 92 f. Die (an den Toponymen orientierte) Untersuchung Liverani 1999– 2001 arbeitet jedoch überzeugend die Bezüge zu Asarhaddons Feldzug nach Baza heraus. 1084 Lang/Rollinger 2010, 218. 1085 Cf. Liverani 1999–2001, 59–63. Das beste Beispiel für die Parallelisierung beider Grenzen bietet Tiglatpilesar I. (RIMA II A.0.87.2, 25–28), der sich rühmt, alle Länder von Nairi und Tumu zum Land Daienu (Nord-Ost-Flanke) erobert und die Aḫlamu-Aramäer vom Land Suḫu bis zur Stadt Karkemisch in Ḫatti (Süd-West-Flanke) geplündert zu haben. Cf. ferner RIMA II A.0.87.4, 6–7; 52, 87.10, 6–7; 63; 87.17, 2–4. 1086 Cf. Villard 2000, 73 f. mit RIMA III A.0.102.8, 24b-40: „[Samanassar], conqueror from the upper and the lower seas to the land of Nairi and the great sea of the west as far as the Amanus range: I gained dominion over the entire land of Ḫatti. I conquered from the source of the Tigris to the

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wird ein ‚erweiterter‘ Gebrauch des traditionellen Musters bei Tiglatpilesar III. (744– 724 v. Chr.) greifbar, der sein Herrschaftsgebiet zweimal, im Jahre 737 v. Chr. und im Jahre 728  v. Chr. umriss: Demnach reichte das assyrische Territorium vom ‚großen Meer im Osten‘ bis Rešisuri und Gubla an der Küste des ‚großen Meeres im Westen‘ (Mittelmeer)1087 sowie vom Berg Bikni (Damāvand?) im Osten bis zum ‚bitteren Meer‘ in Chaldäa (dem Persischen Golf) im Süden.1088 Modellhaft definiert werden die Grenzen der (assyrischen) Welt schließlich in der Großen Prunkinschrift Sargons II. Der ‚Welthorizont‘ erstreckt sich hier bereits von Zypern ( Jadnana) bis nach Ägypten (Muṣri) und Phrygien (Muški) im Nord-Westen und vom Damāvand (Bikni?) bis nach Bahrain (Dilmun) im Süd-Osten.1089 Die vier ‚Eckpunkte‘ der Erde werden mit dem Begriff pāṭu (‚Grenze‘; ‚Gebiet‘) versehen1090 und fallen recht genau mit den vier Kompasspunkten zusammen.1091 Da sie zudem an den Gestaden des Mittelmeeres (Muški und Muṣri), des Kaspischen Meeres (Bikni) und des Persischen Golfes (Dilmun) liegen, wird darüber hinaus das akkadische Konzept der ‚vier Weltufer‘ (kibrāt erbetti) evoziert.1092 Diese Gewässer wiederum mögen als Bestandteile des kosmischen Ozeans aufgefasst worden sein, denn Sargon verwendet anstelle des geläufigen Begriffs für ‚Meer‘ (tâmtu) den aus der babylonischen Mappa Mundi bekannten Terminus mar­ ratu.1093 Mit der Kontrolle des Landes Jadnana/Zypern, das „mitten im Meer von Sonnenuntergang“ (ša MURUB4 qa­bal tam­tim ša­lam dUTU-ši) liegt, sprengt der König diese überkommenen Grenzen sogar und beansprucht – im Sinne der Mappa Mundi –

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source of the Euphrates. I annihilated like a flood from the land Enzi to the land Suḫni, from the land Suḫni to the land Melid, from the land Melid to the land Daiēnu, from the land Daiēnu to the land Arṣaškun to the land Gilzānu, from the land Gilzānu to the city Ḫubuškia, the land Namri to the sea of Chaldaea, which is called the Marratu („Bitter“) River“ (ka­šid TA tam­di AN.TA u tam­di KI.TA šá KUR na­i­ri u tam­di GAL-te šá šùl­mu dšam­ši a­di KUR ḫa­ma­ni KUR ḫat­te ana paṭ gim­ri­šá a­pél TA SAG e­ni šá ÍD.ḪAL.ḪAL a­di SAG e­ni šá ÍD.A. RAD ŠU-ti ik­šud TA KUR en­zi a­di KUR súḫ­ni TA KUR su­uḫ­ni a­di KUR me­li­di TA KUR me­li­di a­di KUR da­ia­a­ni TA KUR da­ia­a­ni a­di KUR ar­ṣa­aš­kun TA KUR ar­ṣa­aš­kun a­di KUR gíl­za­ni TA KUR gíl­za­ni a­di URU ḫub­uš­ki­a KUR nam­ri a­di tam­di šá KUR kal­di šá ÍD mar­ra­tu i­qa­bu­ši­ni GIM DU6 a­bu­be áš­pu­un). Demnach gelangte Salmanassar zu ‚vier Ufern‘ respektive zu vier Gewässern, und zwar zum ‚Nairi-Meer‘ (s. u.), zum Mittelmeer, zum Arabisch-Persischen Golf sowie zu den Quellen von Euphrat und Tigris. Cf. Iran­Stele II B, 15’–24’ (= Tadmor 1994, 104–105). Cf. Summary­Inscription 8, 1–4 (= Tadmor 1994, 158–159). Cf. Große Prunkinschrift, 16–23 (= Fuchs 1994, 194–196; 343 f.). Cf. CAD, 305–310 pāṭu. Cf. Fuchs 1994, 394 f.; Galter 2014, 337; Villard 2000, 75; Lang/Rollinger 2010, 218. Cf. Galter 2014, 337. Eine bildliche Umsetzung der ‚Reichsgrenzen‘ mag sich zudem auf dem Thronpodest Sargons II. im Thronsaal zu Chorsabad finden. Dort wird die Eroberung von Städten in einer Gebirgslandschaft auf der Süd-West-Seite, diejenige von in einem alluvialen Landstrich gelegenen Städten auf der Nord-Ost-Seite abgebildet. Cf. Blocher 1994; Galter 2014, 333. In ähnlicher Weise ließ augenscheinlich Sanherib im Thronsaal zu Ninive Darstellungen von Feldzügen in alle Himmelsrichtungen anbringen, die ihn als wahren šar kibrātim erbettim präsentieren sollten. Cf. Frahm 1994, der erstmalig auch Kampfhandlungen im Norden identifiziert. Cf. Galter 2014, 337.

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die Beherrschung eines nagû (s. o. Kap.  I.2.1).1094 Die Grenzen des Imperiums, die häufig durch die Errichtung von Stelen (narû) genau an denjenigen Punkten markiert wurden, die über die Eroberungen der jeweiligen Vorgänger hinausgingen,1095 waren folglich ‚offen‘ und ‚dehnbar‘. So erhalten selbst ferne Lande, die (noch) außerhalb des assyrischen orbis liegen, Kunde von der Macht Assurs. Assurbanipal verkündet: Fürsten der Mitte des Meeres (ma­al­ke MURUB4 tam­tim) und Könige, die hohe Gebirge bewohnen (LUGAL.MEŠ a­ši­bu­ti ša­de­e KUR.MEŠ šá­qu­u), erfuhren die Macht dieser meiner Taten und fürchteten meine Herrschaft.1096

Zuweilen reicht auch die bloße Namensnennung des assyrischen Königs hin, um die Feinde am ‚Ende der Welt‘ in die Flucht zu schlagen1097 und endlich erscheint er als „Beherrscher aller Elemente“,1098 der – dem Sonnengott gleich – ‚alles sieht‘. So kann Asarhaddon sagen: Keiner, der das Meer zu seiner Festung oder das Gebirge zu seiner Stütze gemacht hatte, entging meinem Netze; gewiss, er kam nicht davon. Dem Meeresbewohner wies ich das Gebirge, dem Gebirgler das Meer zum Wohnsitz an. Dank dem Geheiss meines Herrn Assur (kann ich ausrufen): ‚Wer kann sich mit mir an Königsmacht messen? Und wer unter meinen königlichen Vorfahren hatte eine so gewaltige Herrschaft wie ich?‘ Aus dem hohen Meer1099 hörte man meine Feinde sagen: ‚Wohin kann der Fuchs vor dem Sonnengott gehen?‘1100 1094 Cf. ibid. 1095 Cf. Liverani 2017, 81–98; Shafer 1998; 2007 zur Errichtung von Stelen und Felsreliefs an der Peripherie. Die Adressaten dieser ‚kommemorativen‘ Monumente waren namentlich nachfolgende assyrische Herscher. Liverani 2017, 81–109. Seit der Regierung Tiglatpilesars III. besaßen sie zunehmend die Funktion, die Ausweitung der Grenen zu dokumentieren, wurden sie doch genau dort errichtet, wo das Territorium gegenüber dem Besitzstand seiner Vorgänger erweitert worden war, i. e. im Osttigrisland, in Medien, Urartu, Gaza und im Grenzgebiet zu Ägypten. Cf. Liverani 2017, 34–37. 1096 Prisma B II, Z. 67–70; Prisma C III, Z. 98–101 (= Borger 1996, 29 (Transliteration) und 216 (Übersetzung)). 1097 Aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang die von Assurbanipal geschilderte Episode von Gyges von Lydien (= Prisma E, Stück 14–17 = Borger 1996, 181–183; 217 f. = Streck 1916, 20–23, hier v. a Z. 95–99), der sich, von den Kimmeriern bedrängt, infolge einer nächtlichen Schauung Assurbanipal unterwirft: „Guggu (= Gyges), den König von Luddi (= Lydien), eines Gebietes am Ufer des Meeres, eines fernen Ortes, dessen Namen die Könige, meine Väter, nicht hatten nennen hören, ließ Aššur, der Gott, mein Erzeuger, im Traume meinen Namen sehen und (sprach) also: Die Füße Aššurbanipals, des Königs von Assyrien, ergreife und durch Nennung seines Namens besiege deine Feinde“(Igu­ug­gu šar matûlu­du­di na­gu­u ša ni­bir­ti tâmti aš­ru ru­u­ḳu šá šarranimeš abêmeš-ia la iš­mu­u zi­kir šumi­šu ni­bit šumi­ia ina šutti ú­šab­ri­šu­ma iluaššur ilu ba­nu­u­a um­ma šêpa II I iluaššur­bân­apli šarri mâtu iluaššurki sa­bat­ma ina zi­kir šumi­šu ku­šú­du amêlunakrûtimeš-ka). Die Wirkung bleibt nicht aus: Gyges besiegt die Kimmerier, bis er, „trotzig in seinem Herzen“, abfällt (Col. II, 100–113). Daraufhin zerstören die Kimmerier sein Land, bis Gyges’ Sohn sich erneut Assur unterwirft. Zur Bedeutung des Namens cf. Radner 2005; Galter 2018. 1098 Lang/Rollinger 2010, 247. 1099 ul­tu qé­reb tam­tim. Lang/Rollinger 2010, 251 übersetzen: „aus der Mitte des Meeres.“ 1100 Nin A, V 17–25 (= Borger 1956, 58): ša tam­tum a­na dan­nu­ti­šú šadûú a­na e­mu­qi­šú iš­ku­nu ina sa­par­ri­ia a­a­um­ma ul ú­ṣi na­par­šu­du­um­ma ul ip­par­šid šá tam­ti a­na šadii ša šadii a­na

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Meere und Gebirge, seit dem dritten Jahrtausend die maximalen Grenzen der Welt, werden hier in den assyrischen orbis einbezogen, und gerade dies rechnet sich Asarhaddon als ‚heroische Tat‘ an, die ihm zu unübertroffener Machtfülle gereicht. Tatsächlich strebten die territorialen Aspirationen der assyrischen Könige seit dem neunten Jahrhundert v. Chr. den ‚Rändern der Erde‘ zu,1101 die seit alters durch Berge und Gewässer als natürliche Barrieren markiert wurden – Barrieren, die zu sprengen ein zentrales Element der ‚Weltherrschaftsrhetorik‘ darstellte. Zu den Gewässern zählen die Meere, aber auch Flüsse. Das Befahren und Passieren von Euphrat und Tigris sowie ihrer Nebenflüsse war für das Funktionieren des assyrischen Staatsapparates essentiell, denn beides gewährleistete den Transport von Handelswaren und die Mobilität der Truppen.1102 Zugleich stellten die großen Ströme jedoch ‚ideologische Grenzen‘ dar, deren Überschreitung als „heroische Tat des Königs präsentiert“1103 werden konnte: Ganze zweiundzwanzigmal will Salmanassar III. (858–824 v. Chr.) den Euphrat überquert haben.1104 Er verweist dabei ebenso auf die widrigen Bedingungen (Hochwasser) wie auf die technischen Mittel, die diese Leistung ermöglichten.1105 Nicht nur trotzt der König somit den Naturgewalten, er überwindet darüber hinaus eine natürliche Barriere, die bereits der Hethiterkönig Hattusili I. mit den Errungenschaften des ‚Weltherrschers‘ Sargon von Akkad in Verbindung gebracht hatte (s. o. Kap.  I.2.5). Schließlich öffnete das Überschreiten des Euphrats den Zugang zum Mittelmeer, das Salmanassar mehrmals erreichte. Expeditionen an die Gestade dieses Gewässers standen seit dem 18. Jahrhundert v. Chr., seit den Tagen

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tam­tim a­šab­šú­nu aq­bi ina qí­bit dAš­šur bêli­ia man­nu šá it­ti­ia iš­ša­an­na­nu a­na šarru­u­ ti ù ina šarrani meš(.ni) abbê meš­ia ša ki­(i­)ma ia­a­ti­ma šur­ba­ta be­(e-)lu­su ul­tu qé­reb tam­tim lú nak = rûtimeš-ia ki­a­am iq­bu­(u­)ni um­ma šêlibu la­pa­an dŠamaš e­ki­a­am il­lak. Cf. Galter 2014, 330; Tadmor 1999, 55 f. Cf. Fales 1995; Rollinger 2013b, 34–57 zu den Flussüberquerungen und den verwandten Schwimmhilfen. Von den mit der Navigation verbundenen Schwierigkeiten legt die assyrische Korrespondenz beredtes Zeugnis ab. Die königlichen Beamten berichten unter anderem von der Behinderung der Flussfahrt durch Schilfrohr (SAA 1, 82–83, Nr. 97 und 116, Nr. 144), durch Austrocknung (SAA 5, 21–22, Nr. 26, obv. 9’rev. 1) und durch den gestiegenen Wasserspiegel respektive durch Überschwemmungen (SAA 5, 192, Nr. 274, 1’–6’; SAA 1, 37, Nr. 36, rev. 3’–8’; 46 f., Nr. 47, 8–18). War der Tigris wegen seiner starken Strömungen generell schwer navigierbar, so führten die Schneeschmelze und starke Regenfälle zwischen Februar und Mai häufig zur Überflutung der Hauptwasserstraßen. Cf. Fales 1995, 205; 213. Zur Überquerung der Ströme wurden gewöhnlich mit Erde befestigte Rampen (titurru) angelegt, die bei starkem Ansteigen des Wasserspiegels allerdings nicht mehr passierbar waren. Ein Brief Mar-Issars, des assyrischen Funktionärs in Babylon, an Asarhaddon beschreibt die Konstruktion einer ‚Schiffsbrücke‘ (SAA 10, 300–302, Nr. 364, obv. 3’–11’), die vermutlich noch Herodot (7, 36) und Xenophon (An. 2, 4, 24) im Sinn hatten. Cf. Fales 1995, 207–211. Rollinger 2013b, 57. Cf. Fales 1995, 206 mit RIMA III A. 0.102.10. Cf. etwa RIMA III A.0.102.8, 35’–41a’ sowie A.0.102.2, Col. II, 16b: „Moving from Tīl Barsip (Bursip) I crossed the Euphrates, which was in flood, in rafts (made of inflated) goatskins“ (e­sir­šú TA URU.DU6-bur­si­ip at­tu­muš ina GIŠ.MA.MEŠ ša KUS-DUḪ. ŠI-e ÍD.A.RAD ina me­li­ša). Cf. Fales 1995, 206.

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Schamschi-Adads I., auf der königlichen Agenda1106 und wurden häufig mit dem rituellen Akt des ‚Waschens der Waffen im Meer‘ und mit dem Fällen der Zedern im Libanon verbunden.1107 Hatte die Dominanz der Hethiter in dieser Region derartigen Ambitionen bis ins 12. Jahrhundert einen Riegel vorgeschoben, so gehörte die Erkundung und schließlich die ‚Inbesitznahme‘ der Küstenregion – seit Salmanassar III. und vollends mit der Eroberung Syrien-Palästinas durch Tiglatpilesar III. im achten Jahrhundert – zum ‚Standardrepertoire‘ der imperialen Rhetorik.1108 Die Regierung Salmanassars III. stellte einen entscheidenden Wendepunkt („un tournant décisif “1109) sowohl in Hinblick auf die Kenntnis als auch auf die Terminologie des Mittelmeeres dar: Dreizehn unterschiedliche Bezeichnungen für das Gewässer sind bezeugt, darunter ‚das große Meer, in dem die Sonne untergeht‘ (tam­ti rabī­te šá salāmu dšamši) und zahlreiche regionale Meeresnamen.1110 Die Komplexität der Begrifflichkeit lässt indessen vermuten, dass die königlichen Schreiber zu dieser Zeit noch nicht über ein einheitliches Bild, sondern vielmehr über eine „vision morcelée“1111 des Mittelmeeres verfügten, ja dass sie sogar von der Existenz zweier oder dreier verschiedener Meere ausgingen.1112 Die terminologische Konfusion mag dem Umstand geschuldet sein, dass Salmanassar das Mittelmeer an mindestens zwei Punkten – im Unterschied zu seinen Vorgängern auch westlich der Orontesmündung und am Golf von Iskenderun – erreichte.1113 Insgesamt wirft die Terminologie der Meere in den assyrischen Herrscherannalen einige Probleme auf.1114 Die Bezeichnungen für größere Gewässer – Meere und Seen gleichermaßen – setzen sich gewöhnlich aus dem femininen Substantiv tâmtu1115 und

1106 Cf. RIMA I A.0.39.1, 73–87: „At that time I received the tribute of the kings of Turkiš and the kings of the Upper Land, within my city, Aššur. I set up my great name and my monumental inscription in the land of Lebanon on the shore of the Great Sea“ (i­nu­mi­šu bi­la­at LUGAL.MEŠ ša tu­uk­ri­ iš.KI ù LUGAL.MEŠ ma­a­tim e­li­tim i­na qé­re­eb a­li­ia a­šur4.KI lu am­ta­ḫa­ar šu­mi ra­bé­e­em ù na­re­ia i­na ma­a­at la­ab­na­an.KI i­na a­aḫ A.AB.BA ra­bi­i­tim lu­ú aš­ku­un). 1107 Cf. etwa Tiglatpilesar I. (RIMA II A.0.87.4, 24–30) und Assurnasirpal II. (RIMA II A.0.101.1, 84b-92a). Cf. dazu Tadmor 1999, 56 sowie Elayi 1984, 82 f. 1108 Cf. Tadmor 1999, 56; Elayi 1984, 78–80. Dabei blieb die Kenntnis des Mittelmeeres anfänglich eher begrenzt. So erreichte Adadnirari II. (911–891 v. Chr.) das Mittelmeer augenscheinlich nur ein einziges Mal im Zuge eines Feldzuges, der vor seinem siebzehnten Regierungsjahr stattfand und empfing Tribut von den ‚Königen der Küste‘. Cf. RIMA II A.0.101.1, Col. III, 86 f.; A.0.101.2, 28 f. Assurnasirpal II. (883–859 v. Chr.) wiederum scheint das Mittelmeer nur auf der Höhe von Arwad erreicht zu haben. Cf. RIMA II A.0.101.2, 25b-31a sowie A.0.101.1, Col. III, 88 f. Zur Rolle des Mittelmeeres in der assyrischen Außenpolitik cf. Bagg 2011, 66–72. Zu den Feldzügen Salmanassars III. und Tiglatpilesars III. cf. Mayer 1995, 274–289; 301–314. 1109 Elayi 1984, 80. 1110 Cf. ibid., 80–83; Bagg 2011, 68. Zu den in den Inschriften Salmanassars III. bezeugten Meeresnamen cf. ferner Yamada 2005, 53, Tafel 4. 1111 Elayi 1984, 84. 1112 Cf. ibid. 1113 Cf. ibid., 84; 86. 1114 Cf. Yamada 2005 zum Folgenden. 1115 Cf. CAD, 150 f. tâmtu 1a.

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ein bis zwei spezifizierenden Elementen zusammen, die entweder die Richtung, die geographische Lage oder die Größe anzeigen:1116 ‚das untere Meer des Sonnenaufgangs‘ (tâmtu šupālītu/šaplītu (ša) ṣi/ṣit/napāh/nipih šamši), ‚das obere Meer des Sonnenuntergangs‘ (tâmtu elēnītu/elītu (ša) šalām/šulum/ereb šamši), ‚das Meer von Amurru‘ (tâmtu ša māt amurri), ‚das Meer von Nairi‘ (tâmtu ša māt nairi/na’iri), ‚das Meer von Chaldäa‘ (tâmtu ša māt kaldi), ‚das Meer von Zamua‘ (tâmtu ša māt zamua) oder schlicht ‚das große Meer‘ (tâmtu rabītu). Dort, wo der Kontext Verwechslungen ausschließt, steht tâmtu zuweilen auch allein.1117 Begriffliche Schwierigkeiten ergeben sich namentlich aus der Tatsache, dass in einem Jahrhunderte währenden Prozess einerseits dasselbe Gewässer unterschiedlich benannt, andererseits derselbe Name auf verschiedene Meere angewandt werden konnte. Seit dem ausgehenden dritten Jahrtausend waren die (am Verlauf von Euphrat und Tigris orientierten) Bezeichnungen des ‚oberen‘ und des ‚unteren‘ Meeres die geläufigen Namen für das Mittelmeer und den Persischen Golf gewesen:1118 Bereits in den Inschriften Lugalzagesis von Uruk und schließlich in den offiziellen Verlautbarungen der Könige von Akkad (s. o. Kap. I.2.3 und I.2.4) repräsentierten jene Gewässer die äußeren Ränder der (von einem mesopotamischen Herrscher kontrollierten) ‚Welt‘ – ein Konzept, das von den assyrischen Schreibern rezipiert und erweitert wurde.1119 Indes, im 12. Jahrhundert diente der Terminus des ‚oberen Meeres‘ (in der archaischen Form tâmtu elēnītu), der im Kontext des Nairi-Feldzuges Tukulti-Ninurtas I. erstmalig belegt ist, zur Bezeichnung nicht etwa des Mittelmeeres, sondern des Van-Sees.1120 Erst später – beginnend mit der Regierung Tiglatpilesars I. – wurde der Letztere mit dem Terminus tâmtu ša māt nairi belegt und sein ursprünglicher Name tâmtu elēnītu/elītu mit dem Zusatz ša māt amurri auf das Mittelmeer (respektive einen Teil davon) übertragen.1121 Bereits Tukulti-Ninurta I. führte indessen das Epitheton šar tâmti elīti (u)

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Cf. Yamada 2005, 32 f.; 52, Tafel 1. Cf. ferner Bagg 2011, 68. Cf. Yamada 2005, 31–32 sowie 52, Tafel 1. Cf. ibid., 31. Cf. ibid., 31 f. sowie Elayi 1984, 76. Analog dazu galt in Ägypten der Nil als Orientierungspunkt, wie noch im fünften Jahrhundert v. Chr. aramäische Texte aus Elephantine erhellen. Cf. Elayi 1984, 76, Anm. 9. 1120 Yamada 2005, 33. Cf. RIMA I A.0.78.26, 7–16. Dort rühmt sich der Herrscher, das Land Nairi, die „Küste des Oberen Meeres“, erobert zu haben und Herr über 40 Könige geworden zu sein. 1121 Cf. Yamada 2005, 33–36. Auch bei Tiglatpilesar I. meint der Begriff tâmtu elēnītu/elītu zuweilen den Van-See. Cf. etwa RIMA I A.0.87.1, Col. IV, 43–V, 21; A.0.87.2, 25 f. Eine Differenzierung liegt dagegen in RIMA I A.0.87.4, 5–8 vor: „who […] has conquered by means of conflict and might from Babylon of the land Akkad to the Upper Sea of the land Amurru (A.AB.BA e­le­ni­te ša KUR a­mur­ri) and the sea of the land of Nairi (A.AB.BA ša KUR na­i­ri) and become lord of all.“ Bei Salmanassar III. begegnet wiederum (RIMA III A.0.102.2, Col. II, 5–8) die Wendung tâmtu elēnītu ša māt amurri ū tâmtu -um šamši (‚das obere Meer von Amurru oder das Meer des Sonnenuntergangs‘) zur Benennung des Mittelmeeres. Die Konjunktion ū (‚oder‘) legt nahe, dass die Komponente ‚des Sonnenuntergangs‘ als Apposition oder als Periphrase begriffen wurde. Cf. Yamada 2005, 34.

Assyrien, die ‚Geißel der Völker‘: ‚Weltherrschaft‘ als göttliches Mandat

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šupālīti (‚König des Oberen und des Unteren Meers‘), dem eindeutig das ‚klassische‘ Verständnis, i. e. die Antithese von Mittelmeer und Persischem Golf, zugrunde liegt.1122 Standen die Gestade des Letzteren nach der Eroberung Babylons tatsächlich unter assyrischer Botmäßigkeit, war das Postulat der Herrschaft über die Mittelmeerküste zu diesem Zeitpunkt lediglich nominell.1123 Das Epitheton šar tâmti elīti (u) šupālīti mag daher bewusst symbolisch aufgefasst worden und nach dem südmesopotamischen Konzept der ‚Weltherrschaft‘ geformt worden sein, mit dem Tukulti-Ninurta – nunmehr auch König von Babylon – in Berührung gekommen war.1124 Erst in neuassyrischer Zeit nimmt die Varietät der Meeresnamen ab: Bei Tiglatpilesar III. sind das ‚obere‘ und das ‚untere‘ Meer die Hauptbezeichnungen für das Mittelmeer und den Persischen Golf.1125 Sargon II. verwendet fast ausschließlich die Termini ‚Meer des Sonnenuntergangs‘ (tâmtum e­reb dšamši) und ‚Meer des Sonnenaufgangs‘ (tam­tum ṣi­it dšamši),1126 und in spätneuassyrischer Zeit bildet das antithetische Paar eine fixe Nomenklatur.1127 Häufig steht auch tâmtu allein.1128 Diese scheinbare Simplifizierung war das Resultat der im Zuge der Expansion vollzogenen Erweiterung des geographischen Horizonts sowie der machtpolitischen Durchdringung der Küstenregionen, die nunmehr erschlossen und gleichsam ‚banalisiert‘ wurden.1129 Doch spätestens im jahre 709  v. Chr., als Sargon II. die assyrische Herrschaft bis nach Zypern ( Jadnana) ausdehnte – ein Akt, den er durch die Errichtung einer Stele in Kition kommemorierte1130 – wurde auch die ‚klassische‘ Grenzmetaphorik vom ‚Oberen‘ und ‚Unteren Meer‘ der Realität nicht mehr gerecht.1131 Denn nun kam eine

1122 Cf. RIMA I A.0.78.5, 5 f.; A.0.78.22, 3; A.0.78.24, 16. 1123 Cf. Yamada 2005, 39. 1124 Cf. ibid., 39–40, hier v. a. 40: „The pair of seas in the royal epithet serves as a symbolic expression of the universal dominion of the king.“ Im Zuge der Eroberung Babylons rühmt sich TukultiNinurta I. (RIMA I A.0.78.5, 65–69; A.0.78.22, 37 f.), der ‚Herr von Sumer und Akkad‘ geworden und das „untere Meer des Sonnenaufgangs“ (tâmtu šupālītu ša ṣi šamši) als Grenze seines Landes festgelegt zu haben. 1125 Cf. Yamada 2005, 41 sowie 54, Tafel 5. 1126 Cf. ibid. sowie Elayi 1984, 88. 1127 Cf. Yamada 2005, 42 und Elayi 1984, 85; 88–89. 1128 Cf. Yamada 2005, 42. 1129 Cf. Elayi 1984, 91 f. sowie 89: „Ces deux appellations marquent les limites de l’Empire assyrien devenu désormais un Empire à double façade maritime sur la Méditerranée et le Golfe Persique.“ 1130 Der Text ist ediert bei Malbran-Labat 2004, 345–349 (Transliteration); 359–351 (französische Übersetzung); 351–354 (Kommentar). Cf. Gunter 2009, 18–20; Shafer 1998, 37–44. Zur Eroberung Zyperns cf. Na’aman 2001. Zur Regierung Sargons II. cf. Mayer 1995, 316–341; Melville 2016. 1131 Eine Übersicht über die ‚Grenzstelen‘ Sargons bietet Galter 2014, 333–337. Die ‚klassische‘ Grenzmetaphorik begegnet weiterhin in stereotypen Proklamationen, so in einer Zylinerinschrift Assurbanipals aus Babylon (L2, Z. 1–3 = Streck 1916, 229): „(Ich), Assurbanipal, der große König (šarru rabû), der mächtige König (šarru dan­nu), der König der Welt (šar kiššati), der König von Assyrien (šar mâtuaššur), der König der vier Weltgegenden (šar kib­rat irbittiti), der König der Könige (šar šarrānimeš), der Fürst ohne Gleichen, welcher infolge des (Befehls)wortes der Götter (ina a­mat ilânimeš), seiner Helfer, vom Oberen bis zum Unteren Meere (ul­tu tam­tim e­lit a­di tam­tim šap­lit)

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Weltkonzeption und (Welt-)Herrschaft im Alten Vorderen Orient

neue Kategorie von Tributpflichtigen hinzu, und zwar neben den im Landesinnern und an der Küste gelegenen Ländern diejenigen, die ‚mitten im Meer‘ (i­na qabal tam­ tim) lokalisiert wurden.1132 Mehr noch: Der agonale Wetteifer der assyrischen Könige musste zwangsläufig auch zur rhetorischen Neuinterpretation der überkommenen mental map führen, indem sie zunehmend die Kontrolle über Territorien postulierten, die ‚im Meer‘ oder ‚jenseits‘ davon lagen. In diesem Zusammenhang besitzt die (seit der Akkad-Zeit greifbare) Metapher von der ‚Mitte des Meeres‘ hohe Relevanz. Deren Entwicklungsstadien und Rezeption in den Ezechielbüchern des Alten Testaments haben Martin Lang und Robert Rollinger einer eingehenden Studie unterzogen, die an dieser Stelle eine nähere Betrachtung verdient.1133 Erstmalig bezeugt ist die Wendung im Bericht Tiglatpilesars I. (1114–1076  v. Chr.) über den Feldzug gegen Amurru, im Zuge dessen er von den Küstenstädten Byblos, Sidon und Arwad Tribut empfing: Wahrlich ich fuhr auf Schiffen der Leute von Arwad (ins Meer) hinaus. Eine Entfernung von drei Doppelstunden fuhr ich von Arwad, das mitten im Meer liegt (ša MURUB4 A.AB.BA) bis zur Stadt Ṣamuru im Land Amurru. Einen nāḫiru, den sie ein Pferd des Meeres nennen, tötete ich in der Mitte des Meeres (i­na qa­bal A.AB.BA).1134

Der Sinngehalt des hier zweimal verwandten Bildes von der ‚Mitte des Meeres‘ beschränkt sich nach Ansicht Langs und Rollingers mitnichten auf einen geographisch fest definierten Raum: Verweise die Formulierung ša MURUB4 A.AB.BA noch recht eindeutig auf die Insellage Arwads, so werde im Folgenden jedoch bereits ein weiteres Bedeutungsspektrum der Metapher indiziert, denn: Tiglatpilesar verweilt nicht auf der unweit der Küstenlinie gelegenen Insel, sondern befährt das offene Meer und erlegt dort (i­na qa­bal A.AB.BA) ein exotisches Geschöpf.1135 Zwar zielt die Feststellung Assurnasirpals II. (883–859 v. Chr.) 250 Jahre später, dass Arwad „mitten im Meer“ (ša MURUB4 tam­di) gelegen sei, primär auf dessen Insellage,1136 doch bereits sein Nachfolger Salmanassar III. scheint die Metapher eher auf die „unbestimmte Weite des

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herrscht und der alle Könige unter seinen Fuß gebeugt hat […].“ Zur (bewussten) Anknüpfen Sargons II. an Sargon von Akkad cf. Galter 2006; 2018, 134. Cf. Elayi 1984, 89. Cf. Lang/Rollinger 2010 zum Folgenden. RIMA II A.0.87.3, 21–25. Deutsche Übersetzung und eingefügte Transliterationen nach Lang/ Rollinger 2010, 221. Cf. Lang/Rollinger 2010, 221. Die bedeutung des Wortes nāḫiru ist nicht eindeutig gekärt. Cf. CAD, 136 f. nāḫiru. Möglicherweise handelt es sich um einen Schwertwal oder um einen Delphin. Cf. Ikeda 1984–1985, 25 f. Ein späterer Text Tiglatpilesars I. (RIMA I A.0.87.4, 24–30; 67–71) erwähnt die Aufstellung der Basalt-Staue eines nāḫiru an einem Palasteingang. Cf. Yamada 2005, 34. Cf. RIMA II A.0.101.1, Col. III, 87; 101.2, 29. Assurnasirpal berichtet hier nicht von einer königlichen Jagd auf dem Meer, doch unter den Tributen der ‚Könige der Küste‘ befinden sich die Zähne (ZÚ MEŠ) der nāḫiru, der „Lebewesen des Meeres“ (bi­nu­ut tam­di). Cf. RIMA II A.0.101.2, 30; 101.1, Col. III, 88. Da jene als ‚exotisches Gut‘ präsentiert werden, ist auch das Mittelmeer selbst nach Ansicht Elayis 1984, 80 noch eine ferne und sagenhafte Region. Für Lang/Rollinger 2010, 223 erscheint Arwad bei Assurnasirpal II. hingegen bereits als ein ins Imperium integrierter Ort.

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Mittelmeeres“1137 zu beziehen. Im Lande Mazamua flohen seine Feinde angeblich auf Schilfbooten auf das Meer (hier: den Urmia-See), doch der assyrische König ließ sie nicht entkommen: Auf Lederbooten setzte ich zu ihrer Verfolgung an (ina GIŠ.MÁ.MEŠ KUŠ.DUḪ.ŠI.­e MURUB4EGIR.MEŠ-šú­nu lu aṣ­bat). Eine gewaltige Schlacht schlug ich in der Mitte des Meeres (ina MURUB4 tam­di). Eine Niederlage bereitete ich ihnen. Mit ihrem Blut färbte ich das Meer feuerrot.1138

An dieser Stelle wird deutlich, das das Bild von der ‚Mitte des Meeres‘ zunehmend nicht allein zur Umschreibung von Inseln verwandt wurde, sondern im Zuge des wachsenden Herrschaftsanspruchs der assyrischen Könige mehr und mehr eine unbestimmte Ferne am Weltenrand bezeichnete, die am Ende – zumindest dem Anspruch nach  – selbst der Wirkmacht Assurs unterstand. Die Neuinterpretation der Metapher als eine „Position in einem ideologisch aufgeladenen Weltbild“1139 – so Lang und Rollinger des Näheren – wird in den Inschriften Sargons II. zur Gänze entfaltet. Die ‚Ränder der Welt‘ liegen nunmehr in der ‚Mitte des Meeres‘: Upēri, der König von Dilmun, dessen Nest (narbāṣu) in einer Entfernung von 30 Doppelstunden wie ein Fisch mitten im Meer (ina MURUB4 tam­tim) von Sonnenaufgang (ni­pi­iḫ dUTU-ši) liegt, hörte von der Macht Assurs, Nabûs und Marduks und sandte sein Geschenk. Und (ebenso) hörten sieben Könige des Landes Jā’, eines Landstriches des Landes Jadnana, das in einer Entfernung von sieben Tagen mitten im Meer (ina MURUB4 tam­tim) von Sonnenuntergang (e­reb dUTU-ši) liegt, deren Wohnsitze (also) weit entfernt sind (né­es­sa­at šu­bat­su­un) – seit fernster Vergangenheit bis heute hat keiner meiner königlichen Vorfahren, weder in Assyrien noch in Kār-Dunjaš, je den Namen ihres Landes vernommen – in der Ferne (ru­qiš), mitten im Meer (ina MURUB4 tam­tim), von den Taten, die ich im Land Kaldu und im Land Ḫatti unablässig vollbrachte, und da schlug ihnen das Herz (bis zum Hals) und die Angst überwältigte sie.1140

Dilmun (Bahrain) im Süd-Osten und Jā’ (Zypern) im Nord-Westen, die jeweils „mitten im Meer von Sonnenaufgang“ und „mitten im Meer von Sonnenuntergang“ lokalisiert werden, markieren die äußeren Grenzen des assyrischen orbis.1141 Darüber hinaus

1137 Lang/Rollinger 2010, 224. 1138 RIMA III A.0.102.2, II 77 f. Deutsche Übersetzung und Transliteration nach Lang/Rollinger 2010, 225. Ähnlich beschreibt Salmanassar ein militärisches Treffen gegen eine nordsyrische Koalition von „12 Königen der Meeresküste“ (12 MAN MEŠ-ni šá šsi­di tam­di) bei Qarqar, das im sechsten Regierungsjahr des Königs stattfand und desgleichen mit einer Bootsfahrt übers Meer endete. Cf. RIMA III A.0.102.6, Col. II, 33; 102.8, 19’; 33. 1139 Lang/Rollinger 2010, 243. 1140 Große Prunkinschrift, Z. 144–148 (= Fuchs 1994, 352). Eingefügte Transliterationen nach Lang/ Rollinger 2010, 228. 1141 Cf. Lang/Rollinger 2010, 228 f.

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bettet die Antithese von nipiḫ dšamši und ereb dšamši den Topos von der ‚Mitte des Meeres‘ in einen „weltumspannenden Kontext“1142 ein. Beide, Dilmun und Jā’, liegen ‚in der Ferne‘ (né­es­sa­at šu­bat­au­un und ru­qiš), doch handelt es sich inzwischen um eine ‚kontrollierbare‘ Ferne, die mit einer Wegstrecke von dreißig bēru respektive sieben Tagesmärschen genau vermessen wird.1143 Außerhalb des assyrischen Wirkhorizonts liegen indessen die Zonen jenseits von Zypern, zu denen die Wohnstätten der ‚Griechen‘ (Jawnāja) West-Kleinasiens und der Ägäis zählen.1144 „Wie Fische“ (ki­ma nu­ú­ni) will Sargon jene die syrischen Küsten verheerenden Seeräuber „mitten im Meer“ (ina MURUB4 tam­tim) gefangen haben.1145 Werden hier einerseits die Qualitäten des königlichen Kriegers mit dem (desgleichen königlichen) Motiv der Jagd assoziiert,1146 so erscheint der (von der Levante über Kilikien bis nach Zypern reichende) maritime Raum, in dem Sargon seine Gegner gefangen setzt, als eine ins Imperium integrierte Zone.1147 Dieser Erweiterung des geographischen Horizonts trägt auch die wenig später entstandene Sargon­Geographie (s. o) Rechnung, indem sie mit Anaku (Süd-West-Anatolien), Kaptara (Kreta) sowie Dilmun (Bahrain) und Magan (Oman) Länder ‚jenseits‘ der Meeres dem ‚Reich‘ Sargons zurechnet.1148 Auf das gesamte Mit-

1142 Ibid., 229. 1143 Cf. Ibid., 228. 1144 Zu den in keilschriftlichen Dokumenten bezeugten ‚Griechen‘ cf. Rollinger 1997; 2001a; 2001b; 2003a, 2006; 2011a. Erstmalige Erwähnung finden die Jawnāja im achten Jahrhundert, und zwar in einem Brief des Beamten Qurdi­Aššur­lāmur an Tiglatpilesar III. (Nimrud-Letter 69 = ND 2370, Text: Saggs 2001, 164–66, Pl. 32), in dem sie als marodierende Piraten erscheinen, die von den assyrischen Truppen in die Flucht geschlagen werden und schließlich „in der Mitte des Meeres“ (qab­li ta­am­ti) verschwinden (s. u. Kap. I.3). 1145 Sämtliche Belege bei Lang/Rollinger 2010, 230. 1146 Cf. Liverani 1979, 312: „War assumes also some hunting aspects, due to the different nature of the two sides, and due in particular to the sub-human, animal-like character of the enemy.“ Die Formulierung „wie Fische“ entspricht der im ‚alpinen‘ Kontext verwandeten Metapher, die den Gegner mit Vögeln vergleicht. Cf. etwa den Bericht Sanheribs von Kampfhandlungen am Oberlauf des Tigris (T 39, 1–9 = Frahm 1997, 124): „[Sanherib], der König der Gesamtheit, der König von Assyrien – Manijae, [der König der Stadt] Ukku, [fürchtete meine] Kampfeslust, verließ [Ukku] die Stadt, (die) seine Machtbasis (bildete), [und] floh [in] die Ferne. [Ich verfolgte] die in ihr (in der Stadt Ukku)[wohnenden] Leute, [die] wie Vögel auf schwer zugängliche Berggipfel (ana zuqti šadî marṣi) gleichsam geflohen waren, und brachte ihnen auf den Berggipfeln (ina zuqti šadi) eine Niederlage bei. Ukku, seine (Manijaes) Königsstadt [verbrannte ich] mit Feuer.“ 1147 Cf. Lang/Rollinger 2010, 229–231. Diese Zone wird durch die Wendung ina qabal tâmtim umrissen. Cf. etwa die Zylinderinschrift aus Chorsabad Z. 21 (= Fuchs 1994, 34; 290): „(Sargon), der Schlachterprobte, der mitten im Meer (ina MURUB4 tam­tim) wie ein Fischer (sa­an­da­niš), die Jawnāja wie Fische fing (ki­ma nu­ú­ni) und so dem Land Que und der Stadt Tyros Ruhe verschaffte.“ Der Herkunftsort der ‚Griechen‘ (ša qabal tâmtim) liegt hingegen außerhalb des assyrischen orbis. Cf. die Kleine Prunkinschrift des Saales XIV Z. 15 (= Fuchs 1994, 76; 308): „Die Jawnāja, die mitten im Meer (ša MURUB4 tam­tim) des Sonnenuntergangs (e­reb dUTU­ši) (leben), fing ich wie Fische (GIM nu­ú­ni).“ 1148 Cf. SG 41 f.: „Anaku und Kaptara, Länder (KUR.KUR) jenseits (BAL.RI) des oberen Meeres, Dilmun und Magan, Länder (KUR.KUR) jenseits (BAL.RI) des unteren Meeres.“ Cf. Lang/Rollinger 2010, 233 f. Zur Lokalisierung Kaptaras und Anakus cf. Liverani 2001, 65 f. Magan und Anaku

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telmeer richteten sich schließlich die imperialen Aspirationen Asarhaddons im siebten Jahrhundert, der nach der Schilderung zahlreicher Feldzüge in alle Himmelsrichtungen verkündet: Die Könige, die mitten im Meere (MAN.MEŠ šá MURUB4 tam­tim) (wohnen), sie alle, von Jadnana und Jawan bis nach Tarsisi, unterwarfen sich meinen Füßen. Ihren schweren Tribut nahm ich in Empfang. Über die Könige der vier Weltufer trug ich den Sieg davon.1149

Auf der von Asarhaddons Schreibern konstruierten mental map repräsentieren die drei geographischen Entitäten Jadnana, Jawan und Tarsisi die Eckpunkte eines „Koordinatensystems, das den gesamten Mittelmeerraum umspannt“,1150 denn: Tarsisi (KURtar­si­si) bezeichnete nicht – wie lange Zeit angenommen – das kilikische Tarsos, sondern vielmehr das in griechischen Dokumenten des sechsten und fünften Jahrhunderts v. Chr. bezeugte (und eventuell mit dem alttestamentlichen Taršiš zu identifizierende1151) Tartessos auf der Iberischen Halbinsel nahe Cadiz.1152 Dieser Raum wiederum pflegte – wie radio-carbon-datierte Keramikfunde beweisen – seit dem neunten Jahrhundert v. Chr. intensive Handelsbeziehungen zu den phoinikischen Städten der Levanteküste.1153 Hierin liegt der Schlüssel zum Verständnis der von Asarhaddon beanspruchten Herrschaft über Tarsisi, das ja keineswegs der Botmäßigkeit Assyriens un-

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1153

waren auch über den landweg zu erreichen. Ihre Lokalisierung ‚jenseits des Meeres‘ mag darauf hindeuten, dass sie in der Praxis mit Schiffen angesteuert wurden. Selbiges gilt für Lydien, das Assurbanipal (Prisma E, Stück 14–17 = Borger 1996, 181–183; 217 f. = Streck 1916, 20–21) als „Gebiet am Ufer des Meeres“ (na­gu­u ša ni­bir­ti tâmti) und als einen „fernen Ort“ (aš­ru ru­u­qu) bezeichnet. Rollinger 2003a, 344–346 wertet dies als Indiz dafür, dass Lydien verkehrsgeographisch über den Seeweg mit Mesopotamien verbunden gewesen sei. AsBbE, 10–12 (= Borger 1956, 86 f.). Lang/Rollinger 2010, 236. Dieser Ort kann im Alten Testament gleichsam als das ‚Ende der Welt‘erscheinen: So unternimmt der Prophet Jona ( Jon 1, 2), von Jahwe aufgefordert nach Ninive zu ziehen, um gegen die „Stadt der Bosheit“ zu predigen, den Versuch, vor dem Herrn nach Taršiš zu fliehen. Cf. Lipiński 2004 sowie Rollinger 2008a. Zu den früheren Versuchen der Lokalisierung cf. Lemaire 2000, 44–47, der selbst die Identifizierung Tarsisis mit Tarsos verficht. Dagegen sprechen Rollinger 2008a zufolge sowohl phonologische als auch historische Gründe: Da eine geschriebenes ‚s‘ im neuassyrischen sprachlich als ‚š‘ realisiert worden sei, sei von der Gleichsetzung Tarsisis mit dem alttestamentlichen Taršiš auszugehen. Dagegen erscheine das kilikische Tarsos in den neuassyrischen Quellen gewöhnlich als Ta­ar­zu respektive als Tar­zi. Da das assyrische Tarsisi wie auch das alttestamentliche Taršiš sich aus zwei Sibilanten zusammensetzten, Tarzi/Tarsos hingegen nur eine aufweise, sei die Gleichsetzung von Tarsisi und Tarsos aus phonologischen Gründen nicht nachvollziehbar. Dagegen sprechen weiterhin historische Gründe, denn in den assyrischen Feldzugsberichten ins ‚Raue Kilikien‘ und nach Kappadokien findet Tarsisi niemals, Tarzi nur selten Erwähnung. Der bedeutendste Ort im ‚Lande Que‘ war zu dieser Zeit auch nicht Tarsos, sondern Adana. Dieser Befund, so Rollinger, laufe der Prominenz Tarsisis in den Inschriften Asarhaddons zuwider. Die Identifizierung des alttestamentlichen Taršiš mit Tartessos in der Region um Huelva wurde bereits früher erwogen. Cf. Blech 2001 zu Tartessos. Tatsächlich kann auch ein neuassyrisches ‚š‘ (geschriebenes ‚s‘) im Griechischen als ‚t‘ umgesetzt werden. Cf. Rollinger 2008a, 690.

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terstand.1154 Vielmehr betrachtete der König von Assur den von seinen phoinikischen Vasallen zu Schiff befahrenen maritimen Raum (zumindest in der ideologischen Theorie) als seinem territorialen ‚Besitzstand‘ zugehörig.1155 Integraler Bestandteil derartiger ‚universalistischer‘ Ansprüche war seit Asarhaddon und Assurbanipal die Kontrolle der Städte Sidon und Tyros.1156 Aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang der Aufstand Abdi-Milkuttis von Sidon im Jahre 677 v. Chr., dessen Ende Asarhaddon folgendermaßen schildert: (Was) Abdi-Milkutti, den König von Sidon, der meine Herrschaft nicht fürchtete, dem Geheiß meiner Lippen nicht gehorchte, auf das wogende Meer vertraute (ša eli tam­tim gal­la­tim it­tak­lu­ma) und das Joch Assurs abgeschüttelt hatte (betrifft): Ich habe Sidon, seinen mitten im Meer gelegenen Stützpunkt (URU tuk­la­(a­)ti­šú šá qé­reb tam­tim na­ du­ú) wie ein Wasserschwall überwältigt und seine Mauer und seine Wohnstätten ausgerissen und ins Meer (qé­reb tam­tim) geworfen; die Städte, wo es gelegen war, verwüstete ich. Seinen König Abdi-Milkutti, der sich vor meinen Waffen in die Mitte des Meeres (ina MURUB4 tam­tim) geflüchtet hatte, holte ich auf das Geheiß meines Herren Assur wie einen Fisch (ki­ma nu­(u­)ni) aus dem Meer (ul­tu qé­reb tam­tim).1157

Das in den assyrischen Herrscherannalen mehrfach bezeugte ‚Fluchtmotiv‘ erfährt hier eine neue (freilich bereits bei Salmanassar III. und Sargon II. greifbare) Dimension, denn das ‚weite Meer‘, der Ort, dem Abdi-Milkutti „vertraute“ (ša eli tam­tim gal­ la­tim it­tak­lu­ma), bleibt dem Zugriff des assyrischen Königs nicht mehr entzogen: Asarhaddon fängt ihn eben dort „wie einen Fisch“ (ki­ma­nu­(u)ni).1158 Der Aktionsradius des assyrischen Herrschers reicht inzwischen ina MURUB4 tam­tim – so wird der Ort benannt, an den Abdi-Milkutti (vergeblich) geflohen war. Die zunächst verwir-

1154 Der von Asarhaddon erwähnte „schwere Tribut“ stellte vermutlich lediglich eine einmalige Zahlung dar. Cf. Rollinger 2008a, 688. 1155 So Lang/Rollinger 2010, 237: „Denn die Kontrolle über die namentlich genannten Vasallenstädte schloss gewiss den Anspruch auf Kontrolle jenes Raumes ein, der von ihren Schiffen befahren wurde.“ 1156 Cf. Lang/Rollinger 2010, 238–246. 1157 Nin. A, II 65–74 (= Borger 1956, 48 f.). Ähnlich beschreibt Assurbanipal (Text bei Onasch 1994, 111) die Unterwerfung Ikkilus von Arwad, „der weit mitten im Meer wohnt“ (āšib rapašti qabal tâmti) und der „wie ein Fisch“ (ša kīma nūni) in der See lebend „auf das wogende Meer vertraute und sich dem Joch nicht unterworfen hatte“ (ša eli eli tâmti gallati taklūma lā kitnušu ana nīri). 1158 Eine weniger aktive Rolle bei der Flucht seines Gegners nimmt noch Sanherib (T 27, 17–19 = Frahm 1997, 66) ein: „Luli, der König von Sidon, floh, den Kampf mit mir fürchtend, nach Jadnana, das in der Mitte des Meeres (šá qé­reb tam­tim) (liegt). Dort suchte er Zuflucht. In diesem Jahr krepierte er (e­mid šad­da­šu) aus Furcht vor der Waffe Assurs, meines Herrn.“ Hier erscheint die ‚Mitte des Meeres‘ ( Jadnana) noch als außerhalb des assyrischen orbis gelegen. Die Flucht  – so das Leitmotiv der Inschriften Sanheribs – bringt den Gegner außer Reichweite und macht ihn geradezu ‚nicht-existent‘. Cf. Liverani 1979, 312: „The enemy is destroyed in various ways: by killing, by internal collapse, by suicide, by flight that brings him far from sight and knowledge […] as far as political action is concerned.“

Assyrien, die ‚Geißel der Völker‘: ‚Weltherrschaft‘ als göttliches Mandat

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rende Tasache, dass Sidon, das als „mitten im Meer gelegener Stützpunkt“ bezeichnet wird, keine Insel ist, findet in der Deutung Langs und Rollingers ihre Erklärung in der ideologischen Funktion der Stadt in der assyrischen mental map: Die Metapher von der Mitte des Meeres‘ zielt hier nicht auf die geographische Lage, sondern auf eine nur vage umrissene ‚Ferne‘, die Sidons Schiffe befuhren.1159 Am Ende der Regierung Asarhaddons, vollends jedoch unter Assurbanipal, wurde Sidon in dieser Funktion von Tyros abgelöst,1160 das bei Assurbanipal als in der ‚Mitte des oberen Meeres‘ gelegenes Pendant zu Dilmun erscheint: Assurbanipal, der große König, der mächtige König, der König der Welt, König von Assyrien, König der vier Weltgegenden, König der Könige, Fürst ohne gleichen, der bis zum oberen Meer bis zum unteren Meer herrscht und alle Herrscher seinen Füßen unterwarf, der Tyros, das in der Mitte des oberen Meeres (šá qa­bal tam­tim e­lit) (liegt), und Dilmun, das in der Mitte des unteren Meeres (šá qa­bal tam­tim šap­lit) (liegt), das Joch seiner Herrschaft auferlegt hat […].1161

Die Kontrolle der phoinikischen Städte stand in spätneuassyrischer Zeit demnach sinnbildlich für die Beherrschung des gesamten Mittelmeerraumes. Jener war zwar nicht vollständig in das assyrische Provinzialsystem integriert, doch über die tributpflichtigen Vasallen Sidon und Tyros, deren Handel von Assur überwacht wurde, indi­ rekt dem Einfluss des Königs von Assyrien ausgesetzt.1162 Obschon der Sinngehalt des Topos von der ‚Mitte des Meeres‘ somit weit über eine fest umrissene geographische Bezeichnung (etwa den Verweis auf eine Insellage) hinausreichte, konnte der ‚Weltenrand‘ respektive die Grenze des assyrischen Wirkhorizonts in der Ikonographie durch eine Insel symbolisiert werden. Dies mag mithin für die Abbildung von Tyros auf den Bronzetoren von Balawat aus der Regierungszeit Salmanassars III. gelten,1163 denn das Bildprogramm scheint einer geographischen Ordnung zu folgen und namentlich auf die Markierung der äußeren ‚Reichsgrenzen‘ angelegt zu sein: Sind die Feldzüge nach Urartu und Nord-West-Iran auf der unteren Bildhälfte dargestellt, so erscheinen die Abbildungen der Kriege in Syrien und an der Mittelmeerküste im oberen Bereich.1164 Ähnliche geographische Schemata (oder: ‚Cluster‘) liegen auch den Thronräumen 8 und 10 Sargons II. aus Chorsabad sowie

1159 Cf. Lang/Rollinger 2010, 240. 1160 Cf. ibid., 341–346. Bei Asarhaddon erscheint Tyros zweimal in der Position der ‚Mitte des Meeres‘. Cf. Nin B I, 10 f. (= Borger 1956, 49) sowie Klch A 15 (= Borger 1956, 32; 71). 1161 RIMB II B.6.32.19, 7–10. Deutsche Übersetzung und eingefügte Transliterationen nach Lang/ Rollinger 2010, 243. 1162 Cf. Lang/Rollinger 2010, 243 f. 1163 Cf. ibid., 225 f. mit King 1915 (Abbildungen) und Schachner 2007, Tafel 3–14 (Beischriften). 1164 Cf. Marcus 1995, 196 mit einer schematischen Abbildung.

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Reliefdarstellungen Assurbanipals aus dem Nordpalast zu Ninive zugrunde.1165 Die Wirkkraft dieser (gerade an vielbegangenen Stätten angebrachten) ikonographischen Landschaftsdarstellungen sollte nicht unterschätzt werden, denn sie waren nicht bloße Dekoration; vielmehr unterstützten sie die ‚universalistischen‘ Aspirationen der assyrischen Könige effektiv, indem sie die von ihnen beanspruchte Beherrschung des physischen Raumes visuell umsetzten und einem weiten Rezipientenkreis zugänglich machten.1166 Gerade in neuassyrischer Zeit nahmen Landschaftsbilder und topographische Details in der Ikonographie zunehmend mehr Raum ein, und neue Techniken der räumlichen Tiefenwirkung wurden entwickelt.1167 Ob jene Abbildungen neben der manifesten Botschaft auch latente sexuelle Konnotationen hervorrufen sollten und sich gleichsam einer ‚virilen Unterwerfungsmetaphorik‘ bedienten, steht dahin.1168 Festzuhalten bleibt, dass die Ikonographie und die materielle Kultur insgesamt einen integralen Bestandteil der imperialen Ideologie bildeten. Erstens wurde, wie Beate Pongratz-Leisten zeigt, die ‚Peripherie‘ durch die Ausbeutung der Ressourcen und die Einrichtung staatlicher Verwaltungszentren nicht nur wirtschaftlich und politisch, sondern auch ideologisch erschlossen: So ging die Einrichtung der Provinzen meist mit der (Um-)Benennung bereits existierender oder neu gegründeter Zentren einher, 1165 Cf. ibid., 198. Die Reliefs der privaten Empfangshalle Sargons II. in Raum 8 zeigen Gefangene von den westlichen und östlichen ‚Rändern‘ des Reiches (Albenda 1986, pl. 72–78). Die Darstellungen in Raum 10 stellen Prozessionen von Tributbringern aus den östlichen und westlichen Grenzregionen einander gegenüber. Cf. ibid., pl. 17–34. Auf den Reliefs aus dem Nordpalast Assurbanipals zu Ninive figurieren die Feldzüge nach Ägypten auf der Nord-West-Wand, diejenigen nach Babylonien auf der Süd-Ost-Seite (Barrnett 1976, pl. 34–36). 1166 Cf. Marcus 1995, 194 f. Zur Vermittlung ideologischer Botschaften in der bildenden Kunst cf. Reade 1979. Speziell zur Ikonographie der Landschaft sei hier auf die Beiträge in Mitchell 1994 sowie auf Winter 1981 verwiesen. Die visuelle ‚Propaganda‘ umfasste in Assyrien ein reiches Repertoire an Symbolen – astrale und kosmische Bilder ebenso wie Tiere, Pflanzen und Gebrauchsgegenstände. Cf. die Liste bei Parpola 2010, 37–39. Der konkrete Sinn der Bildersprache erschloss sich vielen Rezipienten gewiss nur bedingt. Für Parpola 2010, 38 war dies indessen beabsichtigt: „[…] for the purpose of the visual propaganda, like that of the verbal one, must have been to awe the public and impress it with the superior wisdom of the king and his government.“ 1167 Cf. Marcus 1995, 199 f. 1168 So Marcus 1995, die von der Präsentation des assyrischen Königs als einer ‚männlichen Potenz‘ ausgeht, die das Land, das weiblich gedacht worden sei, erforscht, durchdringt (‚penetriert‘) und unterwirft: „Assyrian imperial landscapes were likewise expressions of (male) sexual anxieties and ideologies – expressions of (royal) manhood in the face of nature, seen as female and other.“ Die Eroberung fremden (i. e. ‚jungfräulichen‘) Territoriums werde in Bilder gekleidet, die sexuelle Untertöne enthielten (Cf. etwa den neuassyrischen Text SAA 3, 94, Nr. 18, der Marduk Tiamat mit seinem Penis besiegen lässt). Die Durchdringung unberührten Landes werde darüber hinaus auch in den Herrscherannalen mit erotische Assoziationen hervorrufenden Begriffen beschrieben: So könnten die Verben qerēbu (CAD, 232–233 qerēbu) und erēbu (CAD, 266–267 erēbu), die das Anrücken der Truppen in feindliches Territorium beschreiben, sich auch auf die sexuelle Annäherung eines Mannes beziehen. Das in der Form eines Epithetons verwendete Stativ-Prädikat zikarāku (CAD, 111, zikaru), sei von zikrūtu abgeleitet, das auf die männliche Potenz ziele. Marcus (ibid., 202) schlussfolgert, dass „this imagery implies a double desire by the king and state: to dominate the land as a man might dominate a woman.“

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die man als Teil eines „ideologischen Programms“1169 deuten mag. Eine Liste von Toponymen im Feldzugsbericht Asarhaddons nach Schubria enthält Ortsnamen wie: uruAš­ šur­i­nar­ga­ru­u­a (‚Assur tötet meine Feinde‘),uruAš­šur­ni­ir­šú­ú­rap­piš (‚Assur hat sein Joch erweitert‘) oder uruAš­šur­ni­ir­ka­rap­piš (‚O Assur, erweitere dein Joch!‘).1170 Andererseits degradieren die assyrischen Herrscherannalen die ‚Peripherie‘ zuweilen ganz unverhohlen zum ‚Steinbruch‘ im Dienste der Ausgestaltung des ‚Reichszentrums‘,1171 womit zweitens die (auch visuell respektive materiell umgesetzte) Integration des ‚chaotischen Feindeslandes‘ in den ‚kosmischen Staat‘ angedeutet wird. Denn die königlichen Bauherren ließen bei der Errichtung ihrer Residenzen,1172 Paläste und Tempel Materialien aus allen Reichsteilen verarbeiten.1173 Darüber hinaus griffen sie in zunehmendem Maße auf deportierte Arbeitskräfte und Fachleute zurück, die ihre jeweils landesspezifischen Kenntnisse und Stile einbrachten.1174 Nicht zuletzt wurden die Residenzen bauplanerisch als ‚Abbilder‘ des Kosmos konzipiert.1175 In diesem Sinne konnten Bauwerke und Städte – wie die königlichen Gärten (s. o. Kap. I.2.1) – das ‚Reichsganze‘ en miniature abbilden und die beanspruchte Universalität der Herrschaft im Zentrum verdichten. *** Angesichts dieser Machtfülle und Prachtentfaltung mutet der plötzliche und nahezu vollständige Kollaps des assyrischen Imperiums unerklärlich an, wie Norman Yoffee pointiert festhält: „Im Jahre 700 v. Chr. war Assyrien der mächtigste Staat der Welt. Im

1169 Pongratz-Leisten 1997, 330–333. 1170 Cf. Gbr. II § 68, IV, 27–34 (= Borger 1956, 102–107, hier 107). Cf. den Beitrag Pongratz-Leisten 1997, die (ibid., 339) die Frage aufwirft, ob dieser „Sprachakt“, der weniger in den alten ‚Kulturzentren‘ wie Babylonien als vielmehr im Osttigrisgebiet und den nördlichen Gebirgsregionen realisiert wurde, als eine Form von „Kulturimperialismus“ aufzufassen sei. 1171 Cf. Gunter 2009, 156–160. Häufig sind es ‚Ausländer‘, die die Ressourcen auf Geheiß des assyrischen Königs beschaffen. So befahl Tukulti-Ninurta I. den Guti, Holz im Lande Mehru für die Dekoration seines Palastdaches in Assur zu fällen. Cf. RIMA I A.0.78.1, Col. II, 14–III, 20. Zuweilen – gewöhnlich im Rahmen der Feldzüge – lassen die Könige die Rohstoffe vor Ort von ihren Soldaten beschaffen. Assurnasirpal II. unternahm während seines neunten Feldzuges einen ‚Abstecher‘ ins Amanus-Gebirge und ins Land Mehru zwecks der Erlangung von Nutzholz. Cf. RIMA II A.0.101.40. 1172 Die erste Neugründung einer Residenz (Kār-Tukulti-Ninurta) unternahm erstmalig TukultiNinurta I. im 13.  Jahrhundert, nach eigener Aussage auf Geheiß des Gottes Assur. Cf. RIMA I A.0.78.23, 88–99. Cf. Dolce 1997 sowie Maul 1997, 122 f. Ihm folgten im neunten Jahrhundert Assurnasirpal II. mit der Gründung von Kalchu, sodann Sargon II. mit der Errichtung von Dur-Šarrukin (Cf. Melville 2016, 90–92; zu den Baudokumenten cf. Parpola 1995) und zuletzt Sanherib, der den Sitz der Regierung nach Ninive verlegte. Zu Ninive cf. Nóvak 2005 sowie die Beiträge in Collon/ George 2005. Eine archäologische Perspektive auf Nimrud bietet Mallowan 1966. 1173 Zur Rolle des Königs als Bauherr cf. Lackenbacher 1982. 1174 Cf. Gunter 2009, 160–164. 1175 Cf. Pongratz-Leisten 2015, 181–191.

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Jahre 600 v. Chr. war Assyrien (als Staat) völlig vom Angesicht der Erde verschwunden.“1176 Zwischen 614 und 612 v. Chr. wurden die Zentren Assur und Ninive von den vereinten Heeren der Babylonier und Meder zerstört und späterhin nicht wieder aufgebaut (s. u. Kap. I.2.8). Die Leichen der Gefallenen – dies lehrt der archäologische Befund – wurden niemals bestattet.1177 Eine nähere Betrachtung der indigenen Berichte über Assyriens Untergang erscheint gerade in Anbetracht der später zu untersuchenden Rezeption der Ereignisse in der griechisch-römischen Literatur (s. u. I.3–III) sinnvoll. 2.7 Der Fall Assyriens und die neubabylonischen Könige Die Geschichte vom Fall Assyriens begann mit einer Rebellion im Süden Mesopotamiens.1178 Seit 626 v. Chr. gelang es einem Mann namens Nabopolassar (Nabû­apla­uṣur), die Assyrer aus Babylonien zu vertreiben und als nunmehr unabhängiger Souverän des ‚Landes Akkad‘ die sogenannte neubabylonische Dynastie (626/615–539 v. Chr.) zu begründen.1179 Nabobolassars Herkunft bleibt dunkel.1180 Die von ihm selbst in Auftrag gegebenen Inschriften schweigen sich darüber aus.1181 Dort erscheint anstelle der ‚herkömmlichen‘ Filiation die für altorientalische Herrscher ungewöhnliche Selbst­ bezeichnung „Sohn eines Niemand“ (mār lā mammāna).1182 Unter den zahlreichen seine Identität betreffenden Theorien – Nabopolassar als ‚König des Meerlandes‘,1183 1176 Yoffee 2011, 100. 1177 Cf. Radner 2014, 111 mit der älteren Literatur. 1178 Zu den Vorgängen im Einzelnen cf. Fuchs 2014; Brinkman 1998–2001; Liverani 2001; Zawadzki 1988; Heller 2010, 150–156; Balatti 2017, 154–163. 1179 Der Begriff ‚Dynastie‘ ist insofern zu relativieren, als die Thronfolge zwar im Prinzip erblich war, gleichwohl aber keine dynastische Kontinuität bestand: So folgte Nabopolassar (626–605 v. Chr.) sein Sohn Nebukadnezar II. (605–562 v. Chr.), ihm wiederum dessen Sohn Amel-Marduk (562– 560 v. Chr.) nach, doch stellen die Regierungen Neriglissars (560–556 v. Chr.) und Nabonids (556– 539 v. Chr.), der Labaschi-Marduk (556 v. Chr.) ablöste, dynastische ‚Brüche‘ dar. Nanonid konnte keine verwandtschaftlichen Bande zu einem seiner Vorgänger vorweisen. Cf. Da Riva 2008, 2; Jursa 2014, 125; Brinkman 1998–2001, 15. Zur politischen Geschichte des neubabylonischen Reiches cf. von Voigtlander 1963; Vanderhooft 1999; Schaudig 2001, 9–27; Da Riva 2008, 2–19; Jursa 2014. Zu den Quellen cf. Heller 2010, 18–97. 1180 Cf. zu ihm Da Riva 2008, 2–7; Brinkman 1998–2001. 1181 Cf. Da Riva 2008, 3 f.; Brinkman 1998–2001, 13; 15. 1182 Cf. etwa Napl C 32, Col. I, 8 (= Da Riva 2013a, 93–94, hier 94–95): „I was indeed the son of a nobody“ (la ma­am­ma­na­ma a­na­ku­ma). Als Fremdbezeichnung für Usurpatoren ist diese Formel hingegen durchaus üblich. Cf. etwa SKL Col. III, 17–18 (= Glassner 2005, Nr. 1, 120–121), wo es über Gilgameschs Vater heißt: B ì l . g a . m e s a b . b a . n i l í l . l á . Cf. Seux 1980–1983, 152. 1183 Cf. Da Riva 2008, 4; Fuchs 2014, 61. Ein Kolophon aus seleukidischer Zeit (Text: Hunger 1968, 46, Nr. 107, Z. 7 f.) berichtet von der Kopie eines Ritualtextes „entsprechend dem Wortlaut der Tafeln, die Nabopolassar, der König des Meerlandes, aus Uruk geraubt hat.“ Dass Nabolpolassar – wie der Jahrhunderte später verfasste Text suggeriert – der Anführer des chaldäischen Stammes der BītJākin gewesen sein sollte, ist nach Ansicht von Fuchs 2014, 61 jedoch unwahrscheinlich: Erstens

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als abtrünniger Offizier des assyrischen Herrschers Sîn-schar-ischkun1184 oder als Angehöriger des chaldäischen Stammes der Bīt­Dakuri 1185  – verdient die unlängst von Michael Jursa vorgeschlagene Lösung den Vorzug: Demnach war Nabopolassar der Sohn Kudurrus, eines in assyrischen Diensten stehenden Gouverneurs (šākin tēmi) zu Uruk, der dasselbe Amt später selbst innehatte und schließlich als ‚Verräter‘ an der assyrischen Sache aus der Stadt vertrieben wurde.1186 Das wichtigste Zeugnis für diese Hypothese ist ein in das Jahr 622 v. Chr. zu datierender Brief, den Assyrien loyal gegenüberstehende Urukäer an den König Sîn-schar-ischkun sandten, als Nabopolassars Revolte im Gange war.1187 Der Text berichtet von einem früheren Gouverneur, dessen

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existierte im chaldäisch dominierten Süden im siebten Jahrhundert kein unabhängiges Königtum. Zweitens ist nicht erfindlich, warum Nabolopolassar, wenn er tatsächlich ein ‚Chaldäer‘ gewesen wäre, nicht den (legitimatorischen) Anschluss an den chaldäischen König und Widersacher Sargons II., Marduk-aplu-iddina II., gesucht haben sollte. Die Assoziierung Nabopolassars mit dem ‚Meerland‘ mag sich vielmehr aus der Funktion der Region als Rückzugsgebiet im Kampf gegen Assyrien (zumal im Jahre 623 v. Chr.) erkären. Cf. Da Riva 2008, 4; Fuchs 2014, 63; Heller 2010, 151. Einer fragwürdigen Nachricht des Berossos zufolge (FGrH 680 F 7d = Burstein 1978, 26, 6c) war Nabopolassar (Bupolassaros) ein strategos des Sarakos (Sîn-schar-ischkun), den der assyrische König nach Babylonien entsandt habe, um eine Rebellion niederzuschlagen. Nach dem Gelingen seiner Mission habe jener seinen Sohn Nabukodrossos (Nebukadnezar) mit der Tochter des Mederkönigs Azdahak verheiratet und so die Weichen für ein medisch-babylonisches Bündnis gestellt. Die Vorstellung, dass Nabopolassar als Fremder es vermocht haben sollte, innerhalb kürzester Zeit das Vertrauen der Babylonier zu gewinnen und sich eine breite Basis für den Widerstand zu verschaffen, hält Fuchs 2014, 63 für abwegig. Weiterhin ist nicht einmal die Autorenschaft des Berossos im Falle des von Abydenos (2. Jahrhundert n. Chr.) überlieferten Fragments sicher verbürgt. Cf. Verbrugghe/Wickersham 1996, 88, die das Fragment folglich nicht in ihre Sammlung aufnehmen. Allerdings waren die Einwohner Babyloniens traditionell ja sehr wohl bereit, mit fremden Invasoren zu kooperieren, solange diese ihnen wirtschaftliche und kulturelle Konzessionen machten. S. u. sowie Kap. I.4. Cf. Fuchs 2014, 63 f. In einem Brief (TUAT NF 3, 161) berichtet eine Frau namens Gagāja ihrem Vater von dem ungehörigen Verhalten ihrer Schuldner. Jene hätten sie mit der Bemerkung abgetan, sie solle sich doch bei dem „Dakuräer“ oder bei den Göttern beklagen. Sollte mit dem Ersteren tatsächlich Nabopolassar gemeint sein (so Jursa 2014, 124), wäre er ein Chaldäer von nicht-babylonischer Herkunft gewesen. Die spätere Selbstbezeichnung Nabopolassars als indigener Babylonier – Cf. Napl C 32, Col. I, 15–20 = Da Riva 2013, 94–96, wo es heißt, Šazu habe ihn „an die Spitze seines Heimatlandes“ (a­na be­lu­ut ma­a­ti ù ni­šu) gesetzt – vermag diese Annahme aufgrund der legitimatorischen Intention seiner Inschriften zwar nicht zu widerlegen. Sollte die Abfassung des nicht sicher datierten Briefes jedoch in die Jahre 226–220 v. Chr. fallen, könnte es sich bei dem ‚Dakuräer‘ laut Fuchs 2014, 64 auch um einen beliebigen Stammesführer handeln, der seine lokale Stellung im Windschatten der Kampfhandlungen mit Assyrien ausgebaut hatte. Cf. Fuchs 2014, 63 f. Cf. Jursa 2007b, passim zum Folgenden. ABL 469, Z. 6–12 nach Jursa 2007b, 127: „[Der König, unser Herr (?),] hat Nabû-udammiq zum Gouverneur [von Uruk] eingesetzt. Wir sind am Ende, [(aber endlich)] ist uns etwas Gutes an unserer Dienststelle widerfahren: Nabû-udammiq [ist] der [Be]amte(?), den der König, unser Herr, [(…)?] als Gouverneur über uns eingesetzt hat. [Der König, unser Herr,] möge (seine) Diener, [die bei] ihm sind, fragen, und sie sollen [ihm dann wie folgt antworten: …]-nāsir/uṣur/ ahi hat auf [Geheiß] von Assurbanipal, dein[em] Vater, [Dienst] in Uruk und Eanna getan, dabei hat er (aber) [Eigentum von Uru]k und Eanna an sich genommen. Als [wir …], haben wir den [L]eichnam von Kudurru durch die Straßen geze[rrt] und seine Söhne aus Uruk vertrieben. Als wir (seinerzeit) vor Assurbanipal, deinem Vater, einen Rechtsstreit mit ihnen ausfochten, hat er

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Name vermutlich als Nabopolassar ([Nabû­aplu]uṣur) zu rekonstruieren ist und der zur Zeit Assurbanipals mit der Priesterschaft des Eanna zu Uruk in Konflikt um die Tempelpfründe geraten war. Im Folgenden ist von der Exhumierung und Schändung der Leiche eines Kudurru – eine Kurzform des Namens Nabû­kudurrī­uṣur/Nebukadnezar – die Rede, der mit hoher Wahrscheinlichkeit mit dem andernorts (zwischen 647 und 646 v. Chr.) bezeugten gleichnamigen šākin tēmi, einem Sohn des Hohepriesters (šatammu) Nabû­nāṣir, identisch ist. Jener Kudurru war folglich ein loyaler Funktionär des assyrischen Königs Assurbanipal gewesen, dessen Grab die Verfasser des besagten Schreibens schändeten, weil seine Söhne – unter ihnen Nabopolassar – dem assyrischen Oberherren Sîn-schar-ischkun die Treue gebrochen hatten. Die Leichenschändung des Vaters brandmarkte sie nach mesopotamischer Vorstellung als Verräter. Zugunsten dieser Hypothese lässt sich weiterhin anführen, dass Nabopolassars Sohn Nebukadnezar (II.) als Kronprinz in den Jahren 626 bis 616 v. Chr. das Amt eines Priesters (šatammu) zu Uruk bekleidete und in den Tempeldokumenten unter dem Kurznamen Kudurru figuriert.1188 Dies beweist nicht allein die enge Bindung der Familie an die Stadt Uruk, sondern lässt überdies den Schluss zu, dass Nebukadnezar II. nach dem Prinzip der Paponymie den Namen seines Großvaters Nabû­kudurrī­uṣur/ Nebukadnezar erhielt.1189 Vor diesem Hintergrund erschiene ferner die spätere Selbstbezeichnung Nabopolassars als „Sohn eines Niemand“ plausibel: Für einen Rebellen gegen Assyrien wäre es kaum politisch opportun gewesen, sich als Nachkomme eines „Kollaborateurs mit den assyrischen Machthabern“1190 zu präsentieren. Bezeichnenderweise war es dann auch in Uruk, das während der Folgejahre mithin als Rückzugsort der babylonischen Truppen fungierte, wo im Ajjaru (April/Mai) des Jahres 626 v. Chr. die Erhebung gegen Assyrien begann.1191 Den Verlauf der Ereignisse

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(Assurbanipal) uns ihnen gegenüber recht gegeben. Unsere Häuser, unsere Pfründen, unsere Gärten, die sie in betrügerischer Weise an sich genommen hatten, hat er uns zurückgegeben, und ihre Gärten hat er anstelle des Besitzes, den sie [aus] Eanna genommen hatten, der [Herrin] von Uruk und Nanāja gegeben. Er hat sie nicht [nach Uru]k zurückkehren lassen. [Nun] sagten uns […] und Tabnēa, die Nippuräer, [die in Ur]uk sind: [PN und] Nabû-šumu-ukīn, die Söhne von Kudurru, […] wurden nach Uruk geschickt. […].“ Cf. Cf. Jursa 2007b, 131 mit den Belegen. Zum Amt des šatammu (bezogen auf Borsippa) cf. Waerzeggers 2010, 42–44. Cf. Jursa 2007b, 130; 133. Zwar scheint die negative Bewertung der Regierung Nabopolassars in der Uruk­Prophetie (cf. Beaulieu 1993) gegen seine Herkunft aus dieser Stadt zu sprechen. Doch ist dem Einwand von Fuchs 2014, 60 zuzustimmen, dass Nabopolassar sich in späteren Jahren bewusst von den lokalen Netzwerken in Uruk distanziert haben könnte, da eine Bevorzugung jener Stadt sich bei der Gewinnung der übrigen babylonischen Städte nachteilig ausgewirkt hätte. Das Negativurteil der Uruk­Prophetie könnte daher auch auf die enttäuschten Erwartungen der Einwohner zurückzuführen sein. Zu Nabopolassars Verhältnis zum Eanna-Heiligtum zu Uruk cf. ferner Kleber 2008, 336–339. Jursa 2007b, 134., der weiterhin (ibid., 135) herausstellt, dass die Leichenschändung nach mesopotamischer Vorstellung die vollständige Tilgung des Andenkens bedeutete. In diesem Sinne war Nabopolassar also tatsächlich ein mār lā mammāna. Cf. Fuchs 2014, 29.

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hat Andreas Fuchs unter Rekurs auf babylonisches Quellenmaterial rekonstruiert.1192 Zu Beginn des Jahres drangen Nabopolassars Truppen nachts unbemerkt in die Stadt Babylon ein, wo sie einen Tag lang mit der assyrischen Besatzung ringen mussten, ehe es gelang, sie zu vertreiben.1193 Noch Monate später datierten zahlreiche babylonische Städte ihre Urkunden indessen nach dem 627 v. Chr. verstorbenen assyrischen ‚Marionettenkönig‘ Kandalanu.1194 Im August/September 626 v. Chr. erfolgte die Gegenoffensive der Assyrer, die Nabopolassar zum Rückzug nach Uruk zwang. Während ein Teil des assyrischen Heeres ihn dorthin verfolgte, zogen die übrigen Kontingente nach Babylon, fielen dort jedoch einem ‚Ausfall‘ der Stadtbevölkerung zum Opfer.1195 Dieses Ereignis hatte die Einwohner Babylons endgültig an Nabopolassar gebunden, denn von nun an konnte sein Sieg allein sie vor einer vorhersehbaren assyrischen Revanche bewahren.1196 Die Krönung Nabopolassars zum König von Babylon im Oktober/November bildete die logische Konsequenz.1197 Das Jahr 625 v. Chr. war von wechselnden Loyalitätsverhältnissen geprägt.1198 Nach Ausweis der Sippar­Urkunden, deren Datierung zwischen den Regierungsjahren Nabopolassars und Sîn-schar-ischkuns schwankt, lavierten die babylonischen Städte zwischen den Fronten.1199 Dies änderte sich zwar rasch,1200 aufs Ganze betrachtet vermochte jedoch keine der beiden ‚Kriegsparteien‘ die Kämpfe während der ersten drei Jahre 1192 Cf. Fuchs 2014, passim, dessen Rekonstruktion der Ereignisse (ibid., 28–43) die vorliegende Dartellung zum Fall Assyriens und zum Aufstieg des neubabylonischen Reiches in den wesentlichen Punkten folgt. Im April/Mai 626 v. Chr. datierten urukäische Urkunden bereits nach den Regierungsjahren Nabopolassars. Cf. Oelsner 1999, 663. Zu den folgenden Ereignissen cf. die Chronik der frühen Jahre Nabopolassars (= ABC Nr. 2, 87–90 = Glassner 2005, Nr. 21, 214–219) sowie die Chronik vom Fall Ninives, auch Gadd­Chronik genannt (= ABC Nr. 3, 90–96 = Glassner 2005, Nr. 22, 218–227). Cf. ferner Brinkmann 1998–2001; Heller 2010, 150–156. 1193 Cf. die Chronik der frühen Jahre Nabopolassars Z. 1–3 (= ABC Nr. 2, 87–88 = Glassner 2005, Nr. 21, 216–217). 1194 Cf. Fuchs 2014, 29; Oelsner 1999, 658 f.; Heller 2010, 151. 1195 Cf. Fuchs 2014, 30 sowie die Chronik der frühen Jahre Nabopolassars, Z. 6–9 sowie insbesondere 10–13 (= ABC Nr. 2, 87–88 = Glassner 2005, Nr. 21, 216–217): „In the month of Iyyar the Assyrian army went down to Akkad. In the month of Tešrit, the twelfth day, the Assyrian army having marched on Babylon, that very day the Babylonians left Babylon, joined battle with the Assyrian army, inflicting a crushing defeat on them and taking prisoners.“ (ina itiGu4 érin kurAš­šur ana kurUriki it­tar­ du­nu ina itiDu6 u4 12.kám érin kurAš­šur ana Ugu Tin.tirki ki­I ú sal­tú ana šá érin kurAš­sur dùmeš-ma ŠI.ŠI érin kurAš­šur ma­a­diš garmeš ḫu­bu­ut­su­nu iḫ­tab­tu). 1196 Cf. Fuchs 2014, 30 f. 1197 Cf. ibid. sowie die Chronik der frühen Jahre Nabopolassars Z. 14–15 (= ABC Nr. 2, 88 = Glassner 2015, Nr. 21, 216–217). 1198 Cf. Fuchs 2014, 32. 1199 Cf. Oelsner 1999, 651–654 sowie Fuchs 2014, 31: „Das Interesse der unbeteiligten Untertanen galt dem eigenen Überleben und der Minimierung etwaiger Schäden.“ Dieser politische ‚Opportunismus‘ hatte in Babylonien geradezu Tradition: Auch in der Vergangenheit waren Eroberer (wie späterhin) mit offenen Armen empfangen worden, sofern sie sich bereit zeigten, den traditionellen Pflichten eines babylonischen Königs nachzukommen und die Privilegien der Eliten zu bestätigen (s. u Kap. I.4; II.3.1; 3.2). 1200 Cf. Oelsner 1999, 652 f. Im Jahre 624 v. Chr. datieren die Sippar­Urkunden nach Nabopolassar.

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der Rebellion (626–624 v. Chr.) zu ihren Gunsten zu entscheiden.1201 Erstaunen muss namentlich die Schwäche Assyriens, das sich noch fünfundzwanzig Jahre zuvor  – während der Rebellion Schamasch-schum-ukins gegen Assurbanipal  – zur Entsendung eines Aufgebots imstande gezeigt hatte, das mit Babylon, Sippar, Borsippa und Kutha vier aufständische Städte simultan bezwang.1202 Erst 623 v. Chr., als die Stadt Der sich erhob, begab sich der assyrische König Sîn-schar-ischkun mit seiner Armee zum Kriegsschauplatz.1203 Bald jedoch zwang ihn die Usurpation eines Assyrers namens Itti-ili, der seine Streitkräfte in Syrien versammelt hatte, zum Eilmarsch nach Ninive.1204 An diesem Punkt bricht die chronographische Überlieferung ab und wird erst im Jahr 616/615 v. Chr. mit der Chronik vom Fall Ninives1205 fortgesetzt.1206 Nach dem Befund des Urkundenmaterials muss die endgültige Vertreibung der Assyrer aus Babylonien jedoch im Jahre 620 v. Chr. erfolgt sein, und ein Jahr später befand sich das gesamte Gebiet fest in Nabopolassars Hand.1207 Derweil hatte sich Sîn-schar-ischkun mit der Unterstützung des Saïten Psammetich I. gegen den Usurpator Itti-Ili durchsetzen können, musste allerdings im Gegenzug die Besetzung der Reichsgebiete westlich des Euphrats in Kauf nehmen.1208 Das neubabylonische Reich hatte sich als eine Assyrien ebenbürtige Macht etabliert, doch waren die Streitkräfte Nabopolassars auch zu diesem Zeitpunkt vermutlich nicht überlegen.1209 Noch in seinem elften Regierungsjahr (615 v. Chr.) scheiterten die babylonischen Truppen an der Einnahme der Stadt Assur.1210 1201 Cf. Fuchs 2014, 33. 1202 Cf. ibid., 33 f. sowie den Bericht Assurbanipals Prisma A, III 128–135 (= Borger 1996, 41; 233). 1203 Cf. die Chronik der frühen Jahre Nabopolassars Z. 30 (= ABC Nr. 2, 89 = Glassner 2005, Nr. 21, 216– 217), wo erstmalig nicht allein vom „Heer Assyriens“ (ummāni meš kurAš­šur), sondern vom „König Assyriens und seinem Heer“ (šar kurAš­šur u ummānime-šu) die Rede ist. Cf. Fuchs 2014, 34. 1204 Cf. Fuchs 2014, 34 sowie die Chronik der frühen Jahre Nabopolassars Z. 33–41 (= ABC Nr. 2, 90 = Glassner 2005, Nr. 21, 218–219). 1205 Zur Einordnung der babylonischen Chroniken cf. Waerzeggers 2012. 1206 Cf. Heller 2010, 153. 1207 Cf. Fuchs 2014, 37. Für 620 v. Chr. ist die letzte Belagerung Uruks bezeugt, und in Nippur, dem letzten assyrischen Stützpunkt, wurde fortan nicht mehr nach den Regierungsjahren Sîn-scharischkuns datiert. Cf. Oelsner 1999, 645–650, hier v. a. 650. Die babylonischen Feldzüge der Jahre 619–617  v. Chr. lassen sich  – bei aller gebotenen Vorsicht  – aus der Dimension des neubabylonischen Reiches rekonstruieren, die die Chronik vom Fall Ninives voraussetzt. Demnach müssen zunächst das Diyala-Gebiet und Der, die Gegenden nördlich des Ğebel-Ḥamrin und um Arrapḫa sowie die Uferregion des Tigris bis zur Festung Takritain erobert worden sein. Eventuell erfolgte 616 v. Chr. der erste Vorstoß in Gebiete jenseits des Euphrats. Cf. Fuchs 2014, 38. 1208 Cf. Fuchs 2014, 38 sowie ibid., 49 f. zur Rolle Ägyptens. Zu Psammetich I. cf. Perdu 2003. 1209 Cf. Fuchs 2014, 38 f. zur „Pattsituation“ der Jahre 616–615 v. Chr. Cf. ibid., 39: „Wären die Rahmenbedingungen unverändert geblieben, dann hätte sich Assyrien in stark reduzierten [sic!] Umfang vielleicht noch behaupten können und es hätte im Zweistromland in der Folgezeit wieder zwei Reiche gegeben, ein assyrisches im Norden und ein babylonisches im Süden, so, wie es in den Jahrhunderten vor der Eroberung Babyloniens durch Assyrien gewesen war.“ 1210 Cf. die Chronik vom Fall Ninives Z. 16–22 (= ABC Nr. 3, 92–93 = Glassner 2005, Nr. 22, 220 f.). Cf. auch Adali 2011, 133.

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Erst das Eingreifen einer überwältigenden Heeresmacht aus dem Iranischen Hochland führte die Wende herbei: „Im Monat Marcheswan (Oktober/November) kamen die Meder herab nach Arrapḫu und zerstörten es […].“1211 Zuvor müssen sie bereits die assyrische Provinz Zamua sowie die westiranischen Distrikte in ihre Gewalt gebracht haben.1212 Im August/September 614 v. Chr. zogen die medischen Verbände von Ninive über Tarbiṣu nach Assur, das sie plünderten und zerstörten. Nabopolassars Truppen, so berichtet die Chronik, erschienen nicht rechtzeitig am Kriegsschauplatz, sondern trafen erst ein, nachdem der Sieg bereits errungen worden war. Im unmittelbaren Anschluss kam es dann freilich zu Verhandlungen mit dem medischen Heerführer Kyaxares/Umakištar und zum medisch-babylonischen Bündnis. Daraufhin zogen die Meder sich wieder in ihr Heimatland zurück.1213 Im folgenden Jahr (613  v. Chr.) blieb eine Invasion aus,1214 doch im Sommer des Jahres 612  v. Chr. kam es zur Belagerung Ninives durch die medisch-babylonische Koalition und zur vollständigen Zerstörung der assyrischen Residenz. Der König Sînschar-ischkun verlor sein Leben.1215 Erneut zogen Kyaxares und seine Streitkräfte sich zurück, während Nabopolassar Naṣibina sowie die Provinz Ruṣapu ausplünderte.1216 Überlebende der assyrische Elite flüchteten sich in die syrische Stadt Harran und erhoben den Prinzen Assuruballit II. zum König, „um über Assyrien zu herrschen“ (ana lugalut kurAš­šur).1217 Dass dies möglich wurde, verdankte sich indessen allein der Präsenz ägyptischer Truppen. Erneut wartete Nabopolassar, der 611 v. Chr. das assyri1211 Chronik vom Fall Ninives Z. 23 (= ABC Nr. 3, 92 = Gassner 2005, 220–221): ina itiAraḫsamni kurMa­ da­a­a ana kurA­rap­ḫu ur­[d]am­m[a xx] xx[…]. 1212 Cf. Fuchs 2014, 40. 1213 Cf. die Chronik vom Fall Ninives Z. 24–30, hier namentlich Z. 28–30 (= ABC Nr. 3, 93 = Glassner 2005, 220–221): „[The king of A]kkad and his army, who had gone to help the Medes, did not reach the battle (in time). The city … […] [The king of Akka]d and C[yax]ares (the king of the Medes) met one another by the city (and) together they made an entente cordiale. […Cyaxa]res and his army went home. The king of Akkad and his army went home.“ (šàr A[kkadîki u [ummā]ni me-šú ša ana re­ṣu­ut kurMa­da­a­a illikūku ṣal­tú úl ikšudūdu āl[u] x […] [šàr Akkad]î ┌ki (?)┐ [u (?) m] Ú­[ma­ ki]š­tar ina muḫḫi āli a­ḫa­meš ittamrū(igi)meš ṭūbtutú u su­lum­mu­u itti a­ḫa­meš iš = kunūmeš […mÚ­ ma­ki­i­]š­tar u ummāni meš-šú ana māti­šú it­tur šàr Akkadî ki u ummānime-šú ana māti­šu itūrū ru). Zur Kolalition cf. ferner Zawadzki 1988, 64–131, der erstmalig den Nachweis erbrachte, dass sowohl der Terminus kurMa­da­a­a (Z. 38) als auch kurUmman­manda (Z. 38; 59; 64) die Meder und nicht etwa die Skythen bezeichneten. 1214 Cf. Fuchs 2014, 41. Im Alleingang wagte Nabopolassar augenscheinlich noch immer nicht den Vorstoß ins assyrische Kernland, sondern führte stattdessen – von assyrischen Truppen bedrängt – einen Feldzug gegen Suḫu. Cf. die Chronik vom Fall Ninives Z. 31–37 (= ABC Nr. 3, 93–93 = Glassner 2005, Nr. 22, 220 f.). 1215 Cf. Fuchs 2014, 41. Cf. dazu die Chronik vom Fall Ninives Z. 45 (= ABC Nr. 3, 94 = Glassner 2005, Nr. 22, 220–223): „They carried off the vast booty of the city and the temple (and) [turned] the city into a ruin heap […]“ (šil­lat āli u ēkurri kabittu(dugud)tú iš­tal­lu [a]la ana tilli u ka[r­me utterrū…]). 1216 Cf. ibid., Z. 47–48 (= ABC Nr. 3, 94 = Glassner 2005, Nr 22, 222–223). 1217 Cf. ibid., Z. 50 (= ABC Nr. 3, 95 = Glassner 2005, Nr. 22, 222 f.): „[…] to over Assyria.“ Der Name war Programm: Wie Assuruballit I. im 12. Jahrhundert das ‚Joch‘ Mittanis abgeschüttelt

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sche Herzland verwüstete,1218 die Ankunft der Meder ab, bevor Harran 610 v. Chr. ohne Kampf fiel. Augenscheinlich war der Ruf der medisch-babylonischen Koalition ihnen vorausgeeilt:1219 Als die Nachricht vom Anrücken des Kyaxares und Nabopolassars die Stadt erreichte, ergriffen Assuruballit und die ägyptischen Truppen die Flucht.1220 Ein letzter Versuch des Pharaos Necho II., den assyrischen König wieder auf dem Thron zu Harran zu installieren, scheiterte im folgenden Jahr.1221 Dieser Krieg, in den mit Ägypten, den Medern und mannäischen Verbänden auch ‚auswärtige‘ Mächte involviert waren und der ganz Mesopotamien in Mitleidenschaft gezogen hatte, wurde mit äußerster Härte geführt. Die Verwüstungen im assyrischen Kernland bedeuteten nicht weniger als eine „planmäßig betriebene[], flächendeckende[] Zerstörung“1222 der Machtbasen des Gegners. Über die Gründe für den vollständigen Kollaps Assyriens herrscht nach wie vor kein Konsens. Neben wirtschaftlichen und produktionsbedingten Faktoren, Ressourcenknappheit, militärischen Schwächen, dem Bevölkerungsrückgang im Herzland sowie dem Imperial Overstretch1223 wurde nicht zuletzt der hohe Anteil an Deportierten innerhalb des assyrischen Staates als ursächlich angesehen.1224 Der forcierte Bevölkerungstransfer sei kaum durch integrative Maßnahmen unterstützt worden und habe am Ende die Desintegration der gesamten Gesellschaft nach sich gezogen. Die (daraus resultierenden) zweifelhaften Loyalitätsverhältnisse hätten die Zentralmacht zu permanenten Machtdemonstrationen genötigt, und im Umkehrschluss habe jedes Anzeichen von Schwäche eine akute Bedrohung des Staatswesens dargestellt.1225 Derartige Szenarien lassen sich indessen kaum verifizieren und sind mithin zweifelhaft; monokausale Erklärungen dürften zudem kaum zielführend sein. Eine gewisse Schwäche des assyrischen Staates indessen war durch innerdynastische Machtkämpfe – zuletzt durch den ‚Bruderkrieg‘ zwischen Assurbanipal und Schamasch-schum-ukin – vermutlich gegeben.1226 Schließlich hatte die Praxis dynastischer Eheschließungen, die

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hatte, sollte der zweite Träger dieses Namens der medisch-babylonischen Koalition standhalten. Cf. Fuchs 2014, 42. Cf. die Chronik vom Fall Ninives Z. 58–59 (= ABC Nr. 3, 95 = Glassner 2005, Nr. 22, 222 f.). Cf. Fuchs 2014, 42. Cf. ibid. mit der Chronik vom Fall Ninives Z. 61 f. (= ABC Nr. 3, 95 = Glassner 2005, 222–223): „Fear of the enemy overcame Ashur-uballit (II) and the army of Eg[ypt which] had come [to help him] and they aban[doned] the city […] they crossed.“ (illikūme-ma mAššur­ú­bal­liṭ u ummānini kurMi­[ṣir šá (?) ana (?) re­ṣu­ti­šú (?)] illi = kūme-ni ḫat­tú lúnakiri im­qut­su­nu­ti­ma āla ú maš­š[i­ru­ma…] i­bi­ru). Cf. ibid., Z. 65–70 (= ABC Nr. 3, 96 = Glassner 2005, Nr. 22, 222 f.). Cf. Fuchs 2014, 43. Fuchs 2014, 46. Zur Einflussnahme benachbarter Völker cf. ibid., 48–52. Cf. zusammenfassend Melville 2009, 179–181 mit der älteren Literatur. Cf. Yoffee 2011. Zur Praxis der Deportation cf. Oded 1979. Cf. Röllig 1986, 120. Auch Fuchs 2005, 52 sieht in den zahlreichen Deportationen eine Ursache für „Argwohn, Zwietracht und gegenseitige Abgrenzung“, ohne jedoch einen Zusammenhang zum Sturz Assyriens herzustellen. Cf. Radner 2010a, 26 f.

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häufig mit dem Abschluss von Bündnisverträgen einhergingen, am Ende dazu geführt, dass eine ganze Reihe von Personen im Vorderen Orient über direkte verwandtschaftliche Bande zum assyrischen Königshaus verfügte.1227 Die aus diesem Umstand resultierenden Thronkrisen begünstigten den Erfolg lokaler Rebellionen, denn: Das Gros der assyrischen Streitkräfte, die zu deren Niederschlagung vonnöten gewesen wären, war – wie die Episode um Itti-ili (s. o) lehrt – im Kampf gegen eventuelle Thronprätendenten und Usurpatoren gebunden. Da Nabopolassar es folglich lediglich mit einem stark reduzierten assyrischen Truppenaufgebot zu tun hatte, konnte er einige Siege erringen, die ihm (über einen Zeitraum von mehreren Jahren) einen enormen Prestigezuwachs innerhalb der babylonischen Bevölkerung bescherten.1228 Dürften die internen Machtkämpfe in Assyrien folglich zentrifugale Tendenzen provoziert und beschleunigt haben,1229 so erklärt dieser Umstand allein mitnichten die vollständige Auslöschung des assyrischen Staates; dies umso mehr, als die ‚totale‘ Vernichtung des Gegners keineswegs zu den üblichen Strategien vorderorientalischer Kriegsführung zählte.1230 Auf sich gestellt hätte Nabolpolassar die Invasion des assyrischen Herzlandes zudem weder gewagt noch zu realisieren vermocht. Erst das Eingreifen der Meder unter Kyaxares, eines in mehrfacher Hinsicht unberechenbaren Gegners, brachte die Entscheidung. Die Kriegsführung im Alten Orient war – wie Sarah C. Melville dargetan hat – kulturell determiniert.1231 Sie folgte ‚ungeschriebenen Konven-

1227 Cf. ibid. Der weite Kreis potentieller Thronprätendenten wurde in Assyrien durch die nicht genau fixierte Nachfolgerregelung begünstigt. Theoretisch konnte jeder (auch entfernte) Verwandte des Königs Ansprüche geltend machen. 1228 Cf. Fuchs 2014, 35 f.; 43 f. Derartige Thronwirren waren zwar bereits früher (im 9. Und in der Mitte des 8. Jahrhunderts) aufgetreten, zwischen 745 und 631 v. Chr. jedoch regional (Revolte Schamasch-schum-ukins gegen Assurbanipal) oder zeitlich (Usurpation Sargons II.) begrenzt geblieben  – eine wesentliche Voraussetzung für die Herausbildung des neuassyrischen ‚Weltreiches‘. Doch bereits unmittelbar nach dem Tode Assurbanipals im Jahr 631 v. Chr. hatte sich der Eunuch Sîn-schum-lischir als Vormund des unmündigen Prinzen Assur-etel-ilani zum Regenten aufgeschwungen. Cf. Fuchs 2014, 54–58. Aus zwei Dekreten, die die Helfershelfer Sîn-schum-lischirs mit Privilegien versehen (Text: SAA 12, Nr. 35, Z. 4–24; Nr. 36, Z. 4–16), geht hervor, dass der rab­rēši bereits die Gunst Assurbanipals genossen hatte. Die Regentschaft des Eunuchen – in Assyrien ein unerhörter Vorgang – hatte das Missfallen weiter Teile der Reichselite erregt und führte in den Aufstand. Vermutlich rangen 627 v. Chr. drei ‚Parteien‘ miteinander um die Macht: Erstens Sînschum-lischir, der sich, nachdem er die Kontrolle über sein Mündel Assur-etel-ilani verloren hatte, selbst (!) zum König aufschwang. Sodann eine ‚Partei‘, die den nämlichen Assur-etel-ilani in ihre Gewalt gebracht hatte sowie (drittens) eine Gruppe um Sîn-schar-ischkun, die zwar obsiegte, ihre Gegner indessen nicht vollständig auszuschalten vermochte. Die beiden Letztgenannten  – vermutlich ‚Kinderkönige‘ – gerieten zu ‚Spielbällen‘ aristokratischer Interessen. Cf. Fuchs 2014, 36. 1229 Cf. Fuchs 2014, 36: „Seit 631 […] hatte das Glück Assyrien verlassen, und weil das Reich jetzt so viel größer war als vordem, bot sich den Thronrivalen und Aufständischen eine breite Peripherie, in der sie sich außerhalb des Zugriffs einer zeitweise geschwächten Zentralregierung behaupten und Kräfte sammeln konnten. Itti-ili in Syrien und Nabopolassar in Babylonien agierten ungefähr in demselben räumlichen Abstand zu Ninive.“ 1230 Cf. Melville 2009, 184. 1231 Cf. ibid., passim zum Folgenden.

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tionen‘, die sowohl durch Wertevorstellungen als auch durch historisch gewachsene Verhaltensnormen und die daraus resultierenden Erwartungen an den Gegner diktiert wurden. In Assyrien hatte sich als einzige Form der ‚richtigen‘ Kriegsführung eine Art ‚reaktiv-präventiver Offensivstrategie‘ herausgebildet, die den Kampf ins Feindesland trug.1232 Ihr Erfolg hatte der Staatsführung recht gegeben: Da das assyrische Herzland seit dem 11. Jahrhundert v. Chr. von größeren Invasionen verschont geblieben war, ist es durchaus nachvollziehbar, dass die Instandhaltung der Befestigungsanlagen zunehmend vernachlässigt wurde. Indes, die ‚symmetrische Kriegsführung‘ der vorderorientalischen Staatenwelt wurde durch die marodierenden Meder, die die vollständige Vernichtung des Feindes in Kauf nahmen, durchbrochen.1233 Waren die Auseinandersetzungen bis 615 v. Chr. weitestgehend den konventionellen ‚Spielregeln‘ gefolgt, so versetzten Kyaxares und seine Streitmacht dem assyrischen Imperium den sogenannten strategischen Schock.1234 Möglicherweise erkannte die Staatsführung die sich aus der Taktik und den Kriegszielen der Meder ergebenden Veränderungen, die ein strategisches Umdenken erfordert hätten, zu spät. Den Zeitgenossen dürften die Komplexität dieses Prozesses wie auch die akute Bedrohung indessen weit weniger deutlich gewesen sein, als sie sich aus der Rückschau präsentieren.1235 So mag auch Nabopolassar selbst dieser Sieg über die unbestrittene ‚Supermacht‘ des Vorderen Orients „als unglaubliches Wunder“1236 erschienen sein, das allein durch die Gunst der Götter gelang. Die freilich ideologisch überhöhte Phraseologie seiner Inschriften lässt keinen Zweifel daran, dass sie es waren, die das Unglaubliche zuwege brachten. In der zwischen 619 und 615 v. Chr. entstandenen é.PA.GÌN.ti.la­Inschrift heißt es: (als) er [scil. Marduk] zu allem, was ich angriff, Gedeihen geschenkt und als Boten den Nergal, den allgewaltigen unter den Göttern, an meiner Seite gehen hießen, (als) er meine Feinde zu Boden warf und zerschmetterte meine Widersacher, [und ich] den Assyrer,

1232 Cf. ibid., 194 f.: „By the late 7th century the Assyrian way of war had become entrenched and automatic and so they reacted to invasion the only way they knew how – they took the offensive.“ Cf. ibid., 197 zu den militärischen Prinzipien: „[…] take the war to the enemy, protect the flank, forment rebellion in enemy territory, and attck, attack, attack.“ 1233 Cf. ibid., 196. Zur Rolle der Meder s. u. Kap. I.3.1.3. Den medischen Verbänden war kaum an der permanenten Besetzung vormals assyrischen Territoriums gelegen. Cf. auch Liverani 2001, 389– 391, der festhält, dass ein alleiniger Sieg der Babylonier sich weit weniger gravierend auf die assyrische Kultur und Gesellschaft ausgewirkt hätte. 1234 Cf. Melville 2009, 183 unter Rekurs auf die Untersuchung Freier 2008, der mit diesem Terminus ein Ereignis beschreibt, das existierende Erwartungen im Hinblick auf die Kriegsführung durchkreuzt. 1235 Cf. Melville 2009, 179; 198: „In the case of Assyria we clearly see the dangers inherent in a social and military conservatism which adhered too stubbornly to preconceived notions about how war should be waged and which could not adapt to new challenges.“ 1236 Fuchs 2014, 44.

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der seit alter Zeit über alle Völker geherrscht und mit seinem schweren Joche das Volk des Landes geschädigt hatte, ich, der Schwache, Kraftlose im Vertrauen auf den Herrn der Herrn mit der gewaltigen Kraft des Nebo [scil. Nabû] und Marduk meiner Gebieter von dem Lande Akkad ihren Fuß abgewehrt und ihr Joch zu Boden getreten hatte.1237

Es nimmt nicht Wunder, dass der einzig auf die Glorifizierung des babylonischen Königs zielende Text Kyaxares und die Meder keiner Erwähnung für würdig erachtet. Befremden muss hingegen die erstaunlich passive Rolle Nabopolassars, der, schwach und kraftlos, seinen Sieg allein göttlicher Intervention verdankt.1238 Ein gänzlich anderer Ton herrscht indessen in der wohl unmittelbar nach der Vernichtung Assyriens verfassten Etemenanki­Inschrift aus Babylon, deren Diktion an assyrische Kriegsberichte gemahnt: Als auf das Geheiß des Nebo [scil. Nabû] und Marduk hin, der mein Königtum lieb hat, und durch die gewaltige Waffe, die Lanze Girras [scil. Erras], des Schrecklichen, der da trifft mit dem Blitzstrahl meine Feinde, ich Assyrien unterwarf, ihr Land in Schutthaufen und Trümmer verwandelte […].1239

Die martialische Rhetorik kündet nicht allein von Nabopolassars gewachsenem Selbstbewusstsein, sie lässt darüber hinaus vermuten, dass – wie nicht zuletzt die Erwähnung Erras nahelegt – assyrische Inschriften bei der Abfassung Pate gestanden haben.1240 Aufs Ganze gesehen stellen die hier vorgestellten Passagen indessen singuläre Erscheinungen dar: Nabolpolassar, der  – wie oben dargelegt wurde  – wegen seiner Vorgeschichte und seiner familiären Hintergründe unter hohem Legitimationsdruck 1237 Langdon 1912, 66–69, Npl Nr. 4, Z. 14–21 (Übersetzung) = Da Riva 2013a, 54–63, Napl C12 (Transliteration): i­na mim­ma e­te­ep­pu­šu ú­šá­li­im ši­ip­ra­am dnè­iri11­gal dan­dan­ni d i n g i r meš ú­ša­ li­ik i­da­a­a i­na­┌ar┐ a­[a]­┌bi┐­ja ú­ša­am­qì­it ga­ri­ja aš­šu­ru­ú ┌šá┐ ┌ul ┐­┌tu┐ u4meš ru­qu­te ku­ul­la­at ni­ši­im i­bé­lu­ma i­na ┌ni┐­┌ri┐­šu ka­ab­ti ú­šá­[az]­┌zi┐­┌qu┐ ni­ši­im ma­a­ti a­na­ku en­šu­um pí­is­nu­qu [mu­uš­te]­┌’┐­ú e n e n . e n i­na ┌e┐­┌mu┐­┌qu┐ ga­áš­ra­[a­ti šá dna­bi]-┌um┐ ù d a m a r . u t u e nmeš [ul]­tu k u r ak­ka­di­i še­┌ep┐­[šu­nu ap­ru]­┌us┐­ma ni­ir­šu­nu ú­ša­ad­di. 1238 Cf. Da Riva 2008, 5–6; Fuchs 2014, 44. Cf. ferner den Imgur­Enlil­Zylinder Col. I, 28–33; II, 1–5 (= Da Riva 2013a, 94–95, Napl C32) sowie die E­dinna­Inschrift Col. I, 2–22; II, 1–4 (= Da Riva 2013a, 70–73, Napl C22, hier 71) aus Sippar, wo der Stadtpatron Schamasch Marduk und Nabû ersetzt. Letzteres ist wohl als Zugeständnis an den Klerus des Ebabbar zu deuten, dessen Loyalität Nabopolassar sich versichern musste. Cf. Da Riva 2008, 6. 1239 Langdon 1912, 60–65, hier 60–61, Npl Nr. 1, Col. I, 21–3129 (Übersetzung) = Da Riva 2013a, 77–92, hier 80; 88, Napl C31, hier: 31/2 (Transliteration): e­nu­ma i­[na] qi­bí­a­tim] dna­bi­um [ù d a m a r . u t u ] na­ra­am ┌šar┐­┌ru┐­[ti­ja] ù gišt u k u l -kí da­núm ša dìr­ra ┌ra┐­šu­ub­bu mu­uš­­ab­ri­qu za­à­┌ri┐­ja su­ba­ru­um a­na­ru m a . d a ­su ú­┌te┐­┌er┐­ru a­na d u 6 ù ka­ar­mi. 1240 Cf. Fuchs 2014, 44; Da Riva 2010a, 52 f. Ferner stellen der Titel šarru dannu und kriegerische Epitheta wie qarrād qarrādi (‚Held der Helden‘), die für Nabopolassar bezeugt sind, in neubabylonischen Inschriften eine Seltenheit dar. Sie mögen daher – im Kontext der Zerstörung Assyriens – eine Reminiszenz an assyrische Herrschaftsansprüche darstellen. Tatsächlich wurde die assyrische Schreibertradition auch im Babylonien der neubabylonischen Zeit rezipiert. Cf. Beaulieu 2017, 549–551; Da Riva 2014, hier v. a. 112–115.

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Weltkonzeption und (Welt-)Herrschaft im Alten Vorderen Orient

stand, hätte die Rechtmäßigkeit seiner Herrschaft kaum dynastisch begründen können und stellte stattdessen seine ‚Frömmigkeit‘ und Erwählung durch die Götter heraus.1241 Martialisches ‚Heldentum‘ wird innerhalb des gesamten neubabylonischen Textkorpus nur sporadisch gefeiert.1242 Im Kontrast zu ihren assyrischen Vorgängern stilisierten sich die Könige der Dynastie vorzugsweise als Bauherren und Erneuerer der Heiligtümer, wohingegen ‚politische‘ und militärische Aktionen in der Selbstdarstellung marginalisiert wurden.1243 Dies mag zwar zum Teil dem Überlieferungsbefund oder auch dem Rekurs auf altbabylonische Traditionen geschuldet sein,1244 insgesamt jedoch wurde der neubabylonischen Monarchie wohl nicht zu Unrecht „a lack of ideological underpinning of imperial expansion“1245 attestiert. Indes, Nabopolassars Sohn und Nachfolger Nebukadnezar II. (605–562 v. Chr.), der wohl zu den prominentesten altorientalischen Herrschern zählt und der in späteren Jahrhunderten zum ‚Weltherrscher‘ par excellence stilisiert werden sollte (s. u. Kap. II.2.1–3), begegnet bereits in den zeitgenössischen Chroniken als ‚Kriegerkönig‘.1246 Unter seiner Regierung, die mit dem Tod Nabopolassars am achten Abu (15.  August) des Jahres 605 v. Chr. begann,1247 erreichte das Imperium seine größte Ausdehnung, indem vormals unter assyrischer Observanz stehende Territorien okkupiert und die Ägypter aus Syrien und von der Levanteküste zurückgedrängt wurden.1248 Von dort aus flossen zahlreiche Ressourcen und Güter ins Zentrum des Reiches, wo sie (zumal in der Residenz Babylon) zur Errichtung und Verschönerung der Tempel und Paläste verwandt wurden.1249 1241 Cf. Da Riva 2008, 5. 1242 Allerdings tritt Nabopolassar im sog. Nabopolassar­Epos (ABHLT, 78–86, Nr. 7) und in einem fiktiven Brief (Gerardi 1986) als kriegerischer ‚Rächer‘ an den Assyrern in Erscheinung. Cf. Da Riva 2014, 108–112, der (ibid., 111) zu Recht herausstellt: „All these documents are preserved in later copies, which means that the figure of Nabopolassar as the architect of Babylonia’s rivival and the epic of his victory over Assyria was well established in the tradition.“ 1243 Cf. Jursa 2014, 122; 133; Ehrenberg 2008, 104 f. Ähnliches gilt für die neubabylonische Kunst. 1244 Cf. Ehrenberg 2008, 104. Bei dem überwiegenden Teil der auf uns gekommenen Inschriften handelt es sich um Baudokumente. Weiterhin gehen die auf ‚Niedrigkeit‘ und Demut zielenden Epitheta partiell bereits auf die altbabylonische Periode und die Isin II-Zeit des zweiten Jahrtausends zurück. 1245 Jursa 2014, 133. Als Hauptmotiv für die Ausweitung des Herrschaftsgebiets figuriert in offiziellen Texten Ehrenberg 2008, 104 zufolge außerdem in erster Linie das Bestreben, neue Kultzentren zu schaffen. Das neuassyrische ‚Mandat‘ zur Eroberung der Welt sei der neubabylonischen Königsideologie hingegen fremd gewesen. 1246 Zu den Quellen, die die Regierung Nebukadnezars II. behandeln, zählen neben den Königsinschriften, Wirtschafts-und Verwaltungsdokumenten, Briefen, Chroniken und Königslisten ferner spätere griechische und alttestamentliche Texte sowie Zeugnisse in aramäischer Sprache. Cf. zusammenfassend Streck 1998–2001a, 194–196. Zu Nebukadnezar cf. Wiseman 1985; Da Riva 2008, 8–14; Heller 2010, 157–168; Streck 1998–2001a. 1247 Cf. die Chronik der frühen Jahre Nebukadnezars obv. 9–11 (= ABC Nr. 5, 99–102, hier 99–100 = Glassner 2005, Nr. 24, 226–230, hier 228) sowie Berossos (FGrH 680 F 8b = Verbrugghe/Wickersham 1996 F 9a = Burstein 1978, 27, Nr. 2a). 1248 Cf. Da Riva 2010b, 166. 1249 Cf. ibid.; Jursa 2014, 124; Da Riva 2008, 109–113.

Der Fall Assyriens und die neubabylonischen Könige

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Von diesem Zeitpunkt an war die babylonische Armee nach Ausweis der Chroniken mit kleineren Unterbrechungen alljährlich in der Region präsent. Das Gebiet Syriens, Palästinas und des Libanons blieb ein ständiger Unruheherd und erforderte eine permanente Militärpräsenz.1250 Nach 594 v. Chr. brechen die chronographischen Nachrichten ab, sodass die Forschung für die Folgezeit auf aramäische und alttestamentliche Berichte angewiesen bleibt,1251 die das Schicksal Judas in den Fokus stellen: Nach einer Rebellion des Königs Zedakiah/Zidkijahu wurde Jerusalem 587 v. Chr. erobert und ein Großteil der judäischen Elite nach Bayblonien deportiert (‚Babylonisches Exil‘).1252 Eine zweite Massendeportation, die die letzten Widerstände brechen sollte, erfolgte fünf Jahre später. Abgesehen von Tyros, das erst 573 v. Chr. nach 13-jähriger Belagerung fiel, arrangierten sich die meisten Staaten der Levante rasch mit den neuen Oberherren.1253 Dass die Westgrenze in den nachfolgenden Jahren stabil blieb, ist zu bezweifeln, entzieht sich jedoch in Ermangelung zeitgenössischer Dokumente unserer Kenntnis.1254 Der Löwenanteil der von der Basis Riblah ausgehenden Militäraktionen Nebukadnezars II. fällt in diese Region, die die Chroniken pauschal unter dem Begriff Hattu subsummieren.1255 Gleichwohl wurden die Territorien des westlichen Reichsgebiets in der Praxis klar differenziert,1256 wie ein Passus aus dem Etemenanki­Zylinder lehrt, dessen Symbol- und Formensprache sich eindeutig in den Bahnen altorientalischer ‚Weltherrschaftsrhetorik‘ bewegt:

1250 Cf. Da Riva 2008, 9; 2010b, 167. Zwischen 604 und 601 sowie zwischen 599 und 597 v. Chr. hielt sich Nebukadnezar fast ausschließlich in Syrien auf. Zu seiner ‚Westpolitik‘ cf. Klengel 1992, 231–234; Lipschits 2005, 32–97. 1251 Cf. Da Riva 2008, 11; 2010b, 166 f. 1252 Die erste Belagerung Jerusaelms fällt bereits in das Jahr 597  v. Chr. Sie endete mit der Einnahme der Stadt und der Gefangennahme des Königs Jehojachin, der Flavius Josephus zufolge (ant. Iud. 10, 10, 7) vergeblich auf ägyptische Unterstützung gehofft hatte. Nebukadnezar setzte dessen Onkel Mattanjas unter dem Thronnamen Zidkijahu als König ein. Cf. Lipschits 2005, 55–62; von Voigtlander 1963, 100 mit 2 Chron 36, 11–21; 2 Kön 24, 17; Jer 37, 1; Ez 17, 13; Chronik der ersten Jahre Nebukadnezars rev. 11’–13’ (= Glassner 2005, Nr. 24, 226–231, hier 230–231). Von den Ägyptern verleitet, soll Zidkijahu bald den jährlichen Tribut an die Babylonier verweigert haben, was einer Rebellion gleichkam. Cf. Lipschits 2005, 70–72. Nach der Eroberung Jerusalems 587 v. Chr. erfolgten ein Strafgericht über Zidkijahu und seine Familie sowie die Zerstörung der Stadt. Die Söhne des Königs wurden vor seinen Augen getötet. Zidkijahu selbst wurde geblendet und nach Babylon deportiert. Cf. 2 Kön 25, 1–6. Zu den Ereignissen und ihren Hintergründen cf. Lipschits 2005, 68–97; Klengel 1992, 231 f.; Streck 1998–2001a, 198. Zu babylonischen Politik in Juda cf. die Beiträge in Lipschits/Blenkisnopp 2003. Zu möglichen Kontakten zwischen den jüdischen Kommunen und der babylonischen Bevölkerung cf. Waerzeggers 2014. 1253 Cf. Da Riva 2008, 11; 2010b, 167. Zur babylonischen Politik in und um Tyros cf. Vanderhooft 1999, 100; Kleber 2008, 141–154. Den Nachhall des Falls von Tyros in den Ezechielbüchern des Alten Testaments und seine altorientalischen Hintergründe behandeln Lang/Rollinger 2010, 208–216. 1254 Cf. Da Riva 2008, 11; 2010b, 167. 1255 Cf. Da Riva 2010b, 167. 1256 Cf. ibid. Zur im Text reflektierten Geographie cf. ferner Vanderhooft 1999, 90–92.

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Etemenanki zu erhöhen, seine Spitze mit dem Himmel sich zu messen, legte ich Hand an. Weite Völkerscharen (ni­ši ra­ap­šá­a­tim), die Marduk, mein Herr, mir anvertraut, deren Hut der Held Šamaš mir übergeben, aus der Menge aller Lande (ku­ul­la­atma­ti­ta­an), der Gesamtheit aller Nationen (gi­mi­ir ka­la da­ad­mi), vom oberen Meere bis zum unteren Meere (ul­tu ti­a­am­tim e­li­tim a­di ti­a­tim šá­ap­li­tim), ferne Länder, Leute zahlreicher Nationen, Könige ferner Gebirge und tiefliegender Bezirke (šarrâni meš šá­di­i ne­su­tim ù na­ gi­i bi­e­ru­tim) inmitten des oberen Meeres und des unteren (šá ḳi­ri­ib ti­a­am­tim e­li­tim ù šá­ap­li­tim), deren Knechtung Marduk, mein Herr, sein Joch zu ziehen, in meine Hand gegeben, bot ich auf (?) als Werkzeuge des Šamaš und Marduk, Etemenanki zu bauen und ließ sie tragen das Ziegelrück […]. Alle Leute der zahlreichen Nationen, die Marduk, mein Herr, mir zu eigen gegeben, nötigte ich, beim Bau von Etemenanki Dienst zu tun, und legte ihnen die Ziegeltrage auf. Als sein Fundament füllte ich eine Terrasse von 30 Ellen Höhe auf; dicke Zederbalken, große Stämme aus Holz von Magan überzog ich mit Bronze,[…].1257

Diese ideologisch aufgeladene Beschreibung der (angeblich von Nebukadnezar beherrschten) Welt greift nicht allein auf die urzeitalte Grenzmetaphorik des ‚oberen‘ und ‚unteren‘ Meeres zurück. Der König beansprucht darüber hinaus – wie seine assyrischen Vorgänger – die Inbesitznahme ferner Gebirgsregionen und von Gebieten ‚jenseits des Meeres‘, die mit dem aus der Babylonischen Mappa Mundi vertrauten Terminus nagû belegt werden. Nicht zuletzt zeugt der Topos von der ‚Mitte des Meeres‘ von der Kontinuität der ‚Weltreichsidee‘ in neubabylonischer Zeit.1258 Alle ‚Reichsvölker‘, so wird explizit betont, leisteten ihren Beitrag zu den Bauarbeiten an der Ziqqurat Etemenanki, die nach babylonischer Vorstellung das Zentrum des Kosmos repräsentierte (s. o. Kap. I.2.5).1259 Erst in jüngerer Zeit konnten weitere Passagen des Textes durch die Parallelversion des Eurmeiminanki­Zylinders rekonstruiert werden, die einen Eindruck von der Dimension des neubabylonischen Reiches zur Zeit Nebukadnezars vermitteln:1260 Eine 1257 Nbk Nr. 17, Col. II, 7–III, 29 (= Langdon 1912, 146–149: Deutsche Übersetzung und eingefügte Transliterationen). 1258 Cf. Rollinger 2016b, 145 f. 1259 Cf. ibid., 148 f. Die Beteiligung dieser ‚Reichsvölker‘ an den Bauarbeiten lässt sich durch Wirtschaftsdokumente verifizieren. 1260 Cf. C 041 = Da Riva 2008, 19–23. Die englische Übersetzung (Col. II, 85*–132*) nach Da Riva 2008, 12 lautet: „In order to build Etmenenanki, I burdened them with a soil-basket: Ur, Uruk, Larsa, Eridu, Kullab, Nēmed-[Laguda], Ugar-[Sîn], the totality of [the lands of the lower sea], from the top to the bottom, Nippur, Isin, Larak, [Dilbat, Marad], the land of Puqūdu, the land of Bīt-[Dak(k) ūri], the land of Bīt-Amūkani, the land of Bīt-[Šilani], the land of Bīrā[tu], Dēr, Agade, [Dur-Šarrukīn], the land of Arrapha, the land of Lahī[ru, the land of …], and the totality of the land of Ak[kad] and the land of Assyria, the kings of E[ber-nāri], the provincial governors of the land of Hattu, from the [upper se]a, to the [lower se]a, the land of Su[mer and Akkad], the land of Assyria, a[ll of them], the kings of far-away districts in the midst of the upper sea, the kings of far-away districts in the midst of the lower sea, the govenors of Hattu, of Nēbertu-Purattu, to the sunset, over whom I exercise my rule by the word of my lord Marduk (…) I brought mighty cedars from the

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Liste politischer und administrativer Einheiten in Nord-Süd-Richtung enthält neben babylonischen und assyrischen Toponymen den vagen Hinweis auf die ‚Könige des Westens‘ und lässt darüber hinaus die Untergliederung des Landes Hattu in drei Regionen erkennen. Demnach wurden ‚Syrien‘ und Nordsyrien von Provinzgouverneuren, der östliche Korridor zum Mittelmeer hingegen von Lokaldynasten verwaltet  – ein eindeutiges Indiz dafür, dass der Zugriff der Zentralgewalt auf die Küstenregionen weniger stark war.1261 Letzteres bestätigt ferner ein Prisma, der sogenannte Hofkalender Nebukadnezars, der neben Hofbeamten, Provinzstatthaltern und ‚Stammesfürsten‘ auch Könige (šarrū) der Levante und Phoinikiens nennt, unter den Letzteren die Könige von Tyros, Gaza, Sidon, Arwad und Aschdod.1262 Ob die genannten Personengruppen tatsächlich – wie der Text vorgibt – am Bau eines Palasts für Nebukadnezar zu Babylon mitwirkten, ist fraglich.1263 Paul-Alain Beaulieu erkennt in ihrer Nennung vielmehr „a pretext to celebrate the territorial extent of the kingdom by means of an enumeration of its dignitaries and vassal kings.“1264 Ungeachtet des starken politischen Engagements Nebukadnezars in Syrien, Palästina und dem Libanon nimmt sich der archäologische Befund eher spärlich aus.1265 Felsreliefs und Inschriften an vier Stätten dokumentieren aber immerhin die babylonische Präsenz vor Ort. Es handelt sich um die Monumente von Nahr el-Kalb, Wadi Brisa, Shir es-Sanam und Wadi es-Saba, die an viel begangenen strategischen Knotenpunkten respektive ‚Übergangszonen‘ zum Mittelmeer angebracht wurden.1266 Wie ihre assyrischen Vorläufer (s. o. Kap. I.2.6) waren diese Denkmäler weithin sichtbar, aber schwer zugänglich1267 und richteten sich sowohl an nachfolgende Herrscher1268 als auch

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land of Lebanon to my city, Babylon. The totality of the people of the widespread inhabited world, that my lord Marduk gave to me, in order to build Etemenanki, I made them undertake the work and burdened them with a soil-basket.“ Cf. Da Riva 2010b, 168. Cf. Da Riva 2008, 11 mit Anm. 59; 2010b, 168; Vanderhooft 1999, 92–99; Jursa 2010b, 78–91; 2014, 127–130. Beaulieu 2002 arbeitet ‚externe‘ Belege für im Hofkalender erwähnte Beamte heraus. Der Text muss Anfang des sechsten Jahrhunderts v. Chr. (zwischen 598 und 597  v. Chr.) entstanden sein. Cf. Beaulieu 2002, 99 der Lesung Landsbergers folgend: ┌in┐ se­bu­tì ša­at­ti­ia („in meinem siebten Jahr“). Cf. Beaulieu 2002, 100. Ibid. Cf. Lipschits 2005, 185–271. Cf. Da Riva 2010b und 2015 sowie im Einzelnen Maïla-Afeiche 2009; Da Riva 2009; 2010b, 171–172 (Nahr el-Kalb); Da Riva 2012; 2010b, 173–174 (Wadi Brisa); Da Riva 2013b (Wadi es-Saba); Da Riva 2010b, 175–176 (Shir es-Sanam). Cf. Da Riva 2010b, 169; 171. Die Ortswahl legt nahe, dass die Sichtbarkeit des Bildes das entscheidende Kriterium darstellte. Demgegenüber dürften die Textinhalte, die nur nach mühevollem Klettern erschlossen werden konnten, sekündär gewesen sein. Wohl aber sollte auch die Keilschrift an sich beeindrucken. Cf. WBC X, 7–12 (= Weissbach 1978, 33): „Neben dem Bild [meines] Königtums schreibe ich das Andenken meines Namens, richtete auf die Zukunft … Ein späterer möge betrachten …, des

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an zeitgenössische Adressaten: Sie fungierten einerseits als „warning messages“1269 an die indigene Bevölkerung des Libanons, an Lokaldynasten und potentielle Opponenten.1270 Darüber hinaus reflektieren sie jedoch auch den Kampf mit Ägypten um die Vorherrschaft in der Levante.1271 Zweifelsohne sind diese Monumente Manifeste eines imperialen Konzepts, das assyrischen Vorbildern folgte „and thereby implicitly claimed the legitimacy of the Babylonians’ imperial predecessors.“1272 Letzteres erhellen insbesondere die Inschriften von Wadi Brisa, die mit ihren zugehörigen Reliefs1273 an den Hängen des Wadi esh-Scharbin eingraviert wurden: Sie, die grossen Götter, die Herren der Geschicke, … mein … an meiner Seite wandeln sie, geben Gelingen meinem Werk. Ferne …, entlegene … ohne Raum zum Auftreten, beschwerliche Strassen, Wege des Durstes, tiefe Gegenden, deren … schwer zugänglich ist, mit ihrer Hilfe erklomm ich wohlbehalten … Ihr Schatten günstig über mich gebreitet … erhebe ich meine Hände. Auf dass angenommen werde die Erhebung meiner Hände, erhört werde mein Flehen: die Erzeugnisse der Berge, die Fülle der Meere, die Erträge der Länder, Gold, Silber, Edelsteine kostbarer Art, stolze Cedern, eine schwere Last, einen riesigen Tribut, sammle ich, häufe ich auf, jährlich bringe ich sie ein.1274

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Ruhmes der Götter eingedenk sein!“(it­ti ṣal­lam šar­ru­ti[ ] zi­ki­ir šú­mi­ia aš­[t]u­ur ú­ki­in aḫ­ ra[ ]? [ ] [a]r­[k]u­ú li­it­ta[ ] šá [ ] ta­ni­it­ti ilani li­iḫ­ta­as­sa­as). Da Riva 2010b, 170. Cf. ibid.: „We are dealing here with political statements, both written and iconographic, made by the Babylonian king to two groups of addressees: contemporary and future. […] For the controlled populations, the monuments functioned as an expression of Babylonian power and of the Babylonian king’s right of conquest. […] They are an unavoidable reminder of Babylonian power in the area.“ Cf. ferner Meier/Da Riva 2018, 311. Cf. ibid., 171 f. Dieses Motiv erhellen namentlich die an der wichtigsten in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Küstenstraße (Via Maris) angebrachten Monumente von Nahr el-Kalb. Dort hatten seit dem 13. Jahrhundert v. Chr. – beginnend mit den Ramessiden – zahlreiche vorderorientalische Herrscher Inschriften und Reliefs hinterlassen, um ihre Präsenz in der Region zu demonstrieren. Ihr Motiv bestand vermutlich in einer symbolischen Manifestation ihres ‚heroischen Erstanspruchs‘ (heroic priority), denn die Via Maris war schwer gangbar und bestand teilweise lediglich aus Brückenkonstruktionen. Im Unterschied zu den ägyptischen und neuassyrischen sowie zu den späteren aus griechisch-römischer Zeit stammenden Denkmälern befinden sich allein Nebukadnezars Monumente an der Nordflanke und waren von der Südseite gut sichtbar. Möglicherweise ist allein die Lokalisierung als „symbolical challenge“ (Da Riva 2010b, 172) an frühere und zeitgenössische Herrscher, zumal die Ägypter, zu deuten. Jursa 2014, 126. Zur Annahme assyrischer Titel (zumal des Titels šar kiššati) durch Nabololassar umittelbar nach dem Sturz Assyriens cf. Da Riva 1999. Cf. Börker-Klähn 1982, 228, Nr. 259–260. WBA III, 5–34 = Weissbach 1978, 14–15: šú­nu­ti­ma ilani rabute bele pl ši­ma­a­ti na[ ]a bu­um šú? iá [i­da­a­a] it­ta­na­a[l]­la­ku [i]šal­la­mu ši­i[p]­ri [ ] ru­ḳa[ ]-ti [ da­nu ni­sa­[…]­ti […]­la kib­ si­i[m] la[ …]-šú­um ḫa­ra­nu na­am­ra­ṣa [u­ru­]uḫ ṣu­ma­me [na­gi­]i bi­e­ru­tim ša [ ]­šú­nu šú­up­šú­ku i­[na] tu­kul­ti­šú­nu ša­al­meš e­te­ili­ma ik [ ]iṣ ṣilli­šú­nu ṭa­[ba]-am [t]a­ri­iṣ el­iá ud? [ ] ḳatā a­na­áš­šú­šú­nu­ti ma­[ḫ]a­ru ni­iš ga­ti­iá še­m[u]-um su­pu­ữ­a bi­la­at šá­di­I ḫi­ṣi­ib ta­ ma­a­ti bi­ši­ti ma­ti­ta­an ḫuraṣu kaspu abnu ni­si­i[ḳ]­ti iṣerini pa­ag­lu­tim biltu ka­bi­it­ti i­gi­sa­a šú­um­mu­ḫu ú­ṣa­am­ma­ar ú­na­ak­ka­am [ša]-at­ti­šá­a).

Der Fall Assyriens und die neubabylonischen Könige

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In jenen Tagen … Den Libanon, das [Cedern­]Gebirge, Geschenke Marduks aufgehäuft, dessen Geruch vorzüglich (ist) von den Cedern, seinem Erzeugnis. Die Feste eines anderen Gottes … Himmel (und) Erde geeignet [sein] Schmuck. Da ein fremder Feind … Besitz ergriffen, seine Erträgnisse weggenommen hatte, waren seine Bewohner geflohen und hatten das Weite gesucht. Mit der Macht Nabus und Marduks, meiner Herren, nach dem Libanon [zu ziehen], ordnete ich [meine Schlachtreihen]. Seinen Feind oben und unten fegte ich hinweg und tat dem Herzen des Landes wohl. Seine Einwohner (, die) zerstreut (waren,) sammelte ich und brachte sie an ihren Ort zurück. Was kein früherer König getan hatte(, tat ich, nämlich): Schroffe Berge spaltete ich, Steinblöcke sprengte ich ab vom Gebirge, öffnete die Zugänge, liess eine Gleitbahn herrichten für die Cedern, deren Güte ausgezeichnet, deren dunkles Aussehen hervorrgagend war, das reichlich gedeihende Erträgnis des Libanon. Wie Rohr … liess ich den Kanal Araḫtu …, in Babylon Balken …1275

Der Rekurs auf die althergebrachte ‚Heldentopik‘ vorderorientalischer Monarchen ist evident. Nicht nur greift Nebukadnezar das seit den Tagen der Könige von Akkad tradierte ‚Thema des unwegsamen Pfades‘ („theme of the difficult path“1276) wieder auf, indem er sich rühmt, Passagen zum Transport der Zedernstämme in die Berge geschlagen zu haben; er bedient sich darüber hinaus auch der überkommenen Übertreffungsmetaphorik (heroic priority1277) und feiert seine überlegenen militärischen Fähigkeiten, die er göttlicher Gunst verdankt.1278 Weiterhin stellen die Texte von Wadi Brisa einen 1275 WBC IX, 13–46 (= Weissbach 1978, 33): i­na ù­mi­šú šad La­ab­na­nu šá­ad iṣ[erini] ki­šá­tim ìlMar­ duk šú­um­mu­uḫ ­t[i]m šá i­ri­iš­su ṭa­a­bu šá iṣerinepl ṣi­i­i[t­s]u [ta­a]r­bi­ti ilu ša­nim­ma? [ …] ? [ ] [ ]šarru šá­nim-[m]a la ip ??? [ ] ? ti ? uk ? [ ] šú na­a­bu­ú­a [ì]iMarduk šar­ri a­na ekal ma­ al­ki ? [ ]? Šame irṣiti šú­lu­ku si­ma­at [ ] šá amelu nakru a­ḫu­ú i­bi­lu [ ] i­ki­mu ḫi­ṣi­ib­[šu] ni­ša­a­šú ip­pa­ar­šá­a­ma i­ḫu­za ni­s[i­i]š i­na e­mu­ḳu ìlNabu u ìlMarduk bele­e­a a­na šad La­ab­ na­nu a­na [ ]a ú­sa­ad­di­ru [ ] na­ka­ar­šú e­li­iš as­su­uḫ­ma li­ib­ba ma­a­ti ù­te­ib ni­šá­a­šú sa­ap­ḫa­a­ti ú­pa­aḫ­a­ti ú­pa­aḫ­ḫi­ra­am­ma ú­te­ir aš­ru­uš­ši­in šá ma­na­ma šarru ma­aḫ­ri la i­pu­šú šá­di­im za­a[k]-ru­ú­tim e­ip­tu­uḳ­ma abne šá­di­[i]m ú­la­at­ti­ma ú­pa­at­ta­a ni­ir­bi­e­ ti ma­la­ak iṣerine pl uš­te­te­ši­ir a­na ma­aḫ­ar ìlMarduk šar­ri iṣerine pl dan­nu­ti ši­hu­ú­ti pa­ag­lu­tim šá du­mu­uk­šú­ku­ru šú­tu­ru bu­na­a­šú­nu ṣalmu ḫi­ṣi­ib šad La­ab­na­nu gab­šá­tim ki­ma ḳa­ni­e a mar damal te kip [ ] naruA­ra­a[ḫ]-tim ú­šá­áz­’­[ ] i­na ki­ri­ib Bab­ilanik[i] iṣza­ar­ba­ti [ ] ? ? ? ? an) 1276 Liverani 1979, 307. 1277 Cf. Tadmor 1999, 56. 1278 Cf. Da Riva 2008, 12 f.; 2015, 607. Zu den ‚Kriegsgöttern‘ zählt zuweilen auch der Sonnengott Schamasch. Cf. Nbk Nr. 23, Col. II, 8–15 (= Langdon 1912, 190–191: Transliteration und deutsche Übersetzung): „Indes meine Hand erhoben ist zu dir, Gebieter Šamaš, öffne doch meinen Weg zur Vernichtung meiner Feinde! Du bist ja Šamaš! Deine grimmige Waffe, der nicht zu widerstehen ist, möge zur Überwältigung meiner Feinde mit mir zur Seite gehen“ (e­ma ga­ta­a ha­šú­ka bêlu ilu Šamaš lu pi­e­tu­ú ùr­ḫi­ḭaa­na na­a­ri a­a­bi­ḭa iluŠamaš at­ta­ma iṣukakku­ú­ka iz­zu­ú­tim šá la im­ma­ḫa­ru a­na šú­um­gu­tu na­ki­ri­ḭa li­il­li­ka i­da­a­aki­ma libnâtiḪi.A è­bár­ra ku­un­na a­na ṣa­a­tim šá­na­tu­ú­a li­ri­ka a­na û­um da­ír­ú­tim) sowie Nbk Nr. 12, Col. III, 17–29 (= Langdon 1912, 102–102: Transliteration und deutsche Übersetzung): „Mit den grimmigen Waffen, die heranstürmen zur Feindesschlacht, beschütze du mein Heer! Ja, du Šamaš, in Rechtsstreit und Traumgesicht gib mir in rechter Art Bescheid! Auf dein lauteres Geheiß, das nicht zu verwechseln ist,

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klaren Bezug zum Ort ihrer Aufstellung her, der Anbindungen an die drei wichtigsten Verkehrswege nach Syrien sowie zur Via Maris besaß und Zugänge zu den Zedernwäldern öffnete. Die Zedern des Libanons waren ein in Mesopotamien wegen der Härte und des Wohlgeruchs ihres Holzes geschätztes Gut.1279 In dessen Ausbeutung dürfte folglich ein maßgebliches Ziel der Eroberung bestanden haben, die indessen mit dem ‚Schutzmotiv‘ zugunsten der indigenen Bevölkerung gerechtfertigt wurde.1280 Desgleichen mag das Bildprogramm eines der Reliefs von Wadi es-Sharbin auf das erfolgreiche Fällen und den Abtransport jener Zedernstämme hindeuten:1281 Die Darstellung zeigt Nebukadnezar in Gebetshaltung vor einem blattlosen Baum mit horizontal angeordnetem Geäst. Obschon die botanische Identifizierung der Spezies nicht eindeutig zu klären ist, legt die gängige Praxis, die Stämme vor ihrem Transport nach Babylonien über den Euphrat von ihrem Laubwerk zu befreien, den Schluss nahe, dass hier eine Zeder abgebildet wird.1282 Die Ikonographie des Reliefs von Wadi es-Sharbin wäre demnach als Metapher für die Inbesitzahme des Landes zu deuten, dessen Relevanz untrennbar mit seinen Zedern verknüpft war, die in Babylonien als Symbole der Eroberung fremden Territoriums präsentiert wurden.1283 Daneben begegnen auf den Reliefs zwei weitere Motive. Charakteristisch für die Herrschaftsrepräsentation der babylonischen Könige sind die ikonographischen Darstellungen von Shir es-Sanam und Wadi es-Saba, die Nebukadnezar bei der Verehrung astraler Symbole zeigen.1284 Das Motiv des Löwenkampfes im Bildprogramm je zweier Reliefs aus Wadi-Brisa und Wadi es-Sanam1285 hingegen ist im (neu-)babylonischen Kontext eher ungewöhnlich, steht jedoch in einer langen Tradition altorientalischer Bildkunst: Das Bezwingen dieses bedrohlichen Raubtieres, das geradezu als Inbild der die Zivilisation gefährdenden Chaosmächte erscheinen konnte, galt seit alters als königliche Aktivität und ist bereits seit dem dritten Jahrtausend v. Chr. in der mesopo-

1279 1280 1281 1282 1283 1284

1285

fürwahr möge dreinfahren, möge scharf sein meine Waffe! Die Waffe der Feinde sei ohne Kraft!“ (i­na iṣukakkê iz­zu­ti te­bu­ti ta­ḫa­za lu zu­ul­ul um­ma­ni­ḭa iluŠamaš at­ta­ma i­na di­i­nim ù bi­i­ri i­šá­ri­iš a­pa­la­an­ni i­na a­ma­ti­ka el­li­ti šá la šú­pi­e­lam lu ti­bu­u lu za­aḳ­tu iṣukakkû­u­a iṣukak­ kê na­ki­ri­im li­mi­e­su). Cf. Da Riva 2010b, 53. Cf. Weippert 1980–1983, 642–646; George 2003, 20; 93 f. Cf. Da Riva 2010b, 174. Cf. Börker-Klähn 1982, 228, Nr. 259–260. Cf. Da Riva 2010b, 180. Cf. WBC IX, 39–46 (= Weissbach 1978, 32 f.). Cf. Da Riva 2010b, 179 mit Börker-Klähn 1982, 231, Nr. 269. Der König wird hier nach rechts schauend dargestellt. Die drei astralen Symbole über seinem Kopf dürften Sonne, Mond und Venusstern (Schamasch, Sîn, Ischtar) versinnbildlichen. Auf beiden Reliefdarstellungen hält Nebukadnezar einen langen Stab in der Linken und führt die Rechte zum Mund. Ob die letztere Geste als Gebetshaltung oder als Erhebung eines Objekts zu interpretiern ist, lässt sich derzeit nicht mit Gewissheit klären. Das nämliche Motiv begegnet mithin auf einer Stele Nabonids. Cf. Börker-Klähn 1982, 266, Nr. 263–264. Cf. Börker-Klähn 1982, 231, Nr. 268 (Wadi es-Sanam); 228, 259–260 (Wadi Brisa).

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tamischen Ikonographie bezeugt.1286 Die Darstellungen auf den Reliefs Nebukadnezars indessen folgen ikonographisch den assyrischen Königssiegeln1287 – ein Befund, der zwei mögliche Schlüsse zulässt:1288 Entweder handelt es sich hier um die bewusste Aufnahme eines assyrischen Motivs mit dem Ziel, den Sieg über den Gegner und das Anrecht auf dessen Nachfolge zu illustrieren. Naheliegend erscheint jedoch auch die Überlegung, dass die Motivwahl allein dem Aufstellungsort und den dort verwurzelten Traditionen geschuldet sei: Der gewünschte ‚Propagandaeffekt‘ konnte effektiv einzig durch eine den Einwohnern des Libanons (infolge der langjährigen Okkupation des Gebiets durch die Assyrer) vertraute Symbolsprache erzielt werden.1289 Das sorgfältig gewählte Bildprogramm der Reliefs ist somit kaum anders zu begreifen denn als politische Ikonographie innerhalb eines spezifischen geopolitischen Kontextes.1290 Als sublime Form der visuellen ‚Propaganda‘ waren diese Monumente jedoch nicht allein der symbolische Ausdruck babylonischer Herrschaftsansprüche, sie fungierten zugleich als Apotropäen:1291 Die Einwohner im Libanon liess ich in Sicherheit wohnen, einen Angreifer nicht aufkommen. Auf dass niemand Schaden stifte, (liess ich) ein Bild meines Königtums für ewig (darstellen) […].1292

Indes, über die exakte Reichweite der neubabylonischen Herrschaft in dieser Region besteht nach wie vor kein Konsens. Ob Syrien und die Levante der permanenten imperialen Kontrolle unterworfen wurden oder ob lediglich mit regelmäßigen Beute-

1286 Cf. Ulanowski 2015, hier v. a. 256–262; 265–269. Die Könige der neubabylonischen Dynastie präsentierten sich hingegen vorzugsweise als Jäger weniger gefährlicher Tiere. Cf. etwa die Tafel BM 77611 (= Da Riva/Frahm 1999–2000, 169), auf der Schamasch-schum-ukin eine Ziege erlegt. Nebukadnezar II. hingegen wird in einem Text (Nebuchadnezzrar’s Plea 1.2 = Foster 1995, 202) sogar selbst mit einem Löwen verglichen, von dem es heißt, dass er „[would] roar like a lion, would, rum[ble] like thunder.“ Cf. Ulanowski 2015, 269. 1287 Cf. Radner 2008, 487–494 (assyrische Königssiegel mit ‚Löwenkampfmotiv‘); Da Riva 2014, 105– 108. 1288 Cf. Da Riva 2010b, 179. 1289 Cf. ibid. 1290 Cf. ibid., 178: „The reliefs organized the territory and the space in which they were produced. In this case, the organization concernded territorial control and the securing of areas and communication routes. The pictoral representations functioned as metaphors of military and political control: they were messages clearly aimed at the conquered populations and the Egyptian enemy. These messages were spread over the territory of visual influence of the reliefs and had to be clearly understandable by the intended public: we are dealing here with a very obvious form of pictorial propaganda.“ 1291 Cf. ibid., 182. 1292 WBC IX, 47–51 (= Weissbach 1978, 33): nišepl ki­ri­ib šad La­ab­na­nu a­bu­ri­iš u­šar­bi­iṣ­ma mu­ ga­al­li­tu la ú­š­šar­ši-[na] áš­šum ma­na­ma la ḫa­ba­li [ ] ṣ[a]-lam šar­ru­ti­ia da­er­a[­tim]. Cf. Da Riva 2010b, 182.

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Weltkonzeption und (Welt-)Herrschaft im Alten Vorderen Orient

zügen zu rechnen ist, bleibt strittig.1293 Zwar haben jüngere Untersuchungen ergeben, dass die Macht Nebukadnezars und seiner Nachfolger zumindest in einigen Gebieten des Westens – im Chabur-Becken und nahe Tyros – weit stärker gewesen ist als bisher angenommen.1294 Der archäologische Befund zeugt indessen auch von den Verwüstungen, die die babylonische Armee (zumindest in den Anfangsjahren) hinterließ.1295 Es ist daher anzunehmen, dass ein Großteil der imperialen Ressourcen, die im babylonischen Herzland namentlich in den Bau von Tempeln und Palästen investiert wurden,1296 sich (neben regulären Steuern, Tributen und dem Handelsaufkommen) aus der gewaltsamen Ausbeutung der Peripherie speisten.1297 Zwar deutet einiges darauf hin, dass die Babylonier bemüht waren, auch in den Regionen des Westens an die imperialen Strukturen der Assyrer anzuknüpfen,1298 die Realisierung jedoch dürfte mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden gewesen sein, da das assyrische Provinzialsystem in diesen Gebieten bereits vor dem Fall Ninives zusammengebrochen war.1299 Ungleich erfolgreicher gestaltete sich die Herrschaft der neubabylonischen Dynastie in den Kernregionen des Reiches: Dort gelang die Etablierung einer funktionierenden Bürokratie, die ein halbes Jahrhundert lang politische Stabilität und wirtschaftliche Prosperität gewährleistete.1300 Die geographischen Einheiten des Imperiums und 1293 Cf. Jursa 2014, 124. Während Da Riva 2008, 13 in den Monumenten des Libanons noch einen Beleg für die dauerhafte Okkupation des Gebiets durch die Babylonier erkennt, zeigt er sich 2015, 614 skeptisch. Vielmehr sei die Peripherie als loses Netzwerk von Provinzen und Vasallenstaaten organisiert worden (s. u.). Die Reliefs seien gerade in neu annektierten und umkämpften Gebieten errichtet worden, wo die territoriale Kontrolle sich prekär gestaltete. Kritisch zeigt sich Vanderhooft 2003, da sich lediglich strategisch bedeutende Stätten wie Karkemisch und Harran fest in babylonischer Hand befunden hätten. 1294 Cf. Jursa 2014, 139. Zu Tyros cf. Kleber 2008, 141–154. Demnach sei anzunehmen (ibid., 154), „dass hier die Grundlagen für eine dauerhafte militärische und administrative Präsenz geschaffen wurden.“ 1295 Cf. Jursa 2014, 138 sowie zum archäologischen Befund Lipschits 2005, 185–271. 1296 Cf. Jursa 2014, 124. 1297 Cf. ibid., 137 mit der Babylon­Stele Col. IX, 11’–22’ (= Schaudig 2001, Nr. 3.3a, 521; 527): „100 Talente 21 Minen Silber, 5 Talente 17 Minen Gold zusätzlich zu den Geschenken des ganzen Jahres, die aus den Unterwerfungsgeschenken (stammen), aus dem rechten Ertrag der Berge, dem Einkommen aller Wohnstätten, den reichen Gaben der Könige, den zahlreichen Besitztümern, mit denen der Fürst Marduk mich betraute“ (100 g u n 21 m a . n a k ù 5 g u n 17 m a . n a k ù +si22 e­li ┌ k a d 4┐-re­e ša­ka­al m u . 1 . k a m šá ina šu­kin­é­e i­na i­pat ma­ti­tan ḫi­ṣi­ib k u r meš er­bi­kal! (g u r ) da­ad­me ku­bu­ut­te­e l u g a l meš bu­še­e ša­ad­lu­ti ša n u n d a m a r. u t u i­qú­pa­an­ni). Das Gros des Staatshaushalts fußte – neben dem Einkommen aus den königlichen Domänen – auf Steuern und Tributen. Die Quellen für das Steuersystem stammen überwiegend aus den Städten Babyoniens und erfassen sowohl die über große Ländereien verfügenden Tempel als auch private Haushalte sowie Gruppen und Individuen, die Land von der Krone zugeteilt bekamen. Eindeutig prävalierte in allen Bereichen die Form der indirekten Besteuerung, die Abgaben in Form von ‚Dienstleistungen‘ (respektive die Stellung von Arbeitskräften und Soldaten) verlangte. Cf. Jursa 2010a; 2014, 133–136. 1298 Cf. Jursa 2014, 139. 1299 Cf. Da Riva 2015, 614. Bagg 2011, 281–301 betont zudem, dass in dieser Region (ibid., 291) „keine Assyrisierung im Sinne einer von Assyrien gezielten, geplanten und erzwungenen Anpassung an die eigene Kultur stattgefunden“ hatte. 1300 Cf. Jursa 2014, 138.

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seine administrativen Strukturen lassen sich aus den Inschriften Nebukadnezars II. und dem oben erwähnten Hofkalender rekonstruieren: Das ‚Meerland‘ im äußersten Süden, das ‚Land Akkad‘ in Zentral- und Nordbabylonien und das ‚Land Assyrien‘ nördlich und östlich davon bildeten das Herz des Reiches. Die Angaben über die Gebiete jenseits dieser traditionell zu Mesopotamien zählenden Regionen hingegen bleiben vage.1301 Dies legt den Schluss nahe, dass die Peripherie als heterogenes Netzwerk aus Provinzen unter einem babylonischen Statthalter (piḫâtu; šakkanakku) und halbautonomen, aber tributpflichtigen Vasallenstaaten organisiert war.1302 Die überwiegend aus Babylonien stammenden Quellen stellen naturgemäß die Rolle des Königs und der Hauptstadt Babylon heraus. In der Realität jedoch existierte vermutlich eine Art „balance of powers“1303 zwischen dem Monarchen, den alten babylonischen Städten des Südens sowie den chaldäischen und aramäischen Stämmen östlich des Tigris, die ein hohes Maß an politischer Autonomie genossen. War das administrative Gefüge im Herzland, das institutionell auf assyrischen Strukturen aufbaute, weitgehend stabil,1304 so ließen sich die Stammesfürsten nicht systematisch in den Staat und die Gesellschaft integrieren. Dieser Umstand war insofern virulent, als die aramäischen und chaldäischen Stämme eine starke Basis der Heeresmacht bildeten; nicht zuletzt dokumentiert der Aufstieg Neriglissars (s. u.), eines aramäischen Stammesführers der Puqūdu, deren militärisches Potential, das die Zentralregierung gefährden konnte.1305

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Cf. ibid., 126 f. Cf. Da Riva 2015, 614; Jursa 2014, 126 f. Jursa 2014, 127. Cf. Jursa 2010b, 80–91; 2014, 127–130. Der Hofkalender beginnt mit den höchsten Palastbeamten in unmittelbarer Nähe zum König. Sodann folgen die ‚Magnaten des Landes Akkad‘, die die Gouverneure des babylonischen Herzlandes sowie der angrenzenden Territorien stellten. Die oben erwähnten ‚Vasallenkönige der Levante‘ beschließen die Liste. Die Titel der Staatsbeamten sind überwiegend assyrischen Ursprungs. Cf. Da Riva 2014, 101–104. Bezeugt sind unter anderem: der mašennu (‚Oberaufseher‘ über die Bewässerung, die Landwirtschaft und die öffentlichen Arbeiten in Babylonien); der rab nuḫatimmi (‚Chef-Bäcker‘, der für die Nahrungsmittelversorgung des Palsts zuständig war); der rab kāṣirī (‚oberster Schneider‘, der das Einkommen des Palasts verwaltete); der rab bītī (‚Major Domus‘ mit Aufsichtsfunktionen über die könglichen Domänen); der rab tābiḫi (‚Befehlshaber der königlichen Leibgarde‘ und des stehenden Heeres); der rab ša­rēši (‚Oberster Kämmerer‘, Oberkommandierender der Streitkräfte); der rab mungi (eventuell mit Zuständikeit für die Streitwagen) sowie drei Beamte für die Zivilverwaltung Babyloniens (šartennu, sukkalu, zazak­ ku). Zu ‚externen‘ Belegen für im Hofkalender erwähnte Beamte cf. Beaulieu 2002. Zu den ‚Reichsbeamten‘ cf. ferner Vanderhooft 1999, 99–104. Zu den militärischen Ämtern cf. Joannès 2000. 1305 Cf. Jursa 2014, 130–133. Das neubabylonische Reich verfügte über eine starke demographische Grundlage und ein hohes Quantum an potentiellen Soldaten. Die Hauptlasten des Kriegswesens trugen indessen nicht die Tempel und Gemeinden Babyloniens. 2 Kön 24, 2 berichtet, die Armee Nebukadnezars II. vor Jerusalem habe Kontingente der Aramäer, Chaldäer, Moabiten und Ammoniten, i. e neben babylonischen Einheiten auch Stammeskontingente und solche der ‚westlichen‘ Vasallenkönige, umfasst. Cf. Jursa 2014, 136. Zusätzlich scheinen die babylonischen Könige Söldner angeworben zu haben. Die Rationenlisten Nebukadnezars dokumentieren die Präsenz zahlreicher ‚Spezialisten‘ aus dem Westen (Phoiniker, Ionier und ‚Griechen‘). Cf. Rollinger/Korenjak 2001; Jursa 2014, 136. Dem Strophengedicht (= Schaudig 2001, 563–578, P1) ist eine strikte Zweiteilung

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Eine weitere strukturelle Schwäche des neubabylonischen Reiches hat man in der vergleichsweise geringen Kontrolle der Zentralgewalt über Teile der imperialen Eliten erkennen wollen, die, frei vom Zugriff des Palasts, über eigene Domänen verfügten. Andererseits wurden die Kompetenzen der ‚Höflinge‘ (ša rēši), die im Unterschied zum neuassyrischen Reich nicht zugleich als Provinzgouverneure fungierten, sowie der lokalen Institutionen Babyloniens massiv beschnitten.1306 Die  Regierungen  der  Nachfolger  Nebukadnezars,  Amel-Marduk (562– 560 v. Chr.),1307 Neriglissar (560–556 v. Chr.)1308 und Labaschi-Marduk (556 v. Chr.),1309 sind recht karg dokumentiert. Ungleich reichlicher fließen die Quellen für die

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der babylonischen Armee zu entnehmen: Dort heißt es (Col. II, 18’–19’; 22’; 27’), Nabonid habe seinem Sohn Belschazzar die „Truppen aller Länder“ (ummāni mātitāh) und Söldnerkontingente überlassen, derweil er selbst mit den (loyaleren?) „Streitkräften des Landes Akkad“ (emūq Akkad) nach Arabien gezogen sei. Cf. Beaulieu 1989, 190 f.; Jursa 2014, 135 f. Cf. Jursa 2011; 2014, 129–131. Demnach wurden die ‚Priester‘ (šatammu) und ‚Stadgouverneure‘ (šākin tēmi) Babyloniens, die zum Teil mit der ‚Stadtversammlung‘ (puḫru) interagierten, durch die Leistung eines ‚Gefolgschaftseides‘ (adê) an den König gebunden. Jeder Bruch der Loyalität wurde mit dem moralisierenden und der religiösen Späre entlehnten Begriff ḫīṭu (‚Sünde‘) belegt. Hinzu trat die zunehmende Überwachung der lokalen Würdenträger durch die Palastbeamten, die sich nicht selten aus den aramäischen und chaldäischen Stämmesverbänden rekrutierten. Cf. Da Riva 2008, 14 f. Nebukadnezar II. war Vater von mindestens sieben Söhnen. Cf. Streck 1998–2001a, 197. Amel-Marduk ist möglicherweise der Thronname des in einem Klagelied (Text: Finkel 1999, 325–333) bezeugten Nabû­šuma­ukīn. Cf. Finkel 1999, 333–338, hier v. a. 338. Von seiner Regierung berichtet keine Chronik, und nur wenige Inschriften sind auf uns gekommen. Cf. AM B1; V 1–4; PS1 (= Da Riva 2013a, 106–111). Berossos (FGrH 680 F 9a = Verbrugghe/Wickersham 1996 F 10a = Burstein 1978, 28, Nr. 4) zeiht ihn seines unberechenbaren Naturells und gesetzeswidrigen Handelns. Ein negatives Portrait entwirft desgleichen ein literarischer Text, der in der Regierungszeit Nabonids entstand (Cf. Schaudig 2001, 589 f., P3). Positiver nimmt sich das Echo im Alten Testament (2 Kön 25, 27; Jer 52, 31) aus. Cf. Da Riva 2008, 15 f. mit der älteren Literatur. Neben privaten Verwaltungstexten und seinen eigenen Inschriften (Cf. Ngl B1–2; C21–23; C011; C021–22; V1 = da Riva 2013a, 112–144) berichtet ein Chronikfragment (Glassner 2005, Nr. 25, 230–233) von seiner Regierung. Berossos zufolge (FGrH 680 F 9a = Verbrugghe/Wickersham 1996 F 10a = Burstein 1978, 28, Nr. 4) ist Neriglissar (Neriglissaros) der Schwiegersohn Nebukadnezars gewesen, der späterhin seinen Schwager Amel-Marduk ermordete, um selbst den Thron zu besteigen. Möglicherweise war er in Wirklichkeit Provinzgouverneur des Distrikts bīt simmagir und der Sohn eines aramäischen Stammesfürsten der Puqūdu. Cf. Jursa 1010b, 85; 2014, 132. Neriglissars Inschriften befassen sich vorzugsweise mit Bauarbeiten in der Residenz Babylon. Ein fragmentarisch erhaltener Text (Ngl C011 = Da Riva 2013a, 135–138) scheint jedoch einen Feldzug in eine Gebirgslandschaft zu beschreiben. Weiterhin berichtet die Chronik des dritten Jahres Neriglissars (= Glassner 2005, Nr. 25, 230–233) von einer Kampagne nach Nordsyrien und Kilikien: Anlass seien die Plünderungszüge Appuašus, des Königs von Pirindu, in den Regionen jenseits des Euphrats gewesen. Nach einem Sieg zu Felde habe Neriglissar dessen Verfolgung aufgenommen und alle Gebiete, die er durchstreifte, mit Feuer verheert. Glassner 2005, 230 betont, dass das Chronikfragment sich durch seinen Stil und die Fülle der Details von anderen Vertretern der Gattung abhebe. Einige Motive gemahnen mithin an die Rhetorik der assyrischen Herrscherannalen: Das ‚Thema des unwegsamen Pfades‘ wird ebenso bemüht wie der Topos von der ‚Mitte des Meeres‘, denn von der eroberten Stadt Pittuso heißt es, sie liege „mitten im Ozean“ (uruPi­tu­su kur ú šá ina murub4 tú i 7 Mar­rat). Cf. Da Riva 2008, 16. Dieser König, der den Thron nicht länger als neun Monate innegehabt haben dürfte, gelangte nach Auskunft einer Inschrift Nabonids (Babylon­Stele Col. IV, 37’–38’ = Schaudig

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rund siebzehnjährige Herrschaft des letzten babylonischen Königs Nabonid (556– 539 v. Chr.), der seine Macht an die Perser verlor (s. u. Kap. I.2.8; 4).1310 Die familiären Hintergründe Nabonids und seine Verbindungen zum babylonischen Herrscherhaus wurden in der Forschung wiederholt problematisiert.1311 Seine eigenen Inschriften machen keinen Hehl aus seiner nichtköniglichen Abkunft,1312 doch sind auch die Aussagen der späteren, einzig auf die Diffamierung des babylonischen Herrschers zielenden ‚Propagandatexte‘, die Nabonid als maṭû (‚gering‘) deklassieren, mit Skepsis zu betrachten.1313 Zu Recht betont Hanspeter Schaudig, dass „man nicht wirklich ‚aus dem Nichts‘ auf den Thron Babylons kommt.“1314 Vielmehr ist damit zu rechnen, dass Nabonid zumindest einer einflussreichen, dem Königshof nahestehenden Gruppierung entstammte. Im Unterschied zu Nabopolassar verschweigt jener seine Eltern nicht: Die Mutter, Adad-guppi, wird als Sprecherin einer eigenen Stele als glühende Verehrerin des Mondgottes Sîn von Harran präsentiert und war möglicherweise eine aramäische Muttersprachlerin aus Syrien.1315 Der Vater Nabû­balāssu­iqbi hingegen erscheint in den Inschriften ohne Hinweise auf seine Herkunft und seinen Status.1316 Einiges spricht indessen dafür, dass er ein in assyrischen Diensten stehender Offizier – möglicherweise desgleichen ein aramäischer Stammesfürst – gewesen ist, der im letzten Augenblick auf die Seite Nabopolassars gewechselt war.1317 Als relativ gesichert gilt, dass Nabonid, der den Thron im fortgeschrittenen Alter als Usurpator bestieg,1318 vor seinem Regierungsantritt ein militärisches Amt bekleidete, das ihm eine gute Ausgangsbasis für den erfolgreichen Staatsstreich lieferte.1319

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2001, 514–529, Nr. 3.3a) im Kindesalter zur Herrschaft. Zu den spärlichen Quellen seiner Regierung cf. Dandamayev 1998–2001, 7. Zur Biographie und Regierung Nabonids cf. Beaulieu 1989; Dandamayev 1998–2001; Sack 1998; Da Riva 2008, 16–18; Schaudig 2001, 9–23; Heller 2010, 169–232. Inhalt und Chronologie der von Schaudig 2001 neu edierten Inschriften behandeln Dandamayev 1998–2001, 7 und Beaulieu 1989, 1–42. Cf. zusammenfassend Beaulieu 1989, 67–86; Da Riva 2008, 16 f.; Jursa 2014, 132. Cf. Da Riva 2008, 17; In der Harran­Stele Col. I, 7–11 (= Schaudig 2001, 486–499, hier 488; 496, Nr. 3.1) heißt es: „Ich bin Nabû-na’id, der einzige Sohn, der niemanden hat, in dessen Herz (der Gedanke an) das Königtum nicht vorhanden war – die Götter und Göttinnen (aber) haben für [mi]ch gebetet, und Sîn hat (daraufhin) zum Königtum mich [b]erufen“ (a­na­ku Idmuati­i dumu e­du šá mam­ma­an la i­šu­ú šá lugal-u­tú ina šà­bi­ia la tab­šu­ú dingirmeš u d+inanna a­na ugu-[i]a ú­ṣal­lu­ú ù d30 a­na lugal­ú­ti im­ba­an­ni). Cf. Dandamayev 1998–2001, 10: „However, all these texts are propaganda pamphlets favouring Cyrus and were written after the time when Mesopotamia had been conquered by Cyrus.“ Cf. etwa den Kyroszylinder Z. 3 (= Schaudig 2001, 550–556, Nr. K.2.1) sowie Kapitel I.4. Schaudig 2001, 12. Cf. die Adad­guppi­Stele (= Schaudig 2001, 500–513, Nr. 3.2). Cf. die Ziegelinschriften Schaudig 2001, 335, Nr. 1.2a und ibid., 337 f., Nr. 1.5a. Cf. Jursa 2014, 132 mit Anm. 15. Nabonid, der um 620 v. Chr. (Schaudig 2001, 10) oder 610 v. Chr. (Dandamayev 1998–2001, 7) geboren wurde, war bei seinem Regierungsantritt über 50 Jahre alt. Cf. Jursa 2014, 132. Cf. Jursa 2014, 132 f. mit Anm. 17. Zwei Briefe aus der Regierungszeit Nebukadnezars zeigen ihn mit der Aushebung und Finazierung der Truppen in Babylonien betraut. Weiterhin erscheint ein

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Zwischen seinem dritten und sechsten Regierungsjahr begab Nabonid sich in die Oase Tayma/Teima in Nordarabien und verweilte zehn Jahre lang dort, derweil sein Sohn Belschazzar (Bēl­šarra­uṣur) die Regierungsgeschäfte in Babylon führte.1320 Über die Gründe für diesen langjährigen Aufenthalt fern der Heimat wurde viel spekuliert.1321 Mag auch die Flucht vor einer starken (religiösen?) Opposition in der Hauptstadt eine Rolle gespielt haben, so dürften die Hauptmotive Nabonids strategischer und wirtschaftlicher Natur gewesen sein, denn Teima lag an den Verkehrswegen, die den Jemen mit Mesopotamien und dem Persischen Golf verbanden.1322 Tatsächlich zeugt auch die chronographische Überlieferung von Feldzügen Nabonids gegen mehrere zwischen Teima und der Arabischen Halbinsel gelegene Gebiete.1323 Die militärischen Unternehmungen wurden nach Auskunft der Chronik von einer Krankheit des Königs überschattet, von der er aber genas (s. u. Kap. II.2.2). Die Anwesenheit Nabonids in Teima bestätigen erst kürzlich zutage geförderte Inschriften und Stelenfragmente vor Ort.1324 In Fokus des wissenschaftlichen Diskurses stand indessen lange Zeit die ‚Religionspolitik‘ des letzten Vertreters der neubabylonischen Dynastie, der hier von althergebrachten Normen abgewichen sei: An der Spitze des ‚offiziellen‘ babylonischen Pantheons stand mit Marduk, Nabû und Nergal eine Göttertrias, deren Kultzentren (Esangila, Ezida und Emeslam) das wirtschaftliche, politische und soziale Leben dominierten.1325 Nach der Communis Opinio bedeutete die Regierung Nabonids insofern eine Zäsur, als jener die Erhöhung des Mondgottes Sîn von Harran auf Kosten des babylonischen Stadtpatrons Marduk forciert habe.1326 Dies habe schwerwiegende innenpolitische Auswirkungen gezeitigt, denn der Widerstand einflussreicher Kreise innerhalb der Marduk-Priesterschaft habe soweit geführt, dass die Letzteren sich dem Perserkönig Kyros im Jahre 539 v. Chr. freiwillig unterworfen und ihm die Tore geöffnet hätten. Diese sich auf einige Inschriften Nabonids, in denen Sîn in herausgehobener Position erscheint, sowie auf die späteren (Nabonid-feindlichen) ‚Propagandatexte‘ stüt-

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Mann namens Nabû­nā’id in einem Vertrag aus dem achten Jahr Nebukadnezars (597 v. Chr.) an der Spitze der Zeugen. Auf einem Exemplar wird er als ‚Staatsbeamter‘ (ša muḫḫi āli) bezeichnet, auf der zweiten Kopie erscheint er als „Sohn eines königlichen Beamten“ (awēl mār šarri). Cf. das Strophengedicht Col. II, 18’–23’ (= Schaudig 2001, 568; 574–575, Nr. P1). Cf. Beaulieu 1989, 149–185; Da Riva 2015, 21–224 zur Teima-Zeit. Cf. zusammenfassend Beaulieu 1989, 178–185; Da Riva 2015, 621 f. Cf. Schaudig 2001, 19; Da Riva 2015, 623; Dandamayev 1998–2001, 9 f. sowie Hausleiter 2012 zur strategischen Bedeutung Teimas. Cf. die Nabonid­Chronik Col. I, 11–22 (= ABC Nr. 7, 104–111 = Glassner 2005, Nr. 26, 232–226); Dandamayev 1998–2001, 8. Cf. Eichmann/Schaudig/Hausleiter 2006; Hausleiter 2010; Livingstone 2005; Da Riva 2015, 623. Cf. Da Riva 2010a, 45; 46. Zu den Namen der Tempel cf. George 1993, 139, Nr. 967 (Esangila, Babylon); 159, Nr. 1236 (Ezida, Borsippa); 126, Nr. 802 (Emeslam, Kutha). Zur wirtschaftlichen Funktion der Heiligtümer cf. Jursa 1998. Cf. zur Diskussion Beaulieu 1989, 43–66; 2007; Schaudig 2001, 19–23; Kuhrt 1990a; Dandamayev 1998–2001, 8–10 mit der älteren Literatur.

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zende Theorie ist in jüngerer Zeit indessen zu Recht infrage gestellt worden.1327 So ist zu bezweifeln, dass die ‚Religionspolitik‘ Nabonids tatsächlich darauf abzielte, den Eigeninteressen der Marduk-Priesterschaft entgegenzuwirken, denn: Die Inschriften, in denen Sîn als über alle Götter erhabene Macht erscheint, stammen, wie Rocío Da Riva zeigt, aus dessen Kultzentren Harran und Ur.1328 Die Förderung des Mondgottes durch Nabonid besaß allem Anschein nach lediglich lokale Relevanz, eine Vermutung, die sich durch die Analyse einiger Inschriften Nabopolassars und Nebukadnezars II. aus Larsa und Sippar verifizieren lässt. In diesen Kultzentren des Sonnengottes Schamasch erscheint jener in ähnlich prominenter Position wie Sîn in den genannten Texten Nabonids.1329 Damit ist das von den pro-persischen ‚Propagandatexten‘ vermittelte Bild (s. u. Kap. I.4) des ‚wahnsinnigen‘ Königs Nabonid, der sein Land durch eine politisch kurzsichtige Religionspolitik den Persern gleichsam ‚in die Hände spielte‘, zu revidieren. Der Sturz Babylons kam abrupt und war weniger das Ergebnis einer inneren Krise als – schlichtweg – einer militärischen Niederlage.1330 Eine „moderne Variante des altbekannten ‚verrückten‘ Königs, das das Strophen­ gedicht zeichnet“,1331 ist das Bild des „Archäologe[n] auf dem Königsthron“,1332 das Nabonid als einen zum Eskapismus neigenden Liebhaber antiquarischer Gegenstände vorstellt. Dieses Klischee speist sich zum einen aus den für seine Schreiber überlieferten Bemühungen, die Inschriften früherer Könige sorgfältig zu kopieren,1333 zum anderen aus den Selbstäußerungen des Herrschers, die von der gezielten Suche nach den ‚Gründungen‘ (temmennū) von ‚Königen der Vorzeit‘ (šarrū maḫri) berichten.1334 Den 1327 Cf. Beaulieu 1989, 43–66; 2007; Schaudig 2001, 23; Da Riva 2010a; Kuhrt 1990a; Kleber 2008, 340 f.; 344–348. 1328 Cf. Da Riva 2010a, 46; 49; Kuhrt 1990a, 139. 1329 Cf. Da Riva 2010a, passim, v. a. jedoch 50–59. Cf. weiterhin Da Riva 1999 zu zwei in die Regierungszeit Nabopolassars datierenden Verwaltungstexten aus Sippar (BM 50130 und BM 50748), in denen Schamasch den Titel šar kiššati (dUTU  MAN ŠÚ) trägt. Da es sich hier indessen um Unikate handelt, mag die Anwendung des Titels auf Schamasch auf einen Fehler des Schreibers zurückzuführen sein. 1330 Cf. Da Riva 2010a, 59; Jursa 2014, 125. Wie stark der Widerstand der Priesterschaft tatsächlich war, bleibt fraglich. Cf. Briant 1996, 52 f.; Kuhrt 1990a, 132–135. 1331 Schaudig 2003, 447. Zum Motiv des ‚verückten Königs‘ cf. Beaulieu 2007. 1332 Schaudig 2003, 447. 1333 Cf. ibid., 449–455. Namentlich bekannt ist der ‚Schreiber‘ (d u b . s a r ) Nabû­zēr­līšir, der (wahrscheinlich im Auftrag Nabonids) Kopien und Abklatsche der Inschriften früherer Könige anfertigte. Ins Auge fallen dabei die (im Kontrast zu den Inschriften Nabonids) archaisierende Schreibweise und das Bemühen um die authentische Wiedergabe ‚historischer‘ Dokumente. Bezeugt ist das Wirken Nabû­zēr­līširs durch Kolophone. Cf. etwa den Abklatsch einer Steininschrift Scharkalischarris von Akkad (Škš. 5 = RIME II E2 2.1.5.10): „Abdruck von einem Diorit-Block … den im …-Palast des Narāmsîn, des Königs, inmitten von Akkade Nabûzēralīsir, der Schreiber, entdeckt hat“ (zi­i­pa a­gur­ru Na4 ESI ša a­sa­ar­ru pa­li­su­tim ša ina É.GAL ┌a┐­sa­ar­ru ša dNa­ra­am dEN. ZU LUGAL i­na qé­er­ba A­kà­dè ki idAG-ŠE.NUMUM-SÌ.SÁ DUB.SAR i­mu­ru). 1334 Cf. Schaudig 2003, 454–456. Der zugrundeliegende sumerische Begriff t e m e n bezeichnete in altsumerischer Zeit sowohl eine durch eine an Pflöcken befestigte und eingefärbte Schnur gezogene Grenzlinie als auch die von den Schnüren eingegrenzte Fläche. Später ging der Ausdruck auf

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Anlass boten allerdings mitnichten die antiquarischen Neigungen des Herrschers, sondern vielmehr die „babylonische Kultplatztradition“,1335 die die Wiedererrichtung der Heiligtümer an exakt der ursprünglichen (von den Göttern zugewiesenen) Stelle verlangte, sowie das Legitimationsbedürfnis Nabonids: Als Usurpator zur Macht gelangt, musste es ihm darum zu tun sein, seine persönliche Eignung wie auch seine Erwählung durch die Götter zu akzentuieren.1336 So ist es nur konsequent, dass die Auffindung der ‚Gründungen‘ stets von prophetischen Träumen und Prodigien begleitet wird; der Erfolg der Suche musste gleichsam als „Wunder“1337 und als Indikator für die Gunst der Götter erscheinen, die Nabonid zuteil geworden war.1338 Zugleich vermochte er an das Prestige der ‚Könige der Vorzeit‘ anzuknüpfen, zu denen allzumal die Herrscher von Akkad zählen: [Da bot ich auf die (Arbeits)truppen des Šamaš und des Marduk] [die die Hacke ergreifen, den Spaten heben] (und) den [Tra]gkorb tragen. Vom Erdboden an gruben sie 18 Ellen tief, und die alte Gründung Nāraram-Sîns, eines Königs früherer Zeit, sah ich an und las die Tafeln aus Gold, Lapislazuli und Karneol über die Erbauung Ebabbars und habe sie nicht beseitigt, sondern sondern zurückgelegt (und) meine (eigene) Inschrift mit ihnen zusammen niedergelegt für ferne Zeit. Über seiner alten Gründung, nicht um Finger(sbreite) hinaus, nicht um Finger(sbreite) hinein, legte ich seine Begrenzung wahrhaftig fest.1339

Gründungsbeigaben aus Gold, Lapislazuli und Karneol sind in dieser Vielfalt erst für das erste Jahrtausend bezeugt. Daher wurde zu Recht herausgestellt, dass hier eine Manipulation („fraus pia“1340) seitens der Priesterschaft oder anderer Personengruppen vorliegt, die ein Interesse daran hatte, die Gründung des Ebabbar zu Sippar auf

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die Gründungskapseln über, die in Gebäudefundamenten deponiert wurden. In den Inschriften der neubabylonischen Könige meint temmennu – so Schaudig 2003, 455 – „ein Arrangement aus Gründungskapsel(n) mit Urkunden im Fundamentniveau […], das die Lage der Cella (papaḫu) und den Platz des aus Ziegeln gebauten Kultsockels (dû) mit dem Sitz (parakku) der Gottheit als wichtigstem Teil des Tempelgrundrisses angibt.“ Da der Terminus temmennu einen Komplex (und nicht etwa eine einzelne Inschrift) bezeichne, sei die Übersetzung ‚Gründung‘ dem Begriff ‚Gründungsurkunde‘ vorzuziehen. Cf. ferner Roaf 1998–2001. Schaudig 2003, 448. Cf. ibid., 448 f.; Roaf 1998–2001, 12. Schaudig 2003, 449. Cf. ibid. Ebabbar­Zylinder Col. II, 40’–56’ (= Schaudig 2001, Nr. 2. 13, 440–445, hier 441 und 444): [ad­ka­ am­ma um­ma­na­a­ti dutu ù damar.utu] [ṣa­bi­it al­lu na­áš gišmar] ┌za­bi­il┐* [tu]-┌up┐­ši­ik­ku iš:tu pa­ni (Ras.: qaq­) ┌qá┐-qá­ri­im 18 kùš ú­ša­ap­pí­lu­ma te­me­en la­bi­ri­im ša na­ra­am-den.zu lugal ma­ḫar ap­pa­li­is­ma dub-pí kù.si22 na4za.gìn ù na4gug ša e­pé­eš é.babbar.ra a­mu­ur­ma a­šar­šu­nu la ú­na­ak­ki­ir­ma ú­te­er aš­ru­uš­šu­ ši­ṭi­ir šu­mi­ia it­ti­šu­un ú­ki­in a­na (Rasur) sa­a­ti e­li te­em­mé­en­ni­šú la­bi­ri šu.si a­na la a­ṣe­e ù la e­re­bi pu­lu­uk­ka­šu lu­ú ú­ki­in). Schaudig 2003, 449.

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Naramsin von Akkad zurückzuführen; dies umso mehr, als dieser Herrscher in der Selbstdarstellung Nabonids eine besondere Rolle gespielt zu haben scheint.1341 Weiterhin berichtet die Royal Chronicle, dass die Ausgräber Nabonids im temmen­ nu Naramsins ein Bildnis Sargons von Akkad zutage gefördert hätten.1342 Der König ließ es pietätvoll restaurieren und wies ihm einen Platz im Ebabbar sowie regelmäßige Schauopfer zu. Als Grund für die Reparatur des ṣalmu Sargons und seine Deponierung im Heiligtum des Schamasch zu Sippar gibt die Royal Chronicle (P4, Col. IV, 1 f.) Ehrfurcht vor den Göttern und die Reverenz gegenüber dem Amt des Königtums an („Um den Göttern Ehrfurcht zu erweisen und das Königtum zu ehren“). In den Augen der Zeitgenossen bestand folglich ein enger Konnex zwischen dem Erfolg der Regierung Nabonids und der Unversehrtheit des Sargon-Bildnisses.1343 Dass dieser Zusammenhang tatsächlich als real aufgefasst werden konnte, verdeutlicht der folgende Omentext: Gesetzt, die Statue des Königs dieses Landes oder die Statue seines Vaters fällt um und zerbricht oder ihre Gesichtszüge sind (dadurch) unkenntlich (geworden): betreffs des Königs dieses Landes, so werden seine Tage verkürzt.1344

1341 Cf. Schaudig 2003, 459–461. Zwei aus der Akkad-Zeit stammende Tafeln aus Karneol (Ns. 6 und Ns. 7), die Frayne 1993 (= RIME II); 109 als „foundation tablets“ bezeichnet, sieht Schaudig nicht als solche an. Derselbe zieht den Ovids Metamorphosen (9, 711) entlehnten Begriff fraus pia dem Terminus ‚Fälschung‘ vor, da die betreffenden Personen nach bestem Gewissen gehandelt haben dürften. 1342 Royal Chronicle Col. III, 21’–IV, 5’(= Schaudig 2001 P4, 590–595, hier 592 und 594): „… die Gründung Narāram-Sîns, des Sohnes Šarrum-kīns, ihm wies er (sie), dem Diener, der ihn fürchtet, der immer wieder seine Stätten aufsucht, und im selben Jahre, in einem günstigen Monat, an einem Tag des Erhörens, nicht um Finger(sbreite) hinaus, nicht um Finger(sbreite) hinein über die Gründung Narām-Sîns, des Sohnes Šarrum-kīns, legte er fest die Fundamente von Ebabbar, dem Tempel des Šamaš. Eine Inschrift von Narām-Sîn sah er und entfernte sie nicht, (sondern) brachte (sie) an ihren Ort zurück und legte sie mit seiner (eigenen) Inschrift nieder. Ein Bildnis Šarrum-kīns, des Vaters Narām-Sîns, sah er in dieser Gründung, und die Hälfte seines Kopfes war weg(gebrochen), und (es) war alt geworden, nicht zu erkennen waren seine Gesichtszüge. Um den Göttern (gründlich) Ehrfurcht zu erweisen (und) um das Königtum zu ehren, setzte er sachverständige Gelehrte ein und erneuerte den Kopf dieses Bildnisses und vervollständigte seine Gesichtszüge. Dieses Bildnis beseitigte er nicht, (sondern) stellte es in Ebabbar auf (und) setzte ihm ein Schauopfer fest.“ (te­me­­na (*) Ina­ram­d30 dummu Ilugal-ú­kin (Ras.: šá­a­šú) šá­a­šú ìr pa­liḫ­šú mu­uš­te­’u­ú áš­ri­šú ú­kal­lim­šu­ma ina mu.an.na.bi ina iti šal­me ina u4 še.ga šu.si la a­ṣe­e šu.si la e­re­bu e­li te­me­en­na Ina­ram­d30 dumu Ilugal-ú­kin šá é.babbar.ra é dutu ú­kin uš­šú­šú ši­tir mu šá Ina­ram­d30 ip­pal­lis­ma la kúr-ru aš­ru­uš­šú ú­tir­ma it­ti ši­ṭir mu-šú šá­a­šú ip­pa­al­li­is­ma meš­li sag.dumeš –šú né­si­ma il­li­ku la­ba­riš la ut­tu­ú bu­un­na­an­nu­šú dingirmeš pi­it­lu­ḫu šu­qu­ri lugal-ú­tú ú­še­šib­ma lúum­man­nu mu­de­e šip­ri sag.du alan šá­a­šú ú­di­iš­ma ú­šak­lil bu­un­na­an­ nu­šú nu šú­a­tì a­šar­šú nu (Ras.: kúr) kúr-ir qé­reb é.babbar.ra ú­še­šib­šú ú­kin­šú tak­li­mu). 1343 So Schaudig 2003, 460: „Nabonid hat durch die Restaurierung des Bildes seines Vorgängers gewissermaßen sein eigenes Königtum gefestigt und einen eventuell drohenden Schaden abgewendet.“ 1344 Text (Thureau-Dangin RAcc 8 (Le rituel de kalû) AO. 6472, rev. 14) zitiert nach Schaudig 2003, 460: d i š a l a n l u g a l k u r . b i lu­u a l a n a d -šú š u b -ut­ma ḫaš­ir lu­u bu­un­na­an­ni­šú uk! (g ì r )-lu! (k i l ) (für ukkulū): l u g a l k u r . b i u4meš-šú l ú g u d . d ameš.

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Die neubabylonischen Könige, allen voran Nabonid, stellten sich bewusst in die Tradition der Herrscher von Akkad, wie nicht zuletzt ihre Selbstprädikation als šar Akkadî nahelegt.1345 Indes, dieselbe Ehrerbietung ließ Nabonid auch den temmennū anderer Könige zuteilwerden: Im Larsa­Zylinder berichtet Nabonid vom Fund einer Gründung Hammurapis und einer darin enthaltenen Alabastertafel, die von den „vier Winden“ (ša­a­ri er­bet­ti­šu­nu) vom Staub der Jahrhunderte befreit und so dem König und seinen Gelehrten sichtbar geworden sei.1346 Der Neubau, den Nebukadnezar Jahrzehnte zuvor errichten ließ, so kritisiert Nabonid seinen Vorgänger, sei hingegen zu klein ausgefallen, da jener nicht die ursprüngliche Gründung Hammurapis, sondern lediglich diejenige des Kassitenkönigs Burnaburiasch (II.?) entdeckt habe.1347 Deutlich tritt Nabonid hier in Konkurrenz zu Nebukadnezar, dessen Versäumnisse respektive Fehler er (Col. I, 40–52) unter Nennung seines Namens herausstellt. Die Phraseologie der Über­ treffungsmetaphorik wird hier bezeichnenderweise aber nicht auf militärische, sondern vielmehr auf ‚antiquarisch-archäologische Leistungen appliziert.1348 Gleichwohl ist der Rekurs auf assyrische Vorbilder in den Inschriften Nabonids augenscheinlich.1349 Dies zeigt sich sowohl in der „assyrisierenden Titulatur“1350 šarru rabû šarru dannu šar kiššati šar Bābil šar kibrāti erbetti1351 als auch im Aufbau, im Inhalt, der Orthographie und den verwandten Motiven.1352 So kann als gesichert gelten, dass eine Inschrift Assurbanipals, 1345 Cf. Zawadzki 1988, 128 f.: „To the Babylonians that form of address conveyed associations of the magnificence which was a carry-over from the first kingdom of Semitic Akkadians at the end of the third millennium.“ Cf. ferner Adali 2011, 139. Umgekehrt wird Sargon in einigen Inschriften Nabonids unhistorisch als šar Bābil bezeichnet, was desgleichen geschichtliche Kontinuität suggeriert haben dürfte. Cf. Schaudig 2003, 462. 1346 Cf. den Larsa­Zylinder Col. II, 10–26 (= Schaudig 2001, Nr. 2.11 1, 398; 407). Cf. bereits Nbk 10 (= Langdon 1912, 96–97). Cf. Schaudig 2003, 459–461. 1347 Cf. ibid., Col. I, 40–52 (= Schaudig 2001, 400–401; 407). 1348 Cf. ibid., Col. III, 20–22; 27–31 (= Schaudig 2001, 404–405; 409): „Was er keinem König hat gewährt, hat Šamaš, der große Herr, mir, dem König, der ihn fürchtet, gewährt und gegeben in meine Hand. […] [die T]afel aus Alabaster, die Inschrift ῾Ammu-rāpis, des ehemaligen Königs, die ich darin gesehen habe, habe ich [m]it meiner (eigenen) Inschrift niedergelegt und hinterlassen [für] die Dauer der Tage.“ (ša a­na lugal ma­na­ma la im­gu­ru dutu be­lu gal-ú ia­tì lugal pa­[l]i­iḫ­šú im­gu­ur­an­ni­ma ┌i­ir┐­a­am* qá­tu­ú­a [du]b-pi*na4 giš.nu11.gal ši­ṭi­ir šu­mi [š]a Iḫa­am­mu­ra­pí lugal la­bi­ri ša qé­re­eb­šu ap­pa­al­sa [i]t­ti ši­ṭi­ir šu­mi­ia áš­ku­un­ma ú­ki­in [ana] du­úr u4-mi). Schaudig 2003, 463 spricht geradezu von einer „Nebukadnezar-Polemik“. 1349 Cf. Beaulieu 1989, 138 f.; Schaudig 2001, 12 f.; 307 f.; 2003, 776; Da Riva 2014, 112–115. 1350 Schaudig 2003, 476. Cf. ferner Ehrenberg 2008, 104. 1351 So im Eḫulḫul­Zylinder zu Harran, Col. I, 1–2 (= Schaudig 2001, Nr. 2.12 1, 415; 437). Cf. Schaudig 2003, 776. 1352 Dies mag wesentlich dem Einfluss assyrischer ‚Immigranten‘ geschuldet sein, die als Schreiber in die Dienste der babylonischen Könige traten. Das onomastische Material von 116 Individuen zwischen 626/5 und 403 (349/8?) v. Chr. hat Zadok 1984 untersucht. Aufgrund der babylonischen Kulturdominanz seit dem zweiten Jahrtausend können Einwohner Babyloniens, deren Namen theophore Elemente assyrischen Ursprungs aufweisen, recht eindeutig als ‚Assyrer‘ identifiziert werden. Andererseits sind die onomastischen Unterschiede gerade infolge des langjährigen babylonischen Kultureinflusses auf Assyrien sowie aufgrund der raschen Assimilierung assyrischer Immigranten häufig kaum mehr feststellbar. Es mag dem Überlieferungszufall geschuldet sein,

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die im Original erhalten ist, bei der Abfassung des Eḫulḫul­Zylinders zu Harran Pate gestanden hat.1353 Es bedarf keiner Erläuterung, dass die Grabungen Nabonids nicht im modernen Sinne ‚archäologische‘ respektive ‚historische‘ Ziele verfolgten. Ihr Zweck war weniger wissenschaftlicher als legitimatorischer Natur, und zwar im Sinne einer „Vereinnahmung der Könige (der Vergangenheit) als Vorgänger Nabonids.“1354 Die Auffindung der temmennū wird als „Wunder“1355 präsentiert, das die Götter dem König und seinen Ausgräbern durch Omina und prophetische Träume ‚enthüllt‘ haben.1356 Die Adressaten der hier und andernorts vermittelten Inhalte waren namentlich die urbanen Eliten Babyloniens. Demgegenüber ist über etwaige ideologische Botschaften an die Stämme nichts bekannt, die doch einen starken Kern des imperialen Militärpotentials repräsentierten.1357 Die Herrschaft in den Provinzen des Westens wiederum gründete – zumindest in ihren Anfängen – auf nackter militärischer Überlegenheit und Zwang.1358 Hier wie auch gelegentlich in anderen spezifischen Kontexten griff die ‚Reichsideologie‘ auf die überkommene ‚Weltherrschaftsrhetorik‘ zurück, der somit durchaus eine gewisse Kontinuität in neubabylonischer Zeit zu bescheinigen ist. Ungeachtet dessen bleibt mit Michael Jursa festzuhalten, dass „the ideological superstructure of the Neo-Babylonian monarchy lacked the expansionist impetus that characterized the Neo-Assyrian royal ideology.“1359

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dass die meisten ‚Assyrer‘ in neubabylonischer und achaimenidischer Zeit in den Städten Uruk und Sippar bezeugt sind (Cf. Zadok 1984, 10 f., Tafel 2). Ihre Vertrautheit mit der Keilschrift qualifizierte gerade sie für den Schreiberberuf, und so nimmt es nicht Wunder, dass abgesehen von vier assyrischen Schriftgelehrten keine Nicht-Babylonier in dieser Profession bezeugt sind. Cf. ferner ferner Da Riva 2014, 112–115 sowie Beaulieu 2017 zur Rezeption assyrischer Texte in Babylonien. Cf. Schaudig 2003, 488 f. Im Eḫulḫul­Zylinder (= Schaudig 2001, 409–440, Nr. 2.12) ist (Col. I, 39–40) von der Restaurierung des Tempels die Rede, den „Aššur-bāni-apli, der König des Landes Aššur […] gebaut“ habe. Im Folgenden berichtet Nabonid (Col. II, 42–45): „Die Urkunde, die Inschrift Aš[ur]-bān-aplis, des Königs des Landes Aššur, habe ich (ein)gesehen und nicht beseitigt, ich habe (sie) mit Öl gesalbt, (ihr) ein Opfer gebracht (und sie) mit meiner Urkunde niedergelegt und zurückgebracht.“ Zwar sind die assyrischen Königsnamen hier in ‚modernisierender‘ Schreibweise wiedergegeben, doch lagen Nabonids Schreibern mit Sicherheit assyrische Vorbilder vor. Eindeutige Hinweise sind neben der assyrischen Titulatur (Col. I, 1–2) die Aufstellung von laḫmu­Figuren im Tempel (Col. II, 12–15), die Beschreibung des Anrührens des Mörtels sowie die Verputzung mit Bier und Wein (Col. II, 1–2). Schaudig 2003, 494. Ibid., 447. Cf. ibid., 491 f.: „Das Sichtbarwerden des temmennu ist ein ominöses Zeichen der Götter, welches Nabonid als legitim bestätigt und ihn als Heilsherrscher an die wahren Urbilder anknüpfen lässt.“ Cf. Jursa 2014, 141. Cf. ibid, 142. Ibid., 137.

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Weltkonzeption und (Welt-)Herrschaft im Alten Vorderen Orient

2.8 „Dies sind die Länder, die mir zuteil wurden“: Herrschaftsvorstellungen und ‚Reichsimagination‘ der teispidisch-achaimenidischen Großkönige Ἀλλ’ ἔστι μὲν ἡμῖν, ὦ ἄνδρες, ἡ ἀρχὴ πατρῴα πρὸς μὲν μεσημβρίαν μέχρι οὗ διὰ καῦμα οὐ δύνανται οἰκεῖν ἄνϑρωποι, πρὸς δὲ ἄρκτον μέχρι οὗ διὰ χειμῶνα• τὰ δ’ἐν μέσῳ τούτων ἅπαντα σατραπεύουσιν οἱ τοῦ ἐμοῦ ἀδελφοῦ φίλοι. Das Reich meines Vaters, Männer, reicht nach Süden bis in das Gebiet, wo die Menschen wegen der Hitze, nach Norden, wo sie wegen der Kälte nicht mehr wohnen können. Die Länder dazwischen verwalten die Freunde meines Bruders.1360

Die obenstehenden Worte legt Xenophon aus Athen dem persischen Prinzen Kyros dem Jüngeren in den Mund, der sich zwischen 405 und 401  v. Chr. erfolglos gegen seinen Bruder, den Großkönig Artaxerxes II. (404–359  v. Chr.), erhob.1361 Sie dokumentieren eindrücklich die zeitgenössische Wahrnehmung eines Imperiums, dessen räumliche Dimension den geographischen Horizont aller vorausgehenden Reiche sprengte.1362 Die Serie der persischen Eroberungen begann mit Kyros II. (558–530 v. Chr.), der in der Mitte des sechsten Jahrhunderts v. Chr. zur Herrschaft über das in der modernen südwestiranischen Provinz Fars (Ap. Pārsa; Gr. Persis) gelegene Anschan gelangte. Von dort aus brachte er zunächst die Tiefebene um die alte elamische Residenz Susa in seine Hand, bevor ihm, Ende der 550er Jahre, die Eroberung der medischen Kernregion bei Ekbatana (Hamadan) gelang: Nach Ausweis der babylonischen Nabonid­Chronik desertierten die Truppen des medischen Herrschers Astyages (Ištumegu) und lieferten ihren Heerführer an Kyros aus.1363 Im Anschluss an die Eroberung Ostanatoliens 547 v. Chr. besiegten die persischen Heere Ende der 540er Jahre eine Streitmacht des Lyderkönigs Kroisos und brachten vermutlich ein von Zentralanatolien bis zur Ägäis-

1360 Xen. Anab. 1, 7, 6. Deutsche Übers. Vretska. 1361 Zur Erhebung Kyros’ d. Jüngeren cf. Lee 2016. Zum Rückzug der unter dem Kommando Xenophons stehenden griechischen Söldner cf. Waterfield 2006. 1362 Cf. zur Geschichte und Kultur des teispidisch-achaimenidischen Reiches die Überblicksdarstellungen Wiesehöfer 2005b; 2009a; 2015b; Briant 1996; Brosius 2006; Waters 2014a; Allen 2005; Rollinger 2014a. 1363 Cf. die Nabonid­Chronik Col. II, 1–4 (= ABC, Nr. 7, 106 = Glassner 2005, Nr. 26, 236–237): „(Astyages) mustered (his army) and marched against Cyrus (II), king of Anshan, for conquest […] The army rebelled against Astyages and he was taken prisoner. Th[ey handed him over] to Cyrus (II). ([…]) Cyrus (II) to Ecbatana, the royal city. The silver, gold, goods (and) property of the army of […]“ ([id]-┌ke┐­e­ma ana muḫḫi mKu­raš šàr An­šá­an ana ka­š[á­di i]l­lik­ma […] m Iš­tu­me­gu ummāni­šú ibbalkit­su­ma ina qāteII ṣa­bít a­na mKu­raš it­x[…] mKu­raš a­na kurA­gam­ ta­nu āl šarru­ú­tu kaspa ḫurāṣa būša makkūra […] šá kurA­gam­ta­nu iš­lul­ú­ma a­na kur An­šá­an il­qí būša makkūra šá ummāni m[eš…]). Cf. ferner die Berichte von Hdt. 1, 127–130 und Ktesias (FGrH 688 F 9, 1–3).

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küste reichendes Gebiet in ihre Gewalt.1364 539 v. Chr. fiel das neubabylonische Reich Nabonids (inklusive der vormals von den Babyloniern beherrschten Gebiete Syriens, Palästinas und Kilikiens) Kyros in die Hände. Sein feierlicher Einzug in die Hauptstadt erfolgte im Oktober desselben Jahres (s. u. Kap. I.4).1365 Die letzten Regierungsjahre des Kyros sind schlecht dokumentiert.1366 In dieser Zeit dürften jedoch weite Teile Zentralasiens (Usbekistan, Turkmenistan, Afghanistan) unterworfen worden sein,1367 bevor Kyros den (allerdings fragwürdigen) Nachrichten der klassischen Überlieferung zufolge während eines Feldzuges gegen die Massageten den Tod fand.1368 Sein Sohn und Nachfolger Kambyses (530–522 v. Chr.) knüpfte an die Expansionspolitik des Vaters an, indem er dem Reich Ägypten und Zypern sowie möglicherweise sogar Gebiete auf der Arabischen Halbinsel hinzufügte.1369 Diese rasche (binnen ei1364 Cf. Hdt. 1, 53–54; 73; 75–88. Ktesias (FGrH 688 F 9 (4)) sowie die Zusammenstellung der Quellen bei Kuhrt 2007, 68–79. Die mit der lückenhaften Überlieferung verbundenen Schwierigkeiten thematisiert Cargill 1977. Bis in die jüngste Vergangenheit wurde die Eroberung Lydiens unter Verweis auf die babylonische Nabonid­Chronik (Col. II, 16) gewöhnlich in das Jahr 547 v. Chr. datiert. Der babylonische Text berichtet für das neunte Regierungsjahr Nabonids von einem Feldzug des Kyros gegen ein bisher als kur┌Lu┐­u[d­di (?) = Lydien rekonstruiertes Land. Rollinger 2009c hat jedoch eine andere Lesart der korrupten Textstelle vorgeschlagen, der zufolge die hier geschilderte Militäraktion des Kyros nicht Lydien, sondern vielmehr Urartu gegolten habe. Die Eroberung Lydiens dürfte allerdings nur wenig später, i. e. Ende der 540er Jahre, erfolgt sein. 1365 Cf. die Nabonid­Chronik Col. III,10–28 (= ABC, Nr. 7, 109–111 = Glassner 2005, Nr. 26, 236–239). Cf. namentlich die Zeilen 13–16, wo von der Einnahme Babylons durch den auf Kyros’ Seite stehenden Gouverneur Ugbaru sowie von der Flucht und Gefangennahme Nabonids die Rede ist: „[…] when Cyrus (II) did battle at Opis on the [bank of] the Tigris against an army of Akkad, the people of Akkad retreated. He carried off the plunder (and) slaughtered the people. On the fourteenth day Sippar was captured without a battle. Nabonidus fled. On the sixteenth day Ugbaru, govenor of Guti, and the army of Cyrus (II) entered Babylon without a battle. Afterwards, after Nabonidus retreaetd, he was captured in Babylon“ (mKu­raš ṣal­tum ina Upê ki ina muḫḫi […] ídÌ­diq­lat ana libbi ummānini kurAkkadî ki ki īpušū šú (erasure) nīšū meš kurAkkadî ki BALA.Ki iḫbut(sar) nišē meš idūk UD XIV Sippar ki ba­la ṣal­tum sa­bit mdNabû­nā’id iḫliq DU XVI m┌Ug┐­ba­ru lúpāḫāt(nam) kurGu­ti­ um u ummāni meš mKu­raš ba­la ṣal­tum ana Bābili5ki īrubū arki mdNabû­nā’id ki iḫḫisasa ina Bābili5ki). Der Einzug des Kyros in Babylon findet in den Zeilen 18–19 Erwähnung: „On the third day of the month Marchesvan Cyrus (II) entered Babylon … were filled before him. There was peace in the city while Cyrus (II) spoke (his) greeting to all of Babylon“ (itiAraḫsamnu DU IIIkám mKu­raš ana Bābili5ki īrub ḫa­ri­ni­e ina pāni­šú umallû(diri)meš šu­lum ana āli šá­kin mKu­raš šu­lum ana Bābìli ki gab­bi­šú qi­bi). Cf. zur Einnahme Babylons ferner Schaudig 2007. 1366 Cf. Briant 1996, 49 f. 1367 Cf. Rollinger 2014a, 150. 1368 Cf. Hdt. 1, 201–214. Zu dieser in ihrer Historizität umstrittenen Episode cf. Bichler 2000, 266–269. Indessen lehrt der archäoligische Befund (Garnisonen u. ä.), dass die genannten Regionen Zentralasiens spätestens im Jahre 522 v. Chr. dem Reich angehörten. Cf. Kuhrt 2007, 88. 1369 Cf. zum Ägyptenfeldzug Ruzicka 2012, 14–25; Briant 1996, 61–66 sowie die Zusammenstellung der Quellen bei Kuhrt 2007, 117–127. Ägypten wurde bis zum Gebiet bei Assuan kontrolliert und durch Verträge mit Kyrene, Barka, Nubien und Libyen gesichert. Die persische Okkupation der Gebiete zwischen dem ersten und dem zweiten Nilkatarakt bestätigt ferner der archäologische Befund. Cf. Kuhrt 2007, 116, Anm. 1. Zur persischen Herrschaft auf Zypern cf. Wiesehöfer 2011a. Zum Überseehandel zwischen Zypern und der griechischen Welt im fünften und vierten Jahrhundert v. Chr. cf. Zenzen/Mehl/van Ess 2013, 321–340.

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nes Zeitraumes von weniger als vierzig Jahren erfolgte) Reichsbildung führte zu Problemen der Machtverhältnisse, die sich beim Tode des Kambyses 522 v. Chr. in einer veritablen Krise niederschlugen: Dem Herrschaftswechsel ging ein reichsweiter Bürgerkrieg voraus, den Dareios (I.) aus dem Geschlecht des Achaimenes (Haxāmaniš) für sich entscheiden konnte. Der Erhebung eines Mannes, den Dareios in seinem ‚Tatenbericht‘ von Bisutun als ‚den Mager Gaumata‘ bezeichnet, bei dem es sich aber mit einiger Wahrscheinlichkeit um Kambyses’ leiblichen Bruder Bardiya handelte (s. u.), folgte eine Serie von Aufständen in Babylonien, der Fars und auf dem Iranischen Plateau, die Dareios I. (522–486 v. Chr.) niederzuringen vermochte.1370 Unter diesem Herrscher expandierte das Imperium weiter nach Westen, Osten und Norden: Die Kyrenaika und Thrakien wurden 519 und 513  v. Chr. annektiert,1371 und Makedonien geriet (510 und erneut 494 v. Chr.) in tributäre Abhängigkeit, nachdem die Meerengen und die der kleinasiatischen Küste vorgelagerten Inseln bereits zu einem früheren Zeitpunkt angegliedert worden waren.1372 Im Jahre 507/506 v. Chr. kam es zu einem Vertragsabschluss mit Athen, und im Osten stießen die persische Heere bis ins Industal vor.1373 Im Norden hingegen scheiterte eine Expedition gegen die Skythen (513 v. Chr.), die die griechischen Quellen als militärisches Debakel präsentieren, deren Historizität allerdings fragwürdig bleibt.1374 Einen Rückschlag der persischen Außenpolitik bildeten schließlich die ‚Perserkriege‘, die sich am sogenannten ‚Ionischen Aufstand‘ (498–494 v. Chr.) entzündeten, der die griechischen Städte Kleinasiens und sogar Teile Kariens und Zyperns erfasste.1375 Eine Strafexpedition gegen Athen, das (wie Eretria) den Aufstand unterstützt und den Vertrag von 507/506 v. Chr. gebrochen hatte, wurde von den athenischen Streitkräften 490 v. Chr. bei Marathon abgewehrt.1376 Der Konflikt kulminierte in der Regierungszeit des Xerxes (486–465 v. Chr.), dessen zehn Jahre später lancierte Invasion Mittelgriechenlands nach anfänglichen Erfolgen scheiterte: 480/479 v. Chr. erlitten die Perser bei Salamis und Plataiai schwere Niederlagen gegen den ‚Hellenenbund‘,1377 und einer 1370 Cf. Wiesehöfer 1978; Briant 1996, 10–134; Schwinghammer 2011; Vogelsang 1998 sowie Lorenz 2009 zu den babylonischen Erhebungen. 1371 Cf. Boteva 2011 (Thrakien). Zur archäologisch (namentlich durch neuere Funde in Georgien und Aserbaidschan) dokumentierten, doch in schriftlichen Quellen teilweise nur schemenhaft greifbaren achaimenidischen Präsenz am Schwarzen Meer cf. die Beiträge in Nieling/Rehm 2010a mit der Einleitung Nieling/Rehm 2010b. Die ideolgische ‚Integration‘ der Region in das Imperium behandelt Brosius 2010b. 1372 Cf. Zahrnt 2011. 1373 Cf. Briant 1996, 152 f. 1374 Cf. Rollinger 2014a, 151 sowie Hdt. 4, 83–144; Ktesias (FGrH 688 F 13, 21). Cf. zu den quellenkritischen Problemen Tuplin 2010. 1375 Cf. Hdt. 5, 98–6, 30–116. Unter der reichen Literatur zu den Perserkriegen sei an dieser Stelle lediglich auf die folgenden Titel hingewiesen: Cawkwell 2005; Green 1996; Fischer 2013; Will 2010; Wallinga 2005. 1376 Cf. Hdt. 6, 31–49; 94–120. 1377 Cf. Hdt. 8, 40–95 (Salamis); 9, 19–85 (Plataiai).

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letzten Offensive des Mardonios im Frühsommer des Jahres 479 v. Chr. war desgleichen kein Erfolg beschieden. Zeitgleich errang der spartanische Admiral Leutychidas einen Sieg über die persische Flotte bei Mykale.1378 Diese Ereignisse führten zum Verlust Thrakiens, Makedoniens und der Westküste Kleinasiens; erst 387 v. Chr. gelangten die westkleinasiatischen Gebiete erneut unter persische Kontrolle.1379 Über die Ziele dieses Unternehmens wie auch über das außenpolitische ‚Programm‘ der Achaimeniden besteht nach wie vor kein Konsens. Bereits Herodot hatte den Persern nicht allein den Willen zur Unterwerfung von Hellas, sondern darüber hinaus das Streben nach Weltherrschaft attestiert.1380 Indessen fehlt es im modernen Forschungsdiskurs nicht an Stimmen, die die angeblichen Weltherrschaftspläne der Perser – eingedenk der narrativen Disposition und ‚Geschichtsphilosophie‘ des herodoteischen Geschichtswerkes – negieren: Demnach seien die militärischen Aktivitäten der Großkönige in Griechenland als Bestandteile einer „Konsolidierungs- und Vorfeldsicherungspolitik“1381 zu begreifen, deren Zweck in der Schaffung von ‚Pufferzonen‘ respektive eines Gürtels aus Klientelstaaten an der Peripherie bestanden habe.1382 Vor diesem Hintergrund bedeuteten die gescheiterten Militäraktionen in Hellas zwar eine herbe Niederlage, wenn nicht ein Debakel; sie stellten aus persischer Perspektive jedoch mitnichten jene epochale Zäsur dar, als die die an die griechische Geschichtsschreibung anknüpfende eurozentrische Tradition sie lange Zeit verstanden wissen wollte:1383 Weder war das Imperium nach der verlorenen Hellas-Offensive in seinem Bestand bedroht, noch vermochten separatistische Bewegungen und Thronkrisen die „bemerkenswerte Stabilität“1384 der achaimenidischen Herrschaft zu erschüttern.1385 Vielmehr

1378 Cf. Hdt. 8, 130–139; 9, 90–107. 1379 Cf. Xen. Hell. 5, 1, 31 sowie Waters 2014a, 187 f. Der ‚Königsfriede‘ von 387/6 v. Chr. stellte die persische Kontrolle über die Städte Kleinasiens und Zyperns wieder her. Einzig die vorgelagerten Inslen Lemnos, Imbros und Skyros fielen an die Athener. 1380 Cf. Hdt. 3, 134 f.; 6, 48; 6, 94; 7, 8. Cf. noch in jüngerer Zeit Harrison 2002, 577. 1381 Wiesehöfer 2015b, 30. 1382 Cf. Wiesehöfer 2004b, passim; 2007a, 38–40; 2009a, 75; 88–94: 2013, 279–282. Rollinger 2014a, 152 mit Anm. 21 streicht hingegen heraus, dass der Legitimationsdruck, unter dem Dareios und sein Sohn Xerxes gestanden hätten, sich in einem gewissen „Eroberungszwang“ niedergeschlagen haben könnte. 1383 Cf. Wiesehöfer 2002a. 1384 Rollinger 2014a, 153. 1385 Cf. ibid. Zu regionalen Aufständen kam es 484  v. Chr. in Babylonien (Erhebungen Bēl­šimânis und Šamaš­eribas). Cf. Waerzeggers 2003/2004 (zur Datierung beider Revolten ins zweite Regierungsjahr des Xerxes) sowie Henkelman/Kuhrt/Rollinger/Wiesehöfer 2011. Nach deren Unterdrückung wurden einem Teil der babylonischen Elite zahlreiche Privilegien entzogen. Cf. Jursa 2007a, 86–91. Die Familienarchive wurden augenscheinlich zunehmend an dem Perserkönig loyale Personen übergeben. Cf. Waerzeggers 2003/2004, 158 f. Die von Herodot geschilderten Zerstörungen der Heiligtümer sowie die ‚Entführung‘ der Mardukstatue und das Aussetzen der Kulte hat die jüngere Forschung jedoch als Zerrbilder der griechischen Überlieferung entlarven können, die Xerxes zum maßlosen Despoten deklassieren (s. u.). Zur keilschriftlichen Evidenz zu Xerxes’ Babylonien-Politik cf. die Beiträge in Waerzeggers/Seirje 2018. Die verschiedenen (antiken und

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begann mit Dareios I. und Xerxes I. die Konsolidierungsphase (i. e. das Überschreiten der ‚Augusteischen Schwelle‘) eines Reiches, das die Geschicke der Welt vom Indus bis zur Ägäis weitere hundertfünfzig Jahre lang bestimmen sollte. *** Die Quellen zur ‚vorimperialen‘ Zeit der Perser fließen spärlich. Indes, rezentere Studien haben nicht allein ihre von Herodot und anderen klassischen Autoren postulierte Vasallität gegenüber den Medern mit guten Gründen infrage gestellt,1386 sondern damodernen) Xerxes-Bilder behandeln Bridges 2015 und Stoneman 2015, 69–87. Zur Revision der Xerxes-Bilder cf. Sancisi-Weerdenburg 1989; Kuhrt 2016. Zwischen 404 und 343 v. Chr. ging Ägypten dem Reich verloren, konnte jedoch noch zehn Jahre vor dem Alexanderzug durch Artaxerxes III. zurückerobert werden. Cf. Ruzicka 2012, 154–198 sowie die Zusammenstellung der Quellen bei Kuhrt 2007, 382–399 und Sternberg-el Hotabi 2017. Zur persischen Herrschaft in Ägypten cf. Sternberg-el Hotabi 2002; 2016. Mit dem Abschluss des ‚Königsfriedens‘ 387 v. Chr. (cf. Xen. Hell. 5, 1, 25; 28; 30–31) brachte Artaxerxes II. (404–359 v. Chr.) weite Teile der Ägäis erneut unter die indirekte Herrschaft der Perser. Aufstände in Kleinasien und Phoinikien wurden erfolgreich niedergerungen. Ebenso wenig vermochten Thronwirren und der gewaltsame Tod mehrerer Könige das Reich in seinem Bestand zu gefährden. Der ‚Bruderkrieg‘ zwischen Artaxerxes II. und Kyros d. J. wurde 401 v. Chr. bei Kunaxa zugunsten des regierenden Königs entschieden. Cf. die Zusammenstellung der Quellen bei Kuhrt 2007, 347–367. Mit Xerxes I. (465 v. Chr.), Xerxes II. (423 v. Chr.), Artaxerxes III. (338 v. Chr.) und Arses (336 v. Chr.) wurden – abgesehen von Dareios III. – vier Herrscher ermordet, doch die imperialen Strukturen erwiesen sich als flexibel genug, diese ‚Rückschläge‘ zu verkraften. Cf. Briant 2002b; Wiesehöfer 2007c; Stoneman 2015, 105–209 zur Ermordung Xerxes’ I. 1386 Cf. Rollinger 1999a. Dass die frühen Perser in einem (wie auch immer gearteten) Abhängigkeitsverhältnis zu den Medern gestanden hätten, wurde lange Zeit als gegeben vorausgesetzt. Cf. etwa Beaulieu 1989, 109; Briant 1996, 34; 41. Untersuchungen der narratologischen Forschung haben indessen ergeben, dass der Aufstieg der Perser von Sklaven zu Herren (Hdt. 1, 126, 6; 127, 1; 129, 4; 130, 1) ein charakteristisches Bildungselement des herodoteischen Geschichtswerkes darstellt. Cf. Van der Veen 1996, 44 sowie hier Kap. I.3.1.3. Weitere (auch das vorderorientalische Quellenmaterial berücksichtigende) Gegenargumente hat Rollinger 1999a, 127–136 vorgebracht: Die Lehrmeinung von der persischen Vasallität gegenüber den Medern stützte sich nicht zuletzt auf den Eḫulḫul­Zylinder Nabonids (Col. I, 26–33 = Schaudig 2001, 409–440, hier 416, Nr. 2.12). In Z. 29 wird Kyros als „kleiner Knecht“ (arassu ṣaḫru) bezeichnet, den der babylonische Gott Marduk gegen Astyages und die Meder auszusenden verspricht, um sie zu vernichten. Da bis dahin selbstverständlich davon ausgegangen wurde, dass sich diese Präjudizierung des Kyros auf Astyages (als seinen Herren) beziehe, galt der neubabylonische Text gleichsam als ‚Beweis‘ für die Richtigkeit der Nachrichten Herodots. Tatsächlich bleibt – wie Rollinger darlegt – der Bezugspunkt des Possessivsuffixes der dritten Person Singular Maskulinum jedoch unklar, wobei drei gleichwertige Möglichkeiten in Betracht kommen: 1. Marduk (Z. 26) 2. Die Meder/Ummān­Manda (Z. 26) 3. Astyages (Z. 32). Dabei sei der Bezug zu Marduk keineswegs auszuschließen, zumal der Wechsel im Numerus (hier: von der Pluralform (Marduk und Sîn) zum Singular (Marduk)) gerade in den Inschriften Nabonids häufig vorkommt. Cf. Beaulieu 1989, 113. Zudem sprechen inhaltliche Gründe dafür, Marduk als Bezugspunkt zu arassu ṣaḫru anzusehen: Erstens bezeichnet der Text Kyros und Astyages als šarru (‚König‘), ohne dass eine rechtliche Differenzierung vorgenommen würde. Zweitens ist die Intentionalität des Textes in Rechnung zu stellen, der auf die Darstellung der überlegenen Macht des babylonischen Gottes Marduk zielt, welcher selbst einem „winzigen Heer“ (ummānū iṣūtu) und (s)einem „kleinen Knecht“ (ardu ṣaḫru) zum Sieg über die Übermacht

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rüber hinaus auch darzulegen vermocht, dass sich der Aufstieg der Perser im kulturellen Milieu der neuelamischen Zivilisation vollzog: Erst in jüngerer Zeit wurde die eminente Bedeutung der elamischen Kultur Süd-West-Irans für Hof und Verwaltung sowie für das ideologische Fundament des persischen Königtums offengelegt.1387 Einen ‚Meilenstein‘ in dieser Entwicklung bildete die Publikation der rund 2.000 Per­ sepolis Fortification Tablets durch Richard Hallock im Jahre 1969, die die Funktion des Elamischen als Kanzleisprache in der achaimenidischen Persis dokumentieren.1388 Seit den 1970er Jahren warfen (archäologische) Untersuchungen weiteres Licht auf die Geschichte und Kultur der neuelamischen Zivilisation (ca. 1000–530 v. Chr.),1389 doch bleibt deren Erforschung nach wie vor mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden, die nicht zuletzt das Erstellen einer relativen Chronologie betreffen.1390 Besteht inzwischen nahezu Konsens darüber, dass ‚Elam‘ mitnichten während der Feldzüge

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der Meder zu verhelfen vermag. Drittens liefert auch die Nabonid­Chronik, die (Col. II, 1–4) die Auseinandersetzung zwischen Kyros und Astyages schildert, keinen Hinweis auf ein Abhängigkeitsverhältnis des Persers. Vielmehr entsteht hier der Eindruck eines missglückten „Expansionsversuch[s]“ (Rollinger 1999a, 134) des Astyages, der Kyros zu unterwerfen trachtete. Cf. CAD, 277 kašādu 2b zu dieser Bedeutung des Verbs kašādu. Nicht zuletzt soll die medische Expansion – zumindest Herodot zufolge – in westlicher und nordwestlicher Richtung erfolgt sein, womit die Distanz zur Fars erheblich gewesen wäre. Cf. Briant 1984b; Miroschedji 1985; Vallat 1996; Rollinger 1999a; Henkelman 2003; 2008; 2011; Jacobs 2011; Potts 2005 sowie die Beiträge in Álvarez-Mon/Garrison 2011. Cf. auch Potts 1999, 188–308, der ibid., 306 festhält: „[…] the Achaemenid empire, however ‚Persian‘ it may have been, in some sense evolved from the Neo-elamite social, cultural, linguistic and perhaps even political milieu, or at least made the claim of Anshanite ancestry.“ Cf. Hallock 1969. Cf. ferner Henkelman 2008, 65–179; Brosius 2003 sowie die Beiträge in Briant/ Henkelman/Stolper 2008. Zum Elamischen als Verwaltungssprache cf. Basello 2011. Cf. Waters 2000; Potts 1999; 2013; Henkelman 2008, 1–63. Neueste Forschungsergebnisse zu ‚Elam‘ vom dritten bis ins erste Jahrtausend liefern die Beiträge in de Graef/Tavernier 2013. Cf. zusammenfassend Waters 2013; Vallat 1996. Eine Hauptschwierigkeit besteht darin, die in den neuassyrischen und neuelamischen Quellen genannten Herrscherpersönlichkeiten zueinander in Bezug zu setzen und ihre Herrschaftsbereiche zu definieren. Bisweilen wurden die mesopotamischen Zeugnisse und die elamischen Inschriften aus Susa vermittels onomastischer Identifizierungen ‚harmonisiert‘, sodass etwa der in assyrischen Quellen bezeugte Teumman mit dem elamischen König Tepti-Huban-Inschuschinak gleichgesetzt wurde. Vallat 1996 hat die auf diese Weise etablierte Chronologie anhand einer ‚internen‘ Analyse des elamischen Materials einer Prüfung unterzogen. Ausgangspunkt sind die ins ausgehende siebte oder beginnende sechste Jahrhundert zu datierenden Akropolis­Tafeln aus Susa (Editionen: Scheil 1907; 1911, Nr. 309), die als königliche Archive anzusehen sind. Sprache und Schrift stellen Zwischenformen des ‚klassischen‘ und perserzeitlichen Stils des Elamischen dar. Die Besonderheiten betreffen den Gebrauch der Zeichen, grammatikalische Formen und die Onomastik. So tritt das Logogramm EŠŠANA an die Stelle der syllabischen Schreibweise su­un­ki (‚König‘), und das Logogramm DUMU ersetzt sá­ak (‚Sohn‘). Neben der Verwendung des Determinativs B E erscheinen grammatikalische Neuerungen wie das Verstummen von Konsonanten sowie onomastische Veränderungen, zumal das Aufkommen neuer Theonyme (Šati, Laliya, Nappi; DIL.BAT). Diese und andere sprachliche Innovationen teilen die Akropolis­Tafeln mit einer ganzen Reihe neuelamischer Texte, die sich auf diese Weise chronologisch näher bestimmen lassen. Auf dieser Grundlage erstellt Vallat 1996 (ibid., 393) eine relative Chronologie der neuelmaischen Könige von ca. 770 bis 539 v. Chr. und differenziert die Perioden NE II (770–646 v. Chr.), NE III A (446–585 v. Chr.) und NE III B (585–539 v. Chr.).

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Assurbanipals gegen Susa Mitte des siebten Jahrhunderts v. Chr. „zur Gänze erobert und vernichtet“ worden war,1391 sondern dass vielmehr mit der Kontinuität elamischer Kultur(en) bis mindestens 539 v. Chr. zu rechnen ist, so bleibt der Zeitpunkt der Desintegration Elams strittig. Sicher bezeugt ist die Existenz von ‚Königen‘ (EŠŠANA/ sunkir) und ‚Höfen‘ mit elaboriertem Zeremoniell.1392 Die neuelamischen Könige führten mindestens bis ca. 585 v. Chr. (NE IIIA) gewöhnlich den Titel ‚König von Anschan und Susa‘ (su­un­ki­ik AŠAn­za­an AŠŠu­šu­un­ka4), wobei das Toponym ‚Elam‘ (elam. hal Hatamti, hal Hatamti, Hatamti­) nur sporadisch erscheint und geographisch vage bleibt.1393 Mitunter erscheint auch die alternative Formel „(der) ich Anzan (und) Susa, 1391 Cf. das Inschriftenfragment Assurbanipals ITT, 115–118 (= Fuchs in Borger 1996, 280 f. (Transliteration); 294 (Übersetzung)): „Nachdem die siegreichen Waffen Assurs Elam zur Gänze erobert und vernichtet hatten“ (ultu gišTUKUL. AN.ŠÁR ka­ši­du­ti KUR ELAM.MAki DÙ-šá ik­šú­du i­na­ru). Cf. zu den Feldzügen Assurbanipals Dubovský 2013. Zur Kontinuität der elamischen Zivilisation nach 643 v. Chr. cf. Henkelman 2003, 182–181–187; 227 f.; 2008, 39 f. Dass dieses Ereignis den unmittelbaren Machtverlust ‚Elams‘ nach sich zog, bejaht hingegen Mattila 1987. 1392 Cf. Potts 2010. Archäologische Spuren des ‚physischen‘ Hofes, i. e. einer Palastarchitektur sind in neuelamischer Zeit spärlich, doch der Bericht des Louvre­Prismas über Assurbanipals sechsten Feldzug (Text: Aynard 1957, 53, Col. IV, 71) legt deren Existenz nahe. Cf. Potts 2010, 111. Neuelamische Darstellungen thronender Könige lassen zudem das Vorhandensein von Thronräumen vermuten. Mit den Akropolis­Tafeln (s. o) ist zudem ein königliches Archiv auf uns gekommen, das die Existenz unterschiedlicher Würdenträger dokumentiert: Der ragipal scheint ein dem assyrischen rab ekalli vergleichbarer Minister, ‚Hofmarschall‘ respektive Major domo gewesen zu sein. Cf. Potts 2010, 116. Auf dem Felsrelief Hannis von Kul-e Farah (cf. Potts 2010, 136–137, Pl. 3–4) erscheint ein „Šutruku, der ragipal Hannis“ als eine kleine Figur hinter dem König mit Bogen und Köcher. Eine ähnliche Darstellung findet sich am Grab des Dareios in Naqsch-i Rustam. Weitere elamische Hofbeamte, deren Funktionsbereiche sich indessen nicht immer eindeutig ermitteln lassen, waren der teppir (‚Kanzler‘) und der lipte kutip (‚Kämmerer?), die in den Persepolis Fortification Tablets auftauchen, deren Existenz in neuelamischer Zeit jedoch nicht sicher nachweisbar ist. Der am besten dokumentierte Hofbeamte der neuelamischen Periode, den die Akropolis­Tafeln als einen hochrangigen Funktionär zu Susa ausweisen, ist „Kuddakaka, der araš hultak“, wobei das zweite Element hultak soviel wie ‚Bote‘ bedeuten mag. Cf. Waters 2000, 94; Potts 2010, 116. Ein Brief Assurbanipals an die Ältesten Elams (Text: Waters 2002) lässt vermuten, dass in Elam ein dem mesopotamischen a b b a - i r i . k /šībūt ālim vergleichbares Gremium existierte, doch ist diese Institution andernorts nicht bezeugt. Cf. Potts 2010, 118 f.; Henkelman 2008, 17–19. Nachgewiesen sind noch für die spätneuelamische Zeit Festivitäten, an denen Hofbeamte partizipierten. Cf. Henkelman 2008, 181–304, hier v. a. 254–280. Zur elamischen Hoftracht und Prestigeobjekten cf. Calmeyer 1988; Potts 1999, 341–342; Root 1979, 48; 300; 302; Henkelman 2008, 52–55. 1393 Cf. Waters 2011, 288 f. ‚Elam‘ ist während der gesamten Geschichte der Region ein problematischer Begriff. Nicht nur bleibt strittig, welches Gebiet das Toponym genau bezeichnete, auch als elamische ‚Selbstbezeichnung‘ ist halHatamti, hal Hatamti, Hatamti­ erst seit dem 18. Jahrhundert v. Chr. bezeugt. Das akkadische Elamtu und das sumerische NIM waren Fremdbezeichnungen, die elamische Schreiber niemals gebrauchten. Cf. Potts 1999, 2 f. Im siebten und sechsten Jahrhundert v. Chr. bezeichneten die Assyrer und Babylonier mit dem Begriff Elamtu ein nur vage umrissenes, von einem ‚elamischen‘ König beherrschtes Territorium mit dem geographischen Schwerpunkt in Chuzistan/Susiana. Das geographisch schwer definierbare Toponym findet sich etwa in der Titulatur des Herrschers Attahamiti-Inschuschinak (König 1965, 172, Nr. 86, Col. I): „König von [Anzan (und) Susa, der Mehrer des Reiches, der Pf]leger von Elam, der Landfürst von Elam“ (su­un­k[i]­i[k AŠAn­za­an AŠŠu­šu­un­ka4 li]­[ku­me ri­šá­ak­ka4 ka4­a]t­ri Ha­tàm­ti­ik­ki hal­me­ ni­()­ik­k[i Ha]­tàm­ti­ik­ki). Cf. desgleichen die Inschrift Schutruk-Nahuntes II. (König 1965, 148,

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mein Reich, vergrößerte“.1394 In der Periode NE IIIB (ca. 585–539 v. Chr.) beschränken die Herrscher in Susa sich in ihrer Titulatur auf die Bezeichnung ‚König‘ (EŠŠANA/ su­un­ki), die beim letzten ihrer Vertreter sogar ganz wegfällt. Dieser Befund hat einige Kenner der elamischen Kultur und Sprache dazu veranlasst, den Beginn der politischen Fragmentierung Elams auf die Zeit nach 585 v. Chr. herabzusetzen: Da zeitgleich mit den letzten Herrschern in Susa andere regionale Machtzentren – die Könige von Mālamīr, Gisat, Zari u. a. – in den Quellen auftauchen, sei anzunehmen, dass (erst) die Könige der Periode NE III B (585–539 v. Chr.) allein über Susa und einen geringen Teil seines Umlandes herrschten. Demnach sei Kyros (II.) während der Regierung des letzten Herrschers in Susa, Tepti-Huban-Inschuschinak, auf den Thron Anschans gelangt.1395 Für die Rekonstruktion der persischen Frühgeschichte sind namentlich zwei Problemfelder relevant: Erstens die „Identität“1396 eines in zwei Inschriftenfragmenten Assurbanipals erwähnten Kuraš von Parsumaš und zweitens die Lokalisierung des mit ihm assoziierten Toponyms.1397 Gegenwärtig prävaliert in der Forschung die Auffassung einer „variablen Verfügbarkeit“1398 des Begriffs Parsu(m)a(š), der seit dem siebten, möglicherweise sogar seit dem ausgehenden achten Jahrhundert v. Chr. (je nach Kontext) auf eine Region im Mittleren Zagros oder auf die Fars appliziert werden konnte.1399 Entgegen der überkommenen Theorie einer persischen Einwanderung vom

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Nr. 73A, Col. I): „der Pfleger von Elam, der das Fürstentum genommen hat von] Elam (li­ku]-[me ri­šá­ak­ha4­at­ru Ha­tàm­tuk). Cf. die Inschrift des Hallutasch-Inschuschinak II. (König 1965, 168, Nr. 77, Col. I): AŠAn­za­an AŠŠu­ šu­un li­ku­me­na ri­šá­h. Cf. Vallat 1996, 391 f. Laut Fuchs 2003, 129 geriet Elam hingegen nach der Niederlage Teummans gegen Assurbanipal Mitte des siebten Jahrhunderts v. Chr. in einen Zustand politischer Fragmentierung. Henkelman 2003, 182–187; 2008, 39 f. wiederum bestreitet, dass es in post-assyrischer Zeit überhaupt zu einer ‚Desintegration‘ Elams gekommen sei, da der Befund der Akropolis­Tafeln die Kontrolle Susas über weite Teile Chuzistans nahelege. Potts 2010, 123 hält eine Aufspaltung in zahlreiche regionale Machtzentren respektive ‚Stadtstaaten‘ für möglich, die gleichwohl die Autorität der alten Zentrale in Susa anerkannt hätten. Desgleichen betont Vallat 1996, 329 unter Verweis auf die Akropolis­Tafeln die Kontinuität wirtschaftlicher Beziehungen zwischen Susa und den ‚Kleinkönigtümern‘, die erst mit der Inkorporation Susas ins Perserreich endeten. Rollinger 1999a, 136. Cf. Prisma H2, II’7’–25’ (= Borger 1996, 191 f. (Transliteration); 250 (Übersetzung)). Dort heißt es, „Kyros, der König von Pasumaš“ (Ku­ra­áš LUGAL KUR Par­su­ma­áš) habe nach der Unterwerfung Elams durch die Assyrer seinen Sohn Arukku an den Hof nach Ninive geschickt, um Assurbanipal zu huldigen und ihm seinen Tribut zu entrichten. Einen ‚Friedensboten‘ und Geschenke habe auch Pislūme, der König von Ḫudimeri, gesandt. Das Fragment ITT, 115–118 (= Fuchs in Borger 1996, 280 f. (Transliteration); 294 (Übersetzung)) weiß zu berichten, dass beide Könige Assurbanipal um ein Bündnis ersucht hätten. Rollinger 1999a, 126. Cf. Miroschedji 1985, 271–275; Rollinger 1999a, 122; Waters 2011, 286. Zu den Varianten in der Schreibung von Parsu(m)a(š) cf. Levine 1974, 106 f., Anm. 35. Erstmalig bezeugt ist das Toponym im neunten Jahrhundert v. Chr. In den Annalen Salmanassars III. Im Zusammenhang mit dem 24. Feldzug (RIMA A.0.102.14, Z. 119–120) ist von 27 Königen von Parsua die Rede, von denen der

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Urmia-See über den mittleren Zagros und einer (mit ihr einhergehenden) geographischen „Transferierung“1400 des Toponyms ist mithin mit der Ethnogenese der Perser in der Fars zu rechnen, die sich bereits im siebten Jahrhundert v. Chr. unter dem „stimulierenden Einfluss“1401 der neo-elamischen Kultur vollzog.1402 Die unter dem Ethnikon Parsu(m)a(š) zusammengefassten Bevölkerungsgruppen dürften sich bereits zu diesem frühen Zeitpunkt als Einheit konstituiert haben. Die durch die Feldzüge Assurbanipals bedingte Aufgabe der elamischen Kontrolle über Anschan Mitte des siebten Jahrhunderts begünstigte die Sesshaftwerdung dieser Verbände, die jedoch längst ‚elamisch sozialisiert‘ worden waren.1403 Indes, ob ein babylonisches Zylindersiegel mit der Legende „Kyros, der Anschanite, Sohn des Teispes“ ([mk]u­ráš / An­za­ / an­ir­ / ra DUMU / še?-iš­pè­ / iš) Kyros I., dem Großvater des persischen Reichsgründers, zuzu-

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assyrische König Tribut empfing. Noch in den Inschriften Asarhaddons in der ersten Hälfte des siebten Jahrhunderts bleibt das Toponym mit dem mittleren Zagros verbunden. Die ersten Belege für Parsu(m)a(š) in der Fars wurden neuerdings für die Regierung Sanheribs (704–681 v. Chr.), eventuell sogar bereits für Sargon II. (722–705  v. Chr.), namhaft gemacht. Cf. Waters 2011, 286. Der Verfasser eines neuassyrischen Briefes (SAA 15, 88–90, Nr. 129), dessen Name als Nabû­du­ ru­uṣur zu rekonstruieren sein dürfte, erwähnt einen elamischen Gesandten, der zum Zwecke der Truppenmobilisierung nach Parsumaš geschickt worden sei. Das Schreiben fällt in die Zeit der assyrisch-elamischen Auseinandersetzungen um Ellipi 708  v. Chr. Da kaum vorstellbar ist, dass der elamische König Schutruk-Nahunte II. es vermocht hätte, Truppen in der assyrischen Provinz Parsua im Zagros zu rekrutieren, dürfte in vorliegendem Schreiben die Fars angesprochen sein. 691 v. Chr. fochten zudem Kontingente aus Parsumaš und Anschan im elamischen Heer in der Schlacht bei Ḫalule. Rollinger 1999a, 116. Ibid., 126. Cf. ibid., 115 f. Rollingers Untersuchungen knüpfen an Miroschedji 1985 an. Ausgangspunkt seiner Überlegungen ist einmal mehr das Inschriftenfragment Assurbanipals ITT (= Fuchs in Borger 1996, 280 f. (Transliteration); 294 (Übersetzung)), das Kuraš und Pislūme in Z. 116 als „Könige, deren Gebiet weit entfernt ist, die jenseits von Elam wohnen“ (LUGAL.MEŠ šá a­šar­šú­nu ru­u­ qu šá ma a­ḫi KUR ELAM.MAki ul­AB(līti) áš­bu) charakterisiert. Die Herrschaftsbereiche beider Könige sind Rolinger zufolge von Assyrien aus betrachtet südlich von Elam zu lokalisieren. Gegen Miroschedji 1985, 272 f., der ITT für eine redaktionelle Verkürzung von Prisma H2 (= Borger 1996, 191 f. (Transliteration); 250 (Übersetzung)) ansah, sodass nicht von einer Richtungsgleichheit von Parsu(m)a(š) und Ḫudimeri auszugehen sei, bezweifelt Rollinger 1999a, 120, dass den assyrischen Schreibern eine derartige „geographische Fehlinformation“ zuzutrauen sei. Er betont weiterhin (ibid., 123), dass „[z]wischen dem Ende des Parsu(m)a(š) im mittleren Zagros und dem Beginn des Parsu(m)a(š) in der Fārs […] kein unmittelbarer Zusammenhang bestehen“ muss. Die Vorstellung, dass homogene Stammesverbände über Jahrhunderte hinweg ihre ethnische Identität bewahren und Ethnonyme auf langen Wanderungen konservieren, sei im Lichte neuer ethnologischer Forschungen obsolet. Vielmehr begünstigt gerade der Kontakt (semi-)nomadischer Bevölkerungsgruppen mit institutionalisierten Imperien an den Grenzzonen den Prozess der Ethnogenese. Das Toponym Parsu(m)a(š) findet bereits um 600 v. Chr. in den Akropolis­Tafeln 14-malige Erwähnung. Cf. Vallat 1996, 391. Rollinger 1999a, 126 hält fest: „Wahrscheinlicher als die Wanderung eines bereits festgefügten ‚Volksverbandes‘ vom mittleren Zagros in die südlich gelegene Fārs ist die Überlegung einer variablen Verfügbarkeit des Ethno- oder Toponyms Parsu(m)a(š).“ Cf. Rollinger 1999a, 126.

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ordnen ist, lässt sich derzeit nur vermuten.1404 Die Gleichsetzung des oben erwähnten Kyros von Parsu(m)a(š), der seinen Sohn Arukku an den Hof Assurbanipals entsandte, mit Kyros I. ist hingegen wiederholt verneint worden.1405 Von welchem Zeitpunkt an Anschan und Parsu(m)a(š) als politische Einheit respektive als Synonyme begriffen wurden, geht aus den verfügbaren Quellen nicht eindeutig hervor.1406 In der (allerdings erst in persischer oder gar hellenistischer Zeit verfassten1407) Nabonid­Chronik figuriert Kyros II. sowohl als ‚König von Anschan‘ (šàr An­šá­an) als auch als ‚König von Parsu‘ (šàr kurPar­su).1408 Kyros selbst präsentiert seine Vorfahren im Kyroszylinder, der unten (Kap. I.4) noch näher zu betrachten sein wird, in Z. 21 als ‚Könige von Anschan‘. Denselben Titel tragen er selbst und sein Vater Kambyses (I.) in einer Ziegelinschrift aus Ur.1409 Die Titulatur des persischen Reichsgründers offenbart folglich eindeutig ein Selbstverständnis als ‚Anschanite‘.1410 Vor diesem 1404 Cf. PFS 93*. Zur Siegelinschrift cf. Garrison 2011. Für die Identifizierung mit Kyros I. spricht die Tatsache, dass das Siegel, dessen Abdrücke auf mehreren Persepolis Fortification Tablets figurieren, in der Regierungszeit Dareios’ I. offenbar als Geschäftssiegel verwandt wurde. Cf. Hallock 1969, 24 f.; Waters 2011, 290. Zwar trägt dieser Kyros nicht den Königstitel, doch kann elam. Anzarra, das dem akkadischen LÚ Anzan entspricht, sowohl als ‚Mann aus Anschan‘ als auch als ‚König von Anschan‘ realisiert werden. Cf. Vallat 1996, 392. Diese Lesart ist allerdings problematisch, da die Form AŠan­za­an­tak­ra zu AŠan­za­an­ir! emendiert werden müsste. Cf. Waters 2011, 290. 1405 Cf. Miroschedji 1985; Rollinger 1999a, 137; Waters 2011, 292 f.; Vallat 1996, 393. Gegen diese Identifizierung spricht namentlich die chronologische ‚Dehnung‘ der Regierung Kyros’ I., dessen Lebenszeit in diesem Falle in die Mitte des siebten Jahrhunderts v. Chr. fiele. 1406 Cf. Waters 2011, 287–289. Neuassyrische Belege für das Toponym Anschan sind selten. Ein Inventar Sanheribs zählt die Stadt/Region zu denjenigen Gebieten, die dem elamischen König Huban-menanur vor der Schlacht von Ḫalule 691  v. Chr. Truppen stellten. Cf. Luckenbill 1924, 43, Z. 43 f.; 88, Z. 44; 91, rev.; Frahm 1997, 207 f., Z. 15 (K 2622). Das sogenannte Sargon­Epos (SAA 3, 47–48, Nr. 3, rev. 14’) enthält einen fragmentarischen Hinweis auf ‚Anschaniten‘ ([XXX kur]an­za­ nu­ú­a), die somit möglicherweise während des militärischen Konflikts zwischen Sargon II. und Schutruk-Nahunte II. (717–699  v. Chr.) im elamischen Heer kämpften. Das Toponym Anschan taucht zudem vereinzelt in neo-elamischen Inschriften und Wirtschaftsdokumenten sowie in den Persepolis Fortification Tablets auf. Cf. Vallat 1993, 14–16 zu den Belegen sowie Waters 2011, 186 f. 1407 Zur historischen Einordnung der Nabonid­Chronik, ihren möglichen Autoren und ihrem Rezipientenkreis cf. Waerzeggers 2018. 1408 Cf. die Nabonid­Chronik Col. II, 1; Col. II, 15 (= ABC, Nr. 7, 106–107 = Glassner 2005, Nr. 26, 234– 235; 236–237). Zur Klassifizierung der babylonischen Chroniken cf. Waerzeggers 2012. 1409 Cf. Kyroszylinder Z. 21 f. (= Schaudig 2001, 552 f.; 555, Nr. K1. 2a): „Ich bin Kūraš […], der Sohn des Kambužiya, des großen Königs, des Königs des Landes Anšan, der Enkel des Kūraš, des großen Königs, des Königs der Stadt Anšan, der Nachkomme des Čišpiš, des großen Königs, des Königs der Stadt Anšan […].“ Weder Nabonid noch Kyros gebrauchen in ihren eigenen Inschriften (aus Babylonien) das Toponym Parsu(ma)š, sondern allein Anschan, das zuweilen mit dem Determinativ KUR (‚Land‘), zuweilen aber auch mit dem Determinativ URU (‚Stadt‘) versehen wird. In den neuassyrischen Quellen hingegen war das Toponym (zugunsten von Parsu(m)a(š?)?) nach Sanherib offenbar verschwunden. Sollte dieser Befund nicht dem Überlieferungszufall geschuldet sein, läge hier ein Indiz für die synonyme Bedeutung beider Toponyme im sechsten Jahrhundert v. Chr. Cf. Waters 2011, 288. 1410 Cf. Henkelman 2003, 193 (bezogen auf den neuelamischen Titel ‚König von Anschan und Susa‘): „The title used by Cyrus and his predecessors of the Teispian dynasty seems a conscious reference to this Elamite royal title.“

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Hintergrund wurde mitunter selbst die ethnische Zugehörigkeit des Kyros  – eines elamischen Herrschers der Stadt Anschan – zum Volk der Perser infrage gestellt.1411 Einen (dynastischen) Bruch mit der Linie des Kyros stellte mit Sicherheit die Regierung des Achaimeniden Dareios I. (522–486  v. Chr.) dar. Dessen in der Bisutun­ Inschrift (s. u.) enthaltene Genealogie1412 nimmt sich im altorientalischen Kontext ungewöhnlich ausführlich aus:1413 Hatte Kyros sich noch des ‚herkömmlichen‘ Stemmas (Stammvater Teispes, Großvater, Vater) bedient,1414 so ließ Dareios auf den Stammvater Achaimenes acht weitere Ahnen folgen.1415 Indessen ist die in der Bisutun­Inschrift postulierte verwandtschaftliche Verbindung zu dem auf Čišpiš/Teispes zurückgehenden Geschlecht des Kyros (II.) und Kambyses (II.) mit einiger Wahrscheinlichkeit fingiert. In den letzten Dezennien hat sich im akademischen Diskurs zunehmend die Überzeugung durchgesetzt, dass das von den beiden Letzteren repräsentierte Haus der Teispiden mit dem Beginn der Regierung des Dareios I. von der Dynastie der Achaimeniden abgelöst wurde. Demnach dürfte Dareios als Usurpator zur Macht gelangt sein, der möglicherweise sogar den echten Kyrossohn Bardiya – und nicht etwa

1411 Cf. Potts 2005. passim, hier v. a. 7–28; Root 2011, 461. Zentral ist in diesem Zusammenhang die Vermutung, dass es sich bei Kuruš nicht um einen ursprünglich iranischen Personennamen handeln könnte, da die Endung –uš im Elamischen zwar vorkommt, der Name Kuruš in elamischen Texten jedoch als Ku­raš (akk. Ku­raš, Ku­ra­áš u. ä.) realisert wird. Cf. Potts 2005, 21 f., der ibid., 21 f. festhält: „Particularly given the fact that Elamite names ending in –ush, such as Hutelutush, are well known, it is unlikely that, if Kurush were the original, Babylonian or Assyrian scribes would have transcribed it using a final –ash. Rather, it seems more plausible to suggest that Elamite Kurash sounded alien to Persian ears and was transformed in Persian usage to Kurush.“ Ähnliche Probleme werden in Hinblick auf den Namen Teispes diskutiert. Cf. Potts 2005, 21. Einen Überblick über die Problematik des Kyrosnamens bietet Schmitt 2011b, 219–222. Cf. desgleichen Schmitt 2014b, 205. 1412 DB 103–111: „Es kündet Dareios, der König: Mein Vater (ist) Hystaspes, des Hystaspes Vater (ist) Arsames, des Arsames Vater (war) Ariaramnes, des Ariaramnes Vater (war) T(e)ispes, des T(e)ispes Vater (war) Achaimenes. Es kündet Dareios, der König: Deswegen werden wir Achaimeniden genannt; von alters her sind wir adelig?; von alters her waren unser Geschlecht Könige. Es kündet Dareios, der König: Acht (gibt es) in/aus meinem Geschlecht, die früher Könige waren; ich bin der neunte; neun sind wir nach wie vor Könige“ (ϑāti Dārayava.uš xšāyaϑiya: manā pitā Vištāspa, Vištāspahyā pitā Ṛšāma, Ṛšāmahyā pitā Ariyāramna, Ariyāramnahyā pitā Cišpiš, Cišpaḭš pitā Haxāmaniš. ϑāti Dārayava.uš xšāyaϑiya: avahyarādī vayam Haxāmanišiyā ϑanhyāmahi; hacā paruviyata āmātā amahi; hacā paruviyata hayā amāxam taṷmā xšāyaϑiyā āha. ϑāti Dārayava.uš xšāyaϑiya: 8 manā taṷmāyā, tayaḭ paruvam xšāyaϑiyā āha; adam navama; 9 duvitāparanam vayam xšāyaϑiā amahi. 1413 Cf. Rollinger 2014a, 156. 1414 Cf. Kyroszylinder Z. 21 (= Schaudig 2001, K2.1, 550–556, hier 552 f.; 555). Dort bezeichnet sich Kyros als „Sohn des Kambužia, des großen Königs, des Königs der Stadt Anšan, der Enkel des Kūraš, des großen Königs, des König[s der S]tadt Anšan, der Nachkomme des Čišpiš, des großen Königs, des Königs der Stadt Anšan“ (d u m u Ika­am­bu­zi­ia l u g a l g a l l u g a l u r u an­ša­an d u m u d u m u Iku­ra­áš l u g a l g a l l u g a [l* u ] r u * an­ša­an š à . b a l . b a l Iši­iš­pi­iš l u g a l g a l u r u an­ša­an) 1415 Cf. Rollinger 2014a, 156.

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seinen Doppelgänger – entthronte.1416 Indessen besteht hierüber nach wie vor keineswegs Konsens, was nicht zuletzt der Tatsache geschuldet ist, dass der (teilweise erheb1416 Cf. Balcer 1987, 49–61; Rollinger 1998a, passim. Zum früheren Forschungsdiskurs cf. ibid., 153–176. Cf. desgleichen Rollinger 2007a. Die in der älteren Forschung vertretene Auffassung, Dareios sei der Abkömmling einer ‚Nebenlinie‘ des Geschlechts des Kyros und Kambyses gewesen, stützte sich nicht zuletzt auf die Lesart von duvitāparanam (DB 110–111) als ‚in zwei Reihen‘ (wörtlich: ‚mit zwei Flügeln‘). Inzwischen besteht in der iranistischen Forschung jedoch nahezu Konsens darüber (cf. aber Vallat 2011, 273), dass das erste Element auf paranam (früher‘) – und nicht etwa auf parnam (‚Flügel‘) zurückgeht und das Kompositum folglich als ‚nach wie vor‘ zu realisieren sei. Dieser Befund wird ferner durch die babylonische Parallelversion gestützt, die die Bedeutung ‚zu einem ewigen Geschlecht gehörig‘ vorgibt. Weiterhin zeichnet sich der in der Bisutun­Inschrift überlieferte Stammbaum durch zahlreiche ‚Unklarheiten‘ aus, die den Schluss nahelegen, dass Dareios seine wahre Abstammung (bewusst) verschleierte: Nennt er in DB 102–103 zunächst lediglich seinen Vater Hystaspes und den Urgroßvater Arsames, so folgt im unmittelbaren Anschluss (DB 103–106) die Kette Hystaspes – Arsames – Ariaramnes – Teispes – Achaimenes. In DB 108–111 schließlich ist von acht königlichen Vorgängern die Rede, deren neunter Dareios selbst gewesen sei, wobei die Identität dreier Ahnen unklar bleibt. Da Dareios (DB 128–129) Kambyses als „des Kyros Sohn, aus unserem Geschlecht“ (Kūraṷš puça amāxam taṷmāyā) bezeichnet, dürften zwei von ihnen mit Kyros II. und Kambyses II. zu identifizieren sein. Umso erstaunlicher muss die Nichterwähnung des Reichsgründers und des legitimen Vorgängers des Dareios in der Genealogie selbst erscheinen, wobei die postulierte Verwandtschaft lediglich über den (angeblich) gemeinsamen Stammvater Teispes angedeutet wird. Der Usurpator Dareios mag das fiktive genealogische Band zwecks der eigenen Legitimation entworfen haben, das in Wahrheit wohl erst durch seine Hochzeit mit der Kyros-Tochter Atossa zustande kam – so Rollinger 1998, 185: „Der auch im Kyros-Zylinder angegebene Teispes verdankt diese Position wohl nur dem Bemühen, eine gedankliche Verknüpfung mit der Ahnenreihe Kyros’ II. und somit eine verwandtschaftlich legitimierende Verbindung mit dem mächtigen Vorgänger herzustellen. Dabei wird der Ahn des Kyros, Teispes, jenem des Dareios, Achaimenes, ‚untergeordnet‘.“ Die Kyros-Inschriften aus Pasargadai, in denen Kyros als Achaimenide bezeichnet wird, wurden laut Stronach 1990a erst unter Dareios I. angebracht. Cf. ferner bereits Wiesehöfer 1978, 186–198. Wenn Dareios folglich als Usurpator zu betrachten ist, dürfte es sich bei dem letzten (namentlich nicht genannten) seiner acht königlichen Vorgänger um den Kambyses-Bruder Bardiya handeln, woraus sich (nach Rollinger 1998a, 209) die folgende Reihenfolge für die Bisutun­Inschrift rekonstruieren lässt: Achaimenes – Teispes  – Ariaramnes  – Arsames  – Hystaspes  – Kyros II.  – Kambyses II.  – Bardiya  – Dareios. Bezeichnenderweise findet Kyros in den Inschriften des Xerxes keine Erwähnung mehr, was auf das „gewachsene[] Selbstbewusstsein einer bereits etablierten Dynastie“ (Rollinger 1998a, 188) zurückzuführen sein dürfte. In der Konstruktion des Dareios wurden darüber hinaus – entsprechend dem legitimatorisch starken Ideologem des ‚altehrwürdigen Geschlechts‘ – sowohl der Vater Hystaspes als auch der Großvater Arsames zu Königen erklärt. Diese Angabe hält ein Großteil der Forschung für unhistorisch, da beide – so DB 293–294; DSf 13–15; XPf 17–21 – noch am Leben waren, als Dareios zur Herrschaft gelangte. Zudem erkannten bereits Artaxerxes II. und Artaxerxes III. ihnen (A2Sa; A3Pa) die Königswürde nicht mehr zu. Gleichwohl sollte die Konstruktion der ‚Könige‘ Ariaramnes und Arsames noch bis in die spätachaimenidische Zeit hinein aufrecht erhalten werden, wie die (nicht authentischen) Inschriften AmHa und AsHa aus Hamadan lehren. Entgegen dieser Annahme hat in jüngerer Zeit Waters 2014b vermutet, dass die für die neuelamische und frühpersische Zeit anzunehmende politische Fragmentierung durchaus zugunsten eines ‚Unterkönigtums‘ der Achaimeniden zur Zeit des Kyros sprechen könnte (ibid., 68): „Darius’ royal line of eight predecessors may be a construct, one conjured from thin air. On the other hand, his eventual victory was based on a wide-ranging support-system that must have had some origin in the high status of his family. It remains possible that Darius’ predecessors considered themselves (perhaps even called themselves) kings, regardless of their relationship with Cyrus’ line.“

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lich abweichende) sprachliche Befund der altpersischen, elamischen und akkadischen Varianten der Bisutun­Inschrift divergierende Schlussfolgerungen zulässt.1417 Der legitimatorische Bezugspunkt des Dareios und seiner Nachfolger ist nunmehr nicht etwa Anschan, sondern Pārsa (s. u.).1418 Zwar wurden zahlreiche Charakteristika der neo-elamischen Kultur und Staatlichkeit ins Achaimenidenreich ‚transportiert‘. Diese betreffen die Architektur, die Ikonographie und die Schreibertradition  – das Elamische blieb zunächst Kanzleisprache in den Kernregionen Irans und Repräsentationssprache der Trilinguen – sowie ‚Statussymbole‘ (der ‚elamische Dolch‘ u. a.) und (ideologische) Konzepte.1419 Desgleichen bestanden Kontinuitäten zu den übrigen 1417 Cf. Vallat 2011, hier v. a. 274–279, der für das offenkundig ambivalente Verhältnis des Dareios zu Kyros II. eine abweichende (und die These von der Historizität des in der Bisutun­Inschrift postulierten Stammbaumes) Erklärung bietet: Erstens seien die oben erwähnten altpersischen Inschriften AmH, AsH, CMa und CMc nicht notwendigerweise als Fälschungen zu betrachten, da die ‚Erfindung‘ der altpersischen Schrift durch Dareios anzuzweifeln sei (s. u.). Ins Gewicht falle dabei namentlich der sprachliche Befund der elamischen Fassung von CMc: „Kyros, der große König, ein Achaimenide“ (BEé Ku­raš BEé SUNKI ir­šá­ir­ra BEé ha­ak­ka4-man­nu­ši­ya­ra). Das Determinativ BE é sei lediglich in neo-elamischen Inschriften bezeugt und finde bei Dareios I. keine Verwendung mehr. Desgleichen seien die Zeichen šá in ir­šá­ir­ra und das Suffix –ra nur in spätelamischen Inschriften sowie in der oben genannten Siegelinschrift ‚Kyros’ des Anschaniten‘ (PFT 93*) bezeugt. Cf. ferner die AmH und AsH betreffenden Argumente (ibid., 279). Vallat zieht die Möglichkeit einer ‚professionellen Fälschung‘, deren Urheber sich bewusst archaisierender Formen bedient hätten, nicht in Betracht, sondern schließt vielmehr auf die Authentizität der Kyrosinschriften in altpersischer Sprache und mithin auf dessen Selbstverständnis als Achaimenide. Zweitens hält er für elam. šamak­mar und ap. duvitāparanam (DB 110–111) an der herkömmlichen Übersetzung ‚in zwei Reihen‘ fest und identifiziert die in DB 103–111 genannten acht Könige mit Achaimenes  – Teispes – Ariaramnes – Arsames – Kyros I. – Kambyses I. – Kyros II. – Kambyses II. Einzig für Dareios’ Vater Hystaspes sei der Königstitel auszuschließen. Damit seien alle Vorfahren des Dareios ‚Könige‘ gewesen, bis Arsames von Kyros (II.) entthront wurde, sodass bis zu diesem Zeitpunkt tatsächlich zwei Linien desselben Clans regiert hätten. Als Grund für die ‚Vermeidungsstrategie‘ des Dareios, der sich nur indirekt auf Kyros und sein Geschlecht bezieht, gibt Vallat (ibid., 275–277) Folgendes an: „Il déteste Cyrus parceque celui-ci avait déthrôné son grand-père. Darius voue à Cyrus une véritable damnatio memoriae.“ Da das hohe Prestige des Kyros es jedoch nahezu unmöglich gemacht habe, diesen offen zu degradieren, habe Dareios seiner Verachtung Ausdruck verliehen, indem er Kyros soweit wie möglich aus der offiziellen Berichterstattung auszublenden versuchte. Da ihm andererseits daran gelegen sein musste, an dieses Prestige anzuknüpfen, habe er eine gedankliche Verbindung zum Reichsgründer durch ‚vage Hinweise‘ schaffen müssen. 1418 Ein singulärer Beleg für Anschan (Ap. Yadā) begegnet in DB 321–328, wo von einem Rebellen namens Vahyazdāta die Rede ist, der sich in der Fars erhob: „Daraufhin wurde das persische Heer, das am Hof/Palast (war und) von Yadā/Anšan vorher (gekommen/herbeigeholt worden war), das wurde von mir abtrünnig (und) lief über zu jenem Vahyazdāta“ (pasāva kāra Pārsa, haya viϑāpati hacā yadāyā frataram haṷ hacāma hamiçiya abava, abi avam Vahyazdātam ašiyava). Ob es sich bei diesem offenbar in Anschan stationierten Heer um eine noch von Kyros II. oder Kambyses  II. eingesetzte ‚Leibgarde‘ handelte, muss hypothetisch bleiben. Cf. Waters 2011, 287. 1419 Root 2011 arbeitet die Rolle Elams und der Elamer in der imperialen Imagination der Achaimeniden am Beispiel der Apadana-Reliefs Dareios’ I. zu Persepolis (s. u.) heraus. Dabei erscheint ‚Elam‘ als historisches Konzept respektive als ‚Folie‘, auf der sich die Konstruktion einer persischen Identität vollzieht. Cf. ibid., 421: „Being Persia, is, in other words, set in relation to being all else, in a calibrated visualization of an incorporated world. Being Persia, in part through the imagening of Elam, is also set in calculated relation to a notion of the past revisited through allusions to vivid

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Vorgängerreichen des Vorderen Orients und Ägyptens. Gleichwohl scheint das Achaimenidenreich nach einer rund fünfzig Jahre währenden ‚Übergangsphase‘ – verstärkt seit der Regierung Dareios’ I.  – eine spezifisch ‚persisch-achaimenidische Prägung‘ erhalten zu haben.1420 Unter diesem Herrscher kam es zu umfassenden administrativen und fiskalischen Reformen. Das Imperium wurde in ‚Provinzen‘, den sogenannten Satrapien, und in Steuerbezirken organisiert, wobei sich die Höhe der Abgaben und Tribute häufig an bereits existierenden Katastern orientierte.1421 Die Provinzstatthalter (Satrapen) besaßen weitreichende fiskalische und juristische Kompetenzen, standen jedoch in intensivem Kontakt mit der Zentralverwaltung, den nicht zuletzt der Ausbau einer funktionierenden Infrastruktur ermöglichte: Das mit Haltepunkten (stathmoi) und Wachposten ausgestattete Straßennetz diente nicht allein der Truppenbewegung;

cultural memories of the Assyrian domination in Greater Mesopotamia – as a historical texturing for a new order of things.“ Dabei ist keineswegs klar, ob die Trachten und Gaben der elamischen Delegation auf den Apadana-Reliefs tatsächlich auf elamische ‚Prototypen‘ hindeuten oder ob die Reichsideologie vielmehr mit einer (in der Realität in dieser Form nicht existierenden) Kategorie ‚Elam‘ operierte. So ist der ‚elamische Dolch‘, den in der persischen Ikonographie auch der Großkönig, der Kronprinz und persische ‚Höflinge‘ tragen, nicht zwingend als ‚landestypische Waffe‘ (so Calmeyer 1988, 32 f.) der Elamer anzusehen. Cf. Potts 2010, 117 sowie Henkelman 2003, 191: „Furthermore, the gifts of the Elamite delegation on the Apadana staircase do not necessarily indicate the actual origin of this type of dagger, but they tell us that it was indeed felt to be specifically ‚Elamite‘.“ Desgleichen lässt die Tracht der Elamer, die dem achaimenidischen Königsgewand gleicht, nicht ohne weiteres auf ein ‚Objekt-Ethnizität-Verhältnis‘ schließen. Tatsächlich erscheint ein vergleichbares Faltengewand mit weiten Ärmeln in der elamischen Kunst als Frauenkleid. Die elamische Königstracht hingegen war ein Fransengewand mit Rosettenbordüre. Gleichwohl mag man in der Darstellung der Elamer in Persepolis mit Root 2011, 427 einen „sartorial code“ erkennen, der Perser und Elamer als Einheit präsentiert: Die Elamer sind die einzigen ‚Nicht-Perser‘, die in höfischer Tracht erscheinen. Der ebendort gezeigte Bogentyp mit zurückgeneigten Entenköpfen am Schaft ist hingegen spezifisch elamisch. Cf. Calmeyer 1988, 33–45; Potts 1999, 342–345. Bereits in der assyrischen Vorstellungswelt des siebten Jahrhunderts wird diese Waffe gerade mit Elam assoziiert. Zur Bedeutung der Waffe in der achaimenidischen Ikonographie s. u. 1420 Cf. Ehrenberg 2008, 103. Zur Übergangsphase sowie zu den Kontinuitäten in Babylonien cf. Jursa 2007a. 1421 Zur Verwaltung und Wirtschaft cf. die Beiträge in Jacobs/Henkelman/Stolper 2017; Briant 1996, 713–788; Wiesehöfer 2005b, 94–98; 2009a, 78–81 sowie die Zusammenstellung der Quellen bei Kuhrt 2007, 665–878. Speziell zur Satrapienordnung cf. Jacobs 1994; Klinkott 2005. Die von Herodot (3, 89–96) referierte ‚Satrapienliste‘, die zwischen ‚phorospflichtigen Völkern‘ (3, 90, 1–96, 2) und ‚geschenkebringenden Völkern‘ (3, 97, 1–5) unterscheidet (cf. den Forschungsüberblick bei Jacobs 1994, 9–29; 2003, 302–322), ist zwar nicht als authentisch anzusehen (cf. Jacobs 1994; 2003), doch kann damit Wiesehöfer 2007a, 32–34 zufolge keineswegs die Historizität der Reformen an sich widerlegt werden. Rollinger/Ruffing 2013, 142–147 betrachten die Liste der herodoeischen νόμοι als eine „Konstruktion des pater historiae, nicht aber als eine Quelle für eine wie auch immer geartete Verwaltungsreform des Dareios und der territorialen Gliederung des Perserreiches“ (ibid., 144). Zum Tributsystem cf. Briant 1996, 399–433; Klinkott 2007b; Wiesehöfer 2005b, 98– 102. Die Perser waren vom regulären Tribut (bagi = ‚Teil (des Königs)‘) befreit. Cf. Wiesehöfer 1989.

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vielmehr fungierten die Straßen auch als Handels- und Kommunikationswege.1422 Auf diese Weise übte die Zentrale mit ihrem effizienten Verwaltungsapparat eine intensive Kontrolle über die Lokalverwaltungen aus, baute jedoch auch in hohem Maße auf gewachsenen indigenen Strukturen auf (s. u). Entsprechend dem Multikulturalismus und der Multiethnizität des Achaimenidenreiches waren Bürokratie und Administration mehrsprachig organisiert, da die lokalen Schriftsysteme, zumal in Mesopotamien und Ägypten, aber auch im westlichen Kleinasien in Gebrauch blieben.1423 Neben dem Elamischen avancierte zudem das Aramäische zur Kanzleisprache schlechthin, das in der Form des ‚Reichsaramäischen‘ (Achaemenid imperial/official Aramaic) als eine Art lingua franca im Vorderen Orient fungierte.1424 Die Zentrale und der königliche Hof konzentrierten sich nicht in einer einzigen Hauptstadt; vielmehr firmiert der mobile königliche Hofstaat, der abwechselnd in unterschiedlichen Residenzen Station machte, in der Forschung unter dem Begriff ‚Reisekönigtum‘.1425 Die älteste Residenz des persischen Imperiums war das von Kyros II. in den 540er Jahren in der Murgab-Ebene gegründete Pasargadai, wo nach dem Zeugnis Plutarchs auch späterhin die rituelle Investitur der Könige stattgefunden haben soll.1426

1422 Cf. Briant 1996, 369–398; Potts 2008; de Vries 1997. Die ‚Königsstraßen‘ folgten mesopotamischen Vorbildern (harrān šarri). Des Weiteren deutet die Tatsache, dass auch griechische Autoren (Hdt. 5, 52 f.; Ktesias FGrH 688 F 33; Xen. an. 1, 2, 5 f.) in ihren Beschreibungen des achaimenidischen Straßensystems die Entfernungen im perischen Längenmaß (Parasangen) angaben, darauf hin, dass Itinerare existierten. Cf. Wiesehöfer 2007a, 33. 1423 Cf. Tavernier 2017; Wiesehöfer 2018a, 100–105 mit der älteren Literatur. 1424 Cf. Wiesehöfer/Rollinger 2012, 58–65; Wiesehöfer 2018a, 102 f. mit der älteren Literatur. Diese Polyphonie dokumentieren namentlich die in den Palastarchiven zu Persepolis zutage geförderten Texte in babylonischer, phrygischer und griechischer Sprache. Cf. Tavernier 2008. 1425 Cf. Briant 1988; Tuplin 1998. 1426 Cf. Binder 2010 mit Plut. Art. 3, 1 f. Der angehende König hatte sich demnach im ‚Tempel der kriegerischen Göttin‘ seiner Kleidung zu entledigen und die Gewänder des Kyros anzulegen, die jener getragen haben soll, bevor er König wurde. Weiterhin habe er Feigenkuchen, Teberinthen und einen Becher saurer Milch verzehren müssen (καὶ σύκων παλάϑης ἐμάγοντα τερμινϑου κατατραγεῖν καὶ ποτήριον ἐκπιεῖν ὁ ξυγάλακτος). Die ältere Forschung hat die besagten Handlungen als rites de passage, i. e. als Loslösung des Kronprinzen von seiner alten Identität gedeutet und darin einen besonderen (legitimatorischen) Bezug zum Reichsgründer Kyros gesehen. Nicht zuletzt galten die Rituale (‚Hirtenkleidung‘ (?) und asketische Speisen) als Reminiszenzen an eine (vorimperiale) pastorale Lebensweise. Binder 2010 legt jedoch dar, dass die Historizität sowohl der überlieferten Details als auch der Zeremonie an sich höchst fraglich ist. Vielmehr scheinen hier z. T. auf Plutarchs vorlagen (Deinon und Ktesias) zurückgehende Klischees (die Perser als ‚Teberinthenfresser‘ u. ä.) verarbeitet worden zu sein. Da der Plutarch-Text „vollkommen isoliert“ (ibid., 490) dastehe, sei (zumindest partiell) mit „einer griechischen Konstruktion des Initiationsritus“ zu rechnen, „da den Lesern bekannte Elemente auf fremde Kulte übertragen wurden, so dass diese neue Beschreibung einen ‚Sitz im Leben‘ zu haben scheint“ (ibid, 489). Arrian (an. 6, 29, 4–7) zufolge existierte noch zur Zeit Alexanders d. Gr. Ein Begräbniskult am Grab des Kyros. Dass Pasargadai darüber hinaus noch 330 v. Chr. ein Ort der Verwaltung gewesen ist, erhellt die Tatsache, dass Alexander ein dort befindliches Schatzhaus in seinen Besitz gebracht haben soll. Cf. Arr. an. 3, 18, 10–11. Cf. zu Pasargadai Stronach 1978; Kuhrt 2010, 89; Waters 2014a, 137–140; Allen 2005, 84 f. Auf sechs Quadratkilometern erstreckt sich hier ein Ruinenfeld, auf dem Pavillons, bewässerte

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Neben den alten medischen und elamischen Residenzen Ekbatana und Susa wurde namentlich die Metropole Persepolis (Ap. Pārsa) in Süd-West-Iran zur (repräsentativen) Königsstadt ausgebaut.1427 Zunehmend stellte die persische Aristokratie die höchsten Funktionäre innerhalb der Reichsverwaltung und kontrollierte, streng hierarchisch gegliedert, als eine Art „ethno-classe dominante“1428 sowohl den Hof als auch die Provinzen.1429 Ihre Stellung definierte sich dabei wesentlich über ihr Nahverhältnis zum König, das seinen sichtbaren Ausdruck in gemeinsamen Tafelritualen und einem wechselseitigen ‚Gabenaustausch‘ fand.1430 Der ‚Großkönig‘ (xšāyaϑiya vazṛka) war (in seiner Person) das Zentrum des Imperiums, das Zeit seines rund 200-jährigen Bestehens keine ebenbürtige Macht neben sich dulden musste. So nimmt es nicht Wunder, dass der politischen Superiorität ein „sichtbares imperiales Selbstverständnis zur Seite [trat]“,1431 dessen ideologisches Fundament im Folgenden zu untersuchen sein wird. *** Das Hauptmedium der ideologischen Botschaften stellen – neben der Ikonographie – die Königsinschriften dar, die meist als Trilinguen (Altpersisch  – Elamisch  – babylonisches Akkadisch), manchmal als Mono- oder Bilinguen sowie (in Ägypten) als Quadrilinguen (ägyptische Hieroglyphenschrift) verfasst wurden.1432 Abgesehen von den Suez­Inschriften Dareios’ I. (s. u.) und vereinzelten Funden aus Babylonien, vom

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Gärten, das Kyrosgrab, eine Zitadelle, ein Turm und eine ‚zeremonielle Einfriedung‘ freigelegt werden konnten. Die Architektur greift auf die Formen, Stilrichtungen und Techniken verschiedener Regionen des Imperiums zurück, die indessen – wie späterhin in der achaimenidischen Kunst üblich – neu kombiniert wurden. Folgen die Skulpturen und Reliefs assyrischen, die Säulenhallen medischen Vorbildern, so waren am Kyrosgrab eindeutig ionische und lydische Steinmetze am Werk. Cf. Nylander 1970; Huff 2005; Briant 1996, 95; Calmeyer 1994; Roaf 2003. Cf. Allen 2005, 59–85; Waters 2014a, 134–147. Zu Persepolis cf. Schmidt 1953; Koch 2001; Shahbazi 1976; 2013; Mousavi 2012. Zur Architektur und Bildausstattung der Residenzen cf. Boucharlat 2001; Jacobs 2007a; Knauss 2007; Stronach 2001. Briant 1996, 364. Cf. Rollinger 2014a, 159. Privilegierte Positionen hatten namentlich die sieben Familien inne, die auf die die sieben Verschwörer um Dareios I. (DB 480–488) zurückgingen. Cf. Wiesehöfer/Rollinger 2009; Kistler 2010; Wiesehöfer 2010b. Zu den Eliten cf. ferner Briant 1996, 666–803. Zum Achaimenidenhof cf. ferner die Beiträge in Jacobs/Rollinger 2010. Speziell zum ‚Hofzeremoniell cf. Brosius 2010a; Rollinger 2011d. Rollinger 2014a, 152. Der altpersische Text und die deutsche Übersetzung der achaimenidischen Königsinschriften folgen, soweit nicht anders vermerkt, der neuen Edition Schmitt 2009. Ein Katalog sämtlicher derzeit verfügbarer Inschriften findet sich ibid., 7–32. Cf. auch die inzwischen veraltete, aber noch nicht vollständig ersetzte Bearbeitung Weissbach 1911, die auch die elamischen und babylonischen Versionen berücksichtigt, sowie die französische Bearbeitung Lecoq 1997 sowie Kent 1953. Mehrsprachige Editionen liegen für die Bisutun­Inschrift Dareios’ I. vor. Cf. von Voigtlander 1978 zur babylonischen Version. Zur elamischen Fassung cf. die Edition Hinz 1974 sowie Gruillot-Susini/ Herrenschmidt/Malban-Labat 1993. Zu den altägyptischen Fassungen vom Suez-Kanal (s. u.) cf. Root 1979, 61–68; Llloyd 2007. Generell zur Mehrsprachigkeit der Inschriften cf. Jacobs 2012.

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Van-See und aus Daskyleion an der Propontis stammt das Gros des epigraphischen Materials aus den persisch dominierten Kernregionen der Persis (Persepolis, Naqsch-i Rustam, Pasargadai), Elams (Susa) und Mediens (Bisutun, Hamadan).1433 Ob daneben auch Inschriften in anderen Lokalsprachen  – etwa dem Griechischen  – existierten, muss bloße Vermutung bleiben.1434 Die Sprache der Könige war der südwestiranische Dialekt des Altpersischen, der in seiner überlieferten Form Züge einer Repräsentations- und Kunstsprache trägt1435 und den spätestens Dareios I. in den Status einer Schriftsprache erhob.1436 Im vieldiskutierten (der altpersischen Fassung später hinzugefügten) siebzigsten Paragraphen der Bisutun­Inschrift heißt es: Es kündet Dareios, der König: Nach dem Willen Ahuramazdās (ist) dies die Fassung der Inschrift, die ich hinzugesetzt habe, (und zwar) auf Arisch (ariyā).1437 (Auch) auf Ton und Pergament wurde sie angebracht. […] Und die wurde niedergeschrieben und vor mir vorgelesen. Daraufhin habe ich diese Fassung der Inschrift ausgesandt in die Länder. Das Volk kooperierte dabei.1438

Ob die Schöpfung des altpersischen Zeichensystems tatsächlich Dareios zuzuschreiben ist oder ob die Anfänge der Schriftentwicklung nicht vielmehr bereits in der Regierungszeit Kyros’ II. anzusetzen sind, bleibt strittig.1439 1433 Cf. Wiesehöfer/Rollinger 2012, 66; Rollinger 2014a, 154. In Hinblick auf die Frage, welche Zeugnisse zur Charakterisierung der achaimenidischen Herrscherideologie als repräsentativ anzusehen seien, gehen die Meinungen auseinander. Während Rollinger 2011d, 17 f. alle Versionen gleichermaßen berücksichtigen und das achaimenidische Königtum in einem weiteren altorientalischen Kontext begreifen möchte, beschränkt Kuhrt 2010, 89 sich auf die (im weiteren Sinne) iranischen Zeugnisse. Bei aller Berechtigung des ersteren Standpunktes finden an dieser Stelle vornehmlich (aber nicht ausschließlich) die Versionen in altpersischer Sprache Berücksichtigung, da etwa die babylonischen und ägyptischen Zeugnisse – in durchaus unterschiedlicher Intensität – eher aufzeigen, wie die Perser sich in lokale Traditionen einfügten. 1434 Cf. Schmitt 1988; 1992; 1998; Tuplin 2010, 288; 294. Diesbezüglich skeptisch ist West 1985, 281 f. Siehe ferner unten Kap. I.3.1.3. 1435 Allerdings lässt der Fund einer Tafel administrativen Inhalts in den Persepolis Fortification Archives vermuten, dass die altpersische Sprache auch in der Verwaltung zur Anwendung kommen konnte. Cf. Tavernier 2017, 343–347. 1436 Cf. Huyse 1999. Die altpersische Schrift stellt eine Neuschöpfung dar, die sich mit ihren 36 Silbenzeichen, acht Wortzeichen, den Zahlzeichen und zwei Worttrennern deutlich von der mesopotamischen Keilschrift unterscheidet. Einen Überblick über die iranischen Sprachen bietet Schmitt 2000. 1437 Die Bedeutung des Terminus ist nicht eindeutig geklärt. Möglicherweise liegt hier eine archaische Bedeutung im Sinne von ‚adelig‘ zugrunde. Cf. Briant 1996, 193 f. 1438 DB 488–492: ϑāti Dāryava.uš xšāyaϑia: vašnā A.uramazdāha ima dipiciçam, taya adam akunavam patišam ariyā; utā pavastāyā utā carmā gṛftam āha; […] utā niyapaḭϑiya utā patiyafraϑiya paḭšiyā mām; pasavā ima dipiciçam frāštāyam vispadā antar dahyāva; kāra hamātaxšatā. 1439 Tavernier 2013, 649 stellt sämtliche Theorien der Forschung zusammen: 1. Die Adaption des medischen Schriftsystems 2. Die Schrifterfindung durch Kyros II. 3. Die Verschriftlichung des Altpersischen zunächst in aramäischer Schrift bei nachfolgender Schrifterfindung durch Dareios I. 4. Die Neuschöpfung des altpersischen Zeichensystems unter der Regierung Dareios’ I. Gewichtige Gegenargumente gegen die letztere Theorie hat Vallat 2011, 264–268 vorgebracht: da der altpersische Text von DB 488–491(= § 70) stark beschädigt und allein auf der Grundlage der elamischen

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Ähnlich kontrovers gestaltet sich – und dies gilt bereits für die mesopotamischen Zeugnisse – die Frage nach den möglichen Adressaten der zumeist an unzugänglichen Stellen angebrachten Text- und Bildbotschaften. In der Vergangenheit wurde die oben zitierte Aussage des Dareios, der zufolge er Abschriften des Textes „ausgesandt“ habe „in die Länder“, unter Verweis auf ‚Zufallsfunde‘ von Kopien der Bisutun­Inschrift in aramäischer und akkadischer Sprache aus Babylon und dem ägyptischen Elephantine häufig wörtlich genommen.1440 In jüngerer Zeit sind jedoch auch Zweifel an einer Verallgemeinerung des für die Bisutun­Inschrift bezeugten Vorgangs einer reichsweiten Verbreitung geäußert worden: Da keine vergleichbaren Funde anderer Inschriften oder auch nur DB § 70 ähnliche Hinweise auf deren Vervielfältigung vorliegen, mag die Reproduktion (von Teilen?) der Bisutun­Inschrift der spezifischen Situation des Jahres 522 v. Chr. geschuldet gewesen sein, in der Dareios in besonderem Maße auf die Legitimation seiner (weithin angefochtenen) Herrschaft angewiesen war.1441 Nur an dieser Stelle (DB § 70) werden die ‚Völker des Reiches‘ ausdrücklich als Rezipienten ‚Parallelversion‘ DB L rekonstruierbar sei, sei es in der Vergangenheit wiederholt zu fehlerhaften Übersetzungen der Passage gekommen. Cf. die Appendix ibid. Wirkmächtig bezüglich der Theorie einer Schrifterfindung unter Dareios war namentlich die Übersetzung Hinz 1974, 133, der elamisch tuppime mit ‚Schrift‘ auflöste und übersetzte: „Nach dem Willen des Allweisen habe ich eine andersartige Schrift geschaffen, auf iranisch, was es vordem nicht gab.“ Vallat 2011 schlägt eine neue Lesart der Passage vor, die sich in den folgenden Punkten von den meisten früheren Übertragungen unterscheidet: Erstens legt er für tuppime (Z. 2) ein Verständnis als ‚Inschrift‘ bzw. ‚Text‘ zugrunde. Zweitens begreift er ikki­hutta (Z. 3) als Verbalkompositum mit der Bedeutung ‚ich habe übersetzt‘. Schließlich bedeute lipri nicht ‚sein‘ respektive ‚existieren‘, sondern ‚sich an einem Ort befinden‘. Daraus ergibt sich die folgende Übersetzung: „Par la grâce d’Ahuramazda j’ai traduit autrement ce texte en aryen. Il ne se trouvait pas ici auparavant. Et, soit par des tablettes, soit par les parchemins, les gens apprirent, que j’ai rétabli un nom et sa lignée (grâce à) cette inscription-ci que j’ai alors envoyée dans tous les pays (après) qu’elle ait été écrite, lue et relue devant moi.“ Damit bezöge sich die Aussage des Dareios lediglich auf die Übersetzung der elamischen und akkadischen Version ins Altperische und mitnichten auf die Neuerfindung der altpersichen Schrift. Desgleichen vermutet Schmitt 2014a, 212 f., dass die Entwicklung eines altpersischen Schriftsystems bereits in der Regierungszeit Kyros’ II. begann. Er folgt hierin den Beobachtungen von Hallock 1970, der als die ältesten Zeichen der altpersischen Schrift ku und ru­ku namhaft gemacht hat. Da diese Zeichen einerseits selten vorkommen, andererseits jedoch zur Schreibung des Namens Ku­ ruš/Kyros benötigt werden, sei bereits in dessen Regierungszeit eine ‚experiementelle‘ Phase des altpersischen Schriftsystems anzusetzen. Die Existenz eines bereits voll ausgebildeten und kohärenten Zeichensystems zu diesem frühen Zeitpunkt lehnt Schmitt indessen ab. 1440 Cf. Seidl 1999 zu einem Stelenfragment aus Babylon sowie Greenfield/Porten/Yardeni 1982 und Tavernier 2001 zum aramäischen Text. Auf eine reichsweite Verbreitung scheint dazuhin Herodots (partielle) Kenntnis der Bisutun­Inschrift hinzudeuten. Cf. Schmitt 1990, 30; Köhnken 1978, 39 f. Kritisch sind Tuplin 2005, 236 mit Anm. 47 und West 2007, 406; 2011, 265 f. 1441 Cf. Jacobs 2010, der weiterhin die Unzugänglichkeit der in über 60 m Höhe angebrachten oder als Baudokumente in Gebäudefundamenten vergrabenen Inschriften anführt. Vallat 2011, 272–274 zieht weiterhin in Betracht, dass nicht der gesamte Inhalt der Bisutun­Inschrift, sondern lediglich die Beischrift DBa, in der Dareios vornehmlich seine dynastische Legitimation unterstreicht, Verbreitung fand: Nach der elamischen Version (DB L 8–9) wurde „diese Inschrift hier“ (tuppime am­ minnu) verschickt, wobei das Demonstrativpronomen sich gewöhnlich auf das räumlich zunächst liegende Objekt, i. e. DBa, beziehe. Silverman 2018, 264 hingegen möchte nicht ausschließen, dass

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der ideologischen Botschaften in den Blick genommen.1442 Dass indessen (neben den Göttern) in erster Linie die jeweiligen Nachfolger im Königsamt angesprochen werden sollten, legt – wie Bruno Jacobs betont – nicht zuletzt eine Apostrophe an einen „junge[n] Mann“ (marīka) nahe, hinter dem sich der ‚Kronprinz‘ verbergen mag.1443 Gleichwohl enthalten die achaimenidischen Text- und Bildzeugnisse offizielle Proklamationen des Königtums, die das Selbstverständnis der Großkönige dokumentieren und vermutlich auch einem größeren Rezipientenkreis nahebringen sollten: Die „physische, schriftlich niedergelegte Inschrift selbst“1444 mag dabei für die meisten Betrachter eine ähnlich „numinose[] Qualität“1445 besessen haben wie die zugehörigen Reliefs.1446 Vermutlich kursierten – wie M. Rahim Shayegan gezeigt hat – die in ihnen transportierten ideologischen Botschaften darüber hinaus jedoch auch in mündlicher Form und erreichten auf diese Weise breitere Schichten der Bevölkerung.1447 Das Inschriftenformular, die Königstitulatur und die Grundkonstituenten der achaimenidischen Herrscherlegitimation sind seit der Regierungszeit Dareios’  I. (522–486  v. Chr.) greifbar.1448 Das seither nur geringfügige Variationen aufweisende Protokoll lautet wie folgt: Ich (bin) Dareios, der große König, König der Könige, König der Länder mit allen Stämmen, König auf dieser großen Erde auch weithin, des Hystaspes Sohn, ein Achaimenide, ein Perser und Sohn eines Persers, ein Arier (Iranier), von arischer Abstammung.1449

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die aramäische Version aus Elephantine als „a training manual in kingship of sorts for the king’s retainers and troops“ zu lesen sei. Cf. Jacobs 2010, 109. Cf. ibid., 110 unter Verweis auf DNb 50–55: „Junger Mann! Mache (dir selbst) gar sehr bewußt, welcher Art du bist, welcher Art deine Fähigkeiten (sind), welcher Art dein Verhalten (ist). Nicht erscheine dir das am besten, was deine Ohren (= dir in die Ohren) gesagt wird; höre auch das, was darüber hinaus (sonst) gesagt wird“ (marīka! dṛšam azdā kušuvā, ciyākaram ahi, ciyākaramtaḭ ūnarā, ciyākaramtaḭ parīyanam; mātaḭ ava vahištam ϑadaya, tayataḭ gaṷšāyā ϑanhyāti; avašci āxšnu­ di, taya paratar ϑanhyāti). Wiesehöfer 2018a, 107. Ibid., 102. Cf. ibid. sowie Garrison 2013, 589: „Their [gemeint sind die Inschriften] primary purpose would seem to have been iconographical rather than textual. That is, the primary semantic function of these inscriptions would be as a signifier of power via the control or application of specialized, indeed almost mystical, knowledge.“ Cf. Silverman 2018, 263 f.: „Its [gemeint ist das Monument von Bisutun] height on the cliff indicates that the function here is extra-textual, meant to impress rather than to be read.“ Die aramäische (auf Papyrus überlieferte) Version aus Elephantine hingegen habe (ibid., 264) „a distinctly propagandistic function.“ Cf. Shayegan 2012, 73–108; Wiesehöfer 2018a, 107. Über den Weg der mündlichen Überlieferung wurden demnach auch ‚achaimenidische Traditionen‘ an die Parther und Sasaniden vermittelt. Cf. Shayegan 2017. Generell zur Herrscherlegitimation im Achaimenidenreich cf. Ahn 1992; Schmitt 1977; Jacobs 2013; Kuhrt 2010; Barjamovic 2012; Rollinger 2011d; Ehrenberg 2007; Sancisi-Weerdenburg 1993a. DNa 8–16: adam Dārayava.uš, xšāyaϑiya vazṛka, xšāyaϑiya xšāyaϑiyānām, xšāyaϑiya dahyūnām vi­ spazanānām, xšāyaϑiya ahyāyā būmiyā vazṛkāyā dūraį api, Vištāspahyā puҫa, Haxāmanišiya, Pārsa, Pārsahyā puҫa, Ariya, Ariyaciҫa. Deutsche Übersetzung des altpersischen Textes Schmitt 2009.

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Der Selbstvorstellung vorangestellt ist ein Lobgesang auf den Gott Ahuramazda, der die Königswürde verleiht: Der große Gott ist Ahuramazdā, der diese Erde erschaffen hat, der jenen Himmel erschaffen hat, der den Menschen erschaffen hat, der das Glück erschaffen hat für den Menschen, der Dareios (zum) König gemacht hat, den einen zum König über viele, den einen zum Gebieter über viele.1450

Der Achaimenidenkönig legitimiert sich somit erstens über seine genealogische und ethnische Herkunft, i. e. zum einen über seine Abstammung von Haxāmaniš/Achaimenes und zum anderen über seine Zugehörigkeit zu den ‚Ariern‘ (Ariya, Ariyciça) und zum Volk der Perser: Er ist „Sohn eines Persers“ (Pārsahyā puça) und „König in Persien“ (xšāyaϑiya Pārsai).1451 Pārsa erscheint mithin als das Herz des Reiches. Zweitens weist ihn der Titel ‚König der Könige‘ (xšāyaϑiya xšāyaϑiyānām) gegenüber den Herrschern der Vorgängerreiche als überlegen aus,1452 wobei hier nicht nur Assyrer und Meder, sondern auch an die Könige anderer Imperien – Urartu, Babylonien oder Lydien  – inbegriffen sein dürften.1453 Drittens verdankt sich die Rechtmäßigkeit des Großkönigs seiner Investitur durch den Gott Ahuramazda. Indes, die Grundkonstituenten der achaimenidischen Herrscherlegitimation – die „Legitimation durch Abstammung“,1454 die „Legitimation durch die Tat“1455 und die „Legitimation durch göttliche Sanktionierung“1456 – sind (in ihrer Gewichtung) keineswegs statisch. Vielmehr durchlief die Ideologie Wandlungsprozesse respektive eine „formative Phase des Experimentierens“,1457 die erst mit Artaxerxes I. (486–425 v. Chr.) ihren Abschluss fand.1458

1450 DNa 1–8: baga vazṛka A.uramazdā, haya imām būmīm adā, haya avam asmānam adā, haya mar­ tiyam adā, haya šiyātim adā matiyahyā, haya Dārayava.um xšāyaϑiyam akunaṷs, aḭvam parūnām xšāyaϑiyam, aḭvam parūnām framātāram. Deutsche Übersetzung des altpersischen Textes Schmitt 2009. 1451 DB 102; DSe 12–14; XPh 12–13. 1452 Cf. Wiesehöfer 2005b, 53. Schmitt 1977, 387; 396 betont, dass nicht der Vorrang gegenüber ‚Unterkönigen‘, Satrapen oder königlichen Gefolgsleuten gemeint sein kann, da ihnen in Ermangelung eines ‚Reiches‘ (xšaça) keine Königswürde zukommt. 1453 Cf. ibid. sowie Wiesehöfer/Rollinger 2012, 71 mit Anm. 65. Zu diesem in Assyrien seit dem 13. Jahrhundert bezeugten Titel cf. Kap. I.2.6. In Form eines Personennamens begegnet die Formel ‚König aller Könige‘ bereits in altakkadischer Zeit und ist für den letzten König aus dem Geschlecht Sargons, Scharkalischarri, bezeugt (cf. Kap. I.2.4). 1454 Rollinger 2014a, 156. 1455 Ibid., 155. 1456 Ibid. 1457 Ibid. 1458 Cf. Wiesehöfer/Rollinger 2012, 67–70; Rollinger 2014b. Seit der Regierungszeit dieses Herrschers nimmt sowohl die Frequenz als auch die Originalität und Qualität der Inschriften ab. Zuweilen werden fehlerhafte Sprachfomen verwandt, und die Texte erhalten einen repetitiven, formelhaften Charakter. Tatsächlich sind diese Inschriften nicht als programmatische Selbstäußerungen einzelner Könige, sondern vielmehr als zeitlose herrscherideologische Monumente großköniglicher Macht zu begreifen. Cf. Sancisi-Weerdenburgh 1999.

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Zu allen Zeiten omnipräsent sind dynastische Legitimationsstrategien, die die die Kontinuität einer Familie betonen, wobei der Kronprinz augenscheinlich bereits zu Lebzeiten des regierenden Königs designiert wurde.1459 Dabei konnte das ‚gesetzlich‘ nicht festgeschriebene Prinzip der Primogenitur übergangen bzw. angefochten werden.1460 Die Legitimation durch persönliche Leistung hingegen, die zu vielen Zeiten der altorientalischen Geschichte, allzumal der neuassyrischen, so hohe Relevanz besaß, ist im achaimenidischen Textkorpus nur in der Anfangsphase greifbar. Dies gilt im Besonderen für das bereits mehrfach erwähnte Monument von Bisutun, das, zwischen Kermanschah und Hamadan gelegen, den Triumph Dareios’ I. im ‚Bürgerkrieg‘ des Jahres 522 v. Chr. in Wort und Bild verewigt.1461 Dieses Monument, das in mehreren Phasen entstand, zeigt in zwei Registern ein den Sieg verherrlichendes Relief und eine Trilingue (Altpersisch, Elamisch, Babylonisch), die sich beide deutlich an altorientalischen Vorbildern orientieren:1462 Das Relief, das im Unterschied zu den assyrischen Wand-

1459 Auf den ‚Schatzhausreliefs‘ erscheinen der thronende Großkönig und der hinter ihm stehende Kronprinz in identischer Tracht und mit den königlichen Insignien (Lotus, Kitaris) ausgestattet. Cf. Binder 2010, 484. Nagel 1982, 112–118; 122–129 geht von einer streng reglementierten Dyarchie aus. Calmeyer 1976, 68–90 erbringt den Nachweis, dass ein derartiges ‚Doppelkönigtum‘ in der Zeit von Dareios I. bis zu Artaxerxes II. zumindest fakultativ eintreten konnte. 1460 Cf. Keaveney 2010, 500 f. Der erstere Fall trat etwa beim Regierungswechsel von Dareios I. auf Xerxes I. ein, der als Sohn der Kyrostochter Atossa gegenüber seinem älteren Halbbruder Artabazanes, dem Sohn einer Tochter des persischen Aristokraten Gobryas, bevorzugt wurde. Cf. Hdt. 7, 2–4 und XPf 27–36: „Es kündet Xerxes, der König: Dareios hatte auch andere Söhne; (aber) Ahuramazdā war es so der Wunsch: Dareios, mein Vater, hat nach sich selbst mich zum größten gemacht. Als mein Vater Dareios sich zu seinem Platz (im Jenseits) begeben hatte, nach dem Willen Ahuramazdās bin ich König geworden anstelle des Vaters“ (ϑāti Xšayaṛša xšāyaϑiya: Dārayavahaṷš puҫa aniyaḭci āhantā; A.uramazdām avaϑā kāma āha: Dārayava.uš haya manā pitā pasā tanūm mām maϑištam akunaṷš; yaϑāmaḭ pitā Dārayava.uš gāϑavā ašiyava, vašnā A.uramazdahā adam xšāyaϑiya abavam piҫa gāϑavā). Die vom Vater initiierte Thronfolge konnte jedoch auch im Nachhinein angefochten werden, wie der Versuch Kyros’ d. J., seinen älteren Bruder Artaxerxes II. zu entthronen, lehrt. Cf. Plut. Art. 3; Xen. Anab. 1, 1, 3. Eine nicht unerhebliche, dem römischen Prätorianerpräfekten vergleichbare Rolle bei Palastverschwörungen könnte der Chiliarch spielen. Cf. Keaveney 2010. 1461 Cf. Schmitt 1990; Jacobs 2012, 109; 111; Wiesehöfer 2005b, 33–43; Ahn 1992, 17–77; Rollinger 2014b, 196–200; 2016a. Der in Medien gelegene Berg von Bisutun wurde in achaimenidischer Zeit ‚Platz der Götter‘ (bagastāna) genannt. 1462 Cf. Vallat 2011, 268–270; Wiesehöfer 2005b, 36–38. Das Relief im zentralen Bildfeld des oberen Registers zeigt dreizehn Personen: Dareios, der – den Kronprinzen und Würdenträger im Gefolge – den Mager Gaumata mit dem Fuß niedertritt sowie neun gefesselte ‚Lügenkönige‘ und den ‚Mann in der Flügelsonne‘ (s. u.). Das Bild wird von zwei Inschriften in elamischer und akkadischer Sprache flankiert. Das zweite Register enthält eine weitere elamische Version (links) sowie die altpersische Fassung (rechts). Der ersten Entstehungsphase zuzurechnen sind das Relief, die elamischen Beischriften DBa–DBj, die akkadischen Beischriften DBb–DBj, die erste große elamische Inschrift sowie die akkadische (babylonische) Version. Da die später hinzugefügte Figur des spitzmützigen Skythenkönigs Skuncha die erste elamsiche Fassung teilweise überdeckte, wurde eine weitere im zweiten Register angebracht und schließlich auch die altpersische Fassung hinzugefügt.

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bildern keine konkrete Kampfszene abbildet, sondern eine Art „summary tableau“1463 aller Erfolge darstellt, folgt ikonographisch sowohl dem Relief des Lullubäerkönigs Annubanini bei Sar-i Pul aus dem dritten Jahrtausend als auch der Naramsin­Stele, die im 12. Jahrhundert v. Chr. von den Elamern nach Susa verschleppt worden war (s. o. Kap. I.2.4).1464 Desgleichen zeichnet sich der zugehörige ‚Tatenbericht‘ durch mannigfaltige Bezüge zur Herrschaftsrhetorik des Alten Orients aus und rekurriert auf Motive, die sich teilweise bis ins dritte Jahrtausend v. Chr. zurückverfolgen lassen.1465 Der Text operiert (gleichsam ‚historiographisch‘) mit exakten Datumsangaben und Lokalisierungen der Schlachten sowie mit statistischen Angaben unter namentlicher Nennung der Gegner:1466 Kambyses (II.), so heißt es (DB 128–135), tötete seinen Bruder Bardiya und zog nach Ägypten. „[D]araufhin wurde das Volk treulos“ (pasāva kāra arīka abava), und „Trug (draṷga) geschah im Lande in großer Zahl.“ Sodann raubte (adinā) der Mager Gaumata dem Geschlecht des Dareios die Herrschaft.1467 Dieses Postulat der dynastischen Legitimität des Geschlechts der Achaimeniden wird im Folgenden durch ein ‚Katastrophenszenario‘ gestützt, „um nachträglich den [tatsächlichen] Bruch von Herrschaftskontinuität zu kaschieren.“1468 In grellen Farben wird (DB 148–155) die ‚Unheilsherrschaft‘ Gaumatas geschildert, der das ‚Volk‘ (kāra) in großer Zahl zu töten pflegte. Keiner, so Dareios, wagte Gaumata die Stirn zu bieten, „bis ich kam“ (yātā adam ārsam). Der Achaimenide wird folglich als ‚Erlösergestalt‘ vorgestellt, der (durch göttlichen Beistand) Gaumata mit wenigen Getreuen zu töten vermag (DB 155–161). Sodann stellt er die von dem Mager angeblich zerstörten Kultstätten wieder her, gibt dem Volk seinen Besitz (Gehöfte, Vieh, Gesinde) zurück „genau wie es früher war“ (yaϑā paruvamci). Innerhalb des Reichsgefüges herrscht wieder die (gottgegebene) gesellschaftliche Ordnung: „Ich stellte das Volk wieder an seinen Platz.“1469 Im Folgenden ist von den Taten des Dareios nach Regierungsantritt die Rede (DB 171– 402; 501–536), die den reichsweiten Bürgerkrieg von 522 v. Chr. in den Fokus stellen. Wenn Dareios sich (DB 402–407) rühmt, neunzehn Schlachten in einem einzigen Jahr geschlagen und (DB 407–439) neun Könige gefangen gesetzt zu haben, so liegt hier eindeutig eine Reminiszenz an Naramsin von Akkad vor, der (desgleichen im Kontext einer reichsweiten Rebellion) für sich in Anspruch genommen hatte, neun Schlachten

1463 Ehrenberg 2008, 108. 1464 Cf. Rollinger 2016a, 7–22; Feldman 2007, passim. Eine Umzeichnung des Reliefs bei Sar-i Pul findet sich bei Feldman 2007, 288, die Naramsin-Stele ibid., 289 sowie bei Moortgat 1969, pl. 135. Zum Vermeiden narrativer Szenen in der achaimenidischen Kunst cf. Root 2000, 22. 1465 Cf. Rollinger 2016a, 22–40. 1466 Cf. Rollinger 2014b, 196–200; Wiesehöfer/Rollinger 2012, 68. 1467 Cf. DB144–146: „Diese Herrschaft, die Gaumata der Mager dem Kambyses raubte, – diese Herrschaft gehörte von alters her unserem Geschlecht“ (aḭta xšaçam, taya Gaṷmāta haya maguš adinā Kambūjiyam, – (aḭta xšaçam hacā paruviyata amāxam taṷmāyā āha). 1468 Müller 2008, 62. Cf. ibid., 62–65. 1469 DB 166 f.: adam kāram gāϑavā avāstāyam.

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in einem einzigen Jahr siegreich bestanden zu haben.1470 Mit seinen neunzehn Schlachten tritt Dareios indessen in ein (bewusstes?) Konkurrenzverhältnis zu seinem berühmten ‚Vorgänger‘ und zu allen „früheren Könige[n]“ (tayaḭ paruvā xšāyaϑiā): Es kündet Dareios, der König: Die früheren Könige – solange sie waren, ist von diesen so viel nicht getan worden, wie von mir nach dem Willen Ahuramazdās in ein und demselben Jahr getan (worden ist).1471

Die überkommene Übertreffungsmetaphorik (claim of heroic priority) stellt indessen nur ein dem altorientalischen Motivrepertoire entnommenes Element dar. In gleicher Weise folgen die ‚Fluch‘- und ‚Beteuerungsformeln‘ (DB 444–445; 457–467)1472 wie auch die Herausstellung der Tat als Legitimationsstrategie an sich mesopotamischen Vorgaben. Indes, diese Form der ‚historischen‘ Berichterstattung sollte bereits unter Dareios I., vollends jedoch unter seinen Nachfolgern, in den Hintergrund treten.1473 In den Fokus tritt nunmehr die Legitimation durch göttliche Sanktionierung, die zum Standardrepertoire altorientalischer Herrschaftsrhetorik gehörte und folglich bereits im Kyroszylinder begegnet, der die Erwählung des persischen Reichsgründers durch den babylonischen Stadtgott Marduk schildert (s. u. Kap.  I.4).1474 Der Text enthält indessen keineswegs ein persönliches ‚Bekenntnis‘ des Kyros, sondern ist vielmehr Ausdruck der „strukturellen Toleranz“1475 der Perserkönige, die sich bis zu einem gewissen Grade in indigene Traditionen einfügten, was „einen flexiblen Umgang mit Elementen der Herrschaftsrepräsentation zur Folge hatte.“1476 Dieses Vorgehen sowie

1470 Cf. die Bassetki­Statue (Ns. 1 = RIME II E2 1.4.10), Z. 3–19: „[Naramsin hat], als die vier Weltgegenden insgesamt gegen ihn rebellierten (ì­nu ki­ib­ra­tum ar­ba­um ís te9-ni­ig i­KIR-ni­sú), durch die Liebe, die Ištar ihm erwiesen hat, neun Schlachten in einem einzigen Jahr (10 LÀ 1 KAS.ŠUDUN in MU 1) siegreich bestanden und die Könige, die sich gegen ihn erhoben hatten, gefangen genommen.“ Cf. ferner Ns. 3, 6–8; Ns. A1, 6–8. 1471 DB 450–452: ϑāti Dāryava.uš xšāyaϑia: tayaḭ paruvā xšāyaϑiā – yātā āha, avaḭšām avā naḭ asti kṛtam yaϑā manā vašnā A.uramazdāha hamahyāyā ϑarda). Deutsche Übersetzung des altpersischen Textes nach Schmitt 2009. 1472 DB 444 f.: „Ich nehme Ahuramazdās Zorn auf mich, dass (ich) dies wirklich, ungelogen tat in ein und demselben Jahr“ (A.uramazdāha ragam vṛdiyaḭ, yaϑā ima hašiyam, naḭ duruxtam adam akunavam hamahyāyā ϑarda). Diese Form der Beteuerung findet sich bereits in den Inschriften des Rimusch von Akkad. Cf. etwa Rš C6 (= RIME II E2 1.2.6), Z. 85–90. Auch die Fluchformeln sind bereits fester Bestandteil der altakkadischen Inschriften. 1473 Cf. Rollinger 2014b, 162; Wiesehöfer/Rollinger 2012, 68. 1474 Cf. Kyroszylinder Z. 12 (= Schaudig 2001, K2.1, 552; 555): „[Marduk] suchte gründlich und ergriff dann mit seiner Hand einen gerechten König, seinen Herzenswunsch, Kūraš, den König der Stadt Anšan, berief er mit seinem Namen, zur Königsherrschaft über das gesamte All nannte er seinen Namen“ (iš­te’­e­e­ma ma­al­ki i­šá­ru bi­bil šà-bi­ša it­ta­ma­aḫ qa­tu­uš­šu Iku­ra­áš l u g a l u r u an­ša­an it­ta­bi ni­bi­it­su a­na ma­li­ku­tì kul­la­ta nap­ḫar iz­zak­ra šu­┌um­šú┐*) 1475 Wiesehöfer 2015b, 71. 1476 Rollinger 2014a, 156. Cf. auch Silverman 2018, 262. Zugleich ist zu betonen, dass Kyros sich nicht als Nachfahre der babylonischen Könige präsentiert, sondern sich auf seine persischen Ahnen beruft. Cf. Wiesehöfer 2015c, 49.

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das Abstehen von einer gewaltsamen ‚Persifizierung‘ ist auch späterhin gerade in den alten ‚kulturellen Zentren‘ des Reiches (Ägypten, Babylonien) vielfach bezeugt.1477 So knüpfen nicht nur die babylonischen Inschriften des Kyros, sondern auch diejenigen Dareios’ I. vielfach an babylonische Konventionen an.1478 Weiterhin haben neuere Untersuchungen nicht allein die religiöse Intoleranz, die Xerxes Herodot zufolge in Babylonien an den Tag gelegt haben soll, zu widerlegen vermocht.1479 Auch die Veränderung der Titulatur ab dem fünften Monat des ersten Regierungsjahres des Xerxes ist keineswegs als ‚Abwertung‘, geschweige denn als Strafmaßnahme zu deuten: Von diesem Zeitpunkt an erscheint in einigen babylonischen Texten anstelle des indigenen Titels ‚König der Länder‘ das neue Element ‚König von Persien und Medien‘ (LUGAL par­su ma­a-da­a), das auch in den Varianten ‚König von Persien, Medien und der Länder‘(LUGAL par­su ma­a-da u KUR.KUR) ‚König von Persien und Medien, König von Babylon und der Länder‘ (LUGAL par­su ma­a-da­a LUGAL TIN.TIRki u KUR.KUR u. ä.) vorkommt.1480 Anders als von der älteren Forschung vermutet, ist indessen auch die althergebrachte babylonische Titulatur autonom (i. e. ohne den Zusatz ‚König von Persien und Medien‘) bis zum vierzehnten Regierungsjahr des Xerxes belegt.1481 1477 Dies betont auch Haubold 2007, 49 und fügt hinzu: „This was not simply a matter of dressing up Persian power in a local garb. Rather, the history and culture of the subject peoples, as articulated in their religious traditions and their classic works of literature, were seen to feed into, and converge with, the needs of the empire.“ Cf. Wiesehöfer 2009a, 85 f.; 93 f.; Wiesehöfer/Rollinger 2012, 78 f. 1478 Cf. Wiesehöfer 2009a, 89. So erscheint Dareios in der babylonischen Version der Bisutun­Inschrift als ‚König durch den Willen Bels‘. Cf. Seidl 1999. 1479 Cf. Wiesehöfer 2002b, 36–41; Rollinger 2014c; Henkelman/Kuhrt/Rollinger/Wiesehöfer 2011. Zur der Regierung des Xerxes in Babylonien cf. ferner die Beiträge in Waerzeggers/Seirje 2018. Generell liegt der Akzent der großköniglichen Verlautbarungen in Babylonien weniger auf dem Aspekt der gewaltsamen Eroberung als auf der Herausstellung der Legitimität nach babylonischen Vorstellungen. Cf. Wiesehöfer/Rollinger 2012, 69 sowie Kap. I.4. 1480 Cf. etwa Graziani 1983, 16/17, Nr. 13 (‚König von Persien und Medien‘/šar Par­su Ma­da­a­a); ibid., 17/8, Nr. 15; 20–23, Nr. 16–18 (‚König von Persien, Medien, Babylonien und der Länder‘/šar kur Par­su šar kurMa­da­a­a šar Bābili ki u mātāté). Cf. Rollinger 1998b, 355–361 mit der älteren Literatur sowie 1999b zu weiteren Belegen. 1481 Cf. Graziani, 24/25, Nr. 20 (‚König von Babylon und der Länder‘/šar Bāb]ili ki šar ┌mātāté┐). Cf. Rollinger 1998, 355–361; 1999b (Nachträge); Wiesehöfer 2002b, 40. Eine ähnliche Revision verlangt möglicherweise die Darstellung des Kambyses, der Hdt. 3, 27–29 zufolge in Ägypten den Apsisstier getötet und sich an ägyptischen Kulten vergangen haben soll. Ägyptische Dokumente weisen Kambyses jedoch als einem um die Achtung indigener Traditionen besorgten Monarchen aus, der auch den Apisstier, der in seinem fünften Regierungsjahr verstarb, ehrenvoll bestatten ließ. Cf. die Hieroglypheninschrift auf dem Apis­Sarkophag (Text: Posener 1936, Nr. 3 und pl. II. Englische Übersetzung nach Kuhrt 2007, 124): „The Horus Smatowy, King of Upper and Lower Egypt, Mesutire, Son of Re, Cambyses – may he live forever! He has made a fine monument for his father Apis-Osiris with a great granite sarcophagus, dedicated by the King of Upper and Lower Egypt, Mesutire, Son of Re, Cambyses – may he live forever, in perpetuity, full of health and joy, appearing as King of Upper and Lower Egypt eternally.“ Desgleichen folgt die Ikonographie der Kalkstein-Stele, die Kambyses in der Rolle des legitimen Pharaos bei der Verehrung des Apis zeigt, ägyptischen Traditionen. Cf. ferner die Inschrift des Kambyses auf dem Apis­Sarkophag (Text:

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In den Kernregionen Irans erscheint seit Dareios I. der Gott Ahuramazda in herausgehobener Position.1482 Die ‚Konfession‘ der Perserkönige sowie das Verhältnis des achaimenidischen ‚Mazdaismus‘ zum zoroastrischen Glauben sind nicht sicher geklärt.1483 Ihre Religion, die keineswegs alleinige Geltung im Reich, ja nicht einmal im persischen Herzland beanspruchte,1484 scheint eher henotheistisch denn streng monotheistisch ausgerichtet gewesen zu sein; dies lehren nicht zuletzt die wiederkehrenden

Posener 1936, Nr. 4; Kuhrt 2007, 124). Indessen haben rezentere Studien, die den ägyptischen Vorstellungen von Weltordnung und Königtum Rechnung tragen, auch die mit den indigenen Zeugnissen verbundenen Probleme herausgestellt: So werden regierende Pharaonen in offiziellen Inschriften grundsätzlich positiv, i. e. als ‚Hüter der Maat‘, dargestellt. Auf der anderen Seite spricht der sogenannte Bagoas­Brief, ein Schreiben an Bagavahya, den persischen Gouverneur von Juda, durchaus von der Zerstörung ägyptischer Tempel, und selbst der bekannte ‚Kollaboratuer‘ mit den Persern, Udjahorresnet, der als solcher ein Interesse daran haben musste, die persischen Invasoren in einem guten Licht erscheinen zu lassen, verschweigt die ‚Verwüstungen‘ nicht, die mit der Eroberung einhergingen (Text: Posener 1936, Nr. 1; Kuhrt 2007, 117–121). Schließlich blieben die Kürzungen der Tempeleinkünfte durch Kambyses, von denen die in ptolemäischer Zeit verfasste Demotische Chronik (Kuhrt 2007, 124–127) berichtet, und die häufig als Erklärung für den schlechten Leumund des Kambyses in Teilen der ägyptischen Priesterschaft herangezogen wurden, anscheinend begrenzt. Cf. Agut-Labordère 2005. Cf. zusammenfassend Vittmann 2011, der (ibid., 375) festhält, dass „Versuche, aus Floskeln und stereotypen Wendungen und schon aus der Textauswahl das individuelle Verhältnis zum Königtum […] im Sinne von Akzeptanz oder Ablehnung ablesen zu können, äußerst bedenklich sind.“ Zur Zeichnung des Kambyses in der ägyptischen Überlieferung cf. Dillery 2005, 400–402; Vittmann 2003, 216; Kuhrt 1995a, 663; Briant 1996, 67 f. Die Perserherrschaft in Ägypten behandeln Sternberg-Hotabi 2002; 2006; 2016; Wasmuth 2017; Ruzicka 2012. Cf. ferner die Quellensammlung Sternberg-el Hotabi 2017. Zu den ägyptischen ‚Kollaborateuren‘ in persischer Zeit cf. Huß 1997. 1482 Es handelt sich um die altpersische Schreibweise des avestischen Ahura Mazdā (‚der weise Herr‘). Cf. Stausberg 2001, 165. 1483 Cf. zur achaimenidischen Religion Stausberg 2001, 155–187; Boyce 1985; De Jong 2010a; 2010b; Knäpper 2011; Lincoln 2012; Jacobs 2007b; Kuhrt 2010, 91 f. Zur religiösen Herrscherlegitimation cf. Ahn 1992; Lincoln 2008; 2012; Sancisi-Weerdenburgh 193. Probleme bei der Klassifizierung des achaimenidischen ‚Bekenntnisses‘ als zoroastrisch ergeben sich aus der Datierung der Lebenszeit Zarathustras, die zwischen dem zweiten Jahrtausend und dem sechsten Jahrhundert v. Chr. schwankt. Die Texte des Avesta, der Heiligen Schrift der Zoroastrier, sind desgleichen nicht sicher datierbar. Eine erste schriftliche Fixierung erfolgte wohl in sasanidischer Zeit im fünften Jahrhundert n. Chr., die ältesten Handschriften stammen aber erst aus dem neunten oder zehnten Jahrhundert n. Chr. Weiterhin scheinen die (immerhin für die Könige bezeugten) achaimenidischen Bestattungsbräuche (in Felsgräbern) zoroastrischen Glaubensvorstellungen zu widersprechen. Möglicherweise hingen die Achaimeniden einer ‚Frühform‘ des Zoroastrismus jungavestischer Prägung an. Cf. Wiesehöfer 2015b, 67–69; Stausberg 2001, 155–187 mit Anm. 111 und 112. Die Beiträge in Henkelman/Redard 2017 verarbeiten neues Quellenmaterial und gehen der Frage nach, ob indo-iranische oder elamische und/oder mesopotamische Traditionen in den religiösen Vorstellungen der achaimenidischen Zeit prävalierten. 1484 Cf. Henkelman 2017, der anhand des Befundes der Persepolis­Tafeln die Persistenz anderer Kulte und Gottheiten neben Ahuramazda, zumal des elamischen Gottes Humban, in der achaimenidischen Persis aufzeigt und (ibid., 318) festhält: „Auramazdā, who, like Aššur, grew with the emergence of empire, may have been of central importance in the king’s ideology, but he was less so in the reality of the Achaemenid heartland. In PFA he is a god of modest importance […] simply because Auramazdā lacked the popularity that made Humban appear so prominently.“

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Formeln „Ahuramazda und die anderen Götter, die es gibt“ (A.uramazdā utā aniyāha bagāha) und „Ahuramazda zusammen mit den anderen Göttern“ (A.uramazdā hadā bagaḭbiš). Seit Artaxerxes II. (404–359 v. Chr.) treten mit Anahita und Mitra sogar zwei weitere namentlich genannte Gottheiten in den Inschriften auf.1485 Gleichwohl ist Ahuramazda der „größte unter den Göttern“ (maϑista bagānām).1486 Die Verehrung des höchsten Gottes verheißt Erfolg und Glück (šiāti): „Wer Ahuramazda verehrt, dem soll (seine) Bitte (gewährt) sein, sowohl zu Lebzeiten als auch, (wenn er) tot (ist).“1487 Ob das wiederkehrende ikonographische Motiv des ‚Mannes in der Flügelsonne‘ Ahuramazda oder den königlichen ‚Glücksglanz‘ (*farnah) darstellt, lässt sich nicht sicher entscheiden. Reliefdarstellungen der Königsgräber von Naqsch-i Rustam zeigen den auf einem Podest sitzenden Großkönig vor einem Altar, während er eine ‚Grußgeste‘ (?) in Richtung eines bärtigen Mannes vollzieht, der in einer Flügelscheibe thront. Das nämliche Symbol erscheint andernorts auch ohne die Figur, die die Geste erwidert und dem Herrscher einen Ring darreicht.1488 Handelt es sich bei der Flügelsonne um 1485 Cf. etwa A2 Ha 5, wo der König verkündet, er habe den Palast zu Ekbatana „nach dem Willen Ahuramazdas, Anāhitās und Mitras“ (vašnā A.uramazdā [sic], Anāhitā utā Mitra) errichten lassen. Berossos (FGrH 680 F 11 = Verbrugghe/Wickersham 1996 F 12 = Burstein 1978, 29, Nr. 5.2) zufolge soll Artaxerxes II. erstmalig die reichsweite Aufstellung von Statuen der Aphrodite-Anahita befohlen haben. Cf. Binder 2010, 480. Soudavar 2003, 53–55 vertritt die These, dass Kyros und Kambyses Anhänger der Mithras-Religion gewesen seien. Dareios I. habe zwar Ahuramazda zum höchsten Gott erhoben, aber Elemente des Mithras-Kultes aufgenommnen. So sieht Soudavar im Motiv der Sonnenblume, die aus einem Lotus herauswächst, ein Symbol für den Aufstieg des Mithras (Sonne) aus den Wassern der Apam-Napat (Abend/Lotus). Als problematisch erweist sich hier indessen einmal mehr die Nutzung der (späten) zoroastrischen Texte, namentlich des Schöpfungsbuches Bondahesh. 1486 Cf. etwa XPa 1–2: „Der große Gott ist Ahuramazda, der der größte unter den Göttern ist“ (baga vazṛka A.uramazdā haya maϑista bagānām). 1487 DB 518–520; 533–536: haya A.uramazdām yadātaḭ, avahyā yānam ahati, utā jīvahyā utā mṛtahyā. Der altpersische Terminus šiāti (‚Glück‘), der auf ein indoiranisches *čḭāta/i zurückgeht und in den altavestischen Gathas als šiiāt- erscheint, bedeutet ‚Glück(seligkeit)‘, i. e. sowohl Wohlstand als auch inneres Glück. Cf. Schmitt 2014b, 248, s. v. šiāti; Kuhrt 2010, 91; Lincoln 2012, 258–268. 1488 Das Symbol der Flügelscheibe ist in vorachaimenidischer Zeit in der mesopotamischen und ägyptischen Kunst präsent. In Mesopotamien mag sie die Götter Assur und/oder Schamasch versinnbildlicht haben. Für die achaimenidische Kunst favorisieren Wiesehöfer 2010a; Calmeyer 1979; 1984; Shahbazi 1974; 1980 die Identifizierung des Symbols mit dem *farnah, Lecoq 1984 mit Ahuramazda. Soudavar 2003, 3 f.; 95 f. zufolge steht die Flügelsonne mit Figur für Ahuramazda, diejenige ohne Figur für das *farnah, wobei die einfache Sonnenscheibe der vorachaimenidischen Mithras-Religion entnommen worden sei. Cf. auch Ehrenberg 2008, 111; Kuhrt 2010, 92. Rollinger 2011d, 20–22 tendiert (mit Vorbehalt) für die Identifizierung des Mannes in der Flügelsonne mit Ahuramazda, zumal *farnah in den Königsinschriften keine Erwähnung finde. Möglicherweise steht das persische *farnah mit dem mesopotamischen melammu (s. o. Kap. I.2.2) und dem elamischen Konzept kitin in Verbindung, das man als „god-given royal power“, „divinely-enforced legal protection“, „legal authority“, „legal order, rules“, „divine symbol, emblem“, (Zitate nach Henkelman 2008, 364 mit den Belegen ibid., Anm. 851) oder mit Henkelman 2008, 364 als „divine authority and power from the divine down into the mortal world“ begreifen mag. Cf. Rollinger 2011d, 22. Bezeichnenderweise erscheint der Terminus noch in der elamischen Fassung der Daivā­Inschrift

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ein Emblem des Gottes Ahuramazda, so ließe sich die Szene als eine Art ‚Investiturritual‘ deuten.1489 Doch auch die Identifizierung des Symbols mit *farnah rückte den König in die Nähe des Gottes, in dessen Auftrag er agiert:1490 Alle Taten des Dareios sind dem Willen des Schöpfergottes entsprungen, dessen Gunst ihm umfassenden Erfolg beschert.1491 „Durch den Willen Ahuramazdas“ (vašnā A.uramazdāhā) ist er König,1492 Ahuramazda hat ihm die Herrschaft respektive das ‚Reich’ (xšaça) verliehen,1493 und nach dem Willen des Gottes haben alle Länder, die Dareios untertan sind, das königliche Gesetz (dātā) befolgt.1494 Dareios greift mithin das der mesopotamischen Königslegitimation inhärente Motiv der Erwählung des legitimen Monarchen durch eine Gottheit auf, die ihn als seinen irdischen Sachwalter einsetzt:1495 Es kündet Dareios, der König: Ahuramazdā, als er diese Erde in Aufruhr geraten sah, da(raufhin) hat er sie mir verliehen; mich hat er zum König gemacht; ich bin König. Nach dem Willen Ahuramazdās habe ich sie (wieder) an den (rechten) Platz gesetzt; was ich ihnen sagte, das taten sie, wie es mein Wunsch war.1496

Die religiöse Sanktionierung der Herrschaft im achaimenidischen Iran, die den Monarchen selbst nicht zum Gott, wohl aber zu dessen höchsten Repräsentanten auf

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des Xerxes (XPhe 30–32): „Dann vernichtete ich durch die Kraft Ahuramazdas den Ort der daivāVerehrung und legte kitin über ihn, auf dass das Opferfest der daivā nicht mehr gefeiert werde.“ Deutsche Übersetzung nach Rollinger 2011d, 22. Cf. Kuhrt 2010, 92 mit Anm. 41, deren Ansicht nach der Ring nicht mit dem mesopotamischen ‚Ring und Stab‘ gleichzusetzen sei, sondern den Investiturszenen parthischer und sasanidischer Reliefs näherstehe. Cf. Potts 1999, 402, Fig 10. 14 (Kadas-Stele aus Susa); 403, Fig. 10. 16 (Tang-i Sarvak II.). Cf. Ehrenberg 2008, 113 f., die weiterhin in Betracht zieht, dass das Kreissymbol auf die Ewigkeit und Unendlichkeit des Universums abhebe: „If the ring is interpreted to be the cosmic or celestical circle, it would be fitting that the deity would literally be handing the universe to the king, and the power to rule it.“ Cf. etwa DSj 2–4: „Es kündet Dareios, der König: Alles, was ich gemacht habe, habe ich nicht anders gemacht, als es Ahuramazda der Wunsch war; so habe ich (es) gemacht; mir war Ahuramazda freund(lich gesinnt); was ich gemacht habe, das alles war für mich erfolgreich.“ (visam, taya adam akunavam, aniyaϑā naḭ akunavam, yaϑā A.uramazdām kāma āha; avaϑā adam akunavam; mām A.uramazdā daṷšta āha; taya akunavam, ava visam ucārammaḭ āha). Cf. z. B. DB 111–112; DPd 4–5; A2 Hc 16–18. Cf. die Belege zu ähnlichen Wendungen bei Schmitt 1977, 391, Anm. 39–40. Cf. DB 112; 124 f.; 160 f.; DPd 3 f.; DPh 8; DSf 10 f.; DSp 2; DZc 3 f. Zur Bedeutung von xšaça s. u. Cf. DB 122–123: „Nach dem Willen Ahuramazdas haben diese Länder mein Gesetz befolgt“ (vašnā A.uramazdāha imā dahyāva tayanā manā dātā apariyāya). Cf. dagegen die Befehlsform in XPh 49 f. und 51–53: „(so) befolge dieses Gesetz, das Ahuramazda erlassen hat“ (avanā dātā parīdi, taya A.uramazdā niyaštāya). Cf. Wiesehöfer 2015c, 50. Cf. Ahn 1992, 198. DNa 30–38: ϑāti Dārayava.uš xšāyaϑiya: A.uramazdā, yaϑā avaḭna imām būmīm yaṷdantīm, pasāva­ dim manā frābara; mām xšāyaϑiyam akunaṷš; adam xšāyaϑiya ami; vašnā A.uramazdāhā adamšim gāϑavā niyašdādayam; tayašām adam aϑanham, ava akunava, yaϑā mām kāma āha. Deutsche Übersetzung des altpersischen Textes nach Schmitt 2009.

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Erden stilisierte, ist auch als ‚Gottesgnadentum‘ charakterisiert worden.1497 Anlass zu Kontroversen hat in diesem Zusammenhang wiederholt der Gestus der Proskynese (‚Kusshand‘ und/oder Fußfall?) gegeben, der nach Ausweis klassischer Quellen im Rahmen der Audienzen vor dem Großkönig zu vollziehen war. Bei der Deutung der als προσκύνησις bezeichneten Handlung als Huldigung eines ‚Gottkönigs‘ handelt es sich indessen um eine (kulturbedingte und/oder intentionale) Fehlinterpretation der griechischen Gewährsleute.1498 Zwar wurden dem Herrscher zweifelsohne göttliche

1497 Cf. Wiesehöfer 2005b, 55. Cf. Briant 1996, 252; Wiesehöfer 2014; 2015c, 47–49. Diesbezüglich kritisch ist Rollinger 2011d. Auszunehmen sind diejenigen Reichsteile, in denen – wie etwa in Ägypten – dem König traditionell ein Götterstatus zukam und in denen die Achaimeniden sich in die indigenen Strukturen einfügten. So wurde eine Dareiosstatue in Sippar noch in der Regierungszeit des Xerxes kultisch verehrt. Cf. Wiesehöfer/Rollinger 2012, 74. 1498 Cf. Müller 2015b, 460–463 (mit dem Fokus auf den Alexanderhistorikern). Cf. jedoch auch Hdt. 1, 119, 1; 3, 86, 2; 7, 13, 3; 8, 18, 4 sowie 7, 134–136, wo das kulturelle ‚Gefälle‘ deutlich zutage tritt: Als die Lakedaimonier Sperthis und Bulis an den Hof des Xerxes nach Susa gelangen, werden sie von persischen Würdenträgern zur Proskynese gedrängt. Beide verweigern sich jedoch mit der Begründung, „bei ihnen sei es nicht Brauch, sich vor Menschen niederzuwerfen“ (ἐν νόμῳ εἶναι ἄνϑρωπον προσκυνέεν). Eindeutig verfolgt diese Episode unter anderem das Ziel, die sklavische Gesinnung der Perser offenzulegen, die ihrem König durch einen Gestus huldigen, der in Griechenland nur im Angesicht der Götter vollzogen wurde. Während die meisten Übersetzungen das Wort προσκύνησις als ‚Fußfall‘ oder ‚Prostration‘ interpretieren, hat sich im akademischen Diskurs inzwischen die Ansicht durchgesetzt, dass darunter – abgeleitet von dem Verbum προσκυυεῖν (‚zuküssen‘) – eine ‚Kusshand‘ zu verstehen sei. Cf. Wiesehöfer 2001; 2003c, 448; Kuhrt 2007, 536; 624. Auch der ‚Fußfall‘ ist im altorientalischen Kontext allerdings – wie Rollinger 2011d, 26–34 darlegt – in nicht immer eindeutig identifizierbaren Kontexten belegt. So berichtet Nabonid (Ba­ bylon­Stele Col. V, 1’ = Schaudig 2001, 514–529, hier 517; 525, Nr. 3. 3a), dass anlässlich seiner Thronbesteigung alle Würdenträger vor ihm niedergefallen seien und sein Königtum „segneten“, wobei das mit ‚segnen‘ wiedergegeben Verbum karābu (Z. 7’) auch einen Grußgestus (eine ‚Kusshand‘?) beschreiben kann. Ein (in dieser Form singuläres) Bildzeugnis des neunten Jahrhunderts findet sich auf den Bronzetoren von Balawat aus der Regierungszeit Salmanassars III. (Schachner 2007, 180, Abb. 127). Die Abbildung zeigt assyrische Würdenträger beim Vollzug des Fußfalls bis hin zur Prostration. Vergleichbares ist für die achaimenidische Großplastik zwar nicht bezeugt, doch auf den ‚Schatzhausreliefs‘ wird eine Geste dargestellt, die einen integralen Bestandteil des Audienz-Zeremoniells gebildet zu haben scheint: Ein hoher Würdenträger steht, den Oberkörper leicht nach vorn gebeugt und die rechte Hand zum Mund erhoben, vor dem König. Junge 1940 vermutete, dass diese von der in der Forschung mehrheitlich als ‚Kusshand‘ gedeutete Handlung auch dem Bemühen geschuldet gewesen sei, den König vor schlechtem Atem zu schützen. Für Wiesehöfer 2001; 2003c stellen die altorientalischen Darstellungen des ‚Fußfalls‘ und der ‚Kusshand‘ (2003c, 448): „zwei verschiedene Formen der Ehrerbietung und nicht zwei Phasen ein und desselben Rituals“ dar, in denen gesellschaftliche Hierarchien zum Ausdruck kämen: Während Unterworfene und Bittsteller sich vor dem Großkönig hätten prosternieren müssen, hätten die Angehörigen der Eliten lediglich eine Verbeugung angedeutet. Beide Gesten seien von der Proskynese stricto sensu zu trennen, was nicht zuletzt die (andernfalls redundante) Kombination von προσκυυεῖν und προσπίπτειν in den griechischen Quellen nahelege. Cf. etwa Hdt. 7, 136, 1: προσκυυέεν βασιλέα προσπίπτειν. Eine teilweise abweichende Deutung bietet Rollinger 2011d, 23–40 vor dem Hintergrund altorientalischer (vorachaimenidischer) Quellen. Als Ausgangspunkt dienen ihm die Ergebnisse von Zgoll 2003, die im Rahmen des ‚Handerhebungsrituals‘ (šu­ila) ein „Audienzkonzept“ feststellt, dem zufolge der Betende u. a. den Handlungsablauf ‚Niederwerfen – Knien – Stehen – Erheben der Hände‘ durchläuft. Das nämliche Protokoll konnte aber au-

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Eigenschaften und Attribute – so das oben erwähnte *farnah – zugeschrieben.1499 Dareios I. spricht von sich selbst indessen unmissverständlich als von einem (sterblichen) Mann (martiya).1500 Gleichwohl bilden er und sein Gott eine Einheit, wie der Wortlaut einer Inschrift des Dareios aus Susa lehrt: „Mein (ist) Ahuramazda, des Ahuramazda (bin) ich.“1501 In Hinblick auf das Verhältnis der Großkönige zu anderen religösen Kulten (in Iran) ist namentlich die Daivā­Inschrift des Xerxes wiederholt diskutiert worden. Jenem Text zufolge, der spezifischer Lokalisierungen und sonstiger Angaben ermangelt, zerstörte Xerxes den Ort der daivā­Verehrung (daivadānā) und habe dort, wo vormals die daivā verehrt worden seien, Ahuramazda verehrt.1502 Hier dürften jedoch mitnichten religiöse Restriktionen im Sinne einer exklusiven ‚Staatsreligion‘ angesprochen sein; die intendierte Botschaft ist vielmehr politisch, wie ein Bericht der Bisutun­Inschrift über die (nachträglichen) Siege über Rebellen in Elam und Skythien lehrt:1503 Die Elamer werden als „treulos“ (arīkā) bezeichnet, „und Ahuramazda wurde von ihnen nicht

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genscheinlich auch in verkürzter, i. e. auf einige Einzelhandlungen reduzierter Form erfolgen. Da die ‚Handerhebungsgeste‘ im Ritual mit derjenigen der achaimenidischen Würdenträger auf den ‚Schatzhausreliefs‘ identisch ist, nimmt Rollinger 2011d, 37 an, dass die ‚Kusshand‘/Proskynese die Audienzszene nicht „in toto“, sondern „nur pars pro toto“ darstelle. Es sei daher davon auszugehen, dass das vollständige Zeremoniell auch eine (vom sozialen Rang unabhängige) Prostration mit einschloss. Cf. Wiesehöfer 2005b, 55; 2015c; Briant 1996, 253 und Kuhrt 2007, 475: „The Persian king was not a god, but he was a person apart; he was not like others.“ Cf. Ehrenberg 2008, 105 unter Verweis auf DSf 15–18: „Ahuramazdā war es (so) der Wunsch: Er hat sich (als) (seinen) Mann auf der ganzen Erde mich erwählt; mich hat er (zum) König gemacht auf dieser Erde“ (Ahuramazdā avaϑā kāma āha: haruvahyāyā būmiyā martiyam mām avṛnavatā; mām xšāyaθiyam akunaṷš ahyāyā būmiyā). Das Substantiv martiya  – abgeleitet von der Wurzel mar­ (‚sterben‘) – klassifiziert den Großkönig als ein der Gattung ‚Mensch‘ zugehöriges Individuum. Cf. Ehrenberg 2008, 105. DSk 4: manā A.uramazdā; A.uramazdāha adam. Cf. Kuhrt 2010, 92. Cf. XPh 35–41: „Und unter diesen Ländern war eines, wo zuvor (die) Daivas verehrt wurden. Da(raufhin) habe nach dem Willen Ahuramazdās ich diese Daiva-Stätte zerstört und angeordnet: „(Die) Daivas sollen nicht (länger) verehrt werden!“ Wo auch immer zuvor (die) Daivas verehrt worden sind, da habe ich Ahuramazdā verehrt zur rechten Zeit und mit rechtem Zeremoniell“ (utā antar aḭtā dahyāva āha, yadātaya paruvam daivā ayadiya; pasāva vašnā A.uramazdahā adam avam daḭvadānam viyakanam utā patiyazbayam: ‚daḭvā mā yadiyaḭša‘; yadāyadā paruvam daḭvā ay­ adiya, avadā adam A.uramazdām ayadaḭ, ṛtācā brazmaniya). Cf. zur Einordnung des Textes Briant 1996, 567–570, der betont, dass das Vergehen der Daiva-Verehrer namentlich in einer als fehlerhaft betrachteten Kultpraxis bestanden haben müsse. Auch in den avestischen Gāthās werden ‚böse‘ Mächte (daēuva) mit den ‚schlechten‘ Ritualen ihrer Anhänger in Verbindung gebracht. In der vorliegenden Inschrift gibt Xerxes sich folglich als Wiederhersteller der rechten Kultpraxis, wie die Wendung „mit rechten Zeremoniell“ (ṛtācā brazmaniya) lehrt. Der historische Kontext der hier geschilderten Handlung und die Identität des Landes lassen sich indessen nicht eruieren, denn die Formulierungen des Textes sind (bewusst?) vage gehalten. Wie alle achaimenidischen Inschriften mit Ausnahme der Bisutun­Inschrift handelt es sich bei XPh nicht um einen narrativen Text, sondern um ein ‚zeitloses Statement‘ königlicher Macht. Cf. Kuhrt 2010, 96.

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verehrt“ (utāšām A.uramazdā naḭ ayadiya).1504 Ihre Rebellion ist folglich gleichbedeutend mit der Herrschaft der Chaosmächte. Entsprechend dürfte auch die Zerstörung der daivadānā durch Xerxes in unmittelbarem Zusammenhang mit einer (konkreten?) Rebellion zu begreifen und als „Vergeltungsmaßnahme“1505 zu deuten sein. Hier wie dort wird das religiös-politische Konzept der mit Illoyalität geleichgesetzten ‚Lüge‘ (Ap. draṷga; Indoiran. dhreugh; Avest. draoga) wirksam, ein Konstrukt, dessen innere Logik jedwede Rebellion gegen den Großkönig als Verstoß gegen die von Ahuramazda in die Welt gestiftete Ordnung wertet.1506 Der Terminus draṷga, mit dem bereits die Thronprätendenten in der Bisutun­Inschrift belegt werden,1507 impliziert die Existenz eines positiven Gegenstücks *ṛta­ (‚Wahrheit‘; Avest. aša­), das sich in dieser Form indessen nicht in den altpersischen Königsinschriften findet.1508 Es ist immerhin Bestandteil des Thronnamens Ṛtaxšaçā/Artaxerxes (‚dessen Herrschaft/Reich sich auf Wahrheit gründet‘).1509 Die in den entsprechenden Kontexten gleichwohl mitschwingende (und aus der avestischen Tradition vertraute) Dichotomie draṷga – ṛta evoziert unweigerlich die neuassyrischen Berichte zur ‚Bestrafung der Ungehorsamen‘ (s. o. Kap.  I.2.6) durch den im Auftrag des höchsten Gottes agierenden König. Die Ordnung des Imperiums, ja des Kosmos, ist unlösbar mit der Person des Herrschers als Repräsentanten der Gottheit auf Erden verbunden.1510 Zwar nimmt sich die Rhetorik der achaimenidischen Königsinschriften weit weniger drastisch aus als diejenige

1504 Cf. DB 504–505; 515–517: „(Es gibt da) ein Land namens Elam, – das wurde abtrünnig. […] Diese Elamer waren treulos, und Ahuramazdā wurde von ihnen nicht verehrt; nach dem Willen Ahuramazdās – wie es mein Wunsch (war), so behandelte ich sie (verfuhr ich mit ihnen)“ (Ujā nāmā dahyāṷš,– haṷ hamiҫiyā abava […] avaḭ Ūjiyā arīkā āha, utāšām A.uramazdā naḭ ayadiya; A.urama­ zdām ayadaḭ, vašnā A.uramazdāha yaϑā mām kāma, avaϑādiš akunavam). Cf. Kuhrt 2010, 96. 1505 Jacobs 2014, 396. Ihm zufolge begegneten die Achaimeniden den unterschiedlichen Glaubensvorstellungen innerhalb ihres Imperiums mit einer weniger als ‚tolerant‘ denn als ‚äquidistant‘ zu bezeichnenden Haltung: „Äquidistanz erlaubte die Duldung und sogar die Verehrung anderer Gottheiten, aber auch die Vernichtung fremder Heiligtümer und ihrer Götter im Krieg. Man selbst aber wusste sich in Krieg und Frieden geleitet von der ‚Gunst‘ Ahuramazdas.“ 1506 Cf. Lincoln 2012, 213–236; Kuhrt 2010, 96; Wiesehöfer 2015c, 51–53. Möglicherweise stilisierte Dareios I. sich sogar bewusst zum Helden Thraefaona, der in der avestischen Tradition den draoga verkörpernden Drachen Dahaka bezwingt. Cf. Stausberg 2001, 169. 1507 Cf. DB 433–435: „Dies sind die Länder, die abtrünnig wurden; Trug machte sie abtrünnig, weil diese (Männer) das Volk belogen“ (dahyāva imā, tayā hamiçiyā abava; draṷgadiš hamiçiyā akunaṷš, taya imā kāram adurujiyaša). Cf. ferner die Ermahnung an spätere Könige, draṷga zu bekämpfen in DB 436–440: 437–440: „Du, wo immer, der du später König sein wirst, vor Trug hüte dich gar sehr! Der Mann, der dem Trug anhängt, den bestrafe streng, wenn du so denken solltest: ‚Mein Land soll gefestigt (stabil) sein!‘“ (tuvam kā xšyaϑiya haya aparam āhi, hacā draṷga dṛšam patipaya. uvā, martiya, haya draṷjana ahati, avam ufraštam pṛša, yadi avaϑā maniyāhaḭ: „dahyāṷšmaḭ duruvā ahati“). Cf. Ahn 1992, 197. 1508 Cf. Kuhrt 2007, 471 mit Anm. 3. Eine Ausnahme mag XPh 41; 51; 54 darstellen, doch taucht ṛta­ dort nur in der Formel ṛtācā brazmaniya auf. Cf. Wiesehöfer 2015c, 52. 1509 Cf. Wiesehöfer/Rollinger 2012, 74; Wiesehöfer 2015c, 52. 1510 Cf. Kuhrt 2010, 96: „[…] to threaten it by one’s actions, private or public, is to undermine the very foundations on which the whole edifice rests.“

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ihrer assyrischen Vorläufer; gleichwohl streicht der Großkönig unmissverständlich das asymmetrische Verhältnis zu seinen Untertanen heraus, die ihm als seine ‚Vasallen‘ (bandakā)1511 nicht nur Tribut brachten (manā bājim abarantā), sondern auch seiner Gesetzeshoheit unterworfen sind und bei Zuwiderhandlung aufs Härteste zu bestrafen sind.1512 Als Garant der von Ahuramazda ins Werk gesetzten Schöpfung hatte Dareios den ‚Aufruhr‘ (yaṷdantīm) überwunden und die rechte Ordnung wieder hergestellt. Ihm verdanken sich der reichsweite Frieden und Wohlstand (Pax Achaemenidica).1513 Um diese Ordnung zu gewährleisten, hat Ahuramazda dem Herrscher herausragende physische und geistige Fähigkeiten verliehen: Das ist ferner meine Tüchtigkeit, daß mein Körper kraftvoll ist (und) daß ich als Schlachtenkämpfer ein guter Schlachtenkämpfer bin. Mit einemmal stellt sich mein Aufassungsvermögen an seinen Platz, sei es daß ich einen Feind (vor mir) sehe oder nicht sehe. Sowohl durch Auffassungsvermögen wie auch durch Entschlußkraft fühl ich mich gerade dann panischer Angst überlegen, wenn ich einen Feind (vor mir) sehe, wie wenn ich keinen (vor mir) sehe. Von überschäumender Rückschlagkraft bin ich sowohl mit (beiden) Händen wie auch mit (beiden) Füßen; als Reiter bin ich ein guter Reiter; als Bogenschütze bin ich ein guter Bogenschütze1514, sowohl zu Fuß wie auch zu Pferd; als Lanzenkämpfer bin ich ein guter Lanzenkämpfer, sowohl zu Fuß wie auch zu Pferd. Dies sind die Fähigkeiten, die Ahuramazdā auf mich herniedergelassen hat, und ich war imstande sie zu tragen.1515 1511 Wörtlich: ‚die den Gürtel (*banda) der Gefolgschaft tragen‘. Cf. Wiesehöfer/Rollinger 2012, 74 f. 1512 Cf. DB 117–124: „Es kündet Dareios, der König: Dies (sind) die Länder, die mir zukamen/zuteil wurden.; nach dem Willen Ahuramazdās waren sie meine Vasallen; mir brachten sie Tribut. Was ihnen von mir gesagt wurde des Nachts oder am Tage, das pflegten sie zu tun. Es kündet Dareios, der König: In diesen Ländern – der Mann, der loyal war, den habe ich gut behandelt; der treulos war, den habe ich streng bestraft. Nach dem Willen Ahuramazdās haben diese Länder mein Gesetz befolgt; wie ihnen von mir gesagt wurde, so pflegten sie zu tun“ (ϑāti Dāraxava.vš xšāyaϑiya: imā dahyāva, tayā manā patiyāḭša; vašnā A.uramazdāha manā bandakā āhanta; manā bājim abarantā; tayašām hacāma aϑanhya xšapavā raṷpapativā, ava akunavayantā. ϑāti Dāraxava.vš xšāyaϑiya: an­ tar imā dahyāva – martiya, haya agriya āha, avam ubṛtam abaram, haya arīka āha, avam ufrastam apṛsam; vašnā A.uramazdāha imā dahyāva tayanā manā dātā apariyāya; yaϑāšām hacamā aϑanhya, avaϑā akunavayanta). Cf. desgleichen DNa 16–19: „Der Mann, der kooperiert, – gemäß der Zusammenarbeit – (so) umsorge ich ihn; der (aber) Schaden anrichtet, – (so) bestrafe ich ihn“ (martiya, haya hantaxšataḭ,  – anudim hankṛtahyā avaϑā paribarāmi; haya vināϑayati,  – anudim vinastahyā avaϑā pṛsāmi). Zur Bestrafung der Ungehorsamen (sowie zu ihrer Verarbeitung in der griechischen Literatur) cf. Rollinger 2010d. Zur Rolle des Großkönigs als oberstem Gesetzgeber und Richter cf. Wiesehöfer 2008. 1513 Cf. Rollinger 2014a, 157. Zur Pax Achaemenidica cf. Wiesehöfer 2009a, 67; Wiesehöfer/Rollinger 2012, 77. 1514 Pferd und Bogen sind keineswegs als besonderer Bezug zu Medien misszuverstehen. Vielmehr sind beide Attribute auch auf den Apadana-Reliefs den Elamern zugeordnet, und der Bogen wurde häufig als elamisches Erbe angesehen. Cf. Calmeyer 1988, 33 f.; Potts 1999, 342–345. Cf. ferner Root 2011, 433. In der achaimenidischen Kunst figuriert der Bogen geradezu als Signum königlicher Macht. Cf. Root 1979, 117–118; 164–166; 168 f. 1515 DNb 32–47 imapatimaḭ aruvastam tayamaḭ tanūš tāvayati, hamaranakara ami ušhamanarakara; ha­ karammaḭ ušiyā gāϑavā hištanti, yaci vaḭnāmi hamiҫiyam, yaci naḭ vaḭnāmi; utā ušībivā adakaḭ fratara

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Doch nicht allein die militärischen Fertigkeiten des Königs weisen ihn als allen übrigen Sterblichen überlegen aus, zu seinen Qualitäten zählen vielmehr auch Besonnenheit, Selbstbeherrschung und das reife Urteil.1516 Wie der mesopotamische šarru mīšarim ist auch er ein ‚König der Gerechtigkeit‘, der die Schwachen gegen Übergriffe seitens der Starken schützt.1517 Hohe Relevanz für das Selbstverständnis der Großkönige besitzt schließlich die räumliche Ausdehnung der Herrschaft. Ahuramazda – so die in dem oben zitierten ‚Lobgesang‘ auf den Gott enthaltene Wendung – habe Dareios/Xerxes zum König gemacht, und zwar „den einen (zum) König über viele, den einem (zum) Gebieter über viele“ (aḭvam parūnām xšāyaϑiyam, aḭvam parūnām framātāram). Der achaimenidische Großkönig ist daher mit einigem Recht als „göttlich sanktionierter Weltherrscher“1518 bezeichnet worden. Ein Weg der Annäherung an die ‚Reichsimagination‘ der Perser führt über die Titulatur. Die Grundelemente der achaimenidischen Königstitulatur haben ihren Ursprung in Mesopotamien, wurden von den Persern jedoch vermutlich aus Urartu übernommen. Entgegen der in der Vergangenheit verbreiteten Annahme einer Vermittlung über die Meder legen rezentere Studien nahe, dass die Übernahme urartäischer Traditionen auf direktem Wege (möglicherweise bereits in den 540er Jahren unter der Regierung Kyros’ II.) erfolgte.1519

1516 1517

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maniyaḭ afuvāyā, yadi vaḭnāmi hamiҫiyam yaϑā yadi naḭ vaḭnāmi.yā.umaḭniš ami utā dastaḭbiyā utā pādaḭbiyā; asabāra uvasabāra ami; ϑanuvaniya uϑanivaniya ami utā pastiš utā asabāra; ṛštika ami uvṛštika utā pastiš utā asabarā. Imā ūnarā, tayā A.uramazdā upari mām niyasaya, utādiš atāvayam bartanaḭ. Cf. DNa 13–15: „Ich bin nicht heißblütig. Was auch immer mir im Streit wird, halte ich gar sehr in (meinem) Denken zurück; meiner selbst bin ich gar sehr mächtig“ (naḭ mana.uvīš ami; yacimaḭ pṛtanayā bavati, dṛšam dārayāmi manahā; uvaḭpašiyahyā dṛšam xšayamna ami) Cf. DB 462–467; DSe 33–41; DNb 6–11: „Nach dem Willen Ahuramazdās bin ich solcherart, daß ich dem Recht(en) freund bin, dem Unrecht(en) (aber) nicht freund bin. Nicht ist mein Wunsch, dass der Schwache des Starken wegen unrecht (ungerecht) behandelt wird, (und) nicht (ist) mein Wunsch, daß der Starke des Schwachen wegen unrecht (ungerecht) behandelt wird“ (vašnā A.ura­ mazdāhā avākaram ami, taya rāstam daṷštā ami, miϑa naḭ daṷšta ami; naḭmā kāma, taya skaṷϑis tunuvantahyā rādī miϑa kariyaḭš. naḭmā ava kāma, taya tunuvā skaṷϑaḭš rādī miϑa kariyaḭš). Rollinger 2014a, 153. Cf. bereits Kienast 1979 zugunsten einer direkten urartäisch-persischen Transferierung. Die Möglichkeit einer Vermittlung über die Meder wurde nicht selten aufgrund von (aus lexikalischen und syntaktischen Auffälligkeiten erschlossenen) medischen Lehnübersetzungen postuliert. Zu den damit verbundenen Problemen cf. Schmitt 2014a, dessen Untersuchungen nicht nur eine direkte Entlehnung der Titulatur aus Urartu plausibel erscheinen lassen, sondern darüber hinaus die „Überlieferungslücke“ zwischen dem Datum der spätesten urartäischen Inschriften (600 v. Chr.) und der Vollendung der Bisutun­Inschrift (521/20  v. Chr.) zu schließen vermögen: Die oben erwähnte neue Lesart der Nabonid­Chronik (Col. II, 15–18) lässt, wie Rollinger 2008d gezeigt hat, vermuten, dass Kyros 446 v. Chr. nicht etwa gegen Lydien, sondern gegen einen reduzierten urartäischen Staat zu Felde zog. Hieraus schließt Schmitt 2014a, 212, „dass Kyros II. direkten Kontakt mit und persönliche Kenntnis von Urartu hatte, dass er also dort unmittelbar aus erster Hand Anregungen erhalten haben kann und dass es hierfür keiner Vermittlung durch die Meder bedurfte.“

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Die achaimenidische Titulatur setzt sich aus einigen ‚Basiskonzepten‘ zusammen, die zu kürzeren oder längeren Formeln kombiniert werden können:1520 ‚der große König‘ (xšāyaϑiya vazṛka)‚ ‚der König der Könige‘ (xšāyaϑiya xšāyaϑiyānām) und ‚der König der Länder‘ (xšāyaϑiya dahyūnām).1521 Die konkrete Artikulation des großköniglichen Postulats der Weltherrschaft tritt einerseits in den mannigfaltigen Erweiterungen respektive Varianten der „an sich noch recht unspezifischen Formel“1522 ‚König der Länder‘ und andererseits in den Titeln, die den Herrschaftsanspruch über die gesamte Erde (būmī) erheben, zutage:1523 ‚König der Länder mit allen Stämmen‘ (xšāyaϑiya dahyūnām vispazanānām), König der Länder mit vielen Stämmen‘ (xšāyaϑiya dahyūnām paruzanānām)1524 sowie ‚König auf dieser Erde‘(xšāyaϑiya ahyāyā būmiyā) und ‚König auf dieser großen Erde auch weithin‘ (xšāyaϑiya ahyāyā būmiyā vazṛkāyā dūraḭ api).1525 Sowohl die dahyāva­ als auch die „būmī­Formeln“1526 zielen auf die Weite des vom persischen König beherrschten imperialen Raumes. Operieren die Ersteren mit der ‚Basiseinheit‘ dahyu­ (‚Land‘), wobei das ‚Reich‘ die Summe aller dahyāva darstellt,1527 so bleibt einstweilen umstritten, ob būmī (‚die Erde schlechthin‘1528) politisch im Sinne eines territorialen ‚Reichsbegriffs‘ zu deuten sei. Dies bejaht Clarisse Herrenschmidt, die būmī (in einer sekundären Bedeutung) als terminus technicus für ‚Reich‘ auffasst, der zu einem unbestimmten Zeitpunkt von Dareios I. eingeführt worden sei:1529

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Cf. Herrenschmidt 2014, 35. Cf. ferner bereits Schmitt 1977, 385–389. Cf. Akk. šarru rabû/dannu, šar šarrani; šar matāti. Cf. Seux 1967, 298–300; 311–316; 318–319; 356–357. Ahn 1992, 262. Cf. ibid., 265–268. Cf. die Belege bei Schmitt 1977, 388, Anm. 19. Cf. die Belege ibid., 388 f., Anm. 24–26. Ahn 1992, 265 Cf. Schmitt 1999; 2014b, 162 f., s. v. dahyu­, der dahyu­ territorial als ‚Land‘/‚Distrikt‘ auffasst, wobei auch ein „umfangreicheres Gebiet, offenbar das gesamte Achaimenidenreich“, angesprochen werden könne. Cf. DB 134–136. Dagegen sieht Herrenschmidt 2014, 34 in dahyu­ einen ethnischkulturell determinierten Begriff im Sinne von „country folk“ oder „country people“. Lincoln 2012, 108 betont wiederum, dass die Entitäten ‚Volk‘ und ‚Land‘ im Altpersischen nicht klar differenziert würden: „What the term signals, then, is this invisible conjunction of land and people, together with the shared characteristics that give each dahyu its distinct identity.“ Er stellt zugleich heraus, dass der Plural die Bedeutung ‚Völker‘ nahelege, da die elamischen Übersetzungen das Suffix –pe gebrauchten (da­a­ia­ū­iš­pe), das ausschließlich zur Bezeichnung belebter Objekte Verwendung fand. 1528 Cf. Schmitt 2014b, 154, s. v. būmī. 1529 Cf. Herrenschmidt 1976; 2014, hier v. a. 20–23, die namentlich zwei Argumente vorbringt: Erstens werde die sekundäre Bedeutung innerhalb der Titulatur auch formal durch den Zusatz des Adjektivs vazṛka (‚groß‘) von der Grundbedeutung ‚Erde‘/‚Erdreich‘ geschieden. Dieses Adjektiv verleihe dem Substantiv, das es näher beschreibt, gleichsam eine Spitzenposition in der Hierarchie seiner jeweiligem ‚Klasse‘. So sei Ahuramazda der große/größte Gott, Dareios/Xerxes etc. der große/größte König und būmī die größte denkbare politische Einheit. Dagegen werde būmī in seiner Grundbedeutung der Erde als Teil der von Ahuramazda ins Werk gesetzten Schöpfung niemals mit diesem Adjektiv versehen. Zweitens sprächen für diese Auslegung jene Kontexte, in denen būmī anstelle von xšaça (‚Herrschaft‘/‚Reich‘) erscheint. Cf. etwa DNa 32–34.

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The empire is designated by the most general word of human environment: For the Persian ruler, the Persian empire IS the world. It is everything and everything is in it: different races, multiple countries, nothing escapes it. It is the whole known world.1530

Es fehlt jedoch auch nicht an Gegenstimmen, die den ‚Reichsbegriff ‘ einzig im Begriff xšaça verwirklicht sehen, dessen Bedeutungsspektrum  – dem lateinischen im­ perium vergleichbar  – sowohl abstrakte (‚Herrschaft‘) als auch territoriale (‚Reich‘) Konnotationen aufweise.1531 Indes, dass būmī innerhalb der großköniglichen Titulatur tatsächlich einen ähnlichen Sinngehalt besitzt wie das mesopotamsiche Konzept der ‚vier Weltgegenden‘, illustriert der oben bereits zitierte Passus der Dareios-Inschrift DNa: „Ahuramazda, als er diese Erde in Aufruhr geraten sah, da(raufhin) hat er sie mir verliehen.“1532 Mag auch būmī „dadurch noch lange nicht zum politischen Begriff “1533 werden, so liegen die inhaltlichen und formalen Parallelen zur Bassetki­Inschrift Naramsins von Akkad klar zutage, „als die vier Weltgegenden insgesamt gegen ihn rebellierten.“1534 Nicht zuletzt unterstreichen die qualifizierenden Elemente vispazanānām/ paruzānānam (‚mit allen/vielen Stämmen‘) und dūraḭ api (‚auch weithin‘) die semantische Nähe der dahyāva­ und būmī-Titulaturen zu den akkadischen Titeln ‚König der Gesamtheit‘ und ‚König der vier Weltgegenden‘.1535 Doch ungeachtet der terminologischen Klassifizierung einzelner Begriffe mögen die den Terminus būmi enthaltenden Wendungen1536 in die Richtung eines (formal) erhobenen Weltherrschaftsanspruchs deuten: Die einleitenden ‚Lobgesänge‘ der Königsinschriften preisen das Schöpfungswerk Ahuramazdas, der Erde (būmī) und Himmel (asman) erschaffen hat. Damit erscheint būmi „als ein Terminus, der nach dem damaligen Weltverständnis in umfassender Bedeutung das Ganze der Erdscheibe im

1530 Herrenschmidt 2014, 21. 1531 Cf. Schmitt 2014b, 284, s. v. xšaça: „Ap. xšaça­ bezeichnet sowhl die ‚Herrschaft(sgewalt)‘ wie auch konkret das Herrschaftsgebiet, also das ‚Reich‘.“ Cf. desgleichen bereits Schmitt 1977, 390–392. Erzwungen werde die konkret-territoriale Bedeutung namentlich dort, wo dahyu (‚Land‘) als Synonym für xšaça gebraucht werde. Cf. AmHa 5–7; AsHA 8–10; D2HA 17–19; DPd 6–8: „Dieses Land ist Persien, das mir Ahuramazda verliehen hat“ (iyam dahyaṷš Pārsa, tayam manā A.uramaz­ dā frābara). Entgegen der von Herrenschmidt vertretenen Deutung (būmī = ‚Reich‘) hält Schmitt 1977, 392 fest: „Wenn der Perserkönig, und speziell Dareios, tatsächlich dieser Theorie angehangen hätte, so hätte er doch die Grenzen seines Reiches und überhaupt die Länder seines Reiches nicht immer wieder so genau zu bezeichnen brauchen.“ 1532 DNa 32: A.uramazdā, yaϑā avaḭna imām būmīm yaṷdantīm, pasāvadim manā frābara. 1533 Schmitt 2014b, 155, s. v. būmī. 1534 Ns 1 (= RIME II E2 1.4.10), Z. 5–9: ì­nu ki­ib­ra­tum ar­ba­um iś­te9-ni­iś i­KIR-ni­śú. 1535 Cf. Herrenschmidt 2014, 24; Ahn 1992, 259. In der Modifikation der Titulatur durch Xerxes von ‚König der Länder mit allen Stämmen‘ (vispazanānām) zu ‚König der Länder mit vielen Stämmen‘ (paruzānānam) hat Schmitt 1977, 388 eine Reaktion auf den gescheiterten Hellas-Feldzug und den bewussten Verzicht auf die Weltherrschaft sehen wollen. Ahn 1992, 260 geht bereits für die Inschriften des Dareios von der Möglichkeit einer Austauschbarkeit beider Termini aus. 1536 Cf. die Tabelle bei Ahn 1992, 308.

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Gegensatz zu dem sich darüber spannenden Himmelsgewölbe bezeichnet.“1537 Die Erde, über die der Großkönig herrscht, ist gleichbedeutend mit der terrestren Sphäre der Schöpfung Ahuramazdas.1538 Man mag mit Pierre Briant von einem Verständnis des Reiches als einer in sich geschlossenen und vom Außen geschiedenen Welt („[m]onde fermé“1539) ausgehen.1540 Zweifellos jedoch wird in der Königstitulatur die gewaltige Ausdehnung sowie die ethnische, kulturelle und sprachliche Vielfalt des Imperiums beschworen: Ahuramazda hat dem Herrscher aus dem Geschlecht der Achaimeniden nicht allein das Königtum verliehen, sondern ein ‚universales‘ Königtum über alle/viele Länder und Stämme „auf dieser großen Erde auch weithin.“1541 Dass die tatsächliche Dimension der Herrschaft und die ideologisch fundierte mental map sich dabei nicht zwingend als deckungsgleich erweisen, liegt auf der Hand (s. o. Kap. I.2.1–7). Von der Imagination des imperialen Raumes im Achaimenidenreich legen schließlich die sogenannten ‚Länderlisten‘ beredtes Zeugnis ab: Fünf Inschriften Dareios’ I. sowie die Daivā­Inschrift des Xerxes verzeichnen eine Reihe von Ländern (dahyāva), aus denen sich das ‚Reich‘ (xšaça/būmī?) des Großkönigs konstituiert.1542 Die älteste unter ihnen ist in der Bisutun­Inschrift Dareios’ I. enthalten: Es kündet Dareios, der König: Dies (sind) die Länder, die mir zukamen/zuteil wurden; nach dem Willen Ahuramazdās war ich ihr König: Persien; Elam, Babylonien, Assyrien, Arabien, Ägypten, (die Völker,) die am Meer (wohnen), Lydien, Ionien, Medien, Armenien, Kappadokien, Parthien, Drangiana, Areia, Chorasmien, Baktrien, Sogdien, Gandāra, Sakien, Sattagydien, Arachosien, Mekrān, im ganzen 23 Länder.1543

Dass diese und ihr verwandte Listen nicht dazu angelegt sind, den realen ‚Besitzstand‘ des Reiches bzw. administrative Einheiten zu dokumentieren, zeigt nicht zuletzt die Tatsache, dass sie  – unabhängig von der tatsächlichen Reichsausdehnung  – in Zahl und Abfolge variieren.1544 Die implizierte Botschaft ist vielmehr politisch-ideologi1537 Ahn 1992, 266. 1538 Cf. ibid., 265–267. būmi wird mithin im Avestischen von zam, der ‚materiellen Erde‘, dem ‚Erdreich‘, geschieden. 1539 Briant 1996, 192. 1540 Cf. ibid., 191–192. 1541 Cf. Lincoln 2012, 176 f. 1542 Cf. DB 114–117 (23 Länder); DPe 8–18 (24 Länder); DSe 8–18 (27 Länder); DNa 22–30 (29 Länder); DPh 3–10; XPh 19–28 (32 Länder). Zu den Länderlisten cf. Ahn 1992, 267–271; Hachmann 1995; Jacobs 2003; Wiesehöfer 2007a; Lincoln 2012, 105–186; Herrenschmidt 2014, 27–36; Kuhrt 2010, 92 f.; Rollinger 2014a, 160 f. 1543 DB 113–117: ϑāti Dārayava.uš xšāyaϑiya: imā dahyāva, tayā manā patiyāḭša, vašnā A.uramazdāha adamšām xšāyaϑiya āham: Pārsa, Ūja, Bābiruš, Aϑurā, Arbāya, Mudrāya, tayaḭ drayahyā, Sparda, Yaṷna, Māda, Armina, Katpatuka, Parϑava, Zranka, Haraḭva, Uvārazmī, Bāxtriš, Suguda, Gandāra, Saka, Θataguš, Hara.uvatiš, Maka, fraharavam dahyāva 23. Deutsche Übersetzung des altpersischen Textes Schmitt 2009. 1544 Cf. Ahn 1992, 267 f.; Briant 1996, 188–189; Klinkott 2001b, 108. Jacobs 1994; 2003 hält die in den Inschriften genannten ‚Länder‘ hingegen für deckungsgleich mit den Verwaltungseineinheiten (Sa-

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scher Natur. Die Länderlisten bieten eine „repräsentative Auswahl“1545 der mannigfaltigen Völkerschaften, die dem ‚Gesetz‘ des Großkönigs gehorchen.1546 Stets bildet Persien den Ausgangspunkt der Achsen, auf denen die übrigen Länder gleichsam von innen nach außen angeordnet sind. Diese Achsen verlaufen beginnend mit dem Zentrum Pārsa über die geographisch zunächst liegenden Länder bis hin zur Peripherie des Imperiums.1547 Die Reihenfolge der einzelnen Völkerschaften gestaltet sich – im Sinne einer Aufzählung von Ost nach West oder von Westen nach Osten – variabel.1548 Dieser ‚konzentrische‘ Aufbau der ‚Länderlisten‘  – und mithin die achaimenidische mental map – spiegelt sich desgleichen im Bericht Herodots: Bei den Persern genießen die nächsten Nachbarn die höchste Achtung nach ihnen selber, dann kommen die entfernteren, und so geht es schrittweise abwärts. Am wenigsten gelten ihnen die Völker, die ihnen am fernsten wohnen. Sich selber halten sie nämlich für die allervorzüglichsten Menschen auf Erden, die Tüchtigkeit der Umwohnenden richtet sich, meinen sie, nach der Entfernung von ihnen, und die Fernsten sind die allergeringsten.1549

Die Länderlisten des Dareios zeichnen sich  – wie Clarisse Herrenschmidt herausstellt  – durch ihre innere Kohärenz und ordnende Struktur aus, denn die dahyāva werden in Gruppen respektive ‚Blöcken‘ angeordnet, innerhalb derer ihre Reihenfolge variieren kann. Diese Gruppen – sieben an der Zahl – sind als geographische Einheiten konzipiert, die auf den erwähnten imaginären ‚Achsen‘ liegen, die sternförmig vom Zentrum Pārsa ausgehen.1550 Persien, aber auch Elam und Medien stehen gleichsam au-

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trapien) des Imperiums. Auch Herrenschmidt 2014, 23 versucht, eine relative Chronologie einiger Dareios-Inschriften anhand der Länderlisten zu erstellen, woraus sich die folgende Reihenfolge ergibt: DB – DPe – DSe – DNa. Dagegen betont Wiesehöfer 2007a, 37, „dass diese Länderlisten, anders als es häufig geschieht, nicht historisch in dem Sinne auszuwerten sind, dass sich in ihnen der Gewinn oder der Verlust von Reichsterritorien widerspiegelt.“ Ahn 1992, 268. Die Reihung der dahyāva erfolgt gewöhnlich ohne verbindende Partikel, wobei die einzelnen Elemente syntaktisch unterschiedlich konstruiert werden: Als Substantive/Ländernamen im Nom. Sg. (Arbāya; Mudrāya), als Völkernamen im Nom. Pl. (Sākā tayaḭ paradraya) oder als Periphrase im Nom. Pl. (dahyāva tayā para draya). Insgesamt werden 39 Länder in den Listen genannt, die jedoch nirgends vollständig erscheinen. Cf. Herrenschmidt 2014, 28 f. Cf. Kuhrt 2002b, 20 f.; Wiesehöfer 2007a, 34 f.; Ahn 1992, 268. Zur Anordnung der Achsen in der Bisutun­Inschrift cf. Briant 1996, 192. Eher willkürlich nimmt sich dagegen die Reihung der Länder in der Xerxes-Inschrift XPh aus. Cf. Wiesehöfer 2007a, 34. Hdt. 1, 134, 2: τιμῶσι δὲ ἐκ πάντων τοὺς ἄγχιστα ἑωυτῶν οἰκέοντας μετά γε ἑωυτούς, δεύτερα δὲ τούς δεύτερους, μετὰ δὲ κατὰ λόγον προβαίνοντες τιμῶσι• ἥκιστα δὲ τούς ἑωυτῶν ἑκαστάτω οἰκημένους ἐν τιμῇ ἄγονται, νομίζοντες ἑωυτοὺς εἶναι ἀνϑρώπων μακρῷ τὰ πάντα ἀρίστουϛ, τοὺϛ ἄλλουϛ κατὰ λόγον [τῷ λεγομένῳ] τῆϛ ἀρετῆϛ ἀντέχεσϑαι, τοὺϛ δὲ ἑκαστάτω οἰκwέονταϛ ἀπὸ ἑωυτῶν κακίστουϛ εἶναι. Deutsche Übers. Horneffer. Cf. Herrenschmidt 2014, 29 f. In den Inschriften des Dareios figurieren die folgenden Gruppen: 1. Babylonien – Assyrien – Arabien – Ägypten. 2. (Zypern) – Sardeis – Ionien – ‚Europa‘. 3. Armenien – Kappadokien. 4. Parthien – Drangiana – Areia – Chorasmien – Baktrien – Sogdien – Sargatien. 5. Gandhara – (Indus) – Skythien. 6. Sattagydien – Arachosien. 7. Makran – (Libyer – Äthio-

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ßerhalb der sieben ‚Blöcke‘, wobei Pārsa einzig in der Länderliste der Bisutun­Inschrift vertreten ist und hier an erster Stelle erscheint.1551 In den Inschriften DPe und DNa hingegen wird die Liste von Elam und Medien respektive von Medien und Elam angeführt.1552 Mit einigem Recht mag man hier eine ‚ideologische Verschiebung‘ zugunsten der iranischen Kernregionen erkennen; ob sich daraus indessen eine relative Chronologie der Inschriften ableiten lässt, muss angesichts der variablen Struktur der Länderlisten fraglich bleiben:1553 Eine Gründungsurkunde Dareios’ I. aus dem Apadana zu Persepolis bietet eine auf die äußersten Eckpunkte des Reiches reduzierte Variante: Dies (ist) das Reich, das ich in Besitz habe, von den Saken, die jenseits von Sogdien (sind), bis hin nach Kuš (Nubien), von Indien bis hin nach Lydien, (und) das mir Ahuramazdā verliehen hat, der der größte unter den Göttern (ist).1554

Die hier vermittelte Sicht des Großkönigs auf die Welt, der vom Zentrum Pārsa zu den äußersten Rändern des Imperiums ausblickt, lässt sich graphisch in Form zweier einander in der Mitte kreuzender Linien visualisieren, die zunächst von NordOsten (Saken) nach Süd-Westen (Kusch) und sodann von Süd-Osten (Indien) nach Nord-Westen (Lydien) verlaufen.1555 Pārsa repräsentiert somit gleichsam den ‚Nabel der Welt‘ – eine Konzeption, die möglicherweise auch in der Platzierung der Inschriftenträger (der sogenannten Gold­ und Silberblättchen) ihren sinnfälligen Ausdruck fand: Ursprünglich jeweils in den vier Ecken der Audienzhalle positioniert, verwiesen sie auf die vier Himmelsrichtungen, die den imaginären Achsen im Text entsprachen.1556 Betonen die ausführlichen Listen somit die Eigenschaft des Achaimenidenreiches als transterritoriale Entität, so liegt der Akzent des verkürzten Schemas auf der schieren räumlichen Dimension. Der Perserkönig wird in diesem Sinne durchaus als Universalherrscher charakterisiert.

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pier – Karer). Die variable Reihenfolge der Länder vermag das Beispiel der Gruppe 5 aufzuzeigen: 1. Gandhara  – Skythien (DB) 2. Indus  – Gandhara  – Skythien (DPe). 3. Gandhara  – Indus  – Skythien (DNa). Zwar taucht Persien (wiederum an erster Stelle) in den Länderlisten in ägyptischer Sprache (DZc; DSab) auf, doch dürfte dieser Befund dem Aufstellungsort geschuldet sein (s. u.). Cf. Herrenschmidt 2014, 30–32. Cf. ibid., 32: „Non-Persian Iranians are subordinate to Persians as others, they pay tribute, provide soldiers, but they are above other peoples by their quality of being Iranians.“ Dieses ideologische Konzept sieht Herrenschmidt in der Bisutun­Inschrift noch nicht vollständig verwirklicht, die Medien erst an sechster Stelle aufführt. Voraus gehen (neben Persien) Elam, Babylonien, Assyrien, Syrien, Palästina und Ägypten – mithin die Zentren der alten Hochkulturen. DPh 4–9: Ima xšaçam, taya adam dārayāmi, hacā Sakaḭbiš, tayaḭ para Sugdam, amata yātā ā Kūšā, hacā Hindaṷ amata yātā ā Spardā, tayamaḭ A.uramazdā frābara, haya maϑišta bagānām. Deutsche Übersetzung des altpersischen Textes nach Schmitt 2009. Cf. Kuhrt 2002b, 21, fig. 3b; 2007, 469; Wiesehöfer 2007a, 37, Abb. 3. Cf. Shahbazi 1976, 27; Kuhrt 2010, 91.

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Eine im babylonischen Dialekt des Akkadischen verfasste Inschrift von der Südfassade der Terrasse zu Persepolis erfasst das Imperium weniger konkret als die Länderlisten, indem Gebirge, Meere und Wüsten zu imperialen Kategorien erhoben werden: Der König Darius [Dareios] spricht: Im Schutze Ahuramazdās (sind es) diese Länder, die dies taten, die sich hier versammelten: Persien, Medien und die anderen Länder anderer Zunge, der Gebirge und des (Flach)landes, diesseits des Meeres und jenseits des Meeres, und diesseits der Wüste und jenseits der Wüste, wie ich ihnen befahl. Was ich tat, tat ich alles im Schutze Ahuramazdās. Mich möge Ahuramazdā schützen nebst allen Göttern, (sowohl) mich als auch das, was ich liebe.1557

Diese zweifelsohne vom mesopotamischen Motivrepertoire inspirierte Imagination des imperialen Raumes (Gebirge und Meere als Grenzmarkierungen)1558 zeigt einerseits die Aufspaltung der einstmals vollkommenen Schöpfung Ahuramazdas an, die (durch das Auftreten der ‚Lüge‘/draṷga?) gleichsam in unzählige Länder, Stämme und Landschaftsformen zerfiel; jene Fragmentierung aufzuheben und die Menschheit in einem die gesamte Erde umspannenden Reich zu vereinen, ist der Großkönig berufen.1559 Nicht zuletzt tritt hier (wie oben angedeutet) zudem das Bewusstsein einer spezifisch persischen (und im weiteren Sinne) ‚iranischen Identität‘ zutage, indem Persien und die (auch sprachlich) verwandten Meder deutlich von allen übrigen Ethnien des Imperiums geschieden werden. Die privilegierte Stellung Persiens findet in den In-

1557 DPg § 2: Ida­a­ri­ḭa­muš šarru i­gab­bi ina ṣilli ša iluú­ru­ma­az­da a­ga­ni­e­tum matatemeš ša a­ga­a i­pu­ša­’ša a­gan­na ip­ḫu­rum matupar­su ša matuma­da­a­ a u matatemeš ša­ni­ti­ma li­ša­nu ša­ni­tum ša šameš u ma­a­tum a­ḫa­na­a­a a­ga­a ša naru mar­ra­tum ú a­ḫu­ullu­a­a ul­li­i ša naru demar­ra­tum u a­ḫa­na­a­a a­ga­a ša ḳaḳ­ḳar ṣu­ma­ma­i­tum u a­ḫu­ul­lu­a­a ul­li­i ša ḳaḳ­ḳar ṣu­ma­ma­i­tum lìb­bu­ù ša a­na­ku ṭe­e­me aš­ku­un­nu­uš­šu­nu ša a­na­ku e­pu­uš gab­bi ina ṣilli ša iluú­ru­ma­az­da e­te­pu­uš a­na­ku iluú­ru­ma­az­da li­iṣ­ṣur it­ti ilanimeš gab­bi a­na ana­ku u a­na ša a[­na­ku] a­ra­ [mu]). Akkadischer Text und deutsche Übersetzung Weissbach 1911, 85–87. Cf. Kuhrt 2010, 95. 1558 Cf. Haubold 2012, 11. Tatsächlich greift Dareios hier auf einen spezifisch mesopotamischen Diskurs von ‚Weltherrschaft‘ zurück, indem er nicht allein die durch Gebirge, Wüsten und Meere markierten Grenzen der Welt gesprengt zu haben vorgibt; vielmehr evoziert der hier verwandte Terminus íd marratu zur Bezeichnung des Ozeans die der babylonischen Mappa Mundi (s. o. Kap. I.2.1) zugrundeliegende imperiale ‚Charta‘. 1559 Cf. Lincoln 2012, 176 f., der die folgenden Gegensatzpaare von Menschen und Landschaftsformen ausmacht: 1. Zentrum – Peripherie (Perser/Meder – andere Länder) 2. hoch – tief (Berge und Meere) 3. nass – trocken (Meere und Wüsten) 4. nah – fern (auf dieser und auf jener Seite des Meeres/der Wüste). Lincoln erkennt hierin eine „hierarchy of values, suggesting the ideal terrain is neither high nor low, neither so wet as to be chaotic (the sea), nor so dry as to be arid (the desert), but a land whose water is sweet and not salt or bitter […], producing an environment moist and fertile. […] Alternativeley, one could say that the unified, perfect, pimordial happiness that wise lord created for humanity as the last of his original acts had been fractured and pieces of it distributed across the now-diversified globe.“

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schriften mehrfach Erwähnung:1560 Die von Dareios unterworfenen und akribisch aufgelisteten Länder liegen – so wird explizit betont – „außerhalb von Persien“ (apataram hacā Pārsā), und „zusammen mit diesem persischen Volk (in Waffen)“ (hadā anā Pārsā kārā) habe Dareios sie erobert und das Reich begründet.1561 Nicht zuletzt steht und fällt das Wohlergehen des gesamten Imperiums mit der Unversehrtheit Persiens und mit dem „persischen Volk“ (kāra Pārsa): Es kündet Dareios, der König: Wenn du so denken solltest: ‚lass mich nicht vor jemand anderem Furcht haben!‘ (so) schütze dieses persische Volk. Wenn das persische Volk geschützt sein wird, (dann) das sehr weit hin / auf sehr lange Zeit (bestehende) Glück, das ungebrochene, – das wird auch herabkommen auf dieses Haus.1562

Dabei greifen dynastische und ‚ethnische‘ Legitimationsstrategien zuweilen ineinander, wie ein ‚Gebet‘ an Ahuramazda (DNa 51–55) erhellt: „Mich soll Ahuramazda schützen vor Unheil und mein Haus und dieses Land“ (mām A.uramazdā pātu hacā gastā utāmaḭ viϑam utā imām dahyaṷm). An anderer Stelle wird auch Dareios’ Vater Hystaspes miteinbezogen und Pārsa explizit als „mein Land“ ausgewiesen.1563 Der Clan der Achaimeniden und Pārsa haben eine privilegierte Stellung inne – sie genießen allen voran den Schutz Ahuramazdas. Nicht zuletzt offenbaren auch die ‚Heiratsstrategien‘ Dareios’ I., der ausschließlich Perserinnen zu seinen Ehefrauen erkor, das Bestreben, das persische Element innerhalb des Königshauses zu stärken; diese Politik bedeutete einen eklatanten Bruch mit der überkommenen Praxis interdynastischer Heiraten, die im Alten Orient zu diplomatischen Zwecken geschlossen wurden.1564 Eine derart eth-

1560 Cf. Kuhrt 2010, 95 f.; Herrenschmidt 2014, 32–36; Gschnitzer 1988. Dass die Perser seit Dareios I. sich auch durch ihre Tracht von anderen iranischen Volksgruppen wie den Medern anbsetzten, zeigt Vogelsang 1998, hier v. a. 214. 1561 Cf. etwa DPe 6–10: „Nach dem Willen Ahuramazdās, – dies (sind) die Länder, die ich in Besitz genommen habe zusammen mit diesem persischen Volk, die sich vor mir fürchteten (und) mir Tribut brachten“ (vašnā A.uramazdāhā, – imā dahyāva, taya adam adarši hadā anā Pārsā kārā, tayā hacāma atṛsa, manā bājim abara). 1562 DPe 18–24: ϑāti Dārayava.uš xšāyaϑiya: yadi avaϑā maniyāhaḭ: hacā aniyanā mā tṛsam, imam Pār­ sam kāram pādi; yadi kāra Pārsa pāta ahati, hayā duvaḭštam šiyātiš axšatā, – haṷci aṷra nirsāti abi imām viϑam. Cf. Kuhrt 2010, 95. 1563 Cf. DSf 57–58: „Mich soll Ahuramazdā schützen und Hystaspes, der mein Vater (ist), und mein Land“ (mām A.uramazdā pātu utā Vištāspam, haya manā pitā, utamaḭ dahyum). Cf. zu den ‚sozialen Kategorien‘ innerhalb des achaimenidischen Textkorpus Herrenschmidt 2014, 26 f. Diese sind die ‚Familie‘ (Avest. Nma, Ap. taṷma), der ‚Clan‘ (Avest. Viš, Ap. viϑ), der ‚Stamm‘ (Avest. Zantu, Ap. zana (?)), das ‚Land‘ (Avest. Dahyu, Ap. dahyu) und die (arische) Abstammung (Ap. ciça). Die ‚Abstammung‘ begreift Herrenschmidt 2014, 33 (auch) als ‚imperiale Kategorie‘, die das Reich beschreibe: Der persische König herrscht mit den Persern und – an zweiter Stelle – mit den iranischen Volksgruppen über die ethnisch und kulturell heterogenen dahyāva, aus denen sich das Imperium konstituiert. 1564 Dareios ehelichte drei Frauen aus dem Kreis seiner persischen Gefolgsleute (eine Tochter des Gobryas; Phaidime, die Tochter des Otanes; Phrataguma, die Tochter seines Bruders Artanes) sowie die Kyrostöchter Atossa und Artystone und Parmys, eine Tochter Bardiyas. Cf. Root 2011,

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nozentrische Perspektive der Herrschaft ist in der gesamten Geschichte des Alten Vorderen Orients singulär.1565 Die Tatsache, dass diese herausgehobene Position Persiens augenscheinlich nicht auf die achaimenidischen Kernlande beschränkt blieb, sondern auch den altpersischen Inschriften aus Ägypten (DZc; Dareios­Statue) eignet, macht deutlich, dass es sich hier mitnichten um eine „persisch-elamische[] Innensicht“1566 handelt. Die in den Länderlisten artikulierte Idee einer transterritorialen, ja ‚universalen‘ Herrschaft findet ein ikonographisches Pendant in den sogenannten Tributbringerund Thronträgerreliefs. Zwei Friese am Westflügel der Nordtreppe und am Südflügel der Westtreppe des Apadana zeigen je dreiundzwanzig Delegationen Gaben darbringender Untertanen. Im Zentrum der Szenerie erscheint wiederum der thronende Großkönig mit seinem Hofstaat, dem ein hoher Funktionär die Audienzen der ‚Reichsvölker‘ anzukündigen scheint.1567 Dasselbe Motiv mit dreißig Völkerschaften figuriert am Palast H Artaxerxes’ I. (465–424 v. Chr.) sowie ein weiteres, auf zwölf Repräsentanten reduziertes Relief an einer Treppenfassade Artaxerxes’ III. (359–338 v. Chr.). Die letztere Abbildung ist auf sechs zentral gelegene Länder im Zentrum und drei Randgebiete an den Flügeln beschränkt.1568 Jede Delegation umfasst unterschiedlich viele Mitglieder, deren Anführer von Amtsdienern in iranischer Tracht zum Großkönig geleitet werden.1569 Im Kontrast zu den Angehörigen der persischen Hofelite, die (hinter dem König stehend) einander die Hände reichen und aktiv miteinander zu kommzunizieren scheinen, wirken die Gabenbringer passiv und nahezu unbeweglich.1570 Alle Delegationen bringen dem Herrscher – so wird suggeriert – freiwillig Geschenke aus ihrer jeweiligen Heimatregion dar. Hierin unterscheiden die achaimenidischen Darstellungen sich grundlegend von ihren mesopotamischen und ägyptischen Vorläufern, deren Fokus auf der drastischen Verbildlichung militärischer Siege und der Erniedrigung der illoyalen Untertanen liegt.1571 Die Reliefs an den Treppenaufgängen des Apadana

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460 f. Dieselbe stellt heraus, dass die Anbindung an die (elamische?) Linie des Kyros eine Ausnahme darstelle und möglicherweise als ein bewusstes Anknüpfen an das Erbe des elamischen Königtums aufzufassen sei. Cf. Rollinger 2014a, 159. Wiesehöfer 2002b, 36. Cf. Root 1979, 227–284; Ahn 1992, 275–277; Hachmann 1995; Wiesehöfer 2007a, 35; Briant 1996, 187 f. Cf. Wiesehöfer 2007a, 35. Cf. Briant 1996, 187. Aus dem Fehlen von Inschriften ergeben sich Identifikationsprobleme. Jede Rekonstruktion muss sich auf die Kleidung und die mitgeführten Gaben stützen. Cf. die Liste bei Briant 1996, 187 f. Cf. Kuhrt 2010, 95. Cf. Root 1979, 240–263; 282–284; Ahn 1992, 275 f. Dies gilt uneingeschränkt für die Darstellungen Salmanassars III. (858–824 v. Chr.) und Tiglatpilesars III. (744–727 v. Chr.). Die Reliefs Sargons II. (721–705 v. Chr.) im Palast von Chorsabad hingegen scheinen desgleichen auf eine ‚freiwillige‘ Übergabe der Geschenke abzuzielen (cf. Root 1979, 257–262), wobei (ibid., 262) „that voluntarism is expressed simply by the minimizing of those images which connote submission.“ Allerdings

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ließen sich als Amalgam unterschiedlicher artistischer Traditionen und ‚Symbolsprachen‘ begreifen, indem zahlreiche motivische und konzeptionelle Details verarbeitet und gleichsam ‚neu erfunden‘ wurden.1572 Sie transformieren – so wurde wiederholt betont – die altorientalischen Vorbilder in abstrakte „visions of voluntary pacification rewarded by generous embrace.“1573 Dieselbe Idee des „Vertrauens- und Loyalitätsverhältnis[ses] zwischen dem Großkönig und seinen Untertanen“1574 erkennt eine Mehrheit innerhalb der Forschung in der Darstellung der sogenannten ‚Thronträgerreliefs‘.1575 In drei Rängen übereinander angeordnet, bilden die Repräsentanten der ‚Reichsvölker‘  – hier durch jeweils nur eine Person vertreten  – das Stützfundament des Königsthrons (gaϑu­), den sie auf ihren Fingerspitzen tragen.1576 Wiederum liegt der Akzent, im Gegensatz zu den altorientalischen Vorläufern, nicht auf dem Antagonismus zwischen dem Herrscher und seinen Untergebenen.1577 Vielmehr stehen die persischen Thronträger aufrecht, und

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stellt Kuhrt 1984, 159 zu Recht heraus, dass die Reliefs an den Treppenaufgängen des Apadana an den Außenwänden angebracht wurden und folglich einen anderen (öffentlichen) Adressatenkreis im Blick gehabt haben dürften als die assyrischen Reliefs, die sich im Innern der Paläste befanden. Möglicherweise standen bei der Konzeption des Apadana auch assyrische Darstellungen von Bittstellern Pate, die einer Gottheit oder dem König vorgestellt werden. Root 2011, 423 erkennt weiterhin Parallelen zu den ägyptischen ‚Totengerichtsszenen‘, in denen Verstorbene vor die Götter Anubis und Osiris geführt werden. Cf. Root 2011, 422. Zu den mesopotamischen Einflüssen in der achaimenidischen Kunst cf. Calmeyer 1994; Root 2000. Als Vorbilder kommen weniger die weitgehend zerstörten und verschütteten Paläste der Assyrer in Frage, als vielmehr freistehende Felsreliefs, Stelen und Siegelzylinder. Cf. Calmeyer 1994, 133. Root 2011, 421 f. Cf. ferner Root 1979, 131; 153; Barjamovic 2011, 147 sowie Ahn 1992, 275: „So bezeichnen die vielen tributbringenden Völkerschaften zwar den Weltherrschaftsanspruch der Achaimeniden, der Duktus der Komposition hebt jedoch den Harmoniegedanken im Verhältnis des Königs zu seinen Untertanen hervor.“ Ahn 1992, 275. Cf. Ahn 1992, 272–277; Kuhrt 2010, 92 f.; Briant 1996, 186; Wiesehöfer 2007a, 35; Rollinger 2006b. Darstellungen finden sich an den Königsgräbern von Naqsch-i Rustam und in Persepolis (100-Säulensaal). Ähnliche Motive erscheinen auf den Suez-Stelen und auf der Basis der Dareios-Statue aus Susa. Calmeyer 1994, 145 weist neben assyrischen auch elamische Prototypen nach. Dass tatsächlich jede Figur ein spezifisches ‚Volk‘ versinnbildlicht, bestätigen die dreisprachigen Inschriften an den Gräbern II und III (Dareios’ I. und Artaxerxes’ (III.?)) zu Naqsch-i Rustam, die diese identifizieren. Weiterhin entsprechen die bildlichen Allegorien exakt den 29 dahyāva, die in den Inschriften am Grab des Dareios (DNa 23–30) genannt werden und die jener „außerhalb von Persien“ (apataram hacā Pārsā) zu beherrschen vorgibt. Die einzige Abweichung besteht darin, dass Pārsa auf den Reliefs (anders als in der zugehörigen ‚Länderliste‘) desgleichen zu den Stützfiguren zählt. Cf. Rollinger 2014a, 160. Cf. Ahn 1992, 273 f.: „Doch unterscheiden sich die achämenidischen Reliefs von ihren altorientalischen Vorbildern dadurch, daß sie von der Betonung der Unterwerfung der Völker Abstand nehmen. Das Spezifikum der achämenidischen Konzeption ist vielmehr die ikonographische Veranschaulichung eines Modells der idealen Gleichheit aller Völker, das die Bevorzugung einzelner Völker nicht mehr kennt und statt eines antagonistischen Verhältnisses zwischen Monarch und Untertanen  – zumindest konzeptionell  – eine Haltung des gegenseitigen Vertrauens etabliert.“ Unter den assyrischen Prototypen ist ein Relief Sanheribs zur Belagerung von Lachisch im Jahre

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die Last zu tragen, scheint ihnen keine Mühe zu bereiten.1578 Auf diese Weise entsteht der Eindruck einer friedlichen und freiwilligen Kooperation aller Vöker des Imperiums, denen der Großkönig nach den Worten Dareios’ I. ‚ihren Platz‘ (innerhalb des Reichsgefüges) zuweist.1579 Zugleich wird – und dies sei explizit betont – in der Grabinschrift desselben Königs daran erinnert, dass dieses Imperium mit Waffengewalt erobert wurde: Wenn du nun überlegen solltest: ‚Wie viele (sind) jene Länder, die Dareios, der König, in Besitz hatte?‘, (so) betrachte die Abbilder (Stützfiguren), die das Throngestell tragen; da wirst du erkennen, da wird dir bewußt werden: ‚Des persischen Mannes Lanze ist weit in die Ferne hinausgegangen‘; da wird dir bewußt werden: ‚Der persische Mann hat fernab von Persien den Feind zurückgeschlagen‘.1580

Vor diesem Hintergrund finden rezentere Deutungen der ‚Thronträger‘ weniger als „Gleichnis für das ‚freiwillige Zusammenwirken‘ der Bevölkerung zum Wohl des Reiches“1581 denn als „Bild der Machtverteilung“1582 innerhalb des Imperiums durchaus ihre Berechtigung. Tatsächlich wurden kriegerische Sujets in der achaimenidischen Ikonographie zunehmend marginalisiert, aber nicht vollständig verdrängt.1583 Der Anspruch auf die Beherrschung Ägyptens als eines vom persischen ‚Fremdherrscher‘ (mit Waf-

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701 v. Chr. das prominenteste Beispiel. Desgleichen stellen Szenen gefesselter Feinde zu Füßen des Pharaos, die unter der Last zu zerbrechen scheinen, ein wiederkehrendes Motiv der ägyptischen Ikonographie dar. Cf. Root 1979, 138–144. Cf. Kuhrt 2010, 93. Cf. DNa 39–47 sowie DB 166–167: adam kāram gāϑavā avāstāyam („Ich stellte das Volk (wieder) an seinen Platz“). Cf. Kuhrt 2010, 93; Wiesehöfer 2007a, 35; Ahn 1992, 272–275. Tatsächlich stellt die Form gāϑavā den Lokativ des Substantives gaϑu­ dar, der im übertragenen Sinne als Zielangabe zu verstehen ist. Cf. Schmitt 2014b, 181, s. v. gaϑu­. DNa 39–47: yadipati maniyāhaḭ: ciyākaram avā dahyāva, tayā Dārayava.uš xšāyaϑiya adāraya, pa­ tikarā dīdi, tayaḭ gāϑum baranti; adā xšnāsāhi, adataḭ azdā bavāti: Pārsahyā martiyahyā dūraḭ ṛštiš parāgmatā; adataḭ azdā bavāti: Pārsa martiya dūraḭ hacā Pārsā parataram patiyajatā. Deutsche Übersetzung des altpersischen Textes nach Schmitt 2009. Cf. Kuhrt 2010, 92; 93. Jacobs 2010, 108. Ibid., 107 f., der (ibid., 107) herausstellt, dass die Deutung einer ‚Friedensbotschaft‘ „merkwürdig verklausuliert“ wäre. Vielmehr habe die „Gewalt als ultima ratio der königlichen Ordnungsmission“ durchaus zum Repertoire der achaimenidischen Herrschaftsrepräsentation gezählt. Weiterhin schätzt Jacobs 2002 die Interpretation der achaimenidischen Großplastik als reichsweites Propagandainstrument ähnlich problematisch ein wie im Falle der Inschriften (s. o.). Da Bilder und Texte seit Xerxes nur formelhaft wiederholt worden seien, liege der Schluss nahe, dass der ursprüngliche Sinn der Darstellung in Vergessenheit geriet und die Dekoration nur noch ornamentalen Charakter besaß. Cf. Kuhrt 2010, 100. So erscheint der ‚königliche Held‘ in Waffen gerade auf denjenigen Medien, die reichsweit zirkulierten, so auf den Gold-Dareiken und Königssiegeln (PFS 93*; PFS 51). Zum Siegel Dareios’ I. aus Theben, das den König beim Löwenkampf zeigt, cf. Collon 1987, Nr. 558. Weiterhin ist nicht auszuschließen, dass Kampfszenen auf ‚vergänglichen Medien‘ (Transparenten u. ä.) zur Schau gestellt wurden.

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fengewalt) unterworfenen Landes artikuliert die altpersische Fassung einer Trilingue vom Sockel der Dareios­Statue aus Susa, die jedoch in Ägypten hergestellt wurde: Dies ist das steinerne Abbild, das Dareios, der König, angeordnet hat in Ägypten herzustellen; aus diesem Grunde (wird dem), der es künftig betrachtet, dem wird bekannt / bewußt, daß der persische Mann Ägypten in Besitz hatte.1584

Die Version in Hieroglyphenschrift hingegen folgt eindeutig pharaonischen Traditionen.1585 In gleicher Weise folgen die ägyptischen und die altpersischen Fassungen der Suez­Inschriften Dareios’ I. einer jeweils unterschiedlichen Agenda. Es handelt sich um drei (ursprunglich vier) Multilinguen, die von der Erbauung des durch Wadi Tumilat verlaufenden Kanals berichten, der den Nil mit dem Roten Meer verband.1586 Während die Hieroglyphentexte die Rolle des Dareios als legitimer Pharao in den Fokus rücken,1587 gibt sich die altpersische Version als ein genuin iranisches, ja persozentrisches Dokument aus der Perspektive des erobernden Fremdherrschers.1588 Dort steht zu lesen: 1584 DSab 2: iyam patikara aϑangaḭna, tayam Dārayava.uš xšāyaϑiya cartanaḭ Mudrāyaḭ; avahyarādi hay­ ašim aparam vaḭnāti, avahyā azdā bavāti, taya Pārsa martiya Mudrāyam adāraya. 1585 Cf. Kuhrt 2007, 478; Wasmuth 2017, 110–124, hier v. a. 121 f. Die Hieroglyphentext auf der Dareiosstatue versieht Dareios mit der traditionellen ägyptischen Titulatur ‚König von Ober- und Unterägypten‘ und ‚Abbild des Re‘ und ist formal und herrscherideologisch ein ägyptischer Text. 1586 Zu den Keilschrifttexten cf. Lloyd 2007; Schmitt 2003b; Wasmuth 2017, 125–156. Diese Multilinguen (Altpersisch – Elamisch – Babylonisch – Ägyptisch) befinden sich auf den Stelen von Tell el-Masḫuta, Šalūf/Kabrīt, Suez und vom Serapeion. Von der Letzteren ist allein der Aufstellungsort bekannt. Wasmuth 2017, 110–124 zeigt, dass die Version von Tell el-Masḫuta (ibid., 155) „eine eigenständige Textfassung“ wiedergibt. 1587 Cf. Lloyd 2007, 101–104 sowie die Bearbeitung der Hieroglyphentexte durch Posener 1936. Die (am besten erhaltene) Stele von Tell el-Masḫuta (cf. Wasmuth 2017, 145, Abb. 19) nimmt sich formal und motivisch charakteristisch ägyptisch aus: Im oberen Bildfeld erscheint das Himmelsgewölbe mit der Flügelscheibe des Horus. Zur Linken ist das was-Szepter, ein Symbol der Macht mit kosmischer Bedeutung, zu sehen. Der Name des Dareios ist von einer vertikalen Kartusche eingefasst, und zudem erscheint das klassische Motiv der Nil-Götter, die das sma-Zeichen – als Symbol der Einheit – mit Pflanzengirlanden umwinden. Zu beiden Seiten der Nil-Götter verlaufen vertikale Schriftzüge mit Segenssprüchen der Gottheiten an den König. Im darunter stehenden Register folgt eine ‚Länderliste‘, die trotz ihres ägyptischen ‚Layouts‘ – die Völkernamen sind in Ovalen eingefasst – den iranischen Länderlisten nachempfunden sein dürfte. Jedes Oval ist, der ägyptischen Konvention folgend, von der Abbildung eines gedemütigten Gegners mit erhobenen Armen gekrönt. Der Hieroglyphentext beginnt mit einer pharaonischen Selbstvorstellung des Dareios als Sohn der Neith, Abbild Res und ‚König von Ober- und Unterägypten‘. Es folgt eine Szene im Palast zu Susa, die Dareios den Kanalbau im Kreise seiner Berater erörtern und beschließen lässt. Dabei folgen die Erzählung und der ‚Lobpreis‘ der Höflinge dem Muster der ägyptischen Königsnovelle. 1588 Cf. Lloyd 2007, 104–107. Einzig die Stele von Šalūf/Kabrīt enthält den Keilsschrifttext (DZa; DZb; DZc) in nahezu vollständiger Form. Cf. Schmitt 2003b. Während der Hieroglyphentext eine ganze Seite der beidseitig beschrifteten Stele einnimt, enthält die zweite Seite alle drei Keilschriftversionen. Das ‚Layout‘ weist mit der Himmelshieroglyphe, dem was-Szepter und dem von einer Kartusche eingefassten Königsnamen auch ägyptische Elemente auf. Indes, die Darstellung der Nil-Götter wird hier durch zwei figürliche Abbildungen des Dareios in traditionell persisch-achai-

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Ich bin Perser; von Persien habe ich Ägypten in Besitz genommen; ich habe angeordnet, diesn [sic!] Kanal zu graben von – Pirāva mit Namen (ist) ein Fluß, der in Ägypten fließt, – zu dem Meer, das von Persien herkommt; darnach wurde dieser Kanal gegraben, so wie ich es angeordnet hatte, und es fuhren Schiffe von Ägypten durch diesen Kanal nach Persien, so wie es mein Wunsch war.1589

Die Suez­Stelen sind folglich zugleich als Konzession an das ägyptische ‚Traditionsbewusstsein‘ und als Denkmäler imperialer Macht zu begreifen.1590 Dabei zielen die Versionen in altpersischer Sprache in ethnozentrischer Manier auf die Durchdringung des imperialen Raumes durch den persischen Eroberer: „Ich bin Perser; von Persien aus habe ich Ägypten in Besitz genommen.“ (adam Pārsa ami; hacā Pārsā Mudrāyam agṛbāyam). Indessen bleibt festzuhalten, dass der Inhalt der Stelen – der Bericht über eine königliche ‚Ingenieursleistung‘ – im achaimenidischen Kontext eher ungewöhnlich erscheint. Hier folgte Dareios vermutlich ägyptischen Vorgaben.1591 Desgleichen ist das Motiv des Königs, der Wasser bringt, wo zuvor keines war, ein ägyptisches.1592 Gleichwohl stellen Gewässer und Wasserstraßen auch in der Reichsimagination der persischen Könige entscheidende Grenzmarken dar:1593 Wie altorientalische Herrscher vor ihnen beanspruchen auch die achaimenidischen Könige die Herrschaft über „Länder, die jenseits des Meeres (sind)“ (dahyāva tayā para draya), darunter die ‚Ionier‘ (Yaṷnā), „die im Meer (wohnen)“ (tayaḭ drayahyā) respektive die ‚Ionier jenseits des Meeres‘ (Yaṷnā paradraya) sowie die „Saken jenseits des Meeres“ (Sakā tayaḭ pa­ radraya).1594

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menidischer Tracht ersetzt. Der altpersische Text zerfällt in vier Partien, die jedoch erheblich von der ägyptischen Version abweichen: 1. Selbstvorstellungsformular im typisch achaimenidischen Duktus 2. Preis der Schöpfung Ahuramazdas 3. Ein zweites Selbstvorstellungsformular 4. Die Beschreibung des Kanalbaus. DZc 7–12: adam Pārsa ami; hacā Pārsā Mudrāyam agṛbāyam; adam niyaštāyam, imām yaṷviyām kantanaḭ hacā – Pirāva nāma raṷta, taya Mudrāyaḭ danuvati, – abi draya, taya hacā Pārsā aḭti; pasāva iyam yaṷviyā akaniya, avaϑā yaϑā adam niyaštāyam, utā nāva ayantā hacā Mudrāyā tara imām yaṷviyām abi Pārsam, avaϑā yaϑā mām kāma āha. Cf. Lloyd 2007, 111: „We are confronted with a context and iconography which are overwhelmingly part of classic Achaemenid royal discourse and which convey a strong sense that the military might of the Great King had prevailded over Egypt and that Egypt was firmly under his control.“ Cf. ibid., 106 unter Verweis auf eine Inschrift Senwostrets III. vom ersten Nilkatarakt (Breasted 1906–1907, I, 290–292). Cf. Lloyd 2007, 104 unter Verweis auf die Redesiyeh­Inschrift Setis’ I. (Lichtheim 1976, 52–54) und die Kuban­Stele Ramses’ II. (Kitchen 1996, 188–193). Zur ideologischen Vereinnahmung ‚des Meeres‘ im achaimenidischen Herrschaftsdiskurs cf. Haubold 2012; Müller 2016b. Tatsächlich werden unterschiedliche Gruppen von Ioniern und Saken unterschieden: Die ‚Ionier des Festlandes‘ (Yaṷnā tayaḭ uškahyā), die ‚Ionier (,die) im Meer wohnen‘ (Yaṷnā tayaḭ drayahyā), die ‚schildtragenden Ionier‘ (Yaṷnā takabarā) und die ‚Ionier jenseits des Meeres‘(Yaṷnā parad­ raya) sowie die ‚Saken jenseits des Meeres‘ (Sakā tayaḭ paradraya), die ‚spitzmützigen Saken‘ (Sakā tigraxaṷdā) und die ‚amyrgischen Saken‘ (Sakā haṷmavargā). Cf. Herrenschmitdt 2014,

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Tatsächlich mag hier, wie auch in dem oben zitierten Passus aus den Suez­Stelen, die (aus Mesopotamien ererbte) mental map zugrunde liegen:1595 Die Grenzmetaphorik des ‚Oberen‘ und des ‚Unteren Meeres‘, die in neuassyrischer Zeit zunehmend ‚gesprengt‘ worden war (s. o. Kap.  I.2.6), war noch in der zweiten Hälfte des ersten Jahrtausends weithin im Gebrauch. Dies beweist nicht zuletzt eines der frühesten Dokumente aus persischer Zeit – der sogenannte Kyroszylinder. Hatte Kyros II. – hierin babylonischen Konventionen folgend – sein Imperium vermittels der überkommenen Grenzmetaphorik des ‚Oberen‘ und ‚Unteren‘ Meeres beschrieben,1596 so sprengte bereits Kambyses diese Grenzen während seines Ägyptenfeldzuges.1597 Dareios schließlich gelang mit dem Bau des Kanals am Roten Meer (nebst dem praktischen Nutzen) die Verbindung zweier Welten auch auf herrscherideologischer Ebene:1598 Das zuvor lediglich über den gefährlichen und mühsamen Landweg durch die Wüsten des Sinai erreichbare Land am Nil wurde durch die Konstruktion des Kanals und den daraus resultierenden Schiffsverkehr gleichsam in den ‚persischen orbis‘ einbezogen.1599 Desgleichen demonstrierte der Großkönig seinen Anspruch, auch die Skythen ‚jenseits des Meeres‘ zu beherrschen, indem er – die Historizität der von Herodot (4, 83; 85–89) geschilderten Episode vorausgesetzt1600 – Brücken über den Bosporus schlagen und

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28 f.; Wiesehöfer 2007a, 37; Klinkott 2001b. Die ‚Ionier von jenseits des Meeres‘ bzw. ‚die im Meer wohnenden Ionier‘ (tayaḭ drayahyā) (in der akkadischen Version ina marrati) hat Schmitt 1972 mit den Bewohnern des kleinasiatischen Daskyleion identifiziert: Im ersten Brief des Themistokles erscheint ein gewisser Artabazos als Satrap der „Völker am Meer“, der auch bei Thukydides (1, 129, 1) als Satrap der Daskyleis erwähnt wird. Klinkott 2001b zeigt, dass der Terminus Yaṷnā als Kollektiv in Anlehnung an die assyrische und neubanylonische Bedeutung zunächst vage ‚die Leute im Westen‘ bezeichnete. Im Zuge der fortschreitenden persischen Expansion wurden diverse Untergruppen differenziert, die jedoch weniger auf ‚Griechen‘ denn auf thrakisch-phrygische Volksgruppen zielten, sodass (ibid., 144) „nun davon Abstand genommen werden muß, diese Yauna in den altpersischen Königsinschriften als ‚Ionier‘ zu übersetzen.“ Cf. Haubold 2012, passim. Cf. ferner Müller 2016b, 224–230. Cf. Haubold 2012, 6–8; Müller 2016b, 220–222. Cf. den Kyroszylinder Z. 29 (= Schaudig 2001, K2. 1, 553; 556): „Auf seinen] erhabenen [Befehl] brachte mir die Gesamtheit der Könige, die auf Thronen sitzen, die ganze Welt, vom oberen Meer bis zum unteren Meer, die in [fernen] Be[zirken] wohnen, (und) die Könige des Landes der Amoriter, die in Zelten wohnen, allesamt ihren schweren Tribut, und in Bābil küßten sie meine Füße“ (i­na qí­bi­ti­šú] ṣir­ti nap­ḫar lugal a­ši­ib bárameš ša ka­li­iš kib­ra­a­ta iš­tu tam­tì e­li­tì šap­li­tì a­ši­ib n[a­gi­i(*) né­su­tì] lugalmeš kur a­mur­ri­i a­ši­ib kuš­ta­ri ka­li­šú­un bi­lat­su­nu ka­bi­it­tì ú­bi­lu­nimma). Cf. Haubold 2012, 8. Herodot (3, 34) erinnert an eine Anfrage des Kambyses an seine persischen Ratgeber, wie sie ihn im Verglich zu seinem Vater Kyros beurteilten. Jene hätten geantwortet, „er sei weit mehr als Kyros; denn dessen ganzes Reich sei sein, und dazu habe er noch Ägypten und die Herrschaft über das Meer hinzugewonnen“ (οἱ δὲ ἀμείβοντο ὡς εἴη ἀμείνων τοῦ πατρός• τά δὲ γὰρ ἐκείνου πάντα ἔχειν αὐτὸν καὶ προσεκτῆσϑαι Αἰγυπτόν τε καὶ τὴν ϑάλασσαν). Cf. Müller 2016b, 224–230, die (ibid., 229) betont: „Der Kanalbau ist […] ebenso im Kontext von Dareios’ Ausbau der Infrastruktur, Handels- und Kommunikationswege des gesamten Reiches zu sehen wie in seiner Ausgestaltung der Reichsideologie und language of empire, welcher er den prägenden Stempel verlieh.“ Cf. Haubold 2012, 9; 11; Müller 2016b, 228. Cf. Bichler 2000, 292–301.

Herrschaftsvorstellungen und ‚Reichsimagination‘

273

Stelen an dessen Ufern errichten ließ: Dareios „bridged the gap between the imperial world and uncharted territory beyond.“1601 Dieser ideologisch fundierten Wahrnehmung des Raumes tritt mithin ein „paxisorientierter […] Aspekt“1602 zur Seite, den namentlich die Fahrt des Skylax von Karyanda dokumentiert, der um 518 v. Chr. im Auftrag Dareios’ I. den Seeweg von Indien bis zum Roten Meer erkundete.1603 Doch auch in der ‚kognitiven‘ Erfassung des imperialen Raumes besaßen Wasserstraßen und Gewässer, wie dargelegt, hohe Relevanz. Plutarch referiert ein Zeugnis Deinons, dem zufolge die Achaimeniden Wasser aus dem Nil und aus der Donau im Schatzhaus zu Susa verwahrt hätten, „gleichsam als Bestätigung für die Größe ihres Reiches und ihre Herrschaft über alle Völker.“1604 Der Multiethnizität und Multikulturalität des persischen Imperiums trägt schließlich die sogenannte Burg­ bauinschrift Dareios’ I. aus Susa Rechnung.1605 Dort heißt es: „Dies (ist) der Palast, den ich in Susa erbaut habe; von gar weit her ist das (Baumaterial u. ä?) (herbei)gebracht worden.“1606 Es folgt (DSf 28–55) eine ausführliche Vorstellung der verarbeiteten Ressourcen aus allen Regionen des Imperiums sowie der am Bau beteiligten ‚Reichsvölker‘, die ihre jeweils landespezifischen Kenntnisse und Fertigkeiten eingebracht hätten: Pinienholz aus dem Libanon, Gold aus Lydien und Baktrien, Silber und Ebenholz aus Ägypten sowie Elfenbein aus Nubien, Indien und Arachosien wurden herbeigeschafft; Steinmetze aus Ionien und Lydien, babylonische Spezialisten für das Ziegelwerk und zahlreiche andere Untertanen wiederum verarbeiteten die Rohstoffe und errichteten den Palst auf Geheiß des Dareios. Wie in der großkönigliche Titulatur liegt der Akzent auf der Ferne: „Von gar weither“ seien Baumaterialien und Handwerker herbeigebracht worden. Der Palast, der sich auch architektonisch durch einen „Synkretismus der Formen“1607 auszeichnet, wird in der Beschreibung des Dareios zur sichtbaren Manifestation des Imperiums und seiner unermesslichen Dimension.1608 Eine ähnliche Funktion

1601 Haubold 2012, 9. Cf. desgleichen ibid., 11: „By bridging the ‚bitter river‘ and invading the lands beyond it, Darius proved himself a heroic conqueror of the world, one of those figures who dared to venture beyond the central field on the Babylonian World Map, into the triangles as it were.“ 1602 Wiesehöfer 2007a, 31. 1603 Cf. Hdt. 4, 44; 3, 102; Hekataios FGrH 1 F 295. Zum Perplus des Skylax cf. Pereti 1988; Parker 2008, 14–17. Die Fahrt dürfte – abgesehen von rein kognitiven Motiven – vornehmlich den Zweck verfolgt haben, die angestrebte Eroberung des Industals vorzubereiten. Cf. Wiesehöfer 2007a, 32. 1604 Plut. Alex. 36,4: οἷον ἐκβεβαιουμένους τὸ μέγεϑος τῆς ἀχῆς καὶ τὸ κυριεύειν ἁπάντων. 1605 Cf. Rollinger 2008c; Klinkott 2002. 1606 DSf 22–23: ima hadiš, taya Ҫūšāyā akunavam; hacāci dūradaš xxxx ābariya. Cf. die weitgehend parallele Inschrift DSz. 1607 Calmeyer 1994, 143. 1608 Cf. Briant 1996, 191: „En elle-même l’expression veut rendre compte de l’immensité de l’espace conquis et contrôlé par le Grand Roi et les Perses.“ Ebenso hält Kuhrt 2010, 94 fest: „No better picture of how the king’s all-embracing power enables him to command the empire’s rich and diverse resources to fulfill his needs can be imagined. By these means, the physical environment in which the king sat became a tangible, visible manifestation of the empire.“

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Weltkonzeption und (Welt-)Herrschaft im Alten Vorderen Orient

besaßen (auf ideologischer Ebene) die Paradeisoi,1609 die – den altorientalischen Gärten vergleichbar – eine Art ‚Mikrokosmos‘ des Reichsganzen darstellten, dessen mannigfaltige Flora und Fauna sich im Zentrum konzentrierte.1610 *** Die großkönigliche Herrschaftsrepräsentation, so bleibt festzuhalten, betont den transterritorialen, ja ‚universalen‘ Charakter des Perserreiches als einer politischen Entität von bislang unübertroffener räumlicher Ausdehnung. Konnte das Postulat der ‚Weltherrschaft‘ von (antiken) Imperien grundsätzlich allein durch die Ausblendung ‚anderer Welten‘ erhoben werden (s. o. Kap. I.2), so tritt dieser ‚ideologische Kunstgriff ‘ in den achaimenidischen Text- und Bildbotschaften ungleich deutlicher zutage: Die Grenzen der Herrschaft und die außerhalb des Reiches liegenden Territorien finden nirgends Erwähnung, sodass die Gleichsetzung des eigenen Herrschaftsgebiets mit der ‚Welt schlechthin‘ konsequenter vollzogen worden zu sein scheint als vordem: „Ein derart ausgeprägter Universalismus ist selbst innerhalb der Geschichte der auf Weltherrschaft abzielenden altorientalischen Großreiche singulär.“1611 Dieser Prozess beginnt bereits mit der Bisutun­Inschrift Dareios’ I., die eine Gefährdung der Herrschaft nicht etwa in der Bedrohung durch außenpolitische Gegner, sondern vielmehr allein in den von draṷga irregeleiteten Thronprätendenten erblickt. Die Tendenz der ‚Dehistorisierung‘ setzt sich unter den Nachfolgern des Dareios fort, bis ein vollständiger ‚Stillstand‘ der Geschichte erreicht zu sein scheint, angesichts dessen auch jedwede territoriale Expansion ihren Sinn verliert. Im Achaimenidenreich scheint das ‚Ziel der Weltgeschichte‘ verwirklicht.1612 Entsprechend ist auch der der assyrischen Herrscherideologie inhärente, durch ein göttliches ‚Mandat‘ sanktionierte Expansionismus den persischen Königsinschriften – wie Josef Wiesehöfer mehrfach betont hat – fremd.1613 Zwar verhehlen die achaimenidischen Herrscher keineswegs, dass ihre Macht auf Waf1609 Die altpersische Entsprechung zum altiranischen paridaēza­, die indessen in dieser Form nicht belegt ist, wäre paradaḭda­ (‚Umwallung‘; ‚Einfriedung‘). Cf. Schmitt 2014b, 225, s. v. paradaḭda. Das Wort fand Eingang in zahlreiche Sprachen: pardes (Hebr.; Aram.); pardaisā (Syr.); partēz (Armen.); paradeisos (Gr.); paradisus (Lat.). Cf. ferner Tuplin 1996, 93. 1610 Cf. Hultgard 2000; Fauth 1979; Fakar 2001; Nóvak 2002; Wiesehöfer 2015a; Anagnostou-Laoutides 2017, 45 mit Anm. 171. Tuplin 1996 arbeitet die mit den achaimenidischen Gärten verbundenen historischen Probleme heraus, die sich aus der relativen Quellenarmut sowie aus den stereotypen Beschreibungen griechischer Autoren ergeben. So ist die Beschaffenheit der persischen Gärten nur schwer zu rekonstruieren. 1611 Rollinger 2014a, 162. Cf. Kuhrt 2010, 91. 1612 So Rollinger 2014a, 162: „Das Reich ist damit endgültig eine auf Ewigkeit ausgerichtete und von der Gottheit sanktionierte statische Einrichtung geworden. Geschichte und Ereignis spielen in diesem Zusammenhang keine Rolle mehr, ja ihre Ausblendung gewinnt geradezu herrschaftslegitimierende Funktion.“ Cf. Rollinger 2014b; Wiesehöfer/Rollinger 2012 zum ‚Epochenbewusstsein‘ im Achaimendienreich. 1613 Cf. Wiesehöfer 2004b; 2007a, 38–40; 2009, 88–94; 2013.

Herrschaftsvorstellungen und ‚Reichsimagination‘

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fengewalt gründet. Auch gibt ihnen ihre Funktion als Sachwalter des höchsten Gottes Ahuramazda das Recht, gegebenenfalls die die gottgewollte Ordnung gefährdende Illoyalität der Untertanen aufs Härteste zu bestrafen. Im Fokus der großköniglichen Verlautbarungen stehen jedoch ausschließlich die (von ihnen tatsächlich beherrschten) Völkerschaften des Reiches.1614 Wie die (neu-)assyrischen Könige präsentiert sich der persische Großkönig als Held, der dank seiner überragenden (nicht zuletzt militärischen) Fähigkeiten die Stabilität und den Wohlstand des Staates zu gewährleisten imstande ist. Einen ausdrücklichen göttlichen Befehl zur Grenzausweitung im Sinne der assyrischen Rhetorik und ein über den asiatischen Herrschaftsbereich hinausgreifendes Sendungsbewusstsein indessen wird man in den achaimenidischen Königsinschriften vergeblich suchen. Die Frage nach den Adressaten der Text- und Bildbotschaften lässt sich – wie eingangs dargetan – nicht in jedem Fall abschließend klären. Ungeachtet dessen tritt in ihnen ein auf die Ewigkeit angelegtes imperiales Selbstverständnis zutage – mit den Worten Clarisse Herrenschmidts: The material situation of these inscriptions on a statue of the king, on a stele overlooking the Suez Canal, on the foundation plates of the royal palace at Susa, and finally on the wall of rock at a hight impossible for human eyes restore the texts to their solemnity, their immanence, their proclamation characteristic almost cosmic. What did it matter that no one could read them? They were addressed to god(s), earth, wind and water, the Persian Empire and the splendor of Iran were designed for the eyes of time.1615

1614 Cf. Wiesehöfer 2004b, 215–216; 2007a, 40. 1615 Herrenschmidt 2014, 36.

3. Asien und die Sukzession von Reichen aus griechischer Sicht

If there is an acid test of Greek historians’ knowledge of Mesopotamia, then it is their idea of a succession of empires.1

Ein zentraler Streitpunkt im akademischen Diskurs um die Provenienz des Sukzessionsschemas (Assyrien – Medien – Persien) betrifft die Frage, ob das Konzept einer Abfolge von Reichen ‚orientalische‘ oder genuin ‚griechische‘ Vorstellungen spiegle. Lineare und zyklische Vorstellungen von Zeit sowie das Axiom, dass nichts ewig währe, sind sowohl der mesopotamischen als auch der griechischen Gedankenwelt immanent.2 Ablösungsprozesse von Dynastien wurden bereits auf der Schwelle vom dritten zum zweiten Jahrtausend v. Chr. in der Sumerischen Königsliste und den Städteklagen postuliert (s. o. Kap. I.2.2). Auch die Griechen formulierten spätestens seit dem fünften Jahrhundert v. Chr. Sukzessionstheorien,3 so eine anonyme Liste von Thalassokratien, deren Reflexionen durch Athens Hegemonie im ersten Attischen Seebund inspiriert worden sein dürfte.4 Bei Herodot bilden Seemächte und kontinentale Imperien indessen unterschiedliche Kategorien,5 und die Frage, wo, wann und auf welcher Grundlage der Autor die Sukzession der Reiche Assyriens, Mediens und Persiens entwickelte, ist damit mitnichten beantwortet.

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Haubold 2013a, 78. Das Konzept des Aufstiegs und Niedergangs von Staaten in der griechischen Literatur behandelt de Romilly 1977, die (ibid., 15) hierin jedoch keine politische Theorie erkennt: „The Greeks never attempted such general applications of their biological pattern. By using it, they only meant to say that things grow and are ultimately destroyed. It was, for them, a simple metaphor. They didn’t expect their metaphors to become theories nor did they think these metaphors provided an explanation or could be the basis of any precision. People, cities, and empires grow and then become impotent and weak. That is a fact. But for the Greeks, this general idea didn’t in the last solve the question of how and why they rise and fall (nor did it allow them to predict when they should either rise and fall).“ Cf. Alonso-Núñez 1988, 125. Cf. Forrest 1969. Cf. Alonso-Núñez 1988, 125 mit der älteren Literatur.

Asien und die Sukzession von Reichen aus griechischer Sicht

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Dabei erweist sich die Dichotomie zwischen genuin ‚griechischen‘ und genuin ‚orientalischen‘ Vorstellungswelten als problematisch, denn: Rezentere Studien tragen nicht nur dem Dialog, dem wechselseitigen Transfer und der Adaption von Ideen zunehmend Rechnung, sondern stellen darüber hinaus die Gültigkeit der ‚Labels‘ des Orients und des Griechentums infrage.6 Vielmehr gestalteten sich die Welt(-en) des Mittelmeeres und des Vorderen Orients im ersten Jahrtausend v. Chr. komplex, die Kontakte vielfältig. Seit dem Ende der 1990er Jahre rückten diese Kontakte sowie namentlich die Frage nach möglichen Beeinflussungen des archaischen Griechenlands durch die (mesopotamischen, ägyptischen, phoinikischen, hethitischen u. a.) Kulturen des Vorderen Orients verstärkt in den Fokus der althistorischen Forschung.7 Als Resultat des Transfers von Gütern und Ideen in die Ägäiswelt wurde neben der Ausrichtung der Produktion auf den ‚internationalen‘ Handel und einer zunehmenden ‚sozialen Mobilität‘ von Söldnern, Handwerkern und anderen Spezialisten8 namentlich die Aneignung und Adaption orientalischen Traditionsgutes durch die Griechen diskutiert.9 Diese Beeinflussung lässt sich sowohl in physisch-materiellen (Kunst, Architektur, Stadtplanung, Technologie, Schrift, Münzprägung) als auch in ideengeschichtlichen Bereichen (Philosophie, Mathematik, Astronomie, politisches Denken) benennen.10 Dabei hat namentlich die Frage nach möglichen orientalischen Vorbildern der frühgriechischen Literatur (Homer und Hesiod) in den vergangenen Dezennien vielfach Beachtung gefunden;11 nicht zuletzt riefen die Thesen Raoul Schrotts, dem zufolge Homer aus Kilikien stammte und den Trojanischen Krieg auf der Folie der assyrisch-griechischen

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Cf. etwa Gunter 2009; van Dongen 2007, 14 mit Anm. 1. Zu den Kontakten zwischen den ‚Griechen‘ und den Welten des Orients cf. etwa die Überblicksdarstellungen Heller 2015, 332–334; van Dongen 2007; Rollinger 2011a sowie darüber hinaus Haider 1996; Burkert 1992; 2003; Rollinger 2001; 2003a; 2006a; 2008a; 2009d; 2017a; Haubold 2013a, 18–126; Ulf 2009; Beiträge in Zenzen/Hölscher/Trampedach 2013; Beiträge in Rollinger/Ulf 2004; Beiträge in Ulf/Rollinger 2011; Drews 1973. Demgegenüber war das Interesse der Assyriologie an möglichen Wechselwirkungen eher begrenzt. Cf. Márquez Rowe 2018, 369–372. Cf. Wiesehöfer 2011b, 140. Cf. die Beiträge in Hölscher/Zenzen/Trampedach 2013. Cf. etwa Neugebauer 1957 (Wissenschaft und Philosophie); Haubold 2013a (Literatur); Matthäus 1993 (Kunst, Kultur, Lebensführung); Raaflaub 2000; 2009; 2011; Beiträge in Raaflaub 1993 (politisches Denken); West 1997, 1–60 (Synthese zu Institutionen, Recht und Politik); Wiesehöfer 2009d (Polis und altorientalische Stadt). Burkert 1992; 2003 prägte den Begriff der ‚Orientalisierenden Revolution‘. Cf. Helm 1980, 216–234. Zu Hesiod cf. Walcot 1966; Penglase 1994; West 1997, 276–333. Zu Homer cf. Morris 1997; Rollinger 1996; 2015; Ulf 2008b; West 1997, 334–494; Blum 2001; Márquez Rowe 2018.

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Asien und die Sukzession von Reichen aus griechischer Sicht

Konflikte in dieser Region verfasste,12 teils polemische Reaktionen, teils fruchtbare Debatten hervor.13 Zwar steht das Phänomen des interkulturellen Dialogs an sich inzwischen außer Frage, doch die konkreten Voraussetzungen, Abläufe und Modalitäten bleiben strittig.14 Als mögliche ‚Kontaktzone‘ des Wissenstransfers wurde einerseits die Landroute über die viae anatolicae genannt;15 anderseits sprechen gewichtige Gründe zugunsten einer bevorzugten Nutzung des Seewegs über die Levante, Nordsyrien und Kilikien bereits in der archaischen Zeit.16 Als Träger der Vermittlung figurieren dieser Auffas-

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Cf. Schrott 2008. Einen zentralen Punkt seiner Argumentation bildet die Herabdatierung der Lebenszeit Homers ins siebte Jahrhundert v. Chr. Schrott sieht Homer als einen in assyrischen Diensten stehenden Schreiber und Verwaltungsbeamten aus Karatepe. Die offenkundigen Parallelen zwischen der Ilias und dem Gilgamesch­Epos zeugen ihm zufolge von der (unmittelbaren) Vertrautheit des Autors mit der mesopotamischen Literatur. Cf. die kritische Rezension Kirschbaum 2008 sowie Ulf 2008b. Sehr differenziert setzen sich die Beiträge in Ulf/Rollinger 2011 mit der Thematik auseinander. Gegen die Tendenz, aus vordergründigen Analogien auf originäre Zusammenhänge zu schließen, richtet sich Matijević 2015 (mit dem Fokus auf den homerischen Jenseitsvorstellungen). Die Debatte fand desgleichen Eingang in die Feuilletons unterschiedlicher Tageszeitungen. Cf. etwa Rollinger, R., „Wie orientalisch ist Homer?“ in Die WELT 28.01.2008 sowie Patzeck, B., „Schrotts Homer – ein kühner historischer Roman?“ in Frankfurter Allegemeine Zeitung 03.01.2008 und Wiesehöfer, J., „Auf den Spuren eines genialen Dichters,“ in Die WELT 15.03.2008. Eine ‚assyriologische‘ Sicht auf Teilaspekte der Thesen Burkerts (Burkert 1992, 91–93) zu einer möglichen Abhängigkeit Homers von mesopotamischen Kosmogonien cf. Márquez Rowe 2018, der (ibid., 377) zu dem Schluss kommt: „In conclusion, Burkert’s main arguments are absolutlely sound from an Assyriological point of view and on this basis one cannot refute the idea that Homer did borrow his cosmogonical story in the Dios apate from the Babylonian creation epic.“ Cf. Raaflaub 2000, 53; van Dongen 2007, 27–38 mit der älteren Literatur. Cf. Latacz 2004; Haubold 2007, 48; Högemann 2000a; 2000b. Zur Bedeutung Anatoliens als Zone des interkulturellen Dialogs im zweiten und ersten Jahrtausend v. Chr. cf. die Beiträge in Klinkott 2001a. Cf. Rollinger 2003a; 2007b; 2008a; 2009d; Wiesehöfer 2011b. Demnach habe die Nutzung des Landweges erst mit dem Erstarken des Lyderreiches unter Gyges im siebten Jahrhundert v. Chr., und mehr noch in achaimenidischer Zeit, an Bedeutung gewonnen. Cf. Kerschner 2005, 129–141. Perserzeitliche Reiseberichte über die Fahrt nach Mesopotamien (cf. dazu Briant 1991) zeigen, dass die bevorzugte Verkehrsroute in drei Stationen über 1) den Seeweg zu Schiff bis zur Levante, 2) den Landweg bis zum Euphrat und 3) der Schifffahrt flussabwärts auf dem Euphrat verlief. Cf. etwa Hdt. 1, 194; 185; Diod. 14, 81, 4; Strab. 1, 3, 1; Arr. an. 7, 20, 2–4. Wiesehöfer 2011b, 141 legt dar, dass „diese Verbindungen […], bei denen nur der Weg von Phoinikien bzw. Kilikien bis zum Euphrat über Land verläuft, bereits für die vorpersische Zeit anzunehmen“ seien: Assurbanipal bezeichnet Lydien im Zuge des ersten bekannten Kontakts Assyriens mit einem westanatolischen Herrscher (Prisma E, Stück 16, Z. 1–13 = Borger 1996, 182 (Transliteration); 218 (Übersetzung)) als einen ‚fernen Ort‘, der ‚jenseits des Meeres‘ liege. Hier scheint die Kontaktaufnahme demnach über den Seeweg erfolgt zu sein. Cf. auch Rollinger 2003a, 340 f. Perserzeitliche Quellen nehmen häufig auf die Vorteile des Seeweges gegenüber der gefahrvollen Reise über Land Bezug (cf. Xen. an. 5, 6, 10; Hell. 4, 1, 4–15; Hdt. 6, 43; Diod. 14, 21, 1), deren sichere Nutzung geordnete politische Verhältnisse voraussetzte, die erstmalig die Infrastruktur des Achaimenidenreiches zu gewährleisten vermochte. Gleichwohl scheint auch in persischer Zeit der Seeweg der Landroute vorgezogen worden zu sein Cf. Wiesehöfer 2011b, 139 f.

Asien und die Sukzession von Reichen aus griechischer Sicht

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sung nach in erster Linie die Phoiniker,17 denen man die Errichtung eines veritablen (von Mesopotamien bis nach Iberien reichenden) ‚Weltsystems‘18 attestiert hat.19 Den weitreichenden nautischen Aktionsradius der Phoiniker, die im achten Jahrhundert v. Chr. in tributäre Abhängigkeit zu den Assyrern geraten waren, hatten die neuassy-

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Cf. Röllig 2003–2005. Cf. Sommer 2004, passim. Cf. Röllig 2003–2005, 539: „Im Gefolge dieser Handelskontakte kam es zur Ausbreitung und Übernahmen von Techniken und Kulturgütern, vor allem der phön. Schrift und mit ihr zur Verbreitung von altorientalischer Literatur und religiösem Gedankengut.“ Die ‚phoinikische Expansion‘, die sich vom Ende des zweiten Jahrtausends bis in die erste Hälfte des ersten Jahrtausends v. Chr. vollzog, folgte weniger politischen als ökonomischen Zielrichtungen. Cf. Niemeyer 2004; Schneider 2015. Sie beruhte auf einem weit verzweigten interkontinentalen Fernhandel, dessen Auswirkungen auf die Ägäiswelt namentlich die von ihnen vertriebenen Luxusgüter und Prestigeobjekte (keimelia) dokumentieren, die in griechischen Heiligtümern und in den Gräbern der Aristokraten von Lefkandi und Eretria gefunden wurden. Importe aus dem Vorderen Orient (Nordsyrien, Phoinikien, Zypern, Ägypten) sind in Kleinasien, in der Ägäis, auf Kreta und im griechischen Mutterland bei stetiger Zunahme seit dem zehnten Jahrhundert v. Chr. bezeugt. Diese keimelia, die augenscheinlich eigens für den ‚griechischen Markt‘ hergestellt wurden, bezeugen eindrücklich die handelspolitische ‚Flexibilität‘ der Phoiniker, die die Möglichkeiten eines ‚multinationalen‘ Handelsnetzwerkes optimal auszunutzen sowie ihre Exporte und Transitwaren den Bedürfnissen ihrer jeweiligen Handelspartner anzupassen verstanden. Sommer 2004 erkennt seitens der ‚griechischen Aristokratie‘ und der phoinikischen Händler (ibid., 236) zwei unterschiedliche „Konzeptionen des Warenaustausches.“ Entsprechend der Theorie von der ‚eingebetteten Wirtschaft‘ (cf. Polanyi 1976) hätten die frühen Griechen Ökonomie nach sozialen Kategorien bewertet: Der Erwerb von Besitz habe in erster Linie auf die Mehrung gesellschaftlichen Prestiges gezielt, wohingegen marktwirtschaftliche Kriterien (Wettbewerb, Preisfluktuationen etc.) keine Rolle gespielt hätten. Entgegen den sozialen Prioritäten des griechischen Tauschhandels sei der phoinikische Fernhandel – unter der Maxime der „freien Verhandelbarkeit von Preisen“ (Sommer 2004, 237) – markt- und gewinnorientiert gewesen. Aufgrund der spärlichen Quellenlage rekurriert Sommer auf das ‚Weltsystem-Modell‘ des Soziologen Immanuel Wallersten (cf. Wallerstein 1974; 1991. Cf. zusammenfassend Sinopoli 1994, 161–169) zur Entstehung des (frühneuzeitlichen) kapitalistischen Transkontinentalhandels. Demnach zeichnen sich ‚Weltsysteme‘ durch eine hierarchische und komplexe ‚Zentrum-Peripherie-Struktur‘ aus (Komplexität des Siedlungsmusters, der Sozialstruktur, der Produktion, funktionale Komplexität). Im Unterschied zu Imperien geht die ökonomische Potenz von Weltsystemen nicht zwingend mit politischer Dominanz einher. Ihr Hauptmerkmal ist die „ökonomische Arbeitsteilung“, die die Dominanz des Zentrums als höher entwickeltem Lieferanten von Dienstleistungen und Fertigwaren sichert. Einen (freilich schemenhaften) Reflex auf die Genese dieses Systems bei den Phoinikern erkennt Sommer in der ägyptischen Wenamun­Erzählung (Text: Goedicke 1975), einer Episode um den Tempelbau König Salomos (1Kön 5, 15–7, 51) sowie in der Eumaios­Erzählung der Odyssee (Od. 15, 102–483): Zunehmend hätten die Phoiniker sich vom traditionellen „ceremonial exchange“ (Sommer 2004, 239) verabschiedet und stattdessen Arbeitskräfte und Dienstleistungen sowie Transitwaren (Gold und Fertigprodukte) zur Verfügung gestellt. Cf. 1Kön 5, 15–7, 51. In der Odyssee schließlich bringen die Phoiniker „Spielzeug“, „Tand“, i. e. Prestige- und Luxusgüter, um – im Gegenzug – „unzählige Güter“ (Od. 445) und Sklaven wie Eumaios auf ihre Schiffe zu laden, die sie andernorts verkauften. Damit nutzten sie das „Entwicklungs- und Preisgefälle zwischen den verschiedenen Hierarchieebenen des Weltsystems“ (Sommer 2004, 239), da in der Levante preisgünstig zu produzierende Fertigprodukte wie der Silberkrater im Griechenland der ‚Dark Ages‘ schwer erhältliche und begehrte Prestigeobjekte darstellten. Der Warentransit dürfte mit einem Transit von Ideen einhergegangen sein.

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rischen Könige zunehmend im Rahmen ihrer ‚Weltherrschaftsrhetorik‘ vereinnahmt (s. o. Kap. I.2.6).20 Im siebten Jahrhundert v. Chr. lässt sich indessen ein allmählicher Rückgang phoinikischer Handelsaktivitäten zugunsten der ‚Griechen‘ verzeichnen.21 Bereits seit dem Ende des neunten Jahrhunderts v. Chr. bezeugen Keramikfunde die Präsenz von ‚Griechen‘ in den Häfen der Levante, ohne dass sich freilich Handelsniederlassungen wie Al Mina an der Orontesmündung zweifelsfrei als ‚griechisch‘ identifizieren lassen.22 In der Folgezeit gewannen die griechischen Handelsaktivitäten an Intensität,23 ‚griechische‘ Händler mögen in Syrien, Kilikien und auf Zypern mit ‚neu-hethitischen‘, aramäischen und phoinikischen Kultursubstraten in Berührung gekommen sein,24 doch veritable apoikiai im östlichen Mittelmeerraum wurden vermutlich erst nach dem Niedergang assyrischer Macht im ausgehenden siebten Jahrhundert gegründet.25 Zu dieser Zeit wurden verstärkt griechische und karische Söldner durch die ägyptischen Saiten angeworben.26 Der Fund von Teilen einer Hoplitenrüstung und eines ‚ionischen‘ Schildbeschlags bei Karkemisch deutet auf die Beteiligung griechischer Soldaten im Heer Nechos II. hin, das jener 610 v. Chr. nach Syrien zur Unterstützung des assyrischen ‚Rumpfstaates‘ zu Harran führte (s. o. Kap. I.2.7).27 Insgesamt fließen die Quellen zu den Kontakten der ‚Griechen‘, namentlich zum neuassyrischen Imperium, indessen äußerst spärlich.28 Erstmalige Erwähnung findet

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Cf. Lang/Rollinger 2010. Cf. Matthäus 1993, 169; Lanfranchi 2000, 9. Cf. van Dongen 2007, 30–33; Haider 1996, 60–79. Die frühesten griechischen Importe (10. Jahrhundert v. Chr.), zumeist euböischer Provenienz, stammen aus dem phoinikischen Tyros und Ras el-Bassit. Zu Al Mina cf. Luke 2003; Haider 1996, 66 f., der (ibid., 67) festhält, „dass der Hafenort wohl um 820 von Einheimischen angelegt worden war und sich sehr rasch zu einem überregionalen Umschlagsplatz entwickelt hatte, auf dem auch schon sehr früh Schüsseln aus Chalkis ihren Besitzer wechselten. Für eine Ansiedlung euböischer Kaufleute vor 750 spricht aber nichts. Erst nach dem Ausbau dieses Handelsplatzes um 750 lassen sich für die Ansässigkeit zypriotischer wie griechischer Kaufleute Argumente finden.“ Kearsley 1999, 127–131 legt dar, dass Al Mina sich im Verlauf des achten Jahrhunderts v. Chr. möglicherweise von einem „mercenary encampment“ zu einem „port of trade“ entwickelte. Cf. ferner Rollinger 2001, 233 f. mit der älteren Literatur. Griechische Keramikfunde in den syrischen Küstenregionen (Ras el-Bassit, Sukas, Ras ibn Hani, Al-Mina, Tabbat al-Hamman) sind bis in die Mitte des achten Jahrhunderts im Vergleich zu orientalischen unterrepräsentiert. In der Folge nimmt ihre Verbreitung jedoch erheblich zu, um im siebten Jahrhundert zu prävalieren. Cf. Haider 1996, 60–79; Lanfranchi 2000, 10. Cf. van Dongen 2007, 31–33 mit der älteren Literatur. Cf. Heller 2015, 332 unter Verweis auf Gander 2012. Lanfranchi 2000, 9–14 hebt indessen auch die positiven Auswirkungen hervor, die die assyrische Handelsdominanz auf den griechischen Handel und die Siedlungstätigkeit gehabt haben könnte. Cf. Heller 2015, 332 mit Hdt. 2, 152, 4–5; 154; Diod. 1, 66, 12 für die Regierungszeit Psammetichs I. (664–610 v. Chr.). Cf. ferner Haider 1996, 95–113. Die Präsenz der Söldner in Ägypten findet in der Existenz von Heerlagern auch eine archäologische Bestätigung. Cf. Haider 1996, 97–100. Cf. Heller 2015, 332; Haider 1996, 102. Cf. Heller 2015, 332. Einen knappen Überblick über die Quellenlage bietet Rollinger 2011a, 269. Cf. ferner Kuhrt 2002b; Lanfranchi 2000.

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eine als ‚Ionier‘ (Jam(a)nāja) bezeichnete Volksgruppe29 um 730 v. Chr. in einem an König Tiglatpilesar III. adressierten Brief des in Tyros stationierten Beamten QurdiAssur-lamur: Die Ionier sind aufgetaucht (mātia­ú­na­a­a i­tal­ku­ni). Bei der Stadt Samsimuruna haben sie ein Gefecht geliefert, bei der Stadt Harisu, und bei der Stadt […]. Ein Berittener kam nach Danabu (um mir alles mitzuteilen). Ich sammelte die regulären Truppen und Dienstverpflichteten und verfolgte sie. Gar nichts haben sie (die ‚Ionier‘) mitgenommen. Sobald sie nämlich meine Soldaten sahen, suchten sie auf ihren Boten das weite, (und) sie verschwanden in der Mitte des Meeres.30

Der Konflikt mit den ‚Ioniern‘, die hier als plündernde Piraten vorgestellt werden, die die Küsten der Levante und Kilikiens bedrohen, gewinnt in der Regierungszeit Sargons II. (722–705 v. Chr.) an Kontur. Mehrfach finden die Jam(a)nāja in den Inschriften des Königs Erwähnung, die er „wie Fische“ (kīma nūnī) „mitten im Meer“ (ina MURUB4 tam­tim) gefangen haben will (s. o. Kap. I.2.6).31 Der Herkunftsort der ‚Ionier‘ wird durch die Bezeichnung „mitten im Meer“ (ša qabal tâmtim) als eine „bis zu diesem Zeitpunkt nicht bekannte Ferne, die außerhalb des assyrischen Blickwinkels liegt“,32 charakterisiert. Tatsächlich bleibt die assyrische Terminologie vage, denn die in den Keilschrifttexten genannten Jam(a)nāja sind keineswegs mit den später als ‚Ionier‘ bezeichneten griechischsprachigen Bevölkerungsgruppen Kleinasiens gleichzusetzen.33 Vielmehr zielt der Begriff auf eine unspezifische, auch ‚Nicht-Griechen‘ subsummierende  – und mithin eher geographisch denn ethnisch aufzufassende  – Volksgruppe im Westen.34

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Cf. Rollinger 1997; 2001a; 2001b; 2003a, 337 f.; 2006b; 2009d; 2011a; 2017a, 278–280; Helm 1980, 161–215. Nimrud­Letter 69 = ND 2370 = Saggs 2001, 164–166. Pl. 32. Deutsche Übersetzung nach Rollinger 2003a, 337. Cf. Chorsabad­Annalen Z. 117–119 (= Fuchs 1994, 109; 319 f.); Zylinderinschrift aus Chorsabad Z. 21 (= Fuchs 1994, 34; 290); Zylinderinschrift aus Nimrud Z. 19 (= Gadd 1954, 19, 199, pl. 51); Klei­ ne Prunkinschrift des Saales XIV Z. 15 (= Fuchs 1994, 76; 308); Schwelleninschrift Typ IV Z. 34 f. (= Fuchs 1994, 262; 359); Inschrift auf den Stierkolossen Z. 25 (= Fuchs 1994, 64; 304). Cf. Rollinger 2001, 239 f. Der in der Regierungszeit Sargons in Aschdod zur Macht gelangte Iamani/Iadna dürfte nicht als ‚Ionier‘ zu identifizieren sein. Cf. van Dongen 2007, 34; Lanfranchi 2000, 13, Anm. 20. Lang/Rollinger 2010, 331. Zu den terminologischen Problemen cf. Rollinger 2011a, 267–269. Cf. Rollinger 2007b; 2007/2008; 2008a; 2009d; 2011a. Die neubabylonischen Inschriften bieten eine präzisere Lokalisierung, die sich indessen nicht auf ‚Ionien‘, i. e. kleinasiatische Gebiete, beschränkt, sondern die gesamte Ägäis (inklusive des griechischen Mutterlandes) bezeichnet. Die achaimenidischen Inschriften schließlich differenzieren unterschiedliche Gruppen von ‚Ioniern‘ (Yaṷnā), die sich jedoch desgleichen nicht auf ionische Gebiete im engeren Sinne beschränken. Cf. Rollinger 2006b sowie Klinkott 2001b, der in den Spezifizierungen der in den altpersischen Inschriften genannten Yaṷnā im Wesentlichen thrakisch-phrygische Volksgruppen erkennt und die landläufige Übersetzung des Terminus als ‚Ionier‘ infrage stellt.

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Entgegen der landläufigen Auffassung, dass es sich bei den Jam(a)nāja um marodierende Piraten handle, erkennt Giovanni Battista Lanfranchi die Gründe für die Auseinandersetzungen indessen auf dem Felde der ‚internationalen Politik‘, genauer: im Konflikt Assyriens mit Phrygien, das sich der assyrischen Expansion in Nordwestsyrien und Südostanatolien entgegenstellte:35 In seinen Inschriften zeiht Sargon II. mehrere Staaten der Region des Verrats, da sie Bündnisse mit ‚Mita, dem König von Muški‘ (Midas) eingegangen seien.36 Das erste Treffen der militärischen Auseinandersetzungen, die sich bis ins Jahr 709 v. Chr. – und eventuell darüber hinaus37 – hinzogen, ist für das Jahr 715 v. Chr. bezeugt.38 Da die Annalen Sargons im unmittelbaren Vorfeld dieser Auseinandersetzungen von den Aktivitäten der Jam(a)nāja berichten, sei von einer organisierten Kollaboration zwischen Phrygern und ‚griechischen‘ Seekontingenten auszugehen, die sich unmittelbar gegen die unlängst erworbene assyrische Provinz Que/Kilikien gerichtet hätten. Um die ‚Ionier‘ für sein Vorhaben zu gewinnen, habe Midas – soweit die spätere griechische Überlieferung erkennen lasse – vermutlich sogar erheblichen ideologischen Druck auf ‚Griechenland‘ ausgeübt und (eventuell unterstützt durch den delphischen Klerus) eine veritable ‚anti-assyrische Propaganda‘ entfaltet. Diese habe jedoch kaum Spuren in der griechischen Überlieferung hinterlassen, da die spätere assyrische Handelspolitik den griechischen Warentransfer begünstigt habe.39 Zwar stehen neuere Untersuchungen den von Lanfranchi postulierten engen Verbindungen zwischen den Phrygerreich und den ‚Ioniern‘ zum Teil kritisch gegenüber,40 dass die Ägäiswelt von der forcierten Expansion des neuassyrischen Reiches indessen unberührt geblieben sein sollte, ist kaum anzunehmen: Der assyrische Eroberungs35 36 37 38 39

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Cf. Lanfranchi 2000, 14–22 zum Folgenden. Cf. Annalen Z. 72 f. (= Fuchs 1994, 93; 316); Z. 198–200 (= Fuchs 1994, 124; 323); Z. 206–208 (= Fuchs 1994, 126; 324). Cf. ferner Melville 2016, 119–123; 172–174. Cf. zur Unterwerfung des Midas Annalen Z. 389–393 (= Fuchs 1994, 173–175; 336 f.). Dass der Konflikt auch in der Folge andauerte, ergibt sich aus der Tatsache, dass Sargon bei Tabal fiel, ohne dass sein Körper geborgen werden konnte. Cf. SAA 3, 77–79, Nr. 33. Cf. Annalen Z. 119–126 (= Fuchs 1994, 109 f.; 320). Cf. Lanfranchi 2000, 20: „Midas’ political and ideological pressure consisted in spreading the picture of an impending danger in the East, represented by Assyrian aggressive imperialism.“ Dabei wäre es nicht glaubwürdig gewesen, „to depict that danger as a direct Assyrian threat to the independence of Greek Anatolian cities.“ Stattdessen habe Midas die assyrische Expansion als „economically very risky for the Greek trade in the Levant and Anatolia“ dargestellt. Gegen Matthäus 1993, 171 war Midas Lanfranchi zufolge um ein gutes Verhältnis zur griechischen Welt, allzumal dem Orakel von Delphi, bemüht. Laut Pollux 9, 83 (FGrH 216) ehelichte Midas mit der Tochter Agamemnons von Kyme eine griechische Prinzessin. Hdt. 1, 14, 23 zufolge war Midas der erste ‚ausländische‘ Herrscher vor Gyges, der dem Apollon von Delphi Weihgaben, darunter seinen eigenen Thron, darbrachte. Zum Anstieg phrygischer Exporte im ionischen Westen cf. Matthäus 1993, 171. Cf. Kerschner 2005 auf der Grundlage des archäologischen Befundes, der (ibid., 129–141) betont, dass die Verbindungen der ‚Griechen‘ zur Staatenwelt Anatoliens erst mit der Herausbildung des lydischen Territorialstaates unter Gyges an Intensität gewonnen hätten.

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druck musste – wie Lanfranchi zu Recht betont – unweigerlich Reaktionen seitens der (noch) unabhängigen Staaten an der Peripherie des Imperiums hervorrufen, die sich im Spannungsfeld zwischen ‚Opposition‘ und ‚Kollaboration‘ bewegten.41 Eindrückliche Zeugnisse ‚pro-assyrischer Propaganda‘ stammen aus dem nordwestsyrischen Sam’al und aus Çineköy (Que/Kilikien). So rühmen sich Kalimuwa und Bar-rakib von Sam’al nicht nur ihrer engen Verbindung zum assyrischen Königshaus, sondern stellen auch die militärische Unterstützung heraus, die sie von den Assyrern (gegen Bezahlung) erhalten hätten. Bezeichnenderweise bedienen sie sich dabei zum Teil einer ‚assyrisierenden‘ Phraseologie.42 Warikas, König von Hiyawa/Que/DNNYM, wiederum berichtet von einem Bündnis mit dem assyrischen König Tiglatpilesar (III.?), der ihm darüber hinaus „Vater und Mutter“43 gewesen sei. Feindliche Reflexe auf die assyrische Expansion finden sich – in Form einer „subversive[n] Rezeption“44 mesopotamischer Ideologeme und Narrative – hingegen in den Büchern des Alten Testaments.45 Während der Regierung Assurbanipals (668–627/631? v. Chr.) schloss Guggu/Gyges von Luddi/Lydien zur Abwehr der Kimmerier einen Vertrag mit den Assyrern, das durch seine Unterstützung der aufständischen Ägypter indessen hinfällig wurde.46 Dieses Bündnis dokumentiert das assyrische Ausgreifen nach Westanatolien im siebten Jahrhundert v. Chr., dessen Folgen auch die griechischen Bewohner der kleinasiatischen

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Cf. Lanfranchi 2011 zum Folgenden. Bezüglich der literarischen Produktion an der ‚Peripherie‘ des assyrischen Imperiums beschreibt Lang 2014b, 366 die unterschiedlichen Ebenen des Kontakts wie folgt: „Je nach Machtgefälle kann die Rezeption aus Bewunderung, mit dem Anreiz zur Nachahmung bestehen, es kann aber auch eine Rezeption mit einer deutlichen Zentrifugalität sein: Dort, wo der politisch-diplomatisch-militärische Druck spürbar ist, ereignet sich Rezeption in subversiver Gestalt.“ Cf. KAI I, 5; 31, Nr. 24, 7–8 (Kalimuwa): „Und der König der D[an]una war mächtig über mich, ich aber mietete (?) gegen ihn den König von Assur.“ KAI I, 39–40; 223 f., Nr. 215, 6–14 (Bar-rakib): „Da brachte mein Vater. […] zum König von Assyrien, und er machte ihn zum König über das Haus seines Vaters und tötete den Stein des Verderbens vom Haus seines Vaters. […] Und in den Tagen meines Vaters Panammuwa bestellte er Besitzer von Ortschaften und Besitzer von Streitwagen, und er ließ meinen Vater Panammuwa inmitten mächtiger Könige Platz nehmen […] Auf Grund seiner Weisheit und auf Grund seiner Loyalität ergriff er den Gewandsaum seines Herrn, des Königs von Assyrien. […] Und sein Herr, der König von Assyrien, ließ ihn ruhen, mehr als die mächtigen Könige …[und er lief] am Rade seines Herrn Tiglatpileser, des Königs von Assyrien, (inmitten der) Heeresformation … vom Aufgang der Sonne bis zum Untergang und [von …] den vier Weltgegenden.“ Cf. ferner ibid., 40; 234, Nr. 216, 8–11. Zu den Inschriften cf. Dion 2007. Abgesehen von dem Bezug zu den ‚vier Weltgegenden‘ lässt die Kalimuwa-Inschrift eine Reminiszenz an die assyrische Übertreffungsmetaphorik (claim of heroic priority) erkennen. Cf. KAI I, 5; 31, Nr. 24, 4–5: „[…] was auch immer ich machte, die Früheren hatte es nicht getan.“ Text: Lanfranchi 2007, 187 (§ 6). Zur Inschrift des Warikas cf. ibid., 186–195; 2005, passim. Otto 2008, 134. Cf. Lang 2014b, 364–266 mit der älteren Literatur. Cf. Lanfranchi 2011, 230; Frahm 2011; 2017b. Jes. 10, 5–12 stilisiert Assur zum Feind JHWHs, zugleich aber zu dessen Instrument zur Bestrafung Israels und Judas (10, 5): „Wehe Assur, dem Knüppel meines Zorns: Es ist ein Stock in ihrer Hand – meine Wut.“ Cf. Prisma E, Stücke 12–18 (= Borger 1996, 181–183 (Transliteration); 219 (Übersetzung)), Prisma A II, 95–110 sowie die parallelen Prismen F, B, C.

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Küsten und des Mutterlandes zu spüren bekommen haben dürften. Obgleich die griechische Historiographie die obige Episode nicht bewahrte, mag Herodots Genealogie der lydischen Herakliden, die er auf Ninos, den mythischen heros emonymos der Residenz Ninive zurückführt, einen Reflex auf die frühen Kontakte zwischen Lydern und Assyrern darstellen.47 In welchem Maße die ‚griechische‘ Welt bereits an den früheren militärischen und ideologischen Auseinandersetzungen des Assyrerreiches mit der ‚westlichen Peripherie‘ partizipierte, lässt sich nicht abschließend klären.48 Gleichwohl sprechen mehrere Indizien zugunsten der Annahme, dass ‚Griechen‘ spätestens seit der Mitte des achten Jahrhunderts v. Chr. in einem – wie auch immer gearteten – Kontakt mit dem neuassyrischen Imperium standen49 und die Expansion dieses ‚Weltreiches‘ sich nicht zuletzt auch im politischen Denken der frühen Griechen niederschlug.50 So berichtet Sargon II. in seiner zu Kition errichteten Stele, sieben Könige von Ja’ (Zypern) seien zur Entrichtung ihres Tributs nach Babylon gereist.51 In seinem elften Regierungsjahr (694 v. Chr.) ließ Sanherib offenbar tyrische, sidonische und ‚ionische‘52 Schiffsmannschaften ausrüsten, die für einen Feldzug gegen das ‚Meerland‘ und Elam benötigt wurden.53 ‚Ionier‘ und Karer fochten gegen Assurbanipal im Heer der aufständischen

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Cf. Lanfranchi 2011, 233 mit Hdt. 1, 7, 2. Cf. Lanfranchi 2000, 8, der zwar die unzureichende Quellenlage für die Kontakte zwischen Assyrern und ‚Griechen‘ herausstellt, jedoch zugleich betont: „[…] it can be safeley submitted that the political thinking, the diplomatic activity, and the cultural attitude of the Greeks had to be subject to a rather sudden reexamination, in order to fit, and to react to, the new situation in the East and the changes which it was introducing in their homeland.“ Lanfranchi 2011, 236 erwägt sogar, ob die Ilias als „anti-imperialistic appeal to unity“ gegen die drohende assyrische Expansion zu lesen sei, die sich in mythologische Stoffe kleide. So Heller 2015, 333: „[…] we can conclude firmly that, from the time of Tiglath-Pileser III on, Greeks were constantly in contact with the Neo-Assyrian Empire  – both as enemies and das mercenaries.“ Cf. Lanfranchi 2000, 8: „On another level, the spreading and consolidation of the Neo-Assyrian empire were certainly the first elements of the political and cultural attitude towards the problem of the ‚empire‘, and of the ‚eastern empire‘, to crystallize in the Greek historical consciousness.“ Cf. Malbran-Labat 2004, 348 f. (Transliteration); 350 (französische Übersetzung). Cf. Lang 2014b, 358 mit der älteren Literatur. An dieser Stelle dürfte die Lesung KURia­am­na­a­a den Vorzug gegenüber KURia­ad­na­na­a­a verdienen. Cf. Rollinger 2008a, 82. Damit scheinen hier ‚Ionier‘ und nicht ‚Zyprioten‘ angesprochen zu sein, deren Heimat von Sanherib als „Eroberung meiner Hände“ respektive „eigenhändige Beute“ (kiššitti qātēja) deklariert wird. Da die reale militärische Präsenz der Assyrer in ‚Ionien‘, aber auch auf Zypern lediglich nominell-ideologischer Natur gewesen sein dürfte (cf. dazu Lang 2014b, 357–361), besitzt die Annahme, dass hier mitnichten von deportierten ‚Zwangsarbeitern‘, sondern vielmehr von angeworbenen (und bezahlten) Fachkräften die Rede sei, einige Plausibilität. Cf. Lang 2014b, 359 mit Anm. 40; Rollinger 2008a, 82 f.; 2011a, 275 f. Cf. Lanfranchi 2000, 22–31, der diese Maßnahme mit der Rebellion des assyrischen Funktionärs Kirua in Illubru in Verbindung bringt. Demnach hätten ‚Ionier‘ auf Kiruas Seite gegen Sanherib gekämpft, um später gefangen gesetzt und in die assyrische Flotte eingegliedert zu werden.

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Ägypter.54 Zwar nehmen assyrische Quellen nirgends direkt auf die Anwerbung ‚ionischer‘ Söldner Bezug, doch vereinzelte Hinweise lassen darauf schließen, dass sie praktiziert wurde.55 Ob die Präsenz von (allzumal aus dem zypriotisch-pamphylischen Raum stammenden) ‚Griechen‘ in den östlichen Randzonen des assyrischen Imperiums allerdings tatsächlich in einen militärischen Kontext einzuordnen ist, bleibt Spekulation.56 Nach dem Sturz Assyriens Ende des siebten Jahrhunderts v. Chr. sind die Aktivitäten ‚griechischer‘ Handwerker und Söldner in (neu-)babylonischen Diensten sicher bezeugt. Das prominenteste Beispiel ist Antimenidas, der Bruder des Dichters Alkaios, der auf der Schwelle vom siebten zum sechsten Jahrhundert v. Chr. im Heer Nebukadnezars II. focht.57 Die Taten des Antimenidas verortet das Gedicht bezeichnenderweise an den ‚Enden der Erde‘ (πέρατα γᾶς).58 Neben vereinzelten Hinweisen, dass ‚Ionier‘ und Karer sich im sechsten Jahrhundert v. Chr. in Babylon aufgehalten haben mögen59 und als Handwerker und Spezialisten in neubabylonischen Diensten

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Cf. Lanfranchi 2011, 235. Hdt. 2, 152, 4–5 berichtet von „ehernen Männern“, die es an die Küsten Ägyptens verschlagen habe und die ein Bündnis mit Psammetich geschlossen hätten. Der Bericht findet eine Bestätigung in einer auf einem ägyptischen Stauentorso befindlichen archaischen Inschrift aus Priene. Der in neun Zeilen überlieferte Boustrophedon-Text ist ediert bei Ṣahin 1987, 1 f. und Masson/Yoyotte 1988, 170 (Text); 172–179 (historische und stilistische Einordnung). Cf. auch Haider 1996, 100–102. Der Verfasser mit dem griechischen Namen Pedon berichtet, er habe von Psammetich I. für seine militärische Tüchtigkeit einen Reif aus Gold erhalten. Seine Angabe, Psammetich habe ihm darüber hinaus „eine Stadt“ (Z. 8) überantwortet, dürfte darauf hindeuten, dass „der Pharao diesem Ausländer das Kommando und/oder die Verwaltung einer auf ägyptischem Reichsgebiet liegenden Siedlung übertragen hatte“ (Haider 1996, 101). Zwar ist der Text der Inschrift griechisch, doch die Statue entspricht dem ägyptischen Stil des siebten Jahrhunderts v. Chr. Cf. Masson/Yoyette 1988, 176 f.; Haider 1996, 101 f. Cf. Heller 2015, 333 mit der älteren Literatur. Cf. ibid. Der Brief zweier Beamter, der in die Regierung Sargons II. oder Asarhaddons zu datieren sein dürfte (ABL 140 = SAA 16, 122, Nr. 136), schildert die Festnahme von fünfzehn „Flüchtigen“ durch den Statthalter von Der, darunter eines Mannes namens Addiqritušu (mad­di­ik­ri­tú­šú). Bereits Lipiński 1991 (cf. Rollinger/Korenjak 2001, 328 mit der älteren Literatur) erkannte hinter der assyrischen Form einen griechischen Personennamen, und zwar Ἀδάκρυτος. Diese Deutung setzt allerdings voraus, dass α und υ im Akkadischen als ‚i‘ realisiert wurden. Weiterhin existiert nur ein singulärer epigraphischer (und zudem emendierter) Beleg für Adakrytos als Eigenname. Rollinger/Korenjak 2001 zeigen, dass der Name die assyrische Form des griechischen Personennamens Ἀντίκριτος darstellt, der durch die im zypriotischen Griechisch geläufige Lautassimilation Ἀδ(δ)ίκριτος zu lesen sei. Damit liefert ABL 140 ein Indiz für die Präsenz von Griechen im östlichen Grenzgebiet des assyrischen Reiches, ohne dass sich daraus Rückschlüsse auf die genauen Hintergründe sowie die Aktivitäten des Ad(d)ikritos ziehen ließen. Einen weiteren Hinweis auf die Präsenz griechischer Söldner im assyrischen Heer mag ein (um 700  v. Chr. entstandenens) zypriotisches Gefäß aus Amathus darstellen, das Soldaten in der charakteristischen griechischen Hoplitenformation im assyrischen Heer abbildet. Cf. Schwartz 2009, 130–135. Cf. Alk. F 350 (Lobel-Page) (Antimenidas); F 48 (Lobel-Page) (Babylon). Cf. Haider 1996, 93 f. Cf. Haubold 2013a, 75. Cf. Rollinger 2008c, 153–155.

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tätig waren,60 ist das durch Chroniken bezeugte Engagement babylonischer Könige in Kilikien hervorzuheben, wo sie in Kontakt mit ‚Ioniern‘ gekommen sein könnten.61 Indes, erst in achaimenidischer Zeit gewinnt der interkulturelle Dialog der Griechen mit den Welten des Orients an Kontur (s. u. Kap. I.3.1.1; 2).62 Zwar waren bereits im achten Jahrhundert v. Chr. zahlreiche ostgriechische Poleis unter die Botmäßigkeit der Lyder geraten – Reflexe darauf finden sich in der archaischen Dichtung63 –, doch scheint erst die persische Eroberung der Residenz Sardeis und der kleinasiatischen Küstengebiete in der Mitte des sechsten Jahrhunderts v. Chr. als ein „sich ins kollektive Gedächtnis brennendes Ereignis von historischer Tragweite“64 wahrgenommen worden zu sein. „Wie alt warst du, als der Meder kam?“65 – diese Frage beschäftigte dem Dichter Xenophanes zufolge noch lange die Gemüter.66 Die literarische Auseinandersetzung mit dem Achaimenidenreich setzte bereits einige Jahrzehnte später ein67 und gewann in der Folge der Perserkriege im beginnenden fünften Jahrhundert zunehmend an Intensität. Zu Recht ist die Bedeutung der griechischen Siege als identitätsstiftender Prozess des ‚Hellenentums‘ hervorgehoben worden, das sich in Abgrenzung zum ‚Anderen‘ definierte.68 Diese ‚Alteritätsprozesse‘ finden ihren Niederschlag in der Kunst und Literatur des fünften, verstärkt jedoch erst des vierten Jahrhunderts v. Chr.69 Zu betonen ist in diesem Zusammenhang die quellenbedingte Dominanz der athenischen Perspektive, die den Blick auf Persien und die Perser bis ins 19. Jahrhundert hinein maßgeblich mitbestimmte.70 Auf der anderen Seite sind jedoch auch die positiven Wahrnehmungen, respektive die Ambivalenz der griechischen Sicht auf ‚den Orient‘ und das Achaimendenreich, zu berücksichtigen, die sich in der konkreten Nachahmung persischer Institutionen und Kulturerscheinungen sowie teilweise in der Literatur spiegeln.71 Auch der Handel zwischen den Welten ‚des Orients‘ und 60 61 62 63 64 65 66 67 68

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Cf. Haider 1996, 94. Cf. Heller 2015, 334 und die Chronik des dritten Jahres Neriglissars (= Glassner 2005, Nr. 25, 30–233) sowie die Nabonid­Chronik Col. I, 1–7 (= Glassner 2005, Nr. 26, 232–239). Cf. Wiesehöfer 2009c, passim; 2015c, 57–61. Cf. Burkert 2009, 71; Drews 1973, 5–7. Heller 2010, 38. Xenoph. F 18 (Diehl): πηλίκος ἦσϑ’, ὅϑ’ ὁ Mῆδος ἀφίκετο. Cf. Heller 2010, 38. Cf. Cf. ibid., 36–41, hier v. a. 38; Drews 1973, 20–44; Lenfant 2007; 2011. Cf. Hall 1997; 2002. Zu den Auswirkungen der Perserkriege auf die griechische Welt cf. Rhodes 2007. Zur negativen Wahrnehmung ‚der Fremden‘ allgemein cf. Isaac 2004. Zur in hippokratischen Texten greifbaren ‚Klimatheorie‘, der zufolge Umwelteinflüsse maßgeblich auf den ‚Charakter‘ bestimmter Ethnien einwirken sollten, cf. Liewert 2015. Cf. Hutzfeld 1999; Madreiter 2012; Gufler/Madreiter 2012 (Literatur) sowie Muth 2008 (Vasenmalerei). Cf. Morgan 2016, die die unterschiedlichen Perserbilder der Athener, Spartaner und Ionier herausarbeitet. Zu den Nachwirkungen der Perserkriege cf. Wiesehöfer 2002a. Cf. Wiesehöfer 2009b; 2009c. Gruen 2011, 9–75 zeigt, dass auch Gemeinsamkeiten gesucht und (etwa mittels mythischer Genealogien) sogar konstruiert wurden. Konkrete ‚Nachahmungen‘ lassen sich auf verschiedenen Feldern nachweisen: Innerhalb der athenischen Oberschicht existier-

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der ‚griechischen Welt‘ wurde bis ins vierte Jahrhundert v. Chr. nur sporadisch durch politische und/oder ideologische Gegensätze zwischen ‚Ost‘ und ‚West‘ beeinflusst.72 Indes, den bereits wesentlich früher einsetzenden Kontakten der griechischen Welt mit den Kulturen des Alten Vorderen Orients zum Trotz verfügten unsere griechischen Gewährsleute augenscheinlich über erstaunlich geringe Kenntnisse der Geschichte Assyriens und Babyloniens.73 Nur zweihundert Jahre nach dem Fall Ninives wusste Xenophon, der während seines ‚Zuges der Zehntausend‘ die Ruinen Kalchus und Ninives passierte, weder um ihre historische Bedeutung noch brachte er sie mit dem assyrischen Imperium in Verbindung. Stattdessen betrachtete er die Städte, die er mit den griechischen Namen Larisa und Mespila versah, als einst von Medern bewohnte Siedlungen – den Medern, die auch sonst prominent in der griechischen Literatur figurieren.74 Gleichwohl waren Geschichten über den assyrischen Hof auch lange nach dem Sturz des Reiches weit verbreitet und beliebt: Dies zeigt die auf einem Papyrus aus Elephantine bewahrte Erzählung von Ahiqar, einem Wesir Sanheribs und Asarhaddons, die in der Antike weithin bekannt gewesen zu sein scheint.75 Generell findet der ‚Dialog‘ zwischen Mesopotamien und der Ägäiswelt, zumal auf dem Gebiet der Literatur, vielfältige Ausdrucksformen.76 Schließlich blieb gerade Assyrien den Griechen als erste Hegemonialmacht Asiens, ja sogar als ‚Weltreich‘ in Erinnerung, wohingegen das Neubabylonische Imperium – aller Faszination zum Trotz, die seine Residenz Babylon auf die Griechen ausübte und die sie im kollektiven Gedächtnis hinterließ77 – als politische Größe zunehmend in den Hintergrund trat. Diese Entwicklung führt die Genese des Konzepts einer ‚Sukzession von (Welt-)Reichen‘ eindrücklich vor Augen.

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te im fünften Jahrhundert v. Chr. eine ‚Persermode‘, wobei persische Tracht und Prestigeobjekte geradezu zu ‚Statussymbolen‘ erhoben wurden. Cf. Miller 1997, 153–227. Dies gilt im Besonderen für den Fächer (ibid., 198–206), Geschirr und Kleidung (ibid., 135–187) oder den Pfau (ibid., 189– 193). Die phoroi des Attischen Seebundes orientierten sich zum Teil an persischen Katastern. Cf. Raaflaub 2009; Wiesehöfer 2009a, 83 f. Bei der Gestaltung des Parthenonfrieses zu Athen mögen ferner die Delegationen gabenbringender Völker im Apadana zu Persepolis (s. o. Kap. I.2.8) Pate gestanden haben. Cf. Root 1985. Desgleichen wurde das Odeion des Perikles als hypostyle Halle konstruiert und war als solche vermutlich an der imperialen Architektur der Achaimeniden orientiert. Cf. Miller 1997, 218–224. Cf. Zenzen/Mehl/van Ess 2013. Cf. in diesem Sinne Heller 2015, 140 f.; Drews 1973; Bichler 2004; Madreiter 2012; Gufler/Madreiter 2015; Rollinger 2008b; 2011c; 2014a, 168–171; 2017b; Kuhrt 1982; Frahm 2003a; 2003b. Cf. Xen. an. 3, 4, 7–12 mit Lendle 1995, 172–177. Die Ruinen Ninives scheinen zu diesem Zeitpunkt noch/wieder bewohnt worden zu sein. Cf. Dalley 1993. Möglicherweise leitet sich der von Xenophon für Ninive verwandte Name Mespila von aram. mespilâ (‚Niederung‘) her. Cf. West 2003, 423–428; Lang 2014b, 362 mit der älteren Literatur. Zum ‚Nachleben‘ der Assyrer in der griechisch-römischen Literatur cf. Frahm 2003a; 2003b; Bichler 2007c. Cf. Haubold 2013a. Cf. Rollinger 2008b; Bichler 2007c; Heller 2010.

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3.1 Herodot aus Halikarnassos 3.1.1 Die Grenzen der Macht: Quellen, Zeithorizont, Raum, Disposition und Geschichtsauffassung der Historien Quippe cum in illa ad veritatem Quinte cuncta referantur, in hoc ad delectationem pleraque; quamquam et apud Herodotum patrem historiae […] sunt innumerabiles fabulae. Ja, Qintus, da in der Geschichtsschreibung alles auf die Wahrheit, in der Dichtung das meiste auf die Unterhaltung zielt; gleichwohl gibt es bei Herodot, dem Vater der Geschichtsschreibung […] unzählige phantastische Geschichten.78

Herodot aus Halikarnassos, von Cicero zum ‚Vater der Geschichtsschreibung‘ (pater historiae) erklärt, galt auch der modernen historischen Forschung lange Zeit als unangefochtener ‚Erfinder‘ ihrer Wissenschaft. Die literarische Pionierleistung des Autors hat Arnoldo Momigliano auf eine zugespitzte Formel gebracht: „There was no Herodotus before Herodotus.“79 Entgegen der Communis Opinio, die das Jahr 420 v. Chr. als terminus ante quem für das Erscheinen der Historien festlegt,80 setzen neuere Untersuchungen das Publikationsdatum zum Teil erheblich herab: Demnach habe Herodot sein Werk nach 413 v. Chr., wenn nicht gar erst nach Beendigung des Peloponnesischen Krieges verfasst.81 Erwiese sich diese Theorie als zutreffend, so verlangte dies eine um78 79 80

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Cic. leg. 1, 1, 5. Deutsche Übers. Nickel. Momigliano 1966, 129. Herodots Lebenszeit wird üblicherweise auf 485–425 v. Chr. datiert. Cf. Meister 1990, 26. Apollodor (FGrH 244 F 7) zufolge war Herodot beim Ausbruch des Peloponnesischen Krieges dreiundfünfzig Jahre alt, woraus sich als Geburtsdatum das Jahr 484 v. Chr. ergibt. Anspielungen in seinem Werk (6, 91; 8, 137; 233; 9, 73) lassen erkennen, dass Herodot zumindest die ersten Jahre des Krieges noch erlebte. Zur Kontroverse um eine Datierung der Historien nach 421 v. Chr. cf. Fornara 1981; Evans 1987; Cobet 1977; 1987. Cf. Irwin 2013, passim, die eine abweichende Interpretation des vieldiskutierten Exkurses Hdt. 9, 73 liefert: Im Anschluss an die Würdigung der herausragenden Leistungen der Lakedaimonier und der Tegeaten in der Schlacht bei Plataiai (9, 71–72) nennt Herodot hier Sophanes aus dem attischen Demos Dekelea als den Mann, der sich auf athenischer Seite am meisten hervorgetan habe und nutzt die Gelegenheit für einen mythischen logos um Theseus: Als jener Helena geraubt und in Dekelea verborgen gehalten habe, hätten die über die Hybris des Königs erzürnten Einwohner der Stadt das Versteck an die Tyndariden verraten. „Zum Lohn für diese Tat haben die Dekeleer noch heutigen Tages Abgabenfreiheit und Ehrenrechte in Sparta; ja noch in dem viele Jahrhunderte späteren Kriege zwischen Athen und den Peloponnesiern verschonten die Lakedaimonier Dekelea, wenn sie Attika verwüsteten“ (τοῖσι δὲ Δεκελεῦσι ἐν Σπάρτῃ ἀπὸ τούτου τοῦ ἔργου ἀτελείη τε καὶ προεδρίη διατελέει ἐς τόδε αἰεὶ ἔτι ἐοῦσα, οὕτω ὥστε καὶ ἐς τὸν πόλεμον τὸν ὕστερον πολλοῖσι ἔτεσι τούτων γενόμενον Ἀϑηναίοισί τε καὶ Πελοποννησίοισι, σινομένων τὴν ἄλλην Ἀττικὴν Λακεδαιμονίων, Δεκελέης ἀπέχεσϑαι). Sehen die meisten Kommentatoren im unversehrten Dekelea, das im Frühjahr 413 v. Chr. von den Spartanern besetzt wurde, einen terminus ante quem für die Abfassung der Historien, so erkennt Irwin in dem Exkurs – im Gegenteil – einen Beleg für ein deutlich späteres Publikationsdatum, i. e. nach 413 v. Chr. und sogar nach 404 v. Chr. Ihr zufolge deutet die offenkundige Intertextualität zwischen Hdt. 9, 73 und Thuk. 2, 14–16 sowie Hellanikos

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fassende Neubewertung der Stellung Herodots innerhalb der Genese der griechischen Historie sowie seines Verhältnisses zu Thukydides und anderen Autoren. Ungeachtet dessen wurden die heuristischen Prinzipien des Verfassers zweifelsohne entscheidend von dem diskursiven Milieu geprägt, in dem er sich bewegte (s. u.).82 Herodot selbst begriff sein monumentales Werk als ἱστορίης ἀπόδεξις („Darlegung der Erkundung/Forschung“83), ein Terminus, der die „Methode des Forschens“84 in den Fokus stellt. Erst im vierten Jahrhundert v. Chr. sollte ἱστορίη/ἱστορία auch auf das Produkt dieser Erkundungen übertragen werden und die spezifische Bedeutung ‚Geschichte‘ respektive ‚Geschichtsschreibung‘ erhalten.85 Das zentrale Anliegen der Historien ist, wie Herodot im Proömium ausdrücklich betont, die Schilderung der „großen und bewundernswerten Leistungen, die einerseits von Griechen, andererseits von Nichtgriechen erbracht wurden“ (ἔργα μεγάλα τε καὶ ϑωμαστά, τὰ μὲν Ἕλλησι, τὰ

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(bei Plut. Thes. 33, 2) darauf hin, dass die Figur des Theseus im zeitgenössischen Athen als ‚Folie‘ unterschiedlicher Stellungnahmen zur Kriegspolitik des Perikles genutzt worden sei. Während Thukydides die Evakuierung Attikas während des Archidamischen Krieges nach Athen (positiv) als Reaktivierung des von Theseus vollzogenen Synoikismos gedeutet habe, spiegelten die Berichte des Hellanikos und Herodots zeitgenössische Kritik an Perikles, die – im Falle Herodots – auf Thukydides’ Darstellung reagiert habe (ibid., 59; 77): „[…] the logos is a terminus post quem for the Histories that we possess – namely, after the spring of 413 B. C. – and his [scil. Herodotus’] ‚for all time‘ is not some naive claim of the Athenians endorsed by Herodotus made in ignorance of what the Spartans will come to do, but rather one made in full knowledge of whatever it was that happened at Dekelea […]. If Thucydides employs a Theseus myth at the start of his war narrative to mask the ethical dissent in Athens to the policies of ‚Theseus‘, portraying those discontented with Pericles’ policies as motivated by personal reasons and an outdated and private definition of the polis, Herodotus in turn employs a Theseus myth at the end of his war narrative to tell of the opposition of some Athenians to the hybris of Theseus and his supporters. Both authors uncannily use Theseus as a mythic mask for ethical dissent.“ Herodots Aussage, dass die Lakedaimonier sich während des Krieges zwischen Athen und Sparta von Dekelea ferngehalten hätten (Δεκελέης ἀπέχεσϑαι) ist Irwin zufolge (cf. ibid., 59–61) nicht in dem Sinne aufzufassen, dass die Spartaner die Stadt zum Zeitpunkt der Abfassung der Historien noch nicht besetzt hielten, die Publikation also vor 413 v. Chr. erfolgt sein müsse. Vielmehr bedeute ἀπέχεσϑαι im Kontext des Krieges nicht ‚sich fernhalten von‘, sondern vielmehr (ibid., 59) „to be physically present somewhere, but to refrain from stealing property or harming the land, and to refrain from desecrating its sacred places.“ Irwin vermutet, dass Dekelea von den Spartanern im ‚Dekeleischen Krieg‘ nicht besetzt worden, sondern von Athen abtrünnig geworden sei und den Lakedaimoniern folglich freiwillig die Tore geöffnet habe. Die den Einwohnern der Stadt zuerkannten Privilegien in Sparta (atelie; prohedrie) seien nach Kriegsende wirksam geworden, als athenische Dissidenten nach Sparta gelangten, da die Amnestie nicht alle Bürger einbezog. Herodot habe sein Geschichtswerk in voller Kenntnis dieser Vorgänge verfasst. Cf. Fowler 1996, 62–69, hier v. a. 68 f.: „Herodotos, on any reconstruction, is likely to remain the cardinal turningpoint in the history of historiography. But it has long been recognized that Herodotos drew on various kinds of material for his history, and if […] Herodotod knew works of local history and others mentioned here, no one can really know how many of these writers might have shaped his thinking, or schooled him in the technique of historie.“ Cf. mit einigen Einschränkungen auch Momigliano 1966, 128 f. Hdt. 1, 1. Meister 1990, 28. Cf. ibid. mit Aristot. poet. 1451b.

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δὲ βαρβάροισι ἀποδεχϑέντα) sowie die Ergründung der Ursache (αἰτίη), warum sie miteinander Krieg führten.86 Dieser Konflikt zwischen Orient und Okzident beginnt für Herodot in historischer (i. e. nichtmythischer) Zeit mit dem Lyderkönig Kroisos, der als erster die Griechen Kleinasiens ihrer Unabhängigkeit beraubte,87 und kulminiert in Xerxes’ groß angelegter Offensive gegen Hellas. Das Werk endet mit dem Rückzug der Perser und der Einnahme von Sestos durch die Athener 479 v. Chr. Ausgehend von diesem ‚roten Faden‘ enthalten die Historien – den persischen Eroberungen folgend – zahlreiche geographische, ethnographische und anthropologische Exkurse (λόγοι), die die naturräumliche Beschaffenheit der eroberten Gebiete und ihre ‚vorperserzeitliche‘ Geschichte sowie die Sitten und Gebräuche ihrer Bewohner schildern.88 Diese Exkurse verleihen dem Geschichtswerk Herodots eine zeitliche Tiefendimension, die weit über den von der Mitte des sechsten Jahrhunderts v. Chr. bis zum Jahr 480/79 v. Chr. gesteckten Zeitrahmen hinausgeht und – literaturtheoretisch gesprochen – in das spa­ tium mythicum hineinreicht.89 Eine zentrale Streitfrage im wissenschaftlichen Diskurs um den pater historiae und sein Werk betrifft seine Quellen.90 Stützte Herodot sich in den geographisch-ethnographischen Berichten nachweislich in hohem Maße auf den von ihm häufig kritisierten Hekataios von Milet,91 so erscheint der Anteil schriftlicher Zeugnisse in den Historien insgesamt vergleichsweise gering zu sein. In den letzten Jahrzehnten hat daher die Oral­Tradition­Theorie, der zufolge Herodot vorwiegend auf mündliche Überlieferungen zurückgriff, wachsenden Zuspruch erfahren.92 Es fehlte allerdings auch nicht an Ge86 87

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Hdt. 1, 1. Zum Proöimium cf. Meister 1990, 27 f.; Schuller 1987/1991; Asheri/Lloyd/Corcella 2007, 7–9; 59 f.; 72–74; Will 2015, 66–71 mit der älteren Literatur. Cf. Meister 1990, 29. Der Kroisos-Erzählung vorangestellt ist eine Sequenz mythisch begründeter Erklärungen des Konflikts zwischen Asien und Europa (Hdt. I, 2–5, 2), die Herodot bezeichnenderweise den ‚persischen Weisen‘ und den Phoinikern in den Mund legt (s. u.). Er selbst distanziert sich indessen deutlich von derartigen Erklärungsmodellen (spatium mythicum) und leitet (1, 5, 3) zur ‚historischen‘ Partie (spatium historicum) seines Werkes über: „Ich für meine Person möchte darüber keine Aussage machen, dass es so oder anders geschehen sei, ich will allerdings den Mann nennen, von dem ich weiß, dass er mit den Feindseligkeiten gegen die Griechen begonnen hat, und werde dann mit dieser meiner Darstellung fortfahren […]“ (Ἐγὼ δὲ περὶ μὲν τούτων οὐκ ἔρχομαι ἐρέων ὡς οὕτως ἢ ἄλλως κως ταῦτα ἐγένετο, τὸν δὲ οἶδα αὐτὸς πρῶτον ὑπάρξαντα ἀδίκων ἔργων ἐς τοὺς Ἕλληνας, τοῦτον σημήνας προβήσομαι ἐς τὸ πρόσω τοῦ λόγου). Cf. Meister 1990, 31; Bichler/Rollinger 2011, 62–70 mit der älteren Literatur. Cf. Cobet 2002; 2003. Zur herodeteischen Chronolgie cf. ferner Strasburger 1956. Den zeitlichen Referenzpunkt des historischen Prozesses, der sich seit der Regierung des Kroisos entfaltet, bildet die Zerstörung Athens durch die Perser, die sich drei Monate nach der Überschreitung des Hellesponts ereignet haben soll, als Kalliades Archon in Athen war. Cf. Strasburger 1956, 135 f. Cf. die Beiträge in Dunsch/Ruffing 2013 sowie zusammenfassend Bichler/Rollinger 2011, 164–168 und Meister 1990, 35–37. Cf. Meister 1990, 35. Zur Erfindung der ‚chronological historiography‘ durch Hekataios cf. Bertelli 2001. Cf. zu dieser Entwicklung ausführlich Murray 2001b, der die Ergebnisse der 1997 in Turin abgehaltenen und an seinen erstmalig 1987 publizierten Beitrag Murray 2001a anknüpfenden Tagung The Dawn of Historiography zusammenfasst. Befürworter der Oral­Tradition­Theorie sind ferner Evans

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genstimmen, die die die Existenz textlicher (auch keilschriftlicher Vorlagen) postulieren.93 Kontrovers geführt wird zudem nach wie vor die Debatte um die Glaubwürdigkeit der Quellenangaben des Autors. Herodot selbst vermerkt im ägyptischen Logos beim Übergang vom geographisch-ethnographischen zum historischen Bericht Folgendes:94 Mέχρι μὲν τούτου ὄψις τε ἐμὴ καὶ γνώμη καὶ ἱστορίη ταῦτα λέγουσά ἐστι, τὸ δὲ ἀπὸ τοῦδε Αἰγυπτίους ἔρχομαι λόγους ἐρέων κατὰ τὰ ἤκουον· προσέσται δέ τι αὐτοῖσι καὶ τῆς ἐμῆς ὄψις. Was ich bisher erzählt habe, beruht auf eigener Anschauung oder eigenem Urteil oder eigenen Erkundungen. Nunmehr will ich mitteilen, was ich von der ägyptischen Geschichte erfahren habe. Doch kommen auch weiterhin noch Dinge vor, die ich selber gesehen habe.95

An mehreren Stellen seines Werkes beruft sich Herodot auf Nachrichten vom Hörensagen (ἀκοή) über autochthone Gewährsleute, die durch spezifische Formulierungen gekennzeichnet werden: „wie man mir erzählt hat“ (ὡς εγὼ πυνϑάνομαι)96 oder: „die Araber sagen aber auch“ (λέγουσι δὲ καὶ τόδε οἱ Ἀράβιοι).97 Weiterhin vermitteln zahlreiche Autopsieangaben (ὄψιϛ) den Eindruck, als habe der Verfasser diese Informationen vor Ort eingeholt.98 Nicht zuletzt aus derartigen Selbstäußerungen des Autors hat bereits Felix Jacoby zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf eine ausgedehnte Reisetätigkeit Herodots schließen wollen und seine historische Glaubwürdigkeit zur Doxa erhoben.99 Demgegenüber stand seit den 1970er Jahren die von Detlef Fehling vorgebrachte Lehrmeinung, der zufolge die Autopsie- und ἀκοή-Hinweise Herodots fingiert seien.100 1980; 1991; Cobet 1988; Alonso-Núñez 1988, 125. Cf. auch die (zum Teil relativierenden) Beiträge Thomas 1989; 1992. 93 So namentlich Sancisi-Weerdenburg 1994, die es für möglich hielt, dass Herodot Zugang zu Keilschriftentexten gehabt haben könnte. 94 Zur Textstelle cf. Meister 1990, 35. 95 Hdt. 2, 99, 1. Deutsche Übers. Horneffer. 96 Ibid., 8, 38. 97 Ibid., 2, 108, 1. 98 Cf. etwa Hdt. 2, 75, 1: „Eine Stelle in Arabien gibt es, in der Nähe der Stadt Buto gelegen, dahin bin ich gefahren, um Kunde einzuziehen. Es soll dort nämlich geflügelte Schlangen geben. Da sah ich denn Knochen und Gräten von Schlangen, mehr als ich beschreiben kann“ (Ἔστι δὲ χῶρος τῆς Ἀραβίης κατὰ Bουτοῦν πόλιν μάλιστά κῃ κεῖμενος, καὶ ἐς τοῦτο τὸ χωρίον ἦλϑον πυνϑανόμενος περὶ τῶν πτερωτῶν ὀφίων. ἀπικόμενος δὲ εἶδον ὀστέα ὀφίων καὶ ἀκάνϑας πλήϑεϊ μὲν ἀδύνατα ἀπηγήσασϑαι). Cf. weiterhin Hdt. 1, 183, 3; 2, 3, 1; 29, 1; 44, 1–4; 143, 1–4; 148, 1; 5–6; 3, 12, 1; 4; 4, 81, 2; 6, 47, 1. 99 Cf. Jacoby 1913, 247–280; Meister 1990, 26. Demnach sei Herodot ins Schwarzmeergebiet, nach Skythien (4, 81), Ägypten (3, 3) und Kyrene gelangt. Weiterhin reiste er in den Vorderen Orient, an den Euphrat (1, 185) und nach Babylon (1, 178–187), nicht jedoch ins eigentliche Persien. Diese These hat auch in der Gegenwart nach wie vor ihre Vertreter. Cf. etwa Rengakos 2011, 339–342; 366–369. 100 Fehling 1971 zufolge erweisen sich die Quellenreferenzen Herodots bei genauerer Analyse als fingiert. Sie stellten ein literarisches Stilmittel dar, das eigenen Mutmaßungen durch fremde Autoritäten Geltung verleiht. Namentlich die ἀκοή-Hinweise – so Fehling zu Recht – gestalten sich zu homogen, um sie auf eine Vielzahl von Informanten unterschiedlicher Provenienz zurückführen zu können. Weiterhin nennt Herodot diese Gewährsleute nur in Ausnahmefällen beim Namen (2, 55; 3, 44; 3, 56; 4, 76; 9, 16). Cf. auch die Rezensionen zur englischsprachigen Edition von Feh-

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Eine angemessene Bewertung dieser Quellenangaben in den Historien ist im Hinblick auf die hier formulierte Fragestellung – die Herkunft des Reicheschemas – durchaus entscheidend, denn: Bevor Herodot die Entwicklung schildert, an deren Ende „die Perser die Führung in Asien übernahmen“ (τoὺϛ Πέρσαϛ ὅτεῳ τρόπῳ ἡγήσαντο τῆϛ Ἀσίηϛ), betont er explizit, er wolle alles „so wiedergeben, wie es einige Perser sagen“ (ὦν Περσέων μετεξέτεροι λέγουσι).101 Es stellt sich somit die Frage, ob auch der Sukzessionsgedanke, den der Autor im Anschluss entwickelt, möglicherweise auf seine persischen Gewährsleute zurückzuführen ist. Das Meinungsbild der modernen Herodot-Forschung ist nach wie vor heterogen. Es wird –zumal was die Provenienz seiner Informationen anbetrifft – von Divergenzen bestimmt, die an dieser Stelle nicht umfassend wiedergegeben werden können.102 Bis in die jüngere Zeit blieb der Forschungsdiskurs, der die im 19. Jahrhundert entwickelten geschichtswissenschaftlichen Prinzipien und Methoden der Quellenkritik auf Herodot anwandte, wesentlich auf die „Opposition Wahrheit versus Lüge“103 beschränkt: Der Skepsis Detlef Fehlings im Hinblick auf die Quellenangaben des griechischen Autors stand „das Bekenntnis zu Herodots Ehrlichkeit“104 gegenüber, dem zufolge Fehlings Thesen unweigerlich eine Diskreditierung des pater historiae bedeuten mussten.105 Allzu glaubwürdig erschien bei diesem ‚positivistischen‘ Ansatz sein „heuristisches Prinzip“106 des relata refero (ἐγὼ δὲ ὀφείλω λέγειν τὰ λεγόμενα),107 sodass Herodot als wahrhaftiger Historiker erscheinen musste, dem allenfalls der unkritische Umgang mit seinen Quellen vorzuwerfen sei. Letzteres hat freilich zur Konsequenz, dass „alle Schwierigkeiten mit dem sachlichen Gehalt von Herodots Darlegungen“108 seinen einheimischen Gewährsleuten zur Last gelegt wurden.109 Zu Recht wurde jedoch betont, dass Herodot in dieser Deutung als unbedarfter und „naiver Ignorant“110 erscheinen müsste.111

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lings Monographie Bichler 1990 und Hornblower 1989 (non vidi). Den Thesen Fehlings folgen in den wesentlichen Punkten West 1985; Hartog 1988 und Hall 1989. Zweifel an der Authentizität der herodoteischen Quellenangaben waren allerdings bereits im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert geäußert worden. Cf. zusammenfassend Bichler/Rollinger 2011, 9 f. Hdt. 1, 95, 1. Cf. den konzisen Forschungsbericht Bichler/Rollinger 2011, 148–176 sowie Ruffing 2013. Rollinger 2004b, 940. Bichler 2007b, 29. Den energischsten Widerspruch formuliert Pritchett 1993, dem sich Shrimpton/Gillis 1997 anschlossen. Meister 1990, 41. Hdt. 7, 152, 3: „Ich aber bin gehalten zu berichten, was berichtet wird, alles zu glauben aber bin ich nicht verpflichtet“ (ἐγὼ δὲ ὀφείλω λέγειν τὰ λεγόμενα, πείϑεσϑαί γε μὲν οὐ παντάπασιν ὀφείλω). Cf. ferner Hdt. 3, 123, 1; 3, 9, 2; 4, 195, 2. Cf. zu diesem Standpunkt zusammenfassend Bichler 2007b, 27–30. Bichler 2007b, 29. So zuletzt Nesselrath 2013. Bichler 1990, 51. Cf. ibid., 51 f.: „Dazu sind die Forscher aber genötigt, zahlreiche erklärende Hypothesen über die kommunikative Lage zwischen Herodot, dem gewissenhaften, aber schlichten Berichterstatter, und seinen Informanten zu postulieren, Hypothesen, die in ihrer Summe miteinander unverein-

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Es liegt auf der Hand, dass die Antinomie zwischen ‚Lüge‘ und ‚Wahrheit‘ der literarischen Leistung Herodots kaum gerecht zu werden vermag. Inzwischen haben Studien zum intellektuellen Milieu und zur Gestaltungskunst des Autors vielfach zu neuen Bewertungsansätzen der Historien geführt. So haben zahlreiche Untersuchungen aufzeigen können, dass Herodots Geschichtswerk Reminiszenzen sowohl an sophistische Theorien und die ionische Ethnographie als auch an die zeitgenössische Tragödie enthält. Herodots argumentative Struktur und ‚Fachterminologie‘ zeugen von der Vertrautheit des Verfassers mit den wissenschaftlichen Diskursen des fünften Jahrhunderts v. Chr.,112 deren Inhalte er in vielfältiger Weise adaptiert.113 Gegenstand der öffentlichen Debatten waren, zumal in Athen, nicht zuletzt die orientalischen Zivilisationen als „projizierte Gegenbilder der eigenen Identität.“114 Dieser Diskurs gestaltete sich im fünften Jahrhundert durch die Intensivierung der Beziehungen mit Persien und dem Orient über Händler, Diplomaten und Söldner sowie der daraus resultierenden Informationsfülle durchaus facettenreich.115 So ist das im vierten Jahrhundert dominierende „asymmetrische Barbarenbild“116 in unseren Quellen zwar bereits greifbar, doch hat die neuere Forschung vielfach herausgestellt, dass die Perserbilder im fünften Jahrhundert „immer vielfältig blieben und zwischen Faszination

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bar sind: Wißbegierig, auf Autopsie und ein eigenes kritisches Urteil bedacht, reist da Hdt. zu allen möglichen, oft sehr weit entfernten Schauplätzen, um sich ‚vor Ort‘ Klarheit zu verschaffen. Zugleich aber verhält er sich wie ein naiver Ignorant. Er sieht vieles nicht, was ihm unbedingt hätte auffallen müssen, läßt sich von suspekten Dragomanen so manchen Bären aufbinden, versteht die Hälfte dessen, was man ihm mitteilt, nicht richtig und bringt seine Erinnerungen durcheinander.“ Cf. Fowler 1996, 80: „The language of Herodotos shows him to be a man of his day. He was not a Sophist, but he was a thinker, and he profited from discussions with other thinkers.“ Cf. Thomas 2000; 2006; Raaflaub 2002; Winton 2002; Provencal 2015, 29–93; Rollinger 2004b, 940–943. Eristische Disputationsformen sowie die formale Technik der Antilogik (ἀγὼν λόγων) schreibt Herodot – wie Provencal 2015 herausstellt – bezeichnenderweise ausgerechnet den Persern oder ‚Medisierern‘ zu. Cf. etwa Hdt. 1, 1–5; 1, 126 f.; 3, 80–82; 7, 10a; 7, 50, 2; 9, 41 f. Selbiges gilt für den Gegensatz von νόμος und φύσις. Cf. Hdt. 3, 108, 2; 102–104. Kategorien der politischen Theorie finden sich namentlich in der Deiokes-Episode (Hdt. 1, 95–101) sowie in der ‚Verfassungsdebatte‘ (Hdt. 3, 80–84). In religiösen Belangen scheint Herodot zwar den Vorsokratikern Xenophanes und Heraklit näher zu stehen, zumal seine Erzählstruktur maßgeblich durch das Eingreifen des Göttlichen in menschliche Belange (τίσις und νέμεσις) bestimmt wird. Andererseits sind agnostizistische Ansätze in seinem Werk erkennbar, so namentlich in Hdt. 8, 77, wo es über die Orakelsprüche heißt: „Ich kann unmöglich den Weissagungen den Glauben versagen und sie für falsch erklären. […] Wenn Bakis solche und so deutliche Worte verkündet, wage ich gegen seine Sprüche kein Wort des Unglaubens zu sagen und dulde es auch nicht von anderen.“ (Xρησμοῖσι δὲ οὐκ ἔχω ἀντιλέγειν ὡς οὐκ εἰσὶ ἀληϑέες […] ἐς τοιαῦτα μὲν καὶ οὕτω λέγοντι Bάκιδι ἀντιλογίας χρησμῶν πέρι οὔτε αὐτὸς λέγειν τολμέω οὔτε παρ’ἄλλων ἑνδέκομαι). So hegt etwa Artabanos Zweifel am göttlichen Ursprung der Träume und zieht die Möglichkeit einer Suggestion des Unterbewusstseins in Betracht. Cf. Hdt. 7, 16. Cf. Hölscher 2000, 313. Detailliert analysiert von Miller 1997. Wiesehöfer 2013a, 276.

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und Abwehr oszillierten.“117 Betrachtet man Herodot im Kontext derartiger zeitgenössischer Diskurse, wäre man nicht länger darauf angewiesen, seine zutreffenden Informationen auf etwaige ‚orientalische‘ Gewährsleute zurückzuführen, die er auf seinen Reisen befragt haben mag. Vielmehr schiene sich der Verfasser als „besonders begabter literarischer Rezipient und Transformator“ 118 dieser zeitgenössischen Debatten zu erweisen, der sie unter Berücksichtigung literarischer und philosophischer Konzeptionen mit seinem eigenen Deutungsmuster versah.119 Einerseits wäre damit der Wert der Historien für die Beurteilung der achaimenidischen Außenpolitik grundsätzlich zu hinterfragen.120 Andererseits sähe man sich – wie oben angemerkt – nicht länger genötigt, die Quellenangaben Herodots als „Referenz auf einen konkreten Zeugen“121 zu begreifen. In diesem Sinne deuten Robert Fowler und Nino Luraghi die ἀκοή-Angaben Herodots als Reminiszenz an im Griechenland des fünften Jahrhunderts verbreitete Diskurse.122 Sie streichen zugleich die ‚beglaubi-

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Ibid., 276 f. Hölscher 2000 zeigt die Ambivalenz des griechischen Verhältnisses zu der persischen ‚Gegenwelt‘ auf: Während in der ersten Generation nach den Perserkriegen erstmalig ein politi­ sches Feindbild entstand, wurde der Osten im späten fünften Jahrhundert v. Chr. (ibid., 307) „für viele zu einer Projektion von Sehnsüchten, zu einer fernen Welt üppiger Glückseligkeit.“ So ließ einerseits Perikles 425 v. Chr. den Tempel der Athena Nike auf der Akropolis mit einem Fries ausstatten, der den griechischen Sieg über die Perser verherrlichte; andererseits existierte mit der ‚Persermode‘ ein Trend, der bunte Textilien aus dem Orient (βαρβάρων ὑφάσματα) als Symbole des Luxus zur Schau trug. Cf. Miller 1997, 243–258. Zum Perserbild des fünften Jahrhunderts cf. ferner Hutzfeld 1999; Muth 2008, 239–267; 695–696 mit Anm. 37; Gruen 2012, 9–52; Madreiter 2012, 33–35; Metzler 2007; Miller 2011. 118 Wiesehöfer 2007a, 38. 119 Dies ist auch insofern hervorzuheben, als selbst die innumerabiles fabulae, die Cicero (leg. 1, 5) in den Historien Herodots erkannte, teilweise durch ‚externe‘ Belege eine Bestätigung finden. Dies gilt insbesondere für die im Gespräch zwischen Solon und Kroisos (Hdt. 1, 29–33) enthaltene Erzählung über Kleobis und Biton (Hdt. 1, 1, 31), die erstaunliche Übereinstimmungen mit einer zwischen 620 und 580 v. Chr. datierten argivischen Weihinschrift (Syll.3) aufweist (deutsche Übers. Brodersen/Günther/Schmitt 1992): „Kleobis und Biton haben die Mutter fünfundvierzig Stadien gezogen, indem sie sich unter das Joch beugten. Polymedes der Argiver hat (dies) geschaffen.“ Cf. Asheri/Lloyd/Corcella 2007, 101. Sollte Herodot die Inschrift gekannt haben, hätte er sie indessen gleichwohl in einen neuen Kontext eingefügt und seiner Disposition gemäß verarbeitet. 120 Cf. Wiesehöfer 2004b, 211; 2007a; 2013. Wiesehöfer 2007a, 38 weist v. a. darauf hin, dass der Inhalt der häufig wörtlich zitierten Beratungen zwischen dem Großkönig und seinen Vertrauten kaum zur Kenntnis Herodots gelangt sein konnte. Die Argumentation der Dialoge entspricht vielmehr dem sophistischen Sprechhabitus. Cf. auch Patzek 2004, 70. 121 Rollinger 2004b, 940. 122 Cf. Fowler 1996; 2001 sowie Luraghi 2001b, 147: „Herodotus’ akoē­statements are to be understood as references to the group that believes it knows – in the sense of holding as true – a certain tale or peace of information.“ Cf. ibid.: „People are simply made to say, think or report what he [scil. Herodotus] supposes any reasonable person would expect them to do so.“ Relevanz besitzt im Rahmen der Argumentation Luraghis namentlich das Konzept der past as a shared possession (ibid., 147–149): „In other words, with his akoē­statements Herodotus is not quoting sources, as a modern historian does, but is simply referring to what he holds to be the social and/or ethnic dimension of the knowledge he is drawing from. […] In Herodotus’ Greece, knowledge about the recent past […] was only just beginning to be the business of a group of specialists; the average cultivated

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gende‘ Funktion der Quellenangaben heraus, die zum Einsatz kämen, um gerade zweifelhafte Angaben zu verifizieren123 oder – in diskursiver Manier – zu falsifizieren.124 Hat diese Interpretation in der jüngsten Vergangenheit großen Zuspruch erfahren, so fehlt es jedoch nach wie vor nicht an kritischen Stimmen, die die „merkwürdige[] Unklarheit“125 der Lösungsvorschläge Fowlers und Luraghis bezüglich der Provenienz der in den Historien verarbeiteten Informationen betonen.126 In der Tat darf man sich fragen, aus welchen ‚Quellen‘ sich das ‚Diskurswissen‘, an dem Herodot teilhatte, denn speiste. Virulent erscheint diese Frage namentlich bezüglich der ‚orientalischen‘ Nachrichten des Verfassers, die häufig auf seine Kontakte zu innerhalb der persischen Verwaltung tätigen Griechen zurückgeführt wurden.127 Auch die Nachfahren ionischer und karischer Söldner in Babylonien und Ägypten, die Herodot in seiner kleinasiatischen Heimat befragt haben mag, wurden als mögliche Vermittler in Betracht gezogen (s. o. Kap. I.3).128 Weiterhin wird auf die Votivgaben ‚ausländischer‘ Herrscher an griechische Heiligtümer hingewiesen, wobei die zugehörigen ‚Geschichten‘ auf lokale

Athenian would have thought he knew the past of his polis […]. This idea of the past as a shared possession is fundamental for Herodotus’ akoē­statements. It explains their collective form and shows why he could use this form without fear of being misunderstood by his audience.“ Cf. in diesem Sinne ferner Marincola 1997, 19: „Yet historians were never a defined group in antiquity, nor did they have a fixed position: there were no professors of history. Many of the historians who wrote in antiquity were not exclusively historians, nor could that be described as their ‚occupation‘.“ 123 Cf. Luraghi 2001b, 143. Cf. etwa Hdt. 1, 182, 1: „Dieselben Männer sagen – ich kann es allerdings nicht glauben – […]“ (Φασὶ δὲ οἱ αὐτοὶ, ἐμοὶ οὐ πιστὰ λέγοντες […]). Die Autopsie-Angaben, die der Arbeit Herodots höhere Glaubwürdigkeit verschaffen sollen, bezeichnet Luraghi 2001b, 143 als „killer arguments“. 124 Cf. Fowler 1996, 79 (unter Verweis auf Hdt. 2, 23): „Herodotos here has pronounced the important principle of falsifiability: a true proposition must not only be capable of being verified, it must also have the potential of being falsified. A proposition of a kind that offers no handle to anyone who might wish to test it is refused admission to the discussion on principle. Such propositions may have value in the world of imagination or poetry, but they lie outside the realm of positivistic truth or falsehood. Herodotus is not interested in such propositions.“ 125 Nesselrath 2013, 86. 126 Cf. ibid., der Luraghis Argumente wie folgt kritisiert: „Das hieße ja aber, dass Herodot immer schon wusste, was diese ‚Quellen‘ plausiblerweise sagen können  – woher aber hatte er diese ‚knowlege‘? Mir scheint, dass wir uns hier ziemlich im Kreis drehen – wäre es da wirklich nicht einfacher anzunehmen, dass Herodots Hinweise auf die Urheber dessen, was er mitzuteilen hat, ein fundamentum in re haben?“ 127 Cf. Murray 2001a, 40; Lewis 1985. Zu im Achaimenidenreich tätigen Griechen cf. Miller 1997, 91– 100. Hier wäre ferner an aus ihrer Heimat verbannte und am Perserhof in hoher Gunst stehende Griechen wie den Athener Themistokles zu denken. Cf. Nollé/Wenninger 1998/1999. Zu ‚Fremden‘ am Perserhof cf. generell Vittmann 2007. Rollinger/Henkelman 2009 liefern neue Erkenntnisse zu ‚Griechen‘ im Achaimenidenreich auf der Grundlage archivalischer Texte aus Persepolis. 128 Cf. Drews 1973, 83; Heller 2015, 331, der hier etwa an die Statue Pedons denkt, der unter Psammetich I. in der ägyptischen Armee und Verwaltung tätig war (s. o. Kap.  I.3.1). Text: Masson/ Yoyotte 1988. Cf. Haider 1996, 100–102. Desgleichen könnte der herodoteische Bericht über die Belagerung Aschdods (Azotos) (Hdt. 2, 157) durch Psammetich auf die Erzählungen der Nachfahren der beteiligten griechischen Söldner zurückgehen.

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Informanten, insbesondere die Priesterschaften, zurückzuführen seien.129 Diesen Erklärungsmodellen ist gemein, dass auch sie die (lange Zeit als gegeben vorausgesetzte) Reisetätigkeit Herodots  – zumindest außerhalb Griechenlands  – in Zweifel ziehen. Zwar spricht einiges dafür, dass er Ägypten besuchte,130 mit einheimischen Ägyptern in Berührung kam131 oder doch zumindest die im Ägyptischen Logos allgegenwärtigen griechischen Söldner befragte; ein Aufenthalt in Mesopotamien und Iran lässt sich allerdings nicht verifizieren. Das Korrektiv der orientalischen Überlieferung lehrt vielmehr, dass die herodoteische Darstellung persischer Institutionen und Traditionen (und ihre Namen) spezifisch griechische respektive herodoteische Vorstellungen

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Cf. Heller 2015, 331 (mit der älteren Literatur), der hier unter anderem auf den Bericht Herodots (Hdt. 2, 159) über den Sieg des Pharaos Necho II. über die ‚Syrer‘ bei Magdolos und die Eroberung von Kadytis verweist: Diese Schlacht wird auch in der Chronik vom Tod Nabopolassars und der frühen Jahre Nebukadnezars rev. 1–7 (= Glassner 2005, Nr. 24, 226–231, hier 228 f.) mit Rückschlägen und Verlusten der babylonischen Armee in Verbindung gebracht und ist somit als ‚historisch‘ anzusehen. Der griechische Name Kadytis (Gaza) gibt die ägyptische Schreibweise G­d­t korrekt wieder. Da Necho dem Heiligtum von Didyma nach seinem Sieg Opfer dargebracht haben soll, kämen namentlich dessen Priester als mögliche Informanten Herodots in Betracht. Ähnliche Schlüsse ließen sich ferner aus auf ca. 550 v. Chr. zu datierenden Säulenwülsten zu drei Säulenbasen (A, B, C) im Artemsion zu Ephesos ziehen (Syll.3 6), die eine Weihung des Kroisos in ionischem Dialekt enthalten. Cf. Hdt. 1, 92 zu den Weihungen des Lyderkönigs in griechischen Heiligtümern. Cf. Heller 2015, 331. Zwar stütze Herodot sich in seinen ethnographischen logoi augenscheinlich auch auf Hekataios, dessen Ausführungen über den Vogel Phönix, das Nilpferd und die Krokodiljagd (Hdt. 2, 70–73) er fast wörtlich übernommen haben soll. Cf. Porphyrios (FGrH 1 F 324a). Andererseits erkennen Dillery 2005 und Müller 2008, 58–62 in der Porträtierung des Kambyses als maßloser Despot, der ägyptische Tempel und Gräber profanierte und sich zur Tötung des heiligen Apis-Stieres verstieg (cf. Hdt. 3, 16, 28 f.; 37; 3, 29, 1 f.), Elemente der ägyptischen Chaos­ beschreibung. Dieses Wüten wurde Hdt. 3, 10, 3 zufolge bei der Ankunft des Kambyses durch eine ‚Anomalie‘ der Natur – Regen über Theben – angekündigt. Der Regen erscheint als „symbolischer Code“ (Müller 2008, 60), der das Unheil vorausdeutet, das Kambyses über das Land bringen wird. Einmal mehr behauptet Herodot (Hdt. 2, 3, 1), er habe ägyptische Priester in Memphis, Theben und Heliopolis nach den Ereignissen befragt. Tatsächlich begegnet dasselbe Modell der ‚Inversion‘ natürlicher Zustände auch in zahlreichen prophetischen Schriften Ägyptens (cf. Blasius/Schipper 2002), so im Töpferorakel (cf. Blasius/Schipper 2002, 285 f.) und im Lamm des Bokchoris (cf. Thissen 2002). Hier wie dort wird die Periode des Unheils von einem ‚Heilskönig‘ beendet, der die rechte Ordnung wiederherstellt. Möglicherweise geht die Charakterisierung des Kambyses als Religionsfrevler, die unlängst widerlegt werden konnte (s. o. Kap. I.2.8), schlussendlich auf Teile der ägyptischen Priesterschaft zurück, die dem Herrscher Versäumnisse auf anderen Gebieten (Finanz- und Baupolitik) verübelten. Cf. Vittmann 2003, 128 f. Die Existenz ägyptischer ‚Quellen‘ setzt jedoch mitnichten auch die Präsenz Herodots in Ägypten voraus. Tatsächlich stammen fünfzehn von insgesamt einundzwanzig Autopsieangaben allein aus dem Ägyptischen Logos. Ferner zeichnen sich die ἀκοή–statements häufig durch spezifische Angaben (Ort, Namen der Informanten) aus. Cf. Luraghi 2001b, 151–153. Asheri/Lloyd/Corcella 2007, 15 führen Herodots Fehlinformationen bezüglich der Sehenswürdigkeiten Oberägyptens auf seine Gewährsleute zurück und bemerken (ibid., 17): „The Egyptian ‚priests‘ and the Babylonian Chaldaeans whose testimonies Herodotus believes with great respect (though not always) were actually low-ranking ministers with limited learning, restricted to religious practices and beliefs pertaining to their temples and objects of cult.“

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spiegelt.132 Weiterhin lässt auch die von Herodot im Rahmen des Babylonischen Logos gelieferte Stadtbeschreibung Zweifel daran aufkommen, dass der Autor die Metropole aus eigener Anschauung gekannt habe.133 Dieser Befund mahnt zur Skepsis134 und 132 133

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Cf. Rollinger 2004a, 257–260; Wiesehöfer 2004b, 210. Dabei erscheint die persische Kultur in vielen Aspekten als Gegenbild zur griechischen. Demnach kommen etwa persische Opferzeremonien ohne Altäre, Bandopfer, Libationen, Aulos, Binden und Opferkörner aus. Cf. Hdt. 1, 132, 1. Cf. Hdt. 1, 178–183. Herodot beschreibt die Anlage der Stadt als ein gewaltiges Quadrat mit einem Gesamtumfang von 480 Stadien (ca. 86 km), dessen vier Seiten je 120 Stadien (ca. 22 km) messen. Babylon sei von einem Graben sowie von einer monumentalen Stadtmauer von 50 Ellen (25 m) Dicke und 200 Ellen (96–100 m) Höhe umfriedet gewesen. Auf der Mauer, in die hundert Bronzetore eingelassen gewesen seien, hätten sich (links und rechts) kleine Häuser (οἰκήματα) befunden. Der Zwischenraum biete Platz für ein Viergespann. Der Euphrat zerteile die Stadt in zwei Hälften, in deren Zentrum je ein monumentales Gebäude – der Palast und der Hochtempel des Belos (Etemenanki?)  – liege. Hdt. 1, 183 erwähnt ferner einen Tempel auf ebener Erde (Esangila?), dessen Götterbild von Xerxes geraubt worden sei. ‚Positivistische‘ Erklärungsmodelle, die die herodoteische Darstellung ‚retten‘ sollen, gründen auf der hypothetischen Annahme, dass die z. T. offenkundigen Divergenzen zwischen dem Bericht Herodots und dem archäologischen Befund auf eine gegenüber dem (von deutschen Ausgräbern freigelegten) neubabylonischen Stadtbild stark veränderte Topographie in achaimenidischer Zeit zurückzuführen seien. Cf. etwa Nesselrath 1999; George 2005/2006; 2010. Die Vertreter dieser Theorie sehen den Grund für das veränderte Antlitz der Stadt zu Lebzeiten Herodots in angeblich von Xerxes verübten Zerstörungen in der Folge der auch keilschriftlich bezeugten lokalen Revolten Bel­šimannis und Šamaš­eribas im zweiten Regierungsjahr des Großkönigs (484 v. Chr.). Sie verweisen dabei auf den in Hdt. 1, 183 postulierten Raub der Kultstatue Marduks durch Xerxes sowie auf das Verschwinden des traditionellen babylonischen Königstitels in babylonischen Quellen, die als Strafmaßnahmen zu deuten seien. Indessen halten diese Argumente einer kritischen Prüfung nicht stand, das erstens Hdt. 1, 183 nicht von einer Kultstatue (ἄγαλμα), sondern lediglich von einem (beliebigen) Standbild (ἀνδριάς) spricht. Cf. Kuhrt/ Sherwin-White 1994. Weiterhin ist der traditionelle babylonische Königstitel, wie oben (Kap. I.2.8) dargelegt wurde, für die gesamte Regierungszeit des Xerxes bezeugt. Cf. Rollinger 1998b; 1999b. Archäologisch können weder ein Zerstörungshorizont für das Jahr 484 v. Chr. noch die Umleitung des Euphrats nachgewiesen werden, die Herodots Behauptung der Lage Etemenankis und des Palasts an gegenüberliegenden Ufern verifizieren könnten. Cf. Rollinger 1993, 143–146. Desgleichen vermögen auch ‚neue‘, von George 2005/2006; 2010 vorgebrachte Argumente nicht zu überzeugen: 1. Die Aussagen klassischer Quellen (namentlich Ael. var. 13, 3) sind spät und widersprüchlich. Sie tragen dazuhin Züge eines folkloristischen Motivs, das in der anthropologischen Forschung unter der Bezeichnung Grabhügel firmiert. 2. Die Zerstörungen an der Ziqqurat Etemenanki lassen sich aufgrund fehlender Baudokumente nicht datieren. Tatsächlich sind die Eingriffe mit einiger Wahrscheinlichkeit erst in parthischer Zeit erfolgt. 3. Die Klassifizierung des in Susa zutage geförderten Zylinderfragments Sb 1700, dessen Text mit dem Etemenanki­Zylinder Nebukadnezars II. identisch ist, gelangte nicht zwingend als ‚Beutestück‘ infolge einer babylonischen Revolte und der damit einhergehenden Zerstörung der Ziqqurat in die iranische Residenz. Vielmehr sind viele Erklärungen denkbar, zumal der Fundkontext auch hier keine Datierung zulässt. Schließlich finden die angeblichen Zerstörungen durch Xerxes nicht einmal in den Historien Herodots selbst Erwähnung. Vielmehr scheinen sowohl die negative Porträtierung des Xerxes als auch die Stilisierung Alexanders zur ‚frommen‘ Kontrastfigur, die dem babylonischen Kult zu alter Größe verholfen habe (cf. Arr. an. 7, 17, 2 f.), die griechische Perspektive zu spiegeln. Cf. Henkelman/Kuhrt/Rollinger/Wiesehöfer 2011; Heller 2010, 271–305; Rollinger 2014c. Zum archäologischen Befund der Ziqqurat Etemenanki Cf. Allinger-Csollich 2011. Zur Befundsituation der Landmauern cf. Heinsch/Kuntner 2011. Zu Xerxes und Babylonien cf. ferner die Beiträge in Waerzeggers/Seirje 2018. Cf. Heller 2010, 56: „Die Zahl der Argumente, die gegen einen Besuch Herodots in Babylon sprechen, ist so überwältigend, daß man besser nicht mehr unumstößlich an diesem festhalten sollte.“

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spricht zugunsten der Theorie, dass Herodot auf ein zeitgenössisches ‚Diskurswissen‘ der Griechen über das Perserreich und seine Vorgänger rekurrierte.135 Innerhalb dieses Diskurswissens dürfte wiederum der Anteil der Oral Tradition maßgeblich gewesen sein. Dass der Verfasser der Historien Zugriff auf die schriftlichen Überlieferungen Mesopotamiens, Persiens oder Ägyptens gehabt haben sollte, ja gar der Hieroglyphenoder Keilschrift kundig gewesen sein sollte, ist in Anbetracht der genannten Vorbehalte zu bezweifeln.136 Nicht abstreiten lässt sich freilich, dass der Inhalt der Bisutun­Inschfrift zumindest in Teilen zur Kenntnis Herodots gelangte137 – eine Tatsache, angesichts derer die Annahme, dass sich unter den Kopien, die Dareios I. (DB 491–492) ‚in die Länder‘ verschickt haben will (s. o. Kap. I.2.8), auch solche in griechischer Sprache befan-

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Die Darstellung des Achaimenidenreiches bei Herodot thematisieren die Beiträge in Rollinger/ Truschnegg/Bichler 2011. Zu Herodot und dem Alten Orient cf. etwa Rollinger 2000; 2011, 333– 334; 2013a. Cf. Alonso-Núñez 1988, 125; Rollinger 2000, 75 f.; Haubold 2013a, 89 sowie Murray 2001a, 36: „One of the most obvious characteristics of Herodotus’ accounts of eastern societies is that they show no sign of any influence from the known literary or historical genres preserved in writing, such as royal inscriptions, priestly chronicles, law codes, or sacred texts. In this he contrasts very strong with the Jewish historical tradition both before and after the exile. This suggests, not only that Herodotus’ historical methods and literary techniques are independent of eastern written traditions, but also that he did not even have extensive access to the guardians of those traditions as oral witnesses; for their modes of thought would surely have been marked by the influence of their status and their skills as a literate caste. Herodotus’ accounts of eastern events are not patterned in the same way as his account of Egyptian history, by the influence (however mediated) of a priesthood whose skills as storytellers reflect their activities as guardians of a written tradition.“ Für Asgeri/Lloyd/ Corcella 2007, 17 gelten diese Bedenken auch für Herodots ägyptische Geschichte: „Usually, Herodotus had to rely on hired guides, Greek or bilingual, such as the interpreter whose translation of the hieroglyphs on Cheops’ pyramid he could not verify (II, 125, 6).“ Die Gegenposition vertrat Sancisi-Weerdenburgh 1994. Aus sprachwissenschaftlicher Perspektive relativiert Schmitt 2011a, 336 die allgemeine „Kritik an Herodots Umgang mit iranischem Sprachgut, die Skepsis gegenüber seinen Bemerkungen und Erklärungen sprach(wissenschaftlich)er Art und [den] Zweifel an seiner Kenntnis iranischer Sprachen.“ Cf. ferner Schmitt 1992. Cf. West 2011, 265 f. Heygi 1973, 78–81; Balcer 1987; Gufler/Madreiter 2015, 387 f. Die herodoteische Version der Thronbesteigung des Dareios (Hdt. 3, 61–87) weist durchaus einige Parallelen zur offiziösen Fassung der Bisutun­Inschrift auf. Diese betreffen etwa die Tötung des Kyrossohnes Smerdis/Bardiya (zu ihm cf. Vogelsang 1998, 209–212) durch Kambyses, die Geheimhaltung seines Todes und die Usurpation eines bzw. (bei Herodot) zweier Mager(s). Hinter der Person des Magers Patizeithes, der seinen Bruder Smerdis zum König macht, mag sich der Titel eines hohen persischen Würdenträgers (*pati­xšayaϑia) verbergen, sodass hier eine Personifikation des Amtes vorläge. Cf. Wiesehöfer 1978, 49 f. Weiterhin nennt Herodot (Hdt. 3, 70) immerhin fünf der sechs Verschwörer um Dareios in Übereinstimmung mit der Bisutun­Inschrift (DB 480–486): Intaphernes/Vindafarnā, Otanes/Utanā, Gobryas/Gaṷb(a)ruva, Hydarnes/Vidṛha und Megabyzos/ Bagabuxša. Der von Herodot anstelle von Ardumaniš genannte Aspathines wiederum scheint zu einem späteren Zeitpunkt eine hohe Würdenstellung am Hofe des Dareios innegehabt zu haben: So erscheint er am Grab des Dareios als ‚Bogenträger‘ und figuriert in den Persepolis Tafeln (PFT 494; 483) als Verwalter von Persepolis. Rollinger 2017 zeigt den orientalischen Hintergrund des von Herodot (3, 85–87) geschilderte ‚Pferdeorakels‘ auf.

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den, an Wahrscheinlichkeit gewinnt;138 vermutlich kursierten jedoch auch mündliche Versionen des Tatenberichts im Iranischen Hochland – und darüber hinaus.139 Für die Vermittlung ‚orientalischer Nachrichten‘ an die ‚griechische Welt‘ und an Herodot im Besonderen sind mithin orale Traditionen sowie heute verlorene, auf vergänglichem Material (Transparente u. ä.) publik gemachte Verlautbarungen der persischen Großkönige in ihrer Außenwirkung gewiss nicht zu unterschätzen.140 Schließlich finden sich bei mehreren griechischen Autoren Reflexe auf die Herrschaftsrepräsentation der Achaimeniden. So wecken die Verse aus den Persern des Aischylos, die den ‚Geist‘ des Dareios die Anfänge des achaimenidischen Königtums in die Zeit versetzen lassen, „seitdem uns Zeus der Herrscher solche Ehre gab, daß ein Mann nur ganz Asiens herdenreiche Flur regiere“,141 Assoziationen mit der persischen Reichsideologie: Evident ist hier, wie Rüdiger Schmitt betont hat, die inhaltliche und Cf. Köhnken 1978, 39 f., der von der Existenz einer griechischen Version der Bisutun­Inschrift ausgeht. Ähnlich urteilt Schmitt 1990. Diesbezüglich kritisch sind Tuplin 2005, 236 mit Anm. 47 und West 2007, 406; 2011, 265 f. Cf. ferner Asheri 1999. Zu Recht betont West 2011, 266, dass „[…] the fragments of an aramaic version from Elephantine encourage the hope that there was a Greek translation. It is, however, another question whether Herodotus might have made use of such a document; in general he refers to inscriptions as curiosities, almost as touristic Sehenswürdigkeiten, rather than as historical source, and his account certainly offers significant divergencies from the official version.“ Abwegig erscheint das von Lewis 1985, 101–117 entworfene Szenario, nach dem Herodot ortskundige Personen beauftragt habe, die Bisutun­Inschrift zu inspizieren. Die mit den in der Inschrift erwähnten Personen verbundenen Episoden hat Herodot jedenfalls ‚kreativ verarbeitet‘. Cf. Köhnken 1978. Zur Genealogie der Achaimeniden bei Herodot (Hdt. 7, 11, 2), die zwei unterschiedliche Stammbäume (Kyroszylinder; Bisutun­Inschrift) zu kontaminieren scheint, cf. Rollinger 1998a, 189–196. Dokumentarische Texte der achaimenidischen Verwaltung hat man zudem hinter der ‚Satrapienliste‘‚ (Hdt. 3, 89–97), der Beschreibung der ‚Königsstaßen‘ (Hdt. 5, 52–53) sowie den persischen Heeres- und Schiffslisten (Hdt. 7, 61–98) vermutet. Cf. Murray 2001a, 36 f. Zur zweifelhaften Authentizität der mit Ionien beginnenden (und damit hellenozentrischen) ‚Satrapienliste‘ s. o. Kap. I.2.8. Den Einfluss persischer Dokumente auf die Historien verfocht namentlich Momigliano 1977, 25–35. 139 Shayegan 2012, 73–108; 2017, 442–244 vermutet, dass die schriftliche Version der Bisutun­Inschrift auf einen begrenzten Adressatenkreis, und zwar die (in einer langen Schrifttradition stehenden) Bewohner Mesopotamiens, gezielt habe; im (von Oralität geprägten) Iranischen Hochland hingegen habe eine mündliche Variante kursiert, auf die schlussendlich auch der Bericht Herodots zurückgehe. Demnach sei die mündliche Version von „professional storytellers“ (Shayegan 2012, 105) verbreitet und – entsprechend den narrativen Erfordernissen iranischer Epik – ‚modifiziert‘ worden. Auf diesem Wege seien auch achaimenidische Traditionen und Narrative an die Arsakiden und Sasaniden vermittelt worden. Cf. Shayegan 2017. Tatsächlich weist der Bericht Herodots einige Parallelen mit der Inschrift Narsehs aus Paikuli auf. Vermutlich gehen folglich beide Versionen mittelbar auf die mündliche Variante der Bisutun­Inschfrift zurück. Cf. Shayegan 2012, 107–138. Eine mündliche Vorlage der Bisutun­Inschfrift zog bereits Balcer 1987, 61–67 in Betracht. Zum Verhältnis von Literalität und Oralität im teispidisch-achaimenidischen Iran cf. Wiesehöfer 2018a. 140 Cf. Kuhrt 2010, 98 f.; Wiesehöfer 2018a, 107. Auch Wiesehöfer/Rollinger 2012, 59; 75 gehen davon aus, „dass Teile oder Grundideen des [achaimenidischen] Herrscherideals im Reich und außerhalb des Reiches zirkulierten.“ 141 Aischyl. Pers.762–764: ἐξ οὖτε τιμὴν Ζεὺς ἄναξ τήνδ’ ὤπασεν, ἕν’ ἄνδρ’ ἁπάσης Ἀσίδος μηλοτρόφου ταγεῖν.

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motivische Nähe zu der in den persischen Inschriften bezeugten Formel, der zufolge Ahuramazda Dareios/Xerxes zum König gemacht habe, „den einen (zum) König über viele, den einem (zum) Gebieter über viele“ (aḭvam parūnām xšāyaϑiyam, aḭvam parūnām framātāram) (s. o. Kap. I.2.8).142 Desgleichen dokumentiert ein in der Ana­ basis Xenophons enthaltener Passus, der die Vorzüge Kyros’ des Jüngeren preist, dass zentrale Elemente der achaimenidischen Herrscherideologie in der griechischen Welt bekannt waren: Nicht nur erscheint Kyros hier als maßvoll, besonnen und gerecht, er wird darüber hinaus als überlegener Jäger, Reiter und Krieger vorgestellt, der Bogen und Speer meisterhaft zu handhaben wusste. Loyalität wusste er ebenso zu belohnen wie Untreue streng zu bestrafen.143 Derartige ‚Fragmente‘ der achaimenidischen Reichsideologie und Geschichte begegnen auch im Geschichtswerk Herodots.144 Was die Kulturen des Zweistromlandes anbetrifft, so verfügte er – obschon sein Werk zahlreiche ‚Realien‘ durchaus korrekt wiedergibt145 – hingegen augenscheinlich nur über rudimentäre Kenntnisse ihrer Geschichte (s. u. Kap. I.3.2).146 Tatsächlich weisen seine Berichte über einzelne Handlun142 Cf. Schmitt 1977, 391. Zeus ist üblicherweise die Interpretatio Graeca für Ahuramazda. 143 Cf. Xen. an. 1, 9. Kyros der Jüngere, der unter den Persern „am ehesten zur Königswürde und zur Herrschaft bestimmt“ (ἀνὴρ […] βασιλικώτατός τε καὶ ἄρχειν ἀξιώτατος) gewesen sei und „in jeder Hinsicht als der tüchtigste von allen galt“ (πάντων πάντα κράτισος ἐνομίζετο), werden die folgenden Fähigkeiten respektive Vorzüge attestiert: Bereits im Knabenalter habe er eine differenzierte Wahrnehmung bestehender Hierarchien besessen, sodass er „den Älteren noch besser als die im Range unter ihm stehenden zu gehorchen wusste“ (τοῖϛ τε πρεσβυτέροιϛ καὶ τῶν ἑαυτοῦ ὑποδεεστέρων μᾶλλον πείϑεσϑαι). Sodann „erwies er sich als besonderer Liebhaber von Pferden, der mit den Pferden vorzüglich umzugehen verstand. Nach allgemeinem Urteil war er auch in den kriegerischen Übungen, im Bogenschießen und Speerwerfen, besonders lernbegierig und eifrig. Sobald es ihm sein Alter gestattete, war er ein leidenschaftlicher Jäger, der natürlich auch die Gefahren unter den wilden Tieren liebte“ (ἔπειτα δὲ φιλιππότατος καὶ τοῖς ἵπποις ἄριστα χρῆσϑαι• ἔκρινον δ’αὐτὸν καὶ τῶν εἰς τὸν πόλεμον ἔργων, τοξικῆς τε καὶ ἀκοντίσεως, φιλομαϑέστατον εἶναι καὶ μελετηρότατον. ἐπεὶ δὲ τῇ ἡλικίᾳ ἔπρεπε, καὶ φιλοϑηρότατος ἦν καὶ πρὸς τὰ ϑηρία μέντοι φιλοκινδυνότατος). Als Feldherr und Satrap von Lydien, Großphrygien und Kappadokien „bewies er zuerst, daß es ihm vor allem am Herzen liege, nie wortbrüchig zu werden, wenn er mit jemandem einen Vertrag oder eine Verabredung einging oder etwas versprach.“ (πρῶτον μὲν ἐπέδεξεν αὐτόν, ὅτι περὶ πλείστου ποιοῖτο, εἴ τῷ σπείσαιτο καὶ εἴ τῷ συνϑοῖτο ὑπόσχοιτό τι, μηδὲν ψεύδεσϑαι). Bezüglich seines Verhältnisses zu Freunden und Untergebenen heißt es: „Es war auch deutlich, daß er den zu überbieten suchte, der ihm je etwas Gutes oder Schlimmes getan hatte“ (φανερὸς δ’ἦν καὶ εἴ τίς τι ἀγαϑὸν ἢ κακὸν ποιήσειεν αὐτόν, νικᾶν πειρώμενος). Weiterhin habe er gegebenenfalls die schonungslosesten Strafen verhängt und loyale Freunde mit Diensten und Geschenken (δῶρα) bedacht. 144 Cf. Heygi 1973; West 2011. Zu speziellen Aspekten cf. ferner die Beiträge in Rollinger/Truschnegg/ Bichler 2011, hier vor allem Kuhrt/Raaflaub 2011 (Armee und Kriegswesen); Tuplin 2011 (imperiale Organisation) und Ruffing 2011 (Wirtschaft). Massetti 1971–1972 sieht Herodot in der Tradition griechischer Logographen. 145 Diese ‚Realien‘ betreffen etwa die Größe Babylons und die dort verwendeten Baumaterialien. Cf. Rollinger 1993, 183 f.; Heinsch/Kuntner 2011 (Stadtmauern); Allinger-Csollich 2011 (Ziqqurat). Weiterhin berichtet Herodot von speziellen Schiffen, die für den Verkehr auf dem Euphrat eingesetzt wurden. Cf. Fales 1993, 86–88. Auch die orientalische Kunst der Traumdeutung und Divination beeinflusste sein Werk maßgeblich. Cf. Bichler 2007b; Pelling 1996; Köhnken 1980. 146 Cf. Kuhrt 1982; Baumgartner 1950; Heygi 1973; Bichler 2007c; Heller 2015.

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gen der persischen Großkönige – wie Robert Rollinger dargelegt hat – jedoch zuweilen eine erstaunliche (motivische und phraseologische) Nähe zur (Welt-)Herrschaftsrhetorik altorientalischer Monarchen auf:147 Im Anschluss an den Bericht über den Peri­ plus des Skylax (s. u.) betont Herodot: „Nach dieser Fahrt unterwarf Dareios die Inder und befuhr jenes Meer“148 – eine Formulierung, die an die Annalen assyrischer Könige gemahnt, die auf Schiffen „bis zur Mitte des Meeres“ hinausfuhren (s. o. Kap. I.2.6). Von einer Fahrt des Dareios über das offene Meer berichtet Herodot ferner im Kontext des Skythenfeldzuges und der Errichtung einer Schiffsbrücke am Bosporus.149 An dessen Ufern soll der Großkönig die Aufstellung zweier Säulen (στήλαι) aus Marmor befohlen haben, in die Inschriften sowohl in „assyrischer Schrift“ (γράμματα Ἀσσύρια) als auch in hellenischer Schrift eingemeißelt worden seien.150 Die Errichtung einer Bilingue erscheint angesichts der Mehrsprachigkeit der achaimenidischen Königsinschriften, die – so in Suez – auch Lokalsprachen einbeziehen konnten, zumindest denkbar.151 Darüber hinaus ist mit dieser Handlung jedoch auch ein überkommenes altorientalisches Ideologem verbunden: Die Errichtung von ‚Grenzstelen‘ und einer königlichen Bildsäule (ṣalam šarrūtija) an den Gestaden der Meere ist namentlich für assyrische Könige mehrfach bezeugt (s. o. Kap. I.2.6).152 In ganz ähnlicher Weise tragen auch die Handlungen, die Herodot Xerxes am westlichen ‚Weltenrand‘, genauer: bei der Überquerung des Hellesponts (7, 35–74) durchführen lässt, ein altorientalisches Kolorit:153 Der Großkönig versenkt – die Sonne anbetend – eine goldene Schale, einen goldenen Mischkrug und ein „persisches Schwert“ (Akinakes) im Meer. Dabei erbittet er nichts Geringeres als den Sieg über Europa und die erfolgreiche Unterwerfung des Erdteils in seiner Gänze (εὔχετο πρός τὸν ἥλιον μηδεμίαν οἱ συντυχίην τοιαύτην γενέσϑαι, ἥ μιν παύσει καταστρέψασϑαι τὴν Εὐρώπην πρότερον ἢ ἐπὶ τέρμασι τοῖσι ἐκείνης γένηται).154 Dass die Darbringung von Opfergaben

147 Cf. Rollinger 2013a zum Folgenden. Zu ‚orientalischen‘ Reflexen bei Aischylos cf. ferner Haubold 2013a, 114 f. 148 Hdt. 4, 44, 3: μετὰ δὲ τούτους περιπλώσαντας Ἰνδούς τε κατεστρέψατο Δαρεῖος καὶ τῇ ϑαλάσσῃ ταύτῃ ἐχρᾶτο. 149 Cf. Hdt. 4, 85; 87, 1. Cf. zu dieser Episode Bichler 2000, 292–297. 150 Hdt. 4, 87, 1: „Als er [scil. Dareios] nun auch den Bosporos betrachtet hatte, ließ er am westlichen Ufer zwei Säulen aus Marmor errichten und ließ Namen und Zahl aller Volksstämme, aus denen sein Heer bestand, einmeißeln, auf der einen Säule in assyrischer Schrift, auf der anderen in hellenischer Schrift“ (ϑησάμενος δὲ καὶ τὸν Βόσπορον στήλας ἔστησε δύο ἐπ’ αὐτῷ λίϑου λευκοῦ, ἐνταμὼν γράμματα ἐς μὲν τὴν Ἀσσύρια, ἐς δὲ τὴν Ἑλληνικά, ἔϑνεα πάντα ὅσα περ ἦγε). Deutsche Übers. Horneffer. 151 Cf. Schmitt 1988; 1992; Tuplin 2010, 288; 294. Skeptisch ist West 1985, 296. 152 Cf. Rollinger 2013a, 96–102. 153 Cf. ibid., 103–107. 154 Hdt. 7, 54: „Den Tag verbrachten sie mit Vorbereitungen zum Übergang. Am folgenden Tage erwarteten sie den Aufgang der Sonne, verbrannten allerhand Räucherwerk auf den Brücken und bestreuten den Weg mit Myrten. Als die Sonne hervortrat, goss Xerxes aus goldener Schale eine Spende ins Meer und betete zur Sonne: Kein Unfall möge ihn treffen und ihn in seinem

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an den Meeresküsten zum Standardrepertoire assyrischer Feldzugsberichte gehörte, wurde oben (Kap. I.2.6) dargetan. Zu den geopferten Objekten mochten sogar solche aus purem Gold zählen,155 und es ist immerhin denkbar, dass das vorderorientalische Reinigungsritual des ‚Waffenwaschens‘ „auch mit einem ‚Versenken‘ von Waffen verbunden war oder gar als solches mißverstanden werden konnte.“156 Die von Rollinger herausgearbeiteten Parallelen zwischen dem altorientalischen Quellenmaterial und den obigen Passagen des herodoteischen Geschichtswerkes betreffen zum einen „das ideologische Setting, de[n] Anspruch auf Weltherrschaft und dessen Inszenierung an den Gestaden der Weltmeere in Ost und West.“157 Darüber hinaus decken sich jedoch auch die konkreten Handlungen, die Herodot den Perserkönigen zuschreibt, teilweise mit denjenigen vorderorientalischer, zumal assyrischer Könige: die Fahrt über die offene See, die Errichtung von Stelen an den Grenzen des Imperiums sowie die Durchführung von Opfern an den Meeresküsten.158 Die Verfasserin möchte an dieser Stelle noch ein weiteres Beispiel hinzufügen, das einerseits Herodots Wissen um Elemente der altorientalischen Herrscherideologie dokumentiert, zum anderen jedoch auch die freie Gestalung dieser vielfältigen Stoffe durch den Autor erahnen lassen mag. Am Vorabend des von Xerxes geplanten Hel-

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Eroberungszuge durch Europa hemmen, bis er an das Ende des Erdteils gelangt sei. Und nachdem er gebetet, warf er die Schale in den Hellespontos, dazu einen goldenen Mischkrug und einen persischen Säbel, den man in Persien Akinakes nennt. Ob er diese Gegenstände der Sonne weihte, oder ob er sie aus Reue über die Züchtigung des Hellespontos dem Meer schenken wollte, kann ich nicht bestimmt sagen.“ (Ταύτην μὲν ἡμέρην παρεσκευάζοντο ἐς τὴν διάβασιν, τῇ δὲ ὑστεραίῃ ἀνέμενον τὸν ἥλιον ἐϑέλοντες ἰδέσϑαι ἀνίσχοντα, ϑυμιήματά τε παντοῖα ἐπὶ τῶν γεφυρέων καταγίζοντες καὶ μυρσίνῃσι στορνύντες τὴν ὁδόν. ὡς δ’ἐπανέτελλε ὁ ἥλιος, σπένδων ἐκ χρυσέης φιάλης Ξέρξης ἐς τὴν ϑάλασσαν εὔχετο πρός τὸν ἥλιον μηδεμίαν οἱ συντυχίην τοιαύτην γενέσϑαι, ἥ μιν παύσει καταστρέψασϑαι τὴν Εὐρώπην πρότερον ἤ ἐπὶ τέρμασι τοῖσι ἐκείνης γένηται. εὐξάμενος δὲ ἐσέβαλε τὴν φιάλην ἐς τὸν Ἑλλήσποντον καὶ χρύσεον κρητῆρα καὶ Περσικὸν ξίφος, τὸν ἀκινάκην καλέουσι. ταῦτα οὐκ ἔχω ἀτρεκέως δακρῖναι οὔτε εἰ τῷ ἡλίῳ ἀνατιϑεὶς κατῆκε ἐς τὸ πέλαγος οὔτε εἰ μετεμέλησέ οἱ τὸν Ἑλλήσποντον μαστιγώσαντι καὶ ἀντὶ τούτων τὴν ϑάλασσαν ἐδωρέετο). Deutsche Übers. Horneffer. Sanherib, Stier­Kolosse Z. 116–118 = Luckenbill 1927, 146 = Frahm 1997, Nr. T 29: „To Ea, king of the deep, I offered pure sacrifices, and, together with a ship of gold, I cast into the sea a golden fish and a golden aluttu.“ Allerdings gilt dieses Opfer möglicherweise nicht dem Meer, sondern dem mit Ea assoziierten Süßwasser (apsû). Cf. Hornig 2014, 133. Rollinger 2013a, 105 gegen Piras 2011, der in Xerxes’ Handlungen Reminiszenzen an altiranische Sagenhelden, allen voran den Demiurgen Yima, erkennen möchte. Indessen ist der Rekurs auf avestische Texte bei der Erforschung achaimenidischer ‚Realen‘ – nicht zuletzt infolge der erst in nachchristlicher Zeit erfolgten Verschriftlichung – höchst problematisch. Cf. de Jong 2010a, 86: „We have, I believe – although many scholars believe the opposite – no reliable evidence at all for the use of the Avesta as a source of iconography or of narrative traditions before the late Sasanian period, that is before the fifth century A. D..“ Cf. ibid., 89: „[…] a textual comparison of the Avesta with the old Persian inscriptions at present makes little sense.“ Rollinger 2013a, 107. Cf. ibid. In diesem Sinne betont auch Haubold 2013a, 117: „[…] Herodotus, like Aeschylus before him, engages with the mental maps of imperial space that the Persians had inherited from their Mesopotamian predecessors.“

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las-Feldzuges lässt Herodot den Perserkönig eine Ratsversammlung einberufen und legt ihm die folgenden Worte in den Mund: Ἄνδρες Πέρσαι, οὔτ’ αὐτὸς κατηγήσομαι νόμον τόνδε ἐν ὑμῖν τιϑεὶς παραδεξάμενος τε αὐτῷ χρήσομαι. ὡς γὰρ ἐγὼ πυνϑάνομαι τῶν πρεσβυτέρων, οὐδαμά κω ἠτρεμίσαμεν, ἐπείτε παρελάβομεν τὴν ἡγεμονίην τήνδε παρὰ Μήδων, Κύρου κατελόντος Ἀστυάγεα• ἀλλὰ ϑεός τε οὕτω ἄγει καὶ αὐτοῖσι ἡμῖν πολλὰ ἐπέπουσι συμφέρεται ἐπὶ τὸ ἄμεινον. τὰ μὲν νυν Κῦρός τε καὶ Καμβύσης πατήρ τε ἐμὸς Δαρεῖος κατεργάσαντο καὶ προσεκτήσαντο ἔϑνεα, ἐπισταμένοισι εὖ οὐκ ἄν τις λέγοι. ἐγὼ δὲ ἐπείτε παρέλαβον τὸν ϑρόνον τοῦτον, ἐφρόντιζον ὅκως μὴ λείψομαι τῶν πρότερον γενομένων ἐν τιμῇ τῇδε μηδὲ ἐλάσσω προσκτήσομαι δύναμιν Πέρσῃσι […] εἰ τούτους τε καὶ τούς τούτοισι πλησιοχώροους κατασρεψόμεϑα, οἳ Πέλοπος τοῦ Φρυγὸς νέμονται χώρην, γῆν τὴν Περσίδα ἀποδέξομεν τῷ Διὸς αἰϑέρι ὁμουρέουσαν. οὐ γὰρ δὴ χώρην γε οὐδεμίαν κατόψεται ἥλιος ὁμουρέουσαν τῃ ἡμετέρῃ, ἀλλὰ σφεας πάσας ἐγὼ ἅμα ὑμῖν μίαν χώρην ϑήσω, διὰ πάσης διεξελϑὼν τῆς Εὐρώπης. Perser! Keine neuen Bräuche will ich einführen, sondern mich nach den überkommenen richten. Wie uns die Alten erzählen, haben wir Perser nie Friede gehalten, seitdem die Oberhoheit von den Medern auf uns übergegangen ist und Kyros dem Astyages die Herrschaft entrissen hat. Die Gottheit will es so, und alles, was wir unternehmen, gerät uns. Doch wozu soll ich euch von den Taten und Eroberungen des Kyros, des Kambyses und meines Vaters Dareios erzählen: ihr kennt sie ja selber. Als ich nun den Thron bestiegen hatte, sann ich nach, wie ich es meinen Vorgängern gleichtun und dem persischen Reiche ebensoviel Land hinzuerobern könnte wie sie. […] wenn wir die Athener und deren Nachbarvölker, die das Land des Phrygers Pelops bewohnen, unterworfen haben, so dehnen wir das persische Reich so weit aus, daß es mit dem Himmel zusammenstößt. Kein Nachbarland Persiens soll dann mehr die Sonne bescheinen, sondern alle Länder machen wir zu einem einzigen Reich und ziehen durch ganz Europa.159

In diesen Äußerungen des Monarchen entwirft Herodot das Bild der achaimenidischen Außenpolitik als einer kontinuierlichen, von Weltmachtstreben getragenen Expansion: Die Ausweitung der Grenzen, sagt Xerxes, sei bei den Persern Brauch (νόμος), sodass jeder Herrscher sich von der Notwendigkeit getrieben fühle, dem Reich neue Territorien hinzuzuzufügen. Mehr noch: Es entspreche sogar dem Willen der Gottheit (Zeus/Ahuramazda). Indem Herodot die ‚Weltmachtpläne‘ des Xerxes mit der Ablösung der Meder- durch die Perserherrschaft in Verbindung bringt („seitdem die Oberhoheit von den Medern auf uns übergegangen ist und Kyros dem Astyages die Herrschaft entrissen hat“), wird zudem automatisch die Drei-Reiche-Sukzession evo-

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Hdt. 7,8,1–9,3. Deutsche Übers. Horneffer.

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ziert.160 Im Zuge des Hellas-Feldzuges gedenkt Xerxes zu erreichen, dass das Perserreich „mit dem Himmel [des Zeus] zusammenstößt.“161 Die motivischen und phraseologischen Parallelen zu altorientalischen, allzumal neuassyrischen, Königsinschriften liegen auf der Hand: Deutlich zutage treten der agonale Zug (claim of heroic priority162) als ‚Triebfeder‘ der territorialen Expansion (ἐφρόντιζον ὅκως μὴ λείψομαι τῶν πρότερον γενομένων ἐν τιμῇ τῇδε μηδὲ ἐλάσσω προσκτήσομαι δύναμιν Πέρσῃσι) sowie das ‚göttliche Mandat‘ zur Kriegsführung (ἀλλὰ ϑεός τε οὕτω ἄγει). Weiterhin lässt die Formulierung οὐ γὰρ δὴ χώρην γε οὐδεμίαν κατόψεται ἥλιος ὁμουρέουσαν τῃ ἡμετέρῃ inhaltliche und strukturelle Parallen zur Summary Inscription Tiglatpilesars III. erkennen (s. o. Kap. I.2.6), die den Letzteren als König preist, „der vom Himmelsfundament (= Horizont) (AN.ÚR = išid šamê) bis zur Himmelshöhe (= Zenit) (AN.PA = elât šamê) (alle) Länder beherrscht und über sie die Königsherrschaft ausgeübt hat.“163 Es ist somit schwerlich von der Hand zu weisen, dass an verschiedenen Stellen der Historien „altorientalisches Quellenmaterial in irgendeiner Weise eingeflossen und verarbeitet worden sein muss.“164 Indessen lässt die zu konstatierende inhaltliche und phraseologische Nähe einiger Episoden des herodoteischen Geschichtswerkes zu assyrischen Herrscherannalen nicht in jedem Fall zwingend auf einen (unmittelbaren) originären Zusammenhang schließen, geschweige denn, dass Herodot jene Texte aus eigener Anschauung gekannt und rezipiert hätte.165 Bemerkenswerterweise verwendet Herodots Xerxes zudem eine assyrisierende Phraseologie und verwendet Motive, 160 An anderer Stelle (Hdt. 9, 122) wird sogar explizit gesagt, dass es Zeus gewesen sei, der „den Astyages gestürzt hat und die Herrschaft den Persern verleiht.“ Zur kontroversen Interpretation der Textstelle cf. Fowler/Marincola 2002, 311–314. 161 Hdt. 7, 8. 162 Tadmor 1999, 56. 163 Summary Inscription 7, 4 (= Tadmor 1994, 158 f.). Deutsche Übersetzung nach Lang/Rollinger 2010, 227. 164 Rollinger 2013a, 108. 165 Dies lehren etwa Episoden aus dem zweiten und dritten Buch der Historien. Cf. Rollinger 2004b, passim. Herodot berichtet hier (2, 75 f.; 3, 107–109) von „geflügelten Schlangen“ (ὑπόπτεροι ὄφιες) im Sinaigebiet, die im Frühjahr „aus Arabien nach Ägypten geflogen (πέτεσϑαι) kommen.“ Ein ähnliches Szenario schildern sowohl der Prophet Jesaja ( Jes 30, 6–7; 14, 29) als auch der assyrische König Assarhaddon im siebten Jahrhundert v. Chr., der in seinem Bericht über seinen Feldzug nach Baza (Südarabien) (Frt F, Rs. 5–7 = Borger 1956, 112) von „Schlangen mit zwei Köpfen“ (MUŠ.2.SAG.DU.MEŠ) und „gelben Schlangen, die die Flügel gespreizt hielten“ ([MUŠ].MEŠ SIG7 MEŠ) spricht. Weiterhin ist im syrisch-palästinischen Raum die Verbreitung des Kultes der Göttin Utu (Wadjet) ikonographisch gut bezeugt. Die Verehrung Utus, die in ihrer Erscheinungsform als Uräus-Schlange auch Flügel tragen konnte, scheint im neunten und achten Jahrhundert von Ägypten nach Palästina diffundiert zu sein. Rollinger legt dar, dass die „auffallenden Schlangen des arabisch-ägyptischen Grenzraumes […] eine bekannte und mit der Region verbundene Wundergeschichte“ seien (ibid., 936), die vom Kult der Uräus-Schlange ihren Ausgang genommen habe und auf die sowohl Herodot als auch Jesaja und bereits Asarhaddon rekurriert hätten. Auch hier habe Herodot die Lokalsage jedoch nicht einfach referiert, sondern mit zahlreichen „Erweiterungsmotiven“ angereichert und in einen neuen Kontext eingefügt. Zudem legt Thomas 2000, 139–150

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die – wie oben (Kap. I.2.8) gezeigt – innerhalb des achaimenidischen Textkorpus’ zwar vorkommen, jedoch eine vergleichsweise marginale Rolle spielen.166 Tatsächlich lässt sich in den Historien mehrfach der Nachweis erbringen, dass Motive orientalischen Ursprungs aus ihren ursprünglichen Kontexten gelöst und der geschichtsphilosophischen Konzeption gemäß Herodots ‚modelliert‘ wurden.167 dar, dass sich auch sein Bericht über das Fortpflanzungsverhalten der Schlangen in einen wissenschaftlichen Diskurs des fünften Jahrhunderts v. Chr. einfügt, zu dem Herodot Stellung bezieht. 166 Schwab 2017, 172–183 erkennt in der Rede des Xerxes Bezüge zur achaimenidischen Herrscherideologie, die m. E. jedoch weniger deutlich zutage treten als die oben ausgemachten Reflexe auf die assyrische Herrschaftsrhetorik. Auch Hdt. 3, 134 enthält Anklänge an die aus mesopotamischen Texten bekannte Übertreffungsmetaphorik. 167 Cf. die Beiträge in Klinkott/Kramer 2017, hier vor allem Rollinger 2017 zum ‚Pferdeorakel‘. Cf. ferner Rollinger 2000 zu zwei erhellenden Beispielen: Hdt. 7, 38–40 schildert im Zusammenhang der beginnenden Offensive gegen Hellas 480 v. Chr. eine Episode um den Lyder Pythios. Jener tritt, von dem ominösen Zeichen einer Sonnenfinsternis beunruhigt, mit der Bitte vor Xerxes, ihm einen Herzenswunsch zu erfüllen. Dies gewährt der König eingedenk der Dienste die Pythios ihm erwiesen hat (cf. Hdt. 7, 27–29). Als Pythios den Großkönig jedoch ersucht, seinen ältesten Sohn vom Heeresdienst zu befreien, gerät Xerxes in Zorn (7, 39, 3): „Darauf gab er sofort den Henkern den Auftrag, den ältesten Sohn des Pythios zu suchen, ihn mitten durchzuhauen und die beiden Hälften rechts und links an die Straße zu legen, die das Heer gehen musste“ (αὐτίκα ἐκέλευε τοῖσι προσετέτακτο ταῦτα πρήσσειν, τῶν Πυϑίου παίδων ἐξευρόντας τὸν πρεσβύτατον μέσον διαταμεῖν, δὲ τὰ ἡμίτομα διαϑεῖναι τὸ μὲν ἐπὶ δεξιὰ τῆς ὁδοῦ, τὸ δ’ἐπ’ ἀριστερὰ, καὶ ταύτῃ διεξιέναι ὁ στρατός). Wurde die Historizität dieser Episode in der Vergangenheit zumeist vorausgesetzt oder rationalisiert (cf. etwa Green 1996, 77), so erkennt Rollinger 2000 auffällige Parallelen des Herodot-Textes zu einem hethitischen Ritualpräskript aus Boğazköy (KUB XVII 28 IV 45–56 = CTH 426.2, zitiert nach Rollinger 2000, 67): „If the troops are defeated by the enemy, they perform the far-side-of-the-riverritual. On the far side of the river, they cut in half a person (iš­tar­na ar­ḫa ku­ra­an­zi), a billy-goat, a puppy and a piglet. Half of each they place on this side and half on that side (ke­e­z MAŠḪI.A ti­ia­an­ zi ki­i­iz­zi­ia MAŠḪI.A ti­an­zi). In front they build a gate of hawthorn. Overtop they draw a rope. In front of this, on either side, they light a fire. The troops go through the middle (nu­kán ERÍNMEŠ.ḪI.A iš­tar­na ar­ḫa pa­an­zi). When they reach the river, they splash them with water. Afterwards they perform the ritual of the battlefield for them in the usual way.“ Beide Texte teilen die zentrale Motivkette: Zerteilung eines Menschen – Positionierung beider Hälften an gegenüberliegenden Seiten – Durchschreiten des Heeres. Der hethitische Text enthält indessen einige ‚Erweiterungsmotive‘, die bei Herodot fehlen und beschreibt keine einmalige Handlung, sondern ein standardisiertes Ritual, wohl einen ‚Durchschreitungszauber‘. Cf. Haas 1994, 899. Bei Herodot hingegen wird dieser Akt durch einen spontanen Impuls des Xerxes in Gang gesetzt, und zwar mit dem Ziel, Xerxes zum Despoten zu stilisieren, der willkürlich und ungerecht agiert. Die Episode ist folglich nicht isoliert zu betrachten, sondern im Kontext der herodoteischen Konzeption zunehmender Hybris zu deuten. Zu diesem Zweck mag der Autor ein ihm bekanntes und dem hethitischen vergleichbares Ritual aufgegriffen und in einen gänzlich neuen Kontext transportiert haben. Cf. Rollinger 2000, 66–70. In ähnlicher Weise verfuhr Herodot Rollinger 2000, 70–76 zufolge bei einer im Rahmen der 28jährigen Skythenherrschaft (Hdt. 1, 103–106) geschilderten Episode: Nach dem Abbruch einer Invasion Ägyptens sei das skythische Heer nach Askalon gezogen, und einige Nachzügler hätten den dortigen Tempel der Aphrodite Urania geplündert. Die Göttin habe sie mit einer „Frauenkrankheit“ (ϑήλεα νοῦσος) bestraft, und die von dieser Krankheit Befallenen trügen den Namen Enarees. Die letzteren werden im skythischen Logos (Hdt. 4, 67, 2) als „Mann-Frauen“ (ἀνδόγυνοι) bezeichnet, die der Wahrsagekunst kundig seien, eine Gabe, die Aphrodite ihnen verliehen habe. Auch die pseudohippokratische Umweltschrift (Hippokr. aer. 22) kennt als Anarieis bezeichnete Männer, die Frauenkleidung tragen, Frauenarbeit verrichten und wie Frauen sprechen. Die Elemente der

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Auf der anderen Seite beruft Herodot sich zu Beginn seines Werkes auf orientalische Autoritäten und lässt seine persischen und phoinikischen Gewährsleute die Ursachen des Konflikts mit den Hellenen in die Zeit des Trojanischen Krieges zurückversetzen. Es fällt ins Auge, dass die „persischen Weisen“ (Περσέων οἱ λόγιοι) Herodots nicht nur griechisch argumentieren, wobei sie sich des griechischen Sagenstoffs bedienen, um den historischen Konflikt mythisch zu begründen;168 die Darlegungen persischer ‚Intellektueller‘ in den Historien tragen darüber hinaus zuweilen Züge sophistischen Denkens.169 Herodot betont expressis verbis: „So hat es sich nach Aussage der Perser abgespielt, und die Perser sehen in der Eroberung von Ilion den Ursprung der Feindschaft mit den Griechen.“170 Scheint an dieser Stelle auch eine Projektion zeitgenössischer griechischer Diskurse auf die ‚Nicht-Griechen‘ vorzuliegen, so ist, wie Johannes Haubold zeigt, gleichwohl nicht auszuschließen, dass das Geschichtswerk Herodots tatsächlich Elemente einer speziell auf die griechische Öffentlichkeit zugeschnittenen persischen ‚Propaganda‘ spiegelt:171 Wie oben (Kap. I.2.8) bereits angesprochen, führte die achaimenidische Politik eine Art ‚hybriden Diskurses‘ („hybrid discourse“172) mit den Traditionen der Unterworfenen, indem ‚imperiale Ideologien‘ im ‚lokalen Gewand‘ präsentiert wurden. Es erscheint somit denkbar, dass der Großkönig und seine Berater auch griechische Traditionen aufgriffen und für sich vereinnahmten,173 wobei herodoteischen Motivkette (Geschlechtswechsel – göttliche Strafe – Aphrodite Urania) finden sich auch in orientalischen Quellen wieder: Zahlreiche Texte belegen, dass die Göttin Inanna/Ischtar die Macht besaß, das Geschlecht der Menschen zu verändern: Cf. etwa den Balaĝ­Text ÙRU ÀM­ MA­IR­RA­BI, Tafel 20, 65–70, Übers. Sjöberg 1975, 225 bei Rollinger 2000, 73. Zu weiteren Belegen cf. Groneberg 1986. Der Geschlechtswechsel als göttlich verhängte Strafe erscheint ferner in den Fluchformeln neuassyrischer Inschriften und Verträge. Cf. etwa die Inschrift Asarhaddons Mnm A § 65, Z. 55 f. (= Borger 1956, 99) sowie den Vertrag Assur-niraris (754–745 v. Chr.) mit Mati’ilu von Arpad (SAA 2, 8–13, Nr. 5, 8–15). Der letztere Fluch weist dieselbe Motivkette wie der Herodot-Text auf: Ischtar/Inanna – Strafe – Geschlechtswechsel. Aus diesen Motivüberschneidungen auf einen originären Zusammenhang zu schließen, gewinnt angesichts der Tatsache an Plausibilität, dass diese Bilder offenbar auch im Westen weite Verbreitung fanden, da der Fluch nur dann wirksam werden konnte, wenn beide Vertragspartner mit seiner Symbolsprache vertraut waren. An der Levante wurde Ischtar mit Astarte gleichgesetzt, deren Interpretatio Graeca wiederum Aphrodite ist. Noch im vierten Jahrhundert bezeugt Philochoros (FGrH 328 F 184) für Zypern einen Kult der Venus barbata, im Zuge dessen Männer und Frauen ihre Kleider tauschten. 168 Cf. Hdt. 1, 1–5. 169 Cf. Provencal 2015. 170 Hdt. 1, 5, 1: Οὕτω μὲν Πέρσαι λέγουσι γενέσϑαι, καὶ διὰ τὴν Ἰλίου ἅλωσιν εὑρίσκουσι σφίσι ἐοῦσαν τὴν ἀρχὴν τῆς ἔχϑρης τῆς ἐς τοὺς Ἕλληνας. Deutsche Übersetzung Ley-Hutton. 171 Cf. Haubold 2007 zum Folgenden. Cf. ferner George 1994. 172 Haubold 2007, 49. 173 Herodot (Hdt. 7, 6) zufolge nahm Xerxes zu diesem Zweck die Dienste eines griechischen Experten für die Auslegung ‚epischer Orakelsprüche‘ namens Onomakritos für sich in Anspruch. Jener – ein Freund der Peisistratiden, in deren Gefolge er nach Susa gelangt war – gab sich als Interpret der weithin bekannten und beliebten Orakelsammlung des Musaios aus und wusste sie am Hof des Großkönigs stets zugunsten der Perser zu deuten (Hdt. 7, 6, 4): „Alles, was für die Barbaren unheilverkündend war, ließ Onomakritos aus den Sprüchen fort, nur das verheißungsvollste sagte er. Er verkündete, daß ein Perser eine Brücke über den Hellespontos schlagen würde, und weis-

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Xerxes an entscheidenden Punkten seines Hellas-Feldzuges namentlich homerische Themen heraufbeschworen zu haben scheint. Bei seinem Besuch in Ilion hat der Herrscher Herodot zufolge die Burg bestiegen, um sich eingehend über die Ereignisse des Trojanischen Krieges berichten zu lassen und der Athena-Ilias 1.000 Rinder zu opfern.174 Diese Handlungen dürften – ihre Historizität vorausgesetzt – durchaus als Reminiszenzen an den Trojanischen Krieg aufzufassen sein, und wenn Xerxes sich bewusst zum ‚Rächer des Priamos‘ stilisieren ließ, so appellierte er damit an die ‚asiatische‘ Identität der ‚ionischen‘ Griechen, die als ‚natürliche Verbündete‘ der Perser erscheinen sollten.175 Eine derartige Neuinterpretation des homerischen Epos als ‚imperialer Charta‘ der Achaimeniden dürfte indessen keine allgemeine Akzeptanz in der griechischen Öffentlichkeit gefunden haben, und der griechische Gegenentwurf – der Trojanische Krieg als Präfiguration des unüberbrückbaren Konflikts zwischen Asien und Europa –, der sich erst im Verlauf des fünften Jahrhunderts v. Chr. herausbildete, erschiene als unmittelbare Folge der persischen Propaganda.176 Obschon sich nicht alle Einzelheiten eines derartigen Szenarios verifizieren lassen und der Anteil Herodots an der Gestaltung

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sagte den Feldzug des Xerxes“ (εἰ μέν τι ἐνέοι σφάλμα φέρον τῷ βαρβάρῳ, τῶν μὲν ἔλεγε οὐδέν, ὁ δὲ τὰ εὐτυχέστατα ἐκλεγόμενος ἔλεγε, τόν τε Ἑλλήσποντον ὡς ζευχϑῆναι χρεὸν εἴη ὑπ’ ἀνδρὸς Πέρσεω, τήν τε ἔλασιν ἐξηγεόμενος). Damit erweist sich das Vorgehen des Onomakritos als demjenigen der babylonischen Verfasser des Kyroszylinders vergleichbar: Der Rekurs auf die literarischen Traditionen eines unterworfenen respektive zu unterwerfenden Volkes diente der Effizienz der pro-persischen ‚Propaganda‘, die die Nicht-Perser – hier die Babylonier, dort die Griechen – erreichen und von ihnen verstanden werden sollte. Cf. Haubold 2007, 52–54, hier v. a. 54: „[…] Onomacritus uses the literature of Greece with a view to rooting Persian rule in local thought. In so doing, he not only interprets an existing text but actively reshapes it through an act of selection.“ Sollte Onomakritos regelmäßige Vorträge seiner Musaios-Interpretation gehalten haben, dürften deren Inhalte auch die griechische Welt erreicht haben. Auf diese Weise hätte Xerxes die Autorität des Musaios vereinnahmt, um die Loyalität der bereits mit den Persern verbündeten Griechen zu garantieren und darüber hinaus weitere ‚Medisierer‘ zu gewinnen. Denn lag Onomakritos richtig – und diese Vermutung musste sich in Anbetracht der großen Autorität des Musaios aufdrängen – musste jeder Widerstand gegen die Perser zwecklos erscheinen, deren Sieg das Schicksal verhängt hatte. Cf. Hdt. 7, 43: „Als es [scil. das persische Heer] weiter zum Fluß Skamandros kam  – dem ersten Fluß seit dem Aufbruch aus Sardes, dessen Wasser nicht ausreichte, um Menschen und Vieh zu tränken  –, als Xerxes an diesen Fluss gelangte, stieg er hinauf zu der Burg des Priamos, die er gern sehen wollte. Er betrachtete die Burg, hörte alles, was dort geschehen, und opferte der Athena Ilias tausend Rinder. Die Magier spendeten den Heroen Trankopfer“ (ἀπικομένου δὲ τοῦ στρατοῦ ἐπὶ τὸν Σκάμανδρον, ὃς πρῶτος ποταμῶν, ἐπείτε ἐκ Σαρδίων ὁρμηϑέντες ἐπεχείρησαν τῇ ὁδῷ, ἐπέλιπε τὸ ῥέεϑρονοὐδ’ ἀπέχρησε τῇ στρατιῇ τε καὶ τοῖσι κτήνεσι πινόμενος, ἑπὶ τοῦτον δὴ τὸν ποταμὸν ὡς ἀπίκετο Ξέρξης, ἐς τὸ Πριάμου Πέργαμον ἀνέβη ἵμερον ἔχων ϑεήσασϑαι. Θεησάμενος δὲ καὶ πυϑόμενος ἐκείνων ἕκαστα τῇ Ἀϑηναίῃ τῇ Ἰλιάδι ἔϑυσε βοῦς χιλίας, χοὰς δὲ οἱ μάγοι τοῖσι ἥρωσι ἐχέαντο). Deutsche Übers. Horneffer. Cf. Haubold 2007, 56; 59. Ein weiteres Indiz dafür, dass Xerxes seinen Feldzug als ‚Fortsetzung‘ des Trojanischen Krieges zu inszenieren gedachte, stellt die Schändung des Protesilaos-Grabes zu Elaius dar, also desjenigen Griechen, der Il. 2, 701 f. zufolge als erster Danaer den Boden Asiens betreten haben soll. Cf. Hdt. 7, 33, 9; 116. Cf. Haubold 2007, 61: „The Persians and their ‚wise men‘ had suggested that Homeric epic justified an imperial takeover. Their enemies disagreed, emphasizing instead the eternal gulf that separated Greeks and barbarians.“

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seiner Stoffe (s. u.) gewiss nicht zu unterschätzen ist, liefern die obigen Ausführungen entscheidende Indizien dafür, dass der Verfasser der Historien an einem intellektuellen und über die griechische Welt hinausreichenden Diskurs partizipierte, dessen Anfänge weit zurückreichten.177 Entsprechend dürften zahlreiche der in den Historien verarbeiteten Erzählmotive einem ‚literarischen Gen-Pool‘ („literary gen pool“178) des Vorderen Orients entstammen, dessen Inhalte die Griechen aufgriffen und adaptierten.179 Als kleinster gemeinsamer Nenner im Diskurs um die orientalischen Quellen Herodots lassen sich somit die folgenden Ergebnisse festhalten: 1. 2.

3.

Traditionen orientalischen Ursprungs gelangten zur Kenntnis Herodots. Die Wege der Vermittlung bleiben überwiegend unklar. Unwahrscheinlich ist dabei – nicht zuletzt aufgrund der (mutmaßlich) fehlenden Sprachkenntnisse des Autors – eine direkte Rezeption mesopotamischer und persischer Archivquellen. Folglich dürfte der Anteil der Oral Tradition als maßgeblich zu betrachten sein, deren konkrete Modalitäten indessen vage bleiben. Diese Informationen erfuhren durch Herodot selbst eine letzte Brechung, da ihre Wiedergabe erstens durch sein (zum Teil begrenztes) Verständnis der Symbolund Formensprache der ihm fremden Kulturen bedingt und zweitens seiner geschichtsphilosophischen Interpretation untergeordnet wird.

In diesem Sinne ist in den letzten Jahrzehnten verstärkt die Relevanz literaturtheoretischer Zugänge betont worden, die den narratologischen Aspekt der Historien, ihre Intentionalität und freie Gestaltung, in den Fokus rücken:180 Stilisierte bereits die antike

177

Cf. Patzek 2004, 70: „Die Nachrichten aus den Kulturen des Alten Orients, die den historischen Hintergrund dieser Erzählung [scil. der Historien] ausmachen, können nicht durch Lesen einzelner assyrischer oder babylonischer Quellen in das Werk Herodots gelangt sein und wohl auch nicht nur auf einem zufälligen Zitatenschatz oder mündlicher Überlieferung beruhen. […] Solche Beschreibungen können nur über Begegnungen und Gespräche übermittelt worden sein. Ob Herodot ein solcher Gesprächspartner war, ist ungewiß. Die unmittelbare und direkte Sprache, die er die Perser sprechen läßt (etwa 1, 2–5), entspricht zwar keineswegs dem persischen Habitus zu sprechen und zu denken. Diese ‚Sophistensprache‘ der argumentativen Dialoge zwischen Persern und Griechen in den Historien sollte aber dennoch nicht nur als ein In-Szene-Setzen der Perser auf griechischer Bühne angesehen werden, sondern als Hinweis darauf betrachtet werden, daß sich Griechen und Perser zur Zeit Herodots wahrscheinlich auf einem vergleichbaren gedanklichen Niveau miteinander verständigt und ausgetauscht haben – auch wenn wir diesen historischen sprachlichen Austausch nicht rekonstruieren können und die Gestalt, die Herodot diesem Austausch gibt, unhistorisch ist. Hierin kann sich historische Begegnung wiederspiegeln, eine Beobachtung, die dazu ermahnt, den intellektuellen Austausch zwischen Griechen und Persern, auch im Austausch von historischen Sinngebungen, im ‚Vexierspiegel‘ der Erzählungen Herodots ernst zu nehmen.“ 178 Rollinger 2000, 76. 179 Cf. ibid., der des Nähren festhält: „Its [scil. des Gen-Pools] existence was based on the close relationships of the smaller and bigger states in the first millennium B. C. The Greeks won more and more access to this area where trade and travels of mercenary troops played an important role.“ 180 Cf. zu diesem narratologischen Forschungsansatz cf. Erbse 1992; Immerwahr 1966; Aly 1969 sowie zusammenfassend Bichler/Rollinger 2011, 173–176 und bereits Murray 2001b, 322: „The narrative

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Inschrift Stolz von Halikarnassos Herdodot zum ‚Homer der Prosa‘,181 so ist der schöpferische Umgang des Autors mit den Informationen, die ihm zur Verfügung standen, seit Otto Regenbogen182 wiederholt akzentuiert worden (s. o.). Hartmut Erbse schließlich prägte den Begriff der herodoteischen Gestaltungskraft,183 und seit Justus Cobet setzte sich zunehmend die Überzeugung durch, dass Herodot mehr als Erzähler zwischen Dichtung und wissenschaftlicher Prosa denn als Prototyp des Historikers zu verstehen sei.184 Angesichts diese literaturtheoretischen Ansätze der Geschichtswissenschaft erscheint die Antithese von ‚Wahrheit‘ und ‚Lüge‘ im Herodot-Diskurs zunehmend obsolet.185 So stellt Robert Rollinger heraus: Herodotus is neither historian nor a liar in the modern sense. He has gathered information of different quality and he has worked it up to a fascinating opus which is his own product.186

Wie auch immer man zu der Frage stehen mag, auf welchem Wege der pater historiae zu seinen Informationen gelangte, eines ist mit Bestimmtheit festzuhalten: Die kompositorische Gestaltung der vielfältigen Stoffe, zu denen gewiss auch altorientalische Traditionen zählten, verdankt sich einzig dem schöpferischen Genius Herodots. Es ist namentlich seine Beherrschung epischer und dramatischer Erzähltechniken, die ihn befähigt, seinem Werk eine innere Kohärenz und eine „Sinnstruktur“187 zu verleihen, die sich schwerlich auf eine äußerst heterogene Gruppe von Gewährsleuten zurückführen lässt. Disposition, Weltanschauung und Motivketten des herodoteischen Geschichtswerkes bilden vielmehr ingeniöse Leistungen seines Verfassers. Die narrative Struktur der Historien zerfällt in fünf Erzählkomplexe, die durch die Regierungen orientalischer Monarchen markiert werden:188 Kroisos, Kyros, Kambyses, Dareios und Xerxes. Diese Disposition macht deutlich, dass Herodot die tieferen Ursachen für den Konflikt zwischen Orient und Okzident im Machtstreben und der of the Persian wars themselves has too long been left as the preserve of the military historian; it is time for the student of narrative techniques to consider this story for what it is: the greatest continuous prose narrative in Greek literature, and a literary masterpiece. So in order to understand Herodotus we must cease to regard him as a historian, and see him as a narrator, whose narrative art is related to that of his sources. Herodotus should be accepetd as the creator of a new generic form which only later became identified as history.“ 181 Cf. Haubold 2013a, 73 f. unter Verweis auf Stolz von Halikarnassos 43 (Lloyd-Jones 1999, 2). Diese Etikettierung geht möglicherweise auf ältere Vorlagen zurück. Cf. Lloyd-Jones 1999, 11. 182 Cf. Regenbogen 1930. 183 Erbse 1992, hier z. B. 182. 184 Cf. Cobet 1971, passim. 185 Diesen Aspekt betonen mithin die Teilnehmer des 2011 in Marburg abgehaltenen Kongresses ‚Herodots Quellen – die Quellen Herodots‘, deren Ergebnisse Dunsch/Ruffing 2013 zusammenfassen. Cf. namentlich Föllinger 2013. 186 Rollinger 2000, 76. 187 Patzek 2004, 62. 188 Cf. ibid., 61; Meister 1990, 31.

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fortschreitenden Expansion der Perserkönige erkennt. Sie alle werden nach anfänglichen Erfolgen an ihre Grenzen stoßen und schlussendlich scheitern.189 In dieser Weise läuft die Erzählung auf einen Kulminationspunkt zu – den persischen Rückzug und die Siege der panhellenischen Symmachie in den Jahren 480 und 479 v. Chr. Es ist dies ein „Endpunkt aus griechischer Perspektive.“190 Die Schlachten von Marathon, Salamis und Plataiai waren aus persischer Sicht kaum jene epochalen Ereignisse als die sie in der griechischen Welt memoriert werden sollten.191 Gleichwohl verfasste Herodot „keine Siegergeschichte.“192 Den Versuchungen von Maßlosigkeit und Tyrannei können Griechen wie Nichtgriechen gleichermaßen erliegen.193 Vielfältige Hinweise auf die Hegemonie der Athener im ersten attischen Seebund im neunten Buch deuten darauf hin, dass Herodots Werk – wenn es auch keine explizite „Paränese an Athen“194 enthält – immerhin exemplarisch die Gefahren der Macht aufzeigen will.195 Ein grundlegendes Prinzip seiner Geschichtsphilosophie,196 das der Autor gleich zu Beginn formuliert, durchzieht sein Werk wie ein roter Faden:197

189

Cf. Lateiner 1989, 29. Kyros (Hdt. 1, 201–216) fällt am Araxes gegen die Massageten. Sein Sohn Kambyses (Hdt. 3, 1–38) gewinnt dem Reich Ägypten hinzu, scheitert jedoch an den Äthiopiern und Karthagern und macht sich neben der Ermordung seines Bruders Smerdis auch zahlreicher anderer moralischer Vergehen schuldig. Dareios (Hdt. 3, 61–7, 1) findet die Grenzen seine Macht in Skythien, Libyen und bei Marathon. Für Xerxes (Hdt. 7, 5-Ende) schließlich wird der Hellasfeldzug der Jahre 480/479 zum militärischen Desaster. Er wird auch moralisch scheitern. Zum Xerxes-Bild der griechischen Literatur cf. Sancisi-Weerdenburg 1989; Bridges 2015, 11–71. 190 Patzek 2004, 58. 191 Cf. ibid. Zur Konstruktion der Perserkriege als ‚Zeitenwende‘ cf. Wiesehöfer 2002a. 192 Patzek 2004, 58. 193 Cf. ibid. Die zu seiner Zeit gängige Polarisierung zwischen ‚Griechen und Barbaren‘, die den griechischen Sieg zum Triumph freier Polisbürger über servile großkönigliche Untertanen stilisiert, gilt für Herodot nur bedingt. Cf. Wiesehöfer 2002a, 214, Anm. 14. 194 Högemann 1992, 47. 195 Cf. Patzek 2004, 58 f.; Bichler 2000, 366–377. Cf. ferner Alonso-Núñez 1988, 131: „In his [scil. Herodotus’] thought lies the fact that power always tends to dominate other powers. It should not be forgotten that he lived in the time of the conflict between Athens and Sparta, which made Greeks very conscious of disputes among powers. The conflict between Athens and Sparta has an earlier parallel in the struggle between Athens and Persia. Notwithstanding, there is no evidence that Herodotus intended to warn Athens and Sparta.“ Schelske 2018 zeigt, dass Herodots Werk sich auch an einen politisch aktiven Rezipientenkreis richtet und gerade bestimmten Personen gleichsam einen Spiegel vorhält (ibid., 357): „The Histories present to the reader various situations in which historical protagonists have to make weighty political decisions, which, in turn, invite an audience that itself bears political responsibility to read the text very carefully, and to ponder the deeds and decisions of the historical protagonists. It holds a mirror up to the political consciousness of the contemporary reader, reminding them of their day-to-day work in the ekklesia: the need to make decisions that have serious consequences for their own lives as well as those of their fellow citizens.“ 196 Cf. Nicolai 1986. 197 Cf. Meister 1990, 29; 38.

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τὰ γὰρ τὸ πάλαι μεγάλα ἦν, τὰ πολλὰ αὐτῶν σμικρὰ γέγονε, τὰ δὲ ἐπ’ ἐμεῦ ἦν μεγάλα, πρότερον ἦν σμικρὰ. τὴν ἀνϑωπηίην ὦν ἐπιστάμενος εὐδαιμονίην οὐδαμὰ ἐν τὠυτῷ μένουσαν ἐπιμνήσομαι ἀμφοτέρων ὁμοίως. Ein Großteil der Städte nämlich, die einst bedeutend waren, sind heute unbedeutend. Städte aber, zu meiner Zeit groß, waren früher unbedeutend. Da ich weiß, dass das menschliche Glück zu keiner Zeit Bestand hat, werde ich beider Schicksale in gleicher Weise erwähnen.198

Der κύκλος τῶν πραγμάτων wird indessen keineswegs zum Naturgesetz, geschweige denn zur politischen Theorie erhoben.199 Oder anders ausgedrückt: Geschichte entfaltet sich in den Historien nicht in Form eines (doppelten) ‚autonomen Prozesses‘,200 denn das Axiom, dass nichts ewig währe, belässt den als Impulse wirkenden Handlungen der Akteure gleichwohl Spielräume, und der Ausgang bleibt bis zu einem gewissen Grade kontingent. Stets tragen das persönliche Verschulden und die Fehlentscheidungen der Protagonisten maßgeblich zur Katastrophe bei.201 Hybris, Verblendung, göttliche Nemesis und Sturz bilden den Spannungsbogen, dessen einzelne Etappen durch Orakelsprüche, Traumgesichte und das Auftreten des ‚weisen Warners‘ präfiguriert werden.202 Das nämliche Verlaufsschema wird bereits am Anfang des Werkes, in der Geschichte um den Lyderkönig Kroisos, zur Gänze entfaltet.203 Kroisos, der sich wegen seines Reichtums und seiner Machtfülle für den glücklichsten aller Menschen hält, ignoriert die Warnung des Weisen Solon aus Athen vor der Unbeständigkeit des menschlichen Glücks.204 Die Hybris des Monarchen wird nicht zuletzt in der wiederholten Fehlinterpretationen zweideutiger Orakelsprüche manifest, die ihn irrigerweise in seinem 198 199 200 201

202 203 204

Hdt. 1, 5, 4. Deutsche Übersetzung Ley-Hutton. Zum Topos des Aufstiegs und Niedergangs in der griechischen Prosaliteratur cf. de Romilly 1977. Cf. Lateiner 1989, 135: „Herodotus’ method is not to offer an explanation of why they [scil. historische Ereignisse] happen, but to suggest appropriate historical comparisons.“ Zur Theorie des ‚historischen Prozesses‘ cf. Meier 1978. Cf. Schelske 2018, der die zentrale Rolle des (ibid., 351) „decision-making process“ im Werk Herodots herausarbeitet und zeigt, dass der Verfasser seine Rezipienten mittels einer ‚retardierenden Erzähltechnik‘ (ibid., 255: „narrative retardation“) unmittelbar am Geschehen/Entscheidungsprozess teilhaben lässt. Cf. ibid., 355 f.: „Herodotus involves the reader, through an extended account, in the protracted decision process and implicitly familiarizes the reader with the criterion necessary for a correct assessment of this process, namely the quality of the decisions that are to be made.[…] It followst hat Herodotus […] explicitly alerts his audience to the importance of prudent decisions, which are for him a guideline or general rule for success, for the Greeks just as much as for the Persians.“ Cf. Meister 1990, 38 f.; Will 2000, 247–103. Das Konzept der Hybris behandelt ausführlich Fischer 1992. Zur Nemesis cf. Walcot 1978. Zum ‚weisen Warner‘ cf. Lattimore 1939. Die Funktion der Orakel in den Historien analysiert Kirchberg 1965. Hdt. 1, 26–92. Tiefgründige Analysen bieten Bichler 2000, 247–254 und Schulte-Altedorneburg 2001, 131–161. Cf. desgleichen die stringente Zusammenfassung Rollinger 2004a, 260 f. Cf. Hdt. 1, 29–33.

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längst gefassten Entschluss bestärken, gefahrlos einen Präventivschlag gegen das expandierende Perserreich unternehmen zu können.205 Weitere Fehlentscheidungen, die wiederum von unheilvollen Prodigien begleitet werden, führen ins militärische Desaster, zur Eroberung der lydischen Residenz Sardeis durch die Perser und zur Gefangennahme des Kroisos.206 Trotz seiner wundersamen Errettung vor dem Flammentod207 wird der König seiner Macht verlustig gehen.208 Den „point of no return“,209 der seinen Sturz besiegelt, bildet die Übersetzung des lydischen Heeres über den Halys-Fluss als der Grenze zwischen dem ‚oberen‘ und dem ‚unteren Asien‘.210 Die hier eingeführte Metapher der Flussüberschreitung („river motif “211) wird im Verlauf der Erzählung auch die Grenzen persischer Expansion markieren:212 In Analogie zu Kroisos, den in Wahrheit die „Gier nach Land“ (γῆς ἵμερος) zu diesem Schritt trieb,213 wird auch Kyros sich nicht mit der eben gewonnenen Herrschaft über Asien bescheiden. Er wird auf seinem Massagetenfeldzug den Araxes überqueren

205 Cf. Hdt. 1, 46–56; 1, 75, 1–2. 206 Cf. Hdt. 1, 75–86. Zu Fehlentscheidungen als Handlungsmotiv in den Historien cf. Löffler 2008 sowie Schulte-Altedorneburg 2001. 207 Cf. Hdt. 1, 87. Zu Kroisos und den Orakeln cf. Kirchberg 1965, 11–32. 208 Tatsächlich finden sich in den Historien auch Elemente einer deterministischen Weltsicht. Cf. Nicolai 1986, 22: „Herodot hat den Ablauf eines ‚Machtprozesses‘ offensichtlich für unaufhaltsam gehalten: sobald ein Individuum oder ein Staat sich einmal auf die Bahn der Expansion begeben hat, gerät er zwangsläufig in den vorgezeichneten Kreislauf des Auf und Ab, der eine Stabilisierung auf gleichbleibendem Niveau dann nicht mehr erlaubt, sondern unvermeidlich mit Sturz oder Abstieg endet.“ Diesen deterministischen Zug der Historien erhellt in aller Deutlichkeit die Apologie der Pythia im Kroisos-Logos (Hdt. 1, 91), die das „beschiedene Geschick“ (πεπρωμένη μοῖρα) und die τίσις für Gyges’ Mord an Kandaules (Hdt. 1, 8–13) für das Scheitern des Kroisos verantwortlich macht, der auf diese Weise den Frevel seines Vorfahren gesühnt habe. Zugleich weist die Pythia indessen darauf hin, dass das Verhängnis erst die Söhne des Kroisos habe treffen sollen und tadelt dessen mangende Erkenntnisfähigkeit, die in der Fehldeutung der Orakelsprüche bestand. Daraus folgt, dass menschliches Handeln göttliche Entscheidungen durchaus zu beeinflussen vermag. Das aus heutiger Sicht inkompatible Nebeneinander von menschlicher Freiheit und schicksalhafter Notwendigkeit lässt sich – wie Schulte-Altedorneburg 2001, 153–158 zeigt – durch die charakterimmanente Prädisposition des Kroisos auflösen, die seine Handlungen determiniert (ibid.,155): „Das Handeln und Scheitern des Kroisos gründet […] wesentlich auf der konsequenten oder unbeirrbaren Applikation der Prämissen seines Denkens auf die unterschiedlichen Situationen bzw. Einflüsse; so zeigte sich Kroisos immer wieder als auf das Materielle, auf das seiner Kontrolle und seinem Kalkül Unterworfene fixiert und daher geradezu folgerichtig unzugänglich für zahlreiche objektiv berechtigte Warnungen durch Ratgeber oder gottgesandte Zeichen und Orakel. Somit liegt es nahe, dasjenige, demgemäß Kroisos so handelt, ja handeln muß, wie er handelt, dem er gleichsam nicht entrinnen kann, und dessen Verwirklichung auch der Gott nicht vollends abwenden kann, im Charakter des Kroisos auzumachen.“ Auf der transzendentalen Erzählebene gewährleistet das Scheitern des Lyderkönigs die τίσις, auf der geschichtsimmanenten Ebenen erscheinen seine Entscheidungen frei. 209 Lateiner 1989, 129. 210 Cf. Hdt. 1, 75 (Flussüberschreitung); 1, 72 (Halys als Grenzfluss). 211 Immerwahr 1966, 84. Cf. Lateiner 1989, 126–134. 212 Cf. Lateiner 1989, 129 f.; Bichler 2000, 250 f. 213 Cf. Hdt. 1, 73, 1.

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und sein Leben auf schmachvolle Weise beenden.214 Dareios hingegen wird während seiner Skythienexpedition an der Donau noch zur rechten Zeit erkennen, dass seine Eroberung hier ihr Ende finden muss.215 Den Höhepunkt der Missachtung göttlich gesetzter Grenzen schließlich bildet die Überbrückung des Hellesponts durch Xerxes, der es wagt, von Asien nach Europa überzusetzen.216 Später führt das (militärische und moralische) Scheitern des in fatalen Leidenschaften verstrickten Potentaten217 den Rezipienten klar vor Augen: Allem menschlichen Handeln sind sind klare (moralische) Grenzen gesetzt.218 Das Motiv der Flussüberschreitung (διάβασις; ζεῦγμα219) mag dabei desgleichen dem Motivrepertoire altorientalischer Texte entnommen sein (s. o. Kap. I.2.6), in denen Flüsse natürliche Barrieren darstellen, die die Könige in Abgrenzung zu ihren Vorgängern (claim of heroic priority) sprengten.220 Wurde diese Aktion hier jedoch ideolo214 Cf. Hdt. 1, 201–214; Möhlmann 2017. Das aus dem unstillbaren Expansionsdrang resultierende Scheitern des Kyros präfiguriert anschaulich die Warnung der Massagetenkönigin Tomyris, die den Herrscher erreicht, als er sich anschickt, eine Brücke über den Araxes zu schlagen (Hdt. 1, 206, 1): „König der Meder, höre auf zu treiben, was du gerade tust. Du kannst nicht wissen, ob es für dich von Vorteil sein wird, wenn es zuende geführt wird. Höre also auf, herrsche über das Deinige und ertrage es, zu sehen, dass wir über das herrschen, was wir beherrschen (Ὦ βασιλεῦ Mήδων, παῦσαι σπεύδων τὰ σπεύδεις• οὐ γὰρ ἂν εἰδείης εἴ τοι ἐς καιρὸν ἔσται ταῦτα τελεόμενα• παυσάμενος δὲ βασίλευετῶν σεαωυτοῦ καὶ ἡμέας ἀνέχεο ὁρέων ἄρχοντας τῶν περ ἄρχομεν). Am Ende der Erzählung schändet die Königin den Leichnam des Perserkönigs, indem sie seinen Kopf in einen mit Blut angefüllten Schlauch taucht und den Unersättlichen mit Blut ‚sättigt‘. Cf. Hdt. 1, 214, 5. Die Entscheidungsprozesse, die das Scheitern des Kyros herbeiführen, anaysiert Löffler 2008, 39–58. 215 Cf. Hdt. 4, 83–144. Cf. Lateiner 1989, 130; Bichler 2000, 292–297. 216 Cf. Lateiner 1989, 128 f. mit Hdt. 7, 33, 1: Ἑλλήσποντον ἐζεύγνυσαν ἐκ τῆς Ἀσίης ἐς τὴν Ἑυρώπην. Cf. ferner Hdt. 7, 8β (Plan des Brückenbaus) und 7, 54–55. In seiner maßlosen Hybris empfindet Xerxes selbst die Naturgewalten als unbotmäßige Untertanen: Nachdem ein Sturm die erste Brücke zerstört hat, erteilt er den Befehl, das Gewässer durch Geißelhiebe zu züchtigen und verbal zu schmähen (7, 35, 2). Diese Tat stellt zugleich einen Verstoß gegen den persischen nomos dar, denn Flüsse werden, wie Herodot andernorts (1, 138, 2) bemerkt, von den Persern kultisch verehrt. Ähnlich hatte sich bereits Kyros gegen den Fluss Gyndes (1, 189) vergangen. Cf. Lateiner 1989, 129. 217 Zu Xerxes’ Leidenschaft zu seiner eigenen Schwiegertochter Artyante und deren Mutter (Hdt. 9, 108–113) cf. Bichler 2000, 357–359. 218 Cf. Lateiner 1989, 129; Bichler 2000, 266–269. Bereits Erbse 1992, 74; 78 f.; 86 f. und Sancisis-Weerdenburg 1989 haben indessen gezeigt, dass zahlreiche Elemente im negativen Charakterbild des Xerxes Herodots eigene Schöpfung sind. Das wirkmächtige Portrait des ‚orientalischen Despoten‘, das im vierten Jahrhundert v. Chr. ‚Schule machen‘ sollte, jedoch maßgeblich von Herodot und Aischylos vorgeprägt wurde, wird dem historischen Xerxes in keiner Weise gerecht. So findet auch das bis heute verbreitete (und infolge der Erfahrungen der Griechen im Zuge der Perserkriege konstruierte) Bild des Großkönigs als Zerstörer babylonischer Heiligtümer keine Bestätigung durch die keilschriftliche Überlieferung oder den archäologischen Befund. Cf. Henkelman/ Kuhrt/Rollinger/Wiesehöfer 2011; Rollinger 2014c. Zu Xerxes und Babylonien cf. die Beiträge in Waerzeggers/Seirje 2018. 219 Zur Terminologie cf. Lateiner 1989, 131. 220 Cf. Fales 1993; 1995. So rühmte sich Salmanassar III., den Euphrat 22mal überquert zu haben. Cf. etwa RIMA III A.0.102.8, 35’–41a’ sowie A.0.102.2, Col. II, 16b: „Moving from Tīl Barsip (Bursip) I crossed the Euphrates, which was in flood, in rafts (made of inflated) goatskins“ (e­sir­šú TA URU. DU6-bur­si­ip at­tu­muš ina GIŠ.MA.MEŠ ša KUS-DUḪ. ŠI-e ÍD.A.RAD ina me­li­ša). Cf. ferner

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gisch als „heroische Tat des Königs präsentiert“,221 so markiert sie im Geschichtswerk Herodots die Klimax der menschlichen Hybris. Wie der Halys (Kizil Irmak) in seinem geopolitischen Weltbild die Grenzmarke zwischen dem ‚oberen‘ und dem ‚unteren‘ Asien darstellt (s. u. Kap. I.3.2),222 so richtet sich auch seine Einteilung der Kontinente nach dem Lauf großer Ströme.223 Auf einer übergeordneten Ebene liegt der Fokus Herodots auf der Geschichte der oikumene und ihrer machtpolitischen Inbesitznahme durch nach Herrschaft strebende Individuen. Dabei wird das Übergreifen nach Europa durch die expandierende Macht Persiens implizit kritisiert und als Grund für die Niederlagen des Großkönigs 480/479 v. Chr. angegeben, denn: Zu Beginn der Historien betont Herodot, dass die Perser selbst Asien als ihren angestammten Besitz ansähen, womit  – im Umkehrschluss  – Europa eigentlich außerhalb ihrer Herrschaftssphäre liegt.224 Bezeichnenderweise endet das Werk auch mit einer Rede des Persers Artemdie Fünf­Jahres­Annalen Hattusilis I. (KBo X2 Rs. III 29–42), in denen jener sich rühmte, den Euphrat überschritten und dabei Sargon von Akkad übertroffen zu haben sowie die Poetische Stele Thutmosis’ III. (Blumenthal/Burkhardt/Müller/Reineke 1984, 172–176, hier: 173). S. o. Kap. I.2.5. 221 Rollinger 2013b, 57. 222 Cf. Alonso-Núñez 1988, 126 mit Hdt. 1, 6, 1 sowie 1, 72, 2–3: „Die Grenze zwischen dem medischen und dem lydischen Reich war der Halys-Fluss, der vom armenischen Gebirge kommend durch Kilikien fließt, dann zu seiner Rechten die Matiener, zur Linken die Phryger hat, an diesen vorbeizieht und gegen Norden fließt, auf der einen Seite die Syrer in Kappadokien abgrenzt, auf der anderen, linken Seite die Paphlagonen. So trennt der Halys-Fluss beinahe den ganzen unteren Teil von Asien ab, vom Meer vor Zypern bis zum Schwarzen Meer“ (Ὁ γὰρ οὖρος ἦν τῆς τε Mηδικῆς ἀρχῆς καὶ τῆς Λυδικῆς ὁ Ἅλυς ποταμός, ὃς ῥέει ἐξ Ἀρμενίου ὄρεος διὰ Kιλίκων, μετὰ δὲ Mατιηνοὺς μὲν ἐν δεξιῇ ἔχει ῥέων, ἐκ δὲ τοῦ ἑτέρου Φρύγας, παραμειβόμενος δὲ τούτους καὶ ῥέων ἄνω πρὸς βορέην ἄνεμον ἔνϑεν μὲν Συρίους Kαππαδόκας ἀπέργει, ἐξ εὐωνύμου δὲ Παφλαγόνας. Oὕτως ὁ Ἅλυς ποταμός ἀποτάμνει σχεδὸν πάντα τῆς Ἀσίης τὰ κάτω ϑαλάσσης τῆς ἀντίον Kύπρου ἐς τὸν Eὔξεινον πόντον• ἔστι δὲ αὐχὴν οὗτος τῆς χώρης ταύτης ἁπάσης• μῆκος ὁδοῦ εὐζώνῳ [ἀνδρὶ] πέντε ἡμέραι ἀναισιμοῦνται). 223 Cf. Hdt. 4, 36–45. Dort wendet Herodot sich dezidiert gegen die (auch von Hekataios vertretene) hellenozentrische Vorstellung einer von einem kreisrunden Okeanos umflossenen Welt. Als zentrales Argument werden die Erkundungsfahrten des Skylax von Karyanda, der den Seeweg von Indien zum Roten Meer erforschte, sowie des Sastaspes und des Pharaos Necho (Umsegelung Afrikas) angeführt. Da der Norden Europas, das Herodot mit der gesamten nördlichen Hemisphäre gleichsetzt, gänzlich unerforscht sei, sei die Existenz eines die Erde einschließenden Ozeans nicht beweisbar. Zu den Erkundungsfahrten sowie zum Topos der ‚Fahrt ans Ende der Welt‘ cf. Karttunen 1988; Bichler 2007e; 2011b, Nesselrath 1995; Rollinger 2013a. Die Trennung der Kontinente Asien und Europa durch Wasserstraßen wiederum führt Herodot zu dem Ergebnis, dass nur diese beiden Landmassen eindeutig zu bestimmen seinen: Libyen/Afrika, das durch eine schmale Landenge mit Asien verbunden sei, bildet seiner Auffassung nach keinen eigenen Kontinent, sondern zählt zu Asien. Thomas 2000, 80–86 zeigt, dass Herodot an dieser Stelle auf zeitgenössische Diskurse reagiert und vorherrschende Meinungen kritisch hinterfragt, indem er unterschiedliche Standpunkte einander gegenüberstellt. Zum herodoteischen ‚Weltbild‘ cf. ferner Provencal 2015, 162–165; Bichler 2007e; Rollinger/Ruffing 2013, 135–150. Zur Konstruktion der Kontinente Asien und Europa cf. Pontera 2009; 2011; Muccioli 2004, 106 f.; Bichler 2016. 224 Cf. Alonso-Núñez 1988, 130; Lateiner 1989, 128 mit Hdt. 1, 4, 4: „Asien nämlich und die dort wohnenden nichtgriechischen Volksstämme beanspruchen die Perser für sich, Europa und das Griechentum betrachten sie jedoch als etwas davon Getrenntes“ (τὴν γὰρ Ἀσίην καὶ τὰ ἐνοικέοντα ἔϑνεα βάρβαρα, οἰκηιεῦνται οἱ Πέρσαι, τὴν δὲ Eὐρώπην καὶ τὸ Ἑλληνικὸν ἥγηνται κεχωρίσϑαι). Cf. ferner

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bares, der Kyros zu weiteren Eroberungen fruchtbarer Gebiete anzuregen versucht.225 Jener lehnt das Ansinnen jedoch ab, indem er erklärt, dass „weichliche Länder […] weichliche Menschen zu erzeugen [pflegten].“226 Die Erklärung für das Scheitern der Hellas-Offensive scheint in den Augen Herodots demnach in der Missachtung des Rates des Kyros zu liegen, die persische Herrschaft auf den Kontinent Asien zu beschränken.227 Umgekehrt liegt der Grund für den anfänglichen Erfolg der persischen Expansion in den ursprünglich harten Lebensbedingungen des Volkes, die seine Kampfkraft stählten.228 Die Hauptverantwortung für den Ausbruch des Konflikts zwischen Griechen und Persern tragen indessen die Athener, die im Zuge des Ionischen Aufstandes als Erste die Grenze nach Asien überschritten.229 Der Gegensatz zwischen Asien und Europa bei Herodot ist zudem weder ethnisch bedingt noch wird er in erster Linie durch die zeitgenössische, in der pseudohippokratischen Umweltschrift formulierte ‚Klimatheorie‘ bestimmt.230 Der Dualismus der ‚westlichen‘ und der ‚östlichen‘ Hemisphäre manifestiert sich vielmehr in der Antithese der politischen Systeme, in der Antinomie von Despotie und Freiheit. Diese Konstruktion, die in aller Deutlichkeit in der ‚Verfassungsdebatte‘ des dritten Buches artikuliert wird,231 erhellen nicht zuletzt die diversen Formen der physischen Gewalt, die in den Historien in ihrer Mehrheit zwar von persischen Despoten verübt, jedoch auch griechischen Tyrannen zugeschrieben werden.232 Einmal mehr tritt hier zudem die kreative Gestaltung indigener ‚orientalischer‘ Stoffe und Motive durch Herodot zutage: Die Bestrafung politischer Gegner durch Enthauptung, Kreuzigung, Pfählen, Blenden

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Hdt. 9, 116, 3. Dieselbe Kritik legt Herodot (8, 109,) auch Themistokles in den Mund, der in einer Rede, die die Athener zur Verfolgung der Perser und zum Übersetzen über den Hellespont bewegen soll, betont, dass die göttliche Nemesis den imperialen Aspirationen des Xerxes einen Riegel vorgeschoben habe: „Denn nicht wir waren die Sieger, sondern die Götter und Heroen, die es dem einen Manne nicht gönnten, König von Asien und Europa zugleich zu sein“ (τάδε γὰρ οὐκ ἡμεῖς κατεργασάμεϑα, ἀλλὰ ϑεοί τε καὶ ἥρωες, οἳ ἐφϑόνησαν ἄνδρα ἕνα τῆς Ἀσίης καὶ τῆς Eὐρώπης βασιλεῦσαι). Ob dieses Ende von Herodot beabsichtigt war oder ob die Historien unvollendet blieben, ist umstritten. Cf. Asheri/Lloyd/Corcella 2007, 10 f. Rosen 2009 wertet das ‚Schlusskapitel‘ der Historien als kritische Ermahnung an die Politik Athens im fünften Jahrhundert. Hdt. 9, 122, 3: φιλέειν γὰρ ἐκ τῶν μαλακῶν χώρων μαλακοὺς ἄνδρας γίνεσϑαι. Cf. Alonso-Núñez 1988, 130. Cf. Alonso-Núñez 1988, 130. Cf. ibid., 130 f. Cf. Hdt. 5, 97, 3 mit Bichler 2016 und Rollinger/Ruffing 2013, 149 f. Cf. Müller 2007, 22 f. Natürliche Grenzen haben für Herodot stets eine moralische Konnotation. Als Ethnologe und Ethnograph freilich polemisiert er gegen die Einteilung der Welt in Kontinente. Thomas 2000, 75–101 weist nach, dass er sich (Hdt. 2, 15–19; 4, 36–45) gegen die Theorien der pseudohippokratischen Umweltschrift (Text: Diller 1970) wendet. Demnach werden der Charakter und die Verfassung eines Volkes wesentlich durch Umwelteinflüsse bestimmt. Cf. Liewert 2015. Gleichwohl finden sich auch bei Herodot Spuren der Klimatheorie. Cf. etwas Hdt. 1, 142, 1. Cf. Hdt. 3, 80–82. Cf. zu der Passage How/Wells 2000, 277–279; Asheri/Lloyd/Corcella 2007, 473–476. Cf. Rollinger 2004c mit sämtlichen Belegen und Statistiken ibid., 122–133.

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u. ä. ist in der vorderorientalischen Überlieferung vielfach bezeugt.233 In den Historien werden diese Praktiken indessen der Geschichtsphilosophie des Autors, respektive dem Verlaufsschema von Hybris und Grausamkeit, göttlicher Nemesis und Sturz untergeordnet, das das menschliche Leben an sich gefährdet.234 Entsprechend relativieren rezentere Studien auch die Bedeutung eines ‚Ost-West-Konflikts‘ im Rahmen der herodoteischen Disposition und messen dem river motif (s. o.) größeres Gewicht bei, und zwar im Sinne einer „Fatalität des Überschreitens von Grenzen, die notwendigerweise zum Fall desjenigen führt, der sich dessen schuldig macht.“235 Vor dem Hintergrund neuerer Forschungsergebnisse erweisen sich die Historien mithin als ein Geschichtswerk, bei dessen wissenschaftlicher Würdigung die schöpferische Gestaltungskunst des Autors stets im Blick bewahrt werden muss. Im Gesamtgefüge dieser komplexen Komposition besitzt das Konzept einer Sukzession von Reichen – wie im Folgenden zu zeigen sein wird – eine ganz eigene Signifikanz.

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Cf. für Assyrien etwa RIMA II A.0.101.1, 33; 84; 91; 109; Borger 1996, 23; 214 (Prisma B II, 1/C II, 4/A II, 3); 44; 235 (Prisma A IV, 70–74). Für Persien cf. DB 204 f.; 273–275; 352; 391 f. Zu weiteren Belegen cf. Rollinger 2004c, 140–142. Da Herodot mit zentralen Inhalten der Bisutun­Inschrift vertraut gewesen sein dürfte, könnten auch die Praktiken der Verstümmelung und des Pfählens im Achaimenidenreich zu seiner Kenntnis gelangt sein. 234 Cf. Rollinger 2004c, 142 f.: „[…] Herodotus developed the theme on a higher plane. In his work these acts of human violence are an integral part of a broader ideology. This ideology is one of demarcation separating not so much cultures, i. e. East and West but, rather, ‚political systems‘, i. e. autocracy and freedom. Thus, these acts of violence may be interpreted as historical object lessons, which should be read along the lines of Herodotus’ philosophy of history. In this respect the primary focus of the Histories is not a national one. […] His [scil. Herodotus’] central concern is human behavior in political matters where the antithesis of despotism versus freedom gains a powerful dimension. This dualism is not identical with East and West, Europe and Asia. […] The Persian Empire is, of course, not the only backbone for the whole work but the Persian kings are also prime examples of the face of despotism. One of the essential markers of this mode of government is the commission of acts of outrageous violence with which the Greek tradition had become familiar since the time of Homer. Yet it is one of the greatest achievements of Herodotus not simply to interpret this tradition in national categories but to put it on a higher plane, thereby offering a more profound insight into human history. Human fate can change and freedom can be transformed into despotism. This is what the Histories show and Herodotus’ treatment of extreme acts of violence serves to underscore this point of view.“ 235 Rollinger/Ruffing 2013, 149. Cf. Bichler 2016, der aufzeigt, dass die Begriffe ‚Asien‘ und ‚Europa‘ sowie ‚Hellas‘ in den Historien keineswegs statische, sondern vielmehr höchst dynamische und variable Größen darstellen.

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3.1.2 Assyrer, Meder, Perser – Babylonier und Lyder: Die Signifikanz des Sukzessionsgedankens bei Herodot In welchem Maße Herodot sich bei der Konzeption der Historien an der Erwartungshaltung seines Publikums orientierte,236 zeigt sich bereits in seiner Wahl, die Handlung in Lydien beginnen zu lassen.237 Die Erzählung setzt mit dem „Wahrnehmungshorizont der Griechen Kleinasiens“238 ein. Mit Kroisos gebietet erstmalig ein orientalischer Herrscher, der „fast alle Bewohner diesseits des Halys-Flusses“ (σχεδὸν πάντων τῶν ἐντὸς Ἅλυος ποταμοῦ) unterworfen239 hat, über zahlreiche griechische Poleis.240 Erst der Übergang von der Lyder- zur Perserherrschaft eröffnet sodann die Perspektive auf die Geschichte der weiter östlich gelegenen ‚orientalischen‘ Reiche;241 denn die persische Expansion gewinnt aus der Sicht der Griechen Kleinasiens erst mit Kyros’ Sieg über Kroisos und der Einnahme von Sardeis an Relevanz.242 Herodot beschließt den Lyder-Logos mit der nüchternen Bemerkung: „Die Lyder aber waren zu Untertanen der Perser geworden“243 und leitet sodann zu der Frage über, wie (ὅτεῳ τρόπῳ) die Perser zur Herrschaft über Asien gelangten.244 Diese historische „Rückblende“245 hebt indessen nicht mit einer mythisch begründeten Ursprungsgeschichte des Volkes an.246 Vielmehr wird die persische Großmachtbildung als Höhepunkt einer langen Herrschaftsgeschichte über den Kontinent Asien in der Nachfolge der Assyrer und Meder begriffen:247 236 Zum (impliziten) ‚Dialog‘ Herodots mit seinen Rezipienten cf. Schelske 2018. 237 Zur Rolle Lydiens innerhalb der Sukzessionstheorie cf. Gazzano 2018. 238 Patzek 2004, 63. Desgleichen betont Murray 2001a, 43: „The Greek perception of Persia was derivative on the Greek perception of Lydia. It was Lydian culture and the Mermnad dynasty which gave the Greeks their model of an eastern society and of oriental despotism. Equally we know that there existed in Asia Minor of the fifth century a unified Lydian-Persian aristocratic culture, whose traditions must have fused together, allowing attitudes to Persian monarchy to be transferred to the Lydian monarchy.“ Zu den Lydern in der griechischen Literatur, die bereits in den Werken der frühgriechischen Lyriker als Inbegriff des ‚orientalischen Luxus‘ und der Verweichlichung erscheinen, cf. Burkert 1996, 71 f.; Bichler 2000, 215–218. 239 Hdt. 1, 28. 240 Hdt. 1, 5, 3 heißt es, Kroisos sei der erste Mann, „von dem ich weiß (οἶδα), dass er mit den Feindseligkeiten gegen die Griechen begonnen hat.“ Cf. Bichler 2000, 244. 241 Cf. Patzek 2004, 63. 242 Cf. Bichler 2000, 213. Zu den chronologischen Konsequenzen dieser Disposition cf. ibid. Die Lektüre der archaischen Dichter (Archilochos, Alkman, Alkaios, Sappho) lehrt, dass Lydien für die Griechen ein Paradigma für den Sturz eines legendären Königreiches und den Aufstieg einer jungen Macht darstellte. 243 Hdt. 1, 94, 7: Λυδοὶ μὲν δὴ ὑπὸ Πέρσῃσι ἐδεδούλωντο. 244 Cf. Hdt. 1, 95, 1. 245 Bichler 2000, 214. 246 Cf. Patzek 2004, 64; Högemann 1992, 58. Demnach übernimmt jedoch der Medische Logos die (Högemann 1992, 58) „Funktion einer archaiologia.“ Eine mythengenealogische Provenienz über Perses von Perseus wird erst im Zuge der Xerxes-Geschichte (7, 61, 2–3; 150, 2) postuliert. 247 Cf. Patzek 2004, 64.

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Ἀσσυρίων ἀρχόντων τῆς ἄνω Ἀσίης ἐπ’ ἔτεα εἴκοσι καὶ πεντακόσια, πρῶτοι ἀπ’ αὐτῶν Μῆδοι ἤρξαντο ἀπίστασϑαι καὶ κως οὗτοι περὶ τῆς ἐλευϑερίης μαχεσάμενοι τοῖσι Ἀσσυρίοισι ἐγένοντο ἄνδρες ἀγαϑοὶ καὶ ἀπωσάμενοι τὴν δουλοσύνην ἐλευϑερώϑεσαν. μετὰ δὲ τούτους καὶ τὰ ἄλλα ἔϑνεα ἐποίεε τὠυτὸ τοῖσι Μήδοισι. Als die Assyrer schon 520 Jahre über das obere Asien herrschten, begannen die Meder als erste von ihnen abzufallen. Irgendwie bewährten sie sich in diesem Freiheitskampf mit den Assyrern als tapfere Männer, schüttelten ihr Sklavenlos ab und befreiten sich. Dem Vorbild der Meder folgten danach andere Völker.248

Die Bilanz dessen, was Herodot über das assyrische Imperium zu berichten weiß, fällt ernüchternd aus.249 Der Beginn der assyrischen Hegemonie wäre seiner Zeitangabe von 520  Jahren zufolge in der Regierungszeit Tukulti-Ninurtas I. (1233–1197  v. Chr.) anzusetzen,250 doch nennt er weder diesen Herrscher noch den König, der zum Zeitpunkt des medischen ‚Freiheitskampfes‘ geherrscht haben soll, beim Namen.251 Auch die in 1, 106, 2 und 1, 184 angekündigten Ἀσσύριοι λόγοι bleibt Herodot schuldig. Ob die entsprechenden Partien verlorengingen oder niemals verwirklicht wurden, bleibt umstritten.252 Zu Recht wurde jedoch darauf hingewiesen, dass eine ausführliche Schil248 Hdt. 1, 95, 2. Deutsche Übers. Ley-Hutton. Die Zahl 520 ist das Ergebnis der Datierung des Beginns der assyrischen Hegemonie ins 12. Jahrhundert v. Chr. Auf diese Weise synchronisiert Herodot das Datum mit dem Anfang der Heraklidendynastie. Cf. Murray/Moreno 2007, 148. 249 Cf. Bichler 2007c, 210. 250 Cf. Alonso-Núñez 1988, 129. Dieses Datum ergibt sich aus der durch die Chronik vom Fall Nini­ ves Z. 45 (= ABC Nr. 3, 94 = Glassner 2005, Nr. 22, 222 f.) gesicherten Zeitangabe der Zerstörung Ninives 612  v. Chr. Rückwärts gerechnet fällt der Beginn der assyrischen Welthegemonie für Herodot auf das Jahr 1132 v. Chr. und damit in die mittelassyrische Zeit. In dieser Periode hatte Tukulti-Ninurta I. das assyrische Herrschaftsgebiet beträchtlich ausgedehnt, und Tiglatpilesar I. (1115–1077 v. Chr.) stieß schließlich bis zum Mittelmeer vor. S. o. Kap. I.2.6. 251 Cf. Aheri/Lloyd/Corcella 2007, 147; Bichler 2007c, 211; Alonso-Núñez 1988, 129; Zawadzki 1984, 265; Heller 2015, 335. 252 Eine Zusammenfassung des Forschungsdiskurses bieten Zawadzki 1984, 254–261; Alonso-Núñez 1988, 127 mit Anm. 6; Heller 2010, 42–44. Bereits Bachof 1877 zog unter anderem die Möglichkeit in Betracht, dass Herodot ein separates Werk zur assyrischen Geschichte verfasst haben könnte. Cf. ähnlich Drews 1970, der in einem späteren Beitrag Drews 1973, 94 f. jedoch die Auffassung vertritt, dass Herodot seinen Plan nicht mehr habe verwirklichen können. Huxley 1965 zufolge ist das Hesiod zugeschriebene Werk Ornithomanteia (cf. Aristot. Hist. an. 8, 19/601b)  – mittels Emendation des Namens – Herodot zuzuschreiben. Cf. jedoch Kuhrt 1982, 544 mit Anm. 42 für eine Emendation des Namens als Herodoros. Zawadzki 1984, 265–267 nimmt an, Herodot habe von Anfang an ein separates Werk zur assyrischen Geschichte verfassen wollen, die entsprechenden Informationen absichtlich zurückgehalten und die Ankündigungen (1, 106, 2; 1, 184) nachträglich eingefügt. In den Historien selbst werden die legendären Gestalten Ninos und Semiramis (s. u. Kap. I.3.2.2) im ersten Buch nur kurz erwähnt (Hdt. 1, 184). Im Rahmen seiner ägyptischen Geschichte schildert Herodot nur vereinzelte Episoden, die sich um die Namen der assyrischen Könige Sanacheribos  – die korrekte Wiedergabe von akk. Sîn­aḫḫē­erība  – (Hdt. 2, 141, 2) und Sardanapal (2, 150) ranken. Cf. Bichler 2007c, 211 f.; Heller 2015, 238. Namentlich die Erzählung über Sanacheribos’ Feldzug gegen Ägypten, im Zuge dessen die Ausrüstung seiner Soldaten von Mäusen zerfressen wird, scheint ein ägyptisches Kolorit aufzuweisen. Hinter Herodots Pharao

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derung der assyrischen Geschichte die durch das ‚Leitmotiv‘ der Historien vorgegebenen Rahmen gesprengt hätte.253 Andererseits hätte Herodot es sich gewiss nicht nehmen lassen, einige ‚gehaltvollere‘ Informationen zu liefern, wenn diese ihm tatsächlich zur Verfügung gestanden hätten. Assyrien wiederum galt ihm – in Ermangelung jeder Kenntnis über vorausgehende Imperien – als das älteste Großreich in der Geschichte des Vorderen Orients.254 Die sich anschließende Schilderung der medischen Reichsgründung (1, 96–101) weist in ihren Grundzügen Reminiszenzen an die staatstheoretischen Modelle griechischer Denker auf:255 Der Abschüttelung der assyrischen Oberhoheit folgt unweigerlich ein Zustand der Gesetzlosigkeit (ἀνομίη). Die Meder, halbsesshafte Nomaden, siedeln in Dörfern (κατὰ κώμας).256 Ein kluger Mann namens Deiokes, der nach der Tyrannis (!) strebt (ἐρασϑεὶς τυραννίδος), vollzieht nun einen Synoikismos im großen Stil.257 Sein anfänglich scheinbar selbstloses Handeln entspringt Herodot zufolge berechnender Planung: „Er aber war geradlinig und gerecht, weil er ja nach der Herrschaft strebte.“258 Indem Deiokes sich als Vorkämpfer der Gerechtigkeit geriert, avanciert er vom Schiedsrichter (δικαστής) der eigenen Gemeinde zur zentralen richterlichen Instanz aller medischen Stämme.259 Als er erkennt, dass „die ganze Macht bei ihm lag“ (ἐς

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Sethos verbirgt sich Schabitko (702–690 v. Chr.), Herrscher der 25. Dynastie der Kuschiten. Die Geschichte über die Mäuse mag einen Reflex auf altägyptische Traditionen darstellen, denn der Gott Horus wurde traditionell mit den Nagetieren in Verbindung gebracht. Cf. Heller 2015, 338 mit der älteren Literatur. Cf. Heller 2015, 335. Entsprechend vermutet auch Zawadzki 1984, 267 „that Herodotus’ knowledge of Assyria and the pre-Persian Babylon is greater than it is universally acknowledged, though the value of his information proves to be an entirely different issue.“ Cf. Alonso-Núñez 1988, 127. Cf. Bichler 2000, 235–237; Walter 2004, 82; Meier 2004; Patzek 2004, 69; Provencal 2015, 62–65; 223 f., die den Einfluss sophistischer Theorien (Protagoras, Antiphon, Kritias) geltend machen. Laut Raaflaub 2002, 173 und Dewald 2003, 27 f. zählt die Deiokes-Erzählung zu einer Reihe von Episoden, die den despotischen Charakter der medo-persischen Monarchie aufzeigen sollen. Sie nennen daneben v. a. die ‚Verfassungsdebatte‘ (3, 80–82) und die Rede des Korinthers Sokles (5, 92). In der ‚Verfassungsdebatte‘, die der sophistischen Antilogik folgt, ist bereits eine rudimentäre Form der späterhin bezeugten (cf. etwa Pol. 6, 4; 9) Anakyklosis­Theorie greifbar, die terminologisch jedoch (noch) nicht zwischen den ‚natürlichen‘ Staatsformen (Königtum, Aristokratie, Demokratie) und ihren negativen Ausprägungen (Tyrannis, Oligarchie, Ochlokratie) unterscheidet. Auch werden die Einwände des Otanes gegen die Monarchie, die sich auf Betreiben des Dareios durchsetzt, nicht widerlegt. „So läßt sich die Verfassungsdebatte als ein Dokument aktueller politischer Reflexion verstehen, das nicht ohne kritischen Hintersinn bleibt“ (Bichler 2000, 284). Zu den sophistischen Argumentationsstrategien im Rahmen der Debatte cf. Provencal 2015, 66–73. Bezüglich der Deiokes-Episode schließt Heller 2015, 335 wiederum auch den Einfluss medischer Folklore, die über persische Informanten zur Kenntnis Herodots gelangt sei, nicht aus. Herodots Medischer Logos sei als „an amalgam of Greek conceptions and Median folk tales“ (ibid.) zu begreifen. Cf. in diesem Sinne auch Mari 2018. Cf. Hdt. 1, 96, 2. Cf. Tuplin 2004b, 225 f. Ibid.: ὁ δὲ δή, οἷα μνώμενος ἀρχήν, ἰϑύς τε καὶ δίκαιος ἦν. Cf. Hdt. 1, 96, 2–3.

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ἑαυτὸν πᾶν ἀνακείμενον),260 zieht Deiokes sich – seiner Strategie konsequent folgend – von seiner richterlichen Tätigkeit zurück. Daraufhin greifen Gesetzlosigkeit und Anarchie erneut um sich. Am Ende beschließen die Meder, dass es notwendig sei, von einem König regiert zu werden (βασιλεύσϑαι).261 Deiokes lässt sich nicht lange bitten und befiehlt den Bau einer von konzentrischen Mauern umgebenen Residenzstadt (Ekbatana), die seiner Machtfülle Ausdruck verleiht.262 Unter seiner Direktive bereits etablieren sich die aus griechischer Sicht charakteristischen Institutionen des späteren Perserreiches: Eine Palastgesellschaft mit einer Leibgarde und Spähern, das höfische Protokoll und die Rolle des Monarchen als ‚Gerichtsherr‘.263 Damit erscheint Medien – und bezeichnenderweise nicht das Reich der Assyrer – gleichsam als ‚imperiale Matrix‘, auf der die persische ‚Hofetikette‘ und zentrale Elemente der Herrscherideologie gründen.264 Zugleich folgt die Deiokes-Episode einem in sophistischen Schriften vorgeprägten Schema über die Ursprünge einer auf Recht und Gesetz gründenden Gesellschaftsform, nachdem zuvor ἀνομίη geherrscht hatte: Δίκη und νόμος etablieren

260 Hdt. 1, 97, 1. 261 Cf. Hdt. 1, 97–98, 1. 262 Cf. Hdt. 1, 98, 2–6. Bichler 2000, 236 betont, dass Ekbatana als „Prototyp der Zwingstadt“ beschrieben werde. Die Farbsymbolik spiegelt die Bahnen der Planetengötter. Noch Platons Atlantis bilde eine Reminiszenz an dieses Ekbatana. Cf. Bichler 236 f. Degen 2017, 62–65 zeigt darüber hinaus, dass die von Herodot gebotene Palastbeschreibung durchaus Reflexe auf die architektonischen Praktiken des Alten Vorderen Orients, zumal Assyriens, enthält. 263 Cf. Patzek 2004, 68. Panaino 2003 legt dar, dass die Akzentuierung des ‚königlichen Rechts‘ einen Reflex auf die achaimenidische Herrscherideologie bilden könnte. Andererseits schreibt Herodot vergleichbare Maßnahmen zum Teil auch den griechischen Tyrannen, etwa den Peisistratiden, zu. Dies gilt etwa für den Unterhalt einer Leibgarde aus Speer- und Keulenträgern. Cf. Hdt. 1, 59, 5. Bezeichnenderweise wird ja auch Deiokes (1, 96, 2) als ein Mann vorgestellt, der „nach der Tyrannis strebte“ (ἐρασϑεὶς τυραννίδος). Allerdings scheint Herodot „keinen semantischen Unterschied“ (Rollinger 2010a, 65) zwischen der Charakterisierung der medischen Herrschaftsform als τυραννίς oder βασιλεία zu erkennen. Zum „Isolationstopos“ in der Deiokes-Episode cf. Degen 2017, 65–67. 264 Cf. Lanfranchi 2010, 52. Die ‚Reformen‘ des Deiokes verfolgen ein klar politisches Ziel: Herodot zufolge soll den medischen Aristokraten durch die Erhöhung des Königs zum Zwecke der Herrschaftskonsolidierung die Möglichkeit zur Rebellion genommen werden. Sein ‚medisches Modell‘ geht folglich von der Prämisse der Instabilität und dauerhaften Gefährdung imperialer Alleinherrschaften aus, die aus Machtstreben entstehen, durch Unterdrückung fortdauern und permanent von Rebellionen bedroht sind. Cf. Hdt. 1, 99, 2: „Er umgab sich deshalb mit einer solchen Würde, damit seine Altersgenossen, die ja mit ihm aufgewachsen und nicht von minderer Herkunft und geringerer Tüchtigkeit waren, nicht, wenn sie ihn sähen, irgendwie einen Groll gegen ihn hegten und Böses ersännen, sondern er ihnen, wenn sie ihn nicht zu Gesicht bekämen, ein Wesen von anderer Art zu sein scheine.“ (Tαῦτα δὲ περὶ ἑωυτὸν ἐσέμνυνε τῶνδε εἵνεκεν, ὅκως ἂν μὴ ὁρῶντες οἱ ὁμήλικες, ἐόντες σύντροφοί τε ἐκείνῳ καὶ οἰκίης οὐ φλαυροτέρης οὐδὲ ἐς ἀνδραγαϑίην λειπόμενοι, λυπεοίατο καὶ ἐπιβουλεύοιεν, ἀλλ’ἑτεροῖός σφι δοκέοι εἶναι μὴ ὁρῶσι). Lanfranchi 2010, 52 sieht im Topos des ‚invisible king‘ einen Reflex auf das assyrische Hofzeremoniell. Walter 2004, 91 wiederum ist der Ansicht, dass Herodot hier „der achaimenidischen Geschichtskonstruktion [folgt], die die Meder als Teil der eigenen Vorgeschichte zu sehen und ihnen wesentliche Elemente der eigenen Herrschaftsphänomenologie zuzuschreiben“ gewillt sei.

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sich nicht etwa als von den Göttern in die Welt gestiftete Institutionen, sondern durch die Initiative eines σοφὸς ἀνήρ.265 Ein „Katalog der sechs [medischen] Stämme“266 (γένεα), die Deiokes untertan sind, markiert das Ende der Herrschaftskonsolidierung267 und bildet zugleich den Auftakt für eine Phase der Expansion:268 Deiokes’ Sohn und Nachfolger Phraortes, bemerkt Herodot, „genügte es nicht, nur über die Meder zu herrschen“ (οὐκ ἀπεχρᾶτο μούνων Μήδων ἄρχειν).269 Als erste macht er die Perser zu Untertanen der Meder und versucht im Anschluss daran, Asien zu unterwerfen. Auf einem Feldzug gegen Ninos (Ninive) findet er nach 22-jähriger Regierungszeit den Tod.270 In der Folgegeneration gewinnt Kyaxares, dessen kriegerische Natur Herodot herausstreicht,271 „ganz Asien oberhalb des Halys-Flusses“ (τὴν Ἅλυος ποταμοῦ ἄνω Ἀσίην πᾶσαν) seinem Reich hinzu.272 Er zieht sodann gegen Ninos – „da er seinen Vater rächen und die Stadt zerstören wollte“273 –, erringt einen Sieg zu Felde, doch eine Invasion der Skythen zögert die endgültige Eroberung der Stadt achtundzwanzig Jahre lang hinaus.274 Schließlich gelingt es den Medern, die Mehrzahl der Skythen durch eine List zu töten. Sie „richteten ihre

265 Cf. Provencal 2015, 62–65; 223 f., der in Deiokes einen ‚Sophistenkönig‘ erkennt, der sophistische τέχναι in den Dienst seines Eigeninteresses stellt. Augenfällig sind namentlich die Parallelen zum Sisyphos­Fragment des Kritias (1–8, DK 88 B 25 in der Übersetzung Dillon/Gergel 2003, 251): „There was a time when anarchy did grip the life of men, which then was bestial, enslaved to force; nor was there then reward for good men, nor for the wicked punishment. Next, as I see it, did men establish laws for punishment, that justice might be lord (τύραννος) of all mankind, and hold insolence enslaved; and anyone who sinned was penalized.“ 266 Bichler 2000, 236. 267 Die Verlässlichkeit der Liste (Buser, Paratekener, Struchaten, Arizanter, Budier und Mager) wird allgemein gering eingeschätzt. Cf. Murray/Moreno 2007, 151. 268 Cf. Bichler 2000, 237–241. 269 Hdt. 1, 102, 1. 270 Cf. Hdt. 1, 102, 2. 271 Cf. Hdt. 1, 103, 1. Kyaxares vollzieht eine Heeresreform, die Herodot als Vorbild der persischen verstanden wissen möchte. Cf. Högemann 1992, 59. 272 Hdt. 1, 103, 2. Unter Kyaxares und dem Mermnadenkönig Alyattes laufen die Geschichte Mediens und Lydiens zusammen, denn sie führen miteinander Krieg (585 v. Chr.). Erst eine Sonnenfinsternis, die Thales von Milet vorausgesagt haben soll, führt zum Ende der Kampfhandlungen. Es kommt zum Friedensschluss, dessen Wahrung durch dynastische Heiraten garantiert werden soll (Kroisos wird zum Schwager des Astyages) und zu Ziehung der Halysgrenze. Die Erzählung stellt eine Rückblende aus der Kroisos-Geschichte heraus dar. Cf. Hdt. 1, 73 f. 273 Hdt. 1. 103, 2: τιμωρέων τε τῷ πατρὶ καὶ τὴν πόλιν ταύτην ϑέλων ἐξελεῖν. 274 Hdt. 1, 102, 3–106, 2. Assyrische Quellen bestätigen die Präsenz von Iškuza im Vorderen Orient seit der Regierungszeit Asarhaddons (681–668 v. Chr). Sie traten teilweise als Söldner in assyrische Dienste. Brown 1988, 82 führt die von Herodot geschilderte Episode auf „Skythian folklore“ zurück und hält eine skythische Vorherrschaft für „a gross historical exaggeration.“ Tatsächlich findet eine skythische ‚Hegemonie‘ im Sinne Herodots in keiner vorderorientalischen Quelle Erwähnung und ist somit zweifelhaft. Cf. Parker 1995; Murray/Moreno 2007, 153. Cf. dagegen Tuplin 2004b, 228–230, hier v. a. 229: „[…] it would be absurd to suppose we have a purely Greek invention here.“

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Herrschaft wieder ein und beherrschten dieselben Menschen wie früher, nahmen Ninos ein […] und unterwarfen die Assyrer außer dem babylonischen Gebiet.“275 Die Auflösung der 520 Jahre währenden assyrischen ἀρχή über das ‚obere‘ Asien276 begann in den Augen Herodots folglich mit der Rebellion der Meder. Deren ‚Kampf um die Freiheit‘ (ἐλευϑερία) wird insofern als Desintegrationsprozess imperialer Macht begriffen, als die Meder als Untertanen der Assyrer in Knechtschaft (δουλοσύνη) gelebt hatten und der Sturz Assyriens somit gleichsam ‚von innen her‘ erfolgte. Damit steht die bei Kyros’ Eintritt in die Geschichte gegebene Mächtekonstellation: Im Westen herrschen die lydischen Mermnaden über den „unteren Teil Asiens“ (τῆς Ἀσίης τὰ κάτω), der Osten jenseits des Halys-Flusses ist der medischen Hegemonie unterworfen.277 Beide Imperien werden durch das Verschulden ihres jeweils letzten Herrschers – Kroisos und Astyages – den Truppen des Kyros anheimfallen.278 Der Aufstieg der Perser, eines „bis dahin fast geschichtslosen Volkes“279 zu einer binnen weniger Jahrzehnte ganz Asien beherrschenden Macht musste den Zeitgenossen und späteren Generationen als ein Faszinosum erscheinen.280 Entsprechend wählt Herodot eine Konzeption, in der Kyros, der dieses Wunder zuwege bringt, einer schicksalhaften Berufung folgend, „überraschend aus dem Dunkel ans Licht [der Geschichte] tritt.“281 Zugleich wird er als Enkel des Astyages und (über diesen) als Verwandter des Kroisos in ein weitreichendes dynastisches Geflecht der orientalischen Mächte eingebunden.282 Dass im Vorderen Orient tatsächlich verschiedene Versionen über den Aufstieg des Kyros kursierten, wie Herodot (1, 95, 1) behauptet, ist gerade in Anbetracht der zahlreichen legendarischen Überlieferungen zu den Anfängen Sargons

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Hdt. 1, 106, 2: καὶ οὕτω ἀνεσώσαντο τὴν ἀρχὴν Mῆδοι καὶ ἐπεκράτεον τῶν περ καὶ πρότερον, καὶ τὴν τε Nίνον εἷλον […] καὶ τοὺς Ἀσσυρίους ὑποχειρίους ἐποιήσαντο πλὴν τῆς Βαβυλωνίης μοίρης. Zur herodoteischen Terminologie zur Umschreibung ‚imperialer‘ Herrschaften cf. Gazzano 2018, 42 f. Cf. ibid., 45. Cf. Bichler 2000, 241. Ibid., 258. Cf. ibid. Ibid. Dabei war Herodot durchaus mit den genealogischen Traditionen des teispidisch-achaimenidischen Herrscherhauses vertraut (s. o. Kap. I.2.8). Hdt. 1, 111, 5 nennt den Kyrosvater Kambyses den Sohn des Kyros (I.). Die in Hdt. 7, 11, 2 gebotene Abstammungslinie (Dareios – Hystaspes – Arsames – Ariamenes – Teispes – Kyros – Kambyses – Teispes – Achaimenes) entspricht im Wesentlichen den Gliedern der Bisutun­Inschrift (DB 104–106). Dort folgt Teispes direkt auf Achaimenes. Offensichtlich hat Herodot zwei Genealogien miteinander kombiniert. Cf. Bichler 2000, 257; Rollinger 1994a, 260; Rollinger 1998a, 189–190. Cf. Brehm 2013, hier v. a., 197–233; Bichler 2000, 258. Beide Konstruktionen sind aller Wahrscheinlichkeit nach Herodots eigene Schöpfung. Cf. Rollinger 2004a, 260 und Bichler 2000, 243. Cf. ferner Hdt. 1, 73–74 (Kroisos als Schwager des Astyages). Zu Kyros’ ‚Geburtslegende‘ cf. Van Der Veen 1996, 23–52.

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von Akkad (s. u. Kap. I.2.5), die durchaus Berührungspunkte mit Herodots Kyrosgeschichte aufweisen, nicht auszuschließen.283 Astyages, so Herodot, hatte eine Tochter namens Mandane. Diese „schien ihm im Traum so viel Wasser zu lassen, dass sie seine ganze Stadt anfüllte und noch ganz Asien überschwemmte.“284 Aus Angst vor dem Traumgesicht (δεδοικὼς τὴν ὄψιν), das er den Traumdeutern (ὀνειροπόλοι) unter den Magern unterbreitet, gibt der König seine Tochter einem nicht ebenbürtigen Mann, dem Perser Kambyses, zur Frau.285 Im ersten Jahr nach der Hochzeit sieht Astyages eine weitere Traumerscheinung: „Aus dem Schoß seine Tochter schien ein Weinstock zu wachsen, der Weinstock aber schien sich über ganz Asien auszubreiten.“286 Auf die Deutung der Mager hin, dass der Spross seiner Tochter an seiner statt König sein werde, befielt Astyages seinem Verwalter Harpagos, das Kind eigenhändig zu töten und in aller Heimlichkeit zu bestatten.287 Beide Traumsymbole, die durchaus ein „orientalisches Kolorit“288 aufweisen,289 deuten bildhaft den „maximalen Herrschaftsbereich“290 des Kyros voraus.291 Sie zählen damit zum Motivrepertoire der ‚Reichsträume‘, die die fortschreitende Expansion des Perserreiches präfigurieren.292 Das Vorgehen des Astyages wiederum entlarvt ihn von Anfang an als einen skrupellosen Herrscher, der sich, eifersüchtig auf den Erhalt seiner Machtposition bedacht, zahlreicher ethischer und normativer Vergehen schuldig macht.293 In geradezu ‚tragischer‘ Manier befördert er durch seine Aktivitäten eben diejenigen Ereignisse, denen er eigentlich zu entrinnen trachtet.294 Zunächst schafft die durch die Heirat Mandanes mit Kambyses erzielte dynastische Verbindung zwischen Medern und Persern die Voraussetzung für den späteren Wechsel von der Meder- zur

283 Cf. West 2011, 266; Drews 1974, 392 f.; Kuhrt 2003, 356; Mari 2018, 15. Zur Kyrosgeschichte cf. Bichler 2000, 258–261; Rollinger 2004a, 260–262. 284 Hdt. 1, 107, 1: τὴν ἐδόκεε Ἀστυάγης ἐν τῷ ὕπνῳ οὐρῆσαι τοσοῦτον ὥστε πλῆσαι μὲν τὴν ἑαυτοῦ πόλιν, ἐπικατακλύσαι δὲ καὶ τὴν Ἀσίην πᾶσαν. 285 Cf. Hdt.1, 107, 2. 286 Cf. Hdt. 1, 108, 1: ἐδόκεέ οἱ ἐκ τῶν αἰδοίων τῆς ϑυγατρὸς ταύτης φῦναι ἄμπελον, τὴν δὲ ἄμπελον ἐπισχεῖν τὴν Ἀσίην πᾶσαν. 287 Cf. Hdt. 1, 108, 3–5. 288 Bichler 2007b, 32. 289 Cf. ibid. unter Verweis auf die symbolhaften Träume des Alten Testaments (Gen 41, 9 f.; Dan 4; Ez 17). Ferner verzeichnet Tafel VII eines Traumbuchs aus Assurbanipals Bibliothek Omina, in denen ein Mann im Traum uriniert. Cf. Oppenheim 1956, 264–266. Indessen lässt sich nur eine einzige Deutung mit den Träumen des Astyages vereinbaren (ibid., 265): „[…] he will beget a son and he (i. e., the son) will be king.“ Cf. v. a. Bichler 2007b, 31–36; Pelling 1996. 290 Bichler 2007b, 32. 291 Cf. ibid. 292 Cf. Hdt. 1, 209, 1 (Traum des Kyros) und Hdt. 7, 12–13; 19, 1 (Träume des Xerxes). Zu den Reichsträumen cf. Bichler 2007b; Pelling 1996. 293 Cf. Bichler 2000, 261. 294 Cf. ibid., 242–244; 259. Cf. Van Der Veen 1996.

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Perserherrschaft.295 Schließlich misslingt auch die geplante Tötung des Enkels, den Astyages widersinnigerweise als Rivalen betrachtet: Anstatt den königlichen Befehl selbst auszuführen, betraut nämlich Harpagos den Rinderhirten Mithradates mit der Aufgabe, das Kind zu beseitigen. Die Gemahlin des Letzteren hat soeben eine Totgeburt erlitten. Auf ihr Betreiben werden das tote und das lebende Kind vertauscht und Kyros überlebt.296 Als der zehnjährige Knabe im Spiel mit seinen Altersgenossen, die ihn zu ihrem Herrscher ernennen, wahrhaft königliches Gebaren an den Tag legt, wird seine wahre Identität enthüllt.297 Eindeutig liegt der Erzählung das erstmalig von Otto Rank untersuchte Narrativ des Mythos von der Geburt des Helden zugrunde, das gerade in Zeiten des Herrschaftswechsels zum Einsatz kommt.298 Zu den Motiven des Erzählschemas zählen die Aussetzung eines Kindes von meist vornehmer Herkunft, die Erziehung durch Menschen niederen Standes, die vorübergehende Arbeit als Hirte oder Gärtner sowie die Verfolgung, der der Protagonist (zuweilen durch göttlichen Beistand) entgeht, um schließlich seine Bestimmung zu finden. Dieses in der sumerischen Sargon­ Legende und der sogenannten Sargon­Autobiographie (s. o. Kap. I.2.5) idealtypisch realisierte Narrativ299 bildet auch den Rahmen für Herodots Kyrosgeschichte, wird jedoch mit zahlreichen ‚Erweiterungsmotiven‘ ausgeschmückt. Astyages nämlich trägt auch durch seine nachfolgenden Handlungen maßgeblich zum künftigen Verlust seiner Herrschaft bei: Harpagos, der sich dem Befehl des Königs widersetzt hatte, bekommt zur Strafe seinen eigenen Sohn zum „Atreusmahl“300 aufgetischt.301 Den jungen Kyros hingegen, der nach dem Urteil der Mager keine Gefahr mehr darstellt, da die Träume

295 Cf. Bichler 2000, 259. Die nämliche Tatsache wird mithin durch den Orakelspruch für Kroisos (Hdt. 1, 55, 2; 91, 5.6) antizipiert, der ihm verkündet, er werde erst dann seine Herrschaft verlieren, „wenn ein Maultier König der Meder wird.“ 296 Cf. Hdt. 1, 110–113 mit Bichler 2000, 260. Van Der Veen 1996, 24 streicht die Bedeutung der Weigerung dieser auf den ersten Blick unwichtigen Charaktere, das Kind umzubringen, heraus: „This unwillingness is crucial to the story for there would have been no Cyrus if it had not existed.“ 297 Cf. Hdt. 1, 114–118 mit Bichler 2000, 261. 298 Cf. Rank 2005; Müller 2014, 148 f. (angewandt auf den Gründungsmythos der Argeaden). 299 Cf. Kuhrt 2003; Silverman 2018, 265. Nicht zu Unrecht rechnet man bei der Geburtslegende des Kyros mit orientalischen Vorbildern. Cf. Lewis 1980; Drews 1974; Murray 2001a, 38. Herodots Erzählung entspricht in den Grundzügen (hoher Rang der Mutter, niedere Herkunft des Vaters, Errettung und Adoption durch einen gesellschaftlich tiefstehenden Mann) der Sargon­Legende. Eine ältere, wohl von Ktesias (FGrH 688 F 9. 2) verarbeitete Variante macht Sargon zum Sohn eines Gärtners, der zum königlichen Mundschenk und schließlich zum Herrscher aufsteigt. Cf. dazu die unterschiedlichen Positionen von Kuhrt 2003 und Drews 1974. Binder 1964, 1–28 will in der herodoteischen Version Anklänge an das persische Krönungsritual erkennen. Cf. aber die berechtigten Einwände Binder 2010, 484 f. 300 Bichler 2000, 260. 301 Cf. ibid. mit Hdt. 1, 119. Das Motiv ist eindeutig der griechischen Sagentradition entlehnt. Cf. Burkert 1983. Das Verhalten des Astyages erweist sich hier als ebenso roh wie dasjenige der Skythen. Cf. Bichler 2000, 261 mit Hdt. 1, 73, 5–6.

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des Astyages sich im ‚Königsspiel‘ bereits erfüllt hätten, schickt der König unversehrt zu seinen Eltern nach Persien.302 Die Rache des Harpagos wird sonach zur Haupttriebfeder der Rebellion.303 Auf Betreiben des Wesirs bewegt Kyros die Perser, die „schon längst darunter gelitten hatten, von den Medern beherrscht zu werden“ (πάλαι δεινὸν ποιεύμενοι ὑπὸ Μήδων ἄρχεσϑαι), zum Abfall.304 Als Astyages dann, „völlig vergessend, was er ihm angetan hatte“ (λήϑην ποιεύμενος τὰ μιν ἐόργεε), ausgerechnet Harpagos zum Heerführer gegen Kyros ernennt,305 ist sein Sturz besiegelt. Seine Truppen desertieren, und der letzte medische König wird gefangen gesetzt: Ἀστυάγης μὲν νυν βασιλεύσας ἐπ’ ἔτεα πέντε καὶ τριήκοντα οὗτω τῆς βασιληίης κατεπαύσϑη, Μῆδοι δὲ ὑπέκυψαν Πέρσῃσι διὰ τὴν τούτου πικρότητα, ἄρξαντες τῆς ἄνω Ἅλυος ποταμοῦ Ἀσίης ἐπ’ ἔτεα τριήκοντα καὶ ἡκατὸν δυῶν δέοντα πάρεξ ἢ ὅσον οἱ Σκύϑαι ἦρξον. […] Τότε δὲ ἐπὶ Ἀστυάγεος οἱ Πέρσαι τε καὶ ὁ Kῦρος ἐπαναστάντες τοῖσι Mήδοισι ἦρχον τὸ ἀπὸ τούτου τῆς Ἀσίης. So verlor Astyages, der 35 Jahre lang regiert hatte, die Königsherrschaft; die Meder aber beugten sich unter das Joch der Perser wegen der Verbitterung jenes Mannes, nachdem sie 128 Jahre über Asien jenseits des Halys-Flusses geherrscht hatten, abgesehen von der Zeit, in der die Skythen geherrscht hatten. […] Damals also, zur Zeit des Astyages, erhoben sich die Perser und Kyros gegen die Meder und herrschten seit dieser Zeit über Asien.306

Nachdem die Perser so zu den unangefochtenen Herrschern über das ‚obere Asien‘ avanciert sind, kehrt Herodot zum Einstieg seiner Erzählung zurück und erinnert noch einmal an Kyros’ Triumph über den Lyderkönig Kroisos: „Nachdem er diesen unterworfen hatte, war er Herr über ganz Asien.“307 Gerade in dieser lakonischen Feststellung zeigt sich die Signifikanz des Sukzessionsgedankens: Die orientalischen Mächte der Vergangenheit – hier Assyrer und Meder, dort die lydischen Herakliden bzw. Mermnaden – hatten jeweils nur über einen Teil Asiens geboten. Erst Kyros, der den gesamten Kontinent unter einer Herrschaft vereint und später auch noch Babylon bezwingt, wird wahrhaft zum Begründer einer Weltmonarchie.308 In dieses Imperium wird schließlich das gesamte Territorium der Vorgängerreiche inkorporiert, deren Untergang ganz entscheidend durch das persön302 Cf. Hdt. 1, 120. 303 Cf. Bichler 2000, 259: „[…] durch Harpagos gesteuert [vollziehen sich] die Erhebung des Auserwählten zum souveränen König und der entscheidende Erfolg über Astyages.“ 304 Hdt. 1, 127, 1. Cf. zur gesamten Episode ibid. 1, 124–127, 1. Kyros wird nach seiner eigenen Überzeugung (1, 126, 6) von einer göttlichen τύχη gelenkt. 305 Hdt. 1, 127, 2. 306 Hdt. 1, 130, 1–2. Deutsche Übers. Ley-Hutton. 307 Hdt. 1, 130, 3: Tοῦτον δὲ καταστρεψάμενος πάσης τῆς Ἀσίης ἦρξε. Deutsche Übers. Ley-Hutton. 308 Cf. Drews 1969, 6; Gazzano 2018, 46.

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liche Verschulden der Protagonisten (Kroisos und Astyages) herbeigeführt wurde.309 Im Unterschied (?) zu den mesopotamischen Texten (s. o. Kap.  I.2.2; 2.5) wurden Krisen im politischen Denken der Griechen augenscheinlich bereits in der ‚Frühzeit‘ durch menschliches Versagen (und erst sekundär von den Göttern) verursacht.310 Folglich dürfte auch der Kausalnexus zwischen den Fehlurteilen und ethischen Transgressionen einzelner Handlungsträger, die bis zu einem bestimmten Punkt, dem „point of

309 Cf. Brehm 2013, 233: „Die Machtübernahme beschreibt auf diese Weise einen Generationenwechsel, in dem Herodot mittels der gewaltsamen Ablösung eines obsoleten und unbeliebten Herrschergeschlechts folgerichtig den Aufbruch einer neuen Epoche ankündigt.“ 310 Cf. Raaflaub 2000, 58. In sumerisch-akkadischen Texten erscheinen meist die Götter als Urheber eines über die Menschen hereinbrechenden Unheils, das durch menschliche Handlungen allenfalls beschleunigt wird. Folglich scheint das mesopotamische ‚Geschichtsverständnis‘ eine gewisse Autonomie historischer Prozesse zu postulieren: In der sumerischen Dichtung Fluch über Akkad (s. o. Kap.  I.2.5) nimmt die Katastrophe mit einem ungünstigen ‚Zeichen aus dem Ekur‘ ihren Lauf, ohne dass ein erkennbarer Grund für das Entziehen der Gunst, die Enlil der Stadt Akkad bisher zuteilwerden ließ, erkennbar wäre. Wohl aber verstärkt die anschließende Plünderung des Ekurs durch Naramsin den Zorn des Gottes. In der Kutha­Legende Naramsins (s. o. Kap. I.2.5) wiederum erschaffen die Götter – desgleichen ohne erkennbaren Grund – die das Land verheerenden Feinde. Die Krise wird auch hier weder von Naramsin verursacht noch gelöst. Sein Fehlverhalten ist nur insofern relevant, als er sich eben nicht den Göttern anvertraut, sondern eigenmächtig handelt und somit göttliche Lösungen blockiert. Die Sumerische Königsliste (s. o. Kap. I.2.2) wiederum liefert kein Indiz für göttliches Einwirken auf die Abfolge der Dynastien. Der Prozess erscheint geradezu determiniert. In der frühgriechischen Dichtung hingegen greifen die Götter zwar durchaus in das menschliche Leben ein und bestrafen Übeltäter, doch werden die Krisen stets durch Fehlentscheidungen und durch Freveltaten einzelner menschlicher Individuen hervorgerufen, die auf diese Weise durchaus auch die ganze menschliche Gemeinschaft in Mitleidenschaft ziehen können. Cf. etwa Hes. erg. 237–250: „Wem aber schlimme Gewalt und Freveltaten gefallen, denen verhängt Zeus, der weitblickende Kronide, gerechte Strafe, und oft schon büßte die ganze Stadt für einen Schurken, der Frevel und Missetaten verübt. Solchen sendet Kronion schweres Leid vom Himmel, Hunger und Pest zugleich, und ganze Völker verderben. Ihre Frauen gebären nicht und Geschlechter schwinden durch Ränke des olympischen Zeus dahin, oder der Kronide richtet strafend ihr starkes Heer, die Mauer oder ihre Schiffe im Meer zugrunde. Auch ihr, Könige, wollt dieses Recht wohl bedenken! Nahe nämlich, inmitten der Menschen, sind die Unsterblichen und achten auf alle, die das Auge der Götter nicht scheuen und einander mit krummen [ungerechten] Bescheiden misshandeln“ (οἷς δ’ὕβρις τε μέμηλε κακὴ καὶ σχέτλια ἔργα, / τοῖς δὲ δίκην Kρονίδης τεκμαίρεται εὐρύοπα Zεύς. / πολλάκι καὶ ξύμπασα πόλις κακοῦ ἀνδρὸς ἀπηύρα, / ὅς τις ἀλιτραίνῃ καὶ ἀτάσϑαλα μηχανάσται. / τοῖσιν δ’οὐρανόϑεν μέγ’ ἐπήγαγε πῆμα Kρονίων, / λιμὸν ὁμοῦ καὶ λοιμὸν• ἀποϕϑινύϑουσι δὲ λαοί. / οὐδὲ γυναῖκες τίκτουσιν, μινύϑουσι δὲ οἶκοι / Zηνὸς φραδμοσύνῃσιν Ὀλυμπίου ἄλλοτε δ’αὖτε / ἢ τῶν γε στρατὸν εὐρὐν ἀπώλεσεν ἢ ὅ γε τεῖχος / ἢ νέας ἐν πόντῳ Kρονίδης ἀποτίννυται αὐτῶν. / Ὦ βασιλῆς, ὑμεῖς δὲ καταφράζεσϑε καὶ αὐτοὶ / τήνδε δίκην• ἐγγὺς γὰρ ἐν ἀνϑρώποισιν ἐόντες / ἀϑάνατοι φράζονται, ὅσοι δολιῇσι δίκῃσιν / ἀλλήλους τρίβουσι ϑεῶν ὄπιν οὐκ ἀλέγοντες). Cf. in diesem Sinne ferner Schelske 2018, 355 (bezogen auf das Geschichtswerk Herodots): „[…] if the decision made [scil. die von einem menschlichen Individuum getroffene Entscheidung, M. O.] happens to be good, then the gods, too, will help; if however, their decision is bad, then the gods will punish them by making them decay.“ Andererseits ist zu betonen, dass Szenarien der ‚Unheilsherrschaft‘, die als ein ‚Abweichen‘ von der ‚gottgewollten Ordnung‘ deklariert werden und einen kausalen Zusammenhang zwischen menschlichen Verfehlungen und einer Katatstrophe zumindest nahelegen, auch im mesopotamischen, ägyptischen und persischen Denken beheimatet sind. Cf. Müller 2008.

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no return“,311 (s. o. Kap. I.3.1.3), Raum für Kontingenz bieten (s. o. Kap. I.3.1.1), und der Reichesukzession in den Historien griechische Vorstellungen spiegeln. Herodot begreift die Abfolge der Imperien der Assyrer, Meder und Perser als einen historischen Prozess, dessen Richtung zwar durch Prodigien und den ‚Neid des Göttlichen‘ gesteuert erscheint, innerhalb dessen die von den Akteuren ausgehenden Impulse bzw. ihre jeweiligen Reaktionen auf gottgesandte Orakel u. ä. jedoch hohe Relevanz besitzen.312 Erst individuelle Fehlentscheidungen führen die Nemesis herbei.313 Allein das Axiom der Endlichkeit alles Irdischen lässt sich recht eindeutig als ‚statischer Aspekt‘ der geschichtsphilosophischen Reflexion Herodots beschreiben: In der Person des Kyros findet die in Hdt. 1, 5, 4 formulierte Geschichtsauffassung (s. o. Kap. I.3.1.1) eine eindrückliche Bestätigung: Was klein war, ist groß geworden („what was ‚small‘ has become ‚big‘“314), und das Unbedeutende hat Bedeutung erlangt.315 In gleicher Weise ist auch der Aufstieg der Perser von Untertanen zu Herrschern als maßgebliches Bildungselement dieser Konzeption zu betrachten.316 Hier liegt folglich ein weiteres Indiz dafür vor, dass es sich bei der persischen Vasallität gegenüber den Medern um ein herodoteisches Konstrukt handelt (s. o. Kap. I.2.8).317 Zugleich stellt Kyros’ Aufstieg eine „markante dynastische Zäsur“318 dar, da Herodot (1, 96–109) zufolge während der hundertfünfzig Jahre währenden Meder-Dynastie stets der Sohn dem Vater in der Re-

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Lateiner 1989, 129. So ist es die Reaktion des Astyages auf seinen ersten Traum (Hdt. 1, 107), i. e. die Verheiratung seiner Tochter mit dem Perser Kambyses, die die Geburt dessen, der ihn stürzen wird (nämlich Kyros), erst ermöglicht. Im Falle einer Heirat Mandanes mit einem medischen Adligen wäre die Herrschaft bei den Medern verblieben. Dies gilt in erster Linie für die Protagonisten. ‚Tragische Figuren‘ wie der Lyder Adrastos (Hdt. 1, 34–45. Cf. Bichler 2000, 248), der sowohl seinen eigenen Bruder als auch den Sohn des Kroisos wider Willen tötet, erscheinen nachgerade als ‚Handlanger des Schicksals‘, die die Erfüllung der Nemesis  – hier an Kroisos  – gewährleisten. Andererseits kann  – wie oben dargelegt  – auch das Schicksal von Nebenfiguren wie Harpagos in das Verlaufsschema von Hybris, Nemesis und Sturz eingebunden werden, da dessen ungerechte Behandlung durch Astyages und seine daraus resultierende Rache maßgeblich zum Sturz des Mederkönigs beitragen. Van Der Veen 1996, 42. Cf. ibid., 42–45 zu verschiedenen Beispielen. Cf. ibid., 44. Cf. Rollinger 1999, 127 mit Anm. 58. Die Bedeutung dieser Konstruktion erhellen nicht zuletzt die Worte des Astyages, die jener nach seiner Niederlage an Harpagos richtet (cf. Van Der Veen 1996, 44), den er für seinen Verrat am Volk der Meder schmäht (Hdt. 1, 129, 4): „Wenn es nämlich nötig sei, einem anderen die Königsherrschaft zu überlassen, und wenn er selbst sie nicht ausüben könne, so wäre es gerechter, dieses Gut einem Meder statt einem Perser zukommen zu lassen. Jetzt aber seien die Meder statt zu Herren zu Sklaven geworden, obwohl sie selbst daran unschuldig seien; die Perser aber, früher Untertanen der Meder, seien jetzt zu Herren geworden“ (εἰ γὰρ δὴ δεῖν πάντως περιϑεῖναι ἄλλῳ τέῳ τὴν βασιληίην καὶ μὴ αὐτὸν ἔχειν δικαιότερον εἶναι Mήδων τέῳ περιβαλεῖν τοῦτο τὸ ἀγαϑὸν ἢ Περσέων• νῦν δὲ Mήδους μὲν ἀναιτίους τούτου ἐόντας δούλους ἀντὶ δεσποτέων γεγονέναι, Πέρσας δὲ δούλους ἐόντας τὸ πρὶν Mήδων νῦν γεγονέναι δεσπότας). Cf. auch Hdt. 1, 130, 1. Brehm 2013, 233.

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gierung nachfolgte. Der Übergang der Hegemonie von den Medern auf die Perser wird bereits im Vorfeld mehrfach angedeutet und auch rückblickend als entscheidendes Ereignis markiert.319 Gleichwohl gelangt mit den Persern zwar ein anderes Volk zur Herrschaft, doch suggeriert Herodot mittels der Konstruktion einer (matrilinearen) verwandtschaftlichen Verbindung des Kyros zum Haus des Astyages „für die Abfolge der oberasiatischen Reiche von Medern und Persern eine genealogische Kontinuität.“320 Indessen ist die Sukzession von Reichen in den Historien infolge der klaren Teilung der Herrschaftsräume (des ‚oberen‘ und des ‚unteren‘ Asiens) noch längst nicht zu der kanonischen Formel Assyrien – Medien – Persien erstarrt. Die bei Herodot greifbare Abfolge orientalischer Imperien liest sich – bezogen auf ganz Asien – vielmehr als Sukzession der Mächte Assyrer/Lyder – Meder/Lyder – Perser.321 Zudem sind im ersten wie auch im zweiten Glied zeitweilig jeweils zwei Volksgruppen an der Herrschaft über das ‚obere Asien‘ beteiligt, da (erstens) die Meder nach ihrem Abfall bis zum Fall Ninives unabhängig von den Assyrern herrschten, und (zweitens) die assyrische Herrschaft auch zur Zeit des medischen Imperiums in kleinerem Rahmen weiter existiert haben soll (s. u.).322 Eine Sukzession der Assyrer, Meder und Perser lässt sich

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Cf. etwa Hdt. 1, 120, 5 (Rede der Mager vor Asytyages): „König, auch uns liegt viel daran, dass deine Herrschaft erhalten bleibt. Wenn sie nämlich auf dieses Kind, das ein Perser ist, übergeht, kommt sie somit in fremde Hände, und wir, die wir Meder sind, werden Untertanen und bei den Persern nichts gelten, da wir Fremde sind.“ (Ὦ βασιλεῦ, καὶ αὐτοῖσι ἡμῖν περὶ πολλοῦ ἐστι κατορϑοῦσϑαι ἀρχὴν τὴν σήν. Kείνως μὲν γὰρ ἀλλοτριοῦται ἐς τὸν παῖδα τοῦτον περιιοῦσα ἐόντα Περσήν, καὶ ἡμεῖς ἐόντες Mῆδοι δουλούμεϑά τε καὶ λόγου οὐδενὸς γινόμεϑα πρὸς Περσέων, ἐόντες ξεῖνοι). Cf. ferner Hdt. 1, 124, 2; 127, 1; 210, 3. Dass der Herrschaftswechsel von den Medern auf die Perser in der Vorstellung Herodots eine entscheidende Zäsur darstellte, führt nicht zuletzt eine in der Smerdis-Geschichte enthaltene Rede des Kambyses (Hdt. 3, 65) vor Augen. Als der sterbende König erkennt, dass er seinen Bruder umsonst getötet hat und die Macht in den Händen eines Magers liegt, ruft er eine Versammlung der vornehmsten Perser ein und ermahnt sie, die Herrschaft zurückzugewinnen: „Ich beschwöre euch bei unseren göttlichen Ahnen und zumal euch Achaimeniden: lasst nicht die Herrschaft wieder an die Meder fallen!“ (καὶ δὴ ὑμῖν τάδε ἐπισκήπτω ϑεοὺς τούς βασιληίους ἐπικαλέων, καὶ πᾶσι ὑμῖν καὶ μάλιστα Ἀχαιμενιδέων τοῖσι παρεοῦσι, μὴ περιιδεῖν τὴν ἡγεμονίην αὖτις ἐς Mήδους περιελϑοῦσαν). 320 Brehm 2013, 198. 321 Cf. Drews 1969, 6: „Herodotus’ chronology of the Eastern kingdoms presupposes that Upper and Lower Asia had been ruled by different dynasties until Cyrus defeated Croesus and made all of Asia subject to himself. The Halys had divided Croesus from Cyrus, the Mermnad predecessors of Croesus from the Medes, and the Heraclid Lydians from the Assyrians.“ Die Bedeutung der Lyder innerhalb der herodoteischen Sukzession von Reichen erhellt nicht zuletzt die Tatsache, dass auch das Haus der Mermnaden in das verzweigte Netz der vorderorientalischen Dynastien eingebunden wird. Cf. Bichler 228–235. Folgerichtig beginnt Kroisos der Krieg gegen Kyros dann auch, um seinen Schwager Astyages zu rächen (Hdt. 1, 73, 2). Cf. Brehm 2013, 200. Zudem stammen auch die lydischen Herakliden, die vor den Mermaden über das ‚untere Asien‘ herrschten, wie ihr Pendant im ‚oberen Asien‘, die Assyrer, von Ninos ab. Cf. Drews 1969, 6. mit Hdt. 1, 7, 2. Die beiden Herrschaftsräume sind folglich bereits in der ‚Frühzeit‘ dynastisch miteinander verbunden. Zur Chronologie der lydischen Mermnaden cf. Strasburger 1956, 139 f. 322 . Cf. Alonso-Núñez 1988, 129. Herodot veranschlagt für die medische Hegemonie eine Gesamtdauer von 128 Jahren. Da der Endpunkt – Kyros’ Sieg über Astyages – der Nabonid Chronik, Col. II, 1–4

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folglich – unter Ausklammerung der temporären ‚Dyarchien‘ im ersten und im zweiten Element – allein für die Herrschaft über das ‚obere Asien‘ bestimmen. Die medische Suprematie wiederum wird von einer achtundzwanzig Jahre währenden Hegemonie der Skythen (Hdt. 1, 104, 2; 4, 1, 1; 4, 4) unterbrochen, doch stellt diese Episode innerhalb der Konzeption Herodots keine neuerliche Zäsur in der Sukzession der Herrschaftsträger dar, denn den Skythen gelang es offenbar nicht, ein veritables Imperium zu errichten.323 Weitere Unklarheiten ergeben sich aus der nur marginalen Bedeutung des neubabylonischen Reiches. Zwar war Herodot augenscheinlich bekannt, dass Babylon bis zur Eroberung durch Kyros von souveränen Königen regiert wurde.324 Er vermerkt ausdrücklich, dass die assyrischen Eroberungen des Kyaxares nicht das babylonische Gebiet umfassten.325 Von einer medisch-babylonischen Koalition indessen, die den Fall Ninives herbeiführte, geschweige denn von der Etablierung einer unabhängigen babylonischen Dynastie bereits unter Nabopolassar (626 v. Chr.), weiß er nichts. Auch ist ihm der prominente Name Nebukadnezar, dem immerhin Antimenidas, ein Bruder des Dichters Alkaios, als Söldner gedient hatte,326 kein Begriff.327 Dies erscheint umso erstaunlicher, als der entsprechende Alkaios-Text, der den babylonischen König allerdings nicht namentlich nennt, Herodot bekannt gewesen sein dürfte.328 Hätte er

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(= ABC, Nr. 7, 106 = Glassner 2005, Nr. 26, 236–237) zufolge auf das Jahr 550 v. Chr. fällt, wäre der Beginn der medischen Vorherrschaft im Jahre 678 v. Chr. anzusetzen. Von diesem Zeitpunkt an bis zum Fall Ninives 612 v. Chr. überschneiden sich die imperiale Geschichte der Assyrer und Meder. Cf. Alonso-Núñez 1988, 129. Zur Chronologie der medischen Könige cf. ferner Strasburger 1956, 136 f.; Cook 1983, 4. Cf. Alonso-Núñez 1988, 128. Dies geht aus Hdt. 1, 130, 1 hervor, wo es heißt, die Meder hätten 128 Jahre lang die Vorherrschaft innegehabt, und zwar „abgesehen von der Zeit, in der die Skythen geherrscht hatten“ (πάρεξ ἥ ὅσον οἱ Σκύϑαι ἦρξον). Desgleichen unterbricht auch die in Hdt. 1, 130, 2 erwähnte Erhebung der Meder gegen Dareios (522–520 v. Chr.) die Sukzessionskette nicht. Cf. Murray/Moreno 2007, 135. Herodt nennt (1, 77 und 74, 3) einen König Labynetos von Babylon als Verbündeten des Kroisos sowie als Vermittler des lydisch-medischen Waffenstillstandes im Jahr 584 v. Chr. Cf. Hdt. 1, 106, 2; 1, 103, 2. Cf. Alk. 350 (Lobel-Page) = F 50 (Diehl). Cf. Burkert 1996. Cf. Högemann 1992, 57. Cf. Burkert 1996, 69. Dies ergibt sich aus einem von Strab. 13, 2, 3 zitierten Passus des oben genannten Alkaios-Fragments (F 50). Sein Bruder Antimenidas, so der Dichter, habe im babylonischen Heer eine Heldentat vollbracht, indem er einen hünenhaften Krieger erschlug, dem „nur eine Handbreit zu fünf Königs-Ellen fehlte“ (κτένναις ἄνδρα μαχάταν βασιληων παλάσταν ἀπυλείποντα μόναν ἴαν παχέων ἀπὺ πέμπων). Das altorientalische Längenmaß der Königselle scheint zu Lebzeiten des Alkaios auf Lesbos so bekannt gewesen zu sein, dass der Dichter auf eine Erläuterung verzichten konnte. Im ausgehenden fünften Jahrhundert v. Chr. dagegen, also zu eben jener Zeit, als Herodot sein Geschichtswerk verfasste, war die ‚Königs-Elle‘ (βασιλήιος πῆχυς) zunehmend durch die ‚Polis-Elle‘ (δημόσιος πῆχυς) verdrängt worden, sodass der Verfasser der Historien sich im Babylonischen Logos (1, 178, 3) berufen fühlte, ihre Bedeutung zu erklären: Die Stadtmauer von Babylon habe 50 Königs-Ellen in der Breite und 200 in der Höhe gemessen, wobei eine Königs-Elle drei Finger breit länger als eine gewöhnliche Elle sei. Eine in Hdt. 7, 117 enthaltene Formulierung wiederum legt die Kenntnis des Alkaios-Textes nahe: Dort heißt es über den groß-

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tatsächlich babylonische Informanten befragt, so wäre nicht recht erfindlich, weshalb jene ihm ausgerechnet die Leistungen Nebukadnezars II. vorenthalten haben sollten.329 Herodot jedoch bringt die Errichtung der Verteidigungsanlagen, die derselbe König ins Werk setzte, mit einer Herrscherin namens Nitokris in Verbindung.330 Vor allem aber trifft der griechische Autor nicht die (moderne) terminologische Unterscheidung zwischen einem neuassyrischen und einem neubabylonischen Staat. Assyrien, so scheint es, ist nach seinem Verständnis identisch mit dem gesamten Zweistromland.331 Letzteres geht aus seinen einleitenden Worten zum Babylonischen Logos eindeutig hervor: Κῦρος ἐπείτε τὰ πάντα τῆς ἠπείρου ὑποχείρια ἐποιήσατο, Ἀσσυρίοισι ἐπετίϑετο. τῆς δὲ Ἀσσυρίης ἐστὶ μὲν κου καὶ ἄλλα πολίσματα μεγάλα πολλά, τὸ δὲ ὀνομαστόταον καὶ ἰσχυρότατον καὶ ἔντα σφι Νίνου ἀναστάτου γενομένης τὰ βασιλήια κατεστήκεε, ἦν Βαβυλῶν […]. Als Kyros alle Gebiete des asiatischen Festlandes unterworfen hatte, griff er die Assyrer an. Es gibt in Assyrien viele andere bedeutende Städte, die bekannteste und mächtigste aber war Babylon, wo nach der Zerstörung von Ninos der Königspalast errichtet worden war.332

Hier entsteht der Eindruck eines assyrischen ‚Rumpfstaates‘ in Babylonien, gegen dessen letzten König Labynetos (Nabonid?333) Kyros aufrüstet.334 Herodot hatte offensichtlich nur vage Vorstellungen von der faktischen Ausdehnung und Machtfülle königlichen Aufseher des Kanalbaus, Artachaies: „Er überragte alle Perser an Größe – vier Finger fehlten an fünf königlich persischen Ellen“ (μεγάϑεί τε μέγιστον ἐόντα Περσέων· ἀπὸ γὰρ πέντε πήχεων βασιληίων ἀπέλειπε τέσσερας δακτύλους). 329 Cf. Heller 2015, 340. 330 Hdt. I, 185–187. Cf. Högemann 1992, 57; Streck 1998–2001c; Heller 2010, 44–47; Bichler 2007c, 213; Röllig 1969 hat diese Königin mit Nabonids Mutter Adad-guppi identifizieren wollen. Streck 1998–2001b wiederum zieht Naqi’a, die Mutter des assyrischen Königs Asarhaddon, als historisches Vorbild in Betracht. Heller 2015, 339 hält Nitokris für einen ägyptischen Namen. 331 Cf. Alonso-Núñez 1988, 127. Dieses Verständnis mag in der der bis 626 v. Chr. wiederholt auftretenden assyrisch-babylonischen Dyarchie begründet liegen. Cf. Kuhrt 2002a, 486. Tatsächlich ist fraglich, ob diese moderne Unterscheidung im Bewusstsein der Babylonier selbst eine hervorgehobene Rolle spielte. 332 Hdt. 1, 178, 1. Deutsche Übers. Ley-Hutton. 333 Cf. Kuhrt 2002a, 486: „Herodotus’ Babylonian King, Labynetos, seems to be a rendering of Nabonidus’ name, used by him, indeed as a portmanteau name for all Babylonian kings.“ Tatsächlich trägt der Vater des hier erwähnten Labynetos (II.) in den Historien denselben Namen (Labynetos I.), der in Hdt. 1, 74, 3 als Vermittler des medisch-lydischen Friedensvertrags im Jahre 585 v. Chr. auftritt. Die korrekte griechische Wiedergabe des Namens Nabû­na’id wäre indessen die bei Berossos bezeugte Form Nabonnedos. Cf. Heller 2015, 339. Der herodoteischen Schreibweise scheint die altpersische Form *Nabunaita zugrunde zu liegen, wobei das anlautende ‚N‘ im Griechischen als ‚L‘ realisiert wurde. Cf. Schmitt 2006, 211 f. Cf. desgleichen die Analyse bei Heller 2010, 45 f. 334 Cf. Hdt. 1, 188. Cf. ferner Bichler 2007c. Högemann 1992, 57, Anm. 80 dagegen nimmt an, dass Herodot auf dem Boden Assyriens zwei Reiche (Assyrien und Babylonien) verortet, die sich in der Herrschaft ablösen. Die Auffassung Högemanns, dass die eigentliche assyrische Herrschaft 1, 95 „definitiv für beendet erklärt“ werde, kann die Verfasserin nicht teilen.

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dieses Reiches, dem er keinen ‚Weltmachtstatus‘ zuerkennt.335 Entsprechend präsentiert er die Eroberung ‚ganz Asiens‘ durch Kyros nach den Siegen über Astyages und Kroisos als bereits vollzogen.336 Die sich anschließende Eroberung Babylons erscheint demgegenüber geradezu als Appendix. Zwar reicht der Erinnerungshorizont Herodots zum Teil weit über die von ihm selbst veranschlagte „Drei-Generationen-Schwelle“337 von rund hundert Jahren hinaus.338 Die Geschichte des assyrischen und des neubabylonischen Imperiums  – der Fall Assyriens ereignete sich rund hundertfünfzig Jahre vor dem Einsetzen der griechischen Historiographie339 – lag jedoch augenscheinlich jenseits des Zeitraums, den die kollektive Erinnerung akkurat bewahrte.340 Im Unterschied zu den Medern und Ägyptern bleibt Herodot denn auch eine Königsliste der Assyrer und Babylonier schuldig.341 Der Fall Ninives 612 v. Chr. war ihm zwar bekannt (1, 103; 106), wurde jedoch nicht datiert.342 Eine vage Erinnerung an die vergangene Größe Assyriens war in den Köpfen der Griechen indessen nach wie vor lebendig.343 Die Kunde vom Fall der mächtigen Residenzstadt Ninive dürfte sie bald erreicht haben344 und naheliegenderweise mit 335 Cf. Drews 1965, 133: „Herodtus […] was certainly confused about Assyrians and Chaldaeans.“ 336 Cf. in diesem Sinne auch Gazzano 2018, 48: „[…] la Lidia nel processo della translatio riveste un ruolo significativo – ben più significativo agli occhi dei Greci dei quello della Babilonia di Nabonido – non come impero in sé, ma come tassello finale della realizzazione di quello, pan-asiatico e dunque ‚universale‘, persiano.“ 337 Cobet 2003, 124. 338 Cf. ibid., 123, der den Zeitraum von hundert Jahren als „engere[n] Erinnerungshorizont“ bezeichnet. Dass die Exkurse den Historien eine Perspektive auf die frühere Vergangenheit öffnen, ist hinlänglich bekannt. Dies lehrt namentlich die zeitliche Tiefendimension der ägyptischen Königsgeschichte, die den Blick auf die 345 Generationen seit dem ersten König Min (2, 143) und darüber hinaus auf ein spatium mythicum von rund 17 000 Jahren lenken, in denen die Götter – unter ihnen Herakles – über Ägypten geherrscht hätten (2, 43; 144 f.). Cf. Cobet 2003, 122. 339 Cf. Heller 2015, 334. 340 Cf. Cobet 2003, 124 f.; Murray 2001a, 19–21. Anthropologischen Forschungen zufolge umfasst der ‚engere Erinnerungshorizont‘ in mündlich geprägten Kulturen 150 bis 200 Jahre. Genauigkeit und ‚Verlässlichkeit‘ hängen dabei allerdings weniger von der Zeitspanne ab, die den Berichtenden von den geschilderten Ereignissen trennt, als vielmehr von der Art der Überlieferung („mode of transmission“): Akkurat seien die Informationen namentlich dort, wo ein konkretes Gruppeninteresse (Eliten, Kultzentren, Orakelstätten) dahinterstehte, das sich in der Regel langlebiger als Folklore erweise. Demenstsprechend bedeutet ‚akkurat‘ mitnichten historisch verlässlich. 341 Cf. Cobet 2003, 124; Strasburger 1956, 135. Cf. auch Drews 1965, 133: „Herodotus […] had little or no chronological information on the various Assyrian kings.“ Zur Chronlologie der medischen und ägyptischen Könige cf. Strasburger 1956, 136–138. 342 Cf. Cobet 2003, 124 f., der (ibid. 125) konstatiert: „Die Griechen besaßen also kaum verläßlich überlieferte Synchronismen zwischen ihrer und der orientalischen Geschichte […].“ 343 Cf. Kuhrt 2002a, 486: „It is undoubtedly the great, pervasive power of Assyria that led Herodotus to visualize it as the imperial predecessor of the Medes and Persians (I, 95) and to think of Babylonia […] as a part of Assyria.“ 344 Cf. Phokylides F 4 (Diehl). Indessen halten Korenjak/Rollinger 2001 den Verfasser des Fragments für einen erst im ersten Jahrhundert v. Chr. schreibenden Autor. Das Motiv vom Fall eines mächtigen Reiches, das einem unzivilisierten, rebellierenden Gegner erliegt, begegnet auch in der orientalischen Überlieferung (Fluch über Akkad etc.). S. o. Kap. I.1–5.

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dem prominenten Namen des medischen Heerführers Kyaxares verknüpft worden sein.345 Entsprechend tritt in den Historien die Verbindung der Perser zu den Medern ungleich deutlicher zutage als zu den Assyrern (respektive den Babyloniern).346 Medien, nicht Assyrien, erscheint in den Historien als ‚imperiale Matrix‘ des Perserreiches (s. o.),347 ohne dass indessen eine „innere Differenzierung und Entwicklung des medischen Königtums als Institution“348 von Deiokes bis zu seinem letzten Vertreter Astyages erkennbar wäre. Den griechischen „Vorstellungen vom statischen Königtum Asiens“349 gemäß werden bereits im iranischen Hochland um Hamadan die Grundlagen der Macht gelegt, die Persien zum großen Antipoden der Griechen werden lässt. Die territoriale Vereinigung des ‚oberen‘ und des ‚unteren‘ Asiens bringt indessen erst Kyros zuwege. Erst mit der Eroberung des Lyderreiches wird der ‚orientalische Expansionismus‘ zur existentiellen Bedrohung für die Griechen.350 3.1.3 Die Meder in den mesopotamischen Zeugnissen und die Frage nach der Historizität eines Medischen Großreiches The Persians did not have to carve out an empire for themselves from scratch. Cyrus the Great took over one ready-made from the Medes.351 The Median empire exists for us because Herodotus says it did. But did it?352 Seit der Ausprägung der Idee einer Sukzession von Weltreichen, die im 5. und 4.  Jahrhundert v. Chr,. im Kontext einer Richtung Osten gewandten griechischen Historiographie entstand, sich im Laufe mehrerer Jahrhunderte verfestigte, bevor sie im Schoß einer christlich orientierten Heilsgeschichte quasi kanonische Geltung erfuhr, hatte das ‚medische‘ Königtum seinen festen Platz in einer universalgeschichtlich ausgerichteten Gesamtschau auf die ‚Welt‘. Diese Konzeption einer translatio imperii prägte über Jahrhunderte die Vorstellungen eines vorderasiatisch-orientalischen Königtums. Und sie konnte, auch nachdem die Konzeption einer christlichen Heilsgeschichte ihre Deutungshoheit des

345 Cf. Alkaios F 98 (Lobel-Page). 346 Cf. Patzek 2004, 65: „Herodot war bekannt, daß die Herrschaft von den Assyrern auf Babylon übergegangen war (1, 178, 1), aber er zieht die Perspektive der Ablösung der Assyrerherrschaft durch ein fremdes und zu seiner Zeit noch unzivilisiertes Volk der Meder vor.“ 347 Cf. Lanfranchi 2010, 48; 52. 348 Rollinger 2010a, 65. 349 Ibid., 81. Cf. ibid., 65 f.: „Auf einer strukturellen Ebene stellt sich das ‚medische‘ Königtum so als ein fester Bestandteil des Königtums von Asien dar: Die medischen Könige und die Institution des medischen Königtums unterscheiden sich deshalb eigentlich nicht von den nachfolgenden persischen Königen und ihrem Königtum.“ 350 Cf. Alonso-Núñez 1988, 126. 351 Cook 1983, 6 f. 352 Sancisi-Weerdenburg 1988, 199.

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welthistorischen Geschehens im 18. und 19. Jahrhundert verloren hatte, ihre Wirkung weiter entfalten. […] Vor diesem Hintergrund betrachtet erscheint das ‚medische‘ Königtum [als, M. O.] eine feste historische Größe, das zu beschreiben keine Schwierigkeiten bereiten sollte. Neuere Forschungen haben dieses lieb gewonnene Bild jedoch in mehrfacher Hinsicht ins Wanken gebracht.353

Bis in die jüngere Vergangenheit hinein galt die Existenz eines medischen Imperiums, das den Persern – politisch-administrativ wie ideologisch – zum Vorbild gereichte, als Selbstverständlichkeit. Nicht zuletzt begünstigte das antike Konzept einer Sukzession der Assyrer, Meder und Perser die Verfestigung der Vorstellung von einem imperial organisierten Mederreich.354 Den Einfluss medischer Staatlichkeit glaubt(e) man namentlich auf dem Felde der Kunst und Palastarchitektur355 sowie im Bereich der Zivilund Militärverwaltung zu erkennen.356 Die rasche Westexpansion Kyros’ II. sei mithin nur unter der Voraussetzung vorstellbar, dass die Perser an bereits etablierte Strukturen aus der medischen Großmachtszeit anknüpften.357 Indes, die Quellenlage zur Geschichte der Meder ist diffizil: Während die ‚klassische‘ Überlieferung die Existenz eines medischen Imperiums postuliert,358 vermitteln mesopotamische Zeugnisse das Bild eines „ursprünglich lose organisierten Stammesverbandes.“359 (s. u.). Tatsächlich bleiben die Beschaffenheit und die Organisation des in den griechischen Quellen omnipräsenten ‚Mederreiches‘, das uns keine schriftliche Überlieferung hinterlassen hat, äußerst rätselhaft. Seine Sprache lässt sich allenfalls in wenigen (altpersischen oder elamischen) Lehnworten greifen,360 und auch der archäologische Befund vermag seine Existenz nicht zu belegen.361 Der letztere Umstand ist möglicherweise der modernen Überbauung der Residez Ekbatana geschuldet, die unter der Großstadt Hamadan verborgen liegt.362 Vor diesem Hintergrund repräsentiert der μηδικὸς λόγος Herodots,363 der die Geschichte des Mederreiches von seinen Anfängen bis zum Sturz des Astyages schildert (s. o. Kap. I.3.1.2), nahezu die einzige Basis, um vermittels onomastischer Identifizierungen eine medische Herrscherdynastie zu rekonstruieren. Herodot berichtet von 353 354 355 356 357 358 359 360 361 362 363

Rollinger 2010a, 63. Cf. Liverani 2003, 2. Cf. etwa Roaf 2003. Cf. Harmatta 1971; Högemann 1992, 79–85. Cf. den Überblick bei Briant 1996, 35–38 sowie bei Jursa 2003, 174–179. Cf. Mari 2018, 9, der betont, dass „nessun autore greco a noi noto per tradizione diretta o indiretta, suo contemporanea o suo successore, contraddice le affirmazioni dello storico Alicarnasso sull’essistenza di un imperium dei Medi prima dell’ascesa di Ciro II (il Grande) di Persia.“ Rollinger 2005b, 27. Zum sprachwissenschaftlichen Befund cf. Schmitt 2003a. Cf. Rollinger 2005b, 12 f. mit Anm. 12. Bislang konnte nur eine Siedlung aus sasanidischer Zeit freigelegt werden. Cf. Sarraf 2003. Cf. Hdt. 1, 95–106.

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Asien und die Sukzession von Reichen aus griechischer Sicht

vier Königen, die vom ausgehenden achten Jahrhundert an bis in die Mitte des sechsten Jahrhunderts v. Chr. regiert hätten: Deiokes (Δηϊόκης), Phraortes (Φραόρτης), Kyaxares (Κυαξάρης) und Astyages (Ἀστυάγης).364 Die beiden letzteren Namen erweisen sich als korrekte griechische Wiedergaben zweier, auch durch die altorientalische Überlieferung bezeugter Figuren: Kyaxares wird in der babylonischen Chronik vom Fall Ninives, entsprechend Hdt. 1, 106, unter dem Namen Umakištar als Heerführer der Meder genannt,365 und der laut Herodot von Kyros besiegte letzte medische König Astyages erscheint in der Nabonid­Chronik sowie bereits in den zeitgenössischen Inschriften des letzten neubabylonischen Königs als Ištumegu.366 Die Identifizierung des herodoteischen Deiokes mit einem in den Chorsabad­Annalen Sargons II. für das Jahr 715 v. Chr. bezeugten mannäischen Statthalter Daiukku367 dagegen haben Peyton Randolph Helm und Stuart C. Brown inzwischen widerlegt.368 Zwar steht außer Frage, dass sowohl Herodot als auch Ktesias (s. u. Kap. I.3.2.1–3.2.2) durchaus mit der iranischen und (im weiteren Sinne) altorientlischen Onomastik vertraut waren, doch lassen sich auf dieser Basis allein keine Rückschlüsse auf die Historizität der mit diesen Namen verbundenen Ereignisse respektive Entwicklungen ziehen.369

364 Cf. Wiesehöfer 2004a, 15–17. Herodot verwendet stets eine relative Chronologie nach den Regierungsjahren der einzelnen Herrscher. Von dem in der Nabonid­Chronik (s. u.) fixierten letzten Regierungsjahr des Astyages (550 v. Chr) an rückwärts gerechnet, ergeben sich die folgenden absoluten Daten: Deiokes (1, 102, 1: 53 J.): 700/699–647/46 v. Ch.; Phraortes (1, 102, 2: 22 J.): 647/46–625/24 v. Chr.; Kyaxares (1, 106, 3: 40 J.): 625/24–585/84 v. Chr.; Astyages (1, 130, 1: 35 J.): 585–550/49 v. Chr. Zur Chronologie cf. Brown 1988, 74 und Murray/Moreno 2007, 147. 365 Cf. Chronik vom Fall Ninives Z. 30; 40; 47; 92 (= ABC, Nr. 3, 90–96 = Glassner 2005, Nr. 22, 218– 225). Die zeitgenössischen Inschriften Nabopolassars hingegen erwähnen die Person des Kyaxares nicht. 366 Cf. Nabonid­Chronik Col. II, 1–4 (= ABC, Nr. 7, 106 = Glassner 2005, Nr. 26, 234–235). Hier ist im Unterschied zu Hdt. 1, 127–128, Astyages, nicht Kyros der Aggressor. Unter den Inschriften Nabonids setzen sich die Babylon­Stele (Col. II. = Schaudig 2001, 514–529, Nr. 3.3a), die Harran­Stele (Schaudig 2001, 586–499, Nr. 3.1) sowie der Eḫulḫul­Zylinder (= Schaudig 2001, 409–440, Nr. 2.12; Beulieu 1999, 20–22) mit Ištumegu auseinander. 367 Cf. Chorsabad­Annalen Z. 101–103 (= Fuchs 1994, 105–106; 318–319), wo die Gefangennahme und anschließende Deportation Daiukkus geschildert werden. Cf. ferner Große Prunkinschrift Z. 49 (= Fuchs 1994, 206; 346) zur Deportation ins syrische Hamath. Die Gleichsetzung Daiukkus mit Deiokes erwog erstmalig Smith 1869, 98. Zum Feldzug gegen die Mannäer cf. Melville 2016, 116– 119. 368 Cf. Helm 1981, v. a. 85–88 und Brown 1988, 75 f. sowie zusammenfassend Wiesehöfer 2004a, 17. Ins Gewicht fallen neben onomastischen namentlich chronologische Gründe: Die Gefangennahme Daiukkus durch Sargon II. im Jahre 715 v. Chr. lässt sich schwerlich mit den sich aus Herodot ergebenden Regierungsdaten des Deiokes (700/699–647/646 v. Chr.) in Einklang bringen. Hinzu kommt, dass Daiukku in den Annalen Sargons nicht als Meder, sondern vielmehr als Männäer bezeichnet wird. Desgleichen in die Regierungszeit Sargons II. fallen die Herrschaft Daīkus, eines medischen Stadtfürsten von Saparda, sowie Dasukkus, des Sadtherren von Šingibutu/Elipi. Cf. Rollinger 2004d. 369 Cf. Sancisi-Weerdenburg 1994, 42; Brown 1988, 75–78. Bezweifelt wird dazuhin auch die Gleichsetzung des in einem Omentext Asarhaddons erwähnten Kaštarītu, eines medischen Stadtfürsten von Kār­kašši, mit Phraortes. Cf. Brown 1988, 76–78. Die Geläufigkeit, der Namen Deiokes/

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Die Existenz eines strukturell und machtpolitisch imperial organisierten Mederreiches stellte erstmalig Heleen Sancisi-Weerdenburg anlässlich des 1988 abgehaltenen dritten Achaemenid History Workshops zu Groningen infrage.370 An ihren Thesen entzündete sich ein Forschungsdiskurs, der 2003 Gegenstand einer interdisziplinären Tagung zu Padua gewesen ist.371 Seither ist zwar auch Kritik am Ansatz Sancisi Weerdenburgs geäußert worden;372 es mehren sich jedoch die Stimmen derer, die eine medische ‚Großreichsbildung‘ aus verschiedenen Gründen bezweifeln.373 Die zentralen Argumente seien im Folgenden knapp referiert. Der archäologische Befund, der sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt freilich fast ausschließlich auf drei im medischen Kerngebiet zwischen Kermanschah und Hamadan freigelegte Plätze stützen muss,374 läuft dem von der klassischen Überlieferung gebotenen Bild gänzlich zuwider.375 Er lässt sich hingegegen  – bei unvoreingenommener Lesung – gut mit den Angaben der mesopotamischen Überlieferung vereinbaren:376 Für die Befestigungen Godīn Tepe, Nuš­i Ğān und Baba Ğān verzeichnen Archäologen im achten und siebten Jahrhundert v. Chr. eine „Phase stetigen Wachstums“,377 die sich aus der Anlage kultischer und ziviler Gebäude erschließen lässt. In der ersten Hälfte des sechsten Jahrhunderts indessen, gerade in der Periode, in der Herodot die Blütezeit der medischen Großmacht ansetzt, wurden diese Stätten aufgegeben.378 Die assyrischen Quellen aus der Zeit zwischen 750 und 670 v. Chr. wiederum zeichnen die „fernen Meder“ (Madāja ruqūti) als eine lockere Gemeinschaft von Stämmen unter lokalen Anführern, die zwar ethnisch und im Hinblick auf ihre pastoralistisch-transhumante Lebensweise eine ‚Einheit‘ darstellen, aber über keine allgemein anerkannte Regierung verfügen.379 Für den Zeitraum zwischen 675 und 672  v. Chr. scheinen

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Daiukku und Phraortes/Fravartiš im sechsten Jahrhundert, die ihre Erwähnung in den Persepolis Fortification Tablets dokumentiert, mag die Wahl Herodots erklären. Cf. Sancisi-Weerdenburg 1988. Zu den Ergebnissen cf. die Beiträge in Lanfranchi/Roaf/Rollinger 2003 sowie zusammenfassend Wiesehöfer 2004a. Cf. ferner Kienast 1999; Rollinger 2004d; 2005b. Cf. Tuplin 2004b. Cf. die Zusammenfassungen Wiesehöfer 2004a, 17–23; Rollinger 2005b, 11–15; Mari 2018, 5–9. Zu den Ausgrabungsergebnissen cf. Stronach/Roaf 1973; 1978. Cf. Liverani 2003. Die wichtigsten Quellen stellt Kuhrt 2007, 19–33 zusammen. Cf. Liverani 2003, 2–7. Wiesehöfer 2004a, 20. Cf. Liverani 2003, 2–7, hier v. a. 3. Cf. ibid., 5 f. In der Regierungszeit Tiglatpilesars III. scheint es im Zuge assyrischer Vorstöße ins Gebiet des Zagros zu ersten Kontakten mit den Medern gekommen zu sein. Cf. die Iran­Stele I B, 5’–14’; II B, 25’–44’ (= Tadmor 1994). Sargon II. scheint zwischen 716 und 713 v. Chr. jährliche Feldzüge ins medische Territorium unternommen zu haben. Cf. Melville 2016, 100 f. Cf. die Na­ jafehebad­Stele II, 46–71 (= Levine 1972, 25–50 (Text: 34–45, hier 41–45), die Chorsabad­Annalen, Col. II, 1, 14–16 (= Fuchs 1994, 108; 319) und Col. II, 191–194 (= Fuchs 1994, 122 f.; 323) sowie den Gottesbrief Col. I, 39; 65; 75 (= Mayer 1983, 70 f.; 74 f.). Erwähnung finden die Meder zudem bei bei Sanherib (Bellino­Zylinder, Col. I, 33 = Luckenbill 1924, 60) und Assurbanipal (Prisma B, IV, 3–8 = Borger 1996, 31; 221 f.). Cf. zu den assyrischen Belegen ferner Liverani 2003, 4 f.; Kienast 1999,

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die sogenannten Vasallenvertäge respektive Loyality Oaths Asarhaddons die Präsenz einer medischen ‚Palastgarde‘ am assyrischen Königshof nahezulegen, die offenbar das Ergebnis einer Vereinbarung des assyrischen Herrschers mit einigen medischen Stammesfürsten gewesen ist.380 Die Verträge Asarhaddons mit zahlreichen, teilweise untereinander zerstrittenen ‚Stadtherren‘ (bēl āli) sowie die in seinem Namen unternommenen ‚Anfragen‘ an den Sonnegott Schamasch erwecken desgleichen nicht den Anschein, als sei hier von einem geeinten Mederreich die Rede.381 Vielmehr vermitteln die Zeugnisse der neuassyrischen Periode (neuntes bis siebtes Jahrhundert v. Chr.) den Eindruck einer starken politischen Fragmentierung der medischen Kernlande des Mittleren Zagros.382

61–64; Radner 2003; Lanfranchi 2003. Generell zu den Kontakten der Assyrer mit den Bergvölkern des Zagros cf. Balatti 2017, 51–86. Die Wirtschaftsform des transhumanten Pastoralimus (cf. Balatti 2017, 33–50), die die assyrischen Beute- und Tributbeschreibungen nahelegen (Cf. Liverani 2003, 5 f.), verträgt sich zudem kaum mit dem griechischen Bild der frühen Meder. Weiterhin spielten wohl die Aufzucht und der Export von Pferden eine gewichtige Rolle. Cf. Wiesehöfer 2004a, 18. 380 Text: SAA 2, 28–58, Nr. 6. Cf. Liverani 1995a; Lanfranchi 1998, 107 f.; Potts 2010, 114. Die Bezeichnung Vasallenverträge durch den Ersteditor Wiseman 1958 setzte den Vasallenstatus der Meder auf der Grundlage der Behauptung Asarhaddons (A IV, 32–45, Episode 15 = Borger 1956, 54–56) voraus, dass zahlreiche medische Stammesfürsten sich ihm unterworfen hätten. Inzwischen prävaliert in der Forschung indessen die Überzeugung, dass es sich bei dem Wort adû um einen semantisch dehnbaren Begriff handelt, der auch einen ‚Loyalitätseid‘ bezeichnen kann. Gegen die Klassifizierung des Textes als Vasallenvertrag spricht zudem das Fehlen einer Auflistung der in diesem Fall zu erwartenden Pflichten (Tribut, Heeresfolge etc.). Liverani 1995 erkennt in der in den Verträgen genannten Personengruppe vielmehr eine bewaffnete medische Leibgarde (ḫurādu) am assyrischen Königshof, die dem Kronprinzen Assurbanipal ihre Loyalität habe zusichern müssen. Zugunsten dieser These sprechen die im Vertrag enthaltenen Eide selbst, die recht eindeutig die Präsenz der Meder bei Hofe vorauszusetzen scheinen: die Anweisung, den Kronprinzen zu beschützen (Z. 49–54; 99–100); die Meldepflicht böswilliger Gerüchte und möglicher Verschwörungen (Z. 76–80; 111–118; 130–135; 130 f.; 143–146; 302–317); die Warnung vor der Teilnahme an einer Palastverschwörung (Z. 198 f.); das Verbot von Versammlungen, die das Ziel verfolgen, einen der Ihren zum König zu ernennen (Z. 212–213); das Verbot, die Brüder des Kronprinzen in Anwesenheit ihres Vaters zu verleumden (Z. 281 f.; 323–326; 341 f.; 363 f.; 368 f.). Weiterhin wird in Z. 362 f. die Möglichkeit eines Anschlags durch Vergiftung auf das Leben des Kronprinzen in Betracht gezogen. In Z. 201–211 ist augenscheinlich von Aktivitäten der Meder innerhalb des Palasts die Rede, und aus Z. 180–187 geht hervor, dass sie einer ‚(Leib-)Garde‘ (ḫurādu) angehörten. Liverani 1995, 60 schließt daraus: „The result is clear: the Medes who submitted to the oath were living in the Assyrian palace(s) and performing the service of a guard corpse (ḫurādu) for the Assyrian king, specifically as bodyguards of the crown prince. They had to swear the loyality oaths on the occasion of the nomination of the crown pince, not because they were ‚vassals‘, but because they had been appointed as bodyguards of the prince himself.“ Die Präsenz medischer Leibwächter am assyrischen Königshof sei das Ergebnis von Vereinbarungen Asarhaddons mit medischen Stammesfürsten gewesen, die – während sie selbst in ‚fernen Ländern‘ verweilten – für die Loyalität ihrer Landsleute geradestehen mussten. 381 Cf. Liverani 2003, 6 f. Cf. jedoch die Einwände von Tuplin 2004b, 232 f. 382 Cf. Nin. A.–F, Episode 15–16 (= Borger 1956, 54) sowie SAA 4, 48–50, Nr. 43, obv. 1–14; 61–63, Nr. 56, obv. 1–9; 63 f., Nr. 57, obv. 1–7; 68–69, Nr. 62, obv. 1–14; 73 f., Nr. 64, obv. 1–16. Cf. Liverani 2003, 6; Lanfranchi 2003, 79–80; Radner 2003.

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Hieraus sind in jüngerer Zeit die folgenden Schlüsse gezogen worden:383 Nicht zuletzt die strategisch günstige Lage an der Chorasanstraße führte seit dem ausgehenden achten Jahrhundert zur assyrischen Einflussnahme im Zagros, der unter Sargon II. zeitweilig eine partielle Provinzialisierung folgte. Dieser Umstand mag nach dem Rückzug der Assyrer seit ca. 670 v. Chr. einen Prozess „sekundärer Staatenbildung“384 gefördert haben: Bestimmte Gruppen unter der Leitung medischer ‚Stadtherren‘ profitierten vom Handel mit Assyrien und lieferten Pferde und Krieger ins assyrische Kernland. Auf eine ‚Reichseinigung‘ fehlt bis 614 v. Chr. jeder Hinweis.385 Beginnend mit der Regierung des Kyaxares allerdings scheint sich die Version Herodots als historisch zu erweisen, denn der medische Heerführer wird auch in der Chronik vom Fall Ninives unter dem Namen Umakištar ausdrücklich als ‚Zerstörer Assyriens‘ genannt (s. o.).386 Indessen hat bereits Heleen Sancisi-Weerdenburg zu bedenken gegeben, dass hieraus nicht automatisch seine Stellung als ‚Staatsoberhaupt eines geeinten Mederreiches‘ („the head of a unified Median state“387) abzuleiten sei.388 Zweifellos verfügte Kyaxares über ein beträchtliches Maß an Autorität.389 Vieles spricht aber dafür, dass er kaum mehr gewesen ist als der (fallweise ernannte) Befehlshaber vorübergehend geeinter medischer Verbände: Zwar geht aus der chronographischen Überlieferung eindeutig hervor, dass Umakištar Truppen (ÉRIN) befehligte und folglich als

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Cf. zusammenfassend Wiesehöfer 2004a, 21–23. Ibid., 21. Cf. Liverani 2003, 6 f. Cf. Liverani 2003, 6 f. Cf. Högemann 1992, 73. Roaf 2003 versetzt daher die medische Reichsbildung in die Zeit zwischen 670 und 615 v. Chr. 387 Sancisi-Weerdenburg 1988, 202. 388 Cf. ibid., 201–203. 389 Cf. ibid., 202. Diese (‚historische‘) Autorität des Namens Kyaxares zeigt sich u. a. darin, dass die Bi­ sutun­Inschrift Dareios’ I. drei der ‚Rebellen‘ (darunter zwei namens Fravartiš/Phraortes) ihre Abkunft auf das ‚Geschlecht‘ (taṷma) des Kyaxares/Uvraxšt(a)ra zurückführen lässt (DB 214–217): „(Es war da) ein Mann, Phraortes mit Namen, ein Meder, – der erhob sich in Medien; zum Volk sprach er so: ‚Ich bin Xšaϑrita, aus dem Geschlecht des Kyaxares.‘ Daraufhin (wurde) das medische Heer, das am Hof/Palast (war), das wurde von mir abtrünnig (und) lief über zu jenem Phraortes; dieser wurde König in Medien.“ (1 martiya Fravartiš nāma Māda, – haṷ udapatatā Mādaḭ, kārahyā avaϑā aϑanha: ‚adam Xšaϑrita ami, Uvaxštrahyā taṷmāyā‘; pasāva kāra Māda, haya viϑāpati, haṷ hacāma hamiçiya abava, abi avam Fravartim ašiyava; xšāyaϑiya abava Mādaḭ). DB 279–281: „(Es war da) ein Mann, Tritantaichmes mit Namen, ein Sargatier, – der wurde (von) mir abtrünnig: zum Volk sprach er so: ‚Ich bin König in Sargatien, aus dem Geschlecht des Kyaxares.“ (1 martiya Ciçantamaxma nāma Asagartiya, – haṷmaḭ abava, kārahyā avaϑā: ‚adam xšāyaϑiya ami Asagartaḭ, Uvaxštrahyā taṷmāyā‘). DB 292–293: „Parthien und Hyrkanien waren von mir abtrünnig geworden (und) nannten sich (Besitz) des Phraortes.“ (Parϑava utā Vṛkāna hamiçiyā abava hacāma, Fravartaḭš agaṷbatā). Cf. auch die Beischriften DBe und DBg. Cf. Rollinger 2005b, 15–27; Wiesehöfer 2004a, 16; 22. Indessen erscheint Umakištar in der Bisutun­Inschrift lediglich als (Rollinger 2010a, 69 f.) „genealogischer Referenzpunkt für die Herrschaftansprüche einzelner Rebellen.“ Cf. Rollinger 2005b, 25: „Nicht dynastischs Prinzip, sondern Verknüpfung mit einer Heldenfigur ist dabei der tragende Leitgedanke!“

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Befehlshaber einer medischen Streitmacht auftrat,390 die sich indessen möglicherweise erst am Kriegsschauplatz konstituierte.391 Die babylonische Überlieferung beschreibt die Meder in den Jahren zwischen 614 und 610 v. Chr. als eine destruktive Kraft, als marodierende Horden, denen es in erster Linie um die Plünderung der reichen assyrischen Residenzen, aber auch babylonischer Städte zu tun ist.392 Sie sind (möglicherweise von den Babyloniern eigens zu diesem Zweck angeheuert393) maßgeblich an der Eroberung Assurs, Ninives und Harrans beteiligt, ziehen sich jedoch nach jeder erfolg-

390 Diese Streitmacht wird entweder mit dem Terminus Madāja (Z. 23 f.; 28) oder Umman­manda (Z. 59; 65) bezeichnet (s. u.) und tritt zumeist als „ethnisch gefärbter ‚Haufen‘ […], der eben auch führerlos erscheinen kann“ (Rollinger 2010a, 73) in Erscheinung. Bezeichnenderweise müsste das erste Glied des Begriffs Umman­manda (s. o. Kap. I.2.5) unweigerlich Assoziationen mit dem akkadischen Wort ummānu (‚Heerhaufen‘) wecken, zumal es häufig durch das Sumerogramm ÉRIN ausgedrückt wurde. Cf. Schaudig 2001, 714, dessen Übersetzung ‚Meder-Haufen‘ hier ihre Begründung findet. Die Verbindung der Truppen zu ihrem Heerführer Kyaxares tritt in der babylonischen Überlieferung nicht in derselben Weise zutage wie diejenige der babylonischen Truppen zum šar Akkadî, was indessen auch der Tendenz der Texte geschuldet sein dürfte. 391 Cf. Rollinger 2010a, 74–76. Relevant ist in diesem Zusammenhang der Bericht der Chronik vom Fall Ninives Z. 59 f. zum Jahr 610 v. Chr. (ABC, Nr. 3, 90–96, hier 95 = Glassner 2005, Nr. 22, 218–225, hier 222 f.): „In the Month of Marchesvan the Umman-manda, [who] had come [to hel] p the King of Akkad, put their armies together and marched to Harran [against Ashur-uball]it (II) who had ascended the throne in Assyria.“ (ina itiApin KURÉRIN-man­da [ana] re­ṣu­ut šàr Uriki ginme nim­ma érinme-šú­nu ana šà a­ḫa­meš is­mu­ḫu­ma ana URUḪar­ra­nu [ana ug]u id[Aš­šur-din]iṭ šá ina KURAš­šur ina aš.te ú­ši­bi). Die Interpretation der Textstelle ist nicht eindeutig, da der Bezug sowohl des mit ÉRIN verbundenen Possessivsuffixes –šunu als auch das Subjekt zu dem Prädikat ismuhū (Z. 60) unklar bleibt. Sollten die Umman­manda (und nicht die Babylonier und die Um­ man­manda) als Subjekt aufzufassen sein, so wäre hier nicht von der Vereinigung der medischen und babylonischen Kontingente die Rede, sondern vielmehr von der Konstituierung unterschiedlicher medischer Verbände zu einer geeinten Streitmacht vor Ort. Für die nämliche Lesart spricht ein neubabylonischer Brief (TCL 9, 8–12 = Thureau-Dangin 1925. Zitat nach Rollinger 2010a, 75), in dem es heißt: „Der König marschierte nach Harran. Ein starker Kampfverband an Medern marschierte mit ihm“ (LUGAL a­na KUR.ha­ra­nu it­ta­lak e­mu­qu ma­a­du šá Ima­da­a­a it­ti­šú it­ta­lak). Hier entsteht Rollinger 2010a, 75 zufolge nicht der Eindruck einer medisch-babylonischen Koalition. Vielmehr sei von unter babylonischem Oberbefehl stehenden medischen Verbänden die Rede, die sich zu diesem Zweck überhaupt erst konsituiert hätten: „Die Chronik böte damit einen direkten Hinweis auf die Zusammensetzung des medischen Heerverbandes als lose Stammeskonföderation, die sich zu einem gemeinsamen Heereszug vereinigt und unter einem gemeinsamen Oberbefehl steht.“ Für die Person des Kyaxares ergibt sich daraus (ibid., 75 f.): „Die Position des Anführers der Ummān­manda scheint eng mit dem Zusammenbruch des assyrischen Imperiums verknüpft und im Wesentlichen auf der militärischen Kontrolle eines Konglomerats unterschiedlicher Gruppierungen zu fußen, die sich in diesem Kontext mobilisieren ließen.“ 392 Cf. Jursa 2003, 151–153; Rollinger 2003b. Ähnliche Motive unterstellt den Medern ferner der Prophet Nahum (Nah. 2, 4–3, 19). Jer 51, 11 weissagt zudem die Zerstörung Babylons (!) durch die „medischen Könige“ (Plural). Zu den alttestamentlichen Belegen cf. Liverani 2003, 8 f. 393 Cf. Reade 2003. Die Praxis (vornehmlich elamische) Verbündete gegen Entlohnung zu ‚mieten‘ ist immerhin für frühere neubabylonische Könige bezeugt. Reade zieht u. a. die Möglichkeit in Betracht, dass Phraortes, der nach Hdt. 1, 102 auf einem Feldzug gegen die Assyrer ums Leben kam, von Nabopolassar ins Land gerufen worden war.

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reichen Militäraktion wieder zurück.394 An der dauerhaften politischen Kontrolle des assyrischen Kerngebiets war den Medern demnach kaum gelegen.395 Stattdessen waren es – wie archäologische Funde und mesopotamische Keilschrifttexte lehren – die Babylonier, die zwischen 610 und 550 v. Chr. Syrien und den gesamten nordmesopotamischen Raum in ihre Gewalt gebracht hatten.396 Dagegen lässt sich die territoriale Reichweite des ‚Mederreiches‘, das sich nach Ausweis der griechischen Quellen von Ostanatolien bis nach Zentralasien erstreckt haben soll, durch ‚externe‘ Belege nicht sicher eingrenzen.397 Neuere Untersuchungen stellen zumindest die Westexpansion der Meder unter Kyaxares und die Einrichtung einer gemeinsamen Halys-Grenze mit Lydien398 infrage.399 Es mag in der ersten Hälfte des sechsten Jahrhunderts durchaus zu Auseinandersetzungen zwischen Lydern und Medern gekommen sein, wie nicht zuletzt der spätere griechische Terminus μηδισμός zur Bezeichnung griechischer Kollaboration mit den Persern nahelegt.400 Die permanente Kontrolle des Gebiets durch die Meder allerdings ist zweifelhaft.401 Zu Recht ist darüber hinaus betont worden, dass die babylonischen Zeugnisse ein erstaunliches Stillschweigen hinsichtlich eines ‚Mederreiches‘ wahren, mit dem sie eine gemeinsame Grenze von immerhin tausend Meilen geteilt haben sollen.402 War dies das ‚Weltreich‘, als dessen Erben die Achaimeniden sich betrachteten? Es liegt auf der Hand, dass die These vom persischen Ursprung der Dreiersukzession unbedingt auf die Historizität des Mederreiches angewiesen ist: Die staatsideologi394 Cf. Jursa 2003, 154; Rollinger 2003b. Liverani 2003, 7 deutet den letzteren Umstand dahingehend, dass die Autorität des Kyaxares nicht ausreichte, um die Truppen zusammenzuhalten. Denselben Eindruck vermittelt die Schilderung der Nabonid­Chronik über den Konflikt zwischen Kyros und Astyages (s. o. Kap. I.2.8): Der Letztere stellt eine Armee auf, um den Perserkönig anzugreifen, doch seine Truppen desertieren. Der Sipparzylinder (= Schaudig 2001, 416 f., Nr. 2.12, Col. I, 7–29) charakterisiert Astyages ferner als einen Mann, der „sein Land und die Könige, die an seiner Seite stehen“, versammelt hat. Cf. Rollinger 2003b, 318. Fuchs 2014, 51 f. wiederum zieht die Möglichkeit in Betracht, dass die medischen Verbände während ihrer Abwesenheit an einem anderen Kriegsschauplatz gebunden gewesen seien. 395 Cf. Jursa 2003, 154. 396 Cf. ibid., 172–174; Liverani 2003, 7–9; Kuhrt 1995b. Keilschrifttexte bezeugen babylonische Statthalter in Assur und anderen nordmesopotamischen Städten. 397 Während Roaf 2003 die Reichweite des Mederreiches vom westurartäischen Gebiet bis zu den Grenzen der Fars und in die zentraliranische Wüste veranschlagt, sah Sancisi-Weerdenburg 1988, 198 diese Gebiete als von Nomadengruppen besiedelte Terriorien an. 398 Cf. Hdt. 1, 103. 399 Cf. Rollinger 2003b; 2005b mit der Kritik bei Tuplin 2004b, 238. 400 Cf. Rollinger 2003b, 318; Tuplin 2004b, 231 f. 401 Cf. Rollinger 2003b, 319 sowie Rollinger 2010a, 80, Anm. 103, der die Halysgrenze für eine „Fiktion der griechischen Historiographie“ hält. Dagegen spreche namentlich die Existenz des urartäischen Staates, der nicht bereits Ende des siebten Jahrhunderts unterging, sondern erst 447 v. Chr. durch Kyros unterworfen wurde. Cf. Rollinger 2009c, passim. Der Bisutun­Inschrift zufolge dürfte das von den Medern kontrollierte Territorium im Osten bis nach Rhages, im Nordwesten in urartäisches Gebiet hineingereicht haben. 402 Cf. Liverani 2003, 5.

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sche Vereinnahmung der Meder durch die Perser setzt doch die Existenz einer politischen Größe voraus, die von den Achaimeniden als ‚Weltimperium‘ anerkannt werden konnte – eines organisierten Großreiches, das ihnen nicht nur staatliche Institutionen und kulturelle Anstöße, sondern darüber hinaus einen (von den Assyrern ererbten) ‚Universalitätsanspruch‘ hätte vermitteln können. Indes, dieses ‚Mederreich‘ bleibt schemenhaft: Weder ist eine entwickelte, auf schriftlicher Dokumentation basierende Bürokratie zu greifen noch existieren nennenswerte Hinweise auf eine imperiale Architektur oder Herrscherideologien. Zwar wurden ‚Meder‘ später im Achaimenidenreich mit hohen Verwaltungsaufgaben betraut; auch erscheinen ‚Medien‘ und die ‚Meder‘ in den Königsinschriften und der Ikonographie teilweise in herausgehobener Position.403 Dies ist jedoch nicht zwingend auf einen (politischen und ideologischen) Rekurs auf die imperialen Strukturen eines medischen Großreiches seitens der persischen Großkönige zurückzuführen. Vielmehr mögen praktische Erfordernisse innerhalb der Administration sowie das aus der Stammesverwandtschaft und der sprachlichen Nähe resultierende ‚Zusammengehörigkeitsgefühl‘ diese Entwicklung begünstigt haben, die zudem vermutlich erst unter Dareios I. einsetzte.404 In der Bisutun­Inschrift desselben Königs schließlich erheben die medischen Usurpatoren bezeichnenderweise keine Ansprüche auf ein vormals geeintes ‚Land Medien‘, sondern beschränken sich auf „kleinräumigere Gebilde.“405

403 In den Inschriften erscheinen sie im Wechsel mit Elam an erster Stelle. Auf den Reliefdarstellungen führen sie die Völkerdelegationen an und sind – wiederum neben den Elamern – als einzige bewaffnet. Man beachte ferner die wiederkehrende Formulierung in den Inschriften: „Persien und Medien und die anderen Länder.“ (utā Pārsam utā Mādam utā amiyā dahyāva) Cf. Briant 1996, 193; Kuhrt 2010, 95 f.; Herrenschmidt 2014, 30 f. Medische Aristokraten sind zudem recht früh in führenden militärischen und administrativen Positionen bezeugt. Cf. Wiesehöfer 2009a, 76. 404 So Herrenschmidt 2014, 33: „The real beginning of Persian supremacy is the usurpation of Darius, and everything shows, the text of the inscription of Behistun for example, and in particular its list of provinces, that Darius was about to treat the Medes like other peoples conquered and submitted, that is to say he was about to reign unchallanged. But the speed and extent of his conquests had expanded its range of authority in such proportions that there were not enough skilled Persians for political, administrative and military management. He therefore had to resort to the Medes. But Medes and Persians are recognizable as ‚arya‘, Iranians, so it is the Iranian lineage that manages the empire, increases and operates it. Iranians are opposed to non-iranian lineages, languages, religions.“ Cf. ferner Vogelsang 1998, 219 f. Die akkadische Inschrift DPg aus Persepolis (DPg § 2 = Weissbach 1911, 85) nennt „Persien, Medien und die anderen Länder anderer Zunge“ (matupar­su matuma­da­a­a u matatemeš ša­ni­ti­ma li­ša­nu ša­ni­tum). Persien und Medien heben sich als Zentrum des Imperiums deutlich von der Peripherie ab. 405 Rollinger 2005b, 23. Tatsächlich bezeugt gerade die Bisutun­Inschrift zwar die Vorstellung von einem ‚Land Medien‘, doch als politische Bezugspunkte für die Rebellen gegen Dareios fungieren kleinere Einheiten. ‚Medien‘ zerfällt DB § 24–34 zufolge in drei Teile: Armenien/Urartu im Norden, Sagartien (Asagarta/Sagartā/Assakarta) südwestlich des Urmia-Sees und die Gebiete des zentralen Zagros im Süden. Im Unterschied zu anderen Großräumen (Elam, Babylonien) finden in Medien demnach mehrere Aufstände zeitgleich statt, und die Prätendenten erheben nur Ansprüche auf Teile des Landes. Rollinger 2005b, 15–27 vermutet zu Recht historische Gründe für dieses Phänomen.

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Weiterhin lässt auch der sprachwissenschaftliche Befund keine eindeutigen Schlussfolgerungen zu: „[D]ialektfremde[] (‚nicht-persische[]‘) Elemente“406 respektive Lehnworte im altpersischen Wortschatz, aus denen man in der Vergangenheit eine etablierte Bürokratie der Meder hat ableiten wollen, lassen sich häufig keineswegs zweifelsfrei dem Medischen zuweisen.407 Da zudem keine Verwaltungsdokumente in medischer Sprache verfügbar sind,408 kann auf dieser Grundlage nicht postuliert werden, die Perser hätten ihre Reichsorganisation auf der Basis existierender medischer Strukturen errichtet. Vielmehr verdankten die frühen Perser – wie oben (Kap. I.2.8) dargelegt – die Grundstrukturen ihrer Staatsorganisation und Verwaltung den Elamern und (später) den Zivilisationen Mesopotamiens.409 Gegen eine medische Prägung des teispidisch-achaimenidischen Königtums spricht ferner die Tatsache, dass das Medische nicht zu den Sprachen der Trilinguen zählt, die den legitimatorischen Bezug der Großkönige zu den alten (Schrift-)Kulturen Elams und Babyloniens (sowie zu einem gewissen Grade Ägyptens) dokumentieren (s. o. Kap.  I.2.8).410 Nicht zuletzt ist die Historizität der persischen Vasallität gegenüber den Medern,411 die ein wesentliches Bildungselement der Sukzession von Reichen bei Herodot darstellt, äußerst fraglich (s. o. Kap.  I.2.8) 412  – dies umso mehr, als der archäologische Befund eine medische Okkupation der Susiana (und der Fars) nicht zu bestätigen scheint.413

406 Schmitt 2003a, 29. 407 Cf. Schmitt 2003a, 29–33, der (ibid., 32) darlegt, dass in vielen Fällen – und dies gilt nicht zuletzt für das altpersische Wort für ‚König‘ (xšāyaϑiya) – „die Annahme einer Entlehnung aus dem Medischen bloße Vermutung bleibt.“ 408 Cf. ibid., 23; Liverani 2003, 10 sowie Rollinger 2005b, 13: „Die Meder hätten somit in der 3000-jährigen Geschichte des Alten Orients das einzige bekannte schriftlose Imperium hervorgebracht.“ 409 Cf. Jursa 2003, 174–179; Liverani 2003, 10 f. Zu den Einflüssen der neuelamischen Zivilisation(en) s. o. Kap. I.2.8. 410 Cf. Liverani 2003, 10 und Wiesehöfer/Rollinger 2012, 66, die den Rekurs der Großkönige auf die Schriftsysteme Elams und Babyloniens gerade in ihren monumentalen Inschriften als „deutliche[n] Ausdruck achaimenidischen Traditionsbewusstseins“ deuten. 411 Auf der Prämisse einer medischen Eroberung der Susiana argumentiert Mari 2018, 22; 24, dass die Sukzession Assyrien – Medien – Persien auf eine (mündlich tradierte) iranische Überlieferung zurückgehe, die auch im frühen Achaimenidenreich propagiert worden sei. In dieser Version sei die politische Rolle Babylons zunehmend marginalisiert worden. Tatsächlich schildert Herodot die medisch-assyrischen Auseinandersetzungen aus der medischen Perspektive und nennt im Zuge dessen nicht einen einzigen assyrischen Namen. Zawadzki 1984, 265 betont (im Hinblick auf die Episode um die Invasion der Skythen) zu Recht: „Assuming that the account had been based on the Median tradition it is very unlikely that the Medes did not remember the names of any Assyrian kings that they happened to fight.“ 412 Cf. Cf. Rollinger 1999a, 127–135. 413 Cf. Henkelman 2003, 200 f.; 210 f. Auf eine medisch-elamische Akkulturation, ja sogar auf die Eroberung Susas durch medische Verbände schien lange Zeit das Vorkommen medischer Personennamen in den (ins ausgehende siebte oder beginnende sechste Jahrhundert v. Chr. zu datierenden) ‚Akropolis-Tafeln‘ hinzudeuten. Nicht zuletzt wurde das Wort madaka mit ‚medisch‘, Makdap mit ‚Meder‘ übersetzt. Tatsächlich hält diese Interpretation einer kritischen Untersuchung jedoch nicht stand. Vielmehr dürfte es sich bei madaka um ein passivisches Partizip handeln. Die ‚Akro-

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Zwar ist auch der tendenziöse Charakter der mesopotamischen Zeugnisse, die die ‚Bewohner des Gebirges‘ unter Rekurs auf einschlägige Topoi traditionell zu ‚unzivilisierten Wilden‘ stilisieren (s. o. Kap.  I.2.1), mit allem Nachdruck zu betonen: „The Assyrian royal inscriptions transmit their own bias as well, underscoring either the ‚chaotic‘ state of areas outside of imperial control, or the submission of foreign tribes to the irressistible power of the Assyrian king.“414 Zu den Stereotypen, durch die die ‚Barbaren‘ in mesopotamischen Texten gekennzeichnet werden, zählt mithin das „Auftreten in Massen, mit denen sie immer wieder das Kulturland als göttliche Werkzeuge heimsuchen.“415 Dieser Vorbehalte eingedenk bleibt indessen festzuhalten, dass sich die von klassischen Autoren beschriebenen imperialen Strukturen des ‚Mederreiches‘ weder auf der Grundlage des archäologischen Befundes noch orientalischer (geschweige denn medischer) Schriftzeugnisse verifizieren lassen.416 So besteht inzwischen nahezu Konsens darüber, dass der medische ‚Staat‘ allenfalls der „Kategorie der nicht-bürokratischen Reiche“417 zuzurechnen sei und seine Organisation auf einem Netz persönlicher Loyalitäten gründete. Wie es Kyaxares gelang, sich in den Jahren vor dem Fall Assyriens zum Anführer einer geeinten medischen Streitmacht aufzuschwingen, entzieht sich in Ermangelung indigener Schriftzeugnisse unserer Kenntnis.418 Dass die militärische Effizienz und Schlagkraft seiner Verbände jedoch beträchtlich gewesen sein muss und (weit über Mesopotamien hinaus) bleibenden Eindruck hinterließ, steht außer Frage: Nicht nur stießen die Meder in den Jahren 615, 614 und 612 v. Chr. ins assyrische Kernland vor und waren maßgeblich am Sturz Assyriens beteiligt; 610 v. Chr. gelang

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polis-Tafeln‘ enthalten somit keinen sicheren Hinweis auf die Präsenz medischer Bevölkerungsgruppen in Chuzistan. Liverani 1995, 57. Derselbe (1979, 309–311) streicht zudem die von assyrischen Quellen postulierten ‚qualitativen Unterschiede‘ zwischen Assyrern und ‚Ausländern‘ heraus, die neben den Aspekten ‚Wissen‘ und ‚Tat‘ die Antithese „unity versus division“ betreffen: „The Assyrians are members of a social-political communtity that is characterized by unity and order; they are homogeneous, they act in unison. The foreigners on the contrary […] are divided, contradictory in their behaviour, even hostile to one another. The utmost of their organization is to form a ‚coalition‘ (kitru, puḫru, illatu) against the Assyrians […]: but these are only short-term coalitions, inefficient and in any case negative (groupings of people who are not Assyrian, who are not really men).“ Rollinger 2010a, 72. Cf. Kienast 1999, 65: „And nowhere is there any proof for a Median empire, whether centralized or a lose confederation. But not only do our sources not confirm the existence of a Median empire; we have on the contrary a number of strong arguments against it. So everything is in favour of a constant political constellation before the rise of Kuraš/Cyrus II. The Medes existed, but never a ‚Median empire‘.“ Fuchs 2014, 51. Rollinger 2005b, 27 bezeichnet das Modell einer medischen ‚Stammeskonföderation‘ als „die derzeit einzig tragfähige Hypothese.“ Selbst Tuplin 2004b, der den Argumenten gegen die Existenz des Mederreiches kritisch gegegübersteht, räumt (ibid., 242) ein: „Perhaps the term ‚empire‘ should be avoided lest people be misled by false equivocation with the Neo-Assyrian, Babylonian or (developed) Achaemenid Persian empires.“ Cf. Fuchs 2014, 51.

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ihnen darüber hinaus die Vertreibung der ägyptischen und mannäischen Truppen aus Harran (s. o. Kap. I.2.7).419 Es ist nicht auszuschließen, dass die oben erwähnten medischen Kontingente und ‚Palastgarden‘, die in der Regierungszeit Assarhaddons am Königshof zu Ninive bezeugt sind (s. o.), auch späterhin noch ‚auf Abruf ‘ in assyrischen Diensten standen. Sollte dies der Fall gewesen sein, so hätten sie über gute Kenntnisse der assyrischen Militärorganisation und Stadtbefestigung verfügt – Kenntnisse, die ihnen bei der Erstürmung Assurs, Ninives und anderer Städte von Nutzen gewesen sein dürften.420 Die Kunde von der allumfassenden Vernichtung des assyrischen Staates durch Kyaxares und die Meder diffundierte rasch in die Randgebiete des Imperiums. Bemerkenswerterweise stilisieren jedoch gerade auch neubabylonische Texte die Meder zu den alleinigen Zerstörern Assyriens.421 Während die zeitgenössischen Inschriften Nabopolassars und einige (spätere?) literarische Verarbeitungen den Anteil der Meder am Geschehen minimieren (s. o. Kap. I.2.7),422 erscheinen die Truppen des Kyaxares in der Babylon­Stele Nabonids rund fünfzig Jahre später als gewaltsame Eroberer: […] den König von Subartu [scil. Assyrien, M. O.] (aber), der durch den Zorn Marduks die Zerstörung des Landes herbeigeführt hatte, schlug (sein) Sohn, der Sproß seines Leibes, mit der Waffe nieder. Einen Helfer gab er ihm, ließ ihn einen Gefährten bekommen, den König des Meder-Haufens (lugal um­man­ma­an­da), der keinen Gegner hat, ließ er sich beugen seinem Befehl, ließ (ihn) ihm zur Hilfe kommen. Oben und unten, rechts und links, walzte er wie eine Flut (alles) nieder, übte Vergeltung für Bābil, nahm Rache. Der König des Meder-Haufens, der sich nicht scheut, ruinierte die Heiligtümer der Götter des Landes Subartu alle und die Städte an der Grenze zum Lande Akkad, die sich mit dem König des Landes Akkad verfeindet hatten und ihm nicht zur Hilfe gekommen waren – da ruinierte er ihre Kulte, ließ keinen aus, er verwüstete ihre Kultstädte (und) tat (es so) sehr wie eine Flut. Der König von Bābil, das Werk Marduks, dem Gemeinheit ein Greuel, legte nicht seine Hand an die Kulte der Götter alle, er trug verfilztes Haar und schlief auf einem Lager zu ebener Erde.423 419 Cf. ibid. Tuplin 2004b, 232 betont zudem, dass die Meder bereits in den assyrischen Zeugnissen vor 650 v. Chr. als dannu (‚stark‘) bezeichnet werden und folglich eine beachtliche politische Potenz dagestellt haben dürften. 420 Cf. Liverani 1995, 62: „It seems that the way from the Zagros to Niniveh was originally taught to the Medes by the Assyrians themselves for the functioning and protectioning of the empire, and this same route would eventually be taken once again by the Medes to bring the empire to its end.“ 421 Zur Rolle der ‚Bergvölker‘ (insbesondere der Meder) bei der Zerstörung Assyriens cf. Balatti 2017, 154–163. 422 Im Nabopolassar­Epos (ABHLT, Nr. 7, 78–86) und einem fiktionalen Brief (Gerardi 1986) erscheint Nabopolassar als derjenige, der für die Untaten der Assyrer an Babylon Rache nimmt und gleichsam als ‚Agent‘ der Götter auftritt. Cf. Da Riva 2014, 108–112. 423 Babylon­Stele Col. I, 35‘–II, 39‘ (= Schaudig 2001, 516/523, Nr. 3.3a): lugal su.bir4ki šá i­na uz­za damar. utu ša­al­pu­ut­tì kur iš­ku­nu dumu ṣi­it šà-bi­šú i­na gištukul ú­ra­as­si­ib­šú re­ṣu id­din­šum tap­pa­a ú­šar­ši­iš lugal um­man­ma­an­da šá ma­ḫi­ri la išu­u ú­šak­ni­iš qí­bi­tu­uš­šu ú­šá­lik re­ṣu­ut­su e­

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In der ‚Geschichtstheologie‘ Nabonids spielte – wie Serum Ferruh Adali und Johannes Haubold herausgestellt haben424  – der babylonische König Nabopolassar keine aktive Rolle bei der Zerstörung Assyriens. Es war vielmehr der ‚König der Meder‘, die mit dem Begriff ummān­manda (s. u.) belegt werden, der (Col. II, 10’) wie eine Flut (abūbiš; abūbāniš) „oben und unten, rechts und links“ alles niederwalzte (eliš u šapliš immu u šumēlu ispun) und (Col. II, 4’) „keinen Gegner hat“ (ša māḫiri lā īšû). ‚Imperiales Gebaren‘, das bezeichnenderweise in die überkommene mesopotamische ‚Weltherrschaftsrhetorik‘ gekleidet wird, legt folglich Kyaxares an den Tag, während Nabopolassar „nicht seine Hand an die Kulte der Götter alle“ legte und (Col. II, 39’–41’) zum Zeichen der Trauer mit verfilztem Haar auf ebener Erde schläft. Die Passivität des babylonischen Königs, der kein Sakrileg beging, wird indessen nicht als Schwäche, sondern als Weisheit gedeutet.425 Durch die Anwendung mesopotamischer Epitheta auf Kyaxares wiederum schildert Nabonid die medische Eroberung Ninives als Fortsetzung der imperalen Tradition der Assyrer, während Babylon (auf der geschichtsimmanenten Ebene) marginalisiert wird.426 Zugleich erscheint die Zerstörung Assyriens durch die Umman­manda als Akt göttlicher Vergeltung für die durch Sanherib 689 v. Chr. verübten Zerstörungen in Babylon (Vgl. Col. 1–5), denn es ist der babylonische Hochgott Marduk, der den König der Meder als ‚Agenten der Zerstörung‘, ja als „Helfer“ (rēšu) und „Freund“ (tappû), herbeirruft, um „Vergeltung für Bābil“ zu üben.427 Hier wird – wie Selim Ferruh Adali erkannt hat – eine Geschichtstheologie entfaltet, die sich bis ins zweite Jahrtausend v. Chr. zurückverfolgen lässt: Zeichnen sich die Inschriften Nabonids allgemeinhin durch ein hohes Maß an Intertextualität aus, so folgt die Verwendung des Terminus Umman­manda bestimmten Mustern, die einen jeweils spezifischen Gegner – die Kimmerier oder die Meder428 – mit den

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li­iš u šap­liš im­nu ù šu­me­lu a­bu­ba­niš is­pu­un ú­tir gi­mil­lu tin.tirki i­ri­ba tuk­te­e lugal su.bir4ki ka­la­šu­nù u urumeš pa­aṭ kur ki.uri šá it­ti lugal kur ki.uri na­ak­ru­ma la il­li­ku re­ṣu­ut­sú ú­ša­al­ pi­it­ma mé­e­si­šu­un ma­na­ma la i­zip ú­šaḫ­ri­ib ma­ḫa­zi­šu­un ú­ša­ti­ir a­bu­bi­iš lugal tin-tirki ši­pi­ir damar.utu ša ši­il­la­ti ik­kib­šu la ú­bil šumin-šú a­na pel­lu­de­e dingirmeš ka­la­ma iš­ši ma­la­a ma­a­a­al qaq­qar i­na­al. Cf. Adali 2011, 144 f.; Haubold 2013a, 78–98 zum Folgenden. Cf. Haubold 2013a, 83 f. Dass es sich bei dieser nachträglichen Revision um „Geschichtsfälschung“ – so Fuchs 2014, 47 – handelt, ist evident, denn die (freilich erst später verfasste) Chronik vom Fall Ninives Z. 63–64 macht aus den Tempelschändungen, die Nabopolassar in Harran beging, keinen Hehl (ABC, Nr. 3, 95 = Glassner 2005, Nr. 22, 222 f.): „The King of Akkad reached Harran and […] he captured the city. He carried off the vast booty of the city and the temple. In the month Adar the king of Akkad left their […]“ (šár Akkadîki a­na uruḪar­ra­ni ┌ik┐­šu­dam­ma […ā]la iṣ­ṣa­bat šil­lat āli u ēkurri kabittu (d u g u d)tú iš­ta­lal ina itiAddari šàr ┌Akkadî┐ki […-š]ú­nu ú­maš­šìr­ma). Cf. Haubold 2013a, 84. Zur Anwendung der Epitheta cf. Rollinger 2010a, 74. Cf. Col. II, 11’–12’: ú­tir gi­mil­lu tin.tirki. Cf. Balatti 2017, 159. Zur Assoziation mit den Kimmeriern in neuassyrischen Texten cf. Adali 2011, 107–132. Zur Verwendung des Begriffs in neubabylonischen Inschriften cf. ibid., 133–171.

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Feinden Naramsins in der Kutha­Legende assoziieren (s. o. Kap. I.2.5).429 Die Meder in den neubabylonischen Texten teilen mit den Umman­manda der jungbabylonischen Fassung SB Ṭupšenna die folgenden Züge: Sie stammen aus dem fernen Bergland östlich von Mesopotamien; sie führen ‚Vernichtungskriege‘ gegen die ‚zivilisierte Welt‘ und sind im Felde unüberwindlich; sie sind dazu verurteilt, früher oder später durch göttliche Intervention zerstört zu werden, ohne dass ein mesopotamischer König sich ihnen entgegenstellen müsste.430 Der letztere Punkt greift das ‚Pazifismus-Motiv‘ der Kutha­Legende (SB 149–180) auf, das reale Schwäche und Passivität gegenüber dem übermächtigen Feind zur ‚heroischen Tat‘ umdeutet: The Baylonians, and especially their scribes, had to explain why foreigners such as the Assyrians, the Persians and the Greeks ruled and continued to rule over them for centuries without diminishing the power of Marduk over human affairs.431

Dieser Erklärungszwang, so Adali, habe zur Herausbildung einer theologischen Doktrin geführt, der zufolge die babylonischen Götter, allen voran Marduk, die eigentliche Kraft hinter allem weltlichen Geschehen darstellten. Äußere Feinde wie die Meder fungierten demnach lediglich als Instrumente der Vergeltung (hier: an den Assyrern) seitens des babylonischen Gottes. Der Terminus Umman­manda wiederum scheint in neubabylonischer (und persischer?) Zeit einer spezifischen Gruppe, und zwar den medischen Invasionstruppen des Kyaxares vorbehalten gewesen zu sein, deren Wohnsitze in der Region des fernen Ekbatana verortet wurden.432 Die Assoziation der medi429 Zur Problematik des Begriffs sowie zur abweichenden Ansicht Westenholz 1997, 265 f., der zufolge die Umman­manda nicht als Feinde Naramsins, sondern vielmehr als deren Opfer zu verstehen seien, s. o. Kap. I.2.5. 430 Cf. Adali 2011, 133–171, hier vor allem 169. 431 Ibid., 138. 432 Cf. ibid., 133–171, hier vor allem 133–136. In der Chronik vom Fall Ninives Z. 38 (= ABC Nr. 3, 94 = Glassner 2005, Nr. 22, 220 f.) fällt der Begriff Umman­manda erstmalig im 14. Regierungsjahr Nabopolassars (612 v. Chr.), während zuvor stets von den ‚Medern‘ (KURMa­da­a­a) die Rede gewesen ist. Der Terminus kommt demnach erst nach Abschluss des Bündnisses mit den Babyloniern im Jahre 614 v. Chr. ins Spiel. Kyaxares erscheint hier (Z. 38) – und nur hier – als šàr Um­ man­man­da. Zawadzki 1988, 114–143 hielt die Tafel BM 21901 für eine Kopie des Originals und den Terminus Umman­manda für eine nachträgliche Interpolation. Durch den pejorativen Begriff hätten die Schreiber der Chronik den Anteil der Meder am Fall Ninives minimieren wollen, und zwar zu einem Zeitpunkt, als das medisch-babylonische Bündnis zerbrach. Zur komplexen Redaktionsgeschichte der vermutlich in dieser Form in persischer oder sogar erst in hellenistischer Zeit verfassten Chroniken cf. Waerzeggers 2012 sowie (speziell zur Nabonid­Chronik) Waerzeggers 2018. Tatsächlich minimiert die Chronik vom Fall Ninives – wie Adali 2011, 134–44 zeigt – die Heeresmacht der Meder indessen keineswegs. Vielmehr geht aus dem Bericht eindeutig hervor, dass Nabopolassar auf sich gestellt gegen Assyrien nicht viel auszurichten vermochte. Cf. oben Kap. I.2.7. Die destruktive Kraft der medischen Truppen zeigt sich in aller Deutlichkeit bei der Eroberung Assurs (ABC Nr. 3, 92–93 = Glassner 2005, Nr. 22, 220 f., Z. 16–28): Nabopolassar erscheint zu spät am Kriegsschauplatz, während die Meder die Stadt „schrecklich/auf böse Weise“ (lim­niš) zerstörten (it­ta­qar). Diese Beschreibung evoziert unweigerlich die destruktive Kraft der Umman­manda in der Kutha­Legende. Auf der anderen Seite erwähnt die Chronik dreimal den

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schen Heeresmacht, die das Reich der Assyrer zu Fall brachte, mit den Umman­manda der Kutha­Legende wäre demnach nur allzu verständlich und stünde in einer langen Tradition der ‚Mythologisierung‘ äußerer Feinde (s. o. Kap. I.2.1).433 Im Rahmen der vorliegenden Arbeit von höchster Relevanz sind indessen die Beobachtungen Johannes Haubolds, der in den Inschriften Nabonids die Abfolge der Mächte Assyrien – Medien – Persien erblickt.434 Im Fokus des Eḫulḫul­Zylinders stehen die Meder als Zerstörer des Sîn-Tempels zu Harran, der seit vierundfünfzig Jahren in Trümmern lag: Eḫulḫul, der Tempel Sîns, welcher in der Stadt Ḫarran (gelegen), worin Sîn, der große Herr, seit den Tagen ferner Zeit die Wohnung seiner Herzensfreude aufgeschlagen – über diese Stadt und diesen Tempel ergrimmte sein Herz und den Meder-Haufen bot er auf,

Rückzug der medischen Truppen in ihr Heimatland (Z. 30; 47; 65), das indessen nicht lokalisiert wird. Die Nabonid­Chronik Col. II, 3–4 (= ABC Nr. 7, 2–4 = Glassner 2005, Nr. 26, 234–35) nennt als Stammland des Astyages hingegen KURAg­gam­ta­nu (‚Land Ekbatana‘). Adali 2011, 136 stellt heraus, dass Kyaxares aus der Perspektive der Baylonier in neubabylonischer (und persischer?) Zeit als ‚Stadtfürst von Ekbatana‘ wahrgenommen worden sei, der ab einem bestimmten Zeitpunkt zahlreiche medische Stämme vereinte, um schließlich außerhalb seines Stammlandes militärisch aktiv zu werden. Hierin erkennt Adali eine weitere Parallele zur Kutha­Legende, die die Feinde Naramsins als eine Macht beschreibt, die außerhalb ihrer Heimat, des Berglandes, Verwüstung anrichtet. Die Anwendung des Terminus Umman­manda auf die von Kyaxares angeführten Truppen durch die babylonischen Schreiber folge somit einer gewissen inneren Logik. Fernerhin ist zu betonen, dass die Chronik vom Fall Ninves dem šar Ummān­manda Kyaxares den šar Akkadî Nabopolassar gegenüberstellt – einen Titel, der gewiss eine bewusste Reminiszenz an das Reich Naramsins von Akkad darstellt. Cf. Zawadzki 1988, 128 f. 433 Abgesehen von dem Motiv, dass der König gegen den Willen der Götter nichts vermag, scheinen die Inschriften Nabonids mithin auch auf die Phraseologie der Kutha­Legende zu rekurrieren. Cf. Larsa­Zylinder Col. II, 20–38 (= Schaudig 2001, 402; 408): „Eine Inschrift ῾Ammu-rāpis, des ehemaligen Königs, der 700 Jahre vor Burna-Buriaš Ebabbar und den Stufenturm über der alten Gründung für Šamaš gebaut hatte, sah ich darin und geriet in Fur[cht,] wurde beunruhigt und bekam Herzkl[opf]en. So sprach ich zu mir s[elbst]: ‚Der König, der mir voranging, hat den Tempel gebaut und Šamaš, den großen Herrn, darin wohnen lassen.‘ Ich (nun), diesen Tempel[, den Wohnsitz des Šamaš und der Aya,] an seinem ge[eigneten] Orte [zu bauen], erhob meine Hand (und) be[tete zum Herrn der Herren:] ‚Enlil der Götter, Fürst Marduk, ohne Dich wird keine Wohnung gegründet (und) ihr Umriss nicht gebildet. Ohne Dich, wer kann (schon) etwas vollbringen?“ [Hervorhebungen M. O.] (ši­ṭi­ir šu­um ša Iḫa­am­mu­ra­pí lugal la­bí­ri ša 700 mu.an.nameš la­am Ibur­na­bur­ia­áš é.babbar.ra ù zi­qu­ra­ti e­li te­me­en­na la­bi­ri a­na dutu ib­nu­ù qé­er­ba­┌šu┐ap­pa­li­is­ma ap­la­ [aḫ] ak­ku­ud­ma ar­ša­a ni­ki­i[t]-t[i]* ki­a­am aq­bi a­na li­i[b­i­ia] um­ma ┌lugal a­li┐­ku*ma ┌ aḫ┐­r[i­i]a* é i­pu­uš­ma dutu be­┌lu ra­bu­ú┐* ú­ša­ar­mi ┌qé­re­eb­šu┐*ia­ti­ é šu­a­tì [mu­ša­ab d utu ù da­a i­na a­šar šu­┌us?┐­[su­mu* a­na e­pé­šu aš­ši qá­ti ú­ṣal­[la­a en en.en um­ma d+en.líl (sag) dingir.dingir ru­bu­um damar.utu ba­lu­uk­ka ul in­na­an­da šu­ub­ti u lib­ba­áš­ši­mu ki­su­ur­šu ša la ka­a­šú ma­an­ni mi­na­a ip­pu­uš). Die Formulierung (Z. 28) „so sprach ich zu mir selbst“ (ki­a­am aq­bi a­na li­ib­bi­ia) läutet auch in der Kutha­Legende jeweils einen Monolog Naramsins ein. Cf. SB, Z. 79 und 89: „Folgendermaßen sprach ich zu mir“ (kiam aqbi ana libbīja umma lū anakūma); ferner ist Naramsin auch in Kutha­Legende (Z. 88) immerhin „verwirrt, durcheinander, betrübt und erschöpft.“ 434 Cf. Haubold 2013a, 78–98 zum Folgenden.

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(und) dieser zerschmiß diesen Tempel und ließ ihn Verödung erleiden. In meiner rechtmäßigen Regierungszeit wurde Sîn, der große Herr, aus Liebe zu meinem Königtum gegen die Stadt und diesen Tempel (wieder) freundlich (und) faßte Erbarmen. Zu Beginn meines ewigen Königtums ließ er mich einen Traum schauen: Marduk, der große Herr, und Sîn, die Leuchte des Himmels und der Erden, traten beide hin, (und) Marduk sprach zu mir: ‚Nabuna’id, König von Bābil, mit deinen Reitpferden bring Ziegel (heran), baue Eḫulḫul und laß Sîn, den großen Herrn, darin seine Wohnung aufschlagen!‘ Furchtsam sprach ich zum Enlil der Götter, Marduk: ‚Dieser Tempel, den Du zu bauen befahlst – der Meder-[H]aufen umstreift ihn, und gewaltig ist seine Macht.‘ [Mar]duk aber sprach zu mir: ‚Der Meder-Haufen, von dem Du sprichst – [i]hn, sein Land und die Könige, die zu seiner Seite gehen, wird es nicht (mehr) geben.‘ Als das [dri]tte Jahr herankam, da [boten sie] Kuraš wider ihn auf, den König des Landes Anšan, seinen geringen Diener, mit [se]inen wenigen Trup[pe]n zerstreute er den zahlreichen Meder-Haufen. Ištu[mēg, den Kö]nig des Meder-Haufens ergriff er und nahm ihn gebunden (mit) in sein Land.435

Die Schuldzuweisung für den schlechten Zustand des Tempels Eḫulḫul, der ganze vierundfünfzig Jahre nicht instand gesetzt worden war, an die Umman­manda „darf […] auf jeden Fall als plumper Versuch gewertet werden, von den eigenen Versäumnissen abzulenken.“436 Haubold begreift die obige Passage indessen gleichsam als ‚Fortsetzung‘ der Babylon­Stele: Hatten die Meder/Umman­manda dort als ‚Agenten der Vergeltung‘ für die von Sanherib begangenen Tempelprofanierungen in Babylon fungiert, so wird das Sakrileg, das Kyaxares und seine Truppen an assyrischen Heiligtümern verübten, hier wiederum in Gestalt des Kyros gerächt, den Marduk zur Vernichtung der Umman­manda beruft.437 Erneut erscheinen babylonische Götter (Sîn

435 Eḫulḫul­Zylinder, Col. I, 7–29 (= Schaudig 2001, 416/436, Nr. 2.12): é.húl.húl é den.zu ša qé­reb uru ḫar­ra­nu ša ul­tu u4-mu ṣa­a­ti den.zu en ra­bu­ú šu­ba­at ṭu­ub šà­bi­š[u] r[a­m]u­ú qé­re­eb­šú e­li uru ú é šá­a­šu šà-bu­uš i­zu­uz­ma lúérin-man­da ú­šat­ba­am­ma é šu­a­tì ub­bi­it­ma ú­ša­lik­šu kar­ mu­tu i­na pa­le­e­a ki­i­ni7 den en gal-ú i­na na­ra­am lugal-ú­ti­ia a­na uru ù é šá­a­šu is­li­mu ir­šu­ú ta­a­a­ri i­na re­eš lugal-ú­ti­ia da­rí­ti ú­šab­ru­’i­in­ni šu­ut­ti damar.utu en gal ú den.zu na­an­ na­ri an-e ù ki-tì iz­zi­zu ki­lal­la­an damar.utu i­ta­ma­a it­ti­ia dnà-ní.tuku lugal tin.tirki i­na anše. kur.ra ru­ku­bi­ka i­ši sig4hi.a é.húl.húl e­pu­uš­ma den.zu en gal-ú i­na qé­er­bi­šu šu­ur­ma­a šu­ba­ at­su pa­al­ḫi­iš a­ta­ma­a a­na den.líl dingirmeš damar.utu é šu­a­t`ša taq­bu­ú e­pe­šu lúérin-man­da sa­ḫi­ir­šum­ma pu­ug­gu­lu e­mu­qá­a­šu damar.utu-ma i­ta­ma­a it­ti­ia lúérin-man­da ša taq­bu­ú ša­a­šu kur-šu ù lugalmeš a­lik i­di­šu ul i­ba­áš­ši i­na ša­lu­ul­ti mu.an.na i­na ka­šá­du ú­šat­bu­niš­ šum­ma mku­ra­aš lugal kur an­za­an ìr-su ṣa­aḫ­ri i­na um­ma­ni­šu i­ṣu­tu lúérin-man­da rap­šá­a­ti ú­sap­pi­iḫ miš­tu­me­gu lugal lúérin-man­da iṣ­bat­ma ka­mu­ut­su a­na kur-šu il­qí. 436 Rollinger 2010a, 79. 437 Die Reminiszenzen an die Kutha­Legende sind auch hier evident. So entspricht die Zusicherung, dass der Feind von den Göttern vernichtet werde (Z. 24 f.) – obschon sie sich deutlich knapper ausnimmt  – der Prophezeihung Ischtars (SB 124–148) sowie der sich anschließenden ‚Ermahnung‘ an künftige Herrscher (SB 149–180). Desgleichen mag die Formulierung „die Könige, die an seiner Seite gehen“ (šarrāni ālik idīšu) die Beschreibungen der Kutha­Legende evozieren, der zufolge die Gegner Naramsins (SB 137) „sieben Könige, Gefährten, herausragend an Schönheit“

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und Marduk) als die treibende Kraft hinter dem historischen Geschehen, indem sie zunächst die Meder, sodann die Perser zu Instrumenten ihres Willens ausersehen. Babylon hingegen bleibt wiederum passiv, genießt aber den besonderen Schutz der Götter. Obschon Haubold einräumt, dass Nabonid sich anderen Inschriften zufolge durchaus selbst als Erben Assyriens begriff438 und in seinen Texten kein veritables medisches Imperium zu greifen sei, konstatiert er, dass „[…] Nabonidus and his scribes articulated a theory of historical change that centered on the three powers that emerge also in Herodotus: Assyria – Media – Persia.“439 Bezeichnenderweise wird auch Kyros im Kyroszylinder als ‚Werkzeug‘ Marduks präsentiert, der während seines Marsches auf Babylon auch die Meder/Umman­manda unterwirft.440 Zwar scheint die Verknüpfung zweier (aus ihrem Gesamtkontext gelösten) Partien aus dem Eḫulḫul­Zylinder einerseits und der Babylon­Stele andererseits auf den ersten Blick konstruiert anzumuten; tatsächlich dokumentieren beide Texte jedoch die (bereits frühe) Stilisierung der Meder zu den alleinigen Zerstörern Assyriens, als die sie auch in der griechischen Überlieferung figurieren.441 Weiterhin macht Haubold zu Recht geltend, dass die mesopotamischen Texte zwar keineswegs die Kriterien einer abstrakten Theorie erfüllen, dass eine formale Sukzession jedoch auch bei Herodot fehle.442 Schließlich mag die ‚Entpo-

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(7 šarrānu atḫû šūpû banûtu) waren, denen sich (SB 61) weitere „17 Könige mit [ihren] 90 000 Truppen“ (17 šarrānu adi 90 līm ummānā[tīšunu) anschlossen. Cf. Beaulieu 1989, 214, sowie Eḫulḫul­Zylinder Col. VII, 52’ (= Schaudig 2001, 520; 526). Haubold 2013a, 89. Cf. ibid., 89 mit dem Kyroszylinder Z. 9–14 (= Schaudig 2001, 550–556, hier 552; 554 f., Nr. K2.1): „Auf ihre [scil. der Einwohner Babylons] Klage hin geriet der Enlil der Götter zornig in Wut, u[nd…] ihr Umriß, die Götter, die in ihnen wohnten, verließen ihre Cellae. Zu seinem (Marduks) Zorn ließ er (sie) nach Bābil hineinbringen. Marduk, der e[rhabene (,der) Enlil der Götter,] wurde umgestimmt, wandte der Gesamtheit der Wohnstätten, deren Wohnung darniederlag, und den Menschen des Landes Sumer und Akkad, die zu Leichen geworden, [sein] Gemüt zu (und) faßte Erbarmen, alle Länder insgesamt sah er prüfend an u[nd] suchte gründlich und ergriff dann mit seiner Hand einen gerechten König, seinen Herzenswunsch, Kūraš, den König der Stadt Anšan, berief er mit seinem Namen, zur Königsherrschaft über das gesamte All nannte er seinen Namen. Das Land der Gutäer, den ganzen Meder-Haufen, beugte er nieder zu seinen Füßen, die Menschen, die Schwarzköpfigen, die er seine Hände erreichen ließ, weidet (jen)er dauerhaft in Wahrheit und Gerechtigkeit“ (a­na ta­zi­im­ti­ši­na d+en-líl dingirmeš ez­zi­iš i­gu­ug­m[a xxx] ki­su­úr­ šu­un dingirmeš a­ši­ib šà-bi­šu­nu i­zi­bu at­ma­an­šu­un i­na ug­ga­ti­ša ú­še­ri­bi a­na qéreb šu.an. naki damar.utu t[i­iz­qa­ru d+en.líl dingirm]eš us­sa­aḫ­ra a­na nap­ḫar da­ád­mi ša in­na­du­ú šu­bat­ su­un ù ùgmeš kur šu­me­ri ù uriki ša i­mu­ú ša­lam­ta­aš ú­sa­aḫ­ḫi­ir ka­bat-[ta­áš] ir­ta­ši ta­a­a­ra kul­lat ma­ta­a­ta ka­li­ši­na i­ḫi­iṭ ib­re­e­ma iš­te­’e­e­ma ma­al­ki i­šá­ru bi­bil šà-bi­ša it­ta­ma­aḫ qa­tu­uš­šu mku­ra­aš lugal uru an­ša­an it­ta­bi ni­bi­it­su a­na ma­li­ku­tì kul­la­ta nap­ḫar iz­zak­ra šu­um­šú kurqu­ti­i gi­mir um­man­man­da ú­ka­an­ni­ša a­na še­pi­šu un.meš ṣal­mat sag.du ša ú­ša­ ak­ši­du qa­ta­a­šú i­na ki­it­tì ù mi­šà­ru iš­te­né­’e­e­ši­na­a­tì). Cf. Haubold 2013a, 86; „Nabonidus’ narrative does not give us an empire of the Medes by the standards of Herodotus (or modern scholarship), yet it does suggest that the Medes loomed very large indeed in the Babylonian imagination of the sixth century B. C. – and that a vision of a succession of empires which pivoted around the Medes was already emerging at that time.“ Cf. Haubold 2013a, 89 f., der herausstellt, dass die babylonischen Zeugnisse zwar eines universalgeschichtlichen Horizonts strico sensu ermangelten, gleichwohl aber Geschehnisse von globaler

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litisierung‘ Babylons in den Historien ihre Erklärung in der von Nabonid kolportierten ‚Geschichtstheologie‘ finden. Gleichwohl nimmt Babylon bei Herodot, und mehr noch bei Ktesias (s. u. Kap. I.3.2.2), eine Sonderrolle ein.443 Dürften ‚historische‘ Reflexionen über imperiale Ablösungsprozesse, in denen die Mächte Assyrien – Medien – Persien eine Rolle spielten, folglich tatsächlich erstmalig in Babylonien formuliert worden sein, so ist die Sukzession dreier Großreiche mit hoher Wahrscheinlichkeit der Disposition Herodots geschuldet. Sein Interesse an den orientalischen Imperien der Vergangenheit wurde maßgeblich durch den Konflikt der Perser mit den Griechen bestimmt: Herodotus understood the Persian empire as the power which was threatening the freedom of the Greeks and therefore he became interested in the Persian empire as a world monarchy and as a matter of course in the powers that preceeded it.444

Der Verfasser der Historien erkennt die Ursache des Konflikts zwischen Griechen und Persern in der imperialen Expansion der achaimendischen Großkönige, deren Anfänge er indessen in einer zeitlichen Tiefendimension auf frühere Reichsbildungen des Alten Vorderen Orients zurückführt.445 Über die Kultur und Geschichte dieser Reiche standen ihm indessen nur begrenzte Informationen zu Gebote, die er gleichwohl zu einer kohärenten Erzählung zusammenfügte und auf diese Weise ein historisches Kontinum konstruierte.446 Herodot mag die medische Herrscherdynastie  – ausgehend von den in babylonischen Chroniken bezeugten Persönlichkeiten des Kyaxares und Astyages sowie der Erwähnung der medischen Rebellen namens Phraortes aus dem ‚Haus des Kyaxares‘ in der Bisutun­Inschrift – entworfen und durch Elemente der intellektuellen

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Tragweite berichtet würden. Im Kyroszylinder (Z. 11–12) sucht Marduk „alle Länder insgesamt“ nach einem geeigneten Kandidaten ab und ernennt schließlich Kyros zum König „über das gesamte All.“ Haubolds Konzept der „Babylonian history dressed up as world history“ (ibid., 90) erscheint in Anbetracht der oben (Kap. I.2.1–7) untersuchten mesopotmaischen ‚Weltherrschaftsrhetorik‘ und der (in der Kassitenzeit entwickelten) Vorstellung von Babylon als ‚Nabel der Welt‘ sehr plausibel. Cf. Haubold 2013a, 90–98. Alonso-Núñez 1988, 138. Cf. Cobet 2003, 124: „In Herodots Erzählung ist es die persische Expansion, die nicht nur diese mit den Griechen verbindet, sondern zugleich einen Zusammenhang herstellt mit Lydern, Medern, Assyrern, Babyloniern und Ägyptern.“ Cf. Cobet 2003, 129–131 zeigt, dass Herodot die floating gap zwischen dem spatium mythicum (Hdt. 1, 1–5: Frauenraube) und dem spatium historicum (Hdt. 1, 1, 5: Kroisos als erste ‚historisch‘ greifbare Persönlichkeit) verschleiert, sodass der Eindruck eines historischen Kontinuums entsteht. Dies geschieht durch die antiquarische Konstruktion von Genealogien, die „durch die tentative Annahme von absoluten Zeitdistanzen weitergeschrieben“ werden, „was dem Kontinuum eine verbindliche Form verleiht, die zur Fortschreibung einlädt (ibid., 130).“ Als ein erhellendes Beispiel sei auf die Reihe der spartanischen Könige (Hdt. 7, 204; 8, 131) verwiesen, die die lakedaimonischen Herrscher auf Herakles zurückführt. Die konkreten Zahlen halten einer Berechnung jedoch nicht stand, da der Trojanische Krieg demnach in das Jahr 910 v. Chr. fiele.

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Diskurse seiner Zeit erweitert haben.447 Schließlich scheint auch seine Beschreibung der medischen Reichsbildung unter Deiokes zwar durchaus ‚orientalische‘ Motive zu verarbeiten;448 zugleich jedoch weist die Episode frappante Parallelen zur Errichtung der Tyrannis der Peisistratiden in Athen und – im weiteren Sinne – Anklänge an sophistische Theorien auf. Die Deiokes-Erzählung scheint mithin maßgeblich von der zeitgenössischen griechischen Staatstheorie inspiriert zu sein (s. o. Kap. I.3.1.2).449 Das Konzept eines medischen ‚Weltreiches‘ findet folglich aus der Perspektive der Griechen heraus, die keine Kunde von der für die persische Staatswerdung ungleich bedeutenderen neuelamischen Zivilisation, wohl aber von den Medern erhalten hatten, eine plausible Erklärung.450 Es dürften namentlich die militärisch bedingte Prominenz der Meder und ihre Rolle beim Fall Ninives gewesen sein,451 die Herodot veranlassten, ihre Geschichte in imperialen Dimensionen („imperial dimensions“452) zu schildern und aus vereinzelten Informationen eine medische Herrscherdynastie zu

447 Zu den orientalischen ‚Nachrichten‘ Herodots s. o. Kap. I.3.1.1. Eine weitere Übereinstimmung mit der Nabonid­Chronik besteht etwa in Herodots Aussage über die Desertation der medischen Truppen von Astyages. Cf. Hdt. 1, 124, 3 (Harpagos spricht zu Kyros): „Sollte ich von Astyages als Feldherr gegen dich aufgestellt werden, dann wirst du mit Sicherheit erreichen, was du willst, aber auch dann, wenn ein anderer von den angesehenen Medern aufgestellt werden sollte. Diese werden nämlich als Erste von jenem abfallen und sich auf deine Seite stellen, und sie werden versuchen, Astyages zu stürzen“ (Kαὶ ἤν τε ἐγὼ ὑπὸ Ἀστυάγεος ἀποδεχϑέω στρατηγὸς ἀντία σεῦ, ἔστι τοι τὰ σὺ βούλεαι, ἤν τε τῶν τις δοκίμων ἄλλος Mήδων• πρῶτοι γὰρ οὗτοι ἀποστάντες ἀπ’ ἐκείνου καὶ γενόμενοι πρὸς σεῦ Ἀστυάγεα καταιρέειν πειρήσονται). Cf. die Nabonid­Chronik Col. II, 1–4 (= ABC, Nr. 7, 106 = Glassner 2005, Nr. 26, 236–237): „(Astyages) mustered (his army) and marched against Cyrus (II), king of Anshan, for conquest […]. The army rebelled against Astyages and he was taken prisoner. Th[ey handed him over] to Cyrus (II). ([…]) Cyrus (II) to Ecbatana, the royal city. The silver, gold, goods (and) property of the army of […]“ ([id]-┌ke┐­e­ma ana muḫḫi m Ku­raš šàr An­šá­an ana ka­š[á-di i]l­lik­ma […] mIš­tu­me­gu ummāni­šú ibbalkit­su­ma ina qāteII ṣa­bít a­na mKu­raš it­x[…] mKu­raš a­na kurA­gam­ta­nu āl šarru­ú­tu kaspa ḫurāṣa būša makkūra […] šá kurA­gam­ta­nu iš­lul­ú­ma a­na kurAn­šá­an il­qí būša makkūra šá ummāni m[eš…]). 448 Cf. Panaino 2003; Mari 2018, 16–20; Degen 2017. 449 Cf. Bichler 2000, 235 f.; Wiesehöfer 2004a, 18. Deiokes wird bei Herodot wie Peisistratos (1, 59–60) nicht als βασιλεύς, sondern als τύραννος charakterisiert. Cf. Hdt.1, 100, 1: „Nachdem er diese Maßnahmen [scil. der Herrschaftssicherung] getroffen hatte und durch die Tyrannis mächtig geworden war, war er hart bei der Verteidigung des Rechts“ (Ἐπεῖτε δὲ ταῦτα διεκόσμησε καὶ ἐκράτυνε ἑωυτὸν τῇ τυραννίδι, ἦν τὸ δίκαιον φυλάσσων χαλεπός). Bichler 2000, 236 vermutet, dass Herodot die Figur des Phraortes (Fravartiš in altpersischen Quellen) auf der Grundlage der Papponymie geschaffen habe. Ähnlich bereits Sancisi-Weerdenburg 1988, 211. 450 Cf. Liverani 2003, 10: „In the Greek reconstruction of the sequence of empires, Media was given a role that belonged to Elam. The Greeks – and especially the Ionians of Asia – were well aware of the role of Media since Cyaxares’ foray against Lydia, and should have received information through the Lydian channel. They were, on the contrary, completely ignorant about Elamite power and Elamite history, so that Elam was excluded from their sequence of empires and from their reconstruction of the genesis of the Persian empire.“ 451 Die Prominenz der Meder in der griechischen Überlieferung gründete nicht allein im militärischen Ruhm, den sie bei der Eroberung Ninives erwarben, sondern auch auf ihre Heeresstärke während der Konflikte mit Lydien. Cf. Liverani 2003, 10 f.; Rollinger 2003b, 316. 452 Rollinger 2004a, 260.

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konstruieren.453 Die Invasion und die Zerstörung einer mächtigen Stadt durch einen unzivilisierten Feind aus den Bergen war, wie oben (Kap. I.2.1) dargelegt, ein Topos der mesopotamischen Überlieferung, der nicht zuletzt auf die Meder/Umman­manda angewandt wurde (s. o.). Dieser Topos und der in den Inschriften Nabonids greifbare (rudimentäre) Sukzessionsgedanke gelangten allem Anschein nach zur Kenntnis Herodots. Dass auch aus griechischer Perspektive gerade den Medern der Nimbus einer martialischen und destruktiven Kraft anhaftete, zeigt die auch späterhin noch geläufige Nutzung des Terminus Μῆδοι anstelle von Πέρσαι.454 Christopher Tuplin hat herausstellen können, dass „the term Mede was used to express a sense of horror at the depredations of an alien conqueror.“455 3.2 Ktesias von Knidos 3.2.1 Ktesias: Historiker, Scharlatan, ‚Dichter‘ oder Schelm? Seit der Antike gelten die Persika des Ktesias von Knidos (fünftes/viertes Jahrhundert v. Chr.) als besonders „heikle[r] Fall[]“456 der griechischen Historiographie. Zwar ist das Werk selbst verloren. Abgesehen von wenigen authentischen Zeilen in einem Papyrusfragment457 sind lediglich Auszüge (epitomai), Exzerpte und Paraphrasen späterer Autoren auf uns gekommen. Neben vier Hauptvermittlern – Diodor aus Agyrion (erstes Jahrhundert v. Chr.),458 Plutarch aus Chaironeia (erstes/zweites Jahrhundert n. Chr.),459 Nikolaos von Damaskus (erstes Jahrhundert. v. Chr.)460 und Photios von Konstantinopel (neuntes Jahrhundert n. Chr.)461 – sind vereinzelte Fragmente von gut vierzig weiteren Verfassern verfügbar.462 Auf dieser Basis lassen sich Struktur und Inhalt des Gesamtwerkes rekonstruieren.463 Es bleibt allerdings zu bedenken, dass alle 453 Cf. Kienast 1999, 65: „Soon after the event the idea may have arisen that the mighty Assyrian empire could only have been defeatetd by equal powers, not by mounted barbarian hordes.“ 454 Cf. Wiesehöfer 2004a, 22 sowie ausführlich Tuplin 1994. 455 Tuplin 1994, 247 f. Diese Bedeutung des Begriffs steht am Ende eines Prozesses, im Zuge dessen die Griechen zwischen Medern und Persern zu unterscheiden lernten. 456 Bichler 2004, 105. Cf. zu den aktuellen mit Ktesias verbundenen Problemfeldern der Forschung die Beiträge in Wiesehöfer/Lanfranchi/Rollinger 2011 sowie Madreiter 2012, 33–133. Zum Genre der Persika und ihren Vertretern cf. Stevenson 1997; Madreiter 2012, 134–170. 457 Zur Zuweisung des Oxyrhynchos-Papyrus (P. Oxy 2330) an Ktesias cf. Bigwood 1986. 458 Cf. Llewellyn-Jones/Robson 2009, 38–40; Stronk 2010, 60–72. 459 Cf. Llewellyn-Jones/Robson 2009, 40–43; Stronk 2010, 85–107. 460 Cf. Llewellyn-Jones/Robson 2009, 36–38; Stronk 2010, 73–84. 461 Cf. Llewellyn-Jones/Robson 2009, 43–45; Stronk 2010, 107–148. 462 Cf. Llewellyn-Jones/Robson 2009, 20. 463 Cf. Stronk 2010, 60–152; Llewellyn-Jones/Robson 2009, 18–22. Die Zusammenstellung der Fragmente unternahm erstmalig Felix Jacoby (FgrH 688). Eine deutsche Übersetzung bietet König 1972, auf die hier bei der Wiedergabe deutscher Übersetzungen zurückgegriffen wird. Die neue

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Mittelsmänner ihre Quelle ihrer jeweils eigenen Intention gemäß verarbeiteten und folglich kein unverfälschtes Bild des ktesianischen Œuvres bieten.464 Die Persika schilderten in dreiundzwanzig Büchern die Geschichte Asiens von der Herrschaft des legendären Assyrerkönigs Ninos bis zum achten Regierungsjahr des Achaimeniden Artaxerxes II. (404–359 v. Chr.). In ihren Grundzügen wurde die Darstellung durch die Abfolge der Assyrer, Meder und Perser strukturiert: Das Werk zerfiel in jeweils drei Bücher assyrische und medische Geschichte (Assyriaka), um sich im Anschluss dem Perserreich der Achaimeniden zu widmen.465 Während die Fragmente der Assyriaka (Buch I–VI) sich in erster Linie Diodor verdanken,466 bietet der Patriarch Photios von Konstantinopel ein Exzerpt der Bücher VII–XXIII.467 Insgesamt mutet der Bericht des Ktesias klischeebehaftet und geradezu ‚unseriös‘ an:468 Die Persika zeichnen das Bild eines korrumpierten, von unfähigen Potentaten, machthungrigen Königinnen und Eunuchen beherrschten Hofstaates, der sich durch Luxus, Unmaß und Haremsintrigen auszeichnet. Weiterhin tragen schwerwiegende chronologische und inhaltliche Fehler respektive Ungereimtheiten dazu bei, die Glaubwürdigkeit des Autors ernstlich in Frage zu stellen. Bereits Felix Jacoby attestierte Ktesias Anfang des 20. Jahrhunderts „Gewissenlosigkeit“469 und „Unfähigkeit“,470 belegte ihn mit dem Anathem der „Pseudohistorie“471 und bewertete das historische Niveau seiner Informationen überwiegend mit „gleich Null.“472 Dieses gestrenge Verdikt, das aus den neuentwickelten methodischen Prinzi-

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griechisch-französische Edition mit Kommentar Lenfant 2004, die die Zählung Jacobys beibehält, nimmt zahlreiche neue Fragmente (v. a. Nikolaos von Damaskus F 11D*, F 1pE*, F 6b*, F 8b*, F 8d* mit Asterisk) auf. Hierin folgen ihr die neuen englischen Ausgaben von Llewellyn-Jones/Robson 2009 und Stronk 2010. Die folgende Darstellung folgt – soweit nicht anders vermerkt – der Zählung Stronk 2010. Ein eindringliches Plädoyer für die diesbezüglich gebotene Vorsicht findet sich bei Stronk 2007, 26–37; 2010, 148–152. Cf. Meister 1990, 63. Möglicherweise wurden beide Teile in späterer Zeit gesondert ediert. Cf. Lenfant 2004, XXXIX–XL. Bezüglich der persischen Geschichte umfassten die Bücher 7–15 die Zeit von Kyros II. bis Xerxes (ca. 550–464 v. Chr.). Die Bücher 16–17 behandelten die Regierungszeit Artaxerxes’ I., die Bücher 18–20 Xerxes II., Sogdianos und Dareios II. Die letzten drei Bücher waren der Herrschaft Artaxerxes’ II. gewidmet. Cf. FGrH 688 F 1 und F 5 (= Diod. 2, 1–34). Cf. Phot. Bibl. 72. p. a 26–40a5. Cf. Meister 1990, 63. Allen 2005, 97 bezeichnet die Persika pointiert als „a gruesome soap opera.“ Jacoby 1922, 2046. Ibid. Ibid., 2048: „Es ist die bekannte Methode der Pseudohistorie, die sich aus der ernsthaften Berufung auf mündliche oder schriftliche Tradition der ἱερεῖς und λόγιοι ἄνδρες entwickelt hat, sich auf scheinbar ganz authentische, aber für niemanden nachprüfbare Dokumente zu berufen, wenn man etwas überraschend Neues, im Widerspruch mit allem bisher Geglaubten Stehendes mitteilt.“ Ibid., 2047, der zwar einräumt, dass Ktesias in Ermangelung alternativer Quellen für die Regierungen Artaxerxes’ I. und Dareios’ II. „nicht ganz zu entbehren“ sei, jedoch hinzufügt: „In allen übrigen Teilen ist der historische Wert seiner Nachrichten gleich Null.“ Jacobys Negativurteil

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pien der Quellen- und Textkritik erwuchs,473 wusste Jacoby weiterhin durch die Tatsache zu stützen, dass auch „das einstimmige Urteil des Altertums ihn [scil. Ktesias] als unzuverlässig verdammt hat.“474 In Wirklichkeit war die Meinung der Früheren über Ktesias eher ambivalent.475 So zieh ihn etwa Plutarch des Geltungsdranges und der Parteilichkeit.476 Gleichwohl hielt er die Persika in einigen Belangen für zuverlässiger als andere Quellen.477 Die Autorität, die der Knidier seinen offenkundigen Phantastereien zum Trotz genoss, hat ihren Grund: Ktesias war Augenzeuge.478 Als ein aus dem karischen Ärztegeschlecht der Asklepiaden stammender Mediziner479 war er – nach eigenem Bekunden – einige Jahre als Leibarzt Artaxerxes’ II. tätig und pflegte Umgang mit den höchsten Kreisen bei Hofe: Kτησίας δὲ ὁ Kνίδιος τοῖς μὲν χρόνοις ὑπῆρξε κατὰ τὴν Kύρου στρατείαν ἐπὶ Ἀρταξέρξην τὸν ἀδελφόν, γενόμενος δ’αἰχμάλωτος, καὶ διὰ τὴν ἰατρικὴν ἐπιστήμην ἀναληφϑεὶς ὑπὸ τοῦ βασιλέως, ἑπτακαίδεκα ἔτη διετέλεσε τιμώμενος ὑπ’ αὐτοῦ. οὗτος οὖν φησιν ἐκ τῶν βασιλικῶν διφϑερῶν, ἐν αἷς οἱ Πέρσαι τὰς παλαιὰς πράξεις κατά τινα νόμον εἶχον συντεταγμένας, πολυπραγμονῆσαι τὰ καϑ’ ἕκαστον καὶ συνταξάμενος τὴν ἱστορίαν εἰς τοὺς Ἕλληνας ἐξενεγκεῖν. Ktesias aus Knidos aber blühte um die Zeit, als Kyros [d. J.] den Feldzug gegen seinen Bruder Artaxerxes unternahm; er war Kriegsgefangener und wegen seiner ärztlichen Kunst vom Großkönig in Dienst genommen; er verbrachte, von diesem geehrt, 17 Jahre (dort).480 Dieser sagt also, dass er aus den königlichen Urkunden, in welchen die Perser, einer Landessitte gemäß, ihre alte Geschichte verzeichnet haben, alles einzelne mit vielem Fleiß erforscht, sein eigenes Geschichtswerk daraus zusammengestellt und den Hellenen übermacht habe.481

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machte Schule. Cf. etwa Hammond 1967, 584 („absurd fantasies and romantic stories“) sowie den Forschungsüberblick bei Llewellyn-Jones/Robson 2009, 22–24. Cf. Llewellyn-Jones/Robson 2009, 22; Stronk 2007, 27. Jacoby 1922, 2046. Cf. Stronk 2007, 40. Cf. T 7b (Llewellyn-Jones/Robson) (= Plut. Art. 13, 5–7. Cf. F 23). Cf. T 11d (Llewellyn-Jones/Robson) (= Plut. Art. 1, 4); T 11e (Llewellyn-Jones/Robson) (= Plut. Art. 6, 9. Cf. F 29a). Einen ungleich phantastischeren Charakter besaßen Ktesias’ Indika, die sich dem literarischen Genre der Thaumata (‚Wundererzählungen‘) zuordnen lassen. Cf. Parker 2008, 11–120. Indessen bemerkt Marincola 1997, 22 sowohl bezüglich der Persika als auch der Indika: „Both works suggest that the audience cared little for practical political lessons.“ Sancisi-Weerdenburg 1987, 39 bringt diese gängige Auffassung wie folgt auf den Punkt: „Ctesias has been there, so he must be right […].“ Cf. T 1 (Llewellyn-Jones/Robson) (= Suda s. v. Ktesias 2521); T 1b (Llewellyn-Jones/Robson) (= Tzetzes, Chiliades 1, 85–89). Cf. Llewellyn-Jones/Robson 2009, 11 f. Die Länge des Aufenthalts ist vielfach diskutiert worden. So hat man etwa für eine Dauer von sieben statt siebzehn Jahren plädiert. Gemäß der Communis Opinio weilte Ktesias von ca. 413– 397 v. Chr. am persischen Hof. Cf. zusammenfassend Llewellyn-Jones/Robson 2009, 12–14. F*0 [S] (Stronk) = T 3 (Llewellyn-Jones/Robson) (= Diod. 2, 32, 4. Cf. F 5). Deutsche Übers. König.

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Demnach fiel Ktesias’ Aufenthalt in Persien mit der Rebellion des Prinzen und Thronprätendenten Kyros’ des Jüngeren gegen den amtierenden Perserkönig Artaxerxes II. zusammen.482 Im größköniglichen Gefolge während der Entscheidungsschlacht bei Kunaxa (401 v. Chr.), die mit dem Tod des aufständischen Prinzen endete, soll er, nach Aussage Xenophons, eine Verwundung des Herrschers geheilt haben.483 In Babylon gewann er nachmals die Freundschaft des dort inhaftierten spartanischen Generals Klearchos484 und verhandelte als großköniglicher Diplomat mit Konon, dem Strategen der persischen Ägäisflotte unter dem Befehl Euagoras’ von Zypern.485 Die autobiographischen Angaben des Autors sind selten hinterfragt worden.486 Erst in jüngerer Zeit hat Marco Dorati die Möglichkeit einer Fiktion erwogen und zumindest die Anwesenheit des Knidiers in Babylon sowie seine unmittelbare Nähe zur Herrscherfamilie angezweifelt.487 Kritisch beurteilt wird weiterhin die Authentizität der Quellen, aus denen Ktesias seine Informationen bezogen zu haben vorgibt.488 Letzteres gilt gleichermaßen für seine Angabe, er habe königliche Dokumente (βασιλικαὶ διφϑεραί) konsultiert489 wie für die Behauptung, die Königin-Mutter Parysatis persönlich habe ihm einige seiner Kenntnisse vermittelt.490 Für Robert Drews jedenfalls stand fest, dass der Autor seinem Werk allenfalls minderwertige Quellen („items of kitchen gossip“491) zugrunde 482 Cf. Llewellyn-Jones/Robson 2009, 12–17. Zur Revolte Kyros’ des Jüngeren cf. Lee 2016. 483 Cf. T 6aβ (= Llewellyn-Jones/Robson) (= Xen. anab. 1, 8, 26). Es ist, wie Stronk 2007, 26 betont, allerdings unwahrscheinlich, dass Xenophon, der im griechischen Söldnerkontingent Kyros’ d. J. diente, Zeuge der Geschehnisse auf der Gegenseite wurde. Näher liegt es, dass er die Information aus Ktesias’ Persika bezog. Nach Plut. Art. 13, 4. war ihm das Werk bekannt. 484 Cf. T 7a (Llewellyn-Jones/Robson) (= Phot. Bibl. 72 p. 44a 20–619. § 68–71. Cf. F 27). 485 Cf. F 30 (= Phot. Bibl. 72 p. 44b 20–42. § 72–75); T 7d (= Plut. Art. 21, 1–4. Cf. F 32). Cf. Llewellyn-Jones/Robson 2009, 17. 486 Cf. den Forschungsüberblick bei Llewellyn-Jones/Robson 2009, 12–17; Stronk 2010, 3–11; Madreiter 2012, 35–43. Eine chronologische Rekonstruktion der Vita des Ktesias unternimmt Brown 1978. 487 Dorati 1995 deutet die ktesianischen Aussagen als Resultat der Anforderungen an die zeitgenössische Historiographie, die sich zwingend auf Autopsie stützen musste. Cf. desgleichen Dorati 2013. Auch Madreiter 2012, 40 schließt die Anwesenheit des Ktesias am achaimenidischen Hof aufgrund zahlreicher Fehlinformationen aus. 488 Zu Ktesias’ Quellen cf. Llewellyn-Jones/Robson 2009, 55–65; Stronk 2007, 37–40; 2010, 15–35; Sancisi-Weerdenburg 1987, 38 f. 489 Cf. F*0 [S] (Stronk) = T 3 (Llewellyn-Jones/Robson) (= Diod. 2, 32, 4). Selbstverständlich verfügte das Achaimenidenreich  – wie u. a. Stronk 2007, 39 betont  – über eine hochentwickelte schriftliche Verwaltung, wie v. a. die sogenannten ‚Schatzhaustäfelchen‘ (Persepolis Treasury Tablets) und die ‚Walltäfelchen‘ (Persepolis Fortification Tablets) beweisen. Zu den ‚Reisetexten‘ cf. Henkelman 2010. Berichte über die großköniglichen Taten im Sinne der assyrischen Herrscherannalen allerdings existieren – abgesehen von der Bisutun­Inschrift Dareios’ I. – nicht. Cf. Briant 1996, 889. Gleichwohl ist die Forschung vielfach geneigt, Ktesias’ Angaben wörtlich zu nehmen. Sie berufen sich v. a. auf das Vorhandensein vergleichbarer Archive in Ägypten, Assyrien und Babylon. Schließlich scheinen auch alttestamentliche Zeugnisse (Est 2, 23; 6, 1; 10, 2; Esr 4, 15; 5, 2–6, 2) die Existenz derartiger Dokumente in achaimenidischer Zeit zu bestätigen. Cf. Stronk 2007, 37–40. 490 Cf. F*0c [S] (Stronk) = T8b (Llewellyn-Jones/Robson) (= Phot. Bibl. 72 p. 42b. § 11–13). 491 Drews 1973, 107.

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legte. Lange Zeit hielt sich die Überzeugung, dass Ktesias vorwiegend auf mündliche Informationen und Gerüchte rekurrierte, die zur Zeit seines Aufenthalts bei Hofe kursierten.492 Die Kritik am ‚Historiker‘ Ktesias gründete folglich in erster Linie in seinem wenig gewissenhaften Umgang mit historischen ‚Realien‘ sowie in seiner „Vorliebe für Dinge, die den Leser verblüffen sollten.“493 Schließlich wurde Ktesias eine gewisse habituelle und kulturell bedingte Befangenheit attestiert, die nicht zuletzt auch der ‚Erwartungshaltung‘ seiner griechischen Leserschaft entsprach.494 Ungeachtet dessen ist die Forschung noch gegenwärtig vielfach geneigt, seine Informationen als authentisch zu betrachten. Ihrer ‚historischen‘ Fragwürdigkeit zum Trotz gelten die Persika nicht selten als „a genuine expression of Persian traditions about the past.“495 In diesem Sinne werden Herodot oder der altorientalischen Überlieferung widersprechende Episoden auf ‚alternative Quellen‘ zurückgeführt,496 die ein späteres, zu Ktesias’ Lebzeiten verbreitetes achaimenidisches Geschichtsbild reflektierten. Die letztere Sichtweise bildet einen starken argumentativen Eckpfeiler derer, die die persische Provenienz der Dreiersukzession vertreten. Dominique Lenfant notiert: On conçoit, en tout cas, qu’un tel récit n’intéresse pas l’assyriologue en tant que tel: il rend compte de la construction grecque d’un mythe oriental. Mais il demeure pourtant instructif sur les traditions qui circulaient dans la Perse du Ve siècle concernant le passé antérieure à leur domination […]. La succession dynastique des empires résulte elle-même d’une vision Iranienne: l’édit Babylonien et l’édit de Cyrus affichent clairement le souci perse de se rattacher à la tradition assyro-babylonienne et il est clair que Cyrus se posa tout aussi bien en héritier des Mèdes. Il semble enfin qu’à certains égards, les Perses avaient conçu les Assyriens à leur image pour trouver dans l’ancienneté et le prestige de ces ancêtres un semblant de légimité à leur domination. L’histoire d’Assyrie était, en effet, comme un prélude à celle de l’empire perse.497

492 Cf. Llewellyn-Jones/Robson 2009, 23 f. mit der älteren Literatur. 493 Jacoby 1922, 2046. 494 Cf. Sancisi-Weerdenburg 1987, 37: „Ctesias’ upbringing as a Greek had taught him a certain way to look at Persian affairs and to interpret it along the lines his cultural background had learnt him to do. In other words, he was seeing what he was taught to see as, later on, he was to tell what he was expected to tell.“ 495 Murray 2001a, 42. Cf. Llewellyn-Jones/Robson 2009, 82: „The Persica can be used as a history because it records the way in which the Persians remembered or imagined their past.“ Auch Högemann 1999, 874, der den Quellenwert der Persika als gering einstuft, hält gleichwohl fest: „Für die Zustände am Hof (Haremsintrigen) ist K. dagegen erstklassig.“ 496 Cf. Lenfant 1996. Während Herodot beispielsweise immerhin fünf von sechs Namen der in der Bisutun­Inschrift genannten Verschwörer um Dareios I. korrekt wiedergibt, stimmt bei Ktesias kein Name mit dem persischen Text überein. Lenfant 1996, 374–379, hier v. a. 375 erklärt die Abweichungen durch eine mündliche Tradition, die Ktesias übernommen habe. 497 Lenfant 2004, LIII–LIV. Cf. Calmeyer 1987, 9; Kratz 1991a, 199 f.

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Dieser und vergleichbare Versuche, den ‚Historiker‘ Ktesias zu rehabilitieren,498 haben zwar durchaus ihre Berechtigung (s. u. Kap. I.3.2.2). Die bisherige Untersuchung hat jedoch deutlich werden lassen, dass sich die Perserkönige, nach den erhaltenen Zeugnissen zu urteilen, nicht als unmittelbare Erben der Meder präsentierten. Ktesias seinerseits schreibt – im Unterschied zu Herodot – bereits den Assyrern die Herrschaft über ganz Asien zu und operiert auch sonst mit anachronistischen Rückprojektionen aus achaimenidischer Zeit (s. u. Kap. I.3.2.2). Dass es sich hier lediglich um eine Reproduktion der im ausgehenden fünften Jahrhundert v. Chr. geläufigen (offiziellen) persischen Geschichtsauffassung handelt, erscheint schwer vorstellbar.499 Die Aporie der Forschung gründet nicht zuletzt in der an verschiedenen Stellen nachweisbaren Abhängigkeit und gleichzeitigen Distanzierung des Ktesias von Herodot,500 die die genannten Erklärungsmodelle zu relativieren versuchen. Bereits der Patriarch Photios wies ausdrücklich darauf hin, dass Ktesias’ Bericht sich in markanten Punkten von der Darstellung Herodots unterscheide, den er einen Lügner (ψεύστης) nenne.501 Längst hat die Forschung zudem erkannt, dass Ktesias „Fakten, Namen und Motive gemeinhin aus Herodot entlehnt, sie jedoch meist willkürlich verdreht und ins Phantastische ausspinnt.“502 Dieses Verfahren wird an verschiedenen Stellen deutlich.503 So wird in den Per­ sika das am Tigris gelegene Ninive am Euphrat lokalisiert und in weiten Teilen der herodoteischen Stadtbeschreibung Babylons nachempfunden,504 fällt Kyros nicht im Kampf gegen die Massageten, sondern im Zuge eines militärischen Treffens mit den Derbikern.505 Der Tod des Kambyses, den Herodot – seiner Geschichtsphilosophie gemäß – zum „Sturz vom hohen Ross“506 stilisiert, wird bei Ktesias geradezu ‚banalisiert‘, wenn der König sich beim Herumschnitzen aus Langeweile tödlich verletzt.507 Eine 498 Cf. z. B. Stevenson 1997, 80 f.; Lenfant 1996. Bigwood 1978 versucht zwar, verlässliche Informationen bei Ktesias auszumachen, zeigt sich insgesamt jedoch nicht überzeugt. 499 Damit sei nicht gesagt, dass die Persika keine iranischen Traditionen enthalten (s. u.). Schließlich kursierten die ideologischen Botschaften der Achaimeniden  – zumindest im Falle der Bisutun­ Inschrift – auch in mündlicher Form und waren im Verlauf dieses Prozesses offenbar erheblichen inhaltlichen und typologischen Wandlungen unterworfen. Cf. Shayegan 2012, 73–108; 2017. Lanfranchi 2010 zeigt, dass das Werk des Ktesias zahlreiche genuin ‚orientalische‘ Elemente enthält. 500 Cf. Llewellyn-Jones/Robson 2009, 49–53. Die von Ktesias geübte Polemik gegenüber seinem Vorgänger entsprach später – etwa in den Werken Theopomps, Duris’ oder des Polybios – gängiger Praxis. Cf. Marincola 1997, 225–236; Heller 2010, 60. 501 Cf. T 8 (Llewellyn-Jones/Robson) (= Phot. Bibl. 72. p. 35b.41 f.). Cf. Lenfant 1996, 354. Tatsächlich rückt die epitome des Photios gerade das Verhältnis des Ktesias zu Herodot in den Fokus. Die Rekonstruktion der Persika auf der Grundlage der Bibliotheke ist daher nicht unproblematisch. Cf. Stronk 2007, 35–37. 502 Meister 1990, 64. 503 Zu den nachfolgenden und weiteren Beispielen cf. Bichler 2004, 108–115; 2011a, 30–35. 504 Cf. Bichler 2011, 28 f.; 39 (Tabelle). 505 Cf. Bichler 2004, 109. 506 Bichler 2007d. (im Titel). 507 Cf. Bichler 2004, 110; 2011, 33.

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blutige Revolte der Babylonier wird nicht von Dareios und Zopyros, sondern erst von Xerxes und Megabyzos niedergeschlagen.508 Herodots ‚falscher‘ Smerdis erscheint als „falsche[r] Tanyoxarkes“509 und die Schlachten von Salamis und Plataiai werden in umgekehrter Reihenfolge geschildert.510 Evident ist darüber hinaus, dass die Zeichnung der Charaktere in den Persika zum Teil erheblich von Herodots Version abweicht:511 Während Ktesias den Reichsgründer Kyros weitaus niederträchtiger zeichnet als sein Vorgänger,512 erscheint der Wahnsinn des Kambyses weniger ausgeprägt.513 Dareios, in den Historien eine tatkräftige, aber auch ambivalente Figur, bleibt bei Ktesias eine eher konturlose Gestalt,514 und der verblendete Xerxes figuriert als ein Mann mit menschlichen Zügen, der sich um die Ehre seiner Tochter und seines Schwiegersohnes Megabyzos sorgt.515 Diese „Verdrehungen im Bereich der Ereignisgeschichte“ und die „Umwertung des Charakters der Protagonisten“516 gegenüber den Historien entsprangen nach einer gängigen Auffassung Ktesias’ „kapriziöse[r] Sucht, alles verfremdet darzustellen.“517 Seine Kritik an Herodot wiederum verfolgte demnach keinen anderen Zweck, als seine „eigene Darstellung zu legitimieren und ins rechte Licht zu rücken.“518 Einen gänzlich anderen Weg hat Reinhold Bichler beschritten, dem es gelingt, das wenig positive Bild vom ebenso schamlos tadelnden wie plagiierenden Ktesias zu relativieren. Mit einem Blick für pikareske Nuancen deutet er die Divergenzen zwischen den Persika und den Historien als Resultat einer bewussten „satirische[n] Verformung.“519 Als Verfasser eines regelrechten „Herodot-Verriss[es]“520, war Ktesias gehalten, die Grundzüge der Vorlage zu bewahren, darunter die dynastische Abfolge der Persekönige, Astyages’ Sturz und nicht zuletzt die Sukzession der Assyrer, Meder und Perser. Diese Rahmenhandlung wurde dann allerdings mit phantastischen Geschichten und Erweiterungsmotiven ausgeschmückt, zu denen durchaus auch orientalische Traditionen zählten.521

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Cf. Bichler 2004, 112; 2011, 34. Bichler 2011, 33. Cf. Bichler 2004, 111. Cf. Bichler 2004, 114. Cf. Bichler 2011, 30–35. Cf. ibid., 32 f. Cf. ibid., 33. Cf. Bichler 2004, 113; 2011, 33 f. Cf. Bichler 2004, 113–115; 2011a, 34 f.; Madreiter 2012, 103–118. Bichler 2011, 35. Högemann 1999, 875. Meister 1990, 64. Cf. Drews 1973, 105 f. Bichler 2004, 107. Ibid. Cf. Bichler 2004; 2011a, hier v. a. 37: „Nach meinem Verständnis spielt Ktesias nämlich ein literarisches Spiel mit seinem Publikum, dem er zutraut, in seinem Werk die zahlreichen Wendungen und Verdrehungen zu erkennen, die Herodots Historien apostrophieren und auf den Kopf stellen, und das so seinen Gefallen an diesem Spiel finden kann. […] Und in diesem Spiel fänden auch die di-

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Wiewohl es kaum geraten scheint, das ktesianische Œuvre einzig und allein im Sinne einer ‚Herodot-Persiflage‘ zu interpretieren (s. u. Kap. I.3.2.2),522 erscheint Bichlers neuartiger Lösungsvorschlag sehr erwägenswert. Ktesias, „dessen Werk so sichtbar den Anforderungen an dieses Genre [scil. die Historiographie] nicht genügen will“,523 gewänne sogar „an Statur, wenn ihm ein entsprechendes Maß an Witz und Ironie zugetraut wird.“524 Die Idee einer satirischen Verformung der Historien Herodots (und anderer Autoren?525) wirft zudem neues Licht auf die „Gattungsfrage“,526 denn: Ob die Kategorisierung der Persika als ‚Geschichtsschreibung‘ überhaupt angemessen sei, hat die Forschung in den letzten Jahrzehnten vielfach beschäftigt.527 So sah bereits Ronald Syme in Ktesias den Begründer der ‚fiktionalen Historiographie‘, zu deren Merkmalen unter anderem die Vereinnahmung historiographischer Methoden (Quellenangaben u. ä.) zähle.528 Noch in jüngerer Zeit hat Jan P. Stronk die Auffassung vertreten, Ktesias als ‚Dichter‘ zu betrachten, und zwar als ‚Dichter‘ im aristotelischen Sinne: In Übereinstimmung mit dem Peripatetiker Demetrios (erstes Jahrhundert n. Chr.), der den Knidier einen ποιητής pries,529 stellt Stronk seine Leistung als Verfasser fiktionaler Prosa heraus, der historische Fakten jedweder Herkunft kreativ verarbeitete.530 Irene Ma-

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versen Wahrheitsbezeugungen ihren Platz, die gerne dort auftauchen, wo die Unglaubwürdigkeit im faktischen Gehalt der Darstellung auf der Hand liegen.“ Auf dieser Auslegung insistiert auch Bichler mitnichten. Cf. Bichler 2004, 107. Schließlich stimmt nur gut ein Drittel des Werkes thematisch mit den Historien überein. Cf. Lenfant 1996, 357; 2004, XXVIII–XXXII. Als problematisch erweist sich hier ferner das Fehlen einer kohärenten Kontrollüberlieferung für den Zeitraum zwischen ca. 460–397 v. Chr. Zudem erkennt Lanfranchi 2010 zahlreiche ‚Fragmente‘ altorientalischer Überlieferung im Werk des Ktesias (s. u. Kap. I.3.2.2). Bichler 2011, 24. Ibid., 37. Cf. Bichler 2011, 38, der im Werk des Ktesias Hinweise auf ein ähnliches Verfahren mit anderen Verfassern von ‚Zeitgeschichte‘ wie Xenophon, Isokrates oder Thukydides erkennt. Bichler 2011, 23. Cf. zusammenfassend Bichler 2011, 22–26; Madreiter 2012, 118–120 mit der älteren Literatur. Auberger 1995 und Holzberg 1992 streichen den romanhaften Charakter des Werkes heraus. Högemann 1999, 874 begreift Ktesias als „Historiker dem literarischen Genre, Romanschriftsteller modernen Kriterien nach.“ Für Jacoby 1922, 2045 dagegen stand fest, dass Ktesias „ein Historiker sein“ wollte. „Er wollte nicht etwa einen Roman schreiben.“ Tatsächlich aber „ist er einer der Väter des historischen Romans geworden.“ Cf. Syme 1988, hier v. a. 148. Cf. Stronk 2007, 43–48 unter Verweis auf Dem. eloc. 209; 216. Nach der Definition des Aristoteles (Aristot. poet. 1451b) ist es weniger die äußere Form, die den Unterschied zwischen Geschichtsschreibung und Poesie ausmacht. Vielmehr befasse sich der Historiker mit spezifischen Ereignissen (τὰ καϑ’ ἕκαστον), der Dichter aber mit dem Allgemeinen (καϑόλου). Der Poet schreibe nicht nur, was geschehen ist, sondern v. a. das, was geschehen könnte, der Wahrscheinlichkeit oder der Notwendigkeit gemäß (κατὰ τὸ εἰκὸς ἢ τὸ ἀναγκαῖον). Stronk 2007, 44: „Ctesias reworks historical facts and thus transforms various occurrences into his version of the truth. In his work history has merely become a part of the plot.“

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dreiter wiederum begreift die Persika im Sinne einer historiographischen Metafiktion, in der „Fakten und phantastische Elemente gleichberechtigt nebeneinander stehen.“531 Bei aller Überzeugungskraft dieser Ansätze ist gleichwohl evident, dass das Werk des Ktesias – so Bichler zu Recht – die „Ebene der philosophisch-staatsrechtliche[n] Ernsthaftigkeit“532 vermissen lässt, die etwa Xenophons Kyrupädie eignet.533 Zwar lässt sich die Frage nach dem Genre des unter dem Titel Persika bekannten Werks (nicht zuletzt aufgrund des fragmentarischen Erhaltungszustandes) nicht sicher beantworten. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass Ktesias den der Dichtung, den Genealogien des Hekataios und schließlich der griechischen Historiographie inhärenten ‚Wahrheitsanspruch‘ in humoristischer Weise für sich in Anspruch nahm.534 In diesem Sinne sollte später auch der römische Philosoph Lucius Annaeus Seneca der Jüngere in der menippeischen Satire Apocolocyntosis die gängige Form des historischen Proömiums parodieren und den Wert angeblicher Zeugen in Zweifel ziehen.535 Als Konsequenz aus Bichlers Theorie ergäbe sich hinsichtlich der ‚ktesianischen Variation‘ des Sukzessionsgedankens folgendes Bild: Ktesias übernahm die Grundstruktur der Abfolge von Assyrern, Medern und Persern von Herodot, dessen Version er massiv verfremdete und bewusst ironisierte. Andererseits hat Johannes Haubold gezeigt, dass das Reicheschema möglicherweise Bestandteil eines übergreifenden Diskurses war, den bereits Herodot aufgegriffen und in seinem Sinne verarbeitet hatte (s. o. Kap. I.3.1.3). Der von Bichler postulierte ‚humoristische‘ Ansatz läuft folglich nicht zwingend darauf hinaus, dass der Sukzessionsgedanke in den Persika sich ausschließlich

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Madreiter 2012, 122, die (ibid., 123) des Näheren festhält: „Durch Dokumentation wird die Fiktion historisiert, beziehungsweise umgekehrt, die historische Dokumentation durch fiktionales Umfeld fiktionalisiert. Der Eindruck der historischen Authentizität solcher Werke beruht darauf, dass sie von angeblichen Zeitzeugen dieser Epoche verfasst wurden.“ Ein entscheidendes Instrument der Metafiktion bilden demnach Leerstellen (ibid., 124), „die jeder Leser individuell füllen kann. Durch solche Leerstellen werden stets Erwartungen geweckt, die nicht vollständig eingelöst werden dürfen, um den Leser nicht zu langweilen. […] Der Hörer/Leser eines fiktionalen Textes reagiert auf die Leer- und Unbestimmtheitsstellen, indem er selbst Hypothesen über die unterschiedlichen Sichtweisen aufstellt, selektiv auswählt, um damit die Erzählung kreativ zu komplettieren. Das Verhältnis zwischen Autor und Leser/Hörer ist also ein dialogisches.“ 532 Bichler 2011, 36. 533 Cf. ibid. 534 Cf. Hes. erg. 10; Hekat. FGrH 1 F 1a. 535 Cf. Sen. apocol. 1, 1–3, hier v. a. 1–2: Quid actum sit in caelo ante diem III. idus Octobris anno novo, initio saeculi felicissimi, volo memoriae tradere. Nehil nec offensae nec gratiae dabitur. Haec ita vera. Si quis quaesiverit unde sciam, primum, si noluero, non respondebo. Quis coacturus est? […] Si libuerit respondere, dicam quod mihi in buccam venerit. Quis unquam ab historico iuratores exegit? Tamen si necesse fuerit auctorem producere, quaerito ab eo qui Drusillam euntem in caelum vidit: idem Claudium vidisse se dicet iter facientem ‚non passibus aequis‘. Hier werden einerseits das Postulat der memoria/ mnemosyne (cf. etwa Hdt. 1, proöm.), das später bei Tacitus (Tac. ann. 1, 1) bezeugte Postulat der Objektivität (sine ira et studio) sowie der Wahrheitsanspruch der antiken Historiographie (cf. etwa Thuk. 1, 22) ironisiert. Weiterhin wird den (mündlichen) Quellen der Geschichtsschreibung jede Glaubwürdigkeit abgesprochen.

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der herodoteischen Vorlage verdankt. Vielmehr mag Ktesias eine eigene (ironische) Stellungnahme zu diesem Diskurs verfasst haben (s. u. Kap. I.3.2.2). Seine Konzeption, deren Fokus ausdrücklich nicht auf den Perserkriegen liegt, sondern die Geschichte ‚des Orients‘ stattdessen von innen heraus beschreibt,536 erhebt die Assyrer und Meder zu den ebenbürtigen Vorgängern der Perser. Die (durchweg als βασιλεία begriffene) Herrschaft als solche erscheint als feste Größe. Allein ihre Träger wechseln.537 Schließlich ist mit dem Namen Ktesias auch ein weiteres, nicht minder geschichtsmächtiges Konzept verbunden: Es ist das Klischee der persischen Dekadenz respektive der Entwurf eines „spezifisch ‚westlichen‘ Orientbildes“,538 das Heleen SancisiWeerdenburg als „[t]he concept Orient“539 bezeichnet hat: The term Orient provokes associations of harems, eunuchs, luxury and intrigues. It has connotations of softness, closedness, indulgence and lack of rigour. To sum it up: It means effeminancy.540

Einmal mehr plädierte Sancisi-Weerdenburg für den kritischen Umgang mit der griechischen Überlieferung, die die orientalischen Imperien als von unsagbarem Reichtum, zugleich jedoch von wachsender Depravation gezeichnete ‚Gegenwelten‘ präsentiert.541 Zu den überkommenen Topoi zählt nicht zuletzt die Vorstellung, dass die Könige des ‚Orients‘ unweigerlich der Schwelgerei (τρυφή) anheimfallen, infolgedessen ihrer militärischen Tüchtigkeit verlustig gehen und schließlich einem durch seine harte Lebensweise gestählten Gegner unterliegen.542 Derartige Gedanken finden sich in Ansätzen bereits bei Herodot.543 Das Konzept des von Kabalen und Lastern gezeichneten ‚orientalischen Hofes‘ indessen wurde erst im vierten Jahrhundert v. Chr. entfaltet und nicht zuletzt von Ktesias geprägt.544 Die Vorstellung der Dekadenz wird in den 536 Cf. Llewellyn-Jones 2009, 52. Zu Ktesias’ Quellen zählten neben Herodot möglicherweise auch frühere Persika des fünften Jahrhunderts v. Chr. (Dionysos von Milet, Charon von Lampsakos, Hellanikos von Lesbos). Cf. Madreiter 2012, 134–170. Zu den Perserkriegen im Werk des Ktesias cf. Bleckmann 2007. 537 Eine derartige Konzeption, die einer konkreten Zielrichtung der Weltgeschichte ermangelt, ist freilich von der späteren translatio imperii­Idee (s. u.) zu trennen. 538 Rollinger 2008b, 499. 539 Sancisi-Weerdenburg 1987, 43. 540 Ibid., 43 f. 541 Cf. Sancisi-Weerdenburg 1987, 34: „The works of Plato and Isocrates that contain a number of statements about Persia and the Persians, should not be considered as sources. They merely repeat, or at best recoin, stereotypes that were current in Greek popular opinion.“ 542 Cf. Wiesehöfer 2007b, 13 f. 543 Cf. ibid., 14 unter Verweis auf Hdt. 9, 122: Artembares unterbreitet Kyros den Vorschlag, in ein besseres, weil fruchtbareres Land zu emigrieren, den der König einsichtsvoll ausschlägt: „Er gab ihnen […] zu bedenken, dass sie dann nicht mehr Herren, sondern Untertanen sein würden. Denn der Lauf der Welt sei gewöhnlich der, dass in weichlichen Ländern die Männer weichlich werden, und das gleiche Land vermöge nicht, zugleich wundervolle Frucht hervorzubringen und zugleich kriegstüchtige Männer.“ Übers. Sontheimer 1974. 544 Cf. Wiesehöfer 2007b, 12–18, hier v. a. 14; 2015c, 58–60.

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Persika nicht zuletzt durch den verderblichen Einfluss der Frauen und der Eunuchen illustriert.545 Entsprechend repräsentiert etwa die Königin-Mutter Parysatis den literarischen ‚Typus‘ der ‚rachsüchtigen Herrscherin‘ („vindictive queen“546), die keinerlei Skrupel hegt, dem von ihr bevorzugten Sohn Kyros (dem Jüngeren) die Thronfolge zu sichern und nach dem Scheitern ihrer Pläne ihre eigene Schwiegertochter Stateira zu vergiften.547 Auch für Platon, nachmals neben Xenophon und Isokrates ein Hauptexponent der Dekadenztheorie, war die Prinzenerziehung durch Frauen maßgeblich dafür verantwortlich, dass in Asien unfähige und verweichlichte Könige regierten, deren exzessive Machtausübung unweigerlich in den Niedergang führen müsse.548 Die ‚persische Dekadenz‘ bildete schließlich das älteste, bis ins 19.  Jahrhundert wirksame Erklärungsmodell für die Frage, warum das dritte Weltreich dem vierten (dem makedonischen) unterlag.549 Es entspricht nach modernen Erkenntnissen kaum der historischen Realität des Achaimenidenreiches im vierten Jahrhundert v. Chr.550 So wenig es auch angebracht ist, Ktesias als den maliziösen Erfinder dieser ebenso wirkungsmächtigen wie gefährlichen Konzeption zu schmähen,551 so hat er doch als ein „bedeutende[r] Ahnherr[]“552 des negativ konnotierten ‚Orientbildes‘ zu gelten.553 Es wird sich zeigen, dass zwischen dem Dekadenzgedanken und dem Sukzessionsschema in den Persika mitunter durchaus ein Konnex besteht.

545 Cf. Sancisi-Weerdenburg 1987, 40–42; Allen 2005, 96–100. Untersuchungen zur Rolle der weiblichen Angehörigen des Achaimenidenhofes anhand der Persepolis Fortification Tablets zeigen, dass es sich bei dem Bild der hinter verschlossenen Türen intrigierenden persischen Frauen um ein literarisches Klischee handelt. Die Dokumente weisen sie vielmehr als ungemein aktiv und in vielen Bereichen selbstbewusst agierende Persönlichkeiten aus: Sie hielten Audienzen in eigenem Namen ab, reisten, waren wirtschftlich unabhängig und übten sich teilweise offenbar sogar im Reiten und im Bogenschießen. Zahlreiche weibliche Angehörige des Hofes besaßen eigene Ländereien. Cf. Brosius 1996; 2007. In Ktesias’ Darstellung spiegelt sich eine seit dem fünften Jahrhundert in der griechischen Literatur fassbare misogyne Tendenz, die poltisch aktive Frauen als Bedrohung für eine von Männern dominierte Welt wahrnahm. Cf. Wiesehöfer 2007b, 16 f. Zur Rolle der Eunuchen cf. Llewellyn-Jones 2002. 546 Sancisi-Weerdenburg 1987, 40. 547 Cf. ibid., 40–42 mit Belegstellen. 548 Cf. Wiesehöfer 2007b, 12; 2015c, 60 mit Plat. leg. 695a-b. Zur Dekadenztheorie cf. v. a. Briant 1989; 2002a; Wiesehöfer 2007b; 2013a, 277 sowie Müller 2007 zu den ‚Codes‘ der Dekadenz in der antiken Literatur. Zum Perserbild des vierten Jahrhunderts, das sich zunehmend von der noch relativ differenzierten Perspektive des fünften Jahrhunderts entfernte, cf. Gruen 2012, 53–75; Madreiter 2012, 171–191. 549 Daneben sind das sogenannte ‚Krisenmodell‘ und das ‚Katastrophenmodell‘ zu nennen. Cf. Wiesehöfer 1997, 17 f.; 2007b, 11 f.; 2009, 90. S. u. Kap. II.3.1. 550 Briant 2002a, 210. Laut Wiesehöfer 2007b; 2009 unterlag das persische Heer der miltitärischen Stärke des makedonischen Gegners und der taktischen Überlegenheit des Feldherren Alexander. 551 Cf. Llewellyn-Jones/Robson 2009, 83 („it would be hard to lay all of this ugly xenophobia at the feet of Ctesias“); 86 („Ctesias did not invent the ‚Orient‘ as a negative construct“). 552 Rollinger 2008b, 499. 553 Cf. ibid.; Sancisi-Weerdenburgh 1987, 44.

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3.2.2 Weltherrschaft und Dekadenz: Assyrer, Meder, Perser – und Babylon in den Persika Ktesias’ assyrische Geschichte unterscheidet sich in mancherlei Hinsicht von dem, was Herodot über das – nach griechischem Dafürhalten – erste Großreich Asiens zu berichten weiß. Den Historien zufolge beherrschten die Assyrer 520  Jahre lang (ca. 1219–699  v. Chr.554) das ‚obere Asien‘ und damit ein auch Babylonien und Medien inkorporierendes Territorium. Schließlich errangen die Meder ihre Unabhängigkeit und traten bald die Nachfolge des assyrischen Großreiches an.555 Ein ausführlicher ‚Assyrer-Logos‘, dessen Abfassung Herodot in 1, 106 und 1, 184 angekündigt, ist nicht überliefert (s. o. Kap. I.3.1.2). Zwar waren ihm die Namen einzelner Herrscher (Ninos, Semiramis, Sardanapallos, Sanacheribos) bekannt, doch lässt sich aus diesen Angaben keine dynastische Abfolge rekonstruieren.556 Ktesias hingegen beschloss sein Werk nach Aussage des Patriarchen Photios mit einer Königsliste von Ninos bis in die Regierungszeit Artaxerxes’ II.557 Das Assyrerreich hatte demnach über 1.300  Jahre lang (ca. 2166–866  v. Chr.558) Bestand,559 und damit doppelt so lange, wie von Herodot veranschlagt.560 Zur Zeit des Trojanischen Krieges hatten die Assyrer bereits seit einem Jahrtausend die Oberherrschaft über Asien inne.561 Damit bescheinigt Ktesias den orientalischen Zivilisationen eine weit ältere Geschichte als den Griechen.562 Allein die Tatsache, dass die assyrische, nicht die lydische Geschichte den Auftakt des ktesianischen Berichts bildet, macht deutlich, dass den Persika eine ganz andere Agenda („a very different agenda“563) zugrunde liegt als den Historien:564 Im Unter-

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Zur Fixierung der absoluten Daten cf. Drews 1965, 130. Cf. Hdt. 1, 95; 106; Bichler 2007c, 210. Cf. Drews 1965, 130; Bichler 2007c, 210. Cf. Bonquet 1990, 5 mit F 3 (= Phot. Bibl. 72 p. 45a 1–4. § 76). Die Liste ist nicht im Original überliefert, doch wurde sie von einigen späteren Chronographen (Eusebius, Georgios Synkellos, Excerpta Barbari, Chronographeion Syntomon) herangezogen. Zur Rekonstruktion der ‚ktesianischen Liste‘ cf. Bonquet 1990, 6; Bichler 2007c, 216. Cf. Drews 1965, 130. Cf. F 1b (= Diod. 2, 21, 8; 28, 8); Bonquet 1990, 5; 8 f. Cf. Bichler 2007c, 216. Cf. F 1b (= Diod. 2, 22, 2); Bonquet 1990, 5. Cf. Drews 1965, 130: „Assyrian antiquity, Ctesias argued, far outstretched Greek antiquity.“ Bonquet 1990, 15: „In his eagerness to improve Herodotus and to demonstrate that the Assyrians had an older history than the Greeks, Ctesias put Ninus some 1000 years before the Troian War.“ Indem die Assyrer (als Vorgänger der Perser) bei Ktesias sogar in den Trojanischen Krieg eingreifen, erhält der spätere Konflikt der Griechen mit den Persern eine geradezu ‚welthistorische Dimension‘. Cf. Haubold 2007, 57 f. Llewellyn-Jones/Robson 2009, 52. Kyros’ Feldzug gegen Sardeis (F 9 = Phot. Bibl. 72. p. 36a 9–37a 25. § 4–5) wird von Ktesias stattdessen nach zwei Kampagnen gegen die Baktrier und die Saken geschildert. Cf. Bichler 2004, 109.

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schied zu Herodot, dem Kroisos als der erste (πρῶτος) gilt, „von dem ich weiß“,565 war es für Ktesias nach dem Zeugnis Diodors der Assyrerkönig Ninos, der als erster „große Taten verrichtete“ (μεγάλας πράξεις ἐπετελέσατο).566 Ninos ist eine fiktive Gestalt. Die mesopotamischen Zeugnisse kennen keinen Herrscher dieses Namens. In seiner Person verdichten sich vielmehr Aspekte verschiedener assyrischer Herrscher und nicht zuletzt Sargons von Akkad, des ‚Welteneroberers‘.567 Dieser Ninos, „von Natur aus kriegerisch geartet (φύσει πολεμικός) und nach dem Ruhm [der Tapferkeit] strebend (ζηλωτὴς τῆς ἀρετῆς)“, mobilisiert ein gewaltiges Heer, schließt ein Bündnis mit König Ariaios von Arabien und bringt Babylonien, Armenien und Medien unter seine Botmäßigkeit.568 Binnen siebzehn Jahren erobert er schließlich ganz Asien „zwischen dem Tanaïs [Don] und dem Nil.“569 Einzig die Unterwerfung Baktriens gelingt auch nach wiederholten Versuchen nicht.570 Ein Katalog der Völkerschaften, die Ninos Untertan sind, nimmt die territoriale Ausdehnung des Achaimenidenreiches unter Artaxerxes II. vorweg. Einmal mehr projiziert Ktesias hier die Verhältnisse seiner eigenen Zeit in eine ferne Vergangenheit.571 Es ist bemerkenswert, dass der Bericht des Ktesias – bei aller gebotenen Vorsicht gegenüber der möglicherweise kontaminierten Fassung Diodors – sich durchaus in den Bahnen der assyrischen (Welt-)Herrschaftsrhetorik bewegt: Nicht nur wird Ninos als ζηλωτὴς τῆς ἀρετῆς beschrieben572 und ihm eine „große Begierde ganz Asien […] zu unterwerfen“ attestiert,573 vielmehr rückt auch der agonale Zug seiner Regierung in den Fokus. Der letztere tritt in aller Deutlichkeit bei der Gründung der am Euphrat (sic!) gelegenen und nach ihm selbst benannte Metropole Ninos (Ninive) zutage:574

565 Hdt.1, 5, 3. 566 F 1b (= Diod. 2, 1, 4). Die ‚großen Taten‘ des Ninos sind eindeutig auf die von ihm forcierte kriegerische Expansion zu beziehen: Hätten zuvor lediglich ‚Lokalkönige‘ (ἐγχώριοι βασιλεῖς) über Asien geherrscht, so habe Ninos als erster nach der Herrschaft über den gesamten Kontinent gestrebt. 567 Cf. Lenfant 2004, XLII–XLIV. Als historische Vorbilder hat man u. a. Schamschi-Adad V. (823– 811 v. Chr.), Sanherib (704–681 v. Chr.), Tiglatpilesar III. (744–724 v. Chr.) oder Sargon II. (722– 705 v. Chr.) in Betracht gezogen. 568 Cf. F 1b (= Diod. 2, 1, 4–9). 569 F 1b (= Diod. 2, 2, 2–3): δεινὴν ἐπιϑυμίαν ἔσχε τοῦ καταστέψασϑαι τὴν Ἀσίαν ἅπασαν. 570 F 1b (= Diod. 2, 2, 4). Die Existenz eines baktrischen Königreiches im Norden Afghanistans in vorachaimenidischer Zeit ist nicht nachgewiesen. Cf. Briant 1984a, 23–27. 571 F 1b (= Diod. 2, 2, 2–3) mit Lenfant 2004, XLIIIf. Cf. ferner Rollinger 2011c, 326. Diodor beruft sich bei seinen Angaben ausdrücklich auf Ktesias. Demnach erstreckte sich Ninos’ Reich von Ägypten und den Küsten der Ägäis im Westen bis zum Kaspischen Meer sowie bis zur Persis und der Susiana im Osten. Als Gründergestalt trägt der Assyrerkönig auch manche Züge Kyros’ II. Cf. Lenfant 2004, XLIIIf. 572 Cf. F 1b (= Diod. 2, 1, 4). 573 F 1b (= Diod. 2, 1, 10). 574 F 1b (= Diod. 2, 3, 1–4).

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ἐπιφανεστάτας γὰρ πράξεις τῶν πρὸ αὐτοῦ κατειργασμένος, ἔσπευδε τηλικαύτην κτίσαι τὸ μέγεϑος πόλιν, ὥστε μὴ μόνον αὐτὴν εἶναι μεγίστην τῶν τότε οὐσῶν κατὰ πᾶσαν τὴν οἰκουμένην ἀλλὰ μηδὲ τῶν μεταγενεστέρων ἕτερον ἐπιβαλόμενον ῥᾳδίωϛ ἄν ὑπερϑέσϑαι. Weil er nämlich so große Taten ausführte, wie keiner vor ihm, so wollte er jetzt auch eine so große Stadt bauen, daß sie nicht nur die größte unter allen damaligen Städten der bewohnten Erde wäre, sondern dass auch kein späterer ihn hierin leicht übertreffen könnte.575

Mag hier auch das griechische Konzept der ἀρετή eingeflossen sein, so enthält die Schilderung des ‚Kriegerkönigs‘ Ninos, der armenische Städte verwüstete und „Schrecken unter den Einwohnern“576 verbreitete, immerhin ein altorientalisches Kolorit.577 Andererseits lässt sich an dieser Stelle nicht zwingend die Existenz ‚alternativer‘ (von Herodot unabhängiger) Quellen annehmen, finden sich doch – wie oben (Kap. I.3.1.1) gezeigt wurde – auch in den Historien Spuren der mesopotamischen Übertreffungsmetaphorik. Vielmehr scheint der ktesianische Bericht über die Feldzüge des Ninos maßgeblich von den Unternehmungen inspiriert zu sein, die Herodot (2, 102) dem ägyptischen Herrscher Sesostris zuschrieb.578 Der König der Assyrer – so Ktesias/Diodor weiter – rüstet nach der Fertigstellung seiner Stadt erneut zum Krieg gegen den baktrischen König Oxyartes.579 Während der Belagerung der Hauptstadt Baktra begegnet er Semiramis, einer Tochter der askalonischen Göttin Derketo580 und Gattin seines Feldherren Onnes. Dank des strategischen Geschicks dieser Frau gelingt die Erstürmung der uneinnehmbar geglaubten Metropole.581 Ninos, von der Tapferkeit und Schönheit der Semiramis gleichermaßen betört, treibt Onnes durch Drohungen in den Selbstmord und nimmt sie zur Frau.582 Nach dem Tode ihres königlichen Gemahls tritt Semiramis die Alleinherrschaft an.583

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F 1b (= Diod. 2, 3, 1). Deutsche Übers. König. Die sich anschließende Beschreibung von Ninos scheint teilweise an die herodoteische Stadtbeschreibung Babylons angelehnt zu sein. Cf. Bichler 2011, 28. F 1b (= Diod. 2, 1, 8). Es findet sich bei Ktesias hingegen keine Spur von der göttlichen ‚Mission‘ zur Unterwerfung der Welt, die den assyrischen Texten eignet. Die von Ninos forcierte Expansion wird einzig auf seine „große Begierde, ganz Asien […] zu unterwerfen“ (δεινὴ ἐπιϑυμία […] τοῦ καταστρέψασϑαι τὴν Ἀσίαν ἅπασαν) zurückgeführt. Cf. bereits Jacoby 1922, 2051. Zu Sesostris bei Herodot cf. Obsomer 1989. Cf. F 1b (= Diod. 2, 5, 3–7). Aus anderen Überlieferungen geht hervor, dass Ktesias den Herrscher Zoroaster genannt hat (FGrH 93 F 1 und 1b). Hier nimmt man eine hellenistische Quelle Diodors an, denn Alexanders baktrischer Schwiegervater trug den Namen Oxyartes. Cf. Comploi 2000, 233. Weinfeld 1995 bringt den Namen Derketo, die Strab. 26, 4, 27 mit der syrischen Atargatis identifiziert, mit mit dem ugaritischen Begriff darkatu (‚Herrschaft‘) in Verbindung. Cf. F 1b (= Diod. 2, 6, 8 f.). Cf. F 1b (= Diod. 2, 6, 10). Cf. F 1 b (= Diod. 2, 7, 1).

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Diese Königin, die häufig mit Sammu-ramat, der Gattin des assyrischen Herrschers Schamschi-Adad V. (824–811  v. Chr.), identifiziert wurde,584 wohl aber auch Züge der Naqi’a und Adad-guppi in sich vereint,585 findet in Herodots Historien nur kurze Erwähnung.586 Erst Ktesias verwandelte sie in eine prägnante literarische Figur, der eine reiche Rezeptionsgeschichte beschieden sein sollte.587 Er spielt dabei mit „gender inversions“,588 denn Semiramis erhält nicht nur eine Geburtslegende, die an große (männliche) Eroberer wie Sargon von Akkad oder Kyros II. erinnert,589 auch ihre Taten stehen denjenigen ihrer männlichen Vorgänger (und Nachfolger) in nichts nach. Semiramis, „deren Sinn von Natur aus auf große Dinge stand“, ist bestrebt, ihren Gemahl hierin noch zu übertreffen590 und entfaltet nunmehr eine rege Bautätigkeit.591 Namentlich als Gründerin der prächtigen Metropole Babylon (sic!) tut sie sich hervor.592 Mit gewaltiger Heeresmacht zieht die Königin sodann gegen Medien, lässt dort mehrere Parks (παράδεισοι)593 sowie Pavillons errichten und nimmt ehrgeizige infrastrukturelle Maßnahmen in Angriff.594 In Ekbatana, laut Herodot erst eine Gründung des Meders Deiokes, errichtet sie einen Palast und versorgt die Stadt mit Wasser.595

584 Cf. Schramm 1972; Eilers 1971, 34–46. 585 Cf. Weinfeld 1995, 102; Streck 1998–2001b; Rollinger 2010b, 385, der jedoch einschränkend festhält, dass „die Bezüge […] blass“ bleiben. Nagel 1982 geht von einer iranisch-skythischen Tradition aus. Zur Figur der Semiramis cf. ferner Dalley 2005; Lenfant 2004, XLIVf. 586 Cf. Hdt. 1, 184. In den Historien rückt vielmehr die Königin Nitokris in den Fokus. Cf. Högemann 1992, 57; Streck 1998–2001c; Heller 2010, 44–47; Bichler 2007c, 213. 587 Indessen trug die ‚ktesianische‘ Semiramis vermutlich weniger idealisierte Züge als der Bericht Diodors glauben macht. Comploi 2000, hier v. a. 230 f. hat nachweisen können, dass der Anteil Diodors bei der Ausformung der Figur sehr hoch ist und der Autor lediglich einige Elemente der ‚ktesianischen‘ Semiramis auswählte, die seiner Darstellungsabsicht entsprachen. Ferner sind Kontaminierungen mit hellenistischen Quellen (Kleitarch, Deinon) nicht auszuschließen. Cf. ferner Stevenson 1997, 29–34. 588 Haubold 2013a, 91. 589 Cf. Kuhrt 2003. Die Jugend der Semiramis schildert Diod. 2, 4, 1–6: Von ihrer Mutter ausgesetzt, wächst sie, von Tauben ernährt und von Hirten aufgezogen, heran. Cf. Eilers 1971, 13 f. 590 Cf. F 1b (= Diod. 2, 7, 2): ἡ δὲ Σεμίραμιϛ οὖσα μεγαλεπίβολοϛ καὶ φιλοτιμουμένητῇ τῇ δόξῃ τὸν βεβασιλευκότα πρὸ αὐτῆς ὑπερϑέσϑαι. 591 Cf. Comploi 222, 225 f.; 233. 592 Cf. F 1b (= Diod. 2, 7, 2–5). Cf. Haubold 2013a, 91, der auch hier eine Geschechterinversion erkennt: „In all these stories Babylon challenges (male) imperial control.“ Für eine Gegenüberstellung des von Herodot und Ktesias geschilderten Stadtbildes cf. Rollinger 2008b. 593 Cf. F 1b (= Diod. 2, 13, 1; 3). Zur persischen Institution der Paradeisoi s. o. Kap. I.2.8. Zur politischen Funktion des Gartens im Vorderen Orient cf. Stronach 1990b. 594 Im Zagros lässt Semiramis ganze Bergwände abtragen, um die zeitaufwendige Umgehung des Gebirges zu vermeiden. Cf. F1b (= Diod. 2, 13, 5–8). 595 Cf. F 1b (= Diod. 2, 13, 6–9). Hier liegt eindeutig eine Rückprojektion aus persischer Zeit vor, als Ekbatana Sommerresidenz war. Semiramis’ Kanalanlagen mögen, wie Lenfant 2004, 242 betont, durch das achaimenidische qanāt-Systhem inspiriert sein. Cf. Briant 2001. Auch ansonsten überträgt Ktesias die Leistungen der Späteren auf Semiramis. So gilt ihm beispielsweise das Bisutun­ Monument Dareios’ I. als Selbstbildnis der Königin (Cf. Diod. 2, 13, 2). Cf. Lenfant 2004, 241 f.; Philips 1972.

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Doch auch auf militärischem Gebiet erweist sich Semiramis, die Persien, Libyen und Äthiopien unterwirft, ihrem verstorbenen Gemahl als ebenbürtig.596 An der mit Kriegselefanten ausgestatteten Streitmacht des Inderkönigs Strabrobates aber scheitert die ehrgeizige Königin und tritt nach schweren Verlusten den Rückzug an.597 Als sonach ihr Sohn Ninyas gegen sie konspiriert, tritt sie ihm die Herrschaft ab, wird in eine Taube verwandelt und fortan als Göttin verehrt.598 An dieser Stelle würdigt Diodor Semiramis noch einmal als eine Frau, „welche – die Inder ausgenommen – über ganz Asien geherrscht“599 habe. Hatten Ninos und Semiramis die Blütezeit (ἀκμή), gleichsam die Jugend des Reiches verkörpert, so läutet die Regierung des Ninyas seinen Niedergang ein:600 Dieser lebt, der Schwelgerei (τρυφή) und der Ausschweifung (ῥαϑυμία) hingegeben, zurückgezogen in seinen Gemächern, während er den Schutz der Stadt Ninos einer Palastgarde überlässt.601 Die Charakterbilder des Ninos und der Semiramis, deren Wille zur Eroberung, agonaler Wetteifer und erbarmungslose Grausamkeit wider ihre Untertanen vielfach Erwähnung finden, weisen durchaus zahleiche Schnittmengen mit der ideologischen Selbstporträtierung (neu-)assyrischer Könige auf.602 Der Topos des unsichtbaren roi imaginaire hingegen, als der Ninyas uns im Werk des Ktesias entgegentritt, erscheint auf den ersten Blick einem griechischen Klischee zu entsprechen.603 Tatsächlich lehrt das assyrische Text- und Bildmaterial, dass die Funktionäre des Reiches durchaus direkten Zugang zum Herrscher hatten und regelmäßig mit ihm kor-

596 Cf. F 1b (= Diod. 2, 14, 3–4). In Ägypten befragt sie das Ammon-Orakel zu Siwa. Lenfant 2004, 242 f. nimmt an, dass Alexander, dem die Tradition vertraut gewesen sei, sich in den Spuren der Semiramis bewegte. 597 Cf. F 1b (= Diod. 2, 16, 1–19, 10). Diodors Erzählung über Semiramis’ Indienfeldzug gibt den ursprünglichen Bericht des Ktesias wohl nicht ‚unverfälscht‘ wieder. Vielmehr zeigt seine Darstellung zahlreiche Reminiszenzen an Kleitarchs Alexandererzählung. Allerdings mag der Letztere (wie Deinon) seinerseits die Persika verarbeitet haben. Cf. Llewellyn-Jones/Robson 2009, 39. 598 Cf. F 1b (= Diod. 2, 20, 1–2). Zum Tod der Semiramis in der antiken Tradition cf. Comploi 2000, 234–236. 599 F 1b (= Diod. 2, 20, 2): αὕτη μὲν οὖν βασιλεύσασα τῆς Ἀσίας ἁπάσης πλὴν Ἰνδῶν. 600 Cf. Lenfant 2004, XLI: „Avec Ninyas commence la décadence de l’empire assyrien.“ 601 Cf. F 1b (= Diod. 2, 21, 1–7). 602 Cf. Lanfranchi 2010, 41–48, der zur Erklärung dieser Schnittmengen sowohl eine direkte Vermittlung über assyrische Dokumente, die in einigen Städten wie Arbela überdauert hätten, als auch über den Weg der oral tradition in Betracht zieht. Das Verhältnis zwischen König und Untertanen – Grausamkeit und Bestrafung auf der einen, Furcht auf der anderen Seite – zeigt sich in den folgenden Episoden: F1b (= Diod. 2, 1, 7): Ninos lässt den babylonischen König töten; F 1b (= Diod. 2, 1, 10): Gefangennahme und Pfählung des medischen Königs Pharnos und seiner Familie durch Ninos; F 1b (= Diod. 2, 6, 7): Ninos droht Onnes, ihm die Augen auszustechen, wenn er sich weigert, ihm Semiramis zu überlassen; F 1b (= Diod. 2, 13, 4): Semiramis lässt alle Männer, denen sie sich hingegeben hat, anschließend töten; F 1b (= Diod. 2, 21, 5). Lanfranchi (ibid., 47) räumt indessen ein, dass „a cruel and fearful attitude of the king can be elaborated in any cultural context.“ 603 Cf. etwa Aristot. Mund. 398a.

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respondierten.604 Gleichwohl mag die Behauptung des Ktesias, dass die Untertanen Ninyas „wie einen unsichtbaren Gott“ (καϑάπερ δὲ ϑεὸν ἀόρατον) gefürchtet hätten, einen Reflex auf ein assyrisches Motiv darstellen: Wie oben (Kap.  I.2.6) dargelegt, rückte die ‚Gottesebenbildlichkeit‘ des Herrschers in spätneuassyrischer Zeit in der Tat zunehmend in den Fokus der königlichen Rhetorik. Man darf folglich mit gutem Recht annehmen, dass der dem Ninyas (laut Ktesias) angeblich zugeschriebene quasi-göttliche Status „represented a fragment of the memory of the Assyrian empire rather than a mere metaphor“605 – nicht mehr und nicht weniger. Auf der anderen Seite nämlich lässt sich hier erneut eine ‚Korrektur‘ Herodots feststellen, der die Absonderung des Monarchen – aus griechischer Sicht ein bleibendes Charakteristikum der orientalischen Monarchie – dem Meder Deiokes zugeschrieben hatte (s. o. Kap. I.3.1.2). Während in den Historien folglich Medien als ‚imperiale Matrix‘ des Perserreiches erscheint, schreibt Ktesias diese Rolle bereits den Assyrern zu, die die Fundamente der orientalischen ‚Universalmonarchie‘ gelegt hätten.606 Doch auch der Kontext sowie der Sinn und Zweck dieser ‚Reform‘ werden anders gestaltet als bei Herodot: Hatte Deiokes den Historien zufolge ein primär politisches Ziel (Herrschaftssicherung; Unterbindung von Rebellionen) verfolgt, so erscheint der unsichtbare roi imaginaire Ninyas bei Ktesias als Repräsentant des moralischen Verfalls: Allein das Streben nach τρυφή und ῥαϑυμία sowie die daraus resultierende Furcht (φόβος) vor seinen Untertanen, die sein Luxusleben missbilligen könnten, bewegen ihn zu diesem Schritt (s. o.).607 Ninyas verkörpert mithin nicht allein die ‚orientalische Despotie‘,608 sondern darüber hinaus die ‚orientalische Dekadenz‘,609 die sich in den folgenden Generationen fortsetzt:

604 Cf. Lanfranchi 2010, 53 f. unter Verweis auf Palastreliefs und die königliche Korrespondenz (Belege ibid.). 605 Lanfranchi 2010, 59. Cf. in diesem Sinne ferner Fuchs 2009, 94. In der Tat zeigt Radner 2010b, 279– 298, dass der Zugang zum König in der Folge der Erhebung der Sasî und der Ermordung Sanheribs erheblich restriktiver kontrolliert wurde. Gleichwohl gibt Rollinger 2010a, 68 zu Bedenken: „Mit Blick auf die griechischen Quellen im allgemeinen und Ktesias im Besonderen scheint es jedoch geboten, zwei Beobachtungen strikt auseinander zu halten: den Zugang zu einem Monarchen/ Alleinherrscher/Tyrannen, der wohl immer und überall in einer gewissen Weise beschränkt war und die Vorstellung von der Unzugänglichkeit des orientalischen Despoten, der seine ganze Regierungszeit inaktiv im Innern des Palasts verbringt.“ Zum Isolationstopos in der Deiokes-Episode Herodots (s. o. Kap. I.3.1.2), der desgleichen einen Reflex auf altorientalische Traditionen darstellen mag, cf. Degen 2017, 60 f. 606 Cf. Lanfranchi 2010, 52. 607 Cf. ibid., 50 f. 608 Cf. ibid., 56: „[…] Ctesias uses the Assyrian model of the inaccessibility of the king for depicting the ‚oriental‘ king as deeply egoistic, his rule as substantially hated by his subjects and therefore always subject to potential threats, and his attitude towards his subjects as basically oppressive. […] For Ctesias, and for Herodotus too, the universal dominion is basically unstable, because the products of its development generate conditions of social disaffection and unbalanced relations between the souvereign and his subjects.“ 609 Cf. Lenfant 2004, XLI. Bezeichnenderweise erfährt auch die Tatsache, dass Ninyas das Reich während seiner gesamten Regierung „in Frieden“ (εἰρηνικῶς) regiert habe, keine positive Bewertung.

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παραπλησίως δὲ τούτῳ καὶ οἱ λοποὶ βασιλεῖς, παῖς παρὰ πατρὸς διαδεχόμενος τὴν ἀρχήν, ἐπὶ γενεὰς τριάκοντα ἐβασίλευσαν μέχρι Σαρδαναπάλλου‧ ἐπὶ τούτου γὰρ ἡ τῶν Ἀσσυρίων ἡγεμονία μετέπεσεν εἰς Μήδους, ἔτη διαμείνασα πλείω τῶν χιλίων καὶ τριακοσίων ἔτι δ’ ἑξήκοντα, καϑάπερ φησὶ Κτησίας ὁ Κνίδιος ἐν τῇ Δευτέρα βίβλῳ In ganz ähnlicher Weise herrschten auch die übrigen Könige, indem immer der Sohn vom Vater die Regierung übernahm, durch 30 Geschlechter bis auf Sardanapallos. Denn unter dessen Regierung ging die Oberherrschaft der Assyrer auf die Meder über nachdem jene sie mehr als 1300 Jahre geführt hatten, wie Ktesias aus Knidos in seinem zweiten Buche berichtet.610

Mit Sardanapallos (Assurbanipal?611), dem dreißigsten und letzten assyrische Monarchen, erreichen Unmaß und Liederlichkeit schließlich ihren Höhepunkt.612 Hinter den Mauern des Palasts verborgen hüllt er sich in Frauenkleider, trägt Schminke auf und verbringt seine Zeit mit Kurtisanen, „indem er Purpur und die feinste Wolle spann.“613 Der Promiskuität und seinen transsexuellen Neigungen gleichermaßen frönend ist er sich – so Ktesias – der Schändlichkeit seines Treibens nicht einmal bewusst.614 In einer Elegie, die der König selbst verfasst, damit sie nach seinem Tode das Epitaph seines Grabes ziere, wird der hemmungslose Hedonismus gar zum nachahmenswerten Lebenswandel stilisiert.615 Obschon der Inhalt der während des Altertums in mannigfaltigen Varianten tradierten Inschrift als fiktiv anzusehen ist, ist nicht auszuschließen, dass auch hier altorientalische Motive aufgegriffen und dem Kontext entsprechend Die Aufgabe der Expansionspolitik seiner Mutter beschleunigt – im Gegenteil – den moralischen Niedergang. 610 F 1b (= Diod. 2, 21, 8). Deutsche Übers. König. Die Beschreibung der Zeit zwischen Ninyas und Sardanapallos war, soweit der fragmentarische Zustand des Werkes erkennen lässt, mit Querbezügen zur mythischen Vergangenheit der Griechen aufgefüllt. Cf. Bichler 2007c, 216. Diodor erwähnt indessen nur die Entsendung eines assyrischen Hilfezugs für Priamos von Troja gegen Agamemnon. Cf. F 1b (= Diod. 2, 22, 1–5). 611 Cf. Lenfant 2004, XLV–XLVIII. Die korrekte griechische Schreibweise des Namens Aššur­bāni­ apli wäre Sarbanapalos. Cf. Heller 2015, 336. Sardanapallos hingegen ist die griechische Wiedergabe von Akk. Aššur­da‘­in­aplu. Denselben Namen trug ein Sohn Salmanassars III., der sich gegen seinen Vater erhob und zeitweilig Ninive in seine Gewalt brachte, bevor es Schamschi-Adad V. gelang, ihn zu besiegen. Cf. Asheri/Lloyd/Corcella 2007, 352; Murray/Moreno 2007, 352. 612 Zur Stilisierung der Figur des Sardanapallos zum Hedonisten durch Ktesias cf. Burkert 2009. Zu ihrer Rezeption cf. Bernhardt 2009; Frahm 2010. 613 F 1b (= Diod. 2, 23, 1). Bei Herodot wird Sardanapallos noch nicht als verweichlichter Monarch charakterisiert. Ein Herrscher dieses Namens wird lediglich im Kontext des ägyptischen Logos erwähnt (Hdt. 2, 150). Demnach seien die Schätze des Sardanapallos, die jener in unterirdischen Kammern verborgen hielt, von Dieben, die einen Gang zum Königspalast gegraben hätten, geraubt worden. Allerdings setzt bereits Aristoph. av. 1021 die bei Ktesias gebotene Tradition als bekannt voraus. Hellanikos (FGrH 4 F 63) ging (daher?) davon aus, dass zwei Herrscher desselben Namens existiert hätten. Cf. Bichler 2007c, 211. 614 Cf. F 1b (= Diod. 2, 23, 2). 615 Cf. F 1b (= Diod. 2, 23, 3). Lenfant 2004 nimmt die Grabinschrift im Gegensatz zu Stronk 2010, nicht unter die Ktesias-Fragmente mit auf.

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umgedeutet wurden.616 Der durch die Elegie illustrierte ‚wüste Lebenswandel‘ des Sardanapallos jedenfalls verursacht „den gänzlichen Untergang der assyrischen Oberherrschaft.“617 Herbeigeführt wird der Sturz des Reiches indessen durch Arbakes, General der medischen Kontingente der vor Ninive stationierten Palastwache, der mit dem Babylonier Belesys paktiert. Der letztere, als chaldäischer Priester in der Kunst der Weissagung (μαντική) und der Sterndeutung (ἀστρολογία) versiert,618 sagt dem Arbakes voraus, „dass er ganz gewiss König werde über alles Land, welches Sardanapallos beherrsche.“619 Als Arbakes sich mit eigenen Augen von der Verderbtheit seines Königs

616 Cf. Fink 2014. Bereits Ende des fünften Jahrhunderts v. Chr. verfasste Chorilios von Samos ein Grabepitaph des Sardanapallos, das er angeblich aus dem Chaldäischen übersetzte. Cf. Drews 1970, 186–190. Der Text war noch Cicero bekannt (Cic. Tusc. 5, 101). Zu den unterschiedlichen Varianten des Textes cf. Bernhardt 2009, 14 f. Vor der Schlacht bei Issos 333  v. Chr. sollen die Einwohner Kilikiens Alexander in Achilaos bei Tarsos ein Grabmal Sardanapals gezeigt haben (Aristob. FGrH 139 F9 = Arr. an. 2, 5, 4). Das Monument enthielt angeblich ein Relief mit einer Abbildung des Königs, der die Hände über dem Kopf zusammenklatscht sowie eine Inschrift in „syrischer Schrift“ folgenden Inhalts: „Sardanapal, der Sohn des Anakyndaraxas, hat Tarsos und Anchilaos an einem Tage erbaut. Du aber, Wanderer, iß, trink und laß es dir gut gehen – was sonst noch im Menschenleben kommt, ist im Vergleich damit ohne Bedeutung.“ (Σαρδανάπαλος ὁ Ἀνακυνδαράξου παῖς Ἀγχίλαον καὶ Tαρσὸν ἐν ἠμέρᾳ μιᾷ ἐδείματο. σὺ δέ, ὦ ξένε, ἔσϑιε καὶ πῖνε καὶ παῖζε, ὡς τἆλλα τὰ ἀνϑώπινα οὐκ ὄντα τούτου ἄξια). Für Burkert 2009, 16 stellt die Aufforderung zu einer hedonistischen Lebensweise eingedenk des Todes einen charakteristisch griechischen Zug dar, der im Alten Orient unbekannt gewesen sei. Entgegen dieser Annahme argumentiert Fink 2014 überzeugend, dass sich das Grabepitaph motivisch durchaus in altorientalische Traditionen einordnen lässt: So begegnet bereits in sumerischen Texten, so der Komposition Nothing is of value (cf. Alster 2005, 270) und der Ballade of the Early rulers (K 6917 + K13769 = Alster 2005, 320–322) das ‚Vanitas-‘ in Verbindung mit dem ‚Memento-mori-Motiv‘ und der Aufforderung zum carpe diem. Die nämlichen Texte wurden augenscheinlich auch im Kontext von Begräbnissen rezitiert. Zwar enthalten die auf uns gekommenen mesopotamischen Grabinschriften keine vergleichbaren Aufforderungen (cf. TUAT NF 6, 66–70), doch ist nicht auszuschließen, dass die Grabinschrift, derer Alexander bei Tarsos ansichtig geworden sein soll, von hethitisch-luwischen Monumenten inspiriert wurde, die in drei Fällen sogar weiblichen Personen galten. In der (vermutlich aus Hamath nahe Tarsos stammenden) Sheizar­Stele heißt es (TUAT NF 6, 76): „Ich bin die Frau des Taitas, das [sic!] Helden des Landes Palisatini. Dank meiner Gerechtigkeit lebte ich 100  Jahre. Meine Kinder legten (?) mich auf … den Scheiterhaufen […].“ Lässt die Darstellung einer Frau an sich schon an den verweichlichten Sardanapallos denken, so liefert die (nicht gänzlich gesicherte) Erwähnung eines Scheiterhaufens (s. u.) ein weiteres indiz dafür, dass diese (oder eine ähnliche) Inschrift bei der Konzeption der Sardanapallos-Inschrift Pate gestanden hat. 617 F 1b (= Diod. 2, 23, 4): τὴν Ἀσσυρίων ἡγεμονίαν ἄρδην ἀνέτρεψε […]. 618 Zu den Chaldäern cf. Heller 2010, 128–134. Die babylonischen Priester wurden in der gesamten antiken Welt als Experten anerkannt. Cf. van der Spek 2003, 292: „The reputation of the Babylonian scholars spread all over the world. Israelites, Greeks and Romans learned from them and accepted the ‚the Chaldaeans‘, as they were mistakenly called from Herodotus onwards, as experts.“ 619 F 1b (= Diod. 2, 24, 2). Cf. ferner die Schilderung bei Nikolaos von Damaskus (FGrH 90 F 3 = F 1pe* {Lenfant}).

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überzeugt hat, „verachtet[] er [ihn] als einen Unwürdigen“620 und sieht sich in seinem Vorhaben bestärkt, selbst die Herrschaft zu erringen. Gemeinsam mit Belesys gewinnt er die Perser, Araber und zahlreiche Generäle für seine Sache, und es kommt zur Rebellion.621 Dass diese Erhebung ausgerechnet von einem Meder und Angehörigen der Garde ausgeht, ist durchaus bemerkenswert: Wie oben (Kap.  I.3.1.3) dargelegt, dokumentieren die Vasallenverträge respektive Loyality Oaths Assarhaddons zumindest für die Zeit zwischen 675 und 672 v. Chr. die Präsenz einer medischen Palastgarde (ḫurādu) in Ninive und tragen zudem den möglichen Gefahren Rechnung, die von ihr ausgehen könnten.622 Obschon die Anwesenheit der Truppe in der Residenz in den Jahren unmittelbar vor dem Fall Assyriens sich nicht sicher nachweisen lässt, mag die Figur des Arbakes eine Reminiszenz an die nämliche Institution darstellen und folglich einen weiteren Hinweis darauf liefern, dass Ktesias in seinem Werk tatsächlich ‚Fragmente altorientalischer Überlieferung‘ verarbeitete. Nach wechselvollen Schlachten – so der Text weiter – wird Ninive belagert. Sardanapallos erkennt zwar die Gefahr, die seiner Herrschaft droht;623 er vertraut jedoch auf eine überlieferte Prophezeiung (λόγιον), der zufolge Ninos nicht erobert werden könne, es sei denn der Fluss (ὁ ποταμός) werde sich feindlich gegen die Stadt erheben. „Dies nun, glaubte er, werde niemals geschehen.“624 Als dann aber im dritten Belagerungsjahr der Fluss über die Ufer tritt, einen Teil der Mauern niederreißt und die Stadt überschwemmt, hält der König die Weissagung für erfüllt. Um nicht lebendig in die Hände der Feinde zu geraten, lässt er einen gewaltigen Scheiterhaufen errichten und verbrennt sich selbst mitsamt seiner Habe sowie seinen Eunuchen und Kurtisanen.625 Längst hat die Forschung erkannt, dass auch dem Bericht über die Selbstverbrennung des Sardanapallos eine genuin assyrische Tradition zugrunde liegt: Im Jahre 652 v. Chr. rebellierte Schamasch-schum-ukin als assyrischer Regent von Babylon gegen seinen Bruder Assurbanipal. Er wurde von diesem belagert und starb nach Aussa-

620 F 1b (= Diod. 2, 24, 4). Indem Arbakes einen Eunuchen mit einer goldenen Schale besticht, verschafft er sich Zutritt zu den königlichen Gemächern. 621 Cf. F 1b (= Diod. 2, 24, 4–8). Lenfant 2004, 246 f. sieht in diesem Bericht einen wahren Kern, da Ktesias die Initiative zum Umsturz einem Meder und einem Babylonier zuschreibt, wohingegen Herodot die Rolle Babylons ganz verschweigt. Die Teilnahme von Persern und Arabern ist wohl nicht historisch. Cf. aber auch MacGinnis 1988. 622 Text: SAA 2, 28–58, Nr. 6. Cf. Liverani 1995; Lanfranchi 1998, 107 f.; Potts 2010, 114 f. 623 Cf. F 1b (= Diod. 2, 26, 8). 624 F 1b (= Diod. 2, 26, 9): ὑπολαμβάνων οὖν τοῦτο μηδέποτε ἔσεσϑαι […]. Eindeutig ist das Motiv dem Bericht Herodots über die Belagerung Babylons durch Dareios (3, 151–153) entlehnt. Hier ruft eine Babylonier den Persern zu: „[…] uns werdet ihr erst bekommen, wenn Maultiere fruchtbar werden!“ Das sagte er, „weil er glaubte, ein Maultier werde niemals Junge werfen.“ Bald darauf bringt ein Tier im Tross des Zopyros ein Fohlen zur Welt. 625 Cf. F 1b (= Diod. 2, 27, 1–2). Cf. Bichler 2007c, 211.

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ge der Herrscherannalen in den Flammen seines Palasts.626 Die Geschichte war noch um 300 v. Chr. auch außerhalb Babyloniens im Umflauf, wie ein aramäischer Papyrus in demotischer Schrift aus Elephantine beweist.627 Diese folkloristische Variante der Erzählung mag Ktesias aufgegriffen und zu einer „embellished version of the death of Shamash-shum-ukin“628 umgeformt haben, wobei er den König Sardanapallos selbst an die Stelle seines Bruders treten ließ.629 Die Aufständischen – so Ktesias weiter – bemächtigen sich daraufhin der Stadt, rufen Arbakes zum König aus und geben „die gesamte Macht in seine Hände.“630 Dem Belesys erkennt der neue Herrscher die Statthalterschaft über Babylonien zu.631 Die Meder machen Ninive dem Erdboden gleich und transportieren alle verbliebenen Schätze in die neue Königsresidenz Ekbatana.632 ἡ μὲν οὖν ἡγεμονία τῶν Ἀσσσυρίων ἀπὸ Nίνου διαμείνασα τριάκοντα μὲν γενεάς, ἔτη δὲ πλείω τῶν χιλίων καὶ τριακοσίων ὑπὸ Μήδων κατελύϑη τὸν προειρημένον τρόπον. So war die Herrschaft der Assyrier, welche von Ninos an durch 30 Geschlechter und länger als 1300 Jahre gedauert hatte, auf die vorerzählte Weise durch die Meder vernichtet worden.633

Es folgt eine sehr knappe Darstellung der medischen Geschichte. Nach Arbakes regierten acht weitere Herrscher: Maudakes, Sosarmos, Artykas, Arbianes, Artaios, Artines, Astibaras und Aspandas/Astyigas (Astyages).634 Die Zahl der Könige (neun), 626 Cf. Prismen F und A (= Borger 1996, 39–45 (Transliteration); 232–235 (Übersetzung). Zu den Übereinstimmungen des ktesianischen Berichts mit den assyrischen Dokumenten cf. MacGinnis 1988. 627 Cf. die Geschichte der zwei Brüder und der zwei Städte = Steiner 1997, 323–327, Col. XVII, 5–XXII, 9 sowie Steiner/Nims 1985. Die Schilderung der Selbstverbrennung Schamsch-schum-ukins/Samurges (Col. XXI, 7–11) lautet wie folgt: „Samurge went from the house of Bel, away from the house of Marduk. He {will have} built for himself a bower (lit. a house of boughs); a boot┌h┐ (lit. house of stic┌ks┐) he did con┌stru┐ct). He threw down tar and pitch [and]sweet-smel┌ling┐/Ara┌bian┐[pe]rfumes. He brou┌ght┐in his sons and ┌his┐daughters ┌and┐[hi]┌s┐doc┌ors┐┌who┐had made him act brashly. Wh┌en┐he [s]aw ┌how┐(low) they had sunk on h┌im┐(= to his detriment), …┌burned h┐im … dddd with hi[s]sons [and his daughters]and his doc[tor]s who had made h┌im┐act brashly.“ 628 MacGinnis 1988, 39. 629 Im Unterschied zu den Persika erscheint im demotischen Papyrus mit srbnpl indessen die korrekte Umsetzung des Namens Aššur­bāni­apli. Cf. Heller 2015, 336 f. 630 F 1b (= Diod. 2, 27, 3): καὶ τὴν τῶν ὅλων ἐξουσίαν ἐπέτρεψαν αὐτῷ. 631 Cf. F 1b (= Diod. 2, 28, 1–5). Dabei handelt Arbakes wider den Willen seiner eigenen Offiziere, die Belesys zum Tode verurteilt hatten. Die Rolle des Belesys ist in den Persika durchaus ambivalent. Madreiter 2011, 262 f. hält fest, dass „die Episode im Ganzen einen schalen Beigeschmack [hat] und […] die Babylonier eher unvorteilhaft aussehen [lässt], denn Belesys ist ein Betrüger, der seinen früheren Kampfgefährten schamlos ausnützt.“ 632 Zu möglichen Parallelen zwischen Ktesias’ Schilderung und dem Bericht der Annalen Sanheribs über die Zerstörung Babylons cf. Madreiter 2011, 260–263. 633 F 1b (= Diod. 2, 28, 8). Deutsche Übers. König. 634 Cf. F 5 (= Diod. 2, 32, 6).

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wie auch die Gesamtdauer des Reiches (rund 317/283 Jahre) werden gegenüber dem Bericht Herodots verdoppelt.635 Auch die Herrschernamen weichen von den in den Historien genannten ab, sind jedoch (zumindest teilweise) iranischen Ursprungs.636 Diodor berichtet sodann von zwei vermutlich nicht historischen Revolten der Kadusier unter Parsondes sowie der Parther und Saken.637 Er beschließt seinen Bericht – hierin ausdrücklich Ktesias folgend  – mit der Vorausdeutung auf einen neuerlichen Herrschaftswechsel: Ἀστιβάρα δὲ τοῦ βασιλέως τῶν Μήδων ἐν Ἀγβατάνοις γήρᾳ τελευτήσαντος, τὴν ἀρχήν Ἀσπάνδαν τὸν υἱὸν διαδέασϑαι, τὸν ὑπὸ τῶν Ἑλλήνων Ἀστυάγην καλούμενον. Τούτου δ’ὑπὸ Κύρου τοῦ Πέρσου καταπολεμηϑέντος μεταπεσεῖν τὴν βασιλείαν εἰς Πέρσας. Nachdem aber Astibaras, der Mederkönig, in hohem Alter zu Ekbatana verstorben war, habe sein Sohn Aspandas die Regierung übernommen, den die Hellenen Astyages nennen. Dieser sei dann von dem Perser Kyros besiegt worden und auf diese Weise sei die Oberherrschaft auf die Perser übergegangen.638

Die Erzählung von Kyros’ Aufstieg und Astyages’ Sturz deckte sich – soweit aus der epitome des Photios und einem Nikolaos-Fragment ersichtlich ist – in den Grundzügen mit dem Bericht Herodots.639 Im Detail allerdings sind, wie die Forschung längst herausgearbeitet hat, erhebliche Abweichungen zu verzeichnen.640 Erschien Kyros bei Herodot als Enkel des Mederkönigs Astyages, so verneint Ktesias eine verwandtschaftliche Verbindung der beiden Herrscher ausdrücklich.641 Vielmehr gilt ihm der persische Reichsgründer, den er als Sohn eines mardischen Wegelagerers und einer Ziegenhirtin vorstellt, als ein Mann von niederer Herkunft. Als Sklave bei

635 Cf. Rollinger 2010a, 67. Für die ersten acht Könige verzeichnet Ktesias jeweils die folgende Regierungsdauer: Arbakes: 28 Jahre; Maudakes: 50 Jahre; Sosarmos: 30 Jahre; Artykas: 50 Jahre; Arbianes 22 Jahre; Artaios: 40 Jahre; Artines: 22 Jahre; Astibaras: 40 Jahre. Da die Fragmente die Regierungszeit des Aspandas/Astyigas schuldig bleiben, addiert Bonquet 1990, 13 f. entweder die von Herodot postulierten 35 Regierungsjahre oder ein weiteres Regierungsjahr, woraus sich für die Gesamtdauer 317 respektive 283 Jahre ergeben. 636 Cf. Rollinger 2010a, 61. Lenfant 2004, L–LI rechnet daher damit, dass Ktesias eine spätere persische Liste vorgelegen habe. 637 Cf. F 5 (= Diod. 2, 33, 1–34, 5). 638 Cf. F5 (= Diod. 2, 34, 6). 639 Cf. F 9 (= Phot. Bibl. 72 p. 36a 9–27a 25. § 1). Das Nikolaos-Fragment FGrH 90 F 66 (= Nik. Dam. Exc. de insid. 23, 23) wird von Lenfant 2004 und den späteren Editoren als F*8d mit aufgenommen. Da nicht gesichert ist, ob Ktesias als Hauptquelle zugrunde liegt – auch Xanthos wurde zuweilen in Betracht gezogen – ist das Fragment mit einem Asterisk versehen worden. Zur Diskussion cf. Stronk 2010, 171–173. 640 Cf. Bichler 2004, 108–110; 115 f.; 2011, 32 f.; 43 f.; Lenfant 2004, LVI–LXVI zum Folgenden. 641 Cf. F 9 (= Phot. Bibl. 72 p. 36a 9 f.). Familiäre Bande werden erst durch Kyros’ Hochzeit mit der Astyages-Tochter Amytis geknüpft werden. F 9 (= Phot. Bibl. 72 p. 36a 21 f.).

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Hofe gewinnt er schließlich die Gunst des königlichen Mundschenks Artembares,642 der ihm nicht nur sein Vermögen, sondern auch sein Amt vermacht.643 Aus dieser Position heraus macht Kyros seinen Vater Atradates – einen Briganten! – zum Statthalter von Persien.644 Von dort aus wird jener späterhin den persischen Widerstand gegen Astyages organisieren.645 Der Traum vom Urin, der ganz Asien überschwemmt, kündet auch in den Persika von Kyros’ Berufung zur Macht. Doch ist es hier seine eigne Mutter Argoste – nicht Astyages –, die ihrem Sohn das Gesicht enthüllt.646 Ein Chaldäer versteht es – im Unterschied zu Herodots Magern – den Traum richtig auszulegen, doch wird ihm „sein gefährliches Wissen zum Verhängnis.“647 Aus Furcht, die Verheißung könne dem Astyages zur Kenntnis gelangen, tötet ihn nämlich der Perser Oibaras – der „Harpagos der ktesianischen Geschichte.“648 Dieser ist es auch, der Kyros drängt, sich mit den Kadusiern zu verbünden, die Perser zu bewaffnen und die Rebellion zu wagen.649 Drei Schlachten mit wechselndem Ausgang bescheren den Aufständischen zuletzt den Sieg.650 Oibaras setzt Kyros die Krone aufs Haupt mit den Worten: „Du bist würdiger (ἀξιώτερος) als Astyages sie zu tragen.“ Denn die Götter hätten bestimmt, „dass die Meder über die Perser herrschen (Πέρσαι Μήδων βασιλεύειν).“651 In dem nämlichen Glauben huldigen auch alle übrigen Völker Kyros als ihrem neuen König.652 Wie im Falle des Wechsels von der Assyrer- zur Mederherrschaft nimmt sich also auch dieser zweite Umsturz (μεταβολή) in einigen Punkten ganz anders aus als bei Herodot. In den Persika gestaltet sich die Drei-Reiche-Sukzession zudem ungleich ‚formalisierter‘. Belangreich in diesem Zusammenhang ist (neben der Herauslösung der lydischen Geschichte aus dem Sukzessionsschema) die vollständige ‚Entpolitisierung‘ Babylons.653 War ein unabhängiges neubabylonisches Reich in den Historien Herodots zumindest noch in Ansätzen zu erkennen, verschwindet es bei Ktesias zur Gänze: Von Beginn an erscheint die Region Südmesopotamiens als eine – sei es von den Assyrern, Medern oder Persern beherrschte – ‚Satrapie‘654. Folgerichtig ist von ei-

642 Denselben Namen trägt in Hdt. 1, 114–116 der Vater des Kindes, das im Spiel von Kyros gezüchtigt wurde. 643 Cf. F* 8d (= Nik. Dam. Exc. de insid. 23, 23, 3–7). 644 Cf. ibid. § 10. 645 Cf. ibid. § 28. 646 Cf. ibid. § 8 f. mit Bichler 2004, 116. 647 Bichler 2004, 116. 648 Ibid. Cf. F* 8d § 18 f. Dies ist der Name des ‚listigen Stallmeisters‘ Dareios’ I. bei Herodot (Hdt. 3, 86). 649 Cf. F* 8d (= Nik. Dam. Exc. de insid. 23, 23, 14 f.). 650 Cf. ibid. § 32–44. 651 Ibid. § 45. 652 Cf. ibid. § 46. 653 Zur Rolle Babylons in den Persika cf. Madreiter 2011, passim. 654 Cf. Bichler 2011, 27; Kuhrt 1982, 544; 1987, 32 f.

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ner Eroberung Babylons durch Kyros denn auch nirgends die Rede.655 Die Stadt selbst ist eine Gründung der assyrischen Königin Semiramis. Gleichwohl steht Ktesias’ Bericht den Inschriften Nabonids, in denen Johannes Haubold eine Abfolge der Mächte Assyrien  – Medien  – Persien erkannt hat (s. o. Kap. I.3.1.3), in einigen Aspekten näher als die Darstellung Herodots, denn: Obschon Babylon in den Persika niemals als eigenständige politische Größe in Erscheinung tritt, sind Angehörige des babylonischen Kulturkreises maßgeblich an allen Herrschaftswechseln beteiligt. So ist es der babylonische Priester und Astrologe Belesys,656 der den Übergang von der Assyrer- zur Mederherrschaft zuwege bringt, ohne selbst nach der Herrschaft zu streben. Diesen Zug teilt Ktesias’ Version mit den Texten Nabonids, die den König selbst passiv erscheinen lassen, zugleich jedoch den babylonischen Hochgott Marduk als treibende Kraft hinter dem Geschehen vorstellen.657 Der ‚Schlüssel‘ zur welthistorischen Bedeutung Babylons658 liegt beide Male in der Kommunikation mit der Götterwelt und den Sternen, die hier Nabonid selbst, dort ein chaldäischer Priester herzustellen vermag. Schließlich ist es ein namenloser Babylonier, dessen prophetische Schau den Anstoß zum Übergang der Herrschaft von den Medern auf die Perser gibt: Der Chaldäer nämlich deutet den Traum Argostes vom Urin, der sich über ganz Asien ergießt, als Präfiguration der Herrschaft ihres Sohnes Kyros über den Kontinent.659 Den Medern und den Persern wiederum wird in den Persika keine vorimperiale Eigenstaatlichkeit zuerkannt. Herodot hatte der medischen Rebellion zunächst eine Phase der unabhängigen Reichsbildung und der Koexistenz mit Assyrien folgen lassen; bei Ktesias hingegen verlaufen die Aufrichtung des medischen Staates und der Großmacht simultan.660 Schließlich wird auch der Kyros-Vater Atradates in seiner Funktion als innerhalb des Mederreiches (!) tätiger Satrap der Persis von dort aus den

655 Cf. Bichler 2004, 109; Madreiter 2011, 253. 656 Die Wahl des Namens Belesys mag indessen politischen Konstellationen in der Lebenszeit des Ktesias geschuldet sein: Ein in babylonischen Keilschrifttexten bezeugter Bēlšunu amtierte 421– 414 v. Chr. als Distriktverwalter von Babylon und 407–401/400 v. Chr. als Satrap von Ebirnāri. Vermutlich verbirgt sich dieser Bēlšunu hinter dem in Xen. an. 1, 4, 10 erwähnten Belesys. Cf. Klinkott 2005, 268–270 mit der älteren Literatur. 657 Cf. Haubold 2013a, 91–93, der (ibid., 93) „close structural paralles“ zwischen den Texten Nabonids und den entsprechenden Partien der Persika erkennt: „In both cases, Babylon holds the key to imperial history, despite its essentially passive role.“ Auch Lenfant 2004, XLVIII; 246 f. betont die besondere Rolle Babylons bei Ktesias. 658 Cf. Haubold 2013a, 93. 659 Cf. ibid. 660 Cf. Lenfant 2004, XLIX sowie Kuhrt 1982, 544: „Median history began with the revolt of Arbakes the Mede and the fall of Niniveh, dated by Ktesias in c. 860 B. C. […]. The Neo-Babylonian Empire had no claim at all to be included in the Persika […]. Where Herodotus had shown that the history of Mesopotamia did not end with the fall of Niniveh, Ktesias extended Assyrian history backwards and placed the disappearence of its empire in the dim past, emphasizing the antiquity of Iranian (and particularly Median) domination in Asia.“

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Aufstand organisieren helfen. Die Pharaonen Ägyptens endlich treten im ktesianischen Bericht gänzlich in den Hintergrund. Die Konzeption der Persika, die die Vorstellung der Hegemonialstellung jeweils nur eines Volkes in den Fokus rückt, verlangt geradezu nach derartigen Anachronismen. Die einzelnen Elemente der Sukzessionskette besitzen – wie Giovanni Battista Lanfranchi herausgestellt hat  – bei Ktesias indessen mitnichten dieselbe Relevanz: Im Unterschied zu Herodot, der die Etablierung ‚der orientalischen Monarchie‘ dem Meder Deiokes zugeschrieben hatte, erheben die Persika das Reich der Assyrer zur ‚imperialen Matrix‘, wohingegen die Meder ledliglich als „(neutral and passive) intermediaries between the Assyrians and the Persians“661 erscheinen. Bereits Ninos und Semiramis hatten Ktesias zufolge die Fundamente der ‚asiatischen Universalmonarchie‘ gelegt, deren Kontinuität das Strukturprinzip der Abfolge von Reichen wesentlich bestimmt.662 Innerhalb dieser Disposition, die das Phänomen der ‚Universalherrschaft‘ und den Wechsel ihrer Träger in den Vordergrund rückt, kommt dem Konzept der ‚Dekadenz‘ eine nicht unerhebliche Bedeutung zu.663 Zugrunde liegt nicht zuletzt eine bereits in der griechischen Historiographie des fünften Jahrhunderts v. Chr. greifbare Konstruktion: Der biologische Zyklus („biological cycle“664). Diesem ‚naturgesetzlichen‘ Kreislauf sind Staaten und Individuen gleichermaßen unterworfen. Auf eine Phase des Wachstums und der Reife (ἀκμή) folgt unweigerlich der Niedergang.665 Das nämliche Verlaufsschema tritt bei Ktesias  – zumal in seiner assyrischen Geschichte – deutlich zutage: Bereits mit den ‚Gründergestalten‘ Ninos und Semiramis erreicht die Herrschaft der Assyrer ihren Zenit. Dreißig Generationen später ist das einstmals mächtige Reich im Verfall begriffen: Sardanapallos erscheint geradezu als eine Karikatur seiner furchtlos und zielstrebig agierenden Ahnen. Erst der Anblick dieses unfähigen Potentaten bestärkt Arbakes in seinem Entschluss, den Umsturz zu wagen. Anklänge an die – maßgeblich durch ‚sozial-medizinische Theorien‘ („social-medical theories“666) bestimmte – Vorstellung, dass ein stärkerer Geg-

661 Lanfranchi 2010, 52. 662 Cf. ibid., 48 f., hier 49: „Ctesias believed that Ninos founded the ‚universal empire over Asia‘, an institutional structure which had not existed before him, which was to survive him, and was to be consigned, with further additions, to his dynastic successors till Sardanapalus, and later on to the Median and Persian kings after the fall of the Assyrian dominion.“ Cf. desgleichen Rollinger 2010a, 68: „Die Institution [scil. des Königtums] präsentiert sich – einmal eingeführt – im Zustand eines wandlungsresistenten Königtums.“ 663 Cf. jedoch (relativierend) Llewellyn-Jones/Robson 2009, 84. 664 de Romilly 1977, 12. 665 Cf. ibid., 12–15. 666 Wiesehöfer 2007b, 14.

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ner die Macht von seinem Vorgänger übernimmt,667 finden sich darüber hinaus in Ktesias’ ‚Kyrosgeschichte‘.668 Von den tiefgründigen Reflexionen Herodots über die Entstehung und den Verfall der Macht ist der Knidier freilich weit entfernt. Auch war dem „listigen Schalk“669 Ktesias, der er nach dem Urteil Felix Jacobys nicht sein wollte,670 als der er uns rezenteren Studien zufolge jedoch zunehmend entgegentritt, kaum an der Ernsthaftigkeit seines Vorgängers gelegen.671 Seine Interpretation der Geschichte Asiens liest sich vielmehr wie eine spielerische Stellungnahme zu zeitgenössischen Diskursen, allzumal zu den Historien Herodots, den er (im Sinne Reinhold Bichlers) ‚parodierte‘. Zugleich konnte er aber durchaus auch auf ein Repertoire altorientalischer Traditionsstränge und Motive zurückgreifen, die – wie die Sardanapallos-Geschichte – zwar im Fokus zeitgenössischer Debatten standen, die Herodot jedoch entweder unbekannt waren oder von ihm bewusst vernachlässigt wurden.672 Zu diesen ‚Fragmenten‘ altorientalischer Ideologien (Lanfranchi), die in die griechische Welt diffundierten, zählte mit einiger Wahrscheinlichkeit auch die in den neubabylonischen Inschriften Nabonids greifbare Abfolge der Mächte Assyrien, Medien und Persien (Haubold). Im Rahmen eines über

667 Cf. ibid., 13 f. 668 An dieser Stelle ist es gewiss nicht verfehlt, auch des Mediziners Ktesias zu gedenken. In einer luziden Studie hat Tuplin 2004a eine Fülle von Reminiszenzen an dessen Handwerk ausmachen können. Methodisch und inhaltlich an Rosalind Thomas’ Arbeiten zu Herodot anknüpfend (Thomas 1989; 1992; 2000), gelingt es ihm, auch in den Persika und den Indika Anklänge an die hippokratische Schrift Über Wasser, Winde und Örtlichkeiten nachzuweisen (Text: Diller 1970; cf. Liewert 2015). Demnach üben das Klima und die Beschaffenheit der jeweiligen Umgebung entscheidende Einflüsse auf den Charakter der dort lebenden Menschen aus. Die Vermutung, dass Ktesias’ medizinische Überzeugungen auch sein historisches und ethnographisches Verständnis nachhaltig prägten, liegt nahe. Bezeichnend in diesem Zusammenhang sind die Äußerungen des sich für den Umsturz ereifernden Oibaras. Dieser zeigt sich verärgert, dass die Perser von den Medern unterdrückt würden, obwohl sie von Natur aus nicht schwächer seien (οὐδὲν χείρους ὄντας τὰς φύσεις). F* 8d (= Nik Dam. Exc. de insid. 23, 23, 14). Als Astyages einen Boten zu Kyros schickt und ihn ermahnt, seiner niederen Herkunft zu gedenken, entgegnet jener, dass den Persern die Freiheit zustehe, da sie stärker seien als die Meder (κρείττους ὄντας Μήδων). F* 8d (= Nik. Dam. Exc. de insid. 23, 23, 33). 669 Jacoby 1922, 2045. 670 Cf. ibid. 671 Bichler 2011, 31 zufolge lässt sich aus den Fragmenten der Persika „kein ähnliches Bemühen um eine Art von Geschichtsphilosophie wie bei Herodot entdecken.“ 672 Cf. desgleichen Waters 2017, der ibid., 103 festhält: „The selection of legendary elements and literary topoi – Assyrian, Babylonian, Persian – was too rich to ignore. Their influence was pervasive, not just in the Persica’s exotic details but in its literary underpinnings. It was not a distillation of Akkadian literature per se but a work of Greek literature bearing a pervasive and indelible Near Eastern imprint. The Near Eastern context was an inspiration as well as a foil against which Ctesias reacted. It seems appropriate to classify the Persica as Ctesias’ Hellenized rendering of Mesopotamian and Iranian traditions, coupled with his own artful ingenuity: a melodramatic take on the extravagant ruling elite of a world empire, and their forerunners. […] The Persica may be considered something more than a simplistic borrowing or reception of Mesopotamian motifs. It is, rather, an appropriation of them.“

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Griechenland hinausreichenden Diskurses respektive eines „criss-crossing of perspectives“673 konnte das Sukzessionsschema von griechischen Autoren wie Herodot und Ktesias auf unterschiedliche Weise und ihrer jeweiligen Disposition oder Gestaltung gemäß adaptiert und gedeutet werden.674

673 Haubold 2013a, 98. Cf. ferner ibid., 94: „There never was such thing as a distinctly Greek ‚theory of succession‘. Rather, what we find is a conversation across cultural and linguistic boundaries – and it is that conversation that shapes also Herodotus’ account.“ 674 In diesem Sinne cf. auch Gufler/Madreiter 2015, 390: „[Greek] historiographers did not only refer to one single source but incorporated material that originated from different kinds of sources, different genres and sometimes also from different centuries. Ctesias and Herodotus intentionally selected the source material, changed the historical context and added further details. They adapted Near Eastern sources for a Greek speaking audience in order to inform or entertain them. Elements from the Middle East served to create an oriental flavor of the stories but also to legitimate the authority of the historiographers as ‚serious‘ writers of Ancient Near Eastern themes.“

4. Drei Reiche Eine erste Zwischenbilanz Long before the Achaemenids arrived on the scene, the co-ordinates of ‚world-empire‘ had been laid down in powerful mental maps. The Achaemenids inherited those maps, and pursued what they regarded as their historical mission in relation to them.1

Die im ersten Teil dieser Arbeit vorgenommene Sichtung der vorderorientalischen Zeugnisse hat gezeigt, dass (der griechischen oikumene und dem römischen orbis terrarum vergleichbare) Konzepte ‚der Welt‘ und nicht zuletzt Vorstellungen von ‚Weltherrschaft‘ im Alten Orient existierten und mit der Herausbildung zentralisierter ‚Großreiche‘ zunehmend virulent wurden. Nicht zuletzt lässt die Titulatur sowohl mesopotamischer als auch persischer Könige ein räumlich-territoriales Verständnis von Herrschaft erkennen (šar kiššati; šar kibrātim arba’(im)/erbetti(m); xšāyaϑiya dahyūnām vispazanānām; xšāyaϑiya ahyāyā būmiyā vazṛkāyā dūraḭ api u. ä.). Darüber hinaus waren Vorstellungen zyklischer und linearer Abfolgen von Dynastien und ‚Reichen‘ im Zweistromland bereits im ausgehenden dritten Jahrtausend v. Chr. bekannt (SKL; Chroniken u. ä.). Dieser Befund vermag die alte These von der persischen Provenienz des Sukzessionsschemas Assyrien  – Medien  – Persien zwar nicht zu verifizieren. Gleichwohl dürften altorientalische Traditionen maßgeblich auf die Formulierung des Konzepts durch griechische Autoren eingewirkt haben. Abschließend seien an dieser Stelle nochmals zwei zentrale Thesen des älteren Forschungsdiskurses um die Provenienz der Dreiersukzession diskutiert. *** Ein Teil der Forschung möchte bereits den persischen Reichsgründer Kyros II. mit der Entwicklung des Sukzessionsgedankens in Verbindung bringen und sieht diese Vermutung durch babylonische Quellen bestätigt:2 Nachdem ein blutiges Gefecht bei

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Haubold 2012, 6. Cf. Metzler 1975, 443–446.

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Opis geschlagen,3 die Stadt Sippar erobert und der letzte neubabylonische König Nabonid (555–539 v. Chr.) durch den persischen Befehlshaber Ugbaru/Gobryas gefangengeonommen worden war, zog Kyros Ende Oktober 539 v. Chr. siegreich in Babylon ein.4 In der Folge präsentierte er sich als legitimer König des Landes und verstand es, sich – nicht zuletzt durch den „sachkundigen Rat“5 einheimischer Schreiber – auch in amtlichen Verlautbarungen als solcher darzustellen. Der Wille des Kyros, babylonische Herrschaftsformen zu adaptieren, wird in drei akkadischen Texten manifest, die Kyros als den von den Göttern berufenen ‚Retter‘ Babylons vorstellen und – im Gegenzug – seinen Vorgänger Nabonid des Frevels gegen die Götter zeihen.6 Es handelt sich um die Nabonid­Chronik,7 das sogenannte Strophengedicht 8 und den Kyroszylinder.9 Nach Auffassung Dieter Metzlers spricht gerade das letztgenannte Dokument aus zwei Gründen für seine Vermutung, bereits Kyros als Schöpfer der Drei-Reiche-Sukzession anzusehen: Der persische Reichsgründer, den in dem Zylinder-Text der Gott Marduk zur Herrschaft beruft, nenne in dem Zusatzfragment BIN II Nr. 32 „ausdrücklich den Assyrerkönig Assurbanipal als sein politisches Vorbild“10, und zwar, so das 3 4 5 6

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Cf. Kuhrt 1990a, 132–134. Den Hergang der Ereignisse schildert die babylonische Nabonid­Chronik Col. III,10–28 (= ABC, Nr. 7, 109–111 = Glassner 2005, Nr. 26, 236–239). Cf. ferner Schaudig 2007; Heller 2010, 206–221; 233–236; Kuhrt 1990a, 128–135. Wiesehöfer 2015b, 25. Gegen die These eines allgemeinen Widerstandes innerhalb der Mardukpriesterschaft gegen Nabonid sind in jüngerer Zeit berechtigte Bedenken geäußert worden (s. o. Kap. I.2.7): Erstens ist das Ausmaß der ‚Religionsreform‘ des Letzteren (Förderung Sîns auf Kosten Marduks) in der Vergangenheit mit hoher Wahrscheinlichkeit überbewertet worden. Die meisten Zeugnisse für die Verehrung des Mondgottes durch Nabonid stammen, wie oben (Kap. I.2.7) dargetan, aus Harran, dem sakralen Zentrum des Sîn-Kultes. Cf. Da Riva 2010a; Kuhrt 1990a, 139. Zweitens verfügten die neubabylonischen Tempel lediglich über ein geringes Maß an Autonomie gegenüber der königlichen Zentrale: De facto waren alle Tempelbeamten vom König ernannte und ihm direkt verpflichtete Funktionäre, was gegen einen organisierten Widerstand spricht. Neben den ‚königlichen Beamten‘ stricto sensu (qīpu; ša rēši) agierten zahlreiche Angehörige der lokalen Aristokratie als Tempelfunktionäre (šatammu, šangû), doch auch die Letzteren waren in hohem Maße von königlichen Geldzuwendungen abhängig. Cf. Jursa 2007a, hier v. a. 76 f. Weiterhin ist die Aussage der Nabonid­ Chronik, der zufolge die Stadt Kyros freiwillig die Tore öffnete, zu relativieren. Tatsächlich mag der Widerstand der babyloischen Bevölkerung heftiger gewesen sein, als die propersischen (und erst nach dem Ende Nabonids verfassten) ‚Propagandatexte‘ glauben machen. Cf. Briant 1996, 52 f.; Jursa 2007a, 75; Heller 2010, 221–232; Kuhrt 1990a, 132–135. Infolge der militärischen Niederlage blieb den Babyloniern zudem kaum eine andere Wahl, als sich mit dem Eroberer zu arrangieren. Einen vergleichbaren politischen ‚Opportunismus‘ hatten babylonische Städte auch in der Vergangenheit mehrfach an den Tag gelegt respektive an den Tag legen müssen (cf. Kap. I.2.7), wie Fuchs 2014, 31 betont: „Das Interesse der unbeteiligten Untertanen galt dem eigenen Überleben und der Minimierung etwaiger Schäden.“ Text: ABC, Nr. 7, 104–111 = Glassner 2005, Nr. 26, 232–239. Cf. Rollinger 1993, 20–25. Text: ANET 312–315 = Schaudig 2001, 563–578, Nr. P.1. Cf. Rollinger 1993, 26. Durch Berger 1975 um das Zusatzfragment BIN II, Nr. 32 (Yale) erweitert. Umschrift und Übersetzung mit vorangestellter Objektsbeschreibung und Literaturhinweisen finden sich bei Schaudig 2001, 550–556, Nr. K2.1. Cf. ferner Rollinger 1993, 20 f.; Kuhrt 1983, 85–87. Metzler 1975, 444.

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entscheidende Argument, „unter Umgehung babylonischer Traditionen.“11 Aus dieser angeblichen Nichtberücksichtigung des babylonischen Herkommens erkläre sich schließlich auch das Fehlen des neubabylonischen Reiches in der Sukzessionskette. Aus Sicht der Perser habe die Befreiung aus der Abhängigkeit von ihren einstigen Oberherren, den Medern, eine weit höhere Relevanz besessen als die Einnahme Babylons.12 Beide Überlegungen erweisen sich bei näherer Betrachtung als problematisch. Der heute im British Museum befindliche Kyroszylinder dürfte von Kyros selbst in Auftrag gegeben, doch, wie die Tendenz des Textes vermuten lässt, innerhalb der Mardukpriesterschaft konzipiert worden sein:13 Auf einen ‚Untatenkatalog‘ Nabonids, der des Religionsfrevels und der Unterdrückung der Bevölkerung bezichtigt wird (Z. 1–10),14 folgt Kyros’ Erwählung durch Marduk zum gerechten Herrscher des ‚Landes Sumer und Akkad‘ (Z. 11–14). Der Gott geleitet den König nach Babylon, dessen Bewohner ihn als Befreier begrüßen (Z. 15–19). Die sich anschließende Selbstvorstellung und Titulatur wie auch die Filiation des neuen Königs folgen mesopotamischen Konventionen.15 In der ersten Person verkündet Kyros sodann sein ‚politisches Programm‘ (Z. 22–42): die Wiederherstellung der alten Ordnung und der traditionellen Kulte, Lastenbefreiung und die Förderung ziviler und sakraler Bauunternehmen. In der sehr fragmentarischen erhaltenen Zeile 43 heißt es: „Die Inschrift Aššur-bāni-aplis, eines Königs, der [mir] voranging, [die ich darin geseh]en …“16. Die im Kyroszylinder enthaltenen Proklamationen entsprechen der althergebrachten Rhetorik babylonischer Usurpatoren und Eroberer.17 Kyros, der die ‚göttliche Ordnung‘ wiederherstellt, präsentiert sich als Werkzeug des babylonischen Gottes Marduk. Betont wird demnach die historische Kontinuität18 und mitnichten „die He11 12 13 14 15

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Ibid. Cf. Ibid. Cf. Rollinger 1993, 20. In Z. 3 wird Nabonid mit dem Attribut maṭu (‚geringwertig‘) belegt. Cf. Rollinger 1993, 20. Cf. Kyroszylinder Z. 20 f. (= Schaudig 2001, K2.1, 552 f., 555): „Ich bin Kūraš, der König der Welt, der große König, der mächtige König, der König von Bābil, der König des Landes Sumer und Akkad, der König der vier Weltgegenden, der Sohn des Kambužiya, des Königs der Stadt Anšan, der Enkel des Kūraš, des großen Königs, des König[s der S]tadt Anšan, der Nachkomme des Čišpiš, des großen Königs, des Königs der Stadt Anšan, ewiger Same des Königtums, dessen Regierung Bēl und Nabû liebgewonnen haben, dessen K[öni]igtum sie zu ihrer (eigenen) Herzensfreude begehren“ (a­na­ku Iku­ra­áš lugal kiš­šat l u g a l g a l l u g a l dan­nu l u g a l t i n . t i r k i l u g a l k u r ak­ka­ di­i l u g a l kib­ra­a­ti er­bé­et­tì d u m u Ika­am­bu­zi­ia l u g a l g a l l u g a l u r u an­ša­an d u m u d u m u Iku­ra­áš l u g a l g a l l u g a [l* u ] r u * an­ša­an š à . b a l . b a l Iši­iš­pi­iš l u g a l g a l u r u an­ša­an numun da­ru­ú ša l u g a l -ú­tu ša d+e n u d+n à ir­a­mu pa­la­a­šu a­na ṭu­ub šà-bi­šú­nu iḫ­ši­ḫa l [ u g a ] l -ut­su) [ú­ra­at­ti xxx š]i­ṭi­ir (Rasur) šu­mu šá I a n . š á r - d ù - i b i l a l u g a l a­lik maḫ­ri­[ia šá qer­ba­šu ap­pa­a]l­sa!* Cf. Kuhrt 1983, 88–97; 1995a, 580; 602. So tauchen z. B. viele darin verarbeitete Topoi bereits in der Kudurru-Inschrift Marduk-aplu-iddinas II. (721–710 v. Chr.) auf, der seinerseits unter Legitimationsdruck stand. Cf. Rollinger 1993, 21.

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raufkunft eines neuen Zeitalters“19 beschworen. Vielmehr ist das Anküpfen an traditionelle babylonische Vorstellungen und Motive (s. u.) als Ausdruck der strukturellen Toleranz, die Kyros und seine Nachfolger in Babylonien praktizierten, zu betrachten.20 Zu diesem Zweck dürfte sich der persische Reichsgründer auch auf das Sachverständnis babylonischer Schreiber, die sich naturgemäß an den überkommenen Inhalten und der Phraseologie der früheren Keilschriftliteratur orientierten, verlassen haben.21 Dass neben der Verwendung babylonischer Motive auch die in Z. 43 erwähnte Inschrift Assurbanipals Pate gestanden haben wird, ergibt sich aus der Verwendung der assyrischen Titulatur und dem „äußeren Erscheinungsbild [des Textes] mit durchlaufenden Zeilen.“22 Die Orientierung an assyrischen Vorbildern im babylonischen Kontext erscheint auf den ersten Blick bemerkenswert. Tatsächlich liegt hier indessen nur ein weiteres Indiz dafür vor, dass Kyros respektive die in seinem Auftrag agierenden Schreiber sich inhaltlich und formal an die Inschriften Nabonids, die ihrerseits assyrisierende Motive aufweisen,23 anlehnten: Eindeutig zielt die Formulierung (Z. 43): „[…] eines Königs, der mir voranging, die ich darin gesehen“ auf die Auffindung eines temmennu Assurbanipals und findet eine semantische und formale Entsprechung im Eḫulḫul­Zylinder Nabonids zu Harran.24 Von der gezielten Suche nach den Gründungen früherer Könige durch den letzten babylonischen König war oben (Kap. I.2.7) die Rede. Weiterhin ist zu bemerken, dass sich auch Assurbanipal als Förderer des Marduk-Kultes inszeniert hatte.25 Von einer „Umgehung babylonischer Traditionen“26 kann demnach kaum die Rede sein.27 Im Gegenteil: Es ist schließlich Marduk, der

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Metzler 1975, 444. Cf. auch Haubold 2007, 51: „All this is done in Akkadian, the language of Assyrian and Babylonian official literature, and in full awereness not only of the generic conventions of such literature but also of current fashion. The Cyrus Cylinder, in other words, reads entirely like a sixth century Babylonian text. In fact it is such a text […].“ Cf. Wiesehöfer 2002b, 42. Schaudig 2001, 551. Cf. Schaudig 2001, 12 f.; 307 f.; Beaulieu 1989, 139–143; Da Riva 2014, 112–115. Cf. Eḫulḫul­Zylinder Col. II, 42–45 (= Schaudig 2001, 421; 438): „Die Urkunde, die Inschrift Aš[šur]-bā-aplis, des Königs des Landes Aššur (Ian.šár-ba­an­ibila lugal kur aš­šur ki), habe ich (ein) gesehen und nicht beseitigt, ich habe (sie) mit Öl gesalbt, (ihr) ein Opfer gebracht (und sie) mit meiner Urkunde zurückgebracht.“ Cf. Schaudig 2003, 488 f. Cf. Kuhrt 1983, 92 sowie ibid., 91 zu den babylonischen Inschriften Assarhaddons als Vorbilder für den Kyroszylinder. Metzler 1975, 444. Cf. Kuhrt 1983, 88: „A fact that should be especially noted ist hat Assurbanipal is called ‚a king who preceded me‘ and it is fair to assume that the concluding line of the Cyrus Cylinder referred to the replacing of Assurbanipal’s text where it had been found and the placing of Cyrus’ inscription next to it. This actually provides a clue to the ultimate purpose of the Cyrus Cylinder. It was composed to commemorate his restoration of Babylon like that of his predecessor Assurbanipal, recount his accession and pious acts and demonstrate to subsequent generations his ligitimacy as ruler of Babylon.“

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höchste Gott des babylonischen Pantheons, der Kyros zur Herrschaft beruft.28 Zudem ist zu Recht betont worden, dass allein das Genre der Gründungsinschrift Kyros in die Tradition des babylonischen respektive des mesopotamischen Königtums einschreibt.29 Dieses Bemühen um Kontinuität, das der Erkenntnis entspringt, dass eine erfolgreiche Herrschaft wesentlich auf der Akzeptanz durch die Beherrschten gründet, zeigt sich fernerhin in Kyros’ Umgang mit den babylonischen Eliten.30 Schließlich war die Integration Babyloniens ins Reichsganze wegen der großen geostrategischen und wirtschaftlichen Bedeutung des Landes für den Bestand des Perserreiches essentiell.31 Gegen Metzlers These spricht aber namentlich das politische Gewicht Babylons, das unter Nebukadnezar II. (605–562  v. Chr.) zur imperialen Großmacht aufgestiegen war.32 Die Annahme, dass Kyros, zumal in dieser frühen Phase der Herrschaftskonsolidierung, das daraus erwachsene Selbstverständnis seiner Bewohner schlichtweg ignoriert habe, verbietet sich geradezu. Ein Dokument, das ganz in der Tradition neubabylonischer Königsinschriften steht33 und somit streng genommen nicht einmal eine „amtliche Selbstäußerung des Königs [scil. des Kyros] enthält“,34 wird man schwerlich als Beweis heranziehen können, um ausgerechnet Kyros als Schöpfer der Dreier-Sukzession zu präsentieren. Ein Weiteres kommt hinzu: Die in Z. 21 des Zylinder-Textes gebotene Filiation nennt Kyros einen Abkömmling der „Könige der Stadt Anschan“. Hieraus ergibt sich zweierlei: Erstens wird man mit Christopher Tuplin und anderen davon ausgehen dürfen, dass sich bereits Kyros als in erster Linie aus der Region Fars stammender Herr-

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Cf. ibid., 87. Cf. Silverman 2018, 262: „The real, social message of the inscription was no doubt primarily in its existence as an object inscribed by the order of Cyrus and ceremonially placed into the foudations: an act which advertised Cyrus as a proper Mesopotamian king regardless of the content of the text itself.“ Hohe Funktionäre Nabonids wurden im Amt bestätigt. Cf. Wiesehöfer 2002b, 30–32; Jursa 2007a, 77–86. Erst in der Regierungszeit Dareios’ I. – und vermehrt während der Herrschaft des Xerxes – scheinen die babylonischen Funktionäre schrittweise durch den Achaimeniden loyle Familien ersetzt worden zu sein. Cf. Jursa 2007a, 86–91; Waerzeggers 2003/2004, 158 f. Neuere Studien zur Babylonien-Politik der Teispiden/Achaimeniden haben gezeigt, dass die relativ tolerante Babylonienpolitik der Achaimeniden entgegen der landläufigen Meinung selbst unter Xerxes fortgeführt wurde (s. o. Kap. I.2.8). Cf. Kuhrt 2002a, 487; Wiesehöfer 2002b; Henkelman/ Kuhrt/Rollinger/Wiesehöfer 2011; Rollinger 2014c. Abweichend sieht Waerzeggers 2003/2004 einen eindeutigen Zusammenhang zwischen der Niederschlagung zweier Revolten im zweiten Regierungsjahr des Xerxes (484 v. Chr.) und dem ‚Niedergang‘ babylonischer Archive (ibid., 156): „The ‚end archives‘ occurs at the exact time of the uprisings and is restricted to those regions of Babylonia that are known to have participated in the revolts.“ Auf der Grundlage neueren Quellenmaterials zeigt Waerzeggers (ibid., 158 f.), dass Xerxes in Nordbabylonien verstärkt ihm genehme Funktionäre einsetzte. Cf. in diesem Sinne auch Jursa 2007a, 86–91. Cf. Rollinger 2008b, 487; Visscher 2020, 74. Cf. Kuhrt 1983, 88; Haubold 2007, 51. Kienast 1979, 353.

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scher verstand35 und nicht etwa, wie früher postuliert worden ist, als Nachfolger der medischen Könige.36 Zweitens drückt der Titel ‚König von Anschan‘ eher ein Selbstverständnis als Erbe der Herrscher von Elam, i. e. der ‚Könige von Anschan und Susa‘, denn als Erben Mediens aus. Der persische Reichsgründer akzentuiert somit seine Herkunft aus der Fars, wo sich aller Wahrscheinlichkeit nach im siebten und sechsten Jahrhundert v. Chr. die persische ‚Ethnogenese‘ unter dem Einfluss der neuelamischen Zivilisation(en) vollzog (s. o. Kap. I.2.8). Diese identitäre Selbstverortung des Kyros läuft den Nachrichten der klassischen Autoren gänzlich zuwider. Schließlich wird auch die persische Vasallität gegenüber den Medern,37 die man in der Vergangenheit als argumentative Stütze für den persischen Ursprung des Drei-Reiche-Schemas bemüht hat, heute nicht mehr vorbehaltlos als historisches ‚Faktum‘ akzeptiert (s. o. Kap. I.2.8; I.3.1.3).38 Obschon somit sämtliche in der Vergangenheit für die Frühdatierung eines persi­ schen Sukzessionsschemas ins Feld geführten Argumente mit Schwierigkeiten verbunden sind, so bleibt gleichwohl festzuhalten, dass die in einigen Inschriften Nabonids greifbare ‚Geschichtstheologie‘, der zufolge Marduk einen ‚fremden‘ Eroberer gegen die Feinde Babylons zur Herrschaft beruft und in der Johannes Haubold eine Abfolge von Assyrern, Medern und Persern ausgemacht hat (s. o. Kap. I.3.1.3), den Verfassern des Kyroszylinders naturgemäß wohlvertraut war. Auch im Kyroszylinder wird Kyros als ‚Werkeug‘ Marduks präsentiert, der während seines Marsches auf Babylon bezeichnenderweise die Umman­manda/Meder unterwirft.39 Die hier formulierten

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Cf. Tuplin 1994. Cf. ferner Wiesehöfer 2003a, 392; 2004, 215. Cf. Graf 1984, 25–29, der (ibid., 25) postuliert: „Although the simple title (King of Media) does not appear in the Achaemenid royal inscriptions, there is substantial evidence that Cyrus also adopted the standard royal formulae of the Median kings […].“ Cf. Hdt. 1, 126, 6; 127, 1. Cf. Rollinger 1999a, 127–135. Kyroszylinder Z. 9–14 (= Schaudig 2001, 550–556, hier 552; 554 f., Nr. K2.1): „Auf ihre [scil. der Einwohner Babylons] Klage hin geriet der Enlil der Götter zornig in Wut, u[nd…] ihr Umriß, die Götter, die in ihnen wohnten, verließen ihre Cellae. Zu seinem (Marduks) Zorn ließ er (sie) nach Bābil hineinbringen. Marduk, der e[rhabene (,der) Enlil der Götter,] wurde umgestimmt, wandte der Gesamtheit der Wohnstätten, deren Wohnung darniederlag, und den Menschen des Landes Sumer und Akkad, die zu Leichen geworden, [sein] Gemüt zu (und) faßte Erbarmen, alle Länder insgesamt sah er prüfend an u[nd] suchte gründlich und ergriff dann mit seiner Hand einen gerechten König, seinen Herzenswunsch, Kūraš, den König der Stadt Anšan, berief er mit seinem Namen, zur Königsherrschaft über das gesamte All nannte er seinen Namen. Das Land der Gutäer, den ganzen Meder-Haufen, beugte er nieder zu seinen Füßen, die Menschen, die Schwarzköpfigen, die er seine Hände erreichen ließ, weidet (jen)er dauerhaft in Wahrheit und Gerechtigkeit.“ (a­na ta­zi­im­ti­ši­na d+en-líl dingirmeš ez­zi­iš i­gu­ug­m[a xxx] ki­su­úr­šu­un dingirmeš a­ši­ib šàbi­šu­nu i­zi­bu at­ma­an­šu­un i­na ug­ga­ti­ša ú­še­ri­bi a­na qéreb šu.an.naki damar.utu t[i­iz­qa­ru d+ en.líl dingirm]eš us­sa­aḫ­ra a­na nap­ḫar da­ád­mi ša in­na­du­ú šu­bat­su­un ù ùgmeš kur šu­me­ri ù uriki ša i­mu­ú ša­lam­ta­aš ú­sa­aḫ­ḫi­ir ka­bat-[ta­áš] ir­ta­ši ta­a­a­ra kul­lat ma­ta­a­ta ka­li­ši­na i­ḫi­iṭ ib­re­e­ma iš­te­’e­e­ma ma­al­ki i­šá­ru bi­bil šà-bi­ša it­ta­ma­aḫ qa­tu­uš­šu mku­ra­aš lugal uru an­ša­an it­ta­bi ni­bi­it­su a­na ma­li­ku­tì kul­la­ta nap­ḫar iz­zak­ra šu­um­šú kurqu­ti­i gi­mir um­

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politischen Ansprüche des Kyros werden jedoch gerade nicht „unter Umgehung babylonischer Traditionen“40 artikuliert, sondern zeichnen sich – im Gegenteil – durch ihr hohes Maß an Intertextualität, i. e. ihren Rekurs auf althergebrachte babylonische Topoi sowie auf die Inschriften Nabonids im Besonderen aus. Fraglich bleiben muss indessen, ob der persische Reichsgründer, in dessen Auftrag der Text entstand, sich der Bedeutungsebenen jener traditionellen Narrative vollumfänglich bewusst gewesen ist: Dächte man die Theorie konsequent zu Ende, so würde Marduk dereinst auch die Perser stürzen und einen neuen König berufen. Schlussendlich liegt im Falle des Kyroszylinders weniger ein persisches denn ein babylonischen Traditionen verhaftetes Dokument vor, dessen Komposition einheimischen Schreibern oblag. Den Letzteren war es traditionell darum zu tun, dem Auftreten eines neuen Herrschers eine religiösmythologische Sinngebung im Rahmen der babylonischen Geschichte zu verleihen. Nichts deutet ferner darauf hin, dass die persischen Großkönige seit Dareios, in dessen Regierungszeit die Ausformung einer spezifisch ‚achaimenidischen‘ Reichsideologie fällt, die von Nabonid und seinen Schreibern formulierte ‚Geschichtstheologie‘ aufgegriffen hätten. Der einzige Beleg, der sich – mit gutem Willen – zugunsten dieser Hypothese anführen ließe, ist der oben erwähnte (s. o. Kap. I.2.8) und bezeichnenderweise desgleichen in babylonischen Dokumenten bezeugte Titel des Xerxes ‚König von Persien und Medien, Babylon und der Länder‘ (LUGAL par­su ma­a-da­a LUGAL TIN.TIRki u KUR.KUR u. ä.).41 Die vormalige Verbreitung der ‚Geschichtstheologie‘ Nabonids mag immerhinn dazu beigetragen haben, dass die Integration des medisch-persischen Elements in die Titulatur in Babylonien problemlos vollzogen wurde. Es ist jedoch nicht anzunehmen, dass hier auf eine Abfolge der Reiche Babylonien – Medien – Persien angespielt wird: Der traditionelle babylonische Königstitel wird zwar um ein persisch-medisches Element erweitert, worin man immerhin eine „Aufwertung Persiens und Mediens“42 erkennen mag. Doch ist, wie oben (Kap. I.2.8) erwähnt, auch die babylonische Titulatur autonom bis ins sechzehnte Regierungsjahr des Xerxes bezeugt. Der Titel ‚König von Persien und Medien, Babylon und der Länder‘ dürfte daher eher ‚kumulativ‘ denn diachron im Sinne einer ‚historischen‘ Sukzession aufzufassen sein. Gleichwohl mag die babylonische Titulatur des Xerxes einen Schlüssel zum Verständis der Monarchienfolge im alttestamentlichen Buch Daniel liefern (s. u. Kap. III.2.2). Die These vom persischen Ursprung der Weltreiche-Konzeption erweist sich – nicht zuletzt angesichts des Schweigens der Quellen – als äußerst hypothetisch, sind doch mit den Königsinschriften gerade diejenigen Zeugnisse verfügbar, die für die Verbrei-

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man­man­da ú­ka­an­ni­ša a­na še­pi­šu un.meš ṣal­mat sag.du ša ú­ša­ak­ši­du qa­ta­a­šú i­na ki­it­tì ù mi­šà­ru iš­te­né­’e­e­ši­na­a­tì). Metzler 1975, 444. Cf. Rollinger 1998b, 355–361; 1999b. Wiesehöfer 2002b, 41.

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tung eines derartigen Konzepts geeignet gewesen wären. Stattdessen lehrt der epigraphische Befund, dass ‚historische‘ Berichterstattung in der großköniglichen Selbstdarstellung zunehmend marginalisiert wurde und die Ausblendung von Geschichte eine „geradezu herrschaftslegitimierende Funktion“43 gewann (s. o. Kap. I.2.8). Zwar ist die Propagierung historischer Ablösungsprozesse durch die Achaimeniden vor diesem Hintergrund nicht a priori auszuschließen; ein Aszendenzmodell einander nachfolgender Reiche liefe durchaus mit dem von den offiziellen Zeugnissen vermittelten Bild des Perserreiches als ‚Vollenderin der Weltgeschichte‘ konform: Sowohl der epigraphische als auch der ikonographische Befund lassen vermuten, dass die achaimenidischen Großkönige sich einerseits in die Nachfolge der vorderorientalischen Großreiche stellten, ihre eigene Herrschaft jedoch zugleich als eine „heilsbringende Zäsur“44 begriffen. Dies erhellt nicht zuletzt der aus Mesopotamien ererbte Titel ‚König der Könige‘ (xšāyaϑiya xšāyaϑiyānām), der die Identität der Vorgängerreiche indessen bezeichnenderweise offen lässt. Ein besonderer Bezug gerade zu den ‚Reichen‘ der Assyrer und Meder lässt sich – obschon der ideologische Rekurs auf die Ersteren deutlich zutagetritt – in der großköniglichen Repräsentation hingegen nicht ausmachen. Zwar war die Kultur des teispidisch-achaimenidischen Irans in weit höherem Maße durch Mündlichkeit geprägt als die Zivilisationen Mesopotamiens,45 sodass – und dies sei ausdrücklich betont – ein argumentum ex negativo allein die Existenz eines persischen Sukzessionsschemas nicht zu widerlegen vermag. Gleichwohl dürfte das Schweigen der Schriftquellen angesichts der oben dargelegten Vorbehalte schwerlich auf den ‚Überlieferungszufall‘ zurückzuführen sein. Hätte die Sukzession von Weltreichen – wie von den Befürwortern der These ihrer persischen Provenienz vorausgesetzt – einen integralen Bestandteil der achaimenidischen Herschaftslegitimation gebildet, so wäre zudem nicht recht erfindlich, warum ihre Verbreitung ausschließlich über vergängliche und heute verlorene Medien erfolgt sein sollte. Zumindest die reichsweite Verbreitung eines auf die Vorgängerreiche Assyrien und Medien beschränkten Schemas in einem multiethischen Staat ist unwahrscheinlich. Namentlich in Ägypten, wo die Perserkönige ganz bewusst an pharaonische Traditionen anknüpften, konnte es kaum zur Anwendung kommen. Schließlich ist auch die Spätdatierung des Dreierschemas wenig wahrscheinlich: In der Integration Mediens auf Kosten des neubabylonischen Reiches hat Peter Calmeyer einen Reflex auf eine seit dem beginnenden vierten Jahrhundert fassbare Tendenz in der achaimenidischen Reliefkunst sehen wollen, die nicht mehr streng zwischen As43 44

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Rollinger 2014a, 162. Wiesehöfer/Rollinger 2012, 57 f. Cf. ferner ibid., 72: „Dareios ist zwar nicht gewillt, den Bruch mit der Politik seiner Vorgänger in der Herrschaft über die Maßen zu betonen, schon gar nicht in deren Kernlanden, er möchte aber seinen Herrschaftsantritt doch auch als Beginn einer neuen Ära erscheinen lassen, einer Ära, die segensreicher für alle Reichsbewohner sein wird als die Vergangenheit.“ Shayegan 2012, 73–108; 2017; Wiesehöfer 2018a.

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syrern und Babyloniern unterscheidet bzw. ganz auf die Abbildung der Letztgenannten verzichtet. Da Herodot, Ktesias und auch Xenophon Babylonien (aufgrund dieser innerpersischen Entwicklung?) lediglich als einen Teil Assyriens ansehen, ja, nicht einmal Kenntnis von einem unabhängigen neubabylonischen Reich zu haben scheinen,46 wird die Entstehung des Schemas entsprechend später veranschlagt.47 Mag nun dieser Befund auch das fehlende bzw. rudimentäre Wissen der Griechen hinsichtlich des neubabylonischen Reiches erklären helfen, einen Beweis für den persischen Ursprung des Sukzessionsgedankens liefert er keineswegs. Wie oben (Kap. I.2.8) angemerkt wurde, zielen die ‚reduzierten‘ Länderlisten und die sogenannten ‚Tributbringerreliefs‘ nicht auf die vollständige Katalogisierung der einzelnen Völkerschaften, sondern auf die selektive Repräsentation des Reichsganzen. An der Treppenfassade Artaxerxes’ III. fehlen demzufolge nicht nur die Babylonier. Auch die ‚Ionier‘ (Yaṷnā) werden – gleichsam pars pro toto – durch die Lyder als Repräsentanten des äußersten Westens vertreten.48 Es sei ferner daran erinnert, dass Assyrer, Babylonier und Meder auf diesen Reliefs als Untertanengruppen und nicht etwa als Herrscher über ehemals mächtige Imperien erscheinen. Dass selbst die unleugbar privilegierte Stellung der Meder innerhalb des Achaimenidenreiches sich nicht zwingend aus ihrer früheren Position als Großmacht erklärt, wurde oben ebenso dargetan, wie die nicht unerhebliche Rolle Elams respektive der Elamer im Rahmen der ‚Reichsimagination‘ Darios’ I. (s. o. Kap. I.2.8; I.3.1.3).49 Abschließend bleibt festzuhalten, dass eine Sukzession von Assyrern, Medern und Persern  – nach dem derzeitigen Kenntnisstand  – auf vorderorientalischem Boden allein in Babylonien bezeugt ist, doch kennen auch die babylonischen Zeugnisse weder ein medisches Imperium noch lassen sie die Konstruktion einer veritablen Theorie erkennen (s. o. Kap. I.3.1.3). Letzteres gilt zwar auch für die Historien Herodots, doch bereits in Ktesias’ Persika gewinnt der späterhin vielfach rezipierte translatio imperii­ Gedanke an Kontur (s. o. Kap.  I.3.2.2). Die ‚Geschichtstheologie‘ Nabonids, die immerhin die immense Bedeutung der Assyrer, Meder und Perser (unter Ausklammerung und gleichzeitiger Akzentuierung der Rolle Babylons in Gestalt seiner Götter) im Rahmen historischer Ablösungsprozesse in den Fokus gerückt hatte, mag zu Lebzeiten

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Cf. etwa Hdt. 1, 178; 188; 3, 92 und Xen. Kyr. 1, 5; 2, 1,5; 5, 4, 34; 6, 1, 25. Cf. Calmeyer 1987, 18–20. Während Dareios I., Xerxes I. und Artaxerxes I. in ihren Länderlisten noch zwischen den Ländern Babiruš und Athura unterscheiden und babylonische Delegationen auf ihren Reliefs abbilden, wurde seit der Regeirungszeit Artaxerxes’ II. nicht mehr klar zwischen beiden Gebieten unterschieden. Cf. ibid., 19: „So by this time any former knowledge of the Neo-Babylonian empire had been superseded by the idea of the succession of three empires. The Babylonian dynasty of the Chaldaeans had been forgotten, even the Labynetos of Herodotus. On the staircase of Artaxerxes III., consequently, the Babyloninas were left out; Assyrians were enough to represent that part of the world.“ Cf. Wiesehöfer 2007a, 37. Cf. Root 2011, 425 f.

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Herodots und Ktesias’ einen hohen Bekanntheitsgrad weit über Mesopotamien hinaus erreicht haben. Beide Autoren partizipierten folglich an einem Diskurs, der einerseits aus einem ‚literarischen Gen-Pool‘ („literary gen pool“50) vorderorientalischer Überlieferung schöpfte, sich anderserseits jedoch auch aus ‚innergriechischen‘ Debatten speiste. Dabei steht das von Johannes Haubold postulierte Modell eines „criss-crossing of perspectives“51 keineswegs im Widerspruch zu Reinhold Bichlers Beobachtungen, denen zufolge die Persika des Ktesias zumindest teilweise Züge einer ironischen Stellungnahme zum Geschichtwerk Herodots tragen:52 Wie oben (Kap. I.3.2.1–I.3.3.2) dargelegt (und auch von Bichler herausgesetellt), schimmern bei Ktesias durchaus altorientalische Traditionen durch, die Herodot unbekannt waren. Mit dem Strukturprinzip einer Sukzession orientalischer Imperien konnte er an Herodot anknüpfen und seinen Vorgänger zugleich ‚korrigieren‘, indem er etwa die assyrische Geschichte in extenso schilderte, was Herodot unterlassen hatte. Seine Interpretation des Schemas weicht indessen erheblich von derjenigen Herodots ab und rekurriert nicht zuletzt in hohem Maße auf die freie Phantasie. Es ist nicht undenkbar, dass die Inschriften Nabonids am Beginn eines Prozesses standen, im Zuge dessen deren Inhalte in mündlicher und zunehmend verwässerter Form in die Randgebiete des Achaimenidenreiches diffundierten, um schließlich auch die griechische Welt zu erreichen. Vermutlich wurde dieser Prozess maßgeblich durch die militärische Schlagkraft der Meder und ihre Rolle bei der Eroberung der assyrischen Residenzen im ausgehenden siebten Jahrhundert v. Chr. bestimmt. Die Konstruktion eines Mederreiches als Bindeglied zwischen dem assyrischen und dem achaimenidischen Imperium indessen ist allem Anschein nach eine Schöfung Herodots.

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Rollinger 2000, 76. Haubold 2013a, 98. Cf. Bichler 2004; 2011a.

Teil II Die vier Monarchien Die Erweiterung der Sukzessionstheorie in hellenistischer Zeit

1. Forschungsstand und Quellenlage Die Eroberung des Achaimenidenreiches durch Alexander III. (336–323 v. Chr.)1 aus dem makedonischen Herrschergeschlecht der Argeaden2 musste bereits von den Zeitgenossen als ein Ereignis von epochaler Tragweite wahrgenommen werden. Binnen weniger Jahre wurde die persische Weltmonarchie jählings vernichtet.3 Bereits unmittelbar nach der Schlacht bei Gaugamela (331 v. Chr.) ließ Alexander sich in Arbela angeblich zum ‚König von Asien‘ proklamieren4 und errichtete nachmals in einer raschen Serie von Siegen ein bis nach Indien reichendes Weltimperium (s. u. Kap. II.3). Nach dem Tod des Herrschers am 10. Juni 323 v. Chr. zu Babylon5 akklamierten die dort anwesenden Truppen zunächst seinen geisteskranken Halbbruder Philpp III. Arrhidaios (323–317  v. Chr.), sodann auch seinen wenige Monate später geborenen Sohn Alexander IV. (323–310 v. Chr.) zu Königen.6 Im Zuge der Regelungen von Babylon (323 v. Chr.) und Triparadeisos (320 v. Chr.) wurden die Satrapien und Kommandostellen unter Alexanders Generälen verteilt.7 Indes, die Rivalitäten unter den Hetairen, 1 2 3

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Der Beiname ‚der Große‘ ist erstmalig bei Plautus (Most. 775) bezeugt. Zur Geschichte der Argeaden cf. Müller 2016a. Der Sturz der persischen Herrschaft dürfte von den Zeitgenossen kaum vorausgesehen worden sein. Umso strittiger bleiben die möglichen Gründe für das Ende des Achaimenidenreiches. Cf.  Wiesehöfer 1997, 9 f. Unter den drei prävalierenden Erklärungsmodellen  – der ‚Dekadenz‘oder ‚Niedergangstheorie‘, der ‚Krisentheorie‘ und der ‚Katastrophentheorie‘  – gehen die beiden ersteren bereits auf die griechische Überlieferung zurück. Selbiges gilt für das Postulat der militärisch-taktischen Unterlegenheit der persischen Truppen. Cf. Hdt. 9, 62, 3; 63, 2; Aischyl. Pers. 239 f.; 803–822 sowie Raaflaub 2011; Wiesehöfer 1997, 23 f. In jüngerer Zeit ist nicht nur die (im 19. Jahrhundert vorherrschende) grundsätzliche Qualifizierung von Imperien als ‚schwache‘ Staatsformen kritisch betrachtet (cf. Scheidel 2009), sondern darüber hinaus auch die Stabilität und Flexibilität gerade der achaimenidischen Herrschaft noch im vierten Jahrhundert v. Chr. betont worden. Demnach war das Perserreich mitnichten ein ‚Koloss auf tönernen Füßen‘. Cf. Wiesehöfer 1997, 27; Rollinger 2014a, 163–168. Cf. Plut. Alex. 34, 1. Cf. Arr. an. 7, 24–26; 28; Plut. Alex. 76; Diod. 17, 117, 1–5; Iust. 12, 13, 3–16, 1; Sachs/Hunger 1988a, 206 f., Nr. 322B, obv. 8. Cf. ferner Bosworth 1994, 844 f.; Romm 2016, 36–49. Zu den möglichen Todesursachen cf. Bosworth 1994, 845. Cf. Diod. 18, 2 (nur Philipp III.); Curt. 10, 6, 1–7, 15; Iust. 13, 2–5. Zu den ‚Regelungen von Babylon‘ cf. Diod. 18, 3; Iust. 13, 3–4; Schober 1981, 3–26. Zu den Satrapienregistern cf. Klinkott 2000, 17–49. Zur Neuverteilung von Triparadeisos cf. Diod. 18, 39, 5–6. Zu

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von denen einige über ein erhebliches militärisches Potential verfügten, waren – zumal angesichts der schwachen Position der beiden Könige – gleichsam vorprogrammiert.8 Die sogenannten Diadochenkriege (von Gr. διάδοχοι: ‚Nachfolger‘), die bis 281 v. Chr. und – etwa im Zuge der ‚Syrischen Kriege‘ zwischen Seleukiden und Ptolemaiern – bis weit darüber hinaus andauerten, waren von wechselnden Bündnissen geprägt; die jeweiligen Konstellationen ergaben sich häufig aus den Aspirationen einzelner Diadochen auf die Herrschaft über das Gesamtreich.9 Zwischen 323 und 190 v. Chr. bildete sich ein „labiles Gleichgewicht“10 hellenistischer Großreiche heraus, die – bei einigen Einschränkungen – als imperiale Staaten zu klassifizieren sind.11 Innerhalb der hellenistischen Staatenwelt12 wurde das ‚Konzert der Mächte‘ wesentlich von den drei großen Monarchien der Antigoniden in Makedonien, der Ptolemaier in Ägypten und der Seleukiden bestimmt, deren Kerngebiet sich von Syrien im Westen bis nach West-Iran im Osten erstreckte (s. u. Kap. II.3.2). Alexanders Weltreich zerbrach, doch standen weite Teile des vormaligen Achaimenidenreiches von nun an unter der Botmäßigkeit griechisch-makedonischer Oberherren. Die Erweiterung der Drei-Reiche-Sukzession um ein viertes Element erscheint vor diesem Hintergrund alles andere als abwegig: Angesichts der anzunehmenden weiten Verbreitung der herodoteischen und ktesianischen Geschichtswerke dürfte der neuerliche Herrschaftswechsel bei vielen Zeitgenossen Assoziationen mit der überkommenen Sukzessionstheorie geweckt haben.13 Zwar müssen diesbezügliche Überlegungen aufgrund der Quellenlage notwendigerweise hypothetisch bleiben:14

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den Satrapienregistern cf. Klinkott 2000, 67–74. Zu den Jahren 323–321/20 v. Chr. cf. Boiy 2007, 44–50. Zu den Details der Reichsordnungen cf. ferner Errington 1970, 49–70; Seibert 1983, 84–91; Mehl 1986, 19–22; Billows 1990, 49–56. Cf. Schäfer 2014, 387. Zur Chronologie der frühen Diadochenzeit cf. Anson 2014; Wheatley 2009; Bosworth 2002; Boiy 2007; Shipley 2000, 40–46. Zum agonalen Prinzip cf. Gehrke 1982, 272. Die sich aus den Rivalitäten ergebende politische Instabilität fand ihren Niederschlag in Aufständen an der Peripherie. Cf. Diod. 18, 11, 1–2; Iust. 13, 5, 1–7 (Lamischer Krieg) sowie Curt. 9, 7, 1–11; Diod. 17, 99; 18, 4, 7; Plischke 2014, 178–180 (Aufstände in Baktrien und Sogdien). Gehrke 2003, 103. Cf. Schäfer 2014, passim. Die Einschränkungen betreffen namentlich das Antigonidenreich. Zur Problematik des Epochenbegriffs ‚Hellenismus‘ cf. Bichler 1983. So bemerkt Müller 2015a, 136 bezüglich der hellenistischen Staaten: „In these especially warlike and military colored structures, wars, battles, and expansions were memorable events and points of reference in the collective memory. There was a preference for campaigns regarded as marking the beginning of a new era. Thus, Alexander’s conquests were a prime theme of the Hellenistic culture.“ Dies gilt insbesondere für die Vermutung, der Peripatetiker Demetrios von Phaleron (viertes oder drittes Jahrhundert v. Chr.) komme als Urheber einer hellenistischen Vierersequenz in Betracht. Dessen Reflexionen über die Wankelmütigkeit der Tyche zitiert Polybios (29, 21, 1–9): „Hätte vor 50 Jahren ein Gott den Persern oder dem König der Perser, den Makedonen oder dem König der Makedonen die Zukunft geweissagt, meint ihr, sie hätten geglaubt, dass heute nicht einmal der Name der Perser bleiben würde, die doch damals fast die ganze bewohnte Erde beherrschten, und dass die Makedonen, deren Name damals ganz unbekannt war, sich ihres ganzen Reiches

Forschungsstand und Quellenlage

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Das einzige zeitgenössische Schriftzeugnis, das – abgesehen von der Verschiebung im ersten Element  – meines Wissens unzweifelhaft auf die klassische Dreiersukzession der griechischen Historiographie rekurriert und sie um ein viertes (makedonisches) Element erweitert, ist die alttestamentliche Danielerzählung.15 Andererseits scheint die später vielfach bezeugte römische Fünfersequenz auf das Vorhandensein einer Vierer-Sukzession im nichtjüdischen Bereich hinzudeuten.16 Weiterhin lassen einige Indizien vermuten, dass mehrere Autoren im Hellenismus, zumal der in frühseleukidischer Zeit wirkende Autor Berossos, zumindest mit dem Konzept vertraut waren (s. u. Kap. II.3.2).17 Im zweiten und im siebten Kapitel des Danielbuches werden die vier Reiche verschiedentlich versinnbildlicht: Hier erscheinen sie dem König Nebukadnezar im Traum als Glieder einer kolossalen „Kompositstatue“18 aus Gold, Silber, Bronze, Eisen und mit Ton vermischtem Eisen, die ohne menschliches Zutun von einem mächtigen Stein zerstört wird.19 Dort schaut der Prophet Daniel selbst in einer Vision vier Tiere: einen Löwen mit Geierflügeln,20 einen Bären, einen Panther mit je vier Flügeln und Köpfen sowie ein viertes Tier, das „anders [war] als all die Tiere vor ihm.“21 Am Ende der Zeit – so die prophetische Verkündung – werde das vierte Tier getötet und auch den übrigen Tieren die Herrschaft genommen werden.22 Seit dem ersten Jahrhundert n. Chr. wurde das vierte Geschöpf, beginnend mit Flavius Josephus,23 innerhalb der rabbinischen, sodann auch in der christlichen Tradition

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bemächtigen würden?“ (πεντηκοστῷ γὰρ ἔτει πρότερον οἴεσϑ’ ἂν ἢ Πέρσας ἢ βασιλέα τῶν Περσῶν ἢ Μακεδόνας ἢ βασιλέα τῶν Μακεδόνων, εἴ τις ϑεῶν αὐτοῖς προύεγε τὸ μέλλον, πιστεῦσαι ποτ’ ἂν ὡς εἰς τοῦτον τὸν καιρὸν Περσῶν μὲν οὐδ’ ὄνομα λειφϑήσεται τὸ παράπαν, οἱ πάσης σχεδὸν τῆς οἰκουμένης ἐδέσποζον, Μακεδόνες δὲ καὶ πάσης κρατήσουσιν, ὧν οὐδ’ ὄνομα πρότερον ἦν γνώριμον). Hier liegt jedoch offensichtlich keine Sukzession vor. Cf. Alonso-Núñez 1983, 420: „Die Ansicht […] nach der die Theorie der Abfolge der Weltreiche auf Demetrios von Phaleron zurückgeht, lässt sich nicht ganz klar belegen.“ Muccioli 2018, 113 weist darüber hinaus auf einen möglichen Passus aus einem Traktat des Agatharchides von Knidos (vermutlich drittes oder zweites Jahrhundert v. Chr.) Über das Rote Meer (Phot. Bibl. 17, 445b) hin, in dem (neben Alexander und einigen Diadochen) die Meder, Syrer und Perser (in dieser Reihenfolge) genannt werden; er räumt (ibid., Anm. 134) jedoch selbst ein, dass die Rekonstruktion des nur fragmentarisch erhaltenen Werks nach wie vor mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden ist. So bleibt auch die Zuweisung vieler Fragmente an Agatharchides einstweilen zweifelhaft. Cf. Amelig 2008, 19–26, hier v. a. 22 mit Anm. 51. Cf. Wiesehöfer 2003a, 393; 2003b, 67. Zu Aristoxenos von Tarent und Polybios, die jedoch nicht als Zeugen für eine Vierersukzession (Assyrien – Medien – Persien – Makedonien) zu betrachten sind, s. u. Kap. III.1–2.2. Keel 2003, 37. Cf. Dan 2, 31–35. Die modernen Übersetzungen und Kommentare sprechen  – wie bereits die Septuaginta  – fast durchweg von Adlerflügeln. Keel 2003, 43, Anm. 37 weist jedoch darauf hin, dass aramäisch nešar im Urtext eindeutig den Geier bezeichnet. Dan. 7, 7. Cf. Dan 7, 4–8. Cf. Ios. ant. Iud. 10, 10. 4.

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Forschungsstand und Quellenlage

mit dem Imperium Romanum identifiziert. Ebendiese exegetische Doxa begründete die Wirkmacht, die das Danielbuch in den nachfolgenden Jahrhunderten entfalten sollte (s. o. Einleitung). Heute prävaliert innerhalb der historisch-kritischen Exegese hingegen die Auffassung,24 dass die von Daniel verheißenen Reiche mit den Monarchien Babyloniens, Mediens, Persiens und Makedoniens zu identifizieren seien.25 Das Fehlen Assyriens mag zunächst verwundern, zählen doch sowohl die Drangsal, die das Volk Israel unter der Herrschaft Assurs erlitt, als auch der Sturz des Reiches zu den zentralen Erzählkomplexen des Alten Testaments.26 Mit unverhohlener Freude kommentierte der Prophet Nahum den Fall Ninives: Deine Hirten, König von Assur, sind eingeschlafen, deine Edlen liegen da, dein Volk ist zerstreut auf den Bergen, und da ist niemand, der sie sammelt. Für deine Verletzung gibt es keine Milderung, deine Wunde ist unheilbar. Alle, die die Nachricht von Dir hören, klatschen in die Hände über dich, denn wen hat nicht allzeit deine Bosheit getroffen?27

Assur und seine Könige figurieren im Alten Testament wiederholt als Agenten JHWHs, als „Knüppel [s]eines Zorns“28 zur Bestrafung Israels.29 Gleichwohl erscheint die Verschiebung des ersten Elements hin zum neubabylonischen Reich aus der Perspektive in hellenistischer Zeit lebender Juden verständlich: Die gravierende Erfahrung des ‚Babylonischen Exils‘, das dem Ende des Staates Juda (587 v. Chr.) folgte, markierte den Beginn einer auf die ‚apokalyptische Wende‘ zulaufenden universalhistorischen Periodisierung.30 Folglich sind auch die Babylon-Bezüge im Alten Testament Legion.31 Zugleich lässt die den griechischen Texten inhärente ‚Konfusion‘ bezüglich des assyrischen und des neubabylonischen Imperiums (s. o. Kap. I.3.1.2; I.3.2.2) sich auch in einigen alttestamentlichen Texten der hellenistischen Periode nachweisen (s. u. Kap. II.4). Vor diesem Hintergrund ließe sich mithin auch die ‚Verwechslung‘ im Buch Daniel erklären.

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Cf. jedoch Young 1978, 275–294; Whitcomb 1959, 54. Cf. Rowley 1959, 67–160; Montgomery 1926, 185; Hartman/di Lella 1978, 33–42; 212–214; Koch 1980, 184–187; Collins 1977, 38; 1993, 166–170. Das goldene Haupt der Kompositstatue wird in Dan 2, 38 ausdrücklich als das neubabylonische Reich Nebukadnezars gedeutet. Die sich anschließende Aussage, das zweite Reich werde „geringer“ sein, kann sich kaum auf die persische Weltmonarchie beziehen. Die Sequenz Babylonien – Medien – Persien korreliert fernerhin mit dem Aufbau der Erzählung, die Daniels Lebenszeit in die Regierungen Nebukadnezars, Belschazzars, Dareios’ ‚des Meders‘ (s. u.) und Kyros ‚des Persers‘ fallen lässt. Bezüge in der zweiten Buchhälfte (s. u.) weisen das letzte Reich eindeutig als das griechisch-makedonische aus: Der späteste unter den genannten irdischen Herrschern ist der ‚Fürst aus Griechenland‘ in Dan 10, 20. Cf. Wiesehöfer 2003a, 391. Cf. Frahm 2011, 276 mit Anm. 46. Nah 3, 18–19. Deutsche Übers. Züricher Bibel. Jes. 10, 5. Cf. Frahm 2011, 277. Zur Rolle Assyriens im Alten Testament cf. Frahm 2011; 2017b; Weissert 2011. Cf. Momigliano 1983, 146: „Babylon was a natural beginning for a Hellenistic Jew, who associated its empire with the destruction of the first Temple.“ Cf. Wiesehöfer 2013c; Glassner 2003; Haas 1999; Herrmann/Ilan 2008; Kratz 2008; Renger 1999b; Friedländer 2008; Levine 2007.

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Verwundern vermag auch die Prominenz des persischen Elements im Danielbuch nicht, nahm die Achaimenidenzeit doch sowohl in den perserzeitlichen Schriften des Alten Testaments (Esra und Nehemia) als auch in den späteren Texten hellenistischen Datums ( Judith und Esther) eine „Schlüsselrolle“32 bei der „Konstituierung des Frühjudentums“33 ein. Demgegenüber erscheint die Integration der Meder, die weder über Babylon noch über Palästina herrschten, befremdlich und spricht zugunsten der Abhängigkeit der alttestamentlichen Sukzession von der bei Herodot und Ktesias greifbaren Abfolge der Assyrer, Meder und Perser.34 Kontrovers diskutiert wird nach wie vor die Frage, wo und wann die Erweiterung des Sukzessionsschemas auf vier Elemente erstmalig artikuliert wurde.35 Die These Arnaldo Momiglianos, dass die jüdische Tradition, allen voran die Danielautoren, das genuin griechische Modell der Reiche-Sukzession aufgegriffen und mit einer eschatologischen Deutung versehen habe, hat bisher nur wenig Anklang gefunden.36 Die allgemeine Ablehnung lag nicht zuletzt in der Tatsache begründet, dass die älteren Arbeiten die persische Provenienz des Dreierschemas und damit seine Verbreitung auf ehemals achaimenidischem Territorium zumeist wie selbstverständlich voraussetzten. Obschon die Entwicklung des römischen Fünferschemas theoretisch auch auf der Grundlage der griechischen Dreierfolge denkbar wäre,37 wurde, wie oben erwähnt, in der Vergangenheit auch die Propagierung einer ‚säkularen‘ Vier-Monarchien-Folge (Assyrien – Medien – Persien – Makedonien) erwogen. Grundsätzlich wurden zwei Möglichkeiten wiederholt in Betracht gezogen: Die erste Theorie geht von einer von vornherein negativ konnotierten Vierersukzession aus, die sich auf der Grundlage des persischen (!) Dreierschemas zu einem Instrument orientalischer (nicht-jüdischer) Opposition gegen die verhasste makedonische Fremdherrschaft entwickelt habe.38 Nach der zweiten Auffassung handelt es

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Rollinger 2014a, 173. Ibid., 173. Cf. Gruen 2005b, 90: „Persia holds a special place in Jewish tradition.“ Tatsächlich wurde das Ende des Achaimenidenreiches seitens jüdischer Gelehrter offenbar nahezu ausnahmslos als markante historische Zäsur begriffen, in deren Nachfolge das Zeitalter der ‚wahren Propheten‘ endete. Cf. etwa Sach 13, 1–6; Ps 74, 9. In der ‚apokalyptischen Literatur‘ der hellenistischen Zeit wird das Seleukidenreich nicht marginalisiert, sondern gleichsam ‚historisiert‘ und mit einem vorübergehenden Stadium einer bis zum Ende aller Zeitlichkeit reichenden Geschichtsprojektion identifiziert. Cf. Kosmin 2018, 128 f.; 137. Zum Bild der Perser respektive des persischen Hofes im Alten Testament cf. Mathys 2010; Albertz 2007; Gruen 2005b. Zur Rezeption des Achaimenidenreiches im Buch Judith cf. Rollinger 2009b. Zur achaimenidischen Politik in Judaia cf. Ahn 2002. Cf. Collins 1993, 168. Ein konziser Überblick über die denkbaren Möglichkeiten findet sich bei Koch 1997, 16–18. Cf. Momigliano 1983; 1987; 1988. Cf. desgleichen Mendels 1981; Wiesehöfer 2003a; 2004b; 2005a. Cf. Collins 1993, 167 sowie Zecchini 1988, der eine Vermittlung des Dreierschemas nach Rom über die Magna Graecia in Erwägung zieht und Aristoxenos von Tarent als Quelle für Aemilius Sura annimmt (s. u. Kap. III.1; 2.2). Cf. Swain 1940, 11 f., der argumentierte, dass die Römer möglicherweise um 190 v. Chr. während der Schlacht bei Magnesia gegen den Seleukiden Antiochos III. (22–187 v. Chr.) mit der Vierer-

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sich bei der Vierersequenz im Danielbuch um die (bewusst) ‚subversive Umdeutung‘ eines hellenistischen Konzepts mit ursprünglich ‚pro-makedonischer‘ Tendenz. Die Urheberschaft einer solchen ‚säkularen‘ Viererfolge wurde entweder bereits Alexander dem Großen39 oder den Seleukiden zugeschrieben, die im dritten Jahrhundert v. Chr. einen Großteil des vormaligen Alexanderreiches beherrschten.40 Gegen die Theorie einer von Beginn an anti-makedonischen Zielrichtung der Sukzession haben Josef Wiesehöfer und andere berechtigte Bedenken geäußert.41 So lassen rezentere Studien zur seleukidischen Politik in Babylonien und West-Iran einen allgemeinen Widerstand der einheimischen Bevölkerung wenig wahrscheinlich erscheinen. Das verfügbare Quellenmaterial ist lückenhaft und scheint – im Gegenteil – sogar das Bemühen der seleukidischen Herrscher um Kontinuität und die Kooperation mit den indigenen Eliten zu dokumentieren (s. u. Kap. II.3.2).42 Endemische Krisen sowie die Fähigkeit zu deren Bewältigung sind geradezu ein Signum imperialer Staatlichkeit,43 und auch die Seleukiden, deren Herrschaft maßgeblich auf der Einrichtung von Garnisonen gründete,44 wurden mit regionalem Widerstand konfrontiert. Mit veritablen Unabhängigkeitsbestrebungen einzelner Gebiete ist jedoch frühestens ab der Mitte des zweiten Jahrhunderts v. Chr. zu rechnen.45 Kohärente Überlieferungen sind indessen allein für die Region Judaia verfügbar, und die Rigidität des seleukidischen

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sequenz in Berührung gekommen seien. Ausgangspunkt seiner Überlegungen war die Frühdatierung Aemilius Suras, der wahrscheinlich frühesten Quelle für ein römisches Fünferschema (zu alternativen Datierungen s. u. Teil III). Swain mutmaßte, dass bereits unter Kyros und Dareios I. in Kleinasien angesiedelte persische Kolonisten (Μαγουσαῖοι) die Ablösung der griechischmakedonischen Herrschaft durch ein fünftes asiatisches ‚Heilsreich‘ angekündigt hätten. Die römischen Soldaten hätten die antiseleukidische Propaganda aufgegriffen und die geweissagte fünfte Weltmacht auf sich selbst bezogen. Eddy 1961, 20 f.; 190 f. wiederum erblickte in den fratarakā der Persis eine Gruppe von ‚Magern‘, die – nicht zuletzt unter Rekurs auf das Modell einer Sukzession von Reichen – eine Alexander und den Makedonen feindlich gesonnene ‚apokalyptische Tradition‘ begründet hätten. Cf. zur ‚Oppositionstheorie‘ ferner Flusser 1972. Cf. Koch 1997, 16; 2003, 18. Cf. Wiesehöfer 2003a, 393–394; 2003b, 67–71; Swain 1940, 7 f. Cf. Wiesehöfer 2003a, 393–394; 2003b, 68; Koch 1997, 16. Cf. Sherwin-White/Kuhrt 1993, 136–140, hier v. a. 137: „At the same time we need to recognize that the picture is more complicated than a neat division between Macedonian/Greek acquiescence or support for, and non-Greek opposition or resistance to, Seleucid rule. With the exception of Iran-Persia, it is hard to believe that foreign rule as such was a new reason for resistance since the Achaemenid empire had already established a long lived suzerainty over the peoples and places comprising the Seleucid empire. It is also possibly anachronistic (if fashionable) to expect opposition from subjects to empire and monarchy – the nexus ‚oppression – rebellion‘ (as used, for example by Eddy 1964), is, after all, an unsatisfactory simplification […].“ Cf. Gehler/Rollinger 2014b, 22 f. So dokumentiert ein Ostrakon die Existenz einer seleukidischen Garnison in Babylon. Cf. SherwinWhite 1982. Zur Praxis in den griechischen Poleis cf. Orth 1977. Zur Politik der Besteuerung cf. ibid., 67. Cf. zu Babylonien Szelényi-Graziotto 1996 und Kuhrt 1996. Zu Iran cf. Wiesehöfer 1996a; Plischke 2014.

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Vorgehens vor Ort erscheint innerhalb der Geschichte des Reiches singulär (s. u. Kap.  II.2.1).46 Die Instrumentalisierung einer Vierer-Sukzession durch orientalische Oppositionskreise ist in Ermangelung diesbezüglicher Zeugnisse daher in höchstem Maße hypothetisch, zumal einige ‚basale Prämissen‘ dieser Theorie vor dem Hintergrund neuerer Forschungen entfallen müssen (s. o.).47 Sie lässt sich zudem nur von der Vorbedingung eines bereits im Achaimenidenreich kursierenden Dreierschemas her denken. Diese Prämisse jedoch war anscheinend gerade in den iranischen Territorien nicht gegeben (s. o. Kap. I.3.1.3; I.4). Schließlich ist auch im Umgang mit den in diesem Zusammenhang häufig zitierten Schriftzeugnissen Vorsicht geboten. Letzteres gilt namentlich für einen zoroastrischen Text (Zand ī Wahman Yasn/Bahman Yašt),48 der  – wie Daniel 2  – mit einer auf die ‚Endzeit‘ ausgerichteten Periodisierung operiert und diese darüber hinaus in das Bild unterschiedlicher Metalle kleidet.49 Hieraus hat David Flusser geschlossen, dass im Danielbuch eine Kontaminierung des iranischen und des hesiodischen ‚WeltalterModells‘50 vorliege und verortete den Entwurf der mit einer ‚Heilserwartung‘ verknüpften Reiche-Sukzession in orientalischen Oppositionskreisen.51 Indessen lässt sich die frühe Redaktionsgeschichte des Bahman Yašt kaum sicher nachvollziehen: Die erhaltenen Handschriften des Textes stammen erst aus dem 14. respektive dem 16.  Jahrhundert n. Chr. und enthalten mannigfaltige Traditionen unterschiedlicher Provenienz, zumal aus sasanidischer Zeit.52 Die Urgestalt der avestischen Überliefe46

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Indessen betont Honigman 2014, 387: „[…] nothing in Antiochos IV’s actions appears to depart from the ancient rules of warfare. Although some details remain obscure, there is no reason to think that Antiochos IV behaved in an extraordinary way in Judea. The suppression was undoubtedly harsh, but this was the usual praxis of war.“ So hat Wiesehöfer 1994, 129–136; 2002d, 724 f. gegen Eddy 1961, 20 f.; 190 f. gezeigt, dass die frata­ rakā der Persis bis ins beginnende zweite Jahrhundert v. Chr. weder als religiöse Autoritäten noch als Herrscher mit ‚großköniglichen‘ Aspirationen aufzufassen sind. Vielmehr beschränkten sich ihre Ansprüche auf eine regional begrenzte – und von den Seleukiden durchaus tolerierte – Einflussnahme. Cf. auch Wiesehöfer 2017. Text: Anklesaria 1957; Cereti 1995; Raei 2010, 59–66. Zu diesem Text cf. Raei 2010, 42–74. Zur iranischen Apokalyptik cf. ferner Hultgård 1983; 2003. Cf. Bahman Yašt 1, 2 (sowie die Varianten in Bahman Yašt 3, 6, 8 und Dēnkard 9, 8): Zarathustra schaut in einer von Ahura Mazdā gesandten Vision einen Baum mit vier Ästen aus Gold, Silber, Stahl und vermischtem Eisen. Die Zweige stehen für vier Perioden, die im ‚Jahrtausend Zarathustras‘ kommen werden: Von Wištāsp (Gold), der die Religion akzeptiert, über Ardaxšir (Silber) und Xusraw (Stahl) bis hin zum Zeitalter des ‚gemischten Eisens‘, das durch die Herrschaft der Dämonen charakterisiert ist. Cf. Hes. erg 1, 106–201; Ov. met. I, 89–150. Cf. Collins 1977, 40 sowie Alonso-Núñez 1983, 419 f., der zu Recht festhält: „Andererseits muß man die Sukzession der Weltreiche von der Weltalterlehre trennen, die unter den Griechen bei Hesiod, Erga, 106–201 erscheint, und die für die Weltreichstheorie nicht brauchbar ist. Die Entstehung der Vorstellung der Weltreichsabfolge ist unbekannt.“ Cf. Flusser 1972. Auch Eddy 1961, 16–24 zufolge spielt das Zeitalter der Dämonen auf die Makedonen an. Cf. Cereti 1995, 2–7 (zu den Handschriften); Raei 2010, 42, der (ibid., 71) indessen einen überlieferungsgeschichtlichen Zusammenhang mit Daniel nicht ausschließt. Offenbar wurden jedoch

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rungen, die dem Text zugrunde liegen mögen, lässt sich schwerlich eruieren.53 Gleichwohl sind die Parallelen zum zweiten Kapitel des Danielbuches zu evident, um einen originären Zusammenhang gänzlich auszuschließen.54 Dies bedeutet jedoch mitnichten, dass auch das Konzept einer Abfolge von Reichen, das der alttestamentliche Text vermutlich sekundär mit der Metallsymbolik kombinierte, iranischen Ursprungs ist (s. u. Kap. II.2.2). Als ein weiterer möglicher Referenztext für die Herkunft einer  – freilich alternativen  – Vierersukzession wurde schließlich wiederholt die sogenannte Dynastische Prophetie herangezogen.55 Es handelt sich um eine akkadische, vermutlich in frühseleukidischer Zeit entstandene ex­eventu­Prophezeiung, in der ‚gute‘ und ‚schlechte‘ Herrschaften aufeinanderfolgen und in die man – mit gutem Willen – die Abfolge Assyrien – Babylonien – Persien – Makedonien hineinlesen kann.56 Die Möglichkeit, dass der nur äußerst fragmentarisch erhaltene Schlussteil den bevorstehenden Untergang des Seleukidenreiches voraussagte, hat die Forschung zuweilen dazu veranlasst, den Text als ein frühes Zeugnis antihellenistischer Opposition zu deuten.57 Vermutlich verdient jedoch eine ‚positive‘ Lesart der die Seleukiden betreffenden Partien den Vorzug (s. u. Kap. II.3.2). Ein direktes Abhängigkeitsverhältnis zwischen dem Danielbuch und der Dynastischen Prophetie, die das medische Element nicht berücksichtigt, ist jedoch unwahrscheinlich.58

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gerade in sasanidischer Zeit griechische, römische, jüdische und christliche sowie indische Traditionen in die zoroastrische Überlieferung inkorporiert. Cf. Daryaee 2009, 118–121. Es wäre mithin sogar denkbar, dass die ‚historische Periodisierung‘ und die ‚Metallsymbolik‘ im Bahman Yašt (umgekehrt) von jüdisch-christlichen oder griechischen Tradition inspiriert wurden. Zum ‚interkulturellen Dialog‘ zwischen Christentum und Mazdaismus (sowie ihren jeweiligen Vorstellungen vom ‚Ende der Welt‘) in der Spätantike cf. Panaino 2020, der herausstellt, dass ‚Endzeitvorstellungen‘ im Mazdaismus erst nach dem Fall des Sasanidenreiches im siebten Jahrhundert an Virulenz gewannen und zugleich die Komplexität des wechselseitigen – und multidimensionalen – Austauschs mit anderen Religionen in dieser Zeit betont. Diese Problematik ergibt sich desgleichen aus der Redaktionsgeschichte: So ist Bahman Yašt offenbar ein „Sammelband apokalyptischer Texte“ (Raei 2010, 46), der erst spät unter Rekurs auf unterschiedliche Quellen kompiliert wurde. Teilweise handelt es sich bei diesen Quellen um avestische Überlieferungen (cf. Raei 2010, 50 f.), teils um Zand-Texte (cf. Raei 2010, 52). Die letztere Gruppe von Texten umfasst mittelpersische Kommentare zu verlorenen Teilen des Avesta. Cf. Daryaee 2009, 109 f. Cf. entsprechend Raei 2010, 52: „Die Zand-Texte, die heute neben ihren avestischen Ursprüngen vorhanden sind, weisen im Vergleich zu ihren avestischen Ursprüngen bedeutende Unterschiede auf. Es darf die Möglichkeit nicht übersehen werden, dass ZWY [scil. Zand ī Wahman Yasn/Bahman Yašt] selbst Sekundärliteratur ist, die möglicherweise aufgrund einiger Kommentare von Zand-Texten geschrieben wurde […].“ Cf. Raei 2010, 74. Text: ABHLT, 24–37, Nr. 3. Eine englische Übersetzung mit veränderter Kolumnenzählung findet sich ferner bei Sherwin-White 1987, 12–14. Cf. Hasel 1979; Koch 1997, 17 f. Cf. bereits Grayson 1975b (= ABHLT) 17. Cf. Kratz 1991a, 201; Collins 1993, 168.

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Unsicherheit besteht schließlich auch bezüglich des frühesten Stratums des (jüdischen) Vierten Sibyllinischen Orakels, dessen Endfassung aus dem Jahr 80 n. Chr. eine Fünfersequenz (Assyrien – Medien – Persien – Makedonien – Rom) enthält.59 Ihr liegt vermutlich eine ältere (eventuell nichtjüdische) Viererkette zugrunde, die sich jedoch kaum sicher datieren, geschweige denn zuordnen lässt.60 Wegen der zahlreichen mit der (im iranischen Kontext verorteteten) ‚Oppositionstheorie‘ verbundenen ‚Unbekannten‘ wird sie im Folgenden nicht berücksichtigt. Es bleibt somit die Möglichkeit eines ‚säkularen‘ (Aszendenz-)Modells zu erörtern, wobei auch das ‚diskursive Milieu‘, innerhalb dessen es möglicherweise entstand, auf breiterer Basis beleuchtet werden soll. Zuvor jedoch rückt die Sukzessionstheorie im Buch Daniel in den Fokus.

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Cf. Orac. Sibyll. 4, 49–104. Text: Gauger 1998, 113–123 sowie Merkel 1998, 1109–1115. Cf. Merkel 1998, 1064; Gauger 1998, 454; Collins 1993, 167–168. Im Vierten Sibyllinischen Orakel werden die Reiche auf zehn Generationen (γενεαί/γενεή) verteilt. Die Assyrer herrschten sechs, die Meder zwei, die Perser und Griechen-Makedonen jeweils eine Generation lang. Die sekundäre Erweiterung um das römische Reich sprengt dieses Schema.

2. Die Weltreiche-Sukzession im Buch Daniel 2.1 Redaktionsgeschichte, Genre und Tendenz des Danielbuches Das Buch Daniel fand vermutlich als letztes – und als einzige spätisraelische Apoka­ lypse1 – Aufnahme in die Bücher des Alten Testaments. Während die christliche Bibel Daniel zu den Propheten rechnet, zählt das Buch im hebräischen Kanon zu den Schriften.2 Der Text schildert in zwölf Kapiteln die Erlebnisse des judäischen Exulanten Daniel und seiner Freunde am Hofe der babylonischen Könige Nebukadnezar II. (605–562 v. Chr.) und Belschazzar, des ‚Meders‘ Dareios sowie des Persers Kyros. Die Figur Daniels wurde möglicherweise auf der Grundlage einer Gestalt namens dn’il modelliert, die in ugaritischen Texten seit dem 14. Jahrhundert v. Chr. bezeugt ist und dort als Mann von herausragender Weisheit vorgestellt wird.3 Inhalt und Darstellungsform gliedern den Text in zwei Teile. Den Erzählungen über Daniel (1–6) folgen in der ersten Person abgefasste Berichte, die als Offenbarungen und visionäre Schauungen präsentiert werden (7–12).4 Auch sprachlich gestaltet sich der Text uneinheitlich, denn er ist teils in hebräischer (Dan 1, 1, 2–2, 4a sowie 8, 1–12, 13), teils in aramäischer Sprache (Dan 2, 4b–7, 28) verfasst.5 Einige deuterokanonische

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Cf. Koch 2007, 34, der (ibid., 31–33) auch die Unterschiede zwischen der antiken und der modernen Verwendung des Begriffs darlegt. Das Genre der Apokalypse fand seit dem Hellenismus Verbreitung in Palästina. Cf. Koch 2007, 34: „Die Verfasser sind Männer, die der Schreiberzunft angehören und sich durch eine von Gott gewirkte Eingebung – wohl im Zusammenhang mit einer meditativen Praktik – zur metahistorischen Erkenntnis wesentlicher Faktoren der gegenwärtigen Stunde und der nächsten Zukunft berufen fühlen, also zur apokalypsis, zur Enthüllung einer ‚sittlichen‘ Weltordnung im Lauf der Geschichte.“ Cf. Collins 1993, 1; 52, Im hebräischen Kanon bildet das Buch Melaechi den Abschluss der Prophetenbücher. Zur Kanonisierung des Danielbuchs cf. Koch 2001; Hartmann/di Lella 1978, 25–28. Cf. Beyerlin 1975, 242 f. sowie Collins 1993, 1 f. Daniel wird ferner in Ez 14, 14. 20; 28, 3 neben Noah und Hiob als Beispiel eines wissenden und rechtschaffenen Mannes genannt. Pseudonymität stellt ein wesentliches Charakteristikum der apokalyptischen Schriften dar. Da die Verfasser nicht öffentlich auftreten konnten, verbreiteten sie ihre Botschaft in schriftlicher Form, indem sie – so Koch 2007, 34 – den Namen „eines berühmten Gottesmannes der Geschichte“ für sich in Anspruch nahmen. Cf. Collins 1993, 24. Zur Zweisprachigkeit cf. Collins 1993, 12–25; Koorevar 1999; Koch 1980, 34–54. Die Ursprünglichkeit der Bilingualität beweisen ferner einige Danielschriften aus Qumran. Cf. García Martínez 1992; Flint 2001.

Redaktionsgeschichte, Genre und Tendenz des Danielbuches

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respektive apokryphe Kapitel, die lediglich in den griechischen Übersetzungen der Septuaginta und den dem Epheser Theodotion zugeschrieben Versionen6 enthalten sind, können hier vernachlässigt werden.7 Die frühen christlichen Exegeten (s. o. Einleitung) betrachteten das Buch Daniel als die authentische Prophezeiung eines jüdischen Exulanten (Exilthese).8 Demgegenüber stand seit dem ausgehenden 17. Jahrhundert die sogenannte Makkabäerthese,9 die indessen bereits der neuplatonische Philosoph Porphyrius (drittes Jahrhundert n. Chr.) formuliert hatte (s. o. Einleitung). Ihr zufolge entstand das gesamte Werk erst im zweiten Jahrhundert v. Chr., genauer: zur Zeit des Konflikts des Seleukiden Antiochos IV. Epiphanes (175–164 v. Chr.) mit der Kultgemeinde zu Jerusalem.10 Entsprechend betrachtete bereits Porphyrius die Weissagungen Daniels zumindest teilweise als vatici­ nia ex eventu.11 Syrien und Palästina hatten seit dem dritten Jahrhundert v. Chr. unter ptolemaiischer Botmäßigkeit gestanden, doch auch die Seleukiden konnten rechtmäßige Ansprüche auf die Region erheben.12 Im ‚fünften Syrischen Krieg‘ (202/201–195 v. Chr.) brachte der seleukidische König Antiochos III. (223–187 v. Chr.) die zwischen Ptolemaiern und Seleukiden umstrittene Gebiete in seine Gewalt (200 v. Chr.: Schlacht am Paneion).13 Dem Bericht des Flavius Josephus zufolge erkannte der König den Judäern in einem Edikt zahlreiche Privilegien zu, darunter das Recht, nach ihren ‚traditionellen Gesetzen‘ (πάτριοι νόμοι) zu leben.14 Voraussetzung war dabei die Loyalität des 6 7

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Cf. Collins 1993, 9 f. Cf. das Gebet Anzariahs und den Gesang der drei Männer (nach Dan 3, 23), Bel und der Drache sowie die Susanna­Erzählung, die bei Theodotion vor Dan 1 und in der Septuaginta nach Dan 12 erscheint. Im römisch-katholischen Kanon gelten diese Partien als deuterokanonisch, im protestantischen als apokryph. Cf. Koch 1987, passim; Collins 1993, 3–11; Hartmann/di Lella 1978, 19–24. Der Terminus geht (wie die Makkabäerthese, s. u.) auf Koch 1980, 9 zurück. Cf. auch Santoso 2007, 31 f. Koch 1980, 8. Cf. ibid., 8–12; Santoso 2007, 31 f. Cf. Koch 1980, 8–12. Als einer der bedeutendsten Vertreter gilt Driver 1900 (non vidi). Cf. Santoso 2007, 31 f. unter Verweis auf Hier. in Dan Praef.: Denique quidquid usque ad Antiochum dixerit, veram historiam continere; si quid autem ultra opinatus sit, quia futura nescierit, esse mentitum. Cf. Metzger 1983, 167. Im Zuge des vierten Diadochenkrieges, der mit dem Tod Antigonos’ I. Monophthalmos endete (cf. Plut. Demetr. 30, 1), hatte der Lagide Ptolemaios I. die Region besetzt, ohne selbst in der Schlacht bei Ipsos (301 v. Chr.) gekämpft zu haben. Cf. Grainger 2010, 37–51. Die Seleukiden gaben ihre Aspirationen auf diese Gebiete jedoch nicht auf. In sechs Syrischen Kriegen (274–271 v. Chr., 260–253 v. Chr., 246–241 v. Chr. (‚Laodike-Krieg‘), 221 und 219–217 v. Chr., 221–195 v. Chr. sowie 170–168 v. Chr.) fochten sie mit den Ptolemaiern um den Besitz Koilesyriens und Phoinikiens. Cf. Grainger 2010, passim. Zum Judentum im Hellenismus cf. Gruen 1998; Rajak 2001; Shipley 2000, 307–312. Cf. Metzger 1983, 167; Taylor 2013, 89–93; Grainger 2010, 45–71. Zu den Beziehungen zwischen Seleukiden, Ptolemaiern und Judaia cf. Baslez 2003. Cf. Ios. ant. Iud. 12, 3, 3–4. Das Schreiben an den Strategen Ptolemaios bezeichnet Josephus als ἐπιστολή. Dieser Begriff suggeriert – im Unterschied zu dem in der Forschung verwendeten Terminus πρόσταγμα – indessen die Unabhängigkeit Judaias. Cf. Eckhardt 2013, 29, Anm. 5 mit der älteren Literatur. Der Erlass des Antiochos beinhaltete (neben der Garantie der πάτριοι νόμοι) den Wiederaufbau der Stadt, die Rückführung der Exilierten, die finanzielle Bezuschussung des

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Die Weltreiche-Sukzession im Buch Daniel

jüdischen ἔϑνος gegenüber den seleukidischen Oberherren.15 Entgegen einer in der älteren Forschung weit verbreiteten Auffassung, hat Anathena E. Portier-Young gezeigt, dass sich die Beziehungen bereits in den ersten Jahrzehnten seleukidischer Okkupation keineswegs spannungsfrei gestaltet hatten.16 Indes, erst unter der Regierung Antiochos’ IV. Epiphanes17 eskalierte der Konflikt, dessen Verlauf – freilich in höchst tendenziöser Form – in den Makkabäerbüchern festgehalten ist.18 Die möglichen Ursachen der makkabäischen Erhebung, sind in der Forschung – nicht zuletzt aufgrund der problematischen Quellenlage19 – vielfach diskutiert worden und können an dieser Stelle nicht vertiefend behandelt werden.20 Im Folgenden werden daher nur die groben Linien der Auseinandersetzung herausgearbeitet. Demnach zeigten sich einflussreiche Kreise innerhalb der Oberschicht Judaias zunehmend bereit und willens, sich der griechischen Kultur zu assimilieren.21 Diese Form der ‚Selbsthellenisierung‘ stieß bei gesetzestreuen Juden auf erheblichen Widerstand.22 Dabei standen die ‚Hellenisierer‘ offenbar in einem Loyalitätsverhältnis zum seleukidischen Königshaus und erhofften sich durch die Hinwendung zur ‚griechischen‘ Kultur womöglich „eine Annäherung an die seleukidische Administration“23 sowie die „Überwindung der Selbstisolation Judaias“,24 da benachbarte Regionen bereits verstärkt eine (zumindest partielle) Aneignung hellenistischer Kultur vollzogen hatten.25 Der während der Regierungszeit Antiochos’ IV. offen ausbrechende Konflikt in Judaia entzündete sich an der politischen Einflussnahme des seleukidischen Herrschers auf die Besetzung des Hohepriesteramtes zu Jerusalem. Das Agieren des Königs wur-

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Kultes, die Fertigstellung des Tempels sowie Zoll- und Steuerfreiheit. Cf. Gauger 2000, 195–204; Portier-Young 2011, 80–88. Zum Begriff ἔϑνος in seleukidischer Zeit cf. Eckhardt 2013, passim. Cf. Portier-Young 2011, 49–216. Zu Antiochos IV. cf. Mittag 2006. Zum Makkabäeraufstand und seiner Vorgeschichte cf. Metzger 1983, 168–170; Harrington 1988; Mittag 2006, 225–281; Portier-Young 2011, 140–216; Honigman 2014, hier v. a. 378–404; Bernhardt 2017 sowie nach wie vor Bickerman 1979 (deutsche Originalausgabe 1937), hier v. a. 32–60. Cf. Mittag 2006, 23–29; Bernhardt 2017, 35–71. Cf. den Forschungsüberblick bei Bernhardt 2017, 17–22 sowie Aperghis 2011, 73–81. Cf. Honigman 2014, 259–286 (speziell zu den Makkabäerbüchern). Cf. Aperghis 2011, 68–71. Cf. 1 Makk 1, 11–13: „Zu dieser Zeit traten Verräter am Gesetz in Israel auf, die viele (zum Abfall) überredeten. Sie sagten: Wir wollen einen Bund mit den fremden Völkern schließen, die rings um uns herum leben; denn seit wir uns von ihnen abgesondert haben, geht es uns schlecht. Dieser Vorschlag gefiel ihnen und einige aus dem Volk fanden sich bereit, zum König zu gehen. Der König gab ihnen die Erlaubnis, nach den Gesetzen der fremden Völker zu leben.“ Mittag 2006, 245 betont jedoch, dass eine partielle ‚Hellenisierung‘ anfänglich auch von ‚gesetzestreuen‘ Juden toleriert wurde und erst dann auf Abwehr stieß, als Eingriffe in den traditionellen Kult drohten. Mittag 2006, 238. Ibid. Cf. ibid., 237; 242; Aperghis 2011, 69. Tatsächlich hatten sich zahlreiche Gemeinden in Phoinikien, Kanaan, Idumäa und Koilesyrien bereits verstärkt hellenistischen Traditionen geöffnet. Cf. 1 Makk 1, 11.

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de dabei durch interne Machtkämpfe innerhalb der judäischen Oberschicht – nicht zuletzt zwischen den Geschlechtern der Oniaden und Tobiaden – begünstigt: Gegen pekuniäre Zusagen setzte der Seleukidenherrscher im Jahre 175 v. Chr. zunächst den ‚Gesetzestreuen‘ Onias III. ab und ernannte dessen Bruder Jason, der zu denjenigen Vertretern der judäischen Oberschicht zählte, die gewillt waren, sich griechischen Lebensformen zu öffnen.26 Indes, bereits im Jahr 172 v. Chr. enthob er auch jenen seines Amtes, und zwar zugunsten des Menelaos (172–162 v. Chr.), der den finanziellen Wünschen des Königs noch stärker entgegenkam.27 Die „hellenistische Gesinnung“28 der Antiochos und den Seleukiden zuneigenden Hohepriester zeigte sich in der Errichtung eines griechischen Gymnasions sowie eines Ephebeions zu Jerusalem, die Jason offenbar bereits unmittelbar nach dem Regierungsantritt des neuen Königs beantragt hatte.29 Ob damit die Umwandlung der Stadt in eine griechische Polis einhergehen sollte, lässt sich nicht mit abschließender Gewissheit klären.30 Indessen hat die Forschung längst davon abgesehen, in dem Seleukidenherrscher den Adepten einer forcierten Hellenisierungspolitik, geschweige denn einen ‚religiösen Eiferer‘ zu sehen.31 Vielmehr dürften seine Maßnahmen finanziellen und sicher-

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Cf. 2 Makk 4, 7–22. Demnach versprach Jason, der sich das Hohepriesteramt erschlichen habe, dem König 360 Talente Silber aus dem Tempelschatz sowie 80 Talente aus anderen Einkünften. Cf. Mittag 2006, 235–247. Cf. 2 Makk 4, 23–29. Damit wurde die ‚Dynastie‘ der Oniaden, die bis dahin das Hohepriesteramt bekleidet hatte, politisch marginalisiert und die Tobiaden gewannen an Einfluss: Menelaos erhielt Unterstützung von den Letzteren. Zu Menelaos cf. Mittag 2006, 265–268. Metzger 1983, 168. Cf. Ibid; Mittag 2006, 235 f. Jason stellte dem König dafür angeblich eine Summe von 150 Talenten in Aussicht. Cf. 2 Makk 4, 9. Portier-Young 2011, 95–103 stellt die Unvereinbarkeit der Aktivitäten in den auch der militärischen Ausbildung dienenden Gymnasien heraus. So sollen namentlich die Nacktheit der Athleten und die jüdische Praxis der Beschneidung hier kollidiert sein. 1 Makk 1, 15 bringt beide Faktoren miteinander in Verbindung: „Sie errichteten in Jerusalem eine Sportschule, wie es bei den fremden Völkern Brauch ist, und ließen bei sich die Beschneidung rückgängig machen.“ Portier-Young 2011, 100 zufolge wurde die eindeutige, physische Markierung von bestimmten Kreisen innerhalb der jüdischen Elite nunmehr mit Scham empfunden: „That is to say, it markd a particular identity different from the one most associated with power and status in the Hellenistic world.“ Cf. Aperghis 2011, 70; Eckhardt 2013, 47–59 unter Verweis auf die Umwandlung des kleinasiatischen Tyriaion in ein πολίτευμα durch die Attaliden und den analogen Fall einer Einrichtung mehrerer πολίται in Babylonien durch Antiochos IV. 2 Makk 4, 9 zufolge bat Jason im Jahre 175 v. Chr. um die Genehmigung, den Einwohnern von Jerusalem das antiochenische Bürgerrecht zu verleihen. Die Einführung griechischer Institutionen, namentlich eines Gymnasions, scheint durchaus als sichtbares Zeichen engerer Beziehungen zur seleukidischen Zentrale aufgefasst worden zu sein. Cf. Doran 2011, 179–181. So bereits Bickerman 1979, 30; 76. Eine differenzierte Bewertung der Politik Antiochos’ IV. in Judaia bietet Mittag 2006, 225–281. Die Makkabäerbücher unterstellen dem Herrscher das Vorhaben einer reichsweiten Nivellierungspolitik (1 Makk 41–43), doch existieren andernorts keine Quellen für derartige Vorhaben. Cf. Eckhardt 2013, 53; Aperghis 2011, 74–81.

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heitspolitischen Erwägungen entsprungen sein.32 Die Kriegskontributionen an Rom,33 die sein Vater Antiochos III. im Rahmen des Friedens von Apameia (188 v. Chr.) zu leisten gezwungen war, hatten das Staatsbudget schwer belastet, und naturgemäß war es dem König darum zu tun, neue Einnahmequellen zu erschließen. Folgerichtig setzte er auf die liquidesten Aspiranten auf das Hohepriesteramt.34 Ein ähnlicher Vorgang ist durch die Astronomischen Tagebücher in Babylonien bezeugt. Auch dort verschaffte Antiochos IV. sich durch die Einsetzung neuer Priester Zugriff auf die Tempelpfründe.35 In jüngerer Zeit sind denn auch gerade die ökonomischen Faktoren, die zum Ausbruch der Revolte in Judaia führten, akzentuiert worden.36 Andere wiederum sehen die machtpolitischen Motive der herrschenden Geschlechter Judaias als maßgeblich an;37 darüber hinaus dürften jedoch auch soziale und religiöse Kategorien eine nicht unerhebliche Rolle gespielt haben.38

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So Mittag 2006, 280: „Grundsätzlich betrieb Antiochos eine Politik, die darauf abzielte, die Ruhe in Judaia sicherzustellen und die Einnahmen nach Möglichkeit zu erhöhen.“ Nach seiner Niederlage gegen Rom hatte er sämtliche kleinasiatische Gebiete jenseits des Taurus abtreten und hohe Reparationen zahlen müssen. Cf. Pol. 21, 42; Taylor 2013, 147–150. Cf. Mittag 2006, 280, der einschränkend festhält: „Dass Antiochos IV. die Angebote von Jason und Menelaos, die Abgaben zu erhöhen, akzeptierte, ist zwar verständlich, andererseits hätte sich der König aber auch fragen können, woher insbesondere Menelaos das zusätzliche Geld zu nehmen gedachte bzw. ob mit einem möglichen erhöhten Abgabendruck auf die Bewohner Judaias nicht auf lange Sicht die Akzeptanz der seleukidischen Herrschaft beeinträchtigt würde.“ Cf. Szelényi-Graziotto 1996, 185 f.; Geller 1991. Dem Tagebucheintrag (Sachs/Hunger 1988b, 476 f., Nr. 168 Text A, rev. 12’–14’) zufolge ersetzte Antiochos während des ‚Sechsten Syrischen Krieges‘, im Jahr 169 v. Chr., den im Amt befindlichen šatammu durch einen anderen Kandidaten und verknüpfte das Amt in Personalunion mit dem Amt des zazakku, dem in neubabylonischer Zeit unter anderem die Verwaltung der Tempelschätze oblag. Am selben Tag wurden dem König beträchtliche Goldbeträge aus dem Esangila ausgezahlt. Cf. Honigman 2003; 2014. Besondere Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang dem Fund der sogenannten Olympiodoros­Stele zu (Cf. Cotton/Wörrle 2007; Gera 2009). Demnach wurde Olympiodoros im Jahr 178 v. Chr. zum Aufseher über die Heiligtümer Koilesyriens und Phoinikiens ernannt. Mit dieser Ernennung, so Honigmann 2003; 2014, 321 f., sei eine Neustrukturierung des Steuersystems in der Provinz einhergegangen: Olympiodoros hatte für eine angemessene Ausstattung der Tempel Sorge zu tragen, dafür jedoch die Eintreibung höherer Steuern in die Wege zu leiten, ein Prozess, der bereits unter der Regierung Seleukos’ IV. begonnen zu haben scheint. Onias III., seinerzeit Hohepriester von Jerusalem, habe sich dem gewachsenen Steuerdruck widersetzt; aus diesem Grund habe Antiochos IV. ihn des Amtes enthoben und durch Jason ersetzt, der zu höheren Steuerleistungen bereit war. Als Gegenleistung habe er indessen die Umwandlung Jerusalems in eine griechische Polis und die damit einhergehenden Privilegien für die jüdische Bevölkerung verlangt. Cf. ferner Mittag 2006, 234 f. Cf. Bernhadt 2017, hier v. a. 72–163. Cf. Collins 2016, passim, der ibid., 201 festhält: „At least in the case of Judea in the Seleucid period, the problems that motivated the rebels to act were cultural and symbolic, and were largely concerned with the temple and cultic practices. This is not to say that they concerned a separated domain of ‘religion’ but rather that cultic practices were profoundly integrated with ethnic identity. It was the threat to distinctive Judean identity, especially as that identity was defined in cultic terms, that sparked the Maccabean revolt.“

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In Jerusalem stellte Antiochos IV. sich in der Folgezeit offenbar demonstrativ hinter den von ihm ernannten Hohepriester Menelaos.39 Als auch dieser – vermutlich aufgrund drohender Aufstände innerhalb der Bevölkerung – bei der Auszahlung der Tribute in Verzug geriet, marschierte der seleukidische König nach Beendigung seines ersten Ägyptenfeldzuges (170–169 v. Chr.) auf Jerusalem und konfiszierte eine Summe von 1.800 Talenten aus dem Tempelschatz.40 Mehr noch: Antiochos selbst  – so der Bericht des Zweiten Makkabäerbuches – betrat unter Führung des Menelaos das Allerheiligste des Tempels, seine „blutbefleckten Hände griffen nach den heiligen Geräten, und was andere Könige gestiftet hatten, um Glanz und Würde des Ortes zu erhöhen, raffte er mit unreinen Händen zusammen.“41 Im Jahr 168 v. Chr. verleitete ein falsches Gerücht über den Tod des Antiochos während des zweiten Ägyptenfeldzuges Jason zu einem Angriff auf die Stadt, um seinen Rivalen zu verdrängen.42 Diese Aktion wiederum zog eine militärische Intervention der Seleukiden nach sich, die in einem Blutbad endete: 80.000 Menschen sollen ihr Leben verloren haben und ebenso viele in die Sklaverei verkauft worden sein.43 Im Herbst 167 v. Chr.44 wurde – vermutlich unter Mitwirkung des Menelaos – das sogenannte ‚Religionsedikt‘ erlassen, das die Ausübung des Kults in Judaia massiven Restriktionen aussetzte:45 Das Halten des Sabbats, die Beschneidung sowie der Vollzug von Brand-, Schlacht- und Trankopfern im Heiligtum, ja selbst das Bekenntnis zum Judentum wurden unter Androhung des Todes bestraft; anstelle der traditionellen Feste waren angeblich die Dionysien und regelmäßige Feierlichkeiten zu Ehren des Königs zu begehen.46 Der Altar JHWHs im Tempel zu Jerusalem und das Heiligtum auf dem Berg Garizim sollen auf Geheiß Antiochos’ IV. geschändet und dem Zeus Olympios geweiht worden sein.47 39

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Angesichts des „durch die Ernennung des Menelaos selbstverschuldeten Dilemma[s]“ (Mittag 2006, 280) hatte Antiochos auch kaum eine Alternative als dem Druck standzuhalten. Die Aufgabe des von ihm selbst ins Amt gesetzten Hohepriesters hätte einen empfindlichen Gesichtsverlust bedeutet. Cf. Mittag 2006, 280. Honigman 2014, 49 f. hält den Bericht über die Einsetzung des Menelaos indessen für eine Dublette. Cf. 1 Makk 1, 1, 20–24; 2 Makk 5, 11–16; Mittag 2006, 250 f.; Aperghis 2011, 71. Die Plünderung des Tempels erfolgte dem zweiten Makkabäerbuch zufolge erst nach dem zweiten Ägyptenfeldzug (2 Makk 5, 15 f.). Zu den Problemen der Chronologie cf. Honigman 2014, 382–386. 2 Makk 5, 16. Cf. 2 Makk 5, 5–10. 1 Makk 1, 29–40; 2 Makk 5, 11–14. Zu den Datierungsproblemen cf. Mittag 2006, 256 mit Anm. 116. Cf. Metzger 1983, 169; Bickerman 1979, 78–83; Mittag 2006, 256–268; Bernhardt 2017, 217–255; Portier-Young 2011, 176–216; Aperghis 2011, 73 f. Cf. 1 Makk 1, 41–54; 7, 33; 2 Makk 6, 1–9,: Ios. bell. Iud. 1, 34; Ios. ant. Iud. 12, 5, 4; Dan 11, 31–38. Die Quellen vermitteln jedoch kein einheitliches Bild. Cf. Portier-Young 2011, 176–216. Cf. 2 Makk 5, 6, 2. In 1 Makk 54 ist vom „unheilvollen Greuel“ die Rede. Die Behauptung, Antiochos IV. habe die Verehrung des Zeus in Jerusalem befohlen, ist problematisch. Cf. Bickerman 1979, 65–71; Mittag 2006, 145; 260. Auch Eckhardt 2013, 53 hält fest: „Das ‚Religionsverbot‘ des Antiochos IV. ist in der von den Makkabäerbüchern geschilderten Form ohne Analogie in der

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Damit entzog der König den Judäern die Privilegien, die Antiochos III. ihnen seinerzeit zugestanden hatte (s. o.). Da diese Privilegien, allzumal das Recht, den πάτριοι νόμοι gemäß zu leben, an die Bedingung der Loyalität gegenüber dem seleukidischen Herrscherhaus geknüpft wurden, liegt die Vermutung nahe, dass Antiochos die „Unruhen in Jerusalem vielleicht nicht zu Unrecht als Abfallversuch [interpretierte], auf den er mit drastischen Maßnahmen reagierte.“48 Das Szenario einer Strafaktion erscheint vor dem Hintergrund des gescheiterten Ägyptenfeldzuges im Jahre 168 v. Chr. und der sich daraus ergebenden Gefahr einer erneuten ptolemaiischen Okkupation Palästinas durchaus realistisch.49 Indes, die Reaktion orthodoxer Kreise innerhalb des Judentums auf das ‚Religionsedikt‘ ließ nicht auf sich warten: Als königliche Beamte im Dorf Modiim die Durchführung des Opferedikts zu erzwingen versuchten, setzte sich ein Priester namens Mattathias, der dem Zeugnis des Flavius Josephus zufolge dem Geschlecht Hasmon entstammte,50 sich massiv zur Wehr. Gemeinsam mit dreien seiner fünf Söhne (Simon, Judas und Jonathan) floh er in die Wüste und organisierte von dort aus den bewaffneten Widerstand.51 Nach seinem Tod gelang es seinem Sohn Judas Makkabi/Makkabäus (daher die Bezeichnung ‚Makkabäer‘), die Freiheit Judaias und des Tempels wiederherzustellen (166–164 v. Chr.). Das Jerusalemer Heiligtum wurde neu geweiht und der traditionelle Kultvollzug wieder in Kraft gesetzt.52 In der Folge bildete sich – in rund dreißig Jahre andauernden Auseinandersetzungen – ein jüdischer Staat unter der Ägide der Hasmonäer heraus.53 Ohne Zweifel bilden die geschilderten politischen Ereignisse den historischen Kontext des Buches Daniel. Inzwischen ist die Forschung jedoch überwiegend zu der Überzeugung gelangt, dass dem Werk, dessen Endredaktion in die Jahre zwischen 167 und 164 v. Chr. fällt, eine Fülle heterogenen Materials aus verschiedenen Zeiten zugrunde liegt. Das früheste Stratum bilden nach der Communis Opinio die in aramä-

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Überlieferung zur hellenistischen Geschichte. Üblich waren auch im Seleukidenreich die Unterstützung lokaler Kulte und Toleranz gegenüber den Bräuchen und Gesetzen loyaler Gemeinwesen. Man muss deshalb davon ausgehen, dass die Maßnahmen des Antiochos IV. auf einen von Jerusalem ausgehenden Impuls reagierten.“ Eckhardt 2013, 54. Cf. Doran 2011, 432. Auch 2 Makk 5, 11 hält fest: „Als dem König zu Ohren kam, was geschehen war, glaubte er, Judäa wolle von ihm abfallen.“ Cf. Eckhardt 2013, 54 f.: „Es bestand also kein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Umwandlung Jerusalems in eine Polis, die durch Geldzahlungen und erwiesene Loyalität ermöglicht wurde, und dem Verbot judäischer ἔϑνη, das eine Reaktion auf neuerdings wahrgenommene Illoyalität darstellte. Der Entzug des von Antiochos III. verliehenen Rechts, die πάτριοι νόμοι zu gebrauchen, war folgerichtig, nachdem Jerusalem in einem kritischen Moment die im ganzen Reich gültige Bedingung für ein solches Privileg verletzt hatte.“ Cf. Ios. ant. Iud. 12, 6, 1. Demzufolge sei Mattathias der Sohn des Johannes, des Sohnes Simeons, des Sohnes des Asamonaeus gewesen und stammte aus Jerusalem. Cf. 1 Makk 2, 15–41; Ios. ant. Iud. 12, 6, 1–4. Cf. 1 Makk 4, 36–59; 2 Makk 10, 1–8. Cf. Bernhardt 2017, 329–395.

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ischer Sprache verfassten Bücher 2–6. Unter den zahlreichen Erklärungsmodellen für die Entstehung des Danielbuches54 scheinen sich Variationen der Aufstockungshypo­ these zunehmend durchzusetzen, die den Erzählungen ein höheres Alter zuschreibt als den Visionen.55 Die Hauptargumente für diese Annahme sind die folgenden:56 Weite Teile der in den Kapiteln 7–12 geweissagten historischen Episoden lassen sich – der kryptischen und verschlüsselten Orakelsprache zum Trotz – eindeutig der hellenistischen Geschichte zuweisen. Die Ereignisse werden zwar polemisch, doch größtenteils sachlich korrekt wiedergegeben – ein Befund, der zugunsten einer zeitnahen Abfassung der entsprechenden Partien spricht.57 Die Visionsberichte zeichnen sich zudem durch deutliche Reminiszenzen an die Regierungszeit Antiochos’ IV. und den Makkabäeraufstand aus.58 Mehrfach wird auf das ‚Religionsedikt‘ hingewiesen,59 an einer Stelle sogar der Mord an dem gesetzestreuen Hohepriester Onias III. indiziert.60 Verblüffend genaue Kenntnisse von der hellenistischen Geschichte legen die Danielredaktoren darüber hinaus in Kapitel 11 an den Tag:61 In einem dramatischen Geschichtsverlauf enthüllt eine Vision dem Propheten zentrale Geschehnisse von Alexander dem Großen bis hin zu Antiochos IV.62 Ab Vers 24 ist vom zweiten Ägyptenfeldzug des Letzteren und vom ‚Machtwort‘ des römischen Konsuls Popillius Laenas am ‚Tag von Eleusis‘ 168 v. Chr. die Rede, das Antiochos zum Rückzug zwang.63 Sonach werden die Ereignisse rund um das ‚Religionsedikt‘64 und der Tod des Antiochos im

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Cf. Koch 1980, 55–77 sowie zusammenfassend Santoso 2007, 32 f. Zu nennen sind namentlich die Einheitshypothese (das Buches wurde von einer Person verfasst), die Fragmentenhypothese (Kompilation aus einer Vielzahl unabhängiger hebräischer und aramäischer Versionen) sowie die Quellen­ scheidung (das Buch setzt sich aus ursprünglich zwei Büchern (1–6; 7–12) zusammen). Cf. Collins 1993, 12 f.; Santoso 2007, 32 f. mit der älteren Literatur. Cf. Koch 1980, 61–76; Santoso 2007, 32 f.; Collins 2001, 5–9. Cf. Collins 1993, 29–38. Cf. ibid., 29. Cf. ibid. Cf. Dan 7, 25; 8, 11 f.; 9, 27; 11, 31 f. Cf. Dan 9, 26. Die meisten Kommentatoren deuten die Aussage, dass „ein Gesalbter“ (ohne Richterspruch) umgebracht werde, als Hinweis auf die Tötung des Hohepriesters, die sich laut 2 Makk 4, 33 f. im Jahre 171 v. Chr. ereignete. Cf. Collins 1993, 356 mit der älteren Literatur. Grabbe 2001, 234 nimmt aufgrund der akkuraten Schilderung sogar an, dass der oder die Verfasser des Buches Daniel Einblicke in (seleukidische) Archivquellen gehabt hätten. Cf. Collins 1993, 377–387. In den Versen 2–4 werden der Sturz Dareios’ III. durch Alexander sowie die Diadochen erwähnt. Das besondere Augenmerk der nachfolgenden Verse gilt den ‚Syrischen Kriegen‘ zwischen Seleukiden und Ptolemaiern um den Besitz Koilesyriens. Cf. Collins 1993, 382–384. Zum ‚Tag von Eleusis‘ cf. Pol. 29, 27; Diod. 31, 2; Liv. 45, 12, 3–6; Grainger 2010, 291–308. Die römischen Schiffe werden in Dan 11, 30 als ‚kittäische’ bezeichnet. Der Name Kittîm leitet sich von Kition auf Zypern her und wurde nach Josephus (ant. Iud. 1, 6, 1) für „alle Inseln und die meisten Küstenorte“ verwandt. Cf. Collins 1994, 384. Er wurde zuweilen auf die Makedonen (z. B. 1 Makk 1, 1; 8, 5), später jedoch meistens auf die Römer appliziert. Eindeutig ist im Danielbuch an die Letzteren gedacht. Cf. Dan 11, 31–39. Dort heißt es: „Und Teile seiner Streitkräfte werden da sein, und sie werden das Heiligtum, die Burg, entweihen.“ (cf. 2 Makk 5, 24). Antiochos lässt „das tägliche Opfer abschaffen

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Jahre 165/164  v. Chr. vorausgesagt, von dem die Danielredaktoren augenscheinlich ebenso wenig Kenntnis hatten65 wie von der Wiedergewinnung des Tempels durch Judas Makkabi (s. o.).66 Die Endredaktion des Buches dürfte mithin spätestens im Jahre 164 v. Chr. abgeschlossen worden sein.67 Ist somit evident, dass die Abfassung der Visionen in die Zeit des Makkabäeraufstandes fällt, lässt sich dieser Befund indessen nicht ohne weiteres auf das Gesamtwerk übertragen. Zwar scheinen auch die Erzählungen (1–6) ein hellenistisches Datum vorauszusetzen,68 doch zeigen sie sich frei von jeglichen Bezügen zur Makkabäerzeit. Die Traumdeutung in Daniel 2 (s. u. Kap. II.2.2) ist zudem durchaus von eschatologischen Vorstellungen geprägt, die allerdings noch nicht mit einer Naherwartung verbunden sind: Die „Zeit des Zorns“,69 die dem Anbruch des neuen Aions vorausgeht, liegt noch in weiter Ferne.70 Dieser Befund legt nahe, dass die Erzählungen in einer Zeit verfasst wurden, in der vorhandene Gegensätze zwischen dem Judentum und den makedonischen Oberherren noch nicht als unüberbrückbar empfunden wurden.71 Sie kursierten bereits in vormakkabäischer Zeit als unabhängige Sammlung, die mit Kapitel 1 eine vermutlich zunächst aramäische Einleitung erhielt. Die letztere wurde wahrscheinlich bei der Hinzufügung der Kapitel 8–12 ins Hebräische übertragen, um eine sprachliche ‚Rahmung‘ der aramäischen Bücher 2–7 zu schaffen.72 Weniger eindeutig gestaltet sich die Zuordnung von Daniel 7, da der Text einerseits den Visionen (Dan 8–12) zuzurechnen ist, andererseits jedoch – wie die Erzählungen (Dan 1–6) – in aramäischer Sprache abgefasst ist und überdies durch das Konzept einer Abfolge von

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und den Greuel aufstellen, der Verwüstung bringt.“ (cf. 1 Makk 59; 2 Makk 5, 5). Er „wird […] durch Heucheleien zum Abfall verleiten“ (cf. 1 Makk 2, 18) und führt „unglaubliche Reden“ gegenüber dem höchsten Gott. Dan 11, 40–45 weissagt seinen Tod vor Jerusalem nach einem erfolgreichen Ägyptenfeldzug. Cf. Dan 11, 45: „Und zwischen dem Meer und dem Berg der heiligen Zierde wird er seine Prunkzelte aufschlagen. Dann wird er sein Ende finden, und da wird niemand sein, der ihm hilft.“ In Wahrheit unternahm Antiochos 165 v. Chr. einen Ostfeldzug, während dessen er starb. Cf. Mittag 2006, 328–331. Somit markiert diese Passage (Collins 1993, 388) „the transition from ex eventu prophecy to real (and erroneous) prediction.“ Cf. Grabbe 2001, 229 f. Cf. Collins 1993, 388–390. Dafür sprechen unter anderem linguistische Besonderheiten sowie die die Exilszeit betreffenden historischen Ungenauigkeiten (s. u.). Als terminus post quem gilt das Jahr 252 v. Chr., da die meisten Kommentatoren in der in Dan 2, 43 erwähnten dynastischen Hochzeit eine Anspielung auf die Verbindung Antiochos’ II. mit Berenike, einer Tochter Ptolemaios’ II., sehen, die nach dem ‚Zweiten Syrischen Krieg‘ (260–253 v. Chr.) vollzogen wurde. Die Datierung ist jedoch nicht unumstritten, da es sich bei der Danielstelle möglicherweise um eine Glosse handelt. Cf. Collins 1993, 170; 174. Dan 8, 19. Cf. Collins 1993, 174 f.: „[…] the final kingdom of God is assured but not imminent. Eschatology is not denied but deferred.“ Cf. Collins 1993, 174, der (ibid., 70) eine Abfassung in der Diaspora erwägt. Cf. ibid., 24. Der sprachliche Befund legt nahe, dass in Kapitel 1 eine hebräische Übersetzung aus dem Aramäischen vorliegt.

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Weltreichen mit dem zweiten Kapitel in Verbindung steht. Da Daniel 7 einen deutlichen Hinweis auf das Religionsedikt des Jahres 167 v. Chr. enthält,73 die nur wenige Monate später vollzogene Profanierung des Tempels jedoch verschweigt, liegt die Abfassung im Jahre 167 v. Chr. nahe.74 Festzuhalten bleibt, dass die hier vor allem relevanten Kapitel 2 und 7 unter verschieden Voraussetzungen entstanden. Die Sukzession von Reichen in Daniel 2 wurde vermutlich erst im Zuge der Erweiterung um den Visionsteil im Sinne von Dan 7 neu interpretiert.75 Es sind namentlich die Visionen, die in ihrer finsteren, emblematischen Diktion deutlich der spätisraelitischen Apokalyptik verbunden sind.76 Zwar knüpft die Ankündigung der ‚letzten Dinge‘ im Danielbuch durchaus an ältere Traditionen an,77 doch das ‚Weltbild‘ des Buches weicht in mancherlei Hinsicht von den früheren prophetischen Schriften des Alten Testaments ab.78 Indem es das eschatologisch-deterministische Schema Krise  – Endzeit  – Erlösung zum beherrschenden Geschichtsprinzip erhebt, wird ein apokalyptisches Szenario entworfen, dessen Bildersprache frappante Schnittmengen mit dem Äthiopischen Henochbuch aufweist.79 Auch diese Schrift, die im Unterschied zu Daniel nicht in den Kanon des Alten Testaments aufgenommen wurde, enthält Thronvisionen, Gerichtsszenen, und nimmt auf den ‚Menschensohn‘ (s. u.) Bezug, der alle irdischen Könige stürzen wird.80 Der vierte (ins zweite Jahrhun-

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Cf. Dan 7, 25: „[…] und er wird danach trachten, Zeiten und Gesetze zu ändern.“ Cf. Collins 1993, 323 f. Cf. ibid., 60. Grabbe 2001, 322 geht davon aus, dass es sich bei dem Verfasser von Daniel 7–12 und gleichzeitigem Kompilator der Endredaktion um eine Einzelperson („a single individual“) handelte. Cf. Collins 1993, 58–60; Hartmann/di Lella 1978, 62–71 sowie die Beiträge in Brokoff/Schipper 2004. Cf. etwa Sach 1–6; Ez 10; 38–39; Jes 26–27. Cf. Collins 1993, 59. Cf. Collins 1993, 60: „Yet Daniel differs even from post-exilic prophetic tradition at several crucial points. The vision form in Daniel is considerably more complex than that in Zachariah, and the use of pseudonymity and extended ex eventu prophecy mark a new depature in the tradition. The novelty is not only one of literary form however, but involves a new worldview, such as we also find in the Enoch literature. Pseudonymity and ex eventu prophecy carry with them overtones of determinism, the belief that the course of history has been set in advance.“ Text: Uhlig 1984, 506–753. Der Protagonist des Äthiopischen Henochbuches findet in Gen 4, 17; 5, 18–24 Erwähnung und gilt als ein Mann, der ‚mit Gott wandelte‘ und von diesem ‚entrückt‘ wurde, nachdem er 365 Jahre gelebt und zahlreiche Nachkommen gezeugt hatte. Diese Nähe zu Gott prädisponierte ihn als den (fiktiven) Verfasser einer Apokalypse. Cf. Koch 2007, 41; Kosmin 2018, 163 f. Zur Überlieferungsgeschichte des Äthiopischen Henochbuches cf. Uhlig 1984, 470–483. Cf. Collins 1993, 299–302; Koch 2007, 45 sowie namentlich Dan 7, 9 und 1 Hen 14, 18 f. (Flammenthron; Gott mit weißem Gewand), Dan 7, 13 f. und 1 Hen 46 (Gott mit weißem Haupthaar und der ‚Menschensohn‘) sowie Dan 7, 10–13 und 1 Hen 90 (Gerichtsszene). Eine direkte Abhängigkeit beider Texte ist unwahrscheinlich. Cf. Collins 1993, 58; Glasson 1976/77; Portier-Young 2011, 346–381; Koch 2007, 41–47; Kosmin 2018, 163–172. Zu möglichen Einflüssen des Gilgamesch­Epos’ auf das erste Henochbuch cf. Lang 2018, 514–516.

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dert v. Chr. zu datierende) Abschnitt, das Buch der Träume schließlich, kleidet eine Abfolge von Reichen – ähnlich wie Daniel 7 – in „theriomorphe[] Bilder[].“81 JHWH galt bereits den Schriftpropheten als eine gleichsam ‚universalhistorisch‘ wirkende Macht, die auch heidnische Könige (für eine befristete Dauer) zur Herrschaft beruft.82 Im Danielbuch wird jedoch erstmalig der Gedanke der gottgelenkten Weltgeschichte „systematisiert“83 und das Heilsgeschehen mit einem „universalgeschichtlichen Horizont“84 versehen: Im Fokus des historischen Geschehens steht die Abfolge vierer irdischer Weltreiche sowie deren Ablösung durch ein ewiges Gottesreich unter der Ägide eines ‚Menschensohnes‘ (s. u.). Die vier Epochen des gegenwärtigen Weltalters laufen teleologisch auf die ‚apokalyptische Wende‘ zu, deren letztes Stadium durch maßlose Hybris und Willkür der Herrschenden gekennzeichnet ist.85 Am Ende der Tage wird Gott seine Herrschaft auf Erden errichten und – ein weiterer charakteristischer Zug der apokalyptischen Literatur86  – die ‚Gerechten‘ unter den Verstorbenen zum ‚ewigen Leben‘ erwecken.87 Das Buch Daniel legt darüber hinaus beredtes Zeugnis davon ab „of how an apocalyptic worldview might work in a specific situation.“88 Mit Antiochos IV. ist der „nicht mehr zu überbietende[] Höhe- und Endpunkt einer Herrschaft der Gewalt und der Götter und Menschen verachtenden Hybris“89 erreicht. Das Eschaton steht unmittelbar bevor. Die Ereignisse werden indessen nicht allein auf der geschichtsimmanenten Ebene interpretiert, sondern erscheinen als Spiegelbild des transzendentalen Geschehens, eines Kampfes, der in Wahrheit von (einzelne ‚Völker‘ repräsentierenden) Engelwesen ausgefochten wird.90 Entsprechend sind die ‚Verständigen‘ (maskîlîm) nicht

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Koch 2007, 46 mit 1 Hen 83–91. Assyrer und Babylonier (als Löwen und Panther dargestellt) werden von den Persern abgelöst (1 Hen 89, 51–89, 79). Unter den makedonischen Herrschern erscheinen die Ptolemaier als Geier und Habichte und die Seleukiden als Adler und schwarze Raben, die die Israeliten angreifen. Letztere werden als ‚Schafe‘ bezeichnet (1 Hen 90,1–19). Cf. Uhlig 1984, 697, Anm. XC 2b. Dem Buch zufolge wird die Welt in dieser letzten Phase der Geschichte, die mit der Eroberung Jerusalems durch Nebukadnezar II. beginnt, von ‚bösen Engelwesen‘ regiert. Cf. Kosmin 2018, 167 f.; Koch 2007, 46 f. Zu weiteren Parallelen zwischen Daniel 7 (und 8) und diesem Abschnitt des Henochbuches cf. Porter 1983, 48–60. Cf. Koch 2003, 15 mit Jer 27 (Nebukadnezar) und Jes 4, 1 (Kyros). Koch 2003, 15. Ibid. Cf. ibid., 34. Cf. Haag 2001. Dan 12, 2: „Und viele von denen, die im Erdenstaub schlafen, werden erwachen, die einen zu ewigem Leben und die anderen zu Schmach, zu ewigem Abscheu.“ Collins 1993, 60. Koch 1997, 20. Cf. Koch 2003, 25 f. In Dan 10, 11–14 berichtet ein Engel, dass der „Fürst des Königreiches Persien“ ihn einundzwanzig Tage lang daran gehindert habe, Daniel aufzusuchen. Schließlich sei ihm Michael (der ‚Fürst Israels‘?), zur Hilfe gekommen. In V. 20 heißt es: „Nun aber werde ich zurückkehren, um gegen den Fürsten Persiens zu kämpfen. Und wenn ich ihn verlasse, sieh, dann kommt der Fürst von Jawan [Griechenland/Makedonien, M. O.].“

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aufgefordert, auf Seiten der Makkabäer aktiven Widerstand zu leisten; vielmehr obliegt ihnen die Aufgabe, die Menschen – gegen alle Widrigkeiten – in ihrem Glauben an Gott und die Erlösung zu bestärken.91 Einen integralen Bestandteil dieser auf die Endzeit ausgerichteten Geschichtsschau, die nicht zuletzt durch wiederholte Zeitangaben an Suggestionskraft gewinnt,92 bildet das Konzept einer Abfolge von Weltreichen. Infolge der grundlegenden strukturellen Orientierung an der Vier-Monarchien-Sukzession befanden sich die Danielautoren freilich in einem Dilemma:93 In der Tat legen nämlich frappante historische Irrtümer, die den Verlauf der babylonischen und medischen Geschichte betreffen, den Schluss nahe, dass der oder die Verfasser nur über rudimentäre Kenntnisse der Exilszeit verfügten.94 Nach Aussage des Buches soll Daniel im dritten Jahr des Königs Jehojakim 91

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Cf. Collins 1993, 61 mit Dan 11, 33–35. Die Endredaktion des Danielbuches wird allgemein im Kreise der maskîlîm verortet, die in Dan 11, 33–35 erwähnt werden und denen Dan 12, 3 die Auferstehung verheißt. Tatsächlich ist diese Gruppe schwer zu greifen: Hinter ihnen wurden zuweilen die Ḥăsîdîm vermutet (1 Makk 4, 42; 7, 12–13), die die makkabäische Revolte nach 1 Makk 2, 42 aktiv unterstützten. Cf. den Überblick bei Albertz 2001, 171–175 mit der älteren Literatur. Dagegen argumentieren andere, dass dem Buch Daniel keine ‚militante‘ Ideologie zugrunde liege. Cf. Collins 1977, 201–205; 1993, 66–77. Albertz 2001, hier v. a. 201 f. deutet die Ḥăsîdîm als eine sehr heterogene Gruppe, die sich angesichts des Makkabäeraufstandes in einen ‚extremen‘ und einen ‚pazifistischen‘ Flügel gespalten habe. Die Danielautoren hätten dem letzteren angehört, hätten jedoch auch untereinander durchaus unterschiedliche politische Optionen diskutiert. Grabbe 2001, 232 wiederum hält die Zuordnung zu den Ḥăsîdîm für problematisch, da den Angehörigen dieses Personenkreises nicht derart profunde Kenntnisse der hellenistischen Geschichte zuzutrauen seien, über die zumindest der Autor von Daniel 11 offenbar verfügte. In Dan 7, 25 heißt es: „[…] und sie [scil. die ‚Heiligen des Allerhöchsten‘] werden in seine [scil. Antiochos’ IV.] Hand gegeben werden für eine Zeit und für Zeiten und eine halbe Zeit.“ Dan 8, 14 vermerkt: „Bis zu zweitausenddreihundert Abenden und Morgen; dann wird das Heiligtum zu seinem Recht kommen.“ In Dan 9, 24 schließlich enthüllt ihm der Erzengel Gabriel: „Siebzig Jahrwochen sind verhängt über dein Volk und über deine heilige Stadt, um das Unrecht zu beenden und das Mass der Sünden voll zu machen, um das Vergehen zu sühnen und ewige Gerechtigkeit zu bringen […].“ Cf. Wiesehöfer 2005a, 651. Cf. auch Collins 1993, 31 f. (bezogen auf ‚Dareios den Meder‘, s. u.). Cf. Collins 1993, 29. Indessen bescheinigt Grabbe 2001, 232 f., dem Verfasser des Buches nicht zu Unrecht „a fair knowledge of the Neo-Babylonian and Persian periods.“ Infolge der Eroberung des Reiches Juda und der Zerstörung des Jerusalemer Tempels durch den neubabylonischen König Nebukadnezar II. im Jahr 587 v. Chr. deportierten die Babylonier zahlreiche Menschen nach Mesopotamien (2 Kön 24, 8–17). Cf. Lipschits 2005, 74 f.; 82–84. In zahlreichen Keilschrifttexten des sechsten und fünften Jahrhunderts v. Chr. lassen sich Menschen judäischer Herkunft – unter ihnen auch der König Jehojachin – auf onomastischer Grundlage identifizieren. Ihre Interaktionen mit ‚indigenen‘ Babyloniern scheinen demnach vorrangig wirtschaftlicher Natur gewesen zu sein. Die Möglichkeiten für einen ‚Ideentransfer‘ (Vermittlung babylonischer Traditionen und Narrative) waren zwar theoretisch gegeben, lassen sich auf der Grundlage babylonischer Texte jedoch kaum belegen. Cf. Waerzeggers 2014, die jedoch (ibid., 135) betont: „According to these texts, the Judean community was by no means closed off from Babylonian society, but it did interact selectively with it.“ Die angebliche Repatriierung und die Erlaubnis zum Wiederaufbau des Tempels durch Kyros II. (Esr 6, 3–5; 2 Chron 36, 22) brachte dem Perserkönig einen positiven Leumund innerhalb der jüdischen Überlieferung ein. Cf. Ahn 2002, 196–198; Gruen 2005b, 90–95. Deuterojesaja ( Jes 45, 1) bezeichnet ihn gar als „Gesalbten“ des Herrn, den jener „zu seiner Rechten ergriffen“

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von Juda (606 v. Chr.) von Nebukadnezar nach Babylonien deportiert worden und in die Dienste desselben Herrschers eingetreten sein.95 Nachmals sei er unter Nebukadnezars Sohn Belschazzar96 bis hinein in die Regierungszeiten ‚Dareios des Meders‘97 und ‚Kyros des Persers‘98 bei Hofe tätig gewesen. Eindeutig folgt mithin bereits die narrative Struktur der Erzählungen (Dan 1–6) dem Konzept einer Sukzession von Reichen.99 Indessen gestalten sich sämtliche Angaben historisch problematisch.100 So wurde Juda zwar bereits im Jahre 604 v. Chr. zum babylonischen ‚Vasallenstaat‘, doch erst Jehojakims Sohn Jehojachin ging 597 v. Chr. infolge einer Rebellion seines Amtes verlustig und wurde nach Babylon deportiert.101 Die endgültige Provinzialisierung Judas erfolgte erst zehn Jahre später (587 v. Chr.).102 Die Figur Belschazzars, der im Buch Daniel als Nachfolger Nebukadnezars II. erscheint, wurde vermutlich nach Bēl­šarra­uṣur, dem Sohn des letzten neubabylonischen Herrschers Nabonid, modelliert, der indessen niemals das Königsamt innehatte.103 Schließlich unterlag das neubabylonische Reich nicht den Medern, sondern den Persern.104 Überhaupt erscheint die „Verbindung des achaimenidischen Thronnamens [Dareios] mit den Medern […] historisch ‚unsinnig‘.“105

habe, „um Nationen vor ihm zu unterwerfen.“ Cf. Kratz 1991b; Gruen 2005b, 91 f. Zum Genre von Deuterojesaja cf. Silverman 2018, 265–272. In Wahrheit kehrten wohl erst unter Kyros’ Nachfolgern (Kambyses II. bis Artaxerxes II.) zahlreiche Juden nach Palästina zurück. Cf. Wiesehöfer 2015b, 26; Albertz 2007, 176 f. Es handelte sich jedoch wohl nur um einen Teil der in Babylon lebenden Menschen. Cf. Herrmann/Ilan 2008, 529. Um 445  v. Chr. ließ Nehemia als Statthalter der Provinz Juda die Stadtmauern Jerusalems wieder aufbauen. Cf. Neh 2–7. Zu den judäisch-achaimenidischen Beziehungen cf. Ahn 2002. 95 Dan 1–4. 96 Dan 5; 7, 1. 97 Dan 6, 1–29a; 9, 1. 98 Dan 1, 21; 6, 29b; 10, 1. 99 Cf. Collins 1993, 31 f. 100 Cf. ibid., 29–33. Zu den Ereignissen rund um die Eroberung Jerusalems (2 Kön 25–26) cf. Lipschits 2005, 68–84; Klengel 1992, 231 f.; Da Riva 2010b, 167; von Voigtlander 1963, 94–112 sowie Levine 2007, 545–551 mit dem Fokus auf der Verarbeitung der Ereignisse in den Büchern des Alten Testaments. 101 Cf. Lipschits 2005, 46–48; 52 f.; Levine 2007, 547–549 sowie die Berichte der babylonischen Chroniken (ABC, 87–104, Nr. 2–6). Cf. ferner 2 Kön 24, 10–18. Zum Datierungsproblem cf. ferner Collins 1993, 30 und Santoso 2007, 37 f. 102 Cf. Lipschits 2005, 70–84; Levine 2007, 549 f. 103 Cf. Collins 1993, 32 f. Zwar heißt es im Strophengedicht Col. II, 18’–23’ (= Schaudig 2001, 563–578, P1), Nabonid habe Belschazzar während seines langjährigen Aufenthalts in der Oase Teima das Königtum (šarrûtu) anvertraut, doch trug er den Titel nicht offiziell: Die Nabonid­Chronik Col. II, 10–11 (ABC, Nr. 7, 107 = Glassner 2005, Nr. 26, 234–235) berichtet, dass das akītu­Fest wegen der Abwesenheit des Königs nicht habe stattfinden können. Im Danielbuch werden die Regierungen Amel-Marduks (562–560 v. Chr.), Neriglissars (560–556 v. Chr.), Labaschi-Marduks (556 v. Chr.) und Nabonids (556–539 v. Chr.) nicht berücksichtigt. S. o. Kap. I.2.7. 104 Cf. Collins 1993, 30. 105 Wiesehöfer 2005a, 648.

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Die wiederholten Versuche der Forschung, diese Figur mit einer andernorts bezeugten geschichtlichen Persönlichkeit zu identifizieren, haben bislang keine allseits befriedigende Lösung herbeizuführen vermocht.106 Nun liefert aber, wie Josef Wiesehöfer dargetan hat, gerade die Gestalt ‚Dareios’ des Meders‘ eine mögliche Erklärung für die Herkunft der Monarchienfolge im Danielbuch:107 Dieser König wird in dem alttestamentlichen Text einerseits als der Initiator einer reichsweiten Satrapienordnung,108 andererseits als Eroberer Babylons vorgestellt.109 Die Beobachtung, dass Herodot beide Handlungen dem Perser Dareios I. zuschreibt, führt Wiesehöfer zu der Überzeugung, dass zumindest Teile der Historien den Autoren des aramäischen Danielbuches bekannt gewesen seien, denn:110 Unter den vorchristlichen antiken Quellen berichtet einzig Herodot von den administrativen Reformen des achaimenidischen Königs111 und weiß überdies von der Niederschlagung einer babylonischen Rebellion durch Dareios und seinen Feldherren Zopyros.112 Liegt somit die – wenigstens partielle – Kenntnis der Historien seitens der Verfasser des Buches Daniel auf der Hand, so ist auch die Übernahme der Weltreiche-Konzeption aus eben dieser Quelle anzunehmen. Während die Substituierung Assyriens durch Babylon, das bei Herodot zumindest rudimentär als politische Entität zu greifen ist, ohne Schwierigkeiten vollzogen wurde, gestaltete sich die durch das herodoteische Modell erzwungene Ablösung der babylonischen durch die medische Herrschaft offensichtlich problematischer.113 Dabei mag weniger die ‚Tatsache‘ an sich verwirrt haben, hatten doch bereits die Propheten Jeremia und Jesaja geweissagt, das hochmütige Babel werde den Medern anheimfallen.114 Für die Danielautoren führte erst die Benennung des Kö-

106 Cf. Whitcomb 1959. Koch 1995b vermutet hinter ‚Dareios dem Meder‘ Gobryas/Ugbaru, der nach Aussage der Nabonid­Chronik Col. III, 12–19 (= ABC, Nr. 7, 109–110 = Glassner 2005, Nr. 26, 236–239) im Jahre 539 Babylon für Kyros einnahm und die Stadt bis zu dessen Ankunft im Oktober regierte. Die Autoren des Buches Daniel hätten ‚Dareios‘ für den ihm von Kyros verliehenen Thronname gehalten. Es ist allerdings nicht wahrscheinlich, dass Ugbaru den Königstitel führte. Cf. Collins 1993, 30–32; 253. Auch Rowley 1959, 9–60 zog die Identifizierung ‚Dareios’ des Meders‘ mit einer historischen Figur in Zweifel. Cf. ibid., 54 (Überschrift): „Darius the Mede is a conflation of confused traditions.“ 107 Cf. Wiesehöfer 2005a, passim. 108 Cf. Dan 6, 2. 109 Cf. Dan 5, 30–6, 1: „In derselben Nacht wurde Belschazzar, der kasdäische König, getötet. Und Darius der Meder empfing die Königsherrschaft […].“ 110 Cf. Wiesehöfer 2005a, hier v. a. 649 f. 111 Cf. Wiesehöfer 2005a, 649 unter Verweis auf Hdt. 3, 89–94 sowie eine kurze Notiz bei Plat. leg 695c. 112 Cf. ibid unter Verweis auf Hdt. 3, 150–160. Cf. ferner die babylonischen Aufstände in DB 183–205; 376–402. 113 Cf. Wiesehöfer 2005a, 648. Die Tatsache, dass Ktesias die babylonische Revolte in die Zeit des Xerxes verlegt und Babylon als eigenständige Größe unterdrückt, beweist ferner, dass die Danielautoren sich nicht an den Persika orientierten. Cf. Wiesehöfer 2005a, 650. 114 Cf. Jer 51, 11: „Der Herr hat den Geist der Könige der Meder erweckt, denn gegen Babel richtet sich sein Plan, es zu vernichten. Ja, das ist die Rache des Herrn, die Rache für seinen Tempel!“

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nigs zur Aporie und schließlich zur Klassifizierung Dareios’ (I.) als ‚Meder‘.115 Indessen nimmt es nicht Wunder, dass die jüdischen Verfasser des Danielbuches griechische Ideen verarbeiteten.116 Es wird sich zeigen, dass auch in anderen Teilen des Werkes von der Rezeption hellenischer respektive ‚hellenistischer‘ Traditionen auszugehen ist. 2.2 Heilsgeschehen: Die vier Monarchien und das Reich Gottes Die übergeordnete Geschichtsschau des Danielbuches rechnet, wie Klaus Koch zu Recht betont hat, mit drei Perioden: Der Zeit des autonomen Israels folgt die Epoche der vier Weltreiche, die von einem ‚ewigen Gottesreich‘ abgelöst werden wird.117 Damit umfasst die Monarchienfolge keineswegs die gesamte Menschheitsgeschichte, sondern repräsentiert lediglich das gegenwärtige Weltalter, von dem die Geschichte des ‚Alten Israels‘ geschieden wird.118 Anders als aus babylonischer Perspektive,119 stellen die zwei Belagerungen und die Zerstörung Jerusalems sowie das sich anschließende ‚Babylonische Exil‘ (597 v. Chr.; 587 v. Chr.) aus jüdischer Sicht entscheidende historische Zäsuren dar. Der Pentateuch und die älteren Prophetenbücher hatten bereits einen „Überblick über die Zeit von der Schöpfung der Welt bis zur Zerstörung Jerusalems und der Deportation der jüdischen Oberschicht durch die Babylonier“120 geboten. Die Danielerzählung knüpft folglich unmittelbar an diese historische Zäsur an:121

Cf. ferner Jes 13, 17; 21, 2. Dass sich dieses Bild gut mit den Aussagen der babylonischen Zeugnisse über die marodierenden Meder vereinbaren lässt, ist oben (Kap. I.3.1.3) dargelegt worden. 115 Cf. Wiesehöfer 2005a, 648. Cf. ferner Collins 1993, 31 f.: „It is safe to infer that the four kingdoms of Nebuchadnezzar’s dream in chap. 2 serve as an editorial principle of the book. The reference to Darius the Mede in 6:1, then, was introduced by the editor who imposed the schema. This editor, at least, must have lived long after the fall of Babylon when these events were a matter of distant memory.“ 116 So hat bereits Momigliano 1983, 148 darauf hingewiesen, dass auch die Verfasser der Buches Judith mit dem Geschichtswerk Herodots vertraut gewesen zu sein scheinen. 117 Cf. Koch 1961, 28. 118 Cf. ibid., 27: „Mit den vier Großreichen beginnt nicht die Geschichte überhaupt. Vielmehr geht ihnen die besondere Geschichte Israels voran, sie ist die notwendige Voraussetzung für die Entstehung jener weltumspannenden Reiche.“ 119 So vermerkt die Chronik der ersten Jahre Nebukadnezars rev. 11’–13’ (= Glassner 2005, Nr. 24, 226–231, hier 230–231) lediglich: „The seventh year, month Kislev, the King of Akkad mustered his troops, marched on Ḫatti, and set up his quartiers facing the city of Yeḫud. In the Month Adar, the second day, he took the city and captured the king. He installed there a king of his choice. He colle[cted] its massive tribute and went back to Babylon“ (mu 7.kám itiGan šàr uriki érinme-šú id­ke­ma a­na kurḪat­tú gin-ma ina ugu uruJa­a­ḫu­du šub­ma ina itiše u4 2.kam uru iṣ­ṣa­bat lugal ik­ta­šad lugal šá šá­šú ina lìb­bi ip­te­qid bi­lat­sa dugudtú il­[qa­am­m]a ana Tin.tirki ku4ib). Cf. von Voigtlander 1963, 94–112; Lipschits 2005, 68–125; 185–271. 120 Koch 1961, 25 f. 121 Cf. ibid.

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Im Jahr drei der Königsherrschaft des Jehojakim, des Königs von Juda, kam Nebukadnezzar, der König von Babel, nach Jerusalem und belagerte es. Und der Herr gab Jehojakim, den König von Juda, und einen Teil der Geräte des Hauses Gottes in seine Hand, und er brachte diese in das Land Schinar, in das Haus seines Gottes; in das Schatzhaus seines Gottes brachte er die Geräte.122

Erstaunlicherweise werden weder die Deportation Jehojakims noch der Raub der Kultgeräte Nebukadnezar zur Last gelegt.123 Die Handlung des Königs scheint vielmehr mit der Billigung, ja auf das Geheiß des ‚einen Gottes‘ zu erfolgen,124 der am Ende der Zeit – so wird an anderer Stelle gesagt – alle „Völker, Nationen und Sprachen“125 seiner ewigen und unvergänglichen Macht unterwerfen wird.126 Mit dem Untergang des Staates Juda und der Diaspora seiner Bewohner erlangt das heilsgeschichtliche Geschehen universalhistorische Dimensionen: Der Plan JHWHs umfasst nunmehr nicht allein das Volk Israel, sondern die Menschheit schlechthin.127 Nebukadnezar heißt nun seinen Eunuchen Aschpenas, die vornehmsten Söhne Israels bei Hofe auszubilden und sie in chaldäischer Schrift und Sprache zu instruieren.128 Bald erweisen sich Daniel und seine Freunde Hananja, Mischaël und Asarja als „allen Wahrsagepriestern und Beschwörern, die in seinem [scil. Nebukadnezars] Königreich waren, zehnfach überlegen.“129 Im zweiten Jahr seiner Herrschaft130 hat der König einen Traum, der ihn in Unruhe versetzt.131 Daraufhin lässt Nebukadnezar zahlreiche Zeichendeuter und Magier zu sich rufen, dass sie ihm Aufschluss gäben über das Gesicht. Dessen Inhalt allerdings

122 Dan 1, 1–2. Deutsche Übers. Züricher Bibel. 123 Cf. Koch 1961, 26. 124 In diesem Sinne folgt Daniel einer auch andernorts – so im zweiten Buch der Könige – artikulierten Doktrin. Cf. Levine 2007, 551: „A corollary of the doctrine of submission to Babylonia is the fact that in the Book of Kings, the king of Babylonia is never threatened with divine punishment for what he did to Judah and Jerusalem, or for any of his related acts of cruelty. He is merely carrying out Yahweh’s plan.“ 125 Dan 7, 14. 126 Cf. ibid. 127 Cf. Koch 1961, 27; 1997, 28. Zwar wird Israel im Buch Daniel wiederholt als ‚heiliges Volk‘ (Dan 12, 7) bzw. als ‚heiliger Bund‘ (11, 28) bezeichnet. Auch werden die irdischen Herrscher an ihrem Verhalten gegenüber der Kultgemeinschaft und dem Tempel gemessen. Cf. Dan 8, 9 f.; 11, 16; 31; 41. Doch die Begriffe ‚Israel‘ und ‚erwähltes Volk‘ finden nur vereinzelt Erwähnung. Daniel und seine Freunde werden im ersten Buchteil als ‚Angehörige der Deportation‘ vorgestellt. Cf. Dan 2, 25; 5, 13; 6, 14. Das fünfte Gottesreich zielt kaum auf eine israelitische Großmacht. Cf. Koch 2003, 27. 128 Dan 1, 3–20. 129 Ibid., 1, 20. 130 Zur Unvereinbarkeit der Datierung mit den Zeitangaben des ersten Kapitels cf. Collins 1993, 154. 131 Zum Traum Nebukadnezars cf. Albani 2010, 63–85. In der mesopotamischen Omenliteratur erscheinen gerade Könige häufig als Empfänger göttlicher Botschaften. Cf. Oppenheim 1956, 245– 250 (Gudea, Gilgamesch, Nabonid. u. a.). Zur Traumdeutung im Alten Vorderen Orient cf. Zgoll 2006a; Maul 2003, 68 f.

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enthält der König den Wahrsagern vor, um sich der Verlässlichkeit ihrer Interpretation zu vergewissern.132 Als sich niemand imstande zeigt, den Wunsch des Herrschers zu erfüllen, ergeht der Befehl, alle Weisen Babels umzubringen.133 Daraufhin erbittet Daniel sich eine Frist und fleht zum Gott des Himmels um Erbarmen für sich und seine Gefährten. In einer nächtlichen Schauung wird ihm schließlich das Geheimnis der Traumvision Nebukadnezars enthüllt,134 das er dem babylonischen Herrscher darlegt: Du, König, hattest eine Schauung, und sieh: Ein sehr grosses Standbild! Dieses Standbild war gewaltig und sein Glanz ausserordentlich; es stand vor dir, und furchterregend war sein Anblick. Dieses Standbild – sein Kopf aus gediegenem Gold, seine Brust und seine Arme aus Silber, sein Bauch und seine Lenden aus Bronze, seine Schenkel aus Eisen, seine Füsse, teils aus Eisen und teils aus Ton. Das hast du geschaut; da löste sich ein Stein, nicht durch Menschenhand, und traf das Standbild, seine Füsse aus Eisen und aus Ton, und zermalmte sie. Da waren das Eisen, der Ton, die Bronze, das Silber und das Gold auf einen Schlag zermalmt, und sie waren wie die Spreu auf den Tennen im Sommer, und der Wind trug sie fort, und es fand sich keine Spur mehr von ihnen. Der Stein aber, der das Standbild zerschlagen hatte, wurde zu einem gewaltigen Felsen und bedeckte die ganze Erde. Das ist der Traum, und seine Deutung werden wir vor dem König darlegen. Du, König, König der Könige, der dir der Gott des Himmels die Königsherrschaft, die Macht, die Stärke und die Ehre gegeben hat – und in deine Hand hat er die Menschen gegeben, wo immer sie wohnen, die Tiere des Feldes und die Vögel des Himmels, und über sie alle hat er dich zum Herrscher gemacht –, der Kopf aus Gold, das bist Du! Und nach dir wird ein anderes Königreich erstehen, geringer als das deine, und ein drittes Königreich, ein anderes, aus Bronze, das über die ganze Erde herrschen wird. Und ein viertes Königreich wird stark sein wie Eisen, denn Eisen zermalmt und zertrümmert alles, und wie Eisen, das alles zerschmettert, wird es zermalmen und zerschmettern. Und dass du die Füsse und die Zehen teils aus Ton vom Töpfer und teils aus Eisen geschaut hast: Es wird ein geteiltes Königreich sein. Und es wird etwas an sich haben von der Härte des Eisens, denn, wie du es geschaut hast, war das Eisen mit Tonerde gemischt. Und die Zehen der Füsse, teils aus Eisen und teils aus Ton: Einerseits wird die Königsherrschaft stark und andererseits wird sie zerbrechlich sein. Dass du das Eisen vermischt mit Tonerde geschaut hast: Sie vermischen sich untereinander durch menschliche Nachkommenschaft, und doch wird keiner am anderen haften bleiben, so wie sich das Eisen nicht mit dem Ton vermischt. Und in den Tagen jener Könige wird der Gott des Himmels ein Königreich erstehen lassen für immer, es wird nicht untergehen, und das Königtum wird keinem anderen Volk überlassen werden. Es wird alle diese Königreiche zermalmen und ihnen ein Ende bereiten, selbst aber

132 133 134

Dan 2, 1–11. Flusser 1972, 156 geht zwar in erster Linie von iranischen Vorlagen aus, betont jedoch zugleich die enge Parallele zum Orakel-Test des Kroisos in Hdt. 1, 47. Cf. Dan 2, 12–13. Cf. Dan 2, 13–23.

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wird es Bestand haben bis in alle Ewigkeit, wie du geschaut hast, dass sich von dem Fels, nicht durch Menschenhand, ein Stein gelöst und das Eisen, die Bronze, den Ton, das Silber und das Gold zermalmt hat. Ein grosser Gott hat den König wissen lassen, was künftig sein wird. Und der Traum ist wahr, und verlässlich ist seine Deutung.135

Auf den ersten Blick scheint die „Wertminderung“136 der Metalle, aus denen sich das Standbild zusammensetzt, auf ein deszendentes Geschichtsbild hinzudeuten. In Wirklichkeit liegt in der Verbindung der Monarchien-Sukzession mit der Metallsymbolik jedoch ein Widerspruch: So hat bereits Arnaldo Momigliano mit Nachdruck darauf hingewiesen, dass von einer fortschreitenden Depravation der ersten drei Reiche im zweiten Kapitel nicht die Rede sein kann.137 Zwar lässt der Verfasser Daniel verkünden, nach Nebukadnezar werde ein geringeres Reich kommen. Von dem nachfolgenden Perserreich heißt es dann aber, dass es „die ganze Erde“ beherrschen werde. Allein die vierte Monarchie wird eindeutig mit Gewalt und einer Verschlechterung der Verhältnisse assoziiert.138 Eindeutig zielt die durch die Eisen-Ton-Symbolik ausgedrückte Anspielung auf die Zwistigkeiten zwischen Seleukiden und Ptolemaiern, die selbst durch dynastische Heiraten nicht überwunden werden können, auf die Schwäche der hellenistischen Staaten.139 Letztlich jedoch stellen die vier Reiche eine Einheit dar: Ihre Zerstörung durch den die hereinbrechende Gottesmacht verkörpernden Stein geschieht nicht etwa sukzessive, sondern simultan.140 Die weltliche Herrschaft an sich wird vernichtet. Durch ihre Versinnbildlichung durch eine Götze wird jedwedes irdische Regime indirekt als ‚falsch‘ und vergänglich charakterisiert.141 Daraus folgt, dass die Me-

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Dan 2, 31–45. Deutsche Übers. Züricher Bibel. Koch 2003, 17. Cf. Momigliano 1983, 147; 1988, 54 f. Cf. ferner Collins 1977, 40: „As Daniel 2 now stands, this decline is not emphasized.“ 138 Cf. Koch 2003, 17. 139 Cf. Collins 1993, 170. Die Mehrzahl der Kommentatoren sieht hierin einen Hinweis auf eine konkrete historische Situation. Sowohl die Verbindung zwischen Antiochos II. und Berenike im Jahre 252 v. Chr. als auch diejenige zwischen Ptolemaios V. Epiphanes und Kleopatra (einer Tochter Antiochos’ III.) 193/2 v. Chr. kommen in Frage. Cf. Collins 1993, 170–174 mit der älteren Literatur. Möglicherweise liegt hier jedoch auch eine Glosse vor. Cf. Collins 1993, 174. 140 Cf. Collins 1977, 40; 1993, 171 sowie Kosmin 2018, 145. 141 Cf. Collins 1993, 171: „From the viewpoint of the Jewish author, the gentile kingdoms constitute a unit, appropriately represented by the statue. […] What is destroyed here is gentile power and the idolatry it implies.“ Als Vorbild für die Kompositstatue dürften die im gesamten Vorderen Orient verbreiteten Kultbilder fungiert haben, deren hölzerner respektive tönerner Kern mit einer Schicht aus Edelmetallen ummantelt wurde. Anlässlich der Götterfeste wurden diese Statuen während einer Prozession durch die Stadt getragen. Zur ‚Kulttopographie‘ cf. Pongratz-Leisten 1994. Gut dokumentiert ist dieser Vorgang für das babylonische Neujahrsfest (akītu) (s. o. Kap. I.2.2). Hier musste der König, bevor der Gott Marduk ihn in seinem Amt bestätigte, zahlreiche Demütigungen – bis hin zu einer Ohrfeige durch den Hohepriester – erdulden. Cf. Waerzeggers 2011, 731 f.; Zgoll 2006b. Zum Neujahrfest im Herbst, im Zuge dessen der König sich, seines Ornats und seiner Insignien entkleidet, eine Nacht lang in einem Rohrgefängnis aufhalten musste, cf. Ambos 2008;

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tallsymbolik, die bezeichnenderweise nirgends sonst in der antiken Literatur mit der Sukzession von Weltreichen in Verbindung steht,142 ein sekundäres Element darstellt, genauer: Selbst wenn es gelänge, die dem Bild der Statue zugrundeliegende Quelle zu ermitteln und den Nachweis zu erbringen, dass es in iranischen (Denkard; Bahman Yašt) oder griechischen (Hesiod) Traditionen wurzelt,143 wäre die Frage nach der Provenienz des Weltreicheschemas nicht abschließend geklärt, denn: Die an und für sich widersprüchliche Beschreibung einander nachfolgender Weltreiche, die zeitgleich zerstört werden, legt nahe, dass beide (ursprünglich unabhängig voneinander tradierten) Motive zu einem späteren Zeitpunkt zusammengefügt wurden.144 Letzteres führt ein weiteres Mal die überlieferungs- und reaktionsgeschichtliche Komplexität des Danielbuches vor Augen, das (räumlich und zeitlich) heterogene Stoffe verarbeitete. Diese Vielschichtigkeit der alttestamentlichen Bildersprache verdeutlicht nicht zuletzt die das Gottesreich versinnbildlichende Steinmetapher in Daniel 2, 35: An ver-

2013. Zeugen dieser Zeremonie dürften auch die jüdischen Exulanten in Babylon geworden sein. Cf. ferner die Kritik bei Jes 46, 1 f.: „Bel ist in die Knie gegangen, Nebo kümmerte sich, den Tieren waren ihre Götzenbilder anvertraut worden, dem Vieh; eure Bilder, die man tragen muss, waren den Erschöpften als Last aufgeladen worden. Sie krümmten sich, gingen allesamt in die Knie, sie konnten die Last nicht retten, und sie selbst gingen in Gefangenschaft.“ Albani 2010, 84 betont bezüglich der Metapher der Ikone im Buch Daniel: „Die Götteranalogie ist auch deshalb sinnvoll, da ja mit der Statue die heidnischen Reiche, die aus jüdischer Sicht von Götzen regiert wurden, im Blick des Verfassers sind. Der Stein, welcher die vier Weltreiche zerstört, vernichtet damit auch die Herrschaft ihrer Götter. Die Zerstörung der Statue symbolisiert somit einen göttlichen Herrschaftswechsel, den Anbruch des Gottesreiches.“ Kosmin 2018, 145 f. zeigt jedoch, dass die Statue zugleich eine Reminiszenz an die Herrscherbildnisse darstellt, die in hellenistischen Städten den königlichen Euergeten errichtet wurden. In der griechischen Literatur finden sich auch zahlreiche Beispiele der Statuenzerstörung, die nach dem Sturz eines Regimes erfolgte. Cf. etwa Plut. Alex. 37, 3 (Alexander betrachtet eine am Boden liegende Statue des Xerxes) sowie Plin. nat. 34, 12, 27; Strab. 9, 1, 20 (Zerstörung der Standbilder der Demetrios von Phaleron nach 307 v. Chr. in Athen). Daniel dürfte folglich ein von den Seleukiden verwandtes Mittel, das die Omnipräsenz und Permanenz ihrer Herrschaft demonstrieren sollte, aufgegriffen und dessen Sinngehalt buchstäblich auf den Kopf gestellt haben, wie Kosmin 2018, 146 herausstellt: „The materialization of royal honor and acknowledged legitimacy in publicly placed statues paradoxically made these images the very foci of resistance to the intrusive political regime they manifested. In other words, as with Nebuchadnezzar’s dream, the same statues that at first view expressed the fixity and permanence of political power were among the chief media for exposing its transitoriness.“ 142 Cf. Momigliano 1983, 147. 143 Zur Diskussion s. o. Kap. II.1. 144 Cf. Momigliano 1983, 147: „[…] paradoxically this very association in Daniel between metals and world-empires is presented in such a way as to show that it is secondary. The metallic ingredients can hardly be said to make sense in Daniel’s context. The four metals in order of decreasing value ought to represent successive stages in the decline of earthly kingdoms. Yet Daniel does not express any preference: all the empires will be destroyed together. […] It cannot be an accident that the scheme of the metals, where we find it outside Daniel 2, has nothing to do with the scheme of the world empires.“ Cf. weiterhin ibid., 145: „Thus the statue is not meant to represent the succession of empires: it rather symbolizes the coexistence of all the past, as it had developed through a succession of kingdoms, at the moment in which all the past is destroyed by the divine stone and replaced by a new order.“

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schiedenen Stellen des Alten Testaments wird der Gott Israels mit einem Stein respektive Fels identifiziert. In den Psalmen erscheint JHWH wiederholt als „Fliehhöhe“ und als Fels „in kosmischer Dimension“, der als „Gegenpol der chaotischen Mächte erscheint.“145 Das in diesen Kontexten verwandte hebräische Wort ṣûr (‚Stein‘) ist mit dem in Daniel 2, 35 gebrauchten aramäischen Terminus ṭur identisch.146 Der häufige Gebrauch dieser Metapher mag sich der natürlichen Beschaffenheit Palästinas verdanken, dessen Bewohner in Kriegszeiten natürliche Felsen als Fliehburgen nutzten. Nicht zuletzt wird der Fels des Zion, dessen Tempel sich an höchster Stelle befand, auf die Vorstellung von Gott als ‚unzugänglicher Burg‘ (bijt mṣwdwt) und ‚Bergfeste‘ (mṣwdh) eingewirkt haben.147 Zuweilen wird die ‚Gott-als-Fels-Metapher‘ mit der Endzeit assoziiert148 und erscheint besonders häufig in Kontexten, die den Gläubigen ‚Gottvertrauen‘ in Zeiten der Bedrängnis ans Herz legen – eine Botschaft, die desgleichen einen integralen Bestandteil der Danielerzählung ausmacht.149 Singulär innerhalb des alttestamentlichen Textkorpus sind hier indessen die Gewalt und das zerstörerische Potenzial des Steines, der das Standbild zerschlägt. Eine vergleichbare Metapher findet sich jedoch im fünften Buch der Historien Herodots, und zwar in Form eines Orakelspruchs, der den Sturz der Bakchiaden von Korinth durch den Eëtiden Kypselos ankündigt: Ἠετίων, οὔτις σε τίει πολύτιτον ἐόντα. Λάβδα κύει, τέξει δ’ ὀλοοίτροχον· ἐν δὲ πεσεῖται ἀνδράσι μουνάρχοισι, δικαιώσει δὲ Κόρινϑον. Eetion, dem Ehre gebührt, doch ehret dich keiner! Labda gebiert einen rollenden Stein, der einstmals wird fallen Auf das allein gebietende Haus, und strafen Korinthos.150

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Keel 1996, 159; 161. Cf. etwa Ps 18, 3: „Der Herr ist mein Fels, meine Festung und mein Retter, mein Gott, mein Hort, bei dem ich Zuflucht suche, mein Schild und das Horn meiner Hilfe, meine Burg.“ Ps 31, 3: „Neige zu mir dein Ohr, eile, mich zu befreien, sei mir ein Fels der Zuflucht, eine feste Burg, mich zu retten.“ Ps 61, 3: „Vom Ende der Erde rufe ich zu dir, da mein Herz verzagt. Führe mich hinauf auf den Felsen, der mir zu hoch ist. Denn du bist meine Zuflucht, ein starker Turm vor dem Feind.“ JHWH figuriert an diesen und anderen Stellen als ‚mein Hochplatz‘ (msgb) (Ps 18, 3; 59, 10. 17 f.), ‚meine Bergfeste‘ (mṣwdh) (Ps 18, 3; 31, 4) oder als ‚mein Fels‘ (sl‛) (Ps 18, 3, 47; 19, 15; 28, 1; 62, 3, 7 u. a.). 146 Cf. Albani 2010, 84. 147 Cf. Keel 1996, 159. Die Verbindung zwischen dem Zion, der Steinmetapher und ‚Gottvertrauen‘ erhellt namentlich Jes 28, 16: „Darum, so spricht Gott, der Herr: Sieh, in Zion lege ich einen Grundstein, einen harten Stein, einen kostbaren Eckstein als festen Grund. Wer glaubt, wird nicht weichen.“ 148 Cf. etwa Jes 2, 2; 6, 3 sowie Mi 4, 1: „In den letzten Tagen aber wird der Berg, darauf des Herrn Haus ist, fest stehen, höher als alle Berge und über die Hügel erhaben. Und die Völker werden hinzulaufen und viele Heiden werden hingehen und sagen: Kommt, lasst uns hinauf zum Berg des Herrn gehen […].“ 149 Cf. Albani 2010, 84. 150 Hdt. 5, 92, 2–3. Deutsche Übers. Horneffer.

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Im Unterschied zum Danielbuch figuriert der Fels im griechischen Text nicht als Metapher für eine Gottheit. Gleichwohl sind die formalen und inhaltlichen Parallelen evident: Hier ist es ein Orakelspruch, dort ein prophetischer Traum, der das gewaltsame Ende einer Herrschaft – hier der Bakchiaden, dort aller irdischen Weltreiche – durch einen herniederfallenden Stein vorausdeutet. Bei Herodot ist Kypselos  – ein Sterblicher – der Stein, im Danielbuch ist es der Gott Israels. Und wie jener (Hdt. 5, 92, 5) eine Gewaltherrschaft des Unrechts in Korinth errichten wird, wird dieser ein ewiges Reich der Gerechtigkeit begründen. Zwar lässt das recht ‚naheliegende‘ Bild des Steines als Instrument der Zerstörung nicht zwingend auf ein direktes Abhängigkeitsverhältnis schließen. Bei aller gebotenen Vorsicht liegt hier jedoch möglicherweise eine weitere Bestätigung der These Josef Wiesehöfers vor, dass die Verfasser des Buches Daniel zumindest über partielle Kenntnisse des herodoteischen Geschichtswerkes verfügten (s. o. Kap. II.2.1). Der Sinngehalt der Metapher wäre in diesem Fall freilich (bewusst) entfremdet und buchstäblich ‚auf den Kopf gestellt‘ worden – ein Vorgehen, das für die Bücher des Alten Testaments und auch innerhalb des Danielbuches selbst mehrfach bezeugt ist (s. u.). Dies will mitnichten besagen, dass nicht auch altorientalische und/oder altsyrische und hethitische Vorstellungen eine (möglicherweise sogar primäre) Rolle bei der Genese des Motivs gespielt hätten: Die Identifizierung von Göttern mit Steinen ist im syrischanatolischen Kontext vielfach bezeugt151 und auch der mesopotamischen Vorstellungswelt nicht fremd.152 Bei aller gebotenen Zurückhaltung mag das Bild des Steines, der 151

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Die kultische Verehrung von ‚stehenden Steinen‘ (ḫuwaši; sikkānu) im Anatolien und in Nordsyrien der späten Bronzezeit (13.  Jahrhundert v. Chr.) bildete einen zentralen Bestandteil des Festkalenders. Cf. Michel 2015 zum Folgenden. Hethitische Ritualpräskripte und solche aus dem syrischen Emar schreiben sogar die kombinierte Verehrung (anthropomorpher) Kultstatuen und nicht-ikonischer Steine vor. Der Emar-Text Nr. 373 beschreibt, wie die Kultstatue Dagans im Rahmen einer Prozession aus dem ‚Tor des stehenden Steines‘ (i­na KÁ na4.mešsi­ka­na­ti) aus der Stadt in sein ursprüngliches Heiligtum im Freien getragen wird. Dabei bleibt die Statue verschleiert und wird erst im Angesicht eines im Heiligtum vor der Stadt befindlichen ‚stehenden Steines‘ enthüllt. Zu den zahlreichen während der Prozession vollzogenen Kulthandlungen zählt ferner die Salbung des nicht-ikonischen Steines mit Blut und Öl (EZEN zukrum Z. 167 nach Michel 2015, 57): […Ímeš (?) ÚŠmeš NÁ]4meš i­pá­aš­ša­šú („They anoint the stones [with oil and blood]“). Ähnliche Rituale sind – desgleichen im 13. Jahrhundert v. Chr. – in hethitischen Texten bezeugt, cf. etwa CTH 525.2 (KUB XVII 35, obv. II, 16–19 nach Michel 2015, 61): na4ZI.KIN ŠE+NÁG-an­zi Í-an­zi DINGIR LUM PA­NI na4ZI.KIN („They wash the standing stone. They anoint (it). (They place) the deity in front of the standing stone“). Die Verbindung der anthropomorphen Götterbilder mit ihrem nicht-ikonischen ‚Urbild‘ im Ritualvollzug mag einen der ‚Mundwaschung‘ in Mesopotamien vergleichbaren Zweck verfolgt haben, wie Michel 2015, 64 f. herausstellt: „Amorphous stones were divine because they were given as such by gods in nature. Taking this evidence into consideration, the aniconic standing stone was seen as the best way to materialize divine power. Each hand-made divine statue had at least one standing stone outside the city, and needed to be regularly ‚recharged‘ with divine essence. […] in the end, in this context, the divine statue could only be worshipped in its relation to the aniconic stone of the same god.“ Cf. Metzger 2004b. Zum ‚Tempel-als-Berg-Motiv‘ sowie zur Rolle der Berge in der mesopotamischen Vorstellungswelt – zumal im Zyklus um Ninurta – s. o. Kap. I.2.1.

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„zu einem gewaltigen Felsen“ wurde und „die ganze Erde bedeckte“ (Dan 2, 35), sogar entfernte Assoziationen mit dem Titelhelden des hethitischen Liedes von Ullikummi wecken. Jener Steinriese, dessen Körper unaufhaltsam zur Größe eines Belagerungsturmes (maltani­) heranwächst, figuriert im hethitischen Text – und hierin unterscheidet auch er sich diametral von dem JHWH symbolisierenden Fels im Buch Daniel  – als eine die göttliche Weltordnung gefährdende Chaosmacht. Gleichwohl erscheinen beide als Zerstörer der bestehenden Verhältnisse.153 Bei Daniel versinnbildlicht der Stein, der die ganze Erde bedeckte, die Weltherrschaft Gottes, die allen vorangegangenen irdischen Weltmonarchien ein Ende bereitet.154 Indessen werden die Könige dieser Welt im Danielbuch nicht von vornherein als ‚Unrechtsherrscher‘ vorgestellt: Selbst die ‚heidnischen‘ Potentaten verdanken ihre Stellung göttlicher Investitur und erhalten „nahezu unumschränkte Vollmachten.“155 Die Erzählungen (1–6) stellen die Allmacht des einen, über alle Könige gebietenden Gottes in den Fokus und artikulieren folglich eine Doktrin, die an die babylonische ‚Marduktheologie‘ gemahnt (s. u.): Die Lebenden sollen erkennen, „dass der Höchste die Macht hat über die menschliche Königsherrschaft, und dass er sie gibt, wem er will […].“156 Der Herr des Himmels „setzt Könige ab und setzt Könige ein.“157 Entsprechend dieser theokratischen Geschichtsauffassung werden die ‚heidnischen‘ Monarchen, so sie der Hybris verfallen oder den Judäern das Bekenntnis zu fremden Göttern abverlangen, erniedrigt oder sogar gestürzt.158 153

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Cf. ANET 121–124; TUAT III/II, 830–848. Die Erzählung, die durchaus satirische Züge trägt, gehört dem Zyklus um den Gott Kumarbi, einem listigen Querulanten, an. Jener zeugt Ullikummi im Beischlaf mit einem Stein (Tafel I, B 13–20): „Nun in dem kalten See liegt ein großer Stein. Seine Länge ist drei Doppelstunden, seine Breite aber [ist eine Doppelstunde]. Sein Schamteil [wörtlich: ‚was er unten hält‘] ist eine halbe Doppelstunde groß. Nun überkam ihn [scil. Kumarbi] die Lust, und er schlief mit dem Felsen.“ Der Spross dieser ungewöhnlichen Liaison, Ullikummi, dessen Körper „aus Diorit-Stein gemacht“ ist, und der von Kumarbi eigens als Widersacher des Wettergottes ‚erschaffen‘ wurde, wächst eine ganze Elle am Tag (Tafel I, A IV, 27–31): „Als der fünfte Tag kam, da wuchs der Stein (schon) hoch, und im Meer [stand er] wie eine Messerklinge kniehoch (im Wasser). Er, der Steinriese, kam aus dem Wasser heraus. In der Länge [war] er wie [ein Berg?]. Das Meer reichte ihm wie ein Kleid bis zum Gürtel. Der Steinriese ist wie ein Belagerungsturm (?) emporgehoben. Oben im Himmel erreicht er (die hohen) Tempel und Schreine.“ Schließlich beschließen die Götter, deren Streitmacht Ullikummi nicht zu bezwingen vermag, seine Füße mit der Säge, „mit der man einst Himmel und Erde auseinandergetrennt hatte“, unten abzuschneiden. Als dies zur Kenntnis Ullikummis gelangt, verkündet er – am Ende des erhaltenen Textes – er werde (Tafel III, A IV, 25–28) „in den Himmel hinauf zum Königtum gehen und in Kummiya [,der süßen Stadt‘], die heiligen Tempel und Schreine ergreifen und die Götter wie Mehl herabstreuen.“ Cf. Montgomery 1926, 190 f. Koch 2003, 26. Cf. Dan 5, 19: „Und wegen der Grösse, die er [scil. Gott] ihm [scil. Nebukadnezar] gegeben hat, zitterten und erschraken vor ihm alle Völker, Nationen und Sprachen: Er tötete, wen er wollte, und er liess am Leben, wen er wollte.“ Dan 4, 14. Ibid., 2, 21. Cf. Keel 2003, 38 f.; Koch 2003, 27.

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Der nämliche Gedanke kommt im vierten Kapitel besonders deutlich zum Tragen: In einem weiteren Traumgesicht schaut Nebukadnezar einen gewaltigen ‚Weltenbaum‘, der auf Geheiß eines aus Himmelshöhen herabsteigenden ‚Wächters‘ gefällt wird. Der Wurzelstock wird gefesselt und sein menschlicher Verstand weicht sieben Jahre lang dem eines Tieres.159 Daniels Traumdeutung160 zeigt auf, dass Nebukadnezar selbst der Baum sei, der ob seiner Hybris sieben Jahre lang aus der „Gemeinschaft der Menschen“161 vertrieben und bei „den Tieren des Feldes“162 leben werde, bis er anerkenne, „dass der Höchste Macht hat über die menschliche Königsherrschaft.“163 Der Traum erfüllt sich, doch nach siebenjähriger ‚Vertierung‘ erhält der König seinen Verstand zurück. In der ersten Person preist er den „Höchsten“, der „die erniedrigen kann, die hochmütig daherkommen.“164 Derartige Verherrlichungen des ‚einen Gottes‘ legt der Verfasser sowohl Nebukadnezar als auch dem ‚Meder‘ Dareios in den Mund.165 Belschazzar hingegen, der gegen den ‚Höchsten‘ frevelt, wird gewaltsam gestürzt. Als jener König während eines Gastmahls die dereinst von Nebukadnezar geraubten silbernen Gefäße herbeischaffen lässt, um mit seinen Frauen und Nebenfrauen daraus zu trinken, erscheint – gleichsam von Geisterhand – ein Schriftzug an der Wand: Mene, Mene, Tekel u Parsin. Diese Worte kündigen der Deutung Daniels zufolge den Untergang der babylonischen Herrschaft an, die sodann auf die Meder und Perser übertragen werde.166 Belschazzar wird noch in derselben Nacht ermordet und Dareios ‚der Meder‘ tritt seine Nachfolge an.167 Den Kapiteln 4 und 5 des Danielbuches liegt vermutlich ein Narrativ zugrunde, dessen Protagonist ursprünglich der letzte neubabylonischen König Nabonid gewesen ist und dessen ‚Urform‘ von diesem selbst artikuliert wurde.168 Eine Schlüsselrolle kommt in diesem Zusammenhang einem 1956 von Józef Tadeus Milik publizierten Text in aramäischer Sprache zu, der in Höhle 4 zu Khirbet Qumran entdeckt wurde (4Q242 F 1–3):169 Worte des Ge[be]ts, das Gebetet hat NBNY, der König von [Babe]l, der [Groß]könig, [als er geschlagen war] mit einem bösartigen Geschwür auf Befehl G[ott]es in Teman:

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Cf. Dan 4, 4, 7–14. Cf. ibid., 16–24. Ibid., 22. Ibid. Ibid., 22. Ibid., 34. Cf. Keel 2003, 38, der von „Doxologien“ spricht. Cf. Dan 2, 46 f.; 3, 28. 31–33; 4, 34 (Nebukadnezar); Dan 6, 26 f. (‚Dareios der Meder‘). 166 Cf. Dan 5, 25–28. Vielleicht handelt es sich um eine Redensart über drei Münzen, deren abnehmender Wert die letzten drei Könige Babylons symbolisierte. Cf. Collins 1993, 250–252. 167 Dan 5, 30–6, 1. 168 Cf. Kratz 2011; Henze 1990, 73–90; Finkel/Seymour 2008. 169 Cf. Milik 1956 sowie die Neueditionen Meyer 1962 und Collins 1996. Cf. Levine/Robertson 2003.

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[Ich, NBNY, mit einem bösartigen Geschwür] war ich geschlagen sieben Jahre lang. Und nach[dem] erhoben hatte G[ott sein Angesicht über mich, heilte er mich] und meine Sünde, er hat sie vergeben. Ein Wahrsager – er war ein Judäer v[on den Exilierten – kam zu mir und sprach]: Tu es kund und schreib es auf, um Ehre und Gr[öße] zu geben dem Namen G[ottes, des Höchsten. Und so habe ich geschrieben / so schreibe ich hiermit: Ich], geschlagen war ich mit einem b[ösartigen] Geschwür in Teman [auf Befehl des höchsten Gottes] sieben Jahre lang, ich betete [zu] den Göttern aus Silber und Gold [Bronze, Eisen] Holz, Stein, Ton. Denn / solange [ich dacht]e, dass Götter s[ie seien …] […]ihr […].170

Das Gebet des Nabonid (Prière de Nabonide) ist innerhalb des Textkorpus von Qumran insofern singulär, als dieser Herrscher (NBNY = Nabunaj?) in den Schriften des Alten Testaments keine Erwähnung findet und auch in den (apokryphen) Qumran-Texten nur sporadisch auftaucht.171 Die wenigen Schriften aus Qumran, die Babylon und seine Könige in den Fokus rücken, transportieren ein negativ konnotiertes Babylon-Bild, in dem die Stadt als erste feindliche Macht in einer Reihe von vier Weltreichen in Erscheinung tritt.172 Im Unterschied zu diesen Texten ist das Gebet des Nabonid aller Wahrscheinlichkeit nach nicht von Daniel abhängig,173 obschon frappante Parallelen eindeutig nahelegen, dass ein „traditionsgeschichtlicher Zusammenhang“174 zwischen

170 4QOrNab Text A, Z. 1.8 (= Collins 1996). Deutsche Übersetzung nach Kratz 2011, 256. Der aramäische Text findet sich ibid., 255. Cf. ferner die ältere Übersetzung Meyer 1962, 33. 171 Cf. Kratz 2011, 260. 172 Cf. ibid., 260–262. Nebukadnezear und Belschazzar sind in der sogenannten Damaskusschrift (CD I, 6 par. 4Q266) sowie in einer Apokalypse in aramäischer Sprache (Pseudo­Daniel) (4Q243  13/ 4Q244 12; 4Q243 2) vertreten. Weitere Babylon-Bezüge finden sich in den Pesharim (Kommentare zu den biblischen Propheten). Darin „steht der Name Babel (und Nebukadnezar) gewissermaßen als Chiffre für Fremdherrschaft und Exil schlechthin und repräsentiert das göttliche Gericht und die (aufhaltende) Zeit des Zorns“ (Kratz 2011, 262). Babylon figuriert zudem prominent in einer Gruppe von aramäischen und hebräischen Apokryphen, die ursprünglich nicht aus Qumran stammen, die innerhalb der Gemeinschaft jedoch offenbar rezipiert wurden, darunter das Genesis­Apokryphon (1QapGen ar), das Jeremia­Apokryphon (4Q385 a 18 i a–b, 4.6), Pseudo­Ezechiel (4Q385c A, 2; 4Q386 1 iii, 1), Das neue Jerusalem (4Q554 3 iii, 19) sowie ein Text über die vier Reiche (4Q552 2 ii, 5; 4Q553 6 ii, 4). Sämtliche Belege folgen Kratz 2011, 260–262. 173 Das überlieferungsgeschichtliche Verhältnis zwischen Dan 4–5 und dem Gebet des Nabonid wurde lange Zeit kontrovers diskutiert. So verfocht etwa Dommershausen 1964, 84 f. die Abhängigkeit des Qumran-Textes von Daniel, wohingegen Lange/Sieker 1996 einen originären Zusammenhang zwischen beiden Texten gänzlich ausschlossen. Vieles spricht indessen für die bereits von Milik 1956 und Meyer 1962 vertretene Auffassung, dass 4Q242 ein überlieferungsgeschichtliches ‚Bindeglied‘ zwischen den Inschriften Nabonids und Daniel darstellt. Dabei ist nicht von einer (Kratz 2011, 264) „direkte[n] (literarische[n]) Abhängigkeit“ auszugehen; vielmehr darf die Existenz zahlreicher „Zwischenstufen“ vermutet werden (ibid.). Die Tatsache, dass der Name Nabonids (noch) nicht durch Nebukadnezar ersetzt wurde und ein anonymer Wahrsager die Rolle Daniels einnimmt, spricht zugunsten des höheren Alters der Qumran-Fassung bzw. zumindest der von ihr tradierten Überlieferung. 174 Kratz 2011, 263; 265. Cf. Beaulieu 2007, 138 f.

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beiden Texten besteht:175 In Dan 4–5 wird Nebukadnezar auf „Beschluss“ der „Wächter“ des Höchsten (Dan 4, 14) für „sieben Zeiten“ aus der Gemeinschaft der Menschen ausgeschlossen und muss bei den wilden Tieren des Feldes leben.176 In 4Q242 verweilt Nabonid auf „Beschluss“ des höchsten Gottes „sieben Jahre“ lang in der Wüstenoase Teima.177 Wie Daniel in dem alttestamentlichen Text den Traum Nebukadnezars richtig deutet,178 so versteht es im Gebet von Qumran ein anonymer „Judäer von den Exilierten“, dem König Nabonid den Ausweg aus seiner widrigen Lage zu enthüllen.179 Schließlich weisen beide Texte auch in ihrer Programmatik, i. e. dem Bekenntnis zum wahren Gott, der damit einhergehenden Befreiung von den Sünden sowie der Abkehr von den Götzen aus Silber, Gold, Erz, Eisen, Holz, Stein und Ton Berührungspunkte auf.180 Weiterhin werden die Lobpreisungen der Herrscher in beiden Fällen in der ‚ichForm‘ vorgetragen, und diesen Zug teilen sie mit einer Reihe mesopotamischer Texte, allzumal den narû (s. o. Kap. I.2.2). Das Gebet des Nabonid lässt darüber hinaus Übereinstimmungen mit einer Reihe neubabylonischer Texte, allzumal den Inschriften Nabonids, erkennen, die einen originären Zusammenhang wahrscheinlich machen.181 In der Harran­Stele heißt es: […] mich ließ er [scil. Sîn] aus meiner Stadt Bābil fliehen, und auf dem Weg zur Stadt Tēmā, der Stadt Dandanu, der Stadt Padakku, der Stadt Ḫibrā, der Stadt Yadī‛u und sogar bis zur Stadt Yatribu ging ich zehn Jahre lang einher zwischen ihnen, meine Stadt Bābil betrat ich nicht.182

Nicht nur der Aufenthalt in Teima für einen Zeitraum von sieben respektive zehn Jahren,183 sondern auch das „Motiv der Krankheit“,184 das bei Daniel zur ‚Vertierung‘ entfremdet wird, sowie die Rolle von Traumdeutern gehen offenkundig auf die Harran­

175 176 177 178 179

Cf. Kratz 2011, 262–266 zum Folgenden. Cf. Dan 4, 22; 29; 30; 5, 21. Cf. Kratz 2011, 262 f. Cf. Kratz 2011, 263. Cf. Dan 4, 5–6; 5, 11–16. Cf. Kratz 2011, 263; 264 f. Finkel/Seymour 2008, 209 setzen den judäischen Traumdeuter mit Daniel gleich. 180 Cf. Kratz 2011, 263 mit Dan 4, 24; 3, 31–4, 34. 181 Cf. Beaulieu 2007, 138: „[…] the Prayer of Nabonidus has proved crucial because it provides a bridge between the Jewish stories and their Babylonian sources.“ 182 Harran­Stele Col. I, 23–27 (= Schaudig 2001, 489; 497, Nr. 3.1): ul­tu uru-ia tin.tirki ú­še­ri­qa­an­ni­ ma ú­ru­uḫ uru te­ma­a uru da­da­ uru pa­dak­ku uru ḫi­ib­ra­a uru iá­di­ḫu u a­di uru iá­at­ri­ bu 10 mu.an.nameš ┌at­tal­la­ku┐qé­reb­šú­un a­na uru-ia ┌tin.tirki la┐ e­ru­ub ina a­mat d30. 183 Der Zeitraum von sieben Jahren mag indessen gleichfalls mesopotamischen Traditionen folgen, denn in der sumerischen Dichtung Fluch über Akkad (ETCSL t.2.1.5, Z. 83–93) vergrub Naramsin sieben Jahre lang sein Haupt und legte Trauerkleidung an, nachdem ein unheilverkündendes ‚Zeichen aus dem Ekur‘ den Untergang Akkads vorausgedeutet hatte (s. o. Kap. I.2.5). 184 Kratz 2011, 264. Cf. die Nabonid­Chronik Col. I, 11–22 (= Glassner 2005, Nr. 26, 234–235), wo von einer Krankheit Nabonids während seines Aufenthalts in Teima die Rede ist, von der er aber genesen sei.

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Stele zurück: „… Traumdeuter wurde (mein schlimmer) Zustand nicht beendet, ich legte mich nieder, [und] (mein) Traum [des] Nachts war wirr und erschreckend, samt der Worte [GN].“185 Schließlich beruft sich auch Nabonid auf die Allmacht eines Gottes, nämlich Sîns, „der im Himmel thront, [dessen] Be[fehl nicht geändert w]ird und dessen Wort nicht zweimal gesa[gt wird,] …“186 Wie oben (Kap.  I.3.1.3) dargelegt, liegt einigen Inschriften Nabonids die Kutha­ Legende als Referenztext zugrunde, als deren Protagonist Naramsin von Akkad erscheint.187 Wie Nabonid und die Könige der jüdischen Tradition (Nebukadnezar und Belschazzar) kann auch jener sich der Einsicht nicht verschließen, dass allein das Bekenntnis zu den Göttern Erfolg verheißt (s. o. Kap.  I.2.5). Dieses Bekenntnis erfolgt hier wie dort in der Form eines ‚Ich-Berichts‘ (narû).188 Der Rekurs Nabonids auf die Könige von Akkad und Naramsin im Besonderen wurde oben (Kap. I.2.7) thematisiert. Sowohl Daniel als auch das Gebet des Nabonid sind folglich als „judaisierte Version der Nabonidlegende“189 zu betrachten, in der JHWH die Rolle Sîns (respektive Marduks) übernimmt, der Könige ein- und absetzt. Im Danielbuch werden die Motive des Aufenthalts in der Wildnis (Daniel 4) und der Götzenverehrung (Daniel 5) indessen voneinander getrennt,190 denn es ist nicht Nebukadnezar, sondern Belschazzar, der die aus dem Jerusalemer Heiligtum entwendeten Gefäße missbraucht, um den „silbernen, bronzenen, eisernen, hölzernen und steinernen Götter“191 zu huldigen.192 Für diesen

Harran­Stele Col. III, 1–3 (= Schaudig 2001, 493; 498, Nr. 3.1): [lú]ensi a­lak­tú ul par­sat ┌at­til┐­ [ma] [ina šat] mu­ši máš.gi6 pár­da­at a­di a­mat [xxx] ┌im┐­li mu ik­šu­du a­dan­nu šá [iq­bu­ú d nanna]-┌ri┐. 186 Cf. Harran­Stele Col. III, 37–38 (= Schaudig 2001, 495; 499, Nr. 3.1). Cf. ferner ibid., Col. III, 28–29: „Ausgefüh[rt habe ich den Befehl Sîns, des Königs der Götter,], des Herrn der Herren, der [im Himmel] thront, [dessen Na]me im Himme[l ‚Gott unter den (einzelnen) Göttern‘] ist, erhaben über [GN] (┌ú­šal┐­[lim qí­bi­ti d30 lugal dingir] ┌en.en┐ ┌a­šib┐ [ša­ma­mu šá dingir]┌meš ina an┐[e­zi]- kir­šú ┌šu­tuq┐). 187 Cf. Beaulieu 2007, 141. 188 Cf. ibid. sowie die Kutha­Legende (SB 90–96): „Ich bin ein König, der seinem Land kein Glück bringt, und ein Hirte, der seinem Volk kein Glück bringt. Wie soll ich mich verhalten und mich aus (dieser Situation) wieder herausbringen? Ein Schrecken der Löwen, Tod, Plage, Hungerkrampf, furchterregender Glanz, Frost, Verlust, Hunger, Bedürftigkeit, Schlaflosigkeit, und was alles (an Übel) existiert, kamen mit ihnen herab anāku šarru lā mušallimmu mātīšu/ u rē’ûm la mušallimmu ummānīšu/kī luštakkanma pagrī u pūti lušēṣi/šallummat nēši mūtu namtaru arurtu/namurratu ḫur­ bāšu nebrītu/[ḫušaḫ]ḫu diliptu mala bašû [itt]īšunu ittarda (Transkription und deutsche Übersetzung Pongratz-Leisten 2001b, 36). 189 Kratz 2011, 263. Beaulieu 2007, 138 f. bringt das Motiv der Hautkrankheit im Gebet des Nabonid mit einer Episode um Schulgi von Ur in Verbindung und hält (ibid., 139) fest: „The entire story was probably picked up by Babylonian Jews, who reformulated it, associating mental illness with skin desease, and the forced quarantine in the desert imposed on the king with his withdrawal to the oasis of Teima. All this eventually found its way into the Qumran corpus and the Book of Daniel.“ Finkel/Seymour 2008, 209 denken bei der Krankheit an Skorbut. 190 Cf. Kratz 2011, 266. 191 Dan 5, 4. 192 Cf. Kratz 2011, 266. 185

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Die Weltreiche-Sukzession im Buch Daniel

Frevel wird der König mit dem Tode bestraft, und ‚Dareios der Meder‘ tritt an seine Stelle.193 Hier und auch in anderen Passagen des Werkes werden die Übergänge von einer Epoche zur nächsten deutlich markiert.194 Das Wirken Daniels umfasst die Zeit von Nebukadnezar II. bis in das erste Regierungsjahr Kyros’ II. (538 v. Chr.). Dabei erscheint die Karriere der jüdischen Exilierten unter den fremden Herrschern mitnichten verwerflich, solange die ‚Freiheit der Religion‘ garantiert wird.195 Einzig der status confessionis verlangt nach „Gehorsamsverweigerung und der Bereitschaft zum Martyrium.“196 Daniel und seine Gefährten beweisen wiederholt ihre Standfestigkeit im Angesicht der von den irdischen Königen ausgehenden Bedrohung. Selbst in höchster Not bleibt ihr Glaube unerschütterlich, wie namentlich die bekannten Episoden von Daniel in der Löwengrube und den drei Jünglingen im Feuerofen lehren.197 Ihre wundersame Errettung durch den höchsten Gott lässt schlussendlich auch die ‚heidnischen‘ Könige dessen Allmacht erkennen.198 Damit bieten die Erzählungen des Danielbuches (1–6) geradezu eine „Anleitung für die eigene Lebensführung“199 unter einem fremden Regime.200 Sie reflektieren folglich mit großer Wahrscheinlichkeit die Situation des Diaspora-Judentums.201 Die sich hieraus ergebenden Konsequenzen für die eschatologische Perspektive202 im zweiten Kapitel des Buches Daniel sind oben (Kap.  II.2.2) bereits angesprochen worden: Die ‚apokalyptische Wende‘ erscheint zwar unausweichlich, aber nicht akut. Für die Redaktoren der Makkabäerzeit hingegen hat der ‚Zwang‘ zur Kooperation mit den heidnischen Oberherren seine Gültigkeit

193 Cf. Dan 5, 30–6, 1. 194 Cf. Koch 2003, 16 f. 195 Cf. ibid., 29. So befördert Nebukadnezar Daniel zum Vorsteher aller Weisen Babels, betraut seine Gefährten mit der Verwaltung der Provinz Südmesopotamien (Dan 2, 48–49) und Dareios ‚der Meder‘ erwägt es sogar, Daniel zum obersten Beamten des ganzen Reiches zu ernennen (Dan 6, 4). 196 Koch 2003, 30. 197 Cf. ibid., 30 mit Dan 3–4. Cf. Van der Toorn 1998. 198 Dabei wird wohl nicht eigentlich an eine Konversion gedacht. Cf. Collins 1993, 172. 199 Koch 2003, 30. 200 Zur in mehreren biblischen Texten jener Zeit präsenten Figur des „Juif de cour“ (Baslez 2003, 272) cf. Baslez 2003, 272–275. 201 Cf. Collins 1993, 175. 202 Sie bildet nach Ansicht der meisten Kommentatoren einen ursprünglichen Bestandteil der Traumdeutung. Cf. Collins 1993, 168–169; 174–175 mit der älteren Literatur. Eine Ausnahme ist Kratz 1991a, 40–44; 207 f., der das eschatologische Element in Dan 2, 44 aufgrund von textkritischen Untersuchungen, die die Verfasserin weder zu verifizieren noch zu falsifizieren vermag, für einen sekundären Zusatz hält. Die Überzeugung, dass den älteren Schichten des zweiten Kapitels eine Dreiersukzession mit ursprünglich positiver Ausrichtung zugrunde liege, führt Kratz zu der Vermutung, dass die Verfasser das Konzept aus der persischen Reichsideologie entlehnt hätten. Den entscheidenden Anknüpfungspunkt für die Rezeption sieht er in der der persischen Herrscherlegitimation inhärenten göttlichen Investitur. Hier habe sich eine Möglichkeit geboten, Ahuramazda mit JHWH zu identifizieren und die Akzeptanz des jüdischen Gottes durch die Achaimeniden zu postulieren.

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verloren. Die Visionsberichte akzentuieren nunmehr den Gegensatz zu den seleukidischen Fremdherrschern, und die apokalyptische Hoffnung gewinnt an Intensität. In der Endfassung des Danielbuches hat das aramäisch abgefasste siebte Kapitel eine „Scharnierfunktion“203 zwischen den Partien Dan 1–6 und Dan 8–12 inne.204 Einerseits greift es das Weltreiche-Motiv aus Daniel 2 wieder auf. Andererseits wird die inhaltliche Struktur des früheren Teils, der mit Nebukadnezar, Belschazzar, Dareios ‚dem Meder‘ und Kyros als Repräsentanten der ersten drei Epochen rechnet, wiederholt: Die Visionsberichte werden – beginnend mit Belschazzar – nach den Königen des jeweils herrschenden Volkes (Babylonier, Meder, Perser) datiert und suggerieren mithin eine Abfolge der ersten drei Imperien zur Lebenszeit Daniels, während das künftige Auftreten des vierten Reiches lediglich offenbart wird.205 Indessen nimmt sich die Bildersprache, in die der Verfasser von Daniel 7 seine Verkündung von den vier Monarchien und der kommenden Gottesherrschaft kleidet, erheblich komplexer aus als in Daniel 2. Düster und bedrohlich in seiner Transzendenz mutet das Szenario der nächtlichen Traumvision an, die Daniel im ersten Jahr Belschazzars, des Königs von Babel, zuteil wird: Ich schaute in meiner nächtlichen Schauung, und sieh: Die vier Winde des Himmels wühlten das grosse Meer auf, und vier grosse Tiere stiegen herauf aus dem Meer, jedes anders als das andere. Das erste war einem Löwen gleich, und es hatte Adlerflügel. Ich schaute, da wurden ihm die Flügel ausgerissen und es wurde von der Erde hochgehoben und wie ein Mensch auf zwei Füsse gestellt, und es wurde ihm der Verstand eines Menschen gegeben. Und sieh, ein anderes Tier, ein zweites, es glich einem Bären, und es war auf einer Seite aufgerichtet, und in seinem Maul hatte es drei Rippen zwischen seinen Zähnen, und so redete man zu ihm: Auf, friss viel Fleisch! Danach schaute ich, und sieh, ein anderes, einem Panther gleich, und an seinen Seiten hatte es vier Vogelflügel, und vier Köpfe hat das Tier, und ihm wurde Macht gegeben. Danach schaute ich in den nächtlichen Schauungen, und sieh: Ein viertes Tier, Furcht einflössend und schrecklich und aussergewöhnlich stark. Und es hatte grosse Zähne aus Eisen, es frass und zermalmte, und was übrig blieb, zertrat es mit seinen Füssen. Und es war anders als all die Tiere vor ihm, und es hatte zehn Hörner. Ich achtete auf die Hörner, und sieh, ein anderes Horn, ein kleines, wuchs zwischen ihnen, und drei von den ersten Hörnern wurden vor ihm ausgerissen. Und sieh, an diesem Horn waren Augen, den Augen eines Menschen gleich, und ein Mund, der grossmäulig redete.206

Sodann betritt ein auf einem Thron aus Feuerflammen sitzender ‚Hochbetagter‘ mit schneeweißem Haar die Szenerie.207 Gericht wird gehalten, Gesetzesbücher werden

203 Keel 2003, 37. 204 Zu Daniel 7 cf. Plöger 1965, 101–119; Montgomery 1926, 282–324; Hartman/Di Lella 1978, 202–220; Collins 1993, 274–324. 205 Cf. Koch 2003, 17. Cf. ferner Collins 1993, 31 f. 206 Dan 7, 2–8. Deutsche Übers. Züricher Bibel. 207 Cf. ibid., 7, 9.

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aufgeschlagen, und das vierte Tier wird wegen der „großmäuligen Worte“,208 die das elfte Horn redete, im Feuer vernichtet.209 Auch den übrigen Tieren wird die Herrschaft genommen, und „einer, der einem Menschen glich“ naht mit den Wolken des Himmels heran; jener erhält die „ewige Macht, die nie vergeht“ und gebietet der ganzen Welt.210 Die von Daniel erbetene Deutung durch einen Engel identifiziert die monströsen Gestalten zunächst mit vier Königen,211 später jedoch wird das vierte Tier eindeutig mit einem ‚Reich‘ respektive Imperium gleichgesetzt: Er sprach so: Ein viertes Königreich wird auf Erden sein, das anders ist als alle anderen Königreiche, und es wird die ganze Erde fressen und sie zerstampfen und sie zermalmen. Und die zehn Hörner: Aus dem Königreich werden sich zehn Könige erheben, und nach ihnen wird sich ein anderer erheben, und er wird anders sein als die früheren, und er wird drei Könige stürzen. Und gegen den Höchsten wird er Reden führen, und die Heiligen des Allerhöchsten wird er aufreiben, und er wird danach trachten, Zeiten und Gesetz zu ändern; und sie werden in seine Hand gegeben werden für eine Zeit und für Zeiten und eine halbe Zeit. Und das Gericht wird sich setzen, und man wird ihm seine Macht nehmen und ihn endgültig vertilgen und vernichten. Dem Volk der Heiligen des Allerhöchsten aber wird das Königreich und die Macht und die Grösse der Königreiche unter dem ganzen Himmel gegeben werden. Seine Königsherrschaft ist eine ewige Königsherrschaft, und alle Mächte dienen ihm und sind ihm gehorsam.212

Der im siebten Kapitel verwandte mythische ‚Code‘ ist seit langem Gegenstand interdisziplinärer Forschungen gewesen. Seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert wurde er – beginnend mit Hermann Gunkel – gewöhnlich auf der Folie altorientalischer Traditionen gedeutet.213 Unter Verweis auf zahlreiche Belegstellen des Alten Testaments214 begriff Gunkel das Bild der vier meergeborenen Tiere im Danielbuch als Reminiszenz an das akkadische Schöpfungsepos Enūma eliš, das die Überwindung des Chaos durch

208 209 210 211

Ibid., 7, 11. Cf. ibid., 7, 9–12. Ibid., 7, 13–14. Cf. Dan 7, 17. Die Lesung der griechischen und lateinischen Manuskripte ist: ‚Reiche‘. Sie entspringt wohl dem Versuch der Übersetzer, die Deutung mit der nachfolgenden zu harmonisieren. Heute besteht nahezu Konsens darüber, dass die vier Könige repräsentativ für die Monarchien Babyloniens, Mediens, Persiens sowie des Seleukidenreiches stehen. Cf. Collins 1993, 311 f. 212 Dan 7, 23b-27. Deutsche Übers. Züricher Bibel. 213 Cf. Gunkel 1895, 223–335. Cf. Keel 2003, 39–42 sowie den Forschungsüberblick bei Santoso 2007, 142–151. 214 Cf. etwa Ps 74, 13 f.: „Du hast in deiner Kraft das Meer aufgestört, die Häupter der Ungeheuer über dem Wasser zerschmettert. Du hast die Köpfe des Leviatan zerschlagen, ihn den Seeleuten zur Speise gegeben.“ Jes 27, 1: „An jenem Tag wird der Herr mit seinem schweren, grossen und starken Schwert den Leviatan heimsuchen, die flüchtige Schlange, den Leviatan, die gewundene Schlange, und er wird das Ungeheuer umbringen, das im Meer ist.“

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den babylonischen Hauptgott Marduk schildert (s. o. Kap. I.2.1).215 Mit den kanaanäischen Baalsmythen, die 1929 im Zuge der Ausgrabungen in Ugarit zutage gefördert wurden, kam ein weiterer „Referenztext“216 hinzu:217 Im Zentrum der Handlung steht der Kampf Baals mit dem Meeresgott Yamm und ungeheuerlichen Meerestieren. Auch der akkadische Anzû­Mythos um den Helden Ninurta wurde als mögliche Vorlage in Betracht gezogen.218 Schließlich hat man die vier Tiere in Daniel 7 von der ‚orientalischen Ikonographie‘ inspiriert gesehen, wobei wiederholt auf die Mischwesen, die in der altorientalischen Kunst auftauchen, hingewiesen wurde.219 Sowohl die ikonographischen als auch die textlichen Zeugnisse dürften jedoch allenfalls indirekt zum Vorbild gereicht haben, da keines der bisher aufgefundenen Bildobjekte und/oder Schriftstücke sämtliche Spezifika der im Buch Daniel beschrieben Geschöpfe aufweist.220 Indes, der (mittelbare) Einfluss vorderorientalischer Traditionen auf Daniel 7 ist evident und lässt sich auf verschiedenen Feldern verifizieren. Dies betrifft namentlich die bereits von Gunkel geltend gemachten Reminiszenzen an altorientalische ‚Chaoskampfmythen‘ („chaos combat myths“221): So mögen die elf Hörner des vierten Tieres im Danielbuch eine Reminiszenz an den babylonischen Schöpfungsmythos Enūma eliš darstellen, der Tiamat elf Meeresungeheuer zur Vernichtung der Götter erschaffen lässt (Ee I, 125–146). Dieser Szene ist das in Daniel 7 aufgegriffene Bild der vier Winde, die das Meer aufwühlten, vorangestellt (Ee I, 105–108). Nicht zu unterschätzen sind darüber hinaus mögliche intertextuelle Bezüge zum Anzû­Mythos um den Helden Ninurta:222 Anzû, ein hybrides Monster aus Adler und Löwe (!), stiehlt dem Göttervater Enlil die ‚Schicksalstafel‘ (ṭup­šīmāti) und droht, die Herrschaft der Götter zu brechen.223 Wie später Marduk in Enūma eliš wird Ninurta zum ‚Champion‘ zur Überwindung des Feindes eingesetzt und triumphiert über Anzû. Ins neunte Jahrhundert v. Chr. datierende Reliefs aus Kalchu zeigen den Letzteren als gehörnte Kreatur mit dem Rumpf und den Schwingen des Adlers sowie einem Löwengesicht mit reißenden Kiefern.224 Der Raub der die Gesetze des Kosmos versinnbildlichenden 215

Text: Kämmerer/Metzler 2012. Transliteration, englische Übersetzung und Kommentar finden sich ferner bei Lambert 2013, 50–134. Cf. außerdem die deutsche Übersetzung TUAT II, 565–602 sowie die englischen Übersetzungen Dalley 2008, 228–277; Muses, 436–486. 216 Kehl 2003, 41. 217 Ugaritischer Text: Dietrich/Loretz/Sanmartín 1995, 1–28 (KTU 1.1–1.6). Deutsche Übersetzung: TUAT III, 1091–1198. Cf. Santoso 2007, 144–146; Collins 1993, 286–294. 218 Cf. Walton 2001; Annus 2001. 219 Cf. Eggler 2000, 42–54; Santoso 2007, 146–149; Collins 1993, 296; Keel 2003, 43–45. Genannt werden v. a die Löwengreife zu Persepolis, spätluwische Reliefs des neunten Jahrhunderts v. Chr., der mesopotamische ‚Löwendrache‘ sowie zwei Torkolosse aus Nimrud. 220 Cf. Keel 2003, 44 f.; Walton 2001, 73. 221 Walton 2001, 71. 222 Cf. ibid. zum Folgenden. 223 Cf. TUAT II, 745–759; Dalley 2008, 203–227; Muses, 555–578. Cf. ferner den Mythos Lugal­e (Text: van Dijk 1988). 224 Cf. Walton 2001, 74. Zu den textlichen Belegen cf. CAD, 154 f. anzû b.

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Schicksalstafel durch Anzû stellt einen Affront gegen die göttliche Weltordnung dar, dessen auch das elfte Horn im Danielbuch bezichtigt wird, das „Zeiten und Gesetze […] ändern“ will (Dan 7, 25). Wie Ninurta im Anzû­Mythos und Marduk in Enūma eliš erhält der ‚Menschensohn‘ im Buch Daniel die Vollmacht, das (vierte) Ungetüm zu vernichten, doch im Unterschied zu den mesopotamischen Vorbildern geschieht dies im alttestamentlichen Text ohne Kampf.225 Die Figur des Menschensohnes wiederum, der „auf den Wolken des Himmels“ herannaht (Dan 7, 13), lässt an den ugaritischen Baal denken, zu dessen Epitheta ‚der Wolkenreiter‘ (rkb ‘rpt) zählt.226 Obschon die Vierzahl der Tiere im altorientalischen Textkorpus keine Parallele findet, scheint die Rolle des vierten Geschöpfes als Antipode des ‚Höchsten‘ und Rebell gegen Gott von vorderorientalischen Traditionen inspiriert zu sein (s. o. Kap.  I.2.1). Tatsächlich figurieren die Tiere in Daniel 7 als Repräsentanten der primordialen Verwirrung: Sie steigen aus dem von den Winden aufgewühlten Meer empor und entstammen folglich „der untersten Schicht der Welt.“227 Eine ‚Kontrastfolie‘ zu diesem ‚unheiligen‘ Ursprung der irdischen Reiche stellt die Epiphanie des ‚Menschensohnes‘ dar, der aus den höchsten Sphären des Himmels herabsteigt.228 Indessen hat Klaus Koch den Nachweis erbringen können, dass der Verfasser von Daniel 7 die weltlichen Machtsysteme nicht einseitig als ‚Chaosmächte‘ begreift: Das aramäische Wort ruaḥ (‚Wind‘) bezeichnet vielmehr eine „fundamentale dynamische Kraft des materiellen wie des mentalen Kosmos“,229 den Odem, der Tote zum Leben erweckt.230 Jedes einzelne der aus dem Meer erstehenden Reiche verdankt seine Existenz folglich der Schöpferkraft Gottes.231 Ihre Provenienz aus verschiedenen Weltvierteln wiederum wird durch die Vierzahl der Winde indiziert;232 hier mag das in mesopotamischen Texten omnipräsente Konzept von den ‚vier Weltgegenden‘ eingeflossen sein (s. o. Kap. I.2.1). Angesichts der Tatsache, dass die Weltreiche unterschiedlichen Himmelsrichtungen entstammen, waltet eine gewisse „territoriale Gerechtigkeit.“233 Dass die dem babylonischen Schöpfungsmythos Enūma eliš (Ee I, 105–108) entlehnte Metapher von den

225 226 227 228 229 230 231 232 233

Cf. Walton 2001, 79; Annus 2001, passim. Parpola 1993, 204 f. hält Ninurta für eine Christus oder dem Erzengel Michael vergleichbare ‚Erlösergestalt‘. Zu möglichen altorientalischen Ursprüngen der ‚messianischen Idee‘ cf. Weinfeld 2001., passim. Cf. Walton 2001, 70; Keel 2003, 41; Collins 1993, 290 (mit Belegen). In gleicher Weise erinnert der ‚Uralte an Tagen‘ (Dan 7, 9) mit weißem Haar an El, den ‚Vater der Jahre‘ in Baal und Yamm. Cf. Walton 2001, 83; Collins 1993, 290. Koch 1961, 24. Cf. ibid. Koch 2003, 25. Cf. Ez 37, 9: „So spricht Gott der Herr: Geist, komm herbei von den vier Winden und hauche diese Getöteten an, damit sie leben.“ Cf. ferner Hiob 38, 8 und Ps 104, 25 f. zum ‚Völkermeer‘. Cf. ausführlich Koch 2000; Lacoque 2001. Cf. Koch 1997, 26; 2003, 25. Koch 1997, 26; 2003, 25. Da Daniel in Kapitel 8 in Susa angesiedelt wird, verteilen sich die Epochen auf Süd (Babylonien), Nord (Medien), Ost (Persien) und West (Makedonien).

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‚vier Winden‘ längst geradezu topischen Charakter besaß, lehrt ein Blick auf die Inschriften Nebukadnezars und Nabonids aus dem Ebabbar zu Larsa, von denen bereits die Rede war (s. o. Kap. I.2.7): Unweigerlich ruft die Formulierung „die vier Winde wühlten das große Meer auf “ im Buch Daniel Assoziationen mit dem Zeugnis Nabonids von der Auffindung der alten ‚Gründung‘ Hammurapis hervor, die desgleichen von den ‚vier Winden‘ freigelegt worden sei: Auf Befehl Marduks, des großen Herrn, [er]hoben sich die Winde, ihrer vier, [große] Stür[me,] (und) der Sand, der ü[be]r die Stadt und [die]sen Tempel hingedeckt gewesen, wurde weggerissen, (und) von Ebabbar, dem ehrfurchtgebietenden Heiligtum […] wurde ihre Gründung sichtbar, und ihre Grundrisse kamen zum Vorschein.234

Der letzte neubabylonische König greift hier wohl ganz bewusst die Bildersprache Nebukadnezars auf, den er übertroffen zu haben glaubt, da sein berühmter Vorfahr seinen Tempel nicht auf der ursprünglichen Gründung Hammurapis, sondern der späteren des Kassitenkönigs Burnaburiaschs (II.) errichtet habe (s. o. Kap. I.2.7).235 Obschon das Bild von den vier Winden im Danielbuch sich vermutlich eher Enūma eliš als dem Larsa­Zylinder verdankt, so dokumentiert dieses Zeugnis immerhin die lange Rezeptionsgeschichte der Metapher, deren ursprüngliche Semantik sowohl bei Nabonid als auch bei Daniel gewahrt bleibt: Die Stürme bringen Verborgenes aus der Tiefe der Zeit zum Vorschein, hier die Inschrift eines Königs vergangener Tage, dort die die Weltreiche symbolisierenden Ungetüme. Dass der Gott Israels der Urheber und Lenker dieser Naturgewalten sei, wird im Danielbuch zwar nicht ausdrücklich erwähnt, doch Jeremia assoziiert die „vier Winde“ von „den vier Enden des Himmels“ mit der zerstörerischen Gewalt JHWHs, der das Reich von Elam vernichten wird.236

234 Larsa­Zylinder Col. II, 10–14; 18–19 (= Schaudig 2001, Nr. 2. 11, 401; 407): [i­na qí­bu­it damar.utu be­lu gal-ú it­bu­nim­m]a [ša­a­ri er­bet­ti­šu­nu me­ḫe­e ra­bu]-tì [ba­aṣ­ṣa ša e­li uru ù é š]a­a­šu [ka­at­ma in­na­si­iḫ­ma é.babb]ar.ra* ki­iṣ­ṣi ra­áš­ba ú­ra­š[a za­m]a­ri* […] te­mé­en­šu­un in­ na­mi­ir­ma in­na­at­ta­la ú­ṣu­ra­ti­[š]u­un. 235 Cf. Nbk Nr. 10, Col. I, 20–22 (= Langdon 1912, 96–97): „Die vier Winde ließ er [scil. Marduk] kommen und entfernte die Staubmassen daraus, wieder sichtbar wurden die Bildwerke.“ (šarê irbitti ú­šá­at­ba­am­ma epirêplur ki­ir­bi­šú is­su­uḫ­ma in­nam­ra ú­ṣu­ra­a­ti). 236 Cf. Jer 49, 35–39: „So spricht der Herr der Heerscharen: Sieh, ich zerbreche den Bogen Elams, ihre wichtigste Kraft. Und von den vier Enden des Himmels lasse ich vier Winde über Elam kommen, und in alle diese Winde zerstreue ich sie, und es wird keine Nation geben, zu der nicht die Zersprengten aus Elam kommen. Und ich werde Elam Angst einflössen vor ihren Feinden, vor denen, die ihnen nach dem Leben trachten, und ich werde Unheil über sie bringen, meinen glühenden Zorn, Spruch des Herrn, und hinter ihnen her werde ich das Schwert senden, bis ich sie ausgerottet habe. Und in Elam werde ich meinen Thron aufstellen, und Könige und Fürsten lasse ich dort umkommen! Spruch des Herrn. In ferner Zukunft aber wende ich das Geschick Elams! Spruch des Herrn.“ Zu Recht beton Vallat 1996, 392, dass Elam noch zur Zeit Zidakijas von Juda (598– 587 v. Chr.) zu den Großmächten gezählt wird – ein externer Beleg für die erst späte politische Fragmentierung des neo-elamischen Reiches (s. o. Kap.  I.2.8). Zu weiteren Belegen cf. Collins 1993, 294.

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Die metaphorische Stilisierung von Herrschern zu Tieren ist in der alttestamentlichen Überlieferung vielfach bezeugt.237 Desgleichen ist zu Recht betont worden, dass das Danielbuch die „in Israel bekannten gefährlichen Tiere als Chiffren benutzte, um das Gewalttätige der menschlichen Weltreiche darzustellen.“238 Löwe, Bär und Panther erscheinen im Alten Testament wiederholt als existentielle Bedrohung für den Menschen und seine Viehherden.239 Die angesichts des Befundes von Daniel 2 (s. o.) naheliegende Annahme, dass mit dem ersten der im siebten Kapitel genannten Tiere das neubabylonische Reich gemeint sei, findet durch die Tatsache eine Bestätigung, dass die Stärke und Gefährlichkeit des Löwen240 und die Schnelligkeit des Adlers respektive Geiers auch andernorts auf Nebukadnezar appliziert und einmal sogar mit dem Schlagen der Zedern des Libanon assoziiert werden.241 Letzteres muss in Verbindung mit der Löwenmetapher unweigerlich Assoziationen mit den Felsreliefs Nebukadnezars von Wadi Brisa und Wadi es-Saba hervorrufen, die den König im Kampf mit einem Löwen abbilden (s. o. Kap. I.2.7). Die Vermutung, dass die Bildersprache des Danielbuches (auch) von jenen Monumenten, deren textliche Botschaften unter anderem das Fällen der Zedern thematisieren, inspiriert seien, ist keineswegs abwegig. Ungeachtet dessen vermag die allegorische Darstellung eines mesopotamischen Herrschers als Löwe nicht zu verwundern, denn dieses Raubtier ist in der Bildkunst des Vorderen Orients omnipräsent: Es konnte sowohl als Sinnbild des Königtums als auch als eine die Weltordnung gefährdende Chaosmacht in Erscheinung treten, die der Herrscher (im Auftrag der Götter) bezwingt.242 Beide Deutungsmuster werden bei Daniel miteinander vermengt und die Inhalte der altorientalischen Herrscherideologie ins Gegenteil verkehrt, indem der König selbst gleichsam als Antisymbol der kosmischen Ordnung erscheint.243 237 Cf. Keel 2003, 42 mit Belegen. 238 Staub 2000, 46. 239 Cf. Keel 2003, 48 mit 1 Sam 17, 34; 36–37; 2 Kön 2, 24; Jes 11, 7; Am 5, 19; Spr 28, 15; Sir 25, 16 f. Erhellend ist namentlich Hos 13, 7, wo JHWH das überheblich gewordene Israel zu strafen gedenkt: „Ich aber bin für sie wie ein Löwe geworden, wie eine Raubkatze lauere ich am Weg.“ 240 Cf. Jer 4, 7; 49, 19 sowie 50, 17: „Israel ist ein versprengtes Schaf, Löwen haben es auseinander getrieben. Der erste hat es gefressen: der König von Assur, und dieser, der letzte, hat seine Knochen abgenagt, Nebukadnezzar, der König von Babel.“ 241 Cf. Keel 2003, 48. Cf. Ez 17, 3–4: „So spricht Gott der Herr: Der grosse Adler mit grossen Flügeln, langer Schwinge, mit vollem Gefieder, der so farbenprächtig war, kam zum Libanon und nahm den Wipfel der Zeder fort. Den obersten ihrer Schösslinge riss er ab und brachte ihn in das Haus der Händler, er setzte ihn in eine Kaufmannsstadt.“ 242 Cf. Ulanowski 2015; Root 2011, 460 sowie Radner 2008, 487–494 (assyrische Königssiegel mit ‚Löwenkampfmotiv‘); Da Riva 2014, 105–108. 243 Möglicherweise wird hier (vermittels eines innuendo) sogar der zukünftige Fall Babylons präfiguriert. Ez. 19, 1–9 präsentiert Israel allegorisch als Löwin, die ihre Jungen (die Prinzen Israels und Judas) säugt, die aber am Ende zunächst den Ägyptern, dann den Babyloniern unterliegen und nach Babel deportiert werden: „Und du, stimme eine Klage an über die Fürsten von Israel, und sprich: Welch eine Löwin war deine Mutter, zwischen Löwen lagerte sie! Inmitten von jungen Löwen zog sie ihre Jungen auf. Und eins von ihren Jungen hob sie heraus, es wurde ein junger Löwe, und er

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Die zweideutige Symbolkraft des Löwen in der mesopotamischen Überlieferung erhellen nicht zuletzt die in der babylonischen Omenserie Šumma izbu enthaltenen Listen von Geburtsanomalien, die desgleichen als Vorbild für die Mischwesen Daniels in Betracht gezogen wurden.244 Das ‚Omen des Löwen‘ kann hier sowohl (im positiven Sinne) die Weltherrschaft als auch (im negativen Sinne) den Machtmissbrauch ungerechter Herrscher vorausdeuten.245 Der Bär, den die spätere rabbinische und christliche Tradition (s. o. Einleitung) zumeist als das medisch-persische Reich zu deuten pflegte, den die moderne Forschung jedoch überwiegend mit Medien identifiziert,246 wird auch in anderen Texten als ausnehmend blutgieriges Geschöpf präsentiert.247 Die Aufforderung „Auf, friss viel Fleisch!“248 lässt sich überdies mit der von Jesaja und Jeremia beschworenen Aggression der medischen Verbände gegen babylonische Städte (s. o. Kap. I.3.1.3) vereinbaren.249 Die dem Panther zugeschriebene Schnelligkeit schließlich, die durch das Attribut der Flügel noch eine Steigerung erfährt, wird man mit Recht als Hinweis auf die rasche Expansion des Perserreiches unter Kyros II. auslegen dürfen.250 Die Vierzahl der

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lernte Beute zu reissen, er frass Menschen. Da hörten Nationen von ihm, in ihrer Grube wurde er gefangen, und an Haken brachten sie ihn ins Land Ägypten. Und sie sah, dass sie töricht gewesen war, dass ihre Hoffnung dahin war. Und sie nahm eins von ihren Jungen, machte es zu einem jungen Löwen. Und er schritt einher inmitten von jungen Löwen, wurde ein junger Löwe, und er lernte Beute zu reissen, er frass Menschen. Und in ihren Palästen richtete er Unheil an, und ihre Städte legte er in Trümmer, und das Land und was darin war, war entsetzt über sein lautes Gebrüll. Da setzte man Nationen auf ihn an, ringsum aus den Provinzen. Und sie spannten ihr Netz über ihn, in ihrer Grube wurde er gefangen. Und an Haken legten sie ihn in ein Halseisen und brachten ihn zum König von Babel, brachten ihn in Netzen, damit seine Stimme nicht mehr zu hören war auf den Bergen von Israel.“ Für jüdische Leser hätte es keine große Transferleistung beutet, das Bild des bezwungenen Löwen (Israel) auf Babylon zu übertragen, das am Jüngsten Tag selbst fallen wird. Cf. Porter 1983, 17–22. Cf. ferner Santoso 2007, 146 mit weiteren Literaturhinweisen. Zu möglichen Einflüssen der Omenserie auf 1 Hen 85–90 cf. Porter 1983, 23–25. Cf. Leichty 1970, 71, 4. 56 (Text A, D); 73, 5. 1): „If a woman of the palace gives birth and (the child) has the face of a lion – the king will have no opponent.“ (BE SAL.LUGAL Ù.TU-ma IGI UR. MAḪ GAR LUGAL GABA.RI NU TUK). Leichty 1970, 77, 5. 43: „If a ewe gives birth to a lion, and it has the head of a ram – a sign of Sargon who ruled the world.“ ([BE U8 UR.MAḪ Ù].TU-ma SAG.DU UDU.NITÁ GAR ḪAR! (text: šà).BAD LUGAL.GI.NA šá kiš­šú­ta [EN-lu]). Leichty 1970, 79, 5. 70: „If a ewe gives birth to a lion, and its tongue covers its eyes – […] the king’s land will rebel.“ (BE U8 UR.MAḪ Ù.TU-ma EME-šú IGI-šú ik­tum […] LUGAL KUR-su BAL-tu). Zu weiteren Belegen cf. Ulanowski 2015, 82 f. Cf. Collins 1993, 297 f. Allerdings fassten Hartman/di Lella 1978, 212 f. die Aussage, der Bär sei „nach einer Seite hin aufgerichtet“, als eine Anspielung auf die auch in Dan 5, 28 angesprochene Teilung des Reiches zwischen Medern und Persern auf, zumal ‚Dareios der Meder‘ als einziger medischer Herrscher in Erscheinung tritt. Cf. etwa 2 Kön 2, 24. Cf. Collins 1993, 297 f. Dan 7, 5. Cf. Collins 1993, 298. Cf. ibid; Keel 2003, 50. So heißt es in Jes 41, 2–3: „Wer hat ihn vom Aufgang der Sonne her erweckt? […] Nationen wirft er vor sich nieder, und Könige unterwirft er. Sein Schwert macht sie wie Staub, wie verwehte Stoppeln sein Bogen. Er verfolgt sie, zieht siegreich dahin, den Boden berührt er nicht mit seinen Füssen.“

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Flügel und Köpfe wiederum mag einen Anklang an die universalen Ansprüche der altorientalischen Herrscher darstellen, die in dem akkadischen Titel ‚König der vier Weltgegenden‘ zum Ausdruck kommen.251 Die hier angesprochene Universalität des Achaimenidenreiches findet eine Entsprechung in der Traumdeutung des zweiten Kapitels, die dem Reich von Bronze die Herrschaft über die ganze Erde verheißt.252 Wie ist nun aber das vierte Tier zu deuten, das sich nicht ohne weiteres einer bestimmten Spezies zuweisen lässt? Urs Straub hat die Beschreibung des Geschöpfes in Daniel 7 als Hinweis auf die Kriegselefanten betrachtet, die seit Alexanders Indienfeldzug zunehmend in den Armeen der hellenistischen Herrscher eingesetzt worden seien.253 Häufig nehmen sich die Interpretationen indessen weit weniger spezifisch aus: Demnach sei das vierte Tier „vollig singulär“254 und werde „als besonders schrecklich geschildert in seiner Zerstörungswut.“255 In der Tat nimmt sich die Darstellung dieses Wesens, das alles „fraß und zermalmte“ oder „mit seinen Füßen“ zertrat, ungleich monströser aus als die Beschreibung der übrigen Tiere. Es sticht bereits wegen seiner Zähne aus Eisen hervor, die eine deutliche Reminiszenz an das metallene Reich in Daniel 2 darstellen.256 Das augenfälligste Kennzeichen stellen indessen die Hörner dar, die in der altorientalischen Kunst mit Stärke und nicht zuletzt mit göttlichen Eigenschaften verknüpft werden (s. o. Kap. I.2.4). In Daniel 7 dürften sie darüber hinaus konkret auf die Dynastie der Seleukiden zielen, bilden doch Münzemissionen Seleukos’  I. und Antiochos’ I. Herrscherportraits mit gehörnten Tiaren ab (s. u. Kap. II.3.2).257 Zwar taucht das Motiv auf 251 252

Cf. Keel 2003, 50; Collins 1993, 298. Cf. Collins 1993, 298 mit Dan 2, 39. Cf. Dan 8, 4, wo die persische Herrschaft durch einen Widder, die makedonische durch einen Ziegenbock versinnbildlicht wird. Über den Widder heißt es, dass er (von Osten her) nach „Westen und nach Norden und nach Süden stiess.“ Koch 1983, 421 sieht hier einen Rückgriff auf „die astrale Geographie der Perserzeit“, der zufolge der Charakter der vier Erdzonen durch die Gestirne bestimmt und Persien mit dem Widder in Verbindung gebracht wurde. Zu möglichen Verbindungen zwischen Daniel 7 und dem babylonischen Zodiak cf. Caquot 1955. 253 Cf. Staub 2000, passim. Cf. desgleichen Kosmin 2018, 151. Kriegselefanten wurden von den Seleukiden auch in Palästina eingesetzt. Bereits Ende des Jahres 305 oder im Winter 303/2 v. Chr. hatte Seleukos I. mit dem Maurya-Herrscher Tschandragupta ein Abkommen geschlossen, in dem er diesem die indischen Satrapien sowie Arachosien und Gedrosien zuerkannte (s. u. Kap. II.3.2). Zugleich erhielt der Makedone ein Aufgebot von wohl 500 Kriegselefanten, die in der Schlacht von Ipsos 301  v. Chr. gegen Antigonos Monophthalmos zum Einsatz kamen. Cf. Grainger 1990, 109. Die Ptolemaier setzten auch afrikanische Kriegselefanten ein, die in der Schlacht bei Raphia 217 v. Chr. auf die indischen Elefanten der Seleukiden trafen. Zur Rolle der Kriegselefanten in der griechisch-römischen Welt cf. Scullard 1974. Staub 2000, 47 denkt bei den Zähnen aus Eisen in Dan 7, 7 an Stoßzähne und will aufzeigen, „wie gerade ein konkretes Wesen bei seinem Einbrechen in die geordnete Welt des Menschen dessen Ordnung zum Erliegen bringt.“ Dagegen betont Collins 1993, 298: „The motif of trampling fits this interpretation, but there is nothing else to support it.“ 254 Plöger 1965, 109. 255 Ibid. Staub 2000, 45 f. hält eine derartige Zurückhaltung unter Verweis auf Caquot 1955, 12 („cest un monstre sans nom“) für einen „nicht sehr originellen Einwand.“ 256 Cf. Staub 2000, 48; Collins 1993, 299. 257 Cf. Staub 2000, 55–69. Cf. ferner Alonso Troncoso 2013. Die Münzen Seleukos’ I. bilden Alexander, diejenigen Antiochos’ I. Seleukos I. ab (s. u. Kap. II.3.2).

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den Prägungen Antiochos’ IV. nicht mehr auf, doch werden die alten Münzen, die teilweise im Umlauf blieben, den Verfassern des Danielbuches bekannt gewesen sein.258 Die zehn Hörner des vierten Tieres symbolisieren – einer verbreiteten Auffassung gemäß  – zehn aufeinanderfolgende Herrscher der hellenistischen Zeit.259 Bei den sieben ersten ist mit hoher Wahrscheinlichkeit an die ersten Seleukiden260 sowie an Alexander den Großen gedacht.261 Konsens besteht immerhin darüber, dass das elfte Horn, das später hervorwächst, Antiochos IV. versinnbildlicht. Die Deutung des Engels im siebten Kapitel versieht ihn mit „Attributen, die auch sonst im Danielbuch mit diesem König in Verbindung gebracht werden“:262 Er lästert dem höchsten Gott, unterdrückt die Heiligen263 und stürzt drei Könige. Auf diese Weise wird Antiochos IV. unmissverständlich als Usurpator geschmäht.264 In der Tat war der Weg des Monarchen zur Herrschaft, der seine Jugend in römischer Geiselhaft zugebracht hatte, keineswegs geradlinig verlaufen: Im September 175 v. Chr. fiel sein Bruder Seleukos IV. einem Mordanschlag zum Opfer. Der Thronfolger Demetrios, der Antiochos – vermutlich auf Betreiben der Römer – hatte auslösen müssen, konnte seine Thronansprüche nicht geltend machen.265 Daraufhin gelangte Antichos IV. mit pergamenischer Unterstützung zur Macht. Mit einiger Gewissheit ist anzunehmen, dass er die Tötung seines noch minderjährigen Neffen und potentiellen Rivalen Antiochos im Jahre 170 v. Chr. veranlasste.266 Die Liquidierung dreier Könige, die das Buch Daniel

258 Cf. Staub 2000, 66; Collins 1993, 299. 259 Cf. Staub 2000, 50–52 (Übersicht); Rowley 1959, 105–115; Montgomery 1926, 293; Plöger 1965, 116 f.; Hartman/di Lella 1978, 214; Collins 1993, 320 f. In der Vergangenheit haben einige Exegeten allerdings für eine ‚Mixtur‘ aus Ptolemaiern und Seleukiden plädiert. Cf. Collins 1993, 320. 260 Seleukods I. Nikator, Antiochos I. Soter, Antiochos II. Theos, Seleukos II. Kallinikos, Seleukos III. Soter, Antiochos III. d. Gr. Zur möglichen Identifikation der fehlenden drei Herrscher cf. Montgomery 1926, 293; Collins 1993, 320 f. 261 Cf. Collins 1993, 321. Plöger 1965, 116 f. stellt verschiedene Möglichkeiten vor, bevorzugt jedoch eine Lösung ohne Alexander und bezieht stattdessen Antiochos Hierax, den aufständischen Bruder Seleukos’ II., mit ein. Auch Rowley 1959 rechnet ohne Alexander. Hartman/di Lella 1978, 214 nehmen Alexanders minderjährigen Sohn in die Liste mit auf. 262 Staub 2000, 50. 263 Cf. ibid. mit Dan 8, 23 und 11, 36. Der Vorwurf der Blasphemie mag von der Annahme göttlicher Epitheta durch Antiochos IV. herrühren. Seit 173/2 v. Chr. erscheint das Epitheton ΘΕΟΣ ΕΠΙΦΑΝΗΣ (‚der erschienene Gott‘) auf Münzprägungen, der seit 168  v. Chr. mitunter um ΝΙΚΗΦΟΡΟΣ erweitert wurde. Die Bedeutung dieser Epitheta, die nicht auf allen Prägungen erscheinen, sollte nicht überbewertet werden (s. u. Kap. II.3.2). Cf. Mittag 2006, 128–139. 264 Cf. Dan 11, 21: „Und an seiner Stelle wird ein Verachteter auftreten, dem man die Würde der Königsherrschaft nicht gegeben hat.“ 265 Cf. Mittag 2006, 40. 266 Cf. zusammenfassend Collins 1993, 321; Staub 2000, 50 sowie ausführlich Mittag 2006, 37–48. Seleukos IV. wurde von seinem ‚Kanzler‘ Heliodoros ermordet. Cf. App. Syr. 45/233. Kurz zuvor hatte er anstelle seines Bruders Antiochos (IV.) seinen Sohn Demetrios (I.) als Geisel nach Rom geschickt, der als Thronfolger mithin ausgeschaltet war. Antiochos IV., der sich zu diesem Zeitpunkt in Athen aufhielt, gelangte nun mit der Unterstützung der Attaliden von Pergamon ins seleukidische Kerngebiet (App. Syr. 45/233 und OGIS 348), wo jedoch inzwischen die Vormün-

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Antiochos IV. anlastet, ist freilich kaum historisch. Gleichwohl hatten erst die Ermordung Seleukos’ IV. und seines Sohnes Antiochos sowie die politische ‚Kaltstellung‘ des Prinzen Demetrios ihm den Weg zur Macht geebnet. Aus der Sicht der Verfasser des Danielbuches mochte diese Tatsache hinreichen, um seine Rechtmäßigkeit zu verneinen.267 Mehr noch: Der König erscheint geradezu als fleischgewordene Inkarnation des zur Endzeit entfesselten Bösen, als dessen Antisymbol der ‚Menschensohn‘ figuriert. ‚Menschensohn‘ (aram. keḇar ’enāš) ist ein Terminus, der eigentlich das „Einzelexemplar der Gattung Mensch“268 beschreibt. Zugleich umfasst der Begriff – gleichsam pars pro toto – die Menschheit an sich.269 Wie der Verfasser von Daniel 7 die Menschlichkeit bzw. das Menschsein verstanden wissen will, hat Othmar Keel folgendermaßen erläutert:270 In der Beschreibung der ersten zwei Ungetüme sieht er eine deutliche Reminiszenz an die ‚Vertierung‘ und ‚WiederMensch-Werdung‘ Nebukadnezars im vierten Kapitel, von der bereits die Rede war (s. o.). Von dem das neubabylonische Reich symbolisierenden Löwen heißt es in Daniel 7, dass er seiner Flügel beraubt und „wie ein Mensch“ auf zwei Füße gestellt werde.271 Zwar scheint die Einbuße der Schwingen zunächst auf einen „Potenzverlust“272 hinzudeuten. Letztlich jedoch werde – so Keel – damit die Verwandlung in einen Menschen eingeläutet, die „äußerlich“273 durch den aufrechten Gang, „innerlich“274 durch die Wieder-

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der des Antiochos, des noch minderjährigen Sohnes Seleukos’ IV., die Herrschaft ausübten. Jener Antiochos wird in einer babylonischen Königsliste aus parthischer Zeit erwähnt (Text: Sachs/ Wiseman 1954, 202–211). Antiochos IV. heiratete Laodike, die Witwe seines ermordeten Bruders (OGIS 252), adoptierte seinen Neffen und ernannte ihn zum Mitregenten. Cf. Sachs/Wisemann 1954, 202, Z. 11–12. Die Königsliste vermerkt sodann, dass sein Adoptivsohn im Jahr 142, im Monat Abu auf Befehl Antiochos’ IV. getötet worden sei. Offiziell wurde offenbar ein Mann namens Andronikos des Mordes bezichtigt. Cf. Diod. 30, 7, 2–3. Collins 1993, 321. Indessen argumentieren Hartman/di Lella 1978, 216 f., an dieser Stelle sei von militärischen Siegen Antiochos’ IV. (gegen Ptolemaios VI., Ptolemaios VII und Artaxias von Armenien) die Rede. Koch 1961, 23. In der traditionellen rabbinischen Exegese prävalierte im ersten Jahrtausend n. Chr. die messianische Deutung. Demnach handle es sich um ein sublimes Individuum. Nach der Ende des 19. Jahrhunderts vorherrschenden kollektiven Deutung steht er als Symbol für das Volk Israel. Eine dritte Deutung begreift ihn zwar als Individuum, zugleich aber als himmlischen Repräsentanten, der häufig konkret als der Erzengel Michael verstanden wird. Cf. Collins 1993, 308–310; 318; Montgomery 1926, 317–324; Koch 1980, 216–234; Santoso 2007, 151–155. Cf. Koch 1961, 23. Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts herrschte in der exegetischen Welt Einigkeit darüber, dass mit den ‚Heiligen des Höchsten‘ die gläubigen Israeliten gemeint seien. Heute bevorzugt man die Auslegung als Repräsentanten der höchsten Engel. Noth 1953/66b hat gezeigt, dass hebr. qedôšīm (‚heilig‘) in substantivierter Form im Alten Testament für himmlische Wesen reserviert ist. Cf. Collins 1993, 313–317. Cf. Keel, 2003, 52–62. Dan 7, 4. Keel 2003, 52. Ibid. Ibid.

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herstellung des menschlichen Verstandes vollzogen wird.275 Wie der Löwe, so ist auch der medische Bär nach einer Seite hin aufgerichtet. Angesichts der Tatsache, dass Nebukadnezars Tierwerdung durch Hybris verursacht wurde und seine Rückverwandlung in einen Menschen mit der Wiedererlangung des Verstandes einherging,276 ergibt sich die folgende Gleichung: Die Fähigkeit zur Erkenntnis, die den Menschen zum Menschen macht, ist „im Danielbuch identisch mit […] [der] Anerkennung der Souveränität Gottes.“277 Wo sie sich nicht einstellt, wird ein Regiment gleichsam ‚animalisch‘.278 In diesem Sinne werden die irdischen Herrscher unmissverständlich als ‚reißende Bestien‘ charakterisiert. Erst der ‚Menschensohn‘ wird eine gleichsam ‚humane‘ Herrschaft errichten.279 Er ist das „Ziel der Weltgeschichte“,280 die sich nach dem Willen des Schöpfers entfaltet. Die grundsätzliche Unterscheidung zwischen Mensch und Tier – so Keel – sei ein griechisches Konzept. Der ursprünglich aristotelische Gedanke281 fand später durch die Vermittlung der Stoa weite Verbreitung in der Levante. Wenn sich nun die Verfasser des Buches Daniel an dieser Stelle griechisch-hellenistisches Gedankengut zu Eigen machten, um den Feind gleichsam mit den eigenen Waffen zu schlagen,282 dann schiene auch eine – zumindest mittelbare – Rezeption des herodoteischen WeltreicheModells nicht länger abwegig zu sein.283 Tatsächlich sollten indessen auch die – von Keel als zweitranging erachteten – altorientalischen Einflüsse auf Daniel 4 mit allem Nachdruck betont werden: So hat bereits Matthias Henze überzeugend herausgearbeitet, dass die Episode von der ‚Tierwerdung‘ Nebukadnezars nach dem vorderorientalischen Erzählmotiv des ‚wilden Mannes‘ („wild man“284) modelliert wurde.285 Die Aussage, dass Nebukadnezar „bei den Tieren des Feldes“ leben und „Kräuter zu essen“286 erhalten werde, gemahnt eindeutig an die Episode von der ‚Zivilisierung Enkidus‘ im Gilgamesch­Epos (s. o. Kap. I.2.1), in der der nachmalige Freund des Protagonisten sich mit den wilden Tieren der Steppe zur Tränke drängt und erst durch den Verzehr von Brot und Bier sowie durch den Beischlaf mit Schamchat ‚verständig‘ und mithin zum (wahren) Menschen wird.287 275 276 277 278 279 280 281 282 283 284 285 286 287

Cf. ibid. Cf. Dan 4, 31: „[…] mein Verstand kehrte zurück zu mir.“ Cf. Dan 4, 33. Keel 2003, 54. Cf. ibid. Cf. Koch 1961, 24. Ibid., 25. Cf. Aristot. pol. 1, 1254a; Xen. mem. 1, 4, 11–14. Cf. Keel 2003, 61: „Feindschaft verlangt viel Aufmerksamkeit. Jeder Schachzug des Feindes wird registriert und intensiv interpretiert. Feinde sind im großen wie im kleinen oft prägender als Freunde.“ Cf. in diesem Sinne auch Wiesehöfer 2005a, 651. Henze 1999, 93. Cf. ibid., 93–99, hier v. a. 96–99. Dan 4, 22. Cf. Tafel I, 105–202 = George 2003, 544–551. Keel 2003, 56 f. räumt zwar ein, dass „einzelne Details“ der Geschichte um Enkidu in Daniel 4 eingeflossen sein mögen, betont jedoch zugleich: „Aber der grundsätzliche Unterschied zwischen Tier und Mensch, der äußerlich durch den aufrechten

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Schließlich mag auch die im Zuge der Riten zum babylonischen Neujahrsfest (s. o. Kap. I.2.2) inszenierte Demütigung und anschließende „Re-Investitur“288 des babylonischen Königs mittelbar auf die Episode im Danielbuch eingewirkt haben.289 Zudem folgen weitere Elemente der Geschichte um Nebukadnezars ‚Vertierung‘ – wie oben dargelegt – mesopotamischen Vorgaben (Kutha­Legende, Inschriften Nabonids). Dieser Rekurs auf altorientalische Vorbilder vermag nicht zu verwundern. Vielmehr entspricht die Rezeption und Umdeutung altorientalischen Materials im Sinne einer „subersive[n] Rezeption“290 gegnerischer Ideologeme durch die Redaktoren des Alten Testaments gängiger Praxis.291 Die Adaption betrifft nicht zuletzt Metaphern, die der vorderorientalischen ‚Weltherrschaftsrhetorik‘ entnommen sind. So zeigt sich die in der Klage über Tyros bei Ezechiel enthaltene Formel vom ‚Herzen des Meeres‘ (be lēb yammîn) von dem in neuassyrischen Texten omnipräsenten Topos von der ‚Mitte des Meeres‘ (s. o. Kap. I.2.6) inspiriert.292 Auch die theologische Doktrin, der zufolge Gott, der Könige ein- und absetzt, als der Urheber alles Menschlichen erscheint (cf. Dan 4,31–34; 4, 27–29), ist der altorientalischen Überlieferung inhärent und wird besonders pointiert in denjenigen Inschriften Nabonids formuliert, die möglicherweise eine ‚rudimentäre‘ Sukzession der Assyrer, Meder und Perser enthalten (s. o. Kap. I.3.1.3): Dort erscheint der babylonische Gott Marduk als die eigentliche Macht hinter den Dingen, die auch ‚fremdländische‘ Invasoren auf Zeit zur Herrschaft beruft, um sie wieder zu stürzen. Sollten zumindest vereinzelte im Eḫulḫul­Zylinder und der Babylon­Stele Nabonids enthaltene Inhalte und/oder Motive den Verfassern des Danielbuches bekannt gewesen sein, könnte auch die Abfolge von Reichen hier ihren Ursprung haben. Verwundern würde in diesem Fall indessen das Fehlen des Assyrerreiches, von dessen Sturz die Babylon­Stele berichtet. Nicht auszuschließen ist jedoch, dass sich hier ein weiteres, in diesem Falle

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Gang des Menschen demonstriert wird und innerlich durch das ganz und gar andere Herz begründet ist, ist nicht altorientalisch.“ Diese Feststellung sei an dieser Stelle keineswegs infrage gestellt, doch sind die (nicht zuletzt phraseologischen) Parallelen der Episode um die ‚Zivilisierung‘ Enkidus mit Daniel 4 nach Ansicht der Verfasserin zu evident, um hier nicht die vorrangige Quelle zu vermuten, deren ursprünglicher Sinngehalt indessen in der Tat mit ‚griechischen‘ Ideologemen verwoben worden sein mag. Lang 2010, 33. Zum Neujahrsfest cf. Waerzeggers 2011, 731 f.; Zgoll 2006b. Zum Neujahrfest im Herbst cf. Ambos 2008; 2013. Otto 2008, 134. Cf. die Beiträge in Metzger 2004a; Kitchen 2012. Speziell zu Daniel cf. van der Toorn 2001; Walton 2001; Paul 2001. Zur Rezeption altorientalischen Bildsymbolik cf. Keel 1996. Diese ‚subversive Aneignung‘ beschreibt Lang 2014b, 355 wie folgt: „Schriftzeugnisse des übermächtigen Gegenüber, konkret etwa der imperial agierenden assyrischen Besatzungsmacht werden übernommen und für Aussagen über das ‚Eigene‘ fruchtbar gemacht. Im Zuge dieser Übernahme wird zwar ihr Grundduktus übernommen, an entscheidenden Stellen aber passieren Auslassungen, Einfügungen oder auch nur subtile Änderungen.“ Cf. Ez. 26–28 mit Lang/Rollinger 2010, 208–216.

Heilsgeschehen: Die vier Monarchien und das Reich Gottes

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perserzeitliches, Stratum des Danielbuches ausmachen lässt, das die Konstruktion des Weltreicheschemas zumindest mittelbar beeinflusst haben könnte: Die Rede ist ein weiteres Mal von der Formel ‚König von Persien und Medien, König von Babylon und der Länder‘ (LUGAL par­su ma­a-da­a LUGAL TIN.TIRki u KUR.KUR u. ä.)293 in der babylonischen Titulatur des Xerxes (s. o. Kap. I.2.8; I.4). Obschon dieser Titel – wie oben dargetan – mitnichten auf die Existenz einer achaimenidischen Sukzessionskette schließen lässt, mag die Auswahl der Mächte doch zumindest erklären helfen, wie es zur Konstruktion der Herrschaft eines ‚Meders Dareios‘ über Babylon seitens der Verfasser des Buches Daniel kam: Die Historien Herodots (Wiesehöfer) und die bis in die hellenistische Zeit hinein sichtbaren Inschriften Nabonids (Haubold) boten die ‚kanonische‘ Abfolge Assyrien – Medien – Persien, die nur um das makedonische Element erweitert werden musste. Der Titel des Xerxes in den babylonischen Urkunden lieferte einen weiteren ‚Beweis‘ für die Herrschaft der Meder über Babylon, das wiederum an die Stelle Assyriens im ersten Element treten konnte. Freilich dürften akkadische Keilschrifttexte auch in hellenistischer Zeit kaum einer breiteren Leserschaft zugänglich gewesen sein; gleichwohl konnten Variationen der dort verarbeiteten Inhalte und Motive sie erreichen – in mündlicher Form oder über ‚vermittelnde‘ Texte wie die Babyloniaka des Berossos (s. u. Kap. II.3.2.2). Die Hauptschwierigkeit bei der Ermittlung der Provenienz einzelner Elemente der Bildersprache liegt in zahlreichen alttestamentlichen Texten – und im Falle des Danielbuches im Besonderen – in ihrer Heterogenität: Selbst ein einzelnes Narrativ kann – wie Daniel 4 lehrt – unterschiedliche Motive aus unterschiedlichen Räumen und Zeiten in sich vereinen. Zu Recht hat John Walton (namentlich in Bezug auf Daniel 7) den eklektischen Charakter des Buches hervorgehoben, das eine Vielzahl orientalischer (möglicherweise aber auch griechischer) Traditionen aus ihren ursprünglichen Kontexten löste und sie zu gänzlich neuen Bildern verschmolz: All evidence points to Daniel 7 being a conflated and eclectic account […] There is no reason to think that Daniel has simply tried to rework something like Enuma eliš or Anzu. He has rather used them, and probably several others, to enrich the apocalyptic imagery that becomes his own visionary masterpiece.294

Denkbar wäre vor diesem Hintergrund eine Art ‚Kontamination‘ des herodoteischen Weltreichemodells mit Versatzstücken altorientalischer, namentlich babylonischer, aber auch perserzeitlicher Überlieferungen, wobei der Sukzessionsgedanke gerade in der aus hellenistischer Zeit stammenden Endredaktion zunehmend virulent geworden zu sein scheint. Ob hier externe Einflüsse vorliegen, wird im Folgenden zu untersuchen sein.

293 Cf. Graziani 1983, Nr. 13. Cf. Rollinger 1998b, 355–361 mit der älteren Literatur. 294 Walton 2001, 86 f.

3. Ein ‚säkulares‘ Viererschema? 3.1 Alexander der Große: ‚König von Asien‘ – ‚König der Welt‘? Wiederholt wurde in der Forschung auch die Existenz einer nichtjüdischen VierMonarchien-Sukzession positiver Prägung postuliert, die bereits vor der Abfassung des Danielbuches weithin bekannt gewesen sei. In dieser Gestalt hätten die Römer das Schema kennengelernt und organisch um ein fünftes Element  – das Imperium Romanum – erweitert.1 Die Urheberschaft einer solchen gleichsam ‚säkularen‘ Vierersequenz dürfte man entweder in der unmittelbaren Umgebung der Seleukiden oder bereits Alexanders des Großen vermuten.2 Tatsächlich rekurriert der im zweiten Jahrhundert n. Chr. schreibende Alexanderhistoriker Flavius Arrianus auf das Deutungs-

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S. u., Kap. III.1–2.2. Cf. etwa Koch 2003, 18: „Eine bereits am persischen Königshof ausgebildete Dreier-Folge […] hat, wenn wir Arrian glauben dürfen, bereits Alexander der Große in seine Ideologie übernommen und charakteristisch erweitert […].“ Gazzano 2018, 62 zählt auch Aristot. pol. 3, 1284b zu den Quellenbelegen zur Sukzessionstheorie (im Sinne einer Abfolge Babylonier (= Assyrer)  – Meder – Perser). Da Aristoteles zu den Erziehern Alexanders zählte, ließe sich auf dieser Grundlage zwar vermuten, dass der spätere König bereits in jungen Jahren mit dem Konzept in Berührung kam; der Passus konstruiert m. E. jedoch weder inhaltlich noch im Hinblick auf die Reihenfolge der Mächte (Meder und Babylonier) eine derartige Sukzession. Allenfalls liefert er einen Beleg für das (rudimentäre) Wissen des Aristoteles um regionale Aufstände gegen die persische Herrschaft in Babylonien, Medien und anderen Reichsteilen. Cf. Aristot. pol. 3, 1284b: ὁ δὲ Περσῶν βασιλεὺς Μήδους καὶ Βαβυλωνίους καὶ τῶν ἄλλων τοὺς πεφρονηματισμένους διὰ τὸ γενέσϑαι ποτ’ ἐπ’ ἀρχῆς ἐπέκοπτε πολλάκις. Zu den babylonischen Erhebungen gegen Dareios I. durch zwei Rebellen, die den programmatischen Thronnamen Nebukadnezar (III. und IV.) annahmen, cf. DB 184–196 (Nadintabaḭra); 377–402 (Araxa). Zu den Aufständen cf. Heller 2010, 264–270; Da Riva 2008, 19. Zu den babylonischen Zeugnissen cf. Lorenz 2008. Alle verfügbaren Dokumente sind ibid., 87–182 aufgeführt. Darüber hinaus lässt die Bisutun­Inschrift Dareios’ I. drei der ‚Rebellen‘ gegen Dareios ihre Abkunft auf das ‚Geschlecht‘ (taṷma) des Meders Kyaxares/Uvraxšt(a)ra zurückführen (DB 214–217; 279–281; 292 f.). Zu weiteren regionalen Aufständen kam es 484 v. Chr. (unter Xerxes) in Babylonien (Erhebungen Bēl­šimânis und Šamaš­eribas). Cf. Waerzeggers 2003/2004. Zwar muss – dies sei ausdrücklich betont – unklar bleiben, ob und wenn ja, in welchem Umfang diese Informationen Aristoteles zu Gebote standen (zu einer babylonischen Erhebung cf. jedoch Hdt. 3, 150–160; zu mündlichen Versionen der Bisutun­Inschrift, die auch Aristotles erreicht haben könnten, cf. Shayegan 2012, 73–108; Wiesehöfer 2018a, 107). Der Wortlaut in Aristot. pol. 3, 1284b (s. o.) legt allerdings nahe, dass hier auf die oben erwähnten (und/oder andere) Erhebungen (und nicht etwa auf die Sukzessionstheorie) angespielt wird.

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muster der Sukzessionstheorie, um die Eroberungen des makedonischen Herrschers sinnstiftend in einen übergeordneten historischen Kontext einzuordnen. Die persische Niederlage in der Schlacht bei Issos (333 v. Chr.) erläutert der Verfasser mit den Worten: ἐχρῆν γὰρ ἤδη καὶ Πέρσας πρὸς Mακεδόνων ἀφαιρεϑῆναι τῆς Ἀσίας τὴν ἀρχήν, καϑάπεροὖν Mῆδοι μὲν πρὸς Περσῶν ἀφῃρέϑησαν, πρὸς Mήδῶν δὲ ἔτι ἔμπροσϑεν Ἀσσύριοι. So ist es denn wohl Bestimmung gewesen, dass damals den Persern durch die Makedonen die Herrschaft Asiens entrissen wurde, so wie sie durch die Perser den Medern und durch die Meder noch früher wiederum den Assyrern entrissen worden war.3

Die Schlussfolgerung, dass Arrian den Sukzessionsgedanken im Kontext der Schlacht bei Issos von einem zeitgenössischen Gewährsmann aus der ersten Generation der heute verlorenen Alexanderhistoriker bezogen habe,4 mag verlockend erscheinen. Indes, die obige Textstelle, die nicht zu den (anerkannten) Fragmenten der Zeitzeugen zählt, kann nicht ohne weiteres als Beleg für die propagandistische Nutzung des Reicheschemas durch Alexander gelten, denn: Der Verfasser – Arrian – war ein Zeitgenosse Appians und des Ailios Aristeides, wirkte also zu einer Zeit, als das römische Fünferschema längst zum Topos erstarrt war (s. o. Einleitung).5 Einstweilen muss jede Argumentation bezüglich einer möglichen Urheberschaft Alexanders daher zwangsläufig hypothetisch bleiben. Zu betrachten sind mithin einerseits die Kontexte, in denen die Propagierung einer Abfolge von Reichen sinnvoll erscheint, andererseits der Reziepientenkreis, den Alexander respektive seine ‚Chefideologen‘ im Blick gehabt haben könnten. Als Adressaten kommen dabei erstens die persischiranischen, zweitens die griechisch-makedonischen und drittens die babylonischen Eliten in Betracht. ***

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Arr. an. 2, 6, 6. Deutsche Übers. Wirth. Cf. allgemein Baynham 2003; Zambrini 2007; Will 1986, 11–30; Bosworth 1988a, 1–15. Zu den zeitgenössischen Alexanderhistorikern cf. Pearson 1960; Auberger 2001. Zu Arrian cf. Bosworth 1980; 1988a. Cf. Wiesehöfer 2003a, 394; 2003b, 69. Auch Bosworth 1980, 202 bemerkt zu der Textstelle lediglich: „The sequence of empires seems to have been almost a cliché in Arrian’s day […].“ Ferner gilt auch für Arrian, was Briant 2010, XVII über alle späteren Quellen zu Alexander feststellt: „[…] it may be said of them all that they were not so much ‚Alexander historians‘ as writers marked by the Roman milieu in which they were operating and, in some cases, also with their fascination with Greek ‘classical’ culture. They were thus, first and foremost, concerned with establishing their credentials as literary figures, which demanded that they follow the literary conventions of the day.“ [Hervorhebung M. O.].

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Ein ‚säkulares‘ Viererschema?

Die tatsächlichen Zielsetzungen Alexanders vor und während des Feldzuges gegen das Achaimenidenreich sind in der Forschung notorisch umstritten:6 Psychologische Konzepte (pothos,7 aemulatio mit den homerischen Helden8) und geographischer Erkundungsdrang9 werden ebenso zur Geltung gebracht wie das offiziell proklamierte Ziel des ‚Rache‘- bzw. ‚Befreiungskrieges‘, den Alexander von seinem Vater Philipp II. ererbt hatte.10 Geteilter Auffassung ist die Forschung zudem über die Frage, ob Alexander bereits zu Beginn des Krieges weitreichendere territoriale Ziele – die Eroberung des Achaimenidenreiches, des Kontinents Asien oder gar die Weltherrschaft – vor Augen standen oder ob er diese erst im weiteren Verlauf des Feldzuges (und unter dem Eindruck ägyptischer oder babylonischer Traditionen?) entwickelt habe.11 Von ande-

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Cf. die Übersicht bei Briant 2010, 24–41. Cf. zusammenfassend Taitetti 2016, 164 sowie Ehrenberg 1938; 1965, 399–501, der (1965, 494) bezüglich des Begriffs πόϑος (Lat. ingens cupido) festhält: „Alexander himself frequently expressed his ‚longing‘, thus setting his emotional desire for conquest and exploration of the unknown world against the caution of his adviders.“ Die πόϑος-Formel begegnet in den Quellen zehnmal bei Arrian und fünfmal bei Curtius Rufus. Cf. Taietti 2016, 164. Ehrenberg 1965, 494 zufolge übenahm Arrian die Wendung πόϑος ἔλαβεν αὐτόν von Ptolemaios und Nearchos. Das Konzept sei folglich Bestandteil der offiziellen Selbstdarstellung Alexanders gewesen, und zwar in Anlehnung an Homer, in dessen Werken die Worte ἵμερος und πόϑος desgleichen vorkommen. Bosworth 1995a, 62 hingegen betrachtet weder den Rekurs Arrians auf Ptolemaios und Nearchos noch einen Bezug zu den homerischen Epen als überzeugend, sondern hält das Motiv für herodoteisch (s. u.). Die πόϑος-Formel steht in unmittelbarer Verbindung mit dem Konzept der ἀρετή (‚Tüchtigkeit‘) und zielte auf Leistung und heroische Taten. Der Anspruch Alexanders, sich an Göttern und Heroen zu messen und ihre Taten zu übertreffen, wird in den Quellen vielfach hervorgehoben. Cf. Bosworth 1996a (Dionysos); Müller 2006; Amelig 1988 (Achilleus). Gehrke 2003, 145 weist zu Recht darauf hin, dass dieses Narrativ vornehmlich als das Ergebnis einer „nach außen gerichtete[n] Propagierung“ zu betrachten sei, misst jedoch auch dem ‚irrationalen Moment‘ in den Plänen und Taten Alexanders hohe Bedeutung zu. Cf. Gehrke 2011, passim (s. u.). Cf. Bloedow 2003; Briant 2010, 28–31. Ob Philipp II. lediglich Kleinasien im Blick hatte oder sich bereits mit weitreichenderen Zielen (i. e. der Eroberung des gesamten Kontinents) trug, bleibt ungewiss, zumal der Terminus ‚Asien‘ diesbezüglich mehrdeutig ist. Cf. Lauffer 1981, 31. Strittig ist ferner die Rolle des von Isokrates artikulierten ‚panhellenischen Gedankens‘ (cf. Lauffer 1981, 31), zumal „die offiziell propagierte Schwerpunktsetzung des Feldzuges mit Isokrates gerade nicht ohne weiteres komensurabel ist“ (Gehrke 2003, 146). Sowohl Philipp als auch Alexander begannen den Krieg auf der Grundlage eines Mandats des Korinthischen Bundes, und die ‚Befreiung der Griechenstädte Kleinasiens‘ wie auch das Motiv der ‚Rache‘ wurden gleichermaßen offiziell proklamiert. Zu den Kontingenten des Bundes und seinem Verhältnis zu Alexander cf. Poddighe 2009; Heckel 2009. Briant 2010, 37 f. zufolge orientierte Alexanders Feldzug sich an den Grenzen des Achaimenidenreiches. Der Rückzug am Hyphasis sei nicht allein der Meuterei der Truppen geschuldet, vielmehr hält Briant (ibid., 38) fest: „The evidence suggests, rather, that the descent of the Indus and the return along the Persian Coast of the Gulf was part and parcel of a long-term plan: Alexander intended to follow the boundaries of the Achaemenid empire and take control of it in its totality, and the Indus was, of course, the empire’s eastern frontier.“ Für Wilcken 1931, Ehrenberg 1965 und Berve 1938 spielte darüber hinaus das Konzept der ‚Weltherrschaft‘ im Denken Alexanders eine erhebliche Rolle. Diesbezüglich skeptischer war Heuss 1977. Einige Quellen (Diod. 18, 4, 1–6. Cf. Arr. an. 7, 1, 4–6) attestieren Alexander weitreichende Eroberungspläne im Westen, die infolge seines

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rer Seite wurde eine längerfristige Strategie bzw. ein ‚Eroberungskonzept‘ Alexanders gänzlich in Abrede gestellt.12 Tatsächlich mögen die ursprünglichen Zielvorstellungen des Makedonenkönigs vage gewesen und erst später, den jeweiligen Erfordernissen des Krieges gemäß, modifiziert worden sein.13 Zu Beginn des Feldzuges stand jedoch offenkundig das panhellenische Motiv der Rache für die unter Xerxes verübten Zerstörungen in Griechenland im Fokus, das Alexander bei seinem Übergang über den Hellespont mittels zahlreicher Symbolhandlungen öffentlichkeitswirksam inszenierte.14 Abgesehen vom ‚Speerwurf ‘, durch den Alexander einen auf den Kontinent Asien zielenden Herrschaftsanspruch artikuliert hätte, dessen Historizität jedoch fraglich ist, zeigen die Handlungen Alexanders in Ilion, Elaius und auf dem Meer „mit aller Deutlichkeit, wie Alexander beim Übersetzen über den Hellespont die Idee eines panhellenischen Rachekrieges propagierte bzw. zu propagieren sich gezwungen sah.“15 Es nimmt nicht Wunder, dass

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Todes jedoch nicht mehr hätten realisiert werden können. Dass die sogenannten Hypomnemata durchaus historisch sind und Alexander sich gegen Ende seines Lebens tatsächlich mit der Eroberung Karthagos und des westlichen Mittelmeeres trug, hat Bosworth 1988a, 185–211 dargelegt. Die zu diesem Zweck aufgebaute Flotte wurde nach dem Tod Alexanders im Lamischen Krieg eingesetzt. Ob die ‚letzten Pläne‘ in der von Diodor überleiferten Kohärenz authentisch sind, bleibt indessen fraglich. Cf. Briant 2010, 40. Zu Alexanders ‚letzten Plänen‘ cf. ferner Högemann 1985. Bezüglich der territorialen Ziele Alexanders wurde wiederholt die Frage diskutiert, von welchem Zeitpunkt an das Konzept der ‚Weltherrschaft‘ artikuliert wurde, wobei Ägypten (Ehrenberg 1965, 399–448) oder Babylonien (Högemann 1985; Hornig 2014) als mögliche Ursprungsorte der Idee in Betracht gezogen wurden. Instinsky 1949 zufolge hatte Alexander die Errichtung einer Universalmonarchie bereits von Anbeginn an konzeptualisiert (s. u.). Er verweist dabei ausdrücklich auf die parallelen Opferhandlungen am Hellespont (Arr. an. 1, 11, 3–12) und an der Indus-Mündung (Arr. an. 6, 19, 15). Cf. Andreotti 1957; Wirth 1985. Andreotti 1957, 149 bemerkt unter Verweis auf den teilweise diffusen zeitgenössischen Diskurs über die Gestalt der oikumene (s. u.): „Angesichts der Verwirrung, die in dieser Übergangsperiode der griechischen Erdkunde herrschte, kann man nicht erwarten, daß den Vorstellungen Alexanders und seiner Mitarbeiter eine klare, in sich geschlossene Theorie zugrunde lag.“ Cf. Arr. an. 1, 11, 3–12, 1; Diod. 17, 17, 1–3; 6–7; Plut. Alex. 15, 7–9; Iust. 11, 5. Zahrnt 1996, 144. Die Quellen schildern die Symbolhandlungen Alexanders teils übereinstimmend, teils unterschiedlich: Arr. 1, 11, 3–12, 1 nennt das Opfer für Protesilaos zu Elaius, das Opfer für Poseidon und die Nereiden auf dem Meer, die Landung in Asien und die Errichtung von Altären an beiden Ufern sowie Opfer für Athena Ilias und Priamos zu Troja. Die übrigen Quellen stimmen immerhin darin überein, dass Alexander den Heroen des Trojanischen Krieges seine Reverenz erwies. Diese genannten Handlungen Alexanders wurden  – wie Zahrnt 1996 zeigt  – entweder auf der Folie des Trojanischen Krieges oder der Perserkriege vollzogen. So evozieren die Opfer in Ilion und auf dem Meer (trotz einiger Unterschiede im Detail) vergleichbare Handlungen des Xerxes (cf. Hdt. 7, 43; 54 f.;), zugleich jedoch die Opfer des Agesilaos in Aulis, der seinerseits an Agamemnon erinnert hatte (cf. Xen. Hell. 3, 4, 3 f.; 7, 1, 34; Plut. Ages. 6, 6 f.; Paus. 3, 9, 3 f.). Der Besuch am Grabe des Protesilaos zu Elaius, für die Alexander einen mehrtägigen Zeitverlust in Kauf nahm, war propagandistisch mehrdeutig (s. u.): Einerseits stellte er eine Reminiszenz an den Trojanischen Krieg dar, sollte doch Protesilaos damals als erster Grieche den Boden Asiens betreten haben. Zugleich erinnerte Alexander damit jedoch an die Schändung des Grabes durch die Perser im Jahre 480  v. Chr. (cf. Hdt. 7, 33; 9, 116; 120). Die Symbolhandlun-

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Alexander den panhellenischen Charakter des Feldzuges, allzumal in Anbetracht der Reserve der griechischen Öffentlichkeit gegenüber dem Unternehmen, demonstrierte bzw. (von Kallisthenes?16) inszenieren ließ. Dies sagt freilich nur wenig über die tatsächlichen Ziele Alexanders aus, die sich aus der Überlieferung kaum mehr rekonstruieren lassen. Entscheidend ist vielmehr die ideologisch-politische Dimension der Berichte, genauer: die Frage nach den Rezipienten, auf die Alexanders (propagandistische) Aktivitäten jeweils zielten. Die Symbolhandlungen am Hellespont, die auf der ‚Folie‘ des Trojanischen Krieges und des Xerxeszuges vollzogen wurden, richteten sich zweifelsohne in erster Linie an die griechische Welt.

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gen, die Alexander bei seinem Übergang nach Asien vollzog, erscheinen folglich als Elemente der panhellenischen Propaganda im Rahmen des ‚Rachefeldzuges‘, welche wiederum auf der Publizistik des vierten Jahrhunderts aufbaute, die  – so Zahrnt 1996, 135 f.  – „eine gedankliche Linie vom Trojanischen Krieg über die Perserkriege der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts v. Chr. zu dem immer wieder propagierten gesamtgriechischen Krieg gegen Persien“ gezogen hatte. Cf. etwa Isokr. Pan.  15; 17. Aus dem Rahmen fällt der ‚Speerwurf ‘, den Alexander Diod. 17, 17, 2 zufolge vollzog, um zu erklären, er erhalte Asien von den Göttern als speererworbenes Land (χώρα δορίκτητος). Eine ähnliche Formulierung findet sich bei Iustin (11, 5, 10), dem zufolge der König die Lanze velut in hostilem terram warf. Instinsky 1949, 34 zufolge drückte der Speerwurf Alexanders den „Anspruch auf die ganze, uneingeschränkte Herrschaftsgewalt“ aus; Alexander habe somit bereits zu Beginn des Feldzuges die Unterwerfung des Achaimenidenreiches, ja der gesamten oikumene angestrebt. Entgegen dieser Auffassung macht Zahrnt 1996 zu Recht geltend, dass die mit dem Speerwurf verbundenen Botschaften (Eroberung Asiens; persönliches Streben Alexanders nach Weltherrschaft) mit dem panhellenischen Rachemotiv, das allen übrigen Symbolhandlungen zugrunde liegt, gänzlich unvereinbar sind. Der Speerwurf fehlt bei Arrian, der seine Informationen von Ptolemaios bezogen haben dürfte. Dass dem Lagiden der Vorgang unbekannt gewesen sein sollte, ist nicht nur aufgrund seiner persönlichen Nähe zu Alexander, sondern auch in Anbetracht seiner Abhängigkeit von Kallisthenes (cf. Hornblower 1981, 53) zu bezweifeln. Ebenso wenig kommt ein intentionales Verschweigen in Betracht, denn „an kaum etwas anderem konnte der Lagide stärker interessiert sein als an einem Speerwurf Alexanders mit den nach der heute üblichen Anschauung daraus ableitbaren Ansprüchen“ (Zahrnt 1996, 142). Tatsächlich war das Konzept der χώρα δορίκτητος ein politisches Schlagwort der Diadochenzeit und wird von Diodor (Diod. 18, 39, 5; 18, 43, 1; 19, 85, 3; 19, 105, 4; 20, 76, 7; 21, 1, 5), der hier in erster Linie auf Hieronymos von Kardia rekurriert, in den Jahren 321–301 v. Chr. stets in Kontexten verwendet, in denen die Ansprüche der Lagiden auf Ägypten eine Rolle spielen. Cf. Zahrnt 1996, 143. Zum Speererwerb cf. ferner Mehl 1980/81. Die Verwendung des Begriffs im 17. Buch der Bi­ bliotheke dürfte indessen auf Kleitarch zurückgehen, der Ende des vierten Jahrhunderts v. Chr. in Alexandria wirkte und die Herrschaftsansprüche der Ptolemaier vermittels einer Rückprojektion des erst später am Lagidenhof entwickelten Konzepts untermauert haben mag. Cf. Zahrnt 1996, 144. Zu Kleitarch cf. Bosworth 1988a, 7–13. Die von Iustin (11, 5) überlieferte Handlung wiederum weist deutliche Anklänge an die im römischen Fetialrecht enthaltenen Formalien der Kriegserklärung auf. Cf. Liv.  1, 32, 5–14. Schließlich mag das Bildprogramm einer Goldmünze (Price 1991, 29 f.), die vermutlich 334 v. Chr. im Kontext des Übergangs nach Asien geprägt wurde, den Vorrang des panhellenischen Programms zu diesem Zeitpunkt dokumentieren: Das Avers zeigt bezeichnenderweise die athenische Stadtgöttin Athene, das Revers die Göttin Nike mit einer stylis – ein Symbol, das eindeutig auf ein maritimes Unternehmen – die Überquereung des Hellesponts? – hindeutet. Cf. Zahrnt 1996, 144 f. Zu Kallisthenes cf. Prandi 1985; Pearson 1960, 22–49.

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Indes, selbst nach der Schlacht bei Issos (333 v. Chr.) war das ‚Rachemotiv‘ keineswegs obsolet geworden, wie aus dem Briefwechsel Alexanders mit Dareios III. (in der Version Arrians) hervorgeht.17 Die mit dem Konzept einer Abfolge von Weltreichen verbundenen Konnotationen wiederum waren mit den offiziellen Zielen des panhellenischen Krieges und dem Mandat des Korinthischen Bundes kaum vereinbar.18 Sie standen darüber hinaus im Widerspruch zum Kräfteverhältnis der Kontrahenten: Noch war Alexanders Gegenspieler Dareios III. am Leben und Herrscher über ein mächtiges Imperium. Andererseits war in der (historisch fragwürdigen) Korrespondenz des Makedonen mit dem persischen Großkönig nach der Schlacht bei Issos deutlich geworden, dass es ihm ‚ums Ganze‘ ging: Nicht nur lehnte er das Angebot einer Reichsteilung ab.19 Alexanders Argumentation knüpfte darüber hinaus in der Akzentuierung seiner persönlichen Herrscherqualitäten,20 des ‚Gottesgnadentums‘21 und des dynastischen Prinzips22 deutlich an die achaimenidische Herrschaftsrhetorik an.23 In Ägypten und Babylonien, in Reichsteilen also, die im Verlauf ihrer Geschichte unabhängige und sehr spezifische Herrschaftstraditionen entwickelt hatten, präsentierte Alexander sich späterhin  – auch hierin den Achaimeniden folgend (s. o. Kap.  I.2.8; I.4)  – als ‚Erbe‘ und Fortsetzer der indigenen Dynastien.24 Gleichwohl 17

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Cf. Arr. an. 2, 14, 1–9; Curt. 4, 1, 1–3; 7–10; Plut. Alex. 24 (erster Briefwechsel). Arr. an. 2, 25, 1–3; Curt. 4, 5, 1–9; Diod. 17, 39 (zweiter Briefwechsel). Cf. Bernhardt 1988; Schrumpf 2009; Wirth 1971; Bosworth 1980, 232; Briant 1982, 371–384. Bei Arr. 2, 14 präsentiert Alexander sich als Hegemon der Griechen, der einen Rachekrieg in Reaktion auf persische Aggressionen führt. Er konkretisiert die Vorwürfe gegen den Usurpator Dareios III., indem er den Persern die Ermordung Philipps II., ferner die Korrumpierung der Spartaner und der Lynkesten und die Unterstützung der aufständischen Stadt Perinth zur Last legt. Cf. Wiesehöfer 2003b, 69. Einen literarischen Reflex auf die Vorbehalte der makedonischen Hetairen bildet der ‚Parmenion-Disput‘. Cf. etwa Arr. an. 2, 25, 2; Plut. Alex. 29, 4. Cf. Arr. an. 2, 25; Curt. 4, 5, 7 f.; Iust. 11, 12, 3 f. Cf. Wiesehöfer 1994, 24–30. Die Aufforderung an Dareios, um sein Königtum zu kämpfen (Arr. an. 2, 14, 9) zeugt von Alexanders Wissen um die Notwendigkeit „der Bewährung des Großkönigs im Kampf “ (Wiesehöfer 1994, 28). Das Prinzip der königlichen Fürsorge tut er in Arr. an. 2, 14, 7 kund. Alexanders Anspruch auf göttliche Investitur und Unterstützung (Arr. an. 2, 14, 7) zielte, wie Briant 1982, 375–380 zeigt, auf die Götter des Perserreiches. Cf. jedoch Fredericksmeyer 2000, 144, dem zufolge Alexanders Opferhandlungen während des gesamten Zuges den griechisch-makedonischen Göttern galten. Cf. Arr. an. 2, 14, 5. Indem Alexander Dareios zum Usurpator und mithin implizit zum Repräsentanten der ‚Lüge‘ (draṷga) erklärt (s. o. Kap.  I.2.8), tritt er selbst als derjenige auf, der die gottgewollte Ordnung (ṛta) wiederherstellt. Cf. Briant 1982, 382 f.; Wiesehöfer 1994, 30. Cf. Wiesehöfer 1994, 23–30, hier v. a. 27; Briant 1982, 371–384; Jamzadeh 2012, 41–119. Cf. Wiesehöfer 1994, 26; 2015b, 73. Zur Herrschaftspraxis Alexanders in Babylonien s. u. Zur Politik Alexanders in Ägypten cf. Hölbl 1994, 9–14 sowie die Beiträge in Grieb/Nawotka/Woijciechowska 2014, hier namentlich Pfeiffer 2014 und Schäfer 2014 zu Alexanders pharaonischer Legitimation. Ein Hinweis auf die formelle Inthronisation Alexanders im Tempel des Ptah zu Memphis liefert allein Pseudo-Kallisthenes (1, 24, 4). Badian 1985, 433, Anm. 1 sowie Burstein 1991; 1994 melden berechtigte Zweifel an der Historizität dieser Episode an. Andererseits deuten zahlreiche Faktoren auf die Anerkennung Alexanders als Pharao hin, die auch deshalb wahrscheinlich erscheint, weil

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war Alexander in den Jahren 334–330 v. Chr. vornehmlich als gnadenloser Eroberer in Erscheinung getreten, der die persischen Streitkräfte am Granikos (331 v. Chr.),25 bei Issos (333  v. Chr.)26 und schließlich bei Gaugamela (331  v. Chr.)27 niederrang.28 Während die Einnahme Ägyptens und Babyloniens sich vergleichsweise reibungslos vollzog, konnten die makedonischen Truppen die persischen Kernlande erst nach zähen Kämpfen gegen den Satrapen Ariobarzanes an den ‚Persischen Toren‘ bezwingen.29 Die achaimenidische Residenz Persepolis, die kampflos fiel, wurde gleichwohl der Plünderung preisgegeben.30 Vier Monate nach seiner Ankunft in der Stadt ließ Alexander weite Teile des Palastareals niederbrennen. Über die hinter dieser Tat stehenden Motive, die bereits in den antiken Quellen unterschiedlich bewertet wurden, herrscht nach wie vor kein Konsens.31 Obschon pragmatische Erwägungen (das

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das Pharaonenamt als Garant der göttlichen Weltordnung (Maat) aus ägyptischer Sicht niemals zur Disposition stand. Cf. Schäfer 2014, 59 f. Nur ein anerkannter Pharao konnte überdies die Restauration von Heiligtümern anordnen, die für Alexander am Tempel Amenophis’ III. zu Luxor und am Tempel Thutmosis’ III. zu Karnak bezeugt sind. Cf. Gauthier 1916, 199–203. Reliefs aus Karnak zeigen Alexander im Ornat des Pharaos, Urkunden wurden nach seinen Regierungsjahren datiert, und eine Inschrift an der Kapelle Qasr-el-Migysba nahe Et-Tibbanija enthält die vollständige pharaonische Titulatur des makedonischen Herrschers (Blöbaum 2006, 423): „Horus ‚Herrscher der Herrscher im gesamten Land‘, Herrinnen ‚Löwe – groß an Kraft – Der die beiden Länder mit beiden Händen ergreift‘, Gold ‚Starker Stier – Erbe der beiden Länder – Herrscher über Meer und Erdkreis‘, König von Ober- und Unterägypten, ‚Liebling des Re, den Amun ausgewählt hat‘, Sohn des Re ‚Alexandros‘, den Amun-Re liebt […].“ Gauthier 1916, 199–203 zufolge muss die Übertragung der Titulatur im Rahmen einer formalen Inthronisationszeremonie erfolgt sein. Die Organisation der Verwaltung Ägyptens orientierte sich an den überkommenen Strukturen (Einteilung des Landes in ‚Gaue‘ unter der Leitung von Nomarchen) und beteiligte Einheimische an der Administration. Die Zivilverwaltung oblag mit Petisis und Doloaspis je einem Ägypter und einem Perser, die Militärverwaltung unterstand einem makedonischen Kommando, und mit den Finanzen wurde Kleomenes aus Naukratis betraut. Zur Gründung Alexandrias als griechischer Polis mit demokratischer Verfassung cf. Grieb 2014. Cf. Arr. an. 1, 14–16; Plut. Alex. 16. Cf. Arr. an. 2, 8–11; Curt. 3, 8–11; Iust. 11, 9–12. Cf. Arr. an. 3, 11–15; Curt. 4, 12–16; Plut. Alex. 33. So Olbrycht 2014, 37. Zu den Details des Feldzuges cf. Seibert 1985; Badian 1985; Bosworth 1988b; Berve 1926; Nawotka 2010. Cf. Arr. an. 3, 18; Diod. 17, 68 f.; Curt. 5, 5. Cf. zu den Ereignissen ferner Speck 2002. Cf. Arr. 3, 18, 7; Diod. 17, 70 f.; Curt. 5, 6, 1–10; Plut. Alex. 37, 3 f.; Iust. 11, 14. Zu Alexanders Aufenthalt in Persepolis cf. Seibert 2004/2005. Cf. grundsätzlich Wirth 1993, passim; Mousavi 2012, 57–72. In der Vulgata-Tradition (Athen. 13, 576d–e; Diod. 17, 72, 1–6; Curt. 5, 7, 3–11; Plut. Alex. 38) erscheint die Brandschatzung als spontane Tat, die – angestachelt von der Hetäre Thais – unter Alkoholeinfluss im Rahmen eines Gelages begangen worden sei. Später habe Alexander Reue gezeigt. Arr. an. 3, 18, 11 f. stellt hingegen politische Motive in den Vordergrund: Demnach sei die Zerstörung der großköniglichen Residenz als Kulminationspunkt des ‚Rachekrieges‘ und Demonstration der Vergeltung zu begreifen, die Alexander als Hegemon des Korinthischen Bundes geschworen hatte (cf. ferner Strab. 15, 3, 6; Plut. Alex. 38, 8). Tatsächlich zeigt der archäologische Befund, dass die Zerstörungen sich auf bestimmte Palastareale beschränkten und folglich systematisch geplant worden waren. Andere Areale weisen auch nach 330 v. Chr. Siedlungskontinuität auf. Cf. Wiesehöfer 1994, 39; 2005b, 48 f.; SancisiWeerdenburg 1993b, denen zufolge die Zerstörung vorrangig das Ziel verfolgte, möglichen Rivalen

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Brechen des Widerstandes?) vorrangig gewesen sein dürften, setzte Alexander möglicherweise auch ein starkes panhellenisches Signal.32 Auf der anderen Seite dürfte diese Tat Alexander in den Augen vieler Perser diskreditiert haben. Umso mehr musste es ihm darum zu tun sein, den Eindruck der gewaltsamen Eroberung und Brutalität zu relativieren.33 Gegenüber den Bewohnern der persischen Kernlande inszenierte er sich in der Folge dann auch ostentativ im vorgegebenen Rahmen der achaimenidischen Tradition, orientierte sich an den überkommenen Verwaltungsstrukturen und suchte gezielt die Kooperation mit den indigenen Eliten.34 Während seines dreißigtägigen Aufenthalts in der Persis gelangte der Makedone auch nach Pasargadai, der Residenz Kyros’ II., dem er an dessen Grabstätte seine Reverenz erwies. Alexanders Verehrung für den persischen Reichsgründer, die sich möglicherweise auch aus der Lektüre Xenophons

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um die Herrschaft keine Ressourcen bzw. das mit Persepolis verbundene Machtpotential zu hinterlassen. Olbrycht 2014, 39 wiederum führt die Maßnahme auf den Willen Alexanders zurück, den Widerstand der persischen Bevölkerung zu brechen. Diod. 17, 71, 3 zufolge hegte Alexander zu diesem Zeitpunkt großes Misstrauen gegen die Bewohner der Persis. Cf. in diesem Sinne Wiemer 2005, 116 f., der die Notwendigkeit einer an die Griechen gerichteten politischen Demonstration vor dem Hintergrund des Agis-Aufstandes betont, dessen Unterdrückung zu diesem Zeitpunkt noch nicht zur Kenntnis Alexanders gelangt sei. Dagegen sieht Wiesehöfer 1994, 39; 2005b, 48 f. die Beschreibung des Brandes in den griechischen Quellen als literarische Übertreibung an (2005, 48 f.): „[…] der Platz als Symbol der Perserherrschaft musste zum Abschluss des Rachefeldzugs untergehen.“ In den griechischen Quellen vor Alexander erscheint indessen – wie Fredericksmeyer 2000, 148 f. geltend macht – zumeist Susa als politisches und administratives Zentrum des Perserreiches, zuweilen auch Babylon oder Ekbatana. Der erste greifbare Beleg für Persepolis in dieser Rolle findet sich bei Diodor (17, 70, 2; 71, 3–8), dessen Darstellung vermutlich auf Augenzeugenberichte des Alexanderzuges zurückgeht. Cf. Olbrycht 2014, 39. Dass der Status von Persepolis in der griechischen Welt indessen gänzlich unbekannt gewesen sein sollte, ist kaum anzunehmen. Cf. Wiesehöfer 2005b, 48, der die Beteiligung ionischer Künstler und Steinmetze am Bau der Stadt geltend macht, die in der Heimat von der Pracht der Metropole berichtet haben dürften. Cf. auch Root 1985. Cf. Wiesehöfer 1994, 39 f.; Taietti 2016, 170. Cf. ferner die Warnung Parmenions (Arr. an. 3, 18, 11 f.). Cf. Wiesehöfer 1994, 23–49; Olbrycht 2014, 37; 39 sowie zur Verwaltung Higgins 1980; Badian 1965; Bosworth 1988b; Klinkott 2000. So ernannte Alexander den Einheimischen Phrasaortes zum Satrapen, dem eine makedonische Besatzung von 300 Mann zur Seite gestellt wurde (Arr. an. 3, 18, 11; Curt. 5, 6, 1), integrierte Angehörige der persischen Aristokratie in seinen Hofstaat und ließ Iraner militärisch ausbilden. Cf. Bosworth 1988b, 14 f. Von dem nämlichen Bestreben Alexanders zeugt die spätere Ernennung des Peukestas zum Satrapen (Arr. an. 6, 30, 2–3), der sich bemühte, durch das Tragen ‚medischer Kleidung‘ (Arr. an. 6, 30, 3; 7, 6, 3) und das Erlernen der persischen Sprache (Diod. 19, 14, 5) die Akzeptanz der Untertanen zu gewinnen.

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speiste (s. u.), ist in den Quellen bis 324 v. Chr. mehrfach bezeugt.35 Strabon nennt ihn gar einen φιλόκυρος.36 Mit der Ermordung Dareios’ III. durch den ostiranischen Satrapen Bessos im Juli 330 v. Chr. war der offizielle Krieg gegen das Achaimenidenreich beendet.37 Inzwischen war Alexander jedoch gerade in jenem Bessos, der die Großkönigswürde unter dem Thronnamen Artaxerxes IV. für sich beanspruchte, ein gefährlicher Rivale erwachsen.38 In dieser Situation stilisierte Alexander sich bewusst zum ‚Rächer‘ des Großkönigs und ließ dessen Leichnam in allen Ehren am Ort der Königsgräber nahe Persepolis bestatten.39 Die Familie des Dareios vereinnahmte er geschickt zur Kompensation seiner fehlenden dynastischen Legitimität.40

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Cf. Müller 2011, 113–117. Cf. Arr. an. 3, 18, 10. In Pasargadai ließ Alexander später das geschändete Grab des Kyros wiederherstellen und die über das Monument wachenden Mager foltern, um Informationen über die Grabräuber zu erhalten. Cf. Strab. 15, 3, 7 f.; Arr. an. 6, 29, 4–11. Olbrycht 2014, 39 f. zufolge war Alexander in Pasargadai in erster Linie an der Sicherung der Schätze interessiert. Für Wiesehöfer 1994, 36 dienten Alexanders Aufenthalte in Pasargadai hingegen „ohne Zweifel auch dem Ziel, die Bevölkerung der Persis für sich einzunehmen und sich selbst als würdiger Nachfolger und Schüler des Kyros erscheinen zu lassen.“ Briant 1982, 288 zufolge befand sich Alexander gar in einer ‚dynastischen Situation‘, bot doch Pasargadai als Ort der Königsinvestitur die Möglichkeit, sich als legitimer Nachfolger darzustellen: „Par ailleurs, il faut souligner qu’ à cette date Alexandre est dans une situation ‚dynastique‘ difficile: même si, en effet, la propagande macédonienne présente Darius comme ‚idéologiquement mort‘, le roi reste physiquement vivant et il prépare même une nouvelle armée. Alexandre trouve donc dans l’exaltation de la figure de Cyrus un élément important de sa propagande.“ Die in der griechischen Überlieferung erwähnten griechischen Inschriften am Kyrosgrab sind indessen eindeutig nicht authentisch. Cf. Heinrichs 1987, der (ibid., 512–539) darauf aufmerksam macht, dass (ibid., 525) „[e]in derartig universales Herrschaftsverständnis [der Teispiden und Achaimeniden] […] eine Selebstprädikation [des Kyros] als Ἀσίας βασιλεύς“ ausschließt. Die überlieferten Inschriften dokumentieren aber immerhin die Popularität und Berühmtheit der Kyrosfigur in der hellenischen Welt, die Alexander die Möglichkeit bot, sich auch den Makedonen gegenüber „gleichsam als Restaurator achaimenidischer Größe und Herrscherqualitäten erscheinen zu lassen“ (Wiesehöfer 1994, 37). 330 v. Chr. demonstrierte Alexander in Ost-Iran seine Verbundenheit mit dem persischen Reichsgründer, indem er die Privilegien der Ariaspen bestätigte, die Kyros ihnen für ihre Verdienste während eines Feldzuges gegen die Skythen verliehen haben soll. Cf. Diod. 17, 81, 2; Arr. an. 3, 27, 4; Iust. 12, 5, 9; Metz Epitome 4. Cf. Strab. 11, 11, 4. Cf. Olbrycht 2014, 40. Cf. Bosworth 1979, 6; Diod. 17, 83; Curt. 6, 6, 13; Arr. an. 3, 25, 3. Cf. Arr. an. 3, 22, 1; 6; Diod. 17, 73, 3; Plut. Alex. 43; Iust. 11, 15, 15. Zur Hinrichtung des Bessos, die von Dareios’ Bruder Exathres beaufsichtigt wurde, der überdies unter die Hetairen aufgenommen worden sein soll (Plut. Alex. 43, 7), cf. Arr. an. 3, 30, 3–5; 4, 7, 3; Curt. 7, 5, 38–40; Diod. 17, 83, 9; Plut. Alex. 43, 6; Iust. 12, 5, 10–11. Cf. Taietti 2016, 170 mit Plut. Alex. 21; 22, 5; 30; 43, 5–7; Mor. 338e; Diod. 17, 37, 3–6; 17, 38; 17, 54; 17, 67; 17, 77, 4; Curt. 3, 12, 17; 26; 4, 10, 18–34; 5, 2, 18–22; 6, 2, 9; Arr. an. 2, 12 f. Zur Heirat persischer Frauen cf. Arr. an. 7, 4, 4–8; Diod. 17, 107, 6; Curt. 10, 3, 12; Plut. Alex. 70, 3; Mor. 329d-e; Iust. 12, 10, 9–11. Bessos, der vermutlich familiäre Verbindungen zu den Achaimeniden vorweisen konnte, befand sich Alexander gegenüber diesbezüglich im Vorteil. Cf. Arr., an. 3, 21, 5; 30, 4; Diod. 17, 74, 1.

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Wenig später initiierte Alexander, in Parthien und Hyrkanien, eine Reihe sogenannter ‚pro-iranischer Reformen‘ („Pro-Iranian reforms“41).42 Diese betrafen unter anderem die Übernahme von Elementen des persischen Königsornats43 und des Hofzeremoniells, die Aneignung achaimenidischer Institutionen 44 sowie die Integration von Iranern in die Armee und Alexanders persönliche Leibgarde.45 Bemerkenswert ist dabei die Konsistenz der Maßnahmen des Königs,46 die mitnichten ausschließlich si-

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Olbrycht 2014, 40. Zum Programm der ‚Iranisierung‘ cf. Olbrycht 2014, 40–52; Bosworth 1979, 4–13; Briant 1982; Wiesehöfer 1994, 23–49. Zum Beginn der Reformen in Parthien und Hyrkanien cf. Curt. 6, 6, 1–11; Iust. 12, 3, 8–12; Diod. 17, 77, 4–11; Plut. Alex. 45. mit Bosworth 1979, 5 f.; Olbrycht 2014, 40 f. Ar. an. 4, 7, 4 zufolge legte Alexander erst nach der Gefangennahme des Bessos persische Kleidung und Insignien an. Zu Insignien und Tracht Alexanders cf. nach wie vor Neuffer 1929 sowie Olbrycht 2014, 40–47 mit Plut. Alex. 45, 1–4; 51, 5; Athen. 12, 537e; Diod. 17, 77, 5; Curt. 3, 3, 17–19; 6, 6, 4; Arr. an. 6, 30, 3; 7, 6, 3. Der Vulgata-Tradition zufolge legte Alexander in Parthien das iranische Diadem an. Unter den 36 Belegen ist nur zweimal (Athen. 12, 537; Arr. an. 7, 22, 2) von der Kombination der Stirnbinde mit der makedonischen Kausia die Rede. Dies spricht Olbrycht 2014, 42 zufolge für den nur sporadischen Gebrauch der Kausia, die folglich nicht zu den Insignien Alexanders gezählt habe. Cf. dagegen Wiemer 2005, 123. Das Diadem war am Hof Alexanders – im Unterschied zur achaimenidischen Praxis – dem König vorbehalten. Ob Alexander die exklusive großkönigliche Kopfbedeckung, die aufrechte Tiara, annahm, wird in der Forschung kontrovers diskutiert. Cf. Bosworth 1995a, 50; Fredericksmeyer 2000, 153 (gegen die Übernahme) sowie Olbrycht 2014, 42 (für die Übernahme; Verweis auf Arr. an. 4, 7, 4). Auch über die Verwendung des großköniglichen Siegels für den orientalischen Raum (cf. Curt. 6, 6, 6) gehen die Ansichten auseinander. Cf. etwa Olbrycht 2014, 44 gegen Fredericksmeyer 2000, 154. Plut. Alex. 45, 2; Mor. 330a zufolge trug Alexander weder persische Hosen noch die Kandys oder den persischen Gürtel, deren Übernahme andere Quellen postulieren. Cf. Diod. 17, 77, 5; Athen. 12, 537e-538; Curt. 6, 6, 4; Metz Epitome 2. 330 v. Chr. soll Alexander ferner persische Purpurmäntel unter seinen Hetairen verteilt und ihre Pferde mit persischem Geschirr ausgestattet haben. Cf. Diod. 17, 77, 5. Bosworth 1979, 7 vermerkt: „The mixed dress was a compromise, taking on the very minimum of Persian attire compatible with his pretensions; and at the same time Alexander’s Macedonian companions were given the purple robes of courtiers. This involved them in some of the odium of breach of custom and at the same time marked them out as the friends and satraps of the Great King.“ Zu Alexanders Hof cf. Olbrycht 2014, 47–49; Coppola 2010b; Weber 2009. Das Hofzeremoniell orientierte sich eindeutig an achaimenididischen Vorbildern. Zur Institution der persischen ‚Kammerdiener‘ unter der Aufsicht des εἰσαγγελεύς Chares von Mythilene cf. Plut. Alex. 46, 2. Weiterhin wurden persische ‚Höflinge‘ in Alexanders nächste Umgebung integriert – unter ihnen der Eunuch Bagoas, der bereits Dareios III., gedient hatte. Cf. Plut. Alex. 67, 8; Mor. 65d; Athen. 13, 603a–b. Ferner übernahm Alexander den großköniglichen Harem (cf. Curt. 6, 6, 8; Diod. 17, 77, 6–7; Iust. 12, 3, 10) und orientierte die Ausstattung seines Audienzzeltes an achaimenidischen Vorbildern. Cf. Olbrycht 2014, 48. Zum schlussendlich gescheiterten Versuch einer Einführung der Proskynese cf. Plut. Alex. 54, 3–55; 74, 2–3; Arr. an. 4, 10, 5–12; 5; Curt. 8, 5, 5–24. Zu den militärischen Reformen Alexanders cf. Olbrycht 2014, 50 mit Anm. 80; Bosworth 1979, 14–21. Zur Einrichtung der königlichen Leibgarde cf. Olbrycht 2014, 49–52. Die Institutionen der δορυφόροι und der ῥαβδυφόροι waren bereits 330 v. Chr. in Parthien und Hyrkanien ins Leben gerufen worden, erfuhren jedoch 324 v. Chr. im Zuge der Meuterei von Opis eine Aufwertung: Aus Zorn über die Makedonen soll Alexander seine makedonischen Wachen (φύλακες) entlassen und sie durch persische δορυφόροι und ῥαβδυφόροι ersetzt haben. Cf. Plut. Alex. 71, 4. Cf. Olbrycht 2014, 55: „His pro-Iranian policy remained consistent until 323.“

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tuativ getroffen wurden, sondern sich in den Folgejahren – von den Kämpfen in OstIran (328–327 v. Chr.) über den Indien-Feldzug (327–325 v. Chr.) bis zu seinem Tod in Babylon (323 v. Chr.) – fortsetzten.47 Die mögliche Zielrichtung der ‚pro-iranischen Politik‘ („pro-Iranian policy“48) Alexanders ist wiederholt Gegenstand wissenschaftlicher Kontroversen gewesen. Indessen greifen die konträren Auffassungen – Kontinuität oder Bruch, Alexander als ‚letzter Achaimenide‘ oder als Schöpfer einer gänzlich neuen monarchischen Herrschaftsform  – möglicherweise zu kurz:49 Zum Zweck der Herrschaftssicherung gehorchte der Makedonenkönig dem Prinzip der strukturellen Toleranz respektive der Kulturak­ zeptanz und führte – wie bereits die Achaimeniden – einen ‚hybriden Diskurs‘ („hybrid discourse“50) mit den Traditionen der Unterworfenen. Selbst die griechischen Quellen, die Alexanders ‚Iranisierung‘ mehrheitlich verdammen, beschreiben seine Reformen als ‚sozialen und politischen Akt‘ („social and political act“51). Durch die Reformen habe er die Bewohner der Persis und Irans für sich einnehmen und sich als Herrscher über ein heterogenes Imperium qualifizieren wollen.52 Die Botschaft richtete sich folglich in erster Linie an die indigene Bevölkerung der iranischen Territorien, allzumal an die Eliten, die Alexander erbitterten Widerstand geleistet hatten, auf deren Akzeptanz und Kooperation er indessen angewiesen war. Wie vormals in Ägypten und Babylonien, wo er sich als legitimer Pharao bzw. ‚König von Babylon‘ präsentierte, folgte Alexander auch in den persischen Kernlanden und an deren Peripherie sachpolitischen Notwendigkeiten – obschon seine strukturelle Toleranz in der Tat Grenzen kannte.53

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Cf. ibid. Zu den Feldzügen in Ost-Iran und Indien cf. Nawotka 2010, 268–383; Will 1986, 123–161; Bosworth 1996b, 66–185. Hervorzuheben sind in den letzten Lebensjahren Alexanders Zeremonien wie die Massenhochzeit in Susa (Arr. an. 7, 4, 4–8; Diod. 17, 73, 3; Plut. Alex. 70, 3; Iust. 12, 10, 9 f.) oder die Versöhnungsfeier zu Opis (Arr. an. 7, 11, 8–9; Plut. Alex. 71, 8 f.). Cf. Badian 1958. Olbrycht 2014, 55. Der namhafteste Vertreter der Theorie einer bewussten und gezielten Achaimenidennachfolge Alexanders ist Briant 1982; 1999a. Cf. ähnlich bereits Schachermeyr 1973, 321. Entgegen dieser Auffassung machen Wiemer 2007 und Fox 2007 namentlich die ‚Verstöße‘ Alexanders gegen achaimenidische und im weiteren Sinne orientalische Traditionen geltend. In dieselbe Richtung tendiert Fredericksmeyer 2000, der (ibid., 157) festhält „that Alexander adopted Persian customs for practical purposes as it suited him. It does not show that he meant to present himself as Great King.“ Haubold 2007, 49. Taietti 2016, 169. Cf. ibid., Anm. 93; 94 unter Verweis auf Arr. an. 7, 29, 4; Plut. Mor. 330a; Alex. 45, 1; Diod. 17, 77, 4. Wiemer 2007, 309 hält fest, „daß Alexander zwar durchaus geneigt war, den lokalen Eliten entgegenzukommen, wenn es seinen Interessen dienlich war, aber darum doch keineswegs bereit, seine Herrschaft in einem überkommenen Rahmen auszuüben.“ Bereits in der Persis war Alexander, entgegen der achaimenidischen Praxis, den ‚Berguxiern‘ (cf. Balatti 2017, 209–213) ein Weggeld gegen freien Durchzug zu zahlen, mit aller Härte gegen diesen Volksstamm vorgegangen und hatte ihm schwere Naturalsteuern auferlegt. Cf. Arr. an. 3, 17, 1–2. Cf. Wiesehöfer 2018b, der zwar betont, dass Alexander durchaus in vielen Punkten an die achaimenidische Herrschaftspraxis anzuknüpfen bereit war; dennoch sah er (ibid., 296) „in der bewährten persisch-großköniglichen Politik

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Dies schließt indessen keineswegs aus, dass die regionalen Ausdrucksformen der Herrschaft Alexanders mittel- bis langfristig einen ‚imperialen Überbau‘ erhalten sollten, der sich aus iranischen und makedonischen Elementen konstituierte.54 Der Rekurs gerade auch auf achaimenidische Traditionen erscheint nicht zuletzt deshalb naheliegend, weil der makedonische Hof bereits seit der Regierungszeit Amyntas’ I. (ca. 540–498 v. Chr.) und Alexandros’ I. (ca. 498/487–454 v. Chr.) erheblichen persischen Kultureinflüssen ausgesetzt gewesen zu sein scheint.55 Ungeachtet dessen zielte die Anerkennung der großen Vergangenheit der Achaimeniden durch Alexander vornehmlich auf die Bevölkerung der Persis und Irans.56 Durch die Kooperation mit den iranischen Eliten wurde eine systemstabilisierende Wirkung intendiert.57 Das Konzept einer Abfolge von Weltreichen wiederum war aller Wahrscheinlichkeit nach niemals Bestandteil der achaimenidischen Herrscherideologie gewesen (s. o. Kap. I.2–4). Sinnvoll erscheint die ideologische Vereinnahmung der Sukzessionstheorie durch Alexander folglich nur dann, wenn er einen anderen Rezipientenkreis – etwa die Griechen und Makdonen – im Blick hatte. *** Als Herrscher über ein polyethnisches, multikulturelles und in vielerlei Hinsicht heterogenes Imperium musste Alexander einen Balanceakt zwischen den unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen vollziehen, der keineswegs immer gelang. Dass seine ‚Orientalisierung‘ im Kreis seiner Hetairen auf massive Ablehnung stieß, ist hinlänglich bekannt.58 Dabei standen zwar weniger Xenophobie und kulturelle Voreingenommenheit im Vordergrund; vielmehr dürften gerade Alexanders Hetairen um ihre Privile-

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der Gewährung von Teilautonomie an kaum zu kontrollierende Berg- oder Steppenvölkerschaften ganz offensichtlich eine nicht zu duldende Einschränkung seiner erstrebten neuen Machtstellung, die er nur mit brutaler, rücksichtsloser Unterwerfung der Unbotmäßigen verhindern zu können glaubte.“ Zu weiteren Beispielen für ein rigides Vorgehen Alexanders cf. Wiemer 2007, 289–306. Cf. Olbrycht 2014, 56. Cf. Kienast 1994; Zahrnt 2011; Müller 2011, 110–113; 2014, 154–159; 2015b. Letztere hebt (2014, 158) hervor: „Als die makedonischen Truppen unter Alexander III. Persien einnahmen, war ihre eigene Kultur daher schon seit langer Zeit persisch beeinflusst. So fremd, wie die Quellen es darstellen, können den makedonischen höfischen Kreisen die achaimenidischen Traditionen nicht gewesen sein. Alexander und die makedonischen Offiziere werden einiges an Wissen mitgebracht haben; vieles wird ihnen in Persien vertrauter vorgekommen sein als den Griechen und Römern, die später über den Zug schrieben und von ihren eigenen Maßstäben ausgingen.“ Cf. Wiesehöfer 1994, 37. Cf. ibid., 46. Cf. Müller 2003; 2014; Heckel 1997. In den Quellen werden namentlich die Affairen um Philotas und Parmenion (Arr. an. 3, 26; Curt. 6, 7–11; cf. Müller 2003, 81–112; Heckel 2016, 52–59), Kleitos (Plut. Alex. 50 f.; Arr. an. 4, 8, 1–9, 4; Curt. 8, 1, 19–2, 10; cf. Müller 2003, 113–134) sowie um Kallisthenes (Curt. 8, 6, 1–8, 23; Arr. an. 4, 10, 1–14, 3; Plut. Alex. 55, 9; cf. Ionescu 2016; Müller 2003, 135–180) ausführlich geschildert.

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gien und den Einfluss gefürchtet haben, den sie im Rahmen der traditionellen makedonischen Monarchie als primi inter pares auszuüben gewohnt waren.59 Diesen Status sahen sie jedoch gerade durch die Hinwendung ihres Königs zum orientalischen Herkommen bedroht.60 Die Formierung der ‚makedonischen Opposition‘ macht deutlich, wie schwer die normativen Vorstellungen der Eliten, die als ‚Trägerschichten‘ eine integrale Basis jeder imperialen Ordnung bilden,61 miteinander vereinbar waren. Die griechisch-makedonische Umgebung Alexanders konnte selbst nach der Beendigung des ‚Rachekrieges‘ und der Entlassung der Bundeskontingente im Sommer 330  v. Chr. durch eine ostentative Achaimenidennachfolge kaum zu gewinnen sein, und gewiss entwickelte der König ihnen gegenüber teilweise andere Legitimationsstrategien als in Persien, Babylonien oder Ägypten. Dass er weder den Titel ‚Großkönig‘ noch einen anderen achaimenidischen Titel jemals annahm, mag als Zugeständnis an griechisch-makedonische Befindlichkeiten zu werten sein.62 Stattdessen hatte Alexander sich nach dem Zeugnis Plutarchs bereits unmittelbar nach der Schlacht bei Gaugamela (331 v. Chr.), in Arbela/Erbil, zum ‚König von Asien‘ (βασιλεὺς τῆς Ἀσίας) proklamieren lassen: τοῦτο τῆς μάχης ἐκείνης λαβούσης τὸ πέρας, ἡ μὲν ἀρχὴ παντάπασιν ἡ Περσῶν ἐδόκει καταλελύσϑται, βασιλεὺς δὲ τῆς Ἀσίας Ἀλέξανδρος ἀνηγορευμένος ἔϑυε τοῖς ϑεοῖς μεγαλοπρεπῶς καὶ τοῖς φίλοις ἐδωρεῖτο πλούτους καὶ οἴκους καὶ ἡγεμονίας. Mit diesem Ausgang der Schlacht galt die persische Macht als völlig vernichtet. Alexander ließ sich zum König von Asien proklamieren, hielt glänzende Opferfeiern für die Götter ab und beschenkte seine Freunde mit Schätzen, Häusern und Statthalterposten.63

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Cf. Müller 2014, 159; 2015b, 463; 466. Ihr zufolge richtete sich die Opposition weniger gegen die ‚Iranisierung‘ an sich, sondern in erster Linie gegen den (Müller 2014, 159) „Aufstieg Alexanders zum Monarchen mit autokratischen Zügen, der mit der Beschneidung von Status, Einfluss und Mitsprache der Führungsschichten einherging.“ So beklagte Kleitos 328 v. Chr. in Marakanda (Plut. Alex. 51, 1), dass die Makedonen bei persischen Türstehern um Einlass zu ihrem König betteln müssten und mit „medischen Ruten“ (Mηδικαῖς ῥάβδοις) ausgepeitscht würden. Zur Rolle der ‚Reichseliten‘ als Trägerschichten imperialer Staatsformen cf. Gehler/Rollinger 2014b, 23: „Es sind diese Trägerschichten, die durch die Pflege eines gemeinsamen und ideologisch aufgeladenen Selbstverständnisses in die Herrschaft eingebunden sind und auf vielfältigen Ebenen, direkt und indirekt, mit der Herrschaftszentrale kommunizieren. Diese Eliten stellen einen zentralen Mobilisierungsfaktor jedes Imperiums dar. Auf diese Weise verfügen Imperien über die Macht und die Mittel, in kurzer Zeit große Heere (Land- und Seestreitkräfte) aufzustellen und diese in gezielten Kampagnen operativ zu verwenden. Sie setzen diese Militärpotentiale sowohl gegen äußere Feinde als auch gegenüber Konkurrenten im Ringen um Macht und Hegemonie ein.“ Cf. Olbrycht 2014, 39. Weder in Susa noch in Persepolis ließ Alexander sich offiziell krönen, bestieg jedoch den achaimenidischen Thron. Cf. Curt. 5, 2, 13–14; Diod. 17, 66, 3–5 (Susa); Plut. Alex. 37, 7 (Persepolis). Selbst in Pasargadai, dem traditionellen Ort der Königsinvestitur, erfolgte keine offizielle Einführung in das Herrscheramt. Plut. Alex. 34, 1. Deutsche Übers. Giebel.

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Zwar lässt sich die Episode durch unabhängige Quellen kaum verifizieren, denn ein späterer Bericht des Zonaras geht eindeutig auf Plutarch zurück.64 Allein Pompeius Trogus/Iustin,65 auf dessen Version wiederum Orosius rekurriert,66 enthält immerhin einen Reflex auf das imperium Asiae.67 Gleichwohl kann die Historizität der Proklamation von Arbela – nicht zuletzt aufgrund des epigraphischen Befundes – nunmehr als gesichert gelten.68 Dissens besteht indessen weiterhin in Hinblick auf die Semantik des Titels ‚König von Asien‘ einerseits und die Frage nach den möglichen Adressaten der Proklamation andererseits. Nach der einen Auffassung handelt es sich bei den Begriffen ‚König von Asien‘ und ‚König des Perserreiches‘ um synonyme Begriffe.69 Auf der anderen Seite wurde die βασιλεία τῆς Ἀσίας als Neuschöpfung Alexanders begriffen, die eine spezifische, exklusive und allein auf Alexander zugeschnittene Herrschaftsform umschreiben sollte. Das Königtum über Asien habe demnach auf ein weit über das Achaimenidenreich hinausreichendes Territorium abgezielt.70 Zu Recht verweisen die Vertreter der letzteren These auf die griechische Provenienz des Titels71 und heben den Widerspruch des in der Bedeutung ‚König des Perserreiches‘ implizierten 64

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Cf. Nawotka 2012, 348. Zon. Epit. Hist. 4,11 hält fest, dass infolge eines glänzenden Sieges (νίκη λαμπρά) durch Alexander „die persische Herrschaft zur Gänze vernichtet worden war“ (ἡ δὲ Περσῶν βασιλεία πᾶσα κατῄρτο) und der Makedone zum ‚König von Asien‘ ausgerufen wurde (τῆς Ἀσίης βασιλεὺς ἀνηγόρευτο). Cf. Nawotka 2012, 348 mit Iust. 11, 14, 6: Hoc proelio Asiae imperium rapuit quinto post acceptum regnum anno. Cf. Nawotka 2012, 348 mit Oros. 3, 17, 4: Hoc proelio Asiae vires et regna ceciderunt totusque Oriens in potestatem Macedonici. Cf. Nawotka 2012, 348 f. Zwar spricht Iustin nicht vom Königtum (βασιλεία), sondern vom impe­ rium Asiae, doch in Anbetracht der epitomatischen Verkürzung des Originals (Pompeius Trogus) liegt die Vermutung nahe, dass der Bericht sich desgleichen auf die Proklamation zum ‚König von Asien‘ bezieht. Cf. Muccioli 2004, 10. Cf. Fredericksmeyer 2000, 137, Anm. 1 mit der älteren Literatur; Nawotka 2012, 349 f. Die Historizität wurde allein von Altheim 1947, 177–184; 1953, 66, 104 zurückgewiesen und von Gloukowski 1978, 175 ins Jahr 324 v. Chr. herabdatiert. Für die Annahme des Titels ‚König von Asien‘ durch Alexander spricht – neben der Korrespondenz des Makedonen mit Dareios (Arr. an. 2, 14, 9) – der epigraphische Befund, so eine Inschrift des Krateros aus Delphi. Cf. Foillles des Delphes III, 4, 137 (Griechischer Text und englische Übersetzung nach Nawotka 2012, 349): „O stranger, behold the bull-slaying lion, whom he killed while following Alexander the much-praised king of Asia“ (ὦ ξένε, ταυροφόνου τοῦδε λέοντος ἔχοι· / ὅμ ποτε, Ἀλ[έξά]νδρωι τότε ὅϑ’ εἵπετο καὶ συνεπόρϑει / τῶι πολυαιν[ή]τωι τῶιδε Ἀσίας βασιλεῖ). Weiterhin preist eine spätere Weihinschrift an Athena Lindos aus Delphi Alexander immerhin als ‚Herren von Asien‘ (κύριος τᾶς Ἀσίας). Cf. ILindos Col. II, 1, 105 = FGrH 532 F 3, 38 (Griechischer Text und englische Übersetzung nach Nawotka 2012, 350): „King Alexander, having defeated Darius in a battle and having become the lord of Asia“ (βασιλεὺς Ἀλέξαν[δ]ρος μάχαι κρατήσας Δα / ρεῖον καὶ κύριος γενόμε[ν]ος τᾶς Ἀσίας). Da der Text sich auf ein Orakel aus dem Jahr 331/330v. Chr. beruft, mag ihm zeitgenössische Überlieferung zugrunde liegen. Cf. Muccioli 2004, 114. Trotz der abweichenden Terminologie enthalten die Titel βασιλεὺς τῆς Ἀσίας und κύριος τᾶς Ἀσίας – so Nawotka 2012, 350 – „the same notion of controlling Asia.“ Cf. ferner Nawotka 2004, 34 f. Cf. Badian 1958, 437; Schachermeyr 1973, 277–279. Cf. Fredericksmeyer 2000,139 f.; Wiemer 2005, 113; Olbrycht 2014, 37. Cf. (bezogen auf die von Arr. an. 6, 29, 8 zitierte Grabinschriften Kyros’ II.) bereits Heinrichs 1987.

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Anspruchs auf eine Achaimenidennachfolge zum ‚panhellenischen Rachegedanken‘ hervor.72 Indessen hat Krzysztof Nawotka in zwei überzeugenden Studien die weitaus zielführendere Frage aufgeworfen, ob der Titel für die in Gaugamela und Arbela Anwesenden eine eindeutige, gleichsam selbsterklärende Bedeutung besaß.73 Eine Sichtung der griechischen Literatur des fünften und vierten Jahrhunderts v. Chr. ergibt, dass ‚Asien‘ als politischer Terminus in der Zeit vor Alexander fast ausschließlich als die Domäne des Perserkönigs begriffen wurde.74 Erst später traten alternative Bedeutungen – etwa das Seleukidenreich, das Attalidenreich oder die römische Provinz Asia – hinzu.75 Die geläufigste Titulierung des Perserkönigs war im vierten Jahrhundert – entsprechend dem persischen Titel xšāyaϑiya vazṛka – freilich μέγας βασιλεύς;76 die Annahme dieses Titels indessen war den in Arbela versammelten Griechen und Makedonen, die Alexander schließlich zum ‚König von Asien‘ akklamiert hatten,77 kaum vermittelbar. Vielmehr stand diese Akklamation noch ganz im Zeichen des ‚Rachefeldzuges‘, und die Botschaft richtete sich an einen griechisch-makedonischen Rezipientenkreis, der die βασιλεία τῆς Ἀσίας traditionell mit dem Herrschaftsgebiet des nunmehr besiegten Perserkönigs gleichsetzte.78 Für diese Deutung spricht mithin die Einbettung der Proklamation in den Kontext zahlreicher Maßnahmen, die gerade denjenigen griechischen Poleis (Kroton, Plataiai) Wohltaten versprachen, die sich während der Perserkriege um die Heimat verdient gemacht hatten. Durch die Annahme des Titels ‚König von 72 73 74

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Cf. etwa Fredericksmeyer 2000, 139: „Such an act would have been considered […] a betrayal of the panhellenic cause.“ Cf. Nawotka 2004; 2012, passim, hier v. a. 351. Cf. Nawotka 2004, 39–42; 2012, 351 f. Als geographischer Terminus konnte ‚Asien‘ sich entweder auf Kleinasien oder auf den gesamten Kontinent beziehen. Andererseits erscheint der Großkönig in den Quellen häufig als ‚Herrscher über Asien‘. Cf. Nawotka 2012, 351 f. mit den Belegen. Dieselbe Auffassung liegt der Aristoteles zugeschriebenen Schrift de mundo zugrunde. Cf. Aristot. Mund. 98a: „Die gesamte Herrschaft über Asien, in den westlichen Teilen vom Hellespont begrenzt, in den östlichen vom Indus, war nach Völkerschaften Feldherrn, Statthaltern und Königen anvertraut, als Knechten des Großkönigs“ (τὴν δὲ σύμπασαν ἀρχὴν τῆς Ἀσίας, περατουένην Ἑλλεσπόντῳ μὴν ἐκ τῶν πρὸς ἑσπέραν μερῶν, Ἰνδῷ δὲ τῶν πρὸς ἕω, διειλήφεσαν κατὰ ἔϑνη στρατηγοὶ καὶ σατράπαι καὶ βασιλεῖς, δοῦλοι τοῦ μεγάλου βασιλέως). Cf. Nawotka 2004, 39. Cf. Nawotka 2012, 352. Cf. ibid., 353. Cf. Fredericksmeyer 2000, 142 f.; Nawotka 2012, 350. Aus dem Wortlaut Plutarchs geht nicht eindeutig hervor, wer die Proklamation initiierte. Zwar spricht die passivische Konstruktion des Partizips ἀνηγορεύμενος zugunsten einer spontanen Akklamation durch die Truppen, doch erscheint selbst ein derartiges Szenario kaum ohne die Einwirkung Alexanders vorstellbar. Cf. Fredericksmeyer 2000, 142; Muccioli 2004, 110. Cf. Nawotka 2012, 354: „In many respects Alexander showed himself as the vigorous leader of the League of Corinth who, by virtue of putting an end to the Persian Empire, implemented the aims of the war of revenge and conquest set in motion through Alexander’s pronouncement and gestures at the crossing of the Hellespont in the spring of 334. […] The proclamation at Gaugamela can be seen as the crowning moment of the war of revenge, not to be surpassed even by the burning of Persepolis.“

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Asien‘ erklärte Alexander die achaimenidische Herrschaft – wie Plutarch (Alex. 34, 1) schreibt – jedoch für definitiv beendet und markierte eine Zäsur der Herrschaftsträger, die auch der Sukzession von Reichen eignet. Durch dieses Konzept hätte er somit die Ablösung der Perserherrschaft durch die Makdonen öffentlichkeitswirksam proklamieren können. In diesem Sinne wäre er freilich als makedonischer Eroberer in Erscheinung getreten, der als neuer ‚König von Asien‘ der gewachsenen Dimension seines Territoriums Rechnung trug, und nicht etwa als Nachfolger der Achaimeniden.79 Dabei ist auch die Feststellung zentral, das ‚Asien‘ ein genuin griechisches Konzept darstellt80 und, mehr noch, sowohl bei Herodot als auch bei Ktesias den territorialen Rahmen der Sukzession von Reichen bildet. Indessen ist der Sukzessionsgedanke in den Historien Herodots, wie oben (Kap.  I.3.1.2) dargelegt, noch nicht eindeutig bestimmt, denn Herodot unterteilt den Kontinent in das ‚obere Asien‘ im Osten und das ‚untere Asien‘ im Westen; die Grenze bildet der Fluss Halys. Westlich des Halys herrschen vor ihrer Unterwerfung durch Kyros die Lyder. Die Sukzession der Assyrer, Meder und Perser betrifft folglich allein das ‚obere Asien‘. Erst in den Persika des Ktesias hat sich die Formalisierung der Sukzession vollzogen, denn der Knidier schreibt bereits den Assyrern die Herrschaft über ‚ganz Asien‘ zu (s. u. Kap. I.3.2.2). Indes, die Herrschaft über ‚ganz Asien‘ ist auch bei Herodot zentral, und gerade hierin liegt der Sinngehalt der Abfolge von Reichen: Hinter der territorialen Dimension des Perserreiches stehen alle früheren Imperien Asiens weit zurück, und entsprechend kommentiert Herodot seinen Bericht über die Unterwerfung des Kroisos durch Kyros mit den Worten: „Nachdem er diesen unterworfen hatte, war er Herr über ganz Asien“ (Tοῦτον δὲ καταστρεψάμενος πάσης τῆς Ἀσίης ἦρξε).81 Ein möglicher Reflex auf den von Herodot postulierten ‚Zwang zur Aszendenz‘ findet sich in einem (vermutlich in das Jahr 324 v. Chr. zu datierenden) Ausspruch Alexanders, den Arrian überliefert: Ὡς δὲ ἐς Πασαργάδας τε καὶ ἐς Περσέπολιν ἀφίκετο Ἀλέξανδρος, πόϑος λαμβάνει καταπλεῦσαι κατὰ τὸν Έὐφράτην τε καὶ κατὰ τὸν Τίγρητα ἐπὶ τὴν ϑάλασσαν τὴν Περσικὴν καὶ τῶν τε ποταμῶν ἰδεῖν τὰς ἐκβολὰς ἐς τὸν πόντον, καϑάπερ τοῦ Ἰνδοῦ, καὶ τὴν ταύτῃ ϑάλασσαν. οἱ δὲ καὶ τάδε ἀνέγραψαν, ὅτι ἐπενόει Ἀλέξανδρος περιπλεῦσαι τήν τε Ἀραβίαν τὴν πολλὴν καὶ τὴν Αἰτιόπων γῆν καὶ τὴν Λιβύην τε καὶ τοὺς Νομάδας ὑπὲρ τὸν Ἄτλαντα τὸ ὄρος ὡς ἐπὶ Γάδειρα ἔσω ἐς τὴν ἡμετέραν ϑάλασσαν καὶ τὴν Λιβύην τε καταστρεψάμενος καὶ Καρχηδόνα οὕτω δὴ Ἀσίας πάσης δικαίως ἂν βασιλεὺς καλεῖσϑαι∙ τοὺς γὰρ τοι Περσῶν καὶ Μήδων βασιλέας οὐδὲ τοῦ πολλοστοῦ μέρους τῆς Ἀσίας ἐπάρχοντας οὐ σὺν δίκῃ καλεῖν σφᾶς μεγάλους βασιλέας.

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Cf. Fredericksmeyer 2000, 140: „Thus Plutarch seems to imply that Alexander did not take over the Persian Empire (it no longer existed), but replaced it.“ Cf. Heinrichs 1987 sowie Schulz 1999; Cobet 1996; Demandt 1998 zu der im Griechenland seit dem sechsten Jahrhundert aufkommenden Konzeptualisierung der Kontinente. Zur geradezu topischen Dichotomie zwischen ‚Asien‘ und ‚Europa‘ cf. Pontera 2009; 2011, 185; Muccioli 2004, 106 f. Hdt. 1, 130, 3.

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Als Alexander nach Pasargadai und Persepolis kam, da ergriff ihn der sehnliche Wunsch, Euphrat und Tigris hinab zum Persischen Meer zu fahren und die Mündung der Flüsse in die See sowie das Meer dort selbst kennenzulernen, wie er es seinerzeit am Indus getan hatte. Manche berichten auch, er habe um die Hauptmasse Arabiens, dazu Äthiopien, Libyen und das Nomadenland jenseits des Atlasgebirges herum nach Gades segeln und dann in unser Meer einlaufen wollen, um sich schließlich nach der Unterwerfung von Libyen und Karthago erst mit vollem Recht als König von ganz Asien bezeichnen zu können, denn die medischen und persischen Könige, die nicht einmal einen kümmerlichen Bruchteil Asiens beherrschten, hätten sich zu Unrecht den Titel Großkönig angemaßt.82

Nicht nur werden Alexander hier weitreichende territoriale Ziele attestiert, die sich mithin an der herodoteischen Unterteilung der oikumene in (nur) zwei Kontinente (Libyen als Teil Asiens) orientieren;83 vielmehr lässt sich darüber hinaus das agonale Prinzip der altorientalischen Herrscherideologie greifen, das Herodot auch den Persern zuschreibt (s. o. Kap.  I.3.1.2). Zugleich evoziert der Hinweis auf die medischen und persischen Könige die (wenngleich rudimentäre) herodoteische Sukzession von Reichen. Dass Alexander – allzumal im Rahmen der an die Griechen und Makedonen gerichteten ‚panhellenischen Propaganda‘ – mit Reminiszenzen an Herodot arbeitete, ist naheliegend, bildeten die Historien im vierten Jahrhundert v. Chr. doch den zentralen Referenztext für die Geschichte Persiens und der Perserkriege.84 Tatsächlich sind intertextuelle Bezüge zum Geschichtswerk Herodots in den Berichten der Alexanderhistoriker omnipräsent, wie zuletzt Sabine Müller 85 und Guendolina D. M. Taietti86 herausgestellt haben. Die komparatistische Untersuchung zahlreicher Quellenbeispiele, von denen an dieser Stelle nur einige wenige aufgeführt seien, macht deutlich, dass Herodots Historien häufig die ‚Folie‘ bildeten, auf der Alexander – im positiven wie im negativen Sinne – abgebildet werden konnte.87 Herodoteische Narrative schufen einen Rahmen, innerhalb dessen Alexanders Taten sich in einer für Griechen und Makedonen verständlichen Form erklären und deuten ließen.88

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Arr. an. 7, 1–3. Deutsche Übersetzung Wirth. Cf. Hdt. 4, 36–45 sowie Murray 1972, 206. Cf. Hornblower 2006; Murray 1972; Müller 2011, 113 f.; 116 f.; 129 f. sowie Riemann 1967 zur HerodotRezeption in der Antike. Cf. Müller 2011. Cf. Taietti 2016. Zu den unterschiedlichen (positiven und negativen) Traditionen cf. Müller 2015b, 466–469. Cf. Taietti 2016, 162: „Images in the Alexander Historians – such as the father king, the builder king or the wicked tyrant – strongly suggest that the Histories were still a frame of reference, both for Alexander  III., who had to prepare himself for an unprecedent task, and for the authors who had to describe and explain it to the Greek speaking audience.“

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So werden dem Makedonen zuweilen dieselbe Liebe zum Wein und die damit verbundenen Ausfälle attestiert wie Herodots Kambyses,89 häufiger jedoch wird er als Inversion des Perserkönigs präsentiert,90 den Herodot als maßlosen Despoten vorstellt, der sich an ägyptischen Traditionen vergeht, der den heiligen Apis-Stier tötet und einen erfolglosen Feldzug gegen die Ammonier, die Einwohner der Oase Siwa in der libyschen Wüste, unternimmt.91 Im Kontrast dazu nimmt Alexander Ägypten kampflos ein, er erweist dem Apis und anderen ägyptischen Göttern seine Reverenz,92 und schließlich gelingt ihm der gefährliche Marsch nach Siwa, wo er als Sohn des Zeus-Ammon anerkannt wird.93 Die gedankliche Verbindung dürfte für antike Leser selbstverständlich gewesen sein, und Plutarch zieht sogar explizit die Parallele zu Kambyses.94 Dass ausgerechnet Siwa als Ort der Anerkennung durch Amun-Re gewählt wurde, lässt den Schluss zu, dass die mit dem Zug verbundene Botschaft auch den Griechen galt, denn Siwa war aus ägyptischer Sicht ein eher peripheres Orakel; es genoss auf der anderen Seite hohes Anse-

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Cf. Hdt. 3, 34 (Kambyses) sowie Curt. 5, 7, 4 f.; Diod. 17, 72, 11–12; Plut. Alex. 38 (Alexander). Cf. Müller 2011, 117–120. Die ‚normative Inversion des Kambysesbildes‘ bei den Alexanderhistorikern untersucht ferner Pfeiffer 2014, hier v. a. 94–96, dem zufolge sich Alexander bewusst (und in Anlehnung an Herodot) zum ‚Anti-Kambyses‘ stilisierte. Cf. Müller 2011, 118–120. Cf. insbesondere die Leichenschändung des Amasis (Hdt. 3, 16), die Tötung des Apis-Stiers (Hdt. 3, 27–29) sowie die Verhöhnung der Tempel zu Memphis (Hdt. 3, 37). Zum gescheiterten Zug gegen Siwa cf. Hdt. 3, 26. Eine Steigerung erfuhren die angeblichen Schandtaten des Kambyses später bei Diodor (1, 44, 3; 46; 49, 5). Cf. Arr. an. 3, 1, 2. Curt. 4, 7, 5 vermerkt, dass Alexander die Verhältnisse Ägyptens derart ordnete, „dass er nichts an den überkommenen Sitten der Ägypter änderte“ (ita, ut nihil ex patrio Aegypti­ orum more mutaret). Cf. Curt. 4, 7, 5–32; Plut. Alex. 26, 11–27; Iust. 11, 11, 9–10; Arr. an. 3, 3–5; Diod. 17, 49, 2–51, 4; Strab. 17, 1, 43. Howe 2013 arbeitet die unterschiedlichen Stadien einer in der Diadochenzeit formulierten invented tradition um Alexanders Göttlichkeit und die Episode um den Zug nach Siwa heraus und hält einen Großteil dieser Tradition für spätere literarische Formung. Cf. Plut. Alex. 26, 7. Cf. ferner Pfeiffer 2014, 97 f., der (ibid., 98) festhält: „Gerade der Sandsturm und die Verhinderung des Untergangs des Zuges in die Wüste sind meines Erachtens ganz klar vor dem Hintergrund der Antikambyses-Darstellung Alexanders zu sehen: Das Heer des Kambyses kam in der Wüste um, weil es das Orakel vernichten wollte, den Zug Alexanders hingegen hat die Gottheit geschützt.“ Ein interessantes Detail der Episode betrifft die fliegenden Schlangen, die dem Heer dem Bericht des Ptolemaios zufolge (FGrH 138 F 9 = Arr. an. 3, 4, 5) während eines Sandsturmes den Weg wiesen. Denn bemerkenswerterweise begegnet dieses Motiv nicht nur bei Herodot (2, 75 f.; 3, 107–109), sondern darüber hinaus bei Jes. 30, 6–7 und in den Annalen Asarhaddons (Ash. F § 76, 111–113 = Borger 1956, 112). Rollinger 2004b hat gezeigt, dass die Tradition auf eine syrisch-palästinische Lokalsage um die Göttin Utu zurückgeht, die in der Ikonographie als Uräusschlange dargestellt wurde. S. o. Kap. I.3.1.1. Ob Ptolemaios die Tradition von Herodot bezog oder sie ihm als dem späteren Herren über Ägypten und Koilesyrien bekannt wurde, bleibt indessen unklar. Gleichwohl ist die Persistenz des Motivs bemerkenswert. Anderen Quellen zufolge (Plut. Alex. 11–27, 9; Diod. 17, 49, 2–51, 4; Curt. 4, 7, 15) waren es Raben, die Alexanders Truppen den Weg zeigten.

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hen in der griechischen Welt und ließ als einziges die Identifizierung Amun-Res mit Zeus zu.95 Weiterhin spielt auch das herodoteische „river motif “96 bei den Alexanderhistorikern eine Rolle, jene Metapher der Flussüberschreitung also, die in den Historien stets das Scheitern orientalischer Expansion markiert bzw. präfiguriert (s. o. Kap. I.3.1.2).97 Ungeachtet der Tatsache, dass Alexanders Heer tatsächlich Flüsse überqueren musste und sich dazu offenbar altorientalischer Pioniertechniken bediente,98 wecken die Schilderungen der Quellen häufig Assoziationen mit herodoteischen Vorbildern: War Dareios I. während seines Skythenfeldzuges am Istros an seine Grenzen gestoßen,99 so überschreitet auch Alexander den Fluss zwar, doch auch er markiert die Grenzen deutlich durch die Errichtung von Altären.100 Bereits seinen Übergang über den Hellespont soll Alexander nach Ausweis der Quellen nicht nur in Anlehnung an den Trojanischen Krieg, sondern darüber hinaus als Inversion des Xerxeszuges in der Schilderung Herodots inszeniert haben (s. o.).101 Besonders augenfällig wird dieser doppelte Bezug durch seinen Besuch am Grabe des Protesilaos zu Elaius, desjenigen homerischen Helden also, der als erster Grieche asiatischen Boden betreten haben soll102 und dessen Grab – so Herodot – 480 v. Chr. durch die Perser geschändet worden war.103 In diesem Kontext mag auch das ‚panhellenische Rachemotiv‘ als bewusste Verkehrung eines herodoteischen Narrativs zu begreifen sein, hatte doch Dareios I. den Feldzug gegen Hellas als Strafexpedition gegen Athen und Eretria begonnen, die den Ionischen Aufstand unterstützt hatten.104 Alexander

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Cf. Schäfer 2014, 58 f.; Pfeiffer 2014, 97 f. Cf. in diesem Sinne auch Howe 2013, 62: „The Greek context is fully, and seemingly solely, engaged. Alexander (and Callisthenes) is playing for a Greek audience.“ 96 Immerwahr 1966, 84. 97 Cf. Taietti 2016, 162 f. 98 Cf. Rollinger 2013b, passim. Demnach bedienten sich Alexanders Ingenieure aufblasbarer Schwimmhilfen, verwandten Schlauchflöße (kelek) und errichteten Pontonbrücken. Darüber hinaus evozieren diese Ingenieursleistungen jedoch auch die Umleitung des Flusses Gyndes durch Kyros (Hdt. 1, 189–190, 1), die Konstruktion des Kanals bei Suez durch Dareios I. (Hdt. 2, 158, 1) und die Schaffung des Kanals am Athosgebirge durch Xerxes (Hdt. 7, 22, 1–2). Cf. Taietti 2016, 163. Zur ideologischen Dimension der Flussüberschreitung bei den Alexanderhistorikern cf. ferner Bichler/Rollinger 2017, 12–18. 99 Cf. Hdt. 4, 136–141. 100 Cf. Arr. an. 1, 4, 5; Taietti 2016, 163. 101 Cf. Müller 2011, 123 f. So stellen Alexanders Opfer an Poseidon und die Nereiden (Arr. an. 1, 11, 6) offenkundig eine Reminiszenz an Xerxes’ Libationen für Helios (Hdt. 7, 54) dar. Plut. Mor. 342 stellt diesen Bezug unmittelbar her. Cf. Instinsky 1949, 41–53; 62 f. sowie Zahrnt 1996, 135, der indessen auch die Unterschiede der Opferhandlungen betont. Selbst Alexanders Aktivitäten in Ilion (Arr. an. 1, 11, 7–8) evozieren den Besuch des Xerxes in jener Stadt (Hdt. 7, 43). 102 Cf. Hom. Il. 2, 698–702. 103 Cf. Müller 2011, 123 mit Arr. an. 1, 11, 5. Zur Schändung des Protesilaos-Grabes durch die Perser cf. Hdt. 7, 33; 9, 116; 120. 104 Cf. Hdt. 5, 105.

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wiederum deklarierte den Krieg gegen das Perserreich in einer „inversion of roles“105 als Rachefeldzug für die unter Xerxes verübten Zerstörungen in Griechenland, zumal in Athen.106 Alexander stilisierte sich oder wurde folglich zum „Anti-Xerxes“107 stilisiert.108 Zuweilen scheint bei ihm aber auch die Vermessenheit des Perserkönigs durch, der den Hellespont geißeln ließ und ihn „bitteres Wasser“ (τικρὸν ὕδωρ) nannte.109 Denn ähnlich verächtlich äußerte Alexander sich Arrian zufolge über den Granikos, den er als „kleines Bächlein“ (σμικρόν ῥεῦμα) beschimpfte.110 Schließlich stieß auch Alexander – wie die Perserkönige Herodots – an einem Fluss, am Hyphasis, an seine Grenzen.111 Das river motif bildet in den Historien Herodots zudem den Kulminationspunkt menschlicher Hybris und ungebremsten Expansionsdranges (s. o. Kap. I.3.1.1). So gedenkt Xerxes das Perserreich auszudehnen, bis es mit dem Himmel zusammenstößt.112 Dabei ignoriert er – wie andere vor ihm – die Stimme ‚weiser Warner‘, die ihn von seinen hybriden Plänen abzubringen versuchen.113 Gegenüber Xerxes erscheinen namentlich Artabanos und Artemisia in dieser Funktion.114 Alexander wiederum, dem die Quellen weitreichende Eroberungspläne attestieren (s. o.), erscheint nicht minder megaloman.115 So mag auch die pothos-Formel herodoeteischen Vorgaben folgen.116 Die Rolle des Mahners, dessen Ratschläge der Makedo-

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Taietti 2016, 169. Cf. ibid. mit Arr. an. 2, 14, 4; 3, 18, 12; Plut. Alex. 38, 2; Strab. 15, 7. Müller 2011, 123. Taietti 2016, 169 führt das Narrativ sowohl auf Alexander selbst als auch auf die späteren Autoren zurück, die über den Feldzug berichteten: „The Pan-Hellenic revenge-theme was long exploited by Alexander III’s propaganda, and presumably both the conqueror himself and his historians took some motifs from the Histories, since they were the basic narrative on the Persian wars, the ‚premise‘ to the Macedonian campaign against the Persian Empire.“ 109 Hdt. 7, 35, 2; Taietti 2016, 163. 110 Arr. an. 1, 13, 6; Taietti 2016, 163. 111 Cf. Arr. an. 5, 25–29; Taietti 2016, 163. Auch Bichler/Rollinger 2017, 15 f. weisen darauf hin, dass Alexander die Umkehr am Hyphasis offenbar nicht in Anlehnung an bzw. in Konkurrenz zu Herakles und Dionysos inszenierte, sondern dass dieser Bezug erst später (cf. etwa Plin. nat 6, 62) hergestellt wurde. Vielmehr streichen sie die Parallelen zum Skythenfeldzug Dareios’ I. heraus. Weiterhin stellte Alexander sich, als er nach der Umkehr am Hyphasis den Indus hinabgefahren war und das offene Meer befuhr (Arr. an. 6, 19, 3–5; Curt, 9, 27; Plut. Alex. 66, 1 f.), in die Tradition desselben Königs, der laut Hdt. 4, 44 nach der Unterwerfung der Inder den (zuvor von Skylax erkundeten) Seeweg genutzt und das offene Meer befahren haben soll. 112 Cf. Hdt. 7, 8, 1: εἰ τούτους τε καὶ τούς τούτοισι πλησιοχώροους κατασρεψόμεϑα, οἳ Πέλοπος τοῦ Φρυγὸς νέμονται χώρην, γῆν τὴν Περσίδα ἀποδέξομεν τῷ Διὸς αἰϑέρι ὁμουρέουσαν. 113 Cf. Taietti 2016, 165–167. 114 Cf. Hdt. 1, 30–33 (Solon und Kroisos); Hdt. 1, 207 f. (Kroisos und Kyros); Hdt. 4, 83 (Artabanos und Dareios); Hdt. 7, 10–11 (Artabanos und Xerxes); Hdt. 8, 67–69 (Xerxes und Artemisia). 115 Cf. Arr. an. 7, 1, 6; Diod. 18, 4, 4. 116 Cf. Taietti 2016, 164. Die Wendung ἔλαβε πόϑος verwendet auch Herodot (1, 165, 3), hier jedoch bezogen auf die Phoiniker. Im Zusammenhang mit den Handlungen der Perser erscheint in den Historien häufiger das Verbum ἐπιϑυμεῖν. Cf. Hdt. 1, 201, 1; 4, 1, 1 (Kyros); 7, 18, 2 (Xerxes); 9, 3 (Mar-

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nenkönig wiederholt ausschlägt, übernimmt bei den Alexanderhistorikern wiederholt Parmenion.117 Dessen Dialoge mit Alexander spiegeln einerseits den sich anbahnenden Konflikt Alexanders mit führenden Hetairen, die den ‚konservativen‘ makedonischen Adel repräsentieren. Der Parmenion-Disput ist ein Stilmittel, das die Eskalation des Konflikts präfiguriert. Auf einer anderen Ebene verarbeiten die Quellen die Auseinandersetzungen Alexanders mit seinem General jedoch eindeutig auf der Folie des herodoteischen Motivs des ‚weisen Warners‘ und wecken auf diese Weise gezielt Assoziationen: Through these dialogues they could create the picture of a daring and resourceful Alexander III in contrast with a too conservative and fearful Parmenio, or the image of a hardheaded despotic leader who does not listen to anything but his desire for glory. In the latter case, Parmenio becomes almost a reversal of the Herodotean trope: although representing the logical point of view, he is constantly proven wrong by Alexander’s reckless actions.118

Der Rekurs auf herodoteische Erzählmotive konnte seine Wirkung jedoch nur dann entfalten, wenn die Adressaten die intertextuellen Bezüge verstanden. Diese Voraussetzung wäre im Kontext einer speziell auf einen griechisch-makedonischen Rezipientenkreis zugeschnittenen Propaganda durchaus gegeben. Indes, in welchem Maße die Reminiszenzen an die Historien Herodots bereits Bestandteil der Agenda Alexanders gewesen sind, lässt sich nur vermuten.119 Dass der am Hof zu Pella sozialisierte Makedonenherrscher mit den Werken Herodots, Xenophons und vermutlich auch mit den Persika des Ktesias vertraut war, kann als sicher gelten.120 Gerade sein ostentatives Anknüpfen an den persischen Reichsgründer Kyros mag darauf hindeuten, dass Alexanders Wissen um die persische Kultur und Geschichte sich wesentlich aus der Lektüre griechischer Autoren speiste, denn viele seiner Handlungen scheinen unmittelbar von den Taten inspiriert zu sein, die Xenophons Kyrupädie diesem Herrscher zuschreibt.121 Darüber hinaus berichtet Nearchos, Alexander habe den gefährlichen Marsch durch die Gedrosische Wüste (225 v. Chr.) auch deshalb angetreten, um Kyros und Semiramis zu übertreffen.122 Obschon Nearch sich auf die Berichte Einheimischer beruft, mag die Bezugnahme auf die assyrische Königin Semiramis eine Reminiszenz donios). Cf. Bosworth 1995a, 62: „The language is again Herodotean […], and there are numerous parallels in late Greek literature for both vocabualary and construction.“ 117 Cf. Chaplin 2011; Taietti 2016, 165–167 mit Arr. an. 1, 13, 3 (Granikos); Plut. Alex. 19, 3; Arr. an. 2, 4 (Kilikien); Plut. Alex. 29, 4; Arr. an 2, 25, 2 (Tyros); Plut. Alex. 31, 5–7 (Gaugamela); Arr. an. 3, 18, 11 (Persepolis). 118 Taietti 2016, 167. 119 Cf. ibid., 159. 120 Cf. Hornblower 2006 (Herodot); Manfredi 1984 (Xenophon). Cf. Müller 2011, 113 f; 129 f. 121 Cf. Taietti 2016, 179 f. Diese Reminiszenzen betreffen etwa die Annahme ‚medischer Kleidung‘, die Kyros seinen ‚Freunden‘ darbot (Xen. Kyr. 8, 3, 1), die Geschenke an persische Frauen (Xen. Kyr. 8, 5, 21; Plut. Alex. 69) sowie die Einführung der Proskynese (Xen. Kyr. 8, 3, 14). 122 Cf. Nearchos FGrH 133 F3 (= Arr. an. 6, 24, 2).

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an Ktesias darstellen, der – soweit die überlieferten Fragmente erkennen lassen – zumindest maßgeblich an der Ausgestaltung dieser literarischen Figur beteiligt war (s. o. Kap. I.3.2.2).123 Die Persika stellten darüber hinaus ein weiteres Referenzwerk für die Theorie einer Abfolge von Reichen dar.124 Die Wahrscheinlichkeit einer propagandistischen Vereinnahmung herodoteischer (und ktesianischer) Narrative durch Alexander und seine ‚Chefideologen‘, allen voran Kallisthenes, lässt sich somit kaum von der Hand weisen.125 Diese Reminiszenzen dürften namentlich im Rahmen des ‚panhellenischen Rachefeldzuges‘ – etwa bei der Inszenierung des Hellespontübergangs – zum Einsatz gekommen und später (den gewandelten Anforderungen gemäß) adaptiert worden sein.126 Ob auch die Sukzession von Reichen zum Motivrepertoire der Selbstinszenierung Alexanders zählte, lässt sich indessen nicht mit Gewissheit nachvollziehen, zumal der Anteil der literarischen Gestaltung durch die späteren Alexanderhistoriker beträchtlich gewesen sein muss (s. o.). *** Beachtung verdient in diesem Zusammenhang schließlich auch die Satrapie Babylonien, die wegen der Nichtberücksichtigung des neubabylonischen Reiches in der ‚kanonischen‘ Abfolge von Reichen bisher kaum als Ursprungsort der Sukzessionstheorie in Betracht gezogen wurde. Indessen könnte die Sukzession der Assyrer, Meder und Perser dort immerhin insofern eine Rolle gespielt haben, als der letzte neubabylonische König Nabonid dereinst eine ‚Geschichtstheologie‘ entwickelt hatte, in der eben diese Mächte als ‚Agenten‘ des Stadtgottes Marduk in Erscheinung treten (s. o. Kap. I.3.1.3).127 123

Cf. Bichler 2014, 59 f. Ein Zug der Semiramis durch die Gedrosische Wüste ist in den erhaltenen Fragmenten des Ktesias zwar nicht überliefert. Darin heißt es lediglich, die Königin habe nach ihrer Niederlage am Indus den Rückzug angetreten und dabei zwei Drittel ihrer Armee verloren. Cf. FGrH 688 F 1b (= Diod. 2, 19, 10). Andererseits weiß Curtius Rufus (7, 6, 20) von Alexanders großerer Bewunderung für Semiramis zu berichten: quippe non alium gentium illarum magis ad­ miratus est quam hunc regem [scil. Kyros] et Samiramim, quos et magnitudine animi et claritate rerum longe emicuisse credebat. Desgleichen beschwört Alexanders Rede im Land der Maller (Curt. 9, 6, 23) die Feldzüge und Heldentaten der Semiramis herauf. 124 Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang das oben (Kap. I.3.2.2) erwähnte Grabmonument des Sardanapallos, das Alexander in Tarsos besichtigt haben soll (Aristobulos FGrH 139 F9 = Arr. an. 2, 5, 4) und dessen Inschrift folgendermaßen lautete: „Sardanapal, der Sohn des Anakyndaraxas, hat Tarsos und Anchilaos an einem Tage erbaut. Du aber, Wanderer, iß, trink und laß es dir gut gehen – was sonst noch im Menschenleben kommt, ist im Vergleich damit ohne Bedeutung.“ (Σαρδανάπαλος ὁ Ἀνακυνδαράξου παῖς Ἀγχίλαον καὶ Tαρσὸν ἐν ἠμέρᾳ μιᾷ ἐδείματο. σὺ δὲ, ὦ ξένε, ἔσϑιε καὶ πῖνε καὶ παῖζε, ὡς τἆλλα τὰ ἀνϑώπινα οὐκ ὄντα τούτου ἄξια). Cf. Fink 2014. 125 Cf. Murray 1972, 205; Müller 2011, 113 f.; 116 f.; 129 f. sowie 2015b, 466: „Callisthenes seems to have depicted his Macedonian protagonist carefully as a counterpart of all the Persian kings with a bad reputation in Greek literary tradition.“ 126 Cf. Müller 2011, 114 mit der älteren Literatur. 127 Cf. Haubold 2013a, 78–98.

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Der zweimalige Aufenthalt Alexanders in Babylon, das ihm am 21. Oktober 331 v. Chr. die Tore öffnete und wo er am 11. Juni 323 v. Chr. verstarb, wird durch indigene Zeugnisse, die Astronomischen Tagebücher, bestätigt.128 Der ‚klassischen‘ Überlieferung zufolge wurde der Makedonenkönig in der Stadt unter frenetischem Jubel als ‚Befreier‘ vom ‚persischen Joch‘ empfangen.129 In bewusster Abkehr von der achaimenidischen Repression – so eine verbreitete Auffassung – habe Alexander gezielt die ‚anti-persische Stimmung‘ in Babylon zu seinen Gunsten gewendet, indem er sich als legitimer König von Babylon inszenierte und die traditionellen Pflichten der babylonischen Herrscher erfüllte.130 Zu diesen Pflichten zählte namentlich die Instandhaltung der Heiligtümer,131 und tatsächlich lassen sich Restaurationsarbeiten Alexanders an babylonischen Tempeln sowohl durch keilschriftliche Texte als auch durch den archäologischen Befund bestätigen.132 Arrian berichtet, der König habe unmittelbar nach seinem Einzug in die Stadt Opfer für Bel-Marduk angeordnet und den Wiederaufbau aller Heiligtümer, darunter des ‚Tempels des Belos‘, befohlen, der dereinst von Xerxes zerstört worden sei.133 Indessen hat die Forschung den Vorwurf der ‚Tempelschändung‘ und andere vermeint128

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Cf. Sachs/Hunger 1988a, 178 f., Nr. 330, rev. 6’–11’ (Einzug in Babylon); 206 f., Nr. 322B, obv. 8 (Tod Alexanders in Babylon) mit Nawotka 2015, 365. Zur Datierung cf. van der Spek 2003, 297–299; Heller 2010, 380. Zu Alexanders Politik in Babylonien cf. ferner Kuhrt 1990b; van der Spek 2003; Nawotka 2015. Cf. Nawotka 2015, 365 f.; Heller 2010, 366–372. Dem Bericht des Curtius Rufus (Curt. 5, 1, 17–33) zufolge übergab der persische Satrap Mazaios die Stadt und unterwarf sich Alexander. Die Einwohner – so Curtius weiter – seien dem Makdonen entgegengelaufen und hätten seine Ankunft auf den Stadtmauern erwartet. Bagophanes, der Wächter der Zitadelle, habe den „ganzen Weg mit Blumen und Kränzen bestreuen lassen“ (totum iter floribus coronisque constraverat) und silberne Altäre (altaria argentia) zu beiden Seiten des Weges aufgestellt. Weiterhin seien Löwen, Schlachtvieh, Pferde und Panther dem König als Geschenke dargebracht worden, die persischen Mager und die babylonischen Chaldaier hätten ihn unter Hymnen empfangen und schließlich sei die babylonische Kavallerie ihm entgegengezogen. Dass der Bericht des Curtius Rufus indessen Anklänge an den römischen adventus aufweist, zeigt Demandt 2009, 200. Cf. desgleichen Arr. an. 3, 16, 3–4. Cf. Nawotka 2015, 367 mit der älteren Literatur. In den Astronomischen Tagebüchern (Sachs/Hunger 1988a, 178 f., Nr. 330, rev. 11’) wird Alexander als LUGAL ŠÚ tituliert. In einem auf den 15. Mai 324 v. Chr. datierten Rechtstext (Stolper 1993, 70–73, Nr. A2–2, Z. 23) erscheint Alexander mit dem traditionellen babylonischen Titel ‚König der Länder‘ (LUGAL KUR.KUR). Es handelt sich um den spätesten überlieferten Text aus Alexanders Regierungszeit überhaupt. Cf. Stolper 1993, 73, Anm. zu Z. 22 f. Cf. Boiy/Mittag 2011, 111; Kuhrt 1990b, 127: „The clue lies in the range of symbolic ritual acts which it was necessary for kings to perform and on which usurpers and conquerors in particular prided themselves. […] Among these rebuilding of sanctuaries, increasing the offerings to gods and reaffirmation of various priveleges are regularly recurring items.“ Cf. Stolper 1993, 68–70, Nr. A2–1; Del Monte 1997, 13–17; van der Spek 2003, 300. Cf. dazu Nawotka 2015, 366–370; Kuhrt/Sherwin-White 1994, 316 f.; Kuhrt 1990b, 126–128; 1996, 47; van der Spek 2003, 300 f.; Heller 2010, 290–305; 383–390. Cf. Arr. an. 7, 17, 1–4. Der ‚Tempel des Belos‘ wird zumeist mit dem Esangila, zuweilen jedoch auch mit der Ziqqurat Etemenanki identifiziert. Cf. George 2005/2006; 2010. Die von Herodot (1, 183) behauptete Zerstörung des Tempels (oder des Grabes?) des Belos findet auch bei späteren Autoren Erwähnung. Cf. Ktesias FGrH 688 F 13; 26; Strab. 15, 1, 5; Diod. 17, 112, 3; Iust. 11, 13, 6; Ael. var. 13, 3. Indessen divergieren die Berichte sowohl bezüglich des Namens und der Funktion des

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liche ‚Schandtaten‘ des Xerxes, die mithin als Erklärungsmodell für die Abweichung des von Herodot entworfenen Stadtbildes vom archäologischen Befund herangezogen wurden, inzwischen entkräftet und als Konstruktionen der griechischen Literatur entlarvt (s. o. Kap. I.2.8; 3.1.1).134 Aus der (freilich lückenhaften) babylonischen Überlieferung geht eindeutig hervor, dass Kyros II. und seine Nachfolger sich sowohl in ihrer Herrschaftsrepräsentation als auch in ihren konkreten Maßnahmen an den normativen Vorstellungen der Babylonier orientierten (s. o. Kap. I.4).135 Selbst Xerxes behielt die traditionelle babylonische Titulatur bei,136 und weder lassen sich Zerstörungen während seiner Regierungszeit nachweisen, noch scheint es zu schwerwiegenden Repressionen gekommen zu sein.137 Vielmehr spiegelt das negative Bild des Königs in der griechischen Literatur allem Anschein nach die Erfahrungen der Hellenen während der Perserkriege und wurde in Form eines Analogieschlusses auf Babylon übertragen, um Alexander als ‚Rächer‘ sowohl der griechischen als auch der babylonischen Götter zu präsentieren.138 Vor diesem Hintergrund dürften Alexanders Ehrenbezeugungen für die babylonischen Götter und der von ihm initiierte Wiederaufbau der heiligen Stätten weniger als Abkehr von der achaimenidischen Praxis, denn als Demonstration der Kontinuität aufzufassen sein.139 Die Einträge der Astronomischen Tagebücher lassen darauf schließen, dass der triumphale Empfang, der Alexander im Oktober 331 v. Chr. zuteilwurde, nicht etwa spontan erfolgte, sondern nach Verhandlungen mit den babylonischen Eliten sorgfältig vorbereitet worden war:140 Im Vorfeld fand ein reger Botenaustausch statt, Alexander garantierte die Unversehrtheit der Stadt und ordnete Opfer für den Stadt-

Gebäudes als auch in Hinblick auf den Urheber der Zerstörung. Cf. Henkelman/Kuhrt/Rollinger/Wiesehöfer 2011, 453–457 (vs. George 2005/2006; 2010). 134 Cf. Henkelman/Kuhrt/Rollinger/Wiesehöfer 2011. So blieben auch die Stadtmauern in achaimenidischer Zeit offenbar intakt, und organisierter Widerstand gegen die persische Herrschaft, 522/1 v. Chr. gegen Dareios I. und 484 v. Chr. gegen Xerxes, blieb sporadisch. Cf. Nawotka 2015, 368; Boiy 2004, 56 f.; 101 f.; Heller 2010, 271–290. In der Verwaltung wurden zwar vermehrt Iraner und zuweilen sogar Griechen eingesetzt, doch auch indigene Babylonier sind in administrativen Ämtern bezeugt. Cf. Kuhrt/Sherwin-White 1994, 313; Briant 1996, 743–746; Rollinger/Henkelman 2009. Indessen zeigt Waerzeggers 2003/2004, 158 f., dass die einstigen Familienarchive in Nordbabylonien seither augenscheinlich zunehmend von Familien verwaltet worden waren, die ihre Stellung allein Xerxes verdankten. Cf. auch Jursa 2007a, 86–91. Zum keilschriftlichen Befund der Babylonien-Politik Xerxes’ I. cf. ausführlich die Beiträge in Waerzeggers/Seirje 2018. 135 Cf. Wiesehöfer 2002b; Rollinger 1999b; 2014c; Heller 2010, 237–354. 136 Cf. Rollinger 1998b, 355–361 mit der älteren Literatur sowie 1999b zu weiteren Belegen. 137 Cf. Henkelman/Kuhrt/Rollinger/Wiesehöfer 2011, 454–459 sowie Heller 2010, 271–305 mit der älteren Literatur. 138 Cf. Henkelman/Kuhrt/Rollinger/Wiesehöfer 2011, 458. 139 Cf. Nawotka 2015, 369; Scharrer 2000, 123. 140 Cf. Nawotka 2015, 369; Kuhrt 1990b, 124–126, hier v. a. 126: „Babylon’s apparently instant and peaceful surrender to Alexander in fact represents the final outcome of complex negotiations forced on the citizens by an unenviavble situation – it certainly does not allow one to draw conclusions either about how Babylonians experienced Achaemenid rule or about the level of integration of Babylonia into the Achaemenid imperial system.“

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gott Marduk an.141 Demnach stand der Einzug des Makedonen in Babylon in einer langen Tradition des Umgangs der dortigen Eliten mit fremden Invasoren (s. o. Kap. I.2.7; I.4) von Sargon II. (710 v. Chr.) bis hin zu Kyros II. (539 v. Chr.);142 die babylonischen Autoritäten erkannten Alexander als legitimen ‚König von Babylon‘ an, verlangten ihm jedoch im Gegenzug Zugeständnisse an das ‚babylonische Herkommen‘ ab, die jener im Rahmen einer ‚systemstabilisierenden Politik des Ausgleichs‘ zu leisten bereit war.143 Eigens hervorgehoben wird in den Quellen die Begegnung Alexanders mit den gelehrten Chaldäern (Χαλδαίων οἱ λόγιοι), deren Instruktionen bezüglich der Tempelfürsorge er gefolgt sei.144 In Indien soll er babylonische Divinationskünstler in seinem Stab mitgeführt haben, denen die Interpretation der Omina und die Durchführung von Reinigungsritualen oblag,145 und noch im Frühjahr 323  v. Chr. treten die babylonischen Priester als religiöse Spezialisten in Erscheinung.146 Die Interaktion bzw. Kooperation der Mardukpriesterschaft mit fremdländischen Invasoren gehörte seit Jahrhunderten zum Instrumentarium babylonischer Politik, das auch in achaimenidischer Zeit nicht obsolet geworden war. Wie Kyros II. und seine Nachfolger war Alexander auf den Sachverstand der babylonischen ‚Intelligenzija‘ angewiesen, um sich als legitimer ‚König von Babylon‘ zu präsentieren.147 Die in den meisten Fällen erfolgreiche Politik der strukturellen Toleranz (s. o.) dürfte in hohem Maße auf den Einfluss dieser einheimischen Berater zurückzuführen sein, deren aktive Rolle durch die klassischen Autoren indessen entweder bewusst unterdrückt oder schlichtweg nicht in ihrem vollen Umfang registriert wurde.148 141 Cf. Sachs/Hunger 1988a, 178 f., Nr. 330, rev. 6’–11’. Cf. Nawotka 2015, 369; Heller 2010, 372–377. 142 Cf. Kuhrt 1990b, 122–124. 143 Cf. Nawotka 2015, 359: „Seen in the Babylonian cultural context, the events of October 331 B. C. E. show that Alexander aimed at and achieved legitimacy in Babylon. He was greeted in the way reserved for legitimate kings of Babylon.“ Cf. ferner Kuhrt 1990b, 121–126; Boiy 2004, 105–107; Heller 2010, 372–391. 144 Cf. Arr. an. 3, 16, 5: „Auch kam es zur Begegnung mit den Chaldäern; was diese bezüglich der Heiligtümer in Babylon für gut befanden, wurde seinerseits durchgeführt: So richtete er sich besonders bei seinen Opfern zu Ehren des Bel ganz nach deren Vorschriften“ (ἔνϑα δὴ καὶ τοῖς Χαλδάιοις ἀμφὶ τὰ ἱερὰ τὰ ἐν Βαβυλῶνι ἔπραξε, τά τε ἄλλα καὶ τῷ Βήλῳ καϑ’ ἃ ἐκεῖνοι ἐξηγοῦντο ἔϑυσεν). 145 Cf. Plut. Alex. 57. Arr. an. 3, 21, 1 zufolge verriet der Babylonier Bagistanes Dareios III. und lief zu Alexander über. 146 Cf. Arr. an. 7, 16, 5 f.; Diod. 17, 112, 2 f.; Plut. Alex. 73, 1; Iust. 12, 13. Demnach hatten die Chaldäer den Einzug Alexanders nach Babylon im Frühjahr 323 v. Chr. verhindern wollen, da dieser für ihn kein gutes Ende nehmen werde. Alexander habe ihren Rat, die Stadt nicht von Osten, sondern von Westen her zu betreten, ursprünglich befolgen wollen, dann aufgrund von Geländeschwierigkeiten jedoch davon abgesehen. Arr. an. 7, 17 berichtet, der König habe die Priester verdächtigt, sie hätten auf diese Weise davon ablenken wollen, dass sie sich während seiner Abwesenheit widerrechtlich Gelder angeeignet hätten. 147 Cf. van der Spek 2003, 340–342. 148 Cf. Hornig 2014, 115. In Babylonien übernahm Alexander die überkommenen Verwaltungsstrukturen, die (in Form einer Garnison) lediglich einen makedonischen ‚Überbau‘ erhielten. So wurde der Satrap Mazaios im Amt bestätigt, Garnisonskommandant wurde Apollodoros aus Amphipilos. Cf. Arr. an. 3, 16, 4.

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Vieles spricht mithin dafür, dass die bizarre Episode um einen Unbekannten, der im Frühjahr 323 v. Chr. Alexanders Thron bestiegen und in der Folge hingerichtet worden sein soll,149 einen Reflex auf das mesopotamische ‚Ersatzkönigsritual‘ (šar puḫi) enthält. Dieses Ritual wurde auf Geheiß des obersten Exorzisten vollzogen, wenn Omina Gefahren für Leib und Leben respektive die Herrschaft des amtierenden Königs befürchten ließen: Für einen Zeitraum von hundert Tagen wurde ein ‚Ersatzkönig‘ in vollem Herrscherornat auf dem Thron installiert, um auf diese Weise den ‚echten‘ König vor dem drohenden Unglück zu bewahren, das stattdessen sein Double treffen sollte.150 Möglicherweise kam das šar puḫi­Ritual kurz vor Alexanders Tod tatsächlich zur Anwendung.151 Trifft dies zu, so geschah dies auf Anweisung der babylonischen Priesterschaft und war Bestandteil der arcana, die der König und seine religiösen Spezialisten Uneingeweihten traditionell nicht zuteil werden ließen.152 In diesem Falle dürften die Implikationen des Rituals daher nicht zur Kenntnis der in Babylon anwesenden Griechen und Makedonen gelangt sein, auf die die Nachrichten unserer Quellen zurückgehen.153 Es ist somit denkbar, dass die klassische Überlieferung die Episode in Unkenntnis des šar puḫi­Rituals in eine Reihe mit den unheilvollen Omina stellten, die Alexanders Tod angeblich vorausgingen, ohne dessen apotropäische Funktion zu berücksichtigen.154 In gleicher Weise mag auch eine im Alexanderroman und der Metz Epitome enthaltene Episode um die Geburt einer monströsen Kreatur, die das Hinscheiden des Königs vorausdeutet, einen (freilich späten) Reflex auf tatsächliche Aktivitäten der bārû­Priester im Umfeld Alexanders darstellen.155 149 Cf. Arr. an. 7, 24, 1–3; Diod. 17, 116, 2–4; Plut. Alex. 73 f. sowie weitere Belege bei Nawotka 2015, 371, Anm. 42. Demnach habe sich ein einfacher Mann – Plutarch gibt ihm den griechischen Namen Dionysios von Messene, Diodor zufolge war er eine gebürtiger Babylonier – im Ornat des Königs auf Alexanders Thron gesetzt; die den Thron bewachenden Eunuchen hätten daraufhin ihre Kleider von Leib gerissen und seien in lautes Wehklagen ausgebrochen. Der Mann, der sogleich inhaftiert worden sei, habe selbst unter der Folter seine Motive nicht genannt und sei von Alexander hingerichtet worden. Zuweilen wurde die Episode für gänzlich unglaubwürdig gehalten. Cf. etwa Will 1986, 175. 150 Cf. Nawotka 2015, 371–373. Cf. ferner Boiy 2004, 112–113; Huber 2005. 151 Cf. Nawotka 2015, 372. Dafür sprechen mithin die Hinrichtung des Unbekannten, die laut Ritualpräskript nach Ablauf der hunderttägigen Frist zu vollziehen war, sowie die Tatsache, dass die den Thron bewachenden Eunuchen ihn nicht beseitigten, sondern stattdessen in Wehklagen ausbrachen, wie das šar puḫi-Ritual es vorschrieb. Cf. Huber 2005, 47. 152 Cf. Nawotka 2015, 372 unter Verweis auf Pongratz-Leisten 1999, 286–320. 153 Cf. Nawotka 2015, 372. 154 Cf. ibid.; Huber 2005, 377–380. Zu den Prodigien vor Alexanders Tod. Cf. Arr. an. 7, 16, 5–18; 24. 155 Cf. Nawotka 2015, 373–375. Die bei Pseudo-Kallisthenes (3, 30) überlieferte Passage (Liber de Morte Testamentoque Alexandri Magni = LDM) ist nahezu identisch mit der Version der Metz Epiome (90– 95): Eine Frau aus Babylon gebiert ein Kind, dessen toter (!) Oberkörper bis zum Nabel die Gestalt eines Menschen hat, wohingegen der untere Teil von wilden Tieren umgeben ist, darunter Löwe, Panther und Wolf. Die Frau bringt das Kind zu Alexander, der die Chaldäer einberuft, um das Vorzeichen zu deuten. Für den Fall des Scheiterns droht er ihnen die Todesstrafe an. Vier der fünf Chaldäer legen das Prodigium zu Alexanders Gunsten aus und prophezeien ihm das Weltherrschertum. Der fünfte Chaldäer hingegen, der erst später von einer Reise zurückkehrt, zerreißt sich beim Anblick des Kindes das Gewand und bricht in lautes Wehklagen aus. Vom König dazu aufgefordert, enthüllt

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Dass die babylonische Priesterschaft, die seit dem zweiten Jahrtausend v. Chr. wiederholt mit fremden Eroberern verhandelt hatte, auch Alexander mit den Modalitäten des babylonischen Königtums vertraut gemacht haben muss, liegt auf der Hand. Möglicherweise gewährten sie ihm dabei auch Einblicke in die Götterwelt und in Aspekte der Herrscherideologie. Karin Hornig vermutet gar, der König sei vor Ort mit einem „Weltherrschertum babylonischer Prägung“ 156 in Berührung gekommen, das ihm seither stets vor Augen gestanden habe. Zu dessen überkommenen Ideologemen zählte, wie oben (Kap. I.2.1) dargelegt, auch das Konzept der ‚vier Weltgegenden‘ (sum. a b - d a l í m m u - b a / a n - u b - d a l í m m u - b a ; akk. kibrāt arba’i/kibrāt erbetti), das seit den Tagen Naramsins von Akkad einen integralen Bestandteil der mesopotamischen (Welt-)Herrschaftsrhetorik gebildet hatte (s. o. Kap. I.2.4–I.2.7). Der Titel ‚König der vier Weltgegenden‘ ist nicht persischen, sondern mesopotamischen Ursprungs und überdauerte nach dem Fall Assyriens Ende des siebten Jahrhunderts v. Chr. namentlich in Babylonien.157 Seit der Kassitenzeit galten Babylon und die siebstufige Ziqqurat Etemenanki gleichsam als Zentrum der Welt (s. o. Kap. I.2.5). Indem Alexander das erodierte Bauwerk wiederaufzubauen versprach, erfüllte er nicht nur die traditionellen Pflichten eines babylonischen Königs, er agierte darü-

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er die wahre Bedeutung des Vorzeichens: Der leblose obere Teil des Kindes stehe für Alexander, die Tiere am unteren Teil für seine Gefolgsleute, die ihm feindlich gesonnen seien. Weiterhin enthält der Text ein die Diadochenzeit betreffendes vaticinium ex eventu: „Es wird nach deinem Tod eine große Sturmflut auf Erden entstehen, und deine Leute werden sich entzweien und gegenseitig töten.“ (ἔσται δὲ πολὺς συγκλυσμός σοι κατὰ τὴν οἰκουμένην σοῦ τελευτήσαντος, τῶν περί σε διενεγκάντων καὶ περὶ αὐτοὺ ἀκροφώνουν. Deutsche Übersetzung Pfister 1978, 73). Daraufhin entfernt sich der Chaldäer und ordnet an, das Kind zu verbrennen. Zu der Passage cf. Nawotka 2017, 228–231. Der Kern dieser Erzählung geht vermutlich auf die politische Propaganda der Diadochenzeit zurück. Cf. Heckel 1988; Baynham 2000. Nawotka 2015, 374 f. erkennt in dieser Episode indessen Reminiszenzen an die in der babylonischen Omenserie šumma izbu (Edition: Leichty 1970) enthaltenen Geburtsanomalien (s. o. Kap. II.2.2) und die mit ihnen verbundenen rituellen Handlungen. Im Rahmen der babylonischen Teratologie werden nonkonforme Geburten als schlechte Omina für den betroffenen Haushalt oder für den König und sein Land gedeutet. Treten sie auf, so ist der Hausherr verpflichtet, den König oder einen bārû­Priester umgehend zu unterrichten. Der Letztere legt das Vorzeichen aus, führt gegebenenfalls ein Lösungsritual (namburbi) durch und wirft das Neugeborene in den Fluss. Diese Beschreibung weist durchaus Berührungspunkte mit dem im LDM und der Metz Epito­ me geschilderten Vorgang auf. Diese betreffen etwa die Hybridform (Mensch und Tier) des Neugeborenen, die umgehende Meldung des Ereignisses durch die Mutter sowie das Prozedere der Divination (Deutung des Zeichens und Vernichtung des Neugeborenen). Die ähnliche Motivkette lässt auf eine (mittelbare) Entlehnung aus dem Repertoire der babylonischen Divinationslehre schließen. Cf. Stol 2000, 165. Für Nawotka 2015, 374 ist die Episode keineswegs als reine Konstruktion eines hellenistischen Autors zu verwerfen, sondern spiegelt eine tatsächliche Begebenheit vor Alexanders Tod: Demnach gelangten ungewöhnliche Vorzeichen zur Kenntnis der babylonischen bārû­Priester, die ihren traditionellen Pflichten nachkamen, indem sie das Omen nach Herkommen auslegten und entsprechende Lösungsrituale anordneten, um das Unheil vom König Alexander abzuwenden. Zur babylonischen Teratologie cf. Stol 2000, 158–169; Maul 2003, 62–64. Hornig 2014, 116. Cf. ibid., 126. In persischer Zeit ist der Titel allein für Kyros II. belegt, der ihn bezeichnenderweise allein im babylonischen Kontext, und zwar im Kyroszylinder (Z. 20), führte. S. o. Kap. I.4.

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ber hinaus offiziell auf Geheiß des Stadtgottes Marduk, der ihn zum König erwählt hatte (s. o. Kap. I.2.7; I.4).158 Gleichsam als „Gegenleistung für diesen Wiederaufbau“159 – so vermutet Hornig – stellte die Mardukpriesterschaft Alexander den Titel ‚König der vier Weltgegenden‘ in Aussicht, „für dessen Verleihung allerdings das faktische Erreichen aller vier Weltränder erwartet wurde.“160 Folgerichtig begreift Hornig den Alexanderzug, der sich an den Grenzen des Achaimenidenreiches orientierte, dementsprechend als „rechtsgültig aufgefasste[n] Akt der Inbesitznahme“,161 den Alexander nach babylonischen Vorstellungen zu vollziehen hatte, um sich als Herrscher über die ‚vier Weltgegenden‘ zu legitimieren.162 Im ‚Abschreiten der Grenzen‘ erblickt Hornig die „Prioritäten dieses Feldzuges“,163 wobei die Stabilisierung der Herrschaft in den eroberten Gebieten, zumal in der Persis, zweitrangig gewesen sei.164 Die strategisch-praktische Dimension der Militäroperationen Alexanders möchte sie zwar keineswegs in Abrede stellen;165 auf einer ideologischen Ebene seien jedoch die oben genannten babylonischen Berater an der Entwicklung des Feldzugskonzepts seit 331 v. Chr. maßgeblich beteiligt gewesen.166 Einwenden ließe sich freilich, dass sowohl die grenznahe Orientierung des Alexanderzuges als auch der ‚vorläufige‘ Charakter seiner Eroberungen bereits vor Alexanders Aufenthalt in Babylon und seiner Begegnung mit den Chaldäern hervorstechen. Tatsächlich dürften Alexanders Vorstellungen von der oikumene maßgeblich von den theoretischen Konzepten griechischer Intellektueller geprägt gewesen sein. Die von ihm lancierten Erkundungsfahrten, namentlich die Flottenfahrt des Nearchos entlang der Küste des ‚Roten Meeres‘ sowie die geplante Expedition des Herakleides zum Hyrkanischen Meer, verfolgten (nebst strategischen Erfordernissen) nicht zuletzt das Ziel, die Vermutungen der Geographen (und des Aristoteles) zu verifzieren respektive zu falsifizieren.167 158

Cf. etwa den Befehl Marduks an Nabopolassar zum Bau von Etemenanki Napl C31, Col. 28–36 (= Da Riva 2013a, 77–92, hier 81; 88) und die Inschriften Nabonids (s. o. Kap. I.2.7). 159 Hornig 2014, 131. 160 Ibid. 161 Ibid., 118. Den Aspekt der Kriege Alexanders in grenznahmen Regionen macht desgleichen Briant 2010, 38 geltend, der die Aufassung vertritt, Alexanders territoriale Ziel hätten sich auf das frühere Achaimenidenreich beschränkt (s. o.). 162 Cf. ibid., 116–121 unter Verweis auf die sowohl in sumerischen als auch in akkadischen Texten bezeugte Formulierung g ì r - n i g á (r ) g á (r ) /šēp(šu) šakānu (‚seinen Fuß auf etwas setzen‘). Der früheste Beleg findet sich bei Enmetena von Lagasch (s. o. Kap. I.2.3). Cf. RIME I E1. 9.5.1, Col. IV, 24 f. Diese Formulierung dürfte einerseits mit der bekannten Siegerpose der altorientalischen Glyptik – ein prominentes Beispiel ist die Naramsin­Stele (s. o. Kap. I.2.4) – in Verbindung stehen, umschreibt jedoch zugleich einen juristisch determinierten Akt der Inbesitznahme. Cf. CAD 17, 143 šakānu (5a); šēpu (b). Dieser Wendung entspricht im Griechischen der (desgleichen juristische) Terminus ἐμβατεύειν. 163 Cf. Hornig 2014, 116. 164 Cf. Wiesehöfer 1994, 34; 48 f. 165 Cf. Hornig 2014, 116. 166 Cf. ibid. 167 Cf. Geus 2003 sowie Gehrke 2011 zum Folgenden: Bereits 200 Jahre vor Alexanders Lebzeiten hatten griechische Philosophen, Mathematiker und Naturforscher (Anaximander, Hekataios u. a.) die oikumene nach schematisierend-symmetrischen Maßgaben konzeptualisiert. Zu konstatieren ist dabei

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Dabei orientierte gerade Nearchos sich offenbar stark an dem von Herodot vermittelten Weltbild.168

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die Diskrepanz zwischen dem ‚alltäglichen‘, auf Empirie fußenden Weltbild einerseits und den theoretischen, auf den Maßgaben der Geometrie aufbauenden Modellen gelehrter Denker andererseits. Zudem scheinen die Resultate früherer Erkundungsfahrten, namentlich des Skylax (s. o. Kap. I.3.1.1), im intellektuellen Diskurs teilweise verdrängt worden zu sein. Cf. Gehrke 2007; 2011, 52 f. Im Falle Alexanders mag namentlich seine Erziehung durch Aristoteles aus Stageira prädisponierend gewirkt haben, obschon die Inhalte seiner paideia sich weniger auf Ethik, Metaphysik und Geographie denn auf die Lektüre Homers und anderer Werke der griechischen Literatur konzentriert haben dürften. Cf. Plut. Alex. 5, 7–8; 7, 1–4; 8, 2–4. Ferner bleibt fraglich, inwieweit Aristoteles seine naturwissenschaftlichen Theorien zum Zeitpunkt seines Wirkens in Mieza bereits entwickelt hatte. Bei der Angabe Plutarchs (Alex. 5, 1 f.), der zufolge Alexander bereits als Kind großes Interesse an der Geographie des Perserreiches gezeigt habe, handelt es sich jedenfalls mit hoher Wahrscheinlichkeit um ein vaticini­ um ex eventu. Selbiges gilt für seinen überlieferten Disput mit seinem Mathematiklehrer Menaichmos über das Wesen der Geometrie. Cf. Gehrke 2011, 54. Gleichwohl ist davon auszugehen, dass Alexanders Weltbild in zahlreichen Punkten von den Reflexionen des Aristoteles beeinflusst wurde, der sich später, auf dem Höhepunkt seines Schaffens, intensiv mit geographischen Fragen auseinandersetze. Cf. Aristot. Rhet. 1, 4, 1360a 33–35 zur Bedeutung von Erdkarten (γῆς περίοδοι). Zu den geographischen Diskursen seiner Zeit, in denen zunehmend auch die Kugelgestalt der Erde eine Rolle spielte, cf. Geus 2003, 232–236. Zentral ist in diesem Zusammenhang die Aristoteles zugeschriebene Schrift über die Nilschwelle (Edition: Bonneau 1971), die die Frage erörtert, ob das ‚Rote Meer‘, i. e. der Indische Ozean, ein Binnenmeer und folglich der Nil mit dem Indus verbunden sei, oder ob es sich um einen Teil des Okeanos handle. Cf. Gehrke 2011, 55 f. Aristot. Meteor. 2, 1, 354a 1 f. zufolge ist das ‚Rote Meer‘ mit dem Okeanos immerhin durch einen schmalen Zufluss verbunden. Das Hyrkanische/Kaspische Meer hingegen sei ein Binnenmeer. Cf. Geus 2003, 235. Den Hindukusch (‚Kaukasus‘) hält Aristoteles (Meteor. 1, 13, 350a) für das ‚Ende der Welt‘; von dort aus sei der östliche Rand des Okeanos sichtbar. Cf. Geus 2003, 235. Grundzüge des aristotelischen Weltbildes scheinen auf die konkreten Handlungen Alexanders vor und während seines Feldzuges zurückzugehen. In der ‚Hyphasis-Rede‘ (Arr. an. 5, 25, 3–26, 8; Curt. 9, 2, 12–28) versucht der König seine meuternden Soldaten zum Weitermarschieren zu bewegen, indem er ihnen nicht nur unsterblichen Ruhm in Aussicht stellt, sondern darüber hinaus den Aspekt der Exploration in den Fokus rückt, um vorherrschende Theorien zu widerlegen: Er will beweisen (ἐπιδείξω), dass weder das Kaspische noch das Rote Meer Binnenmeere seien, sondern vielmehr mit dem Okeanos in Verbindung stünden. Cf. Gehrke 2011, 58–60. Die erstere Auffassung läuft nicht nur Aristoteles, sondern auch Herodot (1, 202, 4–203, 2; 4) zuwider, die das Hyrkanische Meer für ein Binnenmeer hielten. Auch Alexander scheint dieser Theorie zugeneigt zu haben, als er feststellte, dass das Hyrkanische Meer Süßwasser führt (Curt. 6, 4, 18 f.; Plut. Alex. 44, 1 f.), mag sie aber später wieder verworfen haben. Cf. Gehrke 2011, 60. In gleicher Weise soll die Entdeckung von Krokodilen am Indus (cf. Arr. an. 6, 1, 2 f.) und einer ägyptischen Bohnenart am Hydaspes (Arr. an. 6, 1, 1–5) ihn in der Annahme bestätigt haben, dass der Indus ein Oberlauf des Nils sei. Cf. Geus 2003, 239; Gehrke 2011, 61. Indessen lehrten die Schifffahrt auf dem Indus, die sich anschließende Fahrt auf dem Indischen Ozean sowie die Flottenexpedition des Nearchos das Gegenteil. Zugleich lagen den Expeditionen Alexanders natürlich praktisch-rationales Kalkül und strategische Überlegungen (Erkundung von Ankerplätzen, Wasserstellen etc.) zugrunde. Cf. Nearch. FGrH 133 F 28 (= Arr. an. 7, 20, 10) bezüglich der Flottenfahrt des Nearchos sowie Arr. an. 7, 16, 1–4 bezüglich der Vorbereitungen für die Expedition des Herakleides zum Hyrkanischen Meer. Die „eminent praktische Seite“ (Gehrke 2011, 59) der Erkundungen Alexanders bezeugt nicht zuletzt die Mitführung der ‚Schittmesser‘ (bematistai) in seinem Stab, von denen Baiton und Diognetos namentlich bekannt sind. Auf diese Weise verband sich wissenschaftliche Exploration mit Eroberung. Alexanders mental map wurde während des Zuges forwährend mit empirisch gewonnenen Erkenntnissen konfrontiert und entsprechend modifiziert. Cf. Gehrke 2011, 58. Cf. Murray 1972, 206: „Nearchus saw India not wholly as the innocent traveller, but through Herodotean eyes; he may very well have travelled with a copy of Herodotus. At least when he came to write

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Gleichwohl ist nicht auszuschließen, dass auch das Konzept der ‚vier Weltgegenden‘ seit 331 v. Chr. im Denken und Planen Alexanders eine Rolle spielte, denn altorientalische Narrative und Handlungsmuster sind in den Berichten der Alexanderhistoriker durchaus präsent.169 Wie oben (Kap. I.2.6) dargelegt, war die überkommene ‚Grenzmetaphorik‘ des ‚Oberen‘ und des ‚Unteren Meeres‘ in neuassyrischer Zeit zunehmend gesprengt und in das Meer selbst verlagert worden. Integrale Bestandteile der Herrschaftsrhetorik bildeten in diesem Kontext die Bootsfahrt auf hoher See sowie die Beherrschung des maritimen Raumes – Ansprüche, die ihren sichtbaren Ausdruck in spezifischen Opferhandlungen fanden. So weist Karin Hornig darauf hin, dass der assyrische König Sanherib (705–681 v. Chr.) anlässlich seines sechsten Feldzuges zahlreiche goldene Objekte – ein Schiffsmodell, einen Fisch und eine (Fluss-)Krabbe – im Persischen Golf versenkte.170 Über die Kontinuität derartiger Handlungen in persischer Zeit besteht in Ermangelung indigener Zeugnisse zwar keine Gewissheit, doch schreibt Herodot auch Xerxes das Versenken einer goldenen Schale, eines goldenen Kraters und eines goldenen Akinakes im Hellespont zu (s. o. Kap. I.3.1.1).171 Vergleichbare Opferhandlungen und die damit verbundene Bootsfahrt auf dem Meer sind – wie Hornig herausstellt172 – auch für Alexander bezeugt: αὐτὸϛ δὲ ὑπερβαλὼν τοῦ Ἰνδοῦ ποταμοῦ τὰϛ ἐκβολὰϛ ἐϛ τὸ πέλαγοϛ ἀνέπλει, ὡϛ μὲν ἔλεγεν, ἀπιδεῖν εἴ πού τιϛ χώρα πλησίον ἀνίσχει ἐν τῷ πόντῳ, ἐμοὶ δὲ δοκεῖ, οὐχ ἥκιστα ὡς πεπλευκέναι τὴν μεγάλην τὴν ἔξω Ἰνδῶν ϑάλασσαν. ἐνταῦϑα ταύρους τε σφάξας τῷ Ποσειδῶνι ἀφῆκεν ἐς τὴν ϑαλασσαν καὶ σπείσας ἐπὶ τῇ ϑυσίᾳ τήν τε φιάλην χρυσῆν οὖσαν καὶ κρατῆρας χρυσοῦς ἐνέβαλεν ἐς τὸν πόντον χαριστήρια, εὐχόμενος σῶόν οἱ παραπέμψαι τὸν στρατὸν τὸν ναυτικόν, ὅντινα ξὺν Νεάρχῳ ἐπενόει στέλλειν ὡϛ ἐπὶ τὸν κόλπον καὶ ἐκβολὰς τοῦ τε Εὐφράτου καὶ τοῦ Τίγρητος.

his account of India and of his travels some time before 312, he wrote with Herodotus in mind; and there is good reason to suspect that he even wrote in Ionic in order to emphasize this connection.“ 169 Cf. Rollinger 2014d. 170 Cf. Hornig 2014, 133 unter Verweis auf Stier­Kolosse Z. 116–118 = Luckenbill 1927, 146 = Frahm 1997, Nr. T 29: „To Ea, king of the deep, I offered pure sacrifices, and, together with a ship of gold, I cast into the sea a golden fish and a golden aluttu.“ 171 Hdt. 7, 54: „Als die Sonne hervortrat, goss Xerxes aus goldener Schale eine Spende ins Meer und betete zur Sonne: Kein Unfall möge ihn treffen und ihn in seinem Eroberungszuge durch Europa hemmen, bis er an das Ende des Erdteils gelangt sei. Und nachdem er gebetet, warf er die Schale in den Hellespontos, dazu einen goldenen Mischkrug und einen persischen Säbel, den man in Persien Akinakes nennt.“ (ὡς δ’ἐπανέτελλε ὁ ἥλιος, σπένδων ἐκ χρυσέης φιάλης Ξέρξης ἐς τὴν ϑάλασσαν εὐχετο πρός τὸν ἥλιον μηδεμίαν οἱ συντυχίην τοιαύτην γενέσϑαι, ἥ μιν παύσει καταστρέψασϑαι τὴν Εὐρώπην πρότερον ἤ ἐπὶ τέρμασι τοῖσι ἐκείνης γένηται. εὐξάμενος δὲ ἐσέβαλε τὴν φιάλην ἐς τὸν Ἑλλήσποντον καὶ χρύσεον κρητῆρα καὶ Περσικὸν ξίφος, τὸν ἀκινάκην καλέουσι). Deutsche Übers. Horneffer. Cf. Hornig 2014, 134. 172 Cf. Hornig 2014, 132–136.

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Er durchfuhr persönlich die Mündung des Indus bis auf die hohe See hinaus, wie er sagte, in der Absicht, zu sehen, ob in der Nähe noch ein weiteres Stück Land aus dieser rage; meines Erachtens tat er dies nicht zum wenigsten auch, um einmal auf dem großen Meere jenseits von Indien gefahren zu sein. Darauf schlachtete er Stiere zu Ehren des Poseidon und versenkte diese ins Meer, brachte dazu auch ein Trankopfer dar und warf als Dankgeschenk die Schale aus Gold sowie goldene Mischkrüge ins Wasser, indem er den Gott bat, er möge der Flotte ein Geleit ohne Verluste gewähren, die er beabsichtigte, unter Nearchos zum Persischen Golf und zur Euphrat- und Tigrismündung in See gehen zu lassen.173

Die Handlungen Alexanders im Indischen Ozean stehen bei Arrian in offenkundiger Analogie zu den Opfern, die er zu Feldzugsbeginn am Hellespont vollzogen hatte (s. o.) und stellen vermutlich Reminiszenzen an (Herodots) Xerxes dar.174 Die Grenzen ‚Asiens‘ wurden auf diese Weise im Westen und im Osten markiert. Andererseits schimmert in der Version Plutarchs der agonale Zug der assyrischen Herrscherideologie durch, i. e. der Anspruch, die jeweiligen Vorgänger zu übertreffen (claim of heroic priority).175 Diesen Anspruch artikulierte Alexander Plutarch zufolge in einem Gebet zwar als „Negativ-Wunsch“:176 „[…] kein Mensch möge nach ihm über die Endpunkte seines Zuges hinauskommen […].“177 Gleichwohl evoziert die Formulierung den an potentielle Nachfolger gerichteten Ausruf, den die akkadische Heldendichtung Sar­ gon der Eroberer (s. o. Kap. I.2.5) ihrem Protagonisten in den Mund legt: „Wohlan! Der König, der mir gleichkommen will, soll dort, wo ich gewandelt bin, (dereinst) wandeln!“178 Über die Gründe für die phraseologischen Übereinstimmungen lässt sich, wie Hornig betont, nur spekulieren, zumal mehrere hundert Jahre die Vita Plutarchs 173 174 175 176 177

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Arr. an. 6, 19, 15. Deutsche Übers. Wirth. Cf. ferner Curt. 9, 9, 27; Iust. 12, 10, 4–6 sowie Bichler/ Rollinger 2017, 16 f. Bichler/Rollinger 2017, 16 sowie Taietti 2016, 163 stellen jedoch zu Recht auch Reminiszenzen an den Skythenfeldzug Dareios’ I. (in der Schilderung Herodots) heraus: Beide stoßen an einem Fluss an ihre Grenzen (s. o.). Diesen Zusammenhang stellt auch Gehrke 2011, 64 her: „Damit wird dann auch ein Alexander sichtbar, der markant in der Tradition altorientalischen Herrschertums steht, in der die Erkundung der Welt sich mit der Idee ihrer Kontrolle verbindet.“ Hornig 2014, 136. Cf. Plut. Alex. 66: „Die Fahrt auf den Flüssen hinab zum Meer dauerte sieben Monate. Als Alexander schließlich mit seinen Schiffen den Ozean erreicht hatte, fuhr er zu einer Insel, die er selber Skillustis nannte, die anderen gaben ihr den Namen Psiltukis. Dort ging er an Land, opferte den Göttern und erforschte, soweit es möglich war, das Meer und die Küste. Dann betete er, kein Mensch möge nach ihm über die Endpunkte seines Zuges hinauskommen, und kehrte wieder um. (Ἡ δὲ διὰ τῶν ποταμῶν πρὸς τὴν ϑάλατταν ὑπαγωγὴ μηνῶν ἑπτὰ χρόνον ἀνάλωσεν. Ἐμβαλὼν δὲ ταῖς ναυσὶν εἰς τὸν Ὠκεανὸν ἀνέπλευσε πρὸς νῆσον, ἣν Σκιλλοῦστιν αὐτὸς ὠνόμασεν, ἕτεροι δὲ Ψιλτοῦκιν. Ἐνταῦϑα δὲ ἀποβὰς ἔϑυε τοῖς ϑεοῖς, καὶ τὴν φύσιν ἐπεῖδε τοῦ πελάγους καὶ τῆς παραλίας ὅσον ἐφικτὸν ἦν. Εἶτα ἐπευξάμενος μηδένα μετ’ αὐτὸν ἀνϑρώπων ὑπερβῆναι τοὺς ὅρους τῆς στρατείας ἀνέστρεφε). Sargon, der Eroberer Z. 121–123 (= Westenholz 1997, Nr. 6, 59–77; Haul 2009, 355–389): a­ga­na [š] ar­rum ša i­ša­an­na­na­an­ni ša a­na­ku at­ta­al­la­ku šu­ú li­it ta­la­a[k]. Deutsche Übersetzung Haul 2009, 363. Cf. Hornig 2014, 136.

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von der akkadischen Dichtung trennen.179 Ein bewusster Rekurs Alexanders auf die altorientalische Heldentopik lässt sich indessen nicht ausschließen. Diese hätte er freilich auch aus den Historien Herodots beziehen können;180 da Legenden um Sargon von Akkad jedoch noch Jahrhunderte nach dem Fall der Dynastie im Vorderen Orient kursierten (s. o. Kap. I.2.5), ist auch die Möglichkeit, dass babylonische Priester Alexander mit deren Inhalten vertraut machten, keineswegs zu verwerfen. Trifft dies zu, so könnten auch die Inschriften des neubabylonischen Königs Nabonid zu den Texten gezählt haben, auf die Alexanders Berater rekurrierten, um ihrem neuen König Kenntnisse über sein Amt und die damit verbundenen Pflichten zu vermitteln. In der Babylon­Stele und im Eḫulḫul­Zylinder jenes Herrschers erscheinen die Assyrer, Meder und Perser als Vollstrecker des Willens babylonischer Götter (s. o. Kap. I.3.1.3), und Alexander mag in der Abfolge dieser Mächte die aus der griechischen Historiographie vertraute Dreiersukzession erkannt haben. Ein derartiges Szenario lässt sich – in Ermangelung weiterer Indizien – indessen nicht verifizieren. Unwahrscheinlich ist die ideologische Vereinnahmung des Sukzessionsgedankens, wie oben dargelegt, in den iranischen Territorien des Alexanderreiches, in denen die Dreiersequenz vermutlich niemals eine Rolle gespielt hatte. Gewissheit über die Verbreitung des Konzepts einer Abfolge von Weltreichen im vierten Jahrhundert v. Chr., auf dem Alexander hätte aufbauen können, lässt sich folglich allein für den griechischmakedonischen Kulturkreis erlangen. Eine Neuinterpretation respektive Erweiterung der Sukzessionstheorie hätte folglich allein in diesem Milieu, in dem gezielte Bezüge zu den Werken Herodots und Ktesias’ spezifische Assoziationen hervorrufen mussten, ihre Wirkung entfalten können. Tatsächlich spricht einiges dafür, dass der Bericht Arrians im zweiten Buch in weiten Teilen (mittelbar) auf Kallisthenes zurückgeht.181 Indes, angesichts der weiten Verbreitung des Konzepts einer Abfolge von Weltreichen zu Lebzeiten des kaiserzeitlichen Autors Arrian, der zudem selbst wohlvertraut mit den Histo­ rien Herodots gewesen ist, birgt die Möglichkeit, dass der Rekurs auf die Sukzessionstheorie in der Anabasis Alexandrou das Ergebnis späterer literarischer Formung sei, einige Wahrscheinlichkeit.182 179 Cf. Hornig 2014, 136. 180 Cf. Hdt. 7, 8; 54 (s. o. Kap. I.3.1.1). 181 Cf. Devine 1994. Arrian gibt im Proömium Ptolemaios und Aristobulos als seine Hauptuellen an und nennt später (Arr. an. 6, 2, 4) Ptolemaios als vorrangigen Gewährsmann. Eine Analyse der in der antiken Literatur stets recht stereotypen und im Hinblick auf das Vokabular beschränkten Schlachtenbeschreibungen legt jedoch nahe, dass Ptolemaios zumindest bei der Schilderung der Gefechte am Granikos, bei Issos und Gaugamela Kallisthenes folgte. Die Schlachten am Hydaspes und bei Sangala hingegen stützen sich offenbar auf eine andere Quelle, deren Einfluss sich auch sprachlich identifizieren lässt. 182 Cf. Müller 2011, die zwar zu Recht herausstellt, dass viele der bei den Alexanderhistorikern greifbaren herodoteischen Motive bereits in der zeitgenössischen ‚Propaganda‘ wurzeln, aber (im Hinblick auf die Reminiszenzen Alexanders an Kyros) gleichwohl konstatiert (ibid., 116 f.): „Es ist natürlich möglich, dass weniger das Wissen Alexanders oder der Primärautoren um Herodot den

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3.2 Die Seleukiden und das ‚Königtum über Asien‘ Unter den möglichen Urhebern für eine ‚organische‘ Erweiterung des Sukzessionsschemas um ein viertes, makedonisches, Element firmieren auch die Seleukiden, die ihre Herrschaft als Epigonen Alexanders in den östlichen Reichsteilen etablierten. Es ist daher anzunehmen, dass das Konzept der βασιλεία τῆς Ἀσίας, das – wie oben (Kap. I.3.1–2; II.3.1) gezeigt wurde – eng mit dem Sukzessionsgedanken verknüpft war, innerhalb der Einflusssphäre dieser Dynastie eine ungleich größere Rolle spielte, als dies im ptolemaiischen Ägypten oder im antigonidischen Makedonien der Fall war (s. u.).183 Das Zentrum der seleukidischen βασιλεία lag in Mesopotamien, Nordsyrien und West-Iran. Der nördliche Balkan, Anatolien und Ost-Iran stellten hingegen eher periphere Regionen dar, die von den Königen beansprucht wurden, doch besonders anfällig für Desintegrationsbestrebungen waren.184 Seine größte territoriale Ausdehnung erlangte das Reich bereits unter dem Dynastiegründer Seleukos I. Nikator (305–281  v. Chr.), der der klassischen Überlieferung deshalb als der ‚größte‘ Herrscher in der Nachfolge Alexanders galt.185 Entgegen der früher vorherrschenden Auffassung, die bereits nach seinem Tod mit allmählichen Auflösungserscheinungen rechnete, ist die Forschung in den letzten Dezennien zunehmend zu der Überzeugung gelangt, dass die Seleukiden dieses komplexe, eine Vielzahl sozio-politischer, kultureller und sprachlicher Entitäten umfassende Gebilde Eindruck entstehen lässt, dass er bezüglich des Kyrosbilds die Autorität darstellte, als vielmehr die literarische Bildung der späteren Autoren, die ihre Berichte entsprechend konstruiert haben können. Gerade im Fall Arrians, eines Bewunderers Herodots, der seine Kenntnis der Historien in mehreren Passagen – meistens dann, wenn er seine Quellen kritisiert oder korrigiert –, demonstriert, liegt diese Vermutung nahe.“ 183 Cf. Strootman 2020, passim; Muccioli 2004, 122–151; 2018, 106. Cf. auch Visscher 2020, 137: „The Seleucids could make a particularly strong case to be regarded as the true heirs of Alexander. After all, they held the lion’s share of Alexander’s empire, including Alexander’s own chosen capital, Babylon.“ 184 Cf. Wiesehöfer 2015b, 77. Cf. ferner Shipley 2000, 272–286; Capdetrey 2010, 22–26; Kosmin 2014b. Die herausgehobene Position Babyloniens innerhalb des Seleukidenreiches lag namentlich in der Rolle begründet, die die Satrapie beim Machtaufstieg Seleukos’ I. eingenommen hatte (s. u.). Dort gründete der König mit Seleukeia am Tigris seine erste Kolonie. Cf. Strab. 16, 1, 5. Nordsyrien war desgleichen bereits unter dem Dynastiegründer eine zentrale Region, die den Zugang zum Mittelmeer und zum Euphrat gleichermaßen garantierte. Den Status, den das Gebiet einnahm, dokumentiert nicht zuletzt die Gründung der Tetrapolis durch Seleukos I. Cf. Strab. 16, 2, 4–6; 8–10. Beide Regionen waren zudem fruchtbar, stark urbanisiert und Knotenpunkte des Handels. Cf. Grainger 1990b. Dagegen wurde Kleinasien – den vehementen Forderungen der seleukidischen Könige zum Trotz – niemals dauerhaft kontrolliert. Capdetrey 2010, 26 bezeichnet die Region treffend als „espace de confrontation“ zwischen Seleukiden, einheimischen Dynasten, griechischen Poleis und den sich etablierenden hellenistischen Kleinkönigreichen. Zum Verhältnis der frühen Seleukiden zu den Städten Kleinasiens cf. Orth 1977. Zu den ‚oberen Satrapien‘ s. u. 185 Cf. Arr. an. 7, 22, 5; App. Syr. 56/291; Iust. 38, 7, 1. Dieses Werturteil wird vornehmlich durch die Dimension des Territoriums begründet, das Seleukos mit kluger Einsicht (γώμη) zu lenken verstanden habe.

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bis ins frühe zweite Jahrhundert v. Chr. erfolgreich kontrollierten.186 Sie bauten dabei ganz wesentlich auf der achaimenidischen Reichsorganisation auf.187 Das Seleukidenreich erfüllte – namentlich im Hinblick auf die territoriale Ausdehnung, die Polyethnizität und den Multikulturalismus – die von Hans-Heinrich Nolte und anderen definierten Kriterien eines Imperiums (s. o. Kap. I.2.1).188 Nach Herfried Münkler zeichnen imperiale Staaten sich durch die Abstufung ihrer Macht zu den Rändern hin aus.189 Dieses Kriterium gilt für das Reich der Seleukiden, deren direkte Kontrolle über die Peripherie seit dem zweiten Jahrhundert v. Chr. stetig abnahm, uneingeschränkt.190 Dabei tritt die Konzeption von ‚Zentrum‘ und ‚Peripherie‘ indessen weniger geographisch denn statusabhängig in Erscheinung, denn der epigraphische Befund lässt eine gewisse (politische und juristische) Komplexität der Territorien erkennen.191 Die Peripherie der seleukidischen βασιλεία (s. u.) konstituierte sich demnach aus Städten, Heiligtümern und lokalen Dynastien.192

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Die sogenannte ‚starke Sicht‘ des frühen Seleukidenreiches vertreten u. a. Kuhrt/Sherwin-White 1987; Sherwin-White/Kuhrt 1993; Wolski 1984; Musti 1977. Die ‚schwache Sicht‘ begreift bereits das frühe Seleukidenreich als loses Gefüge einzelner Völker ohne kohäsive Struktur. Cf. Tarn 1938; Walbank 1981. Die unterschiedlichen Standpunkte sind eng mit der Frage verknüpft, wann die Seleukiden ihrer Autorität über die östlichen Reichsteile verlustig gingen. Vermutlich blieb ihre Oberherrschaft dort länger intakt, als bisher angenommen wurde. Erst Antiochos VII. Euergetes ‚Sidetes‘ (139/8–129  v. Chr.) verlor Babylonien, Susiana und die Charakene endgültig an den Partherkönig Phraates II. Erst seit dem beginnenden zweiten Jahrhundert v. Chr. hatten die Seleuiden Baktrien endgültig verloren (cf. Sherwin-White/Kuhrt 1993, 103–11), und vormals seleukidische Vasallen – die fratarakā in der Persis, die Kamnaskiriden in der Elymais und Hyspaosines in der Charakene – errangen ihre Unabhängigkeit, die sie indessen bald an die Parther verloren. Cf. Wiesehöfer 1994, 101–140; 2002d; 2007c. 187 Cf. Panitschek 2016, 287–529; Sherwin-White/Kuhrt 1993, passim sowie die Beiträge in Briant/ Joannès 2006. Speziell zur Organisation der Herrschaft in den östlichen Reichsteilen cf. Plischke 2014, passim. Cf. jedoch auch die von Tuplin 2009 herausgearbeiteten Einschränkungen. 188 Cf. Nolte 2008, 5–18; Gehler/Rollinger 2014b, 22–26. Zur Klassifizierung des Seleukidenreiches als Imperium cf. Schäfer 2014, 390; 394–397; Capdetrey 2008, 60–62, der indessen (ibid., 63) eine „absence d’un discours idéologique impérial“ im Seleukidenreich konstatiert und dessen (auch ideologische) Heterogenität betont (s. u.). 189 Cf. Münkler 2005, 16; 41–50; 127 f. 190 Cf. Schäfer 2014, 394. 191 Cf. Capdetrey 2010, 26 f.; Austin 2000, 136 f. So war die königliche Autorität und Jurisdiktionsgewalt in der χώρα βασιλική deutlich stärker ausgeprägt als in den Gebieten der χώρα καὶ συμμαχία, i. e. dem Territorium der griechischen Städte, die zwar der seleukidischen Oberhoheit unterstanden, gleichwohl aber einen anderen ‚juristischen‘ Status hatten. Cf. etwa OGIS 219. Zum Status der griechischen Poleis in der hellenistischen Welt cf. Gauthier 1985; Chaniotis 2018, 122–147. Zum Verhältnis der frühen Seleukiden zu den Poleis Kleinasiens cf. Orth 1977. Das in seiner Authentizität umstrittene Privileg Antiochos’ III. an die jüdische Gemeinde aus dem Jahre 200 v. Chr. (Ios. ant. Iud. 12, 3, 3–4, s. o. Kap. II.2.1) könnte desgleichen als Anerkennung kultureller Autonomie zu werten sein. Zu den politschen und wirtschaftlichen Strukturen des Seleukidenreiches cf. Shipley 2000, 293–312; Sherwin-White/Kuhrt 1993, 40–71. Zum seleukidischen Hof cf. Coppola 2010a; Strootman 2013b; 2014b. 192 Cf. Capdetrey 2010, 26–29.

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Auf der ideologischen Ebene wurden die ‚Reichsterritorien‘ von den Seleukiden als ererbtes und daher legitimes Eigentum betrachtet, das (im Falle von Gebietsverlusten) zurückzuerobern ihnen von Rechts wegen zustand.193 Maßgeblich bestimmt wurde diese Vorstellung durch den bereits in der Diadochenzeit aufgekommen ‚Kampfbegriff ‘ des ‚speergewonnen Landes‘ (χώρα δορίκτητος).194 Die Legitimation der Diadochen war in hohem Maße ‚charismatisch‘ bestimmt, denn Sieghaftigkeit und militärischer Erfolg waren bereits ein Signum der argeadischen Herrschaftsbegründung gewesen.195 Dies hatte Konsequenzen für die politischen Strategien und Handlungen der einzelnen Akteure, und „[l]atente Aggressionsbereitschaft und ein hohes persönliches Risiko der Protagonisten waren die Folge.“196 In Ermangelung eines demjenigen der Argeaden vergleichbaren „Gründungsmythos“197 avancierte Alexander zur zentralen Legitimationsinstanz seiner Generäle, auf die sich alle Dynastien beriefen.198 Darüber hinaus konstruierten die Begründer der hellenistischen Großreiche fingierte Genealogien. So postulierte Ptolemaios I. nicht nur seine Abkunft von Dionysos, sondern nahm für sich auch familiäre Verbindungen zu den Argeaden und – in letzter Konsequenz – mit Zeus und Herakles in Anspruch.199 Die Seleukiden wiederum stilisierten Apollon zum Patron ihrer Dynastie: Zahlreiche literarische Quellen, die vermutlich Elemente der seleukidischen ‚Hofhistoriographie‘ spiegeln, berichten von der Protegierung Seleukos’ I. durch Apollon von Didyma und der ‚Gottessohnschaft‘ des Dynastiegründers.200 Dieser Befund findet durch epigraphische Zeugnisse Bestätigung.201 Belegt ist nicht nur die intensive Förderung des Apollonheiligtums zu

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Cf. Austin 2000, 135 f. u. a. unter Verweis auf Liv. 33, 38 (Antiochos III.); 1 Makk 15, 3–4 (Antiochos VII.). Dieser Anspruch der Seleukiden scheint auch von den Einwohnern der griechischen Stadt Ilion anerkannt worden zu sein, die Antiochos I. in einem Dekret ihre Treue bekundeten (OGIS 219, 7): καϑάπερ ἦν δίκαιον, ἀνακτήσασϑαι τὴν πατρώιαν ἀρχήν. Cf. Mehl 1980/81 sowie Austin 2000, 131–135 mit Diod. 21, 1, 5; Pol 5, 67, 38; 1, 4; Memnon FGrH 434 F 1. Cf. erstmals Gehrke 1982, der die Herrschaftstypologie Max Webers auf das hellenistische Königtum anwendet und die ‚charismatische Herrschaft‘ in den hellenistischen Monarchien idealitypisch verwirklicht sieht. Cf. ferner Austin 2000, 131 f.; Chaniotis 2018, 105–198. Schäfer 2014, 392. Zum Königtum cf. die Beiträge in Bilde/Engberg-Pedersen/Hannestad/Zahle 1996. Schäfer 2014, 390. Zum Gründungsmythos der Argeaden cf. Hdt. 8, 137–139; Müller 2014, 147–154. Cf. Bohm 1989. So scheint Seleukos I. eine Begebenheit propagiert zu haben, der zufolge er dereinst Alexanders Leben gerettet hatte, indem er einen angreifenden Stier mit bloßen Händen erlegte. Cf. App. Syr. 57/294. Ptolemaios I. wiederum hatte wegen seines Nahverhältnisses zu Alexander – er hatte seit 330 v. Chr. die Funktion eines Somatophylax inne – von Anfang an eine solide Legitimationsbasis. Cf. Heckel 2016, 230–239; Müller 2014, 78–83; 2015a, 137–139. Cf. ferner Diod. 17, 103, 6–7; Curt. 9, 8, 22–27; Arr. an. 7, 15, 1–3. Mit der Entführung des Leichnams Alexanders und dessen Beisetzung in Alexandria war ihm darüber hinaus ein entscheidender Coup gelungen. Cf. Diod. 18, 26–28. Cf. Huß 2001, 237; 240. Cf. Diod. 19, 90, 1–5; App. Syr. 56/283–291; Iust. 15, 4, 3–6. Cf. Chaniotis 2018, 23–67. Cf. etwa IG XII 1, 6; OGIS 219; 237; SEG 46, 557. Weitere Belege finden sich bei Kosmin 2014a, 179, Anm. 47–51.

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Didyma durch die Seleukiden,202 Plinius d. Ä. berichtet darüber hinaus von der Errichtung von Altären für den Gott an den Ufern des Jaxartes durch den seleukidischen General Demodamas, worin man eine „formal gesture of imperial delimination in Central Asia“203 erkennen mag (s. u.). Seit der Regierung Antiochos’ I. Soter (281–261 v. Chr.) erscheint Apollon mit einem Pfeil auf dem omphalos sitzend auf seleukidischen Münzen.204 Von Anbeginn an stellten die Seleukiden jedoch auch ihre starke Verbindung mit Zeus heraus (s. u.).205 Elemente der seleukidischen Herrschaftsrepräsentation sind – neben der (allerdings späteren) literarischen Überlieferung  – namentlich in den griechischen Inschriften aus Kleinasien, der Korrespondenz der königlichen Kanzlei, in Siegeln und Tonbullen sowie der Münzikonographie zu greifen.206 Die Institutionalisierung von Herrscherkulten in den hellenistischen Monarchien ging allenthalben mit göttlichen Ehren der Könige (und ihrer Familie) einher.207 Letztere sind für die Seleukiden namentlich im griechischen Westen des Imperiums gut dokumentiert: Dort wurden die seleukidischen Herrscher in verschiedenen Städten als ‚Gründer‘ (κτίσται) und ‚Wohltäter‘ (εὐεργέται) verehrt.208 Bereits Antiochos I., der seinen verstorbenen Vater Seleukos I.

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Cf. Paus. 1, 16, 3; OGIS 214 zur Rückführung einer von den Persern geraubten Kultstatue aus Medien. Kosmin 2014a, 178 mit Plin. nat. 6, 49. Cf. Houghton/Lorber 2002, 115–116 mit zugehörigem Katalog. Cf. Debord 2003, 282–284; 303. Mittag 2006, 139–143 zeigt, dass die Abbildungen des Zeus Nike­ phoros, die seit 173/2 v. Chr. auf den Reversen einiger Tetradrachmen Antiochos’ IV. Epiphanes erscheinen, nicht im Sinne einer religiösen Reform zur Bevorzugung des Zeus gegenüber Apollon zu deuten sind: Erstens hatten bereits Seleukos I. und Antiochos I. in ihrer Münzikonographie ihre Anbindung an Zeus betont. Zweitens zeigen unter den Münzen Antiochos’ IV. namentlich die Münzen aus Ake-Ptolemaïs das Bild des Zeus Nikephoros, während die übrigen Münzstätten überwiegend nach wie vor Apollon-Tetradrachmen prägten. Die Münzen mit der Zeus-Ikonographie wurden zur Bezahlung von Soldaten geprägt, und es liegt nahe, dass das Bild während der Vorbereitungen zum ‚sechsten Syrischen Krieg‘ (169–168 v. Chr.) eine sehr konkrete und situationsgebundene Botschaft vermitteln sollte und eine bewusste Reminiszenz an die Prägungen Alexanders darstellte. 206 Cf. den Überblick bei Martinez-Sève 2003a, 221–230 sowie Welles 1934/1966 (epgigraphisches Material); Invernizzi 2004; McDowell 1935 (Siegel und Tonbullen aus Seleukeia am Tigris); Rostovzeff 1932 (Siegel und Tonbullen aus Babylonien); Hoghton/Lorber 2002 (Münzen). Zur Quellenlage speziell bezogen auf die östlichen Reichsgebiete cf. Plischke 2014, 6–12. 207 Cf. Walbank 1987; Chaniotis 2018, 108–115. Speziell zum seleukidischen Herrscherkult cf. Debord 2003; Sherwin-White-Kuhrt 1993, 202–210. Zum Dynastiekult im Ptolemaierreich cf. Pfeiffer 2008; Winter 1978. In Makedonien soll bereits Philipp II. unter die Olympischen Götter aufgenommen worden sein. Cf. Diod. 16, 92, 5. Die Proklamation der ‚panhellenischen Freiheit‘ und der Euergetismus des Antigonos Monophthalmos und seines Sohnes Demetrios Poliorketes hatte zahlreiche griechische Poleis, darunter Athen, dazu veranlasst, den neuen Königen göttliche Ehren zuteilwerden zu lassen. Cf. den athenischen Hymnos auf Demetrios Poliorketes bei Duris (FGrH 76 F 13 = Athen. 6, 253 d-f). In Athen wurden zudem zwei Phylen nach Antigonos und Demetrios benannt. Cf. OGIS 5–6. Cf. ferner Plut. Demetr. 12 f.; Diod. 20, 46, 2 sowie Habicht 1970, 44–55. Chaniotis 2018, 112 betont indessen, dass die hellenistischen Könige nicht als Götter stricto sensu verehrt wurden, sondern ihnen lediglich ‚gottgleiche Ehren‘ (ἰσόϑεοι τιμαί) zuteilwurden. 208 Cf. Kosmin 2014, 180; Habicht 1956, 105–108. Gauthier 1985 stellt heraus, dass die hellenistischen Könige „rivalisent de générosité sur la scène aggrandie d’une imaginaire Kosmopolis, dont les cités

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in Seleukeia Pieria beisetzen ließ, veranlasste in der Stadt die Errichtung eines Tempels für Σελεύκος Νικάτωρ, der mit dem Nikaterion einen heiligen Bezirk erhielt.209 Antiochos selbst erhielt vermutlich bereits zu Lebzeiten einen Kult in Erythrai,210 und im städtischen Kontext erhielt der König darüber hinaus das Epitheton Soter, das ihn in die Nähe des Gottes Apollon Soter rückte.211 Indes, erst Antiochos III. (223–187 v. Chr.) institutionalisierte einen veritablen „dynastischen Kult der Seleukiden“,212 der vermutlich die kultische Verehrung des lebenden Königs, seiner Ahnen und – seit 193/192 v. Chr. – der Königin Laodike anordnete.213 In Babylonien existieren Belege für die Ausübung eines dynastischen Kults in Seleukeia am Tigris aus dem zweiten Jahrhundert v. Chr., doch bleibt fraglich, in welchem Maße auch die indigenen Priesterschaften Südmesopotamiens an derartigen Einrichtungen partizipieren mussten (s. u.).214 Schließlich hatten die Seleukiden, denen der Löwenanteil der vormals achaimenidischen Territorien respektive des Alexanderreiches zugefallen war, ihre Herrschaftspraxis und monarchische Repräsentation notwendigerweise auf ein heterogenes Staatsgebilde hin zu konzipieren:215 Wie bereits Alexander mussten auch die Könige aus dem Hause des Seleukos folglich unterschiedliche Legitimationsstrategien entwickeln, um den diversen Untertanengruppen gerecht zu werden. Diese sollten zwar – namentlich in Gestalt des Herrscherkults – einen ‚imperialen Überbau‘ erhalten, doch werden nicht alle Ideologeme an jedem Ort des Reiches in gleicher Weise zur Anwendung gekommen sein. Der Sukzessionsgedanke konnte namentlich in einem griechisch-makedonischen Milieu auf fruchtbaren Boden fallen (s. o. Kap. II.3.1), doch eine (rudimentäre) Abfolge der Assyrer, Meder und Perser war auch in Mesopotamien (und möglicherweise darüber hinaus) bekannt (s. o. Kap. I.3.1.3). Da das (in hellenistischer Zeit erweiterte?) réelles sont des éléments plus ou moins interchangeables.“ Andererseits ging die Initiative auch von den Städten selbst aus. Cf. Chaniotis 2018, 112: „In order to elicit royal benefactions, the cities chose to present themselves as weak, suffering and dependent, thereby constructing the image of a powerful king.“ 209 Cf. App. Syr. 63/336 mit Bickerman 1938, 254. Ein Altar zu Ilion trug zudem die Aufschrift βασιλέως Σελεύκου Νικάτορος. Cf. Habicht 1970, 82 f. 210 Cf. OGIS 222–223 mit Habicht 1970, 93–99. 211 Cf. etwa eine (allerdings erst in die Regierungszeit Seleukos’ II. (246–225 v. Chr.) zu datierende) Inschrift aus Smyrna (OGIS 229), in der Antiochos als ὁ Θεὸς καὶ σωτὴρ Ἀντίοχος bezeichnet wird. 212 Walbank 1987, 379. 213 Cf. OGIS 224 sowie van Nuffelen 2004; Debord 2003, 291–297; Sherwin-White/Kuhrt 1993, 202– 210; Plischke 2014, 280–283. 214 Cf. van Nuffelen 2001. Sherwin-White/Kuhrt 1993, 203 zufolge vollzogen die lokalen Priesterschaften lediglich Opfer ‚für das Leben‘ des regierenden Herrschers. Indessen existieren neuere Belege aus der Regierungszeit Seleukos’ II. für die Existenz eines religiösen Rituals zu Ehren des Königshauses, das Opfergaben vor den Statuen der Könige vorsah. Cf. Linssen 2004, 124 f. Im mesopotamischen Kontext implizierten derartige Handlungen indessen nicht zwingend eine Deifizierung des Monarchen. Cf. Sherwin-White/Kuhrt 1993, 203: „It is thus clear that in these non-Greek contexts there is no shred of evidence to support the notion of a royal cult of the Seleucid monarchs.“ 215 Zur ideologischen Repräsentation des Königtums cf. Sherwin-White/Kuhrt 1993, 114–140; MartinezSève 2003a, 336–342.

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Konzept einer Abfolge von Weltreichen ausdrücklich Makedonien als diejenige Macht benennt, die den Persern nachfolgte, kommen unter den Seleukiden namentlich diejenigen Herrscher als Urheber einer erweiterten Sukzessionstheorie in Betracht, deren territoriale Ansprüche auch den Westen umfassten.216 Derartige Aspirationen sind namentlich für Seleukos I. Nikator (s. o.) und Antiochos III. d. Gr. (223–187 v. Chr.) bezeugt, die ihre Ansprüche auf außerasiatische (i. e. ‚europäische‘) Territorien unmissverständlich zur Geltung brachten.217 *** Im Jahr 312/311  v. Chr. brachte Seleukos Babylonien, das ihm 320  v. Chr. in Triparadeisos als Satrapie zugesprochen (s. o. Kap.  II.1), zwischenzeitlich jedoch von Antigonos Monophthamos streitig gemacht worden war (s. u.), wieder in seine Gewalt. In der Folge unterwarf er – zwischen 311 und 303 v. Chr. – fast den gesamten Iran seiner Botmäßigkeit, überließ allerdings in einem um 304/303 v. Chr. abgeschlossenen Vertrag einige der ‚oberen Satrapien‘ Tschandragupta, dem König der Maurya.218 Dabei mag bereits der Akt der Anabasis (‚Hinaufstieg‘) an sich essentiell für die Legitimation seines Königtums gewesen sein, denn erstens konnte Seleukos sich im Sinne einer „double conquête de légitimité“219 in die Nachfolge Alexanders stellen; zweitens präsentierte er sich auf diese Weise als Schutzherr der Bevölkerung Ost-Irans gegen die ihrerseits expandierenden Maurya.220

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Dies ist v. a. deshalb entscheidend, weil Pompeius Trogus in römischer Zeit (s. o. Einleitung) das imperium Macedonicum nicht auf das Seleukidenreich allein, sondern auf das Teile Europas und Asiens inkorporierende Alexanderreich zu beziehen scheint. Cf. Wiesehöfer 2003b, 78. 217 Cf. ibid. 218 Cf. Mehl 1986, 156–193; Plischke 2014, 178–195; Grainger 2014, 54–68. Zum Vertrag mit Tschandragupta cf. Iust. 15, 4, 10–22; App. Syr. 55/282; Strab. 15, 2, 9; Plischke 2014, 180–95; Sherwin-White/ Kuhrt 1993, 9; 93. Bei den abgetretenen Provinzen handelte es sich vermutlich um das obere Indusgebiet, Gandhara, Paropamisadai und Ostarachosien. Media Atropatene und Choresmien blieben unabhängig. Cf. Mehl 1986, 170–190. Eine Inschrift aus Kandahar scheint indessen die Zugehörigkeit Arachosiens zum Seleukidenreich bis in die erste Hälfte des dritten Jahrhunderts v. Chr. nahezulegen. Cf. Peek 1985. Kontrovers diskutiert wird in diesem Zusammenhang, wer aus den Verhandlungen als Sieger hervorging. Cf. zusammenfassend Mehl 1986, 176–178; Plischke 2014, 181–187; Wiesehöfer 2016, 207–210. Sprechen nach Ansicht der einen die großen Gebietsabtretungen des Seleukos zugunsten Tschandraguptas, so erkennen andere in der Annahme des Titels φίλος τοῦ βασιλέως durch den Herrscher der Maurya einen Hinweis auf dessen ‚Vasallenstatus‘ gegenüber den Seleukiden. Tatsächlich dürften beide Seiten von dem Vertrag profitiert haben, der nicht zuletzt weitreichende wirtschaftliche Beziehungen ermöglichte. Die Entsendung von Botschaftern und Diplomaten an den Hof der Maurya (cf. Strab. 2, 1, 9), deren namhaftester Vertreter Megasthenes war (s. u.), spricht desgleichen für einen Austausch unter gleichrangigen Nachbarn. 219 Capdetrey 2010, 25. In gleicher Weise konnte Tschandragupta sich zum ‚Befreier‘ indischer Volksstämme stilisieren, wie Strab. 15, 4, 13–14 andeutet. Cf. Wiesehöfer 2016, 210. 220 Cf. Capdetrey 2010, 25. Zu Seleukiden und Maurya cf. Wiesehöfer 2016; Karttunen 2009; Kosmin 2014b, 31–58.

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Die Maßnahmen des Herrschers in dieser Region zeugen von seinem unbedingten Willen, auch die ‚oberen Satrapien‘ dauerhaft zu kontrollieren.221 Seine „Politik des Ausgleichs mit den lokalen Eliten“222 und der Verzicht auf eine ‚Zwangsmakedonisierung‘ des Landes zeigen zudem, dass Seleukos – obschon die Quellenlage in den iranischen Gebieten nur begrenzte Schlussfolgerungen zulässt223 – in vielen Bereichen an die imperialen Strukturen des Achaimenidenreiches anzuknüpfen gedachte.224 Schließlich entsprach die Erhebung des Kronprinzen Antiochos (I.) zum „Korregent[en] und Vizekönig der Territorien jenseits des Euphrats“225 293 v. Chr.226 dieser Strategie und zeugt von Seleukos’ vorausschauender Planung:227 Als Sohn der Apama, der Tochter des iranischen Fürsten Spitamenes, mit der Seleukos seit der ‚Massenhochzeit von Susa‘ 324 v. Chr. verheiratet war,228 erschien der Thronfolger besonders geeignet, auch die östlichen Bevölkerungen für die Dynastie einzunehmen.229 Darüber hinaus leisteten die im Dienste des Königs tätigen (früh-)seleukidischen Geographen Patrokles, Demodamas und Megasthenes einen entscheidenden Beitrag zur Konstruktion ideologisch fundierter mental maps, die das Seleukidenreich in die 221 222

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Zur seleukidischen Politik in den östlichen Satrapien cf. Plischke 2014, passim; Wiesehöfer 1996a; 2007c; Sherwin-White/Kuhrt 1993, 72–113; Olbrycht 2013; Callieri 2014. Wiesehöfer 2015b, 75. Cf. Plischke 2014, 50–55, die ibid., 51 festhält: „Der König musste daran interessiert sein, ein administratives Netzwerk über sein Reich zu spannen, das alle ethnischen und sozialen Bereiche seines Herrschaftsgebietes erreichte. Vor diesem Hintergrund wäre eine griechischmakedonisch geprägte Homogenität seines Verwaltungspersonals eher hinderlich; allein eine ethnische Vielfalt kann einem solchen Anspruch gerecht werden.“ Cf. Tuplin 2009. Cf. Wiesehöfer 1994, 57–62; 1996, 32–34; 2015b, 77; Plischke 2014, passim; Panitschek 2016, hier v. a. 287–529. So folgten die Könige seit Seleukos dem persischen Vorbild u. a. in der Nutzung der achaimenidischen Residenzen (cf. Wiesehöfer 1994, 58), in der Beibehaltung des Provinzialsystems (cf. Plischke 2014, 29–32), der Hortikultur (cf. Huff 2010), des Bewässerungssystems (Qanate) und der Infratsruktur (cf. die Beiträge in Briant 2001; Wiesehöfer 1994, 61; Plischke 2014, 83–94) sowie im Umgang mit den Bergvölkern des Zagros (cf. Plischke 2014, 58–79; Wiesehöfer 2018b, 296). Seleukidische Besonderheiten bestanden etwa in der Einrichtung des ‚Vizekönigtums‘, dem Verzicht auf das achaimenidische Krönungszeremoniell sowie der Gründung von griechischmakedonischen Militärkolonien. Cf. Sherwin-White/Kuhrt 1993, 17. Diese ‚Rückgriffe‘ dürften jedoch auch in hohem Maße sachpolitischen Notwendigkeiten geschuldet sein. Cf. Tuplin 2009. Wiesehöfer 2015b, 75. Cf. Plut. Demetr. 38; App. Syr. 59/308–61/325; Plischke 2014, 195–201; Grainger 2014, 101–112. Cf. Wiesehöfer 2015b, 75. Apama war bereits während Alexanders Indien-Feldzugs die Geliebte des Seleukos gewesen. Cf. Plut. Demetr. 31, 3–4; Arr. an. 7, 4, 6. Als Königin hielt sie die engen Beziehungen zu den ostiranischen Territorien aufrecht. Cf. Sherwin-White/Kuhrt 1993, 25–27; Sherwin-White 1987. 7 f.; Plischke 2016a (Rolle Apamas und Stratonikes). Zahlreiche Statuen, die zu Ehren Apamas errichte worden waren, bezeugen die prominente Rolle, die Seleukos ihr von Beginn an zugedacht hatte. Cf. Sherwin-White/Kuhrt 1993, 127. Beaulieu 2006, 132 sieht im Bericht des Berossos (FGrH 680 F 7c = Verbrugghe/Wickersham 1996 F 8b.) über Nebukadnezars medische Ehefrau Amytis den Versuch, eine Parallele zur seleukidisch-iranischen Heirat zu ziehen. Cf. auch Visscher 2020, 96 f. Cf. Wiesehöfer 1996a, 32; Plischke 2014, 196 f. Vermutlich partizipierten auch deutlich mehr Indigene an der seleukidischen Administration als lange Zeit angenommen wurde. Cf. SherwinWhite/Kuhrt 1993, 121–125.

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(altorientalische) Tradition des ‚Weltreiches‘ einschrieben.230 Letzteres wird bei Megasthenes (s. u.) ebenso deutlich wie in der Beschreibung des Demodamas über Baktrien und Sogdien: Einem von Plinius d. Ä. überlieferten Fragment zufolge überquerte der Militär (vermutlich zwischen 292 und 281 v. Chr.231) den Jaxartes an der Nord-OstGrenze des Imperiums und errichtete jenseits des Flusses Altäre für Apollon von Didyma.232 Dabei stellte er die Seleukiden explizit in eine Reihe mit Dionysos und Herakles, doch auch – und dies ist entscheidend – mit der assyrischen Königin Semiramis, dem Perser Kyros II. und Alexander dem Großen. Marijn S. Visscher sieht in dieser Liste „an allusion to the so-called ‚succession of empires‘.“233 Zwar handelt es sich nicht um eine veritable Sukzession, zumal – und dies sei nachdrücklich betont – die Meder keine Erwähnung finden. Gleichwohl zeigt die von Demodamas konstruierte Liste, dass am seleukidischen Hof wirkende Autoren auf vorderorientalische (assyrische und persische) ‚Modellkönige‘ rekurrierten, um den ‚universalistischen Anspruch‘ der Seleukiden zu untermauern. Vor diesem Hintergrund erscheint eine ideologische Nutzung des Sukzessionsschemas durch Seleukos I. Nikator und seine Nachfolger durchaus denkbar. Da dieses Ideologem in der achaimenidischen Herrscherideologie vermutlich keine Rolle gespielt hatte (s. o. Kap. I.2.8; I.4), ist die ‚Oktroyierung‘ einer seleukidischen Viererfolge in den ‚oberen Satrapien‘ indessen kaum anzunehmen.234 Besondere Relevanz für die Genese einer ‚Vier-Monarchien-Sukzession‘ mag – angesichts der möglichen Provenienz des Dreierschemas aus Babylonien (s. o. Kap. I.3.1.3) – hingegen die Region Mesopotamien besitzen (s. u.). Doch auch im Westen, in Syrien und Kleinasien, dürfte die Sukzession Assyrien – Medien – Persien über das ‚Medium‘ der griechischen Literatur (Herodot und Ktesias) Verbreitung gefunden haben. Dafür spricht namentlich die spätere Übertragung des Schemas nach Rom, die – wenn überhaupt – von hier aus erfolgt sein dürfte.235

230 Cf. Visscher 2020, 16–70, hier 17–19; 29–41 (Patrokles); 19–21; 41–52 (Demodamas); 21–25; 52–62 (Megasthenes). Visscher 2020, 28 widerspricht der Annahme von Kosmin 2014b, 50–58, dem zufolge die Seleukiden mit den mental maps der altorientalischen Vorgängerreiche brachen und sich als Glieder einer ‚multipolaren‘ Welt betrachteten. 231 Cf. Visscher 2020, 20. 232 Cf. ibid., 41–52 mit Plin. nat. 6, 49. 233 Visscher 2020, 46. Cf. ibid., 46 f.: „In his list of conquerors Demodamas places the Seleucid Empire within a modified version of this template that is headed by the mythical conquerors Heracles and Dionysus but also encompasses the Assyrian Empire of Queen Semiramis, the Persian Empire founded by Cyrus, and the conquest of Alexander.“ 234 Grundsätzlich ist ein solcher ‚Import‘, zumal in hellenistischer Zeit, natürlich nicht auszuschließen. Schließlich war das Sukzessionsschema – wie Daniel beweist – spätestens seit dem zweiten Jahrhundert v. Chr. selbst in Palästina bekannt. Dieser Befund kann jedoch nicht ohne weiteres auf Iran übertragen werden. 235 Cf. Wiesehöfer 2003b, 70.

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Ein ‚säkulares‘ Viererschema?

Anatolien, strategisch und ökonomisch gleichermaßen bedeutsam, musste die Begehrlichkeiten jedes Monarchen wecken, der nach imperialer Herrschaft in der Nachfolge Alexanders strebte.236 Ende der 280er Jahre v. Chr. ging Seleukos daran, gegen den Diadochen Lysimachos vorzugehen.237 Infolge seines Sieges auf dem Kurupedion (281  v. Chr.) fielen ihm die Territorien Kleinasiens zu, die jener vormals beherrscht hatte.238 Noch im selben Jahr stieß Seleukos nach ‚Europa‘ vor. Aus einer babylonischen Chronik geht hervor, dass er nach der Schlacht auf dem Kurupedion verstärkt Ansprüche auf Lysimachos’ europäische Territorien (Thrakien) und sogar auf Makedonien selbst erhob:239 Seine Truppen zogen – so wird ausdrücklich betont – „gegen Makedonien, sein Land“ (ana kurMa­ak­ka­du­nu māti­šú), das jenseits des Meeres liege.240 Daraus folgt, dass „Seleucus desired no less than the reconstitution of Alexander’s unified empire of Macedonia and Asia.“241 Zwar machte die Ermordung des Herrschers durch Ptolemaios Keraunos im Sommer 281 v. Chr. seinen Zielen ein Ende.242 Kleinasien und Thrakien allerdings betrachteten die Seleukiden weiterhin als ihr legitimes Erbe, ein Anspruch, den noch Antiochos III. wie selbstverständlich artikulierte.243 Im Zuge seines Ostfeldzuges (212–205  v. Chr.), einer neuerlichen Anabasis, stellte dieser König, der bereits zu Regierungsbeginn mit Aufständen zu kämpfen hatte (Achaios in Westkleinasien;244 Molon im Osten245), die (zumindest nominelle) seleukidische Oberhoheit über die Sophene, Iran, Parthien und Hyrkanien sowie Bak-

236 So Sherwin-White/Kuhrt 1993, 21. Cf. jedoch auch Shipley 2000, 272–275, der (ibid., 275) die sich aus der naturräumlichen Lage der Region ergebenden Probleme seleukidischer Herrschaftsausübung herausstellt: „Though the urbanized regions west of Taurus were capable of producing substantial revenues, the region was naturally hard to control from the east and became the theatre for intra-dynastic wars and secessions […].“ 237 Cf. Sherwin-White/Kuhrt 1993, 21 f.; Mehl 1986, 283–322; Grainger 2014, 113–126. Zur Herrschaftsrepräsentation des Lysimachos cf. Plischke 2011. 238 Cf. die Chronik vom Ende der Herrschaft Seleukos’ I. obv. 3–5 (= BCHP 9 = ABC, Nr. 12, 121–122 = Glassner 2005, Nr. 33, 250–253). Demnach fand die Schlacht im Februar statt. Inschriften bezeugen, dass Seleukos und Antiochos die Beziehungen zu den früheren Verbündeten des Lysimachos systematisch organisierten und festigten. Cf. Mehl 1986, 285–315. 239 Cf. Sherwin-White/Kuhrt 1993, 22. 240 Cf. die Chronik vom Ende der Herrschaft Seleukos‘ I. rev. 1–3 (= BCHP 9 = ABC, Nr. 12, 122 = Glassner 2005, Nr. 33, 250–253): „The thirty-[first] year: [In the month …, that same month, …] his [troops] from Sar[dis] he mustered and took across the se[a…] with him to Macedonia, his land, […]s from the troops […]“ (Mu xxx[+ xk]ám it[ix ITI BI … um =mānimeš]-┌šú┐ ultu kurSa­pa[r­du] id­ke­e­ma tā[mta(a.a[b.ba]) (?) …] x itti­šú ú­še­bi[r (?)-ma(?)] ana kurMa­ak­ka­du­nu māti­šú […]meš ultu lúummānimeš [x (x)]). Klassische Autoren nennen Sehnsucht nach der Heimat als Hauptmotiv. Cf. etwa Memnon (FGrH 434 F 8, 1). 241 Sherwin-White/Kuhrt 1993, 22. 242 Cf. App. Syr. 62/330–63/331; Memnon FGrH 434 F 8; Iust. 17, 1, 4–2, 5–8. 243 Zu Antiochos III. cf. Taylor 2013; Sherwin-White/Kuhrt 1993, 188–216; Shipley 2000, 290 f. sowie die Beiträge in Feyel/Graslin-Thomé 2017. 244 Cf. Taylor 2013, 37–40; 65–71; Plischke 2014, 263–265. 245 Cf. Taylor 2013, 25–34; Richter 2017; Plischke 2014, 250–262.

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trien und Gandhara wieder her246 – ein Ergebnis, das maßgeblich zur Annahme des Epithetons ὁ μέγας (‚der Große‘) durch Antiochos beigetragen haben dürfte,247 während er den Titel ‚Großkönig‘ (βασιλεὺς μέγας) wohl erst um 201/200 v. Chr., nach der Schlacht am Paneion gegen die Ptolemaier, führte.248 Es waren vermutlich die militärischen Erfolge des Herrschers insgesamt, und unter ihnen nicht zuletzt die Anabasis, die ihn nach den Worten des Polybios „den Bewohnern nicht nur von Asien, sondern auch von Europa des Thrones, den er innehatte, würdig erscheinen“ ließ.249 Im ‚fünften Syrischen Krieg‘ (202/201–195 v. Chr.) rang Antiochos den Ptolemaiern Koilesyrien und Phoinikien ab, suchte seinen Einfluss auf Lykien, Karien und Pamphylien250 sowie – ab 196 v. Chr. – auf Thrakien auszudehnen.251 Er geriet daraufhin in Konflikt mit der ihrerseits expandierenden römischen Republik, die unlängst Einfluss im griechischen Osten gewonnen hatte:252 Während seinen Verhandlungen mit den Römern beanspruchte Antiochos Thrakien ostentativ als Erbe seiner Vorfahren (Θρᾴκην μέν, τῶν προγόνων αὐτοῦ γενομένην) und definierte ‚Asien‘ als seleukidische

246 Cf. Sherwin-White/Kuhrt 1993, 197–199; Taylor 2013, 72–86; Plischke 2014, 265–276. Zum politischen Vorgehen Antiochos’ III. in den ‚oberen Satrapien‘ cf. Martinez-Sève 2017; Brüggemann 2017; Wiesehöfer 2017. Cf. Pol. 8, 23 (Sophene); 10, 28–31 (Parthien und Hyrkanien). Zum Vertrag mit Euthydemos in Baktrien cf. Pol. 11, 34. Nach Pol. 11, 39, 13 standen die östlichen Satrapien Arachosien, Sistan, Karmanien und Persis sonach unter der Oberhoheit der Seleukiden. 247 Cf. Cf. Plischke 2016b, 173. 248 Cf. Plischke 2016b, 171–174 mit der älteren Literatur. Cf. ferner Gerardin 2017, hier v. a. 84–89, der unter Verweis auf die frühesten inschriftlichen Belege des Titels βασιλεὺς μέγας festhält (ibid., 82), dass jener „vise à éclairer la transition du pouvoir lagide au pouvoir séleucide en Syrie-Coelé et Phénice.“ Tatsächlich lässt sich der Titel ‚Großkönig‘ als Selbstbezeichnung des Antiochos jedoch nicht eindeutig ausmachen. Cf. Plischke 2016b, 175. Strootman 2020, 143–148; 149 sieht die Annahme des Titels hingegen als Demonstration der Überlegenheit über die ‚Vasallenkönige‘, denen Antiochos die Anerkennung der seleukidischen Oberhoheit im Zuge der Anabasis abgerungen hatte. 249 Pol. 11, 34, 16: διὰ γὰρ ταύτης τῆς στρατείας ἄξιος ἐφάνη τῆς βασιλείας οὐ μόνον τοῖς κατὰ τὴν Ἀσίαν, ἀλλὰ καὶ τοῖς κατὰ τὴν Εὐρώπην. Cf. Zur Textstelle cf. Ma 1999, 65. Cf. App. Syr. 1/1. Cf. ferner ibid., 15: „Antiochos gebot über zahlreiche große Völker im oberen Asien und – mit wenigen Ausnahmen – über alle an dessen Meeresküste; außerdem war er bereits nach Europa übergesetzt, besaß einen furchterweckenden Ruf nebst beträchtlichen Streitkräften und hatte eine Menge sonstiger Ruhmestaten gegen andere Völker vollbracht, weshalb er auch den Beinamen ‚der Große‘ führte.“ (οἷα δ’ Ἀντιόχου τῆς τε Ἀσίας τῆς ἄνω πολλῶν καὶ μεγάλων ἐϑνῶν καὶ τῆς ἐπὶ ϑαλάσσῃ, χωρὶς ὀλίγων, ὅλης ἐπικρατοῦντος, ἔς τε τὴν Εὐρώπην διαβεβηκότος ἤδη, καὶ δόξαν ἐπίφοβον καὶ παρασκευὴν ἰκανὴν ἔχοντος, πολλὰ τε ἄλλα καϑ’ἑτέρων ἐξειργασμένου λαμπρά, δι’ ἃ καὶ μέγας ἦν ἐπώνυμον αὐτῷ, τὸν πόλεμον οἱ Ῥωμαῖοι χρόνιον σφίσι καὶ μέγαν ἔσεσϑαι προσεδόκων). Zu den politischen Implikationen des Titels cf. Gerardin 2017. 250 Cf. Ma 1999, 53–105; Taylor 2013, 89–93; Grainger 2010, 245–271. Das Verhältnis Antiochos’ III. zu den phoinikischen Städten und den Gebieten der Levante behandeln Apicella 2017 und Ecker/ Finkielsztejen/Gorre/Honigman/Syon 2017. 251 Cf. Grainger 1996. Lysimacheia soll Antiochos zur Operationsbasis für weitere Unternehmungen auf europäischem Boden ausgebaut haben. App. Syr. 1/3. Zur Interaktion des Antiochos mit den griechischen Städten Kleinasiens cf. Ma 1999; 2003. 252 Zum Krieg gegen Rom cf. Grainger 2002; Sherwin-White/Kuhrt 1993, 210–215; Taylor 2013, 115– 143.

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Interessenssphäre.253 Die Ambitionen des Herrschers, der schlussendlich vom Aitolischen Bund zur Intervention in Griechenland aufgefordert wurde,254 zielten demnach – wie die seiner Vorgänger – darauf ab, das ‚Reich‘ Seleukos’ I. vollumfänglich wiederherzustellen. Interessant ist in diesem Kontext ein Passus aus Arrians Syriake: καὶ μικρὸν οὐδὲν ἐνϑυμούμενος Ἑλλεσποντίους ἐπῄει καὶ Αἰολέας καὶ Ἴωνας ὡς οἷ προσήκοντας ἄρχοντι τῆς Ἀσίας, ὅτι καὶ πάλαι τῶν τῆς Ἀσίας βασιλέων ὑπήκουον. ἔς τε τὴν Εὐρώπην διαπλεύσας Θρᾴκην ὑπήγετο καὶ τὰ ἀπειϑοῦντα ἐβιάζετο […]. Nichts Geringes im Sinn, ging er gegen die Hellespontier, Aioler und Ioner vor, wie wenn sie ihm als Herrscher von Asien zustünden, weil sie auch früher den Königen von Asien untertan waren. Dann setzte er nach Europa über, gewann Thrakien und bezwang die Widerstrebenden […].255

Nachdem Appian Antiochos zuvor (ibid., 1, 1–2) als ‚König der Syrer, Babylonier und anderer Vöker‘ (Σύρων καὶ Bαβυλωνίων καὶ ἑτέρων ἐϑνῶν βασιλεύς) sowie als den sechsten König nach Seleukos, der Alexander in der Herrschaft über die Länder Asiens rund um den Euphrat ablöste (ἕκτος δὲ ἀπὸ Σελεύκου τοῦ μετ’Ἀλέξανδον Ἀσίας τῆς περὶ Εὐφράτην βεβασιλευκότος) und schließlich als ‚Antiochos den Großen‘ (Ἀντίοχος μέγας) vorgestellt hat, werden im vorliegenden Passus zwei Konzepte miteinander verbunden:256 Zunächst wird Kleinasien als der seleukidischen βασιλεία zugehörig und gleichsam als χώρα δορίκτητος deklariert; sodann erhebt der König  – dies geht aus dem Text implizit hervor – den Anspruch auf ‚ganz Asien‘ respektive die βασιλεία τῆς Ἀσίας. In der literarischen Überlieferung figurieren die Seleukiden häufiger als ‚Köni-

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Cf. App. Syr. 3/12–13: „Er aber gab zur Antwort, daß er Thrakien, das seinen Vorfahren gehört habe und ihnen durch Zeitmangel abhanden gekommen sei, nun, da er Zeit habe, wieder ergreife, daß er Lysimacheia als künftigen Wohnsitz für seinen Sohn Seleukos erbaue, und daß er die Städte in Asien selbstständig lassen werde, wenn sie den Dank dafür nicht Rom, sondern ihm selbst abstatten würden […]. Im übrigen bin auch ich im Unklaren, mit welchem Recht sich die Römer in Asien einmischen, während ich mich in Italien nicht einmische.“ (ὁ δ’ ἀπεκρίνατο Θρᾴκην μὲν, τῶν προγόνων αὐτοῦ γενομένην τε καὶ δι’ ἀσχολίας ἐκπεσοῦσαν, αὐτὸς ἐπὶ σχολῆς ὢν ἀναλαμβάνειν, καὶ Λυιμάχειαν ἐγείρειν οἰκητήριον Σελεύκῳ τῷ παιδὶ εἶναι, τὰς δ’ἐν Ἀσίᾳ πόλεις αὐτονόμους ἐάσειν, εἰ τὴν χάριν οὐ Ῥωμαίοις ἀλλ’ ἑαυτῷ μέλλοιεν ἕξειν […]. ἀπορῶ δὲ κἀγὼ τίνι Ῥωμαῖοι δικαίῳ τὴν Ἀσίαν πολυπαγμονοῦσιν, ἐμοῦ Ἰταλίαν οὐ πολυπραγμονοῦντος). Cf. ferner Pol. 18, 49–51 und Liv. 33, 38, 1: „Im selben Jahr versuchte König Antiochos, nachdem er in Ephesos überwintert hatte, alle Gemeinden Asiens wieder in das frühere Abhängigkeitsverhältnis zu bringen.“ (Eodem anno Antiochus rex, cum hibernasset Ephesi, omnes Asiae civitates in antiquam imperii formulam redigere est conatus). Zu den ideologischen Rechtfertigungen der Seleukiden und Römer cf. Ma 1999, 56; 99–10. 254 Cf. Liv. 35, 23–33 mit Taylor 2013, 110–112. 255 App. Syr. 1/2–3. Deutsche Übers. Veh. 256 Bemerkenswerterweise erscheinen Syrien und Babylonien auch bei Appian als Kernregionen des Imperiums, gefolgt von den ‚oberen Satrapien‘ (Medien, Parthien) und – an letzter Stelle – Anatolien. Hier wird folglich eine konzentrische Ordnung reflektiert. Cf. Capdetrey 2010, 23.

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ge von Asien‘,257 und auch jüdische Schriften, allzumal die Makkabäerbücher, machen von diesem Konzept Gebrauch.258 Indes, in den offiziellen, im Auftrag der königlichen Kanzlei verfassten Inschriften findet der Titel βασιλεὺς τῆς Ἀσίας, wie Fredericomario Muccioli betont, keine Verwendung.259 Das Konzept des Königtums über Asien als ‚geopolitischer‘ Terminus scheint demnach nicht Bestandteil der königlichen Selbstdarstellung gewesen zu sein,260 obschon die seleukidische ‚Hof-Ethnographie‘ sich intensiv mit der territorialen Reichweite des Imperiums auseinandersetze und gerade den Grenzregionen große Aufmerksamkeit schenkte (s. o.).261 Auf die Schwierigkeit, das Seleukidenreich in den antiken Quellen (terminologisch) als politische und territoriale Entität zu greifen, hat bereits seinerzeit Elias Joseph Bickerman hingewiesen.262 Die Bezeichnung ‚König von Syrien‘, die in den späteren Quellen häufig vorkommt,263 dürfte erst mit dem Verlust der östlichen Satrapien seit 257 Cf. Muccioli 2004, 122–151. So erscheint Seleukos I. Nikator wiederholt als der würdigste Herrscher in der Nachfolge Alexanders, da er das größte Gebiet unter dessen Nachfolgern beherrschte. Cf. Arr. an. 7, 22, 5; App. Syr. 1/1; 55/281; Paus. 1, 16, 3. Diodor (21, 1, 1) konstruiert eine Art trans­ latio Imperii der Herrschaft über Asien. Demnach sei Antigonos Monophthalmos der mächtigste Herrscher seiner Zeit gewesen, der infolge seines unersättlichen Strebens nach dem Besitz anderer jedoch am Ende Herrschaft und Leben verlor. In der Folge ging die Herrschaft über Asien auf Seleukos über. Cf. Muccioli 2005. 258 Cf. etwa 1 Makk 8, 6; 11, 3; 12, 39; 13, 32; 2 Makk 3, 3. 259 Cf. Muccioli 2004, 126. 260 Cf. jedoch Strootman 2020, 137: „The first Seleucids presumably styled themselves (or at least were seen as) the Kings of Asia.“ 261 Cf. Kosmin 2013a, 200–26; Visscher 2020, 16–70, hier 17–19; 29–41 (Patrokles); 19–21; 41–52 (Demodamas); 21–25; 52–62 (Megasthenes). Zum gänzlich abweichenden ‚Raumverständnis‘ des Babyloniers Berossos (s. u.) cf. Kosmin 2013a, 206–211. 262 Cf. Bickerman 1938, 3–7. Das staatliche Gefüge des Seleukidenreiches – im Sinne der Gesamtheit der Machtbefugnisse der königlichen Institutionen und der Pflichten der Untertanen – erscheint in den Quellen als τὰ πράγματα (‚die (öffentlichen) Angelegenheiten‘). Als politische Entität wird das Imperium häufig personal als ‚der König und seine Untertanen‘ umschrieben. Cf. Pol. 21, 45, 2. In römischen Quellen erscheint der Untertan entsprechend zuweilen als qui sub rege viveret. Cf. Liv. 41, 6, 8, wo lykische Gesandte über sich selbst sagen: fuisse se sub dicione Antiochi. Zuweilen wurde die ursprüngliche Heimat der Dynastie auch durch den Begriff Macedonicum imperium o. ä. evoziert. Cf. Iust. 36, 1, 10. Im Unterschied zum Reich der Antigoniden, das z. B. Pol. 18, 46, 5 mit der Formulierung ‚König Philipp und die Makedonen‘ (καταπολεμήσανες βασιλέα Φίλιππον καὶ Μακεδόνας) geographisch recht klar definiert, erscheinen etwa Antiochos III. und sein Sohn Seleukos bei Liv. 40, 52, 5 lediglich als ‚Könige‘ (reges). App. Syr. 48/246 spricht lediglich von ἡ ἀρχὴ τῶν Σελευκιδῶν. Hieraus ergab sich für Bickerman 1938, 7, dass die Einheit des seleukidischen Imperiums staatsrechtlich allein in der Person des Herrschers manifest wurde. Das Fehlen exakter geographischer Spezifizierungen wiederum verleihe dem Anspruch der Seleukiden auf ‚Universalität‘ Ausdruck. Cf. ibid.: „Un Ptolémé est d’abord et surtout le maître de l’Egypte comme un Antigonide est le roi de Macédoine. Les Séleucides dominent un territoire immense, qui s’étend de la Méditerrannée jusqu’au Golfe Persique. C’est un agrégat de pays, de peuples, des civilisations, sans unité en dehors de la personne de leur maître. […] Historiquement, l’État des Séleucides était ainsi un Empire universel. La personne du roi est ici non seulement le centre, mais encore le lien qui unit les parties dirsparates de son Empire.“ 263 Cf. etwa App. Syr. 65/343; Pol. 2, 71, 4; 4, 2, 7; 48, 5; 5, 34, 6; 28, 20, 6; Iust. 21, 1, 2; Vell. 1, 10, 1; Plin. nat. 7, 53; Cass. Dio 39, 57, 1. Zu weiteren Belegen cf. Bickerman 1938, 5, Anm. 1.

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der zweiten Hälfte des zweiten Jahrhunderts v. Chr. aufgekommen sein und darüber hinaus die römische Perspektive reflektieren.264 Möglicherweise geht er jedoch auch auf die wechselseitige Propaganda im Zuge der Auseinandersetzungen der Seleukiden und Ptolemaier um Koilesyrien (s. u.) zurück.265 Zwar hatte Antiochos III. den Titel μέγας βασιλεύς angenommen, der – in Analogie zum achaimenidischen Titel xšāyaϑiya vazṛka – der räumlichen Dimension und Diversität seines Herrschaftsbereichs Rechnung trug (s. o.); doch dies geschah erst rund hundert Jahre nach der Begründung der Dynastie und blieb Episode.266 Im griechischsprachigen Raum wurde Antiochos IV. nachmals immerhin als ‚Sohn des großen Antiochos‘ (βασιλέως μεγάλου Ἀντιόχου) tituliert.267 In den offiziellen Dokumenten prävaliert hingegen der Terminus βασιλεία (‚das Königtum schlechthin‘268), der zwar primär eine personale Bedeutung besaß, laut Laurent Capdetrey jedoch zunehmend auch territoriale Konnotationen aufwies: Während der Begriff im Dekret von Ilion zu Ehren Antiochos’ I. noch polyvalent gebraucht wird,269 so scheinen spätere Inschriften aus dem zweiten Jahrhundert v. Chr. eine semantische Verschiebung in Richtung einer räumlichen Entität anzudeuten, die möglicherweise mit der βασιλεία τῆς Ἀσίας identisch war.270 Es fällt in Auge, dass die ‚Territorialisierung‘ des βασιλεία-Begriffs mehr in epigraphischen denn in literarischen Zeugnissen Verwendung findet, und zwar erst seit der Regierungszeit Antiochos’ III. Dieser Be-

264 Cf. Capdetrey 2010, 19. 265 Cf. Primo 2009; Strootman 2020, 125 f. Demnach negierten die Ptolemaier den seleukidischen Anspruch auf Koilesyrien, indem die Region Syrien-Palästina als von ‚Asien‘ getrennt deklariert wurde, während seitens der Seleukiden eben diese Zugehörigkeit Syriens zu ‚Asien‘ verfochten wurde. 266 Cf. Capedtrey 2010, 19. Strootman 2014a, 46; 2020, 133 gibt indessen zu bedenken, dass die Perser (!) dem Bericht Diodors zufolge (19, 48, 1) bereits dem Diadochen Antigonos Monophthalmos bei seinem Einzug in die Persis als ‚König von Asien‘ begrüßten. Da die Einwohner Irans sich kaum eines griechischen Titels bedient haben dürften, mag es sich hier um die griechische Wiedergabe des achaimenidischen Titels xšāyaϑiya vazṛka handeln. Andererseits betont Strootman 2020, 157, dass der Titel nicht als ideologische Reminiszenz an die Achaimeniden aufzufassen sei. 267 Cf. OGIS 249 mit Gerardin 2017, 102. 268 Cf. Bickerman 1938, 3. 269 Cf. Capdetrey 2010, 21 mit OGIS 219; Austin 1981, 237–239, Nr. 139, 2–19. In Z. 1, 14, 25 wird der Begriff territorial verwandt, wohingegen er in Z. 3 und 17 personale Bedeutung (im Sinne der ererbten Königsherrschaft) zu besitzen scheint. Das Herrschaftsterritorium wird räumlich indessen nicht exakt definiert – im Gegensatz zur in Z. 4–5 erwähnten Σελευκίς, wo Antiochos Frieden und Prosperität eingeführt habe. Dieser Terminus bezieht sich auf Nordsyrien, während er in der Diadochenzeit eventuell das gesamte Herrschaftsgebiet Seleukos’ I. bezeichnete hatte. Cf. Capdetrey 2010, 21; Muccioli 2004, 126. 270 Cf. Capdetrey 2010, 21. Ein ins Jahr 175  v. Chr. zu datierendes Dekret aus Athen (OGIS 248, 13; Austin 1981, 268 f., Nr. 162) berichtet von der Rückführung Antiochos’ IV. zu den Grenzen seiner βασιλεία. In den Prostagmata Antiochios’ III. aus dem Jahr 193 v. Chr. (OGIS 224, 22 f.) setzt der König seine lokalen Statthalter über die Amtsinhaberinnen der neu geschaffenen Priestertümer für den Kult der Laodike κατὰ τῆν βασιλείαν in Kenntnis. In einem Schreiben Seleukos’ IV. an seinen Beamten Heliodoros (Cotton/Wörrle 2007, Z. 16 f.) verleiht der König in der Präambel seiner Sorge Ausdruck, dass die Menschen, die κατὰ τῆν βασιλείαν lebten, ohne Glauben seinen.

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fund spricht zugunsten der Annahme, dass die gewachsene respektive ‚wiederhergestellte‘ territoriale Dimension des Herrschaftsgebiets infolge der Anabasis von diesem Zeitpunkt an auch ideologisch stärker in den Fokus rückte.271 Im Zuge der Auseinandersetzung des Seleukiden mit den Römern hätte folglich auch die Propagierung einer Abfolge von Reichen im Sinne Herodots und Ktesias’, das die Herrschaft über Asien ‚historisch‘ hätte legitimieren können, eine gewisse innere Logik besessen. Allein, ein Rekurs des Königs auf die Sukzessionstheorie ist in den Quellen nicht zu greifen, und ob das Konzept der ‚Herrschaft über Asien‘ Antiochos III. vor Augen stand, lässt sich nur vermuten. Tatsächlich scheint eher das trojanische Königshaus im Fokus der wechselseitigen ‚Propaganda‘ zwischen Seleukiden, Römern und Attaliden gestanden zu haben.272 Da Antiochos’ Aspirationen auch ‚europäische‘ Territorien umfassten, hätten seine Unternehmungen jedoch theoretisch auch als Reminiszenz an Herodots Perserkönige, allen voran Xerxes, aufgefasst werden können, die an der Eroberung von Hellas gescheitert waren (s. o. Kap. I.3.1–2). Derartige (für den Seleukiden unvorteilhafte) Vergleiche dürften indessen allenfalls seitens seiner Gegner evoziert worden sein273 – dies umso mehr, als ostentative ‚Achaimenidennachfolge‘ im Sinne einer reichsweiten Ideologie weder für Antiochos III. noch für andere seleukidische Könige bezeugt ist.274 Wie im Falle Alexanders (s. o. Kap. II.3.1) ist darüber hinaus auch in vorliegendem Kontext der Einfluss späterer literarischer Formung kaum zu unterschätzen: So konnte ein seleukidisches Ausgreifen nach Griechenland auf der ‚Folie‘ herodoteischer Narrative – im Sinne eines vaticinium ex even­ tu – auch als Warnung gedeutet werden: Appian zufolge erhielt Seleukos I. noch vor dem Alexanderzug zu Didyma einen Orakelspruch Apollons. Auf die Frage hin, wann er nach Makedonien zurückkehren werde, gab der Gott zur Antwort, er solle sich nicht um Europa kümmern, da Asien besser für ihn sei – eine eindeutige Warnung vor Seleu-

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Cf. Capdetrey 2010, 21 f., der (ibid., 20) die Verzahnung der personalen und territorialen Bedeutung des βασιλεία-Begriffs herausstellt: „Selon ce principe, le territoire était moins une donnée fondatrice du pouvoir royal qu’une conséquence de l’effectivité de ce pouvoir, c’est-à-dire la résultante toujours fragile, de sa plus ou moins grande capacité à trouver une expression territoriale.“ Cf. desgleichen ibid., 22: „La notion de basileia-royaume faisait en effet du territoire l’indispensable extension corporelle du principe de la royauté.“ 272 Cf. Visscher 2020, 188–199 (unter besonderer Behandlung der Troika des Hegesianax, FGrH 45). 273 Cf. Strootman 2020, 147 mit der älteren Literatur. 274 Cf. Tuplin 2009, 123: „Even if Antiochus did see himself as Darius redivivus, it would normally be better not to mention the fact. And that observation may have wider ramifications: on the one hand, it might mean that less general evidence of Achaemenid-Seleucid continuity survives than could have been the case; but, on the other hand, it may also make us wonder how sensible it was for the Seleucids to maintain or proclaim such continuity in the first place.“ Mit allem Nachdruck bleibt jedoch zu betonen, dass gerade Antiochos III., wenn möglich, dem Gebot der strukturellen Toleranz folgte und verstärkt die Kooperation mit den indigenen Eliten – zumal in der Persis – suchte. Cf. Wiesehöfer 2017.

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Ein ‚säkulares‘ Viererschema?

kos’ späterem Feldzug gegen Lysimachos und seinen nachfolgenden Unternehmungen (s. o.).275 Das Bild des Herrschers, der sich nicht mit dem ihm von den Göttern zugewiesen Herrschaftsraum bescheiden möchte und dessen Hybris ihn schlussendlich scheitern lässt, ist ein herodoteisches.276 An derartigen Assoziationen konnte Antiochos  III. während seines Feldzuges gegen die Römer kaum gelegen sein, wohl aber hätte das ‚herodoteische Szenario‘ von römischer Seite aus evoziert werden können: Nach Antiochos’ Niederlage gegen Rom und dem Frieden von Apameia 188 v. Chr. ging Kleinasien jenseits des Taurus den Seleukiden endgültig verloren.277 In diesem Zusammenhang bleibt zu bedenken, dass Aemilius Sura, unsere vermutlich früheste Quelle für ein römisches Fünferschema, die Übertragung der ‚Weltherrschaft‘ auf Rom u. a. mit der Schlacht bei Magnesia in Verbindung bringt. Andererseits spricht vieles dafür, dass die Römer erst nach dem Ende des Seleukidenreiches in der Mitte des ersten Jahrhunderts v. Chr. mit gewissem Recht die Herrschaft auch über ‚Asien‘ und damit die Nachfolge des Alexanderreiches beanspruchen konnten (s. u. Kap. III.2.1). Indessen erzwingt dieser Umstand für sich genommen noch keineswegs die Existenz einer seleukidischen Vier-Monarchien-Folge. Die Idee einer gerade die Seleukidenherrschaft fokussierenden Viererfolge könnte auch andernorts aufgekommen sein, denn: Bemerkenswerterweise wurde die Dynastie, wie im Folgenden deutlich werden wird, gerade von außerhalb als (in diesem Falle illegitime) Erbin der Achaimenidenkönige wahrgenommen. *** Die offizielle Terminologie der hellenistischen Dynastien wurde – wie oben bereits angedeutet – in hohem Maße durch den politischen Diskurs und die Nomenklatur der Diadochenzeit bestimmt.278 Die seleukidische ‚Propaganda‘ scheint einerseits im griechisch-makedonisch geprägten diskursiven Milieu beheimatet zu sein;279 anderer275 Cf. App. Syr. 56/283; 63/331: μὴ σπεῦδ’ Εὐρώπηνδ’∙ Ἀσίη τοι πολλὸν ἀμείνων. 276 So deuten die ‚Reichsträume‘ des Asyages (Hdt. I, 107, 1–108, 1) den künftigen Herrschaftsbereich des Kyros (‚ganz Asien‘) voraus. Durch seine Schiffsbrücke über den Araxes und seinen Vorstoß ins Land der Massageten (Hdt. I, 201–214) gehen seine Expansionsbestrebungen über das ihm von den Göttern bestimmte Territorium hinaus. Bezeichnenderweise enthält die Warnung der Tomyris (Hdt. I, 206, 1) den expliziten Hinweis, Kyros solle ‚über das Seinige‘ herrschen. 277 Cf. Pol. 21, 43; Taylor 2013, 147–150. 278 Cf. Funck 1996b, 198 f. 279 Ogden 2017, 23–33 und Coppola 2010a, 117–118 stellen heraus, dass die in der griechisch-römischen Literatur überlieferten Omina, die Seleukos die Königsherrschaft über Asien verhießen, intertextuelle Bezüge zu früheren Episoden der griechischen Literatur enthalten. Dies gilt etwa für seine Opferhandlungen und die Fürsorge des Apollonheiligtums zu Didyma (Diod. 19, 90, 4; App. Syr. 56/283–57/294), die Reminiszenzen an die Alexanderhistoriographie enthalten (Strab. 17, 1, 43; Curt. 7, 5, 28; Kallisthenes, FGrH 124 F 14). Der Traum der Mutter Seleukos’ I., Laodike (App. Syr. 56/284–287; Iust. 15, 4), in dem Apollon sie angeweisen habe, ihrem Sohn einen Ring zu geben, den er verlieren und an der Stelle wiederfinden werde, an der er sein zukünftiges Königreich

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seits knüpften die Könige aus dem Haus des Seleukos bewusst an die Traditionen der Vorgängerreiche an, indem sie lokale Ausdrucksformen der Herrschaft adaptierten (s. u.). Dabei ist ein unmittelbarer ideologischer Rückgriff auf die Achaimeniden, an deren Herrschaftspraxis die Seleukiden in wesentlichen Punkten anknüpften (s. o.), in den Quellen zwar nur schwer zu greifen;280 bemerkenswerterweise existieren jedoch ‚externe Feindbilder‘, die die Dynastie als unrechtmäßige Erben der Perser und ihrer ‚orientalischen‘ Vorgängerreiche präsentieren.281 In einem 1996 erschienenen Beitrag mit dem Titel ‚König Perserfreund‘. Die Seleukiden in der Sicht ihrer Nachbarn hat Bernd Funck dargelegt, dass gerade die ptolemaiische ‚Propaganda‘ die Seleukiden – zuweilen auf sehr subtile Weise – in diesem Sinne diffamierte:282 In der Kairoer Satrapenstele Ptolemaios’ I. Soter (323/306–283/282 v. Chr.) aus dem Jahr 311 v. Chr. distanziert der erste Ptolemaier sich deutlich von den angeblichen Schandtaten des Xerxes (Ḫšrjjš), indem er die von den Persern geraubten Kultstatuen sowie heilige Texte zurückführte und die Rechte der Buto-Priester wieder in Kraft setzte.283 Der Text, der einerseits dem Genre der ägyptischen Königsnovelle verbunden ist, andererseits griechische (allzumal das negative Perserbild betreffende) Narrative aufgreift, konstruiert eine „gemeinsame griechisch-ägyptische Geschichtlichkeit“284 sowie eine historisch bedingte und identitätsstiftende „Abgrenzung gegen die Perser.“285 In einem längeren Prozess wurden die Seleukiden offenbar zunehmend mit den Persern assoziiert, sodass „in Ägypten ihr Bild mit dem der Achaimeniden zu einem Feind-

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errichten werde  – Seleukos fand den Ring am Euphrat  – weist inhaltliche Parallelen zu Hdt. 3, 40–43 (Polykrates) und 6, 131 (Minos) auf. Cf. Tuplin 2009, hier v. a. 117–123. Bemerkenswert ist namentlich der vollkommene Verzicht auf die achaimenidische Titulatur. Cf. ibid., 119. Eine Ausnahme stellt möglichweise die Annahme des Titels ὁ μέγας durch Antiochos III. dar (s. o.). Cf. jedoch Strootman 2020, 157: „The conviction that the titles Great King and King of Kings were references to the Achaemenids is a modern myth. Employment of these tiltles, and the associated epithet Megas, by the Seleucids and by their decendants and successors meant no more than what these titles expressed, and it would be rash to interpret them as claims to an Achaemenid inheritance when ancient sources do not actually make that connection.“ Cf. desgleichen Plischke 2016b, 175. Cf. Funck 1996b; Strootman 2020, 147; Visscher 2020, 121–153 mit der älteren Literatur. Müller 2015a zeigt (anhand des Beispiels des Poseidippos von Pella), dass Alexanders Siege über die Perser in der lagidischen Hofpoesie als ‚Beginn einer neuen Ära‘ glorifiziert wurden und sich in den Bahnen der ptolemaiischen Ideologie bewegten, die die Perser in ein negatives Licht rückte. Letzteres gilt namentlich für Ptolemaios I. Lagos (ibid., 138): „Presumably adressed particularly to his Macedonian and Greek court society, Ptolemy seems to have focused on Alexander the commander and conqueror while strategically neglecting Alexander the statesman involved in Persian policies that were unpopular with many of the Macedonians.“ Cf. Funck 1996b, passim zum Folgenden. Der Titel basiert auf der früheren Lesung eines demotischen Ostrakons aus Karnak, das den Sieg Ptomemaios’ II. Philadelphos über Antiochos II. Theos im ‚Zweiten Syrischen Krieg‘ thematisiert. Cf. Bresciani 1978, hier v. a. 34 f. Text: Sethe 1904, 11–22. Cf. Klinkott 2007. Klinkott 2007, 48. Ibid.

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Ein ‚säkulares‘ Viererschema?

bild verschmolz.“286 Aufschlussreich in diesem Zusammenhang sind, wie Funck gezeigt hat, zwei Zeugnisse aus dem Kontext des ‚Dritten Syrischen Krieges‘ (‚Laodike-Krieg‘, 246–241 v. Chr.), der dem König Ptolemaios III. Euergetes I. (246–222/221 v. Chr.) die Gelegenheit verschaffte, lagidische Ansprüche auf seleukidische Territorien zu erheben:287 Das Ende des ‚Zweiten Syrischen Krieges‘ (260–253  v. Chr.) war durch eine dynastische Eheschließung zwischen dem seleukidischen Herrscher Antiochos  II. Theos (261–246 v. Chr.) und der Berenike, einer Tochter Ptolemaios’ II. Philadelphos, besiegelt worden. Seine bisherige Frau Laodike wurde verstoßen. Nach dem Tod (oder der Ermordung?288) des Antiochos in Ephesos (Sommer 246 v. Chr.) brach ein ‚Erbfolgekrieg‘ zwischen den Söhnen Laodikes und Berenikes unter maßgeblicher Beteiligung beider Frauen aus.289 Laodike betrieb eine dynastische Politik zugunsten ihres Sohnes Seleukos II. Kallinikos (246–225 v. Chr.), den ihr Gemahl angeblich noch auf dem Sterbebett zum Nachfolger designiert hatte.290 Berenike rief daraufhin ihren Bruder, den Lagiden Ptolemaios III. Euergetes I., zur Hilfe, der militärisch gegen die Seleukiden vorging – vordergründig, um die Thronansprüche Berenikes und ihres Sohnes zu verteidigen. Im Zuge dieses Unternehmens überschritt der König den Euphrat und drang weit in seleukidisches Territorium vor (s. u.). Der sogenannte Euergetespapyrus aus Gurob (Faijjum) verarbeitet seleukidenfeindliche Topoi auf subtile Weise:291 Der strategos von Kilikien, Aribazos, erscheint hier als Parteigänger Laodikes, die sich zu diesem Zeitpunkt in Ephesos aufhielt. Sein Ansinnen, der ersten Gemahlin Antiochios’ II. 1.500 Talente Silbers zukommen zu lassen, wird durch die Unterstützung der Einwohner von Soloi vereitelt. Aribazos flieht, wird jedoch am Taurus-Pass von Einheimischen ermordet und sein Kopf nach Antiocheia am Orontes zu Berenike geschickt. Die Tendenz des Textes, der Aribazos als ‚Verräter‘ brandmarkt, der seine gerechte Strafe erleidet, ist klar anti-seleukidisch, denn er verficht den Anspruch der Lagidin Berenike und ihres Sohnes auf die Herrschaft im Seleukidenreich und postuliert im Umkehrschluss die Illegitimität der Seleukiden und ihres persischen Unterstützers Aribazos.292

286 Funck 1996b, 201 f. 287 Zum ‚Laodike-Krieg‘ cf. Hölbl 1994, 46–50; Grainger 2010, 152–170 mit der älteren Literatur. Zur Außenpolitik Ptolemaios’ III. cf. Beyer-Rotthoff 1993. 288 Cf. App. Syr. 65/344. 289 Zum Ausbruch und frühen Verlauf des Krieges cf. Lehmann 1998; Ehling 2003, 304–313; Visscher 2020, 119–121. Cf. ferner Martinez-Sève 2003b zu Laodike sowie Beyer-Rotthoff 1993, 17–35 zu Berenike. 290 Cf. Hölbl 1994, 46. Diese Version, die die Thronansprüche des Seleukos legitimierte, war bereits in der Antike nicht unumstritten. Cf. Val. Max. 9, 14, 1. 291 Cf. FGrH 160; Austin 1981, 363 f., Nr. 220. Cf. Hölbl 1994, 47. 292 Cf. Funck 1996b, 204: „Beschrieb das Ostrakon aus Karnak die Seleukiden als ‚Perserfreunde‘, so stellte der Euergetespapyrus sie als unrechtmäßige Herrscher und Thronräuber dar, die von der Bevölkerung abgelehnt wurden und für die sich höchstens ein pflichtvergessener Perser einsetzte.“

Die Seleukiden und das ‚Königtum über Asien‘

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In dieselbe Richtung weist der desgleichen Ptolemaios III. zuzuschreibende Taten­ bericht von Adulis, dessen inschriftliches Original verloren ist.293 Auf uns gekommen ist lediglich eine Kopie, die der Mönch Kosmas im sechsten Jahrhundert n. Chr. anfertigte und in sein Werk Cosmographiae Christianae einfügte.294 Ptolemaios, der βασιλεὺς μέγας, gibt hier Assyrien, Libyen, Syrien, Phoinikien, Zypern, Lydien, Karien und die Kykladen als von seinem Vater ererbte Territorien an (Z. 6–8) und rühmt sich, siegreich nach Asien marschiert (Z. 9–16), den Euphrat überschritten (Z. 18) und Mesopotamien, Babylonien, die Susiana, die Persis, Medien und alle Länder bis nach Baktrien unterworfen zu haben (Z. 18–20).295 Dies ist zweifelsohne als „politische Fiktion“296 zu bewerten, die „ein aus den Thronrechten der Berenike und ihres Sohnes abgeleitetes Erbnachfolgerecht suggeriert.“297 Zwar bezeugt auch Appian den Vormarsch des Königs bis nach Babylonien,298 eine Aussage, die sich inzwischen durch ein keilschriftliches Dokument verifizieren lässt.299 Gleichwohl unterwarf er kaum die ‚Oberen Satrapien‘ bis nach Baktrien und zog sich bereits 241 v. Chr. wieder zurück.300

293 Cf. Funck 1996b, 205 f.; Visscher 2020, 137–143; Strootman 2014a, 48 f. 294 Cf. Dittenberger 1903–1905, 83 (zu OGIS 54). 295 Cf. OGIS 54: „Der große König Ptolemaios […] zog, nachdem er von seinem Vater das Königtum über Ägypten, Libyen, Syrien, Phoinikien, Zypern, Karien und die Inseln der Kykladen übernommen hatte, gegen Asien zu Felde mit den Streitkräften der Fußsoldaten, der Reiter, der Flotte sowie mit trogodytischen und äthiopischen Elefanten, die sein Vater und er selbst als Erste aus diesen Gebieten gejagt, nach Ägypten gebracht und für den Einsatz im Kriege zugerichtet hatten. Nachdem er aber Herr über alle Länder diesseits des Euphrats sowie über Kilikien, Pamphylien, Ionien, den Hellespont und Thrakien und über alle Streitkräfte in diesen Ländern und die indischen Elefanten geworden war und nachdem er sich alle Klientelfürsten (der Seleukiden) in diesen Gebieten untertan gemacht hatte, überschritt er den Fluss Euphrat, und als er Mesopotamien, Babylonien, Susiana, Persis, Medien und den ganzen übrigen Teil des Ostens bis zu den Grenzen Baktriens unter seine Botmäßigkeit gebracht hatte, suchte er nach den heiligen Gegenständen, die von den Persern aus Ägypten geraubt worden waren, brachte sie mit den anderen Schätzen aus diesen Gebieten nach Ägypten zurück und schickte Streitkräfte durch die Kanäle der Flüsse (Euphrat und Tigris).“ (Bασιλεὺς μέγας Πτολεμαῖος […] παραλαβὼν παρὰ τοῦ πατρὸς τὴν βασιλείαν Aἰγύπτου καὶ Λιβύης καὶ Συρίας καὶ Φοινίκης καὶ Kύπρου καὶ Λυκίας καὶ Kαρίας καὶ τῶν Kυκλάδων νήσων, ἐξεστράτευσεν εἰς τὴν Ἀσίαν μετὰ δυνάμεων πεζικῶν καὶ ἱππικῶν καὶ ναυτικοῦ στόλου καὶ ἐλεφάντων Tρογλοδυτικῶν καὶ Aἰϑιοπικῶν, οὓς ὅ τε πατὴρ αὐτοῦ καὶ αὐτὸς πρῶτο(ι) ἐκ τῶν χωρῶν τούτων ἐϑήρευσαν καὶ καταγαγόντες εἰς Aἴγυπτον κατεσκεύσαν πρὸς τὴν πολεμικὴν χρείαν. Κυριεύσας δὲ τῆς δὲ ἐντὸς Eὐφράτου χώρας πάσης καὶ Kιλικίας καὶ Παμφυλίας καὶ Ἰωνίας καὶ τοῦ Ἑλλησπόντου καὶ Θράικης καὶ τῶν δυνάμεων τῶν ἐν ταῖς χώραις ταύταις πασῶν καὶ ἐλεφάντων Ἴνδικῶν, καὶ τοὺς μονάρχους τοὺς ἐν τοῖς τόποις πάντας ὑπηκόους καταστήσας διέβη τὸν Eὐφράτην ποταμὸν καὶ τὴν Mεσοποταμίαν καὶ Bαβυλωνίαν καὶ Συσιανὴν καὶ Περσίδα καὶ Mηδίαν καὶ τὴν λοιπὴν πᾶσαν ἕως Bακτριανῆς ὑφ’ἑαυτῶι ποιησάμενος καὶ ἀναζητήσας ὅσα ὑπὸ τῶν Περσῶν ἱερὰ ἐξ Aἰγύπτου ἐξήχϑη καὶ ἀνακομίσας μετὰ τῆς ἄλλης γάζης τῆς ἀπὸ τῶν τόπων εἰς Aἴγυπτον δυνάμεις ἀπέστειλεν διὰ τῶν ὀρυχϑέντων ποταμῶν). Eigene Übersetzung. 296 Funck 1996b, 205. 297 Ibid. 298 Cf. App. Syr. 65/346: καὶ ἐς Συρίαν ἐνέβαλε καὶ ἐς Βαβυλῶνα ἤλασεν. 299 Cf. Strootman 2014a, 48 unter Verweis auf BM 34428. 300 Cf. Iust. 27, 1, 9. Cf. Huß 2001, 355; Visscher 2020, 138.

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Ein ‚säkulares‘ Viererschema?

Der Text dokumentiert immerhin, dass die ‚Herrschaft über Asien‘ – in der Nachfolge der Achaimeniden und Alexanders – in den ideologischen Auseinandersetzungen zwischen Seleukiden und Ptolemaiern eine Rolle spielte: Ptolemaios beanspruchte ‚Asien‘ als χώρα δορίκτητος und nahm den Titel βασιλεὺς μέγας an.301 Bezeichnenderweise wurde dieser Titel – soweit bekannt – von den Lagiden ansonsten nur ein einziges Mal beansprucht, und zwar im Raphia­Dekret Ptolemaios IV., das desgleichen einen ptolemaiischen Sieg über die Seleukiden feiert.302 Wieder aufgegriffen wird im Tatenbericht von Adulis (Z. 21) dazuhin der bereits in der Satrapenstele verarbeitete Topos des ‚persischen Sakrilegs‘, indem Ptolemaios die dereinst von den Achaimeniden geraubten ἱερά wieder nach Ägypten gebracht zu haben vorgibt. ‚Asien‘ wird auf diese Weise geradezu als lagidischer Besitz reklamiert, während die Seleukiden mit dem ‚Frevel‘ der Perser assoziiert und implizit als unrechtmäßige Herren Asiens disqualifiziert werden.303 Zwar ist ‚Weltherrschaftsrhetorik‘ in der ptolemaischen Hofpanegyrik durchaus präsent,304 doch sind es zumeist die seleukidischen Könige, denen die Herrschaft ‚bis zum Indus‘ attestiert wird.305 Derartige ‚von-bis-Formulierungen‘, die mit den Rändern der oikumene gleichzusetzen sind, bewegen sich durchaus in den von Herrschern des Alten Vorderen Orients seit dem dritten Jahrtausend v. Chr. gesetzten Koordinaten der ‚Welt‘ (s. o. Kap.  I.2.1–8), die auch Alexander vor Augen gestanden haben mögen (s. o. Kap. II.3.1). Bemerkenswert ist im Tatenbericht von Adulis darüber hinaus die ‚historische‘ Dimension des Euphratübergangs Ptolemaios’ III., den man mit einiger Wahrscheinlichkeit als Reminiszenz an altägyptische Texte – allzumal an die Poetische Stele Thutmosis’ III. – begreifen mag (s. o. Kap. I.2.5).306 Sollte die letztere eine ‚ägyptische Antwort‘ auf die Kriegsrhetorik mesopotamischer Herrscher, in der der Euphratübergang desgleichen eine Rolle spielte (s. o. Kap. I.2.5; I.2.6), dargestellt haben, wie dies im Falle des hethitischen Herrschers Hattusili I. zweifelsohne der Fall war (s. o. Kap. I.2.5),307 läge dem Bericht ein Jahrtausende altes Narrativ zugrunde – ein Narrativ, das in der 301 Cf. Strootman 2014a, 48. 302 Cf. ibid. mit Anm. 51; 2020, 136; Hölbl 1994, 106 (zum Raphia­Dekret cf. ibid., 144–146). Es handelt sich in diesem Kontext um die griechische Wiedergabe des ägyptischen Herrschertitels ‚König von Ober- und Unterägypten‘. 303 Cf. Funck 1996b, 206. 304 Cf. Cf. Strootman 2014a, 47. Kallim. Hymn. 4, 169–170 äußert den Wunsch, Ptolemaios II. möge über die ‚beiden Länder‘ (scil. Ober- und Unterägypten, cf. Asper 2004, 429, Anm. 23), die Inseln im Meer und bis an den Rand der Erde herrschen. Theokr. Id. 17, 77–92 attestiert Ptolemaios die Herrschaft über unzählige Völker, Stämme und Länder. Eigens genannt werden Phoinikien, Arabien, Syrien, Libyen, Äthiopien, Pamphylien, Kilikien, Lykien, Karien sowie das ganze Meer. Strootman 2014a, 48 stellt indessen zu Recht heraus, dass das Reich des Ptolemaios hier in den Dimensionen eines Seereiches beschrieben wird, da es die Küstenregionen des östlichen Mittelmeeres fokussiert. 305 Cf. App. Syr. 1/1 (Antiochos III.); 55/281–282 (Seleukos I.). 306 Cf. Blumenthal/Burkhardt/Müller/Reineke 1984, 172–176, hier 173. 307 Cf. KBo X2 Rs. III 29–42 (deutsche Übersetzung bei Haas 1993, 139).

Die Seleukiden und das ‚Königtum über Asien‘

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legendarischen Überlieferung um Sargon von Akkad seinen Anfang nahm und bereits im zweiten Jahrtausend v. Chr. in andere Gebiete des Vorderen Orients diffundiert war. Das Postulat des Euphratübergangs und die ‚Länderliste‘ Ptolemaios’ III. erschienen folglich als überkommene ‚Kampfbegriffe‘ der historischen Auseinandersetzungen zwischen Ägypten, Mesopotamien und Anatolien. Zugleich jedoch  – und dies ist entscheidend  – rekurriert der Text auf das grie­ chische Konzept der ‚Herrschaft über Asien‘, das – wie oben (Kap. I.3.1.1–I.4) dargelegt – das ‚territoriale Gerüst‘ der Sukzession von Reichen bildete. Zwar kommen die Ptolemaier aufgrund der Anbindung ihrer Dynastie an Ägypten als mögliche Urheber eines positiv konnotierten (erweiterten) Sukzessionsschemas nicht in Betracht; gleichwohl sahen sie sich mit gleichem Recht wie die Seleukiden als Erben Alexanders und erhoben – zumindest rhetorisch – Ansprüche auf die von den Seleukdiden beherrschten ‚asiatischen‘ Gebiete. Eventuell stellt Euergetes’ Darstellung eine bewusste Verkehrung seleukidischer Herrschaftsvorstellungen dar;308 dies umso mehr, als gerade der Euphrat – als ‚Gründungsort‘ des künftigen Königtums Seleukos’ I. – im seleukidischen Herrschaftsdiskurs eine maßgebliche Rolle spielte.309 Jüngst hat Marijn S. Visscher überzeugend dargelegt, dass sich auch in der ptolemaiischen Hofpoesie Spuren der oben thematisierten ‚anti-seleukidischen Polemik‘ finden.310 Mehr noch: Kallimachos’ Dichtung Die Locke der Berenike, deren historisches ‚Setting‘ desgleichen der ‚Dritte Syrische Krieg‘ darstellt, scheint sogar Reflexe auf das überkommene Sukzessionsschema Assyrien – Medien – Persien – Makedonien zu enthalten.311 In einem von Catull überlieferten Passus wird Ptolemaios III. als König vorgestellt, der die Gebiete der Assyrer (i. e. der Seleukiden) verheert,312 an anderer Stelle werden die Seleukiden mit dem hybriden Perserkönig Xerxes assoziiert, wobei die Perser – einer

308 Cf. Funck 1996b, 208. 309 Cf. etwa App. Syr. 56/284–285 mit Ogden 2017, 23–26 sowie Arr. an. 7, 22; App. Syr. 56/287–57/292 mit Ogden 2017, 33–35. Visscher 2020, 140 f. betont zu Recht, dass die in der Adulis­Inschrift verwendeten ‚Landmarken‘, zumal der Hellespont und der Euphrat, bewusste Reminiszenzen an die Herrschaftssphäre der Seleukiden darstellen und konstatiert unter Verweis auf die oben erwähnten Legenden der seleukidischen Hofhistoriographie (ibid., 141): „These, and similar stories, show us that the seemingly innocent geography of the Adulis inscription marks out a specifically Seleucid space which is now beeing taken over by the Ptolemies.“ 310 Cf. Visscher 2020, 143–148. 311 Cf. ibid. 312 Cf. ibid. unter Verweis auf Kallim. Ait. F 110d = Catull. carm. 66, 7–12 (Harder 2012, vol. I, 295–300, hier 295): idem me ille Conon caelesti lumine vidit / e Bereniceo vertice caesariem / fulgentem cla­ re, quam multis illa dearum / levia protendens brachia pollicita est, / qua rex tempestate novo auctus hy­ menaeo / vastatum finis iuerat Assyrios. Visscher 2020, 145–147 zeigt, dass die Wendung finis Assyrios bei Catull (ibid., 145) „is likely to be a direct translation from the Greek, not a Catullan innovation“ und schließt: „By decribing the king / pharaoh laying waste to the ‚the Assyrian lands‘ Callimachus too evokes an imperial past to articulate the Ptolemaic present, though this time he also appeals to a more specifically Greek set of ideas. For Greek readers, the Assyrian world empire was the first and, in many ways, the defining kingdom of the so-called ‚succession of empires‘ […].“

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Ein ‚säkulares‘ Viererschema?

seit langem existierenden griechischen Sprachregelung gemäß313 – als ‚Meder‘ bezeichnet werden.314 Indem der Poet die Herrscher aus dem Hause des Seleukos implizit mit den ‚barbarischen‘ Imperien Asiens gleichsetzt, stilisiert er Ptolemaios III. indirekt zum (einzig legitimen) ‚Erben‘ Alexanders,315 der das Perserreich zu Fall brachte und nunmehr ‚Asien‘ beherrscht:316 [Callimachus] builds a composite landscape of imperial Asia by using the succession of Asian empires – those of the Assyrians, Medes, and Persians – to cast the Seleucids obliquely as the heirs of an ancient  – the implication must be  – outdated and essentially barbarian tradition of empire.317

Demnach könnte das Konzept einer Abfolge von Weltreichen – bei aller gebotenen Vorsicht – in den ideologischen Auseinandersetzungen zwischen Seleukiden und Ptolemaiern durchaus eine Rolle gespielt haben.318 Da die jüngere hellenistische Geschichte, und nicht zuletzt die Ereignisse um den ‚Laodike-Krieg‘, den Autoren des Buches Daniel wohlvertraut waren – die Seleukiden erscheinen im elften Kapitel als ‚Könige des Nordens‘, die Ptolemaier als ‚Könige des Südens‘  –, erscheint die Verarbeitung von im Zuge der Auseinandersetzung verwandten Ideologemen durch die jüdischen Verfasser zumindest denkbar.319 Nicht auszuschließen ist ferner, dass die seitens der 313 314 315 316

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Cf. Tuplin 1994 (s. o. Kap. I.3.1.3). Cf. Visscher 2020, 148 unter Verweis auf Kallim. Ait. F 110, V. 45–48 (Harder 2012, vol. I, 289–293, hier 290): […] καὶ διὰ μέ[σσου / Μηδείων ὀλοαὶ νῆες ἔβησαν Αϑω. / τί πλόκαμοι ῥέξωμεν, ὅτ’ οὔρεα τοῖα σιδή[ρῳ / εἴκουσιν. Cf. Visscher 2020, 145: „The implication, I submit, must be that the Seleucids should be seen as one of those barbarian dynasties and their conqueror ptolemy Euergetes as a latter-day Alexander.“ Cf. ibid., 147 f. unter Verweis auf Kallim. Ait. F 110d = Catull. carm. 66, 33–36 (Harder 2012, vol I, 295–300, hier 296 f.): atque ibi me cunctis pro dulci coniuge divis / non sine taurino sanguine pollicita es, / si reditum tetulisset. is haut in tempore longo / captam Asiam Aegypti finibus addiderat. Visscher 2020, 147 betont zu Recht, dass ‚Asien‘ hier mit dem Herrschaftsgebiet der Seleukiden gleichgesetzt wird: „In claiming that Ptolemy conquered ‚the whole of Asia‘, then, Callimachus effectively hails him as the conqueror of the entire Seleucid empire.“ Zwar bezieht sich diese Passage nicht direkt auf das Konzept einer Abfolge von Reichen. Cf. ibid., 148: „However, it can be read as another reference to the succession of empires in the Near East: Ptolemy has not just defeated the successor of the Assyrian kings but demolished the very idea of an Asiatic world empire by cutting it down to the size of a Ptolemaic province.“ Visscher 2020, 143 f. Dies ist auch angesichts der Beliebtheit ‚klassischer‘ griechischer Autoren in hellenistischer Zeit wahrscheinlich. Cf. Müller 2015a, 152: „The Alexander historiographers borrowed a lot from the Greek writers famed as experts on the Persian Empire: Herodotos, Xenophon, Ktesias. Following their footsteps, they adopted their storylines, motifs, and judgements. In the Museion and Library of Alexandria, where the Greek literary legacy was preserved, the Homeric epics and Herodotos were especially honored.“ Zur besonderen Wertschätzung Herodots unter alexandrinischen Literaten cf. Murray 1972, 202–204. Cf. Dan 11, 7–8: „Und er wird gegen das Heer ziehen und in die Festung des Königs des Nordens eindringen, und mit aller Härte wird er gegen ihn vorgehen. Und auch ihre Götter mit ihren gegossenen Bildern und ihren kostbaren Geräten, Silber und Gold, wird er als Beutegut nach Ägypten bringen, danach aber wird er sich jahrelang fernhalten vom König des Nordens.“

Die Seleukiden und das ‚Königtum über Asien‘

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Ptolemaier formulierte Stilisierung der Seleukiden zu den ‚Erben‘ früherer asiatischer Imperien eine (subversive) Umdeutung seleukidischer Herrschaftskonzepte darstellt: Theoretisch hätten die Seleukiden ihren Anspruch auf ‚Asien‘ – und darüber hinaus auf alle übrigen Territorien des vormaligen Alexanderreiches inklusive Ägyptens (!) – durch die Artikulation eines positiv konnotierten Viererschemas geltend machen können; dies umso mehr, als Ktesias nicht erst den Persern, sondern bereits den Assyrern und den Medern die Herrschaft über ‚ganz Asien‘ (und Ägypten) zugeschrieben hatte (s. o. Kap.  I.3.2.2). Dieses Szenario gewinnt nicht zuletzt angesichts der Tatsache an Plausibilität, dass sich auch in dem (früh-)seleukidischen Traktat des Demodamas über Baktrien und Sogdien immerhin Anklänge an das Konzept einer Abfolge von Reichen finden (s. o.).320 Eine derartige Konstruktion konnte sich für die Seleukiden allerdings auch als unvorteilhaft erweisen, wie die oben dargelegte ‚ptolemaiische Polemik‘ lehrt. Tatsächlich ist ein (aus der Perspektive vieler griechisch-makedonischer Untertanen wohl nach wie vor nicht unproblematischer) herrschaftsideologischer Rekurs der Seleukiden gerade auf das Achaimenidenreich insgesamt nur unzureichend dokumentiert.321 Ungleich deutlicher tritt – wie im Folgenden darzulegen sein wird – demgegenüber die Vereinnahmung des babylonischen Königtums durch die Seleukiden zutage. Zur ‚Modellfigur‘ für die Eroberung ‚Asiens‘, ja selbst Ägyptens, avancierte dabei ein herausragender Herrscher des neubabylonischen Reiches: Nebukadnezar II. *** Im Zusammenhang mit der Frage nach den möglichen Wurzeln einer ‚paganen‘ VierMonarchien-Folge steht Babylonien bereits seit längerem im Blickfeld der Forschung. In dieser Region, die – das Buch Daniel ausgenommen – in der ‚klassischen‘ Sequenz nicht berücksichtigt wird, haben Klaus Koch und andere eine mögliche Variante der ‚klassischen‘ Sukzessionstheorie ausmachen wollen.322 Im südlichen Zweistromland habe sich seit dem dritten Jahrhundert v. Chr. eine ganz „eigentümliche Adaption der Idee vom ‚Reich Asiens‘ und einer damit verbundenen Epochentheorie“323 entwickeln können, da die Seleukiden sich dort zu den Erben des neubabylonischen Reiches stilisierten:324 „Die seleukidische Ideologie setzt anscheinend an die Stelle der assyrischen Könige der überkommenen Epochentheorie (neu)-babylonische Könige ein.“325 Tatsächlich wurden Chroniken und Königslisten in akkadischer Sprache – der Tradition gemäß  – in hellenistischer Zeit fortgeschrieben.326 Die Herrschaft der ‚Makedonen‘ 320 321 322 323 324 325 326

Cf. Visscher 2020, 41–52. Cf. Tuplin 2009, 117–123; Plischke 2016b, 175. Cf. Koch 1997, 17–18; Alonso-Núñez 1989, 113. Hasel 1979. Koch 1997, 17. Cf. ibid. Ibid. Cf. ibid. sowie Kuhrt/Sherwin-White 1994, 314 und Sherwin-White 1987, 28; Linssen 2004, 79–87.

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Ein ‚säkulares‘ Viererschema?

(i. e. Alexanders III. und seiner Nachfolger sowie der Seleukiden) folgt in diesen Texten auf die Regierung der Achaimeniden, der wiederum die neubabylonischen und assyrischen Könige vorangestellt sind. Aus den chronographischen Einträgen ergibt sich – sofern die einzelnen Könige jeweils als Repräsentanten eines ‚Großreiches‘ betrachtet werden – folglich eine Abfolge der Assyrer, Babylonier, Perser und Makedonen. Diese babylonische Variante der Sukzessionstheorie, so Koch, hätten die Seleukiden sich zu Eigen gemacht, indem das Mederreich, das aus babylonischer Perspektive keine historische Bedeutung besaß, „übergangen“327 worden sei.328 Im Zuge der Diskussion spielt die oben erwähnte Dynastische Prophetie (Kap. II.1) eine wichtige Rolle, die vermutlich in die frühseleukidische Zeit zu datieren ist.329 Von dem ursprünglich sechs Kolumnen umfassenden Text sind lediglich die Kolumnen I, II, V und VI auf uns gekommen,330 deren fragmentarischer Erhaltungszustand gleichwohl eine Rekonstruktion des Inhalts erlaubt. Die in akkadischer Sprache abgefasste Dynastische Prophetie kombiniert die Form der ex­eventu-Prophezeiung mit dem Genre der Königsliste: Die Regierungsjahre der über Babylon herrschenden Könige werden chronographisch notiert, wobei die jeweiligen Monarchen implizit mit dem Prädikat ‚gut‘ oder ‚schlecht‘ versehen werden. In Kolumne I ist zunächst von einem assyrischen Heer und schließlich vom Sturz der Assyrer die Rede. In der zweiten Kolumne schließen sich die Regierungen der letzten neubabylonischen Könige Neriglissar (z. 1–10) und Nabonid (z. 11–16) an. Der Letztere wird (Z. 12) als Usurpator aus Harran geschmäht. Der Nennung Kyros’ II. als „Herrscher von Elam“ (šàr kurElamti ki)331 in Z. 17 folgt eine Lücke (Col. III–IV). Kolumne V nimmt sodann auf die letzten Achaimeniden Arses (z. 1–5) und Dareios III. (z. 6–8) Bezug, woraufhin die Truppen von Hanû (lúummānimeš kurḪa­ni­i) – ein ‚Label‘ für die Makedonen – sich Babylons bemächtigen (z. 9 f.).332 Einer verbreiteten Auffassung gemäß wird im Anschluss – entgegen den historischen Tatsachen – die siegreiche (und ersehnte) Rückkehr Dareios’ III.

327 Koch 1997, 17. 328 Cf. ibid., 17 f. 329 Text: ABHLT, 30–37. Nr. 3; van der Spek 2003, 313–317 (Kommentar und Analyse ibid., 318–340). Engl. Übers.: Sherwin-White 1987, 12–13 (zur historischen Einordnung cf. ibid., 10–11; 14). Cf. ferner Kosmin 2018, 172–177. 330 Cf. Sherwin-White 1987, 10. Die Kolumnenzählung richtet sich nach Lambert 1978, der den Nachweis erbringt, dass jede Tontafel ursprünglich drei, nicht zwei (so die erste Edition ABHLT Nr. 3 = Grayson 1975b) Kolumnen enthielt. 331 Angesichts der Tatsache, dass die elamische Zivilisation Anschan, die Wiege der persischen Kultur, entscheidend geprägt hatte (s. o. Kap. I.2.8; 3.1.3; 4), erscheint diese Herkunftsangabe plausibel. 332 Die Hanäer bezeichneten im zweiten Jahrtausend v. Chr. eine ethnische Gruppe am Mittleren Euphrat. In späteren Texten wurde der Terminus – den Guti oder auch den Medern vergleichbar – als ‚Label‘ für ‚unzivilisierte Barbaren‘ verwendet, die die mesopotamische Tiefebene bedrohten (s. o. Kap. I.2.1; I.3.1.3). Er wurde später auf die Thraker und mittelbar auch – stets in pejorativer Bedeutung  – auf die Makedonen angewandt. Cf. Kosmin 2014b, 91 f.; 2018, 174; Grayson 1975b (= ABHLT), 26.

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vorausgesagt.333 Die stark beschädigte sechste Kolumne enthielt mindestens zwei weitere Herrschaften.334 Der Ersteditor Albert Kirk Grayson deutete die Dynastische Prophetie, die im Schlussteil vermutlich den Regierungsbeginn Seleukos’ I. thematisierte, als „a strong expression of anti-seleucid sentiment.“335 Vermutlich verdient jedoch eine ‚positive‘ Lesart den Vorzug, der zufolge der oder die Verfasser den neuen Machthaber Seleukos I. unterstützen und die beiden letzten Kolumnen dessen Sieg über seinen Widersacher Antigonos Monophthalmos (s. u.) ‚voraussagten‘.336 Die Frage, ob hier desgleichen eine Vierersukzession Assyrien  – Babylonien  – Persien – Makedonien (bzw. seleukidisches Babylonien) vorliege, hat namentlich die Danielforschung vielfach beschäftigt.337 An dieser Stelle empfiehlt es sich, einen Moment lang innezuhalten und sich die Besonderheiten des babylonischen Königtums ins Gedächtnis zu rufen (s. o. Kap.  I.2.7; I.4). Über die Jahrtausende hinweg hatten sich in Südmesopotamien normative Vorstellungen von den Pflichten eines ‚guten‘ Monarchen etabliert, denen auch ‚neue‘ Herrscher sich kaum zu entziehen vermochten: Der Tempelbau, die Pflege der Riten, die Wahrung von Frieden und Ordnung sowie Steuerbefreiung oblagen der Verantwortung des Königs.338 Jeder Herrscher, gleich welcher Herkunft, wurde letztlich daran gemessen, inwieweit er diesen traditionellen Pflichten nachkam.339 Maßgeblich bestimmt haben dürfte diesen Prozess einmal mehr die babylonische Priesterschaft,340 deren Einfluss bereits bei der Einnahme der Stadt durch Kyros II. (s. o. Kap. I.4) und Alexander (s. o. Kap. II.3.1) erheblich gewesen war. Ihr Auftreten als ‚Berater‘ äußerer Invasoren folgten nicht zuletzt althergebrachter babylonischer ‚Realpolitik‘ (s. o. Kap. I.2.7).341 In gleicher Weise hatte diese strategisch bedeutsame und ressourcenreiche Region342 eine Schlüsselfunktion sowohl beim Machtaufstieg Seleukos’ I. als auch für den zukünftigen Bestand des Reiches inne: Nach seinem Sieg über Eumenes von Kardia im Zuge der ‚Diadochenkriege‘ hatte Antigonos Monophthalmos sich weiter Teile des öst-

333 334 335 336

Cf. Grayson 1975b (= ABHLT), 26 f. Cf. Sherwin-White 1987, 11; Kosmin 2018, 175 mit Anm. 158. Grayson 1975b (= ABHLT), 17. Cf. Sherwin-White 1987, 11 unter Verweis auf Ringren 1983. Cf. desgleichen Kosmin 2018, 175–177, der in der stark zerstörten sechsten Kolumne jedoch auch einen Hinweis auf das Aufkommen einer weiteren Dynastie (nach den Seleukiden) vermutet. 337 Cf. Koch 1997, 17–18; Alonso-Núñez 1989, 113. Hasel 1979; Momigliano 1983, 147; 1988, 52 f.; Kratz 1991a, 200 f. 338 Cf. Sherwin-White 1987, 9; 15; Waerzeggers 2011, 730; Boiy/Mittag 2011, 111; Anagnostou-Laoutides 2017, 153. 339 Cf. Sherwin-White 1987, 9. 340 Cf. Boiy 2004, 194–186; Visscher 2020, 77–81. 341 Cf. Sallaberger 2007, 269 f.; 274. 342 Cf. Sherwin-White/Kuhrt 1993, 10: „[Babylonia was] vital to any ancient power ruling or aiming at an empire spanning the middle east from the Iranian plateau to Syria.“ Cf. auch Visscher 2020, 75 f.

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lichen Alexanderreiches bemächtigt.343 Von diesem wurde Seleukos im Jahre 316 v. Chr. aus seiner Satrapie Babylonien vertrieben,344 brachte sie jedoch zwischen 312/311 und 309 v. Chr. wieder in seine Gewalt.345 Später wurde eine neue Zeitrechnung, die ‚Seleukidische Ära‘, in das Jahr 312/311 v. Chr. zurückdatiert (s. u.).346 Der ‚klassischen‘ Überlieferung zufolge wurde Seleukos bei der Rückeroberung der Stadt breite Unterstützung seitens der babylonischen Bevölkerung zuteil.347 Das Wohlwollen der Einwohner war nicht zuletzt das Ergebnis einer Politik der Patronage, die er als Satrap bereits in den Jahren 312–315 v. Chr. geübt hatte:348 Durch mannigfaltige Gunstbezeugungen an die einheimischen Eliten war es ihm gelungen, ein Netzwerk persönlicher Beziehungen und Loyalitäten zu etablieren,349 das ihm einen klaren Vorteil gegenüber Antigonos verschaffte, der Babylonien wie Feindesland („enemy territory“350) behandelte.351 Zwar geht aus den griechischen Quellen nicht eindeutig hervor, ob auch die babylonische Priesterschaft Seleukos im Zuge seiner Auseinandersetzung mit Antigonos unterstützte,352 doch nach dem Zeugnis der Diadochenchronik wurde der Schutt des Esangila, das unter den Kämpfen gelitten hatte, späterhin beseitigt.353 Da die ‚Reinigung‘ des Tempels in Babylon zu den traditionellen Pflichten des Herrschers zählte,354 wurde sie mit einiger Wahrscheinlichkeit von Seleukos veranlasst, der wiederum dem Rat der Priester gefolgt sein dürfte.355 343 Zur Neuordnung der Provinzen cf. Diod. 19, 48; Klinkott 2000, 75 f. 344 Cf. Diod. 19, 12 f.; 55; App. Syr. 53/268. Seleukos floh zu Ptolemaios I. nach Ägypten und verbrachte drei Jahre dort. 345 Zu den Auseinandersetzungen zwischen Seleukos und Antigonos cf. Landucci Gattinoni 2013; Plischke 2014, 19–21; Schober 1981, 94–139; Sherwin-White/Kuhrt 1993, 8–11; Scharrer 2000, 124– 127; Grainger 2014, 28–40. Zu Seleukos’ möglicher Route von Gaza nach Babylon Cf. Scolnic 2015. Zu den chronologischen Problemen cf. ibid., 91 mit der älteren Literatur. Zur Zeit der Diadochen in der babylonischen Überlieferung Cf. Boiy 2013. 346 Cf. Boiy 2007, 84–89; Scharrer 2000, 95–100; Kosmin 2018, 19–44. 347 Cf. Diod. 19, 90–93; App. Syr. 54/274; Shwerin-White 1987, 15; Sherwin-White/Kuhrt 1993, 10. 348 Cf. Sherwin-White 1987, 15; Sherwin-White/Kuhrt 1993, 10. 349 Cf. Sherwin-White 1987, 15: „Seleucus had established a network of personal relationships based on favours binding Babylonians to him.“ Zugleich rekrutierte Seleukos auf seinem Marsch offenbar zusätzliche Soldaten in Siedlungen innerhalb Mesopotamiens. Cf. Scolnic 2015, 106–110. 350 Sherwin-White/Kuhrt 1993, 10. 351 Cf. ibid. Die Diadochenchronik (= BCHP 3 = ABC, Nr. 10, 115–119 = Glassner 2005, Nr. 30, 242–249) hebt die Folgen der Politik des Antigonos hervor. In rev. 26–27 heißt es: „[…] there was weeping and mourning in the land. The south wind […] went out from Babylon. He [scil. Antigonus] plundered city and countryside. The property […].“ (bi­kit u si­ip­du ina māti ittaškanan šūtu(im.gàl.lu) […] ultu Bābili5ki ūṣi ḫubut(sar)ut āli u ṣēri iḫbut(sar) būšu […]). 352 Cf. Boiy 2004, 121 f. Mehl 1986, 64–68 hingegen glaubt, dass die Stadtbevölkerung Seleukos deshalb unterstützte, weil die Priesterschaft auf Seiten des Antigonos gestanden habe. 353 Cf. Diadochenchronik rev. 13 (= BCHP 3 = ABC, Nr. 10, 115–119, hier 117 = Glassner 2005, Nr. 30, 242–249, hier 246–249). 354 Als babylonischer König trat Seleukos indessen wohl erst nach 305 v. Chr. auf. Cf. Scharrer 2000, 97–100. 355 Cf. Strootman 2013a, 83 sowie Anagnostou-Laoutides 2017, 153, die indessen einräumt, dass die Finanzierung der Maßnahme durch Seleukos sich nicht eindeutig belegen lässt.

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Auch nachmals blieb die Vereinnahmung des babylonischen Königtums als Instrument für eine feste Kontrolle über diese lebenswichtige Region ein zentrales Anliegen seleukidischer Politik.356 Babylon war gleichsam der Ort, an dem sich die ‚königliche Patronage‘ in besonderer Weise inszenieren ließ, obschon sie auch anderen babylonischen Städten (Uruk, Borsippa) zuteilwurde.357 Zwar wurde Babylon durch die Gründung von Seleukeia am Trigris als politisches Zentrum möglicherweise zurückgedrängt, doch die Metropole am Euphrat bewahrte sich den Status einer Kulturhauptstadt.358 Darüber hinaus blieb das stark urbanisierte Babylonien eine sowohl in geo-strategischer als auch ökonomischer Hinsicht zentrale Region des Seleukidenreiches.359 Es erscheint somit durchaus naheliegend, dass die Seleukiden die ihnen von der Dynastischen Prophetie zugedachte Rolle als Garanten der rechten Ordnung dankbar aufgriffen und sich überdies als Nachfolger der Vorgängerdynastien präsentierten. Im Kontext dieser Untersuchung stellt sich jedoch die Frage, ob hier tatsächlich ein der ‚kanonischen‘ (Medien inkorporierenden) Sequenz vergleichbares Weltreiche-Schema vorliegt. Letzteres hat Arnaldo Momigliano seinerzeit nachdrücklich verneint:360 Zwar werden die Übergänge der Herrschaft von einem Volk auf das nächste durch die Verfasser der Dynastischen Prophetie deutlich markiert. Letztlich jedoch vermittle der Text – so Momigliano  – eine Babylon-zentrierte Weltsicht und „betreibt nicht Universal-, sondern Lokalgeschichte.“361 Zwar ist diesem Argument insofern zu widersprechen, als die Gleichsetzung von ‚Universal‘- und Lokalgeschichte zahlreichen babylonischen Texten inhärent ist, die „Babylonian history dressed up as world history“362 präsentieren. Weiterhin teilt die Dynastische Prophetie mit dem Buch Daniel – wie auch Momigliano einräumte – die Form der ex­eventu­Prophezeiung.363 Der Text legt jedoch eine 356 Cf. Sherwin-White 1987; Kuhrt 1996; Kuhrt/Sherwin-White 1994; Szelényi-Graziotto 1996; Mittag 2014. Strootman 2013a, 69 zufolge fungierte Babylon als „show-case for imperial patronage.“ Nicht zuletzt erscheint Babylonien später als Schauplatz der seleukidischen ‚Gründungsmythen‘. Cf. App. Syr. 56/284–291; Diod. 18, 39, 6; 19, 55, 2–5; 19, 91, 2. Cf. Capdetrey 2007, 36–38. Dabei bleibt umstritten, ob die Seleukiden das neubabylonische Königtum ‚wiederbelebten‘ oder in ihrer Herrschaftspraxis vor Ort vielmehr den Achaimendiden folgten. Cf. Scharrer 2000, der (ibid., 128) festhält, dass „eine wirkliche Annäherung an das babylonische Königtum […] erst für Antiochos I. festgestellt werden“ kann. 357 Cf. Kuhrt 1996, 49 f. Cf. auch Strootman 2013a, 69; Visscher 2020, 75. Zur Interaktion der Seleukiden mit der Priesterschaft von Borsippa cf. Waerzeggers 2010. 358 Cf. Sherwin-White 1987, 16–20; Sherwin-White/Kuhrt 1993, 82 f.; Kuhrt 1996, 44–46, die (ibid., 44) festhält: „There is no evidence to suggest that Seleuceia-Tigris was built to diminish the importance of existing Babylonian cities.“ Zur Gründung von Seleukeia cf. Strab. 16, 1, 5. Zu weiteren seleukidischen Kolonien am Tigris und am mittleren Euphrat cf. Tscherikower 1927, 84–95. Zur möglichen Umsiedlung von politai von Babylon nach Seleukeia cf. van der Spek 2006. In Babylon selbst wurde bereits früh eine seleukidische Garnison errichtet. Cf. Sherwin-White 1982. 359 Cf. Strootman 1013a, 69; Sherwin-White/Kuhrt 1993, 10. 360 Cf. Momigliano 1983, 147; 1988, 52–53. 361 Momigliano 1988, 53. 362 Haubold 2013a, 90. 363 Cf. Momigliano 1988, 52.

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„vollkommen uneschatologische Haltung“364 an den Tag und zeichnet sich aufgrund der wechselseitigen Ablösung ‚guter‘ und ‚schlechter‘ Regierungen durch „historische Brüche“365 aus, die die Epochenschwellen verschwimmen lassen. Auch führt es m. E. zu weit, in der Herkunftsangabe Nabonids aus Harran366 eine Kompensation für das Fehlen des Mederreiches zu erblicken.367 Vielmehr dürfte der Harran-Bezug, der mit der Qualifizierung Nabonids als Aufrührer respektive Usurpator einhergeht, auf die Klassifizierung des Königs als ‚schlechter‘ Herrscher zielen (s. o. Kap. I.2.7; I.4). Zwar dokumentiert die Dynastische Prophetie unzweifelhaft, dass „Babylonian scholars of the Hellenistic period took a lively interest in the fact and dramatic texture of Near Eastern imperial succession.“368 Dass der Text indessen eine formalisierte Sukzession der Reiche Assyrien – Babylonien – Persien – Makedonien konstruierte, bleibt fraglich; dies umso mehr, als die stark beschädigte sechste Kolumne möglicherweise nach der Regierungsübernahme durch die Seleukiden von einem weiteren (kurzfristigen) Herrschaftswechsel berichtete.369 Durch einen solchen ‚historischen Bruch‘ (s. o.) wäre das ‚Viererschema‘ gesprengt worden. Die Dynastische Prophetie reflektiert mithin  – freilich in verkürzter Form – die Erfahrung auswärtiger Invasionen, die die Geschichte Babyloniens seit dem zweiten Jahrtausend v. Chr. geprägt hatten,370 hebt jedoch nicht konsequent auf eine ‚Vierersukzession‘ ab. Gleichwohl mochten die Seleukiden gerade in Babylonien die ideologischen Voraussetzungen vorfinden, um sich als ‚Universalherrscher‘ vorzustellen und, mehr noch, sich in eine Linie mit den Großreichen des Alten Vorderen Orients zu stellen. In den 364 Kratz 1991a, 201. 365 Wiesehöfer 2003b, 71. 366 Cf. Dynastische Prophetie Col. II, 11–12: „A re[bel] prince will arise ([…]) The dynasty of Harran [he will establish]“ (ellâ(e11)a lúrubû ḫa­a[m­ma­’u (…)] palêe Ḫar­ra­ank[i…]). 367 Cf. Koch 1997, 17 f. 368 Kosmin 2018, 172. 369 Der Inhalt der stark beschädigten sechsten Kolumne lässt sich nicht sicher rekonstruieren. Kosmin 2018, 176 sieht in Col. VI, 10–12 einen eindeutigen Hinweis auf eine weitere Dynastie und zieht in Betracht, dass dort die kurzfristige Eroberung Babylons durch die Ptolemaier im Zuge des ‚Dritten Syrischen Krieges‘ (s. o.) angesprochen worden sein könnte. Trifft dies zu, so läge der Fokus des Textes weniger auf der Abfolge von Imperien denn auf der Sukzession von Dynastien, und die Vierersukzession würde zumindest ‚verwässert‘. Cf. bereits Momogliano 1988, 53: „Es ist möglich – doch es fehlen die Beweise –, daß die dynastische Prophetie in ihrem verlorenen Teil einen Hinweis auf den zukünftigen Untergang der Seleukiden enthielt.“ 370 Die von zahlreichen Herrschaftswechseln bestimmte Geschichte Babyloniens bringt Haubold 2013b, 5 f. wie folgt auf den Punkt: „In fact, already in the 2nd millennium, the Amorite dynasty, with Hammurabi as its most famous exponent, originated outside Mesopotamia. The pattern of external rulers continues with the Kassite kings of the Middle Babylonian period, and the Assyrian kings who ruled Babylon in the early first millennium. Even the Chaldaeans who followed after the Assyrians were not ‚native‘ to Babylon in the same way that Alexander was native to Macedonia, though they did successfully present themselves as the city’s legitimate rulers, and were widely perceived as liberators from Assyrian oppression.“ Insofern erscheint das häufig deklarierte ‚Ende‘ der babylonischen Souveränität seit der persischen Eroberung durch Kyros II. als ein ‚künstliches‘ Konstrukt.

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vergangenen Jahrzehnten sind die Kontinuität lokaler Traditionen im seleukidischen Babylonien und ihre Vereinnahmung durch die makedonischen Herrscher zunehmend in den Fokus der Forschung gerückt.371 Der archäologische Befund und neu publizierte Keilschrifttexte dokumentieren die Persistenz der babylonischen Wissenschaften, der Schreibertradition, der Kultpraxis, der Handelsstrukturen sowie der sozialen Netzwerke.372 Nicht zuletzt wurde das Beharrungsvermögen überkommener babylonischer Vorstellungen auf den Gebieten der Religion und der Herrschaftsrepräsentation hervorgehoben.373 Die Seleukiden orientierten sich ideologisch offenbar stark an ihren vorderorientalischen, namentlich jedoch an ihren neubabylonischen Vorgängern:374 The very landscapes of the kingdoms which the successors fought for were interspersed with elaborate royal inscriptions and prominent monuments of past rulers, loud demarcations of their political visions, which Alexander’s generals were undoubtedly aware of.375

Besonderes Gewicht musste in diesem Zusammenhang die Person Nebukadnezars II. besitzen, von dessen ‚historischer Autorität‘ nicht zuletzt die Annahme des programmatischen Thronnamens Nebukadnezar (III. und IV.) durch zwei ‚Rebellen‘ gegen Dareios I. bereits im Jahre 522/521 v. Chr. Zeugnis ablegt.376 Im seleukidschen Kontext ist wiederholt auf den sogenannten Borsippa­Zylinder Antiochos’ I. Soter (281–261 v. Chr.) aus dem Jahre 268 v. Chr. hingewiesen worden. Es handelt sich um eine Bauinschrift, die 1880 in den Fundamenten des Ezida zu Borsippa zutage gefördert wurde und die den Wiederaufbau des Tempels memoriert.377 Der in zwei Kolumnen mit je neunundzwanzig Zeilen verfasste Zylindertext verwendet archaisierende Keilschriftzeichen in babylonischem Akkadisch und folgt sowohl 371 372

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Cf. Sherwin-White/Kuhrt 1993, 141 f.; 149–161; Sherwin-White 1987, passim; Kuhrt 1996, 47–52; Erickson 2011, 62 f. Cf. Sherwin-White/Kuhrt 1993, 46 f.; 90; Kuhrt/Sherwin-White 1994; Kuhrt 1996; Linssen 2004; Neumann 2007, 124, 124–126; Anagnostou-Laoutides 2017, 49; Kosmin 2014a, 173. Boiy/Mittag 2011 und Mittag 2014, 173–175 legen dar, dass Einheimische, namentlich in Babylon und Uruk, mit hohen Verwaltungsaufgaben betraut wurden. Cf. Linssen 2004, hier v. a. 168: „The Baylonian cults practised in the Temples of Uruk and Babylon in the Hellenistic period are, as far as we can see in the sources, not different from those in the pre-Hellenistic times. All the evidence clearly shows that the Babylonians held on to their old Babylonian traditions. The pantheon referred to in both religious and secular texts is entirely Babylonian. The terminology used for the cultic activities or the cult participants is not different from pre-Hellenistic times. Even the Macedonian rulership took part in the Babylonian cults; they did not attempt to change the cults but themselves adapted to Babylonian customs.“ Zur Instandhaltung des Esangila durch die Seleukiden cf. Boiy 2004, 136 f. Cf. Kuhrt 1996, 43. Anagnostou-Laoutides 2017, 49 mit Verweis auf de Jonker 1995, 177. Cf. DB 184–196 (Nadintabaḭra); 377–402 (Araxa). Cf. ferner ibid., 414–415. Zu den Aufständen cf. Heller 2010, 264–270; Da Riva 2008, 19. Zu den babylonischen Zeugnissen cf. Lorenz 2008. Alle verfügbaren Dokumente sind ibid., 87–182 ediert. Text: ANET 317; Stevens 2014, 68 f.; Kuhrt/Sherwin-White 1991 mit ausführlicher Diskussion. Cf. Haubold 2013a, 135–142; Visscher 2020, 81–91.

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inhaltlich als auch formal babylonischen Konventionen (s. u.): Dem ‚Selbstvorstellungsformular‘ (Col. I, 1–6) folgen der Bericht über den Wiederaufbau Ezidas und Esangilas (Col. I, 7–15) sowie ein ausführliches Gebet an Nabû (Col. I, 16–II, 29), dessen Schlussteil die Bitte um militärischen Erfolg und eine ‚universale‘ Herrschaft enthält (Col. II, 17–29). Der Borsippa­Zylinder orientiert sich in Form, Schrift und Inhalt an neubabylonischen Vorbildern, allzumal an den Inschriften Nebukadnzars II.378 Tatsächlich wurde der Text bei seiner Auffindung im Jahr 1880 durch Hormuzd Rassam fälschlicherweise als Inschrift dieses Königs registriert.379 Die Zeilen I, 1–6 folgen mit dem Herrschernamen und der Titulatur sowie einem nachgestellten anāku (‚ich (bin)‘) dem überkommenen babylonischen Formular.380 Bei näherer Betrachtung sind zwar auch ‚Brüche‘ mit der babylonischen Konvention auszumachen.381 So enthält die Titulatur neben neubabylonischen auch assyrische und achaimenidische Elemente, denn allein der Titel ‚König von Babylon‘ (šar Bābili) und das Epitheton ‚Ernährer Esangilas und Ezidas‘ (zānin Esagil u Ezida) sind ‚genuin‘ neubabylonisch, und nur diese sind in den Inschriften Nebukadnezars II. bezeugt.382 Dagegen stellt der Titel šar mātāti (‚König der Länder‘) eine Grundkonstituente der achaimenidischen Titulatur dar (s. o. Kap. I.2.8), während šarru rabû (‚großer König‘), šarru dannu (‚mächtiger König‘) und šar kiššati (‚König der Gesamtheit‘) assyrischen Ursprungs sind (s. o. Kap. I.2.6).383 Indessen hatten bereits Nabonid (s. o. Kap. I.2.7) und Kyros II. (s. o. Kap. I.4) in Babylonien eine ‚assyrisierende‘ Titulatur angenommen, und so liegt der Schluss nahe, dass die babylonischen Schreiber, die den Borsippa­Zylinder im Auftrag Antiochos’ I. konzipierten, auch die Inschriften dieser beiden Könige rezipierten. In gleicher Weise stellt das Ethnikon Makkadunāya (‚Makedone‘), mit dem Seleukos I. (Col. I, 5) versehen wird, weniger einen Bruch mit der Tradition als vielmehr ein Anknüpfen an die von Invasoren in Babylonien seit langem geübte Praxis dar: Sowohl die assyrischen Könige als auch Kyros II. hatten sich vor Ort unter anderem als šar māt Aššur respektive l u g a l u r u an­ša­an präsentiert und mithin ihre fremde Herkunft betont.384 Ein spezifisch 378 Cf. Kosmin 2014a, 188–192; Haubold 2013a, 135 f. 379 Cf. Kosmin 2014a, 188 unter Verweis auf Reade 1986, 109. 380 Cf. Col. I, 1–6 (= Stevens 2014, 68): „I am Antiochus, the great king, the legitimate king, the king of the world, king of Babylon, king of all countries, the caretaker of the temples Esangila and Ezida, the first(-born) son of king Seleucus, the Macedonian, king of Babylon“ (man­ti­’­ku­us lugal gal-ú lugal dan­nu lugal šár lugal eki lugal kur.kur za­ni­in é.sag.íl ù é.zi.da ibila sag.kal ša msi­lu­uk­ku lugal lúma­ak­ka­du­na­a­a lugal ekia­na­ku). Zum Formular der neubabylonischen Inschriften cf. Da Riva 2008, 93. 381 Cf. Stevens 2014, 72–82; Kosmin 2014a, 188 f.; Visscher 2020, 83–91. 382 Cf. CAD, 45 f. zāninu. 383 Stevens 2014, 74 bietet eine tabellarische Übersicht der Titulatur Assurbanipals, Nebukadnezars II., Nabonids, Kyros’ II. und Antiochos’ I. 384 Cf. Stevens 2014, 77; Kuhrt/Sherwin-White 1991, 83. Dagegen entsprang die Verwendung des Ethnikons Briant 1994, 459–463 zufolge dem Bestreben der Seleukiden, die Verbindung zu ihrer ursprünglichen Heimat aufrechtzuerhalten. Stevens 2014, 77 wiederum erkennt darin „a combination of Mesopotamian, Persian and Seleucid royal styles“ und betont, dass der Akzent weniger auf

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seleukidisches Element stellt die Datierung ins dreiundvierzigste Jahr der ‚Seleukidischen Ära‘ (268 v. Chr.) dar (s. u.), doch anderseits mag die Zahl ‚43‘ eine bewusste Reminiszenz an die Regierungsjahre Nebukadnezars II. darstellen, die in Babylonien allgemein bekannt waren.385 Der Rekurs gerade auf diesen Herrscher ist im Borsippa­ Zylinder – trotz der oben genannten ‚Anleihen‘ bei Nabonid und anderen Königen – evident, wie nicht zuletzt die wiederholte Präjudizierung des Antiochos (Col. I, 4; II, 21) als ‚erster Erbe‘ (aplu ašarēdu) beweist, denn diese Formulierung kommt ansonsten einzig in den Inschriften des zweiten neubabylonischen Königs vor.386 Auch als Förderer des Kultes stellte der Seleukide sich offenbar bewusst in die Tradition des wohl prominentesten neubabylonischen Herrschers.387 Borsippa, unweit von Babylon gelegen, war durch einen Kanal mit der Metropole verbunden, auf dem die Kultstatue Nabûs alljährlich anlässlich des akītu­Fests nach Babylon transportiert wurde.388 Das babylonische Neujahrsfest wurde noch in seleukidischer Zeit begangen, und die Legung der Fundamente Ezidas durch Antiochos am 20. Addaru (27. März) fällt unmittelbar vor diesen Termin (den vierten Tag des Nischan), sodass eine Teilnahme des Königs an den Riten anzunehmen ist.389 Für das Jahr 287  v. Chr. dokumentiert die Chronik Antiochos’ des Kronprinzen die aktive Mitwirkung des Königs am traditionellen Kultvollzug zu Babylon:390 Auf Anweisung eines Priesters – vermutlich des šatammu391 – brachte Antiochos Sîn von Egischnuga und Sîn von Enitenna Opfer dar und prosternierte sich im Tempel.392 Einer

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der Ethnizität denn auf dem königlichen Status liege, der über den babylonischen Kontext hinausreiche und somit eine „extra legitimacy“ für Seleukos und seinen Sohn bedeute. Für Wiesehöfer 1996a, 33 bezieht sich das Ethnikon allein auf Seleukos I., nicht aber auf seinen Sohn Antiochos, der sich auf diese Weise von seiner makedonischen Heimat ‚emanzipiert‘ habe. Cf. Kosmin 2014a, 190 mit Verweis auf einen mündlichen Hinweis von Johannes Haubold. Cf. die Adad­guppi­Stele Col. I, 31 (= Schaudig 2001, 500–513, hier 504; 510, K.3.2) sowie Berossos (FGrH 680 F 7c = Verbrugghe/Wickersham 1996 F 8b; F 8a = Verbrugghe/Wickersham 1996 F 9a) Kosmin 2014a, 190 zufolge stellt die Jahresangabe einen Hinweis auf die Kontinuität der seleukidischen Herrschaft über Babylonien dar, die – im Bezug auf die Dauer – zugleich in Konkurrenz zu Nebukadnezar II. stehe: „Antiochus’ work in Borsippa in year 43, whether as a sort of anniversary honour for Nebuchadnezzar or a demonstration of the ongoing continuity of Seleucid rule, made it impossible not to compare the two kings.“ Cf. Kosmin 2014a, 189 mit dem Hinweis auf die in Nebukdanezars Inschriften zehnmal bezeugte Formel aplu ašarēdu ša Nabopolassar šar Bābili anaku. Cf. Kosmin 2014a, 175; Anagnostou-Laoutides 2017, 157; Strootman 2013a, 78–83. Cf. Waerzeggers 2010, 119–129; Pongratz-Leisten 1994. Cf. Strootman 2013a, 81 f. Cf. Linssen 2004, 79–87 für eine Übersicht der Zeugnisse aus hellenistischer Zeit. Text: BCHP 5; ABC Nr. 11, 119–121; Glassner 2005, Nr. 32, 248–250; Del Monte 1997, 194–197; van der Spek 2006, 290–294. Zu diesem Amt in hellenistischer Zeit cf. van der Spek 2000; Boiy/Mittag 2011, 106–109. Zum šatammu in Borsippa cf. Waerzeggers 2010, 42–44. Die Chronik bezeichnet Antiochos ausdrücklich als ‚Kronprinzen‘ (mar šarri ša bīt rēdūti). Mit demselben Attribut wird Nebukadnezar II. in zwei neubabylonischen Chroniken versehen. Cf. die Chronik der letzten Jahre Nabopolassars Z. 6 (= Glassner 2005, Nr. 23, 224–227, hier 224–25) sowie

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neuen (im British Museum befindlichen) Chronik aus hellenistischer Zeit zufolge beaufsichtigte der seleukidische König kurz nach dem Tode seines Vaters Seleukos die ‚Reinigung Esangilas‘ vom Schutt und opferte den Göttern.393 Unklar bleibt, ob in den Zeilen 5–6 der Vorderseite desgleichen von einer Prostration oder vielmehr von einem Sturz des Königs die Rede ist, der als ungünstiges Omen hätte ausgelegt werden können.394 Zwar konnten die traditionellen Opfer im Babylonien der hellenistischen Zeit auch in Abwesenheit des Königs respektive auf seine Anweisung hin erfolgen,395 doch noch für das Jahr 187 v. Chr. bezeugt ein Vermerk in den Astronomischen Tagebüchern die physische Präsenz und die aktive Mitwirkung Antiochos’ III. – angetan mit der Robe Nebukadnezars II. – an den traditionellen Riten der Stadt Babylon.396

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die Chronik der frühen Jahre Nebukadnezars obv. 1 (= Glassner 2005, Nr. 24, 226–231, hier 226–27). Möglicherweise zog die hellenistische Chronik (BCHP 5) ganz bewusst eine Parallele zwischen Nebukadnezar II. und Antiochos I., war doch Seleukos wie seinerzeit Nabopolassar der Begründer einer neuen Dynastie gewesen, der seinen ältesten Sohn zum Nachfolger bestellte. Cf. van der Spek 2006, 273. Kuhrt 1987, 56 weist zudem darauf hin, dass Berossos (FGrH 680 F 7c = Verbrugghe/Wickersham 1996 F 8b; F 8a = Verbrugghe/Wickersham 1996 9a) Nabopolassar als einen Herrscher vorstellt, der vom lokalen Statthalter zum König aufsteigt und seine Position mit der Unterstützung seines Sohnes Nebukadnezar festigt. Dieses Modell sollte vermutlich gezielt eine gedankliche Verbindung zwischen Nabopolassar und Nebukadnezar einerseits sowie Seleukos und Antiochos andererseits herstellen. Es ist nicht auszuschließen, dass Berossos mit den Verfassern von BCHP 5 persönlich bekannt war. Cf. van der Spek 2006, 273 f. Cf. Chronicle concerning the Crown Prince and the Ruin of Esagila (= BCHP 6; van der Spek 2006, 294–296). Cf. die englische Übersetzung van der Spek 2006, 295 (obv. 3’–6’): „To the Bab[ylon]ians (of) [the assembly of Esa]gila he [gav]e an offering on the ruin of / Esagila \ they?! [arran]ged. Upon the ruin of Esagila he fell.“ Nach Ansicht van der Speks (ibid., 295 f.) ist das Verb in­da­qut (Perfekt von maqātu) in seiner ersten Bedeutung als „to fall down“ oder „to collapse“ aufzufassen, da Pietätsbekundungen des Königs in zeitgenössischen Texten gewöhnlich durch das Verb šukênu ausgedrückt worden seien. Cf. ibid, 296: „So the conclusion must be that Antiochus simply fell on his face when he tried to perform offerings on the ruin of Esagila. It was recorded by the scribe, since it had to be considered a bad omen.“ Anagnostou-Laoutides 2017, 157 f. weist hingegen auf die mittelassyrische Bedeutung von maqātu im Sinne von ‚Gehorsam leisten‘ hin und geht von einer bewussten Archaisierung aus. Cf. CAD, 242 maqātu 2. Die Chronik Seleukos’ III. Z. 3–9 (= BCHP 12 = Glassner 2005, Nr. 36, 254–257, hier 254–255) vermerkt für das Jahr 224/23 v. Chr., der König habe den šatammu angewiesen, im Rahmen des akītu­ Fests Opfer im Esangila zu vollziehen, während er selbst abwesend war. Dass den Priestern die besten Teile des Opferfleisches zugewiesen wurden, darf als Zeichen der königlichen Gunst aufzufassen sein. Cf. Strootman 2013a, 79. Cf. Sachs/Hunger 1988b, 330–333, Nr. 187, rev. 7’–18’. Cf. ferner Plischke 2014, 285 f. zur früheren Teilnahme Antiochos’ III. am babylonischen Neujahrsfest des Jahres 205 v. Chr. (Sachs/Hunger 1988b, 202 f., Nr. 204C, rev. 14–18; Del Monte 1997, 66–68). Haubold 2016, 99 f. zeigt, dass die babylonischen Priester das Königtum des Antiochos insbesondere durch die Übergabe der Robe Nebukadnezars im Jahr 187 v. Chr. – gerade zu einem Zeitpunkt der Krise infolge der Niederlage gegen Rom – ideolgisch stützten und auf diese Weise auch ihre eigene (religiös fundierte) Position innerhalb des Seleukidenreiches untermauerten. Cf. ibid, 100: „[…] the king has fought a war, with the help of his Greek φίλοι. But now something else is needed, something that only the Chaldaeans can provide.“ Die keilschriftliche Überlieferung zu Antiochos III. behandelt GraslinThomé 2017.

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Vor diesem Hintergrund rückte in den vergangenen Jahrzehnten der ‚babylonische Charakter‘ des Borsippa­Zylinders, der sich in den Bahnen überkommener Traditionen bewegt, in den Fokus der Forschung.397 Zugleich wurde der Text als Bestätigung des Paradigmas herangezogen, das die Kontinuität der Herrschafts- und Ausdrucksformen vom neubabylonischen Reich über die Achaimeniden und Alexander bis hin zu den Seleukiden herausstellt.398 Bei aller Berechtigung dieses Standpunktes sind in jüngerer Zeit auch Stimmen laut geworden, die den Borsippa­Zylinder mit guten Gründen als ‚Neuformulierung‘ babylonischer Traditionen im Rahmen eines ‚imperialen Programms‘ der Seleukiden respektive als „result of a vital, two-way interaction of city and court“399 betrachten: Im Sinne eines „seeing double“400 spiegle der Text Vorstellungen vom Königtum, die vermittels einer ‚hybridisierenden‘ Formen- und Symbolsprache auch in einem griechisch-makedonischen Milieu auf fruchtbaren Boden fallen konnten.401 So scheint die Sprache des Zylinders nicht allein die Rolle des ‚guten‘ babylonischen Königs zu betonen, sondern darüber hinaus auch Anklänge an den (griechischen) Euergetismus-Diskurs aufzuweisen.402 Besondere Bedeutung kommt in diesem Kontext jedoch auch den Synkretismen der griechischen Gottheiten Apollon und Zeus, den Schutzgöttern der Seleukiden (s. o.), mit ihrem jeweiligen babylonischen Pendant Nabû und Marduk zu.403 Nabû, Stadtpatron von Borsippa und Gott der Weisheit, Inspiration und Schreiberkunst, zählte im späten ersten Jahrhundert v. Chr. zu den wichtigsten Göttern Babyloniens.404 Der Funktionsbereich des Gottes legt seine Gleichsetzung mit dem griechischen Apollon nahe, zumal die Identifizierung fremder Gottheiten mit den eigenen gängiger griechischer Praxis entsprach.405 Für einen Apollon-Nabû-Synkretismus existieren zahlreiche post-seleukidische Belege,406 doch die Evidenzen für die seleuki397 Cf. etwa Kuhrt/Sherwin-White 1987, hier v. a. 83. 398 Cf. Sherwin-White 1987; Kuhrt/Sherwin-White 1991, 71 sowie Panitschek 2016, 475–490, der indessen auch die ‚eigene Handschrift‘ Antiochios’ I. herausarbeitet. 399 Strootman 2013a, 77. 400 Kosmin 2014a, 173 (im Titel). 401 Zu diesem Ansatz cf. Kosmin 2014a; Anagnostou-Laoutides 2017, 148–175; Strootman 2013a; Visscher 2020, 81–91. 402 Cf. Visscher 2020, 83–91, hier v. a. 89: „The language […] is part of the royal discourse of euergetism that pervades the royal letters to Greek cities. In the Cylinder King Antiochus presents himself not only as a good and pious Babylonian king, restoring the temples of the Babylonian gods but also as a Greek benefactor directing his euergetism towards local sanctuaries.“ 403 Cf. Kosmin 2014a, 176–180; Erickson 2011; Anagnostou-Laoutides 2017, 151; 159 f. 404 Cf. Kosmin 2014, 176–180 sowie Pomponio 1978. 405 Cf. Kosmin 2014a, 177 unter Verweis auf Hdt. 1, 181 und Berossos (FGrH 680 F 1b = Verbrugghe/ Wickersahm 1996 F 1; F 12 = Verbrugghe/Wickersham 1996 F 13). 406 Cf. Kosmin 2014a, 177 f.; Pomponio 1978, 223–232; Anagnostou-Laoutides 2017, 159 (mit Belegen). Strab. 16, 17 bezeichnet Borsippa als heilige Stadt der Artemis und Apollons (scil. Nabûs und Nanayas). Im Gadê-Tempel von Dura-Europos stand eine Gipsstatue des Apollo Citharoedus, die durch eine aramäische Beischrift als Nabû ausgewiesen wird. Weiterhin erscheint Apollon in Inschriften aus Palmyra unter dem Namen Nabû (nbw).

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dische Zeit beschränken sich derzeit auf ein Siegel aus Seleukeia am Tigris aus dem zweiten oder dritten Jahrhundert v. Chr., das das Bild eines nackten, bartlosen Apollon mit dem Griffel Nabûs zeigt, der von babylonischen Astralsymbolen umgeben ist.407 Zu Recht wurde jedoch geltend gemacht, dass die Existenz eines privaten Siegels zugunsten einer bereits etablierten Assimilierung beider Gottheiten spreche.408 Der nämliche Synkretismus mag auch im Borsippa­Zylinder indiziert werden, denn Nabû erscheint im Text dreimal (Col. I, 16; II, 4; II, 21–22) als ‚Erbe‘ (aplu oder aplu ṣīru) des Gottes Marduk. Paul Kosmin erkennt in dieser wiederholten Präjudizierung Nabûs einen Hinweis auf die Assoziierung des Gottes mit Apollon, die auch sprachlich zum Ausdruck komme, da aplu im dritten Jahrhundert v. Chr. apal ausgesprochen worden sei.409 Trifft dies zu, so erfüllte Antiochos durch den Wiederaufbau Ezidas nicht allein seine königlichen Pflichten im spezifisch babylonischen Kontext, sondern ehrte zugleich Apollon, den er (wie vermutlich bereits Seleukos I.) zum Patron der Dynastie erkoren hatte (s. o). Entsprechendes vermutet auch Kyle Erickson: The usefulness of a god who could be interpreted as Apollo by Graeco-Macedonians and as Nabû by other portions of the population could provide the necessary propaganda for a divinely supported ruler in a form acceptable to both Greek and non-Greek populations.410

In gleicher Weise konnte Zeus, der ‚König der Götter‘, der im griechisch-makedonischen Milieu unweigerlich mit den Umständen seiner Herrschaftsübernahme (Gigantomachie, Titanomachie) in Verbindung gebracht wurde,411 in Babylon als Marduk in Erscheinung treten, dessen Herrschaft dem Schöpfungsmythos Enūma eliš zufolge aus seinem Sieg über die Kreaturen Tiamats erwachsen war (s. o. Kap. I.2.1).412 Und wie Zeus galt auch Marduk als ‚Beschützer des Königtums‘ sowie als ‚Lenker der Geschichte‘.413 Darüber hinaus scheint das ‚Vater-Sohn-Verhältnis‘ zwischen Zeus und Apollon, dem im babylonischen Kontext die genealogische Verbindung zwischen Marduk und Nabû entsprach, bewusst auf die Könige Seleukos I. und Antiochos I. übertragen worden zu sein:414 Inschriften aus Kleinasien berichten von Weihungen an Zeus Seleu­ keios,415 und eine Priesterliste aus Seleukeia Pieria aus der Regierungszeit Seleuos’ IV. (187–175 v. Chr.) bezeichnet den Dynastiegründer als Seleukos Zeus Nikator und sei407 Cf. Kosmin 2014a, 178 mit Invernizzi 2004, 37; 59 f. (Nb1; 2), hier v. a. die Beschreibung (ibid., 59): „Apollo/Nabu nudo incedente di profilo a destra; nella mano destra freccia o scretto obliquo; manto lungo la schiena; tavoletta/sole e crescente in basso a destra.“ 408 Cf. Kosmin 2014a, 178. 409 Cf. ibid. 410 Erickson 2011, 59. 411 Cf. Hes. Theog. 453–506; 617–735. 412 Cf. Anagnostou-Laoutides 2017, 151. 413 Cf. ibid. Zu dieser Funktion des Zeus cf. etwa Hom. Il. 1, 234; 2, 196 f.; 205; 9, 98; 16, 286. 414 Dieses Schema existierte offenbar neben der Tradition, die Seleukos zum Sohn Apollons stilisierte (s. o.). 415 Cf. Debord 2003, 282–284.

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nen Sohn Antiochos I. als Antiochos Apollon Soter.416 Der Borsippa­Zylinder wiederum etabliert eine ‚Spiegelung‘ der Genealogien Nabûs und Antiochos’, die auch visuell unterstrichen wird, denn beide Abschnitte stehen am Beginn der ersten respektive der zweiten Kolumne (Col. I, 4–5; II, 4–6) auf einer Höhe und verschmelzen durch eine horizontale Linie zu einer Einheit.417 Auf diese Weise wird eine gedankliche Verbindung zwischen Marduk – Zeus – Seleukos einerseits und Nabû – Apollon – Antiochos andererseits hergestellt, die die genealogische Legitimität des Antiochos mit derjenigen Nabûs gleichsetzt und gleichsam ‚sakralisiert‘. So wurden lokale (in diesem Fall babylonische) und griechisch-makedonische Traditionen komplementär miteinander verwoben, um bei aller Heterogenität des Reiches ‚pan-imperiale‘ Inhalte in lokale Ausdrucksformen zu kleiden.418 Ein vergleichbarer Vorgang lässt sich bezüglich der Herakles-Figur vermuten, die in der Selbstinszenierung der Ptolemaier wie der Seleukiden – nicht zuletzt in Anlehnung an die Argeaden und Alexander 419 – eine Rolle spielte.420 Dabei konnten namentlich die ‚soteriologischen Aspekte‘ („soteriological aspects“421) des Heros – seine Katabasis 416 Cf. Kosmin 2014a, 184 mit OGIS 245, rev. 187–189: Σελεύκου Διὸς Νικάτορς καὶ Ἀντιόχου Ἀπόλλωνος Σωτῆρος. 417 Cf. Kosmin 2014a, 183. 418 In diesem Sinne fasst Kosmin 2014a, 193 den Borsippa­Zylinder als Zeugnis kultureller Interaktion auf: „Its combination of a carefully selected traditionalism and a subdued innovation allowed it to reconfigure age-old Babylonian religious practice for a new and foreign dynasty.“ Kosmin (ibid, 186 f.) erkennt im Borsippa­Zylinder ferner Hinweise auf eine Assoziierung der Stratonike (Col. II, 26 f.) mit den Göttinnen Astarte, Ischtar und Aphrodite. In den westlichen Reichsteilen wurde Stratonike kultisch verehrt und mit Aphrodite gleichgesetzt. Cf. OGIS 222; 228; 229; 70; 83; Tac. ann. 3, 63. Bezeichnenderweise wird Stratonike im Borsippa­Zylinder (Col. II, 27) mit den Titeln hīrtu und šarratu versehen, die zu dieser Zeit weiblichen Gottheiten vorbehalten gewesen zu sein scheint. Entsprechend übersetzen Kuhrt/Sherwin-White 1991, 85: „divine consort“ oder „heavenly queen“. In den Astronomischen Tagebüchern wird Stratonike posthum wiederum als bēltu (‚Herrin‘) bezeichnet. Zugleich mag die akkadische Wiedergabe ihres Namens im Borsippa­Zylinder als As­ tartanikku auf die Assoziierung der Königin mit der syrischen Göttin Astarte hindeuten, die wiederum mit der mesopotamischen Ischtar und der griechischen Aphrodite gleichgesetzt werden konnte. Cf. Kosmin 2014, 187 f. 419 Den Ausgangspunkt bildete die genalogische ‚Anbindung‘ der Argeaden an Herakles, die ihnen überhaupt erst die Teilnahme an den Olympischen Spielen ermöglicht haben soll. Cf. Hdt. 5, 22; Thuk. 2, 99, 3. Cf. Anagnostou-Laoutides 2017, 162. Alexander selbst stellte seine Verbindung mit Herakles heraus, und die Quellen berichten darüber hinaus von seiner Konkurrenz zu dem Heros, den er sowohl durch seinen Zug zum Ammoneion zu Siwa als auch durch die Einnahme der indischen Bergfeste Aornos habe übertreffen wollen. Cf. Arr. an. 3, 3, 1–2; 4, 28, 4. Weitherhin hielt Alexander sich für einen Nachfahren der Herakliden von Argos (Arr. an. 2, 5, 9). Cf. AnagnostouLaoutides 2017, 162 f. 420 Cf. Anagnostou-Laoutides 2017, 161–167. Zur politischen Funktion der Herakles-Figur cf. Stafford 2010; 2012. Die Ptolemaier zählten Herakles zu ihren Ahnen (cf. Harder 2012, vol. II, 214; 234), und in ihrer ‚Hofdichtung‘ figuriert der Heros als der rechtmäßige König, der auf Betreiben Heras von seinem unwürdigen Vetter Erystheus verdrängt worden war. Cf. etwa Theokr. Id. 25. Anagnostou-Laoutides 2017, 165 hält es für denkbar, dass Seleukos I., der zwei Jahre (215–213 v. Chr.) im ägyptischen Exil verbrachte, sich von lagidischen Legitimationsstrategien inspirieren ließ. 421 Anagnostou-Laoutides 2017, 157; (speziell auf Herakles bezogen) 163.

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in die Unterwelt und seine spätere Apotheose – von den Königen vereinnahmt werden, um deren ‚heilsbringende‘ Funktion im Rahmen der Weltordnung zu demonstrieren: Herakles, der einerseits die Welt durchmessen hatte und damit zur ‚universalen‘ Figur avanciert war, andererseits zunehmend als Manifestation der Gerechtigkeit und (aufgrund seiner zwölf Arbeiten) als Sinnbild des Leides im Dienste der Menschheit betrachtet wurde, bot eine ideale ‚Folie‘ für die legitimatorischen Bestrebungen der Diadochen:422 Their endless ambitions and fighting were now seen as Heraclean labours in the service of humanity and – crucially – an indispensable part of a divine promise for the return of authority to legitimate hands.423

Darüber hinaus scheint ein Synkretisierungsprozess des Herakles mit mehreren vorderorientalischen Gottheiten seine Funktion als ‚Beschützer des Königtums‘ in besonderer Weise verstärkt und verfestigt zu haben.424 Bereits seit dem vierten Jahrhundert v. Chr. war der griechische Heros mit verschiedenen vorderorientalischen Gottheiten (Marduk, Ninurta, Gilgamesch, Melqart, Baal) identifiziert und politisch gezielt vereinnahmt worden.425 Die Parallelen der Herakles-Tradition mit den vorderorientalischen Erzählkomplexen um Gilgamesch und Ninurta, der in Babylonien zunehmend mit Nabû (!) verschmolzen war, boten auch den Seleukiden die Voraussetzungen für die Propagierung einer ‚pan-imperialen‘ Ideologie innerhalb eines heterogenen Imperiums: Wie seine mesopotamischen Entsprechungen vermochte Herakles die ‚soteriologischen Aspekte‘ („soteriological aspects“,426 s. o.) des Königtums in idealer Weise zu verkörpern, und namentlich sein Kampf mit dem ‚Nemeischen Löwen‘ dürfte im ‚östlichen‘ Kontext ohne Schwierigkeiten mit den Taten Ninurtas assoziiert worden sein, der das teils löwengestaltige Geschöpf Anzû bezwang (s. o. Kap. I.2.1; I.2.6; II.2.2). Darüber hinaus ist der Löwenkampf  – wie oben (Kap.  I.2.7; II.2.2) dargelegt  – ein wiederkehrendes Motiv der vorderorientalischen Ikonographie. Bezeichnenderweise ließ Seleukos I. bereits zwischen 311 und 305 v. Chr. Münzen prägen, die auf dem Avers einen sitzenden Baal mit Szepter und auf dem Revers einen Löwen abbilden.427 Ein weiteres Indiz für die von den Seleukiden praktizierte Strategie des seeing double stellen 422 423 424 425

Cf. ibid., 165. Ibid. Cf. ibid., 161–168. So hatte sich beispielsweise auch der Karthager Hannibal während seines Italien-Feldzuges seit 218 v. Chr. die ‚Flexibilität‘ der Herakles-Figur zu Eigen gemacht. Als ‚Kontaktzone‘, die die vielseitigen Synkretismen ermöglichte, erscheint in diesem Fall Sizilien. Miles 2006 zeigt, dass Hannibal seine besondere Beziehung zu Herakles bewusst inszenierte, um möglichst viele kulturelle Gruppen für seine Sache zu gewinnen. 426 Anagnostou-Laoutides 2017, 157; (speziell auf Herakles bezogen) 163. 427 Cf. ibid., 166 f. mit Houghton/Lorber 2002, 45, Nr. 88–91; 49, Nr. 102–104; 64, Nr. 144; 74, Nr. 184; 75, Nr. 187; 87, Nr. 220–221. Zu vergleichbaren Münzen aus Kilikien cf. van Alfen 2008, 201–203; 205–207.

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überdies seleukidische Münzemissionen dar, die den Dynastiegründer mit einer ‚Hörnerkrone‘ abbilden (s. o. Kap. II.2.2).428 Der Symbolgehalt dieses Bildes ist ambivalent; es mag sowohl auf den Ammon von Siwa als auch auf Dionysos oder den gehörnten Apollon der Orphischen Hymnen zielen.429 Zugleich dürfte die Abbildung in Mesopotamien Assoziationen mit der ‚Hörnerkrone‘ hervorgerufen haben, die in der Kunst ein (namentlich mit Schamasch verbundenes) Signum der Göttlichkeit darstellte, dass – wie die Siegesstele Naramsins (s. o. Kap. I.2.4) lehrt – indessen auch den quasigöttlichen Status lebender Herrscher bzw. deren Nahverhältnis zu den Göttern illustrieren konnte.430 Diese von der Forschung herausgearbeiteten Beispiele zeigen, dass die Seleukiden Aspekte babylonischer (und im weiteren Sinne vorderorientalischer) Religion und Herrscherideologie für ihre eigenen Belange zu nutzen verstanden, und zwar sowohl im lokalen Kontext zur Legitimation ihrer Herrschaft vor Ort als auch in einem umfassenderen Sinne, indem die assoziativen Schnittmengen zahlreicher Symbole und Narrative gezielt an verschiedenen Orten des Imperiums eingesetzt wurden. Schließlich ist auch die oben erwähnte ‚Seleukidische Ära‘ – wie Paul Kosmin gezeigt hat – eine ‚pan-imperiale‘ Konstruktion, die jedoch zugleich in besonderer Weise mit dem babylonischen Kultkalender in Verbindung zu stehen scheint.431 Nach der Annahme des Königstitels (306/305  v. Chr.) hatte Seleukos I. den Beginn einer neuen Zeitrechnung in das Jahr seiner Rückkehr nach Babylon (s. o.) im Jahr 312/311 zurückdatiert.432 Durch diese Fixierung eines ‚absoluten Beginns‘ wurde nicht nur die Berechnung zukünftiger Ereignisse entscheidend erleichtert, vielmehr etablierten die Seleukiden ein lineares Zeitverständnis, ein Kontinuum, das ‚ewige Dauer‘ suggerierte und – im Wortsinne – eine ‚neue Ära‘ einläutete.433 In Babylon wurde die Rückkehr des Seleukos in die Stadt bezeichnenderweise exakt mit dem babylonischen Jahresbeginn synchronisiert und fiel mithin mit dem Neujahrsfest (akītu) zusammen, anlässlich dessen der Schöpfungsmythos Enūma eliš traditionell rezitiert wurde (s. o. Kap. I.2.1; I.2.2; I.2.7).434 So konnten die Flucht und der Wiedereinzug des Seleukos in Babylon gleichsam auf der ‚Folie‘ des ‚Götterkampfes‘ zwischen Marduk und Tiamat interpretiert und der Beginn der ‚seleukidischen Ära‘ mit der Einrichtung des Kalenderjahres 428 Cf. Houghton/Lorber 2002, 114 mit dem zugehörigen Katalog ibid., 166 f., Nr. 469–472. 429 Cf. Anagnostou-Laoutides 2017, 155. Eventuell handelt es sich auch um eine Reminiszenz an die von App. Syr. 57/294 geschilderte Episode, in der Seleukos einen Stier mit bloßen Händen bezwang. 430 Cf. Kosmin 2014a, 181; Anagnostou-Laoutides 2017, 155 f. 431 Cf. Kosmin 2018, 19–44. 432 Zu den Phasen des Übergangs von den bis dahin üblichen Herrscherjahren hin zur ‚Seleukidischen Ära‘ cf. ibid., 28 f. 433 Cf. ibid., 22: „It was a regular, numericalized measure of ever-deepening duration. But simply, it rolled (rolls) on and on.“ 434 Cf. ibid., 30–34 unter Verweis auf BM 35920 2, 2–4. Cf. desgleichen Visscher 2020, 75: „The immense popularity of Enūma eliš is indicated by the many copies of it that are extant. It remained popular and was still read and copied in Hellenistic times.“

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durch Marduk in Verbindung gebracht werden.435 Später wurde das Zeitsystem auch in anderen Reichsteilen etabliert.436 Seleukos I. und seine Nachfolger waren sich folglich der Bedeutung der ‚historischen Zeit‘ im Rahmen der politischen Legitimation ihrer Herrschaft vollumfänglich bewusst. Die Vorstellung, dass ihr Herrschaftsbeginn eine markante Zäsur darstellte, ja eine ‚neue Zeit‘ einläutete, liefe – und dies ist entscheidend – mit dem Konzept einer Abfolge von Reichen durchaus konform, das den Griechen und Makedonen wohlvertraut war. Zugleich mochte es jedoch auch in anderen Reichsteilen, allzumal in Seleukos’ Machtbasis Babylonien auf fruchtbaren Boden fallen. An dieser Stelle sei wiederum an die Beobachtungen Johannes Haubolds zur ‚Geschichtstheologie‘ Nabonids erinnert, die eine von dem babylonischen Gott Marduk gelenkte Abfolge der Mächte Assyrien – Medien – Persien vertrat (s. o. Kap. I.3.1.3): Wenn die frühen Seleukiden – wie oben dargelegt  – sich nicht nur in die Nachfolge der neubabylonischen Könige stellten, sondern darüber hinaus auch deren keilschriftlichen Hinterlassenschaften rezipierten, so ist auch der Rekurs auf die Inschriften Nabonids durch die in ihren Diensten stehenden Schreiber nicht abwegig. Die Propagierung einer Vier-Monarchien-Folge hätte sich folglich – im Sinne eines seeing double – sowohl auf die Autorität griechischer als auch babylonischer Texte stützen können. Diese Vermutung gewinnt nicht zuletzt durch die Tatsache an Plausibilität, dass die Babylon­Stele Nabonids augenscheinlich noch dem babylonischen Priester Berossos bekannt war, der sie – in einer modifizierten Version – an griechische Leser vermittelte.437 Indes, wie bereits im Falle Alexanders, lassen sich aufgrund der unzureichenden Quellenlage keine eindeutigen Ergebnisse bezüglich eines seleukidischen Vier-ReicheModells erzielen, denn Berossos griff in seiner Darstellung offenbar gerade nicht auf die klassische Sukzessionstheorie (Assyrien – Medien – Persien) zurück; gleichwohl deutet vieles darauf hin, dass er mit dem Konzept vertraut war (s. u.). Jener Verfasser von drei Büchern Babyloniaka, einer Geschichte Babyloniens von den Anfängen bis zu Alexander dem Großen,438 widmete sein Werk vermutlich dem oben erwähnten

435 Cf. Ee, Tafel V, 5–7 (= Kämmerer/Metzler 2012, 228). 436 Cf. Kosmin 2018, 35–37. 437 Cf. Gallagher 1996, 122 f. Der Bericht des Berossos zu den Ereignissen nach dem Tod Nebukadnezars II. (FGrH 680 F 9a; 9b = Verbrugghe/Wickersham 1996 F 10a; 10b, = Burstein 1978, 28, Nr. 4) weist auffällige Parallelen zur Babylon­Stele (V. 31–33; IV, 38; v, 1–10) Nabonids auf. Wie der babylonische König stellt Berossos die Gesetzlosigkeit der Herrschaft Amel-Marduks (Laborosoarchodos) heraus und scheint eine Beteiligung Nabonids am Mordkomplott, dem sein Vorgänger zum Opfer fiel, infrage zu stellen. Weiterhin betonen beide, dass andere Nabonid zum König erhoben hätten. Cf. Haubold 2013a, 82. 438 Cf. FGrH 680 sowie die englischen Übersetzungen Verbrugghe/Wickersham 1996 und Burstein 1978. Cf. Kuhrt 1987; de Breucker 2003; 2013; Rollinger 2011c, 330–333; Heller 2010, 64–66; Haubold 2013a, 142–177; 2013b; 2016; Visscher 2020, 77–81 sowie die Beiträge in Haubold/Lanfranchi/ Rollinger/Steele 2013.

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Seleukidenherrscher Antiochios I. Soter.439 Offensichtlich war es dem Verfasser des nur fragmentarisch erhaltenen Werkes darum zu tun, die glorreiche Vergangenheit Babylons einer griechisch-makedonischen Leserschaft nahezubringen und die ‚Irrtümer‘ der griechischen Historiographie richtigzustellen.440 Obschon Berossos sich vornehmlich auf mesopotamisches Schriftmaterial stützte und die assyrische Geschichte nur dort behandelte, wo sie für Babylon relevant war,441 finden sich in den Fragmenten durchaus Reminiszenzen an die – namentlich von Ktesias geprägte – griechische Tradition.442 Nicht zuletzt in Konkurrenz zu Gestalten wie Ninos und Semiramis hob er einerseits das gewaltige Bauprogramm Nebukadnezars hervor und attestierte ihm darüber hinaus die Herrschaft über Syrien, Phoinikien und – historisch unkorrekt – über Ägypten.443 Hierin konnte er sich an den Indika des Megasthenes orientieren,444 jenes Botschafters Seleukos’ I. am Hofe der Maurya,445 der Nebukadnezar einige Jahre zuvor zum ‚Welteneroberer‘ stilisiert hatte: Der Verfasser stellte Seleukos in eine Reihe mit großen Königen der Vergangenheit – dem Ägypter Sesostris, dem Äthiopier Taharka, dem Skythen Idanthyrsos, der Assyrerin Semiramis, dem Perser Kyros und

439 Cf. Haubold 2013a, 143; Visscher 2020, 80. 440 Cf. Bichler 2007c, 217–224. Cf. FGrH 680 F 8a = Verbrugghe/Wickersham 1996 F 9a = Burstein 1978, 28 Nr. 3.3: „Thus Berossus gave his account about the kings mentioned above and about many other things besides in the third book of his Chaldaean history, in which he also blames the Greek writers for their silly mistake saying that Semiramis of the Assyrians founded Babylon and ascribing to her its wondrous buildings.“ 441 Cf. Kuhrt 1987, 45. Cf. desgleichen Visscher 2020, 96. Zur assyrischen, babylonischen und persischen Geschichte des Berossos cf. Lanfranchi 2013; Beaulieu 2006; Dillery 2013. Dass die Erinnerung an Assyrien – der Babylon-Zentrierung der Überlieferung zum Trotz – auch im Babylonien der hellenistischen Zeit präsent war, zeigt Beaulieu 2017, 552–554. 442 Cf. de Breucker 2013, 24; Tuplin 2013; Bichler 2007c, 217–224, der u. a. Abhängigkeiten von Ktesias’ assyrischer Königsliste konstatiert. Auch Berossos (FGrH 680 F 5 = Verbrugghe/Wickersham 1996 F 5; F 7 = Verbrugghe/Wickersham F 8b) markiert Anfang und Ende der imperialen Herrschaft Assyriens durch die Gestalten Semiramis und Sardanapallos. Tuplin 2013 betont indessen, dass Berossos zuweilen auch von den Normen der griechischen Historiographie abweicht. Seine Kenntnis des herodoteischen Geschichtswerkes lasse sich zudem nicht beweisen, während seine Bezüge zu den Persika des Ktesias nicht zwingend auf der Lektüre des Originals beruhten. Cf. ibid., 194. 443 Cf. FGrH 680 F 8a = Verbrugghe/Wickersham 1996 F 9a = Burstein 1978, 26, Nr. 3. 1. Berossos bezieht sich hier auf den Feldzug, den Nebukadnezar als Kronprinz 610–595  v. Chr. gegen den ägyptischen Pharao Necho II. schlug. Cf. Chronik über den Tod Nabopolassars und die ersten Jah­ re Nebukadnezars Z. 1–8 (= ABC Nr. 5, 99 = Glassner 2005, Nr. 24, 226–231, hier 226 f.); Jer 46, 2. Tatsächlich spiegelt seine Beschreibung der Westfeldzüge Nebukadnezars jedoch seleukidische Interessen. Der von ihm verwandte Terminus Phoinikien und Koilesyrien ist der zeitgenössische (seleukidische) Begriff für die Region, die 301 v. Chr. von Ptolemaios I. besetzt worden war und von den Seleukiden in der Folgezeit wiederholt beansprucht wurde (‚Syrische Kriege‘). Cf. Burstein 1978, 25, Anm. 93; 26, Anm. 102; Walbank 1957, 564. 444 Kosmin 2013a, 207 f. betont, dass Megasthenes zu den wichtigsten Vorlagen des Berossos zählte; zugleich arbeitet er konzeptionelle Unterschiede zwischen den Werken der Verfasser heraus. 445 Zum Leben und Werk des Megasthenes cf. Bosworth 1995b; Parker 2008, 33–41; Kosmin 2014b, 37–35; Roller 2016; Karttunen 1997, 70–76 Visscher 2020, 21–25; 52–62 sowie die Beiträge in Wiesehöfer/Brinkaus/Bichler 2016.

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dem Babylonier Nebukadnezar II. Unter diesen wird namentlich Letzterer als ‚Modellkönig‘ und großer Eroberer vorgestellt, der bei den Chaldäern446 in besonders hohem Ansehen gestanden habe, da seine Errungenschaften selbst diejenigen des Herakles (!) übertrafen.447 Die Darstellung des Megasthenes folgte – wie Robert Rollinger herausgestellt hat – einer ‚seleukidischen Agenda‘, indem er den babylonischen König gleichsam als ‚Präfiguration‘ der Seleukiden – in ihrer Rolle als ‚Herren der oikumene‘ –

446 Zu dieser Bezeichnung in der antiken Literatur cf. Heller 2010, 128–134. 447 Cf. Rollinger 2016b, passim sowie bereits Kuhrt 1987, 53–56, hier v. a. 56. Cf. FGrH 715 F 11 a (= Strab. 15, 1, 6–7/686/7, deutsche Übers. Veh): „Diesem Standpunkt pflichtet gewissermaßen auch Megasthenes bei, wenn er sagt, man dürfe den alten Berichten über die Inder keinen Glauben schenken, denn weder sei jemals aus Indien ein Heer nach außerhalb gezogen noch habe eines von außerhalb sie angegriffen und besiegt außer dem mit Herakles und Dionysos und dem jetzt mit den Makedonen gekommenen. Allerdings seien Sesostris der Ägypter und Tearkon der Äthiope bis Europa vorgedrungen, Nabokodrosoros – der bei den Chaldäern größeren Ruhm erworben habe als Herakles – sogar bis zu den Säulen gezogen (bis dort sei auch Tearkon gekommen; jener aber habe darüber hinaus sein Heer aus Iberien nach Thrakien und zum Pontos geführt) und Idanthyrsos der Skythe habe Asien bis Ägypten überrannt, Indien aber habe keiner von diesen berührt. Und auch Semiramis sei vor dem Unternehmen gestorben, und die Perser hätten sich zwar als Söldner Hydraker aus Indien geholt, aber keinen Feldzug dorthin unternommen, sondern seien nur in die Nähe gekommen als Kyros gegen die Massageten zog. Und auch die Geschichten über Herakles und Dionysos, die besonders Megasthenes für glaubhaft hält, [betrachten die meisten Anderen, zu denen auch Eratosthenes gehört, als unglaubwürdige Fabelei, ebenso wie das, was in Griechenland spielt].“ (συναποφαίνεται δέ πως καὶ Μεγασϑένης τῷ λόγωι τούτωι κελεύων ἀπιστεῖν ταῖς ἀρχαίαις περὶ Ἰνδῶν ἱστορίαις· οὔτε γὰρ παρ Ἰνδῶν ἔξω σταλῆναί ποτε στρατιὰν οὔτ’ ἐπελϑεῖν ἔξωϑεν καὶ κρατῆσαι πλὴν τῆς μεϑ’ Ἡρακλέους καὶ Διονύσου καὶ τῆς νῦν μετὰ Μακεδόνων. Καίτοι Σέσωστριν μὲν τὸν Αἰγύπτιον καὶ Τεάρκονα τὸν Αἰϑιόπα ἕως Εὐρώπης προελϑεῖν, Ναβοκοδρόσορον δὲ τὸν παρὰ Χαλδαίοις εὐδοκιμήσαντα Ἡρακλέους μᾶλλον καὶ ἕως Στηλῶν ἐλάσαι· μέχρι μὲν δὴ δεῦρο καὶ Τεάρκονα ἀφικέσϑαι ἐκεῖνον δὲ καὶ ἐκ τῆς Ἴβηρίας εἰς τὴν Θρᾴκην καὶ τὸν Πόντον ἀγαγεῖν τὴν στρατιάν· Ἰδάνϑυρσον δὲ τὸν Σκύϑην ἐπιδραμεῖν τῆς Ἀσίας μέχρι Αἰγύπτου. τῆς δὲ Ἰνδικῆς μηδένα τούτων ἅψασϑαι. καὶ Σεμίραμιν δ’ἀποϑανεῖν πρὸ τῆς ἐπιχειρήσεως. Πέρσας δὲ μισϑοφόρους μὲν ἐκ τῆς Ἰνδικῆς μεταπέψασϑαι Ὑδράκας, ἐκεῖ δὲ μὴ στρατεῦσαι, ἀλλ’ ἐγγὺς ἐλϑεῖν μόνον, ἡνίκα Κῦρος ἤλαυνεν ἐπὶ Μασσαγέτας. καὶ τὰ περὶ Ἡρακλέους δὲ καὶ Διονύσου Μεγασϑένης μὲν μετ’ ὀλίγων πιστὰ ἡγεῖται, [τῶν δ’ἄλλων οἱ πλείους, ὧν ἐστι καὶ Ἐρατοσϑένης, ἄπιστα καὶ μυϑώδη καϑάπερ καὶ τὰ παρὰ τοῖς Ἕλλησιν]). Cf. ferner FGrH 715 F 11b (= Arr. Ind. 5, 4–5), wo Nebukadnezar nicht genannt wird (deutsche Übers. Wirth): „Dieser Megasthenes nun sagt, daß weder die Inder gegen andere Menschen zu Felde ziehen noch andere Menschen gegen die Inder. Aber Sesostris, der Ägypter, habe den größten Teil Asiens unterworfen, sei bis nach Europa mit seinem Heer gezogen und dann zurückgekehrt; Indanthyrsos, der Skythe, sei aus Skythien aufgebrochen, habe viele Völker Asiens unterworfen und sei auch in Ägypten als Sieger eingezogen. Semiramis, die Assyrerin, habe zwar geplant, gegen die Inder zu ziehen, doch sei sie gestorben, bevor sie ihre Pläne ausführen konnte. Vor Alexander soll einer breiten Überlieferung zufolge Dionysos die Inder bekriegt und unterworfen haben. Von Herakles hört man dies seltener.“ (οὗτος ὦν ὁ Μεγασϑένης λέγει, οὔτε Ἰνδοὺς ἐπιστρατεῦσαι οὐδαμοῖσιν ἀνϑρώποισιν, οὔτε Ἰνδοῖσιν ἄλλους ἀνϑρώπους, ἀλλὰ Σέσωστριν μὲν τὸν Αἰγύπτιον, τῆς Ἀσίης καταστρεψάμενον τὴν πολλήν, ἔστε ἐπὶ τὴν Εὐρώπην σὺν στρατιῆι ἐλάσαντα, ὀπίσω ἀπονοστρῆσαι, Ἰδάνϑυρσον δὲ τὸν Σκύϑεα ἐκ Σκυϑίης ὁρμηϑέντα πολλὰ μὲν τῆς Ἀσίης ἔϑνεα καταστέψασϑαι, ἐπελϑεῖν δὲ καὶ τὴν Αἰγυπτίων γῆν κρατέοντα. Σεμίραμιν δὲ τὴν Ἀσσυρίην ἐπιχειρέειν μὲν στέλλεσϑαι εἰς Ἰνδούς, ἀποϑανεῖν δὲ πρὶν τέλος ἐπιϑεῖναι τοῖς βουλεύμασιν. ἀλλὰ Ἀλέξανδρον γὰρ στρατεῦσαι ἐπ’ Ἰνδούς μοῦνον. καὶ πρὸ Ἀλεξάνδρου Διονύσου μὲν πέρι πολλὸς λόγος κατέχει ὡς καὶ τούτου στρατεύσαντος ἐς [Ἰνδοὺς] καὶ καταστρέψαμένου Ἰνδοὺς, Ἡρακλέος δὲ πέρι οὐ πολλός).

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präsentierte. Mehr noch: Er griff zu diesem Zweck augenscheinlich auch Elemente der altorientalischen Herrscherideologie auf – darunter die überkommene Übertreffungs­ metaphorik –, um die griechisch-makedonischen Könige, die erstmalig auch indische Territorien besetzten, als ihren Vorgängern überlegen vorzustellen.448 Man wird somit Reinold Bichler Recht geben müssen, wenn er vermutet: „In the eyes of the new dynasty founded by Seleucus it must have been a tempting idea to see oneself in a tradition of world-wide kingship.“449 Dass weder Berossos noch Megasthenes – soweit der fragmentarische Erhaltungszustand ihrer Werke erkennen lässt – von der klassi­ schen (auf Herodot und Ktesias zurückgehenden) Sukzessionstheorie (Assyrien  – Medien  – Persien  – (Makedonien)) Gebrauch machten,450 steht deren Verbreitung im Seleukidenreich nicht entgegen, im Gegenteil: Es wäre gut denkbar, dass Berossos, seiner Intention folgend, die Errungenschaften der babylonischen Geschichte zu ihrem Recht zu verhelfen, dem Konzept der Reichefolge bewusst entgegenzuwirken gedachte, wie Amélie Kuhrt vermutet: In the extant portions of Berossus there are no references to this theory, but I would suggest that he knew of it from Greek writers and therefore attempted to counter it or, at least, modify it by showing, (a) that there were empires preceding Assyria […] and (b) that the Assyrian empire was succeeded by the powerful Neo-Babylonian one, at least as large as that of the Assyrians.451

Tatsächlich konstruiert Berossos  – wie Giovanni Battista Lanfranchi gezeigt hat  – möglicherweise zwei ‚Linien‘ der Kontinuität, wobei die Achaimeniden – wie vor ihnen die Assyrer – illegitime Herrschaften über Babylonien errichteten, während die Seleukiden das rechtmäßige Königtum des neubabylonischen Reiches fortzuführen aufgefordert werden.452 Gleichwohl hatte Assyrien auch in Berossos’ Augen die ‚Koordinaten‘ für ein ‚universales‘ Imperium vorgegeben, das seit der Regierung Asarhaddons – wie späterhin die Achaimeniden – auch Ägypten kontrollierte (s. o. Kap. I.2.6;

448 Cf. Rollinger 2016b. Möglicherweise geschah dies als Reaktion auf die auf Hekataios von Abdera zurückgehende ägyptische Tradition, in der der Pharao Sesostris als ‚Weltherrscher‘ figuriert. Kosmin 2013b wiederum erkennt in dem Vergelich eine ‚historische Apologie‘ für die Gebietsabtretungen des Seleukos an Tschandragupta (s. o.). Auch Visscher 2020, 51 stellt die Bedeutung des ‚historischen Vergleichs‘ mit den Königen der Vergangenheit heraus: „The Seleucids are placed in a tradition of Greek conquerors and civilizers who reach the end of the world, and, in Megasthenes, contrasted with powerful barbarian kings, whom they surpass. That this image is not historically accurate is unimportant; what does matter is that it chimes with early Seleucid imperial discourse.“ 449 Bichler 2007c, 224. 450 Cf. Rollinger 2011c, 330. Vielmehr scheint Berossos’ Werk (ibid.) „durch eine Kette dynastischer Abfolgen strukturiert“ gewesen zu sein. 451 Kuhrt 1987, 47. 452 Cf. Lanfranchi 2013, der ibid., 69 konstatiert: „In this way, he [scil. Berossos] invitetd Antiochus, a Greek ruler of a new Babylonian empire, to repudiate the prevailing historical model represented by the Achaemenids.“

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I.2.8).453 Vermutlich war es dieser (auch seitens der Seleukiden erhobene) ‚universalistische‘ Anspruch, der Berossos dazu bewog, Ägypten  – wider die historische Realität  – als abtrünnige Provinz des neubabylonischen Reiches vorzustellen, die von Nebukadnezar II. zurückerobert werden musste (s. o.).454 Wie oben dargelegt wurde, könnte das ‚klassische‘ Sukzessionsschema Assyrien – Medien – Persien – Makedonien in den (ideologischen) Auseinandersetzungen zwischen Seleukiden und Ptolemaiern eine Rolle gespielt haben, da Ktesias zufolge jede imperiale Herrschaft über Asien, beginnend mit den Assyrern, auch Ägypten inkorporierte. Das von Berossos entworfene ‚Alternativmodell‘, das die neubabylonischen Könige – anstelle der Assyrer, Meder und Achaimeniden – zu den ‚Prototypen‘ der Seleukiden stilisierte, war vor diesem Hintergrund zwingend auf die historische Übertreibung einer babylonischen Dominanz über Ägypten angewiesen, wie Giovanni Battista Lanfranchi herausstellt: Berossos, however, did not ‚falsify‘ history; rather, he presented an ideologically biased reconstruction according to which the Assyrian empire  – which included Egypt  – was transmitted to the Babylonians rather than to the Medes, contrary to what Herodotus and Ctesias had claimed, following the official historiography of the Persian empire.455 He probably attempted to demonstrate that Nabopolassar took over the Assyrian Empire in its full extent, including Egypt, and excluding the possibility that after the fall of Assyria there was a political fragmentation which might have justified Median rule over parts of the former Assyrian empire. On the other hand, by stressing that a truly universal empire should have included Egypt, Berossos also might have offered Antiochus an ideological justification for taking action against the Ptolemies.456

Berossos zufolge ging das ‚Weltreich‘ mithin direkt von den Assyrern auf die Babylonier über. Dieser Befund gibt zu der Vermutung Anlass, dass der Autor eine (freilich wenig schematische) Variante der überkommenen Sukzessionstheorie – eine Abfolge der Assyrer, Babylonier und Perser sowie, sofern sein Werk auch die Regierung Alexanders thematisierte, der Makedonen – entwickelte.457 Dabei negierte er – mit Rücksicht

453 Cf. ibid., 70. 454 Cf. FGrH 680 F 8a = Verbrugghe/Wickersham 1996 F 9a = Burstein 1978, 26, Nr. 3. 1. Cf. in diesem Sinne Haubold 2013b, 7: „The idea of Egypt as a ‚satrapy‘ suggests a partisan political agenda in a context where the Ptolemies and the Seleucids battled for the possession of Syria-Palestine. More generally, Ptolemies and Seleucids vied for the role of Hegemonic power in the Hellenistic world. Whereas the Ptolemies stressed the prowess of earlier pharaohs whom they appropriated as their ancestors, the Seleucid kings emphasized the role of Nebuchadnezzar and other Babylonian monarchs. Berossos played to their aspirations […].“ 455 Bezüglich der Provenienz der Dreiersukzession ist die Verfasserin, wie im ersten Teil der Arbeit gezeigt, anderer Auffassung. 456 Lanfranchi 2013, 70. 457 Für die Anregung zu den nachfolgenden Überlegungen danke ich sehr herzlich Johannes Haubold. Da Berossos’ Fokus auf Babylon liegt, dessen Geschichte er beginnend mit der mythischen Frühzeit beschreibt, bildet die assyrische Herrschaft indessen nicht den Ausgangspunkt der Suk-

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auf die ‚Erwartungshaltung‘ der griechischen Leserschaft?458 – zwar nicht die Existenz der Meder; ihre Bedeutung im Rahmen des ‚imperialen Prozesses‘ wird jedoch minimiert respektive ‚richtiggestellt‘: So mag die Heirat Nebukadnezars mit Amytis, der Tochter des Satrapen von Medien, der den Namen Astyages (!) trägt,459 eine bewusste Reminiszenz an griechische Traditionen darstellen.460 Berossos wusste offenbar um das Beharrungsvermögen der namentlich von Ktesias geprägten Vorstellung einer Sukzession der Assyrer, Meder und Perser, die darüber hinaus selbst im babylonischen Kontext (in den Inschriften Nabonids, s. o. Kap. I.3.1.3) eine Rolle spielte – und mutmaßlich sogar im Rahmen des seleukidischen Herrschaftsdiskurses aufgegriffen wurde (s. o.). So ist es vielleicht kein Zufall, dass der Verfasser der Babyloniaka am Ende des zweiten Buches von einer medischen Invasion Babylons berichtet, die allerdings der assyrischen Eroberung vorausgeht.461 Tatsächlich dürfte der Begriff ‚Meder‘ in diesem Kontext als ‚Label‘ für die desgleichen im Zagrosgebirge beheimateten Gutäer verwendet worden sein, die im 22.  Jahrhundert v. Chr. mit dem Sturz der Dynastie von Akkad in Verbindung gebracht worden waren (s. o. Kap. I.2.4).462 Hieraus ergäbe sich eine – freilich mit einigen Brechungen versehene463 – Abfolge der Meder (= Gutäer), Assyrer, Babylonier, Perser (und Makedonen?). 464 Sollte die terminologische Gleichsetzung der Meder mit den Gutäern nicht auf die späteren Vermittler (Alexander Polyhistor und/oder Eusebius) zurückzuführen sein, so ließe sich vermuten, dass

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zession und wird mithin ‚verwässert‘. Erst im Anschluss an eine Reihe von Herrschern, die vor und nach der Sintflut regierten, beginnt – angefangen mit Phulos (Tiglatpilesar III.) – die assyrische Herrschaft über Babylon, bis Nabopolassar ein unabhängiges babylonisches Königtum etabliert. Dieses wiederum wird von Kyros und den Persern beendet. Cf. die tabellarische Übersicht bei Verbrugghe/Wickersham 1996, 70–83. Bichler 2007c, 222 streicht das Dilemma heraus, in dem Berossos sich offenbar befand: „On the one hand Berossus was eager to show the importance of Babylon over the centuries and therefore tried to give an exact list of the Babylonian rulers, on the other hand, he had to respect the traditions known to the Greek public. There was no easy way to avoid the dilemma.“ FGrH 680 F 7c = Verbrugghe/Wickersham 1996 F 8b. Cf. FGrH 680 F 8a = Vergrugghe/Wickersham F 9a mit Tuplin 2013, 194 und Beaulieu 2006, 132 der hinter dieser Heirat die mögliche Intention des Berossos erkennt, eine Parallele zur Eheschließung zwischen Seleukos I. und Apama zu ziehen. Cf. in diesem Sinne auch Visscher 2020, 96 f. Bichler 2007c, 222 f. zeigt, dass die Gestalt der Amytis, in den Persika des Ktesias die Tochter des Astyages, sich desgleichen der griechischen Tradition verdankt. Berossos, der v. a. den Erwartungen der griechischsprachigen Bevölkerung entgegenkommen musste, ‚korrigierte‘ die klassische Tradition nur insofern, als er die Bedeutung Nebukadnezars herausstrich. Cf. Bichler 2007c, 223. Cf. FGrH 680 F5a = Verbrugghe/Wickersham 1996 F 5: „From Xisouthros and the Great Flood until the Medes took Babylon Polyhistor counts in all eighty-six kings. […] And after this, after the great dynasties, the Medes, having assembled a large army, took Babylonia and established themselves as its lords.“ Cf. Haubold 2013b, 7 mit Anm. 29. Cf. Verbrugghe/Wickersham 1996, 52, Anm. 25; 27; 73–75 mit der älteren Literatur. So nennt Berossos im Anschluss an die ‚chaldäischen‘ Herrscher auch noch neun ‚arabische Könige‘, die 245 Jahre lang regierten. Cf. Haubold 2013b, 7, Anm. 29: „[…] Berossos wrote the Medes out of his succession of empires after Assyria. With his equation of Guti and Medes he found a new place for them.“

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Ein ‚säkulares‘ Viererschema?

Berossos auch an dieser Stelle dem ‚Diskurswissen‘ seiner griechischen Rezipienten entgegenkam, die die Meder als einen integralen Bestandteil der ‚orientalischen Geschichte‘ betrachteten. Ihnen gedachte er eine neuartige Idee in möglichst vertrautem Gewand nahezubringen: ein ‚Alternativmodell‘ zur überkommenen Sukzessionstheorie, das Babylon – entgegen der geläufigen Anschauung – einen zentralen Platz in der imperialen Geschichte Asiens zuwies, und zwar nicht – wie in einigen Inschriften Nabonids suggeriert (s. o. Kap. I.3.1.3) – allein in Gestalt seiner Götter, sondern auch im konkret-politischen Sinne: Babylon war dazu bestimmt, das Zentrum einer Weltmonarchie zu sein.465 Das hier entworfene Szenario setzt immerhin voraus, dass der Sukzessionstheorie in seleukidischer Zeit eine derartig große Resonanz zuteilwurde, dass sie zum Gegenstand kontroverser Debatten werden konnte. Letzteres erscheint gerade angesichts der Popularität der Regierungszeit des babylonischen Königs Nabonid in zahlreichen Literaturgattungen (Chroniken, Prophetien u. ä.) des hellenistischen Babyloniens 466 plausibel, denn: Den Verfassern wie auch den Rezipienten dieser Texte dürfte – im Gegensatz zu vielen ihrer griechisch-makedonischen Zeitgenossen – nur allzu bewusst gewesen sein, dass mit der Niederlage eben jenes Königs gegen Kyros II. die Herrschaft von Babylon auf die Perser übergegangen war; zugleich ist jedoch ausgerechnet dem letzten (neu-)babylonischen Herrscher Nabonid die Schöpfung einer ‚Urform‘ der späterhin von griechischen Autoren entwickelten (und das neubabylonische Reich ‚ausklammernden‘) Dreiersukzession Assyrien – Medien – Persien zuzuschreiben (s. o. Kap. I.3.1.3). Ein im Seleukidenreich zirkulierendes Konzept einer Abfolge von Weltreichen dürfte sich mithin multiperspektivisch gestaltet und in einem äußerst spannungsreichen diskursiven Milieu entwickelt haben (s. u. Kap. II.4).

465 Cf. Lanfranchi 2013, 72: „[…] I would stress that Berossos was probably the first historian to criticize the prevailing model of universal rule passing from Assyria to Media and on to Persia. […] Berossos attempted to offer to the new Greek rulers the model of another universal empire, which centered on Babylon, and which had its foundations in the most remote antiquity.“ Dabei weicht die ‚Raumwahrnehmung‘ in den Babyloniaka erheblich von derjenigen ab, die seleukidische ‚Hof-Ethnographen‘ entwickelten. Der Babylonier Berossos visualisierte die seleukidische Herrschaft offenbar nicht geographisch, sondern vielmehr im Sinne eines ‚statischen Königtums‘, dessen Zentrum von Anbeginn an in Babylon gelegen habe. Cf. Kosmin 2013a, 206–211, hier v. a. 208: „Berossos does not explore and assimilate a newly conquered foreign territory; the priest and his account do not wander to the edges of the Seleucid space and back. Rather, Berossos is rooted in a land and tradition that, explicitly in his narrative, had experienced a sequence of invasions and foreign dynasties. Unlike the travelling accounts of Demodamas, Patrocles and Megasthenes, Berossos’ landscape is stable, stationary, and centripetal: all roads lead to Babylon.“ Welche Rolle Berossos Babylon im Rahmen der seleukidischen Herrschaft zugedachte, zeigt Haubold 2016. Demnach wird der Einfluss Babylons innerhalb des Seleukidenreiches durchaus durch die religiöse Expertise der Chaldäer bedingt; sie sind es jedoch auch, die die politische Institution des Königtums, zumal in Zeiten der Krise, bewahren und schützen. 466 Cf. Waerzeggers 2018, 343 f.

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Für die seleukidische Provenienz des Viererschemas spricht ferner die Tatsache, dass auch die Autoren des Danielbuches das Seleukidenreich als das letzte irdische Imperium vor dem Anbruch der Gottesherrschaft betrachteten.467 Die Verschiebung im ersten Element der Sukzession vom neuassyrischen hin zum neubabylonischen Reich mag sich einerseits durch die größere heilsgeschichtliche Bedeutung Babylons in der jüdischen Tradition, andererseits durch die mangelnde Trennschärfe sowohl in der griechischen als auch in der alttestamentlichen Überlieferung hellenistischer Zeit bezüglich der beiden Imperien erklären (s. u. Kap. II.4). Weiterhin dürften jedoch auch die Erhebung Nebukadnezars zum ‚Weltherrscher‘ durch Berossos und Megasthenes sowie die ideologische Vereinnahmung des babylonischen Königs durch die Seleukiden ihren Anteil daran gehabt haben.468 Zugunsten der Annahme, dass gerade auch das von Berossos entwickelte ‚Alternativmodell‘ der seleukidischen Herrschaft als ‚Fortsetzung‘ des neubabylonischen Königtums (zumindest mittelbar) auf das Buch Daniel einwirkte,469 spricht nicht zuletzt die Tatsache, dass die von dem alttestamentlichen Text postulierte Eroberung Babylons durch ‚Meder‘470 – freilich unter anderen Vorzeichen – auch in den Babyloniaka erwähnt wird. Berossos setzt die ‚medische‘ (eigentlich gutäische, s. o.) Suprematie vor der assyrischen Herrschaft an. Angesichts des ‚eklektischen Charakters‘ des Danielbuches471 ist nicht auszuschließen, dass die von Berossos entwickelte ‚Variation‘ der Herrscherfolgen von den jüdischen Verfassern aus ihrem ursprünglichen Kontext gelöst und – wiederum – mit der ‚klassischen‘ Sukzessionstheorie ‚harmonisiert‘ wurde: Im Buch Daniel figurieren die ‚Meder‘ (in Gestalt eines Herrschers namens ‚Dareios‘) wie bei Berossos als ‚Eroberer Babylons‘; anders als in den Babyloniaka bleibt ihr Platz (an zweiter Stelle der Sukzession) jedoch unverändert. *** Obschon die politische Situation der hellenistischen Staatenwelt in der Realität durch eine Art „labiles Gleichgewicht“472 bestimmt wurde (s. o.), artikulierten zumindest die Herrscher der drei großen Monarchien der Seleukiden, Ptolemaier und Antigoniden (in bestimmten Kontexten) ‚universalistische‘ Ideen.473 Alexander und seine 467 Cf. Wiesehöfer 2003a, 394. 468 Cf. Wiesehöfer 2005a, 650. 469 Der Bericht des Berossos könnte für die Autoren des Buches Daniel auch deshalb von Interesse gewesen sein, weil jener sich auch der Geschichte der Judäer gewidmet haben soll. Cf. FGrH 680 F 8d = Verbrugghe/Wickersham 1996 F 9c = Burstein 1978, 26–28, Nr. 3, 1–3. 470 Cf. Dan 5, 30–6, 1 (Eroberung Babylons durch ‚Dareios den Meder‘) mit Wiesehöfer 2005a. 471 Cf. Walton 2001, 86 („conflated and eclectic account“). 472 Gehrke 2003, 103. 473 Cf. Strootman 2014a, passim. Cf. auch Bang 2012, 67: „Intensely agonsistic, the Greco-Macedonian rulers vied with each other about who could best step into the shoes of their heroic predecessor [scil. Alexander], embody the ideal of the universal ruler. Even if this activity fell (far) short of obliterating the other rivals, kings did their best to cut the most impressive and inspiring figure.“

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(seleukidischen) Nachfolger übernahmen und adaptierten dabei auch ‚orientalische‘ Ausdrucksformen der Herrschaftsrepräsentation und kombinierten sie, wie zu Recht betont wurde, zum Teil mit griechischen Theoremen über die ‚Einheit der Welt‘.474 Sie konnten dabei sowohl auf die Philosophie der Stoa als auch auf die Ideologie des ‚Panhellenismus‘ zurückgreifen, die gerade im vierten Jahrhundert v. Chr., im unmittelbaren Vorfeld des Alexanderzuges, an politischer Relevanz gewonnen, aber bereits in der Klassischen Zeit der Propagierung hegemonialer Ansprüche einzelner Poleis gedient hatte.475 Auf diese Weise wurden Aspekte der vorderorientalischen Herrscherideologien den Griechen und Makedonen vermittelbar, und „what was previously looked upon by the Greeks as oriental despotism became an intrinsic part of Hellensitic polis culture.“476 Nicht unerheblich fällt dabei ins Gewicht, dass die ‚(Welt-)Herrschaftsansprüche‘ der hellenistischen Könige auch vermittels kosmisch-astraler Symbole unterstrichen werden konnten.477 Darüber hinaus spielte das (bereits im Mesopotamien des dritten Jahrtausends v. Chr. formulierte) Ideologem des Antagonismus zwischen der gött-

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Entsprechend wurde etwa Demetrios Poliorketes von den Athenern als ‚leibhaftiger Gott‘ verehrt und nach Duris’ Zeugnis (FGrH 76 F 14 = Athen. 12, 536a) anlässlich der Demetria zu Athen „auf der Bühnenwand abgebildet, wie er im Wagen auf der bewohnten Welt entlangfährt“ (ἐγράφετο ἐπὶ τοῦ προσκηνίου ἐπὶ τῆς Οἰκουμένης ὀχούμενος). Darüber hinaus soll er jeden verachtet haben, der einem anderen als ihm selbst und seinem Vater Antigonos den Titel ‚König‘ zukommen ließ. Daraufhin hätten seine philoi auf den ‚König Demetrios‘, ‚Seleukos, den Kommandeur der Elefanten‘, den ‚Admiral Ptolemaios‘, den ‚Schatzmeister Lysimachos‘ sowie auf ‚Agathokles, den Statthalter Siziliens‘, angestoßen. Cf. Plut. Demetr. 25, 4. Demetrios’ Rivalen um die Herrschaft im vormaligen Alexanderreich erscheinen somit geradezu als ‚Funktionäre‘ im Dienste des antigonidischen ‚Großkönigs‘. Cf. Strootman 2013a, 43. Da Demetrios an seinen Vater Antigonos Monophthalmos anknüpfend selbst nach der Schlacht bei Ipsos 301 v. Chr. noch weitreichende, wenn nicht ‚unitaristische‘ territoriale Ziele verfolgt haben dürfte (cf. Gehrke 2003, 168), sind diesem Herrscher auch ‚universalistische‘ Bestrebungen in der Nachfolge Alexanders des Großen durchaus zuzutrauen. Cf. Strootman 2014a, 39. Zur Theorie der ‚Einheit der Welt‘ cf. Baldry 1965. Cf. Strootman 2014a, 39. Cf. Baldry 1965, 52–127 (Autoren des 4. Jh. v. Chr.); 151–166 (frühe Stoiker). Strootman 2014a, 39. Cf. Anagnostou-Laoutides 2017, 151 f.; Strootman 2014a, 49; 50 f. Als die Athener Demetrios Poliorketes im Jahr 291/90 v. Chr. als ‚sichtbaren Gott‘ feierten, setzte die Hymne des Hermokles den König mit der Sonne und seine philoi mit den sie umkreisenden Sternen gleich. Cf. Duris FGrH 76 F 13 (= Athen. 6, 253b-f). Hermodotos wiederum pries Demetrios’ Vater Antigonos als ‚Abkömmling der Sonne‘. Cf. Plut. Mor. 182c. Ein ptolemaiischer Schild bildet eine von Sternen umgebene Sonne ab. Cf. Strootman 2014a, 51. Im Seleukidenreich zeigt sich die Vereinnahmung astraler Symbole z. B. in den Münzserien Antiochos’ IV., die das Portrait des Königs mit Strahlenkrone und Diadem abbilden. Vermutlich ließ sich Antiochos dabei von ptolemaiischen Vorbildern inspirieren. Cf. Mittag 2006, 133–135. Ein weiteres (freilich spätes) Dokument stellen Münzen Antiochos’ VIII. Philometor (Gypros) (12–96 v. Chr.) dar, die auf dem Revers das Bild des Zeus Ouranios mit einem Szepter in der linken und einem Sonnensymbol in der rechten Hand zeigen. Über dem Kopf des Gottes schwebt ein zunehmender Halbmond, und die ganze Szene wird von einem Siegeskranz eingerahmt. Cf. Strootman 2014a, 49 f.

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lichen Weltordnung und der ‚chaotischen‘ Peripherie in der Herrschaftsrepräsentation der hellenistischen Könige eine Rolle und wurde mit einem „almost eschatological promise of a better world, a golden age“ verbunden.478 Der König wird in diesem Modell zur ‚Erlösergestalt‘ (soter) stilisiert, dessen (militärische) Macht Frieden und Prosperität gewährleistet, während die ‚Barbaren‘ der Peripherie als gefährliche, die zivilisatorische Ordnung gefährdende Chaosmacht in Erscheinung treten.479 Häufig figurieren die seit dem dritten Jahrhundert v. Chr. nach Anatolien und Griechenland vordringenden Kelten als Inkarnation der entfesselten Gefahr.480 Wie andere Herrscher (Antigonos Gonatas oder Attalos I.) nahm auch der seleukidische König Antiochos I. seinen ‚Keltensieg‘ in der ‚Elefantenschlacht‘ von 275 v. Chr. zum Anlass, das (allerdings nicht allein an dieses Kontext gebundene) Epitheton Soter anzunehmen.481 In Seleukeia, der Grabstätte seines Vaters Seleukos, institutionalisierte der König einen Kult für Apollon Soter, und vermutlich widmete der griechische Dichter Simonides aus Magnesia der ‚Elefantenschlacht‘ sogar ein Epos.482 Schließlich konnten seleukidische 478 Strootman 2013a, 50. 479 Cf. Isaac 2004, hier v. a. 55–224. Wie in der mesopotamischen Literatur werden ‚Fremde‘ häufig mit Tieren gleichgesetzt. Cf. Isaac 2004, 194–207. 480 Cf. Strootman 2005; Visscher 2020, 154–220. Die griechischen Quellen beschrieben die Kelten nach den Maßgaben des ‚Barbarentopos‘: Demnach kennen sie weder Gesetze noch Kultur und werden – wilden Tieren vergleichbar – einzig von ihren Affekten geleitet. Cf. etwa Pol. 18, 37, 9; Aristot. Nik. 3, 5b28 sowie Strootman 2005, 118–121 zu weiteren Beispielen. Die Kelten, die seit dem fünften Jahrhundert v. Chr. nach Italien und ins Balkan-Gebiet eindrangen, waren lange Zeit von den Makedonen (Philipp II. und Alexander III.) unter Kontrolle gehalten worden, stießen jedoch nach 280 v. Chr. nach Makedonien vor. Ptolemaios Keraunos fiel gegen keltische Verbände in Thrakien. 279 v. Chr. fielen keltische Kontingente nach Thessalien und Zentralgriechenland ein und plünderten das Heiligtum von Delphi, wurden jedoch von den Aitolern besiegt. Cf. Coşkun 2011, 87. Die Rettung des pythischen Heiligtums wurde bald den Göttern Apollon und Zeus Soter zugeschrieben, die die Kelten mit Blitz, Donner und Frost vertrieben hätten. Cf. Paus. 10, 23, 3. Die Delphische Amphiktyonie richtete zu Ehren beider Götter die Soteria ein, und griechische Städte entsandten Weihgaben nach Delphi. Der Aitolische Bund, der sich in der Folge des Sieges von 279 v. Chr. als Hegemonialmacht in Mittelgriechenland etabliert hatte und erheblichen Einfluss auf die Delphische Amphiktyonie ausübte, wusste sich als ‚Retter‘ in Szene zu setzen. Cf. Strootman 2005, 110–112. 481 Cf. App. Syr. 65/343. Cf. Strootman 2005, 115–117; Coşkun 2011, 89–101; Grainger 2014, 127–141; Visscher 2020, 159. Das Epitheton wurde Antiochos von den Städten Ioniens verliehen. Bereits 277 v. Chr. hatte Nikomedes I. von Bithynien drei keltische Verbände im Krieg gegen seinen Bruder Zipoetes angeheuert, die nach Kleinasien übersetzten (Liv. 38, 16, 9; Paus. 10, 23, 14), über die er jedoch zunehmend die Kontrolle verloren hatte, sodass die Kelten weite Gebiete verheerten. Nach dem Sieg des Antiochos setzten die Kelten sich in Zentralanatolien fest, das nach ihnen Galatia genannt wurde. Cf. Paus. 1, 4, 5; Strab. 12, 5, 1. Auch Attalos I. von Pergamon (241–197 v. Chr.) wusste seinen Sieg über die Kelten ideologisch zu vereinnahmen. Cf. Strootman 2005, 121–124. Attalos war in der Folge stark genug, sich der seleukidischen Oberhoheit zu entledigen, sich zum König proklamieren zu lassen und das Epitheton Soter anzunehmen. Die griechischen Städte ehrten ihn als soter und euergetes. Cf. Strootman 2005, 123. Nicht zuletzt versinnbildlicht das Bildprogramm des ‚Berliner Pergamonaltars‘ die Keltenkriege in Form einer Gigantomachie. 482 Cf. Strootman 2005, 117 mit CIG 4458 (Kult für Apollon Soter) sowie Suda, s. v. Simonides (Epos). Die Datierung und die die Identität des Königs Antiochos, unter dessen Regierung Simonides leb-

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Könige mit ‚Erlösergestalten‘ wie Herakles, Marduk oder Ninurta assoziiert werden (s. o.). Diese Gestalten besaßen zugleich einen ‚universalen‘ Charakter, und tatsächlich lassen sich gerade den frühen Seleukiden durchaus ‚universalistische‘ Bestrebungen attestieren (s. o.), die zumindest teilweise und in spezifischen Kontexten an vorderorientalische Traditionen der ‚Weltherrschaft‘ anknüpften.483 Nicht zuletzt besaßen gerade die frühen Seleukiden in dem Maurya-Herrscher Aśoka (269/8–233/232 v. Chr.), der sich in seinen Felsinschriften rühmte, als ‚König der Welt‘ (cakravartin) die Anerkennung des ‚Königs im Westen‘ und die Verbreitung des dhaṃma erreicht zu haben,484 einen Nachbarn, der zumindest auf ideologischer Ebene eine seleukidische Antwort provoziert haben dürfte.485 Im Umgang mit den diversen Untertanengruppen ihres Imperiums zeigten sich die Seleukiden durchaus flexibel. Ihre Politik zeugt von dem Willen der Herrscher, sich – aus Gründen der strukturellen Toleranz – in lokalen Kontexten zu engagieren (s. o.). Zugleich waren die Könige aus dem Hause des Seleukos bestrebt, die Kohäsionskraft ihres heterogenen Imperiums zu stärken: Die Selbstinszenierung der Seleukiden zielte auf unterschiedliche kulturelle Milieus, die vermittels (zumeist bereits vorhandener) Synkretismen orientalischer und griechischer Götter in der von den Herrschern verwandten Symbol- und Formensprache jeweils vertraute Muster des Königtums und der Religion erblicken sollten (s. o.). Dabei wird in der neueren Forschung die Reziprozität des interkulturellen Prozesses akzentuiert, der mannigfaltige Facetten aufweist. Obschon das ‚Zugehörigkeitsgefühl‘ etwa der babylonischen Eliten zum

te, sind allerdings umstritten. Cf. Ryan 2020; Visscher 2020, 165 f. mit der älteren Literatur. Zugunsten der Annahme, dass das Epos die Leistungen Antiochos’ I. pries, spricht nicht zuletzt der mutmaßliche ‚Lokalpatriotismus‘ des Dichters. Cf. Ryan 2020, 64: „[…] a historian, and perhaps even most contemporaries, would have to doubt that the achievements of Antiochos I. were epic […] from the point of view of a patriotic Magnesian, however, that one conspicuous military success was alone enough to justify an epic, for it saved his home city from devastation by barbarian hords, and his relatives from death or capture.“ Visscher 2020, 166 geht von dem Wirken des Dichters am Hofe Antiochos’ III. aus, glaubt aber auch, dass das Gedicht sich der ‚Elefantenschlacht‘ widmet und ordnet es in den Kontext der ideologischen Konflikte zwischen Seleukiden und Attaliden um die Herrschaft in Kleinasien ein: „For Antiochus, then, Simonides’ poem provided a welcome opportunity to remind the world that the Seleucid kings were the first to defeat the Galatian hordes and that Attalos were merely aping his ancestors.“ 483 Cf. etwa den Schlusssatz des im Borsippa­Zylinder enthaltenen Gebets an Nabû (Col. II, 17–29 = Stevens 2014, 69): „May my hands conquer the lands from the rising to the setting of the sun; may I levy their tribute and bring it to perfect Esagil and Ezida.“ (du­un­qí­ià kur.kurmeš ta ṣi­it dutu-ši a­di e­reb dutu­ši lik­šu­du šuII-a­a man­da­at­ti­ši­nu lu­us­ni­iq­ma a­na šuk­lu­lu é.sag.íl ù é.zi.da). 484 Cf. Edikt XIII § Q = Schneider 1978, 118 f. Cf. ferner Edikt II § A = Schneider 1978, 104 f. Bezeichnenderweise scheint auch Aśoka sich einer Form des seeing double bedient zu haben, indem er eine griechisch-aramäische Bilingue vom Boden des heutigen Afghanistans (Pugliese/Caratelli/Garbini 1964) in eine auch den griechisch-makedonisch sozialisierten Teilen der Bevölkerung vetraute Formensprache kleidete. Cf. Wiesehöfer 2016, 213. 485 Cf. Bang 2012. Zu den politischen Beziehungen zwischen Maurya und Seleukiden cf. von Hinüber 2010; Wiesehöfer 2016.

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seleukidischen Imperium z. T. schwer zu bestimmen ist, zeigt die Annahme griechischer respektive ‚gräzisierter‘ Personennamen durch indigene Babylonier, dass weite Teile der Aristokratie offenbar über ‚multiple Identitäten‘ verfügten.486 Selbiges gilt auch für Angehörige der Eliten Judaias.487 Als ‚Vermittler‘ agierten vermutlich in erster Linie die Angehörigen der lokalen Eliten, allzumal die Priester, die – wie das Beispiel Berossos lehrt – sich bereits früh mit der griechischen Sprache und Kultur vertraut machten und sie ggf. in ihrem (politischen und moralischen) Sinne zu adaptieren trachteten.488 Tatsächlich zählt die kulturelle Adaption zu den häufiger bezeugten Reaktionen auf ‚auswärtige Invasionen‘ seitens der Untertanen: Cultural adaption may be analysed as a double movement of de-contextualization and re-contextualization, lifting an item out of its original setting and modifying it to fit its new environment.489

Diese Praxis ist namentlich der alttestatmentlichen Überlieferung inhärent (s. o. Kap. II.2.2). Nicht zuletzt erscheint das Buch Daniel vor diesem Hintergrund als ein Zeugnis kultureller Hybridität respektive kultureller Adaption. Dass die Autoren des Textes aus der Makkabäerzeit (bewusst?) seleukidische und im weiteren Sinne griechische Traditionen (z. B. ‚Dareios den Meder‘) aufgriffen, lässt sich an an vielen Stellen nachweisen (s. o. Kap. II.2.1). Zugleich sind vorderorientalische (etwa im babylonischen Schöpfungsmythos Enūma eliš, in den Erzählzyklen um Ninurta und Baal oder den Inschriften Nabonids enthaltene) sowie iranische Motive (Bahman Yašt) im Danielbuch omnipräsent (s. o. Kap. II.2.2). Dabei wurde offenbar auch die bereits etablierte ‚hybridisierende‘ seleukidische Formensprache (s. o.) aufgegriffen und wiederum modifiziert. Zu den letzteren Aspekten zählen namentlich das Postulat der ‚Weltherrschaft‘ sowie die ideologische Vereinnahmung des babylonischen Königs Nebukadnezar II. durch die Seleukiden, die mithin die Verschiebung im ersten Element der Sukzession hin zum Babylonischen Reich begünstigt haben könnte (s. o.). Weiterhin mögen auch die von hellenistischen Herrschern propagierten ‚soteriologischen Aspek-

486 So Strootman 2013a, 83; 2014b, 126–135; van der Spek 2005; Sherwin-White/Kuhrt 1993, 121–125. Zum Problem der ‚Doppelnamen‘ cf. ferner Plischke 2014, 44 f. mit der älteren Literatur. So konnten indigene ‚Iraner‘ oder Babylonier offenbar einen griechischen Zweitnamen annehmen. Ein besonders prominentes Beispiel aus der Zeit Antiochos’ III. liefert Anu-uballit, der sich in einer Inschrift aus Uruk als „Anu-uballit, dessen zweiter Name Kephalon ist“ (Anu­uballiṭ ša šumšu šanû Keplunnu) vorstellt. Cf. Stevens 2016, 71–74; Boiy/Mittag 2011, 119 f. Vor diesem Hintergrund mögen sich auch hinter griechischen Personennamen weit häufiger Indigene verbergen, als lange Zeit vermutet wurde. Selbst innerhalb des seleukidischen Königshauses erhielten die Kinder zuweilen iranische Geburtsnamen. Cf. Plischke 2014, 45. 487 Cf. Strootman 2014a, 55; Aperghis 2011, 69. Der Status eines philos scheint nach dem Tod des Judas Makkabi auch dessen Bruder Jonathan durch Demetrios II. zuerkannt worden zu sein. Cf. 1 Makk 11, 27. 488 Cf. Strootman 2013a, 88. 489 Burke 2009, 93 f.

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te‘ („soteriological aspects“490) des Königtums den Verfassern des Danielbuches vor Augen gestanden haben. Sie setzten den ‚königlichen soteres‘ indessen einen ‚himmlischen Erlöser‘ in Gestalt des ‚Menschensohnes‘ entgegen. Dieser ‚Menschensohn‘, der desgleichen Züge vorderorientalischer und griechischer ‚Chaosbezwinger‘ wie Ninurta, Baal oder Herakles trägt, figuriert im alttestamentlichen Text als künftiger Sieger über die als monströse Kreaturen gezeichneten irdischen Reiche. Angesichts der seleukidischen Münzbilder, die den Dynastiegründer Seleukos mit einer ‚Hörnerkrone‘ zeigen (s. o), erscheint schließlich die Metapher vom ‚Tier mit den Hörnern‘ – gleichsam als „Chiffre des makedonisch-griechischen Reiches“491 – im siebten Kapitel des Danielbuches als ein sehr naheliegendes Bild: Es verkehrte ein ursprünglich vom politischen Gegner propagiertes Ideologem ins Gegenteil, indem ein Attribut, das im vorderorientalischen Kontext unweigerlich mit Göttlichkeit assoziiert wurde, die Hybris der irdischen Könige sinnfällig vor Augen führt.492 Jene Belege einer bewussten Verkehrung seleukidischer Symbole und Narrative lassen ein vergleichbares Verfahren im Falle der Sukzession von Reichen zumindest denkbar erscheinen. Diese Annahme gewinnt nicht zuletzt angesichts der von Seleukos I. und seinen Nachfolgern (in Gestalt der ‚Seleukidischen Ära‘) praktizierten Vereinnahmung der ‚historischen Zeit‘ für die Dynastie an Plausibilität. Durch das Postulat einer gottgelenkten Weltgeschichte konterkariert das Buch Daniel den königlichen Anspruch auf die Kontrolle über die Zeit: „The book’s determinism […] undoes the most fundamental assuption of empire: that the king, as the limit-subject of action, makes history.“493 Die Danielautoren der hellenistischen Zeit entstammten augenscheinlich einem Milieu, dem seleukidische Ideologeme wohlbekannt waren.494 Dabei mögen sich ihre Kenntnisse zumindest teilweise einem „empire-wide elite commonwealth“495 verdanken, dem nicht zuletzt die ‚Hellenisierer‘ der Makkabäerzeit angehörten.496 Demnach partizipierten namentlich Städte, deren Eliten sich einer ‚seleukidischen Identität‘ zu öffnen bereit waren, bis zu einem gewissen Grad an den umfassenden sozialen Netzwerken der philia und der xenia.497 Im Rahmen dieser Netzwerke interagierten die

490 Anagnostou-Laoutides 2017, 157. 491 Staub 2000, 54. 492 Cf. ibid., dessen Deutung indessen auf die in den hellenistischen Monarchien eingesetzten Kriegselefanten abzielt. S. o. Kap. II.2.2. 493 Kosmin 2018, 163. Cf. ibid., 151 f. 494 In diesem Sinne cf. bereits Koch 1997, 18: „Im babylonisch-seleukidischen Reich sind die aramäischen Anfänge der Danielapokalyptik beheimatet, und zwar in Kreisen, die Zugang zu höheren Hofämtern hatten und vermutlich mit der Ideologie der Herrscher vertraut waren […].“ 495 Strootman 2013b, 53. 496 Cf. Strootman 2013a, 71–73; 78; 81; 83–87. Cf. ferner Aperghis 2011, 68–71; Honigman 2014, 375–377. 497 Cf. Strootman 2014b,124–135; Bang 2012, 71; 75. Zur philia und xenia cf. Strootman 2013b, 43 f.; 46; 2014b, 145–164. Insgesamt war die Zahl der indigenen philoi zwar offenbar eher gering; dennoch waren ‚Nicht-Griechen‘ in die imperialen Netwerke eingebunden (s. u.). Cf. Strootman 2014b, 135: „[…] the philoi may have been predominantly Greek and Hellenised polis-people after all – not

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Angehörigen der lokalen Aristokratien  – im Sinne eines veritablen Kosmopolitanis­ mus 498  – sowohl untereinander als auch mit dem seleukidischen Hof.499 In jüngerer because people of their ethnic affiliations were absent from the courts, but because non-Greek, non-civic courtiers were attached to the royal households by other means than philia.“ 498 Cf. Bang 2012 sowie die Beiträge in Lavan/Payne/Weisweiler 2016a, hier v. a. Stevens 2016 und Haubold 2016. Lavan/Payne/Weisweiler 2016b, 1 charakterisieren das Phänomen folgendermaßen: „[…] cosmopolitanism – a complex of practices and ideals that enabled certain individuals not only to cross cultural boundaries, but to establish an enduring normative framework across them – was an indispensible instrument of imperial rule.“ Stevens 2016 zeigt anhand verschiedener Beispiele – etwa der Uruk List of Sages (cf. dazu auch Lenzi 2008) oder der griechischen Inschrift Stolz von Halikarnassos (Lloyd-Jones 1999) – die (von den Seleukiden durchaus geförderten) Strategien auf, derer sich die lokalen Eliten bedienen konnten, um sich selbst gleichsam in die Geschichte des Imperiums ‚einzuschreiben‘ und hält (ibid., 86) fest: „[…] individuals might forge specifically imperial identities not only by laying claim to membership of an empire-wide elite but also by assimilating the imperial to the local.“ Haubold 2016 legt dar, dass Berossos (s. o.) das Seleukidenreich als auf ‚zwei Säulen ruhend‘ präsentiert, indem die (mehrheitlich griechisch-makedonischen) philoi politisch-militärisch wirken und die babylonischen ‚Chaldäer‘ ‚dynastische Kontinuität‘ gewährleisten. 499 Strootman 2013a, 72 f. differenziert auch für die seleukidische Zeit einen ‚inneren‘ und einen ‚äußeren‘ Hof. Während der ‚innere Hof ‘ die Familie des Königs, das Hofpersonal und die Funktionäre umfasste, beschreibt der ‚äußere Hof ‘ die Massierung von Personengruppen an einem Ort, an dem der königliche Haushalt anlässlich von lokalen Festen u. ä. residierte (s. o.). Bei dieser Gelegenheit begaben sich Angehörige der lokalen Aristokratie auch aus anderen Reichsteilen an den Ort des Geschehens, der als ‚Kontaktzone‘ zwischen ‚lokalen‘ und ‚imperialen‘ Eliten fungierte. Die regionalen Repräsentanten wurden von den (häufig griechisch-makedonischen) philoi des Königs an diesen vermittelt. Sie übernahmen bei dieser Gelegenheit – so vermutet Strootman – Elemente der hellenistischen ‚Hofkultur‘, die sie sodann in ihre jeweiligen Heimatländer ‚importierten‘. Zugleich wurden ‚Netzwerke‘ unter den lokalen Eliten des Imperiums geschaffen (‚globaler Aspekt‘). Cf. etwa 2 Makk 4, 18–20, wo Antiochos IV. ein im Vierjahresrhythmus stattfindendes Fest zu Ehren des Herakles-Melqart in Tyros besucht. Der Jerusalemer Hohepriester Jason schickt eine Gesandtschaft sowie ein Geldgeschenk von dreihundert Silberdrachmen. Er erbittet überdies das Privileg, ‚griechische‘ Institutionen in Jerusalem einführen zu dürfen. Möglicherweise handelt es sich bei den in 1 Makk 11–15 und 2 Makk 4, 9 erwähnten Einwohnern zu Jerusalem, die nach dem Willen des Hohepriesters Jason das ‚antiochenische Bürgerrecht‘ erhalten sollten, um eine Gemeinde von politai. Strootman 2013a, 84–86 vermutet, dass diese Bürger sich zumindest teilweise aus indigenen Bevölkerungsteilen rekrutierten und verweist dabei auf eine Parallele in Babylon (Diary of the Messengers of the Politai, BM 34434). Diese ‚Selbst-Hellenisierung‘ ist indessen mitnichten im Sinne von ‚Griechischsein‘ stricto sensu misszuverstehen, noch sollen an dieser Stelle die alten Konzepte einer ‚Hellenisierungspolitik‘ der Seleukiden wiederbelebt werden. Cf. Strootman 2013a, 91. Vielmehr mag die Annahme einer partiellen ‚seleukidisch-imperialen‘ Identität nur situativ und zum Zwecke der Kooperation mit dem griechisch-makedonischen Herrscherhaus erfolgt sein, während im lokalen Kontext die jeweils landestypischen Traditionen prävalierten. Cf. Strootman 2014a, 56: „The crucial point is this: rather than becoming Greek or semi-Greek, hellenized non-Greeks like the Babylonian priest Marduk-eriba, who was also called Heliodoros, or the Judaean high priest Joshua, who was also known as Jason, were becoming ‚Seleucid‘. Thus the empire was united at its highest level as a commonwealth of elites.“ Cf. auch Strootman 2014b, 111–144. Zwar ist nicht von einer strikten Trennung der Bereiche ‚lokal‘ und ‚imperial‘ auszugehen; vielmehr wurde auf diese Weise ein Akkulturationsprozess in Gang gesetzt, der – wie im Falle der Makkabäer – auch gesellschaftliche Spaltungen nach sich ziehen konnte. Gleichwohl dürften auch die ‚Hellenisierer‘ in Judaia nur teilweise eine ‚imperial-seleukidische Identität‘ angenommen haben und der Verehrung JHWHs treu geblieben sein. Cf. Strootman 2013a, 86. Dass eine vollstän-

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Ein ‚säkulares‘ Viererschema?

Zeit ist daher – in Anlehnung an die Untersuchungen Elias Joseph Bickermans in der ersten Hälfte des 20.  Jahrhunderts  – erneut die Möglichkeit erwogen worden, dass der Jerusalemer Hohepriester Menelaos und seine Anhänger den jüdischen Glauben nicht etwa hätten ‚hellenisieren‘, sondern ‚modernisieren‘ wollen, indem diejenigen Kultpraktiken entfernt werden sollten, die Juden und Nicht-Juden trennten.500 Selbst der jüdische Gott JHWH habe nach dem Willen des Menelaos – im Sinne eines seeing double – innerhalb unterschiedlicher kultureller Milieus verschiedentlich interpretiert werden können: Yahweh remained who he was: a single, nameless god. But his abode need not lie solely in the Temple, in the Holy of Holies, and he could be worshipped in sanctuaries everywhere and under the open sky as a Lord of Heavens. Nor need the God of the Jews be an exclusive god. In an approach to the religious customs of other peoples, the Jewish lord of Heavens could be worshipped as Zeus Olympios by the Greeks or Ba’al Shemin by the peoples of Syria. However, Yahweh was not to be depicted in human form, as the Greek gods were, but only in an aniconic mode of expressions by a symbolic ‚idol‘, a sacred stone (baetyl) set on the altar.501

In diesem Sinne betrafen die im ‚Religionsedikt‘ von 167 v. Chr. festgehaltenen Bestimmungen zentrale Aspekte der Kultpraxis, nicht jedoch die ‚doktrinären Fundamente‘ der JHWH-Religion.502 ‚Pro-seleukidische‘ Priester wie Menelaos mögen ihre internen Gegner ihrerseits als ‚Apostaten‘ betrachtet haben,503 verkörperten sie selbst doch die (staatlich gestützte) religiöse Autorität Judaias. Sie kooperierten mit den seleukidischen Oberherren und handelten folglich in derselben Weise, wie die politischen und religiösen Eliten in anderen Städten auch.504 Die Autoren des Buches Daniel nahmen in dem Konflikt augenscheinlich eine Zwischenposition zwischen den Hohepriestern des Antiochos und den Makkabäern

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dige Nivellierung respektive ‚Hellenisierung‘ der indigenen Eliten mitnichten angestrebt wurde, stellt u. a. auch Plischke 2014, 50–55 heraus, denn gerade die (ibid., 54) „ethnische Heterogenität der Führungsschicht [setzte] den König in Kontakt mit allen Teilen seines Reiches.“ Cf. Aperghis 2011, 79–81. Bereits Bickerman 1979 (Original: 1937), 62–65; 73–75 hatte die These vertreten, dass der jüdische Gott mit dem syrischen Baal-Schamin identifiziert worden sei, den die Griechen – im Sinne einer Interpretatio Graeca – Zeus Olympios genannt hätten. Aperghis 2011, 79. Cf. Bickerman 1979, 68: „The tradition concerning the designation of the temple, the fact that it was taken over into a new cult, and the probabability that this cult was not anthropomorphic – all these data prove that the God of Zion remained the same after the ‚desecration of the temple‘.“ Zu der ‚Reinigung‘ des Jerusalemer Tempels durch Judas Makkabi, bei der offenbar auch ‚Gebetssteine‘ gefunden wurden, cf. 1 Makk 4, 38–44; 2 Makk 10, 2–3. In diesem Sinne mag der den höchsten Gott symbolisierende Stein in Dan 2 eine Reminiszenz an diese akonische Form der JHWH-Verehrung darstellen. Cf. Aperghis 2011, 80. Cf. Bickerman 1979, 86: „That meant that assimilation to the Gentiles did not involve the violation of a divine commandment, but merely of a human statute.“ Cf. Strootman 2013a, 81. Cf. ibid.

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ein. So lehnten sie die partielle Annahme griechischer Kultur und Lebensform zwar grundsätzlich ab, plädierten jedoch für einen modus vivendi, indem der Sturz der ‚heidnischen‘ Machtsysteme in eine ferne Zukunft transferiert wurde (s. o. Kap. II.2.2). In der makkabäerzeitlichen Endredaktion erscheint das Eschaton nahe, doch das Buch enthält keinen Appell zum offenen Widerstand im Sinne der Aufständischen um Judas Makkabi, sondern vertraut die Überwindung der bestehenden Verhältnisse höheren Mächten an. In diesem Sinne ist Daniel eine Stellungnahme zu einem innerjüdischen Diskurs über die Positionierung gegenüber der seleukidischen Monarchie – eine Stellungnahme, die sich die (nicht zuletzt über die imperialen ‚Netzwerke‘ erworbenen) Kenntnisse über die seleukidsche Herrschaftspraxis und Kultur zu Eigen macht und verfremdet. Die Adaption eines seleukidischen Sukzessionsschemas positiver Prägung erscheint vor diesem Hintergrund ohne weiteres vorstellbar.

4. Vier Reiche Eine zweite Zwischenbilanz Die in der Forschung mehrfach postulierte ‚organische‘ Erweiterung der Sukzessionstheorie von drei (Assyrien – Medien – Persien) auf vier Imperien (Assyrien – Medien – Persien – Makedonien) lässt sich in Ermangelung entsprechender Textzeugen nach wie vor nur indirekt erschließen (Kap. II.1–3.2). Zwar finden sich, wie Marijn S. Visscher aufgezeigt hat, bei dem (früh-)seleukidischen Geographen Demodamas und in Kallimachos’ Locke der Berenike durchaus Reflexe auf das Konzept (Kap. II.3.2); beide Texte bieten jedoch keine veritable Sukzession von Reichen.1 Das alttestamentliche Buch Daniel jedoch liefert einen unzweifelhaften Beleg für die Persistenz (und die Erweiterung) der überkommenen Sukzessionstheorie in hellenistischer Zeit.2 Die Endredaktion der prophetischen Schrift fällt nach allgemeiner Auffassung in die Zeit des Makkabäeraufstandes in der Mitte des zweiten Jahrhunderts v. Chr. (Kap. II.2.1). Im Kontext dieser Auseinandersetzungen erhielt der Text eine klar gegen die seleukidische Herrschaft gerichtete Zielrichtung (Kap. II.2.1–2.2). Zwar ist der im Buch Daniel reflektierte ‚antiseleukidische Diskurs‘ auch in anderen apokalyptischen Schriften der Zeit greifbar, so namentlich im Äthiopischen Henochbuch, das  – neben zahlreichen Elementen der Bildersprache – auch die Tiersymbolik zur Prädikation der als ‚bösartig‘ gezeichneten irdischen Reiche mit Daniel 7 teilt (Kap.  II.2.1). Die Auswahl der Weltimperien indes weicht von Daniel ab; tatsächlich deutet die Integration des Mederreiches in den alttestamentlichen Text darauf hin, dass die dort konstruierte Abfolge in einem originären Zusammenhang mit der aus der griechischen Historiographie bekannten Dreierfolge steht (Kap. I.1; II.1). Die Frage nach den möglichen Quellen des im Buch Daniel verarbeiteten Sukzessionsschemas ist in der Forschung wiederholt gestellt worden (Kap. II.1). Unter den bisher vorgebrachten Hypothesen bezüglich der möglichen Provenienz eines ‚säkularen‘ Viererschemas (Assyrien – Medien – Persien – Makedonien) verdient die The1 2

Auch Visscher 2020, 46 spricht (bezogen auf Demodamas) lediglich von einer „allusion to the so-called ‚succession of empires‘.“ Polybios und Aristoxenos von Tarent, die nach Ansicht der Verfasserin allerdings keine erweiterte Variante der ‚klassischen‘ Sukzessionstheorie bieten, werden unten (Kap. III.1–2.2) behandelt.

Vier Reiche

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se von der Urheberschaft der Seleukiden nach Ansicht der Verfasserin den Vorzug (Kap. II.3.2). Diese Annahme stützt sich auf die folgenden Präliminarien: Die Endredaktion des Buches Daniel erfolgte in hellenistischer Zeit, genauer: im Kontext der Regierung des seleukidischen Königs Antiochos IV. Epiphanes. Mit dem vierten Imperium vor dem Anbruch des Eschatons ist eindeutig das Seleukidenreich gemeint. Weiterhin zählt die Dekontextualisierung und Neuinterpretation von gegnerischen Ideologemen zum Standardrepertoire alttestamentlicher Texte. Dies wirft die Frage auf, ob auch die Sukzession von Reichen ein solches ‚gegnerisches‘– das heißt: seleukidisches – Ideologem gewesen ist. Zwar ist die Identität der Autoren respektive des Autors des Danielbuches schwer zu bestimmen. Indes, der Kompilator der Endredaktion war, wie Lester L. Grabbe herausgearbeitet hat, offenkundig in der jüdischen Tradition verankert, verfügte jedoch zugleich über recht profunde Kenntnisse der babylonischen, persischen und griechisch-hellenistischen Kultur.3 Obschon die historischen Informationen über die vorderorientalische Geschichte problematisch bzw. fehlerhaft sind (Kap. II.2.1), verarbeitet das Buch Daniel eine Vielzahl von Traditionen, die zwar nicht auf autochthone Archivquellen zurückzuführen sein dürften, aber immerhin auf ein breites Reservoir an „folk memory“4 hindeuten.5 Selbiges gilt in weiten Teilen für die griechischmakedonische Geschichte; doch Daniel 11 bietet eine derart detaillierte Zusammenfassung der ptolemaiisch-seleukidischen Auseinandersetzungen, dass hier mit einigem Recht eine schriftliche Vorlage anzunehmen ist.6 Grabbe hält den Autor für eine gelehrte Person aus der jüdischen Gemeinschaft in hoher Position, die Zugang zu ‚griechischer Bildung‘7 und enge Verbindungen zum Hohepriesteramt zu Jerusalem besaß: Denkbar wäre ein Individuum wie der in den Makkabäerbüchern erwähnte Eupolemos, dessen Vater dem Hohepriester Jason nahestand, während er selbst später im Auftrag des Judas Makkabi einen Freundschaftsvertrag mit Rom abgeschlossen haben soll.8 Möglicherweise zählte Eupolemos zu denjenigen Anhängern Jasons, die Menelaos’ Politik ablehnten und sich daher den Makkabäern anschlossen.9 Sollte der Redaktor des Danielbuches (wie Eupolemos) ein ursprünglicher Sympathisant der 3 4 5 6

7 8 9

Cf. Grabbe 2001, 229–236. Ibid., 233. Cf. ibid., 232 f. Cf. Ibid., 234: „Much of the chapter is usable as a historical source in its own right, so accurate is it (even hidden under thinly disguised prophetic symbol). It is unthinkable that this is based on anything but a sophisticated historical document (or documents) of some sort. Such a document is unlikely to have been written by the Jews but is almost certainly a Greek writing (or writings) which has been used by the writer.“ Cf. ibid., 232. Demnach war der Autor „a person steeped in Jewish historical traditions but also having access to Greek sources.“ Cf. ibid., 234 f. mit 1 Makk 8, 17–29; 2 Makk 4, 11. Cf. Grabbe 2001, 235 unter Verweis auf 2 Makk 4, 39–50.

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‚hellenistischen Reformen‘ Jasons gewesen sein, so wäre er auch in die ‚sozialen Netzwerke‘ eingebunden gewesen, die – wie neuere Forschungen ergeben haben – mit dem seleukidischen Hof interagierten und auf diese Weise Kenntnisse über den seleukidischen Herrschaftsdiskurs erwerben konnten (Kap. II.3.2). Ebenjene Kenntnisse lassen sich auch in der Bildersprache des Buches Daniel ausmachen, allzumal im  – unter dem Eindruck des Makkabäeraufstandes entstandenen – siebten Kapitel (Kap. II.2.2; 3.2): Einiges spricht dafür, dass zahlreiche dort verarbeitete Motive und Narrative (die ‚Hörnerkrone‘; der ‚Menschensohn‘; die Lenkung historischer Prozesse durch Gott) sich nicht allein der Kenntnis babylonischer Traditionen verdanken, sondern darüber hinaus – in bewusst subversiver Intention – auf den seleukidischen Herrschaftsdiskurs reagierten. Neueren Forschungen zufolge hatten die Seleukiden zwecks der inneren Kohärenz ihres Imperiums eine hybridisierende Symbol- und Formensprache („seeing double“10) entwickelt bzw. gefördert, die verschiedene Untertanengruppen gleichermaßen ansprach und mannigfaltige Facetten aufweisen konnte (Kap. II.3.2). Einige dieser ‚hybriden‘ Motive greift das Buch Daniel auf, verleiht ihnen jedoch mittels Verfremdung einen gegen die Seleukiden gerichteten Sinn. Zu diesen Ideologemen, die in der Selbstdarstellung der Dynastie eine Rolle spielten, zählte mit einiger Wahrscheinlichkeit auch die Sukzessionstheorie, die – möglicherweise im Sinne eines seeing double – verschiedentlich interpretiert werden konnte (Kap. II.3.2). Indes, sollten die Seleukiden tatsächlich eine erweiterte Version der ‚klassischen‘ Monarchienfolge (Assyrien – Medien – Persien – Makedonien), die das neubabylonische Reich ausklammert, propagiert haben, so stellt sich unweigerlich die Frage, wie dieses Konzept sich mit dem mehrfach bezeugten ideologischen Rekurs der Dynastie auf das babylonische Königtum hätte vereinbaren lassen. Dies umso mehr, als das in hellenistischer Zeit verschriftlichte Buch Daniel die überkommene Sukzession modifiziert, indem Babylon im ersten Element an die Stelle Assyriens tritt (Kap. II.2.1–II.2.2). Der letztere Befund wurde in der Vergangenheit zumeist auf die hohe Relevanz zurückgeführt, die gerade die Regierungszeit Nebukadnezars II. für das Judentum der ‚nachexilischen Zeit‘ besaß.11 Es bleibt jedoch fraglich, ob die moderne terminologische Unterscheidung zwischen einem neuassyrischen und einem neubabylonischen Reich im Denken der Zeitgenossen dieselbe Rolle spielte wie im historischen Diskurs der Gegenwart.12 Zwar waren das assyrische und das babylonische Königtum aus der Sicht der Bewohner Mesopotamiens mitnichten identisch; vom achten bis ins siebte Jahrhundert  v. Chr. hatte das südliche Zweistromland jedoch zunehmend der politischen Observanz Assurs unterstanden, und assyrische Könige hatten den Thron Babylons

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Kosmin 2014a, 173 (im Titel). Cf. Momigliano 1980, 146; Collins 1993, 168; Kratz 1991a, 211. Auf diesen Umstand hat bereits Kratz 1991a, 211 f. hingewiesen.

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innegehabt (s. o. Kap. I.2.6).13 Selbst nach dem Untergang des assyrischen Imperiums im ausgehenden siebten Jahrhundert v. Chr. sind Kontinuitäten assyrischer Kultur und Staatlichkeit zu verzeichnen:14 Die Könige des neubabylonischen Reiches adaptierten staatliche Institutionen15 sowie teilweise sogar Elemente der Bildersprache und Herrschaftsrhetorik ihrer Vorgänger (s. o. Kap. I.2.7).16 Der letzte neubabylonische König Nabonid schließlich, der auch familiär mit der assyrischen Kultur verbunden gewesen sein mag,17 verwandte in seinen Inschriften zuweilen eine ‚assyrisierende‘ Phraseologie und/oder Titulatur. 18 Mehr noch: Das assyrische Modell des ‚universalen Imperiums‘ überdauerte den Sturz des Reiches und wurde von den Achaimeniden – in abgewandelter Form – ebenso aufgegriffen wie von griechischen Autoren wie Ktesias, die dieses Konzept in ihre ‚Sukzessionstheorie‘ überführten (s. o. Kap. I.3.1–I.4).19 In hellenistischer Zeit jedoch verfasste Berossos eine Geschichte Babyloniens, die das babylonische Königtum in den Fokus rückte und ‚Weltgeschichte‘ entsprechend als eine Sequenz (einheimischer und externer) Regierungen über Babylon begriff. In diesem Sinne zeichnete er diejenigen Assyrer, die über Babylon herrschten, zwar als ‚Fremdherrscher‘;20 gleichwohl integrierte er sie in seine ‚Liste der babylonischen Könige‘ und versah diejenigen unter ihnen, die den Anforderungen an einen babylo­ nischen König entsprachen, mit dem Titel ‚König von Babylon‘.21 Berossos konstruierte offenbar einen ‚Gegenentwurf ‘ zu dem in griechisch-makedonischen Kreisen verbreiteten – und möglicherweise von den Seleukiden propagierten – Konzept einer Abfolge der Reiche Assyrien, Medien, Persien (und Makedonien) (s. o. Kap. II.3.2.3). Obschon eine solche seleukidische Vierersukzession sich auch mit babylonischen Vorstellungen hätte vereinbaren lassen, blendete das ‚klassische‘ Konzept die ‚säkulare‘ Macht des neubabylonischen Reiches gänzlich aus. Selbst die von dem babylonischen Herrscher 13 14 15 16 17 18

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Cf. Lanfanchi 2013, 62 mit Anm. 5; Radner 2010a, 30. Cf. Da Riva 2014, passim. Cf. ibid., 101–104. Cf. ibid., 105–115. Cf. Schaudig 2001, 12; Jursa 2014, 132 mit Anm. 15. Cf. Beaulieu 1989, 138–143; Schaudig 2001, 12 f.; 307 f.; 2003, 776; Da Riva 2014, 112–115, hier v. a. 114; Lanfranchi 2013, 62. Die ‚Assyrianismen‘ deuten schließlich auch auf die Präsenz assyrischer Schreiber in babylonischen Diensten hin. Cf. Da Riva 2014, 114. Zur Anwesenheit von Personen mit assyrischen Namen in Babylonien cf. ibid., 115–119; Zadok 1984; Beaulieu 2017. Cf. Lanfranchi 2013, 62. Cf. ibid., 63. Cf. Cf. ibid., 64 f. Dies gilt insbesondere für Tiglatpilesar III. (Phulos). Cf. FGrH 680 F 5a = Verbrugghe/Wickersham 1996, F 5 = Burstein 1978, Nr. 4.1–10. Zwar ist grundsätzlich auch eine fehlerhafte Überlieferung durch die Vermittler (Polyhistor bzw. Eusebius) nicht auszuschließen. Naheliegend erscheint – angesichts des traditionellen Umgangs der Babylonier mit ‚Fremdherrschern‘ – indessen auch die Vermutung, dass Berossos Tiglatpilesar bewusst als ‚legitimen König von Babylon‘ präsentierte, zumal jener zweimal am akītu-Fest teilgenommen hatte. Cf. Lanfranchi 2013, 65: „It is very likely, therefore, that in the original text Berossos stressed the fully Babylonian character of the last part of Tiglathpilesaer’s reign and presented him as ‚king of Babylon‘ tout court – perhaps in anticipation of the Seleucids.“

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Nabonid im sechsten Jahrhundert v. Chr. artikulierte (rudimentäre) Dreierfolge hatte den Einfluss Babylons auf die ‚himmlische Sphäre‘ – in Gestalt seiner Götter, die hinter den Dingen wirken – beschränkt (Kap. I.3.1.3; II.3.2). Allem Anschein nach war Berossos mit dem griechischen (und babylonischen) Modell einer Abfolge der Reiche Assyrien – Medien – Persien – (Makedonien) vertraut und modifizierte diese Sukzession bewusst, indem er die politische Bedeutung Babyloniens innerhalb des ‚imperialen Prozesses‘ herausstrich: Der babylonische Priester war sich naturgemäß der Tatsache bewusst, dass die babylonische Geschichte nicht – respektive nur in Teilen – mit der assyrischen identisch war. Diese Tatsache galt es seiner griechisch-makedonischen Leserschaft zu vermitteln, denn: Dass diese in ihrer Mehrheit der Unterscheidung zwischen einem assyrischen und neubabylonischen Reich große Bedeutung zumaßen, darf mit gutem Recht bezweifelt werden. In der griechischen Historiographie des fünften und vierten Jahrhunderts v. Chr. war Babylon recht konsequent aus der Geschichte imperialer Herrschaften ausgeblendet worden. In den Historien Herodots erscheint die Stadt als Residenz eines stark reduzierten assyrischen Staates infolge der medischen Eroberung Ninives (Kap. I.3.1.2);22 die Persika des Ktesias wiederum präsentieren Babylon als eine Gründung der assyrischen Königin Semiramis (Kap. I.3.2.2).23 Beide Werke erwiesen sich noch in hellenistischer Zeit als so prägend, dass selbst Berossos die dort vermittelten Vorstellungen nicht gänzlich zu ignorieren vermochte (s. o. Kap. II.3.2.3). Doch auch in einigen Texten des Alten Testaments wird Assyrien, dessen politische Bedeutung für die Geschichte Israels außer Frage steht, im Verlauf des redaktionellen Prozesses mit Babylonien gleichgesetzt: Der Konflikt mit Assyrien stellte sich den biblischen Autoren als ein historisches Paradigma dar, das leicht auf spätere Geschichtserfahrungen, z. B. die Auseinandersetzung mit dem neubabylonischen Reich, übertragen werden konnte. Manchmal mussten dabei nur bestimmte Namen ausgetauscht werden.24

Ein derartiges Verfahren lässt sich im Triumphlied über den Sturz des Weltherrschers im Buch Jesaja25 ebenso nachweisen wie im Buch Judith, das Nebukadnezar II. als den in Ninive residierenden ‚König der Assyrer‘ vorstellt, der Krieg gegen den Mederkönig Arphaxad führt.26 Eine scharfe Trennlinie zwischen Assyrien und Babylonien, so scheint es, wurde noch in hellenistischer Zeit von den Angehörigen unterschiedlicher Kulturkreise – bewusst oder unbewusst – vielfach nicht gezogen.

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Cf. Hdt. 1, 178. Cf. F. 1b (= Diod. 2, 7, 2–5). Frahm 2011, 277 f. Cf. ibid., 278 unter Verweis auf Jes. 14. Ging es in dem Text ursprünglich um Sargon II. von Assyrien, so nimmt die redaktionelle Bearbeitung auf den ‚König von Babel‘ Bezug. Cf. etwa Jud. 1, 1–6; 1, 7; 2, 1; 2, 4.

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Angesichts dieser terminologischen (und historischen) ‚Unschärfen‘ ist durchaus vorstellbar, dass die Seleukiden einerseits eine auf dem ‚klassischen‘ Modell (Assyrien – Medien – Persien) aufbauende Vierersukzession propagierten, die sich dazuhin sogar durch vorderorientalische Traditionen rechtfertigen ließ, und sich andererseits in die Nachfolge der Könige des neubabylonischen Reiches stellten. Den dieser – durchaus verklausulierten – Konstruktion inhärenten Widerspruch dürften allenfalls in der Geschichte Babyloniens versierte Personen wie Berossos klar erkannt haben; schließlich hatte der Verfasser der Babyloniaka seinen Rezipienten doch gerade die machtpolitische Rolle Babyloniens vor Augen zu führen versucht. Diesem Unterfangen war zwar insofern ein Erfolg beschieden, als die Seleukiden tatsächlich Elemente der babylonischen Herrschaftsrepräsentation für sich vereinnahmten.27 Berossos’ (zumindest in Ansätzen greifbare) ‚alternative‘ Sukzession der Meder (= Gutäer), Assyrer, Babylonier, Perser (und Makedonen?) setzt sich indessen in der Folge nicht durch, wie die Prominenz des römischen Fünferschemas (Kap. III.1–3) lehrt.28 Gleichwohl hinterließ die von ihm geforderte ‚Rückbesinnung‘ der Seleukiden auf den babylonischen Herrscher Nebukadnezar II. ihre Spuren in der Überlieferung und mag – mittelbar – auf die jüdische Variante der Sukzessionstheorie eingewirkt haben: Im Buch Daniel wird die ideologische Konstruktion, die die babylonischen Könige als ‚Prototypen‘ der Seleukiden vorstellt, offenbar mit dem ‚klassischen‘ Sukzessionsschema ‚harmonisiert‘ (s. o. Kap. II.3.2). Einiges spricht mithin dafür, dass die Sukzessionstheorie im diskursiven Milieu des Seleukidenreiches eine Rolle spielte. Nicht ganz auszuschließen ist freilich auch das (zeitgleiche?) Aufkommen einer ‚säkularen‘ Vierersequenz im griechischen Mutterland  – dies umso mehr, als ein späterer Zeuge des römischen Fünferschemas, Dionysios aus Halikarnassos, das makedonische Antigonidenreich (und nicht etwa die Seleukiden) als die vierte Monarchie anzusehen scheint (s. o. Einleitung).29 Festzuhalten bleibt darüber hinaus, dass die Erweiterung des Reicheschemas um ein fünftes (römisches) Element nicht zwingend eine ihr vorausgehende Viererfolge erfordert, sondern auch in Anlehnung an Herodot und Ktesias erfolgt sein könnte. Im Folgenden sind der Zeitpunkt der Ankunft der Weltreichetheorie in Rom sowie seine Urheberschaft möglichst präzise zu bestimmen.

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Diesen unmittelbaren Erfolg des Berossos betont auch Haubold 2016, 98–100 sowie 101: „What Babylonians thought about their role in the Seleucid empire clearly mattered to the Seleucids […].“ Cf. de Breucker 2013, 25: „In any case, the impact of the Babyloniaca appears to have been limited. It could never replace the fantastic stories on Mesopotamia as told by Herodotus and Ctesias.“ Cf. Alonso-Núñez 1983, 415.

Teil III (Ausblick) Das Imperium Romanum – das letzte Weltreich

1. Forschungsstand und Quellenlage Eine um Rom erweiterte Fünfersequenz der griechisch-hellenistischen Sukzession ist seit der späten Republik und in augusteischer Zeit, bei Dionysios von Halikarnassos und Pompeius Trogus, sicher bezeugt (s. o. Einleitung).1 Bei Trogus ist die Wahl der Sukzession, die nicht topisch, sondern als Gliederungsprinzip verwendet wird, der universalhistorischen Disposition seines Werkes geschuldet. Damit distanzierte der Verfasser sich von der offiziell propagierten ‚mythologischen‘ Begründung von Geschichte im augusteischen Rom, die – infolge der Anbindung des Julisch-Claudischen Hauses an Aeneas – den Troja-Bezug erzwang.2 Entsprechend findet sich etwa in der in Ovids Metamorphosen enthaltenen Pythagoras­Rede die Abfolge Troja – Sparta – Mykene – Theben – Athen – Rom.3 Eine alternative Sequenz bietet fernerhin das jüdische (im zweiten oder ersten Jahrhundert v. Chr. verfasste4) Dritte Sibyllinische Orakel, das im Unterschied zum späteren Vierten Sibyllinischen Orakel nicht die ‚kanonische‘ Fünfersequenz, sondern ein Achter- respektive Zehnerschema mit den Elementen (Kronos –)Ägypter – Perser – Meder – Äthiopier – Assyrer – Makedonen – Ägypter – Römer(– Messianisches Heilsreich) enthält.5 Vorstellungen einer Sukzession standen in Rom und in seinem Umfeld demnach keineswegs zwingend mit dem universalhistorischen Gliederungsprinzip der Abfolge Assyrien  – Medien  – Persien  – Makedonien – Rom in Verbindung. Letzteres gilt auch für die von Polybios (200–120 v. Chr.) überlieferte Variante, der zuweilen eine Vermittlerrolle bei der Einführung des Fünferschemas zuerkannt wurde.6

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Cf. Dion. Hal. ant. 1, 1, 1–8; Iust. 1, 1, 1–4; 3, 5 f.; 6, 17,-7, 1; 41, 1, 1–9; 43, 1, 1 f. Cf. Schmitzer 2000, 68. Cf. ibid. unter Verweis auf Ov. met. 15, 424–431: Nunc humilis veteres tantummodo Troia ruinas/et pro divitiis tumulos ostendit avorum./clara fuit Sparte, magnae viguere Mycenae/nec non et Cecropis, nec non Amphionis arces:/vile solum Sparte est, altae cecidere Mycenae,/Oedipodioniae quid sunt nisi nomina Thebae?/quid Pandioniae restant nisi nomen Athenae?/nunc quoque Dardaniam fama est con­ surgere Romam […]. Zur Datierung cf. Merkel 1998, 1061; Gauger 1998, 447 f. Cf. Orac. Sibyll. 3, 158–161. Cf. Alonso-Núñez 1983.

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Forschungsstand und Quellenlage

Wie Dionysios oder Appian (s. o. Einleitung) rückt auch Polybios in seinem Proömium die unübertroffene Größe Roms in den Fokus.7 Der Verfasser stellt dabei die Einzigartigkeit des historischen Vorgangs heraus, innerhalb dessen „beinahe der gesamte Erdkreis in nicht ganz dreiundfünfzig Jahren unter die alleinige Herrschaft der Römer gefallen ist.“8 Seine These von der unangefochtenen Größe Roms9 untermauert Polybios durch einen Vergleich (σύγκρισις) mit den vorausgegangenen Herrschaften der Perser, Lakedaimonier und Makedonen:10 Die Perser hätten zwar über Asien geboten, doch alle darüber hinausreichenden Expansionsbestrebungen seien letztlich zum Scheitern verurteilt gewesen (1, 2, 2). Die Lakedaimonier wiederum, deren Vormachtstellung (ἡγεμονία) allein Griechenland umfasste, hätten ihre Herrschaft „kaum zwölf Jahre“ (μόλις ἔτη δώδεκα) zu behaupten vermocht (1, 2, 3). Die Makedonen schließlich hätten nur über einen geringen Teil Europas, von den Küsten der Adria bis zum Istros (ἀπὸ τῶν κατὰ τὸν Ἀδρίαν τόπων ἕως ἐπὶ τὸν Ἴστρον ποταμόν), geherrscht, und selbst nachdem sie infolge der Unterwerfung des Perserreiches die Herrschaft über Asien gewonnen hätten (προσέλαβον τὴν τῆς Ἀσίας ἀρχήν), sei der größte Teil der oikumene außerhalb ihres politischen Horizonts geblieben (1, 2, 4–6). Im Gegensatz zu den genannten Mächten gilt das Römische Imperium Polybios als das erste ‚Weltreich‘, das diesen Namen verdient: Ῥωμαῖοί γε μὴν οὔ τινα μέρη, σχεδὸν δὲ πᾶσαν πεποιημένοι τὴν οἰκουμένην ὑπήκοον αὐτοῖς. Die Römer jedoch haben sich nicht einzelne Teile, sondern beinahe die ganze Erde Untertan gemacht.11

Der Zeitraum von dreiundfünfzig Jahren, innerhalb dessen Polybios den Aufstieg Roms zur ‚Herrin der Welt‘ verortet, umfasst die Spanne zwischen 219 v. Chr. (Kampf um Sagunt) und 168 v. Chr. (Schlacht bei Pydna).12 Da die römische Expansion Mitte des zweiten Jahrhunderts v. Chr. noch keineswegs abgeschlossen war und die Eroberungen der Republik mitnichten die ganze bekannte Welt einschlossen, dürfte das Postulat des Verfassers darauf abzielen, die „Originalität des Themas des Aufstiegs Roms zur Weltmacht zu rechtfertigen.“13 Die römische ‚Erfolgsgeschichte‘ führt Poly-

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Cf. Pol. 1, 2, 5–7 mit Wiesehöfer 2013b, 59 f. Pol. 1, 1, 5: σχεδὸν ἄπαντα τὰ κατὰ τὴν οἰκουμένην ἐν οὐχ ὅλοις πεντήκοντα καὶ τρισὶν ἔτεσιν ὑπὸ μίαν ἀρχὴν ἔπεσε τὴν Ῥωμαίων. Cf. ibid.: ὃ πρότερον οὐχ εὑρίσκεται γεγονός. Cf. Pol. 1, 2, 2–7. Cf. Alonso-Núñez 1983, 412; Wiesehöfer 2013b, 59. Pol. 1, 2, 2. Deutsche Übers. Drexler 1978–1979. Cf. Wiesehöfer 2013b, 59. Alonso- Núñez 1983, 411. Cf. Wiesehöfer 2013b, 59 f.

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bios einerseits auf die „Machtmittel“ (δυνάμεις) und die „Hilfsquellen“ (χορηγίαι) der Römer, andererseits auf das Wirken der Tyche zurück.14 Bezüglich einer möglichen Vermittlerrolle des Polybios bei der Einführung des Fünferschemas in Rom ist in jüngerer Zeit zu Recht betont worden, dass Polybios zwar zu den frühesten Zeugen für das Konzept der römischen ‚Weltherrschaft‘ zählt (s. u. Kap. III.2.1), die von ihm präsentierte synkrisis jedoch mitnichten mit der Abfolge der Assyrer, Meder, Perser, Makedonen und Römer in Verbindung steht.15 So teilen die späteren Verarbeitungen des römischen Fünferschemas (Dionysios, Appian, Ailios Aristeides) mit der polybianischen Variante zwar das Mittel des historischen Vergleichs (s. o. Einleitung) zur Betonung der Einzigartigkeit Roms gegenüber früheren Groß- und Hegemonialmächten; die Darstellung des Polybios unterscheidet sich jedoch in drei wesentlichen Punkten von der ‚kanonischen‘ Abfolge: Erstens deckt sich die „bewusste Auswahl und Zusammenstellung der Mächte“16 – dies liegt auf der Hand – nicht mit der Sequenz Assyrien – Medien – Persien – Makedonien – Rom. Zweitens lässt sich bei Polybios ein deutlicher Vorrang der synkrisis gegenüber dem Sukzessionsgedanken ausmachen, erscheinen doch die Perser, Spartaner und Makedonen weniger als Vorläufer Roms in der Ausübung der ‚Weltherrschaft‘ denn als Vergleichsgrößen.17 Hierin offenbart sich, drittens, eine Fokussierung des Verfassers auf den ‚Westen‘: Die Eroberung ‚Europas‘ und ‚Libyens‘ durch die Römer erscheint weitaus bedeutender als die Unterwerfung Asiens durch die Perser oder Makedonen, und der ‚Westen‘ nimmt eine zentrale Position im polybianischen Weltbild ein. Entsprechend dürfte der griechische Autor – wie allerdings auch Dionysios – die Antigoniden (und nicht etwa die Seleukiden) als Nachfolger Alexanders betrachtet haben.18 Schließlich wird auch die Zuweisung der in Appians Libyake enthaltenen Fünfersequenz, die der Verfasser dem Zerstörer Karthagos, Publius Cornelius Scipio Aemilianus, in den Mund legt, an Polybios mit guten Gründen negiert.19 14

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Cf. Wiesehöfer 2013b, 60 unter Verweis auf Pol. 1, 3–4. Bezeichnenderweise wird hier nahezu ‚mustergültig‘ die Theorie eines ‚autonomen‘ historischen Prozesses (s. o. Einleitung) vorgeführt, während der Verfasser an anderer Stelle (1, 63, 9) gegen die verbreitete Ansicht polemisiert, der zufolge Rom die ‚Weltherrschaft‘ αὐτομάτως erlangte. Cf. Wiesehöfer 2003a, 71 f.; 2013b, 62 f. Wiesehöfer 2013b, 62 f. Cf. Walbank 1962, 8: „[…] when (in 1, 2) Polybius is discussing earlier empires, he mentions Sparta as well as Persia and Macedonia, and is in fact more interested in comparing them than with tracing their sequence.“ Cf. Wiesehöfer 2003a, 72. Cf. Cf. Astin 1967, 282–287; Walbank 1979, 722–725. In App. Lib. 132 kommen dem siegreichen Feldherren Scipio Aemilianus über den Trümmern Karthagos die Tränen angesichts der Erkenntnis, dass keine Stadt, kein Volk und kein Königreich den Launen der Tyche widersteht. Sie alle würden notwendigerweise gestürzt (δεῖ μεταβαλεῖν): „Diese Erfahrung musste Ilion machen, einst eine blühende Stadt, die Reiche der Assyrer, der Meder und der Perser, schließlich das der Makedonen, das noch jüngst so glänzend dastand.“ (καὶ τοῦτ’ ἔπαϑε μὲν Ἴλιον, εὐτυχής ποτε πόλις, ἔπαϑε δὲ ἡ Ἀσσυρίων καὶ Μήδων καὶ Περσῶν καὶ ἡ μάλιστα ἔναγχος ἐκλάμψασα, ἡ Μακεδόνων) Sodann

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Gleichwohl bestand lange Zeit nahezu Konsens darüber, dass die Theorie einer Abfolge von Weltreichen im zweiten Jahrhundert v. Chr., nach dem römischen Sieg bei Magnesia über den Seleukiden Antiochos III. (190 v. Chr.) nach Rom importiert worden sei.20 Zugrunde lag zumeist die Auffassung, dass ein hellenistisches Vier-ReicheModell von orientalischen ‚Oppositionskreisen‘ gegen die seleukidische Herrschaft artikuliert worden sei, die ihrerseits auf ein persisches Dreierschema rekurrierten (s. o. Kap. I.1). Die Römer hätten dieses negativ konnotierte Modell nach der Schlacht bei Magnesia aufgegriffen und in einer positiven Lesart adaptiert.21 Der vermutlich früheste Beleg für ein römisches Fünferschema (Assyrien – Medien – Persien – Makedonien –Rom) findet sich in einer Aemilius Sura zugeschriebenen Interpolation in der Historia Romana des Velleius Paterculus (s. u. Kap. III.2.2).22 Die Lebenszeit Suras fiel einer verbreiteten Auffassung gemäß ins zweite Jahrhundert v. Chr.23 Neben der obengenannten These von der Erweiterung einer hellenistischen Vierersequenz ist auch die Möglichkeit in Betracht gezogen worden, dass der Verfasser die Fünfersukzession auf der Grundlage eines von dem tarentinischen Philosophen Aristoxenos (viertes Jahrhundert v. Chr.) über den Scipionenkreis nach Rom vermittelten Dreierschemas entwickelte.24 Wieder andere postulieren die Abfassung des suranischen Werkes erst im ersten Jahrhundert v. Chr.25 und suchen die Verantwortlichkeit für die Erweiterung einer hellenistischen Vierersukzession um ein fünftes Element im Umfeld des römischen Feldherren Pompeius (106–48 v. Chr.). 26

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sieht er – zwei Verse aus der Ilias (Il. 6, 448–449) zitierend – den Fall Roms voraus. Diese Episode liegt in zwei weiteren Varianten (Diod. 32, 24 und Pol. 38, 2) vor. Bei den beiden letzteren handelt es sich um in den byzantinischen Excerpta de sententiis überlieferte Fragmente. Das aus seinem Kontext gerissene Polybios-Fragment ist schwer zu rekonstruieren, denn nur wenige Worte der ersten Zeilen sind lesbar. Während die Tränen Scipios durchaus in der Eingangspassage enthalten gewesen sein könnten, enthielt das Fragment den Hinweis auf die fünf Reiche nicht, die auch bei Diodor fehlen. Zur Rekonstruktion des Textes verdient Diodor den Vorzug, denn erstens konsultierte er Polybios augenscheinlich im Original, wohingegen Appian auf eine Zwischenquelle rekurrierte. Zweitens steht die Antwort Scipios bei ihm dem Polybios-Fragment inhaltlich und strukturell näher. Selbiges gilt für die Anordnung der Ereignisse: Während Scipio bei Appian zuerst Tränen vergießt, die Weltreiche evoziert, Homer zitiert und erst daraufhin von Polybios nach dem Grund gefragt wird, erfolgte die Frage im Polybios-Fragment und bei Diodor unmittelbar auf das Vergießen der Tränen durch den Feldherren, woraufhin dieser in seiner Antwort (bei Diodor) Homer zitiert. Cf. Astin 1967, 282–287. Damit dürfte das Weltreicheschema bei Appian nicht polybianisch sein, sondern eine spätere Zutat darstellen, die möglicherweise sogar auf Appian selbst zurückgeht, zu dessen Lebzeiten der Sukzessionsgedanke bereits topischen Charakter erlangt hatte (s. o. Einleitung). Cf. Swain 1940, 2–4; Alonso-Núñez 1989; Kratz 1991a, 219 f.; Koch 1997, 39 f. Cf. Swain 1940, 11 f. Cf. Vell. 1, 6, 6. Cf. Swain 1940, 2–4; Alonso-Núñez 1989; Kratz 1991a, 219 f.; Koch 1997, 39 f. Cf. Zecchini 1988, passim. Cf. Burde 1974, 63 f.; Mendels 1981; Wiesehöfer 2003a, 73–76; 2013b, 64 f. Cf. Wiesehöfer 2003a, 73–76; 2013b, 64 f.

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Da Sura die Abfolge von Reichen augenscheinlich im Sinne eines Ablösungsprozesses von Weltmächten begreift, wird im Folgenden (Kap. III.2.1) zunächst ein knapper Überblick über die von Claude Nicolet27 bereits ausführlich untersuchte Genese des Konzepts der römischen Herrschaft über den orbis (terrarum) bis in die augusteische Zeit geboten, bevor der Zeitpunkt und die mögliche Urheberschaft des römischen Sukzessionsgedankens thematisiert werden (Kap. III.2.2).

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Cf. Nicolet 1991, 29–57.

2. Das griechisch-römische Fünferschema 2.1 Orbis terrarum und orbis Romanus Romulus, inquit, Quirites, parens urbis huius, prima hodierna luce caelo repente delapsus se mihi obvium dedit. Cum perfusus horrore venerabundusque adstitissem petens precibus, ut con­ tra intueri fas esset, ‘Abi, nuntia’ inquit, ‘Romanis caelestes ita velle, ut mea Roma caput orbis terrarum sit; proinde rem militarem colant sciantque et ita posteris tradant nullas opes humanas armis Romanis resistere posse.‘ Mitbürger! Heute beim ersten Licht des Tages kam Romulus, der Vater dieser Stadt, plötzlich vom Himmel herab und trat mir entgegen. Als ich, von Schauer durchbebt und in tiefer Ehrfurcht vor ihm stand und ihn bat, ihm ins Antlitz blicken zu dürfen, sagte er: ‚Geh und verkünde den Römern, es sei der Wille der Himmlischen, daß mein Rom das Haupt des Erdkreises sei. Sie sollen also das Kriegswesen pflegen, und sie sollen es wissen und an ihre Nachkommen weitergeben, dass keine Macht der Welt den Waffen Roms widerstehen kann.1

Mit diesen Worten, die der Senator Proculus dem augusteischen Historiker Titus Livius (59 v. Chr.–17 n. Chr.) zufolge nach dem Tode des Romulus vor der Volksversammlung verkündet haben soll,2 versetzt der Verfasser Roms Berufung zur Weltherrschaft in die mythische Frühzeit. Dass es sich bei der hier verheißenen Rolle Roms als caput orbis um ein vaticinium ex eventu handelt, das die Vorstellungen der augusteischen Zeit (s. u.) reflektiert, bedarf keiner Erläuterung. Das Konzept der römischen Herrschaft über die oikumene wurde indessen bereits früher artikuliert. Zwischen dem dritten und dem ersten Jahrhundert v. Chr. war die römische Republik im Rahmen eines längeren Prozesses zur dominierenden Macht der Mittelmeerwelt aufgestiegen.3 Der Einrichtung der ersten Provinzen Sicilia und Sardinia et Corsica

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Liv. 1, 16, 6–7. Deutsche Übers. Hillen. Cf. Nicolet 1991, 30. Die nachfolgenden Angaben folgen Bringmann 2003, 17–19. Cf. ferner Ruffing 2014, 408–419 mit der älteren Literatur. Zur römischen Außenpolitik in der Zeit der Republik und des frühen Principats cf. Wendt 2008 sowie die Beiträge in Champion 2004 und Hoyos 2013. Zu den Strukturen der römischen Herrschaft cf. Ruffing 2014, 419–431; Hurlet 2008b.

Orbis terrarum und orbis Romanus

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(227 v. Chr.) als Resultat des ‚Ersten Punischen Krieges‘ (264–241 v. Chr.) folgten die Angliederung der beiden spanischen Provinzen Hispania Citerior und Hispania Ulterior (197 v. Chr.) sowie Africa und Macedonia (146 v. Chr.). In der Folge fielen das vormalige Attalidenreich als Provinz Asia (133 v. Chr.), die Kyrenaika und Bithynien (74 v. Chr.), Kreta (66 v. Chr.), Kilikien und Syrien (63 v. Chr.) sowie Zypern (58 v. Chr.) unter die direkte römische Herrschaft, bevor Gaius Iulius Caesar (100–44  v. Chr.) zwischen 58 und 50 v. Chr. den bereits früher eingerichteten gallischen Provinzen Gallia Cisal­ pina (200 v. Chr.) und Gallia Narbonensis (125 v. Chr.) die Gallia Comata hinzufügte. 46 v. Chr. gründete er im östlichen Teil Numidiens die Provinz Africa Nova. Augustus (27 v. Chr.–14 n. Chr.) arrondierte das römische Provinzialsystem an Rhein und Donau sowie in Kleinasien (25 v. Chr.: Galatia). Bereits im Jahr 30 v. Chr. wurde das ptolemaiische Ägypten ritterliche Präfektur. Nach anfänglichem Zögern des Senats waren zunehmend auch halbautonome Klientelstaaten in die direkte Herrschaft des populus Romanus überführt worden.4 Die Ursachen und die Triebfedern der römischen Expansion sind an dieser Stelle nicht zu behandeln.5 Seitens der meisten Römer wurde die Rechtmäßigkeit des Vorgangs jedenfalls kaum infrage gestellt.6 Im Fokus der apologetischen Erklärungsmodelle für die römische ‚Erfolgsgeschichte‘ stand das Konzept des ‚gerechten Krieges‘ (bellum iustum).7 Demnach wurden Kriege aus gerechtfertigten Gründen begonnen,8 formal erklärt9 und zur Verteidigung der Herrschaft oder der Bundesgenossen (aut pro sociis aut de imperio) geführt.10 Den auf diese Weise konstruierten Kausalnexus zwischen der römischen ‚Weltherrschaft‘ und dem Postulat, dass Rom nur ‚gerechte Kriege‘ führe, brachte Cicero auf die prägnante Formel: Noster autem populus sociis defendendis terrarum iam omnium potitus est.11 Bereits um 150  v. Chr. hatte  – wie oben (Kap.  III.1) dargelegt wurde  – mit Polybios von Megalopolis ein Grieche dem populus Romanus umfassende politische Gewalt attestiert, da mit der Zeit alle Teile der oikumene unter die alleinige Herrschaft

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Zur anfänglichen Zurückhaltung Roms bei der Ausübung der direkten Herrschaft cf. Brunt 1978, 173–175. Cf. Raaflaub 1996; Harris 2004; Gruen 2004; Edwell 2013; Rich 2004. Cf. Pfeilschifter 2014, hier v. a. 143 f. Cf. Brunt 1978, 175–178; Knoche 1966, 413–416. Cf. Pol. 36, 2. Cf. Liv. 1, 32. Cic. rep. 3, 35: illa iniusta bella sunt quae sunt sine causa suscepta. Nam extra ulciscendi aut propulsan­ dorum hostium causam bellum geri iustum nullum potest. Nullum bellum iustum habetur nisi denunti­ atum, nisi dictum, nisi de repetitis rebus. Isidor, der die Textstellen überliefert (Isid. Etym. 18, 1, 2; 18, 12), fügt erläuternd hinzu: quattuor autem sunt genera bellorum, id est iustum, iniustum, civile et plus quam civile. Iustum bellum est quod ex praedicto geritur de rebus repetitis aut propulsandorum hostium causa. Iniustum bellum est quod de furore, non de legitima ratione initur. Cf. Cic. har. resp. 3, 35. Cic. rep. 3, 35

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Das griechisch-römische Fünferschema

(δυναστεία) der Römer gefallen seien.12 Dieselbe Ansicht schreibt der Verfasser darüber hinaus den Gesandten Antiochos’ III. nach dessen Niederlage von Magnesia (190 v. Chr.) im römischen Feldlager sowie den zahlreichen griechischen Abordnungen zu, die 189 v. Chr. in Rom vorstellig wurden.13 Vor Polybios existierte das Konzept der römischen Weltherrschaft, dessen Genese Claude Nicolet einer nahezu umfassenden Analyse unterzogen hat,14 vermutlich nicht:15 Zwar legt Livius dem älteren Gracchus anlässlich des Scipionenprozesses Anfang der 180er Jahre v. Chr. das Diktum in den Mund, Lucius Cornelius Scipio (Asiaticus) habe die Herrschaft des römischen Volkes bis zu den Grenzen der Erde vorgeschoben,16 doch ist dessen Authentizität zweifelhaft.17 Um 133  v. Chr. jedoch scheint die Stilisierung der Römer zu den ‚Herren der oikumene‘ (κύριοι τῆς οἰκουμένης) bereits üblich gewesen zu sein, wie eine gemeinhin für authentisch gehaltene Rede des Tiberius Sempronius Gracchus nahelegt.18 Als politischer Terminus kam der Begriff orbis terrarum frühestens zu Beginn des ersten Jahrhunderts (um 90  v. Chr.) auf.19 Zwar wusste bereits Cicero 81 v. Chr. in seiner Verteidigungsrede für Sextus Roscius aus Ameria über Sulla zu sagen, jener sitze gleichsam am Steuerruder des Erdkreises,20 und seit 76 v. Chr. erscheint das Globus-Motiv (in einer eindeutig terrestren und auf Universalität zielenden Bedeutung) auf römischen Münzen.21 Verstärkt dürfte der Ter12

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Cf. Pol. 3,1; 6, 50, 6; 15,9,5. Dabei handelt es sich eher um ein politisches denn um ein geographisches Statement. Cf. Nicolet 1991, 30: „It is clear that Polybius – who was aware of the eastern dimensions ascribed to the oikumene by Eratosthenes (Strabo 14, 2, 29, 663c) – cannot mean that the Romans dominated the entire area of the oikumene, but rather that they were present in each of its parts and – at this date – had no serious rivals.“ Cf. Pol. 21, 16, 8; 21, 18, 1 f.; 23, 4. Eine indirekte (wenngleich Griechenland in den Fokus rückende) Präfiguration der römischen Weltherrschaft stellt die Agelaos­Rede (Pol. 5, 103–104) dar. Cf. Oliva 1993. Zur umstrittenen Authentizität der Rede cf. Gauger 2009. Cf. Nicolet 1991, 29–57. Im Folgenden werden zentrale Ergebnisse Nicolets z. T. unter Berücksichtigung weiterer (auch rezenterer) Forschungen wiedergegeben. Cf. ibid., 31. Cf. Liv. 38, 60, 5. Cf. Nicolet 1991, 31. Cf. ibid. mit ORF (Malcovati) 149 (= Plut. Ti. Gracch. 9, 6). Einen weiteren Beleg aus dem zweiten Jahrhundert v. Chr. stellt möglicherweise ein Passus aus der laudatio funebris des Q. Fabius Maximus für Scipio Aemilianus dar. Cf. ORF (Malcovati) 199 (= Cic. Mur. 75): necesse enim fuisse ibi esse terrarum imperium ubi ille esset. Cf. Nicolet 1991, 31 mit Rhet. ad. Her. 4,13. Der auctor ad Herennium gibt an dieser Stelle ein Beispiel für eine Rede im ‚gemäßigten Stil‘ (in mediocri figura versabitur oratio), die die Frage nach den Motiven der Bundesgenossen für ihre Rebellion gegen Rom diskutiert: Si cum finitumis de finibus bellum gererent, si totum certamen in uno proelio positum putarent, tamen omnibus rebus instructiores et apparatiores venirent; nedum illi imperium orbis terrae, cui imperio omnes gentes, reges, nationes partim vi, partim voluntate consenserunt, cum aut armis aut liberalitate a populo Romano superati essent, ad se transferre tantulis viribus conarentur. Indessen ist die Authentizität der Rede nicht gesichert. Cf. Nicolet 1991, 31 mit Cic. S. Rosc. 45, 131: […] quid miramur, iudices, L. Sullam cum solus rem pu­ blicam regeret orbemque terrarum gubernaret imperique maiestatem quam armis receperat iam legibus confirmaret, aliqua animadvertere non potuisse? Cf. Nicolet 1991, 35 mit RRC 393; 317; 403; 449/4; 546/4.

Orbis terrarum und orbis Romanus

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minus orbis terrarum indessen erst im Jahre 61 v. Chr. in Gebrauch gekommen sein, als Pompeius seinen dreifachen Triumph feierte (s. u. Kap. III.2.2). Ein epigraphischer Beleg findet sich in der Lex Gabinia de insula Deli aus dem Jahr 58 v. Chr., einem konsularischen Gesetz, das Delos Steuerprivilegien und rechtliche Vorrechte zuerkannte.22 In der die Autorisierung durch den Senat enthaltenden Präambel erscheint zweimal der Begriff orbis terrarum, der mit der Person des Pompeius assoziiert wird.23 Die jenem verliehene cura annonae des Jahres 57  v. Chr. schließlich galt Cicero als gleichbedeutend mit der Gewalt über den Erdkreis.24 Das Konzept der römischen Universalherrschaft kommt weiterhin in Verbindung mit Gaius Iulius Caesar in einer 46 v. Chr. vom Senat auf dem Kapitol geweihten Statuengruppe zum Ausdruck, die zweimal von Cassius Dio erwähnt wird:25 Demnach beschloss der Senat, Caesars Triumphwagen gegenüber der Iuppiter-Statue als Weihgabe aufzustellen. Zu dem Ensemble gehörte eine Statue Caesars, der mit seinem Fuß auf ein Bildnis (εἰκών) der oikumene tritt. Eine zugehörige Inschrift soll ihn als ‚Halbgott‘ (ἡμίϑεος) ausgewiesen haben; die ‚Universalität‘ Caesars stellte diejenige des ‚sterblichen Imperators‘ Pompeius somit gleichsam in den Schatten.26

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Cf. Nicolet 1991, 34. Cf. CIL I2 2500. In Z. 14 ist von den Piraten die Rede, die den Erdkreis viele Jahre lang verheert hätten (praedon[es q]uei orbem [ter]rarum complureis [annos vastarint]). In Z. 19 wird ohne Namensnennung des Pompeius die Befreiung von der Seeräuberplage angesprochen: [re publica pulcher]rume administrata imperio ampli[ficato [p]ace per orbe[m terrarum confecta]. Cf. zu der Inschrift Dumont/Ferray/Moreau/Nicolet 1980, 73–75. Cic. Att. 4, 1, 7: Legem consules conscripserunt qua Pompeio per quinquennium omnis potestas rei fru­ mentariae toto orbe terrarum daretur. Cf. Nicolet 1991, 34. Derselbe betont, dass sich auch in der Adaption späterer griechischer Quellen (Cass. Dio 39, 9, 3: τῆς οἰκουμένης τῆς ὑπὸ τοῖς Ῥωμαίοις τότε οὔσης; Plut. Pomp. 25, 2: χωρία τῆς ὑπὸ Ῥωμαίων οἰκουμένης), die indessen der römischen Phraseologie folgen dürften, deutlich die Gleichsetzung des orbis terrarum mit dem orbis Romanus zeigt. Cf. Cass. Dio 43, 14, 6; 21, 2. Cf. Weinstock 1971, 40–59; Nicolet 1991, 38–40; Michel 1967, 85 f. Hier wurde die oikumene wohl nicht durch einen Globus repräsentiert, denn die Formulierung ‚unter seinen Füßen liegend‘ (ὑπὸ τοῖς πασὶν αὐτοῦ κειμένην) wäre in diesem Falle inadäquat. Zudem bezeichnet das Wort εἰκών gewöhnlich kein Objekt, sondern eine Statue. Cf. Nicolet 1991, 39. Picard 1973 hat die Darstellung Caesars von der von Duris (FGrH 76 F 14 = Athen. 12, 536a) erwähnten Malerei des Demetrios Poliorketes inspiriert gesehen. Dieser wurde anlässlich der Demetria zu Athen „auf der Bühnenwand abgebildet, wie er im Wagen auf der bewohnten Welt dahinfährt“ (ἐγράφετο ἐπὶ τοῦ προσκηνίου ἐπὶ τῆς Οἰκουμένης ὀχούμενος). Durch die Stililiserung seiner Person zum ‚Halbgott‘ trat Caesar vermutlich in Konkurrenz zu Pompeius, der ein ‚sterblicher Imperator‘ blieb. Bezeichnenderweise mag auch der Dichter Catull die Leistungen Caesars über diejenigen des Pompeius gestellt haben. Cf. Krebs 2007. Catull. Carm. 11 kleidet die hier besungene tiefe Freundschaft des lyrischen Ichs zu Aurelius und Furius in das Bild einer Reise zu den Enden der Welt, wo er sich fern der treulosen Geliebten wähnt. Während die erste Strophe die bis nach Indien reichende Welt Alexanders des Großen heraufbeschwört, widmen sich die folgenden Verse den römischen Nachfolgern des Makedonen, ohne dass diese namentlich genannt werden. Krebs 2007, 226 f, fasst die zweite Strophe nicht als Reminiszenz an Crassus’ Niederlage gegen die Parther, sondern als Hinweis auf die Leistungen des Pompeius auf. Die dritte Strophe wiederum verherrlicht Caesars kriegerische Leistungen (Catull. carm. 11, 9–12): sive trans altas gradietur Alpes Caesaris visens monimenta Ma­

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Das griechisch-römische Fünferschema

In augusteischer Zeit hatte sich das Konzept der römischen Herrschaft über den orbis terrarum definitiv etabliert.27 Im Proömium seines posthum veröffentlichten ‚Tatenberichts‘ wird das Dokument folgendermaßen tituliert: Rerum Gestarum divi Au­ gusti, quibus orbem terrarum imperio populi Romani subiecit […] exemplar.28 In den Res Gestae rühmt sich der Kaiser zahlreicher Kriege zu Wasser und zu Lande auf dem ganzen Erdkreis,29 durch die er nicht nur das Reichsgebiet vergrößert, sondern auch den Provinzen Schutz gebracht habe.30 Darüber hinaus berichtet er von der dreimaligen Schließung des Janus-Tempels, „der nach dem Wunsch unserer Väter geschlossen sein sollte, wenn im gesamten Reichsgebiet zu Wasser und zu Lande durch Siege errungener Friede herrsche.“31 Eine ähnlich panegyrische Charakterisierung seiner Herrschaft und der pax Augusta findet sich auch auf dem Altar von Narbo, wo von seinem Imperi­ um orbis terrae die Rede ist.32 Vergleichbare Aussagen begegnen auch bei den ‚augusteischen Dichtern‘.33 Vergils Aeneis lässt den Gott Iuppiter den Römern (rerum dominos gentemque togatam34) ein imperium sine fine prophezeien,35 und im Rahmen der Kata­ basis des Aeneas im sechsten Buch erscheint Augustus als ‚Erlösergestalt‘, die Italien aurea saecula bringen und die Herrschaft des Populus Romanus bis zu den Garamanten und Indern und vom Kaspischen Meer bis zur Maeotis ausdehnen werde.36 Selbst der später von Augustus ans Schwarze Meer verbannte Dichter Ovid greift in den Fasten

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gni, Gallicum Rhenum, horribile aequor ultimosque Britannos. Die Lesart des Adjektivs magnus als Magnus in Vers 10 hat bereits Weinstock 1971, 181, Anm. 1 erwogen. Trifft dies zu, so hätte Catull Caesar (neben Pompeius) in den Rang eines ‚Großen‘ erhoben. Als entscheidende Legitimation dürfte sein Vordringen zu den ultimi Britanni (V. 11 f.) zu btrachten sein, denn Britannien galt den Römern zu dieser Zeit noch als orbis alter am nördlichen Rand der oikumene, über den kaum etwas bekannt war. Cf. Plut. Caes. 23, 2–3 sowie Verg. Ecl. 1, 66 (et penitus toto divisos orbe Britannos) und Hor. Carm. 1, 35, 29 f. (ultimos orbis Britannos). Krebs 2007, 227 schließt daraus, dass „[t]o Catullus, who adds Caesar to this ‚lineage‘, Caesar is not just magnus, but because of his accomplishments in the North worthy of the cognomen ‚Magnus‘.“ Indessen mag das Cognomen vom Neoteriker Catull, der der politischen Panegyrik fernstand, „nicht ohne Spott“ (Knoche 1962, 77) verwandt worden sein. Cf. Nicolet 1991, 29; 34; 38–44. Aug. r. g. proöm. Aug. r. g. 3: Bella terra et mari civilia externaque toto in orbe terrarum saepe gessi. Cf. Aug. r. g. 26, 1: Omnium provinciarum populi Romani, quibus finitimae fuerunt gentes quae non parerent imperio nostro fines auxi. Aug. r. g. 13: […], quem clausum esse maiores nostri voluerunt, cum per totum imperium populi Romani terra marique esset parta victoriis pax. Cf. Nicolet 1991, 34 mit CIL XIII, 4333. Cf. Nicolet 1991, 29. Verg. Aen. 1, 282. Cf. ibid., 1, 277 f.: His ego nec metas rerum nec tempora pono: / imperium sine fine eos dedi. Cf. ibid., 6, 781 f.: en huius, nate, auspicis illa incluta Roma imperium terris, / animos aequabit Olympo. / Cf. ibid., 792–797: Augustus Caesar, divi genus, aurea condet / saecula qui rursus Latio regnata per arva / Saturno quondam, super et Garamantas ad Indos / proferet imperium; iacet extra sidera tellus, / extra anni solisque vias, ubi caelifer Atlas / axem umero torquet stellis ardentibus aptum. / Huius in ad­ ventum iam nunc Caspia et regna / responsis horrent divom et Maeotia tellus / et septemgemini turban trepida ostia Nili.

Orbis terrarum und orbis Romanus

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anlässlich der Verleihung des Pater­patria­Titels an Augustus die augusteische Sprachregelung auf:37 iam pridem tu pater orbis eras.38 An anderer Stelle werden die Grenzen des Imperium Romanum mit denjenigen der Welt gleichgesetzt: Gentibus est aliis tellus data limite certo: Romanae spatium est Urbis et orbis idem. Andere Völker haben ein Land mit fester Begrenzung; Rom und der Erdkreis jedoch haben dasselbe Gebiet! 39

Hier erscheinen orbis terrarum und orbis Romanus als Einheit. Zwar deutet der Hinweis auf die alii gentes darauf hin, dass die Römer sich darüber im Klaren waren, dass der von ihnen beherrschte orbis geographisch nicht deckungsgleich mit der ‚Welt‘ war.40 Gleichwohl rühmte der Princeps sich in seinen Res Gestae, den orbis Romanus beträchtlich vergrößert zu haben.41 Selbstredend geschah dies nicht wider besseres Wissen; vielmehr folgten sowohl Augustus als auch die zeitgenössischen Dichter dem „imperialen Imperativ“42 und damit einem ideologischen Postulat, in dem militärische Rückzüge und politische Kompromisse „höchstens vorläufigen Charakter“43 besitzen konnten.44 Die auf ideologischer Ebene erhobenen ‚universalistischen Ansprüche‘ des Augustus dokumentieren sowohl die unter seiner Herrschaft geprägten Münztypen mit dem Globus-Motiv45 als auch das Bauprogramm des Kaisers, allzumal das Bildprogramm des Augustusforums mit dem Mars­Ultor­Tempel und der Baukomplex auf dem Marsfeld. Der letztere stellte durch die kompositorische Verbindung zwischen dem Mausoleum des Augustus, einem ägyptischen Obelisken und der Ara Pacis Augusti eine direkte Verbindung zwischen der Person des Kaisers und dem ‚reichsweiten Frieden‘ her, denn der Obelisk fungierte zugleich als Zeiger einer Sonnenuhr (Horologium Au­ gusti), dessen Äquinoktienlinie am Geburtstag des Princeps vom Mausoleum auf die Ara Pacis deutete.46 Der Obelisk selbst wiederum  – einer von vieren, die Augustus nach Rom importieren ließ – verlieh dem Sieg Roms über Ägypten eine nachgerade

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Cf. Nicolet 1991, 29 (Anm. 7); 44. Ov. fast. 2, 127–130: sancte pater patriae, tibi plebs, tibi curia nomen / hoc dedit, hoc dedimus nos tibi nomen, eques. / res tamen ante dedit: sero quoque vera tulisti / nomina, iam pridem tu pater orbis eras. Ibid. 2, 683. Deutsche Übers. Binder. Cf. Nicolet 1991, 34 mit Tac. ann. 1, 11, 4. Cf. Nicolet 1991, 33 f. mit Aug. r. g. 26, 1. Sommer 2014, 147. Ibid., 154. Cf. ibid., passim. Cf. RIC I 126; 254 mit Nicolet 1991, 41. Cf. Schneider 2008, 155; Rehak 2006, 62–133. Zur Ara Pacis cf. La Roccia 2010.

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Das griechisch-römische Fünferschema

„kosmische Semantik“,47 deklarierte doch die zugehörige Inschrift das Beutestück als Geschenk an den Sonnengott Sol.48 Im Bildprogramm des Forum Augusti mit dem Mars­Ultor­Tempel, dessen Errichtung bereits nach der Schlacht bei Philippi (42 v. Chr.) gelobt, doch erst 2 v. Chr. eingeweiht worden war, manifestierte sich die kaiserliche Sieghaftigkeit.49 Die Dekoration des Forums enthielt Statuen und elogia der Gründer Roms, der gens Iulia und berühmter Feldherren der Republik sowie – nach dem Zeugnis des Velleius Paterculus – Inschriften (tituli) mit den Namen der unterworfenen Völker respektive Provinzen.50 Ovid berichtet von den Waffen der Besiegten, die an den Türen des Mars­Ultor­ Tempels aufgestellt worden seien,51 und nach dem Zeugnis der Res Gestae wurden auch die in der Schlacht bei Carrhae (53 v. Chr.) durch Marcus Licinius Crassus verlorenen Feldzeichen, die Augustus 20 v. Chr. im Rahmen von Verhandlungen mit dem Partherkönig Phraates IV. (38–3/2 v. Chr.) zurückerhalten hatte,52 im Innersten des Tempels aufgestellt.53 Die Parther erscheinen in den Res Gestae, auf den Münzbildern des Augustus sowie in künstlerischen Darstellungen (‚orientalische Stützfiguren; Brustpanzer der Au­ gustusstatue von Prima Porta) als kniefällige Vasallen; auf diese Weise wurde die diplomatische Lösung von 20 v. Chr. als militärischer Sieg deklariert.54 In der offiziösen Darstellung des Augustus hatte Phraates sogar seine Söhne als Geiseln nach Rom entsandt.55 Dass 20 v. Chr. kein militärischer Sieg errungen, sondern vielmehr ein Kompromiss geschlossen worden war, verschweigt der Kaiser ebenso wie die Tatsache, dass die parthischen Prinzen keineswegs als ‚Unterpfand‘ nach Rom geschickt worden waren; vielmehr geschah dies auch in der Intention, drohende Thronwirren ab47 48 49 50 51 52 53 54

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Schneider 2008, 156. Zum Augustus-Mausoleum cf. Zanker 2009, 80–84. Cf. CIL VI, 701; 702: Imp(erator) divi f(ilius) Augustus pontifex Maximus Imp(erator) XII, co(n)sul XI, trib(unicia) pot(estate) XIV Aegypto in potestam populi Romani redacta Soli donum dedit. Zur Integration Ägyptens ins Imperium cf. Aug. r. g. 27, 1. Cf. Schneider 2008, 155 f.; Zanker 1974; 2009, 85–87; Nicolet 1991, 41–43. Zum Augustusforum und seiner Rezeption im Westen des Imperiums cf. Goldbeck 2015. Cf. Nicolet 1991, 42 mit Vell. 2, 39, 2. Cf. Nicolet 1991, 43 mit Ov. fast. 5, 561 f.: perspicit in foribus diversae tela figurae/armaque terrarum milite victa suo. Zu den Verhandlungen cf. Weggen 2011, 105 f. Cf. Aug. r. g. 29, 2: ea autem signa in penetrali, quod est in templo Martis Ultoris, reposui. Cf. Nicolet 1991, 43. Cf. Aug. r. g. 29: Parthos trium exercitum Romanorum spolia et signa reddere mihi supplicesque amici­ tiam populi Romani petere coegi. Ein in der Münzstätte zu Rom geprägter Denar (RIC I 287) beispielsweise zeigt auf dem Avers das Bildnis der Feronia (oder des Liber) und auf dem Revers einen knienden Parther mit Feldzeichen sowie die Legende CAESAR AVGVSTVS SIGN(IS) RECE(PTIS). Cf. RIC I 510 (Münzstätte zu Pergamon). Zu weiteren Belegen cf. Sommer 2014, 145 mit Anm. 7. Zur Statue von Prima Porta cf. Zanker 2009, 192–196. Zur Darstellung von ‚Orientalen‘ in der römischen Kunst cf. Schneider 2008, 162–168; 2012. Cf. Aug. r. g. 32: Ad me rex Parthorum Phrates, Orodis filius, filios suos nepotesque omnes misit in Ita­ liam non bello superatus, sed amicitiam nostram per liberorum suorum pignora petens.

Orbis terrarum und orbis Romanus

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zuwenden.56 Die augusteische Version trug indessen der zeitgenössischen Forderung nach der ‚Rache‘ für die clades Crassiana Rechnung, die nicht zuletzt die lateinische Dichtung der Zeit reflektiert.57 Zugleich wurden die Parther, die häufig als ‚Meder‘ oder ‚Perser‘ bezeichnet werden, zuweilen mit den Achaimeniden gleichgesetzt und der ‚Rachefeldzug‘ Alexanders des Großen gegen die Perser mit der eingeforderten ‚Rache für Carrhae‘ parallelisiert.58 In gleicher Weise konnte eine im Jahre 2 v. Chr. veranstaltete naumachia zugleich als ‚Wiederinszenierung‘ der Seeschlacht von Salamis (480 v. Chr.) begriffen werden und (mit Blick auf die Parther) die „Überlegenheit des Okzidents über den Orient“59 demonstrieren.60 Tatsächlich wurde die Macht und Geltung des Arsakidenreiches in der Principatsideologie bewusst marginalisiert: „Die Parther-Darstellungen der augusteischen Zeit konstruieren Asymmetrie und berauben den Partherkönig seiner Souveränität.“61 Das Imperium im Osten erscheint in der offiziösen Darstellung des Augustus geradezu als orbis alter, dessen Existenz die ‚Weltherrschaft‘ Roms nicht zu gefährden vermochte.62 Unter den Zeitgenossen attestierte allein Pompeius Trogus den Parthern Gleichrangigkeit mit den Römern im Rahmen einer divisio orbis (s. o. Einleitung).

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Cf. Wiesehöfer 2000; 2010c. Cf. Wissemann 1982; Seager 1980; Sommer 2014, 145. Cf. in diesem Sinne etwa Hor. Carm. 4, 15, 4–8: […] tua, Caesar, aetas / frugis et agris rettulit uberes / et signa nostro restituit Iovi / derepta Parthorum superbis / postibus et vacuum duellis Ianum Quirini clausit. Cf. ibid., 21–24: non qui pro­ fundum Danuvium bibunt / edicta rumpent Iulia, non Getae, / non Seres infidique Persae, / non Tanain prope flumen orti. Cf. Wiesehöfer 2010c, 192. Schneider 2008, 168. Cf. Nicolet 1991, 44; Aug. r. g. 23; Cass. Dio 54, 10, 7. Zur Inszenierung der Perserkriege in Rom cf. Hardie 2007; Spawforth 1994. Die naumachia des Jahres 2 v. Chr. kommentierte Ovid (ars. am. 1, 177–184) folgendermaßen: ecce, parat Caesar, domito quod defuit orbi, / adde­ re: nunc, Oriens ultime, noster eris. / Parthe, dabis poenas; Crassi gaudete sepulti / signaque barbaricas non bene passa manus. / Ultor adest primisque ducem profitetur in annis / bellaque non puero tractat agenda puer. Der Passus enthält eindeutig einen Hinweis auf die ‚Orientmission‘ des Gaius Caesar (1 v. Chr.), in deren Zuge jener verstarb (4 n. Chr.). In Ovids Versen schwingt – so Nicolet 1991, 44 – bittere Ironie mit, zumal der Triumph des Gaius Caesar in ars. am. 1, 205–228 antizipiert wird. So betont Hardie 2007, 129 f., dass „by re-enacting Salamis in Rome a claim is made that Rome, a greater power yet, has succeeded to the historical mission of Athens.“ Zugleich wurden innenpolitische Gegner oder auch ‚schlechte‘ Principes in Rom zuweilen mit dem hybriden Xerxes assoziiert. Cf. Hardie 2007, 132–136. Sommer 2014, 146. Cf. Schneider 2008, 166; Wiesehöfer 2010c, 192.

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Das griechisch-römische Fünferschema

2.2 Die Sukzession von Reichen und Aemilius Sura Die Frage, ab wann man mit dem ersten „genuin römische[n] Beitrag“63 zum Sukzessionsgedanken zu rechnen hat, ist – wie oben (Kap. III.1) angemerkt wurde – eng mit dem Namen Aemilius Sura verknüpft. Diesem ansonsten nicht bekannten Autor schreibt eine Marginalglosse, die zu einem unbestimmten Zeitpunkt in den Text des kaiserzeitlichen Historikers Velleius Paterculus interpoliert wurde,64 die Kenntnis der ‚kanonischen‘, um Rom erweiterten Abfolge zu: Aemilius Sura de annis populi Romani: Assyrii principes omnium gentium rerum potiti sunt, deinde Medi, postea Persae, deinde Macedones; exinde duobus regibus Philippo et Antiocho, qui a Macedonibus oriundi erant, haud multo post Carthaginem subactam devictis summa imperii ad populum Romanum pervenit; inter hoc tempus et initium regis Nini Asyyriorum qui princeps rerum potitus, intersunt anni MDCCCCXCV. Aemilius Sura schreibt in seiner römischen Chronologie: Als erstes von allen Völkern haben die Führer der Assyrer die Weltherrschaft innegehabt, dann kamen die Meder, darauf die Perser und schließlich die Makedonen. Durch den Sieg über die beiden Könige Philipp und Antiochos, die makedonischen Ursprungs waren – nicht lange nach der Überwindung Karthagos – ging sodann die höchste Macht auf die Römer über. Von diesem Zeitpunkt an bis zur Herrschaft des Assyrerkönigs Ninos, der als erster ein Weltreich beherrschte, sind 1995 Jahre vergangen.65

Die zwischen der Gründung des assyrischen Reiches und der Schlacht bei Magnesia verzeichnete Spanne von 1995 Jahren deutet darauf hin, dass Sura die Chronologie von Eratosthenes bezog, der seine Daten seinerseits nach den Maßgaben des Ktesias berechnete.66 Offensichtlich war Rom aus der Sicht des Verfassers nach den Siegen über die Karthager bei Zama (201 v. Chr.), König Philipp V. von Makedonien bei Kynoskephalai (197 v. Chr.) und den Seleukiden Antiochos III. bei Magnesia (190 v. Chr.) zur Weltmacht aufgestiegen. Da er andererseits weder den Ausbruch des dritten Makedonischen Krieges (171 v. Chr.). und die Niederlage des Antigoniden Perseus bei Pydna (168  v. Chr.) noch die Zerstörung Karthagos (146  v. Chr.) erwähnt, wurde zumeist

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Schmitzer 2000, 67. Zuerst als Interpolation erkannt von Pietro del Bene in der Ausgabe des Aldus Manutius 1571 (non vidi). Dieselbe Auffassung vertrat die Forschung seit Mommsen 1861. Eine Ausnahme bildet Alonso-Núñez 1989, 111, der Sura für eine der Quellen des Velleius hält. Tatsächlich fügt sich die Glosse in den Kontext von Vell. 1, 6, 1, wo es heißt: Insequenti tempore, imperium Asiaticum ab Assy­ riis, qui id obtinuerant annis MLXX, translatum est ad Medos, abhinc annos ferme DCCCCLXX. Aemilius Sura apud Vell. 1, 6, 6. Deutsche Übers. Giebel. Cf. Swain 1940, 2. Hieraus ergibt sich für das Assyrerreich das Gründungsdatum 2184 v. Chr. Ktesias (FGrH 688 F 1 = Diod. 2, 22, 2) zufolge wurde das assyrische Imperium tausend Jahre vor dem Trojanischen Krieg gegründet.

Die Sukzession von Reichen und Aemilius Sura

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eine Abfassung des Werkes zwischen 189 und 171 v. Chr. postuliert.67 Um dieselbe Zeit synchronisierte der Dichter Quintus Ennius (239–169  v. Chr.) die Gründung Roms mit dem Fall Assyriens, der nach antiker Rechnung in das Jahr 880 v. Chr. fällt. 68 Der letztere Umstand lieferte für Joseph Ward Swain den Beweis für die Annahme, dass bereits Ennius Rom als die Nachfolgerin des ersten und damit auch aller dazwischen liegenden Reiche der Monarchienlehre betrachtet habe.69 Giuseppe Zecchini wiederum vermutet, dass sich hinter Aemilius Sura ein Freigelassener der mit den Cornelii Scipiones eng verbundenen gens Aemilia verbirgt, der eine Dreisersukzession Assyrien – Medien – Persien von dem peripatetischen Philosophen Aristoxenos von Tarent (viertes Jahrhundert v. Chr.)70 bezog und um ein viertes und ein fünftes Element erweiterte:71 Eine in den Lebensbeschreibungen des Archytas überlieferte Episode berichtet von einer tarentinischen Gesandtschaft am Hofe des syrakusanischen Tyrannen Dionysios II.72 Unter den Gesandten habe sich auch ein gewisser Phylarchos befunden, der wegen seiner hedonistischen Lebensführung den Beinamen ‚der Wollüstige‘ (ἡδυπαϑής) trug. Im Rahmen einer philosophischen Debatte im Kreise der Schüler des Archytas hält Phylarchos ein Plädoyer für das Ausleben der Begierden (ἐπιϑυμίαι) und der körperlichen Genüsse (σωματικῶν ἡδοναί), nach deren Erfüllung alle Menschen naturgemäß strebten. Zur Bekräftigung seiner These, dass Reichtum, Macht und die sich daraus ergebenden Annehmlichkeiten gleichsam die Triebfeder geschichtlichen Handelns darstellten, führt Phylarchos zwei historische exempla an. Das erstere verweist eher vage auf die Könige der Assyrer (Syrer), Meder, Lyder und Perser,73 während das zweite die ‚formalisierte‘ Sukzession Assyrer (Syrer) – Meder – Perser enthält.74 Verrät das erste, die Lyder inkorporierende Modell die herodoteische 67 68 69

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Cf. Swain 1940, 2–4; Alonso-Núñez 1989; Kratz 1991a, 219 f.; Koch 1997, 39 f. Cf. Enn. ann. 4, 154 (= Skutsch 1985 F 5): Septingenti sunt, paulo plus aut minus anni / augusto augu­ rio postquam incluta condita Roma est. Cf. Swain 1940, 3: „The synchronizing of the fall of Assyria with the founding of Rome was one way of showing Rome as the true successor of Assyria, and it implied a theory of succession of empires similar to that given by Sura. […] Ennius shows that it was known in Rome even in his day. It was not long after Magnesia therefore, that certain Roman writers claimed for their city a place as successor to the world-empires of Assyria, Media, Persia, and Macedonia.“ Zum Leben und Werk des Aristoxenos cf. Suda s. v. Aristoxenos; Kaiser 2010, IX–XII. Demnach war Aristoxenos der Sohn des Musikers Mnesios (Spintharos), eines Sokrates-Schülers und selbst Schüler des Aristoteles sowie Lehrer im Peripatos. Cf. Zecchini 1988, passim. Cf. Aristoxenos F III 1, 20 (= Athen. 12, 545a-12, 546c), Ed. Kaiser 2010, 58–61. Cf. Athen. 12, 545d (Deutsche Übers. Kaiser 2010, 60): „Gegenwärtig könnte man auf die Könige der Perser verweisen oder auch , wenn einer zufällig irgendwo Oberhaupt einer nennenswerten Herrschaft sei; in früheren Zeiten auch auf die der Lyder und Meder und noch früher auf die der Syrer.“ (προφέρειν δ’ἔξεστι νῦν μὲν τοὺς Περσῶν βασιλεῖς {νῦν δὲ} καὶ εἴ τίς που τυραννίδος ἀξιολόγου κύριος ὢν τυγχάνει. πρότερον δὲ τούς τε Λυδῶν καὶ τοὺς Μήδων καὶ ἔτι ἀνώτερον καὶ τοὺς Σύρων). Cf. Athen 12, 546a (Deutsche Übers. Kaiser 2010, 60): „Die Meder haben nämlich die Syrer unter größten Gefahren der Herrschaft beraubt um keines anderen Umstandes willen, als sich der Macht

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Das griechisch-römische Fünferschema

Wurzel der Sukzession, so scheint das zweite Schema den Persika des Ktesias zu folgen.75 Zwar verschweigt Athenaios, dem sich das Aristoxenos-Fragment verdankt, die Antwort des Archytas auf die Rede des Phylarchos. Zecchini jedoch vermutet ebendiese Antwort in einem in Ciceros Cato Maior de senectute enthaltenen Passus, in der der Protagonist eine die voluptas kritisierende Rede des Archytas paraphrasiert.76 Cato selbst, so Cicero (12, 39), habe von ihr Kenntnis erhalten, als er 209 v. Chr. mit Quintus Fabius Maximus in Tarent weilte. Als Vermittler nennt er weiterhin (12, 41) einen gewissen Nearchos, der die Information „von den Älteren“ (a maioribus) erfahren haben will. Demnach habe Archytas den Inhalt seiner Rede mit dem Samniten Gaius Pontius besprochen, dessen Aufenthalt in Tarent Zecchini in das Jahr 367 v. Chr. datiert.77 Dies spreche zugunsten der Annahme, dass die Dreiersukzession, die in der Magna Grae­ cia bereits im vierten Jahrhundert v. Chr. bekannt war, im Zuge der Rückeroberung Siziliens im Zuge des Zweiten Punischen Krieges von Tarent aus nach Rom vermittelt wurde. Im zweiten Jahrhundert v. Chr. habe sodann Sura, der Freigelassene der Aemilii, den Rom-Bezug hergestellt.78 Grundsätzlich sind diese Argumente erwägenswert, dies umso mehr, als die Rezeption der Archytas-Tradition im Umfeld der ‚graecophilen‘ Scipionen durchaus denkbar erscheint.79 Es liegt auf der Hand, dass gebildete, mit den Werken Herodots und Ktesias’ vertraute Griechen wie Aristoxenos mit der Dreiersukzession vertraut waren, und dass auch Römer seit dem dritten Jahrhundert v. Chr. in der Magna Graecia mit der Tradition in Berührung kommen konnten. Gleichwohl ergibt sich hieraus nicht zwingend die Erweiterung des Sukzessionsschemas um ein viertes und ein fünftes Element bereits in der Nachfolge des Zweiten Punischen Krieges. Im Gegenteil sind auch gute Gründe für die Annahme vorgebracht worden, die Lebenszeit Aemilius Suras erst ins erste Jahrhundert v. Chr. zu datieren:80 Obschon keine näheren Informationen über den Autor und sein Werk vorliegen, deutet der Titel De annis populi Romani darauf hin, dass es sich um einen chronistischen Abriss der Geschichte nach Art des von Titus Pomponius Atticus (110–32 v. Chr.) verfassten

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der Syrer zu bemächtigen, die Perser aber die Meder aus demselben Grund.“ (Σύρους μὲν γὰρ Μῆδοι μετὰ τῶν μεγίστων κινδύνων ἀφείλοντο τὴν βασιλείαν οὐκ ἄλλου τινὸς ἕνεκα ἢ τοῦ κυριεῦσαι τῆς Σύρων ἐξουσίας, Μήδους δὲ Πέρσαι διὰ τὴν αὐτὴν αἰτίαν). Cf. Zecchini 1988, 365. Im Übrigen passen sowohl der herodoteische (die Lyder als Sinnbild des Luxus und die Hybris des Kroisos, der sich für den glücklichsten Menschen hält) als auch der ktesianische Bericht (die Lasterhaftigkeit des Sardanapallos) zu dem von Phylarchos behandelten Thema. Gazzano 2018, 62 f. verzeichnet alle antiken Textzeugen, die Lydien in die Sukzession von Reichen aufnehmen. Cf. Cic. Cato 12, 39–41. Cf. Zecchini 1988, 367. Cf. ibid., 371. Cf. ibid., 370 f. Cf. Burde 1974, 63 f.; Mendels 1981; Wiesehöfer 2003a, 73–76; 2013b, 64 f.; Nicolet 1991, 31.

Die Sukzession von Reichen und Aemilius Sura

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Liber annalis handelte.81 Trifft dies zu, so kann Suras Opus nicht bereits im zweiten Jahrhundert v. Chr. entstanden sein, da Cornelius Nepos um 54 v. Chr. als erster Römer eine Chronik verfasst haben soll.82 Vor diesem Hintergrund ließe sich eventuell sogar hinter dem in einem der Briefe Ciceros erwähnten Sekretär des Redners (Sura noster) der Verfasser des Werks De annis populi Romani vermuten.83 Gegen das frühere Abfassungsdatum spricht weiterhin die Tatsache, dass der von Sura verwandte Begriff imperium erst im späten ersten Jahrhundert v. Chr. von seiner ursprünglich rein militärischen Bedeutung gelöst und auch im Sinne von ‚Weltherrschaft‘ gebraucht wurde.84 Das Cognomen Sura schließlich ist im zweiten Jahrhundert v. Chr. kaum belegt.85 In gleicher Weise ist auch das Konzept der römischen Herrschaft über den orbis terrarum erst seit ca. 90 v. Chr. sicher nachzuweisen (s. o. Kap. III.2.1). Zwar markierte Aemilius Sura den Beginn der römischen Weltherrschaft durch die Epochendaten 197 v. Chr. und 190 v. Chr., doch lässt sich hieraus nicht ohne weiteres die Abfassung des Werkes im zweiten Jahrhundert v. Chr. ableiten.86 So war Rom auch für den im ersten Jahrhundert v. Chr. wirkenden Cornelius Nepos bereits 190 v. Chr., nach der Schlacht bei Magnesia, zur Herrin der oikumene aufgestiegen.87 Tatsächlich reichte nämlich „die Reihe der Epochenjahre, welche die antike Historiographie zur Wahl stellte, […] von 197 bis 60 v. Chr.“88 Dabei wurde im Rahmen der in Rom dominierenden ‚moralischen‘ Geschichtsauffassung nicht selten ein kausaler Zusammenhang zwischen dem Aufstieg Roms zur Weltmacht und dem Beginn der ‚inneren Krise‘ hergestellt.89 Demnach bedrohte die Weltherrschaft den konventionellen Verhaltenskodex der mores maiorum, die nach römischer Auffassung entscheidend zum Erfolg der Republik beigetragen hatten.90 81 82 83 84

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Cf. Burde 1974, 63 f.; Wiesehöfer 2013b, 64. Cf. Catull. carm. 1, 5. Cf. Burde 1974, 63; Wiesehöfer 2003b, 74. Cf. Cic. fam., 5, 11, 2 mit Burde 1974, 159, Anm. 546. Cf. Burde 1974, 64; Wiesehöfer 2003b, 75. Der Terminus imperium bezeichnete zuvor namentlich die durch die fasces symbolisierte Amtsgewalt der höchsten Magistrate, namentlich das Heereskommando der Konsuln. Hieraus entwickelte sich (insbesondere in der Formel imperium populi Romani implizierte) kollektive Bedeutung. Cf. Hurlet 2008b, 82 f.; Richardson 1991; Edwell 2013. Cf. Burde 1974, 64; Wiesehöfer 2003b, 75. Cf. Swain 1940, 2 f.; Alonso-Núñez 1989, 111. Demnach hätte ein im ersten Jahrhundert v. Chr. schreibender Autor ein späteres Epochendatum gewählt. Der Sieg über die Karthager bei Zama (201 v. Chr.) scheint bei Sura kein ‚Epochendatum‘ im eigentlichen Sinne zu markieren, sondern bildet vielmehr eine wichtige Voraussetzung für die Erringung der römischen Weltherrschaft, die jedoch erst nach den Erfolgen gegen Philipp V. und Antiochos III. abgeschlossen wird. Cf. Nep. Hann. 8, 3 mit Wiesehöfer 2013b, 64. Bringmann 1977, 28. Cf. Bringmann 1977, passim. Zur ‚moralischen Geschichtsauffassung‘ der Römer cf. Drexler 1954/66. Cf. Baltrusch 1988 sowie die Beiträge in Linke/Stemmler 2000. Dass die disruptive Kraft, die die römischen Siege im Osten im Innern entfalten sollten, die sich daraus ergebende Akkumulation von Luxusgütern in den Händen weniger Angehöriger der Nobilität, die Mehrung ihrer Machtmittel und schlussendlich die Desintegration der Führungsschicht bereits im ausgehenden dritten und beginnenden zweiten Jahrhundert v. Chr. als real empfunden wurden, belegen sowohl die

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Das griechisch-römische Fünferschema

Besonders pointiert formulierte diesen inneren Zusammenhang zwischen Weltherrschaft und dem Verfall der Sitten der römische Historiker Gaius Sallustius Crispus (86–35/34 v. Chr.).91 Die Ursache der internen Krise erkennt der Verfasser in seiner historischen Monographie De coniuratione Catilinae in der „Beseitigung der Furcht vor gefährlichen Gegnern“92 infolge der römischen Siege über Karthago und die Staatenwelt des griechischen Ostens.93 Hernach sei innerhalb der Nobilität das Streben nach Ruhm (gloria) in ‚Herrschsucht‘ (ambitio) umgeschlagen; ‚Habgier‘ (avaritia) und ‚Schwelgerei‘ (luxuria) hätten um sich gegriffen; die Tugend begann zu erlahmen (hebescere virtus […] coepit).94 Zwar fixierte Sallust das Jahr 146 v. Chr. (Zerstörung Karthagos) als ‚Epochendatum‘ für die von ihm beschriebene Entwicklung, doch evozieren die zu Beginn der Passage erwähnten reges magni, nationes ferae und populi ingentes auch andere mögliche Zäsuren, allzumal die Siege über die Könige Philipp V. (197 v. Chr.), Antiochos III. (190 v. Chr.) und Perseus (168 v. Chr.).95 Tatsächlich avancierte das Jahr 146 v. Chr. in der Nachfolge Sallusts zum entscheidenden Epochendatum,96 doch selbst in der Kaiserzeit firmierten auch die Jahre 201 v. Chr., 197 v. Chr., 190/188  v. Chr. und 168  v. Chr. unter den möglichen Eckdaten.97 Andererseits waren auch spätere Epochendaten möglich.98 Innerhalb eines moralisierenden, von Dekadenzmodellen geprägten Diskurses konnte außerdem die Formel regnum transferre zur Anwendung kommen, ohne dass diese – soweit bekannt – mit einer veritablen Sukzession von Weltreichen in Verbindung gebracht wurde.99 Zwar finden sich im überliefer-

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Prozesse gegen die Scipionen in den 180er Jahren (cf. Dreyer 2006, 56–59) als auch zahlreiche gesetzliche Regelungen, die dem ‚Sittenverfall‘ und der Desintegration entgegenwirken sollten. Cf. Liv. 40, 19, 11 (lex de ambitu); Liv. 40, 44, 1; Cic. Phil. 5, 47 (lex Villia annalis); Liv. 21, 63, 3–4; Cic. de off. 150–151; Plin. nat. 2, 118 (lex Claudia de nave senatorum); Plin. nat. 10, 139; 35, 197; Liv. 34, 1, 3 (leges sumptuariae). Zum Geschichtsbild Sallusts cf. Flach 1998, 109–131; Heldmann 1993. Bringmann 2003, 19. Cf. Sall. Cat. 10, 1–12, 5. Cf. ibid., 10, 3–5; 11, 5; 12, 1. Cf. ibid. 10,1: Sed ubi labore atque iustitia res publica crevit, reges magni bello domiti, nationes ferae ac populi ingentes vi subacti, Carthago aemula imperi Romani, ab stirpe interiit, cuncta maria terraeque patebant, saevire fortuna ac miscere omnia coepit. Cf. Bringmann 1977, 28. mit Vell. 2, 1, 1; Plin nat. 33, 150; Flor. 1, 33, 1; 34, 19; Aug. civ. 1, 30 f.; 2, 18; 21 f.; 3, 16; 21; 5, 12. Cf. Val. Max. 9, 1, 3; Liv. 39, 6, 7; Plin. nat. 33, 148. Cf. Bringmann 1977, 32: „Diese Epochenjahre entsprangen dem Bedürfnis, Merkdaten zu prägen, die den Zusammenhang zwischen den überseeischen Kriegen und der Erschütterung des mos maiorum besonders sinnfällig machten.“ Cf. Bringmann 1977, 43. So begann der Niedergang der römischen Republik für Nikolaos von Damaskus (FGrH 90 F 77) im Jahr 63 v. Chr., als Lucullus Luxusgüter aus den Mithridatischen Kriegen nach Rom einführte. Asinius Pollio wiederum galt das Jahr des ‚ersten Triumvirats‘ (60 v. Chr.) als entscheidender Wendepunkt. Cf. Hor. Carm. 2, 1, 1 f.; Flor. 2, 13. Cf. Sall. Cat. 2, 4: verum ubi pro labore desidia, pro continentia et aequitate lubido atque superbia invasere, fortuna simul cum moribus immutatur. Ita imperium semper ad optumum quemque a minus bono transfertur, quae homines arant navigant aedificant, virtuti omnia parant. Der Passus über die Herrschaften der Perser, Spartaner und Athener in Sall. Cat. 2, 2 ist indessen nicht im Sinne ei-

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ten Passus aus Suras Werk keine Anzeichen einer moralisierenden Deutung von Geschichte; vielmehr mag das Sukzessionsschema bei ihm sogar einen aszendenten Sinn besitzen. Gleichwohl bleibt festzuhalten, dass die ‚Rückdatierung‘ markanter Zäsuren in der römischen Geschichtsschreibung gängiger Praxis entsprach, sodass keine Notwendigkeit besteht, die Lebenszeit des Autors bereits im zweiten Jahrhundert v. Chr. zu veranschlagen. Die Spätdatierung ist aber auch aus anderen Gründen erwägenswert. Einen vielversprechenden Vorschlag, die Verantwortlichen für die Erweiterung des Sukzessionsschemas konkreter zu fassen, hat – von der Prämisse einer seleukidischen Vierersequenz ausgehend – Josef Wiesehöfer vorgebracht: Im Zuge der politischen ‚Neuordnung des Ostens‘,100 die der römische General Gnaeus Pompeius Magnus (106–48 v. Chr.) nach Beendigung des ‚Dritten Mithridatischen Krieges‘ (74–64  v. Chr.) vornahm, wurde der letzte Seleukide Antiochos XIII. Philadelphos ‚Asiatikos‘ (69–64  v. Chr.) abgesetzt.101 Erst aus der Liquidierung der verbliebenen Teile des Seleukidenreiches und der Einrichtung der Provinz Syria, so Wiesehöfer, hätten die Römer die Legitimation beziehen können, sich als Erben Alexanders zu bezeichnen.102 Die Karriere des Gnaeus Pompeius Magnus (cos. 70 v. Chr.; 55 v. Chr.; 52 v. Chr. sine collega) war in mancherlei Hinsicht außergewöhnlich und zugleich ebenso symptomatisch wie prägend für die politische Kultur der späten Republik.103 Von seinem Aufstieg unter Sulla, seinem späteren Zerwürfnis mit dem Diktator über die ihm vom Senat verliehenen imperia extraordinaria der 70er Jahre verlief seine Karriere an der römischen Ämterlaufbahn, dem cursus honorum, vorbei. Zweimal ertrotzte er sich als römischer Ritter – gegen alle Konventionen – einen Triumph (79 v. Chr. über die Marianer in Africa und Sizilien; 71 v. Chr. über Quintus Sertorius in Spanien) und erlangte als solcher im Jahre 70 v. Chr. den Konsulat.104 Den Höhepunkt seines Ruhmes er-

ner Sukzession aufzufassen: postea vero quam in Asia Cyrus, in Graecia Lacedaemonii et Athenienses coepere urbis atque nationes subigere, lubidinem dominandi causam belli habere, maxumam gloriam in maxumo imperio putare, tum demum periculo atque negotiis compertum est in bello plurumum ingeni­ um posse. 100 Cf. Magie 1950, 368–378; Wendt 2008, 21–31. 101 Cf. App. Syr. 49/250; 70/367; Sherwin-White 1994; Giradet 2001; Ridley 2007; Ehling 2008, 256– 278. Zur Außenpolitik des Pompeius cf. Wendt 2008, 16–36. Asiatikos wurde bald darauf ermordet. Indessen beanspruchte der Prätendent eines anderen seleukidischen Familienzweiges, Philippos II. Philorhomaios, noch 56 v. Chr. den seleukidischen Thron für sich. Eventuell überlebte zudem ein jüngerer Bruder des Asiatikos, Seleukos, bis 58 v. Chr. Cf. Strootman 2010, 153. 102 Cf. Wiesehöfer 2003b, 76; 2013b, 66. 103 Unter den zahlreichen wissenschaftlichen Arbeiten zu Pompeius sei an dieser Stelle lediglich auf die folgenden Werke verwiesen: Gelzer 1959; Christ 2004; Dahlheim 2000; Giradet 2001; Greenhalgh 1981; Seager 1979; Baltrusch 2004, hier v. a. 17–38. Zur ‚Krise‘ der römischen Republik cf. Fadinger 2000; Christ 2008. Zur Kontroverse um die Lebensfähigkeit der Republik cf. Deininger 1998 sowie die Beiträge in Hölkeskamp 2009. 104 Cf. Vervaet 2014, 132–136 (Triumph 79 v. Chr.); 136–138 (Triumph 71 v. Chr.). Die Außerordentlichkeit des Vorgangs stellt – allerdings in eher panegyrischer Intention – Cicero (Manil. 61–64)

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langte Pompeius in den 60er Jahren v. Chr. infolge seiner siegreichen Kriege gegen die Seeräuber und die Könige Mithridates VI. Eupator von Pontos und Tigranes II. von Armenien. Beide Oberbefehle hatte er gegen erheblichen Widerstand innerhalb des Senats durch ein tribunizisches Gesetz erzwungen (67 v. Chr.: lex Gabinia; 66 v. Chr.: lex Manilia).105 Anlässlich der Übertragung des Kommandos gegen Mithridates und Tigranes musste Pompeius sich zudem zum wiederholten Male den Vorwurf gefallen lassen, er ‚schmücke sich mit fremden Federn‘, während Lucullus seines wohlverdienten Ruhmes beraubt werde.106 Die Transgression republikanischer Normen durch den Feldherren lässt sich desgleichen in den Jahren 62 und 61  v. Chr., im unmittelbaren Vorfeld seines dritten Triumphes, beobachten.107 Zwar entließ er im Dezember 62 v. Chr. seine Truppen in Brundisium und bereitete auf diese Weise allen Befürchtungen ein Ende, er könne – als ein zweiter Sulla – auf Rom marschieren.108 Zugleich jedoch verstieß er gegen die überkommene Konvention, der zufolge ein Feldherr mit seinem Heer extra pomerium auf die Genehmigung seines Triumphes durch den Senat warten musste, der zu diesem Anlass im Tempel der Bellona oder des Apollon auf dem Marsfeld tagte.109 Pompeius

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heraus: quid tam praeter consuetudinem quam homini peradulescenti, cuius aetas a senatorio gradu longe abesset, imperium atque exercitum dari, Siciliam permitti atque Africam bellumque in ea provincia administrandum? […] quid vero tam inauditum quam equitem Romanum triumphare? […] quid tam inusitatum, quam ut, cum duo consules clarissimi fortissimique essent, eques Romanus ad bellum maxi­ mum formidolosissimumque pro consule mitteretur? […] quid tam incredibile, quam ut iterum eques Romanus ex senatus consulto triumpharet? Die lex Gabinia wurde wider die Obstruktion im Senat und unter Bedrohung der interzessionswilligen Volkstribune vor das Volk gebracht. Cf. Plut. Pomp. 25; Vell. 2, 31, 3–4. Zum Vorgehen des Gabinius gegen Tribellius cf. Cass. Dio 36, 30, 1 f. Pompeius erhielt daraufhin ein imperium proconsu­ lare von nie dagewesener Machtfülle: Sein dreijähriges Kommando zur See umfasste das gesamte Mittelmeer und die Küsten sowie die 50 Meilen landeinwärts gelegenen Gebiete. Zusätzlich erhielt Pompeius beträchtliche Geldmittel sowie das Recht, selbstständig Legaten mit imperium zu ernennen. Cf. App. Mithr. 94/428–431; Plut. Pomp. 25 f.; Vell. 2, 31 f.; Cass. Dio 36–37. Die lex Manilia wurde mit Unterstützung Ciceros, doch erneut auch unter Ausübung erheblichen politischen und militärischen Drucks durchgesetzt. Cf. Cass. Dio 36, 37, 2; 39, 3; Plut. Pomp. 30. Pompeius erhielt nun zusätzlich die Provinzen Asia, Kilikien und Bithynien sowie das Kommando des Lucullus im Mithridatischen Krieg. Cf. Cass. Dio 36, 43, 1. Durch beide Gesetze erlangte der General nahezu uneingeschränkte Machtfülle, die den republikanischen Normen gänzlich zuwiderlief und von senatorischer Seite kaum goutiert wurden. Cf. App. Mithr. 97/446–447; Cass. Dio 36, 34 f.; 43; 37, 20, 4; Plut. Pomp. 25. Wie sehr einige Mitglieder der Nobilität die Ausnahmeposition des Pompeius fürchteten, illustriert ein bei Velleius Paterculus (2, 32, 1) überlieferter Einwand des Quintus Lutatius Catulus in der Volksversammlung, der unter den Beifallsbekundungen der Menge jedoch kein Gehör gefunden haben soll: Qui cum dissuadens legem in contione dixisset esse quidem praeclarum virum Cn. Pompeium, sed nimium iam liberae rei publicae neque omnia in uno reponenda […]. Cf. Plut. Pomp. 30, 3. Ähnliche Vorwürfe waren bereits 67 v. Chr. laut geworden, als Pompeius sich in das kretische Kommando des Quintus Caecilius Metellus Creticus eingemischt hatte. Cf. Plut. Pomp. 29, 4; Liv. Per. 99. Cf. Vervaet 2014, 140 f. Cf. Cass. Dio 37, 20. Cf. Liv. 3, 63, 5–11; Hölkeskamp 2006, 261 f.

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indessen hatte die Genehmigung seines Triumphes offenbar bereits zuvor in absentia eingeholt.110 Diese und andere Transgressionen des Feldherren zogen eine ‚Blockadehaltung‘ vieler Senatoren nach sich, die seine im Osten verfügten acta nicht anzuerkennen bereit waren.111 Sie fürchteten den quasi-monarchischen Habitus des nachmaligen Triumvirn, der eine solche Position zwar realiter niemals einfordern sollte, der die Überhöhung seiner Person und seiner Leistungen jedoch auf spektakuläre Weise zu inszenieren vermochte. Letzteres geht prägnant aus den antiken Berichten über seinen dritten Triumph hervor, den Pompeius, angeblich angetan mit einer Chlamys Alexanders des Großen aus dem Besitz Mithridates’ VI.,112 am 28. und 29. September des Jahres 61 v. Chr. abhalten ließ.113 Ob dieses Kleidungsstück auf den großen Makedonen oder eher auf seinen besiegten Gegner Mithridates zielte, ist in der Forschung ebenso umstritten wie die Frage, inwieweit Pompeius überhaupt als Repräsentant der römischen Imitatio Alexandri anzusehen sei.114 Gilt die Chlamys den einen als eindeutiger Beleg dafür, dass der General sich auf eine Stufe mit dem makedonischen Eroberer zu stellen gedachte,115 so machen andere geltend, dass es sich lediglich um ein Beutestück handelte oder erkennen im Bericht Appians ein Element ‚anti-pompeianischer Propaganda‘, die dazu angelegt gewesen sei, ihn als rex zu diskreditieren.116 Letzteres wird zuweilen auch für den in Sallusts Historien enthaltenen frühesten Beleg für die pompeianische Alexander-Imitatio angenommen.117

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Cf. Vervaet 2014, 140. Cassius Dio (37, 22, 4) berichtet, Marcus Porcius Cato d. J. habe das im Jahre 63 v. Chr. verabschiedete Dekret mit der Begründung abgelehnt, dass es gegen das Herkommen verstoße (ὅτι γε ἔξω πατρίων ἦν). Cf. Vell. 2, 40, 5; Plut. Pomp. 47, 1–3; Caes. 13, 2–5; Crass. 14, 1–3; Luc. 42, 4–6. Cf. App. Mithr. 117/577. Plut. Pomp. 43; 45; App. Mithr. 116/568–117/578; Cass. Dio 37, 21; Vell. 2, 40, 4; Plin. nat. 7, 98; 37, 13. Zum römischen Triumph cf. Beard 2007 sowie die Beiträge in Lange/Vervaet 2014. Speziell zum Triumph des Pompeius cf. Beard 2007, 7–41. Zu den Befürwortern einer Imitatio Alexandri durch Pompeius zählen Spranger 1958; Weippert 1972; Michel 1967; Weinstock 1971, 37; Heuß 1975, 72; Kühnen 2008, 53–75. Dagegen erkennen Gruen 1998 und Martin 1998 keinerlei Hinweise auf ein bewusstes Anknüpfen des römischen Feldherren an den Makedonen. Zur Imitatio Alexandri in Rom cf. ferner den Überblick Spencer 2009. Cf. Cf. Kühnen 2008, 70; Weippert 1972, 84: „Niemals hat er stärker an Alexander erinnert als bei diesem Triumph, und mehr noch: eben dies war seine Absicht.“ Cf. desgleichen Bellen 1988, 878. Cf. Weinstock 1971, 38, Anm. 8; 335; Gruen 1998, 186 („spoil of war“); Martin 1998, 41 mit Anm. 94: „Even if the cloak were to symbolize Alexander, we cannot cite Appian’s account as conclusive proof of imitatio Alexandri because Appian portraits the tale as a rumor. […] Logically, Pompey’s enemies could have circulated this rumor. The Romans often perceived Alexander in a negative light. If the action of wearing Alexander’s cloak had symbolized that Pompey had wrapped himself in the image of Alexander, then Pompey would have become the new tyrant of the east.“ Cf. Martin 1998, 42–44 (hier v. a. 44: „The fragment describing Pompey’s emulation of Alexander fits perfectly into the scheme of blackening Pompey’s character.“); Gruen 1998, 184 mit Bezug auf Sall. Hist. 3, 88: Sed Pompeius prima adulescentia, sermone fautorum similem fore se credens Alexandro regi facta consultaque eius quidem aemulus erat.

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Tatsächlich legen jedoch sowohl die Ikonographie des Pompeius,118 die Namen der von ihm gegründeten Städte im Osten119 als auch die Verwendung des Magnus­Titels, die auch epigraphische und numismatische Zeugnisse zu bestätigen scheinen,120 die Anlehnung des Römers an den Makedonenkönig nahe. Bezeichnenderweise verwendet Cicero den Titel denn auch – in einem Atemzug – sowohl für Alexander als auch für Pompeius.121 Zwar ist zu Recht darauf hingewiesen worden, dass das Alexanderbild

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Cf. Kühnen 2008, 55–57. Plutarch (Pomp. 2, 1) zufolge erkannten bereits in seiner Jugend viele Leute eine äußere Ähnlichkeit des Pompeius mit Alexander. Pompeius ließ sich diesem Vergleich gern gefallen, was ihm auch Spott einbrachte. Die Ähnlichkeiten betreffen die Stirnlocke (ἀναστολή), den Wangenbart, die Neigung des Kopfes und den ‚feuchten‘ und ‚verschleierten‘ Blick (ὑγρότης). In Spanien geprägte Münzen der Söhne des Pompeius (RRC 480, Nr. 470; 520, Nr. 511, 1; 3a-3c.) sowie die spätere, in der Ny Carlsberg Glyptotek befindliche Kopie des Marmorkopfes enthalten teilweise ebendiese Attribute. Cf. Michel 1967, 55 f.; 62 sowie Fuchs 1999. Eine tatsächliche Ähnlichkeit zwischen der Alexander- und Pompeius-Ikonographie erkennen Gruen 1998, 84 f. und Martin 1998, 39 f. im Gegensatz zu Kühnen 2008, 54 nicht. 119 Cf. Kühnen 2008, 65–68. Namentlich die Gründung von Nikopolis (cf. Cass. Dio 36, 50, 3; 49, 39, 3; Strab. 12, 3, 28; Plin. nat. 6, 26) dürfte als Reminiszenz an die gleichnamige Gründung Alexanders aufzufassen sein, die er nach der Schlacht bei Issos errichten ließ. Cf. Strab. 14, 5, 19. Cf. jedoch auch Gruen 1998, 186. 120 Cf. Kühnen 2008, 57–63. Dieser Titel, den Alexander selbst nicht führte, wurde ihm von den Römern beigelegt. Cf. Michel 1967, 36 mit Plaut. Most. 775 f.: Alexandrum Magnum et Agathoclem aiunt maximas/duo res gessisse. Nach Ausweis späterer Quellen soll Pompeius bereits 81 v. Chr. in Africa von seinen Truppen zum Magnus akklamiert worden sein. Cf. Plut. Pomp. 13, 5; Plin. nat. 7, 96; Liv. 30, 45, 6. Möglicherweise wurde dieser Akt von seinen Anhängern bewusst betrieben. Cf. Spranger 1958, 38; Michel 1967, 36: „Man wird annehmen dürfen, dass diese Ausrufung durch die engste Umgebung des Pompeius gelenkt worden ist.“ Alsbald soll ihn sogar der Diktator Lucius Cornelius Sulla mit dem Cognomen angeredet haben. Cf. Plut. Pomp. 13, 4. Pompeius selbst soll erst während des Krieges gegen Sertorius in Spanien damit begonnen haben, den Titel in seiner Korrespondenz zu verwenden. Cf. Plut. Pomp. 13, 5. Bezeichnenderweise findet sich der MagnusTitel in einer in ebendiese Zeit zu datierende Inschrift aus Spanien (non vidi. Cf. Kühnen 2008, 60, Anm. 62.). Während des im Jahre 70 v. Chr. abgehaltenen census equitum sollen die Censoren ihn mit Magnus angesprochen haben. Cf. Plut. Pomp. 22, 6; Kühnen 2008, 61. Seit 62 v. Chr. verwendete auch Cicero den Titel in seinen Reden und in seiner Korrespondenz (Arch. 24; fam. 5, 7), nicht jedoch in seiner 66 v. Chr. gehaltenen Rede über den Oberbefehl des Pompeius. Vermutlich wollte der Redner die ohnehin vorhandenen Vorbehalte der Optimaten gegen Pompeius nicht zusätzlich nähren. Cf. Kühnen 2008, 61. Ein entweder ins Jahr 71 v. Chr. oder 61 v. Chr. zu datierender Aureus (RRC 412, Nr. 402) zeigt auf dem Avers den Kopf der Africa mit Augurstab und Opferkanne und enthält die Umschrift MAGNVS. Dass das Cognomen auch in der griechischen Welt Verbreitung fand, bezeugen die Ehreninschriften der Städte, die Pompeius nicht allein als soter und euergetes, sondern auch als Magnus (MEΓAΣ; MAΓNOΣ) preisen. Cf. IG XII, 2, 140–146; 148; 163a; 164a; 165a. Weitere Belege finden sich bei Sherk 1984, 75. Von italischem Boden enthalten lediglich eine Inschrift aus Clusium (CIL IX, 2104) und Auximum (CIL IX, 5837) den Magnus-Titel. Cf. Kühnen 2008, 62. 121 Cf. Cic. Arch. 24, wo Magnus ille Alexander und noster hic Magnus auf eine Stufe gestellt werden. Dies widerspricht – wie Kühnen 2008, 58 f. zu Recht herausstellt – der Annahme von Martin 1998, 28 („[…] no ancient source mentions Alexander with the bestowal of the epithet Magnus upon Pompey“); 35 („There is no doubt that Maximus, for the Romans, was not directly linked to Alexander, and it is evident that Iuppiter Magnus would not make any reference to Alexander. Alexander did not owe the rights to the surname Magnus, and Magnus was not a synonym for Alexander.“).

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im Rom des ersten Jahrhunderts v. Chr. einen ambivalenten Charakter besaß;122 andererseits hatte der Makedonenkönig im griechischen Osten einen positiven Leumund,123 und Pompeius vertraute bei der Inszenierung seiner Taten auch auf griechische ‚Intellektuelle‘, allzumal auf Theophanes von Mytilene, der in seinem Werk augenscheinlich mehrfach eine comparatio zwischen Alexander und Pompeius herstellte (s. u.). Tatsächlich dürften gerade Pompeius’ Taten im Osten verstärkt Assoziationen mit dem Eroberer des Perserreiches geweckt haben, und möglicherweise war er sogar durch seinen besiegten Gegner Mithridates VI., seinerseits ein Nachahmer Alexanders, dazu inspiriert worden, um jenen gleichsam „mit seinen eigenen Waffen zu schlagen.“124 Anlässlich seines Triumphes im Jahr 61 v. Chr. ließ Pompeius sich als Bezwinger des orbis feiern, denn dieser galt nach dem Zeugnis Plutarchs drei Erdteilen (Africa, Europa und Asien).125 Diese Aussage scheinen zwei Münztypen zu bestätigen, die Faustus Sulla, der Sohn des Diktators Lucius Cornelius Sulla und Schwiegersohn des Pompeius, im Jahre 56 v. Chr. prägen ließ. Die Reverse zeigen drei gleichgroße Kränze sowie einen größeren, die jeweils für Pompeius’ Triumphzüge der Jahre 79 v. Chr., 71 v. Chr. und 61 v. Chr. sowie für die Herrschaft über die oikumene stehen dürften.126 Ein weiteres Münzrevers bildet drei Tropaia ab.127 Mit der während des Triumphes von 61 v. Chr. zur Schau gestellten Prachtentfaltung setzte Pompeius „neue Maßstäbe.“128 Das Spektakel war auf zwei Tage (28.–29. September) angelegt, wobei eventuell am ersten Tag die Beutestücke zur Schau gestellt wurden und Pompeius erst am zweiten Tag als Triumphator auftrat.129 Zu diesem Anlass berichten unsere Quellen von der Mitführung prächtiger Transparente, die seine einzelnen Taten (ἔργα/res gestae) aufzeigen sollten und durch eine entsprechende Inschrift (γαφή) erklärt wurden.130 Besondere Auf122

Cf. Kühnen 2008, 53; 57; Martin 1998, 24–27; Gruen 1998, 178 („Association with the image of Alexander, in short, might be a dubious asset“). Cf. jedoch auch Michel 1967, 37 f. 123 Cf. Kühnen 2008, 69. 124 Ibid., 63. 125 Plut. Pomp. 45: „Den höchsten Gipfel des Ruhmes aber, den noch niemals ein Römer erreicht hatte, bezeichnete es, daß er seinen dritten Triumph über den dritten Erdteil feierte. Denn Männer, die dreimal triumphierten, hatte es schon andere vor ihm gegeben. Er aber, der den ersten Triumph über Afrika, den zweiten über Europa und nun diesen letzten über Asien einherführte, schien mit seinen drei Triumphen gewissermaßen die ganze bewohnte Erde unter sein Joch gezwungen zu haben.“ (Μέγιστον δὲ ὑπῆρχε πρὸς δόξαν καὶ μηδενὶ τῶν πώποτε Ῥωμαίων γεγονός, ὅτι τον τρίτον ϑρίαμβον ἀπὸ τῆς τρίτης ἠπείρου κατήγαγεν. Ἐπεὶ τρίς γε καὶ πρότερον ἦσαν ἕτεροι τετριαμβευκότες∙ ἐκεῖνος δὲ τὸν μὲν πρῶτον ἐκ Λιβύης, τὸν δὲ δεύτερον ἐξ Εὐρώπης, τοῦτον δὲ τὸν τελευταῖον ἀπὸ τῆς Ἀσίας εἰσαγαγὼν τρόπον τινὰ τὴν οἰκουμένην ἐδόκει τοῖς τρισὶν ὑπῆχϑαι ϑριάμβοις). 126 Cf. Nicolet 1991, 37 mit RRC 449 f., Nr. 4a-b. 127 Cf. RRC 449, Nr. 426. Cassius Dio zufolge – cf. aber Plut. Pomp. 80, 5 – zeigte der Siegelring des Pompeius desgleichen drei Tropaia. 128 Baltrusch 2004, 50. 129 Cf. Bellen 1988, 878. Zum Triumphzug cf. Plut. Pomp. 43; 45; App. Mithr. 116/568–117/578; Cass. Dio 37, 21; Vell. 2, 40, 4; Plin. nat. 7, 98; 37, 13. Zum üblichen Prozedere und der Route des Triumphes cf. Hölkeskamp 2006, 260 f. 130 Cf. Bellen 1988, 865 mit Cass. Dio 37, 21, 2. Cf. Plut. Pomp. 45, 4.

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merksamkeit musste laut Cassius Dio indessen dem Tropaion am Schluss des Zuges zuteilwerden: καὶ αὐτὰ μὲν ἅπαξ ἀπὸ πάντων τῶν πολέμων ἤγαγε, τρόπαια δὲ ἄλλα τε πολλὰ καὶ καλῶς κεκοσμημένα καϑ’ ἕκαστον τῶν ἔργων καὶ τὸ βραχύτατον ἔπεμψε, καὶ ἐπὶ τὸ πᾶσιν μέγα, πολυτελῶς τε κεκοσμημένον καὶ γραφὴν ἔχον ὅτι τῆς οἰκουμένης ἐστίν. Und er feierte ihn [scil. den Triumph] für alle Kriege auf einmal, wobei er viele andere schön ausgeschmückte Trophäen, die seine einzelnen Erfolge und selbst den kleinsten aufzeigen sollten, mitführen ließ und zum Beschluß eine ganz besonders großartige. Diese Trophäe war kostbar ausgestattet und trug die Inschrift: ‚Über die gesamte bewohnte Welt‘.131

Die römische ‚Weltherrschaft‘ erhält hier einen konkreten geographischen Rahmen – der orbis terrarum und der orbis Romanus verschmelzen zu einer Einheit.132 Dieses Postulat erhellt zugleich eine von Plinius überlieferte contio des Pompeius, in der er sich rühmt, Asien als äußerste Provinz erhalten und als inmitten des Imperiums liegendes Gebiet ‚zurückgegeben‘ zu haben.133 Die ideologische Bedeutung des Tropaion tes oikumenes hat Heinz Bellen erörtert:134 Aus der Sicht der Römer des ersten Jahrhunderts v. Chr. war mit Asien „in signifikanter Weise der Anspruch auf Weltherrschaft“135 verbunden. Asien, i. e. die ehemals achaimenidischen Territorien, evozierte unweigerlich Alexandernachfolge und Universalität.136 Aufschlussreich in diesem Zusammenhang ist die Erwähnung des ‚Roten Meeres‘ (ἐρυϑρὰ ϑάλαττα/rubrum mare) auf zwei Inschriften, die Pompeius zur Erinnerung an seinen Triumph setzten ließ: Diodor gibt den Wortlaut einer im Tempel der Venus aufgestellten Inschrift (ἀντίγραφον) wieder, die Pompeius Imperator (αὐτοκράτωρ) und Magnus (Μέγας) preist.137 In diesem seine πράξεις/res gestae verzeichnenden Text brüstet er sich, „die Küsten der Welt und alle Inseln des Ozeans von der Seeräuber-

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Cass. Dio 37, 21, 2. Deutsche Übersetzung Veh. Cf. Nicolet 1991, 38. ORF (Malcovati) 362 (= Plin. nat. 7, 99): Summa summarum in illa gloria fuit – ut ipse in contione dixit, cum de rebus suis dissereret – Asiam ultimam provinciarum accepisse eandemque mediam patriae reddidisse. Cf. ferner Flor. 1, 40, 31. Cf. Bellen 1988 zum Folgenden. Ibid., 869. Cf. Liv. 45, 9, 5–7. Bellen 1988, 874 hält daher fest: „Das Tropaion bezeichnete also die Ineinssetzung des Pompeius mit dem Welteneroberer Alexander, es symbolisierte das römisch gewordene Alexanderreich.“ Cf. Diod. 40, 4.

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plage befreit“138 zu haben, zählt sonach alle von ihm befriedeten Regionen Asiens auf139 und postuliert die Unterwerfung aller Stämme an der Küste des schwarzen Meeres – von Kolchis bis zum Maeotischen Meer sowie zwischen dem Schwarzen und dem Roten Meer. Die Grenzen des (römischen) Imperiums – so das stolze Postulat – habe er bis zu den Grenzen der Erde vorgeschoben (τὰ ὅρια τῆς ἡγεμονίας τοῖς ὅροις γῆς προσβιβάσας).140 Plinius d. Ä. wiederum erwähnt eine weitere Inschrift, die Pompeius am Tempel der Minerva angebracht haben soll und die ein breviarium eius ab oriente enthielt. Pompeius, so der Wortlaut der Inschrift, habe „die Länder vom Maeotischen See bis zum Roten Meer unterworfen“ (terris a Maeotis ad rubrum mare subactis).141 Eine vergleichbare (Pompeius betreffende) Terminologie verwendete bezeichnenderweise auch Cicero in seinen Reden.142 Der Anspruch auf ‚Weltherrschaft‘ erscheint angesichts der Tatsache, dass Rom nur einen geringen Teil des Kontinents Asien beherrschte, vermessen.143 Indes, der Begriff ἐρυϑρὰ ϑάλαττα/rubrum mare umfasste in der geographischen Terminologie der Antike nicht nur das heute als ‚Rotes Meer‘ bezeichnete (westlich der Arabischen Halbinsel gelegene) Gewässer. Der Terminus umschrieb vielmehr den gesamten Indischen Ozean, während der Persische Golf und das eigentliche Rote Meer als ‚Ausbuchtun138

Ibid.: τὴν παράλιον τῆς οἰκουμένης καὶ πάσας τὰς ἐντὸς Ὠκεανοῦ νήσους ἐλευϑερώσας τοῦ πειρατικοῦ πολέμου. 139 Die genannten nationes sind: Galatien, die Provinz Asia, Bithynien, Paphlagonien, Pontus, Armenien, Iberien, Achaia, Kolchis, Mesopotamien, Sophene, Goryene, Medien, Judaia, Syrien, Kilikien, Nabatäer, Arabien, Kyrenaika, Jozyger, Soaner, Henochier. Cf. desgleichen den Auszug aus den augusteischen Fasti Triumphales (= Degrassi 1947, 84 f.; 566): [Cn. Pompeius Cn. Sex. n. Magnus III] proco(n)s(ule), [ex Asia, Ponto, Armenia, Paphla]gonia, Cappadocia, [Cilicia, Scytheis, Iudaeis, Alb]ania, pirateis per biduum III, pridie k. O[cto a. DCXCII. Cf. Vervaet 2014, 142. 140 Diod. 40, 4. 141 Plin. Nat. 7, 97–98: hos ergo honores urbi tribuit in delubro Minervae, quod ex manubiis dicabat: CN POMPEIUS MAGNUS IMPERATOR BELLO XXX ANNORUM CONFECTO FVSIS FVGATIS OCCISIS IN DEDITIONEM ACCEPTIS HOMINUM CENTIENS VICIENS SEMEL LXXXIII DEPRESSIS AVT CAPTIS NAVIBUS DCCCXLVI OPPIDIS CASTELLIS MDXXXVIII IN FIDEM RECEPTIS TERRIS A MAEOTIS AD RVBRVM MARE SVBACTIS VOTVM MERITO MINERVAE. Hoc est breviarium eius ab oriente. Triumphi vero, quem duxit a. d. III. Kal. Oct. M. Pi­ sone M. Messala cos., praefatio haec fuit: CVM ORAM MARITIMAM PRAEDONIBVS LIBERAS­ SET ET IMPERIVM  MARIS POPVLO ROMANO RESTITVISSET EX ASIA PONTO ARME­ NIA PAPHLAGONIA CAPPADOCIA CILICIA SYRIA SCYTHIS IVDAEIS ALBANIS HIBERIA INSVLA CRETA BASTERNIS ET SVPER HAEC DE REGE MITHRIDATE ATQVE TIGRANE TRIUMPHAVIT. Cf. Bellen 1988, 872. 142 Cf. Kühnen 2008, 73 unter Verweis auf Cic. leg. agr. 2, 52: Pompeius vertrieb Mithridates bis in die ultimae terrae. Cic. Sest. 67: Er dehnte die Herrschaft des römischen Volkes bis zu den Grenzen der Erde aus (imperium populi Romani orbis terrarum terminis definisset). Cic. Pis. 16: Pompeius gilt als ‚Sieger über alle Völker‘ (Cn. Pompeio omnium gentium victore). 143 Cf. Bellen 1988, 873; Weippert 1972, 89 f. Aus diesem Grund mag Pompeius auch seinen Sieg über die Iberer am Kaukasus (Plut. Pomp. 34, 5) in besonderer Weise akzentuiert haben, da diese tatsächlich nicht bereits von Alexander unterworfen worden waren und Pompeius’ Schmeichler nun die Möglichkeit sahen (Weippert 1972, 90) „wenigstens einmal ihren Helden über Alexander stellen zu können, obwohl dessen Erfolge im Osten unvergleichbar bedeutender gewesen waren.“

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gen‘ respektive ‚Meerbusen‘ dieser gigantischen Wasserfläche begriffen wurden.144 Das Rubrum mare war seit dem Alexanderzug geradezu zum Sinnbild der Enden der Erde im Osten geworden,145 und Pompeius, der zwar lediglich zu den westlichen Gestaden dieser Wassermasse gelangt, aber gleichwohl in die ‚Sphäre Alexanders‘ vorgedrungen war, dürfte diesen Bezug sehr bewusst hergestellt haben.146 Dass der Feldherr, dem Cicero nach der Entlassung seiner Truppen in Brundisium die Achtung der Autorität des Senats attestierte,147 im Rahmen seiner Selbstinszenierung gleichwohl Verstöße gegen die normativen Vorstellungen der Nobilität wissentlich in Kauf nahm, dokumentiert die Tatsache, dass er in seinen öffentlichen Erklärungen auch die Seeräuber zu seinen besiegten Feinden zählte,148 denn: Nach überkommener Sitte konnte ein Sieg über praedones und latrones allenfalls durch einen ‚kleinen Triumph‘ (ovatio) honoriert werden.149 Zwar ist nicht bekannt, ob Pompeius vom Senat autorisiert worden war, die Piratenkriege in seinen Triumph zu integrieren, doch dürfte die Wahl, diese Kämpfe auf eine Stufe mit einem veritablen Seesieg zu stellen, seitens optimatisch gesinnter Senatoren als weiterer Affront gegen republikanische Normen aufgefasst worden sein.150 Zwar hatte bereits Cicero in seiner 66 v. Chr. gehaltenen Rede De Lege Manilia das bellum piraticum mit der Herrschaft über den orbis assoziiert151 – eine Einschätzung, die zweifelsohne die Virulenz seeräuberischer Aktivitäten im ersten Jahrhundert v. Chr. dokumentiert, die die Versorgungslage Roms ernsthaft gefährdeten.152 Darüber hinaus ist das Postulat Ciceros im unmittelbaren Kontext seiner Bemühungen zu betrachten, Pompeius mit dem Oberbefehel im Krieg

144 Cf. Bellen 1988, 871; Potts 1990. 145 Cf. Bellen 1988, 873. 146 Cf. ibid.: „Vergleicht man allerdings die Gegenden am Rubrum mare, die zum Alexanderreich gehört hatten, mit dem Küstenstreifen des Nabatäerreiches am heutigen Roten Meer, den Pompeius gemeint haben muss, so wird klar, wieviel Anmaßung in dieser Behauptung steckt. Es wird aber auch klar, daß Pompeius gerade den Hinweis auf das Rubrum mare brauchte, um in der Nachfolge Alexanders die Eroberung ganz Asiens und den Sieg über die Oikumene für sich in Anspruch nehmen zu können.“ Cf. auch Weippert 1972, 87 f. 147 Cf. Cic. Att. 1, 14, 2; 19, 7. 148 Cf. Vervat 2014, 142 mit Plin. nat. 7, 98; Diod. 40, 4. Plut. Pomp. 45, 4 erwähnt ausdrücklich, dass führende Piraten sich unter den im Triumph zur Schau gestellten Kriegsgefangenen befanden. 149 Cf. Vervaet 2014, 142 f. unter Verweis auf Flor. 2, 7, 8. Entsprechend hatte Marcus Licinius Crassus infolge seines Sieges über die Heere des Spartacus lediglich eine ovatio gefeiert. Cf. Plut. Crass. 11, 8; Plin. nat. 15, 125. 150 Cf. Vervaet 2014, 144. 151 Cf. Cic. Manil. 56: itaque una lex, unus vir, unus annus non modo nos illa miseria ac turpitudine libe­ ravit, sed etiam effecit, ut aliquando vere videremini omnibus gentibus ac nationibus terra marique impe­ rare. 152 Cf. Deuling 2020, 760: „Hence the rhetoric surrounding the supply of food and goods crucial to the survival of Rome was raised and repeated regularly.“ Cf. in diesem Sinne das (freilich spätere) Zeugnis des Velleius Paterculus (Vell. 2, 31, 1–4).

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gegen den pontischen König Mithridates VI. Eupator (120–63 v. Chr.) zu betrauen.153 Indes, die Inanspruchnahme des Seeräubersieges als Mittel der Überhöhung seiner Person durch den Feldherren selbst musste von vielen nobiles als Anmaßung empfunden werden.154 Während zudem jeder Triumph auch Spuren in der Topographie Roms hinterließ, sodass im Laufe der Jahrhunderte durch die Anlage von Triumphbögen, Portiken etc. eine regelrechte ‚Erinnerungslandschaft‘ geschaffen wurde,155 so setzte Pompeius mit dem Bildprogramm seines 55 v. Chr. fertiggestellten steinernen Theaters besondere Akzente, die seine persönliche Machtfülle in einer für viele Senatoren unerträglichen Weise perpetuierten.156 Dass die plebs urbana hingegen die Ansprüche des Pompeius anerkannte, lässt sich aus den Magnus-Rufen anlässlich des Triumphzuges erschließen.157 Vor diesem Hintergrund erscheint ohne weiteres vorstellbar, dass Pompeius sich zum Alexander redivivus stilisieren ließ, obwohl dies dem normativen Empfinden vieler senatorischer Zeitgenossen widersprach. In diesem Sinne dürfte ihn auch Theophanes von Mytilene präsentiert haben, der in seinem Werk vermutlich deutliche Parallelen zwischen Pompeius und Alexander zog.158 Während Pompeius starke Verbindungen zu vielen Römern und Nicht-Römern aufbaute,159 unter diesen auch zahlreiche homi­ nes litterati wie Lucius Lucceius,160 Lucius Scribonius Libo,161 Marcus Terentius Varro162 oder Poseidonios aus Apameia,163 so avancierte namentlich Theopanes zu seinem persönlichen ‚Haushistoriker‘ (συγγραφεύς; scriptor rerum suarum).164 Theophanes, dem Pompeius im Jahre 67 v. Chr. während des Seeräuberkrieges auf Mytilene erstmals be153

Cf. Deuling 2020, 763: „[…] the right phrases had to be used at the right time, in order to obtain the posting against Mithridates VI Eupator, the archenemy of Rome.“ 154 Vervaet 2014, 144 (Unter Verweis auf Degrassi 1047, 86 f.; 569) betont, dass Octavian sich ausgerechnet anlässlich seines Sieges über Sextus Pompeius mit einer ovatio begnügen sollte, womit er den Sohn des Magnus indirekt zum latro degradierte und sich von Pompeius’ Vorgehen distanzierte. Cf. Aug. r. g. 25 1: Mare pacavi a praedonibus. Eo bello servorum, qui fugerant a dominis suis et arma contra rem publicam ceperant, triginta fere milia capta dominis ad supplicium sumendum tradidi. 155 Cf. Hölkeskamp 2006, passim. 156 Cf. Vervaet 2014, 141; Hölscher 2004, 85 f. Der Theaterkomplex beherbergte unter anderem eine Pompeiusstatue, die den Feldherren nackt, mit losem Umhang und Schwert sowie einem Globus in der linken Hand darstellte. Plinius, der seinerseits Varro zitiert, gibt an, dass die 14 von Pompeius besiegten nationes im Theaterkomplex als Statuen versinnbildlicht wurden. Cf. Plin. nat. 36, 41. 157 Cf. Wiesehöfer 2003b, 76 f. unter Verweis auf Liv. per. 103. 158 Cf. FGrH 188. Zu Theophanes cf. Gold 1986; Anderson 1963, 34–47; Kühnen 2008, 64 f. 159 Cf. Anderson 1963, passim. 160 Cf. Cic. fam. 5, 12–15. Demnach war Lucceius ein Senator ritterlicher Herkunft, der sich nach erfolgloser politischer Karriere Pompeius zuwandte und eine Geschichte über die Bürgerkriege schrieb. 161 Scribonius Libo verfasste ein liber annalis (!), das auch Cicero zu Rate zog. Cf. Cic. Att. 13, 30, 3; 32, 2. 162 Zum Verhältnis des ‚Universalgelehrten‘ zu Pompeius cf. Cic. Att. 3, 8, 3; 5, 11, 3. 163 Zur Begegnung mit Pompeius auf Rhodos cf. Cic. Tusc. 2, 61; Plin. nat. 7, 112. Text und Kommentar: Edelstein/Kidd 1988–1990. Cf. zu den Historien des Poseidonios ferner Malitz 1983; Bringmann 2020. 164 Cf. Strab. 13, 2, 3 (συγγραφεύς); Cic. Arch. 24 (scriptor rerum suarum).

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gegnete, erhielt für seine Verdienste später das römische Bürgerrecht, während seiner Heimatstadt die Freiheit geschenkt wurde.165 Spätestens seit April 59 v. Chr. war der Grieche auch in die römische Politik involviert und wirkte eventuell sogar an den Verhandlungen zum ‚ersten Triumvirat‘ mit.166 Die Quellen zeichnen ihn als Vertrauten des Pompeius, dessen Einfluss auf den Feldherren beträchtlich gewesen sein muss.167 In seiner 62 v. Chr. gehaltenen Rede Pro Archia poeta vergleicht Cicero Theophanes gar mit Kallisthenes: Quam multos scriptores rerum suarum magnus ille Alexander secum habuisse dicitur! Atque is tamen, cum in Sigeo ad Achillis tumulum astitisset: ‚o fortunate‘, inquit, ‚adulescens, qui tuae virtutis Homerum praeconem inveneris!‘ Et vere. Nam, nisi Ilias illa extitisset, idem tumulus qui corpus eius contexterat nomen etiam obruisset. Quid? Noster hic Magnus qui cum virtute fortunam adaeqavit, nonne Theophanem Mytilenaeum, scriptorem rerum suarum, in contione militum civitate donavit, et nostri illi fortes viri, sed rustici ac milites, dulcedine quadam gloriae commoti quasi participes eiusdem laudis magno illud clamore approbaverunt? Wie viele Schriftsteller, Künder seiner Taten, soll Alexander der Große nicht mit sich geführt haben! Und doch rief er aus, als er auf Sigeum vor dem Grabmal Achills stand: ‚Du glücklicher junger Held: du hast zum Preise deiner Tapferkeit einen Homer gefunden!‘ Wahrhaftig: wenn nicht die Ilias entstanden wäre, dann hätte derselbe Hügel, der seinen Leichnam bedeckt, auch seinen Namen begraben. Wie? Hat nicht unser großer Pompeius, dem das Glück im gleichen Maße beisteht wie die eigene Tüchtigkeit, dem Theophanes aus Mytilene, dem Darsteller seiner Taten, vor versammeltem Heere das Bürgerrecht verliehen, und haben nicht unsere Leute, tapfere, aber raue Soldaten, wie vom Zauber des Ruhmes ergriffen, durch lauten Zuruf Beifall gespendet, als ob sie selbst an diesem Lobe teilhätten?168

Aus Ciceros Bemerkungen geht hervor, dass Theophanes offiziöse Geschichtsschreibung im Sinne des Pompeius verfasste, die sich möglicherweise (auch) an ein griechisches Publikum richtete.169 Die zahlreichen späteren Vergleiche zwischen Pompeius und Alexander, die sich bei Plutarch, Plinius d. Ä. und anderen Autoren finden, sind vermutlich einer gemeinsamen Vorlage, den τὰ περὶ Πομπήιον des Theophanes, zuzuschreiben.170 Die Annahme, dass dieser seinen Patron zum ‚römischen Alexander‘ 165 Cf. Plut. Pomp. 42, 4; Cic. Arch. 24. 166 Cf. Cic. Att. 2, 5, 1; Anderson 1963, 36. 167 Cf. Strab. 13, 2, 3; Cic. Att. 5, 11: qui Theophani facile persuasi nihil esse melius quam illum nusquam discedere. valet autem auctoritas eius apud illum plurimum. 168 Cic. Arch. 24. Deutsche Übers. Kasten. 169 Cf. Anderson 1963, 36. 170 Cf. Weippert 1972, 79–88; Kühnen 2008, 64 f. Die synkrisis/comparatio zwischen Pompeius und Alexander betrifft einerseits den Kampf gegen die Amazonen. Cf. Strab. 11, 5, 1. Cf. ferner Plut. Pomp. 34, 4 f.; 35, 35, 3, der explizit bemerkt, dass Pompeius die Iberer unterworfen und damit ex-

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stilisierte, erscheint in Anbetracht von dessen Erfolgen im Osten naheliegend.171 Ob auch die Sukzession von Reichen zum ‚ideologischen Repertoire‘ des Theophanes zählte, lässt sich aufgrund des fragmentarischen Erhaltungszustandes des Werkes zwar nur vermuten;172 es ist jedoch davon auszugehen, dass ein (gewiss mit dem Sukzessionsschema vertrauter) Grieche gerade das Ende des Seleukidenreiches mit dem überkommenen Modell der Abfolge von Weltreichen in Verbindung bringen konnte. In diesem Fall hätte Aemilius Sura aus der Retrospektive und „im Wissen um die Unanfechtbarkeit der römischen Weltherrschaft, ihren Beginn in das frühe 2. Jh. zurückdatiert.“173 Dass die Frage der Nachfolge in der Herrschaft über die Gebiete des ehemaligen Seleukidenreiches gerade im ersten Jahrhundert v. Chr. akut war, zeigte sich, wie Rolf Strootman zu Recht betont, drei Jahrzehnte nach dem Triumphzug des Pompeius in den sogenannten Schenkungen von Alexandria.174 Im Jahr 34 v. Chr. hatte Marcus Antonius, römischer Triumvir und Gemahl der Lagidin Kleopatra VII. (51/44–31 v. Chr.), einen Sieg über den armenischen König Artavasdes II. errungen, den er mit einer in Alexandria abgehaltenen Pompa feierlich beging. Zwar war sein Feldzug gegen die Parther zum Fiasko geraten, doch „aus ägyptischer Sicht […] hatte das Herrscherpaar seine königliche Sieghaftigkeit unter Beweis gestellt.“175 Die Siegesparade zu Alexandria war sorgfältig inszeniert: Antonius zog im Streitwagen in die Stadt ein und präsentierte Kleopatra, die im Gewand der Isis auf einem goldenen Thron saß, die Beutestücke und die Gefangenen des Armenienkrieges – unter den letzteren auch den König Artavasdes selbst und dessen Familie.176 Wenig später folgte die unter dem Namen Schenkungen von Alexandria bekannte Zeremonie, anlässlich derer Kleopatra und ihre Kinder zu ‚Königen der Könige‘ proklamiert wurden.177 Im Rahmen einer ‚Neuvertei-

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plizit die Perser und auch Alexander übertroffen habe. Vell. 2, 40, 1; Diod. 40, 4; App. Mithr. 116/559 berichten zudem von dem Sieg des Pompeius über einen ‚Meder‘ (Dareios), dessen Ruhebett im Triumphzug mitgeführt wurde. Cf. Weippert 1972, 82. Weiterhin scheint die bei Plut. Pomp. 38 überlieferte Formulierung αὐτὸν δὲ τις ἔρως καὶ ζῆλος εἶχε die Pothos­Formel bei den Alexanderhistorikern zu evozieren. Cf. Weippert 1972, 87 f. Cf. Weippert 1972, 79; Kühnen 2008, 64. Cf. Wiesehöfer 2003b, 77: „Wenn unser kanonisches Sukzessionsschema […] nun tatsächlich erst in der zweiten Hälfte des 1. Jh. v. Chr. in Rom nachweisbar ist, dann spricht vieles dafür, dass Pompeius selbst bzw. sein enkomiastischer Historiograph Theophanes von Mytilene, mit dem noch Cicero Kontakt pflegte, möglicherweise aber auch Poseidonios, für die Erweiterung der Vier- zu einer Fünf-Reiche-Folge verantwortlich zu machen ist.“ Ibid. Cf. Strootman 2010, passim. Kubisch/Klinkott 2001, 100. Cf. Strootman 2010, 143–145 mit Cass. Dio 49, 40, 2–4. Später traf Antonius der Vorwurf, er habe sich widerrechtlich die Abhaltung eines veritablen Triumphes außerhalb Roms angemaßt, doch seine Siegesparade gleicht eher der von Ptolemaios II. Philadelphos im Jahre 275 v. Chr. abgehaltenen Pompa. Cf. Winter 1978, 147–160. Cf. Strootman 2010, 139 f. mit Cass. Dio 49, 40, 2–49, 41, 3; Plut. Ant. 54, 3–6. Der Titel figuriert desgleichen auf 32 v. Chr. in Vorbereitung des Krieges gegen Octavian geprägten Münzlegenden.

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lung‘ der Herrschaftsgebiete, die indessen bereits zuvor initiiert worden war,178 bedachte Antonius Kleopatra und ihren Sohn Ptolemaios XV. Kaisar (Kaisarion) mit Koilesyrien, Zypern und Ägypten. Die gemeinsamen Kinder des Paares erhielten jeweils Syrien, Phoinikien und Kleinasien bis zum Hellespont (Ptolemaios Philadelphos), Armenien, Mesopotamien und die Oberen Satrapien ‚bis nach Indien‘ (Alexander Helios) sowie Kyrene (Kleopatra Selene).179 Anlässlich der Zeremonie war Alexander Helios mit ‚medischer Kleidung‘ (tiara; kitaris) angetan, wohingegen sein Bruder Ptolemaios ‚hellenistische Tracht‘ (krepides; chlamys; kausia) trug.180 Die Gewandung des Alexander Helios stellte – wie die Gebietsabtretungen und die Verleihung des Titels ‚König der Könige‘  – eine „klare Kampfansage“181 an den Partherkönig Phraates IV. (38–2/3 v. Chr.) dar, dessen Ansprüche auf die Herrschaft über die östlichen Gebiete des ehemaligen Alexanderreiches auf diese Weise infrage gestellt wurden. Tatsächlich standen die 34 v. Chr. übertragenen Territorien in der Realität zu einem großen Teil unter parthischer Herrschaft; andererseits wurden sie  – abgesehen von den römischen Provinzen Syria, Asia und Bithynia – von halbautonomen Fürsten beherrscht.182 Das in den Schenkungen von Alexandria imaginierte ‚Weltreich‘ war folglich zwar nur zu einem geringen Teil mit der Realität vereinbar, doch der Katalog der (weite Teile des ehemaligen Seleukidenreiches inkorporierenden) Gebiete war in dieser Form keineswegs neu; vielmehr knüpften die Schenkungen von Alexandria an den Ta­ tenbericht von Adulis Ptolemaios’ III. Euergetes aus der Zeit des ‚Dritten Syrischen Krieges‘ an, der desgleichen lagidische Ansprüche auf seleukidische Territorien artikuliert hatte (s. o. Kap. II.3.2).183 Demnach war der Akt der ‚Gebietsabtretungen‘ zu Alexandria im Jahr 34 v. Chr. durchaus mit den ideologischen Strategien hellenistischer Herrscher Cf.  RRC 543, Nr. 1. Das Avers bildet das Portrait des M. Antonius ab und enthält die Legende [M. A.]NTONI.ARMENIA DEVICTA. Das Revers zeigt eine Büste der Kleopatra mit Diadem sowie den Schriftzug CLEOPATAE.REGINAE REGVUM FILIORVM.REGUVM. 178 Cf. Strootman 2010, 140–143. Die Zeremonie von Alexandria im Jahre 34 v. Chr. bildete lediglich dem Abschluss einer Entwicklung, die bereits 41 v. Chr. eingesetzt hatte. In diesem Jahr wurde die Zusammenkunft Kleopatras mit dem Triumvirn in Tarsos Plut. Ant. 26, 5 zufolge als Vereinigung des Dionysos mit Aphrodite inszeniert. Cf. auch Hölbl 1994, 266. Zu einem zweiten Treffen kam es im Winter des Jahres 37/8 v. Chr. in Antiocheia, wo Antonius Vorbereitungen für den Partherkrieg traf und die Herrschaftsverhältnisse im Osten neu zu regeln gedachte. Cf. Plut. Ant. 36, 3–4; Cass. Dio 49, 32, 1–5. Bereits bei dieser Gelegenheit bekam Kleopatra die Stadt Kyrene sowie Gebiete auf Kreta und in der Levante zugesprochen. Zu den Münzprägungen des Antonius, die Kleopatra auf dem Revers zeigen, cf. Hölbl 1994, 218. Weiterhin wurde in diesem Jahr eine neue Ära eingeführt, die die Seleukidische Ära ablöste. Cf. Hölbl 1994, 217 f.; Bingen 2007, 74 f. 179 Cf. Cass. Dio 49, 40, 2,-49, 41, 3; Plut. Ant. 54, 3–6. 180 Cf. Plut. Ant. 54, 4. 181 Kubisch/Klinkott 2011, 104. 182 Cf. Strootman 2010, 139; 145. 183 Cf. ibid., 145–153. In eine ähnliche Richtung mag der Katalog der Sprachen zielen, die Kleopatra angeblich beherrschte und die sie im Rahmen ihrer Audienzen zu gebrauchen pflegte, ohne eines Dolmetschers zu bedürfen. Cf. Plut. Ant. 27, 3–4. Hierin mag man desgleichen eine Demonstration lagidischer ‚Universalität‘ erkennen. Cf. Strootman 2010, 150–151.

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kompatibel und aus ptolemaiischer Perspektive sogar legitim:184 Mit der Überführung des seleukidischen ‚Rumpfstaates‘ in Syrien 64 v. Chr. in den Status einer römischen Provinz durch Pompeius hatte das Seleukidenreich de facto zu existieren aufgehört, und Rom konnte das politische Erbe der Dynastie für sich vereinnahmen (s. o.). Indes, da das Ptolemaierreich nach wie vor existierte, dürfte die Legitimität der Römer im Osten in den Augen der ‚hellenistisch sozialisierten‘ Bevölkerung(en) zumindest fragwürdig erschienen sein.185 Dies umso mehr, als auch die parthischen Arsakiden das Erbe der Seleukiden über die östlichen Teile des ehemaligen Alexanderreiches beanspruchten und sich seit der Regierungszeit Mithridates’ II. (123–87 v. Chr.) auf ihren (griechischen) Münzlegenden als ‚Könige der Könige‘ deklarierten.186 Aus ptolemaiischer Perspektive ging das Anrecht auf den seleukidischen Thron nach der Absetzung Antiochos’ XIII. Philadelphos Asiatikos (69–64 v. Chr.) auf die Lagiden über, zumal Kleopatra selbst eine Nachfahrin Antiochos’ III. war, dessen Tochter Kleopatra (I.) 193 v. Chr. Ptolemaios V. Epiphanes geheiratet hatte. Umgekehrt waren zehn der letzten seleukidischen Könige die Söhne von Lagidinnen gewesen.187 Als Kleopatra VII. im Jahre 44 v. Chr. die Alleinherrschaft antrat, gab es keine seleukidischen Prätendenten mehr, und die Königin konnte für ihre Söhne das Erbe der seleukidischen βασιλεία beanspruchen.188 Antonius’ ‚Neuordung des Ostens‘, die lokale Herrscher bedachte, zugleich jedoch auf das von Pompeius etablierte ‚Patronage- Sytem‘ setzte, orientierte sich maßgeblich an den Vorgaben des Letzteren.189 Im Rahmen seiner Selbstinszenierung indessen bediente er sich in weit höherem Maße als Pompeius der hellenistischen Formensprache und „betonte seine Rolle als östlicher Patron erheblich stärker als die des römischen Politikers.“190 Dabei dürfte er auch realpolitischen Erwägungen gefolgt sein,191 und es ist nicht auszuschließen, dass er keineswegs wider römische Interessen zu handeln gedachte, sondern – im Gegenteil – die Institution der hellenistischen Monarchie für sich vereinnahmte, um Roms Position im Osten (nicht

184 Cf. Strootman 2010, 140. 185 Cf. ibid., 153: „In the course of half a millennium of continuous Persian and Macedonian imperialism, citizens and coutryfolk alike had become accustomed to the reassuring certainty of the constant presence of a great king. The idea of the East as an empire cannot simply have disappeared with the coming of Rome.“ 186 Cf. Strootman 2010, 154; Wiesehöfer 1996b, 59; Muccioli 2004, 151 mit Anm. 171. 187 Cf. Strootman 2010, 154 f.; Bingen 2007, 74 f. Noch Berenike IV., die während des ‚römischen Exils‘ Ptolemaios’ XII. Neos Dionysos von 58 bis 55 v. Chr. die Regierungsgeschäfte führte, heiratete einen (vorgeblichen) seleukidschen Prinzen namens Seleukos (Kybiosaktes), der indessen alsbald starb respektive von seiner eigenen Frau ermordet wurde. Cf. Hölbl 1994, 201. 188 Cf. Strootman 2010, 155. 189 Cf. Wendt 2008, 71 f. mit der älteren Literatur. 190 Ibid., 79. Seine Stilisierung zum Neos Dionysos und das Auftreten Kleopatras als Isis legen dies ebenso nahe wie die Inszenierung der Pompa von 34 v. Chr., in deren Rahmen die Kriegsgefangenen an Kleopatra und nicht etwa an den römischen Iuppiter übergeben wurden. Cf. Cass. Dio 49, 40, 3. 191 Dies räumen sogar Cass. Dio 48, 30, 1; 39, 2 und Plut. Ant. 24, 33; 36 ein.

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Das griechisch-römische Fünferschema

zuletzt gegen die Ansprüche der Parther) zu festigen.192 Schließlich sollten die Schen­ kungen von Alexandria nach dem Willen des Antonius in Rom von Senat und Volk ratifiziert werden, doch das diesbezügliche Schreiben wurde nicht öffentlich verlesen.193 Im Unterschied zu Pompeius konnte eine ideologische Vereinnahmung der Sukzession Assyrien – Medien – Persien – Makedonien – Rom im Herrschaftskonzept des Antonius aufgrund seiner Verbindung mit der Ptolemaierin Kleopatra freilich keinen Platz haben. Vielmehr entschied er sich für eine alternative, jedoch desgleichen in der hellenistischen Geschichte wurzelnde Legitimationsstrategie  – eine Legitimationsstrategie, die der nachmalige Augustus später bewusst vermied.194 Sollte Antonius der Lagidin Kleopatra tatsächlich eine ‚Schlüsselfunktion‘ im Rahmen einer von ihm anvisierten Stabilisierung des römischen Ostens zugedacht haben, so verschleierte die ‚Propaganda‘ Octavians, die dessen Gegenspieler als ‚unrömischen Monarchen‘ diffamierte, dieses Anliegen nachhaltig.195 Die offizielle Principatsideologie setzte andere Akzente, die nicht zuletzt durch die Anbindung des Julisch-Claudischen Hauses an den Troja­Mythos und die Betonung der römischen mores geprägt wurden (s. o. Kap. III.2.1). Entsprechend sollte auch das Sukzessionsschema, das die Übertragung der ‚Weltherrschaft‘ von den Assyrern über die Meder, Perser und Makedonen nach Rom suggeriert, in der augusteischen Sprachregelung keine Rolle spielen. Die Historiae Philippicae des Pompeius Trogus (s. o. Einleitung) stellen folglich gleichsam einen ‚Gegenentwurf ‘ zur offiziösen Geschichtsauffassung des augusteischen Rom dar. Dies schloss indessen keineswegs aus, dass (namentlich griechische) Autoren wie Dionysios von Halikarnassos, Appian oder Ailios Aristeides das römische Fünferschema in der Folge in enkomiastischer Intention – zum Preis der Größe Roms – verwenden konnten.

192

Cf. Strootman 2010, 156: „Thus Antony aimed at uniting the East to secure Roman hegemony and rival Parthian claims to imperial overlordship in the same area. By reviving Ptolemaic and notably Seleucid prestige – also implicit in his own cult name Neos Dionysos – Antony presented the Parthian king as an illegitimate usurper and hoped to mobilize support for his campaign.“ Zum Forschungsdiskurs um die möglichen Motive des Antonius cf. Wendt 2008, 76 f. mit der älteren Literatur. 193 Cf. Cass. Dio 49, 41, 4. Demnach hätten die amtierenden Konsuln des Jahres 32 v. Chr., Gaius Sosius und Gnaeus Domitius Ahenobarbus, die beide auf Antonius’ Seite standen, sich gegen die öffentliche Verlesung entschieden, weil sie die Reaktionen in Rom fürchteten. 194 Cf. Dundas 2002. 195 Cf. Cass. Dio 50, 1, 2–2, 1; Plut. Ant. 55, 1–2.

Zusammenfassung und Ergebnisse Im Rahmen des Forschungsdiskurses um die Provenienz des Sukzessionsschemas Assyrien – Medien – Persien (– Makedonien – Rom) ist das altorientalische Quellenmaterial bis in die jüngere Vergangenheit hinein nicht hinreichend berücksichtigt worden. Wie die vorliegende Studie aufgezeigt hat, erfordert die Beschäftigung mit der Thematik einen ‚interdisziplinären Zugang‘, den die Verfasserin selbst keineswegs vollumfänglich zu leisten vermag. Es wurde jedoch aufgezeigt, wie viele unterschiedliche Aspekte bei der Frage nach der Herkunft und Genese der Sukzessionstheorie Berücksichtigung verdienen. Hier definitive Entscheidungen zu fällen, hieße den äußerst komplexen, heterogenen, zum Teil widersprüchlichen und mit zahlreichen ‚Unbekannten‘ behafteten Überlieferungsbefund zu glätten. Die altorientalische, alttestamentliche sowie die althistorische und die philologische Perspektive eröffnen zum Teil jeweils unterschiedliche Sichtweisen, die sich schwerlich ‚harmonisieren‘ lassen. Eingedenk dieser Vorbehalte werden im Folgenden die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung dargelegt.1 *** Die eingangs gestellte Frage, ob ein Sukzessionsschema positiver Prägung Züge imperialer Ideologie trägt respektive tragen kann, ist grundsätzlich zu bejahen: Imperien tendieren zur Formulierung von ‚Weltherrschaftsphantasien‘ und zur Konstruktion „imperialer Schein-Kontinuitäten“,2 die durch die Vorstellung einer Abfolge von Reichen in anschaulicher Weise hätten versinnbildlicht werden können. Das römische Fünferschema zeigt, dass der Sukzessionsgedanke in diesem Sinne ideologisch vereinnahmt wurde, obschon kein unmittelbarer Beleg für seine politische Instrumentalisierung durch die Staatsführung vorliegt. Gerade die Verwendung des Modells durch den mysischen Rhetor Ailios Aristeides beweist jedoch seine Verwendung im Sinne der 1 2

Frühere Forschungsergebnisse und die zugehörigen Belege lassen sich in den vorausgehenden Kapiteln im Einzelnen nachverfolgen. Daher wird im Rahmen der folgenden Zusammenfassung lediglich auf die entsprechenden Abschnitte rückverwiesen. Gehler/Rollinger 2014b, 19.

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Zusammenfassung und Ergebnisse

‚offiziellen‘ Ideologie (s. o. Einleitung). Entsprechend wurde in der älteren Forschung zumeist die Auffassung vertreten, dass auch die in der griechischen Historiographie (bei Herodot und Ktesias) greifbare Dreiersequenz Assyrien – Medien – Persien ursprünglich ein Element achaimenidischer Staatsideologie gewesen sei. Die Vorstellung, dass die Herrschaft an sich eine Konstante darstelle, die nur den Besitzer wechsle und auf ein anderes Volk übertragen werde, ist dem mesopotamischen Denken seit dem ausgehenden dritten Jahrtausend v. Chr. immanent. Besonders pointiert artikulierten diesen Gedanken die Sumerische Königsliste und ihre Vorläufer (Kap.  I.2.2), deren Konzeption eine unmittelbare Einflussnahme der Götter auf den ‚historischen Prozess‘ bezeichnenderweise nicht erkennen lässt. Auch die Vorstellung der ‚Weltherrschaft‘ ist im Alten Orient vorgeprägt worden und wird, zumal in neuassyrischer Zeit, ideologisch mit einem göttlichen Mandat zur Wahrung der kosmischen Ordnung begründet (Kap. I.2.6). Die Basis für die Ausformung derartiger ‚universalistischer‘ Ideologien wurde bereits in der Spätphase der sumerischen Stadtstaaten gelegt (Kap. I.2.3) und unter der Herrschaft der Dynastie von Akkad weiterentwickelt (Kap. I.2.4). Die weitreichenden Ansprüche Sargons und seiner Nachfolger fanden ihren sinnfälligen Ausdruck in der Grenzmetaphorik des ‚Oberen‘ und des ‚Unteren Meeres‘, dem Postulat der Unvergleichbarkeit des von den Göttern berufenen Herrschers sowie dem erstmalig für Naramsin bezeugten Titel ‚König der vier Weltgegenden‘. Die von den Königen von Akkad in die Welt gesetzte – respektive mit ihnen assoziierte  – Idee der ‚Weltherrschaft‘ blieb in den nachfolgenden Jahrtausenden stets abrufbar, und zwar selbst in Phasen der politischen Desintegration, in denen die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit bar zutage lag (Kap. I.2.5). Das prätentiös anmutende Postulat der ‚Weltherrschaft‘ wurde im Verlauf der langen Geschichte des Alten Vorderen Orients maßgeblich durch teils statische, teils dynamische mental maps bestimmt (Kap. I.2.1–I.2.8, hier insbesondere Kap. I.2.1). Den vorläufigen Höhepunkt dieser Entwicklung bildete die Herrschaftsrhetorik des neuassyrischen Reiches, dessen Könige überkommene Topoi und Narrative aufgriffen und erweiterten (Kap. I.2.6). Das in ihren Texten verarbeitete Motivrepertoire umfasste neben einer ‚universalistischen Titulatur‘ (‚König der Gesamtheit‘, ‚König der vier Weltgegenden‘) unter anderem ein göttliches Mandat zur Kriegsführung und eine „Übertreffungsmetaphorik“3 (claim of heroic priority4), die jeden Herrscher dem Zwang aussetzte, seine Vorgänger auf dem Felde militärischer Expansion zu überbieten. Dieses ‚agonale Prinzip‘ der assyrischen Königsideologie wird namentlich in der Grenzmetaphorik der Meere manifest, die – wie in jüngerer Zeit von Martin Lang und Robert Rollinger dargelegt – zunehmend gedehnt respektive gesprengt wurde, um schließlich die ‚Grenzen der Welt‘

3 4

Rollinger 2008a, 684. Tadmor 1999, 56.

Zusammenfassung und Ergebnisse

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und des Herrschaftsraumes ‚jenseits des Meeres‘ oder ‚in der Mitte des Meeres‘ zu verorten (Kap. I.2.6). Tatsächlich gingen die ‚universalistischen‘ Ansprüche in neuassyrischer Zeit, in höherem Maße als zuvor, mit der faktischen Unterwerfung und permanenten Kontrolle weiter Gebiete des Vorderen Orients einher. Die territoriale Dimension des Reiches und die militärischen Errungenschaften einzelner Könige wurden sowohl an der Peripherie respektive den ‚Eckpunkten‘ des Imperiums als auch in dessen Zentrum inszeniert und visualisiert: In den Grenzregionen (Küsten, Gebirgsmassive) errichteten die Herrscher Siegesmonumente (Statuen, Stelen, Altäre) und vollzogen rituelle Handlungen, durch die die Grenzen deutlich markiert oder auch (bewusst) vage gehalten wurden. Das ‚Waschen der Waffen im Meer‘, die ‚Bootsfahrt auf hoher See‘ oder der Anspruch, Länder ‚in der Mitte des Meeres‘ zu beherrschen, waren ideologische Konstruktionen, durch die das Postulat der ‚Weltherrschaft‘ jenseits der politischen Realität erhoben werden konnte. Auf der anderen Seite wurden Rohstoffe sowie Elemente der Flora und Fauna der eroberten Territorien in die Kernregionen des Imperiums transportiert, um – etwa in den königlichen Gärten – die räumliche Reichweite der Herrschaft im Zentrum zu verdichten. Die Achaimeniden, deren Reich alle vorherigen Imperien an räumlicher Dimension übertraf, ererbten deren ideologische Formensprache, schufen jedoch – in gleichsam ‚eklektischer‘ Weise – eine spezifische Form der Herrschaftsrepräsentation, die, zumindest vordergründig, weniger expansiv und martialisch anmutet als etwa die assyrische. Sowohl die ‚universalistische‘ Titulatur (‚großer König‘; ‚König auf dieser weiten Erde auch fernhin‘; ‚König der Länder mit vielen/allen Stämmen‘ etc.) als auch die ‚Länderlisten‘, die Burgbauinschrift Dareios’ I. und die Thronträger- und Gabenbringer-Reliefs tragen der kulturellen Vielfalt und der territorialen Dimension des Imperiums Rechnung. Militärische Gewalt wird nur sporadisch angedeutet, doch als „ultima ratio der königlichen Ordnungsmission“5 durchaus zum Repertoire der königlichen Selbstdarstellung gezählt. Im Unterschied zu den assyrischen Zeugnissen enthalten die achaimenidischen Königsinschriften kein eindeutiges göttliches Mandat zur Kriegsführung; vielmehr erscheint die ‚Einheit der Welt‘ unter der Ägide des Perserkönigs und seines Gottes Ahuramazda längst erreicht (Kap. I.2.8). Zugleich mögen jedoch auch die (in griechischen Zeugnissen greifbaren) ‚performativen‘ Aspekte (die Bootfahrt auf hoher See; die Errichtung von Siegesmonumenten an der Peripherie) – wie bei den mesopotamischen Königen – ein zentrales Element der Herrschaftsrepräsentation dargestellt haben (Kap. I.2.8; I.3.1.2). Insgesamt gestalteten sich sowohl die historischen Ablösungsprozesse von Dynastien und Imperien als auch deren Verarbeitung im kollektiven Gedächtnis des Alten Vorderen Orients ungleich komplexer als die ‚kanonische‘ Abfolge (Assyrien –

5

Jacobs 2010, 108.

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Zusammenfassung und Ergebnisse

Medien – Persien) der griechischen Literatur suggeriert. Namentlich die Dynastie von Akkad, deren Erinnerung die griechische Literatur nicht bewahrte, war im Vorderen Orient über Jahrhunderte, ja Jahrtausende hinweg Gegenstand literarischer und politischer Reflexion – sowohl in Bezug auf die Etablierung einer erfolgreichen imperialen Herrschaft als auch hinsichtlich ihres dramatischen Sturzes (Kap. I.2.5). In diesem Sinne bildete der Topos vom Fall eines mächtigen Reiches, das auf den Ratschluss der Götter hin der Invasion der ‚Barbaren‘ aus den Bergen erliegt – zu denken ist hier etwa an die sumerische Dichtung Fluch über Akkad oder die Städteklagen auf den Sturz der dritten Dynastie von Ur (Kap. I.2.2; I.2.5) – lange vor dem Fall Ninives ein geläufiges literarisches Motiv, eine Folie, auf der auch das Ende Assyriens interpretiert werden konnte. Bezeichnenderweise wurden die Meder, die dieses Ende maßgeblich herbeiführten, in neubabylonischen Texten dann auch als ‚Agenten göttlicher Zerstörung‘ vorgestellt und als Umman­manda mit den Chaosmächten der literarischen Tradition, allzumal der Kutha­Legende Naramsins, gleichgesetzt (Kap. I.2.5; I.3.1.3). In diesem Sinne hatte – wie Johannes Haubold herausgestellt hat – der letzte babylonische König Nabonid eine Geschichtstheologie entwickelt, in der zunächst die Assyrer durch die Meder (Umman­manda), sodann die Meder durch die Perser nach dem Willen des babylonischen Gottes Marduk gestürzt werden (Kap. I.3.1.3). Zwar erscheint der persische Reichsgründer Kyros II. in diesen Texten als ‚König von Anschan‘, doch wurden die Toponyme ‚Anschan‘ und ‚Parsu(m)a(š?)‘ im sechsten Jahrhundert v. Chr. mutmaßlich synonym verwandt (Kap. I.2.8), sodass die Lesart einer Sukzession Assyrien – Medien – Persien durchaus ihre Berechtigung besitzt. Umgekehrt vermag die im Kyroszylinder vorgenommene ‚Selbstverortung‘ des persischen Reichsgründers in Anschan keineswegs die in der Vergangenheit vielfach vorgebrachte These zu bekräftigen, der zufolge der Sukzessionsgedanke Bestandteil der teispisch-achaimenidischen ‚Reichsideologie‘ gewesen sei. Als problematisch erweist sich hier insbesondere die Stellung des Mederreiches: Nicht nur wird dessen Existenz zunehmend kritisch hinterfragt (Kap. I.3.1.3), sondern auch seine Bedeutung als legitimatorische Bezugsgröße für die (frühen) Perser, die vermutlich niemals in Vasallität zu den Medern standen (Kap. I.2.8), bezweifelt. Vielmehr gingen die persische Ethnogenese und Reichsbildung nicht etwa von einem medischen Imperium aus, sondern vollzogen sich im kulturellen und politischen Milieu der neuelamischen Zeit, i. e. in der Fars (Kap.  I.2.8). Dass der Reichsgründer Kyros sich auf die Meder als historische Legitimationsinstanz berufen hätte, ist nach dem Befund der zeitgenössischen Quellen ausdrücklich nicht verifizierbar. Was die Provenienz des Sukzessionsschemas anbetrifft, vermag der Kyroszylinder, der von babylonischen Schreibern im Auftrag des Kyros konzipiert wurde und folglich kein ‚genuin persisches‘ Dokument darstellt, die Urheberschaft des Kyros zudem in keiner Weise zu stützen. Vielmehr spiegelt der Text, dessen Verfasser gewiss mit der ‚Geschichtstheologie‘ Nabonids vertraut waren, die Perspektive der babylonischen Eliten, die sich babylonischer Narrative bedienten, um den Aufstieg des Kyros theologisch zu deuten und zu erklären (Kap. I.4).

Zusammenfassung und Ergebnisse

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Obschon auch die Achaimeniden seit Dareios I. eine Art ‚hybriden Diskurses‘ („hybrid discourse“6) mit den theologischen und ideologischen Traditionen der Unterworfen führten (Kap. I.2.8; I.3.1.1), fehlen belastbare Hinweise auf eine ideologische Vereinnahmung des Sukzessionsgedankens im Rahmen der offiziellen großköniglichen Herrschaftsrepräsentation. Während assyrische, babylonische, elamische oder urartäische Elemente sich in den Schrift- und Bildzeugnissen nachweisen lassen, so ist ein praxisbezogener wie ideologischer Rekurs auf medische Herrschaftsformen schwerlich auszumachen (Kap.  I.2.8; I.3.1.3). In der imperialen Kunst der Achaimeniden scheint vielmehr Elam, nicht Medien, in besonderer Weise mit dem persischen Königtum (Tracht, Waffen etc.) assoziiert zu werden (Kap. I.2.8). Der Befund, dass ‚Meder‘ sowohl in der Reliefkunst als auch in den Königsinschriften teilweise prominent vertreten sind, spricht desgleichen nicht zugunsten einer gleichsam ‚historischen‘ Rückbesinnung der Perser auf ein einstmals mächtiges ‚Mederreich‘; vielmehr scheint die Einbindung von Medern in die Administration sachpolitischen Notwendigkeiten entsprungen zu sein (Kap. I.3.1.3). Schließlich lässt auch die scheinbare Gleichsetzung von Assyrern und Babyloniern in der achaimenidischen Reliefkunst seit dem vierten Jahrhundert v. Chr. nicht den Schluss zu, dass das Babylonien nicht berücksichtigende Dreierschema spätere persische Vorstellungen spiegle: Nicht nur stehen die Assyrer hier möglicherweise pars pro toto, die Reliefs besitzen darüber hinaus weniger eine ‚historische‘, auf vergangene Imperien abzielende Sinnrichtung, sondern präsentieren Assyrer wie Babylonier als Untertanen (Kap. I.4). Die Sukzession der Reiche Assyrien – Medien – Persien findet sich erstmalig bei Herodot (Kap.  I.3.1.1–I.3.1.2). Für die Urheberschaft des Griechen spricht die Vereinbarkeit des Sukzessionsschemas mit der Disposition und Geschichtsphilosophie der Historien (Kap. I.3.1.1): Herodot rückt den Konflikt zwischen ‚Orient‘ und ‚Okzident‘ in den Fokus seiner Erzählung. Dieser Konflikt wird – beginnend mit dem Lyderkönig Kroisos  – maßgeblich durch die forcierte Expansion ‚orientalischer‘ Herrscher bestimmt, deren Machtstreben schließlich in den Perserkriegen und den Eroberungsplänen des Xerxes kulminiert. Die persische Reichsbildung, das Streben der Großkönige nach Herrschaft, das mit Xerxes im Postulat der ‚Weltherrschaft‘ mündet, wird von Herodot indessen „kritisch zurückgewiesen.“7 In seiner geschichtsphilosophischen Konzeption legen die Perserkönige eine expansive Gesinnung an den Tag, die sie in einem ‚tragischen‘ Verlaufsschema von Hybris, göttlicher Neme­ sis und Sturz schlussendlich scheitern lässt. „Damit wird der Anspruch einer unbegrenzten Herrschaft, die sich in alle vier Himmelsrichtungen erstreckt, eindrucksvoll konterkariert.“8 Zugleich sind die Historien mitnichten als eine ‚anti-persische Tendenzschrift‘ zu bezeichnen, sondern bieten eine exemplarische Erzählung über die 6 7 8

Haubold 2007, 49. Bichler/Rollinger 2017, 7. Ibid.

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Zusammenfassung und Ergebnisse

Gefahren übersteigerten Machtstrebens und die Endlichkeit jedweder Herrschaft, die dem ‚ewigen Kreislauf der Dinge‘ (κύκλος τῶν πραγμάτων) unterworfen ist. Dabei manifestiert sich ‚Geschichte‘ für Herodot weder im Sinne eines ‚autonomen Prozesses‘ noch durch vollständige Kontingenz; vielmehr bewegt sich seine Konzeption im Spannungsfeld zwischen Prädestination und menschlicher Eigenverantwortlichkeit. Die Schwelle, an der das Schicksal unausweichlich seinen Lauf nimmt, wird markant durch das Motiv der Flussüberschreitung (river motif9) markiert. Diese Grundprinzipien herodoteischer Dispositionskunst treten auch in seiner Erzählung über Kyros’ Aufstieg zur Macht zutage und erhalten mit der Abfolge von Assyrern, Medern und Persern ein integrales Bildungselement (Kap. I.3.1.2). Die Sequenz strukturiert in aszendenter Sukzession die Geschichte des ‚oberen Asiens‘, während zunächst die Lyder das ‚untere Asien‘ westlich des Flusses Halys beherrschen. Die Meder als Vasallen der Assyrer erkämpfen ihre Unabhängigkeit, gründen einen eigenen Staat und unterwerfen in einer Phase der Expansion das ‚untere Asien‘, während Babylon bis zu seiner Eroberung durch Kyros als ‚Rückzugsort‘ der assyrischen – und nicht etwa als Residenz der neubabylonischen Könige – seine Autonomie bewahrt. Der Herrschaftswechsel von den Medern auf die Perser wiederum trägt Züge eines griechischen Dramas, in dessen Verlauf Kyros’ Großvater, der Mederkönig Astyages, durch diverse ethische Transgressionen dazu beiträgt, dass die Übertagung der Macht auf die Perser vollzogen wird. In gleicher Weise wird auch der Lyder Kroisos sein Reich infolge seiner Hybris an Kyros verlieren. Die Sukzession von Reichen versinnbildlicht mithin bereits zu Beginn der persischen Großmachtbildung die herodoteische Geschichtsphilosophie des κύκλος τῶν πραγμάτων. Bei Herodot findet sich freilich noch keine Abfolge von Weltreichen, da die Sukzession der Assyrer, Meder und Perser auf das ‚untere Asien‘ beschränkt bleibt. Sie läuft indessen auf die Herrschaft über ganz Asien hinaus, die erst Kyros erringt; da jedoch allein Asien das den Persern von den Göttern bestimmte Herrschaftsgebiet repräsentiert, sind alle darüber hinausreichenden militärischen Aktivitäten und die angestrebte Herrschaft über die ‚ganze Welt‘ respektive die oikumene zum Scheitern verurteilt. Für Herodot bildet die Sukzession von Reichen ein Strukturelement der orientalischen Geschichte, das indessen noch nicht zu der später bezeugten Abfolge Assyrien – Medien – Persien geronnen ist. Vielmehr ergibt sich bezogen auf den gesamten Kontinent Asien die Sequenz Assyrer/Lyder – Meder/Lyder – Perser, wobei die zeitweiligen Dyarchien und die achtundzwanzig Jahre währende Skythenherrschaft im zweiten Element die Grenzen verschwimmen lassen. Die Frage nach der Herkunft des Sukzessionsgedankens wird durch zahlreiche Unsicherheiten bezüglich des Ausmaßes und der Modalitäten eines seit der Archaik bezeugten ‚Kulturtransfers‘ einerseits (Kap. I.3) und die nach wie vor kontrovers dis-

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Immerwahr 1966, 84.

Zusammenfassung und Ergebnisse

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kutierte Quellenbasis Herodots andererseits (Kap. I.3.1.1) erschwert. Ungeachtet der Frage, ob die Quellenreferenzen des Autors als wahrhaftig, fiktiv oder als Bezugnahme auf ein zeitgenössisches griechisches Diskurswissen respektive Meinungsbild aufzufassen seien, wurden in den Historien nachweislich ‚orientalische‘ Traditionen und Narrative verarbeitet, die nicht zuletzt herrscherideologische Aspekte betreffen. Dabei werden einzelne Traditionsstränge häufig aus ihren ursprünglichen Kontexten gelöst und der Geschichtsphilosophie und Disposition Herodots adaptiert (Kap. I.3.1.1). Vor diesem Hintergrund wäre folglich auch die Vereinnahmung einer ursprünglich ‚orientalischen‘ Sukzessionstheorie durch den griechischen Verfasser durchaus denkbar. Umgekehrt mahnt das in den Historien häufig anzutreffende Verfahren, den Persern griechische Deutungsmuster oder sophistische Argumente in den Mund zu legen und dem Gegner die Etablierung hellenischer Institutionen zuzuschreiben, zur Skepsis und lässt auch im Falle des Sukzessionsschemas die Möglichkeit einer griechischen Projektion wahrscheinlich erscheinen. Kaum minder kontrovers gestaltet sich der Forschungsdiskurs um Ktesias von Knidos, dessen um 400 v. Chr. verfasste Persika desgleichen mit dem Konzept einer Sukzession der Assyrer, Meder und Perser operieren (Kap.  I.3.2.1–I.3.2.1). Die nur fragmentarische Überlieferung des Werks lässt eine Rekonstruktion seiner Disposition und Gestaltung freilich in nur begrenztem Umfang zu. Die Persika schildern die Geschichte Asiens beginnend mit dem sagenhaften Assyrerkönig Ninos bis in die Regierungszeit Artaxerxes’ II. und erheben die Abfolge der assyrischen, medischen und persischen Reiche zum Strukturprinzip. Die historische ‚Verlässlichkeit‘ des Ktesias wurde seit Felix Jacoby zumeist gering eingeschätzt, obschon seine biographischen Angaben über seinen Aufenthalt als Leibarzt am Hofe Artaxerxes’ II. erst in jüngerer Zeit kritisch hinterfragt worden sind (Kap. I.3.2.1). Seine Quellen zur ‚orientalischen Geschichte‘ gelten demnach als minderwertig, sie fußten möglicherweise vorrangig auf ‚Hofklatsch‘ und Gerüchten, vermittelten jedoch – einer verbreiteten Auffassung gemäß – ein authentisches Bild zeitgenössischer achaimenidischer Vorstellungen von ‚Geschichte‘. Entsprechend müsse auch der Sukzessionsgedanke unabhängig von Herodot und auf der Grundlage eines persischen Ideologems entwickelt worden sein. Indessen steht außer Frage, dass Ktesias in hohem Maße auf die Historien Herodots rekurrierte, indem er seinen Vorgänger scharf angriff, dessen Berichte jedoch übernahm, um sie in phantastischer Weise zu verfremden. Während der Verfasser der Persika somit in der Vergangenheit als wenig sympathischer Plagiator in Erscheinung treten musste, ist in jüngerer Zeit erneut die Frage in den Fokus der Forschung gerückt, welcher literarischen Gattung das Werk zuzuschreiben sei (Kap. I.3.2.1). Dabei sind einerseits die bewusst ‚fiktionalen‘, ja sogar ‚poetischen‘ Aspekte des Œuvres betont, anderseits dessen ‚satirischer Charakter‘ postuliert worden. So sind die Persika einer attraktiven These Reinhold Bichlers zufolge als eine ‚ironisierende Verformung‘ der Historien Herodots und des jenen inhärenten ‚Wahrhaftigkeitsanspruchs‘ zu begreifen. In dieser Theorie hätte

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Zusammenfassung und Ergebnisse

Ktesias die Quellenreferenzen seines Vorgängers durch sein Postulat einer unmittelbaren Informationsvermittlung im Zentrum der Macht implizit der Lächerlichkeit preisgegeben. Vor diesem Hintergrund müsste folglich auch das herodeteische Strukturprinzip einer Sukzession von Reichen eine Umdeutung erfahren haben, um Herodot zu ‚überbieten‘. Zugleich konnte Ktesias dabei augenscheinlich auch auf einen ‚Pool‘ orientalischer ‚Traditionsfragmente‘ zurückgreifen, die zu seinen Lebzeiten im Umlauf waren. Die Persika formulieren erstmalig eine Sukzessionstheorie der Assyrer, Meder und Perser, die den gesamten Kontinent Asien umfasst (Kap. I.3.2.2). So unterwarfen in der Version des Ktesias bereits die sagenhaften assyrischen Könige Ninos und Semiramis ein Territorium, das in Wahrheit erst die Achaimeniden beherrschten. Obschon beide Gestalten fiktiv sind, tragen sie Züge historischer Herrscher(-innen), und ihre Taten enthalten teilweise Reflexe auf die altorientalische, allzumal assyrische Herrscherideologie (Übertreffungsmetaphorik; martialische Kriegsführung u. a.). In gleicher Weise stellt auch die Stilisierung ihres Sohnes Ninyas, der sich ‚wie ein unsichtbarer Gott‘ hinter die Mauern seines Palasts zurückzieht, um ungestört dem Müßiggang zu frönen, eine Verformung des assyrischen Ideologems der ‚Gottesebenbildlichkeit‘ des Herrschers dar. Der Herrschaftswechsel von den Assyrern auf die Meder wird bei Ktesias  – im Unterschied zu Herodot  – maßgeblich durch das Konzept der ‚orientalischen Dekadenz‘ erklärt, die mit Sardanapallos ihren Höhepunkt erreicht: Der letzte assyrische König, den Ktesias (vermutlich desgleichen unter Rekurs auf ‚verwässerte‘ altorientalische Traditionen) als Hedonisten vorstellt, wird gerade wegen seiner ausschweifenden Lebensführung durch den Meder Arbakes gestürzt, der im Kontrast zu Herodots Kyaxares nicht als eigenständiger Herrscher, sondern als Befehlshaber der assyrischen Palastwache figuriert. Angestiftet respektive bestärkt wird er in seinem Entschluss bezeichnenderweise von einem Babylonier, dem Sterndeuter Belesys. Dabei enthalten sowohl die sich anschließende ‚Selbstverbrennung‘ des Sardanapallos als auch die Institution der medischen Palastwache erneut Anklänge an altorientalische Traditionsstränge. Der zweite Herrschaftswechsel von den Medern auf die Perser weist zahlreiche Schnittmengen mit dem Bericht Herodots auf, wobei Ktesias diesem – etwa durch die Negation eines verwandtschaftlichen Verhältnisses zwischen Kyros und Astyages – explizit widerspricht und die Version der Historien erkennbar entfremdet. Das Konzept einer Sukzession von Reichen ist bei Ktesias stärker ausgeprägt als noch bei Herodot: Assyrer, Meder und Perser durchlaufen in einer veritablen Sukzes­ sion nacheinander die Herrschaft über ‚ganz Asien‘. Die Träger der imperialen Herrschaft lösen einander im Verlauf der Geschichte ab, während das ‚Königtum über Asien‘ eine Konstante darstellt. Diese Konzeption hat zur Konsequenz, dass „die Perser – anders etwa als bei Herodot oder später in Xenophons Kyrupädie – nicht mehr als Gründer, sondern nur mehr als Erben eines Königreiches erscheinen, das schon seit etlichen Jahrhunderten ein ähnlich großes Gebiet umfasst hatte, ja anfänglich so-

Zusammenfassung und Ergebnisse

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gar noch größer war.“10 Entsprechend rückt ein unabhängiges neubabylonisches Reich, das bei Herodot noch zu greifen war, in Ktesias’ Version vollends in den Hintergrund. Indessen sind es in den Persika – wie Johannes Haubold herausgestellt hat – bezeichnenderweise zwei Babylonier, die  – in Gestalt des Belesys und eines anonymen Traumdeuters – maßgeblich auf die Ablösungsprozesse in der Herrschaft einwirken. Diesen Zug teilen sie mit einigen Texten Nabonids, in denen Babylon respektive seine Götter die Sukzession von Assyrern, Medern und Persern bestimmen. Insofern mag Ktesias, dessen Werk an vielen Stellen ‚genuine‘ orientalische Traditionen verarbeitete, durchaus auch bezüglich der Sukzession auf von Herodot unabhängige Überlieferungen rekurriert haben, deren Vermittlung sich jedoch schwerlich konkretisieren lässt. Diese (mutmaßlich auch in der griechischen Welt bekannten) ‚Versatzstücke‘ altorientalischen Traditionsguts setzte er dann aber gezielt ein, um Herodot auf ‚satirische Weise‘ zu kritisieren. Zugleich wird in den Persika ein ‚Niedergangszenario‘ entworfen, das einer gewissen ‚Naturgesetzlichkeit‘ unterworfen sein mag, ohne dass Ktesias indessen tiefergehende Reflexionen über die Genese und den Verfall von Macht anstellte: Einstmals mächtige Imperien werden nicht zuletzt durch den moralischen Verfall der Herrschenden geschwächt, bis ein stärkerer Gegner die Macht übernimmt. Obschon die Reichefolge Assyrer  – Meder  – Perser in dieser Form mit einiger Wahrscheinlichkeit eine griechische Schöpfung darstellt, mögen mithin mesopotamische Konzepte im Rahmen des seit der archaischen Zeit bestehenden ‚Ideentransfers‘ (Kap. I.3) eingedrungen sein, sodass die Dreiersukzession gleichsam eine Interpreta­ tio Graeca ‚orientalischer‘, genauer: mesopotamischer Denkbilder darstellen könnte. Selbst die Vorstellung, dass die persische Herrschaft einer medischen nachfolgte sowie die Ausblendung des neubabylonischen Reiches in den griechisch-römischen Texten war, wie Johannes Haubold gezeigt hat, möglicherweise ausgerechnet im neubabylonischen Schrifttum angelegt, das die Meder (wie später wiederum die Perser) als Instrumente der Zerstörung kraft des göttlichen Willens präsentierte (s. o.). Indes, im babylonischen Kontext lässt sich keine formalisierte Sukzession von Reichen greifen; vielmehr liegt der Fokus in den Inschriften Nabonids auf der Allmacht des babylonischen Stadtpatrons Marduk, der die Assyrer, Meder und Perser nacheinander zu seinen Vollstreckern beruft. Mit hoher Wahrscheinlichkeit schufen erst die Griechen aus diesen Medern, deren Prominenz namentlich durch ihre prominente Rolle beim Fall Ninives bedingt wurde, die Herren eines ‚Großreiches‘. Herodot und Ktesias partizipierten demnach an einem zeitgenössischen ‚Diskurs‘ um die Auslegung der ‚orientalischen‘ Geschichte, der mit der Unterwerfung des Perserreiches durch Alexander den Großen eine neue Dynamik entfaltete. In hellenistischer Zeit ist die Existenz einer Vierersukzession durch das Buch Daniel, dessen Endredaktion in die Zeit des Makkabäeraufstandes in der Mitte des zwei-

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Bichler/Rollinger 2017, 11.

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Zusammenfassung und Ergebnisse

ten Jahrhunderts v. Chr. fällt, gesichert (Kap. I.2–II.2.2). Allerdings weicht die in dem alttestamentlichen Text greifbare Viererfolge sowohl strukturell – durch die Verschiebung vom assyrischen zum babylonischen Reich im ersten Element – als auch durch ihre negativ konnotierte, auf die Endzeit ausgerichtete Zielrichtung von dem griechischen Dreiermodell und dem späteren römischen Fünferschema ab. Über die komplexe Entstehungsgeschichte des Buches Daniel, das eine Kompilation heterogener ‚Überlieferungsbausteine‘ verschiedener Provenienz darstellt, lässt sich kaum ein Konsens erzielen. Gute Gründe sprechen jedoch zugunsten der Annahme, dass die Visionsberichte (Dan 7–12), in denen die ‚apokalyptische Naherwartung‘ gegenüber den Erzählungen (Dan 2–6) an Virulenz gewinnt, erst unter dem Eindruck des seleukidisch-jüdischen Konflikts der 160er Jahre v. Chr. verfasst und mit älteren Traditionen über den Propheten verknüpft wurden (Kap. II.2.1). Während die recht akkuraten Bezüge zur hellenistischen Geschichte den ‚historischen Ort‘ (zumindest) der Endredaktion markieren, erscheinen deren Verfasser lediglich auf „folk memory“11 zurückgehende Kenntnisse über die vorhellenistische ‚Realgeschichte‘ besessen zu haben. Die Einbettung des Geschehens in die Welt des babylonischen, medischen oder persischen Königshofes bleibt die „pseudohistorische Kulisse“12 für eine weniger historische denn theologische Agenda: Das Buch Daniel transportiert eine eschatologische (und teleologische) Geschichtstheologie, innerhalb derer die Sukzession von Reichen die Macht JHWHs illustriert, der irdische Könige auf Zeit zur Herrschaft beruft, der Ihre Macht am Ende der Tage jedoch brechen wird. Diese Vorstellung ist in mesopotamischen Texten, allzumal in der Kutha­Legende Naramins und nicht zuletzt in den Inschriften des letzten neubabylonischen Königs Nabonid, ebenso vorgeprägt worden wie zahlreiche Aspekte der Symbolsprache, derer sich das Buch Daniel bedient. Diese betreffen etwa die ‚Vertierung‘ Nebukadnezars in Daniel 4, die Berührungspunkte mit einigen Inschriften Nabonids, aber auch dem Gilgamesch­Epos aufweist; auch die Vision von den vier Tieren aus dem Meer im siebten Kapitel des Buches weist zahlreiche Schnittmengen mit altorientalischen Mythen (Enūma eliš, den Zyklen um Anzû und Ninurta oder Baal und Yamm) und divinatorischen Texten (Šumma izbu) sowie Bildsymbolen (Hörnerkrone; Löwenkampf) auf. Zugleich scheinen die Verfasser des Buches, wie Josef Wiesehöfer gezeigt hat, zumindest mittelbar Werke der literarischen Tradition der Griechen, zumal die Historien Herodots, rezipiert zu haben, auf deren Grundlage sie die Gestalt ‚Dareios’ des Meders‘ konstruierten (Kap. I.2.1). Das Bild von der kolossalen Statue aus Gold, Silber, Bronze und mit Ton vermischtem Eisen in Daniel 2 hinwiederum mag iranischen (Bahman Yašt) oder griechischen (Hesiods Lehre von den vier ‚Weltaltern‘) Vorgaben folgen; indessen wurde die Metallsymbolik mit hoher Wahrscheinlichkeit erst rückwirkend mit dem Konzept einer Abfolge

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Grabbe 2001, 232. Wiesehöfer 2015b, 18.

Zusammenfassung und Ergebnisse

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von Weltreichen verbunden. Das Bild der Götze, die von dem herniederstürzenden Stein zerschlagen wird, steht für sich betrachtet für die Vernichtung aller weltlichen Machtsysteme und der von ihnen geübten Idolatrie (Kap.  I.2.2). Die Metapher des Steines, der das Standbild vernichtet, verschließt sich desgleichen einer eindeutigen Zuweisung. Einerseits lassen sich intertextuelle Bezüge zu anderen Büchern des Alten Testaments nachweisen, die Gott mit einem Felsen identifizieren; andererseits existieren orientalische Vorbilder für die kultische Verehrung anikonischer Steine, und auch eine weitere Reminiszenz an Herodot (Kypselos) ist nicht gänzlich auszuschließen. Angesichts des eklektischen Charakters des Buches Daniel gestaltet sich die Ermittlung der Provenienz des Konzepts einer Abfolge von Weltreichen mithin äußerst diffizil. In der Vergangenheit ist wiederholt und berechtigterweise die Vermutung geäußert worden, dass es sich bei der Sukzession um die intentionale eschatologische ‚Umdeutung‘ einer ursprünglich positiv konnotierten (und ‚propagandistisch‘ genutzten) Viererfolge Assyrien – Medien – Persien – Makedonien handeln müsse (Kap. II.1; II.3.1–II.3.2). Indessen sind keine direkten Textzeugen verfügbar, die eine derartige Weiterentwicklung der älteren Dreiersukzession bestätigen könnten. Die Rezeption des Schemas durch die Römer, die unabhängig von Daniel erfolgte, legt allerdings den Schluss nahe, dass der Sukzessionsgedanke bereits in hellenistischer Zeit ein historisches Strukturprinzip bildete, das einen hohen Bekanntheitsgrad erlangte. Unter den möglichen Urhebern des Konzepts wurden im Rahmen der vorliegenden Untersuchung namentlich Alexander III. (‚der Große‘) (Kap. II.3.1) und die Könige aus dem Hause des Seleukos, die die östlichen Gebiete des vormaligen Alexanderreiches beherrschten (Kap. II.3.2), einer näheren Betrachtung unterzogen. Tatsächlich ist ein Viererschema Assyrien – Medien – Persien – Makedonien in der Anabasis Alexandrou des kaiserzeitlichen Autors Flavius Arrianus bezeugt, der es mit dem Sieg der Makedonen über die Perser in der Schlacht bei Issos (333 v. Chr.) in Verbindung bringt. Es bleibt indessen mehr als fraglich, ob das Modell auf zeitgenössische Überlieferungen, geschweige denn auf Alexander selbst zurückgeht (s. o. Kap. II.3.1). Im Verlauf seines Feldzuges interagierte Alexander mit Vertretern unterschiedlicher Ethnien und Kulturkreise. Zwecks der Stabilisierung seiner Herrschaft adaptierte er überkommene Strukturen und Traditionen, insoweit es ihm opportun erschien und die jeweiligen Gegebenheiten es erforderten. Dabei folgte er (bis zu einem gewissen Grad) dem Gebot der strukturellen Toleranz respektive der Kulturakzeptanz, das bereits ein Signum achaimenidischer Herrschaftspraxis gewesen war. Es nimmt daher nicht Wunder, dass er den unterschiedlichen Untertanengruppen gegenüber auf diverse und spezifische Legitimationsstrategien zurückgriff bzw. zurückgreifen musste. Über die tatsächlichen Ziele und Pläne Alexanders lässt sich kaum Gewissheit erlangen. Näherungsweise bestimmen ließen sich allein die ideologischen Botschaften, die der Makedonenkönig auf den Stationen seines Feldzuges jeweils zu vermitteln gewillt war, sowie die Frage, welchen Adressaten diese Botschaften jeweils galten. Doch selbst dieses Unterfangen gestaltet sich aufgrund der Quellenlage diffizil, da unsere späteren

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Zusammenfassung und Ergebnisse

antiken Gewährsleute ihre jeweils eigene Agenda verfolgten und zeitgenössische Narrative häufig nur unzureichend von späterer literarischer Formung zu trennen sind. Auszuschließen ist die propagandistische Vereinnahmung des Konzepts einer Abfolge von Weltreichen durch Alexander im iranischen Kontext: Seine ‚pro-iranische Politik‘ („pro-Iranian policy“13) und die situative Kooperation mit den persischen Eliten zielten in erster Linie auf die indigene Bevölkerung Irans. Wenn nun die DreiReiche-Folge entgegen der früheren Annahme eben dort nicht bereits in achaimenidischer Zeit im Umlauf war (Kap. I.4), so stellte das Sukzessionsschema für Alexander auch kein effektives Instrument der Herrschaftslegitimation dar. In Babylonien, dessen kulturelles Erbe Alexander desgleichen infiltrierte, mag die Abfolge der Assyrer, Meder und Perser hingegen eine Rolle gespielt haben; vermutlich wirkte sogar die vom letzten neubabylonischen König Nabonid im sechsten Jahrhundert v. Chr. formulierte ‚Geschichtstheologie‘ mittelbar auf die Entstehung der griechischen Dreiersukzession ein. Sollte Alexander vor Ort tatsächlich mit diesem Ideologem in Berührung gekommen sein, so besteht gleichwohl kein Grund zu der Annahme, dass er es ideologisch für sich vereinnahmte: In Babylonien stand ihm ein großes Repertoire an Legitimationsstrategien zur Verfügung, doch auf die Nutzung des Sukzessionsgedankens existieren keinerlei belastbare Hinweise. Denkbar erscheint der propagandistische Rekurs Alexanders auf die Theorie einer Abfolge von Reichen hingegen im griechisch-makedonischen Kontext. Tatsächlich werden die Taten des Makedonen auffallend häufig auf der Folie herodoteischer Narrative geschildert, und zu diesen literarischen Reflexen auf die Historien mag auch die Sukzessionstheorie zählen. Inwieweit diese Reminiszenzen jeweils bereits auf Alexander selbst bzw. seine ‚Chefideologen‘ zurückgehen, bleibt indessen fraglich. Da die Werke Herodots und Ktesias’ am argeadischen Hof rezipiert worden sein dürften, ist eine ideologische Verarbeitung des Sukzessionsgedankens durch Alexander nicht a priori zu verwerfen. Sinnstiftend konnte das Konzept jedoch nur unter der Voraussetzung sein, dass Alexander sich primär als makedonischer Herrscher begriff. Doch selbst wenn ihm eine gänzlich neue Form der Herrschaft vorgeschwebt haben sollte, ist nicht auszuschließen, dass er sich seinen Landsleuten gegenüber in bestimmten Situationen als Makedone inszenierte, um sich ihrer Zustimmung zu versichern. Der Zeitpunkt, zu dem Arrian die Sukzessionstheorie ins Spiel bringt – nämlich unmittelbar nach der Schlacht bei Issos – mahnt indessen zur Skepsis, denn: Noch war die Herrschaft über weite Teile des Achaimenidenreiches nicht errungen. Die Artikulation derartiger Zielsetzungen zu diesem Zeitpunkt war mit dem offiziell proklamierten ‚Rachemotiv‘ zudem schwerlich kompatibel. Die Proklamation zum ‚König‘ von Asien im Jahr 331 v. Chr. liefe hingegen durchaus mit der Theorie einer Abfolge von Weltreichen konform, zumal das Konzept sowohl

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Olbrycht 2014, 55.

Zusammenfassung und Ergebnisse

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in den Historien Herodots als auch in den Persika des Ktesias ein zentrales Strukturelement der Geschichte des Kontinents ‚Asien‘ darstellt. Bezeichnenderweise findet sich jedoch gerade in diesem Kontext kein Hinweis auf den Sukzessionsgedanken. Das Konzept hatte – im Gegenzug – (in Form des römischen Fünferschemas) zu Lebzeiten Arrians längst topischen Charakter erlangt. Die Vermutung, dass die Verwendung der auf vier Reiche reduzierten Sukzession im dritten Buch der Anabasis Alexandrou ein Deutungsmuster des kaiserzeitlichen Autors sei, erscheint somit durchaus berechtigt. Gleichwohl spricht die Existenz der späteren, positiv konnotierten Fünfersequenz Assyrien  – Medien  – Persien  – Makedonien  – Rom zugunsten der Annahme, dass bereits in hellenistischer Zeit eine Vierersequenz formuliert wurde, die auch den Autoren des Buches Daniel bekannt war (Kap.  II.1). Einige Wahrscheinlichkeit besitzt die Annahme, dass eine solche ‚säkulare‘ Sukzession im Umfeld der Seleukiden propagiert wurde (Kap. II.3.2), denn einerseits hat die Endredaktion des Buches vor dem zeitgeschichtlichen Hintergrund des Makkabäeraufstandes eine eindeutig ‚antiseleukidische‘ Zielrichtung; andererseits entsprach die bewusste Verkehrung gegnerischer Ideologeme gängiger alttestamentlicher Praxis. Naturgemäß musste das Konzept der Herrschaft über den Kontinent Asien, das eine Grundkonstituente der ‚klassischen‘ griechischen Dreiersequenz bildete, von den Zeitgenossen mit den Seleukiden in Verbindung gebracht werden. Der Titel βασιλεὺς τῆς Ἀσίας, mit dem die ‚literarische‘ Überlieferung die Könige aus dem Hause des Seleukos versah, fand in den offiziellen Dokumenten der königlichen Kanzlei zwar offenbar keine Verwendung; doch lässt sich, wie jüngere Untersuchungen ergeben haben, seit dem beginnenden zweiten Jahrhundert v. Chr. eine zunehmende Territorialisierung des βασιλεία-Begriffs konstatieren, die möglicherweise eine faktische Gleichsetzung des Herrschaftsbereichs der Seleukiden mit ‚Asien‘ implizierte. Andererseits mag die ‚Unschärfe‘ des Terminus weitreichendere, ja ‚universalistische‘ Ansprüche indizieren. Letztere lassen sich darüber hinaus in den geographischen Traktaten der frühseleukidischen Zeit greifen. Bezüglich der Reichweite der seleukidischen βασιλεία hatte bereits der Dynastiegründer Seleukos I. Nikator, der im Zuge seiner Anabasis die ‚oberen Satrapien‘ unterwarf, Maßstäbe gesetzt, denn seine Nachfolger betrachteten die von ihm eroberten Gebiete als χώρα δορίκτητος, deren Besitz ihnen von Rechts wegen zustand. Zugleich hatte bereits Seleukos den territorialen Rahmen der βασιλεία τῆς Ἀσίας gesprengt, als er nach Thrakien und Makedonien ausgriff. Wie allen Diadochen galten Alexander und seine Eroberungen ihm und seinen Nachfolgern als zentrale Legitimationsinstanz. Sie alle strebten bis zu einem gewissen Grade danach, das ehemalige Alexanderreich vollumfänglich in Besitz zu nehmen, und die Etablierung eines hellenistischen ‚Mächtekonzerts‘ verhinderte keineswegs, dass sie Ansprüche auf die Herrschaftsgebiete der jeweils anderen erhoben, sobald sich eine Gelegenheit dazu eröffnete. Letzteres wird namentlich im Zuge der Auseinandersetzungen zwischen Seleukiden und Ptolemaiern deutlich.

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Zusammenfassung und Ergebnisse

Dass diese Konflikte auch ideologisch ausgefochten wurden, erhellen lagidische Zeugnisse wie die Kairoer Satrapenstele, der Euergetespapyrus aus Gurob oder der Ptolemaios III. Euergetes zuzuschriebende Tatenbericht von Adulis. Diese Texte konstruieren, wie in der Forschung mehrfach betont wurde, einerseits ‚historisch‘ begründete Feindbilder, in denen Achaimeniden und Seleukiden zu einer Einheit verschmelzen, indem die angeblichen Schandtaten der Perser auf subtile Weise mit den Seleukiden assoziiert werden. Zugleich zeichnet insbesondere der Tatenbericht von Adulis die Könige aus dem Hause des Seleukos indirekt als ‚illegitime‘ Herrscher über das vormalige Achaimeniden- und Alexanderreich, um ein lagidisches ‚Erbnachfolgerecht‘ zu postulieren, auf das sich, wie Rolf Strootman zeigt, noch Kleopatra VII. berufen sollte. Darüber hinaus rekurriert der Tatenbericht von Adulis auf überkommene vorderorientalische Narrative, die – ausgehend von der legendarischen Überlieferung um Sargon von Akkad – bereits im zweiten Jahrtausend v. Chr. im Konflikt zwischen mesopotamischen und ägyptischen Herrschern eingesetzt worden waren. Im Zentrum dieser ideologisch aufgeladenen Auseinandersetzungen stand nicht zuletzt das Konzept der Herrschaft über Asien, das seitens der griechisch-makedonischen Herrscher ohne weiteres mit dem Sukzessionsschema assoziiert worden sein dürfte. Unlängst hat Marijn S. Visscher vorgeschlagen, dass dieses Konzept – in einer für die Seleukiden nachteiligen Variante – möglicherweise auch in der ptolemaiischen Hofdichtung eine Rolle spielte: In Kallimachos’ Locke der Berenike figurieren die Seleukiden als ‚Erben‘ der als obsolet gezeichneten ‚orientalischen‘ Imperien, während Ptolemaios III. implizit mit Alexander dem Großen – dem Eroberer des Perserreiches – assoziiert wird. Vor diesem Hintergrund ist nicht auszuschließen, dass ein ursprünglich seleukidi­ sches Reicheschema, das  – zumindest in der Version des Ktesias  – auch die Herrschaftsansprüche der Dynastie auf Ägypten hätte legitimieren können, seitens der Ptolemaier verfremdet und zur Diskreditierung ihrer Rivalen verwendet wurde. Ob eine seleukidische Vier-Monarchien-Folge – ihre Existenz vorausgesetzt – in Anlehnung an Herodot und Ktesias im Sinne der Herrschaft über Asien oder aber – wie Daniel nahelegt – im Sinne von ‚Weltherrschaft‘ vereinnahmt wurde, lässt sich nicht entscheiden. Die Seleukiden artikulierten durchaus ‚universalistische‘ Ideen und beanspruchten auch ‚europäische‘ Territorien, sodass eine auf ‚Weltherrschaft‘ zielende ‚Ausweitung‘ der in der Sukzession inbegriffenen Semantik nicht ausgeschlossen ist. Andererseits hätte das Konzept auch im Zuge eines seleukidischen Ausgreifens nach ‚Europa‘ zuungunsten der Eroberer ausgelegt werden können, da das herodoteische Modell dazu angetan war, eine gedankliche Verbindung zwischen der Hybris des Xerxes und den seleukidischen Königen (Seleukos I. oder Antiochos III.) herzustellen. Letzteres dokumentieren nicht zuletzt die in den Quellen greifbaren Episoden, in denen Seleukos dazu ermahnt wird, seine Herrschaft auf Asien zu beschränken. Tatsächlich mag ein allzu offensichtlicher Rekurs auf das Königtum der Achaimeniden – im Hinblick auf die griechisch-makedonische ‚Öffentlichkeit‘ – sich für die Seleukiden nach wie vor heikel gestaltet haben. Nicht zuletzt aus diesem Grund könnte das (etwa von Berossos

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verfochtene) ‚Alternativmodell‘ bei den Herrschern der Dynastie auf Resonanz gestoßen sein, das die Könige des neubabylonischen Reiches, allen voran Nebukadnezar II., zu ihren ‚Prototypen‘ stilisierte. In der Tat nämlich lassen sich gerade im babylonischen Kontext greifbare Hinweise aus eine mögliche Weiterentwicklung der Sukzessionstheorie in hellenistischer (i. e. seleukidischer) Zeit ausmachen. Dabei ist fraglich, ob die sogenannte Dynastische Prophetie gleichsam eine ‚alternative‘, i. e. babylonische Sequenz Assyrien  – Babylonien – Persien – Makedonien enthielt. Zwar ist nicht auszuschließen, dass das Genre der ex­eventu-Prophezeiung mittelbar auf das Buch Daniel einwirkte. Indes, der Fokus der akkadischen Prophetie liegt weniger auf den Ablösungsprozessen der jeweils herrschenden ‚Völker‘ denn auf der Abfolge von Königen, deren Regierungen jeweils positiv oder negativ bewertet werden. Andererseits existierte ja gerade in Babylonien seit dem sechsten Jahrhundert v. Chr. immerhin die Vorstellung, dass die Assyrer, Meder und Perser nacheinander vom babylonischen Gott Marduk zur Herrschaft berufen worden seien (Kap. I.3.1.3; I.4), sodass sich das Argument, diese Sequenz sei mit dem dort vorherrschenden ‚Geschichtsbild‘ unvereinbar gewesen, nicht aufrechterhalten lässt. Die Forschung der vergangenen Jahrzehnte hat die geostrategische, ökonomische und kulturelle Bedeutung Babyloniens für das seleukidische Königtum eingehend untersucht. Dabei wurden namentlich die Kontinuität lokaler Traditionen sowie deren Vereinnahmung durch die seleukidischen Herrscher herausgestellt. Hatte bereits Seleukos I. ihm gewogene Netzwerke unter den indigenen Eliten geschaffen, so ist das aktive Engagement auch seiner Nachfolger namentlich im Rahmen des Kultvollzugs und der Baupolitik gut dokumentiert. Dabei knüpften die Seleukiden augenscheinlich insbesondere an die hohe Autorität Nebukadnezars II. an, den ihnen nahestehende Autoren wie Berossos oder Megasthenes zum ‚Weltherrscher‘ und gleichsam zur Präfiguration der seleukidischen Könige stilisierten. Andererseits scheinen auch die Inschriften Nabonids zum Repertoire der babylonischen Schreiber gehört zu haben, die das seleukidische Königtum ‚im lokalen Gewand‘ präsentierten. Es ist daher nicht auszuschließen, dass die griechisch-makedonischen Herrscher die dort vermittelte ‚Abfolge‘ der Assyrer, Meder und Perser mit der ihnen aus der griechischen Historiographie vertrauten Dreierfolge in Verbindung brachten. Allein entsprechende Belege existieren – wie bereits für Alexander – nicht, sodass die mögliche Bedeutung des Sukzessionsgedankens im Seleukidenreich allenfalls indirekt erschlossen werden kann. Tatsächlich hat die Forschung gerade in jüngerer Zeit die im seleukidischen Babylonien verwandte ‚hybridisierende‘ Symbol- und Formensprache in den Fokus gerückt, die – im Sinne eines „seeing double“14 – babylonische Vorstellungen ‚seleukidisch‘ interpretierte. Dabei stellten die Synkretismen der Götter Zeus und Marduk sowie Apollon und Nabû, die wiederum mit Seleukos I. und seinem Sohn Antiochios I. assoziiert

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Kosmin 2014a, 173 (im Titel).

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wurden, die Weichen für ein geradezu ‚pan-imperiales Programm‘, das unterschiedliche Untertanengruppen gleichermaßen anzusprechen vermochte. Für diesen gezielten Einsatz ‚assoziativer Schnittmengen‘ zwischen verschiedenen Kulturkreisen und Traditionen existieren zahlreiche Beispiele. Diese betreffen etwa das Motiv der ‚Hörnerkrone‘ oder die Identifizierung des Königtums mit dem Heros Herakles, der – wie seine vorderorientalischen ‚Pendants‘ Ninurta, Marduk, Gilgamesch oder Baal – die ‚soteriologischen Aspekte‘ („soteriological aspects“15) des Königtums versinnbildlichte. Zwar setzte die seleukidische Herrschaftspraxis lokal auf ein hohes Maß an struktu­ reller Toleranz; zugleich vermochten im babylonischen Kontext verwandte Narrative jedoch eine gezielte Ambiguität herzustellen respektive mehrdeutige Assoziationen hervorzurufen, deren Summe Gegensätze zu überbrücken vermochte. Ebendieses Verfahren erscheint auch im Falle der Sukzession von Reichen denkbar, denn die Propagierung dieses Konzepts hätte sich sowohl durch griechisch-makedonische als auch durch babylonische Zeugnisse begründen lassen; darüber hinaus wäre die Sukzessionstheorie ein geeignetes Mittel gewesen, um das durch die ‚Seleukidische Ära‘ markierte Postulat einer ‚neuen Zeit‘ zu illustrieren. Gleichwohl waren offenbar nicht alle Zeitgenossen mit der historisch-politischen Marginalisierung Babylons einverstanden, die das ‚klassische‘ Schema Assyrien  – Medien  – Persien  – Makedonien zwangsläufig suggerierte. Letzteres lehrt das Beispiel des Priesters Berossos: Die – freilich nur in Ansätzen greifbare – ‚Variation‘ des Sukzessionsschemas in den Babyloniaka, die Babylon einen festen Platz innerhalb des ‚imperialen Prozesses‘ zuweisen, mag als unmittelbare Antwort des Babyloniers auf das überkommene Modell einer Abfolge von Reichen zu werten sein. In diesem Sinne reagierte Berossos einerseits auf einen vorhandenen Diskurs; im Gegenzug verlieh er den gewiss vielfältigen und von Wechselwirkungen geprägten Debatten jedoch auch neue Impulse, indem er (wie zuvor Megasthenes) die Bedeutung Nebukadnezars II. als historisches Modell für die Seleukiden herausstrich. Ungeachtet der Bemühungen des Berossos blieben die Vorstellungen der meisten Zeitgenossen bezüglich eines ‚neuassyrischen‘ und eines ‚neubabylonischen‘ Imperiums  – zumal im griechischmakedonischen Milieu – wohl eher diffus. Der ideologische Rekurs der Seleukiden auf die babylonische Monarchie dürfte mithin kaum als Widerspruch zur Propagierung einer Sukzession aufgefasst worden sein, in der Assyrien prominent vertreten war, während Babylonien keine Rolle spielte (Kap. II.4). Tatsächlich begreift die Forschung kulturelle Adaption („[c]ultural adaption“16) mitnichten als einen einseitigen, sondern vielmehr als einen reziproken Prozess; namentlich die Untertanen konnten sich dieses Mittel zu Eigen machen. Begünstigt wurde dieses Unterfangen vermutlich durch ‚imperiale Netzwerke‘ der Eliten, die ‚seleuki-

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Anagnostou-Laoutides 2017, 157. Burke 2009, 93 f.

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dische‘ Ideologeme untereinander vermittelten. Zu den letzteren dürften auch die in den Makkabäerbüchern als ‚Hellenisierer‘ geschmähten Kreise Judaias gezählt haben, denen schließlich auch die Verfasser des Buches Daniel ihre Kenntnisse hellenistischer Herrschaftsrepräsentation verdankten. Gerade diesem alttestamentlichen Text, der mesopotamische und levantinische (Enūma eliš; Erzählungen um Baal, Ninurta u. a.), iranische (Bahman Yašt) und griechische (‚Dareios der Meder‘; Kypselos) Motive und Erzählkomplexe dekontextualisiert und neu kombiniert, eignet die Praxis der kulturellen Adaption. Besonders augenfällig wird dieses Verfahren in der Gestalt des ‚Menschensohnes‘, der einerseits Züge des Herakles, Baals oder Ninurtas trägt, andererseits die Vereinnahmung ebendieser ‚soteriologischen‘ Gestalten durch die seleukidischen Könige indirekt als Hybris brandmarkt. In diesem Sinne adaptierte Daniel in letzter Konsequenz nicht allein vereinzelte seleukidische Ideologeme und Motive, sondern darüber hinaus die Methode des seeing double an sich. Einiges spricht folglich dafür, dass auch das Konzept einer Abfolge von Reichen dem Motivrepertoire des Gegners entnommen und verfremdet respektive unterminiert worden ist; dies umso mehr, als die Festlegung einer linearen, historischen Zeitrechnung ein zentrales Element seleukidischer Herrschaftsrepräsentation gewesen ist. Zugleich mag die Vereinnahmung des babylonischen Königs Nebukadnezar II. durch die Seleukiden dazu beigetragen haben, dass die Verschiebung im ersten Element der Sukzession von Assyrien nach Babylonien den Verfassern des Danielbuches naheliegend erschien. Darüber hinaus ist nicht auszuschließen, dass die jüdischen Autoren, die offenbar mit hellenistischen Schriften und/oder Traditionen vertraut waren (Kap. II.4), auch mit der ‚alternativen‘ Deutung des Babyloniers Berossos in Berührung kamen: Die Babyloniaka konnten eine ‚historische Rechtfertigung‘ für die andernorts nicht bezeugte Eroberung Babylons durch die Meder liefern, da Berossos die Gutäer in anachronistischer Weise mit dem ‚Label‘ ‚Meder‘ versehen hatte (Kap. II.3.2). Doch auch die Historien Herodots kommen, wie Josef Wiesehöfer gezeigt hat, als Vorlage für die Erzählung um ‚Dareios den Meder‘ im Danielbuch in Betracht (Kap. II.2.1). In diesem Sinne wirkten augenscheinlich Traditionen unterschiedlicher Provenienz in mehrfacher Brechung auf das Buch Daniel ein. Zu diesen Traditionen zählte nach Ansicht der Verfasserin auch eine im Umfeld der Seleukiden geprägte Monarchienfolge Assyrien – Medien – Persien – Makedonien. Zwar existieren keine direkten Zeugnisse, die eine ‚organische‘ Erweiterung der ‚klassischen‘ Dreiersukzession durch die Seleukiden bestätigen könnten. Die Rezeption des Schemas in römischer Zeit, die – wie nicht zuletzt die Bewahrung des assyrischen Elements nahelegt – unabhängig von Daniel erfolgt sein muss, lässt allerdings den Schluss zu, dass die Sukzessionstheorie bereits in hellenistischer Zeit als Strukturprinzip der Geschichte Verbreitung fand. Der Zeitpunkt, zu dem das Fünferschema Assyrien – Medien – Persien – Makedonien – Rom in der römischen Welt ‚heimisch‘ wurde, wurde in der Vergangenheit zumeist im zweiten Jahrhundert v. Chr. veranschlagt und einerseits mit Polybios von

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Megalopolis, andererseits mit dem ansonsten unbekannten Autor Aemilius Sura in Verbindung gebracht. Während jedoch die von Polybios verwandte synkrisis der Perser, Lakedaimonier, Makedonen und Römer nicht in einem originären Zusammenhang mit der überkommenen Sukzession steht (s. o. Kap. III.1), sprechen gute Gründe dafür, die Lebenszeit Suras, der erstmalig von der späterhin ‚kanonischen‘ Fünferfolge Gebrauch machte, erst im ersten Jahrhundert v. Chr. zu vermuten (Kap. III.2.2): Erstens treten sowohl der vom Verfasser verwandte Terminus imperium im Sinne von ‚(Welt-) Herrschaft‘ als auch die Vorstellung von der Herrschaft Roms über den orbis erst in dieser Zeit in Erscheinung (Kap. III.2.1). In dieselbe Richtung weisen das literarische Genre des Werks sowie das Cognomen des Verfassers. Zweitens läuft die Tatsache, dass Sura den Beginn der ‚Weltherrschaft‘ Roms bereits im zweiten Jahrhundert v. Chr. ansetzte, durchaus mit der im Rahmen der römischen Historiographie geübten Praxis konform, die selbst in der Kaiserzeit über ein weites Spektrum möglicher ‚Epochendaten‘ verfügte. Drittens schließlich konnten die Römer erst zu dem Zeitpunkt das ‚rechtmäßige‘ Erbe Alexanders antreten, als das (einstmals) territorial größte Nachfolgerreich, dasjenige der Seleukiden, nach etwa zweihundertfünfzig Jahren seines Bestehens zu existieren aufgehört hatte. Vor diesem Hintergrund besitzt die These Josef Wiesehöfers von der Urheberschaft des Feldherren Pompeius, der das Seleukidenreich in des Status einer Provinz überführte, einige Plausibilität (Kap. III.2.2). Der General, der seine Eroberungen im Osten in der Nachfolge Alexanders – und notfalls wider republikanische Normen – öffentlichkeitswirksam als ‚Herrschaft Roms über den orbis‘ deklarierte, besaß in Theophanes von Mytilene einen ‚Haushistoriker‘, der mit griechisch-hellenistischen Ideologemen wohlvertraut war. Lag der Rekurs auf das Sukzessionsschema ohnehin gerade im Kontext der Auflösung des Seleukidenreiches nahe, so musste dies umso mehr der Fall sein, wenn das Konzept bereits zum ideologischen Instrumentarium der Könige aus dem Hause des Seleukos gezählt hatte. Tatsächlich war deren vormaliges Herrschaftsgebiet noch in der Folge Gegenstand (auch ideologischer) Auseinandersetzungen zwischen Ptolemaiern, Parthern und Römern. Gleichwohl ist auch die Möglichkeit, dass das Fünferschema auf der Grundlage der ‚klassischen‘ Dreiersukzession der griechischen Historiographie entwickelt wurde, nicht gänzlich auszuschließen. Verstärkt im zweiten Jahrhundert n. Chr. avancierte das Sukzessionsschema, das in der augusteischen Principatsideologie keine Rolle spielte, zum topisch und meist panegyrisch zum Preis Roms verwandten Element namentlich der griechischen Literatur (s. o. Einleitung). Dabei blieb es der spezifischen Interpretation und Darstellungsabsicht der jeweiligen Verfasser überlassen, ob sie die Seleukiden oder aber die Antigoniden als Vorläufer Roms in der Ausübung der ‚(Welt-)Herrschaft‘ betrachteten. Im fünften Jahrhundert n. Chr. wurde das ‚pagane‘ Fünferschema in den Werken lateinischer Autoren wie Claudian oder Rutilius Namatianus nochmals akut (s. o. Einleitung). Indes, die weit über das Altertum hinausreichende Wirkmacht der universalhistorischen Periodisierung nach Weltreichen lag in der ‚heiligen‘ Autorität des

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Danielbuches begründet, das die gottgelenkte translatio imperii mit einer eschatologischer Vision verknüpft: Diese Vorstellung wurde von der christlichen Universalgeschichtsschreibung aufgegriffen und über die Antike hinweg weiter tradiert. Sie prägte das abendländische Geschichtsbild bis weit in die Neuzeit hinein. Erst mit der Herausbildung der historischen Wissenschaften im 18. und 19. Jahrhundert änderte sich der Blickwinkel der Betrachtung [auf das persische Großreich], das über die Jahrhunderte hinweg als eines der großen Weltreiche und als Vorläufer des Imperium Romanum galt. Mit der Entstehung der Historie als Wissenschaft sowie mit der Einrichtung historischer und altphilologischer Spezialdisziplinen wurde mit dieser Perspektive allmählich gebrochen.17

Bezeichnenderweise begriff jedoch noch Georg Wilhelm Friedrich Hegel im 19. Jahrhundert Geschichte teleologisch im Sinne eines Fortschreitens von Ost nach West: „Die Weltgeschichte geht von Osten nach Westen, denn Europa ist schlechthin das Ende der Weltgeschichte, Asien der Anfang.“18

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Rollinger 2014a, 174. Hegel 1848, 128. Zu Hegels Geschichtsphilosophie cf. Koch 1997, 154–156. Speziell zur Rolle des persischen Weltreiches in den Vorlesungen über die Philosophie der Weltgeschichte cf. Panaino 2019.

Summary Time and again, the so-called succession of empires known from Greek and Latin literature has been the subject of scholary debate. Yet, the Ancient Near Eastern source material has often not been sufficiently taken into account so far. In fact, investigating the origins and the genesis of the concept requires a high degree of interdisciplinary research; it goes without saying that a single person cannot fully perform this task. However, I hope to have made clear how many different aspects have to be considered in order to approach the topic: The extremely complex, heterogeneous, partly contradictory and with numerous uncertainties afflicted tradition should be treated with caution. Assyrilogist, Old Testament, Ancient Historical, and Philological approaches open up in part different perspectives that are not always compatible. With these reservations in mind, the results of the present study will be summerized in the following.1 *** The question posed at the beginning, whether the succession of empires (in a positive shaping) bears features of imperial ideology, can basically be answered in the affirmative: Empires tend to invent ideas of ‘world domination’ and to construct (illusory) ‘imperial continuities’ (“imperiale[] Schein-Kontinuitäten”2). The Roman sequence of five empires shows that the notion of a succession of empires was ideologically appropriated in this sense, although there is no direct evidence for its political instrumentalization by the state leadership. However, the works of the rhetor Aelius Aristides attest to the fact that the topos could be used in order to glorify the achievements of the Roman state (see introduction above). Similarly, scholars have often held the view that the ‘three-kingdom’ schema (Assyria – Media – Persia), which can be found in Greek historiography (Herodotus and Ctesias) since the 5th century B. C., was originally an element of Achaemenid royal ideology. The Persian kings, it was said, used it to legitimize their claim to world dominion. 1 2

Earlier research findings and the associated evidence can be traced in detail in the preceding chapters. Therefore, only the relevant chapters are referred to in the following summary. Gehler/Rollinger 2014b, 19.

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In fact, from the end of the third millennium B. C. onwards Mesopotamian texts convey the idea that rule itself is constant and – in the course of history – transferred from one people to another. The Sumerian King List and related texts (chap. I.2.2) articulated this idea in a particularly pointed way. Likeweise, the conception of ‘world dominion’ was deliberately propagated in the Ancient Near East; especially in Neo-Assyrian times, it was linked to a divine mandate to preserve the cosmic order (chap. I.2.6). The ideological basis for raising such ‘universalistic’ claims was already laid in the late phase of the Sumerian city-states (chap. I.2.3) and further developed with the emergence of the Dynasty of Akkad (chap. I.2.4). The far-reaching territorial aspirations of Sargon and his successors were underlined by their claim to rule all territory from the ‘upper sea to the lower sea’ (i. e. from the Persian Gulf to the Mediterranean Sea). As rulers called by the gods, the kings of Akkad boasted about their incomparable deeds and assumed a universalistic titulature (‘King of the four quarters of the world’). The idea of ‘world domination’ articulated by the kings of Akkad remained constantly accessible in the following millennia. This also applies to periods of political instability, in which the gap between claim and reality was obvious (chap. I.2.5). In the course of the long history of the Ancient Near East, the seemingly pretentious postulate of ‘world domination’ was decisively determined by partly static, partly dynamic mental maps (chap.  I.2.1–I.2.8, here especially chap.  I.2.1). The preliminary climax of this development was the rhetoric of the Neo-Assyrian Empire, whose kings took up and expanded traditional topoi and narratives (chap. I.2.6). The repertoire of motifs used by them included a ‘universalistic titulature’ (‘King of the entirety’, ‘King of the four quarters of the world’), a divine mandate for warfare, and a “claim of heroic priority”3 that forced every ruler to outdo his predecessors in the field of military expansion. This principle inherent in Assyrian royal ideology is manifested in particular in the claim to rule all territory from the ‘upper sea to the lower sea’. This metaphor – as Martin Lang and Robert Rollinger have shown – was increasingly stretched or blown up, respectively, in order to finally locate the borders of the world ‘beyond the sea’ or ‘amidst the sea’ (chap. I.2.6). In fact, the ‘universalist’ claims raised by the Neo-Assyrian rulers were accompanied, to a greater extent than before, by the de facto subjugation and permanent control of vast areas of the Near East. The territorial scope of the empire and the military achievements of individual kings were staged and visualized both on the periphery of the empire and in its center: In the border regions (coasts, mountain massifs) the rulers erected victory monuments (statues, stelae, altars) and performed ritual acts by which the borders were clearly marked or, on the contrary, deliberately kept vague. The ‘washing of weapons in the sea’, the ‘boat trip on the high seas’ and the claim to dominate countries ‘amidst of the sea’ were ideological constructs through which the

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Tadmor 1999, 56.

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postulate of ‘world domination’ could be raised beyond political reality. On the other hand, raw materials as well as elements of the flora and fauna of the conquered territories were transported to the core regions of the empire in order to condense the spatial reach of rule in the center – for example in the royal gardens. The Achaemenids, whose empire surpassed all previous empires in territorial scope, inherited the ideological rhetoric of their predecessors. Yet, the Persian kings created – in an ‘eclectic’ manner, as it were – a specific form of ruler representation, which, at least superficially, appears less expansionist and martial than, for example, the Assyrian one. Both the ‘universalistic’ titulature (‘Great King’; ‘King on this (great) earth even far off ’; ‘King of the countries containing many/all tribes’ etc.), the ‘lists of countries’ and the so-called ‘Foundation Charta’ of Darius I from Susa take into account the cultural diversity and the territorial reach of the empire. This holds true for visual representations as well (think, for example, of the Achaemenid reliefs showing tribute processions or the peoples of the empire carrying the king’s throne). In Achaemenid royal ideology, it seems, military force is only sporadically alluded to. Yet, it definitely represented a means of demonstrating the all-embracing power of the ruler (“ultima ratio der königlichen Ordnungsmission”4). In contrast to the Assyrian testimonies, the Achaemenid royal inscriptions do not contain a clear divine mandate for warfare; rather, the ‘unity of the world’ seems to have been achieved long ago under the aegis of the Persian king and his god Ahuramazda (chap. I.2.8). At the same time, however, the ‘performative’ aspects recognisable in Greek testimonies (the boat trip on the high seas; the erection of victory monuments on the periphery) may indeed have represented – as with the Mesopotamian kings – a central element of the Achaemenid representation of rule (chap. I.2.8; I.3.1.2). All in all, both actual historical processes (of empires and dynasties) and their literary adaption in the Ancient Near East were far more complex than the ‘canonical’ sequence (Assyria – Media – Persia) of Greek literature suggests. Especially the Dynasty of Akkad, whose memory was not preserved by Greek literature, was the subject of literary and political discourse in the Near East for centuries, even millennia – both in terms of the establishment of successful imperial rule and in terms of its dramatic fall (chap. I.2.5). Thus, the topos of the fall of a mighty empire which succumbs to the invasion of ‘barbarian hordes’ from the mountains formed a common literary motif long before the conquest of Nineveh. The fall of Akkad virtually constituted a blueprint on which the collapse of Assyria could also be interpreted (one can think here, for example, of the Sumerian poem Cursing of Agade and the City laments recalling the fall of the Third Dynasty of Ur (chap. I.2.5)). Significantly, the Medes, who were instrumental in bringing about this end, were presented in Neo-Babylonian texts as ‘agents of divine destruction’ and equated with the chaos powers of literary tradition, first and foremost

4

Jacobs 2010, 108.

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with the Umman­manda of the Cuthaean Legend (chap. I.2.5; I.3.1.3). In this sense, as Johannes Haubold has pointed out, the last Babylonian king Nabonidus had developed an ideolocacally biased interpretation of history: First the Assyrians are overthrown by the Medes (Umman­manda), who, in turn, succumb to the Persians. While the Babylonian king himself seems to take a passive role, history unfolds according to the will of the Babylonian god Marduk (chap. I.3.1.3). The founder of the Persian empire, Cyrus II, appears in these texts as ‘king of Anshan’, but the toponyms ‘Anshan’ and ‘Parsu(m) a(š?)?)’ were presumably used synonymously in the sixth century B. C. (chap. I.2.8). Consequently, Haubold’s interpretation is absolutely convincing. On the other hand, the very fact that the Persian king identifies himself as ‘king of Anshan’ in the Cyrus Cylinder contradicts the thesis that has been put forward in the past, according to which the idea of a succession of empires (Assyria, Media, and Persia) had originally been a component of the Teispid-Achaemenid ‘royal ideology’. The role of the Medean empire, in particular, proves to be problematic: Not only are there serious doubts as to whether such an empire has ever existed (chap. I.3.1.3); it is, moreover, questionable whether the Medes actually represented a decisive legitimizing authority for the early Persians. Rather, Persian ethnogenesis and empire building did not start from a Median empire, but took place in the cultural and political milieu of the NeoElamite period, i. e. in Fars (chap. I.2.8). On the basis of the the contemporary sources, it is expressly not possible to verify the assumption that Cyrus would have relied on the Medes as a (historical) legitimizing authority. Consequently, the Cyrus Cylinder, which was composed by Babylonian scribes on behalf of Cyrus (and thus does not represent a ‘genuinely Persian’ document) cannot support the view that the invention of the ‘three-kingdom’ schema should be attributed to the founder of the Persian Empire. Rather, the text reflects the ‘world view’ of the Babylonian elites, who were certainly familiar with the inscriptions of Nabonidus and used traditional Babylonian narratives to interpret and explain the rise of Cyrus (chap. I.4). The Achaemenids (starting with Darius I) also conducted a policy of “hybrid discourse”5 infiltrating the theological and ideological traditions of the subjugated (chap. I.2.8; I.3.1.1). Nevertheless, there are no reliable indications of an ideological use of the succession of empires in the context of their official representation of kingship. While Assyrian, Babylonian, Elamite and Urartian elements can be found in the written and pictorial tradition, a practical and ideological recourse to Median forms of rule is difficult to discern (chap. I.2.8; I.3.1.3). Rather, in the imperial art of the Achaemenids, it is Elam that seems to be associated in a special way with Persian kingship (costume, weapons, etc.) (chap. I.2.8). Moreover, the fact that ‘Medes’ are prominently represented in Persian relief art as well as in the royal inscriptions, provides no evidence that the Achaimenids would have considered themselves the successors of a once power-

5

Haubold 2007, 49.

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ful ‘Median empire’; rather, the integration of Median officials into the administration seems to have arisen from factual-political necessities (chap. I.3.1.3). Finally, the apparent equation of Assyrians and Babylonians recognisable in the Achaemenid relief art since the fourth century B. C. does not allow the conclusion that the ‘three-kingdom’ schema, which does not take Babylonia into account, reflects later Persian ideas: not only are the Assyrians possibly pars pro toto here, but the reliefs also have less of a ‘historical’ sense, aiming at past empires, but present Assyrians as well as Babylonians as subjects (chap. I.4). A sequence of of three successive kingdoms (Assyria, Media, Persia) is found for the first time in Herodotus’ Histories (chap. I.3.1.1 -I.3.1.2). The ‘three-kingdom’ schema being absolutely compatible with the thematic conception and philosophy of history underlying his work, it is very likely that Herodotus himself was the author of the concept (chap. I.3.1.1). His narrative focusses on the conflict between ‘Orient’ and ‘Occident’. This conflict, starting with the Lydian king Croesus, is decisively determined by the expansionist policy of ‘oriental’ rulers, whose striving for power finally culminates in the Persian Wars. Still, the Great Kings’ striving for domination, which, with Xerxes, culminates in the postulate of ‘world domination’, is critically rejected (“wird […] kritisch zurückgewiesen.”6). In Herodotus’ historical-philosophical conception, the Persian kings pursue a policy of expansion that ultimately causes them to fail in a ‘tragic’ progression of hybris, divine nemesis, and overthrow: “Damit wird der Anspruch einer unbegrenzten Herrschaft, die sich in alle vier Himmelsrichtungen erstreckt, eindrucksvoll konterkariert.”7 At the same time, the Histories are by no means to be described as a biased (‘anti-Persian’) account. Instead, Herodotus offers an exemplary narrative about the dangers of excessive striving for power and the finiteness of any rule, which is subject to the ‘eternal cycle of things’ (κύκλος τῶν πραγμάτων). For Herodotus, history manifests itself neither in terms of an ‘autonomous process’ nor through complete contingency; rather, historical processes are influenced by predestination and human behaviour alike. The threshold at which fate inevitably takes its course is strikingly marked by the river motif.8 These basic features of Herodotean storytelling also emerge in his narrative of Cyrus’ rise to power. They are, additionally, neatly compatible with the concept of a succession of empires (chap. I.3.1.2). In Herodotus, the sequence of Assyrians, Medes, and Persians structures the history of ‘upper Asia’ in ascendant succession, while initially the Lydians dominate ‘lower Asia’ west of the Halys-river. The Medes as vassals of the Assyrians fight for their independence, found their own state and, finally, subjugate the territories of ‘lower Asia’. Meanwhile, Babylonia preserves its autonomy until it is conquered by Cyrus. Nevertheless, Herodotus obviously had no imformation about the Neo-Bybalonian kingdom at his dis6 7 8

Bichler/Rollinger 2017, 7. Ibid. Immerwahr 1966, 84.

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posal, but viewed Babylon as the residence of a reduced Assyrian empire. The transfer of power from the Medes to the Persians, in turn, bears features of a Greek drama, in the course of which Cyrus’ grandfather, the Median king Astyages, contributes to the Persian takeover through various ethical transgressions. Similarly, the Lydian king Croesus will also have to cede his power to Cyrus because of his hybris. Thus, the succession of empires illustrates the Herodotean philosophy of history (κύκλος τῶν πραγμάτων). In Herodotus, of course, there is not yet a sequence of world empires, because the succession of the Assyrians, Medes, and Persians is restricted to the territories of ‘lower Asia’. However, since Asia alone represents the area of rule assigned to the Persians by the gods, all military activities reaching beyond are doomed to failure. For Herodotus, the succession of empires is a means of structuring the history of Asia. It has, however, not yet taken the neat form of the later attested succession of Assyrians, Medes, and Persians. Rather, in relation to the entire continent of Asia, the following sequence emerges: Assyrians/Lydians – Medes/Lydians – Persians. It can thus be seen that the epochal boundaries are blurred by the (temporary) simultaneous reigns of different peoples and, additionally, by the 28-year Scythian invasion. All in all, the question of the origin of the ‘three-kingdom’ schema is complicated by numerous uncertainties. On the one hand, the extent and the modalities of cultural exchange between the Greek World and the civilizations of the Near East attested from the Archaic Period onwards are problematic here (chap. I.3); on the other hand, there is still controversy as to which sources Herodotus owed information to. (chap. I.3.1.1). For the time being, it remains disputed whether the author’s source references are to be understood as true, fictitious or as a reference to a contemporary Greek discourse. What is certain, however, is that ‘oriental’ traditions and narratives were inserted into the Histories. These not least concern aspects royal ideology. As a matter of fact, recent scholarship has shown that individual strands of tradition are often detached from their original contexts and adapted to Herodotus’ philosophy of history and his thematic conception (chap. I.3.1.1). Against this background, the appropriation of an originally ‘oriental’ sequence of empires by the Greek author seems to be a conceivable scenario. On the other hand, the technique frequently found in the Histories of putting Greek patterns of interpretation or Sophistic arguments into the mouths of the Persians or attributing the establishment of Hellenic institutions to the opponent, calls for scepticism. Therefore, a Greek projection seems possible in the case of the succession of empires as well. No less controversial is the work of Ctesias: The Persica, written around 400 B. C., also operate with the concept of a succession of the Assyrians, Medes, and Persians (chap. I.3.2.1–I.3.2.1). Since the work is preserved only in fragments, its structure and design can be reconstructed only to a limited extent. The Persica describe the history of Asia beginning with the legendary Assyrian king Ninus up to the reign of Artaxerxes II. The succession of the Assyrian, Median and Persian empires serves as structural principle.

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Starting with the harsh criticism articulated by Felix Jacoby at the beginning of the 20 century, Ctesias’ historical ‘reliability’ has often been regarded as low. Nevertheless, his claim to have served at the court of Artaxerxes II as the king’s personal physician has only recently been questioned (chap. I.3.2.1). Ctesias’ sources on ‘oriental history’ are thus considered inferior, possibly based primarily on ‘court gossip’ and rumors, but, according to a widespread view, they convey an authentic picture of the official view of history propagated by the Achaemenid kings. Accordingly, the Greek author must have developed the idea of a succession of empires independently of Herodotus and on the basis of a ‘genuinely Persian’ ideological concept. However, there is no question that Ctesias relied to a great extent on the Histories of Herodotus, sharply attacking his predecessor, but taking over his reports in order to alienate them in a fantastic way. While in the past the author of the Persica had to appear as a dubious plagiarist, in recent times the question of which literary genre the work should be attributed to has again become the focus of scholary debate (chap. I.3.2.1). On the one hand, the consciously ‘fictional’, even ‘poetic’ aspects of the œuvre have been emphasized. On the other hand, the work was read as a kind of persiflage: According to Reinhold Bichler’s attractive thesis, the Persica can be understood as an ‘ironizing deformation’ of Herodotus’ Histories mocking the latter’s ‘claim to truthfulness’. By claiming that he had direct access to the center of power, Ctesias, then, would have rivalled Herodotus and, at the same time, implicitly ridiculed the ‘source references’ of his predecessor. Against this background, the Herodetean structural principle of a succession of empires would have had to be reinterpreted in order to ‘outdo’ the Halikarnassean. Additionally, Ctesias was apparently able to draw on a ‘pool’ of literary tradititions deriving from the Near East and circulating in the Greek World during his lifetime. In the Persica, then, we find for the first time a succession of the Assyrians, Medes and Persians, which includes the whole continent of Asia (chap. I.3.2.2). Thus, in the version of Ctesias, the legendary Assyrian monarchs Ninus and Semiramis had already subjugated a territory as large as the empire that the Persians would rule some centuries later. Although both figures are fictitious, they bear traits of historical rulers, and their deeds are partly reminiscent of the ancient oriental, especially Assyrian ruler ideology (metaphor of surpassing, martial warfare, etc.). In the same way, the representation of their son Ninyas, who ‘like an invisible god’, lives secluded behind the walls of his palace in order to indulge in undisturbed idleness, represents a deformation of neo-Assyrian royal ideology according to which the king was considered the image of the gods. In contrast to Herododotus, Ctesias explains the transition from Assyrian to Median rule by means of of ‘oriental decadence’. It is with Sardanapallus that moral depravity reaches its climax: The last Assyrian king, whom Ctesias presents as a hedonist (presumably with reference to hazy traditions about the Ancient Near East), is overthrown by the Mede Arbaces precisely because of his dissolute lifestyle. In contrast to Herodotus’ Cyaxares, Arbaces does not figure as an independent ruler, but as commander of the Assyrian palace guard. Significantly, he is instigated or encouraged in his th

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plans by a Babylonian astrologer named Belesys. In this context, both the subsequent ‘self-immolation’ of Sardanapallus and the institution of the Median palace guard again contain echoes of ancient Oriental traditions. The account on the Medo-Persian war, in turn, shows numerous similarities with the report of Herodotus, although Ctesias alienates the version of the Histories recognizably. The concept of a succession of empires is more pronounced in Ctesias than in Herodotus: Assyrians, Medes and Persians go through a veritable succession of rule over ‘all Asia’. Rulers and empires replace each other in the course of history, while the ‘kingship of Asia’ remains constant. From this conception it follows that “die Perser – anders etwa als bei Herodot oder später in Xenophons Kyrupädie  – nicht mehr als Gründer, sondern nur mehr als Erben eines Königreiches erscheinen, das schon seit etlichen Jahrhunderten ein ähnlich großes Gebiet umfasst hatte, ja anfänglich sogar noch größer war.”9 Accordingly, an independent New Babylonian empire, which is still dimly discernible in Herodotus, recedes completely into the background in Ctesias’ version. In the Persica, however, as Johannes Haubold has pointed out, two Babylonians, namely Belesys and an anonymous dream interpreter, have a decisive influence on the change of the rule. Here there are striking similarities with some inscriptions of the neo-Babylonian king Nabonidus, who had asserted that Babylon and its gods respectively determined the succession of Assyrians, Medes, and Persians. In this respect, Ctesias, whose work verifiably contains ‘genuine’ oriental traditions, may well have reverted to (oral) sources independent of Herodotus with regard to the succession. However, it is difficult to say how he gained access to this information. These ‘set pieces’ of ancient oriental traditions, which were presumably also known in the Greek World, he then used specifically to criticize Herodotus in a ‘satirical way’. At the same time, the Persica imagine a ‘scenario of decline’, which unfolds according to a certain ‘natural law’: Once powerful empires are weakened by the moral decline of their rulers, until a stronger opponent takes power. Nevertheless, Ctesias does not provide any deeper considerations on the genesis and decline of states. Although the succession of empires (Assyria, Media, and Persia) is with some probability a Greek creation, Mesopotamian concepts may have penetrated by means of ‘cultural exchange’ (chap.  I.3), so that the succession could represent, as it were, an Interpretatio Graeca of an ‘oriental’, and more precisely: Mesopotamian motif. The idea that the Persian rule succeeded a Median one (as well as the omission of the NeoBabylonian empire in the Greco-Roman texts) was, as Johannes Haubold has shown, possibly laid down in Neo-Babylonian literature: Some inscriptios of Nabonidus present the Medes (as later again the Persians) as instruments of destruction by virtue of the divine will (see above). However, in the Babylonian context, no formalized succes­ sion of empires can be grasped. Rather, the focus in Nabonidus’ inscriptions is on the

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Bichler/Rollinger 2017, 11.

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omnipotence of the Babylonian patron deity Marduk, who appoints the Assyrians, Medes, and Persians one after another as his executors. The Medes were universally known and feared because they had decisively brought about the fall of Assyria. The news of the destruction of Nineveh must soon have reached the Greek world. Most likely, then, it was the Greeks who envisioned the Medes as masters of a great empire. Herodotus and Ctesias presumably participated in a contemporary ‘discourse’ about ‘oriental’ history; this discourse intensified with the subjugation of the Persian Empire by Alexander the Great. In Hellenistic times, an extended sequence of four kingdoms is attested in the Book of Daniel. The final editing of the Old Testament text was completed during the Maccabean revolt in the middle of the second century B. C. E. (chap. II.2.1–II.2.2). However, the succession of four monarchies discernible in the book deviates from the Greek model of three kingdoms and the later Roman scheme of five empires both structurally (through the shift from the Assyrian to the Babylonian empire in the first link) and through its end-time-oriented agenda It is hardly possible to reach a consensus on the complex genesis of the Book of Daniel  – all the more so because the text contains various heterogenic elements of different provenance. However, there are good reasons to assume that the visionary accounts (Dan 7–12), in which the ‘apocalyptic interpretation of history’ is much more pronounced than in the narratives (Dan 2–6), were written only during the SeleucidJewish conflict of the 160s B. C. However, older reports about Daniel were included as well (chap. II.2.1). While the references to Hellenistic history prove to be quite accurate, the authors of the final redaction seem to have possessed a rather obscure knowledge of pre-Hellenistic events based on “folk memory.”10 As a matter of fact, the Babylonian, Median, and Persian royal courts, respectivley, only serve as ‘pseudo-historical backdrop’ (“pseudohistorische Kulisse”11). The Book of Daniel displays a less historical than theological agenda: It conveys an eschatological (and teleological) view of history. The succession of empires serves to illustrate the power of YHWH, who appoints kings to rule for a time, but who will break their power at the end of days. The latter idea can also be found in several Mesopotamian texts, especially in the Cuthaean Leg­ end and in the inscriptions of the last Neo-Babylonian king Nabonidus. As a matter of fact, numerous aspects of the symbolic language used in the Book of Daniel were modelled on Near Eastern motifs. This holds true for the the partial transformation of Nebuchadnezzar into an animal (Daniel 4), which shows parallels with some of Nabonidus’ inscriptions, but also with the Gilgamesh Epic; also the vision of the four beasts emerging from the sea seems to be inspired by ancient Near Eastern myths (Enūma eliš, the story cycles about Anzû and Ninurta or Baal and Yamm) and divinatory texts

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Grabbe 2001, 232. Wiesehöfer 2015b, 18.

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(Šumma izbu) as well as pictorial symbols (horned crown; lion fight). At the same time, as Josef Wiesehöfer has shown, the authors of the book seem to have had acces, at least indirectly, to works of the Greek literary tradition. They probably even modelled the figure of ‘Darius the Mede’ on the basis of Herodotus’ Histories (chap. II.2.1). The image of the colossal statue made of gold, silver, bronze and iron mixed with clay in Daniel 2, on the other hand, may follow Iranian (Bahman Yašt) or Greek (Hesiod’s doctrine of the ‘four ages’) guidelines. However, the symbolism of the different metals was most likely only retroactively connected with the concept of a succession of world empires. The image of the idol being smashed by a stone falling from heaven stands in itself for the destruction of all worldly systems of power and the idolatry practiced by them (chap. II.2.2). The metaphor of the stone destroying the statue likewise defies clear attribution. On the one hand, there are intertextual references to other books of the Old Testament that identify God with a rock; on the other hand, there are oriental models for the cultic worship of aniconic stones; even a further reminiscence of Herodotus cannot be completely ruled out. In view of the eclectic character of the book of Daniel, it is, therefore, extremely difficult to determine where and by whom the theory of a succession of world empires was originally developed. In the past, the assumption has been repeatedly and justifiably voiced that the succession must be understood as an intentional eschatological ‘reinterpretation’ of an originally positively connoted (and ‘propagandistically’ used) ‘four-kingdom’ schema of the Assyrians, Medes, Persians and Macedonians (chap. II.1; II.3.1–II.3.2). However, there are no direct textual witnesses available that could confirm the further development of the older ‘three-kingdom’ schema. However, the adoption of the concept by the Romans, which came about independently of the Book of Daniel, suggests that the succession of empires already formed a well-known structural principle of historiography in Hellenistic times. Among the possible authors of the concept, Alexander the Great (chap. II.3.1) and the Seleucids (chap. II.3.2), were subjected to closer examination in the context of the present study. In fact, a sequence of four kingdoms (Assyria – Media – Persia – Macedonia) is attested in the Anabasis Alexandrou, written by Arrian in the second century A. D. The author associates the notion of a succession of empires with the victory of the Macedonians over the Persians in the Battle of Issus (333 B. C.). However, it remains more than questionable whether the model can be traced back to contemporary reports, let alone to Alexander himself (chap. II.3.1). In the course of his campaign, Alexander III interacted with representatives of different ethnic and cultural groups. In order to stabilize his rule, he took over traditional structures of governance in the conquered territories to the extent that it seemed useful to him and the respective circumstances required it. In doing so, he followed (to a certain degree) the precept of ‘politically motivated tolerance’ which had already been characteristic of the Achaemenid rule. It is therefore not surprising that he resorted or had to resort to diverse and specific legitimation strategies vis-à-vis the various subject groups. It is hardly possible to be

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certain about Alexander’s actual goals and plans. It is true that the ideological messages that the Macedonian king was willing to convey at the various stages of his campaign can sometimes be roughly grasped; it is also possible to state at times which addressees these messages were directed at. Nevertheless, caution is also called for when answering these questions, because the sources preserved  – which were written long after Alexander’s campaigns – each followed their own literary agenda. Therefore, contemporary narratives can often only be insufficiently separated from later literary fiction. The propagandistic appropriation of the concept of a succession of empires by Alexander in the Iranian context can be ruled out: His “[p]ro-Iranian reforms”12 and policy of reconciliation with the Persian elites were primarily aimed at the indigenous population of Iran. If, contrary to earlier assumptions, the ‘three-kingdom’ sequence was not already in circulation there in the Achaemenid period (chap. I.4), an extended version of the concept could not have been an effective instrument for Alexander to legitimize his rule. In Babylonia, on the other hand, where Alexander was also prepared to continue the traditions of the past, the succession of the Assyrians, Medes, and Persians may have played a role; presumably even the theological interpretation of history articulated by the last Neo-Babylonian king Nabonidus in the sixth century B. C. had had an indirect effect on the emergence of the Greek ‘three-kingdom’ schema (see obove). However, even if Alexander was indeed familiarised with the concept, there is no reason to assume that he ideologically appropriated it for himself: In Babylonia, he had a variety of attractive legitimation options at his disposal, but there is no reliable evidence that the succession of empires played a role there during Alexander’s lifetime. In the Greco-Macedonian context, on the other hand, Alexander’s propagandistic use of this very concept seems to be quite possible. In fact, the later descriptions of his deeds often evoke associations with Herodotean narrative motifs; these literary echoes of the Histories may also have included the succession of empires. To what extent these reminiscences can be traced back to Alexander himself or his ideologists remains questionable. Since the works of Herodotus and Ctesias were presumably known and appreciated at the Argead court, an ideological treatment of the succession of empires by Alexander cannot be rejected a priori. However, the concept could only be meaningful if Alexander saw himself primarily as a Macedonian king. But even if he had a completely new form of rule in mind, it cannot be ruled out that in certain situations he presented himself as a Macedonian to his compatriots in order to secure their approval. But the point in time at which Arrian brings the ‘four-kingdom’ schema into play (namely immediately after the battle of Issus) calls for scepticism: The rule over large parts of the Achaemenid empire had not yet been won. The articulation of such objectives at that time was hardly compatible with the officially proclaimed revenge theme.

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Olbrycht 2014, 40.

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Alexander’s proclamation as ‘king of Asia’ in 331 B. C., on the other hand, would certainly conform to the theory of a succession of world empires – all the more so since the concept represents a central structural element of the history of the continent of ‘Asia’, both in the Histories of Herodotus and in the Persica of Ctesias. Significantly, however, there is no reference to the idea of a succession of empires in this very context. The concept had, in turn, long since acquired a topical character (in the form of the Roman sequence of five empires) during Arrian’s lifetime. It is, therefore, very likely that the use of the ‘four-kingdom’ schema in the context of the Battle of Issus must be attributed to Arrian himself rather than to his sources. Nevertheless, the existence of the later sequence of five empires, namely Assyria, Media, Persia, Macedon, and Rome, suggests that a ‘four-kingdom’ schema was already in circulation in Hellenistic times. In this case, of course, the idea would have been known to the authors of the book Daniel as well. (chap. II.1). There is some evidence in favor of the assumption that such a ‘secular’ succession of empires was propagated at the court of the Seleucids (chap. II.3.2). On the one hand the final editing of the book takes a hostile attitude towards the Seleucid dynasty; on the other hand the appropriation and deliberate reinterpretation of narrative patterns used by one’s opponents corresponds to common Old Testament practice. Of course, contemporaries may have associated the ‘rule of Asia’ with the Seleucids. This concept in turn formed an integral part of the ‘classical’ Greek sequence of three empires. As emphasized in recent research, the title βασιλεὺς τῆς Ἀσίας, with which the ‘literary’ tradition endowed the Seleucid kings, apparently did not find any use in the official documents of the royal chancellery. However, at the beginning of the second century B. C. the term βασιλεία took on an increasingly territorial meaning, which possibly implied a de facto equation of the Seleucid domain with ‘Asia’. On the other hand, the ‘vagueness’ of the term may indicate more far-reaching, even ‘universalistic’ claims. The latter can also be found in the geographical writings of the early Seleucid period. Regarding the scope of the Seleucid βασιλεία, already the founder of the dynasty, who subdued the ‘upper satrapies’ in the course of his anabasis, had set standards: The kings who succeeded Seleucus I, considered the territories conquered by him as χώρα δορίκτητος, whose possession was theirs by right. Yet already Seleucus himself had broken the territorial framework of the βασιλεία τῆς Ἀσίας when he reached out into Thrace and Macedon. Like all of the Successors, he regarded Alexander as a central source of legitimacy. To a certain extent, most of the Diadochi strove to take full possession of Alexander’s former empire. The establishment of a ‘balance of powers’ did by no means prevent them from laying claim to each other’s dominions as soon as the opportunity arose. This is particularly evident in the course of the conflicts between the Seleucids and the Ptolemies. The ideological dimensions of these conflicts are clearly demonstrated by some Lagid testimonies such as the Inscription of Adulis attributed to Ptolemy III Euergetes. On the one hand, the Ptolemaic texts construct politically motivated images of the

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enemy: By subtly associating the alleged villainous deeds of the Persians with the Seleucid kings, Achaimenids and Seleucids are merged into a single entity. At the same time, the account of the of the Adulis Inscription indirectly portrays the Seleucid kings as ‘illegitimate’ rulers over the former Achaemenid empire, which had been conquered by Alexander. By implicitly claiming that this territory was theirs by right, the Ptolemies postulated (rightly pointed out by Rolf Strootman) a Lagid ‘hereditary succession’, to which Cleopatra VII was still to refer. In addition, the account of the Adulis Inscription refers back to traditional Near Eastern narratives (based on the legendary tradition of Sargon of Akkad) that had already been used in the conflict between Mesopotamian and Egyptian rulers in the second millennium B. C. At the center of these ideologically charged disputes was not least the concept of dominion over Asia, which on the part of the Greco-Macedonian rulers might have been readily associated with the succession of empires. Recently, Marijn S. Visscher has shown that this concept (in a variant disadvantageous to the Seleucids) also played a role in Ptolemaic court poetry: In Callimachus’ poem Lock of Berenice, the Seleucids figure as ‘heirs’ to the preceeding ‘Oriental’ empires, which had been marked as obsolete, while Ptolemy III is implicitly associated with Alexander the Great. Against this background, it cannot be ruled out that an originally Seleucid scheme of four successive kingdoms, which (at least in Ctesias’ version) could also have legitimized the dynasty’s claims to rule Egypt, was alienated by the Ptolemies and used to discredit their rivals. Should this be the case, it is nevertheless not possible to decide whether the Seleucids would have conceptualised the succession of four monarchies to justify their rule over Asia (following Herodotus and Ctesias) or (as Daniel would suggest) in order to legitimize the dynasty’s claim to ‘world domination’. The Seleucids certainly promoted ‘universalistic’ ideas and also claimed the possession of ‘European’ territories. Consequently, it cannot be ruled out that they would have understood the notion of a succession of empires as an instrument of propaganda aiming at world domination. On the other hand, the concept could (in case of a Seleucid expansion into ‘Europe’ as attested for Seleucus I and Antiochus III) also have been interpreted to the disadvantage of the conquerors, since the Herodotean model could evoke associations with the hybris of Xerxes. And indeed you can find in our sources episodes in which Seleucus is admonished to be content with the rule over Asia. With regard to the Greco-Macedonian ‘public’ an all too obvious recourse to the kingship of the Achaemenids may still have turned out to be delicate for the Seleucids. Not least for this reason, ‘alternative models’ (championed by Berossos, for example) may have met with a response from the rulers of the dynasty, which stylized the kings of the Neo-Babylonian empire, above all Nebuchadnezzar II, as their ‘prototypes’. Indeed, it is precisely in Hellenistic (i. e. Seleucid) Babylonia where strong indications of a ‘four-kingdom’ schema (including the Macedonian Empire) can be found. While it must remain questionable whether the so-called Dynastic Prophecy contained an ‘alternative’ sequence of the Assyrians, Babylonians, Persians, and Macedonians,

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it cannot be excluded that the genre of ex­eventu prophecy indirectly influenced the Book of Daniel. However, it is not so much a succession of ‘empires’ that is the focus of the Akkadian text. Rather, the focus of the Dynastic Prophecy is on the succession of kings, whose governments are evaluated positively or negatively in each case. On the other hand, the idea existed in Babylonia since the sixth century B. C. that the Assyrians, Medes, and Persians were successively called to rule by the Babylonian god Marduk (chap. I.3.1.3; I.4). Consequently, the argument that this sequence was incompatible with the prevailing Babylonian ‘view of history’ can no longer be sustained. In recent decades scholars have examined in detail the geostrategic, economic, and cultural importance of Babylonia within the Seleucid realm. In particular, the continuity of local traditions and their appropriation by the Seleucid rulers have been emphasized. Seleucus I had already created networks among the indigenous elites that were favorable to him. Likewise, the active involvement of his successors, especially in the context of cult worship and building policy, is well documented. In this context, the Seleucids evidently drew on the high authority of Nebuchadnezzar II. Thus, contemporary authors such as Berossos or Megasthenes, who were connected to the royal court, presented the Babylonian monarch as ‘world conqueror’ and, as it were, as the prefiguration of the Seleucid kings. On the other hand, the inscriptions of Nabonidus seem to have been part of the repertoire of the Babylonian scribes, who presented the Seleucid kingship ‘in local garb’. Therefore, it cannot be ruled out that the Greco-Macedonian rulers associated the ‘succession’ of Assyrians, Medes, and Persians conveyed in these Akkadian texts with the ‘three-kingdom’ schema familiar to them from Greek historiography. However, corresponding evidence does not exist (as already for Alexander) so that the significance of a (hypothetical) ‘four-kingdom’ schema in the Seleucid empire can at best be inferred indirectly. In fact, especially in recent times, research has focused on the ‘hybridizing’ symbolic language used in Seleucid Babylonia (“seeing double”13), through which Babylonian motifs could be reconciled with Greek (Seleucid) ideas. The syncretisms of the gods Zeus and Marduk as well as Apollo and Nabû, which in turn were associated with Seleucus I and his son Antiochios I, set the stage for a virtually ‘pan-imperial program’ that was able to appeal equally to different groups of subjects. There are numerous examples of this specific use of symbols aiming at creating complex associations within different cultural milieus. One can think here, for example, of the ‘horned cap’ or the identification of kingship with the hero Heracles, who (like his Near Eastern ‘mirror images’ Ninurta, Marduk, Gilgamesh and Baal) symbolized the “soteriological aspects”14 of kingship. In local contexts, the Seleucids relied on politically motivated tolerance; at the same time, Babylonian symbols and narrative patterns could also

13 14

Kosmin 2014a, 173. Anagnostou-Laoutides 2017, 157.

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appeal to non-Babylonians, thus evoking ambiguous associations, that could help to overcome cultural boundaries. The same procedure appears to be possible in the case of the succession of empires, because the propagation of this concept could have been justified by Greco-Macedonian as well as Babylonian evidence; moreover, the notion of a succession of empires would have been a suitable means to underpin the Seleucid claim (marked by the introduction of the ‘Seleucid Era’) that a new age had begun with them. Nevertheless, apparently not all contemporaries agreed with the exclusion of Babylon from the process of world history, which the ‘canonical’ sequence (Assyria  – Media – Persia – Macedon) inevitably suggested. The example of the priest Berossos is instructive in this respect: The (admittedly only rudimentarily recognisable) ‘variant’ of the succession of empires in his Babyloniaca, which assign Babylon a fixed place within the ‘imperial process’, could be considered as an immediate response of the Babylonian to the traditional model. Thus, Berossos on the one hand would have reacted to contemporary discourses; on the other hand, however, he gave new stimuli to the certainly diverse and interdependent debates by emphasizing (like Megasthenes before him) the importance of Nebuchadnezzar II as a historical model for the Seleucids. Berossos’ efforts notwithstanding, the ideas of most contemporaries (especially in the Greco-Macedonian milieu) regarding a ‘Neo-Assyrian’ and a ‘Neo-Babylonian’ empire remained rather diffuse. Thus, the ideological tying of the Seleucids to the Babylonian monarchy would have been unlikely to be seen as a contradiction to the propagation of a sequence of kindoms in which Assyria was prominently represented while Babylonia was left out (chap. II.4). In fact, as scholars have repeatedly pointed out, “[c]ultural adaption”15 has to be understood not as a unilateral, but rather as a reciprocal process. Not only rulers, but also their subjects could adopt this means. In doing so, they probably benefited from the existence of ‘global networks’ of local elites, who communicated ‘Seleucid’ ideologies among themselves. These networks may have included those circles of Judaea that were reviled as ‘Hellenizers’ in the Books of the Maccabees. And presumably it was to these very people to whom the authors of the Book of Daniel also owed their knowledge of Hellenistic representation of rule. This Old Testament text, which decontextualizes and recombines Mesopotamian and Levantine (Enūma eliš; stories about Baal, Ninurta and others), Iranian (Bahman Yašt) and Greek (‘Darius the Mede’; Kypselos) motifs and narrative complexes, is strongly characterized by the practice of cultural adaptation. An illuminating example is the figure of the ‘Son of Man’: This celestical being on the one hand bears features of Heracles, Baal or Ninurta, and on the other hand indirectly brands the appropriation of these very ‘soteriological’ figures by the Seleucid kings as hybris. Thus, the Book of Daniel ultimately adapted not only isolated Seleucid

15

Burke 2009, 93 f.

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ideologies and motifs, but also the method of seeing double itself. It can therefore not be ruled out that the concept of a succession of empires, too, had originally been part of the opponent’s propaganda, and that it was adopted by the Jewish authors of the Book of Daniel – only to be alienated and subversively undermined. This assumption seems plausible especially in view of the fact that the establishment a new era, based on a linear (historical) chronology had been a central element of Seleucid representation of rule. At the same time, the Seleucids’ ideological appropriation of the Babylonian king Nebuchadnezzar II may have prompted the authors of the Book of Daniel to place Babylonia – instead of Assyria – at the head of their succession of empires. Moreover, it cannot be ruled out that the Jewish authors, who were apparently familiar with Hellenistic writings and/or traditions (chap. II.4), also came into contact with the divergent historical interpretation of the Babylonian Berossos: The Babyloniaca could provide a ‘historical proof ’ for the Medes’ conquest of Babylon, since Berossos had anachronistically given the Gutaeans the ‘label’ ‘Medes’ (chap. II.3.2). But also the Histories of Herodotus, as Josef Wiesehöfer has shown, can be considered as a model for the story of ‘Darius the Mede’ in the Book of Daniel (chap. II.2.1). Thus, traditions of different provenance apparently influenced the Book of Daniel in several ways. In my opinion, an extended sequence of four kindoms (Assyria – Media – Persia – Macedon) developed at the Seleucid court was also one of these motifs. No direct evidence exists, it must be acknowledged, that it was the Seleucids who expanded the ‘canonical’ ‘three-kingom’ scheme to include a fourth, Macedonian Empire. The wide dissemination of this notion in Roman times, which (as the preservation of the Assyrians in the first link suggests) must have taken place independently of Daniel, nevertheless allows the conclusion that the notion of a succession of empires was already widely known in Hellenistic times. It has often been argued that the succession of five empires (Assyria  – Media  – Persia  – Macedon  – Rome) was already known in the Roman world in the second century B. C. Its introduction into historiography was attributed either to Polybius of Megalopolis or to an otherwise unknown author called Aemilius Sura. However, the synkrisis of the Persians, Lacedaemonians, Macedonians and Romans, which Polybius refers to, is not related to the traditional sequence of empires (chap. III.1). There are, on the other hand, good reasons to assume that Sura, who in fact did make use of the later ‘canonical’ succession of five empires, lived only in the first century B. C. (chap. III.2.2): First, both the term imperium used by the author in the sense of ‘world dominion’ and the very idea of Rome ruling the entire inhabited world (orbis) only appear in this period (chap. III.2.1). Similarly, the literary genre of Sura’s work and the author’s cog­ nomen indicate a later date of writing. Secondly, the fact that Sura places the beginning of Rome’s hegemony already in the second century B. C. is quite consistent with the practice of Roman historiography, which had a wide range of possible ‘epoch dates’ at its disposal. Thirdly, the Romans could only take over the ‘rightful’ inheritance of Alexander at the time when the Seleucid Empire, the largest of the successor empires,

600

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had ceased to exist. In view of these facts, Josef Wiesehöfer is to be agreed with when he argues that the ‘five-kingdom’ scheme was developed by Pompey and his followers after the Seleucid empire had been transferred to the status of a Roman province in 63 B. C. (chap. III.2.2). Gnaeus Pompeius Magnus staged his victories in the Near East (if necessary against republican norms) as re-enactment of Alexander’s campaigns. Even more, the Roman commander had a personal historian in Theophanes of Mytilene, who was well acquainted with Hellenistic ideologies. While the ideological use of a ‘five-kingdom’ schema would have been an obvious procedure in the context of the dissolution of the Seleucid empire, it must have been even more so if the concept had already been part of the ideological ‘toolkit’ of the Seleucids themselves. In fact, the vast territory the Seleucids had once ruled, was fought over between Ptolemies, Parthians and Romans in the first century B. C. Nevertheless, it cannot be completely ruled out that the sequence of five empires was developed on the basis of the ‘three-kingdom’ schema known from Greek historiography. In the second century A. D., at the latest, the idea of a succession of empires, which apparently had had no relevance to Augustan state ideology, had become a topos of Greek literature (see introduction above). In each case it was left to the authors whether they regarded the Seleucids or the Antigonids as predecessors of Rome in the exercise of ‘world domination’. In the fifth century A. D. the ‘pagan’ ‘five-kingdom’ schema reappears in Latin literature, especially in the poetic works of Claudian and Rutilius Namatianus (see introduction above). But the enduring power of the concept – extending far beyond antiquity – owes much to the authority of the Book of Daniel, which had linked the idea of translatio imperii to an eschatological vision: Diese Vorstellung wurde von der christlichen Universalgeschichtsschreibung aufgegriffen und über die Antike hinweg weiter tradiert. Sie prägte das abendländische Geschichtsbild bis weit in die Neuzeit hinein. Erst mit der Herausbildung der historischen Wissenschaften im 18. und 19. Jahrhundert änderte sich der Blickwinkel der Betrachtung [auf das persische Großreich], das über die Jahrhunderte hinweg als eines der großen Weltreiche und als Vorläufer des Imperium Romanum galt. Mit der Entstehung der Historie als Wissenschaft sowie mit der Einrichtung historischer und altphilologischer Spezialdisziplinen wurde mit dieser Perspektive allmählich gebrochen.16

Significantly, however, even Georg Wilhelm Friedrich Hegel in the 19th century still understood the process of history teleologically in the sense of a progression from East to West: “Die Weltgeschichte geht von Osten nach Westen, denn Europa ist schlechthin das Ende der Weltgeschichte, Asien der Anfang.”17

16 17

Rollinger 2014a, 174. Hegel 1848, 128. Cf. Koch 1997, 154–156; Panaino 2019.

Abkürzungen und Siglen

ABC ABL Ael. var. A2Hc Aischyl. Pers. Alk. AMC Am Amm. ANET App. Lib. App. Mithr. App. Syr. Aristeid. Aristob. Aristoph. av. Aristot. Hist. an. Aristot. Meteor. Aristot. Mund. Aristot. Nik. Aristot. pol. Aristot. poet. Aristot. Rhet. ARM Arr. an. Arr. Ind. Athen.

Assyrian and Babylonian Chronicles (= Grayson 1975a) Assyrian and Babylonian Letters (R. F. Harper, Chicago 1929–1914) Aelianos, varia historia (Inschrift) c A(rtaxerxes’ II. aus) H(amadān) Aischylos, Persai Alkaios (Inschrift) Amel-Marduks (= Da Riva 2013a) Amos Ammianus Marcellinus Ancient Near Eastern Texts relating to the Old Testament (= Pritchard 1955) Appianos, Libyca Appianos, Mithridatius Appianos, Syriaca Ailios Aristeides Aristobulos Aristophanes, aves Aristoteles, Historia animalium Aristoteles, Meteorologica Aristoteles, de mundo Aristoteles, Nikomachische Ethik Aristoteles, politica Aristoteles, poetica Aristoteles, rhetorica Archives Royales de Mari (I = Dossin 1950; II = Jean 1950; IV = Dossin 1951; V = Dossin 1952) Arrianos, anabasis Arrianos, Indica Athenaios

602 ATU 3 Aug. civ. Aug. serm. Aug. r. g. BCHP BHLT BIN BM CAD Cass. Dio Catull. Carm. ChS Cic. Arch. Cic. Att. Cic. Cato Cic. fam. Cic. har. resp. Cic. leg. Cic. leg. agr. Cic. Manil. Cic. Mur. Cic. Phil. Cic. Pis. Cic. rep. Cic. Sest. Cic. S. Rosc. Cic. Tusc. CIG CIL Claud. Stil. CTH Curt. DDan DB Dem. eloc.

Abkürzungen und Siglen

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Abkürzungen und Siglen

Diod. Dion. Hal. an. DNa DPd DPe DPh DSaa DSe DSf DSp DSz DZc EA Elam ELTS Enn. ann. Erpz. Esr Est ETCSL Ez F FGrH Gen Hdt. Hekat. 1 Hen Hes. erg. Hier. in Dan. Hipp. Antichr. Hipp. in Dan. Hiob Hippokr. aer. Hom. Il. Hor. carm. Hos IAS

603

Diodorus Siculus Dionysios Halicarnasseus, antiqutates Romanae (Ῥωμαϊκη ἀρχαιολογία) (Inschrift) a D(areios’ I. aus) N(aqš-i Rustam) (Inschrift) d D(areios’ I. aus) P(ersepolis) (Inschrift) e D(areios’ I. aus) P(ersepolis) (Inschrift) h D(areios’ I. aus) P(ersepolis) (Inschrift) aa D(areios’ I. aus) S(usa) (Inschrift) e D(areios’ I. aus) S(usa) (Inschrift) f D(areios’ I. aus) S(usa) (Inschrift) p D(areios’ I. aus) S(usa) (Inschrift) z D(areios’ I. aus) S(usa) (Inschrift) c D(areios’ I. aus) (Sue)z El-Amarna-Tafeln (= Moran 1987) Inschrift Kutik-Inschuschinaks (= Gelb/Kienast 1990) Earliest Land Tenure Systems in the Near East (= Gelb/ Steinkeller/Whiting 1989 (I); 1991(II)) Ennius, annales (= Skutsch 1985) Inschrift Erridupizirs von Gutium (Gelb/Kienast 1990) Esra Ester Electronic Text Corpus of Sumerian Literature (University of Oxford, 1998–2006) Ezechiel Fragment F. Jacoby, Die Fragmente der griechischen Historiker, Leiden 1923 ff. Genesis (= 1 Mose) Herodotos Hekataios 1 Henoch Hesiodos, opera et dies (ἔργα καὶ ἡμέραι) Hieronymus, Commentarii in Danielem prophetam Hippolytus, Antichristus Hippolytus, Commentarii in Danielem prophetam Hiob Hippokrates, de aere aquis locis Homeros, Ilias Horatius, carmina Hosea Inscriptions from Tell Abū Salābīkh (= Biggs 1974)

604 IG ILS Ios. ant. Iud. Ios. bell. Iud. Iren. adv. Haer. Isid. Etym. Isokr. Pan. ITT Iust. Jer Jes Joh KAI Kallim. Hymn. Kallim. Ait. KBo KUB ½ Kön Liv. Lk Luc. Amp. Lib mem. ½ Makk MEE 3 MGH MGH SS Mi Mk MPL Mš. Mš. C. Mt Muses Nah

Abkürzungen und Siglen

Inscriptiones Graecae, Berlin 1873 ff. H. Dessau, Inscriptiones Latinae Selectae, 3 Bde., Berlin 1892–1916. Iosephos, antiquitates Iudaicae (Ἰουδαϊκή ἀρχαιολογία) Iosephos, bellum Iudaicum (ἱστορία Ἰουδαϊκοῦ πολέμου πρὸς Ῥωμαίους) Irenaeus von Lyon, Adversus Haereses Isidorus, Etymologia Isokrates, Panegyrikos Inventaire des tablettes de Tello, conservés au Musé Impérial Ottoman 1–5, eds. F. Thureau-Dangin / H. de Genouillac / L. Delaporte (Paris 1910–1921) Iustinus, epitoma historiarum Philippicarum Jeremia Jesaja Das Evangelium nach Johannes Kanaanäische und aramäische Inschriften, Bde. 1–2 (= Donner/Röllig 1962–1964) Kallimachos, Hymni Kallimachos, Aitiai Keilschrifttexte aus Boghazköy (Berlin 1916 ff.) Keilschrifturkunden aus Boghazköy (Berlin 1921 ff.) ½ Könige Livius, ab urbe condita Das Evangelium nach Lukas Lucius Ampelius, Liber memorialis ½ Makkabäer Testi lessicali monolinui della Biblioteca L. 2769 (= Pettinato 1981) Monumenta Germaniae Historica Monumenta Germaniae Historica Scriptores Micha Das Evangelium nach Markus J. P. Migne, Patrologiae cursus completus. Series latina Inschrift Manischtusus von Akkad (= Gelb/Kienast 1990) Inschrift Manischtusus von Akkad, Kopie (= Gelb/Kienast 1990) Das Evangelium nach Matthäus Before the Muses. An Anthology of Akkadian Literature (= Foster 1996) Nahum

Abkürzungen und Siglen

Napl Nbk Ngl Neh Nep. Hann. Nik. Dam. Exc. de insid. Ns. Ns. C. OGIS Orac. Sibyll. ORF Oros. OSP Ov. ars. am. Ov. fast. Ov. met. Paus. PFS PFT P. Oxy. Phot. Bibl. Phylarch. Plat. leg. Plaut. Most. Plin. nat. Plut. Ages. Plut. Alex. Plut. Ant. Plut. Art. Plut. Caes. Plut. Crass. Plut. Demetr. Plut. Luc. Plut. Mor. Plut. Pomp. Plut. Thes. Plut. Ti. Gracch. Pol.

605

(Inschrift) Nabopolassars (= Da Riva 2013a) (Inschrift) Nebukadnezars II. (= Langdon 1912) (Inschrift) Neriglissars (= Da Riva 2013a) Nehemia Cornelius Nepos, Hannibal Nikolaos von Damaskus, excerpta de insidiis Inschrift Naramsins von Akkad (Gelb/Kienast 1990) Inschrift Naramsins von Akkad, Kopie (Gelb/Kienast 1990) W. Dittenberger, Orientis Graeci Inscriptiones Selectae. 2 Bde., Leipzig 1903–1905. Oracula Sibyllina Oratorum Romanorum Fragmenta Liberae Rei Publicae (= Malcovati 1967) Orosius Old Sumerian and Old Akkadian Texts in Philadelphia (= Westenholz 1975 (I); 1987 (II)) Ovidius, ars amatoria Ovidius, fasti Ovidius, metamorphoses Pausanias Persepolis Fortification Seal Persepolis Fortification Tablets (= Hallock 1969) Oxyrhynchos Papyri Photios, Bibliotheke Phylarchos Platon, leges (νόμοι) Plautus, Mostellaria Plinius maior, naturalis historia Plutarchos, Agesilaos Plutarchos, Alexandros Plutarchos, Antonius Plutarchos, Artaxerxes Plutarchos, Caesar Plutarchos, Crassus Plutarchos, Demetrios Plutarchos, Lucullus Plutarchos, Moralia Plutarchos, Pompeius Plutarchos, Theseus Plutarchos, Tiberius Gracchus Polybios

606 PS PSD RRC RIC RIMA RIMB RIME RRC Rš. Rš. C. Rut. Nam. SSAA

Sach Sall. Cat. ½ Sam Sen. apocol. SG Sg. Sg. C. Sir SKL Škš. Škš. C.

Abkürzungen und Siglen

Psalm(en) The Sumerian Dictionary of the University Museum of the University of Pennsylvania (Philadelphia 1984) The Roman Rebublican Coinage (= Crawford 1974) The Roman Imperial Coinage (= Mattingly/Sydenham 1923– 1994) The Royal Inscriptions of Mesopotamia. Assyrian Periods, Toronto 1987 ff. (1 = Grayson 1987; 2 = Grayson 1991a; 3 = Grayson 1991b) The Royal Inscriptions of Mesopotamia. Babylonian Periods, Toronto 1995 ff. (2 = Frame 1995) The Royal Inscriptions of Mesopotamia. Early Periods, Toronto 1990 ff. (1 = Frayne 2008; 2 = Frayne 1993; 3/1 = Edzard 1997; 3/2 = Frayne 1997; 4 = Frayne 1990) The Roman Republican Coinage (= Mattingley/Sydenham 1929–1994) Inschrift des Rimusch von Akkad (= Gelb/Kienast 990) Inschrift des Rimusch von Akkad, Kopie (= Gelb/Kienast 1990) Rutilius Claudius Namatianus, de reditu suo Siegellegenden für die Könige von Akkad nach Gelb/Kienast 1990 State Archives of Assyria, Helsinki 1987 ff. (1 = Parpola 1987; 2 = Parpola/Watanabe 1988; 3 = Livingstone/Reade/Parpola 1989; 5 = Lanfranchi/Parpola 1990; 7 = Fales/Postagte 1992; 8 = Hunger 1992; 9 = Parpola 1997a; 10 = Parpola 1993; 11 = Fales/Postgate 1995; 12 = Kataja/Whiting 1995; 13 = Cole/ Machinist 1998; 16 = Luukko/van Buyaere 2002; 18 = Reynolds 2003; 19 = Luukko 2012) Sacharja Sallustius, de conuiratione Catilinae historia ½ Samuel Seneca, Apocolocyntosis Sargon-Geographie Inschrift Sargons von Akkad (= Gelb/Kienast 1990) Inschrift Sargons von Akkad, Kopie (= Gelb/Kienast 1990) Sirach Sumerische Königsliste Inschrift Scharkalischarris von Akkad (= Gelb/Kienast 1990) Inschrift Scharkalischarris von Akkad, Kopie (= Gelb/Kienast 1990)

Abkürzungen und Siglen

Spr Strab. Syll2 T Tac. ann. Tac. Hist. Thuk. TSŠ ½ Thess TUAT TUAT Erg. TUAT NF Val. Max. Vell. Verg. Aen. Verg. Ecl. WBC WF Xen. an. Xen. Hell. Xen. Kyr. Xen. Mem. XPh Zon. Epit. Hist

607

Sprüche Strabon Dittenberger, Sylloge Inscriptionum Graecorum. 3 Bde., 2 1898–1909. Testimonium Tacitus, Annales Tacitus, Historiae Thukydides Tablettes Sumériennes de Šuruppak (= Jestin 1937) ½ Brief an die Thessalonicher Texte aus der Umwelt des Alten Testaments, Gütersloh (I = Kaiser 1982–1985; II = Kaiser 1986–1991; III = Kaiser 1990–1997) Texte aus der Umwelt des Alten Testaments. Ergänzungslieferung (= Kaiser 2001) Texte aus der Umwelt des Alten Testaments. Neue Folge, Gütersloh (II = Janowski/Wilhelm 2005) Valerius Maximus Velleius Paterculus, Historiae Romanae Vergilius, Aeneis Vergilius, Eclogae (Inschrift Nebukadnezars II.) aus Wadi Brisa (= Weissbach 1978) Wirtschaftstexte aus Fara (= Deimel 1924) Xenophon, Anabasis Xenophon, Hellenika Xenophon, Kyrupaideia Xenophon, Memorabilia (Inschrift) h X(erxes’ I. aus) P(ersepolis) Zonaras, Epitome historiarum

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Indices Personen-, Götter- und Gruppennamen A Abdi-Milkutti 196 Achaimenes (Haxāmaniš) 230, 238, 238 (Anm. 1412), 239 (Anm. 1416 f.), 247, 322 (Anm. 281) Achaimeniden (Achaimenidenreich) 28, 33, 35 f., 228–275, 278 (Anm. 16), 286, 287 (Anm. 71), 295 (Anm. 127), 299 (Anm. 135), 299 (Anm. 138), 307, 316 (Anm. 233), 328 (Anm. 319), 339–341, 352, 354 (Anm. 489), 356 (Anm. 499), 361 (Anm. 545), 363, 382 (Anm. 30 f.), 385–387), 391 f. (Anm. 3), 395 (Anm. 33), 397, 426 (Anm. 202), 434, 442 (Anm. 11), 444 f., 448 (Anm. 35, 40), 450 (Anm. 49), 451–455, 467 (Anm. 61), 478, 484 (Anm. 266), 485–487, 490, 493 f., 503, 511 f., 527, 545, 567, 569, 572, 576, 578 Achaimenidenreich s. Achaimeniden Achaios 480 Achilleus 442 (Anm. 8), 560 Adad-guppi 221, 330 (Anm. 330), 365 Adadnirari I. 85 (Anm. 392), 165, 168 (Anm. 955), 171, 172 (Anm. 989), 176 (Anm. 1018), 177 (Anm. 1027), 189 (Anm. 1108) Adapa 47 (Anm. 85) Adkarkidu 60 f. Adrastos 327 (Anm. 313) Aemilli 547 f. Aemilius Sura 25, 395 (Anm. 37 f.), 486, 536, 546–564, 582 Aeneas 533, 542 Agamamnon 368 (Anm. 610), 443 (Anm. 15)

Agatharchides von Knidos 339 (Anm. 15) Agesilaos 443 (Anm. 15) Ahiqar 287 Ahmose I. 158 Ahmose II. (Amasis) 457 (Anm. 91) Ahuramazda 244, 245 (Anm. 1439), 247, 248 (Anm. 1460), 250, 252–266, 275, 300, 303, 426 (Anm. 202), 567 Ailios Aristeides 12, 22 f., 441, 535, 564 f. Aitoler (Aitolischer Bund) 482, 517 (Anm. 480) Aitolischer Bund s. Aitoler Akka 101, 104 Akki 149 Alarich 19 Alexander I. 451 Alexander III. (‚der Große‘) 14, 20 f., 24, 25 (Anm. 99), 29, 42 (Anm. 40), 232 (Anm. 1385), 242, (Anm. 1426), 297 (Anm. 133), 361 (Anm. 550), 364 (Anm. 579), 366 (Anm. 596 f.), 369 (Anm. 616), 391 f., 393 (Anm. 15), 396, 407, 434 f. 440–471, 472, 474, 475 (Anm. 205), 476 f., 478 (Anm. 228), 479 f., 482 f., 485 f., 487 (Anm. 281), 490–492, 494 f., 498 (Anm. 370), 499, 503, 505, 508, 510 (Anm. 447), 515, 516 (Anm. 473), 517 (Anm. 480), 535, 541 (Anm. 26), 545, 551, 553–563, 573, 574–579, 582 Alexander IV. 391 Alexander Helios (Sohn Kleopatras VII. mit Antonius) 562

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Indices

Alexander Polyhistor 513 Alkaios 285, 317 (Anm. 242), 329 Alkman 317 (Anm. 242) Alyattes 321 (Anm. 272) Amargirid 126 f. Amasis s. Ahmose II. Amel-Marduk 200 (Anm. 1179), 220, 412 (Anm. 103), 508 (Anm. 437) Amenophis III. 161 f., 426 (Anm. 24) Amenophis IV. (Echnaton) 160 f., 163 (Anm. 926), 164 Ammonier 457 Ampelius, Lucius 25 f. Amun 158 Amun-Re 446 (Anm. 24), 457 f. Amurriter 55, 60, 109 (Anm. 548), 122 (Anm. 647), 136, 151 (Anm. 848), 154, 155 (Anm. 875) Amyntas I. 451 Amytis 372 (Anm. 641), 478 (Anm. 228), 513 An, Anu 43 f., 45, 47 (Anm. 85), 65, 84 f., 86 (Anm. 399), 135 (Anm. 746), 164 (Anm. 936) Anahita 253 Anaximander 52 (Anm. 135), 467 (Anm. 167) Anitta 155 Annubanini 249 Anschar 44 Antigonos Gonatas 517 Antigonos Monophthalmos 401 (Anm. 12), 434 (Anm. 253), 475 (Anm. 207), 477, 483 (Anm. 257), 284 (Anm. 266), 495 f., 516 (Anm. 473, 477) Antimenidas 285, 329 Antiochos I. Soter 434, 435 (Anm. 259), 474 (Anm. 193), 475, 478, 484, 497 (Anm. 356), 499–501, 502 (Anm. 392), 504 f., 517, 518 (Anm. 482) Antiochos II. Theos 408 (Anm. 68), 417 (Anm. 139), 435 (260), 487 (Anm. 282), 488 Antiochos III. d. Gr. 395 (Anm. 38), 401, 404, 406, 417 (Anm. 139), 435 (Anm. 260), 473 (Anm. 191), 474 (Anm. 193), 476 f., 480– 486, 487 (Anm. 280), 490 (Anm. 305), 502, 518 (Anm. 482), 519 (Anm. 486), 536, 540, 546, 549 (Anm. 86), 550, 563, 578 Antiochos IV. Epiphanes 397 (Anm. 46), 401–407, 410, 411 (Anm. 92), 435 f., 475

(Anm. 205), 484, 516 (Anm. 477), 521 (Anm. 499), 525 Antiochos VII. Euergetes ‚Sidetes‘ 473 (Anm. 186), 474 (Anm. 193) Antiochos’ VIII. Philometor ‚Gypros‘ 516 (Anm. 477) Antiochos XIII. Philadelphos ‚Asiatikos‘ 551, 563 Antiochos Hierax 435 (Anm. 261) (Marcus) Antonius 501, 562–564 Anu-uballit (Kephalon) 519 (Anm. 486) Anzû 57, 61, 111 (Anm. 558), 429 f., 439, 506, 574 Apama 478, 513 (Anm. 460) Aphrodite 253 (Anm. 1485), 305 f. (167), 505 (Anm. 418), 562 (Anm. 178) Apis(-Stier) 251 (Anm. 1481), 296 (Anm. 130), 457 Appian von Alexandria 12, 21, 23, 482, 485, 489, 534, 535 (Anm. 19), 553 (Anm. 116), 564 Apollon 282 (Anm. 39), 474–476, 479, 486 (Anm. 279), 503–505, 507, 517, 552, 579 Apsû 44–46, 47 (Anm. 85), 51 (Anm. 116), 164 (Anm. 936), 302 (Anm. 155) Arbakes 369–372, 374 (Anm. 660), 375, 572 Arbianes 371, 372 (Anm. 635) Archilochos 317 (Anm. 242) Archytas 547 f. Ardaxšir 397 (Anm. 49) Argeaden 324 (Anm. 298), 391, 474, 505 Argoste 373 Ariaspen 448 (Anm. 35) Aribazos 488 Ariobarzanes 446 Aristoteles von Stageira 358 (Anm. 529), 440 (Anm. 2), 454 (Anm. 74), 467 f. (Anm. 167), 547 (Anm. 70) Aristoxenos von Tarent 393 (Anm. 17), 395 (Anm. 37), 524 (Anm. 2), 536, 547 f. Arizanter 321 (Anm. 267) Arma-Suena 140 Arphaxad 528 Arrian aus Nikomedia 242 (Anm. 1426), 440 (Anm. 2), 441, 442 (Anm. 7), 444 (Anm. 15), 455, 459, 462, 470 f., 576 Arsakiden 23, 25, 299 (Anm. 139), 545, 563 Arsames 238 (Anm. 1412), 239 (Anm. 1416), 322 (Anm. 281)

Personen-, Götter- und Gruppennamen

Arses 232 (Anm. 1385), 494 Artabanos 293 (Anm. 113), 459 Artabazos 272 (Anm. 1594) Artaios 371, 372 (Anm. 635) Artavasdes II. von Armenien 561 Artaxerxes I. 247, 267, 352 (Anm. 465, 472), 386 (Anm. 47) Artaxerxes II. 35, 228, 232 (Anm. 1385), 239 (Anm. 1416), 248 (Anm. 1459 f.), 252–254, 362 f., 386 (Anm. 47), 412 (Anm. 94), 571 Artaxerxes III. 332 (Anm. 1385), 239 (Anm. 1416), 267, 386 Artaxerxes IV. (Bessos) 448, 449 (Anm. 42) Artembares 373 Artemis 503 (Anm. 406) Artemisia 459 Artines 471, 372 (Anm. 635) Artykas 471, 472 (Anm. 635) Arukku 235 (Anm. 1397), 237 Asarhaddon 72, 77, 81 (Anm. 359), 87 (Anm. 403), 170, 171 (Anm. 985 f.), 173 (Anm. 991), 174, 175 (Anm. 2012), 177 f., 180 (Anm. 1049), 181, 183, 184 (Anm. 1075), 185, 187 f. 195–197, 199, 236, 285 (Anm. 56), 287, 304 (Anm. 165), 306 (Anm. 167), 321 (Anm. 274), 330 (Anm. 330), 334 (Anm. 369), 336, 457 (Anm. 94), 511 Asarja 415 Aschpenas 415 Asinius Pollio 550 (Anm. 98) Aśoka 518 Aspandas/Astyigas 371 f. Astarte 306 (Anm. 167), 505 (Anm. 416) Astibaras 371 f. Assur (Gott) 33, 44 (Anm. 54), 77, 151 (Anm. 842), 164 (Anm. 936), 171 (Anm. 985), 173–178, 179 (Anm. 1043, 1046), 183, 185 (Anm. 1080), 187, 196, 199, 253 (Anm. 1488) Aššur-bāni-apli s. Assurbanipal Assurbanipal (Aššur­bāni­apli) 53 (Anm. 144), 80 (Anm. 355), 85, 86 (Anm. 398), 145 (Anm. 808), 170, 172 (Anm. 987 f.), 173 (Anm. 991), 176 f., 182 (Anm. 1063, 1065), 184, 187, 191 (Anm. 1131), 195 (Anm. 1148), 196–198, 201 (Anm. 1187), 202, 204, 206, 207 (Anm. 1228), 226 f., 234–

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237, 278 (Anm. 16), 283 f., 323 (Anm. 289), 335 (Anm. 379), 336 (Anm. 380), 368. 370, 371 (Anm. 629), 379–381 Assur-etel-ilani 207 (Anm. 1228) Assur-nadin-apli 175 (Anm. 1013) Assurnasirpal II. 166 (Anm. 943), 189 (Anm. 1107 f.), 192, 199 (Anm. 1171 f.) Assur-nirari V. 169, 306 (Anm. 167) Assuruballit I. 163 f., 168, 173 (Anm. 994) Assuruballit II. 205 f. Assyrer 15 (Assyrereich) (Anm. 28), 20 f., 24 f., 27 f., 35, 71 (Anm. 288), 163 (Anm. 931), 164 (Anm. 936), 166–200, 203 f., 208, 217 f., 226 (Anm. 1352), 227 (Anm. 1352), 234 (Anm. 1393), 235 (Anm. 1397), 247, 268 (Anm. 1572), 284 (Anm. 52), 287 (Anm. 75), 317 f., 320, 322, 325, 327 f., 329 (Anm. 322), 330 f., 333, 336 (Anm. 379), 337, 338 (Anm. 393), 343 (Anm. 422), 344, 346, 352, 357, 360, 362, 364, 368, 373–375, 385 f., 395, 399 (Anm. 60), 410 (Anm. 81), 438, 441 (Anm. 2), 455, 461, 471, 476, 491, 494, 511– 513, 527–529, 533, 535, 546, 568–573, 576, 579 Assyrerreich s. Assyrer Asytyages (Ištumegu) 228, 238 (Anm. 1386), 303, 304 (Anm. 160), 321 (Anm. 272), 322–326, 327 (Anm. 312 f., 317), 328, 331–334, 339 (Anm. 394), 346 (Anm. 432), 349, 350 (Anm. 447), 357, 371–373, 376 (Anm. 688), 486 (Anm. 276), 513, 570, 572 Atargatis 364 (Anm. 579) Athena Ilias 307, 443 (Anm. 15) Athenaios 548 Aton (Re­Harachte) 160 f. Atossa (Tochter Kyros’ II.) 239 (Anm. 1416), 248 (Anm. 1460), 266 (Anm. 1564) Atradates 373 f. Atrahasis 45, 47, 88 Attahamiti-Inschuschinak 234 (Anm. 1393) Attaliden (Attalidenreich) 403 (Anm. 30), 435 (Anm. 266), 454, 485, 518 (Anm. 482), 539 Attalidenreich s. Attaliden Attalos I. 517, 518 (Anm. 482) (Titus Pomponius) Atticus 548 Augustinus 15 (Anm. 28) Augustus 21 (Anm. 71), 23, 42 (Anm. 40), 539, 442–545, 564

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Indices

B Baal 429, 506, 519 f., 574, 580 f. Baal-Schamin 522 Baba 109, 335 Babylonier 13, 15 (Anm. 28), 34, 71 (Anm. 288), 163 (Anm. 931), 164, 174 (Anm. 1003), 200–227, 234 (Anm. 1393), 307 (Anm. 173), 330 (Anm. 331), 331, 338 (Anm. 391), 339, 357, 371 (Anm. 631), 386, 410 (Anm. 81), 411 (Anm. 94), 414, 427, 440 (Anm. 2), 463–465, 482, 494, 512 f., 519, 527 (Anm. 21), 529, 569 Bagoas 449 (Anm. 44) Bakchiaden 419 f. Bardiya (Smerdis) 230, 238 f., 249, 266 (Anm. 164), 298 (Anm. 137), 310 (Anm. 189), 328 (Anm. 319), 357 Bar-rakib 283 Bel(-Marduk) 46, 371 (Anm. 627), 380 (Anm. 15), 401 (Anm. 7), 418 (Anm. 141), 462, 464 (Anm. 144) Belesys (Bēlšunu) 369–371, 374, 572 f. Bellona 552 Belschazzar (Bēl­šarra­uṣur) 220 (Anm. 1305), 222, 394 (Anm. 25), 400, 412, 413 (Anm. 109), 422, 423 (Anm. 172), 425, 427 Bēl-šarra-uṣur s. Belschazzar Bēlšunu s. Belesys Bel-šimanni 231 (Anm. 1385), 297 (Anm. 133), 440 (Anm. 2) Berenike (Tochter Ptolemaios’ II.) 408 (Anm. 68), 417 (Anm. 139), 488 f. Berenike IV. 563 (Anm. 187) Berossos 44 (Anm. 50), 47 (Anm. 87), 67 (Anm. 260), 201 (Anm. 1184), 220 (Anm. 1307 f.), 253 (Anm. 1485), 330 (Anm. 333), 393, 439, 478 (Anm. 228), 483 (Anm. 261), 502 (Anm. 392), 508–515, 519, 521 (Anm. 498), 527–529, 578–581 Bessos s. Artaxerxes IV. Bīt-Dakuri 201 Budier 321 (Anm. 267) Burnaburiasch II. 163 (Anm. 926), 165 (Anm. 938), 226, 431 Buser 321 (Anm. 267)

C (Gaius) Caesar 545 (Anm. 59) (Gauius Iulius) Caesar 539, 541 Caracalla 23 Cassius Dio 541, 556 (Marcus Porcius) Cato d. Ä. 548 (Marcus Porcius) Cato d. J. 553 (Anm. 110) (Lucius Valerius) Catullus 491 f., 541 f. (Anm. 26) (Quintus Lutatius) Catulus 552 (Anm. 105) (Marcus Tullius) Cicero 288, 294 (Anm. 119), 309 (Anm. 616), 539–541, 548 f., 551 (Anm. 104), 552 (Anm. 105), 554, 557 f., 559 (Anm. 161), 560, 561 (Anm. 172) Chaldäer 201 (Anm. 1183, 1185), 219 (Anm. 1305), 369 (Anm. 618), 373 f., 464, 465 (Anm. 155), 467, 510, 514 (Anm. 465), 521 (Anm. 498) Charon von Lampsakos 360 (Anm. 536) Čišpiš s. Teispes Chorilios von Samos 369 (Anm. 616) Christen 15 (Anm. 29), 18, 398 (Anm. 52) Claudianus, Gaius Claudius 18–20, 23, 582 (Marcus Licinius) Crassus 541 (Anm. 26), 544, 558 (Anm. 148) Curtius Rufus 442 (Anm. 7), 461 (Anm. 123), 462 (Anm. 129) D Dada 130 (Anm. 712) Dagan 118, 125, 420 (Anm. 151) Daīku 324 (Anm. 368) Daiukku 334, 335 (Anm. 369) Dasukkus 334 (Anm. 368) (Buch) Daniel 12–15, 17, 26–28, 384, 393 f., 397, 400–439, 479 (Anm. 234), 492 f., 497, 515, 519 f. 522–527, 573–575, 577–579, 581 Dareios I. 34, 230, 231 (Anm. 1382), 232, 234 (Anm. 1392), 237 (Anm. 1404), 338–341, 243–274, 298–301, 309, 310 (Anm. 189), 313, 319 (Anm. 255), 322 (Anm. 281), 337 (Anm. 389), 340, 354 (Anm. 489), 355 (Anm. 496), 357, 365 (Anm. 595), 370 (Anm. 624), 373 (Anm. 648), 382 (Anm. 30), 384, 385 (Anm. 44), 386 (Anm. 47), 396 (Anm. 38), 413, 440

Personen-, Götter- und Gruppennamen

(Anm. 2), 458, 459 (Anm. 111, 114), 463 (Anm. 134), 470 (Anm. 174), 499, 567, 569 Dareios II. 352 (Anm. 465, 471) Dareios III. 232 (Anm. 1385), 407 (Anm. 62), 445, 448, 449 (Anm. 44), 453 (Anm. 68), 464 (Anm. 145), 494 Dareios ‚der Meder‘ 394 (Anm. 25), 400, 412–414, 422, 426 f., 433 (Anm. 246), 439, 515, 519 Deinon 242 (Anm. 1426), 273, 365 (Anm. 587), 366 (Anm. 597) Demetrios Poliorketes 475 (Anm. 207), 516 (Anm. 773, 777), 541 (Anm. 26) Demetrios I. Soter 435 f. Demetrios II. Nikator 519 (Anm. 487) Demetrios von Phaleron 392 f. (Anm. 14), 418 (Anm. 141) Demetrios (Peripatetiker) 358 Demodamas 475, 478 f., 483 (Anm. 261), 493, 514 (Anm. 465), 524 Deiokes 293 (Anm. 113), 319–321, 332, 334, 350, 365, 367, 375 Derbiker 356 Derketo 364 Diodor aus Agyrion 351 f., 363 f., 365 (Anm. 287), 366, 372, 483 (Anm. 257), 484 (Anm. 266), 536 (Anm. 19), 556 Dionysios II. von Syrakus 547 Dionysios von Halikarnassos 12, 20 f., 23, 529, 533–535, 564 Dionysios von Messene 465 (Anm. 149) Dionysios von Milet 360 (Anm. 436) Dionysos (Gott) 442 (Anm. 8), 459 (Anm. 111), 474, 479, 507, 510 (Anm. 447), 562 (Anm. 178) Doloaspis 446 (Anm. 24) Doukas 11 (Anm. 2) Dudu 137 Dumuzi 47 (Anm. 85), 80, 98 (Anm. 484) Duris von Samos 356 (Anm. 500), 475 (Anm. 207), 516 (Anm. 473, 477), 541 (Anm. 26) E Ea (Enki) 43 (Anm. 50), 44–46, 47 (Anm. 85), 66, 77, 86 (Anm. 398),

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107 (Anm. 33), 110, 112, 142, 144, 302 (Anm. 155) 469 (Anm. 170) Eannatum von Lagasch 104 (Anm. 514), 105 (Anm. 523), 109–112, 132 (Anm. 729) Echnaton s. Amenophis IV. Eëtiden 419 El 430 (Anm. 226) Elulu/Ilulu 137 Enakale von Umma 108 Enheduanna 129 (Anm. 707), 134 f. Enki s. Ea Enkidu 45 f., 58–60, 81, 118 (Anm. 614), 437, 438 (Anm. 287) (En)Mebaragesi 99, 104 f., 133 (Anm. 731) Enmenanna 129 (Anm. 707) Enmerkar 75, 95, 96 (Anm. 467), 98 (Anm. 484), 138, 140, 145 Enmetena von Lagasch 73 (Anm. 299), 101 (Anm. 496), 107 (Anm. 533), 108 f., 112 f., 467 (Anm. 162) Enlil 43, 44 (Anm. 54), 45, 47, 49 (Anm. 100, 103), 57 f., 59 (Anm. 192), 62, 64 (Anm. 238), 69, 71 (Anm. 288), 82, 84 f., 106, 108, 112, 113 (Anm. 571), 114 f., 117 f., 120 f., 125 (Anm. 668), 129 (Anm. 706 f.) 132, 137, 141–143, 164 (Anm. 936), 171 (Anm. 985), 172 f., 180 (Anm. 1046), 182 (Anm. 1065), 326 (Anm. 310), 346 (Anm. 433), 429 (Quintus) Ennius 547 Enschakuschanna 95, 114, 117 (Anm. 603) Eratosthenes 510 (Anm. 447), 540 (Anm. 12), 546 Erra 143 (Anm. 798), 178 (Anm. 1035), 209 Erridupizir 137 Erystheus 505 (Anm. 420) Esra 395 Etana 47 (Anm. 85), 65 f., 85 Eumenes von Kardia 495 Eupolemos 525 f. Eusebius von Caesarea 362 (Anm. 557), 513, 527 (Anm. 21) Euthydemos 481 (Anm. 246) Exathres 448 (Anm. 39)

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Indices

F (Quintus) Fabius (Maximus) 540 (Anm. 18), 448 Friedrich I. ‚Barbarossa‘ 17 Friedrich II. (Staufer) 16 Fravartiš s. Phraortes G (Aulus) Gabinius 552 (Anm. 105) Gaumata 230, 248 (Anm. 1462), 249 Gilgamesch 45, 47–51, 53 (Anm. 138), 56–59, 75–78, 80 f., 95, 101, 104, 118 (Anm. 614), 122, 138, 140, 151, 156, 415 (Anm. 131), 506, 574, 580 Gobryas/Gaṷb(a)ruva 248 (Anm. 1460), 266 (Anm. 1564), 298 (Anm. 137) Gobryas (Ugbaru) 379, 413 (Anm. 106) (Tiberius Sempronius) Gracchus 540 Gudea von Lagasch 58 (Anm. 179), 87 f., 139 f., 182 (Anm. 1065), 415 (Anm. 131) Guggu s. Gyges Gutäer (Guti) 62, 63 (Anm. 223), 64 (Anm. 238), 136–138, 140, 142, 199 (Anm. 1171), 229 (Anm. 1365), 348 (Anm. 440), 384 (Anm. 39), 495 (Anm. 332), 513, 414 (Anm. 464), 529, 581 Guti s. Gutäer Gyges (Guggu) 184 (Anm. 1065), 187 (Anm. 1097), 278 (Anm. 16), 282 (Anm. 39 f.), 283, 312 (Anm. 208) H Haldi 182 Hallutasch-Insuschnak II. 235 (Anm. 1394) Hammurapi I. von Babylon 79, 85 f., 88 (Anm. 412), 152, 154 f., 158 (Anm. 894), 164 (Anm. 936), 226, 431 Hanäer 152, 494 (Anm. 332) Hananja 515 Hannibal 506 (Anm. 425) Harpagos 323–325, 327 (Anm. 313, 317), 350 (Anm. 447), 373 Ḥăsîdîm 411 (Anm. 91) Hasmonäer 406 Hatschepsut 158 Hattusili I. 156, 157 (Anm. 893), 158 (Anm. 892), 159, 189, 314 (Anm. 220), 490

Hattusili III. 165 (Anm. 937) Haxāmaniš s. Achaimenes Hegesianax 485 (Anm. 272) Hekataios von Abdera 511 (Anm. 448) Hekataios von Milet 290, 296 (Anm. 130), 314 (Anm. 223), 359, 467 (Anm. 167) Heliodoros (Kanzler Seleukos’ IV.) 435 (Anm. 266), 484 (Anm. 270) Hellanikos von Lesbos 288 (Anm. 81), 360 (Anm. 536), 368 (Anm. 613) Henoch 409 f., 524 Henochier 557 (Anm. 139) Herakleides 467 f. Herakles 331 (Anm. 338), 349 (Anm. 446), 459 (Anm. 111), 474, 479, 505 f., 510, 518, 520, 580 f. Herakles-Melqart 521 (Anm. 499) Heraklit von Ephesos 293 (Anm. 113) Herodot von Halikarnassos 21 (Anm. 69), 26–28, 33, 35, 73, 188 (Anm. 1102), 231 f., 233 (Anm. 1386), 241 (Anm. 1421), 251, 272, 276, 288–351, 355–359, 362–365, 367, 368 (Anm. 613), 370 (Anm. 621), 372 f., 375–377, 386 f., 395, 413, 420, 455–459, 462 (Anm. 133), 463, 468 f., 471 (Anm. 182), 479, 511, 529, 566, 569–573, 578 Hesiod 277, 318 (Anm. 252), 397, 418, 574 Hethiter 155–158, 163 (Anm. 931), 164 f., 188 f. Hieronymos von Kardia 444 (Anm. 15) Hieronymus (Kirchenvater) 13–15, 18, 26 Hiob 400 (Anm. 3) Hippolytus von Rom 13, 15 Homer 48 (Anm. 95), 277 f., 442 (Anm. 7), 458, 536 (Anm. 19), 560 Horus 270 (Anm. 1587), 319 (Anm. 252) Huban-menanur 237 (Anm. 1406) Humbaba (Huwawa) 57 f., 151 (Anm. 840) Humban 252 (Anm. 1884) Hurriter 122, 150 (Anm. 835), 156, 158 Huwawa s. Humbaba Hydarnes (Vidṛha) 298 (Anm. 137) Hyksos 158 Hyspaosines 473 (Anm. 186) Hystaspes 238 (Anm. 1412), 239 (Anm. 1416), 240 (Anm. 1417), 246, 266, 322 (Anm. 281)

Personen-, Götter- und Gruppennamen

I Iaḫdun-Līm 153 f. Ibbi-Sîn 62, 80, 140 Idanthyrsos 509, 510 (Anm. 447) Ilaba 118 Imi 137 Inanna s. Ischtar Innozenz III. 16 Intaphernes (Vindafarnā) 298 (Anm. 137) Ionier 219 (Anm. 1305), 271 f., 281 f., 285 f., 286 (Anm. 69), 386 Iphurkisch von Kisch 126 f. Irenäus von Lyon 13, 15 Irgigi/Igigi 137 Ischbi-Erra 62, 68, 154 Ischme-Dagan 152 Ischtar (Inanna) 76, 80, 94 f., 96 (Anm. 467), 98 f., 100 (Anm. 493), 107 (Anm. 533), 109–111, 112 (Anm. 568), 117, 122, 125, 132, 134 f., 141 f., 145, 148, 172 (Anm. 987), 178, 179 (Anm. 1043), 216 (Anm. 1284), 306 (Anm. 167), 347 (Anm. 437), 505 (Anm. 418) Isis 561, 563 (Anm. 190) Ištumegu s. Astyages Isokrates 358 (Anm. 525), 361, 442 (Anm. 10) Itti-ili 204, 207 Itti-šamaš-balāṭu 181 J Jasmach-Adad 152 Jason ( Jerusalemer Hohepriester) 403, 404 (Anm. 34), 405, 521 (Anm. 499), 525 f. Jehojachin 211 (Anm. 1252), 411 (Anm. 94), 412 Jehojakim 411 f., 415 Jeremia 413, 431, 433 Jesaja 304 (Anm. 165), 413, 433, 528 Jonathan (Haus Hasmon) 406, 519 (Anm. 487) Josephus, Flavius 393, 401, 406 Jordanus von Osnabrück 16 Jozyger 557 (Anm. 139) Judas Makkabi 406, 408, 519 (Anm. 487), 522 (Anm. 501), 523, 525 Justin 23

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K Kadusier 372 f. Kalimuwa 283 Kalliades (Archon) 290 (Anm. 89) Kallimachos 491 f., 524, 578 Kallisthenes von Olynth 444, 451 (Anm. 58), 461, 471, 560 Kambyses I. 237, 240 (Anm. 1417), 322 (281), 323, 327 (Anm. 312) Kambyses II. 229 f., 238, 239 (Anm. 1416), 240 (Anm. 1417 f.), 249, 251 (Anm. 1481), 253 (Anm. 1485), 272, 296 (Anm. 130), 298 (Anm. 137), 303 (Anm. 319), 356 f., 412 (Anm. 94), 457 Kamnaskiriden 473 (Anm. 186) Karthager 15 (Anm. 28), 310 (Anm. 189), 546, 549 (Anm. 86) Kaštarītu 334 (Anm. 369) Kassiten 46, 155, 169, 349 (Anm. 442), 466, 498 (Anm. 370) Kaschtiliasch IV. 171 Kephalon s. Anu­uballit Kimmerier 146, 187 (Anm. 1097), 283, 344 Kirua 284 (Anm. 53) Kischar 44 Kleitarch 365 (Anm. 587), 366 (Anm. 597), 444 (Anm. 15) Kleitos 451 (Anm. 58), 452 (Anm. 60) Kleomenes von Naukratis 446 (Anm. 24) Kleopatra VII. Philopator 561–564, 578 Kleopatra Selene 562 Kosmas 489 Ktesias von Knidos 21 (Anm. (69), 26–28, 33, 35, 242 (Anm. 1426), 324 (Anm. 299), 334, 349, 351–377, 386 f., 395, 413 (Anm. 113), 455, 460 f., 471, 479, 485, 492 (Anm. 318), 493, 509, 511– 513, 527–529, 546, 548, 566, 571–573, 576–578 Krateros 453 (Anm. 68) Kritobulos 11 f., 18 Kroisos 228, 290, 294 (Anm. 119), 296 (Anm. 129), 309, 311 f., 317, 321 (Anm. 272), 322, 324 (Anm. 295), 325 f., 327 (Anm. 313), 328 (Anm. 321), 329 (Anm. 324), 331, 349 (Anm. 446), 363, 416 (Anm. 132), 455, 558 (Anm. 75), 569 f. Kuddakaka 234 (Anm.1992) Kudurru (Nabû­kudurrī­uṣur) 201 f.

698

Indices

Kumarbi 421 (Anm. 153) Kutik-Inschuschinak/Puzur-Inschuschinak 138 Kuraš s. Kyros I. Kurigalzu 132 (Anm. 728), 153 (Anm. 856) Kuruš s. Kyros II. Kyaxares (Umakištar; Uvraxšt(a)ra) 205–209, 321, 329, 332, 334, 337, 338 (Anm. 390 f.), 339, 342–349, 440 (Anm. 2), 572 Kypselos 419 f., 575, 581 Kyros I. (Kuraš) 236 f., 240 (Anm. 1417) Kyros II. (Kuruš) 33 f., 36, 222, 228 f., 332 f. (Anm. 1386), 235, 237–239, 240 (Anm. 1417 f.), 242, 244, 248 (Anm. 1460), 250 f., 253 (Anm. 1485), 259, 266 (Anm. 1564), 267 (Anm. 1564), 272, 303, 309, 310 (Anm. 189), 312 f., 313 (Anm. 214, 216), 315, 317, 322–334, 339 (Anm. 394, 401), 347 f., 352 (Anm. 465), 356 f., 360 (Anm. 543), 362 (Anm. 564), 363 (Anm. 571), 365, 372–374, 376, 378–384, 394 (Anm. 38), 400, 411 (Anm. 94), 412, 413 (Anm. 106), 426 f., 433, 447, 448 (Anm. 35), 453 (Anm. 71), 455, 458 (Anm. 98), 460, 463 f., 466 (Anm. 157), 471 (Anm. 182), 472 (Anm. 182), 479, 486 (Anm. 276), 494 f., 498 (Anm. 370), 500, 509, 510 (Anm. 447), 513 (Anm. 457), 514, 568, 570 Kyros d. J. 228, 232 (Anm. 1385), 248 (Anm. 1460), 300, 353 f., 361 L Labarna 156 Labaschi-Marduk 200 (Anm. 1179), 220, 412 (Anm. 103) Lagiden s. Ptolemaier Lahamu 44 Lahmu 44 Laodike (Mutter Seleukos’ I.) 486 (Anm. 279) Laodike (Frau Antiochos’ II.) 401 (Anm. 12), 488, 492 Laodike (Frau Antiochos’ III.) 476, 484 (Anm. 270) Lakedaimonier s. Spartaner (Lucius Scribonius) Libo 559 Lipitili 131 (Anm. 711)

(Titus) Livius 538, 540 (Lucius) Lucceius 559 (Lucius Licinius) Lucullus 550 (Anm. 98), 552 Lugal-ane 134 Lugalbanda 75 f., 80 (Anm. 349), 98 (Anm. 484), 138, 141, 146 (Anm. 813) Lugalkineschdudu 113 (Anm. 571) Lugalzagesi 87 (Anm. 403), 107, 114–119, 121 (Anm. 636), 133, 148, 163 (Anm. 928), 190 Lullubäer 123 f., 147 (Anm. 818), 157 (Anm. 887), 249 Lyder 284, 286, 290, 311, 317, 328 f., 349 (Anm. 445), 386, 455, 547 f., 569 f. Lynkesten 445 (Anm. 17) Lysimachos 480, 486, 516 (Anm. 473) M Mager 323 f., 328 (Anm. 319), 373, 396 (Anm. 38), 448, 462 (Anm. 129) Makedonen (Pl.) 12–15, 19 f., 22, 25, 392 (Anm. 14), 396 (Anm. 38), 397 (Anm. 51), 399 (Anm. 60), 407 (Anm. 63), 440–529, 533–536, 546, 564, 575, 583 Makkabäer 14, 402–406, 408, 411, 426, 519, 521 f., 524–526, 574, 577, 581 Mandane 323 f., 327 (Anm. 312) Manischtusu 75 (Anm. 319), 99 (Anm. 485), 117, 119–121, 126, 130, 136, 138 (Anm. 768), 153, 157 (Anm. 887) Mannäer 334 (Anm. 367 f.) Marduk 43 (Anm. (50), 44 f., 70 f. 84, 92, 142 (Anm. 791), 158, 164 (Anm. 936), 172 (Anm. 988), 173 f., 198 (Anm. 1168), 208 f., 212, 215, 218 (Anm. 1297), 222–224, 231 (Anm. 1385), 232 (Anm. 1386), 250, 297 (Anm. 133), 343–349, 374, 379–384, 417 (Anm. 141), 425, 429 f., 431, 438, 461 f., 464, 467, 503–508, 518, 568, 573, 579 f. Marduk-aplu-iddina II. 174, 201, 380 (Anm. 17) Mars Ultor 543 f. Martu 54 (Anm. 147), 60 f. Maskîlîm 410, 411 (Anm. 91) Massageten 229, 310 (Anm. 189), 312, 313 (Anm. 214), 356, 486 (Anm. 276), 510 (Anm. 447) Mattathias 406

Personen-, Götter- und Gruppennamen

Maudakes 371 Maurya(-Dynastie) 434 (Anm. 253), 477, 509, 518 Mazaios 462 (Anm. 129), 464 (Anm. 148) Meder 13 f., 19–27, 33 f., 146, 200, 205–209, 232 f. (Anm. 1386), 247, 259, 265, 303, 317– 351, 356 f., 360, 362, 368, 370–376, 383, 385– 387, 393 (Anm. 15), 295, 399 (Anm. 60), 414 (Anm. 14), 422, 455, 461, 471, 476, 479, 492, 512–515, 529, 534 f., 545–547, 564, 568–573, 576, 579, 581 Megabyzos 347 Megasthenes 477 (Anm. 218), 478 f., 509–511, 515, 579 Mehmet II. 11 Melqart 506, 521 (Anm. 499) Menelaos ( Jerusalemer Hohepriester) 403– 405, 522, 525 Mermnaden 321 (Anm. 272), 322 f., 328 (Anm. 321) Mesanepada 91 (Anm. 429), 132 (Anm. 729) Mesilim 104 (Anm. 516), 105, 108, 133 (Anm. 731) Meskigalla von Adab 121 (Anm. 631) (Quintus Caecilius) Metellus (Creticus) 552 (Anm. 106) Michael (Erzengel) 410 (Anm. 90), 430 (Anm. 25), 436 (Anm. 268) Midas (Mita) 282 Minerva 557 Mischaël 415 Mita s. Midas Mithridates II. (Parthien) 563 Mithridates VI. Eupator (Pontos) 552 f., 555, 557 (Anm. 142), 559 Mitra 253 Molon 480 Mursili I. 155, 157 f., 163 (Anm. 928) Mursili II. 164 (Anm. 932) Mursili III. (?) 165 N Nabatäer 557 (Anm. 139), 558 (Anm. 146) Nabi’ulmasch 130 (Anm. 711) Nabonid 78, 200 (Anm. 1179), 216 (Anm. 1284), 220 (Anm. 1305, 1307), 221– 227, 237 (Anm. 1409), 255 (Anm. 1498),

699

229, 232 (Anm. 1386), 330, 334, 343–349, 351, 374, 376, 379–381, 382 (Anm. 30), 383–387, 412, 415, 422–425, 431, 461, 467 (Anm. 158), 471, 478 f., 494, 498, 500 f., 508, 513 f., 527 f., 568 f., 573 f., 576, 579 Nabopolassar 200–210, 221, 223, 229, 334 (Anm. 365), 238 (Anm. 393), 343 (Anm. 422), 343–345, 346 (Anm. 432), 467, 501 (Anm. 886), 502 (Anm. 392), 512, 513 (Anm. 457) Nabû 193, 209, 210 (Anm. 1238), 222, 380 (Anm. 15), 500, 503–506, 518 (Anm. 483), 579 Nabû-balāssu-iqbi 221 Nabû-kudurrī-uṣur s. Nebukadnezar & Ku­ durru Nabû-nāṣir 202 Nabû-šumu-ukīn 202 (Anm. 1187) Nabû-udammiq 201 (Anm. 1187) Nabû-zēr-līšir 223 (Anm. 1333) Nahum 238 (Anm. 392), 394 (Claudius Rutilius) Namatianus 19–21, 23, 582 Nammu 43 Nanna s. Sîn Nanum/Nani 137 Naqi’a 365 Naramsin 54 (Anm. 147), 63, 68, 71 (Anm. 288), 75 (Anm. 319), 79, 82, 101, 117 (Anm. 600), 122–128, 129 (Anm. 699, 707), 130 (Anm. 711), 133 f., 136 f., 138 f., 141–148, 152, 154, 157, 172, 223 (Anm. 1333), 225, 249 f., 261, 345, 346 (Anm. 332 f.), 349 (Anm. 437), 424 (Anm. 183), 425, 466, 507, 566, 568 Narseh 299 (Anm. 139) Nearchos 442 (Anm. 7), 460, 467 f., 470 Nebukadzenar II. (Nabû­kudurrī­uṣur) 13, 17, 78, 200 (Anm. 1179), 201 (Anm. 1184), 202, 210–220, 221 (Anm. 1319), 223, 226, 285, 329 f., 382, 393, 394 (Anm. 25), 400, 410 (Anm. 81), 411 (Anm. 94), 412, 415–417, 421 (Anm. 155), 422, 423 (Anm. 172 f.), 424–427, 431 f., 436–438, 478 (Anm. 228), 493, 499–502, 508 (Anm. 437), 509–513, 515, 519, 526, 528 f., 574, 579–581 Nebukadnezar III.; IV. 440 (Anm. 2), 499 Necho II. 206, 280, 296 (Anm. 129), 314 (Anm. 223), 509 (443) Nehemia 395, 412 (Anm. 94)

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Indices

Neith 270 (Anm. 1587) (Cornelius) Nepos 549 Nereiden 443 (Anm. 15), 458 (Anm. 101) Nergal 208, 222 Neriglissar 200 (Anm. 1179), 219 f., 412 (Anm. 103) Nikolaos von Damaskus 351, 372, 550 (Anm. 98) Nikomedes I. von Bithynien 517 (Anm. 481) Ninos 284, 318 (Anm. 252), 328 (Anm. 321), 352, 362–364, 366, 371, 375, 509, 546, 571 f. Ningirsu 88, 95 (Anm. 460), 100, 101 (Anm. 491), 108–112, 113 (Anm. 577), 140 (Anm. 778), 180 (Anm. 1046) Ninhursaga 100(Anm. 493), 110, 111 (Anm. 558), 112 Ninurta 44 (Anm. 54), 57, 82, 111 (Anm. 558), 129 (Anm. 706), 142, 179 f., 420 (Anm. 152), 429 f., 506, 518–520, 574, 580 f. Ninyas 366 f., 368 (Anm. 610), 572 Nitokris 330, 365 (Anm. 586) Noah 47, 400 (Anm. 3) Numuschda 60 Nur-Dagan 53, 150 O Octavian (Gaius Iulius Caesar Octavianus) 359 (Anm. 154), 561 (Anm. 177), 564 Oibaras 373, 376 (Anm. 668) Olympiodoros 404 (Anm. 36) Oniaden 403 Onias III. ( Jerusalemer Hohepriester) 403, 404 (Anm. 36), 407 Onnes 364, 366 (Anm. 602) Otanes (Utanā) 266 (Anm. 1564), 298 (Anm. 137), 319 (Anm. 255) (Paulus) Orosius 15 (Anm. 28), 453 Otto von Freising 17 Ovid (Publius Ovidius Naso) 225 (Anm. 1341), 533, 542–544, 545 (Anm. 59) Oxyartes 364 P Panammuwa 283 (Anm. 42) Paratekener 321 (Anm. 267) Parmenion 445 (Anm. 18), 451 (Anm. 58), 460, 447 (Anm. 33)

Parther 23–25, 246 (Anm. 1447), 372, 473 (Anm. 186), 541 (Anm. 26), 544 f., 561–564, 583 Parysatis 354, 361 Parsondes 372 Patizeithes 298 (Anm. 137) Patrokles 478 f., 483 (Anm. 261) Paulus (Apostel) 15 Pedon 285 (Anm. 54), 295 (Anm. 128) Perikles 287 (Anm. 71), 289 (Anm. 81), 294 (Anm. 117) Perser 12–14, 19 f., 22, 24 f., 28, 34, 37, 200–275, 286, 290, 292, 293 (Anm. 113), 294 (Anm. 117), 300 (Anm. 143), 303, 304 (Anm. 160), 306 f., 308 (Anm. 177), 312–315, 317, 321–323, 325, 327 f., 332 f., 339–341, 348 f., 351 (Anm. 455), 352 f., 357, 359 f., 362 (Anm. 562), 370, 372–374, 376 (Anm. 668), 380, 384, 386, 392 (Anm. 15), 393 (Anm. 15), 395, 399 (Anm. 60), 422, 427, 441, 455 f., 458, 459 (Anm. 116), 461, 471, 476 f., 479, 484 (Anm. 266), 487, 488 (Anm. 292), 489 (Anm. 295), 490 f., 493 f., 510 (Anm. 447), 512–514, 529, 533–535, 545– 548, 550 (Anm. 99), 561 (Anm. 170), 564, 568–573, 575 f., 578 f. Perseus (Heros) 317 (Anm. 246) Perseus (Makedonien) 546, 550 Petisis 446 (Anm. 24) Philipp II. (Makedonien) 442, 475 (Anm. 207), 517 (Anm. 480) Philipp III. Arrhidaios 391 Philipp V. (Makedonien) 24, 546, 549 (Anm. 86), 550 Philippos II. Philorhomaios 551 (Anm. 101) Philotas 551 (Anm. 58) Phoiniker 195–197, 219 (Anm. 1305), 277, 279 f., 290 (Anm. 87), 306, 459 (Anm. 116), 481 (Anm. 250) Photios von Konstantinopel 351 f., 356, 362, 372 Phraates II. 473 (Anm. 168) Phraates IV. 544, 562 Phraortes 321, 334 f., 338 (Anm. 393), 350 (Anm. 449) Phraortes (Fravartiš) 337 (Anm. 389), 349 Phulos s. Tiglatpilesar III. Phylarchos (ἡδυπαϑής) 547 f. Pislūme 235 (Anm. 1397), 236 (Anm. 1402)

Personen-, Götter- und Gruppennamen

Pithana 155 Platon 320 (Anm. 262), 361 Plinius d. Ä. 475, 479, 556 f., 559 (Anm. 156), 560 Plutarch von Chaironeia 273, 351, 353, 454 (Anm. 77), 455, 457, 465 (Anm. 149), 470, 555, 560 Polybios von Megalopolis 356 (Anm. 500), 392 (Anm. 14), 393 (Anm. 17), 481, 424, 533–536, 539 f., 581 f. (Gnaeus) Pompeius (Magnus) 536, 541 f., 551–564, 582 Pompeius Trogus 23–26, 453, 477 (Anm. 216), 533, 545, 564 (Gaius) Pontius 548 Popillius Laenas 407 Porphyrius von Tyros 13 f., 401 Poseidippos von Pella 487 (Anm. 281) Poseidon 443 (Anm. 15), 458 (Anm. 101), 470 Poseidonios von Apameia 559, 561 (172) Priamos 307, 368 (Anm. 610), 443 (Anm. 15) Proculus 538 Protesilaos 307 (Anm. 175), 443 (Anm. 15), 458 Psammetich I. 204, 280 (Anm. 26), 285 (Anm. 54), 295 (Anm. 128) Ptah 445 (Anm. 24) Ptolemaier (Lagiden) 392, 401, 407 (Anm. 62), 410 (Anm. 81), 417, 434 (Anm. 253), 435 (Anm. 259), 444 (Anm. 15), 475 (Anm. 207), 481, 484, 487 f., 490–493, 498 (Anm. 369), 505, 512, 515, 563 f., 578, 582, 592, Ptolemaios Keraunos 480, 517 (Anm. 480) Ptolemaios I. Soter 401 (Anm. 12), 442 (Anm. 7), 444 (Anm. 15), 457 (Anm. 94), 471 (Anm. 181), 474, 475 (Anm. 198), 487, 496 (Anm. 344), 510 (Anm. 443) Ptolemaios II. Philadelphos 409 (Anm. 68), 488, 561 (Anm. 176) Ptolemaios Philadelphos (Sohn Kleopatras VII. mit Antonius) Ptolemaios III. Euergetes I. 488–492, 562, 578 Ptolemaios IV. Philopator I. 490 Ptolemaios V. Epiphanes Eucharistos 417 (Anm. 139) Ptolemaios XII. Neos Dionysos 563 (Anm. 187)

701

Ptolemaios XV. Kaisar (Kaisarion) 562 Puduhepa 165 (Anm. 937) Puqūdu 219, 220 (Anm. 1308) Puzrum 130 (Anm. 712) Q Qurdi-Assur-lamur 194 (Anm. 1144), 281 R Ramses II. 165 (Anm. 937), 271 (1592) Re 251 (Anm. 1481), 270 (Anm. 1585), 446 (Anm. 24) Re-Harachte s. Aton Rim-Sîn 79, 154 Rimusch 74, 117, 120 f., 125 f., 138 (Anm. 768), 182 (Anm. 1065), 250 (Anm. 1472) Roscius, Sextus (aus Ameria) 540 Römer 11, 17 (Anm. 39), 20, 24, 107, 395 (Anm. 38), 407 (Anm. 63), 435, 440, 481, 482 (Anm. 253), 485 f., 538–564, 575, 582 Romulus 538 S Saddam Hussein 17 Saiten 280 Saken 264, 271, 362 (Anm. 564), 372 Sallust (Gaius Sallustius Crispus) 25, 550, 554 Salmanassar I. 168 Salmanassar III. 176 (Anm. 1024), 185, 188 f., 190 (Anm. 1124), 192 f., 196 f., 235 (Anm. 1399), 255 (Anm. 1498), 268 (Anm. 1571), 313 (Anm. 220), 368 (Anm. 611) Sammu-ramat 365 Samsu-iluna 165 Samsu-ditana 158 (Anm. 894) Sanacheribos s. Sanherib Sanherib (Sanacheribos) 174, 180 (Anm. 1050), 194 (Anm. 1146), 196 (Anm. 1158), 236 (Anm. 1399), 237 (Anm. 1406), 268 (Anm. 1577), 284, 287, 318 (Anm. 252), 344, 348, 362, 363 (Anm. 567), 367 (Anm. 605), 372 (Anm. 632), 469 Sappho 318 (Anm. 242) Sardanapallos 318 (Anm. 252), 362, 368–371, 375 f., 461 (Anm. 124), 509 (Anm. 442), 548 (Anm. 75), 572

702

Indices

Sargon von Akkad 53, 56, 69 (Anm. 273), 75 (Anm. 321), 107, 116–121, 125 f., 128–135, 137–141, 143, 148–153, 155, 156 (Anm. 886), 157–159, 184 f., 188, 192 (Anm. 1131), 225, 226 (Anm. 1345), 247 (Anm. 1453), 314 (Anm. 220), 322–324, 363, 365, 433 (Anm. 245), 470 f., 491, 566 Sargon I. 156 (Anm. 886) Sargon II. 50 (Anm. 109), 51, 81, 116 (Anm. 593), 173 f., 182, 186, 191, 193 f., 196 f., 199 (Anm. 1172), 201 (Anm. 1183), 207 (Anm. 1228), 236 (Anm. 1399), 237 (Anm. 1406), 268 (Anm. 1571), 281 f., 284, 285 (Anm. 56), 334, 335 (Anm. 379), 337, 363 (Anm. 567), 464, 528 (Anm. 25) Sasaniden 25, 246 (Anm. 1447), 252 (Anm. 1483), 254 (Anm. 1489), 299 (Anm. 139), 333 (Anm. 362), 397, 398 (Anm. 52), Schamasch (Utu) 47 (Anm. 85), 48–51, 75 (Anm. 319), 86, 88 (Anm. 412), 112, 124, 142, 172 (Anm. 988), 180 f., 209 (Anm. 1238), 215 (Anm. 1278), 216 (Anm. 1284), 223, 225, 253 (Anm. 1488), 336, 507 Šamaš-eriba 231 (Anm. 1885), 297 (Anm. 133), 440 (Anm. 2) Schamasch-schum-ukin 204, 206, 207 (Anm. 1228), 217 (Anm. 1286), 370 f. Schamschi-Adad I. 78 (Anm. 331), 141 (Anm. 785), 151 (Anm. 841), 152 f., 154 (Anm. 871), 164 (Anm. 936), 168, 172 f., 188 f. Schamschi-Adad V. 363 (Anm. 567), 365, 368 (Anm. 611) Schamchat 59, 437 Schara 108 f. Scharkalischarri 117 (Anm. 600), 123 (Anm. 653), 136 f., 138 (Anm. 768), 157 (Anm. 887), 223 (Anm. 1333), 247 (Anm. 1453) Schiduri 48 Schu-durul 137 Schulgi 68 (Anm. 267), 77 (Anm. 327), 79 (Anm. 347), 80–82, 86, 88, 140, 142, 425 (Anm. 189) Schuppiluliuma I. 164 Schu-Sîn 140

Schutruk-Nahunte I. 123 Schutruk-Nahunte II. 235 (Anm. 1393), 236 (Anm. 1399), 238 (Anm. 1406) (Publius Cornelius) Scipio Aemilanus 535 f., 540 (Anm. 18) (Lucius Cornelius) Scipio Asiaticus 540 Scipionen 546, 540, 548, 550 (Anm. 90) Seleukiden 29, 392, 395 (Anm. 38), 396–398, 401–405, 407 (Anm. 62), 410 (Anm. 81), 417, 418 (Anm. 141), 434, 435 (Anm. 259), 440, 472–523, 525–527, 529, 535 f., 563, 577–582 Seleukos I. Nikator 434, 472, 474–480, 482, 483 (Anm. 257), 484 (Anm. 269 f.), 285 f., 491, 495 f. 500, 501 (Anm. 384), 502, 504–509, 511 (Anm. 484), 502, 504–509, 511 (Anm. 448), 513 (Anm. 460), 517, 520, 575, 577–580, 582 Seleukos II. Kallinikos 435 (Anm. 259, 261), 476 (Anm. 211, 214), 488 Seleukos III. Soter 435 (Anm. 259) Seleukos IV. Philopator 404 (Anm. 36), 435 f., 484 (Anm. 270) Seleukos Kybiosaktes 563 (Anm. 187) Semiramis 318 (Anm. 252), 362, 364–366, 374 f., 460 f., 479, 509, 510 (Anm. 447), 528, 572 (Lucius Annaeus) Seneca d. J. 359 Septimius Severus 23 (Quintus) Sertorius 551, 554 (Anm. 120) Sesostris I. 364, 509, 510 (Anm. 447), 511 (Anm. 448) Sigebert von Gembloux 15 f. Simonides von Magnesia 517 f. Sîn (Nanna) 60 (Anm. 208), 62, 69, 107 (Anm. 537), 121 (640), 134, 181 (Anm. 1052), 216 (Anm. 1284), 221–223, 232 (Anm. 1386), 346–348, 379 (Anm. 6), 424, 501 Sin-leqi-unninni 81 Sîn-schar-ischkun 201–205 Sîn-schum-lischir 207 (Anm. 1228) Skylax von Karyanda 273, 301, 314 (Anm. 223), 459 (Anm. 111), 468 (Anm. 167) Smerdis s. Bardiya Soaner 557 (Anm. 139) Sol 544

Personen-, Götter- und Gruppennamen

Sophanes 288 (Anm. 81) Sosarmos 371, 372 (Anm. 635) Spartacus 538 (Anm. 149) Spartaner (Lakedaimonier) 20, 255 (Anm. 1498), 286 (Anm. 70), 288 f. (Anm. 81), 349 (Anm. 446), 445 (Anm. 17), 534 f., 550 (Anm. 99), 582 Spitamenes 478 Staufer 16 f. Stilicho 18 Strabrobates 366 Stratonike (Ehefrau Seleukos’ I. & Antiochos’ I.) 478 (Anm. 228), 505 (Anm. 418) Struchaten 321 (Anm. 267) (Faustus) Sulla 555 (Lucius Cornelius) Sulla 540, 551 f., 554 (Anm. 120), 555 (Quintus Aurelius) Symmachus 18 Syrer 314 (Anm. 222), 482 T (Publius Cornelius) Tacitus 25, 359 (Anm. 535) Taharka 509 Tanyoxarkes 357 Tegeaten 288 (Anm. 81) Teispes (Čišpiš) 236, 237 (Anm. 1409), 238, 239 (Anm. 1416), 240 (Anm. 1417), 322 (Anm. 281), 380 (Anm. 15) Teispiden 34, 238, 382 (Anm. 30), 322 (Anm. 281) Tepti-Huban-Inschuschinak 322 (Anm. 281), 233 (Anm. 1390), 235 Thales von Milet 321 (Anm. 272) Themistokles 295 (Anm. 127), 315 (Anm. 224) Theodotion 401 Theophanes von Mythilene 555, 559–561, 582 Theseus 288 f. (Anm. 81) Thukydides 73, 289, 358 (Anm. 525) Thutmosis I. 158 Thutmosis III. 158–160, 314 (Anm. 220), 446 (Anm. 24), 490 Tiamat 44 f., 53, 70, 144, 146, 198 (Anm. 1168), 429, 504, 507 Tiglatpilesar I. 57 (Anm. 179), 132 (Anm. 728), 171 (Anm. 985), 172 (Anm. 989), 180 (Anm. 1046), 190, 192, 267 (Anm. 1571), 318 (Anm. 179)

703

Tiglatpilesar III. (Phulos) 169, 181, 183 (Anm. 1066), 186, 187 (Anm. 1095), 189, 191 f., 194 (Anm. 1144), 281, 283, 304, 335 (Anm. 379), 363 (Anm. 567), 513 (Anm. 457), 527 (Anm. 21) Tigranes II. (Armenien) 552 Tobiaden 403 Tomyris 313 (Anm. 214), 486 (Anm. 276) Trajan 23 Tribellius 552 (Anm. 105) Tschandragupta 434 (Anm. 253), 477, 511 (Anm. 448) Tukulti-Ninurta I. 49 (Anm. 103), 82, 171 f., 175 (Anm. 1013), 176 (Anm. 1025), 177, 179 f., 190 f., 199 (Anm. 1171 f.), 318 Tutanapschum 129 (Anm. 707) U Ugbaru s. Gobryas Ullikummi 421 Umakištar s. Kyaxares Umman-manda 146–148, 205 (Anm. 1213), 232 (Anm. 1386), 338 (Anm. 390 f.), 344– 351, 383, 568 Upēri 51 (Anm. 116), 193 Urnamma 68 (Anm. 267), 81, 140 Urnansche 73 (Anm. 299), 108 (Anm. 542), 110 (Anm. 550), 113 (Anm. 572) Ur-schanabi 48, 76 Urukagina 99 (Anm. 490), 110 (Anm. 550), 113 f. Urzababa 117, 133, 148 Usch 108 Utanā s. Otanes Utanapischti 47 f., 53 Ūta-rapaštim 149, 151 (Anm. 840) Utu s. Schamasch Utu/Wadjet 304 (Anm. 165), 457 (Anm. 94) Utuhegal 68 (Anm. 267), 140 Uvraxšt(a)ra s. Kyaxares Uxier, Berguxier 450 (Anm. 53) V Vahyazdāta 240 (Anm. 1418) (Marcus Terentius) Varro 559 Velleius Paterculus 25, 536, 544, 546 Vergil (Publius Vergilius Maro) 18, 21, 542

704

Indices

Vidhra s. Hydarnes Vindafarnā s. Intaphernes W Warikas 283 Westgoten 15, 19 Wištāsp 397 (Anm. 49) X Xenophanes 286, 293 (Anm. 113) Xenophon 188 (Anm. 1102), 228, 287, 300, 354, 358 (Anm. 525), 359, 361, 386, 447 f., 460, 492 (Anm. 318), 572 Xerxes I. 36, 230, 231 (Anm. 1382, 1385), 232 239 (1416), 248 (1460), 251, 254 (Anm. 1488), 255 (Anm. 1497 f.), 256 f., 261 (Anm. 1535), 262, 263 (Anm. 1547), 269 (Anm. 1582), 290, 297 (Anm. 133), 301–304, 305 (Anm. 166 f.), 306 (Anm. 173), 307, 309, 310 (Anm. 189), 313, 315 (Anm. 224), 323 (Anm. 292), 352 (Anm. 465), 357, 382 (Anm. 30 f.), 284, 386 (Anm. 47),

413 (Anm. 113), 418 (Anm. 141), 439, 440 (Anm. 2), 443, 458 (Anm. 98, 101), 459, 462–464, 469 f., 485, 487, 491, 545 (Anm. 60), 569, 578 Xerxes II. 232 (Anm. 1385) Xusraw 397 (Anm. 49) Y Yamm 429 f., 574 Z Zarathustra 397 (Anm. 49), 252 (Anm. 1483) Zeus 299, 303 f., 325 (Anm. 310), 474 f., 503– 505, 517 (Anm. 480), 579 Zeus-Ammon 457 f. Zeus Olympios 406, 522 Zimri-Lim 154 (Anm. 871) Zipoetes 417 (Anm. 481) Ziqīqu 141 (Anm. 788) Ziusdura 47, 51 Zonaras, Johannes 453 Zopyros 357, 370 (Anm. 624), 413

Toponyme

705

Toponyme A (Tell) Abu Salabich 80 (Anm. 348), 91, 96, 97 (Anm. 476), 105 f. Achaia 557 (Anm. 139) Achilaos 369 (Anm. 616) Adab 68 (Anm. 267), 99 (Anm. 493), 105 f., 114, 120 (Anm. 633), 121 (Anm. 636), 126, 155 (Anm. 873) Adria (Adriatisches Meer) 534 Adriataisches Meer s. Adria Adulis 489 f., 562, 578 Afghanistan 23, 229, 363 (Anm. 570), 518 (Anm. 484) Africa Nova (römische Provinz) 539 Afrika 314 (Anm. 223), 434 (Anm. 253), 539, 552, 554 (Anm. 120), 555 Ägäis(-welt) 194, 228 f., 232, 277, 279 (Anm. 19), 287, 363 (Anm. 571) Ägypten (Musri) 22, 34, 90 (Anm. 424), 150, 158–162, 163 (Anm. 926 f., 931), 164 f., 170, 184 (Anm. 1075), 185 f., 187 (Anm. 1095), 190 (Anm. 1119), 198 (Anm. 1165), 206, 214, 229, 232 (Anm. 1385), 241–243, 249, 251, 252 (Anm. 1481), 255 (Anm. 1497), 262, 263 (Anm. 1550), 264 (Anm. 1553), 267, 269–273, 279 (Anm. 19), 280 (Anm. 26), 285 (Anm. 54), 291 (Anm. 99), 295–298, 304 (Anm. 165), 305 (Anm. 167), 310 (Anm. 189), 318 (Anm. 252), 331 (Anm. 338), 341, 354 (Anm. 489), 363 (Anm. 571), 366 (Anm. 596), 375, 385, 392, 433 (Anm. 243), 443 (Anm. 11), 444 (Anm. 15), 445 f., 450, 452, 457, 472, 487–493, 496 (Anm. 344), 509, 510 (Anm. 447), 511 f., 539, 543 f., 562, 578 Ake-Ptolemaïs 475 (Anm. 205) Akkad (Stadt, Land) 114 (Anm. 582), 116 f., 119 f., 122, 127, 129 f., 132, 142, 148, 150 (Anm. 834), 155 (Anm. 873), 184, 190 (Anm. 1121), 191 (Anm. 1124), 200, 203 (Anm. 1195), 209, 212 (Anm. 1260), 219, 220 (Anm. 1305), 226, 326 (Anm. 310), 343, 348 (Anm. 440), 380

Akkad (Dynastie/Reich von) 27, 46 (Anm. 77), 68 (Anm. 267), 75, 91, 102, 116–166, 215, 224, 424, 513, 566, 568 Akschak 103 f., 111, 114, 136 Aleppo 157 Al Mina 280 (alt-; mittel-; neu-)assyrisches Reich s. Asyyrien Amanus(-Gebirge) 118, 122, 124, 150 (Anm. 835), 165, 186 (Anm. 1086), 199 (Anm. 1171) (Tell-el) Amarna 150 f., 159–162 Amurru 190, 192 Anatolien 90, 128, 151, 155, 156 (Anm. 886), 157 f., 167, 194, 278, 282 (Anm. 40), 420, 472, 480, 482 (Anm. 256), 491, 517 Anschan 34, 62, 120, 146 (Anm. 813), 228, 234–238, 240, 382 f., 494 (Anm. 331), 568 Antiocheia am Orontes 488 Apameia (Phrygien) 404, 486 Api’ak 126 Arabien (Arabische Halbinsel) 22, 90 (Anm. 424), 122, 183, 184 (Anm. 1075), 220 (Anm. 1305), 222, 229, 262, 263 (Anm. 1550), 291 (Anm. 98), 304 (Anm. 165), 363, 456, 490 (Anm. 304), 557 Arabische Halbinsel s. Arabien Arachosien 262, 264 (Anm. 1550), 273, 434 (Anm. 253), 477 (Anm. 218), 481 (Anm. 246) Araxes 310 (Anm. 189), 312 f., 486 (Anm. 276) Arbela (Erbil) 127 (Anm. 987), 366 (Anm. 602), 391, 452–454 Areia 262, 263 (Anm. 1550) Armanum 122 Armenien 169, 262, 263 (Anm. 1550), 340 (Anm. 405), 363, 552, 557 (Anm. 139), 562 Arrapḫa/Arrapḫu 204 (Anm. 1207), 205, 212 (Anm. 1260) Arwad 181, 189 (Anm. 1108), 192 f., 213 Arzawa 162 Aschdod 213, 281 (Anm. 31), 296 (Anm. 128) Aserbaidschan 230 (Anm. 1371)

706

Indices

Asia (römische Provinz) 454, 539, 552 (Anm. 105), 557 (Anm. 139), 562 Asien 20, 24, 34, 290 (Anm. 87), 292, 307, 312–315, 316 (Anm. 235), 317 f., 321–323, 325 f., 328 f., 331 f., 352, 356, 361–63, 364 (Anm. 577), 366, 373 f., 376, 391, 441–443., 444 (Anm. 15), 452–456, 470, 477 (Anm. 216), 481–483, 484 (Anm. 265 f.), 485 f., 489–493, 510 (Anm. 447), 512, 514, 534, 536, 555–558, 570–572, 576–79, 583 Assur (Land, Stadt) 34, 52, 90 (Anm. 425), 128, 150–152, 155 (Anm. 873), 164 (Anm. 936), 165, 167–170, 173–175, 187, 189, (Anm. 1106), 193, 197, 199 (Anm. 1171), 200, 204 f., 338 f. (Anm. 396), 343, 345 (Anm. 432), 394, 526 Assyrien (alt­, mittel­, neuassyrisches Reich) 12, 19 f., 25 f., 29, 33, 35–37, 52 f., 71 (Anm. 288), 72, 74 (Anm. 309), 81 (Anm. 359), 82, 124 (Anm. 663), 152, 162, 164 f., 201, 203 (Anm. 1192), 204–209, 210 (Anm. 1214), 218 (Anm. 1299), 219, 226 (Anm. 1550), 236 (Anm. 1402), 247 (Anm. 1453), 262, 263 (Anm. 1550), 264 (Anm. 1553), 276, 278 (Anm. 16), 282, 283 (Anm. 42), 285–287, 320 (Anm. 262), 319, 322, 328, 330–332, 337, 341–344, 345 (Anm. 432), 346, 348 f., 354 (Anm. 489), 370, 374, 376, 378, 285, 393 (Anm. 17), 395, 398 f., 413, 439, 466, 479, 489, 491, 494 f., 498, 508 f., 511, 514, 524, 536–529, 534–536, 547, 564–570, 575–577, 579–581 Athen 26 (Anm. 102), 230, 287 (Anm. 71), 278, 288 f. (Anm. 81), 290 (Anm. 89), 293, 310, 315 (Anm. 225), 350, 418 (Anm. 141), 435 (Anm. 266), 445 (Anm. 60), 458 f., 475 (Anm. 207), 516 (Anm. 473), 533, 541 (Anm. 26) Äthiopien 185, 366, 456, 490 (Anm. 304) Aulis 443 (Anm. 15) B Baba Ğān 335 Babylon 35, 45, 52, 71 f., 81 (Anm. 359), 91 (Anm. 432), 142 (Anm. 791, 793), 103, 105, 107, 111, 114, 117 (Anm. 604), 121, 133, 137, 155, 157, 162 (Anm. 925), 164 (Anm. 936),

165, 169, 171, 173 f., 188 (Anm. 1102), 190 (Anm. 1121), 191, 192 (Anm. 1131), 201 (Anm. 1184), 203 f., 209 f., 211 (Anm. 1252), 213, 215, 219 f., 222, 228 (Anm. 1352), 229 (Anm. 1365), 245, 251, 284 f., 287, 291 (Anm. 99), 297, 319 (Anm. 253), 325, 329 f., 332 (Anm. 346), 341, 344, 347–349, 354, 355 (Anm. 489), 365, 370 f., 374, 379 f., 381 (Anm. 27), 382–284, 386, 391, 394 f., 412 f., 414 (Anm. 115, 119), 418 (Anm. 141), 423, 429 (Anm. 211), 433 (Anm. 243), 439, 446, 447 (Anm. 32), 450, 462–267, 472 (Anm. 183 f.), 494, 496–498, 499 (Anm. 372 f.), 500–503, 504, 507 f., 509. 512 (Anm. 457), 513–515, 521 (Anm. 499), 526–528, 570, 573, 580 f. Babylonien 13, 15, 35, 37, 53, 60, 67 f., 71 (Anm. 288), 79, 94, 100, 103 f., 118, 129 f., 138, 143 f., 154 (Anm. 870), 162, 172, 174 (1003), 198 (Anm. 1165), 199 (Anm. 1170), 200, 201 (1184), 203 (Anm. 1193), 204, 207 (Anm. 1229), 209 (Anm. 1240), 216, 219, 221 (Anm. 1319), 227 (Anm. 1352), 230, 231 (Anm. 1385), 237 (Anm. 1409), 243, 247, 251, 262, 263 (Anm. 1550), 264 (Anm. 1553), 295, 297 (Anm. 133), 330, 340 (Anm. 405), 349, 462 f., 371, 381, 383 (Anm. 31), 284, 386, 394 (Anm. 25), 396, 398, 403 (Anm. 30), 404, 412, 430 (Anm. 233), 440 (Anm. 2), 443 (Anm. 11), 445, 450, 452, 461, 463 (Anm. 134), 464 (Anm. 148), 466, 473 (Anm. 186), 476 f., 479, 482 (Anm. 256), 489, 493–503, 506, 508, 509 (Anm. 441), 511, 514, 527 (Anm. 18), 527–529, 569, 576, 579–581 Bahrain s. Dilmun Baktra 394 Baktrien 262 f., 273, 392 (Anm. 9), 473 (Anm. 186), 479, 481 (Anm. 246), 489, 493 Barahschum 121 f., 128 (Anm. 698) Barka 229 (Anm. 1369) Baza 183, 185, 304 (Anm. 165) Bikni (Damāvand?) 170, 186 Bisutun (Monument/Inschrift von) 230, 238, 239 (Anm. 1416), 240, 243 (Anm. 1432), 244 f., 246 (Anm. 1446), 248, 251 (Anm. 1478), 256 f., 259 (Anm. 1519), 262, 264, 274, 298, 299 (Anm. 138 f.),

Toponyme

316 (Anm. 233), 322 (Anm. 281), 337 (Anm. 389), 339 (Anm. 401), 340, 349, 354 (Anm. 489), 355 (Anm. 496), 357 (Anm. 499), 365 (Anm. 595), 440 (Anm. 2) Bithynien 517 (Anm. 481), 539, 552 (Anm. 105), 557 (Anm. 139) Bit Yakin 52 Boghazköy s. Hattusa Borsippa 52 (Anm. 127), 155 (Anm. 873), 202 (Anm. 1188), 204, 222 (Anm. 1325), 497, 499–505 Bosporus 11, 272 f., 301 (Tell) Brak 128 Brundisium 552, 558 Byblos 152, 192 Byzantinisches Reich 11, 16 Byzanz 16 C Cadiz 195 Carrhae s. Harran Chabur(-Gebiet) 90 (Anm. 425), 124, 128, 158, 170, 218 Charakene 473 (Anm. 186) Choresmien 477 (Anm. 218) Chorsabad 186 (Anm. 1092), 197, 267 (Anm. 1571) Chuzistan (Susiana) 90, 128, 138, 234 (Anm. 1393), 342 (Anm. 413), 235 (Anm. 1395), 341, 363 (Anm. 571), 473 (Anm. 186), 489 Çineköy 283 D Damāvand s. Bikni Daskyleion 244, 272 (Anm. 1594) Dekelea 288 f. (Anm. 81) Delos 541 Der 204, 285 (Anm. 56) Didyma 296 (Anm. 129), 474 f., 479, 485, 486 (Anm. 279) Dilmun (Bahrain) 51, 84, 90 (Anm. 424), 113 (Anm. 572), 119, 128 (Anm. 699), 139, 144, 185 (Anm. 1980), 186, 193 f., 197 Diyala(-Gebiet) 90, 105, 138 (Anm. 763), 154 (Anm. 870), 204 (Anm. 1207) Don s. Tanaïs

707

Donau s. Istros Drangiana 262, 263 (Anm. 1550) Dura-Europos 503 (Anm. 406) Dur-Šarrukin 199 (Anm. 1172), 212 (Anm. 1260) E Ebla 91 (Anm. 432), 97 (Anm. 476), 98 f., 105 f., 118, 122, 125, 129 (Anm. 699), 175 (Anm. 1016) Ebirnāri 374 (Anm. 656) Ekallatum 152, 168 Ekbatana 228, 243, 253 (Anm. 1485), 320, 333, 345, 346 (Anm. 432), 365, 371 f., 447 (Anm. 32) Elaius 307 (Anm. 175), 443, 458 Elam 54 (Anm. 147), 62, 93, 105, 111, 118, 120 (Anm. 627), 119, 121 f., 123 (Anm. 655), 128 (Anm. 698), 136–138, 144, 154, 157 (Anm. 887), 162, 233–241, 244, 252 (Anm. 1483), 256, 257 (Anm. 1504), 262– 265, 284, 338 (Anm. 398), 340 (Anm. 403), 341, 350, 383, 386, 431, 494, 569 Elephantine 190 (Anm. 1119), 245 f., 287, 299 (Anm. 138), 371 Eleusis 407 Elipi 334 (Anm. 368) Elymais 473 (Anm. 186) Emar 420 (Anm. 151) Emaschmasch 153 Ephesos 296 (Anm. 129), 482 (Anm. 253), 488 Erbil s. Arbela Erech s. Uruk, Warka Eridu 43 (Anm. 50), 45 (Anm. 65), 47 (Anm. 85), 67, 107 (Anm. 533), 112, 114, 212 (Anm. 1260) Erythrai 476 Eschnunna 79 (Anm. 346), 152, 154, 155 (Anm. 873) Euphrat 22, 44, 52, 60, 89, 105, 111 f., 115, 118 (Anm. 614), 122, 133, 152, 154, 156 (Anm. 886), 157–159, 167, 170, 184 (Anm. 1076), 185, 186 (Anm. 1086), 188, 204, 205 (Anm. 1207), 190, 216, 220 (Anm. 1308), 278 (Anm. 16), 292 (Anm. 99), 297 (Anm. 133), 300

708

Indices

(Anm. 145), 313 f. (Anm. 220), 356, 363, 456, 470, 472 (Anm. 184), 478, 482, 487 (Anm. 279), 488 f., 490 f., 494 (Anm. 332), 497 Europa 20, 24, 36, 290 (Anm. 87), 301, 302 (Anm. 154), 303, 307, 313–315, 316 (Anm. 235), 455 (Anm. 80), 469 (Anm. 171), 477, 480–483, 485, 510 (Anm. 447), 534 f., 555, 578, 583 Europäische Union 17 F Faijjum (Gurob) 488, 578 Fara (Schuruppak) 80 (Anm. 348), 91, 106 f., 126 Fars s. Pārsa; Persis G Galatia (römische Provinz) 539 557 (Anm. 139) Gallia Cisalpina; Comata; Narbonensis (römische Provinzen) 539 Gandhara 263 f. (Anm. 1550), 477 (Anm. 218), 481 Gaugamela 391, 446, 452, 454, 471 (Anm. 181) Gaza (Kadytis) 187 (Anm. 1095), 213, 296 (Anm. 129), 496 (Anm. 345) Ğebel-Ḥamrin 204 (Anm. 1207) Gedrosien 434 (Anm. 253), 460, 461 (Anm. 123) Georgien 230 (Anm. 1371) Gisat 235 Girtab 126 Godīn Tepe 335 Gu’edenna 108–110 Girsu s. Lagasch Griechenland (Hellas) 33, 36, 231, 255 (Anm. 1498), 261 (Anm. 1335), 277, 279 (Anm. 19), 282, 290, 294, 296, 304, 305 (Anm. 167), 307, 310 (Anm. 189), 315, 316 (Anm. 235), 377, 394 (Anm. 25), 410 (Anm. 90), 443, 455 (Anm. 80), 458 f., 482, 485, 510, 534, 540 (Anm. 13) Gubla 184 (Anm. 1066), 186 Gurob s. Faijjum Gutium 62, 68 (Anm. 267), 137 (Anm. 762), 144

H Habban 52 Halikarnassos (immer mit Herodot) Halys (Kizil Irmak) 312, 314, 317, 321 f., 325, 328 (Anm. 321), 339, 455, 570 Hamadan 228, 239 (Anm. 1416), 244, 248, 332 f., 335 Hamath 334 (Anm. 367), 369 (Anm. 616) Hanilgabat 163 (Anm. 926), 168 Harisu 281 Harmal 150 Harran (Carrhae) 34, 205 f., 218 (Anm. 1293), 221–223, 280, 338, 343, 344 (Anm. 425), 346, 379 (Anm. 6), 494, 498, 544 f. Hattu 211, 212 (Anm. 1260), 213 Hattusa (Boghazköy) 144, 150 f., 156 Hellespont 290 (Anm. 89), 301, 306 (Anm. 173), 313, 315 (Anm. 224), 443 f., 454 (Anm. 74, 78), 458 f., 461, 469 f., 489 (Anm. 295), 491 (Anm. 309), 562 Hellas s. Griechenland Hindukusch 468 (Anm. 167) Hispania Citerior/Ulterior (römische Provinzen) 539 Hydaspes 468 (Anm. 167), 471 (Anm. 181) Hyphasis 442 (Anm. 11), 459, 468 (Anm. 167) Hyrkanien 337 (Anm. 389), 449, 480, 481 (Anm. 246) Hyrkanisches Meer (Kaspisches Meer) 186, 364 (Anm. 571), 468 (Anm. 167), 467, 542 I Iberien 557 (Anm. 139) Ilion (Troja) 277, 306 f., 368 (Anm. 610), 443, 458 (Anm. 101), 475 (Anm. 193), 476 (Anm. 209), 484 f., 533, 535 (Anm. 19), 564 Illubru 284 (Anm. 53) Indischer Ozean 468 (Anm. 167), 470, 557 Indus 42 (Anm. 40), 232, 263 f. (Anm. 1550), 442 f. (Anm. 11), 454 (Anm. 74), 456, 459 (Anm. 111), 461 (Anm. 123), 468 (Anm. 167), 470, 490 Industal (Meluhha) 34, 119, 128 (Anm. 699), 139, 144, 184 f., 230, 273 (Anm. 1603) Ionien 22, 230, 262, 263 (Anm. 1550), 273, 281, 282 (Anm. 39), 284 (Anm. 52), 299

Toponyme

(Anm. 138), 315, 458, 489 (Anm. 295), 517 (Anm. 481) Ipsos 401 (Anm. 12), 434 (Anm. 253), 516 (Anm. 473) Iran 23, 27, 37, 42, 79, 82, 120 (Anm. 627), 121 (Anm. 639), 385, 392, 396 f., 448 (Anm. 35), 450 f., 471 f., 477 f., 479 (Anm. 234), 480, 484 (Anm. 266), 576 Iranisches Hochland 105 (Anm. 525), 111, 118, 128 (Anm. 698), 205, 230, 299, 332 Isin 62, 67 f., 79, 92, 95, 105, 127, 154, 155 (Anm. 873), 210 (Anm. 1244), 212 (Anm. 1260) Israel 35 (Anm. 12), 283 (Anm. 45), 394, 402 (Anm. 22), 410 (Anm. 90), 414 f., 419 f., 431 f., 433 (Anm. 243), 528 Issos 369 (Anm. 616), 441, 445 f., 471 (Anm. 181), 554 (Anm. 119), 575 Istros (Donau) 273, 313, 458, 534, 539 J Jadnana, Jā’ s. Zypern Jarmuti 118 Jawan 195, 410 (Anm. 90) Jaxartes 475, 479 Jerusalem 404 (Anm. 36), 405 f., 408 (Anm. 65), 410 (Anm. 81), 412 (Anm. 94, 100), 414 f., 521 (Anm. 498), 525 Juda 35 (Anm. 12), 211, 252 (Anm. 1481), 283 (Anm. 45), 394, 411 (Anm. 94), 412, 415, 432 (Anm. 236), 432 (Anm. 243) Judaia 395 (Anm. 33), 396, 401 (Anm. 13), 402, 403 (Anm. 31), 404–406, 519, 521 (Anm. 499), 522, 581 K Kadytis s. Gaza Kalchu 199 (Anm. 1172), 287, 429 Kanaan 162, 163 (Anm. 927), 402 (Anm. 25) Kandahar 477 (Anm. 218) Kanisch (Kültepe) 124 (Anm. 666), 151, 156 Kappadokien 195 (Anm. 1152), 262, 263 (Anm. 1550), 300 (Anm. 143), 414 (Anm. 222) Kaptara s. Kreta Karien 230, 481, 489, 491 (Anm. 304) Kār-kašši 334 (Anm. 369)

709

Karkemisch 149, 185 (Anm. 1085), 218 (Anm. 1293), 280 Karmanien 481 (Anm. 246) Karnak 158, 446 (Anm. 24), 487 (Anm. 282), 488 (Anm. 292) Karthago 443 (Anm. 11), 456, 535, 546, 550 Kaspisches Meer s. Hyrkanisches Meer Kaukasus 22, 557 (Anm. 143) Kazallu 121, 126 Kermanschah 248, 335 Kesch 100 (Anm. 493), 110, 112, 114, 155 (Anm. 873) Khafaje 105 Kilikien (Que) 170, 194, 195 (Anm. 1152), 220 (Anm. 1308), 229, 277 f., 280–283, 286, 314 (Anm. 222), 369 (Anm. 616), 488, 489 (Anm. 295), 490 (Anm. 304), 539, 553 (Anm. 105), 557 (Anm. 139) Kisch 47 (Anm. 85), 67 f., 93, 99, 101, 103–108, 111, 114 f., 117, 126, 132 f., 141, 144, 148, 153, 154 (Anm. 870), 155 (Anm. 873) Kisura 105 Kition 191, 284, 407 (Anm. 63) Kizil Irmak s. Halys Knidos (immer mit Ktesias) Koilesyrien 401 (Anm. 12), 402 (Anm. 25), 405 (Anm. 36), 407 (Anm. 62), 457 (Anm. 94) Kolchis 557 Konstantinopel 11, 16, 18 Korinth 419 f., Kreta (Kaptara) 194, 279 (Anm. 19), 539, 562 (Anm. 178) Kroton 454 Kültepe s. Kanisch Kullaba 95, 96 (Anm. 469) Kurupedion 480 Kusch s. Nubien, Sudan Kutha 126, 143 (Anm. 798), 155 (Anm. 873), 204, 222 (Anm. 1325) Kykladen 489 Kynoskephalai 24, 546 Kyrenaika 230, 539, 557 (Anm. 139) Kyrene 229 (Anm. 1369), 291 (Anm. 99), 562

710

Indices

L Lagasch (Girsu) 43 (Anm. 46), 72, 79 (Anm. 347), 80 (Anm. 349), 87 f., 91 f., 96 (Anm. 460, 465), 98, 99 (Anm. 490), 100 f., 105–114, 120 (Anm. 633), 126, 139 f., 467 (Anm. 162) Larisa 287 Larsa 67, 79, 92, 95, 103, 112, 114, 115 (Anm. 591), 143 (Anm. 798), 154, 155 (Anm. 873), 212 (Anm. 1260), 431 Levante 160, 194 f., 210 f., 213 f., 217, 219 (Anm. 1304), 278, 279 (Anm. 19), 280 f., 306 (Anm. 167), 437, 481 (Anm. 250), 562 (Anm. 178) Libanon 57, 118, 189, 211, 213–217, 218 (Anm. 1293), 273, 432 Libyen 229 (Anm. 1369), 310 (Anm. 189), 314 (Anm. 223), 366, 456, 489, 490 (Anm. 304), 535 Luddi s. Lydien Luxor 446 (Anm. 24) Lydien (Luddi) 183 (Anm. 1065), 187 (Anm. 1097), 195 (Anm. 1148), 229 (Anm. 1364), 247, 259 (Anm. 1519), 262, 264, 273, 278 (Anm. 16), 283, 300 (Anm. 143), 311 f., 317, 321 (Anm. 272), 332, 350 (Anm. 451), 489, 448 (Anm. 75) Lykien 481, 490 (Anm. 304) Lysimacheia 481 (Anm. 251), 482 (Anm. 253) M Macedonia (römische Provinz) 539 Maeotis, Maeotisches Meer 542, 557 Magan (Oman) 90, 99 (Anm. 485), 119 f., 122, 124, 126, 128 (Anm. 699), 139, 144, 184 f., 194, 212 Magnesia am Sipylos 395 (Anm. 38), 486, 536, 540, 546, 547 (Anm. 69), 549 Makedonien 12 f., 15, 19 f., 25–27, 29, 230 f., 392, 393 (Anm. 17), 394 f., 398 f., 430 (Anm. 233), 472, 475 (Anm. 207), 477, 480, 485, 491, 495, 498, 511 f., 517 (Anm. 480), 524–528, 533, 535 f., 546, 564 f., 575, 577, 579–581 Mālamīr 235 Marakanda 452 (Anm. 60) Marathon 230, 310

Marda 130 (Anm. 711) Marhaschi 123 (Anm. 653), 128 (Anm. 698) Mari 60, 97 (Anm. 476), 103, 104 (Anm. 514), 105, 111, 118, 139, 152–154, 155 (Anm. 873), 163 (Anm. 928), 175 (Anm. 1016) Mazamua 193 Media Atropatene 477 (Anm. 218) Medien 12 f., 15, 19 f., 25 f., 27 (Anm. 107), 29, 33–37, 187 (Anm. 1095), 244, 248 (Anm. 1461), 251, 258 (Anm. 1514), 262–265, 269 (Anm. 1583), 276, 320, 321 (Anm. 271), 328, 362 f., 365, 367, 374, 376, 378, 383–385, 393 (Anm. 17), 394 f., 399, 428 (Anm. 211), 430 (Anm. 233), 433, 439, 440 (Anm. 2), 475 (Anm. 202), 479, 482 (Anm. 256), 489, 491, 497, 508, 511–514, 524, 526–529, 533, 535 f., 547, 557 (Anm. 139), 564–566, 568–570, 575, 577, 580 f. Meluhha s. Industal Memphis 161 (Anm. 912), 296 (Anm. 130), 445 (Anm. 24), 457 (Anm. 91) Mesopotamien (Zweistromland) 23, 27, 37, 42 f., 49, 52, 55–58, 64 (Anm. 238), 69, 70 (Anm. 277), 71 (Anm. 280), 73 f., 77–79, 81 f., 87 f., 89–91, 93, 98, 99 (Anm. 485), 102, 116, 127 f., 131, 133, 135, 137 (Anm. 755), 138– 140, 146, 148, 152, 154, 162 (Anm. 923), 169, 173 (Anm. 997), 184, 195 (Anm. 1148), 200, 204 (Anm. 1207), 206, 216, 219, 222, 242, 253 (Anm. 1488), 259, 272, 278 (Anm. 16), 279, 287, 296, 298, 299 (Anm. 139), 300, 341 f., 345, 378, 385, 387, 411 (Anm. 94), 420 (Anm. 151), 472, 476, 479, 489, 491, 493, 496 (Anm. 349), 507, 516, 526, 557 (Anm. 139) Mespila 287 Mittani 158, 162, 163 (Anm. 931), 164, 167 f., 205 (Anm. 1217) Mittelmeer 22, 52, 115, 118 f., 122, 153, 164, 186, 188–193, 195, 197, 213 f., 277, 280, 318 (Anm. 250), 443 (Anm. 11), 472 (Anm. 184), 490 (Anm. 304), 552 (Anm. 105) Modiim 406 Mosul 119 (Anm. 623), 167 Murgab-Ebene 242 Musasir 182 Muṣri s. Ägypten

Toponyme

711

Muški s. Phrygien Mykene 533

Orontes 189, 280, 488 Ostarachosien 477 (Anm. 218)

N Nagar 128 (Anm. 697) Nahr el-Kalb 213 f. Nairi (Land, Meer von) 185 (Anm. 1085 f.), 186 (Anm. 1086), 190 Naqsch-i Rustam 36, 233 (Anm. 1392), 244, 253, 268 (Anm. 1575 f.) Narbo 542 Naṣibina 205 Nil 152, 158, 159–161, 190 (Anm. 1119), 229 (Anm. 1369), 270, 271 (Anm. 1591), 272 f., 363, 468 (Anm. 167) NINA/Ninim 108 (Anm. 542) Ninab 60 Ninive (Ninos) 33 f., 128, 144, 150, 153, 155 (Anm. 873), 167, 183 (Anm. 1065), 186 (Anm. 1092), 195 (Anm. 1151), 198, 199 (Anm. 1172), 200, 204 f., 207 (Anm. 1229), 218, 235 (Anm. 1397), 284, 287, 318 (Anm. 250), 321 f., 328–331, 338, 341, 343 f., 345 (Anm. 432), 350, 356, 363 (Anm. 611), 369–371, 294, 528, 568, 573 Ninos s. Ninive Nippur 43, 49 (Anm. 103), 64 (Anm. 238), 71 (Anm. 288), 100 (Anm. 493), 106 f., 112, 114, 121, 123 (Anm. 653), 126 f., 129 (Anm. 706 f.), 130 (Anm. 709), 136 (Anm. 750), 141 f., 152, 164 (Anm. 936), 173, 180 (Anm. 1046), 204 (Anm. 1207), 212 (Anm. 1260) Nordsyrien 90, 122, 157 f., 162, 167, 213, 220 (Anm. 1308), 278 f., 420 (Anm. 151), 472, 484 (Anm. 269) Nubien s. Kusch, Sudan Numidien 539 Nuš-i Ğān 335

P Paikuli 299 (Anm. 139) Palästina 35, 90, 158, 185, 189, 211, 213, 229, 264 (Anm. 1553), 304 (Anm. 165), 395, 400 (Anm. 1), 401, 406, 412 (Anm. 94), 419, 434 (Anm. 253), 479 (Anm. 234) 484 (Anm. 265) Palmyra 136, 503 (Anm. 406) Pamphylien 22, 481 (Anm. 295), 481, 490 (Anm. 304) Paneion 401, 481 Paphlagonien 557 (Anm. 139) Pārsa s. Persis Paropamisadai 477 (Anm. 218) Parthien 262, 263 (Anm. 1550), 337 (Anm. 389), 449, 480, 481 (Anm. 246), 482 (Anm. 256) Pasargadai 239 (Anm. 1416), 242, 244, 447, 448 (Anm. 35), 452 (Anm. 62), 456 Parsu(m)a(š) 235–237, 568 Pergamon 435 (Anm. 266), 517 (Anm. 481) Perinth 445 (Anm. 17) Persepolis 34, 36, 233, 240 f. (Anm. 1419), 242 (Anm. 1424), 243 f., 264 f., 268 (Anm. 1575), 287 (Anm. 71), 295 (Anm. 127), 298 (Anm. 137), 340 (Anm. 404), 429 (Anm. 219), 446–448, 452 (Anm. 62), 454 (Anm. 78), 456 Persis (Fars; Pārsa) 119, 128 (Anm. 698), 228 230, 233, 235 f., 240, 244, 252 (Anm. 1484), 163 f., 266, 268 (Anm. 1576), 339 (Anm. 397), 341, 374, 382 f., 396 (Anm. 38), 397 (Anm. 47), 447, 448 (Anm. 35), 450 f., 467, 473 (Anm. 186), 481, 484 (Anm. 266), 485 (Anm. 274), 489, 568 Persischer Golf 22, 51 f., 90, 115, 118 f., 128 (Anm. 699), 139, 169, 185 (Anm. 1080), 185 f., 190 f., 222, 469 f., 484 (Anm. 262) Philippi 544 Phoinikien 213, 132 (Anm. 1385), 278 (Anm. 16), 179 (Anm. 19), 401 (Anm. 12), 402 (Anm. 25), 404 (Anm. 36), 481, 489, 490 (Anm. 304), 509, 562 Phrygien (Muški) 186, 182

O Oberägypten 169, 270 (Anm. 1585), 271 (1586), 296 (Anm. 131), 446 (Anm. 24), 490 (Anm. 302, 304) Oman s. Magan Opis 229 (Anm. 1365), 338 f., 449 (Anm. 45), 450 (Anm. 47)

712

Indices

Pir Hüseyin 124 (Anm. 663), 129 (Anm. 699) Plataiai 230, 288 (Anm. 81), 310, 357, 454 Puruschchanda 144, 150, 151 (Anm. 839) Pydna 534, 546 Q Que s. Kilikien Qumran 400 (Anm. 5), 422–424, 425 (Anm. 189) R Ras el-Bassit 280 (Anm. 22) Rhein 539 Rom 12, 15, 16, 18–29, 395 (Anm. 37), 399, 404, 435 (Anm. 266), 479, 482 (Anm. 253), 486, 502 (Anm. 396), 525, 529, 533–564, 566, 581 Rotes Meer 185 (Anm. 1080), 170, 272 f., 314 (Anm. 223), 393 (Anm. 15), 467, 468 (Anm. 167), 556 f., Ruṣapu 205 S Sagunt 534 Salamis 230, 310, 357, 545 Sam’al 283 Sardeis 263 (Anm. 1550), 286, 307 (Anm. 174), 312, 317 Sardinia at Corsica (römische Provinz) 538 Sar-i Pul 249 Šalūf/Kabrīt 270 (Anm. 1586, 1588) Scherihum 120 Schimaschki 62, 79, 140 Schubria 178, 199 Schuruppak s. Fara Schwarzes Meer 230 (Anm. 1371), 314 (Anm. 222), 542, 557 Seleukeia Pieria 476, 504, 517 Seleukeia am Tigris 472 (Anm. 184), 475 (Anm. 206), 476, 497, 504 Shir es-Sanam 213, 216 Sicilia (römische Provinz) 538 Sidon 192, 196 f., 213 Sinai 272, 304 (Anm. 165) Sippar 75 (Anm. 319), 123, 126, 154 (Anm. 870), 155 (Anm. 873), 204, 209 (Anm. 1238), 223–225, 227 (Anm. 1352), 229 (Anm. 1365), 255 (Anm. 1497), 379

Sistan 481 (Anm. 246) Siwa 366 (Anm. 596), 457 f., 505 (Anm. 419), 507 Sizilien 506 (Anm. 425), 551, 548 Skythien 256, 263 f. (Anm. 1550), 291 (Anm. 99), 310 (Anm. 189), 313, 510 (Anm. 447) Sogdien 262, 263 (Anm. 1550), 264, 392 (Anm. 9), 479, 493 Soloi 488 Sophene 480, 557 (Anm. 139) Sparta 26 (Anm. 102), 288 f. (Anm. 81), 310 (Anm. 195), 534, 535 (Anm. 17) Subartu 122, 149, 184, 343 Sudan (Kusch, Nubien) 158 f., 169 f., 229 (Anm. 1369), 264, 273 Suez 243, 268 (Anm. 1575), 270–272, 275, 301, 458 (Anm. 98) Sulaimānīja 123 Sultantepe 144 Sumer 62, 64, 89, 95, 103, 104 (Anm. 517), 105 f., 114 (Anm. 582 f.), 115, 134, 184, 191 (Anm. 1124), 348 (Anm. 440), 380 Susa 36, 52, 122 f., 138 (Anm. 763), 228, 233 (Anm. 1390), 234 f., 237 (Anm. 1410), 243 f., 249, 254 (Anm. 1489), 255 (Anm. 1498), 256, 268 (Anm. 1575), 270, 273, 275, 297 (Anm. 133), 306 (Anm. 173), 383, 430 (Anm. 233), 447 (Anm. 32), 450 (Anm. 47), 452 (Anm. 62), 478 Susiana s. Chuzistan Syrakus 547 Syria (römische Provinz) 551, 562 Syrien 90 (Anm. 425), 91, 97, 128, 129 (Anm. 699), 158, 185, 189, 197, 204, 207 (Anm. 1229), 210 f., 213, 216 f., 221, 229, 264 (Anm. 1553), 280, 339, 392, 401, 479, 482 (Anm. 256), 483, 484 (Anm. 265), 489, 490 (Anm. 304), 509, 539, 557 (Anm. 139), 562 f. T Tabal 170, 282 (Anm. 37) Tanaïs (Don) 363 Talḫad (Tilḫad) 124 Tarbiṣu 205 Tarent 548

Toponyme

713

Ur 61, 67–69, 73 (Anm. 299), 77 (Anm. 327), 79–81, 86 (Anm. 394), 87 (Anm. 403), 88, 91 f., 93 (Anm. 443), 95, 99, 101–103, 104 (Anm. 516), 105 f. (Anm. 527), 107 (Anm. 537), 108, 112, 113 (Anm. 571), 114, 117 (Anm. 606), 120 (Anm. 633), 121 (Anm. 640), 126, 127 (Anm. 685), 129 (Anm. 707), 134, 140, 142 f., 154, 212 (Anm. 1260), 223, 237, 445 (Anm. 189) Urartu 52, 169 f., 187 (Anm. 1095), 197, 229 (Anm. 1364), 247, 259, 340 (Anm. 405) Urmia-See 193, 236, 340 (Anm. 405) Uruk (Warka, Erech) 43, 47, 48 (Anm. 90), 54, 68 (Anm. 267), 75–77, 80 (Anm. 348 f.), 82, 89 f., 93–98, 100 f., 102 (Anm. 506), 103 f., 106, 107 (Anm. 533), 108, 110 f., 113 (Anm. 571), 114 f., 117, 118 (Anm. 611), 126, 132 (Anm. 727), 134, 138, 140 f., 145, 148, 151, 155 (Anm. 873), 190, 200 (Anm. 1183), 201–203, 212 (Anm. 1260), 227 (Anm. 1352), 497, 499 (Anm. 372 f.), 519 (Anm. 486), 521 (Anm. 498) USA s. Vereinigte Staaten von Amerika Usbekistan 229

Tarsisi 195 Tarsos 195, 369 (Anm. 616), 461 (Anm. 124), 562 (Anm. 178) Taršiš 195 Tartessos 195 Taurus 52, 157, 404 (Anm. 33), 480 (Anm. 236), 486, 488 Tayma s. Teima Teima (Tayma) 222, 412 (Anm. 103), 424, 425 (Anm. 189) Tell el-Masḫuta 270 (Anm. 1586 f.) Theben (Äg.) 161 (Anm. 912), 269 (Anm. 1583), 296 (Anm. 130) Theben (Gr.) 533 Thessalien 517 (Anm. 480) Thrakien 230 f., 480–482, 489 (Anm. 295), 510 (Anm. 447), 517 (Anm. 480), 577 Tibar-Gebirge 125 Tidmun 62 Tigris 44, 89, 98 (Anm. 483), 105, 112 (Anm. 565), 115, 117 (Anm. 604), 119 (Anm. 623), 122, 133, 136, 154, 156 (Anm. 886), 167, 170, 185 f., 188, 190, 194 (Anm. 1146), 204 (Anm. 1207), 219, 229 (Anm. 1365), 356, 472 (Anm. 184), 476, 489 (Anm. 295), 497 (Anm. 358), 504 Tilḫad s. Talḫad Tiwa 126 Triparadeisos 391, 477 Troja s. Ilion Tummal 100 (Anm. 493) Turkmenistan 229 Tuttul 118, 155 (Anm. 873) Tutub 105, 130 (Anm. 711), 154 (Anm. 870) Tyros 194 (Anm. 1147), 196 f., 211, 213, 218, 280 (Anm. 22), 281, 438, 521 (Anm. 499)

W Wadi Brisa 213–216, 432 Wadi es-Saba 213, 432 Wadi Tumilat 270 Warka s. Uruk, Erech Waschukanni 168

U Ugarit 429 Umma 72 f., 79 (Anm. 347), 100 (Anm. 493), 105 f., 108 f., 112, 114, 115 (Anm. 591), 117 (Anm. 606), 120 (Anm. 633), 126, 130 (Anm. 710), 111 Unterägypten 270 (Anm. 1587), 271 (Anm. 1586), 446 (Anm. 24), 490 (Anm. 302, 304) Uppume 178

Z (Großer) Zab 170, 182 Zabalam 100 (Anm. 493), 103, 114, 115 (Anm. 591), 120 (Anm. 633), 155 (Anm. 873) Zagros 34, 51, 58, 59 (Anm. 192), 123, 128 (Anm. 698), 136, 138, 167, 180 (Anm. 1050), 185, 235 f., 335 (Anm. 379), 336 f., 340 (Anm. 405), 343 (Anm. 420), 365 (Anm. 594), 478 (Anm. 224), 513

V Van-See 169, 190, 244 Vereinigte Staaten von Amerika (USA) 17, 22 f.

714 Zahara 136 Zama 546, 549 (Anm. 86) Zamua 190, 205 Zari 235 Zentralanatolien 151, 228, 717 (Anm. 481) Zentralasien 229, 449

Indices

Zweistromland s. Mesopotamien Zypern (Jadnana, Jā’) 22, 186, 191, 193–195, 229 f., 231 (Anm. 1379), 263 (Anm. 1550), 279 (Anm. 19), 280, 284, 306 (Anm. 167), 314 (Anm. 222), 354, 407 (Anm. 63), 489, 539, 562

Aufstieg und Niedergang großer Reiche haben die Menschen über Jahrtausende hinweg beschäftigt und fasziniert. So wurden im antiken Mesopotamien bereits um 2000 v. Chr. Vorstellungen von Weltherrschaft entwickelt und Reflexionen über die Entstehung und den Verfall von Macht angestellt. Als besonders wirkmächtig erwies sich ein Konzept, das seit dem fünften Jahrhundert v. Chr. in der griechischen Historiographie greifbar wird: die Sukzession der ‚Weltreiche‘ Assyrien, Medien und Persien. Dieses Modell wurde in der Folge durch das makedonische Alexanderreich sowie das Imperium Romanum erweitert und fand schließlich Eingang in das Alte Tes-

ISBN 978-3-515-13195-7

9 783515 131957

tament. Über das Buch Daniel, das das Ende des vierten Weltreiches – später als das römische gedeutet – mit der Apokalypse in Verbindung bringt, wirkte die Sukzessionstheorie maßgeblich auf das Geschichtsdenken des Mittelalters (Translatio Imperii) ein und blieb bis in die frühe Neuzeit hinein ein zentrales Prinzip historischer Periodisierung. Marie Oellig untersucht die Entstehung und die Genese des Konzepts im Altertum auf breiter Quellengrundlage und kann mithilfe eines interdisziplinären Ansatzes elementare Verbindungslinien zwischen ‚orientalischen‘ und ‚griechischen‘ Vorstellungswelten aufzeigen.

www.steiner-verlag.de Franz Steiner Verlag